Skip to main content

Full text of "Jahresbericht des Instituts F�ur rum�anische Sprache(rum�anisches Seminar) zu Leipzig"

See other formats


This  is  a  digital  copy  of  a  book  that  was  preserved  for  generations  on  library  shelves  before  it  was  carefully  scanned  by  Google  as  part  of  a  project 
to  make  the  world's  books  discoverable  online. 

It  has  survived  long  enough  for  the  Copyright  to  expire  and  the  book  to  enter  the  public  domain.  A  public  domain  book  is  one  that  was  never  subject 
to  Copyright  or  whose  legal  Copyright  term  has  expired.  Whether  a  book  is  in  the  public  domain  may  vary  country  to  country.  Public  domain  books 
are  our  gateways  to  the  past,  representing  a  wealth  of  history,  culture  and  knowledge  that 's  often  difficult  to  discover. 

Marks,  notations  and  other  marginalia  present  in  the  original  volume  will  appear  in  this  file  -  a  reminder  of  this  book's  long  journey  from  the 
publisher  to  a  library  and  finally  to  you. 

Usage  guidelines 

Google  is  proud  to  partner  with  libraries  to  digitize  public  domain  materials  and  make  them  widely  accessible.  Public  domain  books  belong  to  the 
public  and  we  are  merely  their  custodians.  Nevertheless,  this  work  is  expensive,  so  in  order  to  keep  providing  this  resource,  we  have  taken  Steps  to 
prevent  abuse  by  commercial  parties,  including  placing  technical  restrictions  on  automated  querying. 

We  also  ask  that  you: 

+  Make  non-commercial  use  of  the  file s  We  designed  Google  Book  Search  for  use  by  individuals,  and  we  request  that  you  use  these  files  for 
personal,  non-commercial  purposes. 

+  Refrain  from  automated  querying  Do  not  send  automated  queries  of  any  sort  to  Google's  System:  If  you  are  conducting  research  on  machine 
translation,  optical  character  recognition  or  other  areas  where  access  to  a  large  amount  of  text  is  helpful,  please  contact  us.  We  encourage  the 
use  of  public  domain  materials  for  these  purposes  and  may  be  able  to  help. 

+  Maintain  attribution  The  Google  "watermark"  you  see  on  each  file  is  essential  for  informing  people  about  this  project  and  helping  them  find 
additional  materials  through  Google  Book  Search.  Please  do  not  remove  it. 

+  Keep  it  legal  Whatever  your  use,  remember  that  you  are  responsible  for  ensuring  that  what  you  are  doing  is  legal.  Do  not  assume  that  just 
because  we  believe  a  book  is  in  the  public  domain  for  users  in  the  United  States,  that  the  work  is  also  in  the  public  domain  for  users  in  other 
countries.  Whether  a  book  is  still  in  Copyright  varies  from  country  to  country,  and  we  can't  off  er  guidance  on  whether  any  specific  use  of 
any  specific  book  is  allowed.  Please  do  not  assume  that  a  book's  appearance  in  Google  Book  Search  means  it  can  be  used  in  any  manner 
anywhere  in  the  world.  Copyright  infringement  liability  can  be  quite  severe. 

About  Google  Book  Search 

Google's  mission  is  to  organize  the  world's  Information  and  to  make  it  universally  accessible  and  useful.  Google  Book  Search  helps  readers 
discover  the  world's  books  while  helping  authors  and  publishers  reach  new  audiences.  You  can  search  through  the  füll  text  of  this  book  on  the  web 


at|http  :  //books  .  google  .  com/ 


über  dieses  Buch 

Dies  ist  ein  digitales  Exemplar  eines  Buches,  das  seit  Generationen  in  den  Regalen  der  Bibliotheken  aufbewahrt  wurde,  bevor  es  von  Google  im 
Rahmen  eines  Projekts,  mit  dem  die  Bücher  dieser  Welt  online  verfügbar  gemacht  werden  sollen,  sorgfältig  gescannt  wurde. 

Das  Buch  hat  das  Urheberrecht  überdauert  und  kann  nun  öffentlich  zugänglich  gemacht  werden.  Ein  öffentlich  zugängliches  Buch  ist  ein  Buch, 
das  niemals  Urheberrechten  unterlag  oder  bei  dem  die  Schutzfrist  des  Urheberrechts  abgelaufen  ist.  Ob  ein  Buch  öffentlich  zugänglich  ist,  kann 
von  Land  zu  Land  unterschiedlich  sein.  Öffentlich  zugängliche  Bücher  sind  unser  Tor  zur  Vergangenheit  und  stellen  ein  geschichtliches,  kulturelles 
und  wissenschaftliches  Vermögen  dar,  das  häufig  nur  schwierig  zu  entdecken  ist. 

Gebrauchsspuren,  Anmerkungen  und  andere  Randbemerkungen,  die  im  Originalband  enthalten  sind,  finden  sich  auch  in  dieser  Datei  -  eine  Erin- 
nerung an  die  lange  Reise,  die  das  Buch  vom  Verleger  zu  einer  Bibliothek  und  weiter  zu  Ihnen  hinter  sich  gebracht  hat. 

Nutzungsrichtlinien 

Google  ist  stolz,  mit  Bibliotheken  in  partnerschaftlicher  Zusammenarbeit  öffentlich  zugängliches  Material  zu  digitalisieren  und  einer  breiten  Masse 
zugänglich  zu  machen.  Öffentlich  zugängliche  Bücher  gehören  der  Öffentlichkeit,  und  wir  sind  nur  ihre  Hüter.  Nichtsdestotrotz  ist  diese 
Arbeit  kostspielig.  Um  diese  Ressource  weiterhin  zur  Verfügung  stellen  zu  können,  haben  wir  Schritte  unternommen,  um  den  Missbrauch  durch 
kommerzielle  Parteien  zu  verhindern.  Dazu  gehören  technische  Einschränkungen  für  automatisierte  Abfragen. 

Wir  bitten  Sie  um  Einhaltung  folgender  Richtlinien: 

+  Nutzung  der  Dateien  zu  nichtkommerziellen  Zwecken  Wir  haben  Google  Buchsuche  für  Endanwender  konzipiert  und  möchten,  dass  Sie  diese 
Dateien  nur  für  persönliche,  nichtkommerzielle  Zwecke  verwenden. 

+  Keine  automatisierten  Abfragen  Senden  Sie  keine  automatisierten  Abfragen  irgendwelcher  Art  an  das  Google-System.  Wenn  Sie  Recherchen 
über  maschinelle  Übersetzung,  optische  Zeichenerkennung  oder  andere  Bereiche  durchführen,  in  denen  der  Zugang  zu  Text  in  großen  Mengen 
nützlich  ist,  wenden  Sie  sich  bitte  an  uns.  Wir  fördern  die  Nutzung  des  öffentlich  zugänglichen  Materials  für  diese  Zwecke  und  können  Ihnen 
unter  Umständen  helfen. 

+  Beibehaltung  von  Google -Markenelementen  Das  "Wasserzeichen"  von  Google,  das  Sie  in  jeder  Datei  finden,  ist  wichtig  zur  Information  über 
dieses  Projekt  und  hilft  den  Anwendern  weiteres  Material  über  Google  Buchsuche  zu  finden.  Bitte  entfernen  Sie  das  Wasserzeichen  nicht. 

+  Bewegen  Sie  sich  innerhalb  der  Legalität  Unabhängig  von  Ihrem  Verwendungszweck  müssen  Sie  sich  Ihrer  Verantwortung  bewusst  sein, 
sicherzustellen,  dass  Ihre  Nutzung  legal  ist.  Gehen  Sie  nicht  davon  aus,  dass  ein  Buch,  das  nach  unserem  Dafürhalten  für  Nutzer  in  den  USA 
öffentlich  zugänglich  ist,  auch  für  Nutzer  in  anderen  Ländern  öffentlich  zugänglich  ist.  Ob  ein  Buch  noch  dem  Urheberrecht  unterliegt,  ist 
von  Land  zu  Land  verschieden.  Wir  können  keine  Beratung  leisten,  ob  eine  bestimmte  Nutzung  eines  bestimmten  Buches  gesetzlich  zulässig 
ist.  Gehen  Sie  nicht  davon  aus,  dass  das  Erscheinen  eines  Buchs  in  Google  Buchsuche  bedeutet,  dass  es  in  jeder  Form  und  überall  auf  der 
Welt  verwendet  werden  kann.  Eine  Urheberrechtsverletzung  kann  schwerwiegende  Folgen  haben. 

Über  Google  Buchsuche 

Das  Ziel  von  Google  besteht  darin,  die  weltweiten  Informationen  zu  organisieren  und  allgemein  nutzbar  und  zugänglich  zu  machen.  Google 
Buchsuche  hilft  Lesern  dabei,  die  Bücher  dieser  Welt  zu  entdecken,  und  unterstützt  Autoren  und  Verleger  dabei,  neue  Zielgruppen  zu  erreichen. 


Den  gesamten  Buchtext  können  Sie  im  Internet  unter  http  :  //books  .  google  .  com  durchsuchen. 


PUR 


i    ti^; 


^\:\ 


!ii 


:>:• 


r 


I;' 


"ZU^  v-fti^  'o4T  ^«^^>  /^ 


I  1 1  ( 


ZEHNTER  JAHBESBEßlCHT 

DES 

INSTITUTS  Fuß  RUMÄNISCHE  SPRACHE 

(RUMÄNISCHES  8EMINAB) 

zu 

LEIPZIG. 

HERAUSGEGEBEN 
VON  DEM  LEITER  DES  INSTITUTS 

Prof.  Dr.  GUSTAV  WEIGAND. 


COMMisSIONSVÄliLAG^  '    " 

VON 
JOHANN  AMBROSIUS  BARTH 

LEIPZIG  1904. 


^'" 


übersetzungsrecht  vorbehalten. 
Preis  10  Mark. 


•  ••  -•- 


•  •    • 


•    *   ••  •     •  •  • 

••     ••     •••• 

'••      ••••••     • 


Druck  von  Augnst  Pries  in  Leipzig. 


PC603. 


/i^/^/J 


Vorwort  zum  X,  Jahresbericlit 

Rückschau  und  Ausschau« 

Mit  dem  Yorliegenden  Jahresberichte  wird  die  erste  Dekade 
der  Jahresberichte  des  Instituts  für  rumänische  Sprache  zu 
Leipzig  vollgemacht^  so  daß  es  wohl  angebracht  ist,  bei  dieser 
Gelegenheit  einen  Blick  nach  rückwärts  und  nach  vorwärts 
zu  werfen  und  über  den  Betrieb  im  Institute  zu  berichten. 

Als  ich  von  meinen  Reisen  auf  der  Balkanhalbinsel 
zurückgekehrt  war  und  mich  in.Leip^  habilitiert  hatte,  da 
sah  ich  bald,  daß  auf  dem  Gebiete,  auf  dem  ich  zu  arbeiten 
angefangen  hatte,  noch  so  außerordentiich  viel  zu  tun  sei, 
noch  eine  solche  Menge  von  Vorarbeiten  zu  lösen,  daß  es  not- 
wendig sei  Mitarbeiter,  sowohl  Deutsche  wie  Rumänen,  zur 
Bewältigung  dieser  Riesenarbeit  heranzuziehen,  was  am  besten 
durch  Errichtung  eines  Seminars  geschehen  könne.  Der  erste, 
dem  ich  von  meinem  Plane  Mitteilung  machte,  war  HäjdSu. 
„Yotre  idee  est  excellente**  begann  er  in  seinem  Antwort- 
schreiben vom  16.  Mai  1892  und  wies  mir  die  Wege,  wie  der 
Plan  zu  verwirklichen  sei.  Ich  gewann  die  rumänische  Akademie, 
den  Rektor  der  Bukarester  Universität  Titu  Maiorescu,  sowie 
den  damaligen  TJnterrichtsminister  Tache  lonescu  für  mein 
Vorhaben,  der  dann  die  Errichtung  des  Instituts  mit  einer  jähr- 
lichen Unterstützung  von  6000  Lei  (von  1895  ab  auf  10  000  Lei 
erhöht)  durchsetzte,  und  am  21.  April  1893  konnte  ich  die 
erste  Sitzung  im  Seminar  mit  11  Mitgliedern  abhalten,  hatte 
ich  doch  schon  durch  Vorlesungen  bei  einem  kleinen  Kreise 
von  Studenten  das  Interesse  für  Rumänisch  geweckt.    Meine 


M189812 


IV      — 

ersten  Hörer  im  Sommersemester  1892,  also  ein  Jahr  vor  Er- 
öffnung des  Seminars,  waren  Paul  Dachselt,  Hermann  Springer, 
Karl  Eliesow,  Gregor  Patriciu,  Nicolae  Anastasiu,  Nikolas 
YiskoYsld,  Hugo  Schlemüller  und  Demitri  Matoff  f,  aus  denen 
der  Stock  des  Seminars  sich  rekrutierte,  wenn  auch  nur  einer 
Ton  ihnen  eine  Arbeit  auf  rumänischem  Gebiete  gemacht  hat, 
während  von  den  9  Hörern,  die  die  erste  Vorlesung  nach  Er- 
richtung des  Seminars  besuchten,  nämlich  Dachselt,  Schiade- 
bach,  Bacmeister,  Byhan,  Dunker,  St.  Nanu,  v.  Sanzewitsch, 
Schlemüller,  Burckhardt,  mit  Ausnahme  der  beiden  letzt- 
genannten, sich  sämtliche  übrigen  auf  dem  Gebiete  der  rumäni- 
schen Philologie  betätigt  haben.  Betrachten  wir  die  in  den 
zehn  Jahresberichten  veröffentlichten  Arbeiten,  so  sehen  wir, 
daß  sie  so  ziemlich  allen  Gebieten  der  rumänischen  Philologie 
und  einigen  Nachbargebieten  entnonmien  sind:  Laatlehre: 
Byhan,  e  vor  Nasalen,  Jb.  HI  1;  die  alten  Nasalvokale  in 
den  slavischen  Elementen  des  Rumänischen,  Jb.  V  298; 
Storch,  Vokalharmonie  im  Rumänischen,  Jb.  VII  93;  Ge- 
heeb,  Prosthetisches  a  und  s  im  Rumänischen,  Jb.  V  1. 

Flexionslelire:  Bacmeister,  Kasusbildung  des  Singular, 
Jb.  IV  1;  Thalmann,  der  heutige  Stand  der  Pluralbildung, 
Jb.  IV  82;  Weigand,  die  Bildung  des  Impf.  Futuri,  Jb.  III 
139  und  IV  298;  Streller,  das  Hilfsverbum  im  Rumänischen, 
Jb.  IX  1;  Neumann,  das  Personal-  und  Possessivpronomen, 
Jb.  Vn  176. 

Sjmtax:  Stinghe,  pre  als  Akkusativzeichen,  Jb.  III  183 
und  IV  228;  Kurth,  der  Gebrauch  der  Präpositionen,  Jb.  X 
465;  Sandfeld-Jensen,  der  Schwund  des  Infinitiv  im  Ru- 
mänischen und  in  den  Balkansprachen,  Jb.  IX  75. 

Wortbildnngslelire:  Puscariu,  die  Diminutivsuffixe 
im  Rumänischen,  Jb.  VIH  86. 

Stil:  Schladebach,  der  Stil  der  aromunischen  Volks- 
literatur, Jb.  III  71. 

Etymologie:  von  Sanzewitsch,  die  russischen  Elemente 
romanischer  und  germanischer  Herkunft  im  Rumänischen, 
Jb.  II  193;  Borcia,  deutsche  Sprachelemente  im  Rumänischen, 


—      V      — 

Jb.  X  138,  Byhan,  istro -rumänisches  Glossar,  Jb.  VI  173; 
Weigand,  Nachträge  zu  Byhans  Glossar,  Jb.  VI  397; 
Weigand,  zum  Wortschatz  des  Istrischen,  Jb.  11  215;  Moser, 
der  Ursprung  der  rumänischen  Präpositionen,  Jb.  X  409; 
Heibig,  die  italienischen  Elemente  im  Albanesischen,  Jb.  X 
1;  auch  die  Arbeiten  Geheebs  in  Jb.  V  1,  und  Byhans  in 
Jb.  ni  1  und  V  298  sind  wesentlich  etymologischer  Art. 

Sialektiselies:  Weigand,  Istrische  Texte  I  122;  Papa- 
hagi,  Sammlung  aromunischer  Sprichworter  und  Rätsel,  Jb.  II 
147;  §aiakdzi  und  Weigand,  aromunische  Texte  aus  Monastir, 
Jb.  lU  162;  Weigand,  Beitrag  zur  Kenntnis  des  Meglen, 
Jb.  V  145;  Pu^cariu,  der  Dialekt  des  oberen  Olttals,  Jb.V 
158;  Weigand,  Banater  Dialekt,  Jb.  UI  198;  Eörösch-  imd 
Marosch-Dialekte,  Jb.  IV  250;  Samosch-  und  Theiß-Dialekte 
Jb.  VI  1;  Dialekte  der  Kleinen  Walachei,  Serbiens  imd  Bul- 
gariens, Jb.  VU  1;  Dialekte  der  Großen  Walachei,  Jb.  VIU 
234;  Dialekte  der  Moldau  und  Dobrudscha,  Jb.  IX  138; 
Stinghe,  die  Schkejer  oder  Trokaren  in  Kronstadt,  Jb.  VIII 1. 

Textansgabe  und  Kritik:  Weigand,  der  Codex  Dimonie 
in  Jb.  IV  136,  V  192,  VI  86;  Dachselt,  die  Predigt  des  hl. 
Antonius,  Jb.   I   1;    Dunker,    der    Grammatiker  Bojadschi, 

Jb.  n  1. 

Altmniftlllseli:  Papp,  Beiträge  zum  Studium  des  Alt- 
rumänischen,  Jb.  ni  170;  Lacea,  Untersuchung  der  Sprache 
der  „Viata  |i  petreacerea  svintilor^  des  Metropoliten  Dosofbei, 
Jb.  V  5l! 

literatar:  a)  Volksliteratur:  Schladebach,  die  aro- 
munische Ballade  von  der  Artabrücke,  Jb.  I  79.  Außerdem 
enthalten  die  Dialektforschungen  des  Herausgebers  ein  reiches 
folkloristisches  Material,  ebenso  die  Arbeiten  von  Stinghe, 
Jb.  VIII 1;  Puscariu,  Jb.  V  158;  Papahagi,  Jb.  II 147.  b)  Lite- 
raturgeschichte: Scurtu,  Eminescus  Leben  und  Prosaschrifben 
Jb.  X  254.  (Eine  Arbeit  über  das  Theater  und  die  dramatische 
Literatur  bis  auf  Alexandri  ist  dem  Abschluß  nahe). 

Eflmograpllie:  Weigand,  über  den  Ursprung  der  s- 
Gemeinden,  Jb.  IX  131;  über  die  fremden  Elemente  (Russen, 


—      VI      — 

Jaden,  SeUer,  Tschango,  G^^n^i)  in  der  Moldau,  Jb.  IX  154 ; 
bulgarische  Siedelungen  in  Rumänien,  Jb.  VIII 248;  rumänische 
Siedelungen  in  Serbien  und  Bulgarien,  Jb.  VU  12,  VIII  252; 
Stinghe,  über  den  Ursprung  der  Schkejer,  Jb.  VIII  49. 

Die  einzige  aufiPallende  Lücke  besteht  im  Fehlen  der 
Metrik,  aber  auch  diese  hat  bereits  in  A.  Bogdan  einen  Be- 
arbeiter gefunden;  doch  konnte  die  Arbeit,  die  seit  einem 
halben  Jahre  fertig  ist,  wegen  Platzmangel  in  diesem  Bande 
keine  Au&ahme  mehr  finden. 

Die  Ausbildung  der  Teilnehmer  geschah  a)  durch  Yor- 
lesungeB,  und  zwar  las  ich  1.  Einleitung  in  das  Studium 
des  Rumänischen,  früher  einstündig,  neuerdings  zweistündig, 
da  ich  auch  einen  Überblick  über  die  moderne  rumänische 
Literatur  hinzufügte.  2.  Lautlehre,  zweistündig.  3.  Flexions- 
lehre, zweistündig.  4.  Wortbildungslehre  und  Syntax,  zwei- 
stündig. 5.  Praktische  Grammatik  früher  zweistündig,  jetzt 
durch  zwei  Semester  hindurch  zweistündig  mit  besonderer 
Berücksichtigung  der  Syntax.  6.  Methode  der  Dialektforschung, 
zweistündig.  7.  Neugriechisch  und  Albanesisch  in  ihren  Be- 
ziehungen zum  Rumänischen,  zweistündig.  8.  Neugriechische 
Gramm.,  zweistündig.  9.  Ali3anesisch  (Laut-,  Flexionslehre  und 
Syntax),  durch  drei  Semester  hindurch  je  zweistündig.  10.  Bul- 
garisch, durch  zwei  Semester  hindurch  je  zweistündig. 
11.  Magyarisch,  durch  zwei  Semester  hindurch  zweistündig. 
Alle  diese  Vorlesungen  waren  unentgeltlich;  außerdem  hatten 
die  Mitglieder  des  Seminars  Gelegenheit  meine  Privatvor- 
lesungen  über  „Einfuhrung  in  das  Studium  des  Romanischen^ 
(besonders  Vulgärlatein)  dreistündig.  Italienisch  und  italieni- 
sche Dialektologie,  dreistündig.  Spanisch  und  Textinterpretation 
dreistündig,  altfranzosische  Lautlehre,  Flexionslehre  und  Text- 
interpretation durch  zwei  Semester  hindurch  je  zweistündig, 
neufranzösische  Syntax  zweistündig  zu  hören,  b)  durch 
Seminarsitznngen,  einmal  wöchentlich  zweistündig,  in  denen 
abwechselnd  altrumänische,  dialektische  und  folkloristische 
Texte  interpretiert  und  die  in  den  Vorlesungen  erworbenen 
Kenntnisse  praktisch  angewandt  und  befestigt  wurden,  c)  durch 


—    vn    — 

Einzelbespreclmiigeiiy  einmal  wöchentlich  zweistAndig,  seit 
Sommersemester  1897  eingeführt,  in  denen  diejenigen,  die  mit 
einer  Arbeit  beschäftigt  waren  oder  sich  damit  beschäftigen 
wollten,  Anweisimg  erhielten,  in  welcher  Weise  am  besten 
ein  Thema  in  Angriff  zu  nehmen  nnd  methodisch  richtig  aos- 
zofohren  sei,  eine  Einrichtung,  von  der  sehr  gerne  Qebraach 
gemacht  wurde,  und  die  sichtliche  Früchte  getragen  hat. 
Über  die  Bibliothek  habe  ich  zuletzt  im  lY.  Jahres- 
berichte im  Jahre  1897  berichtet;  seitdem  ist  die  Zahl  der 
Bände  auf  mehr  als  das  Doppelte  angewachsen,  nämlich  von 
1050  auf  2452  Bände,  die  sich  fo^endermaßen  verteilen: 
1.  Rumänisch:  Grammatik  104,  Dialekte  65,  Volksliteratur 
87,  Lexika  45,  Altrumänische  Texte  80  (darunter  24  Bände, 
zum  größten  Teile  Drucke  aus  dem  17.  Jahrhundert,  von  der 
rumänischen  Akademie  geschenkt,  wofnr  auch  an  dieser  Stelle 
herzlich  gedankt  sei),  Geschichte  183,  Zeitschriften  gemischten 
Inhalts  61,  moderne  Literatur  65  (diese  Abteilung  ist  neu  an- 
gelegt worden),  Bibliographie  und  literarische  Kritik  39  (war 
früher  unter  Varia  zerstreut),  Varia  175.  Ein  besonderes  Ver- 
dienst um  die  rumänische  Abteilung  hat  sich  Herr  Scurtu 
erworben,  einmal  durch  Neuordnung  der  Bucher,  dann  auch 
durch  billige  Beschaffung  von  modemer  Literatur.  2.  Balkan- 
Geographie  und  Ethnographie  131.  3.  Albahesisch  38. 
4.  Slavica  184.  5.  Neograeca  63.  6.  Romanisch:  Latein 
29,  yergleichend  Romanisch  92,  Italienisch  63,  Spanisch  42, 
Rhaetoromanisch  11,  Portugiesisch  7.  7.  Ungarisch  und  Tür- 
kisch 33.  8.  Indogermanische  Sprachwissenschaft  43.  9.  Pho- 
netik 18.  Das  sind  1652  Bände,  die  im  Seminare  selbst  imter- 
gebracht  sind,  dazu  kommen  noch  800  Bände,  die  sich  zum 
größten  TeU  auf  franzosische  Sprache  beziehen  und  in  meinem 
Studierzinmier  aufgestellt  sind,  da  sie  weniger  von  den 
Seminarmitgliedem  gebraucht  werden,  die  ja,  soweit  sie 
Deutsche  sind,  auch  Mitglieder  des  romanischen  Seminars  sind 
und  dort  die  au&  Französische  bezuglichen  Hil&mittel  wie 
auch  die  Zeitschrift  Romania  zur  Hand  haben.  Auf  folgende 
Zeitschriften  und  Lieferungswerke  habe  ich  abonniert:  1.  Zeit- 


—    vni    — 

Schrift  far  romanische  Philologie.  2.  Literaiurblatt  für  ger- 
manische und  romanische  Philologie.  3.  Kritischer  Jahres- 
bericht über  die  Fortschritte  der  romanischen  Philologie. 
4.  Archivio  glottologico  italiano.  5.  Archiv  für  lateinische 
Lexicographie  und  Grammatik.  6.  Archiv  fbr  slavische  Phi- 
lologie. 7.  Indogermanische  Forschimgen.  8.  Thesaurus 
linguae  latinae.  9.  Convorbiri  Uterare.  10.  Sämänätorul. 
11.  Revista  bibliografica.  12.  Lucea&ruL  Der  Aufwand  für 
diese  Zeitschriften  betragt  jährlich  etwa  170  Mark.  Außerdenl 
erhalte  ich,  oder  das  Seminar  noch  eine  ganze  Anzahl  von 
Zeitschriften  und  Tageszeitungen  gratis:  13.  Archiva  von 
lasi.  14.  ^ezätoarea  von  Folticeni  15.  Transilvania.  16.  Albina, 
revistS  popularS.  17.  Familia  von  Ghroß- Wardein.  18.  Bevista 
invfitätorilor|iinv&tStoarelor  dinBominia.  19.  §coala  si  £amilia, 
Kronstadt  20.  Oazeta  Säteanului,  Bukarest  21.  üniversul^ 
Bukarest  22.  Telegrafiil  romtn,  Hermannstadt  23.  Oazeta 
Transilvaniei,  Kronstadt  Ich  fühle  mich  verpflichtet,  allen 
Spendern  dieser  Zeitschriften  im  Namen  des  Seminars  herz- 
lichen Dank  abzustatten,  zugleich  auch  im  Namen  der  Leser, 
die  nicht  Seminarmitglieder  sind,  und  sich  gerade  der  Zeit- 
schriften wegen  häufig  im  Seminar  einstellen.  Ich  verwende 
für  die  Bibliothek  (Neuanschaffungen,  Abonnement,  Buch- 
binderarbeit) 500—600  Mark  jährlich,  außerdem  fallen  der 
Bibliothek  auch  die  Werke  zu,  die  ich  als  Mitglied  der 
rumänischen  Akademie,  der  Asociatiunea  transilvanä,  der 
EHHa:oBHo  Apy^ecTBo  in  Sofia  und  als  Rezensent  erhalte,  sonst 
ließe  sich  auch  die  starke  Vermehrung  der  Bibliothek  nicht 
erklären.  Wenn  wir  so  auch  eine  schöne  Bibliothek  zur  Ver- 
fügung haben,  so  sind  doch  noch  empfindliche  Lücken  da, 
so  fehlen  namentlich  die  älteren  Jahrgänge  der  Convorbiri 
literare.  Die  Colimma  lui  Traian  und  ähnliche  Zeitschriften, 
die  oft  nur  eine  Existenz  von  kurzer  Dauer  hatten  und  schwer 
oder  gar  nicht  im  Buchhandel  aufzutreiben  sind,  fehlen  gänzlich. 
Wenn  wir  da  nicht  einmal  von  privater  Seite  durch  Erbschaft 
bedacht  werden,  weiß  ich  überhaupt  nicht,  wie  wir  in  den 
Besitz  dieser  Zeitschriften  kommen  sollen. 


—     IX     — 

Yeraeielmls  der  seifherigen  Seminarmitglieder  nach 
der  Nationalität  alphabetisch  geordnet,  wobei  durch  Sternchen 
angegeben  wird,  wer  eine  größere  Arbeit  gemacht  hat: 

a)  Deutsche:  1.  *Bacmeister,  2.  Bartsch,  3.  Behr, 
4.  Bode,  5.  Burckhardt,  6.  ^Byhan,  7.  ^Dachselt,  8.  '^'Danker, 
9.  Engler,  10.  Funke,  11.  *öeheeb,  12.  Günther,  13.  Haferbier, 
14.  Hansel,  15.  *Helbig,  16.  Hetzer,  17.  Kunze,  18.  *Kurth, 
19.  Möbius,  20.  *Moser,  21.  Neu,  22.  *Neumann,  23.  Persch- 
mann,  24.  ^Piekenhayn,  (Seine  Arbeit  „Über  den  Gebrauch 
des  Eoigunktivs  im  Rumänischen''  ist  als  Dissertation  separat, 
Leipzig  1903,  erschienen.),  25.  Richter  f,  26.  Riedel,  27.*Schäfer 
(seine  Ajrbeit  wird  im  XII.  Jb.  erscheinen),  28.  *Schladebach, 
29.  Schlemüller,  30.  Schmidt,  31.  Schneider,  32.  '^Schreyer 
(Arbeit  wird  im  XL  Jb.  erscheinen),  33.  Sonnenkalb,  34.  Steeger, 
35.  *Storch,  36.  *Streller,  37.  Szymank,  38.  ^Thahnann, 
39.  Thenau,  40.  Weise,  41.  *Zille  (Arbeit  wird  im  XIL  Jb. 
erscheinen),  42.  Zwicker. 

b)  Rumänen:  1.  Bärbulescu,  2.  *Bogdan  Alex.  (Arbeit 
wird  im  XI.  Jb.  erscheinen),  3.  '^'Borcia,  4.  Brätescu,  5.  Frl. 
GemaTodeanu,  6.  Conduratu,  7.  Gristea,  8.  Dragomirescu  f, 
9.  Dumitrescu,  10.  Grumäzescu,  11.  *Lacea,  12.  Mäghet, 
13.  Mehedintii,  14.  Mihldcescu,  15.  Moian,  16.  *St.  Nanu, 
17.  *Pap,  18.  Pafcan,  19.  P&träfcoiü,  20.  Gh.  Popp,  21.  Pop 
(Hateg),  22.  Popescu,  23.  Josif  Popoyici,  24.  Praja,  25.  Predescu, 
26.  *Pa|cariu,  27.  Rädulescu-Pogoneanu,  28.  Sachelarie, 
29.  Sayescu  f,  30.  *Scurtu,  31.  *Stinghe,  32.  *Stoian  (Arbeit 
wird  im  XIL  Jb.  erscheinen),  33.  Sulica,  34.  TuflL 

c)  Aromunen:  1.  Bubulica,  2.  *Papahagi,  3.  *§uakdzi. 

d)  Bulgaren:  1.  Matoff  f,  2.  Ealpaktschieff,   3.  Petkoff. 

e)  Dänen:  1.  Benedix,  2.  Sandfeld-Jensen,  3.  Schütte. 

f)  Engländer:  1.  Curter,  2.  Jefferys,  3.  Nichols  (Ameri- 
kaner). 

g)  Russen:  1.  von  Sanzewitsch. 
h)  Spanier:  1.  Juderia-Loyot. 

Im  ganzen  also  besuchten  das  Seminar  von  1893 — 1903 
90  Studierende  und  zwar  brauchten  die  meisten  mindestens 


—      X      — 

acht  Semester,  nm  ihr  Stadium  durch  das  Doktorexamen  zum 
Abschluß  zu  bringen,  während  diejenigen  Rumänen,  die  schon 
anderwärts  eine  entsprechende  Studierzeit  hinter  sich  hatten, 
bedeutend  schneller  fertig  wurden.  Viele  der  deutschen  Mit- 
glieder gehörten  dem  Seminare  so  lange  an,  bis  sie  einiger- 
maßen Rumänisch  lesen  konnten,  manche  fielen  auch  schon 
im  Anfang  ab,  als  sie  die  Schwierigkeiten  zu  groß  fanden, 
einige  Herren  aber  waren  schon  mit  ihren  Arbeiten  ziemlich 
lange  beschäftigt,  bis  sie  auf  meinen  Rat  hin  von  ihr  ab- 
standen, weil  sie  der  Aufgabe  nicht  gewachsen  waren.  Von 
42  Deutschen  haben  15  das  Doktorexamen  im  Rumänischen 
gemacht,  12  haben  nur  1  oder  2  Semester  dem  Seminar  an- 
gehört, die  übrigen  haben  ganz  schön  Rumänisch  erlernt. 
Unter  den  34  Rumänen  haben  nur  7  eine  Dissertation  ge- 
liefert, allerdings  ist  die  große  Mehrzahl  der  übrigen  überhaupt 
nicht  in  das  Seminar  gekommen,  um  sich  speziell  dem  Studium 
des  Rumänischen  zu  widmen,  sondern  lediglich  aus  Interesse 
far  ihre  Muttersprache,  und  ich  glaube,  daß  auch  bei  diesen 
Herren  der  Gewinn  nicht  unbedeutend  war. 

Der  Besuch  in   den  einzelnen  Semestern  gestaltete  sich 
folgendermaßen : 
Jahr:   1893    94    95    96    97    98    99     1900     1901     1902 
S.-S.      10      15     15     18     17    21     14      11        15        11 
W.-S.     12      17     17     19     15     17     14      19        18        10 

Bei  manchem  meiner  Kollegen  hat  die  hohe  Zahl  der 
Seminarmitglieder  und  Dissertationen  in  einem  Fache,  das 
doch  außerhalb  der  gewöhnlichen  Bahnen  liegt,  Verwunderung 
erregt  Der  Hauptanziehungspunkt,  darüber  bin  ich  mir  klar, 
liegt  in  dem  Umstände,  daß  die  Dissertationen  vollständig 
gratis  geliefert  werden,  außerdem  [erhielten  die  deutschen 
Studenten  auch  noch  Gratifikationen  von  100  Mark,  die  erst 
jetzt  in  Wegfall  kommen  werden  oder  vielmehr  müssen.  Ich 
glaube,  daß  auch  noch  ein  anderer  Umstand,  den  ich  nicht 
unerwähnt  lassen  will,  mit  zum  Blühen  des  Institutes  bei- 
getragen hat,  nämlich  der  gesellige  und  freundschaftliehe 
Verkehr  zwischen  dem  Leiter  und  den  Mitgliedern  des  Instituts 


—     XI     — 

und  auch  zwischen  den  letzteren  untereinander.  Nach  der 
Seminarsitzung,  die  immer  abends  stattfand,  versammelten 
wir  uns  in  meiner  Wohnung  oder  in  einem  Gartenlokale  im 
Sommer,  im  Winter  regelmäßig  in  einer  Kegelei  Den  Glanz- 
punkt im  Jahre  bildete  das  Sonmierfest,  das  in  einem  ein- 
tägigen Ausfluge,  in  der  Hauptsache  auf  Seminarkosten,  be- 
stand; so  waren  wir  1901  in  Naumburg,  Rudelsburg,  1902 
in  der  Frohburger  Schweiz,  1903  in  Grimma,  Kloster  Nimb- 
schen. 

Außerdem  habe  ich  seit  vier  Jahren  in  der  städtischen 
Turnhalle  einen  zweistündigen  Tumkursus  für  Studenten  ins 
Leben  gerufen  und  geleitet,  an  dem  zu  meiner  großen  Freude 
auch  besonders  die  rumänischen  Studenten  mit  großem  Eifer 
teil  genonunen  haben.  Auf  diese  Weise  wurden  persönliche 
und  freimdschaflliche  Beziehungen  angeknüpft,  die  ohne  den 
Zwang  eines  Vereins,  ohne  leidige  Statuten  einen  festen  Zu- 
sanunenhalt  der  Mitglieder  des  Instituts  untereinander  und 
mit  dem  Leiter  desselben  gewährleisteten. 

Was  die  Zahl  der  Mitglieder  betrifft,  so  wäre  es  genügend, 
wenn  dieselbe  nicht  mehr  als  8  betrüge,  denn  dabei  würden, 
eine  vierjährige  Mitgliedschaft  Yorausgesetzt,  jährlich  zwei 
Arbeiten  fertig  werden,  was  das  Erwünschte  ist.  Da  aber 
nicht  alle  das  Ziel  erreichen,  so  darf  die  Zahl  auch  auf  10 
bis  12  steigen.  Aber  mehr  ordentliche  Mitglieder,  d.  h.  solche 
die  auch  eine  Arbeit  übernehmen,  ist  nicht  wünschenswert, 
da  dann  die  Druckkosten  des  Jb.  so  hoch  werden,  daß  die 
Kosten  meine  Mittel  übersteigen,  wie  z.  B.  bei  dem  vor- 
liegenden Jb.,  der  vier  umfangreiche  Dissertationen  und  eine 
kleinere  Arbeit  von  Moser,  der  Rumänisch  seit  Jahren  aus 
Liebhaberei  betreibt,  enthäli  So  gerne  ich  wenigstens  meine 
Arbeit  über  die  Dialekte  der  Bukowina  und  Bessarabien,  wozu 
das  Material  seit  zwei  Jahren  fertig  liegt,  aufgenommen  hätte, 
war  es  der  Kosten  wegen  unmöglich.  Um  eine  ähnliche 
Überfülle  für  die  Zukunft  zu  vermeiden,  habe  ich  einmal  die 
Zahl  der  neuen  deutschen  Mii^lieder  in  den  letzten  Semestern 
absichtlich  zurückgehen  lassen  vor  allem  dadurch,  daß  ich 


—     xn    — 

keine  Anfanger  au&ahm,  und  dann  habe  ich  die  Bestimmung 
getroffen,  daß  die  Dissertationen  künftig  nur  bis  zu  vier  Druck- 
bogen Umfang  gratis  geliefert  werden;  was  darüber  ist,  geht 
auf  Kosten  des  Verfassers.  Das  hat  außerdem  das  Gute,  daß 
die  Studierenden  sich  auf  das  Notwendige  beschränken^  denn 
gerade  bei  Anfangern  macht  sich  oft  eine  unangenehme  Weit- 
schweifigkeit breit. 

Auf  den  Inhalt  der  Dissertationen  selbst  einzugehen,  habe 
ich  keine  Veranlassung,  da  ich  als  Referent  für  den  Voll- 
möllerschen  Jahresbericht  Gelegenheit  habe,  mich  dort  über 
dieselben  auszusprechen  und  meine  häufig  genug  abweichenden 
Ansichten  darzulegen.  Nur  bezüglich  der  Arbeit  Helbigs  sei 
bemerkt,  daß,  wenn  sie  auch  nicht  direkt  sich  auf  das  Ru- 
mänische bezieht,  sie  doch  indirekt  damit  zusammenhängt,  da 
es  sich  doch  darin  um  das  Albanesische  handelt,  das  in  so 
naher  Beziehung  zum  Rumänischen  steht,  imd  das  näher  zu 
untersuchen,  in  Zukunft  ganz  unerläßlich  sein  wird.  Ist  die 
Arbeit  überhaupt  doch  nur  gedacht,  als  Hilfisarbeit  für  die 
Yon  mir  vorbereitete  Abhandlung  über  die  lateinischen  Elemente 
im  Albanesischen  und  daran  anknüpfend  über  die  dem  Alba- 
nesischen  imd  Rumänischen  gemeinsamen  Elemente.  Wir 
müssen,  darüber  besteht  kein  Zweifel,  wenn  wir  in  der  rumäni- 
schen Sprachgeschichte  und  Ethnographie  weiter  kommen, 
zur  tieferen  Einsicht  und  Erkenntnis  gelangen  wollen,  mehr 
als  seither  geschehen  ist,  unser  Augenmerk  dem  vergleichenden 
Studium  der  Balkansprachen  zuwenden.  Freilich  besteht  hier 
die  große  Schwierigkeit,  daß  die  Seminarmitglieder  als 
Romanisten,  also  vom  lateinischen  Standpunkte  aus,  an  das 
Rumänische  herantreten  und  weder  Zeit  noch  Neigung  haben, 
sich  mit  den  übrigen  Balkansprachen  zu  befassen.  Ich  selbst 
habe,  wie  schon  erwähnt,  Übungen  für  Bulgarisch  und  Ma- 
gyarisch mehrere  Semester  lang,  ferner  Vorlesungen  über  Neu- 
griechisch und  Albanesisch  gehalten,  die  Beteiligung  war  aber 
immer  sehr  gering.  Im  Albanesischen  betrug  die  Hörerzahl 
im  L  Semester  6,  im  IL  S.  4,  im  lU.  S.  nur  noch  2.  Immer- 
hin durfte  ich  zufrieden  sein,  daß  Helbigs  Arbeit  daraus  her- 


—    xm    — 

vorgegangen  ist.  Ich  werde  also  notgedrongen  im  romani- 
schen Institute  auf  dem  seither  beschrittenen  Wege  weiterfahren 
müssen;  besonders  aber  auch  das  Studium  des  Altrumänischen, 
for  das  wir  ja  jetzt  ein  reiches  Material  besitzen,  veranlassen, 
um  so  auch  für  die  Geschichte  der  rumänischen  Literatur- 
sprache die  notigen  Vorarbeiten  zu  schaffen.  Für  das  ver- 
gleichende Studium  der  Balkansprachen  wäre  es  das  beste 
und  einzig  Erfolgreiche,  wenn  in  Verbindung  mit  dem  Institute 
für  Bumänisch  ein  solches  für  die  Balkansprachen  ins  Leben 
gerufen  würde,  in  dem  Angehörige  der  Balkanvolker  auf 
wissenschaftlichem  Gebiete  miteinander  wetteifern  könnten. 
Natürlich  müsste  ein  derartiges  Institut  auch  die  materielle 
Unterstützung  der  betreffenden  Regierungen  haben,  und  wenn 
es  auch  nur  in  soweit  wäre,  daß  junge  Leute  mit  einem 
Stipendium  bedacht  würden.  Oder  sollte  sich  ein  reicher 
Gönner  finden,  der  die  nötigen  Mittel  dazu  hergibt!?  Jeden- 
falls werde  ich  mich  bemühen,  in  der  angedeuteten  Richtung 
tätig  zu  sein;  vielleicht  gelingt  aber  das  Unternehmen  erst 
dann,  wenn  einmal  Ruhe  auf  dem  Balkan  geschaffen  ist,  die 
aber  nicht  eher  eintreten  kann,  als  bis  die  jetzigen  Gewalt- 
haber vollständig  kalt  gestellt  sind.  Dann  wird  es  auch  an 
der  Zeit  sein,  meine  Beschäftigung  mit  dem  Aromunischen, 
das  ich  einige  Jahre  habe  liegen  lassen  müssen,  vdeder  auf- 
zunehmen. Habe  ich  doch  in  der  Hauptsache  die  Durch- 
forschung der  dakorumänischen  Dialekte  beendet,  so  daß  auch 
der  Atlas,  von  dem  soeben  die  V.  Sektion  erschienen  ist,  in 
etwa  drei  Jahren  Tollständig  vorliegen  wird.  Mit  meiner  im 
vorigen  Jahre  erschienenen  praktischen  Grammatik  des  Ru- 
mänischen glaube  ich  den  Fachgenossen  und  den  Studierenden 
ein  Hil&mittel  an  die  Hand  gegeben  zu  haben,  mit  dem  sie 
auch  in  die  Geheimnisse  der  rumänischen  Volkssprache  einzu- 
dringen vermögen,  was  mit  den  bekannten  Lehrbüchern  für 
Deutsche  nicht  möglich  war.  Zu  einem  Handbuch  des 
Rumänischen,  das  in  der  Sammlung  von  Niemeyer  in  Halle 
erscheinen  soll,  habe  ich  zwar  schon  Material  genug  ge- 
sammelt, aber  an  die  Ausarbeitung  bin  ich  noch  nicht  ge- 


—      XIV      — 

kommen,  da  ich  mit  anderen  Arbeiten  gerade  genug  beschäf- 
tigt war. 

Zum  Schlüsse  drängt  es  mich,  der  rumänischen  Regierung, 
die  das  Institut  auch  in  den  Zeiten  schwerer  Erisis  mit  un- 
geschmälerter Unterstatzung  bedacht  hat,  meinen  wannen 
Dank  auszusprechen.  Möge  die  in  den  zehn  Bänden  des 
Jahresberichtes  aufgespeicherte  Arbeitsleistung  ihr  Beweis 
dafür  sein,  daß  die  Kosten  des  Unterhaltes  nicht  vergeblich 
gewesen  sind. 

Leipzig,  den  23.  Januar  1904. 

Gnstav  Weigand. 


Znr  Eenntnisnahnie. 

Nach  der  Ablegung  meiner  Doktorprüfung  habe  ich  so- 
wohl hinsichtlich  des  zweiten  Teiles  meiner  Arbeit,  der  die 
Dichtung  und  die  ästhetisch-philosophische  und  sprachliche 
Würdigung  der  Werke  Eminescus  enthalten  soll,  wie  auch 
zum  Zwecke  einer  größeren  rumänischen  Monographie  des 
Dichters  beinahe  ein  ganzes  Jahr  hindurch  spezielle  Nach- 
forschungen an  Ort  und  Stelle  in  Rumänien  getrieben.  Bei 
verschiedenen  Freunden  und  Bekannten  Eminescus  in  Bukarest 
und  lassy,  wie  auch  aus  manchen  anderen  Quellen  (Archiven, 
Zeitschriften  und  Zeitimgen  u.  dgl.  mehr)  habe  ich  das  bio- 
graphische Material,  über  das  ich  schon  verfügte,  kontrolliert 
und  bereichert.  Dann  habe  ich  die  politischen  und  sonstigen 
Aufsätze  unseres  Schriftstellers  im  Curierul  de  lassi  (1876 
bis  1877),  Timpul  (1877—1883),  Fäntäna  Blandusiei 
(1888—1889)  und  Conv.  literare  (1870—1883)  inbetreff  ihrer 
Paternität  festzustellen  versucht  und  sie  studiert.  Eine  be- 
sondere Aufinerksamkeit  habe  ich  den  41  Heften,  die  E.s 
nachgelassene  Papiere  enthalten,  gewidmet,  woher  ich  für  sein 


—      XV      — 

Leben'*')  und  seine  Werke  wertvolle  und  reiche  Auskunft 
and  erhebliche  Bereicherung  bekam. 

Ich  dachte  in  einigen  Nachtragen  meine  Promotionsschrift 
mit  den  neuen  Ergebnissen  womöglich  zu  vervollständigen 
und,  wo  es  Not  tut,  auch  zu  berichtigen.  Leider  war  aber 
die  Zeit  dafür  allzu  fortgeschritten;  die  Arbeit  war  bereits 
gedruckt  und  neue  Beitrage  konnten  nicht  mehr  angenommen 
werden.  Daher  mußte  ich  auf  meine  Absicht  und  Pflicht  vor- 
laufig verzichten.  Selbst  die  beabsichtigte  Bibliographie,  die 
die  ich  erst  hier  in  Bukarest,  wo  mir  die  notigen  Quellen  zu- 
gänglich waren,  verfiftBt  habe,  mußte  ausbleiben. 

Ich  benachrichtige,  infolgedessen  meine  Leser,  daß  der 
zweite  Teil  meiner  Arbeit  auf  Grund  meiner  allerletzten 
Forschungen  geschrieben  wird,  und  daß  er  auch  Nachträge 
zum  ersten  Teil  und  eine  Bibliographie  enthalten  soll. 

8.  273,  Anm.  Zeile  3  lies  1868  statt  1869. 
S.  357  Z.  8'  V.  tmten  lies  kriecherischsten  statt  kriege- 
rischsten« 

loan  Seurta. 


*)  ^.  B.  ^e  große  Anza)il  Briefe,  deren  Entwürfe  aufbewahrt  worden 
sind;  auch  a^dere  Briefe,  tmter  denen  die  zwischen  dem  Di<^ter  und 
V.  Mjcde  gewedaaeiieß,  die  noch  nicht  in  die  Öffentlichkeit  gehören, 
konnte  ich  lesen  und  benutsen. 


IiLhaltsYerzeielinis. 


Seite 
Robert  Helbig^  Die  italienischen  Elemente  im  Albaneaischen    1—137 

Vorwort 1 

I.  Geschichilicher  Überblick  über  die  Beziehungen  Italiens  zu 

Albanien ,  4 

II.  Lautlehre:  A.  die  betonten  Vokale  (a  20,  e  29,  i  35,  o  37, 

u  42,  au  45) 19 

B.  die  unbetonten  Vokale  (a  45,  e  48,  i  51,  o  53, 

u  57) 45 

C.  die  Konsonanten  (k  58,  g  60,  k',  g  62,  p  64, 
b  66,  1 68,  d  71,  f  73,  v  73,  s  74,  S  78,  Spiran- 
tenwechsel  78,  1 81,  r  86,  m  88,  n  89,  ts,  dz, 

tä,  di  94) 58 

D.  Labialisierung;  Vokalharmonie 95 

III.  Ergebnisse  der  Lautlehre 97 

IV.  Ergebnisse  aus  dem  Wortschatz 103 

V.  Italienisches  Wörterverzeichnis 110 

VI.  Literatur  und  Abkürzungen 136 

Ion  Boreia^  Deutsche  Sprachelemente  im  Rumänischen  .    .    138 — 253 

Einleitung 138 

!•  Teil:  Deutsche  Elemente  in  der  rumänischen  Umgangssprache  139 

A.  Kulturgeschichtliches 139 

I.  Siebenbürgisch-sächsische  Einflüsse 141 

1.  Beziehungen  der  Siebenbürger  Rumänen  zu  den  Sachsen  142 

2.  Beziehungen  der  Walachei  und  Moldau  zu  den  Sachsen  150 
n.  österreichisch-deutsche  Einflüsse  (Heerwesen  158,  Verwal- 
tung 163,  Kaufleute,  Handwerker,  Wirtsleute  165,  Bergbau 
168,  im  Banat  169,  in  der  Bukowina  171,  auf  die  gebildeten 
Klassen  172) 15« 

B.  Glossar 176 


—    xvn    — 

Seite 

IL  Teil:  BaniftniBche  Dor&amen  aftchsischen  Unpnings     .    .    .  219 

A.  Geschichtliche  Yorbemerknngen 219 

B.  OloBBar 224 

IIL  TeU:  PhonetucheB  (Vokale  240,  Konsonanten  242,  Silbenaos- 

fiJl  245,  Volksetymologie  246,  Anslant  246,  ZüsammensetKung 

248) 239 

Literatur  nnd  Abkflrzimgen 251 

Io«B  Sewrt«,  Mihail  Eminescns  Leben  und  Prosasohriften      254—406 

A.  Eminescns  Leben  nnd  öffentliche  T&tigkeii 

I.  Biographische  Qnellen.    Es.  Zeitalter,  Abstammung  und 

Ftanilie 254 

IL  Snder-,  Schul-  und  Wandexjahre 266 

in.  Studienjahre  in  Wien  und  Berlin 274 

rV.  E.  und  die  literarische  Gesellschaft  „Junimea''  ....  282 

V.  E.  und  Veronica  Mide 287 

VI.  Es.  Tätigkeit  als  Bibliothekar  in  Jassy 293 

Vn.  Tätigkeit  als  Schulinspektor 297 

Vm.  ntigkeit  als  Journalist     Aufenthalt   und   literarisches 

Schaffen  in  Jassy  und  Bukarest  (1876—1883)      ....  301 

IX.  Wahnsinn  und  Krankheit  (1883—1887) 307 

X.  Scheinbare  Gtonesung.  Die  Uterarisohe  Arbeit  Es.  in  dieser 

Zeit  (1887-1888) 315 

XL  Die  letzte  Katastrophe  und  Tod 322 

Xn.  Es.  Persönlichkeit 324 

B.  Eminescns  Prosaschriften. 

I.  Allgemeine  Betrachtungen  über  die  Werke  E.S,  ihre  ver- 
schiedenen Arten  und  Ausgaben 337 

n.  Größere  politische  Abhandlungen 346 

HL  Die  politischen  Aufsäbse  im  „Cnrierul  de  lassi''     .    .    .  354 

IV.  Die  politischen  Auft&tae  im  „Timpul" .  358 

V.  Kritische  (polemische)  und  philosophische  Auftätse     .    .  367 

VL  Literarische  Au&fttae  (über  Theater  und  Volksliteratur) .  374 

VIL  Noyellen:  1.  Sermanul  Dionis. 378 

2.  Ceoura 391 

VUL  Märchen  und  kleinere  Ersählungen 402 

Literatur  imd  Abkflrsungen 406 

Hmm  MoeeT)  Der  Ursprung  der  rumänischen  Präpositionen    409—464 

A.  Bomänische  Präpositionen 413 

B.  Fremde  Präpositionen 454 


—      XVHJ     — 

Seite 

YerzeichmB  6ar  b<iiq>gocihwnm  PcSpcnüläoB^n      .......  49) 

Literatur 463 

Sieliard  Knrth^  Der  Qebranch  der  Präpositioneii  im  Rum.    46&— 039 
I*  Kapitel«    Allgemeines. 

1.  Material  und  Bildongsweise  der  mm.  Pr&poflfttkme»     .    .  467 

2.  Artikniierang  und  Nichtartikalierang  des  folgenden  Snbst  472 

3.  Wiederholung  der  Pr&positionen 475 

II«  KapiteL    Die  «igeniHch^n  Frftpositionan. 

Einfache  Pii^ositiisnen 477 

Die  znsammengßsetzte;^  Frftposüionen. 

1.  Feste  ZosammenselEungen 554 

2.  Lebendige  Eompositionsbildong 582 

a)  Komposition  mit  de, 

I.  Ortliche  unid  ^üjiche  Verwendang 583 

IL  übertragene  Verwendung 594 

ß)  Komposition  Qiit  pe« 

I.  örtliche  und  zeitliche  Verwendung 598 

IL  übertragene  Verwendung 605 

y)  Anhang:  andere  Kompositionen 607 

HI.  Kapitel.    Die  uneigentlichen  Prftpoaitionen     .    .    .  606 

IV.  KapIteL    Die  sqbitafttiyisohen  Fripoiitianen  ...  618 

Erklärung  der  Abkürjsungen 635 

Alphabetisches  Verzeichnis  der  bespraobenm»  Ptl^sitipoen      .    .  638 


Die  italienischen  Elemente  im  Albanesischen 

Bobert  Heibig. 
Vorwort 

Im  Wintersemester  1899/1900  begami  Herr  Prof.  Weigand 
eine  Vorlesmig  zur  Einf5hrmig  in  die  alb.  Sprache,  worin  er 
besonders  die  lat  Elemente  nnd  die  lantliehen  Veränderungen, 
die  sie  im  alb.  erlitten  haben,  eingehend  behandelte.  Aber 
sehr  bald  zeigte  es  sich,  dass  mit  den  vorhandenen  Vor- 
arbeiten —  es  kommen  nur  die  Darstellungen  von  0.  M.  in 
Oröbers  Grundriß  und  Ton  Miklosich  in  seinen  alb.  Forschungen 
in  Betracht  —  es  unmöglich  sei,  sowohl  die  lai  Lehnwörter 
von  den  it.  Lehn-  und  Fremdwörtern  in  allen  Fallen  zu 
scheiden  als  auch  die  Dauer  der  wichtigsten  Lautwandlungen 
einigermaßen  festzustellen.  In  beiden  Punkten  soll  nun  durch 
eine  eingehende  Untersuchung  der  it.  Elemente  die  vorliegende 
Arbeit  mö^chst  Abhilfe  schaffen.  Jedoch  ist  sich  der  Ver- 
fiuser  wohl  bewußt,  das  gesteckte  Ziel  nicht  immer  erreicht 
za  haben,  ein  Mangel,  der  sich  zum  Teil  aus  der  geringen 
Anzahl  von  Quellen,  zum  Teil  aus  ihrer  Unzulänglichkeit  und 
Ungenauigkeit  erklären  läßt 

Um  die  Möglichkeit  einer  Einwirkung  von  Seiten  der 
Italiener  auf  die  alb.  Sprache  und  Kultur  danulegen,  ist  in 
einem  ersten  Abschnitte  versucht  worden,  die  Beziehungen 
Italiens  und  besonders  Venedigs  zu  Albanien  im  Zusammen- 
hange mit  der  weiteren  alb.  Geschichte  in  Klirze  darzustellen. 
Es  hat  dabei  nicht  die  Absicht  bestanden,  auf  die  geschicht- 
lichen Quellen  zurückzugehen,  einmal  weil  der  Ver&sser  sich 

Weigftnd,  10.  JabreBberieht.  1 


—    2    — 

nicht  eingehend  mit  geschichtlichen  Forschungen  befaßt  hat, 
und  weil  zweitens  dieser  Abschnitt  nur  zur  Erläuterung  des 
Folgenden  dienen,  nicht  aber  zur  Hauptsache  werden  sollte. 
Es  ist  daher  nur  aus  zweiter  Hand  geschöpft  worden  und 
zwar  wurde  hauptsächlich  benutzt  „Die  Geschichte  des  byzan- 
tinischen Reiches  von  Hertzberg*',  ergänzt  in  der  älteren  Zeit 
durch  „Mommsens  römische  Geschichte^  und  in  Bezug  auf 
Venedig  und  sein  Verhältnis  zu  den  Eüstenländem  der  Adria 
durch  „Lenels  Entstehung  der  Vorherrschaft  Venedigs  an  der 
Adria^.  Sonstige  angezogene  kleinere  Schriften  sind  unter  dem 
Texte  vermerkt 

Bei  der  lautlichen  Untersuchung,  die  den  zweiten  Ab- 
schnitt umfaßt,  wurden  nicht  nur  die  in  das  to.  und  geg.  ein- 
gedrungenen it.  Elemente  berücksichtigt,  sondern  auch  die 
aus  nahe  liegenden  Gründen  außerordentlich  zahlreichen  Wörter 
it.  Herkunft  im  caL  und  sie.  sowie  im  gr.  alb.  Dialekte,  ob- 
wohl die  Zeit  nicht  mehr  zu  fem  liegt,  in  der  diese  alb. 
Sprachinseln  in  den  sie  umgebenden  Sprachen  gänzlich  auf- 
gehen werden.  Es  sind  die  Dialekte  mit  in  die  Untersuchung 
hereingezogen  worden,  weil  besonders  das  caL  und  gr.  alb. 
manche  lautliche  Erscheinung  länger  beibehalten  haben  als 
das  alb.  im  Mutterlande,  und  weil  durch  die  Auswanderung 
der  Albanesen  für  die  Zeitbestimmung  der  Lautwandlungen 
ein  wichtiger  Anhaltspunkt  gegeben  ist. 

Die  Wiedergabe  der  Laute  erfolgt  mit  Hilfe  des  im 
Jahresberichte  des  rumänischen  Instituts  zu  Leipzig  gebräuch- 
lichen phonetischen  Systems,  über  das  man  das  von  Weigand 
im  Banaterdialekt  eingangs  Gesagte  vergleichen  möge,  das  im 
Wesentlichen  mit  dem  von  G.M.  gebrauchten  übereinstimmt, 
nur  ist  im  Anschluß  an  G.  M.  und  Ped.  der  gedeckte  Kehllaut 
durch  „f"  (bei  Weigand  =  9)  wiedergegeben  worden,  lediglich 
um  die  Einheitlichkeit  der  Schreibung  zu  wahren.  Wie  im 
Rumänischen  gilt  auch  im  alb.  die  Regel,  daß  stimmhafte 
Konsonanten,  sobald  sie  in  den  Auslaut  treten,  stimmlos 
werden,  die  im  allgemeinen  auch  durchgeführt  ist,  nur  J.,  Ro. 
und    noch    mehr  Bla.    belassen    zuweilen    den    stimmhaften 


—    3    — 

Konsonanten  auch  im  Auslaute.  Im  übrigen  vergleiche  man 
über  die  phonetische  Schreibung  auch  G.  M.'s  kleine  Granmiatik 
des  alb.  §§  1 — 21,  nur  sei  erwähnt,  dass  die  in  §  13  gemachte 
Unterscheidung  von  stark  gerollten  hinterem  und  nicht  ge- 
rollten vorderem  alveolaren  r  nicht  zutreffend  ist  Nach 
mündlicher  Angabe  Weigands  handelt  es  sich  um  ein  stark 
gerolltes  vorderes  alveolares  r,  und  um  weniger  gerolltes  r, 
mit  gehobener  Zunge,  sodaß  f  :  r  =  1 : 1  sich  verhalten.  Ab- 
weichend von  G.  M.  wurde  nur  der  Nasal  durch  „e^"  be- 
zeichnet; es  sei  hierbei  zugleich  darauf  hingewiesen,  daß  im 
ganzen  geg.  Gebiete  alle  Vokale  mehr  oder  weniger  nasal 
ausgesprochen  werden  und  zwar  so  allgemein,  daß  kein  Gege 
im  stände  ist  einen  reinen,  nasalfireien  Vokal  zu  artikulieren. 
Über  den  Charakter  dieses  Nasals  cf.  Dozon  S.  329.  Das  der 
Untersuchung  zu  Grunde  gelegte  Wortmaterial  stutzt  sich 
zunächst  auf  G.  M/s  E.  W.,  das  durch  die  Wörterbücher  von 
Bla.,  Hahn,  Ro.,  Doz.  und  J.  nachgeprüft  und  ergänzt  wurde. 
Von  den  in  Ro.'s  Vocabulario  angeführten  Wörtern  iL  Her- 
kunft konnten,  wie  dies  schon  von  G.  M.  geschehen  ist,  die 
meisten  vernachlässigt  werden,  vor  allem  die  wissenschaftlichen 
Ausdrücke  besonders  der  Grammatik,  von  denen  J.  zu  Beginn 
seines  Wörterbuches  eine  kleine  Zusammenstellung  in  alb. 
Sprache  gegeben  hat  Aufgenonmien  wurden  jedoch  alle 
Wörter,  die  sich  auf  den  Gottesdienst  und  die  priesterliche 
Kleidung  beziehen,  und  solche,  die  voraussichtlich  einmal  all- 
gemeines Sprachgut  werden.  Entgegen  der  von  G.M.  (E.  W. 
S.  VUI)  gemachten  Bemerkung,  daß  „an  Form  und  Bedeutung 
der  von  Ro.  gegebenen  Wörter  fortwährend  Kritik  geübt 
werden  müsse**,  soll  hier  bemerkt  werden,  daß  durch  Ver- 
gleichung  mit  dem  von  J.  verfaßten  Wörterbuche  des  scut. 
Dialekts  fast  alle  jene  Wörter,  denen  G.  M.  durch  den  Zusatz 
Ro.  den  Stempel  absoluter  Frag?B^digkeit  aufdrücken  wollte, 
sich  als  durchaus  richtig  erwiesen  haben;  nur  zuweilen  kommt 
es  vor,  das  Ro.  die  altere  Lautform  und  J.  die  jüngere,  weiter 
entwickelte  anfuhrt  Über  die  merkwürdige  "Behandlung  des 
e-Lautes  im  scut.  durch  G.  M.  ist  unter  II  §  10  das  nähere 


—    4    — 

gesagt  Einige  Ergänzungen  des  Wortschatzes  sind  femer 
der  kleinen  Grammatik  der  alb.  Spr.  von  Q.  M.,  dem  &•  Hefte 
seiner  alb.  Studien  und  dem  Glossar  von  Ped.  entnonmien 
worden. 

Im  dritten  Abschnitte  sind  die  Ergebnisse  des  voran- 
gegangenen zusammengefaßt  und  dabei  der  Versuch  gemacht 
worden,  die  Zeitdauer  der  einzelnen  Lautwandlungen  und 
deren  Aufeinanderfolge,  so  weit  dies  möglich  ist,  festzustellen, 
wenn  auch  nur  in  relativen  Zeitangaben. 

Der  vierte  Abschnitt  behandelt  die  in  das  to.  und  geg. 
eingedrungenen  Lehn-  und  Fremdwörter  in  ihren  Beziehungen 
zur  Kultur,  wie  weit  ihre  Einbürgerung  durch  Kirche,  Schule, 
Handel  und  Wandel  bedingt  und  gefördert  wurde,  und  was 
aus  ihrem  Vorhandensein  auf  die  Kultur  des  Landes  und  ihren 
Fortschritt  geschlossen  werden  kann. 

Hierauf  folgt  schließlich  das  ii-alb.-deutsche  Wörter- 
verzeichnis und  die  Zusammenstellung  der  benützten  Hilfs- 
mittel und  Abkürzungen. 

L  Geschichtlicher  Überblick  Aber  die  Beziehungen 
Italiens  zu  Albanien. 

Zu  den  ersten  Kolonien  des  römischen  Reiches  außerhalb 
Italiens  gehorte  neben  Sardinien  und  Dalmatien  auch  Albanien 
resp.  damals  lUyrien.  Den  Anlaß  zum  Eingreifen  in  die  Ver- 
hältnisse Albaniens  bot  die  im  3.  Jh.  v.  Chr.  immer  mehr 
überhand  nehmende  Seeräuberei  der  illjrischen  Einwohner, 
die  sich  nicht  damit  begnügten,  die  Handelsschi£Pe  jeder 
Nationalität  zu  kapern,  sondern  auch  die  Küstenstädte  der 
Adria:  Lissa,  Lesina,  Durazzo,  Appollonia  bedrängten  und  be- 
lagerten, ja  ihre  Raubzüge  bis  Korfu  und  in  das  griechische 
Festland  hinein  erstreckten.  Von  verschiedenen  Seiten  um 
Hilfe  angegangen,  mußten  sich  die  Romer  endlich  entschließen, 
energisch  gegen  die  illjrischen  Räuber  vorzugehen,  nachdem 
sie  auf  diplomatischem  Wege  nichts  erreicht  hatten.   229  v.  Chr. 


—    5    — 

wurde  eine  Flotte  mit  einem  Landnngsheere  ausgerastet,  die 
Sicherheit  auf  dem  Adriatischen  Meere  wieder  hergestellt  und 
zugleich  die  Ostküste  besetzt  Skodra  wurde  den  Römern 
zinspfiichtig.  158  y.  Chr.  nach  dem  Sturze  des  makedonischen 
Reiches  wurde  das  noch  bestehende  illyrische  Reich  des 
Gknthios  in  drei  kleine  Freistaaten  aufgelost,  die  den  Römern 
ebenfalls  tributpflichtig  waren. 

Daß  es  den  Römern  aber  nicht  gelungen  ist,  die  freiheit- 
liebende Bevölkerung  des  Landes  gänzlich  zu  unterwerfen, 
zeigt  schon  die  Thatsache,  daß  heute  noch  das  Illyrische  in 
der  Spniche  der  Albanesen  weiterlebt.  Ein  großer  Teil  der 
Stamme,  welche  im  Innern  des  Landes  auf  ihren  schwer  zu- 
gänglichen Gebirgen  hausten,  haben  ihre  Selbständigkeit  ge- 
wahrt oder  höchstens  einen  Tribut  an  die  fremden  Eroberer 
gezahlt 

Die  erste  Kolonisation,  deren  man  nach  sprachlichen 
Zeugnissen  mit  Sicherheit  zwei  annehmen  kann,  hat  schon  in 
firOher  Zeit  eingesetzt,  da  in  den  lai  Lehnwörtern  des  Alba- 
nesischen  nicht  nur  c  und  g  vor  e,  i  den  gutturalen  Laut 
erhalten  haben,  sondern  auch  kurzes  u  und  o  noch  auseinander 
gehalten  werden.  Wie  weit  die  Eolonisationsbestrebungen 
der  Römer  vorgeschritten  sind,  läßt  sich  durch  sprachliche 
und  geschichtliche  Untersuchungen  kaum  sicher  feststellen, 
vielmehr  müßte  hierzu  zu  eingehenden  archäologischen 
Forschungen  an  Ort  und  Stelle  geschritten  werden.  Wieviel 
gerade  auf  diesem  Wege  zu  erhoffen  ist,  zeigt  Degrand  in 
seinem  interessanten  Buche  über  Hochalbanien  an  verschie- 
denen Stellen,  wenn  die  türkische  Regierung  ihre  den  Nach- 
forschungen bisher  feindliche  Haltung  aufgeben  würde. 

Sicherlich  ist  Albanien  hinter  den  übrigen  Kolonien,  be- 
sonders Dalmatien,  zurückgeblieben,  da  die  Statthalterschaft 
von  Makedonien,  unter  deren  Verwaltung  Albanien  stand, 
diesem  Lande  nicht  das  gleiche  Interesse  zugewandt  hat,  wie 
dies  in  Dalmatien  von  Seiten  der  vorgesetzten  Behörde  in 
Oberitalien  geschehen  ist,  die  es  sich  angelegen  sein  ließ,  das 
Land  durch  Besiedelungen  zu  heben  und  durch  Anlegung  von 


—    6    — 

Yerkehrsstraßen  in  das  Innere  nach  Möglichkeit  zu  erschließen, 
wenn  auch  diese  Bestrebungen  wegen  der  schwierigen  örtlichen 
Verhältnisse  später  liegen  gelassen  wurden.  Dieses  Verhältnis 
hat  vermutlich  auch  in  dem  Gegensatze  des  kaiserlichen  und 
des  Senat-Regiments  fortbestanden,  unter  dessen  Verwaltung 
später  einerseits  Dalmatien  stand  und  andrerseits  die  illjrisch- 
makedonische  Küste.  „Damit  wird  weiter  zusammenhängen, 
daß  die  illyrische  Nationalität  sich  in  dem  Bereiche  der  make- 
donischen StatthalteUBchaft  besser  behauptet  hat  als  in  dem 
der  dalmatinischen/*) 

Wenn  uns  mitgeteilt  wird,  daß  um  die  Mitte  des  5.  Jh. 
das  Latein  in  den  Ländern  zwischen  dem  Adriatischen,  Agäischen 
und  Schwarzen  Meere  als  Amts-  und  Haussprache  galt"^),  so 
erhellt  aus  Folgendem,  wie  wenig  dies  gerade  in  Albanien  der 
Fall  war: 

Als  Amtssprache  fallt  das  Latein  hier  schon  weg,  weil 
die  einzelnen  alb.  Stämme  ununterbrochen  bis  in  die  neueste 
Zeit  unter  der  Elanverfassung  gestanden  haben,  und  diese  eine 
andere  als  die  Nationalsprache  an  und  für  sich  ausschließt'*'*'*') 
Nicht  anders  ist  es  mit  der  Haussprache  gewesen.  Da  ja, 
wie  oben  schon  gesagt,  der  Machtbereich  der  Römer  sich  nur 
wenige  über  das  Küstenland  hinaus  erstreckte,  hat  sich  das 
Latein  auch  nur  an  der  Küste  einbürgern  können,  wie  es  denn 
auch  in  Dalmatien  geschehen  ist,  wo  sich  infolgedessen  eine 
besondere  romanische  Sprache  bilden  konnte.  Da  aber  die 
alb.  Küste  sehr  unzugänglich  und  hafenarm  ist,  dabei  stellen- 
weise ungesund,  so  war  der  Gebrauch  der  lat.  Sprache  auf 
die  wenigen,  von  den  römischen  Kaufleuten  besuchten  Hafen- 
plätze und  die  von  den  Römern  besetzten  Ortschaften  be- 
schränkt, die  sich  im  Lmem  des  Landes  nur  längs  der  großen 
Durchgangs-  und  Heeresstraße  von  Durazzo  nach  Makedonien 
befanden,  von  der  Strabo  als  via  Egnatia  sagt,  daß  sie  die 


*)  Mommsen,  Rom.  Gesch.  V,  184. 
**)  G.  M.,  Essays  u.  Studien  I,  64. 
*♦*)  Über  die  Klanverfassung  cf.  v.  Hahn,  Alb.  Stud.  S.  175. 


—    7    — 

Bpiroten  von  den  DlTriem  trennt*)  unter  diesen  Umständen 
konnte  es  nicht  zur  Bildung  einer  neuen  romanischen  Sprache 
kommen,  sondern  es  blieb  bei  der  Au&ahme  einer  großen 
Anzahl  von  lat  Lehnwörtern.  Es  ist  das  weniger  ein  Beweis 
ftbr  die  Assimilationskraft  der  lai  Sprache  (wie  G.  M.  an  oben 
angeführter  Stelle  meint),  als  vielmehr  ein  Beweis  für  die 
ünznganglichkeit  des  Landes  infolge  der  hohen  Gebirgsz&ge 
und  för  die  Thatsache,  daß  die  Herrschaft  der  Römer  eine 
zu  kurze  war,  um  intensiv  wirken  zu  können.  Denn  es  wäre 
vielleicht  doch  noch  zu  einer  völligen  Romanisierung  der 
Albanesen  gekommen,  wenn  nicht  andere  Ereignisse  einge- 
treten waren.  Die  im  4.  Jh.  beginnende  Völkerwanderung 
lahmte  die  Energie  der  Römer,  und  als  395  durch  die  Teilung 
des  römischen  Reiches  Albanien  an  das  oströmische  Reich 
kam,  hörte  der  direkte  römische  Einfluß  gänzlich  au£  Während 
der  Völkerwanderung  blieb  Albanien  so  ziemlich  von  fremden 
Völkerscharen  verschont  trotz  der  oben  erwähnten  Heeres- 
straße, die  fiber  Durazzo  eine  direkte  Verbindung  mit  Italien 
über  Brindisi  darstellt,  da  diese  mangels  an  Schiffen  nicht 
benutzt  werden  konnte.  Dabei  ist  das  Land,  von  zahlreichen 
Gebirgszügen  durchschnitten,  deren  niedrigste  Pässe  nicht 
unter  1000  m  über  dem  Meeresspiegel  liegen,  dem  Durch- 
märsche großer  Heeresmassen  außerordentlich  hinderlich.  Nur 
die  Gothen  haben  etwa  130  Jahre  lang  Albanien  gehalten'*^), 
ohne  jedoch  merkbare  Spuren  in  der  Sprache  zurückgelassen 
zu  haben;  erst  535  räumte  das  gothische  Heer  Dalmatien 
und  Nordalbanien. 

Durch  die  Völkerwanderung  war  aber  eine  neue  Macht 
in  dem  Völkergemisch  des  Balkan  aufgetreten:  die  slavischen 
Völker,  besonders  die  Serben  und  Bulgaren,  besiedelten  all- 
mählich die  ganze  Halbinsel,  und  auch  Albanien  wurde  teil- 
weise von  ihnen  besetzt,  im  Norden  durch  die  Serben,  im 
Süden  durch  die  Bulgaren.    Das  bulgarische  Reich  erreichte 


*)  c£  T.  Hahn,  Alb.  Stad.  S.  217  u.  24  Note  13. 
♦*)  cf.  V.  Hahn,  Alb.  Stud.  S.  310. 


—    8    - 

unter  dem  Zaren  Simeon  nach  917  einen  Teil  der  alb.  Koste, 
und  der  Zar  Samuel  besetzte  zur  Festigung  seiner  Macht 
gegen  die  Byzantiner  die  Küste  des  Adriatischen  Meeres  mit 
zahlreichen  bulgarischen  Ansiedelungen  und  gewann  schließlich 
Durazzo,  das  aber  schon  997  durch  Verrat  wieder  in  die 
Hände  der  Byzantiner  fieL  Nach  langen  Kämpfen  gelang  es 
der  byzantinischen  Übermacht  die  bulgarischen  Völker  in 
Südalbanien  gänzlich  zu  unterwerfen  (1041),  während  die 
Serben  im  nördlichen  Teile  noch  lange  ihre  Unabhängigkeit 
behaupteten.  Daß  aber  die  bulgarische  Besiedelung  eine 
energische  gewesen  ist,  beweisen  die  zahlreichen  slavischen 
Ortsnamen,  die  sich  im  südlichen  Albanien  nordwärts  bis  an 
das  Flüßchen  Semani  und  noch  etwas  über  Berat  hinaus 
finden.*) 

Als  1355  Duschan  yon  Serbien  starb,  konnte  sein  Nach- 
folger das  weite  Reich  nicht  zusammen  halten:  die  Vasallen 
regierten  ihre  Gebiete  so  gut  wie  selbständig,  und  in  Albanien 
machten  sich  verschiedene  Häuptlinge  von  slavischer  wie 
griechischer  Oberhoheit  frei 

Aus  dem  Vorangehenden  ist  ersichtlich,  daß  die  Byzan- 
tiner, denen  ja  die  Ostküste  der  Adria  bei  der  Teilung  des 
alten  römischen  Reiches  zugefallen  war,  nur  ganz  vorüber- 
gehend in  ihrem  Besitze  waren,  sobald  es  ihnen  nämlich  ge- 
lang, die  fremden  Eroberer  zurückzudrängen.  Immer  aber 
waren  sie  bestrebt,  wenigstens  das  feste  Durazzo  zu  halten. 

Zu  den  fortwährenden  Reibereien  mit  den  einheimischen 
Völkerschaften  und  zu  dem  ständigen  Kriegszustand  gegen 
Serben  und  Bulgaren,  kamen  nun  noch  die  Versuche  der 
Normannen  und  später  der  Angiovinen  durch  Eroberung 
Durazzos,  des  alten  Einfallthores  in  die  östlichen  Länder, 
Thessalien,  Makedonien  und  schließlich  Konstantinopel  selbst 
zu  erobern. 

1081  erö&ete  Guiskard,  der  Herzog  der  Normannen,  den 

*)  Man  vergleiche:  Berat  (>=  Belgrad),  Lepenitsa,  Comenitsa, 
Liböchovo,  üslanitsa,  Graditsa,  Polovin,  Selitsa,  Dobreni,  TSerkoTna, 
Pobrat,  Yoditsa,  Labida,  Starova  u.  s.  w. 


—    9    — 

Kampf  mit  der  Belagerung  von  Durazzo.  Trotz  der  Nieder- 
lage, die  er  vor  dieser  Stadt  durch  die  den  Byzantinern  zu 
Hilfe  geeilten  Venezianer  erlitt  und  trotz  der  schrecklichen 
Verluste,  die  Seuchen  und  Not  in  seinem  Heere  anrichteten, 
gelang  es  ihm  doch,  den  zum  Entsätze  der  Stadt  heranziehenden 
Kaiser  Alexios  zu  schlagen.  In  Durazzo  führte  ein  tapferer 
Albanese  Komiskortis  den  Oberbefehl,  während  die  Ten.  An- 
siedler die  Citadelle  der  Stadt  verteidigten.  1082  wurde  die 
Stadt  den  Nonnannen  durch  Verrat  in  die  Hände  gespielt 

Von  besonderem  Interesse  ist  hierbei  für  uns  die  Angabe, 
daß  die  Citadelle  von  Yen.  Ansiedlem  gehalten  worden  ist. 
Obgleich  die  Stadt  bis  dahin  noch  nicht  unter  Yen.  Oberhoheit 
gestanden  hatte,  hat  also  schon  Ende  des  11.  Jh.  eine  ziemlich 
starke  Kolonie  der  Venezianer  dort  bestanden. 

Nach  dem  Tode  des  70jährigen  Ghiiskard  1085  brachen 
unter  seinen  Söhnen  Boger  und  Boemund  heftige  Streitigkeiten 
in  ünteritalien  aus,  die  es  den  Byzantinern  möglich  machten, 
die  normannischen  Eroberungen  auf  der  Balkanhalbinsel,  be- 
sonders Durazzo,  wieder  in  ihre  Hände  zu  bekommen.  Erst 
100  Jahre  später,  1185,  begannen  die  Eroberungszüge  der 
Normannen  au&  neue.  Es  gelang  ihnen,  Durazzo  im  Sturm 
zu  nehmen,  aber  Seuchen  und  Demoralisation  brachten  den 
Vormarsch  nach  Thessalien  bald  zum  Stehen,  ja  ein  Sieg  der 
Byzantiner  schlug  sie  in  die  Flucht,  sodaß  sie  1186  nur  noch 
Durazzo  und  die  Jonisohen  Inseln  in  ihrer  Gewalt  hatten. 
Schliefilich  gaben  sie  auch  noch  Durazzo  und  Korfu  auf. 

1257  besetzte  dann  Manfred,  König  Yon  Sizilien,  die  Städte 
Vallona  und  Durazzo,  um  so  die  alten  Eroberungen  der  nor- 
mannischen Könige  auf  der  alb.  Küste  in  seiner  Hand  zu  ver- 
einigen, Bestrebungen,  die  Karl  von  Anjou  nach  der  1266 
erfolgten  Gründung  eines  neufranzösischen  Reiches  in  ünter- 
italien weiter  verfolgte,  indem  er  1267  Korfii  und  1272  Durazzo 
in  seinen  Besitz  nahm.  Nach  mannigfachen  Kämpfen,  be- 
sonders seit  1314  mit  Thomas  von  Arta,  gingen  Durazzo  tuid 
die  übrigen  Besitzungen  des  Hauses  Anjou  auf  dem  Balkan 
als  Herzogtum  von  Durazzo  an  Johann  von  Gravina  über,  in 


—     10    — 

dessen  Familie  der  Besitz  verblieb,  bis  nach  dem  Tode 
Dnscbans  von  Serbien  der  alb.  Häuptling  Karl  Thopia  1368 
Durazzo  an  sich  riß.  Eorfa  ging  1386  dauernd  in  den  Besitz 
Venedigs  über. 

Für  den  Einfluß,  den  die  ii  Sprache  auf  das  Albanesische 
ausgeübt  hat,  ist  es  bemerkenswert,  daß  die  ganze  Verwaltung 
des  Landes  unter  den  Angiovinen  in  den  Händen  neapolita- 
nischer Beamten  li^.  Auch  waren  it.  Priester  bemüht,  in  den 
eroberten  Ländern  den  römischen  Kultus  einzufuhren.  Weit 
stärker,  anhaltender  und  gleichmäßiger  war  der  Einfluß  der 
it.  Sprache,  der  Ton  Venedig  ausging. 

Die  Macht  der  Bepublik  Venedig  beruhte  während  des 
ganzen  Mittelalters  lediglich  auf  ihrem  Handel;  allein  von 
diesem  Gesichtspunkte  aus  muß  man  die  Ausbreitung  der 
Republik  am  Adriatischen  Meere  und  die  Gewinnung  der 
Inseln  im  östlichen  Teile  des  Mittelländischen  Meeres  be- 
trachten. Es  kam  der  Handelsstadt  nicht  besonders  darauf 
an,  möglichst  viele  Ländereien  zu  besitzen,  als  vielmehr 
wichtige  und  feste  Stützpunkte  für  ihre  Schiffe  zu  gewinnen, 
die  den  gesamten  Verkehr,  der  über  Venedig  nach  der  Levante 
ging,  zu  vermitteln  hatten.  Für  uns  kommen  besonders  die 
Beziehungen  in  Betracht,  die  Venedig  zur  Ostküste  der  Adria 
und  hier  wieder  zu  Albanien  hatte.  Es  ist  jedoch  nicht  möglich, 
sich  hierbei  nur  auf  Albanien  zu  beschränken,  da  man  dann 
zu  einem  ungenauen  Bilde  der  Verhältnisse  gelangen  würde. 

Die  kommerzielle  Vorherrschaft  an  der  Adria  beginnt 
damit,  daß  die  nächst  benachbarten  Gebiete  auf  dem  Fest- 
lande Italiens,  die  in  ihrem  Handel  ganz  und  gar.  auf  Venedig 
angewiesen  waren,  sich  allmählich  seinem  thatsächlichen  Über- 
gewichte fugen  mußten.  Nun  war  Venedig  wie  Dalmatien 
unter  Zustimmung  von  Bjzanz  den  benachbarten  Slaven  steuer- 
pflichtig. Der  Doge  Peter  II.  Orseolo  verweigerte  jedoch  die 
Tributzahlung,  und  es  gelang  ihm,  die  Bepublik  der  slavischen 
Oberherrschaft  auf  inmier  zu  entziehen,  worauf  sich  im  Jahre  1000 
auch  die  romanisch  redende  Eüstenbevölkerung  Dalmatiens 
Venedig  anschloß.    Hierauf  fiißen  nun  alle  ferneren  Bestre- 


-    11   — 

bangen  Venedigs,  das  dalmatinische  Küstenland  in  seinem 
Besitze  za  erhalten,  namentlich  gegenüber  den  Ungarn,  die 
es  im  Anfange  des  12.  Jh.  bis  auf  Zara  und  die  Inseln  Arbe, 
Yeglia,  Ossera,  die  bei  Venedig  yerblieben,  xmter  ihre  Herr- 
schaft brachten.  Erst  um  die  Mitte  des  12.  Jh.  begann  die 
Republik  planmäßig  Yorzugehen,  um  ihre  Vorherrschaft  an 
der  Adria  zu  begründen,  indem  sie  ganz  Daknatien  1155  in 
kirchlicher  Hinsicht  dem  Patriarchen  von  Grado  unterstellte 
und  in  der  Verwaltung  dazu  überging,  die  einzelnen  Gebiete 
durch  Einsetzung  yen.  Grafen  möglichst  in  Abhängigkeit  Yon 
Venedig  zu  bringen.  Ferner  gelang  es  der  Bepublik,  die 
thatsädüiche  Vorherrschaft  in  kommerzieller  Beziehung  an 
der  Adria  im  Laufe  des  13.  Jh.  zu  erlangen  und  so  ihre 
Stellung  immer  mehr  und  mehr  zu  festigen. 

Die  eigentliche  Quelle  des  B.eichtums  und  der  Macht 
beruhte  jedoch  für  die  Bepublik  nicht  auf  dem  Handel  mit 
dem  italienischen  Festlande  imd  der  Ostküste  der  Adria,  sondern 
yielmehr  auf  den  zahlreichen  und  alten  Beziehungen  zum 
byzantinischen  Beiche  und  der  Levante,  denn  neben  dem 
Handel  mit  dem  griechischen  Beiche  hatten  die  Venezianer 
es  sich  angelegen  sein  lassen,  den  Verkehr  mit  den  mosle- 
mitischen  Völkern  des  Morgenlandes  soweit  zu  pflegen,  als 
dies  nur  irgend  möglich  mit  dem  griechischen  Staatsinteresse 
zu  yereinigen  war.  Der  Handelsyerkehr  hatte  sich  im  10.  Jh. 
außerordentlich  gesteigert  Schon  992  wurde  yon  der  Bepublik 
unter  Peter  IL  Orseolo  mit  dem  Kaiser  Basilios  II.  ein  Ver- 
trag abgeschlossen,  der  neben  anderem  auch  die  Landungs- 
gebühren der  yenezianischen  Handelsschiffe  im  griechischen 
Beiche  yorteilhaft  regelte.  Es  stand  der  Bepublik  also  Alba- 
nien, soweit  es  jeweilig  in  griechischen  Händen  war,  zu 
Handelszwecken  offen,  und  daß  die  Venezianer  hieryon  reichen 
Gebrauch  machten,  zeigt  die  oben  erwähnte  Thatsache,  daß 
schon  1082  eine  yenezianische  Niederlassung  in  Durazzo  be- 
stand. Man  wird  in  der  Annahme  nicht  fehl  gehen,  daß  es 
solche  Handelsniederlassungen  auch  in  den  übrigen  Hafen- 
plätzen Albaniens  gegeben  hat. 


—     12     — 

Den  4.  Ejreuzzug  nützte  Venedig,  das  damals  von  dem 
schlauen  imd  thatkräftigen  Dandalo  geleitet  wurde,  nach 
Kräften  aus,  indem  zunächst  1202  durch  die  KreuzÜEihrer  Zara 
erobert  wurde,  das  von  Venedig  an  Ungarn  abgefallen  war 
und  sich  mit  den  Pisanem  yerbündet  hatte.  Die  Stadt  wurde 
bis  auf  den  Ghrund  zerstört  Auf  der  Weiterreise  nach  Eorfu, 
dem  Sammelplatze  der  Ejreozfahrer,  fiel  1203  noch  Durazzo 
in  Ten.  Hände.  1204  wurde  Eonstantinopel  erobert  Den 
Venezianern  fiel  als  Beuteanteil  unter  anderem  auch  das  ge- 
samte Küstenland  der  Adria  von  den  Jonischen  Inseln  und 
den  ätolischen  Lagunen  bis  Durazzo  zu. 

Inzwischen  hatte  aber  Michael  (Angelos  Komnenos),  ein 
illegitimer  Vetter  des  Kaisers  Alezios  II.,  das  selbständige 
Despotat  Epirus  gegründet,  das  sich  von  Naupaktos  bis  nach 
Durazzo  hin  ausdehnte,  wodurch  die  Landerwerbung  der 
Venezianer  an  der  alb.  Küste  südlich  von  Durazzo  so  ziemlich 
wertlos  wurde.  Nur  diese  Stadt  und  ihre  nächste  Umgebung 
konnten  sie  1205  in  dem  kleinen  Dukat  Durazzo  zusammen- 
fassen. Um  den  Schein  zu  wahren,  nahm  Michael  seine  neue 
Gründung  von  Venedig  zu  Lehn  und  schloß  1210  mit  der 
Bepublik  einen  Vertrag  ab,  der  ihrem  Handel  in  seinem 
Machtbereiche  volle  Abgabenfreiheit  gewährte.  Trotz  dieser 
friedlichen  Regelung  entriß  aber  sein  Nachfolger  Theodor 
1215  Durazzo  der  Republik  und  brachte  bald  darauf  auch  die 
Insel  Korfu  in  seinen  Besitz,  nachdem  diese  1206  von  Venedig 
erobert  worden  war. 

Glücklicher  waren  die  Venezianer  in  Morea,  wo  sie  1206 
die  wichtigen  Hafenplätze  Mothone  und  Koron  in  Besitz 
nahmen  und  1209  von  Villehardouin,  Fürst  von  Achaja, 
wichtige  Freiheiten  in  Handel  und  Verwaltung  zugesagt  be- 
kamen. Noch  stärker  wurde  aber  die  Stellung  der  Republik 
im  Agäischen  Meere,  indem  sie  die  Ton  Natur  so  reiche  Insel 
Kreta  für  mehrere  Jahrhunderte  zum  Stützpunkt  ihrer  Macht 
in  der  Levante  machte. 

Durazzo  verblieb  nicht  länger  als  15  Jahre  bei  dem 
Despotate  von  Epirus;  denn  als  Theodor  von  Epirus  1229  den 


-~     13    — 

Angnfbkrieg  gegen  die  Bulgaren  eröffiiete,  wurde  er  1230 
so  grondlich  von  diesen  geschlagen,  daß  sie  ganz  Albanien 
mit  Elbassan  bis  nach  Dnrazzo  hin  erobern  konnten.  1256 
ging  dann  die  Stadt  auf  diplomatischem  Wege  in  griechischen 
Besitz  über,  von  denen  es  1257  Manfred  von  Sicilien  and 
1272  die  Angioyinen  eroberten.*)  1333  ging  die  Stadt  und  die 
übrigen  Besitzungen  der  Angiovinen  an  Johann  von  Grayina 
über,  bei  dessen  Hause  sie  verblieben,  bis  es  1368  Karl  Thopia 
gelang,  die  Stadt  zu  erobern"^),  während  1386  die  Venezianer 
Korfii  bleibend  an  sich  brachten,  das  sie  auch  später  gegen 
die  Angriffe  d^  Türken  erfolgreich  verteidigten.  Allmählich 
waren  nämlich  die  Türken  unter  geschickter  Ausnützung  der 
inneren  Streitigkeiten  auf  der  Balkanhalbinsel  vorgedrungen, 
bis  sie  1389  durch  die  siegreiche  Schlacht  auf  dem  Amsel- 
felde die  südslavischen  Reiche  tributpflichtig,  machten;  nur 
der  südliche  Balkan  vermochte  vorläufig  noch  seine  Selb- 
ständigkeit zu  bewahren. 

Zu  Beginn  des  15.  Jh.  (1402 — 6)  hatte  es  Venedig  durch 
glückliche  und  kraftvolle  Ausnützung  der  politischen  Ver- 
hältnisse erreicht,  das  ganze  nordöstliche  Italien  unter  seiner 
Oberhoheit  zu  vereinigen.  Dazu  kam  das  Streben,  diejenigen 
Gebiete  der  Balkanhalbinsel  wieder  zu  erobern,  die  nach  Er* 
richtnng  des  lateinischen  Ejdserreiches  der  Bepublik  zugefallen, 
aber  wieder  verloren  gegangen  waren,  d.  h.  an  der  Küste  des 
Adriatischen  Meeres  besonders  Albanien.  Es  gelang  ihnen 
dies,  und  schon  seit  1392  stand  Durazzo  unter  der  Verwaltung 
der  Venezianer'*'^),  denen  es  nebst  Skodra  und  später  auch 
Antivari  von  den  albanesischen  Herrschern  als  Pfand  über» 
lassen  worden  war,  um  so  diese  Besitzungen  gegen  die  An* 
griffe  der  Türken  sicher  zu  stellen.!) 

♦)  cL  S.  9. 
»♦)  cf.  S.  9. 
***)  cf.  Hopff:  Chromqnea  Gröco-Romanes,  Berlin  1873.   S.  390  führt 
er  die  Namen  der  yeiieziamschen  baOi  e  capitani  di  Dnrazzo  vdh  den 
Jahren  1392—1500  an. 

t)  c£  V.  Hahn,  alb.  Stad.  S.  325. 


—     14    — 

Aber  auch  der  ösÜiche  Teil  der  griechischen  Gewässer 
wurde  dabei  durchaus  nicht  außer  Acht  gelassen.  Trotzdem 
nun  bei  diesen  Erwerbungen  die  Venezianer  mit  großer  poli- 
tischer Schlauheit  imd  diplomatischem  Geschick  yerfiihren, 
um  ihren  Handelsbeziehungen  zum  osmanischen  Reiche  mög- 
lichst wenig  zu  schaden,  konnten  sie  doch  den  Krieg  mit  den 
Türken  auf  die  Dauer  nicht  vermeiden.  1416  kam  es  zur 
Seeschlacht  bei  Eallipolis,  in  der  die  türkische  Flotte  so  voll- 
ständig vernichtet  wurde,  daß  der  Sultan  zu  einem  für  die 
Venezianer  durchaus  vorteilhaften  Frieden  genötigt  war.  Nun 
hatten  aber  die  Türken  inzwischen  1392 — 1412  in  Albanien 
selbst  festen  Fuß  gefaßt  und  sogar  1415  das  feste  Eroja  er- 
obert, sodaß  sie  nun  far  die  Besitzungen  der  Venezianer  und 
namentlich  far  Durazzo  gefahrliche  Nachbarn  waren.  1419 
gelang  es  jedoch  der  Bepublik  durch  einen  Vertrag  ihre  Be- 
sitzungen in  Albanien  gegen  die  Osmanen  sicher  zu  stellen. 

Seit  1411  hatte  Venedig  zugleich  einen  langwierigen  Krieg 
um  den  Besitz  der  dalmatinischen  Küste  mit  Sigmund  von 
Ungarn  geführt,  der  erst  1421  durch  einen  Vertrag  beendet 
wurde,  durch  den  der  Republik  die  schon  im  Jahre  1000*) 
von  ihr  zum  ersten  Male  in  Besitz  genommenen  Küsten  und 
Inseln  Dalmatiens  endgiltig  zufielen,  sodaß  nunmehr  die  ge- 
samte Küste  der  Adria:  Istrien,  Dalmatien  und  Albanien  bis 
nach  Durazzo  hin  unter  unmittelbarer  Herrschaft  Venedigs 
stand.  Jedoch  auch  diese  beschränkte  sich  nur  auf  die  Küste, 
wie  denn  die  Türken  das  nördlich  von  Durazzo  etwas  land- 
einwärts gelegene  Kroja  besetzt  hielten,  und  die  Montenegriner, 
wie  verschiedene  albanesische  Stämme  ihre  Unabhängigkeit 
bewahrten  oder  den  Osmanen  zinspflichtig  waren.  Die  Herr- 
schaft der  Venezianer  über  diese  weite  Küstenstrecke  wahrte 
bis  zum  Beginne  des  16.  Jh. 

1443  begann  die  Erhebung  der  Albanesen  unter  Georg 
Kastriota  (Skanderbeg),  dem  es  noch  in  demselben  Jahre 
gelang,   das   türkische   Kroja  zu  erobern.     Im   Sommer   des 

*)  cf.  S.  11. 


—    15    — 

folgenden  Jahres  kam  zwischen  sämtlichen  HänpÜingen  der 
serbischen  und  albanesischen  Stamme  in  dem  venezianischen 
Alessio  ein  festes  Eriegsbündnis  zu  stände,  nnd  sogleich  be- 
gann Kastriota  den  Krieg  gegen  die  Türken,  unterstützt  von 
den  Venezianern,  dem  Papste  und  Yon  Alfons  von  Neapel 
So  wurde  der  Widerstand  gegen  die  Osmanen  im  ganzen  mit 
Olück  geleistet,  bis  die  unvermeidliche  Erschöpfung  der  alba- 
nesischen Bevölkerung  einen  Waffenstillstand  notwendig 
machte,  der  denn  auch  1461  auf  10  Jahre  abgeschlossen 
wurde.  Bedingung  war,  daß  die  gegenseitigen  Plünderungs- 
züge eingestellt  wurden  und  der  bestehende  Besitzstand  nicht 
▼erletzt  wurde,  besonders  auch,  daß  die  Osmanen  venezianisches 
Gebiet  in  Albanien  unbehelligt  ließen.  Waren  so  die  Vene- 
zianer wohl  in  Albanien  sicher  gestellt,  so  konnte  es  nicht 
fehlen,  daß  es  sehr  bald  an  anderen  Stellen  zu  Reibereien 
mit  den  Türken  kommen  mußte,  die  &st  überall  ihre  un- 
mittelbaren Grenznachbam  geworden  waren.  Schon  1462 
begann  der  Kampf  auf  dem  Peloponnes.  Venedig  verband 
sich  mit  Ungarn  und  mit  Georg  Kastriota,  der  auf  Anraten 
Pius'  IL  den  Waffenstillstand  brach  und  den  Krieg  mit  einem 
Plünderungszuge  nach  Makedonien  eröffnete.  Trotz  einer 
Reihe  von  schweren  Niederlagen  gelang  es  den  Türken  doch 
schließlich  infolge  ihrer  Übermacht  1467  bis  Durazzo  vor- 
zudringen, wodurch  eine  große  Anzahl  von  Albanesen  sich 
genötigt  sahen,  ihr  Vaterland  zu  verlassen  und  nach  Süditalien 
und  Sizilien  auszuwandern,  nachdem  schon  früher  einzelne 
Auswanderungen  stattgefunden  hatten'*'),  um  dem  Drucke  der 
türkischen  Gewaltherrschaft  zu  entgehen.  Dazu  kam  noch 
1468  der  Tod  Kastriotas  in  Alessio,  womit  der  Hauptwider- 
stand gegen  die  Türken  wegfiel,  die  nun  bis  Skodra,  Alessio 
und  Duiazzo  plünderten.  Nur  Kroja  konnten  die  Venezianer 
halten,  und  auch  Montenegro  verteidigte  sich  mit  Erfolg  gegen 
die  Osmanen.  1470  verlor  die  Bepublik  endlich  Euböa  an 
die  Türken,  die  nun  den  Kampf  in  Albanien  mit  Nachdruck 

*)  c£  GioB.  Spata,  Stadi  etnologid  di  Nicoolo  Ghetta  snlla  Mace- 
donia  e  TAlbania.    Palenno  1870,  S.  51,  62. 


—    16    — 

zu  fiiliTen  beg^annen.  Aber  erst  1478  gelang  es  ibnen,  Kroja 
und  bald  darauf  Alessio  und  Drivasto  zu  erobern.  Nur 
Durazzo,  Antivari  und  Skodra  blieben  in  den  Händen  der 
Venezianer.  Die  Türken  ließen  es  aber  nicht  bei  dem  An- 
grifibkriege  in  Albanien  bewenden,  sondern  erstreckten  1477 
ihre  Streifeflge  durch  Krain  und  Kärnten  bis  nach  Oberitalien 
hinein,  die  sie  im  folgenden  Jahre  Ton  Bosnien  aus  wieder- 
holten, sodaß  die  Lage  Venedigs  immer  schwieriger  wurde. 
Da  sich  zudem  auch  die  Lage  in  Albanien  immer  mehr  yer- 
schlechterte,  und  Skodra  nur  noch  mit  Mühe  gehalten  werden 
konnte,  entschloß  sich  1479  die  Bepublik  endlich  Frieden  zu 
schließen,  durch  den  sie  in  Albanien  nur  Durazzo  und  Antivari 
behielt;  weiter  sollte  sie  eine  alte  Schuld  von  100  000  Dukaten 
und  die  gleiche  Summe  jährlich  als  Abgabe  für  den  Verkehr 
ihrer  Eaufleute  im  osmanischen  Reiche  zahlen,  sodaß  sie  auch 
fernerhin  den  gesamten  Verkehr  mit  Albanien  vermitteln  und 
den  Einfluß  der  italienischen  Sprache  wenigstens  in  Handel 
und  Verkehr  aufrecht  erhalten  konnten.  Durch  diesen  für 
die  Venezianer  so  ungünstigen  Friedensschluß  nahm  die  Aus- 
wanderung der  Albanesen  nach  Süditalien  und  Sizilien  in  den 
folgenden  Jahren  außerordentliche  Ausdehnung  an,  um  so  den 
Plackereien  der  Türken  ein  far  allemal  enthoben  zu  sein. 

Aber  auch  ünteritalien  sollte  vor  den  osmanischen  Er- 
oberungszügen nicht  sicher  bleiben;  schon  1480  brach  ein 
gewaltiges  Heer  in  Apulien  ein;  Otranto  wurde  erobert,  das 
umliegende  Land  geplündert  und  8000  Einwohner  nach  Alba- 
nien übersiedelt,  die  wahrscheinlich  noch  zur  Verstärkung 
des  italienischen  Einflusses  in  ihrem  neuen  Vaterlande  bei- 
getragen haben.  Die  Osmanen  wurden  jedoch  bald  in  ünter- 
italien zurückgeschlagen  und  konnten  nach  dem  Tode  des 
Sultans  Mahomed  auch  Otranto  nicht  mehr  halten  (1481). 

War  hier  der  Versuch  sich  festzusetzen  fehlgeschlagen, 
so  suchten  sich  die  Türken  wieder  an  venezianischen  Be- 
sitzimgen  zu  entschädigen.  1497  und  98  kam  es  zu  neuen 
Kämpfen  in  Albanien  und  zur  See.  Gelang  es  den  Türken 
1501  Durazzo  zu  nehmen,  so  eroberten  die  Venezianer  Alessio 


—    17    — 

und  zerstörten  Megara  Tollstandig.  In  dem  1503  abge- 
schlossenen Frieden  gab  die  Republik  Lepante  und  die  messe- 
nischen  Städte  und  in  Albanien  Durazzo  auf.  Als  sie  1506 
auchAlessio  den  Türken  überließ,  hatte  die  Herrschaft  Venedigs 
über  das  albanesische  Küstenland  ihr  Ende  erreicht. 

Doch  ist  der  Einflnü,  den  die  italienische  Sprache  auf  das 
Albanesische  ausgeübt  hat,  weniger  abhängig  yon  der  Besetzung 
des  Landes  als  vielmehr  bedingt  durch  die  seit  alten  Zeiten 
gepflegten  Handelsbeziehungen  und  die  infolgedessen  ent- 
standenen Handelsniederlassungen  in  allen  bedeutenderen  Orten 
der  albanesischen  Küste,  an  der  übrigens  auch  der  gesamte 
Verkehr  Venedigs  mit  dem  Osten  sich  hinzog.  Dazu  kommt 
femer,  daß  Albanien  im  Norden  von  dem  romanischen  Dal- 
matien  begrenzt  wurde,  das  frühzeitig,  wenigstens  teilweise 
unter  italienischer  Verwaltung  und  der  it  Kultur  ofiFen  ge- 
standen hat  Dem  südlichen  Teile  ist  die  Insel  Korfu  vor- 
gelagert, die  seit  Ende  des  14.  Jh.  dauernd  in  venezianischen 
Händen,  auch  mit  dem  Festlande  in  regem  Verkehre  stand 
und  so  die  Aufnahme  italienischer  Fremdwörter  vermitteln 
konnte.  Auf  Korfa  und  den  übrigen  Jonischen  Inseln  hatte 
die  italienische  Sprache  so  festen  Fuß  gefaßt,  daß  man  noch 
heute  im  Verkehr  mit  der  Bevölkerung  allein  mit  der  Kenntnis 
des  Italienischen  auskommt.  Auch  nachdem  die  Türken  der 
Bepublik  das  ganze  albanesische  Küstenland  entrissen  hatten, 
verblieb  doch  der  Handel  ausschließlich  in  den  Händen  der 
Venezianer;  nach  wie  vor  liefen  ihre  Schiffe  die  Häfen  Alba- 
niens an.  Femer  wurde  in  Nordalbanien  der  italienische 
Einfluß  auch  nach  der  türkischen  Eroberung  durch  die  römisch- 
katholische Elirche  resp.  durch  die  Congregatio  de  Propaganda 
fide  gefordert.*) 

So  wenig  nun  der  Einfluß  der  italienischen  Sprache  auf 
das  Albanesische  durch  die  türkische  Eroberung  unterbrochen 
worden  ist,  so  wenig  gilt  dies  von  dem  des  Bulgarischen  und 
Serbischen.    Die  Albanesen  standen  mit  diesen  Völkern  als 


•)  et  hierzu  unter  IV. 
Weigand,  10.  Jahresbericht. 


—    18    — 

ihren  Nachbarn  immer  in  regem  Verkehre,  aber  die  Aufiiahme 
einer  großen  Anzahl  von  slayischen  Lehn-  nnd  Fremdwörtern 
wurde  besonders  dadurch  begünstigt,  daß  die  Albanesen  auf 
slavischem  Boden  allmählich  vordrangen  unter  gewaltsamer 
Verdrängung  oder  Au&augung  der  angesessenen  Bevölkerung. 
Dieses,  ich  möchte  sagen,  systematische  Vordringen  der  Alba- 
nesen hat  Jahrhunderte  hindurch  gedauert  und  dauert,  wie 
die  jüngsten  Ereignisse  an  der  serbischen  Grenze  beweisen, 
noch  heute  fort,  so  daß  Altserbien,  das  früher  eine  rein 
serbische  Bevölkerung  hatte,  heute  vorwiegend  von  Albanesen 
bewohnt  wird.  Die  Verschiebung  der  albanesischen  Sprach- 
grenze hat  aber  nicht  bloß  nach  Nordosten  hin  stattgefunden, 
sondern  auch  in  östlicher  Richtung.*)  Daß  von  diesen  ge- 
waltsamen Verschiebungen  an  der  bulgarischen  Sprachgrenze 
in  unserer  Presse  nichts  oder  so  gut  wie  nichts  erscheint,  hat 
seinen  Grund  allein  in  dem  umstände,  daß  hier  das  Vordringen 
der  Albanesen  auf  türkischem  Boden  stattfindet,  und  die 
türkische  Regierung  ein  Bekanntwerden  der  Vorgänge  zu  ver- 
hindern sucht 

Entschieden  zurückgegangen  ist  aber  die  albanesische 
Sprache  in  Epirus  zu  Gunsten  des  Neugriechischen,  unter 
dessen  Einfluß  sie  stetig  gestanden  hat  und  noch  steht. 

Übersehen  wir  nun  am  Schlüsse  noch  einmal,  welche 
Völker  über  Albanien  oder  Teile  desselben  geherrscht  haben 
und  wie  lange:  • 

Längs  der  Küste  des  Adriatischen  Meeres  stand  Albanien 
zuerst  unter  dem  Einflüsse  römischer  Sprache  und  Kultur  und 
zwar  vom  2.  Jh.  v.  Chr.  bis  zum  4.  Jh.  n.  Chr.  Während  der 
Völkerwanderung  haben  die  Gothen  etwa  130  Jahre  (bis  535) 
in  Nordalbanien  gesessen.  395  fiel  Albanien  an  die  Griechen, 
deren  politische  Herrschaft  mit  Jahrhunderte  langen  Unter- 
brechungen etwa  bis  in  die  Mitte  des  14.  Jh.  reichte.  Machte 
sich  dieser  Einfluß  besonders  von  Süden  aus  geltend,  so  kam 
der  slavische  von  Nord  und  Nordosten.    Die  Bulgaren  hielten 


*)  cf.  die  Sprachenkarte  in  Weigand's  Aromunen  I. 


—    19    — 

SUdalbanien  während  des  10.  Jh.  und  der  ersten  Hälfte  des 
11.  Jh^  während  die  Serben  ihre  Herrschaft  in  Nordalbanien 
bis  in  die  zweite  Hälfte  des  14.  Jh.  aufrecht  erhielten.  Ende 
des  14.  Jh.  bis  zu  Anfang  des  16.  Jh.  stand  dann  das  Küsten- 
land unter  Oberhoheit  der  Bepublik  Venedig,  die  schließlich 
Yon  den  Osmanen  abgelöst  wurde.  Der  thatsächliche  Einfluß 
der  italienischen  Sprache  jedoch,  yermittelt  durch  die  wirt- 
schaftlichen Beziehungen  Venedigs  zu  Albanien  und  durch 
die  romisch-kaiholische  Kirche  hat  mehr  als  ein  Jahrtausend 
angehalten,  vom  10.  Jh.  bis  zum  heutigen  Tage. 


n.  Lantiehre- 

Bei  der  Untersuchung  der  lautlichen  Erscheinungen  soll 
im  allgemeinen  so  yerfahren  werden,  daß  zunächst  ein  Über- 
blick über  den  Lautwandel  gegeben  wird,  dem  die  lai  EL 
im  alb.  unterworfen  gewesen  sind,  wobei  ich  mich  auf  die 
von  Herrn  Professor  Weigand  in  seinem  College  vorgetragenen 
Resultate  stütze.  Dann  folgt  die  Darstellung  der  Laute  und 
ihrer  Veränderungen  in  den  it.  EL  Diese  selbst  sind,  bis  auf 
jene  Falle,  in  denen  einfach  das  Wörterverzeichnis  zu  Hilfe 
genommen  werden  kann,  vollständig  zusammen  gestellt  worden, 
^obei  die  alphabetische  Beihenfolge  beibehalten  wurde,  um 
das  Auffinden  einzelner  Wörter  zu  erleichtem.  Nur  in  einigen 
Fällen  ist  aus  besonderen  Rücksichten  die  Anordnung  nach 
Dialekten  erfolgt  Ergiebt  sich  das  it.  Etymon  ohne  weiteres 
aus  dem  alb.  Worte,  so  ist  von  dessen  Angabe  abgesehen 
worden. 

Der  Stoff  ist  in  der  Weise  eingeteilt  worden,  daß  zunächst 
die  betonten  Vokale  behandelt  worden  sind,  dann  die  un- 
betonten und  schließlich  die  Konsonanten  und  Konsonanten- 
verbindungen. Hieran  schließen  sich  einige  Worte  über 
Labialisierung  und  Vokalharmonie. 


—    20    — 

A.  Die  betonten  Vokale. 

§  1.    a  in  oraler  Stellung. 

In  den  lat.  Lehnwörtern  ist  betontes  a  in  oraler  freier 
wie  gedeckter  Stellung  im  allgemeinen  erhalten:  pacem  '^  paM 
=  „Friede";  arcus  >  ark  =  „Bogen". 

Undaut  zu  e  zeigen  die  Endungen  -tatem:  civitatem  > 
Kutet  ==  „Stadt";  sanitatem  >  sendet  =  „Gesundheit";  und 
-arius:  februarius  >  fruer  =  „Februar" ;  cellarius  >  foler  = 
„Keller";  femer  ist  der  Umlaut  in  einigen  Substantiven  ein- 
getreten: caria  >  Kere  =  „Kopfgrind";  Scabies  >  zgebe  = 
„Aussatz,  Krätze";  in  der  ältesten  Zeit  auch  durch  voran- 
gehendes i:  filiastrus  >  ^jestre  =  „Stiefsohn",  und  bei  der 
Pluralbildung:  kunat=  „Schwager",  pL  kunetere;  maSkuJ^  = 
„Knabe",  pl.  me§kuj. 

Diesen  pluralischen  Umlaut,  von  dem  es  übrigens  nicht 
fest  steht,  ob  er  nicht  lediglich  auf  der  Analogie  mit  den 
entsprechend  umlautenden  Substantiven  indogermanischen 
Ursprungs  beruht,  nimmt  G.  M.  auch  in  draco  >  drek  = 
„Teufel"  an,  während  er  über  das  e  in  den  folgenden 
drei  Wörtern  keine  Vermutung  ausspricht:  braca  >  breke 
=  „Hose";  gr.  in  Kransidhi  =  reke;  miracula  >  mrekuJe  = 
„Wunder";  imperator  >  mbret  to;  mret  geg.  =  „König, 
Sultan". 

In  allen  vier  Beispielen  hat  r  nach  cons.  zunächst  ein  i 
entwickelt,  und  dieses  hat  dann  den  Umlaut  des  a  >  e  be- 
wirkt (cf.  oben  *je§tr£  und  die  rum.  Beispiele  S.  25).  Nur 
in  einem  Falle  scheint  a  nach  cons  +  r  erhalten  zu  sein,  wenn 
fraäen  =  „Esche"  to.  geg.  auf  lat.  fraxinus  zurückgeht.  Der 
vorliegende  Unterschied  in  der  Entwicklung  erklärt  sich  da- 
durch, daß  die  vier  oben  genannten  Wörter  zur  ersten  Schicht 
lat.  Lehnwörter  im  alb.  gehören,  während  fräsen  erst  später 
eingedrungen  ist,  was  besonders  durch  die  Behandlung  des 
X  als  s>s  wahrscheinlich  wird,  da  x  in  der  älteren  Periode 
analog  zum  rum.  sich  über  ps  zu  fs  entwickelt  hat  (coxa  > 


—    21     — 

*kop§6  >>  kof§€  =  „Hüfte,  Scheokel",  nun.  coapsä);  vielleicht 
ist  es  auch  it.  Herkunft.*) 

Vor  mouilliertem  1  ist  a  in  einer  Anzahl  von  Wörtern 
ebenfalls  zu  e  geworden:  gallus  <  gel  =  »Hahn" :  galbus  > 
gelp-bi  =  „gelb". 

In  den  it.  El.  hat  die  immerhin  noch  große  Wandlungs- 
fähigkeit des  a  in  den  lai  Lehnwörtern  außerordisntlich  ab- 
genommen; betontes  a  in  freier  oder  gedeckter  Stellung  hat 
sich  bis  auf  wenige  Ausnahmen  erhalten  und  zwar  in  allen 
Dialekten,  wie  die  folgenden  Beispiele  zeigen: 

abbate  ]>  abat  geg;  abbecedario  >>  abetare  J;  afa  ]>  afs 
cal;  agliada  >  lada  gr;  ven.  agro  >  ager;  neap.  ajero  >  ajcr 
geg.  cal;  alabaster  Ro;  attar  to;  apalto  sie.  Xjl;  neap.  apolo 

>  aput  cal;  arbore  >  arvur  cal;  arbur  scut;  armata  >  rmat 
Bla.  Ro;  sparag  J;  asso  >>  as  gr;  mbi  -|-  atto  >>  mbiatu  cal; 
cal  babbu  ^  bab  caL;  bagascia  ^  baga§  gr;  balata  ^  ba/ate 
sie;  ballo  >  vale;  balsamo  >  balt§em,  balsem  scut;  barbe  gr.; 
bark  scut;  barke  gr.  Porös;  base>bas-zi  gr;  bastart;  ven. 
becazza  >  bekatse  gr;  *befficare  >  bofikär  gr.  Rhd;  bilard 
Ro;  boare  >  boär  Rada;  bokak  gr;  ven.  bonazza  >  bunatse; 
bravo  >  bravoni;  breviäl  Ro;  buttarga  >  putärg  scut;  ven. 
caenazzo  ]>  kainäts  Ro;  kalendär,  kalenndr  scut;  kalvär  Ro; 
kanal;  kanar  Ro;  kapäf  scut;  kapafe;  capo  >•  kabo  gr.  Rhd; 
kape;  karater  Ro;  kardinal:  Ro;  camevale  >  kamoväl:  scut. 
Ro;  kalivar  cal;  cal.  carriare  >  kafara  cal;  karte;  cal.  cascia 

>  ka§  cal;  ven.  catarata  >  katafat  Ro;  celata  >>  tselat  Ro; 
tsenakut  Ro;  cal.  chiater  >  kater  cal;  caL  chiazzu  >  Mats£ 
cal;  neap.  ciaule  >  täaule  cal;  codardo  ]>  kovarrfe  Xyl;  collare 

>  kular  Musalga;  kulare  J;  colocasia  >•  kelkaz«;  compare  > 
kumbarf  to;  kumar  scut;  konfesionät  Ro;  korporaJ  Ro;  cor- 
sare^kusär  to.  scut;  kursar  Ro.  gr;  kosak  Ro;  cosciale  > 
ku§al  cal;  cal.  criata  >  kriate  cal;  kristat;  danaro  >  danär, 
dcnar,  dnar;  data  >>  dat  Ro;  diascolo  >-  djaSkal  cal;  donnaccia 

>  danäts  Tirana;  dukat  geg.  cal;  farre  >  faf  Ro;  fascia  > 


♦)  cf.  unter  n  >  r  §  30. 


—    22    — 

fa§6  geg.  CflJ;  faY£  gr;  Yen.  filtrar  >•  filtär  scut;  fortsat;  fort- 
sade  J;  frappa[>tfTap6  gr;  fras-za  Bo;  firat  geg;  gaggia  >> 
gadSß  cal.  (=  Käfig);  g&ggio  >-  gadz€  cal.  (»=  Rache);  caraffa 
>>  garafe;  gafaf  cal;  gas  Ro;  gradual  Ro;  grascia  >>  graä  Ro 
intaccare  ]>  ndake  cal;  jacolo  ]>  jakul  cal;  lasca  ]>  laske  Ro 
cal.  lattara  >>  latare  cal;  legat  Ro;  limaccio  >*  Ima§k  scut 
lömbarda  y>  lumbar^  scut;  lunär  Ro;  madia  ^  mage;  madze 
J;  mancato  ^  mangät  geg;  marinär  scut;  briaco  >>  mbriak 
cal;  medaje  Ro;  musaik  Ro;  moscajo  ^  muikai  J;  muskaje 
Ro;  mustacchi  ]>  mustäk  scut  to;  mino^aj;  mulinär  Ro;  notär 
Ro;  occhiale  >>-  Itsi  Mitk;  cal.  pagliazzu  [>  palats«  cal;  palazzo 

>  patas,   petas,    plas;   pu/äs  cal;   palla  >  päle  cal;   pap  J; 
papagal  Ro;  cal.  passaru  ]>  pässarc  cal;  pastorä)'  scut;  patata 

>  batatf  gr;  patriark  scut;  cal.  per-scattusu  >  peskät  cal;  ven. 
pescada  >  peskatfe  gr;  piatto  >  pjat  täam;  portulaca  >  bur- 
öxxHk;  prefiits  Ro;  prelat  Ro;  pugnale  >  pinä)'  geg;  raso  > 
ras-zi;  rasta  >  rast«;  razza>fats£  cal;  ritrat  Ro;  ritua*  Ro; 
rosario  >  ruzare  Prop.  scut;  sägutc  gr;  sak  cal;  salte  gr; 
sciancato  >>  sankät  cal;  schiatta  >>  sklata  tsam;  sko^är  J; 
skolär  Ro;  skolär  cal;  neap.  sderrenato  >  zdemat  cal;  segna- 
lato  >  sinalat  cal;  segnale  >  sena^  gr;  sensäl  Ro;  sfilatso  gr 
sigär,  tsigär  Ro;  smacco>  zmak  sie;  soldat  scut;  suldat  cal 
spago  >  spak  Ro;  spago  gr;  *specchiale  >  speMl  cal;  tabako 
taberuakut  Ro;  tabarro  >  tabaf  scut;  tacco  gr;  cal.  taccia  > 
tatSe  cal;  teater  Ro;  teldr  scut;  ven.  terazzo  >  taratse  to; 
derasc,  drasf,  rase  to.  geg;  tombacco  >>  tumbak,  tumäk  geg. 
scut;  trayaje  Prop;  traväi  J;  trave  >  traf  sie;  teriaca  >  triakf ; 
sie.  tumazzu  >  tumäts  cal.  sie;  tumats«  gr;  cal.  vajju  >  val 
cal;  a.  ii  vapa  >  väpc;  vap  J;  a.  ven.  varda  >  varde  gr;  cal. 
vastasu  >  vastäs  cal;  viaggio  >  viat§  J;  vikär  geg.  scut;  zaflFo 

>  tsaf  Bla. 

Gegenüber  dieser  großen  Anzahl  von  Beispielen  sind  nur 
wenige  Ausnahmen  vorhanden,  von  denen  es  bei  einigen  zudem 
noch  zweifelhaft  ist,  ob  sie  nicht  zu  den  lat.  El.  zu  zählen 
sind.  Sicher  ist  dies  bei  dem  ersten  der  beiden  folgenden 
Wörter  der  Fall: 


—    23    — 

ieh  teji  «»  „Schneide  des  Messeirs^  scut;  bei  J.  auch  in 
der  Fonn  tef-i  und 

ngel  «=  „festhaken  (von  Domen)"  mit  dem  Passiv  ngalem 
=  „Terhindert,  abgehalten  sein".  J.  hat  ngel  in  der  Bedeutung 
»B  „sich  aufhalten,  steckenbleiben",  ngelfs  ^=^  „einen  Eindruck 
machen"  und  das  Verbalsubstantiv  ngelisun  =  „Eindruck". 
Von  Ableitungen  kommt  noch  in  Betracht:  ngalöj,  ngalohem 
=  ,ich  bin  an  den  Füßen  gelahmt";  ngalahak  »»  „hinkend, 
l^^bm"  geg;  ngalös  =»  „ich  gerate  hinein"  caL 

li  taglio  und  incagliare  sollen  nach  G.  M.  den  alb. 
Wörtern  zu  Grunde  liegen,  also  mit  Umlaut  des  a  ]>  e.  Der 
Umlaut  von  a  >>  e,  bewirkt  durch  folgendes  i  kann  jedoch 
keinesfedls  noch  in  der  Zeit  wirksam  gewesen  sein,  in  der  die 
it.  EL  in  das  alb.  aufgenommen  wurden,  denn  nicht  einmal 
alle  lat  Lehnwörter  haben  jenen  Umlaut  mitgemacht  (faj,  kal), 
sondern  nur  die  der  ersten  Schicht  angehörenden  Wörter  wie 
gelb,  belbere,  gel,  §elk,  kelk;  alle  späteren  haben  a  erhalten. 
Es  sei  damit  nichts  gegen  den  Umlaut  gesagt,  der  durch  den 
Plural  hervorgerufen  wird,  da  dieser,  wie  schon  oben  ange- 
deutet, auch  nach  Analogie  älterer,  lautgerecht  umlautender 
Substantive  gebildet  werden  kann.  Man  ersieht  dies  deutlich 
aus  dem  seiner  Bedeutung  nach  erst  spät  aufgenommenen 
firat  (it.  frate),  das  aber  trotzdem  im  Plural  umlautet:  freten 
oder  fretna.  Dasselbe  wiederholt  sich  bei  dem  noch  jüngeren 
soldät  pL  soldeten,  dessen  Plural  „e"  auch  in  den  Singular 
eingedrungen  ist:  soldet,  wenn  sich  Bo.  nicht  geirrt  hat  J. 
kennt  nur  soldat.  Ist  also  nach  Vorstehendem  der  Umlaut 
bei  Wörtern  ii  Herkunft  ausgeschlossen,  so  ist  zur  Erklärung 
des  e  in  teh  das  lai  Stammwort  heranzuziehen,  das  auch  dem 
it.  tagliare,  fr.  tailler,  rum.  taiä  zu  Grunde  liegende  taliare. 

It  incagliare  stellt  G.  M.  zu  '^'in-coagulare  (rum.  inchleg 
»e  ,^gerinnen  machen").  Besser  ist  es  it  incagliare  :=  „stecken 
bleiben,  hindern,  hemmen,  auf  den  Strand  laufen"  mit  it 
scagliare  =  „schleudern,  werfen^  flott  machen"  (nicht  scagliare 
=  „abschuppen")  zusammenzubringen  und  beide  von  callis 
=  nWeg"  abzuleiten.    Die  Bedeutung  von  *in-calleare  =«  „in 


—    24    — 

den  Weg  treten,  hineinsinken^  leitet  zu  den  übrigen  ,, stecken 
bleiben,  gehindert  sein,  festgehalten  werden^  u.  s.  w.  über,  und 
entsprechend  ergeben  sich  von  *ex-calleare  =  „aus  dem  Wege 
treten*'  die  weiteren  Bedeutungen  „aus  dem  Wege  schaffen, 
werfen,  aus  dem  Wege  gehen",  dann  überhaupt  „gehen, 
treten"  und  weiter  „übertreten,  verachten".  Da  *ex-caUeare 
(in  der  ersten  Periode  au%enommen)  als  §kel  =  „treten,  über- 
treten, verachten"  auch  in  das  alb.  übergegangen  ist,  liegt  es 
nahe,  auch  ngel  auf  ^-calleare  zurückzufuhren,  was  auch 
möglich  ist.  Da  aber  die  mit  ngel  verwandten  Wörter,  ja 
sogar  das  Passiv^  a  erhalten  haben,  ist  die  Aufnahme  erst  in 
der  zweiten  lat.  Periode  erfolgt  oder  auch  aus  dem  it.  Die 
Formen  mit  e  haben  sich  durch  Anlehnung  an  §kel  einge- 
stellt*) 

Von  besonderem  Interesse  ist  zdzof  =  „Schuppe,  Baum- 
rinde", da  dieses  Wort  vielleicht  das  einzige  ist,  von  dem  man 
denken  könnte,  daß  es  direkt  durch  die  Goten  übermittelt 
worden  sei.  Das  gotische  skalja  =  „hohler  Dachziegel"  (ahd. 
scala,  mhd.  schale,  nhd.  Schale)  ist  frühzeitig  in  die  roma- 
nischen Sprachen  eingedrungen:  fr.  ecaille,  it.  scaglia,  zum 
zweiten  Male  durch  Vermittlung  des  a.  frank,  scala  in  das 
Französische  als  ecale.  Da  das  Wort  aber  im  alb.  ganz  allein 
steht,  ist  es  wahrscheinlicher,  daß  es  nicht  direkt  aus  dem 
Gotischen,  sondern  aus  dem  it.  übernommen  worden  ist.  Die 
lautliche  Entwicklung  wäre  vielleicht  folgende:  nachdem  in 
scaglia  =  skalia  sk  >  zg  erweicht  war  (cf.  zgebe,  zgürf),  trat 
Metathese  des  i  ein,  und  intervokalisches  -1-  wurde  zu  h 
zgiaie.  Im  scut.  hat  sich  nun  in  modemer  Zeit  g  >  dz  ent- 
wickelt, und  durch  dieses  dz,  also  durch  eine  Art  von  Labia- 
lisierung  wurde  a  >  o:  zdzol. 

In  äkerdets  =  „Butterfaß"  geg.  aus  scardasso  =  „Woll- 
krampel",  wenn  diese  Ableitung  richtig  ist,  und  in  trevete  = 
„palco"   Ro.   aus   travata  liegt  Suffixvertauschung  mit  -ezzo 

*)  cf.  hierüber  E.  W.  unter  fikeV.  Skalön  ist  fernzuhalten,  kann 
nicht  auf  *ex-calleare  zurückgehen,  da  lat.  11  V  ergiebt,  nicht  1. 


—    25    — 

und  -ete  yor,  bezw.  bei  letzterem  Worte  Angleichung  an  die 
Endong  -tete  in  yertetf,  Sendete  u.  s.  w. 

Ancb  bei  den  auf  it.  binato  zurückgehenden  Wörtern 
binak,  binak,  binöke  =  „Zwilling^  scut.  Bo.  u.  J.  ist  Suf&x- 
Tertauschung  mit  den  häufigen  -ak,  -ok  eingetreten. 

li  Herkunft  ist  auch  binar  =  „Zwilling'^  gr.  (von  it. 
binario  =  „aus  zweien  bestehend'^),  das  G.  M.  von  lat.  binarius 
ableitet  Da  aber,  wie  eingangs  gesagt,  in  der  lai  Endung 
-arius  der  Umlaut  eingetreten  ist,  sich  also  '^'biner  hätte  er- 
geben müssen,  ist  yon  dem  lai  Stammworte  abzusehen. 

In  den  folgenden  drei  Beispielen  liegt  es  nahe,  an  den 
Einfluß  des  r  zu  denken,  der  in  den  früher  erwähnten  breke, 
mrekute,  mbret  imd  drek  yorliegt;  es  sind  dies 

ii  grappo  >'  grep  m.  ^=  „Angelhaken,  Haken''.  Dazu 
kommen  als  weitere  Ableitungen:  krabe,  geg.  kerabe,  cal. 
gerab  f.  =  „Haken,  Hirtenstab'',  krab-i  m.  =  „Hirtenstab''  J., 
femer  der  Ausdruck  ze  krap  =  „mit  einem  raschen  Griff  er- 
greifen" und  die  Verben  grap  =  „ergreifen,  fangen,  angeln" 
gr.  und  graps  =  „kneifen,  mit  den  Nägeln  zwicken"  gr. 

ii  raspare  >  reSpöj  =  „raspeln";  reäpe  =  „Raspel"  scui 
ii  frasca    >>  fireäke  =  „Eichel  des  männlichen  Gliedes"  gr. 

Daß  r  nach  cons.  wirklich  einen  gewissen  Einfluß  yor 
folgendem  a  ausüben  kann,  zeigen  auch  folgende  Beispiele 
aus  dem  rum.,  wo  a  >*  ea,  ia  sonst  nicht  yorkonmit:  gras 
rum.  }>  grias,  greas  arom;  brat  rum.  >>  breatu,  briatsu 
(Dimonie);  grafu  rum.  >  griau,  greau  (Dim.  Kay.);  man  yergl. 
femer  Barcianu:  rum.-deutsche8  W.B.:  streaf,  frant  und  freant, 
streang,  strajä  und  streaje. 

Untersuchen  wir  jedoch,  wie  sich  die  übrigen  Wörter  ii 
Herkunft  mit  gleicher  Lautfolge  y erhalten,  so  erhalten  wir 
ein  ganz  anderes  Ergebnis: 

ii  grascia  ^  gra§£  «s  „Lebensmittel"  Ro; 
«  frappa  >  *rap€  =  „Franse"  gr; 
^   frate     >  frat     =  „Katholischer  Geistlicher"  geg; 
yen.  Franza  >  Frants  J.  (hier  steht  a  yor  Nasal); 


—    26    — 

ii  rasta  >*  fast«  =  „Harke*',  wenn  dieses  Wort  nicht  lai 
Ursprungs  ist,  was  wegen  des  anlautenden  f  möglich  ist. 

Aber  trotz  der  beiden  zuletzt  genannten  Beispiele  ergiebt 
sich  aus  den  übrigen  mit  Sicherheit,  daß  an  einen  Einfluß 
des  r  auf  folgendes  a  in  it.  EL  nicht  gedacht  werden  kann. 
Eine  einheitliche  Erklärung  für  diese  Spaltung  in  der  Be- 
handlung des  a  nach  cons  +  r  bez.  nach  einfachem  r  zu  geben, 
ist  kaum  möglich;  versuchen  wir  daher,  jeden  Fall  einzeln 
zu  erklären. 

Bei  grappo  >>  grep  ist  eine  lautliche  Erklärung  schon 
ausgeschlossen,  weil  im  to.,  geg.,  caL  und  gr.  die  oben  an- 
geführten Formen  mit  Erhaltung  des  a  vorkommen.  Das  e 
hat  sich  zunächst  im  Plural  durch  analogischen  Umlaut  ein- 
gestellt und  ist  dann  auch  in  den  Singular  eingedrungen. 
Es  liegt  diese  Erklärung  nahe,  da  sich  e  nur  beim  Substantiv 
findet  und  nicht  auch  bei  den  Verben.  In  den  geg.  Formen 
mit  a  hat  eine  Metathese  derart  stattgefunden,  daß  für  g  und 
p  im  it.  k  und  b,  also  für  die  Media  die  Tenuis  und  um- 
gekehrt, eingetreten  ist.  Dabei  wurde  das  Auftreten  von  b 
noch  dadurch  begünstigt,  daß  in  den  weiblichen  Formen  der 
stinmilose  Konsonant  durch  Anfügen  des  e  stimmhaft  wird. 
Auf  diesen  Grund  allein  ist  b  in  ggfab  cal.  zurückzufahren. 

Das  scut.  re§pe  =  „Raspel"  ist  nicht  vom  it.  Substantiv 
raspa  herzuleiten,  sondern  zunächst  von  reäpöj  aus  it.  raspare, 
dessen  vortoniges  a  regelrecht  zu  e  wird. 

Unklar  bleibt  e  nur  in  freske,  wenn  die  Ableitung  von 
it.  frasca  =  „Ast,  belaubter  Zweig"  sicher  ist.  Die  Bedeutung 
ließe  sich  vermitteln  (cf  das  deutsche  „Rute"  und  femer 
katem  =  „Rohr,  Rebe,  männliches  Glied",  auch  masur  = 
„Rohrstück  zum  Garn  wickeln;  männliches  Glied"). 

Auf  it.  lacca  =  „Schenkel,  Kniekehle;  tiefer  Grund,  Tal" 
gehen  entsprechend  diesen  Bedeutungen  zwei  Wörter  zurück: 

lakf  f.  =  „Tal"  cal.  Sant.;  „tiefe  Stelle,  tiefer  Grund, 
Vertiefung,  Thal"  gr.  Rhi  N.  und  lekf  f.  =  „Bein"  gr.  cal; 
to.  pL  «=  „Knieflechse";  auch  lekeze  =  „Knieflechse". 

Das  e  im  zweiten  Worte  aus  lautlichen  Mitteln  zu  er- 


—    27    — 

klaren,  ist  schwierig;  yielleicht  ist  es  mit  aus  dem  Bedürfiiis 
hervorgegangen,  beide  Wörter  auseinander  zu  halten,  da  beide 
in  denselben  Dialeki^ebieten  vorkommen.  Von  den  übrigen 
lautlich  ahnlichen  Wörtern  unterscheiden  sie  sich  durch  das 
Schluß  „e^  oder  durch  das  Geschlecht:  lak  m.  »==  „Schlinge, 
Schuhriemen **,  bei  Mitk.  auch  lek,  die  aus  dem  Plural  in  den 
Singular  eingedrungene  umgelautete  Form,  mit  dem  Über- 
gänge Yon  K  >  td  im  scut  auch  letö;  J.  hat  lak,  pl.  letse 
(lat  ^^laquus);  femer  leM  m.  =  „verborgener  Platz^  gr.  sie. 
und  leke,  scut.  letde  f.  ==  „Fleck,  Sommersprosse^  (tu.  leke). 

^eStre  =  „Stiefsohn"  stammt  nicht  von  ven.  Castro;  da 
das  Wort  in  allen  romanischen  Spr.  vorkommt  (afr.  fillastre, 
sp.  hijastro,  it.  figliastro,  rum.  fiastru  u.  s.  w.),  also  im  Vulgär- 
latein durchaus  gebräuchlich  war,  und  es  zudem  auch  in  allen 
alb.  Dialekten  vertreten  ist,  ist  es  bereits  in  der  lat.  Periode 
und  zwar,  wie  schon  oben  gesagt,  in  der  ersten  Schicht  in 
das  alb.  aufgenommen  worden  (cf.  S.  20). 

Das  von  Bla.  verzeichnete  rape  =  „Rübe"  geht  auf  it. 
rapa  zurück,  während  repc  von  se.  repa,  und  reve  =  „weiße 
Rübe"  gr.  von  ngr.  ^ißa  stammen. 

unklar  bleibt  nach  den  gemachten  Ausführungen  nur  das 
e  in  fre§k£  und  weiter  in  fetäke  =  „Schweineschnauze,  Ele- 
fantenrüssel", wenn  dieses  auf  ii  faccia  zurückgeht. 

§  2.  a  vor  Nasal. 

In  den  lai  EL  ist  a  vor  einfachem  wie  vor  gedecktem 
Nasale  zu  6  geworden:  damnum  ]>  dgm  =  „Schaden";  panus 
>  pi-ri  =»  „Faden".  Im  geg.  erscheint  häufig  für  £  vor 
Nasal  ein  e  oder  a:  dam,  pe-ni. 

In  den  Wörtern  ii  Herkunft  ist  a  vor  freiem  Nasal  fast 
ausnahmslos  und  vor  gedecktem  bis  auf  einige  Ausnahmen 
erhalten: 

ven.  balanza  >  pai'ants«;  bagno  >  ban  scut;  banco  > 
bango;  banda  >•  band«;  campana  >>  kambanc  to;  campo  santo 
>>  kapoäant  Ro.  Erizzo;  kapitan;  catalano  >  kataü  scut; 
ciancia  >  tSantSa  (pl.)  Bla.  Ro;  dama  >  dam  J;  dragomanno 


-     28    — 

>^  drogoman  geg;  inganno  ^  gann  J;  levant  gr;  locanda  > 
lokande  scut;  malanno  ]>  molan  Ro;  mulä  J;  mändorle  Miiik; 
manica  >>  mang  J;  partigiano  >-  patersane  scut;  propagand 
J;  publikan;  rancio  >^  rantse  gr.  Rhd;  sakrestan  J;  scrivano 
[>  skriya  scut;  spranga  >^  prange  Bo.,  J;  stampa  >^  §tamp 
scut;  stamba;  stanga  >•  stange  Bla;  stag  Ro;  stag  J;  Stang 
geg;  yen.  yardamano  >>  yardaman£. 

amo  >>  am  sie.  cal;  campana  ]>  kampan  cal;  kampare 
S.  März;  caL  chiano  >>  kän  cal.  Variboba;  fogliame  >-  i^am 
sie;  cal.  ranu  >»  ran  cal;  grano  >*  grans  Campobasso;  panzana 

>  pandzan  cal;  yampa  >  yamp£  cal. 

Aus  den  zuletzt  angefahrten  Beispielen  des  sie.  imd  caL 
alb.  ist  ersichtlich,  daß  auch  in  diesen  Dialekten  a  yor  freiem 
Nasal  durchgängig  und  einmal  auch  yor  gedecktem  Nasal 
(yampe)  erhalten  ist.  Im  allgemeinen  ist  aber  a  yor  ge- 
decktem Nasal  im  cal.  alb.  zu  s  geworden,  wie  die  folgenden 
Beispiele  zeigen: 

neap.  sie.  yalanza  >  ylfntse  cal;  calandra  >  kalendra  caL 
Rada;  cal.  rugagnu  >  rug^n  cal;  scandalo  >  skendal  cal.  sie; 
speranza  >  sprants  cal;  fidanzo  >  fid^nts  cal.  Rada;  neap. 
lanza  ^  lents  cal;  manco  ^  mangu  cal;  mingu  Fräse;  mandra 

>  mendre  cal;  yen.  panza  >  pjents  cal;  mandola  >  mendul, 
miendul  Mareh.  ist  beeinflußt  yon  neap.  ammennola. 

In  einem  Falle  kommt  a  >  €  auch  yor  freiem  Nasal  yor. 
puttana  >  putera  cal.,  welches  aber  schon  im  gr.  alb.  neben 
putane  als  putene  (Porös,  Rhd.)  vorkommt  und  in  dieser  Laut- 
form in  das  cal.  alb.  übernommen  wurde.  Zudem  zeigen  auch 
die  übrigen  Dialekte  die  Neigung  a  vor  gedecktem  Nasal  zu 
£  werden  zu  lassen:  banda  >  bfnde  gr;  stampa > ätfmbc  neben 
stambe  gr;  ven.  mandola  >  mendule  Bla,  manco  >  menk  geg; 
gambo,  ven.  gamba  >  gem,  gem  f.  scut;  gern  m.  J;  canto  > 
kant  geg.  auch  Krist;  kcnt  to;  granzo>g6r^  gr.  N;  rame  > 
ram,  to.  auch  rem,  rembe  Ro;  reme  J. 

Aus  den  genannten  Beispielen  ergiebt  sieh,  daß  die  alte 
Lautregel  a  vor  Nasal  zu  e  werden  zu  lassen,  auch  bei  den 
ältesten  it.  Lehnwörtern  noch   in  Geltung  war,  daß  sie  aber, 


-    29    — 

schon  abgeschwächt,  sich  vorzugsweise  auf  die  Falle  be- 
schrankte, in  denen  a  vor  gedecktem  Nasal  steht.  Daß  dieser 
Wandel  wenigstens  im  gr.  Dialektgebiet  noch  Ende  des  15.  Jh. 
Tor  sich  ging,  zeigt  sein  regelmäßiges  Auftreten  im  caL  alb. 
bei  Neuau&ahmen. 

§  3.   e  in  oraler  Stellung 

In  den  lat.  EL  des  alb.  ist  noch  streng  zwischen  o&em 
und  geschlossenem  e  geschieden.  Wie  im  rum.  geht  offenes 
e  in  ie  über  ausgenommen,  wenn  es  vor  gedecktem  Nasal 
steht:  medicus  >  miek;  venit  >  vien  jedoch  mente  >  ment. 
In  einigen  Fällen  wird  dieses  ie  unter  dem  Einflüsse  eines 
folgenden  1  oder  r  zu  ia  weiter  entwickelt:  sella  >  Sale;  certa 
^  kart€,  und  in  einigen  Fällen  durch  den  Einfluß  eines  folgen- 
den Palatals  oder  einer  Doppelkonsonanz  zu  i:  gregem  >-  grig; 
presbiter  >  prift. 

Das  geschlossene  e  ist  als  e  bewahrt:  esca  >•  eSks;  regem 
>ret. 

Durch  einen  benachbarten  Labial  hat  sich  in  einigen 
Wörtern  auch  Labialisierung  des  e  ^  o  eingestellt:   melum 

>  mol£. 

In  den  it.  El.  zeigt  sich  ein  Unterschied  zwischen  offenem 
und  geschlossenem  e  bei  ihrem  Übergange  in  das  alb.  nicht; 
e  ist  in  freier  und  in  gedeckter  Stellung  als  e  erhalten: 

agresto  >  grestc;  alfiere  >  alQer  Bla;  cal.  arcera  >  artsere 
cal;  bandiera^'bandjerc  Flagge;  neap.bannera>bannert  Büschel 
Bada;  cameriere  ]>  kamarj^r  cal;  caneveta  >>  kanavet«;  cella 

>  täel  scut;  celliere  >  täeler;  cerchio  >  täerke  Hahn;  tserke 
Rada;  cerro  >  t§er  Ro;  certo  >  tSerte  J;  cesta  >  tseste  Ro 
scherano  >  skere  cal.  Sant;  ciera>tSere  cal;  koler  J;  collegio 

>  koledz  J;  credo  >  kred  cal.  Sant;  sie.  crucetta  >  kurtiete 
sie.  Gam;  difesa  ]>  difezß  cal;  diSepu)  J.  geg;  erede,  rede  ]> 
rede  cal.  Frasc;  eremo  >  erem  cal;  ven.  f e  >  fe  geg.  J;  neap. 
fella>^elfc;  feie  J;  festa  >  feste  geg.  Prop;  fresco  >•  fresk 
J;  galea^gale;  giannizzero  ^  d^anitS^r  geg;  ginestra  ]>  dzi- 
nest  Ro;  godere  >  gucfer  gr.  Rhd;  greco  >  grek;  ven.  grego 


—    30    — 

>  grey  gr;  interesse  >•  nderes  caL  Frasc;  neap.  jetto  >•  jetulc 
cal;  lega  >-  lege  caL  Rada;  legge  >•  ledzs  cal.  Frasc;  letfcera 

>  leiar«;  caL  mbero  >  mber  caL  Rada;  meatiere^beStjer  cal; 
metro  >  metr  scut;  molesto  >  monest  Rada;  veiu  moneda  > 
monede;  pasteca  ]>  baSteke  gr.  Rhd;  predica  ]>  predk  J;  caL 
prieju  >  prej  cal.  Rada;  profet  J;  r^gaie;  resto  >  reSt;  neap. 
revera  >  revere  gr.  cal;  ribello  >  rebel;  yen.  salterio  >  salter 
Ro;  sakriledz  J;  neap.  sciabecco  ^  öabek  cal;  secchia  ^  seke; 
secco  >-  tseke  geg.  J;  secolo  [>  sekui  geg;  sella  >>  sei  cal; 
Serie  ]>ser  sie.  Piana;  sere  J;  sesta;>6est£;  sete  ^  Setek  Rhd; 
spera  >  spere  cal;  ven.  spezie  >  spets;  *sregolo  >  sregul  J; 
a.  sie.  steri>ster  sie;  tagliere>-tajer  geg;  tavema>iavercs 
Bla;  iayeme  scut;  tornese  >  tufes  cal.  Frasc;  trecca  >  trege; 
vela  >  vele  Bla;  vel  scut;  venedico  >  Tenedik  Cihac;  Regg. 
ventrera  >  vandera  sie;  verro  >  vef  Ro;  vespro  >  vespre  Ro; 
desper  cal;  sie.  visera >  vizere  sie.  Sani;  zecca >  zek^  geg.  J.  gr. 

Auch  in  den  Endungen  -etto,  -etta,  -eto,  -eta  ist  ge- 
schlossenes wie  offenes  e  als  e  erhalten: 

buffetto  >  bufet  cal;  canneto  >  kanet  Ro;  confetto  > 
kufet  tsam;  foglietta  >  fletc;  pieghetta  >  pjete  gr;  caL  scu- 
petta  >  äkupeta  cal;  sonetto  >  sunet  caL  S.  März;  stiletto  > 
§kület  Bla;  äület  Ro;  trombetta  >•  trumpet  J;  drombetf  gr.  N. 

Eine  längere  Wandlungsföhigkeit  konnte  man  för  das 
offene  e  in  der  Endung  -ello,  -ella  annehmen,  in  der  es  teil- 
weise als  ie  erscheint,  wenn  hierbei  nicht  Suffixvertauschung 
bez.  Beeinflussung  des  Suffixes  -iel  aus  älteren  EL  in  Betraoht 
zu  ziehen  wäre.  Jedenfalls  kommt  ie  noch  in  Worten  Tor, 
in  denen  der  Wandel  von  s  ]>  S  schon  nicht  mehr  wirksam 
war,  wie  die  Beispiele  kastjel  cal.  und  rastiel  scut  beweisen, 
neben  denen  auch  die  Formen  mit  s  vorhanden  sind:  ke§tjel, 
k§t]el  scut.  und  faStjeJ.     Hierher  gehören  außerdem:  barella 

>  varjele  gr.  Rhd;  batello  >  batjel  Bla;  cannello  >  kanef 
geg;  kanel  J;  kfuet  Hahn.  geg.  ist  ein  Versehen  fftr  kcnet; 
campanello  >  kamaniel  cal.  Rada;  cardicello  >  rsjet  gr.  cal; 
coltello  >  kultiel'  Ro;  trivello  >  terviel  J;  lat  Herkunft  sind 
jedoch  turiel  J;  turjele,  trujele  Hahn. 


—    31    — 

Die  übrigen  Worter  behauen  auch  hier  e  bei,  sind  also 
jüngerer  Aufnahme:  bardella  |>  mardele  cal;  Ten.  burelo  >^ 
murello  gr.  ßhd;  cannella  >>  kanelß  gr;  capitello  >^  kapetä; 
cappella  '^  kap^I  Bo;  cappello  [>  kapel  Bo;  sie  carfcella  >^ 
kartete  gr;  cassella  >>  kasele  to.  Doz;  '*'cialdella>>taaudel6  cal; 
cordella  >  kordele;  kodele  gr.  Rhd;  fac[iol]  +  elo  >  fatäel  J; 
Yen.  fanela  '^  fanel  scut;  Yen.  gabela  [>  gab^I  scut;  gradella 
>  gradel  scut;  gredete;  ombrella  >  umrel  J;  petrosello  > 
pjetrosel;  sardello  >  sardetfi;  sie  taYedda  >  taYele  sie 

botsiet,  bei  J.  butsel  ==  „Radnabe"  Yon  *niozzello,  der 
Verkleinerungsform  Yon  mozzo,  und  murjete,  bei  J.  mrel  «= 
„Bremse"  Yon  mordlo,  zeigen  sowohl  ie  als  e,  sodaß  entweder 
diese  Wörter  zu  Yerschiedenen  Zeiten  in  das  alb.  aufgenommen 
worden  sind,  oder  der  Einfluß  des  alteren  -iel  in  dem  einen 
Dialekt  länger  angehalten  hat  als  in  dem  anderen. 

Die  Diphthongierung  Yon  e  >  ie  hat  sich  weiter  noch  in 
zwei  Wörtern  erhalten,  Yon  denen  es  zunächst  zweifelhaft  ist 
ob  sie  zu  den  it.  oder  den  lat  El.  zu  rechnen  sind.  Aus 
mehreren  Gh:ünden  wird  aber  das  erstere  der  Fall  sein.  Es 
sind  dies:  it.  finestra,  das  als  fneStrc  nur  im  scut.  Yorkommt, 
in  Yiel  späterer  Zeit  als  finestre  auch  in  das  caL  eingedrungen 
ist,  und  it.  tegolo!,  tegola,  auf  die  scut  tieguj*,  geg.  tiegule, 
tsiegute  (Hahn)  zurückgehen.  Würden  beide  Wörter  zu  den 
lat  EL  gehören,  so  würden  sie  wie  diese  mehr  oder  weniger 
über  das  ganze  alb.  Sprachgebiet  Yerbreitet  sein;  statt  dessen 
ist  fiiestrf  auf  das  scut  beschränkt  und  tiegu^e  auf  das  geg. 
mit  Einschluß  des  scut,  während  in  den  übrigen  Dialekten 
die  entsprechenden  gr.  und  tu.  Ausdrücke  gebraucht  werden. 
Das  allein  kann  kein  Gfrund  sein,  ein  türk.  EL  kann  ein  lat 
Yerdrängen,  so  daß  fiieätre  doch  lat.  sein  könnte.  In  ti6gale 
müßte  aber,  wenn  es  lat  Herkunft  wäre,  ti  über  ts  zu  s  sich 
entwickeln;  nach  Hahn  ist  nun  zwar  tsiegulß  Yorhanden,  die 
Form  mit  s  aber  fehlt,  während  doch  alle  lat  EL  ti  zu  s 
werden  lassen:  pui$us]>pus  und  Yortonig:  mcson  aus  iuYitiare. 

Das  Yon  Bo.  gegebene  indermjets  =  „Vermittler"  leitet 
G.  M.  Yon  intermezzo  ab,  also  ebenfalls  mit  Diphthongierung 


—    32    — 

des  e  zu  ie.  Die  Erhaltung  des  anlautenden  unbetonten  i 
verweist  nun  die  Au&ahme  des  Wortes  in  die  neuere  Zeit, 
die  Diphthongierung  jedoch  in  die  altere,  und  dazu  kommt 
noch  der  Bedeutungsunterschied,  denn  intermezzo  heißt  nichts 
als  „Zwischenstück,  Zwischenspiel^.  Nun  giebt  J.  als  „Ver- 
mittler" nnermiets  an,  das  geg.  ndermjet^s  lautet.  Durch  Yer- 
quickung  dieser  Wörter,  die  auf  die  Präpositionen  nnermiet, 
ndermjet  (=  „in  der  Mitte,  zwischen")  zurückgehen,  mit  dem 
Yen.  intermediario  ist  dann  indermjets  entstanden. 

Einige  Schwierigkeiten  macht  die  Erklärung  des  geg. 
^rke  f.  =  „Kichererbse".  Im  lat.  sind  zwei  Formen  vor- 
handen: cicer  ciceris  n.  und  cicera-ae  f.  cicer  müßte  Mikfr  m. 
ergeben  und  auf  diese  Form  geht  auch  scut.  tSitäer  m.  J. 
zurück,  cicera  ergab  liiitere  f.  (Hahn,  Ped.)  nicht  nach  G.  M. 
kikara.  Auf  cicer  ciceris  gehen  auch  it.  cece,  arom.  tseatsire, 
fr.  chiche,  sp.  chicbaro  zurück  Ausgeschlossen  ist  jedoch  die 
Ableitung  von  ß'iilts  von  demselben  Etymon.  Auch  das 
Diminutiv  cicercula,  auf  das  it.  cicerchia,  sp.  cicercha  ver- 
weisen, ist  unannehmbar  als  Etymon,  wenn  auch  die  Endung 
-ulus  in  der  ersten  Zeit  des  lai  Einflusses  bis  auf  die  Mou- 
illierung des  vorangehenden  Konsonanten  schwinden  kann: 
masculus  >  maske.  Wahrscheinlicher  ist  die  Herkunft  von 
ven.  siserchia,  dessen  e  zu  ie  und  durch  das  folgende  i  zu  i 
wurde,  sodaß  sich  '''sisirke  ergab,  das  über  sirke  recht  gut  zu 
^irke  werden  konnte  (cf.  s  >•  ^  §  26). 

In  xi^vl  =  „schwach"  sie.  aus  it.  fievole  erklärt  sich  das 
i  durch  den  Einfluß  des  /. 

Wie  wir  oben  gesehen  haben,  ist  im  allgemeinen  das 
geschlossene  e  als  e  erhalten.  Nur  ganz  wenige  Abweichungen 
lassen  sich  feststellen,  und  bei  diesen  ist  es  noch  zweifelhaft, 
wieviel  auf  slavischen  und  gr.  Einfluß  zu  setzen  ist. 

Von  it.  greppo= „Abhang, Rand  eines  Grabens"  stammt  krep, 
skrep= „Abhang",  dem  das  geg.  zgrip=„Kante,  Rand"  entspricht. 

Yen.  carega  ist  das  Stammwort  zu  scui  kaffg  Ro,  karfg 
J.  =  „Stuhl",  die  von  kroat.  katriga  beeinflußt  sind,  auf  das 
auch  katrige  Bo.  Erizzo  zurückgeht. 


—    33    — 

Capestro  hat  mit  Metathese  des  r  und  Abfall  des  dadurch 
in  den  Auslant  tretenden  t  im  geg.  die  Formen  kopr4§,  kcprft 
m  „Halfter^  ergeben.  Die  unzweifelhaft  jüngeren  Formen 
kapistre  «»  „Halfter,  Galgenstrick''  geg.  csd.  auch  bei  Doz; 
kapistran  m.  kapistral  m.  ««  desgL,  gehen  sfimtlich  auf  ngr. 
xaxlöXQi  zurück. 

In  den  folgenden  Fallen  ist  e  infolge  SufiGxyertauschung 
durch  einen  andern  Vokal  ersetzt  worden.  Es  zeigen  Sufifix- 
Tertauschung  mit  der  Endung 

4r:  vudäar,  vutSir  cal.  =  „Fleischer"  von  caL  vucderi; 

A:  dzudi,  dixxH  Ro.  dSudi  J.  »s  „Jude"  von  it  giudeo; 

"ir:  murtfr  gr.  «=  „Morser  von  ven.  mort^r;  pantsir,  petdlr 
Bla.  Bo.  aa  „Panzer"  von  Ten.  panzera. 

-üre  « lai  -ura):  maidüre;  mnür  scut;  mcndire  caL  =» 
„Art)  Weise",  caL  auch «»  „Bild"  Ton  it  maniera. 

Labialisierung  des  e  zu  o,  u  liegt  Tor  in  no§  gr.  Bhd. 
SS  „Dummkopf"  aus  it.  nescio  und  in  dzutte  (Santori)  =» 
„Schmeichelei"  aus  eivetta  «=  „Kokette".  Letztere  Ableitung, 
die  0.  iL  mit  einem  Fragezeichen  yersieht,  ist  nicht  unmög- 
lich. Man  Tergleiche  nur  die  Redensart:  &r  la  civetta  »> 
„kokettieren,  schön  tun  mit  Männern",  die  zur  Bedeutung 
„Schmeichelei"  hiniiberleiten  kann. 

§  4.  e  vor  NasaL 

In  den  lai  Lehnwörtern  ist  das  geschlossene  wie  offene 
e  Tor  Nasal  zu  e  oder  i  geworden.  Im  geg.  geht  der  gedeckte 
Kehllaut  in  ä  oder  e  über: 

lai  t^ta     >>  to.  tcndf,  geg.  tande,  scui  tann 
„    gjntem>  „   gint,       „     ginde,    ^      dünn 
„    arena    >•  „   rerc,       „     rane 
„    firenum  >>  „   fri-ri,     „     fre-ni,     „      &e-nL 
In  den  ii  EL  hat  sich  offenes  und  geschlossenes  e  vor 
Nasal  bewahrt: 

sie.  abbentu  ^  beut  sie;  sie  annujamentu  }>  nujament 
sie;  aTvento  >  avent  scut;  balena  ]>  bal&i  Bo;  oenna  }>  tsen 
eal;  degno  >>  den  scut;  dei  geg.  J;  embolo  >>  embul  gr; 

Weigftnd,  10.  Jaliresbericht.  3 


—    34    — 

indecente  ^^  diSents  cal;  licenza,  ven.  lisenza^^liseniBf,  Ie§ents€, 
litSentse  gr;  cal.  menza  ]>  meuze  cal;  neap.  nnozente  ^  nuzent 
cal.  Sant;  ponente  >^  ponent^  punent;  patena  >>  potent  Ro; 
quarantena  >>  karantene  Ro;  remo  [>  rem,  rembe  Bla.  acut; 
sacramento  >>  sakram^nn  J;  scena  >-  §en  caL  Bada;  §en  J; 
sempre  >>  sempri  cal;  neap.  stra  vient  >»  stravi^nt  Rada. 

Es  ist  augenscheinlich,  daß  die  genannten  Beispiele  erst 
in  jüngerer  Zeit  in  das  alb.  übergegangen  sind,  so  auch  mente 
B=  „Minze"  Piana  von  it.  menta,  während  die  früher  aufge- 
nommenen, wie  die  lat,  e  vor  Nasal  zu  s  werden  lassen: 
mendr^z£  cal;  memiere  geg.  eben&lls  von  menta  (über  die 
Stammerweiterung  c£  6.  M.  alb.  Stud.  I.  55);  §ej€  geg.  «» 
„Zeichen,  Narbe,  Orden";  §e,  äej  scui  =  „Zeichen";  Sene  to. 
=  „Strahl"  von  it  segno. 

Zu  yringul  =  „Lappen"  cal.  March.  fügt  6.  M.  als  Er- 
läuterung neap.  yrenzola  =»  „Lappen"  bei.  Es  giebt  nun  im 
ii  neben  brandello  ^=  „Fetzen"  die  Formen  bnndello  und 
brincello  =  „Stück,  abgerissener  Teil,  Fetzen  bes.  von  Eleidem", 
mit  denen  vielleicht  das  caL  Etymon  von  vringul  zusammen- 
hängt. Es  kann  übrigens  auch  neap.  vrenzola  ganz  gut  im 
caL  als  *vrinzula  angesetzt  werden. 

Auf  einem  sehr  geschlossenen  e  bez.  einer  sehr  offenen 
Aussprache  des  i  in  sie.  lemmu  =  „großes  Tongefaß"  und 
caL  limba  =  „tönernes  Eüchengeföß"  beruhen  die  folgenden 
Wörter:  /emp-bi  sie;  temp-bi  caL  =  „Napf";  limbe  gr.  »= 
„Becken"  und  lime  geg.  =  „Teller". 

Im  cal.  alb.  ist  trotz  des  Nasals  das  vorangehende  offene 
e  in  zwei  Wörtern  in  den  Diphthong  ie  übergegangen:  neap. 
ammennola  >  mendul,  miendul  =  „Mandel"  March.  -nd-  ist 
eingetreten  durch  den  Einfluß  des  it.  mandorla.  contento  >> 
kutient  caL  Rada,  während  J.  können,  kunnen  hat 

In  pjono  =  n^oll^  caL  aus  pieno  ist  o  durch  Labialisierung 
entstanden,  begünstigt  durch  das  erhaltene  Schluß-o. 

Auf  it  flemma  =  „Schleim"  (==  ngr.  g>2.ifi(ia)  geht  scut. 
flame,  bei  J.  flam  £  zurück;  die  Bedeutung  hat  sich  auf  alle 
Krankheiten  erstreckt,  die  Schleim  oder  Feuchtigkeit  absondern: 


—    35    — 

^Scbnnpfen;  fallende  Sucht  und  der  weibliche  Dämon,  der 
sie  eizeagt;  Epedemie  unter  Tieren;  Krankheit  der  Traube." 
Von  Ableitungen  konunen  noch  in  Betracht:  flamisem  „ich 
erkälte  mich"  und  flamösure  =  „besessen".  Das  a  ist  durch 
Nasalierung  des  e  vor  Nasal  entstanden,  da  auch  das  scut. 
als  ünterdialekt  des  geg.  alle  Vokale  nasalisiert. 

§5.  i. 

In  den  Entlehnungen  aus  dem  lat  ist  langes  betontes  i 
als  i  erhalten,  gleichviel  ob  in  oraler  Stellung  oder  Tor  Nasal: 
ficus  >  fik  =  „Feige";  lima  >  Jims  =  „Peile".  Das  kurze  i 
wird,  wie  in  den  romanischen  Spr.  als  geschlossenes  e  be- 
handelt: piscis  >  peSk  =  „Fisch". 

Auch  in  den  ii  El.  ist  betontes  i  in  oraler  Stellung  und 
Yor  Nasal  als  i  erhalten: 

amitto  >^  amit  Ro;  sie.  anitu  [>  anlt  sie.  cal;  arkif  Ro; 

artikut  scut;  asilo  ]>  nasü  Rada;  abruzz.  ball  ]>  Tali  caL  Rada; 

▼en.  bandido  >-  bändig  to.  bandfl  geg.  stammt  aus  dem  to;  südit 

bannito  >*  bannit  caL  Sant;   battista  >-  tista  caL  Frasc;  Yen 

biso  >  biz€  Bo.  Erizzo;  bottiglia  >  botile;  calamita  >  kala- 

mite  Ro;  capitolo  ]>  kapitutRo;  neap.  cardacia  [>  kardau  cal; 

cal.  cattiva  >  kative  cal;  cayiglia  >  kavile  gr;  sie.  cista  > 

tüstf  cal.  Rada;  sie.  chica  >  Kik«  sie;  chilo  >  Ki*;  Kiu  gr; 

cica  >-  täik£;  ciccia,  ven.  cizza,  zizza]>dzidz€,  dzidze;  sie.  cippu 

tsip  Rada;  coccodrillo  >  kokodrit,  korkodil;  conizza^kunitsc 

Bo;  consiglio  >*  kunsil£  cal.  Gam;  sie.  currivu  >-  kufif  sie. 

Pian.  Pap;  cal.  curtili  >  kurtfl  cal.  Rada;  effigie  >•  fidze  sie 

ven.  fadiga  >  vdig  scut;  fcdiga;  cal.  fidili  >  fidfl  cal.  Rada 

cal.  forise  >  fiiris  caL  Spezz.  Alb;  gentile  >  dzentü  geg.  Ro 

giglio  >•  dzija  sie;  ischio>-i§ke;  isola>izul  caL  Rada;  lettica 

>  Bt(k  caL  Rada;  libro  >  libr  Ro;  Tiber  J;  lisca  >  lisk  Ro; 

mantile  ]>  mandile;  vandile  cal;  martir  J;  caL  micciu  [>  mit§ 

cal.  Frasc;  mitra  >  miter  J;  naviglio  >  navll  scut;  obrizzo 

>obrfts  scut;  offizio>fits  cal;  ofits  scut;  ovile Sovile  Leake; 

panico  >-  pcnik;  panfk  Ro;  paradiso  ]>  paffs  geg;  paradls  cal; 

parfcikul  J;  perikul  Ro;  per-viso  >  pervß  Ro;  neap.  pivolo  > 

3* 


—    36    — 

pijul  caL  March;  pipita  >•  pgpite  gr;  caL  pisa  >  pize  cal;  a. 
ven.  pizzolo  >  pftsere;  cal.  pizzu  >  pits  cal;  sie.  prisa  >  pite 
cal.  March;  caL  rimito  >  fsmit  cal;  riso  >•  ris,  Heldr.  rtz; 
rissa  >  fitse;  rits  J;  sie  schifa  >  sKif  cal;  servizio  >*  semteia 
pl.  gr;  sigillo  >  sid^  Bla.  Bogd;  spicco  >  Spik  J;  spiffero 
>•  äpif.  J;  spiglio  >  Spin  cal;  sie.  stizza  >  stitsc  sie;  stizzo 
>  stitse  Ro;  tisica  >  ndisk  scut;  neap.  trebeto,  pL  tribete  > 
tript  caL  March.;  vessillo  >  veäil  caL  March;  yisciola  >  vlSuJe 
scnt;  visita  >  vizite  Ro;  neap.  Torzillo  >  verjfl  Piam.  Arbl. 
11;  abrazz.  zirra>ndzire  sie. 

caL  abonesina  >>  abonesina  Sani;  bima  >>  bime  gr;  caL 
capitinula  >  kaptlndulc  cal;  casino  >  kazino  tSam;  caL  china 
>Kin  caL  Rada;  it.  china > long;  crespino  >  grespin  Ro;  ven. 
cnsina]>kusi  geg.  J;  kusl  to.  cal;  cucina>^ku2ina  Bo.  Erizzo; 
caL  dignu  >  dinu  cal;  dozzina  >  dnzine  gr;  fingere  >  dme 
S.  März;  gelsomino  ]>  tSelsomfn  Ro;  cal.  grigna  ]>  grin£  cal; 
ven.  grinta>  grindem;  grinza  >  griniae  Ro;  limbo>Iinib; 
makine  FraSer;  ven.  merlln  >  m^rli  gr;  ven.  minga  >  mingo 
gr.  tSam;  cal.  ntinna  >  ndin  cal;  pellegrino  >  pnligri  scnt; 
pino  >  pin  cal;  porrina  >  pon  J;  propinquo  >  perbfnk  caL 
March ;.rapina>  repine  scut;  scrigno  >  skrine  geg;  Btinia> 
Stirn  Ro;  tambnrino  >>  tumbarine  cal;  tigna  ^  tine  Ro;  cal 
timpa  ]>  timp  cal;  it.  tina  >•  tine  geg.,  cal.  Fraso;  ti,  tini  J; 
trina  >  trine;  trin  J;  violino  >  djoli  gr.  vioK  N;  rosmarino 
>ro8niari[  gr.  Heldr. 

In  pergamll  pL  Rada  aus  pergamina  ist  Suffixvertauschung 
mit  -il  (=>  ii  -iglio)  eingetreten.  Dasselbe  hat  auch  in  batere 
f.  Hahn.  «==  „Batterie,  Gewehrsalve^  aus  batteria  stattgeAinden, 
indem  i  durch  die  Endung  -e  nach  r  ersetzt  wurde,  die  auch 
in  kofe,  bar6,  x^rö  erscheint 

Auf  milza  gehen  zur&ck:  meltSi,  multsi  <«  „Leber''  und 
mu}ts-dza  J.  =  „ventricolo".  Durch  Antritt  der  betonten 
Endung  -i  ist  das  i  des  Stammes  tonlos  geworden  und  dann 
in  den  gedeckten  Kehllaut  bez.  durch  Labialisierung  in  u 
übergegangen,  welchen  Vorgang  auch  mults  zeigt  Die  Ver- 
schiebung in   der   Bedeutung   erklärt  sich   daraus,    daS   un- 


—    37    — 

gebildete  Volker  über  die  Lage  der  inneren  Organe  und  deren 
Wirken  sehr  unklare  Vorstellnngen  haben. 

t§eng-a  £  J.  ist  Ton  ven.  dngia  cigna  abzuleiten,  das 
aoch  mit  e  und,  wie  scheint,  häufiger  vorkommt:  cengia  (cf. 
cengia,  cengial,  cei^iar;  it.  cinghia),  sodaß  dieses  das  Etymon 
zu  täeng  darstellt  Das  Wort  bedeutet  einen  „Streifen  oder 
ein  Band  aus  Bindfaden  gewebt^,  das  in  verschiedener  Weise, 
besonders  als  Sattelgurt  verwendet  wird.  Das  andere  für 
„Sattelgurt"  gebraudite  Wort  mit  Erhaltung  des  i:  Umgeie  f. 
geht  auf  lai  cingulum  zurück. 

Unklar  bleibt  o  fnr  i  in  nokr£  sie. »»  „klein"  aus  sie.  nfcaru. 

§  6.  0  in  oraler  Stellung. 

Wie  bei  e  ist  auch  bei  o  in  den  lai  El.  zwischen  einem 
offenen  und  einem  geschlossenen  Laute  zu  scheiden,  9  er- 
scheint vor  cons.  +  voc  als  0:  socius  >  soK  =  „Genosse"; 
coba  >  kov€  »»  „Schopfgefaß".  Im  Anlaut  hat  9  dieselbe 
Entwicklung  durchlaufen,  wie  im  it.  (]>  uo)  und  im  sp.  C>  ue), 
nur  daß  das  alb.  bei  ue  nicht  stehen  bleibt,  sondern  über  ^e 
bis  ve  fortschreitet,  das  vor  1  und  r  auch  als  va  erscheint: 
opra  >  vepre  =  „Tat,  Werk";  olium  >  vaj  =  „Öl";  voj  geg. 

Dieselbe  Entwicklung  hat  9  auch  in  den  Endungen  -9I 
and  -9r  durchlaufen,  nur  daß  hier  u  seinen  vokalischen 
Charakter  behielt:  capriolus  >-  kaprua};  die  Endung  -torem 
>  -tuar. 

o  in  offener  SUbe  geht  in  langes  e  über:  honorem  ]> 
ner,  nder  „Ehre";  hora>>her€=  „Zeit,  Mal";  in  geschlossener 
Silbe  wird  es  zu  u:  cortem  >  kurt  =  «Hof";  cocceus  >  kuk 
=  „rot". 

Die  Endung  -on  hat  sich  zu  -ua  to.,  -ue  geg.  entwickelt: 
cotonem  >  ftua  to.,  ftue  geg.  =  „Quitte",  während  sonst  o 
vor  Nasal  zu  u  wird:  contra  >  kundrc  =  „gegen". 

In  den  it  EL  zeigt  sich  der  Unterschied  zwischen  offenem 
und  geschlossenem  o  nicht  mehr:  jedes  betonte  0  in  oraler 
Stellung  ist  im  allgemeinen,  wenn  nicht  besondere  später  zu 
erörternde  Fälle  vorliegen,  als  0  bewahrt: 


—    38    — 

agosto  >>  goSt  Hahn;  apostut  scut;  ven.  articioco  >> 
ariitSök  geg;  biscotto  >*  bersköt  geg;  biotto  >>  biota  pL  gr; 
boccia  >  botfe  geg;  bosso  +  t€  >  boSt;  botta  >  böte  geg.  «= 
„Stoß,  Schlagt;  botte  >•  botf  =»  „irdener  Wasserkrag  mit 
engem  Halse*^;  ven.  bozza  >>  botse;  brocca  ]>  proke;  carrozza 

>  kafotsc;  cicoria  >  Skorie  Ro;  neap.  cecojera  >  tSikojcr  cal; 
ciocco  ^  tdok;  coccio-a  >>  kots,  kotse  cal;  coccola  >•  kökfre 
geg;  coccola  d'occhio  >>  kokerdök  to.  geg.  caL  gr;  kokeriök 
J;  conoscere  >  konnöä  J;  corda  >  korö*;  corpo  >  korp  geg; 
Corte  >  körte  Ro;  coscia  >  ko§  J;  cotta  >  kot  Ro;  crocco  >• 
krok  cal;  doga  >  doga;  figlioccio  >•  filöts;  foglio  >  fol  cal. 
Rada;  forma  >  forme;  forte  >  fort«;  forza  >  fortse;  fossa  > 
foss£;  sie.  gabbillotu  ]>  gabilöt  sie;  gabelöt  cal;  ven.  gagiofa 

>  galofß  Cam;  gioja  >  dzoj  cal;  caL  gioca  >  ndzoke  Vena 
in  Cal;  gola  >  gole,  goje  to;  gole  J;  gorga  >  gorge;  gotto 
got  geg.  scut;  imbroglio  >  mbrola  pL  caL  Frasc;  licomo  > 
likomo  gr.  Rhd.  N;  limosina  >  limösene,  ImoSe  geg;  locco  > 
lok  cal.  March;  loke  Mitk;  lotto  !>  lote,  loto  Mitk;  milordo 

>  mil6rdez£  Rada;  ora  >  öre;  or  J;  per  +  ore  >  pror  Ro; 
Ostia  >  oste  J;  orza  >  ortse;  ostro  >  ostre  gr;  pane  cotto  > 
panikote  gr;  pastocchia  >>  pastoke  cal;  popolo  >•  popul  scut; 
posta  >  post  J;  ven.  prova  >  propc;  prova  >  prov.  J ;  Cam. 
neap.  rollo  >  fole  cal;  sie.  saccosima  >  sakozme  sie;  savorra 

>  savofe  Kav;  caL  scio^^a-  !>  äole  cal;  scirocco  >  serok  gr; 
sirok  J;  skoglio  >  skoj  scut;  ven.  scola  >  äkole;  sopporta  > 
supporta  pL  cal.  Rada;  sperre  >  §pof  J;  cal.  stocco  >  stok 
cal;  it.  tocca  >  toke  sie.  Cam;  tomo  >►  tofe;  abbruzz.  totera 

>  totare  cal.  Rada;  trifoglio  >  terföj,  triföj  Ro;  terföin  J; 
sie.  trimoja  >  termole  sie;  cal.  troppa  >  trope  cal;  sie.  troffa 

>  trofe  sie;  viola  >  vjöleze  Ro;  violts  J;  voga  >  voge  cal; 
vok  J. 

Von  der  allgemeinen  Regel  abweichend  haben  sich  die 
Endungen  -ol,  -or  in  geschlossener  Silbe  in  der  älteren  Zeit 
zu  -ul,  -ur  entwickelt,  während  in  oflEener  Silbe  (in  der  be- 
stimmten Form  des  Substantivs)  und  in  jüngerer  Zeit  auch 
in  geschlossener  Silbe  o  erhalten  ist: 


-    39    — 

fiflchiare  +  olo>>fidkarüI  caL  Bada;  cazzo  +  olo[>katgd)[ 
gr.  Bhd;  anf  Yen.  £asolo  geht  fasül  -oK  J.  zurück,  während 
die  Formen  mit  r:  &a§ale  geg;  firaäual  Bo.  Erizzo;  firaäuet 
Bla.  von  lai  phaseolos  stammen  (cf.  sp.  frisuelo).  fasül  Dan. 
ist  das  ngr.  q>acoiXu 

agrigno  +  olo  >•  akrinole  cal;  casa  +  olo>>kesol£,  ksole, 
kasole,  katsole;  Yen.  mazzola  |>  matsote  gr;  cal.  pajjo  +  olo 
2>paj6I  pL  Rada;  pistole  Hahn,  pisto)  J;  piäto}£,  pisMote  gr; 
neap.  sti^arole  >•  stanarole  caL  Sant;  bei  karaYÖt  >=  nS^^^ 
Schnecke"  gr.  Bhd.  nnd  karakötS  "»  „Schnecke"*  Bo.  Erizzo 
geht  der  erste  Bestandteil  auf  ii  caragollo,  Yen.  caraguolo 
zorück,  wobei  Yielleicht  auch  tu.  kara  «=  „schwarz"  mitge- 
wirkt hat;  der  zweite  Teil  ist  auf  Yolksetymologischem  Wege 
zustande  gekommen  (c£  die  zahlreichen  Formen  E.  W.  unter 
katSamfl). 

pittore  [>  pitür-ori  J;  pescatore  ]>  peäkadür  L;  piSkadore 
tSam;  traditore  >>  tnufitür  cal;  tra^tür  geg;  tradiuar  Erist; 
tesoro  >  tezür  scut.  Ro;  tesör;  tersuar,  tersör  Frasc  u.  Pian; 
ciandatore  >>  tSantSatuer  Bla.  Ro;  spillid'oro  >*  pilura;  Yapore 
Z>  Yapör,  papör  Ro.  gr;  papuar  tSam;  colore  >  kolör  gr; 
mortorio  >•  mortör  scut. 

Wie  ersichtlich  wird  gewohnlich  das  geschlossene  -or 
durch  -ur,  -or  wieder  gegeben.  In  denjenigen  Fallen,  in  denen 
-uer,  -uar  erscheint,  kann  nicht  mehr  Yon  lautlicher  Ent- 
wicklung die  Rede  sein,  sondern  hier  liegt,  wie  die  gleich- 
zeitig Yorkommenden  Formen  auf  -ur,  -or  zeigen,  nur  An- 
gleichung  an  die  Endungen  -uar,  -uer  der  lat  El.  Yor. 

In  muratär  =  „Maurer"  Yon  muratore  und  in  fatSel  = 
„sorta  di  tela"  J.  you  Yen.  faciol  ist  Suffixwechsel  mit  alb. 
-är  bez.  it  -ello  eingetreten. 

Einen  großen  Raum  nehmen  die  Veränderungen  Yon  o]>u 
ein,  die  auf  Labialisierung  beruhen:  borsa  >•  burse  gr;  ciottola 
>  tSutul,  tSütulz«  Rada;  caL  sie.  coffa  >  kofc  sie;  kufe  cal; 
doppia  >  dubbie  pL  gr;  polYcre  >  bulbnr  gr.  N.,  burble, 
burbule  S.  März;  sciroppo  >  sirüp  J;  mostra  >  mostrß,  Ro. 
auch   mustre.     Letztere  Form  fuhrt  0.  M.  auf  se.     muätra 


—     40    — 

zurfick;  es  ist  dann  nicht  ersichtlich,  warum  im  alb.  s  steht 
und  nicht  §. 

Da  im  Alb.  it  o  nicht  zu  oa  und  weiter  zu  a  werden 
kann,  wie  im  Rum.  (cf.  lat  foras  >>  dacor.  afarä),  so  ist  die 
Ableitung  von  date  =  „plötzlicher  Schrecken"  (=  arom.  data) 
und  von  §alts€  =»  „eine  Art  gesalzene  Sauermilch"  geg.  aus 
ii  d9tta  und  solcio  sehr  unwahrscheinlich. 

In  der  Bedeutung  „Ball  zum  Spielen"  fahrt  Mitk.  zwei 
lautlich  verschiedene  Formen  an:  täok-gu  und  §ak-gu.  Bei 
der  Ableitung  kommen  zunächst  in  Betracht:  slov.  zoga  «= 
„Band,  Ball  zum  Spielen"  und  ven.  soga  ^^  „Band,  Riemen, 
Strick".  Auf  dieses  soga  oder  besser  lat  soca  geht  soke  =» 
„Frauengurtel";  Sok-a  =  „Band,  Gürtel"  J.  zurück  Das  vom 
tu.  saka  =»  „Scherz"  stammende  geg.  ^ske,  scui  äak-a  = 
„Scherz,  Witz,  Spaß"  hat  nun  die  von  Mitk.  gegebene  Form 
äak  beeinflußt,  tsok  =  „Ball"  ist  aber  wahrscheinlich  nur 
eine  Verwechselung  mit  t§ok-gu  =  „Fußfessel,  Spannstrick, 
Knöchel"  (Hahn,  Doz.)  von  it.  ciocco;  die  richtige  Form  dürfte 
*äok-gu  lauten. 

Von  it.  colostro  stammen  scui  kulostre,  kuloster  Ro; 
kuluSter,  koloster  J;  kToistre  gr.  Rhd;  ferner  kclostre,  kloätre 
gr.  =  „Biestmilch".  Das  u  in  kuluster  ist  durch  nachfolgendes 
ü  entstanden.  Außer  den  genannten  Wörtern  sind  auch  solche 
lat.  Herkunft  (von  lat  colostra)  gebräuchlich:  küm£§t6  to; 
Mumät  geg.  scut;  klume§t  gr;  glum§t  sie. 

Hieran  im  Anschluß  ist  noch  die  Endung  -uolo  zu  be- 
sprechen, die  sich  in  alterer  Zeit  zu  -uel  entwickelt  hat: 
pignuolo  ]>  pinuel  Ro;  lenzuolo  ^  lentsuel  Bla.  neben  modernem 
luntsöl  Rada;  orciuolo  >  urtsuel  Bla.  neben  rdzul  scut.  J. 
Hat  die  Aufnahme  in  jüngerer  Zeit  stattgefunden,  so  geht 
-uolo  >  -ul  bez.  -ol  über.  Außer  den  schon  genannten  Formen 
vergleiche  man  noch  vajule  gr.  aus  tovagliuola.  Denselben 
Übergang  von  uo  >  u  macht  auch  cal.  guorfa  }>  gufcr 
oaL  mit  als  das  einzige  Wort,  das  den  Diphthong  uo  im 
Stamme  hat. 


—    41     — 

§  7.  0  vor  Nasal. 

Wie  schon  in  §  6  erwähnt  ist  in  den  lai  EL  jedes  o  vor 
Nasal  in  der  Stammsilbe  zu  xx  geworden;  auch  in  den  ii  EL 
wird  0  vor  Nasal  zu  u,  jedoch  nur  vor  gedecktem  Nasale: 
bomba>>bame  J;  bronzo>>brunt8;  cionco>'t6unk;  secondo 
^  flikandre;  sikonna  cal;  ven.  sponza  >-  äpüze  scnt;  §punz, 
§püz  J;  stomaco  >-  stmnk  Bo.  Erizzo;  console  >•  küäufe,  das 
in  Bezog  auf  die  Lautgestalt  auch  lat  Herkunft  sein  könnte. 

o  vor  einfachem  Nasal  in  der  Stammsilbe  ist  o  geblieben: 
cooomero  >•  kokömare  Tirana  (Hahn);  Q.  M.  giebt  den  Accent 
nicht  an;  er  muß  jedoch  wie  im  ii  auf  der  drittletzten  Silbe 
ruhen,  da  „er"  nur  in  tonloser  Stellung  zu  „ar"  werden  kann, 
sprone  >^  spron  Ro;  bisogna  >•  bezon£  cal.  Frasc;  neap.  cau* 
cerogna  >>  kautäirona  caL 

Ungleich  häufiger  steht  o  vor  Nasal  in  der  Endung  -one, 
die  je  nach  der  Au&ahmezeit  des  betreffenden  Wortes  ver> 
schieden  behandelt  wird.  In  den  der  älteren  Periode  ange- 
hörenden Wörtern  ist  für  -on  in  der  unbestimmten  Form  to. 
-ua,  geg.  -ue  eingetreten,  neben  denen  teilweise  auch  -on  er- 
halten ist: 

limone  )>  Imue  —  Imoni  J;  limon  Bo;  timone >*  tomua  — 
tomöj  Musakja;  temön;  capone  >-  kapua^oni«  kapön;  balkone 
3>  balkue  Bla;  pagone,  pavone  [>  pagua,  patua-öi;  pavöd-a  J. 
mit  Su£Gzvertauschung;  stagnone  >*  stagua-göi,  -gön;  dragone 
^  drague-oni  J;  drangua-öi 

Es  erscheint  ausgeschlossen,  daß  -ua,  -ue  noch  Ergebnisse 
desselben  Lautwandels  sind,  der  in  den  lai  EL  wirksam  war; 
vielmehr  sind  -ua,  -ue  in  den  it.  El.  nur  Analogiebildungen 
za  den  Wörtern  lat  Herkunft,  was  besonders  durdi  die  gleich- 
zeitig auftretenden  Formen  mit  Erhaltung  des  -on  zur  Ge- 
wißheit wird.  In  den  Wörtern  jüngerer  Au&ahme  ist  die  it. 
Endung  -one  unverändert  in  das  alb.  übernommen  worden: 
cannone  [>  kanön;  koladziön  J;  divodziön  J;  leone  ]>  leön 
Krist;  processione  >-  protäesiön  J;  psrtsiön  cal.  Bada;  neap. 
ascenzione  }>  sid^one  cal;  sie.  cunsulazioni  ^  kunsu/atsiön 


—    42    — 

sie.  Plan.  Pap;  cassone  }>  kasön  gr;  mazzoca  +  one  >>  mair 
gakön  gr;  entsprechend  auch  ven.  colona  >-  kolone. 

In  einigen  Fallen  erscheint  außer  den  bereits  genannten 
Endungen  for  das  ii  -one  auch  die  Endung  -un: 

coticone  >-  kotikün  Bada;  sie.  garzuni  >>  gradzün  cal; 
gardzün  sie;  maccherone  >>  makarunde  gr.  Bhd;  piccone  > 
pikün  gr;  verdone  >  vardü-oni  J.  =  „Grünling,  Gbldfink*'; 
sapone  >*  sapün-i  J;  sapua-6i  geg. 

Was  die  cal.  Wörter  angeht,  so  tritt  die  Endung  -une 
schon  im  ii  Dialekte  unter  gewissen  Umstanden  ein;  Scerbo 
giebt  an,  daß  die  Endung  -ione  erhalten  bleibe:  azione,  comu- 
nione;  wenn  dagegen  das  i  mit  dem  vorangehenden  Kon- 
sonanten verschmilzt,  also  -ione  }>  one  vrird,  oder  die  Endung 
überhaupt  nur  -one  lautet,  so  geht  diese  in  -une  über:  raggiune, 
larcune.  Es  lautet  also  demnach  auch  coticone  cal.  ii  coticune 
und  diese  Form  ist  in  das  alb.  übernommen  worden.  Auch 
im  ngr.  ist  ii  -one  fast  durchgängig  in  -une  übergegangen. 
Da  aber  zu  makarundf  und  pikün  gr.  Etjma  fehlen,  so  ist 
-un  in  diesen  Wörtern  nichts  als  Suffixvertauschung,  oder 
besser  gesagt,  es  hat  sich  durch  Anlehnung  an  solche  Wörter 
eingestellt,  die  durch  das  ngr.  in  das  alb.  eingedrungen  -un 
lautgerecht  zeigen,  wie  spjun,  bedzune  u.  s.  w.;  derselbe  Fall 
liegt  in  vardü-oni  vor,  da  hier  eine  Entlehnung  des  ngr. 
ßsQÖovpi  wegen  Erhaltung  des  rd  fbr  gr.  q6  nicht  statt- 
gefunden haben  kann,  sapun  sapuni  endlich  kann  ebenfidls 
Analogiebildung  sein,  jedoch  ist  es  wahrscheinlicher,  hier  an 
Labialisierung  durch  das  vorangehende  p  zu  denken. 

In  einem  Falle  ist  für  o  vor  Nasal  der  gedeckte  Kehllaut 
eingetreten:  it.  gonzo  =  „bäurisch,  roh"  =  zgendzf  gr.  Rhd. 
=  „Wildling,  ungeputzter  Baum",  o  ist  hier  aber,  wie  sp. 
ganso  =  „bäurisch,  grob"  zeigt,  ein  offenes,  ist  daher  zunächst 
m  a  übergegangen  und  dann  vor  gedecktem  Nasal  in  €, 

§8.  u. 

In  den  lat.  El.  ist  kurzes  betontes  u  als  u  erhalten  wie 
auch  im  rum.: 


—    43    — 

fiirca  >  fark£;  nun.  fdrcä; 
fundiis  >  fönt;    nun.  fand. 

Langes  u  ist  in  älterer  Periode  zu  ü,  im  gr.  alb.  und 
dialektisch  im  to.  zu  i  geworden,  was  sicherlich  erst  eine 
sekundäre  Erscheinung  ist;  in  jüngerer  Periode  ist  es  als  u 
erhalten:  bruma  >  brüm£,  brime  =  „Reif";  cupa  >•  kup«; 
murus  >>  mur. 

Vielleicht  gehen  einzelne  Worter  der  jüngeren  Schicht 
auf  das  it.  zurück;  ihre  Zugehörigkeit  im  einzelnen  aber  mit 
Sicherheit  festzustellen,  dürfte  kaum  möglich  sein. 

Ein  unterschied  zwischen  u  in  oraler  Stellung  und  vor 
Nasal  wird  weder  in  den  lat.  noch  in  den  ii  EL  gemacht. 
In  diesen  hat  u  seinen  Lautwert  wie  in  den  späteren  lat 
Lehnwörtern  beibehalten: 

caL  amure  >  namur  cal;  ven.  busso  >  bu§  J.  Mitk;  bus 
Ro;  brusco  >  brüsk  gr;  burgo  >•  bürg  J;  canuto  >  karute 
Hahn;  cappuccio >•  koputs,  kuputs  Pulj;  ciulla>täul  Durazzo; 
caL  culuri  >  kulür  cal;  cal.  curti  >  kürtje  cal;  datura  > 
datule  gr.  N;  diluvio  >  dflü*  caL  Rada.  Bla;  dilüv  Ro;  duca 

>  dukfi  cal;  duk  J;  figura  >  figure;  fugure  scut;  flusso  > 
perffüd;  sie.  frusciu  >  firusul  caL  Rada;  caL  firusculu  >  fruäkul 
cal;  frusta  >  finoste  cal.  Rada.  Sant;  frutto  >  firut  cal;  fasta 

>  fust6;  sie.  grutta  >  grut  cal.  Prasc;  cal.  judice  >  judctä 
caL  Frasc;  lattuga  >>  latugf  Kay.  N;  ven.  ligadura  >  ÜTadure 
gr.  Rhd;  lupolo  ^  luver;  malagurio  "^  malaure  cal.  Stier;  il 
mucchio  >  ImuK  scut.  Jam;  Imutö  J;  caL  murra  >  muf  cal; 
musco  |>  musk,  mosk;  musica  |>  müsike;  mussolo  [>  musid; 
ven.  persuto  >  bersüt,  persüt  geg;  purga  >  purge  gr;  rim- 
burchio  >  rumbüik  Bla;  ven.  rufa>rufc;  ruga^fuge;  ruspo 
]>  rusp;  ruspe  J.,  der  es  für  tu.  hält;  cal.  ruzza  ^  fudze  cal; 
ven.  salupa  >  saluppo  gr;  scuffia  >  skufla  sie;  neap.  stoja- 
vucco  >>  stiavuke  cal.  Rada;  neap.  struscio  }>  Strus  cal;  suso 

>  sus  gr;  suvero  >  zubcr  gr.  N;  caL  tavutu  >  tavüt  cal; 
tufo  >  stuf;  stuf  J;  cal.  I  urtimu  >  lurtm  cal.  Frasc;  usura  > 
hozore;  sie.  visitusu  >>  vizitusa  caL  Rada;  caL  vuce  >  vudzc 


—     44    — 

cal.  Frasc;  caL  vuda  >  yuös  cal;  cal.  vutu  >  vute  cal;  zufolo 

>  suful  scut;  ven.  zurlo  >  tsurle  J. 

aluno  >  alün  Eo;  caL  ciuncu  >  täuok  cal;  comamusa  > 
karamundze  gr;  kafamimtse  cal;  fortuna  ^  fdrtune;  gramolo 

>  gromut;  guagnune  >  ganün  cal;  caL  muzzicune  >  mitsikün 
cal;  panto  >-  pont  Bla;  sie.  putruni  }>  putrun  sie.  Pap;  scimia 

>  äkume,  skumbe;  sie.  tumminu  >  turnen  sie.  Pitre  290. 

Die  wenigen  Ausnahmen  beruhen  sämtlich  auf  Sufifix- 
vertauschung  oder  auf  Vermischung  verschiedener  Formen. 
So  ist  die  Endung  -üre  in  natür  scut;  nautürs,  natüre  Bla. 
Prop.  von  natura  und  in  kreatnre  Ro.  von  creatura  die  alte 
Bndung  -üre  der  lat.  El.:  dctüre,  gümtüre,  üntürs  u.  s.  w. 

marots6  cal.  =  „Schnecke^  geht  auf  caL  maruzza  zurück, 
das  unter  Anlehnung  an  die  Silbe  -ozzo  (abbozzo,  indozzo, 
accozzo,  pargozza,  gavozza  u.  s.  w.)  wahrscheinlich  schon  im 
caL  auch  marozza  lautet,  womit  sich  volketymologisch  rozzo 
as  „roh,  ungeschickt,  plump"  verknüpfen  mag. 

Von  cal.  vüccula  stammen  vökuk  caL  Bada  und  vükul£ 
sie  =>  „Kreis,  Bing*^.  Da  u  in  vuccula  sehr  offen  ist  infolge 
der  Abstammung  von  bocca,  konnte  der  Übergang  zu  o  im 
alb.  Worte  leicht  stattfinden.  Suffixvertauschung  liegt  vor 
bei  miscuglio  >  miäkilf  gr.  mit  -ile  (=  it  -iglio).  In  opor, 
apor  Bla.  Bo.  =  „oder"  aus  it.  oppure  ist  der  Accent  auf  die 
erste  Silbe  übergegangen,  worauf  die  zweite  unbetonte  sich 
vokalharmonisch  der  ersten  anglich,  a  in  apor  ist  alb.  a  = 
„oder"  (=  lat.  aut). 

Die  Darstellung  der  Abkömmlinge  von  lat  scutum  und 
it.  scudo  im  E.  W.  ist  sehr  unvollständig.  Alle  Wörter  ge- 
hören nur  dem  scut.  Dialekte  an  und  sind  in  der  Form  stark 
von  einander  abhängig:  Bla.  §kut  =  scutum;  §Kut^  =  scu- 
tulum;  äkudelle  =  scutella;  Bo.  skut,  skut  =  „Thaler";  äüfc, 
sül,  sKül  =  „Schüd" ;  J.  §kut,  skut  =  „Taler" ;  süt=  „Schüd". 

Die  regelrechte  lautliche  Entwicklung  von  scutum  ergiebt 
zunächst  *§küt,  das  in  modemer  Zeit  über  '''stäüt  in  §üt  über- 
gegangen ist;  it  scudo  ergab  je  nach  der  Au&ahmezeit  skut 
oder  §kut    Alle  übrigen  Formen  erklären  sich  dadurch,  daß 


—     45    — 

die  lautlich  richtigen  Formen  it.  mit  solchen  lat  Herkunft 
genuBcht  wurden,  was  um  so  leichter  geschehen  konnte  fils 
iL  scudo  sowohl  den  Schild  als  auch  die  Münze  bezeichnet. 
)  geht  zunächst  auf  6  zurück  in  der  bestimmten  Form  "^skn^ 
aus  it.  scudo,  das  später  durch  das  aus  dem  lai  stammende 
t  ganz  verdrängt  wurde.*)  Bla.  schreibt  zwar  seine  Wörter 
mit  sk,  da  er  aber  s  und  i  sehr  oft  nicht  auseinander  halt, 
kann  hier  sehr  wohl  der  letztere  Laut  angenommen  werden. 


§9.- au. 

In  den  lat.  EL  ist  der  Diphthong  au  in  der  älteren  Periode  I 

zu  a  geworden,  während  in  der  jüngeren  u  konsonantischen 
Charakter  angenommen  hat:  aurus  >  ar  =  „Gold";  causa  > 
lad&e  =  „Sache,  Tier**;  laudare  >  laydön. 

Yon  beiden  Entwicklungen  ist  in  den  ii  EH.  nichts  mehr 
zu  bemerken:  der  Diphthong  hat  sich  erhalten,  steigend  oder 
fallend,  je  nach  seinem  Charakter  im  ii:  baule  >*  baül  Ro; 
neap.  abruzz.  ciaula  >>  t§aul€  cal. 

Auf  ven.  mauro  (ii  maduro)  fuhrt  G.  M.  das  geg.  Adjektiv 
burms  =  „Yollkommen  reif"  zurück. 

B.  Die  unbetonten  Vokale. 

§10.  a. 

unbetontes  a  im  Anlaut  fallt  in  den  lai  El.  durchgehends 
ab:  amicus  >*  mik;  altare  >•  Iter,  leter.  Inlautend  geht  es  in 
jeder  Stellung  in  den  gedeckten  Kehllaut  über:  salvare  > 
äclbon;  sanitatem  >•  §£ndei  Auslautendes  a  wird  zu  e  ge- 
schwächt: esca  >  eäkc;  arma  >  annf;  nur  in  der  Endung  -i^ 
wird  es  ursprünglich  zu  e  (wie  im  nun.),  geht  aber  in  den 
Verbindungen  -lia,  -sia,  -nia  in  e  über:  facia[>fake;  familia 
>  fsanls. 

In  den  ii  EL  ist  unbetontes  a  im  Anlaut  in  der  älteren 
Periode  geschwunden,  in  der  jüngeren  als  a  erhalten. 

*  et  Aber  d  >  2  §  26  kn^  und  kul. 


—    46    — 

Unbetontes  a  im  Anlaute  fallt  ab:  neap.  abbollo  +  astro 
^  balastri  cal;  sie.  abbentu  >>  bent  sie;  cal.  accncfaiare  >^ 
kukarin  cal.  Sant;  caL  affiicare  >*  fokärin  cal;  Yen.  agliada  >> 
lade  gr;  agosto  ]>  goöt  Hahn;  agreste  ]>  greSte;  neap.  appe- 
dare  >- pe(terin  cal;  armata]>nnate;  aiTosare[>ront8&rin  caL 
Bada;  neap.  ascenzione  ^  §id2one  cal;  asciuttare  >>  sutarin 
cal;  asparago  i>>  sparag  J;  sie.  annujamenta  }>  nujament  sie 

Unbetontes  a  im  Anlaut  ist  erhalten:  abbate  >>  abat  geg. 
scut;  abbecedario  [>  abetare  scut;  cal.  abisare  >>  abisön  cal; 
caL  abonisina  [>  abonesina  cal.  Sant;  caL  addunarsi  >*  adu- 
n&rem  cal;  adorare  >>  adurön  to;  adröj  scut  geg;  adoraren 
cal;  agrigno  >•  akrinole  cal;  sie.  aicula  >>  aiku/e  sie;  alabaster 
Ro;  alfiere  >>  al^er  Bla;  altane  |>  altane  gr.  N;  aluno  ]>  alün 
Bo;  altare  >>  altar  Erisi  to;  autär  cal;  amare  ]>  amarin  cal; 
ammitto  >-  amft  Ro;  sie.  anitu  ^  anit  sie.  cal;  apostul  scut; 
apalto  sie.  Xyl;  cal.  arcere  ^  artSere  cal;  arMlf  Ro;  ven.  arti- 
cioco  >  artitäök  geg;  artikul  scut;  awento  >  avent  Ro. 

Miklosich  nimmt  an,  daß  das  unbetonte  anlautende  a  vor 
seinem  Abfalle  erst  zu  e  geworden  sei.*)  Da  aber  in  den  it 
EL  außer  den  beiden  besprochenen  Fallen  eine  Zwischenstufe 
mit  Erhaltung  des  a  als  £  nicht  vorkommt,  ist  auch  ihr  Vor- 
konunen  in  den  lai  EL  unwahrscheinlich.  Ist  im  Anlaute  ein 
e  erhalten,  so  ist  es  durch  die  folgenden  Konsonanten  bedingt 

Im  Inlaute,  vor-  oder  nachtonig,  erscheint  unbetontes  a 
in  der  älteren  Zeit  als  £,  im  scut  als  e,  kann  aber  auch 
gänzlich  8ch¥miden.  Bei  einigen  Wörtern  finden  sich  außer- 
dem noch  Formen  mit  Erhaltung  des  a.  In  den  EL  jüngerer 
Au&ahme  ist  unbetontes  a  in  jeder  Stellung  erhalten.  Wegen 
der  großen  Anzahl  dieser  jüngeren  Worter  ist  auf  deren 
Wiedergabe  verzichtet  worden,  und  nur  diejenigen  sind  an- 
geführt worden,  in  denen  a  eine  Veränderung  erlitten  hat: 

caL  astracu  >•  ast^rk  cal;  neap.  valanza  ]>  vkntsf  cal; 
cas  +  ola  >  kesole,  ksolc,  kasole;  casteUo  >  kestjel  Ro; 
kStiel   J;   kastjeT  cal.  Rada;   konsakröj,   konsekröj    Ro;    ven. 


*)  Alb.  Forschungen  II  73. 


—    47    — 

&diga  ]>  f£dig€;  vdig  J;  frastaglia  >-  freStelids  gr;  gradella 
>>  gredele,  grad^T;  lasciare  >•  leäön,  Ictöön;  liäöj  geg;  Koj  J; 
lasön  gr;  rapina  >>  repine  scut;  caL  saccariare  >>  sak£r(ßrm 
cal;  trayata  >>  trevete  Bo;  cambiare  >-  kanben;  cannello  [> 
kcnä;  kanet  geg;  canuto  !>  kenite  Hahn;  dannare  [>  denön; 
dnöj  J;  ii^annare  >>  genen  to;  ngenej  Prop;  ngnüj  J;  maniera 
]>  mcndüre;  mnür  scut;  mendire  cal;  pandera  }>  petslr  Bla. 
Bo;  panico  >>  pcnik. 

In  einigen  Fallen  ist  unbetontes  a  dorcb  Labialisierong 
in  o,  u  übergegangen:  barrare  (?)  >•  mburön  schützen;  cap- 
pnccio  >>  kopüts,  kapüts  Pulj;  fascia  ]>  fo§i  geg;  foäneii; 
patena  |>>  potent  Bo;  mancare  ]>  mnngöj  J.  neben  sonstigem 
mengon. 

Das  unbetonte  a  im  Auslaute  wurde,  wie  in  den  lai  El., 
allgemein  zu  e  und  zwar  bis  in  die  neueste  Zeit,  verstummt 
aber  gewöhnlich  im  scui,  das  in  dieser  Hinsicht  lat  und  it 
EL  vollkommen  gleich  behandelt.  Eigentümlich  ist  hierbei 
das  Verfahren  G.  M.s  in  seinem  E.  W.  An  alle  scut  Wörter, 
deren  it.  oder  lai  Etyma  im  Auslaut  ein  a  haben,  hat  er  bis 
auf  ganz  wenige  Ausnahmen  ein  £  angefügt,  obgleich  Bo.  ein 
Schluß-e  nur  selten  setzt  Bla.  kann  hierbei  nicht  heran- 
gezogen werden,  da  er  gewöhnlich  die  bestimmte  Form  an- 
giebt.  Eine  sichere  Kontrolle  über  Bo.  ist  jedoch  J.,  der 
auslautendes  unbetontes  e  bis  auf  besondere  unten  zu  er- 
örternde Fälle  fast  immer  wegläßt  Dazu  kommt  noch  ein 
zweites:  0.  M.  ersetzt  auch  inlautendes  imbetontes  e  im  scui 
nach  Willkür  zuweilen  durch  £,  zuweilen  laßt  er  e  stehen, 
ohne  daß  in  seinem  Verfahren  eine  Begel  zu  erkennen  wäre. 
Nun  kennt  aber  schon  Bla.  nur  den  e-Laut,  nicht  den  ge- 
deckten Kehllaut,  und  dasselbe  gilt  von  Bo.  und  J.,  sodaß 
der  Schluß  berechtigt  ist,  daß  im  scui  einer  von  den  beiden 
Lauten  fehlt,  oder  daß  einer  in  den  andern  übergegangen  isi 
Es  ist  das  leicht  möglich  weil  geg.,  also  auch  scui,  alle 
Vokale  nasal  ausgesprochen  werden.  Jedenfalls  steht  fest, 
daß  im  scui  nicht  zwei  besondere  Laute  bestehen,  sondern 
nur   einer,   den   Bla.   Bo.  und  J.  übereinstimmend  mit   „e" 


—    48    - 

bezeichnen.  Dem  entsprechend  sind  alle  dem  £.  W.  ent- 
nommenen Wörter  berichtigt  worden.  Im  Stldgeg.  von 
Elbaasan  wird  e  und  e  auseinandergehalten. 

Auslautendes  a  nach  halbvokalischem  i  ist  in  den  ii  EL, 
wie  in  den  lat.,  zunächst  zu  e  geworden,  das  sich  teils  ge- 
halten hat,  teils  in  das  ge wohnlich  im  Auslaut  stehende  s 
überg^angen  ist  Dieses  e  nach  i  hat  sich  auch  im  soat^ 
gehalten,  wenigstens  bei  Ro.  J.  allerdings  zeigt  die  Weiter- 
entwicklung, indem  er  es  in  einigen  Wörtern  bereits  ver- 
stummen läßi    Man  vergleiche  hierzu  die  folgenden  Beispiele: 

bottiglia>'botiIe;  cavaglia>-kavile  gr.Bhd;  ven.  siserchia 
d'irlte  geg;  cicoria  >>  äkorie  Ro;  colocasia  [>  k^Ikaze;  kelkaz-a 
J;  madia  [>  mage;  madze  J;  medaglia  [>  medaje  Ro;  medai 
J;  metraglia  >•  metraje  Ro;  ostia  >>  oste  J;  pastocchia  >> 
pastoKe  cal;  scuf&a  >>  skui^e  sie;  secchia  [>  §eMe;  §eke  J; 
tigna>tine  Ro. 

Ist  i  in  der  Endung  -ia  betont,  so  ist  a  vollkommen  ge- 
schwunden, da  man  dieses  betonte  i  gleich  der  Endung  -i 
setzte:  abbazzia  >>  abatsl  geg.  scut;  barberia  >>  barbari;  neap. 
cardacia  ]>  kardaii  cal;  carestia  |>  karasti  cal;  moria  >>  mori; 
profedzi  J;  neap.  sporchia  [>  purki  cal.  March.  Hieran  schließt 
sich  noch  fiiri,  obgleich  it.  furia  auf  der  ersten  Silbe  be- 
tont wird. 

§  11.  e. 

Schon  im  vlt  sind  die  Lautwerte  von  e  und  i  in  un- 
betonter Silbe  zusammengefallen,  und  demgemäß  ist  auch  ihre 
Behandlung  im  alb.  Im  Anlaut  schwinden  sie  immer:  edesia 
>>  Ki§€;  imperator  >  mbret;  und  im  Inlaute  sind  sie  teils 
ebenfalls  geschwimden,  teils  als  b  erhalten,  je  nach  den  ent- 
stehenden Eonsonantenverbindungen: 

miraculum  ]>  mrekul;  certare  ]>  Morton.  Auslautendes  e 
hat  sich  als  e  erhalten,  ist  aber  auch  oft  verstummt,  besondeiB 
im  scut.:  gentem  ;>  ginde;  gint  to;  dzinn  scut;  pacem  >-  paM. 

Im  ii  sind  unbetontes  e  und  i  getrennt,  wenn  sie  anoh 
in  den  Mundarten  etwas  durcheinandergehen.    Die  lautlichen 


—    49    — 

Veränderuiigen,  die  sie  im  alb.  erlitten  haben,  sind  teils  über- 
einstimmend, teils  Yon  einander  abweichend,  sodaß  sich  die 
besondere  Behandlung  jedes  einzelnen  Lautes  notwendig 
macht. 

Unbetontes  e  im  Anlaute  fallt  in  den  folgenden  beiden 
Wörtern  ab:  effigie  >  fidzc  sie;  erede  >  rede  cal.  Frasc;  als 
e  ist  es  erhalten  in  epistu)  Bo.  aus  epistola  und  als  je  in 
jeremi  scut  aus  eremita,  wozu  6.  M.  die  Bemerkung  fugt, 
daß  j  slavische  Lautgewohnheit  sei.    (E.  W.  162.) 

nazil,  asfl  =  „Verbannung*^  cal.  Bada  geht  nicht  auf  esilio 
zurück  (E.  W.  18.  298),  sondern  es  liegt  Verquickung  mit 
nasil  caL  Rada  =  „Zufiuchtstätte^  (aus  asilo)  vor,  indem  ein 
und  dasselbe  Wort  sowohl  „Verbannung"  als  auch  „Zuflucht- 
statte'' bezeichnet  Es  ist  das  eine  Übertragung  von  dem 
alb.  Ausdrucke:  zuri  mäkte  „er  (nahm)  floh  in  die  Berge"; 
wenn  jemand  gezwungen  ist  in  die  Berge  zu  fliehen,  so  ist 
er  dahin  so  gut  wie  verbannt,  aber  zugleich  gewähren  sie 
ihm  den  nötigen  Schutz. 

Die  schon  in  §  10  erörterte  Tatsache,  daß  das  scui  nur 
e  nicht  e  kennt,  macht  sich  hier  besonders  deutlich  bemerkbar. 
So  ist  imbetontes  e  im  Inlaut  vor  Nasal  gewöhnlich  zu  £ 
geworden,  im  scut  aber  als  e  erhalten:  eremo  ]>  ercm  cal; 
lenire  >>  Ifnöj  geg;  segnale  ^  s£nä#  gr;  spendere  ]>  sp^ndön 
to;  tentare  ]>  t^ndöj  geg.  Dagegen:  calendario  >^  kalendär, 
kalennar  scut;  töenakul  Bo;  contentare  ^  konenöj  scut;  deg- 
nare  ^  denöj  scut;  gentile  ^  d^entfl  geg.  Bo. 

In  einigen  Wörtern  ist  für  e  vor  Nasal  ein  a  eingetreten 
und  zwar  infolge  Nasaliemng:  en  >*  en  ^  an:  calendario  ]> 
kalandar  Bo;  Begg.  ventrera  >>  vandere  sie;  immenso  >> 
^emenso  >>  ameniöj  Bo;  amesöj  Boad. 

Unbetontes  e  in  oraler  Stellung  fallt  aus,  wenn  die  ent- 
stehenden Konsonantengruppen  leicht  sprechbar  sind,  oder 
wenn  e  zwischen  mut  -H  Uq«  steht:  neap.  sderrenato  ^  zd^mat 
cal;  neap.  seburcu,  it  sepolcro  >-  zbulk  cal;  disperare  >•  dis- 
prqj  scut;  lettera^-Ietrc;  Teter  J;  liberare>Ievrön  cal;  leyrin 
gr;  libröj  J;  per  ore  >  prore  Bo;  speranza  >  sprents  cal; 

Weigand,  10.  Jahre8b«ricbt.  4 


—    50    — 

terazzo  >  derase,  drase.  to.  geg;  neap.  trebeto,  pl.  tribete  > 
tript  cal.  March;  teriaca  [>  triake. 

In  einer  Anzahl  von  cal.  alb.  Wörtern  ist  ii  unbetontes 
e  in  i  übergegangen,  ein  Wandel,  der  sich  jedoch  nicht  aus 
dem  alb.  sondern  aus  dem  cal.  erklärt,  da  hier  unbetontes  e 
sehr  oft  als  i  erscheint:  neap.  caucerogna  ^  kautSirona  cal; 
camevale  >  kalivär  cal;  neap.  cecojera  >  täikojer  cal:  inde- 
cente  >>  diSents  Bada;  lettiga  [>  litik  Rada;  segnalato  >>  sinalät 
cal.  Sant. 

Unbetontes  e  vor  einfachem  oder  gedecktem  r  wird  viel- 
fach zu  a,  sowohl  vor  als  nach  dem  Tone.  Die  Erscheinung 
ist  nicht  auf  das  alb.  beschränkt,  sondern  zeigt  sich,  wie  in 
den  übrigen  romanischen  Spr.  mit  Ausnahme  des  rum.,  auch 
im  it.  dialektisch  z.  B.  im  ven.  (tarina  =  terina;  tarmoto,  terre- 
moto)  und  im  cal.  (quarela,  povaru,  mascara',  jennaru),  den 
beiden  hier  in  Betracht  kommenden  Mundarten  (cf.  Meyer- 
Lübke,  Gram.  I  §  328,  366).  Daß  der  Wandel  auch  dem  alb. 
eigentümlich  ist,  nicht  bloß  aus  dem  it.  übernommen  wurde, 
zeigt  augenscheinlich  scut.  vardü-oni  J ;  da  it.  verdone  wegen 
des  inneliegenden  Begriffs  ^  verde  ^  nicht  zu  '^vardone  werden 
konnte.  Auch  das  ngr.,  durch  dessen  Vermittelung  das 
Wort  in  das  alb.  eingedrungen  sein  könnte,  hat  e  erhalten: 

ßSQÖOVPl. 

Von  Interesse  ist  es,  daß  die  meisten  Beispiele  noch  ein 
a  enthalten^  sodaß  es  nicht  unmöglich  ist,  daß  Vokalharmonie 
den  Wandel  begünstigt  hat. 

Den  Beispielen,  die  meist  dem  caL  alb.  angehören,  sind 
auch  die  ven.  und  cal.  Formen,  soweit  sie  belegt  sind,  hinzu- 
gefügt worden:  barberia  >  barbari;  it.  camera  (ven.  camara, 
Camera)  >  kamar  cal;  it.  cameriere  (ven.  camarier)  >  kamarjer 
cal;  it.  cateratta,  ven.  catarata  ^  katarat,  katafak  Ro;  it.. 
maccheroni,  (cal.  maccaruni)  ven.  macaron  ^  makarunde  gr. 
Rhd.  Spezzia;  it.  mercato  (ven.  marca,  mercä)  >  markat  otr; 
it.  passera  (ven.  passara),  cal.  passaru  >  pässare  cal;  it.  ter- 
razza  >  taratsa  to;  it  verdone  >  vardü  J;  it.  cocomero  > 
kokomare  Tirana  nach  Hahn;  it.  pergola  >  pargule  cal.  sie; 


—    51     — 

abruzz.  totera  >  totare  caJ.  Rada;  it.  liberta  >  *Ievarda  > 
laverda  J;  angheria  ]>>  angari  Ro. 

In  allen  übrigen  Fällen  ist  inlautendes  unbetontes  e  in 
oraler  Stellung  als  £,  scui  e  bewahrt: 

neap.  ajero  >>  ajfr  cal;  neap.  astrecu  >>  asterk  cal;  gher- 
Daire>  gCTmon;  germöj  J;  ven.  merlin  >  mwli  gr;  mestiere 

>  bcStjer  cal;  ven.  persuto  >  bersüt,  persüt  geg;  ven.  pescada 

>  p«ska<fe  gr;  ven.  parecchiar  >  pareKöj  scut;  neap.  appedare 

>  pedärin  cal;  ven.  becazza  >  bekatse  gr;  beflfardo  >  befardis 
gr;  breviai:  Ro;  canterina  >>  kanderie  Ro;  celliere  [>  täeler; 
veo.  cerfogio  [>  tserfös  Ro;  koTedzäl  J;  kreatüre  Ro;  gelso- 
mino  >•  tSelsomfn  Ro;  zesemfn  J;  guvemöj  Bla;  interesse  >• 
nderes  caL  Frasc;  medaje  scut;  meriton  to;  meritoj  geg; 
metraje  Ro;  pegola  >>  pegolöj  geg;  pergamina  ^  pergamll  pl. 
Rada;  perikul  Ro;  prediköj,  perdiköj  scut;  pregön  cal;  protäe- 
siön  J;  sakrestan  J;  servitsia  pl.  gr;  ^speccbiale  >>  spekal  cal. 
Sant;  telaro  ]>  telar  scut. 

Unbetontes  e  im  Auslaute  ist  im  to.  und  geg.  im  all- 
gemeinen geschwunden,  besonders  in  den  Endungen  -one  und 
-ale,  im  scui  durchgängig.  Nur  in  den  folgenden  Wörtern 
meist  jüngerer  Aufnahme  hat  sich  auslautendes  e  erhalten: 

cal.  arcere  ^  artsere  cal;  neap.  ascenzione  >>  ädzone  cal; 
mantUe  ]>>  vandile  cal;  mandile;  bime  ]>  bime  gr;  bokale  gr. 
N;  botte  ]>  böte;  cal.  carriare  [>  kafarß  cal;  consule  >-  küsule; 
effigie  >  fidze  sie;  erede  >  rede  cal.  Frasc;  filare  >  filare 
caL  Rada;  forfore  >>  fönndf;  fort;  legge  >>  ledze  cal.  Frasc; 
ovile  >  ovile. 

§  12.  i. 

Über  unbetontes  i  in  den  lat  El.  vergleiche  man  den 
Anfang  des  §  11. 

Auch  in  den  it.  El.  fallt  unbetontes  i  im  Anlaute,  das 
nur  in  den  Vorsilben  -im  -in  vorkommt,  regelmäßig  ab.  Da 
dieselbe  Aphärese  auch  im  cal.  it.  stattfindet  (mparare  =  im- 
parare,  mbitu  ==  invito),  so  liegen  den  cal.  alb.  Wörtern  schon 
diese  verkürzten  Formen  zu  gründe.    Wie  aus  den  Beispielen 


—    52    — 

zu  ersehen  ist  (cf.  Wörterverzeicbnis  unter  i),  gehört  die 
größere  Anzahl  derselben  zum  cal.  alb.,  aber  doch  auch  einige 
zum  scut.  und  to. 

Über  indermjets  cf.  §  3  S.  31. 

Unbetontes  i  im  Inlaut  ist  in  zweifacher  Weise  behandelt 
worden: 

1)  es  ist  zu  e,  scut.  e  geworden ,  und  zwar  besonders 
gern,  wenn  es  in  YoUig  tonloser  Silbe  steht,  in  der  es  dann 
nicht  selten  ganz  ausfallt; 

2)  es  hat  seinen  Lautwert  bewahrt 

1)  Unbetontes  i  >  ^i  e:  cal.  abonisma  >  abon£sin£  cal; 
bisogna  >>  bezone  cal.  Frasc;  capitano  >*  kapidän,  kapedan; 
capitare  >  kapetön;  kaptöj  J;  capitello  >  kapctel;  dcoria  > 
§korie  Ro;  diluvio  >  dslud-  cal.  Rada;  Bla;  dilüv  Ro;  dispe- 
rare  >  desperehem  to;  deSpröj,  diSpröj  Ro;  dispröj  J;  divinare 

>  divßnöj   geg;  divnöj,  ndivndj  Ro;  duplicare  >  dulpekön; 
firmano  >>  ferman  scut;  firman  Ro;  caL  judice  ]>  jüdet§  cal. 
Frasc;  liberare  >  levrön  cal;  levrin  gt;   libröj  J;  licenza  >> 
Ie§ents£  gr;  lisentsE,  litsents£  gr.  Rhd;  limaccio  >>  Ima§k  scut; 
limone  >  Timön  Ro;  Imue  J;  limosina  >  limösenc,  Temösne;  | 
Imo§e  geg;  lemöS  J;  manica  >  mang  J;  partigiano  >  pater-              f 
§ane  Bla;  pipita  >:  pepite  gr;  pizzicare  >  piskon,  pitskön;               ' 
predica  >  predik,  predik  Ro;  predk  J;  ribello  >  rebel;  caL 

rimitu  [>  femft  cal;  riparo  ^  repärin  cal.  Rada;  sie.  saccosima 

>  sakozme  sie;  tisica  >  ndisk  scut;  trifoglio  >  terfoj,  triföj 
Ro;  terföin  J;  sie.  trimoja  >  termole  sie;  trivello  >  terviel 
J;  sie.  tmnminu  >  tumen  sie;  cal.  1'  urtimu >►  lurtm  caL  Frasc; 
inmienso  >  *emenso  >  amensöj  (cf.  S.  49). 

2)  Unbetontes  i  >  i:  ven.  articioco  >  artitsök  geg;  aspide 

>  aspi^  Ro;  cal.  abisare  >  abisön  cal;  befBcare  >  bofikar  gr. 
Rhd;  binato  >-  binak  Ro;  kardinal  Ro;  kastigöj  scut;  cal. 
chicare  >•  kikärin  cal;  coticone  ]>  kotikün  Rada;  cal.  criata  , 

>  kriata  cal;  kristal;  difesa  >  rfifeze  cal;  disKaröj  Bla;  diSe- 
pul  geg.  scut;  dispetto  >  dispetisem  sie;  fidanza  >  fidsnts  cal. 
Rada;  caL  fidili  >  firffl  cal;  figlioccio  >  filöts;  filare  >  filare 
cal.  Rada;  filöj  scut;  ven.  filtrar  >  filtar  scut;  finestre  cal; 


-    53    — 

fischiare  >  fiäkarul  eal.  RÄda;  fisico  >►  fizila  cal;  fissare  > 
fiflin  caL  Bada;  giannizzero  >>  dzanitSer  geg;  gine8tra>>  dzinest 
Ro;  sie  lastima  >>  lastimfs  cal;  likomo  gr.  N.  Bhd;  yen.  liga- 
dnra  >  liyadure  gr;  lirnön  Ro;  leimone  gr;  cal.  litraru  > 
Gtrar  caL  Sant;  marinär  Bla.  scut;  Yen.  mariner  ^  mariner 
Ro;  meritön;  milordo  ]>  milördezc  Rada;  miscuglio[>ndskil6 
gr;  mifliön  scut;  musike;  cal.  muzzicune  >>  mitsikün  cal;  sie. 
nchinari  ^  nkinarm  sie.  Piana;  ninnare  ]>  ninale  gr.  cal; 
paiaiark  scut;  piccare  >  pikoj  J;  pignuolo  >  pinuel;  pistole 
Hahn,  pistol  scut,  pistole  gr;  pitur  scut;  profittare  >•  fiton; 
fitöj  scut;  publikan;  rigöj  scut;  §irüp  J;  Skrivan  Ro;  skrivä 
scut;  Yen.  sfilazzo  >*  sfilatso  gr.  Rhd;  sigiUo  >>  sidzil  Bla. 
Bogd;  spillid'oro  >  pilura;  trillare  >  tritöj  J;  cal.  trivulu  > 
triTuli  cal;  Tikar  geg.  scut;  yigliacco  >-  yilakos  cal.  Frasc;  sie. 
visera  >  vizere  sie.  Sant;  yisita  >  yizit  Ro;  sie.  yisitusu  > 
yizituze  cal.  Bada. 

Durch  Labialisierung  hat  unbetontes  i  in  den  folgenden 
Wörtern  eine  Veränderung  seines  Lautwertes  erfahren,  wobei 
der  Grad  der  Veränderung  augenscheinlieh  durch  yokal- 
harmonische  Einflüsse  bestimmt  wird: 

rimburchio  >>  rumbüik  Bla;  figura>>fugur£  neben  figurfc; 
scirocco  >  sirök  scut;  äorök,  serök  gr;  timone  >  temön; 
tomua. 

§  13.  o. 

In  den  lai  EL  ist  unbetontes  o  im  Anlaute  geschwunden: 
oblate  >  blate,  und  im  Inlaute  zu  u  geworden:  leporem  > 
lepur;  die  Vorsilbe  con-  >  ku-.  In  einigen  Wörtern  ist  jedoch 
auch  s  eingetreten:  comutus  >  kernte. 

In  der  älteren  Zeit  des  it.  Einflusses  ist  auch  in  den  it. 
EL  anlautendes  unbetontes  o  abgefallen,  während  es  in  späterer 
Zeit  als  u  oder  o  erhalten  ist: 

occhiale  >>  kal  Mitk;  offlzio  ]>  fits  cal;  ofits  scut;  ufits 
Ro;  orciuolo  >  rdzul  scut.  J;  urtsuel  Bla;  ombrella  >  umrel 
J;  obrizzo  >  obrfts  scut;  ospizio  >  osplts  Bo;  oyile  >  oyile 
Leake. 


—    54    — 

Im  Inlaut  hat  sich  unbetontes  o  je  nach  der  Zeit  der 
Aufiiahme  verschieden  entwickelt:  in  der  älteren  Periode  ist 
es  zu  u  geworden,  in  der  jüngeren  als  o  bewahrt. 

1)  Unbetontes  o  im  Inlaut  >  u: 

adorare  >  aduron  to;  neap.  apolo  >  apul  cal;  arbore  > 
arbur  scut;  bollare  >  bulatis;  borbogliare  >  burbulet;  boria 
+  ame  >  burgam  cal;  brontolare  >  yrundulls  cal;  collare  > 
kulär  Musakja;  kulare  J;  coltello  ^  kuItiSl  Bo;  corsare  >^ 
kusär  scui   to;   kursar  Bo.   gr.  Rhd;   cosciale  >>  kuSal  cal 
costare  >  kustön;  dolare  >  dulären  cal;  dozzina  >  duzinc  gr 
cal.  forise  >  furfs  cal.  Spezz.  Alb ;  godere  >  guder  gr.  Rhd 
guyemöj  Bla;  lombarda  ^  lumbarde  Bo;  monaca  >>  munak^s 
Bo;  munges  scut;  morello  >  murjele;  ven.  morter  >>  murtir 
gr;  musaik  Bo;  mostardo  [>  mustrak  J;   neap.  nnozente  >> 
nuzent  cal.  Sant;  pegola  ^  pegulöj  geg;  penzolare  ]>  pezulöj 
scut;  pergola>parguIe  cal.  sie;  portulaca>burdulak;  pozzo- 
lana  >  putsulan  Bo;  roncare >  rungön  caL  March;  rosignuolo 

>  fu§inual  cal;  scolare  >  §kulöm  Bada;  cal.  scoppare  > 
tsuppar  cal;  suldat  cal;  *8opporta  >  supporta  pl.  cal.  Bada; 
sorbire  >  surbön;  neap.  sporchia  >  purki  cal.  March;  tom- 
bacco  >  tumbäk,  tumak  geg;  tomese>tuf6s  cal.  Frasc;  tropea 

>  trupi  cal. 

2)  Unbetontes  o  im  Inlaute  >  o: 

caL  abonisina  ^  abonesiuE  cal;  arrosare  ^  rontsärin  cal. 
Bada;  adorare >  adorären  cal;  bokalf  gr.  N;  bottiglia>>botiIe; 
camposanto  >>-  kapo§änt  Bo.  Erizzo;  katolik  scut;   coccodriUo 

>  kokodrll,  korkodfl  Bo;  cocomero  >  kokömare  Tirana; 
codardo  >  kovardc  Xyl;  koladzion  scut;  koler  scut;  koledz 
scut;  kolone;  kolör  gr;  komet  Bo;  kosäk  Bo;  kotikün  Bada; 
diakon  Bo;  divodziön  scut;  dotor  Bo;  forzato  >  fortsat;  fort- 
sade  J;  gelsomino  >  t§elsomin  Bo;  intonare  >  ndonatf  cal; 
ironi'Bo;  lokande  scut;  molesto  >  monest  Bada;  yen.  moneda 

>  monede;  moria  >  mori';  mortorio > mortör  scut;  notär  Bo; 
pastoral  scut;  petrosello  >  pjetrosel;  poeta  >  poetär  to;  por- 
rina>pon  J;  profet  scut;  propagänd  scut;  regolare  >  ngo- 
lärfn  cal.  Sant;  romano  >  romäk  Bo,  äkolär  cal;  skolär  Bo: 


—     55    — 

sfoderare  ]>  sfodcrftrin  caL  Rada;  soldat  scut;  soii6t  Ro;  sottane 
Ro;  toccare  >>  toköj  Jamik.  scnt;  tonatSöl  Ro;  tonsür  Ro; 
riolino  >  djoK;  violi  gr.  N;  volatico  >  volatik  Kav. 

Es  giebt  nun  eine  Anzahl  von  Wortern,  von  denen  Formen 
mit  Erhaltnng  des  unbetonten  o  and  solche  mit  Wandel  des- 
selben zn  n  belegt  sind: 

colostro  >>  kuloster,  kniostre,  koloSter  scut  Die  dritte 
Form  ist  die  jüngste,  da  sie  im  Gegensatze  zu  den  beiden 
andern  vortoniges  o  bewahrt  hat.  l  und  §  in  diesem,  wie  I 
und  B  in  dem  vorangehenden  Worte,  erklären  sich  durch  gegen- 
seitige Beeinflussung  des  älteren  kuloSter  und  des  jüngeren 
koloster,  das  auch  den  später  zu  behandelnden  gr.  alb.  Wörtern 
zu  Grunde  gelegen  hat  kurore,  korone;  kunore,  konure  geg; 
kunör  scut  fuhrt  G.  M.  sämtlich  auf  ngr.  xoQciva  zurück,  das 
selbst  romanisches  Lehnwort  ist.  kurore  kann  ebenso  gut  aus 
dem  lat.  (-n-  >-  r)  stammen  und  auch  bei  den  übrigen  Formen 
ist  romanische  Herkunft  nicht  unmöglich. 

rosario  >  ruzare  Prop.  J;  rozar,  ruzar  Ro.  sottile  +  accio 
>•  sottolaä,  sutiIa§Ro.  ven.bonazza>>bunats€,  bonatse;  bunäts, 
bonäts  J;  mortale  ]>  mortar  geg.  J;  mortar,  murtär,  mortal 
Ro;  moscajo  ]>  muSkai  J;  muskaje,  moskaje  Ro;  '^'mozzello 
(von  mozzo)  >  botsiel;  buts^I  J;  ponente  >  ponent,  punent; 
provare  >  provön,  pruvön  Prop;  provöj  scut;  trombetta  > 
trumpft  J;  tromb^t  Ro;  gr.  auch  drombete  N. 

Wie  schon  in  den  beiden  ersten  Beispielen  kann  man  die 
Bewahrung  des  unbetonten  o  auch  in  den  übrigen  damit  er- 
klären, daß  sie  zu  verschiedenen  Zeiten  in  das  alb.  eingedrungen 
sind,  oder  zu  einer  Zeit,  in  der  der  Wandel  von  unbetontem 
o  ^  u  im  Erloschen  war.  Dabei  ist  aber  zu  beachten,  daß 
bei  den  zuletzt  genannten  7  Beispielen  der  Wandel  zu  u 
auch  durch  Labialisierung  bewirkt  sein  kanjL 

Wie  schon  in  den  lai  El.  unbetontes  o  neben  u  in  einzelnen 
Fällen  auch  e  ergeben  hat,  so  auch  in  den  it.  EL  Nicht 
selten  ist  dann  £,  neben  dem  sich  zuweilen  u  oder  o  gehalten 
hat,  gänzlich  ausgefallen.  Dabei  befindet  sich  in  fast  allen 
Beispielen  ii  wie  lai  Herkunft  ein  r  oder  ein  palataler  Laut 


—    56    — 

in  unmittelbarer  Nachbarschaft  des  ß,  sodaß  der  Wandel  von 
0  ^  £  durch  die  genannten  Konsonanten,  wenn  auch  nicht 
bewirkt,  so  doch  begünstigt  wird.  Man  vergleiche  die  Bei- 
spiele: adorare  ]>  adröj  geg;  colocasia  >»  kflkazc;  colostro  >> 
kloistr«,  keloätrf,  klostre  gr.  fomire  >*  femön,  fiimön  cal; 
fogliame  >  i^*"^  ^c*  Pitre;  foglietta  >  fletc;  forfore  >  för- 
mcle;  gonfiare  >  nguföj  scut;  guföj  J;  ngeföj  Ro;  orca  >> 
orgün,  regün;  posare  ]>  pu§ön,  pusöj;  peäön  gr;  rosmarino  ^ 
rosmarfn,  resmarin  Bo;  rosmari  gr;  scopare  ^  '*'sk£p6n  >» 
peskön  Hahn;  so&ire  )>  §€fr^n;  §u&en  cal.  Barile;  sufriren 
Frasc;  vorzillo  >  vcrjfl  Fiam.  Arb.  I  11;  bei  pertsiön  cal.  Rada 
aus  processione  (scut.:  protsesiön)  ist  ebenso  wie  bei  den 
beiden  folgenden  Wörtern  die  Vorsilbe  pro-  durch  per-  er- 
setzt worden:  propinquo  >•  perbfnk  cal.  March.  und  promettere 

>  *permetöj  >  premtöj,  premptoj  scut.  Prop. 

Die  Vorsilbe  con-  oder  com-,  die  in  den  lat.  Lehnwörtern 
zu  ku-  geworden  war,  hat  sich  in  den  älteren  it.  £1.  eben&Us 
zu  ku-  entwickelt,  in  den  jüngeren  aber  den  iL  Lautstand 
bewahrt:  confetto  ^  kufet  täam;  conizza  >  kunits  Ro;  confine 

>  kufi  geg;  consiglio  >  kunsile  cal.  Cam;  compare  >  kumar, 
komär  scut;  kumbare  to;  contento  >»  kutient  cal.  Rada;  konen, 
kunen  J;  contentare  >>  konenöj,  kunenöj  scut.  Prop;  conoscere 
>*  konoötis  scut.  Jam;  konosti  Doz;  konnöä,  kunnös  J;  con- 
fessionale  >•  konfesional  Ro;  consacrare  >•  konsakröj,  kon- 
sekrdj  Ro. 

Anders  ist  es  bei  der  Endung  -olo,  die  in  allen  it.  El. 
als  -ul  erscheint  Lautlich  hat  sich  jedoch  der  Wandel  nur 
bei  den  älteren  ib  El.  vollzogen;  bei  den  jüngeren  ist  -ul 
durch  Anlehnung  an  dieselbe  Endung  in  den  lai  und  it  El. 
eingetreten.  Man  vergleiche  hierzu:  apostul  scut;  artikulscut; 
capitolo  ;>  kapitul  Ro;  cenacolo  ^  tsenakul  Ro;  ciottola  >> 
tsutul  Rada;  discepolo  >  disepul  geg.  scut;  embolo>embul 
gr;  epistul  Ro;  fievole  >  j^yvI  Schiro;  grumolo  >  grumul; 
isola  ]>  izul  caL  Rada;  jacolo  >*  jakul  Rada;  neap.  jetto  + 
olo  [>  jetuk  cal;  ven.  mandola»  neap.  ammennola  >>  menduli 
miendul  cal.  March;   möndule  Bla;   mussolo  >^  musul  scut; 


—    57    — 

rnnsn)  Bo;  paitikul  scat;  penzolo  >>  pezui  scut;  periku}  Ro: 
popolo  >^  popul  scut;  postola  >*  püstut  J;  regul  scat;  regule, 
regidf  Kill;  sagola  >-  s'agale  gr.  Rhd;  secolo  >-  seku}  geg. 
scat;  sregolare  >  *sregolo  >  Sregul  J. 

Nur  in  den  folgenden  drei  Wörtern  ist  -olo  durch  die 
Endung  -£re  ersetzt  worden,  und  zwar  ohne  ersichtliche  Ursache 

a.  ven.  pizzola  >  pitsfre  =  „klein";  lupolo  >  luver  = 
„Hopfen"  gr.  N.  Rhd;  coccola  >  kökare  geg,  koker  J.  = 
„Kern,  Beere". 

In  zwei  Wörtern  ist  vortoniges  o  in  a  übergegangen: 
ven.  brosa  >  brazün  «=  „Reif"  Ijap;  und  toccare  >  toköj  = 
„gebfihren"  cal.  Jam;  «s  „sich  ereignen,  zu  teil  werden"  scut; 
takön  to.  geg.  =  „begegnen;  betreffen,  angehören".  Wahr- 
scheinlich liegt  bei  diesem  Worte  Beeinflussung  von  se. 
takunti  =  „berühren''  vor;  bei  ven.  brosa  hat  offenes  9  den 
Übei|;ang  in  a  vermittelt 

o  im  Auslaute  ist,  wie  man  schon  aus  den  Beispielen 
auf  -olo  ersehen  kann,  durchgehends  abgefallen.  Nur  in  ganz 
wenigen  Wörtern  hat  sich  das  £ndungs-o  erhalten,  die  sich 
dadurch  schon  äußerlich  als  sehr  junge  Fremdwörter  der  alb. 
Spr.  ausweisen:  appalto  sie;  cabo  gr.  Rhd  «!  capo)  likomo 
gr.  N.  Rhd;  pjono  «[  pieno)  cal;  skandalo  to;  takko  gr.  Rhd. 
«tacco);  murello  gr.  «ven.  burelo);  loto,  lote  Mitk  «lotto). 

§  14.  u. 

In  den  lat  El.  ist  unbetontes  u  im  allgemeinen  als  u 
bewahrt,  nur  vor  dem  Tone  ist  es  in  einigen  Wörtern  in  e 
übergegangen:  judicare  >>  gukön;  luctare^Ieftön,  luffcon.  Im 
Auslaute  ist  es  immer  geschwunden:  amicus  "^  mik;  cavallus 
>kar. 

In  den  it.  EL  ist  u  in  unbetonter  Stellung  als  u  erhalten: 
caL  addunarsi  ]>  addun&rem  cal;  caL  affucare  >*  fukärin 
caL  Frasc;  caL  accuchiare  >>  kukärin  caL  Sant;  sie  aicula>» 
aiku7e  sie;  sie.  annujamentu  >>  nujament  sie;  caL  arbule  ^ 
arvur  cal;  asciuttare  >>  §utärin  cal;  ven.  burelo  ]>  murello  gr. 
Rhd;  buffare  >>  burfuat;  buffetto  >>  bufet  cal;  caL  buimari  ]> 


—    58    — 

bunafen  cal;  buttagra  >•  potarg  acut;  caL  capitinula  >>  kaptfn- 
dule  cal;  kaputöin  Ro;  chiudere  ^  Kudöj;  caL  culuri  >-  kulür 
cal;  sie.  cunsulazioni  >  kunsu/atsiön  sie;  cal.  curtili  >  kaiiH 
Rada;  sie  crucetta  >*  kurt§et£  sie.  Garn;  ven.  cusina^kasi 
geg.  J;  kusi  cal;  cucina  >►  kuzina  Bo.  Erizzo;  sie.  currivu  > 
kufif  sie;  ducato  >  dukat  geg.  cal;  duplicare  >►  dulpckön, 
dulbukös;  cal.  furtuna  >•  furtune  cal;  cal.  fruscolu  ^  fraSkul 
cal;  fuga  >  fugöj  cal;  funeräl  Ro;  furia  >►  fori;  giudeo  > 
dzu&i  scut;  lustrare  >•  lustri  Doz;  lunario  >  lonär  Ro;  muli- 
när  Ro;  muratore  >•  muratar;  murare  >•  muröj  Ro;  sie.  nkia- 
vari  >  nkudirfn  Rada;  pituröj  scut;  portulaca  >  burduläk; 
publikan;  sie.  putruni  >•  putrün  sie.  Pap;  puttana  >  putant 
gr.  Hahn;  putfne  gr.  Porös;  putere  cal;  cal.  rugagnu  >•  rug/n 
cal;  cal.  seupetta  >•  §kupet£  cal;  cal.  sunetto  >>  sunet  cal; 
neap.  strusciolo  >>  StruSelären  cal;  strupare  >"  strubfr  cal; 
studjöj  scut.  Lecee;  cal.  trivulu  >  trivuli  cal;  sie.  tumazzu  > 
tumäts  cal.  sie;  tumatse  gr.  Rhd;  cal.  Tuccieri  >»  yut§är  cal; 
cal.  vüceula  >•  vokuk  cal.  Rada;  vükulf  sie;  vuleano  >•  vulkän 
Ro;  ven.  zurlo  >  surulas,  surtäs. 

In  einigen  Fällen  ist  unbetontes  u  auch  in  o,  i  überge- 
gangen: cuUare  >  kolärin  cal.  Rada.  =  „vacillare";  pugnale 
>  pinäl  =  „Dolch"  geg;  usura  >  hozure  =»  „Zinsen,  Inter- 
essen" ;  purgatorio  >  purgatur  scut;  in  pergatuar  cal.  ist  pur- 
durch  die  Vorsilbe  per-  ersetzt  worden. 

Im  Auslaut  ist  unbetontes  u  auch  in  den  ii  EL  ge- 
schwunden, wo  es  aber  erhalten  ist,  wie  in  dinu  cal.  «  cal. 
dignu)  und  in  dupu  cal.  (<C  cal.  dopu)  ist  es  das  Zeichen 
jüngster  Entlehnung. 

C.  Die  Konsonanten. 

§  15.  k. 

In  den  lat.  El.  ist  k  im  Anlaut  und  intervokalisch  als  k 
vor  dunkeln  Vokalen  (a,  o,  u)  und  als  k  vor  hellen  Vokalen 
(e,  i,  ü)  erhalten:  cayallus  >  kal;  centum  >•  Kint;  buca  > 
büke;  pacem  >  pak. 


—    59    — 

Die  Verbindangen  et,  es  kommen  far  die  ii  EL  nicht  in 
Betracht,  da  im  it.  ct>>tt  und  cs]>s8  assimiliert  worden  sind. 
Die  Verbindungen  kl  mid  nk  werden  nnter  I  und  n  behandelt 

In  den  it.  EL  ist  k  «=  ii  c  vor  dunkeln  Vokalen  und  yor 
Konsonanten  immer  als  k  bewahrt.  Man  sehe  die  Beispiele 
im  Worteirerzeiohnis  unter  c,  sowie  für  k  im  Inlaut  die 
folgenden,  wobei  die  cal.  sie.  und  gr.  alb.  Worter  nicht  mit 
angeführt  wurden. 

Yen.  articioco  ^  artitsök  geg;  artikul  scut;  balcone  >* 
balkue  Bla;  barka  >-  barkf  gr.  scut;  Yen.  becazza  >>  bekats£ 
gr;  biscotto  >  berskot  geg;  brocca  >►  proke;  cenacolo  > 
tsenakal  Ro;  cica  >>  tSike;  cicogna  >*  kanuSe  Ro;  cicoria  >> 
Skorie  Bo;  köre  J;  tsicojer  cal;  köreze  gr;  ciocco  >•  t§ok 
diacon  Ro;  duca  >>  duke  cal;  duk  J;  ducato  ^  dukat  geg.  cal 
duplicare  >  dulpekön;  fabr(k  Ro;  fresco  >  fresk,  freSk  scut 
greco  ^  grek;  lacca  >>  leke  cal.  gr.  to;  laks  caL  Sant;  lasca 

>  laSk  Ro;  lisca  >*  lisk  Ro;  Yen.  macaron  >*  makarön  Ro; 
monaca>>munake§  Ro;  musco^-musk,  mosk;  müsik«;  panico 

>  panfk  Ro;  penlk;  partikul  scut;  parrucca  >  pafük  Ro; 
patriark  scut;  per  +  cuna  >  perktin  scut;  per  +  cullare  > 
perkül  J;  perikul  Ro;  pizzicare  >  piskön;  portulaca  >•  bur- 
dulak;  predica>predk  J;  publikan;  ven.  sachetar  >  sakerdzöj 
J;  sacramento  >•  sakramen  scut;  scalmare  >*  §kalmöj  scut; 
scandalo  >>  §kandu)  geg;  scardasso  >-  SkfrJets  geg;  it.  diaL 
scuma  >  skume;  scirocco  >>  Sorök  gr;  §ir6k  scut;  scoglio  > 
skoj  scut;  Yen.  scola  >  skole  geg;  scopare  >  p£§kön  Tirana; 
scrigna  Z>  skrine  geg;  scriyano  >  äkrivan  Ro;  secco  >  tseke; 
sekolo  >  sekul  geg;  secondo  >►  sikundre;  spiccare  >  §pik  J; 
stomaco  >*  stumk  Bo.  Erizzo;  tabako;  tabernakul  Ro;  tisica 

>  ndisk  scut;  toccare  >  tokoj;  tombacco  >  tumbak  geg; 
teriaca  >  triakc;  Yiatico  >•  YJatfk  scut;  Yikär  geg;  Yolatica  > 
Yolatfk  KaY;  Yulkan  Ro;  zecca^zek^  geg.  gr. 

In  rsjö  gr.  cal;  räül  J.  =  „sonchus  ciliatus,  eine  Distel- 
art", ist  der  Guttural  gänzlich  geschwunden,  wenn  die  Ab- 
leitung Yon  cardicello  richtig  ist.  Als  Bedeutung  Yon  rsül 
giebt  J.  übrigens  nur  an:  una  sorta  di  erba. 


—    60    — 

Neap.  abruzz.  cannacca  erscheint  als  anak  cal.  Das 
Schwinden  des  k  ist  bereits  im  caL  vorbereitet:  hannacca. 

Zu  gavits  =  „Weinfaß"  setzt  G.  M.  ein  it.  *caviccio  von 
cavo  an.  Aus  den  übrigen  Formen  mit  anlautendem  ga-  go- 
als  gavits-dzi  =  »cappa  del  Camino"  J;  gaver  =  „Öffnung, 
Loch"  scut;  gov^re  =  „Grube"  sie  govate  =  „Tragbutte  für 
Mörtel,  Trog,  Mulde,  Kahn"  und  govät-da  =  „Kufe"  J.  er- 
giebt  sich,  daß  die  Annahme  eines  besonderen  it.  Etymons 
nicht  notwendig  ist,  daß  vielmehr  alle  diese  Wörter  Ab- 
leitungen von  lai  cavus  sind,  was  for  govate  (:=  lai  gavata 
==  „Schüssel")  mit  ebenso  viel  Berechtigung  gilt  wie  für 
gov6r£;  eine  Vermittelung  durch  tu.  kavata,  kuvata  =  „Holz- 
schüssel" wird  dadurch  überflüssig.  Das  o  in  der  ersten  Silbe 
beruht  wie  in  prt.  covo  =  hohl,  cova  =  Höhle,  sp.  cueva  = 
Höhle  auf  Labialisierung.  k  >>  g  ist  schon  im  Vulgärlatein 
eingetreten  (cf  gamba,  gamella,  gavea;  femer  it.  gavone). 

grespin  m.  =  „Gänsedistel"  Ro.  geht  auf  it.  crespino 
zurück,  das  in  den  Wörterbüchern  in  der  Bedeutung  „Berbe- 
ritze^ Sauerdom"  verzeichnet  ist.  Nur  Michaelis  fuhrt  auch 
grespignuolo  an  =  „Gänsedistel,  Saudistel",  sodaß  wahrschein- 
lich mundartlich  im  Anlaut  auch  gr.  gesprochen  wird,  das 
dann  in  das  alb.  eingedrungen  ist 

Bei  trek-gu  =  „Höcker",  trek-ga  =  „Höckerin"  scut  ist 
es  besser  auf  asl.  trBg^,  se.  trg  zurückzugehen,  von  dem  auch 
tregpi,  tregtar,  trektär,  tregtoj  stammen,  als  auf  it.  trecca. 

über  skarköj,  sgarköj  cf.  unter  nk  >>  ng  §  30. 

§  16.  g. 

In  den  lat.  Lehnwörtern  ist  g  im  Anlaute  in  harter 
Stellung  als  g  erhalten,  in  weicher  als  g:  gaudium  >  gas  = 
„Freude";  gemere  >  gemön  =  „seufzen". 

Intervokalisches  g  schwindet  in  der  älteren  Periode, 
während  es  in  der  jüngeren  seinen  Lautwert  bewahrt:  augu- 
rare  >  urön  =  „glückwünschen";  sagitta  >  §£gete  =  „Pfeil *'. 
Auch  in   der  Verbindung   ng  ist   g  zuweilen  geschwunden: 


—    61     — 

angelus  >  «n^st  to.  geg.  cal;  eil  acut.  =  ^Engel";  expungere 

>  §pon  =  „durchbohren,  durchbrechen". 

In  den  it.  El.  ist  g  (=  it.  g  Yor  a,  o,  u,  vor  Konsonanten 
und  gh)  fast  immer  als  g  erhalten.  Für  anlautendes  g  siehe 
das  Worteryerzeichnis  unter  g,  fnr  g  im  Inlaute  die  folgenden 
Beispiele: 

agosto  >  gost  Hahn;  ven.  agresta  >  greätc;  ven.  agro  > 
ager;  angheria  >*  angari  Ro;  asparago  ]>  sparag  J;  briga  >> 
brigöj  J;  burgo>'burg  J;  buttarga]>  putarg  scut;  Ten.  carega 
]>  kang  Bo;  karig  J;  castigare  >>  kastigoj  scut;  doga]>dog6; 
dragone  >  drague  J;  dragomanno  >>  drogoman;  Ten.  fadiga 

>  fcdigc;  fango  >  fang  J;  gonfiare  >  ngufoj,  guföj  scut;  in- 
gannare  >-  g£n^  to;  inganno  >-  gann  J;  ob.  it.  ingattiar  >* 
ngatrön,  gat^fon;  latugt  Kav.  N;  legato  >•  legat  Ko;  ven. 
minga  >•  mingo  gr.  Rhd;  t§am;  pagano  >>  pegani  Bo;  pagare 

>  pagön;  papagallo  >  papagal;  pegola  >  pegulöj  geg;  pelle- 
grino  >  puligri  scut;  podager  Bo;  propagand  scut;  purgatorio 

>  purgatur  scut;  ptrgatuar  cal;  rigare  >•  rigöj  scut;  ruga  > 
fug«  scut;  Ten.  seguro,  ii  sicuro  >  segür,  sekür  Bo;  sigaro 

>  sigär  Bo;  spago  >  spak-gu  Bo;  spago  gr;  spiegare  > 
Spjegöj  Bo;  spranga> prang  Bo;  sregolare >  sregul  J;  stanga 

>  Stange  Bla;  stag  Bo;  §tag  J;  Toga  >  Töge  cal. 

Obwohl  nun  g  im  allgemeinen  seinen  Lautwert  beibehalten 
hat,  ist  doch  gr  in  den  folgenden  Fällen  wenigstens  dialektisch 
in  kr  übergegangen: 

agrigno  >  akrinole  caL  =  ,,sauersüss";  gris[ola]  +  eta> 
gcr§6t  =  .Flechte,  Flechtwerk,  Zopf " ;  ker§ete  =  „Haare"  Bla; 
kr«§et  gr.  Rhd;  keSet,  kSet,  Set  =  „Haarflechte"  caL  sie.  Bei 
den  letzteren  Formen  mit  k  Uegt  Tielleicht  Beeinflussung  Ton 
kreätf  =  „Hahne,  Borste"  Tor.  greppo  >  zgrip  =  „Kante 
Rand"  geg.  scut;  sonst  krep,  Skrep  ==  Abhang.  Hier  kann  k 
durch  Assimilation  an  das  inlautende  p  bewirkt  worden  sein. 
Über  kr  in  den  Ableitungen  Ton  grappa  cf.  S.  26. 

pagone,  paTone  ergab  pagua  und  im  scut.  paTon  Bo; 
paTÖd  J;  auch  mit  Übergang  des  t  in  d  und  weiter  in  l: 
pahia  (cf.  §  26  Spiranten). 


—    62    — 

Geschwunden  ist  interyokaliscbes  g  in  pjet£  =  „Eleider- 
falte''  gr  (ii  pieghetta)  und  in  malaure  =  „Eule"  caL  Stier 
(ii  malagurio),  hier  durch  den  Einfluß  von  uron  =  »gluck- 
wünschen'' bewirkt,  da  auch  bei  den  Albanesen  die  Eule  ein 
Unglück  bringender  Vogel  ist. 

Im  gr.  alb.  ist  in  einigen  Fällen  für  g  das  dem  ngr.  ge- 
läufige /  eingetreten:  ven.  grego  >  grey  gr;  ven,  ligadura  > 
liyadure  gr.  Rhd. 

§  17.  K,  g. 

In  den  lai  El.  haben  sich  k,  g  (aus  c,  g  Tor  e,  i,  ü)  in 
allen  alb.  Dialekten  erhalten,  nur  im  scut  haben  sie  sich  zu 
tä,  dz  weiter  entwickelt:  lat  caelum  >  Kel,  Kiel  to.  gr;  Kie;t 
Piana;  kil  geg;  tsil  scut.  Derselbe  Vorgang  zeigt  sich  auch 
in  indog.  EL:  ke^  =  „scheren";  i&ed-  J.  Lat.  gallus  >>  gel 
to.  geg.  gr.  cal;  gel  sie;  scut.  ge)  und  nach  J:  dzel.  Indog.: 
garper  to.  gr.  garpfugeg;  galper  sie;  garperüscal;  dzarpenscui 

Der  Explosivlaut  hat  sich  im  scut.  gehalten  in  ki§  (<^  ec- 
clesia),  kum§te  (<C  colostra)  giät  =  „Finger"  (indog.),  wegen 
des  folgenden  §,  in  kan=  „weinen,  klagen"  zur  Differenzierung 
von  tsan  =  „spalten". 

In  den  iL  El.  ist  k,  g  nur  in  drei  Beispielen  in  t§,  dz 
übergegangen:  stiletto  ]>  §kület  Bla>>§ület  Ro;  il  mucchio 

>  Imuk  =  „Haufen"  scut  Jam;  Imutä  =  „ durcheinander "" 
(adv.)  J;  und  scaglia  >  *zgial£  >  zdzol  =  „Baumrinde,  Schuppe" 
Ro.    Alle  übrigen  Worter  haben  k,  g  bewahrt,  auch  im  scut: 

archivio ^ arkif  Ro;  cerchio  >>  tSerke  Hahn;  tserke  Rada; 
ven.  siserchia  >  ^irke  geg;  coccola  d'occhio  >  kokerdök  to. 
geg.  gr.  cal;  kokerlök-u  J;  dischiare  >-  diskaröj  Bla;  machina 

>  makine  Fraäer;  occhiale  >  kal  Mitk;  rimburchio  >  rum- 
buik  Bla;  secchia  >  seke;  seke-ia  J;  tabacchiere  >  taba- 
kere  Doz. 

Man  ersieht  hieraus,  daß  der  Übergang  von  k  ^  t§  nur 
in  alten  Lehnwörtern  stattgefunden  hat,  nicht  aber  in  den 
Wörtern,  die  noch  als  Fremdwörter  gefühlt  werden. 

Möglicher  Weise  ist  mage  it  Herkunft,  bei  J:  madze  = 


-    63    — 

i,Ma1de,  Trog"  aus  madia.  Die  dentale  Media  wechselt  mit 
der  Palatalen  y  vielleicht  von  gr.  fiaylg  beeinflußt  cf.  Mikl., 
Alb.  Forsch.  U  37. 

Legen  wir  uns  die  Frage  vor,  wann  der  Wandel  von  k, 
g>td,  dz  eingetreten  ist,  so  zeigt  uns  das  Schwanken  zwischen 
der  alten  und  neuen  Form,  sowie  der  erhaltene  Explosivlaut 
vor  i  bei  Bo.  und  J.,  daß  die  Entwicklung  noch  nicht  ab- 
geschlossen und  durchgedrungen  ist»  sodaß  sie  jungen  ür- 
sprangs  sein  muß.  Man  vergleiche  z.  B.:  skeptore  und  §ep- 
tore  J.;  ganner,  dzanner  J.;  kime,  tänme  J.  Ro;  kerp  meglio 
tSerp  Ro;  kir  meglio  tSir  Ro;  kef  meglio  tsef  Ro;  kitSer 
meglio  tSitser  Ro  u.  s.  w. 

Nach  der  Angabe  Guagliata's:  nelle  sillabe  chi-  e  ghi-  la 
h  a  un  suono  cosi  schiacciato  e  sottile,  che  si  avvicina  al  ci- 
^  8^~*)^9  üt  es  wahrscheinlich,  daß  zu  seiner  Zeit,  in  der  ersten 
Hälfte  des  19.  Jh.,  die  Entwicklung  noch  nicht  bis  zu  tä,  dz 
fortgeschritten  war,  die  sie  Ende  des  19.  Jh.  zweifellos  er- 
reicht hat,  wie  denn  J.  sie  den  it.  ci,  gi  vollkommen  gleich 
setzt,    et  J.  S.  Vn. 

Nach  Seite  5  in  Uda  e  Seites  krütä  vom  Jahre  1862 
scheint  damals  die  Aussprache  td,  dz  auf  die  Stadt  §kodra 
beschränkt  gewesen  zu  sein,  während  im  Oebirge  noch  k,  g 
gesprochen  wurde.  Wie  weit  das  noch  heute  zutreffend  ist, 
wäre  erst  durch  Dialektuntersuchungen  festzustelleu. 

Aus  dem  Gesagten  ergiebt  sich,  daß  Bla.  unmöglich  diesen 
Lautwandel  schon  gekannt  hat,  wenn  dies  auch  auf  den  ersten 
Blick  so  scheint,  da  g  bei  ihm  die  Explosiva  bezeichnet  und 
zugleich  die  Affricata  dz  wie  sicherlich  in  gigante  =»>  dzigante 
=  „Riese*'  (aus  dem  it.)  und  in  logike  =  lodzike  „Lattich" 
aas  se.  lodika  zu  lesen  ist.  Damit  werden  auch  die  Auf- 
stellungen G.  M.'s,  in  denen  er  auf  die  Assibilieruug  von  k, 
g  >  tä,  dz  bei  Bla.  faßt,  hinßllig;  so  kann  cimech  =  „Wanze" 
nicht  auf  kimek  zurückgeheu,  sondern  ist  von  dem  it.  cimice 


*)  cf.  Mikloflich,  Alb.  Forsch.  1 13;  Guagliata's  „Dottrina  christiana 
del  Card.  Bellarmino"  erschien  1845. 


-     64     — 

entlehnt  unter  Veränderung  der  Endung  in  das  tu.  -ek  (cf. 
termek,  dzüvelek,  atäikiek,  ailek  u.  s.  w.).  Auch  das  moderne 
t§imer  Ro.  J.  geht  auf  dieses  Etymon  zurück  unter  Anfügung 
der  Verkleinerungssilbe  -er,  to.  -ere,  während  das  in  Bo.  Erizzo 
gebräuchliche  kimk  auf  se.  kimak  zurückgeht  oder  auch  auf 
lai  cimicem,  dem  lautlich  nichts  im  Wege  steht. 

§  18.  p. 

In  den  lai  Lehnwörtern  ist  p  anlautend  und  interyokalisch 
vor  und  nach  dem  Tone  als  p  erhalten  und  ebenso  pp: 
paucus  >•  pak  =  „wenig";  ripa  >  rip  =  „Abhang";  cappa> 

>  kape  =  „Mantel,  Kappe". 

p  gefolgt  von  s  oder  t  geht  in  f  über:  Kift  aus  accipiter. 

Steht  p  im  Anlaut  unbetonter  Silben,  so  stellt  sich  bei  der 
Artikulation  desselben  nicht  selten  ein  m  ein,  das  p  zur  stimm- 
haften Lenis  abschwächt  und  im  geg.  diese  noch  zu  m  assi- 
miliert: per-mtus  >  *mprent  >  mbr^nda,  brenda  to;  mrenda 
geg.  SGut.  =  „darinnen,  hinein";  patiare  ^  pes6n;  mesoj  geg. 
scut.  =  „leiden,  dulden".  Dieselbe  Entwicklung  zeigt  sich 
natürlich  auch  bei  mp:  imperator  >-  mbret  to.  gr.  caL  geg; 
mret  scut.  =  „König,  Sultan". 

In  den  it.  EL  ist  p  wie  pp  in  jeder  Stellung  im  allge- 
meinen als  p  erhalten.  Die  Beispiele  mit  sp  im  An-  und 
Inlaute  cf  unter  s,  die  mit  p  im  Anlaute  im  Wörterverzeich- 
nis unter  p  und  mit  p  im  Inlaut  die  folgenden: 

appalto  >-  apalto  sie;  apostut  scut;  oaparra  >•  kapaff, 
kapäf ;  kapär  scut;  capestro  >  kepreä,  kopres  geg;  capitano  > 
kapitan,  kapidän,  kapedän;  capitello  >>  kapet^};  capitolo  > 
kapitul  Ro;  cappella  >  kapel  Ro;  cappello  >  kapet  Ro;  cap- 
pone  >  kapön,  kapua;  cappuccio  >  kopüts,  kupüts  Pnlj; 
kaputSin  Ro;  copia  >  kopie  Ro;  corpo  >  korp  geg.  J;  kor- 
poral  Ro;  discepolo > disepul  geg;  frappa > *rape  gr;  greppo 

>  krep,  §krep;  zgrip  geg.  J;  oppure  >•  opor,  apor  Bla.  Ro; 
rapa  >  rape  Bla;  rapina  >  repine  scut;  rappa  >  rap  Ro;  ven. 
salupa  >  salupo  gr.  Rhd;  sapone  >  sapun;  sciroppo  >  äirup 
J;  seppia  >  sep  Ro;  spranga  >  prang  scut;  strapazzare  >• 


—    65    — 

sfcrapizöj  Prop;  ätrapatsöj  Ro;  alt-ii  vapa  >  vape;  vap  J; 
vapore  >  vapor  Ro.  gr. 

Bei  einigen  gr.  Wörtern  ist  p  im  An-  und  Inlaut  in  b 
übej^egangen,  ohne  daß  eine  lautliche  Vermittlung  durch  m 
stattgefunden  hätte:  portulaca>burtulakfi,  burdulak,  vurdulak 
gr.  T  in  dieser  Form  ist  durch  Assimilation  an  d  hervor- 
gemfen  worden.  Das  sp.  verdolaga  kann  nicht  zur  Erklärung 
herangezogen  werden,  weil  diesem  Worte  der  erste  Teil  durch 
Terde  =  „grün"  ersetzt  worden  ist 

pasteca  >>  baStekf  gr.  Rhd;  patata|>batat£  gr.  N;  batake 
gr.  Porös;  polvere>buIb£r  gr.  N;  burble,  burbule  S.  Marzano. 

Auch  in  einem  geg.  Worte  wechselt  p  mit  b:  ven.  per- 
suta^barsüt,  p^rsüt  geg.  scut. 

Ruaz£  =  „Perle"  gr.  Rhd.  fuhrt  G.  M.  auf  perla  zurück 
unter  Anfügung  der  Verkleinerungssilbe  -zf.  Nach  Synkope 
des  e  (^riazf)  und  nach  Vokalisation  des  1  >>  u  läßt  er  p 
schwinden  und  erhält  ruaz£.  Da  sich  aber  das  spurlose 
Schwinden  des  p  sonst  nicht  findet  und  die  Anhängung  der 
Verkleinerungssilbe  -ze  eine  Accentverschiebung  sonst  nicht 
Terursacht,  ist  diese  Ableitung  nicht  aufrecht  zu  erhalten. 

Purgatorio,  das  für  gewöhnlich  im  scui  als  puigatur  vor- 
konunt,  lautet  bei  J.  auch  burgatur,  dessen  b  durch  volks- 
etymologische  Vermengung  mit  burk-gu  =  „Gefingnis,  finsterer 
Ort"  zu  erklären  ist. 

Im  Wortinnem  ist  p  >  b  geworden  in:  capo  >  kabo  gr. 
Bhd;  doppia  >  dubbie  pl.  =  „Dublone"  gr;  lupolo  >•  luver 
=  „Hopfen"  gr.  Rhd.  N;  propinquo  >  perbink  cal.  March; 
duplicare>dulp£k6n,  dulbukös  gr;  strubir  =  „verschwenden" 
cal.  geht  besser  auf  strubbiare  =  „abnützen,  abtragen,  ver- 
derben" zurück,  als  auf  strupare  =  „schänden". 

Da  lat  pt  im  it.  zu  tt  assimiliert  worden  ist,  konnte  pt 
in  den  it.  El.  nur  durch  Synkope  entstehen,  das  dann  aber 
inuner  als  pt  erhalten  bleibt:  sie.  capitaniu  >•  kaptene  sie. 
Piana;  capitare  >>  kapeton;  kaptöj  Bogd;  cal.  capitinula  >- 
kaptinduk  cal;  strepitare  >►  reptoj,  reptöj  scut;  capo  >  Cap- 
tine geg. 

Welgand,  10.  Jahresbericht.  5 


—    66    — 

Hat  auch  p  im  Anlaut  unbetonter  Silben  die  Fähigkeit, 
ein  m  vor  sich  zu  entwickeln,  in  den  ii  El.  verloren,  so  ist 
mp  wenigstens  in  den  älteren  it  El.  immer  noch  zu  mb,  geg. 
m  geworden:  campana]>.kamban£  to;  kampan  cal;  kampars 
S.  März;  campanello  >>  kamaniel  cal;  campanile  >>  kampanar, 
kamanar  Bada;  compare  >>  kumbare  to;  komar,  kumär  scut; 
alt-it  scempiare  [>  §£mp,  sembon;  §em  geg;  §emptöj  J;  §€m6n 
Schirö;  sempre  >  sempri  cal;  stampa  >•  stambe;  stamp  scut; 
§tamb£,  stfmbe  gr;  cal.  timpa  >  timp-bi  cal;  vampa  >  vampe 
cal;  vamni  gr;  cal.  zampajjune  >-  tsampane  caL  Frasc  In 
einem  Falle  ist  in  der  Verbindung  mp  das  m  geschwunden: 
campo  Santo  >-  kapoSant  Bo.  Erizzo. 

Das  Auftreten  von  ki  für  toskanisch  pi  in  einigen  caL 
alb.  Wörtern  hält  G.  M.,  fiißend  auf  Mikl.  Alb.  Forsch.  II  38, 
für  eine  dem  cal.  alb.  eigentümliche  Lauterscheinung.  Der 
Lautsprung  von  p'  >  K  (cf.  Kan,  Kanton,  Kater,  Katsf)  gehört 
jedoch  bereits  der  cal.  Mundart  an,  worüber  man  Scerbo 
p.  32  sehe. 

§  19.  b. 

In  den  lat.  El.  ist  b  im  Anlaut  vor  betontem  Vokale  als 
b  erhalten,  vor  unbetontem  Vokale  aber,  analog  zu  p.  zu,  mb 
und  m  geworden:  bucca  >  büke  «=  „Brot";  barire  >  bafiron, 
mbafiron  =  „brüllen".  Intervokalisches  b  ist  wie  im  rum. 
ausgefallen:  caballus  >>  kal  (rum.  cal).  Hat  sich  br-  im  An- 
laut erhalten:  bruma  >  brüme  =  „Reif",  so  ist  im  Inlaut 
Assimilation  zu  f,  r  eingetreten:  labruscum  >  Ifrü§k=  „wilder 
Wein";  delibero  >  delir  =  „befreien,  reinigen". 

In  den  it.  £1.  ist  b  im  An-  und  Inlaute  im  allgemeinen 
als  b  bewahrt.  Cf  die  Beispiele  im  Wörterverzeichnis  unter 
b  sowie  für  b  im  Inlaut  die  folgenden:  abbate  >  abat  geg. 
scut;  abbecedario  >  abetare  J;  alabaster  Ro;  debolo  >  deblöj, 
deblim  Ro;  gabbare  >  gaböj ;  ven.  gabela>  gäbet;  pubblicano 
>  publikan;  ribello  >  rebel;  roba  >  fobe,  fobe  to;  lobe  cal; 
rubbio  >•  rub  Ro;  tabacco  >  tabako;  tabaKere  Doz.  tabemakut 
Ro;  tabarro  >  tabaf  scut;  sorbire  >  surbön. 


—    67    — 

C&L  arviir  »»  „Baum"  ist  hiervon  keine  Ausnahme,  da  es 
Ton  sie  boYes.  arvalti  beeinflußt  ist  scui  arbur  »s  „Mast*' 
leitet  G.  M.  yon  se.  arbnr  ab,  was  aber  unnötig  ist,  da  ii 
arbore,  Yen.  alboro,  arbore  allen  Anforderungen  genügen. 

In  tript  =  „Dreifuß''  caL  March.,  das  auf  den  pL  tribete 
Ton  neap.  trebeto  zurückgeht,  ist  p  durch  Assimilation  des  b 
an  t  entstanden. 

In  einigen  Wörtern  erscheint  anlautendes  b  in  y  über- 
gegangen zu  sein.  Da  sich  aber  neben  den  ii  Formen  mit 
b  auch  gr.  mit  y  finden,  so  sind  die  betreffenden  Wörter 
wahrscheinlich  durch  diese  Spr.  dem  alb.  übermittelt  worden, 
was  höchstens  bei  den  ersten  Beispielen  nicht  zutrifft:  abruzz. 
ball  >  YaK  =  „öffentlicher  Ausrufer^  caL  Bada;  Yalis  =  „öffeni- 
lich  ausrufen";  ballo  >>  Yate  =  „Tanz",  auch  bei  J.  in  der 
Bedeutung:  „Chor,  Schar,  Menge" ;  balzare  ^ Yaltsöj  »=  ^tanzen" 
J;  Yariele  gr.  Rhd  =  „kleines  Faß"  mag  Yon  ii  ""barrella 
kommen,  ist  aber  sicherlich  Yon  ngr.  ßoQiXi  beeinflußt,  das 
auf  dasselbe  it  Wort  zurückgeht  Das  gleiche  Abhängigkeits- 
Terhaltnis  liegt  Yor  bei  botse  =  „Flasche"  (arom.  botsp  »= 
„Flasche",  Weigand,  OlympoYaL  33);  Yotse,  Yoze  «=  „Flasche, 
Faß";  bo8=»  „Salzfaß"  samtlich  scut;  bots,  botsü-üni  J;  Yozg-a 
«=  „Faß,  Tonne",  die  teils  auf  Yen.  bozza,  teils  ngr.  fixorca, 
ßoröa  zurückgehen. 

Man  Yergleiche  auch  ii  barca  ]>  bark  scut;  barkf  gr. 
Porös;  ngr.  ßoQxa  >  Yarke  to;  Yen.  bora  >  bore  =  „Schnee"; 
ngr.  ßoQUoq  >  Yor«  =  „Nordwind". 

Anlautendes  b  Yor  unbetontem  Vokale  hat  abweichend 
Yon  p  in  derselben  Stellung  in  den  ii  EL  ein  m  Yor  sich 
entwickelt  und  ist  dialektisch  ganz  in  ihm  aufgegangen:  bard- 
ella>>mardele  cal;  barrare  >>mbuf6n;  bastare>'mbastöj  geg; 
mastöj  scut;  bastardo>>bastart  und  baSto,  mba§to;  Yen.  burelo 
>  murello  gr.  Rhd;  buffsure  >  burfiiät  gr.  Rhd;  mufas;  mbriak 
caL  Yon  ii  briaco  ist  you  neap.  mbrejaco  beeinflußt  In  zwei 
Wörtern  ist  es  in  derselben  Stellung  in  p  übergegangen: 
buttarga  >>  putarg  scui  (Assimilation  des  p  an  t)  und  Yen. 
balanza  >>  palantse  =  »^^g^  Schnappwage"  (arom.  balantsä). 


—    68    — 

Die  Verbindung  mb  ist  in  allen  Dialekten  bewahrt  mit 
Ausnahme  des  scut.,  der  den  Yerschlufilaut  schwinden  läßt; 
steht  mb  im  Auslaut,  so  tritt  für  b  der  stimmlose  Verschluß- 
laut ein:  cal.  limba,  sie.  lemmu  ^  lemp-bi  cal;  /emp-bi  sie; 
Jimhs  gr;  Jims  geg;  ombrella  >•  umrel  J;  tombacca  >>  tumbäk, 
tumäk  geg.  scut;  tromba  >-  trum  J;  trumb^;  cambiare  >> 
kemben;  cambiale  ]>  kambiat  Bo;  embolo  [>  embuJ:  gr;  im- 
broglio  >  mbrola  pL  cal.  Frasc;  limbo  >  limb  Budi;  lom- 
barda  >*  lumbartfe  Ro;  tamburino  ^  tumbarine  cal;  cal.  mbero 

>  mber  cal;  rimburchio  >  rumbüüc  Bla;  tomba  >  tomb  Ro 
tombolo  >*  tumbut  Ro;   trompetta  >*  trumpet  J;    trombet, 
trompet  Ro;   drubetf,  trumbete;   gr.  auch  drombete  N;   bei 
diesen  Formen   haben  sich  anlautendes  tr-  und   inlautendes 
mb  gegenseitig  beeinflußt 

Anlautendes  br-  ist  wie  in  den  it.  £1.  als  br-  erhalten: 
bravo  >  bravoni;  breviaJ  Ro;  briga  >  brigöj  J;  brusco  > 
brüsk  gr;  ven.  brosa  >  brazün;  brocca  >  brokc  gr.  N;  proke, 
auch  gr.,  mit  Assimilation  des  Anlautes  an  den  Inlaui  In 
yrundulis  cal.  Yon  brontolare  ist  sonach  vr-  nicht  alb.  sondern 
cal.  Lautgewohnheit  (Scerbo  S.  42). 

Im  Inlaut  ist  -br-  in  der  älteren  iL  Periode  zu  vr  ge- 
worden, sodaß  man  diese  Eonsonantengruppe  als  Vorstufe  zu 
dem  in  den  lat.  El.  erscheinenden  f,  r  ansehen  kann.  Hierher 
gehört  liberare  >  leTrin  gr;  levrön  cal.  In  den  jüngeren  EL 
ist  br  erhalten:  liberare  >  libröj  J;  fabrica  >  fabrik  Ro;  libro 

>  libr,  Tiber  scut;  liberi,  libreri  Ro;  obrizzo  >  obrits  scut 

§20.  t 

In  den  lat  El.  ist  t  im  An-,  In-  imd  Auslaute  sowie  tt 
als  t  bewahrt:  timorem  >  tmer  =  „Furcht";  debitare  >  dcton 
=  „schuldig  sein";  civitatem  >  kutet  =  „Stadt".  Ebenso  ist 
tr  unverändert  geblieben:  trabem  >  tra  =  „Balken";  quattuor 

>  katre  —  „vier". 

rt  nach  dem  Tone  ist  als  rt  bewahrt,  vor  dem  Tone  in 
der  älteren  Periode  zu  r^  geworden,  in  der  jüngeren  als  rt 
erhalten:  cürtis  >  kurt  =  „kurz";  sporta > sporte  =  „Korb"; 


—    69    — 

myerto  >  mbfr^en  =  „zuknöpfen";  maritare  >  martön  = 
^heiraten". 

In  den  ii  El.  ist  t  in  jeder  Stellung  und  ebenso  tt  als 
t  bewahrt. 

Die  Beispiele  fftr  t  im  Anlaut  cf.  Wörterverzeichnis  unter 
t,  im  übrigen  die  folgenden:  abbate  >-  abat  geg;  ammitto  >• 
amit  Bo;  armata>>rmat  Ro;  batteria]>batare  Hahn;  biscotto 
>berskötgeg;  botta>>  böte  geg;  bottiglia  >  botile;  buttagra 
^  putarg  scut;  ealamita  ^  kalamlt  Bo;  kalamiter  J;  ven. 
caneyeta  >  kanavet  scut;  canneto  >  kanet  Ro;  canuto  > 
karute  Hahn;  carattere  ]>  karater;  catalano  ]>  katala  scut; 
katollk  scut;  celata  >>  tseiät  Ro;  Yen.  colonnata  >- kolonate; 
komet  Ro;  confetto  >>  kufet  t§am;  coticone  >>  kotikün  Ro; 
cotta  >»  kot  Ro;  creatura  >-  kreatür  Ro;  data  >•  dat  Ro; 
dottore  >>  dotor  Ro;  ducato  ]>  dukat  geg.  cal;  foglietta  >> 
flet€;  frate>'firat;  firittata>-firitat  Ro;  gazzetta>-gadzet  Ro; 
gotto  >-  got  geg.  scut;  ob.  it.  ingattiar  >»  ngatefön,  ngatfön; 
italan  Ro;  lattugo  >>  latuge  Kay.  N;  legat  Ro;  letanie  >>  letni 
Ro;  lotto  >>  lot£,  loto  Mitk;  maritozza  >•  maritots  Ro;  matu- 
rare  >>  mataröj  geg;  meritare  >•  meritöj  scut;  meritön  to; 
muratore  '^  muratär;  natür  scut;  notar  Ro;  permettere]>per- 
metoj  Ro;  yen.  persuto  >*  persüt  geg;  piatto  >•  pjat  t§am; 
pilöt  Ro;  pittore  ]>  pitur  scut;  poeta^poetar  to;  prelätRo; 
profgt  scut;  profittare  >•  fitön;  promettere  >-  premtöj  scut; 
purgatorio  >>  purgatür  scut;  puttana  >•  putane,  putaie  gr; 
pat€r£  cal;  sete  >•  Setek  Rhd;  soldat  scut;  suldat  cal;  son^t 
Ro;  cal.  sunetto  >>  sunet  cal;  sotane  Ro;  sottile >>  sottoTäS  Ro; 
yezmüt  Ro;  yiatico  >  yjatfk  scut;  yisita  >  vizlt  Ro;  yolatica 
>  yolatik  Kay. 

In  zwei  Wörtern  ist  interyokalisches  t  durch  den  Einfluß 
des  yen.  zu  d,  d  geworden:  capitano  >>  kapitan,  kapidan;  pes- 
catore,  yen.  pescaor  >»  peäkadür  L;  pidkadure  täam;  man  ver- 
gleiche hierzu  ven.  pescada  >•  paskade  »»  „Fisch&ng". 

tr  im  An-  und  Inlaut  ist  als  tr  erhalten.  Man  vergleiche 
Wörterverzeichnis  unter  tr,  sowie  die  folgenden  Beispiele: 
oberit.  ingattiar  >- ngatfön;  ngatröj  J;  lettera  ]>  letra;  leter- 


—     70    — 

ian  J;  metraglia  >>  metraje  Bo;  meter-tri  scut;  ndter-tra  scat; 
patriark  scat;  peixosello  >>  pjetrosel  Bla.  Bo;  ritratto  >-  ritrat 
Bo;  scatarrare  >-  äkaiaröj  J;  strano  >>  tranöj;  trenöj  J;  über 
trompetta  cf.  68. 

Da  also  in  den  lat  und  it  £1.  tr  in  jeder  Stellung  er- 
halten ist,  geht  auch  ludre  ==»  ,,  Fischotter^  nicht  auf  lai  lutra 
zurück,  sondern  auf  oberii  ludria,  ven.  lodra.  lunerz-a  = 
„Fischotter"  J.  geht  direkt  auf  it  lontra  zurück  (nt  >■  nd  > 
n  c£  §  30  und  Suffix  -ze). 

Eigentümlich  ist  die  Entwicklung  des  tr-  in  terrazza  2> 
defasc,  dras£,  rase  to.  =  „Steinplatte  (auch  zum  Decken  der 
Häuser  yerwendet  Doz.),  Tafel,  Schreibtafel" ;  geg.  auch  „Brett" 
und  scut  nach  J.  =  „Tisch,  Steinplatte,  Stein".  Daneben 
giebt  es  im  to.  noch  die  Form  taratse  »=  „Dach,  Turm,  Warte 
des  Feldhüters,  Balkon". 

rt  hat  nur  in  zwei  it.  Wörtern  eine  Veränderung  erfediren: 
liberta  >  laverdä  J.  und  portulaca>burdulak,  vurdulak  neben 
burtulakf  gr. 

Im  allgemeinen  ist  es  aber  als  rt  bewahrt:  ven.  articiocco 
>■  artitSök  geg;  artikul  scut;  carta  >  karte;  certo  >  tSerte  J; 
Corte  >  körte  Ro;  forte  >  forte;  fortuna  >  fiirtune;  martire 
>  martir  scut;  mortale  >  mortär  geg;  mortorio  >  mortör 
scut;  ven.  morter  >  mortir  gr;  parte  >  partas  Xyl;  parri  J; 
partikul  scut;  pianoforte  >>  pianfort  Bo. 

Hatte  t  schon  in  den  lat.  Lehnwörtern  zum  Zwecke  der 
Dissimilation  mit  k  gewechselt  (terrae  motus  >•  termek),  so 
findet  sich  derselbe  Vorgang  auch  in  Wörtern  it  Herkunft: 
patata  ]>  patake  gr.  Porös;  batate  gr.  N;  ven.  catarata  ^ 
kataräk  Ro;  bei  binak,  binok  Bo.,  binoke  J.  (it  binato)  liegt 
Suffixyertauschung  mit  -ak,  -ok  vor,  die  sich  auch  sonst  bei 
Geburtsausdrücken  finden:  de§tak  =  „Frühgeburt";  brenak  = 
„Fehlgeburt". 

In  der  Stellung  st  —  1  ist  ein  k  an  Stelle  des  t  getreten: 
stiletto  >  §KüIet  Bla.  >  §ület  Bo;  pistola  >  pisKole  gr.  neben 
den  Formen  mit  Erhaltung  des  t 


—    71     — 

§21.  d. 

In  den  lat  EL  ist  d  im  Anlaut  bewahrt:  dirigere  >•  d€rg6n 
=  „schicken*' ;  interyokalisch  ist  es  in  der  alteren  Periode  ge- 
schwunden, in  der  jüngeren  zu  6  geworden:  desiderinm  >- 
dsSii;  haedus>e*-Ä=»„Bock";  in]-cudo>ku«-di=  „Amboß"; 
wenn  dieses  Wort  nach  6.  M.  ii  Herkunft  wäre,  hätte  in- 
nicht  spurlos  schwinden  können,  sondern  hätte  wenigstens  den 
Übergang  von  k  ]>  g  bewirken  müssen.  In  der  Verbindung 
rd  ist  d  in  die  Spirans  übergegangen:  lardum>>Iar^-di;  surdus 

Über  nd  cf.  unter  n  §  30. 

di  im  Inlaut  ergab  dz,  z,  während  es  im  Anlaut  erhalten 
ist:  gau3ium}>ga8-zi;  meridiare[>m£rdzen;  m6rz6j  geg.,  aber 
diabolus  >>  diai:. 

In  den  it.  EL  ist  d  im  Anlaut  allgemein  erhalten,  wie 
die  Beispiele  im  Wörterrerzeichnis  unter  d  zeigen.  Nur  im 
caL  alb.  ist  bei  einigen  Wörtern  anlautendes  d  in  d  über- 
gegangen, eine  Eigentümlichkeit,  die  durch  gr.  Einfluß  zu 
erklären  ist  Es  kommen  hierbei  in  Betracht:  difesa  >>  difezf 
cal;  dolare  >>  dulärm  cal;  de-fissare^-difis  caL  Sant;  diascolo 
]>>  d^askal  caL  Sant.  Man  vergleiche  hierzu:  durön,  der6n  = 
.  schenken,  verzeihen"  neben  durön  aus  lat.  donare,  wobei 
ebenfalls  gr.  Einfluß  vorliegt 

Intervokalisches  d  ist  verschieden  behandelt  worden,  je 
nach  der  Aufnahmezeit  des  betrefl^nden  Wortes.  In  der  älteren 
Zeit  wurde  es  zu  d,  im  Auslaut  9'  und  in  der  jüngeren  ist  es 
als  d  erhalten;  über  die  weiteren  Schicksale  des  d  (Übergang 
in  V,  t)  cf.  §26. 

a)  Intervokalisches  d  >  d,  ^;  adorare  >  adurön  to;  adroj 
geg;  adoraren  cal;  ii  agliata,  ven.  agiada  ]>  lade  gr;  neap. 
appedare  >•  pedarin  cal;  aspide  >•  aspii^  Ro;  ven.  bandido  >» 
band£^-(fi  to;  bandfl  geg;  cialda  ]>  tSaudele  cal.  Var;  crocco- 
dillo  >>  korkodfl;  coccola  d'occhia  >•  kokerdök  to.  geg.  gr.  cal; 
kokeriök  J;  codardo  >  *kodard€>kovarde  Xyl;  erede>fed€ 
caL  Frasc;  falda  >-  &udi  cal;  fidanza  >•  fid^nts  cal;  caL  fidili 


—     72    — 

>  fidfl  cal;  giudeo  >  dzu<fii,  dzuli  acut;  godere  >  godet  gr. 
Rhd;  guadagnare  >  ^gaJcnen  >  gavnen  cal;  cal.  judice  > 
judcti  cal.Frasc;  ven.  ligadTira>>li/a(fare  gr.  Rhd:  yen.  moneda 
monedc;  in  odio  >■  oocfi  caL  Bada;  paradiso  >■  paradis  cal 
paris  geg;  ven.  pescada  >  pfskade  ^;  über  scado  cf.  S.  44 
sfoderare  >>  sfoderärin   caL  Bada;   traditore  >>  tracKtür  cal 
tra*tur  geg.  scut;  trafrtuar  Krist;  ven.  vida  >  vidf  gr;  cai 
vuda  >•  YVLÖe  cal. 

b)  Intervokalisches  d]>d:  caL  addunarsi>'adunarem  cal; 
chiudere>lcudöj;  credo^kred  caL  Sant;  ven.  fiidiga>fcdig6; 
gradella  >•  gredel,  grad^I  scut;  gradnat  Ro;  madie  >>  maide 
cal;  maidena  sie;  medaglia  ]>  medaje  Ro;  pödager  Ro;  neap. 
sderrenato  >>  zdemät  caL  Frasc;  stadiare  >^  studjöj  Ro.  Lecce. 

Sowohl  d  als  d  zeigen  die  Ableitungen  von  predicare: 
prediköj,  perdiköj  scut;  predikaren  cal.  Frasc;  predk  J;  predik, 
predik  Ro. 

In  einem  Worte  ist  intervokalisches  d  zu  t  geworden: 
abetare  J.  von  it.  abbecedario. 

Intervokalisches  -di-  ist  im  it  sehr  selten,  da  lai  di  hier 
zu  dz  wurde:  meridiare  >^  meriggiare;  ist  aber  doch  it  -di- 
in  das  alb.  übergegangen,  so  ist  es  als  di  erhalten:  bandiera 
>•  bandjerß;  diacon  Ro;  über  madia  >>  mage  cf.  S.  62. 

Die  Verbindung  dr  ist  im  An-  und  Inlaute  als  dr  bewahrt: 
dragone  ]>  drague  J;  drangua;  dn^omanno>>drogoman;  ven. 
lodra  ^  ludre  Ro;  mandra  [>  mendra  cal;  coccodrillo  j>*koko- 
dnl  Ro. 

War  rd  in  den  lat  El.  inmier  zu  rd  geworden,  so  tritt 
der  Spirant  in  den  it.  El.  nur  noch  in  der  älteren  Periode 
auf,  während  in  der  jüngeren  rd  unverändert  bleibt 

a)  rd>rd:  bastardo  >  baStar^  Bla;  b£star«-di  gr;  baätart; 
codardo  >  kovarde  Xyl;  cordovano>kurduvan;  bombardo  > 
lumbarde  Ro;  sardella  ]>  sardele;  scardasso  ^  §k£rd£ts  geg; 
a.-ven.  varda  >  varde  gr.  Kul;  sbalordire  >  *zbaurdire   cal. 

>  *zbaurdir  >  zbaudirtur  Rada; 

b)  rd>rd:  bard-ella>mardele  cal;  befifardo>befardi8; 
bilärd  Ro;  neap.  cardacia ]>  kardazi  cal;  cardellino ^  ngardulike 


—    73    — 

cal;  kardinat  Ro;  milordo  ]>  milördezc  Rada;  nord  >•  nord, 
DOit  Bo;  Yen.  vardaman  ]>  yardaman£  gr;  Terdone  >•  yardü  J. 

§22.  f. 

In  den  lat  wie  ii.  EL  ist  f  in  der  Regel  erhalten:  lat. 
&cies  >>  faK^;  lat  fiictara  >-  fntür«.  Die  ii  Beispiele  mit  f 
im  Anlaut  vergleiche  man  im  Wörterverzeichnis  unter  f,  mit 
f  im  Inlaute  die  folgenden: 

alfiere  >  alQ^r  Bla;  beffardo  >  befardis;  *befBcare  > 
bofikär  gr.  Rhd;  bu&re  >*  burfuat  gr.  Rhd;  mufas;  ven.  cer- 
fogio>>täerfÖ8Ro;  confetto^kufet  tSam;  confine>>kufi  geg; 
konfesionsA  Ro;  gonfio  >>  nguföj  scut;  of&zio  >-  fits  cal;  offts 
8cat;  posta  £atta>>posta&tte  Ro;  pre&zio>'prefäts  Ro;  profet 
scut;  profitfcare  >»  fitöj  scut;  ven.  sfilazzo  >>  sfilatso  gr.  Rhd; 
soffiire  >  ädren;  sufren  caL  Barile;  trifoglio  >  terföj  Ro; 
terföin  J;  tufo  ^  §tuf;  J.  stuf;  zaffo  ]>  tsaf  Bla;  zufolo  >» 
sufid  scut  Ro. 

In  einem  Falle  ist  f  zu  y  geworden,  bewirkt  durch  Assi- 
milation an  d  nach  Synkope:  ven.  fadigo  ]>  fsdigf,  jedoch  bei 
J:  Tdig-a  =  „Anstrengung,  Arbeit^. 

Über  den  Übergang  von  f  >  #  cf  unter  §  26  S.  79. 

§  23.  V. 

In  den  lat  EL  ist  v  im  Anlaut  erhalten:  vadum  >>  vä  ^^ 
•Furt";  viridis  >  ver*  =  rg©ll>"-  Durch  Assimilation  nach 
Synkope  ist  es  auch  in  f  übe^egangen:  vicinus  ]>  fkin  = 
•Nachbar".  Inlautendes  v  schwindet  wie  im  nun.:  cavallus 
>  kal  (runL  kal). 

In  den  Verbindungen  lv,.rv  geht  v  in  b  über:  salvare  > 
setbön  „erlosen";  servire  >•  Sarben  „dienen". 

In  den  it  El.  ist  v  im  Anlaut  als  v  bewahrt  Die  Bei- 
spiele vergleiche  man  im  Wörterverzeichnis  unter  v. 

Nur  in  einem  Falle  ist  v  durch  Assimilation  an  den 
Inlaut  zu  p  geworden:  vapore  >•  papuar,  pampuar  tsam; 
papör,  pampör  Mitk;  daneben  jedoch  auch  vapör  Ro.  gr. 

Über  den  Übergang  von  v  >>  <f  vergleiche  man  §  26  S.  80. 


—    74    — 

Auch  inlautendes  y  ist  als  t  erhalten,  wird  aber  im  Aus- 
laut zu  f:  arkif-yi  Ro;  arriyare  ]>  arvön,  fcTÖn  cal;  awento 

>  avent  Ro;  bravo  >  bravoni;  ven.  caneveta  >  kanav^t  scut; 
cameyale  >^  kalivär  cal;  kamovsä  Ro;  diyinare  >-  diyfnöj  geg; 
ndiynöj,  diynöj  Ro;  diyodriön  scut;  faya  >  fay«;  goyemare  > 
guyemöj  Bla;  naviglio  [>  nayfl  scut;  oyile  ]>  oyilf  Leake; 
payone  >  payön  Ro;  proyare  >•  proy6n  Prop;  proy  scut;  scri- 
yano  >"  skriyä  scut;  skriyän  Ro;  tayema  ^  tayefes  Bla;  tra- 
yaglio  >  trayaje  scut;  trayata  >  treyet  Ro. 

Gehalten  hat  sich  y  im  Gegensatz  zu  den  lat.  El.  in  den 
Verbindungen  ly,  ry:  calyario  >  kalyär  Ro;  salyare  >  salyön 
caL  Frasc;  seryizio  >  seryitsia  pL  gr;  arriyare  >  aryön  cal. 
neben  feyön;  per-yiso  >  per-viS  Ro;  triyello  >  terri^  J;  die 
übrigen  Formen  turiel  J;  turjetc,  trujelf,  trel  gehen  auf  lat 
"HerebeUum  (yon  terebrum)  zurück.  Eine  Ausnahme  machen 
die  Q.  M.  Alb.  Stud.  V.  71  angegebenen  Worte  für  „Schieß- 
pulyer^:  bulb^r  gr.  N;  burbk  San.  März;  burbule,  sämtlidi 
yon  it.  polyere. 

§24.   s. 

In  den  lat  El.  hat  sich  s  in  jeder  Stellung  zu  s 
entwickelt:  sagitta  >  sfgetf;  sessus  >  ses  „Ebene";  ecclesia 
>Ki§e. 

In  einigen  Wörtern  ist  es  auch  in  z  übergegangen:  Scabies 

>  zgebe  =  „Aussatz";  erscheint  ein  z,  so  ist  zunächst  s  >  s 
geworden  und  dieser  Laut  dann  erst  zu  i:  vestigare  >  *ye§i- 
gön  >  yezgön. 

Über  den  Übergang  des  s  zu  ^  cf.  §  26  S.  79. 

In  den  it  El.  zeigt  s  in  der  älteren  Periode  denselben 
Wandel  yon  s  >  s,  dem  auch  die  lat  Lehnwörter  unterlagen; 
in  der  jüngeren  behält  s  seinen  Lautwert.  Eine  größere  An- 
zahl yon  Wörtern  schwankt  zwischen  ä  und  s,  sei  es  daß  in 
einzelnen  Dialekten  der  Wandel  yon  s  ]>  §  länger  angehalten 
hat  als  in  anderen,  oder  daß  die  Wörter  zu  yerschiedenen 
Zeiten  in  das  alb.  eingedrungen  sind,  oder  zu  einer  Zeit,  da 
der  Lautwandel  bereits  im  Erlösehen  war,  sodaß  teilweise  §, 


—    75    — 

teilweise  s  gebraucht  wurde,  und  beide  Formen  sich  neben 
einander  halten  konnten. 

Die  folgenden  Beispiele  sind  gemäß  ihrer  Aufiiahmezeit 
getrennt  angeführt: 

8  im  Anlaute  >•  s: 

scalcare>>äkIakonem  sie.  Piana;  scalmare  >  gkalmöj  scat; 
acardasso  >>  ökerdets  geg;  scatarrare  >  Skatröj  J;  scherano  > 
sker£  caL  Sant;  scolare  >-  äkal,  äkulm  J;  gkulöm  Bada;  sco- 
pare  >>  peskön  Hahn;  cal.  scupetta  >»  ikupet«  cal;  secchia  >> 
SeKe;  secolo  >>  Sekul  geg;  segno  >•  §ej£  geg;  iehe  to;  segnare 
>  senöj  scut;  äcnön  to;  sete  >  Setek  gr.  Rhd;  soglia  +  z£  > 
§oias  scat;  soldo  >*  äalts«  geg;  sparare  >^  dparön  caL  Bada; 
sparlare  >  äprdöj  J;  spiccare  >  äpik  J;  spiegare  >  Spjegöj 
Ro;  spigliare  ^  spin  cal.  Rada;  Yen.  sponza  ^  spüz  scut; 
sperre  >  äpof  J;  sregolare  >  Sregul  J;  neap.  struscio  >■ 
§tru§  caL 

s  im  Anlaut  >>  s,  s: 

scandaIo>>skandul  geg;  skannul  scut;  skandalo  to;  sken- 
dal,  skenda;^  sie;  skendal  caL  scaricare  >>  äkarkon,  täarkön; 
sgarköj  J;  skarköj,  §kark6j  Ko;  it.  dialekt.  scuma  >•  fikume, 
ikmnb,  skumön;  Bo.  auch  skum,  skumöj;  Yen.  scola^äkole, 
skole  geg;  sko)  scut;  Skolär  cal.  J;  §k(^op,  skolär  Bo;  scri- 
yano  >•  skriYan  Bo;  sknYa  scut;  über  scudo  cf.  S.  44.  sesta, 
sesto]>§este  f;  äest  m;  Seston;  J:  dest,  sest  f;  §est6j  sestöj; 
soffrire>>§€fren;  äufren  caL  Barile;  sufriren  cal.  Frasc;  stampa 
^  stamb«;  stamp  scut;  ätamb^,  St^mbc  gr.  stanga  >*  stangc 
Bla.  scut;  sti^  Bo;  ätag  J;  stima  >>  §tim,  stim,  §timöj,  stimöj 
Bo;  tsimön  Tirana;  stola  >•  §tol,  stbt  Bo;  strapazzare  >>  §tra- 
patsoj  Bo;  strapitsöj  Prop;  proYare  >  sproYÖj  Prop;  sprovöj 
J;  tufo  >  Stuf;  J:  tuf. 

s  im  Anlaut  =  s: 

Die  Beispiele  cf.  Wörtenrerzeichnis  unter  s. 

st  im  Inlaut  >-  st: 

agosto  >  goSt  Hahn;  Yen.  agresta  >-  greöte;  bastardo  > 
baitart;  bestärk'  gr;  bosso  +  ia>  boSt;  &astaglia>>freätelid6 
gr;  altYen.  maistro  >  maätröj  J;  maströn,  maidtrön;  maätar, 


—     76    — 

maiStar  sie;  mestiere  >•  b€§tjer  cal;  pa8teca>>ba8t6ke  gr.  Rhd; 
restare  >  reSt;  reStöj,  reSt  J. 

st  im  Inlaut  ]>  st,  st: 

castello  >>  keStjel  scut;  kastjel  caL  Rada;  castigare  > 
kastigöj  scut;  Ro.  auch  kastigöj;  colostro  ]>  ku}o§ter,  kulostre 
scut;  kloStrc,  keloStre,  kloistre  gr.  pistola  ]>  pistöJ*  scut;  pistole 
Hahn;  piStote  gr.  neben  pisMoh;  posta  >>  post£  geg;  post  J; 
rasta  ]>  fa§t£;  rastrella  >»  faätje);  rastjel  scut 

st  im  Inlaut  >•  st: 

alabaster  Ro;  apostut  scut;  bastare>>mbastoj  geg;  mastöj 
scut;  castrare  ]>  krastfs  Leake;  cesta  >•  tsest  Ro;  costare  > 
kustön,  kostfs  gr;  kristc^;  festa  >•  feste  geg;  fest  Ro;  fdsta  > 
fuste;  ginestra  >>  dzinest  Ro;  lustrare  >*  lustri  Doz;  mostac- 
chio  ^  mustak  scut.  to;  mostardo  [>  mustrak  J;  mostra  >- 
mostre;  ostia  >>  oste  scut;  pastoral  scut;  sakrestän  scut;  sesta 
]>  ieste;  sest,  sest  J. 

sp  im  Inlaut  >  §p: 

disperare  ^  diäpröj,  deSpröj  Ro;  deSperehem  to;  disproj 
J;  raspare  >■  reäpdj,  respe  scui 

sp  im  Inlaut  >>  sp: 

aspide  >>  aspi^  Ro;  asparago  >•  sparag  J;  crespino  > 
grespln  Ro;  dispetto  [>  dispetisem  sie;  ospizio  ^  ospfts  Ro; 
ruspo  >  rusp;  J:  ruspe;  vespro  >  vesper  Ro;  desper  caL 

sk  im  Inlaut  ]>  §k: 

fischiare  >>  fiäkarül  cal.  Rada;  frasca  >•  freSke  gr; .  caL 
frusculu  '^  fruSkul  cal;  ischio  |>  iSke  cal;  lasca  >»  laske  Ro; 
miscugUo  >>  miskile  gr;  pescatore  >•  peskadür  tsam;  piäka<fure 
L;  caL  rascare  >^  fa§kärin  cal;  firesco  >•  fre§k,  fredkoj  Ro; 
fresk  J;  freskön  cal;  moscajo  >•  muskaje  Ro;  muskaj  J. 

sk  im  Inlaut  ]>  sk: 

biscotto  >  bersköt  geg;  dischiare  >  disKaröj  Bla;  lisca 
]>  Tisk  Ro;  musco  >»  musk;  ven.  pescada  "^  peskade  gr;  tisica 
"^  ndisk  scui 

Interrokalisches  s,  ss  ]>  s: 

ven.  busso  >  bu§  J.  Mitk;  bus  Ro;  campo  Santo  >  kapo- 
sant  Bo.  Erizzo;  flusso  >  perflfüs;  gris[ola]  +  eta  >  garset; 


—    77    — 

keSet,  kset,  set  caL  sie;  limosina  >>  limöä^ne,  lano^na;  Imos£ 
geg;  posare  >  pu§6n;  pusoj  J;  peSön  gr;  rosignuolo  >  ruai- 
noat  cal;  yessillo  >  v€§il  cal.  March;  messale  >■  mesät,  mesat 
Ro;  diese  Fonn  ist  von  meSe  (lat.  missa)  beeinflußt;  immenso 
>ameiis6j;  amesöj  Bogd. 

s,  SS  im  Inlaut  ]>  s: 

cas[a]  +  ola  >  kfisol«,  ksole,  kasole;  ksoi  J;  cassare  > 
kasoj  Bla;  cassella  >"  kasel£  Doz;  konfesionät  Ro;  konsakröj 
Ro;  corsare  ]>  kusär  to.  scut;  kursar  Ro.  gr;  kosäk  Ro;  ven. 
CQsina>>kusi  geg;  kusi  cal;  fantasi  Ro;  Yen.  fasan >•  fasandue 
Bla.  Ro;  fossa  >>  fose  Bla;  gas  Ro;  gelsomino  >^  täelsomin 
Ro;  zesemin  J;  massare  >*  masaröj  Bla;  misiön  scut;  musäik 
Ro;  mussulo  >  musul  scut;  ven,  persuto  >  persüt  geg;  pje- 
troset  Bla.  Ro;  rosmari  gr;  rosmarin  Ro;  tonsür  Ro;  vassallo 

>  vasaK  J. 

In  einigen  Wörtern  ist  s  auch  in  ts  übergegangen,  ohne 
daß  eine  Ursache  zu  sehen  ist:  secco  [>  tseke  geg.  scut;  rissa 

>  ritse;  rits  J;  cas  +  ola  ]>  katsole  (neben  kasole,  kesolc, 
ksok);  arrosare  >  rontsarin,  ronts  cal;  pisello  >  pizel  gr; 
pitsel  Sami  geht  aber  auf  ngr.  jti^iki  zurück. 

Z,  das  stimmhafte  s  im  it.,  ist  im  alb.  anlautend  wie  im 
blaute  bewahrt:  sbalordire  ]>  zbautfirtur  Rada;  sbarrare  ]> 
zbafisin  Rada;  neap.  sderrenato  ^  zdcmat  cal.  Frasc;  neap. 
seburcu  ^  zbulk  cal;  smacco  [>  zmak  sie.  Rana;  in  zxxhsr  gr. 
N.  ist  z  durch  den  folgenden  stimmhaften  Konsonanten  be- 
wirkt (it  suvero). 

Yen.  biso  >>  biz6  Bo.  Erizzo;  bisogna  >•  bezone  cal;  Yen. 
brosa  >>  brazim;  casino  ]>  kazino  t§am;  coloeasia  ]>  k£lkaz£, 
cresimare  >  krezmöj  J;  fräse  >  fraz  Ro;  isola  >  izul  cal; 
paradiso>>para(Ks  cal;  pans-zi  geg;  cal.  pisa]>piz£  cal;  prisa 

>  priz£  cal;  raso  >■  ras-zi;  riso  >  ris-zi;  rosario  >  ruzare 
scut;  sie  saecosima  >  sakozma  sie;  sie.  Yisera  >  Yizere  sie; 
visita  >  Yizit  Ro;  sie.  Yisitusu  >  Yizituze  cal;  usura  >  hozure. 

Sowohl  z  als  s  findet  sich  in  korzui,  korsul  Ro.,  bei  J. 
kordzui  (it.  console);  femer  in  tesör,  tezur  scut  Ro.  (it  tesoro); 
tfrzuar,  tcrsör  Frasc.  und  Plana  (cal.  trisuoru). 


—    78    — 

Vom  it.  müsica  stammt  müsik^;  bei  den  übrigen  Wörtern 
mozfk,  muzlk,  mnziktar,  muziköj  Ro.  ist  es  zweifelhaft,  wie 
weit  sie  von  ngr.  fiovöix^  beeinflußt  sind. 

m€sak  »=  „Tischtuch,  Tisch,  GastmahP;  maai  =  „Hand- 
tuch, Wischtuch '^  leitet  G.  M.  von  lai  mensalis  ab,  das  aber 
*mBnsis  ergeben  hätte.  Das  alb.  Wort  geht  vielmehr  auf 
bulg.  m6sal  =  „Tisch,  Abwischtuch*'  oder  ngr.  fisCaXi  zurück. 

§25.    S. 

Wie  aus  dem  vorangehenden  Paragraphen  ersichtlich,  ist 
§,  hervorgegangen  aus  lat  und  it.  s,  immer  erhalten  geblieben; 
das  gleiche  gilt  auch  von  §  =  it.  sce,  sei. 

Über  fi  im  Anlaut  cf.  Wörterverzeichnis  unter  sce,  sei, 
für  8  im  Inlaut  die  folgenden  Beispiele:  conoscere  >>  konnö§ 
J;  konostis  scut.  Jam;  coscia  >  ko§  J;  discepolo  >  diäeput 
geg;  disipul  sie;  faseia  >>  (s&e  geg.  eal;  fasciola  >*  fasüt  J; 
fasciare  >*  fa§  J;  grascia  ]>  graä  Ro;  lasciare  ^  lesön,  IctSon; 
liäoj  geg.  laSön  gr;  viseiola  >  vi§ul  scut 

Der  Übergang  von  s  ^  z  in  gzoi,  gzit  J.  aus  ii  guscio 
ist  auf  Assimilation  des  S  an  den  Anlaut  nach  Synkope  zurück- 
zufuhren; gfsutf  stammt  von  ven.  gussa. 

§  26.    Spirantenweehsel. 

Eine  Eigentümlichkeit  der  alb.  Artikulation  besteht  in 
der  Fähigkeit,  alle  Spiranten  in  einander  übergehen  zu  lassen: 
f>H,  f>h>j,  f>^,  s>^,  s>f,  ^>f;  v>(f,  d>v 
und  außerdem  d  >  t.  (et  Miklosich,  Alb.  Forsch.  II  84.) 
Selbstverständlich  sind  diese  Übergänge  nicht  auf  die  roma- 
nischen EL  beschränkt. 

f  >  H  findet  sich  nur  in  fievole  >•  ^ivut  sie.  XyL 

f  >  h  >  j:  lat  levis  >  lef,  lefte  cal;  leh,  leheie  to;  le, 
lete  geg. 

Oft  wechselt  h  mit  f  und  zugleich  mit  j:  teh-ji  scut;  tef 
J.  (lat  taliare);  indog.  fah,  raf  geg;  raj  Kav;  (indog.)  kreh  to. 
J;  kref  geg;  kre^  Ro;  doch  scheint  j  lediglich  Gleitlaut  zu 


—    79    — 

sein,  hervorgerufen  durch  die  artikulierte  Form,  also  teji  = 
teh  +  i;  raj  Kav.  =  rah  +  i. 

f>-#.  Das  letzte  indog.  Beispiel  zeigt  auch  den  Über- 
gang Yon  f  >>  ^,  der  auch  in  lai  wie  ii  EL  vorkommt:  lat. 
femur  >  ^embre  =  „Ferse**;  fragminare  >  Sermon  =  „zer- 
malmen**. 

In  einigen  Wörtern  kommen  ^  und  f  neben  einander 
vor:  lat  *fiabarium  >•  i^erf,  ^jera. 

Von  it  El.  kommen  nur  drei  in  Betracht:  it.  dial.  fella 
(it  fetta)>^er£,  feie  =  „Scheibe,  Schnitte**;  fei  =  „Wabe** 
Ko;  fingere  >  ^ina  =  „ich  stellte  mich**  San  März;  frappa  > 
^™P^  =  «Franse**  gr. 

8  >  1^.  Nicht  so  häufig  wie  der  vorhergehende  Wandel 
ist  der  von  s  >  ©•:  lat  sica  >  dike  =  „Messer,  Schwert**;  lat 
secale  >>  i^^er£  to;  d-iksne  geg.  It  Herkunft  sind:  ^rke  = 
„Kichererbse**  von  ven.  siserchia,  und  ger^  gr.  N.,  gsrd-i^s  = 
»Taschenkrebs**  von  ven.  granzo,  vegl.  gruns. 

s  >•  f.  Der  Wandel  von  s  >  f  oder  besser  von  s  >  *  >■  f 
ist  in  folgenden  Fällen  eingetreten:  lat  sica  ]>  ^ike  to.  geg. 
>  fik  =  „Tafelmesser**  Syrm;  und  tu,  varis^  varif  ==  „Erbe**. 

Bei  dem  Wandel  von  f  und  s  >  ^  fallen  zwei  Um- 
stände auf: 

1)  Gegenüber  der  großen  Zahl  erhaltener  s  (bez.  §)  und 
f  ist  die  Zahl  der  Übergänge  zu  ß-  eine  geringe.  Offenbar 
hängt  das  mit  dem  zweiten  Umstände  zusammen,  daß 

2)  der  Wandel  in  lat  und  it  El.  besonders  gern  vor  e, 
i  und  ie  erfolgt 

In  den  it  El.  mit  Erhaltung  des  f  steht  dieses  nicht  ein 
einziges  Mal  vor  ie,  sondern  nur  je  zweimal  vor  ia  und  io: 
5al€,  §am  und  fjofe,  §oj;  fievole  hat  sich  zu  ;i^ivu}  entwickelt 
Auch  die  Übergänge  von  f  >  *  im  arom.  in  Wörtern  lat 
Ursprungs  finden  vor  i,  e  statt:  ficatus  >  *^ikat  >  i^kat 
(Vlacho-Livadhon);  fiikat  arom.,  fikat  dr.  mit  femininus  >• 
iKamenu  (Kav.  196.     Weigand,  Olympoval.  48). 

^  >  f.  Daß  auch  der  Wechsel  von  d-  und  f  vorkommt, 
beweisen  folgende  Beispiele  gr. Herkunft:  ngr.  ßaviia'^d^gms 


-     80    — 

=  „Wunder''  geg;  ^aymas,  faymäs,  famäs  sie;  ngr.  d-govog 
>fron,  9-Ton  Dan.  caL=  „Stuhl,  Schemel,  Kirchenstuhl".  Man 
vergleiche  auch:  üfrulc;  uful  scut;  oftul  Pulj.  =  „Essig"; 
bu#tön,  buftön  =  anzeigen  cal;  ngr.  xa(>9?05  >  karö-ele,  kär^je 
=  „Brennholz,  Scheit,  Reisig". 

V  >  d:  diluvia  >  delü^-di  =  „Überschwemmung"  Bla. 
Rada;  delutfin  =»  „in  Strömen  fallen  vom  Regen"  Rada;  dihiT-i 
Ro.  ist  modernes  Fremdwort  violino  >  Jjoli,  vjoli  gr.  N; 
vespro  >  6esper  cal,  „Abendbrot";  yesper  Ro.  =  „Abend". 
Zweifelhaft  ist  der  Gang  der  Entwicklung  in  nkudirfn  =  „ver- 
folgen" Rada;  entweder  geht  es  auf  sie.  nkiuvari  zurück  — 
dann  wäre  v  >  d  geworden  — ,  oder  auf  ii  inchiodere,  in 
welchem  Falle  die  Erweichung  von  d  >  d  vorläge. 

Ein  Beispiel  lat.  Herkunft  wäre  gden  =  pino  Ro;  das  auf 
*gven  aus  vgen  zurückgeht,  wenn  das  Grundwort  abiegnum 
von  abies  ist,  wie  G.  M.  in  Alb.  St.  U  40  meint. 

rf  >  V.  Was  nun  die  umgekehrte  Erscheinung  d  >  v 
betriflft,  so  ist  in  den  it.  El.,  die  intervokalisches  d  >  d  werden 
lassen,  dieses  6  in  einigen  Fällen  weiter  zu  v  entwickelt 
worden,  bez.  wechselt  es  mit  ihm: 

adorare  >  adurön  to;  adorären  cal;  adroj  avröj  geg.  scut; 
codardo  ergab  zunächst  '''kodarde  und  dies  kovarde  Xyl;  hier 
hat  Dissimilation  von  dem  folgenden  rd  den  Wandel  bewirkt, 
da  auch  das  sp.  Wort,  das  wie  afir.  coart  und  das  ii  von  ooda 
stammt,  an  Stelle  des  Dentals  einen  Labial  treten  läßt:  cobardo. 
gavnen  cal.  geht  über  "^gadcnen  auf  it.  guadagnare  zurück. 

Auch  dieser  Wandel  zeigt  sieh  in  Wörtern  indog.  und 
gr.  Herkunft:  Mit  d  in  demje  =  „Raupe"  Kav;  demiz€,  dimizf 
==  „Fleischmade"  wechselt  v  in  vem  =  „Raupe"  Leake  319; 
vem£  =  „Made"  Hahn,  und  veme-ja  =  „Fliegeneier  auf  in 
Fäulnis  übergegangenem  Fleische,  Gewissensbiß";  derselbe 
Wechsel  zeigt  sich  bei  drom  to.  gr.  sie.  und  vrom  geg.  = 
„Weg,  Straße";  Ro.  =  „Platz"  von  ngr.  ÖQOfiogy  und  bei 
hoievre  =  „Schnupfen"  von  ngr.  xo^^^Qct» 

Nach  den  gegebenen  Beispielen  zu  urteilen  wird  v  mehr 
in   den   geg.   Dialekten,    besonders   dem    scui   bevorzugt,   d 


—    81    - 

dag^en  mehr  in  den  to.,  sodaß  man  die  Erhaltung  des  6  sehr 
gut  auf  griechischen  Einfluß  zurückfahren  kann,  der  sich  im 
Süden  Albaniens  der  Lage  gemäß  starker  fühlbar  machen 
mußte  als  im  Norden. 

Denselben  Einfluß  zeigt  das  aus  Ylacho-Clisura  belegte 
arom.  dimt,  das  über  vmit  auf  ventus  zurückgeht  (Weig. 
Meglen  6). 

d  >•  t.  Als  letzte  nicht  weniger  interessante  Erscheinung 
in  diesem  Zusammenhange  tritt  schließlich  noch  der  Wechsel 
von  d  und  i  auf,  der  sich  ebenfalls  auf  alle  Elemente  der 
alb.  Spr.  erstreckt,  dabei  aber  keineswegs  durchgefährt  ist. 
In  den  roman.  El.  ist  d  erst  aus  d  hervorgegangen  und 
wechselt  dann  mit  *:  incudo  >  ku^-di  to.  geg;  ku*  scut;  ven. 
bandido ;> bandi^-<fi  to;  bandit  geg;  coccola  d'occhio^kokcr- 
doM  to.  geg.  gr.  cal;  kokerlök  J;  giudeo  >>  dzudi  J;  dzudi, 
dzuh'  Ro.  Man  Tergleiche  femer:  geie;  gede  geg;  dzet  scut. 
=  „Speise**;  mbül;  müd  scut  =  „verschließen";  nöe;  nie  geg; 
ud  scut.  =  „Weg,  Reise". 

Auch  hier  ist  der  umgekehrte  Fall,  der  Wechsel  von 
^  >  d  belegt:  segnale  >  *sfnal  >  scna^-cfi  =  „Zeichen"  gr. 
Alb.  Stud.  y  101.  Dieselbe  Entwicklung  zeigt  das  aus  ngr. 
^evXa  hervorgegangene  zgedc,  zjedf,  dzjede  =^  „Ochsenjoch", 
von  dem  J.  außer  zged  auch  die  von  0.  M.  nur  angesetzte 
Übergangsform  zgei  in  derselben  Bedeutung  anfuhrt 

Aus  den  gegebenen  Beispielen  ergiebt  sich  mit  Sicherheit, 
daß  nur  im  geg.  und  scut  der  Wandel  von  d  >•  1  in  einzelnen 
FäDen  eingetreten  ist,  während  in  allen  anderen  Dialekten  d 
erbalten  bleibt 

§27.    1. 

In  den  lat  EL  ist  anlautendes  1  durchweg  zu  I  geworden: 
largus  >  Iarg€,  leporis  >  lepur.  Intervokalisches  1  ging  da- 
gegen in  l  über:  scala  >>  gkale,  während  11  und  1  vor  i  sich 
zu  I  und  in  einzelnen  Fällen  weiter  zu  j  entwickelten:  caballus 
>  kal;  ilia  >  He  cal;  ijf  =  „Weichen,  Lenden".  Ausnahmen 
▼on   dieser  Regel  sind  unter  anderen:    *trevella  >  turjek; 

Weigand,  10.  Jahresbericht.  6 


—    82    — 

consilium  ]>  kSils.  1  vor  cons.  wird  stets  zu  I,  ein  Vorgang, 
der  sehr  früh  eingesetzt  hat,  da  diese  Mouillierung  in  den 
ältesten  lai  EL  den  Umlaut  von  a  >>  e  bewirkt  hat:  galbinus 
>.  gclbarfi  (cf.  §  1).  1  nach  cons.  ist  ebenfalls  in  I,  teilweise 
j  übergegangen:  sclavus  ]>  §kla;  ecclesia  >>  ki§6;  plumbum>> 
plump.  Dissimilation  von  1  ]>  r  ist  eingetreten,  wenn  in  dem 
betreffenden  Worte  noch  ein  1  vorhanden  war,  ein  Fall,  der 
in  den  it.  EL  nicht  in  Betracht  kommt:  lat  fluctulare  ^ 
fluturon. 

Auch  in  it  Elementen  ist  anlautendes  1  zu  I  geworden: 
cf.  Wörterverzeichnis  unter  L  Im  caL  alb.  steht  in  einem 
Worte  i,  das,  wie  die  sie.  Form  zeigt,  auf  einem  schon  im 
Etymon  vorhandenen  l  beruht:  cal.  limba,  sie.  lemnu  >•  lemp 
cal;  /emb  sie;  Doz.  hat  l  anlautend  in  }ustri  von  lustrare. 
Daß  anlautendes  1  in  gr.  alb.  Wörtern  nicht  von  Mouillierung 
irei  ist,  zeigt  G.  M.  Alb.  St.  Y  3.  In  scut.  lokande  und  in  lote, 
loto  Mitk.  ist  1  nicht  näher  bestimmt;  wahrscheinlich  werden 
auch  diese  Wörter,  obgleich  wohl  in  neuester  Zeit  ange- 
nommen, mit  I  anlauten. 

Das  mouillierte  1  «=  it.  gli  hat  sich  im  alb.  teils  erhalten, 
teils  zu  j  weiter  entwickelt;  ii  agliata,  ven.  agiada  >>  Jaös  gr; 
bilärd  Ro;  borbogliare  >  burbulet;  bottiglia>botiIe;  foglietta 

>  flete;  medaglia  >  medaje  Ro;  metrs^lia  >►  metraje  Ro; 
naviglio  >  navfl  scut;  scoglio  >  skoj  Ro;  soglia  +  z€  >  soiz 
scut;  tagliere  >  tajör  geg;  tovagliuola  >■  vajule  gr;  travaglio 
travaje  Prop.  scut;  trifoglio  >  terföj,  triföj  Ro;  terfoin  J. 

In  dem  Verhalten  von  1  vor  cons.  ist  im  Laufe  der  Ent- 
wickelung  eine  Wandlung  eingetreten:  in  den  älteren  ii  EL 
wurde  es  noch  zu  I,  in  den  jüngeren  jedoch  zu  L  Die  von 
Bla.  gegebenen  Beispiele  sind  durchweg  mit  I  zu  schreiben, 
da  sie  wegen  der  Abfassungszeit  des  Buches  nicht  mehr  der 
modernen  Zeit  angehören  können: 

alfiere  >  al§er  Bla;  bafkue  Bla;  per  +  balzare  >  per- 
baltse  scut;  calvario  >  kalvär  Ro;  colocasia^kelkaze;  coltello 

>  kultiel  Ro;  ven.  filtrar  >  filtär  scut;  gelsomino >  tselsomin 
Ro;  milza  >  mcltsi,  multsi;  ven.  salterio  >  saltör  Ro;  salvare 


—    83    — 

>  BiJvön  caL  Frasc;  salyoj  J;  scalcare  >•  *SkaIk6n  >■  skla- 
konem  sia  Plana;  neap.  seburcu,  it  sepolcro  >>  zbulk  cal; 
soldo  >>  §aTts£  geg;  soldat  scut;  suldat  cal;  valkan  Ro. 

Im  it  ist  I  nach  cons  nur  in  wenigen  Fällen  erhalten,  so 
stets  nach  r  und  in  einigen  Wörtern  meist  gelehrten  Ursprungs. 
In  ihnen  wird  beim  Übergange  ins  alb.  1  nach  cons.  immer  zu  T: 

colostro  >  kloistre  gr;  debolo  >  deblöj  Ro;  flenmia  > 
flam£;  flusso  ^  perflüä;  mandorle  Mitk;  Ten.  merlin  >>  merli 
gr;  publikan;  ven.  zurlo  >  dzurle  J. 

äklata  =  „wie"  (Adv.  der  Art  und  Weise)  täam.  fahrt 
Ped.  auf  it.  schiatta  ^=  „Geschlecht,  Art,  Gattung"  zurück  Da 
aber  M  nicht  zu  kl  werden  kann,  ist  auf  a.  ven.  '^^sclata  zurück- 
zagehen. 

Ergebnis  einer  Vermischung  von  a.  Yen.  *splenza  (n.  ven. 
spienza)  »=  „Milz"  und  ven.  panza  »=  „Bauch"  ist  plendes; 
plandfis  geg;  plants-dzi  J.  =  „innerer  Bauch,  Zwölffingerdarm". 
Daneben  kommen  noch  vor  bicndze  und  pjents  caL  Bada  =» 
„yentriculiis".  Nur  auf  ven.  panza  geht  p£ns6  =  „Bauch" 
zurück. 

Anm.  1.  Beispiele  für  Erhaltung  des  1  nach  cons.  im 
ven.  bringt  ügo  Levi  in  „I  monumenti  piu  antichi  del  dialetto 
di  Chioggia."  Venezia  1901.  §  32.  Einzelne  Formen  mit  Mou- 
illierung des  1  zeigen  jedoch,  daß  zur  Zeit  der  Abfassung 
dieser  monumenti  (13.  Jh.)  1  bereits  nicht  mehr  gesprochen 
wurde,  sondern  sich  nur  noch  in  der  Schreibung  hielt.  Die 
Erhaltung  des  1  erklärt  sich  durch  die  Abhängigkeit,  in  der 
das  Yen.  vom  FriauUschen  stand,  das  heute  noch  1  nach  cons. 
bewahrt 

Anm.  2.  Das  von  G.  M.  angeführte  plank-gu  <»  „Brett" 
Ro.  würde  eben&lls  in  diesen  Zusammenhang  gehören.  In 
der  dem  Verfasser  vorliegenden  Ausgabe  von  Ro.'s  Wörter- 
buch konnte  er  aber  nur  plank-gu  »»  „Habe,  Vermögen"  auf- 
finden und  ebenso  bei  J.  plank-gu  «»  ^domicilio,  residenza", 
sodaß  ein  Irrtum  G.  M.'s  vorliegen  dürfte. 

11  ist  in  den  it.  El.  allgemein  zu  I  geworden,  nur  in  aller 
neuester  Zeit  besonders  in  der  Endung  -ello  auch  zu  L    Im 

6* 


—    84    — 

cal  und  sie.  alb.  wird  dabei  südit.  -44-  ab  -U-  behandelt:  sie 
carte44ä  ]>  kartele  gr.  Rhd;  caL  scio4<}A  I>  dole  cal;  sie. 
taT^44A  ^  tavele  sie.  Als  Beispiele  zu  11  >*  I  im  Wortstamme 
Tergleicfae  man  die  folgenden: 

bolla  >>  bul£  Erist;  cavaUeria^-kayaleri;  töel  scut;  tseler 
Bo;  kokodril  Bo;  coUare  ^^^  kulär  Musakja;  kulare  J;  koledz 
scut;  sidzil  Bogd.  Bla;  spilli  d'oro  >-  pilura;  yasafif  J. 

Auf  it  balla  =  „Hode'^  gehen  zurnck:  bo},  bol  Ro;  mbole 
Hahn.  Das  Schwanken  zwischen  l  und  I  bei  Bo.  ist  nur  ün- 
genauigkeit. 

Auch  in  vale  J.  =s  Chor,  Schar,  Menge^^  Hahn  =»  „Tanz'' 
ans  it.  ballo  ist  l  nur  Versehen,  da  die  bestimmte  Form  auf 
-ia  ausgeht,  also  die  Mouillierung  anzeigt. 

Das  gutturale  \  in  papagä  Bo.  ist  durch  Anlehnung  an 
die  Endung  -a)  entstanden. 

Die  Beispiele  zu  -ello,  -ella  c£  S.  30,  31.  Wenn  einige 
Yon  diesen  sowohl  1  als  I  zeigen,  so  hat  sich  )  durch  Dissi- 
milation zu  Torhergehendem  I  oder  j  eingestellt,  in  kapetä, 
kase)6,  fat§e),  sardele  aber  infolge  ihrer  Aufnahme  in  jüngster  Zeit 

Intervokalisches  1  in  den  it.  El.  erscheint  in  den  Endungen 
-olo,  -uolo,  -ale  stets  als  t  Die  cal.  und  sie.  alb.  Wörter, 
die  nur  1  zeigen,  sind  überall,  wo  nicht  I  sicher  bezeugt  ist, 
mit  l  geschrieben  worden.  Dabei  geht  l  in  diesen  Dialekten 
durch  gr.  Einfluß  ofb  in  /  über: 

sie.  aicula  '^  alku/e  sie;  balata  >>  ba/ate  sie;  sie.  cunsu- 
lazione  ^  kunsu/atsion  sie;  palazzo  ^  pu/as  cal;  scandalo  ]> 
skfndal,  skaida^  sie. 

Die  Beispiele  für  l  in  den  Endungen  -olo,  -uolo  c£  S.  39, 
für  }  in  -ale  die  folgenden:  bokate  gr.  N;  breviät  Bo;  kam- 
bial  Bo;  kanäl;  kardinal'  Bo;  kamoväl:  Bo;  korporeü  Bo;  kusä 
cal;  funeral  Bo;  dzeneral  Bo;  graduäi  Bo;  mesal,  meSal  Bo; 
Itei  Mitk;  pastoral  scut;  pinä}  geg;  ritual  Bo;  ruänuä  cal; 
skandalo  to;  skendal  cal;  sensäl  Bo;  spekäl  cal.  Santos. 

Im  Vergleiche  zu  dieser  großen  Anzahl  von  Beispielen 
bleiben  die  folgenden,  in  denen  die  Formen  zwischen  I  und  \ 
schwanken  oder  nur  I  haben,  sehr  in  der  Minderzahl:  '^'casola 


—    85    — 

3>*  kaci  J;  kfsole,  kasole;  mussolo  ^  mosui  Bo;  musul  scut; 
penzolo  ^  pezol  seat;  J.  auch  pezol;  pistola  >•  pistole  Hahn; 
pistö)  geg;  pistote  gr;  toYagliuolo  >•  vajule  gr;  yisciola  ]> 
yUxiI  scat. 

Über  die  Yertauschmig  von  -olo  mit  -ers  cf.  S.  57. 

In  größerem  XTm&nge  als  in  den  eben  genannten  Bei- 
spielen hat  sich  I  ans  intervokalischem  1  in  der  Stammsilbe 
entwickelt,  nachdem  die  alte  Entwicklung  zu  l  allmählich 
zoitlckgedrängt  worden  war,  das  nur  in  wenigen  Beispielen 
eilialten  ist:  yen.  halanza  >»  palantsc;  katata  scut;  kil,  lau  gr; 
Ten.  malan  ^  mol4n,  mulän;  molinajo  Z>  minolaj;  palas,  peläs; 
plas  Bo;  burdulak;  sparlare  >*  Spralöj  J;  tel4r  scut;  zelo  ]> 
a^  zeltär,  zelöj  scui 

Das  allmähliche  Verdrängen  der  alten  Entwicklung  zeigen 
die  folgenden  Doppelformen,  die  in  der  Zeit  des  Schwankens 
zwischen  l  und  I  aufgenommen  worden  sind:  baül,  baut  Ro; 
eolostro  >  kulostr^  gr;  kuloöter  scut;  diluvio  >  delü^  cal. 
Rad  Bla;  dilüy  Ro;  filare  >>  filare  Rada;  filöj  J;  scola  >> 
skole  geg;  Skoie  geg;  §kol  scut;  stol,  §tol  Ro;  yiola  +  z£  >- 
Tjoles  Ro;  vjöleze  Bla;  violts  scut. 

Den  Wandel  -1-  >•  I  haben  die  folgenden  also  jüngeren 
EL  mitgemacht:  alabaster  Ro;  alün  Ro;  apostoKk  J;  kalamit 
Bo;  kalamiter  J;  kalennar  scut;  celata  >>  täalat  Ro;  koladziön 
acut;  kolonf;  kolor  gr;  &zzoletto  >  fatsol^t  Ro;  &rsulat£ 
DaiBzzo;  gole,  goje  to;  gole  J;  mulinär  Ro;  pilot  Ro;  put- 
snlan  Ro;  preiät  Ro;  saluppo  gr;  sfilatso  gr;  stiletto  >•  äkület 
Bla.  >*  sdlet  Ro;  vele  Bla;  vel  scut. 

Vor  betontem  e,  i  und  in  der  Endung  -ilo  ist  stets  I 
eingetreten: 

apostoti  J;  abruzz.  ball  >  vali  Rada;  yalfs  caL  Santos; 
it  bali  >  yafi  J;  katoBk  scut;  pergola  >>  parguig  caL  sie; 
galea  >  gal^;  äkület  Bla;  §ület  Ro;  balen  Ro;  koler  scut;  caL 
triTuIn  >  trivuli  cal;  yiolino  >  rfjoK,  yioli  gr;  zelo  >  zeK  geg. 

asflo  >>  asfl  cal;  uasH,  nazfl  Rada;  mantile  >•  yandile  cal; 
mandile;  skemandO  cal;  skamandll  J.  sie;  cal.  fidili  >•  fidil 
Bada;  dzentil  geg.  Ro;  oyile  Leake. 


-    86    — 

Der  Übergang  von  l  >  u  vor  cons.,  wie  er  sich  im  Alt- 
franzosischen  findet,  hat  sich  in  derselben  Stellung  auch  im 
caL  und  sie  ii  abgespielt,  deren  Formen  dann  in  das  alb. 
übernommen  wurden  (cf.  Scerbo  31): 

it.  altare  >>  autar  cal;  otar  Piana;  it.  ciald-ella  >>  tiaudele 
cal.  Yar;  ii  falda  >>  faudf  cal;  it.  poltrone,  sie.  putruni  >* 
putrün  sie.  Pap;  ii  sbalordire >> zbaudirtur  Bada.  Dazu  kommt 
noch  chilo  >>  Kil;  gr.:  InxL  Tatsächlich  scheint  im  gr.  alb. 
der  Übergang  von  1  >  u  auch  noch  in  anderen  Wörtern  voi> 
zukommen:  puar€Z£  =  „Erzählung,  Märchen*',  das  zu  den  von 
lai  parabula  abgeleiteten  Wörtern  präls,  peralfi;  pu/are  sie 
gehört;  in  der  sie  Form  ist  nach  Metathese  des  r  das  }  ]>  7 
geworden  und  e  durch  Labialisierung  zu  u;  pumbc  gr.  aus 
p}mb£  bei  Pulj;  pdanbe  to;  peläm^  geg;  plam  scui  «=»  „flache 
Hand"  aus  ngr.  xalafii]. 

Auf  die  vorstehenden  Beispiele  stutzt  G.  M.  seine  Ety- 
mologie von  ruaz€  =  „Perle"  gr.  von  perla  +  z«;  vgl.  jedoch 
S.  65. 

Über  Metathese  des  1  cf.  §  28,  S.  88. 

§28.   r. 

In  den  lai  EL  ist  anlautendes  r  als  f  gesprochen  worden: 
rosalia  >•  rsajf  =  „Pfingsten".  Einfaches  r  im  Inlaut  bleibt 
r:  laurus  >  lär;  -rr-  ergiebt  f :  garrire  >  garis.  In  Verbindung 
mit  cons.  ist  r  bewahrt  geblieben,  nur  die  mit  ihm  verbundenen 
cons.  sind  häufig  einer  Veränderung  unterworfen  gewesen, 
über  die  bei  den  einzelnen  cons.  gehandelt  worden  ist  (cf.  br, 
rb,  rd,  dr,  rt,  tr,  m).  Nur  in  der  Verbindung  ri  ist  r  voll- 
kommen in  i  aufgegangen:  corgum  >  kua  —  kuja,  koja  == 
„Brotrinde,  Schorf  auf  einer  Wunde". 

Anlautendes  r  in  den  it.  El.  ist  im  allgemeinen  als  r  be- 
wahrt (cf.  Wörterverzeichnis  unter  r),  nur  diejenigen  älterer 
Aufnahme  zeigen  wie  die  Lehnwörter  aus  dem  lai  r:  faste, 
faätiel  neben  rastjel  scut;  rissa  >  fitst;  fobc  to;  rugs  neben 
scui  rüg;  ruft  neben  rufe,  scui  ruf. 

Wie  in  anderen  Punkten  hat  auch  hier  das  cal.  alb.  die 


—    87    — 

alteLaui^ewohnheit  länger  beibehalten  als  die  übrigen  Dialekte, 
einige  Wörter  ausgenommen,  die  erst  in  neuerer  Zeit  aufge- 
nommen worden  sind:  caL  rahare  [>  fahärin  Santos;  caL  ras- 
care  >  faSkärin;  fatsc  Frasc;  ratsimc;  rede  >  rede  Frasc;  caL 
rimitu  >  femft;  riparo  >  f^pärin  Rada;  neap.  roUo  >  fole 
Cam;  ruäinual;  caL  ruzza  >  rudze;  dagegen:  neap.  revera  > 
TBiere;  roncare  >  rungön  March;  caL  rugagnu  >  rügen. 

Interrokalisches  r,  besonders  häufig  in  den  vom  it.  In- 
finitiv auf  -are  gebildeten  alb.  Yerbalformen  auf  -ären,  -ärin 
(adoraren^  bikärin,  pedärin  etc.)  hat  sich  als  r  erhalten. 

Das  gleiche  gilt  auch  Yon  r  vor  i: 

abbecedario  ]>  abetare;  yariele  gr.  Bhd;  kamaijer  cal; 
kameijer  Bla;  kanar  Bo;  kalvär  Bo;  cal.  carriare  >>  kafare 
caL  Frasc;  carriuola  >  karjole  gr;  feria  >  ferie  Ro;  lunar  Ro; 
malagurio  >>  malaure  cal;  marjöl;  murjete;  rosario  ]>  ruzare 
acut;  Yen.  salterio  >  saltör  Ro;  serie  >>  ser  sie;  sere  J;  teriaca 

>  triake. 

kofe  =  „Cichorie"  leitet  Q.  M.  von  lat  cicoreum  ab;  die 
Bildung  ist  jedoch  eine  moderne,  da  vortoniges  o  als  o  be- 
wahrt ist  koK  stammt,  wie  auch  die  folgenden  Wörter,  von 
it  cicoria  ab:  Skorie  Ro;  kore-ia  J;  köreze  gr;  rkore  Bla.  Ro. 

It.  -rr-  ist  meist  als  r  in  das  alb.  übergegangen,  in  einigen 
Fällen  erscheint  auch  r,  das  aber  wahrscheinlich  auf  mangel- 
hafter Wiedergabe  beruht:  arrivare  >  arvön,  fevön  cal;  arro- 
sare^rontsarin  Rada;  barrella>variel£  gr;  caparra>kapafe; 
kapär  scut;  abruzz.  zirra  >>  ndzire  sie;  barra  ]>  bare;  sbarrare 
^zbafisin  cal;  barrare  >mbuf6n;  caL  carriare  >kafar8  Frasc; 
cerro  >  tsef  Ro;  sie.  currivu  >  kufif  sie;  caL  garrafa  >  gafaf 
cal;  garafe;  caL  murra  >>  muf  cal;  porrina  >  pofi  J;  savorra 

>  savofE  B^v;  sporre  >  spof  J;  tabarro  >  tabar  scut;  verro 

>  vef  Ro;  über  terrazza  c£  S.  70. 

In  einzelnen  Wörtern  lat.  wie  ii  Herkunft  ist  r  un- 
organisch eingeschoben  worden,  in  anderen  wieder  ausgefallen. 
Von  lat.  Lehnwörtern  vergleiche  man  z.  B.  fraSuIe  von  phase- 
oItls  (sp.  frisuelo).    Von  it  El.  kommen  in  Betracht: 

fazzoletto>>fatsolet=  „Taschen-,  Halstuch"  Ro;  farsulatf 


—    88    — 

«=  „Hals-,  Kopf-,  Schnupftuch"  Durazzo;  bu£Gure  ]>  mufas; 
burfiiat  gr.  Rhd;  toccare>>  toköj  caL  JariL  J;  troldt  Bo;  in 
diesem  Worte  ist  r  yielleicht  durch  trokön  ^  „yemichten'' 
yeranlaßt;  biscotto  >•  bersköt  geg. 

Auch  Ausfall  des  r  findet  statt,  besonders  wenn  noch  ein 
r  in  dem  Worte  vorhanden  ist,  also  gleichsam  als  Dissimilation: 

lai  '^'carputio  ]>  kepüs  =  „abpflücken'' ;  cristianus  ]>>  kestsre 
=  „Christ".  Von  it.  EL  vergleiche  man:  corsare  >  kusar  scut 
J.  Bla.  to;  kursar  Bo.  gr;  das  se.  gulsar  neben  gusar  zeigt 
deutlich  als  Grund  des  Ausfalls  die  Dissimilation;  ven.  filtrar 
>•  filtar  scut;  Regg.  ventrera  >  vandere  sie;  rimburchio  > 
rumbüik  Bla;  ii  rastrello  ]>  raStie);  rastiel  scut  (sp.  rastrillo; 
jedoch  fr.  rateau,  ven.  restelo). 

In  zbulk  cal.  Barile  Pap.  aus  sepoloro  und  in  dän^ 
Bo.  aus  ginestra  ist  r  im  Auslaut  nach  cons.  ausgefallen, 
(cf.  nun.  fereastä  noastä  etc.) 

Metathese  von  1  und  r,  die  in  den  lai  Lehnwörtern  sehr 
oft  eingetreten  ist  (placere  >  palkön,  pulverem  >  pluhur, 
fricare  ]>  fsrkön,  turma  ]>  trume),  hat  sich  auch  in  den  ii  EH., 
wenigstens  was  r  angeht,  häufig  eingestellt: 

camevale  >  *cafeval  >  kalivär  cal;  scalcare]>  Sklakonem 
sie  Piana;  duplicare  >*  dulbukös;  castrare  ]>  krastfs  Leake; 
sie.  crucetta  >>  kurtSetf  sie:  partigiana  >>  paterSan  acut;  kor- 
kodfl;  predicare>prediköj,  perdiköj  scut  J;  sparlare  >  Spratoj 
J;  garzone  >>  gradzün  cal;  gardzün  sie;  ven.  granzo  vegL 
gruns  >  gsrd'  gr.  N;  cal.  guorfu  >  gufsr  cal;  caL  ncairicare 
>>  ngrakön  cal;  nglakön  sie;  trifoglio  >>  terföj,  triföj  Bo;  sie 
trimoja  >  tfirmole  sie;  trivello  >  terviel  J. 

§29.    m. 

In  den  lat  EL  ist  m  im  Anlaute  bewahrt:  missa  ^  mesf, 
maritare  >>  martön;  im  Inlaute  ist  es  teils  als  m  erhalten, 
teils  hat  es  ein  b  nach  sich  entwickelt:  grumulus  "^  grumvir 
grumbu);  scamnum  ]>  §kam,  §kamp-bi  geg. 

Auch  in  den  it  EL  ist  m  im  Anlaute  bewahrt  (c£  Wörter- 
verzeichnis unter  m),  nur  zwei  Wörter  haben  es  vor  unbetontem 


-    89    — 

Vokale  über  mb  in  b  übergehen  lassen:  mestiere  >>  baSigär 
caL  nnd  mozzello  >•  botsiel;  batsei  scni  »»  „JRadnabe^.  Bei 
diesem  Worte  ist  yielleicht  butsel  =  „kleine  Tonne"  (von 
bozzello)  von  Einfluß  gewesen,  da  die  Radnabe  in  der  Tat 
eine  gewisse  Ähnlichkeit  mit  einer  kleinen  Tonne  hat. 

Im  Wortinnem  hat  sich  m  allgemein  bewahrt,  nur  in 
einem  Worte  ist  es  in  mb  fibergegangen :  remo  >•  rem,  rembe  scut. 

Über  mp,  mb  c£  S.  66,  68. 

§30.    n. 

In  den  lat  El.  ist  n  im  Anlaut  als  n  bewahrt:  numerus 
>  numer;  nodus  >  ne.  Jedes  intervokalische  n  im  Wort- 
innem ist  im  to.  zu  r  geworden,  im  Auslaute  dagegen  und 
im  geg.  ist  n  geblieben,  jedoch  auslautend  in  beiden  Dialekten 
früh  geschwunden:  sanare  ]>  §erön  to;  äno§  scut;  virginem  [> 
Yetgen  to;  yirgini  geg;  panus  >•  pl-ri  to;  pe-ni  geg. 

Wenn  nun  firaöai  to.  geg.  <=  „Esche"  und  reSinf  to;  rfiöi- 
ni  geg.  =  „Harz"  aus  dem  lat  stammen  würden  (frazinus, 
resina),  müßten  sie  ebenfalls  den  Wandel  von  n  >•  r  mit- 
gemacht haben.  Sein  Unterbleiben  kann  auch  nicht  durch 
das  schon  im  Etymon  yorhandene  r  yerursacht  sein,  da  vergeri, 
remh  (romanus),  rsre  (arena),  ver^  (venenum)  ebenfalls  r  für 
n  zeigen.  Beide  Wörter  gehören  also  mit  großer  Wahr- 
scheinlichkeit zu  den  it  El. 

Der  Wandel  yon  n  ]>  r  ist  unterblieben  bei  geminiertem 
n:  gunna  ^  gunc;  canna  ^  kane;  und  ebenso  bei  mouilliertem 
n  (aus  n^  i4),  das  n,  j  ergab:  tinj^  >•  ten£  to;  tene  geg;  tej 
scut  «=>  „Motte". 

n  in  Verbindung  mit  k,  t  bewirkt  deren  Übergang  in  die 
Media:  nk  >>  ng,  nt  ^  nd;  im  scut.  kann  nd  zu  nn  assimiliert 
werden:  canticum  >>  kenge  =>  „Gesang";  cantare>> kentön  to; 
knnöj  J. 

Auch  in  der  Verbindung  m  hat  Assimilation  stattgefunden, 
hier  jedoch  das  n  an  r  zu  f :  fumus  '^  fufe,  fiif. 

In  den  ii  El.  ist  n  im  Anlaut  als  n  bewahrt  (cf.  Wörter- 
yerzeichnis  unter  n).     Bei  einigen   mit  Vokal    anlautenden 


—    90    — 

• 

Wörtern  des  cal.  alb.  ist  das  n  der  Präposition  „in"  mit  dem 
Stanmie  yerschmolzen,  wie  dies  mit  dem  Artikel  il  bei  ImuM 
geschehen  ist:  in  amore  >>  namär  Sant;  in  asile  >>  nasü  Rada; 
in  odio  >•  nodi  Rada.  Vor  g  und  d  im  Anlaut  kann  n  (Vor- 
silbe in)  schwinden:  ingannare  >>  ngenej  Prop;  ngnüe  J;  genen 
to;  oberii  ingattiar  ]>  ngatrön,  gat^rön;  indecente  >>  di§ents 
Rada.  Umgekehrt  kann  aber  auch  n  unorganisch  vortreten: 
gonfiare  >  guföj,  nguföj  scut;  cal.  gioca  >  ndzok«  Vena.  Da 
intervokalisches  n  in  den  ii  El.  stets  als  n  erhalten  bleibt 
(bonatsß,  kamban£,  konoSti,  moneÖB  etc.),  kann  auch  keruts 
Hahn  =  ,,kahl"  nicht  auf  it.  canuto  zurückgehen. 

Das  mouillierte  n  =  it.  gn  ist  meist  als  n  erhalten,  nur 
in  einigen  geg.  und  scut.  Formen  zu  j  geworden:  bagno  >> 
ban  scut  J;  cicogna  >>  kanu§£  Ro;  degnare  [>  denöj  scut; 
degno  >  den  geg;  dei  scut;  pignuolo  >  pinuet  Ro;  pinü}  J; 
pugnale  >  pinä*  geg;  regnare  >  renöj  Ro;  scrigna  >  skrinc 
geg;  segnale  ^  senä^  gr;  segno  ^  ^ne  to;  §ej€  geg;  tigna  >> 
tine  Ro. 

In  den  Verbindungen  nk,  nt  ist  wie  in  den  lat.  El.  die 
Media  eingetreten  und  zwar  bei  nk  stets,  bei  nt  nur  in  der 
älteren  Periode;  in  der  jüngeren  bleibt  es  als  nt.  nd  ist  als 
nd  bewahrt;  im  scui  jedoch  ist  der  Dental  häufig  durch 
Assimilation  in  n  übergegangen. 

nk  >  ng:  banco  >  bango,  bang-u,  bange;  mancare  > 
maigön;  manco  "^  menk-gu  geg;  mengu  cal;  mengu  Frasc; 
mancato  ]>  mangät  geg;  mangüt  J;  manica  >•  mang-a  J; 
monaca  +  ese  >•  munake§  Ro;  mungeä  scut;  caL  incarricare 
>  ngrakön  cal;  roncare  >  rungon  cal.  March;  sciancato  > 
sankät  Frasc.  (ganz  moderne  Entlehnung);  incaricare  >  ngar- 
kön,  dessen  g  sich  auch  auf  sgarkoj  J.  neben  §kark6j  Ro. 
übertragen  hat.  angure  =  „Anker"  ist  wohl  besser  von  ven. 
ancora  abzuleiten,  als  von  ngr.  ayxovga, 

nt  >  nd;  scut.  >  nn:  awento  >  avent-di  Ro;  mantile  > 
vandile  cal;  brontolare  >  vrundulis  cal;  canterina  >  kanderie 
Ro;  canto >  kant-di  geg;  Krist;  kent-di  to ;  contento > kutient 
cal.  Rada;  kondend  Bla;  können  J;  ven.  grinta  >  grindem; 


—    91    — 

intaccare  >>  ndake  Rada;  Interesse  ^  nderes  cal;  intonare  ]> 
ndonatc  cal;  levante  >-  levanl-di  gr;  mantile>>  mandile;  menta 

>  mente  Plana;  mend  Bla;  m^nderf  to;  miimeTS  geg;  menner 
J;  m^ndreze  cal;  caL  ntinna  >•  ndin  cal;  sacramenfco  >>  sakra- 
m^nn  scut;  tentare  >>  tendöj,  iondöj  Bo.  geg;  tnnndj  J;  tennöj 
Ro;  in-tisica  >  ndisk  scut;  Regg.  ventrera  >  vandere  sie. 
nt  >>  nt:  caL  chiantare  ]>  Kanton  cal;  fantasia  >>  fantasi  Bo; 
gentile  >>  di^entfl  geg.  scut;  quarantena  >•  karantene  Ro. 

nd  ^  nd;  scut  nn:  banda  >>>  bandf;  baid^  gr;  ven.  ban- 
dido  >>  bandle  to;  bandd  geg;  bandiera  >>  bandjere;  calandra 

>  kalmdrf  Rada;  calendario  ]>  kalendar  Ro;  kalenn&r  scut; 
indiyinare  }>  ndiynöj  Ro;  lindo  >"  linde  Rada;  locanda  '^ 
lokande  scut;  mandorla  >•  mandorle  Mitk;  ven.  mandola  >• 
mendule  Bla;  mandra>^mendr€  cal;  propagand  scut;  scandalo 

>  skandato  to;  skendat  sie.  cal;  äkandul  geg;  Skannul  scut; 
spendere  >>  spendön  to. 

Die  Behandlung  von  -m-  ist  je  nach  der  Au&ahmezeit 
der  Wörter  eine  verschiedene:  in  den  älteren  it.  EL  ist  die 
Assimilation  zu  f  noch  wirksam  gewesen  und  zeigt  sich  auch 
im  caL  alb.  in  einigen  nur  diesem  Dialekte  angehörigen 
Wörtern;  in  den  jüngeren  El.  hat  r  seine  Assimilationskraft 
verloren,  sodaß  m  erhalten  ist 

m  >  f :  infemo  >  fef  geg.  J;  camevale  >  kalivar  cal. 
Sant;  scherano  ^  ikere  caL  Sant;  comamusa  >>  kafamunts£ 
cal;  tavema>*tavefesBla;  tomese>tufesFrasc;  tomo>tof£. 

m  >  m:  fomire]>fem6n,  fumön  cal;  guvernöj  Bla;  neap. 
sderrenato  ]>  zdemat  cal.  Frasc;  tabemaku)  Ro. 

§  31.    ts,  dz. 

Entsprechend  dem  Wandel  von  lat  ti  >  ts  >  s  und  di 

>  dz  >  z  (puteus  >  pus,  gaudium  >  gas-zi),  sind  auch  in 
den  alteren  it.  El.  ts  und  dz  =»  ii  z,  zz  in  s  und  z  überge- 
gangen, in  den  jüngeren  El.  jedoch  als  ts  und  dz  bewahrt. 

ts  ^  s:  palazzo  ]>  paläs,  peias;  ptas  Ro;  pu/as  cal;  ter- 
razza >•  defase,  drase,  rase;  jedoch:  taratsf;  ven.  panza^^pense; 


-    92    — 

▼en.  panza  +  altven.  splenza  >>  blendze;  plants-dzi  J;  plamks 
geg;  pjfnts  Bada;  pizzicare  >•  piskön  neben  pitskön. 

dz  >•  z:  dozzina  >*  duzine  gr;  penzolare  >*  pezu^oj,  pezül 
seut;  Yen.  sponza  >•  §paz  scut;  dpunz  J;  tramezzare  >>  tra- 
mezöj  geg;  zelo  >•  ze)  scut;  zeÜ  geg;  zecca  ^  zeki^-  geg.  J.  gr 

In  sufut  Ro;  sufarine,  fufarine  (ii  zufolo)  ist  s  durch 
Angleichung  an  f  entstanden,  wie  die  dritte  Form  mit  an- 
lautendem f  zeigt 

t§  für  ts  erscheint  in  maltäi,  multäi;  meßi  gr.  yon  milza; 
in  tumat§6  gr.  Bhd.  neben  tumats  cal.  sie  aus  sie.  tumazzu; 
in  katiül  gr.  Rhd.  von  cazzo  und  in  mat§akön  gr.  ans  Yen. 
mazzoca.  Sonst  yergleiche  man  noch  kets,  kats  :=s  „Ziege"; 
ket§  geg;  kits  gr.  N.  Bei  giannizzero  >>  d^anitäer  geg.  ist 
t§  auf  den  Einfluß  yon  tu.  jenitSeri  «=  „neue  Miliz"  zu  setzen. 

Ein  Versehen  dürfte  in  strapizöj  Prop.  yon  strapazzare 
mit  z  aspro  yorliegen,  da  Bo.  nur  ätrapatsöj  mit  ts  kennt»  und 
ebenso  in  orts£  gr.  «=:  „Backbord"  yon  orza  mit  z  dolce,  das 
also  besser  ordz6  zu  schreiben  ist. 

In  allen  übrigen  Fällen  ist  z  aspro  oder  dolce  im  alb. 
als  ts  oder  dz  bewahrt: 

abatsi  geg.  scut;  carrozza  "^  karotse;  cal.  chiazza  !>  katse 
cal;  kolatsiön  scut;  sie.  cunsulazioni  "^  kunsu/atsidn  sie;  di- 
yotsiön  scut;  forza  >>  fortse;  grinza  >•  grintse  Bo;  caL  lanza 
^-^  lents-dzi  cal;  lenzuolo  >>  luntsöl  Bada;  licenza  >>  litsentse 
gr.  Bhd;  cal.  maruzza  ]>  marotse  cal;  maritozza  ;>  maritöts 
Bo;  yen.  mazzola  >•  matsole  gr;  cal.  muzzicune  >-  mitsikün 
cal;  obrizzo  >>  obrfts  scut;  offlzio  ]>  fits  cal;  ofits,  ufits  scut; 
ospizio  >-  ospfts  Bo;  yen.  panzera  ]>  pantsir;  altyen.  pizzola 
>  pltserc;  cal.  pizzu  >  pits  cal;  prefäts  Bo;  profetsi  scut; 
razza  >  fatsfi  caL  Frasc;  servizio  >  seryitsia  pl.  gr;  yen.  sfi- 
lazzo  >>  sfilatso  gr.  Bhd;  speranza  >•  sprents  cal;  yen.  spezie 
>>  spets,  spetsfi;  sie.  stizza  ]>  stitsc  sie;  stizzo  >-  stits  Bo; 
zaffo  >•  tsaf  Bla;  caL  zampajjune  >>  tsampane  caL  Frasc;  caL 
zirru  >  tsuril  cal.  Sani 

garzone  >•  gradzün  cal;  gardzdn  sie;  gazzetta  ]>  gadzet 
Bo;  gonzo  >  zgendz«  gr.  Bhd;  yen.  lezer  >  ledzöj  Prop;  neap. 


—    93    — 

panzana  ^  pandzan  cal;  caL  ruzza  }>  fadze  cal;  zero  >>  dzer 
Bo;  abrozz.  zirra  >*  ndzire  sie;  caL  zirra  ]>  ndzcfeps  cal. 

§32.    t§. 

Im  alb.  ist  ts  »=  it  c  Yor  e,  i  immer  bewahrt  worden: 
ef.  Wörterverzeichnis  unter  ce,  ci  sowie  die  folgenden  Beispiele: 

caL  arcere  ]>  artäere  cal;  Ten.  articioco  >  artitSök  geg; 
boccia  >>  botif  sie;  boccio]>bot§  geg;  eappuceino>>kaput§in 
Ro;  neap.  caueerogna  >>  kantäirona  cal;  sie.  crucetta  ]>  kart- 
§et£  sie;  donnaccia  >>  danati  Tirana;  Yen.  faeiol  >•  fatset  scat; 
hmaccio  ]>  Imadk  scai  J;  caL  mieciu  >>  mitS  cal.  Fräse;  pan- 
ciera>*pet6ir,  cal.  taccia>>tatsc  cal;  tonacella^^tonatSel  Ro. 

In  einigen  Fallen,  die  im  alb.  ts  f&r  it  t§  haben,  ist 
dieser  Wandel  nicht  im  alb.  Yor  sich  gegangen,  sondern  bereits 
im  it;  besonders  in  den  beiden  hier  in  Betracht  kommenden 
Dialekten,  dem  Yen.  und  dem  caL  ist  t§  starken  Veränderongen 
nnterworfen  gewesen: 

Im  Yen.  geht  ce,  ci  anlautend  in  ts  über,  im  Wortinnem 
io  8,  nur  cce  ist  auch  in  dieser  Stellung  ts  geblieben:  certo 

>  tserto,  Yoce  >>  Yose,  cacciare  >>  catsar.  Im  caL  kann  lat. 
c  Yor  e,  i  als  t§,  dz,  ts,  dz  und  s  erseheinen  (Scerbo  39). 

Die  nun  in  Bezug  auf  tö  Yom  Toskanischen  abweichenden 
alb.  Formen  gehen  entweder  auf  Yen.  oder  auf  caL  Formen 
zurflck,  die  soweit  möglich  im  Folgenden  mit  angefahrt 
worden  sind: 

capuccio,  Yen.  capuzzo  >>  kopüts,  kupüts  Pulj;  cioneo  [> 
tsunk-gu;  tsungel-i  «=  „Pfosten,  Stützbalken"  J;  tsunk^-i  «» 
^ Weidengerte,  Binse  J;  wenn  auch  Yen.  *zonco  nicht  belegt 
ist,  so  ist  der  Anlaut  aus  Yen.  zompo,  zonfo  «=  „Yerstümmelt"^ 
zu  ersehen. 

figlioccio,  Yen.  fiozzo  >>  filöts  m.  -ts€  f.  gr.  Rhd;  ii  rancio 

>  rants€  gr.  Rhd.,  das  auf  ein  Yen.  *rantso  neben  Yen.  ranchio 
zarflekgeht.  lesentse,  liseotsf  undlitsentsesindzuYerschiedenen 
Zeiten  in  das  gr.  alb.  übergegangen,  wobei  die  beiden  ersten 
Worter  Yon  Yon.  *Iisentsa  stanmien  (in  der  alteren  Form  mit 
3  >  ä)  und  litöentse  Yon  it.  licenza. 


—    94    — 

tsen  cal;  tsaiorc  Bada  gehen  auf  ein  dem  neap.  zinna 
entsprechendes  caL  Etjmon  zorack.  J.  hat  von  cenno  tSenoj 
=  „verspotten".  Auch  kots,  kots«  cal.  (it  coccio,  coccia) 
wird  ein  cal.  Etjmon  mit  ts  zu  Grande  liegen.  Dasselbe  gilt 
von  pertsiön  Rada  (it.  processione  >-  protsesiön  scui). 

nuzent  caL  Sant  (z  wahrscheinlich  ein  Versehen  fär  ts) 
stammt  von  einer  cal.  Form,  die  dem  neap.  nnozente  entspricht 

Da  ce,  ci  im  cal.  auch  zu  S  werden  können,  so  gehen 
kardazi  cal.  und  diSents  Rada  (neap.  cardacia,  ii  indecente) 
auf  entsprechende  cal.  Formen  zurück. 

Erweichung  von  t§  >•  dz  ist  eingetreten  in  yudze  caL 
Frasc.  Ton  caL  vuce;  yudzar  neben  TutSär  cal;  yudzari  caL 
von  cal.  vuccieri,  in  diesen  Wörtern  durch  Angleichung  an 
den  Anlaut;  femer  in  rdl^ul  J.  aus  orciuolo,  hier  wahrschein- 
lich durch  das  vorangehende  r  bewirkt;  urtsuel  Bla.  stammt 
von  einem  ven.  *orzuolo. 

Eine  starke  Kürzung  haben  rSje)  gr.  cal;  r§üi  J.  er&hren, 
wenn  sie  auf  cardicello  zurückgehen. 

In  den  Ableitungen  von  cicogna  und  cicoria  ist  die  erste 
Silbe,  wenigstens  in  einigen  Formen,  ganz  geschwunden: 
kanuä€  Ro;  dkorie  Ro;  köre  J;  körezf  gr.  kofe. 

§33.    dz. 

Im  alb.  ist  dz  :=  it.  g  vor  e,  i  stets  als  dz  bewahrt;  cf. 
Wörterverzeichnis  unter  ge,  gi  sowie  die  folgenden  Beispiele: 

collegio  >  koledz  scut;  koledzäl  scut;  effigie  >  fidfc  sie; 
gaggia  >>  gadz£  cal;  gaggio  >>  gadze  Rada;  legge  ]>  ledzf  cal. 
Frasc;  lindo  +  leggiera  >  lindzer«  gr.  Rhd;  viaggio  >•  viats- 
dza  J. 

In  tselsomfn  Ro.  =  „Jasmin"  (it.  gelsomina)  ist  die  erste 
Silbe  durch  volksetymologische  Anlehnung  an  tsel  scut  = 
„Himmel"  entstanden;  J.  hat  zesemln  mit  Verstummen  des 
Dentals. 

partigiana  ist  als  patersan  in  das  scut  übergegangen, 
neben  welcher  Form  Ro.  auch  paterzane  verzeichnet  Dieser 
Übergang  von  dz  >  z,  der  sich  auch  in  tserfös-zi  Ro.  von 


—    95    — 

Ten.  cerfogio  und  in  partas-zi  Xyl.  von  partaggio  findet,  ge- 
hört jedoch  schon  den  it  Mundarten  an:  altit.  bastagio  >>  ven. 
bastaso,  caL  yastasu;  it  fiigiano  >>  yen.  fasän. 

D.  Labialisierung;  Vokalharmonie. 

Bereits  mehrfach  ist  im  Laufe  der  Darstellung  auf  den 
Einfluß  hingewiesen  worden,  den  labiale  Konsonanten  und  s, 
das  mit  vorgestülpten  Lippen  gesprochen  wird,  also  geradeso 
\Tirkt  wie  die  Labialen,  auf  den  unmittelbar  benachbarten 
Vokal  ausüben  können.  Am  häufigsten  zeigt  sich  Labiali- 
sierung bei  unbetonten  Vokalen.  Betonte  Vokale  sind  nur 
in  folgenden  Wörtern  durch  Labialisierung  verändert  worden: 

nescio  ]>  nos  gr.  Bhd;  civetta  >>  dzutt€  Sant;  pieno  ]> 
pjono  cal;  colostro  ]>  kuluster  J;  bolla]>bul€  Erist;  cardi- 
cello  >  räjel  gr.  cal;  rSüi  J. 

Die  Beispiele  zum  Übergange  von  unbetonten  Vokalen 
in  o,  u  infolge  Labialisierung  cf.  S.  47:  a  >>  o,  u  und  S.  53: 
i  >*  0,  u,  außerdem  noch  die  folgenden: 

capeistro  >>  kcpreS,  kopr^ä;  ven.  maiän  ]>  molän,  mulan; 
pagare  >>  pagön,  pogön;  befficare  >*  bofikar  gr.  Rhd;  pelle- 
grino>>puIigri  scut;  cameTale>>kamoyät  Ro;  milza^^meltSi, 
moltäi;  BQußi  gr. 

Daß  der  Übergang  nicht  auf  it  El.  beschränkt  ist,  zeigen 
die  folgenden  Beispiele:  lat.  machina]>mök£r6»>  „Mühlstein"; 
lat  familia  >>  femile;  fumi  Bo.  Erizzo,  (cf.  nun.  fumee  neben 
femee);  lat  cavus  >  goyate,  gOYsre  (cf.  S.  60);  tu.  dolama  > 
dotomä;  ngr.  fiopactfJQi  >>  monoätfr  cal. 

Auch  im  Rum.  ist  Labialisierung  durch  labiale  Konso- 
nanten so*yie  durch  6  und  t§  eine  häufige  Erscheinung. 

Betrachtet  man  die  Wörter  §orök  yon  sciroco,  mono^tir 
caL  und  dolomä,  so  ist  augenscheinlich,  daß  in  ihnen  nicht 
nur  Labialisierung  gewirkt  hat,  sondern  zugleich  Vokalharmonie, 
im  ersten  Worte  regressiy,  in  den  beiden  andern  progressiv. 
Wäre  das  nicht  der  Fall,  so  hätte  unbetontes  o  zu  u  werden 
müssen,  wenigstens  in  monostir,  da  dieses  §  für  s  zeigt  und 


—    96    — 

der  Übergang  von  unbetontem  o  ]>  u  sich  I&nger  yoUzogen 
hat  als  jener. 

Im  alb.  wirkt  also  die  Vokalharmonie  progressiy  und 
regressiv,  und  nach  beiden  Wirkungsweisen  sollen  ohne  weitere 
Einteilung  die  folgenden  Beispiele  aus  den  it  £1.  angeordnet 
werden. 

1)  Progressive  Yokalharmonie:  Ten.  caneveta  ]>  kanavetf; 
carestia  >*  karasti  cal;  gelsomino  >•  zezemin  J;  maturare  > 
mataröj  geg;  mazzoca  +  one  >>  matöakön  gr;  sottile  +  accio 
>>  sutilä§,  sotolää  Ro. 

2)  Regressive  Yokalharmonie:  celata  '^  tSetat,  tdalat  Ro 
comamusa  >>  kafamimtsc  cal;  donnaccia  >>  danats  Tirana; 
dragomanno  ^  drogomän;  caL  muzzicune  ]>  mitsikün  cal; 
sigurare  >>  suguröj  geg;  tremare  ]>  tramärin  caL  Bad& 

Vokalharmonie  tritt  also  im  Alb.  wie  im  Rum.  in  erster 
Linie  in  vortonigen  Silben  ein  nach  dem  Schema:  ä  ^  x'  > 
ä  ä  z'  oder  $  $  x'. 

Wie  die  Labialisierung  ist  auch  die  Vokalharmonie  nicht 
an  eine  bestinmite  Zeit  und  an  gewisse  sprachliche  Elemente 
gebunden;  sie  erstreckt  ihre  Wirkung  auf  alle  Wörter,  die 
in  das  alb.  eingedrungen  sind.  Man  vergleiche  z.  B.  von  den 
verschiedenen  Formen  von  dalndüSe  (E.  W.  59)  besonders 
detendüä  Bla.,  da}andus€  gr;  femer  tu.  destimal  >•  destemel; 
kalakude  N  aus  ngr.  xoXotaxovöa, 

Wenn  Storch  in  seiner  Abhandlung  über  die  Vokal- 
harmonie im  Rumänischen'*')  sagt,  daß  die  Vokalharmonie  im 
Rumänischen  eine  Erscheinimg  sei,  die  dieser  Spr.  als  ihr  be- 
sonderes Eigentum  zukomme,  und  daß  man  nicht  annehmen 
könne,  daß  die  Spr.  umliegender  Völker,  etwa  das  Türkische 
oder  Ungarische  den  Anstoß  dazu  gegeben  hätten,  so  ist 
gegenüber  der  Tatsache,  daß  im  alb.  wie  im  rum.  die  Vokal- 
harmonie progressiv  und  regressiv  vorkommt,  darauf  hinzu- 
weisen, daß  die  Vokalharmonie  im  alb.  wenn  auch  nicht  den 
Anstoß  zu  derselben  lautlichen  Einwirkung  im  rum.  gegeben 


♦)  Jahresbericht  des  rum.  Inst  VII,  S.  171. 


—    97    — 

hat,  80  doch  neben  vielen  anderen  Übereinstimmungen  beider 
Spr.  in  lautlicher,  lexikographischer  und  syntaktischer  Be- 
ziehnng  ein  neuer  Beweis  ist  für  den  gemeinsamen  Qeist,  der 
die  früheste  Entwicklung  beider  Spr.  belebte,  und  dessen 
Nachwirkungen  noch  heute  deutlich  zu  Tage  treten. 


ni.  Ei^ebmsse  der  Lantlehre. 

Im  Fönenden  soll  nun  versucht  werden,  die  Ergebnisse 
der  Lautlehre  kurz  zusammen  zu  fassen  und  die  zeitliche  Aus- 
dehnung der  einzelnen  Lauterscheinungen  soweit  möglich  fest- 
zustellen. Nach  dem  geschichtlichen  Überblicke  sind  besonders 
zwei  Zeitpunkte  von  Wichtigkeit:  der  Beginn  des  it.  yen.  Ein- 
flusses im  10.  Jh.  und  die  Auswanderung  der  Albanesen  nach 
Süditalien  in  der  zweiten  Hälfte  des  15.  Jh.  Durch  diese 
Auswanderung  wird  die  ganze  Zeitdauer  des  it  Einflusses  in 
zwei  ziemlich  gleiche  Abschnitte  geteilt,  von  denen  wir  den 
vom  10. — 15.  Jh.  währenden  als  die  ältere  it  Periode  bezeichnet 
haben.  Eine  genaue  Verteilung  auf  beide  Perioden  ist  jedoch 
nicht  durchzufuhren,  da,  wie  aus  dem  Vorangegangenen  und 
dem  Folgenden  zu  ersehen  ist,  einige  Lautersdieinungen  mehr 
oder  weniger  aus  der  älteren  in  die  jüngere  hinüberreichen. 

Vokale. 

Betontes  a  in  oraler  Stellung  ist  bis  in  die  neueste 
Zeit  unverändert  geblieben;  der  noch  in  den  lat  EL  wirksame 
Umlaut  des  a  durch  folgendes  i  ist  gänzHch  erloschen,  während 
der  Umlaut  nach  Analogie  bis  in  die  neueste  Zeit  wirksam 
gewesen  ist:  ngel,  grep,  die  Plurale:  freten^  soldeten. 

Betontes  a  vor  Nasal  ist,  wie  rem,  putai£  zeigen,  in 
den  ältesten  it  El.  noch  zu  6  geworden,  ein  Wandel,  der  sich 
vor  gedecktem  Nasal  im  gr.  alb.  bis  in  die  Zeit  gehalten  hat, 
in  der  noch  s  >  s  wurde  (Beginn  des  16.  Jh.),  wie  staube 
neben  §tamb£  zeigt,  und  der  im  cal.  alb.  noch  darüber  hinaus 

Weigand,  10.  Jahresbericht.  7 


wirksam  war:  skendal:,  sprsiits.  Nach  yampe  caL  za  urteilen 
igt  aber  auch  dieser  Wandel  in  nenerer  Zeit  erloschen. 

Betontes  e  in  oraler  Stellung  ist  als  StammTokal 
in  den  ältesten  it  EL  noch  zu  ie  geworden:  tiegui,  £ae§tr€, 
in  allen  übrigen  jedoch  als  e  bewahrt;  in  der  Endung  -ello 
hat  sich  die  Diphthongierung,  lautlich  oder  durch  Su£Gx- 
beeinflussung,  länger  gehalten  und  tritt  noch  nach  Erloschen 
des  Wandels  von  s  >*  S  ein:  kasigel  cal;  rasti^I  scui 

Vor  Nasal  ist  e  in  den  älteren  El.  zu  e  geworden,  in 
den  jüngeren  als  e  bewahrt 

i  hat  in  oraler  Stellung  wie  vor  Nasal  seinen  Laut- 
wert unverändert  gelassen. 

Betontes  o  in  oraler  Stellung  ist  als  o  bewahrt,  in 
den  Endungen  -olo,  -ore  in  der  älteren  Zeit  zu  u  geworden; 
aber  auch  hier  schwindet  die  Wandlungsfähigkeit  vor  Abschluß 
des  Übergangs  von  s>>8:  piötote  gr. 

Vor  gedecktem  Nasal  ist  o  in  der  Stammsilbe  in  u 
übergegangen,  vor  freiem  Nasal  aber  ist  o  erhalten;  die 
Endung  -öne  ist  in  der  älteren  Zeit  analog  den  lai  EL  zu 
-ua,  -ue  geworden,  daneben  auch  als  -on  erhalten  und  dies 
immer  in  den  jüngeren  EL  und  in  der  bestimmten  Form.  In 
einigen  Wörtern  ist  an  Stelle  von  -one  auch  die  gr.  bez.  cal. 
Endung  -un  getreten. 

Das  betonte  u  in  oraler  Stellung  wie  vor  Nasal  hat 
inmier  seinen  Lautwert  bewahrt,  und  das  gleiche  gilt  von  au. 

Die  unbetonten  Vokale  im  Anlaut  erleiden  in  der 
älteren  Zeit  Aphärese,  in  den  jüngeren  EL  sind  sie  erhalten, 
jedoch  o  als  u.  Dabei  ist  a  noch  abgefallen  nach  dem  Auf- 
hören des  Wandels  von  s  >•  §:  balastri  cal;  sparag  J. 

Im  Inlaut  ist  unbetontes  a  in  der  älteren  Zeit  zu  e, 
scut.  e  geworden,  das  noch  schwinden  kann,  welcher  Übergang 
ebenfalls  den  von  s  ]>  s  überdauert  hat:  asterk  cal;  kesole, 
ksole,  konsekröj  Ro;  sakerdirin  caL  Unbetontes  a  im  Aus- 
laute ist  allgemein  zu  s  geschwächt  worden,  nach  i  auch  zu 
e  und  kann  in  beiden  Fällen  im  scut  verstunmien. 

Inlautendes  unbetontes  e  erscheint  als  6,  scut  e  in 


—    99    — 

onder  Stellimg  wie  Tor  Nasal,  im  cal.  alb,  zuweilen  als  i,  das 
dann  auf  entspreohende  caL  Formen  mit  i  zurückgeht  Vor 
r  ist  es  auch  in  a  übergegangen.  Unbetontes  e  im  Auslaut 
ist  allgemein  geschwunden,  nur  in  einzelnen  jüngeren  El.  hat 
es  sich  als  e  oder  s  erhalten. 

Unbetontes  i  im  Inlaut  ist  oft  in  e,  scub  e  überge- 
gangen und  auch  ganz  geschwunden,  wenn  es  in  völlig  ton- 
loser Silbe  stand,  im  übrigen  hat  es  seinen  Lautwert  bewahrt. 

Unbetontes  o  im  Inlaute  wurde  in  den  älteren  EL  zu 
B,  selbst  noch  nach  dem  Aufhören  des  Wandels  von  s  >•  ä: 
fans  cal;  kusär;  mustrak  J;  suldat  cal;  surbön;  aber  auch 
seine  Wandlungsfähigkeit  war  schon  erloschen  als  noch  inter- 
▼okaUsches  d  in  d  überging:  adorären  cal;  korkodß  Bo; 
koYarda;  monede.  In .  äkolar  oaL  und  skotar  Bo.  ist  o  durch 
das  Simplex  §kol£,  skol  gestützt  worden.  In  den  jüngsten 
£L  ist  o  erhalten.  Der  Übergang  Yon  unbetontem  o  >-  e  hat 
unabhängig  yon  der  Au&ahmezeit  in  lai  wie  it  EL  statt- 
gefunden. Die  Endung  -olo  erscheint  stets  als  -uL  Aus- 
lautendes o  ist  allgemein  geschwunden,  nur  in  modernen 
Fremdwörtern  ist  es  mit  in  das  alb.  übernommen  worden. 

Unbetontes  u  im  Inlaut  erscheint  fast  iouner  als  u; 
im  Auslaut  ist  es  verstummt. 

Konsonanten. 

Die  gutturalen  Konsonanten  k,  g  und  die  palatalen 
M,  g  haben  im  allgemeinen  ihren  Lautwert  bewahrt,  nur  im 
8CQi  sind  M  und  g  von  der  ersten  Hälfte  des  19.  Jh.  an  in 
ti  and  dz  übergegangen. 

Die  labialen  Verschlußlaute  p,  b  sind  als  p,  b  erhalten, 
anch  in  Verbindung  mit  anderen  Konsonanten;  nur  mp  ist  in 
^^9  S%*  m  übergegangen,  und  in  einigen  gr.  und  caL  alb. 
Wörtern  p  in  b.  b  im  Anlaut  unbetonter  Silben  kann  zu 
mb,  m  werden  und  mb  im  geg.  zu  m.  Der  Übergang  yon 
b  im  Anlaut  in  v,  der  zumeist  in  Wörtern  gr.  Ursprungs  sich 
zeigen  muß,  ist  auch  in  yals,  yaltsöj,  valis  eingetreten  und  zwar 


—     100    — 

in  neuerer  Zeit,  da  vortoniges  a  bewahrt  ist  Intervokalisches 
br  ist  in  älterer  Zeit  in  yr  übergegangen,  in  der  jüngeren  als 
br  erhalten. 

Dentale,  t  ist  in  jeder  Stellung,  auch  in  Verbindung 
mit  r,  unverändert  geblieben;  die  beiden  Wörter  katafak  und 
patake,  die  t  mit  k  wechseln,  gehören  wegen  Erhaltung  des 
vortonigen  a  der  neueren  Zeit  an. 

Anlautendes  d  ist  bis  auf  die  Ausnahmen  im  cal.  ((Kfesc, 
(fulären,  difis,  djaskal)  als  d  bewahrt  IntervokalLsch  aber  und 
in  der  Verbindung  rd  setzt  es  in  den  älteren  it  EL  die  Laut- 
entwicklung der  zweiten  lat  Periode  fort  und  geht  in  6  über, 
was  noch  stattgefunden  hat,  als  unbetontes  a,  o  ihren  Laut- 
wert nicht  mehr  veränderten:  adurön  to;  adorären  cal;  kor- 
kodfl;  monede;  tra^tür;  kovarde,  sardelf.  In  den  jüngsten  EL 
ist  in  beiden  Fallen  d  erhalten. 

Die  labialen  Spiranten  f  und  v  haben  foir  gewöhnlich 
hren  Lautwert  bewahrt 

Der  Übergang  von  s  >>  s  ist  der  einzige,  der  innerhalb 
der  it  Periode  entstanden  und  auch  geschwunden  ist,  sodaß 
ihn  nur  die  älteren  it  El.  mitmachen  konnten.  Die  in  das 
rum.  aufgenommenen  Elemente  zeigen  s.  Zur  Zeit  der  Aus- 
wanderung der  Albanesen  nach  Italien,  dauerte  der  Wandel 
von  s  >>  s  noch  fort,  da  caL  Dialektworte  noch  s  >>  s  werden 
lassen:  cal.  scupetta >  skupete  cal;  caL  frusculu > fruSkul' caL 
Daß  auch  in  Albanien  zu  Beginn  des  16.  Jh.  der  Wandel 
noch  lebendig  war,  zeigt  s  in  stamp  scut;  Stambe,  §temb£  gr., 
gleichviel  ob  diese  Worte  dem  alb.  durch  das  gr.  oder  das 
ven.  übermittelt  worden  sind.  Da  aber  1483  Sultan  Bajesid  IL 
die  Buchdruckerei  in  seinem  Reiche  bei  Todesstrafe  unter- 
sagte, ist  mit  größerer  Wahrscheinlichkeit  die  Kenntnis  von 
Druckwerken  und  Verfahren  und  damit  auch  des  Wortes  von 
Venedig  ausgegangen,  das  Ende  des  15.  Jh.  etwa  250  Druckereien 
besaß,  sest  neben  sest  J.  macht  es  wahrscheinlich,  daß  der 
Wandel  zuerst  im  Inlaut  vor  Konsonanten  unterblieben  ist, 
jedoch  auch  im  Anlaut  bald  darauf  erlosch. 

s  =  it  sei,  sce  hat  seinen  Lautwert  bewahrt. 


—     101    — 

Was  den  Übergang  von  f>fi,  f>li>j,  f>^,  8>*, 
s>f,  ^>f,  v>d,  <J>v  und  von  d  >  t  angeht,  so  diene 
zar  Charakterisierung  dieser  Eigentümlichkeit  folgende  Äuße- 
rung Dozon's  (S.  339)  über  das  alb.  im  allgemeinen:  „En  fait, 
plus  d'un  mot  chkipe  semble,  pour  ainsi  dire,  n'avoir  pas 
atteint  nn  etat  de  fizite  complet;  en  outre,  certaines  lettres, 
principalement  les  consonnes  fortes  et  faibles,  se  remplacent 
entre  elles,  et  certaines  prefixes  ou  prostheses  varient  presque 
a  Imfini  ou  se  suppriment." 

Was  nun  die  Zeit  dieser  Übergänge  betrifft,  so  sind  sie 
za  allen  Zeiten  eingetreten,  wie  denn  auch  die  den  ver- 
schiedenen Spr.  angehorigen  El.  von  ihnen  betroffen  worden 
sind;  nur  der  Übergang  von  s  >  ^  muß  natürlich  vor  dem 
von  s  >  s  eingesetzt  haben.  Femer  scheint  der  besonders 
dem  geg.  und  scui  angehörende  Übergang  von  d  ^  v  und 
von  d  >  t  neueren  Ursprungs  zu  sein,  weil  ö  in  beiden  Fällen 
meist  erst  auf  intervokalisches  d  zurückgeht  und  bei  Bla.  noch 
als  6  erscheint,  während  s  imd  f  bei  ihm  schon  durch  ß-  er- 
setzt sind. 

Anlautendes  1  ist  bis  in  die  neueste  Zeit  in  I  überge- 
gangen; das  mouillierte  1  =  it.  gli  hat  sich  als  I  erhalten  oder 
ist  dialektisch  zu  j  geworden,  ohne  daß  hierbei  die  Zeit  der 
Aufnahme  von  Einfluß  gewesen  wäre.  1  vor  cons.  ist  in  I 
übergegangen,  in  modernen  Fremdwörtern  jedoch  in  t,  von 
denen  übrigens  nur  drei  in  Betracht  konmien:  attar  Krist; 
vaitsöj  J;  sattf  gr. 

1  nach  cons.  ist  stets  zu  I  geworden.  Auch  11  hat  diesen 
Wandel  mitgemacht,  ausgenommen  die  jüngeren  EL,  die  in 
der  Endung  -ello  ein  l  zeigen. 

Das  intervokalische  1  in  den  Endungen  -olo,  -uolo  und 
-ale  ist  allgemein  in  l  übergegangen,  in  der  Stammsilbe  jedoch 
nur  in  den  älteren  Elementen  und  zwar  etwa  ebenso  lang  wie 
der  Wandel  von  s  >  §  angehalten  hat  (cf.  kuloSter  scut., 
külostre  gr;  §kote,  skole  geg;  gtol,  stol  Ro.).  In  den  jüngeren 
EL  ist  intervokalisches  1  in  I  übergegangen,  doch  ist  I  stets 
eingetreten  vor  betontem  e,  i  und  in  der  Endung  -ilo.    Der 


—    102    — 

Wandel  Ton  }  >-  u  ist  nioht  alb.  sondern  caL  besw.  gr.  Laut- 
gewohnheit. 

Anlautendes  r  ist  in  den  alteren  Elementen  zu  f  geworden, 
doch  bleibt  es  in  Albanien  noch  Yor  Abschluß  des  Wandels 
von  8  >-  ä  als  r  erhalten:  rest,  reSpoj;  nur  im  caL  alb.  ist  die 
alte  Lautgewohnheit  länger  lebendig  geblieben:  rahärin,  fas- 
kärin,  fudze.  Intervokalisches  r,  auch  vor  i,  hat  sich  stets 
erhalten,  und  rr  ist  als  f  übernommen  worden.  In  einzeken 
Fällen  ist  r  eingeschoben  worden,  in  einigen  auch  ausge&Uen, 
dies  fast  immer  zum  Zwecke  der  Dissimilation. 

Die  Nasalen  m  und  n  haben  im  An-  und  Inlaute  stets 
ihren  Lautwert  bewahrt,  und  das  gleiche  gilt  von  n  =  it  gn. 
k  und  t  werden  durch  vorangehendes  n  zur  Media  erweicht; 
in  modernen  Wörtern  wie  fantasi,  karantene  bleibt  t  jedoch 
bewahrt  Im  scui  wird  t,  d  nach  n  diesem  assimiliert,  um- 
gekehrt  in  der  Verbindung  m  in  den  älteren  EL  n  dem  r, 
sodaß  sich  f  ergiebt;  in  den  jüngeren  £1.  bleibt  m  erhalten. 

ts  und  dz  =  ii  z,  zz  sind  in  der  älteren  Periode  zu  s 
und  z  geworden,  wobei  aber  s  ebenso  wenig  wie  das  aus  lai 
ti  hervorgegangene  in  ä  übergeht,  also  anzunehmen  ist,  daß 
der  Lautwert  syts,  ti  erst  erreicht  wurde,  als  die  primären 
s  bereits  eine  breitere  Aussprache  hatten.  In  den  jüngeren 
EL  sind  ts  und  dz  bewahrt  bis  auf  die  wenigen  besonders 
gr.  alb.  Wörter,  die  t§  für  ts  zeigen. 

t§  und  dz  =»  it.  c,  g  vor  e,  i  haben  allgemein  ihren  Laut- 
wert  bewahrt,  wo  aber  ts  und  z  für  sie  erscheinen,  gehen  diese 
auf  ven.  bez.  cal.  Formen  zurücL 

Es  erübrigt  nun  noch  eine  kurze  Übersicht  zu  geben: 

Von  den  in  den  it.  El.  auftretenden  Lautwandlungen 
waren  in  den  indog.  El.  schon  wirksam  der  Übergang  von 
betontem  a  vor  Nasal  zu  e,  von  betontem  e  zu  ie,  von  m>r 
und  von  ti^ts^s;  dazu  kommt  noch  die  Unterscheidung 
von  I  und  1*)  und  von  r  und  r.**) 


*)  cf.  G.  M.  Alb.  Stud.  IH.  §§  123,  104,  42,  106  letzter  Abschnitt 
**)  c£  desgl.  §  99. 


—    10»    — 

Ans  der  lat  Periode  wturde  in  die  ii  nbemommeii  der 
Übergang  von  betontem  o  vor  gedecktem  Nasal  zu  u,  die 
Aphärese  der  unbetonten  Vokale,  der  Wandel  ron  unbetontem 
a,  e,  i  >>>  e,  yon  o  ]>  u,  sowie  der  Yon  intervokaUschem  d  und 
id  zn  d  und  r<J  *) 

Innerhalb  der  it.  Periode  hat  der  Übergang  Yon  s  )>  § 
stattgefunden,  wahrend  die  übrigen  Lautwandlungen  allmählich 
erloschen.  Im  Scui  sehen  wir  in  neuerer  Zeit  den  Übergang 
Ton  nt|  nd  >>  n  und  den  von  k,  g  ^  tö,  dz. 


IT.  Ergebnisse  ans  dem  Wortschatze  besonders  in 
koltnreller  Hinsicht 

Das  behandelte  Wortmaterial  geht  auf  rund  1000  ii 
Grundwörter  zurück,  Ton  denen  etwa  75  dem  Yen«  Dialekte 
und  150  den  suditalienischen  Dialekten  angehören.  Was  die 
Verteilung  auf  die  einzelnen  alb.  Dialekte  betrifft,  so  steht 
das  scut.  mit  rund  465  Wörtern  an  erster  Stelle,  ihm  folgen 
das  cal.  und  sie.  alb.  mit  360  und  die  alb.  Dialekte  in  Oriechen- 
land  und  auf  den  gr.  Inseln  mit  etwa  115  Wörtern.  Die 
wenigsten  it.  £1.  haben  das  geg.  (mit  Ausschluß  des  Scut.) 
und  das  to  aufgenommen:  etwa  85  sind  in  das  geg.  und  75 
in  das  to.  eingedrungen. 

Was  nun  die  kulturellen  Beziehungen  zwischen  Italien 
und  Albanien  angeht,  so  ist  schon  am  Schlüsse  des  geschicht- 
Ucben  Überblicks  auf  den  Einfluß  hingewiesen  worden,  der 
von  Seiten  der  katholischen  Kirche  im  nördlichen  Albanien 
ausgeübt  worden  ist  und  noch  wird,  denn  so  oft  auch  die 
politischen  Herren  Albaniens  gewechselt  haben,  die  Kirche 
ist»  wenigstens  im  Norden,  immer  die  römisch-katholische 
geblieben. 


*)  Der  in  den  indog.  EL  wirksame  Übergang  von  d  >  d  ist  bereits 
erloBcben  gewesen,  als  die  ältesten  lafc.  EL  in  das  alb.  eindrangen,  da 
^ese  interrokalisdies  -d-  auch  im  Anslaat  schwinden  lassen. 


—     104    — 

Nach  Ausweis  der  lai  Lehnwörter  wie  blatc,  keät^rc,  Sisf , 
kreäme,  kungön,  Iter,  me§€,  prift,  §€nt  und  der  christlichen 
Eigennamen  Mri,  Gon  hat  das  Christentum  schon  in  sehr 
früher  Zeit  in  Albanien  Eingang  gefunden  und  sogleich  feste 
Wurzeln  geschlagen.  Schon  im  4.  Jh.  wird  ein  Bischof  von 
Skutari  mit  Namen  Bassus  genannt  (Degrand  S.  269).  Bei 
der  Trennung  der  griechischen  von  der  römischen  Earche  hielt 
der  Norden  des  Landes  zur  römischen,  der  Süden  zur  griechischen; 
Außerordentlich  schwierig  gestaltete  sich  die  Lage  beider 
Kirchen  durch  die  Eroberung  Albaniens  durch  die  Türken. 
Es  kann  nicht  verwundern,  daß  viele  der  schwer  bedrängten 
Bewohner  sich  entschlossen  auszuwandern  oder  zum  Islam 
überzutreten.  Treu  zum  Glauben  ihrer  Vorfahren  haben  nur 
die  Miriditen  gehalten,  die  noch  heute  mit  aller  Strenge  gegen 
die  vorgehen,  die  ihren  Glauben  verleugnen,  oder  nur  ein 
christliches  Mädchen  an  einen  Muselmann  verheiraten  (Degrand 
S.  154).  Bei  ihnen  allein  besteht  auch  die  Geistlichkeit  aus- 
schließlich aus  Landeskindem,  während  in  den  übrigen  Landes- 
teilen  schon  frühzeitig  it.  Geistliche  tätig  waren,  da  das  Land 
selbst  nicht  den  erforderlichen  Bedarf  decken  kann.  Durch 
diese  it.  Geistlichen  ist  nun  allmählich  eine  große  Anzahl  von 
it  Wörtern  dem  alb.  vermittelt  worden,  die  sich  mehr  oder 
weniger  auf  die  Kirche  und  das  kirchliche  Leben  beziehen. 
So  bezeichnen  die  folgenden  einen  Stand  oder  eine  geistliche 
Würde:  abät,  alün,  apostul,  diakon,  disepul,  frat,  kapelan, 
kardinal,  patriärk,  komär,  munakese,  profet,  vikär. 

Der  größte  Teil  der  hierher  gehörigen  Wörter  bezieht 
sich  jedoch  auf  den  Kultus:  altar,  arfurön  to.,  adröj  geg;  amit, 
avent,  artikul,  brevial,  fe,  feste,  funeräl,  kalvär,  kambane,  kapele, 
ofits,  pastoral,  protsesiön,  potent  oder  paten,  pre^k,  predikoj, 
ruzare,  sakramenn,  stol  oder  stol,  vjatik. 

Außerdem  gehören  noch  hierher:  tsel,  purgatur,  martir, 
abatsi,  dzentil,  fef,  kapitul,  tsenakul,  zel. 

Die  folgenden  Wörter  hat  Kristofiridhis  in  seiner  Bibel- 
übersetzung dem  it.  entnommen:  poetär,  publikan,  timoner  und 
trad^tuar.    Besonderen  Umfang  nahm  aber  der  Einfluß  der  it. 


—     105    — 

Spr.  an,  als  das  Wirken  der  Propaganda  einsetzte.  Eine  be- 
sondere Form  der  Mission,  geht  sie  mit  dieser  auf  Anregungen 
Raymond  Lulle's  zurück,  der  zu  Beginn  des  13.  Jh.  lebte  und 
zuerst  die  Ausbildung  der  Missionare  auch  auf  sprachlichem 
Gebiete  forderte.'^O  Die  Tätigkeit  der  Propaganda  erstreckte 
sich  nicht  auf  die  Heiden,  sondern  die  christlichen  Akatholiken 
besonders  die  Protestanten.  Es  begann  ihre  Tätigkeit  Anfang 
des  17.  Jh.  mit  der  Neugestaltung  der  sogenannten  National- 
kollegien in  Rom  und  anderen  Städten,  deren  erstes,  das 
deutsche,  schon  1552  gegründet  worden  war,  und  deren  Haupt- 
aufgabe darin  bestand,  Einheimische  der  betrefiPenden  Nationen 
aufzunehmen  und  zu  gefügigen  Werkzeugen  der  Mission  unter 
ihren  Landsleuten  auszubilden.  So  wurden  schon  in  früher 
Zeit  auch  alb.  Kollegien  in  Rom,  später  in  Loretto  und  Fermo 
aod  Mitte  des  19.  Jh.  in  Skutari  gegründet  Die  Wirksamkeit 
dieser  Kollegien  war  jedoch  nicht  mit  der  Ausbildung  der 
Missionare  beendet,  sondern  ihnen  lag  auch  die  Übersetzung 
Ton  religiösen  Schriften  und  S^atechismen  in  die  fremden  Spr. 
ob,  und  dieser  Seite  ihrer  Tätigkeit  verdanken  wir  die  ältesten 
sprachlichen  Zeugnisse  des  alb.  sowie  das  Wörterbuch  von 
Blanchus  (1630). 

Auch  die  Jesuiten  dehnten  ihre  Tätigkeit  auf  Albanien 
ans.  Von  ihnen  sagt  die  Notizia  Statistica  von  1S43:  „In 
Scutari  vi  e  una  Missione  de'  P.  P.  Gesuiti,  ove  sono  3  Sacer- 
doti  ed  un  fratello.  Questi  P.  P.  hanno  apperte  delle  scuole, 
ed  avranno  ancora  la  direzione  del  Seminario  Diocesano,  che 
or  si  tratta  di  stabilire."  (Otto  Mejer,  Die  Propaganda  I  514.) 
Ob  allerdings  die  hier  erwähnten  Schulen  gediehen  sind,  er- 
scheint nach  Degrand  (S.  305)  sehr  zweifelhaft,  der  von  Scutari 
berichtet:  „II  ne  possede  encore  ni  höpitaux  ni  ecoles"  und 
von  dem  Lande  der  Miriditen  (S.  168):  „II  n'existe  aucune 
ecole  en  Mirditie''.  Es  werden  sich  daher  die  Ausdrücke: 
koledz,  äkofe,  skolar,  studjöj,  ledzöj,  Iiber|,  letre  nur  auf  die 

*)  c£  Saint-Marc  Qirardin :  Origines  de  la  queetion  d'orient*' ;  Revue 
des  Deox-MondeB  1864;  und  Otto  Meyer:  „Die  Propaganda  u.  s.  w."  I. 
S.89£ 


-     106    — 

Priesterseminare  beziehen.  Volksschulen  fehlen  noch  ganz, 
und  so  wird  es  verständlich,  wenn  nach  Degrand  keiner  von 
den  christlichen  Abgeordneten  Skutaris  im  Stande  ist  zu  lesen, 
was  man  ihm  zum  Unterzeichnen  vorlegt  (Degrand  S.  304). 

Über  die  Ausbreitung  der  ii  Spr.  sagt  Dozon:  „Les  missio- 
naires  6tranger8  enseignent  Titalien  aux  Guegues  septentrio- 
naux,  tout  en  se  servant  pour  les  besoins  religieux  de  Tidiome 
national  qu'ils  corrompent^  (Dozon  S.  170).  Der  Einfluß  der 
it  Spr.  geht  jedoch  nicht  nur  von  den  Geistlichen  italienischer 
Nationalitat  aus,  sondern  auch  von  den  einheimischen  Priestern, 
da  in  den  Priesterseminarien  „indöpendamment  de  Talbanais 
et  du  latin  tous  parlent  et  6criyent  ritalien"  (Degrand  S.  280). 
Dazu  kommt  noch,  daß  auch  die  Frauen  und  Madchen  vor- 
nehmer Häuser  italienisch  verstehen  und  sprechen,  eine  Fertig- 
keit, die  sie  sich  in  der  Pension  erwerben  mögen,  die  sie  bis 
zum  12.  Jahre  besuchen. 

Ist  es  nun  noch  gestattet,  einen  Blick  auf  den  Erfolg  za 
werfen,  den  die  römisch-katholische  Kirche  mit  einer  mehr 
als  1500 jahrigen  Arbeit  in  Albanien  erzielt  hat,  so  ist  ohne 
weiteres  zuzugeben,  daß  das  Volk  weder  moralisch  noch  kulturell 
gefordert  worden  isi  Die  Hauptschuld  an  dem  wirtschafte 
liehen  Damiederliegen  trifft  allerdings  die  türkische  Begierong, 
aber  daneben  stehen  Blutrache,  religiöser  Fanatismus,  Un- 
wissenheit,  Aberglaube  mehr  denn  je  in  Blüte,  der  Glaube 
ist  zu  bloßer  Formsache  herabgesunken,  und  das  Weib  gilt 
wenig  mehr  als  eine  Ware. 

Nächst  der  Kirche  ist  der  Handel  und  die  Schiffalirt  der 
Venezianer  von  Einfluß  auf  Albanien  gewesen,  und  Kauf  leute 
und  Matrosen  haben  den  Wortschatz  der  alb.  Spr.  wesentlich 
bereichert. 

Abgesehen  von  den  technischen  Ausdrucken  der  ven. 
Schiffersprache,  die  sich  in  dem  Albanesisch  der  gr.  Handels- 
flotte und  Marine  eingebürgert  haben  (cf.  kavil^,  matsolc, 
matsakon,  merli,  murello,  navH,  ortsc,  rants£,  sägule,  saluppo, 
sfilatse,  spago,  takko,  vard£,  vardamane,  vidß),  ging  auch  eine 
Anzahl  von  Wörtern  in  das  alb.  des  Mutterlandes  über.    Von 


—    10t    — 

diesen  waren  als  Bezeichnungen  fSr  Fahrzeuge  zn  nennen: 
bark,  batj^I,  faate,  gal6,  vapör  mit  seinen  Ableitungen.  Dazu 
kommen  Schiffisteile  imd  Ausrfistungsstflcke:  arbur,  rem,  remb£, 
prope,  timöUf  Tel,  weiter  Nahrungsmittel,  wie  sie  auf  Schiffen 
üblich  sind,  also  besonders  Hülsenfrüchte:  bersköt,  bersüt, 
bize,  ^irM(,  fiiSüt,  faT£,  penlk  oder  panfk,  ris-zi.  Daneben 
fehlen  auch  die  Ausdrücke  für  Wind  und  Wetter  nicht,  wie 
fbrtün;  bon4ts;  Sorök,  ierök  gr;  Sirök  scut;  su&rine;  schließ- 
lich sei  noch  marinar  erwähnt 

Von  den  Wörtern,  die  durch  den  Handel  Eingang  fanden, 
sind  die  am  zahlreichsten,  die  sich  auf  den  Geldverkehr  be- 
ziehen: bango,  danär,  daiär,  dukät,  frank,  kambial,  monede, 
ntsp,  skut,  §kut,  auch  kustun,  hozure  und  femer  die  Verben: 
fiton,  fitöj,  gBnin,  kustön,  kemb^  pftgön,  pagöj,  spcndön. 
Weiter  sind  zu  nennen  als  Bezeichnungen  für  Maß  und  Wage: 
meter  und  palantse,  sowie  für  den  Schützer  und  die  Vermittler 
des  Handels:  korsul,  korsulat,  sensä,  drogoman.  Von  Waren 
tragen  ii  Bezeichnungen:  fanel,  spets  oder  spetse  und  über, 
denn  die  Eaafleute,  die  Waren  der  Levante  nach  Venedig 
und  anderen  Häfen  brachten,  nahmen  auch  Bücher  in  ihre 
Heimat  zurück.  Beim  Binnenhandel  spielen  neben  Wegen 
und  Beförderungsmitteln  (rüge,  viatS,  kafotse)  auch  die  Oast- 
bauser  eine  Bolle:  lokande,  tavefes.  Ausdrücke,  die  aber  ebenso 
gut  durch  Yen.  Söldner  eingeführt  sein  können. 

Wahrend  dermllitftriseheii  Besetzung  des  Landes  durch 
Venedig  sind  folgende  Waffenbezeichnungen  in  das  alb.  ein- 
gedrungen: burble,  bulber,  kanön,  lumbarde,  pater^än,  pinäl, 
piStöt,  petSlr,  pantslr,  sKüTet  Bla;  sület  Ro;  sül  oder  §üt,  stits, 
trunbe,  trumbete,  täelat  oder  t§alät.  Von  anderen  militärischen 
Ausdrücken  ist  noch  zu  erwähnen:  bandjere,  batare,  duke, 
dzanits^r,  kapafe,  keStjel,  kepr^S  oder  kopreS,  rmat,  soldät, 
spron.  Für  das  von  Bla.  gegebene  ali^er  ^=»  „Fahnenträger'' 
wird  jetzt  allgemein  das  tu.  bairaktar  gebraucht 

Was  nun  schließlich  noch  das  Sans  und  seinen  Bau  be- 
trifft, so  ist  es  merkwürdig,  daß  von  den  zahlreichen  indog. 
Wörtern  der  alb.  Spr.  nur  zwei  sich  darauf  beziehen:  de(re  = 


—    108    — 

„Türe^  und  Mep  =  „Steine  behauen*',  sodaß  man  leicht  meinen 
könnte,  daß  die  Albanesen  ursprQnglich  den  Hausbau  gar 
nicht  gekannt  hätten.  Dem  widerspricht  aber  die  Erwähnung 
Yon  Städten  bei  den  alten  lUjriem  und  die  Erwägung,  daß 
diese,  mit  den  Pelasgem  nahe  verwandt,  in  kultureller  Be- 
ziehung nicht  so  weit  hinter  jenen  zurückgestanden  haben, 
daß  sie  nicht  einmal  feste  Wohnungen  hätten  bauen  können. 
So  ist  auch  die  turmähnliche  Gestalt  des  alb.  Hauses,  die  an 
das  keltische  erinnert,  ein  Zeichen  fftr  dessen  hohes  Alter. 
Es  ist  also  auf  diesem  Gebiete  auf  philologischem  Wege  ein 
Ergebnis  nicht  zu  erzielen,  da  die  indog.  Wörter  bis  auf  die 
oben  genannten  zwei  allmählich  durch  lat.  und  ii  sowie 
slavische,  gr.  und  tu.  £1.  ersetzt  worden  sind.  Die  meisten 
Wörter  sind  romanisch,  und  zwar  gehören  die  folgenden  zu 
den  lat.  EL:  kcIKere  =  „Kalk"  (*calcaria  von  calx);  kcitser 
scut;  tra  —  trau,  travi,  träni  =  „Balken"  (trabem);  stepi  = 
„Haus"  (hosfitium);  kulms=  „Dachfirst, Dach"  (culmen);  Kepfr, 
kepre=  „Dachsparren"  (caper,capra);  Ki§£=  „Kirche"  (ecclesia). 
Lat.  wie  it.  Herkunft  können  sein:  mür  ^=  „Mauer";  muroj  = 
„mauern"  Ro;  porte=„Tor";  äkale  =  „Treppe,  Stufe"  (scala), 
dessen  Bedeutung  „Hafen"  erst  durch  die  Venezianer  nach 
dem  Orient  gebracht  worden  ist.  Zu  den  it.  EL  sind  zu  zählen: 
t§el,  täelez,  trevet,  balkue,  fiieStre;  tiegufe,  tsiegule  =  „Dach- 
ziegel"; tiegula  pl.  ==  „Dach"  scut;  palas,  peläs,  plas;  tseler, 
kolone,  drase,  rase  =  „Steinplatte  zum  Decken  der  Häuser"; 
taratse  =  „Dach"  to. 

Der  Vollständigkeit  halber  seien  auch  die  EL  aus  den 
anderen  Spr.  genannt.  So  sind  slavischen  Ursprungs:  prak 
=  „Schwelle";  strebe  =  „Dach";  sindre  =  „Dachschindel" 
(se.  sindra,  deutsch  „Schindel").  Auf  das  ngr.  gehen  zurück: 
Kell  =  „Kämmerchen,  Zelle";  pliö-ar  „Ziegelstein";  patf,  pat 
=  „Stockwerk";  parai^fr  =  „Fenster";  pirk  =  „Turm";  Kera- 
mirfe  =  „Dachziegel" ;  pustrum  =  „Dach".  Aus  dem  tu. 
stammen:  pendzere  =  „Fenster";  Kilar  =  „Keller,  Speise- 
kammer"; tul£=  „Backstein";  kerpits=  „Lehmstein";  kanate 
=a  „Fenster"  Doz. 


—    109    — 

Wenngleich  sich  nur  eine  beschränkte  Anzahl  von  Wörtern 
nach  gewissen  kultorellen  Gesichtspunkten  anordnen  laßt, 
80  ergiebt  sich  doch  aus  dem  Yoranstehenden,  wie  groß  in 
kultureller  Hinsicht  der  Einfluß  Venedigs  in  Albanien  gewesen 
ist  und,  was  die  Earche  betrifft,  noch  ist  Die  zahlreichen 
Rainen  Yon  Ortschaften  und  Kirchen  verraten  uns  einen  Wohl- 
stand in  firüheren  Zeiten,  der  nicht  zum  wenigsten  auf  den 
belebenden  Einfluß  der  Venezianer  zu  setzen  ist,  und  der 
wahrscheinlich  auch  weiter  gediehen  wäre,  wenn  nicht  die 
türkische  Eroberung  und  die  durch  sie  yeranlaßte  Auswande- 
rung die  alte  Entwicklung  jäh  unterbrochen  und  jede  neue 
Terhindert  hätte. 


V.  Wörterverzeidmis. 


In  dem  Wörterverzeichnis  sind  nur  die  aus  dem  it  un- 
mittelbar übernommenen  Formen  enthalten,  Ableitungen  nur 
bei  lautlichen  Unterschieden.  Wenn  die  Bedeutung  des  alb. 
Wortes  Yon  der  des  it  Etymons  abweicht,  ist  sie  angegeben 
worden. 


abballo  +  astro  neap.  — balastri 

cal.  Sani  Tumult 
abbate  —  abät  geg.  J. 
abbazia  —  abati^  geg.  J. 
abbecedario — abetare  geg.  scut 
abbentu  sie.  —  beut  sie  Buhe, 
abonisina  caL  —  bonesine  caL 

Wahrheit 
accuchiare  —  kuEarin  caL  Sant 

aufhäufen, 
addunarsi  cal.   —   addunärem 

caL  bemerken, 
adorare  —  adurön  to ;  adrdj  geg ; 

adröj,  ayröj  scut;  aJorären  caL 
afa  —  afe  cal.  Hauch,  Seele, 
affiicare    cal.   —   fiikärin   cal. 

Frasc.  würgen, 
agliata  it,  ven.  agiada  —  lade 

gr.  Enoblauchbrei. 
agosto  —  go§t  Hahn.    Monat 

August 


agresta,  gresta  ven.  —  gre§te 
unreife  Traube. 

agrigno  —  akrinole  cal.  sauer- 
süß. 

agro  ven.  —  agar. 

aicula  sie.  —  afku/£  sie.  Adler. 

ajero  neap.  —  ajer  caL  Luft, 
Wind. 

alabastro  —  alabaster  Ro. 

alfiere  —  al^er  Bla.  Fahnen- 
träger. 

altana  —  altane  gr.  Rhd.  Ter- 
rasse, Söller. 

altare  —  attar  Krist  to;  autar 
cal;  otär  Piana. 

alunno  —  alün  Bo.  Zögling. 

amare  —  amärin  caL 

ammitto  —  amit  Bo.  Linnen- 
tuch beim  Messelesen. 

amo  —  am  sie.  caL 

amure  cal.  —  namur  caL  Sant 


—   111   — 


angheria  —  angari  f.  Ro. 
anita  sie.  —  anlt  sie  caL  ane- 

ihum  segetom. 
annnjamenta  sie.  —  nnjament 

sie  lange  Weile, 
apolo  neap.  —  apid  cal.  March. 

weich,  zart. 
apostolo  —  apostat  scni 
appalto  —  apalto  sie.  Xyl. 
iq»pedare  nei^.  —  pedärin  eal. 

yerfolgen,  jageiL 
arbore   —    arbur   scui  Mast; 

arvur  cal.  Baum, 
aieere    caL    —    artäere    eal. 

Schnepfe, 
ardiivio  —  arKff-vi  Ro. 
armata  —  rmai-a  Bo.  Bla.  = 

Flotte, 
aroma  —  arom-a  Bo. 
arredo — orcndi  =»  Gerat  Erisi 

Gen,  4, 22. 
arrirare  —  arvön,  rsvön  cal. 
arrosare  —  rontsfirin  eal.  Rada. 

ftberschwemmen.   ronts  See, 

Pfötze. 
articioco     Ten.     —     artitSök 

geg. 

articolo  —  artikul  scut  Gelenk, 
Glaubensartikel. 

ascenzione  neap.  —  didzone  cal. 
Himmelfahrt  Oiristi. 

ascinttare  —  Sntärin  cal.  trock- 
nen. 

asilo  —  nasfl  Rada.  Zuflnchts- 
statte. 

asparago  —  sparag  J. 


aspide  —  aspi^di  Ro.  Schlan- 
genart 

asso  -—  as  gr. 

astracu  cal.  —  asterk  cal.  Rada. 
Üstnch. 

mbi  +  atto  —  mbiatu  cal.  so- 
gleich. 

awento  —  aveni-di  Ro. 

ayrisare  ii  abisare  cal.  — 
abisön  cal.  anzeigen^. 

babbu  cal.  —  bab  cal.  Dmnm- 
kopf. 

bagascia  —  bagaS  gr.  Lust- 
knabe. 

bagno  —  ban  scni  J. 

balanza  yen.  —  pidants€. 

valanza  neap.  sia — yloitse  cal. 

balata — ba/at«  sie  Steinplatte. 

balcone  —  balkue  Bla.  Fenster. 

bale  ven.  —  bot,  bol  scut.  Ro; 
mboTe  geg.  ^=  Hode.  bol  gr. 
EugeL 

balena  —  balen  Ro. 

half,  balive  abruzz.  —  vaM  cal. 
Rada.  öffentlicher  Ausrufer, 
valis  caL  Sant.  öffentlich  aus- 
rufen. 

ballo  —  vale  Tanz. 

balzare  —  yaltsöj  J.  tanzen; 
perbaltse  scut.  Kampf. 

banco  —  bango  Wechselbank, 
Eirchenpult;  bang-u;  bange 
Bank,  Schulbank. 

banda  —  bände  to;  bände  gr. 

I     Seite,  Reihe. 


—    112    — 


bandido  ven.  —  bandi^-di  to; 

bandfl  geg.  Taugenichts, 
bannito    südit.  —  bannft  caL 

Sant.  Straßenräuber. 
bandiera  —  bandjere. 
bannera  neap.  —  baanert  pl. 

Bada.  Maisbüschel, 
barba  —  barbf  gr.  Oheim, 
barbaria  —  barbari. 
barbaro  -j-  ese  —  barbares-zi. 
barca  —  bark  scut;  barke  gr. 

Porös. 
ßoQxa  ngr.  —  varke  to. 
bard-(ascia)  ella  —  mardele  cal. 

Mädchen,  Geliebte, 
barra  —  bare  Pfahlramme, 
sbarrare  —  zbarisin  cal.  Bada. 

die  Dämme  wegnehmen, 
barrare  —  mbufön  verteidigen, 

schützen. 
*barrella  —  variele   gr.  Rhd. 

kleines  Faß. 
base  —  bas-zi  gr.  Bodensatz, 

Materie, 
bastare  —  mbastöj  geg;  mastöj 

scut.  J. 
bastardo  —  bastar^,  baStarrfoj 

Bla;     b6§tar^-rfi.      bastart; 

basto,  mbaäto. 
battello    —    batjel    Bla.    Na- 

chen. 
batteria  —  batare  Hahn.  Bat- 
terie, Gewehrsalve, 
battista  —  Jane  tista  cal.  Frasc. 

Johannes  d.  Täufer, 
baule  —  baül,  baut  Ro. 


becazza    ven.   —  bekatse    gr. 

Schnepfe, 
beffardo  —  be£ardis  gr.  Rhd. 

verspotten. 
befficare  —  bofikär  gr.   Rhd. 

verspotten, 
bigliardo  —  bilard  Ro. 
bime  —  bime  gr.  junge  Sau. 
binario  —  binär  gr.  Zwilling, 
binato  —  binäk,    binäk    Ro; 

binoke  scut.  Zwilling, 
biotto  —  biota  pl.  gr.  (Schiffer- 

ausdruck). 
biscotto  —  bersköt  geg.  Sdüflfe- 

zwieback. 
biso  ven.  —  hizs  Borgo  Erizzo. 

Erbse, 
bisogna  —  hszons  cal.  Frasc. 
boare  —  boäf  Rada.   Gebrüll, 
boccale  —  bokale  gr.  N.  große 

Flasche, 
boccia    —    botäf    sie.    runder 

Körper,  Ball, 
boccio  —  botä  geg.  Rohrchen, 

Kastanienschale, 
bolla  —  bule  Krist.  Siegel 
bollare  —  bulatis  J.  stempeln, 

siegeln, 
bomba  —  bume  J. 
bonazza  ven. — bonatse,  bunaise 

Windstille,  bonäts  J.  =  bo- 

naccia;  bunäts  J.  aqua  stag- 

nante. 
bora  ven.  —  bore  Schnee, 
borbogliare    —    burbuKt    die 

Fasten  brechen  machen. 


—    113    — 


boreloy  bnrdo  Yen.  —  murello 

gr.  Bhd.  hSkemer  KeiL 
bona  +  ame  —  bargam  cal. 

YenaeaBenheit 
borsa  —  hatse  gr. 
bosso  +  ie  —  bo6t  Spindel, 

Aehae. 
botta — böte  geg.  Stot,  Schlag, 
botte  —  böte  irdener  Wassor- 

krag, 
botidglia  —  botile. 
brayo  +  ni  —  bravoni  braTo! 
bozzaTeiL — botee  scaLFlaaehe ; 

bos  acut.  Salz&ß;  botni-üni 

J.  gr.  Flasche, 
breyiale  —  breviit  Ro. 
briga  —   brigö]    J.    achdien, 

zanken, 
brocca  —  proke  Gabel;  gr.Rhd. 

B>  Kreuzweg,    broke  gr.  N. 

kL  Nagel,  SehuhnageL 
brontolare    —    vnmdulfa    cal. 

pfeifen  (▼.  d.  Soigel). 
bronzo  —  bnmtae  Bla.  Erz. 
broaa  Ten.  —  brazün  Ijap.  Reif. 
broBCO  —  iNrnak  gr.  herb, 
bnffiure — borfiiit  gr.  Rhd.  auf- 

gednnaen.  mufi&a  aufweichen, 
buffetto  —  bnfet  Bada.  Schach- 
brett 
bnnnari  cal.   —  bunären  cal. 

überachwasunen. 
burgo  —  burk-gu  Keller,  Ge- 


busso  yen.  —  buä  J.  Mitk;  bus 
Ro.  Boxbaum. 

Weigand,  10.  JAhreBberieht. 


buttagca,  buttaiga  —  putarg 
acut,  getrockneter  Fiach- 
roggen. 

cacea  —  kake. 

caenazzo  Yen.  —  kainita,  kai- 

nitae  Ro.  Riegel 
calamita — kalunit  Ro.  Magnet^ 

Blitzableiter, 
calandra  —  kal^ndrf  caL  Bada. 

Art  Lerche, 
calare  —  kalärin  caL  herab- 


calendario  —  kalandir,  kalen- 

där  Ro;  kalennar  acut. 
calTario  —  kaly&r  Ro. 
cambiaLe  —  kambial  Ro. 
cambiare  —  kemben. 
Camera  —  ks^ar  cal;  kamerc 

gr;  kamer  Bla. 
cameriere    —    kamarjer    cal; 

kamerier  Bla. 
campana  —  kamban£  to;  kam- 

pan  cal;  kampare  S.  März, 
campanello  —  kamaaiel   caL 

Rada. 
campanile  —  kampanar,  kama- 

nar  Rada. 
campo  aanto  —  ki^äant  Bo. 

Erizzo. 
canale  —  kanäl  BrunnenrShre, 

Quelle, 
canario  —  kanar  Ro. 
caneyeta  yen.  •—  kanay^  acut. 

Schublade,  Kaaaette. 
cannacca  neap.  sie.  —  cal.  £an- 
8 


—    114    — 


nacca  ]>  aDak    cal.    Hals- 
kette, 
cannella  —  kanele  gr.  ZimmL 
cannello  —  keneiBrunnenhahn; 

kangele    scut;    kan6)    geg; 

kanel  J.  Spund, 
canneto  —  kanet  Ro.  Röhricht 
cannone  —  kanön. 
'''canterina    —    kanderie    Ro. 

Heuschrecke, 
canto  —  kant-di  geg.  to;  kfint- 

di  to. 
canutus  —  kerute  Hahn.  kahL 
caparra  —  kapaf  e,  kapaf  Hand- 
geld, 
capestro  —  kfipreä,  kopr6ä  geg. 
xaxlöTQi  ngr.  —  kapistre  geg. 

cal. 
capitaniu  sie.  —  kaptene  sie. 

Piana. 
capitano  —  kapitän,  kapidän, 

kapedän. 
capitare    —    kapctön;    kaptoj 

Bogd.  über  etwas  springen, 
capitello  —  kappte)  Bock  des 

Packsattels, 
capitinula  cal.    —   kaptfndule 

cal.  =  Wirtel. 
capitolo  —  kapitul  Ro. 
capo    —   kabo    gr.    Rhd.   ein 

Würfelspiel,      kaptine    geg. 

Tierkopf, 
cappella  —  kapel  Ro;  kapelan. 
cappello  —  kapel  Ro. 
cappone  —  kapön,  Hahn  auch 

kapua. 


cappuccino  —  kaputSin  Ro. 
capuzzo  Yen.  —  kopüts,  kapüts 

Pulj. 
caragollo  —  karavöt  gr.  Rhd. 

gr.  Schnecke,   karaköts  Bo. 

Erizzo.  Schnecke, 
carattere  —  karater  Ro;  kara- 

teritsöj  Ro. 
cardacia  neap.  —  karda£(  caL 

Herzeleid, 
cardellino  —  ngardulike  cal. 

Stieglitz, 
cardicello  —  rsjel  gr.  caL  r§üi 

J.  eine  DisteL 
cardinale  —  kardinä  Ro. 
carestia  —  karasti  caL 
cameyale  —  kaTivar  cal;  kar- 

noyäl  Ro. 
carriare  caL  —  kafare  cal.  Frasc. 

Weg. 
carrozza  —  kafots«;  kafotser 

tsam. 
carta  —  karte. 
carte<J(Ja  sie  —  kartele  gr.Khd. 

Handkorb, 
casa  +  ola  —  kasole,  katsole, 

kesolf,   ksole;   ksol-a  J.  = 

Hütte,  Hundestall, 
casino  —  kazino  t§am. 
cascia  cal.  —  kaS  caL  partie  du 

metier  ä  tisser. 
cassare    —    kasoj     Bla.    aus- 
loschen, 
cassella  —  kasete  Doz.  Kasten, 

Sarg, 
cassone  —  kasön  gr. 


—    115 


castello  —  kastjel  cal.  Bada; 

kesijel,  kstiel  scut 
castigare  —  kastigöj  scut. 
castrare     —     krasios     Leake. 

Bäume  beschneiden, 
catalano  —  katala  Bo.  =  Heide. 

J.  =  Biese,  Ungeheuer, 
catarata  ven.  —  katafak,  kata- 

rat  Bo.  Schleuse, 
katriga  kroai  —  katrige  Bo. 

Erizzo. 
cariega  a.  ven.  —  kafig,  karig 

scut  StuhL 
eattiya  caL  —  kative  cal.  Witwe, 
cattolico  —  katollk  scut. 
caucerogna  neap.  —  kautäirona 

pL  caL  macerie. 
cavaUeria — kayaleri  cal.Treppe. 
caviglia   —    kavile    gr.    Bhd. 

eiserner  Pflock, 
carus  lat  —  gavits  Weinfaß, 
cazzo  —  kat§ul  gr.  Bhd.  Ge- 
schlechtsglied beiSäuglingen, 
celata  —  täelat,  t§alat  Bo.Helm. 
cella  —  tsel  scut;    tSelze  J. 

Bienenzelle. 
ceUiere  —  tSeler  Bo.    Müch- 

kammer. 
cenacolo  —  täenakul  Bo. 
cenno  —  tsenöj  J.  verspotten, 
zinnoneap;  caLzinnare  —  tsen 

caL     Zeichen,     Gebrechen; 

tsniöra  Bada.  =  Beschimpf- 
ung, 
ceremonia  —  tseremonie  Bo. 
cerfogio  ven.  —  tSerfos  Bo. 


cerro  —  tSef  Bo.  Zerreiche, 
certo  —  tSerte  J.  Sorte,  Art 
cesta  —  täest  Bo.  arpa. 
Chiana  caL  —  kän  cal.  HobeL 
chiantare  cal.  —  kanton  caL 

Cam.  pflanzen, 
chiatru  caL  —  Kater  cal.  Eis- 
platte, 
chiazza  cal.  —  katse  caL  Platz, 
chica  sie.  —  kike  sie.  eleganter 

Wurf  d.  Kleides, 
chicare  cal. — kikärin  caL  falten, 
chilo  —  kil,  gr.  kiu  Milchsaft 
China   cal.  —  kin  caL  Bada. 

Strom,  Menge. 
China  —  kine  Chinarinde, 
chiudere  —  kudöj  Bla.  obsti- 

nare,  offirmare. 
cialda  +  eU&  —  tSaudele  pL 

caL  gerostete  Brotschnitten, 
ciancia  —  täant§a  pl.  Possen. 

t§antgatuerBla.Bo.Schwätzer. 
ciaula  südit — tsäule  cal.  Krähe, 
cica  —  t§ik6  Funke,  Bischen, 
cicerchia  —  t§it§erk-i  m.  Bo. 
siserchia  ven.  —  ^irke  geg. 
cicogna  —  kanuäe  Bo.  Storch, 
cicoria  —  äkorie  Bo;  kore-ia 

J;  körez£  gr;  kofe. 
cecojera  neap.  —  tsikojer  caL 
ciera  —  tsere  caL  Miene, 
cinghia,  ven.  cengia  —  t§eng-a 

J.  Gurt, 
ciocco  —  tsok  FußfesseL 
cionco    —    tsunk-gu    Stamm, 

Stumpf;  tsung6I-i  J.  Pfosten. 
8* 


—    116    — 


ven.  zonfo,  zompo  —  Pfosten; 
tsunk^  J.Weidengerte,  Binse. 

ciottola  —  Üatut  Rada.  Schä- 
del; tgütutze  Rada.  Zither. 

cippu  sie.  —  t§ip  Rada.  Stamm, 
Stampf. 

cista  sie.  —  triste  eal.  Rada. 
Korb. 

cinnoa  eal.  —  tSunk  cal.  Frasc. 
schwach. 

ciuotu  +  mgcD  —  tsotiasur  cal. 
Sant.  erstaunt 

civetta  —  dzatt£  cal.  Sant. 
Schmeichelei. 

coccio,  coccia  —  kots,  kotse 
cal.  Schädel^  Gipfel. 

coccodrillo  —  kokodrflf  Ro; 
korkodH. 

coccola  ■—  kökerfi  geg;  koker 
J.  Kern,  Beere. 

coccola  d'occhio  —  kok^rdöM, 
kakerdök  to.  geg.  gr.  cal. 
Augapfel  kokerlök  J.  Ei- 
dotter. 

cocomero  —  kokömare  Tirana. 

codardo  —  kovarde  Barbar? 
Xyl. 

coflfa  caL  sie.  —  kofe  sie;  kufe 
cal.  Korb. 

colazione  —  koTatsiön  scut. 

colera  —  koler  scut 

coUare  —  kular  Musakja  J. 
gebogenes  Holz  zum  An- 
schirren der  Ochsen. 

collegio  —  koledz  scut. 

colocasia  —  kfikaze. 


oolona,  colonnata  Ten.  —  ko- 

Ion£;  koTonate. 
colore,  caL  coluri  —  kolör  gr; 

kulür  caL 
colostro  —  kfiloötre,  kloötre  gr; 

kloistre   gr.   Rhd.    kolostre, 

ko^oäter,  kulo§ter  scut. 
coltello  —  kultiel  Ro. 
cometa  —  kom6t  Ro. 
compare  —  komär,  kumar  scut; 

kumbare  to. 
conf essionale — konf esionat  Bo. 
confetto  —  kufet  tSam. 
confine  —  kufi-ni  geg;  knfin 

Ro.  Ghrenze,  Grenzstein, 
conizza  —  kunfts    Ro.   Flöh- 
kraut, 
conoscere  —  konnoötis    acut 

Jam.  bekannt  werden,    ko- 

no§ti  Doz.  Kunde, 
consacrare  —  konsakröj,  kon- 

sekröj  Ro. 
consiglio  —  kunsile  caL  Garn. 

Rat. 
console  —  kösufc;  korzul,  kor^ 

dzul;  kordzulat  acut 
contentare  —  kunenöj,  konen6j 

scut.  Prop. 
contento  —  kutient  caL  Rada; 

kun^n,  konen  J.  kond^nd  Bla. 
copia  —  kopie  Ro.  Exemplar, 

bes.  y.  Büchern, 
corda  —  korö-  Darm, 
cordella  —  kordele  gekrümmt; 

kodele   pL    gr.    Rhd.  Win- 
dungen. 


—     117    — 


eordovano  —  korifaYan. 
ooinamusa  —  karamundM  gr. 

Sackpfeife,    kaf amuntBe  caL 

SchalmeL 
Corona — korone  Kranz,  Braut- 

kränz, 
eorpo  —  korp  geg.  J. 
corporale  —  korporai  Ro. 
eorpn  (it  colpo)  äc.  —  kor- 

paii£  adcPitrthefldgerSohlag. 
corsare  —  kusar  scot  Bla.  to; 

kurs&r  So.  gr. 
Corte  —  körte  Bo. 
ciirti,  cnrtili  caL  —  kürige  caL 

FrasG.  Judicium;  kurtfl  caL 

Bada.  atrio. 
cosaco  —  koeak  Bo. 
coeeia  —  koä-a  J.  =  Schenkel, 

Keule, 
cosdale  —  kuial    caL    Sant 

Bada.  Tasche, 
coetare    —   koatön   to.    geg; 

kuat^  Ro;  kostfs  gr. 
ootieone    —    kotikün    Bada. 

ostinato. 
cotta  —  kot  Bo.  Oberkleid, 
eottimo  —  kote  caL  Abgabe; 

knöt  Bo.  Akkordarbeii 
creatura  —  kreattr  Bo. 
oredo  —  kred  cal.  Sant  Augen- 

bUck. 
orcaimare  —  krezmöj  J.  krez- 

möj  Ro. 
crespino,  Michaelis:  —  gres- 

pignolo  —  giespfai  Bo.  Gänse- 

ditteL 


cristallo  ^-  kristat. 
crocco  —  krok  cal.  Haken, 
crucetta  sie  —  kurtäetc   sie 

Cam.  Halskette, 
cullare  —  kolärin  caL  Bada. 

schwanken, 
cunsulazioni  sie  —  kunsu/at- 

siön  sie  Piana  Pap. 
curriYU  sie.  —  kurff  sie  Piana. 

Pap.  Zorn,  OrolL^ 
cusina  Ten.  —  kusi  geg.  scut; 

kusi  to.  caL  U&ngekesseL 

dama  —  dame    Ro.    dam    J. 

DamenspieL 
danaro,  denaro  —  danar,  denär, 

dnar,  dinar. 
dannare  —  dcnön;  denöj  Bo. 

dnoj  J. 
data  —  dat  Ro. 
datura  —  datule  N.  gr.  Stech- 

apfeL 
degnare  —  denöj  scui 
de-fissare  —  difis  caL  sie  auf- 
merksam betrachten, 
debolo  —  deblöj  Ro.  schwach 

werden;  deblün  Schwäche, 
degno  —  den  scut;  dei  geg.  J; 

dene  Bla. 
dignu  cal.  —  dinu  caL  . 
diacono  —  diakon  Ro. 
diascolo  —  dja§kal  caL  Sant 

Teufel! 
difesa  —  difez6  cal.  Sant. 
diluyio  —  ddtU^-di  Rada.  Bla, 

diI6vRo.  Überschwemmung. 


—    118    — 


discepolo,  sie.  disciptilu  >>  diSe- 

put  geg.   acut.    diSipu}    sie 

Jünger, 
dischiare  —  disKaröj  Bla.  er- 

kläreD. 
disfare  —  sfarin  caL  Sani  auf- 
lösen, 
disperare  —   diSpröj,   deSpröj 

Ro.  dispröj  J.  deSperehem  to. 
dispetto — dispetisem  sie.  zornig 

werden, 
divinare — diyenöj  geg;  divnöj, 

ndiynöj  Ro.  wahrsagen, 
divozione  —  divotsiön  scui 
dolare  —  dolären  caL  glätten, 

polieren, 
donnaccia   —   dandtä    Tirana. 

Geliebter, 
dopu  caL  —  dopu  cal.  nachher, 
dotta?     —     date     plötzlicher 

Schrecken, 
dottore  —  dotör,  dotoreä  Ro. 
dozzina  —  duzine  gr. 
dragomanno  —  drogoman. 
dragone    —    drague-goni    J; 

drangaa-oi. 
duca  —  duke  cal;  duk  J. 
ducato  —  dukat  geg.  cal.  Bla. 
duplicare  —  dulpekön,  dulbu- 

kös  gr. 

effigie  —  fidze  sie.  Antlitz, 
embolo  —  embul  gr.  ein  Schiffs- 
seil, 
epistola  —  epistul  Ro. 
erede,  rede  —  rede  cal  Prasc. 


eremita  —  jerenu  scut 
eremo  —  erem  cal;  jeremitek  J. 
emia  —  rendzön  einen  Brach 

machen, 
esilio  —  nazfl  caL  Rada;  asfl 

caL  Rada.  Verbannung  (die 

Wörter    gehen    besser   auf 

asilo  zurück). 

fabrica  —  fabrfk-a  Ro. 

faccia  —  fet§k£. 

fac[iol]  +  ello  ven.  —  fatSd  J. 
eine  Art  Tuch. 

fadiga  ven.  —  fedige;  vdig-a  J. 

fango  —  fang-u  J.  unfrucht- 
barer Ort;  fang  Bla.  Ebene. 

falda  —  feudi  cal.  Schürze. 

fallare  —  falls  J.  närrisch 
werden. 

fanela  Yen.  —  fan^I  scui 

farre  —  far  Ro.  Roggen. 

fasän  Yen. — fasandue-oiBlaito. 

fascia  —  ts&e  geg.  Ro.  caL 
Binde,  WindeL  fo^  geg; 
foäne  to.  J.  Wickelkind. 

fasciare — fa£,  fafiit  J.  beruhigen. 

fasolo  Yen. — faäül-oli  J.  Bohne. 

faYa  —  faY€  to.  gr.  Bohne, 
BohnenbreL 

fazzoletto  —  fatsoKtRo.  Tisch- 
tuch, Handtuch,  farsulate 
Durazzo.  Hals-,  Kopf-» 
Schnupftuch. 

fe  Yen.  —  fe  geg.  scui 

fella  ii  dial.,  ii  fetta  —  &ele; 
feie  J;  fei  Ro.Stücken^Scheibe. 


—    119    — 


feria  —  ferie  Ro.  Feier-,  Festtag, 
festa,  festare  —  feste  geg.  Prop; 

fest-a,  festöj  Bo. 
fidanza   —  fid^ts  cal.  Rada; 

WafFenstdllstancL 
fidili  cal.  —  fidfl  caL  Bada.  treu, 
fieyole  —  ^^'ivul  Schiro. 
fiozzo    ven.,    ii    figlioccio    — 

filöts  ixL  -ots6  t  gr.  Rhd. 
fignra    —    figare;    Bo.    auch 

fdgür;  J:  fngore  Bild 
filare  —  filare  caL  Bada  Beihe; 

fitöj  scni  an&ngen. 
filtrar    ven.    —    filtar     scui 

FlaschcheD. 
finestra  —  fiaeätrfi  Bla;  finestre 

caL 
fingere  —  ^iae  S.  März,  sich 

stellen, 
firmano  —  fermän  scut;  firman 

Bo. 
fischiare  +  olo  —  fiSkartil  Bada. 

Flöte, 
fiscina  +  ar  sie  —  fiänar  Kay. 

Fischgabel,  Harpune, 
fisico  —  fizüEl  cal.  ingegno. 
fissare  —  fisln  caL  Bada  an- 


flemma  —   Harne   Schnupfen, 

&Ilende  Sucht 
flüsso  —  perfidä  austreten  (v. 

Flossen), 
foghame   —    flam  sie    Pitre 

erbaggL 
fogUetta  —  flete;  flet  J.  Blatt, 

Papierblatt,  FlügeL 


foglio  —  fol  caL  Bada.  Blatt 
forfore  —  fiirfuldj  abschuppen 

(Fische). 
+  fonna  —  förmels^Schuppe. 
forise  cal.  —  furis  caL  Spezz. 

Alb.  Diener, 
forma  —  forme, 
fomire  —  femön,  fiimön  caL 

beendigen, 
forte  —  forte;  fort  scut 
fortuna  —  fortün-aBo.  Bogd. 

Sturm, 
fartuna  caL  —  fiirtune  Sturm, 

Glück  caL 
forza,  forzato  —  fortse;  fortsat, 

J.  fortsade  Kraft,  Gewalt 
fossa  —  fosse  Bla. 
franco  —  frank-u  Bo. 
Franza  ven.  Frants  J. 
&appa  —  ^rape  gr.  Franse, 
frasca  —  freöke  gr.  Eichel  d. 

männlichen  Gliedes, 
fräse  —  firaz;  frazar  Bo. 
frassino  —  fräsen  geg.  to.  scut 
frastaglia  +  loa  —  freätelide 

gr.  dünne  Scheibe,  Schnitte, 
frate    —   frat   geg.    scut  pL 

&etna,  freten  (J.) 
fresco  —  fresk  J;  freSk,  freS- 

köj  Bo;  firesköj  cal. 
frittata— fritat  Bo.  Eierkuchen, 
frusciu  sie.  —  fru§ul  caL  Bada. 

Geräusch,  Getöse, 
frusculu   caL  —  fruäkul  caL 

Tier,  Baubtier. 
frusta  —  fruste  caL  Angriff 


—    120 


frntto  —  frut  cal. 
fag»  —  fogöj  ooL  laufen, 
fdnerale  —  fiineral  Bo. 
laria  *—  foii,  auch  J.  Heftig- 
keit, üngeeUun,  Wut 
fiista  —  fustf  Art  Schi£ 

gabbare   —    g&böj    betroges; 

gabe  Lüge;  gabün  Betrug, 
gabbillotu  ric  —  gabilöt  sie; 

gabelöt  caL  Zolleinnehmer. 
gabela   yen.    —    gabäf    scai 

Zq^euner,  Bereiter,  Kürsch- 
ner, 
gaggia  «^  gadz6  caL  Käfig, 
gaggio    —   gadze   caL  Bada. 

Bache, 
gaiso  neapL  —  gaii^  caL  Bada. 

palco,  loggia. 
galea  —  gal6  (goK)  Oalere. 
gajofife  friaul;  Ten.  gagiofa  — 

galofe  Garn.  Tasche, 
gallone  —  gajnniBnr  caL  Sant 

mit  Borten  besetzt 
gamba  Ten.  —  gern,  gern  £  u. 

m.  scai  Zweig, 
garrafit  caL  —  garafe,  garaf 

caL  Olasflasoha 
gaixone  —  gradzün  cal;  gard- 

zün  sie  Diener. 
gaKzetta  —  gadz^a  Bo. 
gelsomino    —   täelsomln  Bo; 

Sesemin  J. 
generale  —  dzenerä  Bo. 
gentile — dzentfl  geg.  BaHeide. 
gesuita  —  dzezult  J;  dzesuit  Bo. 


ghennire  —  germfi  J.  ab- 
fleischen; genu6k^  gennöj 
reizen,  graben,  aoshöUen. 

glandola  lai  —  gandcre  geg; 
ganner,  dzanner  J;  ^cndere 
to.  grindale  gr. 

giannizzero  ^^  dzanitäer  geg. 

gigaate  —  dzigante  Bla. 

gibbo  +  grambsgr.>>d2iunbö 
gr.  bucklig. 

gigliu  flic  >=»  ii  giglio  —  diij€ 
sie.  Lilie. 

ginestra  —  dänest  Ba 

gioja  —  d2oj  caL  schön. 

giudeo  —  dzudi,  ditdi  seai 

juoco  caL,  fem.  gioca — ndiok« 
Vena  in  CaL  ein  Tan^ 

godere  —  gader  gr.  genießen, 
sich  freuen. 

gola  ~  gole,  gojs  ta  Mund; 
gole  J.  Gewölbe. 

gonfiare  —  guföj  J;  nguföj 
scut  ngeföj  Bo.  keimen, 
sprossen. 

gonzo  —  zgendze  gr.  Bhd. 
Wildling,  ungeputzter  Baom. 

gorga  —  gorge  Höhle,  Baum- 
höhlung. 

gotto  --  got  geg.  scut  Becher. 

govemare  —  guTemöj  B1& 

gradella — gredele ;  gradel  scut; 
gredel  Bo;  Bost,  Feuerrost 

graduale  --  gradual  Bo. 

granu  sie.,  caL  ranu  •—  grane 
sie;  ran  caL  kL  Münza 

granzo  veiL,    vegL    gruns  — 


121    — 


gerO*  gr.  K  Krebs;  girMje 
U  gr:  gird'eJe  f.  Taschen- 
krebs. 

gn^pa  —  grep  Haken,  Angel* 
haken,  Anker;  krab  seat; 
k£Tabs  geg.  Haken,  Hirten* 
Stab;  gsxab  eaL  Hirtenstab. 

giBsda  —  gra§  Bo. 

gieoo  —  greL 

grego  van.  —  gre/  gr.  Bhd. 
Nordortwind. 

grembo  —  grsmb  Lckür£si  Ped. 
Hüfteu 

gieppo  —  krepi  Skrep  Abhang; 
zgrip  geg.  lomte,  Band. 

giigna  cal  —  grine  caL  Zorn. 

grinta  Yen.  —  grindem  sich 
streiten. 

grinza  —  grintse  Bo.  Falte, 
BnnxeL 

gxis-[oIa]  eta  —  gsrSet  Flechte, 
Flechtwerk,  Zopf;  krsi6t  gr. 
Bhd;  kerSete  Bla.  Haare; 
keMt,  kdet,  iet  cal.  sie;  Haar- 
flechte; gerSeiöi  flechten. 

gratta  sie  —  grat  caL  Frasc. 
HShla 

goadagnare  —  ga^n^n  caL  ge- 
wuinen,  erobern. 

gaagnnne  caL  —  gantin  cal. 
Knabe,  Jnn|^g. 

gaorfd  caL  —  gof er  caL  Boda. 

Abgnmd. 
gossa  Ten.  —  gssuts   Abfall 

beim  Sieben, 
goscio    —    gioi-a   J.    Schale 


Yon  Nüssen  n.  s.  w.).  gzit  J. 
Yon  den  Schalen  befreien. 

imbroglio  —  mbrola  pL  cal. 
Fräse.  Geratschaften. 

immenso  —  amenfiöj,  Bogd. 
ameSoj  ewig  machen. 

incagliare  —  ngalem  yerhindert 
sein;  ngel  festhaken;  bei  J. 
sich  aufhalten,  stecken  blei- 
ben; ngelis  J.  eindrucken, 
drflcken;  ngalös  cal  hinein- 
geraten. 

incaricare  —  ngarkön,  ngalkön 
to;  ngarköj  J. 

ncarricare  caL  —  ngrakön  cal; 
nglak6n  sie. 

indeoente  —  diSents  Bada  Yer- 
brecherisch. 

indivinare  —  ndiniöj  Bo« 

infemo  —  fef  geg.  J. 

ingannare  —  gcnento;  ngenej 
Prep;  ngnüe  J. 

inganno  —  gann  J.  Fehler, 
Mangel,  Versehen. 

ingattiar  oberit  —  ngatcfön, 
ngatrön,  gatcfön;  ngatr^ 
scni  verwirren  Bo :  yerandem. 

intaccare  —  ndaka  Bada  Bitae, 
Spalte. 

interesse  —  nderes  cal.  Frasc. 
Zinsen. 

intermedario  —  indermj^ts  Bo. 
Vermittler. 

intonare  —  ndonats  caL  Böhm, 
Bn£ 


—    122    — 


ironia  —  ironf  Ro. 

ischio  —  iSIte  cal.  Wald,  Ufer- 

gebüsch. 
isola  —  izu)  caL  Rada. 
italiano  —  itaiän  Ro;  talan  Bla. 

jacolo  —  jakat,  jatut  caL  Rada. 

PfeiL 
jetto  +  olo  neap.  —  jetide  caL 

Band, 
judice  caL  —  judetS  caL  Frasc. 

Richter. 

lacca  —  leke  gr.  caL  Bein.  to. 

pL  Enieflechse. 
lacca  —  lake  caL  Sant;  gr.  N. 

Rhd  Tal,  tiefer  Ghrund. 
lanza  neap.  —  lents-dza   cal. 

March. 
lasca  —  laäk  Ro.  Barbe, 
lasciare  —  Mön,    letSön    to; 

liäöj  geg;  K6j  J;  laSön  gr. 

freilassen,  verlassen,  befreien ; 

laSonem  gr.  gehen, 
lastima  sie    —    lastimfs    cal. 

Frasc.  quälen, 
lattara  caL  —  latare  caL  Rada. 

Amme, 
lattovaro  —  varvarotta  Rada. 

Latwergen, 
lattuga  —  latuge  Kav.  N. 
lega  —  lege  cal.  Rada.  Menge, 

Volt 
legato  —  legat  Ro. 
legge  —  ledze  caL  Frasc. 
lenire  —  lenoj  geg.  erleichtem. 


lenzaolo  —  lantsö)  Rada;  leni- 

suel  Bla. 
leone  —  leön  Ejisi 
lettera  —  letre;  J:  leter-tra; 

Brief,  Papier,  Earta 
lettiga  —  Iit(k  caL  Rada.  Sänfte, 
levante   —  leyant-di  gr.  Ost- 
wind, 
lezer  yen.  —  ledzöj  Prop.  lesen, 
liberare  —  levrön  cal;  libröj 

J;  leyrfn  wegkehren  gr. 
liberta  —  laverdä  J. 
libro  —  libr,  über  scut  Buch, 
licomo  —  likomo  gr.  Rhd.  N. 

Einhorn,  Weihkreuz. 
licenza,  yen.  lisenza  ]>  lisentse, 

leäentse,  litSentse  gr. 
ligadura  yen.  —  li/adure  gr. 

Rhd.  Art  Seü. 
limaccio  —  Ima§k  scui  J. 
limbo  —  limb  unterirdisches 

Gefängnis, 
limo  —  lim  Ro.  Schlamm, 
limone  —  limön  Ro;  Imue  — 

Imoni  J;  leimonß  gr. 
limosina  —  limöSene,  lemoSne, 

Imo§£  geg.  Totenmahl;  Tem6$ 

J.  Almosen, 
limba    cal.    —    temp-bi   cal; 

yemp-bi  sie  Napf, 
lemmu  sie.  —  lim«  geg.  Teller; 

limba  gr.  Becken, 
lindo  —  linde  caL  Rada.  auf- 
richtig. 
+  leggiere  —  lindiere  gr.  Rhd. 

hübsch,  nett 


—    123    — 


lisca  —  lisk  Bo.  Eornspitze, 

Orannen. 
litanie,  letanie  —  letnl  Bo. 
litrani  caL  —  liiarar  caL  Sani 

Vielfraß, 
locanda  —  lokande  acut, 
locco  —  lok  caL  March.  Domm- 

kopf ;  loke  MitL  närrisch, 
ludria  oberit,   ven.  lodra  — 

ludre,     lader     Bo.     Fisch- 
otter, 
lontra  +  zb  —  lunerz-a  J. 
logna  caL  —  lanuzi  caL  Frasc. 

Schmatz, 
lombarda    for    bombarda   >> 

lambar^-da  Bla.  Bo.  Bombe, 
lotto  —  lote,  loto  Mitk.  Loos. 
lonario  ^=  lanar  Bo.  Kalender, 
lupolo  —  lavCT  gr.  N.  Bhd. 

Hopfen, 
lastrare  —  lastrine  Doz.  yon 

Lack,  glänzend. 

ma  —  ma  geg.  caL 

macaron     ven.    —    makarön, 

makerön  Bo. 
maccheroni  —  makamnde  gr. 

Rhd.  tu  aaf  Spezzia. 
macchina  —  makinf  FraSer. 
madia  —  mage  Molde,  Trog; 

madze  J. 
madi^,  madiö   —  maide   cal. 

maidenä  sie.  aaf  mein  Wort! 
maestria  —  maätrön,  mai§tr6n 

betrügen, 
maistro  a.  ven.  maitröj  J. 


malt^rio  —  malaore  cal.  Stier. 
Eale. 

malan  yen.  —  molan,  Bo.  aach 
malan  Sehnsacht,  Herzeleid, 
mulä-äni  J. 

male  —  malafräk  cal.  Sani 
birboncello. 

mancare  —  mcngön;  scai: 
mangöj ,  mengöj ;  mangari 
efa  gr.  Bhd.  =3  der  Wind 
hat  sich  gelegi 

mancato  —  mangät,  mangüt 
geg.  scai  mangelhaft,  weni- 
ger. 

manco  —  m£nk-gu  geg.  mangel- 
haft, menga  cal.  nicht  ein- 
mal; mengu  cal.  Frasc. 

mancina  —  mandzinc  caL  Frasc. 
links. 

mandorla  —  mändorle  Mitk. 

mandola  ven.  —  m^ndale  Bla. 

anmiennola  neap.  —  mendal, 
miendal  caL  March. 

mandra  —  mendre  caL  Schaf- 
stalL 

manica  —  mang-a  J.  ÄrmeL 

maniera  —  m£ndar£;  scui  mnür 
Art,  Weise;  mendira  caL  Bild. 

mantile  —  mandile;  skemandil 
cal;  skamandU  sie  J.  Hals-, 
Eopf-|  Schnapftach;  yandile 
cal.  Fahne  (aber  y  cf.  yen- 
netta  u.  mennetta  neap.). 

mariner  yen.,  ii  marinaro  >> 
mariner  Bo;  marinär  Bla 
scai 


—    124    — 


naritozia  —  maritots  Ba  ein 

FestgebäcL 
Bsriaolo   —   marjöl    Sckehn, 

BChehznsch. 
marazza  caL  neap.  —  marotse 

caL  Schnecke, 
massare  —  masaröy  Bla.  anf- 

häafen. 
mabarare  —  makaröj  geg.  be- 

stelleii,  ausfahren, 
mauro,  maduro  Ten.  —  bnnne 

geg.  reif? 
maszoca  +  one  Ten.  —  matia- 

kön  gr.  Hammer. 
BMBzola  Yen.  —  mafasole  gr. 

hölzerner  Hammer, 
mbero  (=  yerso)  caL  —  mber 

caL  Rada  anstatt,  namens. 
mbrejaco  neap.,  ii  briaco  — 

mbriak  caL  Trankenbold, 
medaglia  —  medajeBo;medai- 

menta  —  mindere;  m^nn£r£ 
geg;  menner  J.m^ndreze  cal; 
mente  Piana;  Minze.  (Über 
die  Stammerweiterang  c£ 
e.  M.  Alb.  Stud.  I  55.) 

menza  caL  —  menze  cal.  Frasc. 
MaS. 

mercato  —  markat  otr. 

meritare  —  meritön  to;  meritö 
Bcai 

merbn  Ten.  —  merli  gr.  Faden. 

mßsal  bnlg.  —  mesals;  J:  msatj 
Tischtnchy  Handtuch. 

messale  —  messä,  me§41  Bo. 


mestiere  —  btStjer  caL  Fdd^ 

Feldarbeit 
metraglia  —  metraje  Bo.  Kar- 
tätsche. 

metro  —  metr,  meter-tri  scat. 
micciu  cal.  —  mitS  caL  Frasc 

Dodit. 
mücnrdo    —   milordezc    Bada. 

hoehmfitige  Frau, 
mäza  —  m€lt§v  muItSi  Leber; 

gr.  muISi. 
minga  yen.  — -  mingo  gr.  Bhd. 

tiam.  Bezeichnung  flb:  kleine 

Kinder, 
miscuglio  —  milkile  gr.  G^ 

misch, 
mitra  —  miter-tra  acut. 
mo  —  mo  Bo.  eben,  jetzt 
molesto  —  monest  Bada.  Last^ 

Beschwerde, 
monac»  +  eis  —  munaktt  Bo; 

mungeS  scoi 
moneda  Ten.  —  moned«. 
morello  —  nrarjel«  gr.  Pferde- 
fliege; mrel  J.  Fliege, 
moria   —   mori  Pest;    bei  J. 

Sterblichkeit,  Menge, 
mortale  —  mortär  geg.  scat; 

murtar,  nrartal  Bo. 
mortferTen. — murtfr  gr.  Mörser, 
mortorio  —  mortör  scat  Lei- 

chenbegangnisL 
mosaico  —  musaik  Bo. 
moscajo  —  mufikai-ja  J.  Stech- 

mücke;  muskaje  Bo. 
mostacchio  —  mnstak  scui  ta 


—    125    — 


mostarda  —  mnrtrak-a  J.  eine 

Pflanze, 
moflbra  —  mostre,  Ro.:  master 

Beispiel,  Muster, 
mozzo  +  dlo  —  botsiet  Bad- 
nabe; buts^I  scut 
mnedio  —  ImnS  sent.  Jarn. 

Haufen;  Imutö  J.  durdiein- 

axider. 
molinaro  —  mulinär  Bo. 
molinajo  —  minolaj  Müller, 
murare  —  muröj  Ro. 
mnratore  —  muratar;  Bla.  ma- 

ratore. 
murra  eaL  —  muf  cal.  Herde 

(Schweine,  Stuten), 
mnsco  —  musk,  mosk.  Moschus. 
mnsica  —  müsikE;  muzft  scat; 

muzfk  J.  muziköj  Bo;  musike 

tiam. 
mossolo  —  mosul;  mnsal  scut 
moKEicuiie  cal.  —  mitsiküncal. 

Biß. 

natara  —  natür  scut;  natura, 
nanliüra  Bla.  Prop. 

naviglio  —  navfl  scut  Fahr- 
zeug. 

nchinari  sie,  it.  inclinare  ]> 
nkinärm  sie  Piana.  schwach. 

nkiuTari  sie,  it  inchiodare  >* 
nkuAren  Rada.  Torfolgen. 

nescio  —  no§  gr.  Bhd.  Dumm- 
kopf. 

nicaru  sie  =  klein  —  nokre 
sie.  klein. 


nieo  a«ap.,  it  neo.  —  mt^^  caL 
fleckchen,  MutberoiAL 

ninnolare  —  ninule  gr.  caL 
Wiege. 

nnozente  neap.  —  nuzeat  caL 
Sant  unschuldig. 

nord  —  nord,  »ort  Ro. 

notaro  —  notar  Ro. 

ntinna  caL  —  ndin  caL  Segel- 
stange. 

o,  oppure  —  d,  opor,  apor  Bia. 

Bo.  oder, 
obrizzo  —  obrits  scut  reines 

Gold. 
occhiale  —  kat  Mitk.  Fem;^. 
odio  —  no<5i  caL  Rada  Hafi. 
of&zio  —  fits  cal;  ofits  acut 

Gottesdienst 
ombrella  —  umr^T  J. 
ora  —  öra,  auch  cal;  or  acut. 

Stunde, 
per  ore  —  pror  Ro.  hanfig,  oft 
orciuolo  —  rdiul  scut  J.  kL 

Krug. 
*orzuolo  ven.  —  urtsuet  Bla. 

Gefäfl. 
orza  Ten.  —  orts£  gr.  Backbord, 
ospizio  —  ospits  Ro. 
Ostia — oste-ia  J.  Hostie,  Oblate, 
osiaro  =  austro  —  ostrc,  ostrela 

gr.  Südwind, 
ovile  —  OYile  Leake.  Scha&talL 

pagano  —  pegani  Ro.  Heiden- 
tum. 


—    126    — 


pagare  —  paguan,  pftgön,  pog- 
nän,  pogön;  pagöj  J.  §pagön 
vergelten,  rächen. 

pajjo  cal.  —  pajol  pl.  caL  junge 
Ejiaben. 

pagliazzu  cal.  —  palats«  cal. 
Decke,  Streu. 

pagone,  pavone— pagua,palaa; 
pavöd  J.  payön  Ro. 

palazzo  —  palas,  peläs;  plas 
acut;  pu/äs  caL 

palla  —  päle  caL  Ball,  Kugel. 

panzera  yen.,  ii  pandera  ^ 
pantsfr,  pet§lrBla.Ro.  Panzer. 

pane  cotto  —  panikotc  gr.  ge- 
backenes  Brot. 

panico  —  penfk,  panlk  welsche 
Hirse. 

panzaven.  =  Bauch  +  *8plenza 
a.  ven;  spienza  n.  ven.  = 
Milz  —  pense,  blendze  Bauch ; 
plants  J;  plandss  geg;  plen- 
des  to.  Magen,  Zwölffinger- 
darm; gr.  auch  Magen  der 
Wiederkäuer,  pjints  Rada. 
ventriculus. 

panzana  neap.  —  pandzan  cal. 
Lüge. 

papa  —  pap  J. 

papagallo  —  papagal  Ro. 

paradiso  —  paradis  cal;  pafis-zi 
geg.  Bla.  J. 

parechiar  ven.  —  pareköj  scut. 
zurtisten,  vorbereiten  Ro. 

parte  —  partas  Xyl.  Teilung; 
parti  J.  Teilung,  Teil. 


particola  —  partikul  scui 
partigiana  —  pater§an  scui  Bla; 

paterzane  Ro.  Bla.  Lanze, 
parrucca  —  parük-a  Ro. 
passaru    cal.    —    passara  caL 

Spatz,  kl.  Vogel, 
pasteca  ven.  —  baäteka  gr.  Khd. 

ein  Holz  im  Segelwerk, 
pastocchia  —  pastoke  caL  Luge, 
pastorale  —  pastoral  scui 
patata    —    batake  gr.   Porös; 

batate  gr.  N.  Kartoffel, 
patena  —  potent,   paten  Ro. 

Kelchdeckel, 
patriarca  —  patriark  scut 
pegola  —  pegulöj   geg.  ver- 
pichen, 
pellegrino   —  puligri-ni  scui 
pinnaghia  sie,  ii*pendaglio  ^ 

pindäj  sie.  Piana.  Ohrring, 
penzolare,  penzolo  pezulöj  scui 

hängen;  pezul  scui  Gehänge, 
per-cuna  —  perkün    scui   J. 

einschläfern,  einwiegen, 
pergamina — pergamll  pL  Rada. 
pergola    —    pargule    cal.   sia 

Weinlaube, 
pericolo  —  perikul  Ro. 
perla?  —  ruaze  gr.  Rhd. 

permettere  —  permetöj  Ro. 
per-scattusu  cal.  —  peskat  caL 

zum  Trotz, 
persuto  ven.  —  bersüt,  persdt 

geg.  scui  Schinken, 
per-viso  —  pervi§  Ro.   nach- 
machen, nachäffen. 


—     127    — 


pescada  Ten.  —  paskade  gr. 
pescaör  yen.,  ii  pescatore  — 

peSkadi^rLfküresi;  piSkadore 

tdam. 
petrosello  —  pjetrosel  Bla. 
pianoforte  —  pianfort  Ro. 
piatto  —  pjat  tdam.  Teller. 
piccoDe  —  pikün  gr.  eiserner 

Hammer, 
pieghetta  —  pjete  gr.  Falte  des 

Kleides, 
pieno  —  pjono  cal. 
pignuolo  —  pinuei  Ro;  pinül 

J.  Sprößling,  Sprosse, 
piguliare  cal.,  neap.  piyolo  >> 

pijnl  caL  March.  Wehklage, 
pilota  —  pilöt  Ro. 
pino  —  pin  cal.  Fichte, 
pinto  —  pindiksi  caL  Sani  Qe- 

mälde. 
pipita  —  pepitc  gr.  Hühnerpips, 
pisa  cal.  =  ii  peso  -—  pize  cal. 

Gewicht  von  3  V2  tg. 
pisello  —  pizel  gr.  Erbse  (ngr. 

xi^iXi  5>  pitsel  Sami). 
pistola  —  pistole  Hahn.  Jagd- 
flinte; pisnolc  geg.  Pistole; 

pistöl  scut;  pi§tol£  u.  piskok 

(alb.  Stud.  V  99)  gr. 
pittore,  pitturare  —  pitür-ori; 

pitoröj  scnt. 
pizzicare   —  pitskön,    piskön 

zwicken, 
pizzolo  a.  ven.  —  pltsere  klein; 

pitserön  verkleinern, 
pizzu  cal  —  pits  cal.  Schnabel. 


Podagra  —  podager-gra  Ro. 
poeta  —  poetar  to.  Erisi 
Polizza  —   polfts-a  J.  Zettel, 

Schein, 
polvere  —  bulbcr  gr.  N.  burble, 

burbnlc  S.  März, 
ponente  —  ponent,  punent-di 

Westwind, 
popolo  —  popul  scui 
porrina    —    pofi-ini   J;   auch 

pun-Ini. 
portulaca  —  burduläk;  vurdu- 

lak,  bnrtalake  gr. 
posare  —  puSön  to;  puSöj  J; 

pedön  gr. 
posta  —  poste  geg.  post  J. 
posta  fatta  —  postafatte  Ro. 

a  bella  posta. 
pozzolana  —  patsniän  Ro. 
predica  —  predk  J;   predik, 

predik  Ro. 
predicare  —  prediköj,    perdi- 

köj    scut;    predikärcn    caL 

Frasc. 
prefazio  —  prefäts  Ro. 
pregare  —  pregön  cal.  Molise; 

pcrgärin  Spezz.  Alb. 
prelato  —  preiät  Ro. 
prieju  cal.  =  it.  pregio  —  prej 

cal.  Rada.  Wert 
prisa  sie.  «=  it  presa  —  prizc 

cal.  March.  Wegnahme, 
processione  —  protäesiön  scut; 

pertsiön  cal.  Rada. 
profeta,  profezia  —  profet  scut; 

profetsi  scut. 


—    128    — 


profittare  —  fi(6n;  fit6]  scut 

gewinnen, 
promettere — premtqj^premptoj 

scut.  Prop. 
Propaganda  —  propagand  scut 
propinquo — pcrbink  cal.  March. 

nahe, 
proya  ven.,  it.  prora  —  prop, 

pror-a     Ro.     SchifBsvordcr- 

teiL 
provare  —  pro  von;  pruvöj  Prop; 

prov6j   scut;  prov,   sprov-a 

scui  Versuch;  auch  sproTÖj, 

SproYÖj  scut  yersuchen. 
pubblicano  —  publikan  Zöllner, 
pugnale  —  pin&t  geg.  DoldL 
purga — purg£  gr.  Abf&hrungs- 

mitteL 
punto  —  punt  Bla.  Punkt, 
purgatorio    —   pergatuar  caL 

purgatur-ori   scut;    J.   auch 

burgatur. 
putruni  sie.  —  putrün  sie.  Pap. 

Faulpelz, 
puttana  —  putane  gr.  Hahn; 

putenc  gr.  (Alb.  Stud.  V 100); 

putere  cal. 

quarantena  —  karanten  Ro. 

rahare  cal.  —  fahärin  cal.  Sani 

schleppen, 
rame   —  ram;  to.  auch  rem; 

reme  J.  Kupfer,  Gegenstand 

von     Kupfer;     ramet     Ro. 

Kupfer,    ramtf  kupfern. 


rando,  ven.  ranchio  —  mntse 
gr.  ^d.  Matrosenbett 

rapa  —  rape  Bla.  (se.  rqia  > 
repe;     ngr.     Qsßa   >   rev£ 

gr.). 

rapina  —  repfn  Ro.  plMdiches 
Unwetter. 

rappa  —  rap-a  Ro.  Mauke 
(Pferdekrankheit). 

rascare  caL  —  faSkärin  caL 
kratzen. 

raso  —  ras-zi  AÜas  (Stoff). 

mspare,  raspa  —  respdj,  re^ 
scut;  Bogd.  re6pe  steinigter 
Boden. 

rasta  —  ra§t6  KehrichtsdiaiifeL 

rastrello  —  raSljet,  J:  ras^SF 
Hai^e. 

razza  —  fatse,  fatsim^  cal.  Ge- 
schlecht. 

regnare  —  renöj  Ro;  reni  Re- 
gierung. 

regola  —  regulc;  regnl  scut; 
regu>£  Kai. 

regolare  —  regulöj  Ro;  ngo- 
Ifiren  cal.  Sani 

remo  —  rem,  remb  scut 

resina  —  rSine,  Hins;  geg.  auch 
si;  erSfn  J. 

restare  —  reät  verweilen,  zu- 
rückhalten; re&tem  sich  ent- 
fernen, fallen  (vom  Wasser). 

revera  neap.  —  rever^  gr.  caL 
Strand,  Küste. 

ribello — rebel  unbestöndig,  un- 
ruhig. 


—    129    — 


ligare  —  rigöj  tröpfeln;  rig 
scni  Sprakregen. 

lima  —  rime  Bo. 

rimbnrchio — rambüiM  Schlepp- 
tau Bla. 

limita  caL  —  f  emit  cal.  Ein- 
siedler. * 

rimondare?  —  rendön  Bämne 
beschneiden. 

liparare  —  fepärin  cal.  Bada. 
sich  wohin  begeben. 

riso  —  ris-zi  (roz  Heldrungen) 
Reis. 

lissa  —  nts,  rits  scui  Streit 

ritratto  —  ritrat  Ro. 

ritnale  —  rituät  Bo. 

roba  —  fob£,  rohe  to.  Kleid, 
lobe  caL  Hemd. 

roncare  —  mngön  cal.  March. 


rollo  neap.  —  f  ole  cal.  Cam. 

Wor&cheibe.    role-a  Bogd. 

disco. 
romano  —  romak  Bo. 
rosario    —    ruzare    Prop.    J; 

roz&r,  ruzär  Bo. 
rosignuolo  —  ruSinutd  caL 
rosmarino  —  rosmari  gr.  Heldr ; 

rosmarln,  resmarln  Bo. 
mbbio  —  rub-i  Bo.  Malter. 
luda  Yen.  —  rüde  Bla.  (rüts-dza 

J.)  Baute. 
ni&  ven.  —  rufc,  rufe,  J.:  ruf 

Schnupfen,  Erkältung, 
mga  altit  Qasse  —  fuge  Gasse. 

fugfts-a  J.  schlechte  Straße. 

Weigand.  10.  Jahresberiehi. 


rugagnu  cal.  —  rug^  cal.  Ge- 
fäß. 

ruspo  —  rusp,  J.  ruspe  eine 
Goldmünze. 

ruzza  cal.  —  rudze  caL  Bost. 

saccariare  cal.  —  sakerdirin  cal. 

erforschen,  durchsuchen, 
sacco  —  sakene  gr.  Bhd.  Sack, 
saccosima  sie  —  sakozme  sie. 

kl.  Strick, 
sachetar  ven.  —  sakerd^öj  J. 

schlagen,  treffen, 
sacramento  —  sakramenn  scui 
sacrestano  —  sakrestan  scut; 

sakresti  scui 
sagola — sägule  gr.  Bhd.  dünnes 

Seil 
sala  —  säte  cal.  Bada. 
salterio  (da  putei)  Yen.  —  salter 

Bo.  Abc,  Alphabei 
salto  —  satte  gr.  Eul;  auch: 

saltarf  Sprung, 
salupa  Yen.  —  saluppo  gr.  Bhd. 
salYare  —  salvön   cal.  Frasc. 

erlösen;  auch  salvöj  J.  Yer- 

folgen? 
sapone  —  sapun-i  J;  sapua-6i 

geg- 
sardeUa  —  sardele,  sarrfele. 
saYorra  —  saYofe  EaY.  Sand, 

Kies, 
sbalordire  —  zbaucßrtur  Bada 

mit  Füßen  getreten, 
scaglia  —  ziiöi  Bo.  Baumrinde^ 

Schuppe. 

9 


—    130 


flcaliare  sie  —  skalön  cal.  Frasc. 
erforschen. 

scalcare — SUakonem  sicPiana. 
einbrechen. 

scandalo  —  sk&ndato  to;  sken- 
da),  skenda^sic;  skenda)  cal; 
ökandu)  geg;   ökannu}  scui 

scardasso  —  äkcrdets  geg. 
Bntier&ß. 

scaricare  —  dkarkön,  tsarkön; 
J:  §garköj;  skarköj,  §kar- 
köj  Ro. 

scatarrare  —  §katröj  J.  ver- 
derben, zerstören,  vernichten. 

scempiare  altii  —  §€mp,  san- 
bön  wund  machen,  quetschen, 
prügeln;  äem  geg;  scmön 
Schirb  zerstören;  Semöj  geg. 
schnaufen,  schnauben;  sem- 
ptöj  J.  zerstören. 

scena  —  §en  cal.  Rada  Schau- 
platz. 

scherano  —  Skera  cal.  demone, 
demonio. 

schifu  sie,  cal.  scifu  —  skif 
cal.  Bauch,  Mutterleib. 

'^'sclatta  a.  ven.,  ii  schiatta  — 
Sklata  tSam.  wie. 

sciabecco  neap.  —  sabek  cal. 
Broi 

sciancato  —  Sankat  cal.  Frasc. 
lahm. 

sciapidire?  —  Sap  Ro;  sapakot 
geg.  Tö^el,  Einfaltspinsel 

scio44a  cal.  —  äolc  cal.  Ein- 
sturz, Untergang,  Abgrund. 


scirocco  —   Sorök,  sarök  gr; 

§irök  scui 
sciroppo  —  iirüp  J. 
scoglio   —  skoj  sout  Felsen, 

Klippe, 
scola  ven.  —  skok,  ikote  geg; 

§kol  scui 
scolaro  —  ikotar  cal;  skoUr 

Ro;    Skciit   J.    äkolöp  Bo. 

Schulmeister, 
scolare,  sie  sculari  —  skolöm 

Bada.  Schaum;  §kul,  ikulm 

J.  WeUe. 
scopare  —  padkon  Hahn  rei* 

nigen,  abwischen, 
scoppare  caL  —  tsuppär  cal; 

tsupparin    cal.    Spezz.   Alb. 

ausbrechen      (von      Krank- 
heiten u.  s.  w.). 
scrigna  —  skrin£  geg.  Kasten, 
scrivano  —  fikriva  Bla;  äkrivan 

Ro.  Schreiber,  Sekretär, 
scuffia  —  skuiQe  sie.  Haube, 
scuma  ii  diaL,  ii  schiuma  — 

skume,  skumb;  Skumön,  ska- 

m£zön;  Ro.  auch  skum,  sku- 

moj. 
scupetta  cal.  —  skupete  cal. 

Flinte, 
scutum  lai,  ii  scudo  —  dMut 

Bla.  Schüd;  sküt,güt,M}Bo; 

§üt  J.  Schild;  skut,  sttat  Ro; 

Skut,  iKut  J.  Taler. 
sderrenato  neap.  —  zdcmatcal. 

Frasc.  schwach, 
seburcu    neap.,     ii    sepolcro 


—    131    — 


—  zbolk   cal.    Barile    Pap. 

Grab, 
seechia  —  seMe,  i61tez£;  SeKe-ia 

J.  hölzernes  MUchgefiß. 
secco  —  tseke  geg.  seicht;  tsek 

J.  niedrig, 
secolo  —  äeknl  geg.  scat;  öeku- 

}ir  scui 
secondo  —  sikundrß  geg.  to; 

sikonna  cal.  wie.  sikunderse 

J.  gemäß, 
segnalato  —  sinalät  cal.  Sani 

Dummkopf, 
segnale  —  sena^-tfi  gr.  Zeichen, 
segno  —  Sdj€  geg.  scut;  iens 

to.  Zeichen,  Narbe,  Orden, 
segnare  —  senöj  scut.  zeichnen, 

bezeicbnen;    äenön  to.   auf- 
zeichnen, strahlen, 
segnro  Yen.,  ii  sicnro  —  slguro; 

sugur,    sikür,    segür,    sekür 

Ro;  sugoröj  geg.  yersichem; 

segoröj,  sugaroj  Ro. 
sella  —  sei  cal.  Sattel, 
sempre  —  sempri  cal. 
Sensale  —  sensä  Ro. 
seppia    —    sep    Ro.    Tinten- 
fisch. 
Serie    —    ser   sie.   Piana   Öe- 

schlechtjNachkommenschafb; 

sere    J.    Reihe,    Einteilung, 

Ordnung, 
serrizio  —  servitsia  pL  gr.  die 

Arbeiten, 
sesta,  sesto  —  §est£;  Ro.:  dest, 

J.  auch  sest  Zirkel,  Umriß; 


iestön     skizzieren;      iestöj, 

sestöj  J.  abzirkeln, 
sete  —  äetek    Rhd.    heftiger 

Durst, 
sfilazzo  Yen.  —  sfiktso  gr.  Rhd. 

Art  Tau. 
sfoderare  —  sfoderärin  cid.  Rada 

enthülsen  (Getreide);  sfo<f€ra 

pl.  die  leeren  Htdsen. 
sigaro  —  sigär,  tsigär  Ro. 
sigillo  —  sid^  Bla;  auch  si- 

dzUöj. 
smacco    —    zmak   sie.   Piana. 

Schimpf, 
soffrire  —  öefren;  sufren  cal. 

Basile;  sufriren  Frasc. 
(soga  Yen.);   zoga  sIoy.  Band, 

Ball;    §aka    tu.    Scherz    — 

sak-äagu,  tSok-täogu  Mitk. 

Ball;  &ak-a  J.  Scherz,  Spaß, 
soglia  -f-  za  —  Soiz  scui  Scholle 

(Fisch), 
solcio?  —  Saltse  geg.  Art  ge- 
salzene Sauermilch, 
soldato  —  soldat  scut;  suldät 

caL 
sonetto,  cal.  sunetto  —  sonet 

Ro;  sunet  caL  S.  März. 
*8opporto — supporta  PI.  Bogen- 
gänge Rada. 
sorbire  —  surbön,   geg.   surp 

schlurfen, 
sottana  —  sotane  Ro. 
sottile  +  accio  —  sottoIaS,  suti- 

las  Ro.  berrettino    sotfco  la 

berretta. 

9* 


—     132    — 


3pago   —   spak-gu  Bo.   Bind- 

£Eiden;  spago  gr. 
spajo,  sparire  —  spavem  cal. 

Rada.  verschwinden, 
sparare  —  äpafön  zerstreuen; 

spare  leer  cal.  Rada. 
sparlare    —    spraiöj    J.    ver- 

lenmden. 
^specchiale  —  speKäl  cal.  Sani 

Spiegel, 
spendere  —  spcndön  to. 
spera  caL  Strahl  —  sperc  cal. 

Strahl, 
speranza  —  sprents  cal. 
spezie  ven.  —  spets  m.  spetse 

f.  PfeflFer. 
spiccare  —  §pik  J.  losmachen, 
spiegare   —    ^PJ^S^^j    Bo-    er- 
klären, 
spigliare  altii  —  spin  cal.  Rada 

wegnehmen, 
spilli  d'oro  —  pilura  pl.  Stachel- 
ginster, 
sponza  ven.    —    §püz,    äpunz 

scat.  Schwamm, 
sporchia  neap.    —   purKi'   cal. 
March.    erste    Knospe    der 
Pflanze, 
sporre  —  Spof  J.   losmachen, 

entfernen, 
spranga  —  prang  scut.  Riegel, 

Block  zum  Fesseln, 
sprone  —  spron  Ro. 
sregolare  —  äregut  J.  Schaukel, 
stagnone  —  stagua-goi,  -g6n 
Teller. 


stagnarole  neap.  —  stanarole 

caL  Sant.  Flintenkugeln, 
stagnare  —  tanäran  Rada.  (Blut) 

stillen, 
stampa  —  stambe;  gr.  ätambe, 

Stembfi;  scut.  stamp. 
stanga    —    stang    Bla.     scut; 
Hebebaum,  Richtholz;  stag 
Ro;  gtag  J.  Stock,  Dresch- 
flegel. 

steri  alt  sie.  —  ster  sie.  Piana. 
Schirö  atrium,  castello. 

stiletto  —  sM&IetBla;  gület  Ro. 

stima,  stimare  —  ätim,  stinif 
§timöj,  stimöj  Ro;  tSimön 
Tirana. 

stizza  sie.  —  stitse  sie.  Krüm- 
chen, Bischen. 

stizzo  —  stits  Ro.  Schwert 

stoccare  cal.  —  stok  caL  Stück. 

stojavucco  neap.  —  stiaTuke 
cal.  Rada.  Serviette. 

stola  —  ätol,  stol  Ro. 

stomaco  —  stumk  Bo.  Erizzo 
Magen. 

strano  —  tranöj,  J.  trenöj 
närrisch  macheu. 

strapazzare  —  dtrapatsöj  Ro; 
strapizöj  Prop. 

stra  vient  neap.  —  strayient 
Rada.  Mittagsseite. 

strepitare?  —  reptöj  scut 
lärmen. 

striija  cal. — strajf  s  cal.  striegeln. 

struscio  neap.  —  strufi,  StruSe 
cal.  Qeräusch. 


-    133    - 


strusciolo  neap.  —  straSflaren 
caL  Frasc.  hinauswerfen« 

stnipare  —  stnibfr  cal.  ver- 
8di  winden« 

skdiare  —  stndjöj  Ro.  Lecce. 

9080,  neap.  susere  —  aus  gr. 
aufheben« 

suYero  —  zuber  gr.  N.  Kork- 
eiche, EorL 

tabacchiera  —  tabaSere  Doz. 

tabacco  —  tabako  £ 

tabarro  —  tabaf  scui  Mantel 
mit  Ärmeln. 

tabemacolo  —  tabemaknl  Ro. 

tacca,  tacco  —  takko  gr.  Rhd. 
Schiffisz  wieback. 

taccia  caL  —  tatfc  cal.  Schuh- 
zwecke. 

tagliere  —  tajör  geg.  Teller; 
Bla.  Eßtisch. 

taliare  lai  —  teh-teji  scut;  J. 
auch  tefSchneidedes  Messers. 

tamborino  —  tumbarine  cal. 

tave^^  sie  —  taveUe  pL  sie. 
Falten  im  Kleide. 

tayema  —  tayef es  Bla.  Wein- 
händler; (taverns  scni). 

tarutn  cal.  —  tavüt  caL  Toten- 
bahre. 

teatro  —  teater  Ro. 

tegola  —  tj^lf,  tsj^gulf  Hahn ; 
tjegal  scut. 

telaro  —  telär  scui 

tentare  —  tcndöj,  tundoj  geg; 
tennöj,  tnöj,  tunnöj  scut. 


terrazza,  ven.  terazzo  (piem. 
trassa)  —  tarats£  to.  Dach, 
Turm,  Balken,  Warte  des 
Feldhüters,  Balkon;  derase, 
drase,  ras«  to.  geg.  Stein- 
platte (auch  zum  Decken  des 
Hauses  ver  wendetDoz.),Tafel, 
Schreibtafel;  bei  J.  «=>  Tisch. 
Steinplatte,  Stein;  geg.  auch 
Bett. 

tesoro  —  tesör,  tezür  scut.  Ro; 
terzuar,  tersor  Frasc.  Piana. 

tigna  —  tine  Ro.  Motte. 

timpa  cal.  —  timp-bi  cal.  Fels. 

timone  —  timön  Ro;  temön; 
tomua-möj  Musakja. 

tina  —  tine  geg.  =  gr.  Wein- 
kübel; cal.  Frasc.  Kelter, 
tinär  geg.  Bottich,  ti-tini  J. 
Butterfaß. 

tisica  —  ndisk  scut.  Lungen- 
schwindsucht. 

titolo  —  titul  Ro. 

toccare  —  takön  to.  begegnen; 
geg.  betreffen,  angehören; 
toköj  cal.  Jarn.  gebühren 
scut.  sich  ereignen,  zu  teil 
werden. 

toccu  sie  Schnitte,  it.  tocca 
Seide,  Tüll  >  toke  sie.  Cam. 
Stück  Tuch  oder  ähnliches. 

tomba  —  tomb-a  Ro.  Grab. 

tombacco  —  tumbäk,  tumak 
geg.  scut.  Messing. 

tombolo  —  tumbut  Ro.  ein 
Kartenspiel. 


—     134    — 


tonacella  —  tonatUI  Bo. 
tonsora  —  tonsor  Ro^ 
tomese  —  taf  es  caL  Frasc.  kl. 

Münze, 
tomo  —  tor£  Umkreis,  Umlauf. 

tofe,  torne  Mitk.  Straße, 
totera  abmzz.   —  tötare    caL 

Rada.  ein  Mosikinsfaramenb 
tovaglinola  —  rajule  gr.  Hand- 
tuch, Serviette, 
traditore — traditurcal;  tra^tör 

geg.    scut;   tra/Huar    Erist; 

dazu  tralHön,  traMöj,  treös- 

töj  verraten, 
tramezzare    —   tramezöj   geg. 

mengen,  kneten, 
tramata  —   tramp,  tram  Ro; 

tramp,  trampt  J.  Tausch, 
trappare    cal.    —    trapös    sie. 

säumen, 
travagliare  —   travajöj    Prop. 

plagen;  J.  arbeiten, 
travaglio     —     travaje     Prop. 

Widerwärtigkeit;    traväj    J. 

Arbeit, 
trave  —  traf-travi  sie.  Piana. 
travata  —  trev6t-a  Ro.  palco. 
trebeto    neap.    pL    tribete    — 

tript  cal.  March.  Dreifuß, 
trkglk   a.   slay.,  ii  trecca  — 

treg-a  f.  trek  m.  Ro.  Höckerin, 

Höcker, 
tremare    —    tramärin     Rada 

zittern, 
triaca    =^    teriaca    —    triakß 

Theriak. 


trifoglio  —  terföj,  triföj  Ro; 
terfoin  J.  Klee. 

trillare  —  trilöj  J.  erfinden. 

trimoja  sie  cal.  —  t^rmole  sie. 
Mühlrumpf. 

trina  —  trine  Hürde,  Fleoht- 
werk;  Ro.  Floß,  irin-a  J. 
Flechtwerk,  Egge;  trinoj  J. 
eggen. 

trivello  —  terviel  J.  Bohrer. 

trivulu  cal.  —  trivuli  caL 
Drangsal. 

tromba  —  trum-a  J.  Wirbel- 
wind, Sturm,  Trompete, 
Pumpe;  trumbe  Trompete. 

trombetta  —  trumbete,  drubete; 
J.  trumpet;  Ro.  trombet, 
tromp^t,  gr.  auch  drombete 
N.  Trompete;  im  scut.  auch 
Trommel. 

troppa  cal.,  sie.  troffa  —  trope 
cal;  trofe  sie.  Pflanze,  Ge- 
sträuch, Rasen. 

tufo  —  stuf;  J.  stuf  Bim- 
stein. 

tumazzu  sie.  —  tumats  cal.  sie 
Nudeln;  tumatäe  gr.  Rhd. 
Blätterteig. 

tumminu  sie.  —  turnen  sie. 
Pitre  29  Haufen. 


urtimu  cal.  sie.  —  lurtm  cal. 
Frasc.  letzter. 

usura  —  hozure  Zinsen,  Inter- 
essen. 


—     135    — 


TajJQ  caL  Ho^  Stall  —  vsl  oaL 

FrM&  Hof;  vanle  caL  Sant 

Schafisrf»IL 
▼apa  altit  —  Täpc;  scut  yap-a 

Hitse,  Mittag. 
Tampa  —  Tampe  oal;   Tamni 

gr.  warmer  Dunst 
yapore  —  vapör  Bo.  gr.  Dampf, 

Dampfer.      pap6r,    papuar, 

pampuar  tiam;  pampör  Miik; 

karaYap6r-i  J.  Eisenbahn, 
▼arda  altven.   »=>   goardia  — 

Tardfi  gr.  EoL  Wache. 
Tardaman   Yen.  —  vardamane 

gr.  Handschutz, 
yassallo  —  yasaK  J. 
yastasu    caL   —    yaatas    cal. 

March.  Lastträger, 
yelo,  yela  —  yele  Bla.  Hülle; 

yel-i  scui  SegeL 
yennettaneap.  —  ymet«  Molise 

Rache, 
mennetka  neap.,  sie.  yinnitta,  it 

▼endetta^mindite  cal.Fra8o; 

Spezz.  Alb;  yinditte  Rada. 
yentrera  Regg.  —  yandere  sie. 

Schürze, 
yerdone  —  yardu-oni  J. 
yermut  yen.  —  yermüt-i  Ro. 
yerro  —  yef  Ro.  Eber, 
yespro  —  yesper  Ro;  desper 

caL  Abend, 
yessillo  —  yeSfl  cal.    March. 

junger  Baum  ohne  Zweige, 
yiaggio  —  yiatfi,  -dza  J.  Weg, 

Fußsteig. 


yiatico  —  ^atfk  scut 
yicario  —  yikär  geg.  scui  Bla. 
yida  yen.  —  viie  gr.  Schraube, 
yigliacoo  —  yilakös  caL  Frasa 

schwächen,     yilakosur    cal. 

Frasc  Schwäche, 
yijjare  cal.  —  yjon  caL  sie  be- 
wahren, 
yiola  +  ZB  —  yjöTes-za  Ro; 

TJ6Ieze  Bla;  yiotts-dza  J.  Ro. 
yiolino  —  djoK,  yioli  gr.  N. 
yisdola  —  ylSuI  scui  Weichsel- 
kirsche, 
yisera  sie.,  it.  yisiera  —  yizere 

Sani 
yisita  —  yizft  Ro;  yizitöj  Ro. 
yisituau    sia   —   yizituzc  caL 

Rada.  in  Trauerkleidung, 
yoga   —    Yöge  Dunst,    yög^ 

rauchen,  dampfen  caL  Rada; 

yog,    yok    erwärmen,    yokt 

warm,  Wärme  J. 
yolatica  —  yolatfk  Kay.  Haui- 

flechte. 
yorzillo  Frasc  Neap.  —  ycrjfl 

Fiam.  Arb.  I  11  Geldborsa 
yrenzola  neap.  —  yringul  cal. 

March.  Lappen, 
yuccieri  caL  —  yudzÄr,  yutäar 

cal.  Fleischer,  Henker;  yud- 

2arl  caL  Gemetzel, 
yuccula    caL    —    yökuk    caL 

Rada;     ydkule     sie.    Ring, 

Kreis. 
yuce  cal.  —  yudzs  cal.  Firasc 

Stimme. 


—    136    — 


Tuda    cal,    sie.    —    raöe    cal. 

Meergras. 
Yulcano  —  Vulkan  Ro. 
Yuta  cal.  —  Yute  caL  Gelübde. 


zaffo  alidt.   =  sbirro   — 

Bla.  Scherge, 
zampajjone   cal.   —   tsampane 

cal.  Frasc.  Mücke, 
zelo  —  zel  Eifer;  zel6j  eifern, 

zeltär  ei&ig  scut;  zfli  geg. 

Neid,  Eifersucht. 
zecca  —   zek^  geg.  scut.   gr. 

Stechfliege. 


zero  —  dzer-i  Ro. 

zirra  abruzz.  —  ndzirc  sie. 
Krug. 

zirra  caL  —  ndzefeps  cal.  er- 
zürnen, ndzcfarem  cal.  auf- 
gebracht werden. 

zirru  caL  —  tsurll  cal.  Sani 
Haarflechte. 

zufolo  —  sufiil  scut  Ro.  Sack- 
pfeife, sufarine,  fu&rin£ 
Sturm  mit  Regen« 

zurlo  Yen.  »=  ein  SpieL  suru- 
las,  surtäs  umdrehen. 


YL  Litteratnr  und  AbkttrznngeiL 

Blanchus:  Dictionarium  latino-epiroticum  Rom  1635  ^  Bla^ 

Boerio:  Dizionario  del  dialetto  Veneziano.  Venezia  1867  ^  =  Boe. 

Bogdan  (c£  Junk's  W.  B.  Anhang)  =  Bogd. 

calabrisch  =  cal. 

A.  Degrand:  Souvenirs  de  la  Haute-Albanie,  Paris  1901. 

Dozon:  Manuel  de  la  langue  chkipe  ou  albanaise.  Paris  1878 

=  Doz. 
Element  =  El. 

E.  W.  cf.  Gustav  Meyer  =  E.  W. 
Frascineto  (Calabria  citeriore)  =  Frasc. 
gegisch  =  geg. 
griechisch  =  gr. 

V.  Hahn,  Albanesische  Studien,  Jena  1854  =  Hahn. 
Hertzberg,  Geschichte  der  Byzantiner  und  des  osmanischen 

Reiches  bis  gegen  Ende  des  16.  Jh. 
Jak  Junk,  FiaTur  i  vogel  gtsüp  e  Ttinist,  Scodra  1895  »=  J. 
Eristopheridis  =  Erist. 
Lfkürasi  (cf.  Pedersen)  =  L. 


—     137    — 

Lenel:  Entstehung  der  Vorherrschaft  Venedigs  an  der  Adria. 

Straßburg  1897. 
Oastay  Meyer:  ^=  G.  M. 

Kleine  Ghrammatik  der  alb.  Spr.  Leipzig  1888. 

Etymologisches  Wörterbuch  der  alb.  Spr.    Straßburg 

1891  =  E.  W. 
Die  lateinischen  Elemente  im  Alb.  in  Grobers  Grundriß 

der  rouL  Spr.  I.  S.  804. 

Albanesische  Studien  I — VI. 

Essays  und  Studien. 

Otto  Mejer:  Die  Propaganda,  ihre  Provinzen  und  ihr  Recht. 

Gottdngen  1852—53. 
Miklosich:  Albanesische  Forschungen.    Wien  1870. 
Dr.  Nerutsus-Bey  (cf.  G.  M.  Alb.  Stud.  V  5)  =  N. 
Pedersen:  Albanesische  Texte,  Leipzig  1895  »=  Ped. 
Piana  dei  Greci  (Sicilia)  »»  Piana. 
Propaganda  «=  Prop. 

Reinhold,  Noctes  pelasgicae.   Athen  1855  =  Rhd. 
Rossi  da  Montalto:  Vocabulario  della  lingua  epirotica-italiana. 

Roma  1875  =  Ro. 
Scerbo:  Sul  dialetto  calabro.    Firenze  1886. 
scatarmisch  =  scut. 
serbisch  =  se. 
sicilianisch  «=  sie. 

Spezzano  Albanese  (Calabria)  »=  Spezz.  Alb. 
Santori  (Antonio)  citiert  nach  G.  M.  Etym.  Wb.  =  Sant. 
toskisch  s=  to. 
tibrkisch  ==  tu. 

tfiamisch  (cf.  Pedersen)  =  tsam. 
venezianisch  =»  Yen. 


Dentsehe  Sprachelemente  im  Brnnänischen 

▼on 
Jon  BofoIa« 

Einleitung. 

Vorliegende  Arbeit  ist  ein  Versuch,  die  zerstreuten  Spureo, 
welche  mannigfieiltige  Beruhrangen  des  rumänischen  Volkes 
mit  Deutschen  in  der  Sprache  jenes  zurückgelassen  haben,  zn 
einem  einlieitlichen  Bilde  zusammenzufassen. 

Die  dabei  zu  überwindenden  Seh wier^keiten  li^en  zunächst 
in  der  Mannigfaltigkeit  und  Zerstreutheit  des  Materials,  das 
erst  gesammelt  und  gesichtet  werden  mußte.  Vor  allen  Dingen 
kam  es  darauf  an  das  unechte  durch  andere  Sprachen  (SlaTiscb, 
Magyarisch)  yermittelte  auszuscheiden,  da  dies  nicht  in  dtn 
Bereich  der  Aufgabe  gehorte,  die  sich  diese  Arbeit  gestellt 
hatte.  Dabei  konnten  mir  die  yorhandenen  Arbeiten  indes 
nur  unToUkommene  Dienste  leisten.  Sehr  fahlbar  war  ferner 
auch  der  Mangel  eines  siebenbürgisch-sächsischen  Wörterbuchs, 
das  noch  in  Vorbereitung  ist.  Sein  Erscheinen  wird  gewiss 
über  manchen  noch  unklaren  Punkt  Aufschluß  bringen.  Voll- 
ständigkeit konnte  ich  daher  nur  in  relativem  Sinne,  in  den 
durch  die  Torhandenen  Quellen  gesteckten  Grenzen  erstreben. 
Schließlich  wolle  man  nicht  vergessen,  daß  die  Ursachen,  deren 
Wirkungen  hier  besprochen  werden,  zum  großen  Teil  auch 
heute  noch  fortbestehen  und  beständig  neue  Wirkungen 
hervorrufen. 


-     139    — 
Erster  Teil. 

DentBche  Elemente  in  der  rnmftnischen 
Umgangssprache. 

A.  Kulturgeschichtliches. 
Vorbemerkangen. 

Die  Rumänen  sind  za  Terschiedenen  Zeiten  und  an  ver- 
schiedenen  Orten  in  mehr  oder  weniger  enge  Berührung  mit 
Deutschen  gekommen.  Stellenweise,  wie  in  Siebenbürgen,  war 
diese  Berührung  von  Jahrhunderte  langer  Dauer,  an  anderen 
Orten  —  man  denke  etwa  an  die  deutschen  Kaufleute  und 
Handwerker  in  Rumänien  —  war  sie  eine  nur  flüchtige  und 
auf  ganz  enge  Lebensgebiete  sich  erstreckende.  Eine  Be- 
rührung ganz  eigentümlicher  Art  ist  ferner  z.  B.  die  durch 
das  deutsche  Heer  in  Österreich-Ungarn  hervoi^ebrachte. 

Es  ist  daher  unbedingt  nötig,  alle  die  Beziehungen,  die 
auch  einen  Einfluß  der  deutschen  Sprache  auf  die  rumänische 
zur  Folge  gehabt  haben,  näher  kennen  zu  lernen,  wenn  man 
jenen  Einfluß  richtig  yerstehen  und  beurteilen  will. 

Schon  aus  dem  bisher  Angedeuteten  kann  man  vermuten, 
dass  das  Bild  des  deutschen  Spracheinflusses  ein  überaus 
buntes  und  kompliziertes,  in  manchen  Beziehungen  auch 
schwankendes  sein  werde.  Dieser  Einfluß  hat  ja  ausschliess- 
lich nur  den  Wortschatz  des  Rumänischen  betroffen,  da  handelt 
es  sich  aber  oft  um  dialektale  und  dialektalste  Ausdrücke, 
deren  genaue  Fixierung  Schwierigkeiten  macht,  zumal  sie  ver- 
schiedenen deutschen  Dialekten  entlehnt  sind. 

Trotzdem  werden  sich  wohl  alle  diese  Einflüsse  in  ge- 
schichtlicher Beziehung  unter  zwei  grosse  Gesichtspunkte 
zTuammenfassen  lassen,  die  dann  sowohl  zeitlich  als  auch  ins- 
besondere sprachlich  ziemlich  scharf  geschieden  werden  können, 
ohne  indes  völlig  getrennt  zu  sein,  da  sie  schließlich  zeitlich 


—     140    — 

zusammenlaufen  und  auch  die  sprachlichen  Kriterien  nicht 
inuner  ausreichend  sind. 

Das  erste  historische  Ereignis,  das  Rumänen  mit  Deutschen 
in  engere  Berührung  brachte,  war  die  Einwanderung  der 
moselfränkischen  Sachsen  nach  Siebenbürgen  im  XU.  Jahr- 
hundert Diese  erste  Berührung  als  die  altere  und  engere 
hatte  natürlicherweise  auch  einen  grösseren  und  fester  wur- 
zelnden Einfluß  im  Gefolge,  der  sich  auf  mannigfaltigere 
Lebensgebiet«  erstreckte.  Auch  dieser  Einfluß  ist  ja  eng  be- 
grenzt: er  bezieht  sich  unmittelbar  nur  auf  Siebenbürgen  und 
auch  da  nicht  auf  das  ganze  Land,  sondern  auf  verschiedene 
kleinere  Teile  desselben.  Hier  war  es  aber  allerdings  ein 
yiele  Jahrhunderte  langes  Zusammenleben  zweier  Yolksstämme 
auf  demselben  Gebiet,  das  nicht  ohne  beiderseitige  Beeinflussung 
bleiben  konnte.  (Über  die  rumänischen  Lehnwörter  im  Sieben- 
bürgisch-Sächsischen  vgl.  E.  Grigorovitza,  Romänismele  in 
dialectul  german  al  Sasilor  din  Transilvania;  Noua  revista 
romänä,  U,  250  ff*,  und  341  ff.).  Aus  diesen  engeren  Gebieten 
hat  sich  aber  der  deutsche  Einfluß  auch  weiter  in  die  rumä- 
nischen Länder  hinein  verbreitet,  teils  durch  die  Sachsen  selbst, 
teils  wohl  auch  durch  die  Rumänen,  so  daß  er  auch  in  die 
beiden  rumänischen  Fürstentümer  eindrang. 

Das  zweite  historische  Ereignis,  unter  welches  ich  eine 
Reihe  verschiedenartiger  deutscher  Einflüsse  zusammenfasse, 
die  in  der  That  in  letzter  Instanz  darauf  zurückgehen,  ist  die 
Ausbreitung  der  österreichischen  Herrschaft  über  Ungarn  und 
Siebenbürgen  seit  dem  Anfange  des  XYIII.  Jahrhunderts  nach 
Vertreibung  der  Türken,  und  schließlich  auch  über  die  im 
Jahre  1775  von  der  Moldau  abgerissene  Bukowina.  Das  Bild 
dieses  Einflusses  gestaltet  sich  wie  kulturell  so  auch  sprach- 
lich höchst  bunt.  Er  bezieht  sich  auch  diesmal  zunächst  und 
direkt  nur  auf  die  diesseits  der  Karpathen  und  in  der  Buko- 
wina wohnenden  Rumänen,  aber  nicht  auf  alle  und  in  allen 
Stücken  in  der  gleichen  Weise.  Man  wird  unter  den  ver- 
schiedenen Ausläufern  dieses  Einflusses  zunächst  zwei  Gruppen 
unterscheiden  können,   von  denen  die  eine  unmittelbar  von 


—     141     - 

der  österreichischen  Begiemng  ausgeht  und  ihren  Ausdruck 
vor  allen  Dingen  im  Heerwesen  und  in  der  Verwaltung  findet. 
Eine  andere  Oruppe  hat  ihren  Ursprung  in  den  durch  die 
Regierung  eingeführten  Kolonien.  Dahin  gehört  der  besondere 
Einfluß  des  Deutschen  im  Banat  und  in  gewissem  Sinne  der 
in  der  Bukowina.  Ihrem  Charakter  und  Ursprünge  nach  als 
ein  Mittelglied  zwischen  den  beiden  genannten  Gruppen  er- 
scheint die  Beeinflussimg  der  rumänischen  Bergmannssprache 
durch  die  deutsche  im  siebenbürgischen  Erzgebirge.  (Für 
die  Banater  steht  kein  Material  zur  Verfügung.)  An  diese 
schließt  sich  der  Einfluß  der  deutschen  Ejiufleute,  Handwerker 
und  Wirtsleute  an,  der  mit  dem  siebenbürgisch-sächsischen 
zosammenläuft  und  daher  von  diesem  schwer  zu  trennen  ist. 
Dieser  greift  dann  in  verhältnismäßig  starkem  Maße,  besonders 
seit  Ende  des  XVIII.  Jahrhunderts  auch  nach  den  rumänischen 
Ffirstentümem  hinüber.  Endlich  werden  wir  auch  des  deutschen 
Einflusses  auf  die  gebildete  Klasse  der  Rumänen  in  Sieben- 
bürgen, die  mit  dem  XVHL  Jahrhundert  sich  zu  entwickeln 
beginnt,  gedenken  müssen. 

Fassen  wir  das  Gesamtbild  des  deutschen  Einflusses  noch- 
mab  ins  Auge,  so  werden  wir  sehen,  daß  vor  allem  Sieben- 
bürgen am  stärksten  davon  betroffen  worden  ist,  sodann  die 
übrigen  rumänischen  Länder  Österreich-Ungarns,  besonders 
das  Banat  und  die  Bukowina.  Die  Moldau  und  die  Walachei 
haben,  abgesehen  von  vereinzelten  Ansiedlungen  der  Sieben- 
bürger Sachsen  einen  Einfluß  nur  durch  Handelsbeziehungen 
xmd  von  eingewanderten  Handwerkern,  Kauf-  und  Wirtsleuten 
er&hren. 


I.  Siebenbttrgisch-s&ehsisclie  Einflllsse. 

Die  kulturgeschichtlichen  Beziehungen  der  Rumänen  zu 
den  Siebenbürger  Sachsen  sind  erst  in  jüngster  Zeit  durch 
die  ausgezeichneten  Arbeiten  N.  lorgas  in  ihrem  ganzen 
Umfange  und  ihrer  ganzen  Bedeutung  bekannt  geworden. 
Ihnen  schließe  ich  mich  in  allem  Wesentlichen  an. 


—     142     — 

1.   Beziehungen   der  Siebenbürger  Bumänen  zu  den 
Siebenbürger  Sachsen. 

Dem  Rufe  des  nngBrischen  Königs  Geisa  IL  folgend,  der 
die  Grenzen  seines  Reiches  zu  schützen  und  zu  erweitem 
gedachte,  waren  um  die  Mitte  des  XII.  Jahrhunderts  Deutsche 
aus  d&OL  Rhein-  und  Mosellanden  aufgebrochen  und  hatten 
sich  in  Siebenbürgen  niedergelassen.  So  entstand  in  den 
Jahren  1141 — 61  die  größte  unter  den  drei  Kolonien  der 
Siebenbürger  Sachsen,  die  nach  ihrem  Hauptorte  als  die 
Hermannstadter  Gruppe  bezeichnet  wird.  Vielleicht  schon 
vor  Geisa  war  die  Bistritzer  oder  Nösner  Gruppe  im  Norden 
des  Landes  entstanden.  An  diese  beiden  schloß  sich  dann 
später  als  driite  die  Kronstadter  oder  Burzenlander  Gruppe 
im  Südosten  an,  die  unter  Andreas  11.  in  den  Jahren  1211 — 25 
Tom  deutschen  Ritterorden  begründet  wurde.  Daneben  haben 
wir  kleinere  Gruppen  oder  solche  innerhalb  der  Hermann- 
stadter Provinz  selbst.  Diese  sind:  der  „Unterwald"  westlioh 
von  Hermannstadt,  Schässburg  -  Reps  und  die  zwei  Stühle 
(Mediasch-Schelk),  sodann  die  nicht  auf  „Sachsenboden'' 
liegenden  Gemeinden.  (Vgl.  F.  Teutsch,  Die  Art  der  An- 
siedlimg  der  Siebenbürger  Sachsen;  in  Forschungen  zur 
deutschen  Landes-  und  Volkskunde  herausgegeben  von  A.  Kirch- 
hofl^  IX,  8  f.). 

Das  Land,  welches  der  unter  B^la  IIL  gegründeten  Cister- 
zienser  Abtei  Kerz  am  linken  Altufer  geschenkt  wurde,  wird 
in  einer  etwas  späteren  Urkunde  vom  Jahre  1223  als  „terra 
exempta  de  Blaccis''  bezeichnet  (Urkb.  I,  27).  Die  neuen 
deutschen  Ansiedler  wohnten  also  in  der  unmittelbaren  Nach- 
barschaft der  Rumänen,  die  als  Ackerbauer  und  Hirten  unter 
ihren  Knesen  und  Vojvoden  lebten  ohne  politische  Organi- 
sation (lorga,  Säte,  S.  93 f.).  Die  Beziehungen  der  beiden 
Völker  müssen  didier  sehr  frühzeitig  begonnen  haben.  Sie 
sind  von  Anfang  an  nicht  immer  firiedlicher  Natur  gewesen. 
Die  deutschen  Ansiedler  bauten  zu  ihrem  Schutze  überall  ihre 
Burgen  und  Eirchenkastelle.    Worter  wie  tum  und  |an^  mögen 


—    148    — 

wohl,  auch  nach  ihrer  Veibreitung  seu  schlieSen,  zu  den  ältesten 
EnÜehnnngen  gehören,  die  die  Rnmanen  Ton  ihnen  machten. 

Auf  die  Frage,  wie  sich  das  Zusammenleben  der  beiden 
Völker  auf  demselben  Gebiete  im  Laufe  der  Zeit  und  unter 
Einwirkung  der  mannigfidtigen  historischen  Ereignisse  ge- 
staltete, gehe  ich  hier  nicht  ein,  da  ich  ihr  an  anderer  Ste&e 
eine  eingehendere  Betrachtung  schenke.  Es  sei  hier  nur  soviel 
erwähnt,  daS  die  Rumänen,  indem  sie  alhnahlich,  durch  irgend 
einen  umstand  Teranlaßt,  sich  in  den  sächsischen  Dörfern 
niederließen,  meist  auch  den  deutschen  Kamen  des  Dorfes 
übernahmen  und  sich  mundgerecht  machten. 

Die  Sachsen  hatten  bei  ihrer  Einwanderung  Tom  un- 
garischen Könige  groSe  Rechte  und  Privilegien  erhalten. 
Desgleichen  erlangten  mit  der  Zeit  ungarische  Ritter,  Kirchen 
tmd  Burgen  ausgedehnte  Gebiete  auf  siebenbürgischem  Boden 
nnd  gewisse  Vorrechte  über  die  alten  Bewohner  des  Landes. 
Noch  in  Urkunden  aus  dem  XIII.  Jahrhundert  findet  sich  die 
Bezeichnung  terra  Blacorum  (1222,  ürkb.  I,  20  etc.)  und  an 
den  fftr  ganz  Siebenbürgen  maßgebenden  Versammlungen 
nehmen  noch  1291  neben  den  Adligen  der  Sachsen  und 
SeUer  auch  die  der  Rumänen  teiL  Auch  im  XIV.  Jahr- 
hundert standen  sie  im  allgemeinen  auf  derselben  Stufe  mit 
jenen.  Der  Niedergang  der  königlichen  Gewalt  nach  Matthias 
Corrinus'  Tode  und  die  drohende  Türkengefedir  brachten  es 
mit  sich,  daß  der  Adel  immer  mächtiger  wurde  und  die 
Rechte  des  gemeinen  Mannes  gering  achtete.  Die  rumänischen 
Enesen  waren  zum  großen  Teile  in  die  Reihen  des  ungarischen 
Adels  eingetreten,  in  dem  sie  schließlich  vollständig  aufgingen. 
Als  durch  die  Schlacht  bei  Mohäcs  im  Jahre  1526  Ungarn 
tmter  die  Herrschaft  der  Türken  kam,  bestand  in  Siebenbürgen 
^elbe  Verhältnis  zwischen  Adel  und  Hörigen  wie  in  den 
übrigen  europäischen  Ländern  und  da  das  rumänische  Volk 
▼erwiegend  ein  Volk  von  Bauern  war,  bestand  die  Haupt- 
masse der  Leibeignen  im  Gegensatz  zu  den  Adligen  und  den 
priTilegi»!ten  Sachsen  eben  aus  Rumänen.  (Vgl.  lorga,  Säte, 
95-96). 


—     144    — 

Wir  wollen  hier  bloß  die  Verhältnisse  der  in  den  säch- 
sischen Stühlen  lebenden  Rumänen  an  der  Hand  der  Studien 
lorgas  naher  ins  Auge  fassen,  insofern  sie  für  uns  in  Betracht 
kommen.    (lorga,  Säte  S.  98  ff.) 

lorga  bezeichnet  die  Geschichte  des  rumänischen  Sieben- 
bürgens an  einer  Stelle  recht  treffend  als  „eine  Geschichte 
Ton  Dörfern  und  Pfarrern''.    (lorga,  Säte  S.  8.) 

Auf  kirchlichem  Gebiet  war  die  trennende  E[luft  der  yer- 
schiedenen  Eonfessionen  eine  zu  große,  als  daß  sich  irgend 
welche  inneren  Beziehungen  hätten  bilden  können.  Wenn  wir 
jedoch  die  lange  Reihe  von  Bestrebungen  verfolgen,  die 
Rumänen  ihrer  Eonfession  zu  entfremden,  die  sich  durch  die 
ganze  siebenbürgische  Eirchengeschichte  hindurchziehen,  so 
sehen  wir  auch  die  Siebenbürger  Sachsen  daran  beteiligt 
Nachdem  sie  zur  Reformation  übergetreten  waren,  versuchten 
sie  es,  die  Lehren  Luthers  auch  unter  die  Rumänen  zu  ver- 
breiten und  auf  ihre  Veranlassung  erschienen  zu  diesem 
Zwecke  die  ersten  rumänischen  Drucke:  der  Hennannstädter 
Eatechismus  vom  Jahre  1544,  der  Eronstädter  von  1550  und 
die  Bibelübersetzungen  Coresis  in  Eronstadt  Von  diesen 
nenne  ich  das  neue  Testament,  welches  1560 — 61  auf  Eosten 
des  Eronstädter  Bürgers  Hans  Benkner  oder,  wie  er  im 
Epilog  genannt  wird,  Hanäsk  Beagnerk  gedruckt  wurde,  und 
das  Evangelium  von  1580—81,  für  dessen  Druck  ebenfalls 
ein  Sachse,  der  Eronstädter  Richter  Lukas  Hirscher  (lucaik 
hrkjilk)  die  Eosten  trug.  (Vgl.  L  Bianu  si  N.  Hodof ,  Bib- 
liografia  romänescä  veche,  Bucuresci  1898,  I,  43  ff.  und  85  f.) 

Von  den  Sachsen  haben  die  Rumänen  später  die  Buch- 
druckerkunst gelernt  und  es  finden  sich  unter  den  hierher 
gehörigen  Ausdrücken  in  der  Tat  zahlreiche  deutschen  Ur- 
sprungs, die  ein  jüngeres  Alter  aufweisen.  Außer  dem  aus 
dem  Jahre  1632  belegten,  nicht  ganz  sicheren  drucar,  scheint 
nur  noch  je^esc  (setzen)  schon  in  früherer  Zeit  entlehnt  zu 
sein.    Coresi  hat  auf  anderem  Wege  die  Druckerei  erlernt 

Dem  kirchlichen  Gebiete  gehört  endlich  in  gewissem 
Sinne    auch    das    besonders    in   Eronstadt    aber  auch  sonst 


—     145     — 

verbreitete  gociman  an,  das  vielleicht  in  den  Beziehungen  zum 
Rate  der  Stadt  seinen  Ursprung  hat,  der  mitunter  die  Streit- 
fragen der  Kirche  schlichten  mußte. 

Viel  mannigfaltiger  gestaltet  sich  das  Bild  der  anderen 
Lebensbeziehungen  zwischen  den  beiden  Völkern,  wenn  sich 
auch  manche  Züge  desselben  historisch  unseren  Blicken  ent- 
ziehen xmd  sich  nur  eben  aus  den  Lehnwörtern  erraten  lassen. 

Schon  Gaster  bemerkt  in  Gröbers  Grundriß  (I,  413),  wo 
er  über  die  Lehnwörter  des  Rumänischen  spricht,  daß  die 
sachsischen  „zu  derjenigen  Terminologie,  die  der  Bezeichnung 
Ton  Erscheinungen  der  ältesten  Staatenbildung  Bumäniens 
dient,  beigesteuert  haben.^  Von  den  beiden  Wörtern,  pirgar 
und  pärcälab,  die  er  anführt,  ist  jedoch  nur  das  erstere  eine 
direkte  Entlehnung  aus  dem  Sächsischen,  während  das  letztere, 
dem  allerdings  das  deutsche  „Burggraf"  zu  gründe  liegt,  durch 
das  Magyarische  vermittelt  ist.  Das  Wort  pirgar,  die  Be- 
zeichnung für  die  dem  Dorfrichter  zur  Seite  stehenden  Ge- 
meinderäte, hat  sich  auch  nach  der  Moldau  und  Walachei 
verbreitet,  während  die  Benennung  für  den  Richter,  offenbar 
die  ältere  und  zum  Teil  lateinische,  verschieden  ist.  Daß  das 
Wort  in  der  That  leicht  entlehnt  werden  konnte,  beweisen 
die  Beziehungen,  die  zwischen  Sachsen  und  Rumänen  auf  dem 
sogenannten  Eönigsboden  bestanden.  In  der  Umgebung  von 
Kronstadt,  Mühlbach,  Reps,  Hermannstadt,  Bistritz  etc.,  überall 
da  befanden  sich  auf  sächsischem  Stuhlboden  rumänische 
Dörfer,  die  ihre  eigenen  selbstgewählten  Richter  und  Orts- 
geschworenen hatten.  Doch  waren  sie  von  der  betreffenden 
Stadt  abhängig  und  mußten  an  den  Rat  der  Stadt  bestimmte 
Abgaben  zahlen.  Interessant  sind  die  Mitteilunficen,  die  lorga 
über  das  große  rumänische  Dorf  Säli|te  bei  Hermannstadt  und 
die  benachbarten  Gemeinden  nach  Urkunden  vom  Ende  des 
XVL  Jahrhunderts  macht  (Säte,  121  f.).  Für  diese  Dörfer,  die 
einen  besonderen  rumänischen  Stuhl  bildeten,  wurden  vom 
Rate  der  Stadt  zwei  „Stultzrichter*'  gewählt,  die  ein  jährliches 
Einkommen  genossen.  Von  ihnen  werden  auch  für  die  Wahl 
des  rumänischen  Richters,  der  an  der  Spitze  eines  jeden  Dorfes 
Weigand,  10.  Jahresbericht.  10 


—     146    — 

stand,  genaue  Bestimmungen  getroffen.  In  einer  solchen  ftr 
Säli|te  vom  Jahre  1649  heißt  es,  daß  ^iedveder  vierte  Theil" 
der  Gemeinde  je  11  Leute  aus  seiner  Mitte  wählen  solle,  die 
dann  ihrerseits  die  Richterwahl  vollziehen,  damit  ein  zu  großer 
Andrang  in  der  Kirche  vermieden  werde.  Aus  solchen  Ver- 
hältnissen mag  wohl  das  Wort  ferdela  (Viertel)  =  die  Nach- 
barschaft in  einer  Gemeinde  hervorgegangen  sein.  Im  Bepser 
Stuhl  nahmen  die  Rumänen  im  Vereine  mit  Ungarn  und 
Sachsen  an  der  Wahl  des  Stuhlrichters  Teil.  (lorga,  Säte, 
S.  106-7.) 

Frühzeitig  finden  wir  dann  die  Rumänen  auch  in  den 
sächsischen  Städten  selbst  ansässig.  Im  XV.  Jahrhundert 
bevölkern  die  sogenannten  Schkejer  oder  Trokaren  die  Eron- 
städter  Vorstadt  Schkej.  (VgL  Stinghe,  Schkejer,  S.  57.)  Auch 
in  Mühlbach  finden  wir  eine  „walachische  Vorstadt  oder 
,Blochay"  wie  sie  in  Steuerbüchern  des  XVIII.  Jahrhunderts 
genannt  wird  (I.  Wolff,  Dorf-  und  Stadtnamen,  S.  22).  Um 
dieselbe  Zeit  oder  später  werden  sich  Rumänen  auch  in  den 
anderen  sächsischen  Städten  niedergelassen  haben.  Sie  haben 
meist  eigene  Richter,  sind  aber  nur  geduldet  und  müssen  an 
den  Rat  oder  Magistrat  der  Stadt  bestimmte  Abgaben  zahlen. 
Aus  diesen  Zusammenhängen  sind  Lehnwörter  wie  maier  mit 
seinen  verhältnismäßig  zahlreichen  Ableitungen:  mäierean, 
-eanäj  -itä,  -iste,  femer,  gleichsam  als  Gegensatz  dazu  burgar, 
die  Bezeichnung  des  sächsischen  Bürgers,  und  maghistrat 
hervorgegangen.  Auch  macht  die  ganze  Einteilung  der  Vor- 
stadt Schkej  zum  Beispiel  in  vier  Nachbarschaften  (vecinii), 
wie  sie  bei  Stinghe  (Schkejer,  S.  2)  geschildert  ist,  so  reclit 
den  Eindruck,  daß  sie  ganz  nach  sächsischem  Vorbild  ge- 
schaffen ist.  Die  Bezeichnung  tatä  de  vecin  scheint  eine 
wörtliche  Übertragung  des  sächs.  Nachbarvater  oder  NacL- 
barhann  zu  sein.  Reste  dieser  alten  Organisationen  haben 
sich  bis  auf  den  heutigen  Tag  in  Oster-  und  Weihnachts- 
vergnügungen erhalten,  wie  in  Kronstadt  in  den  Osterspielen  der 
Jimif  (vgl.  Stinghe,  Schkejer,  S.  9  ff.)  und  der  ähnlichen  Volkssitte 
„bägatul  cu  junii"  in  Gurarlului  (Muntean   Mon.  S.  144  ff.). 


—    147    — 

Frfihzeitig  müssen  auch  Wörter  wie  chiborean  und  gSbur 
zur  Bezeichnong  des  sächsischen  Bauers  entlehnt  worden  sein 
und  nicht  minder  ^h  («=  Grenzstein),  das  auf  die  unaufhör- 
lichen Ghrenzstreitigkeiten  zwischen  Rumänen  und  Sachsen 
hinzudeuten  scheint  Mit  diesen  Wörtern  haben  wir  bereits 
den  einigermaßen  festen  historischen  Boden  verlassen  und 
wenden  uns  nunmehr  zu  den  aus  verschiedenen  Lebens- 
beziehungen stammenden,  über  deren  Alter  uns  nur  die  laut- 
liche (Gestalt  einen  meist  recht  ungenügenden  Auftchluß  zu 
geben  vermag.  Hier  werde  ich  sie  nach  den  verschiedenen 
Lebensgebieten,  denen  sie  angehören,  zu  gruppieren  versuchen 
and  nur  da,  wo  sichere  Anhaltspunkte  vorliegen,  auch  auf 
das  ungefähre  Alter  der  Entlehnung  hinweisen« 

Lehnwörter,  die  auf  engere  geistige  Beziehungen  schließen 
ließen,  fehlen  vollständig.  Es  ist  das  auch  begreiflich.  Es 
waren  nicht  allein  die  Unterschiede  der  Eonfession,  die  solchen 
hindernd  im  Wege  standen,  sondern  auch  politische  und 
soziale.  Diese  wurden  noch  verschärft  durch  die  vollständige 
Abgeschlossenheit  der  Sachsen,  in  deren  Dörfern  die  rumä- 
nischen Bauern  nur  geduldet  waren.  Denn  es  kam  nicht  selten 
Tor,  daß  sie  dieselben,  wenn  sie  ihnen  gefahrlich  zu  werden 
schienen,  mit  Gewalt  daraus  verdrängten  und  ihre  Häuser 
niederrissen,  wobei  es  nicht  ohne  ernstliche  Konflikte  abging. 
So  ist  es  wohl  auch  zu  keiner  Mischung  der  beiden  Völker 
gekonunen  und  deutsche  Namen,  wie  sich  solche  z.  B.  unter 
den  Rumänen  in  Gurarlului  bei  Hermannstadt  finden  (vgl. 
Munt  Mon.  S.  208  ff.),  stammen  offenbar  aus  späterer  Zeit 
nnd  von  vereinzelten  deutschen  Handwerkern,  die  sich  in  den 
romanischen  Dörfern  niedergelassen  haben.  Eigennamen  wie 
(ilajer  (Glaser)  und  Fieser  (Fleischer)  haben  sich  erst  auf 
ramanischem  Boden  gebildet  Weitaus  die  Mehrzahl  der 
Lehnwörter  sind  den  verschiedenen  Handwerken  entnommen, 
em  Charakteristicum  der  Entlehnungen  aus  dem  Deutschen, 
dem  wir  auch  später  noch  begegnen  werden.  Die  Deutschen 
waren  nicht  nur  für  die  Rumänen,  sondern  auch  für  die  Slaven 
nnd  Magyaren  die  Lehrmeister  in  sehr  vielen  Handwerken. 

10  • 


—     148     — 

Die  Entscheidung,  ob  da  ein  Ausdruck  direkt  aus  dem  Deutschen 
oder  aus  der  Sprache  eines  von  den  genannten  Völkern  stammt, 
macht  daher  oft  die  größten  Schwierigkeiten  und  wird  sich 
in  manchen  Fällen  nur  durch  sachliche  Grande  föUen  lassen. 
Gleich  die  Bezeichnung  für  den  Meister  Handwerker: 
mester  ist  auf  einem  Gebiete  wenigstens  gewiß  direkt  der 
sächsischen  Mundart  entlehnt  Besonders  zahlreich  sind  die 
Entlehnungen,  die  sich  auf  Sägewerk  beziehen,  das  ja  bei 
dem  starken  Waldbestand  Siebenbürgens  auch  heute  noch 
für  viele  rumänische  Gemeinden  eine  hervorragende  Bedeutung 
besitzt  Schon  in  den  Jahren  1528 — 34  finden  wir  Rumänen 
als  Leiter  einer  Sägemühle  bei  Hermannstadt,  die  als  mola 
Walachorum  bezeichnet  wird,  während  der  Müller  Bobes 
(Bobes)  genannt  ist  (vgl.  joagär  im  Glossar).  So  mag  denn 
joagfir  schon  eine  frühzeitige  Entlehnung  sein;  ebenso  sindilä 
mit  seinen  Ableitungen:  sindilar,  -esc;  ferner  clof  und  clo^riü. 
Hierher  wird  man  wohl  auch  oblu  und  oblesc  stellen  können. 
Daran  reihe  ich  die  Ausdrücke  far  Ziegelbrennerei:  tiglä, 
-ar,  -ärie,  zu  denen  wohl  auch  bacol^^  letiü  und  cäia]ä(?)  ge- 
hören. Zahlreich  sind  auch  die  Wörter,  die  sich  auf  das 
Maurerhandwerk  im  engeren  Sinne  und  auf  das  Haus  beziehen: 
cafer,  gang,  la^  lä^esc,  -uitor,  moldä,  rast.  Sie  beweisen  für 
Siebenbürgen  wie  urkundliche  Belege  für  die  rumänisehen 
Fürstentümer,  daß  die  Rumänen  darin  manches  von  den 
sächsischen  Handwerkern  lernten.  Der  Glaserei  ist  glaje 
entlehnt,  das  zahlreiche  Ableitungen  geschaffen  hat,  die  auch 
auf  das  Alter  der  Entlehnung  schließen  lassen:  gläjäresc, 
gläjer,  gläjifä.  Eine  unter  diesen  glSjärie  ist  besonders  inter- 
essant, weil  sie  zum  Namen  mehrerer  Dörfer  geworden  ist^ 
die  sich  offenbar  um  die  Glashütte  gebildet  haben.  Ein 
höheres  Alter  scheinen  auch  fieser,  -ie  und  sunca  zu  haben, 
die  dem  Fleischerhandwerk  entlehnt  sind.  Auf  Klemp- 
nerei weisen  pleü,  pleuar,  femer  clucsä  und  etwa  noch  grin- 
span  hin.  Die  Weißbäckerei  hat  Ausdrücke  wie:  beicher, 
croapänä,  don^,  die  Korbflechterei:  corfä,  corfeur,  corfit^a, 
t^chirä  geliefert.    Auf  den  Wagen  beziehen  sich  cob&rä  und 


—     149    — 

jet  Zum  Schlosse  lasse  ich  noch  Tereinzelte  dem  Handwerk 
oder  der  Industrie  entlehnte  Wörter  folgen  wie:  moldft,  |teand, 
sveblfi,  teler,  troacä(?). 

Bemerkenswert  ist  das  Wort  streang,  das  indes,  wie  seine 
Bedeutung  und  seine  Ableitungen:  strengar,  strengärie  etc. 
beweisen,  nicht  dem  Seilerhandwerk  entlehnt  sein  kann,^sondem 
aus  derselben  Quelle  stammen  muß  wie  hingher,  hingheresc, 
^caos  und  yielleicht  auch  straf  oder  strof.  Ich  füge  sie  an 
dieser  Stelle  ein,  da  ich  ihnen  keinen  rechten  Platz  zu  geben  weiß. 

Eine  besondere  Beachtung  verdienen  die  Ausdrücke  f&r 
verschiedene  Kleidungsstücke  in  weitem  Sinne,  die  zu- 
gleich mit  diesen  von  den  Sachsen  entlehnt  worden  sind.  In 
Bezug  auf  das  Alter  der  Entlehnung  lassen  sich  wieder  nur 
relative  Angaben  machen.  Zu  den  ältesten  gehört  jedenfalls 
laibar,  wie  schon  aus  seiner  großen  Verbreitung  (selbst  in 
Rumänien  vereinzelt)  und  seinen  Ableitungen  läibärac,  läibärel, 
läibSricä  hervorgeht  Es  findet  sich  1788  zum  erstenmal  be- 
legt, ist  aber  jedenfalls  älter.  J.  Pop  Reteganul  beklagt 
allerdings,  daß  der  laibär  den  rumänischen  pieptar  verdränge 
(vgL  Pop  Rom.  19),  in  einem  Volksliede  (Tribuna  Poporului 
X,  169)  aber  wird  er  gegenüber  neuen  magyarischen  Ein- 
dringlingen als  zur  alten  Tracht  gehörig  hingestellt  Ein 
größeres  Alter  scheinen  außerdem  noch:  androc  (dazu  andro- 
cea),  dichinä,  lecär  oder  recäl  tmd  sor^  zu  haben.  Daran 
schließen  sich:  bandora,  fleandorä,  furament,  ghilf,  spen^l, 
strimp.  Diese  Ausdrücke  entstammen  jedenfalls  dem  regen 
Handelsverkehr,  der  zwischen  den  sächsischen  Kauf-  und 
Gewerbsleuten  und  der  Landbevölkerung  bestand  und  noch 
besteht  Der  Handel  war  ja  neben  dem  Handwerk  früher 
noch  in  höherem  Orade  als  heute  eine  Haupterwerbsquelle 
der  Siebenbürger  Sachsen.  Durch  ihre  SLaufleute  sind  gewiß 
auch  unmittelbar  Wörter  wie:  ort,  taler  (dazu  talerel,  tälerior, 
taleras),  finic,  grofi^  im  Volke  verbreitet  worden,  von  denen 
finic  und  grosi^  nur  noch  in  Redensarten  fortleben.  Eben- 
falls dem  Handel  entstammen  einige  Bezeichnungen  für  Maß 
und  Gewicht:  cop,  ferdelä,  pund. 


-     150     — 

In  diesen  Zusammenhang  hinein  gehören  zum  TeQ 
wenigstens  auch  eine  Anzahl  Bezeichnungen  von  Natur- 
produkten, die  ja  auch  heute  einen  Gegenstand  des  inter- 
nationalen Austausches  auf  den  stadtischen  Markten  bilden: 
erihin,  cmmpfinä,  erd&pane,  lurb&r,  paradais,  rozinchinft,  spinat, 
^eler.    Die  Stellung  von  bruncru^  ist  mir  zweifelhaft. 

Zum  Schlüsse  lasse  ich  noch  den  Rest  Yon  Entlehnungen 
folgen,  die  sich  zu  keiner  festeren  Ghruppe  zusammenfassen- 
Sehr  verbreitet  ist  stuc  (dazu  stuc^or,  stucule^},  ebenso  das 
verwandte  fru^c  (dazu  frustucuesc),  zweifelhaft  broc;  naher 
zusammen  gehören  brulinc  und  snep  als  einzige  Bezeichnungen 
far  Tiere;  sehr  verbreitet  ist  auch  surä  (dazu  |urariü);  ob  hac 
hierher  gehört,  steht  nicht  ganz  fest  Interessant  ist  endlich 
auch  Hon^  als  typischer  Name  für  den  Siebenbürger  Sachsen 
im  rumänischen  Yolksmunde. 

2.    Beziehungen    der  Walachei  und  Moldau  zu  den 
Siebenbürger  Sachsen. 

Eine  Anzahl  Sprachelemente  aus  dem  Siebenbürgisch- 
Sächsischen  sind  teils  durch  sachsische  Niederlassungen,  teils 
durch  den  Handel,  teils  vielleicht  auch  durch  Siebenbürger 
Rumänen  auch  in  die  rumänischen  Fürstentümer  eingedrungen, 
wie  ich  das  bereits  gelegentlich  erwähnt  habe. 

Die  deutschen  Ritter,  die  im  Jahre  1211  auf  den  Ruf  des 
ungarischen  Königs  Andreas  11.  nach  dem  Burzenlande  ge- 
kommen waren,  um  die  Grenzen  des  Reiches  gegen  die 
Kumanen  zu  festigen,  waren  bis  in  das  Gebiet  dieses  Volkes 
selbst  in  die  große  Walachei  vorgedrungen  und  hatten  jenseits 
der  Berge  bei  dem  heutigen  Clmpulung  eine  ihrer  Ereuzburgen 
errichtei  Unter  dem  Schutze  der  Burg  sammelte  sich  eine 
Kolonie  katholischer  Sachsen  und  Ungarn  an  in  Clmpulung 
selbst  und  vielleicht  auch  an  anderen  Orten,  wie  in  Bucär^ 
dessen  Name  deutschen  Ursprungs  zu  sein  scheint  Die 
Kolonisten  verblieben,  auch  nachdem  der  König  den  deutschen 
Ritterorden  vertrieben  hatte,  gingen  aber  später  vollständig 
in  der  rumänischen  Bevölkerung  auf,  die  sich  dort  mehr  und 


—     151     — 

mehr  verdichtete.  Bis  auf  den  heatigen  Tag  aber  haben  sich 
in  Ctmpulung  die  Ruinen  eines  katholischen  Klosters  erhalten, 
das  die  Bitter  neben  der  Burg  errichtet  hatten,  um  Ton  dort 
aus  den  katholischen  Glauben  unter  die  heidnischen  Rumänen 
und  wohl  auch  unter  die  orthodoxen  Rumänen  zu  verbreiten 
(YgL  lorga  Studii;  I— II,  S.  VI— XIV).  Die  Ruinen  aber  heißen 
aach  heutigen  Tages  im  Munde  des  Volkes:  Cloa^ter  (Vgl. 
Marele  dic^ionar  geografic  al  Romlniei,  U,  Bucuresti  1899, 
S.  787)  (Clostir  in  einer  Urkunde  von  1656,  Archiva  XllI,  179). 
Auch  in  den  rumänischen  Urkunden  dieses  Elosters  finden 
wir  das  uns  schon  aus  Kronstadt  bekannte  go^man,  nur  in 
noch  durchsichtigerer  Form,  und  der  Zusammenhang  ist  bei 
der  nahen  Nachbarschaft  und  Gründung  der  Kolonie  vom 
Burzenlande  aus  unschwer  zu  erkennen.  Diese  Niederlassungen 
haben  nächst  dem  angrenzenden  Siebenbürgen  mit  dazu  bei- 
getragen, daß  die  deutschen  Sprachelemente  im  jude^  Muscel 
vielleicht  zahlreicher  sind  als  sonst  in  der  großen  Walachei. 
Dasselbe  gilt  auch  für  die  Moldau  oder  besser  für  einen 
Teil  dersdben.  Unternehmende  Bistritzer  Eaufleute  drangen 
gewiß  schon  bald  nach  Begründung  der  Nösner  Kolonie  durch 
(lie  nahen  Gebirgspässe  in  die  benachbarte  Moldau,  um  dort 
ihre  Waren  abzusetzen.  (VgL  lorga,  Doc.  Bistr.  I,  S.  I.) 
Manche  blieben  auch  und  siedelten  sich  unter  den  Rumänen 
an  oder  grfindeten  sogar  selbständige  Städte  und  Dörfer.  So 
entstand  die  „Stadt  Molda",  das  nachmalige  Baia,  das  die 
ersten  moldauischen  Vojvoden,  die  von  der  Maramuräs  aus 
(ias  Land  in  Besitz  nahmen,  vielleicht  schon  vorfanden. 
■  lorga,  Doc.  Bistr.  I,  S.  I;  Studit  S.  XXXI.)  Außerdem  waren 
besonders  noch  in  Siret  (lorga,  Studii,  S.  XXV)  und  Suceava 
Doc  Bistr.  I,  S.  I),  heute  beide  zur  Bukowina  gehörig, 
femer  in  Neam^u,  dessen  Name  noch  heute  ein  beredtes 
Zeugnis  spricht,  und  zumal  in  Cotnari  bedeutendere  Kolonien 
^on  Siebenbnrger  Sachsen  (vgl  V.  A.  Urechiä,  Codex  Ban- 
diuus,  Bucuresti  1895,  S.  66  und  78),  wenn  ich  auch  an  die 
Etymologie  des  Bandinus  nicht  glauben  kann,  der  in  seiner 
Visitatio  vom  Jahre  1648  Cotnari  vom  Personennamen  „Gutnar 


—    152    — 

=  bonus  stultus"  oder  „Gutnor  =  bonus  ventus"  ableitet 
(eb.  S.  79).  Auch  in  anderen  moldauischen  Städten  lebten 
zahlreiche  aus  Siebenbürgen  eingewanderte  Sachsen,  sie  waren 
aber  schon  zur  Zeit  des  Bandinus  im  Niedergang  begriffen. 
Sie  waren  katholisch,  ebenso  wie  die  in  der  Moldau  ansässigen 
Magyaren  (CiangSI)  und  hatten  ihren  geistlichen  Mittelpunkt 
in  Cotnail.  Ich  kann  an  dieser  Stelle  nicht  unerwähnt  lassen, 
daß  Despot  Yodä  Ereticul,  der  1561—63  die  moldauische 
Herrschaft  fahrte,  zum  protestantischen  Glauben  übergetreten 
war,  den  er  in  Wittenberg  im  Verkehr  mit  Melanchthon  und 
dessen  Schwiegersohn  Gaspar  Peucer  kennen  gelernt  hatte. 
Als  er  dann  Fürst  der  Moldau  wurde,  begünstigte  er  die 
Reformationsbestrebungen,  die  sich  auch  unter  den  katho- 
lischen Sachsen  und  Magyaren  in  seinem  Lande  geltend 
machten.  Er  ließ  auch  in  Cotnari  durch  Johann  Sommer^ 
den  er  aus  Pirna  in  Sachsen  berufen  hatte,  eine  Schule  er- 
richten und  trug  sich  mit  dem  Gedanken  um,  sie  mit  Hilfe 
Peucers  und  anderer  zu  einer  Art  Hochschule  zu  gestalten, 
doch  ließ  ihm  seine  kurze  Regierung  dazu  nicht  Zeit.  (Vgl. 
M.  N.  Burghele,  Despot  Vodä  Ereticul  Domnul  MoldoTei; 
ConTorbiri  literare  XXXI,  Nr.  6ffi)  Das  Ansehen,  das  die 
Sachsen  auch  hier  zu  Lande  genossen,  mußte  bewirken,  daß 
ein  gewisser  Einfluß  von  ihnen  auch  auf  die  rumänische  Be- 
völkerung ausging. 

Vielleicht  noch  wichtiger  und  einflußreicher  als  diese  doch 
nur  vereinzelten  deutschen  Niederlassungen  sind  die  engen 
Handelsbeziehungen  gewesen,  die  lange  Zeit  zwischen  den 
Siebenbürger  Sachsen  und  den  beiden  rumänischen  Fürsten- 
tümern bestanden  haben.  Auch  hier  ist  es  wieder  das  Ver- 
dienst lorgas,  diese  aufgedeckt  und  eingehend  studiert  zu 
haben. 

Im  Süden  waren  Hermaimstadt  und  besonders  Kronstadt 
die  großen  Handelsplätze,  die  den  Verkehr  mit  der  Walachei 
vermittelten.  Fast  noch  enger  aber  waren  die  Handels- 
beziehungen der  Moldau  zu  der  Stadt  Bistritz  im  Norden. 
Das  XIV.,  XV.  und  auch  noch  das  XVI.  Jahrhundert  ist  eine 


—    153    — 

grofie  Blütezeit  des  sachsischen  Handels  und  Handwerks  ge- 
wesen. Die  sächsischen  Kaafleute  beherrschten  zeitweilig  ein 
ausgedehntes  Handelsgebiet  im  Orient,  das  bis  nach  Eon- 
stantinopel  reichte.  Überaas  rege  war  der  Verkehr  mit  den 
romanischen  Fürstentümern,  über  dessen  gewiß  sehr  alte  An- 
fange die  Nachrichten  fehlen. 

Von  diesen  unsicheren  Anfangen  an  wuchs  der  Verkehr 
der  Kronstadter  Kauf-  und  Gewerbsleute  mit  der  Walachei 
und  zu  einem,  wenn  auch  geringeren  Teile  mit  der  Moldau 
bis  zum  XVI.  Jahrhundert  stetig  an,  erhielt  sich  auch  in 
diesem  auf  seiner  Hohe,  wozu  die  zahlreichen  flüchtigen 
Fürsten  und  Bojaren,  die  ihren  Wohnsitz  meist  in  Kronstadt 
oder  Hermannstadt  wählten,  nicht  wenig  beitrugen,  und  yerfiel 
dann  in  der  Folgezeit  rasch,  doch  nicht  völlig,  indem  das 
Verhältnis  der  rumänischen  Fürstentümer  zu  Konstantinopel 
und  zum  Orient  immer  enger  wurde  (vgL  lorga,  Soc.  Bras. 
S.  3£).  Die  von  lorga  veröffentlichten  Stadthannenrechnungen 
und  rumänischen  Briefe  der  Fürsten  und  Bojaren  an  den  Rat 
der  Stadt  enthüllen  ein  äußerst  interessantes  und  wechselvoUes 
Bild  vom  regen,  täglichen  Verkehr  der  Rumänen  mit  der 
sächsischen  Handelsstadt  Besonders  häufig  sind  die  Be- 
steDungen  auf  Stricke  (vgl  eb.  S.  138,  139,  140  etc.)  und  auf 
Tuch  (S.  139,  140,  145  etc.).  Femer  verlangen  die  Fürsten 
oft  Handwerker  vom  Kronstädter  Rate,  besonders  auch  Gold- 
schmiede, und  bestellen  auch  sonst  allerlei  Luxusgegenstände, 
Kleider  und  anderes  mehr  in  Kronstadt  (eb.  S.  147  ff.).  Die 
Kronstädter  ihrerseits  nehmen  die  Fürsten  und  Großen  des 
Nachbarlandes,  wenn  sie,  sei  es  als  Flüchtige,  sei  es  als  Gäste 
in  ihre  Stadt  kommen,  gut  auf  und  ihre  Stadthannenrechnungen 
smd  überreich  an  Ausgaben  für  Geschenke  („Ehrunk"),  die 
jenen  angeboten  werden.  Es  werden  ihnen  unter  anderem 
auch  „Sehmel  und  Pretzell,  Meth,  Bier,  Rothbim,  Paradeis 
Apfel  etc.  offeriert«  (eb.  S.  144). 

Chmz  ähnlich  nur  noch  viel  enger  waren  die  Beziehungen 
zwischen  Bistritz  und  der  Moldau.  Die  sächsische  Stadt  hat 
samt  ihrer  XJmgebtmg  auch  längere  Zeit  unter  der  Herrschaft 


—     154    — 

des  moldauischen  Vojvoden  gestanden^  dem  Jobami  Zapolya 
nach  der  Schlacht  bei  Mohacs  in  dem  darauf  folgenden  Thron- 
streite mit  Ferdinand  von  Osterreich  sie  geschenkt  hatte, 
(lorga,  Doc  Bistr.  I,  S.  XXIX.)  Weit  wichtiger  sind  aber 
auch  hier  die  überaus  engen  Handelsbeziehungen,  über  welche 
lorga  ein  reiches  Material  aus  den  Bistritzer  Archiven  zu 
Tage  gefördert  hat  Sie  beginnen  jedenfalls  schon  im  XUL  Jahr- 
hundert, wenn  auch  die  Urkunden  für  diese  Zeit  fehlen.  1353 
erhält  Bistritz  vom  ungarischen  König  Ludwig  von  Anjou  ein 
Jahrmarktspriyilegium  und  die  Bistritzer  Jahrmärkte  werden 
von  den  Moldauern  stark  besucht.  (lorga»  Doc  Bistr.  I,  S.  III) 
Ich  erwähne  in  diesem  Zusammenhange  auch  das  moldauische 
Wort  larmaroc,  das  aber  auf  slavischem  Wege  in  das  Bomä- 
nische  gedrungen  zu  sein  scheint  Auch  hier  lieferten  die 
Sachsen  vorzüglich  Tuch,  wahrend  die  Moldauer  Wein  brachten, 
der  ja  um  Cotnari  so  trefflich  gedieh.  Man  wird  darum  kaum 
irre  gehen,  wenn  man  das  nur  moldauische  fä|cuta  (Fäßchen) 
auf  diese  Verhältnisse  zurückfuhrt  Im  Laufe  der  Zeit  wird 
dann  der  Verkehr  ein  immer  regerer,  die  Mannigfaltigkeit  der 
Handelsartikel  beständig  eine  größere.  Im  Jahre  1522  ver- 
bietet der  siebenbürgische  Vojvode  den  Bistritzem  den  Export 
von  Waffien  nach  Rumänien  (lorga,  Doc.  Bistr.  I,  S.  XII),  aber 
schon  1561  verlangt  der  moldauische  Fürst  AlexandruLäpu^ne- 
anu  von  der  Stadt  wieder  Büchsen  und  anderes  Eriegsgeräte 
(eb.  S.  L).  Doch  scheinen  Wörter  wie  puscä  und  flintä  auf 
slavischer  Vermittlung  zu  beruhen.  Häufig  sind  auch  da  die 
Bestellungen  auf  Strick,  Eisen,  und  besonders  auf  Schindeln 
und  Schindelnägel  (sindile,  cuie  de  sindilä)  (vgl.  eb.  S.  LXIX, 
XCVI  etc.  und  sindilä  im  Glossar),  auf  Latten  oder  Dach- 
sparren (vgL  la^,  lea^  im  GL),  und  andere  Sachen  zum  täglichen 
Gebrauch  (z.  B.  Seife  und  Werkzeuge  eb.  S.  23  Nr.  29  etc.). 

Außerordentlich  oft  verlangen  die  moldauischen  Fürsten 
von  den  Bistritzem  Handwerker  und  Handwerksgeräte.  Schon 
1529  verlangt  Petru  Rares  einen  Steinarbeiter  für  seine  Festung, 
Cetatea  Neam^ui  (eb.  S.  XXI),  1543  ruft  er  abermals  einen 
Bistritzer,  ihm  eine  Festung  zu  bauen  (eb.  S.  XXXIX).    Als 


—     155    — 

er  1545  eine  Sorche  errichten  will,  wendet  er  sich  wieder  an 
Bistritz  um  einen  Baumeister,  „nicht  damit  er  selbst  daran 
arbeite'',  wie  es  in  einem  Briefe  heißt,  „sondern  damit  er  den 
andern  Anweisungen  gebe,  denn  die  unsrigen  können  nicht 
nach  eurer  Art  bauen''  (eb.  S.  XLU).  Dieselbe  Bitte  wird 
fast  buchstäblich  ein  Jahrhundert  später  (1643)  Tom  Fürsten 
Vasile  wiederholt,  der  zwei  Baumeister  imd  zwei  Ziegelbrenner 
verlangt,  um  ein  Haus  in  Suceava  zu  bauen  (eb.  S.  74  f.  Nr.  100). 
Solche  Forderungen  wiederholen  sich  beständig.  1564  ver- 
langt Läpusneanu  Dachdecker,  da  er  ein  Eloster  mit  Ziegeki 
decken  lassen  will,  „wie  es  in  andern  Ländern  geschieht*^ 
(eb.  S.  LXVni).  Die  Fürsten  verlangen  auch  andere  Hand- 
werker, so  1560  derselbe  Läpusneanu  einen  Uhrmacher  (eb. 
S.  L),  ein  Fall,  der  sich  [dann  öfters  wiederholt,  1564  zwei 
Bierbrauer  (eb.  S.  LXIX);  ein  anderer  Fürst,  Vasile,  verlangt 
1634  „Sägen,  womit  Bäume  gesägt  werden"  (eb.  S.  XCV),  und 
im  folgenden  Jahre  einen  Weißbäcker  (eb.  S.  XCVI).  Ich 
habe  nur  einige  Beispiele  aus  der  großen  Fülle  herausgegriffen. 

Auch  Bistritz  war  übrigens  wie  Kronstadt  und  Hermann- 
stadt eine  Zufluchtsstätte  der  landesflüchtigen  Bojaren  (eb. 
S.  XIV).  Auch  hier  werden  dem  benachbarten  Fürsten  oft 
Geschenke  dargebracht,  besonders  Messer  und  Kirschen,  Edel- 
steine und  anderes  (eb.  S.  XLIV,  XLIX  etc.).  Ob  dinoid 
(Heinod)  hierher  gehört,  wage  ich  indes  nicht  zu  ent- 
scheiden. 

Jeder  einzelnen  Entlehnung  ihren  bestimmten  Platz  in 
einem  der  angedeuteten  Zusanunenhänge  anzuweisen,  ist  natür- 
lich nicht  möglich  und  lag  auch  nicht  in  meiner  Absicht  Ich 
wollte  bloß  ein  Gesamtbild  der  Beziehungen  geben,  aus  denen 
die  Lehnwörter  hervorgegangen  sind.  Diese  sind  nun  in  ihrer 
Gesamtheit:  androc(Ialomi^a),  &§cu^  (Moldau),  fluf tue  (Muscel), 
gang,  hingher,  hingheresc,  je^;,  joagär  (Muscel),  jogar  (Goij) 
und  giogar  (Prahova)  (=  sieb,  joagär),  laibär,  laibärac,  Ib,^ 
läfaesc,  Ift^iuitor,  mester,  moldä(?),  ort,  paradais,  plrgar,  plev 
iSuceava),  san^,  ^än^uire,  sän^uesc,  sindilä,  sindilar,  sindilesc, 
streang,  |trengar,  strengärie,  strengäresc,  stuc  (Muscel),  suncä. 


—     156    — 

sura  (Moldau),  taler,  taleras,  tSlerel,  tlQerior,  turn,  tiglä,  ^iglar, 
^iglärie. 

Mit  Ausnahme  von  fäscu^  kommen  sie  sämmilich,  wenn 
auch  zum  Teil  in  anderer  Gestalt  auch  in  Siebenbürgen  yor. 
Sie  lassen  sich  kulturgeschichtlich  aus  dem  bisher  Gesagten 
leicht  erklären. 

Schlußbemerkung. 

Ich  habe  etwas  länger  bei  den  sächsischen  Elementen 
Terweilt,  weil  sie  die  älteren  und  auch  kulturhistorisch  inter- 
essanteren sind.  Auf  Vollständigkeit  können  sie  übrigens  selbst- 
verständlich keinen  Anspruch  machen,  da  die  Quelle  der  Ent- 
lehnung bei  vielen  hier  in  Frage  kommenden  Wörtern  nicht 
mit  Sicherheit  festgestellt  werden  kann,  und  überdies  gewiß 
ein  großer  Teil  des  Materials  noch  nicht  aufgezeichnet  ist. 
Der  Sprachschatz  der  dakorumänischen  Dialekte  ist  ja  über- 
haupt noch  nicht  genügend  erforscht  und  wir  haben  es  hier 
eben  meist  mit  dialektalen  Wörtern  zu  thun.  Außerdem  be- 
steht die  Wechselwirkung  des  Rumänischen  und  Sächsischen 
auf  einander  in  Siebenbürgen  auch  heute  noch  fort,  heute 
vielleicht  noch  in  größerem  Maße  als  früher,  da  die  sozialen 
Unterschiede  geschwunden  sind  und  die  Sachsen  überall  mit 
Rumänen  vermischt  leben. 


IL  Osterreichisch-dentsche  Einflflsse. 

Vorbemerkungen. 

Im  Jahre  1687  drangen  die  Österreicher  in  Siebeilbürgen 
ein  und  nahmen  es  in  Besitz.  (lorga,  Säte,  S.  89.)  Die  Zeit 
der  selbständigen  siebenbürgischen  Fürsten  erfuhr  damit  ihr 
Ende  und  das  Großfurstentum  wurde  zu  den  übrigen  habs- 
burgischen  Eronländem  gefügt  Die  Eroberer  waren  natürlich 
darauf  bedacht,  sich  den  neuen  Besitz  möglichst  fest  anzu- 
gliedern und  dazu  waren  die  geeignetsten  Mittel  das  Heer, 
die  Verwaltung  und  auch  die  Schulen. 


—     157    — 

Dasselbe  gilt  för  das  Banat,  welches  1716  unter  öster- 
reichische Verwaltung  kam  und  dann  1718  im  Frieden  von 
Passarowitz  formell  von  der  Pforte  abgetreten  wurde.  Hier 
ging  die  österreichische  Politik  noch  einen  Schritt  weiter  und 
bevölkerte  das  Land  mit  deutschen  Kolonisten.  Ahnliches 
geschah  mit  der  1775  Ton  der  Moldau  losgerissenen  Bukowina, 
wenn  auch  die  Kolonisation  hier  keine  so  starke  war. 

Die  Österreicher  suchten  auch  die  natürlichen  Schätze 
der  neuerworbenen  Länder  auszubeuten,  vor  allem  den  Gold- 
reichtum Siebenbürgens.  So  entstanden  im  siebenbürgischen 
Erzgebirge  und  auch  an  anderen  Orten  ganze  deutsche  Berg- 
werkskolonien. 

Hand  in  Hand  mit  alledem  ging  natürlich  eine  Flut  von 
deutschen  Kauf-  und  Gewerbsleuten,  die  sich  über  die  neuen 
Besitzungen  ergoß  und  seit  Ende  des  XVIU.  Jahrhunderts 
auch  in  die  beiden  rumänischen  Fürstentümer,  die  unter 
türkischer  Herrschaft  standen,  einzuströmen  begann.  An  diese 
schließen  sich  dann  auch  die  Juden  an. 

Alle  diese  Ereignisse  haben  auch  einen  Einfluß  der 
deutschen  Sprache  auf  die  rumänische  im  Gefolge  gehabt. 
Wir  müssen  sie  daher  darauf  hin  näher  ins  Auge  fassen.  Die 
einzelnen  Gebiete,  auf  denen  diese  Terschiedenen  Einflüsse 
wirksam  gewesen  sind,  lassen  sich  nicht  immer  vollkommen 
Ton  einander  scheiden.  Ich  werde  zuerst  den  Einfluß  des 
deutschen  Heerwesens  als  den  bedeutendsten  und  interessan- 
testen behandeln;  er  erstreckt  sich  auf  sämtliche  rumänische 
Provinzen  der  österreichisch-ungarischen  Monarchie;  sodann 
den  Einfluß  der  deutschen  Verwaltung,  wovon  in  Siebenbürgen 
nur  noch  Beste  vorhanden  sind,  mehr  dagegen  in  der  Buko- 
wina, woselbst  das  Deutsche  auch  heute  die  Verwaltungs- 
sprache  ist;  femer  den  ebenfalls  allgemeineren  Einfluß  der 
deutschen  Kauf-  und  Gewerbsleute  zunächst  in  Österreich- 
Ungarn  und  im  Anschlüsse  hieran  in  Rumänien.  Je  ein  be- 
sonderes Kapitel  wird  der  Bergmannssprache  im  sieben- 
bürgischen Erzgebirge,  sowie  dem  Einflüsse  der  deutschen 
Kolonisten    im  Banat  und  anhangsweise  in  der  Bukowina 


—    158    — 

gewidmet  sein.  Zum  Schlosse  mögen  dann  noch  einige  Be- 
merkungen über  den  deutschen  Einfluß  auf  die  gebildeten 
Klassen  folgen. 

1.  Einfluß  des  deutschen  Heerwesens. 

Die  Österreicher  fingen  gewiß  schon  frühzeitig  an,  auch 
aus  den  neuerworbenen  rumänischen  Provinzen  Soldaten  aus- 
zuheben. Doch  sind  diese  einzelnen  von  keinem  Belang. 
Überaus  wichtig  dagegen  und  ein  Ereignis  Ton  weittragender 
Bedeutung  far  das  rumänische  Volksleben  ist  die  Schöpfung 
der  Grenzregimenter  in  Siebenbürgen  und  im  Banat  gewesen, 
die  unter  Maria  Theresia  in  den  Jahren  1761 — 73  yollzogen 
wurde.  (Vgl.  G.  Bari^iu,  Par^  alese  din  istoria  Transilvaniei, 
Sibiiu  1889,  I,  368—377;  V.  Sotropa,  Istoria  scoalelor  nSsä- 
udene,  Transilvania  XXXUI,  60 ff.;  H.  Schwicker,  Geschichte 
des  Temescher  Banats,  Pest  1872,  S.  366 ff.).  Sie  geschah  zum 
Teil  aus  militärischen  Gründen,  zur  Verteidigung  der  Grenzen, 
zum  Teil  aber  auch,  damit  die  Regierung  ein  Gegengewicht 
gegen  die  Übergriffe  des  Adels  hätte. 

Das  Banat  hatte  schon  seit  seiner  Eroberung  aus  den 
Händen  der  Türken  eine  streng  militärische  Verwaltung  ge- 
habt. Als  diese  1750  in  eine  zivile  verwandelt  worden  war, 
wurde  in  den  Jahren  1764 — 1768  die  Militärgrenze  ausge- 
schieden, organisiert  und  1773  in  ein  rumänisches,  illjrisches 
(serbisches)  und  deutsches  Ghrenzregiment  eingeteilt.  (Schwicker 
a.  a.  0.) 

1765  wurde  in  Siebenbürgen  das  erste  rumänische  Grenz- 
regiment aus  13  Dörfern  des  Fogarascher  Comitates  gebildet. 
Diese  waren:  Vad,  Sinca,  Ohaba,  Märgineni,  Sebes,  Copäcel, 
Bucium,  Desani,  Lisa,  Netot,  Posorita,  Arpas  und  Vaida-recea. 
Dazu  kamen  aus  dem  Burzenlande:  Tohan  und  Tin^rt,  aus 
dem  Hermannstädter  Comitat:  Orlat,  der  Sitz,  des  Ober- 
kommandos, Vestem,  Jina,  Racovita,  aus  dem  Brooser  Comitat: 
Cugir,  und  aus  dem  Hunyader  die  Gemeinden  bis  Ha^eg. 

In  Näsäud  befand  sich  der  Hauptsitz  des  zweiten  Grenz- 
regimentes, das  1763  aus  den  21  Gemeinden  des  Rodnathales 


—    159    — 

und  zwei  Dörfern  aus  Yalea  Sieului,  Nusfalftü  und  Sintioana, 
im  nördlichen  Siebenbürgen  gebildet  worden  war.  Dazu  kamen 
1764  aus  Yalea  Sieului  noch:  Monor,  Qledin,  Sieut,  Budacul 
romin  und  Bagla;  aus  Yalea  Muresului:  Murftreni  und  Busii 
mun^;  und  endlich  1783  noch  die  Gemeinden  Blrgäul  de  sus 
und  Birgfiul  de  jos.  Mit  der  Zeit  wuchs  dann  die  Zahl  der 
Grenzelgemeinden  auf  44  an.    (Transilvania,  Y^YTTT^  62  f.) 

Ein  drittes  Regiment  Dragoner  war  infolge  Mangels  an 
Pferden  nur  von  kurzer  Dauer  und  wurde  den  anderen  ein- 
verleibt. 

Die  Bedeutung  dieser  Schöpfungen  lag  darin,  daß  die 
Bewohner  der  Grenzgemeinden,  insofern  sie  nicht  schon  Freie 
waren,  von  der  drückenden  Leibeigenschaft  befreit  wurden, 
ein  Umstand,  der  die  Bauern  meist  freudig  zu  den  Waffen 
greifen  ließ.  Sie  haben  überhaupt  viel  zur  Weckung  des 
Selbstgefühls  im  rumänischen  Bauern  jener  Zeit  beigetragen 
(ygL  lorga,  Säte,  S.  306).  Die  bevorzugten  Stände  aber  leisteten 
begreiflicherweise  einen  heftigen  Widerstand  gegen  diesen 
Yerlust  an  Sklaven  und  so  ging  die  Sache  nicht  ohne  Kon- 
flikte von  statten. 

Die  Ghrenzgemeinden  waren  natürlich  auch  kulturell  un- 
vergleichlich besser  gestellt,  da  auf  Anordnung  Maria  Theresias 
an  allen  Mittelpunkten  deutsche  Normalschulen  errichtet 
wurden.  Die  bedeutendste  unter  diesen  war  die  zwischen 
1770  und  1777  gegründete  Normalschule  in  Näsäud,  seit  1784 
eine  dreiklassige  „Oberschule^  oder  „Normal-Hauptschule,  aus 
der  das  heutige  rumänische  Gymnasium  hervorgegangen  ist. 
In  enger  Yerbindung  mit  dieser  Schule  stand  ein  von  Joseph  II. 
begründetes  Militärerziehungshaus,  welches  1784  mit  50  Schülern 
in  NäsSud  eröffiiet  wurde.  Die  Zöglinge  gehorten  von  ihrem 
zehnten  bis  zu  ihrem  achtzehnten  Jahr  der  Anstalt  an  und 
traten  dann  in  das  Heer  ein.  So  ist  es  begreiflich,  daß  eine 
Wiener  Zeitung  die  „Nova  Yiennensia"  vom  13.  Nov.  1789 
schreiben  konnte :  „Die  Unteroffiziere  dieses  Regiments  können 
so  gut  deutsch  sprechen,  lesen  und  schreiben,  daß  man  sie 
kaum  f&r  Rumänen  halten  sollte.*^    (Transilvania  XXXTIT,  69.) 


—    160    — 

Wir  werden  noch  an  anderer  Stelle  auf  diese  Schule  zu 
sprechen  kommen. 

Wie  tief  all  dies  auf  das  rumänische  Volksleben  einwirken 
mußte,  leuchtet  ein,  besonders  wenn  man  seine  überaus  ge- 
knechtete Lage  von  damals  in  Betracht  zieht  Eine  jährliche 
Festlichkeit  der. Anstalt  wurde  zu  einem  wahren  Volksfeste 
(vgl.  a.  a.  0.  S.  71).  Die  Grenzregimenter  wurden  erst  1851 
aufgehoben. 

Die  Freiheit  der  Grenzer  hatte  aber  auch  auf  die  Leib- 
eigenen einen  tiefen  Eindruck  gemacht  Als  Joseph  IL  im 
Jahre  1784  seine  Regimenter  durch  Werbung  ergänzen  wollte, 
strömten  die  Rumänen  in  Scharen  zu  den  Fahnen,  während 
der  Adel  sie  aus  Leibeskräften  zu  hindern  suchte.  (Bari^iii 
a.  a.  0.  S.  483).  Das  war  mit  ein  äußerer  Anlaß  des  rumä- 
nischen Bauernaufstandes  von  1784.  Das  Losungswort,  mit 
dem  die  Führer  desselben  die  Bauern  zur  Erhebung  auf- 
forderten, war  ja  gerade,  daß  vom  Kaiser  Befehl  ergangen 
sei,  sie  alle  von  der  Leibeigenschaft  zu  befreien  und  für  seinen 
Dienst  zu  bewaffnen. 

Doch  sah  es  bei  weitem  nicht  überall  so  aus  wie  auf 
dem  Gebiete  der  Grenzgemeinden.  Die  Linienregimenter 
mußten  durch  die  Munizipien  ei^änzt  werden.  Das  geschah 
auf  höchst  barbarische  Weise.  Die  Burschen  wurden  mit 
der  Leine  eingefangen  oder  mit  Hilfe  der  Dorfhunde.  Wenn 
dann  die  Munizipien  die  Stellung  von  Rekruten  verweigerten, 
was  oft  geschah,  blieb  den  Militärbehörden  als  einziges  Mittel 
die  Anwerbung  Freiwilliger,  die  jedoch  nicht  immer  ergiebig 
war.  Denn  der  Dienst  war  überaus  hart  und  infolgedessen 
von  den  meisten  gefürchtet  und  gehaßt  Er  war  lebensläng- 
lich oder  so  lange  man  Waffen  tragen  konnte.  Infolge  der 
grausamen  Disziplin  waren  Desertierungen  sehr  häufig;  die 
gefsuigenen  Fahnenflüchtigen  aber  wurden  der  Strafe  des 
Spießrutenlaufens  unterworfen,  die  oft  mit  dem  Tode  ausging. 
Die  Rekrutenji^den  führten  manchmal  zu  blutigen  Konflikten, 
in  denen  nicht  selten  Schulzen  oder  Dorfgeschworene  ihren 
Tod   fanden,   und   die  Todesfeindschaften   erbten  von  einem 


—     161    — 

tjbMfalecl^t  auf  das  andere  foti.  Erst  1847  wurde  die  Rekru- 
tMinag  Aarek  das  Los  uiicl  nur  acb^Shrige  Dienstzeit  ein- 
gcOfart,  1868  die  aUgemoae  Wdnpflicht.  (Vgl.  Barit^iü  a.  a.  0. 
ä.  663  nnd  7T1.) 

Welch  tiefen  Entdmck  diese  Verhätnisse  anf  das  Volks- 
leben gemacht  haben  und  noch  heute  machen,  gebt  daraus 
hervor,  daß  ans  ihnen  ein  neuer  eigenartiger  Zweig  der  Yolks- 
lüievatur  erwachs^i  ist:  ^e  sogenannten  Soldatenlieder 
(Clniece  ofitftnesti).  (Zar  lötteratur  darüber  vgl.  außer  dem 
in  der  Bibliographie  angegebenen  auch  I.  Chendi,  Zece  am 
de  mi^ease  Uterarft  tn  TransUvama,  1890—1900,  Familia 
XXXVII,  14£) 

Es  sind  meist  schwermütige  Lieder,  in  denen  sich  das 
ganze  Oeffthlsleben  des  Rumänen  während  aller  Phasen  seines 
Soldatenlebens  wiederspiegdi  von  dem  Augenblicke  an,  da  er 
zur  Stdlong  einberufen  wird.  .Nur  selten  bricht  ein  froherer 
Ton  durch  und  es  ist  das  auch  begreiflich,  wenn  man  die 
eigenartigen  Verhältnisse  in  Betracht  zieht,  die  völlig  fremde 
Umgebung,  die  weite  Feme,  in  die  er  oft  geschickt  wird,  die 
harte  Disziplin  besonders  der  früheren  Zeiten.  Es  würde  zu 
weit  fihren,  wollte  ich  diese  Lieder  hier  eingehend  besprechen; 
ich  muß  mich  begnügen,  das  zu  ihrem  Verstandnisse  not- 
wendigste zu  sagen.  Die  hervorragendsten  Motive  sind,  in 
einer  ersten  Phase,  der  Trennungsschmerz  beim  Abschied  von 
Mutter  und  Geliebter,  von  Haus  und  Hof  und  Pflugschar.  Das 
Madchen  begleitet  den  scheidenden  Geliebten  mit  ähnlichen 
Tönen  des  Schmerzes  und  schwört,  ihm  die  Treue  zu  be- 
wahren. Nun  bricht  der  Soldat  auf,  denn  „des  Kaisers  Befehl 
ist  zwar  hart,  aber  er  muß  erfüllt  werden''.  In  der  Fremde 
überfUlt  ihn  Sehnsucht  nach  all'  dem  Lieben,  das  er  daheim 
zurückgelassen  hat,  und  sie  drückt  sich  oft  in  ergreifenden 
Tönen  aus.  Bisweilen  klagt  er  die  Mutter  an,  daß  sie  ihn 
so  schön  und  kraftig  geboren,  oder  meint,  daß  sie  ihn  ver- 
wünscht hätte,  und  flucht  ihr  gar.  Dann  schildert  er  die 
Qualen  und  das  Elend,  das  er  erdulden  muß.  Daheim  singt  das 
Mädchen  in  gleicherweise  ihre  Sehnsucht  nach  dem  Geliebten. 

Weigand,  10.  Jahresbericht.  11 


-     162    — 

So  oft  aber  die  Bede  auf  den  typischen  y^Neamf^  kommt, 
wird  ihm  geflacht,  denn  er  sei  es,  der  die  Burschen  unter  die 
Soldaten  führe.  Das  Wort  ist  hier  gleichsam  zum  Eigennamen 
einer  Verkörperung  aller  der  unbegreiflichen  Umstände  ge- 
worden, die  den  Burschen  zum  Militärdienst  zwingen.  Auch 
Dorfschulzen  und  Notare  werden  verwünscht  und  ihnen  die 
Schuld  an  allem  zugeschoben. 

Die  Fremde  spielt  eine  große  Bolle  und  sehr  häufig  werden 
in  den  Liedern  die  Länder  genannt,  in  denen  der  rumänische 
Soldat  unter  Österreichs  Fahnen  gekämpft  hat;  so  Bosnien 
(Bosnia),  Böhmen  (Tara  Ceului),  Bußland  (Tara  Muscalulni), 
Preußen  (Tara  Praisului)  und  besonders  Italien  (Italia  oder 
Italea). 

Es  gibt  auch  kürzere  und  längere  Gedichte  erzahlender 
Natur,  allerdings  meist  von  geringer  poetischer  Schönheit,  in 
denen  ganze  Schlachten  aus  den  Kriegen  mit  Italien  und 
Preußen  mit  genauen  zeitlichen  und  örtlichen  Beziehungen 
geschildert  werden. 

Es  ist  begreiflich,  daß  in  diesen  unter  so  eigenartigen 
Verhältnissen  entstandenen  Volksliedern  eine  Menge  deutscher 
Wörter  enthalten  sind.  Sie  sind  daher  auch  meine  Haupt- 
quelle für  die  dem  Soldatenleben  entlehnten  Ausdrücke  ge- 
wesen, da  sie  gewissermaßen  ein  Kriterium  für  deren  Volks- 
tümlichkeit abgeben.  Es  gibt  daneben  noch  zahlreiche  andere, 
die  aber  meiner  Meinung  nach  nicht  als  Lehnwörter  bezeichnet 
werden  können.  Die  Grenzen  sind  natürlich  fließend  und 
können  verschieden  gezogen  werden.  Wörter  wie  ibrisung  = 
Überschwung,  laibrimä  =  Leibriemen,  mindoc  =. Mündung 
habe  ich  nicht  in  das  Glossar  aufgenonmien.  Dagegen  will 
ich  unter  den  zahlreichen,  oft  recht  ;humoristischen  Volks- 
etymologien doch  wenigstens  eine  hier  anf&hren,  nämlich 
Cine-cre^  ==  Königgrätz,  welches  St.  0.  Josif  auch  in  einem 
Gedichte  verwertet  hat.    (Famüia  XXXVllI,  117.) 

Unter  den  übrigen  läßt  sich  mit  ziemlicher  Deutlichkeit 
eine  Anzahl  solcher  ausscheiden,  die  schon  im  XVIll.  Jahr- 
hundert  entlehnt   worden  sind.     Diese   sind:   ariste,   cäprar, 


—     163    — 

ghenerariü  oder  ghinärar,  glan^^  glän^esc,  granatir,  lagär  oder 
loi^är,  maira^  oberster,  obsit,  obsitar;  diese  sind  schon  bei 
Molnar  (1788)  oder  im  L.  B.  (1825)  oder  in  noch  alteren 
Dokumenten  belegt  (vgl.  Glossar).  Besonders  interessant  ist 
bärbnnc  =3  Werbung.  Daß  es  ebenfalls  alt  ist,  beweist  schon 
seine  Bedeutung  und  sein  Vorkommen  in  einem  offenbar 
alteren  und  auch  kulturhistorisch  interessanten  Soldatenlied 
(ygL  Qlossar);  dann  auch  die  Entwicklung  neuer  Bedeutungen 
und  die  vielen  Formen  und  Ableitungen  in  denen  es  vor- 
kommt: yärbung,  verbunc,  yerbuncas,  Torboncas,  verbuncesc, 
verbuesc,  letzteres  auch  bei  MoLuar  belegt.  Es  ist  auch  nach 
Rumänien  gedrungen. 

Die  meisten  unter  den  erwähnten  Wörtern  sind  auch 
Tolkstümlicher  als  die  folgenden,  die  zum  größten  Teile  nur 
auf  die  Soldatenlieder  und  das  Soldatenleben  beschränkt  sind : 
bro^c,  comis,  egzi^,  filär,  forgat,  forpost,  glid,  haptac, 
hubi^,  lagär,  legmau,  malor,  manegurä,  mifcä,  musträ,  mus- 
truesc,  ofi^,  pätränta^,  patrulä,  plencher,  por^n,  potrocol, 
Prais,  prezentir,  priciü,  rägutä,  rast,  räteresc,  rostung,  rucuesc, 
spital,  sträpa^ie,  saibS^  silboc,  stab,  straifö,  vahmaistru,  yiclibus, 
▼icsuesc.  Doch  sind  auch  davon  einige  wie  Prais,  rSgutä, 
rast,  spital,  sträpa^e  volkstümlich  geworden.  Zweifelhaft  in 
Bezug  auf  ihren  Ursprung  sind  mir:  falcer  und  lozincä. 

2.  Einfluß  der  Verwaltung. 

In  Siebenbürgen  hat  die  österreichische  Verwaltung 
nur  ganz  geringe  Spuren  deutschen  Einflusses  hinterlassen. 
Die  Sprache  der  Verwaltung  war  ja  die  lateinische.  Joseph  11. 
versuchte  zwar  die  deutsche  Sprache  als  Staatssprache  ein- 
zufahren, doch  scheiterte  dieser  Versuch  am  Widerstände  der 
Bevölkerung.  So  blieb  die  lateinische  Amtssprache  auch 
fernerhin  bestehen.  Seit  1825  begannen  die  Bestrebungen  der 
Magyaren  ihre  eigene  Sprache  an  die  Stelle  der  lateinischen 
einzufahren.  Das  geschah  zunächst  mehr  in  unbemerkter 
Weise  in  den  Komitats-  und  Stadtämtem.  Auf  den  folgenden 
Landtagen  aber  wurde  die  magyarische  Sprache  auch  durch 

11* 


—    lU    — 

das  GmoIiz  zur  Amtsspiaobe  erhoben  (^.  Ban|w  a.  «»  0.  I, 
621ff:). 

In  nebenbargiflch  -  nunanJBchffn  Akteiistückeii  aus  d^n 
XVUL  Jahrbimdert  finden  ai^ch  im  WcMiscIuKte  vechSjtniainaßrig 
gelten  spezififick  deutsche  Einflüsse.  Die  amtUoben  Aiigdritofce 
sind  meist  Iftteinisch,  gahecninm,  conzistorium  eta,  und  w^en 
oft  in  irgend  eioar  Weise  mundgerecht  g«macht|  z.  B.  aghent, 
prin^ip,  preeedent,  rezelutie  etc.  (Stinghe,  Doc.  I,  214).  In 
vielen  Fallen  mögen  diese  Bezeichnungen  allerdings  durch 
deutsche  Beamte  vermittelt  sein,  doch  laßt  sich  dies  schwer  ' 

entscheiden  und  ich  habe  sie  daher  auch  nicht  in  das  Glossar 
aufgenommen.  Viel  deutlicher  läßt  sich  dagegen  die  m^gy^ 
arische  Vermittlung  erkennen  an  den  magyarischen  Suffixen,  , 

mit  denen  die  betre&nden  Wörter  erscheinen,  z.  B.  secxetarif, 
oomunicäluesc,  publieäluesc  etc.,  besonders  zahlreiche  latei-  | 

^nische  Verba  mit  dem  magyarischen  Suffix  -al-.  Daneben 
erscheinen  auch  sehr  oft  magyarische  Ausdrucke  wie  varmegfaie, 
solg&birftü  etc.,  deutsdie  seltener,  z.  B.  steandrecht  (Pusc, 
Doc.  183),  ^uhtaus  (Stinghe,  Doa  II,  168),  Quittung  (rein 
deutsch)  (eb.  S.  201)  etc.  Auch  diese  habe  ich,  da  sie  nicht 
als  Lehnwörter  betrachtet  werden  können,  nicht  in  das  Glossar 
aufgenommen. 

Ein  Einfluß  deutscher  Verwaltung  konnte  sich  endlich 
auch  noch  zur  Zeit  des  Absolutismus,  (1850 — 60),  der  auf  die 
Revolution  von  1848  folgte,  geltend  machen.  Doch  mußten 
auch  dessen  Spuren  bald  durch  den  magyarischen  verwischt 
werden.  Reste  sind  noch  Wörter  wie  be^irc,  can^list»  haltä» 
tuncär,  loz,  prin^  ^teier,  stempäl  und  der  nicht  uninteressante, 
meist  adverbiell  gebrauchte  Ausdruck  supa,  cu  oder  de-a  supa, 
der  auch  in  das  benachbarte  Muscel  Eingang  gefunden  hat 

Bedeutender  mußte  dieser  Einfluß  natürlich,  wenn  er  auch 
da  viel  jünger  ist,  in  der  Bukowina  sein,  die  ja  auch  heutigen 
Tages  deutsche  Verwaltung  hat  Doch  scheint  er  auch  hier 
nicht  tiefere  W^ui^zeln  geschlagen  zu  haben,  wie  dann  solche 
Einflüsse  meist  vorübergehenden  Charakter  tragen  und  nur  an 
der  Oberflache  haften.    Ich  habe  daher  nur  die  verbreitetercu 


—     1«5    — 

Wl^iter,  die  nchtm  ärem  gafueen  Habitas  nach  als  solche  er- 
keimbsr  amd,  in  das  0h)8saf  aufgienammen:  aisenbanc,  banhof, 
beffjrcficiti,  b^^rcricter,  fester,  fbsmalstrii,  foater,  ghirie,  respun- 
denfft,  ^tempeli  vehter. 

3.  EinflnB  der  deutschen  Kaufleute,  Handwerker  und 
Wirtsleute: 

a)  in  Siebenbfirgen. 

Es  ist  begreifKch,  tmd  ich  habe  es  bereite  kurs  ange- 
deutet, daC  gleiehzeitig  mit  der  österreichischen  Hemchaft 
und  parallel  kü  den  deotschen  Kolonisten  aneh  eine  große 
Ansahl  deutscher  Kaufleote  und  Gewerbetreibender  sowohl 
nach  Siebenbikrgen  als  auch  nach  der  Bukowina  und  dem 
Banate  kamen.  Man  strebte  darnach,  die  erworbenen  Länder 
auch  für  den  Handel  und  die  Industrie  zu  gewinnen,  denen 
ja  hier  ein  weites,  ergiebiges  Feld  offen  stand.  So  gesellte 
sieh  KU  den  sSchsischen  Kauf-  und  Oewerbsleuten,  die  bis 
dahin  fiist  ausschließKch  die  Bedurfiiisse  des  Landes  gedeckt 
hatten,  eine  große  Anzahl  deutsch-österreiohischer,  die  sich  in 
den  Stftdten  niederließen.  Auch  die  allmählich  sich  ent&ltende 
Industrie  befimd  sich  und  befindet  sich  auch  heute  noch  Yor- 
wiegend  in  den  Hftnden  der  Sadbsen  und  Deutschen.  Die 
Städte  tragen,  insofern  sie  nicht  magyarisches  Gepräge  an- 
genommen haben,  zumeist  deutschen  Charakter.  Aber  auch 
auf  den  Dörfern  sind  häufig  fremde,  fast  immer  deutsche  Ge- 
werbsleute  anzutreffen.  Einzelne  von  diesen  sind  im  Laufe 
der  Zeit  in  der  mmftnischen  Beyölkerung  aufgegangen;  daher 
soldie  Namen  wie  Badiftr,  Friedrich,  König,  Heuchert  RictÄr 
(aas  GurarlnluT  bei  Hermannstadt,  Muntean  Mon.  S.  208  ff.), 
die  sich  noch  yermehren  ließ^. 

Es  ist  nun  klar,  daß  gerade  diese  Verhältnisse  Anlaß  zu 
zahlreichen  Entlehnungen  geben  mußten,  da  es  sich  um  täg- 
liche Berührungen  und  tägliche  Bedurfnisse  handelte.  Dieser 
Einfluß  dauert  auch  heute  noch  fort.  Der  rumänische  Bauer 
ist  auch  heute  meist  auf  den  deutschen  Kauf-  und  Gewerbs- 


—    166    — 

mann  angewiesen  und  der  rumänische  Handwerker  geht  oft 
zum  deutschen  in  die  Lehre  und  gebraucht  bisweilen  statt 
der  fehlenden  rumänischen  eben  die  deutschen  Ausdrucke. 
Auch  hier  läßt  sich  daher  keine  ganz  scharfe  Grenze  zwischen 
wirklichen  Entlehnungen  und  fremden  Ausdrücken  ziehen. 

Aus  dem  Gesagten  geht  auch  das  schon  hervor,  daß  die 
einzelnen  Wörter  nicht  so  recht  fizierbar  sind  für  ein  be- 
stimmtes Gebiet;  einige  sind  auf  einem  weiteren  gebräuchlich, 
viele,  wie  wir  noch  sehen  werden  auch  in  Rumänien,  andere 
nur  auf  einem  sehr  engen  (vgl  darüber  Glossar).  Auch  das 
sei  hier  noch  angemerkt,  daß  eine  Scheidung  zwischen  sieben- 
bürgisch-sächsischem  und  deutschem  Gute  hier  nicht  mehr 
möglich  ist  Die  Wörter  haben  in  ihrer  lautlichen  Gestalt 
nichts  spezifisch  Sächsisches  an  sich,  können  aber  sehr  wohl 
durch  die  Sachsen  vermittelt  sein. 

Das  nur  dem  Banat  oder  nur  der  Bukowina  angehörige 
Gut  werde  ich  getrennt  behandeln.  Ich  fasse  zunächst  einige 
Bezeichnungen  für  Geldarten  zusammen:  bancuotä^  bäncu^, 
crei^ar,  rainic^  sfan^  (sfanfiih;  vgl.  auch  sfin^iic,  Banat).  Speziell 
Wirtshausausdrücke  sind:  budincS,  chelner,  chelneii^, 
criglä^  goglistat,  halbä,  snitäl,  tringhelt  und  vielleicht  auch 
sobura.  Die  zahlreichen  Ausdrücke,  die  sich  auf  Handel 
und  Gewerbe  beziehen,  lassen  sich  kaum  zu  bestimmten 
Gruppen  zusammenfassen.  Ich  will  daraus  nur  za^  und  zä^r 
für  die  Buchdruckerei  hervorheben.  Die  übrigen  sind:  barhet, 
borta,  bortifä,  cafeiü,  cartof,  castin,  chiflä,  chiflar,  ciuflicar, 
cufar,  fain,  flanel,  floastar,  flostorar,  flos,  festen,  gheseft,  ghe- 
sefbar,  ghesefbärie,  ghips,  ghipsos,  gris,  heriuca,  zit,  lac,  lachi- 
ruesc,  lot,  maistär,  mustra,  pincal,  pocärai,  spi^ura,  stofö,  gina, 
sinuesc,  slag,  slefuesc,  snur,  stere,  stiflä,  stipuesc,  stocfis,  |tnmf, 
suf,  sustär,  tapet,  tape^r,  tapetärie,  tapetez,  tastä,  trihter,  trinci 
turfö^  ^iinhel^;,  ^linober,  toi,  vatä,  vanä. 

b]  in  Rumänien. 

Der  Einfluß,  von  dem  hier  die  Rede  sein  soll,  bildet  mit 
einen  Teil  der  großen  Einwirkung,  welche  die  eindringende 


~     167    — 

westeuropäische  Kultur  auf  die  beiden  rumänischen  Fürsten- 
tümer ausgeübt  hat,  die  bis  dahin  ganz  unter  dem  Einfluß 
der  orientalischen  Kultur  gestanden  hatten.  Ein  überaus  reiches 
und  anschauliches  Bild  dieser  im  Laufe  des  XYIU.  Jahr- 
hunderts allmählich  sich  vollziehenden  Vorgänge  gibt  N.  lorga 
in  seinem  Werke  Istoria  literaturii  romtne  In  secolul  al 
XVffli«»,  Bucurestl  1901,  U,  8ff. 

Ein  Umstand,  der  die  Einführung  der  westeuropuschen 
Kultur  wesentlich  begünstigte,  waren  die  politischen  Ver- 
hältnisse. Die  Österreicher  trachteten  nach  der  Einnahme 
Siebenbürgens,  ihre  Herrschaft  auch  über  die  benachbarten 
Provinzen  des  immer  mehr  in  Verfiel  geratenden  türkischen 
Reiches  auszudehnen,  wobei  sie  auf  die  Rivalität  Rußlands 
stießen.  Zweimal  drangen  noch  vor  1750  österreichische  Heere 
in  die  große  Walachei  ein,  die  kleine  Walachei  aber  stand 
18  Jahre  lang  unter  österreichischem  Regime  (vgL  a.  a.  0. 
S.  10).    Doch  waren  dies  Wirkungen  vorübergehender  Art. 

Die  Türkei  sah  sich  durch  die  Siege  der  Mächte  zu  allerlei 
ungünstigen  Verträgen  gezwimgen,  in  welchen  diesen  große 
Zugeständnisse  gemacht  wurden.  Die  Donau  und  das  Schwarze 
Meer  wurden  dem  Handel  eröffnet  und  zahlreiche  fremde 
Kaufleute^  besonders  auch  deutsche  Gesellschaften  finden  sich 
in  den  Haupt-  und  Handelsstädten  ein.  Die  europäischen 
Staaten,  voran  Rußland,  dann  Österreich,  Frankreich,  Preußen, 
England  erhielten  das  Recht,  Konsulate  einzurichten,  die  nun- 
mehr zu  Mittelpunkten  der  fremden  Einwanderer  wurden. 
Dadurch  gewannen  diese  eine  bevorzugte  Stellung.  Ihre  Zahl 
wuchs  beständig  an.  Leute  von  den  verschiedensten  Pro- 
fessionen eilten  dahin,  ihr  Glück  zu  machen.  Besonders 
zahlreich  kamen  die  deutschen  Ebmdwerker,  Kauf-  und  Wirts- 
leute. (VgL  lorga  a.  a.  0.  S.  12.)  Unter  Ipsilanti,  der  die 
Hauptstadt  des  Landes,  Bukarest,  mit  prächtigen  Bauten 
schmücken  wollte,  strömten  scharenweise  deutsche  Hand- 
werker in  das  Land,  darunter  auch  Siebenbürger  Sachsen 
(a.  a.  0.  S.  17).  Gegen  Ende  des  XVIII.  Jahrhunderts  ninmit 
ihre  Zahl  beständig  zu,  wie  lorga  aus  den  Akten  der  Kon- 


—    1«8    — 

sulate  ÜBsteUllt  (a.  a.  0.  S.  29),  und  auch  hewte  iäk  m  eine 
große. 

leh  erwjUme  an  dieeer  Stelle  auch  neoh  den  tegenfibuidels- 
yerkehr  mit  Leipzig,  deor  ja  aneh  zur  Bilduiig  yon  Wörtern 
wie  lipacMi  (WarenfaaAdler)  und  lifeeikme  (Wareäniederkge) 
Yeranlaseang  gegeben  fadi 

Die  Zahl  der  aus  diesen  Yerbaltniedeft  berYorgegaii|^nen 
Lehnwörter  ist  verhaltDismifig  grot.  Auch  ftr  sie  gilt  die 
Bemerkung,  daß  eine  genaue  Fkiemag  nicht  immer  mö^eh 
ist,  da  die  ein^  eine  gröfiere,  die  anderai  eine  geringere 
Verbreitung  haben.  (Vgl  darüber  Olessar.)  Von  den  Wirts- 
hausausdrncken  sind  die  y^rbreiteteren:  chelnw,  haHriL^ 
|yar^  imd  ^1;  weniger  yerbreitet:  ang^enudit,  baohendäl,  cri- 
gäl,  rosbrat,  |nit,  fni^  Strudel,  ;yai^.  Beaeicfanungfia  fftr 
Geldarten  sind:  bftncu^,  blanc,  cronfader,  sfkn^  (dazu  fißatr 
t^uesc,  sfän^uialä,  sftn^uitor).  Von  den  Ausdrucken  filr  Haildel 
und  Gewerbe  hebe  ich  auch  hier  nur  die  der  Bttdidruck^rei 
angdiörenden  heraus:  föl^esc,  |if,  jpalt,  yiogSlac,  za^  ze^r, 
ze^uesc  Die  übrigen  sind:  bandä,  bandraburc&,  barhent,  belhifä, 
bibemil,  bizet,  brac,  braica,  cahlä,  cähli^,  candel«  cartof^  chifla, 
chinoros,  cioflingar,  dem,  eozondrac,  cuför,  dril,  fam,  flanelil, 
fla|net&,  fraht,  gheroc,  ^e^eft,  ghe|eftar,  ghe^ftaiie,  gnmd, 
herincä,  nit,  nituesc,  olandä,  opsas,  paradais,  parizer,  raspiel,  rips, 
riz,  spif ,  stofö>  sinä,  sinar,  sinuesc,  |lefiie80,  |lep,  sneaps,  snur, 
snuruesc,  |nuruialä,  jpani,  ^tifb,  strum^  ^cftri^  yanä,  yatft. 
Viele  darunter  kommen,  wie  ein  Vergleich  lehrt,  audi  in 
Siebenbürgen  yor. 

Anhangsweise  seien  hier  auch  die  Wörter  belfer  und 
tartan  genannt,  die  aus  dem  Jtdischdeutschen  stammen. 

4.  Deutscher  Einfluß  in  der  Sprache  der  rumänischen 
Bergleute  im  siebenbürgischen  Erzgebirge. 

Die  Minenarbeiter  des  siebenbürgischen  Erzgebirges  sind 
zum  weitaus  größten  Teile  Rumänen,  die  den  Namen  bÜesi 
fuhren.  In  einigen  Ortschafben  jedoch,  wie  in  Säeärlmb, 
Hondol  und  Bäifa,  wohnen  sie  mit  Deutschen  yermischt   Hier 


—     1«9    — 

fimin  sie  aaoh  em  da  Düotoeken  abgpelemta  Fert,  cUli  sie 
«ohirftf  la  berilieee^  mmmn  (tgl.  Fränoa-^Gacädiisa,  S.  99  tmd 
6n<mvJL 

IKe  ieatsehen  Aibeiter  räd  hMptf^MsIlHeh  tan  die  Imte 
des  XVm.  JaMranlexte  und  itk  der  folgenden  2eit  hierher 
gibMinneii,  vnAiätm  VJ4l  die  Oolflager  von  Säoftrtmb  d«uf<ft 
einen  gmiairiwdien  Banevn  entdedkt  und  Eom  iTefl  m  4m 
Btiito  der  kuserKoben  FnttiHe  nud  nnter  dtie  Vcarwed^ffiftg  des 
Steüfees  geiftngt  waran  (ygi  Fvteeti-OattdreB,  S.  37). 

8»  konnte  nioM  fehlen,  dafi  die  rnmäniBchen  Arheüer 
den  dentsehen  Beamten  und  iü^beikem,  die  einen  rationdteten 
Betrieb  mit  sich  biwshten,  axuik  mandM  Ansdxtcke  ablernten. 
Sie  ^ohaten  ja  mit  ihnen  zonanunen,  arbmteten  zosammen 
vnd  eme  Aiaakl  dentsdier  Arbeiter  sind  anch  geradezu  rnma- 
nisiert  wesnUn,  was  Namen  wie  Cfruber,  Heeman,  legher, 
Meier,  Lesing,  Bot,  Z^pser  beweisen  (vgl  W.  Jb.  IV,  286). 

Außer  dem  beieitB  erwähnten  chirvai  sind  noch  folgende 
Wörter  xo  nennen:  00h,  fispont,  fotragft,  gang  (»:  Ensgrdbe), 
giplä,  stämpnesc,  stafk,  sattroc,  ^fie,  steamp,  stempar,  ^tem- 
|iiri^  ftempnesc,  stinr^  ftolnft. 

5.  Deutscher  Einfluß  im  Banat 

Nadi  Yertreibmig  der  Ttrken  aus  dem  Banat  durch  den 
PrtBzim  Eugen  tgod  Saroyen;  kam  das  Land,  wie  schon  er- 
wihnt,  unter  öfifterreiehisohe  Herrschaft  Österreichische  Ter- 
wattoDg  und  deutsches  Heer  wurden  auch  hier  eingef&hil 
Sdiön  um  1728  kamen  audi  die  ersten  Kolonisten  in  das 
nemlich  entvölkerte  Land,  vem  Grafen  Mercy,  dem  ersten 
Statthalter,  germfen.  Es  waren  vorwiegend  Deutsche,  größten- 
teils Schwaben;  doch  war  ihre  Anzahl  noch  keine  bedeutende. 

Die  große  Kolonisation  fond  unter  Maria  Theresia  in  den 
Jahren  1763-1773  statt.  (Vgl  Karl  Frfa.  v.  Caoemig,  Eftno- 
f^rsphie  der  dsterreichisoh-^ungarischen  Monarchie,  Wien  1857, 
ID,  19ff.)  Zwischen  1768  und  1771  erreichte  die  Einwande- 
rung ihren  Höhepunkt  und  wurde  durch  die  von  der  Kaiserin 
aasgegebene  „Impopulations-Hauptinstruktion"  geregelt    Die 


—     170     — 

Kolonisten  erhielten  große  Vergünstigungen  und  es  wurden 
zu  ihrer  Aufnahme  teils  alte  Gemeinden  vergrößert^  teils  neue 
angelegt.  (Deren  Verzeichnis  siehe  bei  Joh.  Heinr.  Schwicker, 
Geschichte  des  Temescher  Banats,  Pest  1872,  S.  401—402.) 

Über  Heimat  und  Sprache  der  Kolonisten  berichtet 
Schwicker  (S.  397)  wie  folgt:  „Die  Einwanderer  (worunter 
auch  zahlreiche  Handwerker)  kamen  aus  allen  Teilen  des 
deutschen  Reiches,  aus  Lothringen,  Trier,  dem  Elsasse, 
Schwarzwalde,  Breisgau,  Furstenberg,  der  P£Edz,  aus  Vorder- 
osterreich,  Mainz,  Luxemburg,  Nassau,  Franken,  Baden-Baden, 
Schwaben,  Lamberg,  Tirol,  Oberosterreich;  dann  aus  der 
Schweiz,  aus  Frankreich  und  aus  Piemont 

Aus  dieser  Zusammenstellung  des  ursprünglichen  Vater- 
andes  der  banater  Deutschen  geht  mit  Notwendigkeit  die 
Erkenntnis  der  mannigfachsten  Dialektschattierungen  herror. 
In  der  Tat  herrscht  in  dieser  Beziehung  die  größte  Ver- 
schiedenheit. Banat  ist  den  Dialekten  nach  (Süd-  und  West-) 
Deutschland  im  Kleinen;  und  trotzdem  man  als  Ghrundsatz 
festhielt,  Landsleute  beisammen  zu  lassen,  war  doch  die  Ver- 
einigung unterschiedlicher  Dialekte  in  einem  Orte  oft  nicbt 
zu  umgehen,  aus  welchem  Verfahren  die  ärgste  Sprachmengung 
entstand." 

Seit  1771  mußten  die  Kosten  vom  Einwandernden  selbst 
bestritten  werden  und  so  ließ  der  Zufluß  nach  und  horte  nach 
1776  fast  gänzlich  auf  Beim  Tode  Maria  Theresias  belief 
sich  die  Summe  der  banater  Einwanderer  auf  25  000.  Infolge 
des  Einwanderungspatentes,  das  Joseph  II.  im  Jahre  1782 
erließ,  erfolgte  ein  erneuter  Strom  deutscher  Einwanderer  be- 
sonders aus  der  Rheingegend  über  Ungarn.  Es  waren  zumal 
Handwerker,  da  das  Land  an  solchen  großen  Mangel  litL 
1784,  1785  und  in  den  folgenden  Jahren  kamen  abermals 
Deutsche  auch  in  das  Banat.  Unter  Kaiser  Franz  fanden 
endlich  noch  einzelne  Zuzüge  deutscher  Kolonisten  besonders 
in  das  Banat  statt,  so  1794,  1802  (Schwaben),  1808,  1810. 
(Vgl  Czoemig  a.  a.  0.  III,  37ff.  und  59f.) 

Was  die  heutigen  BevÖlkerungsyerhaltnisse  des  Banats  an- 


—     171    — 

beixifFly  wie  sie  sich  seither  gestaltet  haben,  verweise  ich  auf 
W.  Jb.  ni,  198  ff.  Ich  hebe  daraus  nur  noch  hervor,  daß  die 
Deutschen  auch  in  den  Städten  meist  die  Mehrzahl  bilden. 

Diese  Verhältnisse  weisen  manche  Ähnlichkeit  mit  denen 
in  Siebenbürgen  auf  imd  das  zeigt  sich  auch  in  den  entlehnten 
Wörtern,  nur  daß  diese  im  Banat  natürlich  ein  viel  jüngeres 
Gepräge  tragen.  Inwiefern  auch  hier  deutsche  Ortsbezeich- 
nongen  von  den  Rumänen  übernommen  sind,  darüber  fehlt 
mir  jede  Nachricht.  Das  einzige  mir  bekannte  Beispiel  ist 
Chinisäc  ^=  Eönigseck,  ein  Flurname  beim  Dorfe  Maidan 
(Liuba-Iana,  S.  45). 

Den  Einfluß  der  deutschen  Sprache  auf  die  rumänische 
Volkssprache  charakterisiert  Weigand  (Jb.  III,  199),  der  auch 
meine  Hauptquelle  gewesen  ist,  folgendermaßen:  „Die  deutsche 
Sprache  hat  namentlich  auf  den  Wortschatz  des  Rumänischen 
im  Banat  einen  bedeutenden  Einfluß  ausgeübt  Viele  Aus- 
drücke, die  sich  auf  Handel,  Industrie,  Bergbau  und  besonders 
auf  das  Handwerk  (Instrumente)  beziehen,  sind  dem  deutschen 
entlehnt,  und  selbstverständlich  auch  viele  Militärausdrücke.  ^^ 

Ich  hebe  zunächst  die  Bezeichnungen  für  den  Banater 
Deutschen:  Svab  und  das  humoristische  cotoflean^i  hervor, 
femer  die  charakteristischen:  paor,  paorat  und  maier. 

Gewächse:  crump  oder  crumpir,  paradais,  petersil,  ruben. 
Wirtshausausdrücke:  aihmoct,  bachendl,  hoalbä,  herberg, 
snitaL  Kleidungsstücke:  latbär,  foremet,  slafianc,  §läpi, 
slingherat,  spen^  spen^el,  |trimf^  supertiQ.  Dazu  das  Verbum 
stricuesc.  Sonsikiges  Gewerbe  und  Handel:  blaiü,  blevais, 
bleu,  diomp&r,  farbä,  floastfir,  ghiscan,  latntoc,  laf,  maistär, 
me(,  oblu,  paradais,  picsä,  rainä,  rStpel^,  sfln^ilc,  si^,  somot, 
sädvasär,  slatßr,  soter,  spogot,  fpri^i,  stil,  sustär,  toc^gla,  timät, 
tuc&r.  Andere  Ausdrücke  sind  endlich  noch :  forand,  izänban,  luft, 
pla^pocompos,  ponvon,  probesc,  spa^r,  stälog,  steangä(?),  vilait. 

6.  Einfluss  der  deutschen  Kolonien  in  der  Bukowina. 

Ich  habe  bereits  in  einem  anderen  Zusammenhange  davon 
gesprochen,' wie   schon  frühzeitig  Siebenbürger  Sachsen  aus 


—     172    — 

iet  Btttrifas6r  €hegend  sieh  in  der  dafflids  tKxdi  zur  Mol4aa 
gefi^Hgem  Bakowim  niedeilieStsii.  Die  M^rzsU  der  d^ntoisben 
Beirohner  ä^  Lmdes  staanmt  indes  erst  am  der  Zcät  der 
(Meneichisebeü  Herrscbttft.  Besonders  i:fthh^6ich  sind  sie  auch 
Met  in  den  Städten,  «umil  in  der  Hanptetedt  Oeemowite  und 
in  deren  nSchsten  Ulfi^ebttng,  femer  in  8iret,  Snceava,  fiädintf, 
Cittpnitmg  und  an  amderen  Orten. 

Deutsche  Eoioliien  sind  dann  unter  Joseph  II.  in  mehreren 
Dörfern  angelegt  und  aas  Westdeutschland  berdlkert  worden. 
Um  die  Mitte  des  XIX.  Jahrhunderts  sind  einige  Nieder- 
lassungen Yon  Deutsch-Böhmen,  von  den  Rumänen  Talspin 
geheißen,  an  verschiedenen  Orten  entstanden.  £ndfich  finden 
sich  nach  Deutsche,  darunter  auch  Siebenbütger  Sachsen  in 
den  Bergtrerksorten,  bei  den  Salewerken  und  Glashütten.  (Vgl. 
Ozoeting  a.  a.  0.  I,  43.) 

Die  Mitteilungen  über  den  deutschen  Einfluß  in  der 
Bukowina  rerdanke  ich  der  Liebenswürdigkeit  des  Herrn 
Are.  Dugan^Opai^;,  der  sie  mir  durch  Prof.  Weigand  zukomme 
ließ.   Ich  spreche  ihm  dafür  an  dieser  Stelle  meinen  Dank  aus. 

Außer  den  bereits  mitgeteilten,  durch  die  deutsche  Ver- 
waltung und  das  Heer  yermittelten  Ausdrücken,  führe  ich 
noch  die  folgenden  an:  bandol,  deap|fi,  clepsesc,  brif,  cuffir, 
fenic,  förman,  frustiuc,  ha^af,  luminat,  pumpS,  sniap^  spattr, 
svart,  suflÄ,  tlmbrS,  vegmaistru,  resta. 

7.  Deutscher  Einfluß  auf  die  gebildeten  Klassen 
besonders  in  Siebenbürgen. 

Erst  mit  dem  XYIII.  Jahrhundert  beginnt  allmfthlich  sich 
eine  gebildete  Klasse  der  Rumftnen  in  Siebenbürgen  2U  ent- 
wickeln. Im  Jahre  1700  war  es  den  Bestrebungen  der  Regie- 
rung gelungen,  einen  Teil  der  Rumänen  zum  Übertritt  in  die 
römisch-katholische  Kirche  zu  bewegen.  Den  „linierten";  wie 
sie  von  den  übrigen  genannt  wurden,  stand-  nunmehr  der  Zu- 
gang zu  den  Schulen,  die  für  die  Rumänen  so  lange  ver- 
schlossen gewesen,  offen.  Es  waren  zunächst  die  katholisch- 
lateinischen Schulen  der  Jesuiten  in  Klausenburg,  Karlsburg, 


—     173    — 

HeHBanwtodt,  Kronstadt  und  Timau  in  Ungm,  imoM  abo- 
aach  die  in  Wien  und  aog«r  ia  BcH».  17M  wurdaa  i«  Blaiafi- 
dorf  (Blij)  ^e  eisten  rumaniflehaa  Sebttkn  eröffiobBi  Wid  ge- 
watt^itte  Wufauigea  geweaea  »mi^  die  aiui  ddeaBii  JErei^KiMei» 
auf  die  Geeamtbeit  des  roiafiniseheii  YoUces  ausgesfaraoat  sind, 
kann  ich  bier  »iebt  auaeinaad^seta«». 

Sin  speaifisoh  deutscher  Eiafluß  macht  sich  besoaders 
miAer  Maria  ^eresia  uad  Josi(>h  11  gdtend,  der  den  Bmnaaen 
auch  den  Zutritt  za  dea  Staataamtera  offiietew  (Bari^iti«  I,  512.) 
Sie  daUn  hatte  die  gebildete  Klasse  der  Rammen  aar  aus 
Klerikmai  bestudea.  Ich  habe  bereits  aa  aaderer  Steüe  er- 
-wäiinty  daß  schoa  unter  Maria  Theresia  auf  dea  Greaaer- 
gelnetea  deutsche  Nonaalschulen,  ia  N&9äud  sogar  eiae 
Nonnalhauptsohnle  gegcoadet  wurde,  zu  der  Joseph  ein 
Militareraiehuagahaus  hiazuf&gte.  Aus  diesem  gingea  nieht 
bloß  Offiziere,  soadem  auch  zahlreiche  Pferrer  hervor  (Tran- 
silvama  XYXITI,  70). 

Als  eine  typische  Gestalt  der  aufkommenden  weltlichen 
Intelligenz  der  Siebenbürger  Rumänen  kann  Johann  Molaar 
▼on  Mällersheim  gelten,  der  zugleich  einer  ihrer  allerersten 
Vertreter  ist  £r  ist  f&r  uns  ia  mehrerea  Hiasichtea  iater- 
essant,  da  er  auch  litterariach  tafaig  und  eiaer  der  ersten 
romaDischen  Granunatiker  gewesen  ist.  Ich  will  daher  Ter- 
isucben,  seine  Entwicklung  und  Tätigkeit,  insofern  sie  for  uns 
ijs  Betracht  konunt,  ia  kurzen  Zügen  zu  skizzieren,  da  sich 
dania  mamäies  kulturgeschichtlich  f&r  Zeit  und  Verhältnisse 
recht  Charakteristische  am  besten  ausprägt. 

1746  im  Dorfe  Sadu  bei  Hermannstadt  geboren  studierte 
er  in  Wien  Medizin  uad  trat,  aach  Siebenbürgen  zurück- 
gekeimt,  1781  ia  die  Hermanastädter  Freimaurerloge  ein,  die, 
von  eiaigea  Siebeabürger  Sachsea  begrüadet,  einea  großen 
Teil  der  vornehmen  Siebenbüzger  Gesellsohaft  in  sich  £ftßte. 
Damals  war  er  „k.  k.  bestellter  Okulist^  und  stand  ia  nahen 
Beziehungen  zum  Gouverneur  des  Landes,  dem  Baron  Bcockan- 
thaL,  und  spater  zu  dessea  Nachfolger,  dem  Grafea  Baa%. 
1790  wird    die  Loge    aufgehoben.     1703   wird  Molnar  der 


—     174    — 

Adelstitel  „von  Müllersheim"  verliehen  und  wir  finden  ihn  als 
Professor  der  Okulistik  an  der  Universität  zu  Elausenburg. 
Zwischen  1814  und  1823  ist  er  gestorben.  Ich  erwähne  bloß 
flüchtig,  daß  er  auch  an  politischen  Bewegungen  der  Rumänen 
teilgenommen,  femer  daß  er  den  ersten  —  freilich  miß- 
glückten —  Versuch  gemacht  hat,  eine  rumänische  ZeituDg 
herauszugeben.  Er  hat  ein  Buch  über  Bienenzucht  (1785), 
eine  Rhetorik  (1798)  und  eine  Weltgeschichte  (1800)  in  roma- 
nischer Sprache  veröffentlicht.  Uns  interessiert  hier  nur  seine 
1788  in  Wien  erschienene  „Deutsch- walachische  Sprachlehre\ 
die  älteste  ihrer  Art,  und  ein  für  seine  Zeit  vortreffliches 
Werk,  das  noch  in  zwei  weiteren  Auflagen  1810  und  1823 
in  Hermannstadt  erschienen  ist.  Gaster  hat  (in  Gröbers  Grunde 
riß,  II,  3,  S.  368  f.)  mit  Recht  auf  den  darin  enthaltenen  Reich- 
tum an  dialektalen  und  lokalen  Ausdrücken  hingewiesen. 
Molnar  steht  den  latinisierenden  Tendenzen  seiner  Zeit  ferne 
und  kann  als  zuverlässiger  Gewährsmann  für  die  Volkssprache 
angesehen  werden.  Seine  Grammatik  ist  daher  auch  eine 
wichtige  Quelle  für  mich  gewesen. 

Molnar  kann,  wie  schon  gesagt,  als  Vertreter  einer  ganzen 
Reihe  von  Männern  angesehen  werden,  die  wie  er  ihre  BUdung 
an  deutschen  Schulen  erlangten.  Man  kann  daher  sehr  wohl 
sagen,  daß  die  gebildete  Klasse  der  Rumänen  in  Siebenbürgen 
sich  vorwiegend  unter  dem  Einflüsse  deutscher  Kultur  ent- 
wickelt hat,  wenn  auch  dieser  Einfluß  nicht  immer,  wie  in 
den  sächsischen  Städten  ein  direkter,  sondern  oft  ein  durch 
die  Magyaren  vermittelter  war. 

Ich  kann  der  Sache  hier  nicht  weiter  nachgehen.  Von 
litterarischen  Erzeugnissen  will  ich  bloß  das  Volksbuch  Tilu- 
Buhoglindä  erwähnen,  welches  schon  der  wortlich  übertragene 
Titel  als  eine  Übersetzung  des  deutschen  Till  Eulenspiegel 
verrät.  (Vgl.  M.  Gaster,  Literatura  popularä,  rom&nS,  Bucu- 
rest;  1883,  S.  160  ff.)  Zaharia  Carcalechi  aus  Kronstadt,  der 
um  1816  die  Herausgabe  der  rumänischen  Bücher  an  der 
Pester  Universitätsdruckerei  besorgte,  legte  sich  den  Titel 
„ferlegher"  bei.    (lorga,  Istoria  lit.  etc.  II,  331.) 


—     175    — 

Auch  heute  trifft  folgende  Bemerkung,  die  Weigand  mit 
Bezog  auf  das  Bauat  machte  recht  wohl  auch  far  gewisse 
Teile  Siebenbürgens  zu:  „Die  Kenntnis  des  Deutschen  ist 
unter  den  Gebildeten  und  Halbgebildeten  allgemein.  Viele 
Romanen  haben  deutsche  Schulen  besucht  und  bedienen  sich 
infolge  davon  der  deutschen  Sprache  ebensogut,  oft  noch 
besser  als  ihrer  Muttersprache.  In  Zeitungen  und  Schriften 
finden  sich  daher  auch  oft  genug  Redensarten  und  selbst 
Konstruktionen,  die  ganz  unrumänisch  sind  und  sich  bei 
näherem  Zusehen  als  wörtliche  Übertragungen  aus  dem 
Deutschen  erweisen.  Durch  Umwandlung  der  deutschen 
Schulen  in  magyarische  Staatsschulen  wird  in  Zukunft  der 
Einfluß  des  Deutschen  durch  den  des  Magyarischen  ersetzt 
werden.* 

Nach  dem  Angefahrten  ist  es  begreiflich,  daß  die  Sprache 
der  Gebildeten  unvergleichlich  stärker  von  der  deutschen  be- 
einflußt ist  als  die  des  Volkes,  bei  dem  dieser  Einfluß  nur 
den  Wortschatz  und  auch  diesen  in  verhältnismäßig  geringem 
Maße  berührt  hat  Besonders  hat  die  Klasse  der  Gebildeten 
aoch  die  internationalen,  konventionellen  Eulturausdrücke  zum 
großen  Teil  von  den  Deutschen  übernommen,  was  mitunter 
noch  in  Form  und  Aussprache  kenntlich  ist.  (Vgl.  con^rt, 
dirigent,  advoeat  etc.  gegenüber  concert,  dirijor,  avocat  im 
Königreiche,  wo  das  Französische  die  Quelle  war.)  Daneben 
konunen'aoch  wortliche  Übersetzungen  aus  dem  Deutschen 
▼or,  die  sich  zum  Teil  eingebürgert  haben.  Ob  vinars  = 
Branntwein  eine  solche  sei,  ist  nicht  ganz  sicher.  Dagegen 
wäre  nach  HEM,  Sp.  1121  anotimp  =  Jahreszeit  hierher  zu 
stellen.  Desgleichen  gehört  hierher  auch  nu-mä-uita  =  Ver- 
gißmeinnicht. Es  kann  nun  nicht  meine  Aufgabe  sein,  darauf 
näher  einzugehen. 

Zum  Schlüsse  seien  noch  die  Lehnwörter  aufgezählt,  die 
&^  der  E[lasse  der  Gebildeten  stammen  und  auch  meist  auf 
sie  beschränkt  sind:  eapelmaistru,  clavir,  clenoduire,  fran^z, 
gMft,  marcä,  matroz,  paucä,  pumpä,  roc,  rocsor,  tintä,  val^ 
▼ätnesc. 


—    178    — 

B.  fllossfir. 

aimaact  n,,  San.:  h^89i\  Süigeim^tQs.  Wf^  JUHI,  Uä. 

atsftnJiiikiLe  oderbäsmbwea^  Sink*;  SmwMuL  Dag.4)p. 

ajBidxoc  n.,  pL  -oaee,  wolkmer  Roek,  WinkenMk  4tv 
SSo^riwen.  —  Wal.:  laioHii^,  Sid»^:  KronsivK  (StHngke, 
SclOugor  S.  .6f.,  81),  Vttd^  bei  KiOBata^t:  !Smia,  &  tS:  In 
timjpol  diu  urmä  incegp  sa  poarte  andvoace  fiicQifce  di»  flanel. 
La  Skb.  au(%b  soiuit  vereiiMi^,  v^  Bib.  Pp.,  464:  ^inqgeti 
Qüna  pe  andfoc.  —  N£:  ondroc  (laionvi^);  haadxoc,  iboMboe 
(bei  Buzaü);  (^ndroaqä,  ondroacä  (Valdarecea  im  FogsymMfa« 
Ccuil).  —  Et.:  US  ängder-  (BialteU*,  8),  ^w^at-  (Kisoh  NW,  17) 
+  rock.  Aus  dam  ä  erklart  siah  der  Weahael  yqm.  a  und  o 
im  Anlaut  des  Rum.  HEM  1187fiF'.  leitet  es  von  einem  mfad. 
„undenock''  ab  und  gibt  an,  die  Bojaren  xaxd  jBOrgwnsftauen 
hatten  das  Kleidungastdck:  &nber  tatsachlieh  ids  Untavrook 
getragen. 

androcea  £,  pl.  -cele,  in  den  Kinderapiabn:  alte  Fraa 
(ygL  cqjocea,  alter  Mann)  HEM,  1188f.  —  Ei:  androc  + 
Su£  ea. 

angkemoht  n.,  pl.  -turi,  Wal.;  Art  Qullaseh.  Tikkin  68. 
—  St:  na(di  Tiktin  „Eiiigemaohtes,  wohl  naoh  aieb.  Aus- 
apracbe^'. 

»ri^te  £,  Sieb.;  Geffingnis,  Arrest  —  Pasc  Doc.  162: 
;i  pap^  cel  din  vecinätate  asemenea  cu  aristea  [sä  fie]  eammit 
(Sibüü  1790).  Heute  in  der  Militarsprache  noch  üblich.  — 
12t.:  d.  Arrest  +  rum.  Sa£  iste,  aus  der  Militär-  oder  Ver- 
waltungssprache. 

bachendäl,  KL-WaL  (Wirtsbausausdruck);  Backhandel. 
Wg.  Jb.  VII,  82.  —  bakhendl,  Ban.;  Gebackenes  (JHafanohen 
oder  Huhn  oder  sogar  Kalbsbrust)  Wg.  Jb.  DI,  313.  —  Vgl, 
auch  pö^enes  *endl,  Eörösch-  u.  MaroschdiaL  Wg.  Jb.  IV,  330. 

bacol^i  m.  pl.,  Sieb.:  Gurariului;  kleine  Baumat&mpfe 
von  Birkenholz,  die  zum  Heiden  des  Backofens  dienen.  Munt 
Mon.  32.  —  £t:  ss  bakhal?  n,  Holzbock.  Haltrich  68.  Aus 
einer  Form  mit  o  dieses  Wortes. 


—     177    — 

bancnotä  £,  Sieb.;  Banknote.  Bar.  —  (Zur  Et  vgl.  auch 
magy.  banknöta). 

bancutä  £,  Sieb.;  Zehnkrenzerstfick.  Bar.  Papiergeld, 
BankozeiteL  L  B.  43.  —  Et.:  d.  Banknote. 

bSncu^  f.,  WaL;  fEuniliar:  Geldstack  von  50  Bani  Tiktin 
154.  —  Sieb.:  Papiergeld  von  kleinem  Werte,  von  10  Kreuzern, 
Laur.-Mass.  57.  —  Ei:  nach  HEM.  3193£  d.  Bankozettel  mit 
Anlehnung  an  mm.  ban. 

bandS  £,  bände,  crampon  de  fer«  Aus  dem  d.  Band, 
entweder  direkt  oder  durch  Vermittlung  des  franz.  bände  oder 
des  itaL  banda,  an  Stelle  des  altrum.  bantä  oder  beantS  ge- 
braucht (mit  dem  es  auch  yerwechselt  wird),  aber  nur  in  den 
Städten  infolge  der  fremden  Handwerker.    Vgl.  HEM  2459. 

bandol  m..  Buk;  Fußlappen,  Fuflfetzen.— Et.:  HEM  2461 
steUt  es  zum  vor^en,  was  schwerlich  angeht  Doch  mag  die 
Ableitung  von  d.  „Bändel^,  besser  wohl  Bändel,  richtig  sein. 

bandorS,  bandurS  f.,  Sieb.:  Stück  Leinwand  zum  Ab- 
stauben, Einschlagen  v.  etw.:  Lappen,  Tuch.  Tiktin  154.  Dazu 
das  Dim.  bSnduricS.  —  Et:  nach  Tiktin  „vielleicht  zu  deutsch 
Band«. 

bandraburcS  £,  pl.  -ce,  seltener  -ci,  nördL  Mold.;  Ear- 
tofiTeL  —  N£:  brandaburcä,  hadaburcl^  bandraburä.  —  Et: 
„Wahrscheinlich  nach  einer  aus  der  Provinz  Brandenburg, 
woher  Rumänien  zumeist  seinen  Bedarf  an  Gärtnereierzeug- 
nissen  deckt,  eingeführten  Sorte.  Zur  Form  vgL  poln.  brande- 
burka,  Brandenburgerin."    Tiktin  154. 

banhof  oder  banhoc,  Buk.;  Bahnhof.   Dug.-Op. 

bärbunc  m.,  Sieb.;  Werbung.  L  B.  317  (637):  Haideti 
fecioxf  la  cätane,  |  SS  mlncSm  pitä  cu  came;  |  Haide^t  feciort 
la  bärbunc,  |  Sä  minc&n  came  de  junc!  —  Nf.:  värbung, 
Stinghe,  Doc  U,  106:  strängere  aceasta  sä  nu  sä  facä  prin 
obidnuitul  pän  acum  värbung.  (Brasov  1794,)  Bei  Dame  I, 
131  auch  die  Nf.  berbun.  —  Et:  d.  Werbung  aus  der  Soldaten- 
spräche.  Zum  oben  zitierten  Soldatenliede  macht  Bärseanu 
(L  B.  350,  Note  100)  folgende  Bemerkung:  „Diese  Verse 
stammen  aus  der  Zeit,  da  die  Burschen  durch  Belustigungen 

Wolgand,  10.  Jahnsbericht.  12 


—     178    — 

und  Gellte  verlockt  wurden,  in  das  Heer  einzutreten.'^  Aus 
dieser  Sitte  hat  sich  eine  neue  Bedeutung  des  Wortes  ent- 
wickelt n&mlich:  bärbuncft  (Sain.  11,  40),  berbuncä  (Cihac  II,  12, 
Dame  I,  131),  Sieb.,  urspronglich  Werbetanz,  d.  h.  Tanz,  den 
die  Burschen  bei  der  Werbung  auff&hrten  (die  Sitte,  daß  die 
in  das  Heer  eintretenden  Burschen  Belustigungen  yeranstalten, 
hat  sich  bis  auf  den  heutigen  Tag  erhalten).  Dann:  „Bauem- 
tanz'^  überhaupt  —  Das  Wort  ist  in  dieser  Bedeutung  auch 
nach  Rum.  gedrungen:  barbunc  m.  (mun^ii  Sucevei),  eine  Art 
Tanz.  Sez.  V,  37.  (Vgl  verbuncä,  verbxmci,  verbuesc,  vor- 
boncas.) 

barhent,  -het,  Barchent  (Zeug).    Tiktin  159. 

beicher  (be^er),  Sieb.:  Kronstadt;  Bäcker.  Stinghe, 
Schkejer  81.  —  Ei:  d.  Bäcker  durch  Vermittlung  des  Ss. 

b  elf  er  m.,  Rum.;  fam.  verächtlich  von  Lehrern:  Schul- 
meister, Schulfuchs.  —  Et:  Jüdisch-deutsch  Belfer  (d.  i.  Be- 
helfer  oder  Beihelfer)  „Schuldiener,  Gehilfe  des  Lehrers". 
Tiktin  175. 

belhi^ä  f.,  Rum.;  Bilchmaus  (Pelzwerk).  —  Et:  „Vgl  d. 
Bilch".    Tiktin  175. 

befirc  n.,  pl.  -urf,  Sieb.:  Eörösch  u.  Maroschdial.;  Bezirk, 
Kreis.    Wg.  Jb.  IV,  326. 

be^trcricter  m.,  Buk.;  Bezirksrichter.    Dug.-Op. 

be^ircrictu  n.;  Buk.;  Bezirksgericht    Dug.-Op. 

bibernilm.,  Rum.;  Wiesenknopf  (Sanguisorba  muricata). 
—  Et  d.  Bibemell,  Pimpemelle.    Tiktin  183. 

bizef  n.,  Rum.;  Leberbesatz  der  Schuhe.  Säin.  Dic^.  univ. 
96:  ghete  cu  bize^ri.  —  Et  d.  Besätze. 

blaiü  n.,  Ban.;  Bleistift.  Wg.  Jb.  III,  313.  —  Nf.  plai, 
(eb.  324). 

blanc  adj.,  Rum.;  galben  blaue:  Dukaten  mit  glattem 
(nicht  gekerbtem)  Rande,  holländischer  und  älterer  öster- 
reichischer Prägung,  jetzt  aus  dem  Verkehr  verschwunden.  — 
Daher  modern:  glattrandiger,  vollwichtiger  Dukaten.  Tiktin 
198.  —  Et  d.  blank. 


—     179    — 

bleu  n^  Bau.;  Blech.  Wg.  Jb.  lU,  313.  —  N£  blek,  blef. 
—  Ei  i  Blech  >  blef  [>  *blev]  >  bleu).  (Vgl  auch  pleÄ). 
(Anm.:  bleaü,  bleav,  WaL;  bleah,  Mold.  und  deren  Derival» 
scheinen  anf  slay.,  speziell  ross.  Yennittlang  zu  beruhen. 
YgL  Tiktin  200,  Cihac  11 16,  Jb.  11  198.) 

bleyais,  BaiL;  Bleiatift  N£  plavais.  Wg.  Jb.  III  313, 
324.  —  Ei.  (L  Bleiweiß  („steht  auch  fiir  „bleistift*'  Grimm  II 
103).  (Anm.:  die  sieb.  Formen  pletvas,  plSivas,  pleYäs,  plSibas 
flAummen  aus  dem  Magy.,  nicht  aus  dem  D.  wie  Sain.  II  303 
angibt    Vgl.  Lumtzer-Melich  205.) 

bortä  f.,  Sieb.;  Borte.  Molnar  370.  Bar.  —  Dazu  das 
Dim.  borfcifS,  Viciii  49:  borti^  de  mfirgela  —  Et  d  Borte 
(TgL  ein  perlen  borten  1505.  Sprdm.  158). 

brac  m.  und  braScä  £,  Bracke  (Hundeart).  Dame  I  154. 
StisL  I  501.  —  Ei  In  bnutcä  liegt  yieDeicht  Analogie  zu  den 
fem.  Tiemamen  auf  -oaicä  vor. 

brif  n.,  Buk;  Brie£  Dug.-Op. 

broc  n.,  Sieb.:  Yälcele  Essen.  Bib.  Pp.  464:  du-te-acasä 
de  tä  broa  —  EL  YgL  ss.  änbrökn,  än-ge-bröktsel  n.  Eisch 
Wir  25;  brök  f.  (das  Weiche  des  Brotes)  Beitr.  XVII,  364. 

brofieac  n.,  pL  -^eace,  Sieb.:  Soldatenausdruck;  Brotsack. 
Munt  100  Dotne,  42  (46):  Si  'n  bro^ace  fära  pitä. 

brulinc  oder  bruUng  m.,  Sieb.;  Frischling.  Bar.,  Molnar 
380.  Clemens  271.  —  N£  burlan  (Säin.  II,  55),  burlinc  (mit 
Metathese)  und  die  Dim.:  burlincas,  -cu^  L.  B.  75.  —  Et  ss. 
brelenk,  Frischling.  Haltrich  40.  (YgL  d  brüling  m.,  porcus 
annicaluB.  Orimm  II  426.)  Das  rum.  geht  auf  eine  altss. 
Form  zurüdL  Auch  im  Althochdeutschen  gibt  es  Neben- 
formen mit  u:  friuscing,  frunseing,  fruscing,  Kluge.  Direkte 
Ableitung  von  d.  Frischling  geht  nicht  an. 

bruncru^  m.,  Sieb.;  Brunnenkresse  (Nastortium  aqua- 
ticum);  cn»  de  grädinS,  Gartenkresse  (Lepidium  hortense).  Sftin. 
U,  51.  Nl  bnmcu^,  Dame  I  159;  bruncutä,  Tiktin  220.  — 
Et  d.  Bmnnenkresse,  gesprochen  wohl  Brunnkress.  Bei  der 
Entwicklung  der  mm.  Form  kann  sowohl  progressive  Yokal- 
hannonie  (Jb.  YII 104)  als  auch  Anlehnung  an  das  rum.  Dim. 

12* 


—    180    — 

suS.  'U\j  'U^  gewirkt  haben.  Aus  brancu^  hat  sich,  wie 
man  annimmt,  durch  Anlehnung  an  brtncä  weiterhin  eine  Form 
bitncu^  entwickelt    (Tiktin,  220.) 

budincS  £,  Puding.  Bar. 

burgar  m.,  Sieb.:  um  Kronstadt;  Bezeichnung  für  den 
sachsischen  Bürger.  —  Zorca  75:  Mai  de  demult  • . .  [Vlädft- 
reniX]  yenind  spre  casft  Inc&rcaü  bufl  de  yin  noü  (must)  pentru 
cri|maril  si  burgarii  din  BrafOY.  —  EL  altss  Bwi^er  1494. 
Sprdm.  136  und  sonst  sehr  oft  (neuss.  berjr,  birjr.  Scheiner 
Ma.  173.) 

cafeiü  m.,  Sieb.;  Kaffee.  Molnar  404:  yoe|tt  sä-mi  dai 
cinste  a  bea  cu  mine  cafeitt.  —  Et  d.  Kaffee  (schriftrum. 
cafea  aus  dem  Türkischen). 

cafer  m.,  Sieb.;  Dachsparren.  Dam6  1 176.  Mohiar  372: 
„caferl  die  Gesperr.  (Vgl  auch  Munt  Mon.  59,  Fr.-C.  98).  — 
Et  SS.  käfer  m.,  Dachsparren  aus  Tannen-  oder  Fichtenholz. 
Kramer  56.  (Es  wird  von  Kiefer  abgeleitet)  Vgl.  keffer 
(Plur.).    1494.  Sprdm.  140. 

cShaU  £,  Sieb.;  Kachel;  cuptor  de  cShale,  Kachelofen. 
Bar.  —  Nf.  calfi,  pL  cÜl,  Kronstadt  (Stinghe,  Schkejer  82). 
—  cahia  f.,  n5rdL  Mold.,  Buk.;  Bauchfang,  bes.  des  Bauem- 
ofens.  Dazu  das  Dim.  cShli^  f.,  Suceava;  Stürze,  mit  der  das 
Rauchrohr  des  Ofens  bedeckt  wird,  damit  die  Wärme  nicht 
entweicht  Tiktin  256.  —  Et  d.  Kachel,  (mhd.  kachel,  kachele, 
ahd.  kachala.  Kluge  180);  ss.  k'o^cxl  Beitr.  XU  125.  Die 
ahd.  Form  wird  man  indes  schwerlich  heranziehen  dürfen. 
CShalS  beruht  vielmehr  auf  Anlehnung  an  rum.  Wörter  mit 
dem  Sufi.  -alft,  -ealS.  (VgL  auch  cahflä,  Cihac  11  37,  woraus 
cShalS).  (Daneben  kommen  auch  magy.  und  slay.  Formen  in 
Betracht    Vgl.  Cihac,  Tiktin). 

candel,  (zahSr)  co  E^andiszucker,  Zuckerkand.  —  Et  d. 
Kandelzucker.    Tiktin  275. 

canf  elist  m.,  E^anzleischreiber.  —  Et  d.  Kanzeüst  Tiktin 
277.    Molnar  394. 

capelmalstru  m.,  Kapellmeister.    Tiktin  282. 

cSprar  m.,  Sieb.,  Buk.:  Soldatenausdruck;  Korporal  SSin. 


—    181    — 

II  65.  Molnar  64.  Dug.-Op.  —  Et  d.  Eorpral,  Eapral  b  der 
Soldi&tensprache  mit  Yolksetymologischer  Anlehnung  an  caprS. 

cartof  nL,  Bmn^  Sieb.;  Erdapfel,  EartoffeL  Bar.  -^  Nf. 
fem.  -fk  nnd  -flä.    Tikidn  301. 

castin  n.,  pL  e,  Sieb.:  Hermannstadt  —  Kasten.  Dazu 
das  Dim.  cSstineL 

chelner  m.,  Rum.  Sieb.;  Kellner.  Wg.  Jb.  YII  84.  — 
I.  L.  Caragiale,  Teatru,  Ia;t  (Saraga)  U,  116:  Catindatul  (bSttnd 
in  masS):  Chelner! 

chelneri^  £^  Zimmerfrau,  -madchen  in  Hotels.  Tiktin  334. 

chiborean  m.,  Sieb.;  ,,ein  sächsischer  Bauer^.  Molnar 
48.  Ei  SS.  gabauer  m.  (mhd.  gebür,  ahd.  gibdro).  Keintzel 
NI,  48.  Vielleicht  aus  einer  alteren  Form  des  Wortes,  an 
die  das  rum.  Su£  -ean  getreten  ist:  vgl.  den  Personennamen 
Talentin  gebur  (1462 — 1484).  Sprdm.  73.  (Siehe  auch  gäburl). 

chiflä  £,  Mold.,  Sieb.;  Hörnchen,  KipfeL  —  Nf.  chiflu  n., 
pL  -fle,  Sieb.  —  Et  d.  KipfeL    Tiktin  339. 

chiflar  m.,  Sieb.;  Bäcker.  (Rum.  Ableitui^  von  chiflä). 

chinoros  ul,  Wal.;  Kienruß.  —  Mold.:  chfndros,  chlndrus. 
—  EL  d.  Kienruß.  Tiktin  341.  (Zu  den  mold.  Formen  ygl. 
auch  magj.  kindrüsz  aus  dem  D.  Lumtzer-Melich  149). 

chiryai  la  berbece,  ein  Fest  das  sowohl  die  rum.  als 
die  deutschen  Minenarbeiter  in  einigen  Ortschaften  des  sieb. 
Erzgebirges  (Sficärlmb,  Hondol,  Bfti^)  an  bestimmten  Tagen 
des  Jahres  feiern.  (Die  Beschreibung  des  Festes  siehe  bei 
Fr.-C.  S.  39  £)  —  <m!  lautet  auch  der  Ruf  der  Tanzenden  beim 
Feste  (a.  a.  0.  S.  40).  —  Von  da  scheint  sich  das  Wort  auch 
weiter  Terbreitet  zu  haben,  da  es  auch  sonst  in  Sieb,  noch 
vorkommt:  chirral  »»  Belustigung.  —  Et  d.  Kirchweih. 

cloflingar  m.,  WaL:  bes.  in  Muscel;  Landstreicher, 
Bummler,  Lump.  Wg.  Jb.  VIII,  318.  Tiktin  357.  —  N£ 
ciofligar,  cloflegar,  cloflengar,  Mold.  (Tiktin);  ciuflicar  »» 
Ohrenblaser,  Sieb.  Wg.  Jb.  IV,  332.  —  Ei  Wg.  Jb.  VIII,  318: 
scheint  „Sehuhflicker**  zu  sein.  —  Man  konnte  auch  österr. 
Schübling  heranziehen  und  an  eine  Kontamination  mit 
rom.  ciuf  ■»  struppig  oder  ctof  «»  bouffon  (Dame)  denken. 


—    182    — 

(Die  Et  von  Cihac  U,  55  und  Tiktin  scheinen  mir  un- 
haltbar). 

clayir  n.,  pL  -e,  Sieb.;  Klavier.  Bar.  Molnar  424:  ctnd 
atinge  clavirol,  atunci  umple  toate  cu  ulmire. 

cleap^ä  f.,  pL  depse.  Buk.;  Elapps  (Schlag  mit  der 
Hand),  S.  FL  Marianü,  Imnormlntarea  la  Bom&ni,  Buc  1892, 
S.  204:  de  nu-1  nimere|te  mal  capätft  o  cleapsä.  —  Ei  „Zu 
d.  Elapps''  Tiktin  374. 

dem,  Elemmholz  der  Sattler.  —  Et  d.  Klemme.  Tiktin  374. 

clenoduire  f.,  „alt'',  Dam6  I,  259.  Juwel,  Kleinod.  Dame 
fährt  folgende  zwei  Stellen  aus  Sinkai  an  ohne  nähere  An- 
gabe: A  luat  coroana  cu  toate  denoduirile,  und:  A  dat  si 
coroana  cu  toate  denoduirile  sub  tutela  lui  Frederic  lU.  — 
Et  Es  ist  yielleidit  eine  bewußte  Rumanisierung  des  d.  Kleinod. 
(YgL  aber  auch  dinoid.) 

clepsesc  v.,  Buk.;  schlagen,  einen  Klapps  geben.  S.  FL 
Marianü,  Inmormintarea  la  Rom.  S.  204:  d  trebue  sä  caute 
pe  cd  ce  la  depsit  Part  clepsit,  1)  geschlagen,  geohrfeigt; 
2)  beschränkt,  blöde  (a.  a.  0.,  Fußnote).  —  Et  Rum.  Ableitung 
von  deap|ä,  w.  s. 

clichinä  oder  clechie  f.,  Sieb.:  Bistritz;  Jacke  der  Bauern. 
—  Nf.  clichin  n.,  dass.,  in  der  Umgebung  yon  Hermannstadt; 
cUcin,  Vlädem  bei  Kronstadt,  Zorca  77:  Feste  acestea  aveaü 
alt  minecar  de  pänura  alb&,  numit  dupä  säseste  dicin  (die 
alte  Tracht).  —  Et  ss.  klid  oder  kl^d  H  Kleid)  (Keintzd 
HL,  35)  +  Dim.-su£El  -chen;  klid-chen  mußte  dichin  er- 
geben. Für  d,  t  +  dien  tritt  ss.  auch  t§  ein  z.  B.  m^tsn 
(Mädchen).  Vgl.  Scheiner  Ma.  §  32,  1;  auf  diese  Weise  er- 
klärt sich  clidn  aus  *klitsn;  dechie  beruht  auf  kled-chen  mit 
Substitnierung  der  rum.  Fem.-endung. 

clinoid  n.,  in  einem  Volkslied  aus  Brosteni,  jud.  Suceara 
in  Rum.  Familia  XXXVII,  211:  I-a  trimis  un  dinoid  |  Sä  se 
läse  de  lubit.  Die  Bedeutung  scheint  „Edelstein,  Kleinod^  zu 
sein.  —  Et  d.  Kleinod  (vgL  auch  die  Note  des  Au&eidmecs); 
sieb,  kleynodt  1493.  Archiv  des  Vereins  f&r  sieb.  Landes- 
kunde, N.  F.  XXIX,  315. 


—    183    — 

eliompfär  m.,  Ban.  Klempner.    Wg.  Jb.  UI,  318. 

clo^  n.,  Sieb.;  Klotz,  Holzklotz.  Molnar  56.  Hierher 
gebort  vielleicht  auch:  do\  n.  (Prahova)  chevillette  (retenue 
par  une  courroie  ou  une  chalnette,  et  qui  sert  ä  relier  le 
timon  du  chariot  avec  le  joog).  Dam^  I,  263.  —  St  ss.  k^löts. 
Beitr.  XII,  131. 

clo^riü  m.,  Sieb.;  Schindelmacher.  Molnar  397.  —  Et 
zum  vorigen. 

clac8&  f.,  Sieb.;  Falle,  Mausefalle.  Molnar  99.  —  In 
Hermannstadt  habe  ich  die  Form  closcft  (mit  Metathese)  ge- 
hört —  Et  SS.  klux  f.,  eiserne  Mause-,  Hatten-,  Fuchs-  u.  dgL 
FaUe.    Haltrich  16. 

coastän  aber  coastin  n.,  Sieb.:  Kronstadt;  1)  Kasten, 
2)  der  Tisch  der  Epitropen  in  der  Kirche.  Convorbiri  literare 
XXXVI,  555:  apoi  merge  la  cftldarea  cu  apS  mai  cfttre  altar 
Inainte  In  bisericä»  tot  in  dreapta  pe  podisor  llngft  coastin.  — 
Et  SS.  k9stn.  Kisch  NW,  80.    (Vgl  auch  castin.) 

cobärä  f.,  Sieb.:  Seliste;  Kutschverschlag.  Wg.  Jb. 
IV,  328.  —  Et  ss.  kober  m.,  Dach  des  Wagens.  Keintzel 
NJ  62. 

coh,  Sieb.  Erzgeb.:  Bergmannsausdruck;  Hüttenwerk 
(„uzinä'',  Fr.-C,  41).  —  Et  vom  A  Kochofen.  (Vgl  aber  auch 
magy.  koh,  Schmelzofen  aus  dem  D.  Lumtzer-Melich,  151.) 

comis  n.,  Ban.  Sieb.:  Soldatenausdruck;  Kommißbrod. 
Hodos  Pp.  227  (597):  Diminea^  cind  mä  scol  |  lo  mlnc  co- 
misul  tot  goL  (C&vftran  im  Ban.)  —  Et  offenbar  aus  einer 
Abkürzung  „Kommiß"  für  K-brot  in  der  Soldatensprache. 

cop  n.,  pL  -uri;  Sieb.:  Umgebung  von  Hermannstadt;  ein 
längliches  Hohlmaß  aus  Holz,  Metall  oder  Ton.  Munt  Mon. 
145:  duclndu-le  drept  cinste  clte  un  cop  de  vin.  —  Et  ss. 
k6p,  m.,  Kanne,  ein  langes  irdenes  Gefäß  (=  Kopf).  Kramer 
70  f;  köp  m.,  hölzerne  Wasserkanne.    Haltrich  87. 

corfä  £,  Sieb.;  Korb.  Bar.  L.  B.  139.  Dame  I,  290.  — 
Et  Ich  halte  es  fur«»ss.  k'o^rf.  Beitr.  XII,  132.  Dafür  spricht 
auch  die  geringe  Verbreitung  des  Wortes,  das  in  Rum.  un- 
bekannt zu  sein  scheint    Jedenfalls  kann  es  aus  lautlichen 


—    184    - 

Ghranden  nicht  zu  lat  oorbis  gestellt  werden,  wie  Körting 
(Wb.  S.  221)  tut 

corfar  m.,  Korbflechter.  Bar. 

corfiV&  £9  Körbchen.  L  B.  Dam6.   Bar. 

cotofleanfi  (kotofI^nt8)m.,  Ban.;  Spottname  der  Deutschen. 
Wg.  Jb.  m,  318.  —  S.  Mangiuca  erzählt  (ygL  HEM  3183), 
daß  die  Kinder  auf  den  Dörfern  den  Deutschen  spottweise 
nachrufen:  Neamfi!  Neamf!  Goto-Freanfi!,  wozu  Wg.  die  Be- 
merkung macht,  daß  das  Wort  von  M.  falsch  zitiert  sei.  — 
Et.  d.  Kartoffelpflanze  (ygL  Wg.  a.  a.  0.). 

cozondrac  n.,  pL  -I  (-ile)  (Dame  I,  294)  (nach  S&in.  U, 
108:  cozondractm.  pL);  Bum.;  Hosenträger.  —  Nf.  cozondroc. 
Dame.  —  Et.  d.  Hosenträger. 

creitiar  m.,  Sieb.,  Ban.,  BuL;  Kreuzer.  —  Nf.  cretar, 
cri^ar  (Wg.  Jb.  HI,  319);  gritar  (Dame  II,  84).  —  Foaia  Popo- 
ruiui  IX,  42:  Si  la  mine  !n  serpar  |  Eü  sä  n'am  nict  un 
crei^.  Hodos  Pp.  220  (577):  Ci-s  tocmai  sase  cre^rl  — 
Et.  d.  Kreuzer,  vgl.  auch  ss.  krejzer  (Haltrich  56).  Doch  ist 
die  Ableitung  von  magy.  krajczar  ebenso  berechtigt,  fnr  die 
Formen  graitsg,  kraitsar  (Wg.  Jb.  VI,  76)  sogar  ausschließlich. 

crigftl  n.,  pL  -e,  KL  Wal.;  Wirtshausausdruck;  Krfigel, 
Krug.  Wg.  Jb.  VII,  84.  —  Auch  in  Sieb,  vereinzelt  und  auch 
in  der  Form  criglä;  so  auch  in  der  Buk.  (Dug.-Op.). 

crihin  m.,  Sieb.;  „Krichenbeere".  Bar.  (hier  crichin  ge- 
schrieben). —  Et.  SS.  kraichen  pL  £,  die  Krieche,  prunus  in- 
sititia,  eine  runde,  wilde  Pflaume;  krachen  in  Hermannstadt 
(Kramer  71).  Die  rum.  Form  muß  auf  eine  ältere  ss  zurück- 
gehen. 

croapänä  f.,  Sieb.:  Kronstadt;  Krapfen.  —  Ei  ss.  kr&p 
f.,  pL  kräpen.  Haltrich  104.  Die  rum.  Form  ist  aus  dem  Plur. 
entstanden. 

crontaler  m.  (<»  14  lei),  altes  Geldstück.  (Vgl  A.  Stefii- 
lescu,  Incercare  asupra  istoriei  Tlrgu-Jiulul,  Buc  1899.  S.XIV.) 
—  Et  d,  Krontaler. 

crump  m.,  Ban.:  Caras-Severin  (Viciü  28),  Topolove^I, 
Lugoj  (Wg.  Jb.  m,  319);  Kartoffel.  —  crumpänä  f.  Bar.  Sieb.; 


—    185    — 

(dTunpenft?  L.  B.,  149).  —  crampir  m^  Ban.  (Dreptatea  1894, 
passim).  —  SÜn.  11,  112  ffthrt  ein  cmmpirft  £  an.  —  Et:  d. 
Gnindbixne,  S8.  krompim  pL  f.  Haltrich  74. 

cufär  n^  pL  -e;  Bmn.,  Sieb.,  Buk.;  Koffer.  Sftin.  U,  113. 
DQg.-Op.  —  Et  d.  Koffer,  „Kuffer''.    Molnar  373. 

don^  n.,  pL  -^ri,  Sieb.;  „das  Ausgelaufene  vom  Brot''. 
L.  B.  195.  Brotranft  Säin.  II,  133.  —  In  Hermannstadt  habe 
ich  auch  die  Form  dof  gehört  —  Et  ss.  dözen  m.,  Auswuchs 
am  Brot,  der  beim  Backen  im  Ofen  sich  bildet    Haltrich  10. 

dril,  Rum.;  Drillich.  —  Et  d.  ~,  vgl  Sftin.  II,  135. 

drucar  m.,  imprimeur.  (Oaster,  Oloss.  426.)  Eb.  78:  tarä 
fiind  om  In^lept,  si  desSvlrsit  cärturar  bun,  fu  ales  de  fu  maf 
mare  drucar  (AP^V^ap)  ce  s&  zic(e)  fii  dascal,  si  mal  mare 
prespre  tinariü  (I  L  tip-)  unde  sä  tipärea  cfir^e.  (Evstratie 
biT  logofet,  PraTilft  aleasS  1632;  Epilog).  —  Et  Das  sonst 
nirgends  belegte  Wort  muß  wohl  auf  d.  Drucker  zurfickgehen. 

egzi^ir  oder  igzi^  n.,  Ban.,  Sieb.:  Soldatenausdruck;  das 
Exerzieren,  die  Exerzierung.  Hodo;  Pp.  227  (597):  Mä  scoate 
la  egzi^.  Pop.  Rom.  57:  Si  lunea  la  igzi^r.  Aus  der  BuL 
teilt  mir  Herr  Dug.-Op.  die  Formen:  ji^riü,  jiftrcä  mit 

erd&pane  f.,  pL,  Sieb.:  Valea  Jiulut  (Viciü  30).  (Ungewiß, 
ob  erd-  oder  ferd-  zu  lesen);  Kartoffeln.  —  Et  ss.  ierdäpel 
pL  UL,  Haltrich  72,  mit  dem  rum.  Suff.  -anfi. 

faer  n.,  (volkstumL)  Verweis,  a  da  cuiva  un  es»,  jem.  aus- 
schelten. SSin.  n,  147.  I-a  tras  un  fEier,  il  lui  a  donne  un 
saTon.  Dame  H,  8.  (In  Sieb,  ist  das  Wort  meines  Wissens 
unbekannt)  —  Et  nach  Sfiin.  d.  Feuer. 

fatn,  adj.,  in  Sieb.  u.  im  Ban.  allg.  verbreitet  (Wg. 
Jb.  III,  315);  auch  in  Rum.  bekannt  (Säm.  H,  147),  for  Suceava 
belegt  (Sez.  II,  24).  —  Bedeutung  und  Gebrauch  sind  mannig- 
fach: hübsch,  gut,  schön  etc.  Die  eigentl.  Bedeut  „fein"  ist 
selten,  Molnar  410:  unde  sä  gSseaste  hirtie  fatuft  holandizascä. 
Eb.  419:  trSsurile  obrazulul  et  ceale  üalne.  —  Et  d.  fein. 

fälcerm.,Sieb.:  K5r5sch-u.MaroschdiaL;  Arzt  (Feldscher). 
Wg.  Jb.  IV,  327.  —  Et  far  Sieb,  deutsch  (f&r  die  Mold.  mag 
die  Ableitung  Yom  Russ.  richtig  sein,  Jb.  II,  203). 


—     186    — 

fäl^uesc  0.,  Bum.;  fialzen,  die  Papierbogen  zusammen- 
legen. Säin.  I,  501,  U,  148.  —  Dame  II,  10  f&hrt  außerdem 
noch  an:  föl^uiala,  fal^nire  und  fU^t. 

f  arbS  £,  Bau.;  Farbe.  („Dies  ist  das  gewöhnliche  Wort, 
manchmal  auch  £ats9  ^  demselben  Sinne  gebraucht^.)  Wg. 
Jb.  m,  315. 

fä§cu^  f.,  Mold.;  Faßchen.  Sfiin.  U,  149.  —  Et  ygl. 
&8ken  1562.    SprdnL224. 

ferdelfi  oder  (mit  Metathese)  feldera  f.,  Sieb.;  1)  das 
Viertel  (altes  Getreidemaß),  2)  ein  bei  SchafSkonomen  ge- 
bräuchliches Wollmaß,  3)  Abteilung,  Nachbarschaft  in  einer 
Gemeinde.  (Bar.,  Transilyania  'XTYTTj  242.)  —  Bei  Molnar  91: 
feardelft,  das  Viertel  zum  Messen.  (Bei  Säin.  II,  154  falsch 
betont  ferdelft.)  —  lorga.  Säte  289:  2  ferdele  de  gräü;  eb.  290: 
ferdele  de  mazäre  (Sieb,  um  1764).  —  Fr.-C,  225:  Vas  da 
mul^  galbeni  pe  el,  |  Galbenii  cu  chivära,  |  Talerii  cu  ferdela 
(aus  Ponor,  sieb.  Erzgeb.).  —  Zur  Bedeutung  3,  vgl  Muni 
Mon.  145:  Fecioril  din  sat  se  impär^ü  tn  trei  ferdele,  (aus 
einer  Beschreibung  des  alten  Brauches  „bSgatul  cu  jui^ii^).  — 
Et.  vgl.  SS.  fyrdel,  Hermannstadt  XV.  Jhdt.  Sprdm.  96.  Be- 
deutung 3,  erklart  sich  aus  der  Einteilung  des  Dorfes  in  vier 
Teüe. 

fester  m.,  Buk.;  Förster.    Dug.-Op. 

filSr  m.,  Sieb.:  Soldatenausdruck;  Zugsfahrer,  Sergeant 
—  Bib.  Pp.  458:  si  cu  ochii  tot  la  filär.  —  Et  d.  Führer 
(mit  Dissimilation  des  ersten  r). 

finic  m.,  Sieb.;  Pfennig,  Heller,  vgl.  die  Redensart  aus 
BlsnoY:  cu'n  finic  tot  calic  (I.  Cristea,  Proverbe).  —  Ei  d. 
Pfennig  vermittelt  durch  das  Ss.,  vgl  fennik,  1485  (Hermann- 
städter  Schneiderzunftbuch),  fennyck,  1536.    Sprdm.  96,  201. 

fispont  n.,  pL  -uri,  Sieb.:  Bergmannsausdruck;  fixer 
Punkt  beim  Messen.    Fr.-C.  42.  —  Et  d.  Fixpunki 

flanelS  f.,  Rum.,  Sieb.;  Flanell.  Dame  II,  28.  In  Sieh 
auch  flanel  m.  —  Zorca  78:  androace  f&axxte  din  fianeL 

flajnetä  f..  Flaschnett;  —  -ar  m.,  Flaschnettenspieler. 
Sftin.  II,  155. 


—    187    — 

fleandnrä  £,  Sieb.,  Bum.;  1)  Lumpen,  Fefczen,  Lappen. 
L.  B.  (2)  Dirne,  Dam6).  —  Nf.  fleand&rS,  Polysu.  —  Dazu  das 
Adj.  flenduios,  zerlumpt»  zerfetzt  —  Ei  vgl  ss.  flinder  flander, 
ganz  zerfetzt  (SaehsiBch  Begen).  Hattrich  29.  An  eine  Ent- 
lehnung aus  dem  Czechischen  darf  nicht  gedacht  werden,  wie 
Cihac  n,  109  will  (Die  übrigen  slav.  Formen,  die  Cihac  an- 
fahrt, haben  nur  die  Bedeutung  2,  die  dem  L.  B.  gänzlich 
unbekannt  ist) 

flefer  ul,  Sieb.;  Fleischer.  Bei  Molnar  395:  flegear.  — 
Besonders  in  Hennannstadt  und  Umgebung  ist  das  Wort  sehr 
gebrauchlich.  Li  H.  wird  z.  B.  die  sog.  „Fleischergasse**  von 
den  rum.  Bauern  ulifa  fle^erilor  genannt  —  Fleier  kommt 
auch  als  Pemonenname  Yor.  —  Et  ss.  fitöer,  Eisch  NW,  47. 
Vgl.  auch  Flescher  gassen,  Herm.  1462.    SprduL  72. 

fle;erie  f.,  Fleischbank.    (Bum.  Ableitung  von  flefer.) 

floaftftr  n.,  Ban.,  Sieb.;  Pflaster  (der  Straße).  Wg.  Jb.  IV, 
327.  —  Eb.  IX,  12:  i^  tot  o  dat  ku  i^l  dz«  flpStgr  i^  dz^ 
p^fets  (Lipova).  —  Davon  abgeleitet:  flostorar  m.,  Gnrarlului; 
Pflasterer.  Munt  Mon.  128.  —  Li  einem  Yolksliede  finde  ich 
aach  das  Part  flostärit  =«  gepflastert,  das  zu  einem  Verb, 
flostäresc  gehören  muß.  Pop.  Rom.  49:  Drumu-i  lung  §i 
fiostärit— Et  d.  Pflaster.  Vgl  auch  ss.  flu^st'r.  Beitr.  XU,  125. 

flos  n.;  Sieb.:  YSlcele;  Flachs  zum  Spinnen.  Bib.  Pp. 
462:  sfi-r  dea  tatärsäü  ;i  flos.  —  Et  d.  Floß  (Bib.  a.  a.  0.), 
YgL  auch  Floßgam  für  Flachsgam. 

forand,  am  «v»,  Ban.;  ich  habe  die  Vorhand,  das  Vor- 
recht   Wg.  Jb.  m,  315. 

foremet  n.,  Ban.:  Caransebe^ ;  Vorhemd.  Wg.  Jb.  III,  315. 

forgatm.,  Sieb.:  Soldatenausdruck;  Vergatterung,  Trom- 
petenzeichen zum  Versammeln  der  Soldaten.  Bib.  Pp.  460: 
Clnd  de  ziuft  s'o  cräpat  |  cu  forgatu  o  räsuflat  —  Et  offenbar 
eine  Yerstömmelung  des  Wortes  „Vergatterung*'. 

forman  nou,  Buk.;  Fuhrmann.  Dug.-Op.  —  Die  Form 
firman.  Buk.,  stammt  ans  dem  Ruth,  oder  direkt  aus  dem 
Jftd.-Deutschen. 

forpost  n.,  pL  -uri,  Ban«:  Soldatenausdruck;  Vorposten- 


—     188    — 

Hodo|  Pp.  209  (546):  La  forposturl  ne  punea  |  ^i  de  moarte 
ne  gftiea  (Caransebei). 

f Osten  IL,  pL  -e,  Sieb.:  Ghirartulül;  PfostexL  Munt  Mon.59. 

fosmatstru  m^  Buk;  Forstmeister.    Dug.-Op. 

fo|ter,  m.,  Buk;  Vorsteher.    Dug.*Op. 

f  otragä  £,  sieb.  Erzgeb.:  Bergmannsausdruck;  ein  dickes 
ausgehöhltes  Stfick  Holz,  mit  dem  das  Gestein  fortgeschafil 
wird.  Fr.-C.  42.  —  Ei  Wahrscheinlich  geht  es  auf  d.  fort- 
tragen oder  ein  davon  gebildetes  Subst  zurück 

fraht  n.,  pl.  -uri,  Rum.,  Sieb.;  Frachtbrief  (Dame  II,  36) 
(nach  Säin.  II,  159  Fracht). 

franko z  m.,  Sieb.;  Franzose.  Molnar  388.  Bar.  —  Dazu 
das  Adj.  firan^zesc  und  Adr.  franjioze^,  franzosisch.  —  Liuba- 
lana  13:  Insemnarea  pentru  (ca  sä  se  |tie)  ci^  feciori  aü  luat 
In  catane  (clnd  aü  fost  bätaie)  la  Fran^z  (1785).  lorga,  Ist 
lit  rom.,  337:  Inttmplftrile  rfizboiulut  Fran^zilor  etc.  (Titel 
eines  Buches  von  1814,  Buda). 

fru|tuc  n.,  pl.  -uri,  Sieb.,  Ban.;  Frühstück  Molnar  404: 
Eü  IncS  n  am  luat  astazi  fru|tuc  (gustare).  —  Wg.  Jb.  III, 
301  (LIX):  atuns  umpgrpts^sa  mi-S  dz^8ߧ,  kjnd  fruätoka 
adusħ.  —  Nf.  fruftiuc,  Buk.,  Dug.-Op.;  flu|tuc,  Rum.:  MusceL 
R&d.-Cod.  32.  —  Ei  für  Sieb,  und  Muscel  ss.  früstuck,  Haltrick 
202.  Vgl.  auch  Frustuk  (Stadthannenrechnung  1604).  lorga, 
Soc.  Bras.,  10.  —  Für  Ban.  und  Buk.  diaL  Formen  des  d. 
Frühstück.    (Vgl.  auch  magy.  frustuk.    Lumtzer-Melich  107). 

fru^tucuesc  y.,  Ban.;  frühstücken.  Wg.  Jb.  UI,  316. 
(Rum.  Ableit  vom  vor.;  ygL  aber  auch  magy.  frustukolm.) 

furament  n.,  Sieb.:  Kronstadt;  Stickerei  aus  Goldfaden 
und  Seide,  die  zur  Verzierung  der  Brust  an  Mädchenhemden 
dient  (Vgl.  Stinghe,  Schkejer  S.  7).  —  Et.  wahrscheinlich 
aus  einer  ss.  Form  des  d.  Vorhemd. 

gäbur  m.,  Sieb.:  Ejronstadt;  Bezeichnung  für  den  säch- 
sischen Bauern.  —  Et.  ss.  gebauer.  Eeintzel  NX,  48.  Vgl 
auch  den  Personennamen:  gebur  (1462—84).  Sprdm.  73. 
(Siehe  auch  chiborean!). 

gang  n.,  pl.  -uri   (wohl  fast  gemeinrum.)   1)  Gelände^ 


—    189    — 

gang,  2)  Toreingang,  3)  Eizgrabe.  Dame  11,  54,  Sftin.  U,  165. 
Bar.  —  Et  CQiac  leitet  es  vom  Slav.  ab  (U,  114).  Ich  halte 
es  fSr  eine  direkte  Entlehnung  aus  dem  D.  oder  Ss. 

gaplS £,  sieb.  Erzgeb.: Bergmannsansdrack;  Goppel  Fr.-C. 
42.  —  Ei  d.  Gapel,  Gappel  ^  Goppel  Grimm  lY,  I,  1,  Sp. 
1311. 1  ghenerarifi,  siehe  ghinftrarl 

gheroc  n^  pl  -urf,  Gehrock.  Tribuna  XVIII,  S.  ?:  Poetul 
era  ImbrScat  cu  nn  gheroc  long,  negm  |i  yechiü  (PSun,  Bolin- 
tineanu). 

ghe;eft  n.,  pl  -ori,  Rum.  o.  Sieb,  in  Schrift-  und  (Tm- 
gangssprache  (im  Volke  selbst  kaum  bekannt);  unlauteres 
Geschäft  Dame  II,  65:  bonne  a£Paire,  gain  illidte,  plur.  tripo- 
tfl^es.  —  Et  d.  Geschäft. 

gheseftar  m.,  einer,  der  überall  seinen  materiellen  Vor- 
teil sucht,  Spekulant  —  M.  Eminescu,  Culegere  de  articole, 
Bua  1891,  S.  86:  Dac&  tn  adeyftr  |ara  n  ar  fi  compusft  de  ctt 
.  .  .  din  ghef  eftarit. 

ghejeftSrie  f.,  unlauteres  (unehrenhaftes)  Geschäft.  — - 
Tribuna  XIX,  Nr.  22:  de  aicl  ajungerea  la  rlpS  a  ghe^eftärülor. 

ghift  m.,  Sieb.:  Poiana;  Gicht  Wg.  Jb.  IV,  327.  —  Nf. 
grift»  Ourartului.  Munt  Mon.  143  (mit  rätselhaftem  r).  —  Et 
d.  Gicht 

ghil(  n.,  Sieb.:  Glopotiva;  Filz;  pÜärie  de  ghil^  Filzhut 
Vidü  32.  —  Et  d.  Filz  wahrschein,  durch  Vermittlung  des  Ss. 

ghinSrar  m.,  Sieb.:  aus  der  Soldatensprache;  General  — 
Nf.:  Stinghe,  Doc.  I,  155:  comendir  ghenSralful;  eb.  157:  ghe- 
neralul  comendant;  eb.  162:  ghinäraliul  und  ghinftrariul  neben 
einander  (1733).  Später  wird  die  Fonn  auf  -ar  die  ausschließ- 
liche. Molnar  64  und  L.  B.  237  haben  ghenerariü.  —  Pop. 
Rom.  49:  Sä  se  'n^e  ghinärarit 

ghips  n.,  pl  -ux¥,  Sieb.;  Gyps.  Dazu  das  adj.  ghipsos, 
gjpsartig  SS  hältig.    Bar. 

ghiric  n.,  Buk.;  Gericht    Dug.-Op. 

ghiscan  n.,  Ban.:  Seeland;  Gießkanne.    Wg.  Jb.  IV,  327. 

glaje  oder  glajä  £,  pl  gläjt  (in  Sieb,  wohl  allg.  ver- 
breitet); 1)  Glas  (im  allg.);  2)  Flasche;  3)  Trinkglas  (Clemens 


—     190    — 

392;  Wg.  Jb.  VI,  76).  —  (Vgl.  femer  Molnar  377;  L.  B.  238; 
Wg.  Jb.  IV,  324  etc.)  —  Fr..C.  262:  Ileana  Costtnteana  locu- 
este  Intr'  on  munte  de  glaji  unde  om  pSmtntean  nu  poafce  sä 
calce  (Ribi^a,  sieb.  Erzgeb.)  Eb.:  on  mtiiite  tSt  de  glajä. 
I.  Popu-Reteganul,  Chiuituri  (ed.  2),  Gherla  1897,  S.  50  (144): 
Grismäri^  lele  dragS,  |  Adä-mi  vinu  n  glaje  neagr&  (De  pe 
Somes).  —  Et.  d.  Glas  aus  dem  Ss.;  vgL  Sprdm.  171:  glas 
1520  (modern  ss.  glu^dz,  gldbz.    Beitr.  XU,  125). 

gläjer  m.,  Sieb.;  Glaser,  Glashändler,  Bar.;  bei  Molnar 
395:  gläjariü.  —  Es  sind  meist  Leute  aus  dem  Volk,  die, 
ihren  Glaskram  auf  dem  Rücken,  durch  die  Straßen  adehen 
und  sich  durch  lautes  Rufen  zum  Ausbessem  der  Fenster- 
scheiben anbieten.  —  Gläjer  kommt  auch  als  Personenname 
vor.  —  Ei  mm.  Ableit.  von  glaje  (vgl.  auch  Sprdm.  172: 
Glaser  1520). 

glSjeri  oder  glSj&ri,  a  se  v.  refl.,  Sieb.;  einen  gläsernen 
Glanz  bekonmien. 

glSjerie  oder  glSjSrie  f.,  Sieb.;  1)  Glashütte;  2)  Glas- 
handlung, Glasmagazin.  Bar.  Wg.  Jb.  VI,  76:  „sehr  ver- 
breitet". —  GlSjärie  ist  auch  der  Name  dreier  mm.  Dörfer 
in  Sieb.,  in  denen  Glashütten  sind. 

glSji^,  gläjuta  f.,  Dim.  von  glaje,  Sieb.;  bei  Bar.: 
n Gläschen*',  mir  nur  in  der  Bedeutung  Fläschchen  bekannt 
Foaia  Popomlui  X,  145  (Nr.  13):  SS-^i  daü  gurä  din  gläjut$  | 
Sä  sti  cä  ^-am  fost  drägu^S  (Somfaläü). 

*glan^  n.,  Sieb.,  (Rum.?);' (Stiefel-)Glanz.  Säin.  II,  171; 
bei  Dame  II,  71:  eclat,  brillant,  lustre,  poli;  piele  de  glan^ 
cuir  vemis.  —  Et.  Cihac  (II,  121)  leitet  es  vom  Slav.  ab  (poln. 
glanc).  In  Sieb,  mindestens  stammt  es  direkt  aus  dem  D., 
vielleicht  aus  der  Soldatensprache. 

glän^uesc  V.,  Sieb.;  glätten,  wichsen.  Molnar  261.  (Rum. 
Ableit.  vom  vor.) 

glid  n.,  glidä  £,  Sieb.  Soldatenausdmck;  Reihe,  GHed.  — 
Nf.  gled9,  Ban.  Wg.  Jb.  III,  316.  —  Pop.  Rom.  73:  Clnd  ese 
in  glid  afarä  |  Cäpitanu-1  viziteazä.  —  I.  B.  306  (613):  Strigä 
Neam^  lar  la  et:  |  Sta^i  in  loc  copni  miei!  |  Sta^i  in  glidä 


—    191    — 

com  y'am  pus.  —  Wg.  Jb.  III,  298  (LIX):  i^fts;  (scL  kgtanil^) 
gledj  I§  £98^  (Bamna,  Ban.). 

gociman,  gacttnan  oder  go^an  m.  (die  erste  Form  in 
Kronstadt  bei  den  Schkejem  gebraachlieh,  die  zweite  ans 
OrSstie,  die  dritte  aus  Clmpuliing  belegt);  Kirchenvater,  dem 
die  Sorge  f&r  das  Vermögen  der  Kirche  anvertraut  ist.  —  In 
alten  Akten  der  Kirche  des  heü.  Nikolaus  zu  Kronstadt  überaus 
häufig,  z.  R  Stinghe,  Ist  Beserecel  Scheilor,  Bras.  1899,  S.  18: 
Intraiastä  vreme  fiind  goSmani  la  a^asta  sf.  beserecä  PStru 
Marda  si  Yäsu  Nem^,  si  fiind  toate  ale  sfintei  bes6rect  pe 
sema  acestor  doi  goömani  etc.  (1.  Hälfte  des  18.  Jhdts.)  — 
lorga,  Säte  285:  puind  si  sco^d  guclmanil;  eb.  305:  si  goci- 
manü  eine  1-aü  pusü  nu  §tim  (Or&stie  um  1764).  —  lorga, 
Studii  I — n,  274  (IV):  si  uncheasul  Gaspar  go^an  (Clmpu- 
lung  1630);  eb.  280  (XIV):  leu  lacob  gozmanu  (mit  deutschem 
z  sa  ts)  (Clmp.  1679).  —  Die  Et.  scheint  mir  durch  die  letzteren 
Bel^e  insbesondere,  die  Akten  aus  dem  Archiv  des  ehem. 
kakh.  Klosters  in  Gimp,  entnommen  sind,  sichergestellt,  nämlich 
d.  Oottsmann.  Das  sieb,  gociman  erklärt  sich  offenbar  durch 
die  breitere  Aussprache  des  s  im  Ss.  (Vgl.  auch  ss.  ts  >•  tä. 
Scheiner^  Ma.  §  31,  2).  (Magy.  göcsmäny,  nur  im  Krönst.  Com., 
mag  ebaafiills  dem  Ss.  oder  Rum.  entlehnt  sein.  Lumtzer- 
Melich  116.) 

goglistat  n.,  Kronstadt;  Kegelbahn.  Stinghe,  Schkejer 
82.  —  Ei  d  Kugelstatt  f.  Grimm  V,  2545.  Vgl  auch  die 
N£  von  Kugel:  Kogel  (a.  a.  0.  2534).  Das  anlautende  k  ist 
im  Bum.  zum  folg.  g  assimiliert 

granatir  m.,  Sieb.;  „ein  Ghunadier  oder  Granatier".  L. 
B.  242. 

grinspan  n.,  Sieb.;  Grünspan.  Clemens  287.  —  Ei  d. 
00,  wahrscheinlich  durch  Vermittlung  des  Ss.  (Die  Form 
crifpanto,  L.  B.  148,  ist  durch  magy.  krispan,  Lumtzer-Melich 
119,  vermittelt) 

gris  n.,  Sieb.;  Griess.  Munt  Mon.  11:  E  si  0  moarä  de 
sltS  (de  ales  f äina  si  grisul). 

grofi^  f.,  Sieb.;  Groschen.    (Vgl  Dame  II,  86).  —  LB. 


—    192    — 

Gloss.  116:  autrefois  trois  kreuzen  d'Autaiclie.  I.  B.  404  (156): 
Merglnd  seara  pe  uli^  |  Ma  'nttlnii  c  'o  oopiIi|ä  |  Cerui  gara 
de-o  groji^  —  Fr.-C.  114:  acnm  tacx  cä  eü  am  pus  grosi^; 
Tom  yedea  ce  va  da  legea;  Redensart  aus  dem  sieb.  Eizgeb.; 
sie  bedeutet  etwa:  „nun  soll  das  Gesetz  zwischen  uns  beiden 
entscheiden."  Die  Redensart  stammt  aus  einem  alten  Brauche 
der  Oerichtsbarkeit  in  den  ruuL  Gemeinden.  Der  Anklager 
hatte  nämlich  an  den  Gerichtsdiener  (jurat  de  uli^,  gomic), 
der  den  Angeklagten  vor  Gericht  lud,  einen  Ghnoscfaen  als 
Taxe  zu  entrichten,  welchen  ihm  im  Falle  einer  Aussöhnung 
der  Angeklagte  zurückerstatten  mußte.  (Fr.-C.  114.)  Darauf 
scheint  auch  folg.  Ba.  zurückzugehen,  die  E.  Cristea  (Proverbe, 
Sibiiü  1901)  aus  Hermannstadt  mitteilt:  A  pus  grosi^  (oa  sa 
YorbeascS).  —  Et.  d.  Groschen  aus  dem  Ss.,  vgl  Sprdnu  194: 
grosschen  1536,  +  rum.  Dim.-suff.  -i^ 

grund  n.,  Grund£aj:be,  Säin.,  Dic^  univ.  367:  grund  pentni 
trSsuri. 

hac  oder  hiac  n.,  pl.  -uii,  Sieb.;  Beisig,  Reiser,  abge- 
hauene Baumäste.  L.  B.  251.  Bei  Dam6  U,  92:  heacuri  s. 
n.  pl.  dass.  —  Ei  zu  d.  Hackholz,  vgl  ss.  hak^n  (hacken). 
Beitr.Xn,  126. 

halbäf.,  Sieb.,  Rum.:  Wirtshausausdruck;  Halbe,  halbes 
Maß  (Bier).  Säin.  II,  178.  Wg.  Jb.  VH,  82;  'albg  (KL-WaL). 
Libertatea  I,  7:  Bäete,  o  halbä.  (Caragiale,  Momente.)  (Siehe 
auch  hoalbä!). 

haltä  f.,  Sieb.;  Haltestelle,  Station  (auf  der  Eisenbahn). 
Tribuna  XYIE,  Nr.  208:  In  ziua  de  18  L  c,  diminea^  la  8 
ore,  se  afla  trenul  la  halta  Besimbav. 

haptac,  Sieb.,Ban.:  Soldatenausdruck:  „Habt  Acht!"*  ein 
Eonunando  im  osterr.  Heer,  (entspricht  dem  reichsd.  „Still- 
gestanden'').   Hodo§  Pp.  227  (597):  Dederä-mi  un  comänac 
Si  mä  puserä  haptac  (Cäväran).  —  (Zur  Et.  vgL  auch  magj. 
habtak  dass.  Lumtzer-Melich  128.) 

ha^f  n..  Buk.;  Heizofen.    Dug.-Op. 

heler  m..  Buk.;  Heller.    Dug.-Op. 

herberg  n.,  Ban.;  Herberge,  in  der  die  stellesuohenden 


-     193    — 

Handwerksbarschen  sich  zusammenfinden  und  woher  die 
Meister  sich  die  Gesellen  holen.  Pop.-Bän.  88.  Eb.  35:  se 
rftttci  si  nnmai  tirzifi  ajnnse  la  herberg. 

herincä  oder  hirincä  f.,  Sieb.;  Häring.    Bar. 

hingher  oder  hengher  m.,  Sieb.,  Wal.;  1)  altrum.  Henker. 
Dame  U,  103;  in  einem  hs.  Wb.,  das  um  1600^30  von  einem 
GroßwaL  verfaßt  sein  solL  (Hasdeü,  Cuvente  den  bätruni,  I, 
284.)  —  2)  Schinder.  —  Nf.  henghir  (Mold.),  Dame,  hegher 
(Gbisdeu  a.  a.  0.),  engher  (Sieb.).  Cihac  II,  506.  —  Convorbiri 
literare  XXXVI,  61:  —  De  capu-^i,  potae!  0  sä  te  däm  la 
hingheri.  —  Et.:  ss  hoengör  m.,  in  Sachs.  Regen,  1)  Henker, 
2)  Abdecker.  Eeintzel  NI  57;  —  Henker,  Schinder  (Schelt- 
wort), Lumtzer-Melich  134.  (Daneben  käme  noch  niagy.  henger, 
Sciuurfirichter,  Galgenstrick  etc.  in  Betracht,  das  auch  aus  dem 
Ss.  entlehnt  ist  und  nur  in  Sieb,  vorkommt.    (L.-M.  a.  a.  0.) 

hingheresc  t.,  Sieb.;  „schinden  (Menschen)''.  Molnar  298. 

hoalbä  f.,  Ban.;  Flasche.  —  Nf.:  olbä  (Custeli).  Wg. 
Jb.  111,  323;  holbä.  —  Tribuna  Poporului,  1901,  Nr.  29:  Vinu-i 
tare,  hoalba-i  mare,  |  Birtä^i^a  birtas  n'are.  Eb.  Nr.  28:  Ca 
cina  mi-o  fost  In  casS,  |  Si  hoalba  de  vin  pe  masa.  (Räcä^dia, 
comit  Caras-Severin.)  Hodos  Cb.  53  (68):  Si  tu  numeri  hol- 
bele.  —  Et  d.  Halbe. 

Hon^  m.,  Hans,  typischer  Name  f&r  den  Sieb.  Sachsen 
in  der  rum.  Volkslitt  Siebenbürgens.  Interessant  ist  folg. 
SpotUiedchen,  das  die  rum.  Aussprache  des  Sieb.  Sachsen 
nachahmt,  L  B.  472  (360):  Ghite  Honfi  cu  sisme  mari,  |  Toate 
hoafe  |i  tilhan;  |  Chite  vomini  de  pudure,  |  Toate  vomenile 
bune!  —  Sex.  Til.,  Snoave,  Brasov  1897,  S.  1:  Hon^  Isi  aco- 
peri  plesuTia  capuIuT  cu  o  pälärie  de  cele  nem^sti.  —  Et. 
SS.  Honnes;  H&nnes;  Honz  (Michelsberg),  Haltrich  51,  52,  54. 

hubi^  f.,  Sieb.:  Soldatenausdruck;  Haubitze.  —  Bib.  Pp. 
460:  Clnd  a  dat  cu  hubita  |  flicea  drum  ca  uli^.  —  Bari^ü, 
Ist  Trans.  H,  507:  hobi^  dass.  —  Ei  d.  Haubitze,  Hubitze 
(YgL  Bib.  Pp.  461). 

lagär  m.,  Sieb.,  Buk.:  Soldatenausdruck;  Jäger.  Dug.-Op.  — 
Et.  karfaL-ostr.jager  (vgl  auch  magy.  Jäger).  Lumtzer-Melich  142. 

W  6  ig  and,  10.  Jahresbericht.  13 


—     194    — 

luncär  m.,  Junker,  Kadett    Dame  ü,  238.  Bar. 

iz&nban  n.,  Eisenbahn^  in  einem  Volksliede  aus  Heren- 
desia  im  Ban.,  Hodos  Pp.  135  (320):  De  ne-ar  ;ti  maica 
divanu  |  Ne-am  duce  ca  iz&nbanu. 

je^  oder  ji^  n.,  pL  -uri,  Sieb.,  WaL,  Mold.;  1)  Lehnstuhl, 
Armsessel,  Thron.  2)  gepolsterter  Wagensitz.  Bar.,  Dame  IL 
245.  Wg.  Jb.  VUI,  311.  —  Nf.  si^  Bar.;  si^  Lugoj  im  Ban., 
Kutschbock,  Sitz.  Wg.  Jb.  III,  326;  zi^,  Sieb.,  TgL  Pop  Pov. 
216:  dar  Fat  frumos  de  mult  era  In  zit  de  ctnd  punea  cocisnl 
hamurile  pe  cai.  —  Vgl.  auch  jä^ü  =  fauteuil,  Hasdeu,  Guy. 
den  bätruni  I,  286.  —  Gaster  II,  130:  si  supt  dtnsul  era  un 
jä^iü  mare  de  aur  curat  (1783).  —  Et  d.  Sitz,  TgL  auch  ss 
säts  f.,  gepolsterter  Wi^ensitz.  Kisch  NW  129.  —  Ob  auch 
die  Formen  jil^,  jel^  (Cihac  11,  159)  hierher  gehören,  kaui 
ich  nicht  entscheiden.  Hasdeu  (a.  a.  0.)  erklärt  das  1  einfach 
durch  Epenthese.  Cihac  leitet  das  Wort  vom  Slav.  ab,  wobei 
man  indes  auf  unüberwindliche  lautliche  Schwierigkeiten  stoßt 

je^uesc  y.,  Ausdruck  der  Buchdruckerei:  setzen.  SSb. 
I,  501;  n,  319.    Dame  11,  245. 

joagär  n.,  pL  -e  oder  -i;  Sieb.;  Sägemühle.  Bar.,  Munt 
Mon.  54,  55  etc.;  —  joagär  n.,  Muscel;  „große  Säge,  mit  Hilfe 
deren  die  Baumstämme  zu  Brettern  zersägt  werden;  zwei 
Menschen  sägen  damit  ^  Räd.-Cod.  44.  —  jogar  n.,  6orj; 
scierie  m6canique  (mise  par  une  chute  d'eau).  Dam£  11,  248. 
—  giogar  n.,  Prahova;  scie  pour  debiter  des  troncs  d'arbres, 
scie  ä  deux.  Dame  11,  70.  —  Et  Ich  leite  das  Wort  von 
einer  altss.  Form  sag  oder  sog,  Säge  ab.  In  einer  Hermann* 
Städter  Stadthannenrechnung  vom  Jahre  1528  heißt  es:  per- 
cepta  ex  mola  Walachorum  circa  sag;  —  Bobes  molitor 
paravit  unum  noum  gestel  ad  molam  sog  [sie];  —  Bobes 
molitor  circa  sag  parauit  eyn  new  wasser  reedth  ad  molam 
sag  pro  fl.  2.  —  Sthr.  von  1534:  In  kwmen  von  der  millen 
baj  der  sagen.  (VgL  Das  älteste  Hermannstädter  Kirchenbuch^ 
herausgeg.  von  G.  Seiwert,  Herm.  1874,  S.  388.)  VgL  auch 
Sprdm.  139:  Sager  1494  (öfters).  Noch  heute  wird  eine  Gasse 
in  Herm.  die  Saggasse  genannt 


—     195    — 

jogäreanm.,  Sieb.;  der  Säger,  S^emühlenbesitzer.  Bar. 
YgL  Munt.  Mon.  3:  strada  logärean  in  Gurarlulut  —  Nf. 
jogärariü.  Laur.-Mass.  336. 

lac  n^  Sieb.;  Firniß,  Lack.  Bar.;  auch  schon  bei  Molnar 
422:  lacul  sa  fie  pre  dinsul  In  fa^  granatulm. 

lachirnesc  t.,  Sieb.;  lackieren,  mit  Lack,  Firniß  über- 
ziehen.  Bar. 

lagär  n.,  pL  -e,  Sieb.,  Ban.  (Rom.);  Li^er.  Bar.,  Sün. 
I,  500,  n,  222.  —  Nf.  loagär,  Molnar  416.  —  Häufig  in 
Soldatenliedern,  z.  B.  Pop  Rom.  76:  Plumbii  in  lagär  pica. 
<j.  Cätanä,  Poyestile  Bänatului,  Gherla  1893,  II,  30:  Locul 
acesta  ar  fi  bun  de  un  lagär  pentru  cätanele  noastre.  —  Fr.-C. 
302:  Pe  drumul  Clujului  |  Mergea  oastea  lancului  |  Incärcatä 
de  bucate  |  Duc  la  loagär  de  mlncate.  —  £i  für  Sieb,  und 
Ban.  d.  Lager  aus  der  Soldatensprache.  In  Bum.  kann  es 
auch  aus  dem  Buss.  stammen.    (Vgl.  Gihac  II,  163). 

lalbär  (vereinzelt  auch  laiber  geschrieben)  n.,  pL  -bare 
oder  -bere;  Sieb.,  Ban.,  Buk.;  Leibel,  Jacke,  ein  westenartiges 
Kleidungsstück  der  Weiber  oder  Männer,  gewöhnlich  aus 
schwarzem  oder  blauem,  bisweilen  auch  aus  weißem  Tuch,  oft 
auch  mit  Sammt  und  Stickereien  verziert  —  Schon  bei  Molnar 
407:  lalbär  (pieptariü)  si  nadragi  imi  lipsesc,  Weste  und  Hosen 
geben  mir  ab.  —  Vgl  auch  Moldovan,  S.  56,  67,  69,  129.  Wg. 
Jb.  III,  320.  —  Fr.-C.  35:  mo^  cu  ^ndra  lui  scurtä  si  alba, 
ca  lafberul  (giletca)  de  postay  vlnäi  —  Häufig  in  Volksliedern 
z.  B.  L  B.  213  (451):  L^bär  subtirel  r-a;  coase  |  Tot  cu  fir 
si  cu  mätase.  Eb.  426  (211):  cä  s-a  mea  drägu^  vine  |  Cu 
lafbär  si  cu  pieptar  |  Cu  pieptar  cu  buzunar.  —  Pop  Rom.  26: 
Cä  fetele-s  toate  doamne,  |  Poartä  laibär  de  bari|oane.  —  Das 
Wort  hat  sich  aus  Sieb,  auch  nach  Musoel  verbreitet  aber 
mit  etwas  yeränderter  Bedeutung:  Bäd.-Cod.  45:  laibär  (oder 
läbir^t),  ein  schlecht  gearbeitetes  nicht  anpassendes  Kleid.  — 
In  der  Mold.  hat  es  nach  Dame  II,  257  die  Bedeutung: 
houppelande  (des  juifs).  —  Et  für  Sieb.  ss.  leibel  n.,  die  Weste, 
das  Wamms.  Kramer  80;  Haltrich  100.  Für  das  Ban.  d. 
LeibeL    Die  Bedeutung  in  Muscel  erklärt  sich  vielleicht  da- 

13' 


—    196    — 

durch,  daß  man  es  mit  l&bir^t,  läche^  flasque  etc.  (Cüiac  11, 
162)  in  Verbindung  brachte. 

laibärac  n.,  Sieb.,  Kl.  WaL  (Gorj);  Leiber,  Spenzer.  Wg. 
Jb.  VII,  85.  (Die  Bedeutung  ist  dieselbe  wie  bei  laibfir). 
I.  B.  74  (164):  Zis-a  maica  cS  mi-a  &ce  |  ün  pieptar  s-un 
lubärac  |  Si  m  'a  da  dupä  diaa  —  Et  Es  ist,  wie  schon 
lamik  (Gloss.  153)  ansetzt,  eine  rum.  Ableitung  von  laibar 
mit  Dim.-sufP.  -ac.  Es  ist  kein  Grund  Torhanden  und  wider- 
spricht auch  der  Bedeutung  des  Wortes,  eine  Ei  aus  d.  „Leib- 
rock" anzunehmen,  wie  S.  Pnscariü  (Jb.  VIII,  118)  tut,  wahr- 
scheinlich verleitet  durch  S&in.,  der  dasselbe  fälschlicherweise 
mit  „Leibrock"  übersetzt 

läibSrel  n.,  Hermannstadt  und  Umgebung;  Dim.  von 
laibär;  Bedeut  dies. 

läib&ricä  f.,  Dim.  von  laibSr;  Bedeut.  dies.  Vgl.  Zorca 
78:  Feste  camasä  poarta  si  femeile  läibarica. 

laintoc  n.,  Ban.;  Leintuch  Wg.  Jb.  HI,  320. 

la^  oder  leat  m.  und  n.,  pl.  «i,  -uri;  Sieb.,  Ban.,  Mold., 
WaL;  Latte,  Dachsparren.  Bar.  Dame  11^  263.  Rad.-God.  45 
(Muscel).  L.  B.  346.  Molnar  56.  —  lorga,  Doc  Bistr.  I,  52 
(67):  sk  cumpere  noj^dzeci  de  mii  de  cue  de  sindile  si  de 
lea^ure.  (1634).  £b.  U,  15  (188):  Deci  noi  cumpkrkm  . .  .  miia 
de  cue  de  lea^ri  ckte  doi  florin^  —  Pop.-Bän.:  orf  le  aca^ 
in  cuiele  primblelor  si  la^ilor  giur  de  giur.  —  Pr.-C.  61:  Ce! 
diu  Albac  fac  sclnduri,  laturi.  —  Et  ss.  laz  f.,  die  Latte, 
Krämer  79;  latsnu^l  m.,  großer  schmiedeeiserner  Nagel, 
Eeintzel  NI  64.  —  VgL  auch  Sprdm.  140:  Item  vor  laczen; 
lacznegel  (öfters)  1494.  In  Sieb,  und  der  Mold.  liegt  direkte 
Entlehnung  aus  dem  Ss.  vor,  hier,  wie  auch  die  Belegstellen 
beweisen,  durch  den  Handelsverkehr  mit  Bistntz  vermittelt. 
Nach  Muscel  und  dem  Ban.  wird  es  wohl  aus  Sieb,  gelangt 
sein.  (VgL  auch  magy.  lec  =  bair.  letz  Lumtzer-Melich  168. 
Cihacs  Ableitung  vom  poln.  klr.  lata  ist  nur  für  die  Formen 
lata  und  vielleicht  noch  lea^  berechtigt) 

la^esc  V.,  Sieb.;  Muscel;  latten,  belatten.  S&in.  U,  224, 
L.  B.  346,  Räd.-Cod.  46.  —  Bei  Molnar  275:  le^^esc. 


—    197    — 

läfuitor,  Muscel,  eine  Art  Bohrer,  mit  welchem  die 
Latten  (la^  durchgebohrt  werden.    BSd.-Cod.  46. 

lecär  n.,  pL  -cäre,  Sieb.;  Jacke  der  Banem,  meist  aus 
sdiwarzem,  blauem  oder  braunem  Tuch.  Das  Wort  ist  in 
der  Umgebung  von  Hermannstadt»  besonders  in  BS^inari  ge- 
bräuchlich. Die  Form  lekgr  hörte  ich  von  einem  Bauern  aus 
QfagudiiL  —  Nf.  lecru,  Alba.  lulia,  Moldovan  374;  im  sieb. 
Ei^eb.,  YgL  Fr.-C.  247:  ayem  un  lecru  (vesta)  pe  care  daca-1 
Imbraci,  nu  te  mai  yede  nimeni  (Criscior).  —  Et  ss  rekal 
(röckel)  n.,  Männeijacke  aus  Wolle.  Kisch  NW  124:  rekdl 
ergab  auch  nun.  recäl  (siehe  dort!),  aus  welchem  durch  Meta- 
these lecär  entstand. 

legman  m.,  in  einem  sieb.  Soldatenlied,  I.  B.  300  (600): 
Clnd  b&tea  ceasul  la  zece  . . .  |  Nici  un  legman  nu  mS  ntrece! 
S.  349  (N.  92)  wird  es  als  „Lieutenant*^  erklärt  —  Et  unklar. 

letiü  m.,  1)  der  Ton,  Letten;  2)  ein  langsamer,  tr^er 
Kerl.  Dazu  das  Adj.  letios,  tonig,  tonartig,  lettig.  L.  B.  361. 
—  Et  d.  Letten  =  Lehm.    Kluge  238. 

lot  HL,  Sieb.;  das  Lot    Bar. 

loz  n.,  pL  -uri,  Sieb.;  das  Lotterielos.    Bar. 

lozincäf.,  Losung.  Dam^II,  289.  —  Et  Es  geht  offen- 
bar auf  d.  Losung  zurück  und  entstammt  vielleicht  der  Soldaten- 
sprache.    Doch  macht  die  Erklärung  des  i  Schwierigkeiten. 

luft,  Ban.:  Remete;  Luft,  Klima.    Wg.  Jb.  III,  320. 

luminat,  Buk.;  Limonade;  Dug.-Op.  —  Et  d.  mit  yolks- 
etym.  Anlehnung  an  luminat 

lurbär  m.,  Sieb.;  Lorbeerbaum,  Lorbeer.  Bar.  —  Nf. 
liurbär,  L.  B.  356;  lorbär  Hermannstadt;  liurben,  L.  B.  —  Et 
88  lurberböm  m.,  der  Flieder,  Kramer  83;  Ilrberböm  dass. 
Haltrich  74. 

maghistrat  n.,  pL  -uri;  Sieb.;  Magistrat,  Stadtrat  Molnar 
52.  Clemens  76.  —  Stinghe,  Doc.  II,  48:  vom  fi  sili^i  pnn 
sUiTitul  maghistrat  a  face  (Sibii  1791).  —  Et  d.  Magistrat  in 
den  Sachs.  Städten  Siebs. 

maier,  Sieb.;  1)  masc.:  Gutsbesitzer,  Meirer.  L.  B.  368, 
Clemens  331,  Wg.  Jb.  IV,  329.     2)  neutr.,   pL  -e  oder  -i; 


—     198    — 

Meiergut,  Meierei,  Meierhof.  Bar.  Der  Plur.  von  2,  maiere 
oder  maieri  dient  zur  Bezeichnung  der  rum.  Vorstädte  in  den 
sfichs.  Städten  Siebenbürgens.  Vgl.  lorga.  Säte  290:  loan  din 
M[a]erile  Sibiiului  (um  1764).  Auch  in  Bälgrad  (Alba-Iulia) 
heißt  eine  rum.  Vorstadt  so.  Tgl.  Moldovan  371 ;  lorga,  Stndii 
IV,  66  (62):  Dat-am  lui  Die  tabacul  din  Maeri  12  galbini 
(BSlflrrad  1698).  —  Et  d.  Meier.  Kluge  253.  Vgl  Sprdm.  157: 
Meierhof  1505. 

mäierean  m.,  Sieb.;  der  Meier.  Bar.  Bezeichnung  Ar 
die  rum.  Vorstadtbewohner,  meist  Landwirte,  in  sächs.  Städten. 
VgL  Moldavan  117.  —  (Et.  maier  +  ean.) 

mäiereanä  oder  mäieri^  f.,  Sieb.;  die  Meierin.  Bar. 
(Fem.  zum  vor.) 

mäieri|te  f.,  Sieb.:  Ciucea;  sieb.  Erzgeb.;  Gut.  Wg.  Jb. 
IV,  329,  Fr.-C.  102.  —  (Et  maier  +  iste.) 

maior  m.,  Sieb.,  Ban.;  Soldatenausdruck;  Major.  Hodos 
Cc.  33  (64):  Frunzä  verde  dej  mohoru  |  Bäte,  Doamne,  pe 
maioru,  |  Pe  maioru  din  Lugoj. 

maistär  m.,  maistru  m.,  Sieb.,  Ban.;  Meister,  Handwerker. 
Pop.-Bän.  40:  ti  spuse  ca  maistärul  e  piine  de  om.  Eb.:  lar 
maistrul  Dinu  pleca  multumit  —  I.  Pop.  Reteganul,  Trandafiri 
si  Viorele  17:  Mäi  maistere,  mäistarel.  —  Et  d.  Meister,  eine 
neuere  Entlehnung  neben  mester. 

manegre  pl.  oder  manebre  oder  manegura  f.,  Sieb.,  Buk.; 
Soldatenausdruck;  Manöver.  (Dug.-Op.)  —  Et  d.  mit  volks- 
etynL  Anlehnung  an  negre  und  negurä. 

marcä  f.,  Marke,  Postmarke  (marca  postalä).  Dame  III, 
23.  —  Et  in  dieser  Bedeutung  offenbar  d.  Marke.  VgL  Säin. 
II,  241. 

matra^  f.,  Sieb.;  Haarbett,  Matratze.  Bar.  Bei  Molnar 
374:  madra^uL 

matroz  m.,  Sieb.;  Matrose.    Bar. 

mester  m.,  gemeinrum.;  Bedeutung:  altrum.:  Handwerker, 
Meister,  auch:  Schopf  er,  neurum.:  der  geschickte  Gewerbsmann; 
als  Adj.  geschickt  (VgL  Mändrescu  172.)  Das  Wort  taucht 
schon  in  sehr  alten  rum.  Urkunden  auf,  z.  B.  lorga,  Doc.  Bistr. 


—     199    — 

I,  62  (83):  ce  am  in^les  de  oamenii  demital[e]  cum  acolo  la 
damneaToastrk  simt  mejteri  buni  (1638).  £b.  75  (100):  ne 
aflj^dn-sk  mesteri  buni  la  noi  In  ^rä,  ca  sk  poatk  lucra  bine 
la  usi  si  ]li  ferestri  |i  la  bolte,  cum  stim  ck  lucrüadzk  me|terii 
dnmileTostre  etc.  Die  rum.  Fürsten  verlangen  überaus  häufig 
Handwerker  von  den  Stadträten  in  Bistritz  und  Kronstadt  — 
Etb  Durch  den  erwähnten  sachlichen  Grund  wird  die  Annahme 
einer  Entlehnung  aus  dem  Ss.  sehr  wahrscheinlich.  Sie  stößt 
auch  auf  keine  lautlichen  Schwierigkeiten.  In  alten  sieb. 
Zunftbüchem  und  -artikeln  findet  sich  bis  gegen  Ende  des 
XY.  Jhdts.  ausschließlich  die  Form  „mester",  deren  s  ohne 
Zweifel  mehr  breite  Aussprache  hatte.  1487  finde  ich  zum 
erstenmale  Mayster  neben  mester  (Sprdm.  109).  Um  die 
Bfifete  des  XYI.  Jhdts.  beginnt  die  Form  mit  ei  ausschließlich 
zu  werden.  (Vgl  Sprdm.)  —  Cihac  II,  104  leitet  es  vom  Slav. 
ab,  Mandrescu  171  vom  Magy.  Lautlich  ist  es  möglich,  sach- 
lich jedoch  nicht  wahrscheinlich.  Doch  kann  die  Entlehnung 
auch  zu  verschiedenen  Zeiten  und  aus  verschiedenen  Sprachen 
stattgefunden  haben. 

me^  m.,  Ban.;  ein  Hohlmaß  =  56  Liter.  (Vgl.  Convorbiri 
literare,  XXXV,  839.)  —  Et.  d.  Metze;  im  Oberdeut  masc. 
Kluge  256. 

mifcä  £,  Buk.:  Soldat^nausdruck;  Mütze.    Dug.-Op. 

moldä  f ,  Sieb.,  Kl.-Wal.;  Mulde,  Trog.  Bar.  Wg.  Jb. 
VII,  85. 

moldä  f.,  pl.  -zi,  Sieb.;  „das  Malter".  Molnar  87.  —  Et. 
d.  Malter,  wahrschein,  aus  dem  Ss. 

musträ  f.,  Sieb.;  1)  Form,  Muster,  ModeU.  2)  Musterung 
(Soldatenausdruck);  in  sieb.  Soldatenliedern  häufig,  z.  B.  Pop 
Rom.  51:  Sä  väd  plugurile  arlnd,  |  Pe  badea  mustia  faclnd. 
—  LB.  312  (624):  Sä  väz  frunza  cum  se'  ngustä  |  Si  pe  badea 
8C06  la  musträ.  —  Et  zu  1,  d.  Muster;  zu  2,  d.  Musterung, 
Mustern  aus  der  Militarsprache.  (Über  die  Form  mu|trä  vgl. 
Bfandrescu  91  f.;  Jb.  II,  205.) 

mustruesc  v.,  Sieb.:  Soldatenausdruck;  exerzieren, 
mustern.    Bar. 


—    200    — 

nit  n.,  pL  -uri,  die  Niete.  Dame  III,  129.  —  Davon  ab- 
geleitet nitaesc  v.,  nieten,  yemieten;  nituire  £,  nituit  n.,  die 
Vemietang.    (Eb.) 

oberster  m.,  Sieb.;  Soldatenansdruck;  Obersft  Stinghe, 
Doc.  II,  70:  Tatä  si  tuturor  ghinärarilor  si  obersterilor  |i  la 
toate  alte  tiston  sä  poranoeste  (1792).  —  Modem  kommt  eine 
Form  obl|ter  vor.  —  Et.  Oberst,  Oberster.  (Vgl.  auch  magj. 
öbester.) 

oblu  m.,  Sieb.,  Ban.  (Rmn.?);  HobeL  Bar.  Liuba-Iana  121. 
Dame  III,  140.  —  Et.  d.  Hobel,  ss.  hobel,  Kisch  NW  70,  viel- 
leicht mit  Anlehnmig  an  mm.  oblu  =>  eben,  gerade. 

oblesc  V.  hobeln.    Sfiin.  ü.  274. 

obsit  (obstt)  oder  opsit  n.,  pl.  -uri,  Sieb.,  Buk.;  Abschied, 
Urlaub.'  L.  B.  456.  Dug.-Op.  Dam^  UI,  142.  —  N£  hopsit 
L.  B.  —  Et.:  d.  Abschied  aus  der  Soldatensprache.  (Vgl.  auch 
magy.  obsit,  opsit  dass.  Lumtzer-Melich  186.) 

obsitar  (h)opsitar  m.,  Sieb.:  Soldatensprache;  ausge- 
dienter, verabschiedeter  Soldat.  —  Pop  Pov.  36:  latä  cä-X  vine 
inainte  un  opsitar  bätrln  |i-i  zice.  —  Et.  obsit  +  ar  (vgl  ss. 
obäitär  aus  dem  Rum.  entlehnt.    Kisch  NW  HO). 

ofi^ir  m.,Sieb.,  Ban.:  Soldatenausdruck;  0£Gzier.  —  Hodos 
Cc,  49  (105):  Ofi^uii  merg  ctntlnd,  |  Cätanile  merg  plingtnd. 

olandä  £,  Rum.;  (feine)  Leinwand.  Säin.  II,  278.  —  Et 
nach  S.  d.,  wahrscheinL  mit  Holland  zusammenhängend. 

ondroc,  siehe  androc! 

opsas  n.,  Mold.;  Stiefelabsatz.  I.  Creangfi,  Op.  compL  V 
si  VI,  35:  colbul  adunat  pe  opsasul  incalfiärii.  —  Ei  d.  Absatz. 

ort  m.,  altrum.  allg.;  1)  der  vierte  Teil  einer  Münze. 
2)  als  Maß:  der  vierte  TeU  von  100  —  25  Stück  (Vgl.  SäiiL 
II,  281  £  Cihac  II,  230.)  —  lorga,  Doc  Bistr.  II,  96  (355): 
2  or^  skrmk  (Ende  des  17.  Jhdts.).  —  Modem  rum.  kommt 
es  in  der  Bed.  1,  nur  noch  in  Redensarten  vor,  wie:  a  da  ortul 
popei  («»  sterben).  Für  die  Bed.  2,  gibt  Cihac  (U,  230)  als 
Bsp.:  un  ort  de  raci.  —  Et.  d.  Ort  „ein  Maß"  aus  mhd.  ort 
„vierte  Teil  von  Maß,  Gewicht,  Münze"".  Kluge  276.  In  ss. 
Rechnungen  überaus  häufig,  vgl.  6.  Seiwert,  Zwei  Rechnungs- 


—    201     — 

fragm.  £b.  S.  419  die  Bemerkang:  „es  bat  sich  aber  auf- 
fiülenderweise  diese  Benennung  nur  bei  Krebsen  und  Frosch- 
schenkehi  erhalten,  welche  heute  noch  auf  dem  Markte  in 
flennannstadt  mit  dem  Ort,  ä  25  Stück,  verkauft  werden. 
(Vgl  auch  magy.  ort,  dass.  und  egj  ort  rak.  Lumtzer-Melich 
187£) 

paradais  n^  pl.  -e  (nach  Dam6  (III,  183)  m.);  Sieb.,  Ban., 
KL  WaL;  Tomate,  Paradeis.  Säin.  U,  289.  Wg.  Jb.  m,  323. 
—  Ei  d.  diaL  Paradeis;  ss.  paredeisapel  m.,  der  Liebesapfel. 
Kramer  100. 

parizer,  Pariserwurst,  Convorbiri  lii  XXXVI,  63:  Asa 
Cräciun  bogat  de  mult  nu  ySzuserä:  suncS,  parizer,  cartabo;, 
parcel  fiript,  vin  ro|u. 

paur  oder  paure  (paure)  m.,  Ban.;  Bauer.  Wg.  Jb.  UI, 
323.  (Nach  Dam^  III 198:  ouvrier  agricole  habitant  dans  les 
villes.)  Ich  erinnere  mich  auch  die  Form  paor  gelesen  zu 
haben.  —-  DaTon  abgeleitet  paorat,  Lipoya,  Landbau.  Wg. 
Jb.  IV,  330. 

päträntas  m.,  Sieb.:  Soldatenausdruck;  Patrontasche.  — 
N£:  patronta^;  Buk.;  Dug.-Op.  Sfim.  I,  500;  p&tronta;,  p&trin- 
taj.  L  B.  349  (N.  93).  —  Pop  Rom.  42:  Fi^i  feciori  cu  voie 
bimä,  I  C&  'mpäratul  ne  cununft,  |  Pätränta^  |  Ne-a  fi  näna;.  — 
L  B.  303  (607):  Pu;ca  ;i  ofelele  |  Alea-mi  mlncä  zilele;  |  Pä- 
trontasu  mijlocul  |  Si  vi^lu  tot  trupuL 

patrulä  f.,  Sieb.;  (Soldatensprache);  Patrouille.  SSin. 
11,293. 

paucft  £,  (Säin.  11,  294),  pauce  s.  f.  pL  (Dame  III,  197), 
MoR;  Pauke. 

petersil,  Ban.:  Pecfca;  Petersilie.    Wg.  Jb.  IV,  330. 

picsä,  Ban.:  Garansebes;  Buchse.    Wg.  Jb.  III,  323. 

pinc&l  n.,  Sieb.;  Bezeichnung  fOr  den  Zwerchsack  der 
fremden  Wanderburschen  (vändrälä!).  Pop  Poy.  214.  £b. 
31:  lar  Alexandru  Cenu|otca  se  &cu  un  yandraläü  cu  pincÜu 
in  spate.  —  Et.  d.-5str.  pinkL  (vgl.  auch  magy.  pinkli.  Lumtzer- 
Melich  202). 

plrgar  m.,  Sieb.,  Mold.,  Wal.;   1)  der  Ortsgeschworene, 


—    202    — 

Gemeinderat  (altrum.);  ein  Amt  in  der  früheren  Verwaltung 
der  nun.  Gemeinden  auf  dem  genannten  Gebiete.  An  der 
Spitze  der  Gemeinde  stand  der  Richter,  der  in  der  Mold. 
soltaz,  in  der  Wal.  jude^  im  südL  Sieb,  jnde  genannt  wurde. 
Diesem  zur  Seite  standen  die  pfrgari,  deren  Anzahl  nach  der 
Verschiedenheit  der  Gemeinden  geschwankt  zu  haben  scheint, 
in  der  Mold.  z.  B.  zwischen  6  und  12  (vgl.  Mftndrescu  183). 
In  Sieb,  war  ihre  Zahl  auch  geringer.  (Vgl  lorga,  Säte  119  £) 
—  Das  Wort  kommt  bereits  in  den  ältesten  Urkunden  sehr 
häufig  Tor,  z.  B.  A.  Stefulescu,  Incercare  asupra  istoriei  Tlrgu- 
Jiului,  Buc.  1899,  S.  38:  si  denaintea  jude^alui  cu  12  p'krgari 
(1591).  —  lorga,  Doc.  Bistr.  I,  2  (4):  Scriem  inchin;Rciune  si 
mult^  skn^tate  Domnului  Budachi  lanksu,  birkul  de  cetatia 
Bist[r]ifeet,  si  prkgarilor  si  prkcklabulai  si  la  tot  svatul  dorn- 
nitale  (1594—95).  —  Eb.  4  (7)  Soltuz  si  12  prkgari  scris-am 
la  Bistrif[k]:  etc.  —  In  der  Bedeut.  „Bürger*'  konunt  es  in 
der  Bibelübersetzung  von  1648,  Kap.  21,  V.  39  vor:  eu  santü 
ömü  jidoYÜ  tarsenü  päigariu  a  ünui  örasü  nu  mitiatelü.  — 
2)  neurum.  bedeutet  plrgar  „Gerichtsdiener".  Vgl.  Munt  Mon. 
90.  Die  alte  Bedeutung  hat  sich  nur  noch  in  Volksbräuchen 
erhalten,  z.  B.  in  Gurartului,  im  alten  Brauch  „bägatul  cu 
junii",  vgl.  Munt  Mon.  145,  wo  neben  den  plrgari  auch  plr- 
gärese  genannt  werden.  —  Et.  altss.  purger  (neben  burger), 
dass.,  ygL  Sprdm.  94:  geschwom  purger  (Hermannstadt  1481), 
auch  sonst  sehr  oft  belegt:  eb.  95:  Den  Fursichtigen  Ersamen 
ynnd  Hochwejsen  Herren,  dem  Richter  vnnd  geschworen 
purgem  der  Statt  zw  Cronn  etc.  (Aufschrift  eines  Briefes  yon 
1481).  (Man  vgl.  damit  Zitat  2).  —  In  Hermannstädter  Ur- 
kunden Yom  Ende  des  16.  Jhdts.  erscheinen  die  pirgari  Ton 
Siliste  geradezu  als  „Burger*',  während  der  Jude  gleichfalb 
als  „Sude"  bezeichnet  wird.  (lorga,  Säte  119,  122  Note.) 
Denmach  scheint  die  Et.  vom  Ss.  gesichert  (Vgl.  dagegen 
Mändrescu  (183),  der  es  Yom  magy.  polgär  ableitet) 

plat  n.,  Ban.;  Platz.  Wg.  Jb.  III,  324.  Vgl.  auch  Liuba- 
lana  3:  cx>,  loc  d^casa,  der  ganze  eingefriedete  Umkreis  oder 
Platz  eines  Hauses. 


-     203     — 

plencher  m.,  in  sieb.  Soldatenliedern;  Flankier.  —  Pop 
Rom.  93:  La  mijlocul  padurii  |  ünde  eraü  plencherit,  |  Plen- 
chen de-ai  Praisului  |  Ca  copacii  codmlm. 

plett  n.,  Sieb.;  Blech.  Bar.  —  Nf.:  plech,  Bar.;  —  plef, 
pL  -an,  L  B.  572;  —  plev  n.;  Suc[eava],  vas  de  fer  blanc 
pour  boire  de  Teau.  Dame  HI,  231.  —  Ei  d.  Blech,  vgl  auch 
SS.  ble;ti  Böitr.  XII,  128.    (Vgl.  auch  bleu!) 

pleuar  m.,  Sieb.;  Blecharbeiter. 

pocäräX  f.,  pl.,  Naschwerk,  Leckerbissen  (friandises,  Dame 
II,  236).  Dam6  zitiert  folg.  SteUe  wahrscheinl.  aus  einem 
Volksmärchen  ohne  nähere  Angabe:  ImpäratuI  t-a  pregStit  de 
cale  pocärfti  si  pläcinte.  (In  Hermannstadt  erinnere  ich  mich 
ein  bficärae,  pl.  -äi  gehört  zu  haben.)  —  Ei  d.  Backerei. 

pocompos  n.,  Ban.;  WafFenpaß.    Wg.  Jb.  III,  324. 

ponTon  n.,  Ban.:  Gravida  montanä;  Bahnwagen.  Wg. 
Jb.  m,  324. 

por^on  n.,  Sieb.;  Soldatenausdruck;  Portion.  —  1000 
Doihe  240:  Mie  o  i^  de  vin,  |  Tie  un  por^on  de  fin. 

potrocol  n.,  pl.  -oale,  Sieb.,  Buk.;  Protokoll  (Dug.-Op.) 

—  Et.  d.  aus  der  Soldatensprache. 

Prats  m.,  in  sieb.  Soldatenliedern;  Preuße;  auch  Buk. 
1  Dug.-Op.)  —  Pop  Rom.  79:  Co  puscä  de-a  Praisului  |  Plätea 
opt  de-a  Neam^ului. 

prezentir,  in  sieb,  und  ban.  Soldatenliedern;  das  Präsen- 
tieren des  Gewehrs,  die  Gewehrgriffe.  Hodos  Pp.  227  (597): 
Mä  SGoate  la  egzi^ir  |  Si  mä  'nvata  prezentir. 

priciü  n.,  Sieb.:  Soldatenausdruck;  die  Pritsche.  Bar. 
Pop.Bom.73:NutrebemaXmulterele  |  Cape  priciü  legat  in  fiere! 

prin^  m.,  Prinz;  Pop.  Pov.  33:  luminate  prin^ule.  Cosbuc, 
Balade  si  Idile,  Buc.  1897,  S.  17:  Un  prin^  frumos  si  tinerel. 

-  (Zor*Ei  vgl.  auch  S&in.  II,  319). 

probesc  r.,  Ban.;  probieren,  versuchen,  die  Probe  machen. 
Wg.  Jb.  III,  325.  —  Eb.  277  (5):  sg  probim  noi,  fratsg,  kafe 
poknim  m§i  taf^  ku  bisu  (Bosneac). 

pumpä  f.,  Sieb.,  Buk.;  Pumpe.  Bar.  Dug.-Op.;  ftntina 
ca  pumpS,  Pumpbrunnen. 


—    204    — 

pund  oder  punt  iil,  Sieb.;  das  Pfund.  Bar.  —  Iot^l, 
Stmdil  IV,  60  (56):  si  am  luat  pun^  13,  puntul  c&te  banß]  50. 
(Bra|ov  1667).  —  Ei  Es  muß  auf  eine  Form  mit  anlaut  p 
zurückgehen;  ss.  heißt  es  nun  aber  fce^t*  (Beitr.  XU,  140) 
(obd.  Lehnwort).  Doch  findet  sich  in  Urkunden  auch  pbunt 
(1483,  1484)  neben  pfnnth  geschrieben.  (Vgl.  Sprdm.  75, 
76,  85.) 

rägutä  f.,  Sieb^  Ban.;  Soldatenausdruck;  Rekrut  —  LB. 
299  (599):  De-ar  fi  pusca  de  cucutä  |  Bucuros  a^  fi  rftguta. 

—  N£  regrut  m.  Hodos  Gc  17  (22):  lo  regrut  n'as  fi  rimas. 

—  Et.  d.  Rekrut  (Regrut).    Die  fem.  Form  erklart  sich  durch 
Analogie  zu  cätanä.    (Vgl  aber  auch  magj.  rekruta). 

ratnä  f.,  Ban.:  Lugoj;  Schüssel,  Pfanne.  Viciü  47.  — 
Ei  obd.  Rein  f.  Becken,  Tiegel.    Grimm  VIII,  699. 

rainic  adj.,  Sieb.;  nur  im  Ausdrucke  fiorin  rainic,  rhei- 
nischer Gulden,  älteres  Geldstück  im  Werte  von  60  Kreuzern. 
(VgL  Munt.  Mon.  101.)  —  Et  d.  rheinisch  mit  rum.  Su£  -ic 

raipel^,  räipel^  n.,  pl.  -uri,  Ban.:  Lugoj;  Streichholz. 
Viciü  47.    Wg.  Jb.  UI,  325.  —  Et.  aus  dem  Plur.  „ReibhSlzer". 

raspiel,  Wal.:  Muscel;  die  Feile  der  Schuhmacher.  Rad.- 
Cod.  64.  —  Et  d.  Raspel  (vgl.  sieb,  raspäü  etc.  aus  dem  Magy. 
Mändrescu  98). 

1)  rast  n.,  pl.  -uri,  Sieb.;  Tragbalken.  Molnar  371.  — 
Et  SS.  rast  m.  der  schwere  Balken,  auf  welchem  die  Zimmer- 
decke aufruht    Kramer  108.    Wolff,  Vorarb.  628. 

2)  rast,  roast  n.,  Sieb.,  Ban.;  Rast  —  Munt  Dorne  44 
(49):  Acolo  ne-a  suflat  rast  —  Wg.  Jb.  III,  253  (IV,  4):  o 
azuns  la  un  r^t  mafe  ku  peperik  ä-o  fpkut  rpst  (Lugoj).  — 
Et  d.  Rast,  aus  der  Soldatensprache. 

räteresc  oder  räterez  v.,  in  sieb.  Soldatenliedern;  sich 
zurückziehen,  retirieren.  —  Nf  rätalesc  (mit  Dissim.)  Dame  II, 
316.  —  1000  Doine  107:  Cäpitane,  cäpitane,  |  Lasd-ne  sä 
rSterim,  |  Ca  vezi  bine  ca  perim;  |  Rätera^  cfi  nu  zic  ba 
(Comit  Bistrita-NSsäud).  —  Pop  Rom.  77:  Ratalit-am  rätüifc, . 
Rätälit-am  peste-un  rlt. 

recäl  n.,  pl.  -e,  Sieb.;  z.  B.  in  der  ümgeb.  von  Hunedoara, 


—    205     — 

in  Amg,  ^ara  Oltolui  etc.;  Bauemjacke,  meist  aus 
sdiwazzem,  bünem  oder  braunem  Tuch  oder  aus  Wolle  Ter- 
fertigt  und  über  der  Weste  (pieptar)  getragen.  (Vgl  Moldo- 
van  59,  158,  174.)  —  EL  ss.  rekel  (rockel)  n.  Männeijacke  aus 
Wolle.    Kisch  NW  124.    (Vgl  auch  lecär!). 

respunden^  f.,  Buk.;  Postkarte.  Dug.-Op.  —  Et.  d. 
Korrespondenzkarte  mit  volksetym.  Anlehnung  an  rSspund. 

rips  n.,  Rum.?,  Rips  (StofiO-    Säin.  11,  337. 

riz  n.,  Rum.;  ev>  de  hirtie,  Ries  Papier.    Säin.  11^  338. 

roc  n^  pl.  -uri,  Sieb.;  Rock.  —  Molnar406:  rocul  mieü 
inca  laste  prea  bun.  —  Tribuna  XIX,  177:  Ctnd  se  scula  dimi- 
neafa  din  pat,  pärul  lui  cel  frumos  negru,  precum  si  rocul  li 
eraü  impestri^te  cu  fulgi  de  pene.  —  Dazu  das  Dim.  rocsor, 
Jb.  Vm,  213. 

rosbrat  n.,  KL-Wal.:  Wirtshausausdruck;  Rostbraten. 
Wg.  Jb.  VII,  86. 

rostung  n.,  Sieb.:  in  Soldatenliedern;  Ausrüstung.  100 
Doine  85:  Pe  puscä  si  pe  rostung  |  Seara  |ed  pe  präg  si  pling. 

—  Bt  d.  Rüstung. 

rozinchinä  f.,  Sieb.;  Johannisbeere.  Molnar  94.  —  Et. 
SS.  rosengher  pl.  n.  dass.  (Hermannstadt)  Haltrich  76.  Vgl 
Sprdm.  167:  roszyncken  (1505—26). 

ruben  n.,  Ban.:  Pecica;  Rüben.    Wg.  Jb.  lY,  331. 

rucuesc  V.,  Buk.:  Soldatenausdruck;  einrücken.  Dug.-Op. 

sfan^  m.,  Sieb.,  Rum.;  der  Zwanziger  (eine  Silbermünze). 
Bar.  —  Bei  Dame  IV,  55:  (anc.)  piece  de  monnaie  (=  83  Cen- 
times). —  A.  Stefiilescu,  Incercare  asupra  ist  Tirgu-JiuluT, 
Buc  1899,  S.  XIV:  sfan^;  =  2  lel  —  Zorca  76:  si  platind  de 
persoanä  clte  trei  sfan^,  mai  cerurfi  sä  le  aducä  si  ctte  o 
ceapä.   (Sieb.:  Vladeni).  —  Nf.  sfantih,  Stinghe,  Schkejer  84. 

-  sftntlc,  Ban.  Wg.  Jb.  III,  326.  Eb.  300,  Z.  87:  §^  dg  sins 
nn  sfunts^s.  —  Ei  d.  Zwanziger,  zwanzig;  sfan^  beruht  viel- 
leicht auf  einer  Kurzform  davon;  in  sfin^c  ist  das  zweite  1 
dial.  nach  ^  lautgesetzlich,  das  erste  entweder  vokalharm., 
oder  Anlehnung  an  sftnt  (vgl.  n  am  nici  un  sflnt  =»  ich  habe 
kern  Geld.    Viciü  49). 


—    206    — 

sfän^esc  y.,soatirerderargei]täquelqu  un,  DameIV,55. 

sfän^uialä  f.,  le  &it  de  soutirer  de  largent  ä  quelqn 
iin.    Dame. 

sfän^itor  m.,  Gelderpresser.    Laur.-Mass.  GL  532. 

sfinfic  siehe  sfanf! 

si^,  Ban.;  siehe  je^^! 

soburä  f.,  Sieb.;  Schls^safane.  L.  B.  652.  Bar.  —  Et 
scheint  aus  d.  Süßobers  entstanden  zu  sein  (vgl  auch  Laur.- 
Mass.  Gl.  544). 

somot  n.,  Ban.:  BolTasni^;  Sammet.  Wg.  Jb.  III,  326- 
Vgl.  auch  liuba-Iana  19  (för  Mäidan  belegt). 

spafiresc,  mä  v.  refl.,  Sieb.,  Mold.  (Suceava);  spazieren 
gehen.  Sez.  Y  126.  L  B.  246  (513):  Eü  es  |i  in&  spafiresc. 
(Vgl  auch  S.  346,  N.  79). 

Spinat  n.,  Sieb.;  Spinat    L.  B.  662.    Stin.  U,  365. 

spital  n.,  pl.  -uri,  Spital.     Säin.  U,  365. 

spit  n.,  pL  -ur]^  Rum.;  Spitze  (dentelle  au  crochet.  Dame 
IV,  93);  —  pl.  spi^ri  broderie  a  jour  (eb.).  —  spi^ärat  adj. 
brodö  ä  jour  (eb.)  (siehe  auch  spi^urä!).  stämpuesc  siehe 
stempuesc! 

stof&  oder  stoft  f.,  wohl  gemeinrum.;  Stoff,  Zeug.  — 
A.  Stefulescu,  Incercare  asupra  ist  Tirgu-Jiului^  Buc  1899. 
S.  135:  1  rochie  de  stof(&)  galbin(&)  (1778).  N.  Filimon,  Ciocoii 
Techi  gi  noT  (BibL  p.  tofi),  III,  8:  Pe  peretele  despre  rSsfirit 
eraü  dou&  icoane  a^ezate  pe  o  bucatä  de  stoft.  —  Et  d.  Stoff. 
—  Cihac  (II,  394)  und  Sanzewitsch  (Jb.  II,  210)  leiten  es  Tom 
Russ.  ab:  StofiL  C.  Litzica  behauptet  dagegen,  das  Wort  sei 
älter  als  die  russ.  Elemente,  daher  stamme  es  aus  dem  Handels- 
verkehr  Rums,  mit  den  sieb.-sächs.  Städten  oder  mit  Leipzig. 
(Vgl.  Convorbiri  lit  XXIX,  963.) 

strapa^  oder  sträpa^ef.,  Sieb.;  die  Beschwerde,  Strapaze. 
Bar.  Fr.-C.  254:  Dupä  mari  Strapaze  ajunge  loni^ä  la  Slnta 
Vineri  si  bäte  'n  poarta.  (Ribi^,  sieb.  Erzgeb.)  —  Et  d. 
Tielleicht  aus  der  Soldatensprache. 

stufä  f.,  Sieb.:  Bergmannsausdruck;  die  Stufe  (Goldes). 
Bar.    Im  L.  B.  682:  stuft. 


—     207     — 

sadvasär  d.,  Ban.;  Scheidewasser.    Wg.  Jb.  III,  328. 

saibä  f.,  Sieb.,  Buk.;  Soldatenausdruck;  Schießscheibe. 
Oug.-Op.  —  Bib.  Pp.  457:  eü  mS  duc  sä  pu§c  la  saibä. 

saitroc  IL,  Bergmannsausdrack,  sieb.  Erzgeb.  und  an  den 
Flüssen,  wo  Gold  gewaschen  wird,  bes.  in  Pian;  —  Scheide- 
trog,  in  welchem  das  Gold  durch  Schütteln  von  den  übrigen 
Sto£fen  geschieden  wird.    Fr.-C.  42;  Moldovan  394.  —  Et.  d. 


sant  n.,  pl.  -uri;  gemeinrum.;  1)  Schanze,  Yerschanzung 
(Festung,  Clemens  172).  2)  Graben,  Straßengraben.  Gaster  I, 
150,  Z.  7:  nu-i  puturS  dobändi,  ca  era  Inchis  In  san^uri  (1650). 
—  N.  Filimon,  Ciocoü  vechi  si  noi,  (Bibl.  p.  to^i)  III,  41: 
Dapä  ce  asezft  ostirea  tn  lagär  fortificat  cu  san^ori.  —  G.  Co|buc, 
Balade  si  Idile,  Bua  1897,  S.  178:  In  negura  pädurii  castelul 
ingrädit  |  Ca  san^i  uriase,  sta  trist  mucigäit  —  In  der  Bed.  2, 
L  PopovicT-Bän.,  Un  sfirsit  jalnic  (Foaia  ilustratä):  Caii  In- 
tärtta^  smlcnirä  cocia  ce  cu  im  uruit  surd  se  rostogolise  in 
san^  —  San^  ist  auch  der  Name  eines  sieb.  Dorfes  im  Bodna- 
paS;  SS.  §änts  (Neu-Rodna)  „nach  den  einstigen  Verschanzungen 
benannt^.  Eisch  NW  136.  —  Et.  ss.  schanz  m.,  Schanze, 
Graben.  Wolff,  Vorarb.  614;  —  89nts  (Bistritz)  1)  Abzugs- 
gtaben  längs  des  Fahrwegs.  2)  „die  alte  Schanze"  in  Bistr. 
Kisch  NW  136.  —  (Daneben  käme  noch  magy.  sänc  in  Be- 
tracht, dem  aber  die  Bedeut  2)  abgeht,  vgl  Lumtzer-Melich 
232).   Vgl.  auch  altss.Schantzkorff(  1603).    lorga,  Soc.  Bras.  7. 

sän^uesc  Y.,  Terschanzen.  Bar.  Bei  Molnar  302:  sen^esc. 

sänf  ule^  n.,  Bar.  DiuL  von  san^ 

sif  n.,  Buchdruckeiausdruck;  Schiff.    Säin.  I,  501. 

silboc  oder  selboc  n.,  pL  -boace,  Sieb.,  Ban.,  Buk.; 
Soldatenausdruck;  Schildwache,  Schildwachhaus.  —  Wg.  Jb.  IV, 
305  (4):  o  dat  la  Selboase,  §-or  bput  raEf§  §9  or  adurmii  — 
I.  B.  313  (625):  Cätana  nu  stä  pe  loc,  (Fär'  numai  ctnd  stä 
sflboc!  —  Hodos  Pp.  209  (545):  Toti  aü  casä,  to^i  aü  loc,  | 
Nomai  lo  stau  la  |ilboc.  —  (Zur  Et.  vgl.  auch  magy.  silbak, 
Liuntzer-Melich  235.) 

sinS  £,  Sieb.,  Rum.;  Eisenstange,  Eisenschiene,  Bad- 


—    208    — 

schiene,  Eisenbahnschiene.  (Vgl  L.  B.  644.  Bar.  etc.)  —  Sez. 
V,  126:  flnl  (Suceava).  —  Ei  d.  Schiene,  vgl  altss.  Schyn 
(1494).  Sprdm.  140.  (SSin.  U,  378  leitet  es  Tom  Deutschen  ab, 
Gihac  (II9  388)  zieht  slav.  und  magj.  Formen  heran.  Vielleicht 
ist  es  aach  das  Richtigere,  eine  Entlehnimg  aus  verschiedenen 
Sprachen  anzunehmen.) 

sinar  n.,  Mold.;  Nagel  an  der  Badschiene.  Dame  IV,  66. 
—  (Et  zum  vor.) 

sindilä  f.,  Mold.,  Sieb.;  Schindel  (Dame  IV,  66  etc.)  - 
lorga,  Doa  Bistr.  I,  11  f.  (14):  sk  cimipere  cue  de  sindilc  de 
traba  cetk^  (Anfang  des  17.  Jhdts.)  —  Eb.  24  (30):  sk  cum- 
pere  cu  bani  gata  cui  de  sindilk  etc.  (sehr  oft).  —  LB.  287 
(578):  FrunzÄ  verde  trei  sindile.  —  Bb.  106  (230):  Foaie  verde 
pe  sindile.  —  Et.  aus  einer  älteren  Form  des  ss.  Sandel  (Schindel), 
Kisch  NW  135';  mit  Anlehnung  an  rum.  Wörter  auf  -iUL 

sindilar  m.,  Schindelmacher.    Bar. 

findilesc  v.,  schindeln.  I.  B.  139  (305):  Drumul  f;i-l-a8 
sindili  |  Tot  cu  sindile  de  fag.  —  (Rum.  Ableit.  von  sindilä). 

sinuesc  v.  mit  Eisen  beschlagen  (Bar.),  ein  Rad  bereifen 
(Dam6);  car  stnuit  (Suceava)  ein  eisenbeschlagener  Wi^en.  Sez 
V,  126.    (Vgl  sinä.) 

flafianc  (llafiafik)  n.,  Ban.;  Schla^acke,  Wg.  Jb.  III,  327. 

slag  n.,  Sieb.:  GkurarluluT;  Waldschlag,  Bezeichnung  för 
den  Teil  des  Waldes,  der  jährlich  zum  Fallen  bestimmt  wird 
(Muni  Mon.  58.)  —  Et.  d.  Schlag  (vgl.  auch  magj.  släg  dass. 
Lumtzer-Melich  237 

slaif&r  m.,  Ban.;  Scherenschleifer.    Wg.  Jb.  III,  327. 

släpi  pl.  f.,  Ban.:  Lft^unas;  Schuhe  ohne  Absätze,  Schlapp- 
schuhe. Viciü  50.  —  Et.  d.  Schlappe  f.  =»  Pantoffel.  Kluge  325. 

slefuesc  oder  slifuesc  v.,  Sieb.,  Rum.;  schleifen,  polieren. 
Bar.,  Säin.  Dic^;.  univ.  752.  —  Et.:  d.  schleifen.  (Vgl.  aber 
auch  Cihac  E,  390.) 

slep  n.,  pl.  -uri;  Rum.:  an  der  Donau;  großer  Schlepp- 
kahn. Familia  XXXVIII,  166:  Ni  se  ar&tä  cum  douä  slepun 
fncärcate  cu  piaträ,  rästoamä  Intr  'un  moment  In  mare  toatä 
povara  lor.  —  Et.  d.  Schlepp[kahn]. 


—    209    — 

slic  n.,  pL  -QiT;  Sieb.:  Bergmannsausdrack;  Schlamm, 
Schlick  (pulveres  minerarum).    L.  B.  647. 

jlingheral  (SUfigem)  n.,  Ban«;  Schlingerei,  eine  Art 
HikdeL  Wg.  Jb.  UI,  328.  —  Hodos  Cb.  70  (118):  C&-si 
face  cäma^ä  nonft,  |  . . .  |  Pe  la  garä  slmgherai. 

;neap8  n.,  Mold.:  Suceava»  Schnaps.  Sez.  III,  89;  |niap( 
dass.  Bok.;  Dng.-Op. 

snep  m.,  Sieb.,  Buk;  die  Schnepfe.  Molnar  380.  Bar.  — 
LB.  652,  Säin.  II  379  haben  daneben  auch:  sneap.  —  Et  ss. 
sndep.  Beitr.  XU  möstschnäp  m.  Heerschnepfe,  stockschnäp 
m.  Regenschnepfe.  Haltrich  66,  67.  Fttr  die  Buk  d.  Schnepfe. 
(Cihac  II,  528  leitet  es  fölschlich  von  magy.  sneff  ab.) 

snit  n.,  pl.  -uri;  EL-WaL:  Wirtshansausdruck;  Schnitt 
(Bier).    Wg.  Jb.  VII,  87. 

jni^l  OL,  Ban.,  EL- Wal.;  Wirtshansausdruck;  Schnitzel. 
Wg.  Jb.  III,  328;  Vn,  87. 

|nur  n.,  pl.  -uri,  Sieb.,  Rum.;  Schnur,  Randschnur,  Ein- 
fassuig.  (Bar.,  Dame  IV,  78).  —  lorga,  Soc.  Bra|.  23:  e 
attmatä  de  un  snur  ro|u-alb-albastru-verde.  —  Et  d.  Schnur 
(vgl  SÄin.  I,  501).    (Vgl  aber  auch  Cihac  11,  391.) 

^nuruesc  v.,  schnüren.  Bar.  Dame  IV,  78:  1)  gamir 
d'tme  ganse»  d'un  galon,  d  un  User6.  2)  passer  une  ganse  dans 
mie  registre  perfore. 

jnuruialä  f  Verschnürung.    Bar. 

|oter  n.,  Ban.:  Mäidan;  Schotter.    Liuba-Iana  48. 

.  fpalt  n^  pL  -uri;  Rum.:  Buchdruckerausdruck;  Kolunme. 
Säin.  n,  380;  ^preuves  non  paginees.  Dam^  IV,  88.  —  Noua 
Beyistft  Rom.  III,  288:  Dar  la  Inceput  era,  pe  spalturile  cari 
Tepioduceatt  manuscriptul.  —  Et  Spalte  (Säin.). 

spani  nf.  pL,  Mold.:  Suceava;  Holzscheite  aus  denen  die 
Schindeln  verfertigt  werden.  Sez.  UI,  89.  —  Et  Vielleicht 
d.  Span. 

ipa^ir,  merg  la  oo,  Ban.,  Buk.;  spazieren  gehen;  Wg. 
Jb.  III,  328.  L.  B.  Dug.-Op.:  fpa^.    (Vgl.  auch  spa^resc.) 

spen^  n.,  Ban.;  Jacke  (Spenzer).  Wg.  Jb.  III,  328;  — 
{pen^l  n.,  ein  wollenes,  meist  buntes  Jäckchen  der  Kinder. 

W eigaad ,  10.  Jahresberiebt.  14 


—    210    — 

Liuba-Iaoa  14;  —  spen^uri  pL,  Bezeichnimg  far  die  Eleidongs- 
stficke,  die  ursprünglich  nicht  zur  rum.  Tracht  geboren«  Liuba- 
lana  19. 

|pen^&I  n.y  Kronstadt:  Bock,  Spenzer.  Stinghe,  Schk^er  84. 

ipi^urä  £,  pL  -uri;  Sieb.;  Spitze  (an  Kleidern  etc.).  — 
Zur  Ei:  die  Form  jpi^ar&  hat  sich  aus  dem  pl.  fpi^on  neu 
gebüdet    (Vgl.  Jb.  VIII,  184.)    (Vgl.  auch  spi^.) 

|p  o  got  n.,  Ban. ;  Bindfaden,  diaL  Spagat  — Wg.  Jb.  111«  328. 

;pri^  n.,  Ban.;  Qießkanne,  Spritze.    Wg.  Jb.  III,  328. 

Stab  n.|  pl.  -uri,  Sieb.;  Stab,  Generalstab.  Bar.  —  Mol- 
dovan  137:  La  mai^inea  sesuluiCibinului  se  aflS  satulromlnesc 
Orlat,  unde  mai  nainte  era  stabul  primulut  regiment  romin 
de  grani^  —  Et.  für  Sieb,  sicher  d.  aus  der  Soldatensprache. 
(Vgl  auch  Cihac  II,  393.) 

stälogoder  staloncn.,  Ban.;  Stall,  Stallung.  Wg.  Jb.  III, 
328. '  1000  Doine  240:  Mie  cinä  si  luminä,  |  Tie-un  |tälog 
de  odihnä.  (Torontaler  Com.)  —  Ei  d.  Stallung  (vgl  auch 
serb.  Stalogü.    Miklos.  342). 

|teamp  n.,  pl.  -uri,  Sieb.:  Bergmannsausdruck;  1)  die 
Stampfe  (Werkzeug),  der  Pfahl,  das  Stampeholz.  2)  pL  steam- 
puri,  die  Stampfinühle,  das  Pochwerk,  in  welchem  das  gold- 
haltige Gestein  zerrieben  wird.  Fr.-C.  37,  43.  L.  B.  669.  Bar. 
hat  daneben  noch  die  Formen  steamp  und  stamp.  —  Dass. 
Wort  im  Ban.  in  der  Fonn  sceamp  (MSidan),  die  Münzpresse; 
pL  sceampuii,  Goldgießerei  oder  -wäsohereL  —  Coasta  Sceam- 
purilor,  Name  eines  Hügels  bei  M&idan,  an  dessen  Fuß  sich 
Spuren  einer  ehem.  Goldgießerei  finden.  Liuba-Iana  47.  — 
Ei  d.  Stampfe. 

steand  oder  steand  n.,  pl.  -uri,  Sieb.;  Stander,  Bottich, 
Butterfaß;  steand  de  brtnzä^  Käsestander.  Moliiur  41.  L.  B. 
669.  Bar.  —  Et.  ss.  stand  und  Ständchen  n.  ein  kleines  läng- 
liches Holzgefäß.    Haltrich  88. 

steangä  f.,  Stange.    L.  B.  669. 

jteier  n.,  Arader  Gegend;  Steuer.    Wg.  Jb.  IV,  331. 

stempäl  n.,  pL  -päle,  Sieb.:  Gurarlului;  Stempel.  Muni 
Mon.  128;  —  Stempel,  stimpel,  stimpil.  Buk;  dass.  Dug.-Op. 


—    211    — 

ftempar  m.,  Sieb.:  Bergmannsansdruck;  an  der  Stampf- 
mühle angestellter  Arbeiter.  L.  B.  668.  Fr.-C.  35.  —  In  einer 
Satire  dber  das  Leben  der  Bergleute,  Yersu  Kotranczi,  im 
Jahre  1818  von  einem  gewissen  Petra  Fnrdui  dela  Abrodfalva 
yerfiißt  und  mit  magy.  Orthograbie  geschrieben,  beiSt  es:  Sze 
ni  mäi  yenim  amint6  |  Sze  szknem  si  d£  stSmpari  etc.  (Oaster 
n,  223).  (Interessant  ist,  daß  diese  Satire  zum  Teil  in  die 
VoIkBÜtt  übergegangen  ist.  Vgl  Fr.-G.  35.)  —  Et  Rnm.  Ab- 
leitung Ton  steamp,  w.  s. 

stempäri^  f.,  Sieb.:  Bergmannsausdrack;  Frau  des 
Stampfinühlenarbeiterts.  —  Fr.-C.  35:  Stempftri^  clt  de  rea  | 
Vinde  aur  pe  la  yecini.  (VgL  auch  Yersu  Kotranczi,  Oaster 
II,  224.)  —  (Et.  zum  vor.) 

stempuesc  (stämpuesc, Bar.),  v.  stampfen,  mit  derStampf- 
müUe  arbeiten.  Mohiar  302.  —  Nf.  §tämperesc.  —  Gbuster 
n,  225:  De  mai  stemp^rea  un  anu  |  0  yedeam  si  ku  vig&n 
(Versa  Kotranczi  1818).  —  Et.  Born.  Ableitung  Ton  steamp, 
w.  8. 

sterc  n.,  pl.  -uri,  Sieb.;  Mehlstarke,  die  zum  Stärken  der 
Wische  dient    L.  B.  670.    Bei  Bar.  sterc. 

|tiflä  £,  Sieb.;  Stiefel.  Molnar  407:  neam^  poartä  strimii 
si  papudt  |i  stifla 

Stift  n.,  pL  -uri;  Mold.,  WaL:  Muscel;  —  Stift,  Nagel 
ohne  Kopf^  dessen  sich  die  Schuhmacher  bedienen.  Dam6  lY, 
105.  —  Räd-Cod.  71:  stifturi  pL  (Muscel),  dass. 

ftil  n.,  Ban.:  Lugoj;  —  Stiel.    Wg.  Jb.  EI,  328. 

stipuesc  y.,  Sieb.;  steppen;  Molnar  302.  L.  B.  672.  — 
Zorca  78:  Cioarecii  fiUsu^  tot  din  pänurä  alba  sunt  stipui^i 
ca  hoias  negru.  —  Et  d.  steppen. 

stiuri,  Sieb.:  Bergmannsausdruck;  „Ort,  wo  das  Gestein 
yerteilt  niedergelegt  wird".  Fr.-C.  43.  —  Stiurf,  eine  Orts- 
bezeiehnung  im  sieb.  Erzgeb.,  in  Berichten  über  die  Kämpfe 
der  Reyolution  yon  1848  oft  erwähnt  (Ygl.  Bari^ü,  Istor. 
Trans.,  II,  531  ft)  —  Et  d.  Stürze. 

ftocfis  m.,  Stockfisch,  Kabeljau.  L.  B.  675.  (YgL  auch 
magy.  stokfis.    Lumtzer-Melich  243.) 

14* 


—    212    — 

jtolnS  £,  Sieb.:  Bergmannsausdruck;  StoUeiL  Fr.-C.  43. 
L.  B.  672:  stiolnä.    (Vgl  auch  magj.  stolna.) 

straf,  ;treaf  oder  strof  n.,  Sieb.  (Rom.);  Strafe.  L.  B. 
680.  *  Sez.  m,  89.  DamI  IV,  111.  —  lorga,  Säte  309:  strof 
Tlädicesc  (um  1764).  —  Et  Nach  Cibac  II,  394  slayisch,  nach 
Sanzewitsch  (Jb.  II,  210)  rassisch.  G.  Litzica  halt  es  for  direkt 
deatschen  Ursprungs.  (ConTorbiri  lit  XXIX,  963).  In  Sieb. 
wahrscheinL  ss.,  vgl  Sprdm.:  straff  1487,  strofft  1508.  (S.  111, 
164.)    (Vgl.  aber  auch  magy.  ströf,  Lumtzer-Melich  244.) 

§traifä  f.,  Streifen;  in  einem  sieb.  Soldatenlied,  Pop  Rom. 
70:  XJna  da  de  straifö  alba. 

§treang  n.,  pL  -uri,  gemeinrum.;  Strang,  Strick.  Bar., 
Dame  IV,  114  etc.  —  Besonders  in  der  Bedeutung  „Strick 
zum  hängen*'  gebraucht.  VgL  lorga»  Doc  Bistr.  11,  5  (166): 
Stäplnul  säü  Ü  descumpärS,  Ü  scoate  de  la  streang  (nach  einem 
Briefe  von  1635  wiedergegeben).  —  N.  Filimon,  Ciocoii  vechT 
si  noi  (BibL  p.  to^i):  HI,  12:  la  spune-mi,  cum  ll  chiamä  pe 
acel  ho^  de  jtreang.  —  In  der  Bedeut  „Strick  zum  Fesseln '*: 
Gaster  I,  359:  iV  legarS  cu  ftreanguri  (Rtmnic  1705).  —  Et 
d.  Strang  (vgl  auch  Säin.  I,  501),  wahrscheinlich  schon  aus 
dem  Ss. 

strengar  m.,  Qassenbube,  Galgenstrick,  Taugenichts. 
Bar.  etc. 

ftrengSresc  y.,  herumstreichen.    Bar. 

s  tr  e n  gär i  e  f.,  Bubenstreich,  Spitzbüberei ;  Herumstreichen, 
Vagabundieren.    Bar. 

§tricuesc  y.  Ban.:  Timisoara;  stricken.  Wg.  Jb.  IQ,  328. 

strimf  m.,  Sieb.,  Ban.;  Strumpf.  L.  B.  679.  Wg.  Jb.  IV, 
331;*III,  328.  —  Nf.:  strimf,  strimf  (Molnar  368,  407);  strif 
(Ban.  Wg.);  |trinf  (L.  B.),  strimp  (Stinghe,  Schkejer  84);  strunf 
(Laur.-Mass.  GL  550).  —  In  Rum.  strumf,  vgl.  V.  A.  Urechia, 
Societatea  sub  I.  G.  Caragea,  Buc.  1901,  S.  104:  cinci  perecbi 
strumft  (1815).  —  Et  Die  Formen  mit  u  gehen  auf  den  Sing. 
„Strumpf",  die  mit  i  auf  den  Plur.  „Strfimpf(e)"  zurück; 
strimp  beruht  auf  dem  Plur.  ätrimp  von  ss.  ätrump.  Beitr. 
XII,  132. 


—    213    — 

stradel  n.,  Kl.-Wal.:  Wirtshausausdruck;  —  Strudel, 
(Gebfick).    Wg.  Jb.  VU,  87. 

stuc  oder  stiuc  n.,  pL  -uri,  Sieb.,  Wal.:  Muscel;  Stück. 
L.  B.*673,  682.  Bar.  Wg.  Jb.  VIII,  318.  Besonders  gern  ge- 
braucht in  den  Verbindungen:  Stück  Brot  Tind  Stück  Land, 
Ackerland.  Molnar  378:  un  ^tuc  de  pine.  Clemens  setzt  es 
geradezu  in  Gegensatz  zu  bucatä  «=  Stück  Fleisch  (S.  385). 
Stinghe,  Schkejer  71:  un  §tuk  de  kitg.  —  Gazeta  TransilyanieT 
LXV,  Nr.  85,  S.  7:  Un  ftiuc  de  p&mlnt  uscat  —  Dim.  stucsor 
in  der  Bedeutung  „Stück  (Ackerland)^  in  einem  Testament 
Tom  Jahre  1702  aus  Tiklmadü  bei  Hermannstadt:  lorga,  Säte 
128:  Si  am  lltsat  Neagäi  un  stucsor  de  ocinä.  —  In  Herrn, 
habe  ich  auch  stucule^  in  beiden  Verbindungen  gehört.  — 
£t.  für  stuc  altss.  stuck,  stwck  1485.  Sprdm.  103.  Für  stiuc 
cL  Stück. 

suf  m.,  Sieb.:  Väicele;  Schuh,  Fuß  (Maß).  Bib.Pp.  471: 
Inima  gorunului  |  din  fa^  pämlntului  |  de  nouä  sufi  de  lungä  | 
pentru  trupul  lui  s'  ajungä.  —  Et.  d.  dial.  Schuch  für  Schuh. 

suflä  f.,  Buk.;  Schaufel.    Dug.-Op. 

|uncä  f.,  Sieb.,  Rum.;  Schinken.  Bar.,  Dame  IV,  129  etc. 
Nl  sunc  „Schunke".  Molnar  379.  —  Et.  d.  Schunke  (Kluge 
324)'  SS.  sunk  f.  Kisch,  NW  151.  —  (Vgl  aber  auch  Cihac 
U,  397.) 

1)  |upä  f.,  Wal.:  Muscel;  ein  Stück  (Weges),  z.  B.  mai 
e  o  supft  plnä  la  cutare.    Bäd.-Cod.  71.  —  Ei  d.  Schub. 

2)  supa,  cu,  Sieb.;  in  Verbindung  mit  Verben  der  Be- 
wegung: auf  den  Schub  setzen,  per  Schub  befördern.  Tribuna 
XIX,  223:  a  fost  escortatä  din  Budapesta  cu  supa. 

3)  fupa,  d'a,  Muscel;  in  Eile,  z.  B.  am  mlncat  da  supa. 
Räd.-Cod.  71. 

supertäl  n.,  Ban.;  Schuhbändel,  Schnürriemen.  Wg. 
Jb.  ril,  328.  —  Et  d.  SchuhborteL 

;urä  f ,  Sieb.,  Mold.,  Ban.;  Scheuer,  Scheune.  L.  B. 
Dame  IV,  131,  Bar.  etc.  —  Stinghe,  Doc.  II,  34  (22):  60  de 
8UI1  (1790).  —  I.  B.  78  (172):  Aide,  mlndrä,  de-mi  da  gurä,  I 
Ciriß  daü  tot  ce  am  tn  surä.  —  Hodos  Pp.  41  (39):  Cucule 


—    214    — 

ca  peana  surft,  |  N'am  vorbit  gura  cu  gurä,  |  Sä  nu  cinfi  la 
not  pe  surS  (Yärädia).  —  Ei  altss^  vgl  sdiTreii  1536.  Sprdm- 
198.    Vgl  auch  die  Dorfiiamen  Sora-mare,  Sora-micft. 

sur^  n.,  pl.  -un  und  gurfä  f.,  Sieb.;  Schürze.  YgL  lorga, 
Säte  309  (tun  1764),  L.  B.  689  etc.  Moldovan  55:  La  fem^ . . . 
framoasele  opregori  si  cätrin^e  slnt  tnlocuite  cu  rochil  si 
sur^  (BiflinariO.  —  I.  B.  9  (9):  Pentni  Badea  badi^  |  Bucnros 
mi-a;  da  sur^.  Eb.  426  (211):  Dia  nainte  Inngä  n  sur^ä.  Ei 
SS.  Su^rts.  Beitr.  XII,  133.  (Vgl.  auch  m^^.  surc.  Lumtzer- 
Melich  246.) 

su^tär  m.,  Ban.:  Lipova,  Sieb.;  Schuster.  Wg.  Jb.  IV, 
305  (iX  1)«  Or  fost  tri  frats  unu  s-o  fgkut  h9r9mba§,  unu 
suätgr,  §-unu  s-o  f^kut  kozokar. 

Svab  m.,  Bezeichnung  der  Banater  Deutschen,  Schwabe. 

STai^är,  EI.-WaI.;  Wirtshausausdruck;  Schweizerkase. 
Wg.  Jb.Vn,  87. 

svar^  n.,  Rum.,  Buk.;  Wirtshausausdruck;  schwarzer 
Kaflfee.  Wg.  Jb.  VII,  87.  Dug.-Op.  —  Libertatea  l,  7:  Ai 
sä  mergem  undeya,  sä  bem  ctte  un  jvar^  (Can^ale,  Momente). 

svebläf.,  Sieb.:  Kör.  und  Mar.-Dial.,  Rovina;  —  Streich- 
holz.* Wg.  Jb.  IV,  331.  Viciü  51.  V.  fuhrt  auch  den  Plur. 
|yebele  aus  Bodna-yeche  bei  Näsäud  an.  —  Ei  ss.  Swebel 
dass.,  Lumtzer-Melich  247  (magy.  syäbel). 

taler  m.  und  n.,  pL  -e;  altmm.  allgemein;  Taler.  —  Gaster 
I,  38  (XI):  cin^  zäci  taleri  bätu^  bani  gata.  (Totrus  1591). 
lorga,  Doc  Bistr.  I,  66:  ci  ni£[i]  cu  o  sutk  de  taleri  nu  s'ar 
pikti  (1638)  etc.;  überaus  häufig.  —  Ei  d.  Taler,  yermittelt 
durch  die  Sieb.-Sachsen. 

tälera^  m.,  Talereinnehmer,  Wechsler,  Besitzer yon  Talern. 
Jb.  VIII,  201. 

tälerei  m.,  täleriorm.  Dim.  zu  taler.  Familia  XXXVII, 
487:  Ca  t-ot  da  taleri  o  mie  |  Si  galbent  ;i  talerei.  Wg. 
Jb.  UI,  328  (IX):  dak^  tu  1-ii  k^tpri,  |  dg  sins  or  ^n  tolerier. 

tapet  n.,  pl.  -e,  Sieb.;  Tapete.    Bar. 

tapetez  y.,  tapezieren. 

tape^r  m.,  Tapezierer. 


—    215    - 

tape^rie  £,  Tapeziererhandwerk.    Bar. 

tärtan  od^  Ürtan  m.,  Rum.;  Scheltwort  für  einen 
schlechten  Menschen;  Fremdling,  fremder  Untertan  in  Rum. 
Bar.  Spottname  der  Juden,  S&in.  I,  501.  —  Et.  S&in.  leitet  es 
Ton  d.  Untertan  ab.  Es  kann  leicht  eine  Verstümmelung 
davon  sein. 

tastft  f.,  Sieb.;  Taste,  GrifiPbrettchen.    Bar. 

teler  n.,  pl.  -e,  Sieb.;  Teller,  Schale.  Molnar*376,  Cle- 
mens 134.    Bar.  —  Dim.  teleru^  —  Et  d.  Teller. 

tintS  f.,  Sieb.;  Tinte.  L.  B.  709.  —  Fr.-C.  224:  ZboarÜ 
tu  n  c&nm&rie  |  Si  Ta  tintft  si  hlrtie  (Ponor). 

toc^tglft  £  Ban.:  Bosneac;  Dachziegel.   Wg.  Jb.  III,  32S. 

trihter  n.,  Sieb.;  Trichter.  Molnar  389,  Gemens  392.  — 
L.  B.  723:  tricter  n.,  ein  großer  Trichter,  durch  welchen  der 
Wein  in  die  Fasser  gezogen  wird. 

trinc  n.,  pL  -urT,  Sieb.;  „der  Nachlauf  vom  Branntwein*. 
L.  B.  724.  Bar  —  Et.  Es  scheint  aus  d.  trinken  in  irgend 
einem  Zusanmienhange  entstanden  zu  sein. 

tringhelt  n.,  Trinkgeld,  in  einer  Rechnung  der  Kirche 
des  heil.  Nikolaus  zu  Kronstadt,  Stinghe,  Doc.  I,  278:  tring- 
helt la  omeni  (1775). 

troac&  f.  und  troc  n.,  gemeinmm.,  Trog.  —  Et  d.  Trog, 
8S.  tr6x,  Beitr.  XII,  117,  wahrscheinL  aus  einer  altss.  Form. 
(Vgl  Sftin.  I,  501.  Eine  Entlehnung  aus  dem  Czechischen, 
TgL  Cihac  II,  421,  ist  ausgeschlossen. 

trocar  m.  Schroter;  —  Trocari,  Bezeichnung  für  einen 
Teil  der  mm.  Bewohner  Kronstadts.    (Stinghe,  Schkejer  3,  4.) 

turfS  f,  Sieb.;  Torf  Bar.  Dazu  das  Adj.  turfos.  Dame 
IV,  190.  —  Et  d.  (ss.?). 

turn  n.y  pL  -un;  gemeinrum.;  Turm.  —  Et  Cihac  (11^  428) 
leitet  es  vom  Slay.  ab,  das  seinerseits  aus  dem  D.  stammt 
Aber  bei  allen  slav.  Formen  stößt  man  auf  lautliche  Schwierig- 
keiten. Säin.  (II,  399)  fthrt  es  als  d.  Lehnwort  an.  Lautlich 
ist  es  geradezu  identisch  mit  ss.  tum  (Kisch  NW,  160),  schon 
im  13.  oder  14.  Jhdt  als  thum  (daneben  auch  thom)  belegt 
(TgL  Q.  Seiwert,  Zwei  Rechnungsfragm.,  S.  416).  (Sprdm.  thum. 


—    216    — 

16.  Jhdi,  S.  ü2Ay  225  etc.)  Auch  kulturgescbicliüiche  ärfinde 
sprechen  far  eine  direkte  Entlehnung  von  den  Ss.,  die  in 
Sieb,  zuerst  Burgen  und  Türme  bauten,  umso  mehr  als  ja 
einzelne  von  diesen  geradezu  den  Namen  tum  führen,  z.  B. 
Tumul  rosu  =  der  rote  Turm.  Das  sächs.  Dorf  Neppendorf 
neben  Herm.  wird  von  den  Bum.  Turnisor  genannt 

^1,  Rum.:  Wirtshausausdruck;  zahlen!  Caragiale  Teatru 
(Saraga),  -U,  118:  ün  rom  §i  ^. 

techirä  oder  ^ichirä  f.,  Sieb.;  Binsenkorb.  L.  B.  118.  — 
Nf,  tichire  f.,  Mohiar  77.  L  B.  155  (344):  Sä  minc  o  ^hira 
plinä,  I  Inima  nu  mi-o  alinä.  —  Et.  ss.  ziker  m.  (in  S.-Begen 
zeker),  Bohrkorb  mit  2  Bügeln  als  Handhabe,  bair.^und  öster 
Zocker.  Haltrich  89.  tseker  m.  Kisch  NW.  161.  (Vgl.  auch 
magy.  dial.  cokor,  dass.,  Lumtzer-Melich  80). 

^eh  n.,  pL  -uri,  Sieb.;  Grenzstein.  Molnar  357;  Clemens 
286.  —  Ei  SS.  tsechen  ^  d.  Zeichen.  Kisch  NW,  160. 
cz^chen,  dass.,  Keintzel  HL  35.  czechen  (1536)  Sprdm.  200. 
(Cihac  U,  432,  leitet  es  von  czechisch:  cech  =»  Zeichen  ab). 

^eler  m.,  Sieb.;  Sellerie.  Molnar  382.  Munt  Mon.  17. 
Bar.  —  Ei  ss.  zaller  m.  starkriechender  Eppich.    Haltrich  78. 

^iglä  oder  ^iglä  f.,  gemeinrum.;  Dachziegel  L.  B.  708. 
Bar.  Muni  Mon.  7:  Dinträ  suri  pufine  stnt  acoperite  cu  ^glä. 
Ei  d.  Ziegel,  vgl.  czyglen,  czyglen  (1494).  Sprdm.  139.  (Cihacs 
Ei  Yom  croai  serb.  cigla  scheint  mir  aus  kulturhistorischen 
Gründen  nicht  annehmbar.    Vgl  U  433.) 

figlar  m.,  Ziegelbrenner,  Ziegelstreicher.    Bar. 

^iglärie  £,  die  Ziegelbrennerei,  Ziegelhütte.    Bar. 

iimät  n.,  Ban.;  Zimmi    Wg.  Jb.  HI,  329. 

^imbrä  f..  Buk;  Zimmer.    Dug.-Op.  —  Ei  d.  Zimmer. 

^inhel^  n.,  pl.  -uri,  Sieb,  um  Näsäud;  Streichholz.  Viciü 
52.  —  Ei  aus  dem  d.  Plur.  Zündhölzer. 

tinober  n.,  Sieb.;  das  Zinoberroi    Bar. 

^ol  n.,  pL  -uri,  Sieb.;  Zoll  (Längenmaß).  Bar.  Muni 
Mon.  63. 

^op  n.,  Wal.:  Muscel;  Bändchen,  das  sich  die  Bauern- 
mädchen  an  die  Haarflechten  (cosi^e)  befestigen.   Bäd.-Cod.  75. 


—    217    — 

£b.  ans  einem  Volksliede:  Cum  ai  trecut,  Dido,  Olki  |  De  nu 
ß-al  Inecat  ^pn.  —  Gihac  11,  437  gibt  folg.  Bedeukmgen  an: 
tresse  de  cheveux,  queue,  et  par  metonymie  ruban  de  queue. 
—  Ei  nach  Cihac  slav.;  doch  stößt  man  bei  allen  slav.  Formen, 
die  er  anfnbrt>  auf  lautliche  Schwierigkeiten  außer  bei  czech. 
cop,  welches  indes  nicht  in  Betracht  gezogen  werden  darf. 
SuiL  I,  501  leitet  es  von  d.  Zopf  ab.  Vgl  insbesondere  ss. 
tsöp  Zopf;  tsöbandl  Zopfband.    Beitr.  XII,  117. 

!|^op  m.,  Spottname  für  die  Leute  aus  Vidra  und  Scfiri- 
soara  (im  sieb.  Erzgeb.).  Wg.  Jb.  IV,  286.  —  Ei  d.  Zopf, 
weil  die  Leute  früher  einen  Zopf  (^p)  trugen.  Die  Bezeich- 
nung soll  Ton  den  deutschen  Beamten  stammen,  welche  die 
Bauern  yerachÜich  „zopfiger Kerl^,  „zopfiger  Walach"  nannten. 
(Vgl  Fr.-C.  65.) 

|ucaos  n.,  Sieb.:  in  den  sächs.  Städten;  Zuchthaus;  bei 
lorga,  Säte  310  belegt  um  1764.  (Vgl.  auch  Stinghe,  Doc  II, 
168:  ^taus,  Kronstadt  1799,  hier  aber  rein  deutsch.) 

^ucär  n.,  Ban.r  Zucker.    Wg.  Jb.  III,  329. 

(ucärä,  adj.  fem.,  fasole  ^ucarä,  Bunu;  haricot  commun. 
Dame  IV,  186.  —  Art  süßer  Bohnen.  Säin,  II,  402.  —  Ei 
nach  San.  d.  Zucker. 

vahmaistru  m..  Buk.;  Wachtmeister.  Dug.-Op.  (Vgl. 
Cihac  II,  443  und  Sanzewitsch,  Jb.  U,  212.) 

vali  n.,  pL  -uri,  Walzer.  S&in.  U,  410.  Bar.  —  N.  Fili- 
mon,  Ciocoil  yechi  si  noi  (BibL  p.  to^I)  U,  28:  Monotonul 
menuet,  dan^ul  dasic  al  saloanelor  europene,  sältätoarea  cra- 
coiianS,  cotillionul  fi^n^uzesc,  val^l  Nem^ilor.  —  Ei  d. 
Waker  (vgl  Säin.). 

T&l^uesc  V.,  walzen.    Säin. 

Yanä  £,  Sieb^  Mold.;  Wanne,  Waschfaß.  Dame  IV,  210. 
(Zur  Ei  Tgl.  auch  magy.  yanna.  Lumtzer-Melich  259. 

yatft  f.,  Bum.,  Sieb.;  Watte.  S&in.  I,  501.  Dam6  IV, 
213.  Dazu  Yätuesc  v.,  wattieren;  yätuialä  f.,  Wattierung 
(Dame). 

yegmaistru  m..  Buk.;  Wegmeister.    Dug-Op. 

yehter  m-,  Buk.;  Wächter.    Dug.-Op. 


—    218    - 

verbuesc  t.,  Sieb.;  (Soldaten)  anwerben.  Molnar  259.  — 
Et  d.  werben  +  rum.  -neso. 

Terbnnc  n.,  oder  verbuncS  £,  Sieb.;  Werbung.  L.  B.  750. 
S&in.  U,  412.  (Siebe  b&rbunc!)  —  Das  Wort  kommt  aadi  in 
Mnscel  in  einer  eigentümlichen  Bedentang  vor:  „Zeit  der 
Dauer  einer  Ejankheit** ,  z.  B.  degeaba  umbli  dupfi  doctoru 
plni  nu  81-0  face  ea  verbuncu.    ßftd.-Cod.  78.    (Etklämng?) 

verbuncas  m.,  Sieb.;  Werber.  L.  B.  750.  —  N£  vor- 
boncas,  Ban.;  flbertragen:  Spion,  verdfichtige  Person.  Pop.- 
BSn.  38:  Dar  tu  vorboncasule,  ce  te  tot  Intorci  p'aci,  ca  oaia 
in  culca|.  —  Et  Rum.  Ableitung  von  verbunc  (YgL  auch 
magy.  yerbunkos  L.  B.) 

verbuncesc  v.  Wal.:  Muscel;  in  die  weite  Welt  hinaus- 
wandem;  a  yerbunci  In  lumea  largS.  RSd.-Cod.  78.  —  Et 
Ableitung  von  verbunc. 

▼estä  f.,  Sieb.  Buk;  Weste.    Bar.,  Dng.-Op. 

viclibus  m.,  Ban.:  Soldatenausdruck;  —  Offiziersbursche. 
—  Et  aus  d!  „wirklicher  Bursche".    Wg.  Jb.  III,  330. 

vicsuesc  V.,  Ban.;  wichsen  (Stiefel).  Hodos  Pp.  186 
(488):  Ca  i'asarfi  1-am  väzut  |  Cu  cizmele  vicsuite,  |  Cu  mu- 
ste^le  sucite.    (Surducu  mare.) 

vilait  oder  filait,  Ban.;  o  fost  mult  cv>,  es  waren  eine 
Menge  Menschen.  —  Et  d.  viele  Leute.    Wg.  Jb.  III,  330. 

vingälac  n.,  Buchdruckerausdruck;  —  Winkelhaken. 
S&in.  I,  501.    (Vgl.  auch  Cihac  II,  457.) 

vorboncas  siehe  verbunca^! 

za^  n.,  pl.  -urT,  Buchdruckerausdruck;  Satz.  S&in.  1, 501.  Bar. 

ze^r,  zä{;ar  m.  Buchdruckerausdruck;  —  Setzer.  Noua 
revistS  rom.  IV,  280:  Dar  si  acestea  slnt  scuzabile,  avlnd  tn 
vedere  une-ori  vina  ze^rilor.  —  Et  ze{»r  geht  direkt  auf  d. 
Setzer  zurCLck;  in  z&^r  ist  entweder  e  dialektisch  nach  z  zu 
ä  geworden  oder  wir  haben  eine  rum.  Ableitung  von  za^ 

ze^esc  V.,  Buchdruckerausdnick;  —  setzen.  SÜn.  I,  501. 
(Vgl  auch  jetuesc.) 


—    219 


Zweiter  Teil. 

Bom&iiische  Dorfnamen  sikshsischen  ürspnmgs 
in  Siebenbflrgen, 

A.  SeschiehtKohe  Vorbemerkungen. 

Die  Dor&amen,  mit  denen  wir  es  hier  za  kin  haben, 
gehören  größtenteils  ursprünglich  rein  sächsischen  Dörfern 
an,  in  denen  sich  im  Laufe  der  Zeiten  auch  Rumänen  fest- 
gesetzt haben,  so  daß  heute  Sachsen  und  Rumänen  neben 
einander  in  demselben  Orte  wohnen.  Zu  einem  geringeren 
Teile  aber  sind  es  die  Nameu  solcher  Ortschaften,  in  welchen 
das  Deutschtum  infolge  der  Unbill  der  Zeiten  untergegangen 
ist  und  heute  nur  noch  der  Name  des  rumänisch  gewordenen 
Dorfes  von  der  sächsischen  Niederlassung  zeugt 

Die  Ursache  davon,  daß  in  der  Tat  viele  sächsische  Ge- 
meinden ihre  deutsche  Bevölkerung  vollständig  verloren  haben, 
ist  vor  allen  Dingen  in  den  vielen,  äußerst  grausamen  Kriegen 
TM  suchen,  die  Siebenbürgen  heimgesucht  haben.  Zuerst  war 
es  der  Mongoleneinfall  von  1241,  der  das  Land  in  entsetzlicher 
Weise  verheerte.  Am  schwersten  litt  der  Norden,  wo  Rodna, 
damals  eine  deutsche  Stadt,  verwüstet  wurde,  dann  Kronstadt, 
Hennannstadt  und  Mühlbach.  Noch  schwerere  Verluste  er- 
litten die  sächsischen  Siedlungen  in  den  Türkenkriegen,  die 
drei  Jahrhunderte  hindurch  beständig  das  Land  durchtobten. 
Um  1479  ist  in  Bärendorf  und  in  den  benachbarten  Gemeinden 
die  sächsische  Bevölkerung  untergegangen«  (Vgl.  Wolff,  DN, 
S.  19.)  Nach  dem  Abzüge  der  Türken  ließen  sich  Rumänen 
in  den  leer  gewordenen  Ortschaften  nieder.  Nicht  besser  als 
der  Brooser  Siedelung  erging  es  auch  dem  Leschkircher  Stuhl, 
der  zweimal,  im  XV.  und  im  XVTI.  Jahrhundert  von  den 
Türken  völlig  verwüstet  wurde:  „da  haben  Eulenbach,  Hoch- 
feld, Ziegentfaal,  Bägendorf  und  Sachsenhausen  ihre  deutschen 
Anwohner  verloren,  rumänische  Siedler  vom  linken  Altufer 


—    220    — 

zogen  in  sie  ein.*'  (Wol£^  DSN,  S.  17.)  Ähnlich  hat  auch 
die  Gegend  um  Mühlbach  schwer  za  leiden  gehabt  Daß 
Säsciori  (magy.  Szasz-Gsör)  einmal  sächsisch  gewesen  sein 
muß,  beweist  schon  sein  Name.  Im  Jahre  1601  würde  Reichau 
(magy.  Rehö,  nun.  Reh&ü)  von  den  Söldnertruppen  des  Voj- 
Yoden  der  Walachei,  Michael  des  Tapferen,  yemichtet,  so  daß 
nur  fünf  Einwohner  mit  dem  Leben  davonkamen.  Ähnlich 
erging  es  Langendorf  (Lancräm)  nördlich  von  Mühlbach.  (Vgl. 
zu  den  vorangegangenen  Daten  auch  Fr.  Schuller,  Yolks- 
statistik  der  Siebenbürger  Sachsen,  A.  Kirchhoff,  Forschungen 
zur  deutschen  Landes-  und  Volkskunde  IX,  26  ff.) 

Andere  Gemeinden  verloren  schon  frühzeitig  ihren  rein 
sächsischen  Charakter  dadurch,  daß  sie  von  den  Stühlen  los- 
getrennt wurden,  sei  es  durch  die  Fürsten,  sei  es  durch  ,.die 
nach  der  Weise  der  Adligen  lebenden''  Sachsen.  So  sind 
schon  im  Jahre  1322  Neudorf,  Malmkrog,  Peschendorf,  Kreisch, 
Bauthal  und  Felsendorf  vom  Sachsenlande  losgerissen  worden 
(vgl  Wolff,  DN,  S.  75)  und  ähnlich  erging  es  noch  zahlreichen 
anderen  Ortschaften. 

Ich  habe  nur  einige  Beispiele  herausgegriffen,  da  es  nicht 
meine  Aufgabe  sein  kann,  diese  Vorgänge  im  einzelnen  zu 
verfolgen,  sondern  solches  historischen  Spezialarbeiten  über- 
lassen werden  muü. 

Allmählich  drangen  die  Rumänen  auch  in  die  sächsischen 
Stühle,  die  ihnen  früher  verschlossen  gewesen  waren,  als 
Hörige  und  Landarbeiter  ein  und  setzten  sich  in  den  säch- 
sischen Dörfern  fest  Doch  waren  sie  hier  nur  geduldet  und 
es  kam  nicht  selten  vor,*  daß  man  sich  [ihrer  zu  entledigen 
suchte.  Noch  1776  geschah  ein  solcher  Versuch«  (Vgl.  Tran- 
süvania  XXXU,  81  ff.) 

Alle  diese  Vorgänge  im  Besonderen  zu  verfolgen  ist  auf 
Grund  des  heute  zur  Verfügung  stehenden  Materials  noch 
nicht  recht  möglich.  Ich  muß  mich  hier  begnügen  nach 
6.  Bogdan-Duicä,  Statistica  Rominilor  din  Transilvania  in 
1733  (Convorbiri  literare,  XXX,  632  ff.)  zwei  Ox  die  Aus- 
breitung   des    rumänischen  Elementes    charakteristische  Be- 


—    221     — 

merknngen  anzuführen.  Im  Jahre  1661  schrieb  der  Venezianer 
Alois  Molin  in  einem  Bericht  über  Siebenbürgen:  „Si  divide 
in  tre  nationi,  Siculif  Sassoni  et  üngheri,  oltre  alcuni  Yalachi 
gente  libera  sparsi  nelle  parti  piü  deserte  di  essa.*'  Ein 
Menschenalter  später  entwarf  ein  Jesuit  folgendes  Bild  Yon 
den  Siebenbnrger  Rumänen:  „Sunt  sparsi  Transilvania  tota 
ipsaque  Sicnlia,  in  fnndis  etiam  et  sedibus  Saxonum.  Non 
pagos,  non  oppidum,  non  suburbium  est,  quod  suis  careat 
Valachis.''  (Symbolae  ad  illustrandam  Historiam  Ecdesiae 
Orientalis  in  terris  Coronae  S.  Stephani  a  Nicoiao  Nilles 
S.  L  editae,  Oeniponte  [Innsbruck]  1885,  I,  142.)  Aus  dem 
Jahre  1733  besitzen  wir  dann  die  erste  zusammenhängende 
Statistik  der  Siebenbürger  Rumänen. 

Die  Dor&amen,  die  wir  hier  betrachten,  sind  also  zu 
sehr  verschiedenen  Zeiten  von  den  Rumänen  entlehnt  worden. 
Manche  sind  auch  durch  das  Magyarische  yermittelt  worden, 
andere  sind  Übertragungen  des  sächsischen  Namens  in  das 
Rmnänische,  wie  Noul  =  Neudorf,  Rosia  >=  Rotkirch.  Diese 
habe  ich  natürlich  nicht  in  das  Glossar  aufgenommen. 

Wir  können  den  Vorgang  der  Entlehnung  nach  dem 
Gesagten  etwa  um  1700  als  abgeschlossen  betrachten.  Für 
die  Zeit  der  Entlehnung  im  einzelnen  bietet,  neben  dem 
Historischen,  yielleicht  auch  die  lautliche  Gestalt  der  Namen 
einen  Anhaltspunkt  Schon  Wolff  (DSN,  20)  bemerkt  an  einer 
SteDe,  wo  er  über  Dorstadt  spricht:  „Die  alte  Form  des 
Namens  haben  auch  hier,  wie  auch  in  einigen  anderen  Fallen, 
am  besten  die  Rumänen  bewahrt,  vermutlich  auf  dem  ersten 
Stand.  Das  war  um  so  leichter  als  der  Name,  mit  dem  Orte 
ziemlich  firühe  dem  deutschen  Leben  entrückt,  von  der  for- 
mellen Entwicklung  des  Dialekts  unberührt  blieb."  Ähnlich 
sagt  Bosch  (BFN,  S.  27):  „Die  magy.  und  rum.  Formen  be- 
wahren den  ursprünglichen  Namen  zumeist  genauer  als  die 
lange  Zeit  der  offiziellen  Schreibart  und  -unart  unterworfenen 
Dentachen."  In  der  Tat  weichen  die  rumänischen  Namen  in 
sehr  Tielen  Fallen  von  den  heutigen  sächsischen  Formen  ab 
und  es  müssen  ihre  Etyma  in  älteren  urkundlich  belegten 


—    222    — 

Formen  gesucht  werden.  Es  genügt  wol  hier,  ab  Beispiel 
anzuführen,  daß  -dorf  im  RumSnischen  ebenfiedls  als  -dorf  er- 
scheint, wahrend  es  im  Sachsichen  zu  -derf  (phonetisch  dr( 
di^f  Tgl.  Scheiner,  Ma.  §  30,  2)  geschwächt  ist  (Vgl  WoU^ 
DN,  passim);  oder  deutsch  -thal,  altss.  -dal  «»^  rum.  deal, 
modern  ss.  -In.  Das  rum.  Nocriht  läßt  sich  aus  dem  heutigen 
Namen  Leschkirch  gar  nicht  erklären;  während  urkundlich 
der  Name  Nogrech  belegt  ist 

Aus  dem  Vergleich  mit  den  urkundlichen  Formen,  die 
als  Etyma  angenommen  werden  müssen,  läßt  sich  vielleicht 
manches  für  die  Chronologie  der  Entlehnimg  gewinnen.  Doch 
ist  dabei  große  Vorsicht  geraten,  da  jene  oft  willkürlich  TOin 
Schreiber  entstellt  und  überdies  wie  Eigennamen  auch  sehr 
konservativer  Natur  gewesen  sind  und  die  Lautwandlungen 
erst  viel  später  mitgemacht  haben.  Eine  historische  Ghranmiatik 
des  Sächsischen  fehlt  aber  noch,  vielleicht  sind  die  Quelkn 
auch  zu  spärlich  zu  einer  solchen.  Es  wäre  z.  B.  interessant 
zu  wissen,  wann  die  Schwächung  von  -dorf  zu  -derf  statt- 
gefunden hat  Das  alleinstehende  rum.  Beispiel  Cloasterf  er- 
scheint offenbar  als  eine  jüngere  Entlehnung  gegenüber  Apus- 
dorf  etc.  Alte  Entlehnungen  sind  hinwieder  die  Namen  auf 
-deal,  oder  solche  wie  Sona,  urk.  Schona  im  15.  Jahrhundert, 
modern  Schinen;  Do|tat,  modern  ss.  Dtrstet;  Sura-mare,  urk. 
Grossschwren  oder  -schwren  1465,  modern  Scheiem;  Colon 
urk.  Colonia  (=  Köln)  und  andere. 

Ich  mußte  mich  bei  meiner  Zusammenstellung  im  all- 
gemeinen damit  begnügen,  wenn  möglich,  das  Etymon  fesir 
zustellen  und  einzelne  chronologisch  wichtige  Bemerkungen 
meiner  Quellen  anzuführen. 

Zum  Schlüsse  dieser  einleitenden  Vorbemerkungen  sei 
noch  das  Nötige  über  Quellen  und  Anordnung  des  Stoffes 
gesagt 

Die  heutigen  rum.  Namen  der  betreffenden  Dörfer  habe 
ich  entnommen  aus:  Bemus  Rosea,  Leziconul  comunelor  bise- 
ricesti,  Sibiiü  1894,  oder,  insofern  sie  da  fehlten  aus:  Siema- 
tismulu  veneratnlui  Cleru  alu  archidiecesei  metropolitane  greeo- 


—    223    — 

catolice,  Blasia  1896.  Das  daraus  entnommene  wird  ohne 
Zitat  angeführt  Ob  die  Namen  hier  immer,  besonders  auch 
phonetisch,  exact  verzeichnet  sind,  ist  indes  sehr  zweifelhaft, 
wozu  bei  letzterer  Zusammenstellung  auch  noch  die  alte,  lati* 
nisierende  Orthographie  störend  hinzukonunb  Ich  habe  hier 
und  da  auf  offenbar  Fehlerhaftes  hingewiesen.  Daneben  be- 
nutzte ich  BbsE.  A.  Bielz,  Handbuch  der  Landeskunde  Sieben- 
büi^ens,  Hermannstadt  1857.  Doch  führe  ich  daraus  nur 
Abweichendes  an.  Die  älteren  rum.  Formen  sind  entnommen 
aus  W  =  Karl  Gottlieb  von  Windisch,  Geographie  des  Groß- 
foistentums  Siebenbürgen,  Preßburg  1790.  Doch  sind  sie  hier 
mit  magyarisch-deutscher  Orthographie  wiedergegeben  und  oft 
dermaßen  entstellt,  daß  sie  gar  nicht  verwendet  werden  können. 
Als  verhältnismäßig  sichere  Quellen  konnte  ich  dagegen  an- 
sehen: Pusc.  Doc.  und  Stinghe  Doc.  Das  über  W  gesagte 
gilt  wenn  auch  nicht  in  demselben  Maße  von  zwei  alten  xum. 
Statistiken:  die  eine  vom  Jahre  1750,  veröffentlicht  von 
A.  Bunea  in  der  Transilvania  XXXTT,  237 ff.,  die  andere  von 
1733,  veröffentlicht  von  N.  Togan,  Trans.  XXTX,  169ff  Bei 
den  daraus  entnommenen  Formen  wird  jedesmal  die  Jahres- 
zahl angegeben.  Auch  hier  muß  die  magy.-deutsche  Ortho- 
graphie sehr  in  Rechnung  gezogen  werden.  Übrigens  scheint 
die  von  1750  in  Bezug  auf  Schreibung  die  genauere  zu  sein. 
In  beiden  fehlen  die  Gemeinden  der  Kronstädter  Gegend. 

Die  deutschen  Namen  sind  entnommen  aus  B  und  femer, 
ebenso  wie  die  siebenbürgisch-sächsischen  aus  zwei  vorzüg- 
lichen Arbeiten  von  J.  Wolff:  1)  Wolff  Dn.  «=  Die  deutschen 
IX^bamen  in  Siebenbürgen,  eine  sprachliche  und  geschicht- 
liche Untersuchung,  Hermannstadt  1881;  2)  Wolff,  DSN  = 
Deutsche  Dorf-  und  Stadtnamen  in  Siebenbürgen,  Programm 
des  ev.  Gynmasiums  in  Mühlbach,  Hermannstadt  1891.  Diesen 
beiden  Werken,  denen  ich  manche  Winke  und  Anregungen 
verdanke,  sind  auch  urkundliche  Formen  entnommen,  die  ich 
sonst  nicht  belegen  konnte.  Leider  konnte  ich  die  sieb.-sächs. 
Fonnen  nicht  überall  angeben,  da  meine  Quellen  dazu  nicht 
ausreichten,  doch  glaube  ich,  daß  sie  in  den  meisten  Fällen 


—    224    — 

entbehrlich  sind,  da  das  Romanische  auf  ältere  Formen  zu- 
rückgeht 

Im  übrigen  sind  die  urkundlichen  Formen  aus  Urkb.  und 
aus  Sprdm. 

Die  Reihenfolge  der  Namen  ist  leicht  zu  übersehen  und 
folgt  derjenigen  der  hier  angezählten  Quellen.  Zum  Ver- 
gleich habe  ich  überall  noch  den  magyarischen  Namen  an- 
gefahrt und  der  geographischen  Bestimmung  wegen  das 
Komitat,  und  zwar  bezeichnet:  Gbr.-E.  das  Groß-EocUer,  F.  das 
Fogarascher,  H.  das  Hermannstädter,  Hu.  das  Hunyader,  KL-E. 
das  Elein-Eockler,  Er.  das  Eronstädter  und  Ü.-W.  das  Unter- 
weißenburger  Eomitat. 

B.  Glossar. 

Agnita,  Agnita  1750,  Agnetta  1733;  d.  Agneteln,  urk.: 
Agneten  1583.  Sprdnt  98  (Agnetendal  1467.  Eeintzel  Hk. 
17);  magy.  Szent-Agotha.    G.-E. 

Aldorf  B.  Aldorff  1750,  Altroff  1733;  d.  Wallendorf;  urk: 
Waldorf  IJrkb.  I,  200;  magy.  Aldorf.  (Der  Aus&U  des  an- 
lautenden W  ist  unerklärlich.  Der  Name  kommt  übrigens 
in  den  Schematismen  nicht  vor.)    B.-N. 

Al^ina,  dialektisch:  Al^tna,  Ol^ina  B.,  Alczina  1750,  -cs- 
1733;  d.  Alzen,  urk.:  Olchona  1291.  Urkb.  I  590,  Altzena 
1432.    Sprdm.  54;  magy.  Alczina.    H. 

Apusdorf,  Apostdorf,  Apesdorf  B.  Aposdorff  1733;  d. 
Abtsdorf  ss.  Apesterf  urk  Apesdorf  1495  Wolff  Dn.  14.  Aus 
Apäsdorf  hat  sich  durch  Einfluß  des  Labialen  Aposdorf  ent- 
wickelt Daneben  fuhren  B.  W.  und  Wolff  noch  ein  rum. 
Tap  an,  das  letzterer  aus  dem  sächs.  z(e)-Ap(esdorf)  erklärt; 
magy.  Apatfalva.    (Jr.-£ 

Bachnea,  Bacna  B.,  Bahnya  1750,  Bahnije  1733;  d.  Bachnen, 
urk.  Bahna  1291.  Urkb.  I,  187,  magy.  Bonyha,  EL-K  (Vgl 
aber  auch  Bahna  (slay.),  ein  in  Rum.  verbreiteter  Dor&ame.) 

Bendorf  (so  überall;  Bendorff  1733);  nur  bei  W.  Bentze- 
dor.    D.  Bägendorf,  ss.  Boejenderf,  urk.  Begendorf,  Ende  des 


—    225    — 

XIV.  Jahrhunderts  Wolff  Dn.  17.  Auch  ist  schon  im  Ss.  die 
kontrahierte  Form  bendorf  1393  belegbar.  Sprdm.  30;  magy. 
Bendorf.  H.  Anmerkung:  Das  Dorf  ist  heute  rein  rum.  B. 
macht  (S.  410)  die  Bemerkung:  „wurde  in  den  Bedrängnissen 
des  17.  Jahrhunderts  so  hart  mitgenommen,  daß  im  Jahre  1653 
daselbst  nur  ein  einziger  Deutscher  übrig  geblieben  war/ 
(VgL  auch  Wolff  Dn.  17.) 

Berghin,  Bergin  1750,  Berginy  1733;  d.  Blutrot,  urL 
Bervini  villa  1332,  Berven  1554.  Der  Name  stammt  yom  d. 
Personennamen  Berwln.    Wolff  Dn.  21 ;  magy.  Berve.    U.-W. 

Benü,  nach  Wolff  Dn.  19  „in  der  Umgangssprache  Biri 
und  Berin**;  d.  f  Bärendorf,  urk.  [Johannes  de]  Bymi  1332. 
Bereen  1334.  Erst  1486  Beerdorf.  Wolff  a.  a.  0.  magy. 
Bereny.  Hu.  Wolff  meint,  daß  die  mi^.  und  rum.  Form 
bestimmt  auf  älteres  Berin  weisen.  Ebenda  die  Bemerkung« 
„Der  Ort  hat  wie  der  ganze  Brooser  Stuhl  während  der  Türken- 
kriege schwer  gelitten,  ward  1479  wahrscheinlich  verwüstet; 
damals  wird  hier  und  in  den  benachbarten  Gemeinden  das 
Deutschtum  erloschen  sein.  Der  deutsche  Name  ist  dem 
Yolksmunde  verloren  gegangen." 

Besä,  Besehe  1750;  d.  Peschendorf,  ss.  Paschen-,  Paischen- 
dert  urk.  Bese  1322.  Urkb.  I,  361,  Peschendorf  1342.  Wolff 
Dn.  76 — 77.  Wolff  zieht  zum  Vergleich  den  sieb.  Ortsnamen 
Beschenbach  heran;  magy.  Bese  Gr.-K. 

Besimbav  (Tribuna  XVIII,  208),  bei  B  Besimbac,  ebenso 
bei  W.  Besimbach  1750  und  1733  ist  wahrscheinlich  im 
zweiten  Teil  die  unveränderte  deutsche  Form;  d.  Beschenbach, 
Besenbach;  magy.  Besimbäk.    F. 

Biertan  oder  Ohiertan  B  und  so  in  der  Aussprache  des 
Volkes  (vgl  Mold.  Tara  noasträ  347),  schon  bei  W.  Gyertan, 
Bertan  1733  (die  Form  Birta,  Clemens  19  ist  zweifelhaft);  d. 
Birthelm,  ss.  Birthalm  (Eisch  BFN  26),  urk.  Berthalm  1351 
Urkb.  U,  78,  Byrthalm,  eb.  489.  Interessant  ist  die  Form 
Virthalm  1359  Sprdm.  23,  mit  V  statt  B;  magy.  Berethalom. 
Gr.-K. 

Birghis,  Birghif  B,  Bergis  1750  kommt  mit  der  Ortho- 

W ei g and,  10.  Jfthx«sbericht.  15 


—     226    — 

graphie  nicht  nach.  (W  ist  unsicher,  die  Fonn  von  1733 
offenbar  rein  magy.);  d.  Bfbrgesch,  urk  Burges  1428  Sprdm. 
52,  Byrges  1357  Urk.  II,  672.  Der  rom.  Name  kann  auf 
jede  dieser  beiden  Formen  zurückgehen.  Vgl  auch  ptrgar  aus 
purger;  magy.  Börkös.    Ghr.-K 

Blaj  oder  Blas,  d.  Blasendorf  ss.  Bluosenderf;  magy. 
BalazsfalTa.  Gr.  K  Der  Name  dieses  Ortes  stammt  vom 
Personennamen  eines  ehemaligen  Besitzers  Blasius  her,  ein 
bei  den  Sieb.-Sachsen  verbreiteter  Name.  Ich  ffthre  ihn  hier 
an,  weil  der  Ort  nach  Wolff  Dn.  22  TOn  einem  Deutschen  an- 
gelegt worden  ist  und  lange  Zeit  freilich  nicht  ausschließlich 
deutsche  Einwohner  gehabt  hat.  (Zur  G^chichte  des  Ortes 
Tgl.  auch  den  Artikel  m  der  Enciclopedia  rom&nä). 

Bläjel  oder  Blä^el;  d.  Eleinblasendorf,  urk.  yiUa  Blasii 
1332;  magy.  Baläzstelke.    E1.-E. 

Boholi  Bohol^  B  und  W  (S.  249:  „hat  walachische  Ein- 
wohner''); Boholcz  1750,  -tz  1733;  d.  Bucholz,  urk.  Bocholz, 
Urkb.  I,  326  magy.  Boholcz.    Gr.-K. 

Bruiu,  Bruj  1733  (Brülle  Wist  zweifelhaft);  d.  Braller; 
urk,  Brunwiler  1332.  Broiler  1478.  Broiler  und  Braller  1551. 
Wolff  DSN  11—12  zieht  Braunweiler  nw.  von  Köln  zum 
Vergleich  heran,  das  urk.  von  1032  bis  ins  16.  Jahrhundert 
neben  der  vollen  Form  als  Bruwilre,  1499  als  Bruilre  vor- 
konmit.  Aus  einer  ähnlichen  Form  kann  zwischen  1332  und 
1478  das  rum.  Bruiü  entstanden  sein;  magy.  Brulya.    Ghr.-K. 

Bandorf,  Budu  W  ist  nicht  ganz  sicher,  Bondorff  1733; 
d.  Bodendorf,  ss.  Boddenderf,  urk.  bis  Ende  des  16.  Jahr- 
hunderts Buden-,  Bwdendorff.  Von  da  an  ist  o  für  u  vor- 
herrschend. Wolff  Dn.  23.  Wolff  sagt:  „Das  ruuL  Bundorf 
ist  zweifellos  zusammengezogen  aus  Budendorf"  (eb.  24).  Das 
ist  möglich,  doch  scheint  dieser  Annahme  die  altere  rum.  Form 
Bondorff  zu  widersprechen,  falls  diese  nicht  entstellt  ist.  Man 
konnte  dann  an  eine  Anlehnung  an  das  rum.  Wort  bun  denken; 
magy.  Szäsz-Buda,  Qr.-K. 

Bungard,  in  dieser  Form  auch  1750  und  1733,  auch  schon 
1650  belegt  (lorga,  Doc.  Bistr.  I,  97,  129);  d.  Baumgarten, 


—    227    — 

8S.  b9fiert;  Baumgarten.  Kisoh  BFN  26,  urk.  Buogarth  1347. 
Sprdm.  21.  PaumgarUia  eb.  1462.  Bongarfcen  1465  eb.  78. 
Wegen  des  auslautenden  d  ygl.  Scheiner,  Ma.  §  34,  5$  magjr. 
Bongard.    H. 

Calbor,  Eolbor  W  („wird  ebenfalls  von  Walachen  be^ 
wohnt*'}.  Ealbor  1750,  Eälbor  1733;  d.  Kaltbrunnen,  Ealt- 
brunn.  Der  rum.  Name  stammt  offenbar  von  einem  d.  Ealt- 
bom  her,  das  ich  urk.  nicht  belegen  konnte.  Vgl.  auch  Wolff 
Dn.  56;  magy.  Kalbor,  Gr.-K. 

CSlyasftr  B,  CSlbasar  1790.  Stinghe,  Doc.  U,  34  mit 
Wechsel  von  t  zu  b,  Ealtvasser  1750;  d.  £[altwasser,  urk.  rgL 
den  Familiennamen  Ealtwasser  1570.  Eisch  B.  F.  N.  28;  magy. 
HidegYiz.    Gr.-K. 

Gasol^  Cashol^  B,  Easchahoultz  W,  Easchoz  1750,  Easöcz 
1733;  d'.  Eastenholz,  urk.  Castenholz  1302.  Urkb.  I,  225,  Gaste- 
holz  1342  eb.  522.  In  der  letzteren  Form  scheint  die  im  Rum. 
vollzogene  Eontniktion  schon  vorbereitet  zu  sein;  magy.  Her- 
mäny.    H. 

Ca^,  (Eatascha  W),  Kacza  1750,  -tz-  1733;  d.  Eatzen- 
dorf,  SS.  Kätzenderf,  urk.  im  14.  und  15.  Jahrhundert  Kacza, 
Katza  etc.  1532  Kaczendorf  auf  der  Honteruskarte.  (Vgl. 
Wolff  Dn.  58);  magy.  Kacza.    Gr.-K. 

Chirpär  oder  Chirper  auch  bei  B,  Kirchperg  1733  offenbar 
unter  dem  Einfluß  des  deutschen  ! Namens  rekonstruiert;  d. 
Kirchberg,  urk.  Kirchpert  1373  Urkb.  408,  409.  Die  Form  ist 
interessant,  wegen  des  p,  das  auslautende  t  scheint  auf  Ent- 
stellung zu  beruhen,    magy.  Körpod.    H. 

Gincul-mare  oder  Sincu  mare  B;  d.  Groß-Schenk,  urk. 
Shenck  1329  Urkb.  I,  431.  Schenk.  Sprdm.  37.  Vgl.  auch 
den  Familiennamen  Schynker  1648.  Kisch  BFN,  30,  der 
wichtig  ist  wegen  seines  y.  Merkwürdig  ist  der  Übergang 
Ton  Si-  zu  Ci-;  magy.  Nagy-Sink.    Gr.-K. 

Cinc|or  oder  Cincul  mic;  d.  Klein-Schenk;  magy.  Kis- 
Sink    Gr.-E 

Fi|eriii  oder  Ciser  B,  Fischer  1733;  d.  Schweischer;  die 
rum.  Form  Fiseriü  stammt  wahrscheinlich  von  einer  alteren 

15* 


-     228    — 

SS.  Form  mit  i,  in  der  die  schwierig  auszusprechende  Laut- 
verbindung  sv-,  sf  Terein&cht  worden  ist  durch  Ausfinll  des  s. 
Ci|er  scheint  mir  nicht  ganz  sicher;  magy.  Söv^nyseg.  Gr.-E. 

Ciucmandru,  Cicmandru  B,  Czikmandru  1733;  d.  Zuck- 
mantel, urk.  Ghekmantul  1325  Urkb.  I,  394  (das  ch  kann  so- 
wohl den  Laut  ts  als  c  bezeichnen)  czukmantel  1491.  Sprdm.  123. 
Der  Übergang  des  ts  zu  c  ist  unklar;  magy.  Czikmandor.  K1.-K. 

Cloa^terf,  Gloasterf,  (Elottsdorff  1733  ist  offenbar  ent- 
stellt); d.  Elosdorf,  sächs.  Elins-,  Kllsterf,  urk.  Glosdorf  1418. 
Sprdm.  43.  Glosdorff  150  eb.  143.  Zur  Erklärung  der  nun. 
Form  müssen  wir  ein  ss.  '*'Klosterf  ansetzen,  das  zvriischen  der 
heutigen  mundartlichen  und  den  urk.  Formen  stunde;  magy. 
Miklöstelke.    Or.-E. 

[Gluj  oder  Glus;  d.  Klausenburg;  magy.  Kolozsvär;  leitet 
Tiktin  von  einem  „sächs.  IQuse-Elause**  ab.  Es  ist  indessen 
möglich,  ja  wahrscheinlich,  daß  die  rum.  Form  aus  dem  Magy. 
entlehnt  ist.  Dafür  spricht  schon  die  Form  Glujvar  die  Tiktin 
aus  Miron  Gostin  zitiert  Urk.  heißt  die  Stadt  im  ürkb.  nur 
Gluswar  oder  Glusenburg;  Glus,  Elus  etc.  der  Komitai  ürkb. 
II,  681.] 

Golun,  auch  bei  W,  Eolun  1750  und  1733;  W  macht  die 
Bemerkung:  „mit  lauter  walachischen  Einwohnern  an  dem 
Altflusse";  d.  Eolun  (nach  dem  Rum.  und  Magy.)  urk.  Golonia 
(=r  Eöln)  Urkb.  I,  358.  Rum.  Golun  stammt  offenbar  von 
einer  altsächs.  Form  des  Namens  ab;  —  magy.  Eolun.    F. 

GrisbaY  oder  Crizbav,  Grisbavul  1780.  Stinghe,  Doc.  I, 
293,  auch  1787  Pasc.  Doc.  141.  (In  Erizbat  W  beruht  das  t 
auf  Entstellung);  d.  Erissbach,  urk.  Erisbach  1462.  Sprdm. 
magy.  Erizba.    E. 

Gris,  Erisch  1750,  Eriss  1733;  d.  Ereisch,  urL  Grys  1309 
Urkb.  I,'  240.     Crissh  1309  eb.  247;  magy.  Eeresd.    Gr.-E 

Gri^  (bei  B  vielleicht  Druckfehler  Gri|,  bei  W  Erutscha 
«>  crucea,  eine  Übersetzung  des  d.  Namens,  1733  Erit  wahr- 
scheinlich auch  ein  Verschreiben);  d.  (Deutsch-)  Ereuz,  urk. 
Cruz  1322  Urkb.  I,  358,  Grutz  1418  Sprdm.  43;  magy.  Szäsz- 
Eeresztür.    Gr.-E. 


—    229    - 

Cnrciü  (bei  BCris?);  Kürcs  1750,  Kurts  1733;  d.  Kirtsch, 
nrk.  Eewmz  1337  Sprdm.  13.  Eewrcs  1502  eb.  152.  (Eörtz 
1350  ürkb.  II,  158);  magy.  Koros.    Kl.-E. 

[Daia,  Dajie  W,  Dalya  1750;  d.  Thalheim,  urk.  im  14. 
und  15.  Jahrhundert  Dalheim,  Dalheym,  Dalhajm;  mundari- 
lich  schon  im  14.  Jahrhundert  Dalhem,  Dalem,  1494 — 1507 
Dalham  in  Hermannstadter  Rechnungen.  Der  Übergang  des 
a  in  o  beginnt  seit  1490  (vgl.  Wolff  DSN  7—8).  Es  ist  nicht 
unmöglich,  daß  die  rum.  Form  aus  einer  alten  mundartlichen 
Form  des  Sachs,  stammt  Daneben  käme  noch  die  magj. 
Form  Dalya  in  Betracht,  die  aber  ihrerseits  doch  wieder  auf 
das  Sachs,  oder  Rum.  zurückgehen  muß.  Bei  B  lautet  sie 
übrigens  Dolm&ny.  H.  (Es  gibt  im  ganzen  5  Dörfer,  die  den 
Namen  Daia  tragen.)    Vgl.  auch  WolfiF  Dn.  28f.] 

Dirlos;  d.  Durles,  (urk.  Darlaz  Urkb.  II,  685  in  magy. 
Form);  mi^.  Darlacz.    E1.-K. 

Dostat  oder  Dostat  B,  Dostat  1750;  d.  Thorstadt»  ss. 
Dlrstei  Wolff  DSN  20.  Urkundlich  konnte  ich  den  Namen 
nicht  belegen.  Die  rum.  Form  geht  auf  ein  älteres  Dorstat 
zurück  wie  z.  B.  Goos  schreibt;  magy.  Hosszütelke.    U.-W. 

Dupti|dorf,  DupSsdorf  B,  Dupesdor  W,  Dupostorff  1750, 
Dupustdorff  1733;  d.  Tobsdorf,  ss.  Toppesterf,  urk.  Thobes- 
dorisr  1510.  Im  17.  Jahrhundert  fast  durchgängig  Toppesdorf. 
Wolff  Dn.  95.  In  dem  urk.  aus  dem  Jahre  1508  belegten 
Eigennamen  Dobesdorffer  (eb.)  haben  wir  die  der  rum.  nachst- 
li^ende  Form  mit  D.  Die  Entwicklung  scheint  folgende  zu 
sein:  Dnpäsdorf  mit  Übei^ang  des  unbetonten  o  in  u,  dann 
Dapnsdorf  durch  Yokalharmonie;  magy.  Tablas.    Or.-K. 

Feisa,  Fajsza  1750,  Faisz  1733;  d.  Füßen,  bei  W:  „Feissen 
(offenbar  ss.),  auch  Füsselen'';  urk.  ist  der  davon  abgeleitete 
Eigenname  Feissner  zum  Jahre  1505  belegt.  Kisch  BFN  27. 
Auf  dieser  alteren  Form  beruht  die  rum.;  magy.  Faisza.  KI.-K. 

Fel^,  Felsa  B,  (Felgye  1733);  d.  Felsendorf,  bei  W  Felzen 
oder  FeLcendorf,  ss.  Falzen-,  Feälzenderf ;  urk.  Yelsendorf  1340. 
Wolff  Dn  38.  Doch  ist  auch  urk.  die  Form  mit  ss.  Iz  fttr  Is 
belegt:  Vilzendorfh  1340.  Urkb.  I,  504;  magy.  Földszfn.  Ghr.-K. 


—    ?30    — 

Fofddea  (Hochfeldja  W),  Fofelde  1750,  Fö-Felde  1733 
(mit  magyarisiertem  F£-);  d.  Hochfeld,  ss.  Hiufeld,  Hlföld. 
Wolff  Dn.  54;  urk.  Hofeid  1382,  1487.  Sprdm.  29,  113.  Die 
nun.  Fonn  geht  auf  diese  ältere  zurück.  Den  Übergang  des 
andeutenden  h  in  f  erkläre  ich  durch  Assimilation  und  glaube 
nicht,  daß  er  mit  derselben  Erscheinung  im  Auslaut  und  yor 
t  zu  identifizieren  sei.  Eigentümlich  ist  die  rum.  Nebenfonn 
FoYentea;  magj.  Fofeld.    H. 

Friua,  Frioa  1750,  Frua  1733;  d.  Frauendorf,  ss.  Frcen- 
derf  (vgl.  bei  W  Frändorf.  Sollte  in  der  Tat  1790  -dorf  ss. 
noch  -dorf  gelautet  haben?)  urk.  Frauendorf  1510,  1516.  Wolff 
Dn.  42.  Ich  glaube,  daß  der  rum.  Name  aus  einer  älteren  ss. 
Form  mit  Aus&ll  von  -dorf  (eine  nicht  ungewöhnliche  Er- 
scheinung) und  Yolksetymologischer  Anlehnung  an  frlu  ent- 
standen ist;  magy.  Asszonyädya.    6r.-E. 

Gherdeal,  (Ghirdale  B),  Gyai^al  1750  und  1733;  dl 
Gürteln  aus  Gertrudenthal,  -dal.  (Wolff  DSN  17,  18.)  Das 
rum.  scheint  auf  eine  altere  ss.  Form  zurückzugehen,  magy. 
Gerdäly.    Gr.-K. 

Ghijasa  oder  Ghisasa  de  jos  (Ghiza^a  B),  Kisasa,  Kisaza 
1733;  d.  Ünter-Gesaß',  urk.  Gesez  1335.  Urkb.  I,  466.  Seez 
1364  eb.  II,  208.  Aus  Gesez  mußte  ganz  lautgerecht  rum. 
'^'Ghijeasa  >  Ghijasa  werden;  magy.  Gezes.  Gr.-K.  (Bei  W, 
159  die  Bemerkung:  „ward  von  den  Sachsen  angelegt,  die 
aber  von  den  Walachen  verdränget  worden.^) 

In  der  Nähe  des  genannten  befindet  sich  ein  zweites  Dorf: 
Ghijasa  de  sus  etc.;  Ober-Gesäß;  Felsö-Gezes.    Gr.-E. 

Ghimbav  (Weigand,  YUI.  Jb.  315  schreibt  phonetisch 
gimbaf),  schon  1787  belegt  Pu|c.,  Doc.  140,  und  1780  Stinghe, 
Doc.  293;  d.  Weidenbach,  urk.  Vidembach  1366.  Sprdm.  24. 
Wydenbach  1455  eb.  61  etc.  Die  rum.  Form  ist  Yollkonmien 
lautgerecht  entwickelt.  Die  Kontraktion  könnte  vielleicht 
schon  im  Sachs,  stattgefunden  haben.  —  magy.  Vidombak. 
Sj*.  —  Das  Dorf  liegt  am  Weidenbach,  rum.  GhimbifeL 
Clemens  31.  (Zum  Übergang  des  y  in  s  ygl.  Tätaf,  Täta;!, 
Tätasel  und  den  Namen  Ghimbäsanu). 


—    231    — 

Ghirbom  (Glrboü  B  scheint  auf  dem  Magy.  zu  beruhen) 
(ebenso  Girboy  1750);  d.  Birnbaum,  urk.  Bjryum  1345.  Urkb. 
II,  24.    Birbom  1387  eb.  617;  magy.  Olah-Girbö.    XJ.-W. 

Gusu;  d.  tQießhübel,  urk.  Gussubul  1341.  Urkb.  I,  514. 
Aus  einer  ahnlichen  Form  scheint  die  rum.  entstanden  zu  sein; 
magy.  Eis-Ludas.   XT.-W. 

Hfilhiu  (Helfa  B),  als  Hi^u  schon  zum  Jahre  1780  be- 
legt Stinghe,  Doc.  293.  Helhiu  Clemens  49;  d.  Heisdorf,  ss. 
Hals-,  Haljsterf;  urk.  Heltwen  1377.  ürkb.  U,  480.  HeweU 
hwen  1427.  Ende  des  15.  und  im  16.  Jahrhundert  Heltwin, 
Holtwyn  etc.  (ygL  Wolff,  Dn.  51).  Die  Entwicklung  ist  un- 
klar. —  mi^.  Holtöväny.    Kr. 

Hamba  (Hambac  B),  Hambav  1750,  Hamba  1733;  d.  Hahn- 
bach, urk.  Hanbach  1349.  Hambach  1433.  Sprdm.  21,  54. 
Merk?rürdig  ist  der  Ausfall  des  auslautenden  v;  magy.  Eakas- 
falva.  H.  (Vgl  auch  den  von  Hambav  abgeleiteten  Personen- 
namen: Hämbifan.) 

Hendorf  (Hejdor  W),  Hendorf  1750;  d.  Henndorf,  ss. 
Henderf,  urk.  Hendorf  1369.  Sprdm.  25  etc.;  magy.  H^gen. 
Gr.-K. 

Henig,  Hening  B,  Henig  1750;  d.  fHenningdorf  „Der 
Sachs.  Name  Hennengterf  wird  nur  noch  in  den  benachbarten 
Sachsengemeinden  gehört''  Ob  es  eine  deutsche  Gemeinde 
besessen  und  woher  ist  ungewiß.  Urk.  Hennug-  und  Hening- 
falTa  1380  (vgl.  Wolff,  Dn.  51).  Im  14.  Jahrhundert  kommt 
der  Name  Henning  auch  als  Hennig  vor  (Urkb.  I,  572).  — 
magy.  Heningfalva.    U.-W. 

Holbay,  schon  1787  Pu;c,  Doc.  143,  Holbab  1750  (Hol- 
bach 1733);  d.  Holbach;  magy.  Holbäk.    F. 

Hosman,  Hol^an  B,  auch  1750;  d.  Holzmengen;  urk. 
Holzmeina  1317—20.    Urkb.  I,  325.  —  magy.  Hoszmany.    H. 

Hundorf,  Hundor  W,  -f  1750,  -ff  1730;  d.  Hohndorf,  ss. 
Huin-,  Hlnderf,  urk.  Hondorf  1467.  Sprdm.  83,  Hondorph 
1376.    ürkb.  II,  447.    magy.  Hondorf.    K1.-K. 

Hundrubechiü  (wahrscheinlich  -behl  zu  lesen),  Hunderbec 
B  und  W,  Hondorb^k  1750);  d.  Hundertbücheln,  urk.  hundert- 


—    232    — 

puchlen  1355.  Sprdm.  21,  hundertbüchel  1374  eb.  27.  Die 
ram.  Form  beruht  auf  einer  ss.  mit  dialektischem  e  oder  ob 
fftr  ü.  Das  zweite  u  beruht  auf  Vokalharmonie.  —  nu^. 
Szasz-Halom.    Gr.-K. 

JacSsdorf  B  (neuerdings  auch  Jacobeni  genannt),  Jakisch- 
dorf W,  Jakesdorff  1733;  d.  Jakobsdor^  ss.  Jökes-,  Giukesterf^ 
iirk.  villa  Jakobi.  Die  rum.  Form  muß  auch  hier  wieder  auf 
eine  altere  ss.  zurückgeführt  werden,  magy.  Jakabfalya.  Gr.-E. 

Ibisdorf  B  (in  den  rum.  Schematismen  I.  säsesc  genannt), 
WolfT  gibt  auch  die  rum.  Form  Igischdorf,  mit  dialektischem 
Übergang  des  bi  zu  gi  an,  Ibischdor  W,  Ibistorff  1750  -dorff 
1733;  d.  Eibesdorf,  ss.  Eibesterf,  urk.  Ibistorf  1510.  „Ibisdorf 
herrscht  bis  in  das  18.  Jahrhundert".  Erst  gegen  Ende  des 
17.  Jahrhunderts  taucht  urk.  Eibesdorf  (im  Dialekt  gewiß  viel 
früher)  auf  Wolff  Dn.  30.  Wir  sind  hier  also  in  der  Lage, 
eine  halbwegs  sichere  Chronologie  der  Übernahme  anzusetzen, 
die  jedenfalls  noch  vor  Ende  des  17.  Jahrhunderts  geschehen 
wäre;  —  magy.  Szasz  Ivanfalva.    Gr.-K. 

Ighisdorf  (oder  Ibi^dorful  romlnesc),  Igischdor  W,  Ibis- 
torf 1750,  Ibisdorff  1733;  d.  fWalachisch  Eibesdor^  in  älteren 
Urkunden  niemals  genannt.  Heute  ein  rum.  Dorf.  (Vgl.  Wolff 
Dn.  32);  —  magy.  Olah-Ivänfalva.    Gr.-K. 

[Jibert  oder  Sebert,  Sibert  B,  (Sziberga  W,  Zebeth  1733); 
d.  Seiburg  (Söibrig  W),  uri.  Syberg  1289  Urkb.  1, 165.  Sybeerk 
1345  eb.  II,  25,  26.  Es  ist  möglich,  daß  die  rum.  Form  auf 
eine  derartige  ältere  zurückgeht,  doch  ist  der  Übergang  des 
g,  k  in  t  unerklärlich.    Vgl.  magy.  Zsiberk.    Gr.-K.] 

Ilimbav  (oder  Uembac  wahrscheinlich  unter  dem  Einfluß 
des  Magy.);  Elbac  oder  lUenbav  B,  Elback  W,  Ilimbav  1750, 
Illenban  (wahrscheinlich  ein  Schreibfehler  für  -bav)  1733;  d. 
Eulenbach;  urk.  Ulenbach,  Illembach  1382.  Sprdm.  29.  Villen- 
bac[h]  1382.  Urkb.  II,  552.  Eulembach  1488.  Sprdm.  79;  magy. 
lUenb&k.    H. 

Lancräm,  Lamcrem  B,  Lamkren  1750,  Lankreng  1733;  d. 
Langendorf,  ss.  Länkenderf,  urk.  Lanchnrukindorf  1309.  Urkb.  I, 
252,  Lancruk  1330  eb.  433.  Lankrek  1496.    Sprdm.  141.   Zur 


-     233    — 

ErUärung  der  d.  Fonn  vgl.  Wolff  Dn.  63  f.  Die  rum.  Form 
scheint  auf  Lankrek  zurückzugehen,  doch  ist  der  Übergang 
k  ]>  m  merkwürdig  (vielleicht  Dissimilation);  magy.  Lamker^. 
H.  Wolff  macht  dazu  die  historische  Bemerkung:  „In  den 
Schreckenszeiten  des  15.  und  16.  Jahrhunderts  ist  das  Deutsch- 
tum hier  untergegangen." 

Malencrav,  MäancrogB,  Melingrav  1750,  Malangraffl733; 
d.  Mahnkrog,  urk.  Halbenkragen  1340.  ürkb.  I,  504.  Die  rum. 
Fonn  setzt  ein  *Mal9nkra;f-  voraus  (vgl.  ss.  k*roe^i,  Kmg. 
Beitr.  XII,  135).  Form  B  wäre,  falls  echt,  eine  nochmalige 
jüngere  Entlehnung;  —  magj.  Almakerek.    Gr.-K. 

Merghindeal,  Merghindal  B,  Mergindyal  1750  (Morgondal 
1733  vom  Magj.  beeinflußt);  d.  Mergeln,  urk.  Mergendhai 
1336.  Urkb.  I  479.  Mergendal  1488.  Sprdm.  118.  Daneben 
1355  auch  Mergental.  Sprdm.  21;  —  magj.  Morgonda.  Gr.-K. 
Mesindorf  (Mo;na  B,  ?),  Mesindorf  1750,  Messendorf  1733; 
<L  Meschendorf,  ss.  Mischen-,  Maischenderf,  urk.  1322  Messen- 
dorf. Urkb.  I,  358.  (Vgl.  auch  Wolff  Dn.  67);  magy.  Mese. 
Gr.-K 

Metisdorf,  Metistorff  1750,  (Marteschdu  W),  Mettisdorff 
1733;  d.  Martinsdorf,  ss.  Miertesterf,  urk.  Mertynsdorf  1489. 
Sprdm.  79.  mertestorf  1532.  Wolff  Dn.  66.  Auf  die  letztere 
Form  wird  wol  die  rum.  zurückzuführen  sein;  magy.  Szäsz- 
Martonfalva.    Gr.-K. 

[Mighindola,  Mighindal  B,  d.  Engeltal,  magy.  Ingodäly 
Gr.-K.    Die  Abkunft  der  rum.  Form  ist  mir  unerklärlich.] 

Motisdorf  (Morisdorf  B),  Motistorff  1750;  d.  Mortesdorf, 
88.  Mort;eB-(Muertes-)terf;  urk.  MortesdorflRus  1550.  Wolff 
Dn.  72;  magy.  Märtontelke.    Gr.-K. 

Mucundorf,  (Mukendorf  B)  Mokendorf  1750;  d.  fMucken- 
dorf,  ss.  Maken-,  Meaken-,  Mäikenderf;  urk.  1461  Mukkendorf. 
Sprdm.  71.  Auf  dieser  Form  beruht  die  rum.  mit  Vokal- 
harmonie; magy.  Moha.  Ghr.-K.  Das  Dorf  hat  wie  Langenthäl, 
Weißkirch  und  Woldorf  seine  deutschen  Bewohner  in  den 
Tfirkenkriegen  verloren.    (Vgl.  Wolff  Dn.  72.) 

Netu;  (Netusche  W,  Nedhus  1733);  d.  Neidhausen,  ss. 


—    234    — 

Nelg^eD,  urk.  Nethusen  1448  Sprdm.  56,  Nythwsen  1503  f^ 
Nytbws  1494  etc.  Nythaugen  1563.  Wolff,  DSN  15.  Die 
nun.  Fonn  kann  ebensowohl  auf  ein  altes  Nethusen  als  auf 
magy.  Nethus  sarAckgehen,  doch  ist  hier,  wie  in  allen  ähnlichen 
Fallen,  falls  nicht  entscheidende  phonetische  Grande  d^egen 
sprechen,  der  d.  oder  ss.  Ursprung  der  wahrscheinlichere. 
Gr.-K. 

Nocrihi  (nokrifi).  Die  gewohnliche  Schreibung  Nocrichifi 
ist  falsch.  Nocric,  Nocrig  B,  -k  W,  Nocrih  1790,  Stinghe, 
Doc.  II,  37.  Nohrih  1800  eb.  196.  (Nokrehaj?  1733);  d. 
Leschkirch,  urk.  Nogrech  1263.  Urkb.  I,  90.  Aber  schon 
1349  Leuskyrch  eb.  II,  60,  Luschkyrg  eb.  II,  434  etc.  Ob 
man  wol  daraus  chronologische  Schlüsse  ziehen  darf?  —  magy. 
tijegyhaz.    H. 

Noustat,  Noi;tadt  B,  Noistat  1750,  -dt  1733;  d.  Neustadt, 
SS.  Närscht,  Närscht,  urk.  im  14.  und  15.  Jahrhundert  Newer- 
statt,  Ende  des  15.  Newstatt  (Wolff,  DSN  28).  Neustadt  1484. 
Sprdm.  61.  Nou-  f&r  Noi  ist  offenbar  Yolksetymologisch, 
besser  noch  übersetzt;  magy.  Üjyaros.    Gr.-K. 

Peti^dorf,  Petischdor  W;  d.  Petersdorf,  ss.  Pitersohteri^ 
urk.  VUla  Petri.  Wolff  Dn.  77,  oder  Peterfalya  etc.  Urkb.  II, 
726.  Die  rum.  Form  geht  auf  ein  *Peter8(ö)dorf  zurück;  — 
magy.  P^terfalva.    Gr.-K. 

[Porumbacul  de  jos  (oder  inferior),  Borumbacu  dje  dszosz 
W,  [Alsö]-Porumbak  1750,  -bach  1733;  d.  Unte^Bombach; 
magy.  Alsö-Porumbak.  Der  Name  kann  möglicherweise  aus 
einer  Form  des  d.  Bombach  mit  Anlehnung  an  nun.  porumb, 
porumbac  entstanden  sein.  Doch  ist  auch  das  Umgekehrte 
denkbar,  daß  der  d.  Name  eine  Verdeutschung  des  rum.  sei. 

Desgleichen  Porumbacul  de  sus.    F.] 

Prostea,  Prosti  B,  Proschtu  W,  Prost  1733;  d.  Probstdorf, 
SS.  Pruis-,  Prlsterf  (vgl.  Pruisdorf  W),  urk.  Probstdorf  1364. 
Urkb.  II,  214,  1532.  Wolff  Dn.  78—79.  Es  liegt  offenbar 
auch  eine  Anlehnlng  an  rum.  prost  vor.  Doch  ist  das  b 
schon  im  Ss.  ausgefallen.  (Vgl.  auch  das  folgende).  —  msgy. 
Prepostfalva.    Gr.-K. 


—    235    — 

Prostea-  oder  Proftea  B  -mare,  Prosda-mare  W,  Prostye 
Mare  1750;  d.  GroBB-Probstdorf,  ss.  Grls-Prlaterf,  urk.  Orosz- 
proszdorff  1494.  Wolff  Dd.  79;  —  magy.  Nagy-Ekemezo. 
K1.-K 

Ebenso:  Pro8tea*mic&  etc.;  Elein-Probstdorf,  urk.  Klein- 
proszdorf  1494.    Wolff  Dil  79;  magy.  Kis-Ekemezö.    E1.-E. 

Richifdorf,  Bechifdorf  B,  Betjeschdor  W,  Rekigtorff  1750, 
-dorff  1733;  d.  Reichesdorf,  ss.  Rechesterf,  urk.  Richestorff 
1510.  Richestdorff  1528.  Seit  1532  mit  ei.  Wolff  Dn.  80; 
magy.  Riomfalya.    Gr.-K. 

Redü,  Rece  B,  R^cs  1750,  Retsul  1733;  d.  Ratsch,  urk. 
Beech  1330.   Urkb.  I,  433;  magy.  Reese.   H. 

Retifdorf,  Retisdorf  1750;  d.  Retersdorf,  Reteschdorf  B, 
88.  Baitesch-,  R^teschterf;  urk.  Retersdorf  1400.  Wolff  Dn  81. 
Das  r  ist  offenbar  nicht  erst  im  Rum.  abgefallen;  —  magy. 
Reteny.    Qr.-K 

Rodbav,  RotbaY  B  (Rorbaka  W),  Rodbay  1750;  d.  Rohr- 
bach, (zum  SS.  YgL  „Ruirbich""  W),  urk.  Rorbach  1389.  ürkb.  II, 
637.  Auffallend  ist  der  unerklärliche  Übergang  von  r  zu  d; 
—  magy.  Nadpatak.    Gr.-K. 

Romos,  (Szasz-Romosz  1750,  Romosz  1733);  d.  Rumes, 
urk.  Romoz  1291.  Urkb.  I,  188;  magy.  Romosz.  U.-W.  Der 
mm.  Name  kann  allerdings  auch  aus  dem  Magy.  entnommen 
sein.  —  Dazu  die  historische  Bemerkung  bei  W  183:  „ehe- 
mals ein  großes  sächsisches  Dorf,  das  noch  einen  sächs.  Pfarrer 
und  Diakonen,  aber  meist  walachische  Einwohner  hat.  Von 
Sachsen  und  anderen  deutschen  Ansiedlern  be&nden  sich  1766 
nur  59  männliche  und  66  weibliche  Personen. 

Romosel;  d.  Klein-Rumes;  magy.  Romoszhely.    Ü.-W. 

Bondela  oder  Rondola;  d«  Rauthai,  urk.  Rundal  1322. 
Urkb.  1  361.  Ruental  1340  eb.  504.  Rudal  1467.  Sprdm.  83. 
Die  Erklärung  der  rum.  Form  macht  Schwierigkeiten,  da  ss. 
-dal  überall  da,  wo  es  im  Rum.  yorhanden  ist,  als  -deal  er- 
scheint Westgerm,  ä  geht  nun  allerdings  ss.  in  einen  o-Laut 
über  (vgl  Scheiner,  Ma.  §  9,  2)  und  so  ließe  sich  -dola  zur 
Not  erklären.    Aber  -dela?  —  Magy.  Rudaly.    Or.-K. 


—    236    — 

Rotbay,  Rodbar  1780.  Stinghe,  Doc.  I,  293;  d.  Rotbach, 
urk.  rudbach  1483,  Roderbach  1464.  Sprdm.  48,  61;  —  magy. 
Yeresmart.    Kr. 

Rucär,  Rakker  1733;  d.  fRuckersdorf,  urL  Rwkersdorff 
1492,  Rwkwrsdorff  1497,  Rückers-  1492,  Reckersdorflf  1503 
(Wolff  stellt  es  zu  dem  alten  sehr  häufigen  sieb.  Namen: 
Rucker,  Rücker,  Reker  urk.  «=  altd.  Ruodgör,  Rncker,  Dn.  86; 
ygL  auch  Ruckeri  yilla  1387.    Urkb.  II,  609)  magy.  Rukur.  F, 

Ob  wohl  auch  Rucär  in  Muscel  unweit  Clmpulung  hierher 
zu  rechnen  ist?  Es  könnte  eine  etwa  von  C.  aus  gegründete 
sächs.  Ansiedlung  gewesen  sein. 

Säsäus  (Szaszhauz  1750  und  Szasza-Huss  1733  sind  halb- 
magy.  und  halbdeutsch);  d.  Sachsenhausen,  ss.  Sessenh<H)aseD, 
urk.  Sossenhüssen  1532.  Sassenhausen  1585.  Wolff,  DSN  17. 
YgL  dazu  (Net)husen  1448.  Sprdm.  56.  Aus  einer  anzu- 
setzenden Form  Sassenhusen  läßt  sich  die  rum.  sehr  gut  er- 
klären. Eine  Zurückfuhrung  derselben  auf  magy.  Szaszahuz 
ist  nicht  recht  möglich,  da  das  auslautende  z  nicht  als  s  er- 
scheinen könnte,  wol  aber  ss.  s.  H.  —  Im  17.  Jahrhundert 
ist  das  Deutschtum  hier  untergegangen  (vgl.  Wolff  a.  a.  0.). 

Selistat,  Selistat  B,  Salistat  (Foaia  poporului  X,  9),  Zseli- 
stat  1750,  Szelistodt  1733  (Selistä  W);  d.  Seligstadt,  ss.  Se-, 
Sailijescht,  urk.  Seligstadt  1499.  Bis  dahin  Seiger-,  Seliger- 
stadt (Wolff,  DSN  29).  Ich  glaube,  daß  durch  Anlehnung  an 
den  geläufigem  Dorfhamen  Sä-,  Seliste  der  Übergang  des  an- 
lautenden S  in  j  yerhindert  worden  ist.  Übrigens  hätten  wir 
in  der  Form  von  1750 ,  falls  sie  exact  ist,  auch  eine  solche 
mit  j  belegt.  —  Magy.  Szelistat,  Szelidväros,  Boldogräros.  Die 
3  Formen  sind  recht  charakteristisch  für  das  Entstehen  der  magy. 
Namen,  die  meist  Anpassungen  und  Übersetzungen  sind.  Gr.-E. 

Stenea  (Stäna  B),  Stene  1750;  d.  Walachisch-Stein,  zum 
Ss.  vgl.  altss.  steen  =  Stein.  Eeintzel  Herk.  35,  urk.  vgl 
Amoldus  Stenhuser  1383.  Urkb.  II,  569;  magy.  Isztina.  Gr.-K. 

Stena,  Stena  (Telegraful  romän,  L  235)  (Sttna  B),  Sztena 
1750,  Sztenye  1733;  d.  Stein;  magy.  Garat.  Gr.-K.  (Erklärung 
siehe  beim  Vorigen.) 


—    237     — 

Sae;,  Sab  B,  W;  d.  Schaas,  urk.  Segas  Urkb.  II,  163. 
Schau  1372  eb.  371;  magy.  Segesd.  Gh:.-E. 

Saldorf  (Sole  B),  Schaldor  W,  SaldorflF  1750,  Saldorf  1733; 
d.  Sdialdorf/urk.  Saldorf  1496.  Sprdm.  141;  magy.  Saldorf. 
Gr.-t 

Selimber  (besser  Selimbär),  Silimber  1733;  d.  Scbellenberg, 
urk.  'Schellenberch  1327.  Urkb.  I,  414.  Selixnbergh  1361. 
Sprdm.  24  etc.;  magy.  Sellenberk.    H. 

Smig,  Smig  1750  und  1733;  d.  Schmiegen,  urk.  Sumugun 
1317.'  Urkb.  I,  321.  Symyg.  1325  eb.  394;  magy.  Somogyon. 
KL-K. 

Soala,  Schoale  W,  Schoala  1750;  d.  Schaal,  (ss.  vgl  W 
Schuol),  urk.  Saal  1331.    Urkb.  1,441;  magy.  Salya.    Qr.-K 

Sona,  Schone  W,  Sehona  1733;  d.  Schönau  (ss.  vgl.  W 
Schinen),  urk.  Sehona,  Schena  15.  Jahrhundert  Urkb.  I,  381 
Interessant  ist,  daß  rum.  o,  nicht  etwa  e  erscheint;  magy. 
Szepmezo.    Gr.-E.    In  der  Nähe  von  Blasendorf. 

Ein  zweites  Dorf  dieses  Namens:  Sona,  Sehona  1750, 
Sona  1733;  d.  Schonau;  magy.  Sona.  Qr.-E.  In  der  Nähe 
Ton  Reps.     W  242:  „ist  nun  ganz  walachisch.'' 

Sorostin;  d.  Schorsten,  Schoresten,  urk.  Sorosthen  1494. 
Schoresthen  1495.    Sprdm.  133;  141;  magy.  Sorost^ly.    U.-W. 

Spring  oder  Spring?!,  ^^^^  1*7^0  und  33  d.  Gespreng  B, 
urk.  Spring  1309.  Urkb.  I,  252.  Spreng  1380,  Spryng  1388 
eb.  n,  526,  623;  magy.  Spring.  Die  rum.  Form  kann  ebenso- 
wohl auf  die  ss.  als  auf  die  mi^.  zurückgehen.    U.-W. 

Snlumberg,  Sulemberc  B,  Schulenbergy  W,  Schilemberg 
1750,'  Soleunberg  1733;  d.  Schönberg,  urk.  Sconberg  1280. 
Urkb.  I,  141.  Schonberg  1374  eb.  II,  433.'  Schonperg  1483. 
Sprdm.  98.  (Diese  urk.  Formen  sind  interessant  wegen  des 
0,  YgL  Sona.)  Für  den  ersten  Bestandteil  des  rum.  Namens 
weiß  ich  keine  Erklärung  zu  geben;  magy.  Lesses.    Gr.-E. 

Sura-mare;  d.  Grosscheuem,  urk.  Grosschwren,  -schwren 
1465.  Sprdm.  78.  (Vgl  auch  surä  im  Glossar);  magy.  Nagy- 
Csür.  Eine  Ableitung  rom  Magy.  ist  fast  undenkbar  wegen 
des  c.    H. 


—    238    — 

Sara-mici,  schon  1794  Stinghe,  Doc.  II,  99;  d.  Klein- 
Scheuem,  urk.  Cleynschwren  1465.  Sprdm.  78,  Cleynschwrn 
1468  eb.  83;  magy.  Kis-Csttr.    H. 

Toarda,  Torkla  1733;  die  gew.  ram.  Bezeichnnng  ist 
Prejmer;  d.Tartlaa,  Tarilen  (ss.  vgL  W:  TuorÜen),  urk  Tharda 
1332.  Wolfl^  DSN  11.  TarÜaw  1329.  ürkb.  I,  431.  Torthlew 
1387.  ürkb.  II,  614.  Wir  hätten  demnach  schon  far  das  Ss. 
sowol  den  o-Laut  als  auch  kl  fQr  Ü  belegt.  Vgl.  auch  Personen- 
namen wie  Tortler  1505,  Tuartler  (ss.)  1765.  Eisch,  BFN  30. 
—  Magy.  Pr^smär.    Kr. 

^chindeal  B  (Cichindeal  scheint  mir  bloß  altertümliche 
Schreibung  zu  sein;  vgl  Cipariu  etc.),  Czikingyeal  1750,  Czi- 
kindäl  1733;  d.  Ziegenthal,  urk.  Chekendal  1350.  Urkb.  II,  74; 
magy.  Czikendäl.    H. 

Valendorf  oderVoldorf,  ValdorW,  Valendorf  1794.  Stinghe, 
Doc.  II,  105.  Valendorf  1750.  (Wolffdorflf  1733);  d.  fWohl- 
dorf,  SS.  Wöl-,  Waulderf,  urk.  Waldorf  1396.  Noch  im  Beginn 
des  18.  Jahrhunderts  wechselt  Wal-  mit  dem  jüngeren  Wol- 
dorf.  Wol£F,  Dn.  99.  Daraus  erklärt  sich  auch  die  zwiefiiche 
rum.  Form.  —  Mi^.  Voldorf.    Kr. 

Vältit,  Valhit  1794.  Stinghe,  Doc  II,  113,  (Valhid  1750 
und  1733);  d.  Waldhütten,  urk.  Walthyd  1343.  Sprdm.  15. 
(Daneben  Valdhuttin  etc.  Urkb.  11,  749.)  Man  könnte  zum 
Vergleich  anführen,  daß  1751  in  einer  rum.  Urkunde  der  Name 
eines  sächs.  Königsrichters  als  Valtiter  (=  Waldhütter)  er- 
scheint   (Stinghe,  Doc.  I,  220);  magy.  Valdhid.    Gr.-K. 

Vilclndorf,  Welkendorflf  1733  (worin  der  Laut  i  nicht 
wiedergegeben  werden  konnte);  d.  Wolkendorf,  ss.  Wülken-, 
Woulkenderf.  (Vgl.  Wolff,  Dn.  100);  urk.  Wolkendorf  1369. 
Sprdm.  25.  -ff.  1447  eb.  Die  rum.  Form  muß  auf  ein  älteres 
ss.  *Wülkendorf  zurückgehen.  —  Magy.  Volkany.    Qr.-K 

Vingard,  auch  1750,  Wingardt  1733;  d.  Weingartskirchen, 
urk.  Uingard  1435.  Wingart  1443.  Vingarth  1447.  Sprdm. 
55.  Vingardch  1388.  Urkb.  U,  623.  Zum  auslautenden  d  vgl. 
auch  Scheiner,  Ma.  §  34,  5.  —  Magy.  Vingard.    U.-W. 

Vin^ul  de  Jos,  Vincz  1750  und  1733;  d.  Unterwinz^  urk. 


—    239    — 

Vinz  1309.  Urkb.  I,  242.  (Daneben  Wyncb,  Winc,  Wynz  etc. 
eb.  612);  magy.  Alyincz.   U.-W. 

Viscri,  (Ghi^crirf,  Vijchir  B);  d.  Weisskirch,  urk.  Vejss- 
kirch  1432.  Sprdm.  54.  (Vgl.  auch  ss.  kirich  =»  Kirche. 
Wolfl,  Dn.  101).  —  Magy.  Fej^regyhaz.    Qr.-K. 

Voramloc,  Vurmlocu  B,  Vormloc  1787.  Pusc,  Doc  136, 
Vnrmloc  1798.  Stinghe,  Doc  II,  152,  Vorumblok  1750,  Vorum- 
lok  1733;  d.  Wurmloch,  urk.  Bormloch  1357.  Sprdm.  22. 
Wnimloch  1357.  Urkb.  II,  146.  (Interessant  ist  der  Wechsel 
von  anlautend  b  und  y);  magy.  Baromlaka.    Gr.-K. 

Vurpär,  Vulper  B  (mit  Dissimilation),  Bulper  B,  Verper 
1750,  Vorper  1733;  d.  Borgberg,  urk.  Burgberg  1248.  Urkb.  I, 
77.  Burpergl317.  Urkb.  I,  329.  Burchperg  1380.  Sprdm.  28; 
magy.  Borberek.    U.-W. 

Vurpär,  Vurper  B,  (Vurpur  W),  Vurpär  1792.  Stinghe, 
Doc.  II,  60.  Verper  1750.  Wurberg  1733;  d.  Burgbei^,  urk. 
Burchberg  1465.  Sprdm.  78.  Burperg  1350.  Urkb.  11,  74,  75 
(wiederholt);  magy.  Vurpod.   H. 


Dritter  Teil. 

Phonetisches. 

Die  lautlichen  Vorgänge,  die  hier  zur  Besprechung  kommen 
sollen,  zerfallen  in  zwei  Kategorien:  1)  solche,  die  ihre  Be- 
gründung ausschließlich  in  der  Phonetik  des  Rumänischen 
finden,  z.  B.  der  Übergang  des  unbetonten  a  in  ä,  des  ch  im 
Auslaut  in  f  ]>  y  ]>  ü  etc.  2)  solche,  die  bereits  in  dem  be- 
treffenden deutschen  Dialekt,  aus  welchem  die  Entlehnung 
gemacht  wurde,  vorbereitet  waren;  hierher  gehört  z.  B.  ohne 
Zweifel  der  Übergang  von  s  in  s.  Die  beiden  Kategorien 
lassen  sich  indes  nicht  ganz  scharf  von  einander  scheiden. 
Ich  behandle  sie  daher  nicht  getrennt,  weise  aber  überall  da, 
wo  mir  die  zweite  vorzuliegen  scheint,  darauf  hin. 


—    240    - 

loh  bemerke  noch,  daß  von  durchgehenden  phonetischen 
Regeln  bei  der  großen  Verschiedenheit  der  Zeit  der  Ent- 
lehnung, der  Verbreitung  der  entlehnten  Worter  und  der 
deutschen  Dialekte,  aus  denen  entlehnt  worden  ist,  selbsir 
yerstandlich  nicht  überall  die  Rede  sein  kann.  Es  lassen  sich 
jedoch  bestimmte,  mit  einer  gewissen  Regelmäßigkeit  wiede^ 
kehrende  ErscheinuDgen  feststellen,  gewisse  mehr  oder  weniger 
stetige  Tendenzen  bei  der  Zurechtmachung  des  entlehnten 
Ghites.  Sie  sind  naturgemäß  in  den  alteren  Elementen,  be- 
sonders auch  in  den  Ortsnamen,  strenger  durchgef&hrt»  während 
die  jüngeren  eben  durch  eine  gewisse  lautliche  Ungefügigkeit 
als  nicht  recht  eingebürgert  gekennzeichnet  sind. 

I.  Vokale. 

1)  Unbetontes  a  geht  in  ä  über,  regelmäßig  in  den  mit 
rum.  Suffixen  versehenen  Lehnwörtern  und  in  den  rum.  Ab- 
leitungen, z.  B.:  räipel^  Cälvasär,  Vältit;  —  bäncu^,  fIdtiuesCy 
fäscu^,  gläjer,  gläji^,  l^Srel. 

2)  ä  >>  ea  (e),  betontes  a  geht  unter  Einwirkung  eines 
vorhergehenden  1,  r  in  Verbindung  mit  anderen  Konsonanten, 
femer  nach  s- Verbindungen,  vereinzelt  auch  nach  anderen 
Konsonanten  in  ea  über,  welches,  wenn  es  den  Ton  verliert, 
als  e  erscheint,  z.  B.  cleapsä,  cleps6sc,  cotoflean^,  fleandura, 
streaf  (neben  straf),  sneaps,  steamp  stempar,  |tempu6sc,  steand, 
steangä,  streang  strengar,  heac  (neben  hac),  lea^  (neben  laf). 
Zum  Vergleich  füge  ich  hinzu,  daß  das  deutsche  Wort  Stand- 
recht in  einem  Dokument  von  1815  charakteristischer  Weise 
als  steandrecht  erscheint  (Vgl.  Pu§c.,  Doc.  183:  cei  ce  caica 
plaiurile  adecä  trec  preste  plaiü  sunt  vinova^t  de  judecata 
steandrecht). 

Anmerkung:  Den  Übergang  von  -dal  in  -deal  in  den 
Ortsnamen  halte  ich  für  volksetymologisch  und  rechne  ihn 
daher  nicht  hierher. 

3)  9  «=  ä,  unbetontes  deutsches  e  («»  g)  erscheint  rum. 
außer  in  den  Fällen,  in  welchen  es  in  i  übergeht,  als  ä:  gäbur,. 


—    241    — 

ghin&rar,   izSnban,  lagar,  laibibr,  recäl,   croapänä,  Cälyasär, 
lacftsdorf. 

4)  e  ;>  ä,  unbetontes  e  geht  nach  Labialen,  ferner  dialek- 
tisch auch  nach  r,  z  in  harter  Stellung  in  S  über  wie  in  lai 
Elementen:  yärbung,  bärbunc,  bärbuncä;  mold.  kann  dies  ft  in 
a  übergehen:  barbunc;  rägutä,  räteresc,  zS^ir;  bei  den  Orts- 
namen zeigt  sich  dieser  Vorgang  in  den  mit  -bei^,  -peig  zu- 
sammengesetzten: Ghirpär,  Selimbär,  VurpSr. 

5)  e  ^  i,  unbetontes  e  geht  nach  palatalen  Lauten,  auch 
nach  (wahrscheinlich  ebenfalls)  palatalem  t  sehr  häufig  in  i 
über:  chiborean,  ghiric,  |tipuesc;  Ghijasa,  Birghif,  Meti|dorf, 
Motifdor^  Petisdorf,  Retijdorf. 

6)  e  ]>  ea  (a)  laui^esetzlich  in  Ghijasa,  weil  betont  und 
in  harter  Stellung;  in  sneap  (neben  snep)  aus  ss.  de  hervor- 
gegangen. 

7)  e  (e)  >*  o  in  cliompftr,  forgat  infolge  der  benachbarten 
Labiale,  in  bandol  wahrscheinlich  aus  gutt.  -al  entstanden. 

8)  i  >>  1,  i  geht  dialektisch  nach  r  und  ^  in  1  über  wie 
auch  in  lat.  Elementen:  strlmf,  be^rcricter,  sfin^c,  spa^ir, 
toctlgli,  ^lä,  ^brä,  Al^a. 

9)  i  >•  e  (le):  belhi^  selboc,  gliedä,  raspiel. 

10)  o  >>  oa,  betontes  o  geht  unter  der  Wirkung  eines 
folgenden  ä  oder  e  in  oa  über,  in  alteren  Elementen,  z.  B. 
androaca,  troacä,  Cloasterf  (vgL  auch  Cloa|ter). 

Anmerkung:  Der  Mittellaut  zwischen  o  und  a,  der  im 
Ss.  vorkommt,  wo  er  in  der  Regel  mit  ä  oder  9  bezeichnet 
wird,  erscheint  im  Rum.  als  oa:  coastän,  croapänä,  joagSr, 
Toarcla;  in  unbetonter  Silbe  geht  oa  wie  gewöhnlich  in  o 
über:  jogar. 

Ein  ähnlicher,  weiter  nach  o  liegender  Laut  des  Ban.- 
Dentschen  und  der  österreichischen  Dialekte,  denen  die  Sol- 
datenwörter entnommen  sind,  erscheint  betont  als  oa  oder  o, 
unbetont  als  o:  floastfir,  hoalbä,  holbS^  loagär,  roast,  ob|it, 
pocompos,  ponvon,  |Uboc^  fpogot,  somot,  toc^glä. 

11)  o  >>  u,  unbetontes  0  geht  in  älteren  Elementen  in  u 
über,  z.  B.  Apusdorf  (aus  älterem  Aposdorf),  Dupusdorf;  in 

Weigand,  10.  Jahresbericht.  16 


—    242     — 

Hundorf  aus  HoDdorf  haben  wir  denselben  Übergang  unter 
Einwirkung  des  folgenden  n  +  cons. 

12)  in  alten  Lehnwörtern  aus  dem  Ss.  erscheint  u  gefolgt 
Ton  r  oder  1  als  t,  worin  man  wol  richtiger  Yokalentwicklang 
aus  silbigem  r,  1  zu  sehen  hat,  als  Übergang  Yon  u  ^  t,  z.  B. 
pirgar,  Birghi|,  Vtlclndorf. 

13)  u  >>  o;  u  erscheint  in  jüngeren  Elementen  bisweilen 
als  0,  besonders  in  der  Nachbarschaft  eines  n  oder  r,  was 
sich  aus  der  offenen  Aussprache  des  u  in  den  betreffenden 
deutschen  Dialekten  erklart;  z.  B.  fispont,  forman,  laiDtoc, 
stalonc,  yorbonca|. 

14)  ü  erscheint  als  i,  falls  es  so  schon  im  betreffenden 
deutschen  Dialekte  ausgesprochen  wurde,  z.  B.  crigäl,  grin|pan, 
|trimf,  finhelf  etc.  Echtes  ü  wird  durch  fu  wiedergegeben: 
fru^tiuc,  |t]tuc,  jtiurf;  surä  geht  entweder  auf  eine  nicht- 
umgelautete  Form  zurück  oder  es  ist  das  i,  wie  auch  sonst 
in  s  aufgegangen. 

15)  Der  Diphthong  ei  erscheint  bisweilen  in  imbetonter 
Silbe  als  e  oderi:  blevais,  clenoduire,  clinoid,  iz&nban,  sleitii, 
slifui. 

16)  Vokalharmonie:  a)  Progressive  Vh.:  bruncrut;, 
cozondrac,  cozondroc,  flostorar,  pätrfintas,  rätälesc,  somot, 
Hundrubehi,  Ilimbav,  Mucundorfi  Vilclndorf.  —  b)  Regressive 
Vh.:  cotoflean^i,  egzi^ir,  igzi^ir,  finic,  hirincä,  pocompos,  vor- 
boncas,  Aposdorf  (1733),  Duposdorf  (1750). 

17)  Bisweilen  kommt  Aspiration  des  anlautenden  Vokals 
vor,  eine  auch  sonst  geläufige  Erscheinung:  z.  B.  handroc, 
hopsit. 

II.  Konsonanten. 

1.  Labiale. 

a]  b  ^  v;  b  erscheint  alsv  in  dem  zweimal  vorkommenden 
Dorfiiamen  Vurpär  aus  Burperg  (Burgberg).  Der  Vorgang 
scheint  bereits  ss.  zu  sein,  vgl.  altss.  Schreibungen  wie:  sybenn 
wyrgenn  (1525),   Sprdm.  177,  und  Reewer  (Rauber)   (1536), 


—    243    — 

eb.  196,  Virthalm  (1359)  neben  Bjrfchalm.  (Spirant.  Aussprache 
im  Moselfrank.) 

b)  w  ;>•  b;  w  geht  in  b  über  in  barbonc,  berbun  etc.  durch 
Assimilation  an  das  folgende  b;  nach  1  in  Gälbasfir,  |ilboc 
(vgl.  aber  auch  magj.  silbac);  in  manebre. 

c)  b,  T  >-  gh;  b,  T  gefolgt  von  i  geht  dialektisch  in  gh 
(g)  über:  ghil^  Berghin,  GhTertan,  Ghimbav  (gimbaf),  Ghirbom, 
Ij^dorf,  Ghif crici  (neben  Visen).  (Vgl  auch  Wg.,  Jb.  VIU, 
315,  gimbaf.) 

d)  Das  schriftd.  b  erscheint  besonders  anlautend  öfters 
als  p.  (In  banater  und  anderen  Lehnwörtern  erklärt  sich  dies 
durch  die  stimmlose  Aussprache  des  Oberdeutschen.  Merk- 
würdig ist  es  in  ss.  Elementen»  bei  denen  man  yielleicht  Be- 
einflussung durch  das  Oberdt  voraussetzen  muß):  pirgar  (schon 
urk.  purger  geschrieben,  neben  burger  =»  rum.  burgar),  pleü 
(auch  bleu),  paor,  paorat,  picsä^  pocäral,  ponvon;  auch  in- 
lautend: ratpel^  supertäL 

e)  pf  erscheint  inlautend  Tor  Konsonanten  meist  als  f, 
auslautend  als  poderf:  chiflä,  chiflar,  cotoflean^;  steamp,  ^trimf. 
In  clfompf&r  hat  sich  inlautend  das  p  erhalten,  weil  es  in  der 
Verbindung  m-f  geschützt  war. 

2.  Gutturale. 

a)  ch  >  h  >  f,  V,  ü;  ch  geht  in  einigen  Fällen  im  Aus- 
laut und  vor  t  in  f  über,  das  im  Auslaut  auch  erweicht  als 
V  erscheinen  und  dialektisch  in  ü  übergehen  kann  (vgl  Wg., 
Jb.  m,  228;  IV  283).  Beisp.:  blech  >  blef  >  bleu,  plech  > 
plef,  plev  >  pleü,  Schuch  >  suf,  Ghicht  >  ghift.  In  den  Orts- 
namen erscheint  -bach  als  -bav  (baf):  Besimbav,  Grisbav, 
Ohimbay  (gimbaf)  etc.  (In  Hamba  ist  das  v  ausgefallen). 
Vor  Suffixen,  die  mit  e  anlauten  geht  dies  v  in  s  über,  z.  B. 
GhunbSsel,  Hftmbä8[e]anu  (vgl.  vätaf,  vätäsel). 

b)  h,  fi  ^  c;  guti  wie  palat.  ch  gehen  in  jüngeren 
Elementen  im  Auslaut  und  vor  t,  welches  besonders  auslautend 
auch  ab&Uen  kann,  in  c  über,  z.  B.  ainmoct,  be^trcrictu,  ghiric. 
haptac,  laintoc,  silboc,  tocfiglä,  tricter,  fucaos. 

16* 


—    244    — 

c)  der  Hauchlaut  h  ist  in  c  übergegangen  in  cozondroc 

d)  rum.  g  für  d.  k:  cfofligar  (neben  ciuflicar),  blang  (neben 
blanc),  rfiguta  regrut,  yingälac  (der  Wechsel  ist  bereits  dialek- 
tisch deutsch). 

e)  g  wird  im  Auslaut  stimmlos  in  bärbunc,  berbuncä  etc^ 
saitroc,  brulinc 

3.  Dentale. 

a)  tr  erscheint  als  dr  in  cozondrac  und  madra^  (neben 
matra^)y  weil  schon  im  Deutschen  stimmlose  lenis. 

b)  d  wird  im  Auslaut  stinmilos  (wie  bereits  im  Deutschen), 
z.  B.  punt,  tringheli 

4.  Zischlaute. 

a)  s  >>  s,  j;  s  erscheint  besonders  in  ss.  Elementen,  aber 
auch  in  anderen,  als  |,  beziehungsweise  anlautend  vor  Vokal 
und  inlautend  zwischen  Vokalen  ab  j  (z),  z.  B.  fi^cu^  gl^je, 
gläjer  etc.,  ji^,  joagär,  je^uesc;  fester,  floa|tär,  8U|tar  etc. 
Ca^ol^  Gloasterf,  Dupu|dorf,  Ghijasa,  lbi|dorf  etc.  (vgl.  auch 
Gloa^ter).  —  Anm.:  Im  Ss.  ist  westgerm.  s  anlautend  vor 
Vokal  und  inlautend  zwischen  Sonoren  stimmhaft  geworden; 
s  anlautend  vor  Eons.,  s  nach  r  und  altes  sk  erscheint  als  § 
(vgl  Kisch,  Beitr.  XVII,  347ff:  Die  Bistritzer  Mundart  ver- 
glichen  mit  der  moselfränkischen  §  32  a).  Daß  femer  das  ss. 
s  eine  breitere  Aussprache  hatte,  geht,  wie  mir  scheint,  auch 
aus  folgenden  Beispielen  hervor:  1536  finden  wir  tys  für 
Tische  cz wissen  für  zwischen  geschrieben  (Sprdm.  202).  In 
einem  anderen  Dokumente  vom  Jahre  1649  wird  rum.  Jude 
durch  Sude  wiedergegeben.  (lorga,  Säte  122  Note).  Um- 
gekehrt erscheint  s  als  seh  in  Perschonen  1616  (lorga,  See. 
Bra§.  38  etc.). 

b)  In  einer  Reihe  von  Wörtern  erscheint  anlautend  neben 
sp,  st  —  sp,  st,  z.  B.  spa^resc  (neben  spa^),  spi^  (neben 
spi^urS)  stofö  (neben  §tofä)  etc. 

c)  zw  im  Anlaut  erscheint  als  sf  in  dem  einzigen  Bsp. 
sfanti  (sfan^ih,  sftn^c);  schw  als  f  mit  Abfall  des  seh  in  Fifer. 


—    245    — 

5.  Anaptjxis. 

Zwischen  n  und  r  wird  bisweilen  ein  d  eingeschoben: 
chindroSy  zwischen  m  und  r  oder  1  ein  b:  ^mbrä,  Vorum- 
bloc  (1750). 

6.  Metathese. 

a)  M.  neben  einander  stehender  Konsonanten:  clascä 
(ducsä);  b)  entfernterer  Kons.:  bandraburcä  (brandaburcä), 
felderä  (ferdelfi),  lecfir  (recäl),  potrocol. 

7.  Assimilation. 

Fofeldea  (aus  Hofeid),  bSrbunc  (neben  yärbung),  goglistat 
(kogel  +  statt).  —  In  einigen  Fällen  in  denen  b  das  vorher- 
gehende n  in  m  oder  t  in  d  verwandelt  ist  die  Assimilation 
bereits  deutsch:  Ghimbay  (vgl.  Vidembach),  Hamba  (vgl.  Ham- 
bach),  Bodbav  (vgl  rudbach)  etc. 

8.  Dissimilation. 

rätälesc  (aus  rSteresc),  lalbär  (aus  leibel),  filär  (aus  Führer), 
Vulper  (ans  Vurper,  Burgberg). 

9.  Ausfall  von  Konsonanten. 

a)  Wenn  Nasal,  Liquida  oder  Zischlaut  mit  zwei  anderen 
Kons,  znsanmientreffen,  fSllt  einer  von  diesen  aus,  z.  B.  chirvat, 
fispont^  |Uboc,  tringhelt,  ^inhelf;,  Ghirpär,  Galbor,  Cälvasär. 

b)  r  fSült  in  Ghnppen  von  drei  Kons,  und  vor  Kons,  durch 
Dissimilation,  fisdls  im  selben  Worte  noch  eine  r- Verbindung 
vorkommt,  z.  B.  fofter,  Doftat,  Peti^dorf,  Me^dorf,  Moti^dor^ 
Petisdorf,  fotn^ä. 

c)  n  vor  g  ist  ausgefallen  in  hegher  (neben  hengher, 
hingher),  |tftlog  (neben  stalonc).  In  plencher  ist  1  durch  Dissi- 
milation ausgefallen. 

III.  Kontraktion  und  Ausfall  von  Silbon. 

Die  Kontraktion  ist  in  den  meisten  Fällen  schon  im 
Deutschen  in  der  Aussprache  vorhanden  gewesen,  z.  B.  Bendorf 


—    246    — 

(▼gl.  bendorf  urk.  neben  B^endorf),  Ghimbay  (Vidembach), 
Ca^oU  (Kastenholz,  Casteholz). 

Bisweilen  kommt  besonders  in  jüngeren  Elementen  auch 
Ausfall  ganzer  Silben  oder  Verstümmelung  längerer  Worter 
vor,  z.  B.  crump,  forgat,  cotoflean^  yiclibus. 

IV.  Volksetymologie. 

brlncu^S  aus  bruncu^  nach  brlncä,  c&prar  aus  Korporal 
nach  caprä;  manegre  und  manegurä  (ManÖTer)  mit  Anlehnung 
an  negru  und  negura.  Ortsnamen:  In  Bundorf  (Bodendor^ 
Buddendorf)  kann  Anlehnung  an  bun  oder  Kontraktion  Tor- 
liegen;  Frlua  aus  Frauen(dorf)  nach  frlü;  Noustat  aus  älterem 
Noistat  (Neustadt)  nach  noü.  Porumbac  (Bombach)  scheint 
an  rum.  porumbac  angelehnt  zu  sein,  Prostea  und  Prostea 
(Probstdorf)  an  prost  —  In  Selistat,  Salistat  hat  man  wahr- 
scheinlich den  häufigen  Ortsnamen  Säli|te,  Selijte  zu  hören 
geglaubt,  sonst  müßte  das  anlautende  s  als  j  erscheinen.  In 
Vorumloc  (Wurmloch)  ist  die  letzte  Silbe,  an  deren  Stelle  man 
sonst  lov  erwarten  sollte  (vgL  II,  2,  a)  an  rum.  loc  angelehnt 
In  den  mit  Thal  zusammengesetzten  Dorfnamen  ist  altss.  -dal 
an  rum.  deal  angelehnt:  Gherdeal,  Merghindeal,  TichindeaL 

V.  Auslaut. 

In  dem  Folgenden  soll  Tor  allen  Dingen  die  Behandlang 
der  häufigsten  deutschen  Endungen  -en,  -el,  -er,  -ung  dar- 
gestellt werden.  Anhangsweise  f&ge  ich  noch  einige  Be- 
merkungen über  die  Behandlung  des  Auslauts  im  Allgemeinen 
hinzu.  Was  die  lautlichen  Vorgänge  betrifft,  kann  ich  auf 
das  Vorangegangene  hinweisen. 

1)  -en;  —  a)  -en  »=  -en:  fosten,  ruben.  —  b)  -en  >  -an: 
coastän;  fem.  -anä:  croapänä.  —  c)  -en  >>  -in:  castin,  dichin, 
clicin,  coastin,  crihin;  fem.  -inä:  clichinä,  rozinchinä.  —  d)  -en 
>  -nä:  ^tolnfi. 

2)  -el;  —  a)  -el  =  -el:  candel,  raspiel,  |pen^  |trudeL  — 
b)  -el  >>  -äl:  bachendäl,  crigäl,  pincäl,  recäl,  fni^  fpen^li 


—    247    — 

ftempä,  sapertäL  —  c)  -el  >>  -är:  latbfir  (Dissim.),  lecär 
(Metathese)).  —  d)  -el  >  -il:  stimpiL  —  e)  -el>-ol:  bandol.  — 
f)  -el  >>  -la:  cbifla,  oblu;  fem.  -IS:  cahlä,  chiflä»  criglä,  gaplä, 
ftiflä,  fuflä,  §yeblä,  toc^glä,  ^lä.  —  g)  -el  >  -elä:  ferdelS. 

3)  -er;  —  a)  -er  =  -er:  belcber,  belfer,  be^ircricter,  cafer, 
chelner,  crontaler,  maier,  me^r  etc.  —  b)  -er  >>  -ftr:  cltom- 
pfor.  cu&r,  filär,  floajtär,  lag^i  lunc&r  etc.  —  fem.  -firfi: 
cobdrft,  ^cärfi.  —  c)  -er  >  -ir:  henghir  (vgL  auch  Cloastir). 
—  d)  -er[>ra:  capelmaTstni,  fosmaistru  etc.;  fem.  rä:  fimbrä. — 
e)  nach  Yok.  ist  das  e  gänzlich  geschwunden  in  dem  mehr- 
fach entlehnten  Wort  „Bauer^ :  gäbur,  paor,  paur,  paure  (ygl. 
auch  chibor-ean).  —  f)  in  folg.  Fallen  ist  an  die  Stelle  des 
d.  -er  das  nun.  Suffix  -ar,  nach  Palatal  -er  getreten:  burgar, 
crei^r,  drucar,  jogar,  pirgar,  ze^r;  f&lcer,  fieser  (alter  fie|ear), 
gldjer,  hingher. 

4)  -ung  erscheint  in  den  wenigen  Beispielen  in  sehr  ver- 
schiedener Gestalt:  bärbunc,  berbun,  bärbuncä,  ySrbung,  ver- 
bunc,  verbuncä,  ro|tung,  stälog,  ftalonc 

Anhang:  Über  den  Auslaut  der  übrigen  Worter  gilt 
etwa  Folgendes:  Wörter,  die  auf  Konsonanten  endigen,  bleiben 
im  Auslaut  meist  unverändert  und  werden  als  Mask.  oder 
Neutr.  behandelt,  z.  B.  androc,  be^irc  etc.  (Über  die  Ver- 
änderungen, die  einzelne  Kons,  im  Auslaut  erüediren,  ygl. 
II.  Kons.).  Mitunter  werden  sie  aber  durch  Anfügung  der 
Fem.-Endung  -ä  in  Fem.  yerwandelt,  wobei  das  ft  auch  laut- 
liche Veränderungen  im  Wortinnem  hervorrufen  kann:  andro- 
acä,  cortä,  stoft,  ^chirä;  in  glaje  und  ^chire  haben  wir  e 
wegen  des  vorhergehenden  z  beziehungsweise  r. 

Fem.  Substantiya  auf  -e  werden  meist  ebenÜEdls  als  Fem. 
auf  -ä  behandelt,  z.  B.  bortä,  farbä,  halbS  etc.;  bisweileil  auch 
als  Mask.  oder  Neutr.  mit  Ausfall  des  -e:  herberg,  nit,  pa- 
tronta;,  |terc  etc. 

In  einigen  Fallen  tritt  völliger  Schwund  unbetonter 
Endungen  ein,  z.  B.  cartof,  cozondrac,  dril,  sfanf ,  vingälac  etc. 

Vokalischer  Auslaut  liegt  vor  in:  blaiü,  cafeiü,  chirval, 
letiü,  pocäräX,  slingherat. 


—    248    — 

Häufig  ist  auch  die  Anf&gung  von  rum.  Suffixen,  besonders 
Ton  DiminutiYSuffizen,  z.  B.  arifte,  chiborean,  ftscu^  grofit^  etc.; 
in  ghin&rar  ist  die  Endung  -al  durch  das  rum.  Suffix  -ar 
ersetzt. 

Samtliche  Yerba  nehmen  die  Endung  -esc,  beziehungs- 
weise -uesc  an  (mit  Ausnahme  von  rfiterez  neben  räteresc)  z.  B. 
clepsesc,  slefnesc,  stipuesc,  verbuesc  etc. 


Anhang. 

Behandlung  des  Grundwortes  in  den  zusammen- 
gesetzten Dorfnamen. 

1)  -au,  urk.  -a  oder  -aw,  ss.  -9  (eide  =  Eidau,  vfela  = 
Weilau,  yändo  =  Windau.  Kisch.  BFN,  27,  31),  rum.  a:  Sona 
{der  Name  Zweier  verschiedener  Dörfer),  Toarcla;  hierher  ge- 
hört wahrscheinlich  auch  Alflna. 

2)  -bach,  urk  -bach,  ss.  -h(fXi  "im.  -bav  (-baf):  Besimbav, 
Crisbav,  Ghimbav,  Holbav,  Ilimbar,  Rodbay,  Rotbay.  (Da 
schon  1750  Hambav,  Ilimbay,  Rodbay,  1780  Crisbav  und 
Ghimbav  belegt  sind,  so  erscheinen  Formen  mit  auslautendem 
ch  oder  c  mindestens  als  zweifelhaft,  als  durch  deutsche  oder 
magy.  Schreibweise  beeinflußt).  Ausnahmen:  Hamba  (bereits 
1733,  dagen  1750  als  Hambav  belegt,  vgl.  auch  Hämbfi^an); 
Holbab  (mit  Assimilation)  1750;  Porumbac  (falls  die  Ableitung 
von  Bombach  richtig  ist)  (Volksetymologie). 

3)  -bäum,  urk.  -bom,  rum.  -bom:  Ghirbom. 

4)  -berg,  urk.  -berg,  -bergh,  -berch,  -perg,  ss.  -bri^  (vgl 
humbrix,  Hanenberg.  Beitr.  XVII,  383),  rum.  -berg,  -berc,  -ber, 
-bär,  -per,  -pär:  Sulumberg  oder  -berc,  Selimber  oder  -bar, 
Chirper  oder  p&r,  Vurper  oder  -pär,  Vulper  oder  Vurpär. 

5)  -bom,  mm.  bor:  Calbor. 

6)  -bühel,  urk.  puchlen,  ss.  -bf^öl  (Beitr.  XVII,  368),  rum. 
bechiü  (beK):  Hundmbechiü. 

7)  -thal,  urk.  -dal,  ss.  -In,  mm.  -deal:  Gherdeal,  Merghin- 
deal, Tichindeal.    (Diese  Formen  sind  schon  in  den  nach  magy. 


—    249    — 

Schreibweise  wiedergegebenen:  Gyergyal  1733  und  1750,  Mer- 
gindjal,  Czüdngyal  1750  bezeugt);  Ausnahmen:  Mighindola 
und  Rondola,  -dela,  beruhen  vielleicht  auf  späteren  Formen 
Yon  -dal;  in  Agnita  fehlt  ein  ursprüngliches  -dal  vollständig. 
(Alle  fibrigen  Formen  keruhen  auf  ungenauer  Schreibung). 

8)  -dorf,  urk.  -dorf,  -dorfF,  ss.  derf,  drf,  drof,  rum.  dorf: 
Aldorf,  Apusdorf,  Bendorf,  Bundorf,  Dupusdorf,  Hendorf, 
Hundorf,  Jacäsdorf,  Ibisdorf,  Ighisdorf,  Mesindorf,  Metisdorf, 
Motisdorf,  Mucundorf,  Peti^dorf^  Richisdorf,  Ketisdorf,  Saldorf, 
Valendorf,  Vildndorf.  —  Schon  1733  und  1750  finden  wir 
-dorf,  -torf  (meist  mit  ff  geschrieben).  Dagegen  erscheint  bei 
Windisch  (1790),  außer  in  Aldorf,  merkwürdigerweise  überall 
-dor  oder  sogar  -du  (vgl.  Marteschdu  für  Metisdorf).  —  Die 
neuss.  Form  -derf  erscheint  im  einzigen  Beispiel  Cloasterf.  — 
In  mehreren  Fallen  fehlt  -dorf  im  Rum.  vollständig,  z.  B. 
Fel^  (Felsendorf),  Frlua  (Frauendorf)  etc. 

9)  -feld,  urk.  feld,  ss.  ffeld,  rum.  feldea:  Fofeldea. 

10)  -garten,  urk.  gard  etc.,  rum.  gard:  Vingard,  Bun- 
gard. 

11)  -hausen,  urk.  -husen,  -hws,  ss.  -essen,  -h^ousen,  rum. 
us:  Netus,  Sfisäu|. 

12)  -holz,  urk.  holz,  rum.  -ol^:  Bohol^;,  Casol^. 

13)  -kirch,  urk.  -grech,  -kyrch,  kyrg  etc.,  ss.  k^ir;^  (Beitr. 
XU,  130),  rum.  -crihi,  -cri  (crici,  -chir):  Nocrihi,  Viscri  (Ghis- 
erici,  Vischir). 

14)  -loch,  urk.  loch,  rum.  loc:  Vorumloc. 

15)  -Stadt,  urk.  stadt,  statt  etc.  ss.  -stet  (vgl.  Dlrstet),  rum. 
ftat:  Doftat,  Noistat,  Sälistat.  (Daneben  finden  sich  auch 
Formen  mit  s,  die  vielleicht  nur  auf  ungenauer  Schreibung 
beruhen:  Dostat,  Noustat,  Selistat). 

16.  -Wasser,  urk.  -wasser,  ss.  -vasr  (Beitr.  XII,  117),  rum. 
Tssär  (basär):  Cälvasär  (Gälbasär). 


—    250    — 

Literatur  und  Abkürzungen. 

altes.  =  altsiebenbürgischsächsich. 

Ban.  =  Banat. 

Bar.  =  S.  P.  Bardanu,    Wörterbuch  der  rumänischen  und 

deutschen  Sprache,  ^Hermannstadt. 
Beitr.  «=  Beitri^e  zur  Geschichte  der  deutschen  Sprache  and 

Literatur,  begr.  von  H.  Paul  und  W.  Braune:  a)  XII,  113ff.: 

A.  Scheiner,  Die  Mediascher  Mundart;  b)  XVII,  347£: 

G.  Kisch,    Die   Bistritzer   Mundart    verglichen    mit  der 

moselfränkischen. 
Bib.  Pp.  =  L  G.  Bibicescu,  Poesii  populäre  din  Transilvania, 

Bucuresci  1893. 
Buk.  =  Bukowina. 
Cihac  II  =  A.  de  Cihac,  Dictionnaire  d'etymologie  daco-romane, 

Francfort  s/M  1879. 
Clemens  =  A.  Clemens,    Kleines   walachisch-deutsches   und 

deutsch-walachisches  Wörterbuch,  Hermannstadt  und  Kron- 
stadt 1823. 
Dame  =  Fr.  Dame,  Nouveau  dictionnaire  roumain-fran^, 

Bucarest  1895  (4  Bde.). 
D.,  d.  =  deutsch. 
1000  Doine  =  1000  Deine,  strigäturi  si  chiuituri  culese  de 

mal  mul^  tnvä^tort  zelosi,  Brasov  1891. 
Diig.-Op.  =  Are.  Dugan-Opai^,  Deutsche  Sprachelemente  in 

der  Bukowina  (Hs.). 
Et.  =  Etymologie. 
Fr.-C.  =  T.  Fräncu  si  6.  Candrea,  Rom&nii  din  mun^  apuseni, 

Bucuresci  1888. 
Gaster  =  M.  Gaster,  Chrestomathie  roumaine,  Leipzig-Buca- 

rest  1891  (2  Bde.). 
Grimm  =  I.  und  W.  Grimm,  Deutsches  Wörterbuch,  Leipzig 

1854  flf. 
Haltrich  =  1.  Haltrich,  Plan  zu  Vorarbeiten  fRr  ein  Idiotikon 

der  siebenbürgisch-sächsischen   Volkssprache,   Kronstadt 

1865. 


—    251    — 

H£M  =  B.  Petriceicu-Hasdeu,  Etymologicum  magnum  Ro- 

maniae,  Buctiresci  1887—1893  (3  Bde.). 
Hodo;  Cb.  =  £.  Hodo|,  Cäntece  b&ift^iie,  Caransebe;  1898 

(Biblioteca  noastarä  Nr.  11—12). 
Hodof  Cc.  =  £.  Hodo|,  Cäntece  e&tSiie|ta,  Caransebes.    (BibL 

noastrS  Nr.  13.) 
Hodof  Pp.  »=  K  Bodo;,  Poezii  poporale  din  Bftnat,  Caran- 

sebef  1892. 
IB  =  I.  ü.  lamik   ;i   A.  Bärseanu,  Doine  §i  strigäturi  din 

Ardeal,  Bacoresci  1885. 
lorga»  Doc  Bisir.  =  N.  loiga,  Documente  romine|ti  din  archi- 

Tele  Bistri^!,  I,  Bacure;ti  1899;  11,  Buc.  1900. 
lorga.  Säte  =  N.  lorga,  Säte  §i  preoft  din  Ardeal,  Bucure^ti 

1902. 
lorga,  Soc.  Bra|.  =  N.  lorga,  Socotelile  BraBovuIui,  Bucu- 

rescl  1899. 
lorga,   Stadu  =   Studil  |i  documente  cu  priyire  la  istoria 

Romlnilor,  I— IV,  Bucurestt  1901—02. 
Keintzel  NI »»  6.  Eeintzel,  Nösner  Idiotismen,  Bistritz  1897. 
Kisch  BFN  =  G.  Eisch,  Bistritzer  Familiennamen,  Bistritz 

1897. 
Kisch  NW  =  G.  Kisch,   Nösner  Wörter  und  Wendungen, 

Bistritz  1900. 
Eloge  =  Fr.  Eluge,  Etymologisches  Wörterbuch  der  deutschen 

Sprache,  ^Strassburg  1894. 
Kl.  Wal.  =  Eleine  Walachei 
Eramer  =  Friedr.  Eramer,  Idiotismen  des  Bistritzer  Dialektes. 

(Programm  des  ev.  Obergym.  A.  B.  zu  Bistritz,  1875—77). 
Laar.-Mass.  =  A.  T.  Laurianu  si  I.  C.  Massimu,  Glossariü, 

Bucaresci  1871. 
L  B.  «=  Lexicon  Valachico-Latino-Hungarico-Germanicum, 

Budae  1825. 
läuba-Iana  =s  S.  Liuba  |i  A.  lana,  Topografia  satului  |i  ho- 

taroluf  M&idan,  Caransebe;  1895. 
Mindrescu  «==  S.  G.  Mändrescu,  Elemente  unguresti  in  limba 

lomänft,  BncureftT  1892. 


—    252     - 

Mold.  ^=  Moldau. 

Moldovan  =  S.  Moldovan,  Tara  noastri,  Sibiift  1894. 

Molnar  =  Johann  Molnar,  Deutsch-walachische  Sprachlehre, 

Wien  1788. 
Munt.   Doine  =.  Stefan  Muntean,   100   Doine  si  strigaturit 

BrasoY. 
Munt.  Mon.  =  I.  Muntean,  Monografia  econonücS-culturala  a 

comunei  Qurarlulul,  Sibiiü  1896. 
Nf.  =  Nebenform, 
neuss.  =  neusiebenbürgischsSchsisch. 
Pop.-Bän.  =  I.  Poporici-Bäni^eanu,  Din  via^  meseriasilor. 

(Bibl.  pt.  toti  Nr.  23—24.) 
Pop.  Rom.  =  I.  Pop-Reteganul,  Romänul  tn  sat  si  la  oste, 

Gherla  1899. 
Pop  Pov.  =  I.  Pop-Reteganul,    Povestt  din  popor,    Sibiiü 

1895. 
Pu|c.  Doc.  —  I.  Puscariu,  Documente  pentru  limbft  si  istoriä, 

I,  Sibiiü  1889.  * 
Bfid.-Cod.  =  Rftdulescu-Codin,  0  seama  de  cuvinte  din  Muscel, 

Cämpulung  1901. 
Sieb.  =  Siebenbürgen. 
SS.  =  siebenbürgisch-sächsisch. 

Sprdm.  =  Fr.  Müller,  Deutsche  Sprachdenkmaler  aus  Sieben- 
bürgen, Hermannstadt  1864. 
Stinghe,  Doc  =  St.  Stinghe,   Documente  privitoare  la  tre- 

cutul  Bomtnilor  din  Schei,  I  und  II,  Brasov  1901  und 

1902. 
Stinghe,  Schkejer  «>  St.  Stinghe,  Die  Schkejer  oder  Trokaren 

in  Kronstadt,  Leipzig  1900. 
Säin.  I  =»  L.  Säineanu,  Dic^ionar  germano-romän,  Bucuresti 

1887;  oo  11  =  Dic^onar  rom&no-german,  Buc.  1889. 
Sez.  =  A.  Gorovet,  Sezätoarea. 
Tiktin  =  H.  Tiktin,  Rumänisch-deutsches  Wörterbuch,  Buca- 

rest  1895-1900. 
urk.  =  urkundlich. 
Urkb.  =  F.  Zimmermann  und  C.  Werner,  Urkundenbuch  zur 


—    253    — 

Oeschichte  der  Deutschen  in  Siebenbürgen,  Hermannstadt 
1892  (2  Bde.). 

Vidü  =  A.  Viciu,  Glosariü  de  cuvinte  dialectale,  Blaj  1899. 

WaL  =  Ghroüe  Walachei. 

Wg.  Jb.  s=  O.  Weigand,  Jahresbericht  des  Instituts  fnr  ru- 
mänische Sprache,  Bd.  III-^VIII,  Leipz^  1896—1902. 

Wolff,  Vorarb.  =  J.  Wolff,  Vorarbeiten  zum  siebenbürgisch- 
deutschen  Wörterbuch  (Archiv  des  Vereins  fftr  sieb. 
Landeskunde.    N.  F.  Bd.  27). 

Zorca  e=  J.  Zorca,  Monografia  comunei  Vlftdeni,  Sibiiü  1896. 


Berichtigung:  S.  143  Z.  20  lies  „nehmen  noch  1291 
neben  den  Adeligen,  den  Seklem  und  Sachsen  auch  die  Ru- 
mänen teil*'. 


Mihail  Eminescus  Leben  nnd  Prosaschrifton 


Joan  Scurtu. 

A.  Eminescus  Leben  und  Sffentliche  Tätigkeit 

I.  Biographische  Quellen.  Eminescus  Zeitalter.   Eminescus 
Abstammung  und  Familie. 

Zu  einer  wissenschaftlichen  Monographie  Eminescus  fehlen 
noch  immer  die  notwendigsten  Bedingungen:  eine  vollständige 
Ausgabe  seiner  Werke  und  die  grundlegenden  Vorarbeiten 
in  Bezug  auf  das  bio-  und  bibliographische  Material. 

Was  nun  die  vorliegende  Abhandlung  betrifft,  so  soll  sie 
keineswegs  eine  vollständige  und  abschließende  Monographie 
Eminescus  bilden,  soodem  nur  einen  Versuch  in  dieser  Richtung. 
Ein  zweiter  Teil,  der  Eminescu  als  Dichter  behandeln  wird, 
soll  im  nächsten  Jahre  folgen. 

Ich  gebe  im  folgenden  eine  kurze  Darlegung  der  biogra- 
phischen Quellen  und  Nachrichten  über  unseren  Dichter,  die 
mir  teils  zur  Verfügung  standen,  teils  infolge  eigner  Forschungen 
erschlossen  worden  sind. 

Selbstbiographische  Notizen  oder  Bekenntnisse  Eminescus 
fehlen  uns  gänzlich.  So  wenig  Interesse  hat  der  Dichter  für 
sein  äußeres  Leben  gezeigt,  daß  er  selbst  seinen  Geburtstag 
vermutlich  unrichtig  angegeben  hat  (Ed.  M.  309).  Diese  Inter- 
esselosigkeit für  sich  selbst  und  für  sein  Schicksal  einerseits, 
andererseits  aber  sein  bewegter  Lebensgang,  voll  harter  Kämpfe 
ums  Dasein,  verbittert  durch  Not,  Krankheit,  schließlich  sein 


—    255    — 

zweimaliger  Wahnsinn  und  sein  frfiher  Tod  —  alle  diese 
Umstände  mußten  ihm  eine  ruhige,  schriftstellerische  oder  gar 
autobiographische  Beschäftigung  unmöglich  machen.  Es  kommt 
noch  in  Betracht  die  zurückgezogene,  yerschlossene  Natur 
und  die  eigenartige  Bescheidenheit,  woraus  sich  seine  äußerst 
wenig  mitteilsame  Haltung  auch  den  ihm  sehr  Nahestehenden 
gegenüber  erklärt 

Wir  besitzen  von  der  Hand  Eminescus  nur  einige  Briefe: 
sechs  an  J.  Negruzzi  (C.  L.  XXV,  903,  XXX,  1);  ftnf  (von 
geringem  Interesse)  an  Fr.  Cornelia  Emilian  (Scr.  XIII,  XXIII, 
XXV,  XXXTH,  XLV)  die  während  seiner  Krankheit  1887  ge- 
schrieben sind;  einen  aus  demselben  Jahre  an  V.  G.  Mortun 
(P.  8.  V.)  einen  (höchst  interessanten,  leider  aber  nur  frag- 
mentarischen) an  J.  Vulcan  (F.  XXXV,  301)  und  einen  (gleich- 
falls sehr  wichtigen)  an  einen  ungenannten  Freund  in  Jassj 
(Vlah.  CL  d.  L  193). 

Reichlicheres  Material  bieten  seine  Werke  und  besonders 
seine  5£fentliche  Tätigkeit. 

Eminescu  ist  eine  ausgeprägt  subjektive  Künstlernatur; 
eben  dieser  umstand  gibt  seinem  Schaffen  auf  den  ver- 
schiedenen Gebieten  der  Literatur  auch  in  biographischer  Be- 
ziehung eine  gewisse  Bedeutung.  Seine  Gedichte  sowohl  wie 
seine  Prosaschriften  enthalten  oft  wertvolle  Andeutungen  über 
das  Gefühlsleben,  die  Ideenwelt  und  die  inneren  Erlebnisse 
des  Dichters.  Besonders  eine  Novelle  „Särmanul  Dionis" 
(Nov.  31  ff.)  scheint  vieles  aus  dem  Innenleben  Eminescus 
wiederzuspiegeln,  selbstverständlich  in  poetischer  Form  und 
in  phantasiegemäßer  Behandlung.  Der  Held  dieser  Novelle, 
Dionis,  hat  mit  der  Persönlichkeit  des  Dichters  manches  über- 
raschend Gemeinsame. 

Das  wichtigste  Material  enthalten  aber  die  offiziellen 
Aktenstücke  aus  Eminescus  Tätigkeit  als  Bibliothekar  und 
als  Schulinspektor  in  Jassy,  die  bis  jetzt  noch  nicht  erforscht 
worden  sind.  Der  Liebenswürdigkeit  des  Herrn  S.  Teodorescu- 
Eirileanu  verdanke  ich  die  Möglichkeit,  diese  Aktenstücke 
benutzen  zu  können.    Neuerdings  hat  auch  Teofil  Fräncu,  ein 


—    256    — 

Freund  des  Dichters,  manche  interessante  Nachrichten  in  der 
Kronstadter  Zeitung  „Gazeta  Transilvaniei"  in  Siebenbürgen 
veröfiFenilicht  (G.  T.  LXV,  1902  Nr.  85). 

Wertvolle  biographische  Quellen  sind  auch  die  Mitteilungen 
und  Angaben  anderer  Freunde  Eminescus.  In  erster  Linie 
ist  die  biographische  Skizze  Maiorescus  zu  nennen.  (Ed.  E 
Vorwort,  Cr.  M.  289  ff.),  die  sowohl  feste  Tatsachen,  als  auch 
feine  psychologische  Bemerkungen  enthält  Von  gleicher 
Bedeutung  sind  die  Angaben  Garagiale's  Ylahu^'s,  Negmzzi's, 
Slayici's,  die  ich  im  bibliographischen  Teile  der  Abhandlung 
verzeichne.  Ebenda  nenne  ich  noch  manche  andere  Quellen, 
unter  ihnen  besonders  die  „biographische  Notiz  des  Haupt- 
manns Mateiu  Eminescu,  des  Bruders  des  Dichters  (B.  p.  i) 
und  die  Denkschrift  d.  Zeitschrift  „Fintina  Blandusiei^  (Div. 
122  ff).  Hier  erwähne  ich  nur  zwei  Versuche  einer  Biographie 
Eminescus:  das  Buch  Petra8Cus(Mihail Eminescu,  Studiu  Critic. 
Bucuresti  1892,  Seite  5—29)  und  die  Abhandlung  Cristea's 
(S.  3—22);  beide  Werke  leiden  an  dem  Nachteil,  daß  die 
Verfasser  die  Angabe  der  Quellen  fast  gänzlich  vernach- 
lässigen. 

Noch  eine  biographische  Quelle  muß  ich  hier  besprechen: 
Es  ist  der  Band  von  Briefen  Henriette  Eminescus  an  Frau 
Cornelia  Emilian.  Doch  ist  das  Buch  im  großen  und  ganzen 
nicht  eben  glücklich  zusammengestellt  und  daher  nur  in  be- 
schränkter Weise  brauchbar  und  mit  kritischer  Vorsicht  zu 
benutzen,  da  sich  in  ihm  manche  Angaben  und  Äußerungen 
befinden,  die  einer  strengen  objektiven  Prüfung  unterzogen 
werden  müssen;  die  Briefe  selbst  sind  sehr  subjektiv,  hier  und 
da  sogar  befangen,  wie  es  den  Umständen  nach,  unter  denen 
sie  geschrieben  sind,  auch  nicht  anders  zu  erwarten  ist;  manche 
wieder  gehören  nicht  in  die  Öffentlichkeit  und  es  ist  bedauerlich, 
daß  sie  veröffentlicht  worden  sind.  Und  nun  eine  allgemeine 
Bemerkung  über  die  angegebenen  biographischen  Quellen: 
Die  meisten  sind  von  jeder  wissenschaftlichen  Kritik  imberühri 
geblieben.  Doch  ist  eine  solche  Kritik  sehr  notwendig,  denn 
diese  an  Anzahl  und  speziell  an  Umfang  nicht  eben  großen 


—    257    — 

biographischen  Angaben  widersprechen  sich  gleichwohl  oft- 
mals, und  nicht  selten  beruhen  sie  auf  bloßen  Vermutungen 
oder  Legenden.  "*" 

Außer  den  genannten  Quellen  habe  ich  —  insoweit  mir 
dies  Yon  Leipzig  aus  möglich  war  —  auch  eigene  Forschungen 
angestellt.  Ich  habe  mich  zu  diesem  Zwecke  privatim  wie 
öffentlich  (durch  Zeitschriften  und  Zeitungen)  an  des  Dichters 
Freunde,  an  die  Universitätskanzleien  in  Wien,  Berlin,  Jena, 
an  die  üniYersitätsbibliotheken  in  Wien  und  Berlin,  an  die 
Universitätsbibliothek  in  Jassy  und  auch  an  andere  Quellen 
gewandt,  von  denen  ich  annehmen  durfte,  daß  sie  etwas  über 
den  Dichter  mitteilen  konnten.  Als  eine  Folge  dieser  Be- 
strebungen dürfte  vielleicht  auch  die  erfreuliche  Tatsache  an- 
gesehen werden,  daß  in  der  letzten  Zeit  das  Interesse  für  den 
großen  Dichter  wieder  einen  mächtigen  Aufschwung  genommen 
hat  Herr  Maiorescu  hat  der  rumänischen  Akademie  in  Bukarest 
eine  bedeutende  Anzahl  Manuskripte  Eminescus  übergeben; 
ein  neuer  Band  Gedichte  ist  daraus  schon  erschienen,  andere 
werden  in  kurzer  Zeit  folgen  und  verschiedene  Au&ätze  über 
den  Dichter  sind  veröffentlicht  worden. 

Das  Leben  Eminescus  (1849 — 1889)  deckt  sich  mit  dem 
Zeitalter,  wo  die  wichtigsten  politischen,  sozialen  und  kultu- 
rellen Ereignisse  für  das  rumänische  Volk  im  XIX.  Jahr- 
hundert stattfanden,  das  gleich  auf  die  Zeit  des  nationalen 
Wiedererwachens  der  Rumänen  im  Königreiche  und  in  Öster- 
reich-Ungarn folgte.  Es  ist  die  Epoche  der  modernen  Ge- 
staltung Rumäniens  als  National-  und  Eulturstaat.  1859  ver- 
einigen sich  Moldau  und  Walachei  zum  Fürstentum  Rumänien. 


*)  Mit  vollem  Recht  sagt  daher  die  geschickte  Übersetzerin  Emi- 
nescos  Fraa  Dr.  Minckwitz:  Die  ,,üngenauigkeit  ist  charakteristisch  für 
den  Wert  des  gesamten  auf  ihn  (Eminescu)  bezüglichen  biographischen 
Materials,  das  von  rumänischer  Seite  zur  Verfügung  steht  Für  den 
Ausländer  ist  es  geradezu  unmöglich,  aus  diesem  bunten  Gemisch  von 
Wahrheit  und  Dichtung  Stoff  zu  einem  klaren  Lebensbild,  oder  selbst 
nur  einer  unanfechtbaren  Skizze  zu  gewinnen."  (Beil.  z.  M.  allg.  Ztg. 
1900,  Nr.  128.) 

Weigftnd,  10.  Jahresbericht.  17 


—    258    — 

1866  bekommt  das  Land  siatfc  der  einheimischen  eine  deaische 
Dynastie  und  tritt  dadurch  mehr  in  die  Reihe  der  europäischen 
SiÄaten.  1877,  in  dem  russisch-rumänisch-türkischen  Kriege 
erkämpft  Rumänien  seine  völlige  Unabhängigkeit;  1881  wird 
es  Königreich. 

Mit  diesen  politischen  Ereignissen  eröffnet  sich  dem  Lande 
ein  neues  staatliches  Leben  und  eine  neue  Kultur.  Das  poli- 
tische Leben  bekommt  als  Grundlage  eine  der  liberalsten 
Verfassungen  Europas;  die  Kultur  ist  gleichfalls  aus  dem 
Abendlande  eingeführt,  und  zwar  aus  Frankreich,  wie  auch 
die  politischen  Reformen.  Es  ist  klar,  daß  nicht  alle  Resultate 
dieser  neuen  Einrichtungen  gunstig  sein  konnten.  Sie  waren 
rasch  eingeführt,  mit  einer  konsequenten  Nichtbeachtung  der 
tatsächlichen  Bedürfnisse  des  Volkes  und  mit  einem  großen 
Optimismus  kosmopolitischer  Art,  der  in  dem  Liberalismus 
des  Zeitalters  lag.  Besonders  die  kritiklose  und  nur  ober- 
flächliche Anpassung  an  die  französische  Kultur  in  allen 
Dingen  —  infolge  des  Einflusses  der  Angehörigen  der  oberen 
Klasse,  die  in  Paris  ihre  Studien  machten  und  größtenteils 
noch  heute  machen,  —  wurde  bald  yerhängnisYoll  für  eine 
gesunde,  ruhige,  echt  nationale  Entwicklung  des  Landes."*" 

Daher  rührt  eine  große  Anzahl  von  mißlichen  sozialen 
und  politischen  Zuständen,  denen  die  öffentliche  (politische) 
Tätigkeit  Eminescus  sehr  energisch  entgegen  strebte. 

Auf  politischem  Gebiete  eine  überliberale  Konstitution 
für  eine  politisch  noch  gar  nicht  geschulte  Masse  und  dadurch 
eine  scheinbare  Freiheit  der  unteren  Klassen,  in  Wirklichkeit 
aber  ein  willkürliches  Herrschen  der  oberen  lüassen,  deren 
Traditionen  größtenteils  in  den  traurigen,  durch  und  durch 
verdorbenen  Zeiten  der  „Fanarioten"  der  griechisch-türkischeu 
Wirtschaft  zu  suchen  sind. 


*)  Pompiliu  Eliad  „De  rinflaence  fran^aiBe  aar  TeBprit  public  en 
Roumanie"  Paris,  Ernest  Leroox  1896.  Über  die  Anfänge  dieses  Ein- 
flasses,  besonders  vom  literarischen  Standpunkte  ans,  lorga,  Ist  lit  rom.. 
in  sec.  XVIII,  I.  Bd.  14  und  U.  Bd.  48ff. 


—    259    — 

Auf  kulturellem  Gebiete  —  Einfahrong  (ohne  Maß,  ohne 
Kritik,  ohne  Vertiefung,  ohne  richtiges  Verständnis)  einer 
fremden,  der  Natur  des  Volkes  and  seiner  Entwickelungsstofe 
nicht  entsprechenden  Kultur,  die  nur  oberflächlich  nachgeahmt 
werden  konnte  und  wurde. 

Auf  ethischem  Gebiete  zeigt  sich  vor  allem  Mangel  an 
sittlicher  Zucht,  daför  machen  sich  Herrschsucht  und  Gewinn- 
sucht breit,  Luxus  und  Verschwendung  nehmen  überhand. 

Auf  literarischem  Gebiete  —  außer  Alexandri  und 
seinen  Anhängern  —  ein  fast  ausgelebter,  meist  deklamato- 
rischer Patriotismus,  ein  überschwenglicher  Optimismus  von 
der  lockersten  philosophischen  Art;  eine  exotische  Romantik 
oder  eine  eifrige  Nachahmung  der  franzosischen  Literatur; 
ein  Kultus  der  Schriftsteller  und  des  Publikums  zu  Gunsten 
des  fremden  und  zu  Ungunsten  des  Volksgeistes;  in  den  höheren 
Klassen  das  Vorherrschen  der  französischen  Sprache  und  Sitte 
und  ein  gewisses  ironisches  Herabblicken  auf  die  rumänische 
Sprache  und  rumänische  Denkart. 

Kurz:  epochemachende  nationale  Ereignisse  auf  der  einen 
Seite,  auf  der  anderen  eine  Gesellschaft,  die  nicht  reif  und 
fähig  war  den  Riesenschritt  in  der  Entwickelung  mitzumachen. 
Das  ist  das  Zeitalter  Eminescus,  mit  wenigen  Strichen  charak- 
terisiert. 

In  einem  solchen  Zeitalter  hat  Eminescu  gelebt  Kein 
Wunder,  daß  eine  idealistisch -romantische,  melancholische, 
vielleicht  sogar  pessimistisch  veranlagte  Natur  wie  die  unseres 
Dichters,  am  meisten  die  Schattenseite  bemerkt  und  am 
wenigsten  die  Lichtseite  seiner  Epoche  gepriesen  hat  Ebenso 
ist  es  kein  Wunder,  daß  sein  Schaffen  und  sein  Wirken,  ja 
selbst  seine  Persönlichkeit  am  Anfang  viele  Feinde  gehabt 
und  doch  schließlich  einen  ungeheuren  Einfluß  ausgeübt  hat 

Eminescus  Abstammung.  Über  die  Vorfahren  des 
Dichters  besitzen  wir  keine  einzige  sichere  Nachricht  Es 
existieren  bloß  einige  sehr  wenig  glaubwürdige,  rein  sagenhafte 
Nachrichten.  Nach  der  einen  soll  ein  Vorfahre  Eminescus 
Türke  gewesen  sein,   ein  Kaufinann  Namens  Emin  Effendi, 

17  ♦ 


—    260    — 

der  in  der  Moldau  eine  Bumänin  heiratete  (Petr.  6).  Nach 
einer  anderen  soll  der  Vater  Eminescus  von  einem  schwedischen 
Offiziere  Karls  XII.  abstammen.  Dieser  Offizier  habe  sich 
nach  der  Schlacht  bei  Pultawa  in  Suceava  (Bukowina)  nieder- 
gelassen und  eine  Rumänin  geheiratet  (Div.  122).  Der  Haupt- 
mann Eminescu,  der  Bruder  des  Dichters  erklärt  (B.  p.  t.  Vor- 
wort) solche  und  andere  derartige  Versionen,  als  Anekdoten, 
ja  sogar  als  Verleumdungen  seiner  Familie. 

DieFamilie  Eminescus.  Die  verschiedenen  Biographen 
geben  über  Eminescus  Familie  ungefähr  folgende  Nachrichten 
an,  die  ich  durch  einige  briefliche  Mitteilungen  ergänze.  (Briefe 
von  den  Herren  Dr.  J.  0.  Sbiera,  üniyersitätsprofessor  in 
Czemowitz,  V.  Bumbac  in  Suceava,  J.  Bumbac  in  Gzemowitz.) 

Die  Familie  Eminovici'*'  stammt  aus  der  Bukowina,  aus 
dem  Dorfe  Calinesti  bei  Itcani  an  der  rumänischen  Grenze. 
Nachkommen  der  Familie  leben  noch  heute  in  diesem  Dorfe, 
unter  dem  Namen  Eminovici  (briefl.  V.  Bumbac).  Der  Vater 
des  Dichters,  Georg  Eminovici,  ein  Bauernsohn,  ist  1812  in 
Clainesti  geboren;  er  hat  die  4  klassige  Elementarschule  in 
Suceava  besucht  Dann  trat  er  in  den  Dienst  des  Boiaren 
loan  lenacaki  Cirstea  in  der  Gemeinde  Gostina  bei  Suceava. 
Später  befindet  er  sich  als  Verwalter  („vätaf  de  mofie")  im 
Dienste  des  Bojaren  Bals  von  Dumbrävent,  der  reiche  und 
große  Besitzungen  in  der  Moldau  besaß  und  dessen  Familie 
dem  nationalen  rumänischen  Adel  angehört  1840  heiratete 
Georg  Eminovici  die  4.  Tochter  des  Edlen  Stolnicul  Vasile 
lurascu  aus  loldesti,  der  einer  alten  adeligen  Familie  der 
Moldau  entstammt  (B.  p.  t  Vorwort). 


*)  Dieses  ist  der  ursprüngliche  Name  der  Familie  Eminescus,  nach 
den  Angaben  aller  biogpraphischen  Forscher  (B.  p.  t  Vorwort;  Div.  122 ff. ; 
Ed.  M.  310;  Petr.  7;  Cr.  3).  Den  Namen  Eminescu  hat  I.  Vulcan  dem 
Dichter  gegeben  (briefl.)  und  dann  haben  ihn  die  anderen  Mitglieder 
der  Familie  angenommen.  Unrichtig  ist  die  Behauptung  mancher 
Biographen  (Div.  124),  der  Name  Eminescu  rühre  von  dem  Profi  Aron 
Pumnul  her;  denn  das  Gedicht  Eminescus  auf  dessen  Tod  ist  noch 
„Eminoviciü"  unterschrieben  (Dr.  Sbiera  „Ar.  P."  386). 


—    261    — 

Am  12.  Mai  1841  bekommt  er  yon  dem  Moldauischen 
Ffirsten  Mihail  Origore  Stmrdza  den  Adelstitel  „Cäminar^  als 
Auszeichnung  „für  die  Dienste,  die  er  dem  Vaterlande  zu  ver- 
schiedenen Zeiten  geleistet  hat^  (B.  p.  i  Vorwort).  Schon 
vorher  besaß  er  den  Adelstitel  Sulger,  von  dem  wir  aber  nicht 
wissen,  wann  er  ihm  verliehen  wurde.  Nach  dem  Tode  Bals's 
kaufte  sich  Oeorg  Eminovici  ein  Gut  bei  Ipotesti,  nicht  fem 
von  der  moldauischen  Stadt  Botosani,  wo  Eminovici  ein  eigenes 
Haus  besaß  und  mit  seiner  Familie  öfters  wochenlang  weilte. 
Aus  dem  Ertrage  seines  Gutes  unterhielt  der  tüchtige  Land- 
wirt &st  alle  seine  Söhne  an  Hochschulen  im  Auslande.  Über- 
haupt galt  er  als  ein  Muster  von  Wirtschaftlichkeit  im  Kreise 
Botosani  [Scr.  LXX].  Er  starb  im  Januar  1884  (Scr.  XV).  — 
Sein  Leben  imd  seine  Tätigkeit  zeigen  uns  George  Eminovici 
als  einen  braven,  energischen,  offenen  Menschen,  von  ge- 
sundem Verstände,  der  viel  Liebe  für  seine  Familie  und  für 
sein  Vaterland  hatte.  I.  L.  Caragiale  sagt  von  ihm:  „er  war 
ein  sehr  sympathischer  alter  Herr,  witzig  und  originell.'' 
(I.  L.  C.  13). 

Von  der  Mutter  des  Dichters  haben  wir  sehr  wenige  Nach- 
richten. Sie  hieß  Baluca  (Rari^)  geb.  lurasca  und  soll  aus 
einer  kränklichen  Familie  stammen;  eine  Schwester  von  ihr, 
die  Nonne  Fevronia  lurascu  soU  an  Schwindsucht  gestorben 
sein  (Cr.  3).  Caragiale  (N.  s.  Seh  13)  schreibt:  „Ich  habe 
dann  Eminescu  gefragt,  ob  seine  Mutter  noch  lebe.  Die 
Mutter  war  gestorben;  aber  aus  der  niedergeschlagenen  Miene 
mit  der  er  mir  antwortete,  habe  ich  entnommen,  daß  mit  ihrem 
Tode  traurige  Erinnerungen  verknüpft  waren,  wie  es  bei  einem 
natorlichen  Tode  nicht  der  Fall  zu  sein  pflegt,  nicht  nur 
schmerzliche,  sondern  auch  düstere.^ 

Nach  diesen  Angaben  scheint  die  Mutter  des  Dichters 
eine  leidende,  vielleicht  schicksalsbelastete  Frau  gewesen  zu 
sein,  zu  der  Eminescu,  nachdem  er  sie  bereits  in  zarter  Jugend 
verloren,  in  unendlicher  Liebe  aufblickte,  wie  aus  seinem  tief- 
melancholischen Gedicht  „0  mamä  .  ."^  (0  Mutter;  Ed.  Sar.  131) 
hervoi^eht 


—    262    — 

„0  Mutter,  süße  Mutter,  aus  Deinem  schwarzen  Grab 
Rufst  Du  im  Blätterrauschen  zu  Dir  mich  stets  hinab. 
Akazien  streuen  Blatter  auf  Deine  schwarze  Gruft, 
Und  über  Deinen  Denkstein  streicht  hin  die  Herbstesluft. 
Der  Wind  bewegt  die  Zweige,  verweht  Dein  leises  Wort, 
und  ewig  rauschen  Blatter,  und  ewig  schla&t  Du  fort" 

(B.  Dicht.  168.) 

Herr  I.  Slavici,  Eminescus  üniversitatsfreund,  schreibt 
mir:  „Indem  er  die  ganze  Welt  liebte,  liebte  er  niemanden 
besonders.  Nur  von  seiner  Mutter  habe  ich  ihn  mit  Sehn- 
sucht und  Zärtlichkeit  sprechen  hören."  —  Auch  in  seinen 
Werken  treten  uns  die  Mütter  als  zarte,  gutmütige,  liebende 
und  geliebte,  leidende,  diskrete  Frauen  entgegen,  z.  B.  in 
Nov.  39. 

In  der  Familie  Eminovici  waren  fünf  Söhne  und  zwei 
Töchter  (Div.  124).  Der  älteste  Sohn  war  Serban,  der  an  der 
Universität  Erlangen  promovierte  (als  Dr.  med.),  aber  noch 
in  jungen  Jahren  (1874)  starb.  Der  zweite,  Nicu,  studierte 
Jura,  wurde  dann  aber  Landwirt;  1884  hat  er  selbst  seinem 
Leben  ein  Ende  gemacht  Der  dritte,  George,  war  Oberlieute- 
nant in  der  rumänischen  Armee  und  soll  1873  an  Schwind- 
sucht gestorben  sein.  Nach  George  kam  Mihail  (d.  Dichter) 
und  nach  diesem  Mateiu,  der  als  Hauptmann  in  der  rumänischen 
Armee  dient* 


*)  Manche  dieser  Mitteilungen  widersprechen  den  folgenden:  Herr 
y.  Bnmbac,  der  die  Familie  Eminovici  sehr  gut  kannte,  und  den  Söhnen 
in  Czemowitz  als  Erzieher  gegeben  wurde,  schreibt  mir  noch  von  einem 
Sohne  Ilie,  „der  firOher  als  die  anderen  gestorben  ist"  und  &lter  als 
Mihail  war.  —  Von  einem  Bruder,  der  Offizier  war,  er^hlt  I.  L.  C. 
(Ns.  Seh.  12),  daß  er  sich  erschossen  hat.  I.  L.  C.  behauptet,  daft  er 
selbst  diesem  Bruder  bekannt  wurde  und  daß  er  einmal  mit  dem 
Dichter  über  dessen  Selbstmord  gesprochen  hat  Da  soll  der  Dichter 
gesagt  haben:  ,,Es  ist  besser  so;  der  war  gescheiter  als  wir."  Dieser 
Bruder  konnte  nur  George  sein,  von  dem  man  behauptet,  daß  er  an 
Schwindsucht  gestorben  sei.  —  Maiorescu  (Ed.  M.  XH)  spricht  ebenfalls 
von  zwei  durch  Selbstmord  geendeten  Brüdern,  was  der  Behauptung 
Caragiales  Recht  zu  geben  scheint.    Dagegen  erwähnt  Frau  Emilian, 


—    263    — 

Von  den  Töchtern  heiratete  die  erste  Aglaia  einen  Ober- 
lehrer Ion  Drogli  in  Czemowitz,  ist  aber  heute  verwitwet;  die 
andere  ist  Henriette  (ans  dem  zitierten  Bd.  Briefe  beksmnt), 
die  lange  Zeit  mit  ihren  Tanten  FeYronia  und  Olimpiada,  zwei 
Nomien  in  dem  Kloster  Agafton  (Bez.  Botosani),  lebte  und 
kurz  nach  Enunescus  Tode  starb.  Sie  war  paralytisch  (Scr.  YI 
u.  S.  5).  Das  arme  Wesen  war  ein  Muster  von  Seelengroße 
und  edler  aufopferungsfahiger  Gesinnung,  eine  äußerst  sym- 
pathische und  interessante  Frau,  dabei  naiv  und  wenig  ge- 
bildet Wie  sie  fär  ihren  Bruder  Mihail  sorgte,  zeigt  ims 
ihre  Geschwisterliebe  im  schönsten  Lichte  (s.  Scr.  IV,  XXI, 
XXV,  XXVin,  L,  LI,  LV,  LVI,  LXVUI,  LXVI,  LXIX). 

Nach  dem  Tode  des  Vaters  gelangte  die  Familie  in  eine 
bedrängte  materielle  Lage,  wie  aus  dem  Leben  Henriettes  und 
Mihails  herrorgeht. 

War  Eminescu  erblich  belastet? 

Was  ich  infolge  der  gegebenen  Tatsachen  feststellen  zu 
können  glaube,  ist  erstens,  daß  gewisse  Gemüts-  und  Geistes- 
anlagen des  Dichters  atavistischen  Ursprungs  sind,  zweitens 
daß  Krankheiten  xmd  pathologische  Erscheinungen  in  der 
Familie  Eminovici*)  eine  erbliche  Belastung  des  Dichters  sehr 
wahrscheinlich,  wenn  nicht  gar  sicher  machen. 

Was  den  ersten  Punkt  betrifR;,  so  bewährt  sich  auch  hier 
die  Schopenhauersche  Theorie,  daß  der  Mensch  vom  Vater 
die  Wülenseigenschaften,  von  der  Mutter  aber  die  des  Gemüts 
erbe.  Vom  Vater  hatte  der  Dichter  die  Verstandesschärfe, 
den  Tätigkeitsdrang,  den  Humor,  der  nicht  selten  in  seinen 
Schriften  hervortritt,  die  Liebe  zum  Bauernstand,  dem  sein 
Vater  angehörte  und  zum  vaterländischen  Boden,  und  schUeß- 


aaf  Qnmd  der  Informationen  Henriettes,  nnr  einen  (Scr.  Vorwort  II). 
£»  liegen  also  direkte  Widersprüche  vor.  Leider  konnte  ich  mir  bisher 
keine  Klarheit  in  dieser  Beziehung  verschaffen,  denn  meine  Versuche 
mit  irgend  einem  Mitglied  der  Familie  Eminovici  in  Berührung  zu 
treten,  sind  fruchtlos  geblieben. 

*)  Aufier  den  schon  angeführten  siehe  Scr.  LI,  wo  Henriette  die 
Schwindsucht  als  Famüienkrankheit  bezeichnet. 


—    264     — 

lieh  jene  zähe  Energie,  die  er  überall,  in  seinem  Studieneifer, 
in  seinem  Kampf  ums  Dasein  und  in  seiner  Tätigkeit  als 
politischer  Schriftsteller  bewiesen  hat.  Von  seiner  Mutter 
scheint  er  die  schmerzliche  Melancholie,  die  Zartheit  der  Em- 
pfindung, die  sanfte  Liebe  zu  einer  milden  Natur  —  eine 
Liebe,  die  für  Brustkranke  charakteristisch  ist  —  die  weichen 
Regungen  des  Herzens  und  bis  zu  einem  gewissen  Grade  auch 
die  Neigung  zu  einer  pessimistisch  gefärbten  Lebensbetrach- 
tung, geerbt  zu  haben. 

Was  die  erbliche  Belastung  anlangt,  so  ist  das  yer- 
wickelter  als  die  Frage  der  von  den  Eltern  ererbten  Eigen- 
schafben. In  dem  anormalen  Leben  des  Dichters  (Ed.  M.  XIII), 
in  seinem  zwiespältigen  Charakter,  in  manchen  sonderbaren 
Zügen  seiner  Persönlichkeit  sind  die  Folgen  einer  erblichen 
Belastung  nicht  zu  verkennen  (Zos.  152  ff.).  Nur  glaube  ich 
eine  Erklärung  des  Wahnsinns  Eminescus,  daß  er  ausschließ- 
lich durch  die  erbliche  Belastung  veranlaßt  sei,  nicht  ohne 
weiteres  annehmen  zu  können.  Sicher  hat  dazu  diese  bei- 
getragen, aber  es  könnten  auch  andere  Ursachen  mitgewirkt 
haben,  und  zwar  die  unheilbare,  fatale  Krankheit  (Syphilis) 
des  Dichters  (s.  Scr.),  die  in  ihren  letzten  Folgen  den  Wahn- 
sinn hervorzurufen  pflegt.  Herr  Maiorescu,  ein  sonst  aus- 
gezeichneter Kenner  und  Beurteiler  des  Dichters,  spricht  da- 
gegen die  kategorische  Meinung  aus:  „Die  Ursache,  warum 
Eminescu  irrsinnig  wurde,  ist  eine  ausschließlich  innere; 
er  brachte  das  Übel  mit  sich  auf  die  Welt  als  etwas  Unab- 
änderliches, Ererbtes"  (Grig.  X).  Ebenda  sagt  er,  daß  „zwei 
seiner  Brüder  [des  Dichters]  in  einem  viel  früheren  Alter,  als 
jener,  gleichfalls  vom  Wahnsinn  befallen  wurden  und  sich 
das  Leben  nahmen,  und  es  läßt  sich  diese  Neuropathie  in 
aufsteigender  Linie  auch  in  der  Familie  des  Dichters  ver- 
folgen." Obwohl  diese  Meinung  im  Grunde  berechtigt  sein 
kann,  scheint  mir,  daß  man  —  wie  gesagt  —  der  Krankheit 
Eminescus  auch  einige  Aufmerksamkeit  in  dieser  Beziehung 
schenken  muß.  Dann  ist  es  auch  nicht  sicher,  ob  die  zwei 
Brüder  sich  im  Wahnsinn  ein  Ende  bereiteten,  oder  infolge 


—    265    — 

anderer,  äußerer  Motive.  Von  einem  wird  nämlich  berichtet 
(Scr.  S.  II),  daß  er  sich  wegen  derselben  Krankheit,  an  der 
Mihail  litt,  in  den  Tod  gestürzt  hat  Meine  bescheidene 
Meinung  ist,  daß  hier  eine  bestinmite  Erklärung  in  einer  oder 
in  der  anderen  Richtung  nicht  möglich  ist.  Vielmehr  scheint 
ein  Zusammenwirken  von  Ursachen,  wie  ich  sie  anzudeuten 
Tersucht  habe,  richtiger  zu  sein.  —  Jedenfalls  ist  es  ein  Irrtum, 
den  Wahnsinn  £minescus  dem  Lande,  das  f&r  ihn  keine  Sorge 
getragen  haben  soll,  vorzuwerfen,  wie  es  manche  Biographen 
des  Dichters  getan  haben  (B.  P.  Hasdeu^  Bev.  Nou&,  11, 
S.  211—212;  A.  D.  Xenopol,  Scr.  S.  U  zitiert  von  Frau  Emi- 
Han;  den  ursprünglichen  Text  konnte  ich  nicht  finden,  da  in 
dem  Vorwort  der  neueren  Auflagen  Saragas  keine  Rede  mehr 
davon  ist;  die  erste  Auflage  aber  war  mir  unmöglich  zu  be- 
schaffen). Ebensowenig  hat  Fr.  Emilian  (Scr.  S.  II  ff.)  Recht, 
wenn  sie  nur  das  ungeregelte  Leben  Eminescus  verantwortlich 
machen  wilL 

Interessant  sind  zwei  Stellen  in  seinen  Gedichten,  die 
eine  charakteristische  Andeutung  enthalten,  nach  welcher  der 
Dichter  selbst  sich  einer  Art  erblicher  Belastung  instinktiv 
bewußt  zu  sein  scheint 

Cäci  te  iubiam  cu  ochl  päglni 
si  plini  de  suferin^i, 
Ce  mi-¥  läsarä  din  batrini 
Pärintii  din  pärintii. 

Sar.  186f 
Ce  suflet  trist  mi-au  damit 
Pärintii  din  pärin^i 
De-au  incäput  numai  in  el 
Atitea  suferin^t? 

Ce  suflet  trist  si  fära  rost 
Si  din  ce  lut  incert, 
Ca  dup  atitea  amägiri 
Mai  spera  Indesert? 

P.  P.  86. 


—    266     — 

n.  Eminescus  Kinder-,  Schul-  und  Wanderjahre. 

Ks  Einderjahre.  Nach  der  kirchlichen  Matrikel  ist 
M.  Eminescu  am  15.  Januar  (gr.  Kalender)  1850  in  Botosani 
geboren  (Ed.  M.  309  £^).  Dagegen  nach  einem  Verzeichnisse 
seines  Vaters  (in  dem  auch  die  Stunde  imd  die  Minute  der 
Geburt  angegeben  sind)  ist  er  am  20.  Dezember  (gr.  EaL)  1849 
geboren  (B.  p.  t.  Vorwort). 

Im  Gegensatz  zu  diesen  Behauptungen  steht  der  augen- 
scheinlich unrichtige  Bericht  von  Frau  Gonstan^  de  Dunca- 
^chiau  (Am.  4)  über  die  Taufe  E.s,  die  am  21.  Mai  1849  statt- 
gefunden haben  soll.  Für  mich  ist  die  ganze  Frage  endgiltig 
erledigt,  denn  es  scheint  mir  ausgeschlossen,  daß  der  Vater, 
der  sogar  die  Stunde  und  Minute  angibt  imd  seine  Notiz  mit 
dem  Ausdruck  „Heute  . . ."  anfangt,  sich  geirrt  hätte,  yiel 
eher  konnte  sich  der  Pfarrer  irren  und  das  Datum  erst  ein 
paar  Tage  später  einschreiben.  Auch  der  Hauptmann  K  ist 
mehr  geneigt,  dieser  Angabe  Glauben  zu  schenken,  da  der 
Vater  in  dem  betreffenden  Verzeichnis  alle  Geburtstage  seiner 
Söhne  in  chronologischer  Beihe  angegeben  hat  (B.  p.  i  Vor- 
wort V).  Dasselbe  Datum  (20.  Dezember  1849)  hatte  übrigens 
der  Dichter  selbst  einmal  angegeben  (Ed.  M.  S.  309).  Ganz 
falsch  ist  die  Behauptung  in  „F.  Bl."  (Div.  122),  der  Dichter 
sei  am  8.  Nov.  1848  geboren.  In  den  Matrikeln  des  Czemo- 
witzer  Gymnasiums  ist  gleichfalls  falsch  der  14*  Dez.  1849 
als  Geburtstag  des  Dichters  angegeben  (Petr.  6). 

Was  den  Geburtsort  des  Dichters  betrifft,  so  scheint  als 
solcher  weder  Botosani  (E.  M.  310)  noch  Ipotesti  (M.  E.  3) 
gelten  zu  können.  Der  wahre  Geburtsort  soll  Dumbräveni 
sein,  das  Dorf,  wo  einst  E.s  Vater  als  Verwalter  des  Bojaren 
Bals  lebte.  Diese  Tatsache  wurde  erst  neuerdings  von  Leon 
Ghica  angefahrt',  der  sich  auf  einen  lebenden  Zeugen,  nämlich 
auf  einen  alten  Mann,  der  den  Dichter  auf  seinen  Armen  ge- 
tragen, beruft.  Universul  XX  Nr.  165,  19.  Juni  1902,  Bucarest.) 
Botosani  kann  daher  nur  noch  als  Taufort  des  Dichters  be- 
zeichnet werden. 


—    267    — 

Seine  Einderjahre  hat  der  Dichter  im  Dörfchen  Ipotesti 
in  der  Nähe  von  Botoschani  in  der  nordl.  Moldau  auf  dem 
Chite  seines  Vaters  verlebt  Die  stille  idyllische  Natur  des 
Dorfes  ist  es,  die  uns  in  seinen  Gedichten  so  oft  entgegentritt. 
Besonders  hat  der  Wald  das  Kind  angezogen,  der  auch  später 
noch  so  innig  mit  dem  Gemütsleben  des  Dichters  verbunden 
isL  Noch  in  seinem  Mannesalter  erscheint  ihm  der  Wald 
zaubervoll  und  zieht  ihn  immer  wieder  an,  denn  der  Wald 
sagt  ihm: 

„Keiner  weiß  so  gut  zu  lauschen 
Deinem  Sehnen  kummerschwer." 

(R.  Dicht.  S.  170.) 

Also  sprach  einst  sanft  der  Wald  mir, 
Schüttelte  die  Wipfel  leise. 
Doch  ich  lachte  seiner  Worte, 
Lief  in's  Feld,  pfiff  eine  Weise. 

Heut'y  selbst  wenn  ich  wiederkehrte, 
Könnt  ich  ihn  nicht  mehr  verstehen;  — 
Wohin  schwandst  Du,  gold'ne  Kindheit, 
Mit  dem  Wald,  dem  Windes  wehen? 

(Ebenda.) 

Eine  glückliche,  sorgenlose  und  freudenreiche  Kindheit 
war  es,  die  dem  Dichter  zu  teil  wurde.  Immer  wieder  denkt 
er  spater  an  jene  Jahre  zurück,  immer  wieder  besinnt  er  sich 
traurig  auf  die  vergangene  Kinderzeit  (z.  B.  Sonnette  ^ar.  L). 

Auf  dem  Lande,  mitten  unter  dem  arbeitenden  Volke, 
mitten  in  jenem  patriarchalischen  Leben,  das  noch  heute  die 
rumänische  Landbevölkerung  kennzeichnet,  hat  das  empfind- 
same Herz  des  Dichters  auch  die  ersten  Keime  jener  glühenden 
Liebe  zum  Bauerntum  in  sich  wachsen  lassen,  die  eine  Grund- 
stimmung in  seiner  späteren  literarischen  und  besonders  öffent- 
lichen Tätigkeit  wurde,  (Vgl.  das  Gedicht  „Doina",  Sar.  LVII, 
seine  Tätigkeit  als  Schulinspektor  und  seine  politischen  und 
sozialen  Ideen,  wie  seine  volkswirtschaftlichen  Theorien). 


M. 


—    268    — 

Schuljahre.  Die  Elementarschule  hat  der  Dichter  in 
Czemowitz  (Bukowina)  besucht  (Petr.  7,  Div.  124).  Hier  be- 
findet er  sich  schon  in  den  Jahren  1858  bis  1859  (Gristea 
berichtet  unrichtig,  daß  er  erst  1860  nach  Czemowitz  gekommen 
sei)  bei  dem  damals  berühmten  rumänischen  Professor  und 
Philologen  Aron  Punmul,  wo  auch  die  Brüder  Serban,  Nicn, 
George  und  Ilie  wohnten  (Briefe  von  den  Herren  V.  B.  und 
I.  B.,  die  im  Hause  Aron  Punmuls  als  Instruktoren  lebten). 
Herr  V.  Bumbac  erinnert  sich,  daß  der  achijahrige  Mihail 
ihm  ein  Gedicht  von  V.  Alexandri,  eine  Elegie,  ziemlich  gut 
deklamierte.  Er  schildert  den  Dichter  in  diesen  Jahren 
folgendermaßen:  „Naiv,  immer  lächelnd  und  Volksballaden 
auswendig  rezitierend.  Er  hatte  ein  ausgezeichnetes  Ge- 
dächtnis und  war  bei  allen  beliebi" 
„ ,  1860  bezieht  Mihail  das  deutsche  Gymnasium  in  Czemo- 

II5-  witz.     Bei  seinen   dichterischen  Anlagen  ist  es  gerade  kein 

Wunder,  daß  er  nicht  einer  der  ersten  Schüler  seiner  Klasse 
war,  in  der  zweiten  IQasse  blieb  er  sogar  sitzen.  Herr  Pro! 
Dr.  1.  G.  Sbiera  von  der  Czemowitzer  Universität,  der  damals 
sein  Lehrer  war,  schreibt  in  einem  Briefe  an  mich:  „Er 
studierte  nicht  fleißig,  denn  er  war  sehr  leicht  reizbar  und 
munter  von  Natur,  zu  kindischen  Streichen  und  Spielen 
geneigt" 

Bezeichnend  für  den  eigentümlichen  Charakter  des  Jungen 
ist,  daß  er  während  seiner  Schulzeit  einmal  aus  Czemowitz 
entfloh  und  einen  Weg  von  etwa  120  Bälometer  zu  Fuß  ge- 
laufen ist,  um  nach  Ipotesti  zu  seinen  Eltern  zu  kommen, 
—  ein  Streich,  der  diese  in  berechtigtes  Erstaunen  versetzte 
(Div.  124). 

In  manchen  Fächern  tat  er  sich  aber  schon  damals  hervor, 
besonders  in  der  Muttersprache  (Petr.  7)  und  in  der  Ge- 
schichte. Es  rief  in  dem  ganzen  Gymnasium  Aufsehen 
hervor,  als  der  Lehrer  Neugebauer,  ein  sehr  strenger  Mann, 
ihm  die  beste  Censur  in  der  Geschichte  gab,  was  bis  dahin 
bei  jenem  noch  nie  der  Fall  gewesen  war  (Brief  von  Soro- 
ceanu). 


if- 


—    269    — 

Im  ersten  Semester  des  Schuljahres  1862/63  lernt  Mihail 
mit  Erfolg;  aber  im  zweiten  am  6.  April  1863  (Brief  von  Dr. 
I.  G.  Sbiera)  hört  er  plötzlich  auf,  den  Unterricht  weiter  zu 
besuchen.  Er  blieb  jedoch  in  Gzemowitz  und  studierte  zu 
Hause  als  „Privatist^  (Privatschüler),  um  später  die  ETamina 
zu  machen.  Aber  dazu  kam  es  nicht,  da  er  zwar  eifirig  las, 
aber  nur  Werke  literarischen  Inhalts,  die  Schulbücher  inter- 
essierten ihn  weniger,  wie  L  Bumbac  berichtet.  Und  so  zeigt 
das  Jugendleben  des  Dichters  statt  eines  ordentlichen,  schul- 
gemaßen  Studiums,  eine  Reihe  bewegter,  abenteuerlicher 
Wanderjahre. 

Bevor  ich  aber  an  diesen  neuen  Lebensabschnitt  heran- 
trete, muß  ich  noch  ein  wichtiges  Moment  aus  dieser  Gzemo- 
witzer  Zeit  erwähnen.  Es  ist  das  Verhältnis  des  Dichters 
zum  Professor  Aron  PumnuL*  Pumnuls  Gesellschaft,  als  einer 
fuhrenden  Gbstalt  des  damaligen  rumänischen  Geisteslebens, 
als  eines  Mamies  von  hohen  nationalen  Idealen,  war  für  die 
junge  Dichterseele  ein  glücklicher  Umstand.  Die  Erziehung, 
die  er  im  Hause  dieses  Mannes  genoß,  wirkte  wohltuend  auf 
ihn;  sie  trug  viel  zu  seiner  ernsten  nationalen  Gesinnung  und 
zu  seiner  Begeisterung  für  die  Literatur  bei.  Dieses  Ver- 
hältnis erklärt  auch  den  langen  Aufenthalt  des  Dichters  in 
Czemowitz  und  seinen  großen  Schmerz  beim  Tode  seines 
Etriehers**,  12/24  Jan.  1866***  ScWießlich  hat  Es  Aufenthalt 
in  Czemowitz  noch  eine  andere  gute  Seite  gehabt  In  dieser 
Stadt,  wo  die  deutsche  Kultur  die  herrschende  ist  und  in  dem 
Milieu  der  Bukowinaer  Rumänen,  die  an  dieser  Kultur  sich 
bilden,  konnte  der  Dichter  schon  in  seinen  jungen  Jahren 


*)  Siehe  darüber  das  Werk  „Aron  Pamnul,  Voci  aeupra  viefii  fi 
Insemn&tS^  Ivl."    Dr.  I.  0.  Sbiera.    Czemowitz  1889. 

**)  Siehe  das  Gedicht  „La  moartea  lui  Aron  Pamnol",  sein  erstes 
publiziertes  dichterisches  Erzeugnis,  das  er  mit  sechzehn  Jahren  yer- 
faflt  hat  —  Über  das  Verhältnis  des  Dichters  zn  Pomnol  vgL  „Trib". 
Nr.  76,  1902;  An.  HI,  15f.;  Brief  Sbieras. 

^**}  In  Petr.  8  ist  der  Tod  Pumnuls  und  das  Gedicht  £.8  unrichtig 
f&r  das  Jahr  1864  (!)  angegeben. 


—     270    — 

mit  der  deutschen  Sprache  und  dem  deutschen  Geistesleben 
bekannt  werden,  —  ein  Umstand,  der  für  seine  ganze  spätere 
Entwickelung  und  durch  ihn  für  die  rumänische  Literatur 
Yon  großer  Bedeutung  wurde  und  sehr  firuchtbare  Folgen 
hatte. 

Wanderjahre.  Über  Schopenhauers  Lebenslauf  sagt 
Kuno  Fischer  („Schop.",  Heidelberg  1893,  S.  27):  „Ein  merk- 
würdiger Lebenslauf:  erst  die  Wanderjahre,  dann  die  Lehr- 
jahre!^ Diese  treffende  Bemerkung  paßt  genau  auch  auf 
unseren  Dichter.  Im  Jahre  1864  gibt  er  alles  Studium  anf 
und  schließt  sich  der  rumänischen  Theatertruppe  der  Frau 
Tardini  an,  die  in  Czemowitz  mit  großem  Erfolge  spielte 
(Petr.  8,  Dr.  Sb.  Brief).  Der  Lebensabschnitt  E.s  in  den  Jahren 
1864 — 1869  ist  ziemlich  dunkeL  Die  verschiedenen  Angaben 
]^\  seiner  Biographen  sind  nicht  nur  sehr  spärlich,  sondern  auch 

^'^'  oft   widersprechend,   so   daß   es  vorläufig  nicht  möglich  ist, 

Klarheit  in  die  Sache  zu  bringen. 

Wir  erfahren  nur,  daß  der  Dichter  in  verschiedene  Städte 
als  Souffleur  dieser  Truppe  gekommen  ist,  so  auch  nach  seiner 
Geburtsstadt  Botosani  und  für  eine  kurze  Zeit  wieder  in  den 
Schoß  seiner  Famüie. 

Die  Bemühungen  seiner  Eltern  imd  Brüder,  ihn  wieder 
auf  die  Schule  zu  schicken,  waren  umsonst.  Der  Schwänner 
wollte  um  jeden  Preis  Schauspieler  werden  und  wanderte 
weiter  durch  Rumänien,  die  Bukowina  und  Siebenbürgen  mit 
verschiedenen  Truppen  zweiten  und  dritten  Ranges.  Sein 
Vater  wollte  infolgedessen  —  wie  es  scheint  —  nichts  mehr 
von  ihm  wissen,  so  daß  der  arme  Jüngling  lange  Zeit  in  der 
drückendsten  Not  lebte  (Cr.  5,  Petr.  10).  Während  seiner 
Wanderjahre  geschah  es  (L  L.  C.  8),  daß  ihn  einmal  ein 
Schauspieler  in  Giurgiu  (Rumänien)  als  Stallknecht  fand,  wie 

♦)  Vgl.  Div.  124—125,  Cr.  5,  B.  p.  t  V  im  Gegensati  zu  Petr.  8 
und  manche  Briefe,  die  ich  persönlich  bekommen  habe  und  die  rieh  im 
„Anhangt*  befinden.  Sicher  ist,  daß  1864  E.  noch  in  Czemowitz  war, 
und  daß  er  erst  1866  nach  Siebenbürgen  kam.  Vgl.  dazu  „Trib."  "6 
und  77  —  1902,  An.  m,  lOff. 


r.". 


—    271    — 

er  mit  lauter  Stiimne  aus  Schillers  Werken  las;  neben  ihm 
lag  ein  Koffer  voll  deutscher  Bücher. 

1866  befindet  sich  der  Wanderer  wieder  in  Czemowitz, 
wie  ich  schon  berichtet  habe.  Nach  dem  Tode  seines  Wohl- 
täters Punmul  geht  er  nach  Blasendorf  in  Siebenbürgen,  um 
seine  Studien  dort  fortzusetzen  (Trib.  76,  77  — 1902).  In  dieser 
Zeit  dichtet  E.  ziemlich  eifrig.  Aus  Czemowitz  schickt  er 
der  Zeitschrift  „Familia"  seine  ersten  Gedichte;  der  Direktor 
der  Zeitschrift,  I.  Yulcan  erkennt  sein  Talent  und  begrüßt 
ihn  in  wannen  Worten  (Fam,  Nr.  6,  1866).  Von  Blasendorf 
aus  veröffentlicht  er  in  derselben  Zeitschrift  (1866,  Nr.  33—37) 
die  Übersetzung  einer  schwedischen  Novelle  von  Onkel  Adam 
^die  goldene  Kette",  eine  phantastisch-romantische  Erzählung, 
die  dem  schwärmerischen  Gemüt  des  Dichters  damals  sehr 
willkonmoien  sein  mußte.  Den  verschiedenen  Berichten  über 
E^  Aufenthalt  in  Blasendorf  (An.  III,  lOff.,  Trib.  Nr.  45  und 
75,  76,  77,  78  —  1902)  entnehme  ich  nur  die  Daten,  die  mir 
sicher  zu  sein  scheinen  und  manche  interessante  Erinnerungen, 
die  für  ihn  charakteristisch  sind. 

An  dem  Gymnasium  hat  er  sich  nicht  einschreiben  lassen, 
sondern  er  studierte  zu  Hause,  um  die  Prüfungen  für  die  III. 
und  IV.  Klasse  zu  machen  und  dann  als  Schüler  der  Y.  Klasse 
aufgenommen  zu  werden.  Aber  er  blieb  auch  hier  seiner 
dichterischen  Natur  treu:  er  interessierte  sich  weniger  für  das 
Schulstudium,  sondern  las  ununterbrochen  allerlei  literarische 
Werke,  die  ihm  in  die  Hände  kamen,  oder  er  las  den  Gym- 
nasiasten aus  verschiedenen  Zeitschriften  vor.  Sein  außer- 
ordentlicher Wissensdurst,  dessen  Befriedigung  ihm  sein  ganzes 
Leben  lang  die  angenehmste  Beschäftigung  gewesen  ist,  zeigte 
sich  schon  in  dieser  Zeit  mit  großer  Gewalt.  Unter  seinen 
Kollegen  in  Blasendorf  war  die  Legende  verbreitet,  daß  er  in 
zwei  Jahren  die  ganze  Gymnasial-Bibliothek  in  Czemowitz 
gelesen  habe.  „In  der  rumänischen  [Literatur  —  sagt  Petra 
Petrescu  (An  IlL  11)  —  war  er  überall  zu  Hause.  Die  Dichter 
kannte  er  ausgezeichnet  und  wußte  jeden  zu  charakterisieren.'' 
Ebenso  war  er  in  der  Geschichte  bewandert;  er  war  in  dieser 


—    272    — 

Beziehung  den  besten  Schülern  sogar  der  höheren  Klassen 
überlegen,  und  geschichtliche  Fragen  erörterte  er  mit  Be- 
geisterung und  Sicherheit  (Trib.  Nr.  45,  1902)  dazu  —  wie 
schon  berichtet  —  trieb  er  eifrig  die  Dichtung,  und  wie  ernst 
er  diesen  seinen  prädestinirten  Beruf  nahm,  das  beweist  uns 
der  Umstand,  daß  er  sich  schon  damals  für  die  Theorien  der 
Poetik  ernstlich  interessierte;  trotz  seiner  äußersten  Armut 
nämlich,  konnte  er  das  „Lehrbuch  der  Poetik  für  höhere  Unter- 
richtsanstalten,  wie  auch  zum  Privatgebrauche,  von  Dr.  Friedr. 
Beck,  München  1862^  sein  Eigentum  nennen  (An.  III 13). 

Von  der  Persönlichkeit  E.s  in  jener  Zeit  geben  uns  die 
erwähnten  Berichte  manche  interessante  Einzelheiten,  die  ihn 
als  denselben  romantischen  Sonderling  zeigen,  wie  er  uns 
schon  in  Czemowitz  erschienen  ist.  ,,Er  hatte  die  Einsamkeit 
gern  und  war  meistens  melancholisch^  (Trib.  Nr.  45  1902); 
trotzdem  war  er  manchmal  heftig  und  in  der  Äußerung  seiner 
geistigen  Überlegenheit  sicher  (Ebenda).  Seine  Lebensweise 
war  schon  damals  ungeregelt  und  nachlässig  (Ebenda;  An.  HI 
12);  fast  den  ganzen  Tag  verbrachte  er  außerhalb  seiner 
Wohnung  und  nur  vom  Hunger  gequält  kam  er  nach  Hause. 
Beim  Studium  hatte  er  keine  Geduld;  wenn  ältere  Kollegen 
ihm  freundlich  den  Rat  gaben,  er  solle  sich  mehr  mit  den 
Schulbüchern  beschäftigen,  antwortete  er  immer:  „Wartet  nur, 
bis  mir  meine  Oeduld  wiederkommt,  dann  werde  ich  Wunder 
tun"  (Trib  Nr.  77,  1902)  —  oftmals  litt  er  Mangel  an  Lebens- 
mitteln, so  daß  seine  Kameraden  ihm  zu  Hilfe  kommen  mußten 
(Trib  Nr.  45,  1902;  An.  III,  12f.). 

Unter  solchen  trüben  Verhältnissen  und  besonders  bei 
seinem  sonderbaren  Hange  zu  abenteuerlichem  Umherziehen^ 
ist  es  nur  natürlich,  daß  er  keine  Prüfung  in  Blasendorf 
machte  und  nach  einiger  Zeit  auch  dieser  Stadt  den  Rücken 
kehrte.  Das  geschah  im  Herbst  1866;  er  ging  zuerst  nach 
Hermannstadt,  wo  er  sich  in  unglaublichem  Elend  befand 
(An.  ni,  15).  Von  hier  aus  zog  er  nach  Rumänien  und  schloß 
sich  wieder  einer  wandernden  Schauspielertruppe  an,  nämlich 
der    des   damals   berühmten   rumänischen   Schauspielers  und 


—    273    — 

Dramatikers  Pascali,  und  dann  auch  anderen,  mit  denen  er 
2  Jahre  lang  teils  in  Bukarest,  teils  in  anderen  Städten  der 
Moldau,  Walachei,  Siebenbürgens  und  Ungarns*)  herumzog 
(Cr.  7;  hinsichtlich  des  Aufenthaltes  in  Siebenbl&rgen,  wo  er 
sich  mit  der  Idee  der  nationalen  Eulturpropaganda  unter  den 
dortigen  Rum&nen  beschäftigte,  siehe  auch  Ch.  Lit pop-VIII — IX). 
Wahrend  dieser  Zeit  lernte  ihn  der  große  rumänische  Drama- 
tiker Caragiale  kennen,  der  eine  sehr  interessante  Schilderung 
von  ihm  gibt  (I.  L.  0.  7  ff).  Trotz  allerlei  Entbehrungen  und 
schmerzvoller  Erfahrungen,  die  mit  einer  Wandertrappe  immer 
verbunden  sind**),  studierte  der  Dichter  auch  jetzt  fortwährend 
und  vergaß  aucb  das  Dichten  nicht  1866  bis  1886  hat  er 
in  der  „Familia"  mehrere  Gedichte  veröffentlicht,  unter  denen 
eins,  das  er  einer  von  ihm  hofhungslos  geliebten  Schauspielerin 
widmete  (Fam.  Nr.  33,  1868;  I.  L.  C.  10).  Er  hatte  sich  schon 
eine  Fülle  wertvoller  Kenntnisse  erworben;  schon  damals  er- 
zahlte er  Caragiale  begeistert  von  dem  alten  Indien,  von  den 
Dadem,  von  der  rumänischen  Geschichte  (L  L.  C.  11)  — 
Gegenstände,  die  sieb  später  in  seinen  G^ichten  so  wunder- 
voU  gestalten  sollten. 

1869  kam  er  mit  der  Wandertruppe  nach  Botosani,  wo 
es  seinem  Vater  gelang,  ihn  seinem  hofihtmgslosen  Beruf  zu 
entreißen  (B.  p.  t  VI;  L  L.  C.  12 f.).  Diese  neue  Wendung 
in  seinem  Leben  wurde  von  großer,  heilbringender  Bedeutung 
fb  den  abenteuerlichen  Dichter.  Infolge  des  inständigen  Zu- 
redens seines  Vaters  und  seiner  Familie  entschließt  er  sich 
endlich  für  einen  passenderen  Beruf  und  äußert  den  Wunsch, 
Philosophie  zu  studieren.    Damit  beginnt  ein  neuer,  wichtiger 


*)  Daß  er  mit  der  Trappe  Pascalis  unter  den  nngarländischen 
Bomänen  wanderte,  bestätigte  mir  persönlich  Herr  Josif  Ynlcan,  der 
um  im  Sommer  1869  in  Arad  bei  einer  TheaterYorstellong  gesehen  und 
von  ihm  einige  Qedichte  für  die  Zeitschrift  Familia  bekommen  hatte. 
Doch  ist  der  Dichter  nie  auf  der  Bühne  tätig  gewesen;  er  begnügte  sich 
stets  mit  der  bescheidenen  Rolle  desSouffleurs;  s.  ,,Rd.ndnnica"  1894 1  S.5. 

**)  Über  die  Wandeijähre  E.s  als  Schauspieler  siehe  Näheres  N. 
R.  R.  Nr.  2,  S.  63,  1902. 

Wsigand,  10.  Jahresberiobt.  18 


—    274    — 

Abschnitt  in  E.8  Leben.  Die  Wanderjahre  mit  ihren  yielen 
Erfahrungen  und  Mißgeschicken  hatten  ihm  doch  auch  gute 
Dienste  getan:  Der  Jüngling  wurde  inzwischen  ein  reifer  Mann 
und  nach  dem  bewegten,  tollen  Leben  in  der  Fremde  wollte 
er  jetzt  der  Wissenschaft  naher  treten. 

Und  wenn  auch  diese  sein  Denken  und  sein  Oemut  in 
so  hohem  Grade  bereichert  und  aus  ihm  den  tie&innigsten 
Dichter  der  modernen  rumänischen  Literatur  gemacht  hat,  so 
haben  doch  auch  die  Wanderjahre  dem  Dichter  neben  mannig- 
fiJtigem  persönlichen  Leid  und  Unglück,  auch  Tiel  Gutes  ge- 
bracht Er  lernte  in  der  Welt  die  Menschen  und  das  mensch* 
Hohe  Tun  und  Treiben  aus  der  unmittelbarsten  Quelle  kennen. 
Er  konnte  infolge  seiner  Reisen  in  den  verschiedenen  rumä- 
nischen Ländern  das  Wesen  seines  VolkeSi  seine  Sprache, 
seinen  Geist,  sein  Genxütsleben,  so  tief  wie  kein  anderer  Zeit- 
genosse durchdringen.  Seine  Lebenserfahrung,  den  außer- 
ordentlichen Reichtum  seiner  Sprache,  das  Hochherzige  und 
Prophetische  seiner  nationalen  Empfindungen  und  den  weiten 
Horizont  seiner  Ideale,  hat  er  sicher  in  nicht  geringem  Maüe 
auch  diesen  vielbewegten  Wandeijahren  zu  verdanken. 

m.  Eminescus  Studieiyahre  in  Wien  und  Berlin. 

Aufenthalt  in  Wien.  Mit  seinem  Vater  und  seiner 
Familie  wieder  versöhnt,  ging  der  Dichter  im  Herbst  1869 
(Div.  125),  nach  Wien,  um  sich  dort  bei  der  philosophischen 
Fakultät  einschreiben  zu  lassen.  Obwohl  er  nur  ein  Semester 
regelmäßig  inskribiert  war,  studierte  er  doch  weiter*)  und 
hörte  eifrig  auch  Vorlesungen  der  juristischen  und  medizi- 
nischen Fakultät.  Sein  Hauptstudium  aber  bildete  die  Philo- 
sophie, die  später  sein  ganzes  Leben  lang  seine  Lieblings- 
beschäftigung blieb. 


*)  So  finden  sich  in  seinen  Eollegienheften  Anfeeichnangen  hin- 
sichtlich einer  Vorlesung  „Einleitende  Qedanken  flberYölkerpflyehologie'S 
Wien  1871  (Ch.  Lit.  pop.  VH). 


—    275    — 

Im  Winteisemester  1869/70  besuchte  er  ab  außerordeni- 
lieber  Hörer  —  nach  den  offiziellen  Informationen,  die  ich 
mir  verscbaffi  habe  —  folgende  -Vorlesungen:  Praktische 
Philosophie,  Oeschichte  der  Philosophie,  Philosophisches  Eon- 
versatorium  bei  Dr.  Robert  Zimmermann,  PhiL  Prinziplehre 
und  historisch-kritische  Einleitung  in  die  Philosophie  bei  Karl 
Siegmund  Barach-Bappaport;  Einleitung  in  die  Philosophie 
mit  Zugrundlegung  des  5.  Buches  der  Aristotelischen  Meta- 
physik bei  Theodor  Yogt  Dieser  systematische  Studienplan 
zeigt  uns  klar,  wie  ernst  es  der  Dichter  mit  seiner  Neigung 
zur  Philosophie  meinte,  und  wie  grundlich  er  sich  in  den 
philosophischen  Betrieb  eingearbeitet  hai 

Außer  diesen  Vorlesungen,  die  er  —  wie  mir  L  Slavici, 
sein  Studiengenosse  und  Freund  schreibt  —  regelmäßig  be- 
sachte, wohnte  er  sehr  eifrig  den  Vorlesungen  der  Juristen 
Lorenz  Stein  und  Budolf  Ihering,  femer  den  Vorlesimgen  über 
Anatomie  bei  Hirtl  und  Bruches  Vorlesungen  über  Physiologie 
bei;  außerdem  besuchte  er  sehr  oft  die  Kliniken  der  damaligen 
herrorragenden  Professoren.  Das  beweist  uns  sowohl  das 
vielseitige  geistige  Interesse  des  Dichters,  wie  auch  seine  Vor- 
liebe für  solche  Studien,  die  das  Leben  und  die  Menschen 
naher  betrachten. 

Zu  gleicher  Zeit  las  E.  sehr  viel.  Er  besaß  die  Gabe  — 
sagt  Slavici,  yon  dem  ich  die  folgenden  Angaben  habe  — 
nicht  bloß  Worte,  sondern  ganze  Sätze  mit  den  Augen  zu 
&6sen,  und  so  konnte  er  in  seiner  Lektüre  sehr  rasch  fort- 
schreiten. Besonders  eifrig  beschäftigte  er  sieh  mit  Kant, 
Schopenhauer  und  Plato,  die  seine  Lieblingsphilosophen  waren. 
Schon  iD  dem  ersten  Jahre  seiner  Wiener  Studien  fing  er  an, 
Kants  „Kritik  der  reinen  Vernunft"  zu  übersetzen.  Hier  hatte 
er  auch  Rousseau  gelesen;  für  diesen  —  sagt  Slavici,  mit  dem 
er  jenes  Werke  zusanmien  las  —  empüeind  der  Dichter  eine 
besondere  Sympathie,  obgleich  er  sowohl  die  Grundidee  des 
„Contrat  social**  wie  seinen  Kulturpessimismus  nicht  billigte. 
Später  las  er  viel  poetische  Werke;  seine  Lieblingsdichter 
waren  Homer,  den  er  stellenweise  auswendig  rezitieren  konnte, 

18* 


—    276    — 

Goethe,  Shakespeare  und  Firda8i(Slayicis  Brief),  Die  klassischen 
Dichter  des  Altertums,  besonders  aber  die  griechischen,  schätzte 
er  sehr  hoch  (Petr.  11);  daher  auch  seine  Begeisterung  fAr 
ihre  großen  deutschen  Schüler,  Goethe  und  Schiller.  Unter 
den  lateinischen  Schriftstellem  las  er  in  erster  Linie  Hoiaz 
und  Ovid,  neben  diesen  Tibull  und  Terenz,  diese  leidenschaft- 
lichen Sänger  der  Liebe,  mit  denen  er  eine  gewisse  Gemüts- 
yerwandtschaft  zeigt 

Aber  auch  die  Dichtung  der  modernen  Völker  interessierte 
ihn.  Schon  während  seines  Wiener  Aufenthaltes  schritt  er 
soweit  in  seiner  Lektüre  vor,  daß  ihm  auch  die  unbekanntesten 
Schriftsteller  der  europäischen  Völker  nicht  fremd  waren.  Er 
las  sie  entweder  im  Original,  oder  in  deutscher  Übersetzung 
und  seine  Kollegen  nannten  ihn  eine  „ambulante  Bibliothek" 
(Slavici).  Viel  Vergnügen  bot  ihm  auch  die  Literatur  der 
orientalischen  Völker,  die  er  in  deutscher  Übersetzung  las, 
und  die  nordische  Mythologie  (V.  Bumbac,  Brief);  beide  Ein- 
flüsse sind  in  seinen  literarischen  Werken  bemerkbar. 

Charakteristisch  för  den  Dichter  ist,  daß  er  die  Biblio- 
theken nicht  gerne  besuchte.*)  Er  kaufte  sich  selbst  die 
Bücher,  die  er  brauchte,  bewahrte  sie  eine  Zeitlang  auf)  dann 
aber,  wenn  er  in  Geldverlegenheit  kam,  verkaufte  er  sie  fast 
für  nichts.  So  befand  er  sich  fortwahrend  in  Not,  denn  so- 
bald er  sein  Geld  bekam,  bezahlte  er  die  Schulden,  die  er  Ar 
Bücher  gemacht  hatte,  kaufte  sich  wieder  Bücher  und  mußte 
von  neuem  in  Schulden  geraten. 


*)  Ich  selbst  habe  mich  an  die  Wiener  Ünivenüftts-  und  Hof- 
bibliothek und  an  die  Berliner  üniversit&tdbibliothek  gewandt  Was 
die  Wiener  Bibliotheken  anbetrifft,  so  war  Herr  Dr.  M.  Bartoli  so 
liebenswürdig,  mir  mitzuteilen,  daß  an  der  Hofbibliothek  die  Namen 
der  Entleiher  erst  seit  dem  Jahre  1891  registriert  werden,  die  Zettel 
der  Benutzer  im  Lesesaal  erst  seit  Oktober  1900^  und  daß  an  der  üni- 
versit&tsbiblioihek  überhaupt  keine  Zettel  aufbewahrt  werden.  An  der 
Universitätsbibliothek  in  Berlin  konnte  ein  Beamter,  den  ich  beauf- 
tragt hatte,  feststellen,  daß  E.  kein  Buch  benutzt  hat,  was  sich  ans 
seiner  erw&hnten  Gewohnheit  sehr  leicht  erkl&ren  l&fit. 


—    277    — 

Aach  seine  angeborene  Neigong  zum  Theater  pflegte  der 
Dichter  weiter,  nmsomehr  als  ihm  die  große  Hauptstadt  mit 
ihren  berfihmten  Theatern  and  Scihaaspielem  reichlich  Gelegen- 
heit daasu  bot  Seine  Begeisterung  fftr  die  Bühnenwelt  beweist 
aach  das  Gedicht,  das  er  in  jener  Zeit  der  Schauspielerin 
Baudias  gewidmet  hat  (Sar.  CII). 

Infolge  solcher  gtinstigen  Bedingungen  ist  es  nur  natür- 
lichf  daß  auch  seine  kSnsÜerische  Persönlichkeit  hier  zur  Ent« 
fftltnng  kommt  Nach  ein  paar  Jahren  bescheidener  Versuche 
nimmt  das  Talent  E.  auf  einmal  eine  so  ausdrucksvolle  und 
lichtvolle  Geetaltang,  daß  seine  glänzende  dichterische  Be- 
gabung nicht  mehr  zu  Terkennen  ist  Am  15.  April  1870 
erseheint  in  der  damals  wie  heute  hochangesehenen  Bukarester 
Zeitschrift  „ConTorbiri  literare^  das  Gedicht  „Yenere  |i  Madona" 
(^ar.  XYI),  das  f&r  E.s  weitere  literarische  Bedeutung  ent- 
scheidend ist  Die  f&hrenden  Geiiter  der  Gesellschaft  „Juni- 
mea**,  in  erster  Linie  Maiorescu  und  L  Negruzzi  erk^men 
aoglleich  den  herrorragenden  Wert  des  jungen  Dichters;  Ton 
diesem  Augenblicke  an  nimmt  das  Verhaliaiis  zwischen  der 
^  Janimea''  und  £.  seinen  Anfang,  das  f&r  diesen  sehr  günstige 
Folgen,  for  die  rumänische  Literatur  eine  glückliche  Wendung 
mit  sich  brachte. 

Auf  „Venere  si  Madona"  folgte  in  kurzer  Zeit  „Epigonii'' 
(C.  L.  XVU),  ein  Gedicht,  das  damals  wegen  des  ungewöhn- 
lichen, x>essimistischen  Ideengehaltes  viel  Aufsehen  in  den 
romanischen  literarischen  Kreisen  erregte.  Von  Wien  aus 
Teroffentlichte  E.  in  den  C.  L.  noch  die  Gedichte  „Mortua 
est-  (Sar.  XVni),  „Noaptea"  (Sar.  XIX),  und  „Inger  de  pazä" 
(Sar.  äX).  Manche  literarischen  Pläne  des  Dichters  aus  dieser 
2^it  blieben  unausgeführt  (fi.  C.  L.  XXV  903  ff.). 

In  Wien  studierten  damals  wie  heute  noch  viele  rumä- 
nische Studenten  aus  verschiedenen  Gegenden  Rumäniens, 
Siebenbürgens,  des  Banats  und  der  Bukowina,  die  sich  gemäS 
den  schönen  Traditionen  der  akademischen  Jugend  für  die 
Ideale  ihres  Volkes  begeisterten  und  fSir  die  Erkämpfung 
derselben  Wege  und  Mittel  suchten.     An  der  Spitze  einer 


-    278    — 

solchen  jugendlichen  Bewegung  stellte  sich  im  Jahre  1870 
E.,  sein  yertrauter  Freund  Slavici  und  einige  andere  hervor- 
ragende Mitglieder  des  rumänischen  akademischen  Kreises  in 
Wien.  ^.Der  Zweck  war  die  Veranstaltung  eines  nationalen 
Festes  bei  Putna  (Bukowina),  an  dem  Grabmale  des  bernhmten 
Moldauischen  Fürsten  Stephan  des  Großen,  und  damit  ver- 
bunden eines  Kongresses  der  rumänischen  Jugend,  wo  eine 
umfassende  Organisation  für  ihre  zukünftige  nationale  Tätig- 
keit inmitten  ihrer  Nation  festgestellt  werden  sollte  (Petr.  13, 
Cr.  8,  Slav.  Brief).  Der  Kongreß  &nd  im  Jahre  1871  am 
15/16.  August  statt  (C.  L.  XXXVI,  307).  Während  der 
Sitzungen  gerieten  E.,  Slavici  und  noch  etliche  in  Widerspruch 
mit  der  Mehrheit;  unter  dem  Einfluß  dieses  Zwischenfalls  soll 
der  Dichter  seinen  vertrauten  Freunden  die  für  ihn  bezeich- 
nende Frage  gestellt  haben:  „Wie  ist  es  nur  möglich,  daß  so 
viele  hundert  Köpfe  zusammen  nicht  einmal  einem  einzigen 
gesunden  Kopfe  gleich  denken  können?^  Die  Masse  der 
Mittelmäßigen  hat  ihn  immer  mißverstanden,  und  nie  konnte 
sie  mit  allen  ihren  Köpfen  das  begreifen,  was  er  allein  mit 
seinem  Kopfe  verstand,  nämlich  die  Ideale  seiner  ö£Eentlichen 
Tätigkeit  inmitten  einer  in  hohem  Maße  verfaulten  Gesellschaft 
(vgl.  dazu  C.  L.  XXXVI,  308£).  Auch  die  Freundschaft  mit 
Slavici,  dem  bekannten  Novellisten,  ist  ein  nennenswertes 
Moment  aus  den  Wiener  Jahren  des  Dichters. 

Was  die  Lebensweise  E.s  anbelangt,  so  blieb  sie  auch  in 
Wien  dieselbe  wie  früher.  Er  lebte  unregelmäßig,  verwandte 
keine  Sorgfalt  auf  sich  und  gebrauchte  aufregende  Genuß- 
mittel (M.  E.  3),  besonders  Kaffee  und  Tabak,  um  derent?rillen 
er  gerne  auf  sein  Essen  verzichtete.  Seine  Kollegen  vermied 
er,  und  am  liebsten  war  er  für  sich  allein  oder  im  KaffeehausCi 
wo  er  die  „Literarischen  Blätter"  Rudolf  Gotschalls  regel- 
mäßig las  (M.  E.  3),  In  Wien  verweilte  der  Dichter  bis  zum 
Sommer  1871 ;  dann  verließ  er  die  Hauptstadt,  augenscheinlich 
um  sich  nach  Czernowitz  für  die  geplante  Putnafeier  zu  be- 
geben. Es  wird  wohl  berichtet,  daß  schon  damals  eine  schwere 
Krankheit  ihn  zwang,  Wien  gänzlich  zu  verlassen  (Di?.  126). 


-    279    — 

Doch  hat  er  —  wie  Slayid  behauptet  —  an  allen  Yorberei- 
tongen,  Festlichkeiten  und  Sitzungen  bei  Putna  teilgenommen, 
so  daß  die  Krankheit  wohl  erst  im  Herbst  eingetreten  ist  und 
seine  Wiener  Studien  unterbrach. 

Es  waren  höchstwahrscheinlich  die  ersten  Symptome  der 
TerhangnisYoIlen  syphilitischen  Krankheit,  die  ihm  schließlich 
sein  Leben  für  immer  yergiftete  (vgl.  IL  E.  3).  Unrichtig  ist 
die  Behauptung  Zosins  (153),  daß  hier  von  Wahnsinnssymp- 
tomen die  Rede  sei  Slavici  (Brief)»  der  damals  mit  dem 
Dichter  in  Wien  sehr  viel  verkehrte,  weiß  nichts  von  solchem 
Symptomen;  geistig  war  der  Dichter  noch  Yollstandig  gesund. 
Doch  erweckte  die  Krankheit  in  ihm  dunkle  Gedanken  und 
eine  tiefe,  nie  wieder  verschwindende  MelanchoUe  (M.  E.  3). 
Durch  eine  längere  Kur  in  Ipotesti  wurde  die  Krankheit  zu* 
ri&ckgedraiigt  und  der  Dichter  begab  sich  von  neuem  ins 
Ausland,  um  seine  Studien  fortzusetzen,  nachdem  er  eine  Zeit- 
lang an  der  Centralbibliothek  in  Jassy  als  Direktor  angestellt 
gewesen  sein  soll  (Petn  13).*)  In  dieser  Zeit  soll  er  die 
Dichterin  Yeronica  Mide,  seine  viele  Jahre  hindurch  begeistert 
besungene  Geliebte,  kennen  gelernt  haben. 

Berliner  Aufenthalt.  Es  kommen  nun  die  Studien- 
jahre des  Dichters  an  der  Berliner  Universität  in  Betracht*'*') 

Von  der  üniversitatsregistratur  in  Berlin  habe  ich  dies- 
bezüglich folgende  offizielle  Mitteilung  bekonmien  können. 
Der  Dichter  war  als  ordentlicher  Hörer  immatrikuliert  worden 
auf  Grund  eines  Zeugnisses  von  dem  Gymnasium  in  Botofani. 
Vom  18.  XIL  1872  bis  zum  26.  VII.  1873  finden  wir  seine 
Uniyersitatsstudien  in  Ordnung;  fbr  die  Zeit  vom  6.  XIL  1873 

*)  Die  NacbfbrBchangen  Herrn  Kirüeanns  wissen  davon  nichts  nnd 
berichten  von  der  Utigkeit  £.8  als  Direktor  an  der  Bibliothek  erst  ans 
den  sp&teren  Jahren  1874/75. 

**)  Manche  biographische  Notizen  {Dir,  126,  B.  p.  t  VI)  sprechen 
sndi  Ton  einem  Jenaer  Stndienanfenthsdt,  der  aber  als  sehr  fraglich 
eiBcheint;  ansgeechlossen  ist  es  swar  nicht,  daß  der  Dichter  auch  in 
Jena  verweilt  hat,  aber  an  der  Universität  hat  er  dort  nicht  stadiert, 
wie  ich  auf  Qrand  amtHcher  Informationen  festgestellt  habe.  (Brief 
von  der  akad.  Qo&star  der  Jenaer  üniv.  —  9/1.  1902.) 


—    280    — 

bis  22.  L  1875  aber  wurde  er  aus  der  Zahl  der  Studierenden 
gesiarichen,  »wegen  Nichtannehmen  Yon  Vorlesungen''.  Der 
Dichter  verließ  nämlich  Berlin  schon  im  Jahre  1873  (B.  p.  i. 
VI)  und  kehrte  in  sein  Vaterland  zurück. 

In  Berlin  hörte  er  folgende  Vorlesungen:  W.  S.  1872/73: 
Logik  und  die  Grundlagen  der  Philosophie  (Dr.  Duhringy,  Ge- 
schichtsaufEassung  berfiihmter  Historiker  (Dr.  Dtthring),  All- 
gemeine Geschichte  der  Philosophie  (Prof.  Zeller),  Ägyptische 
Geschichte  (Prof.  Lepsius),  Ägyptische  Denkmaler  (Prof  Lep- 
sins).  Die  hinterlassenen  Papiere  Ej3  enthalten  auch  sein  „An- 
meldungsbuch" der  Universität  Berlin  und  in  diesem  werden 
zwei  Vorlesungen  noch  genannt,  von  denen  mebe  Informar 
tionen  nichts  erwähnen.  Dies  sind:  „Die  logischen  Prinzipien 
der  Erffthrungswissenschaften'^  (Prof.  Helmholtz)  und  „Er- 
gebnisse der  neueren  Naturwissenschaften  **  (DuBois-Beymond); 
wahrscheinlich  hat  E.  diese  letztgenannten  Vorlesungen  bloß 
in  sein  Buch  eingeschrieben,  nicht  aber  auf  der  Quästur  be- 
zahlt S.  S.  1873:  Neuere  Geschichte  (Pro£  Droysen);  Sitten 
und  Gebrauche  der  Ägypter  (Prof  Lepsius),  Entwickelung  und 
Kritik  der  Hegeischen  Philosophie'*')  (Prof  Althaus),  über 
philosophischen  und  politischen  Optunismus  und  Pessimismos 
(Dr.  Dühring). 

Von  Wichtigkeit  f&r  uns  sind  auch  die  Vorlesungen  der 
nächsten  zwei  Semester,  wahrend  wdcher  der  Dichter  inskri- 
biert war,  die  er  aber  wegen  seiner  Abreise  aus  Berlin  auf- 
geben mußte.  Ich  gebe  auch  hier  das  Verzeichnis  dieser  Vor- 
lesungen, da  sie  fär  das  wissenschaftliche  Interesse  des  Dichters, 
und  besonders  für  die  Art.  und  Bichtung  seiner  Studien^  sehr 
charakteristisch  sind: 

W.  S.  1873/74:  Geschichte  der  griechischen  Philosophie 
(Prof  Dr.  Bonitz),  Institutionen  des  römischen  Rechtes  (Prof. 
Demburg),  Ägyptische  Geschichte  (Prof  Lepsius). 

*)  Die  Manuskripte  E.8  (nun.  Akademie)  enthalten  mehrere  Kolle^ 
gienhefte  des  Dichters,  von  denen  eins  Aber  „Die  Prinzipien  der  Hegel- 
sehen  Philosophie*'  (Trib.  Pop.  Nr.  22,  1902),  das  angeblich  ans  der  Zeit 
seiner  Wiener  Stadien  stammt 


—    281    — 

S.  S.  1874:  Komische  Geschichte  (Prof.  Nitzsch),  National- 
ökonomie (Prof.  Dtthring),  Phys.  Geographie  (Poggendorf), 
Nenrenphysiologie  (Prof.  Munk). 

Also  auch  in  Berlin,  wie  in  Wien  interessiert  sich  der 
Dichter  in  erster  Linie  f&r  die  Philosophie,  die  er  sehr  eifrig 
weiter  treibt,  dann  f&r  Geschichte,  und  zwar  am  meisten  Ar 
die  ägyptische  und  romische,  f&r  Bechtswissenschaft  und 
Nationalökonomie  und  schließlich  für  Physiologie,  die  ihn  auch 
in  Wien  angezogen  hatte.  Seine  spätere  Tätigkeit,  seine  kultur- 
geschichtlichen! wissenschaftlichen  und  politischen  Abhand- 
lungen zeigen,  wie  gründlich  er  diese  yerschiedenen  Zweige 
der  Wissenschaft  durchdrungen  und  wie  viele  Kenntnisse  er 
sich  aus  ihnen  angeeignet  hat  Und  daß  auch  seine  Universi- 
tStsstudien  ihm  Stoff  und  Anlaß  zum  dichterischen  Schaffen 
gegeben  haben,  das  beweist  das  Gedicht  „Egipetul^  (l^ar.  XXU), 
welches  uns  das  alt^;yptisohe  Leben  in  phantastisch-roman- 
tischer Weise  yeranschaulicht;  die  Yeröffentlichungszeit  dieses 
Gedichtes  (erschienen  in  C.  L.  VI,  261)  fallt  in  das  Winter- 
semester 1872/73,  in  welchem  K  zwei  Vorlesungen  über  die 
Ägypter  besuchte. 

In  der  Hauptstadt  Deutschlands  scheinen  den  Dichter 
auch  die  gewaltigen  politischen  und  sozialen  Bewegungen  der 
Gegenwart  sehr  interessiert  zu  haben.  In  dem  Gedichte 
„Impärat  ;i  proletar*"  (Sar.  XXY),  welches  1874  (also  kurz 
nach  E.S  Abreise  aus  Berlin)  veröffentlicht  wurde,  begegnen 
uns  in  dem  ersten  Teil  eine  Reihe  sozialistischer  Ideen,  die 
sehr  wahrscheinlich  in  gewisser  Beziehung  zu  jenen  Be- 
wegungen stehen,  oder  wenigstens  als  Anklänge  an*  jene  Zeit 
betrachtet  werden  közmen. 

Nach  der  Rückkehr  in  seine  Heimat  ließ  sich  E.  in  Jassy 
nieder,  wohin  ihn  einerseits  die  (JeseUschaft  „  Junimea",  ander- 
seits seine  vergötterte  Geliebte,  die  Dichterin  V.  Micle,  zogen. 
Da  beide  Faktoren  in  dem  Leben  des  Dichters  eine  sehr 
wichtige  Rolle  spielen,  muß  ich  jedem  ein  besonderes  Kapitel 
widmen.  Erst  dann  wird  es  möglich  sein,  E.s  Tätigkeit  weiter 
zu  verfolgen. 


—    282    — 

lY.  Eminesea  und  die  ,^imiiiLea^^) 

In  der  literarischen  QeseUschaft  Junimea  begegneten  sich 
neben  den  deutsch-gebildeten  Maiorescaf  Negruzzi,  Carp,  andere 
wie  der  große  Dichter  Alexandri,  der  Philosoph  Conta  (siehe 
das  Werk  BSd.),  der  Dichter  Kaum,  ein  eifriger  Übersetser 
franzosischer  und  italienischer  Schriftstelleri  die  alle  drei  eine 
fast  ausschließlich  französische  Bildung  genossen  hatten;  neben 
diesen  Männern,  die  sich  auf  der  Höhe  der  abendländischen 
Kultur  befanden,  sehen  wir  die  einfache,  echt  rumänische 
Gestalt  Greangas,  in  dem  sich  der  Yolksgeist  gleichsam  Tei^ 
körpert  zeigte,  der  wohl  nicht  eben  allzuviel  von  den  hohen 
akademischen  Diskussionen  seiner  Kollegen  verstanden  haben 
mag,  dafür  aber  selber  durch  das  Volkstümliche  in  seiner  un- 
verfälschten ürsprunglichkeit  Gegenstand  des  Interesses  war. 

So  fanden  sich  in  dieser  Gesellschaft  eine  Menge  ver- 
schiedener Persönlichkeiten  zusammen,  deren  ausgeprägte, 
lautere  Charaktere  ein  anziehendes  Ganze  bildeten.  Dieser 
glückliche  umstand  einerseits,  andererseits  aber  die  Ideen  und 
Bestrebungen  der  Gesellschaft,  erweckten  auch  die  Sympathie 
Rs  gegenüber  der  sogenannten  „neuen  Richtung^  und  später 
seinen  Anschluß  an  sie. 

Das  Verhältnis  des  Dichters  zu  den  „Junimisten**  läfit 
sich  schon  bis  auf  die  Wiener  Jahre  zurückführen.  Gleich 
nach  dem  Erscheinen  des  Gedichtes  „Venere  si  Madona"  in 
C.  L.  (15.  April  1870)  knüpft  sich  ein  Briefwechsel  zwischen 
E.  und  ^em  Leiter  der  Zeitschrift  Negruzzi  an  (Petr.  12). 
Sowohl  dieser  wie  Maiorescu  erkannten  von  Anfang  an  das 
vielversprechende  Talent  des  jungen  Dichters  und  ihnen  ge- 
bührt das  Verdienst,  ihn  seitdem  immer  im  Auge  behalten, 
ihm  mit  guten  Ratschlägen  beigestanden  und  seinem  Schaffen 


*)  Vgl.  Rud.  136ff.,  Adam  209ff.,  Omagiu  1900  (Bes.  ,^imntiri" 
Ton  I.  Negruzzi),  die  Zeitschrift  ,,Säptämina"  1902  (O.  Panus  Erinne- 
rungen), Radulescu,  Gonia  21  £  Letztgenanutee  Buch  enthält  ein- 
gehende Angaben  über  die  Gesellschaft  Junimea. 


den  angemessenen  Spielraum  in  der  „neuen  Bichtnng"  zu- 
gewiesen zu  haben. 

Ich  yerzeichne  hier  eine  charakteristische  Episode  aus 
dieser  Zeit,  welche,  obwohl  ohne  irgend  welche  sonstige  Be- 
deutung, doch  eine  wichtige  Seite  des  Verhältnisses  £.s  zur 
„Jummea**  zu  beleuchten  geeignet  ist  Damals  geschah  es 
fitmlich,  daß  Negruzzi  dem  Dichter  Schopenhauers  Werke 
als  Geschenk  f&r  die  den  C.  L.  überlassenen  Gedichte  zu^ 
schickte;  dieses  Geschenk  bereitete  dem  Dichter  große  Freude 
(BC  E.  3).  Denn  schon  damals  war  Schopenhauer  ihm  sowohl 
wie  auch  den  Junimisten  der  Lieblingsphilosoph. 

Inzwischen  wuchs  das  Interesse  der  „Junimea''  för  den 
jungen  Dichter  immer  mehr.  Auf  einer  Durchreise  durch 
Wien  (1870)  besuchte  ihn  Negruzzi  (Petr.  13);  lange  Be- 
sprechungen haben  damals  zwischen  ihnen  und  Slavici  statt- 
geihnden  (C.  L.  XXXIII,  4,  Omagiu,  8—9). 

Im  Jahre  1871  ist  der  Briefwechsel  Ejs  mit  L  Negruzzi 
regelmäßig  und  lebhaft  (C.  L.  XXV.  S.  903,  Anm.),  verschiedene 
literarische  und  sonstige  Fragen  werden  erörtert  Wie  richtig 
er  diese  zu  schätzen  wußte,  beweist  uns  der  Umstand,  daß 
der  reife  Schriftsteller  sich  nicht  scheute,  den  Jüngling,  der 
damals  erst  21  Jahre  zahlte,  um  seine  Meinung  betreffs  einiger 
dichterischer  Erzeugnisse  zu  fragen.  Und  der  Jüngling  sprach 
seine  Ansichten  immer  offen  und  bestimmt  aus  (C.  L.  XXV, 
«03ffi;  XXXm,  2). 

Nach  der  Wiedergenesung  von  der  Krankheit,  die  ihn 
Wien  zu  verlassen  gezwungen  hatte,  nahm  der  Dichter  eine 
Einladung  der  (Gesellschaft  „  Junimea*'  an  und  kam  nach  Jassj, 
wo  damals  ein  sehr  reges  intellektuelles  Leben  herrschte  xmd 
auch  der  Sitz  jener  Gesellschaft  war  (C.  L.  XXÜI,  289 ff). 
Kurze  Zeit  später  begab  er  sich  wieder  ins  Ausland,  um  seine 
Studien  in  Berlin  zu  Tollenden,  nachdem  ihm  die  „Junimisten'', 
vornehmlich  Maiorescu,  dazu  einen  Teil  der  notigen  Mittel 
Terschafit  hatten. 

Wir  wissen  schon,  daß  er  1873  nach  Jassy  zurückreiste, 
wo  er  sich  jetzt  definitiv  niederließ  und  Mitglied  der  „  Junimea^ 


—    284    — 

wurde.  Die  Jahre  1873 — 1876  —  schreibt  Negrom  (C.  L. 
XXIU,  289  £)  —  waren  die  schönsten  hinsichtlich  der  Be- 
dehangen  des  jungen  Dichters  zu  der  literarischen  Gesellschaft. 

Es  gab  keine  Versammlung  der  „Junimea",  in  welcher 
K  nicht  Yerse  von  sich  vorlas,  die  die  Zuhörer  entzjackten 
und  sogleich  verschiedenerlei  Erörterungen  yeranlaßten.  Manche 
seiner  kleinen  Gedichte  wurden  gleich  in  Musik  gesetzt  und 
die  Mitglieder  der  „ Junimea''  sangen  sie  sogleich  (Omagiu« 
S.  8f.).  —  Nachdem  Maiorescu  nach  Bukarest  fibergesiedelt 
war,  wurde  der  Dichter  der  anerkannte  Vorleser  der  „  Junimea^ ; 
seine  sympathische,  wohlklingende,  melodische  Stimme  m 
hören,  war  f&r  die  Mitglieder  der  Gesellschaft  ein  besonderes 
Vergnügen  (C.  L.  XXHI,  289flf.). 

Die  Beziehungen  E.s  zur  „Junimea**  dauerten  auch  nach 
seiner  Niederlassung  in  Bukarest  (1877)  fort  Hier  bildete 
sich  nämlich,  unter  der  Leitung  Maiorescus  eine  Ortsgruppe 
der  „Junimisten"  und  der  Dichter  las  dieser  seine  Gedichte 
vor  (C.  L.  XXXTTT,  9,  Brief  4);  außerdem  veröffenÜichte  er 
seine  Dichtungen  regdmäßig  in  der  juninustischen  Zeitschrift 
C,  L.  (C.  L.  XXm,  289—294). 

unter  den  Mitgliedern  der  „Junimea"  haben  sich  be* 
sonders  Maiorescu  und  Negruzzi  viele  Verdienste  um  £.  er- 
worben und  mit  ihm  in  freundschaftlichem  Verkehr  gestanden; 
nicht  nur  literarisch,  durch  Anregungen  und  verstandige  Ejritik, 
sondern  auch  in  materieller  Hinsicht  zeigten  sie  ununterbrochen 
ein  reges  Interesse  fär  den  Dichter,  am  meisten  Maiorescu, 
der  in  Jassy  und  Bukarest  ein  eifriger  Gönner  des  Dichters 
war.  Als  Unterrichtsminister  ernannte  er  ihn  zum  Direktor 
der  Centralbibliothek  in  Jassy  und  dann  zum  Schulinspektor 
(Div.  126).  Auch  später  hat  er  ihn  in  Bukarest  sehr  unter- 
stützt^ indem  er  ihn  eine  Zeitlang  in  sein  Haus  aufiiahm,  um 
ihm  ein  regelmäßigeres  und  sorgenloseres  Leben  zu  sichern^ 
und  um  ihn  aus  den  Gefahren  einer  gesundheitswidrigen 
Lebensweise  zu  retten  (C.  L.  XXXVI,  311  ffl). 

Noch  ein  Punkt  im  Verhältnis  E-s  zur  ,,Junimea^  ver- 
dient die  Aufinerksamkeit  des  Biographen:  es  ist  das  seine 


—    285    — 

innige  Frenndschaft  mit  dem  begabtesten  romanischen  Yolks- 
schriflsteller,  loan  Creangft.    Die  beiden  haben  sich  onge^Shr 
im  Jahre  1874  kennen  gelernt  und  gleich  von  Anfang  an 
schlössen  sie  eine  innige  Frenndschaft  mit  einander.    „Beide 
ann,  yerachteten  sie  das  lärmende  Getriebe  der  Welt;  unver- 
söhnliche Feinde  der  leeren  gesellschaftlichen  Formen,  trafen 
sie  sich  oft  in  den  einsamen,  entlegenen  Gärten  von  TStära|i 
nnd  Galata.    Dort  brachten  die  beiden  ganze  Nä<dite  zu,  „das 
Volk  beobachtend  und  den  Liedern  der  Spiellente  lanschend** 
(Creangft,  Op.  comp.  S.  23).    In  dem  Kreise  der  „Junimea'' 
war  Creangft  der  einzige,  intime  Frennd  E.s.   Nur  ihm  fohlte 
sich  der  Dichter  seelisch  verwandt  ond  nor  ihm  zeigte  er  sich 
so,  wie  er  in  seinem  Innenleben  war.     „Sobald  er  Greangä 
kennen  lernte,  zog  er  sich  gänzlich  von  uns  zur&ck,  indem  er 
sich  Creangäs  Gesellschaft  allein  hingab''  —  sagt  G.  Panu, 
ein  Mitglied  der   „Jonimea^    (S&ptämina  U,  Nr.  21).     „Sie 
führten  das  Leben,  das  ihnen  gefiel,  das  einfache,  primitive 
Leben,  d.  h.  die  onverffilschte  Lebensweise  des  romanischen 
Baoem,    der   beider   Ideal   war."      (Über    die    Frenndschaft 
Creangäs  ond  E.s  siehe  noch  C.  L.  XXXIII,  1074,  1078,  1080). 
E.8  Beziehongen  zor  Jonimea  sind  von  manchen  romanischen 
Schriftstellern  ond  £üitikem  vielfach  verkannt  ond  falsch  ge- 
deotet  worden.     Die  Jonimisten,  in  erster  Linie  Maioresco, 
moßten  Jahre  hindorch  schwere  Bescholdigongen  hören,  daß 
sie  nämlich  die  Schold  an  dem  Pessimismos  des  Dichters 
trftgen,  daß  ihr  Milien  ihm  verhängnisvoll  gewesen  sei,  daß 
sie  ihn  an  sich  gelockt  ond  nach  ihren  eigenen  Anschaoongen 
umgeformt  hätten,  ond  dergL  mehr  (vgl.  z.  B.  C.  L.  XXXVI 
S.  308  ff,  wo  diese  Frage  aosfohrlich  erörtert  ond  wiederlegt 
wird).    Aber  alle  diese  Behanptongen,  die  an  sich  einen  starken 
polemischen  Zog  haben  (sie  sind  aoch  aos  erbitterten  litera- 
rischen Streitigkeiten  entstanden)  können  nor  einer  schiefen 
Stellong  zo  der  Frage  entspringen,  stichhaltig  sind  sie  nicht 
Die  Beziehongen  zwischen  E.  ond  der  Jonimea  erscheinen 
als  ein  sehr  natürliches  Ergebnis.    Der  Dichter,  der  eine  neoe 
Epoche  in  der  romanischen  Literator  zo  bezeichnen  bestimmt 


—    286    — 

war,  muBte  sich  der  „neuen  Richtung''  ebenso  verwandt  fthlen, 
wie  diese  dem  eine  neue  Zeit  ankündigenden  Talent  Im 
großen  und  ganzen  hatten  E.  und  die  Gesellschaft  Junimes 
yiele  verwandte  Züge,  sowohl  was  ihre  Ziele,  wie  auch  manche 
Mittel  und  Wege  dazu  betrifft  Beide  erstrebten  eine  Ent- 
wickelung  der  rumänischen  Sprache  aus  sich  heraus,  auf  Grand 
der  Volkssprache,  und  waren  den  latinisierenden,  italieni- 
sierenden,  französierenden  Richtungen  feindlich  gesinnt  Durch 
sein  epochemachendes  Schaffen  in  der  Sprache,  bildete  spater 
der  Dichter  so  zu  sagen  die  Verwirklichung  der  Ideen  Ma- 
iorescus,  hinsichtlich  einer  echt  rumänischen,  rationeUen,  lite- 
rarischen Sprache.  K  sowohl,  wie  die  Junimea  wollten  der 
rumänischen  Literatur  einen  tieferen  Inhalt  und  einen  weiteren 
Überblick  über  die  europäische  Ideen*  und  Gefühlswelt  geben. 

Einen  vielleicht  noch  wichtigeren  Berührungspunkt  findet 
man  in  den  Mitteln,  die  beiden  zur  Verfügung  standen.  Es 
ist  das  die  deutsche  Bildung,  die  deutsche  Philosophie  and 
Literatur,  die  sowohl  K  wie  auch  die  fuhrenden  Geister  der 
Junimea  genossen  haben.  Insbesondere  aber  brachte  die 
Schopenhauersche  Philosophie  beide  zusammen,  deren  Ideen 
in  der  Junimea  viel  besprochen  wurden  und  in  Ejs  Werken 
nicht  selten  hervortreten. 

Die  schönen  Formen,  die  in  dem  Kreise  der  Junimisten 
herrschten,  und  die  Freiheit,  die  der  Gesellschaft  innewohnte, 
haben  sicher  nicht  wenig  dazu  beigetragen,  E.  der  Junimea 
nahe  zu  bringen.  Es  wäre  noch  der  Umstand  zu  erwähnen, 
daß  die  Junimea  in  dem  damaligen  literarischen  Leben  Borna- 
niens  die  einzige  Gesellschaft  war,  die  eine  Fülle  von  be- 
deutenden Talenten  und  Persönlichkeiten  zählte  und  deshalb 
für  eine  so  hervorragende  Gestalt  wie  die  unseres  Dichters 
am  besten  geeignet  war. 

In  der  Tat  sind  auch  die  Verdienste  der  Junimea  um  £. 
sehr  groß.  In  einer  Zeit,  wo  ihn  die  meisten  als  einen  mittel- 
mäßigen Anfänger  betrachteten  und  ihm  kein  Talent  zuerkennen 
wollten,  waren  die  Mitglieder  der  Junimea  die  einzigen,  die 
das  hervorragende  Talent  E.s  zu  schätzen  und  ihn  mutig  in 


—    287    - 

der  literarischen  Welt  zu  yerteidigen  imstande  waren  (siehe 
C.  L.  XXIII,  289f.  Adam.  211).  Maiorescu  war  der  erste,  der 
die  epochemachende  BoUe  des  Dichters  voraussah  und  schon 
1879  eine  gerechte  Beurteilung  desselben  veröffenthcht  hat. 
Aber  wenn  auch  das  Verhältnis  E.s  zur  Junimea  innig 
gewesen  ist,  so  bedeutet  das  keineswegs  eine  Abhängigkeit 
des  Dichters  von  dieser  Gesellschaft»  wie  manche  rumänische 
Kritiker  behauptet  haben.  (Hasdeu,  C.  L.  XXXYI,  310  f.  u.  a.) 
Dazu  war  die  Persönlichkeit  des  Dichters  yiel  zu  selbständig, 
seine  Ziele  und  Bestrebimgen  aber  viel  zu  sehr  aus  ihm  selbst 
hervorgegangen.  Schon  in  der  Zeit,  wo  die  Beziehungen  E.s 
zar  Junimea  ihren  Anfang  nahmen  (1870),  hatte  der  Dichter 
seine  eigenen  Ansichten  über  diese  Gesellschaft  und  war  selb- 
ständig genug,  um  auch  ihre  Fehler  zu  erkennen  (siehe  Diy. 
S.  76  f,0  scriere  criticä").  Wie  unabhäugig  er  auch  später 
geblieben  ist,  das  zeigen  besonders  die  nationalen  Grundzüge 
seiner  Tätigkeit  Die  hohe  Achtung  fär  die  Vergangenheit 
der  Rumänen,  die  Liebe  zum  Bauernstand  und  die  Abneigung 
gegen  alles,  was  fremde  Nachahmung  war,  Züge  die  für 
die  Junimisten  bei  weitem  nicht  so  bezeichnend  sind. 


Y,  Eminescu  und  Yeronica  Micle. 

Über  die  Geschichte  des  Verhältnisses  E.s  zu  Veronica 
Mide  stehen  uns  bis  jetzt  nur  mangelhafte  Angaben  zur  Ver- 
fügung. Gewissenhafte  Einzelforschungen  sind  auch  in  dieser 
Bichtuug  noch  nicht  Torhanden.  Nur  die  Gedichte,  sowohl 
die  Ks,  wie  auch  die  Micles  bieten  uns  infolge  ihrer  echt 
lyrischen  Natur  und  wahren  Empfindung  einigermaßen 
Material,  um  uns  ein  Bild  dieser  Dichterliebe  machen  zu 
können.*) 

E.  soll  die  Dichterin  während  seines  ersten  Aufenthaltes 
in  Jassy  kennen  gelernt  haben  (Petr.  14).     Cristea  (10)  be- 

•)  Siehe  N.  lorga,  Sohlte  . . .  la^i,  Sar.  Bd.  U,  85 ff.;  Rud.  160, 162; 
Petr.  UE;  Cr.  lOff. 


—    288    - 

richtet  dagegen,  der  Dichter  habe  sie  schon  in  Wien  gesehen 
und  ihre  Bekanntschaft  schon  damals  gemacht;  nar  ist  diese 
Nachricht  nicht  ohne  weiteres  als  richtig  anzunehmen,  da  der 
Verfasser  keinen  Beweis  daftr  gibt  und  auch  keine  Quelle 
nennt  Obwohl  noch  sehr  jung  (sie  zahlte  kaum  17 — 18  Jahre), 
war  Yeroniea  Mide  schon  verheiratei  Es  war  eine  seltsame 
Ehe.  Ihr  Mann,  der  üniversitätsprofessor  Stephan  Mide,  war 
34  Jahre  älter  als  sie,  ein  Umstand,  der  ihre  Liebe  zu  R  be- 
greiflich macht,  umsomehr,  als  sie  eine  echt  romantische 
Dichterseele  war.  Ihr  Äußeres  schildert  Petrascu  (14)  folgender- 
maßen: „Ihr  Gesicht  war  rund  und  schön,  ihre  Stime  weiß, 
glatt  und  klug,  ihr  Haar  blond  —  das  Ideal  des  Dichters 
[siehe  dazu  „Sermanul  Dionis^,  Nov.  37,  erster  Absatz]  —  ihre 
Augen  Ton  einem  hellen  Blau,  die  Nase  fein,  der  Mund  klein, 
feucht  und  üppig."  Sie  war  also  eine  bezaubernde  Frauen- 
gestalt, deren  Schönheit  das  Herz  eines  Romantikers  wie  E. 
schwer  widerstehen  konnte.  Die  Dichterin  soll  fbr  ihn  schon 
in  einer  Zeit  geschwärmt  haben,  wo  sie  ihn  nicht  einmal  ge- 
sehen hatte  (Petr.  14);  sie  selbst  bekennt  das  in  den  Venen: 

„M'am  glndit  cu  drag  la  tine  plnä  nu  te-am  cunoscut. 
Te  stiam  numal  diu  nume,  de  nu  te-a§  mai  fi  stiut! 
Si-am  dorit  sS  pot  odatft  sä  te  väd  pe  tine  eu. 
Sä-^i  inchin  a  mea  via^  sä  te  fac  idolul  meu.*' 

(V.  M.  „M'am  glndit"  78.) 

Ebenso  bekennt  sie  in  dem  Gedichte  „La  portretnl 
unui  poet"  (V.  M.  66),  daß  sie  ihn  schon  liebte,  obwohl 
sie  nur  sein  Bildnis*)  gesehen  hatte  und  nur  soviel  wußte, 
„daß  er  ein  Dichter  sei". 

Nachdem  beide  miteinander  bekannt  geworden,  besuchte 
E.  sehr  oft  das  Haus  Micles;  dort  las  er  abends,  in  der  Stille 
eines  kleinen  Kreises  —  er,  Veronica  und  ihr  Mann  —  seine 
süßen  Gedichte  vor;   ein  anderes  Mal  wandelten  beide    im 


*)  Henriette  E.  (Scr.  LVII)  erzählt,  daß  der  Dichter  ah  19  jähriger 
Jüngling  Micle  za  Liebe  sich  photographieren  ließ. 


—    289    — 

Garten  umher,  traomten  beglückt  im  Zauber  der  schönen 
Nator,  die  sie  beide  so  sehr  Hebten  (Petr.  14f.).  Ihre  Liebe 
erwachte  schnell  imd  war  leidenschaftlich;  sie  versprachen 
sich  gegenseitig,  sich  nach  dem  Tode  Mides  zu  heiraten.  Ja 
der  Dichter  war  so  schwärmerisch,  daß  er  sich  entschloß,  zu 
der  römischen  Kirche  überzutreten,  nur  um  nicht  mehr  von 
seiner  Geliebten  getrennt  werden  zu  können  (Petr.  15).  Die 
Freunde  des  Dichters,  denen  diese  Liebe  nicht  eben  sympathisch 
war,  wollten  ihn  Yon  Yeronica  Mide  trennen  und  schickten 
ibn  nach  Serlin,  wo  er  seine  philosophischen  Studien  weiter 
treiben  sollte.  Aber  die  Dichterin  sehnte  sich  betrübt  nach  ihm: 

„Cobea  de  buhnS  idpä  pe  grindfi, 
Eu  mS  cutremur  c'a  fi  semn  räü  • .  • 
Pe  ctnd  iubitu-mt  lumea  colindS 
Sufletu-mt  moare  de  dorul  sSü.^ 

(V.  M.  54£  „Prevestirl«.) 

Aus  diesem  Grunde  geschah  es  höchstwahrscheinlich,  daß 
E.  schon  nach  einem  Jahre  Berlin  verließ  und  nach  Jassj 
zurückkehrte,  obwohl  er  sich  noch  zwei  weitere  Semester  an 
der  ünirersitat  eingeschrieben  hatte.  Für  ihn  war  damals  „das 
Herz  der  einzige  Wegweiser^  —  wie  Petr.  (17)  trefiFend  bemerkt 

Von  Ende  1873  bis  im  Herbst  1877  blieb  der  Dichter 
in  Jassy,  und  dieser  Zeitabschnitt  brachte  ihm  in  reichem 
Maße  die  glücklichen  Augenblicke  der  Liebe.  Dichter  und 
Dichterin  trafen  sich  sehr  oft,  und  übereinstimmend  waren 
sie  nicht  nur  in  ihren  glühenden  Gefühlen,  sondern  auch  in 
der  Grundstimmung  ihres  damaligen  künstlerischen  Schaffens. 
In  dieser  Zeit  schrieb  E.  einige  seiner  schönsten  Gedichte*), 
auf  denen  der  Zauber  eines  schwärmerischen  Romantismus 
ruhte,   den  spater  ein   düsterer  Stimmungspessimismus  ver- 


*)  Inger  91  Demon  (XXIII);  Floare  albasträ  (XXIY);  Fat  frumos 
din  telu  (XXYI);  CrSiasa  din  pove^tl  (XXVm);  Lacul  (XXIX);  Döring 
(XXX);  Gftlin  (XXXI),  Povestea  codmlul  (XXXIU);  Smgiir&tatea  (XXXY), 
PaJQl  Capidon  (XXXVÜ),  0  r&mll  (XXXVni)  Ed.  ^ar. 
Weigand,  10.  JahrMbexiobt.  19 


—    290    - 

dunkelte  —  gleichsam  als  ein  malom  omen  far  die  Zukunft 
dieser  Dichterliebe  und  für  den  Dichter  selbst 

Eine  stille,  diskrete,  romantische  Natur  —  Mond,  Wald^ 
Bäche,  Linden  —  beseelt  die  Gedichte  beider.  Wenn  der 
Dichter  die  ^blaue  Blume*'  (Sar.  XXIY)  besingt,  so  ant- 
wortet ihm  die  Dichterin  mit  dem  Gedichte  an  den  „blanen 
YogeP*  (V.  M.  49)  und  bei  beiden  finden  wir  oft  genug  die- 
selbe Naturstimmung  (vgl  Sar.  XXIY  und  V.  M.  49,  oder  Sar. 
XXX  und  V.  M.  68). 

Wenn  der  Dichter  in  der  Einsamkeit  seines  armseligen 
Zimmers  Ton  Melancholie  befallen  wird,  so  ist  ihr  Erscheinen 
genug,  um  sein  Leben  wieder  zu  erheitern: 

„S.ie  ist's!    und  mit  einem  Male 
Scheint  mein  leeres  Haus  gefüllt, 
In  des  Lebens  dunklem  Rahmen 
Leuchtet  auf  ein  helles  Bild." 

(R.  Dicht  142.) 

Die  Dichterin  ihrerseits  bewundert  und  liebt  ihn  wie  einen 
Abendstern,  imd  wenn  er  verschwindet,  so  bleibt  ihr  sein 
Bild  im  Sinn  wie  ein  „liebes  Traumgesicht,  zu  dem  sie  betete 
(V.  M.  „Sä  pot  Intinde  mina"  . . .  S.  72.)  1877  yerläßt  der 
Dichter  Jassy,  um  sich  als  Leiter  der  Zeitung  Timpul  nach 
Bukarest  zu  begeben.  Gleich  nach  seiner  Abreise  scheint  die 
Liebe  beider  zu  erkalten;  es  treten  die  unausbleiblichen  Ent" 
täuschungen  beiderseits  dazwischen.  1879  verofiPentlicht  der 
Dichter  die  schon  erwähnten  Gedichte  Yon  pessimistischer 
Stimmung,  aber  doch  kann  er  seine  zaubervolle  Geliebte  nicht 
vergessen.  Wenn  er  sich  einmal  von  ihr  entsagend  und  traurig  ver- 
abschiedet (Sar.  XL  VIII),  so  sehnt  er  sich  gleich  wieder  nach  ihr: 

Komm  wieder!    Lehre  du  mich  süße  Laute, 
Laß  deinen  Blick  mir  warmes  Leben  spenden. 
Laß  unter  ihm  mein  Dasein  sich  vollenden. 
Entlocke  neue  Lieder  meiner  Laute! 

{R  Dicht  153.) 


—    291    — 

# 

1879  starb  Professor  Stephan  Micle;  die  Dichterin  zog 
1883  nach  Bukarest,  nm  ihre  beiden  Töchter  besser  ausbilden 
zu  können  (Rnd.  162)  und  angeblich  auch  um  E.  an  sein 
HeiratsYersprechen  zu  erinnern  (Petr.  22);  es  war  aber  umsonst. 

E.  hatte  eine  Neigung  für  Frau  P.  gefaßt  und  bald  darauf 
auch  fttr  Frau  K.*)  (Petr.  23). 

Yeronica  Mide  ihrerseits  war  nicht  weniger  unbeständig; 
auch  ihr  Herz  öffnete  sich  leicht  anderen  (Bud«  162).  In  dem 
Oedichte  „Drag  mi-ai  fost^  (V.  M.  26f.)  gesteht  sie  fast  naiy, 
daß,  wenn  auch  der  Dichter  ihr  „Abendstem"  gewesen,  sie 
doch  jetzt  „die  Sonne"  gefunden  und  dieser  zu  Liebe  jenen 
▼ergessen  habe,  denn: 

„Am  yäzut  c'aceastä  lume 
Fär'  de  tine  nu-i  pustie." 

•  Aber  trotz  dieser  gegenseitigen  Treulosigkeit  konnte  die 
Flamme  der  einst  so  leidenschaftlichen  Dichterliebe  nicht 
gänzlich  verlöschen.  Im  Jahre  1888  entzündet  sie  sich  auf 
einmal  so  machtig,  daß  der  Dichter  selbst  seine  großmütige 
Schwester  Henriette,  die  ihm  während  seiner  schweren  Krank- 
heit wie  ein  Schutzengel  beistand,  verließ  und  um  Yeronicas 
willen  nach  Bukarest  reiste  (Scr.  LU,  S.  93),  wo  beide  noch 
einmal  die  einst  so  glückliche  Liebe  wieder  kosteten.  Die 
arme  Schwester,  die  darüber  bestürzt  war,  indem  sie  für  die 
erst  wiederhergestellte  Gesundheit  ihres  Bruders  fürchtete, 
schreibt  von  ihm:  „ . . .  er  liebt  diese  Frau  so  sehr,  daß  allein 
der  Tod  sie  trennen  könnte,  im  Leben  aber  niemand  imstande 
ist,  ihn  von  ihr  zu  trennen."     (Scr,  LIU,  S.  95)**). 

*)  Sehr  wahrscheinlich  die  Dichterin  Mathilda  Engler -Poni  (von 
deutschen  Eltern  ans  der  Bukowina),  die  sich  damals  gerade  mitten  in 
ihrer  literarischen  T&tigkeit  befand,  mit  £.  bekannt  wurde  und  ihm 
sehr  sympathisch  war,  wie  Slavici  (briefl.)  mitteilt.  Über  diese  Dichterin 
8.  Rud.  163. 

♦♦)  Auch  in  den  Briefen  LVII,  LVUI,  LIX,  LXTI,  LXVI  spricht 
Henriette  Aber  das  wiederau%enommene  Verhältnis  ihres  Bruders 
und  besonders  über  Yeronica  Micle,  über  die  sie  überhaupt  sehr  un- 

19* 


—    292    — 

Dieselbe  leidenschaftliche  Liebe  scheint  damals  auch  die 
Dichterin  wieder  beseelt  za  haben.  —  Im  Jahre  1889,  am 
3.  Angnst  gr.  EaL,  einen  Monat  nach  dem  Tode  des  Dichters, 
starb  sie  von  Schmerz  und  Verzweiflung  gebeugt  im  Kloster 
Yfiratic  (Moldau).  So  tasiA  diese  yielbewegte  Dichterliebe  ein 
höchst  trauriges  Ende.  Ein  schwärmerisch-romantischer  Anfiangv 
ein  stQrmisch-romantischer  Verlauf,  ein  tn^ch-romantisches 
Ende  —  das  war  die  ebenso  interessante,  wie  unglüddiche 
Liebe  zweier  Dichterseelen,  'denen  die  rumänische  Literatur 
so  viele  entzuckende  Lieder  zu  verdanken  hat 

Eine  literar-historische  Bedeutung  muB  der  Liebe  Rs  und 
Mides  ohne  weiteres  zuerkannt  werden;  denn  Mide  ist  eine 
der  hervorragendsten  rmterldenen,  die  als  Schüler  des  Meisters 
genannt  werden*).  Ich  gebe  hier  eine  kurze  Zusammenstellung 
einiger  Gedichte  beider,  die,  obwohl  an  Gefühlen  und  Ideen- 
gehalt überraschend  verwandt,  trotzdem  das  Kennzeichen  ihres 
Verfassers  stark  an  sich  tragen: 


Eminescu 

Micle 

(Ed.  Sar.) 

Mortaa  est  XTUl 

Si  pulbere,  ^iitiiS  . . . 

S'a  dos  amoral  LXXIU 

Si  com  s'a  stins 

Adio  LXXV 

»                             B 

Dorinta(XXX) 

Aubade  . . .  (68) 

Noaptea  (XIX) 

Clnd  noaptea  e  adtncS  (70) 

Si  dacS  Tamxai  (LXX) 

Si  dac&-un  dor  (gleiche  Form 

und  Rhythmus). 

p^ünstig  urteilt  Allerdings  darf  nicht  yergessen  werden,  dafi  alle  dieee 
Briefe  im  Affekt  und  aoB  sehr  trauriger  Yeranlassong  geschrieben  worden 
sind,  daher  auch  ihre  starke  Snbjektivitftt 

*)  DarQber  urteilt  lorga  in  seinem  An&atz  sehr  treffiond:  „xmiear 
allen  yon  £.  beeinflußten  Dichtem  ist  Yeronica  Mide  di^enige,  die 
sich  am  meisten  von  gesnohter  Dunkelheit  und  Manieriertheit  Einge- 
halten und  ihre  oft  originellen  (bedanken  in  eine  ein&che  Form  ge- 
kleidet hat;  und  ihr  Band  Gedichte,  der  kaum  100  Seiten  s&hlt,  findet 
seinen  Platz  neben  dem  Besten,  was  unter  dem  Einflüsse  des  Meisten 
geschrieben  worden  ist." 


—    293    — 

TL  Emineseus  Tätigkeit  als  Bibliothekar  in  Jassj. 

Im  AagQst  1874  wurde  E.  von  dem  damaügen  Kultus- 
und  ünterrichtsminister  Maiorescu,  seinem  Qönner  und  Freunde, 
zum  Direktor  der  Centralbibliothek  in  Jassy  ernannt*)  Diese 
Stellung  war  dem  Dichter  höchst  willkommen;  sein  unersätt- 
licher Wissensdrang  fand  in  der  Bibliothek  reiche  Nahrung. 
Besonders  zogen  ihn  die  alte  Literatur  und  Geschichte  seines 
Volkes  an,  ein  Umstand,  der  f&r  seine  literarische  Tätigkeit 
wertvoll  wurde. 

Er  trat  sein  Amt  am  1.  September  1874  an,  (G.  T.  LXV 
Nr.  85)  und  bewies  bald,  wie  ernst  er  seine  Pflicht  auffaßte, 
wie  uns  das  erhaltene  Konzept  des  Berichtes  Nr.  31  vom 
21.  Juni  1875  zeigt,  worin  er  dem  Minister  „das  systema- 
tische Sammeln  der  alten  rumänischen  Literatur, 
sowohl  der  weltlichen  wie  der  kirchlichen  vor- 
schlägt'' 

Am  15.  Okt.  jenes  Jahres  schickt  E.  dem  Kultusminister 
ein  Verzeichnis  von  alten  Büchern  und  Manuskripten,  die  far 
die  Bibliothek  gekauft  werden  sollten.  (Bericht  Nr.  87  nach 
£irileanu.)  Das  Ministerium  genehmigt  die  Vorschläge  samt 
den  festgestellten  Preisen,  aber  E.  ist  so  eifrig,  daß  er  die 
Summe  von  585  Lei  verringert  und  dem  Verkäufer  nur  400  Lei 
zahlt  (Bericht  an  das  Ministerium  Nr.'l  vom  17.  Januar  1875), 
den  Rest  aber  für  neue  Bücherankäufe  bestinmit  (Bericht 
Nr.  14  vom  6.  März  1875).  In  diesem  letzten  Bericht  finden 
wir  auch  eine  allgemeine  Betrachtung  über  die  Bedeutung 
der  rumänischen  Literatur  im  16.,  17.  und  18.  Jahrhundert, 
der  folgendermaßen  lautet: 

„Die  rumänische  Literatur  des"  16.,  17.  und  18.  Jahr- 
hunderts ist  vertreten  durch  269  gedruckte  Werke,  zum 
größten  Teil  geistlichen  Inhaltes.    Das  erste  Viertel  unseres 


*)  In  C.  L.  XXm,  4  und  in  Div.  126  ißt  falsch  berichtet)  daß  er 
roent  zam  Revisor  (d.  h.  Schnlinspektor)  und  dann  erst  zum  Direktor 
der  Bibliothek  ernannt  worden  sei;  s.  Frdncu  (G.  T.  LXV,  Nr.  85). 


—    294    — 

Jahrhunderts  trägt  ebenfalls  den  Charakter  des  18.  Die 
geisÜidien  Bücher,  als  ein  allgemeines  Bedürfnis  des  Volkes, 
wiegen  Yor,  weltliche  Bücher  werden  nicht  gedmckt,  sondern 
nur  handschriftlich  verbreitet  Sogar  die  Condica  civilä  der 
Moldau  (aus  diesem  Jahrh.)  ist  nur  aus  Furcht  vor  Fälschungen 
gedruckt  worden,  wie  aus  der  Vorrede  hervorgeht 

Also  kann  im  allgemeinen  der  Grundsatz  angestellt 
werden,  daß  in  der  B«gel  nur  die  geistlichen  Bücher  gedruckt 
wurden,  während  die  Laienlektüre  in  den  vergangenen  Jahr- 
hunderten und  anfangs  des  jetzigen  —  zum  größten  Teil  — 
in  Handschriften  enthalten  war.  Es  wäre  di^er  wünschens- 
wert, daß,  soweit  es  die  beschränkten  Mittel  gestatten,  die 
der  Bibliothek  gewährt  worden  sind,  diese  Literatur  Jahr  für 
Jahr  gesammelt  werde,  aber  beständig  und  systematisch. 

Bezüglich  der  geistlichen  Bücher  bemerke  ich  noch,  daß 
das  Datum  der  Drucklegung  fast  niemals  das  ihrer  Entstehung 
ist  und  daß,  wenn  noch  eine  zweite  Auflage  vorhanden  ist, 
diese  weiter  nichts  als  der  Nachdruck  der  ersten  ist,  wie  alt 
diese  auch  immer  sein  mag.  Eine  besondere  S^ategorie  von 
Handschriften  bilden  diejenigen,  welche  auch  gedruckt  vor- 
handen sind,  deren  Entstehung  aber  viel  Mher  ist  als  ihre 
Drucklegung.  Diese  sind  zahlreich  in  der  rumänischen  Lite- 
ratur. Die  Bedeutung  dieser  Werke  kann  nicht  theoretisch 
und  von  vornherein  festgestellt  werden;  sie  zeigt  sich  erst  im 
Verlaufe  der  Zeit  und  schwankt  je  nach  den  Gesichtspunkten, 
die  bei  ihrer  Betrachtung  vorwalten.  Unleugbar  aber  ist  ihr 
stilistischer  und  lexikalischer  Wert:  Der  stilistische,  weil  sie 
nicht  unter  dem  Einflüsse  der  modernen  Sprachen,  wenigstens 
nicht  unter  dem  der  französischen,  geschrieben  sind,  und  weil 
darin  Redewendungen  vorkommen,  die  aus  der  heutigen  Sprache 
zu  schwinden  beginnen  und  durch  schablonenhafte  Phrasen 
ersetzt  werden;  der  lexikalische  infolge  der  zahlreichen  ur- 
sprünglichen Wörter,  welche  die  auf  eigene  Mittel  ange- 
wiesenen geistlichen  und  weltlichen  Schriftsteller  bei  ihren 
Versuchen  verwenden."  (G.  T.  LXV,  Nr.  85  und  Kirilean). 

Li  demselben  Bericht  teilt  der  Dichter  dem  Minister  die 


—    295    — 

Titel  einer  größeren  Anzahl  von  Büchern  und  Manuskripten 
mit,  damit  sie  for  die  Bibliothek  angeschafit  würden,  nämlich: 

Gedruckte  Bücher:  Apostol  (1743,  Buzeu);  Atirnare 
in  loc  de  scrisoare  asupra  tarafulul  okeli^or  pentru  firea  a 
toatä  lumea  (1773,  Buzeu);  s  au  talmScit  §i  s'au  adunat  de  In- 
teleptul  dasciQ  Petru  Stamatiadi,  —  ein  Werk  Yon  dem  der 
Dichter  erklärt,  es  sei  gegen  das  Werk  des  Pythagoraers 
OceUus  Lucanus  „XTeber  die  Natur  des  üniTersums**  gerichtet; 
Sinopsis  adicä  cuprinderea  In  scurt  acef  yecM  si  acet  nouä 
scripturi  (1783,  Btmnic);  Macarie  SntuL,  Omilie  adecS  cuvinte 
(1785Bucuresti);  Amfilochie  Invä^tura  geograficeascS(1795, 
la^;  Pilde  filosofices^  (1785,  Bucure^l);  loanDamaschin, 
Descoperire  cu  amäruntul  a  prayoslayniceT  credinte  (1806,  Ia|i); 
Eekrografion  adic&  patru  cfirtl  (1814,  Neam^);  Eugenie 
Bulgariul  Archepp.,  Indeletnidre  iubitoare  de  Dzeü  (1815 
bis  19,  last);  Efrem  Syrul,  Cuvintele  si  InTä^turile  M  (1818, 
Neam^u);  Florian,  Istoria  lut  Numa  Pompiliu  tradusS  de 
Beldiman(1820,  la^t);  Yasilie  cel  Mare  ji  Grigorie,CuYinte 
pntine  din  cele  multe  ale  lor  (1826,  Bucure^tif);  Nicodim 
monachul,  Carte  sfttuitoare  pentru  pfizirea  celor  cinci  sim- 
tirif  (1826,  la^i);  A  condicit  criminalicefti  cartea  I*  |i  a  II* 
(Jean  Sandul  Sturza  Y.  Y.)  (1826,  last);  Ilie  Miniat,  Didachii 
sau  cuvinte  de  Inyät&turS  (last  1837);  Ghronograf  sau  numä- 
rare  de  anl  (1837,  Neam^u);  Eyriakodromion  adicScuvinte 
morale  pentru  fiecare  Duminicä  a  anuluT  (1839,  Buzeu);  Pann 
Anton,  Fabule  |i  istorioare  (1847,  Bucuresti),  —  der  Dichter 
bemerkt  dazu,  daß  die  Schriften  Panns  selten  geworden  sind. 

Manuskripta:  Cärticicä  carele  una  clte  una  numSrlnd 
In  scurt  nouele  isYodiri  ale  Latinilor  le  y8de|te  cu  mustrare 
(1795);  Proorocia  fericitulut  Agathanghel  (1817);  Minunile 
mafcei  DonmuluT  (XYIII.  Jahrb.);  Un  roman  In  forma  de 
autobiografie,  ohne  Titel,  (1791);  Astrologie  (wichtig  für 
die  meteorologischen  Ausdrücke,  bemerkt  E.)  und  IntrebSri 
f  i  respunsuri  Intre  jidanl  |i  cregtini  asupra  legit  crestine|ti, 
Putna,  scris  de  nepotul  Egumenului  Pachomie,  förS  an,  — 
eine  fremde  Hand  hat  griechisch  1799  auf  den  Band  als  Datum 


—    296    — 

angegeben,  bemerkt  £.;  Priveliste  politiceasca,  in  care 
se  cupnnde  scumpS  s&tuire,  ce  se  cade  a  face  un  Domn  si 
de  ce  a  se  feri  (Anfang  XIX.  Jahrb.);  0  comedie  tn  Tersorl 
^radusä  din  fran^ozejte  (1813),  ohne  Titel.  — 

Während  seiner  Tätigkeit  als  Bibliothekar  hat  E.  auch 
einen  Bacherkatalog  yerfaßt.  Nach  einer  Dienstzeit  von  nur 
9  Monaten,  am  1.  Juli  1875,  wurde  er  zum  Schulinspektor 
für  die  Bezirke  Jassj  und  Yaslui  ernannt  (G.  D.  LXY  Nr.  85). 
An  seine  Stelle  trat  der  Bukowinaer  Dichter  D.  Petrino.  Und 
jetzt  geschah  etwas  ü^  unglaubliches,  eine  unerhörte  Un- 
gerechtigkeit, die  sein  Leben  Terbitterte.  Petrino  beschuldigte 
ihn,  daß  er  der  Bibliothek  mehrere  Bücher  entnonmien  hätte. 
Inzwischen  wurde  der  unglückliche  E.  auch  seines  Amtes  als 
Schulinspektor  enthoben  und  infolge  der  Anklage  Petrinos 
wurde  ein  Prozeß  gegen  ihn  eröffnet.'*')  Es  ist  das  eine  höchst 
traurige  Geschichte,  die  nicht  nur  Petrino  und  die  damalige 
Regierung,  sondern  im  Allgemeinen  das  öffentliche  Leben,  das 
damals  in  Rumänien  herrschte,  wenig  erfreulich  beleuchtet. 
E.  war  Töllig  unschuldig,  sodaß  sich  selbst  das  Ministerium 
gezwungen  sah  anzuerkennen,  daß  sich  das  Strafverfahren 
gegen  ihn  als  unberechtigt  erwiesen  hatte  (der  mininterielle 
Erlaß  Nr.  11472).  Aber  mehr  als  ein  Jahr  lang  mußte  der 
größte  Dichter  des  Landes  die  Schande  und  die  Last  des 
Strafverfahrens  über  sich  ergehen  lassen  und  yerschiedene 
Verfolgungen  schweigend  erdulden.  Am  16.  Juli  1876  an- 
geklagt, sprach  ihn  der  Gerichtshof  zu  Jassy  erst  am  17.  Dez. 
1877  frei  (G.  T.  LXV  Nr.  85). 

*)  Sehr  bedauerliche  Leidenschaften  seitens  der  Gegner  £.s  waren 
hier  im  Spiele.  Petr.  auf  der  einen  Seite,  wollte  ihn  aller  Wahrschein- 
lichkeit nach  nur  ärgern,  da  im  Jahre  1870  £.  eine  sehr  scharfe,  ob- 
wohl  gerechte  Kritik  gegen  eine  Broschüre  P.s  geschrieben  hatte  (DiT.76ffl). 
Auf  der  anderen  Seite  war  unserem  Dichter  die  neue,  liberale  Begienmi^, 
die  1876  ans  Ruder  kam,  feindlich,  indem  sie  ihn  als  einen  politischen 
Gegner  (Konservativen)  ansah  —  daher  auch  seine  Entlassung  aus  dem 
Schulinspektoramte  und  das  Strafverfahren  gegen  ihn,  wegen  der  An- 
klage Petr.  (Siehe  dazu  C.  L.  XXIII,  289 ff.,  XXXHI,  8;  Petr.  18;  G.  T. 
LXV  Nr.  85). 


—    297    — 

YIL  Eminescns  Tätigkeit  als  Schnlinspektor. 

Dieser  Lebensabschnitt  unseres  Dichters,  obwohl  wichtig, 
ist  noch  weniger  bekannt  und  erörtert  als  seine  Tätigkeit  als 
Bibliothekar.  Die  Tatsachen  und  Darlegungen,  die  ich  hier 
angebe,  beruhen  auf  Auszügen  aus  den  Aktenstücken  des 
SchuUnspektorats  zu  Jassy  von  1875  und  1876,  die  mir  Ton 
Herrn  Eirileanu  gutigst  zur  Verfugung  gestellt  wurden. 

Für  den  Beruf  eines  Schulinspektors  hatte  sich  E.  zwar 
nicht  Yorbereitet,  doch  war  seine  Persönlichkeit  viel  passender 
dazu,  als  man  im  ersten  Augenblicke  von  einem  Manne,  wie 
er,  zu  erwarten  meint.  Die  gründliche  Lebenserfahrung  und 
Menschenkenntnis,  die  er  sich  in  seinen  Wanderjahren  er- 
worben, seine  ernsten  und  TielseitigenUniversitätsstndien,  seine 
Tielum£Eu»ende  und  tiefe  moderne  Bildung  stellten  alle  solche 
wertyollen  Eigenschaften  des  Geistes  dar,  wie  sie  einem  Schul- 
Inspektor  von  großem  Nutzen  sein  mußten.  Ebenso  glücklich 
beschaffen  waren  auch  seine  ethischen  Eigenschaften:  Ein 
fester  sittlicher  Ernst,  eine  volle  Unabhängigkeit  des  Denkens 
und  Handelns,  ein  unermüdlicher  Tätigkeitsdrang  verbunden 
mit  einem  dem  allgemeinen  Wohl  ergebenen  Gemüt,  eine  den 
großen  Dichterseelen  charakteristische  Menschenliebe  und 
schließlich  seine  glühende  und  doch  besonnene  Volks-  und 
Vaterlandsliebe,  die  sich  am  meisten  in  der  großen  Teilnahme 
für  den  Bauernstand  betätigte. 

Trotz  der  bedauerlichen  politischen  Verhältnisse  des 
Landes,  die  seiner  Tätigkeit  als  Schulinspektor  unglücklicher- 
weise rasch  ein  Ende  machten,  ist  das  nur  auf  ein  Jahr  sich 
erstreckende  pädagogische  Wirken  E.s  verdienstvoll  und  an- 
ziehend wegen  des  Gehaltes  und  des  Ernstes  der  entMteten 
Arbeit  Das  ist  um  so  bemerkenswerter,  als  ihm  schwere 
Hindemisse  fiast  systematisch  von  Seiten  der  Verwaltung  in  den 
Weg  gelegt  wurden; 

Der  Dichter  trat  in  sein  neues  Amt,,  wie  schon  gesagt, 
am  1.  Juli  1875  ein  und  blieb  in  dieser  Stellung  nur  bis  zum 
1.  Juni  1876,  wo  er  ohne  irgend  einen  Grund  von  der  neuen 


—    298    — 

Regierung  abgesetzt  wurde  (G.  T.  LXV,  Nr.  85,  C.  L.  XXXTII,  8). 
Der  Wirkungskreis  dieses  neuen  Amtes  war  die  Inspizierang 
der  Volks-  und  Mädchenschulen  in  den  Bezirken  Jassy  und 
Yaslui  Die  Tätigkeit,  die  K  auf  diesem  Gebiete  entfiiltet 
hat,  ist  in  Terschiedener  Hinsicht  beachtenswert 

Mit  scharfem  Blick  durchdringt  er  das  damalige  ünter- 
richtswesen  seines  Landes  und  stellt  die  Krankheit,  an  der  es 
leidet,  nämlich  die  mechanische  Methode  fest  In  einem 
Bericht  an  den  Kultusminister  (Nr.  169/76),  wo  er  die  Er- 
gebnisse seiner  Untersuchung  der  Elementarmädchenschnle 
Nr.  I  in  Roman  mitteilt,  sagt  er:  „ . . .  der  mechanische  Unter- 
richt ist  allgemein  in  imseren  Schulen,  denn  der  Mangel  an 
pädi^ogischen  Kenntnissen  ist  gleichfalls  allgemein.''  Gegen- 
über dieser  toten  Methode  empfiehlt  er  mit  viel  Yersitändiiis 
und  mit  warmen  Worten  immer  und  immer  die  Prinzipien 
der  Anschauungsmethode.  Treffende  Kritik  des  herr- 
schenden mechanischen  Unterrichts,  klare  Auseinandersetzungen 
hinsichtlich  der  Übel  der  Schulen  liegen  seinen  Bemerkungen 
zu  gründe: 

„Aus  den  Yortr^en  der  Landschullehrer  habe  ich  den 
größten  Mangel  sowohl  an  Methode  als  an  Kennt- 
nissen erkennen  können.  Ihre  Kenntnisse  bestehen  im  all- 
gemeinen aus  leeren  Worten,  deren  Inhalt  sie  nicht  yerstehen. 
Gewiß  sind  in  dieser  Beziehung  nicht  so  wohl  sie  selbst  schuld 
als  das  öffentliche  Unterrichtssystem,  aus  dem  sie  herror- 
gegangen  sind.  Bei  Tielen  von  ihnen  habe  ich  zur  Genüge 
das  Bestreben,  methodisch  zu  sein,  beobachtet,  bei  einigen 
habe  ich  den  seltenen  Vorzug  bemerkt,  den  die  Natur 
den  geborenen  Lehrern  verleiht,  eine  natürliche 
Methode,  die  bis  zu  einem  gewissen  Punkte  die  pädago- 
gischen Kenntnisse  zu  ersetzen  vermag;  wieder  bei  anderen 
habe  ich  ein  reicheres  Maß  praktischer  Kenntnisse  wahr- 
genonmien,  aber  im  Ganzen  kann  ich  nicht  sagen,  daß  all 
dies  genügend  sei.  Der  vollständige  Mangel  an  päda- 
gogischen Hilfsmitteln,  das  Fehlen  einer  Lehrerzeitschrift 
in  Rumänien  macht  sich  auf  Schritt  und  Tritt  fühlbar.    Die 


—    299    — 

meisten  wissen  nur  so  viel,  als  sie  in  der  Schule  gelernt  haben 
trnd  weiter  nichts.  Die  wenigen  Lehrbficher,  die  es  bei  uns 
gibt,  sind  far  die  höheren  Schulen!  Sie  setzen  zu  einem 
großen  Teile  Erklärungen  seitens  der  Lehrer  voraus,  ihre 
Ausdrucke  und  ihre  wissenschaftliche  Anlage  machen  das 
Lesen  dieser  Bücher  für  die  Landschullehrer  nutzlos.  Sie 
haben  nichts,  was  sie  lesen  könnten,  selbst  wenn  sie  wollten. 
Ihre  Begriffe  aus  dem  Bereich  der  Naturwissenschaften 
z.B.  sind  beinahe  gleich  NuU,  obwohl  gerade  diese  Wissen- 
schaften das  wirksamste  Mittel  des  anschaulichen 
Unterrichts  und  die  wahre  Quelle  praktischer  und 
positiver  Kenntnisse  sind.  Obwohl  der  Plan  unserer 
Landschulen  mit  diesen  Wissenschaften  überlastet  ist  (sogar 
mit  Verwaltnngsrecht),  so  gibt  es  dennoch  bis  heute  kein 
einziges  Mittel  die  Lehrer  zum  Vortragen  solcher  Kenntnisse 
geeignet  zu  machen,  weder  Fach  werke  noch  eine  periodische 
Zeitschrift,  wenn  schon  die  handschriftlichen  Hefte  aus  dem 
Lehrerseminar,  die  nach  dem  Diktat  von  oftmals  mittelmäßigen 
Professoren  geschrieben  sind  —  mir  nicht  genügend  erscheinen.'' 
(Zuschrift  Nr.  202  an  das  Ministerium  die  jährlichen  Kon- 
ferenzen der  Lehrer  von  Jassy  betreffend.  Aus  den  Akten 
des  Schulinspektorats  für  das  Jahr  1875.) 

Solche  Beweise  einer  ausgezeichneten  pädagogischen  Elritik 
bieten  uns  mehrere  der  Aktenstücke,  die  E.  ab  Schulinspektor 
an  das  Kultusministerium  gerichtet  hat. 

Der  Muttersprache  und  der  Geschichte  widmet  er 
besondere  Aufinerksamkeii  Bei  der  ersten  findet  er  (Bericht 
168/75  an  das  Ministerium),  daß  sie  „in  gänzlich  abstrakter 
und  toter  Weise  Yorgetragen  wird,  sowohl  in  den  Elementar- 
schulen wie  im  Oymnasium".  Über  die  Geschichte  spricht  er 
in  dem  erwähnten  Bericht  169/76,  indem  er  das  Prinzip 
derVeranschaulichung  der  yergangenen  Zeiten  betont 

Selbst  die  Aussprache  und  die  Orthographie  beschäftigen 
ihn;  er  betont  den  Zusammenhang  zwischen  einer  richtigen 
Aussprache  und  einer  richtigen  Schreibweise  (Bericht  220/76 
an  das  Ministerium).    In  diesem  Bericht,  wo  er  die  Ergebnisse 


—    300    — 

einer  Berichtigung  der  Mädchenschule  zu  Vaslui  mitteilt^  be- 
kämpft er  mit  Recht  das  Erlernen  der  vielen  orthographischen 
Systeme  im  Rumänischen,  deren  Kenntnis  „den  guten  Ge- 
schmack gefährdet'^.  Die  Hauptsache  ist  nach  seiner  wohl- 
begrOndeten  Meinung  „eine  korrekte  Aussprache  und  eine, 
wenn  auch  radikal-phonetische  Schreibweise  der  Wörter  und 
Formen". 

Sein  strenges  Pfiichl^ef&hl  im  Amte  beweist  uns  die  un- 
ermüdliche, yielumfassende  und  doch  tiefgehende  Tätigkeit, 
die  er  in  den  11  Monaten  seines  Schulinspektorats  ent£BJtet 
hat.  Eine  solche  Tätigkeit  war  nicht  eben  leicht  unter  den 
Verhältnissen,  in  denen  der  Dichter  zu  wirken  hatte.  Nicht 
weniger  als  152  Privat-  und  öffentliche  Schulen  standen  unter 
seiner  Au&icht;  eine  Besichtigung  derselben  war  aber  um  so 
schwieriger,  als  rie  auf  einem  Raum  von  einigen  100  Quadrat- 
kilometern zerstreut  lagen  und  die  Wege  in  dem  waldigen 
Berglande  in  überaus  schlechtem  Zustande  waren.  (Adresse 
Nr.  225/76  an  den  Minister.)  Dazu  kamen  noch  die  Yer- 
waltungsgeschäfbe  des  Amtes;  etwa  5 — 600  Aktenstücke  pro 
Jahr  waren  zu  erledigen  und  daneben  gab  es  viele  Unannehm- 
lichkeiten mit  den  Behörden  (Ebenda;  der  Dichter  drückt  sich 
diesbezüglich  folgendermaßen  aus:  „Eine  Menge  persönlicher 
Widerwärtigkeiten,  die  durch  den  Mangel  an  Respekt  vor 
den  Schulzen  und  Unterpräfekten  noch  vermehrt  werden''). 
Trotz  all  dieser  widrigen  Umstände  blieb  der  Dichter  semem 
Pflichtgefühl  treu;  selbst  seine  politischen  Gegner  und  Ver- 
folger, die  ihn  aus  dem  Amte  entfernten,  konnten  ihm  nicht 
einmal  den  kleinsten  begründeten  Vorwurf  in  Bezug  auf  seine 
offizielle  Tätigkeit  nachweisen.  In  der  Adresse  256/76  an  den 
Minister,  spricht  er  selbst  über  seine  amtliche  Tätigkeit  und 
bezweifelt,  „daß  es  im  Lande  noch  viele  Schulinspektoren 
gäbe,  die  soviele  Schulen  wie  er  besichtigt  hätten." 

Ein  derartiger  energischer  Ton,  den  er  selbst  dem  Minister 
gegenüber  anschlug,  bietet  uns  auch  die  Möglichkeit»  die  volle 
Selbständigkeit  des  Denkens  und  des  Handelns  E.s  als  Schul- 
inspektor kennen  zu  lernen.    Außer  seiner  Pflicht  konnte  ihm 


—    301    — 

niemand  befehlen,  vie  er  im  Amte  zu  yerfahren  habe.  Be- 
sonders wichtig  ist  in  dieser  Beziehung  sein  Verhalten  gegen 
die  Verwaltungsbehörden,  die  sich  sehr  oft  in  Schnlangelegen- 
heiten  nnd  dergl.  einmischten,  unberechtigte  Maßregeln  trafen 
oder  solche  dem  Schulinspektor  Torschlugen,  die  Lehrer  rechts- 
widrig verfolgten  oder  mit  ihnen  als  Mitschuldige  die  Inter- 
essen der  Schule  schädigten.  Die  Adressen  Nr.  189  (an  den 
Prifekten  Ton  Jassj),  Nr.  212,  Beilage  D  (an  das  Ministerium), 
Nr.  258  (an  denPräfektenvonVaslui),  Nr.  263  (an  einen  Lehrer, 
über  ein  Zeugnis  des  Ortsvorstandes),  Nr.  271  (an  den  Prafekten 
Ton  Jassy),  Nr.  298  und  299  (an  den  Prafekten  von  Jassy) 
Nr.  325  (an  den  Prafekten  von  Vaslui),  alle  aus  dem  Jahre  1875, 
enthalten  eine  schonungslose  Kritik  E.s  über  yerschiedene 
Mißstande,  die  Ton  den  Verwaltongsbehorden  im  Bereiche 
der  Schule  hervorgerufen  waren. 

Trotz  seiner  überaus  eifrigen  und  verdienstvollen  Tätig- 
keit» dankte  man  E.  damit,  daß  man  ihn  am  1.  Juni  1876 
seines  Amtes  enthob  und  seines  Lebensunterhaltes  beraubte. 
Von  diesem  Zeitpunkte  an  folgt  für  den  Dichter  eine  Reihe 
von  Jahren  voll  Leiden  und  schwerer  Kämpfe  ums  Dasein. 

ynL  Eminescus  Tätigkeit  als  Journalist  (1876—1883). 

Arm  wie  er  war  —  seine  Familie  lebte  jetzt  in  ziendich 
dürftigen  Verhaltnissen  —  und  ohne  irgend  eine  produktive 
Beschäftigung,  geriet  der  Dichter  nach  seiner  Entlassung  aus 
dem  Amte  in  die  bitterste  Not  Er  konnte  sich  jetzt  nicht 
einmal  eine  Wohnung  und  das  tagliche  Brot  verschaffen;  sehr 
oft  mußte  er  von  seinen  Freunden  beherberg^  werden  (Nov.  158). 

Erst  mit  vieler  Mühe  gelang  es  seinen  Freunden  in  der 
„Junimea^  ihm  eine  mehr  als  bescheidene  Stellung  zu  ver- 
schaffen. Er  wurde  als  Redakteur,  Verwalter  xmd  sogar 
Korrektor  an  dem  offiziellen  Blatte  des  Appellationshofes  in 
Jassy,  „Curierul  de  la^i",  angestellt,  eine  sehr  armselige 
StelluBg,  die  ihm,  obwohl  die  Arbeit  dreifach  war,  doch  nur 
100  Lei  monatlich  eintrug.    Erst  nach  einer  längeren  Zeit 


—    302    — 

wurden  ihm  150  Lei  zugesichert  (Nov.  158).  Über  em  Jahr 
leitete  der  Dichter  dieses  Blatt,  in  dem.  er  eine  Menge  lite- 
rarischer, ästhetischer  und  kultur-geschichtlicher  Au&äize,  wie 
auch  einige  Novellen  („La  aniversare",  Nov.  86£  und 
„Cesara^,  Nov.  94ff.)  und  Theaterkritiken,  Studien  über 
politische  Ökonomie,  polemische  Aufsätze  und  dei^L  mehr 
veröffentiicht  hat  (Nov.  159). 

Ende  1877  trat  in  der  Lage  des  Dichters  eine  Verbesser 
rung  ein.  Er  wurde  als  leitender  Redakteur  der  Zeitang 
„  Timpul '^i  des  offiziellen  Blattes  der  konservativen  Partei, 
nach  Bukarest  berufen  (Nov.  159).*  Damit  beginnt  die  eigent- 
liche Tätigkeit  E.s  als  politischer  Schriftsteller.  Die  Bedeutung 
dieser  Tätigkeit  ist  von  vielen  unterschätzt  worden,  indem 
man  behauptete,  der  Dichter  habe  sich  nur  durch  Not  ge- 
zwungen der  Politik  gewidmet,  wo  er  gegen  seine  eigenÜichen 
Neigungen  zu  denken  und  zu  schreiben  verpflichtet  gewesen 
sei  Nun  ist  es  ja  wahr,  daß  der  journalistische  Beruf  —  be- 
sonders in  Rumänien  —  ein  höchst  undankbarer  und  mit  der 
beschaulichen,  idealgesinnten  Natur  eines  Dichters  schwer 
vereinbar  isi  Es  darf  aber  nicht  vei^essen  werden,  daß  £. 
nicht  nur  ein  Dichter,  sondern  auch  ein  Denker  mit  sehr 
regem  Literesse  far  das  öffentliche  Leben  seines  Volkes  war. 
Beweise  dafür  bietet  uns  sowohl  sein  Wirken  als  Schul- 
inspektor  wie  auch  seine  kultur-politischen  Aufsätze  in  ^C* 
d.  J."  Daneben  war  er  bekanntlich  Mitglied  der  „Junimea\ 
die  sich  auch  mit  politischen  Fragen  beschäftigte,  und  in 
deren  Reihen  sich  hervorragende  Führer  der  konservativen 
Partei,  wie  P.  P.  Carp  und  Maiorescu  befanden.  Schließlich 
war  es  selbst  der  persönliche  Wunsch  des  Dichters,  an  der 
politischen,  sozialen  und  kulturellen  Entwicklung  des  Landes 
Anteil  zu  nehmen. 

Durch  sein  Temperament,  durch  seine  Abstammung,  die 
ihn  dem  Bauernstände  nahe  brachte,  durch  sein  ganzes  in- 

•)  N.  P.  Petrescu  (An.  III,  16)  berichtet  irrtümlich,  er  sä  dem 
Dichter  im  Jahre  1874  (!)  in  der  Redaktion  des  Timpul  begegnet  Damals 
war  E.  Bibliothekar  in  Jasey. 


—    303    — 

tellektuelles  Wesen  neigte  er  wie  seine  ganze  Familie  (B.  p. 
t  VI)  zu  den  Ansichten  der  konseryativen  Partei  in  Rumänien, 
die  in  ihren  Bestrebungen  allerdings  weit  entfernt  ist  etwa 
Ton  der  konservativen  Partei  in  Deutschland.  Dazu  kam  noch 
sein  romantisches  Gefühlsleben,  seine  Begeisterung  für  die 
Veigangenheit,  die  ihn  gleichfalls  zu  konservativen  Anschau- 
ungen in  der  Politik  drängten.  Infolge  dieser  Umstände  kann 
man  die  politische  Tätigkeit  Ejs  in  der  konservativen  Partei 
nicht  mehr  als  eine  seiner  Natur  zuwiderlaufende  und  an 
sich  unnatürliche  und  geringfügige  betrachten.  Im  Gegenteil, 
sie  war  —  vrie  ich  noch  beweisen  werde  —  eine  bedeutende, 
ffir  sein  Land  und  für  sein  Volk  heilbringende. 

Was  sein  Wirken  als  politischer  Schriftsteller  betrifft,  so 
darf  man  E.  keineswegs  als  einen  so  zu  sagen  streitenden  all- 
täglichen Politiker  nehmen.  Erstand  über  dem  Tun  und  Treiben 
der  politischen  Parteien.  Er  be&nd  sich  in  der  erhabenen 
Sphäre  des  theoretischen»  politischen  Denkens:  nicht  das  Heute 
und  Morgen  der  Partei,  sondern  die  ferne  Zukunft  des  Landes 
und  des  Volkes  beschäftigte  ihn.  Als  leitender  Redakteur 
des  ,,Timpul"  hat  er  eigentlich  in  erster  Linie  seinen  poli- 
tischen Anschauungen  und  nicht  denen  der  stets  wechselnden 
Führer  der  Partei  Ausdruck  gegeben.  Ja  er  war  einer  der 
ersten  und  der  verdienstvollsten  Männer,  die  der  konservativen 
Partei  in  Rumänien  (die  sich  formell  erst  im  Jahre  1880 
organisiert  hat,  C.  L.  XXXII,  963),  das  Programm  bestimmt 
und  erklärt  haben  (Gr.  P.  C.  d.  a.  11).  Obwohl  nur  ein  Jour- 
nalist von  Stellung  und  Berui^  war  er  doch  so  unabhängig  in 
seinem  politischen  Verfahren,  daß  ihn  Niemand  zwingen  konnte, 
eioe  Idee  zu  vertreten,  die  er  nicht  billigte.  Wenn  jemand 
aus  der  Partei  ihm  darüber  irgend  eine  Bemerkung  machte, 
so  pflegte  er  mit  Stolz  zu  antworten:  „Ein  anderer  will  mich 
wohl  belehren,  wie  ich  die  Interessen  meines  Volkes  aufrecht 
erhalten  soll? ^  (Ebenda).  Ja,  die  Interessen  seines  Volkes 
waren  ihm  das  Ausschlaggebende  in  der  Politik,  wie  überall 
in  seiner  Tätigkeit,  die  nationale  Gesinnung  bildet  die  Grund- 
lage  seiner    konservativen  Anschauungen.     Sein  politisches 


—    304    — 

Wirken  beruhte  —  wie  Maiorescu,  der  auch  in  der  rumä- 
nischen Politik  eine  hervorragende  Bolle  spielt»  sehr  treffend 
bemerkt  —  auf  „der  Synthese  einer  geschichtlichen  und  natio- 
nalen Richtung''  (Ed  M.  XII). 

Wenn  aber  die  Tätigkeit  £.8  auf  dem  Gebiete  der  Politik 
f&r  seine  Persönlichkeit  keine  ungünstige  war,  ja  sogar  sich 
mit  dieser  gewissermaßen  im  Einklang  befeuid,  so  kann  num 
dasselbe  nicht  auch  Ton  seiner  jouxnalistischen  Betätigung 
behaupten.  Diese  ist  nämlich  schon  an  sich  toU  tou  Auf- 
regungen, Anstrengungen,  taglichen  Unzufriedenheiten,  die 
sich  keineswegs  mit  jener  Buhe  des  Gemüts,  mit  jener  e^ 
habenen  Stille  des  Denkens,  die  einem  EünsÜer  unbedingt 
nötig  sind,  vereinbaren  lassen.  Noch  ungünstiger  für  den 
Dichter  war  der  umstand,  daß  er  eben  in  einer  größtenteils 
ungezahmten,  heftigen,  in  ihren  Leidenschaften  &sb  schranken- 
losen Presse,  wie  der  rumänischen  seine  Kräfte  zu  entfalten 
hatte.  Dazu  kam  noch  —  und  das  war  vielleicht  das  giöBte 
Übel  —  die  höchst  mühevolle,  ungeheuere  und  ununterbrochene 
Arbeit,  die  K  als  Leiter  des  Journals  „Timpul"  verrichten 
mußte.  Was  uns  darüber  berichtet  wird,  kHngt  manchmal 
beinahe  unglaublich.  Die  ganze  Last  des  Redigierens  -^  und 
der  „Timpul"  war  das  Hauptoi^^  einer  Partei  und  eines  der 
größten  Journale  des  Landes  —  ruhte  taat  allein  auf  dem 
Dichter.  Sehr  oft  geschah  es,  daß  er  allein  nicht  nur  alle 
Sorgen  der  Redaktion  trug,  sondern  selbst  noch  in  der  Druckerei 
das  Material  anordnete  und  die  Korrekturen  las  (Vlah.,  Farn. 
XXXVU,  69).  „Gewissenhaft  und  über  alle  Maßen  arbeitsam'' 
—  wie  ihn  Vlah.  und  alle  die  ihn  kennen  gelernt  hatten, 
schildern  —  verbrachte  er  ganze  Nächte  mit  dem  Schreiben 
für  die  Zeitung.  Oft  geschah  es,  daß  er  infolge  der  massen- 
haften Arbeit  selbst  das  Essen  vergaß,  und  den  ganzen  Tag 
hindurch  ununterbrochen  in  der  Redaktion  arbeitete  (Ebenda). 
Unter  diesen  trüben  Verhältnissen  ist  es  kein  Wunder, 
daß  im  Jahre  1882  der  Dichter  einem  Freunde  zu  Jasay 
so  verzweiflungsvolle  Zeilen,  wie  die  folgenden,  schreiben 
konnte: 


—    305    — 

„ .  .  .  Seit  sechs  Jahren  fast  tae  ich  eine  yei^ebliche 
Arbeit»  seit  sechs  Jahren  schlage  ich  mich  wie  in  einem 
cixcalus  Titiosos  in  diesem  Kreise  hemm,  der  trotzdem  der 
einzig  wahre  ist,  seit  sechs  Jahren  habe  ich  keine  Bnhe,  habe 
ich  nicht  die  heitere  Muße,  deren  ich  so  sehr  bedlKrfte,  nm 
auch  etwas  anderes  als  Politik  treiben  zn  können.  Quelle  yie, 
mon  Dien,  quelle  vie! 

„Könnte  ich  auf  drei  Tage  nach  Jassy  gehen,  wie  gern 
wUrde  ich  kommen.  Aber  mehr  als  drei  Tage  hätte  ich  nicht, 
da  ich  keine  Ferien  habe,  sondern  schwer  schleppen  muB  wie 
die  Maultiere,  bergauf  bergab.<<  (YlaL,  CL  d.  L  193).  Dieselbe 
finstere  Stimmung  bemerkte  YliJi.  bei  dem  Dichter  ein  paar 
Monate  Tor  der  Wahnsinnskatastrophe  (Fam.  XXXVII,  69). 

Die  materiellen  Verhaltiiisse,  in  denen  E.  sich  befand, 
waren  wie  gewöhnlich  sehr  beschrankt  (G.  L.  XXTTT,  289£). 
y^lBit  lebte  in^Armut»  wie  bst  alle  unsere  Journalisten"  — 
sagt  treffend  Teofil  Frlncu  (G.  T.  LXV,  Nr.  85),  ein  Freund 
d«8  Dichters  und  Kollege  im  Zeitungsberu£  Er  besaß  zwar 
soviel,  als  er  von  heute  bis  morgen  bedurfte,  aber  keinen 
Heller  mehr.  Diese  Lage,  die  an  sich  noch  ertraglich  sein 
w^ide,  Terschlimmerte  sich  im  höchsten  Ghrade  durch  die  schon 
mehrmals  erwähnte  Neigung  des  Dichters  zu  einer  nachlassigen, 
luiregehnaßigen  und  ausschweifenden  Lebensführung.  Er  war 
ein  Sonderling  in  seinen  Gewohnheiten  und  bewohnte  meistens 
Ueine,  dunkle  Zimmer  (Petr.  20,  Fam.  XXXY,  311),  wo  die 
größte  Unordnung  zu  herrschen  pflegte  (Jgh.  3,  Fam.  XXXV^ 
311).  Manchmal  yergingen  mehrere  Tage,  ohne  daß  er  zu 
Hause  war.  Ebenso  unregehnaßig  war  seine  Nahrungsweise 
(s.  darüber  Ed.  M.  XIII).  Dazu  gesellte  sich  noch  die  manchen 
Ki&nsUem  charakteristische  leichtsinnige  Lebensweise.  „Immer 
Terliebt  tmd  immer  geldbedürftig''^  wußte  er  das  Geld  nie  zu 
schitzen,  und  f&r  Augenblicksvergnngen  yerschwendete  er 
sorglos  alles,  was  er  besaß*"  (L  L.  C.  28)« 

Trotzdem  —  und  das  ist  ein  bewundernswertes  Moment — 
wurde  der  Dichter  niemals  seiner  Muse  untreu.    Den  Jahren 

Weiga&d,  10.  JabrMberioht.  20 


—    306    — 

1879 — 83  gehören  nicht  nur  die  meisten,  sondern  auch  die 
glänzendsten  seiner  Gedichte  an.  Hierher  zShlen  in  erster 
Linie  seine  klassischen  „ Briefe  **  oder  Satiren  und  ^der 
Abendstern **,  die  Perle  der  rumänischen  Eunstdichtong. 
In  diesem  Zeitabschnitt  hat  das  literarische  Wirken  des 
Dichters  die  höchste  Entwickelung  erreicht  Die  Eunstform 
seines  Scha£Fens  erhielt  jene  unvergleichliche  Vollendung,  die 
E.  eine  epochemachende  Bedeutung  in  der  rumäniscbeii 
Dichtung  zusichert  Er  wird  in  dieser  Zeit  immer  mehr  be- 
kannt und  sein  Ruhm  wächst  zusehends.  Infolge  einer  der 
Satiren  wurde  der  Dichter  sogar  Ton  der  Eönigin  eingeladen. 
Der  äußerst  bescheidene  Dichter  wollte  aber  um  jeden  Preis 
dieser  Einladung  entgehen.  Und  als  ihm  das  nicht  gelangt 
war  er  lange  Zeit  auf  Maiorescu,  der  ihn  zur  Eönigin  geführt 
hatte,  ärgerlich,  da  er  ihn  —  wie  der  Dichter  sich  ausdr&ckte 
—  „zum  Schauspiel  yorgestellt  hatte^  (Petr.  22). 

Als  in  Jassy  am  5.  Juni  1883  die  Enthüllung  des  Denk- 
mals Stephans  des  Großen  stattfinden  sollte  und  er  seine  fir 
diese  Feierlichkeit  gedichtete  „Doina"  (Sar.  LVII),  ein  in  seiner 
Art  unerreichtes  rumänisches  Nationallied,  am  Vorabende  im 
Ereise  der  „Junimea^  Torlas,  wurden  alle  Mitglieder  von 
einer  so  übermächtigen  Begeisterung  hingerissen,  daß  sie  sich 
auf  den  Dichter  stürzten  und  ihn  umarmten.  Am  Tage  der 
Feierlichkeit  aber  war  der  Dichter  nirgends  zu  finden.  Er 
hatte  sidi  in  einem  einsamen  Wirtshause  versteckt,  wo  er  von 
Niemanden  erkannt  wurde  (Petr.  22).  Das  ist  —  meint 
Petrascu  —  Tielleicht  das  erste  Symptom  des  Wahnsinns  ge- 
wesen, der  das  Denken  des  Dichters  in  kurzer  Zeit  so  schreck- 
lich zerstören  und  rerwüsten  sollte. 

Bevor  ich  dieses  Eapitel  beende,  würde  noch  etwas  über 
die  Charakteristik  der  politischen  Tätigkeit  E.s,  über  die 
Ideale,  mit  denen  er  dieses  Gebiet  betrat,  und  die  großen 
Enttäuschungen,  die  er  erleben  mußte,  zu  erwähnen  sein. 
Das  Treffendste  aber,  was  darüber  gesagt  werden  kann,  hat 
er  selbst  geschrieben;  in  seinem  oben  erwähnten  Briefe  von 
1882  steht  nämlich: 


—    307    — 

,, . . .  Ich  bleibe  dabei  der  Getaascbte;  denn  ich  habe 
ans  Überzeugnng  gearbeitet  und  in  der  Hoffnung  auf 
eineFesiignng  meiner  Anschauungen  und  einebessere 
Zukunft  Aber  es  geht  nicht  In  den  8  Jahren,  seitdem 
ich  nach  Rumänien  zurückgekehrt  bin,  ist  Enttäuschung 
auf  Enttäuschung  gefolgt  und  ich  fahle  mich  so  alt,  so 
müde,  daß  ich  vergebens  die  Feder  ergreife  und  versuche, 
etwas  zu  schreiben.  Ich  Ahle  es,  ich  kann  nicht  weiter,  ich 
fühle,  daß  ich  moralisch  erschöpft  bin  und  einer  langen,  langen 
Buhfr  bedürfte,  um  mich  zu  erholen.  Und  trotzdem  kann  ich, 
wie  die  gewohnlichen  Fabrikarbeiter  eine  solche  Buhe  nirgends 
imd  bei  Niemanden  finden.  Ich  bin  wie  erdrückt,  ich  finde 
mich  nicht  wieder  und  kenne  mich  nicht  wieder . .  .ich  erwarte 
die  Hayas- Telegramme  um  wieder  zu  schreiben,  um  hand- 
werksmäßig zu  schreiben;  schriebe  man  mir  doch  meinen 
Kamen  auf  das  Grab,  oder  wäre  ich  nie  geboren.^ 

Welch  erschütterndes  Bekenntnis  eines  begeistertenDichter- 
kampfeiB,  der  so  zielbewußt  die  Arbeit  für  das  Wohl  seines 
Yolkes  begönnen,  sie  aber  so  enttäuscht  und  todestraurig  hat 
abbrechen  müssen. 


DL  Eminescns  Wahnsinn  und  Krankheit  (18S3— 1S87). 

E.  selbst  scheint  sein  Geschick  vorausgesehen  zu  haben, 
wenn  er  sagt: 

„Nur  aus  morschen  Menschenresten,  hallt  ein  Lebenswunsch 

noch  bange. 

Wie  das  Begenmaß  aus  Quellen,  die  versiegt  sind  lange,  lange. 

Und  zuweilen,  —  nur  sehr  selten,  tönt's  wie  leises  fernes 

Singen,  — 

Wie  ein  Lied  aus  alten  Zeiten,  das  ich  nur  im  Traum  hör' 

klingen; 

Doch  der  Best  ist  nur  Getöse,  wüstes  Kreischen  ohne  Ende, 

Das  wie  rastlos  drängt  und  dröhnet  aus  geborst'nem  Instru- 
mente* 

20* 


—    308    — 

Weh!  Die  Glut  im  Hirn  verlöschet;  nur  der  Wind  so  eisig 

kalt 
Heult  mir  dnrch  den  hohlen  Kopf  noch  jenes  Ided  so  ewig  alt 


Kommt,  o  kommt  ihr  Lebensbilder,  daß  mein  Ang'  euch  wieder 

bUckt! 
Ah!  Das  Werkzeug  liegt  zerbrochen  und  der  Meister  ist  yer- 

rückt** 

(örig.  78.) 

AUmahlich  stellte  sich  bei  ihm  Trübsinn  und  Nieder- 
geschlagenheit .  in  immer  stärkerem  Ghrade  ein  (s.  Vlah.,  Farn. 
XXXVII,  69).  Die  Menschen,  selbst  seine  literarischen  Freimde, 
mied  er  sorgfaltig;  nur  zwei  oder  drei  seiner  intimsten  Be- 
kannten konnten  noch  mit  ihm  verkehren.  Einer  von  ihnen, 
der  unbekannt  zu  bleiben  wünscht,  hat  mir  interessante  Mit^ 
teilungen  über  die  letzten  Momente  vor  dem  Wahnsion  des 
Dichters  gemacht  Er  sagt»  er  habe  mit  eigenen  Augen  „den 
riesigen  Kampf  seiner  Natur**  gegen  die  Katastrophe,  und 
die  „sonderbaren  Anschlage,  mit  denen  er  den  Untergang 
seines  glänzenden  Denkens  vor  der  Welt  zu  verheimlidken 
suchte**  gesehen. 

Am  Anfang  Juli  1883  fühlte  der  Dichter  einige  Unregel- 
mäßigkeiten in  seinem  kraftigen  Körper;  es  folgte  eine  Reihe 
schlafloser  Nächte,  was  ihn  beunruhigte  und  ermüdete.  Am 
8.  Juli,  nur  ein  paar  Monate  nach  der  Veröffentlichung  seines 
genialen  Gedichtes  „Der  Abendstem**  (Rom.  Jun^  April  1883)t 
brach  der  Wahnsinn  mit  elementarer  Macht  aus.  Früh  am 
Morgen  bewafinete  sich  E.  mit  einem  Revolver  und  ging 
baden.  Unten  vor  dem  Hause  traf  er  einen  seiner  besten 
Freunde  Rtvneanu,  und  feuerte  auf  ihn.  Die  Katastrophe,  die 
schreckliche,  war  da.  Er  mußte  in  dem  Bukarester  Hospiz 
Caritatea  interniert  werden.  Hier  blieb  er  über  zwei  Monate 
in  einem  stillen,  von  klaren  Momenten  nur  selten  unterbrochenen 
Wahnsinn,   in   dem  literarische,   politische,  wissenschaftliche 


—    309    — 

Beminiszenzen  ohne  jeden  Zusammenhang  seinen  Kopf  doroh- 
krenzten  (Petr.  23).  In  dem  dritten  Monate  machten  sich 
einige  die  Hoffiiung  auf  Genesung  erregende  Symptome  be- 
merkbar. Infolge  der  InitiatiTe  Maiorescus  schickten  die 
Freunde  den  Dichter  nach  Wien,  in  die  Döblinger  Anstalt 
(C.  L.  XXTTT,  289fiE:;  Div.  127),  wo  der  K  seelisch  yerwandte 
Lenau  sein  unglückliches  Leben  beendet  hat  Die  Pflege,  die 
ihm  in  Döbling  zu  teil  wurde,  wirkte  wohltuend  auf  seinen 
C^esundheitszustand;  eine  dauernde  und  gründliche  Genesung 
erlangte  er  aber  nicht  In  dieser  Zeit  yeroffentlichte  Maiorescu 
den  ersten  Band  Gedichte  E.s;  als  ihm  der  Band  übergeben 
wurde,  sah  er  ihn  eine  kurze  Weile  an,  um  ihn  dann  gleich 
bei  Seite  zu  legen,  und  sagte  kein  Wort  (Petr.  24).  In  der 
Hoffiiung,  die  Genesung  zu  beschleunigen,  wurde  dem  Dichter 
eine  Reise  durch  Italien  ermöglicht  Aber  wie  traurig  war 
diese  Reise.  In  dem  wunderschönen  Lande,  dort  wo  Goethe 
und  so  viele  andere  Eünstlerseelen  den  glücklichsten  Teil  ihres 
Lebens  zugebracht  und  unvergeßliche  Eindrücke  für  ihr 
künftiges  Schaffen  mitgenommen  hatten,  —  blieb  der  arme 
Dichter  kalt  und  in  sich  versunken,  all  den  prachtigen  Wundem 
Italiens  fremd,  von  keinem  einzigen  berührt  oder  bezaubert 
Denn  sein  Geist  und  sein  Gemüt  waren  von  trüben  Nebeln 
umhüllt,  sein  Empfindungsvermögen  unfähig  und  abgestumpft. 
In  Venedig,  wo  er  um  Mittemacht  ankam,  bemächtigte  sich 
seiner  eine  plötzliche  Furcht  Er  verlangte  gleich,  schon  den 
nächsten  Morgen  nach  Florenz  zu  fahren.  Die  glorreiche, 
zaubervoUe  Stadt  Venedig,  die  er  kurze  Zeit  vorher  so  glänzend 
geschildert  hatte,  ohne  sie  je  gesehen  zu  haben  (Sonnett,  Sar. 
LXVII),  machte  ihm  jetzt,  als  er  sie  sah,  einen  peinlidien 
Eindruck  In  Florenz  f&hlte  er  sich  behaglicher.  Eine  junge 
Engländerin,  die  wußte,  wer  er  war,  und  ihn  freundlich  an- 
sah, erweckte  in  ihm  sogar  Liebesgedanken.  An  dem  Tage, 
an  dem  die  Engländerin  abreiste,  irrte  er  betrübt  in  der  Stadt 
umher  und  kam  erst  um  Mittemacht  nach  Hause.  Er  war 
entschlossen,  ihr  zu  folgen,  und  verließ  am  nächsten  Tag 
Florenz.    Aber  der  unglückliche  Traumer  konnte  den  Weg 


—    310    — 

seiner  Angebeteten  nicht  finden  und  ging  dann  nach  Roma- 
nien  zurück  (Petr.  24).  Er  befand  sich  jetet  in  einem  trost- 
losen Znstand:  phjsisch  und  psychisch  geschwächt,  kranklich, 
beinahe  zu  Ghmnde  gerichtet  Inmitten  seiner  Freunde  blieb  er 
„in  ein  ununterbrochenes  Stummsein,  in  eine  Tollige  Ab- 
wesenheit der  Intelligenz  und  des  Willens  versunken"  (Petr.  24). 
Sein  Blick  reflektierte  „die  schmerzliche  Traurigkeit  eines 
vorzeitigen  Ergrauens,  einer  plötzlichen  Vernichtung";  seine 
Wftnsche  richteten  sich  auf  kleine,  gewöhnliche,  alltaglidie 
Dinge  (Petr.  25).  Nur  selten  und  nur  gezwungen  sprach  er 
hier  und  da  ein  „Nein"  oder  ein  „Ja";  und  wenn  ihm  Jemand 
von  seiner  Kindheit,  von  seinem  früheren  Leben,  von  seinem 
dichterischen  Scha£Pen  sprach,  da  schwieg  er  noch  betrübter 
und  blickte  hinab,  als  ob  ihm  diese  Worte  die  Seele  bedrückten 
(Petr.  25). 

In  dieser  Zeit  ging  er  nach  Jassy;  hier  wurde  ihm  me 
Lehrerstelle  angeboten,  aber  er  wies  den  Antrag  ab,  da  er 
sich  seiner  intellektuellen  Schwache  wohl  bewußt  war  (Ebenda). 
Am  2.  September  1884  wurde  er  zum  Unterbibliothekar  der 
Centralbibliothek  in  Jassy  ernannt  (Archiv  der  Bibl.  Nr.  49/84). 
Aber  seine  frühere  unermüdliche  Schaffensfreudigkeit,  die  er 
im  Jahre  1875  als  Direktor  der  Bibliothek  entfaltet  hatte, 
femd  er  nicht  wieder.  Er  stand  jetzt  da  als  dn  gebrochener, 
fast  unföhiger  Mensch.  Die  Notizen  in  den  Katalogen  der 
Bibliothek,  die  die  Handschrift  E.s  zeigen,  haben  keine  Be- 
deutung; von  der  Mitte  des  Jahres  1886  ab  findet  sich  über- 
haupt nichts  mehr  von  ihm  Geschriebenes  (Eirileanu). 

Über  diesen  Lebensabschnitt  des  Dichters  in  Jassy  steht 
dem  Biographen  kein  eingehender  Bericht  zur  Verfügung. 
Aus  dem  Jahre  1884  besitzen  wir  eine  wertvolle  Erinnemng 
in  dem  „Archiva^  XI,  S.  283,  die  uns  beweist,  daß  der  Dichter 
damals  „traurig  und  melancholisch**  aussah,  obwohl  er  sich 
noch  bei  klarem  Verstände  befand.  Dieser  Bericht  erzählt 
uns  nämlich  Von  einem  Nationalfeste  zum  hundertjährigen 
Andenken  der  rumänischen  Revolution  Horias  in  Siebenbürgen. 
Der  Dichter    war  auch   dabei,    und  sein  vertrauter  Freund 


—    311    — 

Creanga  hatte  fär  den  genialen  Verfasser  der  „Doina"  eine 
schwungvolle  Bede  gehalten.  Alle  Anwesenden  brachen  in 
begeisterten  Beifiedl  aus;  R  aber  blieb  dabei  so  gleichgiltig, 
ab  ob  es  sich  gar  nicht  mn  ihn  handelte.  Ein  Bericht,  den 
wir  über  diese  Zeit  yon  der  Hand  VlaLs  (Farn.  XXXVU,  69) 
haben,  bestätigt  die  oben  angefahrte  Tätsache  der  Traurigkeit 
und  der  melancholischen  Niedergeschlagenheit  des  Dichters, 
aber  auch  die  Tatsache,  daß  er  sich  damals  bei  klarem  Ver- 
stände befand.  „Er  hatte  —  sagt  VlaL  —  die  vollständige 
Erinnerung  an  die  Menschen,  Dinge  xmd  alle  Ereignisse  der 
letzten  Zeif  Charakteristisch  ist,  daß  er  „ein  unsäglich  großes 
MiUeid  gegenüber  den  Armen"  zeigte.  Wenn  er  aber  über 
einen  Gegenstand  redete,  entsann  er  sich  plötzlich  seiner  und 
seufiEte  mit  geschlossenen  Augen  schmerzvoll:  „0  Gott,  o  Gott!" 
Er  hatte  die  feste  Überzeugung,  er  sei  verloren,  er  habe  keine 
Möglichkeit  weiter  zu  leben,  er  werde  vor  Hunger  sterben« 
ÖfteiB  soll  er  seinem  Freund  Vlah.  gesagt  haben:  „Ich  wünschte 
so  sehr,  daß  ich  einmal  einschliefe  und  niemals  mehr  er- 
wachte" (Ebenda). 

Schon  an  dem  erwähnten  Feiertag  (Arch.  XI,  283)  be- 
fürchtete Creanga  eine  neue  Katastrophe  für  den  Dichter,  und 
diese  liefi  leider  nicht  lange  auf  sich  warten.  Nach  einiger 
Zeit  —  im  Jahre  1886  —  brach  sie  von  neuem  aus  und  hielt 
einige  Monate  an.  In  dieser  schrecklichen  Phase  der  Krank- 
heit bemächtigte  sich  seiner  eine  zügellose  Wollust  und  der 
Unglückliche  neigte  zu  Ausschreitungen  skandalöser  Art 
(Petr.  26).  In  seinen  Wahnsinnsanfillen  belastigte  er  Frauen, 
zerbrach  Straßenlaternen  (Scr.  III),  wodurch  Zwischenfille  mit 
der  Polizeibehörde  entstanden.  Deshalb  wurde  der  arme  Mann 
in  der  Irrenanstalt  „Golia"  zu  Jassj  und  dann  in  der  zu 
,,Neam^"  interniert*)  (N.  B.  B.,  Bd.  I,  64).  Hier  soll  er  vom 
Herbst  1886  zum  Frühjahr  1887  geblieben  sein,  bis  er  an- 

*)  In  Neamfn  soll  der  Dichter  schlecht  behandelt  worden  sein,  — 
wie  N.  A.  Bogdan  in  der  angeführten  Stelle  der  N.  R.  R.  behauptet 
Ton  dner  Flacht  E.b  ans  der  Anstalt  weiß  aber  Bogdan  nichts;  er  sagt 
nor  ,4er  Dichter  wnrde  mit  viel  Mühe  von  dort  befreii" 


—    312    — 

geblich  zu  seiner  Schwester  Henriette  in  Boto|ani  flfichtete 
(Scr.  IV).  In  Boto|ani  wurde  er  in  dem  Krankenhaus  be- 
handelt (N.  R.  B.  Bd.1  64);  später,  nämlich  yom  3/15.  Mai  1887 
an,  befindet  er  sich  in  der  Pflege  seiner  sich  aufopfernden 
Schwester  (Scr.  I). 

Als  E.  aus  der  Anstalt  zu  „Neam^"  herauskam,  war  er 
in  einer  kläglichen  physischen  Verfassung  (Scr.  IV);  die  Wahn- 
sinnsanMle  hatten  sich  aber  gelegt;  er  wurde  nicht  mehr  im 
Irren-  sondern  im  Erankenhause  untergebracht.  Ja,  im  Hai 
1887  berichtet  seine  Schwester,  daß  „er  ganz  gut  bei  Ver- 
stände sei"  (Scr.  II).  Desto  schlimmer  war  es  mit  jener  un- 
heilbaren Krankheit,  die  sich,  wie  es  scheint,  im  innigen  Zu- 
sammenhange mit  der  geistigen  iromer  yerhängnisroUer 
entwickelte  (Scr.  IX,  Diy.  102). 

Die  Erscheinungen  des  Wahnsinns  waren  überhaupt  nicht 
fortwährend  gleich  heftig.  Manchmal  verschwanden  sie  &st 
gänzlich,  und  an  ihre  Stelle  trat  eine  Art  stiller,  stumpfer 
Melancholie  mit  klarem  Denken.  Ein  solcher  Fall  begegnet 
uns  im  Sommer  1886,  als  der  Dichter  sich  in  dem  Moldan- 
ischen Kurort  Bepedea  befand,  wo  er  einer  hydrotherapeu- 
tischen Behandlung  unterworfen  wurde  und  vom  Juli  bis  tarn 
September  blieb.  Als  er  nach  „Bepedea"  kam,  machte  er 
einen  kläglichen  Eindruck;  er  sah  gealtert  aus,  sein  Gesicht 
war  blaß,  sein  Gfang  langsam,  sein  ganzes  Wesen  gebrochen, 
geistig  aber  verhielt  er  sich  stiU;  es  war  eine  sozusagen 
negative  Phase  seines  Wahnsinns  eingetreten.  Er  lebte  sehr 
zurückgezogen  und  vermied  es,  sich  öffentlich  zu  zeigen,  da 
es  im  Kurorte  viele  Frauen  gab  und  „er  haßte  die  Weiber 
au&  höchste,  denn  ihretwegen  hatte  er  sehr  viel  Kummer 
gelitten"  (S.  4),  —  wie  der  Kurarzt  gesagt  haben  soll  Auch 
seine  Bekanntschaft  und  sein  Verkehr  mit  Biria  war  nicht 
-eben  leicht  anzuknüpfen,  und  es  scheint,  daß  sie  dem  feinen 
Verständnis  und  Takt  zu  verdanken  sind,  mit  denen  Biria  ihn 
behandelte. 

Die  pekuniären  Verhältnisse  des  kranken  Dichters  mußten 
sehr  dürftig  sein,  da  er  nicht  einmal  soviel  besaß,  um  sich 


—    313    — 

ein  Zimmer  mieten  zu  können;  er  wohnte  mit  drei  anderen 
Kranken  zusammen,  und  konnte  sich  nur  ein  Bett  sichern 
(S.  6).  Diese  xmonterbrochene  Not  im  Verein  mit  Krankheit 
und  Wahnsinn  hat  sicher  sehr  yiel  dazu  beigetragen,  sein 
Leben  noch  mehr  zu  yerbittem.  Denn  das  Bewußtsein  einer 
ganzlichen  Armut,  das  Angewiesensein  auf  fremde  Hilfe  mußte 
besonders  Ar  eine  so  zart  empfindende  und  so  stolze  Natur, 
wie  die  E^  war,  höchst  peinigend,  höchst  niederschlagend 
wirken. 

Das  Wichtigste,  was  uns  die  Erinnerungen  Birias*)  aus 
jener  Zeit  bieten,  sind  ihre  Gespräche  mit  £.  und  die  in  ihnen 
wieder  gespiegelten  seelischen  Stimmungen  des  Dichters. 
Physisch  gebrochen,  beinahe  zu  Orunde  gerichtet,  psychisch 
yerzweifelt,  sich  nach  dem  Tode,  nach  dem  „Nirwana **,  das  er 
80  glänzend  in  seinen  Gedichten  besungen  hat,  sehnend  ist 
der  unglückliche  noch  im  stände,  sein  zerrüttetes  Denken  hier 
und  da  zusammenzuraffen,  es  zu  den  hohen  Sphären  der  Philo- 
sophie, zu  dem  erhabenen  Gebiete  seiner  einstigen  Ideale  zu 
erheben,  seine  Gesellschafterin  mit  dem  Flug  seiner  Gedanken 
ZOT  Begeisterung  und  zur  Bewunderung  hinzureißen.  Wunder- 
barer Weise  kehrten  die  Grundtone  seiner  früheren  Ideen-  und 
Gefühlswelt,  die  Grundstimmungen  seines  ewig  lebenden  künst- 
lerischen Schaffens,  die  bewegenden  Kräfte  seiner  selbstlosen 
Tätigkeit  im  öffentlichen  Leben  in  seinen  Unterhaltungen  mit 
Riria  immer  und  immer  wieder.  Die  romantisch  gefärbte 
Weltanschauung  seiner  jungen  Jahre,  die  spätere  pessimistische 
Betrachtung  der  Welt  (S.  12),  manche  Schopenhauersche  An- 
sichten über  das  Weibei^eschlecht  (S.  13,  15,  16),  sein  „Ent- 
rostnngspessimismus''  (wie  Ed.  y.  Hartmann  sich  ausdrückt  — 
„Zur  Gtosch.  und  Begr.  des  Pess.**)  hinsichtlich  der  sozialen 
Verdorbenheit  der  oberen  Klassen  seines  Landes  infolge 
sdilechter,  aus  der  Fremde  eingeführter  Sitten  (S.  14, 16,  21), 

*)  S.  „Ultima  raz&  din  via^  Ini  E.''  von  Biria  (Pseud.  für  Frau 
ßratoflld  in  Jassy)  in  Arch.  XIII,  1,  2.  Die  Mitteilungen  Ririaa  sind 
allerdingB  nur  mit  großer  Vorsicht  zu  benutzen,  da  sie  offenbar  sehr 
snbjektiY  und  unkritisch  sind. 


—    314    — 

die  Yerherrlichuiig  der  Vergangenheit,  die  Liebe  zum  alten 
patriarchalischen  Leben,  die  tiefe  nationale  Gesinnung,  der 
Kultus  seiner  Muttersprache  (S.  20),  die  Liebe  zur  Natur  und 
das  Verschmelzen  dieser  mit  der  menschlichen  Liebe  (S.  23  u. 
25),  schließlich  pessimistische  (S.  12,  33,  34)  oder  atheistische 
(S.  17,  34),  philosophische  Ansichten  verschiedener  Art,  am 
meisten  aber  stimmungspessimistische  Ausbrache  (S.  11,  21, 
22,  24,  26,  29,  33,  34,  39),  alle  diese  Töne  klingen  in  einer 
sonderbaren  Mischung  in  den  Gesprächen  mit  Biria  wieder. 
Man  merkt  oft  den  Kampf  des  manchmal  wiederbelebten 
Denkens  mit  der  von  dem  Wahnsinn  yerursachten  Zerrüttung. 
Licohärenz  ist  häufig  in  dem  Ideengang  des  Kranken,  und 
plötzliche  Wahnsinnsanfölle  machen  sich  manchmal  geltend 
(S.  15,  18,  19). 

Noch  ein  literarisch  wichtiges  Moment  aus  dem  Aufent- 
halt E.S  in  Eepedea  wäre  zu  erwähnen:  trotz  seines  trostlosen 
Zustandes  schrieb  er  hier  auch  ein  Gedicht  „La  steaua'' 
(Sar.  C),  welches  er  in  das  Album  Riria3  eingetragen  hat 
Das  Gedicht  ist  bekanntlich  eine  rumänische  Wiedergabe  des 
Gedichtes  „Der  Stern"  von  Gottfried  Keller;  nur  die  letzte 
Strophe  ist  von  E.  ursprünglich  verfaßt  G.  Pop  (C.  L.  XIX, 
S.  49—55)  hat  sich  mit  dieser  Frage  beschäftigt  und  sich  för 
die  Hypothese  ausgesprochen,  „La  steaua"  sei  w^er  ein 
Plagiat  noch  eine  Identität  der  Ideenassociation  beider  Dichter, 
sondern  eine  Reminiszenz^  E.s  an  das  Gedicht  Kellers.  Da 
wir  heute  genau  wissen,  unter  welchen  Umständen  „La  steaua*^ 
geschrieben  worden  ist,  scheint  mir  die  Hypothese  Pops  nicht 
mehr  bloß  „die  wahrscheinlichste'^,  wie  er  sich  damahi  aus* 
druckte,  als  die  von  Riria  erwähnte  Tatsache  noch  unbekannt 
war,  sondern  die  einzig  richtige  Erklärung  dieser  interessanten 
literarischen  Erscheinung  zu  sein.  Heute  sind  wir  nämlich  in 
der  sicheren  Lage  behaupten  zu  können,  E.  habe  sein  Gedicht 
in  einem  solchen  psychischen  Zustande  verfaßt,  in  welchem 
er  sich  darüber  nicht  mehr  Rechnung  geben  konnte,  ob  die  Idee 
des  Gedichtes  und  die  darin  enthaltenen  Bilder  ihm  oder  emem 
von  ihm  schon  vor  langer  Zeit  gelesenen  Dichter  gehörten. 


—    315    — 

X.  Scheinbare  Genesimg  Eminescns.   Seine  literarische  Arbeit 
in  dieser  Zeit  (1887—1888). 

Die  Briefe  Henriettes  an  Fraa  Cornelia  Emilian  und 
an  ihre  Tochter  Cornelia  bieten  uns  eine  bis  ins  Einzelne 
gehende  Darstellung,  sowohl  der  schrecklichen  physischen 
Krankheit  (siehe  diesb.  Div.  102,  105),  wie  auch  der  Geistes- 
störung E.S  Es  geht  aus  diesen  Briefen  deutlich  hervor,  daß 
beide  Krankheiten  zusammen  gehören  (Scr.  I,  IV,  V,  VIÜ, 
IX,  LXVI).  Erschütternd  ist  dieser  Lebensabschnitt  des 
Dichters;  die  Leiden  bringen  ihn  zur  Verzweiflung.  Die 
hoffiiungSYoUen  Augenblicke,  die  hier  und  da  in  dem  Zustande 
des  Kranken  eintreten,  verschwinden  bald,  und  neue  Anfalle 
brechen  aus.  Es  ist  ein  so  unbeständiger,  ein  so  oft  täuschender 
Lauf,  den  die  Krankheit  nimmt,  daß  man  wohl  auch  in  den 
besten  Augenblicken  das  Schlimmste  befarchten  muß.  Die 
oben  zitierten  Briefe  enthalten  höchst  schmerzliche  Einzel- 
heiten über  das,  was  der  Unglückliche  zu  dulden  hatte.  »Der 
arme  Mihai^,  schreibt  seine  Schwester  (IV)  „ist  in  den  fürchter- 
lichsten Zustand  verfallen,  welcher  überhaupt  möglich  ist  Er 
kennt  nur  mich,  gestern  hat  er  einen  schrecklichen  Anfall 
gehabi"  Physisch  war  der  Dichter  vollständig  schwach;  er 
hatte  keine  Kraft  mehr  für  sich  selbst  zu  sorgen.  Psychisch 
war  er  gänzlich  willenlos  und  abgestumpft 

Henriette  war  für  den  Dichter  ein  unschätzbares  Glück 
und  ihre  Aufopferungsfähigkeit  ihm  gegenüber  ist  aller  Be- 
wonderong  wert,  zumal  sie  selbst  der  Pflege  bedurfte,  da  sie 
an  beiden  Füßen  gelähmt  (Scr.  lU)  und  fortwährend  leidend 
war.  Wenn  sie  ihren  Bruder  pflegte,  so  dachte  sie  niemals 
an  sich  selbst  und  fühlte  sich  als  „die  Glücklichste  unter  den 
Sterblichen^,  als  sie  ihn  gesunder  sah  (Scr.  IV).  „Die  größte 
Tat  in  der  Welt  ist,  dem  Menschen  in  seinem  Unglück  bei- 
zustdien",  das  ist  ihr  Prinzip  (Scr.  LXIV),  welches  sie  nicht 
bloß  ihrem  Bruder,  sondern  auch  manchen  anderen  Leidenden 
gegenüber  befolgte  (Scr.  LX).  Der  Dichter  seinerseits  wußte 
trotz  seiner  trostlosen  Lage  sehr  gut  zu  schätzen,  was  ihm 


—    316    — 

Henriette  bedeutete,  und  als  diese  schwer  leidend  an  das  Bett 
gefesselt  war,  pflegte  er  sie  „wie  eine  Mutter^  —  so  schreibt 
Henriette  selbst  (Scr.  L).  So  sehen  wir  in  diesen  Beziehungen 
zwischen  Bruder  und  Schwester  ein  rfihrendes  Beispiel  zarter 
Menschlichkeit  und  reiner  QefQlile,  das  auf  die  traurigen  Zn- 
stande, die  in  den  Briefen  Henriettes  geschildert  werden,  ein 
helles  Licht  wirft. 

Einen  anderen  erhebenden  Zug  in  den  letzten  Jaluren 
E.S  bildet  das  Interesse  und  die  Teilnahme  des  Landes  for 
seinen  Dichter.  Eine  ausführliche,  durch  Aktenstücke  be- 
stätigte Darlegung  der  betreffenden  Tatsachen  findet  man  in 
Diy.  102 — 110;  Nachrichten  darüber  hat  man  auch  in  dem 
Aufsatz  Yon  Frau  Emilian  (Scr.  Yorwort)  und  in  verschiedenen 
Briefen  Henriettes.  Ich  will  hier  nur  das  Wichtigste  erwähnen. 
Die  unsäglichen  Leiden  des  Dichters,  die  erbärmlichen  mate- 
riellen Verhältnisse,  in  denen  er  sich  abquälen  mußte  (s.  sein 
Brief  vom  10.  Nov.  1887  an  V.  G.  Mor^un,  P.  s.  V.),  haben 
die  Teilnahme  des  Landes,  das  inzwischen  seine  außerordent- 
lichen literarischen  Leistungen  immer  besser  kennen  lernte, 
erweckt  Die  Zöglinge  der  Malerschule  zu  Jassy  eroffiieten 
infolge  der  eifrigen  Initiative  des  Frauleins  Emilian  eine 
Kollekte  zu  Gunsten  des  Dichters.  Ein  Teil  der  Listen  wurde 
von  den  Präfekten  im  Lande  verbreitet,  ein  anderer  durch 
Privatpersonen,  und  wenn  manche  Präfekten  die  Listen  zu- 
rückwiesen, bekannte  Persönlichkeiten  und  reiche  Leute  im 
Lande  kein  Interesse  für  die  Sache  zeigen  wollten,  so  war 
die  Begeisterung  der  Schuljugend  beiderlei  Geschlechts  und 
mancher  Freunde  und  Bewunderer  des  Dichters  um  so  fimcht- 
bringender.  So  hatte  die  Kollekte  gute  Ergebnisse  gebracht 
und  eine  ernste  ärztliche  Behandlung  des  Kranken  wurde 
dadurch  ermöglicht.  Zwei  Jahre  lang  konnte  die  Existenz 
des  großen  Dichters  gesichert  werden.  Neben  der  Kollekte 
trugen  dazu  die  Konzerte,  die  Theaterauffuhrungen  und  andere 
materielle  Unterst&tzungen  seitens  der  Bewunderer  E.s  noch 
sehr  viel  bei  (Scr.  Vorwort  V).  Die  akademische  Jugend 
und  die  Presse  haben  sich  um  das  Erwachen  der  Opferfreudig- 


—    317    — 

keit  bedeuteade  Verdienste  erworben.  Spater,  nachdem  die 
Gesundheit  des  Dichters  zdemlich  wiederheigestellt  war,  hat 
die  Kammer  und  dann  anch  der  Senat  ihm  eine  Pension  von 
250  Lei  monatlich  bewilligt  (Scr.  LX,  S.  109).  Das  geschah 
im  Jahre  1888,  infolge  der  Initiative  Jacob  Negrozzis  (C.  L. 
XXm,  S.  289  ff.),  nachdem  —  wie  aus  manchen  Briefen  Hen- 
riettes herrorgeht  —  von  mehreren  Seiten  sehr  lange  Zeit 
dafor  eingetreten  worden  war.  Besonders  erfolgreich  scheint 
Ar  die  Bewilligung  der  Pension  die  große  Anzahl  Petitionen 
gewirkt  zn  haben,  die  infolge  der  Initiatiye  der  Jugend  durch 
das  ganze  Land  yerbreitet  und  mit  zahlreichen  Unterschriften 
Tersehen  wurden  (Scr.  Vorwort  V).  Alle  diese  edlen  Hand- 
langen zu  Ghmsten  E.s  bieten  uns  einen  erfreulichen  Beweis 
fttr  der  Teilnahme,  deren  sich  das  Land  fBr  seinen  Dichter 
fabig  gezeigt  hat,  und  wischen  manche  peinliche  Erinne- 
rung an  die  Ungerechtigkeiten,  die  dem  Dichter  einst  an- 
getan worden  sind,  aus. 

Am  14.  Juli  1887  wurde  E.  yon  mehreren  Ärzten  in  Jassy 
gründlich  xmtersucht.  Sie  entschieden,  er  müsse  zur  Her- 
stellung seiner  Gesundheit  nach  Hall  geschickt  und  in  Wien 
Ton  den  berühmten  Spezialisten  Dr.  Neumann,  Dr.  Nothnagel 
und  Dr.  Meinert  nochmak  untersucht  werden  (Div.  104  ff). 
Infolgedessen  reiste  der  Kranke  in  der  Gesellschaft  eines 
Doctoranden  Grigorie  Foc|a  nach  Wien  und  dann  schon  am 
anderen  Tage  nach  HalL  In  Wien  soll  der  schon  genannte 
Äizterat  erUart  haben,  der  Kranke  leide  an  einem  durch 
venerische  Krankheit  Terursachten  Wahnsinn,  und  das  Übel 
sei  unheUbar  (Scr.  XVI;  Cr.  20). 

Die  Kur  in  Hall  dauerte  bis  zum  September  1887  (Scr.  XIV). 
In  welchem  Zustande  der  Dichter  sich  in  dieser  Zeit  befand, 
erklart  uns  schon  der  Umstand,  daß  er  damals  vollständig 
willenlos  war;  wenn  man  ihm  bei  Tische  den  Löffel  in  die 
Hand  gab,  aß  er,  sonst  blieb  er  unbeweglich  und  melancho- 
lisch, ohne  irgend  etwas  zu  sprechen  (Scr.  Vorwort  IV).  Doch 
war  er  geistig  verhältnismäßig  wieder  bei  sich,  denn  er  be- 
schäftigte sich  auch  damals  noch  unter  solchen  verzweifelten 


—    318    — 

Yerhältiiissen  mit  Literatur  und  schrieb  sogar  ein  paar  Ge- 
dichte (Ebenda). 

Die  Kur  in  Hall  scheint  ihn  zuerst  g&nstig  beeinflaßt 
zu  haben;  in  einem  Briefe  vom  August  1887  schreibt  er 
nämlich,  er  fühle  sich  infolge  der  Bäder,  die  er  genommen 
habe,  besser  (Scr.  XIII).  Aber  als  er  im  September  nach 
Botosani  zurückkehrte,  war  Henriette  über  seinen  trostlosen 
Zustand  sehr  erschrocken  (Scr.  XIY).  Ein  Rückfidl  der  Krank- 
heit schien  sich  einstellen  zu  wollen.  Doch  wirkte  die  segens- 
reiche Pflege  seiner  Schwester  so  sehr,  daß  er  sich  im  Oktober 
viel  wohler  beüand  und  seine  Lage  wurde  Tag  for  Tag  besser 
(Scr.  XXI).  Das  bestätigen  auch  zahlreiche  Briefe,  die  er  in 
dieser  Zeit  abge&ßt  hat  (Scr.  XXIU,  XXV,  XXVU+,  XXVm+, 

YYY,  XXXII+,  xxxin,  xxxvn,  xxxix+,  xli+,  xlii+, 

XLV,  XLVI,  XLIX+).*)  In  einem  derselben  schreibt  er  an  Fr. 
Emilian,  seine  „langwierige  Krankheit  habe  ihn  im  hoh^ 
Grade  verzweifelt  gemacht,  jetzt  aber  fahle  er  sich  besser.** 

Die  Besserung  in  Ks  Zustande  schritt  so  rasch  und  so 
erfreulich  fort,  daß  Henriette  am  14/26.  Januar  1888  schreiben 
konnte,  die  Gesundheit  ihres  Bruders  sei  sehr  gut  und  sie 
hofie,  er  werde  im  Frühling  sogar  eine  Stelle  anzunehmen 
imstande  sein  (Scr.  XXXV).  Ebenda  berichtet  sie,  er  habe 
dem  Fräulein  Emilian  ein  Gedicht  gewidmet,  und  erwähnt 
„die  schonen  Ideen^,  die  es  enthält"*^) 

Bloß  ein  Schatten  verfinsterte  noch  die  Lage  des  Dichters: 
seine  unregelmäßige  Lebensweise  gab  er  auch  in  diesen  rer- 
hängnisYollen  Jahren  nicht  auf,  ja  unter  dem  Druck  der  Ver- 
zweiflung, die  Krankheit  und  Wahnsinn  in  ihm  erweckte,  ver- 
schlimmerte sie  sich  sogar  noch.  Zu  seiner  alten  Gewohnheit^ 
die  Körperpflege  gänzlich  zu  vernachlässigen  (Scr.  S.  70),  kam> 

*)  Die  mit  -^  bezeichneten  Briefe  sind  auch  von  E.  al^e&ßt,  ob« 
wohl  von  seiner  Schwester  unterschrieben. 

♦*)  Dieses  „Recuno^tinja"  betitelte  Gedicht  (Scr.  97)  ist  nicht  ver- 
öffentlicht worden.  Es  ist  möglich  —  wie  auch  Cr.  (61)  glaubt  —  daß 
es  Ton  Veronica  Micle  vernichtet  worden  ist;  Tatsache  ist»  daß  sie  sich 
über  das  Gedicht,  als  sie  es  las,  lustig  gemacht  hatte  (Scr.  98). 


—    319    — 

noch  die  Tranksocht  hinzu  (Scr.  88,  135).  Wenn  man  aber 
der  fast  unverantwortlichen  sittlichen  Lage,  in  der  sich  der 
Dichter  nach  solchen  verwüstenden,  physischen  und  psychischen 
Leiden  befinden  mußte,  gedenkt,  dann  kann  man  ihm  dieses 
Laster  nicht  allzu  schwer  verübeln.  Dazu  konmit  noch  der 
Umstand  in  Betracht,  daß  der  Dichter  beinahe  vollständig 
willenlos  war,  und  in  dieser  Lage  war  es  manchen  sogenannten 
„Freunden",  die  ihn  heimlich  um  sein  Talent  beneideten 
(Scr.  135),  leicht  möglich,  ihn  zu  Ausschweifungen  zu  be- 
wegen (s.  Scr.  LXX,  wo  E.  selbst  dies  bekennt).  Besonders 
mit  dem  Geld  war  er  sehr  verschwenderisch;  er  zeigte  eine  wahre 
Leidenschaft,  es  so  schnell  als  möglich  zu  verbrauchen  (Scr.  124). 
Übrigens  war  dieser  Fehler  an  ihm  auch  schon  sehr  alt 

Henriette  gab  sich  alle  Mühe,  ihn  vor  allen  Versuchungen 
zu  hüten  und  sorgte  in  ihrer  ausgezeichneten  Weise 
(Scr.  XXXVIII)  um  seine  Gesundheit. 

Es  ist  ohne  Zweifel  überraschend,  wenn  man  berichten 
kann,  daß  E.  auch  nach  der  ersten  Katastrophe  fast  in  jedem 
Jahre  ein  oder  mehrere  wertvolle  Erzeugnisse  seines  künst- 
lerischen SchaflFens  zu  Stande  gebracht  hat  1885  erschien  in 
C.  L.  (XIX,  360)  „Sara  pe  deal«  (Sar.  XCU);  1886  „Dalila" 
(Sar.  XCIII)  und  das  schon  erwähnte  „La  steaua*'  (Sar.  L); 
1887  „Sonet^,  ein  äußerst  pessimistisches  Gedicht;  dann 
«De  ce  na-mT  vir«  (Sar.  XCV);  „Kamadeva"  (Sar.XCVI); 
«Pe  an  album"  (Sar.XCVU);  „Intre  paseri«  (Sar.XCVUI); 
»Fragment**  (Sar.  XCIX),  drei  sehr  hübsche  Strophen  unter 
dem  Eindruck  des  Wiedersehens  mit  Veronica  Micle  ge- 
schrieben. Alle  diese  Gedichte  sind  von  besonderer  Schönheit; 
ihre  kunstvoUendete  Form  und  ihr  echt  poetischer  Inhalt 
konnten  in  uns  den  Glauben  erwecken,  sie  seien  in  den  besten 
Jahren  des  Dichters  geschaffen.  Und  doch  entstanden  sie 
aller  Wahrscheinlichkeit  nach  —  ganz  sichere  Beweise  dafür 
fehlen  —  in  einer  Zeit,  wo  das  geistige  und  das  körperliche 
Leben  E.s  schon  längst  von  Wahnsinn  und  Krankheit  zer- 
rüttet war,  ein  Beweis  dafftr  wie  oft  und  wie  mächtig  die 
hellen  Momente  des  Bewußtseins  bei  ihm  auftraten. 


—    320    — 

Über  die  literarische  Tätigkeit  E.8  im  Jahre  1887,  wo  er 
die  meisten  Gedichte  dieses  Zeitabschnittes  geschrieben  hat, 
finden  wir  verschiedene  Nachrichten  in  den  Briefen  Henriettes 
(Scr.  41,  70,  75,  82,  99,  101,  111,  131).  Er  arbeitete  manch- 
mal, auch  jetzt,  bis  in  die  tiefe  Nacht  hinein  (S.  70)  wollte 
manche  alte  Arbeit  vollenden  (S.  82),  übersetzte  in  ausgezeich- 
neter sprachlicher  und  metrisdier  Form  Aug^ers  Lustspiel  „Le 
joueur  de  flute'',  das  1895  unter  dem  Titel  „Lais**  in  C.  L 
(XXIX  S.  899 ff.,  lOlOff.)  erschien.  Es  war  eine  für  seinen 
damaligen  geistigen  Zustand  ziemlich  rege  Tätigkeit,  die  seine 
Schwester  Henriette  und  alle  seine  Verehrer  in  hohem  Maße 
erfreute. 

Im  April  1888  reiste  der  Dichter  plötzlich  nach  Bukarest, 
um  Yeronica  Micles  willen  (Scr.  LH),  doch  haben  ihn  sicher 
auch  andere  Gründe  dazu  bewogen.  Er  selbst  gab  ab  Gfrond 
seiner  Abreise  die  Absicht  an,  sich  eine  sichere  JEhdstenz  zu 
begründen;*)  und  wenn  auch  Henriette  in  ihrem  Ärger  diesen 
Grund  nicht  annehmen  wollte,  so  ist  er  trotzdem  von  E.  kun 
nachher  tatsächlich  bestätigt  worden.  Noch  ein  Grund  der 
Abreise  war  ohne  Zweifel  das  Sehnen  des  wiederhergestellten 
Dichters  nach  dem  großstädtischen  Leben  in  Bukarest.  Wie 
sehr  er  sich  in  Botogani  gelangweilt  hatte,  erzählt  seine 
Schwester  selbst  in  dem  Briefe  XXXIV  (Scr.  62);  ebenso  wird 
Ton  ihr  seine  Liebe  f&r  das  großstädtische  Leben  bestätigt, 
nämlich  in  dem  Briefe  LXX  (Scr.  S.  125),  wo  sie  erzählt,  ihr 
Bruder  habe  ihr  gesagt,  er  wurde  lieber  in  einer  Großstadt 
mit  100  Lei  monatlich  leben,  als  in  der  Provinz  mit  einem 
noch  so  hohen  Einkommen.  In  Bukarest  aber  konnte  der 
Dichter  keine  Stellung  finden,  und  so  lebte  er  „in  yolliger 
Not",  wie  Frincu  (G.  T.  1902,  Nr.  85)  berichtet  und  wie  man 
auch  glauben  kann,  da  er  die  von  der  Kammer  bewilligte 
Pension  noch  nicht  bekommen  zu  haben  scheint 


*}  Zwar  hatte  ihm  auch  der  Gemeinderat  von  Boto^ani  eine  monat- 
liche Pension  von  100  Lei  bewilligt  (Scr.  LIX,  106),  aber,  wie  es  sohemt, 
wollte  er  nm  jeden  Preis  sich  selbst  die  Mittel  sam  Leben  erwerben. 


—    321    — 

Petr.  (26)  erzählt,  in  welehem  ho&ungsyolleii  geistigen 
Zustand  er  den  Dichter  in  Bukarest  gesehen  und  wie  ihm  dieser 
▼on  seinen  literarischen  und  politischen  Pl&nen  gesprochen 
habe.  Im  FrfQüing  —  wo  er  „gänzlich  wiederhergestellt  sein 
wird"  —  hoffte  er,  seine  einstige  Tätigkeit  wieder  aufnehmen 
zu  können  (Petr.  26).  Die  Zeitungen  meldeten  freudevoll  die 
guten  Nachrichten  über  den  jetzt  bewunderten  Dichter  des 
Landes  und  jedermann  teilte  diese  Freude.  Seine  alten  juni- 
mistischen  Freunde  umgaben  ihn  wieder  und  führten  ihn  in 
das  Weltleben  hinein;  „es  war  mit  einem  Worte"  —  sagt 
Petr.  (27)  —  nein  wahres  literarisches  Ereignis".  Im  Herbst 
1888  las  der  Dichter  seine  metrische  Übersetzung  „Lais"  im 
Kreise  der  „Junimea",  im  Hause  Maiorescus,  vor.  Die  Freude 
über  die  Genesung  des  Dichters,  die  Begeisterung  fftr  die 
Schönheit  der  Übersetzung  und  für  das  reizvolle  Vorlesen 
waren  aUgemeio.  —  Die  Ho&ungen,  die  von  allen  Seiten  an 
diese  neue  helle  Phase  in  dem  Leben  E.s  geknüpft  wurden, 
schienen  berechtigt,  als  am  4.  Dezember  1888  die  erste  Nummer 
der  Zeitschrift  „FäntänaBlanduziei"*),  die  unter  seiner  Leitung 
stand,  die  Presse  verließ.  Doch  war  in  Wirklichkeit  sein 
Zustand  anders  als  es  schien:  der  Dichter  konnte  eine  regel- 
mäßige Tätigkeit  nicht  mehr  entfalten,  geschweige  denn  die 
Zeitschrift  personlich  leiten.  Er  hat  in  F.  BL  bloß  das  Pro- 
gramm, drei  politische  Au&ätze  und  eine  Übersetzung  aus 
Mark  Twain  veröffentlichi  Das  Programm,  das  ich  bei  den 
Prosaschriften  E.s  bespreche,  hat  er  größtenteils  nach  Max 
Nordau's    Schrift  „Die   Conventionellen    Lügen    der   Kultur- 


*)  Die  Zeitschrift  wurde  von  mehreren  jungen  Schriftstellern  — 
Anhänger  und  Bewunderer  £.s  ^  begründet  und  hatte  mehr  den 
Charakter  einer  politisch-literarischen  Zeitung;  aach  das  Format  war 
das  einer  Zeitung.  Sie  hatte  am  Anffmg  eine  starke  nationale  Färbung. 
Nachdem  £.  sich  aas  Gesundheiterttcksichten  (vgl.  die  Fortsetzung  der 
„F.  BL"  von  R.  Popea,  Nr.  36  [8.  Okt.],  1889)  zurückzog,  sind  die  Be- 
grfinder  bald  in  Streit  geraten  und  nun  erschienen  zwei  Zeitschriften 
unter  demselben  Namen,  denen  aber  ein  sehr  kurzes  Leben  be- 
•chieden  war. 

Weigand,  10.  Jabresberioht.  21 


—    322     — 

menschheif'  (Leipzig,  1883)  niedergeschrieben  —  ein  umstand, 
der  nicht  bloß  auf  die  Schwäche  seines  Geistes,  sondern  yiel- 
leicht  selbst  auf  die  ünverantworÜichkeit  seiner  damaligen 
Handlangen  hinweist  Von  Nr.  6  der  Zeitschrift  an  hat  E. 
nichts  mehr  veröffentlicht. 

XI.  Die  letzte  Katastrophe  and  E.s  Tod. 

Die  letzte  Katastrophe,  die  in  der  ersten  Hälfte  des 
Jahres  1889  hereinbrach,  zerstörte  anerbittlich  alle  lUasionen 
des  Dichters  and  seiner  Bewunderer  and  entriß  ihn  seinem 
Lande. 

Petr.  berichtet  (27),  E.  habe  karz  vor  der  oben  erwähnten 
Vorlesung  bei  Maiorescu  einige  Rückfalle  in  seinen  Stumpf- 
sinn gehabt  Bald  nachher  zeigte  sich  die  Krankheit  gefähr- 
licher. Eines  Abends  —  es  war  am  Anfang  des  Jahres  1889  — 
sah  ihn  Petr.  in  einem  seelischen  Zustand,  der  höchst  anormal 
erschien  (27).  Kurze  Zeit  darauf,  im  März  dieses  Jahres,  brach 
die  Katastrophe  mit  aller  Gewalt  aus  (Scr.  LXVI,  S.  117).  Der 
Unglückliche  wurde  in  der  Irrenanstalt  Su^us  interniert,  wo 
er  sich  mehrere  Monate  quälen  sollte.  Nur  selten  hatte  er 
lichte  Augenblicke.  In  „Fäntäna  Blanduziei"  (Nr.  v.  10.  De- 
zember 1889)  erzählt  Jon  Popescu,  einer  seiner  Freynde,  sein 
Zusammentreffen  mit  ihm  in  der  Irrenanstalt  (M-  E.  2).  Der 
Dichter  hatte  sich  zuerst  ein  wenig  sonderbar  gezeigt,  dann 
aber  sprach  er  Yemünftig  „ohne  jede  Incohärenz  in  seinem 
Denken",  klagte  über  Langeweile  und  bat  ihn  um  etwas  Lek- 
türe. Den  2.  Tag  durchblätterte  er  die  Zeitungen,  die  ihm 
sein  Besucher  mitbrachte,  und  unterhielt  sich  mit  ihm  ebenso 
yemünftig,  wie  am  vorangegangenen  Tage.  Popescu  hatte 
ihm  auch  ein  Werk  von  Jules  de  Goncourt  mitgebracht  und 
zeigte  ihm  davon  ein  Stück;  es  war  ein  Brief  von  grosser 
Zärtlichkeit.  Der  Dichter  las  den  Brief  mehrmals  und  war 
entzückt.  In  derselben  klaren  Stimmung  fand  ihn  sein  Be- 
sucher mehrere  Tage  nacheinander.  Vlahu^  der  den  Dichter 
in  derselben  Zeit  besuchte,  hebt  dagegen  die  Incohärenz  in 


—    323    — 

seinem  Ideengange  hervor  (Vlah.  CI.  d.  1.,  179  ff.)-  -^^^^  a^ch 
er  hat  nichts  von  irgend  einem  Wutansbrache  bemerkt.  E. 
hatte  ihn  gleich  erkannt,  fragte  nach  den  andern  Freunden 
und  sprach  von  ihnen  mitleidig,  „wie  von  verlorenen  oder  sehr 
unglücklichen  Menschen"  (Ebenda).  Er  erzählte  ihm  von  dem 
Plan  einer  sozialen  Umwandlung  und  schließlich,  als  die 
Rede  auf  Gedichte  kam,  trug  er  ihm  mit  Wärme  und  Be- 
geisterung eine  lange  Reihe  Strophen  von  entzückender  musi- 
kalischer Wirkung  vor.  Doch  auf  dem  Papier,  von  dem  er 
las,  standen  nur  zwei  Worte  geschrieben — „gloriosul  voevod"; 
der  wahnsinnige  Dichter  improvisierte.  Über  20  solcher  klang- 
voller Strophen  soll  er  vorgetragen  haben,  Sinn  und  Zusammen- 
hang fehlten  aber  gänzlich.  Nachdem  der  Kranke  zu  Ende 
gekommen,  fiel  er  in  seine  gewohnte  Melancholie  zurück,  und 
nur  so  viel  konnte  er  noch  sagen:  „0  Gott,  o  Gottl  .  .  ." 
(Ebenda;  s.  auch  Fam.  XXV,  309  ff.) 

In  der  Irrenanstalt  Su^as  scheint  der  leidende  Dichter 
nicht  besonders  aufinerksam  behandelt  worden  zu  sein,  denn 
nur  so  erklärt  sich  der  Umstand,  daß  sein  Tod  am  15.  Juni 
1889  durch  ein  äußeres  Ereignis,  nämlich  durch  einen  Schlag, 
den  er  von  einem  anderen  Wahnsinnigen  auf  den  Kopf  er- 
hielt, verursacht  worden  ist  (Scr.  LXIX,  121).  Am  andern  Tag 
wurde  die  Leichenschau  vorgenommen;  über  sein  Gehirn  wurde 
nach  Petr.  (28)  folgendes  festgestellt:  „Das  Gehirn  wog  1490 
Gramm,  d.  h.  beinahe  ebensoviel  wie  dasjenige  Schillers.  Die 
linke  ELälfte,  das  eigentliche  Organ  der  Verstandestätigkeit, 
wog  25  Gramm  mehr  als  die  andere.  Die  Stimwindungen 
nahmen  mehr  als  die  Hälfte  des  Yolums  der  Hemisphären  ein 
und  deuteten  damit  bis  zu  einem  gewissen  Punkte  die  anor- 
male Entwickelung  der  psychischen  Regionen  zum  Nachteil 
der  Sinnes-  Bewegungs-  und  Lebensregionen  an*^ 

E.  wurde  am  17/29.  Juni,  zum  Zeichen  der  Verehrung 
seitens  des  Landes,  auf  Staatskosten  beerdigt.  Eine  ausfuhr- 
liche Schilderung  des  Begräbnisses  findet  man  in  Div.  113 — 
121;  hier  sind  auch  die  drei  Trauerreden,  die  gehalten  worden 
sind,  abgedruckt. 

21* 


—    324    — 

Infolge  der  Initiatire  der  Univeraitatshorer  (Sor.  Vorw.  Y), 
wurde  dem  Dichter  auf  Kosten  der  mmanischen  Jugend  eine 
Yon  dem  rumänischen  Bildhauer  Oeorgescu  ausgefohrte 
Bronzebüste  auf  dem  ,,Marchian"-Platze  in  Botofani  errichtei 
die  am  11/23.  September  1890  mit  grosser  Feierlichkeit  ent- 
hfOlt  wurda  An  seinem  Qrabe  hat  ihm  gleichfalls  die  Jagend 
ein  Marmormonument  errichtei  —  Im  Jahre  1899  gab  die 
Zeitschrift  Fam.,  zum  Andenken  an  den  vor  10  Jahren  ein- 
getretenen Tod  des  Dichters,  eine  Qedächtnisnummer  heraus, 
wo  Verschiedenes  von  und  über  E.  yeröffentiücht  wurde.  Eine 
solche  Gedachtnisnummer  gab  auch  die  Bukarester  Zeitschrift 
,,Floare  albasträ'',  unter  dem  Titel  ,,Mihail  Eminesca^'  heraus. 
Beide  Blätter  enthielten  auch  das  Bild  des  Dichters  und 
wurden  von  dem  ganzen  rumänischen  Lesepublikum  begeistert 
aufgenommen. 

Xn.  E.S  Persönlichkeit 

E.S  Eorperkonstitution.     Alle    diejenigen,    die   den 
Dichter  kennen  gelernt  und  beschrieben  haben,  behaupten  ein- 
stimmig, er  sei  ein  sehr  schöner  Mann  von  sympathischem 
anziehenden  Äußeren  gewesen.    Diese  Tatsachen  berichten  so- 
wohl seine  Jugendgefahrten,  die  ihn  in  Czemowitz  und  Blasen- 
dor^  wie  auch  diejenigen,  die  ihn  in  seiner  reiferen  Jugend 
oder  im  Mannesalter  gesehen  haben.    J.  L.  C.  (Seh.  9),  der  ihn 
zuerst  während  der  Wanderjahre  als  Schauspieler  kennen  ge- 
lernt hat,  schildert  ihn  folgendermaßen:  „Eine  wahre  Schön- 
heit   Ein  klassischer  Kopf,  umrahmt  von  langen  schwarzen 
Locken;  eine  hohe,  heitere  Stirn;  große  Augen;  diesen  Fenstern 
der  Seele  sah  man  an,  daß  jemand  drin  wohnte".    (VgL  aach 
die  Schilderung  in  „Fant  Bland."  —  M.  E.  3).    Seine  Studien- 
genossen in  Wien,  V.  Bumbac  (Brief)  und  J.  Slayict  (Brief) 
bestätigen  ihrerseits  diese  Schilderang;  Slavici  sagt,  der  Dich, 
ter  wäre  „in  seiner  Jugend  besonders  schön    gewesen*^- 
Auch  Petr.  (18f.)  spricht  in  voller  Übereinstimmung  von  der 
Schönheit  E.s.    Die  vier  Bilder,  die  von  dem  Dichter  vor- 


—    325    — 

banden  sind,  beweisen,  daß  keines  der  oben  erwähnten  Urteile 
übertrieben  ist*) 

Übereinetimmend  wird  behauptet,  er  sei  in  seiner  Jugend 
yoUig  gesund,  rostig  und  elastisch  gewesen.  Slayicl  (Brief) 
nennt  die  körperliche  Kraft  Ks  sogar  „eine  wahrhi^  be« 
wnnderungswerte*'.  Es  war  nicht  bloß  ein  normaler,  gesunder, 
sondern  ein  außerordentlich  gut  gebauter  Organismus,  derE. 
eine  unglaubliche  Leistungsfähigkeit  in  physischer,  wie  in 
geistiger  Hinsicht  sicherte.  Nur  ein  glücklich  ausgestatteter 
Organismus  macht  es  uns  begreiflich,  wie  es  überhaupt  ge- 
schehen konnte,  daß  der  Dichter,  trotz  seiner  höchst  unregel- 
mäßigen Lebensweise,  trotz  häufiger  Überanspannung  seiner 
körperlichen  und  geistigen  Ejrafte,  trotz  der  schrecklichen 
Verwüstungen  durch  den  Wahnsinn  und  Geschlechtskrankheit 
—  bis  kurz  vor  dem  Tode  noch  Wertvolles  zu  leisten  im 
Stande  war. 

Trotz  alledem  lag  aber  in  ihm  schon  von  Geburt  der 
Keim  des  yerhangnisvoUen  Übels,  das  ich  als  erbliche  Be- 
lastung bezeichnet  und  besprochen  habe  und  das  für  sein 
ganzes  Leben  so  fatal  gewesen,  auf  seine  Persönlichkeit  so 
nachteilig  gewirkt  hat 

Psychischer  Organismus.  £.  gehört,  wie  Viele  andere 
berühmte  EünsÜer  und  Denker,  weniger  zu  den  stillen^  ein- 
heitlichen, harmonischen,  sondern  mehr  zu  den  leidenschaft- 
lichen, zwiespaltigen,  £austischen  Naturen^  ohne  Züge  der 
ersten  Gruppe  zu  entbehren.  Schon  in  seinen  jungen  Jahren 
tritt  uns  der  Dichter  in  einer  solchen  Beleuchtung  entgegen 
nnd  so  ist  er  sein  ganzes  Leben  lang  geblieben,  wie  aus  den 
folgenden  Ausführungen  Caragiales  hervorgeht:  „So  habe  ich 
ihn  damals  kennen  gelernt,  so  ist  er  geblieben  bis  zu  seinen 

*)  Eines  dieser  Bilder  zeigt  £.  im  Alter  yon  19  Jaliren  nnd  ist 
in  dem  Band  „Scr."  veröffentlicht  worden.  Ebenda  findet  Bich  auch 
das  letzte  Bild  E.8,  von  1888,  also  nach  dem  Wahnsinnsansbruch. 
Das  beste  Bild  ist  das  in  der  Farn.  (XXXV,  Nr.  26)  wiedergegebene 
Dieses  leigt  uns  den  Dichter  in  seinem  ganzen  ftaßerlichen  Zaaber:  als 
«inen  Mann  von  ungewöhnlicher  Schönheit 


—    326    — 

letzten  klaren  Augenblicken:  heiter  and  traurig,  mitteilsam 
und  finster,  sanft  und  streng,  sehr  bescheiden  in  seinen  An- 
sprüchen und  doch  niemals  zufrieden,  bald  von  einer  mönchi- 
schen Zurückhaltung,  bald  gierig  nach  Lebensgenuß,  einmal 
die  Menschen  meidend,  ein  ander  Mal  sie  suchend;  gleichgütig 
wie  ein  greiser  Stoiker  und  erregbar  wie  ein  nervöses  Weib. 
Eine  sonderbare  Mischung!  OlücUich  für  den  Künstler,  un- 
glücklich für  den  Menschen'^  (J.  L.  C.  11.  s.  auch  M.  C.  3 
„Memoriu  asupra  lui  Eminescu*',  3.  Abs.). 

Diesem  anormalen  psychischen  Zustande  war  die  amor- 
male Lebensweise  nur  entsprechend,  die  Ton  Maiorescu  (Gri- 
goroTi^a  X — XI)  folgendermaßen  geschildert  wird:  „H^^% 
nahm  er  nur  narkotische  und  aufregende  Nahrungsmittel  zu 
sich.  Übermäßiges  Tabakrauchen  und  Kaffeetrinken,  schlaf- 
lose mit  Lesen  und  Schreiben  verbrachte  Nächte,  tagelanges 
Nichtessen  und  dann  mit  einem  Male  zur  ungewohnten  Stunde, 
nach  Mittemacht,  Genuß  von  Speisen  und  Getränken  ohne 
Maß  und  Auswahl,  —  darin  bestand  seine  Lebensweise'\ 

Gleich  andern  bekannten  zwiespältigen  Persönlichkeiten 
wie  Petrarca,  Rousseau,  Byron,  Heine,  Schopenhauer,  —  hatte 
auch  E.  eine  genialanormale  Natur,  mit  allen  Vorteilen  und 
allen  Nachfeilen,  mit  allen  Licht-  und  mit  allen  Schattenseiten 
einer  solchen.  Sein  ganzes  Leben,  seine  Betätigung  auf  den 
verschiedenen  öffentlichen  Gebieten,  besonders  auf  dem  der 
Politik,  ja  selbst  sein  künstlerisches  Schaffen  und  seine  Werke 
überhaupt  bieten  uns  zahlreiche  Beweise  dafür.  Geistig  und 
seelisch  erhaben,  sich  in  den  hohen  Sphären  der  Philosophie, 
in  der  Welt  des  abstrakten,  unpersönlichen  Denkens  be- 
wegend, war  er  zu  gleicher  Zeit  leidenschaftlich,  kampflustig, 
unruhig,  entrüstet  über  die  Lebenszustände,  denen  er  als  meta- 
physischer Philosoph  keine  Aufmerksamkeit  schenkte,  als 
Mensch  aber  mit  einer  beißenden  Satire,  ja  sogar  mit  Wut 
oder  mit  verzweifelter  Gemütsstimmung  entgegentrat  In  seiner 
Innerlichkeit  war  er  von  unendlich  hohen  Idealen  beseelt, 
mit  dem  Flug  seiner  Gedanken  entrückte  er  sich  dem 
Leben  alltäglichen  Menschen,  in  welchem  er  selbst  doch  hie 


—    327    — 

und  da  von  allzTimenschlichen  Schwäohen  bezwungen  herum 
irrte*) 

Sein  ganzes  Leben  zeigt  uns  einen  vollständigen  Mangel 
an  praktischem  Sinn,  an  Verständnis  ftir  die  gewöhnlichen 
Lebensbedürfnisse;  doch  war  seine  öffentliche  Tätigkeit  auf 
realistischen  Grundlagen  gebaut;  wenn  er  für  sich  höchst  un- 
praktisch arbeitete,  so  strebte  er  dagegen  mit  aller  Gründlich- 
keit und  mit  allem  Sinne  für  das  Praktische  und  Realisierbare 
zu  Gunsten  der  Gesellschaft  und  des  Volkes,  das  er  um  so 
mehr  liebte,  je  mehr  er  seine  Schwächen  und  Sünden  geißelte. 

Eine  andere  ebenso  hervortretende,  wie  charakteristische 
Eigenschaft,  die  das  Zwiespältige  in  E.s  Innenleben  zeigt,  ist 
sein  immer  angestrengtes,  unstillbares  geistiges  Literesse,  das 
im  schärfsten  Gegensatze  zu  seiner  fatalen  Nachlässigkeit  hin- 
sichtlich des  eigenen  körperlichen  Wohls  steht  Indem  sich 
sein  unruhiger  Geist  in  der  Aneignung  neuer  Kenntnisse 
unermüdlich  betätigte,  litt  der  Dichter  bekanntlich  jahrelang 
an  der  schrecklichen  Krankheit,  die  ihm  schließlich  soviel  Un- 
heil bringen  sollte,  und  sagte  Niemanden  etwas  davon.  Wenn 
er  für  Bücher  sein  letztes  Geld  ausgab,  so  vernachlässigte  er 
sogar  die  elementarsten  Lebensbedürfnisse  und  die  Pflege  seines 
Körpers  (s.  N.  R.  R  1902,  Bd.  1.,  S.  65;  Ighel  3;  Fam.  XXXV, 
311;  Trib.  1902,  Nr.  45). 

Intelligenz  und  Bildung.  E.s  Erziehung  und  Schul- 
bildung war  ohne  Zweifel  vom  Standpunkt  der  Pädagogik  aus 
sehr  lückenhaft.  Das  kann  gerechter  Weise  nicht  bestritten 
werden.  Schon  im  zarten  Alter  von  kaum  8  Jahren  wurde 
er  der  Familie  entrissen.  Die  Schule  hatte  er  sehr  früh  ver- 
lassen und  monatelang  allein,  ohne  irgend  eine  Aufsicht  und 
ohne  irgend  einen  Berater,  nur  auf  sich  selbst  angewiesen, 

*)  „Er  war  ewig  verliebt  und  ewig  in  Geldverlegenheit.  Konnte 
es  auch  anders  sein?  Er  war  ja  ein  Dichter  und  dazu  arm  .  .  .  Ewig 
träumte  er  von  zwei  „zarten,  kalten  Händen'',  ewig  war  er  auf  der 
Sache  nach  einem  Wacherer,  der  ihm  sein  Gehalt  auf  einige  Monate 
voraus  um  einen  Spottpreis  abkaufte."  (J.  L.  G.  26;  zu  vgl.  ebenda 
S.  20,  21  u.  22). 


—    828    — 

fremde  Linder  durchwandert  Viele  Jalire  hindoroh  lebte  er 
in  Armut  und  Not,  in  dem  fttr  die  Erziehung  gewiß  nidit 
günstigen  Milieu  umherziehender  Sohauepielertruppen. 

unter  solchen  VerhältniMen  mußte  jeder  normale  Mensch 
fftr  eine  wohlgeordnete  Erziehung  und  ernste  Schulbildung 
unrettbar  verloren  gehen.  Von  diesem  merkwürdigen  Manne 
aber  erfahren  wir,  er  habe  überall,  wo  er  sich  befand  -—  in 
CzemowitZi  in  Blasendorf,*)  in  Wien,**)  in  Jassj  und  in 
Bukarest  —  nicht  nur  seinen  Mitschülern  und  Freunden, 
sondern  auch  seinen  Lehrern  und  sogar  herrorragenden  6e* 
lehrten  wie  Maiorescu,  durch  seine  außerordentliche  Ffille  von 
Kenntnissen,  durch  die  Gfründlichkeit  seines  Wissens,  duich 
die  Elariieit  und  Sicherheit  seiner  Urteile  im  höchsten  Grsde 
imponiert  Wie  war  das  nun  möglich?  Zunächst  finden  wir 
eine  Erklärung  in  der  außerordentlichen  Gtoistesstarke,  die  der 
Dichter  besaß.  Ein  in  dieser  Hinsicht  sehr  kompetenter  Be* 
urteiler,  Maiorescu,  der  als  Professor  der  Philosophie  wie  auch 
als  ausgezeichneter  Menschenkenner  sich  gewiß  nicht  so  leicht 
Ton  einer  Intelligenz  bezaubern  lassen  kann,  spricht  darüber 
folgendermaßen:  „Was  dem  ganzen  Wesen  des  Dichters  E. 
das  charakteristische  Oeprfige  verleiht,  ist  zunächst  seine  hohe, 
durchdringende  Intelligenz,  zu  der  sich  ein  Gedächteds  ge* 
seilte,  welchem  das,  was  sich  einmal  im  G^emütsleben  des 
Dichters  festgesetzt  und  er  an  sich  erlebt  und  gefühlt  hatte, 
nie  mehr  entging  (auch  in  der  Zeit  nicht,  wo  die  Oeistes- 
Störung  auftrat),  solchermaßen,  daß  die  Lebenssphire,  die  er 
nach  eigenem  Sinne  und  ohne  jeden  Zwang  um  sich  geschaffen 
hatte,  für  ihn  zu  einer  fast  ausschließlichen  Innenwelt  jener 
Hauptideen  wurde,  welche  er  für  inmier  zu  den  seinigen  ge- 
macht und  welche  in  allen  seinen  Äußerungen  tonangebend 
zum  Vorschein  kamen".    (Ed.  M.  VH). 

Zu  einer  solchen  hohen  Intelligenz  gesellte  sich  noch  der 

*)  B.  An.  in,  11;  Trib.,  1902,  Nr.  45,  78,  81,  82. 

**}  Slavici  (Brief)  hatte  schon  bei  der  ersten  Zosammeakunft  in 
Wien  Yon  dem  Didhter  den  Eindmck  empfangen,  dieser  „wisse  viel  mehr 
als  in  den  rumänischen  Mittelschalen  gelernt  wird.*' 


—    329    — 

Fleiß  des  Dichters  and  jener  faustische  Drang  nach  Wahrheit. 
Über  seinen  Fleiß  sagt  Maiorescn  (£<L  M.  XI):  ,^rei  Ton 
jedem  egoistischen  Interesse,  wendete  er  seine  Aufmerksamkeit 
in  desto  regerem  Maße  allen  Bestrebungen  des  intellektuellen 
Lebens  su  und  interessierte  sich  in  lebhafter  Weise  bald  für 
die  schriftstellerischen  Erfolge  irgend  eines  Freundes,  bald  für 
die  mannigfiichen  Erscheinungen  in  der  rumänischen  Literatur, 
welche  er  zu  lesen  nie  versäumte,  bald  für  das  Studium  der 
philosophischen  Bewegung  in  Europa  —  sich  in  dieses  Stu- 
diom  yertiefend  und  die  geschichtlichen  Quellen,  welche  er 
bis  in  die  kleinsten  Einzelheiten  kannte,  Terfblgend  —  oder 
er  beteiligte  sich  endlich  an  den  politischen  Kämpfen  seines 
Landes''. 

Eine  derartige  Intelligenz  und  ein  derartiger  Fleiß  er- 
klären, was  unter  dem  bloßen  Einfluß  der  Erziehung  und  des 
Schulstudiums  E.s  unerklärlich  sein  würde:  die  gründliche^ 
vielseitige^  allgemeine  Bildung,  die  uns  aus  seiner  öffentlichen 
Tätigkeit,  aus  allen  seinen  Schriften  entgegen  tritt  und  uns 
in  Erstaunen  setzt.  Besonders  in  3  Hauptrichtungen  betätigte 
tich  der  Wissensdrang  des  Dichters  und  gestalteten  sich  seine 
Kenntaiisse:  in  geschichtlicher,  in  literarischer,  und  in  philo- 
sophischer Richtung.  Bemerkenswert  ist  noch,  daß  alle  die- 
jenigen Wissensgebiete,  die  zu  diesen  3  Hauptrichtungen  in 
irgend  einer  Beziehung  stehen,  von  ihm  gleichfialls  eifrig 
studiert  worden  sind.  So  interessierte  er  sich  nicht  bloß  für 
die  Literatur  im  eigenÜichen  Sinne,  sondern  überhaupt  für 
alles  was  Kunst  ist,  in  erster  Linie  für  das  Theater,  ebenso 
auch  für  Malerei,  Bildhauerkunst  und  Musik  (M.  E.  „Memo- 
ria ..  .  J^^  Abs.  6).  Was  das  QeschichÜiche  und  das  Philo- 
sophische anlangt,  so  interessierten  ihn  sowohl  die  modernen 
wie  auch  die  alten  Quellen  bis  in  die  entfernte  Vergangenheit 
der  Inder.  Seine  sprachliche  Bildung  war  eine  vielumfassende. 
Er  beherrschte  die  deutsche,  die  französische  und  die  lateini- 
sche Sprache  sehr  gut,  hatte  —  wie  es  scheint  —  gute  Kennt- 
nisse auch  des  Griechischen  (YIaL,  Farn.  XXXVII,  S.  70),  das 
er  als  Schüler  angeblich  nicht  eben  gern  gehabt  haben  soll 


—    330    — 

(Trib.  1902,  Nr.  45),  und  soll  die  altslavische,  italienische, 
türkische  und  albanesische  Sprache  verstanden  haben.  (M.E.3} 
„Memoriu  .  .",  Abs.  4);  viel  beschäftigte  er  sich  auch  mit 
dem  Sanskrit  (Scr.  82).  In  seiner  Muttersprache  war  er  ein 
unerreichter  Meister.  Er  schaffte  eine  meisterhafte,  reiehe 
und  gewandte  dichterische  Sprache,  die  für  die  abstraktesten 
Begriffe  geeignet  und  der  schönsten  und  klarsten  Piastizitat 
fähig  ist.  Die  Kenntnis  der  yerschiedenen  rumänischen  Mund- 
arten in  der  Großen  Walachei,  Moldau,  Bukowina  und  in 
Siebenbürgen,  das  eifrige  Lesen  der  rumänischen  Literator, 
das  unermüdliche  Studium  der  alten  Chronisten  (Farn.  XXXVU, 
69)  und  der  alten  Sprachdenkmäler  (s.  Gaster,  Lit.  pop.  rem. 
S.  577—79),  schließlich  die  unerschöpfliche  Quelle  der  Volks- 
sprache und  Volkspoesie,  der  er  sich  immer  mit  begeisterter 
Vorliebe  zuwandte,  —  das  alles,  noch  von  dem  ästhetischen 
Feinsinne  des  Dichters  höchst  begünstigt,  hat  ihm  in  der  £nt- 
wickelung  der  rumänischen  Sprache  und  des  rumänischen 
Stils  eine  glorreiche  Stellung  gesichert  Die  geschichÜiche 
und  philosophische  Bildung  des  Dichters  war  gleichfalls  yiel- 
umfassend,  wie  das  seine  verschiedenen  Prosaschriften  und 
G-edichte  bezeugen.  In  den  Jahren  1882  und  1883  widmete 
er  sich  besonders  den  exakten  Wissenschaften,  nämlich  der 
Chemie,  Mechanik  und  Differential-Rechnung*)  (Slavic)  Brief)- 
Auch  scheint  ihn  die  Astronomie  interessiert  zu  haben;  das 
beweist  er  unmittelbar  selbst  in  der  ersten  „Satire**;  auch  die 
häufigen  kosmischen  Anspielungen,  die  in  manchen  seiner 
Gedichte,  besonders  in  der  zitierten  Satire  und  im  „Abend- 
stem**  vorkommen,  bezeugen  das.  Daß  E.  sich  mit  den  exakten 
Wissenschaften  beschäftigte,  wurde  mir  seitens  desjenigen 
Freundes  E.s  bestätigt,  der  unbekannt  zu  bleiben  wünscht 


*)  Die  Manuskripte  £.6,  die  jetzt  die  rumänische  Akademie  in 
Bukarest  besitzti  enthalten  ganze  Seiten  Ober  Magnetismus,  £lektrizitilt) 
unbegreifliche  mathematische  Fonnehi  etc.  Wahrscheinlich  sind  manche 
davon  in  der  Zeit  geschrieben,  wo  der  Keim  des  Wahnsinns  zu  wirken 
schon  angeÜEUigen  hatte.    (J.  A.  Räd.,  Brief). 


—    331    — 

Er  behauptet,  der  Dichter  habe  sich  z.  B,  mit  den  Theorien 
der  Wärme  and  mit  der  Graphostatik  beschäftigt,  —  eine 
Nachricht,  die  nm  so  glanbenswürdiger  ist,  als  der  betreffende 
Freund,  der  selbst  ein  Fachmann  auf  dem  Gebiete  der  exakten 
Wissenschaften  ist,  die  Kenntnisse  des  Dichters  zu  prüfen 
im  Stande  war.  Derselbe  Mann  —  mit  dem  E.  sehr  innige 
Beziehungen  pflegte  —  behauptet  mit  Recht,  dieser  habe  alle 
Wissenschaften  Ton  einem  reinen  selbstlosen  Wahrheitsdrang 
bewogen,  getrieben. 

Man  darf  aber  auch  die  Nachteile  einer  so  vielseitigen 
intellektuellen  Beschäftigung  nicht  yerschweigen.  So  ist  in 
erster  Linie  das  Fehlen  einer  streng-wissenschaftlichen  Methode 
in  seinen  diesbezüglichen  Schriftien  und  besonders  die  Unmög- 
lichkeit eines  zusammenhängenden  Schaffens  einer  größeren 
wissenschafUichen  Arbeit  auf  einem  bestimmten,  fest  begrenz- 
ten Giebiete  zu  nennen;  nur  daß  diese  Nachteile  bei  ihm  viel 
weniger  in  Betracht  kommen  können,  als  man  wohl  glauben 
möchte.  Die  Beurteilung  eines  Mannes,  wenn  sie  gerecht 
sein  soll,  darf  niemals  seine  eigentliche  Individualität  und 
seine  Zwecke  außer  Acht  lassen.  Eine  solche  objektive  Be- 
trachtung muß  aber  von  vornherein  feststellen,  daß  auch  die 
Individualitat  E.S  nicht  für  ein  rein  wissenschaftliches  Wirken 
bestimmt  war  und  auch  seine  Zwecke  nicht  rein  Wissenschaft-  ' 
hoher  Art  gewesen  sind.  Er  war  in  erster  und  in  letzter  Linie 
Dichter,  und  als  solcher  mußte  er  sich  eher  eine  encyclo- 
pädische,  als  eine  &chmännisch-wissenschaftliche  Bildung  an- 
eignen. 

Ks  Innenleben.  Auch  sein  Innenleben  —  das  bei  der 
Behandlung  seiner  schriftstellerischen  Tätigkeit  und  beson- 
ders seiner  Dichtung  naher  zu  beleuchten  ist  —  zeigt  uns 
dieselbe  Zwiespältigkeit,  wie  die  Individualität  des  Dichters 
überhaupt.  Melancholie  und  Lebenslust,  romantische  Träu- 
merei und  ein  außerordentlicher  Tätigkeitsdrang,  künstlerisches 
Genießen  und  leidenschafüüche  politische  Gefühle,  höchst  ent- 
wickelte Phantasie  und  Anlage  zum  abstrakten,  philosophi- 
sdien  Denken,  Liebe  zur  Natur  und  eine  pessimistische  Welt- 


—    382    — 

ansohanong,  tiefe  religiöBe  Überzeagung*)  tuid  aÜieistasohe 
Anfalle. 

Grandzfige  in  Rb  Charakter.  £.s  Leben  wie  auch 
seine  Tätigkeit  zeigen  uns  die  Selbstlosigkeit  als  einen  stets 
im  Vordergründe  stehenden  Zug  seines  Charakters.  Niemak 
hat  er  sich  selbst  und  sein  Interesse  als  Ziel  hingestellt 
,,Eminesca  war  der  unpersönlichste  Mensch,  den  ich  je  kennen 
gelernt  habe**,  sagt  Ton  ihm  Negrozzi  (C.  L  XXIU,  289£). 
Hand  in  Hand  mit  diesem  Grundzug  seines  Charakters  geht 
seine  Bescheidenheit,  —  eine  Eigenschaft,  die  großen  Talenten 
nicht  allzu  häufig  eigen  ist.  Überall  in  der  Öffentlichkeit 
zeigte  er  sich  einfach  und  schlicht  Als  ihm  die  Verleihung 
eines  Ordens  in  Aussicht  gestellt  wurde,  wehrte  er  sich  ener- 
gisch dagegen.  (Ed.  M  X)  Hinsichtlich  seiner  literarischen  Er- 
zeugnisse bewahrte  der  Dichter  diese  Tollkommene  Bescheiden- 
heit Aus  Wien  schrieb  er  an  Negruzzi,  er  könne  ruhig  die 
nicht  gelungenen  Strophen  seiner  Gedichte  streichen,  denn  „er 
sei  in  das,  was  er  schreibe,  keineswegs  verliebt''  und  „er  wisse 
wohl,  daß  auch  das,  was  stehen  bleibe,  keinen  besonderen  Wert 
habe"  (C.  L.  XXV,  903ff.). 

Aber  die  Bescheidenheit  des  Dichters  bedeutete  bei  weitem 
nicht,  daß  er  sich  seines  Talentes  und  seiner  hervorragenden 
Persönlichkeit  nicht  bewußt  gewesen  sei  In  der  zweiten  Satire 
(Sar.  LIV)  spricht  er  mit  einer  großen  Verachtung  von  den 
Menschen  seines  Zeitalters  und  ihren  Gefühlen  (sei  es  Haß, 
sei  es  Lob)  ihm  gegenüber: 

,  J)e-oi  urma  sä  seriu  in  versurl,  teamä-mi  e  ca  nu  cumva 
„Oamenif**)  din  ziua  de-ast&zt  sS  mä'nceap'  a  l&uda. 
„Daefi  port  cu  usurin^  si  cu  zimbet  a  lor  ur&, 
„Laudele  lor  de  sigur  m'ar  mthni  peste  mSsudL  (S.  139] 

♦)  „Für  die  R  e  1  i  g  i  0  n  seiner  Yorfohren  —  Bohreibt  sein  Freund  **,— 
hatte  er  ein  tiefes  achtungsvolles  Gefühl".  Dafclr  spricht  auch  sein 
mystisches  Gedicht  ,,Rugäcmne'*  (Sar.  CT),  und  manche  seiner  politischen 
Aufsätee  (s.  s.  B.  „G.  d.  a."  21S,,\  Dagegen  schlfigt  er  in  ,Jmp.  ^i 
ProL''  (Sar.  XXV),  in  ,,Biig.  onni  Dac*<  (Sar.  XU)  atheistisehe  Saiten  aa. 

**)  In  dem  ursprünglichen  Texte,  den  der  Diohter  in  der  .yJiinimeft" 


—    833    — 

Ein  wunderbareB  Bfld  veranschaulicht  uns  das  Bewußt- 
sein, das  der  Dichter  von  dem  unyerg&nglichen  Wert  seines 
Schaffens  hatte,  in  dem  Gedichte  „Cum  ai  pntut^^,  wo  er 
Beiner  Geliebten  den  künftigen  Rohm  seiner  Dichtung  ver- 
kündet: 

„In  mintea  vremilor  ce  vin 

Va  rSsSri  cuvlntu-mi, 

Cu'  ntreg  al  sufletului  chin, 

Ca  iarba  pe  mormlntu-ml. 

(P.  P.  90) 
Das  Selbstbewustsein  E.s  hinsichtlich  seines  Schaffens 
wird  auch  durch  die  große  Empfindlichkeit  bestätigt,  die  er 
bei  der  Earitik,  die  in  der  „Junimea*'  manchmal  an  seinen  Ge- 
dichten geübt  wurde,  zeigte.  Negruzzi  charakterisiert  ihn  als 
ebes  der  empfindlichsten  Mitglieder  jener  Gesellschaft.  Mehr- 
mals geschah  es,  daß  infolge  irgend  einer  kritischen  Bemer- 
kung, der  Dichter  mitten  im  Vorlesen  plötzlich  stehen  blieb, 
und  nur  mit  großer  Mühe  konnte  man  ihn  bewegen,  weiter 
zu  lesen  (Omagiu,  S.  8  f.). 

Auch  ein  berechtigter  Stolz  gehörte  dem  Grundzuge  seines 
Charakters  an.  Lieber  litt  er  das  größte  Elend,  als  daß  er 
eine  Unterstützung  annahm,  die  er  als  seine  Würde  verletzend, 
ansah.  Selbst  in  den  schweren  Tagen  seiner  Krankheit  und 
Not  blieb  er  in  dieser  Beziehung  derselbe;  seine  Schwester 
schreibt  von  ihm,  er  sei  „stolz  ohne  Gleichen"  (Scr.  125).*  Im 
Jahre  1876  verWgte  der  Kultusminister  von  ihm  die  Rück- 
zahlung einer  Summe  von  100  Dukaten,  die  ihm,  wie  es 
scheint,  nicht  als  Darlehn,  sondern  als  Unterstützung  für  seine 

Torgelesen  hatfce,  klangen  diese  Vene  noch  nnbarmhemger,  da  Ton  ihm 
•titt  „oamMiii'*  ^  „famenii'*  und  statt  ^^mihni'*  —  „scirbi*'  geschrieben 
▼ovden  war.  Nur  infolge  einer  langen  Debatte,  in  welcher  manche 
Mitglieder  diese  Wörter  als  an  scharf  bezeichneten,  gab  er  nach  und 
nahm  die  yorgesehlagenen  Veränderongen  au  (I.  L.C.  291) 

*)  Dasselbe  bestätigt  I.  L.  C.  (15):  „Dieser  E.  hat  viel  gelitten, 
aber  er  hat  sich  nie  beugen  lassen;  er  war  ein  Mann  aus  einem  Guß 
«ad  ans  keinem  alltäglichen'*. 


—    334    — 

Studien  in  Berlin  bewilligt  worden  waren.  Würdevoll  und 
stolz  antwortete  der  Dichter,  er  sei  sofort  bereit,  die  Berech- 
tigung der  Forderung  anzuerkennen,  obwohl  er  von  einem 
Darlehn  nichts  wisse,  und  er  empfehle  für  die  Deckung  der 
Summe  ein  Drittel  seines  monatlichen  Gehaltes  (Nr.  222  d. 
Aktenstücke  d.  Schulinspektorats  zu  Jassy  für  1876).  Also 
kein  bittendes  Wort  und  kein  Verweigern  der  Zahlung,  ob- 
gleich die  Forderung  nicht  eben  einwandfrei  und  seine  ma- 
terielle Lage  nicht  besonders  günstig  war,  —  sondern  die 
stolze  Antwort  eines  Mannes,  der  seine  Pflicht  wohl  kennt,  zu 
Bitten  aber  keineswegs  geneigt  ist 

Zwei  andere  Grundzüge  von  Ks  Charakter  sind  seine 
Wahrheitsliebe  und  seine  Furchtiosigkeit,  die  durch  alles,  was 
er  im  öfifentlichen  Leben  geschrieben  und  getan  hat^  bestätigt 
werden.  Er  war  ein  Mann,  der  niemanden  fürchtete,  und  dem 
seine  Überzeugungen  allein  Wort  und  Tat  bestimmen  konnten. 
Selbst  in  seinen  politischen  Schriften,  wo  er  übermäßig  leiden- 
schaftlich auf  die  Gegner  seiner  Partei  losginge  spiegelte  sich 
überall  eine  Tolle  AuMchtigkeit  wieder,  und  seine  Aufsitze 
erwecken  in  jedem  Unbefangenen  den  Eindruck,  ihr  Verfasser 
habe  immer  nur  das  geschrieben,  was  er  gefühlt  und  ge- 
glaubt hat. 

Allerdings  hat  der  Charakter  E.s  auch  seine  Schattenseiten 
(Scr.  113 1.  Reihe),  die  der  unvollkommenen  menschlichen  Natur 
überhaupt,  und  der  psychischen  Zwiespältigkeit  des  Dichteis 
im  besonderen  entspringen.  So  ist  er  in  erster  Linie  immer 
ein  sehr  unpraktischer  Mensch  gewesen  und  seine  Tugend 
nicht  an  sich  selbst  zu  denken,  wurde  nur  zu  oft  ein  Charakter- 
fehler,  dem  seine  unregelmäßige  Lebensweise  und  manche 
andere  üble  Eigenschaften  (wie  Leichtsinn,  Unbeständigkeit 
u.  dergL  mehr)  nicht  in  geringem  Maße  zuzuschreiben  sind. 
Dann  ist  noch  eine  gewisse  Weichlichkeit  und  mit  dieser  yer- 
bunden  ein  starker  Zug  von  Sinnlichkeit  in  seinem  Charakter 
nicht  zu  verkennen  (J.  L.  C.  13  f)  Doch  konnte  diese  Weich- 
lichkeit nie  jener  zähen  männlichen  Energie,  die  E.  eigen 
war,  irgend  welche  Schranken  setzen,  imd   trotz   der  sinn- 


—    335    — 

liehen  Neigungen  blieb  sein  moralisches  Innenleben,  so  lange 
er  gesund  war,  aller  Verdorbenheit  fremd. 

Darum  will  nnd  darf  ich  diesen  Schwächen  auch  keine 
besondere  Aufmerksamkeit  zuwenden,  um  nicht  in  jenen  Fehler 
zn  geraten,  den  der  Dichter  selbst  an  manchen  engherzigen 
Biographen  so  herrlich  verspottet  hat: 

^Dann  durchstöbern  sie  Dein  Leben,  emsig  suchend  zu  ent- 
decken 
Niederträchtigkeit,  Skandale,  schwarze  Seiten,  viele  Flecken, 
Denn  das  bringt  Dich  ihnen  näher;  nicht  das  Licht,  das  Du 

erstrebt 
Einst  hinieden  auszugießen,  was  vom  Staube  an  Dir  klebt, 
Schwachheit,  Sünde,  Schuld,  Verzagen,  alles  Leid,  das  stets 

sich  band 
Auf  YerhängnisvoUe  Weise  an  die  erdgebome  Hand, 
All  die  kleinen  Nichtigkeiten,  Deiner  Seele  Qual  und  Nacht 
Wird  sie  anziehn  mehr  als  alles,  was  Du  Hohes  je  gedacht.*' 

(1.  Satire,  R  Dicht.  S.  206.) 

£.s  Bestrebungen  und  Ideale.  Wo  haben  wir  nun 
den  Brennpunkt  dieser  Bestrebungen  und  Ideale  zu  suchen? 
Seltsamer  Weise  eben  auf  dem  Gebiete,  wo  der  Dichter  von 
manchen  Kritikern  (S.  Gram.  St  er.,  A.  D.,  Rev.  C.  II,  193  ff., 
386£)  auf  das  schärfste  angegriffen  und  beschuldigt  worden 
i3t:  in  seinen  Bestrebungen  und  Idealen  für  das  Wohl  seines 
Vaterlandes,  für  das  Blühen  und  Gedeihen  seines  Volkes,  denn 
hier  liegen  die  größten  und  letzten  Ziele  seines  Lebens  und 
seiner  Tätigkeii  Diese  Ziele  hatte  er  sich  schon  damals  ge- 
setzt als  er  aus  Berlin  nach  Rumänien  zurückkehrte  (vgl.  sein 
Brief  von  1882)  und  sich  hier  niederließ.  Seine  Betätigung 
^  Bibliothekar,  sein  Wirken  als  Schulinspektor,  sein  lang- 
jähriger, unermüdlicher  Kampf  als  politischer  Schriftsteller, 
*Be8  ist  im  letzten  Grunde  von  seiner  Volks-  und  Vaterlands- 
liebe beseelt.  Dies  bildet  die  Grundstinmiung  einer  seiner 
«chönrten  Dichtungen,  der  3.  Satire  (Sar.  LV)  und  mancher 
äderen  Gedichte,  wie  auch  eines  großen  Teils  seiner  Prosa- 


—    336    — 

schrifteiu     Allerdings  hat  er  seine  nationalen  Bestrebongen 
und  Ideale  in  der  Art,  wie  er  sie  ffthlte  und  verstand,  und 
nicht  in  der  üblichen  Art  des  konventionellen  Patriotismus 
geltend  gemacht    Keiner  haßte  wie  er  so  tief  und  so  leiden- 
schaftlich die   patriotische  Phrase    und   die   demagogischen 
Patrioten.     Seine  Wut  gegen  diese    war    grenzenlos;   seine 
Schriften  enthalten  hierüber  äußerst  scharfe  und  sehr  treffende 
Bemerkungen.    Er  war  sich  wohl  bewußt,  daß  nur  die  red- 
liche Arbeit  für  das  allgemeine  Wohl,  nur  das  Stadium  der 
tatsächlichen  Zustände  des  Landes  und  des  Volkes,  nur  der 
ernste  Wille  die  Übel  zu  beseitigen,  das  Streben  jedes  guten 
Stammesgenossen  zu  leiten  habe.  Nicht  die  Äußerlichkeit  der 
nationalen  Gesinnung,  nicht  die  verschiedenen  nationalen  Fest- 
lichkeiten und  der  kritiklose  nationale  Optimismus,  sondern 
das  Eindringen  in  den  Kern  aller  nationalen  Angelegenheiten, 
das  Eingreifen  in  die  gegebenen  Tatsachen,  das  Begreifen  des 
Wesens  seines  Volkes  und  der  Bedürfnisse  seines  Vaterlandes, 
das  selbstlose  Wirken  für  die  Nation,  nur  das  ist  wahrer  Pa- 
triotismus.   Keine  Falschheit  der  Gesinnungen,  keinen  über- 
schwenglichen, leichten  Idealismus  konnte  er  leiden;  nur  eine 
nüchtern  überlegende,   realistische  nationale  Gesinnung  war 
ihm  willkommen.    Daher  rührte  auch  sein  Haß  gegen  jene 
oberen  Schichten  der  rumänischen  Gesellschafi^  die  er  als  eine 
wenig  glückliche  Mischung  von  Griechen,  Bulgaren  und  Ar- 
meniern betrachtete,  die  kosmopolitischen,  oberflächlich  aus 
dem  Auslande  eingeführten  Ideen  huldigte;  daher  die  Hoch- 
achtung, die  er  für  die  alten  rumänischen  Bojaren  hatte,  daher 
auch  die  Begeisterung,  mit  der  er  seine  nationale  Gesinnung 
allen  rumänischen  Volksgenossen,  seien  sie  aus  dem  König- 
reiche oder  außerhalb  desselben,  zuwandte.    (S.  „Doina*^,  Sar. 
LVH;  „La  arme",  P.  P.  35,  C.  L.  XXV,  903ff.  Brief  E.  an  lle- 
gruzzi;  Nov.  149 ff;  Div.  1—36). 

Es  ist  wahr,  eine  pessimistische  Grundstimmung  kenn- 
zeichnet die  Volks-  und  Vaterlandsliebe  E.S,  doch  beweist  uns 
diese  Grundstimmung,  wie  er  aus  vollem  Herzen  für  die  Zu- 
kunft seines  Landes  und  seiner  Nation  überhaupt  besoif^  war. 


-    337    - 

Und  wer  weiß,  ob  eine  solche  pessimistische  Gnindstimmang 
einer  optimistischen  nicht  yorzoziehen  ist,  zumal  wenn  es  sich 
tun  solche  nationale  Zustände  handelt,  wie  die  von  E.  durch- 
lebten, und  wenn  die  pessimistische  Auffassung  nicht  zur  Ver- 
zweiflung und  Untätigkeit,  sondern  zu  einer  um  so  ange- 
strengteren Arbeit  fftr  das  öffentliche  Wohl  wirkt,  wie  es  bei 
ihm  tatsächlich  der  Fall  war. 

Tragik  in  Ks  Leben.  Ob  von  einer  Tragik  in  E.s  Leben 
die  Bede  sein  kann,  darüber  besteht  für  diejenigen,  die  sein 
Schicksal  näher  kennen,  kein  Zweifel.  Der  Dichter  lebte  größten- 
teils inmitten  solcher  Umstände,  mit  denen  er  fortwährend 
kämpfen  und  denen  er  schließlich  unterliegen  mußte.  Ich 
meine  damit  hauptsächlich  seine  furchtbare  Krankheit  und 
seinen  Wahnsinn.  Dazu  gesellten  sich  weiter  eine  Menge 
äußerer  Umstände,  die  sein  Leben  verbitterten:  lange  Jahre 
hindurch  ist  er  Ton  seinem  Volke  unbeachtet  geblieben  und 
sein  Talent  von  vielen  unterschätzt  worden;  in  seiner  öffent- 
lichen Tätigkeit  widerfuhren  ihm  schreiende  Ungerechtig- 
keiten; in  materieller  Beziehung  mußte  er  fortwährend  gegen 
Not  und  Entbehrungen  kämpfen.  Als  er  trotz  alledem  sich 
ans  diesen  traurigen  Umständen  zu  den  höchsten  Stufen  künst- 
lerischen Schaffens  emporgerafit  hatte,  da  kamen  jene  qual- 
vollen Jahre  der  geistigen  und  körperlichen  Zerrüttung,  leid- 
voUe  Augenblicke  von  hellem  Bewußtsein  und  scheinbarer 
Besserung,  bis  er  schließlich  dem  bösen  Schicksal  seines  Lebens 
unterliegen  mußte.  Das  ist  ohne  Zweifel  eine  Tragik,  ja  so- 
gar eine  erschütternde  Tragik,  die  den  Dichter  uns  menschlich 
um  so  näher  bringt,  seine  Persönlichkeit  aber  für  die  Nach- 
welt um  so  beachtenswerter  gestaltet. 

B.  Eminescus  Prosaschriften. 

I  Allgemeine  Betrachtungen  über  die  Werke  E.s;  ihre  ver- 
schiedenen  Arten  und  Ausgaben. 

Zu  Lebzeiten  unseres  Dichters  ist  kaum  ein  Band  Ge- 
dichte von  ihm  erschienen;  die  anderen  Schriften  waren  in 
Welgand,  10.  Jahresbaricht.  22 


—    338    — 

Tersohiedenen  Zeitschriften  und  Zeitungen  zerstreut;  von  seinen 
Manuskripten  wußte  man  damals  sehr  wenig.  Erst  geraume 
Zeit  nach  dem  Tode  des  Dichters  wurden  auch  andere  seiner 
Werke  in  mehreren  Bänden  gesammelt  G^enwärtig  werden 
auch  seine  Manuskripte  veröffentlicht  Ein  Band  Gedichte 
aus  ihnen  ist  bereits  erschienen,  weitere  sollen  folgen. 

Was  die  schriftstellerische  Tätigkeit  Rs  betrifft^  so  ist 
sie  wenig  umfangreich  auf  schonwissenschaftlichem  Gebiete, 
aber  sehr  umfangreich,  wenn  man  auch  seine  politischen  Auf- 
sätze mitzählt.  Immerhin  hat  er  weniger  geschrieben,  als 
man  von  seiner  unermüdlichen  Schaffenslust  hätte  erwarten 
können.  Besonders  sein  dichterisches  Talent  war  ein  so  un- 
erschöpfliches, daß  er  die  Freunde  der  rumänischen  Literatur 
zu  den  weitgehendsten  Hoffiiungen  auch  hinsichtlich  des  um- 
fangs  und  der  Zahl  seiner  Werke  berechtigte.  Vor  allem  ist 
hierbei  zu  berücksichtigen,  daß  ihm  die  Zeit  zum  Schaffen 
fehlte. 

Ziemlich  spät  hat  sich  der  Dichter  zu  seiner  vollständigen 
Reife  entwickelt,  und  kaum  33  Jahre  alt,  wurde  er  yom 
Wahnsinne  befallen.  Es  kamen  dann  noch  die  langen  Jahre 
der  Krankheit,  voll  Leiden  und  Verzweiflung,  die  ihn  mit  nur 
kurzen  Unterbrechungen  bis  an  seinen  Tod  gequält  haben 
die  armseligen  materiellen  Verhältnisse,  aus  denen,  wie  vir 
im  ersten  Teile  gesehen  haben,  der  Dichter  nie  heraus  kam. 

Die  Yerschiedenen  Arten  und  die  Ausgaben  der 
Werke  Ks.  Wenn  man  E.s  ganzes  Schaffen  kennen  und 
dadurch  ein  treues  Bild  seiner  schriftstellerischen  Persönlich- 
keit gewinnen  will^  so  muß  man  unbedingt  alle  Schriften, 
deren  Verfasser  er  ist,  ohne  Rücksicht  darauf  ob  sie  der  Lite- 
ratur im  engeren  Siime  angehören  oder  nicht,  in  Betracht 
ziehen,  nur  dadurch  kann  man  seiner  Bedeutung  in  dem  ru- 
mänischen Geistesleben  gerecht  werden.  Eine  derartige  Auf- 
gabe erachte  ich  um  so  mehr  als  notwendig,  als  alle  Kritiker, 
die  sich  mit  E.  befsißten,  ihn  vorzugsweise  als  Dichter  behan- 
delt haben. 

Die  Werke  und  Schriften  E.s  sind  uns  aber  bis  heute 


-    339    — 

noch  bei  Weitem  nicht  alle  bekannt;  keine  einzige  vollständige 
Ausgabe  steht  uns  zur  Verfügung;  noch  weniger  irgend  eine 
kritische  Ausgabe,  sei  es  seiner  Gedichte,  sei  es  seiner  Prosa- 
schriften. 

Außerdem  hat  er  yerschiedene  politisch-geschichtliche  oder 
koltar-geschichtliche  Abhandlungen,  kleinere  wissenschaftliche 
und  literarische  Schriften  und  eine  große  Anzahl  politischer 
Aufsätze  Yeröfifentlicht;  auch  einige  Übersetzungen  sind  ihm 
zu  verdanken.  Das  unveröffentlichte  Material  ist  gleichfalls 
mannigfiJtig  und  von  Bedeutung,  wenn  auch,  weil  meist  un- 
vollendet, nicht  von  so  hohem  aesthetisch-Uterarischem  Werte. 

1.  Gedichte.  Der  erste  Band  von  E.s  Gedichten  ist  von 
Maiorescu  im  Jahre  1883  herausgegeben  worden.  Er  ist  von 
dem  Herausgeber  mit  großer  Sorgfalt  zusammengestellt,  nur 
ist  er  weder  eine  vollständige  noch  kritische  Ausgabe  der  von 
E.  bis  zu  jenem  Jahre  geschriebenen  Gedichte,  sondern  bloß 
eine  von  M.  gemachte  Auswahl  von  73  derselben.  Die  Ver- 
öffentlichung ist  wahrend  der  Abwesenheit  des  Dichters  aus 
dem  Lande  geschehen;  M.  betont  ausdrücklich,  daß  die  „Ge- 
dichte von  £.  selbst  nicht  nachgesehen  worden  sind,  infolge- 
dessen jener  Verbesserungen  entbehren,  die  er  wenigstens  in 
den  alten  („Venere  fi  Madonä",  „Mortua  est",  „Egipetul'S 
JNoaptea'',  „Inger  de  pazä'',  „Impärat  ^  proletar*',  ,JRugäciunea 
onul  Dac'',  Inger  si  demon)  durchzufahren  dachte^'  (Ed.  M. 
Vorwort  IV).  Nach  dem  eigenen  Bekenntnis  M.s  ist  der  Band 
„f&r  die  Liebhaber  der  rumänischen  Literatur'*,  also  nicht  von 
wissenschaftlich-kritischen  Gesichtspunkten  aus  zusammenge- 
stelli  So  ist  es  erklSarlich,  daß  der  Herausgeber,  in  seiner 
Bigensehaft  als  intimer  literarischer  Freund  des  Dichters  und 
noch  dazu  als  einer  der  kompetentesten  rumänischen  Kritiker 
und  Aesthetiker  manches  an  den  Gedichten  geändert  hat,  wie 
J.  L.  C.  (29  ff)  behauptet  Eine  Feststellung  des  ursprung- 
Kdien  Textes,  d.  h.  die  Herstellung  der  von  dem  Dichter  selbst 
geMshriebenen  Gedichte  ist  bis  jetzt  noch  nicht  versucht 
worden;  mir  war  die  Aufgabe  gleichfaUs  zu  lösen  unmog- 
lidi,  da  ich  die  betreffenden  Manuskripte  nicht   bekommen 

22* 


—     340    — 

konnte.    Der  Ton  M.  herausgegebene  Band  hat  bis  1895  sieben 
Auflagen  erreicht 

Im  Jahre  1890  yeroffentlichte  ein  anderer  Freund  des 
Dichters, y.  G.  Mor(un,den  Band  „Prozä  si  versuri''  (Jassy), 
welcher  sowohl  Prosawerke  wie  Gedichte  enthali  Die  Prosa- 
werke enthalten  ein  Märchen  „FSt  frumos  din  lacrimä'', 
eine  Novelle  „Sermanul  Dionis'*  und  eine  kultur-politische 
Abhandlung  Jlnfluenfa  austriaca".  Unter  den  Gedichten 
finden  wir  mehrere,  die  in  dem  Bande  Maiorescus  nicht  auf- 
genommen worden  sind;  zwölf  davon  sind  Jugendgedicbte. 
Auch  der  Band  Mor^uns  ist  keine  kritische  Ausgabe.  Er 
enthält  aber  ein  Verzeichnis  (245 ff.),  in  dem  die  genaue  An- 
gabe des  ersten  Erscheinens  jedes  Stuckes  zu  finden  ist 
Übrigens  enthält  auch  dieser  Band  kein  bis  dahin  ungedruckies 
Erzeugnis  E.s. 

Einige  Jahre  später  (bestimmt  kann  ich  die  Zeit  nicht 
angeben,  da  das  betreffende  Buch  keine  Jahresangabe  tragt) 
erschien  eine  mit  einem  Vorwort  von  Xenopol  versehene  Aus- 
gabe der  Gedichte  E.s,  die  der  Bruder  „l^araga^^  in  Jassj. 
Diese  enthält  102  Gedichte  und  zehn  Volkslieder  oder  in 
volkstümlichem  Tone  verfaßte  Lieder  E.s.  Doch  sind  das  nicht 
sämtliche  Gedichte  (Poezii  Gomplecte),  wie  in  dem  Titel 
des  Buches  gesagt  wird,  sondern  nur  die  bis  zu  jener  Zeit 
veröffentlichten  Gedichte.  Erst  später  erschienen  neue,  der  Öffent- 
lichkeit vollständig  unbekannte,  seinen  Manuskripten  entnom- 
mene Dichtungen  Ks. 

Die  Zusammenstellimg  der  Gedichte  ist  eine  chronologische, 
wobei  das  Datum  der  Veröffentlichung  in  den  verschiedenen 
Zeitschriften  angegeben  wird.  Ein  Verdienst  der  Ausgabe  ist 
auch  die  Herstellung  des  ursprünglichen  Textes  mancher  (Ge- 
dichte,  die  auf  Grund  einiger  von  dem  Buchdrucker  G.  But- 
mann  aufbewahrter  Manuskripte  des  Dichters  durchgeführt 
worden  ist.  Noch  wäre  —  nach  der  Behauptung  X^,  der  der 
eigentliche  Herausgeber  des  Buches  ist, —  die  genauere  Wieder- 
gabe mancher  Gedichte  zu  erwähnen,  die  in  den  vorange- 
gangenen Ausgaben  mehrere  sinnstörende  Druckfehler   eat- 


—    341    — 

halten  haben  sollen.  In  dieser  Beziehung  ist  aber  anch  die 
Ausgabe  Saragas  nicht  einwandfrei,  denn  es  finden  sich  in  ihr 
ziemlich  viele  zum  Teil  recht  störende  Druckfehler.  Ich  er- 
wähne hier  nur  einen,  nicht  einmal  in  der  neuesten  Auflage 
(1902)  verbesserten:  das  Fehlen  von  zwei  ganzen  Zeilen  in 
dem  Gedichte  Jbiger  si  Demon^'  (S.  42  ff.  in  der  letzten  Aufl.). 
13.  Strophe.  Das  ist  um  so  merkwürdigeri  als  dieses  Oedicht 
zweimal  in  demselben  Bande  gedruckt  ist,  das  zweite  Mal  mit 
fönf  neuen  Strophen,  die  nur  in  dem  Manuskripte  vorhanden 
sind,  in  dem  zweiten  Druck  aber  die  angedeutete  Halbstrophe 
vollständig  ist  Die  Gedichte  „Via^^  und  ,^Stelele  n  cer^^  sind 
aus  dem  Jahre  1865,  als  der  Dichter  erst  15  Jahre  zahlte, 
datiert,  was  unmöglich  richtig  sein  kann.  Ein  Ghrund  für  An- 
gabe des  Jahres  1865  wird  auch  nirgends  angegeben.  Publi- 
ziert wurden  sie  erst  nach  dem  Tode  des  Dichters.  Die  Aus- 
gabe Saragas  verbreitete  sich,  besonders  infolge  ihrer  Billig- 
keit als  Volksausgabe  auüerordentlich  rasch,  so  daß  sie  jetzt 
schon  das  14.  Tausend  erreicht  hat 

Im  Jahre  1901  erschien  eine  neue  Ausgabe  der  Gedichte 
E.S  (bei  Leon  Alcalay,  Bukarest).  Diese  ist  weniger  vollstän- 
dig als  die  der  Brüder  Saraga.  Sie  enthält  in  genauer  Wieder- 
gabe die  Gedichte,  die  in  dem  Bande  Maiorescus  aufgenommen 
worden  sind,  und  noch  zwei  dazu  („La  Bucovina^'  und  ,j4a 
moartea  lui  Aron  Pumnul*^),  die  sowohl  bei  Mor^  wie  bei 
Saraga  zu  finden  sind.  Doch  etwas  neues  bringt  uns  auch 
diese  Ausgabe,  nämlich  die  „biographische  Notiz"  über  den 
Dichter  aus  der  Hand  seines  Bruders,  des  Hauptmanns  E. 
Es  wäre  noch  zu  bemerken,  daß  dieselbe  Ausgabe  Alcalays  in 
zwei  Formaten  erschienen  ist:  in  einem  größeren  und  in  dem 
kleinen  Format  der  volkstümlichen  „Biblioteca  pentru  toti^. 
Im  Sommer  1902  erschien  schließlich  ein  Band  (Poesii 
postume)  bis  dahin  ungedruekter  Dichtungen  E.s,  die  den  von 
Maiorescu  bewahrten  und  jetzt  der  Akademie  übergebenen 
Manuskripten  entnonmien  sind.  Dieser  Band  wurde  von  Nerva 
Hodof  (Bukarest,  Tip.  „Minerva^)  herausgegeben  und  enthält 
63  teüs  neue,  teils  Varianten  schon  bekannter  Gedichte.    Doch 


—    342    — 

ist  diese  neueste  Ausgabe  gleichfalls  unkritisch;  es  werd«i  uns 
keine  Nachrichten  über  die  Zeit  der  Entstehung  der  enthalte- 
nen Gbdiohte  oder  sonstige  Erklärungen,  die  man  aas  den 
Manuskripten  schöpfen  konnte,  gegeben.  Ein  solcher  Mangel 
ist  um  so  größer,  als  es  sich  in  dem  vorliegenden  Falle  nicht 
nur  um  neue  Dichtungen  handelt,  sondern  um  solche  Erzeug- 
nisse, die  unmittelbar  den  Manuskripten  des  Yerbaaera  ent- 
nommen sind.  Die  Sache  ¥nrd  noch  dadurch  erschwert,  daS 
man  in  den  meisten  Fällen  mit  ersten  Entwfirfen  des  Dichten 
zu  tun  hat,  die  er  höchstwahrscheinlich  nicht  einmal  durch- 
sehen, geschweige  ausarbeiten  konnte. 

2.  Prosaschriften.  Bis  jetzt  haben  wir  außer  dem  e^ 
wähnten  Bande  Mort^uns  drei  Bände  Prosaschriften  E.s  zu  Ter- 
zeichnen:  „Nuvele''  (San^28),  „DiTerse""  (Saraga  28)  und 
der  dritte  „Culegere  de  articole  d'ale  lui  M.  Eminescu" 
der  Yon  N.  Filipescu  (Bukarest,  1891)  zusanmiengestellt  und 
yeröffentlicht  wurde,  wie  ich  vom  Herausgeber  erfahren  habe. 

Der  Band  „Nuvele*'  enthält  außer  den  schon  von  Moi^ 
herausgegebenen  Schriften  „Fftt-firumos  din  lacrimä^  und 
„Sermanul  Dionis*'  einige  Erzählungen  („La  AniyerBa^e^ 
„Cesara",  „Sinucidere^,  „S£  Gheorghe^)  und  zwei  Auftatie, 
einen  philosophischer  („Cristos  a'nviat*'),  einen  anderen  poli- 
tisch-geschichtlicher Natur  („Bftpirea  Bucovinei").  Als  An- 
hang ist  noch  eine  biographische  Notiz  von  N.  A.  Bogdan 
ttber  E.  als  Redakteur  der  Zeitung  „Curierul  de  lassi"  hinzu- 
gefügt. 

Der  Band  „Diverse"  enthält  folgende  Schriften  des  Dich- 
ters: „Bevista  externa,"  die  schon  erwähnte  größere  kultur- 
politische Abhandlung  über  die  Lage  der  Rumänen  in  Oester- 
reich-Ungam;  „Influen^  austriaca  asupra  Romftnilor  din 
Principate",  die  sich  auch  bei  Mor^  findet;  drei  wissenschaft- 
liche Aufsätze  („Observa^  critice",  „Incä  odatä  recensinnea 
logicei  Maiorescu",  „Oscriere  criticft");  eine  aesthetisch-literan- 
sche  Abhandlung  (Repertoriul  nostru  teatnJ")  und  das  Prt>- 
gramm  der  Zeitschrift  „F.  BL"  Außerdem  enthält  er  noch 
die  drei  Aufsätze  I.  L.  Cs  über  den  Dichter  („In  NirTans"*, 


» 


—    343    — 

Ironie**,  „DouS  note**,  —  „N.  a.  Seh."  7—36)  und  mehrere 
wichtige  biographische  Notizen  aber  E. 

Der  [von  N.  Filipescu  herausgegebene  Band  umfaßt  eine 
größere  Anzahl  politischer  Aufsätze,  die  der  Dichter  ab  Leiter 
der  Zeitung  „Timpul"  in  der  Zeit  Yon  1880—1881  veröffent- 
licht hat  Diese  schon  an  sich  wertvolle  Zusammenstellung 
hat  eine  um  so  größere  Bedeutung,  als  sie  bis  jetzt  die  einzige 
ist,  die  auch  den  politischen  Schrifken  E.s  die  gebührende 
Aufinerksamkeit  schenkt  und  damit  einen  wichtigen  Teil  der 
geistigen  Arbeit  des  Dichters  aus  den  vergessenen  Blättern 
des  „Timpul'  wieder  ans  Licht  gebracht  hat  Filipescu,  der 
die  Tätigkeit  E.s  am  „Timpul"  genau  kannte,  hat  auch 
das  Verdienst,  die  Fesstellung  aller  von  dem  Dichter  in  dieser 
Zeitung  veröffentlichten  Aufsätze,  von  denen  kein  einziger 
unterschrieben  oder  irgendwie  als  von  ihm  herrfthrend  be- 
zeichnet ist,  ermöglicht  zu  haben,  indem  er  in  den  zusammen- 
gestellten Au&ätzen  Vergleichsmittel  hinsichtlich  des  Stils,  der 
Ideen,  der  behandelten  Fragen  gibt 

Andere  gedruckte  Schriften  E.s.  Es  gibt  noch  eine 
Anzahl  gedruckter  Schriften  des  Dichters,  die  in  keinem  der 
erwähnten  Bände,  sondern  nur  in  Zeitschriften  oder  Zeitungen 
veröffentlicht  worden  sind.  So  ein  längereii  Gedicht  „Apari 
sä  dai  luminä",  das  im  Jahre  1895  in  G.  L.  XXIX,  527  ff.  er- 
schienen isi*)  Die  Zeitschrift  Fam.  (1866  Nr,  33—37  und 
1899  Nr.  26  £)  enthält  die  Übersetzung  einer  Erzählung 
—  „die  goldene  Kette"  —  von  Onkel  Adam.  Die  metrische 
Übersetzung  von  Augiers  Lustspiel  „Le  joueur  de  flute"  (G.  L. 
XXIX)  befindet  sich  gleichfalls  in  keinem  Bande  seiner  Werke. 

Ich  erwähne  noch  eine  schöne  metrische  Übersetzung 
einer  von  Carmen  Sylva  deutsch  verfaßten  Ballade  („Vlrfiil 
cu  dor"),  deren  Text  einer  Komposition  Zd.  Lubicz's  als 
Unterlage  diente,   die  ich  nur  in  einem  Eonzertprognunme 


*)  Drei  Strophen  dieses  Gedichtes  (die  7 ,  8.  and  9.)  sind  in  der 
Zeitschrift  „Sfimänätoml**  (Nr.  6,  1902)  irrtflmlicherweise  als  selbstän- 
diges nn gedrucktes  Gedicht  unter  dem  Titel  „Cine  e^ti"  erschienen. 


—    344    — 

des  rumänischeii  Gesangyereins  in  Hennaimstadt  (27.  Juni  1895) 
gesehen  habe. 

Schließlich  muß  ich  eine  falsche  Angabe  Cristeas  (S.  60) 
berichtigen,  der  die  Behauptung  au&tellt,  der  Dichter  habe 
auch  „Wallensteins  Tod*'  Yon  Schiller  übersetzt  In  Wahrheit 
ist  die  Übersetzung  Maiorescus  Schwester  zuzuschreiben,  die 
das  Werk  mit  dem  Anfangsbuchstaben  E.  M.  gezeichnet  hat 
Diese  Buchstaben  haben  Cristea  dahin  irre  gefuhrt,  aus  ihnen 
ohne  Weiteres  Eminescu  Mihail  heraus  zu  lesen,  obwohl  die 
Übersetzung  schon  1866  erschienen  ist,  als  der  Dichter  kaum 
16  Jahre  alt  war. 

Die  ungedruckten  Schriften.  Die  Frage  nach  £^ 
hinterlassenen  Schriften  ist  bis  heute  noch  nicht  ganz  klar. 
Bekannt  war,  daß  eine  Anzahl  seiner  Manuskripte  von  Maio- 
rescu  aufbewahrt]  wurde  (J.  Chendi  Trib.  Pop.  VI  Nr.  22). 
Der  Verbleib  einer  Anzahl  anderer  Manuskripte  E.s,  die  nach 
seinem  Tode  angeblich  von  drei  bis  jetzt  unbekannt  ge- 
bliebenen Freunden  aus  seiner  Wohnung  weggenonunen  wor- 
den sind  (M.  £.  4,  die  Notiz:  „La  eine  sunt  manuscrisele  lui 
Eminescu?*^),  kann  heute  noch  nicht  festgestellt  werden,  auch 
ist  es  unentschieden,  ob  die  betreffende  Vermutung  überhaupt 
begründet  ist  Über  die  schon  bekannten  Manuskripte  gibt 
uns  J.  Chendi  a.  o.  a.  0.  folgende  Mitteilungen: 

„Sie  enthalten  mehrere  dramatische  Bruchstücke,  darunter 
ein  „Bogdan  Dragos^  betiteltes  metrisches  Drama,  das  beinahe 
vollendet  ist  (eine  Scene  daraus  siehe  P.  P.  51).  Von  einem  an- 
deren Drama  „Väduva  din  Efes*'  hat  der  Dichter  nur  das 
Scenarium  entworfen;  dann  existiert  noch  ein  Akt  eines  Lust- 
spieles. Die  Manuskripte  enthalten  weiter  drei  Märchen: 
„Finul  lui  Dumnezeu,"  „Borta  vlntului,**  „Frumoasa  Lumei.*" 
Sie  sind  in  dem  von  J.  Chendi  herausgegebenen  Bande  „M. 
Eminescu.  Opere  Complete.  L  Literatura  Popularä" 
Bucarest,  „Minerva,''  1902,  zu  finden.  Der  Band  ist  erst 
in  jüngster  Zeit  erschienen,  als  ich  meine  Abhandlung  schon 
abgeschlossen  hatte.  Daher  konnte  ich  ihn  leider  nicht  mehr 
benutzen.    Er  enthalt:  a)  Volkslieder,  b)  volkstümliche  Gfe- 


—    345    — 

dichte  ILs,  o)  das  bekannte  Märchen  „FSt  frnmos  din  lacrimä^ 
und  die  drei  erwähnten  Volksmärchen.  Der  Heransgeber  hat 
das  Material  größtenteils  den  Manuskripten  des  Dichters  ent- 
nommen nnd  es  mit  kritischem  Sinn  seasammengestellt;  auch 
die  Varianten  in  den  Yerschiedenen  rumänischen  Volksliteratnr- 
sammlungen  hat  er  angedeutet  In  einem  längeren  Vorwort 
gibt  er  uns  auf  Ghrund  der  hinterlassenen  Papiere  E.s  eine 
Skizze  der  literarischen  Persönlichkeit  des  Dichters;  er  hebt 
besonders  das  nationale  und  das  romantische  Moment  hervor 
und  beleuchtet  zugleich  manche  Beziehungen  E.s  zu  der  deut- 
schen Romantik. 

Femer  finden  sich  in  yerschiedenen  Heften  Hynmen,  eine 
Ode  auf  den  Dichter  Andrei  Mure|anu.  Wichtig  ist  noch, 
daß  die  Manuskripte  auch  die  Kollegienhefte  Ks  aus  seiner 
Stadienzeit  in  Wien  enthalten.  Besonders  erwähnenswert  sind 
einige  Notizen  über  die  Eosmogonie  des  Buddhismus,  mit 
dem  sich  der  Dichter  viel  beschäftigt  zu  haben  scheint;  dann 
der  Anfang  einer  Übersetzung  der  Eantischen  „Kritik  der 
reinen  Vernunft^  (M.  E.  „Memoriu  asupra  lui  Eminescu,") 
(J.  A.  Rfidulescu,  Brief)  und  eine  Besprechimg  der  Ideen 
Macchiayellis.  Mit  Kant  hat  er  sich  auch  in  einer  besonderen 
Prosaschrift  befaßt:  es  ist  das  ein  Dialog  des  Dichters  mit 
einem  Greise  über  die  Ideen  des  großen  Königsberger  Philo- 
sophen. 

Der  größte  Teil  der  Manuskripte  besteht  aber  aus  Ge- 
dichten und  Varianten  schon  bekannter  Dichtongen,  die  — 
nach  der  Berechnung  Chendis  —  den  Inhalt  noch  zweier 
Bände  bilden  werden.  In  manchen  Heften  findet  man  ganze 
Beihen  von  Keimen  und  Bemerkungen  über  Rythmus  und  Metrik, 
die  uns  einen  wertvollen  Beweis  dafür  bieten,  wie  ernst  es  E. 
mit  seiner  dichterischen  Kunst  meinte.  Sie  enthalten  weiter 
ebe  Menge  Volkslieder. 

Zerstreut  finden  sich  biographische  Angaben,  dann  hier 
luid  da  eine  philosophische  Sentenz  oder  irgend  eine  sonder- 
Wre Bemerkung,  beispielsweise  —  „alles  was  aus  Siebenbürgen 
kommt,  werde  ich  mit  Sanskrit-Buchstaben  schreiben.*' 


—    346    — 

Ein  wichtiges  Mannskript  befindet  sich  in  der  Zentnl- 
Bibliothek  zn  Jassj  nnd  enthalt  eine  Yon  dem  Dichter  her- 
rfthrende  Sanskrit-Grammatik  (M.  £^  3,  „Memoriu'')* 

Ans  diesen  kurzen  Mitteilungen  geht  hervor,  daß  die  an- 
gedruckten Schriften  Ks  eine  größere  Bedeutung  fftr  den 
Literaturhistoriker,  als  für  den  Aesthetiker  haben,  da  sie  teils  nn- 
YoUendet  geblieben,  teils  nur  im  Entwurf  Yorhanden  sind.  Eine 
Ausgabe  der  in  den  Manuskripten  niedergelegten  Schriften  £.s 
ist  für  die  nächste  Zeit  in  Aussicht  gestellt  (P.  P.  Vorwort; 
„libertatea^  aus  Brooss,  Siebenbürgen,  I,  Nr.  14).  Über  die 
Oedichte  und  Varianten  dazu  hat  bis  jetzt  J.  A.  Rfidulescu 
zwei  eingehendere  Au&ätze  in  C.  L.  (XXXVI,  Nr.  4  und  5) 
YeröfFenÜicht,  worin  er  eine  große  Anzahl  Yon  Beispielen  mit 
kritischen  Bemerkungen  angibt 

n.  Eminescns  grossere  politische  Abhandlungen. 

Um  die  Entwickelung  der  politischen  Ansichten  E.s  zu 
Yeranschaulichen,  halte  ich  mich  an  eine  Besprechung  der  ver- 
schiedenen Schriften  in  möglichst  chronologischer  Reihe. 
Hinsichtlich  der  Behandlung  selbst,  scheint  mir  die  Be- 
sprechung jeder  einzelnen  Schrift  geeigneter;  nur  die  politi- 
schen Au&atze  im  „Timpul**  —  die  ein  zusammenhangendes 
Ghmze  darstellen  —  werde  ich   zusammenfassend  betrachten. 

1.  ReYista  externa  (Div.  1—36)  beschäftigt  sich  mit 
der  politischen  und  kulturellen  Lage  der  Rumänen  in  Oester- 
reich-üngam.  Unmittelbaren  Anlaß  dazu  hat  dem  Ver&sser 
die  damals  (1876)  aktuelle  Frage  der  Stellung  Rumäniens 
gegenüber  „den  zwei  großen  geschichtlichen  Strömungen,  der 
nordöstlichen,  die  die  Gestalt  Europas  umändern,  und  der 
westlichen,  die  den  status  quo  behalten  will**  (S.  1)  gegeben. 
Gleich  am  An&ng  spricht  er  seine  Meinung  über  die  orien- 
talische Frage  in  dem  Sinne  aus,  —  „daß  die  Zukunft  des 

*}  Ich  habe  in  Jassy  feststellen  können,  daß  es  sich  um  eine  wGrtl- 
Übersetzung  von  319  §§  der  ,,Krit.  Gramm,  der  Sanskrit-Spr.  von  Fr. 
Bopp''  n.  Ansg.  Berlin  1845  handelt,  aufbewahrt  in  drei  Heften.  —  In  Scr. 
87,  behauptet  Henriette  irrtamlich,  der  Dichter  habe  ein  Sanskrit- 
Wörterbuch  verfiEißt 


—     347    — 

Orients  eine  Konföderation  von  Völkern  ist,  in  der  die  Gleich- 
heit der  Nationalitaten  und  Sprachen,  auf  welchem  Boden  sie 
sich  anch  befinden  sollten,  die  Hauptsache  sein  wird,  und  die 
Staatenbildungen  eine  Nebensache.*^  (S.  If.)  Die  Umgestal- 
tong  des  Orients  kann  unter  zwei  Schutzherrschaften  statt- 
finden; unter  der  Rußlands,  oder  unter  derOesterreich-Ungams, 
die  unmittelbar  die  abendlfindische  Politik  vertritt  Infolge- 
dessen ist  ein  diesbezüglicher  Entschluß  Rumäniens  von  der 
Nationalitätenpolitik  Oesterreichs  im  allgemeinen  und  insbe- 
sondere Ton  seiner  Politik  gegenüber  den  Rumänen  abhängig. 
So  kommt  der  Verfieuwer  auf  den  eigenÜichen  Kern  seiner  Ab- 
handlung, auf  die  Lage  des  rumänischen  Volksstanunes  in  der 
habeburgischen  Monarchie.  Er  bespricht  die  Frage  besonnen 
und  nüchtern,  wie  aus  folgendem  Ghrundprinzip  deutlich  her- 
vorgeht: „das  Ideal  der  Rumänen  in  allen  Teilen  des  trajani- 
schen  Daciens  ist  die  Aufrechterhaltung  der  tatsächlichen  Ein- 
heit ihrer  angestammten  Sprache  und  nationalen  Kirche.  Es 
ist  dies  ein  ideales  Dacien,  aber  es  yerwirklicht  sich  von  Tag 
zu  Tag,  und  wer  weiß,  ob  es  dem  politischen  nicht  vorzu- 
ziehen ist"  (S.  3).  —  Zuerst  bespricht  er  die  Lage  der  Ru- 
mänen in  Ungarn,  die  bekanntlich  eine  wegen  der  magyari- 
schen Gewaltherrschaft  sehr  ungünstige  war  und  noch  ist 
Sein  Zweck  ist  „ein  modus  vivendi  und  ein  beständiges, 
einiges  Zusammenwirken  auf  diesem  Boden  der  Feindschaft 
und  des  Hasses,  auf  dem  ein  Volk  das  andere  zu  verschlingen 
und  ein  Mensch  den  anderen  zu  vernichten  sucht"  Aber  für 
die  Erlangung  dieses  Zwecks  sei  es  notwendig,  daß  die  Ma- 
gjaren  die  berechtigte  nationale  Entwickelung  der  Rumänen 
nicht  mehr  hindern,  wie  es  gegenwärtig  gesdiieht  Dieselbe 
Fordernis  stellt  er  hinsichtlich  der  Rumänen  in  der  Buko- 
wina auf^  die  gleichfalls  von  der  Regierung  in  ihrer  nationalen 
Entwickelung  gehemmt  werden. 

uns  interessieren  weniger  die  Einzelheiten  seiner  Aus- 
führungen*), als  vielmehr  der  daraus  hervorgehende  Glaube 


^}  In  seinen  Aaseinandenetzangen  über  die  Lage  der  RomAnen  in 


—    348    — 

an  die  nationale  Zähigkeit  des  rumänischen  Volkes,  ein  Glaube, 
der  sowohl  einen  Omndstein  seiner  politischen  Tätigkeit  als 
auch  den  höchsten  Ausdruck  seines  politischen  Bekenntnisses 
büdet  (S.  86). 

Es  ist  ohne  Zweifel  ein  herrlicher  Glaube,  der  uns  die 
Idealität  und  die  Festigkeit  der  nationalen  Gesinnungen  ILs 
zeigt.  Ein  Optimismus  tritt  hierin  zu  Tage,  der  mn  so  be- 
achtenswerter ist,  als  der  Dichter  nicht  nur  hinsichtlich  anderer 
Lebens-  und  Weltaufgaben,  die  ihn  je  beschäftigt  habeiit 
sondern  selbst  hinsichtlich  der  Zukunft  seiner  Nation  nicht 
selten  pessimistische  Anschauungen  yertritt 

2.  „Influenta  austriaca  asupra  Romänilor  din 
Principate.«  (Diy.  37flf.  P.  s.  V.  127ff.)*  Diese  Abhandlung 
bespricht  eine  wichtige  Frage  der  Kulturgeschichte  Rumäniens. 
Sie  ist  zwar  keine  streng  wissenschaftliche  Leistung,  trotzdem 
hat  sie  infolge  der  oft  wertvollen,  immer  originellen  Ideen 
des  Verfassers  eine  unbedingte  Bedeutung  in  der  rumänischen 
Literatur.  Ihr  größter  Wert  besteht  aber  in  dem  Umstand, 
daß  sie  uns  die  politische  Individualität  E.s  in  heller  Beleuch- 
tung darstellt 

Er  sagt  „Oesterreich  besteht  durch  die  Zwietracht  seiner 
Volker.  Um  sie  ewig  gebunden  und  ewig  in  Zwietracht  zu 
erhalten,  bedarf  es  eines  internationalen  Elementes  ohne  Vater- 
land, ohne  Nationalität,  ohne  Muttersprache,  eines  Elementes, 
das  in  Tirol,  wie  in  Böhmen,  in  Gaüzien,  wie  in  Siebenbürgen 
zu  Hause  ist.  Dieser  Kosmopolit  reinsten  Wassers  war  fnr 
diese  [habsburgische]  engherzige  Dynastie  der  katholische 
Pfarrer.  Dieses  Element,  das  keine  Familia  hatte,  denn  es 
war  unverheiratet,  das  keine  Muttersprache  hatte,  denn  seine 

Ungarn  gibt  E.  gröfitenteils  nicht  seine  eigene  Ansichten,  sondern 
Bruchstücke  aus  mehreren  Aufiafttzen  der  Zeitung  Telegrafnl  rom&n 
in  Hermannstadt  wieder,    (s.  Div.  S.  23—36.) 

*)  Der  Dichter  hat  das  Thema  zuerst  in  der  Form  eines  Oflfont- 
lichen  Vortrages  im  Kreise  der  ,Junimea'-  am  14.  März  1876  in  Jass^ 
behandelt  (Div.  37).  N.  A.  Bogdan  teilt  darüber  einige  interessaate 
"Einzelheiten  mit,    (N.  R.  R.,  1902  I.  Bd.  S.  62). 


—     349    — 

Sprache  war  eine  tote  (die  lateinische),  das  kein  Vaterland 
hatte,  denn  sein  Vaterland  ist  dort,  wo  die  Kirche  es  hin- 
schickt, das  keinen  Eonig  hatte,   denn  sein  König  ist  der 
Pontifex  maximus,  dieses  Element  sachte  Gestenreich  durch 
die  Religion  zu  einigen.    Daneben  bildete  sich  noch  ein  zweites, 
heterogenes  und  linkisches,  mit  nichts  Ghites  verheißendem 
Angesicht:    der    oesterreichische    Beamte.     Dieser   hat    eine 
Sprache,  aber  sie  besteht  aus  einigen  deutschen   Konzept- 
formularen, „Schinunel"  genannt    Nehme  man  einem  Beamten 
diese  paar  yeralteten,  schlecht  stilisierten  Schimmel  weg,  er 
yerstande  keine   Sprache  mehr.     Weshalb?    Im  Vaterhause 
sprach  er  rassisch,  besuchte  ein  ungarisches  Gymnasium,  be- 
zog eine  deutsche  Universität  und  nun,  wenn  er  seine  Studien 
beendigt  hat,  versteht  er  keine  Sprache  mehr  recht."   (S.  40.) 
Nach   dieser  scharfen,  hier  und  da  witzigen,  aber  im 
Grande  wohlberechtigten  Charakteristik,  legt  uns  E.  in  einer 
knappen  gründlichen  Zusammenfassungphilosophisch-geschicht- 
liche Ansichten  dar,  die  Kantischen  Ideen  entnommen  sind. 
„Die  Völker  sind  ihm  nicht  Produkte  des  Geistes,  sondern  der 
Natur;  —  dies  muß  festgehalten  werden.    Im  Beginne  ihrer 
Entwickelung  bedürfen  sie  eines  festen  Produktes,  um   den 
ihre  gemeinschaftliche  Arbeit,  ihr  Staat  sich  krystalUsieren 
soll,  wie  der  Bienenschwarm  einer  Königin  bedarf"  (S.  42).  — 
«Wenn  die  Bienen  Zeitungen  hätten,  so  wären  diese  sehr  le- 
gitimistisch,"  bemerkt  er. 

Was  die  Charakterisierung  des  Staates  betrifft,  so  meint 
er  „die  innere  Geschichte  der  Völker  sei  ein  Kampf  zwischen 
der  Staatsidee  und  dem  Individualismus''  (S.  42).  Er  ist  von 
der  von  Hobbes,  Kant,  Schopenhauer  u.  a.  vertretenen  Idee 
völlig  durchdrungen,  ein  bellum  omnium  contra  omnes  sei  der 
crate  Zustand  der  Menschheit  gewesen;  als  Schutz  gegen  diesen 
Zustand  haben  die  Menschen  zu  ihrem  eigenen  Wohl  den 
Staat  begründet  „Die  Idee  der  Harmonie  der  Interessen  bil- 
det die  Idee  des  Staates. '^  (S.  43).  Aber  der  Gegensatz  zwischen 
den  individuellen  und  den  sozialen  Interessen  bleibt  derselbe. 
«»Nichts  wird  die  Natur  der  Gesellschaft  ändern.    Sie  wird  ein 


—    350    — 

belltiin  omnium  contra  omnes  bleiben,  unter  welcher  friede 
liehen  Form  sie  sich  auch  zeigen  möge.  Die  Kräfte  Terdichten 
sich  im  Kampfe,  an  Stelle  der  Indiriduen  haben  wir  Klassen, 
höhere  Entwichelungsformen  desselben  Prinzips,  die  tun  die 
Oberherrschaft  streiten"  (S.  43). 

Ein  anderer  Grundsatz,  den  E.  aufstellt  ist  der,  daß  „der 
Staat  noch  einen  sittlichen  Zweck  habe"  (S.  43).  Ob- 
wohl auch  er  die  Meinung  vertritt,  die  Gesellschaft  existiere 
auf  Grund  der  Ausbeutung  einer  Klasse  durch  die  andere,  so 
macht  er  doch  —  seiner  Neigung  zum  Bauernstand  folgend  — 
eine  Ausnahme  mit  diesem,  indem  er  behauptet,  daß  eben 
diese  Blasse,  die  die  wichtigste  sei,  nicht  durch  die  Ausbeutung 
anderer  lebt,  da  sie  die  Natur  selbst  ausbeutet  Daher  ver- 
langt er  vom  Staate  eine  besondere  Berücksichtigung  und 
Pflege  der  Bauern,  dieser  „Lastträger  der  Menschheit"  (S.  43). 
Wenn  „die  Gesellschaft  das  Feld  des  ewigen  Wechsels,  der 
Kämpfe  um  die  Existenz  und  um  die  Herrschaft"  ist,  so  ist 
—  meint  er  —  „der  Staat  der  Lenker,  der  diese  Kämpfe 
regelt;  er  verhindert  es,  daß  diese  gleichnützlichen  Kräfte  sich 
gegenseitig  vernichten."  —  „Die  Gesellschaft  ist  der  Wechsel, 
der  Staat  die  Beharrung"  (S.  44). 

Als  Staatsform  ist  ihm  —  als  konsequentem  Konserva- 
tiven —  die  konstitutionelle  Monarchie  die  beste;  denn 
nur  sie  kann  die  Harmonie  der  Interessen  sichern.  Hinsicht- 
lich der  politischen  Freiheit  kann  er  die  Theorien  des  Libera- 
lismus, der  auf  dem  Individualismus  beruht,  nicht  billigen. 
„Wenn  die  Freiheit  nicht  aus  der  Harmonie  der  Interessen, 
sondern  aus  Individualismus  hervorgeht,  so  vernichtet  sie  die 
sozialen  Klassen  und  schließlich  den  Staat"  (S.  45).  Daher  ist 
ihm  der  Bepublikanismus  im  sozialen  Sinne,  d.  h.  jeder  Staat, 
in  welchem  eine  Partei,  die  nicht  alle  Klassen  der  Gesellschaft 
vertritt,  zur  Herrschaft  gelangen  kann,  zuwider  (S.  53).  Eine 
solche  republikanische  Verfassung  sieht  er  auch  in  den  rumä- 
nischen Fürstentümern  Moldau  imd  Walachei,  denen  er  seine 
besondere  Aufinerksamkeit  zuwendet  Auch  diese  Republiken, 
meint  er,  lebten  auf  Grund  der  Ausbeutung  der  Sklaven  und 


—    351    — 

der  Bftaeni,  wie  es  in  den  Republiken  des  Altertums  der  Fall 
ww.  Der  Herrsoher  hatte  den  Bojaren  gegenüber  keine 
Maoht;  diese  Klasse  beherrschte  alles  (S.  45).  Die  politische 
Organisation  der  Fürstentfimer  habe  sich  unter  dem  Einfluß 
des  polnischen  republikanischen  Staatsrechtes  gebildet,  eben 
darum  war  sie  morsch  (S.  46). 

In  einer  eingehenderen  geschichtlichen  Betrachtung  be- 
spricht er  dann  die  politische  Lage  der  Rumänen  in  der  Ver- 
gangenheit und  geht  bis  auf  die  heutigen  Tage  herab.  Er 
zeigt,  wie  unglücklich  die  republikanische  Verfassung  der  be- 
nachbarten Länder,  besonders  der  Polen,  auf  jene  Lage  ein- 
gewirkt hat  und  wie  lichtvoll  die  Torubergehenden  Regierungen 
mancher  energischen,  selbständigen  Fürsten  sowohl  in  der 
Moldau^  wie  in  der  Walachei  gewesen  sind.  In  dem  geschicht- 
lichen Zusammenhang  der  Darstellung  wird  auch  die  Los- 
reißung der  Bukowiner  von  der  Moldau  und  ihr  Anschluß  an 
Osterreich  erwähnt  Mit  einem  gewissen  Stolz  schreibt  er  über 
dieses  so  traurige  Ere^^  in  der  rumänischen  Geschichte: 
„Kein  einziger  Moldauer  hat  durch  den  moralischen  Einfluß 
Österreichs  bestochen  werden  können,  und  der  Fürst  hat  seinen 
Protest  mit  dem  Kopfe  bezahlt"  (S.  49).  Mit  dem  Fall  der 
Bukowina  fangt  eine  neue  Epoche  des  österreichischen  Ein- 
flusses auf  die  Fürstentümer  an,  die  in  eine  immer  größere 
politische  Zerrüttung  geraten.  „Rumänien,  das  Ton  Polen  die 
Unbeständigkeit  geerbt,  hatte  nichts  mehr  zu  verlieren  als 
etwa  die  Fiktion  eines  geographischen  Ausdrucks,  ein  Schema 
fnr  die  Aofeeichnung  einer  Masse  gesetzloser,  ungebildeter 
L^ute"  (S.  50).  Der  Bojarenstand,  wie  auch  die  nationale 
Sprache  selbst  befinden  sich  in  einem  sichtbaren  Verfall,  und 
▼ersehwxmden  ist  „die  schöne,  reiche  Sprache  der  Chronisten" 
(S.  50).    Dieser  Prozess  setzt  sich  unaufhaltsam  fort 

„Die  Geschichte  der  letzten  50  Jahre,  die  yiele  die  der 
nationalen  Regeneration  nennen,  konnte  mit  mehr  Recht  die 
Geschichte  der  Vernichtung  der  kleinen  Ghnndbesitzer  und 
«Änfligen  Handwerker  genannt  werden**  (S.  51). 

In  solchen  trüben  Farben  schildert  er  den  sozialen,  poli- 


—    352    — 

tischen  und  wirtschaftlichen  Yerüall  beider  Länder,  indem  er 
auf  das  tie&te  zu  bedauern  scheint,  daß  „während  in  den  be- 
nachbarten Staaten  ein  wohltuender  Absolutismus  herrschtef 
der  die  Völker  an  eine  regelmäßige  Arbeit  gewohnte,  bei  uns 
dem  Fürsten  die  Hände  gebunden  waren  ....**  (S.  52).  Der 
österreichische  Einfluß  in  dieser  Zeit  ist  besonders  ai:^  wirt- 
schaftlichem Gebiete  groß.  Juden  dringen  aus  Österreich  in 
das  Land  ein,  eine  unheimlich  große  Anzahl  Dor&chenken 
werden  errichtet,  der  Alkoholismus  verbreitet  sich  und  die 
Folgen?  „Eine  ungesunde  Bevölkerung,  ohne  Energie  des 
Charakters  und  ohne  wirtschaftliche  Energie,  welche  ihre 
Arbeit  für  Alkohol  verkauft,  eine  Bevölkerung,  in  der  die 
Sterblichkeit  in  schreckenerregender  Weise  zunimmt,  während 
der  Schweiß  ihrer  Hände  sich  in  den  Händen  eines  Elements 
ohne  Vaterland,  ohne  Sprache,  ohne  Nationalität  verzinst'' 

Im  Gegensatz  zu  dieser  tatsächlichen  Li^e  entwirft  £.  ein 
dichterisches  Traumbild,  das  uns  einen  beinahe  ideal-glück- 
lichen großen  rumänischen  Staat  vor  Augen  stellt  —  f&r  den 
Fall,  daß  eine  feste  Monarchie  von  jeher  die  staatliche  Ver- 
fassung seines  Landes  gewesen  wäre  (S.  55  f.).  Es  spricht  aus 
dieser  Darstellung  ein  großartiger  nationaler  Idealismus  und 
eine  echte  patriotische  Gesinnung.  Am  Schlüsse  der  Abhand- 
lung gibt  er  eine  Darlegung  seiner  konservativen  politischen 
Ansichten.  Seine  Meinung  ist,  daß  in  Rumänien  die  einzige 
Klasse,  auf  die  sich  die  Regierung  stutzen  muss,  der  Bauern- 
stand sei,  denn  „dieser  ist  in  einem  Lande  die  positivste  aller 
Elassen,  die  konservativste  in  Bezug  auf  Sprache,  Tracht  und 
Sitten,  die  Trägerin  der  Geschichte  eines  Volkes,  die  Nation 
im  wahrsten  Sinne  des  Wortes."  Und  doch  wird  gerade  der 
Bauer  am  schwersten  von  den  Staatslasten  bedruckt;  und  so 
ist  es  nur  natürlich,  daß  das  Land  sich  infolge  der  häufigen 
Todesfalle  immer  mehr  entvölkert,  der  wirtschaftliche  Einflofi 
Österreichs  aber  immer  größer  sein  und  der  Überfluß  der 
österreichischen  Bevölkerung  mit  der  Zeit  an  die  Stelle  der 
rumänischen  Bauern  treten  wird.  Daher  —  meint  E.  —  „ist 
die  Nachbarschaft  Österreichs  ftlr  Rumänien  tötlich,"  wenn 


—    353    — 

die  Bewohner  des  Landes  die  fremde  Produktion  noch  weiter 
begünstigen  (S.  58).  Daher  ist  ihm  das  wahre  Übel,  an  dem 
finmänien  leidet,  innerlich  und  volkswirtschaftlich.  Eben 
darum  sollte  man  diesem  Gebiete  sogar  mehr  Aufmerksamkeit 
schenken,  als  dem  staatsrechtlichen.  —  „Nicht  das  Staatsrecht, 
sondern  die  Bewahrung  unserer  Nationalitat  ist  für  xms  die 
Hauptsache,  und  es  wäre  besser,  wir  wählten  keine  Abgeord- 
neten, als  daß  die  rumänische  Nation  zu  Orunde  gehe*^  (S.  51). 
Also  eine  recht  reale,  besonnene,  keineswegs  demagogisch- 
liberale Politik  ist  die,  die  er  schon  vor  seiner  eigentlichen 
politischen  Wirksamkeit  in  Bukarest  verwerten  wollte. 

Drei  Prinzipien  sind  es,  deren  Verwirklichung  er  für  das 
Land  und  Volk  unbedingt  für  nötig  hält:  „Stabilität,  d.  h. 
monarchische,  erbliche,  mehr  oder  weniger  absolute  Regierung; 
Arbeit,  d.  h.  Ausschließung  der  Proletarier  der  Feder  vom 
öffentlichen  Leben  des  Staates  und  dadurch  ihr  Oezwuugensein 
zu  einer  produktiven  Arbeit:  Ökonomie,  das  ist  richtiges  Ab- 
wägen des  Nutzens  einer  bestimmten  Ausgabe  und  der  dafür 
gebrachten  Opfer,  dies  sowohl  in  der  allgemeinen  Ökonomie 
des  Staates,  als  auch  in  der  individuellen"  (S.  59). 

Wenn  man  sich  nach  der  Methode  der  Abhandlung  fragt, 
so  muß  man  zugeben,  daß  sie  keine  wissenschaftliche  ist.  Dazu 
ist  schon  die  Aufgabe  an  sich  zu  imbestimmt,  das  Material 
aber  allzu  wenig  systematisiert.  Es  darf  auch  nicht  vergessen 
werden,  dass  der  Zweck  der  Abhandlung  kein  wissenschaft- 
licher ist  Sie  ist  vielmehr  eine  politische  und  sogar  eine 
praktisch-politische,  insofern  sie  das  Interesse  der  Allgemein- 
heit für  gewisse  Zustände  wecken  und  dadurch  gewisse  Be- 
tätigungen der  Allgemeinheit  nach  festgestellten  Prinzipien 
erreichen  wilL 

Ja  diese  Abhandlung  ist  für  das  Verständnis  und  für  die 
Erklärung  des  ganzen  politischen  und  wirtschaftlichen  Systems 
£j  unentbehrlich,  da  wir  hier  den  Kern  aller  jener  Ideen  und 
Theorien  finden,  die  seine  spätere  öffentliche  Tätigkeit  geleitet 
und  ihm  den  festen  Weg,  von  dem  er  sich  nie  ablenken  ließ, 
beleuchtet  haben. 

Weigand,  10.  Jahreaberieht.  23 


—    354    — 

in.  E.8  politische  AuMtze  im  ^Oorieral  de  lassi^ 

loh  behandle  znerst  zwei  politische  Aufisätze,  die  £.  im 
Jahre  1877,  vor  «einem  eigentlichen  Eintritt  in  das  politisdie 
Leben  veröffentlichte. 

a)  „Evreii  si  conf erinta"  (C.  d.  lassi  Nr.  2,  1877).  Der 
Aufsatz  beschäftigt  sich  mit  der  Jadenfirage,  die  damals  wie 
heute^  ein  aktuelles  Problem  der  rumänischen  Politik  bildete. 
Er  behandelt  diese  Frage  nicht  blo&  vom  national-rumänischen, 
sondern  auch  Yom  sozial-politischen  Gesichtspunkte  aus.  Sein 
Grundgedanke  besteht  darin,  daß  die  Juden  keine  politischen 
Rechte  inBumänien  haben  können,  da  sie  bis  jetzt  keine  yeidient 
haben;  „bei  jedem  Volke  aber  waren  die  öffentlichen  und  privaten 
Bechte  das  Resultat  jahrhundertelanger  Arbeit  und  bedeuten- 
der Opfer.  **  Er  betrachtet  die  Juden  nach  ihrem  Tun  und 
Treiben  in  Rumänien  als  ein  korruptiyes  Element,  denn  sie 
verachten  die  Arbeit,  „die  doch  die  einzige  Schöpferin  aUer 
Rechte  isi^  Der  rumänische  Jude  konsumiert  immer  und 
produziert  nie;  auch  wenn  er  etwas  schafft,  ist  das  schlecht 
und  geschieht  nur  aus  eigennütziger  Spekulation.  „Der  red- 
liche Handwerker  ist  in  Rumänien  der  Rumäne,  der  Deutsche 
oder  der  Czeche,  nie  aber  der  Jude.^  Damit  die  Juden  poli- 
tische Rechte  erreichen,  verlangt  E.  von  ihnen,  daß  sie  dem 
rumänischen  Staate  nicht  mehr  fremd  oder  gar  feindselig 
gegenüber  stehen,  sondern  sich  mit  dem  staatsbildenden  Ele- 
mente assimilieren,  um  dadurch  wahre  Rumänen  werden  zu 
köimen. 

Der  Aufsatz  E.s  über  die  Judenfrage  enthalt  gleich  allen 
seinen  Schriften  eine  Fülle  von  Ideen,  die  den  Reichtum  seiner 
Kenntnisse  und  den  Scharfsinn  seines  Urteils  deutlich  daiton. 
Niemals  bespricht  er  einen  Gegenstand,  ohne  ihn  von  allen 
Seiten  zu  beleuchten;  immer  berührt  er  in  Verbindung  damit 
verschiedene  andere  Fragen,  um  seinen  Ausfuhrungen  eine  wo- 
möglich feste  Grundlage  zu  sichern.  So  berührt  er  in  diesem 
Aufsatz  auch  die  heutzutage  so  wichtige  Frage  des  Sozialist 
mus;  die  wenigen  Bemerkungen,  die  er  darüber  macht,  sind 


—    355    — 

für  uns  um  so  interessanter,  als  er  in  einem  seiner  größeren 

Gedichte  ,,Impärat  si  Proletar  (Sar.  XXV)  eben  eine  soziale 

Kerolution  schildert  und  soadalistiscbe,  ja  sogar  anarchistische 

Gedanken  in  kraftvollen  Strophen  widerhallen  läßt    Wenn 

aber  der  Dichter  dort  in  seiner  Unpersonlichkeit  als  Künstler, 

die  Ideale  einer  ihm  gänzlich  fremden  Welt  doch  schwnng- 

Yoll  Yorberrschen  läßt»  so  redet  hier  der  besonnene  politische 

Denker  in  ganz  anderem  Sinne.    Der  Sozialismus  —  sagt  er  — 

»grSndet  sich  auf  der  Heiligkeit  der  Arbeit,  auf  der  durchaus 

richtigen  Überzeugung,   daß   die  tüchtige  Arbeit  die  einzige 

Berechtigung  auf  dieser  Erde  ist;  aber  andererseits  erkennt  er 

dasselbe  Ideal,  nämlich  die  Kapitalisierung  der  Arbeit  und  ihre 

Veredelung    in    der  Gestalt   der   Kunst,   der  Literatur,    der 

Wissenschaft,   die  ohne  jede  Kapitalisierung  nicht  möglich 

wäre,  nicht  an."* 

Im  Anschloß  an  den  Sozialismus  bespricht  E.  als  ein  an- 
deres Beispiel  Ton  internationaler  Organisation  —  den  Jesuiten- 
orden, über  den  er  sich  folgendermaßen  äußert:  „Gestützt  auf 
die  stillschweigend  zugegebene,  sehr  pessimistische  Theorie, 
daß  der  größte  Teil  der  Menschen  keinen  rechten  Ge- 
brauch von  den  paar  Gramm  Gehirn,  die  ihm  die 
Natur  geschenkt,  zu  machen  weiß,  daß  jener  Teil,  dem 
freien  Trieb  seiner  Instinkte  überlassen,  zum  Sklaven  des 
Unterleibes  und  zu  einem  Werkzeug  in  den  Händen  von  allerlei 
Betrügern  wird,  die  seinen  schlechten  Leidenschaften  zu 
schmeicheln  verstehen,  hat  der  Jesuitismus  versucht,  die  nie- 
deren Klassen  in  einem  heilsamen  Halbdunkel  zu  halten,  in- 
dem er  sich  nicht  die  Bildung  des  Verstandes  zum  Ziele  setzte, 
denn  er  hatte  es  aufgegeben,  Bösen  aus  einem  schlechten, 
zur  Blindheit  verdanmiten  Unkraut  zu  erzeugen,  sondern  die 
Charakterbildung  durch  den  metaphysischen  Glauben.^  Daher 
seien  die  katholischen  Völker  „lustiger  und  schöner  als  die 
protestantischen,  eben  darum,  weil  diese  Kirche  von  der  Bil- 
dung der  Vernunft  abgesehen  hat,  und  nur  die  Besänftigung, 
die  Verschönerung  der  Gefühle  durch  Musik,  Bildhauerkunst, 
Baukunst,  Malerei  und  durch  solchen  Glauben,  der  infolge 

23* 


-    356    — 

seiner  Heiligkeit  jeder  Staats&age  entzogen  wird,  im  Auge  be- 
halten hat.^ 

Diese  Ansichten  Ks,  die  eine  nnverkennhare  Sympathie 
fnr  die  katholische  Beligionsübung  bezeugen,  deuten  eine  ge- 
wisse Geistes-  und  Oemütsverwandtschaft  mit  der  romantischen 
Weltanschauung  in  Deutschland  an,  mit  einem  Novalis,  den 
Brüdern  Schlegel  u.  a.  Die  stille  Vorliebe  aber,  mit  der  er 
die  „sehr  pessimistische  Theorie*'  der  Jesuiten  bespricht,  wirft 
ein  helles  Licht  auf  seine  Neigung  zur  pessimistischen  Lebens- 
anschauung.  Doch  finden  wir  in  seinen  Ausfuhrungen  über 
den  Jesuitenorden  auch  einige  Gedanken,  die  sowohl  seiner 
Unparteilichkeit,  wie  auch  seiner  stark  ausgeprägten  Indiyi- 
dualität  entspringen.  Er  behauptet  nämlich  —  als  Kehrseite 
der  jesuitischen  Strömung  —  diese  sei  „die  Verfolgerin  der 
Geistesaristokratie  gewesen,  jener  Menschen,  die  nur  alle  hun- 
dert Jahre  erscheinen,  bei  denen  der  Charakter,  wie  er  audi 
immer  sein  mochte,  durch  die  ungeheure  Masse  des  Gehirnes 
vollkommen  aufgewogen  wurde  und  die  alle  weltlichen  Dinge 
in  ihrer  vollständigen  Deutlichkeit  sahen."  Es  sind  dies  nicht 
mehr  fromme  romantisch-religiöse  Ansichten,  sondern  die 
kraftvollen  Ideen  einer  auf  sich  selbst  gestützten  Persönlich- 
keit, die  ihre  Unabhängigkeit  vor  allem  anderen  behalten  wilL 
Es  tritt  uns  hier  also  ein  anderer  Zug  der  Individualität  Ks 
entgegen:  sein  Selbständigkeitssinn.  Im  Gegensatz  zu  manchen 
Bomantikem,  die  den  Glauben  so  zu  sa^en  über  die  Rechte 
der  Persönlichkeit  stellten,  tadelt  er  an  dem  Katholizismus,  daß 
er  solche  Menschen,  „die  nur  alle  hundert  Jahre  erscheinen", 
nicht  zu  schätzen  und  für  sich  zu  gewinnen  wußte.  Infolge 
dieses  Fehlers,  dieser  „falschen  Seite  des  politischen  Be- 
strebens der  Kirche",  geschah  es  —  meint  E.  —  daß  „heute 
der  Katholizismus  von  einer  Menge  „homunculi"  mit  Füßen 
getreten  wird,  die  eben  auf  jene  Autoritäten  gestützt,  die  von 
der  Kirche  verfolgt  waren,  heute  diese  [die  Kirche]  selbst  ver- 
folgen." 

b)  Die  Losreißung  der  Bukowina  („Cur.  de  lassi*, 
Nr.  99,  1877).    Es  war  in  der  Zeit  des  glorreichen  Krieges 


—    357    — 

der  Rumänen  gegen  die  Türken,  als  E.  diesen  Aufsatz  schrieb. 
Man  hat  ihm  sehr  oft  vorgeworfen,  daß  er  die  Heldentaten 
der  rumänischen  Bauemsöhne  nicht  besungen  hat.  Daher  hat 
man  ihm  selbst  seine  nationale  Gesinnung  in  Abrede  gestellt 
Doch  war  dieses  Verfahren  unbegründet  Denn  wenn  er  auch 
über  den  Krieg  kein  Gedicht  geschrieben  hat,  so  dachte  er  in 
jenem  Jahre  ebenso  patriotisch,  wie  jeder  andere  Rumäne. 
Das  beweist  der  in  Frage  stehende  Au&atz  über  die  Los- 
reifiung  der  Bukowina  sehr  deutlich,  den  er  auf  den  hundert- 
jährigen Gedenktag  dieses  für  das  rumänische  Volk  so  trau- 
rigen Ereignisses  geschrieben.  E.  bespricht  das  Ereignis  mit 
feierlichem  und  tief  empfundenem  nationalen  Gefühl.  „Wir 
werden  —  sagt  er  —  diese  Wunde  sich  nicht  schließen  lassen 
Mit  unseren  Händen  werden  wir  sie  immer  wieder  aufreißen, 
mit  unseren  Händen  werden  wir  das  Bild  der  Moldau  von 
damals  malen  und  die  alten  Zeiten,  so  yiel  uns  ihrer  noch 
geblieben  sind,  werden  wir  auffrischen  in  unserem  Gedächtnis, 
damit  unsere  Seelen  Jerusalem  nicht  vergessen"  (Nov.  151). 
Er  schildert  dann  —  mit  den  Worten  eines  rumänischen 
Chronisten  des  18.  Jahrhunderts  —  die  Blütezeit  der  Buko- 
wina, als  sie  noch  zur  Moldau  gehörte,  um  schmerzvoll  und 
empört  die  fremden  Beherrscher,  die  Österreicher  zu  beschul- 
digen, daß  sie  aus  dem  Lande  „einen  Sumpf  zur  Abfuhr  aller 
verderbten  Elemente,  eine  Sammelstelle  derer,  die  anderswo 
nicht  mehr  leben  konnten,  das  Babylon  des  babylonischen 
Kaiserreiches"  (Nov.  S.  154)  gemacht  haben,  indem  sie  die 
Juden  in  jeder  Weise  begünstigten.  Er  beklagt  leidenschaft- 
lich den  Umstand,  daß  „das  freieste  und  duldsamste  Volk 
sein  Haupt  unter  das  Joch  der  erbärmlichsten,  kriegerischsten. 
Menschenrasse  gebeugt*',  daß  „der  blühendste  Boden  Spanne 
xun  Spanne  in  die  schmutzigsten  Hände  föUt"  und  „das  Para- 
dies der  Moldau  sich  mit  dem  verworfensten  Menschenschlag 
ftUt*  (Nov.  S.  155),  Mit  derselben  fast  grenzenlosen  —  ob- 
wohl von  seinem  nationalen  Standpunkte  aus  begreiflichen  — 
Leidenschaftlichkeit  richtet  er  gegen  die  Österreicher  erbitterte 
Anklagen:   „Ohne  einen  Tropfen  Blut's   zu  vergießen,   ohne 


—    358    — 

Arbeit,  ohne  Intelligenz,  ohne  Herz  nehmen  sie  heute  Besitz 
von  einem  heiligen  Boden,  dessen  Verteidigung  uns  Ströme 
Blut's  gekostet  hat,  Jahrhunderte  von  Arbeit,  unsere  ganze 
vergangene  Intelligenz,  alle  heiligsten  Regungen  unseres  Her- 
zens^ (NoY.  S.  155).  E.  schließt  mit  einem  stimmungsvollen 
Bild,  indem  er  die  Oestalt  seines  Lieblingsförsten  Stephans 
des  Gfroßen  schildert  und  eine  mystische  Legende  von  ihm 
erwShnt 

So  wie  er  ver&ßt  ist,  leidenschaftlich  und  dichterisch,  die 
Vergangenheit  yeriierrlichend  und  die  Qegenwart  pessimistisch 
tadelnd,  die  fremden  Beheirscher  anklagend  und  das  rumini- 
sche  Volk  beweinend  —  erscheint  uns  dieser  Au&atz  wie 
eine  Zusammenstellung  Ton  allem,  was  die  nationale  Gesinnung 
E.S  charakterisiert 

lY.  £.8  politisclie  Au&ätze  im  ,,Timpul''. 

Aus  den  sehr  zahlreichen  Aufiiatzen,  die  E.  als  Leiter  des 
„Timpul*  veröffentlichte,  hat  N.  Filipescu  nur  eine  Auswahl 
in  dem  schon  erwähnten  Band  zusammengestellt  Sie  besteht 
aus  Au&ätzen,  die  in  den  Jahren  1880  und  1881  geschrieben 
worden  sind;  sie  kann  also  kein  vollstfindiges  Bild  der  poli- 
tischen Tätigkeit  £.a  bieten,  da  er  den  „Timpul''  im  ganzen 
sechs  Jahre  hindurch  <Okt  1877  bis  Juli  1883}  geleitet  hat 

In  den  Vordergrund  treten  seine  konservative  An- 
schauungen und  besonnene  Auffassung  der  Dinge. 

„Die  wahre  Zivilisation  eines  Volkes  —  sagt  er  —  be- 
steht nicht  im  massenweisen  Au&ehmen  fremder  Gesetze, 
Formen,  Einrichtungen,  Etiketten  und  Kleider.  Sie  besteht 
in  der  natürlichen,  organis<dien  Entwickelung  der  eigenen 
Kräfte,  der  eigenen  Fähigkeit  Es  gibt  keine  allgemeine 
menschliche  Zivilisation,  die  allen  Menschen  in  demselben 
Maße  und  in  derselben  Form  zugänglich  wäre,  sondern  ein 
jedes  Volk  hat  seine  eigene  Zivilisation,  obwohl  darin  eis« 
Menge  Elemente  Platz  finden,  die  auch  anderen  Völkern  an- 
gehören- (S.  4). 


—    359    — 

Hinsiehtlich  seines  Volkes   schreibt  er  daher:  „Es  gibt 
also  eine  französische,   eine  englische,    eine  deutsche,  eine 
iialieiuscbe  Zivilisation.    Es  gibt  aber  keine  romanische  Zivili- 
sation, and  wenn  Anfange  dazu  vorhanden  sind,  so  sind  diese 
ganz  individuell  und  haben  mit  der  allgemeinen  Entwickelung 
der  Dinge  nichts  zu  schaffen''  (S.  4).    Um  aber  diesen  Zustand 
zu  ändern,  um  den  Weg  einer  rumänischen  Zivilisation  vorzu- 
bereiten, darf  nicht  vergessen  werden,  daß  Jede  wahre  Zivili- 
sation nur  in  einer  partiellen  Bückkehr  zur  Vergangenheit, 
zu  den  guten»  gesunden,  entwickelungsfahigen  Elementen  der- 
selben bestehen  kann^  (S.  5).    Denn  „aus  eigenen  Wurzeln, 
aas  eigenen  Tiefen  wachst  die  wahre  Zivilisation  eines  bar- 
bazischen  Volkes  hervor;  nicht  aus  der  Naohäffung  fremder 
Sitten,  fremder  Sprachen,  fremder  Einrichtungen^  (S.  4). 

Was  das  eigentliche  politische  Gebiet  anlangt^  so  hat  K 
seine  konservativen  Anschauungen  unter  anderem  besonders 
in  einem  Aufratz  „Despre  Program^  (S.  19ff)  niedergelegt, 
den  er  am  17.  Februar  1880,  am  zweiten  Tage  nach  der  Ver- 
öffentlichung des  Progranuns  der  konservativen  Partei  in  Bu- 
manien  seitens  M.  Gostaohe  Epureanu's  geschrieben  hatte. 
Die  philosophisch-geschichtliche  Grundlage,  auf  der  dieser 
Au&atz  aufgebaut  ist,  liefert  einen  wertvollen  Beweis  dafür, 
wie  sehr  E.  von  dem  Emst  seiner  Pflicht  als  politischer 
Schriftsteller  durchdrungen  und  wie  gründlich  seine  diesbezüg- 
lichen Kenntnisse  waren.  Als  einen  Grundsatz  stellt  er  den 
aa^  n^üie  jede  praktische  Politik  könne  nur  mit  den  Mitteln 
arbeiten,  die  ihr  gegeben  sind,  nicht  aber  mit  denen,  von 
denen  sie  sich  einbildet,  daß  sie  sie  besitze''  (S.  19f).  Er 
glaubt  weiter,  „I^l^i^  ^uid  Interessen,  mögen  sie  auch  noch 
so  weit  auseinander  liegen,  können  und  müssen  in  Einklang 
gebnMsht  werden,  damit  der  Staat  bestehen  kann^  (S.  20).  Ge- 
walttätige, außerhalb  der  Gesetze  liegende  Bewegungen  sind 
ilun,  wie  den  Konservativen  überhaupt,  zuwider.  Er  bezweifelt, 
daß  auf  solchen  Wegen  ein  wahrer  Fortschritt  möglich  sei, 
den  er  nur  in  der  idlmahlichen  und  ununterbrochenen  Ent- 
wickelung der  physischen  und  geistigen  Arbeit  sieht  (S.  20). 


—    360    — 

Auf  dem  yolkswirtscbaftlichen  Gebiete  yertritt  er 
dieselbe  ausgeprägt  konservative  Ansicbt,  wie  in  der  Politik. 
Er  betont  „die  unbedingte  Notwendigkeit  des  großen  Besitzes, 
der  in  allen  Ländern  die  kräftigste  Stütze  der  Unabhängigkeit 
des  Charakters,  der  höchsten  Form  menschlicher  Freiheit, 
bildet!**  „Die  Fabel  des  Menenius  Agrippa  —  meint  er  — 
wird  sich  noch  oft  in  der  Geschichte  bewahrheiten."  (S.  23). 
Dagegen  bekämpft  er  auf  das  entschiedenste  den  LiberalismoSi 
das  Chaos  liberal-kosmopolitischer  Ideen,  denen  gemäß  die 
Klassen  und  der  Staat  nichts  seien,  das  Individuum  aber 
alles^  (S.  22).  Ebenso  scharf  bekämpft  er  die  Demagogie,  die 
Herrschaft  der  leeren  Phrase,  denen  er  das  Prinzip  der  ernsten 
Arbeit  gegenüber  stellt.  Ohne  Arbeit  —  schreibt  er  —  gibt 
es  weder  Freiheit  noch  Bildung.^  n^^^  durch  Ausgabe  einer 
Reihe  von  Phrasen  die  Arbeit  und  folglich  die  Freiheit  und 
Bildung  ersetzt  zu  haben  glaubt,  der  reiht  sich,  ohne  es  zn 
wissen,  den  Parasiten  der  menschlichen  G^ellschaft  ein, 
denen,  die  da  leben  zum  Fluche  und  Verderben  ihres  Volkes" 
(S.  23). 

Daß  die  nationale  Grundlage  und  Hochschätzung 
der  Vergangenheit  bei  allen  seinen  Ausfuhrungen  zu  er- 
kennen ist,  hatte  ich  schon  früher  zu  bemerken  Gelegenheit 
Ist  doch  die  nationale  Gesinnung  an  sich  schon  konservativer 
Natur;  der  Konservatismus,  wenn  aufrichtig  und  streng  theo- 
retisch, ist  inmier  nationaUstisch  gefärbt  In  der  praktischen 
Betätigung  dagegen  kann  sich  die  Sache  sehr  verschieden  ge* 
stalten.  Eine  konservative  Politik  kann  mehr  aristokratischer 
oder  mehr  demokratischer  Art  sein.  Sie  kann  entweder  vor- 
zugsweise eine  Klasse  der  Gesellschaft,  die  Aristokratie,  oder 
die  Gesamtheit  des  Volkes  ins  Auge  fassen.  In  dem  ersten 
Falle  wird  sie  besonders  die  Privilegien,  die  alten  politischen 
und  sozialen  Einrichtungen  verteidigen,  in  dem  zweiten  aber 
jene  sogar  bekämpfen,  insofern  sie  den  Interessen  der  Allge- 
meinheit schädlich  sind,  und  diese  Interessen  in  erster  Linie 
als  ausschlaggebende  betrachten. 

E.  als  Politiker  war  in  seinem  ganzen  Wesen  ein  demo- 


—    361    — 

kratisch-gesiimter  Konservativer.    Seine  Anschauungen  hatten 
einen  konservativen  Charakter,  der  auf  einer  nationalen  Ge- 
sinnung beruhte.    Wenn  er  die  Vergangenheit  hoch  schätzte, 
so  tat  er  das  nicht  der  Privilegien  und  feudalen  Einrichtungen 
w^en,  sondern  vielmehr  um  der  Gesamtheit  der  Sitten  und 
geschichtlichen  G-estaltungen  willen,  die  als  dem  Innenleben 
des  Volkes  entsprungen  geachtet  und  womöglich  beibehalten 
werden  sollen.    Er  verlangte  aber  zu  gleicher  Zeit,  wie  schon 
emähnt,  einen  immer  neuen  Geist  in  den  alten  Formen,  er 
woßte  also  dem  Entwickelungsgedanken  gerecht  zu  werden. 
Wenn  er  die  Bedeutung  der  geschichtlichen  Aristokratie  an- 
erkannte, so  betonte   er  zugleich  auch    die  Bedeutung  des 
Bauernstandes  und  verteidigte  mit  Energie  und  Begeisterung 
die  Interessen  des  niederen  Volkes. 

Der  wirkliche  Zustand  des  Volkes  interessiert  ihn  in 
erster  Linie,  und  dieser  Zustand  bildet  für  ihn  das  maßgebende 
Prinzip  in  der  Beurteilung  aller  modernen  politischen  Beformen, 
die  in  Rumänien  eingefohrt  worden  sind.  Die  Freiheit  des 
Landes  selbst,  die  in  dem  Kriege  von  1877/78  erkämpft  wurde, 
kann  ihn  nicht  trösten,  wenn  er  die  traurige  Lage  der  rumä- 
nischen Bevölkerung  siehi  „Die  Freiheit  unserer  Bevölkerung 
—  meint  er  —  ist  nach  autentischen  statistischen  Berichten 
gleichbedeutend  mit  der  Freiheit,  vor  Elend  zu  sterben;  das 
Gedeihen  und  das  Vermögen  findet  sich  in  Wirklichkeit  nicht 
bei  dem  Elemente,  das  ethnisch  und  historisch  das  einzige 
romanische  ist,  sondern  bei  den  Rumänen  des  Romänul''*), 
bei  jener   darüber  gebreiteten  Schicht  fremder  Bevölkerung, 


*)  Die  Zeitung  „Romännl"  war  das  Hauptorgan  der  ramänischen 
liberalen  in  damaliger  Zeit.  E,  meint  damit  die  neugebackenen 
Rnmänen,  die  Griechen,  Bulgaren,  Armenier  —  wie  er  sich  ans- 
drdckt  —  die  sich  unter  den  Liberalen  politisch  betätigen  und  durch 
ihre  freisinnige  Politik  den  nicht  immer  berechtigten  Zorn  des  Dichters 
bestandig  aaf  sich  lenkten.  Vgl.  dazu  Timpul,  VI,  1881,  Nr.  215,  S.  1, 
ein  sehr  scharfer  und  leidenschaftlicher  Aufsatz,  wo  £.  augenscheinlich 
Boerst  diesen  Ausdruck:  „Rom&nii  .  •  ,  Bomännlui"  (die  Rumänen 
des  i^omänul")  braucht  und  auch  erklärt. 


—    362    — 

die  unfähig  ist,  unser  Volk  zu  yersteben,  unfähig  ist,  es  za 
Heben«  (S.  5). 

Mit  derselben  Wärme  und  mit  einer  edlen  Begeistenmg 
spricht  E.  von  der  geschichtlichen  Vergangenheit  der  Ru- 
mänen. 

Seine  hohe  Meinung  von  der  Vergangenheit  entspricht 
aber  bei  E.  nicht  bloß  seiner  nationalen  Gesinnung,  sondern 
sie  wurzelt  in  seiner  ganzen  Indiridualität.  In  der  Abhandlmig 
„Bevista  externa«  drückt  er  sich  wie  ein  echter  Romantiker 
darüber  folgendermaßen  aus:  „Wss  man  auch  über  andere 
Völker  sagen  sollte,  es  kann  ihnen  eine  Art  Achtung  yor  der 
Vergangenheit  nicht  abgesprochen  werden,  und  dies  ist  em 
Zeichen,  daß  eine  Nation  in  ihrem  Herzen  die  „Religion  der 
Humanität^  trägt,  und  die  Religion  der  Humanität  besteht 
gerade  in  der  Anerkennung  eines  moralischen  Prinzips  in  der 
Geschichte''  (Diy.  S.  19).  So  kommt  es,  daß  ihm  das  ganze 
Mittelalter,  nicht  bloß  das  seines  Volkes  als  ein  „Völker- 
frühling«  (8.  78)  erscheint 

Die  Bekämpfung  der  herrschenden,  „darüberge- 
sohichteten^  Klassen  und  der  fremden  Kultur  bildet 
einen  weiteren  heryortretenden  Punkt  in  E.s  politischen  Auf- 
sätzen. Zwei  Hauptübel  müssen  seiner  Meinung  nach  yor 
allem  bekämpft  werden.  Das  erste  ist  die  Herrschaft  der 
„darübergeschichteten  Klassen''  (p&turile  superpuse),  wie  der 
Ausdruck  lautet,  den  er  selbst  geschaffen  hat  Das  zweite 
große  Übel  besteht  in  der  Nachahmung  firemder  Kultur,  in 
der  Einwanderung  fremder  Elemente,  in  den  kosmopolitischen 
Ideen  und  Handlungen^  die  jenen  Indiyiduen^  die  nicht  romä- 
mschen  Ursprungs  sind,  zu  yerdanken  sind. 

Um  diese  xmd  andere  derartige  subjektiye  Ansichten  S.B 
besser  yerstehen  xmd  gerechter  beurteilen  zu  können,  halte  ich 
eine  kurze  Darlegung  seiner  Prinzipien  über  Rassen  und 
Rassenmischung*)  für  notwendig. 


*)  Siehe  dazu  in  erster  Linie  die  Anfiiätse  ,,Elementele  streine^ 
(^.  97ff.)  und  „Rom&nii  de  proTenien^ä  inoertä''  (S.  lOliE),  die 


—    363    — 

Der  Hauptgrandsatz,  yon  dem  ans  er  sein  Volk  betrachtet, 
wird  WOB  ans  folgenden  Worten  deutlich:  „Es  gibt . . .  keinen 
Untendded  zwischen  der  rumänischen  Rasse  in  der  Walachei, 
Moldau,  dem  größten  Teile  Siebenbürgens  und  Ungarns.    Es 
ist  ToUkommen  dieselbe  Basse  mit  genau  denselben  Neigungen 
und  Fähigkeiten''  (S.  91).*   Diese  Basse  war  in  der  Vergangen- 
heit der  rumänischen  I&ider  „die  plastische,  die  staatsbildende, 
orgamisierende,  geschichtliche**  Basse  gewesen;  das  muß  sie 
auch  für  die  Zukunft  bleiben.''    In  der  Gegenwart  aber  glaubt 
er  ein  ganz  anderes  Element   im    nationalen  Leben  seines 
Volkes  Yorherrschen  zu  sehen.    Dieses  Element  sei  aus  der 
Mischxmg  der  Bumänen  mit  den  Fanarioten,  mit  jenen  Frem- 
den entstanden,  die  sich  nach  der  Einwanderung  von  jenseits 
der  Donau  in  Bumanien  niedergelassen  haben.     Nun  ist  fär 
ihn  die  Hanptfrage  die,  ob  die  eingewanderte  Basse  eine  junge 
oder  eine   gealterte  gewesen  ist;   eine  junge  oder  gealterte 
nicht  hinsichtlich  der  Jahrhunderte,  die  sie  durchlebt  hat, 
sondern  hinsichtlich  ihres  sittlichen  Wesens.    „Jedes  Volk 
—  meint  er  —  das  noch  nicht  zu  voller  Entwickelung  gelangt 
ist,  das  noch  nicht  die  Verderbtheit  und  das  Elend  durchge- 

mehr  allgemeinexe  Betraohtimgen  über  Baase  und  BaBeenmischniig  ent- 
hatten.  Für  uns  kommt  hier  nur  das  in  Betracht,  was  er  in  Beeng 
tof  das  mmftnisohe  Volk  und  auf  die  in  ihm  angegangenen  neueren 
«ümiflchen  Elemente  aosgefOhrt  hat 

^  Was  eelbst  die  Abkunft  der  Rumänen  betrifEt,  so  hat  £.  dieie 
Frage  —  da  er  sich  nicht  als  Gelehrter,  sondern  als  Politiker  för  sein 
Volk  interessierte  —  sehr  wenig  angezogen.  Er  meinte  ironisch,  eine 
Bolehe  ^interessante  Frage  habe  flberhanpt  keine  Bedentang"|  denn 
»iDader  oder  Römer,  Römer  oder  Dader,  das  ist  gleichgültig;  wir  sind 
ttnmal  Romftnen"  und  „wir  wollen  das  werden,  was  wir  eigentlich 
und  —  RnmAnen"  (Diy.  S.  6).  Doch  war  seine  persönliche  Überzeugung 
die,  die  Romftnen  seien  eine  Mischung  von  Römern  und  Dadem,  daher 
eine  «^mische  Rasse''  (C.  d.  a.  S.  127|  Abs.  4),  wie  er  sich  ziemlich  nn- 
^iflsenBchaltlich  auszudrücken  pflegte. 

**)  EL  gebraucht  hier  den  Begriff  „geschichtlich*'  nicht  ganz 
liditig.  In  der  Gegenwart  ist  die  Entwickelung  ebenso  gut  ein  ^,ge- 
nhichtiicher  Prozefi"  wie  in  der  Vergangenheit 


—    364    — 

macht  hat,  die  hohe,  aber  in  Dekadenz  befindliche  Ziyüisatioii 
mit  sich  bringt,  ist  ein  junges  Volk"  (S.  102).  Die  Mischnng 
zweier  junger  Rassen  gibt  ein  „neues  Element,  in  welchem 
sich  die  Eigenschaften  beider  in  einer  neuen,  lebensfähigen 
Form  vereinigen"  (S.  102).  Dagegen  gibt  „die  Mischung  einer 
gealterten  Basse  mit  einer  jungen  dieselben  Resultate,  wie  die 
Ehe  zwischen  Greisen  und  jungen  Frauen:  krüppelhafte,  be- 
schränkte, zur  Krankheit  neigende  Kinder"  (S.  102).  Als  eine 
solche  betrachtet  er  die  Mischung  der  jungen  rumänischen 
Rasse  mit  der  gealterten  der  Fanarioten.  Diese  habeii  ffich 
den  Rumänen  im  Großen  und  Ganzen  nicht  assimilieren 
können.  „Alle  fremden  Ethnologen,  Deutsche  oder  Franzosen, 
haben  anerkannt  und  werden  —  schreibt  er  —  anerkennen, 
daß  die  über  dieses  Volk  geschichtete  Klasse  unrumänisch  ist 
XTnrumänisch,  nicht  was  das  bürgerliche  Gesetz,  nicht  was  das 
öffeutliche  Recht,  nicht  was  die  Verfassung,  sondern  was  die 
Nationalität  und  die  schlechten  Sitten  betrifiPb"  (S.  106  f.).  Doch 
gibt  E.  eine  teilweise  Assimilierung  der  fremden  Elemente  an 
die  Rumänen  zu,  indem  er  betont:  „Nicht  alle,  die  bei  uns 
als  Fanarioten  gelten,  sind  in  Wahrheit  Fanarioten  gewesen; 
nicht  alle  waren  unassimilierbar.  Im  Gegenteil,  ich  habe  Ton 
Yomherein  nicht  in  Abrede  gestellt,  daß  sehr  zahlreiche 
Elemente  sich  vollständig  assimiliert  haben;  nur  die  neueste 
Einwanderung  aus  den  letzten  50 — 60  Jahren  erweist  sich 
mißliebiger  Weise  als  unassimiliert  oder  unassimilierbar^ 
(S.  103). 

Da  ihm  aber  diese  Klassen  damals  als  die  herrschenden 
in  Rumänien  erscheinen  und  da  „die  Politik  eines  Landes,  die 
guten  wie  die  schlechten  Bestrebungen  von  der  Korper- 
beschaflfenheit  der  Individuen,  von  ihrer  Abkunft,  von  den 
ihrer  Rasse  aDgeborenen  Gebrechen  und  Eigenschaften  ab- 
hängt" (S.  99)  so  bekämpft  er  sie  auf  das  Entschiedenste  und 
fürchtet  von  ihnen  für  die  Zukunft  der  rumänischen  Nationali- 
tät im  Königreiche. 

Die  Aufsätze  „Pätura  superpusä"  (S.  91  f.),  „Elemen- 
tele    streine"    (S.  97f.),    „Romänii    de   provenientä   in- 


—    365    — 

cerU"  (S.  101£),  „Veneticii"  (S.  105f.),  nFanarotii  si 
clasele  dirigente"  (S.  123f.),  geben  seine  Ideen  von  den 
darabei^eschichteten  herrschenden  Klassen  eingehend  wieder. 
Wie  das  bei  dem  zwiespältigen  Charakter  des  Dichters 
nicht  anders  zu  erwarten  war,  treten  auch  bei  seiner  Tätigkeit 
als  politischer  Schrifststeller  zwei,  Yon  einander  völlig  yer- 
schiedene  Züge  hervor.  Einerseits  macht  sich  hier  und  da  in 
seinen  Ansfahrungen  ein  gesunder,  hoffnungsvoller  Optimismus 
geltend,  andererseits  —  und  das  vorwiegend  —  ein  verzweifelter 
Pessimismus. 

Höchst  pessimistisch  schildert  E.  die  herrschenden 
Klassen  seines  Landes  imd  damit  manchmal  verbunden  auch 
die  ganze  Zukunft  seines  Volkes.  Dagegen  urteilt  er  ein 
ander  Mal  voll  Hoffnung  und  voll  Vertrauen  über  das  Land 
selbst  und  über  die  Zukunft  seiner  Nation.  Einige  Auszüge 
aus  seinen  Aufsätzen  werden  uns  diese  Mischung  von  Pessi- 
mismus und  Optimismus  besser  veranschaulichen. 

In  Bezug  auf  die  herrschenden  Elemente  in  Rumänien 
schreibt  er  nicht  eben  ohne  Recht,  „niemand  werde  ihre  äußerste 
geistige  und  moralische  Sterilität  leugnen;  trotz  der  großen 
Menge  von  Gebildeten  wird  man  selten  eine  wertvolle  Zeile 
geschrieben  lesen,  die  von  einer  kraftvollen  Auffassung  zeugte; 
Leute  von  entschlossenem  und  beständigem  Charakter  sind 
ebenfalls  selten"  (S.  103).  Wenn  er  aber  das  Tun  und  Treiben 
dieser  Elemente  dem  Volke  gegenüber  ansieht,  so  wird  er 
noch  pessimistischer  gestimmt  »Auf  dem  Rücken  des  un- 
glücklicheUi  rumänischen  Volkes,  das  durch  Leiden  apathisch 
und  durch  Phrasen  verwirrt  worden  ist,  bildet  sich  ein  neues 
Volk  von  Emporkömmlingen  von  einer  noch  unbestimmten 
Nationalität,  eine  neue  amerikanische  Rasse,  vor  der  das  alte 
Volk  des  Mircea  Basarab  verschwindet  und  auswandert"  (S.  71). 
Ebenda  geht  er  in  seiner  pessimistischen  Betrachtung  der 
Lage  bis  an  die  äußerste  Grenze,  indem  er  wie  verzwei- 
felt klagt:  „Vor  der  schwarzen  Fremden- Wolke,  die  sich 
über  das  Land  breitet,  fallen  unsere  Urwälder  und  zugleich 
mit   ihnen   unsere    ganze   Geschichte,    unser  ganzes  Eigen- 


—    See- 
wesen.*)    Der  Tod,   die  Abnahme  der  Bevölkerung  besorgt 
dann  den  Best:  die  physische  Ausrotfcong  des  nimanischeD 
Stammes." 

Die  ökonomischen  und  sozialen  Zustande,  d^e  unter  den 
Bauern  herrschen  und  in  Wahrheit  noch  heute  in  Bumänien 
ziemlich  traurig  sind,  beurteilt  er  gleichfalls  pessimistisch: 
„Niemals  war  der  Bauer  elender  als  heute,  niemals  die  ilun 
auferlegten  Lasten  schwerer,  niemals  seine  Ernährungsweise 
schlechter,  niemals  die  Arbeit  größer,  niemals  die  konsumie- 
renden Klassen,  die  gar  nichts  prodtuderen,  zahlreicher  und 
geldgieriger"  (S.  106). 

Aber  wie  tief  und  wie  überwiegend  sein  Pessimismus 
auch  sein  mag,  so  läßt  E.  in  seinen  politischen  Schriften  doch 
auch  manche  erfreuliche  optimistische  Töne  erklingen«  Es  ist 
wahr,  daß  solche  Töne  sehr  selten  bei  ihm  vorkommen.  Das 
ist  auch  kein  Wunder,  da  seine  politischen  Au&ätze  fast  alle 
polemischer  Natur  und  als  solche  gegen  die  herrschenden 
Klassen  gerichtet  sind;  die  leidenschaftliche  Bekämpfung  dieser 
konnte  ihm  nicht  die  nötige  Buhe  und  Stimmung  zu  opti- 
mistischen Betrachtungen  gewahren.  Doch  bildet  eben  das 
rumänische  Volk  und  sein  tiefes  Vertrauen  auf  dessen  sitÜiche 
Eigenschaften  eine  starke  optimistische  Grundlage  seines  poli- 
tischen Glaubens.  „Das  Beich  —  schreibt  er  —  besteht  zum 
größten  Teile  aus  rechtschaffenen  Menschen,  die  nichts  anderes 
nötig  haben,  als  daß  die  wahre  Arbeit  und  ihre  Ergebnisse 
durch  eine  ehrliche  Verwaltung  und  unparteiische  Bechtspflege 
gesichert  werden"  (S.  86). 

Der  Glaube  an  die  Lebensföhigkeit  der  rumänischen  Nation 
und  an  ihre  Zukunft  —  hat  seiner  pessimistischen  Lebens- 
anschauung  hinsichtlich  der  herrschenden  Elassen  gewisser- 
maßen eine  Schranke  gesetzt,  damit  sie  nicht  in  gänzUcbe 
Übertreibung  und  in  Verzweiflung  ausarte.  Diese  pessimistische 
Betrachtung  aber  hat  ihm  jenen  durchdringenden  kritischoi 


*)  Genau   dieselbe    trCibe,   pesrnmistiBch- prophetische   Stirnnrang 
kennzeichnet  sein  berühmtes  Gedicht  „Doina**  (§Br.  LVII}. 


-    367    — 

Geist  ermöglicht,  der  ihn  zu  einer  Fälle  von  richtigen  Er- 
kenniaiissen  führte,  die  je  trauriger  sie  waren,  desto  mehr  einer 
öffentlichen,  schonungslosen  Besprechung  bedurften:  ein  Yer- 
fiihren,  das  eben  in  jenen  Jahren  yoU  glorreicher  Ereignisse 
for  Bomänien,  und  voll  Ton  überschwenglichem  Optimismus 
als  unbedingt  wünschenswert  gelten  konnte. 


Y.  E.8  kritische  (polemisclie)  und  philosophische  An&ätze. 

Drei  kritische  Aufsätze  E.s  haben  wir  zu  yerzeichnen: 
„Observa^ii  critice"  (Div.  60ft),  „IncÄ  odatä  recen- 
siunea  logicei-Maiorescu^  (Div.  70ffi)  und  „0  scriere 
criticS''  (Div.  76ff.)*  ^^^  beziehen  sich  alle  auf  an  sich  nicht 
besonders  wichtige,  aber  damals  aktuelle  Fragen,  die  keine 
allgemeine  und  nodi  weniger  eine  bleibende  Bedeutung  haben 
konnten. 

Der  Aufsatz  „Observa^ii  critice^  erschien  zuerst  in 
„Gurierul  de  lassi"  (1877,  Nr.  27).  Er  enthalt  die  kritische 
Besprechung  einer  ziemlich  subjektiven  Beurteilung,  der  ein 
gewisser  Dr.  Zotu  in  „Columna  lui  Traian"  1877,  Nr.  6,  7  die 
„Logik''  Maiorescus  unterzogen  hatte.  Mit  demselben  Gegen- 
stände befaßt  sich  E.  in  dem  zweiten  Aufsatz  „Inc&  odatä 
recensiunea  logicei-Maiorescu''.  Bemerkenswert  an 
diesen  beiden  Auäätzen  ist  das  Sachverständnis,  mit  der  er 
allgemein  philosophische  und  speziell  logische  Fragen  bespricht, 
wie  auch  der  besonnene,  obwohl  ziemlich  eneigische  und  pole- 
mische Ton  seines  Stiles.  Noch  wichtiger  für  uns  sind  einige 
Schlußbetrachtnngen,  die  er  aus  Anlaß  jener  ungerechten 
Kritik  Dr.  Zotus  macht,  und  die  sich  auf  die  damaligen  Zu- 
stande in  der  rumänischen  Wissenschaft  und  besonders  auf 
die  hervorragende,  zu  jener  Zeit  aber  heftig  bekämpfte  Rolle 
Maiorescus  in  dem  Geistesleben  Rumäniens  beziehen.  Diese 
Schlußbetrachtungen  beleuchten  deutlich  manche  Seiten  der 
Lebensanschauung  E.s  und  liefern  uns  einen  Beweis  mehr, 
wie  gesund  die  ethische  Grundlage  seines  Wesens  war,  wie 


-    368    — 

ernst  er  es  mit  seinem  Beruf  als  geistiger  Arbeiter  seines 
Volkes  meinte. 

„Wissen  —-  sagt  er  —  kann  erwerben  wer  will,  Urteil 
nicht  Das  Urteil  ist  eine  kostbare  Gabe  der  Natur,  die  sich 
in  geringem  Maße  bei  jedem  Menschen  findet,  aber  reichlich 
und  klar  nur  bei  der  geistigen  Aristokratie,  welche  die  Natur 
mit  großer  Kargheit  über  die  Erdoberflache  gesät  hat"  „Und 
diese  Ajistokratie  —  ßhrt  er  fort  —  wird  in  der  Republik 
des  Schriftstellertums  ebenso  verfolgt  wie  die  Aristokratie  des 
historischen  Namens  in  der  bürgerlichen.  In  beiden  Republiken 
wird  die  Mittelmäßigkeit  (aus  Neid  und  aus  dem  Gefühl  ihres 
Unwertes)  diejenigen  Kopfe  yerdächtigen,  die  sie  nicht  ye^ 
stehen  kann  oder  will"  (Div.  68). 

Maiorescu  aber  und  den  Kampf,  den  man  gegen  ihn  zur 
damaligen  Zeit  in  dem  rumänischen  Geistesleben  führte,  charak- 
terisiert er  in  wenigen,  trefifenden  imd  gerechten  Worten,  denen 
ein  gewisses  literarhistorisches  Interesse  nicht  abzustreiten  ist, 
insofern  sie  von  einer  Persönlichkeit  wie  E.  und  betreffe  eines 
so  bewegten  Abschnittes  der  modernen  rumänischen  Kultar- 
geschichte ausgesprochen  worden  sind. 

„Ein  Kopf  von  umfassender,  klarer  Urteilskraft**  ist  ihm 
der  Verfasser  des  Handbuchs  der  Logik,  „weshalb  die  Republik 
der  rumänischen  Wissenschaft  so  sehr  als  möglich  gegen  ibn 
isi**  „Man  flüstert  und  schwatzt  unsinniges  Zeug  von  Eos- 
mopolitismus,  man  verdächtigt  ihn  des  Nichtwissens,  man  klagt 
ihn  des  Plagiats  an,  und  alles  dies  schleudert  man  gegen  einen 
Geist,  der  in  jeder  Zeile  von  krystallener  Durchsichtigkeit  ist 
und  niemand  darüber  im  Zweifel  läßt,  was  er  sagen  wollte"  (68). 

„0  scriere  criticä"  enthalt  die  von  mir  schon  erwähnte 
Kritik  einer  von  dem  Dichter  D.  Petrino  verfaßten  Broschüre 
„Pu^;ine  cuvinte  despre  coruperea  limbel  romlne  In 
Bucovina"  (Cernäuti  1869)  oder  auf  deutsch  „Einige  Worte 
über  die  Verfälschung  der  rumänischen  Sprache  in  der  Buko- 
vina."*)     E.   hatte   die   Kritik  in   der   damaligen  Zeitschrift 

*)  Diese  Schrift  konnte  ich  nicht  bekommen;  nach  den  AuBzflgen, 
die  E.  aas  ihr  gegeben,  scheint  sie  von  zweifelhaftem  Werte  gewesen 


—    369    — 

.Albina"  in  Budapest  (1870,  Nr.  3  und  4)  yeröffentlicht.  Zu 
jener  Zeit  befiemd  er  sidi  in  Wien,  wo  auch  Petrino  —  wahr- 
scheinlich zu  derselben  Zeit  —  studiert  hat  (Rud.  147).  Die 
Einzelheiten,  die  E.  über  diesen  in  seinem  Aufsatz  darlegt, 
rufen  die  Vermutung  hervor,  er  habe  ihn  näher  kennen  ge- 
lernt 

In  diesem  Aufsatz  äußert  E.  yerschiedene  interessante 
Ansichten  über  die  rumänische  Sprache  und  über  die  philo- 
logischen Strömungen,  die  das  damalige  Literatentum  der 
Rumänen  beherrschten.  Petrino  spielte  in  seiner  Broschüre 
die  Rolle  eines  Umstürzlers  aller  veralteten  Systeme,  eines 
heftigen  Bekämpfers  derer,  die  das  Sprachvermögen  des  Volkes 
beiseite  schoben  und  selbst  Worte  und  Ausdrucke  schmiedeten, 
indem  sie  einer  unnatürlichen,  rumänisierenden  Richtung  hul- 
digten. Nur  war  diese  Bekämpi^g  weder  eine  gründliche 
und  objektiTe,  noch  eine  ernste  und  besonnene.  Seine  Waffe 
war  Spott  und  Hohn,  maßlose  Beschuldigungen  und  rück- 
sichtslose Verurteilung  alles  dessen,  was  die  frühere  Generation 
geleistet  Gegen  eine  solche  Art  Kritik  erhob  sich  E.  mit 
aller  Entschiedenheit,  obwohl  er  selbst  die  alten  philologischen 
Richtungen  nicht  billigte,  sondern  der  neuen  Richtung  Maio- 
rescus  huldigte,  die  die  Rückkehr  zur  Volkssprache  und  zum 
Volksgeist  als  Programm  aufgestellt  hatte.  —  Seiner  konser- 
vativen Anschauungsweise  gemäß,  konnte  er  das  Umstürzler- 
verfahren  Petrinos  keineswegs  gutheißen,  noch  weniger  aber 
dessen  Pietätlosigkeit  gegen  die  ehrwürdigen  Vertreter  der 
älteren  Strömungen  in  der  rumänischen  Wissenschaft.  Diese 
nimmt  er  in  Schutz^  indem  er  zu  erklären  bestrebt  ist,  daß 
ihr  Schaffen  —  wenn  nicht  immer  gründlich  und  naturgemäß  — 
so  doch  echten  nationalen  Gesinnungen  entsprungen  und 
großen  nationalen  Idealen  gewidmet  war.  Er  betrachtet  so- 
wohl  die   latinisierende  wie   auch  die  rumänisierende  philo- 


la  sein;  ein  äußerst  scharfer  und  schwärmerischer  polemischer  Ton  sei 
ihr  eigen.    Überhaupt  bedeutet  Petrino  selbst  nicht  besonders  viel  in 
der  nuD&nischen  Literatur.    S.  näheres  über  ihn  Rad.  147,  172. 
Weigand,  10.  Jahresbericht.  24 


—    370    — 

logische  Bichtang  als  etwas  in  ihrer  Zeit  notwendig  gewesenes 
(Diy.  80 f.);  das  gleiche  tut  er  betreu  der  älteren  ramaniBchen 
Geschichtsschreiber  Petra  Maior  und  George  Sincai,  die  er 
selbst  Maiorescu  gegenüber  in  Schntz  nimmt  (Diy.  84).  Alle 
jene  Männer  der  Vergangenheit  sind  ihm  „ausharrende  Pioniere 
der  Nationalität  und  des  Rumänentums'',  Kämpfer  „deren 
großes  Herz  vielleicht  mehr  galt  als  ihre  Yernunft^i  die  aber 
„wenn  auch  keine  Genies,  doch  wenigstens  Menschen  von  groS^ 
Gelehrsamkeit"  waren  (Ebenda). 

Besonders  warm  verteidigt  er  den  Philologen  Aron  Punrnnl, 
seinen  ehemaligen  Lehrer  und  Erzieher;  er  ist  ganz  und  gar 
empört  über  die  maßlosen  AngrifiEe  Petrinos  gegen  diese  be- 
achtenswerte Persönlichkeit,  die  er  mit  Recht  als  eine  Ter- 
dienstvoUe  ansieht  (Div.  77,  83,  85).  Am  meisten  rahmt  er 
an  Pumnul  seine  nationale  Gesinnung,  die  die  Grandlage 
seiner  ganzen  Tätigkeit  gebildet  hat.  Ihm  ist  dieser  Mann 
„die  Personifikation  eines  Prinzips,  die  Seele,  die  den  Massen 
[der  Rumänen]  Festigkeit  und  nationales  Bewußtsein  eingeflößt 
und  aus  ihnen  eine  Nation  gemacht  hat**  (Div.  83).  Er  gibt 
zu,  die  Sprache,  in  der  Pumnul  geschrieben,  sei  unannehmbar. 
Man  müsse  aber  Form  von  Inhalt  unterscheiden,  denn  ^i^ 
Genie,  ob  im  Bettlerkleide  oder  in  Prnnkge wändern,  bleibt 
doch  immer  Genie''  (Div.  83).  Die  Kritik  selbst  soll  dagegen 
„kalt*'  und  „rationalistisch*'  sein,  nicht  aber  „eine  lächerlicbe 
und  wertlose  Spottschrift,  die  mehr  zu  Ungunsten  des  Ver- 
fassers, als  zu  Ungunsten  der  Verspotteten  spricht"  (Div.  84). 

In  seinen  Ausftihrungen  über  die  Schriftsprache  kommt 
E.  auch  auf  Alexandri  zu  sprechen,  den  Petrino  ohne  weiteres 
als  eine  Autorität  in  sprachlichen  Fragen  und  in  der  roma- 
nischen Prosa  hingestellt  hatte.  Mit  kritischem  Verständnis 
behauptet  er,  „Alezandris  Prosa  sei  niemals  auf  der  H5he 
seiner  Dichtung",  deim  „f&r  die  Prosa  ist  eine  gründliche 
Urteilskraft  notwendig,  die  Prosa  Alezandris  enthalt  aber  nur 
Witz  und  Wortspiele,  welche  ihr  einen  völlig  weiblichen 
Charakter  verleihen"  (Div.  81). 

Philosophischer   Art  ist  der  Aufsatz  E.s  „Christos  a 


—    371    — 

Inyiat!"*)  den  er  zuerst  im  „Timpul"  veröflfenÜichte  (Nov.  157, 
Amnerk.).  Auch  ein  Aufsatz  in  „Fäntfina  Blandusiei" 
gehört  Uerher. 

Der  erste  Au&atz  „Christos  a  inviat"  wurde  aus  Anlaß  des 
Osterfestes  geschrieben,  das  den  größten  Feiertag  der  Rumänen 
bildet.**)  K  vertieft  sich  in  philosophische  Fragen  über  die 
Beziehungen  der  Menschen  zu  Gott  und  über  die  menschliche 
Natur  und  das  menschliche  Tun  und  Treiben  auf  der  Erde. 
Seine  Anschauungsweise  ist  im  Grunde  christlich-pessimistisch; 
er  hat  kein  Vertrauen  auf  die  Natur  der  Menschen;  doch  liebt 
er  sie  trotz  ihrer  Schwächen  und  betrachtet  sie  mit  wahrem 
christlichen  Mitleid. 

Wahrhaft  christlich  und  zugleich  stark  pessimistisch  klingt 
das  Ende  des  Aufsatzes:  „Es  bleibt  doch  die  Sitte  und  ihr 
heiliger  Sinn,  so  wie  es  von  alten  Zeiten  her  ist;  und  wenn 
niemals  jener  Tag  kommen  sollte,  mit  dem  das 
goldene  Zeitalter  der  Wahrheit  und  Menschenliebe 
anbricht,  so  ist  es  doch  gut,  daß  man  an  sein  Kommen 
glaubt,  damit  sich  die  Guten  am  Tage  der  Auf- 
erstehung freuen"  (S.  150). 

Der  Au&atz  in  „Fäntäna  Blandusiei"  (Div.  96)  enthält 
einen  kurzen  Überblick  über  die  geistigen  Zustände  Europas 


*)  Es  ist  der  Groß,  mit  dem  sich  die  Glänbigen  griech.  Konfession 
begegnen.  In  der  nimämschen  Presse  ist  es  üblich  nnter  dieser  Auf- 
schxift  Osteranfs&tse  za  veröffentlichen. 

**)  In  einem  anderen,  gleichfeJls  von  dem  Osterfeste  yeranlaßten 
Aafiwtz,  den  ich  nachträglich  aus  .^Timpul",  VI,  1881,  Nr.  82  (Seite  1, 
Spalte  2  ff.)  abgeschrieben  und  in  der  Bukarester  Zeitschrift  ,,Sämän&- 
toml'S  II,  1903,  Nr.  14.  S.  210ff.  veröffentlicht  habe,  beschäftigt  sich  £. 
besonders  mit  der  Gestalt  Jesus,  den  er  mit  tiefer  Frömmigkeit  ab  das 
Ideal  der  wahren  Sittlichkeit,  als  den  ewigen  Verkörperer  und  als  das 
gl&nsendste  Urbild  derselben  f&r  die  Menschheit  darstellt.  Die  Gmnd- 
stimmung  dieses  Auftatzes  ist  charakteristischer  Weise  viel  heller  als 
in  dem  Aufsatz  „Christos  a  inviat!''  In  dem  letzten  betrachtet  er  das 
Christentom  philosophisch-pessimistisch,  in  dem  ersten  dagegen  geht  er 
mehr  von  politisch-sozialen  Gesichtspunkten  ans  und  schließt  mit  prak- 
tisch-moralischen  Ratschlägen. 

24* 


—     372    — 

in  der  neueren  Zeit  Fast  der  ganze  Aufsatz  ist,  wie  schon 
erwähnt,  von  dem  damals  physisch  wie  intellektuell  sehr  ge- 
schwächten, moralisch  aber  nicht  mehr  ganz  verantwortlichen 
Dichter  aus  Max  Nordaus  Werk  „Die  konventionellen  Lügen 
der  Kulturmenschheit''  (Leipzig  1883;  15.  Aufl.  1893)  abge- 
schrieben; und  zwar  sind  es  die  überaus  pessimistisch  gefärbten 
allgemeinen  Betrachtungen,  die  Nordau  in  dem  ersten  Ab- 
schnitt („Mene,  Thekel,  Phares'')  seines  Buches  über  die  heutigen 
Kulturzustände  der  großen  Staaten  Europas  macht,  die  E.  sehr 
oft  ganz  wortlich,  nur  mit  manchen  Auslassungen  und  in  einer 
anderen  Gedankenreihe  wiedergibt,  ohne  die  Quelle  anzudeuten. 
Der  Schluß  des  Aufsatzes  allein,  der  von  den  Nordauischen 
Anschauungen  ganz  unabhängig  ist,  gehört  dem  Dichter.  Er 
spricht  hier  über  Schopenhauer  und  die  Wirkung  seiner  Philo- 
sophie; dann  erklärt  er  die  Ziele,  die  „Fänt&na  Blandusiei"* 
erreichen  und  die  Mittel,  die  sie  in  ihrer  Tätigkeit  an- 
wenden wilL 

Ein  besonderes  Interesse  haben  ftlr  uns  die  Ausfuhrungen 
über  Schopenhauer,  dem  er  teils  geistesverwandt,  teils  als  von 
ihm  beeinflußt  zugeneigt  war.  Er  betont  die  „außerordent- 
lichen Verdienste  des  großen  deutschen  Philosophen"  und 
behauptet,  „er  habe  durch  seine  energische  Kritik  die  Herr- 
schaft jenes  leeren,  phrasenhaften  Philosophierens  zerstört 
das  Hegel  eingeführt  und  das  die  Geister  ein  Yierteljahrhundert 
lang  beherrscht  hai"^  Er  habe  durch  diese  Kritik  auch  andere, 
weniger  verbreitete  Systeme,  wie  das  Fichtesche  oder  Schleier- 
machersche  u.  a.,  beseitigt.  Eminescu  spricht  also  bis  dahin 
wie  ein  unbedingter  Schüler  und  Verehrer  Schopenhauers  oder 
wenigstens  wie  ein  objektiver,  ja  sogar  freundlicher  Beurteiler 
dessen.  Doch  weigert  er  sich  nicht,  auch  die  ungünstigen 
Folgen  der  Schopenhauerschen  Philosophie  hervorzuheben; 
denn  „gerade  diese  verdienstvolle  Kritik  der  leeren  Phrasen- 
drescherei hat  —  nach  Eminescu  —  auch  den  beständigen 
Widerspruch  zwischen  unseren  Ideen  und  den  Formen  der 
Civilisation  aufgedeckt,  uns  die  Notwendigkeit  klar  gemacht, 
inmitten  von  Einrichtungen  zu  leben,  die  uns  lügenhaft  er- 


—    373    — 

scheinen,  und  uns  zu  Pessimisten  gemacht"  (S.  99  f.)-  Es  liegt 
in  diesen  Worten  mehr  als  die  Feststellung  einer  Tatsache; 
es  liegt  darin  etwas,  wie  ein  Bekenntnis  E.s  Ton  seiner  Welt- 
anschauung, deren  pessimistischer  Charakter  nicht  in  geringem 
MaBe  eben  auf  den  Einfluß  Schopenhauers  und  seiner  Schule 
zurfickzuführen  ist. 

Eine  im  guten  Sinne  überraschende  Wendung  ninmit  der 
pessimistisch  gehaltene  Aufisatz  am  Ende,  wo  E.  auf  einmal 
optimistische  Töne  erklingen  läßt.  Er  ist  keineswegs  ver- 
zweifelt an  den  Zustanden,  die  Nordau  schildert.  Seine  Seele 
sehnt  sich  nach  einer  Wiedergeburt,  sein  Geist  entdeckt  die 
heilbringende  Quelle  der  neuen  Richtung  in  der  antiken  Welt 
und  in  der  Yolksliteratur,  sein  Wille  betätigt  sich  in  der  Be- 
gründung der  Zeitschrift  ^^FäntänaBlandusiei"  und  in  dem  leider 
vergeblichen  Entschluß,  sich  der  Arbeit  fnr  die  allgemeine 
Wohlfahrt  zu  widmen.  „Die  antike  Kunst  —  meint  er  — 
wie  auch  die  lateinische  der  mittleren  Periode  entbehrte  der 
Bitterkeit  und  des  Überdrusses;  sie  war  eine  Zufluchtsstätte 
Yor  den  Sorgen  und  Schmerzen."  ,,Literatur  und  Kunst 
sind  also  berufen,  die  Geister  Yon  dieser  psychischen 
Krankheit  des  Skepticismus  zu  heilen''  (S.  100).  Als 
eine  Erinnerung  an  jene  Kunst,  die  „solche  Wunder  zu  tun 
vermag^,  habe  er  seiner  Zeitschrift  den  Namen  jener  Quelle 
gegeben,  die  unter  einer  Eiche  in  der  Nähe  der  Stadt  Tibur 
entsprang  (S.  100),  und  um  welche  ein  Hauch  von  Klassicismus 
weht  Über  die  andere  heilbringende  Quelle,  die  Yolkspoesie, 
schreibt  er  aber:  „Wenn  wir  in  den  Dichtem  der  Antike,  die 
voll  Wahrheit,  Eleganz  und  trefflicher  Ideen  sind  und  die  ewig 
jung  bleiben  werden,  ein  Heilmittel  gegen  den  geistigen  Rück- 
schritt finden,  so  dürfen  wir  nicht  vergessen,  daß  es  auch  in 
der  Gegenwart  eine  solche  ewig  verjüngende  Quelle  gibt,  die 
Volksdichtung,  unsere  eigene  sowohl  als  die  der  uns  um- 
gebenden Völker"  (S.  100).  Daher  verspricht  er  auch,  der 
Volksliteratur  einen  reichlichen  Raum  in  der  Zeitschrift  zu 
sichern. 


—    374    — 
VI.  Eminescus  literarische  AuMtze. 

(Ober  Theater-  und  Volksliteratar.) 

Von  literarischen  Aufsätzen  E.8  sind  mir  nur  zwei  zu- 
gänglich gewesen:  „Repertoriul  nostru  teatral"  und  ein 
kleiner  Aufsatz  über  die  Volksliteratur,  den  er  als  Vor- 
wort zu  einer  Sammlung  von  humoristischen  Volkserzeugnissen 
(„Literatura  popularä  sau  palavre  si  anecdote  de  E.  Baican, 
Bucuresti  1882)  geschrieben  hat. 

„Bepertoriul  nostru  teatral**  erschien  zuerst „Familia* 
(1870,  Nr.  3)  und  wurde  nachher  in  Div.  88  ff.  abgedruckt 
Dieser  Aufsatz  behandelt  die  Frage  des  „rumänischen  Theater- 
Repertoriums",  wie  sich  der  Verfasser  selbst  ausdrückt  Aiilafi 
dazu  gab  ihm  die  damalige  ei&ige  Agitation  für  die  Idee  eines 
Nationaltheaters  der  ungarländischen  Rumänen  unter  Leitung 
losif  Vulcans. 

E.  behandelt  die  Frage  des  damaligen  rumänischen  Dramas, 
dann  gibt  er  mehrere  Erörterungen  über  Theater,  dramatisdie 
Literatur  im  allgemeinen  und  über  manche  große  Gestalten 
unter  den  dramatischen  Schriftstellern. 

Er  übt  an  der  damaligen  dramatischen  Literatur  der 
Rumänen  eine  im  großen  und  ganzen  yemichtende,  aber  wohl- 
begründete Kritik  (S.  89ff.).  Von  den  Lustspielen  Alezandris 
hat  er  keine  besonders  günstige  Meinung.  Sie  scheinen  ihm 
geistreich,  aber  größtenteils  „voll  ünsittlichkeit"  und  dann 
sind  ihm  die  meisten  zu  lokal  geschrieben.  Das  dramatisdie 
Talent  bestreitet  er  diesem  finichtbaren  und  hochangesebenen 
Schriftsteller  nicht;  nur  meint  er,  „die  Vorbilder  und  Ziele, 
die  er  befolgt  zu  haben  scheint,  seien  allzu  unklar"  (S.  89). 
Als  gute  Stücke,  die  das  Talent  Alexandris,  das  sich  „in  Rein- 
heit und  Klarheit  zeigen  konnte",  beweisen,  nennt  er  „Cinel- 
cinel",  „Crai-nou",  „Arvinte  si  Pepelea". 

Ganz  vernichtend  beurteilt  er  die  in  Wahrheit  äußerst 
schwachen  dramatischen  Erzeugnisse  Bolintineanus,  der  da- 
mals als  berühmter  Dichter  in  der  rumänischen  Literatur  galt 
Seine  Dramen  sind  —  nach  E.  —  „charakterlos,  ziellos,  ohne 


—     375    — 

irgend  einen  Zusammenhang,  unmöglich  durch  ihre  Nichtig- 
keit'' Dagegen  äußert  er  sich  mit  yiel  Lob,  aber  mit  weniger 
kritischem  Geist,  aber  die  Stücke  ürechias,  von  denen  er 
bedauert,  daß  sie  nicht  zahlreicher  seien.  Lobend  spricht  er 
auch  über  das  Drama  „B&svan-Yodä''  von  Hasdeu  (S.  90). 
Seine  Ansichten  über  Stücke,  die  absolut  wertlos  sind,  er- 
wähne ich  nicht. 

Als  wirklich  aufführungswerte  Stücke  bezeichnet  er  das 
Drama  „Rienzi**  von  S.  BodnSrescu,  eine  Bearbeitung  des 
bekannten  Bulwerschen  Romans  und  das  Drama  „Grigore 
Vodä^  von  Dep&rft^ianu,  einem  sonst  nicht  herrorragenden 
Dichter  (S.  91).  Im  allgemeinen  vertritt  er  die  ganz  berechtigte 
Ansicht,  es  sei  die  Anzahl  solcher  rumänischer  Stücke  sehr 
klein,  die  „durch  ihre  Existenz  das  Nationaltheater  nicht  ent- 
ehren" (S.  92). 

Nach  diesen  Betrachtungen  gibt  E.  einige  treffliche  Rat- 
schlage für  das  Schaffen  auf  dem  Gebiet  des  rumänischen 
Dramas.  Der  Ghrundsatz,  der  seine  diesbezüglichen  Ideen  be- 
herrscht, ist  ein  sittlicher:  das  Theaterrepertorium  soll  Stücke 
enthalten,  „die  nicht  nur  gefallen,  sondern  auch  nützen, 
ja  sogar  vornehmlich  nützen  können^  (S.  95).  Diesen  Nutzen 
versteht  er  im  sittlichen  Sinne;  er  wünscht  solche  dramatische 
Erzeugnisse,  die  „große,  edle,  schöne  Gefühle,  gesunde  und 
moralische  Ideen""  erwecken  (S.  93).  Das  empfiehlt  er  umso- 
mehr,  als  man  in  einer  Zeit  lebt,  wo  „die  Atmosphäre  von 
ganz  Europa  von  Korruption  und  Frivolität  infiziert  isf  (S.  93). 
Als  Muster  stellt  er  den  rumänischen  Schriftstollem  die  natio- 
nalen Schriftsteller  hin;  er  versteht  darunter  „solche 
Dramatiker  die,  indem  sie  den  Geist  ihrer  Nation  begreifen, 
durch  und  mit  diesem  Geiste  das  Publikum  auf  die  Höhe 
ihres  eigenen  Niveaus  emporheben  sollen"  (S.  93)  wie  z.  B. 
die  spanischen  Dramatiker,  dann  Shakespeare  und  femer  — 
ein  interessantes  Moment,  da  der  Aufsatz  1870  geschrieben 
wurde  —  der  Norweger  Björnstjerne  Björnson  (S.  93). 
Besonders  begeistert  spricht  er  von  Victor  Hugo,  von  dem 
er  überschwenglich  behauptet,  „er  hebe  sich  bis  zu  der  großen 


—    376    — 

und  kräftigen  Abstraktion  des  ganzen  Volkes  empor,  ^  nicht 
nur  einer  oder  einiger  Klassen  (S.  93). 

Hinsichtlicli  derjenigen,  die  tragische  oder  komisch-volks- 
tümliche Sto£Pe  bearbeiten  wollen,  empfiehlt  er  för  den  ersteren 
das  „erhabene  Drama''  Friedrich  Hebbels  „Maria  Magda- 
lena'', fnr  den  letzteren  die  Lustspiele  des  Dänen  Stoll- 
berg (S.  94). 

Was  die  Produktion  selbst  anlangt,  so  ist  er  nicht  fnr 
Übersetzungen,  sondern  für  originelle  Erzeugnisse;  er  betont 
aber  ausdrücklich,  daß  „wenn  die  Stücke  auch  keinen  großen 
ästhetischen  Wert  haben  sollten,  so  doch  wenigstens  der 
ethische  Wert  ein  absoluter  sein  soU''  (S.  94).  Er  warnt 
schließlich  davor,  Verfasser  in  weniger  bekannten  Sprachen, 
„die  die  „Reise  um  die  Welt  noch  nicht  gemacht  haben''  (so 
z.  B.  Russen,  Magyaren,  Serben),  nachzuahmen,  denn  diese 
„haben  in  Wahrheit  etwas  originelles  an  sich,  was  gefallt; 
doch  sei  das  ethische  Element  in  ihnen  infiziert"  (S.  95). 

Als  zweckmäßig  fftr  das  zu  errichtende  Theater  empfiehlt 
er  die  Unterstützung  der  Künstler  durch  Stipendien. 

Charakteristisch  für  sein  Verlangen,  das  Theater  solle 
sittlich  wirken,  sind  folgende  Äußerungen  E.s  „Uns  gefallt 
auch  der  gröbere  Spaß,  nur  sei  er  moralisch  und  treffe 
nicht  das,  was  gut  ist;  uns  gefallt  auch  der  vulgäre 
Charakter,  nur  sei  er  nicht  verderbt;  ehrlich,  gerade  und  gut, 
nach  den  Worten  des  Evangeliums,  so  wollen  wir,  daß  der 
vulgäre  Charakter  in  nationalen  Dramen  sei"  (S.  94). 

Unter  den  europäischen  Theatereinrichtungen  gefallt  ihm 
am  besten  das  Pariser  Theaterwesen,  wo  „die  besten  Künstler 
der  Welt  spielen"  (92).  Thöätre  fran^ais,  Od^on,  Qymnase, 
sind  ihm  „Namen,  deren  Ruf  weit  über  die  Grenzen  Frank- 
reichs hinausgeht  —  Von  dem  Wiener  Hoftheater,  das  er 
während  seiner  Studienzeit  in  Österreich  oft  besuchte,  be- 
hauptet er,  es  sei  nach  der  Entlassung  Laubes  in  einen  „deut- 
lichen Verfall"  geraten;  trotzdem  rühmt  er  es  als  eine 
klassische  Einrichtung,  wo  man  „eine  klare,  dichterische,  ver- 
ständige und  seelenvolle  Luft  atme"  (S.  92). 


—    377    — 

Als  Dramatiker  ist  ihm  von  allen  Shakespeare  der  größte. 
^Vielleicht  —  sagt  er  —  hat  es  keinen  dramatischen  Dichter 
gegeben,  der  seinen  Stoff  mit  mehr  Sicherheit  beherrscht,  der 
alle  Fäden  seiner  Werke  mit  mehr  Bewußtsein  gewoben  hätte, 
als  Shakespeare;  denn  seine  Abgerissenheit  ist  nur  scheinbar, 
und  einem  klareren  Auge  zeigt  sich  sofort  die  Einheit  voll 
Bedeutung  xmd  Tiefe,  die  alle  Schöpfungen  dieses  gewaltigen 
Genies  beherrscht''  (S.  91). 

Die  Ansichten  E.s  über  das  Theater  sind  im  großen  und 
ganzen,  wenn  auch  interessant,  doch  weder  von  einer  besonderen 
Originalität)  noch  von  besonderer  Klarheit  Sie  beweisen  nur, 
daß  er  im  Alter  von  21  Jahren  sowohl  umfangreiche,  litterarische 
Bildung  und  einen  ungewöhnlich  kritischen  Geist  besessen  hat. 

Den  Aufisatz  über  die  Volksliteratur  schrieb  er  im 
Jahre  1882;  er  ist  in  der  Jassyer  Zeitung  „Viitoral"  (1.  Mai 
1902)  abgedruckt  worden.  Sein  Wert  liegt  darin,  daß  er  einer- 
seits das  rege  Interesse  E.s  für  die  Volksdichtung  und  seine 
Liebe  für  sie  bezeugt,  andererseits  uns  manche  merkwürdige 
Ansichten,  die  er  darüber  hatte  und  die  seine  dichterischen 
Neigungen  gewissermaßen  erklären,  darbietet. 

Er  schreibt  namentlich  auch  hier  mit  einer  echt  roman- 
tischen Begeisterung  von  dem  Mittelalter  der  rumänischen 
Geschichte,  von  dem  patriarchalischen  Leben  voller  Gesang 
und  Lieder  zur  Zeit  Stephans  des  Großen,  das  er  sich  über  die 
Wirklichkeit  hinaus  äußerst  glücklich  Torstellt  Er  geht  in 
dieser  Verherrlichung  der  Vergangenheit  so  weit,  daß  er  sogar 
die  sehr  poetische,  doch  sehr  wenig  wahrscheinliche  Hypothese 
aufrtellt,  daß  es  zur  Zeit  einiger  rumänischen  Fürsten  eine 
literarische  Epoche  gegeben  haben  müsse,  deren  bruchstück- 
artige Überreste  heute  noch  vorhanden  sind,  sich  aber  von 
Tag  zu  Tag  verringern. 

Der  Aufisatz  enthält  noch  einige  treffende  Bemerkungen 
über  manche  Eigenschaften  der  rumänischen  Volksliteratur, 
wie  z.  B.  die  über  das  Verspotten  der  Mönche,  das  er  mit  der 
großen  Zahl  von  Mönchen  und  mit  dem  Mangel  an  Kultur, 
der  dem  damaligen  Klerus  eigen  war,  erklärt. 


—     378    - 

yn.  Eminescas  Novellen. 

1.  Die  Novelle  „Sermanul  Dionis"  (Nov.  S.  31ffi)  er- 
schien zuerst  im  J.  1872,  in  G.  L  VI  329,  378£  und  wurde 
1890  in  P.  s.  V.  abgedruckt;  sie  ist  eine  Jugendschrift  EU 
die  ein  außerordentlich  starkes  Gepräge  von  Romantik  an 
sich  trägt  Wir  haben  es  hier  überhaupt  mehr  mit  einem 
launenhaften  Mosaik  von  Phantastischem  und  Mystischem,  von 
Wirklichkeit  und  Traum,  von  Möglichem  und  Unmöglichem, 
als  mit  einer  klaren,  einheitlichen  Novelle  zu  tun;  der  ästhe- 
tische Wert  ist  daher  nicht  allzugroß.  Sie  enthält  aber  eine 
Fülle  biographischer  und  psychischer  Momente,  die  sich  anf 
den  Dichter  selbst  beziehen,  indem  sie  aus  seinem  eigenen 
äußeren  und  inneren  Leben  geschöpft  zu  sein  scheinen.  Sonder- 
bare Lebensweise,  romantisches  Tun  und  Treiben,  Yertiefiing 
in  metaphysische  Probleme  der  Philosophie,  das  alles  deutet 
auf  Züge  hin,  die  dem  Helden  der  Novelle,  Dionis  ebenso 
eigen  sind,  wie  dem  Dichter  selbst 

Der  Held  Dionis  tritt  uns  von  Anfang  an  als  eine  merk- 
würdige, ungewöhnliche  Gestalt  entgegen.  Er  ist  in  ver- 
wickelte metaphysische  Gedanken  yertieft:  das  Wesen  oder 
besser  gesagt,  das  Rätsel  der  Welt  beschäfldgt  ihn,  und  eine 
Fülle  sonderbarer  Ideen  durchkreuzen  sein  Gehirn.*)  Er  denkt 
über  die  Welt  als  Vorstellung  nach.  „Bei  unveränderten 
Proportionen  wäre  eine  tausendmal  größere  oder  tausendmal 
kleinere  Welt  für  uns  ebenso  groß.  Und  die  Gegenstände, 
die  ich  nur  mit  einem  Auge  betrachte,  sind  kleiner;  die  ich 
mit  beiden  ansehe,  größer;  wieviel  beträgt  ihre  absolute 
Größe?"  (S.  31). 

„Wer  weiß,  ob  wir  nicht  in  einer  mikroskopisch  kleinen 
Welt  wohnen  und  nur  die  Beschaffenheit  unserer  Augen  es 

*)  Ebenso  wie  £.  selbst,  ist  aach  Dionis  ein  leidensohaftlioher 
Liebhaber  von  alten  Büchern,  die  er  aus  Wissensdrang  kauft  Der 
Antiquar  Riyen  sagt  von  ihm  (S.  79}:  „Er  kauft  bei  mir  Bücher  ein. 
Gewöhnlich  die  allerältesten  und  immer  solche,  die  ich  niemandem  aof 
der  Welt  mehr  verkaufen  konnte." 


—    379    — 

mit  sich  bringt,  daß  wir  sie  in  dieser  Größe  sehen?  Wer 
weiß,  ob  nicht  jeder  einzelne,  alle  Dinge  anders  sieht  —  und 
nur  die  Sprache,  die  gleiche  Benennung  eines  Gegenstandes, 
den  der  eine  so,  der  andere  anders  sieht,  die  gemeinsame 
Verständigung  zu  Wege  bringt.  —  Die  Sprache?  —  nein. 
Vielleicht  Uingt  ein  jedes  Wort  dem  Ohre  yerschiedener  Leute 
▼erschieden  —  nur  das  Indiyidium,  das  inmier  dasselbe  bleibt, 
hört  es  in  einer  bestimmten  Weise*'  (S.  31  f.). 

Infolge  solcher  skeptisch -metaphysischer  Gedanken,  ge- 
langt er  zu  pessimistisch  gefärbten  Reflexionen. 

„Und  ist  in  einem  grenzenlos  gedachten  Baume  nicht  ein 
Teil  Ton  ihm,  wie  groß  oder  wie  klein  er  sei,  nur  ein  Tröpfchen 
im  Vergleich  zur  Unendlichkeit?  Ebenso  ist  nicht  in  der 
unbegrenzten  Ewigkeit  jeder  noch  so  große  oder  noch  so 
kleine  Zeitteil,  nur  ein  aufgehobener  Augenblick?*''*')  (S.  32), 
In  Wahrheit  —  meint  Dionis  —  „ist  die  Welt  der  Traum 
unserer  Seele;"^)  es  gibt  weder  Zeit  noch  Baum,  sie  sind 
nur  in  unserer  Seele  ..."  (S.  32).  „Vergangenheit  und  Zu- 
kunft sind  in  meiner  Seele.*'  (Ebenda).  In  dieser  Weise  ver- 
tieft sich  der  Held  der  Novelle  immer  mehr  in  metaphysische 
Ideen,  und  sein  Denken  verliert  sich  in  einem  dunklen  Mysti- 
cismus.  Er  bedauert,  „daß  die  Wissenschaft  der  Nekromantie 
nnd  die  Astrologie  verloren  gegangen  sind,"  denn  „wer  weiß, 
^rieviel  Geheimnisse  sie  uns  in  dieser  Beziehung  entdeckt 
hatten"  (S.  33).  In  seinem  Gehirn  wurzelt  jetzt  ein  phanta- 
stischer Glaube:  es  wäre  möglich  in  der  Vergangenheit  zu 
leben,  wenn  nur  das  Geheimnis,  durch  welches  wir  zum  un- 
endlichen in  Beziehung  treten  konnten,  entdeckt  wäre"  (S.  32  f.). 
—  „Es  ist  nicht  wahr,  daß  es  eine  Vergangenheit  gibt  —  die 


^  Genau  denselben  Gedanken,  nur  auf  die  ganze  Welt  verall- 
gemeinert, finden  wir  in  der  I.  Satire  (§ar.  S.  134)  wieder:  „ Lumea 

asta'  ntreagä  e  o  clipä  suspendatä." 

^)  Diese  echt  Schopenhanersohe  Idee  kommt  in  E.8  Dichtangen 
Öfters  vor;  nnr  daß  der  große  Philosoph  sich  anders  ansdrfickt,  und 
zwar  in  dem  Sinne,  die  Welt  sei  unsere  Vorstellung,  denn  „Seele" 
Ist  ihm  kein  klarer  Begrift 


—    380    — 

Reihenfolge  ist  in  unserem  Denken  vorhanden  —  die  Ursachen 
der  far  uns  auf  einander  folgenden,  immer  gleichen  Erschei- 
nungen, sind  und  wirken  gleichzeitig.  Ist  es  etwa  voll- 
kommen unmöglich,  daß  ich  zur  Zeit  Mirceas  des 
Großen  oder  Alezanders  des  Guten  lebte?''  (S.  33). 
Dieser  wahrhaft  mystisch-romantische  Glaube,  der  sich  in 
überirdischen  Sphären  bewegt,  ist  ein  Grundstein  des 
ganzen  metapjsischen  Inhalts  dieser  Novelle,  und  K  stellt 
sich  die  Aufgabe,  ihn  als  für  eine  Zeitlang  verwirklicht  dar- 
zustellen. 

Nach  dieser  sehr  bezeichnenden  Einleitung,  schildert  der 
Verfasser  in  farbenreichen  Worten  seinen  Helden  Dionis:  „Ein 
von  wilden,  unregelmäßigen  Locken  umrahmter  Kopf,  der  in 
einer  Lammfell-Mütze  steckte"  (S.  33).  Melancholie  und 
Träumerei  drücken  seine  Augen  aus  (S.  33).  Die  Verwand- 
schafl  des  Dichters  mit  Dionis  tritt  hervor,  wenn  wir  von 
dem  letzteren  hören,  er  sei  „eine  Existenz  . . .  ohne  Aussichten 
und  dazu  von  Geburt  an  zum  Mangel  an  Positivismus  be- 
stimmt" (S.  35);  er  war  noch  dazu  arm  und  „infolge  seiner 
prädisponierten  Natur  wurde  er  noch  ärmer'**  (S.  36).  Selbst 
die  Art,  wie  Dionis  sich  seine  Bildung  anzueignen  wußte 
klingt  so,  als  ob  von  £.  die  Rede  sei.  Bloß  auf  sich  selbst 
angewiesen,  genötigt,  sich  selbst  „aufs  Geradewohl  zu  bilden,'' 
—  „ließ  ihn  diese  Freiheit  der  Wahl  unter  den  Elementen 
der  Bildung  nur  das  lesen,  was  mit  seiner  so  träumerischen 
Gemütsanlage  im  Einklang  stand.  Mystische  Dinge,  meta- 
physische Subtilitäteu  wirkten  auf  ihn  mit  der  An- 
ziehungskraft eines  Magneten  —  ist  es  da  zu  ver- 
wundern, daß  für  ihn  der  Traum  ein  Leben  und  das 
Leben  ein  Traum  war?"  (S.  36).  Damit  vereinigte  sich 
eine  tiefe  Sehnsucht  nach  Liebe,  nach  einer  von  ihm  in  seiner 
Einsamkeit  und  in  seiner  völligen  Verlassenheit  geträumten 
romantischen  Liebe:  „Oft  suchte  er  sich  jene  silberne  Schatten 
vorzustellen,  mit  weißem  Gesicht  und  goldenem  Haar  —  denn 
alle  Ideale  sind  blond  —  und  er  glaubte  ihre  heißen,  schmalen 
Händchen  in  seinen  Händen  zu  spüren,  und  es  schien  ihm, 


-    381    — 

daß  seine  Seele,  sein  Wesen,  sein  Leben  dahin  schmelze, 
lY'äbrend  er  sie  anblickte,  ewig  anblickte"  (S.  37). 

Anch  das  äußere  Leben  des  Helden  Dionis  —  ein  echtes 
Boheme-Leben  —  scheint  dem  E.s  ähnlich.  Er  bewohnt  ein 
ödes  Zimmer  toU  alter  Bücher;  auf  einem  Tische  liegen  zer- 
streut Papiere,  Verse,  Zeitungen  und  Broschüren,  überall 
herrscht  eine  große  Unordnung.  Er  bewohnt  das  Haus  allein; 
niemand  stört  ihn,  —  „  die  Spinnen  treiben  ihre  stille  und  friedliche 
Arbeit«  (S.  38;  vgl.  „Singurätate^  Sar.  XXXV  dasselbe  Bild). 

Äußerst  arm  wie  er  ist,  besteht  sein  ganzes  Vermögen 
aus  „der  Büste  eines  Jünglings  von  ungefähr  18  Jahren  in 
natürlicher  Größe  —  mit  schwarten,  langen  Haaren,  mit  dünnen, 
rosenfarbigen  Lippen,  mit  feinem  weißen,  wie  in  Marmor  ge- 
meißeltem Antlitz  und  mit  großen  blauen  Augen  unter  großen 
Brauen  und  langen,  schwarzen  Wimpern"  (S.  38).  Es  ist  das 
Bild  seines  Vaters,  eines  Mannes  von  edlem  Oeschlecht,  der 
in  einer  geheimnisvollen  Weise  in  die  niederen  Volksklassen 
geraten,  die  Tochter  eines  alten  Pfarrers  geliebt  hat  und  dann 
—  infolge  eines  gleichfalls  geheimnisvollen  Unglücks  —  wahn- 
sinnig gestorben  ist  (S.  39  f.).  Diese  Büste  spielt  in  der  Novelle 
eine  besonders  wichtige  phantastische  Bolle. 

Dionis  ist  ein  „abergläubischer  Atheist"  (S.  44).  —  Am 
Abend  liest  er  in  einem  astrologischen  Manuskripte  bei  dem 
bleichen  Licht  des  Mondes,  indem  er  die  dunklen  Geheimnisse 
zu  durchdringen  sucht  (S.  45).  Auf  einmal  hört  er  süßen 
Gesang  und  ein  schönes  Mädchen  —  Maria  —  „ein  weißer 
Engel"  zeigt  sich  ihm  durch  das  Fenster  des  Hauses,  das  seiner 
Wohnung  gegenüber  steht  Unter  dem  Eindrucke  des  zaube- 
rischen Gesanges  und  des  Mädchens,  fallt  Dionis  in  eine  tiefe 
Träumerei.  Der  Gedanke  bemächtigt  sich  seiner,  daß  das  ge- 
heimnisvolle Buch  ihm  die  Mittel  geben  würde,  sich  in  die 
Vergangenheit  zu  versetzen.  Das  geschieht  auch.  Die  astro- 
logischen Zeichen  des  Buches  fangen  an  sich  zu  bewegen;  es 
scheint  ihm  zuerst,  als  höre  und  sehe  er  jetzt  die  alten  Ge- 
stalten der  rumänischen  Fürsten,  den  Rat  der  alten  Würden- 
träger, das  begeisterte  und  fromme  Volk,  den  fürstlichen  Hof 


—    382    — 

mit  seinem  ganzen  Leben.  Schließlich  wird  sein  heißer  Wunsch 
zur  Tatsache;  aus  den  brennenden  Ejreisen  der  astrologischen 
Zeichen  hört  er  seine  Stimme  ihn  fragen:  „Wo  sollen  wir 
bleiben?"  und  mit  gedämpfter  Stimme  flfistert  er:  „Alezander 
der  Gate!"  Nun  verschwindet  plötzlich  Dionis  und  an  seine 
Stelle  tritt  der  Mönch  Dan,  der  zur  Zeit  jenes  moldauischen 
Fürsten  Alexanders  des  Ghiten  lebte.  Der  Mönch  Dan  meint, 
er  habe  von  sich  als  von  einem  gewissen  Dionis  getraomt, 
unter  fremden  Leaten,  in  einer  fremden  Welt  . . .  Der  Anti- 
quar aber,  der  Jude  Riven,  von  welchem  Dionis  das  wunder- 
bare Buch  gekauft  hatte,  yerwandelt  sich  jetzt  plötzlich  in 
den  „Meister  Rüben",  in  den  Wundertater,  der  selbst  das 
Buch  yer&ßt;  die  Büste  des  Vaters  Dionis  wird  ihrerseits  der 
Schatten  seines  Sohnes,  und  nun  unterhält  sich  der  Mönch 
Dan  mit  dem  Meister  Buben  über  die  Seelenwanderung.  — 
„Die  Seele  wandert  aus  einem  Zeitalter  in  das  andere,  dieselbe 
Seele,  nur  daß  der  Tod  sie  vergessen  läßt,  daß  sie  schon  ein- 
mal gelebt  hat"  (S.  49).  „Darum  haben  die  Menschen  ein 
dunkles  Gefühl  für  die  Erhaltung  und  für  die  GröSe 
ihres  Stammes.  Sie  selbst  sind  es,  die  in  den  Ur- 
enkeln wiedergeboren  werden"  (S.  53).  —  „Das  sei  der 
Unterschied  zwischen  Gott  und  Mensch.  Der  Mensch  hat  in 
sich  nur  der  Reihe  nach  das  Wesen  anderer  zukünftiger  nnd 
gewesener  Menschen;  Gott  hat  in  sich  auf  einmal  alle  die 
Stämme,  die  kommen  werden  und  die  vorüber  gegangen  sind; 
der  Mensch  umfaßt  einen  Zeitabschnitt,  Gott  ist  die  Zeit  selbst, 
mit  allem,  was  in  ihr  geschieht  ..."  (S.  53).  Dasselbe  sagt 
Rüben  auch  hinsichtlich  des  Raumes:  „Stück  far  Stück  kannst 
du  an  jedem  gewünschten  Orte  sein,  nur  kannst  du  ein  Stack 
Raum  nicht  unerfüllt  verlassen." 

„Du  weißt  —  erzählt  er  weiter  dem  wissensdurstigen 
Mönche  —  daß  es  kraft  eines  Naturgesetzes,  keinen  leeren 
Raum  gibi  Aber  es  gibt  ein  Mittel,  diese  Last  los  zu  werden, 
eine  Last,  die  uns  vom  vergänglichen  menschlichen  Körper 
auferlegt  ist  Du  hast  gesehen,  daß  im  Menschen  eine  un- 
endliche Reihe  von  Menschen  enthalten  ist    Lasse  einen  aus 


—    383    — 

dieser  Beihe  deinen  Platz  einnehmen,  während  du  ihn  ver- 
laßt Es  versteht  sich,  daß  dieser  nicht  ganz  wird  sein  können; 
denn  wäre  er  ganz,  so  würde  er  seine  Existenz  verneinen. 
In  Wahrheit  aber  hat  ein  jeder  den  ewigen  Menschen,  aus 
dem  die  ganze  Reihe  vergänglicher  Menschen  hervorgeht, 
bei  sich,  nämlich  den  Schatten.  Auf  kurze  Zeit  könnt  ihr 
eure  Wesen  vertauschen  —  du  kannst  dem  Schatten  dein 
ganzes  vergängliches  Wesen  von  heute  geben,  er  gibt  dir  sein 
ewiges  Wesen  und  du  empfängst,  wie  der  mit  Ewigkeit  aus- 
gestattete Schatten,  sogar  einen  Teil  der  Allmacht  Gottes; 
dein  Wille  erfüllt  sich  nach  deinem  Gedanken**  (S.  53  f.). 

Als  Mittel,  alle  diese  Wunder  mit  sich  geschehen  zu 
lassen,  empfiehlt  Rüben  dem  Mönche  das  geheimnisvolle  Buch, 
„auf  dessen  siebentem  Blatte  alle  Formeln  geschrieben  seien, 
die  dazu  nötig  sind**  (S.  54). 

Dan  verläßt  tief  gerührt  den  Meister.  Da  verwandelt 
sich  das  Haus  in  eine  schwarze  Höhle,  Rüben  wird  ein  grau- 
sames Ungetüm,  kleine  Teufel  springen  froh  herum,  und  der 
Satan  sagt  sich  zufrieden  —  „eine  gänzlich  vernichtete  Seele 
mehr!"  Er  jubelt  darüber,  daß  „dieser  fromme  Mönch"  ihm 
schließlich  ins  Gkum  gegangen  sei 

Der  Mönch  aber  denkt  freudevoll  an  das  große  Geheim- 
nis,  an  das  wunderbare  Leben,  das  er  mit  Hilfe  des  Buches 
gleich  anfangen  wird.  Er  erinnert  sich  zugleich  seiner  viel- 
geliebten Maria,  „die  er  niemals  in  sein  Gebet  einzuschließen 
vergessen  hat" 

Die  wunderbaren  Ereignisse,  deren  Held  Dan  wird,  fangen 
an:  Er  fühlt  neben  sich  seinen  Schatten,  und  dieser  denkt, 
tmd  er  hört  dessen  Gedanken:  „deine  Seele  hat  von  Anbeginn 
der  Welt  bis  heute  eine  lange  Wanderschaft  durch  tausende 
von  Körpern  gemacht,  von  denen  heute  nichts  als  Staub  übrig 
geblieben  ist ... .  niemand  hat  sie  auf  ihrer  verlorenen  Wander- 
schaft begleitet  als  ich  —  der  Schatten  der  Körper,  in  denen 
sie  gelebt  hat"  (S.  60).  „Deine  Seele  —  denkt  sein  Schatten 
weiter  —  war  einmal  in  der  Brust  Zoroasters  gewesen, 
ohne  daß  sie  sich   heute  noch   daran   erinnert  . . .  ^  (S.  60). 


—    384    — 

Von  seinem  Schatten  hört  Dan  das  Wunder,  sein  Buch  sei 
das  Buch  Zoroasters  und  enthalte  alle  Geheimnisse  yon  dessen 
Wissen.  —  Jetzt  sieht  er  deutlich  „die  Trennung  seines  Wesens 
in  einen  ewigen  und  einen  vergänglichen  Teil"  (S.  60).    Der 
Schatten  nimmt  nun   eine  realere  Form   an  und  sagt  ihm: 
„Indem  du   dir  durch  Zauber  mein  Wesen  aneignest,  werde 
ich  ein  gewöhnlicher  Mensch  sein  und  meine  ganze  Vergangen- 
heit vergessen;  du  aber  wirst,  so  wie  ich,  ewig,  allwissend  und 
mit  Hilfe  des  Buches  allmächtig"  (S.  60  f.).    Dann  sagt  der 
Schatten  noch,  er  werde  an  Stelle  Dans  mit  dem  Schatten 
seiner  Geliebten  und  mit  dessen  Freunden  auf  der  Erde  bleiben; 
Dan  aber  werde  samt  seiner  Geliebten  eine  Reise  in  den  Baum 
des  Weltalls  antreten.    Dort  wird  der  Mönch  ein  Jahrhundert 
leben  und  wird  glauben,  es  sei  ein  Tag;  er  kann  auch  die 
Erde  —  in  der  Form  „einer  mit  einem  Henkel  versehenen 
Perle"   für  seine  Geliebte  —  mit  sich  nehmen,  ohne  daß  sie 
ihm  unbequem  sei  (S.  61).    Dan  erklärt  sich  mit  allem  ein- 
verstanden und  gibt  dem  Schatten  den  Auftrag,  die  Memoiren 
seines  Lebens  zu  schreiben.    Er  soll  ihm  „die  ganze  träume- 
rische   und    trügerische    Natur    der    menschlichen 
Dinge  schildern:  von  der  Blume,  die  mit  Naivität  durch 
ihr  glänzendes  Kleid  lügt,  sie  sei  glücklich  im  Innern  ihrer 
zarten  Organe,  bis  zum  Menschen,  der  mit  großen  Worten, 
mit  einer  ewigen  Verstellung,  die  solange  dauert,  als  die  Ge- 
schichte   der    Menschheit,   jenen    schwarzen,    schlechten 
Kern  verdeckt,  der  der  wahre  Kern  seiner  Handlungen 
ist  —  seine  Selbstsucht"  (S.  61).  —  „Du  wirst  sehen  — 
sagt  Dan   zu   dem  Schatten  —  wie  man  uns  in  Schule,  in 
Kirche  und  Rat  vorlügt,  wir  treten  in  eine  Welt  der  Gerechtig- 
keit, der  Liebe,  der  Heiligkeit  ein,  damit  wir  sterbend  ein- 
sehen, daß  es  eine  Welt  der  Ungerechtigkeit  und  des 
Hasses  war;  ach!  wer  wollte  länger  leben,  wenn  man  ihm 
von  klein  auf  statt  der  Märchen,  den  wahren  Stand  der  Dinge 
sagte,  in  den  er  eintritt"  (S.  62).*)  —  „Also  der  Beruf  eines 

*]  Diese  Zeilen,  die  wie  die  AusfÜhrangen  eines  kaltdenkenden, 
pessimistischen  Philosophen  klingen,  enthalten  den  Kern  jener  Welt- 


—    385    — 

Philosophen?,  sagt  der  Schatten,  indem  er  bitter  lächelte** 
(S.  62),  und  der  Auftrag  wird  angenommen. 

Dan  fablt  nun  „wie  seine  Arme  in  der  Luft  verschwinden 
und  trotzdem  eine  riesige  Kraft  bekommen;**  er  fühlt,  daß  sein 
Verstand  „klar  wird  wie  ein  Stück  Sonne.**  Dagegen  fühlt 
der  Schatten,  daß  „das  Bewußtsein  seiner  Ewigkeit  sich  ver- 
dunkelt und  verschwindet;**  „seine  Gedanken  werden  schwer 
wie  unter  dem  Druck  des  Bleies**  (S.  62).  Es  werden  von 
Dan  noch  sieben  Blätter  des  Buches  umgeschli^en  und  der 
Schatten  wird  ein  Mensch,  Dan  aber  ein  „heller  Schatten** 
(S.  62). 

Jetzt    gibt   uns  E.  (S.  63  f.)  eine  reizende  Schilderung 
davon,  wie  Dan  sich  in  der  hellen  Nacht  zu  seiner  Geliebten 
begibt,  wie  er  —  in   echt  romantischer  Art  —  durch  das 
Fenster  ihres  Zinmiers  hinein  springt,  sie  umarmt  und  mit 
Küssen  bedeckt    Er  fordert  sie  auf  ihm  zu  folgen,  denn  „wir 
werden  dort  so  glücklich  leben,  wo  wir  sein  werden;  von 
niemandem  gestört:  du  für  mich,  ich  für  dich  . . .  **  (S.  64). 
Sie  sollen  von   „dieser  unglücklichen  und  schwarzen  Erde** 
weit  weggehen,  um  sie  zu  vergessen,  um  an  niemand  mehr 
2U  denken,   als  an  sich  selbst  (S.  64).    Maria  umarmt  und 
küßt  ihn;  sie  ist  bereit,  ihm  zu  folgen.    „Ihr  Kuß  erfüllte  ihn 
mit  Genie  und  mit  neuer  Kraft**  (S.  65).    Die  beiden  Geliebten 
steigen  nun  Arm  in  Arm  in  die  klare,  von  den  Mondstrahlen 
durchdrungene  Luft  empor,  und  sie  erreichen  nach  einer  phan- 
tastischen Fahrt  in  dem  Weltall  den  Mond.    Hier  bleiben  sie 
an  dem   „duftenden  Ufer  eines   blauen  Teiches*'   stehen, 
dann  machen  sie  sich  wieder  auf  den  Weg  zur  Erde.    In  der 
Nähe  der  Erde  setzt  sich  Dan  auf  die  Rippe  einer  schwarzen 
Wolke  und  „zum  letzten  Mal  blickt  er  lange  Zeit  und  nach- 


aiwchanimg,  die  sich  in  dem  sp&teren  Schaffen  E.8  konsequent  geltend 
macht  Sie  sind  umso  beachtenswerter,  als  sie  von  dem  Dichter  i.  J.  1871, 
also  noch  in  seinem  Jagendalter,  ausgesprochen  wurden.  Es  ist  dies 
eben  die  Wiener  Zeit  E.8,  die  Zeit,  wo  er  Schopenhauer  eifrig  stndierte, 
denen  starker  Einfluß  auf  die  Mheste  Gestaltung  seiner  philosophischen 
Ideen  keineswegs  zu  verkennen  ist 

W  6  ig  and,  10.  Jahreiberioht.  25 


—    386    — 

denkend  die  £rde  an*'  (S.  65).  Er  liest  jetzt  aus  Zoroasters 
Buch  das  Gericht  der  Erde  und  „jeder  Buchstabe  ist  ein  Jahr 
und  jede  Zeile  ein  Jahrhundert  von  Wahrheit"  (S.  65). 

Eine  neue  Reihe  pessimistischer  Gedanken  tritt  uns  nun 
entgegen.  „Es  war  entsetzlich,  wieviel  Verbrechen  auf  diesem 
in  der  Unendlichkeit  der  Welt  so  kleinen  Atom  hatten  be- 
gangen werden  können,  auf  diesem  unbedeutenden  schwarsen 
Ball,  der  Erde  genannt  wird.**  —  „Die  Brockchen  dieses  Balles 
werden  Königreiche  genannt,  die  für  das  Auge  der  Welt  kaom 
sichtbaren  Infusorien  Könige,  und  Millionen  anderer  Infusorien 
spielen  in  diesem  yerworrenen  Traume  die  Untertanen '^^j 
(S.  65). 

Dan  streckt  nun  die  Hand  über  die  Erde  ans,  und  jetzt 
geschieht  das  große  Wunder:  die  Erde  wird  immer  kleiner 
und  kleiner,  bis  sie  sich  in  eine  „blaue,  mit  goldenen  Tröpfchen 
bespritzte  Perle,  die  einen  schwarzen  Kern  hat,  yerwandelf^ 
(S.  65).  Mit  dem  Femrohr  blickt  Dan  durch  die  Schale  der 
Perle  und  —  wieder  ein  pessimistischer  Gedanke  —  er  „wundert 
sich,  daß  sie  vor  so  vielem  Haß,  den  sie  in  sich  baji^,  nicht 
barst^  (S.  66).  Dann  nimmt  er  die  Perle  und  hängt  sie  an 
den  Haarschmuck  seiner  Geliebten! 

Auf  dem  Monde  fuhren  Dan  und  Maria  das  glücklichste 
Leben.  Nur  ein  geschlossenes  Tor  konnten  sie  nie  betreten. 
„Über  diesem  Tor  stand  in  einem  Dreieck  ein  Feuerauge  und 
darüber  ein  Spruch  mit  den  krummen  Buchstaben  des  dunklen 
Arabiens:  es  war  der  Dom  Gottes,  der  Spruch  aber  war 
selbst  für  die  Engel  ein  Rätsel''  (S.  68).  Dieses  Geheimnis 
läßt  Dan  keine  Ruhe  mehr,  umsonst  sucht  er  eine  Erklärung 
in  dem  Buche  Zoroasters,  umsonst  befragt  er  die  Engel  dar- 
über, umsonst  sind  alle  Bemühungen,  das  große  Geheimnis 
quält  ihn. 

„Ich  möchte  das  Angesicht  Gottes  sehen,''  sagt  er  ein- 
mal zu  einem  Engel,  der  vorüberkam.  —  „Wenn  du  ihn  nicht 
in  dir  trägst,  so  ist  er  far  dich  nicht  da,  und  du  suchst  ihn 

*)  Dieselben  Ideen  kehren  nach  9  Jahren  (1880)  in  einer  yoUendeieii 
künBtleriachen  Form  in  der  „I.  Satire"  wieder. 


—    387    — 

vergebens/  antwortet  der  Engel  ernst  (S.  69).  Eines  Tages 
fohlt  Dan  seinen  Kopf  Yon  Liedern  erftillt;  die  Sterne  scheinen 
sich  nach  dem  Takte  zu  bewegen;  die  Engel,  die  lächelnd  an 
ihm  Yorübergehen,  stammeln  die  Lieder,  die  in  seinem  Kopfe 
summen;  „nur  das  arabische  Zeichen  schimmerte  rot,  wie  die 
Glut  in  der  Nachf*  (S.  69).  Der  fürchterliche  Gedanke  vor 
dem  ihn  Meister  Buben  gewarnt  hatte,  bemächtigt  sich  plötz- 
lich seiner.  —  „Singen  denn  die  Engel  nicht  das,  was  ich 
denke?  .  .  .  bewegt  sich  denn  die  Welt  nicht  so,  wie  ich  es 
will?  (S.  69).  „ . . .  Bin  ich  denn  nicht  ohne  es  zu  wissen, 
. . .  [Gott]  selbst?*'  (S.  70).  Er  kann  aber  den  schrecklichen 
Gedanken  nicht  Töllig  aussprechen,  denn  plötzlich  geschieht 
etwas  Schauderhaftes.  Der  Klang  einer  ungeheuren  Glocke 
ertönt,  der  Hinmiel  und  alles  bricht  zusanmien  und  Dan  fühlt 
sich  vom  Blitz  getroffen  und  in  die  Unendlichkeit  versinken. 
Eine  Stimme  aber  erschallt  hinter  ihm:  „Unglücklicher, 
was  hast  du  zu  denken  gewagt?  Es  ist  dein  Glück,  daß 
du  nicht  das  ganze  Wort  ausgesprochen  hast**  (S.  70).  Li- 
z wischen  fallt  Dan  blitzschnell,  er  nähert  sich  der  Erde  . . . 
und  seine  Augen  ö&en  sich.  Vor  uns  steht  nun  —  der  fast 
▼ergesseue  Dionis,  der  sich  jetzt  verwundert  fragt:  „War  denn 
dein  Traum  so  voller  Greifbarkeit  ein  Traum,  oder  Wirklich^ 
keit  von  der  traumhaften  Art  aller  menschlichen  Wirk- 
lichkeit?**  (S.  71). 

Das  gegenüberliegende  Haus,  an  dessen  Fenster  Maria 
gesessen,  erscheint  ihm  wieder  und  mit  ihr  das  schöne  BUd 
des  Mädchens.  Er  fühlt  jetzt  deutlich,  daß  er  sie  liebt  Das 
macht  ihn  aber  unendlich  unglücklich;  denn  er  weiß,  die  Liebe 
eines  armen  Jünglings  wie  er,  ist  für  immer  hoffnungslos.  Er 
entschließt  sich,  ihr  zu  schreiben,  sie  solle  ihn  vergessen.  „Mit 
einer  schmerzlichen  noch  nie  gefühlten  Wonne^  schreibt  er 
den  Entsagungsbrief. 

Maria,  die  ihn  aus  tiefstem  Herzen  liebt,  erscheint  wieder 
am  Fenster  und  preßt  das  Schreiben  weinend  an  ihre  Brust 
Dionis  sieht  diese  Szene  tieferschüttert  an;  ein  heftiger  Schmerz 
ergreifl  ihn  und  er  föllt  in  Ohnmacht    Als  er  aufwacht,  be- 

25* 


—    388    - 

kommt  er  einen  längeren  Fieberanfall  und  redet  fortwährend 
irre.  Er  hält  sich  noch  far  Dan,  denkt  an  das  geheimnisrolle 
Buch  Zoroasters,  sieht  noch  seinen  Schatten  vor  sich,  und 
als  der  Antiquar  Biven  eintritt,  glaubt  er  den  Meister  Buben 
Yor  sich  zu  haben  und  fragt  ihn  erstaunt,  warum  er,  ein  so 
tiefsinniger  Philosoph,  Haarlocken  und  jüdischen  Eafban  trage.*' 
Dieser  Fieberzustand  ist  von  E.  in  einem  anmutigen,  halb 
mystischen,  halb  humoristischen  Tone  geschildert  (S.  78—80). 

Der  Schluß  der  Novelle  bringt  uns  eine  überraschende, 
launige  Lösung  echt  romantischen  Stils.  Während  der  Krank- 
heit des  Dionis  entdeckt  der  Vater  Marias,  daß  jener  der  Erbe 
eines  Vermögens  ist,  interessiert  sich  für  sein  Los,  und  mit 
Hingebung  pflegt  Maria  den  kranken  Geliebten.  Nach  seiner 
Genesung  heiraten  sich  die  Liebenden  und  führen  ein  echt 
märchenhaft-romantisches  Leben. 

Doch  damit  ist  die  Novelle  noch  nicht  abgeschlossen. 
Der  Dichter  fühlt  die  Notwendigkeit  noch  einen  Anhang  hin- 
zuzufügen, in  dem  er  sich  mit  den  Lesern  über  den  Sinn  der 
verschiedenen  Personen  und  des  Grundgedankens  der  Novelle 
unterhält. 

„Wer  ist  der  wahre  Held  dieser  Ereignisse  Dan  oder 
Dionis?",  fragt  sich  der  Dichter.  Dann  meint  er,  die  Leser 
haben  den  Schlüssel  der  Begebenheiten  in  der  Umwelt  des 
Dionis.  „Sie  werden  —  schreibt  er  —  die  Grundelemente 
seines  seelischen  Lebens  in  der  Wirklichkeit  gefunden  haben: 
Buben  ist  Biven;  der  Schatten  auf  der  Wand,  der  eine  so 
große  Bolle  spielt,  ist  das  Bildnis  [die  Büste]  mit  den  blauen 
Augen;  mit  dem  Verschwinden  dieses  geht  auch  das  verloren, 
was  ihr  wohl  für  eine  fixe  Idee  halten  möchtet;  kurz,  viele 
mögen  glauben,  daß  sie  an  der  Hand  des  Eausalitätsfadens, 
den  Sinn  der  Begebenheiten  erraten  hätten,  indem  sie  sie 
einfach  auf  Träume  einer  kranken  Einbildungskraft  zurück- 
fahrten«  (S.  84). 

E.  selbst  scheint  aber  damit  nicht  ohne  weiteres  ein- 
verstanden zu  sein.  Dazu  sind  seine  Sympathien  für  die 
mystisch-buddhistische  Philosophie  und  teils  auch  sein  pessi- 


—    389    — 

mistiach  gefärbter  Skeptizismus  zn  groß.  Er  fragt  sich  daher 
immer  noch,  ob  von  einem  Traum  die  Bede  sein  kann  oder 
nicht  „Ist  nicht  yielleicht  hinter  den  Kulissen  des  Lebens 
ein  Regisseur,  dessen  Existenz  wir  uns  nicht  erklären  können?'' 
(S.  84).  „Sind  es  nicht  dieselben  Schauspieler,  obwohl  die 
Stöcke  andere  sind?"*)  (Ebenda).  —  Mit  solchen  dunklen 
Fragen  martert  er  sein  Qehim« 

Dieser  ganze  sonderbare  Anhang  erinnert  an  die  bekannte 
Manier  der  Romantiker  (E.  T.  A.  Hoffmann  *^)  z.  B.),  ihre  Er- 
zählungen in  solchen  teils  willkürlich  abschweifenden,  teils 
didaktischen  Tone  zu  unterbrechen  oder  abzuschließen,  wo- 
durch etwas  deren  Einheit  Störendes  hervorgerufen  wird. 

Die  Schlußbetrachtungen  E.s,  wenn  auch  von  ästhe- 
tischem Standpunkte  nicht  zu  billigen,  haben  doch  für  das 
Verständnis  der  Novelle  einen  besonderen  Wert. 

Was  die  Novelle  selbst  anlangt,  werde  ich  nur  noch  einige 
Bemerkungen  allgemeiner  Art  machen.  In  erster  Linie  ist 
sie  —  streng  genommen  —  schwerlich  als  eine  Novelle  an- 
zusehen, obwohl  der  Dichter  sie  so  bezeichnet,  sondern  als 
„romantische  Erzählung".  Sie  fuhrt  uns  in  Wahrheit  keine 
Lebensereignisse  vor;  die  Entwickelung  der  Erzählung  wird 
von  den  vorwiegend  philosophischen  Elementen  und  roman- 
tischen Schilderungen  höchst  zurückgedrängt,  so  daß  man  sie 
nicht  mehr  ohne  weiteres  deutlich  verfolgen  kann.     Femer 


*)  Dieser  Zweifel  wird  in  dem  zwOlf  Jahre  sp&ter  verfiaßten  Ge- 
dichte „Glossa"  (§ar.  LXVI)  zor  Gewißheit.  Hier  sind  ihm  alle  Dinge 
der  Welt  dieselben:  „alles  ist  alt  und  alles  ist  neu": 

„Toate's  vechi  ^i  nonS  toate" 
denn:  „Tot  oe-a  fest  ort  o  sä  fie 

In  prezent  le-avem  pe  toate" 
oder  „Alte  mä^ti,  aceiafl  piesä, 

Alte  gnri,  aceia^t  gamä.'' 
*•)  An  diesen  höchst  charakteristischen  Vertreter  der  deutschen 
Romantik,  der  das  Phantaatisch-Schanderhafte  so  sehr  pflegte,  erinnert 
sowohl  „ S er m an nl  Dionis"  wie  besonders  „Cesara",  die  mit  ihrem 
mittelalterlichen  Kloster-  und  Ritterleben  Anklänge  hat  an  das  be- 
rühmte Werk  Hoffmanns :  „Die  Elixire  des  Teufels''. 


—    390    — 

sind  die  Gestalten,  die  in  ihr  yorkommen,  keine  Charaktere, 
keine  realen  Gestalten,  sondern  vielmehr  Phantasiegebilde  ohne 
eine  bestimmte,  klare,  vollständige  Persönlichkeit.  Dan  sowohl 
wie  auch  Maria  tragen  das  ausgesprochene  Gepräge  der  in 
der  Bomantik  üblichen  Gestalten  an  sich:  es  sind  phantastisch 
konstruierte  Menschen,  die  keine  eigentliche  menschliche  In- 
dividualität darstellen. 

Dionis  macht  den  Eindruck  eines  romantischen  Faust, 
wenn  ich  mich  so  ausdrücken  dar£*)  Als  unruhiger,  tief- 
sinniger Wahrheitssucher  will  er  alle  Geheimnisse  der  Welt 
durchdringen,  als  Dichter  spottet  er  über  Religion  und  Qe- 
Seilschaft  und  über  sich  selbst,  als  Mensch  sehnt  er  sich  nach 
Liebe  und  GlückseUgkeit.  Doch  zeigt  er  uns  keine  großen 
seelischen  Kampfe,  keine  Entwickelung  aus  dem  Inneren  heraus, 
sondern  ganz  äußerliche,  mit  seinem  Wesen  in  keinem  Zu- 
sammenhange stehende  Momente  entscheiden  über  sein  Loos: 
das  unerwartete  Glück  einer  Erbschaft  und  die  Liebe  seiner 
Maria  genügen,  und  so  bekommen  wir  von  seinem  faustischen 
Streben  nach  Wahrheit,  von  seinen  großartigen  philosophisch- 
mystischen Gedanken  nichts  mehr  zu  hören.  Hiesige,  ewig 
ungelöste  Rätsel  des  Lebens  und  der  Welt  verschwinden  spur- 
los, um  einer  romantischen  Liebe  mit  Küssen  und  Umarmungen 
den  Platz  zu  räumen.  Ja,  ein  wahrhaft  romantischer  Faust  ist 
Dionis:  im  Traume  betätigt  sich  sein  phantastisch-tragisches 
Streben  nach  Wahrheit,  in  der  Wirklichkeit  aber  ist  er 
nur  ein  harmloser  Träumer,  der  an  der  jungfräulichen  Brost 
Marias  alle  die  verwickelten  philosophischen  Probleme,  die 
ihn  früher  gefesselt  haben,  vergißt. 

Maria  selbst  ist  vielleicht  in  noch  höherem  Grade  eine 
persönlichkeitslose,  phantastische  Gestalt  Ein  „Engel"  —  wie 
sie  E.  nennt  —  ist  sie  auf  alle  Fälle.  Dazu  besitzt  sie  alle 
erforderlichen   Eigenschaften    und   Tugenden.      Sie    ist   ein 

*)  Man  wird  unwillkürlich  an  £.8  Plan  ein  Drama  in  ütnstischer 
Art  zu  schreiben  erinnert,  umBomehr  als  er  diesen  Plan  in  demselben 
Jahre  (1871,  Februar;  vgl.  C.  L.  XXV,  903ff.)  aufgab,  in  dem  die  NoveUe 
erschien. 


-    391    — 

Wunder  Yon  Schönheit,  hell-blond,  mit  blauen  Augen,  wie 
die  übliche  christUche  Vorstellung  den  Engel  als  Lichterschei- 
nnng  im  Kontrast  zur  Dunkelheit  schildert.  Dann  ist  sie 
äußerst  gut,  voll  Hingebung,  opferwillig.  Als  eine  mensch- 
liche (Gestalt  steht  sie  uns  aber  noch  weniger,  als  Dionis,  vor 
Augen;  sie  bleibt  ein  Traumbild,  auch  wenn  sie  die  Lebens- 
gefährtin des  Dionis  wird. 

Die  anderen  Personen  der  Novelle:  Riven,  der  Vater 
Marias  etc.  sind  bloße  Statisten,  die  kaum  in  Betracht  kommen 
können. 

Die  Charakterzüge  der  Erzählung  sind  teils  philoso- 
phischer, teils  romantischer  Art  Philosophischer  Art 
sind  die  mystisch  -  metaphysischen  und  die  pessimistischen 
Elemente,  romantischer  Art  ist  das  Phantastisch-Schauderhafte 
(in  Bildern  und  Ereignissen),  die  Liebe  und  die  Schilderung 
der  Natur,  die  gleichfalls  in  der  Erzählung  eine  wichtige 
Rolle  spielen. 

2.  Die  Novelle  „Cesara^  (Dir.  94ff)  erschien  zuerst  im 
„Curierul  de  lassi^,  ohne  Unterschrift  des  Verfassers;  aber  von 
Augenzeugen,  die  in  der  Typographie  das  Manuskript  gesehen, 
wurde  sie  als  von  K  geschrieben  bestätigt.  (N.  A.  Bogdan, 
Nov.  S.  159.)  Sie  ist  wie  „Sermanul  Dionis^  gleichfalls  eine 
romantische  Schöpfung.  Einige  Jahre  nach  seiner  ersten  Er- 
zählung verfaßt,  zeigt  auch  sie  genau  dieselben  Grundzüge 
wie  jene  Novelle;  wir  finden  hier  im  allgemeinen  dieselbe 
eigentümliche  Mischung  von  philosophischen  Betrachtungen 
und  romantischen  Schilderungen,  dieselben  subjektiven,  phan- 
tastischen Gestalten,  dieselbe  sonderbare  Art  von  Ereignissen 
wieder.  Nur  ist  alles  viel  klarer  und  harmonischer  als  im 
„Sermanul  Dionis^.  Auch  die  Personen,  wenngleich  roman- 
tischer Natur,  stehen  der  Wirklichkeit  viel  naher  als  Dionis 
oder  Maria.  Ja  das  ganze  Milieu,  in  dem  sich  die  Novelle 
entwickelt,  ist  ein  reales;  nur  daß  die  Art  und  Weise,  wie 
der  Dichter  die  Fabel,  die  schon  an  sich  ausgeprägt  romantisch 
ist,  sich  vollziehen  läßt  und  wie  er  sich  die  Personen  wählt, 
und  sie  schildert,  wiederum  auf  die  reiche  Phantasie  seines 


—     392    — 

Talentes  hindeutet  Daher  kann  „Cesara'^  ihrer  Form  nach 
ab  eine  Novelle  angesehen  werden,  aber  von  durchaus  roman- 
tischem Kolorit.    Sie  zerfallt  in  acht  Abschnitte. 

L  Im  ersten  Abschnitte  beschreibt  der  Dichter  in  plastischer 
Schilderung  ein  altes  Kloster  in  herrlicher  Lage.  Zwei  Mönche 
treten  uns  entgegen:  der  alte  Onofreiü,  „mit  ausdrucksloseiii 
ein  wenig  blödsinnigen  Augen",  der  andere,  leronim,  ein  Jüng- 
ling von  auffallender  Schönheit  und  bewußtem  Stolz,  mit 
Augen,  deren  Ausdruck  „eine  sonderbare  Mischung  von  Traum 
und  kalter  Vernunft"  bezeugt.  Für  das  Mönchtum  hat  er 
keine  besondere  Neigung,  auch  nicht  für  das  weltliche  Leben; 
nur  der  stillen  Vertiefung  in  sich  selbst  ist  er  geneigt,  und 
sein  ganzes  Vergnügen  besteht  in  der  Malerei,  für  die  er 
großes  Talent  hat 

Eine  Szene  zwischen  den  beiden,  von  einander  so  ver- 
schiedenen Mönchen  ist  von  E.  reizend  geschildert.  Ein 
frischer,  lebensfreudiger  Zug  geht  durch  diese  Schilderung, 
und  E.  beweist  hier,  daß  er  auch  ein  lebenstreuer  Künstler, 
nicht  bloß  ein  weltfremder  Romantiker  sein  kann.  Onofreifi, 
der  alte  Mönch,  sehnt  sich  nach  einer  lustigen  Nacht  in  der 
Stadt,  wo  man  guten  Wein  trinken^  gemütlich  Karten  spielen, 
aus  langen  Pfeifen  rauchen  und  schöne  Mädchen  anschauen 
kann  (S.  98).  Um  auch  seinen  Freund  leronim  bei  sich  zu 
haben,  habe  er  —  wie  er  selbst  erzählt  —  „wie  immer"  ge- 
logen, er  brauche  den  jungen  Mönch  zu  einem  Totenmahl 
(S.  97).  Die  List  gelingt,  und  beide  Mönche  machen  sich  froh 
auf  den  Weg  zur  Stadt. 

II.  Wir  befinden  uns  in  einem  aristokratischen  Hause, 
wo  wir  drei  andere  Personen  der  Erzählung  kennen  lernen: 
die  Gräfin  Cesara,  ihren  verhaßten  Freier,  den  Markgrafen 
Castelmare,  der  von  dem  Vater  Cesaras,  einem  ruinierten  Karten- 
spieler, wegen  seines  Vermögens  begünstigt  wird,  und  einen 
liebenswürdigen  alten  Maler,  Meister  Francesco,  den  Freund 
und  Vertrauten  Cesaras,  die  ganz  das  Ebenbild  Marias  ist 
Nach  einer  peinlichen  Auseinandersetzung  mit  dem  Mark- 
grafen Castelmare,  dem  sie  den  Rücken  kehrt,  sieht  sie  plötz- 


—    393    — 

lieh  die  beiden  Monohe  aaf  der  Straße,  und  die  Schönheit 
leronims  erweckt  auf  der  Stelle  ihre  Aufmerksamkeit  Sie 
ist  Yon  ihm  entzückt;  er  scheint  ihr  ein  Dämon,  und  sie  denkt 
gleich  daran,  wie  sehr  er  dem  Francesco  f&r  sein  Gemälde 
„der  Fall  der  EngeP  als  Modell  passen  wttrde  (8.  99).  Sie 
ruft  daher  den  Meister,  der  ihre  Herzenserregung  versteht  und 
ihr  auch  erklärt  und  fortstfirzt,  um  leronim  zu  erreichen. 
Das  Herz  Cesaras  zittert;  sie  blickt  fortwährend  nach  dem 
jungen  Mönch  auf  der  Straße  und  von  seiner  Schönheit  ge- 
rührt, „war  sie  wie  wahnsinnig^  (8.  100).  „Wenn  er  ihr  ge- 
hört hätte,  würde  sie  ihn  getötet  haben"  (Ebenda).  Eine 
heftige  Sehnsucht  nach  Liebe  bemächtigt  sich  ihrer;  der 
romantische  Dichter  aber  ruft  schwärmerisch  aus:  „Welche 
Sprache  ist  reich  genug,  jene  Unendlichkeit  von  Gefahlen 
auszudrücken,  die  sich  nicht  in  der  Liebe,  sondern  im  Durst 
nach  Liebe  zusammendrängen"  (S.  101).  Und  er  schildert  den 
Seelenzustand  Cesaras  nicht  weiter,  —  denn  „wäre  die  Analyse 
ihrer  Gefühle  nicht  eine  Sünde?"  (8.  101)  —  so  fragt  er  sich 
mit  einer  höchst  bezeichnenden  Subjektivität. 

lU.  Jetzt  tritt  uns  die  merkwürdigste  Gestalt  der  Novelle 
entgegen:  der  Eremit  Euthanasius,  der  Oheim  leronims.  Er 
stellt  die  mystische  Zaubergestalt  der  Erzählung  dar:  er  ist 
ein  einzigartiger  Philosoph,  und  sein  Leben  verläuft  inmitten 
einer  prachtvollen,  menschenlosen  Natur,  wo  die  wahre 
Glückseligkeit  wohnt 

Der  ganze  3.  Abschnitt  enthält  einen  langen  dichterisch- 
philosophischen Brief,  den  Euthanasius  seinem  Neffen  schreibt, 
in  dem  uns  (S.  102£)  das  Idealleben  eines  Rousseauschen  Natur- 
menschen in  einer  zaubervollen  Natur  geschildert  wird. 

In  seiner  Jugend  war  der  Eremit  Lehrling  bei  einem 
Bildhauer  gewesen,  und  jetzt,  in  seiner  Einsamkeit  bildet  die 
Beschäftigung  mit  dieser  Kunst  sein  größtes  Vergnügen.  Die 
Ghanitwände  der  Grotte,  in  der  er  wohnt,  hat  er  mit  ver- 
schiedenen Ornamenten  und  Basreliefs  verziert  Auf  einer 
Wand  ist  die  Gruppe  Adam  und  Eva  als  Bild  einer  plato- 
nischen, rein-idealen  Liebe  dargestellt,  auf  einer  anderen  die 


—    394    — 

Gruppe  Venus  und  Adonis  als  Ausdruck  der  rein-mensch- 
lichen Liebe,  die  £.  in  seinem  Leben  wie  in  seinen  Oedichten 
oft  berauscht  hat,  um  ihn  nachher  immer  zu  enttäuschen  und 
zu  betrüben.  Weiter  enthält  der  Brief  im  Anschluß  an  die 
erwähnten  Bilder  auch  beachtenswerte  philosophische  Erörte- 
rungen über  die  Liebe,  die  zum  Teil  an  Schopenhauers  „Meta- 
physik der  Qeschlechtsliebe**  („die  Welt  als  WiUe  und  Vor- 
stellung", Bd.  II,  Kap.  44)  erinnern.  Auch  in  dem  Vergleiche 
zwischen  Bienenstaat  und  menschlicher  Gesellschaft  (S.  104  f.), 
auf  den  hier  einzugehen,  zu  weit  führen  würde,  zeigt  sich  der 
Einfluß  sowohl  des  deutschen  Philosophen,  wie  der  Lehren 
Buddhas,  mit  denen,  wie  wir  früher  gesehen  haben,  E.  sich 
beschäftigt  hat. 

IV.  Wir  befinden  uns  in  dem  Atelier  des  Meisters  Fran- 
cesco. Es  ist  ihm  gelungen,  leronim  mit  sich  als  Modell  za 
nehmen,  indem  der  alte  Mönch,  mit  ein  paar  Goldstücken 
Francescos  getröstet,  seine  Lustreise  durch  die  Stadt  allein 
fortsetzt.  Cesara  hat  sich  inzwischen  in  das  Zimmer  des 
Malers  begeben,  um  den  „Fall  der  Engel"  anzusehen.  Als 
sie  plötzlich  das  Hereintreten  des  Meisters  hört,  Terbirgt  sie 
sich  hinter  der  spanischen  Wand,  die  das  Bett  Francescos 
verdeckt  Der  Maler  setzt  sich  nun  an  seine  Arbeit  und  fingt 
an,  leronim  als  Modell  des  Dämons  zu  skizzieren.  Cesara, 
ganz  außer  sich  Tor  Erregung  und  Leidenschaft,  bewundert 
den  schönen  Jüngling  von  ihrem  Versteck  aus.  Diese  ziem- 
lich pikante  Szene  ist  von  dem  Dichter  mit  ausgezeichneter 
Plastizität  geschildert  (S.  109 £);  in  drei,  vier  Absätzen  gibt 
er  uns  ein,  wenn  auch  ausgeprägt-realistisches,  so  doch  zi^tes 
und  feinsinniges  Bild  der  sinidichen  Regungen,  die  Cesara 
quälen.  Sie  zittert  an  ihrem  ganzen  Körper,  ihre  Augen 
brennen,  ihr  Antlitz  ist  feuerrot  unter  dem  Eindruck  der 
schönen  Formen  leronims.  Als  aber  Francesco  leronim  bittet, 
ein  skeptisches  Gesicht  zu  machen  und  dieser  —  über  den 
Brief  des  Euthanasius  nachdenkend  —  den  Wunsch  erfüllt*, 
da  wird  Cesara  von  den  Schmerz,  den  sie  auf  dem  Antlitz 
leronims  sieht,  auä  tiefste  bewegt,  und  eine  süße,  stille  Sanft- 


—    395    — 

mut  bemächtigt  sich  ihrer.  „Sie  war  nicht  mehr  dieselbe;^ 
Jetzt  liebte  sie  ihn,  denn  in  jener  schönen  Statue  aus  weißem 
Marmor,  in  jenem  versteinerten  Adonis  vermutete  sie  eine 
Seele"  (S.  111).  Jetzt  weint  sie,  ohne  es  zu  wollen.  Als 
Francesco  sie  nachher  fragt,  ob  ihr  leronim  gefalle,  „flüstert 
sie  etwas  Unverständliches,  mit  tränenerfollten  und  sehnsuchts- 
vollen Augen"  (S.  111). 

y.  Ein  Briefwechsel  zwischen  Cesara  und  leronim  beginnt. 
Cesara  schreibt  einen  überschwenglichen,  von  Leidenschaft  und 
Sehnsucht  durchglühten  Brief:   „sie  möchte  das  Eis  seiner 
Angen  mit  ihrem  Munde  zerschmelzen"  (S.  112);  sie  fleht  ihn 
an,  ihr  zu  erlauben,  „das  Kissen  zu  küssen,  auf  welchem  sein 
Kopf  ruht".    Ganz   anders  der  stolze,  kalte  leronim.     Sein 
Brief  ist  vielleicht  noch  merkwürdiger  und  noch  romantischer 
als  der  Cesaras.    Er  „dankt  ihr  dafür,  daß  sie  ihn  liebt";  er 
„küßt  ihr  die  Hand  für  ihren  guten  Willen,  ihn  glücklich  zu 
machen",   er  sagt  ihr  aber  auch  zugleich,  „sie  täusche  sich, 
wenn  sie   glaube,  daß  ihre  Liebe   als   Weib  ihn  glücklich 
machen  konnte"  (S.  112).     Nun  folgt  eine  Reihe  asketisch- 
pessimistischer  Gedanken,  von  denen  einer  finsterer  ist  als  der 
andere.    „Die  Liebe  —  schreibt  er  ihr  —  ist  ein  Unglück,  und 
das  Glück,  das  du  mir  anbietest,  Gift"  (S.  113).    Mit  Ver- 
achtung und  Hohn  spricht  er  von  der  Menge  leichtsinniger 
Jünglinge   und  üppiger  Weiber,  die  alle  der  Liebe  und  dem 
tierischen  Wohlsein  huldigen;  ja  er  verallgemeinert  diesen 
Zustand  auf  die  ganze  Welt:  „um  diesen  Instinkt  dreht  sich 
das  Leben  der  Menschheit . . .  Essen  und  Zeugen,  Zeugen  und 
Essen",  ganz  im  Sinne  Schopenhauers.    Er  will  „keinen  Euß 
erbetteln",  er  will  „nicht  zittern,  wenn  sie  ihre  Brust  entblößt, 
jene  Brust,  die  morgen  eine  Leiche  ist  und  nach  ihrem  Wesen 
es  auch  heute  schon  ist"  (S.  113).    Er  will  sich  „nicht  zum 
Komödianten  jenes  Übels  machen,  das  die  Welt  beherrscht", 
sondern   „unbekümmert  durch  dies  Leben  schreiten,  wie  ein 
Verbannter,  wie  ein  Aussätziger,  wie  ein  Wahnsinniger!  . . 
nur  nicht  wie  sie"  (S.  113f.).    „Der  Kern  des  Lebens  ist 
die  Selbstsucht  und  dessen  Kleid  die  Lüge"  (S.  114); 


—    396    — 

er  sei  aber  kein  Selbstsüchtiger  und  kein  Lügner;  er  komme 
sich  yielmehr  yor  wie  „eine  Bronzestatue,  an  welcher  eine 
Welt  vorbeigeht,  die  wohl  weiß,  daß  diese  Bronze  kein  OeftU 
mit  ihr  gemeinsam  hat"  (S.  114).    Mit  dem  erhabenen  Selbst- 
bewußtsein eines  Übermenschen  ruft  er  der  Frau,  die  ihn  an- 
betet und  seine  Liebe  erfleht  zu:  „Laß  mich  in  meinem  Stolz 
und  in  meiner  Kälte.    Wenn  die  Welt  untergehen  müßte  nnd 
ich  könnte  sie  retten  durch  eine  Lüge,  ich  spräche  sie  nicht 
aus,  sondern  ließe  die  Welt  unteigehen.    Warum  willst  du, 
daß  ich  vom  Sockel  heruntersteige  und  mich  unter  die  Moige 
mische?      Ich     blicke     aufwärts     gleich    der    Statue 
Apolls  ....  sei  du  der  Stern  am  Himmel,  kalt  und 
leuchtend!     Dann  werden  meine  Augen  ewig  zu  dir  auf- 
blicken!"*) (Ebenda).    Mit  diesen  Worten  schließt  der  Brief 
leronims.  —  Dem  Rate '  Euthanasius'  folgend,  der  ihm  ge- 
schrieben hatte,  er  solle  nicht  Mönch  werden,  sondern  „ein 
vernünftiger  Jüngling''  bleiben,  denn  er  selbst  ist  kein  Mönch, 
sondern  ein  Eremit  geworden  (S.  107),  hat  leronim  das  Kloster 
verlassen  und  lebt  in   der  Stadt.     Eines  Tages  nimmt  ihn 
Francesco  mit  sich  und  macht  ihn  mit  Cesara  persönlich  be- 
kannt,   leronim  hatte  sie  noch  nicht  gesehen,  als  er  ihr  jenen 
schrecklich  pessimistischen  Brief  schrieb  und  jetzt  ist  er  ver- 
blüfft«    Nun   entfernt  sich  Francesco,  und  wiederum  findet 
eine  sehr  romantische  Szene  statt:  Cesara  kniet  vor  ihm  und 
fleht  ihn  an,  wenigstens  ihre  Liebe  zu  dulden,  wie  ein  Kind 
geliebt  zu  werden.    Doch  ist  er  noch  immer  ernst  und  kalt, 
wie  früher.     Aber   „je  mehr  er  sie  anblickt,   desto  schöner 
findet  er  sie''  (S.  116).    Er  sagt  ihr,  er  fühle  in  sich  „eine 
Anbetung  für  sie,  die  sich   vielleicht  in  Liebe  verwandeln 
würde  .  .  .  wenn  sie  ihn  nicht  liebte"  (S.  116).    Als  sie  ihn 
noch  immer  anfleht,  und  ihr  Unglück  mit  dem  Freier  Castel- 
mare  erzählt,  ist  er  tief  bewegt,  aber  auch  jetzt  noch  nicht 

*)  Ich  habe  diese  Ideen  zum  Teil  wörtlich  angeführt,  nicht  nur 
weil  sie  ftir  die  Persönlichkeit  E.b  bezeichnend  sind,  sondern  weil  sie 
an  die  Grundidee  und  die  Grundstimuiung  seiner  berühmtesten  Dichtong, 
„Der  Abendstem"  (Sar.  LVIII)  erinnern. 


—    397    — 

entschlosseD.  Er  verlangt  daher  Zeit  sich  zu  bedenkeD,  denu 
er  „habe  ein  sonderbares  Herz  und  eine  sonderbare  Vernunft; 
nichts  könne  bis  zu  ihm  unmittelbar  durchdringen'' '*')  (S.  116f.). 
Er  selbst  fleht  sie  jetzt  an,  sie  solle  mit  ihm  Erbarmen  haben, 
denn  „wenn  einmal  die  Liebe  in  sein  Herz  dringen  würde,  so 
wurde  er  an  Liebe  sterben"  (S.  117)  —  ein  echt  romantischer 
Schluß. 

Unter  dem  Eindruck  seines  Zusammenseins  mit  Gesara, 
schreibt  leronim  dem  Euthanasius  einen  Brief  (S.  11 7  f.)  worin 
er  mit  Entzücken  von  ihr  spricht  und  doch  nicht  zugibt,  daß 
er  sie  liebt.  Euthanasius  ist  aber  ein  besserer  Psychologe; 
er  antwortet  ihm  nur  die  paar  Worte:  „du  liebst  sie,  mein 
lieber  Sohn,  ohne  es  zu  wissen.  Cinis  et  umbra  sumus"  (S.  118). 
Der  Eremit  hat  Recht  Die  Gestalt  des  Weibes  hat  das  be- 
wirkt, was  ihr  Brief  nicht  bewirken  konnte.  Die  übermensch- 
liche Gesinnung  des  jungen  Skeptikers  wird  von  dem  Mensch- 
lichen in  ihm  besiegt 

VI.  Die  Gefühle  leronims  für  Gesara  sind  ihm  noch  nicht 
ganz  klar.  Er  fühlt  sich  in  ihrer  Anwesenheit  wohl,  doch 
ist  es  ihm  noch  lieber,  fem  von  ihr  zu  träumen.  Wenn  er 
sich  aber  neben  ihr  sieht,  „hat  er  jene  Freiheit  zu  träumen 
nicht  mehr,  die  das  eigentliche  Wesen  seines  Lebens  war  und 
das  einzige  Glück  einer  zufriedenen  Natur  ohne  Liebe  und 
ohne  Haß"  (S.  119). 

Doch  bald  muß  leronims  träumerische  Liebe  eine  mensch- 
lichere Form  annehmen.  Eines  Nachts  wandelt  er  durch  den 
Garten  des  Palastes  Bianchis,  des  Vaters  seiner  Angebeteten. 
Plötzlich  erscheint  ihm  Gesara,  in  deren  Augen  nicht  mehr 
ffdie  dunkle  Liebe  und  der  dunkle  Wunsch  blitzen^,  sondern 


*)  Man  mochte  glauben,  ee  sei  ein  Selbstbekenntnis  E.s,  wenn 
leronim  sich  derart  charakterisiert:  „Ein  Gedanke  bleibt  bei  mir  tage- 
lang an  der  Oberfläche  des  Geistes,  er  berührt  mich  weder,  noch  fesselt 
er  mich.  Erst  nach  vielen  Tagen  dringt  er  in  das  Innere  and  dann 
wird  er  durch  andere,  die  er  dort  findet,  vertieft  und  faßt  Warzer' 
(&  117).  In  der  Tat  war  das  Innenleben  E.8  ein  derartiges,  was  am 
meisten  seine  lyrischen  Gedichte  beweisen. 


—    398    — 

„stille  imd  melancholische  Buhe  Uegt"  (S.  120).  Sie  setzt  sich 
neben  ihn,  „in  den  Schein  des  Mondes^  (S.  121);  berührt  seine 
Hand  nicht  und  bleibt  ganz  stilL  Er  nähert  sich  ihr  und 
glühend  flüstert  er:  „Sieh  den  mittemächtigen  Mond  —  schon 
wie  ein  Kind  von  zwei  Wochen  und  —  kalt  . . .  fahlst  da 
nicht,  daß  aller  Lebensschmerz,  alle  Sehnsucht,  alles  Streben 
aufgehört  hat  beim  Anblick  dieses  herrlichen  Gemäldes,  zu 
dem  auch  du  gehörst^  (S.  121).  Inmitten  dieses  Zaubers  der 
Natur  gesteht  er  ihr,  daß  er  sie  liebt  Dann  umarmt  und 
küßt  er  sie  leidenschaftlich.  —  Auf  einmal  bemerkt  Cesara, 
daß  Castelmare  in  einem  Dickicht  versteckt  sie  belaosdit, 
sie  fürchtet,  er  werde  leronim  angreifen  und  fragt  diesen,  ob 
er  das  Schwert  handhaben  könne.  Selbstverständlich  kann 
er  das  —  was  kann  ein  romantischer  Held  nicht  alles  —  and 
seine  Geliebte  bringt  ihm  das  Schwert,  das  sie  ihm  umgürtet^ 
—  „indem  sie  die  Gelegenheit  benutzt  leronim  zu  umarmen*^! 
(S.  123).  Dann  trennen  sie  sich.  Jetzt  bringt  der  Dichter 
eine  Szene,  die  den  sonderbaren  Charakter  seiner  Gestalten 
deutlich  kennzeichnet  Cesara  kann  nun,  nachdem  sie  alleiii 
geblieben,  ihre  Buhe  nicht  mehr  behalten;  leidenschaftlicb 
umarmt  sie  einen  Baum  und  flüstert:  „leronim  ich  beifie 
dich!'',  und  pie  schlägt  mit  den  Fäusten  den  Baumstamm 
leronim  aber,  „von  einer  viel  weniger  sinnlichen  Natur  als 
sein  Täubchen,  bleibt  nur  in  der  theoretischen  Über- 
zeugung, daß  er  sie  liebe"  (S.  124).  —  Der  Abschnitt  schließt 
mit  einem  Zweikampf  zwischen  Castelmare  und  leronim,  in 
dem  Castelmare  stumm  zu  Boden  fallt 

YU.  Infolge  des  Zweikampfes  droht  leronim  große  Gefahr. 
Meister  Francesco  drängt  ihn,  die  Flucht  zu  ergreifen;  er  will 
aber  gleichgiltig  der  Gefahr  entgegentreten.  Da  schreibt  ihm 
auch  Cesara  ein  Briefchen  und  fleht  ihn  an,  sich  in  Sicherheit 
zu  bringen;  Castelmare  sei  nicht  tot  imd  wolle  sich  mit  ihr 
vermählen;  sie  liebe  aber  leronim  und  wünsche  den  TodCastel- 
mares,  daher  solle  sich  leronim  vor  der  Gefahr  der  Bestrafung 
retten;  vielleicht  würden  sie  sich  noch  einmal  sehen.  leronim 
nimmt  eine  Barke  und  fährt  in  das  Meer.    Nun  geschieht  eine 


—    399    — 

Reihe  ungewöhnlicher  Ereignisse,  eines  wundersamer  als  das 
andere.  leronim  war  auf  dem  Meere  eingeschlafen  und  seine 
Barke  blieb  zwischen  Felsen  hängen.  Als  er  am  andern  Tage 
erwachte,  sieht  er  sich  in  eine  ganz  unbekannte  Gegend  ver- 
setzt Am  gegenüberliegenden  Strande  des  Meeres  bemerkt 
er  ein  altes  Nonnenkloster  und  einen  Garten,  der  bis  an  das 
Meer  geht  Dorthin  konnte  er  aber  nicht  gelangen.  Wohl 
aber  entdeckt  er  —  mit  Hilfe  eines  geheimnisvollen  beweg- 
lichen Felsens  —  die  wundersame  Insel  Euthanasius'.  In  der 
Grotte  findet  er  einen  Zettel,  aus  dem  er  erfahrt,  sein  Onkel 
sei  schon  toi  „Es  bleibt  nichts  übrig"  —  hatte  der  Eremit 
geschrieben  —  „als  das  irdene  Gefäß,  in  welchem  das  Licht 
eines  reichen  Lebens  gebrannt  hat;  ich  werde  mich  unter  den 
Wasserfall  eines  Baches  legen;  Lianen  und  Wasserrosen  sollen 
mit  ihrem  Wachstum  meinen  Leib  umschlingen"  (S.  128). 
„Der  ewig  frisch  dahin  fließende  Bach  soll  mich  auflösen  und 
mit  dem  Ganzen  der  Natur  vereinen;  doch  soll  er  mich  vor 
Verwesung  bewahren"  —  das  ist  sein  letzter  Wunsch.*) 

Nun  durchforscht  leronim  sein  neues  Heim,  überzeugt 
sich  mit  Freude,  daß  sein  alter  Onkel  eine  Menge  wertvoller 
Bücher  und  tiefsinniger  philosophischer  Schriften  hinterlassen 
hat,  und  er  befreundet  sich  bald  mit  seinem  kleinen  Reiche, 
wo  er  ein  glückliches  Naturleben  führt 

YIIL  Im  letzten  Abschnitt  folgen  die  Ereignisse  schnell 
auf  einander.  Am  Tage,  wo  Gesara  mit  dem  Markgrafen 
Castelmare  sich  vermählen  sollte,  stirbt  der  Markgraf  Bianchi, 
ihr  Vater,  mitten  in  der  Festesfreude.  Gesara  muß  ein  Jahr 
trauern  und  löst  ihr  Verhältnis  zu  Castelmare,  der  sie  aber 
weiter  verfolgt.  Da  zieht  sie  sich  in  ein  Nonnenkloster  zurück 
—  wunderbarer  Weise  eben  in  jenes  in  der  Nähe  der  Insel 
des  Euthanasius.  In  den  stillen  Mauern  des  Klosters  lebt  sie 
zufrieden,  indem  sie  ihr  ganzes  Glück  in  der  Bewunderung 
der  Natur  sieht    An  heißen  Tagen  badet  sie  in  dem  Meere 

*)  Derselbe  romantische  Wonschy  voll  erhabener  Liebe  zur  Natur, 
kommt  in  den  Gedichten  ,,0  mamä"  (Sar.  LH)  und  „Mai  am  un 
•ingur  dor"  (Sar.  LXXVI)  vor. 


—    400    — 

und  läßt  ihren  zaubervollen  Körper  yon  den  Fluten  bespülen. 
Es  ist  n^ine  Liebe  mit  dem  Meer*',  sagt  £.  in  romantischem 
Tone.  Einmal  wird  sie  von  den  Fluten  bis  an  die  Insel  des 
Euthanasius  getragen,  betritt  sie  und  kann  die  prachtroUe 
Schönheit  der  Gegend  nicht  genug  bewundem.  Als  sie  aber 
die  Insel  verlassen  will,  bemerkt  sie  erschrocken,  daß  es  keinen 
Ausgang  gibfc  und  muß  —  nackt  wie  sie  war  —  die  Nacht 
dort  zubringen.  Als  sie  über  den  Teich  hinüber  gehen  will 
und  „das  Wasser  um  ihre  Fußgelenke  zittert'^,  erwacht  in  ihrer 
Brust  eine  Sehnsucht  nach  Glückseligkeit;  „ihre  Lippen  waren 
trocken  von  dem  Verlangen  nach  einem  Kusse"  (S.  132).  in 
dem  Hain  angelangt  „schien  sie  in  dem  Schatten  der  Bamne 
einer  Marmorstatue  gleich  zu  sein*'  —  das  beliebte  Bild 
leronims  in  der  Novelle  und  Eminescus  in  seinen  Dichtungen. 
Plötzlich  erblickt  sie  unter  den  Bäumen  ...  ihn.  Er  nähert 
sich.  Und  als  sie  sich  erkennen,  umarmen  sie  sich,  glücklich 
wiedervereint  zu  sein.  Sie  blickt  unaufhörlich  auf  ihn  und 
vergißt  ganz  den  Zustand,  in  dem  sie  sich  befindet  Damit 
schließt  die  Erzählung.  Man  hat  den  Eindruck,  als  ob  der 
Dichter  in  jenem  Bilde  die  wahre,  von  ihm  und  von  vielen 
Dichterseelen  erträumte  Naturliebe  symbolisieren  wollte. 

Wie   „Sermanul  Dionis**,  so  zeigt  auch   „Cesara**  eine 
Synthese  von  Philosophischem  und  von  Romantik,  die 
derselben  überaus  reichen  dichterischen  Phantasie  entspringen. 
Doch  sind  auch  manche  Unterschiede  zu  erwähnen.    So  tritt 
in  den  philosophischen  Erörterungen  neben  dem  Pessimismus 
ein  starker  Naturoptimismus  hervor.     Man  kann,  wenn 
man  sich  in  die  Ansichten  Euthanasius'  vertieft,  eine  Beein- 
flussung Eminescus  durch  Rousseau,  den  er  mit  Vorliebe  ge- 
lesen und  studiert  hat,  nicht  verkennen:  Eulturpessimismus 
und  Naturoptimismus,  d.  h.  Liebe  zur  Natur  sind  hier  wie 
dort  zwei  eng  verbundene  Elemente.    Dagegen  finden  wir  in 
„Sermanul  Dionis"  einen  dunklen  Mysticismus,  der  dem  Natur- 
optimismus nicht  widerspricht  —  denn  die  Natur  als  Allmacht 
ist  ja  selbst  ein  mystisches  Element  —  der  aber  über  die 
Grenzen  der  Natur  hinaus  den  Sinn  des  Lebens  und  der  Welt 


—    401    — 

zu  deuten  bestrebt  ist  Was  die  Romantik  anlangt^  so  weist 
sie  in  „Gesara"  auf  dieselben  Bestandteile  bin,  wie  im  „Ser- 
manul Dionis' :  überschwengliche  Liebe  und  Naturbegeisterung; 
nur  daß  in  „Cesara^  diese  romantischen  Elemente  die  über- 
wiegenden sind,  dagegen  in  „Sermanul  Dionis^  das  Phanta- 
stisch-Schauderhafte überwiegt.  Auch  ist  die  Romantik 
„Cesaras*'  reicher  an  Formen  und  Farben  als  die  des  „Ser- 
manul Dionis*.  Schon  das  Milieu  und  die  Personen  der 
ersteren  stehen  auf  einem  ausschließlich  romantischen  Boden: 
die  Handlung  spielt  in  Italien,  im  Mittelalter,  die  Personen 
smd  Mönche,  Eremiten,  Ritter,  Maler  und  eine  Gräfin.  Dann 
sind  auch  der  Ghmg  der  Novelle  und  die  vielen  Episoden  echt 
romantischer  Art  Es  tritt  uns  hier  eine  ganze  romantische 
Welt  vor  Augen,  wahrend  in  „Sermanul  Dionis"  erst  im 
Traume  und  auch  dann  nur  zum  Teil,  eine  solche  Welt  vor- 
handen ist,  im  übrigen  aber  nur  vereinzelte  romantische 
Personen  und  Begebenheiten  vorkommen.  „Sermanul  Dionis" 
enthält  mehr  Eraftgenialisches  in  sich;  es  ist  eben  eine  Jugend- 
schrift des  Dichters,  „Cesara^  wirkt,  wenn  nicht  so  gewaltig, 
um  so  klarer  und  um  so  harmonischer;  man  bemerkt  gleich, 
daß  diese  Novelle  einige  Jahre  später  verfaßt  worden  ist, 
in  welchen  der  Dichter  sowohl  seine  philosophischen  An- 
schauungen, wie  auch  seine  Romantik  deutlicher  und  ein- 
heitlicher gestalten  und  mit  vielen  neuen  Kenntnissen,  Ein- 
drücken und  Erfahrungen  bereichem  konnte.  —  Die  Handlung 
der  Novelle  ist  —  ihrer  romantischen  Natur  gemäß  —  ebenso 
märchenhaft,  wie  die  des  „Sermanul  Dionis".  In  keiner  dieser 
Novellen  läßt  sich  irgend  eine  psychologische  Begründung 
der  Ergebnisse  finden;  eine  solche  darf  auch  nicht  gesucht 
werden,  wenn  man  es  mit  derartigen  Phantasieerzeugnissen 
zu  tun  hat  Doch  finden  wir  in  „Gesara**  manche  wertvollen 
psychologischen  Tatsachen  und  Bemerkungen,  wie  in  den 
Schilderungen  der  Liebe  bei  Gesara  und  bei  leronim  oder  in 
der  weltfremden  Haltung  eines  so  erfahrenen  Eremiten  wie 
Euthanasius.  Das  Wichtigste  aber  hinsichtlich  des  Inhaltes, 
bleibt  auch  bei  dieser  Novelle  die  subjektive  Gfrundlage:  das 

Weigand,  10.  Jahresberieht.  26 


—    402    — 

Gefnblsleben  und  die  Ideenwelt,  die  ans  ilir  sprechen  nnd 
das  Gefühlsleben  und  die  Ideenwelt  des  Dichters  selbst  nach 
vielen  Richtungen  hin  erklaren. 

ym  E.S  Härchen  und  kleinere  ErzSMnngen. 

Neben  den  umfangreicheren,  besprochenen  Novellen  ver- 
dienen auch  die  kleineren  Schriften  E.s  unsere  Beachtangf 
besonders  insofern,  als  sie  für  die  allgemeine  Beurteilung  des 
Dichters  und  seines  Schaffens  Beiträge  liefern. 

1.  Märchen*  In  seinem  „Fät-frumos  din  lacrimä^ 
(Not.  3  ff.),  das  von  hohem  ästhetischen  Werte  ist,  hat  E.  eines 
der  schönsten  rumänischen  Märchen  geschrieben.  Den  Stoff 
lieferte  ihm  die  rumänische  Volksliteratur,  die  Bearbeitung 
aber  hat  der  Dichter  in  einer  meisterhaften  romantischen 
Manier  durchgeföhrt  Diese  Mischung  von  Yolkstnmliehen 
Elementen  mit  künstlerischer  Romantik  gibt  dem  Märchen 
einen  besonderen  Reiz« 

Der  Held  des  Märchens  ist  Fät-frumos  [wörtlich:  Schöner 
Junge,  Bel-enfant,  eine  der  häufigsten  und  beliebtesten  Helden- 
figuren in  der  rumänischen  Märchenliteratur].*)  In  ihm  ver- 
einen sich  all  die  wunderbaren  Oaben  mit  denen  die  Volks^ 
Phantasie  die  Helden  schmückt.  In  erster  Linie  ist  er  das 
Urbild  des  männlichen  Mutes  und  der  männlichen  Schönheit, 
dem  die  Herzen  aller  Guten,  aber  auch  die  der  mit  Zaube^ 
macht  begabten  Mädchen  huldigen.  Er  ist  so  zu  sagen  die 
romantischste  Figur  der  rumänischen  Märchen;  daher  ist  es 
auch  kein  Wunder,  daß  E.  sich  zu  dieser  Gestalt  hingezogen 
fühlte. 

Der  Inhalt  des  Märchens  läßt  sich,  kurz  gefaßt,  wie  folgt 
darlegen:  Ein  Kaiser,  „der  in  seinem  Leben  nie  gelacht"  (S.  3) 
und  der  seit  50  Jahren  mit  einem  Nachbarn  Krieg  fahrte, 
fühlte  sich  unendlich  unglücklich,  daß  er  keinen  Sohn  hatte, 

*)  Näheres  über  Fät-frumos  s.  bei  Säineanu,  Basmele  rotnine  (Boca- 
re^ti  1895)  Index  S.  1037 ;  S.  610  findet  man  auch  eine  Inhaltsan^be 
von  diesem  M&rcben. 


—     403    — 

dem  er  „die  Erbschaft  seines  Hasses"   hinterlassen  konnte. 
Die  junge  Kaiserin,  mit  goldenem  Haare  und  blauen  Augen 
[Ks  Ideal  weiblicher  Schönheit],   weinte  darüber  Tag  und 
Nacht;  sie  bat  das  Bild  der  Mutter  Gottes,  „der  Mutter  der 
Leiden',  ihr  ein  Kind  zu  schenken.    Da  „wurden  die  Lider 
des  Bildes  naß  und  eine  Trane  floß  aus  dem  schwarzen  Auge 
der  Mutter  Qottes**.    Die  Kaiserin  nahm  diese  Träne  in  sich 
auf  und  wurde  davon  schwanger,  und  so  entstand  „Fät-frumos 
din  lacrima''.  Der  Kaiser  lächelte  und  die  Sonne  selbst  lächelte 
und  das  ganze  Reich  wurde  Yon  Freude  erfallt.    Als  er  groß 
geworden  war,  machte  sich  Fät-frumos  auf  den  Weg,  um  die 
feindlichen  Armeen,  die  seinen  Vater  bedrohten,  zu  schlageiL 
Nach  manchen  Schicksalen  begegnete  er  auf  seinem  Wege 
einem  Mädchen  (auch  mit  goldenem  Haare  und  blauen  Augen), 
das  ein  Wunder  von  Schönheit  war,  und  verliebte  sich  in 
sie.    Sie  war  aber  die  Tochter  der  „Mama  Pädurii"  [ein  (Wald) 
Ungeheuer,  s.  Säineanu,  Basme  S.  1056]  und  er  mußte  zuerst 
diese  töten,  um  das  Mädchen  mit  sich  nehmen  zu  können. 
£r  führte  diese  Heldentat  aus  und  verließ  dann  seine  Geliebte, 
die  schöne  Ileana  [Name,  der  in  den  rumänischen  Märchen 
ein  schönes  Mädchen  oder  eine  Fee  bezeichnet],  um  neue 
Heldentaten  zu  vollbringen.    Lange  Zeit  kam  er  nicht  mehr 
zurück  und  Ileana  beweinte  ihn,  da  sie  ihn  tot  glaubte,  so 
bitterlich,   daß  sie  blind  wurde.    Aus  ihren  Tränen  entstand 
ein  Bad  and  in  dem  wüsten  Garten,  wo  sie  sich  verborgen 
hatte,  wuchsen  gelbe,  trauernde  Blumen  —  „die  Blumen  des 
Leidens**  (S.  28).    Da  nähert  sich  aber  eines  Tages  Fät-frumos 
seinem  Pauste;  die  Kaiserin  hört  das  Geräusch  seines  Kommens, 
nimmt  eine  ELandvoll  Tränen  aus  dem  Bad  und  bespritzt  den 
Garten.    „Die  gelben  Blätter  wurden  grün  wie  der  Smaragd; 
die  trauernden  Blumen  wurden  weiß  wie  schimmerndes  Perl- 
mutter —  und  wegen  dieser  Tränentaufe  erhielten  sie  den 
Namen  Tränenblümchen**  (S.  28).    Ais  Fät-frumos  und  Ileana 
sich  wiedersehen,   „erglüht  der  Vollmond  wie  ein  goldenes 
Gesicht  an  dem  tiefblauen  Himmel**  (S.  28 f.)  —  dieses  bei  E. 
so  beliebte  Bild  mußte  auch  im  Märchen  wieder  auftauchen. 

26* 


—    404    — 

„Im  Nachtwinde  badete  Fftt  frumos  sein  Angesicht  im  Tranen- 
bade, dami  hüllte  er  sich  in  den  Mantel,  den  sie  ihm  ans 
Mondstrahlen  gewebt,  und  legte  sich  schlafen  im  Blumenbeete; 
auch  die  Kaiserin  legte  sich  neben  ihn  und  träumte  im  Schlafe, 
die  Mutter  Gottes  hätte  zwei  blaue  Morgensterne  yom  Himmel 
genommen  und  auf  ihre  Stime  gesetet'^  (S.  29).  Am  folgenden 
Tage  konnte  sie  wieder  sehen  und  bdd  darauf  wurde  eine 
prachtvolle  Hochzeit  gefeiert.  In  romantischer  Manier  nimmt 
auch  die  Natur  an  dieser  Hochzeit  teil,  ebenso  wie  in  der 
Dichtung  Cälin  (Sar.  XXXiy^  die  mit  demselben  Bilde  endet 

„Borta  yintulut'^,   das  in  den  Manuskripten  E.s  ge* 
fundene   Märchen,    ist  nur  eine  unvollendete  Skizze.     Sein 
Gegenstand  ist  ein  humoristischer:  ein  armer  Mensch,  der  ans 
Ärger  darüber,  daß  ihm  der  Wind  ein  Gefäß  voll  Mehl  zer- 
streut hatte,   sich  auf  den  Weg  macht,  um  das  Loch  des 
Windes  zu  verstopfen.    Dieser  originelle  Gedanke  scheint  in 
der  rumänischen  Märchenliteratur    zuerst  von  E.    gefunden 
worden  zu  sein;  auch  Säineanu,  dessen  Werk  bis  jetzt  dtf 
vollständigste  auf  dem  Gebiete  der  rumänischen  Märchen  ist, 
erwähnt  ihn  nicht.  —  Die  Skizze  ist  in  Sprache  und  Stil  dialek- 
tisch gefärbt)  z.B.  lautet  dasPerfektum  o  muncit  statt amunät, 
acu  für  acum,  cela  für  acela;  weiter  haben  wir  volkstümlidie 
Ausdrücke:  m  o  viclenit  [m'a  InselatJ,  s'o  gätit  ostirea  [s  a  pre- 
gätit  ostirea]  u.  a.    Femer  beachte  man  die  Wörter:  sumuiog 
(bouchon  de  paille,  altes  Wort  von  dem  Chronisten  N.  Costin 
gebraucht,  —  Dam^,  Dict  roum.-fran<y.),  zimnic  (moldauisch) 
auch  semnic  (hutte  dans  la  terre,  oü  Ion  garde  les  nicbes 
pendant  Y  hiver,  Dame);   sufragiu  (domestique  qui  serk  a 
table,  Dam6),  bäcäi  (battre,  faire  tio-tac,  Dam6)  u.  a. 

2.  Kleinere  Erzählungen.  Eine  kostliche  humoristische 
Erzählung  ist  „La  aniversarä''  (Zum  Geburtstage),  die  S. 
selbst  eine  „originelle  Erzählung"  genannt  hai  Der  Gegen- 
stand (Nov.  86  ff.)  ist,  wie  in  den  meisten  seiner  literarischen 
Schriflen,  die  Liebe.  Mit  viel  Humor  und  scharfer  Beob- 
achtungsgabe schildert  E.  einige  entzückende  Liebesszenen 
zwischen  zwei  jungen  Herzen:  Ermil,  der  noch  das  Gymnasium 


—    405    — 

besacht,  und  seine  Cousine  Elis,  die  sich  aber  Grajus  Julius 
Caesar  Ootayianus  Augustus  und  Cleopainra  nennen.  Ein  frischer, 
gesunder  Zug  belebt  die  Schilderung  und  die  Szenen  bezeugen 
Tiel  psychologisches  Verständnis.  Da  es  sich  um  Liebe  handelt 
und  um  die  Schrift  eines  Dichters  wie  E.,  so  kann  selbst- 
TerstandUch  auch  die  Romantik  nicht  fehlen.  Die  Liebes- 
szenen finden  hier  gleichfalls  in  „mondbeglänzter  Zaubemacht*' 
statt,  und  der  yerliebte  Chgus  Julius  Caesar  Octavianus 
Augustus  flüstert  wehmutsvoll  seiner  Cleopatra  zu:  „Der  Mond 
verschönert  die  Welt,  um  unserer  Liebe  willen^  (S.  90).  Ich 
erwähne  noch  —  als  etwas  für  den  Dichter  Bezeichnendes  — 
daß  auch  die  Frauengestalt,  die  uns  hier  entgegentritt,  „blond, 
sehr  blond*  (S.  85),  der  Geliebte  aber  „ein  wenig  poetisch 
gestimmt  ist*"  (S.  86). 

„Si  Gheorghe  in  ora§  ;i  la  \skTa''  (der  St  Georgstag 
in  Stadt  und  Land;  Nov.  137  ff.)  macht  uns  neue  Momente  aus 
der  Gefbhls-  und  Stimmungswelt  E.s  bekannt  Diese  Er* 
Zahlung,  die  er  treffend  und  originell  mit  dem  „Finger  ge* 
zeichnete  Bilder*  genannt  hat,  stellt  im  warmen  Tone  das 
stille  patriarchalische  Leben  auf  dem  Lande  dar.  Es  ist  dies 
eine  Schilderung,  die  das  Interesse  und  die  Liebe  des  Dichters 
fttr  das  Volkstümliche,  für  die  Sitten  und  Gebrauche  auf  dem 
Lande  deutlich  beweist  Die  Erzählung  ist  im  Jahre  1877, 
am  14.  September  (Nov.  157,  Anm.),  veröffentlicht  worden. 
Zu  jener  Zeit  steckte  E.  schon  in  dem  unruhigen  politischen 
Tun  und  Treiben  drin;  wie  sehr  ihm  dieses,  wie  überhaupt 
das  stadtiflche  Leben,  mißfiel,  erklären  die  folgenden  Be- 
merkungen, mit  welchen  er  seine  Erzählung  schließt:  „Und 
wir!?  —  Wir  lesen  die  Akten  über  die  Anklage  der  gewesenen 
Minister,  die  Kriegsgerichte,  die  Mahnungen  der  Hausbesitzer 
[der  Tag  des  hl.  Georg  ist  in  Rumänien  ein  Termin  für  die 
Mietszahlung]  und  wägen  unsere  schwarzen  Sünden  unter  der 
grünen  Weide  ab.  Eine  schöne  Beschäftigung"  (S.  141).  Als 
einen  grellen  Gegensatz  zu  dieser  trüben  Stimmung  stellt  er 
das  Leben  auf  dem  Lande  hin,  das  ihn,  den  Denker,  der  so 
oft  pessimistisch  gestimmt,  zu  dem  kräftigen  optimistischen 


—    406    — 

Ausruf  yeranlaßt:  „Jawohl!  Schal  ist  das  Leben,  schal  far  die 
Menschen  mit  leerem  Herzen  und  hohlem  Kopfe!*  (S.  141). 
Es  wäre  noch  die  kurze  Erzählung  „  Sinucidere  "  („Selbst- 
mord"; Not.  134fiP.)  zu  nennen.  Ein  wirklicher  Fall  von  Selbst- 
mord eines  in  Ungnade  gefallenen  russischen  Offiziers,  der 
sich  vor  dem  Zuge  des  Zaren  auf  dem  Bahnhofe  in  Jassy  das 
Leben  nahm,  bildet  den  Gegenstand  dieser  Erzählung.  Obwohl 
sie  keinen  Anspruch  auf  literarischen  Wert  erheben  kann,  so 
ist  sie  doch  interessant  wegen  der  Wärme  und  Sympathie, 
womit  K  das  traurige  Schicksal  jenes  Unglücklichen  besprichi 

AbkOrzungen  und  Literatur. 

Adamescu,  No^uni  de  ist  limbii  si  lit  rom.  Ed.  II  Bac  1S96. 

A.  D.  =  Ar.  Densusianu,  Literatura  bolnavä,  „Eteyistacriticä- 

literarä".  IL  193flE:,  386ff. 
An.  =  Anuarul  „Societä^ii  pentru  crearea  unui  fond  de  teatm 

romin". 
Arch.  =  „Archiva",  Zeitschrift,  Jassy. 

B.  p.  t.  «=»  „Biblioteca  pentru  to^",  Alcalays  Ausgabe  der 

Gedichte  Eminescus. 

C.  d.  a.  >=  „Culegere  de  articole  d'ale  lut   M.   Eminescu*. 

Bucuresti,  1891. 
Cl.  d.  L  =  „Clipe  de  liniste",  novele  de  A.  VlahutS. 
C.  L.  =  „ConvorbiriL  Literare. 
Ch.  Lii  pop.  =  n.  Chendi  „M.  Eminescu,  opere  complete^. 

I.  Literatura  popularä.  Bucure|ti,  Editura  nMinenra"  1902. 
Cr.  =  Gristea  Illes  „Eminescu  elete  6s  m&Yei*   1895.    Sza- 

mosujyär. 
Div.  =  Diverse,  Saraga. 
E.  >=»  Eminescu. 

Ed.  M.  =  Edifia  Maiorescu  (Poesii  de  Eminescu). 
Fam.  =  „Familia"  Illustriertes  Familienblatt  in  Grosswardein- 
G.  T.  =  „Gazeta  Transilvaniei"  Zeitung  in  Kronstadt 
Gram.  St.  Cr.  =  Grama,   Studiu  Critic  „Mihail  Eminescu", 

Blaj  1891. 


—     407    — 

Qrig.  3=  Grigorovitza,  Em.  „Deutsche  üebertragangen  aus  den 

auserleseneren  Dichtungen  des  verstorbenen  rumänischen 

Poeten  Michail  Eminescu*'.    Bucarest,  1892. 
Igh.  =  Ighel  nie,  „Incercare  criticä  asupra  lui  Eminescu". 

Bucarest,  1890. 
L  L.  C.  =  I.  L.  Caragiale  „Note  si  schit»".    Buc.  1892. 
M.  £.  =  „Mihail  Eminescu*',   Festnummer   der   Zeitschrift 

„Floarea-albasträ^,  Buc 
Nov.  ==  Novele,  Saraga. 
N.  R.  R.  =  „Noua  Eevistä  Romlna",  Buc. 
Qmagiu  =  „Omagiu  lui  Titu  Maiorescu",  Buc  1903. 
P.  P.  ==  „Poesii  postume**  de  Eminescu  (Edi^ia  Hodos). 
Petr.==PetrascuN.  „Mihail  Eminescu",  studiu  critic,  Buc.  1892. 
P.  s.  V.  =  „Prosa  si  Versuri";  Mor<;un,  last  1890. 
B.  Dicht.  =^  „Rumänische  Dichtungen **.  Deutsch  von  Carmen 

Sjlva  u.  Mite  Kremnitz.    Bonn  1889. 
Räd.  =»  Bädulescu  „Ueber  das  Leben  u.  die  Philosophie  Contas'', 

Leipzig  1901.    Diss. 
Rev.  C.  =  „Revista  criticä-literarä,  Zeitschrift  in  Ia|l 
Rad.  =  Rudow  W.  „Geschichte  des  rumänischen  Schrifttums 

bis  zur  Gegenwart".    Wernigerode,  1892. 
Sar.  =  Saraga:  „M.  Eminescu,  Poesil  complecte". 
Scr.  =  „Scrisori  cäträ  Cornelia  Emilian  si  fiica  sa  Cornelia". 

Henr.  si  M.  Eminescu,  Ia|t,  Saraga. 
„Trib."  =  „Tribuna"  Zeitung  in  Hermanstadt. 
Vlah.  =  Vlahu^a. 
Zos.  SI»  Zosln  „Substratul  patologic  in  pessimismul  contem* 

porean",  Buc  1900, 

Außer  den  in  der  Abhandlung  angeführten  Hilfsquellen, 
habe  ich  noch  folgende  benutzt,  die  aber  hauptsächlich  im 
zweiten  Teüe  meiner  Arbeit  über  Eminescu  (Die  Dichtung 
und  die  allgemeine  literarische,  ästhetische  und  philosophische 
Beurteilung  E.s)  verwertet  werden. 
Biese,  ^fr.:  „Die  Entw.  des  Naturgefuhls  im  Mittelalter  u. 

in  d.  Neuz.",  Leipzig  1892. 


—    408    — 

Brandes,  6.:  „Die  Hauptströmungen  der  litteratar  des  neim- 

zehnten  Jahrh.^ 
Garo,  E.:  „Le  pessimisme  au  XIX'*  si^cle".   Paris  1878. 
Gherea,  C.  D.:  „Studii  Critice",  11;  Buc  1890. 
Hartmann,  Ed^  v.:  „Zur  (beschichte  u.  Begründung  des  Pessi- 
mismus".  II.  Aufl.    Leipzig. 
Hettner,H.:  „Die romantische  Schule ...",  Braunschweig  1850. 
Hildebrandt,  Alfr.:  „Yedische  Mythologie**.  I.  Bd.  Breslau, 

1891. 
Maiorescu,  T.:  „Critice",  II,  Buc  1892. 
Müller,  Max:    „Essais  sur  l'histoire  des  religions**,  tradait 

en  franf.  par  George  Harris.    Paris  1879. 
Oldenberg,  H.:  „Buddha«.    Berlin  1890. 
Paulsen,  Fr.:  „Immanuel  Kant**.    Stuttgart  1898. 

„Schopenhauer-Hamlet-Mephistopheles**.    Berlin  1900. 

Pencioiu,  G.  D.:    „Incercäri    critice.     Prosa  lut  Eminescu 

(Särmanul  Dionis)**.    Craiova,  1890. 
Pfleiderer,  Edm.:  „Der  moderne  Pessimismus",  „Deutsche 

Zeit-  und  Streitfragen**,  Berlin  1875. 
Plümacher    0.:   „Der  Pessimismus  in  Vergangenheit  und 

G^enwart**.    Heidelberg,  1884. 
Schopenhauer,  Arth.:  „Die  Welt  als  Wille  und  Vorstellung", 

Reclam  I,  IL 
Schroeder,  L.,  v.:  „Indiens  Litteratur  und  Kultur**,  Leipzig, 

1887. 
SuUy,  lames:  „Le  Pessimisme**,  traduit  de  l'anglais  par  Alex. 

Bertrand  et  Paul  Gerard,  Paris,  1893. 
Volkelt,  L:  „Arthur  Schopenhauer**.    Stuttgart,  1900. 
Wassiljew,  W.:  „Der  Buddhismus**,  St  Petersburg,  1860. 


Der  üiBprang  der  nunänisclieii  PjApositionen 

yon 
Hans  Moser. 

Es  kann  hier  nicht  meine  Aufgabe  sein,  eine  vollständige 
Geschichte  der  rumänischen  Präpositionen  zu  geben,  da  fftr 
eine  so  weit  ausgreifende  Arbeit  noch  immer  Mangel  an 
Material  besteht  Ich  hatte  mich  deshalb  im  wesentlichen  auf 
die  historische  Entwickelang  der  Formen  zu  beschränken, 
dabei  bestrebt,  unter  möglichst  umfassender  Zusanmienstellung 
derselben  aus  dem  Dakorumänischen  und  seinen  Dialekten  auf 
Grund  laatgeschichtlicher  Untersuchung  das  gesteckte  Ziel  zu 
erreichen  xmd  ein  möglichst  übersichtliches  Bild  von  dem 
Formenbestand  und  der  lautlichen  Entwickelung  der  rumä- 
nischen Präpositionen  zu  schaffen,  während  die  Syntax  der- 
selben ganz  unberücksichtigt  bleibt,  oder  doch  nur  dann  heran- 
gezogen wird,  wenn  dies  far  die  Erklärung  einer  Form  nützlich 
erscheint 

An  Vorarbeiten  standen  mir  im  wesentlichen  nur  einige 
Monographieen  (A.  Stinghe  „Anwendung  yon  pre  als  Akku- 
satiTzeichen'',  Jb.  EI,  IV;  A.  Byhan  „Entwickelung  von  e 
vor  Nasalen  in  den  lateinischen  Elementen  des  Rumänischen^i 
Jb.  lU,  wo  über  in  gehandelt  ist;  E.  Bacmeister  „Easus- 
bildung  des  Singular  im  Rumänischen,  Jb.  IV,  cap.  IX  ff.,  der 
die  Präposition  a  beleuchtet;  R.  Geheeb  „Prosthetisches  a 
und  8  im  Rumänischen'',  Jb.  V;  Meyer-Lübke  über  die 
Prap.  spre  in  Gröbers  Zeitschr.  22,  496;  femer  A.  Byhans 
„Istrommänisches  Glossar'',  Jb.  VI;  die  Abhandlung  von  B&r- 


—    410    — 

bnlescu  „Fonetika  dirilske  azbuke"  u  Zagrebu  1899  und 
Papahagis  Meglenstudien  „Romänu  din  Meglenia"  1900  und 
„Megleuo-Romänii*'  1902)  zur  Yerfagong. 

Die  Präpositionen  sind  im  Rumänischen  sehr  entwickelt; 
auffallend  ist,  daß  hier  zur  Darstellung  präpositionaler  Ver- 
hältnisse häufig  zwei,  drei  und  noch  mehr  Präpositionen  yer- 
wandt  werden. 

Die  daraus  entstehende  Schwerfälligkeit  des  Ausdmcb 
wird  indes  einigermaßen  ausgeglichen  durch  Zusammenziehang 
zu  Wortganzen,  so  de  In  >  din,  pre  In  >  prin,  doch  erstreckt 
sich  dieser  Prozeß  kaum  über  die  Verbindungen  mit  in,  intra, 
tntre,  a  und  spre  hinaus. 

Der  Entstehung  nach  zerfallen  die  rumänischen  Präpo- 
sitionen in  folgende  Klassen: 

I.  alte,  ererbte:  a,  caträ,  cu,  de,  in,  intre,  pre  (pe),  spre, 
sub  (supt). 

IL  ältere  oder  jüngere,  durch  Zusammensetzung  ge- 
bildete, die  z.T.  ineinander  verwachsen  sind,  sodaß  die  Be- 
standteile kaum  noch  erkannt  werden,  z.  T.  noch  deutlich  ihre 
Bestandteile  erkennen  lassen.  Sehr  viele  der  letzteren,  meist 
die  allerjüngsten,  und  besonders  im  Dakorumänischen  üblichen, 
werden  noch  getrennt  von  einander  geschrieben  wie  z.  B.: 
de  cäträ,  de  cu,  und  andere  mit  de  verbundene.  Verwachsen 
sind:  despre,  din,  dintre,  dinspre,  dupä,  Inspre,  peste,  und 
andere  mit  pe  verbundene:  prespre,  preste,  prin,  printre. 

in.  Ursprüngliche  Adverbia,  die,  meist  in  Verbindung 
mit  Präpositionen,  jetzt  zu  Präpositionen  geworden  sind;  z.  B. 
afarä  de,  aproape  de,  asupra,  dincoace  de,  dincolo  de,  färä  (de), 
dinainte  de,  departe  de,  drept,  inainte  de,  inäuntru  de,  intra 
(dintru),  la,  (pe)  längä,  pänä  (la),  printru,  pentru  u.  a.  m. 

IV.  Eine  Menge  adverbialischer  Ausdrücke,  deren 
Hauptbestandteil  meist  ein  Substantivum  ist,  die  auch  ganz  im 
einheitlichen  Sinne  einer  Präposition  gebraucht  werden,  z.  B. 
aläturea  cu  „neben",  fatä  cu  „angesichts",  imprejurul  „um  — 
herum"  u.  a.  m. 


—    411     — 

Hierzu  kommen  noch  die  fremden  Präpositionen,  die 
ans  dem  Slayischen,  Ungarischen  und  Neugriechischen  über- 
nommen sind. 

.  In  Bezug  auf  die  Elemente  der  Zusammensetzung  lassen 
sich  die  Präpositionen  einteilen  in  eigentliche  und  uneigent- 
liche; die  eigentlichen  Präpositionen  sind  rein  präpositio- 
naler  Bildung,  mögen  sie  einfach  oder  zusammengesetzt  sein, 
die  uneigentlichen  sind  solche,  die  aus  dem  Zusammen- 
treten eines  Adverbs  oder  eines  Adjektiyums  oder  Nomens 
mit  einer  eigentlichen  Präposition,  oder  auch  ohne  eine  solche 
(ygL  drept)  entstehen.  Von  praktischem  Werte  ist  diese  Ein- 
teilung nicht,  da  ein  „pentru  for"  genau  so  als  Präposition 
gefohlt  wird,  wie  ein  „prin  durch'',  obgleich  ersteres  aus  einem 
Adverb  entstand;  dagegen  ist  es  für  die  Syntax  von  Bedeutung, 
die  substantivischen,  d.  h.  mit  Artikel  versehenen  Präpositionen 
besonders  zu  behandeln.  Die  Zahl  der  uneigentlichen  Prä- 
positionen ist  sehr  groß;  soweit  dabei  das  Adverb  in  Frage 
kommt,  gehört  ihre  Behandlung  zum  Adverbium,  soweit  Nomen 
oder  Adjektivum,  in  das  Bereich  des  etymologischen  Wörter- 
buchs. In  der  vorliegenden  Arbeit  habe  ich  nur  einige  dieser 
Bildungen  behandelt,  die,  wie  Improtiva,  aläturea  cu,  infolge 
besonders  häufiger  Anwendung  ganz  als  Präpositionen  gefohlt 
werden. 

Der  Einfluß  fremder  Sprachen  auf  die  Entwickelung  des 
Romanischen  ist  auch  bei  den  Präpositionen  wahrzunehmen, 
insofern  das  Rumänische  eine  Anzahl  fremder  Präposi- 
tionen aufgenommen  hat,  die  indes  meist  nur  in  der  Schrift- 
sprache üblich  waren.  Von  diesen  Lehnwörtern  mögen  einzelne 
noch  in  der  ersten,  rumänischen  Literaturepoche,  nach  (Laster 
ehrest  roum.  Introd.  pag.  XIV:  de  pe  la  inceputul  literaturef 
romäne  pänä  la  stabilirea  Fanariotilor  pe  tronul  Moldovei  si 
al  Muntenief  adicä  de  pe  la  mijlocul  secolului  al  XVI  -lea 
pSnä  la  Inceputul  secolului  al  XVUI  -lea,  auch  in  der  Volks- 
aprache gelebt  haben;  Improtiva  mit  seiner  rumänischen  Form 
ist  lebendiger  Bestandteil  des  rumänischen  Sprachguts  ge- 
worden.   Archaische  Entlehnungen  aus  dem  Slavischen  sind 


—    412    — 

8%,  K'k,  Ck,  (VT,  oy,  dialekidflch  lebende  za,  do,  po,  na,  jiml 
Im  dial.  pri  (Meglen)  kann  sich  slaTisches  pri  mit  altem, 
romanischen  pri  treffen,  wahrend  arom.  pri  rein  romaiusch 
erscheint  Ans  dem  Magyarischen  stammen  altes  in  aleanul, 
femer  das  an  der  Theiß  und  Samosch  gebrauchte  altal  „durch'' 
nnd  kerestul  „querdurch^;  ans  dem  Neugriechischen  endlich 
das  arom.  namesa  di  „inmitten^,  a/nanga  di  „gegenüber^ 
kata  ,ygemäß''. 

Bei  der  Untersuchung  und  Beurteilnng  des  Lautlichen 
war  grundsätzlich  zu  beachten,  daß  die  Präposition  kein 
selbständiges,  unter  eigenem  Wortton  entwickeltes 
Bedeglied  ist,  daher  wie  eine  satzunbetonte  Silbe 
behandelt  werden  muß.  Die  Satzphonetik  erzeugt  in  der 
stets  wiederkehrenden  Y  erbindui^  bestimmter  Worte  allmählich 
neue  Worteinheiten,  die  alsdann  nach  den  fnr  das  Wortinnere 
geltenden  Gesetzen  beurteilt  werden  müssen  (Th.  Siebs  „An- 
lautstudien", Ztschr.  f.  yergl.  Spracht  XXXVU,  17  pag.  290). 
Erst  durch  die  Erkenntnis  dieses  Umstandes  erschließen  sich 
lautliche  Abweichungen  auf  dem  Gebiete  der  Präpositionen, 
die  nach  bisher  bekannten  Regeln  über  unbetonte  Vokale 
nicht  ohne  weiteres  zu  durchschauen  waren,  zumal  dabei  die 
regressive  Vokalharmonie  eine  Bolle  spielt 

Die  regressive  Vokalharmonie  (die  Übereinstimmung  von 
Vokalen  in  ein  und  demselben  Worte,  die  hervorgerufen  wird 
durch  den  Einfluß  eines  Vokals  auf  einen  Nachbarvokal 
s.  Storch,  „Vokalh.  im  Rum."  pag.  2)  tritt  unter  anderem  dann 
ein,  wenn  dem  Hauptton  zwei  vortonige  Silben  vorauf- 
gehen; vgl.  lat.  sanitätem  ;>  sän&tate.  Diese  Begel  war 
herbeizuziehen,  um  die  lautlichen  Verhältnisse  mehrerer  zwei- 
silbiger Präpositionen  klarzustellen  (vgl.  pänä,  f^rä,  cätrS). 

Die  Tonlosigkeit  der  Präposition  f&hrt  mehrfach  bis  zu 
vollständigem  Vokalschwund,  vgl.  lat.  super  >  spre,  auch 
färä  >  fär,  pänä  >•  pgn;  im  Konsonantismus  zum  Schwund 
des  postkonsonantischen  r:  pre  >  pe,  cätsft  >  kgtg;  intru  wird 
dakorumänisch  vor  un  gesprochen  wie  tnf ,  arom.  tra  neben  tcL 

Die  meisten  uneigentlichen  Präpositionen  bieten,  da 


—    413    — 

sie  sich  anter  eigenem  Wortton  entwickelt  haben  und  heute 
noch  neu  entwickeln,  lautlich  nichts  der  besonderen  Erwähnung 
Wertes. 

Die  Torliegende  Abhandlung  wird  sich  damit  zu  befassen 
haben,  die  rumänischen  Präpositionen  nach  ihrem  Ursprung, 
sowie  nach  ihrer  lautlichen  Entwickelung  im  Rumä- 
nischen und  seinen  Dialekten  seit  ihrem  ersten  Auftreten 
in  der  Literatur  zu  untersuchen. 

Für  die  Beurteilung  der  lautlichen  Entwickelung  waren 
nicht  nur  sämtliche  in  der  Literatur  überlieferten,  älteren 
Formen  jeder  Präposition  zusammenzustellen,  sondern,  wie 
erwähnt,  auch  die  entsprechenden  in  den  Dialekten  des  Rumä- 
nischen, wobei  sich  ergab,  daß  verschiedene  dakorumänische 
Präpositionen  in  diesen  Dialekten  nur  teilweise,  zwei  gar  nicht, 
▼ertreten  sind. 

Es  fehlen 

im  Atomunischen:  despre,  spre,  Improtiya,  printre, 
pentm. 

im  Magien:  a,  despre,  dintre,  tmprotiya,  Intru,  pentru, 
printre,  printru. 

im  Istrischen:  dintre,  dintru,  Improtiva,  längä,  prin- 
tru, spre. 

Zur  Feststellung  des  ersten  Auftretens  der  einzelnen 
Präpositionen  in  der  Literatur  wurden  benutzt  die  beiden 
ältesten  Denkmäler  der  rumänischen  Literatur,  der  Cod.  Yoro- 
netean  (Cemäutt  1885)  und  der  Cod.  I^chetan  (Bukarest  1889), 
sowie  Gaster,  Chrestomatia^  romänä  (Leipzig-Bukarest  1891). 


A.  Rumänische  PrSpositionen. 

a  „zu,  nach*'. 

Dr.  a  ist  altes,  ererbtes  Sprachgut,  vgl  lat.  ad,  und  laut- 
lich exact  aus  diesem  entwickelt  schon  in  vlt.  Periode  durch 
Abfiill  des  Dentals  im  Auslaut  In  den  Terwandten  Sprachen 
▼gl  itaL  Bf  span.  a,  franz.  ä.    Im  Rumänischen  ist  a  nur  noch 


—    414    — 

wenig  in  Gebranch  und  meist  durch  andere  Präpositionen, 
wie  la,  vertreten.  Dialektisch  findet  sich  a  im  Meglen  und 
Istrischen  nur  noch  in  ganz  vereinzelten  Spuren«  Seine  Kürze, 
vielleicht  auch  der  lautliche  Zusanunenfall  mit  dem  Pro- 
nomen a,  haben  bewirkt,  daß  es  durch  das  vollere  la  verdrängt 
wurde. 

Über  a  im  heutigen  Dr.  sagt  HäsdSü  (Et  Magn.  I):  „b 
limba  modemä  aceastä  prepositiune  s'a  Inlocuit  aproape  preta- 
tindeni  prin  sinonimul  la;  se  pästreazä  insä  mal  cu  stäminta 
In  graiul  poporean,  si  mai  ales  in  vechile  texturL  Funo- 
tiunea  et  fundamentale  este  de  a  exprima  positiune  exterioara 
fie  materialä  sau  moralä.*'  Auch  Tiktin  sagt  (Gr.  rom.  §  317,2): 
„o  prepositiune  simplä  este  ^i  vorba  a,  numai  cä  Intrebüintarea 
ei  e  forte  m&rginitä."  Zum  Gebrauch  von  a  im  Dr.  vgl.  Aus- 
drücke wie  seamänä  a  Grec,  miroase  a  fum,  pute  a  pehn, 
barometrul  stä  a  ploaie,  femer,  um  das  possessive  VerhattoiB 
anzugeben,  vitele  a  patru  säte,  domn  a  multe  türme  de  oi, 
wie  ähnlich  franz.  etwa  Chevalier  au  lion;  a  hat  sich  indessen 
erhalten  vor  dem  Infinitiv;  es  heißt  stets  a  face,  a  geme,  i?ie 
firanz.  ä  faire. 

In  den  dr.  Dialekten  vgl.  a  im  Banatischen  in  adyer- 
bialen  Ausdrücken,  wie  a  vale,  a  munte,  a  oare,  a  casä,  in  der 
Theißgegend,  im  nördlichen  Transsilvanien  a  m9n9,  auch  a 
umeri  „auf  der  Schulter^  (Weigand  „Samosch-  u.  TheißdiaL 
pag.  40). 

Im  Aromunischen  wird  a  in  weiterem  Umfimge  ab 
im  Dr.  bei  der  Flexion  gebraucht  Es  dient  zur  DarsteUung 
des  genetivischen  und  dativischen  Verhältnisses,  z.  B.  domnn 
SU  a  agrului  „der  Herr  des  Ackers**  (Ar.  U,  119, 17);  difi  kap 
a  fitSorui  „vom  Kopfe  des  Knaben**  (Ar.  11,  122,  12);  a  muleri 
sai  „zu  seiner  Frau**  (Ar.  11,  Nr.  123,  5),  a  puntilei  „der 
Brücke**  (Ar.  11,  Nr.  96,  48),  a  surori  a  tale;  a  mästurilor  ia 
I9  dzuse  (Ar.  II,  Nr.  96, 105),  und  beim  Pronomen:  a  cui,  a 
lui,  a  lor,  a  tsfa,  a  nia  (dr.  nur  mie,  tie). 

Im  Meglen  ist  a  voUig  ausgestorben,  weder  die  Flexion 
hat  es  bewahrt  (vgl.  fratelui  Gen.,  la  frateli  Dat;  fratsilor, 


—    415    — 

fratelor  Plur.  Gen.,  la  fratsili  Pliir.  Dat.),  noch  findet  es  sich 
als  Präposition;  selbst  als  Präfix  fallt  es;  ygl-dunare  „sammeln'', 
dr.  adonare;  auch  für  a  kasg  tritt  ein  kas9  ein.  Die  Funktion 
von  a  ist  hier  tatsächlich  von  la  übernommen. 

Auch  im  Istrischen  finden  sich  nur  wenig  Spuren  der 
Präposition;  so  zeigt  sich  in  der  Flexion  neben  lu  aretu  (Gen. 
und  Dat)  und  lu  fetsor  (Plur.)  selten  ein  a  lu,  welches,  den 
mir  zugänglichen  Texten  nach,  fast  nur  beim  Dativ  auftritt, 
a  lu  un  peklar  „einem  Bettler^,  a  lu  nostri  duzniö  „unsem 
Schuldigem"  (Tatäl  nostru.  Gast  b.  283).  Die  Präposition  a, 
ohne  lu,  findet  sich  nur  beim  Datiy  des  Personalpronomens; 
dae  a  noi  „gib  xms"  (Gast  b.  284).  Sehr  wahrscheinlich  liegt 
hier  indessen  das  italienische  a  vor.  Dem  megl.  kasg  ent- 
spricht hier  ebenfalls  nur  ein  kpsj^,  doch  führt  Weigand  da- 
neben a  kgsj  an  („Romania"  XXI,  pag.  250):  za  göspodar  a 
kpsf;  auch  a  munte  ist  vorhanden  (Jb.  VI,  182). 

afarä  de  s.  fb& 

aläturea  cu  (de)  „neben*'. 

Die  Präposition  ist  eine  uneigentliche,  mit  Substantiv 
adverbialiscb  gebildete;  sie  ist  nur  dr.  und  in  den  ältesten 
Texten  nicht  erweisbar;  der  Cod.  Vor.  zeigt  nur  die  Plural- 
formen Aax^pHAC  zweimal,  der  Cod.  Schei.  scheint  das  Sub- 
stantivum  gar  nicht  zu  enthalten.  Sonst  aber  findet  sich,  um 
1670,  AA-kTSp-fe  (GMt  176,  30)  und  um  1700  dATi.T8pt:  (Gast. 
334,  25),  als  Adverb.  Aus  der  lat  Wendung  ad  latera  „zu 
Seiten,  neben''  entwickelte  sich  zunächst  alatere,  das  alsdann 
zu  alatnre  wurde  durch  Anlehnung  an  die  zahlreichen  Sub- 
stantiva  auf  -ure.  Das  so  entstandene  Adverb  bedurfte,  um 
als  Präposition  fungieren  zu  können,  der  Verbindung  mit  einer 
eigentlichen  Präposition,  als  welche  de  oder  cu  verwandt  wurde, 
ako  „zur  Seite  von,  mit".  Als  -ure  zu  -uri  wurde,  entstand 
die  Form  alaturl  de,  und  noch  neuer  aläturi  de.  Daneben 
besteht  die  adverbialische  Form  auf  -a;  aläturea  cu,  älter 
alatnrea  cu;  vgl.  3ESpA  AAAxSpA  k8  wmSa  (Gast  201,  24) 
von  1670. 


—    416    — 

aproape  de  „nahe  bei^. 

In  den  ältesten  Quellen  erscheint  AnpOAnc  ^f,  nni  ein- 
mal, im  Cod.  Vor.  (LXXXV,  »);  der  Cod.  Schei.  hat  ebenfidls 
ziemlich  selten  AnpOAni  A<  (LXXXTV,  10),  Coresi  anpoAni  als 
Adverb  (Gast  16,  17)  „nahe«. 

Zu  Grunde  liegt  lai  ad  prope,  urkundlich  bezeugt  Tom 
Jahre  642  (Diez,  Rom.  Spr.  II,  pag.  738);  lat.  ad  prope  wurde 
lautlich  exakt  dr.  aproape.  In  den  westromanischen  Sprachen 
vgl  prov.  a  prop,  prop;  afranz.  a  pruef,  pruef;  altit  aprovo; 
franz.  proche  (adj.)  aus  lat.  propius. 

Die  dr.  Präposition  aproape  de  ist  eine  uneigentliche,  mit 
Adverb  gebildete;  sie  findet  sich  in  allen  dr.  Dialekten. 

Im  Aromunischen  ist  aproapea  „nahe"  meist  Adverb, 
ebenso  am  Olymp  aproape  (OL  W.  83).  Im  Meglen  Tgl 
proapi  mit  der  hier  üblichen  Aphärese  von  a;  desgleichen  im 
Istrischen  prope  9n;  prope  gm  boäkg  „nahe  im  Wald* 
(Jb.  I.  146). 

asupra  s.  spre. 

cäträ  (contra)  „gegen". 

Die  ältesten  Quellen  zeigen  K'kTp'k,  so  fast  ausschließlich 
der  Cod.  Vor.,  und  vornehmlich  KikTp;^  (Cod.  ScheL  11,  5  etc.; 
ferner  Ghtst.  Index).  Im  Cod.  Schei  finden  sich  noch  irkxpk 
(XC,  10),  KkTp-k  (XXX,  3);  emmal  Kkxp»  (XVU,  42).  Be- 
merkenswert ist  die  Synkope  in  KiiTpikHcSAk  (LXXVH  37). 
Die  Konsequenz  der  Schreibung  im  Cod.  Vor.  weicht  nur  in 
einem  einmaligen  K'kTp^  (LXXXVI,  9)  ab,  ob  indessen  dieses 
catru,  ebenso  wie  dasjenige  des  Cod.  ScheL  XVII,  42,  gegen- 
über sonstigem  cäträ  nicht  bloße  Schreibfehler  sind,  yi^eicht 
yeranlaüt  durch  die  Schreibungen  inträ  und  intru,  oder  ob  in 
der  Tat  cätru  gesprochen  wurde,  natürlich  dann  ebenfalls  in 
Anlehnung  an  intru,  pentru,  dintru,  läßt  sich  mit  Sicherheit 
nicht  entscheiden. 

Zur  Erklärung  der  Form  cäträ  setzt  Cihae  lat  contra  > 
coanträ  an,  worin  a  +  n  vor  dem  stimmlosen  Dental  zum  gö- 


—    417    — 

deckten  Vokal  geworden  wäre.  Miklosich  (Slav.  EL  Glossar), 
denkt  an  cotrö  „wohin*'.  Lab  contra  maßte  indessen  urrum. 
zu  contr^  werden  (ygl.  alb.  kundr^),  woraus  kStig,  xmd,  nach 
Schwund  der  Nasalität,  kutr^  wurde  (cfr.  cit  aus  eint  y"quantum). 
Durch  regressiye  Yokalharmonie  ergab  sich  dann  regelrecht 
kjiar^,  d.  L  cätrft. 

Als  moderne  Bildung,  adverbialisch  satzbetont,  ist  dr.  In- 
contrac.  gen.  „gegen^  aufeu&ssen,  dagegen  ist  Inootrö  „wohin", 
aus  IncäträuS,  welches  lab  in  contra  ubi  wiedergibt,  über  In- 
cStro  (o  häufig  aus  äu  oder  uft)  durch  Yokalharmonie  ent- 
standen. Das  heutige  Dr.  schreibt  cfttre  neben  c&trä^  in  An- 
lehnung  an  Intre,  tnträ. 

In  den  dr.  Dialekten  zeigt  das  B anatische  k^tr^,  seltener 
kj^tp  (Jb.  III,  319),  worin  r  postkonsonantisch  in  syntaktisch 
tonloser  Silbe  schwand,  wie  bei  pre  >  pe,  arom.  tru  >  tu; 
vgl  auch  fereasträ  und  fereastä,  noasträ  und  noasta.  In  den 
Samosch-  und  Theißdialekten  ist  kgtg  gewöhnlich,  in  der 
Moldau  kgtrg;  kgtrg  boier  (Jb.  IX,  194). 

Das  Aromunische  hat  k^trg,  kgtrp,  k^tg,  kgtg;  di  k^trg 
»gegen,  an",  di  k^t^  täitäpare  „an  die  Beine **  (Ar.  II,  Nr.  56, 
16).  Auch  hier  findet  sich  contra  (Bojadä)  als  Adverb,  aber 
auch  wohl  nur  als  Fremdwort  (Jb.  II,  21);  §ade  contra  „er 
widersetzt  sich".  Am  Olymp  wird  allein  kätä  „nach  hin,  gegen", 
kätä  la,  gebraucht  (Ol.  W.  85). 

Das  Magien  zeigt  kutru  (Yl.  Megl.  35),  welches  über  altes 
cantrS  ^  cuträ  ^  cutru  entstanden  sein  kann,  oder  aber,  und 
das  scheint  mir  wahrscheinlicher,  es  ist  neuere  Bildung  aus 
einem  cätm  durch  regressive  Yokalharmonie  entstanden.  Papa- 
hagi  (M^l.  Bom.  70)  verzeichnet  daneben  noch  ein  c^tru. 

Im  Istrischen  findet  sich  lautlich  exakt  kgtr^,  da  aus- 
lautendes ft  hier  zu  f  wird;  kgtr^  gospod9ru  »gegen  den  Herrn" 
(Jb.  I,  134,  12  und  152,  5),  sonst  küntru,  ketra,  cotrfi,  cotro, 
contro,  contra;  coträ,  cotro  sind  ungenaue  Schreibungen,  contro 
entspricht  kroai  köntro,  kontra,  it.  contro,  contra  (Byhan  in 
Jb.  YI,  253). 

Weigand,  10.  Jahresbericht.  27 


—    418    — 

cu  „mit". 

Im  Cod.  Vor.  findet  sich  zweimal  eine  Eonstniktion  KO^ 
c.  dat.,  K0if3K0p0YA0YH  (L  11)  und  KO^MCACp^  (CXLI,  4).  Die 
dem  Rumänischen  unbekannte  Eonstraktion,  welche  Sbiera 
(Stud.  asupra  Cod.  Vor.  pag.  319)  kurz  yermerkt,  ohne  sie  zu 
erklären,  mochte  ich  als  eine  Typübertragung  aus  dem  Eirchen- 
slavischen  auf&ssen,  wo  präp.  rk  „mit"  den  Instrumental 
regielrt,  der  in  seiner  Funktion  dem  rumänischen  Gen.  Dai 
yerglichen  werden  kann. 

Die  lautliche  Erklärung  von  cu  aus  dem  natürlich  zu  Grande 
liegenden  lai  cum  ist  nicht  so  einfach,  als  es  an  sich  scheinen 
möchte.  Der  Abfall  von  m  im  Auslaut  bietet  nichts  Un- 
gewöhnliches, aber  es  ist  zu  berücksichtigen,  daß  cum  als 
Präposition  im  Wortkomplex  nur  einen  Teü  dieses  Ganzen 
bildete  und  hier  sein  m  nicht  so  ohne  weiteres  verlieren  konnte, 
da  dieses  (bez.  n)  lautgesetzlich  dann  nur  vor  folgendem  t 
(vgl.  atät,  cät,  cäträ,  die  sämtlich  auch  satzunbetont  gebraucht 
werden  konnten),  fiel.  Dazu  kommt,  daß  auch  it.  con,  span. 
con,  ptg.  com,  proT.  com,  cum  (co)  den  Nasal  erhalten  haben. 
Zur  EQarstellung  der  Frage  ist,  ähnlich  wie  bei  pre  (s.  d.)  auf 
die  Einwirkung  des  entsprechenden  Präfixes  zurückzugreifen; 
lat.  contremulo  wurde  lautgerecht  cutremur,  ebenso  lat  con- 
tribulo  ^  cutreer,  denen  sich  in  der  Folge  ein  cufund,  cuprind, 
cuvine,  sehr  wahrscheinlich  schon  balkan-romanisch,  anreihten. 
Erst  dann  wird  auch  bei  der  Präposition,  wo  cum  (resp.  cun) 
imd  cu  je  nach  der  Stellung  zusammenstanden,  die  eine  Form 
das  Übergewicht  bekommen  und  die  andere  verdrängt  haben, 
und  zwar  bereits  in  urrumänischer  Periode,  da  sämtliche 
Dialekte  nur  cu  kennen.  Die  vereinzelt  auftauchende,  alte 
Form  KO  (Gast.  43, 14  und  364, 1;  KW  151,39  ist  dort  zweifellos 
für  kS  verschrieben),  ist  nichts  anderes,  als  die  Bezeichoung 
einer  offeneren,  dialektischen  Aussprache  des  Vokals  u,  wie 
avot  für  avut  (Gast.  43, 17)  oder  conro  für  ctJnrS  (s.  sab). 

de  „von**. 

Altrumänisch  erscheint  fi^i  häufig  im  Cod.  Vor.  I,  4:  A'*^^'" 
BfHTi:  einmal  abweichend  in  der  Form  jk^i  (LXII,  1);  der  Cod. 


—    419    — 

Schei.  hat  ausschließlich  A^»  ^^^  Co^-  ^^^-  meist  fi,i,  selten 
AH,  A<r  (A'  TpSnt^,  Gast  2,  40).  Letztere  Form  ist  in  den  alten 
Denkmälern  selten. 

Dr.  de  aus  lai  de  ist  gemeinramänisch,  nnd  erscheint  im 
Romanischen,  ^e  schon  lateinisch,  besonders  bei  Angabe  der 
Entfernung  nnd  Trennung;  de  ist  altes  Erbwort,  ygL  franz. 
de,  span.  de,  ptg.  prov.  de,  it.  di,  und  verbindet  sich,  meist 
ohne  zu  yerwachsen,  mit  fast  sämtlichen  rumänischen  Präpo- 
sitionen, YgL  de  a  (Tiktin  Gr.  §§  317,  324),  de  prin,  desub,  de 
c&trä)  de  la,  de  pe,  de  preste.  Synkope  von  de  liegt  möglicher- 
weise in  dlnsul,  (de  Insü),  vgl  a^'nck  (Gast.  366,  28)  vor. 
Für  den  Dialekt  des  oberen  Olttales  notiert  Pu^cariu  difigg 
aus  de  llngfi.  Eine  Verdunkelung  des  Vokals  von  de  zu  du, 
wegen  der  Nachbarschaft  des  Labials,  zeigt  sich  in  der  Kleinen 
Walachei  in  dup9  für  dr.  de  pe  (Cod.  Vor.  A<  npi  a^apik 
CLI,  10,  wie  Cod.  Schei.  A<  np<  ci^c^Ak  CIII,  13),  dup^stg  für 
de  peste  (s.  dazu  dupä),  dup^g^  fftr  de  pe  Iftngä,  auch  dup]p. 
för  de  prin  (Jb.  VII,  58);  dg  statt  de  ist  großwalachisch,  de^ 
di  ist  moldauisch.  In  der  Moldau  wird  de  pe  ]>  dipi,  dipä 
nnd  hier  yerschiebt  sich  infolge  Unsicherwerdens  des  Sprach- 
gefühls auch  die  Bedeutung  zu  der  von  dupä  „nach,  hinter**; 
man  sagt  dipS  casä-i  grädina  „hinter  dem  Hause  ist  der 
Garten*'  in  Fundeni,  dipi  u|&  „hinter  der  Tur**  in  Piscu 
(Jb.  IX,  187),  daneben  großwalachisch  dgpg;  dgpp  vali  (Jb. 
IX,  216). 

ImBanatischen  erscheint  dz^  seltener  d^;  ersteres  vor* 
wiegend  im  Südosten,  letzteres  im  Nordwesten  des  Gebiets. 
Der  Grand  ist,  wie  Weigand  ausfuhrt,  in  zeitlich  yerschiedenen 
Einwanderungen  in  dieses  Gebiet  zu  suchen.  Weiter  zeigt 
6ich  in  der  Arader  Gegend  auch  ge  aus  d'e.  In  Serbien  wird 
nach  Weigand  d'e,  d'ze,  in  Bulgarien  de,  d'e  (d'i),  in  der 
Kleinen  Walachei  dze,  d'e,  de,  d^e,  letzteres  in  Hinova,  Cur- 
lätel,  gehört;  es  entspricht  hier  dze  regelrecht  pe  (s.  pre),  so 
in  P&une|ti,  dg  einem  pg  in  Prundenf,  doch  begegnen  sich 
auch  de  und  p9,  so  in  Roeftt,  Brezoi  (Välcea);  vgl.  Jb.  VII,  58. 
Die  Moldau  zeigt  dzi,  dg,  di  (de),  d'i  (Jb.  IX,  177). 

27* 


—    420    — 

Das  Aromunigche  hat  di,  4a  hier  unbetontes  e  za  i 
wird;  nur  vor  a  neigt  die  Aussprache  su  e;  vgl  d^alüij^  di 
d^alifi^alui  „wahrhaftig^,  d^anda  (denda)  „seitdem^.  Am  Olymp 
findet  aiob  di,  de. 

Das  Meglen  hat  ebenfalls  di  (VI.  MegL  34)  neben  dem 
Kompositum  dila.  Es  erscheint  auch  di  pri  ssu  dr,  depemid 
daasu  mit  Yokalyerdunkelung  dupri;  dnpri  lantä  lumi  „de  pe 
cealaltS  lume*^,  bei  Papahagi  (MegL  Rom.  78). 

Das  Istrisohe  seigt  nicht,  wie  eu  erwarten,  di,  senden 
mit  ungeschwachtem  Vokal  de,  doch  findet  sich  ein  dila  neben 
dela  (MikL  SL  EL  IV)  und  Byhan  veneichnet  di  la  <!s<!e 
(Jb.  VI,  204). 

despre  s.  spre« 

diu  »Yon,  aus**. 

Der  Cod.  Vor.  schreibt  fi,lf,  fi,Hjf.,  Af-f"»  ▼<>'  Vokalen 
Xi-fP;  A>-fP  A  TpiHAf  noA^  (tVI,7),  der  Cod.  Schei.  AH  ^^^ 
AI H  (II,  12),  AH-t  (Vm,  8),  A'H  (XVIII,  6),  vor  Labialen,  be- 
sonders stimmlosen,  A<u,  A^u,  A'(«f  u.  Der  Cod.  Lev.  hat  A<  f 
(Gast  4,  4  ff.),  wie  er  auch  A*  -frps,  npf  jf.,  m  Jf^Tpc^  lobmbt; 
Coresi  A<  -f  (ß^^  IS,  9),  neben  A**  .f  (Oast  18, 14). 

Die  Präposition  din  ist  Kompositum  aus  urmnL  de  (ä) 
und  tu;  ein  lai  '''de  in  ist,  in  dieser  Form  wenigstens,  nioh^ 
bezeugt  (Dies,  Born.  Spr.  11  pag.  738),  Da  dem  zweiten  Kod- 
Positionsglied  In  zu  Grunde  liegt,  gelten  för  din  in  den 
Dialekten  alle  bei  In  zu  beobachtenden,  lautUchen  Encbei- 
nungen.  Noch  im  17.  Jahrhundert  findet  sich  die  Schreib- 
weise den  und  din  (Hi|dSfi,  Cuv.  den  bftfcr.),  bis  endlidi,  wie 
Tiktin  meint,  die  Form  mit  geschwächtem  Vokal  durehdnog 
nach  dem  Gesetz,  daß  jedes  geschlossene  e  vor  Nasal  la  i 
wird  (Zschr,  f.  rom.  PhiL  11.  67),  was  hingegen  Byhan  eis 
schon  urrumänisch  erweist  (Jb,  HI,  6).  Die  Form  A^P  ^ 
Bhotazismus  yon  In  vor  Vokalen. 

In  den  Dialekten  hat  das  Banatische  d^  dün;  eisteres 
tritt  natürlich  dort  auf,  wo  dg  (dg  +  ^  >  dgn,  dpn),  letrterei 
dort,  wo  dzg  gesprochen  wird  (s.  de);  d^  satn  migQ  (Jb-lH 


—    421    — 

259),  dyfi  gnnd  (Jb.  III,  295).  Auch  in  der  Großen  Walachei 
ist  diu  die  vorwiegende  Form.  An  der  Eörösch  und  Marosch 
zeigen  sich  die  Varianten  d^,  gin,  d'in,  dyin  (Jb.  lY,  282), 
entsprechend  den  Formen  d9,  ge,  (gi),  d^  dje  ebendort  In 
Serbien  spricht  man  dzin  (Jb.  YII,  59)  in  Bulgarien  d'in, 
din.  Die  Moldau  hat  dzin,  d^,  dgn,  diu,  d'in  (Jb.  IX,  177); 
TgL  dym-brei-nalts  (Jb.  IX,  215),  dim  p9duti  (Jb.  IX,  216). 

Das  Aromunische  hat  nach  Bojadzi  noch  altes  di  in; 
im  di  in  tsitate  „einer  aus  der  Burg^  (Jb.  II,  81),  doch  ist  die 
gewohnlicbe  Form  din;  din  astgügg  „zur  Linken";  vor  Labial 
TgL  dim  bade  „von  der  Erde  aus",  Yor  Ghittural  difi  kasg. 
Bemerkenswert  ist  das  gleichbedeutende  d^ailkasg,  dr.  din 
casS,  worin  deafl-  auf  de  mit  der  Präposition  an  (s.  in)  zurück- 
fuhrt Am  Olymp  herrscht  ebenfalls  din;  din  Seare  (OL  W, 
Nr.  X,  2). 

Das  Meglen  zeigt  din;  din  din;  par;  „mit  einem  Male" 
(YL  M.  61);  din  Tundi  si  bat  muntili  bei  Papahagi  (MegL- 
Rom.  75). 

Das  Istrische  hat  ebenfalls  din,  welches  den  gleichen 
Auslautverhaltnissen  unterliegt,  wie  die  aromunische  Form; 
dim  bfsa  „aus  dem  Sack"  (Jb.  I,  146),  difi  kop^tS  „aus  dem 
Busche"  (Jb.  I,  150). 

dineoace  de  „diesseits". 

Der  Cod.  Vor.  enthalt  das  Wort  gar  nicht,  was  allerdings 
for  sein  Alter  nichts  beweist,  aber  auch  sonst  ist  die  Präpo- 
sition in  den  alten  Texten  selten.  Coresi  hat  das  Adverb 
A<  j|^K04Hf  „diesseits"  (Gast.  21,  25). 

Zur  Erklärung  vergleicht  Cihao  lat.  *eccu  hao,  was  regel- 
recht zu  einem  *aooa  wurde.  Eine  weitere  Zusammenseteuiig 
mit  In  ergab  Incoa,  verstärkt  incoace  „auf  dieser  Seite",  woraus 
sich  dann  die  Präposition  dineoace  de  bildete.  Zu  tncoace 
vgL  itaL  qnaoL 

In  den  Dialekten  zeigt  das  Aromunische  entsprechend 
fikpatee  und  fikpa  adv.  „hierher".  Hier  wird  auch  noch  die 
iltere  Präposition  difiköa  de  „diesseits"   gebraucht  (Ar.  U, 


—    422    — 

Nr.  122,  16)  difiköa  de  kasa  atsj^.    Das  Meglen  hat  dinkoa 
ady.  „diesseits*'.    Im  Istrischen  fehlt  das  Wort 

dincolo  de  „jenseits''  (arom.  dinaparte). 

Im  Cod.  Vor.  und  Cod.  Schei.  fehlt  das  Wort  Coresi 
hat  A<  -f  KOAO  ad7.  (Gfast.  21,  25),  in  der  PaUea  findet  sich 
^KOAO  ady.  „jenseits"  (Gast  36,  24). 

Dem  dr.  Incolo  „dort"  Uegt  zu  Grunde,  wenn  man  bü 
in  die  vlai  Periode  zurückgreifen  will,  ein  *  in  eccu  üloc^ 
wahrscheinlicher  aber  ist  die  Form  erst  später,  imBumanischen^ 
aus  colo  (acolo)  <  eccu  illoc  hervorgegangen  durch  Ver- 
schmelzung mit  der  Präposition  in.  Aus  dem  neuentstandeneii 
Adverb  Incolo  „nach  dorthin"  hat  sich  dann  die  Präposition 
dincolo  de  gebildet,  ebenso  wie  dincoace  de. 

Die  Dialekte  haben  nur  wenig  abweichende,  adverbiale 
Formen  aufisuweisen.  Im  Aromunischen  vgl  fiklö  „dortbin'i 
fiklotse  „weiterhin",  und  ^fiklö;  de  az  ^fiklo  „von  heute  ab' 
(Ar.  II,  Nr.  21,  10).  Das  gewöhnliche  Wort  für  jenseits"  im 
Aromunischen  ist  dinaparte  de,  welchem  etwa  ein  *de  in  iU& 
parte  „auf  jener  Seite"  entsprechen  würde.  Das  betonte  a 
in  dinaparte  ist  das  nämliche,  wie  etwa  in  aseara,  „gestem 
Abend",  aus  illa  sera. 

Im  Meglen  findet  sich  kola  mit  Aphärese,  im  Istrischen 
diesem  entsprechend  kol^  (Jb.  I,  134,  11),  neben  kol6  (Jb.  \ 
128^  3).  Bemerkenswert  ist  das  Schwanken  des  Akzents  bei 
diesen  zusanmiengesetzten  Bildungen;  vgl.  dr.  ac6Io  und  aoolö, 
dincolo  und  dincolo,  arom.  nur  adö,  aus  acolö  synkopiert 

dintre  „zwischen,  unter". 

Im  Cod.  Vor.  fehlt  das  Wort;  im  Cod.  Schei  ist  es  selten, 
AiNTpi  XXX,  20.  Der  Cod.  Lev.  hat  A<  ^TP«  (Gast  4,  7): 
ein  fi,iHTfiH  im  Molitv.  des  Stoica  (Gast  184,  15)  ist  dintre 
zu  lesen. 

Die  Präposition  beruht  nicht,  wie  Densusianu  (Eist  de 
la  langue  roum.  pag.  172)  will,  auf  lat  de  inter  (tyr.  denter, 
ven.  dantre),  sondern  entstand  in  rumänischer  Zeit  als  Kom- 
positum aus  de  und  jtre  (Tiktin,  Gr.  rom.  I  §  317:  de  Intrel 


—    423     — 

welch  letztere  Fonn  sich  im  Aromanischen  bewahrt  hat 
(s.  Intre).  In  den  verwandten  Sprachen  zeigt  sich  eine  ähn- 
liche Bildung  in  firanz.  d'entre. 

Za  dintre  findet  sich  dialektisch  duntre  im  Banat,  in 
Siebenbürgen,  in  der  Moldau  yereinzelt,  aber  häufig  in 
der  Großen  Walachei. 

Im  Aromunischen  zeigt  sich  di-tr^;  ditr^  arSgnia  „aus 
Scham"  (Jb.  225,  25  oben).  Im  Istrischen  fehlt  anscheinend 
die  Präposition,  ebenso  imMeglen.  Es  ist  sehr  wahrschein- 
lich, daß  das  im  AronL  seltene  ditrp  sich  vollständig  unab- 
hängig von  dr.  dintre  entwickelt  hat;  dagegen  kann  das  dintre 
in  Mostre  11,  19  dem  Dr.  entsprechen. 

dintru  „aus,  von". 

Die  alten  Quellen  bieten  fi^ijfJTfi^,  fi,HJ^TfiO^,  X'-fHTp8 

(Cod.  Vor.);  A''-fHTpS  (Cod.  Schei.  LXXIX,  19);  AHHTp»  (Cod. 
Sturdz.  Gast  1, 12),  und  fi,i  j|^Tp8,  wie  Coresi  schreibt  (Gast.  29, 
13),  neben  fi^iHTfi^  bei  Evstratie  (Gast  76, 18)  und  AHNTpS 
bei  Stoica  (Gast  184,  9).  Ein  AHHkTpS  bei  Gaster  (b.  36,  21) 
ist  natürlich  dintru  zu  lesen. 

Die  Präposition  dintru  tritt  ffir  din  vor  Vokal  ein,  wie 
Intru  im  gleichen  Falle  fttr  tn  (s.  d.).  Zu  Grunde  liegt  lat 
de  intro,  bezeugt  Lex.  SaL  (Diez  II  pag.  738),  woraus  urrum. 
de-^tm  ]>  dr.  dintru,  dialektisch  dintru  wurde.  In  den  Schwester- 
sprachen entspricht  span.portg.dentro  de  „innerhalb ",itaLdentro. 

Im  Aromunischen  erscheint  ditru,  woraus  ditu  mit  Aus- 
fieJl  von  postkonsonantischem  r  in  unbetonter  Silbe,  dit  mit 
Vokalschwund  vor  Vokal,  dann  aber  im  Gebrauch  verallge- 
meinert, hervorgingen,  ditru  mghgl^  „aus  dem  Stadtviertel'' 
(Ar.  U,  Nr.  13,  26),  dit  ifikat  „aus  der  Leber**.  Am  Olymp 
vgl.  ditru  munte  „von  den  Bergen**  (Ol.  W,  138,  Nr.  33),  ditu 
käm&nkl  „aus  Wollflocken**  (Ol.  W.  114,  Nr.  9). 

Das  Meglen  bietet  dintru;  dintru  ts^  „aus  diesem  Grunde** 
(VI.  M.  34).  In  der  Rede  von  Oj in  vertritt  dintru  kg  auch  dr. 
pentru  cft  (Jb.  V,  147,  20),  auch  Papahagi  dintru-ti  dr.  pentru 
ce  (MegL  Rom.  75).    Im  Istrischen  fehlt  die  Präposition. 


—    424    — 

drept  „wegen,  für*. 

Die  alten  Quellen  zeigen  j^ifiiilT^  ,A^^^Q,  ^tci",  daneben 
ACp^nro  (Cod.  Vor.)  mit  o  für  u  (wie  conTO  neben  cSnT8, 
8.  sub);  A^pcnranacTA  „deshalb",  einmal  A^n'^'^Y  (CXLIX,  4). 
Der  Cod.  Sehei.  hat  Jk^ifunr^  »gegen*,  ji,ifiinr^AHA  „des- 
wegen" (I,  5),  A^PcnHf  (II,  1);  femer  fi^tfi^nri  (Qast  1, 10), 
AcpcHTk  (Gast.  43,  1);  AV^n'ro  (Gast  43,  34),  amP*^"*"^ 
(Gast  63,  2). 

Za  Grunde  liegt  lat  prt  pf.  p.  directum,  vlat  directn, 
directo  „gerichtet",  woraus  urrum.  dereptu  nach  bekannten 
Gesetzen  werden  mußte,  dessen  vortoniges  e  dialektisch  zu  i 
geschwächt  wurde  oder  ganz  fiel,  wie  auch  in  dreg<Iai 
dirigo.  Die  Form  drept  erscheint  in  der  Literatur  zuerst  bei 
Evstratie  1645,  AP^nraH-fc^  (Gast  117,  26);  das  A^nxov  des 
Cod.  Yor.  wird  ein  Schreibfehler  sein.  In  den  westromaniscb^ 
Sprachen  hat  sich  aus  directus  zwar  Adjektiv,  Substantiv  und 
Adverb,  jedoch  keine  Präposition  entwickelt 

Für  dr.  drept  zeigt  sich  in  Bihor  (Bojia)  eine  Kurzform 
dirt  und  dlrt  (sc.  acea)  „demgemäß**  (Jb.  IV,  300);  es  entstand 
hier  dirept  >•  dirät  >>  dirt  in  satzunbetonter  Stellung. 

In  den  Dialekten  ist  drept  nur  Adjektiv;  arom.  ndrepbi 
„richtig^,  megl.  dirept  „recht**,  doch  verzeichnet  Papahagi 
dir^p  „während":  direp  rudiri  „in  momentul  nasoerif**  (MegL 
Rom.  75).  Im  Istrisohen  ist  die  Form  dret,  drit  (Mai.)  „recht\ 
wie  es  scheint,  zu  kroat  drit,  ven.  drito,  dreto  zu  ziehen 
(Jb.  VI,  210). 

dupä  „nach**. 

In  den  *  ältesten  Quellen  finden  sich  die  Schreibungen 
At^nik,  und  A^n'K,  im  Cod.  Vor.,  femer  im  Cod.  Scheu 
A»n*  (V,  12),  A^n*  (VII,  9);  im  Cod.  Lev.  a^""*  (Gast  4,  39), 
und  A^V""^  (öast  5,  25).  Ein  A^"^  bietet  der  Psalter  von 
loan  din  Vasluiu  von  1710  (Gast  366,  22).  Bemerkensweit 
ist  A^n'aHA  beiEvstratie  (Gast  118,  18;  auch  47,  18).  Coresi 
schreibt  a^V"^  (^^^t  11,  10). 


—    425    — 

Zur  laatlichen  Entwickeltmg  ist  ansusetzen  lab  de  post, 
welches  in  der  lex  Sal.  bezeugt  ist  (Diez  II,  738;  ygL  femer 
WSlfflin  Arch.  Y,  343).  Es  ergibt  sich  aus  lai  de  post  >  de 
pÖ8  >>  depo  ^  depu,  hierauf,  infolge  Einwirkung  des  Labials, 
dopu,  das  nach  den  Regeln  der  Vokalharmonie  zu  dupu  werden 
mußte;  dupu  ist  im  Meglen  bewahrt  Es  kann  hier  bemerkt 
werden,  daß  derselbe  Vorgang  der  Labialisierung  von  e  zu  u, 
wie  er  in  dupS  aus  de  post  zu  beobachten  ist,  sich  noch  ein- 
mal in  modemer  Zeit  wiederholt  hat  in  de  +  pä  I>  dupä  und 
de  +  pästä  (peste)  >-  dupästä  u.  a.  m.,  worüber  Weigand,  Jb.  VI, 
40;  Vn,  58;  VIII,  279).  Die  Form  dupä  scheint  aus  urrum. 
dupu  durch  Assoziation  von  f&rä,  ISngS,  p&nä  entstanden  zu 
sein,  wie  xmigekehrt  ein  P9nu  statt  p9n9  im  Cod.  Dimonie. 
In  den  yerwandten  Sprachen  entspricht  mm.  dupä  itaL  dopo, 
dipoi,  portg.  depois  (neben  apos),  span.  empos  de  (despu^s  de 
fährt  auf  lat.  '^'de  ex  post),  prov.  depos,  depueis,  franz.  depuis 
nseit".  Der Bildxmg  portg.  apos  entspricht  dr.  apöt  adv.  „darauf*. 

Dialektisch  zeigt  sich  in  der  Moldau  dupy;  g^  bp^etsfi 
dup^  ia  (Jb.  IX,  221),  neben  dupg;  dupp  apg  (Jb.  IX,  197). 

Das  Aromunische  hat  dup9;  dup9  aista  „nach  diesem'S 
conj.  dup9  tsi  „nachdem".  Am  Olymp  hingegen  erscheint  das 
ursprüngliche  depu  resp.  dipu;  dipu  kupatsu  „hinter  dem  Laub- 
baum* (Ol.  W.  119  Nr.  18,  1),  dipu  mtsine  oare,  dr.  „dupR 
putine  oare". 

Das  Meglen  bewahrt  altes  dupu  neben  dupS;  dupu  yali 
„hinter  dem  Bache'';  dup9  unfk  yak^t  „nach  einiger  Zeit" 
(VL  M,  69). 

Im  Istrischen  entspricht  dup^  lautlich  exact  dem  dr. 
dupft;  dup5  mjia  „nach  ihrer  Mutter"  (Jb.  1, 144,  5);  ur  dupf 
9t  „einer  nach  dem  andern^.  Byhan  verzeichnet  auch  ein 
dupa  (Jb.  VI,  211),  also  wie  sich  pira  (s.  pän&)  neben  pir^ 
«zeigt    Zur  Erklärung  s.  &rä. 

ffirä  (de),  afarS  de  „ohne". 

Die  ältesten  Quellen  zeigen  ^i^fiity  i"^P"^  A**  ^uid  a^apik 
A<t  a^Apik  (Cod.  Vor.);  f  i^p^k  (aÖ  neben  ^'kp^  im  Cod.  ^hei 


—    426    — 

Coresi  schreibt  ^^p^k  (Oast  17,  9),  das  Guy.  pentru  cor.  hat 
4kpk  A<  (C^t.  46, 10). 

Das  lai  Adverb  föras  „draußen*'  zeigt  in  den  dr.  Formen 
f&rä  (Prap.)  und  afarft  (Ady.)  die  Ausgangspunkte  zweier  toh 
einander  gesonderter,  lautlicher  Entwickelungsreihen^Ton  denen 
die  erste  unter  Tonlosigkeit,  die  zweite  unter  eigenem  Wort- 
ton entstanden  ist. 

Dr.  &rä  ging  in  satzunbetonter  Stellung  aus  lai  foras 
hervor,  welches  zunächst  zu  einem  '^furä  wurde.  Dieses  ent- 
wickelte sich  regelrecht  unter  dem  Gesetz  der  Yokalharmonie, 
wie  sie  bei  cäträ,  pänä  gewirkt,  zu  färä.  Dr.  afara  hingegen 
ging,  als  Adverb  in  betonter  Stellung,  aus  lai  ad  föras  her- 
vor; es  wurde  lautgerecht  zu  afpar^,  das  im  Aromunischen 
bewahrt  ist,  im  Dr.  aber,  vielleicht  durch  Einwirkung  des 
Labials  f  (vgl.  afparg  3>  ^Aj^^^S  I>  afvarp  ^  afarp)  zu  a&rl 
vereinfacht  isi  Aus  diesem  Adverb  afarä  hat  sich  alsdann 
die  Präposition  afarä  de  entwickelt  Densusianu  legt  (Bist 
de  la  langue  roum.  172)  lai  aforis  neben  aforas  zu  gronde 
und  vergleicht  itaL  affuori,  span.  afuero. 

In  den  dr.  Dialekten  zeigt  sich  ein  Wechsel  von  r  nach 
n  in  fpnp,  z.  B.  in  Befinar;  ein  Gleiches  meldet  Bacmeister 
aus  Scärisoarä  (Jb.  lY,  300);  es  handelt  sich  hierbei,  wie  Weigand 
(Jb.  IX,  188)  ausfuhrt,  um  eine  Beeinflussung  durch  pänä.  In 
der  Moldau  vgl.  fpr-di;  fgr-di  vreme  (Jb.  IX,  211),  fjr-de 
letskai  (Jb.  IX,  194,  III). 

Das  Aromunische  hat  ebenfalls  fprp;  fpr^  ppne  »ohne 
Brot**,  fprp  di  numire  „ohne  Zahl",  sowie,  mit  Verlust  des  (, 
fgr  di;  fgr  di  kgmö  (Ar.  II,  Nr.  93,  4),  welche  Form  ebenso 
zu  beurteilen  ist,  wie  ppn  (s.  pänä).  Daneben  das  Adverb 
afparp  „draußen*',  woraus  af^arp  di  „außerhalb*'  (Jb.  I,  31). 

Im  Meglen  entspricht  farp  di;  &rp  di  frunzi  (VL  M.  34^ 
77),  doch  verzeichnet  Papahagi  außerdem  Üx  und  f9r  di  (Megl 
Rom.  80). 

Im  Istrischen  entspricht  fpr  de  dem  dr.  afarS  de,  da 
betontes  a  zu  9  wird;  daneben  auch  f^r^ ;  fpr^  din  hrast  (Jb.  I, 


—    427     — 

132).  Auch  ein  unbetontes  fgr,  gleich  dr.  ftr&,  findet  sich 
(Jb.  I,  134).  Ive  schreibt  ungenau  fora,  ebenso  wie  pira,  dupa; 
er  meint  offenbar  fpr^,  wie  Weigand  schreibt. 

Imprejurul  „um  herum^. 

Der  Cod.  Vor.  zeigt  nur  einmal  w^npcgiopt^A  (XCVII,  8); 
der  Cod.  ScheL  j|^npfViopt$  adv.  (XI,  9),  j|inpigiop^AkA8H  präp. 
(LXXY,  12),  Ai'hunpiMiopiOAicpu^At^N  (LXXVIU,  3);  üreche 
1625  Cf  A^iUp'K  TOtJ^H  npfviop  lA  (Gasi  72,  7). 

Zur  Erklärung  vergleicht  Cihac  lat  gyrus  „Kreis,  Umlauf, 
als  Lehnwort  aus  alt^.  YVQog  „Kreis",  wonach  itaL  giro,  span. 
giro,  prov.  gir. 

In  lai  gyr-  >•  gir-  bewirkte  der  Palatalvokal  Erweichung 
des  gutturalen  Verschlußlautes  g  zu  dz,  worauf  i,  wahrschein- 
lich durch  Einfluß  des  di-Lautes,  der  mit  Hervorstülpung  der 
Lippen  gesprochen  wird  und  so  leicht  Labialisierung  hervor- 
raft,  zu  u  wurde,  wie  ctoboatä  neben  ciuboatä,  cXulin  aus  russ. 
^Hjmn  (V^assemuß),  ciufiit  aus  türk.  dfut  u.  a.  m.  MiMosich 
(Beitrage  Vok.  IQ,  17),  und  nach  ihm  Densusianu  (Eist  de  la 
langue  roxmi.  I,  80)  glauben  in  dem  u  einen  Reflex  des  griech. 
t;  sehen  zu  sollen,  das  wie  iu  gesprochen  worden  sei  Falls 
far  letztere  Behauptung  bessere  Begründung  zu  schaffen  wäre, 
würde  die  Erklärung  annehmbar  werden.  Andererseits  tritt 
der  Wechsel  täi  >>  tsu  (vgl.  tSureaifi  neben  cirea^ä)  vorwiegend 
in  unbetonter  Silbe  ein.  Daher  könnte  dzir  durch  predzurul, 
prediurare,  dzurare  ans  endbetontem  girare  veranlaßt  worden 
sein,  jedenfalls  ist  nur  erwiesen,  daß  griech.  t;  in  anderen, 
älteren  Fallen  als  u,  in  jüngeren  als  i  erscheint:  liägrvQ  >> 
martir  „MäriTrer**;  arvXog  arom.  stur  „Säule". 

Dr.  Imprejurul  ist  uneigentliche  Präposition,  dialektisch 
findet  sich  dazu  nur  im  Meglen  ein  din  zur  di  „ringsum** 
(VI.  M.  33);  und  din  zur  bei  Papahagi  (Megl.  Rom.  75). 

m  „in«.  • 

Dr.  In  beruht  auf  vli  en,  lat.  in,  und  ist  somit  alte,  er- 
erbte Präposition.    Der  Vokal  von  en  wurde  durch  Einfluß 


—    428    — 

des  folgenden  Nasals  zu  geschlossenem  e.  Die  Emwirkimg 
der  Nasale  n,  m  ist  im  Bnmänischen  deaÜich  zu  beobachten, 
doch  findet  sie  sich  auch  im  Italienischen.  So  zeigen  die  alten, 
italienischen  Quellen  Yor  palatalem  n  und  n  vor  Guttural  und 
Palatal  gewohnlich  i  fttr  §  (Toscana),  e  für  f  (Emilia,  Piemont), 
ei  ftr  ^  (Lombardei),  i  f&r  ^  (Piacenza);  vgl.  Jb.  UI,  t.  Im 
Bh&toromanisohen  erscheint  für  altes  e  besonders  im  Friati- 
lischen  i  (Gärtner,  RhStor.  Gr.  pag.  42).  Das  Eeltoromanische 
hingegen,  das  Franzosische,  Portugiesische  und  Prorenfalische, 
ließ  bei  e  vor  m,  n  Nasalierung  eintreten. 

Auf  rumänischem  Gebiet  wurde  vli  en,  urrum.  satzonbe* 
tont,  in  >-  in,  später,  durch  Yerdumpfung,  in.  Altrmn.  6^ 
scheint  far  in  die  Schreibung  j^  Jj^.  Sowohl  die  Form  dieses 
Schrifbzeichens,  als  auch  sein  Lautwert  und  der  Gebrauch 
desselben  hat  eine  kleine  Literatur  hervorgerufen.  Diacono- 
yici  Loga  (Gr.  rom.  Suda  1822)  hielt  w|^  für  ein  i  mit  übe^ 
gesetztem  H;  Cipariü  (Princ  de  limba  |i  de  scr.  1866,  pag.  392) 
fbr  identisch  mit  altb.  ;k;  H&^dSü  (Guy.  SupL  I,  LXXV)  sagt: 
„j|i  este  0  varietate  Yocalo-consonanticS  de  sunet  nasal'';  Sbiera 
(Cod.  Yor.  pag.  301)  erkennt  Jf^  als  „litera  dintru  inceput  com* 
pusä  diu  sonurile  represlntate  astfid?  prin  In  |i  im  ear  nici 
decum  numai  pre  sonul  i  singur.  Acesta  s'a  desYoltat  mai 
tärdiu  |i  anumea  diu  sonul  primitiv  al  literei  jf^  («^  1).''  Auch 
Philippide  (Introd.  la  istoria  limb.  fi  lit.  rom.  45)  sieht  Jf.  als 
rumänisch  an.  Dagegen  lehrt  Miklosich,  daß  j|^  nichts  sei, 
als  eine  Umformung  des  altbulg.  ;&,  wozu  Schuchardt  in  seiner 
Kritik  der  „Cuvente"  (Guy.  den  betr.  SupL  la  1 1,  XI),  nachdem 
er  gefragt,  wie  es  aber  komme,  daß  ^  nicht  nur  soviel  wie 
^  (oder  ik)  bedeute,  sondern  auch  soviel  wie  ;kh,  iKU  bei 
folgendem  Konsonanten,  meint,  „^  als  eine  Abart  des  N  sei 
durchaus  gleichwertig  mit  H,  auch  paläographisch.''  Tiktin 
sagt  (Ztschr.  £  rom.  Phil.  Bd.  XI,  78),  ksL  JR,  welches  den 
Urrumänen  anscheinend  bald  wie  nasales  o  (o),  bald  wie 
nasales  ä  (§)  geklungen  habe,  werde  vor  Labialen  teils  durch 
um,  teils  durch  im  reflektiert,  während  Oblak  (Arch.  £  slav. 
Phil  Bd.  XVII  pag.  146)  meint,  un,  um  beruhe  auf  on,  om, 


—    429     — 

jfingere«  in^  in  seien  ebendaher,  aber  über  eine  Zwischenstufe 
an,  'Ln,  gekommen. 

Dem  allen  gegenüber  frSgt  B&buleson  (Diss.  ,,Fonetika 
cärileke  azbnke  u  pis.  muL  jez.  XYI  i  XVII  yijeka.  u  Zagreba 
1899,  pag.  65):  „Qdje  je  istina?  Mi  mislimo  da  je  na  Miklo* 
üdevoj  strani,  iestionice  i  na  Sohnchardtovoj**  und  fahrt  dann 
fort:  „x^eiexqe  toga  pitanja  stoji  u  dirilskoj  paleografiji.'' 
Allerdings  zeigen  die  ^testen,  bulgarisohen  Denkmäler  im  12. 
und  13.  Jahrhundert  auch  jf.  f&r  ^,  so  BHw^xpk  für  BH;i^Tpk 
(ygL  Sreznevskij  „ApoBsde  ojiaB.  naM.  loc.  nHC&Ma,  136),  und 
das  Bug.  berL  Zboniik  des  13.  Jahrh.  hat  für  ^  ein  a,  auch 
SrezneYskij  (a.  a.  0.  151)  sagt:  „KpoM%  otiuKHOBeHHaro  nanH- 
oanifl  napoKaro  H)ca  Xi  Borp^^aercfl  vh  apobhetb,  xaicL  sa 
npHMip^  Wh  EBaoTeja»cKHX*B  jmcncax'L  yHAOACicaro  XII — XUI  b. 
HaiiepTaHie  j^,  o%  XIY  B^Ka  oho  bxoahtb  bcö  6aiie  b^  o6uqa£ 
I  noToin  craHOBHTOH  rocnoAOTByioiiporB,''  aber  Barbulescu 
übersah,  daß  im  Mittelbulgarischen  eben  ein  Wechsel  zwischen 
^  und  Ak  auftrat,  und  der  Beweis,  daß  J^  aus  a  graphisch 
herrorging,  ist  von  Weigand  (Vorlesung  über  Rum.  Lautl.) 
erbracht;  Bärbulescus  Resultat,  daß  jf^  nichts  anderes  sei,  als 
eine  Variante  des  Zeichens  ^,  ist  daher  nicht  haltbar,  weder 
aus  graphischen,  noch  aus  lautlichen  Gründen.  Byhan  (Nasal- 
Tokale  in  den  slav.  EL  d.  Rum.  Jb.  V,  354)  zeigt,  daß  altbulg. 
A  sich  im  Rumänischen  über  en  zu  in  entwickelt,  welches 
durch  Torausgehende  Labiale  und  s,  ts,  st,  r  in  harter  Stellung 
fn  (pn)  werden  kann,  daß  altb.  sk  (o)  über  on  zu  un  geworden 
ist,  sowie,  daß  die  Wörter,  in  denen  jetzt  ipx,  gn  altb.  ^  gegen- 
übersteht, aus  dem  Mittelbulgarischen,  wo  ^  dem  9  entspricht, 
entlehnt  sind.  Die  mittelbulgarischen  Elemente  haben  die 
Entwidcelung  gn  >  ^n  mitgemacht,  wurden  also  zu  einer  Zeit 
angenommen,  als  das  Dr.  die  Verengerung  von  gn  ^  ^  noch 
nicht  durchgeführt  hatte. 

Die  Schreibung  J^  auch  fSr  In  weist  möglicherweise  darauf 
hin,  daß  In  (^)  im  Altrum&nischen  auch  ohne  n  gesprochen 
wurde,  also  als  §,  wie  in  cat,  atät  (aus  '^clnt,  ^attnt)  ror 
stummen  Dentalen.    Vor  Labialen  wurde  Im,  Yor  Gutturalen 


—    430     - 

ifi  gesprochen,  wie  ja  auch  hente  noch  der  Fall  ist,  sodaß 
eine  Erörterung  über  diese  weitverbreitete  Erscheinung  Ton 
Satzsandhi  nicht  erforderlich  ist 

Folgte  auf  in  im  Rumänischen  ein  Wort  mit  yokaUschem 
Anlaut  (besonders  o,  u,  a),  so  schwand  auslautendes  n,  d.  h. 
In  wurde  zu  y,  dessen  Bestand  dadurch  gefährdet  war,  da  es 
nunmehr  überhört  werden  konnte.  Die  Sprache  griff  daher 
in  diesem  Falle  zum  Ersatz  von  In  durch  das  gleichbedeutende 
Intru. 

In  den  Dialekten  wird  in  noch  heute  durch  Formen  yer- 
treten,  die  auf  seine  Geschichte  Licht  werfen.  Nicht  nur  im 
Dr.,  sondern  auch  im  Aromunischen  dialektisch  ist  umun. 
in  in  imbetonter  Stellung  durch  Aphärese  zu  silbigem  ^  ge- 
worden; Ygl.  n  yale  „im  Bach",  n  dpayp  p^rtsg  „in  zwei 
Teilen",  nvitsat  „gebildet".  Vor  g,  k  wird  n  zu  fi;  fi  kor  „im 
Beigen",  fi  kale  „auf  dem  Wege",  Tor  p  zu  m;  m  pade  „auf 
dem  Boden". 

Für  die  dr.  Dialekte  bieten  zu  dieser  Erscheinung  Weigands 
Dialektforschungen,  weitere  zahlreiche  Beispiele.  Das  silbige 
9  diente  zur  Grundlage  bei  der  Entwickelung  der 
mit  in  zusammengesetzten,  alten  Präpositionen,  wie 
din,  prin. 

In  späterer  Zeit  nahm  ^  zum  Teil  wieder  einen  neuen 
Vokal,  nämlich  prosthetisches  a,  auf,  das  besonders  im  Aro- 
munischen (ygl.  analtu  neben  ynaltu)  und  im  Meglen  Tor- 
kommt,  sowohl  als  Präfix  (vgl.  afigrup,  angrop  neben  figrop 
„begraben"  vor  Labialen  am-,  amyesku  „bekleiden"),  als  auch 
als  Präposition;  an  un  k^tun  (VI.  M.  34).  Papahagi  verzeichnet 
für  das  Meglen  neben  an  auch  ^u,  n  (MegL  Rom.  57)  und  qtl 

In  denjenigen  Dialekten,  die  intervokalisches  n  zu  r  werden 
lassen,  wie  im  Dr.  bei  den  Motzen,  sowie  in  den  älteren  Denk- 
mäleru,  femer  auch  im  Istrischen,  konnte  in  zu  $r  werden, 
vgl.  istr.  §r-o  oätarie  (Jb.  I,  136,  2;  weiteres  Jb.  VI,  Glossar). 
Auch  altrum.  .j^pasiAa  (Gast  ""3,  7)  ist  zu  lesen  yr  at&ela, 
j^fidHJkM  (Gast.  9,  14)  §r  atSeale.  Wenn  sich  die  lautlich  be- 
rechtigte Form  nicht  so  oft  findet,  als  sich  erwarten  ließe,  so 


-     431     — 

erklSrfc  sich  das  daraus,  daß  daneben  die  Form  In  besteht,  die 
die  andere  nioht  aufkommen  läßt,  wie  auch  im  Istrischen  bei 
dem  Artikel  un  neben  ur  zu  erkennen  ist.  Sonst  Tgl.  istr.  gn 
torbitsf  (Jb.  I,  XH,  2)  „im  Korbe«,  gfi  krpiu  (Jb.  I,  VII,  14). 
Weiteres  noch  bei  Byhan  (Jb.  III,  8  und  56). 

Inainte  de  „vor". 

In  den  ältesten  Quellen  zeigt  sich  im  Cod.  Vor.  «(ipaHHTtL 

(I,  12),  ^paHHTA  (in,  11),  AlJ^AHHTi  (XCI,  3),  AHMTI  (XV,  2), 

nur  als  Adverb;  der  Cod.  Schei.  hat  j^fiAHHTi  (XXXIV,  3), 
paHHTA  (V,  6)  AHMTI  (XXII,* 5),  doch  auch  ahhti  a<  (LXXHI, 
12);  femer  aHHTiAt^i  (CLXI,  75).  Coresi  schreibt  mahnti  ai 
(Gast  20,  33),  ein  Hris.  de  judecatä  von  1626  HAHNTCHOAcrpik 
(Oast  74,  1),  das  Cuy.  pentru  cur.  von  1618  MAHHkTi  (Gast 
47,  18),  Costin  mahhta  a*^  AM*kCTA  (Gast.  200,  29)  neben 
UAHNTf  A(  (ebd.  33),  auch  Joan  din  Vasluiu  von  1710  MAHHTf 
A«  (Gast.  366,  32).  Ein  ^hahti ,  ohne  Nasal,  findet  sich  im 
Leviticus  (Gast  3, 10),  wohl  kein  Druckfehler,  denn  an  gleichem 
Orte  erscheint  ein  j^Akt^TpS  (Gast  3,  14),  und  auch  im  Ev. 
ca  talc  ein  ahti  (Gast  54, 14)  neben  ahhti. 

Zur  Erklärung  der  Präposition  vgl.  lat.  ab  ante,  das  viel- 
fach bezeugt  ist  (Körting,  Lat.  rom.  Wb.  und  Thes.  ling.  lai). 
Die  lautliche  Entwickelung  ist  lat.  ab  ante  >>  avante  >>  aante 
>  aante  >  ainte;  intervokalisches  b  wurde  v,  fiel  sodann,  an- 
warde  rum.  an  (*aante),  und  dieses,  indem  auslautendes  e 
wirkte,  zu  ainte;  in  für  an  in  weicher  Stellung  und  in  satz- 
onbetonter  Silbe  hat  sein  Analogen  in  dr.  Inel  ^  inel,  aus 
lat  annellus. 

Die  Ghrundform  AHHTf  ist,  wie  oben  ersichtlich,  in  den 
ältesten,  rumänischen  Schriftdenkmälem,  dem  Voroneteanus 
und  dem  Scheianus,  bewahrt;  in  j^p AHHTf  liegt  Rhotazismus 
Ton  In  vor  Vokal  vor  (Jb.  111,$),  in  pahhta  Aphärese  des 
Prafixvokals  (s.  In),  ebenso  wie  bei  hahhti.  Die  Formen  des 
Adverbs  inainte,  nainte  sind  nicht  bis  auf  das  Vulgärlateinische 
zurQckzufuhren,  indem  man  ein  '^'inabante  (Jb.  III,  57)  ansetzt, 
sondern,  da  auch  ainte  und  nainte  vorkommen,  erst  rumänischen 


—    432    - 

Ursprungs.  Cihac  denkt  bei  der  Erklärung  der  Pripositioii 
an  ein  lat.  in  ante,  welches  anch  Diez  (R,  Spr.  II,  738)  in  in 
antea  bestätigt,  Häf  den  an  ein  lat  ^adante,  doch  ist  dies  sohon 
deshalb  abzuweisen,  weil  interrokalisches  d  im  Rumänischen 
nicht  fallt  Das  Adverb  tnainte  wurde  durch  Antritt  yon  a  zur 
uneigentlichen  Präposition.  Tiktin  sagt  (Gr.  rom.  §  325, 1): 
„tnaintea  e  prepositie  de  loc,  tnainte  de  prepositie  de  timp.^ 

unter  den  dialektischen  Aussprachen  ist  bemerkenswert 
die  im  Banat  herrschende  ngintiij^a  mit  a^  9  in  unbetonter 
Silbe  und  Palatalisierung  des  Dentals  vor  e,  wie  stets.  Im 
Olttal  findet  sich  ein  ^luintre  „vor*'  (Orid),  nentre  (Comina 
de  Jos),  unantre  (Crihalma),  von  Pu^cariu  venseiohnet  (Jb.  V, 
190),  mit  parasitischem  r,  wohl  in  Ajdehnung  an  tntre.  Noch 
heute  wird  in  Ro^ia  und  sonst  noch  (Fräncu-Candrea  pag.  97) 
das  alte  maint'e,  entstanden  aus  mi^  und  altem  ainte,  ge- 
sprochen (Jb.  IV,  300).  In  der  Moldau  vgl.  npinte  adr. 
(Jb.  IX,  207),  wie  im  Meglen. 

Das  Aromunische  bietet  di  inainte,  dinintia,  di  inante 
a,  di  ingnta  a;  vgL  di-nintia  a  tatnlui  (Cod.  Dim.  Jb.  IV,  31b); 
dinintia  amia  „vor  mir**  (Jb.  I,  46),  di  ingnta  a  ta  „vor  dir* 
(Jb.  II,  pag.  78,  21),  und  di  ingnta  ta  (ibid.  19);  femer  dininte 
adv.,  alles  hervorgegangen  aus  di  inainte  unter  dem  Einfluß 
der  syntaktischen  Tonlosigkeit.  Am  Olymp  vgl  nainte,  dina- 
inte  adv.  „vorn**;  zu  dr.  mai  nainte  vgl.  hier  manginte  (Jb.  VI, 
281),  und  mainante  (Jb.  II,  42,  19)  bei  BojadzL 

Das  Meglen  hat  nginte  (VL  M.  33)  als  Adverb;  Papahagi 
verzeichnet  nainti  und  näinti  adv.  (Megl.  Rom.  pag.  98).  Im 
IstrischenwirdvonMiklosich(R.U.I,31)  gnrent'e  adv.„vom** 
angefahrt,  welches  auch  Byhan  (Jb.  VI,  299)  verzeichnet  und 
als  adv.  rent'e  mit  nochmals  präfigiertem  gn-  erklart;  zu  rent'e 
vgl.  altes  paHHTia  oben  (Cod.  Schei.  V,  6),  zu  gnrent'e  hat  Ive 
(3,  7)  'en  ren<5e,  Mai.  Inrente.  Auch  in  dieser  Form  zeigt  sich 
im  Prafixvokal  Übergang  von  gedecktem  g  zu  e,  wie  auch 
in  anderen  Fällen  (s.  za,  na).  Dr.  mat  nainte  wird  hier  reflek- 
tiert  durch  mgfirfe  adv.  „vorher**  (Jb.  I,  128;  II,  3)  bei  Miklosich 
mainde  de  (R.  ü.  I). 


—    438    — 

InUantrul  de  „innerhalb". 

Im  Ood.  Vor.  kommt  die  Präposition  nicht  vor.  Im  Cod. 
i^cheL  finde  ich  einmal  AONTpl^  ady.  (XLIY,  14)  „inweüdig'', 
und  AC^OHTp^Akuif»  (CIL  1)  „in  mir«".  Ein  Gäntocä  von  1600 
hat  ^  ii'ko^urpoY  (Ghuit  137, 4),  Uredie  1625  hat  AiH  AikSNxpS 
(Gast  69, 11),  das  Cut.  den  can  ein  a<h  AOHTpov  (Gast.  46, 21), 
Cozma  (Minünile)  von  1682  Ai»  HONTpS  (Gast.  299,  13);  in 
jüngeren  Texten  ferner  din  bontru  (Gast  b.  122),  pe  dinfinntru 
(Gast  b.  302),  Üi  nttntoa  (ibid.  b.  294). 

Über  die  Erklärung  der  Präposition  haben  lange  Zeit 
Zweifel  bestanden.  Cihac  setzte  ein  lat.  *in  illac  ilitro  an; 
Diez  (R.  Spr.  II,  pag.  744)  sagt:  „WaL  inlontm  ist  lo  intru, 
itaL  ü  entro;  Jagid  denkt  (Slay.  Arch.  15,  95)  an  Entlehnung 
aus  dem  SUvisohen,  Storch  (Vok.  Harm,  im  Rimi.  pag.  35)  an 
ein  lai  *in  ab  intro.  Die  PilLposition  beruht  indessen  nach 
der  Erklärung  Weigands  im  CoUeg,  der  ich  mich  anschließe, 
auf  einem  urrum.  In  Intru,  gehM  also  nicht  zu  dem  alten, 
ererbten  Sprachgut..  Durch  Yokalharmonie  wurde  dieses  In 
Intru  zu  einem  tnuntm,  welches  noch  heute  im  Banatischen 
in  ^nuntru  erhalten  ist  Aus  tnuntru  ergab  sich  durch  Meta- 
these Ton  In-  ein  näuntru,  sowie  mit  Aphärese  nuntru,  welches 
im  Aromunischen  bewahrt  isi  Aus  nftuntni  bildete  sich 
dann  durch  Neukomposition  mit  in,  Innäuntru,  daraus  mit 
Dissimilatioti  tnlftuntru.  Es  ist  nicht  erforderlich,  der  Form 
nuntru  ein  altb.  N^TpS  zu  Grunde  zu  legen,  so  wie  Jagid 
dies  wünscht,  denn  nicht  nur  rum.  nuntlru,  sondern  auch  sftmt- 
liche  anderen,  in  den  Denkmälern  bewahrten  und  hier  zu- 
sammengestellten Formen  erklären  sich  aus  rumänischen 
Mitteln.  Wollte  man  gleichwohl  eine  Entlehnung  aus  dem 
Altbulgarisohen,  oder  doch  wenigstens  B^influssung  Ton 
nnnfaru  durch  dasselbe  atmehmen,  so  ist  einzuwenden,  daß  im 
Altb.  die  gebrftuchlichsten,  f&r  die  Entlehnung  also  am  nächsten 
liegenden  Formen  ;i^Tpk  und  tiikH^Tpk  ady.  „innen"  wareb, 
die  beide  auf  k  ausgehen  und  somit  das  auslautende  u  von 
nuntru  unerklärt  lassen;  bulg.  H%Tp%  adv.  sowie  russ.  BHyrpi 

Welgand,  lo.  Jahresbericht.  28 


—    434    — 

können  nicht  in  Betracht  kommen.  Die  Wahrscheinlidikeit 
aber,  daß  in  der  Präposition  nur  eine  urromanische  Bildung 
alten  Ursprungs  Torliegen  kann,  wird  auch  nicht  allein  durch 
den  Formenbestand,  sondern  insbesondere  durch  das  Auftretien 
dieser  Formen  in  sämtlichen  Dialekten  des  Rumänischen  ge- 
stützt Die  Form  nuntm  ist  als  dr.  volkssprachlich  erst  bei 
Marian  (Gast.  b.  294,  36)  verzeichnet,  HOHTpS  für  den  Ausgang 
des  17.  Jahrhunderts  (Oasi  299,  14);  die  alteren  Formen  zeigen 
meist  anlautendes  1,  nicht  n.  Die  Formen  mit  o,  nontru,  lontrn, 
sind  entweder  aus  nguntru  Iguntru  kontrahiert  (ug  oder  puwird 
o),  oder  sie  stellen  eine,  im  Altrumanischen  häufigere,  dialektisch 
offene  Aussprache  des  u  dar,  wie  sie  auch  bei  Formen  wie 
KO  (s.  cu),  conxo  (s.  sub)  erscheint,  doch  ist  dies  das  weniger 
Wahrscheinliche. 

Dialektisch  zeigt  sich  im  Banatischen  ^nluntru  adr. 
„hinein""  (Jb.  III,  248,  1)  und  ^untru  (Jb.  UI,  276,  4);  eisten 
Form  beruht  auf  Bildung  mit  erneuter  Au&ahme  des  Präfixes, 
letztere  ist  die  ältere,  ursprfingliche. 

Das  Aromunische  hat  nuntru  di  „innerhalb",  ent- 
sprechend ban.  ^untru,  femer  npuntm,  nuntru  adv.  „hinein", 
sowie  das  altere  n^intru  (Ar.  U,  Nr.  121,  3)  ngintru  ku  n^s 
„herein  mit  ihm"". 

Das  Meglen  hat  nuntru  ady.  „drinnen*"  (VL  M.  33),  das 
Istrische  gnuntni,  nuntru  wie  im  Aromunischen  (Jb.  1, 2, 9); 
pnnutru,  nutru  adv.  „drinnen,  hinein"".  Byhan  yermutet  hierbei 
mit  Recht  slavischen  Einfluß  durch  das  Kroatische,  vgL  2 
nutru,  nutre  (Jb.  VI,  300). 

Intre  „zwischen"". 

In  den  ältesten  Quellen  wechselt  die  Schreibung  nur  beim 
Anlaut  YgL  Jfjvpi  neben  Jf^HTfii  mit  der  Bedeutung  „Tor'" 
im  Cod.  Vor.  Im  Cod.  Schei.  j^Tpi  tmhi  (V,  10),  Jf^HTpi  (XXV,  3; 
LXXIX,  3);  im  Cod.Levit.  ^Tpi  (Gast  4, 14);  Coresi  hat  .fHTpi 
(Gast  11,  1)  neben  j^Tfii  (Gast  11,  6). 

Zur  lautlichen  Entwickelung  ygl.  lat  inter,  ylt  entre,  ur- 
rum.  intre  >  ^ntre.     Die  vlt  Form  erhellt  aus  den  roma- 


—    435    — 

nischen  Schwestersprachen  (vgL  Ghröber  im  Arch.  f.  lai  Lex. 
in,  268). 

Dialektisch  verdunkelt  sich  -re  za  -rft,  daher  im  Bana- 
tischen  ^tr^,  welches  somit  nicht  von  lai  intra  abzuleiten 
ist;  fuatr^  igi  „unter  ihnen*'  (Jb.  III,  268,  2),  ^trg  sp^te,  in 
Komanatt  (Jb.  VII,  77). 

JixK  Aromunischen  erscheint  lautgerecht  ntre  „in, 
hinein";  ntre  apg  „ins  Wasser"  (Ar.  11,  Nr.  128,  25).  Auch 
am  Olymp  ntr^  apf.  Bojadii  kennt  ntre  nichi  Im  Aromu- 
nischen scheint  sich  also  altes  Intre  nur  vor  folgendem  a 
bewahrt  zu  haben,  wahrend  es  sonst  zu  tre  (tre  ap^  Ar.  II, 
Nr.  65, 15),  tri,  tr9  gekürzt  worden  ist,  die  aber  der  Bedeutung 
nach  mehr  dr.  pentru  entsprechen,  als  Intre.    S.  unter  pentru. 

Im  Meglen  zeigt  die  Bede  von  Ojin  (Jb.  Y,  146,  42) 
zwar  eine  Form  ^tre,  doch  kann  diese  wohl  nur  eine  dako-' 
romanische  Reminiscenz  des  Schreibers  sein;  die  Präposition 
wird  hier  vielmehr  durch  antru  vertreten  (s.  Intru),  wie  bei 
Papahagi  (Megl.  Bom.  II,  189)  zu  ersehen  ist 

Das  Istrische  hat  lautgerecht  gntre;  gntre  2P^  n^i  das 
Wasser"  (Jb.  I,  150,  2).  Die  weitere  Form  tra  (Jb.  VL  300) 
entspricht  in  der  Bildung  Formen,  wie  dupa,  fora,  pira  (&/ 
dar&ber  pftn&). 

Intru  „in". 

In  den  alten  Quellen  erscheint  wf^TpS  im  Wechsel  mit  .^N 
besonders  dann,  wenn  ein  Vokal  folgt  (s.  In),  doch  auch  häufig, 
wenn  diese  Bedingung  nicht  erftillt  ist    Im  Cod.  Vor.  vgl. 

^TpOY  Tluf  HHpSA  (XCIX,  14),  im  Cod.  Schei.  ^iHTpSCOARaHH 

(llXVn,  58),  sonst  J^Tfi^  iAy  Cod.'  Levit  (Gast  5,  23), 
fTp'ATkTA  (ibid.  33),  bei  Coresi  JfJvpS  uikpxSpYf  (Gast.  20,20) 
neben  ^Tp8  AMfCTA  (ibid.  16),  auch  bei  Meletii  .fTpS^HiOü 
(Qast  109,  38)  neben  j|^TpS  HHHUa  (Gast.  110, 16).  Auch  jfJVfiO 
findet  sich,  so  bei  Meletii  j^rpo  p^ra  (Gast.  111,  15)  mit  dem 
bekannten  Wechsel  von  S  und  9  in  den  ersten  Denkmälern. 
Einmal  finde  ich  auch  otfHTp*  in  einem  Text  von  1642  (Gast. 
96, 21),  cyhtp'Sh  hac,  also  mit  regressiver  Vokalharmonie. 


—    436    — 

Zur  Erkl&rung  vgL  lai  adv.  iniaro  „hinein",  vlt  entro> 
nrrum.  intru  >  intni  >  Intru.  Die  Präposition  gehört  also 
2tt  dem  idten,  ererbten  Bprachgui 

Im  heutigen  Dr.  wird  tntm,  mit  Elision  tntr ,  wie  schon 
im  Altruitiänischen,  als  Stellyertreter  von  tn  yor  fblgeodem 
Vokal  gebraucht;  Intr'  un  an  de  zile.  In  d^r  Ausspitu^he  hört 
man  auch  unt';  vgl.  ynt-on  mjr  (Jb.  IV,  820,  LVII;  cfr.  pre  - 
pe,  cStrX  —  efttü  u.  a.). 

Das  Aromunische  hat,  mit  bekannter  Apharese  (9.  In), 
ntru,  tru,  tu;  ntru  mg6l  „in  den  Hfaideü"  (Jb.  V,  275),  iaru 
mgng  „in  der  Hand"  (Jb.  I,  75),  tu  sgrmgnitsg  „in  der  Wiege* 
(Jb.  ni,  162  III).  Eine  typische  Bildung  ist  pri  tu,  pi  ta 
„auf,  über  hin**;  pri  tu  munte  „auf  dem  Berg**  (Ar. II,  Nr. 55,9), 
pi  tu  amare  „Ober  das  Meer**  (Ar.  II,  Nr.  11,  3),  doch  auch  pitu 
ap9  „im  Wasser**  (Ar.  II,  Nr.  5, 11).  In  tgfi  tm  „bis**  (Ar*  H 
333)  kann  ich  nur  tg  <[  tr^  S  tru  erkennen.  Bojadü  hat  aus- 
schließlich die  Form  tm.  Am  Olymp  wird  meist  tu  ge 
sprechen,  jedoch  auch  di  tru  (OL-W.  138,  XXXUI). 

Im  Meglen  findet  sich  antra,  welches  jedoch  in  derBe 
deutung  intre  yertritt;  si  plftscät^ü  antra  leli  dr.  „se  docneaü 
Ititre  el**  (Papahagi,  MegL  Rom.  pag.  189),  sowie  das  Kom- 
positum dintra  (s.  d.).  Das  Istrische  hat  gntra  bewahrt,  wo- 
raus zu  schließen  ist,  daß  im  Meglen  die  Präposition  erst  in 
späterer  Zeit  durch  dintra  verdrängt  wurde;  pntr'o  ^p^  «im 
Wasser**  (Jb.  I,  128).  Bemerkenswert  ist  die  abweichende  Be- 
deutung der  Präposition  in  nu  yer  ar^  pt  domnu  gntra  mire 
„du  sollst  keinen  anderen  Herrn  haben  neben  mir**  (Oast.  b. 
299,  1),  die  an  die  altramänische  von  Intre  „vor**  erinnert 

la  „zu,  in**. 

Die  Präposition  kommt  im  Altrnmänischen  stet«  in  der 
unveränderten  Form  Aa  vor.  Cihac  sagt  Aber  la:  „Nous  croyoM 
que  c'est  tout  simplement  un  1  euphonique  prepos^  &  la  pr6- 
position  a,  qui  paraissait  trop  courL**  Auf  Grund  dieser  Be- 
hauptung hätte  wohl  zunächst  erwiesen  werden  mildsen,  dsS 
im  Rumänischen  ein  euphonisches  1  vorhanden  isi    Miklosieh 


—    437    — 

erklärt  k  ang  lat.  illac,  Dies  (R.  Gr.  II,  482)  sagt:  „la,  gleich- 
bedeutend mit  {ranz,  a,  mubnaßUch  gleioher  Herkunft  mit 
frans.  la  (fllaCy  dort,  dorthin).  Es  ist  daher  zu  yergleicben 
mit  itaL  U,  proY.  1^  lay,  la,  aylai;  aapan.  ala,  nsp.  alla  «dort**. 

Das  Unbefiriedigende  der  ErUanmg  Ton  la  aus  lat  illäc, 
dem  auch  Piez  in  seiner  Mutmaßung  Ausdruck  verleiht, 
schwindet^  wie  Weigand  ausgeführt  hat,  durch  Zugrundelegung 
Ton  lat  illäc  ad.  Das  Adverb  illäc  konnte  lautlich  nicht  9U 
la  werden»  sondern  würde  nun.  aatzunbetont  nur  ein  lä  er- 
geben haben,  es  bediurfte  aber  ohenein  auch  aus  Bedeutungs- 
grihkden  noch  einer  eigentlichen  Präposition,  als  welche,  wie 
bei  lingfty  p&ni,  nur  lat  ad  >  a  in  Frage  kommen  konnte. 
Byhan  leitet  la  noch  von  illac  allein  ab  (Jb.  VI,  262),  ohne 
Qrfinde  hierf&r  anzugeben.  Aus  lat  ^^lläc  ad  wurde  ylt  ellac 
ad,  spiter  ella  a;  Tortoniges  e  fiel  in  satzunbetonten  Wörtern; 
es  ergibt  sich  somit  ella  a  >  1&  a  >  la  „dort  in,  in^,  wahrend 
In  „in,  drinnen*'  bedeutet 

Da  la  auch  in  samtlichen  Dialekten,  und  hier  ausschließ- 
lich in  dieser  Form  vorkommt,  so  darf  die  Anf&hrung  von 
Beispielen  unterbleiben. 

längs  „neben". 

Unter  den  alten  Quellen  zeigt  der  Cod.  Vor.  nur  die  Form 
npf  Aiuf  rk;  der  Cod.  Schei.  hat  ii-kNr^;  A-kHr^  iiuht^a  (I  a) 
and  AkHPk  (XUn  11).  Moxa  schreibt  A'Wf  r;^  (Gast  62,  6), 
Cod.  Sturds.  von  1550  (Minunile)  AkHf^  (Gast  7,  1),  Coresi 
1581  schreibt  A<  A'ki^rik  HixaTl;  BpAUiosoVA^H;  (Gast  33, 2St} 
mit  ^  statt  ^. 

Zur  Urklirung  fuhrt  Tiktin  lingS,  als  eine  ein&che  Präpo- 
sition, auf  kt  longum  zurück  (Gr.  rouL  §  317,  3).  Diez  setit 
lat  per  longum  (sciL  tempus)  an  (Rom.  Spr.  II,  pag.  757)w 
Densufianfi  (Eist  de  la  langue  roum.  pag.  229)  ein  lat  de 
longe,  womit  er  tjr.  dlongia  vergleicht  Auch  hier  bleibt 
indessen  jede  lautliche  Erkttrung  unzulänglich  ohne  Zuhilfe- 
nahme von  lat  ad.  Die  Entwickdung  ist  demgemäß  lat 
longu  ad  ]>  luflg^  >>  l^ngg.    Letztere  Form  ergab  sich  in 


—    438    — 

satznnbetonter  StelluDg  unter  Einwirkung  der  regressiyen 
Vokalharmonie.  Lat  longum  allein  konnte  lautlich  exakt  nur 
lungu  werden,  wie  auch  das  Adjektiy  lautet.  Das  dr.  lingft 
ist  also  alte,  zusammengesetzte  Präposition  mit  der  Bedeutong 
„längs  zu,  neben",  wie  franz.  le  long  de. 

Im  heutigen  Dr.  wird  noch  pe  Ifii^  »l^gB,  neben,  außer' 
gebraucht  Dealungul  c.  gen.  „längs"  ist  eine  adyerbialische 
Neubildung. 

Im  Banat  und  Siebenbürgen  findet  sich  dgp^fig^,  aus 
dS  pS  längs,  sowie  dupyligp,  mit  u  wegen  des  Labials;  femer 
Pffig9  (Samoschd.  XI,  2),  neben  de  l^ggi  wie  schon  Coresi. 
Im  Olttal  fand  Puscariu  difigg,  aus  de  (di)  lingS  und  pifig9t 
aus  pe  (pi)  längft,  die  als  Kurzformen  zu  betrachten  sind; 
pifig9  wird  auch  von  Weigand  aus  Spin  in  Siebenbürgen  ge- 
meldet. In  der  Moldau  vgl.  noch  l^g^;  lung^  tini  (Jb.  II, 
206,  10)  mit  hier  üblichem  9  >>  ^  in  unbetonter  Stellung. 

Das  Aromunische  hat  gewöhnlich  nifigg  „neben'',  worin 
Assimilation  von  1  an  n  vorliegt,  falls  nicht  überhaupt  ein 
anderes  Etymon  zu  Ghrunde  liegt,  denn  in  aus  on  vermag  ich 
nicht  zu  erklaren;  nifig'amare  (Ar.  II,  Nr.  95,  30)  „am  Meere"; 
pi  nifigg  noi  (Ar.  11,  Nr.  96,  35)  „bei  uns".  In  Vlacho-Livadhon 
herrscht  längp;  pre  l&ngg  „längs,  neben"  (OL  W.  85). 

Das  Meglen  zeigt  pri  l^ngg,  pringg,  ang^.  Letztere 
Form,  in  der  Bildung  abweichend,  ging  sekundär  aus  ingp 
(Neubildung  zu  pringg)  durch  Wechsel  von  i  zu  a  herror 
ang9  mini  „neben  mir"  (VL  M  pag.  35).  Ähnlich  ist  die 
Bildung  anuntru  neben  arom.  tnuntru.  Die  Form  pring( 
schließt  sich  in  der  Bildung  den  banatisch-siebenbürgischen 
an,  doch  ist  zu  bemerken,  daß  sämtliche  für  den  Dialekt  an- 
geführten Formen  wenig  in  Gebrauch  sind  xmd  meist  durch  U 
vertreten  werden. 

Im  Istrischen  scheint  die  Präposition  geschwunden  zu 
sein;  in  den  veröffentlichten  Texten,  sowie  in  Bjhans  Olossar, 
fehlt  sie  wenigstens,  doch  bringt  Weigand  in  den  „Nachträgen' 
zu  letzterem  (Jb.  VI,  398),  aus  seinem  Material  ein  prifigf 
„längs,  neben",  als  Kurzform  zu  pri  Iffigg  bei 


—    439    — 

la  mtezul  „inmitten*'. 

In  den  alten  Texten  fehlt  die  Präposition,  doch  zeigen 
die  Dialekte  Sparen  früherer  Entstehung. 

Die  Präposition  ist  eine  uneigentliche,  aus  der  Verbindung 
mit  einem  Substantiy  hervorgegangene.  Zu  dr.  1^  mtezul,  la 
tolez  de  „inmitten^  vgl.  lai  mi^diu,  welches  mj^^dzu  wurde; 
in  den  verwandten  Sprachen  vgL  ital.  in  mezzo  di,  afranz.  en 
mi  (milien). 

In  den  dr.  Dialekten  vgl.  d'in  mnedz  d'e  (Samoschd.  72), 
worin  n  dadurch  entstand,  daß  anlautendes  mi  zu  mn,  n  wurde; 
VgL  mterlä  >  mnerlg  >  mnerlj  >  nerlg. 

Im  Aromunischen  entspricht  nidzp  „unter,  zwischen'^, 
nidz9  alante  „unter  anderem**  (Bojadzi,  Jb.  II,  58).  Cfir.  anä- 
mesa  di. 

p&nS  »bis*'. 

Als  älteste,  aberlieferte  Formen  bietet  der  Cod.  Vor.  nik^pik 
(L,  8),  nur  einmal  n'kp'K  (LII,  14)  aber  häufig  nik^pik  itA, 
^XQ^f  t^^Q^>  ^<f^l'  (II9  1^0;  ^^^  Cod.  Schei.  nskfisk  (IV,  3), 
nkp'k  (IX,  19),  nkpk  (XIII,  3)  mit  Bhotaz4mus;  daneben  nikHk 
(CVI,  26);  bemerkenswert  nikHa  aa  (LXXXIX,  2)  und  nkNjf^KS- 
UHAHTk  (dl,  9).  Der  Cod.  Levii  schreibt  nkHk  (Gast  5,  22). 
Wann  pSnä  und  wann  pänft  zu  lesen  ist,  läßt  sich  schwer 
feststellen,  da  noch  heute  beide  Aussprachen  im  Gebrauch  sind. 

Zur  Erklärung  von  pänä  weist  Cihac  auf  lai  per  ad,  ver- 
mutlich durch  den  Rhotazismus  in  einem  Teil  der  überlieferten 
Formen  veranlaßt;  es  liegt  indessen  nach  Weigand  (OL  WaL  85) 
zu  gründe  lai  paene  „beinahe**,  zu  welchem,  wie  Tiktin  dazu 
bemerkt,  die  Präp.  ad  trai  Auch  Storch  (Yokalh.  32)  setzt 
lai  paene  a  (d)  an  und  konstruiert  peng  >-  ping  (letztere 
Form  sicher  erwiesen  durch  istr.  pir^)  sodann  ping  >•  pgng 
durch  regressive  Yokalharmonie;  pfinä  (pän&)  ist  also  sJte, 
durch  Zusammensetzung  gebildete  Präposition.  Rhotazierte 
Formen,  wie  sie  das  Altrumänische  zeigt,  werden  im  dr. 
Sprachgebiet  noch  heute  gehört;  pftrS  ist  nicht  aufhllend  in 
den  Gegenden,  wo  man  zerunke  (für  genuchlü),  iurinkg  (f&r 


—    440    — 

junincft)  sagt  (EörSsch-  und  Marosehd.  Jb.  lY,  300).  In  der 
Moldau  sagt  man  zum  weitaus  gröfitei)  Teil  pgr^,  pgr-Ia; 
P9r9  sar^  „bis  zum  Abend",  pgr-la  ^g^  (Jb.  IX,  188;  220, 10). 
Da  in  diesen  Gegenden  der  lUiotazismus  nicht  existiert,  so 
ist  hier  wohl  lediglich  eine  Beeinflussui^  durch  förä  ajizu- 
nehmen.  Weigand  fand  umgekehrt  auch  {gng  (s.  fträ),  offen- 
bar infolge  Einflusses  yon  P9119  entstanden.  Daß  pänä,  ebenso 
wie  f&rS,  nicht  nur  Tor  anlautenden  Vokalen,  sondern  auch 
Yor  Konsonanten  den  auslautenden  Yokal  yerlieren  kann 
(pyn-Ia,  pgn-di,  fgr-di),  liegt  an  dem  Charakter  Yon  n  und  r 
und  zugleich  an  dem  häufigen  Gebrauch  der  Präpositionen, 
die  dadurch  leicht  zu  Kurzformen  werden. 

Das  Aromunigche  zeigt  p^g,  P9n9,  p^n,  p^n;  p^n  di 
musata  „bis  zur  Schönen^  (Ar.  U,  327),  pgn  tu  sone  „bis  zn 
Ende  (Jb.  III,  168).  In  den  Stellen  pgnu  tseru  (Jb.  I,  XI,  1) 
des  Cod.  Dim.  liegt  wohl  eine  Beeinflussung  Ton  ppn  durch 
ditu  Yor,  indem  die  Kurzform  den  u- Vokal  aufnahm;  ein 
pinu  bietet  auch  Bojadü  (Jb.  U,  130).  Bemerkenswert  ist  die 
Form  ffü  in  der  Manjana  (z.  B.  p^n  s  ifikroiti  „bis  du  heran- 
wächst'') wo  9  durch  f  ersetzt  wird. 

Das  Meglen  bat  P9n,  dessen  Vokal  dem  dr.  und  arom. 
9  entspricht;  P9nla,  P9ndi  „bis**,  ebenso  coi\j.  P9n  si;  p9n  an 
dr.  pfinä  in.    Papahagi  yerzeichnet  auch  P9nä  (Megl.  Rom.  106). 

Im  Istrischen  ist,  wie  bemerkt,  die  ursprünglichste  Form 
in  pirj^  neben  pir  mit  Elision  bewahrt;  pir^  verlr  kpsf  ^his 
er  nach  Hause  käme*"  (Jh.  I,  126,  8);  pir  la  y^m^  „bis  an  die 
Grube"  (Jb.  I,  147,  9).    Über  pira  (Jk  VI,  307)  s.  unter  firf. 

pentru  „für". 

Der  Cod.  Vor.  hat  nur  einmal  npi.fTfi8  (LXXI,  12),  der 
Cod.  Schei.  scheint  nur  iifiY^^xp^  (XLI,  5)  und  npitHTpS  (CV,9) 
zu  kennen.  In  den  alteren  Quellen  finden  sich  ferner  niHTpof  , 
dies  im  Praxiul  von  1569  (Gast  *ib^  2),  sodann  in  einem 
Erisov  de  jud.  von  1626  n'KHTpS  (Gast.  74,  2);  der  Cod.  Leyii 
hat  nt  J^Tfi^y  (Gast  4,  32),  ni^^TpOY  (G^ast  4, 12)  und  nftrrpS 
(Gast.  5, 4),  Coresi  schreibt  npiHTpS  (Gast  27, 14)  neben  niHTp)^ 


—    441    — 

(Gast  31,  24),  der  Ck>d  Sturdz.  zeigfc  npi  'Hxp^  (Gast  40,  24), 
die  PropoY.  tn  z.  d.  L.  um  1600  nHirrpe^  (Gagt  1S9, 11). 

Aus  den  Fonnen  der  alten  Quellen,  besonders  deutlich  aus 
denen  das  Ood.  Sturdz.  und  Cod.  Leyii,  gebt  ber?or,  daß  in 
dako-romänisober  Periode  die  Präposition  pre  mit  ntru  (s. 
tntm)  zuaammenwucb&  Die  Präposition  pentru  ist  also  zu 
den  in  rumäniscber  Zeit  entstandenen,  zusammengesetzten  zu 
tteUen,  was  durch  die  Dialekte  bestätigt  wird.  Zur  Erklärung 
ist  daher  niebt  unmittelbar  lai  *per  intro  anzusetzen  (Diez^ 
K  Spr.  II,  pag.  757),  oder  mit  Byhan  (Jb.  VI,  306)  lat  »per 
inter.  Heutiges  printru  Ar  prin  Tor  Vokalen  bat  sich  offen- 
bar aus  altem  printru  (durch  die  Analogie  In:  üitru,  diu:  dintru, 
prin:  printru)  erhalten,  welches  sowohl  in  der  Bedeutung  „für", 
als  auch  ,,  durch"  Yorkopmi 

In  den  dr.  IXatekten  zeigt  das  Banatische  pentru,  pintru, 
pentru  (s.  pe),  pentru,  pr^tu,  pr^ütn,  von  denen  die  beiden 
letztgenannten  Fonnen  dem  neueren  printru  zur  Seite  zu 
stellen  si^id,  sowie  noch  pryiutru,  das  wohl  nur  in  wenigen 
Oemeindan,  so  in  Bania  und  Cflnio  (Jb.  III,  226),  noch  ge- 
funden wird.  Im  Olttal  erscheint  neben  pentru  noch  pintru 
pintu,  an  der  TheiB  p^ntu*  (Samoscbd.  49).  Im  nördUchen 
TraQssilyaDieQ  wird  pentru  vor  oe  gekürzt  zu  p^n  in  pgntSe 
„waram^  (Jb.  VI,  40^ 

In  der  Moldau  b5rt  man,  neben  pentru,  häufiger  pintru, 
ppntru,  pentru,  pontru  und  selbst  puntm,  letztere  zwei  häufig 
in  der  Großen  Walachei  (Jb.  IX,  178),  bei  den  Trokaren  p^ nt-o 
far  printr-o  (Jb.  VIII,  45). 

Das  Aromunisohe  kennt  pentru  nicht,  es  hat  an  dessen 
Stelle  tri,  tr^,  ti,  t^,  welche  lautKch  auf  lat  inter  beruhen; 
das  9  kann  aus  e  durch  Einwirkung  des  r  entstanden  seil), 
aUerdings  ist  auch  nicht  ausgeschlossen,  daß  dabei  auch  lat. 
intra  mit  in  Frage  kommt;  zur  Bedeutung  vgl  tri  a  beare 
(Ar.  n,  Nr.  19,  8)  „um  zu  trinken^  ti  pgradz  „fär  Geld'' 
(Ar,  n,  Nr.  15,  10). 

Bemerkenswert  ist,  daß  tr^,  tri,  tre,  tru  auch  im  Dr.,  hier 
als  Präfixe,  und,  was  besonders  heryorzuheben  ist,  zweifellos 


—    442    — 

in  Yertretung  von  lai  izans  nachzuweisen  sind;  vgl  dr.  tnmit, 
tremit,  txftmit»  tromit  (Qasi  Ind.),  letzteres  mit  u  allerdings 
wohl  nar  wegen  des  Labials.  Man  kann  daher  firagen,  ob 
nicht  in  den  aromanischen  Formen  —  in  einzelnen  Fallen  — 
auch  lat.  trans  enthalten  sei,  doch  ist  die  Elärang  dieser 
Frage  einer  syntaktischen  Untersuchung  zuzuweisen.  Am 
Olymp  herrscht  trg,  tg,  ti. 

Im  Meglen  wird  pentru  ebenfalls  nicht  gebraucht,  seine 
Funktion  hier  durch  di  vertreten;  vgL  di  noi  „for  uns"  (Jb.  Y, 
145,  1).  Im  Istrischen  yerzeichnet  Byhan  (Jb.  VI,  305)  ein 
pentru,  pintru  „für,  durch**  (bei  Majorescu)  als  unwahrscheinlich. 

pe,  pre  „auf". 

Im  Altmmanischen  erscheint  npt  im  Cod.  Vor.  13  Mal 
und  stets  in  der  angefahrten  Form;  nfiiHifi;kSKjk,i  (IV,  10),  auch 
im  Cod.  Schei.  so,  npiKAA«k  (I,  1),  npiKaAi  (LXXXVUI,  42). 
Die  Form  ni  finde  ich  zuerst  in  einem  UrisoT  de  jud.  Ton 
1626,  nicraHHS/i  (Gast.  74, 15).  Der  Ausfall  yon  postkonso- 
nantischem r  in  unbetonter  Silbe  ist,  den  LiteraturdenkmSleni 
nach,  yerhältnismaßig  jung,  doch  dürfte  er,  nach  Stinghe 
(Jb.  lY,  249),  schon  urrumänisch  dialektisch  gewesen  sein. 

Im  heutigen  Dr.  bestehen  die  Formen  pre,  pe,  pi,  pi,  von 
denen  pe  die  in  der  Literatursprache,  sowie  auch  neben  pi 
in  der  Moldau  gebrauchlichste,  pä  die  in  der  Walachei  ver- 
breitetste  ist 

Dr.  pre  beruht  auf  lai  per  und  gehört  somit  zu  dem 
alten  Erbgut  des  rumänischen  Wortschatzes.  In  den  ▼e^ 
wandten  Sprachen  vgl.  itaL  aspan.  prov.  a&anz.  per,  nfir.  par. 
Weigand  sagt  (Jb.  IV,  248),  die  etwas  auffallende  Metathese 
per  ]>  pre  verdanke  ihren  Ursprung  wahrscheinlich  Bildungen 
wie  prin  aus  *per  in,  preste  aus  per  extra,  doch  muß  die 
Form  pre  schon  vor  der  Entstehung  yon  prin  (s.  d.)  und  preste 
existiert  haben,  da  beide  erst  in  rumänischer  Zeit  entstanden 
sind,  indem  sie  mit  pre  ]>  pri  zusammenwuchsen.  Will  msn 
bei  pre  Metathese  annehmen,  so  ist  diese,  eine  gemeinroma- 
nische Erscheinung  (Diez,  R.  Spr.  U,  pag.  536 ff.    Gröbers 


—    443    — 

Ztschn  XXII,  pag.  465  £)  ja  auch  im  Bomänischen  oicht  selten, 
indessen  dürfte  nach  meinem  Daf&rhalten  in  pre  gleichwohl 
nicht  immittelbar  Metathese  Yorliegen.  Lai  pro  wurde  durch 
Metathese  gemeinromanisch  zu  por,  im  Rumänischen,  hier  nur 
als  Präfix  erhalten,  zu  pur  in  pnrced  (lat  procedo).  Es  kann 
demnach  nicht  wohl  einleuchten,  daß  ein  schon  vorhandenes 
lat  per  zu  pre  zur&ckgeformt  worden  wäre.  Lat.  per  >>  rum. 
pre  unterlag  somit  einer  anderen  Entwickelungsbeeinflussung, 
die  ich  als  vom  lat  Präfix  prae-  ausgehend  annehme.  Während 
die  Präposition  prae  schon  so  früh  ausstarb^  daß  sie  nicht  nur 
for  das  Rumänische,  sondern  auch  für  die  romanischen  Sprachen 
überhaupt  yerloren  gegangen  ist,  hat  sich  das  Präfix  prae-  in 
einer  Anzahl  lateinischer  Erbwörter  des  Rumänischen  erhalten 
(ygL  a  preface,  a  precepe,  a  prelinge  u.  a.).  Die  syntaktische 
Tonlosigkeit  der  Präposition  im  Rumänischen  läßt  diese  viel- 
fach dem  Präfix  gleichwertig  erscheinen,  und  so  war  ein  lat 
prae-  >'  pre-  wohl  imstande,  aus  lat  per  nun.  pre  erstehen 
zu  lassen.  Die  Vermischung  von  prae-  und  per-  zeigt  schon 
das  Lateinische;  vgl  perlongus  und  praelongus  „sehr  lang", 
percantus  und  praecautus  „sehr  vorsichtig",  permollis  und 
praemollis  „sehr  sanft".  Daß  besonders  häufige  Präfixe  die 
Entwickelung  der  entsprechenden  Präposition  beeinflussen 
köimen,  liegt  nahe  und  scheint  auch  bei  In  der  Fall  zu  sein. 
Densufiaiiü  (Hist  de  la  langue  roum.  pag.  183)  denkt  an  eine 
Vermischnng  von  lat  per  mit  pro  und  sagt:  „En  roumain, 
comme  dans  une  partie  du  domaine  roman  occidental,  on  con- 
state  une  confdsion  de  pro  avec  per.  Dans  cette  langue  oest 
pro  qui  a  et6  absorb6  par  per." 

In  den  dr.  Dialekten  zeigt  die  Präposition  besondere 
Formenfalle  im  Banatischen;  vgl  pe  neben  pi^  sowie  p|^; 
femer  p9,  und  pre,  prg,  pri,  die  selten  sind,  endlich  prg.  An 
der  Theiß  ka  p-un  drgguts  (Samoschd.  48,  XS).  Die  Eörösch- 
nnd  Maroschdialekte  bieten  pe,  seltener  pie;  am  häufigsten 
ist  p2,  vereinzelt  findet  sich  p^,  und  in  Ro^ia  (Bihor)  und 
Damef  sogar  pa,  indem  vortoniges  9,  gleichviel  ob  es  auf  e 
oder  a  beruht»  zu  a  wird  (Jb.  VII,  48).    Femer  kommen  noch 


—    444    — 

prg  und  pri  vor.  Im  Baiiat  zeigt  sich,  daß  in  den  meisten 
Ftiilen  dort,  wo  die  Formen  mit  gedecktem  Vokal,  alao  prj, 
P9,  herrschen,  auch  pn^tm,  wo  pe  herrscht,  pentra,  pintra 
gefdnden  werden.  Dementsprechend  erscheint  auch  yieUach 
Ar  dr.  de  in  ersteren  Gebieten  dg,  in  letiteren  d^f,  wie  finlhor 
gezeigt 

Abweichend  hiervon  kommt  in  Bnska  pp  neben  einem 
dzg  Yor,  was  sich  ans  der  ungleich  weiteren  Yerbreitong  dieser 
Form  gegenüber  dp  erklärt  In  Serbien  herrseht  pi,  pe  (Jb.  YU, 
60.  62),  in  Bulgarien  pe  (Jb.  YU,  63).  Im  Olttal  acheint  pe 
die  häufigere  Form  zu  sein,  doch  wandelt  sich  dabei  gewöhn- 
lich pe  >>  P9,  wenn  der  Präposition  ein  Labial  folgt  (Jb.  V, 
189).  Die  Moldau  zeigt  pi,  auch  pe  und  pg;  pi  sup*S9ri  pi 
sup-lun^  (Jb.  IX,  222). 

Das  Aromunisohe  hat  pri,  pre,  pi,  pe;  pri  undpi,  ent- 
standen durch  Sohw&chung  von  e  in  satzunbetonter  Silbe,  sind 
zwar  noch  urrumänischen  Ursprungs,  aber  jünger,  als  die 
Formen  mit  e.  Am  Olymp  ist  nur  pre  und  pri  gebrauchlich. 
Die  Bedeutung  der  Präposition  ist  hier  fast  durchgängig  „ao( 
oben  auf'',  und  anknüpfend  hieran  yermutet  Meyer-Lübke 
(Gröbers  Ztschr.  XXII,  pag.  496),  daß,  da  sich  in  den  alten 
Quellen  öfter  ein  pre  auch  f&r  spre  finde,  dieses  pre  eigent- 
lich spre  sei,  welches  unter  Bedingungen  und  aus  Gründen, 
die  noch  klar  zustellen  seien,  sein  s  aufgegeben  habe. 

Im  Meglen  entspricht  pri,  Yorwiegend  „auf;  pri  kal  »zn 
Pferde",  pri  prak  „auf  der  Schwelle'',  doch  auch  pri  vale  „am 
Bache"  (VI.  M.  73, 14),  wie  im  Dr.  hier  pri  domnu  „bei  Gotk", 
lai  per  deum. 

Im  Istrischen  vgl.  pre,  pri  „auf,  in,  gegen";  pre  k9le 
„auf  dem  Wege",  pri  skgnt  „auf  dem  Tische"  (Jb.  1, 144),  pn 
SU  okna  „unter  dem  Fenster"  pre  vjle  „auf  den  Boden  herab** 
(Jb.  I,  8,  4),  pre  tot  16ku  „nach  allen  Richtungen"  (Jb.  VI, 
917).  Ein  Kompositum  mit  kroat  po  ist  prepo  „yermittelst^, 
worin  pre-  verst&rkend  zu  wirken  scheint  (ibid.  318). 

Bemerkenswert  ist  istr.  pre-  f&r  sonstiges  mm.  spre*  in 
der  zweiten  Dekade  der  Numeralien:    urprez^tse   „elf*  eto. 


—    445    — 

Wenn  diese  Formen,  die  Weigand  nicht  kennt,  bestehen,  so 
mnfi  befremdlich  erscheinen,  daß  sich  nur  hier  das  Istrische 
dem  Bau  des  Gemeinromaiiischen  enteiehen  sollte.  Byhan 
sieht  in  diesem  pre-  lat.  per  (Jb.  VI,  317),  doch  dürfte  hier 
wohl  nnr  das  s  Ton  spre  (s.  d.)  gefallen  sein  zur  Vereinfachung 
der  schwierigen  Grappe  -ispr  in  urspres^tse,  worauf  ffir  die 
übrigen  analog  gebauten  Numeralien  der  nämliche  Proseß  eintrat. 

preste,  peste  „über^  (stri). 

Der  Cod.  Yor.  enthalt  die  Präposition  nicht.  Im  Cod.  ^cheL 
finde  ich  nicrpi  nur  einmal  (VIII,  2),  niel^pfTOTn'kU'kHTSii; 
Coresi  hat  an  entsprechender  Stelle  dpi,  im  Cod.  Schei.  tritt 
bei  dem  angeführten,  in  demselben  häufigen  Ausdruck,  f&r 
dieses  fipfCTf  sonst  fipicnpi  ein.  Auch  im  Cod.  Levü  fehlt 
das  Wort  (Gast  3fiL).  Erst  in  dem  Cuy.  p.  cur.  von  1614  er- 
scheint npfCTi  (Gast  50,  2),  npfcri  toij^,  und  wird  von  da 
ab  häufiger  in  der  Literatur;  vgl.  nptLCTf  bei  Meletit  1644 
(Gast  111,  8),  bei  loan  din  Vin»  1683  zuerst  niCTf,  mit  Fall 
des  r  (Gast  270,  U),  und  bei  Cantemir  cnpfcrc,  1698  (Gast  323, 
20);  neuer  ist  npic*rk  (Gast  b.  231, 10). 

Nach  Cihao  ist  preste  ein  Kompositum  aus  lat  '^er  extra, 
welches  so  nicht  bezeugt  ist  Miklosich  (Beitr.  1,  15)  denkt 
an  per-tranS)  womit  das  s  in  preste  nicht  erklärt  wird.  Tiktin 
dagegen  —  ihm  folgt  auch  Meyer-Lübke  (Gram.  III,  pag.  490)  — 
sagt  (Gr.  rouL  §  306,  3):  „peste,  din  pre  ^  spre,  de  aceia 
la  eei  recU  Incä  prespre,  prespe,  preste."  Cihacs  Er* 
klärong,  welche  lautlich  einwandfrei  ist,  findet  sich  auch  bei 
Diez  (EL  Spr.  II,  pag.  757),  bei  Geheeb  (Jb.  V,  40)  und  Byhan 
(Jb.  VI,  318).  Meyer-Lübke  (Gröbere  Ztschr.  XXII,  pag.  496) 
sieht  in  dem  zweiten  Eompositionsglied  -strä  eine  Vermischung 
Ton  extra  und  trans,  und  fcQirt  nach  Karl  Hamps  lat  Präpo- 
sitionenverzeichnis  (Arch.  f.  lat  Lex.  V^  321 — 868)  das  als 
Tulgärlateinisch,  wenn  auch  schwankend  bezeugte  extrans  an, 
welches  sich  lautlich  ebenso,  wie  extra,  zu  strä  entwickelte. 
Das  Spraohgeftthl  fftr  die  Entstehung  von  strä  ging  früh  ver- 
loren, sddaß  sich  auch  ein  strämos  entwickeln  konnte  gegen« 


—    446    — 

über  dem  spaD.  tranBabuelo,  portg.  tresayd,  afranz.  ires-aiTe 
„Urahn*'.  An  ein  Präfix  extra-  möchte  ich,  trotz  ital.  straya- 
gante,  straordinario,  bei  diesem  Worte  nicht  denken,  nnd  eher 
in  preste  eine  Eompromißform  zu  *per-extra  und  *per  extrans 
sehen,  in  welchem  letzteren  '^'extrans  bereits  strä  geworden 
war,  bevor  es  mit  pre  vexBchmolz;  prestrfi  ]>  preste  ist  also 
als  alte,  rumänische,  durch  Zusammensetzung  gebildete  Form 
anzusehen.  In  preste,  prestre,  peste  hat  sich  im  Auslaut  e  ftr 
das  etymologisch  richtige  ä  eingestellt  nach  Analogie  von 
intre;  r  konnte,  wie  auch  sonst,  fallen. 

In  den  dr.  Dialekten  entspricht  banatisch  pest'^  b&Q^; 
pest'g  vyrful  d'^alului  (Jb.  IV,  312  XXIX);  femer  pjstj  und 
prgstg;  P9st9  multse  d^lur  (Jb.  IV,  319  L).  Die  gedeckten 
Vokale  weisen  auf  Bildung  mit  pp,  prp  (s.  pre).  In  Serbien 
findet  sich  für  peste  oft  pistg,  in  St  Anna  (bei  Maros  Va8a^ 
hely)  hörte  Weigand  peSte  (Jb.  VII,  58),  in  der  Moldau  neben 
peste  und  häufigerem  pisti  noch  piäti  (peäte);  in  walachischen 
Orten  p^sti  und  p^sti  (Jb.  IX,  187). 

Das  Aromunische  bietet  peste,  häufiger  pisti  „über''; 
pisti  fatsg  „auf  die  Wange**  (Ar.  II,  Nr.  14,  7). 

Das  zweite  Element  der  Komposition,  sti  oder  stri,  ist 
hier  noch  eine  selbständige  Präposition;  sti  ohne  Liquida  in 
satzunbetonter  Stellung;  vgL  era  ng  ärbur^  stri  'nj  dz^( 
„es  stand  ein  Baum  auf  einem  Bei^esnrficken**  ((3asi  b.  269,  35), 
und  sti  lume  „auf  der  Welt**  (Gast.  b.  272,  39).  In  Vlacho- 
Livadhon  vgl  pristi  (VL  M.  35),  welches  in  den  OL-WaL 
nicht  verzeichnet  ist,  doch  finde  ich  in  den  Liedern  von 
Vlacho  Klisura  peste;  peste  lilitSile  toate  (OL-WaL  XXXI,  3). 

Im  Meglen  zeigt  sich  pristi  „auf**;  pristi  kap  „auf  dem 
Kopfe";  pristi  npapti  „mitten  in  der  Nacht**  (VI.  M.  35). 

Das  Istrische  hat  preste,  wie  im  Dr.;  preste  kf  „über 
das  Pferd**  (Jb.  I,  138,  18). 

prin  „durch*. 

In  den  ältesten  Quellen  erscheint  np1lj|w,  npHj^,  npi'.^H,  im 
Cod.  Vor.;  im  Cod.  Schei.  ist   die  Präposition  npH«f  selten, 


—    447    — 

npH^  KOA0H  (X,  2)  „in  den  Wäldern'';  bei  Goresi  finde  ich 
sie  nicht  (Gast  10£).  Der  Cod.  Leyit  hat  npi  ^  (Gast  4,  5), 
ebenso  der  Cod.  Praz.;  im  Cod.  Sturdz.  (Katech.)  findet  sich 
nptH  neben  npf  ^  (Gast  40, 13),  femer,  im  Jahre  1625,  npiH 
bei  Ureehe  (Gast  73,  9),  sowie  ebendort  hhh  (Gast  71,  30), 
welches  heute  noch  in  den  dr.  Dialekten  besteht,  hhh  ni^Ai^pf 
„durch  den  Wald"*.  Aach  Evstratie  1632  hat  npiH  (Gast  78, 
18).  Die  Form  niH  hat  noch  Sava  (Gast  217,  20)  Ton  1675, 
niH  TkprS  „auf  den  Markt". 

Die  Präposition  prin  hat  mit  lat  per  in,  wie  Den8U|iianu 
(Bist  de  la  langue  roum.  pag.  171)  anführt,  unmittelbar  nichts 
zu  ton,  sondern  ist,  höchstwahrscheinlich  in  schon  urromä- 
nischer  Zeit,  aus  pre  in  entstanden,  da  sie  auch  im  Aromu- 
nischen,  Meglen  und  Istrischen  vorkommt  Auch  Byhan  setzt 
far  prin  ein  lat  per-in  an  (Jb.  VI,  319).  In  den  westroma- 
nischen Sprachen  sind  entsprechende  Bildungen  nicht  vor- 
handen.  Die  alte  Form  npiH  neben  npHH  gibt  nur  eine 
offenere  Aussprache  des  i  an,  da  sich  in  den  nämlichen  Texten 
far  primäres  i  die  Formen  mit  e  finden;  nHH  zeigt  den  be- 
kamiten  Ausfall  von  postkonsonantischem  r. 

Im  heutigen  Dr.  bedeutet  prin  „durch";  prin  paduri  §i 
prin  campun.  Vor  Vokalen  tritt  meist  printru  (s.  d.)  daftr 
ein;  printr'  Insul,  weil  in  gleicher  Weise,  wie  es  bei  In  der 
Fall  war,  auch  hier  die  Nasalierung  eingetreten  wäre  und  ein 
pr^  geschaffen  hätte,  welches  nicht  lebensßUiig  geblieben  sein 
würde. 

Dialektisch  entspricht  im  Banatischen  pr^,  prin,  pin. 
Der  auslautende  Nasal  folgt  hier  vor  Gutturalen  und  Labialen 
den  Veränderungen,  welche  bei  In  beobachtet  wurden;  also 
prjn  lakrim  (Jb.  III,  265,  21),  aber  pifi-grg^j  (Jb.  IV,  317 
XLV);  ebendort  pim  pom  ß^  pim  mgrgtöini.  Wo  prg  ge- 
sprochen wird,  herrscht  pr^n,  wo  pre,  pri,  zeigt  sich  prin,  pin. 
Ein  Kompositum  prifikrestül  „querdurch",  im  nördlichen  Trans- 
silYanien  (Jb.  VI,  40),  enthält  magy.  keresztül.  In  Serbien 
und  Vilcea  hörte  Weigand  ppn  in  dupun  (de  prin;  Jb.  VII,  58) 
in  Dolj  pin  (Jb.  VII,  79,  LI);  in  der  Moldau  far  prin  einmal 


—    448    — 

Pf n  (Jb.  IX,  188)|  Bonst  pm;  trek  pin  sat  ka  pin  padnri  i^ 
pin  fl^k^ü  kft  pintre  lej,  S9  pin  fi^ti  ka  pin  Ketri  (Jb.  IX,  222). 

Das  Aromnaisohe  hat  pfin  ^über^  selten;  meist  tritfc 
dafftr  pitu  eis;  imn&  prin  p^eate  ,ier  ging  über  den  Hatkt" 
(Ar.  II,  Nr.  118,  1)»    Am  Olymp  scheint  prin  in  fehlen. 

Im  Meglen  ist  prin  ftbUoh;  prin  badz^  „durch  den  Kamm 
hindurch'';  prin  pgzQtUti  „über  den  Markt  hin**  (VL  M.  35). 
Auch  das  Istrisohe  hat  prin;  prin  kgas^  (Jb.  VI,  319). 

printre  „zwischen". 

t)er  Cod.  Vor.  und  der  Cod.  Schei.  kennen  ein  npHNTpi 
nicht;  erst  die  späteren  Tejcte  zeigen  die  Präposition;  nach 
Gaster  zeigt  sie  zuerst  die  Geogr.  Ard.  aus  der  Zeit  Ton  1660 
bis  1680  (s.  p.  178,  18),  npHHTpc  AM'fcCTfA'KASpc. 

Die  Form  printre  entstand  als  Kompositum  in  dako- 
ramänischer  Zeit  aus  pre  Intre,  die  Entwickelung  ist  prentre 
>  printre. 

Dialektisch  findet  sich  im  Banatischen  pr^trj 
„zwischen"  (Jb.  III,  280),  in  Muntenia  puntre;  pyntre  kolUt 
(Gssi  b.  259,  1). 

Im  Aromunischen  ist  die  Präposition  nicht  bekannt; 
hier  vertritt  ntre  ihre  Stelle,  welches  ja  auch  im  Dakorumä- 
nischen  in  der  Form  tntre  vielfach  printre  vertreten  kann. 
Auch  das  Meglen  hat  die  Präposition  nicht  und  im  Istrischen 
verzeichnet  sie  Bjhan  zwar  (Jb.  VI,  319)  und  fuhrt  nach  Nanu 
ein  „ras;i^t^ä  printre  bas"  an,  doch  ist  die  Existenz  des  Wortes 
in  diesem  Dialekt  gleichfEdls  sehr  zweifelhaft.  Printre  wird 
hach  alledenl  eine  ziendich  moderne,  dr.  Bildung  sein. 

spre,  asupra,  despre  Inspre  (arom.  sprima). 

In  den  ältesten  Denkmälern  erscheint  cnpi  im  Cod.  Vor. 
häufig,  seltener  cnpH  (Cod.  Vor.  XLIY,  1)  cnp'f  (ibid. XXXII,  11^; 
als  Eompositionsglied  tritt  es  in  npf cnpi  (Cod.  Vor.  XVHI, 
i2S.)  hervor.  Auch  der  Cod«  ^chei.  hat  häufig  cnpi;  cnpi- 
AOMhSa  (II,  2S.\  der  Cod.  Levit  dagegen  zeigt  sie  nicht 
(Gast.  3  ff.))  während  der  gleichalterige  Cod.  Stuidz.  von  1550 
cnpf  hat,  cnpiAH  (Gast.  1, 15),  ebenso  wie  Coresi  cnpcUHHi 


—    449    — 

(Gast  10,  6).  Bis  in  die  Mitte  des  17.  Jahrhunderfcs  bieten  die 
Denkmäler  ein  npccnpf  „auf**  (Cod.  Vor.  XVllI,  12 f.;  Cod. 
Scbei.  XL  VI,  8.  CVU,  6  ff.),  welches  durch  Zusammenwachsen 
von  npi  mit  cnpi  entstand.  Bemerkenswert  ist  dazu  ein  npf 
cnpt7roT8nku;&HTSA  im  Cod.  Sturdz.  (Gast  2,  20). 

Zur  lautlichen  Erklärung  leitete  Cihac  spre  aus  lat.  ex-per 
ab,  was  an  sich  nicht  anfechtbar  wäre;  ihm  folgten  hierin 
Miklosich  (Lautl.  V,  20),  Tiktin  (Gr.  rom.  §  316,  3),  Philippide 
(Ist  limb.  rom.  I,  104).     Auch  Diez  (Rom.  Gr.  II,  pag.  483) 
faßt  spre,  aus  ex-per,  als  „Verstärkung  zu  pre,  pe,  vornehm- 
lich für  versus  ad^  auf  und  Geheeb  (Jb.  V,  45)  sagfc:  „In  spre 
und  spreste  begegnen  wir  zwei  ebenfalls  vom   Rumänischen 
erat  geschaffenen  Präpositionen,  deren  anlautendes  s  offenbar 
lat  ex  ist**     Weigand  setzt  spre  <  lat  supra  an  (OL- Wal.  74). 
Mejer-Lübke,  dem  diese  Ableitung  entgangen  zu  sein  scheint 
fahrt  aus  (Gröbers  Ztschr.  XXII,  pag.  492  ff.),  daß  sich  ex  nur 
äußerst  selten  in  lateinischen  Zusammensetzungen  von  Präpo- 
sitionen (exadversus,  econtra)  findet,  weil  bei  der  Entstehung 
der  prapositionalen  Verbindungen  im  Romanischen  ex  schon 
im  Aussterben  begriffen  war.    Femer  eignete  sich  per  seiner 
Bedeutung  nach  überhaupt  nicht  zur  Verbindung  mit  einer 
zweiten  Präposition,  wozu  noch  kommt,  daß  die  Bedeutung 
^^^  »gegen''  für  per  nicht  paßt    Es  wird  daher  unter  An- 
fährung  reichlicher'  Belegstellen,  für  spre   „über  auf   und 
„gegen''  als  Etymon  lat  süpSr  angesetzt. 

Diese  Erklärung  ist  nun  wohl  zutreffend,  läßt  aber  manche 
Schwierigkeiten  unerörtert  Ich  nehme  mit  Weigand  an,  daß, 
aus  Bedeutangsgründen,  zur  Erklärung  von  spre  super  allein 
nicht  ausreicht,  sondern  gleichzeitige  Einwirkung  von 
lat  supra  angenommen  werden  muß.  Allerdings  wurde  supra 
(itaL  aopra  (sovra),  afranz.  so  vre,  aspan.  sobra)  durch  süpSr 
(span.  portg.  sobre,  altit  sor,  franz.  sur)  verdrangt  da  aber  in 
spätlaieinischer  Zeit  supra  noch  weit  gebräuchlicher  war,  als 
saper,  so  ist  die  Aufnahme  von  supra  ins  Urrumänische  nicht 
nur  wahrscheinlich,  sondern  durch  das  Adv.  asupra  sogar  un- 
mittelbar  erwiesen.    Dem  Italienischen  ist  super  fast  fremd, 

Weigand,  10.  Jahresbericht.  29 


-    450    — 

es  ist  hier  nur  in  Neubildungen  mit  der  romanisierten  Partikel 
vertreten  (Diez  II,  pag.  717). 

Für  lat.  super  >  spre  sprechen  die  lautlichen  Gründe; 
supra  hätte  sprä  ergeben  müssen,  eine  Form,  die  allerdings 
dialektisch  auch  häufig  genug  vorkommt,  hier  aber  modern 
sein  kann,  da  e  durch  Einwirkung  von  r  dialektisch  zu  a 
werden  kann,  allein  die  Wechselwirkung  der  einzelnen,  auf 
-re  und  -rä  ausgehenden  Präpositionen  ist,  wie  früher  mehr- 
fach gezeigt,  so  sicher,  daß  eine  auf  -re  ausgehende  Präpo- 
sition ebensogut  von  der  Wurzel  -ra  kommen  kann,  wie  um- 
gekehrt; z.  B.  sicher  in  c&tre  statt  catra  aus  contra. 

Es  ist  aber  weiterhin  auch  beachtenswert,  daß  neben  spre 
nicht  ein  spe  zu  finden  ist,  analog  lat  per  ]>  pre  ]>  pe.  Diese 
Bewahrung  des  r  in  spre  weist  auf  supra,  dessen  ur- 
rumänische Form,  von  vornherein  durch  pre  beein- 
flußt, zu  spre  wurde.  Den  ungewöhnlichen  Schwund  des 
u  führte  die  Tonlosigkeit  der  Präposition  herbei  Aus  gleichem 
Grunde  ist  !n  in  den  Dialekten  ohne  VokaL  Auch  die  Be- 
deutung spre  „gegen"  aber  weist  auf  den  Einfluß  von  supra; 
vgl.  lai  supra  modum  „über  das  Maß  hinaus",  supra  morem 
„gegen  die  Gewohnheit";  beiLivius  supra  Caput  venire  „über 
den  Hals  kommen";  cfr.  dr.  asupra  „gegen". 

Die  Existenz  von  spre  im  Urrumänischen  wird  sicher 
erwiesen  in  der  Bildung  der  rumänischen  Zahlwörter  von  elf 
bis  zwanzig,  wenn  es  auch  als  Präposition  im  Meglen  und 
im  Istrischen  nicht  mehr  vorkommt.  Im  Aromunischen 
findet  sich  außerhalb  der  Numeralien  noch  eine  weitere  Spur 
von  spre  in  der  Präposition  sprima  „gemäß",  die  im  Cod.  Dim. 
(hier  CJtQ^fia  geschrieben)  mehrfach  begegnet;  vgl.  sprima 
kare  (Jb.  I,  XIV,  6);  sprima  lukgrg  a  loru  (Jb.  IV,  XXV,  9^; 
sprima  tsi  §-are  siminatg  (Jb.  VI,  IC  b,  24),  sprima  bünile 
(ibid.  25);  sprima  bunesle  ka^esün  (ibid.  C,  6).  Ich  möchte 
sprima  für  ein  Kompositum  von  arom.  spri  mit  ma,  welches 
letztere  dem  dr.  mai  entspricht,  halten;  spre  ist  also  altes  Erbgui 

Ein  cSnpa  fehlt  im  Cod.  Vor.,  findet  sich  aber  sonst  in 
den  älteren  Denkmälern,  so  in  fi^iC\infiA  (Cod.  Schei.  XVD,  17), 


—    451     — 

weiter  cSnpA  UA  bei  Dosotheiu  1680  (Gast.  247,  31)  und  cSnpa 
Bp'kXCuauJHAWp  (ibid.  41).  Auch  ac^npa  und  fi^iAC^nfiA  sind 
in  den  beiden  ältesten  Denkmälern  nicht  enthalten,  ac8npa 
findet  sich  zuerst  bei  Dreche  um  1625,  acSnpA  a8h  Oti^ah 

(Gast..  71,  5). 

Eine  weitere  Komposition  mit  spre  hat  das  heutige  Dr. 
in  despre  „über,  in  Betreff".  Im  Cod.  Vor.  findet  sich  fi^icnfii 
zweimal,  im  Cod.  Schei.  scheint  es  zu  fehlen.  In  den  ver- 
wandten Sprachen  ygl.  span.  desobre.  Meyer-Lübke,  sowie 
neuerdings  Densusianu  (Hist  de  la  langue  roum.  pag.  172), 
stellen  despre  unmittelbar  zu  lat.  desuper,  sodaß  man  ein  ur- 
rum.  *de8upre  anzusetzen  hätte,  welches  als  dreisilbiges,  pro- 
klitiscbes  Atonon  durch  Silbenreduktion  zu  despre  geworden 
wäre.  Sollte  dr.  despre  unmittelbar  aus  desuper  herzuleiten 
sein  (Grob.  Ztschr.  XXII,  495),  so  müßte  sich  wohl  super  > 
spre  gleichzeitig  damit  entwickelt  haben,  aber  im  Aromu- 
nischen  und  im  Meglen  fehlt  despre  vollständig,  während 
spre  überall  vorhanden  war.  Es  ist  demzufolge  viel  wahr- 
scheinlicher, daß  zunächst  nur  spre  entstand,  und  despre,  wenn 
nicht  aas  einem  einfachen  Zusammenwachsen  in  dr.  Periode 
aus  de  mit  spre,  erst  später,  vielleicht  unter  Einwirkung  des 
Adv.  desupra,  sich  bildete. 

In  den  Dialekten  zeigt  das  Aromunische  nur  adv. 
^^prg,  desuprg,  asupra  „oben";  das  Meglen  suprg  mit  dem 
charakteristischen  Abfall  des  anlautenden  a,  sodaß  hier  nicht 
direkt  ein  supra  zu  Grunde  gelegt  werden  darf.  Papahagi 
Terzeichnet  noch  disuprä  (Megl.  Rom.  p.  76),  sowie  ein  disupru 
nde  asupra"  und  pri  disupru  „pe  de  asupra",  beide  in  der 
Form  analogisch  zu  dupu,  kutru  (s.  cätre).  Für  das  Istrische 
bezweifelt  Byhan  (Jb.  VI,  356)  die  Existenz  eines  supra,  das 
Majoresca  hat,  es  erscheint  aber  ein  dispre,  despre  (Jb.  VI, 
206)  als  Präposition  neben  desupra  adv.  (Jb.  VI,  207).  Daß 
der  Dialekt  das  Wort  hat,  erklärt  sich  daraus,  daß  das  Istrische 
sich  später,  als  die  anderen  Dialekte  vom  Dr.  getrennt  und 
infolgedessen  mit  diesem  noch  manches  gemeinsam  hat,  was 
den  anderen  Dialekten  fehlt. 

29* 


—    452    — 

Eine  andere  Komposition  mit  spre  ist  noch  dr.  inspre 
„gegen^  in  der  Richtung  nach**,  welches  bei  Gaster  nicht  Te^ 
zeichnet  isi 

Im  Aromanischen  erscheint  ein  spri  ab  Präfix;  spridzor 
„falsch  schwören ''y  spritund  „durchbohren*',  spriling  „ablecken'^, 
sprilufig  „länglich".  Geheeb  (Jb.  V,  40)  vermutet  hier  supra, 
doch  können  sich,  vergleicht  man  lat.  pertundo,  perjuro,  per- 
longus,  Zweifel  regen,  ob  spri-  hier  überhaupt  dem  dr.  spre 
entspricht,  und  nicht  vielmehr  an  lat  per  ^  pre  mit  parasi- 
tischem s  zu  denken  sein  möchte,  so  sicher  wenigstens  for 
sprilung  (ital.  spilungone,  sizil.  spirlungo  cfr.  Körting  Wtb.) 
nach  Weigand  (01-W.  59):  „Wenn  sich  s  vor  Substantiven, 
Adjektiven  und  Pronominibus  findet,  so  hat  man  es  zweifel- 
los mit  einem  parasitischen  s  zu  tun."  Bei  den  Verben 
spridzur,  spritund  liegt  gleichfalls  sehr  wahrscheinlich  peijnro, 
pertundo  zu  Grunde  mit  Zutritt  von  verstärkendem  s,  wonach 
sich  spriling  bilden  konnte. 

sub,  supt  „unter". 

Im  Cod.  Vor.  erscheint  nur  einmal  cSnrS  (CLXIII,  7),  im 
Cod.  Schei.  öfter,  cSnx^UkHtfiiCAopk  (CV,  42),  c8nT8noAHoacif 
(XCVm,  5).  Bei  Coresi  c^nxk  oruspc  (Gast  24,  19);  c8n 
im  Cod.  Schei.  (XLIV,  6)  cHnTHpi  „unter  dir".  Auch  später 
noch,  cSnHipio  bei  Dosotheiu  1683  (Gast  268,  11),  sowie  ein 
COHTO,  mit  altem  dialektischen  o  für  u,  wie  häufig  in  den 
Denkmälern,  conro  CfUHO  cnoHtL  (Gast  175, 18). 

Zur  lautlichen  Entwickelung  vgL  lat  sub,  welches  schon 
vlt  SU  wurde  und  urrumänisch  blieb.  Im  Dr.  ist  su  nur  noch 
als  Präfix  (vgL  suire  <C  lat  subire),  sonst  nur  dialektisch 
üblich.  Im  Aromunischen  und  Istrischen  ist  su  noch  als  selb- 
ständige Präposition  bewahrt,  falls  es  sich  hier  nicht  um 
sekundäre  Bildung  handelt  In  den  westromanischen  Sprachen 
vgl.  span.  (veraltet)  so,  so  las  copas,  so  pretesto  u.  a.;  poitgi 
sob.  Die  Bemerkung  bei  Diez  (R.  Sp.  II,  pag.  757),  daß  lat 
sub  gemeinromanisch  später  durch  subtus  verdrängt  wurde, 
gilt  auch  für  das  Rumänische  mit  Bezug  auf  supt»  das  je  nach 


—    453    — 

dem  folgenden  Anlaute  variiert  erscheint.  Die  Entwickelang 
ist  lai  subtas,  gespr.  suptu  ]>  snpi  Die  übliche  Schreibung 
Bubt  ist  etymologisch,  gesprochen  wird  supt  Der  Dental  von 
Bupt  fiel  vor  folgendem  Konsonanten  dergestalt,  daß  vor 
folgendem  Stimmhaften  sup  >  sub,  vor  folgendem  Stimmlosen 
8up  unverändert,  vor  Labialen  durch  weiteren  Verlust  des 
Auslauts  SU  erscheint,  welches  dem  alten  su  gegenüber  also 
sekundäre  Bildung  isi  Vor  folgendem  Vokal  blieb  supt  un- 
verändert Parallelen  zu  diesen  rumänischen  Bildungen  bietet 
das  Spanische  in  sonrodar,  sonreirse,  socavar,  soterrar,  subiretc.; 
in  den  übrigen  romanischen  Sprachen  vgl.  zu  lat.  subtus  itaL 
sotto,  altportg.  soto,  prov.  sotz,  afranz.  soz,  nfranz.  sous. 

Im  Dr.  findet  sich  vielfach  die  Verbindung  pre  sub;  pre 
sab  poalele  „am  Saum*',  schon  altrum.  npf  cSn  Hfpio  (Gast  268, 
8);  femer  de  supt,  de  desapt,  dedesuptul  „unterhalb^. 

In  den  Dialekten  hat  das  Banatische  supt;  supt  koritg 
(Jb.  III,  277)  „unter  den  Trog**.  Im  Olltal  vgl  su,  als  sekun- 
däre Bildung,  verzeichnet  von  Pu|cariu  (Jb.  V,  190).  In  der 
Moldau  und  Dobrudscha  herrscht  supt,  sup,  neben  welchem 
auch,  ein  pi  sup  (s.  pre)  gebräachlich  ist;  supt  umbrg  (Jb.  IX, 
218),  pi  8up-S9ri  pi  sup-luny  (Jb.  IX,  222). 

Das  Aromunische  bietet  zahlreiche  Formen;  vgl.  sumtu, 
suntu,  sum,  sap,  sab,  sun,  su;  letztere  wie  bemerkt,  vielleicht 
alte,  ererbte  Präposition;  sum  meru  §i  sum  gutün  „unterm 
Apfelbaum  und  Quittenbaum"  (Ar.  II,  Nr.  22,  11),  sun  n9 
frundzf  „unter  einem  Zweig**  (Ar.  U,  Nr.  22,  12);  su  str^ah^ 
„unter  das  Vordach^  (Ar.  U,  Nr.  118, 12).  Arom.  sumtu  konmit 
über  *8amptu,  mit  analogischem  m,  nach  strimtu  xTstrinctus  etc., 
wie  auch  vimtu  xTventu.  In  suntu  ist  der  labiale  Nasal  dia- 
lektisch wegen  t  zum  dentalen  geworden.  Am  Olymp  herrscht 
sab,  suptu,  suntu.  Bojadzi  hat  sub  und  presub,  offenbar  durch 
das  Dr.  beeinflußt  (Jb.  II,  136). 

Das  Meglen  zeigt  sup;  sup  r^p^  „unter  dem  Felsen** 
(VL  M-  70),  sup  nfija  „unter  dem  Schnee";  di  sup;  di  sup 
r9P9  „unter  dem  Felsen  hervor"  (VL  M.  71).  Daß  hier  nur  die 
Form   mit  Stimmloser  im  Auslaut  belegt  ist,  ist  wohl  nur 


—    454    — 

Zufall^  denn  das  im  Dialekt  herrschende  Auslautgesete  kommt 
bei  Präpositionen  nicht  in  Betracht 

Im  Istrischen  ist  altes  su  wahrscheinlich  erhalten,  mit 
wechselnder  Bedeutung;  vgl  su  Rim  „nach  Rom"  (Jb.  1, 140, 
4);  SU  vos  „am  Wagen"  (Jb.  I,  136,  5).  Dem  megl  di  sup 
„unter  hervor"  entspricht  hier  di  su  „von  weg";  di  su  vos 
„vom  Wagen  weg"  (Jb.  I,  136,  8).  Es  ist  übrigens  nicht  un- 
möglich, daß  istr.  su  in  der  Bedeutung  von  ital.  su  „auf"  be- 
einflußt wurde. 

B.  Fremde  Präpositionen. 

a/nangia  di  „gegenüber". 

Die  Präposition  a/nangia  di  „gegenüber"  findet  sich  nur 
im  Aromunischen ;  vgl.  §idzü  a/nafigia  de  palate  „er  setzte 
sich  dem  Palast  gegenüber*^  (Petrescu,  Mostre  II,  34,  29).  In 
Weigands  Arom.  Wörterbuch  (Mskr.)  ist  die  Form  aTnanea 
angegeben,  die  wohl  aus  der  angefahrten  vereinfacht  ist  Das 
Wort  stammt  aus  dem  Neugriechischen;  vgl.  dyt^ävria  adv. 
„gegenüber"  (gespr.  a/nändia),  der  Übergang  von  d'  zu  g 
kann  im  Aromuaischen,  wo  sonst  palatale  Dentale  nicht  vor- 
kommen, nicht  befremden. 

altal  „durch". 

Im  nordwestlichen  Siebenbürgen  an  der  magyarischen 
Sprachgrenze  findet  sich  die  Präposition  altal  „durch"  (Jb.  VL 
40),  das  ebenso,  wie  prifikrestul  (s.  prin)  aus  dem  Magyarischen 
(altal  „durch")  entlehnt  ist 

anamesa  di  „mitten  in,  auf". 

Im  Aromunischen  wird  häufig  die  Präposition  anamesa 
di  „inmitten  von*'  angewendet,  meist  mit  Abfall  des  a,  namesa 
di;  vgl.  namesa  di  amare  „mitten  auf  dem  Meere"  (Jb.  VI, 
114,  12);  namesa  di  bisearikg  „mitten  in  der  Kirche"  (C!od. 
Dim.  CXlVb,  10);  ferner  nämisa  di  tSeräle  „mitten  auf  dem 
Marktplatz"  (Ar.  II,  Nr.  85,  1).  Das  Wort  stammt  aus  dem 
Neugriechischen,  avafisöa  „mitten  in".  Femer  findet  sich  noch 


—    455    — 

ta  mes^  di   „inmitten^  (Jb.  U,  171),  mit  anderer  Bildung, 
yermittelst  mese  f.  „Mitte". 

do  „zu". 

Slay.  do  (c  gen.)  „zu,  bis"  findet  sich  besonders  im  Istri- 
schen  als  selbständige  Präposition,  aus  dem  Kroatischen  ent- 
lehnt ähnlich  wie  po  (s.  d.);  do  sto  let  „nach  hundert  Jahren" 
(MikL  Sl.  EL,  pag.  59).  Im  Dr.  ist  do  nur  dialektisch,  und  selten, 
z.  B.  in  Gk)[j:  mgi  do  biserik^  „näher  an  der  Kirche"  (Jb.  VII, 
83),  wo  aber  stets  Toraufgehendes  mpi  mit  gebraucht  wird. 

In  einer  eigenartigen  Funktion  erscheint  do  als  selb- 
ständige Partikel  im  Banati  sehen  in  den  Gemeinden  Mehä- 
dika  und  Verendin  in  der  Kraina  und  Bania  (Alma§),  den 
sogenannten  o-Gemeinden  Weigands,  sowie  in  der  Kleinen 
Walachei  (Godeanu),  wo  sich  bisweilen  ein  dem  part  pf.  vor- 
gestelltes do  findet  (Jb.  III,  232),  am  do  vgdzut,  am  do  dz|}s; 
am  do  g^tat  (dr.  am  vSzut,  am  zis,  am  gätat),  worin  Weigand 
(Jb.  III,  232)  eine  Nachahmung  der  Bedeutung  des  magya- 
rischen meg  sieht,  für  das  slav.  do  benutzt  wurde.  Dieses  do 
kommt  auch  beim  Präsens  vor;  sä  do  isprävesk  (Jb.  VII,  48). 
Weigand  bemerkt  hierbei  „sollte  sich  die  Partikel  auch  in 
der  Großen  Walachei  finden,  dann  ist  ihr  magyarischer  Ur- 
sprung nicht  aufrecht  zu  halten,  während  sie  in  der  Kleinen 
Walachei  nicht  befremdet". 

Einen  ganz  ähnlichen  Sprachgebrauch  finde  ich  im  Meglen 
von  Papahagi  (Megl.  Rom.  p.  77)  verzeichnet,  welcher  eine 
Partikel  du  anfuhrt  als  „prefix  la  unele  verbe,  ca  sä  Intä- 
reascä  si  mai  mult  actiunea  lor";  das  Beispiel  ca  s-la  du 
sp^lä.  dr.  „si  dupä  ce  va  fi  spälat"  entspricht  ganz  dem,  was 
sich  im  Banatischen  findet.  Da  dieses  du  (do)  beim  Vprbum 
einen  perfektiven  Charakter  zeigt,  wie  ihn  auch  slavisches  do 
als  Verbalpräfix  oft  hat,  so  scheint  mir  hier  slavischer  Einfluß 
vorzuliegen. 

Impotriva  „gegen". 

Obgleich  diese  Präp.  eine  rumänische  Bildung  ist,  fahre 
ich  sie  hier  mit  an,  weil  ihr  Ursprung  doch  im  Slavischen  liegt. 


—    456    — 

In  den  ältesten  Denkmälern  erseheint  j|wnpoTHRa  im  Coi 
Vor.  nur  einmal,  jf^nOTpHBa  hSum^h  (LXXV,  7);  auch  im 
Cod.  Schei.  ist  das  Wort  selten,  ich  finde  ^npoTHRA^ti^CM 
(CXLVII,  7),  als  substantivische  Präposition.  Die  Bibelüber- 
setzung von  1648  zeigt  in  der  Parallelstelle  zum  Cod.  Vor. 
cnpc  (LXXV,  7),  die  von  1688  bat  K'krp'k.  Coresi  schreibt 
^nOTpHBa  (Gast.  17,  9),  die  älteste  Form  mit  der  Metathese 
der  Liquida.  Der  Cod.  Levit.  hat  j^npoTHsaU'k  (Gast  5, 38); 
die  Paleea  j|wnpoTHBaHrrk^fH  (Gast.  67,  28);  Ureche  ^unpo- 
THBa  (Gast.  69,  41),  Evstratie  ^npoTHBa  aI$h  (Gast  122,39). 

In  den  Dialekten  ist  keine  Spur  der  Präposition  zu  be- 
merken, dieselbe  ist  also  als  lediglich  dakorumänisch  auf- 
zufassen, und  zwar  als  alte  Bildung,  da  sie  bereits  in  den 
ältesten  Denkmälern  in  der  jetzt  üblichen  Weise  und  Bedeu- 
tung angewendet  ist 

Zu  gründe  liegt  das  rum.  protivä  subst  „Vergleicb", 
welches  aus  dem  Altbulgarischen  stammt;  altb.  npoTHBiK  ist 
die  Akkusatiyform  eines  (im  Nom.  nicht  belegten)  npoTMfU 
„comparatio",  es  heißt  also  In  protiya  wortlich  „im  Vergleich 
zu",  woraus  sich  weiter  „gegen,  gegenüber"  entwickelt  hat 
Zu  altb.  npoTHBx;  vgl.  noch  adv.  npoTHBik  „gegenüber".  Im 
dr.  Impotriva  zeigt  die  Metathese  der  Liquida  eine  im  Bomir 
nischen  häufige  Erscheinung,  daneben  hat  sich  indessen  auch 
die  alte  Form  protiyä  „Gegenteil"  in  Siebenbürgen  erhalten, 
ebenso  in  protivnic  „Gegner". 

In  aleanul  „gegen". 

Die  Präposition  kommt  nur  im  Altrumänischen  vor.  Der 
Cod.  Vor.  hat  .f^HTpAAtCHb  (LXXV,  9)  adv.,  im  Cod.  ScbeL 
fand  ich  das  Wort  nicht;  der  Cod.  Levit  zeigt  j|iaA*kH8ABOCTpoif 
(Gast  5, 13),  4^aA'kHi$iiM'fcov(Gast  5, 12),  .fwaAtLHSAAop  (ibid.  39). 
Zuletzt  erscheint  das  Wort  bei  loan  din  Vinti  1683,  ^aa*Kh 
(Gast  270,  32). 

Die  Präposition  beruht,  wie  Impotriva,  auf  einem  Sub- 
stantivum,  welches  als  Lehnwort  ins  Rumänische  übergegangen 
ist;  vgl.  rum.  aleanü  „Widrigkeit,  Ungemach",  aus  dem  ms- 


—    457    — 

gyarischen  eilen  „gegen,  Feind".  Das  e  ging  rumänisch  im 
unbetonten  Anlaut  zu  a  über,  das  offene  magy.  e  (f)  wurde 
ea.    Im  heutigen  Dr.  vgl.  alean  „Feind*'  und  „feindlich". 

Jimi  „bei". 

Papahagi  verzeichnet  (Rom.  din  Megl.  pag.  49)  eine  Prä- 
position des  Meglen,  jimi,  dr.  „pe";  jimi  domn  „bei  Gott"; 
jimi  t^sta  ppini  „bei  diesem  Brot".  Papahagi  fuhrt  an  ange- 
gebener Stelle  noch  jimi  treili  s^m^  „bei  den  drei  Heiligen"  an. 

kata  „gemäß". 

Im  Aromunischen  findet  sich  yereinzelt  ein  kata  „nach, 
gemäß",  als  Entlehnung  aus  dem  Griechischen,  xara.  Vgl. 
cata  ursita  a  amiräului  „nach  dem  Befehle  des  Kaisers" 
(Petrescu»  Mostre  II,  13,  12),  cata  dzica  „gemäß  dem  Aus- 
spruch" (ibii  31,  2). 

kä  „zu". 

Die  slavische  Präposition  Kik  „zu"  findet  sich  altrumänisch 
nurreremzelt  in  Überschriften;  z.  B.  K*f  Bpi ivu  „an  die  Hebräer" 
(Oasi  317),  Kk  KOpHH^*KH  „an  die  Eorinther"  (Gast.  316). 

na  „auf". 

Als  selbständige  Präposition  ist  na,  ebenso  wie  po,  za, 
nur  im  Istrischen  zu  konstatieren;  tot  na  pplu  „in  vollem 
Chdopp  (Jb.  I,  136,  8,  9);  naskut  me  am  na  dvaiset  |i  tSintS 
augustu  (Bomania  XXI,  254;  ÜI,  1);  na  desne  öaöe  „zur 
Kechten  des  Vaters"  (Mikl.,  Sl.  EL);  na  broj  „unverletzt,  ganz"; 
ö  jezi  na  broj  „et  haedi  integri"  (Mikl.,  SL  EL  VI,  21).  Für 
diese  istrische  Präposition  ist  ebenfalls  Entlehnung  aus  dem 
Kroatischen  anzunehmen. 

ot  „von". 

Die  Präposition  urr  findet  sich  in  den  alten  Texten 
ziemlich  häufig.  Der  Cod.  Vor.  enthält  WT  nicht,  doch  finde 
ich  es  im  C!od.  Schei.,  vgL  uiH^8WT.|^n8TapfM'(f  „und  man 


—    458    — 

spottet  mein**  (LXVIII,  11),  sodann  hat  Coresi  1581  WT  in 
der  Überschrift  f  VrAiTi  urr  uat^ih  (Gast  28).  Die  Präposition 
wird,  ähnlich  wie  Clk,  besonders  in  Urkunden  des  alltäglichen 
Lebens,  und  vorwiegend  bei  Angaben  der  Herkunft  gebrancht 
Ein  HrisoY  de  vänzare  von  1609  (Gast.  43),  in  dem  gleich- 
zeitig auch  Ck  vorkommt,  enthält  urr  mehrmals;  vgl.  npi^rapH 
urr  Tau;  ivt  bha'kiiiih;  urr  bo]^oi|ih;  urr  poiuHSpH,  eb 
HrisoY  de  vänzare  von  1619  (Gast  53,  2)  uirrpapio  WT 
BAikHH-kHH;  der  Cod.  Stnrdz.  von  1620  IVT  posKCTRÖ  (Gast  56, 
28),  ein  Hrisov  de  judecatfi  vom  gleichen  Jahre  BOA'KpH  urr 
AROp  (Gasi  62,  21),  das  nämliche  Schriftstück  in  der  halb- 
slaviscfaen  Fluchformel  Hf  ck  jfif  TpfKAtrr  lUH  npoKAtr  urr 
fa  K?^  AUHH  (Gast  63,  14).    Ein  Hrisov  de  vänzare  von  1638 

zeigt  WT  BlklllHNHIIlH,  UTT  SSpAlkHHI|IH,  WT  ^HHHI|Jf,  SOwie 

siebenmal  WTTAU.  Ein  Hrisov  de  vänzare  von  1641  (Gast  92, 
Nr.  XXXII)  enthält  dreimal  WT  mit  Ortsnamen  und  riennal 
WT  TAU;  eines  von  1642  (Gast  102)  viermal  WT  mit  Orts- 
namen, doch  wird  bei  weiteren  Personalien  hier  an  Stelle  von 
WT  auch  ^HH  und  jk,i  gesetzt  Das  „Hrisov  de  rumänie^ 
(Gast  134)  von  1650  hat  funfinal  WT  mit  Ortsangaben  und 
zweimal  WT  TAU,  ein  Hrisov  von  1650  (Gast  135)  zweimal 
WT;  ein  solches  von  1650  enthält  WT  sSTH'kpiilJH,  urr 
E8Kpfi|j,  WT  T*kprOBHi|i  (Gast  135,  Nr.  XLV).  Ein  zweites 
Hrisov  de  rumänie  von  1650  enthält  WT  pSCHHfi|iH,  urr 
nAikBHmsHH  (Gast  135,  136).  Das  Hrisov  de  tigancä  von 
1672  (Gast  208,  9)  hat  WT  npHRHU. 

Im  Molitvelnik  von  1650  bis  1675  (Gast  288)  und  auch 
sonst  erscheint  WT  in  den  slavischen  Überschriften  der  Evan- 
gelien; WT  UAT4^IH,  WT  UApKA,  WT  A8KH. 

Von  jetzt  ab  verschwindet  ot  in  den  Denkmälern,  an- 
nähernd zu  gleicher  Zeit  mit  sä  „mit",  ungeachtet  seiner  viel 
größeren  Häufigkeit 

Ob  ot  hier  und  da  im  Volke  gebräuchlich  gewesen  ist 
läßt  sich  nicht  mehr  feststellen;  der  notarielle  Gebrauch  allein 
würde  zu  einer  Bestätigung  nicht  ausreichen,  da  ot  hier  doch 
wohl  nur  dem  Formelwesen  der  Urkunden,  die  zu  jener  Zeit, 


—    459    — 

sowie  Yorher,  meist  in  bulgarischer  Sprache'- abgefaßt  wurden, 
sein  Vorkommen  yerdankt  Gleichwohl  mag  mit  einiger  Wahr- 
scheinlichkeit namentlich  bei  Ortsangaben  vor  Gericht  und  an 
Aml»stelle  urr  nach  alter  Überlieferung  nicht  nur  gebraucht, 
sondern  im  Volke  auch  verstanden  worden  sein. 

po  „nach". 

Die  Präposition  po  „nach",  ein  gemeinslavisches  Wort, 
ist  nur  im  Istrischen,  ähnlich  wie  na  und  za,  zu  finden;  im 
Rumänischen  erscheint  es  aber  nur  als  Präfix  in  slavischen 
Lehnwörtern.  Vgl.  istr.  po  zgoru  „hinauf  (Jb.  I,  136).  Das 
Wort  gehört  zu  den  neueren  Entlehnungen  des  Istrischen  aus 
dem  Kroatischen.  Byhan  verzeichnet  po  (Jb.  VI,  Glossar)  nicht. 

pro  „gegen". 

Die  Präposition  pro,  ein  gemeinslavisches  Wort,  fbhrt 
Byhan  (Jb.  VI,  Glossar),  für  das  Istrische  an,  pro-ketra 
(c&trä)  Iv.  3,  und  stellt  es  mit  kroat.-slov.  proti  zusammen. 

sä  „mit". 

Die  slavische  Präposition  Ck  findet  sich  in  den  alt- 
rumänischen Schriftdenkmälern  nur  selten,  bei  Gaster  zeigt 
sie  sich  viermaL  Der  slav.  Form  Ck  (s'l)  entspricht  rum.  sä  (Ck). 

Über  den  eigentlichen  Lautwert  von  nk  im  Altbulgarischen 
sagt  Leskien  (Handb.  d.  altb.  Spr.,  pag.  5),  es  sei  wahrschein- 
lich als  kurzes,  offenes  u  oder  kurzes,  geschlossenes  o  ge- 
sprochen worden.  Scholvin  (Arch.  II,  pag.  485),  und  nach  ihm 
Th.  Vetter  (Zur  Gesch.  d.  nomin.  Dekl.  im  Russ.  Diss.  1883, 
pag.  15),  wollen  'k  in  geschlossener  Silbe  als  o  gesprochen 
wissen;  dann  wäre  o  unbetont  im  Rumänischen  zu  u  geworden, 
falls  Ck  volkstümlich  gewesen  ist.  Dies  war  indessen  schwer- 
lich der  Fall,  so  wenig  wie  bei  ot,  und  ist  daher  wahrschein- 
lich nur  die  bulgarische  Schreibung  der  Urkunden  auch  far 
die  altrumänische  beibehalten  worden. 

Zuerst  findet  sich  CK  in  einem  Hrisov  de  vänzare  von 
1609  (Gast.  43)  aus  Roman,  worin  es  heißt  uiH  cw  .bY.  npi^rapH 


—    460    — 

„und  mit  21  Bürgern";  ferner  in  einem  solchen  von  1614 
(Oast.  44):  H  rk  cicrpa  fr  copa  apHMWf  „und  mit  seiner 
Schwester  AritSoe".  Ein  HrisoY  de  judecatä  ron  1620  (Gast.  62) 
hat  npiHTpS  CATyA  BAikM-KNiH  ck  AOK  fi,i  uoap'k  Jf.  9KH3KTa 
„für  das  Dorf  Vläcenii  mit  dem  Mühlenplatz  an  der  Jijia'. 
Am  Schlüsse  dieses  Hrisovs  wird  die  ganze  Stelle  wiederholt, 
dabei  aber  CK  durch  rumänisches  M  ersetzt.  In  demErisov 
Yon  1614  zeigt  sich  übrigens  die  nämliche  Formel,  die  in 
demjenigen  von  1609  mit  Ck  angefahrt  ist,  rumänisch  mit  Kl^: 
lUH  M  bT  nikprapH  (Gast  45,  11).  Ein  Hrisov  de  fmpärtire 
endlich  von  1670  (Gast  207)  zeigt  die  Stelle  UH)fkHAA  c\ 
M  naxpS  K8nlH  UAH  uhmh  „Michael  mit  den  vier  kleineren 
Kindern".  In  diesem  Hrisov  sowohl,  wie  in  dem  von  1620 
ist  der  slavischen  Präposition  eine  rumänische  Übersetzung 
hinzugefügt,  wohl  zu  besserem  Verständnis  ftr  den  Laien, 
woraus  zu  schließen  ist,  daß  Ck  im  Volke  nicht  verstanden 
wurde,  also  ebenfalls  nur  gleichsam  als  Dekoration  des  alt«D, 
bulgarischen  Kanzleistils  diente. 

R-k  (vä),  8  „in". 

ETW  ist  im  Altrumänischen  sehr  selten.  Ich  finde  es  in 
kirchlichen  Texten  nur  in  den  slavischen  Überschriften;  nota- 
riell in  einem  Hrisov  de  vänzare  aus  Galaz  von  1642  (Gast  93, 
28)  Mi-c  R-k  HtKY  „die  in  Nichea  sind",  und  dann  sehr  häufig 
bei  der  Zeitangabe  „im  Jahre",  R'kAtrro,  die  sich  dialektisch 
erhalten  hat,  allerdings  in  etwas  veränderter  Bedeutung.  So 
im  Banatischen  vglj^atu  „Leben";  vpTj^atu  oamenilor  nu-I 
ätsiu  „das  Leben  der  Menschen  kenne  ich  nicht"  (Jb.  III,  331). 
Das  richtige  Sprachgefühl  für  die  Bedeutung  des  "Wortes 
muß  bei  solchem  Gebrauch  erloschen  sein,  wenn  es  freilich 
je  im  Volke  vorhanden  gewesen  ist,  denn  man  sagt  sogar 
In  vglgatu  anului  „im  Jahre".  Im  istrischen  vpvik  „immer* 
steckt  das  kroat.  vavek,  altb.  R'k  RtllTk. 

Neben  etk  findet  sich  in  den  altrumänischen  Schriftdenk- 
mälern auch  das  verwandte,  slavische  ^,  o^  „in",  besonders  in 
Verbindung  mit  slavischen  Wörtern;  8  Tp'kr  (Gast  45,  19), 


—    461     — 

S  CTOiiHHM-KHH  (Oast  53, 19),  8  ac  (Gast  63, 16  u.  75,  6),  oy 
rkAAH  (Gast  93,  30).  Die  Präposition  ist  in  der  Volkssprache 
nicht  gebraucht  worden,  sondern  diente,  wie  fast  alle  diese 
slayischen  Entlehnungen  im  Gebiet  der  Präpositionen,  nur  im 
Kanzleistil. 

za  n^Är". 

Die  Präposition  za  ist  nur  im  Istrischen  vorhanden, 
im  Dr.,  sowie  im  Aromunischen,  Banatischen  und  Meglen 
kommt  za  nur  als  Präfix,  bisweilen  auch  vor  lateinischen 
Stammen  yor,  in  den  Formen  za-,  zä-,  z-,  se-,  s-. 

Zu  istr.  za  vgl  lok  za  durml  „Platz  zum  Schlafen"  (Jb.  I, 
134);  dende  9re  veri  za  send!  „von  wannen  er  kommen  wird 
zu  richten"  (MikL,  SL  EL).  Aus  einem  za  täe  „warum"  ent- 
stand istr.  Z9td.  Daß  allein  hier  za,  ebenso  wie  na,  po,  selb- 
ständige Präposition  geworden  ist,  wird  dem  erdrückenden 
Einflasse  des  Kroatischen  zuzuschreiben  sein. 


Veizeiclmis  der  besprochenen  Präpositionen.*) 

a  413,  afiirS  de  415,  425,  afiiarä  di  426,  a/nangia  di 
454,  aite,  ainte  431,  alftturea  415,  altal  454,  an  430,  anämesa 
di  454,  ang9  438,  antru  435,  anuntru  438,  aproape  de  416, 
asnpra  448,  451. 

cäträ,  c&tre  416,  contra  416,  cotro  417,  cu  418. 

de  (d'e,  dze,  da,  di)  418,  de  pe,  de  pre  419,  de  alungul 
438,  deasupra  451,  dedesuptul  453,  dela  420,  de  llngä  438, 
delontml  433,  denl&untru,  denlootm  433,  dentri  422,  dentru 
423,  de  In  420,  de  tncoace  421,  de  Incolo  422,  de  Intre  422, 
de  Intm  423,  depu  425,  dereptu  424,  despre  448,  451,  desupra 
450,  desupt  453,  dimpregiunil  427,  din  (de  tn,  dln,  dgn)  420, 
dinainte  (di  inante,  di  inpnta)  432,  dindparte  422,  dinSuntru 
433,  dmcoace  de  421,  dincolo  de  422,  difig9  419,  438,  dintre 

*)  Die  alianrnftniachen  Formen  sind  in  Umschrift  wiedergegeben. 


—    462    — 

422,  dintru  423,  436,  din  jur  di  427,  dipä,  dipi  419,  dipu 
425,  ditu  (dit,  ditru)  423,  do  455,  dg  =  de,  dgn  =  din,  djpj 
419,  dgpungg  438,  dret,  drit  424,  drept,  (derept,  dirt,  dlrt) 
424,  du  455,  dupä  (dopä,  dupu)  424,  dupgstg  419,  dupri420, 
dupgn  419,  447,  dup^figg  419,  438,  dyn  420,  d^intre  423,  dye, 
dyin  421,  dzg  419,  dzin  420. 

'en  rende  432. 

färä  (farä,  fgng,  fgr,  fgrg)  426. 

ge  419,  gin  421. 

inrente  432. 

imprejurul  427,  ImprotiTa,  Impotriva  455,  in  427,  inainte 
(Irainte,  Inginte,  inrente)  431,  In  aleanul  456,  Ingg  438,  In- 
contra  417,  Inläuntru  (inluntru,  InSantru)  433,  Inspre  448,452. 
intre  434,  Intni  435. 

jimi  457. 

katä  457,  ka  457,  kätä  417,  keresztül  447,  ketra  417, 
ko  418,  kgtrg,  kutrg,  kutru,  kuntxu,  kgtg,  kytg  417. 

la  436,  la  mtezul  439,  lingä  (längä)  437,  lontru  433,  Ijugp^ 
lungg,  lungu  438. 

m-  =  in  430,  mainainte  (mainte,  mainante,  mainde)  432, 
meg  455,  mnedz  de  439,  mgfide  432. 

n  =  in  430,  na  457,  nainte  (nentre)  431,  namesa  di  454, 
nidzg  439,  ningä  438,  n^zat  458,  nontru,  ngintru,  Dgußtru. 
nuntru,  nutru  434,  fi  =  In  430. 

ot  457. 

gn,  gr  436,  gnrent'e  432,  gntre  435,  gntru  436,  gnnutro, 
gnuntru  434. 

pänä  (pärä,  pirpinä,  pgn  etc.)  439,  pe  (pi,  pä,  pre,  pri"^ 
442,  pentru  (päntru,  printru,  pgntu  etc.)  440,  peste  (peste,  pistl 
Pgstg,  preste,  pristi,  pestre)  445,  pin  447,  piögg,  pungg  438 
po  459,  pontru  441,  pg  443,  pre  =  pe,  prepo  444,  prespre, 
prespe  445,  449,  prin  (pryn)  446,  prifigg  438,  prifikrestul  447, 
printre,  printru  440,  448,  pri  tu  436,  pro  459,  prg  443,  pr9st9 
446,  proapi  di  416,  pruntrg  448,  pruntru  444,  pr^ntu  441. 

raintea  431. 

s-,   se   461,   sä   459,   spre   (spri,   sprg)   444,  448,  spreste 


—    463    — 

445,  449,  sprima  448,  450,  strä  (stri,  sti)  445,  su,  sub 
(sum,  sumto,  sun,  supt,  sopto)  452,  supra  450,  suprg  451, 
supt,  suptu  452. 

tg  436,  tra  435,  tre,  tri,  trg,  ti  441,  tru,  tu  436,  441,  tu 
mesea  di  455. 

u  460,  untru  435. 

yin  430,  u  429,  ynantre  432,  ^naüntre  432. 

^nluntru  434,  ^trp  435,  ynuntru  434,  ür  430. 

TÄ  460,  (v^Ieatu  460,  vpvik  461). 

za  461  (z9tg  461). 

zimi  T.  jimi. 

Benutzte  Literatur. 

Bärbulesku,  Fonetika  öirilske  azbuke.    u  Zagrebu  1899. 

BianiL,  Psaltirea  Scheianä  (1482).    Bucuresci  1889. 

Cihac,  Dictionnaire    d'etymologie    dacoroumaine.    Francfort 

1870/71. 
Densusianu,  Histoire  de  la  langue  rouinaine.    Paris  1901. 
Biez,  Orammatik  der  romanischen  Sprachen.    Bonn  1886. 
Gaster,  Chrestomatie  romänS.    Leipzig-Bucuresci  1891. 
Gröbers  Zeitschrift  für  romanische  Philologie.    Bd.  XXIL 
Hä|deü,  Etymologicum  magnimi. 
Körting,    Lateinisch  -  romanisches  Wörterbuch.     Paderborn 

1890/91. 
Leskien,  Handbuch  der  Altbulgarischen  Sprache.  Weimar  1 886. 
Meyer-Lübke,  Grammatik  der  romanischen  Sprachen.   Wien 

1894. 
Miklosich,   Etymologisches  Wörterbuch   d.  slav.  Sprachen. 

Wien  1886. 

—  Die  slayischen  Elemente  im  Rumänischen.    Wien  1862. 

—  Rumunische  Untersuchungen  I.  11.    Wien  1881. 
Papahagi,  Romänii  din  Meglenia.    Bucuresci  1900. 

—  Megleno-Romanii  L  II.    Bucuresci  1902. 
Philippide,  Principii  de  Istoria  limbii.    lasi  1894. 
Sanders,  Neugriechische  Grammatik.    Leipzig  1890. 


—    464    — 

Sbiera,  Codicele  Yoroneiean.  Editionea  Acad.  Born.  Cernäat 

1885. 
Sreznewskij,  Apesme  cias.  naii.  h>c  nHCLMa. 
Storch,  Vokalharmonie  im  Rumäniscben.    Leipzig  1899. 
Tiktin,  Oramatica  romänä.    Bucuresci  1895. 
Weigand,  Jahresberichte  des  Inst  f.  ramänische  Spr.  I— IX- 

—  Vlacho-Meglen.    Leipzig  1892. 

—  Die  Aromunen  II.    Leipzig  1894. 

—  Samosch-  u.  Theißdialekte.    Leipzig  1898. 

—  Olympo-Walachen.    Leipzig  1888. 

Zeitschrift  £  vergL  Spracht  Bd.  XXXVIII.  H.  2.  1902. 


Der  Gebranch  der  Präpositionen  im  Bnmftnischen 

Ton 
Biohard  Knrth. 

Fast  alle  ramänischen  Grammatiker,  die  sich  mit  der 
Syntax  der  romanischen  Präpositionen  beschäftigt  haben,  heben 
den  Reichtum  des  Ramänischen  an  Präpositionen  hervor  nnd 
weisen  darauf  hin,  eine  wie  wichtige  Rolle  diese  Wortklasse 
in  der  ramänischen  Sprache  spielt  Trotzdem  gibt  es  darflber 
bis  jetzt  keine  Darstellung,  weder  vom  rumänischen,  noch  vom 
romanischen  Standpunkte  aus,  die  wissenschaftlichen  Anforde- 
nmgen  genügte.  Diez  gibt  in  seiner  Orammatik  nur  sehr 
wenige  Beispiele  fftr  den  Gebrauch  der  rumänischen  Präpo- 
sitionen, fftr  die  außerdem  meist  keine  Belegstellen  angef&hrt 
werden.  Meyer-Lübke  sucht  in  seiner  romanischen  Syntax 
diesem  Mangel  durch  reicheres  Material  abzuhelfen,  aber  er 
ist  ebensowenig  wie  Diez  in  das  eigentliche  Wesen  der  rumä- 
nischen Präpositionen  eingedrungen,  wie  viele  auffallende 
Fehler  beweisen.  Auf  rumänischer  Seite  ist  noch  am  brauch- 
barsten, was  Tiktin  und  Gipariu  gelegentlich  über  diesen 
Gegenstand  geschrieben  haben.  Aber  dies  sind  nur  verstreute 
Bemerkungen,  die  kein  einheitliches  Bild  des  ganzen  Stoffes 
geben.  Die  übrigen  rumänischen  Autoren:  Philippide,  Candr^ 
Hecht,  Manliu,  Nfidejde  u.  a.  beschränken  sich  darauf,  die  ver- 
schiedenen Präpositionen  und  ihre  Bedeutungen  rein  schema- 
tisch aufzuzählen.  Auf  Vollständigkeit  und  Richtigkeit  im 
einzelnen  können  aber  auch  diese  Verzeichnisse  keinen  Anspruch 
machen.  Ebensowenig  ist  auf  eine  organische  Entwickelung 
We  ig  and,  10.  JahreBberiobt.  30 


—    466    — 

der  BedeutuDgen  und  auf  eine  Darstellung  der  Verhältnisse 
im  Lateinischen  und  den  übrigen  romanischen  Sprachen  Wert 
gelegt  worden.  Es  besteht  also  hier  tatsächlich  eine  Lücke, 
die  auszufallen  ich  in  der  vorliegenden  Arbeit  yersucht  habe. 
Dieselbe  stellt  im  ganzen  eine  Klarlegang  der  Bedeatongs- 
yerhältnisse  der  einzelnen  Präpositionen  und  deren  Entwicke* 
lung  dar.  Durch  Beispiele  aus  älterer  und  neuerer  Zeit,  ans 
der  Schriftsprache,  der  Volkssprache  und  den  Dialekten  sind 
zunächst  immer  die  verschiedenen  Verwendungen  einer  jeden 
Präposition  im  Rumänischen  fesi^estellt  worden.  Die  einzehen 
Bedeutungen  sind  dann  möglichst  auf  eine  Grundbedeutong 
zurückgeführt  und  immer  die  entsprechenden  lateinischen  und 
romanischen  Verhältnisse  zum  Vergleich  herangezogen  worden. 
Da  die  verschiedenen  übertragenen  Verwendungen  einer  Präpo- 
sition im  Grunde  immer  von  der  örtlichen  Verwendung  der- 
selben ausgehen,  ist  die  letztere  bei  der  Betrachtung  immer 
vorangestellt  worden.  —  Im  einzelnen  ist  zu  bemerken,  daß 
die  Fragen  »wo"?  und  „wohin"?,  die  im  Lateinischen  bei 
einzelnen  Präpositionen  noch  geschieden  wurden,  im  Boma- 
nischen  wie  in  anderen  romanischen  Sprachen  infolge  des 
Verfalls  der  Kasusendungen  nicht  mehr  auseinander  gehalten 
werden.  Bei  der  Wahl  der  Belege  wurde  am  stärksten  die 
Volkssprache  berücksichtigt,  da  diese  den  Qeist  des  Bnmi- 
nischen  am  reinsten  wiedergibt;  sie  ist  vor  allem  vertreten 
durch  Beispiele  aus  den  Doine  si  Strigäturi  von  Jamik-Bäise- 
anu,  aus  den  Märchen  und  Volksliedern  in  Gasters  Chresto- 
mathie und  dem  vierten  Bande  von  Creangä's  Werken.  Die 
Verhältnisse  in  der  Schriftsprache  veranschaulichen  Beispiele 
aus  modernen  Dichtungen  und  Novellen,  Übersetzungen  und 
Zeitschriften.  Für  die  Dialekte  boten  namentlich  Weigands 
Texte,  für  das  Altrumänische  Gasters  Chrestomathie  (a),  der 
von  Sbiera  herausgegebene  Cod.  Voronetean  und  die  von 
lorga  gesammelten  Documente  romlne  din  Bistrita  brauch- 
bares Material.  Die  Beispiele  aus  der  Volks-  und  aus  der 
Schriftsprache  sind  im  allgemeinen  ohne  Scheidung  neben 
einander  angeftlhrt.     Wo   Unterschiede   vorhanden  sind,  ist 


—    467    — 

ausdrücklich  darauf  hingewiesen  worden.  Einige  allgemeine 
Erörtenmgen  sollen  in  der  Einleitung  zusammengefaßt  werden. 
Besonderen  Dank  schulde  ich  den  Herren  Dr.  Scurtu  aus 
Kronstadt  und  Dr.  Borcia  aus  Hermannstadt,  die  mir  für 
manches  Beispiele  lieferten,  wo  die  Texte  yersagten. 

I.  Kapitel.    Allgemeines. 
1.  Material  und  Bildungsweise  der  rumänischen  Präpositionen. 

Die  rumänischen  Präpositionen  sind  bis  auf  wenige  Aus- 
nahmen aus  dem  Lateinischen  hervorgegangen  und  zwar  ent- 
sprechen die  am  häufigsten  gebrauchten  und  daher  wichtigsten 
genau  alten  lateinischen  Präpositionen,  die  im  Rumänischen 
teils  einfach,  teils  zusammengesetzt  gebraucht  werden: 

a)  Einfache:  a  «  ad),  c&trä  «  contra),  cu  «  cum),  de 
«  de),  In  «  in),  Intre  «  inter),  pe  «  per),  spre  «  super), 
8ub  «  suptus). 

h)  Zusammengesetzte:  de-a,  de  caträ,  de  cu,  diu  «[  de  + 
in),  dintre  «  de  +  intre),  despre,  de  sub,  dinspre  «[  de  + 
in  +  spre),  Inspre  «  In  +  spre),  dupä  «  de  +  post),  de  dupä, 
prin  «  per  +  in),  de  prin,  peste  «  per  +  extra),  de  peste, 
altrum.  prespre  «  per  +  super),  de  prespre,  kgtrg  n  ([arom.] 
<  cäträ  +  in),  pe  de,  pe  sub,  printre  «  per  +  intre). 

Eine  Anzahl  weiterer  Präpositionen  haben  sich  aus  An- 
gehörigen anderer  Wortklassen  (meist  Adverbien)  entwickelt 
nnd  zwar  teils  mit,  teils  ohne  Hilfe  alter  lateinischer  Präpo- 
sitionen; hierher  gehören:  drept  «  directu),  firS  «  foras), 
Intru  «  intro),  lingä  (+  longu  +  ad),  la  «;  illac  +  ad),  plnä 
«  paene  ad).  Auch  diese  können  dann  wieder  mit  rumä- 
nischen Präpositionen  zusammengesetzt  werden:  de  la,  pe  la, 
de  pe  la,  de  llngä,  pe  lingä,  de  pe  lingä,  dintru,  printru,  de 
printru,  plnä  de,  plnä  In,  plnä  la  u.  s.  w.;  pentru  «pe  + 
intm). 

Ahnlich  liegen  hier  die  Verhältnisse  bekanntlich  in  den 
übrigen  romanischen  Sprachen.    Auch  diese  haben  zum  Teil 

30  • 


—    468    — 

das  alte  lateinische  Präpositionenmaterial  benutzt,  znm  Teil 
es  durch  lateinische  Adverbia,  Partizipia  n.  s.  w.  ergänzt  Bei- 
spiele sind  wohl  überflüssig. 

Eine  besonders  große  Bolle  spielen  im  Bumänischen,  wie 
schon  aus  der  angefahrten  Liste  hervorgeht,  die  zosammeii- 
gesetzten  Präpositionen.  Ich  glaube  zwar  nicht,  daß  die 
Zahl  derselben  in  Wirklichkeit  so  groß  ist,  wie  dies  Herr 
Philippide  durch  seine  13  Druckseiten  umfassende  Tabelle 
der  rum.  Präpositionen  glauben  machen  möchte  (s.  Ghram.  elem. 
p.  145 — 157);  denn  Bildungen  wie:  plnä  din  de  prin,  pinS  de 
depe  dupä,  de  depe  de  aproape  de,  din  depe  de  a  dreapta  u.s.w. 
werden  wohl  kaum  je  im  Munde  eines  Bumänen  erklangen 
sein.  Es  muß  aber  bemerkt  werden,  daß  sich  das  Bumäoische 
Yor  den  anderen  romanischen  Sprachen  ganz  wesentlich  da- 
durch auszeichnet,  daß  es  außer  einem  Bestände  fester  Kom- 
positionen, die  zum  Teil  bereits  sehr  alt  sind  (dupä,  peste, 
(tnspre),  despre,  llngä,  plnä,  la,  pentru),  die  Möglichkeit  einer 
lebendigen  Eompositionsbildung  besitzt  Die  Präpositionen 
de  und  pe  können  nämlich  vor  jede  rein  örtliche  Pr^osition 
treten  und  den  Begriff  derselben  in  verschiedener  Weise 
modifizieren.  Ausgeschlossen  von  dieser  Eompositionsbildong 
sind  also  nur  etwa  Präpositionen  wie  cu,  flurfi,  drept,  pentra 
(s.  auch  die  Vorbemerkungen  zur  lebendigen  KompoätionB- 
bildung). 

Diesen  bisher  genannten  eigentlichen  Präpositionen  stehen 
die  nneigentllcheii  gegenüber,  präpositional  gebrauchte 
Adverbia,  die  das  folgende  Wort  durch  eine  eigentliche  Prä- 
position (meist  de  oder  cu)  anknüpfen.  Hierher  geboren  etwa: 
afärä  de  (din)  (adforas),  aläturea  cu  (de)  (ad  latera),  aproape 
de  (ad  prope),  dincoace  de  (de  in  eccu  hacce),  dincolo  de  (de 
in  eccu  illöc),  arom.  a/nanghia  de  (grieeh.),  arom.  dinäparte 
de  (de  in  illa  parte),  din  jos  de  (de  in  deorsu),  din  sus  de 
(de  in  sursu),  fatä  cu  (facie),  tnainte  de  (inante),  mai  presns 
de  (magis  per  sursum),  arom.  namisa  di  (gr.  avantCa), 

Alle  diese  Bildungen  sollen  im  Folgenden  mit  behandelt 
werden,  da  sie  einheitliche  präpositionale  Begriffe  wiedergeben, 


—    469    — 

die  im  Lateinischen  durch  echte  Präpositionen  ausgedrückt 
wurden. 

Eine  dritte  Gruppe  bilden  eine  Reihe  von  Wörtern,  die 
man  als  snbstanttvlsclie  Präpositionen  bezeichnen  kann. 
Hierher  gehören: 

asupra  (ad  +  supra),  de  alungul  (de  ad  longu),  de  asupra 
(de  ad  supra),  de  desubtul  (de  de  subtus),  Impotriva  (In  +  slav. 
potnya),  Impreaima  (In + slav.  preajma),  ln(pre)jurul  (ln(per)gyru) 
tnaintea  (in  antea),  altr.  tn  aleanul  (in  +  magyar.  eilen),  tna- 
poia  (in  ad  post),  (In)contra  ((In)contra),  Indäratul  (In  +  dere- 
tro),  tnlänntrul  (In  intro).  —  Das  Material  zu  diesen  Bildungen 
haben  wiederum  meist  lateinische  Adverbia  geliefert;  für  sie 
alle  ist  charakteristisch,  daß  ihr  erstes  Element  eine  eigentliche 
Präposition  (ad,  de,  in)  ist  und  daß  sie  mit  dem  bestimmten 
Artikel  (des  Femininums  oder  des  Maskulinums)  endigen.  Wir 
haben  es  also  nicht  eigentlich  mit  Präpositionen,  sondern  mit 
substantivischen  Ausdrucken  in  präpositionaler  Verwendung 
zu  tun,  wie  im  Deutschen:  „infolge  des  Krieges''  u.  a.  m. 
Das  auf  den  präpositionalen  Ausdruck  folgende  Wort  wird  im 
Rumänischen  in  der  Regel  ebenso  konstruiert,  wie  im  Deutschen, 
d«  h.  es  folgt  der  Genitiv  z.  B.  calcä  domol  de-a  lungul 
satului  (Vlach.,  nov.  12,  12). 

Der  Genitiv-Dativ  des  Personalpronomens  kann,  wie  nach 
anderen  Substantiven,  so  auch  nach  den  substantivischen  Prä- 
positionen, ersetzt  werden  durch  das  Possessivum,  das  sich  im 
Genus  und  Numerus  naturlich  nach  der  vorausgehenden  Prä- 
position richtet  In  der  1.  und  2.  Person  ist  das  Possessivum 
das  Gewöhnliche,  das  Personalpronomen  das  Seltenere. 

1.  Beispiele  für  das  Possessivum: 

Inger  stä  'naintea  mea  (Gasi  b.  322,  XX,  3),  dinapoia 
noastrft  venea  un  om  (Borcia). 

2.  Beispiele  für  das  Personalpronomen: 

l^i  totn^  nimic  nu  'mi  scäpa  diu  cäte  se  petreceaü  In 
juru  'mX  (Delavr.  Trüb.  21,  24f.),  cä  ndatä  asupra  'ti  ura 
Ifl  amncä  (Gast.  b.  362,  22),  de  sä  scoalä  asupra-ne  n  pripä 
(Gast  a.  213,  Psalm  123,  Z.  5;  a.  1673,  Dosotheiu). 


—    470     — 

In  der  3.  Person  findet  sich  a)  das  Possessirom  „sa"  oder 
b)  sein  Ersatz,  das  Personale  lui,  let  gerade  wie  beim  Sabal 
(casa  sa  und  casa  loi).  Außerdem  findet  sich  c)  die  konjankte 
Form  der  Pers.  Pron,;  bei  letzterer  bleibt  die  vorausgehende 
Präposition  in  der  Regel  unartikuliert  doch  herrscht  hierin 
keine  Übereinstimmung  bei  den  SchriftstellenL 

a)  crestinii  ceia,  ce  nau  purtat  asupra  sa  omoraciunea 
cea  de  päcate  a  sventei  cruci  (Gkst.  a.  106,  Z.  5f.  a  1643). 
fie-care  cäläret  a  luat  asupra  sa  un  sac  (SL  Fr.  III,  377, 17); 
tata  a  chiemat  pe  flu  inaintea  sa  (Scurtu). 

b)  s'au  ridicat  Impreunä  asupra  lui  (SL  Fr.  III,  58,  7); 
se  aseazä  apoi  pe  masä  Inaintea  ef  (Trib.lit  1901, p.  149); 
dereptü  acee  eü  incä  Yotw  Inbla  tn  aleanul  lor  (Hasi, 

Cuv.  I,  14,  letzte  Z.;  Levii  1560). 

c)  Ea  dorn  ntreg  le  arata  |  si  -asuprä-i  chibzuiri  (BSi 
Niger,  toanele  iemei,  Zschr.  Familia,  38.  Jahrg.  Nr.  10,  p.  Il5i 
3.  Strophe); 

si  sclayul  stfi  'nainte-i  (Cosb.  Bai.  15,  14); 

atät  de  grea  In  cät  or-cät  as  lupta  in  contra^i  n  as 
izbuti  s'o  prgvälesc  (Delavr.  Trüb.  23,  ISAF.); 

^  'asupra  *8i  pomeste  urgiile  toate  (Gast  b.  363,  31). 

öfter  im  Altrumänischen,  seltener  im  Neurumanischen 
wird  der  Genitiv-Dativ  des  Personalpronomens  mit  dem  regie- 
renden Verbum  verbunden,  der  präpositionale  Ausdruck  folgt 
in  der  Funktion  eines  Adverbs  hinter  dem  Verbum: 

altrum.:  Intälegänd  Stefan  Vodä  cä  adevärat  Radul  Vodä 
cu  oastea  ii  vine  asupra  (Ureche,  Letop.  ca.  1625,  Gast  a 
72,  Z.  14f.), 

si-i  va  cädea  ursul  asupra  =  und  der  Bär  wird  über 
ihn  herfallen  (Biblia  1688,  cit.  bei  Tiktin,  Wb.  p.  119); 

neurum.:  Gerilä  vez^nd  cä  toti  Ü  stau  In  potrivä  = 
als  Gerilä  sah,  daß  alle  gegen  ihn  waren  (Cr.  IV,  65,  19). 

Auch  in  anderen  romanischen  Sprachen  finden  sich  sub- 
stantivische Bildungen  in  präpositionaler  Verwendung.  D«' 
Unterschied  gegenüber  dem  Rumänischen  besteht  nur  darin. 


—    471     — 

daß  dort  der  organische  Genitiy  immer  durch  „de"  ersetzt 
wird;  hierher  gehören  etwa:  ital.:  intomo  di,  invece  di  etc. 
(s.  M..L.,  Gr.  III,  296). 

Interessant  ist  nmi,  daß  auch  hier  (ebenso  wie  im  Rumä- 
nischen) der  Genitiv  des  Personalpronomens  bisweilen  durch 
das  PossessiTum  vertreten  wird: 

ital.:  invece  mia  =  an  meiner  Stelle;  span.:  encontra  mia 
=  gegen  mich  (M.-L,  Gr.  III,  91). 

Dies  beweist,  daß  wir  es  in  der  Tat  mit  ganz  analogen 
BQdangen  wie  im  Rumänischen  zu  tun  haben.  —  Der  Anstoß 
zur  Entwickelung  solcher  substantivischer  Präpositionen  wurde 
im  Rumänischen  wie  in  den  anderen  romanischen  Sprachen 
jedenfalls  von  wirklichen  Substantiven  gegeben,  die  präposi- 
tional  gebraucht  wurden,  wie  rum.  In  jurul  «»  im  Kreise  von. 
In  dosul  «3  im  Rücken  von,  hinter.  In  fruntea  «=  „an  der 
Spitze  von,  vom  an";  itaL:  in  vece  di  =  an  Stelle  von,  in 
tomo  di  =  im  Umkreise  von;  frz.:  autour  de  =  im  Umkreise 
von;  span.  encima  de  =>  auf  dem  Gipfel  von,  al  rededor  de 
=  in  der  Umgebung  von  u.  s.  w.  Später  wurden  dann  rein 
mechanisch  nach  diesem  Schema  auch  Adverbia  behandelt. 
Im  Rumänischen  sind  diese  analogischen  Bildungen  viel  zahl- 
reicher als  in  den  übrigen  romanischen  Sprachen.  —  Die 
rumänischen  Ghrammatiker  rechnen  hierher  übrigens  auch  Aus- 
drücke wie  In  fata.  In  urmä,  din  pricina  (cauza),  In  ciuda  u.  s.  w. 
(s.  Tiktin,  Gr.I,  220;  Manliu,  Gr.  291  f.).  In  dieser  Arbeit  sollen 
aber  nur  solche  Bildungen  behandelt  werden,  die  im  Rumä- 
nischen wirklich  als  einheitliche  Präp.  gefühlt  werden.  Dies  ist 
bei  den  zuletzt  angeführten  kaum  der  Fall,  da  die  betreffenden 
Substantiva  noch  in  häufigem  Gebrauche  sind. 

Die  Grenze  zwischen  den  uneigentlichen  Präpositionen 
(mit  de)  und  den  substantivischen  Präpositionen  (mit  dem 
Genitiv)  steht  aber  nicht  ganz  fest,  da  sich  solche,  die  im  all- 
gemeinen de  nach  sich  haben,  auch  mit  dem  Genitiv  finden  und 
umgekehrt.  Der  letztere  Fall  ist  namentlich  im  Aromunischen 
und  Meglen  häufig: 

a)  goni&  'i  pälnrS  afara  cetatiloru  (Cod.  Vor.  76,  4); 


—    472    — 

caril  acmu  ardea  si  prftda  targal  de  den  afara  cetfttii 
(Gast  a.  361,  6.  Z.  y.  uni,  Cantemir,  Cbrou.  1710). 

b)  Disupra  di  uraciü,  lundi  ara,  v^  un  dSal  nalt  » 
über  dem  Ackerbauer,  wo  er  pflügte,  war  ein  groSer  Beig 
(Papah.,  Rom.  din  MegL,  p.  26,  2); 

fi  li  anvii  din  ixxr  di  kr9bl9  (Wg.,  VL-M.,  66, 15); 

Dinapoi  de  stäne  »»  hinter  dem  Stalle  (Petr.  Mostre, 
U,  113,  Z.  33). 

2.  Artikulienmg  oder  Nichtartikulienmg  des  folgenden  Wortes. 

Hinsichtlicb  der  Artikulierung  des  folgenden  Nomens 
gelten  für  die  eigentlichen  und  uneigentlichen  Präpositionen 
im  Rumänischen  folgende  Regeln: 

I.  Die  Artikulierung  des  folgenden  Nomens  unterbleibt, 
außer  nach  cu,  stets,  wenn  dasselbe  keine  nähere  Bestinunong 
bei  sich  hat;  das  Deutsche  dagegen  verwendet  meist  den 
Artikel.  Beispiele  bietet  jede  Erzählung  in  Fülle.  Die  Dialekte 
stimmen  hierin  überein. 

Anm.  Nur  einige  adjektivische  Pronomina  wie  alt,  dina, 
dreaptä,  stingä  u.  a.  werden  artikuliert. 

||i  nid  pe  altul  nu  iubea  (Stanc.  44,  15). 

Cum  se  depärtS  el  nitel,  fata  pä^-päf  dupä  d^nsul  (id. 
46,  14).  cautä  n  drepta,  cautft  n  stänga  (Pop.  Reteg.  11, 5), 
atit  pentru  acest  cuv6nt,  cat  |fi  pentru  altele  (SL  Fr.  73,4). 

IL  Hat  das  auf  die  Präposition  folgende  Nomen  eine 
nähere  Bestimmung  bei  sich,  so  wird  es  im  allgemeinen,  and 
zwar  meist  mit  dem  Deutschen  übereinstimmend,  artikuliert; 
die  Artikulierung  unterbleibt,  meist  mit  dem  Deutschen  über- 
einstimmend, nur  dann,  wenn  es  sich  um  etwas  Unbestimmtes, 
insbesondere  um  eine  unbestimmte  Menge  handelt  (wo  im 
Französischen  der  Teilungsartikel  stehen  würde).  —  Die  näbere 
Bestimmung  kann  ein  Adjektivum,  ein  Nomen  oder  PrODomen 
im  Genitiv  oder  mit  vorausgehender  Präposition,  ein  Neben* 
Satz  oder  ein  Infinitiv  sein« 


—    473    — 

a)  Das  folgende  Nomen  wird  artikuliert: 

Vom  merge  la  curtile  Imperatulul  (Pop.  Ret  5,  1). 

el  era  Impäcat  cu  gftndul  de  a  perde  Moldova  (Sl. 
Pr.IH8,2). 

ci  na  mi  daü  eü  copilnl  In  legea  dräceascä  (Stänc. 
29, 12f.), 

arom.  li  spuse  ti  furtui,  tsi  avga  faptg  (Wg.,  Ar.  11, 
226,  31), 

istr.:  kgnd  a  verit  gfl  krgiu  de  kjse  (Wg.,  Jb.  I,  146,20), 
meglen.:  §  s-ng  la  y]aYit89m  fitSoril  pri  limba  ngastr^ 
Tlgäf  skg  (Jb.  V,  147,  6). 

b)  Das  folgende  Nomen  wird  nicht  artikuliert: 
ear  chiar  In  mijlocol  grädinei  o  fäntänft  de  lapte  dulce 

(Pop  Reteg.  35,6), 

Trimis  'au  cärti  in  toate  pSrti  (id.  35,  30), 

laudä  de  om  bun  »s  das  Lob  eines  guten  Menschen 
(Gast.  a.  47,  13), 

intrarea  imperialilor  s'a  ftcut  in  mar^urt  grabnici  {= 
in  EUmärschen)  (SL  Pr.  UI,  29,  18), 

Calegea  la  flori  domneftl  (Doine  266,  3).    In  ziorf  de  zi 
bei  Tagesanbruch. 

arom.:  §  amir9ulu  k^dzü  pi  somnu  gr^i^  (»>  in  tiefen 
Schlaf)  (Wg.,  Ar.  11^  228,  24).  Sj  fetse  Hrifitolu  f^rj  di 
simintsj  di  omtt  (Jb.  VI,  92b,  20). 

ni.  Nach  „cu**  wird  das  folgende  Nomen  der  Regel  nach 
auch  dann  artikuliert,  wenn  es  allein  steht  Es  bleibt  un- 
artikuliert,  wenn  es  etwas  Unbestimmtes,  insbesondere  eine 
unbestimmte  Menge  bezeichnet: 

a)  De  unde  yü  bäditä  drag& |  din  lunca  cu  flo- 

rile,  I  din  codrul  cu  frunzele  (DoJne,  227,  10); 

intre  cu  mälnile  n  folduil  (Gast  b.  260,  27); 

trebne  sS  fiü  cu  ochif  tn  patru  (M.  Sg.  42,  10); 

8&  na  ne  dep&rtftm  cu  vorba  (Cr.  IV,  4,  7); 

rfimane  cu  pftrul  lins-prelins  (id.  14,  11); 


—    474    — 

arom.:  s  nu  yrari^  tine  cu  tata  =  und  solltest  du  und 
der  Vater  nicht  wollen  (Ar.  II,  20,  Nr.  15, 12); 

ma  ku  gura  s  nu  grits  (id.  248,  4); 

meglen.:  sor^  ku  frants^ska  §i  italin^ska  » 
Schwester  mit  der  französischen  und  der  italienischen  (Sprache) 
(Jb.  V.,  148,  1); 

istr.:  Ontrat  a  hitit  pre  Tple  ku  nosllele  (Jb.  1, 154,22). 

b)  iacä  1  sosesc  de  pe  urmä,  niste  cherrane  man  plioe 
cu  marfä,  cu  cai  multi  Inhämati,  cu  clopotei  la  gät, 
cu  lume,  cu  slugi  de  se  stirnise  pulberea  Imprejoral  lor 
deabia  ii  mai  zäreal  (Stanc.  31,  22); 

patrudeci  si  cinci  de  ani  te-am  slugit  cu  credintä  (^ 
zuverlässig)  (Pop.  Beteg.  36,  11); 

am  scäpat  cu  yiatä  (=  lebendig)  (Cr.  lY,  7,  22); 

Ochii  ei  cei  cu  luminä  |  multü  mö  strigä  de  la  cina 
Do&e  58,  7); 

arom.:  esku  n^vgastg  ku  bgrbat  (Ar.  II,  26,  Nr.  22,9), 

du  te  dzone  cu  si^ngtate  (id.  80,  Nr.  51,  5); 

meglen.:  ts^st^  kas^,  tsi  u  vem  kmo  ku  kirie  (»==  das 
wir  jetzt  in  Miete  haben  (Jb.  Y.,  147,  9 f.). 

Anm.  Beachte:  merg  cu  tott  pe  cale  (Oast  b.  287,  Mao- 
Arg.  9);  aber  an  anderer  Stelle  in  ganz  derselben  Bedeutung: 
Apoi  inträ  cu  totii  Inläuntru  (Cr.  lY,  62,  22). 

Aus  den  angeführten  Beispielen  geht  hervor,  daß  ün 
Rumänischen  das  auf  die  Präposition  folgende  Nomen  durch- 
schnittlich viel  seltener  artikuliert  wird  als  etwa  im  Deutschen 
oder  in  den  anderen  romanischen  Sprachen,  daß  im  Qanien 
die  Artikulierung  nur  dann  eintritt,  wenn  es  sich  um  be- 
stinMnte  Dinge  oder  Personen  handelt  und  darauf  noch  durch 
eine  neben  dem  Nomen  stehende  nähere  Bestimmung  aus- 
drucklich hingewiesen  wird.  Nur  bei  cu  kann  auch  dann 
artikuliert  werden,  wenn  diese  nähere  Bestimmung  fehlt  De^ 
Artikel  steht  also  im  Rumänischen  dem  lat.  ille  noch  naher, 
hat  dessen  hinweisende  Kraft  in  viel  stärkerem  Maße  bewahrt 
als  die  übrigen  romanischen  Sprachen.  Die  Fälle,  wo  im 
Rumänischen  kein  Artikel  steht,  erklären  sich  demnach  sehr 


—    475    — 

leicht  nach  dem  lateinischen  Gebrauche.  Anders  ist  es  bei 
der  Präposition  „cu".  Diese  bezeichnet  nicht  die  relative  Lage 
oder  Richtung  von  etwas  in  Raum  oder  Zeit,  sondern  sie 
drackt  nur  ganz  allgemein  aus,  daß  eine  Person  oder  Sache 
(deren  Lage  im  Raum  vorher  nicht  näher  angegeben  wurde) 
mit  einer  anderen,  deren  Lage  im  Verhältnis  zu  ihr  unbekannt 
ist,  einen  Zustand  oder  eine  Tätigkeit  gemeinsam  hat  Es 
ist  also  erklärlich,  wenn  sich  nach  cu  im  Rumänischen  der 
Artikel  einstellte,  um  den  fehlenden  Hinweis  auf  die  örtliche 
Lage  des  folgenden  Nomens  zu  geben.  Ebenso  verhält  es 
sich  mit  der  Artikulierung  eines  näher  bestimmten  Nomens. 
Durch  die  nähere  Bestimmung  wird  dem  Nomen  etwas  Neues, 
Besonderes  hinzugefugt  Darauf  soll  der  rumänische  Artikel 
ausdrücklich  hinweisen.  Daß  Worte,  die  etwas  Unbestimmtes 
ausdrücken  sollen,  auch  nach  cu,  selbst  wenn  sie  eine  nähere 
Bestimmung  bei  sich  haben,  nicht  artikuliert  werden,  ist  selbst- 
verständlich. —  Reste  der  Erhaltung  des  alten  lateinischen 
Zustandes  aus  anderen  romanischen  Sprachen  besonders  aus 
dem  Ob  waldischen  fuhrt  M.-L.  (Gr.  II,  p.  211  ff.)  an.  Meyer- 
Lübkes  Vermutung,  daß  sich  die  Artikulierung  des  folgenden 
Nomens  bei  „cu"  aus  der  nahen  Verwandtschaft  von  cu  mit 
der  Partikel  si  erkläre,  möchte  ich  in  dieser  Form  nicht  an- 
nehmen. Im  Grunde  freilich  kommt  sie  auf  das  oben  Gesagte 
hinaus. 

3.  Wiederholung  der  Präposition. 

Über  die  Frage,  ob  eine  Präposition,  die  zu  zwei  oder 
mehr  Satzgliedern  gleichzeitig  gehört,  wiederholt  wird  oder 
nicht,  lassen  sich  im  Rumänischen  keine  festen  Regehi  auf- 
stellen; im  allgemeinen  gilt: 

1.  Kleinere  Präpositionen  wie  de.  In,  cu,  pe  u.  s.  w.  werden 
wiederholt,  namentlich,  wenn  es  sich  um  Dinge  handelt,  die 
innerlich  oder  äußerlich  verschieden  sind. 

2.  Größere,  namentlich  zusammengesetzte  Präpositionen 
werden  nicht  wiederholt. 


—    476    — 

1.  care  Ineni  sintern  gata  a-1  märtorisi  cu  cärtile  si  cu 
oamenii  (lorga,  Doc.  I,  11,  2)  (Anf.  17.  Jahrb.); 

drumurile  pe  ape  si  pe  uscat  eraü  pntin  cunoscote 
(Cr.  IV,  4,1); 

In  cät  a  ultat  si  de  Harap  Alb  si  de  Gerb  si  de  tot 
(Cr.  IV,  44,  21); 

cbimim  tau  ar  g&fdi  intesat  da  sute  si  da  mit  da  galbinl 
(QMtb.259,  31  Dial.); 

Cine  bea  In  cinste  or  In  dator,  sä  imbatfi  de  doi  ori 
(id.  374,  1); 

alte  daruri  pretioase  tn  aur  |i  In  argint  (8L,  Fr.  III, 
11,10); 

sS  aleagä  'n  Tale  |  loc  de  mänfistire  |  si  de  pomenire 
(Man.  Arg.  10  bei  Gast.  b.). 

Aber:  räd  cnhobot  de  nepriceperea  si  slfibiciunealor 
(Cr.  IV,  9,  19),  da  hier  die  Begriffe  zu  einem  zasammenge&ßt 
werden  sollen. 

2.  I^i  intorcftndn-se  eätre  unchia^  si  babfi  (Gast  b.  354, 
28,  basme); 

Desbiaarea  Intre  cap  ^i  membre  (SI.  Fr.  HI,  568, 16); 

Setilfi  sorbea  apa  de  prin  bälti  si  iaznr¥  (Cr.  IV,  59, 5); 

Dela  norl  cätre  soare  |  Printre  lonä  si  luceferf  (id.  36, 14); 

Linia  de  demarcatinne  Inspre  Moldova  |i  Muntenift  (SI* 
Fr.  ni,  638,  11). 

Aber:  Ceata  noasträ  era  un  amestec  de  tineri  de  la  Drept, 
de  la  ^tiinte  fi  de  la  Litere  (DelaTr.,  Tmb.  5,  3); 

a  preferit  a  sili  Clujul  prin  bombardare,  pria  mine,  si 
prin  föme  sä  capituleze  (SL  Fr.  III,  73,  17)  —  im  Interesse 
des  Nachdrucks  und  der  Deutlichkeit 

Meyer-Lübke  (Gr.  III,  283  f.)  gibt  hierher  gehöriges  Material 
aus  den  anderen  romanischen  Sprachen,  wo  die  Verhältnisse 
zum  Teil  ähnlich  liegen. 


—    477    — 

II.  Kapitel.    Die  eigentlichen  Präpositionen. 
Ein&clie  Präpositionen. 


a  nimmt  insofern  eine  besondere  Stellung  unter  den  rumä- 
nischen Präpositionen  ein,  als  es  in  seinem  Gebrauche,  gegen- 
über dem  lateinischen  ad  so  stark  eingeschränkt  worden  ist,  daß 
es  nur  noch  in  wenig  Fallen  als  Präposition  empfunden  wird. 
A.  a  Yor  einem  Nomen. 

1.  In  ortlichem  Sinne  kommt  a  nur  noch  in  gewissen 
festen  Verbindungen  vor  und  bezeichnet  die  Bewegung  nach 
einem  Orte  (deutsch:  nach,  auf,  zu)  oder  die  Buhelage  an  einem 
Orte  (deutsch:  an,  zu,  auf);  hierher  gehören: 

acasft  e=s  zu  oder  nach  Hause;  aminä  »»  zur  Hand;  aminte 
(eig.  BS  zu  Sinne);  a  umeri  auf  die  oder  auf  den  Schultern; 
alätorea  «s  neben,  zur  Seite;  a  vale  «>  zu  Tal;  (pe)alocurea  «= 
iiie  und  da;  altrum.:  a  ochiu;  a  mijlocü;  a  stanga  und  a 
dreapta  (dafür  neurum.  de  a  stanga  und  de  a  dreapta);  arouL 
a  tj^tägare««  zu  Füßen;  einige  Beispiele  mögen  genügen: 

ascultft  cu  luare  aminte  =»  er  hört  mit  Aufinerksamkeit 
(Or.IF,10,  14f.). 

puczini  bäni  arem  a  min€  (Gast  b.  226,  26). 

altr.: acum  Hanul  avänd  a  ochlu  pre  Nicolal-Yodfi 

(Nie  Costin,  Cron.  99,  bei  Hasdeu,  et  m.  I,  37); 

istr.:verftawfr9tfliak9Sf(Wg.,LJb.,p.l44,Nr.VII,Z.10); 
arom.:  G  si  fiklinarg  a  tggts^are  (Cod.  Dim.  99,  5). 
Weitere  Beispiele  dieser  Art  finden  sich  bei  Hasdeu,  Et 
m.  I,  36«: 

In  dieser  erstarrten  Verwendung  knüpft  das  rumänische 
A  ohne  weiteres  an  das  lateinische  ad  an: 
proficisei  ad  eum  fundum,  Oic. 

semun  sibi  habere  ad  manum,  Cic.  (Georges,  I,  91).  — 
Auch  die  romanischen  Sprachen  haben  hier  ad,  und  zwar  in 
lebendigem  Gebrauche  bewahrt: 


—    478    — 

ital.  stare,  andare,  a  casa,  a  teatro,  a  letto,  all'  albergo, 
alla  posia; 

franz.  ^tre  ä  la  ville,  ä  la  maison,  au  theäiare,  ä  I'eglise, 
au  lit,  ä  la  campagne; 

span.  al  castello  enirara  (Cid.  98),  fue  elevado  a  la  carcel, 
86  arrojö  al  agua  u.  s.  w.  (M.-L^  Gr.  III,  476  f.). 

2.  In  zeitlichem  Sinne  kommt  a  ebenfalls  nur  in  be- 
stimmten festen  Verbindungen  Yor  und  bezeichnet  den  Zeit- 
punkt, bis  zu  dem  etwas  geschieht  oder  an  dem  etwas  ge- 
schieht; deutsch:  an,  zu  (auf  die  Frage  wann?).  Eier  sind 
zu  nennen:  (pe  la)  amiazi  ^=  (am)  Mittag;  adi  =  heute;  aseari 
==  gestern  abend;  a  uneori  «=  bisweilen;  a  rareon  «»  selten; 
a  deseori  =»  oft;  altrum.  a  timp  ^=  zur  (rechten)  Zeit;  aoare, 
aorea  =»  zuweilen. 

Beispiele:  D'amiazi  pänä  In  chindie  ((last  b.  304, 5); 

Pe  yaträ  si  pe  cuptoriu; 

Ba  si  Jos  a  uneori!    (Strig.  265). 

altr.  ^i  nu  Ta  rfispunde  cela  ce'i  In  strtmtoare  päni  a 
timpu  (Dosoft.  1672,  £  23,  din  Isaia  VIII,  22,  bei  Hasdeu,  Et 
m.  I,  38). 

Weitere  Beispiele  finden  sich  bei  Hasdeu,  Et.  m.  1,38^ 

Auch  in  dieser  erstarrten  zeitlichen  Verwendung  knüpft 
a  unmittelbar  an  das  Lateinische  an;  denn  bereits  in  latei- 
nischer Zeit  war  die  Übertragung  von  ad  Yom  ortlichen  auf 
das  zeitliche  Gebiet  geschehen:  lai:  ab  hora  octara  admeri- 
diem,  Plaut.  (Georges  I,  95).  —  Die  übrigen  romanischen 
Sprachen  haben  dieses  ad  in  lebendigem  Gebrauche  bewahrt: 

ital.:  yenire  a  mezzo  dl,  alle  nove,  ritomare  a  pasqoa; 
di  cinque  a  sei; 

altfranz.:  a  cest  jour  d'oi,  a  icele  ore; 

neufranz.:  arriver  a  six  heures,  ä  jour  prefixe; 

span.:  llegar  a  las  ocho,  a  la  noche  (Diez,  Gr.  877). 

3.  a  steht  in  gewissen  festen  Verbindungen,  die  als  Ad- 
yerbia  der  Art  und  Weise  empfunden  werden;  das  Deutsche 
gibt  diese  Verbindungen  durch  Adverbia  wieder;  hierher  ge- 
hören etwa: 


—    479    — 

aname  =  mit  Namen,  d.  h.  eigens,  nämlich;  a  bona  seamä 
=»  mit  Achtsamkeit,  sicher,  gewiß;  anevoe  =»  schwerlich;  a 
milä  =:  mitleidig;  a  lene = träge;  a  bine  =  mit  rechten  Dingen 
(gut);  altr.  a  märantä  =  cu  deamärontul,  genao. 

Beispiele:  sein  a  bunä  seamä  =  ich  weiß  gewiß  (Hasdeu, 
et  m.  I,  38); 

Me-am  culcat  s  'am  adormit; 

Anevoe  m'  am  trezit  (Jam.  Doine,  497,  12); 

Parcä  nu  faceti  a  bine  =  es  scheint  mir  nicht  mit  rechten 
Dingen  mit  euch  zuzugehen  (Cr.  IV,  65,  9). 

altrum.:  doi  feciori,  ce  säntu  mai  mari,  a  nume  VasiUe 
fi  Ion  (=  mit  Namen,  nämlich  V.  und  I.)  (Hrisov  de  Impärt. 
1670,  Gast.  a.  207  LXV,  Z.  6). 

Nu  cu  evangheliia  numai  strigä,  ce  si  cu  dumnedzeesti 
prooroci  fi  cu  deDunmedzäu  gräitorii  aisäiucenicia  märuntü 
spune  (Cqv.  lui  Ion  Crisostom  17.  Jh.  (Cod.  Mss.  Miscell. 
Brasov  p.  504)  (Hasd.,  Et  m.  rom.  p.  38). 

In  dieser  Verwendung,  die  sich  im  Lateinischen  noch 
nicht  nachweisen  läßt,  hat  ad  den  Begriff  der  örtlichen  Lage 
abgestreift  und  drückt  dann  ebenso  wie  das  lateinische  cum 
die  Begleitung,  speziell  den  begleitenden  umstand,  aus.  Eine 
ähnliche  Bedeutungsentwickelung  hat  das  lateinische  apud  im 
Französischen  durchgemacht:  afrz,  od,  nfrz.  avec  =  »mit"; 
ebenso  findet  sich  ad  in  modaler  Verwendung  in  den  übrigen 
romanischen  Sprachen: 

itaL  errare  a  studio,  ritrarsi  a  forza,  camminare  a  passi 
lenti,  gridare  ad  una  Toce; 

afrz.  estre  re^u  a  grant  feste,  ocire  ä  dolor,  crier  a 
haute  voiz; 

nfrz.  faire  qch.  ä  force,  condamner  ä  tort; 

prov.  jutjar  a  droit,  vezer  a  penas; 

Span,  andar  a  priesa,  obrar  a  maestria,  gritar  ä  voces 
(Diez,  Gr.  p.  879). 

4.  In  einigen  wenigen  Fallen  im  Altrumänischen  be- 
zeichnet a  die  Bestimmung  oder  den  Zweck;  deutsch:  zu: 

cä  a  multe  röuta«  lnvatälenea(CheiaInt.  1678,  CCr.  181); 


—    480    — 

Dlnäöft  esind  a  ylnat  (Dos.  Y.  I.  Sept.  24); 

Odinftorä  tsxäsi  merse  tn  p&dure  a  lemne  (Ibid.  Sept.  24) 
(■-•  nach  Holz); 

a  ce  mä  päräsas (Psalt.  slaYO-romänä  1680,  ps.  21, 

bei  Hasdeu,  Et.  m.  1,  48). 

Wenn  ad  zur  Bezeichnung  des  örtlichen  Zieles  in  Ver- 
bindung mit  Abstrakten  trat,  mußte  es  dazu  kommen,  die 
Bestimmung,  den  Zweck  auszudrucken.  Diese  übertragene 
Bedeutung  konnte  dann  auch  in  ursprünglich  rein  örtliche 
Verhältnisse  hineingelegt  werden.  Bereits  im  Lateinischen 
findet  sich  dieses  finale  ad:  natus,  aptus,  idoneus,  factus  u.  s.  w. 
ad;  femer:  ad  id  (=^  zu  dem  Zwecke)  fabrefacta  navigia,  lar.; 
alere  canes  ad  yenandum,  Ter.;  (Georges,  I,  93).  —  Im  Roma- 
nischen ist  ad  zur  Bezeichnung  des  Zweckes  selten;  Meyer- 
Lübke  (Gr.  Ill,  498)  führt  nur  an: 

itaL  condamnare  alla  morte,  ferir  a  morte; 

frz.  condamner  h  mort; 

span.  morir  al  mundo,  nacer  a  la  virtud. 

5.  In  einigermaßen  lebendigem  Gebrauch  findet  sich  a 
noch  heute  nach  gewissen  Verben,  wo  es  meist  einen  Ver- 
gleich, eine  annähernde  Ähnlichkeit  zwischen  zwei  Dingen  be- 
zeichnet; deutsch:  wie^  nach  Art  von: 

Gänif,  cum  tl  Ted, 

la  el  se  räped; 

|i  laträ-a  pustiü  (==  und  bellen  (wie)  wüst); 

si  urlä-a  mortiü  (Gast.  b.  288,  Z.  9); 

asta  nu  miroasS  a  nas  de  om  a»  das  riecht  nicht  nach 
Menschennase  (d.  h.  ist  nicht  eines  tüchtigen  Kerls  würdig) 
(Cr.  IV,  8,  6); 

Lelea  cu  märgele  multe; 

Amiroase-a  flori  märunte  (Dotne,  77,  1); 

Dac  'o  duci  'n  camp,  se  moaie; 

Si  mereü  cobesce-a  ploaie!    (Strig.  230,  4); 

si  clopotele  sunä  nelntrerupt  a  jale  la  toate  bisericile 
drept-credinciöse  (Telegr.  Rom.  1902,  Nr.  12,  1.  Seite,  1.  Spalte, 
unten); 


-    481     — 

un  fir  de  o  matasä  alba,  subtire,  strälucitä,  ce  semäna 
mal  mult  a  OTieradfide  lunä,  ce  cutreera  aerul,  decät  a 
fir  tort  (Emin.  nov.  p.  8,  26tt). 

Femer  entnehme  ich  aus  Tiktin,  Wb.  p.  1:  Bine  se  pre- 
face  a  boer!  (Alex.  op.  compl.  I,  913)- 

Ans  Hasdeu,  Et.  mag.  I,  44 ff.:  calca  a  popä  (er  strebt 
nach  Höherem). 

Ca  trei  steguri  de  matasä:  Unul  rosa  ca  focal,  Unal 
oegra  ca  corbul,  Unal  alb  ca  omätal;  Gel  rosu'i  a  bätälie, 
Gel  negru  a  jelanie,  l^i  cel  alb  a  bucurie  (Marianu,  Baco- 
vina  11,  50),  (=  die  rote  bedeutet  Kampf,  die  schwarze  Trauer 
und  die  weiße  Freude); 

Despre  curcabeü  poporul  dice  ca  e  a  vreme  bunft  (= 
daß  er  gutes  Wetter  bedeutet). 

Sätenit  considerä  ca  un  senm  meteorologic,  cänd  rimele 
(die  Regenwürmer)  umblä  a  plöiä. 

sta  In  loc  ^i  fluera  a  pagubä (=  schadenverkündend) 

(Ispir.  Leg.  139); 

SäracS  pSlärie,  Tu  tragt  tot  a  saräciä  u.  s.  w.  (Hirten- 
sprichwort aus  Siebenbüi^en). 

Dieses  vergleichende  a,  das  sich  im  Deutschen  meist  sehr 
schwer  wiedergeben  läßt,  ist  ebenfalls  leicht  aus  der  Grund- 
bedeutung „an,  zu''  zu  erklären;  denn  es  drückt  aus,  daß  zwei 
Dinge  zwar  nicht  räumlich,  aber  ihrer  Qualität  nach  „auf 
einander  hindeuten**,  einander  nahe  kommen.  Bereits  in  latei- 
nischer Zeit  wird  ad  bisweilen  in  ähnlichem  Sinne  verwendet: 

nt  emerem  ancillam  ad  istam  faciem  (=  wie  diese  Ge- 
stalt), Plaut.  (Georges  I,  94). 

Aus  den  romanischen  Sprachen  gehören  hierher  wohl  die 
Wendungen,  wo  ad  den  Begriff  „nach  der  Weise  von" 
wiedergibt: 

ital.  alla  cieca,  alla  francese,  alla  meglio; 

frz.  ä  la  legere,  ä  Titalienne; 

span.  ä  la  espafiola  (M.-L.,  Gr.  III,  p.  507 f.). 

6.  a  vertritt  bisweilen  den  Genitiv-Dativ  des  Rumänischen; 
hierbei  sind  mehrere  Fälle  zu  unterscheiden: 

Weigand,  10.  Jahresbericht.  31 


—    482    — 

a)  Im  Dakorumänisclien  steht  a  for  den  GenitiT,  wenn 
dem  Worte,  das  in  den  Genitiv  gesetzt  werden  soll,  ein  Zahl- 
begriff Yoraosgeht  oder  wenn  das  betreffende  Wort  selbst 
einen  Zahlbegriff  enthält: 

cu  ocasia  a  trei  alegeri  (Delavr.  Paraz.  65,  5).  folosü 
a  tötä  cetatea,  a  trei  säte  (Strajanu,  M.  de  Gr.  III,  p.  191). 
0  deputatiune  a  trei  membri  (Sl.  Fr.  43,  7).  D-zeü  e  sta- 
pinul  a  toatä  lumea  (=  stäpinul  lumii  Intregt)  (Tiktin,  Gr. 
r.  I,  219). 

Femer  entnahm  ich  ans  Philippide,  Gr.  eL  355 £:  Tractatul 
de  Adrianopol  aduse  tärilor  recistigarea  a  parte  din  dreptarile 
perdute  a  atita  vreme  (Negruzzi).  Freamätnl  |i  sueratul  a 
mii  de  mii  de  sftge|il. 

altrum.:  denaintea  a  multi  oameni  (Gast  a.  53,  16). 
Domnü  a  toatä  pat6r6  =  Herr  aller  Macht  (Cor.  Caz.  I, 
1579—80,  Gast  a.  28,  5). 

b)  Im  Altrumänischen  findet  sich  a  bisweilen  zur  Be- 
zeichnung des  Genitiv-  oder  Dativrerhaltnisses  vor  nicht  arti- 
kuliertem Nomen  und  Numerale;  im  Neurmn.  steht  dafür 
meist  der  Genitiv-Dativ,  respektive  la;  ans  Jb.  lY,  56: 

de  sä  va  afla  In  mijloculu  a  bärbat  |i  a  ftmee  . .  .  • 
(1648,  aus  Hasdeu,  Et  m.  I,  p.  49  ff.)-  nu  vä  s&  cade  fnaintea 
a  judeate  proste  (Gast  a.  42,  2).  in8U|fi  satana  sä  ilchimbä 
in  Chip  a  Ingeru  luminat  (id.  p.  48^).  —  Femer:  nimenea  nn 
poate  a  doi  domni  lucra  (Gast  a.  *8,  15).  cade  s&  a  tot  pla- 
gariul,  sä-|  are  ^i  sä-s  lucreaze  pämlntul  (Gast  a.  119,  pentm 
Plug.  1);  aus  TUdin,  Wb.  p.  1  entnehme  ich: 

Cela  ce  va  face  silä  a  muere  v$duo  (Indr.  251).    fi  dede 

pätnea  a  flämindi  (Dos.  V.  S.  Sept  15) f  i  a  multi  orbi 

dede  vedere  (Biblia  1688,  Luc.  7,  21). 

c)  Im  Aromunischen  tritt  a  stets  vor  den  (flektierten) 
Genitiv-Dativ:  suflet  a  m^a,  dz^  a  dadp  t^i,  s  fakp  nik9 
un9  ka  tine  (Ar.  II,  14,  Nr.  11,  15).  Dp  n  a  nia,  ta  s  mi 
flklin!  (id.  24,  Nr.  19,  9).  m^dzul  a  ^apelei  murf  «=  das 
Fohlen  der  Stute  starb  (Ar.  11,  226,  21).  La  ftntana  a  cor- 
bului  (Petr.  Mostre  II,  103,  Nr.  U,  6). 


—    483    — 

Indem  man  sich  das  Besitztum  als  „an*'  seinem  Besitzer 
haftend  Yorstellte,  konnte  ad  dazu  kommen,  den  possessiven 
GenitiT  zu  vertreten;  noch  näher  lag  es,  den  Dativ,  den  ,yGebe- 
kasus",  durch  ad  zu  ersetzen,  das  ja  auch  die  Bewegung  „zu 
etwas  hin"  bezeichnete.  In  der  Tat  findet  sich  ad  in  beiden 
Funktionen  bereits  in  vulgärlateinischer  Zeit: 

a)  ad  für  den  Dativ: 

munera  dantes  ad  servientes  ibidem.  (Itin.  Hier.  Anton.  30); 
ad  cuius  (ducis)  imperium  caelum  et  terra  serviebant  (Hier, 
episi  82,  3),  annuit  manu  ad  plebem  (Vulg.  act  21,  40). 

b)  ad  ftir  den  Gknitiv: 

hie  requiescunt  membra  ad  duus  fratres  Gallo  et  Fidencio 
(Corp.  XIH,  2483),  (Thes.  ling.  lat.  I,  559). 

In  den  romanischen  Sprachen  ist  ad  zur  Bezeichnung  des 
Daiivverhältnisses  bekanntlich  allgemein  durchgedrungen  (mit 
Ausnahme  des  Rumänischen),  seltener  finden  sich  Reste  von 
ad  für  den  Genitiv,   s.  Diez,  Gr.  856  u.  M.-L.  Gr.  IH,  276. 

Näheres  über  die  Verwendung  von  a  in  der  Flexion,  b&» 
sonders  die  Angabe  der  Gründe,  warum  a  in  die  Flexion  ein- 
geführt wurde,  bietet  die  Arbeit  von  Bacmeister:  die  Easus- 
bildong  des  Singulars  im  Rumänischen,  Jb.  IV,  55 — 58. 

B.  a  steht  vor  dem  Infinitiv,  der  ohne  a  nur  noch  in 
wenigen  Fällen  vorkoiomi  Darüber  handelt  eingehend  Sand- 
feld-Jensen  im  Jb.  IX,  75fiE,  weshalb  mr  es  hier  übergehen 
können. 

„  A''  kommt  also  im  Rumänischen  in  folgenden  Fallen  vor: 
L  ortlich  (=  an,  zu)  (erstarrt), 
U.  zeitlich  (»»  an,  zu)  (erstarrt), 
nL  modal  (erstarrt), 
IV.  =  zu  (Zweck)  (altrumänisch), 
V.  zum  Ausdruck    eines   Vergleiches    oder    einer   an- 
nähernden Ähnlichkeit, »»  „nach  Art  von",  „wie'', 
VL  zur  Vertretung  des  Genitiv-Dativs, 
Vn.  vor  dem  Infinitiv  (erstarrt). 

31* 


—     484    — 

cätra. 

L  Caträ  bezeichnet  die  Richtung;  deutsch:  „ gegen": 
und  zwar: 

a)  in  feindlichem  Sinne;  deutsch:  „gegen",  „wider'': 
Cäträ  zayistü  jeluiasce  duhülü  cela  ce  se  säläsluieasce 
inntru  voi?  =  Wider  den  Haß  gelüstet  es  den  Geist,  der  in 
euch  wohnt?  (Luth.)  (Cod.  Vor.  128,  4).  se  vie  a  grfi  ce  an 
cäträ  melnre  (ii  62,  3)  [in  der  Übersetzung  von  1648  Im- 
protiva  miea].  si  mäntu  unii  cäträ  alti  cu  fhrtusagaie  fi 
curvie  (Gast.  a.  2,  6,  Apocalips.  apost.  Paul). 

Dieses  cäträ  in  feindlichem  Sinne  findet  sich,  wie  ans 
den  Beispielen  herrorgeht,  nur  in  älteren  kirchlichen  Texten 
imd  auch  dort  nur  verhältnismäßig  selten  neben  spre,  Xm- 
potriva,  in  aleanul;  im  NeurunL  begegnet  es  nicht  mehr;  hier 
haben  asupra,  (tn)contra,  impotriva  seine  Stelle  eingenommen. 

b)  in  freundlichem  Sinne;  deutsch:  rS^S^^i  gegen- 
über": alipirea  cätre  Casa  tmpSrät^scä  =  die  Anhänglichkeit 
gegenüber  dem  Kaiserhause  (Sl.  Fr.  III,  557,  17).  din  iubire 
cätre  d-ta  (M.  Sg.  98,  17).  ca  are  oare  care  bunätat«  cätra 
mine  (id.  91,  3). 

altrum.:  nevointä  si  gänd  bun  ce  au  avat  cäträ  Dam- 
nezeu  (Gast.  a.  77,  7.  Evstratie,  Pravila  aleasä,  1632).  prie- 
tinesugul  bun  ce  at  arätat  cäträ  noi  (lorga,  Doc  I,  40,  Nr.  54. 
22,  a.  1622). 

arom.:  de  mare  vrere  ce  avea  cätre  hillü  su  (Petr. 
Mostre  II,  13,  6).  nu  '^i  se  ingaldi  inima  cätre  unä  denSsse 
(id.  15,  26). 

c)  in  rein  örtlich-neutralem  Siime;  deutsch:  „gegen*, 
„nach  —  zu",  „zu":  si  o  iea  de-a  curmezi^  |  de  la  nort  cätre 
soare  =  und  er  nimmt  seine  Richtung  quer  durch,  von  den 
Wolken  nach  der  Sonne  zu  (Cr.  IV,  36,  14). 

^i  tntorcändu-se  cätre  unchias  si  babä  (Gast.  b.  354,  2S, 
basme).  Incercarea,  drumul,  cätre  Nirvana  a  fost  tot  asa 
de  dureroasä  cät  de  strälucitä  (Caragiale,  Schite,  p.  15,  6).  ^.^ 
amönat  gi  refusatjuramöntul  cätre  Im pSratul  (Sl.Fr.  111,45,13  • 


—    485    — 

altrum.:  Cfaiesaria  spredici,  cätra  chesariu  se  mergi 
(Cod.  Vor.  68,  2).    Intoarceti-vä  cäträ  mine  (Gast.  a.  26,  11, 

Coresi,  Caz  I,  1579—80).    domnul  zise  cäträ  mene (id. 

*1,  Ps.  2,  9,  Psalt.  1585). 

arom.:  äuts^  ts  fatsa  kutrg  mine  (Ar.  U,  24,  Nr.  19,  4) 
=  wende  dein  Gesicht  nach  mir  zu. 

istr.:  ben,  viro  k9trg  mire  la  mj  kpsf  (Jb.  I,  130,  9) 
(=^  komm  zu  mir  in  mein  Haus),  si  hlapetsu  mes  a  k^tr^ 
gospodjru  (id.  134,  17). 

meglen.:   Catj    an  sus  cjtru  ter  si  zite: =  er 

blickte  empor  zum  Himmel  und  sagte: (Papahagi,  Rom. 

d.  Meg.  p.  26,  3). 

Cäträ  gibt  in  den  angeführten  Fällen  die  Richtung  „nach 
etwas  hin''  an  und  zwar  betont  es  dabei  mehr  den  Ausgangs- 
punkt zum  Unterschied  von  „la"  und  „In",  die  auch  ßichtimg 
oder  Bewegung  „nach  einem  Ziele  zu"  ausdrucken,  dabei  aber 
bereits  dessen  Erreichung  im  Auge  haben.  Bisweilen  berührt 
sich  cäträ  aber  doch  schon  ziemlich  stark  mit  den  beiden  ge- 
nannten Präpositionen,  so  in  dem  Beispiel  aus  dem  Cod.  Vor. 
und  in  den  beiden  Beispielen  aus  dem  Istrischen,  wo  man 
neudakorumänisch  la  erwarten  würde;  dasselbe  ist  der  Fall 
in  folgenden  Fällen  aus  dem  Altrum.,  wo  es  sich  um  eine 
Hinzofügung  yon  etwas  zu  etwas  anderem  handelt: 

Cätr'  acea  s-altä  usteniintä  s-au  adaos  acelora  barbati 
purtätori  de  duhulu  sväntü  (=  hierzu ist  noch  ge- 
kommen) (Bianu  §i  Hodos,  Bibl.  I,  140;  6,  a.  1643).  iar  pre 
ma¥  mare  credintä  noi  am  pus  peceatea  trägului  si  ale  nostre 
cätre  cest  zapis  (=  zu  diesem  Dokument  hinzu)  (Gast.  a. 
45, 16;  Hris.  de  vänz.  1614).  —  Sehr  häufig  findet  sich  cäträ 
in  dieser  Bedeutung  in  den  von  lorga  gesammelten  Documente 
rom.  din.  Arch.  Bistr.  I,  wo  nach  der  Einleitung  in  einigen 
Briefen  der  Übergang  zum  Thema  öfter  durch  „cäträ  aceasta" 
=  „hierzu,  hiemach,  hierauf"  vermittelt  wird,  während  andere 
Briefe  derselben  Sammlung  hierfür  „dup'  acia"  (p.  1.  letzte 
Zeile)  verwenden: 

Cäträ  aceasta  facem  stire  Mariilor  Vostre  pentru  rändul 


—    486    — 

iobagilor  Märiilor  Vostre  (lorga,  Doc.  I,  17,  Nr.  22,  4,  kut 
17.  Jahrb.);  ebenso:  p.  13,  2;  p.  28,  Nr.  37, 6;  p.30,  Nr.  39, 2  etc. 

Hierher  gehört  auch  cätrS  zur  Bezeichnung  eines  Zweckes, 
einer  Bestimmung,  das  bisweilen  in  alten  kirchlichen  Texten 
Torkommt:  incindre,  cStrfi  ispitire  voasträ  ce  taste  (Cod. 
Vor.  38,  10).  Nu  buinr&  pristanisce  cäträ  ernare  (id.  86, 3). 
cä  samt  playite  amu  cätrft  seacere  (Gbsi  a.  109,  6;  Yarlaam, 
Caz.  de  lafi,  1643). 

Auch  das  bei  Bojadzi  vorkommende  aromunische  kgtrg 
tsi  =  weil,  warum,  weshalb  (Jb.  II,  117)  ist  wohl  hierher  zu 
rechnen.  Eine  Angabe  des  Zweckes  wäre  dann,  wie  dies  aach 
anderwärts  vorkommt,  in  eine  solche  des  Orundes  über- 
gegangen. 

U.  Cätra  bezeichnet  die  Annäherung  in  der  Zeit,  besonders 
in  Verbindung  mit  Substantiven,  die  Tageszeiten  ausdrfidcen; 
deutsch:  „gegen":  si  mal  cätre  searft  firele  acele  mi  le  vet 
da  mie  (Gast  b.  362,  33,  Snoave  fi  pov.).  si  a  treia  zi  cätre 
sarä  pome^te  si  el  (Cr.  IV,  16,  6).  Cändu-i  colea  cäträ  searä 
I  badea  murgul  fi-l  lufalä  (Dolne,  575,  9).  Cänd  fu  cätrft 
diminetä,  Popa  se  späla  pe  fatä  (Alex,  poezit  pop.  97). 

arom.:  unä  s^rä  cätre  morgijü  agiumse  tu  unä  hörft 
micä  (Petr.  Mostre  II,  18,  7—9). 

Für  die  Erklärung  der  verschiedenen  Verwendungen  von 
cäträ  ist  es  am  besten  von  lat.  contra  auszugehen;  dieses  hatte 
die  Grundbedeutung  „gegenüber,  das  Gesicht  jemandem  zu- 
gewendet" :  insula  quae  contra  Brundisinum  portum  est,  Gaes. 
(Georges  I,  1523),  es  drückte  also  nicht  von  Anfimg  an  die 
Richtung  aus,  sondern  den  Ort,  von  dem  ausgehend  sieb  eine 
Handlung  „nach  etwas  hin**  richten  konnte.  War  nun  diese 
Handlung  eine  feindliche,  so  nahm  cäträ  den  Sinn  von  „gegen*" 
=  „wider^  an,  war  sie  eine  freundliche,  den  von  lai  »erga*', 
und  drückte  endlich  das  Verbum  eine  einfache  neutrale  Be- 
wegung oder  Richtung  aus,  so  mußte  cäträ  in  die  Bedeutung 
von  „versus**  ™  „nach  —  hin",  „nach  —  zu"  übergeben.  Ans 
dieser  letzteren  Verwendung  erklärt  sich  dann  auch  cäträ  zur 
Angabe  des  Zweckes  und  der  Zeit    Im  ersteren  Falle  ist  der 


—    487    — 

abstrakte  Begriff  des  Zweckes  in  sinnlicher  Weise  als  das  Ziel 
aufge&ßt,  „auf  das  sich  die  Handlung  zu  bewegt''  und  im 
zweiten  Falle  handelt  es  sich  um  die  Übertragung  eines  ört- 
lichen auf  ein  zeiÜiches  Verhältnis,  die  entstehen  konnte,  indem 
man  bei  cätrS  searS,  cfiträ  dimineatS  wirklich  an  den  Weg 
dachte,  den  die  Sonne  „nach  diesen  Zielen  hin**  zurficklegi 
Im  Lateinischen  und  den  romanischen  Sprachen  scheint 
sich  contra  nicht  so  reich  wie  im  Rumänischen  entwickelt  zu 
haben;  in  freundlichem  Sinne  findet  es  sich  nur  im  Lateinischen, 
in  örtlich-neutralem  Sinne  nur  in  den  romanischen  Sprachen 
finales  und  temporales  contra  kennen  weder  die  romanischen 
Sprachen,  noch  das  Lateinische.  Ln  übrigen  bietet  sich  aber 
manches  Vergleichbare: 

zu  a):  lai:  hoc  non  pro  me,  sed  contra  me  est,  Cic., 
contra  alqm  conjurare,  Caes.  (Georges  I,  1523f.);  itaL:'  virtü 
contra  furore  prendera  Farme,  Petr.;  frz.:  marcher  contre 
l'ennemi;  span.:  la  triaca  es  contra  el  veneno  (Diez,  Gr.  897). 
zu  b):  lai:  dementia  contra  minus  yalidos,  Plin.  8,  23 
(Georges  I,  1524).  spätlat:  pro  amore  et  benevolentia  quam 
contra  te  habeo  u.  s.  w.  (TabuL  Vienn.  Ecclesiae  sub  Rost. 
Archiep.  fol.  60,  bei  Du  Gange,  Lex.  11,  571). 

zu  c):  Besonders  im  Spanischen:  esta  habitacion  esta 
contra  el  norte  (C.  D.),  namentlich  bei  Montemayor:  dezir 
contre  algnna,  doch  gilt  dies  als  portugiesische  Äusdrucks- 
weise  (M.-L.,  Gr.  lU,  481);  prov.:  estar  central  solelh;  altfrz.: 
encontre  lui  ne  parleront  (s.  Melion  p.  44);  altital.:  disse 
coDtro  lui  (C.  N.  A.  29)  (bei  Diez,  Gr.  p.  897). 

Cäträ  kann  also  folgende  Bedeutungen  haben: 
L  =  gegen  (Richtung)  und  zwar: 

a)  SB  gegen,  wider  (feindlich)  (nur  altrum.), 

b)  S3  gegen,  gegenüber  (freundlich), 

c)  »3  gegen,  nach  —  zu  (neutral),  davon  ausgehend: 
a)  «:  zu,  hinzu  (hinzufügend)  (nur  altrum.), 

ß)  =»  zu  (final)  (nur  altrum.) 
U-  n gegen"  (ungefährer  Zeitpunkt). 


—     488    — 

cu. 

I.  Gu  bezeichnet  ein  Zusammensein,  die  Gesellschaft  oder 
Begleitung  (deutsch:  ,,mit^)  und  zwar: 

a)  von  lebenden  Wesen: 

a)  in  eigentlichem  Sinne:  Dragu-mi-i  in  cräsm'  a  bea  |  cq 
oameni  de  seama  mea  (Strig.  105,  1).  §'oi  fiigi  ca  dum- 
neata!  (Dome,  108,  9).  Sä  mänc  cu  soacra  din  ele!  (id. 
556,  9).  Atunci  vine  ^i  impäratul  cu  o  multime  de  oameni 
(Cr.  IV,  67,  14). 

arom.:  *aidi,fßatj,yin  ku  mine  siiigurgCAr.U,  10,  Nr. 8,1). 

In  diesem  Falle  wird  es  auch  öfter  verstärkt  durch  (de-, 
dim-)  Impreunä  (vgl.  lat.  simul,  una,  itaL  insieme  con,  span. 
para  con):  |i  atunci  eü  impreunä  cu  tot  neamul  meü 
avem  sä  '^i  venim  in  ajutor  (Cr.  IV,  51,  1).  de*!  ospäta  Im- 
preunä cu  noi  (id.  88,  14.). 

altrum.:  ca  si  cela  se  samänä  sä  sä  bucure  depreana 
cu  cela  ce  seacerä  (Gast.  a.  109,  8). 

arom.:  si  a^i^e  adouadi  se  scularä  depreunä  cu  chiel- 
leslu  (Petr.  Mostre  II,  37,  10). 

Anm.:  unserer  Auffassung  nach  pleonastisch  steht 
dieses  cu: 

1.  in  der  Verbindung  cu  totii,  cu  toatele  =  samthch, 
samt  und  sonders:  Remäneti  cu  totii  n  pace  (Doine,  644, 2*2). 
Apoi  inträ  cu  totii  Inläuntru  (Cr/lV,  62,  22). 

2.  nach  si  =  und:  Dar  Harap  Alb  ^i  cu  ai  säi  nu  bin- 
diseaü  de  asta  (Cr.  IV,  63,  4).  dacä  nu  eram  eü  si  cu  Päsärila 
(id.  78,  14).  spre  casä  tustret  mergea:  |  Balaban  si  cu  lovita 
si  cu  tänära  fetitä  (Gast  b.  298,  3).  Da  eu  ^i  cu  man- 
dru^  I  jucäm,  deü,  toatä  diua  (Strig.  7,  4).  altrum.:  Inchi- 
näciune  ^i  bunä  sänätate  scriu  eu  popa  Väsiian  Benz,  si  cu 
feciorul  mieu  Nicolai  düaconul  (lorga,  Doc  I,  21,  Nr.  36,  i)* 
(arom.:  Si  luarä  Scodra  ^i  cu  Moreauä  (Petr.  Mostre  II,  S4. 
Nr.  XXII,' 7)). 

Dieses  cu  wird  schon  so  sehr  als  Konjunktion  geAUt, 
daß  es  sich  sogar  (altrum.  und  dial.)  vor  anderen  Präpositionen 


—    489     — 

oder  Kasus,  auch  ohne  si,  findet:  altrum.:  Aceastä  carte  iaste 
scrisS  la  biräul  de  Bistritä  si  cu  la  sfatul  Märii  Säle.  Laudft 
tieDoamne  cu  Ingerii  dau  (=:  dir  und  den  Engeln)  (Bianu 
si  Bodos  Bibl.  rem.  I,  141,  1).  Acmü  voi  spüreti  miiasului, 
cu  zborülu (Cod.  Vor.  50,  10). 

arom.:  tfnuru  aistu  ts-ul  dau  dinintia  al  dunmidz^  §9 
ku  afigelor  (=  vor  Gott  und  den  Engeln)  (Cod.  Dim.  28,  7). 

ß)  zum  Ausdruck  des  freundlichen  oder  feindlichen  Ver- 
kehrs, des  sich  Vereinigens  oder  Veruneinigens  mit  jem.,  femer, 
abweichend  Yom  Deutschen,  bei  Verwandtschaftsnamen,  Aus- 
drücken der  Gleichheit  und  Ähnlichkeit  u.  s.  w.:  C'am  Yorbit 
cu  doi  feciori  (Strig.  278,  8).  Noi  cu  toti  s6  ne  nfrätim  | 
si  cu  totii  sä  trfiim  (Dome,  435,  48).  doar  nu  '1  frate  cu 
mama  (Cr.  IV,  43,  23).  o  cÄs&tori  cu  tärani  (Gast  b.  261,  18). 
Cu  mine  sä  se  'mpreune!  (Dome,  215,  20).  Tot  m'oi  mai 
lupta  cu  ele  (id.  611,  8).  Mändrulitä,  ochii  tSi  |  bine  seamänä 
cu-ai  mei  (=  gleichen  den  meinigen  sehr)  (Strig.  150,  1). 
altr.  |i  se  päriieä  cu  Jüdeii  =  und  er  stritt  sich  mit  den 
Juden  (Cod.  Vor.  2,  9).  arom.:  esku  n9y^ast9  ku  bgrbat  = 
ich  bin  Frau  mit  Mann  (=  verheiratet)  (Ar.  II.  26,  Nr.  22,  9). 

b)  bei  leblosen  Dingen:  Mergea  lelea  p  'ängä  tSü  |  cu 
cununä  de  sasäü  (Dolne,  35,  2).  am  scäpat  cu  viatä  =  ich 
bin  mit  dem  Leben  davon  gekommen  (Cr.  IV,  7,  22).  De-ti 
catä  alta  mai  dragä,  |  care-i  cu  cosita  neagrä  (Dolfne,  491,  4). 

arom.:  Bagg  n  ts  fesea  ku  fluriile  =  setze  deinen  Feß 
auf  mit  Goldstücken  (Ar.  II,  16,  Nr.  12,  13).  ni  aflai  u§a  ku 
klj^alaasich  fand  die  Tür  mit  Schlüssel  («»  verschlossen) 
(id.  22,  Nr.  18,  3). 

Anm.  1.  Im  Aromunischen  und  Istrischen  geht  hier  öfter 
das  allgemeinere  „mit"  in  die  spezielle  Ortsangabe,  „in"  über: 
Va  n  te  alas  ku  käse  mu&ate  (=  in  schonen  Häusern)  (Ar.  II, 
74^  Nr.  46,  8).  E9r9vyotlu  ku  atsi^a  kgrävi  b9g$  äi  alte 
pr^m^tii  (id.  218,  18).  69  dz^e  ku  minti^a  (=  in  seinem 
Sinne)  (id.  222, 10).  Istr.:  e  ie  gan|,  ke  la  verlt  ku  kasunu 
pre  9p^  (b»  daß  sie  ihm  gekommen  sind  in  der  Kiste  auf  dem 
Wasser)  (Jb.  1, 128,  7). 


—    490    — 

Anm.  2.  In  den  weitaus  meisten  der  hierher  gehörigen 
Fälle  entspricht  cu  mit  dem  folgenden  Nomen  einem  deutschen 
Adjektivum  (ygL  die  englischen  Adjektiva  auf  -ful):  sä  fie  co 
bägare  de  semä  {^^  aufinerksam)  (SL  Fr.  III,  144,  9).  ar  fi 
cn  cale  (»>  ratsam)  (id.  144,  14).  dacä  'ti-a  fi  cu  placere 
(=  gefillig)  (Cr.  IV,  20,  5).  Nici  tdt  junci  |  cu  coarne  lungi 
(Strig.  166,  8)  (=  langgehömt).  Vai  de  mine,  cum  as  mere  { 
seara  la  gurä  cumiere(=a  honigsüß)!  (Dome,  293,  2).  e  oare 
cu  putintä  (=  möglich)  (M.  Sg.  52,  5). 

altrum.:  nemicä de  ceale  ce  era  cu  folosu  (=^ 

nützlich)  (Cod.  Vor.  19,  4). 

arom.:  kg  s  pare  ku  mare  minte  (»»scheint  sehr  yer- 
ständig  zu  sein)  (Ar.  II,  46,  Nr.  29,  7).  sg  Sgdz  ku  sf  09  täte 
(=  gesund)  (id.  280,  Nr.  5).  anlu  tut  s  h'ibg  ku  mbjrgatsj 
(=  glücklich)  (Ar.  II,  281,  Nr.  18). 

In  den  bisher  angeführten  Fällen  hat  cu  im  allgemeinen 
die  Bedeutung  des  lateinischen  cum  bewahrt,  sodaß  es  keiner 
weiteren  Erklärung  bedarf.  Auch  die  anderen  romanischen 
Sprachen  gehen  hier,  soweit  sie  cum  nicht  durch  andere  Prä- 
positionen ersetzt  haben,  mit  dem  Rumänischen  parallel:  Ist: 
zu  a)  a):  semper  ille  antea  cum  uxore,  tum  sine  ea  (Cic 
Mil.  55),  esse,  vivere,  habitare,  cenare  u.  s.  w.  cum  alqo.;  zn 
a)  ß):  cum  alqo.  se  delectare,  Cic,  pugnare,  certare  u.&w. 
cum,  jüngere,  conjungere  u.  s.  w.  cum;  zu  b):  cum  impedi- 
mentis  yenire,  Caes.  (Georges  1, 1681). 

Die  in  den  Anmerkungen  augeführten  Besonderheiten  im 
Gebrauche  von  cu  erklären  sich  meist  leicht  aus  dessen  Grund- 
bedeutung; teilweise  findet  sich  auch  hierzu  Analoges  im 
Lateinischen  oder  in  den  romanischen  Sprachen: 

zu  1.  a)  ä)  Anm.  2:  lat  negaretis  hoc  mihi  cum  diis, 
Liv.  (aa  mir  und  den  Göttern),  Demosthenes  cum  ceteris  erant 
expulsi,  Nep.  (Georges  I,  1681),  itaL:  io  con  lui  Yolgenuno 
i  nostri  passi  (Purg.  17,  64),  span.:  el  padre  con  las  fijas 
Uoran  de  corazon  (Cid.  2632),  portg.:  en  co  o  grao  Macedonio 
e  CO  0  Romano  Demas  lugar  ao  nome  Lusitano  (Lus.  1,  75) 
(M..L.,  Gr.  III,  254). 


-     491     — 

zu  Ib  Anm.  1:  lai:  repntare  cum  animo,  secum  =  bei 
sicii,  (Georges  I,  1682),  itaL:  egli  disse  seco;  lo  ritenne  seco 
(Diez,  Gr.  890). 

zu  Ib  Anm.  2:  Tielleicht:  lat.:  esse  cum  catenis  «»  ge- 
fesselt sein,  Plaut.  (Georges  I,  1683). 

n.  a)  Gu  führt  einen  begleitenden  Nebenumstand  ein, 
deutsch:  „mit",  „unter'':  Mere-oi  tot  cu  dor  |i  jele  (Dome, 
461,  8).  ascultä  cn  luare  am  inte  (=  mit  Aufinerksamkeit) 
(Cr.  IV,  10,  14). 

arom.:  s  ku  strigare  ^  dzyse  (Ar.  II,  228,  16).  S9 
plgnse  ku  lakrin  (»=  nnter  Thranen)  (Cod.  Dinu  28b,  4). 

In  den  meisten  hierher  gehörigen  Fallen  entspricht  cu 
mit  dem  folgenden  Worte  einem  deutschen  Adverb:  mergi 
cu  bine  (=  glücklich)  (Cr.  IV,  5,  5).  li  spune  toate  cu  dea- 
mänuntul  (=  haarklein)  (id«23, 13).  Da  cändu-i  colo  toamna,| 
nu  Saude  nimica;  |  numai  mändra  cu  gura  |  cu  dulcetfi 
dripind  (Deine,  57,  3).  spuneti  'mt  cu  drept  (=  aufrichtig)  | 
cu  mäna  la  pept  (Gast.  b.  291,  V,  14).  sS  se  batä  cu  vitejie 
<«=  tapfer)  (Sl.  Fr.  III,  195,  1).  Incät  numai  cu  anevoie  (=» 
kaum)  a  scäpat  (id.  176,  11).  altrum.:  cu  luboste  («==  gern) 
ftgäduirä  noi  fratii  (Cod.  Vor.  29,  1). 

b)  cu  bezeichnet  die  Gleichzeitigkeit;  deutsch:  „bei**, 
»gleichzeitig  mit",  „über":  eu  pomesc  cu  ziua  =  ich 
breche  auf  gleichzeitig  mit  dem  Tage,  bei  Tagesanbruch  (Herr 
Scurtu).  muierea  a'  mbätränit  pfi  dracu  cu  däscre^irea  unuf 
hir  da  pär  (=  über  (bei)  der  Entkräuselung  eines  Haares) 
(Gast  b,  261,  3).  cu  lntr6gfi  artilerie,  pe  care  Turcii  o  luaserä 
c&nd  cu  cucerirea  cetä^il  (<=bei  der  Eroberung  der  Stadt) 
(id.  587,  18). 

In  vielen  der  hierher  gehörigen  Verbindungen  wurde  cu 
mit  dem  folgenden  Worte  bereits  so  sehr  als  ein  Begriff 
empfunden,  daß  noch  de  davortreten  konnte;  so  findet  sich 
de  cu  ziua,  de  cu  noaptea,  de  cu  tarna  (vgl  Dam6,  Dici 
p.  310);  am  häufigsten  ist  aber  wohl  de  cu  searft  ^^  bei 
Abend:  De-ar  fi  lunä  de  cu  searfi  |  m'  af  duce  la  badea  n 


—    492    — 

tearä;  (Dotne,  312,  1).  £1  iubeste  de  cu  searä  |  candu-sdus- 
manele  afarS  (id.  150,  11). 

In  diesen  beiden  Verwendungen  ist  die  Grimdbedeutcmg 
Yon  cu,  nämlich  der  Begriff  des  Zusammenseins  mit,  der  Be- 
gleitung noch  deutlich  zu  erkennen.  Wurden  in  den  unter 
I  behandelten  Fällen  lebende  Wesen  oder  auch  leblose  Dinge 
mit  cu  angeknüpft,  so  hier  Umstände  und  Zeitbestimmungen, 
die  sich  das  rumänische  Sprachgefühl  ebenfalls  als  Begleiter 
vorstellt.  Dieselbe  Auffassung  ist  übrigens  bereits  im  Latei* 
nischen  vorhanden  und  sie  findet  sich  auch  in  anderen  roma- 
nischen Sprachen: 

lai  zu  a):  cum  celeritate  ad  exercitum  redire  (Hirt  b.  6>, 
semper  magno  cum  metu  incipio  dicere,  Cic.;  cum  cura,  cum 
(bona)  gratia,  cum  (bona)  venia  u.  s.  w. 

zu  b):  cum  prima  luce  Pompomi  domum  venire,  Cic; 
exiit  cum  nuntio  Crassus,  Cic;  (bei  Georges,  Wb.,  I,  1&83). 

Anm.  1.  cu  zur  Bezeichnung  der  Gleichzeitigkeit  gebt 
in  Verbindung  mit  einer  Form  von  „tot"  in  die  Bedeutung 
„trotz"  über:  cu  toate  aceste  nu  'si  pierdu  nadejdea  In 
Dunmezeu  (Gast.  b.  350,  26).  sä  fie  tinut,  cu  tot  bunul 
tratament,  sub  pazä  mai  asprä  (Sl.  Fr.  III,  54,  26). 

arom.:  ku  tut  ats^a  tsi  nu  era  ah^tü  muäatü  (==  trotz- 
dem daß)  (Ar.  H,  252). 

Dieser  Bedeutungswandel  mußte  eintreten  (vgl.  deutsch: 
während  =  frz.  pendant  que  und  tandis  que),  wenn  die  beiden 
Begriffe,  deren  Gleichzeitigkeit  cu  betont,  dem  Sinne  nach 
einander  entgegengesetzt  sind.  In  anderen  romanischen  Sprachen 
findet  sich  cum  in  derselben  Bedeutung:  itaL:  con  tutto  il 
suoingegno  =  bei  (trotz)  aller  seiner  Beanlagung  (Rigutmi- 
BuUe,  Wb.,  p.  177).  portg.  com  tudo,  com  tudo  isso  =  trotz 
alledem. 

Die  Form  von  totus  «=  ganz,  all,  die  sich  zum  Teil  auch 
in  diesen  romanischen  Wendungen  findet,  dient  dazu,  den 
Gegensatz  zwischen  dem  Inhalt  der  beiden  Gedanken  noch 
scharfer  hervorzuheben. 


—    493    — 

Anm.  2.  Steht  cu  vor  einem  Worte,  das  eine  Zeitdauer 
ansdrflckt,  so  erlangt  es  die  Bedeutung  „für,  auf^,  drückt 
also  dann  eine  Bestimmung  in  Bezug  auf  die  Zeitdauer  aus: 
Sä-ti  dee  |i  sSnState  . . .  |  s&nState  cu  luna  (=  flir  einen 
Monat)  I  sä  nu  mai  vedi  lumina;  |  sän$tate  cu  anu  (>»  für  ein 
Jahr)  I  sä  nu  mai  vedi  pSm^ntu  (Doine  570,  itL).  e  plätit  cu 
ziua  =  er  wird  auf  den  Tag  bezahlt  (Scurtu). 

ni.  Cu  bezeichnet  das  Mittel  oder  Werkzeug,  deutsch: 
„mit,  durch,  von":  Si  calul  ti-1  potcovejte  |  cu  potcoave 
de  aramä  (Doine,  549,  5).  Eu  i-am  spus  cu  juräm^nt  |  ca 
e  ogropata  *n  pämönt  (id.  325,  3).  o  ploascä  plinS  cu  apS 
(id.  16,  4).  Dar  n'am  cu  ce  mS  'ncälta  (Strig.  332,  8).  Nid 
CQ  gändul  n'am  gändit,  |  eine  m'  a  ciufuluit:  (Strig.  235,  1) 
(Figora  etymologica!).  nu  mä  ucide  cu  loviturile  dureroase 
(id. 2, 23).  cänumai  cu  fuga  aputut  sä  scape  (Sl. Fr.  111,119, 6). 

altrum.:  EÄlecsandru  mäbäl  cu  mäinra  (Cod.  Vor.  11,5). 
toti  Intr'  una  cu  un  glas  si  cu  o  limbä  gräind  (Gast  a.  25, 12). 
arom.:  Eu  tuts  p9razli  kumpgrai  aruguzin  =  für  alles 
Geld  kaufte  ich  Matten  (Ar.  II,  216).  §  ku  zähare  (Zucker) 
le  pispel^äm,  |  gurg  ku  gurg  le  myfigam  (id.  26,  Nr.  22,  17). 

istr.:  Ontrat  a  hitit  pre  y^le  ku  nosilele  =  da  haben 
sie  (mit)  der  Bahre  auf  die  Erde  geworfen  (Jb.  I,  154,  22). 

meglen.:  cari  arä  cu  un  boü?  (Papah.  Rom.  diu  Megl., 
p.  26,  11). 

Dieses  instrumentale  cu  erklärt  sich  ebenfalls  aus  dem  cu 
zum  Ausdruck  der  Begleitung;  in  vielen  Fällen,  namentlich 
da,  wo  es  mit  einem  Konkretum  verbunden  auftritt,  ist  diese 
Grundbedeutung  noch  deutlich  zu  erkennen,  so  in  den  Beispielen : 
arä  badea  cu  plugul,  (Doine,  554,  1),  megl.:  cari  arä  cu 
un  boü?  (Papah.,  p.  26,  11).  Von  hier  aus  hat  sich  der  Ge- 
brauch dann  weiter  ausgedehnt.  —  Bereits  im  Lateinischen 
findet  sich  bisweilen  instrumentales  cum,  obgleich  hier  im 
Ganzen  der  bloße  Ablativ  noch  häufiger  ist;  ebenso  verwenden 
es,  —  wiederum  mit  Ausnahme  des  Französischen  und  Pro- 
venzalischen,  —  die  anderen  romanischen  Sprachen:  lat.:  ei- 
templo  silentio  facto  cum  voce  maxima  conclamant  (Gaud. 


—    494    — 

Quadrig.  fr.);  caede  caudam  com  tabula  aliqaa  non  pondero^a, 
Yeget;  (Georges,  I,  1683).  itaL:  Lucia  asclugayasi  gli  occhi 
col  grembiule  (Manzoni,  Pr.  Sp.  3)  (=  mit  der  Schürze)  (M.-L, 
Gr.  lU,  501),  costrignere  alcuno  colla  forza  e  colle  minacce 
(Diez  890).  span.:  con  esta  arma  pelearon;  espantada  con 
el  suefio  (Alej.  326),  (M.-L.,  Gr.  in,  502).  portg.:  abrir  com 
chave;  ferir  com  a  espada  (Michaelis,  Wb.  p.  193). 

Anm.  1.  Altrumänisch  und  in  den  Dialekten  wird  ca 
auch  von  Personen  und  sogar  beim  Passivum  gebraucht,  wo 
das  Neudakorumänische  prin  oder  de  verwendet:  altrum.:  care 
lucru  sintem  gata  a-1  märturisi  cu  cärtile  |i  ca  oamenii 
(lorga,  Doc.  I,  11,  2)  (Anf.  17.  Jahrb.).  cele  ce  acmü  Testiri- 
se  vao  cü  celora  ce  bilnrevestescü  voaö  (Cod.  Vor.  141,  3). 
[in  der  Übersetzung  von  1688  prenü,  1648  pentru].  istr.:  ä 
iel  a  mislit  ke  aw  ram^s  zegmite  ku  zidu  de  bas|rik^  {^ 
bedeckt  von  der  Mauer  der  Kirche)  (Jb.  I,  152,  Nr.  XY,  9). 
meglen:  dintru  kg  ku  skuTö^^  §i  ku  ^Jnyitsgminta  (» 
durch  die  Schule  und  durch  den  Unterricht)  se  f^ir;  ts^li 
mai  mptSkati  lukri  ^n  lumi  (Jb.  V,  147,  19). 

Anm.  2.  Instrumental  ist  wohl  auch  das  cu  bei  Prei^ 
angaben  zu  erklären,  das  wir  im  Deutschen  mit  „für,  um* 
übersetzen:  Spänul  vrea  sa  'wl  rfipuie  capnl  cu  or¥-ce  pret 
(Cr.  IV,  37,  6).  nu  vor  suferi  cu  nici  un  pret  pe  Lupu  ca 
Donm  fi  vecin  (Sl.  Pr.  III,  239,  26). 

Die  Dialekte  scheinen  zum  Ausdruck  des  Preises  gar  keine 
andere  Präposition  zu  kennen;  im  Dakorumänischen  ist  das 
Gewöhnliche  pentru;  daneben  in  gewissen  Fällen  pe  (s.  dort). 

IV.  Cu  bezeichnet  das  Maß  des  Unterschiedes  bei  Kom- 
parativen  und  Eomparativbegriffen;  deutsch:  „um**  oder  der 
bloße  Akkusativ:  Sevastita,  cu  cäte-va  zile  tnainte  de  ple- 
carea  IxxX  Pirigumenos  simte  grea^  (Delavr.  Paraz.  67,  7  v.  u.). 
un  motif  cu  mult  mal  nobil  (id.  110,  21).  cu  atlt  maTbine 
>»  um  so  besser  (M.  Sg.  63,  19).    lucrul  acesta  e  cu  atftt 

mal  probabil,  cu  cät  acest  Voivod  are  la  dSnsul (Sl  Fr. 

m,  1,  14). 


—    495    — 

altrum.:  cu  7ori  mai  tare  vom  bäte  pre  voi  pelntru 
päcatele  vostre  (Hasdeu,  Cuv.  I,  13,  28).  meglen.:  ku  k9t 
tretsi  mai  malt9  yr^me,  ku  k9ta  Rom^nii  se  mai  moltsesk 
=  je  mehr  Zeit  vergeht,  um  so  mehr  vermehren  sich  die 
Rumänen  (Jb.  V,  147,  14). 

Dieses  cu  „mensurae**  ist  am  besten  aus  instrumentaler 
Auffassung  heraus  zu  verstehen.  Einen  Satz  wie  „cu  atit  mai 
bine**  denkt  sich  der  Rumäne:  „durch  (mit  Hilfe)  soviele(r) 
Dinge  ist  dies  besser**  u.  s.  w.  Daß  das  Lateinische  in  diesem 
FaUe  den  Ablativ  verwendet,  spricht  ebenfalls  ftlr  diese  in- 
strumentale Auffassung.  Die  anderen  romanischen  Sprachen 
zeigen  die  Prap.  der  raumlichen  Trennung,  nämlich  „de**/ 
De  „mensurae"  findet  sich  auch  im  Rumänischen,  aber  nur 
in  Verbindung  mit  einer  Form  von  oarä^Mal;  cu  „mensurae** 
scheint  dagegen  auf  das  Rumänische  beschränkt  zu  sein. 

V.  Cu  fuhrt  bisweilen  eine  nähere  Angabe  oder  eine  Ein- 
schränkung zu  einem  Attributs-  oder  Prädikatsbegriffe  ein; 
deutsch:  „hinsichtlich,  an,  in,  mit**:  cum  rämäne  cu  mosu- 
fcäü  =  wie  es  mit  deinem  Großvater  wird  (Cr.  IV,  6,  18). 
rämäne  cu  pärul  lins-prelins  «=  er  steht  mit  den  Haaren 
^e  geleckt  (id.  14,  11).  Pare  c&-i  un  domnijor;  |  cä-i  cu 
pl^rul  retezat  (Doine  81,  7).  cum  sta  cu  trebile  noastre  =: 
wie  steht  es  hinsichtlich  unserer  Angelegenheiten  (M.  Sg.  33, 1). 
Cu  erklart  sich  hier  am  leichtesten  aus  dem  Begriffe  der 
B^Ieitung.  Wie  es  scheint,  haben  sich  zwei  Gedanken  ge- 
duzt: Slnt  cu  slnul  plin  de  dor  »=  ich  habe  eine  Brust  (voll 
Sehnsucht),  (eigentlich:  ich  bin  mit  einer  Brust  (voll  Sehn- 
sucht)) und  in  (hinsichtlich)  dieser  Brust  bin  ich  voll  Sehn- 
suchi  In  den  oben  genannten  Fällen  hat  nun  der  erstere 
Gedanke  ftberwogen,  daher  steht  cu.  In  anderen  Beispielen 
ist  mngekehrt  der  zweite  Gedanke  stärker  gewesen  und  es 
findet  sich  dann  la  oder  de  in  derselben  Bedeutung.  Diese 
beiden  Präpositionen  sind  in  diesem  limitativen  Sinne  sogar 
yiel  häufiger  als  cu,  das  in  den  Dialekten  gänzlich  fehlt  und 
un  Dakorumänischen  wohl  auf  bestimmte  Falle  beschränkt 
^  —  Vergleichen  läßt  sich  hier  das  Spanische,  das  nach  ge- 


—    496    - 

wissen  A^jekfciyen  ebenfalls  com  >•  con  yerwendet:  rico  con 
los  despojos,  ciego  con  el  enojo  (neben  de  enojo),  contento, 
alegre  con  esta  nneva  (M.-L.,  Gram.  lU,  291). 

Cu  findet  sich  also  in  folgenden  Bedeutungen: 
Cjx  =  mit  (Begleitung)  davon  abgeleitet: 

a)  S3  mit  (Reciprodtät), 

b)c=n[iit,  unter  (begleitender  Nebenumstand), 

c)  =  mit,  über  (Gleichzeitigkeit)  davon  abgeleitet: 
a)  =  trotz  (adversativ) 

ß)  =  für,  auf  (Bestimmung  der  Zeitdauer) 

d)  aa  mit  (instrumental),  davon  abgeleitet: 
a)  =  für,  um  (Preis), 

/?)  =  um  (Maß  des  Unterschieds), 

e)  =  hinsichtlich,  an,  in,  mit  (Beschrankung). 

de. 

I.    In  lokaler  Bedeutung: 

a)  De  bezeichnet  die  Richtung  oder  Bewegung  von  etwas 
weg;  deutsch:  „von,  von  —  weg,  von  —  aus,  von  —  her",  auf 
die  Frage  woher?:  0  soaptä  de  sus  =  ein  Flüstern  von  oben 
(Gast.  b.  288,  II,  34).  Incepe  a  purta  caii  de  colo  pänS  colo 
(Cr.  IV,  13,  25).  Diana  s  a  rusinat  si  a  dat  fuga  de  acolea 
(Pop.  Reteg.  43, 15). 

altrum.:  De  unde  veniti  ingerii  mei?  (Gast  a.  1,6). 

arom.:  §  aklö  §  inöir^  noyp  in§  fiiri  |  trei  di  asupra, 
trei  di  gos  |  ä  alantsg  trei  di  nainte  (Ar.  II,  106,  66, 10). 

Wie  diese  Beispiele  zeigen,  findet  sich  lokales  de  im  all- 
gemeinen nur  vor  lokalen  Adverbien.  In  Verbindung  mit 
anderen  Worten  stehen  dafär  die  zusammengesetzten  und 
daher  prägnanteren  Präpositionen  dela  und  din;  de  bat  sich 
vor  dem  Nomen  oder  Pronomen  nur  gehalten  nach  gewissen 
Verben,  wo  die  Vorstellung  einer  Bewegung  oder  Richtong 
„von  —  weg"  zu  Grunde  lag;  dahin  gehören: 

a)  Die  Verba  des  Trennens,  Fliehens,  Reinigens,  sich 
Entledigens,  Unterscheidens,  Aufhörens  u.  s.  w.:  de  spnmi 
se  curätias=  vom  Schaume  reinigte  er  sich  (Gast  b.  295,  H' 


—    497    — 

lasa-te  de  suspinat  (id.  307,  Cäntec  populär,  8),  Spane  tu 
la  fratii  mei  |  ca  mS  despärtesc  de  ei  ...  .  (Dome,  422,  4). 
Abia  sfär^i  de  zis  (Gast.b.  356,  13).  pentru  a  scäpa  de  ru|ine 
{Ct.  IV,  8, 18).    De  aceea  fiige  lumea  de  dtnsul  (id.  33,  3). 

altrum.:  de  ocäräle  voastre  fugiu  eu  (Gasi  a.  3,  15). 
fi  de  fratii  säi  dezdise-se  (Cod.  Vor.  2,  2). 

arom.:  te  mppits^^S  de  tatg  §i  dadg  «=  du  trenntest 
dich  von  Vater  und  Mutter  (Ar.  II,  204,  Nr.  114,  19).  de  tine, 
morlai;  mumS,  |  de  'mi  fugi  gionele  pe  lunä  (Petr.  Mostre  II, 
54,  Nr.  VI,  1). 

Hierher  gehört  auch  das  „de"  nach  Adverbien,  die  den 
Begriff  der  Entfernung  von  einem  Punkte  enthalten:  hite 
däparte  d'äst  loc  (Gast. b. 260, 24)  departe  de  noi  (M,Sg. 21,24). 
arom.:  äedz  k^rsi  de  mine  (Ar.  II,  140,  Nr.  81,  1)  (= 
gegenüber  von  mir),  ngfgär  diparte  di  noi,  |  nik^  ma  fiklo 
di  Sufie  (id.  158,  Nr.  95,  28). 

Die  meisten  dieser  Adverbia,  so  afarä  de,  aproape  de, 
dincolo  de,  dincoace  de,  dinjos  de,  din  sus  de  u.  s.  w.,  sollen 
miter  den  uneigentlichen  Präpositionen  noch  besonders  be- 
handelt werden. 

ß)  Die  Verba  des  Verbergens,  Schützens,  Verteidigens, 
sich  Hütens  yor;  hier  ist  der  Begriff  der  Richtung  oder  Be- 
wegung „von  —  her"  nicht  wirklich  ausgesprochen,  er  kann 
aber  sehr  leicht  ergänzt  werden;  denn  ein  Satz  wie:  „er  ist 
geschützt  vor  der  Sonne",  zerlegt  sich  logisch  sofort  in  die 
zwei  Sätze:  „Er  ist  geschützt  vor  den  (oder  gegen  die)  Strahlen, 
die  von  der  Sonne  ausgehen".  Beispiele:  coaptä  la  rezoare 
I  feritä  de  soare  |  coaptä  la  pämänt  |  feritä  de  vänt  (Gast  b. 
298,  47).  apärä  m$  de  gSinT,  cä  de  cami  nu  mS  tem  (Cr.  IV, 
7,  17).  de  urätü  te  poft  ascunde  (Dome,  VI,  5).  sä  apere 
pe  viitor  Ardfl  de  nävälirile  lor  (SL,  Fr.  III,  496,  26). 

arom.:  Si  s'näapär  de  cai^ido  (=  vor  jedermann)  (Petr. 
Mostre  U,  109,  9). 

meglen.:  li  vfgli^  di  frik  <=  er  schützte  sie  vor  Kälte 
(VL-M.  78,  14). 

Weigand,  10.  Jahresbericht.  32 


—    498    — 

b)  De  steht  auch  da,  wo  es  sich  nach  deutschem  Spradi- 
gebrauch  um  die  Lage  „an  einem  Orte,  auf  die  Frage  wo? 
oder  um  die  Bewegung  „nach"  einem  Orte  auf  die  Frage 
wohin?  handelt;  und  zwar: 

a)  in  Fallen  wie:  le  pune  de  o  parte  =^  er  legt  sie  bei- 
seite (Cr.  IV,  13,  9).  Si  Intr*  un  buc  aü  si  ales  nisipul  de-o 
parte  si  macul  de  altä  parte  (Cr.  IV,  74,  4).  Si  eine  plangea 
de-o  parte?  ....  (Dome,  404,  13).  de  acum  Inainte  or  cii 
capul  de  piaträ,  or  cu  piaträ  de  cap,  tot  atata  'i  »  von 
jetzt  an  ist  es  ganz  gleich  ob  mit  dem  Kopf  auf  den  Stern 
oder  mit  dem  Stein  auf  den  Kopf  (Cr.  IV,  28,  25), 

arom.:  iu  strigä  tellali  de  paturle  pärti  (Petr.  Mostre 
U,  33,  1);  namentlich  in  der  Verbindung  pung  di  =  bis:  sdu 
te  pun  di  musata  (Ar.  II,  8,  6,  5). 

istr.:  an  Rim,  dende  Staate  pgapa  «=  in  Rom,  wo  der 
Papst  ist  (Wg.,  Rom.  21,  255,  29). 

Vor  allem  bezeichnet  de  auch  die  Ruhelage  an  eiDem 
Orte  oder  die  Bewegung  an  einen  Ort,  vor  einer  Reihe  von 
(meist  uneigentlichen)  Präpositionen,  die  später  noch  ausführ- 
licher zu  behandeln  sind.  Dahin  gehören  etwa:  dupä  «de 
+  post),  de-alungul,  de-asupra,  de-desubtul,  dinaintea,  dinapoia, 
dincoace  und  dincolo  de,  din  jos  und  din  sus  de  u.  s.  w. 

ß)  vor  Substantiven  namentlich  in  Abhängigkeit  von 
Verben  des  „Hangens,  Anfassens,  Anfangens,  Befestigens, 
Ziehens"  an  etwas  ferner  nach  a  da  (de  ceva)  =  treffen  (auf 
etwas)  und  se  apropia  (de  cineva)  =  sich  (jemandem)  nahenL 

Die  Beispiele  sind  hier  sehr  häufig:  de  dar  log  cä  mi'l 
prindea  =  am  Zügel  faßte  er  ihn  (Gast.  b.  294,  75).  si  nmnai 
latä  ce  daü  de  o  fäntänä  (Cr.  IV,  22,  5). 

arom.:  sg  1  pQartg  nv^asta  di  guSe  (Ar. II, 48,  Nr.31,11). 
dado,  la  nvgasta  di  mgng  (id.  78,  Nr.  49,  13). 

Istr.:  §i  ke  vor  legj  jsiri  de  marun  (=  banden  an  den 
Eastanienbaum)  (Jb.  I,  150,  4). 

Meglen:  §i  li  anvii  di  kö§  =  und  er  wickelte  sie  nm 
den  Korb  (Vl.-M.  63,  24).  Si  vompiru  ap  lego  di  pitSor  (»« 
band  sie  am  Fuße  fest  (id.  66,  1). 


—    499    — 

Die  unter  I  a)  angefahrte  Grundbedeutung  von  rumänisch 
de=  „von  —  weg"  schließt  sich  unmittelbar  an  das  Latei- 
nische an.  Hier  hatte  de  ursprünglich  die  Bedeutung  »von  — 
herab**,  die  aber  schon  in  klassischer  Zeit  in  die  von  „ab" 
=  „von  —  weg"  überging.  Im  Vglt  verdrängte  de  immer  mehr 
seine  beiden  Rivalen  ab  und  ex  (=  von  —  heraus),  bis  es 
scUießlich  im  Romanischen  von  den  drei  Präpositionen  allein 
übrig  blieb. 

Auch  die  unter  b)  angeführten  Fälle  gehen  auf  eine  echt 
romanische  Äusdrucksweise  zurück.  Man  drückt  durch  die 
Präp.  nicht,  wie  das  Verbum  es  verlangt,  einfach  den  Ort  aus, 
„wo"  sich  etwas  befindet  oder  „wohin"  sich  etwas  richtet 
oder  bewegt,  sondern  man  betrachtet  in  antizipierender  Weise 
diesen  Ort  bereits  als  Ausgangspunkt  neuer  Bewegungen  oder 
Tätigkeiten  (sich  Erstrecken,  Sehen).  Für  de  nach  den  Verben 
des  Anhängens  findet  sich  im  Deutschen  etwas  Analoges  in 
dem  Kompositum  „abhängen  von  etwas"  entsprechend  rum.: 
da(Ä  lucrurile  ar  atlma  de  mine  (M.  Sg.  75,  6).  Diese  Vor- 
stellmig  des  „Abhängens  von"  hat  der  Rumäne  konsequent 
bei  allen  Verben  des  Hängens,  Anfassens  u.  s.  w.  —  Das 
Lateinische  imd  die  anderen  romanischen  Sprachen  bieten,  wie 
schon  oben  erwähnt,  hier  mancherlei  Entsprechungen:  lat.: 
pendere  de  collo,  de  camera,  Ov.  u.  Petr.;  de  clunibus  (= 
an  den  Hinterschenkeln)  pinas  habere,  Col.  (Georges  I,  1766). 
Daneben  auch  das  bekannte  „a  tergo  stare"  b=»  im  Rücken 
stehen,  stare  ab  aliquo,  habere  aliquem  a  latere,  a  fronte  u.  s.  w. 
frz.:  allons  de  ce  cöte.  span.:  estaban  de  una  y  de  otra 
parte  (Diez  p.  881). 

Für  die  Verba  des  „Anhängens,  Anfassens"  u.  s.  w.  bieten 
die  romanischen  Sprachen  nichts  Vergleichbares,  wohl  aber 
ftr  das  Verbum  a  se  apropia  de  <=  sich  nähern:  aprov.: 
apropchar  de,  nfrz.:  s'  approcher  de,  aber:  ital.:  awicinarsi  a, 
afrz.:  aprochier  a.  Die  Konstruktion  mit  de  scheint  hier 
analogiscb  eingetreten  zu  sein;  wie  man  sagte:  departe  de  — 
a  se  depärta  de,  femer:  aproape  de  «=«  „nahe  von",  so  sagte 
man  dann  auch:  a  se  apropia  de.    Die  Vorstellung:  „jemandem 

32* 


—    500    — 

näher  kommen  von  diesem  aus  betrachtet"  ist  natürlich  audi 
hier  möglich;  nach  a  se  apropia  de  scheint  dann  die  Redens- 
art „a  da  de  cineva*'  »»  „an  jemanden  herankommen,  auf 
jemanden  tre£fen''  gebildet  worden  zu  sein. 

II.  De  gibt  die  Heimat  oder  Herkunft  an,  das  heißt  den 
Ort,  woher  eine  Person  oder  Sache  als  ihrem  gewöhnlichen 
Aufenthaltsorte  stammt;  deutsch:  „aus*'  auf  die  Frage  woher? 
Im  modernen  Dakorumänischen  steht  in  dieser  Bedeutung 
öfter  dela  oder  din  (s.  dort);  häufiger  ist  de  noch  im  Altrumi- 
nischen  und  Aromunischen:  horbota  de  üngaria  =  Spitze  aus 
Ungarn  (M.  Sg.  36, 24),  vin  de  Odobefta  =  Wein  aus  0.  (Scurtu). 

altrum.:  oameni  de  tara  dumilor  yoastre  (loi^a,  Doa 
I,  40,  Nr.  54,  19)  (a.  1622).  'urii  di  Asia  ludei  (Gast  a.  *7,  3). 
Andreica  Soroceanul  de  tinutul  la^ilor  (id.  53,  17).  eu  Simi- 
onel  Vomicul  de  Cämpulung  (lorga,  Doc  I,  15,  1);  neben  de 
findet  sich  aber  auch  hier  in  ganz  entsprechenden  Fällen  din. 

arom.:  ftim/^alile  era  di  Nänta  (Ar.  II,  166,  Nr.  96,  43). 
basanlu  (Balsam)  di  Vinetfe  (id.  14,  Nr.  11,  14).  §  ku  tsi- 
punele  di  Elbasane  (id.  86,  Nr.  56,  13). 

Diese  Verwendung  von  de  knüpft  unmittelbar  an  die 
örtliche  Bedeutung  »=  „von — weg*'  an,  nur  hat  di«  Bewegung 
bereits  in  der  Vergangenheit  stattgefunden.  Die  anderen 
romanischen  Sprachen  wählen  zum  Ausdruck  dieser  Beziehung 
ebenfalls  de  (M.-L.,  Gr.  lU,  268). 

ni.  De  bezeichnet  den  Sto£^  aus  dem  etwas  besteht; 
deutsch:  „aus,  von"  auf  die  Frage  woraus?  wovon?  —  Meist 
verknüpft  de  in  diesem  Sinne  zwei  Substantiva  mit  einander, 
von  denen  das  zweite,  mit  de  verbundene,  einem  deutschen 
Adjektivum  entspricht:  Da,  blidu-i  de  cositor  (Zinn)  (Dome^ 
373,  6).  Sä-i  cumperi  cisme  de  caprä  (Strig.  246,  6).  Sedara 
pe  banca  de  peaträ  de  längä  portitS  (Emin  nuv.  90,25). 

altrum.:  a  vas  de  lut  frange-i  (Oasia.  *2,  3). 

meglen.:  topki  di  ngo  =  Ballen  aus  Schnee  (VI.-M.  78, 21). 

In  den  Dialekten  steht  de  auch  nach  Verben  (besonders 
a  face),  um  anzugeben,  woraus  etwas  gemacht  wird;  das 
Dakorumänische  verwendet  in  diesem  Falle  din: 


—    501     — 

arom.:  Di  Mikntg,  Kikutg  s  fatse  baiig  mare  =»  aus  Tropfen 
und  Tropfen  entsteht  ein  großer  See  (Ar.  II,  218,  Nr.  15). 

istr.:  |i  de  ie  s  a  fakut  kplu  (Jb.  I,  136,  11). 

Auch  diesen  Fallen  liegt  die  ursprüngliche  lokale  Be- 
deutung „von  —  her**  zu  Grunde.  Man  denkt  sich  den  be- 
treffenden Gegenstand  als  aus  dem  rohen  Stoffe  hervor- 
gehend oder  bereits  hervorgegangen.  Das  Lateinische 
verwendete,  von  derselben  Anschauung  ausgehend,  zur  Be- 
zeichnung des  Stoffes  neben  dem  bloßen  Ablativ  ex  +  Ablativ, 
das  dem  oben  erwähnten  din  genau  entsprechen  würde.  Da- 
neben trat  schon  in  klassischer  Zeit  die  Präposition  de  auf 
und  diese  wurde  von  den  romanischen  Sprachen  beibehalten 
(Diez,  Gram.  882). 

ly.  De  bezeichnet  nach  a  fi  und  nach  Subst  in  attrib.  oder 
prädikativer  Verwendung  die  Beschaffenheit  (Qualität)  einer 
Person  oder  Sache;  das  Deutsche  drückt  diese  Beziehung  meist 
durch  ein  Adjektivum  oder  auch  durch  „von"  mit  dem  Dativ 
aus:  £  da  mare  laudä  . .  .  .,  sä  =  es  ist  sehr  lobenswert 
...  daß  (Gast.  b.  259,  4).  ca  copilul  de  trei  dile  (Doine, 
247,  8).  Am^ndoi  suntemü  de-o  seamä  (id.  112,  8).  Un  Grec 
de  frunte  =  ein  vornehmer  Grieche  (SL  Fr.  III,  147,  1). 

altrum.:  acela  iastea  di  direptu  (Gast  a.  2,  28). 

arom.:  puska  di  ÖQS^rQy  ma  dultsi-i  z-di  nari  (=  ge- 
schenkter Essig)  (Pap.,  Jb.  11, 155,  88). 

meglen:  kg  im  di  soiu  romän  =  denn  wir  sind 
römischen  Stammes  (Jb.  V,  147,  45). 

Der  unterschied  zwischen  den  Verwendungen  in  HI  und 
IV  liegt  in  der  Art  und  Aufbssung  des  auf  de  folgenden 
Nomens.  In  IQ  drückt  es  nur  rein  konkret  den  Stoff  aus, 
aus  dem  etwas  besteht,  während  es  in  den  zuletzt  genannten 
Beispielen  einer  vorausgehenden  Person  oder  Sache  irgend 
eine  Eigenschaft  beilegen  soll,  die  meist  abstrakter  Natur  ist. 
Im  Lateinischen  entsprach  diesem  rumänischen  de  der  Genitiv 
(Ablativ)  QuaUtatis,  den  die  romanischen  Sprachen,  mit  dem 
Rumänischen  übereinstimmend,  durch  de  ersetzten  (cf.  M.-L., 
Gr.  m,  270). 


—     502    — 

Dieses  de  qualitatis  findet  sich  übrigens  auch  in  Ver- 
bindung mit  Ordinalzahlen  in  Ausdrücken  wie:  cel  dintain 
und  smeul  de  al  treilea  (Basme  86,  33),  die  Meyer-Lnbke 
(Gr.  III,  266)  an  falscher  Stelle,  nämlich  unter  den  partitiTen 
Verhältnissen,  anfahrt;  äntaiü  =  zuerst  und  al  treilea  »  zu 
dritt  sind  ursprünglich  Adverbien,  die  erst  durch  Vorsetzong 
von  de  oder  auch  durch  Artikulierung  attributiv  werden  können, 
also:  cel  d'äntäiü  eig.  =  der  von  zuerst  =  der  erste  n.  a.  w. 
Die  Ausdrucksweisen  „om  äntaiu*  und  „om  cel  äntaiü",  die 
M.-L.  an  der  genannten  Stelle  als  gebräuchlich  anfährt,  sind 
aus  diesem  Ghrunde  falsch. 

V.  De  bezeichnet  in  attributiver  Verwendung  das  aktive 
Possessiwerhältnis  oder  auch  in  weiterem  Sinne  die  Zuge- 
hörigkeit einer  Person  oder  Sache  zu  etwas  anderem;  hierbei 
sind  zwei  Falle  zu  unterscheiden: 

a)  Das  mit  de  verbundene  Nomen  drückt  etwas  Allge- 
meines oder  Unbestimmtes  aus;  im  Deutschen  stehen  in  diesem 
Falle  meist  zusanunengesetzte  Substantiva:  calul  fiului  de  crai 
(=  das  Pferd  des  Königssohnes)  Incepe  a  säri  (Cr.  IV,  5, 17). 
Zäpada  tncärcase  crengile  de  copaci  (»s  die  Baumzweige^ 
(Emin.  nuv.  88,  1).  fata  cea  micä  de  tmpSrat  (Delavr.  Trab. 
19,  letzte  Z.). 

arom.:  pristi  gura  di  putsu  (=  BrunnenöfiEnung)  (Cod. 
Dim.  107,  11).    frjndz9  di  fag  Kiperam  (Ar.  II,  8,  Nr.  5,  5). 
istr.:  semintse  de  9siri  =  Eselsamen  (Jb.  I,  150,  13). 
meglen.:Apadibgari=«  das  Wasser  der  Luft  (VL-M.,78,8'i. 

b)  Das  mit  de  verbundene  Nomen  drückt  etwas  Be- 
stimmtes aus;  de  steht  also  hier  für  den  zu  erwartenden 
Genitiv-Dativ  und  zwar  namentlich  dann,  wenn  das  voiaus- 
gehende  Nomen  nicht  artikuliert  ist,  dialektisch  auch  in 
anderen  Fällen;  im  Deutschen  entspricht  der  Genitiv:  '^  v» 
rSmfne  o  spaimä;  un  tnceput  de  tndoealä  («»  ein  Anfang 
des  Zweifels)  (Delavr.  Trüb.,  29,  28).  prea  cälduroasele  doredi 
de  un  amor  nevinovat  (M.  Sg.  2,  7). 

altrum.:  a  triea  parte  de  sat  «=  der  dritte  Teil  des 
Dorfes  (Gast  a.  43,  XIV,  8). 


—     503     ~ 

arom.:  kpazi  di  fiimunik  nu  s-al^^^ti  di  burik.  (Pap. 
Jb.  II,  162,  168).  trj^amborg  8  puntea  di  Narta  (Ar.  II,  172, 
Nr.  96,  160),  [dkr.:  podul  de  peste  Narta]. 

istr.:  kgnd  a  yerit  gfL  ht^in  de  kpse  (Jb.  I,  146,  20). 

De  erklärt  sich  hier  in  ähnlicher  Weise  wie  in  dem  unter 
n  behandelten  Falle  (Herkunft).  Der  Redende  denkt  sich  das 
Besitztum,  das  eigentlich  an  dem  Besitzer  haftet,  ftir  die 
Dauer  der  Bede  „von*'  diesem  losgelöst.  Daher  die  Prä- 
position der  Bewegung  „von  —  weg",  nämlich  „de".  —  Das 
Lateinische  verwendete  in  diesem  Sinne  natürlich  seinen  Genitiv, 
den  die  anderen  romanischen  Sprachen,  wenigstens  was  den 
Fall  b)  angeht,  durchaus  durch  „de"  ersetzt  haben. 

VI.  De  steht  bisweilen  zur  Bezeichnung  eines  Einzel- 
begrifPs  nach  Gattungsnamen:  De  aici  tnainte  cele  doüe  teri 
romäne  au  fost  märul  de  certS  tntre  casa  de  Austria  |i 
Polonia  (Sl.  Fr.  III).  numele  de  fiiu  =  der  Name  Sohn  (M. 
Sg.  6,  28).    diüa  de  astädi  =  heute  (id.  49,  3). 

altrum.:  laudä  de  om  bun  (Gast.  a.  47,  13).  Impärätia 
de  Egypet  (C.  B.  348,  letzte  Z.),  und  intr'o  zi  de  vineri 
(id.  405,  20)  (bei  M.-L.,  Gr.  lU,  262). 

arom.:  p^n  dzua  di  az-nifikg  asgtse  este  (Cod.  Dim  110, 23). 

istr.:  tsitate  de  Vitsentsa  (Wg.,  Rom.  21,  254,  III,  25) 
[vielleicht  auf  italienischem  Einfluß  beruhend]. 

Im  allgemeinen  ist  dieser  Gebrauch  von  de  selten  und 
die  angegebenen  Falle  gehören  zum  Teil  der  alten  Eirchen- 
sprache  oder  den  Dialekten  an.  Das  moderne  Dakorumänische 
druckt  sich  meist  anders  aus.  Das  Wort  Faulheit  würde 
heißen:  „cuvlntul  lene",  die  Stadt  Sibiiü  =  „ora^ul  Sibiiü" 
neben  „ora|ul  Sibülor";  wenn  sich  trotzdem  casa  de  Austria 
und  numele  de  fiiu  finden,  so  scheint  mir  dies,  wenigstens 
für  das  Dkr.  auf  fremdem  (französischem)  Einfluß  zu  beruhen, 
zumal  da  die  genannten  Verbindungen  vom  Volke  nie  ge- 
braucht werden.  Erklären  läßt  sich  dieser  Gebrauch  von  de 
in  derselben  Weise  wie  in  den  Fällen  unter  V;  also:  tsitate 
de  Vitsentsa  »>  der  zu  Vicenza  gehörige  Begriff  „Stadt".    In 


—    504    — 

den  yerwandten  Sprachen  ist  de  hier  viel  häufiger  (cf.  M.-L, 
Gr.  ni,  262). 

Die  Beispiele,  die  Meyer-Lübke,  Qr.  262  anfahrt,  und  nach 
denen  es  scheinen  könnte,  als  ob  diese  Art  der  Verknüpfong 
im  Rumänischen  ziemlich  häufig  wäre,  sind  zum  Teil  fiJsch 
verstanden,  zum  Teil  direkt  unrichtig  oder  ungebräuchlich: 
„mänästirea  Bistri^i"  oder  „mänfistirea  de  B.**  heißt  nickt  das 
Kloster  Bistritza,  sondern  das  zu  Bistritza  gehörige  Kloster 
(im  Gegensatz  zu  anderen  Klöstern);  apa  Blrladului  heißt:  das 
Wasser  von  B.,  (das  heißt  der  Fluß,  an  dem  B.  liegt  und  von 
welcher  Stadt  er  den  Namen  trägt);  ^ra  Frantiei  ist  durchaus 
ungebräuchlich,  rlul  Prutulul  und  muntele  Ciahläului  direkt 
falsch;  rlul  Prut  und  muntele  Ciahläu  ist  die  einzig  richtige 
rumänische  Ausdrucksweise.  —  Anderer  Art  sind  übrigens 
Fälle  wie:  am  pus  zälog  giumätati  di  satü  di  Särbe  (Hasden, 
Guy.  I,  132,  2,  a.  1603,  zapis  de  zälog.  Bärlad).  Hier  handelt 
es  sich  um  bloße  Wiederholung  der  Präposition  beim  zweiten 
Glied,  indem  man  Särbe  mit  satü  koordiniert  aufiaßt  Ganz 
dieselbe  Erscheinung  findet  sich  auch  bei  din. 

VII.  De  bezeichnet  nach  Substantiven  den  Zweck  oder 
die  Bestimmung;  deutsch:  zu:  sä  aleagä  'n  yale  |  loc  de 
mänästire  |  |i  de  pomenire  (Mänästirea  Arges,  10).  aceasta 
era  modul  cu  care  cäuta  pretecst  de  ceartä  (Emin.  nuY.  91, 4). 
secera  orz  de  pränzare  (Gast.  b.  309,  Nevasta  hamicä,  Z.  7). 

Häufig  mit  dem  Verbalabstraktum:  apol  tot  mai  am  zile 
de  träit  (Cr.  IV,  24,  23).  fträ  loc  de  odihnit  (lam.,  Varia 
III,  26).  Sä  'mi  fii  dioa  de  'nchinat  |  si  seara  de  särntat 
(Strig.  76,  3). 

meglen.:  nu-i  lukru  di  tSudire  =  es  ist  keine  Sache 
zum  Verwundem  (Jb.  V,  147,  15). 

Dieses  finale  „de",  das  der  Grundbedeutung  »von  —  weg* 
gerade  entgegengesetzt  ist,  erklärt  sich  am  leichtesten  aus  dem 
de  zur  Vertretung  des  Genitivs  (V).  Wie  man  sagte:  glas  de 
om  =  Menschenstimme,  fiul  de  erat  ^^  Königssohn,  so  auch 
analogisch:  yremea  de  fiigä,  loc  de  veselie,  obgleich  hier  ein 
aktives  Possessivverhältnis  noch  nicht  vorhanden  ist,  sondern 


—    505     - 

erst  in  Zukonft  eintreten  soIL  Oft  sind  beide  Auffassungen 
möglich;  so  kann  beispielsweise  „loc  de  veselie"  auch  „Ort 
der  Freude,  Ort,  wo  Freude  herrscht^  bedeuten.  Das  Latei- 
nische Terwendete  in  den  hierher  gehörigen  Fällen  bekanntlich 
den  Oenitiy;  das  auch  in  den  übrigen  romanischen  Sprachen 
Yorhandene  finale  „de^  könnte  daher  auch  einfach  als  dessen 
Nachfolger  angesehen  werden:  lat.:  non  est  mihi  tempus 
yacaum  nunc  morandi  et  tecum  confabulandi  (Cic.  de  rep.  1), 
amor  dei  =  Liebe  zu  Gott,  ital.:  cane  di  caccia,  libriccino 
di  memorie.  frz.:  chiefi  de  chasse,  habit  de  ville.  span.:  casa 
de  huespedes,  consejo  de  guerra. 

VIII.  De  bezeichnet  die  Identität  bei  Verben,  die  im 
Lateinischen  den  doppelten  Akkusativ  regieren;  deutsch:  „als*', 
»zu^:  Cred  cä  mä  cuno^i  si  de  urät  ^  de  frumos  si  de 
bätrftn  fi  de  tlnör,  si  de  slab  |i  de  puternic  (=  ich 
glaube  da  kennst  mich  als  häßlich  und  als  schön  u.  s.  w.) 
(Cr.  IV,  15,  7).  cum  dal  tu  de  leac  (=  als  Heilmittel)  odihnä 
(Gfasi  b.  182,  12).  Afa  Isi  luä  pe  nedreptatea  da  femeie 
(id.  261,  HJ.    Sä-1  mance\ermü  de  viu  (Dofoe,  573,  11). 

arom.:  S9  s-lu  ai  di  ka  Kiilu  a  tg^  (Cod.  Dim.  28,  8). 

De  erklärt  sich  auch  in  dieser  Verwendtmg  aus  seiner 
Grundbedeutung  „von  —  her".  Um  anzugeben,  daß  zwei 
Personen  oder  Sachen  mit  einander  identisch  sind,  druckt 
man  aus,  daß  die  eine  von  der  anderen  entnommen  ist,  her- 
stammt, „mä  cunostt  de  urlt"  hieß  also  ursprünglich:  du  kennst 
mich  als  einen  von  dem  Häßlichen  herstammenden,  d.  h. 
als  einen  Häßlichen.  —  In  den  anderen  romanischen  Sprachen 
findet  sieb  hierfür  nichts  Vergleichbares.  —  Im  Rumänischen 
werden  synonym  mit  „de"  in  diesem  Sinne  auch  „ca"  und 
„drept"  verwendet. 

IX.  De  steht  zum  Ausdruck  eines  Partitiwerhältnisses; 
ein  solches  liegt  vor: 

a)  Nach  Substantiven  die  einen  Mengebegriff  enthalten: 
cu  pSrul  ca  un  caer  de  cänepS  (=»  Bündel  Flachs)  (Emin. 
nnv.  88,  6).  ftrfi  strop  de  lacrimä  (Trüb.  36,  5).  o  multime 
de  lucruri  fDarte  nepermise  (Emin.  nuv.  90,  15). 


—    506    — 

Dahin  gehören  auch: 

a)  die  Maßbegriffe: 

As  jura  cu  juräturi,  |  cai  purtat  im  car  de  flori  |  so 
cäruta  de  bertite  |  |i  una  de  rumenite  (Strig.  257,  3).  Po 
drum  trecea  un  cär  de  lemne  (Cosb.  Vers,  si  Prozä,  125, 3). 
un  pähar  bun  de  apä  limpede  (M.  Sg.  23,  21). 

arom.:  moi  Yanäki,  pufigg  di  furie  (Ar.U,  198, Nr.  112,6) 
(=»  Beutel  voll  Oold).  Dupg  tsintsi  an  didz^le  fitsoru  kriskd 
(id.  236,  22). 

meglen.:  un  sinduH  di  pari  «=  eine  Kiste  yoll  Geld 
(V1.-M.  60,  20). 

istr.:  un  bolüts  de  päre  =>  ein  Stück  Brot  (Wg.,  Born.  21, 
253,  Nr.  II,  10). 

Mit  de  konkurriert  hier  sehr  stark  cu:  Dati  'ml  un  paar 
cu  vin(Trub.31,24),  neben:  ducönd un pähar  de  vin  (id. 31,26). 

meglen:  ung  törbg  ku  gr^u  =  ein  Sack  Weizen  (VL-ll 
59,  9). 

neben:  ung  törbg  de  gr9u  (id.  62,  16). 

Herr  Speran^  verwirft  nun  in  einem  Artikel  der  Noaa 
Bevista  rom.  p.  385  f.  den  Gebrauch  von  cu  in  diesem  Sinne 
und  stellt  de  als  das  allein  Bichtige  und  Volkstümliche  hin. 
Ich  kann  seiner  Ansicht  nicht  ganz  beistimmen.  Gewiß  ist 
de  das  altere  auf  Tulgärlateinischer  Tradition  Beruhende,  wie 
seine  Verwendung  (in  derselben  Bedeutung)  in  den  anderen 
romanischen  Sprachen  beweist,  und  infolgedessen  auch  das 
weiter  Verbreitete.  Aber  auch  cu  ist  volkstümlich  — ,  wenn 
auch  nicht  auf  einem  so  großen  Gebiete  üblich  wie  de,  — 
was  durch  sein  Vorkonmien  im  Meglenitischen  erhärtet  wird. 
Diese  Verwendung  von  cu  konnte  sich  aus  der  konkreten  An- 
schauung des  Volkes  heraus  ebenso  gut  entwickeln,  wie  die 
von  „la"  neben  dem  de  limitationis  (s.  dort),  indem  man  bei 
pähar  cu  apä  an  das  „Gefolltsein  mit  Wasser"  (umplut  cu 
apä)  dachte.  —  De  muß  natürlich  stehen: 

1)  wo  es  sich  um  wirkliche  Maßangaben  handelt:  un  Utra 
de  apä  (Borcia),  o  oca  de  came  (2V2  Pfd-  Fleisch)  (Noua  Bev. 
rom.  n,  385). 


—    507    — 

2)  Wo  eine  Verwechselung  möglich  ist:  am  väzut  o  sanie 
de  roate  (<=  einen  Schlitten  voll  Räder),  aber:  am  yäzut  o 
sanie  cu  roate  (=»  einen  Räderschlitten)  (Speran^  Noua  Rev. 
rom.  n,  386). 

ß)  de  nach  Substantiven,  die  einem  anderen  Nomen  eine 
gute  oder  schlechte  Eigenschaft  beilegen  sollen:  gloaba  cea 
de  cal  =  jener  Klepper  von  einem  Pferd  (Cr.  IV,  14,  1).  Miie 
incä-mi  sponea  un  hätrn  da  mof  (=»  Spaßvogel  von  einem 
Alten)  (Gast  b.  261,  10).  o  arätare  de  om  bäuse  apa  dela  24 
de  iazuri  (Cr.  IV,  54,  17). 

arom.:  an  k9ts9l  di  kggygnskQe  =  ein  Hund  von  einem 
Keradschi  (Ar.  II,  190,  103,  12). 

Man  könnte  zweifelhaft  sein,  ob  dieser  Fall  unier  die 
partitiven  Verwendungen  von  de  gehöre.  Mir  scheint  dies 
am  ehesten  annehmbar,  da  gerade  der  Begriff  des  Teiles  das 
Energische,  Prägnante  dieser  Redensarten  erhöht  Es  haben 
sich  wohl  zwei  Gedanken  gekreuzt;  etwa  in  folgender  Weise: 
gloaba  cea  de  cal: 

1)  dieses  Pferd  ist  ein  schlechtes,  ein  Klepper, 

2)  es  ist  eigentlich  gar  kein  vollständiges  Pferd,  sondern 
nur  ein  Teil  davon.  —  Die  Parallelen  im  Lai  sollen  weiter 
unten  angef&hrt  werden;  bez.  des  Rom.  s.  M.-L.  Gr.  lU  266. 

Y)  de  in  Fallen  wie: 

Si  nu-s  doug  päsärele,  |  ca-s  douS  surori  d'a  mele  («« 
zwei  Schwestern  von  mir,  eig.:  von  den  meinigen  (Doine,  412, 7). 
Pentru  pgcate  de-a  mele  (=  Sünden  von  mir)  (Strig.,  345,  2). 
un  drahiu  de-al  meu  =»  ein  Sohn  von  mir  (Gast  b.  299,  41). 
Se  vorbesc  cn  neam  de-al  meu  («=»  mit  Leuten  von  meinem 
Stamme)  (Doine,  457, 11). 

Das  Rumänische  wählt  hier  das  partitive  „de*',  um  an- 
zudeuten, daß  noch  mehr  Dinge  oder  Personen  der  ange- 
gebenen Art  vorhanden  sind;  es  kann  also  scheiden  zwischen- 

zwei  Schwestern  von  mir  «»  douS  surori  de  ale  mele  und: 
zwei  von  meinen  Schwestern  «»  douS  dintre  (oder  din)  surorile 
mele.  —  Diese  Ausdrucksweise  dient  bisweilen  auch  dazu,  die 
Bedeutung  eines  Wortes  nach  der  guten  oder  schlechten  Seite 


—    508    — 

hin  zu  nuancieren:  mai  mäncat^ai  säläti  de  aceste  de  c&nd 
e|ti  =  hast  du  schon  solchen  yortrefflichen  Salat  gegessen, 
seit  du  existierst?  (Cr.  IV,  27,  10).  stiu  eü  näzdrikvSnii  de 
ale  spänului  =  ich  kenne  die  schlimmen  Streiche,  wie  sie 
der  Bartlose  macht  (id.  35,  6);  aber:  näzdrSySniile  spänului 
=  die  Streiche  des  Bartlosen  (Borcia).  Beachte  vor  dem 
Pron.  den  Zusatz  Ton  al  de:  eäci  nu  s'ar  fi  mai  gandit  la 
de  al  de  acestea  (Cr.  IV,  85,  7).  de  al  de  tine  =  Leute 
wie  du  (Borcia). 

b)  Nach  ZahlbegrifFen;  und  zwar: 

ä)  nach  unbestimmten: 

ce  de  oameni  au  fost  aici.    Si  n'o  scrie  cu  cerneala. 
cä  de-aceia-i  multfi  'n  tarft  (Doine,  255,  5). 

altrum.:  si  de  cele  rele  nu  afiarä  nimicä  la  ein  (Gast. 
a.  2,  34). 

istrisch:  N-a  faküt  niS  de  bire  (Wg^  Rom.  21,  252,7). 

ß)  nach  den  Zahlen  von  20  an,  im  Aromunischen  und 
Meglen  schon  von  11  an:  Gel  mai  tlnär  era  de  douS-zeci 
^i  unul  de  an!  (Delavr.  Trüb.  8,  9);  arom.  diosprgs  di  dijle 
(Cod.  Dim.  108  b,  10);  meglen:  14—15  di  an  (Jb.  V,  147, 2r. 

/)  nach  Adverbien  des  Grades  wie:  asa,  atit,  dt,  cum, 
destul:  m&na  li  tremurS  asa  de  tare  Inclt  ll  scfipS  (Delavr. 
Trüb.  31,  2  Z.  v.  unt).  Oh!  cat  e  de  frumoasS  =  o^  wie 
schön  ist  sie  (Delavr.  Trüb.  29,  1).  a  trage  foloase  pe  oft  se 
poate  de  mari«»  möglichst  großen  Nutzen  ziehen  (SLFr.3,5). 

Die  Grundbedeutung  „von  —  her"  ist  auch  bei  diesen 
partitiven  Verwendungen  noch  deutlich  zu  erkennen.  Ihnen 
liegt  der  Gedanke  einer  Entnahme  von  etwas  aus  einer  gröSeren 
Quantität  derselben  Art  zu  Grunde.  —  Im  Lateinischen  worden 
Partitiwerhältnisse  im  allgemeinen  durch  den  Genitiv  aus- 
gedrftckt:  zu  a):  scelus  viri  «s  Schurke  von  Kerl,  Pl&ut 
(Georges  11 ,  2258),  zu  b):  multum  diei  processerat,  Sallust 
(Georges  II,  930).  Daneben  finden  sich  aber  schon  in  klassi- 
scher Zeit  einzelne  Falle  einer  partitiven  Verwendung  von  .de'*: 

zu  a):  hominem  certum  misi  de  comitibus  meis,  Cic; 
partem  solido   demere  de   die,  Hör.  (Georges  I,  1767).    hsx 


—    509    — 

Vnlgarlateinischen  mag  sich  diese  Yerwendung  weiter  aus- 
gedehnt haben;  wenigstens  findet  sich  partitives  de  in  allen 
romanischen  Sprachen,  zum  Teil  in  weiterem  Umfange  als  im 
Rumänischen;  cf.  M.-L.  Or.  III  266. 

X.   De  steht  in  temporalem  Sinne  und  zwar: 

a)  Um  eine  Vorwärtsbewegung  in  der  Zeit,  von  einem 
gewissen  Zeitpunkte  ausgehend,  anzugeben;  deutsch:  ^seit, 
von  —  an".  Der  Zeitpunkt  wird  dabei  bisweilen  nicht  direkt 
angegeben,  sondern  durch  Angabe  seiner  Entfernung  von  der 
Oegenwart  oder  auf  andere  Weise  umschrieben:  Si  de  azt 
tnainte  (=  von  heute  an)  eü  sä  fiü  In  locul  täü  nepotul  Im- 
päratulul  (Cr.  IV,  23, 25).  L'am  slujit  de  mititel  (Gast  b.  292, 
18).   de  micut  eu  te-am  ayut  (Oasi  b.  292,  26). 

altram.:  stim  prietensugul  domnilor  voastre  de  demult 
(=  seit  langem)  (lorga,  Doc  I,  44,  4,  a.  1628). 

arom.:  de  az  ^fiklö  si^tu  a  tale  "=  von  heute  ab  sind 
sie  dein  (Ar.  II,  26,  Nr.  21, 10). 

istr.:  de  k9nd  gts  omu  fal^?  =:  Seit  wann  fehlt  dir  der 
Mann?  (Jb.  I,  138,  13). 

Auch  die  Konjunktionen  der  Zeit,  die  „seitdem*'  bedeuten, 
werden  mit  de  gebildet:  dkr.:  de  cänd  =:  seitdem;  arom. 
de  anda,  de  iu  «=  seitdem. 

Hierher  gehören  auch  Wendungen  wie  di  de  di  »a  Tag 
für  Tag  und  searä  de  searä  =  Abend  f&r  Abend. 

altrum.:  di  de  di  sufletulu  dereptului  cu  fiMdelege 
lucmrile  münciia  (Cod.  Vor.  170,  8). 

arom.:  MpaSa  dzyts/^a  dzu9  di  dzu^ (Ar.  II,  244,  21)* 

kj  yine  sear9  ^^  sear^  (id.  152,  Nr.  92,  3). 

b)  Zur  Angabe  des  Zeitpunktes,  in  dem  etwas  seinen 
Anfang  nimmt;  deutsch:  „noch  in,  an",  auf  die  Frage 
„wann'^P:  Gä  mi-i  bädita  cStanä  |  fi  e  dus  de  astä  iarnä! 
(Dome,  643,  5).  D'a  doua-zi  sora-mea  se  Imbolnävi  greü 
(Delarr.,  Trüb.  35,  18).  altrum.:  Geia  ce  de  altä  oarä 
neoamelnri  (Cod.  Vor.  147,  2). 

arom.:  era  un  vgsil^u,  kare  de  pasa  searg  tglä  k^te 
dQag9,  trei  mulieri  (Ar.  230,  120,  1). 


—    510    — 

istr.:  de  prva  ura  =  beim  ersten  Male  (Wg.,  Rom,  21, 
254,  III,  24). 

meglen.:  Di  mezloka  zxxg  z-dusi  borbatu  ku  kp&Iuk 
vinig  (V1.-M.  67,  6). 

Hierher  gehört  auch  de  in  Verbindung  mit  einer  Form 
von  oarä  «  hora)  =  „das  Mal  auf  die  Frage  „wie  oft"*?. 
de  trei  ori  cu  bani  o  'mplea  (Gast  b.  294,  59).  lar  fi  sänitat 
de  o  mie  de  ori  (Emin.  nuv.  88,  7  v.  uni). 

altrum.:  si  de  trei  ori  grairä  lui  ....  {QssL  a.  2,  37). 

arom.:  Ts  am  dz^sg  de  ah^te  ori ....  (Ar.  II,  228, 19). 

meglen.:  Ankg  di-ng  parg  si  zök  «=  noch  einmal  werde 
ich  tanzen  (V1.-M.  71, 12) 

Die  Übertragung  vom  Örtlichen  auf  das  Zeitliche  war 
sehr  natürlich.  Die  unter  X  a)  angefahrten  Falle  entsprechen 
also  ohne  weiteres  den  örtlichen  unter  I  a),  die  unter  X  b)  an- 
gefahrten den  örtlichen  unter  I  b).  —  Auch  das  de  zur  Be- 
zeichnung eines  Zeitpunktes  betont  nicht,  wie  etwa  In  oder 
la,  das  Verweilen  „an**  diesem  Punkte,  sondern  esdracktans, 
daß  die  ELandlung  an  einem  gewissen  Zeitpunkte  einsetzt  und 
„Ton'^  diesem  „aus'',  während  des  genannten  Zeitranmes 
noch  fortdauert.  De  drückt  also  den  Zeitpunkt  viel  priüdser 
aus,  als  die  beiden  oben  genannten  Präpositionen.  Ebenso  im 
Lat  und  Romanischen. 

lat:  de  nocte  venire,  Cic.;  de  tempore  cenare,  Anct  b. 
Hisp.  33,  5;  dies  de  die  —  Tag  for  Tag,  Liv.  (Georges  1, 1766); 
auf  die  Frage  seit  wann?  im  Lateinischen  aber  meist  „^h". 
Fürs  Romanische  siehe  bei  Diez,  Gh:.  881  und  M.-L.,  Gr.  III,  494. 

Anm.  Daß  es  sich  bei  de  zur  Angabe  des  Zeitponktes 
„um  feste  Formeln  handle,  die  auf  eine  Zeit  zurückgehen,  wo 
de  noch  die  allgemeinere  Bedeutung  „bei''  gehabt  habe**,  wie 
Meyer-Lübke,  Gr.  HI,  494  ausführt,  kann  ich,  wenigstens  ftr 
das  Rumänische,  nicht  zugeben.  Die  unter  b)  angeführten 
Beispiele  zeigen  vielmehr  deutlich,  daß  de  (auf  die  Frage 
wann?)  zu  den  verschiedensten  Zeitausdrücken  treten  kann, 
daß  es  sich  also  hier  um  ganz  lebendige  Bildungen  handdt 


—     511     — 

XI.  De  ffihrt  die  Person  oder  Sache  ein,  in  der  ein 
passiver  Zustand  seinen  Ursprung  hat  (namentlich  beim 
Reflexivum  und  beim  Partizipium  Präteriti);  deutsch:  „von": 
ametit  de  zguduire  (Delayr.  Trüb.  35,  9).  de  pägäni  gonit 
I  de  gloante  ränit  |  la  pämant  träntit  (Gast.  b.  299,  65).  acesta 
e  de  sine  *lnteles  (==  selbstverständlich)  (Sl.  Fr.  HI,  197,  21). 
a  te  ameti  de  maximele  lor  (M.  Sg.  5,  11). 

altrum.:  noi  venim  dela  ceea  ce  s'au  läsatu  dedulceata 
nmiei  (Gast.  a.  1,  9). 

aro  m.:  ftrS  se  hibä  de  vir  'un  vedut  (Petr.  Mostre,  U,  39, 30). 

istr.:  Täuda  ram9as-aw  morts  de  Tali9ani  («=  getötet 
von  den  Italienern)  (Rom.  21,  256,  2). 

meglen.:  ^$astä  fSata  ra  furata  di  drati  =  dieses 
Mädchen  war  von  Teufeln  gestohlen  (Papah.,  Rom.  din  MegL 
20, 19). 

Hierher  gehören  auch  einige  Falle,  wo  das  „de"  nicht 
direkt  von  einer  passiven  Yerbalform  abhängt,  und  zwar: 

a)  de  bei  einem  intransitiven  Yerbum,  das  dem  Passivum 
eines  transitiven  entspricht:  Lupülu  kade  de  ursa  =  der 
Wolf  faUt  durch  die  Bärin  (Ar.  ü,  250,  2). 

b)  de  nach  Adjektiven,  die  den  Sinn  eines  Partizipiums 
Präteriti  haben:  o  babä  gärbovä  de  bätränete  (»=  gebückt 
vom  Alter)  (Cr.  IV,  8,  19).  Fa^  ei  era  rofie  de  rusine  (= 
gerötet  von  Scham)  (Emin.  nuv.  89,  4). 

c)  De  in  Fallen,  wo  das  Verbum  als  selbstverständlich 
weggelassen  wird,  also  namentlich  zur  Angabe  des  Autors  bei 
Werken  der  Kunst  und  Literatur:  cand  ascultä  o  elegie  de 
Chopin  saü  de  Heine  (Delavr.  Trüb.  11,  23). 

Auch  mit  diesem  „de  des  Urhebers**  verbindet  sich  der 
Begriff  der  Richtung  „von  —  her".  Bereits  das  Lateinische 
verwendete  in  diesem  Sinne  die  nahe  verwandte  Präposition 
»ab**,  indem  man  sich  einen  Zustand  zunächst  rein  örtlich  als 
von  dem  betreffenden  Urheber  hergekonmien,  ausgegangen, 
vorstellte.  Das  synonyme  „de"  verdrängte  „ab"  in  vulgär- 
lateinischer Zeit  immer  mehr,  sodaß  de  in  den  romanischen 


—    512    — 

Sprachen  in  dieser  Verwendung  allgemein  ttblich  ist,  wenn 
nicht  andere  Präpositionen  (per)  ihm  die  Herrschaft  streitig 
machten: 

lat.:  notier  est  factus  Capaneus  de  falminis  icto,  Ot. 
(Qeorges  I,  1767);  mit:  de  mea  parritate  institutam  (Breq. 
162  b  (a.  635)),  (cf.  M.-L.,  Gram.  III,  502). 

Anm.  Ich  wundere  mich,  daß  Mejer-Lnbke  (är.  111,502) 
unter  Anfuhrung  der  schon  von  Diez  (Or.  882)  benuizteD 
Beispiele,  diesem  die  Behauptung  nachspricht,  im  BumäoischeD 
würde  der  Urheber  durch  dela  bezeichnet,  und  daraus  außer- 
dem noch  den  Beweis  für  die  ortliche  Natur  des  „de  beim 
Urheber"  ableitet  Mir  ist  dela  in  dieser  VerwenduDg  im 
modernen  Dkr.  nicht  begegnet  (s.  aber  unter  dela). 

XII.  De  bezeichnet  das  Mittel  oder  Werkzeug;  deutsch: 
„von",  „mit",  „durch":  Suflä  väntul  j'o  cl&tejte,  |  de  toti 
spinii  mi-o  loveste!  (Do]tne,  417,  3).  cä  de  acest  pShar  te 
vei  sätura  (Gast  b.  318,  31).  fi  dacfi  nu  tnteleg  de  ce  sSmai 
träesc?  (=  wovon  ich  weiter  leben  soll)  (Delavr.  Trüb.  31, 23)« 
izbutirea  mä  umple  de  nedumeriri  (M.  Sg.  1,  24). 

altrum.:  si  fiirä  inpluti  de  ürgie  (Cod.  Vor.  9, 11). 

arom.:  nu  vidzü  di  okli  (==  er  sah  nicht  mit  den  Augen). 
ta  s  mi  fpnitesku  de  p^ne  «=»  damit  ich  mich  an  Speise 
sättigen  kann  (Ar.  II,  240,  8). 

meglen.:  Si  si  ampliära  di  bukurlil^g  =  und  sie  wurden 
mit  Freude  erfüllt  (V1.-M.,  68,  7). 

Wie  diese  beiden  letzten  Beispiele  zeigen,  berührt  sieb 
„de""  in  instrumentaler  Verwendung  stark  mit  dem  „de  des 
Urhebers",  sodaß  es  bei  passivischem  Yerbum  oft  schwer  ist, 
beide  zu  scheiden.  Beide  erklaren  sich  in  derselben  Weise: 
Auch  das  Mittel  oder  Werkzeug  einer  Handlung  stellte  man 
sich  rein  ortlich  als  den  Ausgangspunkt  dieser  Handlung  vor, 
daher  de.  —  Im  Lat  verwendete  man  in  instrumentalem  Sinne 
bekanntlich  den  bloßen  Ablativ,  den  bereits  das  Vulgärlat 
von  der  oben  erwähnten  lokalen  Auffassung  ausgehend,  durch 
de  +  Ablativ  ersetzte;  auch  die  übrigen  romanischen  Sprachen 
kennen  instrumentales  de  (cf.  Geoi^esI  1768,  M.-L.  Gram.IIl504). 


—    513    — 

Anm.  Wie  die  angefthiten  Beispiele  erkennen  aasen, 
ist  instramentales  de  im  Romanischen  verhältnismäßig  selten; 
häufiger  stehen  in  diesem  Sinne  cu  und  prin,  jenes  mehr  vor 
konkreten,  dieses  mehr  Tor  abstrakten  Begriffen  (s.  dort). 
Neben  „plin  de"  =  „voll  (von)"  ist  z.  B.  auch  „plüi  cu'' 
möglich;  dieses  bezeichnet  das  wirkliche  Angefalltsein  mit 
etwas,  jenes  ist  allgemeiner;  „eu  stnt  plin  cu  apä**  heißt  also: 
ich  bin  angefüllt  mit  Wasser;  „eu  slnt  plin  de  apä*'  =  ich 
hin  YoU  Wasser  (gespritzt). 

XIIL  De  ffthrt  eine  nähere  Bestimmung  oder  Begrenzung 
des  Prädikatsbegriffes  ein  und  zwar  sowohl  bei  Verben  wie 
nach  Adjektiven  oder  einem  Adjektivum  gleichstehenden  Aus- 
drücken; deutsch:  „in  Bezug  auf'',  „an'',  „hinsichtlich": 

Descul^-m'oi  de-un  picior  |  si  te-oi  trece  cu  mult  dor 
(Deine,  311,  3).  trante^te  o  brumä  pe  päreti,  de  trei  palme 
de  groasä  (drei  Spannen  an  Dicke,  eig.:  an  Dickem),  (Cr.  IV, 
65,  20).  care-i  bun  de  eartagan  (öast.  b.  294,  5).  cä  ejtl 
rea  de  gurS  («»  schwatzhaft)  (id.  349,  26).  nu  si  1  lasä  di 
capnl  1qi  disfränat  (id.  359,  Istor.  di  un  pSr  u.  s.  w.,  9). 

In  diesen  Fällen,  wo  wir  im  Deutschen  meist  die  Über- 
setzungen „an'*,  „hinsichtlich"  verwenden,  erscheint  uns 
das  rumänische  de  «:  „von  —  her"  zunächst  auffallend.  Es 
erklärt  sich  aber  in  derselben  Weise,  wie  das  unter  I  b)  be- 
handelte lokale  de.  Man  denkt  sich  nicht,  daß  der  Begriff 
des  Verbums  an  einer  Stelle  wirkt,  sondern  daß  die  Wirkung 
von  dieser  Stelle  ausgeht;  also:  „cä  e^i^  rea  de  gurä"  eigent- 
lich BS  denn  du  bist  schlinun  vom  Munde  her  (Gedanke:  eine 
schlimme  Wirkung  geht  von  deinem  Munde  aus).  Interessant 
ist  nun,  daß  daneben  doch  auch  die  deutsche  Auffassungs- 
weise vorhanden  ist  und  la  (und  in)  diesem  de  „limitationis", 
wenigstens  vor  konkreten  Begriffen,  starke  Konkurrenz  machi 
Es  finden  sich  neben  einander  in  scheinbar  gleicher  Bedeutung: 
bun  de  soflet  und  bun  la  suflet  «=  gutmütig,  gras  de  ceafiL 
tuid  gras  la  ceafii »»  hartnäckig,  tute  de  picioare  imd  tute  la 
picioare  «»  schnellfaßig,  scurt  de  picioare  und  scurt  In  picioare 
^  kofzfaßig,  femer:   Altu-i  negru   ca  corbu;  |  |fi  pe   care 

Welgand,  10.  Jahresbericht.  33 


—     514    — 

sed  cälare  |  pintenog  de  trei  picioare;  |  la  picioare  pin- 
tenog  I  de  calcä  tot  la  soroc  (Doine,  585,  5);  aber  man  kann 
nur  sagen:  bon  de  cap  =»  geweckt,  tare  de  brat  e=s  stark- 
armig,  slab  de  stomah  ^==  schwach  an  Magen,  gegenüber: 
ras  la  cap  "=  rasiert  am  Kopfe,  pestrit  la  mate  «»  hinter- 
listig (eig.:  gefleckt  in  den  Eingeweiden),  tare  In  mäni  «= 
stark  an  d.  Händen;  an  diesen  letzten  Beispielen  (von  Scartu 
mitgeteilt)  zeigt  sich,  daß  im  allgemeinen  la  und  In  doch  noch 
konkreter,  mehr  auf  das  rein  Örtliche  gerichtet  sind  als  de. 
das  mehr  an  die  alte  lateinische,  respektive  romanische  Tradi- 
tion anknüpft  Im  übrigen  ist  aber  hier  der  subjekÜTen 
Empfindung  des  Einzelnen  freier  Spielraum  gelassen.  —  Das 
Lateinische  verwendete  in  den  hierher  gehörigen  Fällen  be- 
kanntlich seinen  Ablativ  (limitationis),  für  den  sich  aber  in 
einzelnen  Fällen  (bei  Verben)  schon  in  klassischer  Zeit  de 
findet:  Agesilaus  altero  pede  claudus  fuit;  Ennius  fiiit  maior 
natu  quam  Plautus  et  Naevius  (EUendt-Seifert,  Gr.  §  177t 
aber:  de  tergo,  de  visc^ribus  satisfacere  (Liv.  u.  Cic)  (Qeorges 
I,  1768).  Im  späteren  Latein  und  in  den  romanischen  Sprachen 
wurde  de  allgemein,  s.  Diez,  Gr.  884  und  M.-L.  UI,  291. 

XIV.   De  bezeichnet  nach  Adjektiven  und  bei  Verben 
bisweilen  das  Ziel,  die  Bestimmung,  zu  der  etwas  geschieht, 
deutsch:  „zu":  si  stS  gata  de  pornire  (Cr.  IV,  83,  16).   nicf         l 
unul  sä  nu  fie  bun  de  nimica?  (id.  8,  1).    cum  e  mal  bine 
de  dormit  Intr  'Insa  (Cr.  IV,  62,  21). 

In  diesen  Beispielen  f&hrt  de,  ebenso  wie  das  bereits  oben 
behandelte  „de  limitationis*'  eine  nähere  Bestimmung  des 
Prädikatsbegriffes  ein;  es  erklärt  sich  also  auch  auf  dieselbe  j 
Weise  wie  jenes.  Beide  Verwendungen  unterscheiden  sich  | 
nur  insofern,  als  bei  dem  „finalen  de"  der  regierende  Adjektiv-  | 
oder  Verbalbegriff  auf  die  Zukunft  deutet,  während  sich  das 
„de  limitationis"  stets  auf  die  Gegenwart  bezieht  —  Das  Latei- 
nische und  die  übrigen  romanischen  Sprachen  verwenden  som 
Ausdrucke  des  Zweckes  beim  Prädikat  meist  andere  Präposi- 
tionen (ad  u.  a.);  doch  finden  sich  im  nachklassischen  Latein 
bereits  Adjektiva  wie   capaz  und  idoneus  mit  dem  Genitiv, 


—    515    — 

als  dessen  Nachfolger  das  ramänische  de  angesehen  werden 
könnte:  et  (aeonas)  idoneos  efficere  generandi  in  se  agnitionem 
patris  (Tert  adv.  VaL  11)  (Georges  11, 11),  materia  formationis 
capax  (Aagustin)  (Georges  I,  9ü8);  hiemach  finden  sich  dann 
auch:  itaL  capace  di,  frz.  capable  de  neben  pr^t  ä  n.  s.  w. 

Anm.  Anderer  Art  als  die  oben  gegebenen  sind  die 
folgenden  Beispiele:  s'  aibä  cai  de  mäncare  =  die  Pferde 
sollen  zu  fressen  haben  (Gasi  b.  315,  34).  am  de  treont  prin 
mnlte  locuri  (Cr.  IV,  15,  26). 

Hier  fnhrt  de  nicht  eine  nähere  Bestimmung  des  Prfidi- 
katsbegriffes  ein,  sondern  es  bildet  mit  dem  folgenden  Worte 
zusanmien  das  Objekt  des  Satzes;  mit  diesem  folgenden  Worte, 
einem  substantivierten  Infinitiv  oder  einem  Partizipium  Pra- 
teriti,  ist  es  bereits  so  eug  verwachsen  wie  das  deutsche  „zu" 
in  den  entsprechenden  Fällen  mit  dem  Infinitiv.  De  erklärt 
sich  in  diesen  Verbiadungen  wohl  am  besten  durch  Analogie 
nach  solchen  FäUen,  wo  es  berechtigt  war. 

XV.  De  bezeichnet  den  Gegenstand,  auf  den  sich  eine 
Tätigkeit  oder  ein  Zustand  erstreckt  und  zwar: 

a)  bei  Verben  sentiendi  et  declarandi;  deutsch:  „über, 
von":  Sarpele  cum  auzi  de  una  ca  asta  (Gkst.  b.  355,  18 
basme),  si  ntrebänd  In  calea  noasträ  |  de  curtea  Domniei- 
ToastrS  (id.  314,  68).  In  cat  a  uitat  |i  de  Harap  Alb  §i  de 
Gerb  fi  de  tot  (Cr.  IV,  44,  21).    Ift  cautä  de  drum  (id.  52,  2). 

arom.:  t^  S9  nvets  di  a  lui  S9n9tate(Ar.lI,88,Nr.57, 19) 
SB  daß  ich  von  seiner  Gesundheit  erfahre. 

b)  in  absoluter  Stellung  bei  Begriffen,  die  zu  besonderer 
Hervorhebung  an  die  Spitze  des  Satzes  gestellt  sind;  (deutsch: 
„was  —  angeht"):  De  iubit  sä  ne  iubim,  |  la  luat  sä  nu 
gändim!  (DoÜne  148,3).  De  frumoasä,  esci  frumoasä  (Doine 
214,  3).  De  uitat,  n'am  uitat  nimica  (Cr.  IV,  6,  3).  de  Harap 
Alb,  nu  zic  =»  was  den  Harap  Alb  angeht,  so  sage  ich  nichts 
von  ihm)  Cr.  IV,  65,  27). 

c)  seltener  bei  anderen  Verben,  die  irgend  einen  Zustand 
oder  eine  Tätigkeit  ausdrücken;  deutsch:  „betreffs*',  „mifetc: 
nn  aTeau  ce  se  face  de  Impäratul,  ca  sä  nu  1  aducä  supfirare 

33* 


—     516    — 

(Cr.  IV,  27,  3).  lehamite  fi  de  impärfttie  si  de  tot  «=  tw- 
drossen  betreib  des  Kaiserreichs  und  allem  (id.  7, 22).  Abn 
sftrsi  de  zis  =a  Kaom  hörte  er  saf  mit  Reden  (Oastb.356,13). 

d)  bei  Ansrufen;  deutsch:  „tun**  oder  der  bloße  Dstir: 
vjtf  de  mine  =  wehe  mirl  (M.  Sg.  21,  9).  ear  ea,  va!  de  ea 
(Gast  b.  290,  IV,  25).  c&  't  amar  fi  val  de  tine  (id.  292,  Maren 
si  Turcu,  56).  Amar  de  alesul  meu,  |  cum  mi-am  ales  en 
de  rSu  (Dome,  391,  3). 

arom.:  vai  de  Nica,  kum  s  le  mulgg?  (Ar. II,  114, 71,  IJ). 

Von  der  Vorstellung  ausgehend,  daß  die  Anregung  nun 
Beden  oder  Nachdenken  immer  „von**  dem  betreffenden  Gegen- 
stände des  Gespräches  oder  des  Gedankens  „herkommiS 
„ausgeht**,  verwendete  bereits  das  Lateinische  nach  den 
Verben  dicendi  und  sentiendi  „de**  =  „über**,  „von"  (s.  Georg« 
I,  1769).  Auch  zu  dem  unter  b)  behandelten  „de**  findet  ridi 
bereits  eine  lateinische  Parallele  in  dem  „de  ceteris,  de  cetero'' 
=  „was  das  Übrige  angeht**,  das  namentlich  Sallust  gern  am 
Schlüsse  der  Rede  benutzte.  Die  unter  c)  und  d)  angeführten 
Fälle  sehe  ich  dann  als  romanische,  respektive  romanisebe 
Weiterentwickelungen  dieses  de  =  „über,  was  —  angeht"  an, 
und  zwar  scheinen  sich  diese  beiden  Verwendungen  sehr  stark 
beeinflußt  zu  haben,  etwa  in  folgender  Weise:  Wie  man  sagte: 
Amar  era  sä  fie  de  vot  (O.  II,  78,  18)  —  es  wäre  schlimm 
um  euch  gewesen,  so  sagte  man  auch  beim  Ausruf:  valt  de 
vot  =  „wehe  (um)  euch**  statt  des  alten  lateinischen  ^Tae 
vobis**.  Die  romanischen  Sprachen  haben  mit  dem  Boma- 
nischen  übereinstimmend  in  den  entsprechenden  Fallen  de. 
s.  M..L.,  Ghr.  III,  385.  264,  299. 

XVL  De  steht  in  kausalem  Sinne;  hierbei  sind  mehrere 
Fälle  zu  unterscheiden: 

a)  de  bezeichnet  die  veranlassende  Ursache;  deutsch:  »vor": 
de  necaz  foc  se  f&cea  ^=  er  wurde  warm  vor  Ärger  (Gast  b.  302, 
19).  Si  pe  BJfi^  asta  o  sft  ne  uscftm  de  sete  (Cr.  IV,  21, 21> 

arom.:  niklu  de  fpame  s  nu  n  moarp  (Ar.  II,  172).  Am 
avdzirg  sur^rile,  kreparj  de  inr^ire  (Ar.  II,  266,  20). 


—     517     — 

meglen.:  Apa  ang^ts^  di  frik  =>  das  Wasser  gefitieri 
Tor  Kalte  (Vl.-M^  78,  5). 

istr.:  se  nu  m  moru  tSeli  ^Itsi  de  fome  »=  daß  nicht  die 
anderen  vor  Hunger  sterben  (Jb.  I,  132,  2, 11). 

b)  De  bezeichnet  den  inneren  oder  Beweggrund  von 
etwas;  deutsch:  „aus"  (vor):  Inima  'mi  plänge  de  jale  (= 
weint  vor  Trauer)  (Doine  184,  4).  Una-i  cu  Tin  indnlcit  |  si 
nn  bea  de  necäjit  (id.  259,  16).  sare  de  bucurie  =  er 
springt  vor  Freude  (Cr.  IV,  25,  1). 

arom. :  nu  put^ä  z  dparmg  di  frik 9 ,  tsi  av^ä  (Ar.  II,  236, 9). 
meglen.:  di  frikg  =  aus  Furcht  (VL-M.  34). 
istr.:  de  ruSire  (=  aus  Scham)  n  a  potüt  arat^  se  lu 
ömiri  (Jb.  1, 152,  X  11). 

c)  De  bezeichnet  den  tatsächlichen  oder  faktischen  Ghrund: 
a)  deutsch:  =  „wegen":  nu  se  mai  slävea  nimene  cu 

päsäri  pe  läogä  casa  de  räul  lui  (==  wegen  seines  Übels) 
(Cr.  IV,  59,  Z.  7  v.  unt.).  nu  de  altä,  dar  ca  sä  'mi  Incerc 
norocul  (=»  aus  keinem  anderen  Grunde,  wegen  nichts  anderem) 
(id.  11, 13). 

altrum.:  ca  sä  ne  dereptämü  pre  In  credin^  lu  Js.  Chs. 
na  de  lucrulü  leg  ei  (Gast.  a.  16^*"  27). 

arouL:  de  tine  (=>  deinetwegen),  morlai,  mumä,  |  de 'mi 
fugi  gionele  pe  lunä  (Petr.  Mostre  11,  54,  Nr.  VI),  di  biare 
kgtsg  ijamini  au  Ipsatj  bisiarikg  al  D.?  =  Wieviele  Menschen 
haben  wegen  des  Trinkens  die  Kirche  Gottes  verlassen?  (Cod. 
I>inull5b.,4). 

meglen.:  Di  mult  miraki,  tsi  vg,  sfirg  mult  bün  = 
wegen  des  vielen  Herzeleides,  das  er  hatte,  spielte  er  sehr 
schön  (VL-M.  67,  9—11). 

ßj  deutsch:  «>  „über,  vor^  nach  den  Ausdrücken  des 
A£Fekt8  zur  Bezeichnung  desjenigen,  was  den  Affekt  erregt: 
mult  de  el  se  minuna  =  er  wunderte  sich  sehr  über  ihn 
(Gast  b.  295,  II,  18.  Bätranii  nu  se  cam  Indura  de  el  (id. 
354, 15).  soacra  mea^  muere  rea,  |  de  mine  grijä  n  avea  («= 
kümmerte  sich  nicht  um  mich)  Q^oine,  378,  17).    de  ce  at 


—    518    — 

putea  sä  te  temi?  =  worüber  hättest  du  dich  f&rchten  können? 
(M.  Sg.  1,  27). 

altrum.:  eu  mS  bncur  de  tine  (Ghisi  a.  3,  3). 

arom.:  avets  nil^  di  noi  "=  habt  Mitleid  mit  uns 
(Ar.  n,  266,  10). 

meglen.:  am  mir&ki  di  kpada  rupt^  =  ich  habe  Sehn- 
sucht nach  dem  abgebrochenen  Schwänze  (VL-11,  71, 15). 

istr.:  §i  vut  a  frik^  de  tsptfie  «=  und  er  hatte  Fnicfat 
vor  dem  Vater  (Jb.  I,  140,  V,  7). 

Den  Grand,  die  Ursache  einer  Handlang  oder  eines  Zn- 
standes  als  den  Ort  anzusehen,  von  dem  die  betreffende  Hand- 
lang, der  betreffende  Zustand  ausgeht,  lag  sehr  nahe,  und  68 
findet  sich  daher  bereits  im  Lateinischen  neben  dem  bloßen 
Ablativ  auch  de  +  Ablativ  in  kausaler  Bedeutung:  qua  de 
re  und  qua  de  causa  ««  weswegen  (Cic.  u.  Nep.);  de  laboie 
pectus  tundit,  Plaut;  flebat  uterque  non  de  suo  supplicio, 
sed  u.  s.  w.,  Cia  (Georges  I,  1768).  Im  Ygli  mag  sich  de  in 
diesem  Sinne  noch  weiter  ausgedehnt  haben;  in  den  roma- 
nischen Sprachen  gibt  es  meist  die  veranlassende  Ursache  und 
zum  Teil  den  tatsächlichen  Grund  an,  während  der  Beweg- 
grund durch  die  Ausläufer  des  lateinischen  per-pro  bezeichnet 
wird  (s-  M.-L.,  Gr.  HI  398,  499ffi). 

Im  Dakorumänischen  konkurriert  die  Präposition  pentra 
mit  de  zur  Angabe  des  tatsächlichen  Grundes.  Die  Schrift- 
sprache wählt  in  diesem  Falle,  abgesehen  von  den  Verbindungen 
de  ce,  de  aceea  fast  inuner  pentru,  während  das  Altrumäniscbe 
und  die  Volkssprache  de  bevorzugen.  —  Bisweilen  hat  mxii 
de  —  „wegen"  sogar  zu  der  Geltung  „fär**,  im  Interesse  „von* 
(lai  =>  pro,  dkrum.  =  pentru)  entwickelt;  im  Meglenitischen 
hat  es  sogar  vollkommen  die  Stelle  des  lateinischen  pro  ein- 
genonunen: 

dkr.;  multumimu-ti  bine  |  de  vin  |i  de  päne  (Ghst  b. 
321,  32).  cftcf  atunct  are  sä  fie  bine  |i  de  stäpänu-mett  si 
de  stftpänfi-ta  fi  de  mine  ^i  de  tine  (Gr.  IV,  2, 19).  nu-i 
de  tine  »»  das  ist  nichts  f&r  dich  (Borcia). 

meglen.:  ts^sto  zug  di  noj[,  k^tunu  vlgiesk  Odan,  ^  unp 


—    519    — 

man  sgrbptpari  «>  dieser  Tag  ist  für  uns,  das  walachische 
Dorf  OSan,  ein  großer  Feiertag  (Jb.  V,  147,  1). 

XVEL  De  bezeichnet  in  modalem  Sinne  die  Art  und  Weise. 
Meist  handelt  es  sich  dabei  um  ziemlich  feststehende  adver- 
biale Redensarten;  deutsch  (meist)  „auf**  oder  Adyerbia:  Si 
nu  cumra  sä  faci  de  altfei  (Gr.  IV,  47,  10).  Yino,  dragä,  fi 
de  yreme,  |  c'or  gändi  cä  duci  la  lemne!  (Dome,  153,  17). 
sau  dus  üitr  'alt  loc,  unde  de  asemene  (=  gleichfalls)  erau 
asteptati  (Emin.  nuv.  87,  13).  Harap  Alb  rämäne  de  plndä 
(Cr.  IV,  40,  9).  cul  i  se  cuvine  de  drept  Moldova  ji  Mun- 
tenia  (SL  Fr.  III,  432,  3).  destul  timp  de  a  mai  sta  de  Yorbä 
(M.  Sg.,  77, 18). 

altrum.:  deadevärü  graescü  vao,  cä=  wahrhaftig  sage 
ich  euch,  daß  (Gast,  a  *7,  1  y.  u.).  cumu  se  de  totu  slävYea- 
scÄ-se  d-deu  (Cod.  Vor.,  159,  13). 

arom.:  Tu  kgrave  di  dealih^a  mi  aflu  (Ar.  II,  228,  27). 

Bisweilen  ist  das  modale  de  schon  so  eng  mit  dem 
folgenden  Begriffe  verschmolzen,  daß  beide  zusammen  als  ein 
Wort  empfunden  werden  und  eine  neue  Präposition  vor  den 
ganzen  Ausdruck  tritt:  ii  spune  toate  cu  de  amSnuntul 
(Cr.  IV,  23,  13)  (=  genau),  une-ori  trebuia  cu  d'asila  s$  mS 
pue  la  masä  (Delavr.  Trüb.  20,  18).  pe  deplin  =  vollständig 
(id.  15,  9). 

Vor  einigen  Adjektiven,  denen  ein  organisch  gebildetes 
Adverbium  auf  -e  fehlte,  verwendete  bereits  das  Lateinische 
bisweilen  „de"  in  modalem  Sinne:  de  integro  =  von  neuem, 
eig.:  vom  Neuen  her;  de  improviso  =>  unversehens,  eig.: 
„vom  unvorhergesehenen  her"  (Ter.,  Cic.  u.a.)  (bei  Georges 
I,  1768).  Im  Rumänischen,  das  eine  besondere  Adverbial- 
endong  überhaupt  nicht  kennt,  haben  sich  diese  Bildungen 
naMrlich  zahlreich  vermehrt  Oanz  entsprechend  liegen  hierin 
die  Verhältnisse  in  den  übrigen  romanischen  Sprachen  (s.  M.- 
L,  Gr.  m  507). 

XVm  Pe  (neurum.  de  clt,  de  cum)  fthrt  nach  einem 
Komparativ  das  zweite  Glied  des  Vergleiches  ein,  deutsch: 
als:  Mai  ni4ndrutä  decät  ea  |  cämpul  floare  nu  avea  (Jam. 


—    520    — 

Varia,  2,  6).  De-aceea  o  Yorbä  a  mea  Ü  sap&ra  mai  ila  de- 
cät  1-ar  fi  Bupfirat  tot  satul  (Cofb.  yers.  133, 14).  darmi 
iTibe|temaiiimltpäm^ntul  de  cät  Tot  tott  (Delavr.Trab.lS,3). 

altrum.:  xnat  yärtosn  de  lücoare  soarelai  (Cod.  Vor. 
76,  9).  cS  sfetüirä-se  de  elü  dilntr  'tosii  mai  multi  de  patru 
deci  de  bärbati  (id.  52,  10).  mai  ferice  taste  mai  Tr&tosa  a 
da  decäta  a  Ina  (id.  23,  8). 

arom.:  ver  di  asime  m  are  §  mine  |  ma  bnne  di  tinet 
dionli  a  mea  (Ar.  II,  10,  8,  3).    Eama  gine  89  n  me  poä. 
di  k^t  yn  bratse  ts  89  n  me  ved  (id.  Nr.  58,  14). 

meglen.:  §i  mai  marili  fitö6r  la  anvitsp  si  sfir^k9  kn 
kofala  de  ban  mai  bün  (=  schöner  al8  schon,  d.  i  sehr  schoo) 
(Vl-M.,  69,  5). 

istr.:  säm  mai  bätär  de  tots  fr9at8i  (Rom.  21,  254« 
Nr.  m,  4). 

Aach  bei  diesem  „de**  nach  einem  Komparativ  ist  tod 
der  Gnindbedeatang  „von  —  her**  aaszagehen.  Bei  emem 
Satze  wie:  „dieser  Baum  ist  höher  als  jener**  hatte  man  die 
VorstelluDg:  dieser  Baum  ist  höher  „von  jenem  aas**  ge- 
rechnet, „von  jenem  aus**  betrachtet.  Dies^  rein  örÜiche 
Vorstellung  verband  sich  dann  auch  mit  übertragenen  Ver- 
hältnissen. —  Bereits  das  Lateinische  verwendete  fibrigens 
(neben  quam)  nach  Komparativen  der  Regel  nach  den  Ablativ, 
als  Kasus  der  Trennung  oder  des  Ausgangspunktes.  In  tuI- 
gärlateinischer  Zeit  erschien  daneben  ab  mit  Ablativ,  als  dessen 
Erbe  und  Nachfolger  schließlich  de  auftrat.  Zu  vergleichen 
ist  hierüber  der  Artikel  von  Wölfflin  in  seinem  Archiv  TU 
dem  ich  (p.  115)  folgende  Beispiele  entnehme:  si  plus  de  XXX 
pedibus  patuerit  (Hjgin.  p.  109,  2L),  senior  aetate  erat  (ie 
Brunchilde  (Qest.  Franc,  cp.  31),  de  reliquis  legibus  plus  habet 
(Cod.  Theodos.  8,  81,  1  init). 

Auch  in  den  übrigen  romanischen  Sprachen  findet  sich 
de  nach  einem  Komparativ,  nur  ist  hier  sein  Gebrauch  zum 
Teil  beschränkter  (so  im  Französischen)  ab  im  Rumänischen: 

itaL:  h  piü  bravo  di  lui  <»  er  ist  tüchtiger  als  jener: 
e   da  meno  degli  altri  *=  er  gilt  weniger  als  die  anderen 


—    521     — 

(Bigai-Btille,  p.  232).  frz.:  plus  de  cinq  pieds;  plus  d'  ä 
moitie,  plus  d'ä  demi  (Sach8-Vilatte,I,p.  405).  portg.:  ningaem 
iambalha  mais  do  qae  eile  <«  niemand  arbeitet  mehr  als  er 
(Michaelis,  p.  232). 

Anm.  Was  die  erweiterten  Formen  de  clt  und  de  cum 
angeht,  so  traten  dieselben  wohl  zunächst  nur  dann  fftr  das 
einfache  de  ein,  wenn  das  zweite  Olied  des  Vergleiches  ein 
ganzer  Satz  war,  also  in  Fällen  wie:  „de-aceea  o  vorbS  a  mea 
Ü  supära  mai  räu  decät  1-ar  fi  supärat  tot  satul  =  daher 
ärgerte  ihn  ein  Wort  von  mir  mehr  als  (wieviel)  ihn  das  ganze 
Dorf  geärgert  hätte. '^  Hier  ist  das  clt  berechtigt;  denn  de 
braucht  seiner  Natur  als  Präposition  nach  ein  Wort,  das  von 
ihm  abhängig  ist.  Im  modernen  Dakorumänischen  hat  sich 
„de''  aber  bereits  so  abgeschwächt,  daß  declt,  decum  auch  in 
anderen  Fällen  dafor  eintreten.  De  allein  steht  regelmäßig 
vor  ZahlbegrifFen  sowie  nach  mai  nainte  =  „vor"  und  „mai 
presus  de**  =  „über".  Im  Altrumänischen  und  in  den  Dialekten 
ist  de  aber  im  ganzen  noch  häufiger  als  die  zusanmiengesetzten 
Formen  declt  und  decum. 

XIX  De  bezeichnet  in  seltenen  Fällen  nach  Komparativen 
oder  komparativischen  Begriffen  das  Maß  des  Unterschiedes; 
deutsch:  „um"  auf  die  Frage:  „um  wieviel":  |i  de  ce  se 
apropia  =  und  um  wieviel  er  näher  herankam  ....  (Cr.  lY, 
43, 1).  Luna-i  sus  de  o  sulitä  (=  um  einen  Lanzenwurf) 
(Doine,  231,  3). 

Im  ganzen  ist  aber  in  diesem  Sinne  „cu"  häufiger  (s. 
dort);  de  muß  stehen  in  Verbindung  mit  einer  Form  von  oarä 
>=  Hai:  decät  a|a  viea^  mai  bine  moarte  de  o  mie  de  ori 
(Cr.  lY,  37, 8)  «=  im  Vergleich  zu  einem  solchen  Leben  ist  der 
Tod  tausendmal  besser. 

Tobler  (Beitr.  P,  141)  legt  diesem  de,  das  auch  im  Fran- 
zösischen vorkommt,  kausalen  Sinn  bei;  vom  rumänischen 
Standpunkte  aus  konnte  man  wegen  des  Wechsels  mit  cu  eher 
geneigt  sein,  es  als  instrumental  oder  modal  aufzufassen.  Für 
das  Vorkommen  dieses  de  im  Romanischen  fthre  ich  nur  an: 


ital.:  qaesta  camera  e  di  cinque  piedi  piü  larga  che  queUa; 
di  grau  lunga  piü  alto  (M.-L.,  Or.  lU,  292). 

XX.  De  steht  in  distributiTem  Sinne,  um  anzugeben,  M 
auf  jedes  Einzelwesen  einer  größeren  Menge  ein  bestiminter 
Anteil  fallt;  deutsch:  „auf  (für*'):  Cäte-cate  bucäti  rin  de 
fie-care  om  c=  wieviel  Stücke  kommen  auf  jeden  Mann 
(Cr.  IV,  93,  5).  ei  au  dat  de  om  c&te  un  bou  gras  »  äe 
haben  jedem  Manne  je  einen  fetten  Ochsen  gegeben  (Gfasi  a. 
177,  38). 

De  hat  hier  seine  eigentliche  Bedeutung  „Ton  —  8lu^ 
Es  liegt  dabei  eine  ähnliche  Kürzung  vor,  wie  in  dem  schon 
oben  angeführten:  zi  de  zi  ^^^  lab  dies  de  die  «=  Tag  far  T^ 
(eig.:  von  einem  Tage  zum  andern).  In  den  anderen  roma- 
nischen Sprachen  wird  de  in  diesem  Sinne  nicht  verwendei; 
im  Französischen  würde  dem  rumänischen  „de  om*'  ein  „ptf 
homme"  entsprechen,  dem  ein  ganz  ähnlicher  Oedanke  ZQ- 
grunde  liegt,  nämlich:  ,,wenn  man  durch  die  Leute  hindorcb- 
geht''.  —  Im  Lateinischen  wurden  distributive  VerhaltDisse  be- 
kanntlich durch  die  distributiven  Zahlen  ausgedrückt 

Zusammenfassung. 

de  findet  sich  in  folgenden  Verwendungen: 

I.  örtlich,  und  zwar:  a)  =  von,  von  —  her,  von  — 

aus,  vor; 
b)  <=  an,  in,  auf; 
II.  zur  Bezeichnung  derHerkunft,  Heimat:BBau8,voDi 

III.  zur  Bezeichnung  des  Stoffes:  =  aus; 

IV.  qualitativ:  =  von  (oder  Adjektiva); 

V.  possessiv:   a)  bei  allgemeinem  oder  unbestimmtem 
Nomen, 
b)  bei  einem  bestimmten  Nomen  »s  Gen.; 
VI.  explikativ:  im  Deutschen  unübersetzt; 
Vn.  final  (nach  Substantiven)  =»  zu 
Vin.  zur  Bezeichnung  der  Identität:  «=  als,  ssu; 
IX.  partitiv:  »>  von  (oder  unübersetzt); 


—    523    — 

X.  temporal:  a)  =—  yon  —  an,  seit, 

b)  «=  noch  in,  noch  an; 
XL  zur  Bezeichnung  des  Urhebers:  »»  von,  durch; 
XII.  instrumental:  «»  von,  mit,  durch; 
XIIL  limitatiy:  =  an,  hinsichtlich,  in  Bezug  auf; 
XIV.  final  (nach  Adjektiven  oder  Verben):  =»  zu,  für; 
XV.  a)  nach  Verben:  =»  über,  yon, 
b)  absolut:  «»  was  —  angeht; 
XVL  kausal:  a)  veranlassende  Ursache:  »»  yor, 

b)  tatsächlicher  Grund:«»  wegen,  über,  vor, 

c)  innerer  Grund:  «»  aus  (vor); 

XVIL  modal:  (meist  handelt  es  sich  um  feststehende  B.edens- 

arten); 
XVHL  nach  Komparativ:  —  als,  wie; 

XIX.  zur  Bezeichnung  des  Maßes  des  Unterschieds  = 
um; 

XX.  distributiv:  =  „auf  (für)  —je". 

drepi 

I.  Drept  bezeichnet  die  Lage  oder  Bewegung  unmittelbar 
vor  etwas;  deutsch:  vor:  panä  väzu  cftl  aduse  |  cu  toate  o^itirea 
noastrS  |  drept  curfiile  Domnia-voastrS  (Gast  b.  314,  7).  alt- 
rum.:  pravedniculul  Avram  Ü  pärea  cä  dereptu  elu  se  In- 
chirfi  lemnul  (Hasd.  Cuv.  U,  190,  23). 

II.  Drept  bezeichnet  besonders  in  alten  kirchlichen  Texten 
den  Grund,  weswegen  etwas  geschieht;  deutsch:  wegen:  cumn 
QQ  putfeä  Inntelege  alesü  dereptu  voroava  (»»  wegen  des 
Urms)  (Cod.  Vor.  34,  14;  hier  über  40  mal  dereptu,  einmal 
pentru  e»  wegen);  dereptu  patru  lucrure  merg  oamenii  la 
besearecä  (Gast.  a.  24,  34),  (Coresi,  Caz.  I,  1579—80);  de  se  In- 
WeagS  dereptu  care  vinft  asa  strigS  spri  tnsu  (Gast  a.  *3, 29). 
derept  aceea  grfiescü  voao  ....  (id.  *8,  18,  Tetraev.  1574). 

Im  Neummanischen  findet  sich  von  diesem  Gebrauche 
nur  ein  Best  in  den  Wendungen  derept  aceea  «=  „daher,  des- 
wegen*' und  derept  ce  *»  „weswegen":  Drept  aceea  vulturele 


—     524    — 

tntr'  un  copacfu  inalt  s'  au  pos  caibul  (Qast  b.  210,  Z.  4  t.  q). 
Dialektisch:  dirfc  aeea  s.  Jb.  IV,  300. 

meglen.:  Ficfora  tot  |tit&,  ama  direp  spnsn  k  fhta 
zitöa!  ....(«=»  aber  gemäß  der  Rede  des  Mädchens  sagie 
er )  (Papah.  20,  Z.  13  t.  u.). 

HL  Drept  wird  namentlich  in  alten  Texten  zor  Bezeich- 
nung des  Entgelts,  des  Äquivalents  yerwendet;  deutsch:  für: 
Andriias  m'  au  scos  dereptu  100  taL  b=  A.  hat  mich  för 
100  Taler  losgekauft  (lorga,  Doc  I,  6,  XI,  11,  a.  1601).  noi 
nu  poftim  morte  dereptä  morte  (id.  22,  13).  si  din  tot 
venitul,  ce  Ta  hi  partea  mea,  i-am  Tftndutu  dumisali  dreptu 
patru  zSci  de  galbeni  (Gast  a.  103,4,  Hris.  devaDZ.1642) 
Im  Neurumänischen  findet  sich  drept  nur  selten  b  dieser 
Bedeutung:  voie^te  a  me  sili  s8  primesc  drept  trei  mit  de 
liyre  calaballcul  de  vechiturt  (M.  Sg.  31|  6). 

IV.  Drept  dient  zum  Ausdrucke  der  Stellvertretung  oder 
auch  der  Identifizierung  zweier  Sachen  oder  Personen;  deutsch: 
als:  Cum  le-a  dat  cincf  lei,  di'ept  multumitS  etc.  «  vi« 
er  ihnen  5  Lei  als  Belohnung  gegeben  hat  u.  s.  w.  (Cr.  IV,  91, 6\ 
fie  c'a  luat  pumnii  drept  o  glumä  (~=s  als  Spaß)  (CoeK 
Bai.  15,  14). 

Drept  ist  erst  in  rumänischer  Zeit  zur  Präposition  ge- 
worden; das  lateinische  Etymon  war  das  Adjektivum  (Parti- 
zipium) directus  «»  „gerade  gerichtet*'  (nach  etwas),  besonders 
auch  vom  Blick:  „gerichtet  (auf  etwas)".  Hieraus  keimte 
sich  die  unter  I  angegebene  Orundbedeutung  „unmittelbar  vor" 
in  ganz  ahnlicher  Weise  entwickeln,  wie  bei  „fa^  ca**  die 
Bedeutung  „gegenftber**.  Häufiger  ak  drept  mit  AkkoaatiT 
kommt  übrigens  gerade  in  der  örtlichen  Bedeutung  die  an- 
eigentliche  Präposition  In  dreptul  (mit  Oenitiv)  vor: 

In  dreptul  et  (des  Klosters)  marea  (Emin.  nuv.  95,  2). 

Auch  ein  „spre  dreptul **  «=  „nach — zu**  findet  sich,  wobei 
dann  dreptul  wohl  den  Begriff  „in  gerader  Richtung"  wieder- 
gibt: Si  sä  Intoarsä  Alixandr'  fmp&rat  la  lume  spre  dreptul 
ras&ritului  (Gast.  b.  134,  3). 

Auch  die  unter  U  belegte  Bedeutung  „wegen*'  zur  An- 


—    525    — 

gäbe  des  Grandes  erklart  sich  aus  der  örtlichen  Vorstellang: 
„(den  Blick)  gerichtet  auf  etwas".  Man  vergleiche  die  deutsche 
entsprechende  Wendung  „im  Hinblick  auf",  das  auch 
kausal  gebraucht  wird.  —  Die  unter  III  und  lY  angegebene 
Gebrauchsweisen  sind  einander  nahe  verwandt;  sie  erklaren 
sich  wohl  beide  aus  der  örtlichen  Bedeutung  n^or".  Wenn 
zwei  Dinge  sich  unmittelbar  „vor"  einander  befinden,  so 
können  sie  sehr  leicht  „für"  einander  eintreten,  miteinander 
vertauscht  werden  (lU),  andererseits  aber  auch  sehr  leicht  mit 
einander  identifiziert  werden  (IV).  Eine  gaoz  ähnliche  Ent- 
wickelang hat  das  lateinische  pro  durchgemacht,  das  ur- 
sprünglich rein  örtlich  >=  vor,  dann  in  den  Bedeutungen 
„für"  (s:  als  Entgelt)  und  „als"  verwendet  wird:  pro  tribus 
corporibus  XXX  milia  talentüm  accipere,  Curt;  und:  se  pro 
cive  gerere,  Cic  «=  sich  als  Bürger  auffuhren;  pro  infecto 
habere,  Cie  (Georges  II,  1723).  In  anderen  romanischen 
Sprachen  konunt  drept  als  Präposition  nicht  vor. 

AnuL  Bisweilen  findet  sich  drept  in  flektierter  Form 
und  präpofldtionaler  Verwendung:  acest  sat  iaste  direapta 
cumpäräturä  lui  Trifon  postelnic  direptu  300  de  taler 
(Gast  a.  63,  2).  ca  sä-i  hie  Dumisali  dreaptft  mof  ie  |i  cum- 
päriturS  (Oasi  a.  103,  6).  noi  nu  poftim  morte  dereaptä 
morte  (lofga,  Doa  I,  22,  13).  —  Hier  liegt  wohl  eine  Be- 
einflussung der  Präposition  drept  von  seiten  des  Adjektivums 
drept  <»  „gerecht,  gerade"  vor. 

Für  die  Bedeutungsentwickelung  von  drept  ergibt  sich 
folgendes  Bild:  drept  (ursprünglich)  »«  „gerichtet  auf",  dar- 
aus hervorgegangen: 
I.  «r  Yor  (örtlich);  daraus  abgeleitet: 

a)  «»  für  (Äquivalent,  Entgelt)  (III); 

b)  »=>  als  (für)  (Qleichsetzung)  (IV); 
U.  sa  wegen  (kausal). 

fträ  (de). 

Fftrft  (de)  bezeichnet  das  Nichtvorhandensein  oder  Fehlen 
von  elnras;  deutsch:  ohne:  Fftrft  vol  poate  afifipeiit  (Gast. 


—    526    — 

b.  354,  14)  =  ohne  euch  wäre  ich  yielleicht  zagnmde  ge- 
gangen, se  gftndia  se  Inchee  pace  cu  Venetia  si  f&rS  de 
Polonia  (SL  Fr.  III,  587, 11). 

Mit  dem  Infinitiv:  Dar  stiü  atata,  c&  ei  meigeaü, 
färä  a  simti  cä  merg  (Cr.  IV,  60,  1).  fträ  de  a  fi  fost 
formulate  In  scris  (SI.  Fr.  III,  42,  9). 

altrum.:  |i  f&rä  pildä  nemica  nn  grfii  cätr^  Infi!  (Gast 
a.  17,  9,  a.  1579). 

arom.:  n  armad  f^rg  di  b9rbat  (Ar.  II,  84,  Nr.  55, 21). 

meglen.:  si  stau  farg  di  frunzi  =»  und  sie  stehen  ohne 
Blatter  (V1..M.,'77,  VI,  9). 

istr.:  e  ie  trejj  votg  fgr  de  urdin  zesetlit  aw  («ohne 
Befehl)  (Jb.  1, 134,  2). 

F&rä  entspricht  etymologisch  dem  lateinischen  Adverb 
foras  "=  „außerhalb **;  dessen  Bedeutungsentwickelong  zu  der 
rumänischen  Präposition  förä  s=  „ohne''  scheint  sich  am  besten 
in  der  Weise  zu  erklären,  daß  man  annimmt,  es  sei  nach  dem 
Vorbilde  mancher  Adjektiva  schon  in  lateinischer  Zeit  mit 
einem  Substantiyum  oder  Pronomen  zusammen  in  der  Kon- 
struktion eines  Ablativ  absolutus  gebraucht  worden;  zunächst 
etwa  in  Sätzen  ¥rie:  amici  mei  in  urbem  migrayerant  foras 
me  BS  „meine  Freunde  gingen  in  die  Stadt^  indem  ich  dnoBen 
blieb";  dann  aber  auch  in  anderen  Fällen,  wo  nicht  vom  Aus- 
geschlossensein von  einem  umschlossenen  Räume,  sondern  nur 
vom  Ausgeschlossensein  von  einer  Körperschaft,  einer  Gemem- 
schaft  von  Menschen  oder  Dingen  die  Rede  war  u.  s.  w.;  ani 
diese  Weise  mußte  foras  >  fträ  allmählich  in  die  Bedentong 
„ohne"  übergehen,  zugleich  streifte  es  seinen  adjekti^iflcb- 
adverbialen  Charakter  mehr  und  mehr  ab  und  wurde  schheß- 
lich  als  reine  Präposition  empfunden.  Diese  Entwiekelnng 
wurde  vielleicht  noch  dadurch  beschleunigt,  daß  das  tiif 
lateinische  sine  im  Rumänischen  sehr  früh  schwand.  —  Nach 
dieser  Erklärung  müßte  dann  die  Form  färä  das  zu  Erwar- 
tende, die  daneben  vorkommende  aber  seltnere  und  weniger 
volkstümliche  Form  färä  de  die  Ausnahme  sein;  das  de  er- 
klärt sich  vielleicht  aus  formaler  Anlehnung  an  afarä  de«^ 


—    527    — 

außerhalb,  außer.  —  Wollte  man  umgekehrt  von  färft  de  aus- 
gehen und  dieses  Yon  einem  vulgärlateinischen  foras  de  <= 
„außerhalb  von^  herleiten,  so  wäre  die  Bedeutungsentwicke- 
lung  zu  „ohne''  schwer  yerstandlich,  auch  würde  sich  der 
Wegfall  des  de  bei  der  ein&chen  Form  &rä  kaum  erklären. 
—  Die  übrigen  romanischen  Sprachen  haben  zum  Ausdruck 
des  Begriffes  „ohne''  das  lateinische  „sine"  und  dessen  Fort- 
setzungen beibehalten.  Das  lateinische  foras  ist  außerhalb 
des  Rumänischen  nur  in  der  ursprünglichen  Bedeutung  = 
„außerhalb"  (>  „außer")  bewahrt:  obw.  ord;  itaL  fuor  di; 
frz.  hors  de;  span.  fuera  de;  portg.  fora  de. 

Färä  ninmit  auch  insofern  eine  besondere  Stellung  unter 
den  rumänischen  Präpositionen  ein,  als  es  eine  der  wenigen 
ist)  die  kein  de  oder  pe  vor  sich  dulden  (s.  unter  den  zu- 
sammengesetzten Präpositionen).  Vielleicht  ist  auch  dies  ein 
Beweis  für  die  oben  gegebene  Erklärung  der  Entwickelung 
Ton  fträ. 

Anm.  1.  Nicht  mit  der  Präposition  f&rä  darf  das  ad- 
verbiale fträ  verwechselt  werden,  das  in  verneinten  Sätzen  in 
der  Bedeutung  „außer,  sondern"  vorkommt:  a)  =  außer,  aus- 
genommen: Si  nimica  nu  mi  aducf  färä  slnul  plin  de  nuci 
(P.  Pop.  bei  Dam«,  Dici  H,  12).  —  Daß  in  diesem  Falle  das 
auf  fträ  folgende  Wort  nicht  von  f&rä  abhängig  ist,  beweisen 
Sätze  wie:  Sä  mS  batä  Precista,  |  de-ot  iubi  pe  cineva,  |  färä 
singur  pe  dumneata!  (Dolne,  117,  6).  Die  Verbindungen  fkrfi 
ctt,  ftra  singur,  fträ  numat  >=  „ausgenonunen"  sind  besonders 
häufig;  b)  a>  sondern:  Si  nimic  nam  cäpätat,  |  {&r  via^ 
xm-am  scurtat,  |  boabä  'n  oase  mi  am  bägat  (Dome,  456,  6). 


In. 

L  In  örtlichem  Sinne: 

a)  in  bezeichnet  die  Lage  im  Innern  oder  die  Bewegung 
in  das  Innere  von  etwas;  deutsch:  in,  nach;  und  zwar: 

a)  in  eigentlichem  Sinne:  incepe  a  plänge  In  inima  sa 
»B  er  beginnt  zu  weinen  in  seiner  Seele  (Cr.  IV,  8, 15).    Ba 


—    Ö28    — 

o  am  TSst  In  Bacure^ ti  |  cnleg^nd  la  flori  domnefti;  (Dolne, 
298,  3). 

altrnm.:  ragändn-me  in  bäserecä  (Cod.  Vor.  41,  13) 
Tatal  nostru  ce  ta^ti  in  oeriu  (Gtasi  a.  1,  10). 

arom.:  Sarpe  yiu  li  s  Kipse  n  sin  «»  eine  lebende  Schlange 
acUfipfte  ihr  in  den  Busen  (Ar.  II,  150,  90,  2). 

istr.:  fetöori  mes  aw  m  p^t  <=  die  Sohne  gingen  ins 
Bett  (Jb.  1,126,23). 

meglen.:  ts^li  mai  m^Ükati  Inkri  yn  lumi  «=  die  gioBttn 
Dinge  in  der  Welt  (Jb.  V,  147,  20). 

ß)  in  bildlichem  Sinne  bei  abstrakten  Begriffen:  Gäzsad 
in  zäcare  «=  in  Krankheit  verfallend  (Cr.  IV,  4,  10).  sice  In 
g&ndul  sSü  (=  in  seinem  Gedanken)  (id.  14,  4).  aUrnm.: 
atnnce  gräi-Ta  caträ  in|ii  In  mftnia  sa  (Qast.  a.  *1  Ps.  2, 6). 

arom.:  De  s'  pärea  cfi  sunt  in  vhi^tä  (Petr.,  Mostre  Di 
105,  Nr.  m,  7). 

meglen.:  tu  ti  duts  n-kri^l  fitäöru  =  erinnerst  dndkk 
an  den  Sohn  (VI.  M.,  71,  16). 

b)  in  bezeichnet  die  Lage  auf  der  Oberflache  oder  die 
Bewegung  auf  die  Oberflache  von  etwas;  deutsch:  auf,  aa, 
in,  nach: 

a)  in  eigentlichem  Sinne:  c&t  pe  ce  sä  n  o  poatä  ridia 
in  spinare  (»»  auf  die  Schulter)  (Cr.  IV,  31,  21).  fata  fi[  pone 
atuncf  mäna  in  piept  (»=  auf  die  Brust)  (id.  86,  1).  Si  m 
mi  da  drumu  n  uli^  (Strig.  168,  3). 

arom.:  Di  munte  n  munte  n  alpgam  »s  yon  Berg  sn 
Bei«  eüte  ich  (Ar.  II,  6,  4,  1).  s  te  tale  fl  kale  (id.  282,  Nr.  25). 

meglen.:  Kg  pustani  an  drum  (>»  auf  dem  Wege)  (YL- 
M.,  72,  5). 

istr.:  e  s^le  opfntS  reskinite  pus  aw  pn  tdelaIok(Jb.  l 
142,  VI,  10). 

ß)  in  bildlichem  Sinne;  hierher  gehört  wohl  in  nadi  den 
Verben  des  Glaubens  und  Hoffens:  S  'acum  noi  al  lul  nepotf 
c&tt  credem  in  Hristos  (Gast  b.  322,  22).    nu  fl  plerdu  ni- 
dejdea  in  Dumnezeu  (id.  350,  27).    altrum.:  (celoraX  ce  afi 
creduttt  in  domnulu  nostru  Isuau  Hiistosu  (Cod.  Vor.  107, 6). 


—    529    — 

c)  in  bezeichnet  (bei  Adverbien  des  Ortes)  die  Richtung; 
deutsch:  „nach  —  zu,  nach  —  hin,  -her*':  se  lasä  In  jos 
(Cr.  IV,  14,  20).  se  uttä  el  In  dreapta,  nu  vede  nimica 
(id.  51, 7). 

arom.:  yino  fikga,  fitika  mj^aQ  (Ar.  U,  152,  Nr.  91, 11). 

Die  rumänische  Präposition  In  entspricht  in  den  drei  an- 
gefahrten Verwendungen  noch  ziemlich  genau  dem  Latei- 
nischen; auch  hier  war  das  Yerwendungsgebiet  von  „in*'  be- 
reits großer  als  das  der  entsprechenden  deutschen  Präposition; 
denn  im  Lateinischen  bezeichnete  „in^  nicht  nur  die  Lage  oder 
Bewegung  innerhalb  von  etwas,  also  ein  allseitiges  Um- 
schlossensein, sondern  es  drückte  auch  die  Richtung  und  ganz 
allgemein  die  Lage  eines  Punktes  in  einem  Ortsganzen  aus, 
das  bisweilen  eine  Fläche  oder  Linie  sein  konnte.  „Li"  auf  die 
Frage  wo?  und  auf  die  Frage  wohin?,  die  im  Lateinischen 
noch  durch  Kasus  geschieden  waren,  fielen  im  Bumänischen 
wie  in  den  übrigen  rom.  Sprachen  zusammen  und  sind  daher 
in  den  angefahrten  Beispielen  nicht  weiter  geschieden  worden, 
lat:  zu  a):  ad  urbem  yel  potius  in  urbem  exerdtum  adducere, 
Cia;  mittere  in  Asiam,  Nep.;  esse  in  Sicilia,  Cic;  zu  b):  in 
aram  oonfugere  (^  auf  die  Stufen  des  Altars),  Nep.;  in 
humeros  suos  efferre,  Cic;  coronam  habere  unam  in  capite 
alteram  in  coUo,  Cic;  sedere  in  solio,  Cic;  zu  c):  in  orientem, 
Tac;  in  latus,  Gels,  und  Quini;  in  deztram,  Geis.;  (Georges  II, 
94-96)  (cf.  Bl-L.,  Gr.  HI,  473). 

II.  In  zeitlichem  Sinne: 

a)  In  bezeichnet  das  Eintreten  eines  Faktums  innerhalb 
eines  Zeitraumes,  deutsch:  an,  in,  während,  auf  die  Frage 
wann?:  care  s  a  ivi  |  mani  in  ztori  de  zi  (Qasi  b.  289,  1). 
S&  nu  mei^  la  fete  'n  post  (Strig.  346,  2).  Bate-mS,  bade 
Vasile,  |  ^i  astädi,  ca  n  toate  dile;  (id.  333,  1).  Moarte  mi 
fac  cu  m&na  mea  |  in  dioa  Gräciunului  (Dotne,  559, 10).  in 
cat  se  rezema  in  mers  («»  beim  Gehen)  de  toyarä^ul  sSü 
(Delavr.  Tnib,  12,  12). 

altrum.:  ce  rodul  sSu  da  in  yremea  sa  (Qasi  a.  *1,  5). 

arom.:  n  dzug  de  ast^dz  ^n  te  luai  »b  heute  vor  8  Tagen 
W  e  1  g  an  d ,  10.  JaJiretberiobt.  34 


—    530    — 

nahm  ich  dich  (Ar.  U,  72,  46,  2).  di  trei  oil  n-dzng  (Cod 
Dim.  106b,  13). 

meglen.:  ^n  8  ili  9  an  «=  in  (=»  innerhalb)  8  oder  9 
Jahren  (Jb.  V.,  147,  27). 

Hierher  gehört  wohl  auch  In  auf  die  Frage:  wie  oft? 
beim  Plural  einer  Zeitbestimmung:  a  prädat  |i  pustiit  Mim- 
tenia  In  |fase  r^nduri  (=  sechsmal)  (SI.  Fr.  III,  86, 17). 

b)  In  bezeichnet  das  Sicherstrecken  einer  Handlang  oder 
eines  Zustandes  über  einen  gewissen  Zeitraum  hio;  deuiaeh: 
während;  lang,  hindurch  (nachgestellt):  Rämäi  aic!  in 
astä  noapte  =  bleibe  hier  diese  Nacht  hindurch  (Cr.  IV, 
30,  6).  M'am  jurat  cä  nu  te-oi  bea  |  In  toatä  via^  mea  (Strig. 
99,2). 

altrum.:  se  llUsuimü  In  7  dile  «=  daß  wir  7  Tage  Umg 
dort  bleiben  (Cod.  Vor.  99, 10).  * 

c)  in  bezeichnet  das  Fortschreiten  in  der  Zeit  von  ebem 
Zeitpunkte  zu  einem  anderen,  deutsch:  auf,  zu:  de  a  se  pte- 
senta  din  tret  in  trei  aoi  In  persona  la  Porta  (SL  Fr.IIL 
326,  11).  Häufig  in  diesem  Sinne  pinä  in:  oonsequentä  pkui 
n  cea  din  urmä  clipä  (Sl.  Fr.  m,  592,  13). 

Hieran  schließen  sich  Fälle,  wo  in  mehr  dem  deutschen 
„für"  entspricht,  also  den  Nebenbegriff  einer  Bestimmung 
enthält:  AI  dracului  sä  fii  cu  tot  neamul  täO,  InTeciiveci- 
lor  (=  für  alle  Ewigkeit),  amin  (Cr.  IV,  66,  8). 

Bereits  in  lateinischer  Zeit  war  „in"  Tom  örtlichen  auf 
das  zeitliche  Gebiet  übertragen  worden  und  es  findet  sich  hier 
in  ungefähr  denselben  Verwendungen  wie  im  Rumänischen: 

zu  a):  in  tali  tempore,  Liv.;  zu  b):  in  deliberando  ==  bei, 
während  des  Überlegens,  Cic;  zu  c):  dormire  in  lucem,  Her; 
differre  alqd.  in  posterum  diem,  Cic;  magistratum  creare  in 
annum,  Liv.;  in  omne  tempus  perdidisse,  Cic  (Georges  II,  95) 
(cf.  M.-L.,  Gr.  m,  494). 

ni.  in  kann  das  Ziel  oder  den  Endzweck  bezeichnen- 
Hierher  gehört: 

a)  in  bei  Verben  des  Teilens  zur  Angabe  der  Teile,  in 
die  etwas  geteilt  wird;  deutsch:  „in"  mit  Akkusativ:  Ca  sÄrm« 


—    531    — 

din  bolta  vecliie,  |  cum  o  tragi,  se  rape  n  |6pte  (Dolne,  501, 
11).  cä  s'a  ifiiat  fie-care  päine  In  cäte  trel  buc&tt  deopotrivä 
de  marT  (Cr.  IV,  92,  18).  se  Impärtirä  In  maf  multe  gm- 
purt  (Delavr.,  Paraz.  73,  4). 

b)  tn  in  anderen  Fällen;  deutsch:  zu:  vrand  sä  plece  *n 
▼än&toare  (Gast.  b.  313,  2).  ia-'^  in  ajutor  pe  cine-va  (Cr. 
IV,  20,  4).  In  paguba  imperialilor  (SL  Fr.  III,  63,  22).  In 
ciuda  dreptului  public  (Sl.  Fr.  III,  85,  27). 

Bereits  in  lateinischer  Zeit  findet  sich  „in*'  in  dieser  über- 
tragenen Bedeutung,  wenn  auch  daneben  „ad*'  das  weitaus 
häufigere  ist  Die  romanischen  Sprachen  scheinen  finales  „in** 
nicht  zu  kennen:  zu  a):  Gallia  est  omnis  divisa  in  partes  tres 
Caes.  zu  b):  in  haec  obsides  accepti  (Gic);  cibo  in  vitam  non 
in  voluptatem  uti,  VelL;  (Georges  II,  95). 

IV.  in  kann  bisweilen,  wenigstens  nach  deutscher  Auf- 
&ssung,  das  Mittel  oder  Werkzeug  bezeichnen;  deutsch:  in, 
mit:  a  striga  In  gura  mare  («=  aus,  mit  vollem  Halse).  Cine 
bea  In  cinste  or  In  dator,  sä  Imbatä  de  doä  ort  (Gast  b. 
374,  1).  nu  poate  s6  numere  In  baut  gata  (M.  Sg.  36,  14). 
Intrarea  imperialilor  s'a  £&cut  In  mar^uri  grabnice  (»=  in 
Eilmärschen)  (Sl.  Fr.  III,  29,  18).  a  cälcat  In  piciöre  (=  mit 
Füßen)  or?|i-ce  drept  (id.  IQ,  38,  1). 

Aus  der  instrumentalen  Auffassung  heraus  erklärt  sich  auch : 

a)  In  zur  Bildung  gewisser  Adverbien  der  Art  und  Weise: 
In  scurt,  Intr'  atata  triOta  ace^tf  bine  {(hat  b.  361).  Si  s'a 
pns  Mfircut  In  silä  |  sä  cearä  mereü  la  milä  (lam.,  Varia  I, 
25).  spune-^  mie  Inadins  .  .  .  (Gasi  b.  302,  28).  Sä  lai  In 
bine  (=  gut)    |  actastä  carte  (id.,  348,  Epilog,  1). 

b)  In  zur  Bezeichnung  des  Stoffes,  aus  dem  etwas  g^ 
arbeitet  wird  oder  besteht;  deutsch:  aus,  in:  plugu,  nou,  u|or, 
locrat  In  hf  er  rumänesc  (Gast.  b.  259,  24).  alte  darurl  pre- 
tiöse  In  aur  fi  In  argint  (Sl.  Fr.  III,  11,  10). 

Auch  diesen  instrumentalen  Verwendungen  liegt  die  5rt- 
licbe  Grundbedeutung  „in^  zugrunde»  In  bezeichnet  auch  hier 
nicht  eigentlich  das  Mittel  oder  Werkzeug,  sondern  den  Ort, 
in    dem  die  Handlung  des  Verbums  wirksam  ist    So  sagt 

34* 


\ 


—    532    — 

man  a  calca  In  picioare  =  mit  Füßen  treten,  weil  die  Enft 
zum  Treten  „in*'  den  Füßen  li^^  a  striga  tn  gura  mare» 
aas  vollem  Halse  schreien,  weil  die  Stimmmittel  sich  im  Hake 
befinden  n.  s.  w.  Bisweilen  berühren  sich  aach  die  lokale  und 
die  instromentale  Ansdracksweise  so  nahe,  daß  es  schwer  zu 
sagen  ist,  welche  von  beiden  vorliegt;  in  einem  Satze  wie: 
si  tatft-s&ü  caprinz^ndu  1  In  bra^e  (Cr.  IV,  16, 16),  kann  «in 
bra^e"  sowohl  den  Ort,  wie  das  Mittel  der  TTmarmong  be- 
zeichnen. —  Im  ganzen  sind  aber  die  Fälle  von  instrumentalem 
„tn'^  im  Rumänischen  vereinzelt,  ebenso  im  Lateinischen  und 
in  den  romanischen  Sprachen,  die  hier  manches  Vergleicbbaie 
bieten,  wozu  man  vei^L  Georges  11  97,  M.L.,  Gr.  lU,  506, 508. 
y .  Einige  weitere  Verwendungen  von  in  geboren  nur  der 
Literatursprache  an,  nämlich: 

a)  In  zur  Bezeichnung  eines  begleitenden  Nebenumstandea; 
deutsch:  bei:  de  ce  ai  putea  sä  te  temi  In  bunele  apleciri 
ce  ai  pentru  mine  (»>»  bei  der  schönen  Neigung,  die  du  Ar 
mich  hast)  (M.  Sg.  1,  28). 

b)  tn  zur  Bezeichnung  des  Studien&ches:  Toti  caftigsft 
si  revizorul  |i  studentul  tn  drept  (Delavr.,  Paraz.  62, 5  v.u.). 

Letztere  Verwendung  ist  sicher  dem  französischen  gtndiant 
en  m6decine  u.  s.  w.  nachgebildet. 

in  kommt  also  in  folgenden  Verwendungen  vor: 
I.  tn  auf  die  Frage  wohin?,  ortUcb  =  „in,  nach''  (I);  dÄYon 
abgeleitet: 

a)  B=  auf,  zu,  für  (Fortschritt  in  der  Zeit)  (IIc), 

b)  final:  a)  bei  den  Verben  des  Teilens:  —  »in";  (Ula), 

/3)  allgemein:  =  „zu"  (01h). 
II.  tn  auf  die  Frage  wo?  örtlich,  und  zwar: 

1.  «B  fi^^*^t  davon  abgeleitet: 

a)  «»  „an,  in,  während"  (zeitlich),  (IIa), 

b)  =  in,  mit  (aus)  (instrumental)  (IV) 

2.  a»  nftuff  ai^i  in^  davon  abgeleitet: 

*=  „während,  lang,  hindurch"  (zeitlich)  (IIb). 


—    533    — 


Intru. 


Intaru  ist  synonym  mit  In;  es  hebt  nur  mehr  wie  jenes 
das  Befinden  innerhalb  eines  geschlossenen  Baumes  hervor. 
Ln  Arom.  entspricht  tm,  tu. 

Intru  bezeichnet  bisweilen  im  Altmmänischen  und  im 
Aromanischen  das  Befindlichsein  unter  einer  größeren  Anzahl 
Ton  Lebewesen;  deutsch:  unter:  eine  e  pream&ndru  f i  me^ter 
intru  Yoi  (Gast  a.  10"*^,  13).  voi  toti  Intru  ceiea  ce  Inbkiu 
(Cod.  Vor.  20, 13).  aduse  Pavel  f  i-1  puse  Intru  ei  (Gast  a.  4*,  23). 
adeveritii  lucrStorii  ai  viel  lui  Hs.,  Intru  carii  si  eu  (Bianu- 
Hodoj  i,  121, 1-3  (1642)). 

aronu:  üng  lugurie,  tsi  s  aflg  tu  tute  luguriile  (Ar.  U, 
270).  tu  ah^ts  fiil,  tu  ab^ts  nipöts,  |  tu  ah^ts  bprbats 
maskuri  tots  |  ma§  ung  fi^t9  gpal  avj^a  (id.  158,  7). 

Diese  Verwendung  von  Intru  entwickelte  sich  jedenfidls 
unter  dem  Einflüsse  des  lautlich  ahnlichen  Intre  <C  inter  »> 
unter,  zwischen  (s.  dort),  das  im  modernen  Dakorumänischen 
allein  diese  Bedeutung  vertritt  -r-  Umgekehrt  verh&lt  es  sich 
mit  der  Form  gntre  C>  ntre  ]>  tre)  die  in  den  Dialekten  f&r 
tru  begegnet: 

arouL:  tre  ap^  nuntru  sg  1  anekäts^^^im  Wasser  drinnen 
ertrankt  ihn  (Ar.  11,  106,  14).  z-dutsi,  z-dutsi  potölu  ntre-ap9 
p^nj  tse  ng  parg  kr|?ap9  (Pap.,  Jb.  II,  173,  286). 

istr.:  e  marunu  r^  fost  kad|  ^ntre  9p^  («=  wurde  ins 
Wasser  gefallen  sein)  (Jb.  1, 126,  4). 

Da  dieses  (9)ntre  nur  in  Verbindung  mit  apä  »»  Wasser 
vorzukommen  scheint,  und  sich  im  übrigen  seiner  Bedeutung 
noch  genau  mit  Intru  deckt,  so  haben  wir  es  wohl  hier  eben- 
Mis  mit  dieser  letztgenannten  Präposition  zu  tun,  die  sich 
nur  der  Form  nach  unter  dem  Einflüsse  benachbarter  Laute 
dem  rumänischen  Intre  =->  „zwischen"  stark  genähert  hat 

Was  die  Häuflgkeit  von  tn  und  Intru  angeht,  so  ist  Intru 
im  modernen  Dakorumänischen  das  weitaus  seltenere,  das  ich 
übrigens  in  den  mir  zugänglichen  istrischen  Texten  nur 
zweimal,  im  Meglenitischen  überhaupt  nicht  belegt  gefunden 


—    534    — 

habe.    Im  modernen  Dkr.  ist  tntra  aaf  bestimmte  Falle  be- 
schrankt: 

a)  intru  steht  for  In  im  allgemeinen  nm:  vor  Vokalen  (be- 
sonders Tor  im,  o  und  ins,  weniger  notwendig  Yor  a). 

b)  vor  Konsonanten  kann  tntru  nur  stehen,  wenn  der 
Begriff  des  „im  Innern  von''  besonders  betont  werden  soll 
ftcu  tntru  sine  sfatnl  (Gast.  b.  314,  17)  oder  auch  in  fonnel- 
haften  Ausdrücken,  aus  älterer  Zeit  stammend,  wie:  tntru  toaie, 
tntru  cttva,  tntru  pomenire,  tntru  multi  ani  etc. 

Im  Altrumänischen  ist  nämlich  das  Verhältnis  des  Vor- 
konmiens  von  tn  und  tntru  eher  umgekehrt  als  im  Neunun.; 
so  findet  sich  im  Cod.  Vor.  tntru  über  2ö0mal,  tn  nur  etwa 
130  mal;  ebenso  ist  im  Aromunischen  tru,  tu  bei  weitem 
häufiger  als  ^ n.  Feste  Regeln,  wann  im  Altrumänischen  und 
Aromunischen  tn,  wann  tntru  zu  stehen  habe,  lassen  sich  nicht 
au&tellen.  Im  Arom.  findet  sich  tru  besonders  vor  Vokalen, 
f  n  besonders  häufig  vor  k  und  g.  Im  ganzen  scheint  es  aber, 
als  ob  hier  un  inmier  mehr  auf  gewisse  feste  Verbindungen 
beschränkt  würde,  also  im  Aussterben  begriffen  sei. 

Seiner  Etymologie  nach  geht  tntru  auf  das  lateinische 
Adverb  intrö  =  „hinein"  zurück.  Dieses  wurde  jedenfalls 
schon  frühzeitig  (vgl.  altvenei  dentro  =  unter,  zwischen) 
in  Anlehnung  an  die  Präposition  intra  auch  präpositional  ge- 
braucht und  entwickelte  sich  dann  im  Rumänischen  seiner 
Bedeutung  nach  parallel  mit  „in",  sodaß  es  unnötig  ist,  diese 
Entwickelung  hier  nochmals  anzugeben.  Im  Italienischen, 
Spanischen  und  Portugiesischen  kommt  übrigens  ein  „entro" 
oder,  mit  de  zusammengesetzt,  „dentro",  zum  Teil  als  eigent- 
liche, zum  Teil  als  uneigentliche  Präposition  vor. 

tntre. 

I.  tntre  bezeichnet  in  örtlichem  Sinne  die  Lage  od^  die 
Bewegung  zwischen  zwei  oder  mehreren  Gegenständen  oder 
Personen;  deutsch:  zwischen,  unter:  este-un  deal  mare  'ntre 
noi!  ....  (Dotne,  137,  3).  D'afa-i  doamne,  ntre  sträini,  t 
ca  mlädi^  tntre  spini  (id.,  417,  1).    ajuns  tntre  douS  focuri 


—    535    — 

(SL  Fr.  m,  11,  23).  e  hopal  Intre  voi?  (M.  Sg.  100,  23).  alt- 
rnnt:  fi  va  |edea  Intre  doao  botarä  (1582,  Oast  &  36,  12). 

Bisweilen  steht  Intre  in  diesem  Sinne  nach  einem  Snper- 
latiy,  wo  wir  es  im  Deutschen  dann  mit  „yron^  oder  „unter" 
übersetzen:  Dar  eu  sänt  cel  mai  int&i  Intri  nebuni  (Gast.  b. 
360,  9).  trebue  sä  |titi  cä  |i  Intre  oameni,  cea  mai  mare 
parte  sunt  dobitoace  (Cr.  IV,  26,  3). 

U.   In  zeitlichem  Sinne  bezeichnet  intre:     . 

a)  die  Lage  eines  Zeitpunktes  zwischen  zwei  anderen; 
deutsch:  zwischen:  Bat&-te,  bäditä,  batä  |  Dilele  toate  de- 
odatft,  I  cele  douS  dile  grele  |  care-i  sämbäta  'ntre  ele  (= 
zwischen  denen  der  Sonnabend  ist)  (Doiae,  537,  1). 

b)  Die  Dauer  eines  Zustandes  oder  einer  Handlung  durch 
einen  gewissen  Zeitraum  hindurch;  deutsch:  unter,  während: 
intre  aceste  primejdia  crestea  (SL  Fr.  11,  23). 

HL  intre  bezeichnet  die  Beziprozitat;  deutsch:  unter, 
zwischen:  nu  e  deosebire  intre  d&nsele  =»  es  ist  kein 
unterschied  zwischen  ihnen  (Cr.  IV,  79,  9)  Lu&n  Integere 
intre  noi  (M.  Sg.  20,  27). 

altrum.:  sä  nu  hii  alte  amestecäturi,  intre  oamenii 
no|ftri  ^i  TOftri  (lorga,  Doc.  I,  18,  12). 

meglen.:  Vedets  kmo  k9t  farkl9k  ari  futre  tseäti 
dp  au  9  (s=  ein  wie  großer  Unterschied  zwischen  diesen  beiden 
ist)  (Wg.,  Jb.  V,  147,  28). 

In  allen  diesen  Fällen  entspricht  intre  genau  dem  latei- 
nischen inter.  Bereits  dieses  konnte  in  örtlichem,  zeitlichem 
und  reziprokem  Sinne  yerwendet  werden  und  das  Rumänische 
zeigt  dem  lateinischen  Gebrauche  gegenüber  keinerlei  Weiter- 
entwickelung: 

zu  I):  inter  Euboeam  continentemque,  Nfp.;  quum  (Her- 
eoles)  inter  homines  esset,  Gic;  ipse  honestissimus  inter  suos 
numerabatur,  Gic 

zu  II  a):  &cito  inter  nonas  et  idus  Martias,  CoL;  zu  b): 
inter  cenam  Tironi  dictavi,  Gic;  inter  ludendum,  Quint; 

zu  III:  nihil  interest  inter  te  et  quadrupedem,  Gic;  pacem 
inter  duas  potentissimas  civitates  conciliarit,  Nep.;  amicitiam 


—    636    — 

nisi  inter  bonos  esse  non  posse,  Cic;  (Geoiges  U,  299—301).  — 
Auch  Redensarten  wie  rcan&nisch  „tntre  altele'^  «»  «imter 
anderen*"  (SL  Fr.  DI,  57,  5),  gehen  wohl  auf  das  Lateiinische 
znrQck:  inter  aHa  (Qeorges  U,  301).  —  Die  romanischen  Sprachen 
haben  lateinisch  inter  nicht  so  uneingeschränkt  bewahrt  wie 
das  Rumänische;  bisweilen  wechseln  damit  in  derselben  Be- 
deutung intrOy  intra  und  infira  oder  es  sind  Neabildongea 
(frz.  parmi,  ital.  in  mezzo  u.  s.  w.)  dafär  eingetreten  (cf.  Diez, 
Gr.  898,  M.-L.,  Gr.  III,  489,  496). 

tntre  kommt  demnach  in  folgenden  Verwendungen  Tor: 
zwischen,  unter  (nach  Superlativen:  unter,  von)  (örÜich) 
davon  abgeleitet: 

a)  (zeitlich):  B=r  zwischen,  b)  (zeitlich)  =  unter,  wäh- 
rend, c)  (reziprok)  =  unter,  zwischen. 

Anm.  1.  tntre  «=  „zwischen,  unter^  findet  sich  nicht  im 
Aromunischen  und  Istrischen;  über  „tri",  „trg"  im  Arom.TgL 
unter  pentru. 

Anm.  2.  Im  Altmmänischen  begegnet  eine  Priqxiaition 
intre  in  der  Bedeutung  von  inaintea  ^=  „vor''  (örtlich): 

^  adu|u  elu  Inraintiea  Toasträ  mu  yrStosu  intre  tire, 
Agripo  Impärate  (Cod.  Vor.  72,  10)  [in  den  Übersetzungen  von 
1648  und  1688  Inaintea  ta].  CS  adecä  giade^ulu  tnntre  use 
stft  (Cod.  Vor.  133,  4)  [1648  und  1688  innaintea  u^}.  strigati 
intre  impäratü  domnul  (Cor.,  Psalt  1577,  Gast  a.  14.  3). 
nece  Yorfi  fi  calcätoiü  de  leage  intre  ochii  täi  (=  vor  deinen 
Augen)  (id.  Gast  a.  11,  1).  se  giudece-se  limbile  intre  tire 
(Cod.  Schei.  9,  20).  poftim  pre  domniia  voastrft  sä  aibft  petire 
intre  boiarinul  Domnii  Meale  (lorga,  Doc.  I,  45, 15)  (1629). 
deci  neam  tocmit  de  bunä  vofa  noastrfi  intre  vlftdicaAgaf- 
ton  episcopul  de  Roman  (Hasdeu,  Cuy.  I,  77,  3). 

Diese  Bedeutung  laßt  sich  in  keiner  Weise  von  einer  der 
unter  I — III  besprochenen  ableiten.  Bereits  Cipariu  stellte  in 
seiaen  Principia  p.  395  und  dann  wieder  in  dem  Archiru 
pentru  filologia  |i  istoria  p.  105  die  Ableitung  Ton  lai  ante 
für  dieses  intre  auf. 


—    537 


pe. 


I.  Örtlich:  a)  pe  bezeichnet  die  Bewegung  in  gerader 
Richtung  durch  etwas  hindurch;  und  zwar: 

a)  vor  einigen  wenigen  Substantiven;  deutsch:  durch: 
Bätu  vöntui  pe  fereasträ,  |  se  stinse  lumina  'n  casft!  (Doine, 
459,  3).  £1  mS  ia  de  cftrpusoarS  |  si  m$  da  pe  u^ä-afarft 
(~  und  wirft  mich  zur  Tür  hinaus)  (Strig.  328,  8).  pe  näri 
fläc&n  läsSnd  (Gast.  b.  312,  IV,  8).  plan  fäcu  pe  cof  (=  durch 
den  Schornstein)  sä  intre,  (id.  364,  5).  Setilft,  cftruia  tncepu 
a-!  tljni  apa  pe  nSrI  fi  pe  urechi  (»>  durch  Nase  und 
Ohren)  (Cr.  IV,  55,  1). 

altrum.:  e  fii  lu  Israilu  trecurS  pre  uscat  pre  mijloc 
de  mare  (»»  mitten  durch  das  Meer)  (Psalt.  Schei.  152,  19). 

arom.:  i§i  mular^  pri  pgl^^iri  «=  die  Frau  ging  zum 
Fenster  hinaus  (Ar.  II,  254,  23). 

ß)  vor  Adverbien  des  Ortes;  im  Deutschen  bleibt  es  in 
diesem  Falle  oft  unübersetzt: 

Nu  cumva-i  väzut  |  pe  unde-ai  trecut  (=  wo  du  vorbei- 
(oder  durch-)gekommen  bist)  (Gast.  b.  287,  26).  apucä  pe  ici 
tot  Inainte  «.  geh  hier  (durch)  inmierfort  geradeaus  (Cr.  IV, 
31, 10).    mergtnd  in  partea,  pe  unde  esise  ea  (M.  Sg.  31,  25). 

Über  pe  in  diesem  Sinne  vor  anderen  Präpositionen  siehe 
unter  den  zusammengesetzten  Präpositionen. 

b)  pe  bezeichnet  sowohl  die  Lage  auf  der  Oberfläche  als 
auch  die  Bewegung  nach  der  Oberfläche  hin;  deutsch:  auf, 
in,  an  (auf  die  Frage  wo?  resp.  wohin?):  Si  pe  iarbä  s'ase- 
dau  I  de  ospS^  cä  s'apucau  (Dotne,  623,  8).  fosi-am,  fost  cu 
oUe  I  pe  coasta  ou  florile  (Strig.  139,  1).  Gätä  apä-i  pe  väl- 
cele  («=»  soviel  Wasser  im  Bache  ist)  (Doine,  463,  5).  Nici 
na-i  pändä  pe  obraz  (»»  auf  dem  Gesicht)  (id.  641,  9).  väz&nd 
steaoa  cea  arätatä  pä  cer  (=»  am  Himmd)  (Gast  b.  332,  Irozi, 
Z.  10).  decänd  mama  a  pus  mänile  pe  piept  (id.  350,  35). 
dnunurile  pe  ape  |i  pe  uscat  (»  zu  Wasser  und  zu  Lande) 
eraü  pu^  cunoscute  (Cr.  IV,  4, 1). 

altruxD.:  care  cuvinte  era  scrise  de  Dunmezeu  pre  doao 


—    538    — 

table  de  piatrft  (Ck)resi  1579,  Gast.  a.  21,  37).  Turcii  &ce 
poduri  mereae  pre  Dunäre,  pre  trei  locnri  (lorga,  Doc. I, 
33,  43,  7). 

arom.:  ya  s^  nrl  pri  dzj^ang  («s  auf  dem  BergabhaDge) 
(Ar.  n,  70,  Nr.  43,  17).  K^ndu  Sedzurg  pi  sufrg  (=  bei  Tisch) 
(id.  222,  26).  ig  1  bpg^  pi  ts^tse  =  und  sie  legte  ihn  an 
die  Brost  (id.  242,  7).  niergü  cu  tuti  pe  cale  H  ^  ^^ 
Wege)  (Mostre  II,  119,  IV,  9). 

meglen.:  pri  kal  =  zu  Pferd  (VL-M.,  34). 

istr.:  si  vut  aw  pedukli  pre  sire  ==  und  hatte  Läuse 
auf  sich  (Jb.  I,  144,  Nr.  VII,  3). 

Hier  lassen  sich  auch  am  besten  einige  Verwendangen 
Yon  pe  in  bildlichem  Sinne  anfahren,  wo  ebenfalls  die  Be- 
deutung „auf,  in"  zugrande  liegt:  Nervös  si  totnsi  sÄpto 
pe  miscärile  sale  suflete^ti  (Delavr.  Trab.  8,  13).  Si  se 
pune  pe  gänduri  (Deine,  273,  6).  m'  am  pus  pe  lacru 
(M.  Sg.  5, 1). 

arom.:  Amir^iilu  s  niir^a  multu  pi  ngs^  (=  wurden 
sehr  böse  auf  sie)  (Ar.  II,  226,  17).  ^i  pe  un  gione  ni  me 
isosii  a=  und  mit  einem  Jüngling  verlobte  ich  mich  (Mostre  80^  3)- 

c)  pe  vor  Adverbien  des  Ortes  verleiht  diesen  bisweilen 
den  Begriff  des  Allgemeinen  oder  Unbestimmten;  deutsch: 
„umher*',  „ herum ^  (nachgestellt):  Tune  'n  tindä  si  pe- 
afarä  (=  so  draußen  herum)  (Dotne,  571,  15).  Deaca  oodru 
frunza  '|i  lasä,  |  toti  voinici  trag  pe  aeasä  (id.  583,  3).  eü 
ounosc  bine  pe-aicT  «=  ich  bin  gut  bekannt  hier  herom 
(Cr.  IV,  17,  21).  oare  pe  unde  se  pot  gäsi  a|a  pietre  «=  wo 
herum  sich  wohl  solche  Steine  finden  mögen  (Cr.  IV,  32, 21)- 

arom.:  S-pr-j^u  argmg,  fatsi  tuts  tra  sg  si  zgrjimg  ^ 
und  wo  herom  er  wühlt,  macht  er,  daß  sich  alle  kratEen 
(Jb.  n,  190,  76). 

Diese  drei  örtlichen  Verwendungen  von  pe  im  Sinne  von 
^durch*',  „auf,  „umher,  herum^  scheinen  zunächst  in  keinem 
inneren  Zusammenhange  zu  stehen,  und  doch  laßt  sich  ein 
solcher  finden.  Wie  Fr.  Stolz  in  Wölfflins  Archiv  11  p.  500  -504 
ausf&hrt,  war  die  Onindbedeutung  von  „per"  im  Lateinischen 


—    539    — 

die  der  rsnmlichen  Durchdringung;  diids  beweisen  Komposita 
wie  pererrare,  perlustrare,  perbacchari,  permiscere,  perrenaii, 
perpasci,  pereqidtare  n.  a.  Oing  diese  Durchdringung  nur  in 
einer  Richtung,  auf  einer  Linie  vor  sich,  so  entwickelte  sich 
die  unter  a)  angegebene  Bedeutung  „durch  —  hindurch'', 
die  in  viel  weiterer  Ausdehnung  als  im  Rumänischen  bereits 
im  Lateinischen  vorhanden  war,  geschah  die  Durchdringung 
aber  nach  den  verschiedensten  Seiten  hin,  so  kam  per  zu  den 
Bedeutungen:  „über  —  hin",  „auf  —  umher",  „in  —  um- 
her", die  es  in  den  anderen  romanischen  Sprachen  noch  häufig 
hat,  die  aber  im  Rumänischen  nur  selten  noch  rein  erhalten 
sind:  dkr.:  pretutindenea  =  überall;  arom.:  pe  cämpuri 
al&gändalui  =  auf  den  Feldern  umhergehend  (Petr.  Mostre  II, 
115,  34)  istr.:  pe  tot  =  überall  (Jb.  VI,  318).  —  Im  Rumäps 
mschen  haben  sich  diese  Bedeutungen  vielmehr  nach  zwei 
Seiten  hin  weiter  spezialisiert,  nämlich  es  ist  entweder  wie  in 
den  Fällen  unter  c)  das  örtliche  Element  geschwunden  und 
pe  drückt  nur  den  Begriff 'des  Allgemeinen  oder  Unbestimmten 
aus  oder  aber  es  ist  der  Begriff  der  räumlichen  Durchdringung 
verloren  gegangen,  resp.  durch  andere  Ausdrucksweisen  ver- 
drängt worden  und  pe  bezeichnet  einfach  die  Lage  „auf,  in, 
über"  etwas.  Da  im  Rumänischen  zwischen  der  Frage  wo? 
und  wohin?  kein  Unterschied  gemacht  wird,  konnte  dann  pe 
auch  bei  Richtungsverben  stehen  und  die  Bewegung  „auf 
in,  über"  etwas  bezeichnen.  Von  diesen  drei  Bedeutungen 
wurde  dann  besonders  „auf"  die  Domäne  des  rumänischen 
„pe",  da  einerseits  die  Beziehungen  „in"  und  „über"  bereits 
durch  lateinisch  „in"  und  *„adsupra''  ausgedrückt  wurden, 
andererseits  aber  das  lateinische  „super  =  auf"  im  rumä- 
nischen „spre"  allmählich  die  Bedeutung  „nach  —  hin"  er- 
langte. Im  Altrumänischen  finden  sich  noch  öfter  pre  und 
spre  in  der  gleichen  Bedeutung  neben  einander;  z.  B.: 

toti  viermii  ce  se  tragü  pre  pämänt  (Pal.  de  Orä|t  1582, 
Gast  a.  35,  3).  aber:  a  tote  fierilorü,  ce  sä  leag&nS  spre 
pim&nt  (id.  8).  Weitere  Beispiele  finden  sich  in  dem  Aufsatz 
von  Meyer-Lübke  über  mm   spre,  Ghröbers  Ztschr.  22,  496.  — 


—    540    — 

DaB  „pre  »»  auf  hier  durch  Ab&ll  von  „s*^  ans  gpre  ent- 
standen sei,  wie  M.-L.  vermatei,  vermag  ich  nicht  ernznaehen, 
da  pe  (nie  aber  spre),  aach  in  den  Dialekten  in  der  Bedeu- 
tung „auf'  Torkommt  (s.  oben),  es  aber  außerdem  auch  die 
anderen,  sicher  auf  das  lateinische  per  zurückgehenden  Ver- 
wendungen hat.  Wie  sollte  sich  dann  ein  Schwanken  zwischen 
spre  mit  erhaltenem  „s''  und  spre  mit  abgeworfenem  „s^  noch 
mehrere  hundert  Jahre  nach  der  Trennung  der  Dialekte  er- 
klären? Jedenfalls  standen  sich  pre  und  spre  sowohl  der 
Bedeutung  wie  der  Form  nach  damals  so  nahe,  daß  sie  sieh 
sehr  leicht  beeinflussen  und  sogar  für  einander  eintreten  konnten. 
— Das  Lateinische  und  die  romanischen  Sprachen  bieten  niment- 
lich  zu  den  unter  a)  und  b)  angeführten  Verwendungen 
mancherlei  Vergleichbares: 

zu  a):  lat:  alterum  iter  per  provinciam  nostram  (eist' 
multo  facilius,  Caes.;  per  os  anima  exhalata,  Ov.  (Georges  E 
1386). 

ital.:  entrare  per  la  porta,  per  la  finestra,  correre  peril 
giardino  (Rig.-Bulle,  p.  576). 

frz.:  jeter  par  la  fenötre,  se  promener  par  la  yille  (Saeha- 
Villatte,  p.  1107). 

portg.:  yiajar  pe  la  Italiass durch  Italien  reisen  (Micha- 
elis, Wb.,  p.  57). 

zu  b):  lai:  ünguentatus  per  yias,  ignaye  incedis  (Plaat 
Gas.  2,  3,  24);  per  herbas  (rum.  pe  larbft!)  a^estumque  firon- 
dem  prostraverunt  corpora,  Gurt  8, 10, 17,  (ForcelL  Lex.  IV,  5691 

itaL:  La  gente  che  per  li  sepolcri  giace  (In£  10,  7);  mi 
ritrovai  per  una  selva  oscura  (Inf.  1,  2)  (Diez,  6r.  p.  891);  arer 
delle  piaghe  per  le  braccia  e  per  le  gambe  (<»  auf  den 
Armen  und  Beinen);  seminare  per  tutto  (>»=  überallhin)  U  mal 
costume  (Big.-Bulle,  Wb.  p.  576). 

frz.:  par  toute  la  terre  >»  auf  der  ganzen  Erde;  suer  par 
tout  le  Corps  (—  am  ganzen  Leibe)  (Sachs- ViL  1107). 

span.:  per  la  hueste  (<—  im  Heere)  de  los  Oriegoa  grand 
era  1  dolor  (Alz.  1859)  (Diez,  Gr.  p.  891);  bui^eses  et  bur- 
gesas  par  las  finiestras   («»  an  den  Fenstern)  son  pneetas 


—    541     — 

(Cid.  60)  (M.-L.,  Gr.  III,  483).  por  el  suelo  =  auf  dem  Boden 
(Booch-Arkossy,  p.  868). 

portg.:  pelo  monte  selvaidco  habitsvao  (Los.  4,  70). 

proY.:  la  blaya  flor  qne  nais  per  los  boissos  (Ghx.  III,  61) 
(Diez,  Gr.  p.  891). 

zu  c)  In  geringem  Umfange  begegnet  per  bei  Orts- 
adYerbien  im  Spanischen  nnd  Portugiesischen:  span.:  por  de 
dentro  «»  von  innen,  innerlich;  por  de  fuera  >=  nun.  pe  din 
afarft  =»  äußerlich;  portg.:  passar  por  diante  »>  vorwärts- 
gehen (Booch-Arkossy,  span.  Wb.  p.  869  u.  Michaelis,  pg.  Wb. 
p.571). 

Anm.  Ein  „prinde  pe  cap**  «»  beim  Kopfe  fassen,  das 
I>iez  (Gr.  p.  891)  und  nach  ihm  Meyer-Lübke  (Gr.  III,  485) 
nach  Analogie  yon  lat  pendere  per  pedes,  ital.  „menare  per 
la  mano^  auch  für  das  Rumänische  anführen,  ist  fabch,  es 
muß  heißen  de  cap. 

n.  zeitlich. 

a)  Pe  bezeichnet  die  Zeit,  in  deren  Dauer  ein  einzelnes 
Faktum  fallt;  deutsch:  „während,  bei,  zu*':  Poruncitu-mi-a 

maica |  sä  m$  duc  la  ea  pe  cinä  (Dolne,  389,  2).    ApoT 

CQ  ei  pe  rficoare  (=  noch  in  der  Kühle)  |  a  plecat  la  vänft- 
toare  (Gast.  b.  313,  2,  13).  Si  apot  pe  yremele  acele  mai 
toate  tftrile  eraü  bäntuite  de  räzboaie  grozave  (Cr.  lY,  3,  15). 

arom.:  Pe  acea  adSstare  a  aslanlui  la  iu  tr6ce  untt 
boü  (Mostre,  II,  8,  1).  tut^  npapt^  inuia  pi  lung  (Ar.  II,  164, 
Nr.  96, 12). 

meglen.:  pri  gatsg  lu  pri  naitu  nostru  ympirät  Sultan 
Abdul  Haniid  (=  l>ei  Lebzeiten)  (Jb.  V,  147,  5). 

Anm.  Pe  Tor  fertigen  Zeitbestimmungen  verleiht  diesen 
bisweilen  den  Begriff  des  unbestimmten:  fi  pe  Inserate,  se 
unbracä  pe  ascuns  Intr'o  piele  de  urs  (Cr.  lY,  5,  12).  eine 
apuca  a  se  duce  pe  atunci  Intr'o  parte  a  lumii  (Cr.  lY,  4,  4)^ 
—  Sonst  steht  aber  in  diesem  Sinne  pe  la  (s.  dort). 

In  dieser  zeitlichen  Yerwendung  geht  pe  ohne  weiteres 
auf  das  Lateinische  zurück;  schon  dieses  benutzte  per,  ur- 
sprünglich die  Präposition  der  räumlichen  Durchdringung,  auch 


—    542     — 

zum  Ausdruck  der  Durchdringung  eineä  gewissen  Zeitnrameä 
(ess  wahrend,  im  Verlaufe  von)  und  die  romanischen  Sprachen 
sind  ihm  hierin  nachgefolgt. 

b)  pe  bezeichnet  das  Ziel  in  der  Zeit,  deutsch:  auf,  für; 
und  zwar: 

ä)  bei  Ausdr&cken  der  Zeitdauer:  el  1'  a  confinnafc  pe 
Domn  pe  tötä  yia^  lui  (=fur  sein  ganzes  Leben)  (SLFr. 
35,  12).  fi  am  s$  vg  fiu  pe  veci  (=  auf  ewig)  recunoecäo- 
are  (M.  Sg.  54,  22). 

ß)  bei  Ausdrucken,^  die  einen  Zeitpunkt  bezeichnen: 

Pe  searft  sä  te  gatesci  (»»  auf  den  Abend  mach  dich 
fertig)  (Strig.  26,  1).  ca  sä  'sl  adune  ce-va  pe  vremea  riito- 
are  (Gast  b.  358, 27). 

Per  zur  Bezeichnung  des  Zieles  in  der  Zeit  kommt  im 
Lateinischen  noch  nicht  vor,  es  konnte  sich  aber  im  Kamir 
nischen  sehr  leicht  entwickeln,  da  auch  das  örtliche  pe  nicht 
nur  die  Ruhelage  (s.  unter  I  b),  sondern  auch  die  BewegoDg 
„auf  ein  Ziel  hin  bezeichnete.  Daß  auch  hier  ursprünglich 
der  BegriflF  der  Durchdringung  eines  Zeitraum^^s  neben  dem 
Begriffe  des  Zieles  Yorhanden  war,  daför  sind  die  unter  11  b^ 
a)  angeführten  Beispiele  ein  Beweis.  Li  den  romanischeD 
Sprachen  findet  sich: 

ital.:  sono  inritato  per  domani  sera. 

frz.:  je  suis  invite  pour  demain  matin,  M.-L.  DI,  496. 

span.:  para  siempre  ^=  f&r  inmier  (Booch-Ark.,  p.  8V3'. 

portg.:  para  amanha  *=»  für  morgen;  trigo  para  todo  o 
anno  >=:  Korn  far  das  ganze  Jahr  (Mich.,  539). 

Das  italienische  per  könnte  hier  auf  lat  per  oder  pro, 
das  spanische  und  portugiesische  para  auf  per  +  ad  oder 
pro  +  ad  zurückgehen;  das  franzosische  pour  deutet  aber 
zweifellos  auf  lat  pro,  wennschon  sich  im  Altfranzösischen 
öfter  pour  und  par  verwechselt  finden  und  auch  das  NeO' 
französische  in:  partir  „pour*'  das  ursprünglich  kausale  pour 
<C  pro  in  lokalem  Sinne  verwendet.  Vom  romanischen  Stand- 
punkte aus  läge  es  also  naher,  in  den  unter  b)  angefUrteo 
Verwendungen  rum.  pe  von  lat  „pro  «=  für"  abzuleiten.   Be- 


—    543    — 

denUich  scheint  bei  dieser  Herleitong  nur  (ganz  abgesehen 
von  den  lautlichen  Schwierigkeiten),  daß  dann  eine  Präposition 
Yom  kausalen  auf  zeitliches  Gebiet  übertragen  worden  ^äre, 
wahrend  in  der  Regel  die  zeitliche  Verwendung  direkt  aus 
der  örtlichen  herzuleiten  ist 

Anm.  Zu  den  unter  II  b.  a)  angefahrten  Fallen  möchte 
ich  auch  pe  zur  Bezeichnung  eines  distributiven  Verhältnisses 
in  der  Zeit  rechnen;  deutsch:  auf,  für  (oder  darch  Adjektiva): 
ce  i  s'aü  damit  o  l^fä  de  100  taleri  pe  lunä  (=»  monatlich) 
(SL  Fr.  UI,  76,  3).  si  dece  galbeni  dau  pe  an  (=»  jährlich, 
ftrs  Jahr)  112  lei  32  bani  (M.  Sg.  20,  16). 

Auch  hier  bezeichnet  pe  (s.  M.-L.,  Gr.  UI,-  509)  nur  den 
Zeitraum,  durch  den  hindurch  eine  Handlung  ihre  Wirkung 
ausübt;  der  Begriff  des  Distributiven  liegt  dabei  in  der  ganzen 
Art  des  Ausdruckes:  es  cäftiga  pe  lunä  (b=  jeden  Monat) 
10  galbent,  aber:  as  cä^figa  pe  o  lunä  (=für  einen  M.)  10 
galbeni  Die  romanischen  Sprachen  gehen  in  der  Verwendung 
von  per  in  distributivem  Sinne  noch  weiter  als  das  Bamä- 
nische  (c£  M.-L^  Gram.  III,  509),  das  bei  nichtzeitlichen  Ver- 
hältnissen de  wählt  (s.  dort). 

DL  Pe  bezeichnet  bei  Ausdrücken  des  Schwörens  und 
Beschwörens  den  Gegenstand  oder  die  Person,  bei  der  man 
schwört;  deutsch:  bei:  jurä-mi-te  pe  ascuti|ul  paloplui  tau 
(Cr.  IV,  23,  23).   el  jurä  pe  capul  fiulul  8Öu\SL  Fr.  III,  58,  30). 

altrum.:  Eü,  pre  deu!  säntu  Jidovinu  (=  ich  bin,  bei 
Gott,  ein  Jude)  (Cod,  Vor.  37,  4). 

arom.:  pri  p^ne  («=beim  Brot!),  muma  m^a  ni  o  featse 
(Ar.  n,  30,  27,  4). 

meglen.:  aniur  pri  domnu  =  ich  schwöre  beim  Herrn 
(VL-M.  34)  Diese  Verwendung  von  per,  die  wohl  ursprüng- 
lich instrumentalen  Sinn  hatte,  ist  bereits  lateinisch  und  findet 
sich  in  sämtlichen  romanischen  Sprachen  wieder  (M.-L,  Gr. 
m,  505). 

IV.  Pe  bezeichnet  die  Übereinstimmung,  Entsprechung, 
Gemäßheit  mit  etwas;  deutsch:  nach,  gemäß,  besonders  in 
der  Volkssprache:  —  A^a,  dSu,  mändru^  mea,  |  oi  face  pe 


—     544    — 

Toia  ta  (»a.  nach  deinem  Willen)  (Strig.  199,  9).  Dare-ar, 
bade  Domnedeu,  |8S  fiS  pe  gändnl  men!  (Doine,  547,  lO) 
sS  &cem  fi  acum  pe  cheful  spänulai  (Gr.  IV,  41,  26). 

In  der  Schriftsprache  meist  nur  in  bestimmfcen  Wendungoi: 
decat  sä  le  fim  pe  plac  (M.  Sg.  5,  21).  nu  prea  ti  este  pe 
poftft  (id.  50,  7).    Ü  este  pe  gast  (id.  54,  2). 

altrum.:  si  Domnezeu  f&cu  pre  om  lui  pre  obrazü, 
pre  obrazü  In  Domnezea  ftcu  ein  (Paliea  de  OrSfida  1581 
Qa8ta.35,4). 

arom.:  Arminia  i  parf^  s-fiibp,  tut  pri  tSelnik  ya  §- 
p-adukg  (Jb.  U,  150,  31)  (e=»  ganz  wie  ein  Tscbelnik,  einem 
Tschelnik  gemäß. 

Diese  Verwendung  von  pe  scheint  sich  ans  der  orÜichen 
im  Sinne  von  „auf  entwickelt  zu  haben.  Es  lag  der  Gedanke 
zugrunde,  daß  ein  bildsamer  Gegenstand,  der  auf  einen  bereite 
Yorhandenen  festen  gelegt  wird,  sich  diesem  in  der  äußeren 
Form  anzupassen,  ihm  ähnlich  zu  werden  suchi  Diese  Vor- 
stellung ist  ohne  weiteres  verständlich,  wo  es  sich  um  Tein 
örtliche  Verhältnisse  haadelt,  wie  in  dem  altrumänischen  Bei- 
spiele. Später  wurde  dann  dieselbe  Vorstellung  auch  tof 
nicht  örtliche  Verhältnisse  übertragen.  —  Im  Lateinischen  und 
in  den  romanischen  Sprachen  konmit  per  in  der  Bedeutung 
„nach^,  „gemäß''  nicht  vor. 

V.  Pe  steht  im  Sinne  des  deutschen  »für,  als  Entgelt 
von*'  bei  Verben  des  Nehmens,  Gebens,  Verkaufens,  Wechseins: 

fi  schimb&nd  pe  oau  («-f&rEier)  i-a  dat  (Gast  b.  360, 24). 
nu  lan  douS  sute  de  talerl  pe  toate  aceste  »a  ich  nehme 
nicht  200  Taler  f&r  all  das  (M.  Sg.  38,  7).  dal  ciostea  pe 
ruf  ine  (Gr.  IV,  11,  26).  nnde  au  fost  Ytadu|l  cu  grämada 
pe  pre^uri  de  batjocurä  (=>  fftr,  zu  Spottpreisen)  (SL  Fr.  HI, 
304,  2). 

Es  scheint  mir  unmöglich,  diese  Verwendung  von  pe 
aus  einer  der  bisher  behandelten  Bedeutungen,  etwa  ans  der 
örtlichen  (es  auf  **)  abzuleiten.  Ich  glaube  Tielmehz,  daß  wir 
es  hier  mit  einer  Fortsetzung  von  lai  »pro''  zu  tun  haben, 
das  also   in  rnm.   pe,  ebenso  wie  in  ital.  per,  span.  und 


w^ 


r 


—    545    — 

]>ott^.  por   der  Form  nach  mit  l&t  per  znsammeQ gefallen 

wäre.    Von   den  romanischen  Sprachen  scheidet  bekanntlich 

nur  das  Neu  französische  zwischen  per  und  pro,  während  im 

Altfranzosischen   beide  bereits   vielfach   verwechselt  wurden. 

Auch  das  Rumänische  hat  dann  später  die  schon  in  urrumä-  '  I 

nischer  Zeit  in  der  Form  zusammengefallenen  Bedeutungen  / 

per  und  pro  wieder  geschieden  und  zwar  entwickelte  sich  im 

Äromuniachen  intra  (inter)  ^  tr^,  im  Megleniti sehen  de  >  de 

und  im  Dakoru  man  lachen  pro  (per)  +  intro  ^  pentru  zu  der 

Bedeutung  des  lateinischen  pro,  während  per  >  pre,  pe  und 

prm  <;  ^per  +  in"  die  Bedeutung  des  lateinischen  per  teils  un- 

"ferändert  beibehielten,  teils  weiter  entwickelten  (s,  dort).    Man 

ham  nun  annehmen,  daß  sich  neben  pentru  das  einfacbe  pe 

=  pro  ^  fdr  nach  Verben  wie  a  da^  a  scbimba,  a  vinde  in 

gaaz  ähnlicher  Weise  gehalten  hat,  wie  einfaches  a  <C  ad  bei  B  l| 


I 


) 


•1       ' 


Verben  wie  a  mirosi,  a  suna,  a  cäica  u«  s.  w.  Die  Formen  pe 
und  a  bildeten  hier  einen  so  cbarakteristiachen  Teil  der  be- 
treffeüden  Redensart ^  daß  Neubildungen  wie  pentru  und  la 
nicht  eindringen  konnten.  —  Bereits  im  späteren  Latein  wurden 
übrigens  per  und  pro  bisweilen  mit  einander  verwechselt: 

Per  unmnquemqne  ictum  semper  ternos  solidos  solvat 
■Pactus  Leg.  Salicae  tit  19.  edit^  Eccardi)  (Du  Gange,  Gloss.  V, 
193).  —  Die  romanischen  Sprachen  verwenden  ihr  per,  resp-  *|J 

|ito  natürlich  ebenfalls  im  Sinne  von  ,^^0^"^ 

ital.:  comprare»  vendere  per  mitle  lire. 

frz.:  acbeter,  donner,  laisser  pour  six  ecus. 

span.:  comprar,  vender,  dar  por  cien  doblones  (Diez,  Gr. 

VI,   Pe  wird  zur  Bildung  von  Adverbien  der  Art  Tind  [ 

Weise  oder  des  Grades  verwendet;  im  Deutschen  bleibt  es  in 
diesem  Falle  meist  unnbersetzt:  ca  s'  o  citiascä  pe  fugä  (^ 
flüchtig)  (Gast.  b.  315,  16).    Basta  a  Inaintat  pe  t^icute  =  B. 

log  schweigend  heran  (3L  Fr.  lll^  25,  1).    le-am  vorbit 

J*e  larg  despre  d-voastra  (^  weitläufig)  (M,  Sg.  47,  8). 

pe  scnrt  (=^  kurz!),  se  o  primesci  pe  ctt  ^li-se  poate  de  1 

Hine  (id.  58,  4  v.  u.). 

Wei^tad    10.  Jabresbericlit,  35 


^ 


—    546    — 

Pe  semne  n  ai  ausdt  vorba  ceea  (Cr.  IV,  20,  18).  fiig^d 
pe  tntrecnte  (»»  um  die  Wette),  cand  pe  aus,  cänd  pe  Jos 
(id.  82,  4). 

ear  cei  lal^  pe  vrute  pe  neyrnte  eraü  ttiltf  pe  aceasU 
cale  positivista  (Delayr.  Trüb.  8,  25). 

arom.:  z  dose  la  amirgijlu  pe  askumta  (Ar.  11,226,30) 
«=  er  ging  heimlich  zum  Kaiser;  chielleslu  se  sculä  pe  anarga, 
anarga  (Mostre  U,  40,  20). 

Ich  glaube,  daß  per  hier  an  lateinische  Tradition  an- 
knüpft; denn  bereits  im  Lateinischen  kommt  per  in  hierher 
gehörigen  Fällen  vor:  per  iniuriam  =  mit  Unrecht,  wider- 
rechtlich, Cic.  (Oeorges  ü,  235),  per  otium,  per  ludam  jocum- 
que,  Liv.  (Georges  II,  1387),  per  fcdlaciam  (Ter.  u.  Sue^)  (öeorges 
I,  2487)  per  gratiam  =  gutwillig,  Plaut,  (Georges  I,  2746).  — 
Derartige  Wendungen  wurden  teils  ohne  weiteres  ins  Boma- 
nische  übernommen,  teils  wurden  nach  ihrem  Muster  neue 
Adverbien  mit  per  gebildet  Im  Romanischen  gehören  zur 
Gruppe  dieser  jüngeren  Bildungen  wohl  auch  Gradadyerbia 
wie:  pe  departe  —  bei  weitem,  pe  din  destul  =  genügend, 
pe  deplin  =  völlig,  pe  din  deajuns  ^=  „in  ausreichendem 
Maße"  und  andere,  die  bereits  vorher  mit  de  oder  din  <a- 
sammengesetzt  waren. 

YIL  Pe  steht  in  gewissen  Fallen  zur  Bezeichnung  des 
Akkusativs  von  Wesennamen  bei  transitiven  Verben:  Scepticol 
ducea  la  brat  pe  »Trubadurulc  (Delavr.  Trüb.  12,  11).  in- 
cepe  a  cäina  pe  fiul  craiului  (Cr.  IV,  19,  20),  ia  'tit  tn  ajutor 
pe  cine-va  (id.  20,  4)  etc. 

In  Bezug  hierauf  verweise  ich  auf  die  Arbeit  von  Stinghe 
über  pre  als  Akkusativzeichen  (Jb.  III,  183  und  Jb.  IV,  228) 
und  die  Zusätze  hierzu  von  Weigand. 

Pe  kommt  also  in  folgenden  Verwendungen  Tor: 
I.  Bsa  durch  (örtlich)  (I  a)  davon  abgeleitet: 

a)  B»  bei,  an  (zeitlich)  (11  a), 

b)  =  bei  (beim  Schwur)  (HI), 

c)  modal  (zur  Bildung  von  Adverbien)  (VT); 


—     547    ~ 

II-  =  auf — umher,  über  ^  hin  (im  Rumänischen  nur  noch 
selt€a);  davon  ausgehend: 
a)^umfa6rfherum  (nachgestellt,  bei  OrtsadTerbien)  (I  ß)^ 

b)  =  etwa  um,  gegen  (zeitlich)  (II  a  Anm.X 

c)  =  auf  (Örtlich)  davon  abgeleitet: 

a)  =  auf,  für  (zeitlich)  (11  b),  j9)  =  nach,  gemäß  (IV), 
y)  beim  Akkusativ  (VII), 
lli  =  für  (im  Sinne  von  lat  pro)  (V), 

Bpre  (aiom.  stii). 

L   örtliob;  und  zwar: 

a)  zur  Bezeichnung  der  Lage,  Bewegung  oder  Bichtung 
auf  oder  über  eine  Person  oder  Sache;  deutsch:  auf,  über: 
er)  in  eigentlichem  Sinne: 

statu  Pavelu  spre  spitä  (Cod.  Vor.  36^  9).  glasul  dorn- 
flului  Bpre  ape  (^  über  den  Wassern)  (Psalt,  Schei.  28,  3)- 
derese-me  apre  carare  dereptate  (id.  22,  3).  ai  duhul  dora- 
Dttluj  se  purta  spre  apä  =  und  der  Geist  des  Herrn  schwebte 
über  dem  Wasser  (Gast  a.  34,  1),  Spre  totu  pamäntuln  esi 
veasfea  loru  ober  die  ganze  Welt  hin  ging  ihr  Euf  (Gast  a,  154, 
Pa.  18,  4),  celor  ce  stau  spre  nältimea  bunätatüor  (Bianu 
fi  Bodos,  Bibl.  rom-  1, 123,  3,  1642).  tntru  amiazä  zi  stralnci 
lomirä  mollä  de  näprasnä  spre  melnre  (Cod,  Vor.  38,  11\ 
fi  cäzuiu  spre  pämtntu  (id.  38,  14).  c&utä  spre  toti  cei 
Ce  viu  tn  pamlntu  (Pealt  Schel,  32,  14).  Ploao  spre  päcfitosi 
cursä,  foc  si  väpae  (id,  10,  7).  Domnul  ditn  cerTu  plecfc^fte 
pre  fii  oamerilorü  (id.  13,  2), 

ß)  m  bildlichem  Sinne;  besonders  nach  Ausdrücken  des 
Hoffens,  Herrschens,  Mitleidhabens  n.  b.  w*:  upoväin^  aibindu 
3pre  dumnezeu^  Hoffnung  auf  Gott  habend  (Cod.  Vor.  61, 1)- 
Ochü  tutarora  apre  tine  nädäjduescn  (Gast  a*  28,  2)-  Ca  apre 
mine  upavfii  ^i  izbävi-voiu  elu  (Cod*  Scbei.  90»  13)>  si  Incepit 
a-i  blagovf'ati  laude  si  fnchinficioni,  si  biruintä  spre  vräj* 
masii   s&i    {=  Sieg   über   seine   Feinde)    (Hronograf,  1760. 

Gast  b.  70,  lü)- 

35* 


I 


V 


H 


-     548    — 

Spre  geht  etymologisch  auf  das  lateinisdie  super  (sapn) 
zurück,  mit  dem  es  in  der  oben  angefahrten  Yerwendniig 
auch  der  Bedeutung  nach  Yollkommen  flbereinstimmt:  ensis 
super  cervice  pendet,  Hör.;  super  aspidem  assidere,  Cic.;  alii 
super  alios  ruentes,  Sen.;  super  armamentarium  positos,  Carl 
6,  7  (26),  22,  (Georges  II,  26*29);  dicet  sibi  placuisse  sernun  et 
ideo  supra  rationes  esse  positum,  Auci  Dedam.  353,  inter  op. 
Quini,  (Foreellini  V,  779).  Auch  die  übrigen  roma]ii8che& 
Sprachen  verwenden  super  (supra)  in  demselben  Sinne  (s,  M.- 
L.,  Gr.  ni,  490). 

Auffallend  erscheint,  daß  spre  in  der  Bedeutung  ^aaf, 
über"  nur  in  altdakorumänischen  und  zwar  besonders Idich- 
liehen  Texten  vorkommt  Sollte  hier  ein  unmittelbarer  Einfluß 
slavischer  Vorlagen  mit  im  Spiele  sein?  Das  moderne  Dako- 
rumänische  kennt  im  Sinne  von  „über,  auf"  nur  asupra, 
peste  und  pre,  das  auch  im  Altrumanischen  bereits  mit  spre 
wechseln  konnte  (s.  unter  pe  l).  In  den  Diidekten  kommt  eine 
Präposition  spre  in  lebendigem  Gebrauche  überhaupt  nicht 
vor,  daß  sie  aber  auch  hier  vorhanden  gewesen  sein  mufi,  be- 
weist ihr  Vorkommen  beim  Zahlworte:  arom.  unspridcatse  etc. 

Diese  letztere  Verwendung  muß  also  bereits  urruminiadi 
sein;  Miklosich  und  andere  fassen  sie  als  Typübertragung  aas 
dem  Altbulgarischen  auf:  altbulg.  na  ■»  auf^  über,  jedintt  na 
desei^  »=»  1  auf  (über)  10.  —  Auch  das  lateinische  super  und 
das  in  vulgfirlateinischer  Zeit  oft  mit  ihm  verwechselte  supra 
wurden  aber  bereits  in  ganz  ähnlicher  Weise  zur  Bezeichnung 
einer  höheren  Zahl  verwendet:  adsdtae  sunt  super  Subrium 
et  Sulpicium  militares  manus  (Tac.  ann.  15,  50)  (Georges  D, 
2629)  und:  supra  milia  viginti  »»  über  20000,  Liv.  (Georges 
II,  2663).  Die  Grundbedeutung  von  super  ««  „auf^  über*  liegt 
natürlich  auch  hier  zugrunde,  indem  man  von  dem  Gedanken 
ausging,  daß  beim  Vermehren  oder  Zählen  von  Gegenständen 
das  neue  Exemplar  immer  auf  die  alten  gelegt  wird. 

Im  Aromunischen  findet  sich  dem  altrum.  spre  genau 
entsprechend  in  der  Bedeutung  „auf,  über"  die  Präposition 
,.stri,  sti": 


—    549    — 

a)  in  eigenÜichem  Sinne:  £9  stri  kale,  s  nu  krep^m  »» 
komm  heraus  auf  die  Straße  (Ar.  11,  48,  Nr.  31,  7).  era  irnü 
arbore  stri  nS  d^nS  (Mostre  II,  3,  2).  stri  fäntäna  aoeea 
era  an  arbore  mare  (=3  ttber  dieser  Quelle)  (id.  21,  20).  s" 
alinft  stri  arbure  =»  sie  klettert  auf  den  Baum  (id.  4, 14). 

ß)  in  bildlichem  Sinne:  Ett  de  oara  escü  unü  amirfi  sti 
pricile  tute  »=  wenn  ich  ein  Kaiser  über  alle  Tiere  bin 
(id.  5,  28) 

Meyer -Lnbke  (Gröbers  Ztschr.  22,  p.  496)  spricht  den 
Wunsch  aus,  das  Verhältnis  dieses  stri  zu  arom.  pisti  («=  dkr. 
pesie)  aufgeklärt  zu  seheu,  und  Moser  in  seiner  Arbeit  über 
die  Präpositionen  erklärt,  diesem  Wunsche  nachkommend,  stri, 
sti  aus  lai  extrans  (entsprechend  dem  dakorumänischen  strft  . 
in  sträbat,  strämut,  stramo|).  Aus  Bedeutungsgründen  sdieint 
mir  diese  Ableitung  yöllig  verfehlt;  extrans  =  „von  jenseit 
her**  (s.  C.  Hamp,  in  Wölfflins  Archiv  V,  p.  353)  hätte  un- 
möglich zu  der  Bedeutung  „auf,  über^  gelangen  können.  Ich 
möchte  dieses  stri,  sti  vielmehr  aus  einem  älteren  '^'spri  (= 
dkr.  spre)  herleiten  und  zwar  in  folgender  Weise:  Neben  dem 
arom.  pristi,  pisti  <C  pereztra  (=  dkr.  peste)  muß  dem  dkr. 
prespre  entsprechend  auch  im  Aromunischen  einmal  eine  Prä^ 
Position  *prispri  <[  persuper  vorbanden  gewesen  sein;  dies 
beweist  die  heutige  Bedeutung  von  pisti.  Als  nun  dieses 
^prispri  von  dem  bedeutungsverwandten  pisti  allmählich  ver- 
drangt wurde,  ging,  ganz  analog,  das  einfache  spri  in  sti  über, 
behielt  aber  natürlich  die  alte  Bedeutung  von  spri  (s=  dkr. 
spre)  =  „auf,  über"  bei. 

AnnL  Das  alte  spri  konmit  im  Aromunischen,  außer  beim 
Zahlworte  noch  in  der  Verbindung  „sprima*'  =  „gemäß"  vor  r 
sprima.  tsi  §-are  siminat^,  atsiä  va  si  siätsirg  =  (gemäß 
dem)  wie  sie  gesät  haben,  so  werden  sie  auch  ernten  (Cod. 
Dim.  99  b.,  24).  sprima  bunesle  ka^eSün  tsi  ä-are  feipt9, 
atsii  va  s-ä-afl^  «=  gemäß  dem  Gbten,  was  ein  jeglicher  getan 
hat,  wird  er  sich  befinden,  (id.  100,  6). 

Spri  =3a  „gemäß"  erklärt  sich  vielleicht  ebenso  wie  pe  =» 
„gemäß,  nach"  aus  dem  Gedanken  heraus,   daß  ein  bild-- 


—    550    — 

samer  Gegenstand,  der  anf  einen  bereits  vorhandenen  festen 
gelegt  wird,  sich  diesem  „gemäß"  zu  gestalten,  ihm  ähnlich 
zu  werden  sucht 

b)  spre  bezeichnet  die  Bichtong;  und  zwar: 

a)  in  feindlidiem  Sinne;  deutsch:  gegen,  wider:  fu  spre 
ein  sfadä  dela  ludei  (Cod.  Vor.  14,  6).  p&rä  cända  rädicä-se 
dracul  mieu  spre  mere  (Schei.  12,  3).  defcbiserS  spremere 
rostol  säa  (id.  21, 14).  s&  esä  spre  tära  lef  escä  («r  g^|en 
das  polnische  Land)  (lorga,  Doc.  I,  32,  6,  a.  1616). 

ß)  in  neutralem  Sinne;  deutsch:  nach  —  zu,  nach  —  hin, 
zu:  |fi  apoi  fugi  incoace  spre  mine  (Cr.  IV,  31,  17).  spre 
rSsärit  se  'ndrepta  (Dome,  Varia  II,  17).  spre  loyitä  se 
'ntorcea  (Qast.  b.  294,  6).  mergtod  spre  poarta  monästirei 
(Emin.,  nuv.  95,  7). 

altrum.:  Si  cSntä  okiultt  mieu  spre  yräjma|it  misi 
(Cod.  Schei.  91, 12).  cumu  tp.  dela  ei  carte  lualn  spre  fratii 
ceiea  dintru  Damascu  (Cod.  Vor.  38,  4). 

In  den  beiden  Fällen  unter  ä)  und  ß)  bezeichnet  spre 
eine  Richtung  oder  Bewegung  „nach  etwas  hin**  in  der 
Horizontalebene.  Bereits  im  VulgSrlateinischen  findet  sich 
super  zur  Bezeichnung  einer  Horizontalbewegnng  und  zwar 
sowohl  in  feindlichem  wie  in  neutralem  Sinne:  zu  a):  si  leTati 
super  pupillum  manum  meam  (Vulg.  lob,  31.  21),  Fomicats 
est  igitur  super  me  OoUa  (h.  e.  Samaria)  (Vulg.  Ezech.  23, 5) 
(bei  ForcelUni  V,  719);  si  quis  super  alterum  (b=  aUo  nolente) 
in  YÜIam  migrare  Yoluerit  (Lex.  SaL  tii  47,  §  1)  (bei  Du  Cange 
VI,  438.  zu  ß):  super  mortuum  (>»  ad  cadaver)  non  ingre- 
dietur  (Vulg.  Num.  6,  6)  (bei  Forcellini  V,  719).  Die  roma- 
nischen Sprachen  kennen  super  (supra)  in  diesem  Sinne  nur 
in  geringem  Umfange:  itaL:  correr  sopra  uno;  span.  oorrer 
sobre  alguno  (Diez,  Or.  p.  897). 

Im  modernen  Dakorumänischen  hat  spre  in  örtlichem 
Sinne  immer  niur  die  unter  b.  ß)  angegebene  Bedeutung  *» 
„nach  —  hin,  zu".  Spre  in  feindlichem  Sinne  beschränkt 
sich  auf  das  Altrumänische;  in  neuerer  Zeit  ist  die  ver- 
wandte Präposition  „asupra"  dafür  eingetreten.  •—  Die  Dialekte 


—    551     — 

kennen  spre  aucJi  in  der  unter  b)   behandeltea  Verwendung 
nicht, 

D.  Spre  m  nbertragenem  Sinne: 

a)  apre  bezeichnet  (sehr  selten)  eine  unbestimmte  Zeit- 
angabfi;  deutsch:  gegen;  ocolit-a  locul  roatä,  |  pänä  la  amlazi 
spre  searS  (GaBt  b.  313»  2,  Kol.  Z.  21). 

Hier  erklärt  sich  apre  leicht  aus  der  Örtlichen  Bedeutung 
^aach  —  bin^f  ^^^^4  i^^u  denkt  daraOf  wie  sich  die  Sonne 
nach  dem  Abend,  d,  h.  nach  Westen  zu  bewegt,  daher  spre. 
Vergleichen  läßt  sich  bier  das  spanische:  llegar  aobre  la  tarde 
=^  gegen  Nachmittag  ankommen  (Diez,  Gr,  S97),  dem  dieselbe 
YoTstellung  zugrunde  liegt 

Anm,  „Gegen  Mittag"  heißt  im  Rumänischen  „pe  la 
amiazi",  ng^gcn  Mitternacht*'  =^  „pe  la  miazä  noapte",  da 
man  hier  mehr  an  das  Stillstehen  der  Sonne  in  der  Nähe  des 
höchsten  f  resp*  tiefsten  Punktes  ihrer  Bahn  denkt;  soll  aber 
wirklieb  der  Begriff  „gegen  Mittag  zu",  „gegen  Mittemacht 
zu"  wiedergegeben  werden,  so  sagt  man  auch:  spre  amiazi, 
spre  mieznl  noptii  (Borcia  und  Dragomirescu)« 

h)  apre  bezeichnet  den  Zweck  oder  die  Bestimmmig,  zu 
der  etwas  geschieht;  deutsch:  zu:  E  fäcutä  spre  iubire  (Doine, 
168, 2).  nu  'mt  estl  spre  atricare  (Gast.  b.  329,  36^  Colinde). 
0  nchinäm  spre  aanState  (id.  327,  23,  Gelinde),  a  trimis 
spre  Töndare  tn  Ungaria  2000  de  boi  (SL  Fr  111,  20,  13). 

altrum,:  prinserärme  ca  leul  gata  apre  väratu  (Paalt 
Schei.  16,  12).  cum  sä  fie  voao  spre  mäncare  (Gast  a.  35,  11 
a-  1582). 

Besonders  häufig  ist  spre  in  diesem  Sinne  beim  Infinitiv; 
deutsch:  =^  n^^  —  zu**:  ocasiune  bine  venitä  spre  a  produce 
fei  de  fei  de  greutäti  (SL  Fr.  111,  97,  5).  spre  a  putea  sä 
mä  yedi  (M.  Sg.  3^  27).  masca  de  aimpatie  si  de  comunitate 
de  simteminte  ce  am  pus  spre  a'-i  place  (id,  5,  4). 

Auch  diese  Verwendung  von  apre  erklärt  sich  aus  der 
unter  I  b.  ß)  behandelten  örtlichen  =  ^auf— hin,  nach  — 
hin*'.  Der  Zweck  einer  Handlung  wird  als  ein  rein  Örtliches 
Ziel  aufgefaßt^  nZu"  dem  sich  die  Handlung  ^  hin  "bewegt.  — 


U 


■•^ 


—    552    — 

bisweilen  handelt  es  sich  in  den  hierher  gehörigen  Vijksi 
weniger  um  den  Zweck  als  vielmehr  um  eine  begleitende 
Nebenwirkung  oder  Folge:  si  spre  mai  mare  mirarea  lui 
(»  zu  seiner  größten  Verwunderung)  (Cr.  lY,  29, 23).  spre 
marea  mahnire  a  lesui^ilor  (SL  Fr.  III,  63,  27). 

Das  Lateinische  und  die  romanischen  Sprachen  bieten  hier 
nichts  Vergleichbares. 

Spre  konmit  also  im  ganzen  in  folgenden  Verwen- 
dungen Yor: 

I.  =  auf,  über  (zur  Bezeichnung  einer  Ruhelage,  Be- 
wegung oder  Richtung)  und  zwar: 

a)  in  eigentlichem  Sinne;  b)  in  bildlichem  Sinne. 

U.  spre  zur  Bezeichnung  der  Richtung,  Bewegung: 

a)  in  feindlichem  Sinne:  =  gegen,  wider, 

b)  in  neutralem  Sinne:  =  nach  —  hin,  nach  —  zu. 
zu  u.  s.  w.;  davon  abgeleitet: 

a)  =  gegen  (unbestimmter  Zeitpunkt), 
^)  =  zu  (Zweck,  Bestimmung,  begleitende  Nebenwirkung 
oder  Folge). 

sub  (supt,  su). 

a)  In  eigentlichem  Sinne. 

a)  sub  bezeichnet  die  Lage  oder  Bewegung  vertikal  unt^r 
etwas;  deutsch:  unter  (mit  Dativ  oder  mit  Akkusativ):  de 
doarme  fi  pämäntul  sub  om  (Cr.  IV,  74,  9).  supt  un  pom 
s'ad&posta  (Gasib.  302, 86).  A  pus  fata  inflorita  |  supt  o  glie 
vestejitS  (Dome,  330,  11). 

altrum.:  Toate  sapus-ai  supt  picioarele  lui  (Gast  a. 
11,  Ps.  8,  10). 

arom.:  Durna  fj^ata  siini  trandafir(Wg.,  Ar.II,N^.9ö,l)• 
le  bggäts  naf(|^ar9  tu  ubör  su  str^ahg  (id.  N.  118, 12). 

meglen,:  sup  n^ua  =  unter  dem  Schnee  (V1.-M.,  p  35^. 

istr.:  Cercecu  se  bodit  su  pamint  «=  die  Zikade  verbarg 
sich  unter  der  Erde  ((jfast.  b.  283,  1)* 

ß)  sub  bezeichnet  die  Lage  oder  Bewegung  unterhaU)  von 
etwas;  deutsch:  unterhalb,  unten  an,  unten  in:  Vin'mfcndrä 


—     553    — 

sa  ne  jaräm  |  sub  cruce  de  lemn  de  brad  (Doine,  534^  4)  (= 
unten  am  Kreuze).  La  |Coli»  popo  {  la  ^coli,  drace  |  nu  U 
fete  I  sub  parete  (id.  Strig.  354).  sub  munte  am  Fuße  des 
Berges  (Borcia)» 

arom.:  ^i  a^i  sum  umbra  a  arbureluT  descalecä  hilla  de 
amirä  (Petn  Moatre  II,  21,  21)  [aber  in  der  dakoru manischen 
Obersetzang:  „la  umbra*^} 

istr:  g^se  k^T  fost  a  su  tos  ^  sechs  Pferde  waren 
(onten)  am  Wagen  (Jb.  I,  136,  13)- 

b)  sub  ateht  in  bildlichem  Sinne^  namentlich  bei  Aus- 
(irncken,  die  eine  Macbtwirknng,  Herrschaft^  Schutz,  Obhut  etc. 
ausdrücken;  deutecb:  unter: 

B  a  fUri^at  fn  casa  mea  sub  masca  de  serritor  (=^  unter 
der  Maske  eines  Dieners)  (M.  Sg-  115,  16).  a  rugat  sub  sigi- 
lul  celui  mal  ad^nc  secret  pe  guTemul  Imperätesc  (Sl.  Fr.  IIL 
610,9).  sub  pretextul  de  a-i  abate  pe  Turci  de  la  asedia 
(id.  %j  13).  oprit  sub  cea  mai  asprä  pedepsa  (id.  142,  3). 
altrum.:  £ind  Insuti  supt  putearea  acelora  (Gast,  a. 
1 13,  21).  rästignitu-seau  dereptü  noi  suptü  Pilatü  din  Pontä 
{Gast  a.  32,  9). 

istr.;  karle  fost  muncit  su  Poncie  Pilatu  (Gast  b.  283t 
Credo  3), 

Die  rumänische  Präposition  sub  (supt,  siip^  subt,  su,  sum) 
geht  ebenso  wie  die  entsprechenden  Präpositionen  im  Roma- 
Irischen  auf  das  lateinische  Adverb  „suptus**  =  ^^i^runtec 
unterhalb"  zurück,  das  in  vnl  gärlateinisch  er  Zeit  an  Stelle  der 
Präposition  sub  ^  „unter"  trat  Die  Bedeutung  des  rumä- 
niBchen  sub  zeigt  gegenüber  den  entsprechenden  lateinischen 
Qnd  rumänischen  Präpositionen  keinerlei  Abweichung  oder 
W  eitere  nt  Wickelung: 

lat:  Bubtus  lectum  ^  vjto  t^v  xklvr^v^  Dosith,,  94,  9K 
(üeorgea  II,  2593)r  et  sedebit  yir  suhtus  vitem  suam  et  subtufi 
ficum  enam  (Vulg.  Interpr.  Mich.  4,  4)  (bei  Forcell.  V,  p.  716). 
ital.:  sotto  il  sole,  sotto  il  govemo  di  questo  principe,  prov.: 
«otz  lo  cel;  frz,  sous  le  cieli  soua  le  nom  de  mon  ami,  sous 
peine  (daneben  auch  au-dessous  de),  span.:  so  pena,  sopretexto. 


■ 


1 

I 


1 


—    554    — 

portg.:  8ob  pena,  (aber  hier  häufiger:  spaiu  baxo,  debaxo, 
portg.  debaizo,  abaixo)  (Diez,  Gr.  898). 

Zu  beachten  ist  nur,  daß  das  rum.  „sub**  einen  etwu 
weiteren  Begriff  wiedergibt  wie  das  deutsche  „unter''  (a.]}). 


Die  zusammengesetzten  Fr&positionen. 
1.   Feste   Zusammensetzungen, 
dupä. 
L  ortlich. 

a)  dupS  bezeichnet  die  Lage  oder  Bewegung  hinter  e^ss; 
deutsch:  hinter,  hinter  —  her:  BSmäi,  brazdä,  dup&  plag 
(DoXne,  574,  5).  dupS  mine  nu  |edea  (id.  541,  2).  si  se  as- 
cunde  dupä  o  st&ncä  (Cr.  IV,  77,  11).  C'aj  pune-o  dnpl 
urechie  (Strig.  135,  2). 

altrum.:  nice  dupä  dänfii  sfi  nu  meargä  (lorga,  Doc. 

I,  10,  1). 

arom.:  üng  s^arg  av^  6edzut9  dupg  un^  kas^taunj 
Skgmbg  (Ar.  II,  240,  3).  si  asi  se  ascumse  dupS  un  capaeiü 
(Petr.  Mostre,  11,  22,  31).  ' 

istr.:  verits,  zuppne,  dup^  skpnt  «=  kommt,  Bürger- 
meister an  (eig.  hinter)  den  Tisch  (Jb.  1, 142  Nr.  VI,  19). 

In  dieser  Verwendung  stimmt  dupS  der  Bedeutung  nach 
genau  mit  dem  lateinischen  post  überein;  dieses  wurde  in 
vulgarlateinischer  Zeit  verdrängt  durch  das  zusammengesetzte 
„depost^. 

lat.:  Post  me  erat  Aegina  ante  me  Megara,  Cic;  post 
hunc  consequitur  soUerti  corde  Prometheus,  (^tulL,  (Georges 

II,  1606). 

Yglt:  quoniam  profecti  sunt  depost  me  et  erant  depost 
me  (Itala,  2.  Reg.  21,  15),  Tade  depost  me,  Satanas  (ItaL  Bopp. 
Marc.,  8,  33)  (Wölfflins  Archiv  V,  343). 

itaL:  dopo  le  spalle  «=  post  tergum  (Diez,  Gr.  896). 

Anm.  Bei  Dingen,  die  weder  eine  Vorder-  noch  eine 
Rückseite  haben,  pflegen  wir  nicht  von 


—    555    — 

sondern  von  „diesseits"  und  „jenseits"  zu  i^deiif  im  Kuiiiä- 
□iecben  findet  aich  in  solcben  Fällen  bisweilen  dupä  im  Sinne 
Ton  „jenseits": 

nice  dupa  dänsii  sä  nu  mearga,  ca  dupä  apä  (^jenseits 
lies  Wassers)  iaste  hotanil  ungor^sca  (lorga,  Doc.  I,  10,  1). 

b)  dapä  bezeichnet  die  Begleitung^  das  Beisammensein; 
deutsch:  mit: 

cäci  altf'el  nu  1  mai  luani  dupä  mine  ^  denn  sonat 
würde  ich  ihn  nicht  mit  mir  nehmen  (CrJV,  i%  14)-  fetele 
se  dnsera  dupä  barbatii  lor  (P,  Ispirescu^  bei  Dame  399). 

Besonders  steht  dupä  in  diesem  Sinne  bei  Verben  des 
Heiratens:  dis-a  tata  cä  m'  o  da  |  dupä  Miclos  catana  (Strig, 
162^  1)>  el  a  märitat  pe  fiicä-sa  dupä  un  om  bun  (Cr*  I, 
09, 12)>   yS  märitati  dupä  el  (M,  Sg.  95,  2)\  auch  arom,  (nach 


istr.:  ke  se  r^  marit^  dup^  ie  ^^  ^enn  sie  sieh  mit  ihm 
verheiraten  würde  (Jb,  I,  124,  1,  5)- 

In  dieser  Verwendung  erklart  sich  dupä  leicht  auB  der 
unter  a)  behandelten  Bedentang  „hinter''.  In  sämtlichen 
unter  b)  angefahrten  Beispielen  bandelt  es  sieb  um  Personen 
^on  verschiedener  sozialer  Stellung,  die  nicht  mit,  sondern 
hinter  dem  Höherstehenden  geben.  Im  modernen  Ruma- 
üiwben  hat  man  bei  dieser  Verwendung  wohl  kaum  noch  die 
Vorstellung  „hinter'*,  —  Ändere  romanische  Sprachen  kennen 
dnpä  in  diesem  Sinne  nichts 

IL  Dupä  bezeichnet  die  zeitliche  Folgen  deutsch:  nach 
(aof  die  Frage  wann?):  dracu  sT-aduse  aminte  Intr'o  zi  däpa 
ploaie  .  .  ,  ,  (Gast  b,  261,  12).  Dupä  cäte-va  minute  de 
nehotärire  Incepu  sä  citeascä  (Delavr*  Paraz.  p,  3,  letzte  Z.), 

altrum.:  Ce  dupä  mine  ya  veni  naintea  mea  fii  (GasL 
^20,20).  dupä  läsarea  Toroarei  chiemä  Pavelu  uceuicii 
(Cod,  Vor-  13,  12). 

arom,:  dup9  tsin9  dz^e  (Ar.  II,  222,  29). 

istr,;  dupj  zplik  vreme  (Jb-  I,  152,  Nn  XI,  5). 

meglen.:  Dupu  uufk  vakpt  vini  matsa  (VL-M.,  62,  7). 

Dupä  in  zeitlichem  Sinne  erklart  sich  aus  dem  ortlichen 


-^ 


—    656    — 

(-S  „hinter")  leicht  dorcb  Yenniitelaiig  des  Begriffea  der 
Reihenfolge,  da  die  hinter  mer  anderen  herkommende  Pemn 
später  ankommt  als  diese:  Am  venit  nomai  decftt  dnpi 
Zaharia  «=  ich  bin  sofort  hinter  (nach)  Z.  gekommen  (Can- 
giale,  teatro,  119  Mitte). 

Das  Lateinische  und  die  romanischen  Sprachen  verwenden 
übrigens  post,  resp.  depost  mit  dem  Bumänischen  überein- 
stimmend ebenfalls  zur  Bezeichnung  der  zeitlichen  Folge: 

lai:  post  hominum  memoriam,  Cic;  post  paucos  die& 
Phaedr.  (Georges  U,  1607). 

yglt:  depost  hunc  die  mallationem  habeant,  Form.  231.  S, 
(WöUOins  Arcb.  7,  343). 

Anm.  1.  In  Verbindung  mit  „ce*^  wird  dupä  zur  tempo* 
ralen  Konjunktion  «=  „nachdem":  dkr.:  dupä-ce  m'al  scos 
din  apä  (M.  Sg.  3,  20).  arom.:  dupp  tsi  i  se  minduü}  == 
nachdem  sie  sich  bedacht  hatten  (Ar.  II,  164,  96,  25). 

Anm.  2.  Das  dupä  der  Reihenfolge  deutet  bisweilen 
weniger  auf  ein  zeitliches  als  auf  ein  Rangycrhaltnis  hin; 
deutsch:  nächst:  tot  ce  aveau  dupä  sufletul  lor  «»  alles 
was  sie  nächst  ihrer  Seele  hatten  (Gkist  b.  353,  Impäratul  fer- 
pilor  4). 

|i  dupä  caii  mei  nu  e  nioi  un  om,  pe  care  se-1  inbesc 
mM  mult  decät  pe  stäpänul  meu  (M.  Sg.  65,  28)  (»=  und  nichst 
meinen  Pferden  gibt  es  keinen  Menschen,  den  ich  mehr  liebte 
als  meinen  Herrn). 

III.  Dupä  bezeichnet  in  übertragenem  Sinne: 

a)  das  Ziel,  das  jemand  erreichen  will,  nach  dem  jemand 
strebt,  besonders  bei  konkreten  Begriffen;  deutsch:  nach:  care 
umbla  dupä  milo^tenie  =  der  nach  Almosen  (»*  betteb) 
ging  (Cr.  IV,  8,  20).  ea  dupä  gäteje  pnn  pädure  »sie  ging 
nach  Reisig  durch  den  Wald  (Gast  b.  348,  11).  au  scotocit 
pretutindeni  dupä  comori  (SL  Fr.  III,  307,  9). 

altrum.:  larä  se  cevä  dupä  altele  ceareti  =  wenn  ihr 
aber  nach  etwas  anderem  verlangt  (Cod.  Vor.  13,  4). 

b)  den  Gbrund,  warum  etwas  geschieht  oder  geschehen  ist; 
deutsch:    aus,  wegen:    Dupä  fat^a   ta  de  doanmä  |  lomea 


—    557    — 

ntregft  se  Intoaniä  (Dotne,  27,  3).  Dupft  dänsa  stat  sS  mori 
(ii  65, 14). 

altrom.:  dupS  multä  necnratie  lorü  l^pedi  ei  (Pdalt 
Schei.  y,  12).  istr.:  akmotöe  iel  a  kruto  fbst  i^losni  dup^ 
mpia  «=  da  sind  sie  sehr  trawg  nm  ihre  Matter  gewesen 
(Jbfl,  144,  Vn,  12). 

Diese  beiden  unter  III  a)  und  b)  angefahrten  Verwen- 
dungen von  dnpS  stehen  einander  sehr  nahe,  sodaß  es  im 
einseinen  Falle  oft  schwer  zu  entscheiden  ist,  ob  das  finale 
oder  das  kausale  Verhfiltnis  Yorliegt.  Beide  erkläreu  sich 
leicht  aus  dem  örtlichen  dupli  ->»  „hinter^.  Den  Zweck  oder 
den  Grund  einer  Handlung  denkt  man  sich  rein  örtlich  als 
ein  Ziel,  hinter  dem  man  hergeht,  dem  man  nachjagt,  um 
es  zu  erreichen.  Das  Lateinische  und  die  romanischen  Spnudien 
bieten  hier  nichts  Vergleichbares,  wohl  aber  ist  daran  2u  er- 
innern, daß  sowohl  im  Griechischen  wie  im  Deutschen  die 
Präposition  der  örtlichen  und  zeitlichen  Folge  auch  in  finalem 
Sinne  verwendet  wird:  nach  Wasser  schicken  «»  ip*  vdmff 
jti/iX6iv.  Kausale  Verwendung  kann  aber  weder  das  deutsche 
„nach**  noch  das  griechische  ijtl  haben;  es  ist  daher  leicht 
möglich,  daß  sich  die  kausale  Bedeutung  des  romanischen 
dupi  erst  sekundär  aus  der  finalen  entwickelt  hat,  indem  hier 
wie  anderwärts  Zweck  und  Ursache  (Grand)  mit  einander  yer- 
wediselt  wurden. 

IV.  Dupä  bezeichnet  die  Übereinstimmung,  Entsprechung 
oder  Gemäßheit  einer  Handlung  oder  eines  Zustandes  mit 
etwas  anderem;  deutsch:  in  Übereinstimmung  mit,  nach, 
gemäJi:  ca  sä  träeasca  fie^te-care  dupä  soartea  care  luasä 
(=»  dem  Schicksal  gemäß,  das  ihm  zu  teil  wurde)  Gast  b. 
358,  22).  si  toate  ar  fi  dupä  gändul  teü  (Cr.  IV,  9,  26). 
inima  mea  na  lucrat  dupä  indemnurile,  ce  credeti  (M.  Sg. 
110,20). 

altrum.:  ^i  invise  a  treia  zi  dupä  scripturä(Gast.32, 11). 

arom.:  dupp  kap  S-k^töula  wie  der  Kopf,  so  die  Mütze 
:Jb.  II,  154,  74). 

Bei  der  Erklärung  dieser  Verwendung  ist  am  besten  von 


'^<^|^ 


—    558    — 

dem  dupS  der  Reihenfolge  auszogehen.  Wenn  eine  Handlung 
einer  anderen  Handlang  oder  Tatsache  „gemäß  **  oder  „ähnlich" 
werden  soll,  muß  sie  (räumlich)  auf  dieselbe  „folgen**,  um  sich 
ihr  bequemer  anpassen,  sie  nachahmen  zu  können.  Dupfi  be- 
zeichnet also  eigentlich  rein  zeitlich  die  Aufeinanderfolge 
zweier  Handlungen  oder  Ereignisse.  Ein  Satz  wie:  „i  s'a  dat, 
dupä  cererea  luI,  Toie  sä  yisiteze  pe  Lupu**  besagt  nur,  daß 
das  Verlangen  gestellt  worden  ist,  den  Lupu  zu  besuchen  und 
daß  zeitlich  darnach  die  Erlaubnis  gegeben  worden  ist,  den 
Lupu  zu  besuchen.  Wir  empfinden  nun  in  diesem  Falle 
weniger  die  zeiÜiche  Folge  der  beiden  Tatsachen  als  Tiehnehr 
den  umstand,  daß  der  Inhalt  des  gestellten  Verlangens  und 
der  gegebenen  Erlaubnis  der  gleiche  ist  und  beide  in  einem 
gewissen  Kausalzusammenhang  stehen;  dupä  erscheint  daher 
hier  nicht  als  Präposition  der  Zeit,  sondern  als  Präposition 
der  Übereinstimmung,  Entsprechung.  —  Vergleichen  läßt  sich 
hier  das  Lateinische  und  das  Romanische,  wo  die  ent- 
sprechenden Präpositionen  (lai  secundum,  itaL  secondo, 
proY.  segon,  frz.  selon  oder  suirant,  span.  segun,  portg. 
segundo)  bereits  in  der  Form  (sequi!)  erkennen  lassen,  daß 
ihrer  Verwendung  derselbe  Gedanke  der  Folge  zugrunde  liegt 
Post  oder  depost  finden  sich  außerhalb  des  Rumänischen  im 
Sinne  Ton  »nach,  gemäß,  entsprechend**  nicht 

Dnpä  kommt  im  ganzen  in  folgenden  Bedeutungen  vor: 
DupS  (ortlich)  «=  hinter;  davon  abgeleitet: 
L  (örÜich)  »=mit, 
IL  (zeitlich) «»nach;  davon  abgeleitet: 

«»nach,  gemäß,  entsprechend(Entspreohung), 
lU.  (final)      BS  nach;  davon  abgeleitet:  i 

(kausal)  ^  wegen,  aus.  i 

I 
la.  I 

I 
L  In  ortlichem  Siime:  I 

a)  la  bezeichnet  die  Richtung  oder  die  Bewegung  nach  j 

etwas  hin;  deutsch:  nach  —  zu,  auf — los,  zu,  nach:  De-ar 

I 
I 
I 


—    559    — 

fi  lonä  de  ca  searä  |  m'a^  dace  la  badea  'n  tearft  (i=  würde 
ich  mich  zum  Schatz  aufs  Land  begeben)  (Dolne  276,  1). 
Vin  cu  mine  la  mormönt  (Dome  330,  14).  fi  la  corbi  te- 
oia  arunca  (Gast.  b.  297,  IV,  38).  Se  vede  cS  mi  s'a  apropiat 
fonia  la  par  (Cr.  lY,  47,  20).  la  soare  te  puteai  uita,  iar  la 
dansa  ba  (id.  84, 17). 

altrum.:  velnre  la  melnre  (Cod.  Vor.  40,  10). 

arom.:  ner§  la  ryy,  tra  sg  lai}  (Ar.  II,  6,  Nr.  4,  8).  k^ 
ya  s  te  duts  la  yatra  ta  (id.  50,  Nr.  33,  2). 

meglen.:  ä  zisi  la  k9ini  (V1.-M.,  60,  13). 

ifltr.:  mes  a  la  tSptäe^  (Jb.  I,  140,  Nr.  V,  4). 

b)  La  bezeichnet  die  Bewegung  in  etwas  hinein;  deutsch: 
nach,  in,  auf:  Eu  mS  duc,  m^ndrS,  la  Blaj  (Dome,  242,  2). 
Fata  ca  o  päunitä  |  duc6ndu-mi-o  la  temni^ä  (id.  457,  3). 
La  ^erigrad  ajungea  |  si  la  Türe  se  ducea  (Jam.,  Varia  1,  33). 

altrum.:  se  meargä  la  Chiesariia  (Gast  a.  5,  21). 
arom.:  tine  s  nu  te  duts  la  B^alg  (Ar.  U,  28,  Nr.  25,  2). 
kg  z  dukü  ny^astile  la  bis^arikg  (id.  82,  Nr.  53,  9). 

meglen.:Duti  la  mQarg=BgehindieMühle(Vl.-M.,59,ll). 

c)  la  bezeichnet  die  Ruhelage  in  unmittelbarer  Nähe  yon 
etwas,  deutsch:  an,  bei,  auf:  La  fäntäna  din  räzor  |  sub 
umbra  de  pomi|or  |  se  'ntUnefte  dor  ca  dor  (Dome,  227, 1). 
Cucule,  pasäre  surä?  |  ce  tot  cänti  la  noi  pe  furä  (id.  264, 1). 
Sede  la  masä  ^i  coasS  (id.  258,  5).  care  om  nu  tine  la  yia^ä 
innainte  de  toate  (Cr.  IV,  23, 14). 

altrum.:  fi  läcuimu  Intru  o  di  la  ditnfii  (Cod.  Vor. 26, 5). 
arom.:  la  estu  trap  s  nu  me  algsats,  |  la  turifite  s  me 
afigropats  (Ar.  U,  114,  Nr.  72,  8). 

d)  la  bezeichnet  die  Buhelage  in  etwas;  deutsch:  in,  auf: 
La  biserica  de  piaträ  |  fede  un  fidor  ca  o  fata  (Doine,  503, 1). 
Ba  I  am  yest  la  IbSnef  ti  (id.  266,  3).  ca  sä  se  Inchine  |  la 
cea  mänästire  (Gast  b.  291,  V  5).  am  altele  la  capul  meü 
(Cr.  IV.  8,  26).    stau  la  Indoialä  (81.  Fr.  III,  1,  9). 

aronou:  ka  s  plgt^askg  la  orfgnfe  (Ar.  U,  78,  Nr.  50, 16). 
istr.:  ke  m^re  fptie  un  brot  la  mgre  s=  denn  er  wolle 
ein  Schiff  auf  dem  Meere  bauen  (Jb.  I,  140,  Nr.  V,  2). 


■**> 


•V 


—    560    — 

In  den  nnter  b)  nnd  d)  angegebenen  Yerwendungen  kon- 
kurrieren im  Rumänischen  in  und  la  miteinander.  Feste 
Regeln,  wann  das  eine,  wann  das  andere  zn  stehen  habe. 
lassen  sich  kaum  geben.  Im  allgemeinen  ist  zu  sagen,  daS 
bei  In  der  Gedanke  des  „Sich  Befindens  im  Innern  tob 
etwas''  doch  noch  in  stärkerem  Maße  vorhanden  ist  als  bei 
la,  das  ursprünglich  nur  die  Annäherung  bezeichnete,  tn  wird 
namentlich  dann  yerwendet,  wenn  es  sich  um  einen  längeren 
Aufenthalt  an  einem  Orte  (etwa  um  den  Heimatsort  von 
jemandem)  handelt,  femer  meist  bei  großen  Städten  und 
Ländernamen.  La  findet  sich  mehr  bei  kleineren  Orten,  fast 
nie  Yor  Ländernamen.  —  Vergleichen  lassen  sich  mit  ram.  la 
die  englischen  Präpositionen  „to''  und  „af*,  die  ursprünglich 
nur  die  Bedeutung  von  lat  ad  haben,  aber  häufig  auch  in 
das  Verwendungsgebiet  von  englisch  „in''  und  „into"  über- 
greifen. 

n.  La  fuhrt  eine  nähere  Bestimmung  zu  einem  Urteil  ein; 
deutsch:  „an,  hinsichtlich:  auzindu  cfi  ele  |  tl  tntrec  pe  dan- 
sul  la  dräcit  |fi  rele  (Gast  b.  361,  8).  potrivnicS  n'  am 
gfisit  I  nici  la  stat,  nici  la  purtat  |  nici  la  pEpue  de  'ncältat 
(id.  294,  31).  Si  la  graiü  sunt  dragSstose  |  si  la  suflet  stint 
voiose,  (Doine,  59,  18).    Dulce-ai  fost  la  guri^oarä  (id.  46,  7). 

In  dieser  Verwendung,  die  etwa  dem  lateinischen  „Ab- 
latiyus  limitationis"  entspricht,  knüpft  la  an  die  unter  I  c) 
und  d)  besprochene  rein  örtliche  Bedeutung  „an,  in"  an. 
Dies  zeigt  sich  noch  deutlich  in  den  Fällen,  wo  la  mit  «nem 
Eonkretum  verbunden  ist  In  den  Ausdrücken:  Poisortt 
framosü  la  fatfi  (DoIne,  45,  5),  besagt  la  z.  B.  nur,  daß  die 
Schönheit  am  Gesicht  zum  Ausdruck  kommt  Von  solchen 
rein  örtlichen  Verhältnissen  ausgehend  wurde  dann  la  auch 
in  einer  Menge  ähnlicher  Redensarten  üblich,  wo  eine  örfcliche 
Auffassung  nicht  mehr  möglich  war.  —  Die  romanischen 
Sprachen,  ebenso  die  drei  anderen  rumänischen  Dialekte  ver- 
wenden in  diesem  Sinne  nur  „de",  das  auch  im  Dakoruma- 
nischen  mit  dem  „la  limitationis"  konkurriert  Über  den 
Unterschied  zwischen  beiden  vgl.  unter  de. 


T 


—     561     - 

in.  la  tritt  (besonders  in  volkstümlicher  Ausdrucksweise) 
zum  Objekt,  um  eine  regelmäßig  wiederholte  oder  längere 
Zeit  dauernde  Handlung  anzuzeigen.  Numai  eu,  fecior  de 
popä,  I  de  trei  ani  tot  bat  la  dobä!  =  Nur  ich,  der  Sohn  des 
Pfarrers,  schlage  seit  drei  Jahren  die  Trommel  (Strig.,  350,  3). 
Si  s'a  dus  Märcut  in  silä  |  sä  cearä  mereü  la  milä  (Jarn. 
Varia  1,  27).  face  la  mätänii  ==  er  pflegt  Rosenkränze  zu 
beten,  face  la  complimente  =  er  pflegt  Komplimente  zu 
machen  (Scurtu).  Ba  I  am  vöst  la  Ibänesli  |  Culegea  la  flori 
domnesti  (Doine,  266,  3).  Mändra  secerä  la  grau  (Dorne, 
271,  1).  incepe  a  mänca  la  järatic  (Cr.  IV,  14,  1).  incepe 
a  bea  lacom  la  apä  (id.  30,  25).  ea  a  mäncat  la  pere  ^i  s'a 
luat  la  drum  (Gast.  b.  351,  35). 

Diese  Verwendung  erklärt  sich  leicht  aus  der  unter  I  c) 
besprochenen  Bedeutung  von  la  =  „an".  Ein  Satz  wie: 
r,Mandra  secerä  la  grau"  heißt  ursprünglich  nur:  „die  Geliebte 
mäht  am  Korn",  d.  h.  ist  mit  Kornmähen  beschäftigt  Auch 
wir  sagen:  „er  liest  lange  an  dem  Buche".  Dieser  Redensart 
liegt  derselbe  Gedankengang  zugrunde  wie  in  den  oben  ange- 
führten Verwendungen  von  la. 

IV.  la  bringt  besonders  in  der  Volkssprache  das  Dativ- 
verhältnis zum  Ausdruck: 

Sätul  la  flämänd  nu  crede  (Gast. b.  374, 9).  Corb  la  corb 
DU  scoate  ochii  (id.  376,  23).  Cäinilor,  cätelilor  sä  le  pui 
nume  ca  la  ai  miei  (id.  260,  10).  Piticii,  care-or  rgmas,  |  pun 
cäciulele  pe  nas  |  si  fac  la  fete  necaz  (Doine,  596,  5).    iti 

spun  ca  la  un  frate,  cä (Cr.  IV,  18,  10).     Chiar  si  eü 

ma^r  tocmi  la  d-ta  (id.  20,  4).  am  a  vä  face  la  amindoi 
0  impärtesire  (M.  Sg.  21, 4).  asta  le  taie  vorba  la  toti  (id.  28, 25). 

altr:  Scriu  viatä  si  sänätate  domilor  voastre,  anume  la 
Sabatu  Giurgiu,  la  biräul  den  Bistritä  si  la  12  pärgari 
(lorga,  Doc.  I,  26,  Nr.  24,  1,  a.  1604—19). ' 

arom.  dg  la  iiarf9ni  =  gib  den  Waisen  (Cod.Dim.  119,6). 
s  ng  dgra  la  soia  tutg  (Ar.  II,  30,  Nr.  26,  9).  färä  se  spune 
la  chielleslu  (Petr.  Mostre  II,  34,  27). 

Weigand,  10.  Jahresbericht.  36 


^ 


IV 


—    562     — 

meglen.:  La  lui  fgtg  ali  ra  numea  Ngdu  (V1.-M.,  59, 5). 
deäkliidi  uäa  la  djda  (VL-M.,  60,  14). 

Diesem  Gebrauche  von  la  zur  Vertreining  des  DaÜTS 
(durchgehends  im  Meglen)  li^  die  unter  I  a)  besprochene 
(ortliche)  Bedeutung  =  „zu,  nach  —  hin^  zugrunde. 

Der  Gebrauch  von  Präp.  der  Richtung  zur  Bezeichnung 
des  Dativverhältnisses  ist  weit  verbreitet  Bereits  im  Vulgär- 
lateinischen findet  sich  ad  bisweilen  in  dieser  Funktion  (s. 
p.  482)  und  in  den  romanischen  Sprachen  hat  es  ganz  die 
Stelle  des  alten  organischen  Dativs  eingenommen  (s.  p.  4S3). 

V.  la  bezeichnet  das  Ziel,  den  Zweck  einer  Handlung; 
deutsch:  zu,  für,  nach:  Ca  oftatu-i  lucru  mare  |  si  ebunia 
superare  (Doine,  466,  3).  Earä  fa^  mi-o  voi  da  |  la  Turda 
la  rumenele  |  perul  la  fäcut  inele  (id.  496,  14).  sä  hiie 
gata  la  arätura  lui  (Gast  b.  259,  24).  Astea  s*  altili  sänt 
pove^ti  bune  la  sezätoare  (id.  262,  5).  la  asta  nu  me  Tel 
Indupleca  (M.  Sg.  25,  5).  comitatele  externe,  la  care  de  mnit 
rlvnia  (Sl.  Fr.  8,  15).  pretendentul  la  scaunul  domnese  al 
i-**  Moldovii  (id.  120,  1). 

f  Besonders  häufig  ist  die  Verbindung  la  ce,  die  sich  be- 

reits der  kausalen  Bedeutung  „weshalb*'?  nähert:  La  ce  canti 
seara  pe  lunä  (Dome,  261,  1).  La  ce  mä  ntrebi  (Gast  b.  36S, 
Ghicit,  15). 

arom.:  venits  cu  mine  la  avinare  (Ar.  U,  244,  3). 
meglen.:  k-ag  trim^i  la  periri  la  mQar9  (Vl.-M^  62,  13). 
Hier  erklärt  sich  la  wiederum  sehr  leicht  aus  der  unter 
I  a)  behandelten  Bedeutung  „nach  —  zu'*.  Das  Ziel,  der 
Zweck  einer  Handlung  wird  als  eine  konkrete  örtlichkeit  vor- 
gestellt, „auf**  die  sich  die  Handlung  „hin**bewegt  —  Bereits 
das  Lateinische  verwendete  ad  in  diesem  Sinne,  das  sich  zum 
Teil  auch  in  den  romanischen  Sprachen  wiederfindet  (cf.  M.-L., 
Gr.  III,  498,  Diez  878). 

lat:  ne  irato  facultas  ad  dicendum  data  esse  videatur. 
Cic;  natus,  factus,  doctus,  aptus,  idoneus,  utilis  ad;  ad  id  = 
zu  dem  Zwecke;  facere,  esse  ad;  decernere,  deligere  ad;  alere 
canes  ad  venandum,  Ter.,  (Georges,  I  93). 


kW-/ 

563      —  lij;! 


:l:': 


Anm.  Bezeichnet  das  mit  la  verbundene  Wort  etwas 
bereits  in  der  Vergangenheit  liegendes,  so  nimmt  „la'^  mehr 
kausalen  Charakter  an;  im  Deutschen  übersetzen  wir  es  in 
diesem  Falle  mit  „auf  —  hin":  care  veniau  la  chemarea 
impäratului  lor  =  die  auf  den  Ruf  ihres  Kaisers  hin  kamen 
(Gast  b.  354,  31),  in  ganz  entsprechender  Verwendung  findet  j! 

sich  ad  im  Lateinischen:  quae  (urbes)  ad  spem  diuturnitatis  | 

conderentur,  Cic.  (Georges,  I,  p.  94). 

VI.  La  bezeichnet  bisweilen  eine  annähernde  Menge  oder  i. 
Anzahl  von  etwas;  deutsch:  an,  gegen:  erau  la  zece  mii 

de  oameni  =  es  waren  an  10  000  Menschen  (Candrea-H.  Gr.  254). 
Hier  erklärt  sich  la  ohne  weiteres  aus  der  unter  I  c)  an- 
geführten örtlichen  Bedeutung  =  „an",  indem  die  angegebene 
Zahl  ihrer  Größe  nach  ziemlich  nahe  an  die  wirkliche  Zahl 
herankommt.  In  anderen  romanischen  Sprachen  findet  sich 
nichts  Entsprechendes. 

VII.  In  temporalem  Sinne  bezeichnet  la: 

a)  in  Verbindung  mit  pinä  das  Sicherstrecken  einer 
Handlung  oder  eines  Zustandes  bis  in  die  Nähe  eines  gewissen 
Zeitpunktes;  deutsch:  (bis)  zu:  aveti  sä  träiti  päna  la  o  sutä 
de  ani  (M.  Sg.  45,  24).  cä  voiu  pästra  pänä  la  moarte  (= 
bis  zum  Tode)  aducerea  aminte  a  bunätätilor  d-tale  in  inima 
mea  (M.  Sg.  97,  1). 

b)  ziemlich  selten  den  Zeitpunkt,  der  sich  in  zeitlicher 
Nähe  von  einem  anderen  befindet;  deutsch:  nahe  an:  li  s'  aü 
adus  mai  la  urma  in  masä  si  niste  säläti  foarte  minunate 

T  c  c 

(Cr.  IV,  27,  7).     Gänd  am  fost  la  särutat|  bunä  palmä-am 
cäpetat (Strig.  64.  3). 

c)  einen  Zeitpunkt  innerhalb  eines  größeren  oder  kleineren 
Zeitabschnittes;  deutsch:  an,  in:  Badea  m  'a  luatlatoamnä 
=  der  Geliebte  hat  mich  im  Herbst  genommen  (Dome  122,  4). 
De  m  'o  striga  si  la  noapte,  ....  |  tot  sint  eu  dator  c  'o 
moarte  (id.  338,  5).  la  sfäntul  a^teaptä  s  'a  implinit  dorin^ 
lai  (Cr.  IV,  8,  8).  La  pläcinte  Innainte  |  fi  la  räzboi  Inapoi 
(id.  8,  11). 

36* 


—     564     — 

altrum.:  cand  cumparä  dobitoc  la  zi  de  trag  (lorga, 
Doc.  I,  4,  Nr.  VII,  8). 

arom.:  C&  la  scäpitata  a  sörelui  |  se  ini  1  yetSmS  I  pe 
a^el  Aruman  (Petr.  Mostre  11,  111,  Nr.  III,  14). 

Hierher  gehört  auch  la  in  Fallen  wie:  Mai  bine  azi  un 
ou  decät  la  an  (=  übers  Jahr)  un  bou  (Gast  b.  376,  11).  La 
vr'o  cäteva  zile  dupä  aceasta  «=  einige  Tage  darauf  (Gr.  lY, 
32,  16). 

arom.:  69  la  sase  dzple  dimniats^  nardze  amir^  Eiros 
la  lokü  (Cod.  Dim.  108b,  14)  =  und  in  6  Tagen  an  einem 
Sonntag  geht  der  Kaiser  Kjros  an  die  Orube. 

In  diesen  drei  Beispielen  steht  la  an  u.  s.  w.  prägnant  im 
Sinne  von:  „am  Ende  eines  Zeitraumes  von  einem  Jahre"  u.s.w. 
La  selbst  bezeichnet  wie  in  den  übrigen  Fällen  unter  c)  den 
Zeitpunkt. 

Diese  temporalen  Verwendungen  von  la  entsprechen 
ziemlich  genau  den  unter  I  a)  c)  und  d)  angeführten  lokalen. 
Man  stellte  sich  die  Entwickelung  in  der  Zeit  als  eine  Strecke 
oder  Linie  im  Baum,  den  Zeitpunkt  als  einen  Punkt  auf  dieser 
Linie  vor  und  konnte  daher  ohne  weiteres  das  ursprünglich 
rein  örtliche  „la"  auch  auf  zeitliche  Verhältnisse  anwenden.  — 
Ebenso  findet  sich  das  einfache  ad  im  Lateinischen  und  in 
den  romanischen  Sprachen  in  Übertragung  auf  das  zeitliche 
Gebiet:  lat.:  te  Laodiceae  fore  ad  meum  adventum,  Cic;  ad 
aestatem,  Liv.;  ad  meridiem,  Plaut;  ad  diem  dictam,  Cic;  ad 
tempus  =  zur  rechten  Zeit,  Cic;  auch:  utrum  illuc  nuncveniam 
an  ad  annos  decem  (=  über  10  Jahn),  Cic.  (Georges  I,  95). 

Anm.  Wenn  Meyer-Lübke  (Gr.  III,  493)  iur  temporales  la 
die,  wie  er  selbst  sagt,  „merkwürdige  Bedeutungsverschiebung" 
zu  „seit"  annimmt,  so  beruht  dies  auf  einer  falschen  Über- 
setzung des  einzigen  von  ihm  gegebenen  Beispieles:  nu  vii 
seara  la  mine,  |  batär  la  douä,  trei  zile  (Dorne  499,  2).  Hier 
ist  „la  douä,  trei  zile"  nicht  mit  „seit  2,  3  Tagen"  sondern 
mit  „alle  2,  3  Tage",  d.  h.  „immer  nach  Ablauf  von  2, 
3  Tagen"  zu  übersetzen,  das  Beispiel  schließt  sich  also  den 
unter  VII  c)  am  Schlüsse  besprochenen  Fällen  an. 


TT 

r 

t 


—     565     —  \ 

La  kommt  im  ganzen  in  folgenden  Bedeutungen  vor: 
I.  =  zu,  nach,  auf —  hin,  auf —  los,  in  (Richtung  und 
Bewegung)  davon  abgeleitet: 

a)  la  zur  Bezeichnung  des  Dativs, 

b)  =  zu,  für,  auf  (Ziel,  Zweck), 

c)  =  auf — hin  (kausal), 

d)  =  (bis)  zu  (temporal). 
II.  =  an,  bei,  in,  auf  (Ruhelage),  davon  abgeleitet: 

a)  =  an,  hinsichtlich  (limitativ), 

b)  la  zur  Bezeichnung  der  unbestimmten  Dauer, 

c)  =  an,  gegen  (ungefähre,  annähernde  Zahl), 

d)  =  nahe  bei,  an,  in,  zu  (temporal). 

lingä. 

I.  Lingä  bezeichnet  bei  Ruheverben  die  Lage  in  unmittel- 
barer Nähe  von  etwas,  bei  Richtungsverben  die  Bewegung  in 
unmittelbare  Nähe  von  etwas  (ohne  den  Begriff  der  Berührung) ; 

deutsch:  neben,  bei,  an,  zu:  se  aseazä  jos  längä  cei  doi  ■ 

=  er  setzt  sich  nieder  neben  diese  zwei  (Cr.  IV,  89,  3).    latä  J  I 

si  nevasta  veni  längä  dänsul  (=  kam  zu  ihm)  (Gast  b.  363,  ^' 

27).  De  drum  n'ai  sä  te  ngrijesti,  |  nici  de  ploi  sä  te  scu- 
testi ....  I  tot  längä  drägutä  esti!  (Doine,  175,  11).  Längä 
munte  |  este  o  punte  (Doine,  358,  1).    pänä  ce  ajunse  ling  f 

0  casä  frumoasä  (Emin.  nuv.  8,  12).    fapt-am  casä  |  längä  ** 

drum  (Gast.  b.  325,  38).     in  tabera  dela  Szamosfalva  längä 

CIuj  (=  bei  Klausenburg)  (Sl.  Fr.  III,  54,  8). 

altrum.:  si  väzu  un  maslinü  ständu  längä  mare  (Gast. 

a.  7,  2). 

arom.:  (nifigg):  Tsi  stai,  feat9,  nifigg  mare?  (Ar.  II,  88,  ! 

58, 1).     me  bggai  s  io\j  nifigg  tine  (id.  24,  19,  3).  \ 

Hier   findet  sich  auch  niflgg  nach  dem  Yerbum  (a)   se  ' 

aproka  =  „sich  nähern'',    das  im  Dakorumänischen  de  nach 

sich  hat:  fi  pu^in  cäte  pu^in  aprochiä  ningä  pat  (Petr.  Mostre 

II,  40,  9).     §  nu  te  aproke  nifigg  mine!  =  imd  nähere  dich 

mir  nicht  (Ar.  II,  162,  95,  86).  1 


I 


r 


r 


—    566    — 

meglen:  Kg  vini  l^ngg  pinu  =  komm  zur  Fichte 
(VL-M.  74,  V,  8). 

In  den  wenigen  istrischen  Texten  findet  sich  Ilnga  nicht 
belegt 

IL  llngä  =  außer  (lat  praeter)  (nur  altrum.):  fi  le  au 
scris  fn  cheltuialä  multä  si  cu  alti  oameni  buni  tnca  läinga 
sine  (=  mit  anderen  tüchtigen  Leuten  noch  außer  ihm)  (Paliea 
de  Orastia  1581,  Gast  a.  38,  2);  im  Neurum.  ist  in  diesem 
Sinne  nur  pe  Itngä  möglich  (s.  dort). 

Llngä  geht  etymologisch  auf  ein  lateinisches  *longum  ad 
zurück.  Dieser  Ableitung  entsprechend  bezeichnete  es  zu- 
nächst wohl  die  Lage  „der  Länge  nach  neben"  etwas  oder  die 
Bewegung  „an  der  Längsseite*'  von  etwas  (=  längs).  Bereits 
in  romanischer  oder  urrumänischer  Zeit  scheint  es  aber  den 
beschränkenden  Begriff:  „der Länge  nach**,  „an  der  Längsseite^ 
abgestreift  zu  haben  und  trat  allmählich  ganz  an  die  Stelle 
der  schwindenden  lateinischen  Präpositionen  „apud''  und  „juxta'' 
(b=  neben,  bei).  Mehr  zufallig  ist  in  manchen  Beispielen  die 
alte  Bedeutung:  „der  Länge  nach  neben"  noch  zu  erkenoen: 
Längä  ea  ai  adormit  =  neben  ihr  bist  du  eingeschlafen 
(Doine  515,  8).  läng  'olalta  sä  ne  'ngroape  «=  neben  ein- 
ander soll  er  uns  begraben  (Gast.  b.  307,  altä  cantare  10). 

In  den  romanischen  Sprachen  stehen  die  Ausläufer  des 
lat.  '^'longu  der  Orundbedeutung  im  allgemeinen  noch  näher 
(s.  unter  dealungul),  zum  Teil  hat  sich  aber  auch  hier  schon 
die  Bedeutung  von  „apud  und  juxta^  entwickelt: 

itaL:  un  ombra  lungo  questa,  Inf.  10,  53). 

prov.:  lonc  se  =  neben  sich  (Jfr.  72b),  lonc  lo  rei  Artiia 
(123  b),  de  lonc  se  (161  a)  (Diez,  Gr.  p.  895). 

In  dem  unter  II  angefahrten  altrumänisdien  Beispiel 
besagt  Itngfi  auch  zunächst  nur,  daß  einer  das  betreffende 
Buch  geschrieben  hat  und  „neben^  ihm  noch  andere  Lente 
gesessen  haben,  die  sich  mit  derselben  Arbeit  bescbäftigteo- 
Da  wir  im  Deutschen  mehr  Wert  darauf  legen,  daß  beide 
Parteien  dieselbe  Arbeit  tun,  als  darauf,  daß  sie  sich  dabei 


—     567    — 

in  örtlicher  Nahe  befinden,  so  übersetzen  wir  llngä  in  diesem 
Falle  mit  „außer". 

Anm.  In  übertn^ener  Bedeutung  ist  häufiger  als  llngä 
die  zusammengesetzte  Präposition  „pe  linga''  (s.  dort).  —  Die 
Beziehung  „neben"  wird  genauer  durch  „aläturea  cu"  aus- 
gedrückt (s.  dort). 

peste. 
I.  ÖrÜich. 

a)  peste  bezeichnet  die  Bewegung  oder  Lage  in  der  Längs- 
richtung über  etwas  (hin);  deutsch:  über,  über — hin:  Mi  1 
plesnea  peste  spinare  =  er  schlug  ihm  eins  über  den 
Rucken  (Gast  b.  295,  1).  peste  ochi  palme  Q  stergea  (id. 
303,  79).  Si  cänd  sä  treacä  un  pod  peste  o  apä  mare 
(Cr.  IV,  50,  9).  Amu-i  varä  si  's  Rusale,  |  punte  nouä  peste 
vale  (Dome,  371,  5).  unde  se  cläde^te  podul  peste  Dunäre 
(SL  Fr.  HI,  367,  15). 

meglen:  li-o  dgdi  pristi  kap  =  er  schlug  sie  auf  (über) 
den  Kopf  (V1.-M.  73,  4). 

Hierher  gehört  vielleicht  auch  die  Redensart:  a  da  peste 
cineva  =  jemand  begegnen,  (vgl.  deutsch:  über  jem.  herfallen): 
Cänd  a^i  da  odatä  peste  un  stäpän  cum  gändesc  eü  »* 
wenn  ich  einmal  einen  Herrn  treffen  würde,  wie  ich  mir 
ihn  denke  (Cr.  IV,  18,  17).  nu  departe  de  lasf  a  dat  peste 
östea  noului  Domn  (81.  Fr.  IE,  232,  3). 

b)  peste  bezeichnet  die  Ausbreitung,  Bewegung  über  etwas 
hin  oder  auch  einfach  die  Lage  oder  Bewegung  auf  etwas; 
deutsch:  auf,  über:  peste  tot  Is  mese  Intinse  =  überall 
sind  Tische  aufgestellt  (Gast.  b.  300,  Mihnea-Vodä,  Z.  28).  si 
Äcu  ochii  roatä  |  peste  ostirea  toatä  (Gast.  b.  311,  IH,  20). 
a  cäruia  strälucire  se  revarsä  peste  tot  rotogoliul  päm^n- 
tuluT  (SL  Fr.  III,  60,  5).  Peste  brätele  rotunde,  |  peste 
pieptul  tgü  frumos,  |  ca  un  rlü  intunecos  |  pgrul  ti  se  varsä 
n  unde  (Cofb.,  Fire  de  tort,  51). 

altrnm.:  ctudatu  e  numele  tau  pestre  tot  pämäntul 
(Cod.  Schei,  VIII,  2). 


^ 


\ 


—    568    — 

arom.:  §i  noi  va-s  krep^m  pisti  lok  (Ar.  11,208, 117, 17). 
punte  va  sS  aräväesca  peste  elü  (Petr.  Mostre  II,  25, 12).  o 
b^garg  pristi  gura  di  putsu  (CocL  Dim.  107,  11). 

meglen.:  pristi  kap  =  auf  dem  Kopfe  (V1.-M.,  35). 

c)  Peste  bezeichnet  eine  Bewegung  über  etwas  hinaus 
oder  hinweg;  deutsch:  über:  Sa  te-asvärle  peste  mare  (Gast, 
b.  338,  2).   cu  o  minciunä  boreascä  treci  peste  granita  nem- 

teascä  (id.  373,  7).    am  sä  zbor peste  virful  mantilor 

(Cr.  IV,  36,  4). 

altrum.:  si  at  trecut  preste  hotarä  =  und  ihr  seid 
über  die  Grenze  gegangen  (lorga,  Doc.  I,  48,  63,  8)  (a.  1631}. 

arom.:  pisti  avlie  s  me  aruk  =  über  die  Hoimaaer 
soll  ich  mich  schwingen  (Ar.  II,  4,  1,  5). 

istr.:  Petre,  lg  pemlnt  zpliku  si  hitf  preste  kp  (=über 
das  Pferd)  (Jb.  I,  138,  23). 

Hierher  gehört  auch  peste  zur  Bezeichnung  der  Lage 
„jenseits"  von  etwas,  indem  hier  die  „Überschreitung^  das 
„Hinausgehen  über"  bereits  in  der  Vergangenheit  liegt: 

Colo  'n  Jos  pe  Nistru  *n  jos  |  peste  plaiul  cel  frtunos 
(Gast.  b.  292).     ntins-am  masS  |  peste  drum  =  jenseits  des 
Weges,  d.  h.  gegenüber  (Gast  b.  325,  40).    din  sat  dela  Chitila, 
peste  drum  de  Nimerilä  (Cr.  IV,  56,  13). 

In  ganz  gleicher  Verwendung  wie  peste  kommt  im  Altr 
rumänischen eine  Präposition  „prespre"  (pespe,  pespre)vor: 

zu  b)  Ca  deu  mare  Domnul  ^i  Impäratü  maire  prespre 
totü  pamäntul  (Cod.  Schei.  94,  3). 

zu  c)  si  prespre  lege  treci  =  und  du  überschreitest 
das  Gesetz  (Cod.  Vor.  46,  11).  iarä  prespre  apä  au  grait 
oamenii  cu  armasii  bogat  (lorga,  Doc.  1, 10, 20)  (Anf.  17.  Jahrb.). 

Dieses  prespre,  das  auch  in  den  übertragenen  Verwen- 
dungen (s.  dort)  vollkommen  mit  peste  übereinstimmt,  erhalt 
sich  (neben  diesem)  im  Dakorumänischen  bis  um  1650.  Dann 
wird  es  von  preste,  peste  definitiv  verdrängt  Im  Aromunischen. 
Istrischen  und  Meglenitischen  findet  sich  nur  peste.  Daß  aber 
wenigstens  im  Aromunischen  neben  pisti  (=  peste)  einmal  eine 
Form  prespre  oder  prispri  existiert  hat,  wird  zum  mindesten 


—     569    — 

sehr  wahrscheinlich  gemacht  durch  das  Vorhandensein  der 
Präposition  stri  (sti)  =  „auf*  im  Arom.;  die  Bedeutung  der- 
selben verlangt  die  Ableitung  aus  lai  super  (dkr.  spre),  das 
aromunisch  etwa  spri  oder  spi  hätte  ergeben  müssen.  Dieses 
spri  existiert  nur  in  der  Verbindung  „sprima^  =  „gemäß", 
im  übrigen  kommt  nur  die  Form  stri  (sti)  vor.    Wir  haben  [ 

also  im  Aromunischen  die  3  Präpositionen  pisti,  (spri)  und  ( 

sti  (stri),   und  ich  nehme  nun  an,   daß  sti  das  ältere  spri  f 

«  super  =  auf)  verdrängt  hat  und  zwar  nach  dem  Muster  !^ 

einer  noch   älteren  Verdrängung   von  prispri  durch  pisti.  } 

Ist  diese  Hypothese,  die  zugleich  die  bisher  rätselhafte  Form  | 

sti  (stri)  erklärt,  richtig,  so  wäre  das  einstige  Vorhandensein  ' 

einer  Form  prispri  entsprechend  dkr.  prespre  für  das  Aro- 
munische  bewiesen;  dann  kann  ich  aber  auch  nicht  mehr 
glauben  (wie  M.-L.  Gr.  III,  490  will),  daß  peste  aus  prespre 
(also  auch  pisti  aus  prispri)  durch  Dissimilation  entstanden 
sei.  Denn  wie  hätte  sich  eine  bloße  Dissimilationsform  schon 
in  80  früher  urrumänischer  Zeit  über  das  ganze  rumänische 
Sprachgebiet  verbreiten  können,  ohne  doch  die  Originalform 
gänzlich  zu  verdrängen?    Ich  meine  vielmehr,  daß  beide  Prä-  H 

Positionen,  prespre  und  peste,  etymologisch  berechtigt  sind 
und  zwar,  daß  jenes  auf  ein  lateinisches  *persupra  (oder  *per- 
snper),  dieses  auf  ein  lat  *perextra  zurückgeht.  Man  muß 
non  annehmen,  daß  beide  bereits  im  Urrumänischen  sich  in 
ihrer  Bedeutung  stark  näherten  (s.  unten)  daß  sie  dann  in 
altrumänischer  Zeit  (etwa  1100 — 1650)  neben  einander  in 
gleicher  Bedeutung,  aber  verschiedener  Form,  existierten, 
bis  schließlich  um  1650  (im  Dkr.)  prespre  <C  persuper  (per- 
supra)  von  dem  lautlich  bequemeren  peste  (pestre,  preste)  <C 
perextra  völlig  verdrängt  wurde.  Diese  Erklärung  befriedigt 
lautlich  und  bietet  auch  hinsichtlich  der  Bedeutung  keinerlei 
Schwierigkeit  Extra  =  „außerhalb"  kam  bereits  im 
klassischen  Latein  zu  der  Bedeutung  „über  —  hinaus",  so- 
bald es  in  Verbindung  mit  Verben  der  Bewegung  trat:  extra 
Valium  progredi,  Auct.  b.  Afr.;  extra  aciem  procurrere,  Caes. 
(Georges  I,  2451),    Hieraus  entwickelte  sich  dann  leicht  die 


^-%^^^ 


( 


9 


—     570     — 


Geltung  „jenseits^:  extra  terminos  solis  (Gurt  4,  8,  3),  extra 
sidera  =  „jenseits  der  Gestirne"  (id.  9,  4,  18)  (Thielmann  in 
Wölfflins  Archiv  IV,  373).  —  Auf  der  anderen  Seite  bezeichnete 
supra  ursprünglich  die  Lage  oder  Bewegung  über  etwas  m 
vertikaler  Richtung,  sehr  bald  aber  auch  in  horizontaler  Rich- 
tung, sodaß  es  auf  diesem  Wege  ebenfalls  die  Bedeutung 
„über  —  hinaus,  jenseits**  erlangte:  Syene  oppidum  quod 
est  supra  Alexandriam  quinque  millibus  stadiorum  (Plin.  2, 75,  l) 
j  I  (Forcell.  V,  779),  supra  Maeoti  paludes  (Enn.  sai  71,  p.  85  M), 

n  J\f%  supra  Propontidem  (Nep.  Ale  9,  1)  (Thielmann  in  Wölfflins 

Archiv  IV,  373),  exercitus,  qui  supra  Suessulam  Nolae  prae- 
sideret,  Liv.  (Georges  II,  2663);  ebenso  super:  super  Sunium 
navigans,  Liv.  (Georges  II,  2629).  In  dieser  örtlichen  und  den 
davon  abgeleiteten  übertragenen  Verwendungen  berührten  sich 
^llj  also   extra  und  supra  (super)  bereits  in  lateinischer  Zeit  so 

nahe,  daß  sie  ohne  weiteres  für  einander  eintreten  konnten.  — 
Lat.  per  (=  rum.  p(r)e),  das  erste  Glied  der  Kompositionöi 
prespre  und  peste,  trat  in  romanischer  oder  urrumänischcr 
Zeit  vor  supra  (super),  resp.  extra,  um  diese  zu  verstarken 
oder  vielmehr  zu  nuancieren.  Es  bezeichnete  hier,  wie  auch 
sonst  (s.  unter  pe  und  prin),  die  raumliche  Durchdringung 
oder  die  Verbreitung  im  Raum.  Diese  Bedeutung  ist  auch 
in  den  meisten  der  unter  I  a),  b),  c)  angefahrten  Falle  noch 
deutlich  zu  erkennen,  vielfach,  so  besonders  im  Aromunischen 
und  Meglenitischen,  ist  sie  aber  bereits  soweit  abgesch wachte 
daß  pisti  hier  unter  Umstanden  =  pi,  pe  («auf")  gewordwn 
ist  (s.  unter  b).  Ebenso  ist  in  den  übertragenen  Verwendungen 
die  Bedeutung  des  vorgesetzten  per  voUkommen  verblaßt 
Sieht  man  von  der  Vorsetzung  dieses  per  (pre,  pe)  ab,  so 
lassen  sich  prespre  und  peste  ganz  gut  auf  lateinische  Ver- 
wendungen zurückfuhren:  Für  die  xmter  I  c)  behandelten  roma- 
nischen Verwendungen  könnte  ebensogut  ein  lat  (*per)extra 
wie  ein  lat.  (*per)supra  (super)  das  Vorbild  gewesen  sein  (s. 
oben  die  lat  Beispiele),  während  in  den  Fallen  unter  a)  und 
b)  dem  rum.  peste-prespre  der  Bedeutung  nach,  wohl  sicher 
ein  lat  (per)supra  (super)  entsprach: 


w^ 


—     571     — 

super  aspidem  assidere,  Cic.;  domos  super  se  ipsos  con- 
cremaverunt,  Liv.;  alii  super  alios  ruentes,  Sen.  (Georges  U, 
2629);  supra  segetes  navigat  {=  über  die  Saaten  hin)  (Ovid.  1. 
Met  295).  Ille  qni  supra  nos  habitat  (Plaut  Pers.  5,  2,  38) 
(PorcelL  Lex.  V,  779).  —  Man  sollte  nun  erwarten,  daß  dieser 
Ableitung  entsprechend,  im  Altrumänischen  in  den  Fällen 
unter  a)  und  b)  nur  die  Form  „prespre**  «  persuper)  auf- 
trete; dies  ist  aber  nicht  der  Fall;  peste  und  prespre  waren 
jedenfiills  schon  in  frühaltrumänischer  Zeit  der  Bedeutung 
nach  auch  in  den  Fällen  unter  a)  und  b)  und  in  den  daTon 
abgeleiteten  Verwendungen  zusammengefallen,  sodaß  dem 
ToUigen  Verschwinden  der  einen  Form  (nämlich  prespre,  das 
lanthch  unbequemer  war)  nichts  mehr  im  Wege  stand.  — 
Die  romanischen  Sprachen  verwenden  zur  Bezeichnung  der 
BegrifPe  „auf,  über,  über  —  hinaus,  jenseits"  meist  ein- 
gehe Präpositionen;  vergleichen  läßt  sich  hier  höchstens  das 
Spanische,  das  gelegentlich  eine  dem  rum.  prespre  entsprechende 
Zusammensetzung  bietet:  e  eu  vos  digo  que  vi  asinadarpor 
sobre  a  agoa  como  se  fosse  madeiro  (Graal  7)  (M.-L.,  6r. 
m,  163). 

Anm.  Soll  der  Begriff  der  Durchdringung  oder  der  Ver- 
breitung im  Baum  nicht  ausgedrückt  werden,  so  entspricht 
dem  deutschen  „auf"  meist  rum.  pe,  dem  deutschen  »über" 
meist  rum.  (de)asupra  (s.  dort). 

n.  Zeitlich. 

a)  Peste  (prespre)  bezeichnet  die  Zeit,  durch  deren  Ver- 
lauf hindurch  sich  eine  Handlung  erstreckt;  deutsch:  über, 
hindurch  (nachgestellt):  cautÄ  sä-f  tinS  pe  Polonezi  peste 
▼arä  (==  den  Sommer  hindurch)  cu  sperante  de^erte  (Sl.,  Fr. 
UI,  126,  5). 

altrum.:  am  ftcut  c^ste  cSzanie  pruste  tot  anul  (1644, 
Gast  a.  111,  7).  Ebenso  prespre:  cumu  cu  voi  prespre  totu 
anulu  fulu  lucrändu  domnului  (Cod.  Vor.  18,  11).  datoriu 
iaste  a  posti  miercurea  si  vinerea  prespre  tot  anulü  (BibL 
rom.  111, 1)  (a.  1640). 

b)  Peste  (prespre)  bezeichnet  einen  Zeitpunkt  im  Verlaufe 


n 

i 


'^^^ 


—     572     — 


eines  größeren  oder  kleineren  Zeitabscbüittes; 
rend,  in,  bei,  an;  hierbei  handelt  es  sich  im  g 
nur  um  einige  feste  Verbindungen:  Feste  dl  »e 
deace  |  ai  hiaU  prea  se  negrescel  (Strig.  209,  1( 
noaptea  ta  boceste  cäntecul  de  cucuvae  (Vlacb.  I 
pedte  noapte  lau  cälcat  hotii  =  bei  Nacht  hal 
Rauber  überfallen  (Scurtn).  a  paräsit  peste  nö 
credinciosilor  sei  (SL  Fr.  IIJ,  2S2.  27). 

meglen.;  pristi  n^apÜ^  mitten  in  der  Na 
35).  Ebenso  altrum.  prespre:  luara  Pavelu  presp 
Intru  Antipatridl  (Cod.  Vor.  55,  13). 

Bereits  im  Lateinischen  wurde  tr^tiper"  zeitlicl 
des  deutschen  „während,  bei*'  gebraucht;  super 
Plaut;  super  vinnm  et  epulas,  Curt  (Georges,  IL  261 
Zusammensetzung  mit  „per**,  der  Präposition  der 
(und  zeitlichen)  Durchdringung,  mußte  dann  persu] 
pre,  ebenso  das  auch  hier  damit  zusammeugefallei 
unter  II  a)  angegebene  Bedeutung  „hindurch,  üb 
gestellt)  erhalten.  Die  Beispiele  unter  b)  7.eigen 
(prespre)  in  den  besonders  häufigen  Verbindung^ 
und  peste  noapte  das  Element  der  zeitlichen  Dur 
abgestreift  hat  und  dann  nur  die  Zeit  bezeichnet 
deren  etwas  geschiehL  —  In  den  anderen  romanische 
findet  sich  bisweilen  das  einfache  super  (supra),  w: 
nischen,  im  Sinne  von  „in,  während":  span.:  hi 
mesa  (Diez,  897),  meist  bezeichnet  ea  aber  (ahnlic 
spre)  einen  unbestimmten  Zeitpunkt:  itaL;  sopra  aer 
Abend"  u.  Sh  w. 

c)  Peste  (prespre)  bezeichnet  die  Zeit,  über 
eine  Handlung  oder  ein  Zustand  eich  erstrecttj  den' 
(nach  oder  vor):  peste  un  an  ^  nbers  Jahr  (Borci 
un  ceas  (=  eine  Stunde  später)  eram  tn  cancelarieO 
160,  17).  Altrum.;  Dupa  aceea  prespre  patrui 
aii  eu  iarasu  mersii  IaIeruj5alimä(Ga8ta**l5,  Prariul 
Hier  schließt  sich  peste  (prespre)  unmittelbar  ai 
1  c)  angefahrte  Örtliche  Verwendung  an.    Der  Begri 


—     573    — 

hinaus"  konnte  bei  der  zusammengesetzten  Präposition  um  so 
leichter  auf  das  zeitliche  Gebiet  übertragen  werden,  als  bereits 
das  Lateinische  und  dann  ebenso  die  romanischen  Sprachen 
das  einfache  supra  in  demselben  Sinne  verwenden: 

lai:  paulo  supra  hanc  memoriam,  Caes.;  supra  septua- 
gesimum  annum,  Liv.  (Georges  II,  2663). 

ital.:  essere  sopra  la  sessantina  =  über  die  Sechzig  sein 
(Rigut.-Bulle,  p.  800). 

span.:  sobre  esto  =  hierauf  (Booch-Arkossy  1004). 

portg.:  sobre  longa  considera^äo  =  nach  langer  Über- 
legung (Michaelis,  p.  662). 

in.  In  abstraktem  Sinne  bezeichnet  peste  (prespre)  das 
Maß,  über  das  etwas  hinausgeht;  deutsch:  über,  mehr  als: 
speriat  peste  fire  =  über  die  Maßen  erschreckt  (Gast.  b. 
363,  10).  a  sustras  de  la  tara  sa  peste  60  000  taleri  =  er 
hat  seinem  Lande  mehr  als  60  000  Taler  entzogen  (Sl.  Fr.  III, 
86,  19). 

Ebenso  altrum.  prespre:  cä  covräsaste  prespre  toate 
mintile=  denn  er  geht  über  allen  Verstand  (Gast  a.  99,  27). 

Peste  schließt  sich  hier  an  die  unter  I  c)  besprochene 
Bedeutung  „über —  hinaus"  an.  Das  Maß,  über  das  etwas 
hinausgeht  (oder  nicht  hinausgeht),  stellte  man  sich  unter  dem 
Bilde  einer  räumlichen  Grenze  vor,  die  man  überschreitet,  und 
so  findet  sich  bereits  in  lateinischer  Zeit  sowohl  das  einfache 
extra,  wie  das  einfache  supra  und  super  in  dieser  Verwendung: 

extra:  extra  quotidianam  consuetudinem,  Caes.;  (Georges 
I,  2452).  supra:  Carthaginieosium  caesa  eo  die  supra  milia 
vigmti,  Liv.  30,  35;  supra  modum,  Liv.  21,7a  med.;  supra  duos 
menses,  Column.  12,  49  (Forcell.  V,  779).  super:  es  tu  super 
omnes  beatus,  Plin.  ep.  =  glücklicher  als  alle  (Georges  II,  2629). 

Auch  in  den  romanischen  Sprachen  finden  sich  ent- 
sprechende Beispiele: 

itaL:  amare  qd.  sopra  ogni  altra  cosa;  sopra  a  tutto  = 
über  die  Maßen;  essere  sopra  la  sessantina;  (Rigut.-Bulle, 
p.  800);  ebenso  stra  in  Kompositis:  stracontento  =  mehr  als 
zufrieden;  strabello  =  überaus  schön  (id.  p.  833). 


—    574     — 

frzu:  (au-dessua  de  se»  forces);  altfrz^:  cel  cop 
autres  loerent  (Ccy.  1729)  (Dioz,  898). 

span.:   sobre  el  sol  Lermoso  =  sch5uer  als  die 
(Booch-Arkoaay,  1004).  ^ 

portg.:  e  sobre  minhaA  for^aa  (Michaelia»  662).  H 

Anm.:  Im  Deutschen  übersetzt  man  peate  in  dies^^ 
zuweilen  mit  „ab**  oder  „gegen,  wider";  z.  B.:  DacÄ  es 
a  lasat  Dumnezeü  Ba  fim  mal  mari  peate  altii  (Cr.  T 
23);  ebenso  altrvim.  pre^fpre:  Ca  ta  Domnnl  de  snsü  pre 
toti  Dumncdel  (=  stehst  höber  als  alle  Götter)  (PsalLS 
96,  9)>  dispositium  luate  de  Marele-Vizir  pestd  Toii 
(Sh  Fr.  HI,  206,' 5)  (-=  wider  ihren  WUlen). 

IV*  Eine  Reihe  weiterer  Verwendungen  von  peste 
Bpre)  Bind  nur  aromunisch  oder  altrumäDidch  belegl 
modernen  Dako rumänischen  setzt  man  lieber  eine  a 
Präposition: 

a)  prespre  =^^  außer:  si  prespre  toate  aoealea  tnb 
äi  Intre  voi  propaste  mare  intari-se  =^  und  außer  (all)  de 
zwischen  uns  und  euch  eine  große  Kluft  befei»tigH( 
Caz.  II,  Gast,  a,  31,  5). 

b)  peate   (prespre)  bei  Verbeu  sentiendi  und 
ober,    in    betreff:   nirae  sä  nWba  fi  bäotui    preste 
noastrÄ  (lorga,  üoc.  I,  5,  4)  (tGOO).     dereptu  aceia  ni 
u'aibä  a-i  opri  preste  cartea  domniei  mele  (Hasd«iu,  ( 
117,  8)p     sa  facä  Judecatä  prespre  toti  (Gast,  a,  *12,  8^ 

Anm.  Unerklärlich  ist  mir  „pespe*"  in  insfcnimii 
Bedeutung  (^^^  „durch**),  das  sich  zweimal  in  der  Prai 
Tärgoviste  von  1652  findet:  hirotoniti  de  Dumnezeu  ] 
mäna  arhiereasca  ^  von  Gott  geweiht  durch  die  Hai 
Erzbischofs  (Gast,  a.  157,  5),  ca  eu  ticälosul  pespe  bla 
venia  si  ertarea  sfintiei  tale.  sa  dobändescü  ertare  mi 
meale  fumedeniT  de  pacate  =  damit  ich  Elender  durc 
Segen  und  die  Verzeihung  deiner  Heiligkeit  die  VaT]g 
meiner  vielen  Sünden  erlange  (Ga^t,  a,  157,  19). 

Wahrscheinlich  handelt  es  sieb  hier  um  eine  falsche 
Setzung  der  fremden  Vorlage. 


—    575    — 

Feste  kommt  im  ganzen  in  folgenden  Bedeutungen  vor: 
I.  ===  über  —  hin,  über  (örtlich)  (I  a  und  b)  davon  abgeleitet: 

a)  zeitlich:  ä)  =  über,  hindurch  (nachgestellt)  (IIa), 

ß)  =  während,  in,  bei  (11  b), 

b)  =  über  (in  bildlichem  Sinne):  nach  Ausdrücken  des 
Sagens  und  Denkens  (IV  b.  altr.). 

1I.  =  über— hinaus  (örtlich)  (I  c)  davon  abgeleitet: 

a)  =  jenseits  (örtlich)  (I  c), 

b)  zeitlich:  =»  über  (nach  oder  vor)  (U  c), 

c)  =  über,  mehr  als  (Maß)  (III);  davon  ausgehend: 
a)  nach  Eomperativ:  «=  als  (III), 

ß)  =  gegen,  wider  (UI), 

d)  =  außer  (IV  a,  nur  altr.), 
[pespe  =  durch,  (altr.)]. 

pentru. 

I  a)  Pentru  entspricht  dem  deutschen  „für*'  =  ^^zum 
Schutze,  zum  Vorteil,  zu  Gunsten  von":  Fugi,  urite,  d'ängä 
mine,  |  c'oi  lucra  |i  pentru  tine;  (Strig.  329,  1).  in  bunele 
aplecän  ce  ai  pentru  mine  (M.  Sg.  1,  28).  spre  a-1  cäftiga 
pentru  interesele  noastre  (id.  6,  7).  Toti  pentru  unul, 
n\  unul  pentru  toti  (Vlach.  nuv.  184,  12). 

altrum.:  acesta  iaste  trupul  nüeu  ce-i  pentru  voi  dat 
(Gast  a.  52,  3). 

b)  Pentru  entspricht  dem  deutschen  „für"  =  „als  Ent- 
gelt von,  als  Äquivalent  von":  Vai,  mändruto,  gura  ta  |  pentru 
malte  nu  o-a|  da:  |  Pentr'un  galben,  pentru  doi,  | 
Pentru  douö  mii  de  boi  (Dome,  54,  1).  Pentr'un  Türe 
care  cädea  |  dece  de-afarä  venea  (Jarn.,  Varia  U,  76).  una 
pentru  alta  =»  eines  fürs  andere  (==  Auge  um  Auge,  Zahn 
lun  Zahn)  (Cr.  IV,  15,  6). 

Pentru  ist  zusammengesetzt  aus  pre  +  iutru.  Diese 
Zusammensetzung,  die  kurze  Zeit  nach  der  Trennung  der 
Dialekte  und  zwar  nur  im  Dakorumänischen  eintrat,  konnte 
^ch  bilden,  da  lat  „per"  das  der  Form  nach  ähnliche,  der 


\ 

1 

li 

7' 

l( 

■: 

i 

i 

l 

f» 

t 

—     576 


BedeutuBg  nach  aber  verachiedeDe  rtpro**  im  Bt 
immer  mehr  ziuückdräagte  aber  dodh  fcoilweiae  seine 
bewahrt  hatte  (s,  pe  ^  ^för*"  unter  pe  VI).  Um 
verschiedenen  Begriffe  „auf",  ^durch*  auf  der 
von  „für",  „wegen''  andererseits  erneut  zu  ad 
stand  im  Dkr  die  Komposition  „pentrü"^  entw: 
im  Aromünisiihen  intra  (ißter)  >-  trg,  tri  =  „fü 
Meglenitischen  de  und  dela  (s*  dort)  im  Istrischen  t 
an  die  Stelle  de3  alten  lateinischen  pro*  —  In  den 
a)  und  b)  angeführten  Fällen  scheint  das  erste  E 
Zusammensetzung  pentru,  nämlicii  pro,  für  die  Bec 
Ausschlag  gegeben  zu  haben,  wenigstens  findet  si 
fsLche  pro  im  Lateinischen  in  ganz  entsprechend« 
düngen : 

zu  aV.  dimicare  pro  patria,  Cic;  sivo  illud^ 
contra  plebem  est,  Liv. 

zu  b):  pro  tribus  corporibus  XXX  milia  tat 
accipere»  Curt^  {alci)  pro  meritis  gratiam  referre 
Nep.  (Georges  II,  1723). 

Die  romanischen  Sprachen  haben  einfaches  p 
in  diesem  Sinne  bewahrt: 

7U  a):  ital.:  farö  ogni  cosa  per  voi. 

frz-:  il  sest  declare  ponr  le  roi. 

span.:  hablare  por  vos  (Diez,  Gr,  893), 

zu  b):  itftL:  comprare,  vendere  per  mille  lirc 

frz.:  ttcheter,  donner,  laisaer  pour  six  ecus. 

span;  comprar,  vender,  dar  por  cien  doblonos 

portg.:  olho  por  olho,  dente  por  dente;  coi 
por  dez  reis  (Michaelis,  Wb.  571).  ^M 

IL  Pentni  bezeichnet  ^^^ 

a)  ein  Ztel  oder  eine  Bestimmung  in   der  Ze 
für,  auf:  s'am  läaat  aceiista  pentru  alta-data  ( 
160,  7  V.  u.),    programul  unei  miscäri  serioase  st 
al  cärei  toceput  era  fixat  pentr^u  a  doua  zi  (id. 

Steht  dieses  pentru  mit  Beziehung  auf  die  Ge] 
hat  es  mehr  pleonastischeu  Sinn,  köonte  a]so 


es  p 

I 


—     577     — 

gelassen  werden:  N'avem  noi  a  face  pentru  äntäia  oarä 
cu  D-Yoasträ  =  Wir  haben  nicht  (für)  das  erste  Mal  mit  euch 
zu  tun  (Gast.  b.  356^  10  basme).  inläturand  pentru  astä- 
datä  pretensiunile  ei  asupra  Moldovii  si  asupra  Munteniei 
(3L  Fr.  III,  477,  22). 

b)  Ziel,  Zweck  oder  Bestimmung  in  anderen  als  zeitlichen 
Verhältnissen;  deutsch:  zu,  für:  pornira  amändoi  pentru 
acest  sfärsit  =  sie  brachen  beide  zu  diesem  Zwecke  auf 
(Gast.  b.  354^  3).  Deci  daca  vroiti  |  ca  sä  ispräviti  |  sfänta 
mänästire  |  pentru  pomenire  (=zur  Erinnerung)  (id.  289,  4). 
ceea-ce  am  hotarit  pentru  mine  =  diejenige,  die  ich  für 
mich  bestimmt  habe  (M.  Sg.  23,  25). 

altrum.:  numai  pentru  curatia  cätä-va  vreame  (vor 
1G18,  Gast.  a.  45  XVII,  9). 

Hierher  gehört  auch  die  Konjunktion  pentru-ca  sä  = 
j.  damit"  und  pentru  beim  Infinitiv. 

Pentru  scheint  sich  hier  aus  der  unter  I  a)  angegebenen 
Verwendung   entwickelt  zu  haben;   hier  wie  dort  drückt  es  i 

aus,  daß  eine  Handlung  (in  übertragenem  Sinne)  auf  etwas  ^ 

gerichtet  ist:  dort  in  günstigem  Sinne  (=  zu  gunsten,  zum  } 

Vorteile,  für);  hier  in  neutralem.     Der  Begrifi'  „zu  gunsten,  li 

zum  Vorteile  von"  läßt  sich  auch  in  die  meisten  der  unter  f 

II  b)  angefahrten  Beispiele  noch  hineinlegen ;  er  konnte  aber  ,  [ 

um  so  eher  zurücktreten,  als  der  zweite  Bestandteil  von  pentru  1 

eine  rein  örtliche  Präposition  (intru)  ist,  die  entweder  die  Ruhe  *  'j 

an  einem  Orte,  oder  die  „Bewegung  zu  einem  Orte  hin" 
bezeichnet.  Das  Lateinische  verwendete  in  den  entsprechenden 
Fällen  das  einfache  in:  zu  a)  in  perpetuum,  zu  b)  in  memo- 
riam,  und  auch  im  Aromunischen  und  Istrischen  finden  sich 
zur  Bezeichnung  des  Zweckes  örtliche  Präpositionen  (arom.  trg, 
istr.  za  (slov.)),  die  ursprünglich  die  Bewegung  oder  Richtung 
zu  etwas  hin  ausdrücken.  —  Die  anderen  romanischen  Sprachen 
verwenden  zum  Ausdruck  des  Zweckes,  der  Bestimmung  eben- 
falls die  Foiisetzungen  von  lat.  pro  (per);  das  Spanische  und 
das  Portugiesische  stehen  mit  ihrem  para  «  pro  +  ad)  auch  der 
Form  nach  sehr  nahe  (cf  Diez  893  u.  M.-L.,  Gram.  III,  279,  499). 

Weigand,  10.  Jahresbericht.  -"^^ 


^ 


—    578     - 

III*  Pentru  bezeichnet  den  Beweggrund;  deutsch:  wegen 
Väzuiil  raiut  Ineuiat  [  poate  pentr  'al  meu  päcat  »  ich 
sah  das  Paradies  verachlossen  vielleicht  wegen  meiner  Sünde 
(Gast  b.  324,  29),  pentru  ce  cam  turturezi  =  Weswegen 
zitterst  du?  (id.  307,  Cäntec  populär  4).  Vai  de  mine!  mor 
si  peiü  I  pentru  mäudra  din  Cisteiü  (Dolne  221,  1). 

altrum,:  vedeti  acesta,  priintru  elu  toatä  multimea 
[udeilom  supärarä-tne  =s  da  seht  ihr  den,  wegen  dessen  .• 

Der  Übergang  des  „Zweckes''  in  den  Beweggrund''  ist 
so  naheliegend,  daß  pentru  aus  der  Bedeutung  „ftr*'  die  Ton 
.iWegeu""  leicLt  annehmen  konnte. 

Addü.  Bisweileu  hat  sich  die  kausale  Bedeutung  dieses 
pentru  soweit  abgeschwächt,  daß  es  dem  deutschen  „was  an- 
betrifft", ^.hinaicbtlich'*  entspricht,  so  namentlich  in  der  Ver- 
bindung „cU  pentru";  ear  cät  pentru  cestiunea  de  banl, 
cererea  Voivodulut  e  tn  contradicere  cu  tnvoiala  ftcutä  Intre 
el  ji  Dr.  Pezz  (Sl,  Fr  III,  23,  18). 

Pentru  kommt  also  in  folgenden  Bedeutungen  vor: 
L  =  für  (==>  zum  Schutze,  zum  Vorteil  von)  (I  a);  davon 
abgeleitet: 

a)  =^  für,  auf  (zeitliches  Ziel)  (II  a), 

b)  =  zu  (Zweck)  (Üb), 

IL  ^  für  (als  Entgelt,  Äquivalent  für)  (Ib);  davon  abgeleitet: 

a)  ^:=  wegen  (ilJ)^ 

b)  =s  was  anbetrifft  (cit  pentru)  (III.  Anm.). 

An  Ol.  Im  ArotDUoischen  fehlt.,  wie  bereits  bemerkt,  zum 
Auadrack  der  Begriffe  „für,  wegen"  das  im  Dkr.  übliche 
pentru;  dafür  findet  sich  in  fast  gauz  derselben  Verwendung 
dLe  sonnt  in  koinem  Dialekt  vorkommende  Präposition  tr^ 
(t^,  tri,  ti): 

Ca  este  lerbä  ti  not  =  denn  es  ist  Kraut  für  uns  (Petr. 
Moatrc  II,  1 13,  I3)>  Sg  spunia  trg  Hri§tolu  =  und  er  sprach 
für  Chriaius  (CotL  Dim.  93,  11). 

Mine  nu  q  vin  tri  Sedj^are  (=  um  zu  sitzen)  (Wg^  Ar. 
IJi  92,  32).  y  o  ]gy  ti  nvjjastg  =  und  er  nahm  sie  zur  Frau 
(id  226,  14).     trj   vriaria  al  D.  =  aus  Liebe  zu  Gott  (Cod. 


—     579     — 

Dim.  103  b*  21}.  ^T  vine  mult^  frikg  ti  pgradz  ^=  es  wurde 
ihm  sehr  angst  wegen  des  Geldes  (Wg.,  Ar.  II,  236,  6).  aiÄtu 
lukra  nu  ^aate  birn  ]  kama  naiote  tl  kapla  at^u  (S^^^  ^^ 
sonders  wegen  deiner  selbst)  (Wg^  Ar,  H«  204,  6).  s  tendisi 
multu  ti  mint^a  a  amir^rpanilej^  »=  er  wunderte  sich  sehr 
über  die  Klugheit  der  Kaisenn  (id.  230,  4). 


ptnä, 

Ptnä  kommt  als  eigentliche  Präposition  nur  vor  Adverbien 
oder  adverbial  gebrauchten  Substantiven  vor,  sonst  hat  es 
mehr  den  Charakter  eines  verstärkenden  Adverbs,  das  (ähnlich 
wie  lat.  usque)  im  Prinzip  vor  alle  PrapoHitioDeo,  am  häufigsten 
?or  la  und  In  treten  kann;  auch  diese  Fälle  sollen  im  Folgenden 
mit  berücksichtigt  vrerden.  —  Seiner  Bedeutung  nach  be- 
zeichnet p!n&  den  £ndpunkt,  die  Grenze,  bis  zu  der  sich  etwas 
ausdehnt  oder  bewegt;  deutsch:  „bis**;  und  zwar: 

L  in  örtlichem  Sinne: 

a)  plnä:  se  face  Spanul  plnä  Jos  praf  ^i  pulbere  (Gr.  IV^ 
86,  19),  incepe  a  purta  caii  de  colo  pana  culo  (Cr.  lY,  13,  25)* 
p&nüunde  merge  trasatura  acea8ta(M,f^g.  46, 11).  £!se  mandra 
pan  'afarä  |  ^i  'mi  arata^un  drum  de  tearä  (Deine,  268,  7). 

arom.:  ä^  kriskü  pgnn  tsefu  (^  bis  zum  Himmel)  (Cod. 
Dim.  97,  b  4). 

plnä  tn:  altrum.:  am  i^cut  o  barbä  pänä  in  brau  (lorga, 
Doc.  I,  7,8;  a  1601). 

arom.;  DuS,  me  diiä  p^n^  ß  kale  (Ar.  11^  94,  62.  7). 

istr:  (au  mes)  pir  an  Turin  £i  an  Rim  (Rom.  21,255, 29). 

pinä  la;  dentach:  bis  an,  bis  zu,  bis  in:  Sä,  m^  duc 
pänä  la  ea  (=  bis  zu  ihr)  (Doine,  292,  3).  i-a  dat  pÄnÖ  la 
Sibiiü  un  insotitor  sigur  (Öl,  Fr.  III,  474,  16)  ^  er  gab  ihm 
bis  Dach  Hermannstadt  einen  sicheren  Begleiter. 

altrum.:  Mearserä  pro  urma  lui  painrä  la  Asiiea  (Cod. 
Vor.  14,  la). 

arom.:  mi  dusirg  pyn  la  livade  (Ar  II,  ]42,  S4,  6). 

istr:  dus  le  aw  pir  la  y^m§  (Jb.  I,  146,2). 

37* 


hi 


■M. 


—    580    — 

meglen.:  pon  la  (örtlich)  (VL-M.,  35). 

pinä  Intru;  deutsch:  „bis  an,  bis  zu,  bis  in":  besonders 
arom.:  Di  Armifg  p^n  tu  Kgfavg  |  triku  Naki  E9k9fa(i9 
(Ar.  II,  182,  102,  1).  puntea  sg  aräväi  pinä  tu  fundu  (Petr. 
MostreII,32,  11). 

plnä  de;  deutsch:  bis  an:  besonders  arom.:  nirdziap9D 
di  mdrdzinia  di  tsitate  di  Puole  (Coi  Dim.  110b.  6).  pun 
di  Skodra  te  algsaä  (Ar.  II,  142,  84,  6). 

plnä  din;  deutsch:  bis  vor  (bis  aus):  est  plnä  din 
oras  ==  geh'  ein  wenig  vor  die  Stadt  (eig.  bis  aus  der  Stadt) 
(Borcia). 

ptnä  afarä  (din);  deutsch:  bis  aus  heraus,  bis  vor: 
si  petrecu  pe  cerb  plnä  afara  din  oras  (Ispir.,  Leg.  116,29V 

altrum.:  goniia  'i  pälnrä  afara  cetatiloru  (Cod.  Vor. 
76,  4). 

plna  spre;  deutsch:  bis  nach  —  zu:  i-aü  lesit  pänä 
spre  Adrianopol  spre  intlmpinare  (Sl.  Fr.  III,  95,  23).  ptnä 
stri  (arom.);  deutsch:  bis  auf:  va  se  agiumgä  plnä  stri  patü, 
iu  sunt  culcati  si  am^ndoSli  =  er  wird  bis  auf  das  Bett  ge- 
langen, wo  beide  liegen  (Petr.  Mostre  U,  28,  22). 

b)  zeitlich:  plnä:  Pänä  loi  dupä  Ispas,  |  sä-mi  las  lucni 
rönduit,  |  sä-nu  mö  duc  cu  urlt!  (Doine,  143,  12).  mancai 
päpara  pänä  acum  (Cr.  IV,  65,  6). 

altrum.:  Deöi  va  hi  pän  duminecä  (lorga,  Doc.  I,  61, 
82,  18;  a.  1637). 

arom.:  Tino  ai  feptg  pyno  tora  trei  lukre  slabe(Ar.  11 
256,  4).  De  cätr  nä  aü  Incurunatä  plnä  astä-di  (Petr.,  Mostre 
II,  33,  25). 

istr.:  ke  neka  stpie  t§e  prigodg,  pirf  verir  k9Sg  =  dal) 
diese  Angelegenheit  bis  zum  Nachhausekommen  bleiben  solle 
(Jb.  I,  126,  12).     plnä  a  (beim  Infinitiv): 

a)  bei  positivem  Verbum;  deutsch:  bis:  pänä  a  se 
stringere  os!:ile  (Gast.  a.  72,  22).  pänä  a  sosi  Turcii  (ii 
150,  7). 

b)  bei  negiertem  Verbum;  deutsch:  bevor:  plnä  a  nn 
intra  In  curtile  (Basme,  194,  6). 


w 


—    581     — 

pinS  tn;  deutsch:  bis  zit,  bis  um:  Damiazi  pand  tn 
chindie  |  taia  Novae  »apte  mie  (Gast  b.  304,  5). 

altrum.:  ca  panä  in  yeacü  mila  lui  (Coresi,  Caz.  I, 
1579—80,  Gast  a,  28,  9> 

meglen.:  loü  p^inan  azä,  au  T^ni  rizüt  üom  cti  im 
boü  sä  arä  (Papahagi,  Rom.  din  MegL^  26,  9).  pina  la:  panä 
la  moarte  (M.  Sg.  97,  2).  Pentr  'o  tir  de  parastas  [  Itf  sbiaiä 
pan*  la  amiaz  (Strig,  352,  5). 

altrum.:  Ascültä  'lu  elü  patnrä  la  acesta  cavantu 
(Cod,  Vor.  43,  2), 

taeglen.:  (si  läfiäu)  anca  cpt  vacpt  an  piaala  Cärciuo 
(Papab-T  Rom.  din  MegL,  14,  7).  pina  iniru;  altrum.;  care 
hcni  pänä  tntr  'aceasta  vreame  oamenii  ai  alugile  Märiei 
iSale  lui  Vodä  Uau  tinut  (lorga,  Doc,  I,  9,  25). 

aroiu.:  Chiellesiil  pln&  tu  'ncurunare  vhinea  deauvür- 
lif^a  (Petr.  Moatre  II,  39,  17).  pinä  de  (besondere  aromuniscb 
und  meglenitiacb);  s§  sbufa  ku  aÜgirTi  p^n-di  Kirouilu,  pgmi 
0  lo  losif  TfVriwr  (Cod,  Dim.  99,  15). 

p  t  D  a  d  n  p  ä:  amenaud  pedepsirea  vasalulut  IndarStnic 
panä  dupä  ioeheerea  inToelii,  la  care . . .  (SL  Fr.  111, 365, 4). 

p!nä  pela:  cäcT  nu  mai  era  de  chip  sä  doarmä,  cum 
dormea  alte  däti,  panä  pe  la  ameazä  (=  bis  gegen  Mittag) 
(Cr.  IV,  14  u.  15). 

pInä  tntre:  Si  aä-mi  urci  ^i  sä-ml  plimbi  turma  |i 
cireada  de  la  San-Ghieorghie  pänä  'ntre  Sta-Marii  (^^  bis 
z^vischen  die  beiden  Marientage)  {Gast  b.  259,  21). 

IIL  Bei  Maß-  und  Zablbestimmnugen:  ptnä  la  (de);  vre-o 
25000  pänä  la  30  000  ameni  (SL  Fr,  111,  226,  30). 

arom.:  mal  marle  de  tuti  era  nioä  de  16  de  aflüt  ^ 
^ler  größte  von  allen  war  (bis)  gegen  16  Jahre  (Petr.  Mostre 
ü,  18,  18). 

Pinä  geht  lautlich  auf  ein  lateinisches  *paene  ad  zurück; 
paene  batte  die  Bedeutung  ^.beinahe",  also  konnte  *|jaene 
ad  ursprünglich  nur  die  heinahe  erreichte  Grenze  bezeichnen 
[^=  beinahe  an,  beinahe  in  u.  s.  w.).  Diese  Grundbedeutung 
ist  im  Rumänischen    nur  an  dem  pfna  bei  Maß-  und  Zahl- 


i 


i^ 


—     582     — 

bestimm ungen  noch  zu  erkeDDen;  im  übrigen  setzte  31  cb  der 
Begriff  der  „beinabe  erreicbten  Grenze'*  im  Laufe  der  Zeit 
(übertreibender  Weise)  in  den  der  ,, wirklieb  erreichten  Grenze" 
nm  und  pioa  trat  im  Rumänischen  allmählich  in  alle  Funktionen 
des  lateiniBcben  usque  ein. 

Der  alte  Gebrauch  erhielt  sich  nur  in  einer  Anzahl  fester 
adverbialer  Verbindungen.  —  In  den  romanischen  Sjjrachen 
findet  sich  nichts  Vergleichbares. 

Anm.i  Im  Aromuniachen  findet  sieb  vor  Präpositionen 
wie  yn,  tni,  la  häutig  eine  Partikel  trgS,  taä  und  zwar: 

I.  in  der  Bedeutung  ^gerade,  eben"*:  tr§&  tu  mar- 
dzin^a  di  hpar^  |  aklo  ä  iäi  n^  fgat  afgar^  ^  gerade  an  der 
Grenze  des  Dorfes^  dort  kam  ein  Mädchen  heraus  (Ar.  H  154, 
94,  7).  se  aurl^  bellu  trj^s  un  dz^ang  ^  der  Hund  heult 
auf  dem  Bergrficken  (Ar.  II,  TtO,  68,  20). 

II.  in  der  Bedeutung  „bis":  Du&,  me  duS  tgS  fcrü  ubor 
=  ich  ging  und  ging  bis  in  den  Hof  (Ar.  II,  92,  61,  28).  K 
spnse  taä  tu  gone^^er  erzählte  ea  ihm  bis  zu  Ende  (id.  226, 12). 


2.    Lebendige  Eompoaitionsbildting. 

Wie  bereits  in  der  Einleitung  hervorgehoben  wurde,  be- 
sitzt das  Rumänische,  abgesehen  von  den  im  vorigen  Ab- 
schnitte behandelten  festen  Zusammensetzungen,  noch  die 
Möglichkeit,  durch  Komposition  der  in  lebendigem  Gebrauche 
bf^fißdlichen  mniänischen  Präpositionen  jederzeit  neue  Vei- 
bindimgen  zu  schaffen.  Am  regaten  beteiligen  sich  an  dieser 
Kompoflitionsbildnng  de  und  pe;  diese  können  im  Prinzip  vor 
jpde  rein  örtHcht.^  [also  auch  vor  eine  uneigentliche  oder  sub- 
stantivische) Präposition  treten  und  dadurch  die  Bedeutung 
dprsdben  in  bestimmter  Weise  nuancieren.  Um  ein  über- 
sichtliches Bild  von  dieser  Art  der  Konipositionsbildung  2M 
verschaffen,  sollen  im  folgenden  unt-er  1  Beis]>iele  für  die 
ortliche  und  zeitliche  Verwendung  der  Zusammen setaungen 
mit  de  und  pe  gegeben  werden,  und  zwar  auch  von  solchen, 
d*Ten  zweites  Glied  keine  eigentliche  Präposition  ist,  (die  also 


^ 


—    583    — 

erst  in  den  folgenden  Abschnitten  zu  behandeln  wären);  etwaige 
übertragene  Bedeutungen  der  neuen  Präpositionen  würden 
dann  unter  11  zu  behandeln  sein. 


a)  Kompositionen  mit  de. 
L    In  Örtlicher  und  zeitlicher  Verwendung. 

a)  de  f&gt  zu  der  ursprünglichen  BedeutuDg  einer  Prä- 
position den  Begriff  der  Bewegung  oder  Richtung  ^vou 
etwas  ber**,  ^von  etwas  weg"*  (in  Raum  oder  Zeit): 

de  cäträ  Cergäu  1  vine-un  nour  greu  =  von  C.  her 
kommt  eine  aobwarze  Wolke  (GasL  b,  321,  22).  de  din  cale 
de  Korine  |  gr&im,  Doämnä,  cäträ  Tine  (Emin.,  Poezii  cpl. 
14^^  18).  cedand  presiunilor  fäcate  atät  de  din  launtru,  cät 
81  de  din  afara  (=  von  außen  her)  {Sl.  Fr  111,  501,  23)-  ea 
de  dinapoea  jetuluT  li  tinea  ochit  cu  mäinele  (^^  von  hinter 
dem  Lebnstuble  her)  {Emin.  nuv.  93,  7).  inima  ei  U  simte  de 
dincolo  de  b&taia  ochilor  (=  von  jenseits  der  Sehweite  an) 
(Vlacb,  DOT,  12f  2).  luä  mäta  de  dupft  cuptor  =  er  nahm 
die  Katze  hinter  dem  Ofen  hervor  (Pop.-Reteg.  50,  10). 

de  la:  Örtlich;  (=  von  an,  von  in)  =  von,  von  —  her: 
Bäte  Tönt  de  la  afintit  |  si  rea  veste  mi-a  venit  (Jarn.,  Varia 
IV,  1).  Mergäud,  draga,  dela  tine,  |  Pl&nge  inima  1q  mine 
(Dolne,  234,  1).  et  seapä  norocos  de  la  Constantinopol  In 
Asia  Minor  (SL  Fr  216,  18). 

alt r um.:  duceti-Ta  dela  mine  bläatemfttilor  {Gast.  a.  18, 
Mat-26,  19). 

arom,:  Ela,  s  me  askak  dela  ura^  ^  Komm,  befreie  mich 
von  der  Bärin  (Ar.  II,  250,  3). 

zeitlich;  von  —  an,  seit:  De  la  toamnä  incolea  |  in- 
beascä-te  eine  a  vrea?  (Dotne,  93,  5). 

altrum.:  Dela  Adam  7115  ai.  Dela  nasterea  lui  Chr. 
1607  ai.  (Gast.  a.  43,  9). 

de  lingä:  (eig.  ^  voü  neben)  ^  von:  Fugi,  urlte  d*ängä 
mine,  |  Coi  lucra  §i  petitru  tine  (Strig.  329,  1). 


t 


.^ 


—    584    — 

arom.:  Se  n'  uä  alasü  de  ningä  mine  ==  daß  ich  sie 
nicht  von  mir  lasse  (Petr.  Mostre  II,  109,  8). 

de  pe  —  von,  von — herab:  Du  m^,  Doamne,  de  pe- 
aici  (Doine  450,  1).  Pica  frunza  de  pe  nuc  =  es  fallen  die 
Blätter  vom  Nußbaum  (id.  353,  1). 

arom.:  di  pre  punte  sg  1  arukats  =  werft  ihn  von  der 
Brücke  (Ar.  II,  106,  65,  14). 

de  pe  la:  (eig.  =  von  bei)  =  von:  U  rugai  sä  mi  culeagä 
cäntece  si  snoave  de  pe  la  arestanti  (Vlach.  nuv.  161,  4  v.  uA 

de  peste  =  von  über  (her):  lar  tinerele-i  plete  de 
peste  umerl  cad  ]  pe  piept,  si  ea  le  prinde  mänunchiü  in 
alba-i  mänä  (Cosb.,  BaL  14,  4). 

de  prin:==von  —  umher,  aus  —  umher:  Setilä  sorbea 
apa  de  prin  bälti  si  iazuri  (Cr.  IV.  59,  5).  Si  me  scoate  dacä 
poti  I  de  prin  mäni  de  pe  la  hoti  (Doine,  638,  4). 

de  spre:  (eig.  von  nach  —  zu)  =  von  —  her:  Eat  o! 
Plinä,  de  spre  munte  |  ese  luna  din  bradet  (Cosb.,  Bai.,  7,  W 
venind  despre  Marea-N6gr8  =  vom  schwarzen  Meere  her 
kommend  (SI.  Fr.  III,  267,  28).  altrum.:  si  va  esi  despre 
läturea  mägurei  despre  miazä  noapte  e^i-va  un  omü  salbatecö 
(Gast  a.  65  XXII,  b.  11). 

de  stri  (arom.):  (eig.von  —  auf)  =  von  —  herab:  Söriclu 
de  stri  arbure  ili  dicea  (=»  die  Maus  sagte  zu  ihm  Tom 
Baume  herab:  .  . . .)  (Petr.  Mostre  II,  4,  31). 

de  sub:  (eig.  von  —  unter)  =  unter  —  hervor:  luati 
toate  cäte-o  floare  de  sub  a  mele  picioare  ==^  nehmt  alle 
je  eine  Blume  unter  meinen  Füßen  vor  (Gast  b.  339  Descäntic 
8).  marea,  a  cärei  suprafatä  era  ruptÄ  pe  ici  pe  colea  <ie 
cäte  un  coIt  de  stfncä,  ce  esea  de  sub  apa  (=  der  aus  dem 
Wasser  herausragte)  (Emin.  nuv.  95,  2). 

meglen.:  iäg  un  sarpi  di  sup  r^pg  =  eine  Schlange 
kam  unter  dem  Steine  hervor  (VI.-M.,  67,  12). 

din  «  de  +  in;  eig.  =  von  in)  =  aus,  von  (kann  schon 
zu  den  festen  Zusammensetzungen  gerechnet  werden):  Ce 
na^te  din  pisicl,  soareci  m&nanfS  (Gast  b.  376,  13).  s  a 
scäpat  un  ghtem  dän  mänä  (Gast  b.  261,  36).    Duce-m'oi  de 


Ji 


T^T- 


I! 


—     5S5     — 

atcT  diu  sat  (Doice,  405,  9).  luandu  *^i  pälaria  liio  cap 
[Ct.  IV,  51,  13),  Fumul  alb  »koe  ese  |  diu  camin  (Co^b., 
Bai,  ö,  9). 

altriim.:  si  ditn  Militu  tremise  tntru  Efesu  (Cod,  Vor. 
18»  CV  fiiräme  ce  cftde  de  tn  masa  bogatuhii  (Gast  a,  30, 
Luc.  XVI,  5). 

arom.;  s  pitrets  Dg  karte  din  Sgruny  (Ar  H,  78,  51,  4). 
ia  z  (iutae  din  pgzare?  (Ar.  U,  194,  109>  2),  insusg  D.  dipuse 
diu  tseru  (Cod.  Dim.  92,  7). 

istr.;  ie  vikgit  a  din  nosil  =  er  bat  von  der  Bahre  aus 
gerufen  (Jb.  I,  154,  21), 

raeglen.:  si  tatg-su  vinj  din  pgz^riSti  (Vl.-M.,  74,  l)- 
Ebenao  temporal:  =  von  an,  seit:  <?a  din  cnida  copi- 
Urie,  fllujesc  prin  sträini  (Cr,  IV,  18,  II)-  8^  din  ceaaul 
acela,  aü  inceput  a  vorbi  ele  in  de  ele  (id.  26,  19). 

altriim,;  ^i  voiu  ragäi  ascansele  dein  tocmeala  Inmiei 
=^  ich  will  das  Verborgene  aussprechen  von  der  Ersehn ffling 
der  Welt  an  (Gast  a.  17,  II). 

arom.:  ^i  ad^sta  tninut^  din  minuia  candn  sS  trecä  hillu 
al  Adam  (Petr.  Mostre  II,  7,  22). 

dinaintea:  ^=  von,  ans  den  Ängen  (s.  auch  Inaintea), 
peri  dinaintea  niea=^  weiche  von  mir  (Gast.  b.  303,  10). 
Lipse^ti  dinaintea  mea,  Spänule!  =  geh  weg  von  mir,  Bart- 
loser (Cr.  IV,  87,  6). 

diDde:  =  aiiB  —  heraus  (pleotiaatiach) :  Eai  soare  dinde 
Boare^  din  capn  lui  N.  N.  (Gast.  b.  340,  Descäntec  dinde 
sf^re,  1)* 

dinapre  «  de  -\-  Inspre);  (eig.  =  von  nach  —  zu)  =^  von 
—  her  (s.  auch  Inspre):  Bate-mi  v^ntnl  din  spre  munti 
lUoine,  429,  1).  Inima  mi  se  bätoa,  sperinfä  la  fite-ce  zgomot 
care  venia  din  apre  otelul  Neubauer  (Delavr.,  Paraz.  229,  1). 

dintre:  (=^  von  unter,  von  zwischen)  ^  von,  aus: 
Fiigi  diochi  -dintre  ochi  ^=  Fliehe,  Zauber  aus  den  Augen 
(Gast  b,  338,  DescantecB  1). 

arom.:  ia  iu  agiumsc  tatäl  a  feciorilor  dintre  lemne 
(Petr.  Mostre  II,  19,  4— 6)> 


ym 


—    586    — 

dintru  «  d©  +  Intni;  eig.  von  in)  =  aus,  von:  Sa 
mänc  cu  el  dintr'  un  blid!  (Dotne,  373,  3).  si  vaisä  toata 
apa  dintr'  änsa  (Cr. IV,  21, 18).  na^terea  lui  dintr'  an  Domn 
declarat  rebel  (SL,  Fr.  279,  5).  altranu:  Si  di  fnntru  voi 
Insi  |i  Invätati,  tnn|i  '^i  scula-se  vom  b&rbati  (C!od.  Vor.  21, 14). 
cändu  veri  veni  dintru  Inparatie  ta  (Gast  a.  1,  11).  arom. 
(ditru,  ditu,  dit):  S  igij  mundresku  dit  ubor  =  ich  sehe  von 
der  Hofmauer  aus  zu  (Ar.  II,  18,  14,  3).  dit  m^rminte  se 
skul^  =  er  erhebt  sich  aus  den  Gräbern  (id.  162,  95,  13).  üi 
cädu  cu^tlu  ditu  t6c&  =  ihm  fiel  das  Messer  aus  der  Scheide 
(Petr.  Mostre  II,  22,  9).  z-dipuse  Avraa  ditru  munte  (0)d. 
Dim.  104,  2). 

Aromunisch  auch  für  dintre:  va  s  te  stindzi  ditu 
dzon  =  du  wirst  verschwinden  (von)  unter  den  Jünglingen 
(Ar.  II,  204,  114,  15). 

Zeitlich:  «=  von  —  an,  seit:  dintr'  aceastä  clipä. 
pleacä  d'aci  drace  (Gast  b.  363,  39).  Prea  iubitS  mi-ai  fest 
mie  I  dintr'  a  ta  copil&rie  (=  seit  deiner  Kindheit)  (Dotne, 
530,  2).  altrum.:  dilntru  tilnere^e  dilnntru  Inntäiu  ^ 
von  der  frühesten  Jugend  an  (Cod.  Vor.  74,  2). 

b)  Seltener  bezeichnet  de  die  Herkunft,  deutet  also  an, 
daß  eine  Bewegung  von  etwas  weg  in  der  Vergangenheit  statt- 
gefunden hat: 

dela  =  aus,  von:  Eu  sänt  cn^ul  Melhior  de  la  rfis&rit 
(=  aus  dem  Osten)  (Gast  b.  332,  IrozI,  3). 

de  pe  la  =  von  —(umher):  sft  nu  fie  de  pe  la  vecine 
==  daß  es  nicht  von  den  Nachbarn  sei  (id.  312,  30). 

de  prespre«=von — über  (=  jenseits):  multü  mnltiti 
oameni,  dein  toatfi  Ovreiea  |i  lerusalimä  fi  de  prespre  mare 
Tyrul  f  i  Sidonul  (=  und  von  jenseits  des  Meeres  (aus)  Tyrus 
und  Sidon)  (Gast  a.  19,  Luc.  VI,  2). 

de  prin:  incä  au  fost  ätunci  multi  megita^l  buni  de  pre 
In  prejure  (Hasd.,  Cuv.  I,  59,  3,  Istor.  unuT  Proces,  1591). 

despre:  altrum.  noi  ji  ceiea  despre  locu  =  wir  und 
die  aus  demselben  Orte  waren  (CJod.  Vor.  27,  12). 


—    587    — 

dimprejurul:  fost' au  molti  oameDibuni  di  tn  prejurulü 
loculnl  (Cuv.  I,  73,  18). 

din  =  ans,  von:  Oare  nu  i  din  teara  mea?  |  Ba  eu 
nu-s  din  teara  ta  (Dome,  379,  3).  altrum.:  öarecarele  ditn 
ludei  prorocn  (Cod,  Vor.  27,  1)  ==  ein  Prophet  aus  Judaa. 

arom.:  k^sgbunla  din  yila(>de  =  ein  Städter  ans  Berat 
(Ar.  n,  190,  103, 16). 

dintra  (arom.  ditni,  ditn,  dit)  «=  aus,  von:  un  dione 
ditu  k9Sgb§==ein  Barsche  ans  der  Stadt  (Ar.  11, 190, 103, 14). 
Easte  nn  om  ditn  ArbinnSie  (id.  230,  120,  8). 

c)  de  verbindet  einen  präpositionalen  Ansdmck  mit  einem 
Substantiv,  macht  ihn  also  attributiv.  Die  mit  de  zusammen- 
gesetzte Präposition  behält  also  ihre  alte  Bedeutung:  Fmnza 
verde  de  pe  mal,  |  bädita  de  cätre  deal  (Dome,  351,  1).  dim- 
prennä  cu  mänästirile  de  din  apropierea  lui  (Sl.  Fr.  III, 
312,  14).  caril  acmu  ardea  si  prSda  targul  de  den  afara 
cetätii  (Gasi  a.  361,  6  v.  u.).  stapänirea  IntreguluY  popor  de 
dincolo  de  Nipru  (Sl.  Fr.  III,  391,  13).  Fecioml  de  dupä 
masä  I  era  cu  inima  arsä  (DoTne^  508,  9).  Cucule  de  la  pä- 
dure  («=  Kuckuck  im  Walde)  |  du-te  la  badiu  de-i  spune  |  sä 
nu  fie  supSrat,  ....  (id.  265,  1).  Dar  fetele  de  la  noi  (=  die 
Mädchen  bei  und)  |  toate  se  märita,  mäi!  (id.  309,  Fetele  din 
satul  nostm,  6). 

arom.:  Oamenli  dela  nnntg  si  r^d^ä  ku  $a  (Ar. II, 262, 5). 
dacä  cine-va  s'o  duce  In  pädurea  cea  negrä  de  längä  gärla 
de  päcurä  (Ispir.  114,  21).  Fecioml  de  längä  tine  (=  der 
Bursche  neben  dir)  |  era  bun  prietin  cu  mine  (Dome  508,  7). 
de  särea  cama^a  de  pe  din^ii  (==  das  Hemd  an  ihnen)  (Cr. 
IV,  65,  22).  cäct  fata  nu  'i  de  cele  de  pe  drumuri  «=  denn 
das  Mädchen  ist  nicht  von  denen  auf  den  Wegen  (id.  72,  18). 
Toate  stelele  depecer  =  alle  Sterne  am  Himmel  (Gasi  b. 
366,  20).  Incretiturile  de  pe  la  ochi  (Vlach.  nuv.  170,  14). 
Sobieski  le  asigureazä  liberilor  Cazact  moscovi^  de  peste 
Nistru  (Sl.  Fr.  III,  392,  1).  De  te  rogi  frumos  de  dönsnl,  | 
indestul  e  de  hain,  |  vSlul  alb  de  peste  toate  |  sä-1  Inläture 
putin  (Emin.,  Poez.  14,  9). 


'^^^y 


—     588    — 

arom,:  tuts^  amirgradzgli  di  pristi  etg  =  alle  Kaiser 

auf  der  Welt  (Cod,  Dim.  98,  3).    Cänd  m'  am  sältat^  |i  puteam 

•alerpa  In  gräaitiä  si  priiitrö  viile  de   prin   prejur  (DelaTr. 

Trüb.  18,  15).     Ilincä  se  gändi  indata  la  greatätile  scolii,  la 

necazurile  de  prin  ^traini  (Vlach.  nuv.  13,  3  v.  u.). 

despre  =  nach— zn  (nicht  über):  e  hotärit  a  pazi  si 
a  apära  culmile  deapre  Moldova  ale  muntilor  (=  die  Berg- 
spitzen  nach  dor  Moldau  zu)  (SI.  Fr.  III,  8,  4).  pentru  respiß- 
gerea  unei  ovenhiale  naTaliri  cäzäce^ti  despre  Marea-Negrä 
(id,  273,  19).  lütrum.:  ji  va  esi  despre  läturea  magurei  despre 
miazä  noapte  e^i  va  un  omü  sälbatecü  (Gkist.  a.  65,  XXII 
b.  U).  iara  lui  lafet  ian  rämas  pärtile  ceale  despre  apus 
(id.  50,  12). 

de  atri:=auf  (arom,):  amiräülu  a  prävdilor  |i  a  pricilor 
ttite  de  ati  lume  (Petr.  Mostre  II,  11,  28). 

de  sab  =  unter:  trapele  de  sub  comanda  lui  Basta 
=  die  Truppen  unter  Bastas  Befehl  (SL  Fr.  III,  11, 15).  arom.: 
Aclü  iu  imna  acelü  aalan  stri  dena  de  sum  padure  (Petr. 
Mostre  II,  3,  tj).  meglen.:  Dracu  lo  dusi  ficioru  an  una  gaurä 
di  sup  pimint  (Pap,  20,  17). 

din  ^  in,  an,  auf:  Da  icoana  Precistei  |  din  fundul 
bisericei  (=  im  Hintergründe  der  Kirche)  [  nu  sä  pläugÄ 
i?um  sc  plänge  (DoTne,  503,  23).  cärlani,  mänji,  armäsari,  tele- 
gari,  jugani  diu  lumea  \u  Dumnezeu  (=  auf  „Gottes  Erden- 
^velt")  (Gast.  b.  258^  7).  deasupra  caminulut  din  sala  mea 
(M.  Sg.  63,  13). 

arom.:  L;u  'mi  me  si  spelai  'mi  me  |  la  sioputla  din 
chiare  ^^=  ich  wusch  mich  an  der  Quelle  im  Schatten  (Petr. 
Mostre,  II,  48,  3,  1)-  kg  a  j^nsparp  ^ntyn  din  hpar9  (Ar.  II. 
44,  28,  7). 

istr,:  si  omiri  din  Rim  (=  die  Leute  in  Rom)  fl^t  g\ 
aw  [Jb.  I,  140,  13), 

dinspre  ^  nach^zu:  zidul  dinspre  spital  e  crapat  si 
burdusit  in  aiara  (Vlach.  nuv.  200,  14). 

dintre  =^  nnter^  zwischen:  pentru  cä  sunt  cel  mal 
niRre  dintrc  frati  (Cr  iV,  4,  23). 


k 


I, 


—     5S9     — 

Ah!   ce    dnlce    'i    desmerdarea  |  dintre*un    gändäcel   «'    o 
floarel (Vlach.  Poez.  13»  4). 

altrum.:  si  5  de  intre  voi  vurgoni  preuaütätGastEL4,7). 

dintru  =  in,  unter:  Dragostele  dintr*  alt  sat  |  ca  pita 
de  cump^rat  ....  (Dotoe,  175,  1),    Ca  dintr'o  sutä  s  *o  mie 
Dvimfli  una   mi  place  mie  {id.  21 6^  29). 

altrum.:  ciimu  si  de  la  ei  carte  luaiü  apre  fratii  ceia  di 
lotrii  Damaacn  (Gast.  a.  2*,  Praxap,  10). 

arom.;  Atsgri  ditu  mese  (Ar.  11^  240,  8).  Amiräülu  dit 
politia  flceea  are  unä  fiötä  (=  der  Kaiser  in  dieser  Stadt 
^Mostre  26,  16). 

In  den  aater  a)  aügefiihrten  Fällen  erklärt  sieb  das  vor- 
gesetzte de  leicht  aus  der  GrundbedeutuDg  dieser  Präposition 
*=  flVon  —  weg"  (s.  unter  de  I  a)-  Während  nun  andere 
Sprachen  in  den  entsprechenden  Fällen  üur  dem  Vorgauge 
d^r  Bewegung  (oder  Richtunn;)  „von  —  weg'*  sprachlichen 
Ausdruck  verleihen  und  einfache  Präpositionen  (ital.  di,  frz. 
de,  deutsch:  ^von",  engl,  of,  froni)  verwenden,  beiiickaiehtigt 
das  Rumänische  auch  den  Ausgangspunkt  der  Bewegung  und 
bildet  zusammengesetzte  Präpositionen,  die  klar  erkennen 
lassen,  ob  die  betreffende  Person  oder  Sache  vor  ihrer  Fort- 
bf*^Tegung  „in,  auf,  an^  neben,  unter,  hinter,  vor**  u,  s.  w,  einer 
aüderen  sich  befunden  hat.  Dadurch  wird  eine  Präzision  des 
Ausdrucks  erzielt,  wie  sie  nur  wenigen  Sprachen  eigen  ist^  — 
Bf^reits  in  vulgärlateiniseher  Zeit  konnte  de  (oder  ab)  zum 
Ausdruck  des  Begriffes  „vob  —  weg**  vor  andere  Präpositionen 
treten:  die  weitere  Ausbildung  dieser  Verwendung  fällt  aber 
erst  in  nimänische  Zeit,  da  sich  in  den  übrigen  romanischen 
f^pracben  nur  sehr  wenig  Vergleichbares  findet  {cf  M,-L,,  Gr, 
111,  163,  2S0). 

Vglt:  abante;  tollite  fratres  vestros  abante  faciem  sanc- 
tonim  (Lev.  10,  4,  ItaL  Lugd.);  et  exsurgene  Es-dras  abante 
tvmplum  abiit  (3.  Esdr.  9,  1,  Vulg,) 

depost:   qui  avertuntur  depost  tergum  Domioi  (Sophon, 
l  6  Vulg*);    depost   hunc   die  nullam  remallationem  babeaut 
Form.  231,  8). 


—    590    — 


[1 


de  intro:  si  quü  unum  vas  apiuin  deintro  davem  snb 
tecto  faraverit  (Lex.  SaL  10, 1). 

deinter:  edoxisti  populum  hunc  deinter  illos  (Num.  14, 13, 

Ital.  Lugd.);  animal visum  est  reptans  ezire  deinter 

femora  mulieris  (Sanct  Bemh.  in  vita  s.  Malach.  Episc). 

desuper:  descendit  desaper  curru  suo  (Ind.  2,  21  bei 
Aug.  Paiar.  34,  542);  aut  certe  desuper  terram  eripias  me  (Tob. 
3,  15,  Vulg.). 

des  üb:  delere  nomen  eorum  de  sub  caelo  (Deut,  9, 14 
(ItaL  Mon.));  gaudet  exisse  se  desub  jugo  seryitutds  (Ambros. 
ep.ad,  Qal.  1, 14);  desub  saxo  egredientem  aquam  (Grom.  309, 7). 

Die  Fälle  unter  b)  (de  bezeichnet  die  Herkunft)  schließen 
sich  ohne  weiteres  an  die  unter  a)  behandelten  an.    In  beiden 
Fällen  handelt  es  sich  um  eine  Bewegung  „yon  — weg",  die 
aber  bei  den  Beispielen  unter  b)  als  bereits  in  der  Vergangen- 
heit liegend  gedacht  wird.    Neue  Beispiele  aus  dem  Volgär- 
lateinischen  und  Romanischen  lassen  sich  hierzu  nicht  geben. 
—  Anders  verhält  es  sich  mit  dem  attributiven  de  unter  c). 
Hier  hat  die  Bewegung  „von  —  weg**  in  Wirklichkeit  gar  nicht 
stattgefunden,   sondern   nur  im   Gedanken   des   Sprechenden. 
Dieser  denkt  sich  die  botreffende  Person  oder  Sache,  von  der 
die  Rede  ist,  für  die  Dauer  der  Rede  aus  ihrem  Milieu  heraus- 
gehoben und  deutet  dies  an  durch  Versetzung  von  de.    Dieses 
de  ist  qualitativer  Natur,  wie  das  unter  „de"  IV  behandelte, 
das  heißt,  es  deutet  an,  daß  einem  Nomen  oder  Pronomen  eine 
Qualitätsbezeichnung  beigegeben  werden  soll.    Wie  man  sagt: 
copilul  de  trei  zile  «=>  das  Kind  von  drei  Tagen  (Dotne,  247  9\ 
imprejurärile  de  fatä  =  die  gegenwärtigen  Umstände,  (eig.: 
die  ü.  von  Gegenwart)  (M.  Sg.  84,  21)  so  auch:  femeile  diu 
diua  de  astädi  =  die  Frauen  von  heute,  die  heutigen  Frauen 
(M.  Sg.  53,  2),  Feciorul  de  längä  tine  >»  der  Bursche  neben 
dir  (Dome  508,  7),  stelele  de  pe  cer  =  die  Sterne  am  Himmel 
(Gast.  b.  366,  20)  u.  s.  w.     Ein  Unterschied  ist  nur  insofern 
vorhanden,  als  im  letzteren  Falle  der  Qualitäts-  oder  besser 
Attributsbegriff  in  einer  Ortsangabe  besteht    Das  Deutsche 
(und  ebenso  die  romanischen  Sprachen)  sieht  sich  in  diesem 


I 


\ 


—    591    — 

Falle  vor  die  Wahl  gestellt,  entweder  nur  dem  Attributs- 
begriff oder  nur  der  Ortsangabe  sprachlichen  Ausdruck  zu 
verleihen;  meist  geschieht  das  letztere,  ygl,  oben:  die  Sterne 
am  Himmel,  der  Bursche  neben  dir  u.  s.  w.  —  Das  Bumä- 
Dische  besitzt  auch  hier  den  Vorzug  größerer  Genauigkeit, 
indem  es  durch  die  mit  de  zusammengesetzten  Präpositionen 
beide  Elemente,  das  attributive  und  das  lokale  gleichzeitig 
zum  Ausdruck  bringt  —  Tiktin  (Gram.  Bom.  II,  76—77)  hat 
das  Verdienst,  auf  diese  dem  Bumanischen  unter  den  latei- 
nischen Sprachen  allein  eigentümliche  Funktion  von  de  zuerst 
aufmerksam  gemacht  zu  haben.  Er  weist  auch  femer  mit 
Recht  darauf  hin,  daß  diese  Anknüpfung  mit  de  natürlich  nur 
dann  eintritt,  wenn  zu  einem  Nomen  oder  Pronomen  eine 
einfache  Orts-  (oder  Zeit-)bestimmung  hinzugefügt  wird,  wenn 
sich  ergänzen  läßt:  ^.care  se  aflä,  care  este. 

De  wird  aber  dem  (attributiv  gebrauchten)  präpositionalen 
Ausdrucke  nicht  vorgesetzt: 

1)  in  Fällen  wie:  dreptul  säü  la  aceasta  mo|tenire; 
iubirea  cäträ  pärinti;  un  an  dupä  moartea  bärbatului  säü^ 
stäpinul  peste  viatä  ^i  moarte,  wo  es  sich  meist  um  über- 
tragene Ausdrucksweisen  handelt; 

2)  nach  Worten,  in  denen  ein  Verbalbegriff  der  Bewegung 
„nach  —  hin^  enthalten  oder  zu  ergänzen  ist:  cälätorie  pe 
mare  =  Beise  auf  das  Meer,  o  lovitnrä  In  apä  =  ein 
Schlag  ins  Wasser;  vorbe  (spuse)  In  vlnt;  podul  (care  trece) 
peste  Danärea  (Tiktin,  Gr.  II,  77).  —  Die  Ausbildung  dieser 
Verwendung  von  de  fallt  ganz  in  rumänische  Zeit;  im  Aro- 
munischen  imd  in  den  ältesten  dakorumänischen  Texten  findet 
sie  sich  wenig,  noch  seltener  im  Istrischen  und  Meglenitischen ; 
im  modernen  Dkr.  ist  sie  am  konsequentesten  durchgeführt. 
Den  Anstoß  für  die  ganze  Entwickelung  gaben  jedenfalls  die 
Präpositionen  diu  und  dela,  die  schon  in  urrumänischer  Zeit 
die  durch  den  Ausfall  von  ex  und  ab  entstandene  Lücke 
wieder  ausfüllten. 

d)  Eine  ganze  Reihe  namentlich  uneigentlicher  Präposi- 
tionen  haben  entweder  immer  oder  doch  häufig  vor  sich  die 


i :  • '  '  '  ' 


it 


i  :  • 


—     592     — 

Präiiosition  de,  ohne  daß  dadurch  die  Bewegimg  von  etwas 
weg  oder  auch  i^in  attributives  Verhältnis  ausgedrückt  würde; 
dahin  gehören:  dupä  «  depost)  =  hinter;  dealungul  =  ent- 
lang, deaaupra  =  über,  dedesubtul  =  unter,  dinaintea  =  vor, 
dinapoTa  ^  hinter,  dincolo  de  =  jenseits,  dincoace  de  =  dies- 
seits^ din  .Jos  de  =  unterhalb,  din  sus  de  =  oberhalb,  arom. 
dinapoT  de  =  hinter,  dinaparte  de  =  jenseits,  dinuntni  di  == 
in — hinein.    Außer  dem  bereits  romanischen  (vgl.  itaL  dopo) 
dupä   sind    diese  Bildungen   ihrer  Bedeutung   nach  noch  an 
anderer  Stelle  zu  betrachten.     Der  ihnen  allen  gemeinsame 
erste  Bestandteili   nämlich  de,   hat,   wie  es  mir  scheint,  hier 
dieselbe  Bedeutung,  wie  in  dem  unter  „De"  I  b  (s.  dort)  be- 
sprochenen Falle,  d.  h.  de  drückt  die  „Lage  an  einem  Orte", 
resp.  ^die  Bewegung  an  einen  Ort"  aus,  ähnlich  wie  lat  a. 
ab  in  „a  tergo  stare"  u.  s.  w.     Möglich  wäre  allerdings  hier. 
wo   wir  es  mit  adverbialen  Ausdrücken  zu  tun  haben,  auch 
eine  andere  Erklärung,  daß  nämlich   die  ursprüngliche,  ein- 
fuchere    Prapoiäition    (inaintea,   asupra  u.  s.  w.)  zu  einer  Zeit 
nicht  mehr  als  präpositional  gefühlt  wurde  und  daher  „de" 
hinzutrat  um  die  adverbiale  Natur  des  ganzen  Ausdrucks  von 
neuem  hervorzuheben.    Diese  Erklärung  scheint  mir  einleuch- 
tender  besonders   bei   einer  Präposition  wie  dedesubtul,  das 
z^veimal  in   dieser  Weise  mit  de  zusammengesetzt  wurde.  — 
Ein  zwingendes  Gesetz,  wann  dieses  de  zu  stehen  habe,  wann 
niuht,  gibt  es  jedenfalls  nicht,  denn  es  finden  sich  neben  dina- 
intea, deasi:|ira,  dinapoia,  din  sus  de,  dinaparte  de,  dinuntni 
de  zum  Teil  noch  häufiger  die  nicht  mit  de  zusammengesetzten 
Furaien  inaiDtea,  asupra,  Inapoia,  in  sus  de,  naparte  de,  in- 
läimtrul  u.  s,  w.  (3.  dort).    Als  einziger  Unterschied  wurde  mir 
von  Ramanen  angegeben,  daß  die  Formen  mit  de  etwas  Ge- 
naueres, Präziseres  haben  als  die  ohne  de.  —  Auch  eigent- 
liche Präpositionen  finden  sich  (besonders  im  Aromunisehen) 
bisweilen  mit  einem  „de"  zusammengesetzt,  das  sich  nicht  in 
eiae  der  bisher  behandelten  Kategorien  einreihen  läßt     Hier- 
Jji^i^  gehören  etvva  Fälle  wie  die  folgenden: 

decfitra  ^  cätra;  lokal:  arom.:  kyndu  z  yine  di  kiito 


m 


L 


»n 


ffp 


—    593     — 

t^itSoare  ("=  wenn  ea  dir  an  die  Beine  kommt)  (Ar  II,  56, 
4,  16);  temporal:  dkr.:  Gänd  o  fi  de  catre  searä,  |  sä  nii  te 
pai  Ca  de  Gearä;  {Dome»  539,  8)-  arom,;  fig  iriä  di  k^trf^ 
siar^  '=^  und  e3  war  gegen  Abend  (Cod.  DinL  113,  9). 

Bier  bat  de  wobi  nur  adverbialen  Cbarakter;  anderer  Art 
Ist  es  in  folgendem  Beispiel:  de  ten  straju  de  cäträ  Leas 
;=und  sie  halten  Wacbe  nach  den  Polen  zu  (Iorga,Doc.  1^37, 7), 
In  diesem  Falle  soll  de  cätra  möglicherweise  den  doppelten  '*   i 

Oed&nken  zum  Ausdruck  bringen;  die  Soldaten  halten  Wache  '  ^  " 

nach  den  Polen  zu,  um  ihr  Heer  zu  schützen  Yor  den  Ge- 
fabren, die  Tou  den  Polen  her  drohen. 

de  cii(teniporal):Eliubeste  de  cu  searä(^abends)  |  Cau* 

du-s  dnsmanele  afarä  (Dome  150,  11).    0,  de  eäte  on,  In  urma, 

de  cu  Treme  (=-=  beizeiten)  stand  in  präg  (Vlacb.  Poez,  24,  10)- 

aroHi.:  g^Iina,  tse  k^k^r^adzu  di  kn  sgara  ^  die  Henne, 

die  abends  gackert  (^Jb.  II,  15S,  119). 

Auch  hier  handelt  es  sieh  um  feste  Redensarten,  in  denen 
das  vorgesetzte  de  rein  adverbialen  Charakter  bat, 

dela  ^  la;  lokal:  dela  un  loc  se  inchide  calea  ^  an 
einer  Stelle  versperrt  sieh  der  Weg  (Cr  IV,  19,  3). 

temporal:  pänä  ce  dela  o  vreme  le  inträ  calea  fn  codm  } 

=  bis  sie  scbließlicb  der  Weg  in  den  Wald  fahrt  (id,  17,  13).  ' 

Hier  hat  „de"  seine  Grundbedeutung  „von  —  weg**;  das 
Rumänische  betont  den  Punkt  (in  Raum  oder  Zeit),  von  dem 
die  Handlung  des  Yerbums  ausgebt-,  das  Deutsche  den  Punkt, 
in  dem  die  Handlung  des  V^ erbums  in  die  Erscheinung  tritt; 
die  Auffassung  ist  eine  veränderte,  nicht  die  Bedeutimg  der 
Präposition. 

despre:  si  Stefan  Vodä  tocmise  putinei  oameni  despre 
luncs  B&rladului  ^  und  Stefan-Woda  stellte  wenige  Leute 

an  dem  Gehölz  von  B.  auf  (eig,  nach  —  zu)  (Gast  a.  71,  15).  j    f 

päa  'au  trecut  despre  Eärgäu  ^^  bis  sie  bei  B.  die  Grenze  t 

überschritten  hatten  (lorga,  Doc.  I,  40,  54,  17). 

din:  In  afara-i  cu  manjalä  |  din  launtru-i  cu  ticnealä! 
^DoLoe  561,  9).  Ca  din  sus  |  mäsele  nu-s  |  si  din  jos  |  dintti 
i-am  scos  (Strig.  278,  14). 


—    594    — 

altrum.:  ande  rastignirS  el,  ^  cu  nusul  si  alti  doi  de 
ineoace  fi  de  ineolo  (Gast  &  21, 24). 

arom.:  6ade  diu  afparg  (Ar.  U,  252,  18).  la  tk^iag 
arhafigellu  Mifihafl  difi-kriaStita  >»  der  Erzesgel  H.  eigriff 
ihn  am  Scheitel  (Cod.  Dim.  108  b.  2). 

II.  Übertragene  Verwendungen  der  Composita  mit  de. 

Decätri  wird  in  der  Schriftsprache  sehr  hanfig  im  Sinne 
des  einfiEU^hen  de  znr  Bezeichnung  des  Urhebers  beim  PaanTum 
verwendet;  deutsch:  Ton,  Ton  Seiten:  a  fost  scipat  de- 
cfiträ  un  yas  spaniol  (M.  Sg.  118,  4).  e  Introdus  In  scann 
de  c&tre  Bekir-Aga  (SL  Fr.  IH,  103,  7). 

altrum.:  c&  bine  sS  sti|i  ca  mare  msine  Yeti  päti  de 
cätrft  domnie-m£  (Ha8d.,'Cuy.  I,  128,  17). ' 

De  cätrS  erklärt  sich  hier  leicht  aus  der  unter  I  a)  an- 
gefahrten rein  örtlichen  Verwendung  «»  „von  her**.  Das  ein- 
jEeu^c  de  genügte  wegen  der  Mannigfaltigkeit  seiner  Beden- 
tungen  der  nach  möglichster  Deutlichkeit  strebenden  Schrift- 
sprache nicht  mehr,  daher  konnte  diese  Zusammensetznng 
durchdringen,  die  etwa  unserem  „von  Seiten'*  entspricht 

Dela.  1.  Im  Altrumfinischen  findet  sich  dela  bisweilen 
zur  Bezeichnung  des  Urhebers  beim  Passivum:  fu  un  om 
trimesü  dela  Dumnezeu  (Gast  a.  20,  II,  6).  dela  omu 
nesocotita,  larä  dela  dumnedeu  aleasft  cinstita  (Cod*  Vor. 
145,  6). 

2.  Bisweilen  entspricht  dela  dem  deutschen  Genitiv:  dkr.: 
mirosul  de  la  tämäe  «»  der  Geruch  des  Weihrauchs  (Gast  b. 
345,  Trausilyania  22).  Ceata  noasträ  era  un  amestec  de  tinerf  de 
la  Drept,  de  la  Stiinte  fi  de  la  Litere  (Delayr.  Tmb.  5,  3). 

arom.:  ä^-l  duse  p^n  la  lakul  di-la  arslint  («B^bis  an 
die  Löwengmbe)  (Cod.  Dim.  108  b.  2). 

istr.:  tsespru  gntreb^t  a  lu  gospod^ru  dila  mor^  (»»  den 
Herrn  der  Mühle)  (Jb.  I,  128,  6).  ke  S^de  pre  gr9na  dela 
deblf  («=  auf  dem  Baumzweige)  (id.  154,  3). 

Dela  ist  hier  in  derselben  Weise  aufiraiassen,  wie  in  den 
unter  I  c)  angeführten  Beispielen,  d.  h.  de  betont  das  attributive. 


--     595     — 

la  das  lokale  Element  des  Ausdruckes,  nur  tritt  hier  das 
letztere  dem  erateren  gegenaber  stark  zurück,  ia  scheiut  mehr 
zur  lautlichen  Verstärkung  hinzugesetzt  worden  zu  sein. 

Dope  bat  bisweilen  die  Bedeutung  „wegen^:  ia-t-o  si 
du45eti-Te  de  pe  capul  meü  (=  geht  meinetwegen)  (Cr.  IV, 
79,  11). 

altrum.;  di  pre  aceaia  pohtescu  pre  dunmeata  sä  dai 
InTätaturä  oamenilor  dumnitale  aä  nu  treacä  preste  hotar  [~ 

daher  bitte  ich  auch )  (lorga,  Doc  I,  48,  11)  (a.  163  !)• 

Hier  ist  depe  =  „von  —  herab"  (s.  unter  I  a)  in  ganz 
ähnlicher  Weise  auf  kausales  Gebiet  übertragec  worden  wie 
sonst  das  einfache  de  ^  n^oii — her**.  Die  ursprüngliche, 
rein  orÜiche  Auffassung  „von  — herab *^  ist  wenigstens  in  dem 
ersten  Beispiel  noch  zu  erkennen. 

Despre  steht  sehr  häufig  bei  Ausdrücken  des  Sagens 
und  Denkens  zur  Bezeichnung  des  Gegenstandes,  über  den 
gesprochen,  resp.  geurteilt  wird;  deutsch:  über,  von:  Vred- 
nicia  despre  care  ai  dat  dovedi  =  die  Tüchtigkeit,  von 
der  du  Beweise  gegeben  hast  (M.  Sg.  3,  12).  vorbeac  despre 
dtnsul  ^  ich  spreche  über  ihn  (id.  4,  17),  despre  aceste 
nii  v€  pot  da  lämurire  (id,  39,  13), 

altrum.;  Despre  lau  da  ^l  de  folosul  psaltirii  (Gast  a. 
152,  LH,  1)  (Überschrift), 

Hierher  gehört  auch  despre  in  der  Verbindung  cit  despre 
^  „was  angeht",  „hinsichtlich";  cat  despre  inima 
mea  (Cr  IV,  18^  6),  Cat  despre  asta  naTeti  grije  ^  hin- 
sichtlich desaen  habt  keine  Sorge  (Gast  b.  356,  9), 

Neben  despre  finden  sich  in  diesem  Sinne  im  Neurumä- 
nischen auch  „de"  ^  r^on"  und  „aaupra''  =  „über".  Es 
wäre  nun  denkbar,  daß  despre  eine  in  mmanischer  Zeit  ent* 
stände ne  V^erschmelznog  dieser  beiden  Begriffe  darstellt. 
Andererseits  wäre  es  aber  auch  möglich,  daß  wir  despre  direkt 
an  das  Tulgärlateinische  desuper  anknüpfen  dürfen,  das  sich 
bereits  in  derselben  Verwendung  findet:  loquar  tecum  desuper 
propitiatorium  de  medio  duorum  Cherubim  (Exod*  25i  22j 
ValgO-    desuper  propitiatorio,    ibid.  (C.  Eamp,   die  zu- 


i 

\  ■ 

^ 

f: 


\F* 


I 


—     596     — 

BammengesetzteD  Prap.  im  Lat*,  Wölfflina  Archiv  V, 
den  übrigen  romanischen  Sprachen  findet  sich  aller« 
dieser  Verwendung  des  lat,  desuper  keine  Spiir  mel 

din.    1.    Din  bezeichnet  ein  PartitivverhEltjiis, 
nach  Zahlbegriffen;  deutsch:  von;  ai  din  cätt  la  i 
In  täcere  sä  üita  (Gast.  b.  321,  Cäntece  9).    Maico  d 
tei  I  toti  an  casä  |  toti  au  masä  (Doine,  392,  2)* 
dot  o  tese  mat  subtire  (Gast*  b.  262,  2),  H 

altrunLi  |ichieniädoioare-carii  dün  siitasi(Q3B 
istr:  verit  aw  t&ia  din  ie  (Jb,  Ij  154,  19). 
meglen.i  sfaka  din  voi=  jeder  von  euch  CJb-'V 
Din  hat  hier  dieselbe  Bedeutung  (=  „aus")  w 
unter  a)  und  b)   angegebenen  FaLlenn     Man  stellt 
Meogebegriff  als  eine  kompakte  Masse  vor,  aus  de 
ein  Teil  genommen  wird,  —  Dieses  din   drückt  daf 
Verhältnis  stärker  aus  als  das  einfache  de,  das  im  1 
oft  gar  nicht  übersetzt  wird,  —  Dintre  konkurriert 
Sinne  besonders  nach  Superlativen  mit  din. 

2.  Din  bezeichnet  das  Mittel;  deutsch;  mit: 
ciooan  lucrata  =  ganz  mit  dem  Hammer  gearbeitei 
29»j,  lovitä  6).  din  aripi  sa  sbor  |  colo  sä  cobor  (id 
apoi  plesni  din  coadä  (id,  354,  28).  Incretind  din  sf 
^=  mit  den  Augenbrauen  runzelnd  (Cr<  IV,  12^  7).  1 
care  trebuesc  tinuti  din  fräü  (id  26,  5).  elatina  di 
er  schüttelte  mit  dem  Kopfe  (id,  46,  26). 

altrum.:  aratä 'mi  credinta  ta  din  lucrurele  \ 
Vor.  120,8). 

arom.:  Si  din  gnrä  are  gritä  (Mostre  11,  101, 
Auch  in  dieser  instrumentalen  Verwendung  er 
din  aus  der  unter  I  a)  angegebenen  Grundbedeutung 
Die  in  Rede  stehende  Tätigkeit  wird  als  „aus'' 
treffenden  Gegenstände,  den  wir  als  Werkzeug  od 
ansehen,  hervorgehend  gedacht  Ganz  besonders  deui 
sich  dies  an  dem  in  den  Volksballaden  so  häufigen 
gurä  cuv6nta  , , . .  t=  und  aus  (mit)  dem  Munde  spn 
wo  auch  für  uns  beide  Auffassungen  möglich  sind;  \ 


ilm 


—     597    — 

viele  der  oben  gegebenen  Beispiele  lassen  die  Grundbedeutung 
„aus"  Doch  klar  erkennen. 

3.  Din  bezeichnet  den  inneren  oder  äußeren  Grund;  deutsch: 
aus,  wegen;  Din  aetä  pricinä  (=  aus  diesem  Grunde)  dän 
lat  si  ^es  ce  lera  s&  hile  sa  scoTärdat  (GasL  b.  261,  36).  numat 
din  astä  pricinä  (Cr.  IV,  33^  S)).  Din  causa  limpedit  aale 
convingerT,  c&  nimic  nu  e  aigur  (Delavr  Trüb,  10,  6).  0  diceam 
diu  glumä  (^  aus  Spaß)  (M.  8g.  69,  12),  din  lipaa  unei 
mtct  sume  de  bani  (id.  53,  18).  din  dispret  pentni  autori- 
tatea  Imperatului  (SL  Fr.  lU,  16,  6).  Sultanul  Murad  mi-a  dat 
Domnia  din  mila  lui  (id.  193,  23). 

Besonders  häufig  ist  kausales  din  imlstriscben:  din  sl^bo 
te  ai  manpt  =^  wegen  Schlechtem  (d.  h.  ohne  Grund)  hast  du 
dich  erzürnt  (Jb.  I,  148,  VUl  12).  Din  täästa  zbul^a  iTei 
voi  akord^i  ke  pote  verf  aus  (=  wegen  dieser  Zwiebel)  Rom- 
21,  252,34). 

Auch  diesem  kausalen  din  liegt  die  Bedeutung  ^aus''  zu 
Grunde;  den  Zustand  oder  die  Handlung,  die  das  Verbum 
ausdruckt,  stellt  man  sich,  ebenso  wie  im  Deutschen,  rein 
örtlich  als  „aus"*  irgend  einer  Person  oder  Sache  hervorgehend 
vor.  Wir  haben  es  also  mit  derselben  Vorstellung  zu  ton, 
wie  bei  de  in  kausalem  Sinnen  nur  ist  din  ^=  „aus**  natur- 
lich noch  präziser  als  das  einfache  de  ^  „von".  Bisweilen 
drückt  dieses  din  mehr  die  Folge  als  den  Grund  aus;  deutsch: 
auf,  zu  (besonders  in  der  modernen  Schriftsprache):  Din 
nenorocirea  pentru  mine  (^  zum  Unglück  für  mich)  trebuta 
s^l  mal  Jntre  In  cap  si  aceasta  patim&  (M.  Sg.  33,  13).  a  fost 
arestat  din  porunca  lui  Apaffi  (=  auf  Befehl  des  A.)  (SI. 
Fr,  111,361,28). 

Dintru  geht  seiner  Bedeutimg  nach  vollkommen  parallel 
mit  din,  ebenso  wie  das  einfache  intru  mit  In;  auch  das  Ver- 
hältnis von  dintru  zn  din  ist  dasselbe  wie  bei  intru  zu  In, 
printm  zu  prin« 

1.  Dintru  in  partitivem  Sinne  ^  von;  Ca  dintr'  o  sutÄ 
s  'o  mie  |  nimiai  una   mi  place  mie  (Doine,  216,  29), 

altrum.:  lepSdare  sufleteloru  nece  ünilu  nu  va  fl  ditotru 


P' 


s 


—    598    — 

Yoi  B»  das  Leben  keines  von   euch  wird  untergehen  (Cod. 
Vor.  89,  4). 

aront:  Un^  fj^at^  ditu  f^ate  |  tsi  sta  minduiig  »a  ein 
Mfidchen  unter  den  Madchen,  die  steht  nachdenklich  (Ar.U, 
180,  99, 1). 

2.  Dintru  in  instrumentalem  Sinne  «*  mit:  Mi  1  strftngea 
dintr  'un  därlog «»  er  zftgelte  ihn  mit  einem  Zdgel  (Gast  b. 
294,  79).  Cu  mändra  de-acum  un  an  |  dintr'  un  mftr  mS 
sSturam  (Doine.  344, 1).  ca  sSl  sborf  capul  dintr' o  singurä 
loyiturS  (Gr.  lY,  39,  22).  economul,  care  dipia  des  nmnai 
dintr'  un  ochitt  (Delavr.,  Paraz.  202,  3). 

arom.:  Ditu  ocTi  Ificrämändalnl  (Petr.  Mostre  II,  115, 33). 

3.  Dintru  in  kausalem  Sinne  «=»  aus,  wegen:  Dilntm  cät 
^'au  Indurata  Dumnedäu  ditntru  mila  sa  de  ne-au  d&ruitä, 
dfiruimü  f  i  noi  acestü  darü  limbii  rom&nef  ti  =»  wie  Gh>tt  fflch 
unserer  erbarmt  hat  aus  Onade  und  hat  uns  beschenkt,  so 
schenken  auch  wir  diese  Oabe  dem  rumfinischen  Volke  (BibL 
rom.  1,  139).  sä  nu  aibft  mi|ei  domniei  meale  nevoe  ditra 
oameni  dumitale  (lorga,  doc.  I,  48,  14  a.  1631). 

Besonders  h&ufig  im  Meglenitischen:  §i  paminil^  dintra 
tsj  si  kupires  ku  grgli  rubi  (V1.-M.,  77,  VI  16).  dintru  kj 
—  weil  (Jb.  V,  147,  3). 

Auch  hier  geht  dintru  bisweilen  schon  in  finale  Bedeutung 
über:  §i  ast^z  im  dunats  pa  dintru  un  mari  n^^t  (Jb.  V, 
147,  16).    dintru  kg sg  =  damit  (id.  13). 

Diese  übertragenen  Verwendungen  von  dintru  finden  ihre 
Erklärung  in  ganz  derselben  Weise  wie  die  von  din  (&  dort). 

ß)  Kompositionen  mit  pe. 
I.  In  örtlicher  und  zeitlicher  Verwendung. 

a)  pe  deutet  eine  Bewegung  in  der  Längsrichtong  an; 
deutsch:  „hin"  (auf — hin,  über— hin,  unter — hin,  neben— hin, 
in  —  hin  =  durch  u.  s.  w.). 

arom.:  ^i  a^i  sS  nu  cut^zä  ylr  'nu  8<  trieft  pe  aprope 
de  aclo  «=  und  so  wagt  keiner,  dort  in  der  Nahe  YorÄber- 


—    899    — 

zugeben  (Fetr  Mostre  II,  34,  3).    Fe  de-o  Iftture  de  sata  (»^ 
auf  der  einen  Seite   des  Dorfes   bin)  (Dotoe,  15,  ]).    am  ^ 

zbor Fe  deasupra  codrilor  =^  ich  werde  fiber  die 

Wälder  hin  fliegen  (Cr.  IV,  3e,  3), 

Haide  mändroT  aä  fagim  |  pre  din  sua  de  tintirim{^ 
laß  unfl  fliehen  oben  am  Kirchhof  entlang)  (Dome,  131,  6)* 

pe  la:  ei  stergöndu*£ie  cu  mäna  pe  la  ochi  ^^  indem  er 
mit  der  Hand  an  den  Äugen  binwischt  (Cr  IV,  86,  27)*  C&ndu-i 
treoe  pe  la  noi  |  pentni  unu  t  om  da  doi  (8trig  129,  3).  Ba 
eu  nii-9  din  teara  ta,  |  &kf  asa  nü-a  fosit  calea  [  pe  la  uaa 
maicä  ta  (Doine,  379>  4). 

arom.:  pi  la  poarta  ta  tritsj^am  ^^  an  deiner  Tür  ging 
ich  vorüber  (Ar- 11,  45,  0* 

pe  liDgä:  S  'aata  noapte  peladoi  |  am  trecut  pe  länga  voi 
(Doine,508,4).  Mai  bädita  buze  moi,  |  ia  seama  cand  yü  la  Doi  | 
ji  nu  da  pe  Unga  surS,  ]  ca  avem  o  cätea  sura  (Strig  160,  t), 

altrum.:  eine  va  trece  pre  länga  tine  (Minun.  sf  SLsoe, 
1550—80,  Gast.  a.  7,1),  |k 

arom.:  Teintsi  an  ni  al^gai  I  pri  niflg  amare  (Ar.  II,  90, 
QU,  1)  ^  5  Jahre  zog  ich  an  der  Meeresl^uate  umher. 

meglen.:  pri  lang^  vaIi  =  längB  des  Baches  (VL-M.  35). 

pe  sub:  au  |i  tnceput  a  curge  fumicele  cu  droaia  unele  pe 
sub  pämäDt,  altele  pe  deasupra  paraäntulni  (Cr.  IV,  74, 1). 
Bäte  Tgntul  pe  sub  fagi  (=  es  weht  der  Wind  unter  den 
Buchen  hin)  1  eu  me  dnc,  ra^ndrä  la  Blaj  (Dorne,  242,  1). 
treclnd  pe  sub  ferjeastra  leT  (M,  Sg.  51,  8). 

arom.:  callea  iu  va  se  treacÄ  hillu  de  amirä  este  pe  sum 
pnnte  (Fetr.  Mostre  II,  25,  7)» 

iatr.:  ai  tnergu  pri  au  okna  In  tses^ru  Jb.  I,  124  I,  2). 

prin  (»=«  in  —  bin)  =  durch:  örtlich:  dänd  däTalepan 
bungeturi  (=  durch  dichte  Wälder)  (Gast  b.  259,  1).    Dar  ' 

de  c^ud  m'am  Inauratj  |  cönd  umblu  seara  prin  sat  |  nu  mS 
teme  nime  'n  lume  (Doine,  375,  22).  Mai  merge  el  Inainte 
prin  codru  (Cr  IV,  17,27),  sä  dau  o  raTta  prin  oras  (M, 
Sg,31,22), 

Bisweilen  auch  für  zu  erwartendes  priatre  =  zwischen 


—    600    — 

hindurch:  ^i  zboarft  nevfizutä  prin  cinci  sträji  «»  und  sie 
fliegt  ungesehen  zwischen  den  5  Wächtern  hindurch  (Cr.  lY. 
76, 15). 

altrunL:  nici  oste  nu  va  tr^ce  pre  in  tara  vostrl 
(Leviticas,  Qast  a.  4,  5). 

arom.:  Amir&tt-lu  l|i  luS  unft  cale  prin  mesea  apadu- 
rilei  (Obed.-Bianu  1,  6).  Imna  prin  p^zare  =  er  ging  darcli 
(=  über)  den  Markt  (Ar.  H,  118,  3). 

meglen.:  prin  badzg  «»  durch  den  Kamin  hindurch 
(V1.-M.  35  u.  73,  27).  Tsista  xjom  z-dusi  prin  pjzjriSti 
<id.  67,  22). 

istr.:  prin  kp&s^  (Jb.  VI,  319). 

zeitlich:  Prin  tinipi  de  jale-amara  |  strämofii  se  Inptarft 
(Albina,  V,  577). 

altrum.:  |i  prin  toate  dilele  fntreba-se  intru  lnTa|&- 
türi  (Cod.  Vor.  3,  13). 

pr intru  (mit  prin  wechselnd  wie  Intru  mit  tn  (s.  dort), 
dintru  mit  din)  (eig.  «=  in  —  hin)  «==  durch:  trec&nd  printr' 
un  codru  tntunecos  (Oasi  b.  350,  28).  Badiu  'nalt  si  snb- 
tirel  I  par'  c&-i  tras  printr'  un  inel  (Dolne,  90,  1). 

arom.  (pitu,  pritu,  prit,  pit):  Gione  traptu  pitu  'nel, 
mult  e  mu^at  tiner  (Petr.  Mostre  II,  107,  II,  5).    Ta  89  n  trek 
pitu  amare  (=  übers  Meer)  (Ar.  IL,  49,  5). 

printre  —  zwischen  —  hin(durch):  m8  ult  printre 
gard  (Gr.  lY,  66,  10).  fi  o  iea  de-a  curmezi|:  |  de  la  nori 
cätre  soare  |  printre  lunS  ^i  luceferl  (Cr.  IV,  36,  14).  tre- 
c^nd  cu  dansa  printre  strfijf  (id.  78,  11).  defilarä  printre 
arme  (Vlach.  nuv.  204,  14). 

Lat.  per,  das  ursprünglich  die  Durchdringung  im  Baume 
ausdrückte,  schwächte  sich  im  Rumänischen  immer  mehr  zu 
der  Bedeutung  „  auf"  ab  (s.  unter  pe  I  b),  die  (Geltung  »durch" 
hat  es  nur  in  wenigen  Ausdrücken  bewahrt  (s.  unter  pe  I  a). 
in  den  weitaus  meisten  Fällen  wurde  es  zum  Ausdruck  dieser 
Beziehung  mit  tn  oder  intru  zusammengesetzt  (s.  oben).  Diese 
beiden  letztgenannten  Präpositionen  deuten  dabei  an,  daB  sich 
die  Handlung  des  Yerbums  im  Innern  TOn  etwas  abspielt-, 


—    601    — 

während  per  —  pe  in  diesen  Kompositionen  prin  und  printru 
allniahlich  soweit  verblaßte',  daß  es  nur  noch  die  Bewegung 
in  der  Längsrichtung  von  etwas  (deutsch:  „hin")  bezeichnet. 
Nach  dem  Muster  von  prin  (printru),  das  bereits  urrumänisch 
sein  muß,  da  es  in  allen  Dialekten  vorkonmit,  wurden  dann 
andere  Zusammensetzungen  mit  pe  gebildet  und  zwar  immer, 
um  anzudeuten,  daß  eine  Bewegung  in  der  Längsrichtung 
stattfindet  Im  Dkr.  sind  diese  Bildungen  wiederum  viel 
häufiger  als  in  den  Dialekten.  Im  Lateinischen  finden  sich 
außer  einem,  yielleicht  verderbten  Beleg  fftr  „perin"  keine 
mit  per  zusammengesetzten  Präpositionen:  BrunihUdis  vero 
saepius  ac  perin  die  (den  Tag  hindurch,  den  Tag  über) 
peiora  subministrabat  (Gest.  Franc.  38,  in  Wölfflins  Archiv  V 
366).  Auch  die  romanischen  Sprachen  bieten  nur  ganz  ge- 
legentlich etwas  Vergleichbares: 

ital.:  una  voce  per  entro  le  fronde  gridä  (Dante,  Purg. 
22,  140). 

span.:  habiendo  andado  una  buena  pieza  por  entre 
aquellos  castafios  »^  nachdem  er  ein  gutes  Stuck  zwischen 
jenen  Kastanien  hingegangen  war  (Don  Quij.  1,  20)  (M.-L., 
6r.  III,  162). 

b)  Pe  druckt  eine  unbestimmte,  nicht  näher  bezeichnete 
Lage  oder  Bewegung  in  Baum  oder  Zeit  aus;  deutsch:  umher, 
herum,  ungefähr:  Si  cänd  pe  aproape  de  miezul  noptel 
SS  und  ab  es  so  nahe  um  Mittemacht  herum  ist . . .  (Cr.  IV,  76, 14). 

lar  de-o  fi  vre-o  reutate  |  ti  o  trimite,  bade,  carte  |  pe  de 
laturi,  I  cu  banaturi  |  In  mijloc,  |  parä  de  foc  (Dolne,  298,  8). 

altrunt:  iaste  pre  djea  mai  sujs  de  ^tova  =  er  ist 
oberhalb  (herum)  von  Z.  (lorga,  Doc.  I,  39,  Nr.  53,  7;  a.  1621). 

Pe  de-asupra  ochilor  |  Trasä-i  peana  corbilor  (=  so 
über  den  Augen)  (Dolne,  300,  12).  -gj 

Pre  de  cfiträ  (wohl  nur  altrumänisch):  ca  Ofte  no  sänto  Vo^ 

pre  de  cät&  Suceava  »>  denn  es  sind  keine  Heere  um  S. 
herum  (lorga,  Doc.  I,  33,  2;  a.  1616);  dann  auch  übertragen  —  j{ 

um:  sä  n   avet  nece  o  gr^e  pre  de  cäträ  noi  <=  daß  ihr  ^)f 

keine  Sorge  um  uns  habt  (id.  32,  42,  5).  |1 

■jili 

i 


1 


—    602    — 

Fe  din  Job  de  ochifori  |  romeorii  obräjori  |  stnt  toemai 
ca  doi  bujori  (Dolne,  300,  14). 

Asearft  'nsSrai  pe  coastfi  |  pe  din  sus  de  oasa  noasti 
(id.  142,  3). 

Pficnrariu  fuer&  rSsfuerä,  pe  dincolo  de  mare  (Gbsib. 
343,  Desctotec  de  obrintit,  1)  («»irgendwo  jenseits  des  Meeres). 

cu  gluga  pe  dupä  gät  =  mit  der  Kapuze  so  hinten  am 
Halse  herum  (Gast  b.  258,  24).  El  cineazä  dupä  masi  |  eu 
suspin  pe  dupft  oasä!  (Dome,  379,  30).  Bate-mfi,  Doamne, 
sä  zac  I  Intr'o  grftdinä  cu  mac  |  cu  mändra  pe  dupft  cap; 
(Strig.  82, 1). 

pe  la:  örtlich:  ^i  1'  li  purta  cu  nasul  pe  la  soare  »* 
und  du  wirst  ihn  mit  der  Nase  ungeföhr  nach  der  Sonne  za 
tragen  (Cr.  IV,  58,  23).  ce  yä  stau  cam  pe  la  spate  »  die 
euch  ungefähr  im  Rucken  stehen  (Gast  b.  316,  1).  s'  ajungem 
|i  sä  nseram  |  pe  la  bordeele  noastre  (id.  337,  58). 

altrum.:  multu  am  Inblat  pre  la  toti  basii  ^  la  cei 
veziri  (lorga,  Doc.  I,  13,  10,  Anf.  17.  Jahrb.). 

arom.:  di  li  mpprtsyts  pi  la  b9rbats  (Ar.U,  144,  84,  IS). 

zeitlich:  Clnd  or  fost  pä  la  luyat,  |  pfirintt  nu  i-o 
läsat  (Alezici,  Texte  173,  5).  pe  la  cäntatul  coco^or^»um 
den  Hahnenschrei  (Cr.  IV,  39,  4).  |i  pe  la  rftsftrit  de  soare  j 
a  plecat  la  yänfitoare  (Gast  b.  311,  II,  13).  C&ndu-i  pe  la 
Boboteazft  («s  wenn  es  um  das  Dreikönigsfest  ist)  (Sirig.  279, 3). 
S'  asta  noapte  pe  la  doi  (»»  gegen  2  Uhr)  |  am  trecut  pe  I&nga 
voi  (Doöie,  508,  4). 

pe  lingä:  efia  pe  a£arä  si  pl&ngea,  ca  o  nebunä  pe  länga 
päreti  (»s  und  weinte  wie  eine  Wahnsinnige  an  den  Wanden 
umher)  (Vlach.  nuy.  14,  14).  Cftte  flori  pe  längä  mine  (<» 
so  um  mich  herum)  |  toate  yreau  a  mea  peire  (Dofiie,  406,  5). 

arom.:  fum^alile  yrem  s  le  adutsän  |  pi  nilig^  noi  s 
UQ  le  ayem  (Ar.  II,  166,  96,  36). 

pe  sub:  Cftte  sate-s  pe  sub  munte  |  ca  la  noi  nu-s  fete 
multe  (Gast  b.  309,  1).  ear  pe  sub  noi  se  fiacose  baitft "» 
aber  (so)  unter  uns  entstand  eine  Pffttze  (Cofb.,  Vers.  ^  Proza, 
113,  11). 


—     603    — 

ftrom,:  pri  sum  lok  askumt^  (Jb.  U,  190,  84). 

prin:  ÖTtllcb:  incepe  a  bojläi  prin  toatd  buruienele 
^=  er  beginnt  in  allen  Kräutern  herumzutappen  (Cr,  IV,  77,  8). 
vestit  prin  meleagurile  aceste  ^=  berobiut  in  dieser  Gegend 
berom  (id.  61,  23).  Da  ce  cauti  prin  acest«  locnri  (id. 
350,  32). 

altrum.:  se  nu  fnTStn  Yoi  Iimtre  oameri  »i  priln  caae 
(Cod.  Vor.  19,  6).  ei  au  luat  tot  prin  mnnte  (=  in  den 
Bergen  umher)  pänS  la  Campul  Lungu  (lorga,  Doc.  1,  5,  X,  6), 

arom.:  Tai  gaste  aistg  di  tine,  tsi  te  avdu  tm  tute  dzy- 
ieJe  aurfi  prin  p^zare  (Ar.  II,  Nr.  It8,  7). 

meglen.:  Aclfä  |  paetü  {  pri  cupaciü  |  gTingär  |  mlogär  | 
prin  p  im  int  (Papah.,  Rom.  din  Megl.  11). 

zeitlich:  s*a  urdit  prin  luna  August  In  mijloeul  lefe- 
giilor  inTiuBi  o  ooDJuratiune  (Sl.  Fr  III,  285,  12).  Of  tirea  polo- 
nezä  va  pomi  cam  prin  August  (id.  362,  16). 

printru  (mit  prin  der  Bedeutung  nach  übereinstimmend): 

altr;  si  sä  jurarä,  cum  nu  numai  tnaintea  judecatorilor^ 
Bau  cätra  alti  oameni,  ce  ai  pentr'  alte  tärT  cä  1  vor  mär* 
tariai  cum  iaste  Vasilicu  nepotul  lui  Dispot  (ca.  1650,  Gast  a* 
144,  25). 

arom,:  fi6-fiä  prit  tufiS;  dzeu-dzeu  prit  g^b^eii  (Jb.  II, 
187,  49). 

printre:  Cä-i  un  popä  printre  bradi  ]  si  cununa  nentre- 
bati  (DoTne,  131,  21).  Printre  ite  |i  fustei  |  paste-o  scroafS 
cn  purcei  (Strig.  204,  11). 

altrum.:  ^i  printre  aceaate  dealure  multe,  sänt  säte 
dease  ^i  fmmoase  (1660—80,  Gast.  a.  178,  18). 

Zur  Erklärung  dieser  Verwendung  Ton  rumänisch  ^pe** 
ist  am  besten  Tom  Lateinischen  auszugehen.  In  Sätscen  wie: 
Per  berbas  aggestumque  frondem  proatraverunt  corpora 
*=  überall  auf  dem  Rasen  und  dem  anfgebäuften  Laube 
legten  sie  die  Leichname  nieder  (Gurt.  8,  10,  17).  UnguentatuJi 
per  vias,  ignave  incedis  (Plaut  Caz.  %  3,  24)  (bei  Forcell.  IV, 
569)  bat  das  lateinische  per  die  doppelte  Funktion,  die  Ver- 
breitung im  Räume  (überall)  und  die  Lage  an  einem  Orte 


—    604    — 

(auf)  zu  bezeichnen«  Im  Rnmänischen  Iiat  sich  per  «■  pe,  pre 
in  dieser  prägnanten  Bedeutung  nicht  gehalten«  Entweder 
hat  es  den  Begriff  der  Verbreitung  yerloren  und  bezeichnet 
einfach  die  Lage  an  einem  Orte  (s.  unter  „pe**  I  b)  oder  es 
tritt  vor  Adyerbien  (s.  unter  pe  I  c)  und  Präpositionen  des 
Ortes,  um  deren  Bedeutung  zu  yerallgemeinem,  ihnen  den 
Begriff  der  Verbreitung  in  Raum  oder  Zeit  hinzuzuf&gen. 
Wenn  nun  aber  die  Lage  oder  Bewegung  eines  Oegenstandes 
ganz  allgemein,  mit  der  Möglichkeit  der  Verbreitung  (au^  in, 
ftber,  unter,  neben  u.  s.  w.  etwas  anderem)  angegeben  wird,  so 
ist  es  unbestimmt,  wo  dieser  Gegenstand  sich  eigentlich 
befindet  Auf  diese  Weise  kam  pe  dazu',  vor  allem  eine  un- 
bestimmte, nicht  naher  definierte  läge  oder  Bewegung  in 
Raum  oder  Zeit,  anzudeuten.  Feste  Regeln  lassen  sich  hier 
schwer  geben;  in  vielen  der  angefahrten  Beispiele  vertritt  pe 
noch  mehr  den  Begriff  der  Verbreitung,  in  den  weitaus  meisten 
dagegen  den  Begriff  des  Unbestimmten;  in  wieder  anderen 
hat  es  sich,  wie  es  scheint,  soweit  abgeschwächt,  daß  es  nur 
den  adverbialen  Charakter  der  betreffenden  Wendungen  hervor- 
hebt; dahin  gehören  etwa  Falle  wie  die  folgenden: 

pe  de:  Pe  de-o  parte  '^  vine  a  ride  |i  pe  de  alta  i^ 
vine  a  1  plinge  (Cr.  IV,  56»  9).  Da  de  cinS  ce-mi  vei  da?  , 
—  castraveti  ca  iedera,  |  pe  de  asupra  («»  obendrein)  gurita, 
I  sä-ti  direagft  inima!  (Dome,  165,  7). 

pe  diu:  tncuind  u|a  pe  din  afarä  -=»  die  Tür  von 
außen  verschließend  (Cr.  IV,  62,  24).  Arestantil  din  camerile 
de  sus  se  InchiserS  pe  din  läuntru  (Vlach.  nuv.  194,  10). 

pe  llngä:  Pe  längä  lemnul  uscat,  arde  ffi  cel  verde 
B=  neben  trockenem  Holz  brennt  auch  das  grüne  (6ast.b.373,i9)* 

altrum.:  cursemu  pre  Ifttngft  u  ostrovü««  wir  kamen 
an  eine  Insel  (Cod.  Vor.  87,  6). 

arom.:  Sedzü  pe  niflg9  n9S9  *»  er  setzte  sich  neben  sie 
(Ar.  U,  254,  4). 

pe  sub:  am  aflat  pe  subt  minä  ■»  ich  habe  unter  der 
Hand  erfahren  (M.  Sg.  9,  4).  Vai  de  mine,  ce-am  ajuns!  |  sS 
iiibesc  pe  sub  ascuns!  (Dome  179,  1). 


—    605    — 

Im  Lateinischen  oder  den  romanischen  Sprachen  kommen 
hierher  gehörige  Zosammensetzmigen  mit  per  nicht  vor;  die 
Entwickelang  dieses  (Gebrauches  fallt  also  ganz  in  romanische 
Zeit.  Im  Aromunischen  und  Altrumänischen  sind  die  Beispiele 
noch  verhältnismäßig  selten;  am  beliebtesten  sind  die  Kom- 
positionen mit  pe  in  der  dakorum.  Volkssprache, 

IL  Zusammensetzungen  mit  pe  in  übertragener  Bedeutung. 

Pe  llngä. 

1.  Pe  llngä  steht  im  Sinne  des  deutschen  „nächst"  zur 

Bezeichnung  der  Reihenfolge:  fortär^ta ,  care  pe  längä 

Hust  ji  Oradea-Mare  forma  cheia  Ardelulul »»  die  Festung 
....  die  nächst  Hust  und  Großwardein  den  Schlüssel  Sieben^ 
bürgens  büdete  (Sl.  Fr.  III,  33,  3). 

2.  Pe  llngä  steht  im  Sinne  des  deutschen  außer:  pe 
längä  aceste  se  mai  adäugä  =»  außerdem  kam  noch  hinzu 

(SL  Fr.  in,  112,  3).   promitändu-i  pe  längä  Domnia 

Iu7  de  acum  fi  pe  a  Munteniei  (id;  155,  7). 

altrum.:  pre  lälngä  mine  Dumnezei  strüni  sä  n'  aibi 
SB  du  sollst  keine  andern  Götter  neben  mir  haben  (Gast  a. 
33,  1,  Paliea  de  Oräftia  1581). 

Auch  diesem  Gebrauche  (sub  1  u.  2)  liegt  die  Vorstellung 
der  Lage  neben  etwas  zu  Grunde,  woraus  sich  ohne  weiteres 
die  Bedeutungen  „nächst,  neben,  außer"  ergeben. 

3.  Pe  llngä  entspricht  dem  deutschen  „trotz"  oder  „bei" 
in  konzessivem  Sinne:  ^i  ace^tea  furä  plinl  de  osteneli,  ji  trudä 
cu  lucru  mult  pe  längä  hranä  putinä  ^i  slabä  (»»  mit 
Tiel  Arbeit  bei  wenig  und  schlechter  Nahrung)  (Gast  b.  358, 26). 
pe  längä  toatä  insistenta  amicilor  sei  politici,  n  a  yrut 
sS  reyinä  asnpra  abzicerii  sale  (»« trotz  alles  Drängens  seiner 
Freunde)  (Trib.  Nr.  46,  1902,  1,  4  Sp.).  cä  Sultanulul  It  este 
pe  längä  tötä  bunä-vointa  (<=3  selbst  beim  besten  Willen) 
peste  putinta  sä  cumpere  pacea  cedänd  töri  (SL  Fr.  III,  415,26). 

Pellngä  bezeichnete  auch  hier  ursprünglich  nur,  daß  zwei 
Umstände  neben  einander  vorhanden  sind;  da  dieselben  ihret 


—    606    — 

Bedeutcmg  nach  einander  entgegengesetzt  sind,  äberoetzen 
wir  im  Deutschen  pe  lingft  hier  mit  dem  adyersatiTen  „trotE'*. 

Prin  (Printru). 

Prin  (printra)  wird  instramental  gebraucht  und  zwar 
sowohl  zur  Bezeichnung  des  Mittek  und  Werkzeugs  wie  der 
Mittelsperson;  deutsch:  durch:  Gerilä  potopea  pädurile  prin 
ardere  (Gr.  17,  59,  2).  Atunci  ei  tndatä  o  domolira  prin 
cele-lalte  vorbe  ce  ii  tnyätase  ^farpele  (Gast  b.  356,  3).  ironia 
celor  -lalti  bine  tnteles,  cS  sfär^ia  prin  a'l  tntreba  .... 
(Delayr.  Trüb.  11,  8).  sä  te  conving  prin  mii  fi  mii  de 
dovedi  (M.  Sg.  2,  25).  a  preferit  a  sili  Glujul  prin  bombar- 
dare,  prin  mine  |i  prin  föme  sä  capituleze  (SL  Fr.  III,  73, 12). 
prin  steaoa  ce  s'au  arätat  |ii  prin  Proroci  in^leg&nd  ca 
s  au  näscut  tmpäratul  Hristos  (Gast.  b.  332,  Irozi  7. 

Ebenso  printru:  numai  dacä,  printr'o  minune,  nar  fi 

fost  a^a  de  Ingustä (Delayr.  Paraz.  206,  2).    o  primejdie 

care  numai  prin  o  pace  seriösä  ori  printr'  un  seriös  rSs- 
boiü  ar  put£  sä  fie  inläturatä  (Sl.  Fr.  III,  590,  24).  dacä  apot 
diu  Yiena  i  s'ar  fi  cerut  fie  chiar  |i  numai  printr'  un  copil 
de  ^igan  (id.  9,  12). 

altrum.:  prin:  Darä  pren  ce  («=  wodurch)  ne  yämu 
ispäsi?  —  Pre  tn  credinta  dereaptä  (Catechismul  1607, 
Gast  a.  40,  35).  sä  nu  sä  opreascä  oamenii  si  negu^torii 
prin  pari  |i  pren  datorii  (lorga,  Doc.  I,  2,  lY,  5). 

printru:  pentr'  aceasta  simtü  arätati  feciorii  lui  Dum- 
nezeu  f i  feciorii  yräjma^ului «»  dadurch  sind  offenbar  gemacht 
die  Kinder  Gottes  und  die  Kinder  des  Teufels  (ca.  1618,  Gast  a. 
49,  6).  de  ya  peri  numai  o  oae  pentrn  negrija  ta  (»«  durch 
deine  Sorglosigkeit)  (Bianu-Hodof,  BibL  I,  112, 1)  (1640). 

Anm.  1.  Aus  der  instrumentalen  Auffassung  heraus  er- 
klärt sich  auch  prin  (printru)  in  folgenden  Fällen: 

a)  in  modaler  Verwendung:  a  scäpat  prin  ascuns  din 
Ardel  {^=  er  entkam  h6in:!lich  aus  Siebenbürgen  (SL  Fr.  III, 
18,  19).  Ibrahim-Pafa  a  piimit,  prin  urmare  (■«  fol^ch), 
insärcinarea (id.  49,  11). 


—    607    — 

ß)  pTiii(tra)  zur  BezeichDung  des  Urhebers  (beim  Passivuin) 
im  Altromanischen:  unulü  cu  tatdlä,  pre  In  eine  toate  fikmte 
sänt  (Cor.,  Caz.  1580(?),  Oasi  a.  32,  Glanbeasbekemitiiis,  6). 
Nu  ^ti  oä  velnrerea  mare  eu  m&  rSstigDÜu  priintru  Toi 
(b»  daß  ich  Ton  euch  gekreuzigt  wurde)  (Gast  a.  9,  6;  Leg. 
Dumin.  1550—1600). 

Anm.  2.  Als  bloße  Verstärkung  des  einfachen  pi  ist 
dagegen  das  aromunische  pitu  «=  „bei^  nach  Verben  des 
Schworens  aufzufassen: 

Pitu  cosite  'li  m  'am  giuratä  «=  bei  ihren  Zöpfen  habe 
ich  geschworen  (Petr.  Mostre  U,  109,  7). 

Dieses  instrumentale  prin  (printru)  erklart  sich  leicht  aus 
der  unter  I  a)  angefahrten  Bedeutung  =  durch.  Das  Mittel 
wird  ab  ein  Gegenstand  vorgestellt,  durch  den  man  hindurch- 
gehen muß,  um  zu  seinem  Ziele  zu  gelangen.  Dieselbe  Vor- 
stellung findet  sich  im  Lateinischen  und  Romanischen,  die 
ganz  entsprechend  hier  das  einfache  per  verwenden: 

lat  statuerunt  injurias  per  vos  ulcisci,  Cic;  per  indutias 
spem  pacis  deeipere  alqm.,  Cic;  per  senatus  consultum,  Sali. 
(Georges  II,  1387)  (cf.  Diez,  Gram.  891,  M.-L.,  Gram.  III,  504). 

/)  Anhang. 

Lebendige  Kompositionen,  deren  erstes  Glied  nicht  „de*^ 
oder  „pe"  ist 

1.  fn  de  im  Sinne  des  deutschen  „unter  einander^, 
„gegenseitig**:  Ne-am  pricepe  'n  de  not  plänsul,  —  |  eu  — 
cenusS,  el  —  scantei,  (Vlach.,  Poez.  10, 1).  Si  din  ceasul  acela, 
aü  Inceput  a  vorbi  ele  in  de  ele  (Cr.  IV,  26,  19). 

altrum.:  cfi  aveti  pärä  in  de  voi  (Gast.  a.  46,  33).  cat 
ei  in  de  et  sau  fost'taind  (Gast.  a.  192,  11). 

in  bezeichnet  hier  die  Bewegung  „nach  —  hin**,  de  die 
Bewegung  »▼on  —  her**,  beide  sind  mechanisch  nebeneinander 
gestellt,  um  den  Begriff  des  Gegenseitigen  anschaulich  wieder* 
zageben.  Im  Lateinischen  und  in  den  anderen  romanischen 
Sprachen  ist  eine  solche  Zusammenstellung  unmöglich. 


—    608    — 

2.  tnspre  zur  Bezeichnung  der  Biohtung  oder  Bewegung 
auf  etwas  zu;  deutsoh;  anf — zu: 

a)  örtlich:  care  venea  Inspre  dfensii  (Cr.  IV,  42, 27).  si 
Incepura  a  säri  tnspre  mine  (Delavr.  Trüb.  26,  4).  linia  i^ 
demarcatiune  tnspre  Moldova  si  Muntenia  (SL  Fr.  III, 
638,11).' 

b)  zeitlich;  deutsch:  „gegen":  deatrimitepesoliimuntoiir 
tnspre  sftrsitul  campaniei  acasä  (SL  Fr.  III,  463, 15). 

tnspre  hat  nichts  zu  tun  mit  der  bereits  im  Yolgsr- 
lateinischen  yorkommenden  Zusammensetzung  insaper;  qbs 
vorgesetzte  In  hat  nur  den  Zweck,  eine  Verstärkung  des  Be- 
griffes „nach  —  hin**  herbeizuführen. 

Anm.  Eine  ganz  ähnliche  Bedeutung  hat  das  nachgesetste 
„tn"  in  der  nur  aromunisch  vorkommenden  Zusammensetzosg 
kjtrg  n=  „nach,  zu**;  kg  mine  va  s  fiig  kjtrg  n  Sjrunj 
«s  ziehe  jetzt  nach  Saloniki  (Ar.  II,  78,  Nr.  49, 14). 


III.  Kapitel.    Die  uneigentlichen  Prilpositionen. 

Afarä  de  (din). 

I.   Örtlich: 

a)  Afarä  din  (de)  bezeichnet  die  Bewegung  aus  etwas 
hinaus;  deutsch:  aus  (von)  —  hinaus;  auf  die  Frage  wohin?: 
Ean  esi  maic',  afar'  din  sat  (Dome,  65,  1).  afara  de  aici, 
numai  decät!  «»  sogleich  hinaus  von  hier  (M.  Sg.  10, 27). 

Mit  ptnä  verbunden:  petrecu  pe  corb  päna  afarä  din 
ora^  (Ispir.  Leg.  116,  29), 

altrum.:  cela  carele  pre  voi  amü  adus  afara  de  in 
Eghipet  (Qasi  a.  4,  16,  Levii  1560). 

arom.:  Ofiela  hrisusitg  iSf  n^fparg  de  amare  (Ar.  11$ 
232,  13). 

istr.:  ontrat  li  sa  prospit  tsikini  f^r^  din  hrast  (Jb.  I, 
132,  Nr.  m,  6). 

b)  Afarfi  de  (din)  bezeichnet  die  Lage  außerhalb  von 
etwas;   deutsch:  außerhalb;   auf  die  Frage  wo?:  hotärfrile 


—    609    — 

luate  afarä  de  Seraiü  (Sl.  Fr.  lU,  204,  17).  ca  In  timpul 
acesta  fostol  Voiyod  sä  se  stabilescä  afarä  de  Viena  (= 
Aufenthalt  nehmen  außerhalb  Wiens)  (id.  329,  14).  li  sä  cade 
a  sä  socoti  de  pe  atuncea  afarä  din  lume  (=  sich  als  außer- 
halb der  Welt  stehend  anzusehen)  (Gast.  b.  151,  letzte  Z.). 

Afarä  entspricht  hier  ziemlich  genau  dem  lateinischen 
foras,  das  in  derselben  Bedeutung  auf  die  Frage  wo?  oder 
wohin?,  sowohl  als  Adverbium,  wie  als  Präposition  verwendet 
wurde:  zu  a):  i  foras  mulier  (Plaut.  Cas.  2,  2,  34);  ire  hinc 
foras,  Ter.;  ea  tabes  si  foras  corporis  prospiravit  (Apul. 
apol.  50). 

zu  b):  foras  cenare  (Petr.  30,  3);  extra  urbem  et  foras 
portam  loca  sunt,  in  quibus  truncantur  capita  damnatorum 
(Hier,  in  Matth.  27,  33)  (bei  Georges  I,  2609).  —  In  vulgär- 
lateinischer Zeit  trat  an  Stelle  des  einfachen  foras  die  Zu- 
sammensetzung adforas,  worauf  das  rumänische  afarä  (de)  der 
Form  nach  zurückgeht.  Die  romanischen  Sprachen  haben  das 
einfache  foras  oder  andere  Komposita  desselben  in  derselben 
Bedeutung  bewahrt  (cf.  Diez,  Gr.  899;  M.-L.,  Gr.  III,  295). 

Anm.  Afarä  wird  bald  durch  de,  bald  durch  din  mit 
dem  folgenden  Worte  verknüpft.  Beide  scheiden  sich  in  der 
Weise,  daß  der  Regel  nach  de  vor  Adverbien  und  in  den 
Fällen  unter  b),  din  nur  in  den  Fällen  unter  a)  (außer  vor 
Adverbien)  steht  Ausnahmen  kommen  aber  auf  beiden  Seiten 
vor,  man  sagt  auch:  eu  sint  afarä  din  oras  (neben:  eu  sint 
afarä  de  ora§)  (Scurtu),  andererseits  begegnet  afarä  de  für 
afarä  din  bisweilen  im  Altrumänischen:  petrecändu  noi  toti 
cu  muerile  Efi  cu  feciorii  päinrä  afarä  de  cetate  (Cod.  Vor. 
25,  8).  Der  Unterschied  zwischen  din  und  de  ist  klar;  dieses 
bezeichnet  nur  die  Trennung  „von  etwas  weg*'  entsprechend 
der  unter  „de"  la  behandelten  Verwendung,  jenes  die  Be- 
wegung „aus  etwas  hinaus^  (s.  unter  den  Kompositionen  mit 
de,  I  a).  Im  älteren  Rumänischen  kommt  auch  afara  a  Gen. 
nach  Art  der  substantivischen  Präpositionen  vor:  goniiä  'i 
päinrä  afara  cetatiloru  (Cod.  Vor.  76,  4).  carii  acmu  ardea 
fi  präda  tärgul  de  den  afara  cetätii  (Gast.  a.  361,  6.  Z.  v.  u.). 

W  Big  and.  10.  Jahresbericbt.  39 


—    610    — 

U.  In  übertragener  Bedeutung: 

a)  AfarS  din  bezeichnet  in  wenigen  festen  Wendungen 
das  Überschreiten  eines  Maßes;  deutsch:  über:  visitatoru  s'au 
sporit  afarä  din  cale  =  die  Besucher  haben  sich  über- 
mäßig vermehrt  (SL  Fr.  III,  268,  24). 

care  mS  supSrfi  afarä  din  seamln  =  der  mich  über- 
maßig (ohne  Gleichen)  ärgert  (M.  Sg.  16,  7). 

b)  Afarä  de  steht  im  Sinne  des  deutschen  „außer",  lat. 
praeter:  |i  mai  erau  afarä  de  ac^sta  täiate  |i  drumurile 
(=  außerdem)  (SL  Fr.  III,  7,  13).  ce  are,  afarä  de  palaturi, 
sute  de  mii  de  taleri  iu  bani  gata  (M.  Sg.  86,  1). 

altrum.:  fi  nemieä  afarä  uu  gräescü  de  cealiea  ce 
prorocii  diserä  (Cod.  Vor.  79,  12). 

Dieser  übertragenen  Verwendung  liegt  die  örtliche  Vor- 
stellung „  außerhalb  **  zu  Grunde.  —  In  derselben  übertragenen 
Bedeutung  findet  sich  foras  in  den  romanischen  Spracheh 
(cf.  Diez,  Gr.  899). 

Afarä  de  kommt  also  in  folgenden  Bedeutungen  vor: 

1.  SS  aus  —  hinaus;  daraus  hervorgegangen: 

=  über  (vom  Maß); 

2.  =  außerhalb;  daraus  hervorgegangen: 

«3  außer  (Ausnahme). 

Aläturea  cu  (aläturi  cu.  aläture  de). 

I.  örtlich:  Aläturea  bezeichnet  die  Lage  oder  Bewegung 
neben  etwas;  deutsch:  neben,  neben  —  her,  neben  —  vor- 
bei: Apol  ^edu  aläturea  cu  la  si  ncepu  a  dolni  Incet  (ConT. 
lit.  IV,  309).  |i  furca  cädu  aläturi  cu  ea  (Emin.  nuv.  9,  9). 
Arä  badea  cu  plugul  |  Aläturea  cu  drumul  (Strig.  63,  1). 
Eu  m§  duc  urttul  vine  |  tot  aläturea  cu  mine  (Do&ie,  447,  5). 

altrum.:  luat-au  pre  domnü  de  o  parte,  aläturea  cu 
dänsulü  mergändü  (Gast.  a.  334,  22,  Grecean,  Cronica,  1700). 

II.  Übertragen;  und  zwar: 

a)  im  Sinne  des  deutschen  neben  =  außer:  Corespondenta 
urmatä  prin  ascuns,  pe  care  Curtea  din  Viena  o  fntretinea 
aläturea  cu  cea  oficialä  cu  Lordul  Paget (Sl. Fr.  111,5781, 25). 


—    611    — 

b)  in  Wendungen  wie:  alfiturea  cu  adeySrul  n»  die 
Wahrheit  mngehend,  von  der  W.  abweichend,  alftkirea  cu 
dreptaiea,  aläturea  cu  legea  u.  s.  w. 

Or  putea  gäsi  epistolele  mele  proste,  nesärate  . . . . ,  dar 
nici  odatä  nu  le  vor  putea  g&si  aläturi  cu  adeySral  (Ghica 
90  bei  Tiktin,  Wb.  41). 

Aläturea  (aläturi)  in  örtlichem  Sinne  entspricht  der  Fonn 
und  der  Bedeutung  nach  einem  lateinischen  „ad  +  latera  (lateri)" 
=  „an  der  Seite^,  das  bereits  im  nachklassischen  Latein  im 
Sinne  Ton  „neben**  verwendet  werden  konnte: 

ad  latera  cauri  circias  flare  solet  (Yitr.  1,  6,  10  im 
Thes.  L  lat  I,  525);  auch  andere  romanische  Sprachen  knüpfen 
zum  Ausdruck  des  Begriffes  „neben**  in  ganz  ähnlicher  Weise 
an  das  lai  latus  an: 

.  altfrz.:  deleiz  le  roi  s'est  BoUan  acontez  (BoL  1227, 
bei  M.-L^  Gr.  III,  162);  lez  le  costet  (BoL  41).  prov.:  latz  e 
latz  de  Jaufre  (Diez,  Gr.  894). 

In  den  beiden  unter  11  angefahrten  übertragenen  Ver- 
wendungen ist  die  Grundbedeutung  „neben**  noch  klar  zu  er- 
kennen: In  dem  Falle  unter  a)  stellt  man  sich  vor,  daß  die 
beiden  Korrespondenzen  wirklich  orÜich  „neben**  einander 
an  ihr  Ziel  befördert  werden,  und  den  unter  b)  gegebenen 
Beispielen  liegt  der  (euphemistische)  Gedanke  zu  Grunde,  daß 
alles,  was  sich  „neben^  der  Wahrheit,  dem  Becht,  dem 
Gesetz  befindet,  sich  nicht  mit  diesen  Dingen  deckt,  nichts 
mit  ihnen  zu  tun  hai 

Anm.  1.  Die  Präposition  cn,  durch  die  aläturea  mit  dem 
folgenden  Worte  verknüpft  wird,  hebt  hervor,  daß  zwischen 
den  (beiden)  in  Bede  stehenden  Dingen  oder  Personen  eine 
gewisse  Gemeinschaft,  ein  Zusammensein  besteht;  dies  tritt 
besonders  hervor,  wenn  cu  von  aläturea  getrennt  vor  dem 
regierten  Worte  steht,  wie  dies  bisweilen  in  Volksliedern  vor- 
kommt: A  cädut  si  mäna  mea  |  cu  pägän  aläturea!  .... 
(Baiada:  Movüa  lut  Burcel,  bei  Hasdeu,  Et  m.  rom.  691). 
Ähzilich  wie  bei  fata  (cu)  kann  an  Stelle  des  cu  auch  de  treten: 

39* 


—    612    — 

Aläturi  de  versui^ile  lui  Alezandri  s&nt  alte  douä  versuri 
(Cosbuc,  Vers,  ji  Prozä,  146,  2  v.  ii.). 

Anm.  2.  Aläturea  cu  (de)  ist  synonym  mit  linga;  dieses 
ist  allgemeiner:  ==  „neben,  an,  bei"  (s.  dort),  jenes,  seiner 
zusammengesetzten  Form  entsprechend,  präziser:  «=  „neben, 
an  der  Seite  von". 

Aproape  de. 

Aproape  de  bezeichnet  die  Lage  oder  Bewegung  in  der 
Nähe  von  etwas,  oder  die  Bewegung  in  die  Nähe  Ton  etwas; 
deutsch:  nahe  (an),  nahe  bei;  und  zwar: 

a)  rein  örtlich:  S'ar  pune  pe  o  rämurea  |  aproape  de 
casa  mea  (Dome,  451,  5).  lacrlmile  le  picuraü,  una  dupä  alta. 
In  cärtile  deschise  pe  cari  le  tineaü  aproape  de  vtrful 
nasului  (Delavr.  Paraz.  301,  1). 

altrum.:  iuö  e  aproape  de  cetatiea  Lasieei  =  wo  es 
nahe  der  Stadt  Lasea  ist  (Cod.  Vor.  85,  3).  cä  era  o  beserecä 
aproape  de  sveta  Sofia  (Gast.  a.  60,  23,  Moza,  Chronic). 

meglen.:  Tela  lant  für,  cari  ra  cola  prppi  di  uraciü 
scuns  si  dusi  (Papah.,  Rom.  din  Megl.  26,  5). 

istr.:  prope  de  =  nahe  bei  (Iv.  5,  Ort.  39,  40  N.  I). 

b)  in  bildlichem  Sinne:  a  putut  sä  ne  ducä  aproape  de 
ruinä  (Vointa  nat.  23.  Febr.  1902,  p.  1  Sp.  5). 

altrum.:  Chiliile mänästiril,  unele  s*  aü  surpat, 

altele  era  aprope  de  surpat  (=  dem  Einstürzen  nahe) 
(Hasdeu,  Et.  m.  1376). 

Aproape  de  entspricht  seiner  Bedeutung  nach  genau  dem 
lateinischen  prope  =  „nahe",  das  bereits  in  klassischer  Zeit 
in  Verbindung  mit  ab  auch  als  uneigentliche  Präposition  ge- 
braucht werden  konnte: 

zu  a):  In  Italia  bellum  tam  prope  a  Sicilia,  tamen  in 
Sicilia  non  fuit  (Cic.  7.  Verr,  2.  sub  fin). 

zu  b):  Prope  abest  ab  infirmitate,  in  qua  sola  sanitaa 
laudatur  (Auct.  dial.  de  Orat.  23)  (bei  Forcellini,  Lex.  V,  928). 
Im  Vulgärlateinischen  trat  dann  an  Stelle  des  einfachen  prope 
das  zusammengesetzte  adprope,  dem  das  nimänische  aproape 


—    613    — 

auch  der  Form  nach  entspricht:  mansionem  adprope  ipsam 
lona  quam  Lupus  quondam  teuere  Tisus  fuit  (bei  Pard.  300, 
anno  642)  (in  Wölfiflins  Archiv  V).  —  Im  Französischen  und 
Provenzalischen  finden  sich  zum  Ausdruck  des  Begriffes  „  n  ah  e  ** 
ebenfalls  die  Fortsetzungen  des  lateinischen  prope  (propius) 
oder  adprope: 

proY.:  prop  de  Mauretainha. 

afrz.:  aprop  si  =  chez  soi,  nfrz.:  proche  de  la  ville, 
proche  le  palais  (neben  pres,  auprös  de)  (Diez,  Gr.  896). 

Anm.  Das  verknüpfende  de  hat  hier  seine  gewöhnliche 
Bedeutung  =  »von,  von  —  her,  von  —  aus";  „aproape  de 
casa  mea"  heißt  also  eigentlich:  „nahe",  von  meinem  Hause 
aus  gerechnet  (betrachtet). 

Dincoace  de  und  dincolo  de  (arom.  dinäparte  de). 

I.  Dincoace  de  entspricht  dem  deutschen  „diesseits", 
auf  die  Frage  wo?  oder  dem  deutschen  „über  —  herüber", 
auf  die  Frage  wohin?:  ace|tia  ii  cedezä  dincoace  de  Nipru 
Kievul  si  Eaniovul  (Sl.  Fr.IU,  391, 11).  oaia  zbeara  res-zbeara 
dincoace  de  mare  (Gast  b.  343,  11)  («=  diesseits  des  Meeres). 

arom.:  Diflkoä  de  kasa  ats^ä  ^aste  ng  ggrdinp  (Ar. 
11.  246,  4). 

U.  Dincolo  de  entspricht  dem  deutschen  „jenseits"  auf 
die  Frage  wo?  oder  dem  deutschen:  „über  —  hinüber"  auf 
die  Frage  wohin?:  pänä  ce  scäpata  dincolo  de  muche,  in 
valea  ceealaltS  (Ylach.  nov.  25,  7).  cä  Moscovitii  si-aü  retras 
trupele  auxiliare  dincolo  de  Nipru  (Sl.  Fr.  III,  385,  26).  ei 
steteaü  dincolo  de  Dunäre  =  sie  standen  jenseits  der  Donau 
(id.  49,  26). 

arom.  dijoäparte  de:  Naparte  di  lai  amare  |  n  algvdarp 
n9  muäat^  =  jenseits  des  schwarzen  Meeres  lobte  man  mir 
eine  Schöne  (Ar.  II,  8,  Nr.  6,  1).  Dinäparte  di  amare  |  § 
tr^atse  S  ng  kgrvane  =  jenseits  des  Meeres  zieht  eine  Kara- 
wane (id.  88,  Nr.  59,  3). 

Das  aromunische  (di)naparte  würde  etwa  einem  lat.  *(de) 
in  illa  parte  =  „auf  jene(r)  Seite"  entsprechen.    Ähnliche 


—    614    — 

Wendungen  im  Sinne  von  „jenseits"  sind  bereits  aus  dem 
spateren  Latein  überliefert  (fnr  das  Romanische  s.Diez,  Gr.  p.  896): 
de  illa  parte  Seqaanae  (Gapib  Car.  100,  12),  in  altemm 
fluvii  latos  (pass.  S.  Qenesii  3,  561,  37)  (bei  Thielmann,  nls, 
trans  und  ultra,  Wölfflins  Archiv  IV,  387). 

Din  Jos  de  und  din  sus  de. 

I.  Din  Jos  de  bezeichnet  die  Lage  oder  Bevregung  unter- 
halb von  etwas;  deutsch:  unterhalb:  Mat  din  Jos  de  vadul 
Ixxt  I  e  loan  (Gasi  b.  325,  5).  Aleargft  din  jos  de  moarä  |  si 
'mi  adft  nfisip  tn  poalft  (Dome,  232,  3). 

n.  Din  sus  de  bezeichnet  die  Lage  oder  die  Bewegung 
oberhalb  von  etwas;  deutsch:  oberhalb:  a  sosit  la  Gliniani, 
depSrtare  de  patru  öre  din  sus  de  Lemberg(Sl.Fr.III,367,4). 

altrum.  in  sus  de:  de  unde-i  zic  baia  Hunod  pänä  la 
Bran  tn  sus  de  BrajoT  deabiia  sänt  40  de  mile  de  loc  de 
lung  (Gasi  a.  178,  15). 

Auch  das  Französische  verwendet  deorsus  (afr.  jus)  und 
sursus  (sus,  audessus  de)  zum  Ausdruck  der  Begriffe  „unter- 
halb" und  „oberhalb«  (Diez,  Gr.  898). 

Anm.  1.  Nicht  mit  In  sus  de  ist  In  susul  mit  Genitiv 
zu  verwechseln,  das  sich  in  der  Bedeutung  „aufwärts"  im 
Altrumfinisehen  findet:  cel  ce  tn  susulü  apii  (=  stromauf- 
wärts) tn  silä  cät  poate  caioul  umeaste  (Gast  a.  327,  verfü  1). 

Fatä  cu  (de). 

Fatä  cu  (de)  bezeichnet  die  Lage  oder  Bewegung  gegen- 
über von  etwas;  deutsch:  gegenüber;  und  zwar: 

a)  in  rein  örtlichem  Sinne:  L'a  pus  fatä  cu  ea  (Dame, 
dict.  I,  14).  Oder  mit  Umstellung:  Soi  sta  cu  dumnedeu 
fatä  (Doine,  409, 14).  Bisweilen  auch  verdoppelt:  feitän  fatä 
cu:  Si  nici  apa  nu  mS  lasä  |  sä  fiu  cu  el  fatä  'n  fatä 
(id.  280,  5). 

b)  in  bildlichem  Sinne,  zur  Bezeichnung  des  Benehmens 
oder  Handelns  einer  Person  gegenüber  einer  anderen:  veti 
pläti  cu  capul  obräznicia  ce  atl  tntrebuintat  fa^ä  cu  mine 


—    615    —    ' 

(Cr.  IV,  73,  5).  In  toatä  purtarea  ei,  fatä  cu  Bada,  punea 
im  fei  de  clddura  (Vlach.  iniv.  17,  7  v.  u.).  raporturile  ei  de 
apropiere  fa^ä  de  Francia  (Trib.,  XIX,  Nr.  55,  1,  3,  Sp.  9). 

Hieraus  entwickelte  sich: 

a)  fatä  cu  im  Siane  von  feindlich  »gegen*':  nu  se  in- 
tentiona  nicl  un  fei  de  ostilitate  fatä  de  Austria  (Sl.  Fr.  III, 
24,  2).    Din  opositimie  fatä  cu  regele  lor  (id.  174,  11) 

ß)  fa^  cu  im  Sinne  des  deutschen:  „im  Vergleich  zu": 
omul  acesta  este  fatä  cu  mine  mult  mai  ttner  =  dieser 
Mensch  ist  im  Vergleich  zu  mir  viel  jünger  (Scurtu). 

„Eu  stau  fatä  cu  el"  heißt  eigenÜich:  ich  stehe,  das  Ge- 
sicht mit  ihm,  d.  h.  ihm  zugewandt;  wenn  man  aber  das  Ge- 
sicht jemandem  zugewendet  hat,  so  steht  man  ihm  „gegen- 
über''. Das  Französische  drückt  den  Begriff  „gegenüber''  auf 
ganz  ähnliche  Weise  aus  durch  sein  „en  face  de".  Der  Grund- 
begriff „gegenüber"  ist  auch  bei  den  unter  b),  a)  und  ff) 
angeführten  Verwendungen  natürlich  noch  deutlich  zu  er- 
kennen: Zwei  Personen,  die  gegen  einander  kämpfen,  feindlich 
gegen  einander  auftreten  wollen,  müssen  sich  zunächst  „gegen- 
über", stehen.  Ebenso  müssen  zwei  Dinge,  die  mit  einander 
verglichen  werden  sollen,  zuerst  einander  gegenübergestellt 
werden. 

Anm.  1.  Fa|ä  kann  durch  „cu"  oder  „de"  mit  dem  folgenden 
Worte  verknüpft  werden.  Jenes  bezeichnet  die  Gemeinschaft 
von  zwei  Dingen  oder  Personen  und  scheint  mehr  im  Eonig- 
reich  Bumänien  üblich  zu  sein,  dieses  bezeichnet  den  Aus- 
gangspunkt (=  von  —  aus  betrachtet)  und  wird  vor  allem  in 
Siebenbürgen  gebraucht. 

tnainte  de. 

inainte  de  (auch  nainte  de,  ainte  de  (altr.)  und  mai  nainte) 
bezeichnet  die  Vorzeitigkeit;  deutsch:  „vor"  (auf  die  Frage 
wann?):  inainte  de  pornire  trebue  sä  meargä  calul  täü  |i 
cu  turturica  mea  (Gr.  IV,  81,  20).  Ei  nu  dejuneazä  förä  mine 
si  nenea  Zaharia  nu  iese  inainte  de  dejun  (Caragiale,  teatni 
109,  1). 


—    616    — 

Sehr  häufig  in  der  Wendung  „Inainte  de  toate"  = 
„vor  allem,  besonders^  (vgl.  lat.  ante  omnia,  Liv.  u.  A.  bei 
Georges  I,  426).  care  om  nu  tine  la  yiatä  innainte  de  toate? 
(Cr.  IV,  23,  14). 

Mit  dem  Infinitiv:  inainte  de  a  merge  mai  departe 
(M.  Sg.  6,  26).  mal  nainte  de  a  fi  recurs  la  fort&  (SL 
Fr.  m,  107,  20). 

altrum.:  Inntelesa  amü  ainte  de  tocmela  lumiei  (Cod. 
Vor.  143,  3).  sti  tatäl  vostru,  ce  varä  trebui  ainte  incä  de 
cersatul  vostru  (Gast.  a.  54,  1 1,  Evangb.  cu  tälc,  1619).  de  in 
tatäl  näscut  mainte  de  toate  veacure  (id.  32,  cred.  creft. 
Z.  4,  Coresi,  Caz.  II,  1581).  de  va  hi  mai  nainte  de  yähodul 
cel  mare  (Gast.  a.  161,  6,  Pravila  de  Tärg.,  1652). 

Im  Aromuniscben  findet  sich  „nainte  de''  und  im  Istrischen 
mjfide  de  zi  =  vor  Tag  (Jb.  I,  152,  X,  7). 

Inainte  (de)  mit  seinen  Nebenformen  knüpft  seiner  Ety- 
mologie nach  an  das  lateinische  Adverb  ante  =»  „vorher, 
früher,  eher"  an  (inainte  <  in  +  ante,  mainte  <  magis  + 
inante).  Die  Nebenformen  mit  mai  <  magia  machen  es  vrahr- 
scheinlich,  daß  auch  inainte  diese  komparativische  Bedeutung 
des  lai  ante  bewahrt  hat.  Das  nachfolgende  de  wäre  dann^ 
worauf  schon  M.-L.  (Gr.  UI,  295)  aufinerksam  macht,  ab  Ver- 
treter des  lat.  Ablativus  Komparationis  aufzufeissen  (s.  unter 
de  XVIII),  inainte  de  also  eigentlich  =  „früher  als";  hieraus 
erklärt  sich  aber  die  Bedeutung  „  vor^  ohne  weiteres.  Seiner 
komparativischen  Natur  entsprechend  kann  inainte  de  natür- 
lich nur  vor  Ausdrücken  der  Zeitgrenze  gebraucht  werden, 
nicht  aber,  wie  das  deutsche  „vor",  auch  vor  Ausdrücken  des 
Zeitmaßes;  „mein  Bruder  starb  vor  einigen  Jahren"  könnte 
rumänisch  nur  heißen:  „frate  meu  a  murit  inainte  cu  citi- 
va  ani"  (eig.:  um  einige  Jahre  vorher).  Wenn  daneben  hie 
und  da  auch  gesagt  wird:  inainte  de  citi-va  ani,  so  beruht 
dies  wohl  auf  deutschem  Einfluß.  —  Die  übrigen  romanischen 
Sprachen  knüpfen  zum  Ausdruck  des  Begriffes  „vor"  meist 
direkt  an  die  lateinische  Präposition  ante  an:  ital.  anzi, 
avanti,  innanzi,  dinanzi;  prov.  ant,  ans;  franz.  avant  (afrz. 


—    617    — 

auch  ains,  ain^ois,  devant)  mit  Akkusativ.  Dem  Rumänischen 
näher  steht  hier  das  Spanische  und  Portugiesische,  wo  eben- 
falls „de"  zur  Anknüpfung  des  folgenden  Wortes  verwandt 
wird:  span.:  ante  de  poco  rato  =  vor  kurzer  Zeit  (Berceo 
Sil  448);  yre  a  la  cort  enantes  de  iantar  (Cid.  3051)  (M.-L., 
Gr.  m.  297). 

portg.:  antes  do  dia  =  vor  dem  Tage;  auch  prov.  neben 
antan  ==  ante  annum  und  ans  la  festa  „ans  del  peccat  = 
ante  peccatum  commissum  (Diez,  Gr.  896). 

Anm.  Die  Vorzeitigkeit  kann  auch  durch  das  ursprüng- 
lich örtliche  inaintea  mit  Gen.  ausgedrückt  werden  (s.  dort).  — 
Ein  „Inainte  tine",  das  M.-L.  (Gr.  III,  295)  anfahrt,  kommt 
im  Rumänischen  nicht  vor.  —  Über  Intre  (altrum.)  (mit  Akk.) 
=  »vor"  siehe  unter  Intre  =  zwischen,  unter. 

Mai  (pre)  sus  de. 

Mai  (pre)  sus  de  findet  sich: 

a)  in  örtlichem  Sinne;  =  „über  (hinaus)"  „höher  als": 
vezi  cele  de  zboara  mai  presus  de  mänele  acestui  uries 
(Gast.  b.  199,  8  v.  u.) 

b)  in  zeitlichem  Sinne;  =  über,  älter  als;  altrum.:  c'au 
fostü  mal  susü  de  15  ai  (Gast.  a.  120,  4  v.  u.) 

c)  übertragen:  =  höher  an  Wert,  über:  mai  presus 
de  monitori  eraü  trei  monitori  generali  (Delavr.  Paraz.  307, 
4  V.  u.).  care  era  mai  presus  de  diplomatia  aliatilor  (= 
der  Staatskunst  der  Verbündeten  überlegen  (Sl.  Fr.  III,  585,  4). 
o  activitate  mal  pre  sus  de  ori-ce  laudä  (=  über  jedes 
Lob  erhaben)  (Vointa  nat.  23.  Febr.  1902,  1,  Sp.  1.  8.  Absatz). 

Mai  presus  de  ist  seiner  Natur  nach  ein  komparativischer 
Ausdruck  von  der  Bedeutung  „höher  als";  das  nachfolgende 
de  vertritt  also,  wie  bei  inainte  de  den  lat.  Abi.  Komparationis. 
Die  örtliche  Grundbedeutung  „höher  als,  über"  konnte  leicht 
auf  das  zeitliche  Gebiet  übertragen  werden.  Die  unter  c)  an- 
geführte übertragene  Verwendung,  heute  die  einzige  noch 
übliche  von  „mai  presus  de",  konnte  sich  aus  der  örtlichen 
Grundbedeutung  aus  dem  Gedanken  heraus  entwickeln,   daß 


—    618    - 

man  etwas  über  andere  Dinge  Hervorragendes  diesen  gegen- 
über als  etwas  Besonderes,  Wertvolleres  betrachtete.  Ver- 
gleichen läßt  sich  hier  das  französische  an-dessos  de:  au-dessus 
de  ses  forces,  au-dessus  des  louanges  (Diez,  Gram.  898)  und 
besonders:  pardessus  tout  =  „vor  allem,  besonders**,  das  genau 
dem  rumänischen:  „mat  presus  de  toate**  entspricht 


IV.  Kapitel.    Die  substantivisdien  Präpotitienen. 

Asupra. 

I.  Asupra  bezeichnet  die  Lage  auf  oder  über  etwas; 
deutsch:  auf,  über  (mit  d.  Dativ):  ^i  ve^  vedea  cä  asupra 
mea  stä  o  soartä  atät  de  grea  (Delavr.  Trüb.  23,  18).  el 
stäruie  asupra  dispositiunil  luate  (SL  Fr.  III,  191,  13). 
GoK  fi  desculti,  numai  cäte  cu  un  sncman  rSü  asuprä-le 
(bei  Tiktin,  Wb.  119).  a  fi  asupra  unet  lucrärl  über  einer 
Arbeit  her  sein. 

Wie  die  gegebenen  Beispiele  zeigen,  wird  asupra  in  dieser 
Verwendung  mehr  von  übertragenen  Verhältnissen  gebraucht 
und  gehört  daher  ausschließlich  der  Literatursprache  an;  volks- 
tümlicher und  häufiger  ist  dafür  deasupra  (s.  dort).  —  Asupra 
hat  in  dieser  Funktion  die  Bedeutung  des  lateinischen  supra, 
das  sowohl  Adverb,  wie  Präposition  sein  konnte,  bewahrt,  und 
stinunt  darin  mit  den  Ausläufern  von  supra  und  super  in  den 
romanischen  Sprachen  überein: 

lat  ille  qui  supra  nos  habitat,  Plaut;  accumbere  supra 
alqm.  (bei  Tische),  Cic 

ital.:  sedere  sopra  un  carro  (Diez,  Gr.  897). 

frz.:  sur  la  table  »=  auf  dem  Tische;  planer  sur  l'eau  = 
über  dem  Wasser  schweben;  avoir  de  l'argent  sur  soi  (Sachs- 
Vilatte  I,  1482). 

span.:  la  tortolilla  sobre  el  oimo  (Diez,  897). 

portg.:  Porto  sobre  o  Douro  =»  Porto  am  (eig.:  über, 
oberhalb)  Douro  (Michaelis,  Wb.  662). 


—    619    - 

n.  Asupra  bezeichnet  eine  Bewegung  (von  oben  oder  von 
unten  her)  auf  etwas;  deutsch:  auf,  über:  provisiunea  de 
föinä,  din  care  fie-care  cäl&ret  a  luat  asupra  sa  un  sac  (Sl. 
Fr.  III,  377,  17).  acea  Ingrijire  plinfi  de  gingäfie,  ce  ai  r^versat 
asupra  mea  (M.  Sg.  3,  20).  S  'asupra  noasträ  anii  pustii 
trec,  ränduri-r&nduTi  (Vlach.  Poez.  7,  4).  aruncau  tötä  yina 
asupra  Yoiyodului  (Sl.  Fr.  III,  16,  2).  m'  am  plecat  asupra 
mesei.  teiul  l|i  incoYoale  crengile  asupra  casei.  tin  mlna 
asupra  focului  (Scurtu). 

altrum.:  nevoia  ce  va  veni  ji  sc&deria  asupra  oameni- 
lorü  (Bianu-Hodof,  Bibl.  rom.  1, 157,  8)  (a.  1646). 

Auch  in  dieser  Verwendung  ist  asupra,  wie  die  Beispiele 
zeigen,  nicht  Yolkstümlich,  sondern  mehr  auf  die  literarische 
Sprache  beschränkt.  Supra  und  super  finden  sich  im  Latei- 
nischen bereits  in  derselben  Bedeutung,  ebenso  deren  Aus- 
läufer in  den  romanischen  Sprachen:  lat.:  nee  exissent  unquam 
supra  terram,  Cic;  (Georges  II,  2663);  alii  super  alios  ruentes, 
Sen.  (Georges  11,  2629). 

ital.:  porre  la  mano  sopra  la  tavola;  saltare  sopra  a  una 
tavola  =  auf  einen  Tisch  springen  (Rigut-Bulle  800). 

prov.:  jurar  sobre  sans  =  auf  die  Heiligen  schwören. 

frz.:  cela  roule  sur  la  tete;  s*  appujer  sur  un  bäton. 

span.:  subir  sobre  asno  (Diez,  Gr.  897). 

portg.:  tomar  sobre  si=»  auf  sich  nehmen  (Mich.  Wb.  662). 

in.  Die  unter  I  und  II  angeführten  Verwendungen  von 
asupra  haben  sich  nach  zwei  Seiten  hin  weiter  entwickelt: 

a)  asupra  findet  sich  in  übertragenem  Sinne:  und  zwar: 

a)  nach  Ausdrücken  der  Herrschaft  oder  Überlegenheit 
zur  Bezeichnung  der  Person  oder  Sache,  auf  die  sich  die 
Machtwirkung  richtet;  deutsch:  auf,  über  (mit  Akkusativ, 
auf  die  Frage  wohin?): 

drepturile  ImpSratului  asupra  corönei  üngare  (Sl. 
Fr.  III,  105,  9).  voiesc  so  iei  o  putere  absoluta  asupra  ei 
(M.  Sg.  31,  5).  vecmicul  sSu  control  asupra  pänei  §i  asupra 
vinului,  a  lemnelor,  a  särii  |i  asupra  candelelor  (id. 
65,  22). 


—    620    — 

ß)  asupra  nach  Begriffen  des  Sagens  und  Denkens  zur 
Bezeichnung  der  Person  oder  Sache,  über  die  man  sich  äußert, 
über  die  man  nachdenkt  u.  s.  w.;  deutsch:  über  (mit  Akk.): 
Ea  doru  'ntreg  le  aräta  |  si-asuprä-i  chibzuirä  («=  und  sie 
dachten  nach  über  ihn)  (Familia  38,  115,  3.  Strophe).  Impro- 
vizatii  epigrame,  aprecieri  asupra  paturilor  si  mäncärilor 
(Cosb.,  Vers,  si  Prozä  145,  7  v.  u.).  te-ai  lÄmurit  (=  aufge- 
klärt) asupra  averii  si  asupra  familiei  omului?  (M.  Sg. 
39,  11). 

altrum.:  sl  päräia  tare  asupra  lui  (Gast.  a.  351,  30). 

Der  Zusammenhang  dieser  Fälle  mit  den  unter  I  und  II 
besprochenen  rein  örtlichen  ist  ohne  weiteres  klar.  Im  Latei- 
nischen ist  super  (mit  Abi.)  wenigstens  für  den  unter  ß)  an- 
geführten Fall  schon  sehr  gebräuchlich:  zu  ß): 

lat.:  hac  super  re  scribam  ad  te,  Cic.;  super  urbe  curas 
Hör.  (Georges  II,  2628). 

ital.:  pensare  sopra  una  cosa. 

frz.:  disputer  sur  une  question. 

span.:  disputarse  sobre  una  cosa  (Diez  897). 

portg.:  escrever,  disputar  sobre  alg.  c.  (Michaelis  662). 

zu  ß):  frz.:  regner  sur  une  nation;  avoir  de  Tinfluence 
sur  quelqu'un  (Sachs- Vil.  I,  1482). 

Anm.  Wie  die  gegebenen  Beispiele  zeigen,  gehört  auch 
diese  Verwendung  von  asupra  nur  der  literarischen  Sprache 
an;  volkstümlicher  ist  für  den  Fall  unter  ß)  despre  (s.  dort). 

b)  asupra  zur  Bezeichnung  der  Richtung;  und  zwar: 

a)  in  feindlichem  Sinne:  =  gegen,  auf  (=alos):  ^i  laträ 
asupra  tuturor  (=  er  bellt  alle  an)  celor  ce  vreau  sä  b& 
atingä  de  averile  lui  (Gast.  b.  358,  32).  cum  a  lui  sotie  intr' 
atät  tiranä  asuprä'i  sä  fie  (id.  363,  12).  Calul  atunci  d& 
nävalä  asupra  ursului  (Cr.  IV,  16,  17). 

altrum.:  i  au  surpat  asupra  lor  (Gast  a.  70,  6). 

Bisweilen  auch  mit  Umstellung: 

Intalegänd  Stefan  Vodä  cä  adeverat  Radul  Vodä  cu  oastea 
sa  li  vine  asupra  (üreche,  Letop.  ca.  1625,  Gast  a.  72,  14). 

Auch  das  einfache  supra  findet  sich  altnim.  in  diesem 


—     621     — 

Sinne:  cänd  sä  apropiia  supra  mea  föcätorii  de  rau  (Gast.  a. 
247,  Ps.  26,  2,  a.  1680).    (Vielleicht  auch  hier  asupra  zu  lesen.) 

ß)  rein  örtlich  =  neutral:  =  nach  —  zu,  nach  —  hin 
Calea  Bucure|tilor  |  asupra  Scaenilor  (==  nach  Scäeni  zu) 
I  mare  pulbere  zärea  (Gast.  b.  300,  Mihnea  Vodä  52).  din  cänd 
in  cänd  o  privire  repeditä  asupra  profilului  unei  copile 
zimbitoare  (Emin.  nuv.  98,  14).  spänul  repede  Isi  atinteste 
privirile  asupra  lui  Harap  Alb  (Cr.  IV,  47,  4). 

altrum.  auch  zum  Ausdruck  der  Bewegung  nach  etwas 
hin:  Tigru  aceasta  curge  asupra  Asäri'ie  Efratu  aceasta 
Gurge  asupra  Indiei  si  a  Persädei  (Gast.  b.  61,  35). 

In  diesen  beiden  Verwendungen  hat  asupra  dieselbe  Be- 
deutungsentwickelung genommen,  die  bereits  bei  der  ver- 
wandten Präposition  spre  (s.  dort)  besprochen  wurde,  nur  daß 
asupra  heute  meist  in  feindlichem  Sinne,  spre  nur  noch  in 
rein  örtlichem  Sinne  gebraucht  wird.  —  Es  handelt  sich  in 
den  beiden  Fällen  unter  a)  und  ß)  um  eine  Richtung  oder 
Bewegung  in  der  Horizontalebene;  die  rein  horizontale  Vor- 
stellung ist  dabei  aber  verloren  gegangen;  man  stellt  sich 
entweder  den  Ausgangspunkt  oder  den  Zielpunkt  als  höher 
vor,  sodaß  an  Stelle  der  wagerechten  Linie  eine  „von  oben 
nach  unten"  oder  auch  „von  unten  nach  oben"  geneigte 
tritt.  Meist  handelt  es  sich  wohl  um  die  erstere  Auffassung; 
so  denkt  man  bei  der  Richtung  oder  Bewegung  in  feindlichem 
Sinne  wohl  an  ein  Herabsturzen  (nach  Art  eines  Raubtieres) 
von  oben  nach  unten,  ebenso  wird  bei  der  Richtung  in  rein 
örtlichem  Sinne  der  Ausgangspunkt  als  erhöht  vorgestellt. 
Bisweilen  findet  sich  aber  auch  asupra,  wenn  eine  Bewegung 
von  unten  nach  oben  vorliegt:  a  Inota  asupra  apei  =  gegen 
den  Strom  schwimmen  (Tiktin,  Wb.  118). 

Bereits  in  vulgärlateinischer  Zeit  finden  sich  Belege,  daß 
(das  oft  mit  supra  verwechselte)  super  zur  Bezeichnung  der 
Richtung  verwendet  wurde:  zu  a):  si  levavi  super  pupillum 
manum  meam  (lob.  31,  21).  zu  ß):  super  mortuum  (=  ad 
cadaver)  non  ingredietur  (Num,  6,  6;  bei  Forcell.  V,  749,  Vul- 
gata).     In  den  übrigen  romanischen  Sprachen  werden   dann 


—     622    — 

die  Ausläufer  von  super  und  supra  ganz  allgemein  in  diesem 
Sinne  verwandt;  s.  Diez  897,  M.-L.  Gr.  III  482,  491. 

IV.  Im  Altrumänischen  findet  sich  asupra  auch  in  der 
Bedeutung  „über  —  hinaus";  statt  asupra  mit  dem  Oenitiv 
wird  in  diesem  Falle  die  Form  asupra  de  verwendet:  si  Inrema 
se  tnralti  asupra  de  ceriu  (Gast.  a.  54,  21;  a.  1619). 

Daneben  auch  pre  asupra  de:  Ca  se  luo  mare  cuviinta 
a  ta  pre  asupra  de  ceriu  (Cod.  Schei.  VIII,  2). 

Aus  dieser  örtlichen  Verwendung  erklären  sich  zwei  Über- 
tragene Bedeutungen  von  asupra  (de),  die  sich  ebenfalls  nur 
altrumänisch  finden: 

a)  asupra  in  komparativischem  Sinne:  =  „über",  „in 
höherem  Maße  als":  iarä  nu  mai  mare  asupra  celor- 
Talti  apostoli  (Gast.  a.  330,  22,  a.  1699)  =  aber  nicht  größer 
als  die  anderen  Apostel. 

b)  asupra  im  Sinne  von  „außer":  asupra  de  aceea 
voiu  intorce  fata  mea  in  aleanul  vostru  (Gast  a.  4,  27,  Levit 
a.  1560).  asupra  de  aceia  (Mscr.  ca.  1569,  H.  C.  I,  8;  bei 
Tiktin,  Wb.  119). 

In  der  unter  IV  angegebenen  Bedeutung  „über  —  hinaus" 
knüpft  asupra  ohne  weiteres  an  das  Lateinische  an,  wo  sich 
supra  bereits  in  demselben  Sinne  findet:  attolli  supra  ceteros 
mortales  (Plin.)  (Georges  II,  2663).  Diese  Bedeutung  („über  — 
hinaus")  konnte  leicht  auf  Fälle  wie  die  unter  a)  und  b)  an- 
gegebenen übertragen  werden,  da  es  sich  hier  ebenfalls  um 
ein  Hinausgehen  über  eine  Grenze  allerdings  in  übertragenem 
Sinne,  handelte;  das  Lateinische  sowohl  wie  die  anderen  roma- 
nischen Sprachen  bieten  hier  Vergleichbares: 

lat.  zu  a):  es  tu  super  omnes  beatus,  Plin.  ep. 

zu  b):  super  ceteros  honores,  Liv.;  super  haec  =  außerdem 
(Georges  II,  2629). 

ital.:  zu  a):  l'amava  sopra  la  vita  sua. 

zu  b):  sopra  la  malattia  ancora  la  fame. 

frz.  zu  a):  sur  toute  chose. 

span.  zu  a):  me  costö  sobre  cien  reales  (Diez,  897). 


—    623    — 

portg.  zu  a):  e  sobre  minhas  for^as;  estar  sobre  alg. 
(=  jem.  überlegen  sein). 

za  b):  sobre  isto  =  außerdem  (Michaelis  662). 

Da  diese  unter  IV.  angefahrten  Verwendungen,  in  denen 
sich  übrigens  auch  prespre  (s.  dort)  findet,  auf  das  Altrumä- 
nische beschränkt  sind,  so  ist  es  wohl  möglich,  daß  "wii  es 
trotz  der  Übereinstimmung  mit  dem  Komanischen  mit  direkten 
Anlehnungen  an  slayische  Vorlagen  zu  tun  haben.  —  Das 
nachfolgende  „de''  der  Form  asuprä  de  ist  ebenso  wie  bei  Inainte 
de  und  mal  presus  de  als  „de*'  comparationis  aufzu&ssen. 

Asupra  kommt  im   ganzen   also   in   folgenden  Verwen- 
dungen vor: 
L  =  über,  örtlich,  auf  die  Frage  wo? 
II.  =  über,  örtlich  und  übertragen,  auf  die  Frage  wohin? 

davon  abgeleitet:  asupra  zur  Bezeichnung  der  Richtung 

oder  Bewegung;  und  zwar: 

a)  in  feindlichem  Sinne  =  gegen,  auf — los. 

b)  in  örtlich-neutralem  Sinne  =  nach  —  zu,  nach  —  hin. 
III.  (altrum.)  =  über  —  hinaus  (örtlich);   davon  abgeleitet: 

a)  =a  mehr  als,  über. 

b)  =  außer. 

De-alungul. 

De-alungul  bezeichnet  eine  Bewegung  in  der  Längsrichtung 
von  etwas;  deutsch:  längs,  entlang:  lau  aruncä  ochii  tei  | 
tot  de-alungul  celei  väi  (larn.,  Varia,  1,  147).  mie  fnsä 
trecea  cäte  un  fior  rece  d'alungul  spinärei  (Delavr.  Paraz. 
294,  12).  De-alungul  zidurilor,  Imprejmuitoare  mergean 
cäräruse  pe  coasta  dealülui  (Emin.  nuv.  95,  5). 

Die  Bedeutung  von  de-alungul  erklärt  sich  leicht  aus 
seiner  Etymologie:  <!  (de)  adlongum.  Man  geht  „längs"  einer 
Mauer  z.  B.,  indem  man  an  ihrer  langen  Seite  (adlongum) 
hingeht.  Ganz  dieselbe  Auffassung  liegt  dem  deutschen  „längs" 
und  „entlang",  und  aus  dem  Gebiete  der  romanischen  Sprachen 
dem  französischen  „le  long  de"  zu  Grunde:  Chevauchant  vont 
le  long  d  un  val  (Ren.  23674)  (Tobler,  Beitr.  II,  167).  —  Über 


—     624    — 

das  Yoranstehende  „de"  ist  bereits  bei  den  Zasammensetzungen 
mit  de  unter  I  d)  gebandelt  worden. 

In  ähnlicber  Weise  werden  auch  die  der  Form  nach  ver- 
wandten Bildungen  de-a  curmezisul  und  de  a  latul  (=  „quer 
über",  nq\\QV  durch",  resp.  „der  Breite  nach  durch")  gebraucht: 
inaintea  mea  d'a  curmezisul  cärärii  Inguste,  y^dui  des- 
lusit,  cum  vö  vöd  pe  voi  acum,  doue  ghiemuri  cu  tort  Invftr- 
tindu-se  pe  loc  (Delavr.,  Trüb.  25,  22). 

De-asupra. 

Deasupra  bezeichnet  die  Lage  über  etwas;  deutsch:  über: 
Ca  eu  de  te  voi  uita  |  sä  mS  uste  Precista  |  ca  firu^ul  paiului 
de-asupra  fumariului  (=  über  dem  Rauchfang)  (Dome, 
527,  15).  deasupra  capului  meü  ved  o  multime  nenume- 
rata  de  vezute  si  de  nevezute  (Cr.  IV,  55,  22).  zid,  In  care 
yeghea,  de  asupra  unei  candele  fumegände,  icoana  Imbrä- 
catä  in  argint  a  maicei  durerilor  (Emin.  nuv.  4,  5). 

altrum.:  Si  acolo  deasupra  Siretului  (=  über  dem 
Seret)  la  movila  cea  mare  a  Tecuciului  au  odihnit  trii  zile 
(Gast.  a.  71,  36;  ca.  1625).  Bisweilen  findet  sich  altrum.  auch 
einfaches  de  supra:  si  despärti  apele  ce  era  de  suptü  tärie 
dela  cealea  ce  era  de  supra  täriei  (Gast.  a.  34,  7  a.  1582).  Das 
Meglenitische  verwendet  disupra  di:  disupra  di  uraciü, 
lundi  ara,  vg  un  deal  nalt  =  über  dem  Ackerbauer,  wo  er 
pflügte,  war  ein  großer  Berg  (Papah.,  Bom.  din  Megl.  26,  2). 

Dieses  deasupra,  desupra  ist  durch  Vorsetzung  von  de 
in  rumänischer  Zeit  aus  dem  einfachen  asupra,  resp.  supra 
gebildet  worden.  De  erklärt  sich  dabei  in  derselben  Weise, 
wie  das  bei  den  Kompositionen  mit  de  imter  I  d)  behandelte, 
d.  h.  es  hebt  den  adverbialen  Charakter  der  ganzen  Redens- 
art hervor;  deasupra  hat  daher  für  den  Rumänen  etwas  Ge- 
naueres, Anschaulicheres,  als  das  einfache  asupra.  Vor  allem 
unterscheidet  es  sich  aber  von  diesem  dadurch,  daß  es  mehr 
den  Begriff  der  Ruhe,  asupra  mehr  den  Begriff  der  Bewegung 
in  sich  schließt.  Bisweilen  steht  nun  auch  deasupra  bei  Be- 
wegungs-  und  Richtungsverben;  dann  soll  aber  weniger  der 


—    625    — 

BewegangSYorgang,  als  der  daraus  heryorgehende  Ruhezustand 
hervorgehoben  werden:  apoi  se  suie  de-asupra  lut  =»  dann 
steigt  er  hinauf  (seil,  auf  den  Brunnendeckel,  sodaß  er  sich 
über  der  Brunnenöffnung  befindet)  (Cr.  IV,  23,  6).  Corbul  cand 
asa  auzia  |  d'asupra  mesei  sbura  =»  als  der  Rabe  dies  horte, 
flog  er  über  den  Tisch  (d.  h.  nur  soweit,  daß  er  gerade  über 
dem  Tische  in  der  Luft  schwebte)  (Gast.  b.  303, 10). 

Im  Lateinischen  und  Romanischen  werden  supra  und  super 
bekanntlich  ebenfalls  im  Sinne  von  „über**  verwendet  (s. 
unter  asupra).  Interessant  ist  dabei,  daß  im  Provenzalischen 
und  Franzosischen  ähnlich  wie  im  Rumänischen  bisweilen 
Bildungen  mit  de  in  dieser  Bedeutung  auftreten: 

prov.:  riu  desobre  los  sablos;  venir  desus  un  destrier. 

frz.:  il  entasse  lauriers  dessus  lauriers  (Com.);  au- 
dessus  des  cieux:  (Diez,  Gr.  898). 

Dedesubtul. 

Dedesubtul  bezeichnet  die  Bewegung  oder  Lage  unter 
etwas;  deutsch:  unter: 

rlul  curge  dedesubtul  podului  (Borcia). 

altrum.:  si  despärtä  Dumnezäu  tntre  mijlocul  de  apa 
carea  era  dedesuptul  Invarto^iturii  ^i  'ntre  mijloculü  de 
apa  cea  deasupra  invärtositurii  =  und  Gott  schied  zwischen 
dem  Wasser,  das  unter  dem  Festen  war  und  dem  über  dem 
Festen  (Gast  a.  265,  8—11,  1683). 

Dedesubtul  ist  eine  Weiterbildung  des  lateinischen  Adverbs 
subtus;  bereits  in  valgärlateinischer  Zeit  erscheint  neben 
diesem  die  zusammengesetzte  Form  desubtus  und  zwar  sowohl 
in  adverbialer  wie  in  präpositionaler  Verwendung:  Donamus 
de  foreste  nostra  de  ipso  monasterio  insoaque  de- 
subtus illo  ex  arte  usque  in  ipso  vado  in  Prumia  (Pard.  516, 
anno  721,  Wölfflins  Archiv  V,  360,  C.  Hamp).  ab  arcu  illo 
descendentibus  ad  Siloam  per  gradus  multos  super  Siloam  est 
basilica  volubilis,  desubtus  de  qua  surgit  Siloa  (Anton,  c. 
24,  S.  18,  9  von  P.  Geyer,  Wölfflins  Arch.  VII,  408). 

Weigand,  10.  Jahresbericht.  40 


—    626    — 

Die  Bedeutung  der  Präposition  dedesubtul  ist  im  Rumä- 
nischen dieselbe  wie  im  Lateinischen  und  den  romanischen 
Sprachen  geblieben  und  bietet  zu  Bemerkungen  keinen  Anlaß. 

Anm.  Dedesubtul  ist  synonym  mit  sub,  aber  seiner  längeren 
Form  entsprechend  etwas  nachdrücklicher  als  dieses. 

impotriva. 

I.  impotriva  bezeichnet  die  Lage  gegenüber  etwas,  deutsch: 
gegenüber:  impotriva  casei  noastre  se  aflä  o  gradinä 
(Scurtu). 

altrum.:  larä  Melhi  sta  impotriva  cetätei  in  mägura 
ce  sä  chiamä  Eleonulü  (Gast.  a.  67,  27). 

n.  impotriva  bezeichnet  die  Richtung  nach  etwas  hin; 
und  zwar: 

a)  in  rein  örtlich-neutralem  Sinne;  deutsch:  zu,  nach  — 
zu,  nach  —  hin:  acealea  toate  grai  Is.  in  potriva  näru- 
dului  (Cor.  Tetraev.  1579,  Gast  a.  17,  8).  ce  pasä  in  potriva 
raiului  si  plängi  (Gast  a.  63,  22  a.  12). 

b)  in  feindlichem  Sinne;  deutsch:  gegen,  wider:  Cine 
ar  putea  s^  fie  destul  de  indräcit  spre  a  se  pune  improtiva 
lui  (M.  Sg.  28,  15). 

altrum.:  |i  sä  veti  hi  inbländu  in  potriva  mea  =  und 
wenn  ihr  gegen  mich  wandelt  (Levit  1560,  Gast  a.  4,  37). 

UI.  impotriva  bezeichnet  die  Angemessenheit,  Entsprechung; 
deutsch:  angemessen,  entsprechend;  (nur  ganz  vereinzelt 
im  Altrumänischen):  si  amändoi  ace|tia  in  protiva  vietiei 
priimi-vor  platä  =  und  diese  beiden  werden  einen  ihrem  Leben 
angemessenen  Lohn  erhalten  (Coresi  1581,  Gast  a.  32,  4). 

impotriva  setzt  sich  seiner  Etymologie  nach  zusanunen 
aus  „in"  +  potriva",  das  Cihac  (Dict  d'^tymol.  daco-rom. 
II,  96)  als  Adverb  in  der  Bedeutung:  „e  regione,  ex  ad- 
ver so"  =  „von  der  entgegengesetzten  Seite,  gegenüber"  an- 
gibt; impotriva  also  zunächst  e=  „auf  der  gegenüberliegenden 
Seite,  gegenüber".  Diese  Grundbedeutung  ist  in  den  unter  I 
angeführten  Fällen  noch  durchaus  gewahrt  In  den  beiden 
unter  II  a)  und  b)  behandelten  Verwendungen  hat  sich  im- 


—    627    — 

potriYa  in  der  Weise  weiter  entwickelt,  daß  es  nicht  einfach 
die  Lage  jemandem  „gegenüber*'  bezeichnet,  sondern  vielmehr 
Handlangen  andeutet,  die  aus  der  Lage  „jemandem  gegenüber*' 
hervorgehen.  Man  befindet  sich  aber  einer  Person  oder  Sache 
gegenüber,  wenn  man  ihr  das  Qesicht  zuwendet;  alle  Hand- 
lungen oder  Bewegungen,  die  von  dieser  Stellung  aus  erfolgen, 
müssen  sich  also  nach  der  genannten  Person  oder  Sache  hin 
richten.  Ln  Deutschen  wählen  wir  zum  Ausdruck  dieser  Be- 
ziehung meist  Präpositionen  des  Zielpunktes  wie  „zu,  nach**, 
das  rumänische  impotriva  deutet  zum  Unterschied  davon  nur 
den  Ausgangspunkt  an.  Die  Bewegung  oder  Richtung  zu 
etwas  hin  kann  rein  ortlich  =  neutral  oder  feindlich  sein;  im 
Altrumänischen  kommt  impotriva  in  beiden  Fällen  vor,  im 
Neurumänischen  dagegen  ist  es  auf  den  letzteren  beschränkt. 
—  Die  unter  IH  erwähnte  übertragene  Verwendung  erklärt 
sich  ebenfalls  aus  der  Grundbedeutung:  „gegenüber**.  Wenn 
man  zwei  Dinge  einander  angemessen  machen,  miteinander 
vergleichen  will,  muß  man  sie  zunächst  einander  gegenüber- 
stellen, ebenso  ist  man  umgekehrt  gern  geneigt,  zwei  Dinge 
oder  Personen,  die. einander  gegenüberstehen,  miteinander  zu 
vergleichen;  Impotriva  ist  also  auch  hier  wohl  erklärlich;  im 
Neurumänischen  kommt  es  in  diesem  Sinne  nicht  mehr  vor, 
weil  seine  Funktion  durch  potrivit  cu  ersetzt  ist. 

Anm.  Synonym  mit  impotriva  im  Sinne  von  feindlich 
„gegen**  werden  auch  die  Präpositionen  in  aleanul,  in  contra, 
asupra,  spre  und  cäträ  gebraucht.  Hiervon  kommen  in  aleanul, 
spre  und  cäträ  nur  in  altrum.,  meist  kirchlichen  Texten  vor, 
asupra  bezeichnet  mehr  die  feindliche  Bewegung  „gegen** 
jemand  und  incontra  ist  im  Gegensatz  zu  impotriva  mehr  auf 
die  literarische  Sprache  beschränkt. 

Im  ganzen  kommt  impotriva  in  folgenden  Bedeutungen 
vor:  =  gegenüber  (örtlich);  davon  abgeleitet: 

1.  zur  Bezeichnung  der  Richtung,  Bewegung: 

a)  örtlich  =  neutral:  =  zu  —  hin,  nach  —  hin,  zu: 

b)  feindlich:  =  gegen,  wider. 

40* 


—    628    — 

2.  zur  Bezeichnung  der  Angemessenheit,  Entsprechung:  =» 
angemessen,  entsprechend. 

impreajma. 

I.  tmpreajma  bezeichnet  (altrum.)  die  Lage  unmittelbar 
vor  etwas;  deutsch:  vor,  im  Angesichte  von:  care  fiind  tn 
prejma  ojtilor  (ür.  5,  250,  bei  Cihac,  Dict  II,  288).  mear- 
geti  tn  satulü,  care  e  in  preajma  voasträ  =  geht  in  das 
Dorf,  das  vor  euch  ist  (S.  Greceanu,  Eyang.  1693,  Marc.  XI,  3, 
Oast.  a.  310).  de  s'au  corunat  acolea  la  acel  sat,  care  si  in 
preajma  Sibiului  taste  (R.  Greceanu,  Cronica  1700,  Gast.  a. 
333,  XX,  9). 

IL  impreajma  bezeichnet  das  Eintreten  eines  Ereignisses 
zeitlich  unmittelbar  vor  etwas;  deutsch:  vor,  am  Vorabende 
von:  cänd  guvemul  berlinez  tocmai  in  preajma  reinoiri .  . 
(Trib.  26.  Mai  1902,  p.  1  Sp.  5  unten). 

impreajma  ist  zusammengesetzt  aus  rum.  in  +  preajma, 
das  Cihac  von  vsl.  premo,  premy  =  „gejgennber"  ableitet. 
Die  ursprüngliche  Bedeutung:  „im  Gegenüber,  im  Angesichte 
von"  ist  in  der  nur  im  Altrumanischen  vorkommenden  ort- 
lichen Verwendung  noch  bewahrt.  Die  Übertragimg  auf  das 
zeitliche  Gebiet,  in  der  impreajma  im  heutigen  Rumänisch 
allein  noch  vorkommt,  konnte  ebenso  wie  bei  anderen  Präpo- 
sitionen, z.  B.  tnaintea,  leicht  vor  sich  gehen,  da  man  sich  die 
Entwickelung  in  der  Zeit  stets  unter  dem  Bilde  des  Fort- 
schreitens im  Baume  vorstellt.  —  Von  dem  verwandten  inaintea, 
resp.  inainte  de  unterscheidet  sich  impreajma  in  der  Weise, 
daß  es  das  Genauere  (=  im  Angesichte  von,  unmittelbar  vor, 
am  Vorabende  von),  jenes  dagegen  das  Allgemeinere  (= 
„vor")  ist. 

im(pre)jurul. 

imprejurul  (oder  injurul)  bezeichnet  die  Lage  oder  Be- 
wegung um  etwas  herum;  deutsch:  um  —  herum:  Lungi  cear- 
cäne  vinete  se  trageau  imprejurul  ochilor  (Emin.  nuv.  4,  1). 
Gate  fiori  in  jurul  meu  |  toate  *mi  voesc  numai  rSu  (Doine 


—    629    — 

408,  7).  in  jurul  caselor  o  curte  mare  cu  bälärii  (Delavr. 
Paraz.  299,  6  v.  u.). 

altrum.:  nu  ma  tem  de  mii  de  oameni  ce  cad&  impre- 
jurul  mieu  (Gast.  a.  10,  Ps.  3,  Z.  7:  Coresi,  Psalt.  1577). 

Das  Aromunische  yerwendet  (wie  mir  Prof.  Weigand  mit- 
teilt) ^mpridzur  di,  doch  konnte  ich  in  aromunischen  Texten 
kein  Beispiel  dafür  finden.  Das  Istrische  scheint  diese  Prä- 
position nicht  zu  kennen;  das  Meglenitische  bietet  dinjur  di: 
81  li  anvii  din  zur  di  kr9bl9  =  und  er  wickelte  sie  ringsum 
den  Kasten  herum  (Wg.,  VL-M.,  66,  15).  iundi  ra  si  un&  ftatä 
cu  multi  drati  din  zur  di  ea  (Papah.,  Rom.  din  Megl.  20,  18). 

Im(pre)jurul  ist  zusammengesetzt  aus  in  {+  pre)  +  jur 
(<C  gyrus  =  d.  Kreis);  es  bedeutet  also  eigentlich  „im  Um- 
kreise von".  Diese  der  Etymologie  nach  zu  erwartende  Be- 
deutung ist,  wie  die  oben  angeführten  Beispiele  zeigen,  im 
Rumänischen  bewahrt  In  den  anderen  romanischen  Sprachen 
findet  sich  nichts  Entsprechendes. 

Bemerkenswert  ist  das  Vorkommen  von  prejur  mit  Akku- 
sativ im  Altrumänischen  (des  17.  Jahrb.);  und  zwar: 

a)  örtlich:»»  um  —  herum:  cum  se  aflarä  toti  pregiur 
'el  (üreche,  Letop.  ca.  1625,  Gast  a.  27,  7).    de  se  cehluescu 

(=  hüllen  sich  ein)  prejur  cap  (Evstratie,  1650—70,  Gast  a. 
234,  18).  gl  mä  purtä  prejurä  dinse  dimprejurü  (Dosotheiu, 
1673,  Gast.  a.  215,  3). 

b)  übertragen:  =  über,  betreffs:  Zice-sa-va  de  ruga- 
mintea Favstinu  tmpäräteasei  lui Marco  Avrelie  pegiur  slobo- 
dzenie  featn  sale  Luchillii  (1714,  Gast  b.  10,  9). 

Hier  handelt  es  sich  also  um  einen  Anlauf,  prejur  als 
eigentliche  Präposition  zu  brauchen;  im  Neurumänischen  findet 
sich  davon  keine  Spur  mehr.  —  Die  unter  b)  angeführte  über- 
tragene Bedeutung  dieses  prejur  erklärt  sich  wohl  aus  der 
Beobachtung  heraus,  daß,  wenn  mehrere  Personen  „über" 
einen  Gegenstand  sprechen  wollen,  sie  sich  zunächst  um  den- 
selben versammeln,  um  ihn  in  Augenschein  zu  nehmen. 


—    630    — 

inaintea  (dinaintea). 

L  inaintea  bezeichnet  in  örtlichem  Sinne  die  Lage  oder 
Bewegung  vor  etwas,  auf  die  Frage  wo?  oder  wohin?  und 
zwar: 

a)  eigentlich:  c=  vor,  vor  —  her;  vor  —  hin:  |i  st&tu  si 
acesta  Inaintea  Fäcätoriului  (Gast  b.  358,  10,  Snoave  si 
pove|ti).  Acum  veni  inaintea  Ziditoriulut  ^i  mäemuta 
(id.  358,  10).  Spänul  se  Infatisazä  Inaintea  Impäratului 
(Cr.  IV,  24,  26).  Ingenuchind  amändoi  dinaintea  impära- 
tului Verde  (id.  87,  6).  merge  inaintea  mea  =  er  geht 
vor  mir  her  (Borcia). 

altrum.:  si  '1  batieä  inrainte  giudeoatoareei  (=  vor  dem 
Richterstuhle)  (Cod.  Vor.  89,  7).  cä  vräjimasii  vojtri  vor  pica 
inain[t]e  vosträ  (Hasd.  Cuv.  I,  13,  10,  Levit.  1560).  si  ducu 
lucrurile  toate  inaintea  lu  Chs.  (Gast  a.  1,  4). 

arom.:  nintea  anösträ,  calle  lungä  (Petr.  Mostre  II,  50, 
IV,  4).  §i  v^de  cä  dinintea  a  fäntänälei  sunt  trei  fete  (id. 
22,  24).  §i  amiräülu  dimändä  sS  1  adducä  denintea  a  lui 
(id.  38,  14).  si  Sgd^mü  dinintia  a  dzüdislui  «=  wenn  wir 
vor  dem  Richter  sitzen  (Cod.  Dim.  25  b.  23;  IV.  Jb.,  183). 

Anm.  Wenn  die  Person  oder  Sache,  „vor"  die  man 
sich  „hin"  bewegt,  als  sich  in  entgegengesetzter  Richtung 
bewegend  gedacht  wird,  verwenden  wir  im  Deutschen  die 
nachgestellte  Partikel  „entgegen",  im  Rumänischen  steht 
auch  in  diesem  Falle  inaintea:  lese  inaintea  fecioru  säu 
«s  er  geht  seinem  Sohne  entgegen  (Cr.  IV,  5,  13). 

altrum.:  |i-u  e|itu  ^i  Hatmänol  cu  cäteava  samä  de 
omeni  naitealor(=a  ihnen  entgegen)  (lorga,  Doc.  1, 34,  Nr.  44, 
7  a.  1617. 

b)  in  bildlichem  Sinne,  von  Handlungen;  deutsch:  vor, 
gegenüber:  Pare  cam  föcut  tot  rele  |  inaintea  maicii 
mele  (Dome,  272,  6).  Pare  cam  {acut  tot  rSu  |  inaintea 
tatä-meu  (id.  11).  ca  sä  nu  gre^esc  inaintea  lui  Dum- 
nezeü  =  damit  ich  mich  nicht  Gott  gegenüber  versündige 
(Cr.  IV,  48,  3). 


—    631    — 

inaintea  ist  zusammengesetzt  aus  in  +  ainte  («=  ante),  eine 
Zusammensetzung,  die  sich  entsprechend  auch  im  Vulgärlatei- 
nischen findet;  inante  wird  im  Sinne  des  klassischen  ante 
sowohl  als  Adverb  wie  als  Präposition  gebraucht:  als 
Adverb:  inante  obsidam  rotundam  habens  (Oreg.  Tur.  bist. 
Franc  2,  16,  p.  82,  19);  —  vade,  vade  inante,  dat  tibi  deus 
(Augusi  Patr.  39,  2305;  bei  Hamp,  Wölfflins  Archiv  V,  337). 
als  Präposition:  Inante  atrium  est  piscina  grandis  manu 
hominis  munita  (Itin.  Ant.  Piacent.  c.  24,  p.  18,  13  in  Wölfflins 
Arch.  VII,  408).  —  Die  übrigen  romanischen  Sprachen  ver- 
wenden im  Sinne  von  „vor''  ebenfalls  Weiterbildungen  des 
lateinischen  ante: 

ital.:  davanti  la  casa,  innanzi  a  dio,  stare  dioanzi  ad  una 
persona,  dinanzi  la  casa. 

frz.:  devant  le  feu,  devant  des  temoins. 

prov.:  davan  so  vis,  devan  me. 

span.:  paso  ante  paso  =  Schritt  vor  Schritt;  estar  delante 
de  una  persona. 

portg.:  antes  do  pa90  (Palast)  (Diez,  Gr.  896). 

altportg.:  este  homem  foy  chamado  perante  el  rey 
(Rom.  XI,  384)  (M.-L.,  Gr.  III,  163). 

Wie  die  Beispiele  zeigen,  kommt  im  Dakorumänischen 
bisweilen  auch  eine  Form  dinaintea  vor,  die  im  Aromunischen 
das  einfache  inaintea  bereits  fast  ganz  verdrangt  hat  Dinaintea 
hat  etwas  Genaueres,  Präziseres  als  das  einfache  inaintea.  Im 
Sinne  von  „vor  —  her"  und  „entgegen"  kann  aber  nur  die 
letztgenannte  Form  stehen. 

n.  inaintea  bezeichnet  die  Vorzeitigkeit;  deutsch:  nvor" 
(auf  die  Frage  wann?): 

altul  (povestesce)  cä  intr'o  noapte  vizitiul,  cel  ce  fusese 
inaintea  mea  (=  der  Kutscher,  der  vor  mir  war)  V'aprins 
fiirand  ovesul  dela  cai  D.-Voastre  (M.  Sg.  67,  2).  inaintea 
räsboiului  din  1877,  Rominia  tot  mai  atima  de  Turci. 
inaintea  ministrului,  a  vorbit  un  deputat  din  opositie. 
inaintea  furtunei  era  foarte  frumos  (Scurtu). 

altrum.:    Dupä  mine  va  veni,  naintea  mea  fu.     cä 


—    632    — 

mainte  de  mine  fu  =  (Luther:)  nach  mir  wird  kommen,  der 
vor  mir  gewesen  ist;  denn  er  war  eher  als  ich  (Gast.  a.  20, 
loan  1,  20,  Coresi,  Tetraev.  1579).  duhul  sfäntü  merge  Inaite 
sufletulul  in  ceru  (id.  3, 10,  Apocalipsul  ap.  Paul  vor  1550(?)). 

arom.:  ▼inif9  §9  altsg  uamini  a7isits9  dinintia  a  Hri- 
§t61ui  B=  es  kamen  auch  andere  heilige  Männer  Tor  Christus 
(Cod.  i)im.  93,  11). 

Bereits  das  vulgärlateinische  inante  wird  nach  dem  Muster 
des  klassischen  ante  auch  temporal  gebraucht  worden  sein, 
wenigstens  findet  sich  im  Italienischen  dinanzi  auch  in  zeit- 
lichem Sinne:  dinanzi  a  me  non  für  cose  create  (bei  Diez, 
Gr.  896). 

Häufiger  als  inaintea  ist  im  Rumänischen  in  temporaler 
Verwendung  inainte  de  (s.  dort).  Eine  Anzahl  rumänischer 
Grammatiker  und  Lexikographen,  wie  Pumnul  (Gram.  d.  nun. 
Spr.  186),  Tiktin  (Gram.  Rom.  I,  219),  Dame  (nouv.  dict. 
roum.-franc.  2,  146)  verweisen  daher  inaintea  durchaus  auf  die 
örtliche,  inainte  de  durchaus  auf  die  zeitliche  Verwendung, 
was  aber  in  Bezug  auf  inaintea  doch  nicht  ganz  richtig  ist 
Gandrea-Hecht  (Gram.  roum.  246),  setzt  falschlich  inaintea 
dem  franz.  avant,  dinaintea  dem  franz.  devant  gleich,  während 
er  inainte  de  überhaupt  nicht  angibt. 

inaintea  kann  also  folgende  Bedeutungen  haben: 
L  örtlich:    a)  =  vor,  vor  —  her,  vor  —  hin;  entgegen; 

b)  bildlich:  =  vor,  gegenüber. 
II.  zeitlich:  =  vor. 

in  aleanul  (altrum.). 

in  aleanul  kommt  in  einigen  altrumänischen  kirchlichen 
Texten  im  Sinne  von  feindlich  „gegen^,  „wider''  vor: 

sä  ....  |i  veti  hi  inbländu  in  alenul  mteu  . .  «=  und 
wenn  ihr  gegen  mich  wandelt  (Hasdeu,  Guv.  1, 14,  5,  Lev.  1560). 
cäce  au  inblatü  inprotiva  me,  dereptu  ac6e  eü  inca  vom  inbla 
in  alenul  lor  (id.  p.  14,  vorletzte  und  letzte  Zeile). 

Oder  mit  nachgestelltem  Nomen:  eu  nemicä  inr'  alenu 
nu  fecTu  oameniloru  (Cod.  Vor.  100,  14). 


—    633    — 

Alean  geht  zurück  auf  das  Subsi  „alean  «»  Sorge,  Widrig* 
keit^,  das  aus  dem  Magyarischen  stammi 

(D)inapoia. 

inapoia  oder  dinapoia  bezeichnet  die  Lage  oder  Bewegung 
hinter  etwas;  deutsch:  hinter:  Dinapoia  noasträ  veneaun 
om  (Borcia)  ^=  hinter  uns  kam  ein  Mann.  Inapoia  lui^ 
dinapoia  casei  (Candrea-Hecht,  Gram.  p.  246). 

Im  Aromunischen  findet  sich  in  gleicher  Bedeutung 
dinapoi  de:  dinapoi  de  stane  («:  hinter  dem  Stalle)  (Petr. 
Mostre  II,  113,  33). 

Anm.  1.  Das  vorgesetzte  „de"  der  Form  dinapoia  gehört 
zu  de  I  d).  Dinapoia  erscheint  genauer,  präziser  als  das  ein- 
fache inapoia. 

Anm.  2.  (D)inapoia  und  indSretul  sind  synonym  mit 
dupa;  dieses  ist  allgemeiner,  jene  sind  ihrer  längeren  Form 
entsprechend  nachdrücklicher,  spezieller  (=  „im  Bücken  von"). 

(in)contra. 

Contra  oder  Incontra  bezeichnet  eine  feindliche  Handlung 
oder  Willensrichtung;  deutsch:  gegen,  wider:  in  lupta  ce 
avu  a  purta  contra  zmeilor  inse  fu  invins  (Cätanä,  Pov. 
Bänai 83, 2  V. u.).  Revoltati  contra  i^coalelor,  cirtind  contra 
profesorilor  (Delavr.  Trüb.  7,  28).  Pentru  aceastä  infrängere 
vrea  Hanul  tataresc  sä  se  rSsbune  contra  lui  Lupu  (SL  Fr. 
in,  186,  18).  care  nu  eraü  contra  unei  päci  separate  (id. 
573,  7).  nu  am  nimic  de  obiectat  contra  acestui  punct 
(M.  Sg.  35,  11).  unul  care  a  pecätuit  in  contra  onoarei 
nationale  (Trib.  18,  Nr.  163,  p.  1,  Sp.  1,  Z.  31).  aceia  cari  in 
contra  hotäririlor  poporului  romän  ar  lua  parte  la  alegeri 
(id.  Z.  22). 

Wie  die  gegebenen  Beispiele  zeigen,  gehört  (in)contra 
der  Literatursprache  an,  die  Volkspoesie  und  soviel  ich  sehen 
kann,  das  Altrumänische  kennen  es  nicht.  Ein  Adverbium 
contra  «:=  „entgegengesetzt",  „entgegen"^  war  dagegen  aus  dem 
Lateinischen   überliefert.     Da   dieses   besonders   in   der  Ver- 


—    634    — 

bindung  in  contra  vorkam  (sunt,  stau  cu  quineva  in  contra 
=»  in  Uneinigkeit,  Zwist  sein  mit  jemand  (Les.  rom.-Iab-nng. 
Buda,  1825)),  so  konnte  leicht  nach  Analogie  von  impotriva 
eine  uneigentliche  Präposition  in  contra  (mit  Gen.)  entstehen, 
die  ihrer  Etymologie  entsprechend  die  Bedeutung  „im  Gegen- 
satz von",  „gegen"  hatte.  Die  zusammengesetzte  Form  in- 
contra  scheint  in  der  Tat  die  altere  und  zunächst  allein 
herrschende  gewesen  zu  sein,  wenigstens  findet  sie  sich  belegt 
in  Molnars  deutsch-walach.  Sprachlehre,  Wien  1788,  p.  323 
und  ebenso  in  dem  Lesicon  rom.-lat.-ung.,  Buda  1828,  p.  291 
(incönträ  =  contra,  inad versus,  ung.  eilen,  gegen,  wider). 
Erst  in  neuerer  Zeit  ist  dann,  wohl  in  Erinnerung  an  das  lat. 
contra,  &z.  contre  die  Form  contra  üblicher  geworden.  Ein 
Bedeutungsunterschied  zwischen  den  beiden  Formen  ist  nicht 
vorhanden.  —  Das  rumänische  (in)  contra  stimmt  seiner  Geltung 
nach  noch  genau  zu  der  lateinischen  Präposition  contra  und 
deren  Fortsetzungen  im  Vulgärlateinischen  tmd  Romanischen. 

lat:  (adv.:  contra  facere,  Ter.;  contra  dicere  =  dagegen 
sprechen,  Cic.  Tusc.  1,  77)  contra  alqm.  conjurare,  Caes.;  hoc 
non  pro  me,  sed  contra  me  est,  Cic.  (Georges  I,  1523). 

vglt.:  siquis  incontra  haue  vinditionem  evenere  tentaverit, 
Pard.  app.  30  (a.  713)  (Hamp  in  Wölfflins  Archiv  V,  351). 

ital.:  virtü  contra  furore  prenderä  l'arme,  Petr. 

frz.:  marcher  contre  Tennemi. 

span.:  la  traica  es  contra  el  veneno  (Diez,  Gr.  897). 

Der  Form  und  Konstruktion  nach  bietet  das  spanische 
encontra  eine  gute  Parallele  zum  rum.  incontra:  hablas  en- 
contra  de  mi  deseo  (Diez,  Gr.  897).  encontra  raia  =  gegen 
mich  (M.-L.,  Gr.  III,  91). 

indärätuL 

indärätul  bezeichnet  die  Lage  oder  Bewegung  hinter  etwas 
(auf  die  Frage  wo?  oder  wohin?);  deutsch:  hinter:  Grädina 
e  indärätul  casei  =  der  Garten  ist  hinter  dem  Hause  (Gan- 
drea-Hecht,  Gr.  252). 


—    635    — 

Im  Lateinischen  findet  sich  retro  =»  „hinten,  hinter"  (das 
wohl  das  Etymon  zu  indärät  ist),  sowohl  adverbial  als  prä- 
positional  gebraucht;  in  vulgärlateinischer  Zeit  trat  dafür 
deretro  ein,  das  sich  in  den  romanischen  Sprachen  zum  Teil 
erhalten  hat: 

lai:  retro  fugere,  Cic;  quae  retro  nos  sunt  (Chalcid.  Tim. 
239)  (Georges  II,  2118). 

deretro:  visa  itaque  turba  deretro  et  abante  (Bar.  6,  5, 
Vulg.;  Wölfflins  Archiv  V,  342,  C.  Hamp). 

itaL:  era  dietro  alla  casa. 

frz.:  il  est  derriere  le  jardin  (Diez,  Gr.  896). 

Das  rumänische  indärätul,  eig.  =  „im  hinteren  Teile  von", 
dann  „hinter*'  würde  zu  diesen  lateinischen,  resp.  romanischen 
Bildungen  der  Bedeutung  nach  vollkonmien  stimmen. 

inläuntrul. 

fnläuntrul  bezeichnet  die  Lage  im  Innern  oder  die  Be- 
wegung in  das  Innere  von  «twas;  deutsch:  „im  Innern  von, 
in  das  Innere  von":  Betränul  deschide  usa  tindii  si  se  face 

c  <  < 

nevedut  in&untrul  clädirei  (=  im  Innern  des  Gebäudes) 
(Emin.  nuv.  p.  95,  24).  In  läuntrul  hotarelor  de  din  nainte 
de  cel  din  urmä  resboiü  (Sl.  Fr.  III,  596,  9). 

Mit  plnä:  maestru  gura  unei  pestere,  care  duce  pänä 
'nSuntrul  pe|terei  (Emin.  nuv.  102,  6). 

Im  Aromunischen  in  gleicher  Bedeutung  di-nuntru  din: 
e  un  jrQOÖOTTjp  di-nuntru  din  tsitate  =  es  ist  ein  Ver- 
räter im  Innern  der  Stadt  (Cod.  Dim.  111,  1). 

Erklärung  der  Abkürzungen. 

Alb.  =  Albina,  Revistä  enciclopedica  popularä,  Bucuresci. 
AlexicT,  Texte  =  G.  Alexici,  Texte  din  literatura  poporarä 

romlnä.    Tomul  I.    Budapesta  1899. 
Ar.  II  =  "Weigand,  Aromunen  IL  Band.    Leipzig  1894. 
BibL  rom.  ==  I.  Bianu  si  N.  Hodos,  Bibliografia  romänescä 

veche  1508—1830.    Bucuresci  1898ff. 


—    636    — 

Borcia  »»  mündliche    Mitteilungen  von  Herrn   Borcia    aus 

Hermannstadi 
Can^.  teatru  «=«  Caragiale  teatru  Ia|i. 
Cifaac,  Dict  ^=^  de  Cihac,  Dictionnaire  d'^tymologie  dacoromane. 

Francfort  1870/79. 
Cod.  Dim.  =  Codex  Dimonie  im  Jahresbericht  d.  Inst  f.  rum. 

Sprache.    B.  I,  IV- VL 
Cod.  Vor.  =a  Codicele  Voronetean,  herausg.  von  Sbiera,  Cemäiit 

1885. 
Cofb.,  Vers,  si  Prozä  =  G.  Cosbuc,  Versurf  f i  Prozä,  Caran- 


Cosb.,  Fire  de  tort=G.  Cosbuc,  Fire  de  tort,  Ed.  IL  Buc.  1898. 

Cofb.,  Bai.  =  Q.  Cofbuc,  Balade  si  Idile,  Ed.  IL  Buc.  1897. 

Cr.  =  loan  Creangä,  Opere  complecte  (I— VI).    Bucuresfcf. 

Dame,  Wb.  =  Dame,  Nouv.  Dictionnaire  roum.-fran9.  Bueu- 
resti  1893. 

Delavr.  Paraz.  »»  Delavrancea,  Parazitil.    Bucure|itt  1893. 

Delavr.  Trnb.  =  Delavrancea,  TwibaduruL    Bucure|ti  1887. 

Diez,  Gr.  =  Diez,  Grammatik  der  rom.  Sprachen.  III.  Teil. 
5.  Aufl.    Bonn  1882. 

Doine  =  U.  Jarnik  si  A.  Bärseanu,  Dolne  fi  Strigäturi  din 
Ardeal.    Bucuresci  1885. 

Emin.,  Prozä  ji  Vers.  «=  M.  Eminescu,  Prozä  |i  VersurL  lasi  1890. 

Emin.  nuv.  =  M.  Eminescu,  Nuvele,  Bibl.  Saraga. 

Farn.  s=  Familia,  Gradea^Mare  (Großwardein),  illustrierte  Zeit- 
schrift. 

Foaia  pop.  =  Foaia  poporului,  Sibitü  (Hermannstadt).  Sonn- 
tagsblatt. 

ForcelL  Lex.  =  Forcellini,  Lexicon  totius  latinitatis.  Prati 
1858—60. 

Gast  e==  M.  Gaster,  Chrestomatie  rom&nä.  Leipzig-Bucuresci 
1891. 

Georges  =  Georges,  Ausführliches  lat.-deutsches  Handwörter- 
buch.   7.  Aufl.    Leipzig  1879. 

Hasd.,  Cuv.  =  B.  Petriceicu-Hasdeu,  Cuvinte  din  bätrinl  Buc. 
1878/79. 


—    637     — 

Hasd.,  Et.  m.  rom.  s=s  HSsdeu,  Etymologicum  magnnm  Boma- 

niae.    Buc.  1887flf. 
Ispir.  s=s  Ispirescu,  Legende  sau  Basmele  romänilor.    1882. 
lorga,  Doc.  I  =  N.  lorga,  Documente  romtne|tt  din  Archiyele 

Bistritei.    Parfcea  I.    Bucuresci  1899. 
Jamik,  Varia  =  s.  Doine. 

Jb.  =  Jahresbericht  des  Instituts  f.  rum.  Sprache  zu  Leipzig. 
M.-L.,  Gr.  III=«Meyer-Lübke,  Gramm,  d.  rom.  Sprachen.  III.  B. 

Leipzig  1899. 
M.  Sg.  =  Moliöre,  Sgärcitul,  Sibiiü  1886  (Biblioteca  poporalä 

a  „Tribunei",  Nr.  29). 
Noul  Test.  =5  Noul  Testament  AI  Domnului  si  Mantuitorulut 

Nostru  lisus  Christos,  lassy,  1871. 
Obed.-Bianu,  Texte  »»  G.  Obedenaru  |i  I.  Bianu,  Texte  macedo- 

romäne  de  la  Crusova.    Bucuresci  1891. 
Papah.,  Rom.  din  Megl.  ^s  p.  Papahagi,  Romänii  din  Meglenia, 

Texte  si  Glosar.    Bucuresci  1900. 
Petr.  Mostre  II  =  V.  Petrescu,  Mostre  de  Dialectul  macedo- 

romanu,  Partea  II.    Bucuresci  1881. 
Psali  Schei.  =»  Bianu,  Psaltirea  Scheianft,  Tomul  I.  Bucuresti 

1889. 
Pop  Reteg.a=I.  Pop  Reteganul,  Povesti  din  popor.  Sibiiü  1895. 
Rigut-Bulle  «=  Rigutini  und  Bulle,  Neues  it.-deutsches  Wörterb. 

Leipzig  1897. 
SI.  Fr.  III  =  L.  Baron  de  Hurmuzaki,  Fragmente  din  Istoria 

Rom&nilor,  Tomul  al  treilea,  Traducere  fScutä  de  loan 

Slavici.    Bucuresci  1900. 
Stänc.  a=s  Stäncescu,  Alte  basme  culese  din  gura  poporului. 
Strig.  =  U.  Jamik  si  A.  Bärseanu,  Doine  si  Strig&turT  din 

Ardeal.    Bucuresci  1885. 
Telegr.  rom.  =  Telegraful  roman  Sibiiü,  Zeitung  in  Hermann- 
stadt. 
Tiktin,  Wb.=Tiktin,  rum.-deutsches  Wörterbuch.  Buc.  1895  flP. 
Trib,  =«  Tribuna,  Sibiiü,  rumänisches  Tageblatt  in  Hermann- 
stadt. 
Trib.  lit.  =  Tribuna  literarÄ,  Sibiiü,  Beiblatt  zur  Tribuna. 


—    638    — 

Vlach.  poes.  =  AI.  Viahut»,  Poesii,  vechi  si  noue,  a  iareia 

editie.    Bucuresci  1894. 
Vlach.  nuv.  =  AI.  Vlahutä,  nuvele,  Ia|i. 
Vointa  nat.  «=»  Vointa  nationale,  Ziar  national-liberal,  Bacu- 

resci. 
Wg.  Rom.  =  G.  Weigand,  Nouvelles  recherches  sur  le  Roumain 

de  ristrie,  Romania,  Bd.  XXI,  p.  240  ff. 
Wg.,  V1.-M.  =  G.  Weigand,  Vlacho-Meglen.  Leipzig  1892. 


Alphabetisclies  Verzeiclmis  der  besprochenen 
Präpositionen. 

a  477;  afara  de  608;  aläturea  cu,  aläturi  de  u.  s.  w.  610; 
aproape  de  612;  asupra  618';  —  cäträ  484;  contra  633;  cu  488; 
—  de  496;  de  a  curmezi|ul,  de  a  latul  624;  de  a  lungul  (592), 
623;  deasupra  (592),  624;  decäträ  583,  587,  592,  594;  decu 
593;  dedesubtul  (592),  625;  dedin  583,  587;  de  din  afara  587; 
de  dinapoia  583;  de  dincolo  de  583,  587;  de  dupä  583,  587; 
dela  583,  586,  587,  593,  594;  de  lingä  583,  587;  depe  584, 
587,  595;  de  pe  la  584,  586,  587;  de  peste  584,  587f.;  de 
prespre  586;  de  prin  584,  586,  588;  despre  584,  586,  588,  593, 
595;  de  stri  584,  588;  de  sub  584,  588;  dimprejurul  587,  (628); 
din  584,  587,  588,  593,  596;  dinaintea  585,  (592),  630;  dinä- 
parte  de  (592),  613;  dinapoia  (592),  633;  dinapoi  de  (592),  633; 
dincoace  de  (592),  613;  dincolo  de  (592),  613;  dinde  585; 
dinintia  s.  u.  dinaintea;  dinjos  de  (592),  614;  dinspre  585,  588; 
din  sus  de  (592),  614;  dintre  585,  588;  dintru  586,  589,  597 f.; 
dinuntru  di  (592);  dinzur  di  (megl.)  629;  disupra  di  (megl.) 
624;  drept  523;  dupä  554,  (592);  —  ftra  (de)  525;  fatÄ  cu, 
fa^Ä  de  614;  —  Impotriva  628;  impreajma  628;  Imprejurul  628; 
in  527;  inaintea  630;  inainte  de  615;  in  aleanul  632;  inapola 
633;  incontra  633;  indärätul  634;  In  de  607;  Injurul  628;  in- 
läuntrul  635;  inspre  608;  in  sus  de  614;  Intre  534;  Intru  533; 
kgtrg  n  (arom.)  608;  la  558;  lingä  565;  —  mai  presus  de  617; 


—    639    — 

—  nintea  (arom.)  s.  u.  inaintea;  —  pe  537;  pe  aproape  de 
598,  601;  pe  de  599,  601,  604;  pe  deasupra  601;  pe  de  cäträ 
601;  pe  din  604;  pe  dincolo  de  602;  pe  din  sos  de  599,  602; 
pe  dupä  602;  pe  la  599,  602;  pe  lingä  599,  602,  604,  605; 
pentru  575;  peste  567;  pe  sab  599,  602f.  604;  püiä  579;  pre 
s.  u.  pe;  prejur  629;  prespre  568;  prin  599,  603,  606;  printre 
600,  603;  printru  600,  603,  606;  —  spre  547;  stri  548 f.;  sub 
552;  —  trj  (tg,  tri,  ti)  (arom.)  578;  trgä  (ta§)  pi,  trgS  tru, 
trgs  ^n  (arom.)  582. 


ELFTEB  JAHB£SB£BIGHT 

DES 

fflSTITÜTS  FÜR  RUMÄNISCHE  SPRACHE 

ZU 

LEIPZIG. 

HERAUSGEGEBEN 
VON  DEM  LEITER  DES  INSTITUTS 

Prof.  Dr.  GUSTAV  WEI6AND. 


COMMISSIONSVERLAG 

VON 
JOHANN  AMBBOSIÜS  BARTH 

LEIPZIG  1904. 


Preis  8  Mark 


aediaekt  bei  Angast  Fries  U  Lelitiis. 


Vorwort  und  Jahresbericlit 

aber  das  Sommersemester  1903  ondWinterBemester  1903/1904. 

Im  yerfiossenen  Jahre  wurde  unser  Institut  Ton  19  Stu- 
dierenden (10  Deutsche^  9  Rumänen)  besucht  Der  Zuwachs 
an  Rumänen  rfihrt  namentlich  Ton  MitgUedem  der  Handels- 
hochschule her,  die  ihr  Interesse  f&r  ihre  Muttersprache  durch 
regehnäßigen  Besuch  der  Seminarubungen  bekunden. 

Im  Sommer-  und  Wintersemester  wurde  in  den  Vor- 
lesungen mit  Zugnmdlegung  meiner  „Praktischen  Grammatik^ 
die  Elemente  der  rumänischen  Sprache  behandelt^  wahrend  in 
den  Seminarsitzungen  im  Anschlüsse  daran  praktische  Übungen 
Torgenommen  wurden.  Außerdem  fanden  Einzelunterweisungen 
for  solche  statt,  die  mit  größeren  Arbeiten  beschäftigt  waren. 

Als  erste  Arbeit  enthalt  der  Jahresbericht  eine  sehr  in- 
struktive Abhandlung  unseres  früheren  Seminarmitgliedes 
Dr.  S.  Puscariu,  über  lat.  ti  und  ki  im  Rumänischen,  Italie- 
nischen und  Sardischen.  Der  Umstand,  daß  diese  Arbeit  als 
Habilitationschrift  an  der  Wiener  Universität  angenommen 
worden  ist,  beweist  zur  Genüge  ihren  Wert.  Ich  wünsche 
meinem  ehemaligen  Schüler  von  Herzen  viel  Glück  und  reichen 
Erfolg  auf  der  akademischen  Laufbahn.  Daß  er  uns  noch 
viele  erfreuliche  wissenschaftliche  Gaben  bieten  wird,  davon 
bin  ich  fest  überzeugt 

Zum  ersten  Male  wird  von  A.  Bogdan  in  eingehender 
Weise  über  die  rumänische  Metrik  auf  Grand  der  Gedichte 
Eminescus  gehandelt  Eine  Ausdehnung  der  Untersuchung 
auf  andere  Dichter  und  vor  allem  auf  die  Volksliteratur  wird 


—      IV      — 

zeigen,  inwieweit  die  Ergebnisse  dieser  Arbeit  zu  yerall- 
gemeinem  resp.  zu  modifizieren  sind.  Ich  habe  in  meinem 
kürzlich  erschienenen  Werke  über  die  Dialekte  der  Bukowina 
tmd  Bessarabiens  meine  Ansicht  über  den  Rhythmus  der  nun. 
Doinen,  die  nur  in  einem  Punkte  von  der  Ansicht  Bogdans 
abweichend  ist,  dargelegt  Hoffentlich  wird  B.  seine  mit  yiel 
Verständnis  und  Geschick  unternommene  Untersuchung  weiter 
fuhren,  woför  ich  ihm  im  Jahresberichte  gerne  Platz  gewähre. 
Am  Schlüsse  des  Jb.  hat  B.  selbst,  angeregt  durch  Saraus 
Arbeit  über  den  Rhythmus  des  franz.  Verses  seine  StellHng 
zu  dessen  Theorie  genauer  präzisiert  und  einige  Verbesserungen, 
die  nicht  wesentlicher  Natur  sind,  angebracht 

Die  dritte  Arbeit  von  Kurt  Schreyer  beschäftigt  sich  in 
sehr  eingehender  Weise  mit  den  Adverbiatsätzen  in  der  rumä- 
nischen Volksliteratur.  Nur  ein  Teil  des  Von  dem  Ver&Mier 
gesammelten  riesigen  Materials  ist  in  die  Abhandlung  auf- 
genommen worden,  sie  wäre  sonst  zu  umfsmgreich  geworden, 
ohne  daß  an  den  Ergebnissen  eine  Änderung  eingetreten  wäre. 
Daß  dabei  auf  das  Tempus,  Modus,  Stellung,  Wiederholung 
Rücksicht  genommen  wurde,  gereicht  der  Arbeit  nur  zum 
VorteiL  Diese  Arbeit  in  Verbindung  mit  der  umfangreichen 
.  Abhandlung  von  Dr.  Dimand  „Zur  rumänischen  Moduslehre'' 
(Denkschriften  d.  Kais.  Ak.  d.  W.  in  Wien  Bd.  49)  wird  eine 
schätzenswerte  Grundlage  für  die  vergleichende  Syntax  des 
Adverbialsatzes  in  den  Balkansprachen  bilden,  eine  Arbeit, 
bei  der  jedenfalls  mehr  für  das  Verständnis  der  Vorgänge 
herauskonmien  wird,  als  eine  nur  einseitige  Betrachtung  vom 
rumänischen  resp.  lat  Standpunkte  aus. 

Ich  habe  zu  diesem  Jahresberichte  mit  einer  nur  rudi- 
mentär gehaltenen  Arbeit  über  den  Schwund  von  n  dxxxdti 
Nasalierung  beigetragen.  Da  durch  die  Sonderabzüge,  falls 
sie  nicht  mit  einem  neuen  Bogen  beginnen,  die  Kosten  des 
Jb.  ganz  bedeutend  vermehrt  werden,  will  ich  künftighin 
durch  kleinere  Beiträge  die  entstehenden  Lücken  ausfüllen, 
wodurch  allerdings  manchmal  etwas  wegfiiUen  muß,  was  zu 
sagen  gut  wäre.    Ich  möchte  daher  diese  Beiträge  nicht  als 


—      V 


abgeschlossene  Arbeiten  betrachtet  haben,  sondern  nur  als 
Anregong  oder  Orundlage  far  größere  Arbeiten.  Wie  oft 
kommt  es  vor,  daß  von  meinen  Schülern  in  ihren  Arbeiten 
diese  oder  jene  Ansicht  quasi  als  eigene  vorgetragen  wird, 
während  es  doch  nur  eine  Reminiscenz  an  eine  Vorlesung 
oder  Seminarübung  ist.  Um  solche  Fälle  mehr  als  seither 
möglich  war  zu  yermeiden,  möge  mein  „Füllsel"  mit  beitragen. 
Die  VI.  Sektion  meines  linguistischen  Atlasses  ist  im 
Drucke  und  wird  zu  Neujahr  1905  erscheinen.  Meine  Studien 
über  die  „Dialekte  der  Bukowina  und  Bessarabiens"  mit  einem 
Titelbilde  und  Musikbeilagen  (Preis  3  Mark)  sind  vor  kurzem 
bei  J.  A.  Barth  in  Leipzig  erschienen.  Bei  den  großen  peku- 
niären Opfern,  die  mich  der  umfangreiche  X.  Jahresbericht 
gekostet  hat^  mußte  ich  sehen,  mich  einigermaßen  durch  den 
folgenden  zu  entlasten. 

Leipzig,  1.  November  1904. 

OrsUt  Weigaad. 


Inhaltsangabe. 


Seite 
Dr.  SextU  Pusearin^  Lai  ti  und  k|  im  Rum.,  It  und  Sardiiehen  1—187 

Vorwort,  Einleitong •    .    .    .       1 

I.  Abschnitt:  Buniiiiseli 39 

A.  Nachtonig  ti  40,  ki  45,  dj  47,  gj  51 40 

6.  Vortonig  a)  vor  o,  n  52,   b)  vor  a  61  ' 52 

C.  si,  sti,  ski 66 

D.  *,iÖ)'. 71 

U.  Abschnitt:  Albanesiseh 76 

UI.  Abschnitt:  Sardiiek 81 

IV.  Abschnitt:  Italienisek 90 

I.  ti  intervokaJisch 93 

II.  ti,  kl  nach  Konsonanten 97 

m.  W     f  .    .  • 116 

V.  Absdmitt:  Rückblick 157 

Index  (Lat  178,  Alb.  Franz.  It  184,  Rum.  185,  Sard.  186)   .    .  178 

G*  Weigftndy  Der  Schwund  von  n  durch  Nasalierung      .    .    188—192 

Alexander  Bogdan,  Die  Metrik  Eminescus 193—272 

Einleitung  193,  Ab&ll-Tabelle  194,  Hiainis-Tabelle  195,  Verschlei- 
fungs-Tabelle  196. 

I.  Sflbenzählung 196 

1.  Abfall  im  Anlaut  198,  2.  im  Auslaut  203,  3.  Ausfall  207. 
4.  Hiatus  206,  5.  BMob  im  Inlaut  215,  6.  Verschleifimg  218, 
7.Verschl.  im  Inlaut  221,  a  Überziehen  222,  9.'Au8fÜllung226. 

IL  Rhythmus " 228 

1.  Silbenzahl  228,  2.  Rhythmische  Typen  230,  3.  Einflufi  der 
Metrik  der  Volkslieder  241,  4.  Akzentyerlegung,  5.  Pause 
243,  6.  Reihenschlnß  und  Versschluß  247,  7.  I^ntax  des 
Reihen-  und  Versschlusses  249,  8.  Metrisch  schwacher  Reihen- 
und  Versschluß  254,  9.  Zftsuren  254. 


—    vn    — 

Seite 

m.  Reim 25Ö 

1.  Reimarten  256|  2.  Orthographie  imd  Orthoepie  der  Reime 
256,  3.  Dialektische  Reime  258,  4.  Reimfolge  260,  5.  Reiche 
Reime  261,  6.  Assonanzreime  262,  7.  Assonanz  265. 

IV.  Strophe 267 

Abkürzungen 271 

Kmrt  Sclireyery  Der  Adverbialsatz  in  der  neonimänischen  Volks- 

Uteratur 273—363 

I.  TenponQsats 273 

A.  Die  Nebensatzhandlung  geht  voraus    .....    274 
c&nd  . 274-281 

I.  Der  Zeitpunkt  liegt  vor 274 

n.  cänd  bezeichnet  die  Zeitdauer 275 

in.  Der  durch  cfind  eingeleitete  Temporalsatz  ent- 
hält eine  iterative  Handlung 275 

IV.  c&nd  leitet  einen  attributiven  Temporalsatz  ein    276 
V.  cönd  zur  Einleitung  eines  Nebensatzes,  der  ein 

unerwartet  eintretendes  Ereignis  bringt  .  .  .  277 
VI.  Stellung  des  Nebensatzes  zum  Hauptsatze  .  .  278 
VIL  Stellung  von  Subjekt  und  Prädikat  im  c&nd- 

Satze 279 

Vni.  Konjunktion  cänd  im  Temporalsätze  .    .    •    •    280 

unde 281 

cum  (282),  decum  (284),  fndata  ce  (286),  SteUung  (286)   282—290 

dacä 290-293 

dupä  ce  (Zeitenfolge,  Stellung,  Wiederholung  der  Eoqj)  293—297 

B.  Haupt-  und  Nebensatzhandlung  im  Verhältnis 

der  Gleichzeitigkeit 297 

de  cänd  (298),  dt  (301),  pe  cind  (302),  pänä  (304) 

G.  Nebensatzhandlung  folgt  nach 305 

pänä  (305),  pänä  ce  (306),  pänä  cänd  (306),  fnainte  de 
(310),  pänä  nu  (310). 
IL  Kansalsats 312 

A.  Konjunktionen  des  Erklärungsgrundes  (cä,  pentru 

cä,  fiind  cä 313 

B.  Konj.  des  motivierenden  Grundes  (unde,  dupä  ce, 

de  oare  ce,  de  vreme  ce,  dacä,  cum,  Wiederholung,  Stellung)    315 

m.  KoBdizioiua-  nnd  Konzesslvsati 320—328 

A.  Kondizionalsatz   (sä,   de,   dacä,   ctnd,   Verneinung, 
Stellung,  Modus,  Tempus). 


—      VIU      — 

Seit« 
B.  KonzessivBatz  I.  angenommener  Gnmd  m&car  de,  cluar 

(de,  dac&,  dnd),  de  91 329 

IL  wirklicher  Grund  de^i,  ca  toate  c^ 
mäcar  g&»  clt,  orl  dt»  Stellimg.    .    .    330 

IT.  AdYersatlTSatB  (pe  clnd,  tn  loc  sä,  Stellung) 335 

y.  Modaliate 337-348 

A.  Konjanktionen  der  Qualität 337 

I.  Modalsatz  der  Wirklichkeit:  cum,  precum,  dupä  cum, 

förä  (a,  sä,  cä  sä). 
n.  Modalsatz  der  Möglichkeit:   ca  ^i  cum,  ca  ^  c&nd, 

parcä,  cä 342 

B.  Konjunktionen  der  Quantität 345 

dt,  dupä  cit,  pe  dt,  de  ctt,  de  cum,  Stellung 

Ih  KonsekntlTsats  (de,  cä,  Inctt,  Stellung,  Modus)      ....  349 

YILFinalsati 355 

ca  sä,  sä;  pentru  ca  sä;  peutru  a,  spre  a  mit  Infinitiv 

Allgemeines  über  den  Fimüsatz 395 

SeUvBtbetraektBiig,    Litaratv 361 

Alexander  BogdaB,  Nachtrag  zur  „Metrik  Eminescus"  ....    364 


Lateinisches  Ti  und  Ki 
im  Rnin&nisclieii,  Italienischen  nnd  Sardischen 

von 
Dr.  Seztil  Fasoariu. 

In  vorliegender  Arbeit  wollte  ich  zeigen,  daß  die  Un- 
regelmäßigkeiten des  lai  Ti  und  Ei  im  Romanischen  nicht 
gleich  geartet  sind,  daher  auch  zu  deren  Erklärung  nicht 
dieselben  Mittel  gebraucht  werden  dfirfen.  Die  Doppelfonn 
pregio  =  prezzo  <C  PRETIUM  teilt  das  Italienische  mit 
dem  Franzosischen  (pris  aber  place),  nicht  aber  mit  dem 
Rumänischen;  dagegen  kehrt  ital.  -azzo  =  -accio  auch  im 
rum.:  -afs^s-aciü  wieder.  Im  ersten  Falle  handelt  es  sich 
um  eine  westromanische,  im  letzten  um  eine  urromanische 
Erscheinung.  Wenn  aber  rum.  täciune  <  TITIONE  ver- 
schieden von  a^i^re  <;*ADTITIARE  ist,  so  haben  wir  es 
mit  einer  einzelsprachlichen  Entwicklung  des  Rumänischen  zu 
tun.  Diese  drei  Arten  von  „Ausnahmen"  suchte  ich  im  Rumä- 
nischen, im  lat.  Element  des  Albanesischen,  im  Italienischen 
und  im  Sardischen  nachzuweisen  und  zu  erklären.  Erst  wenn 
auf  diese  Art  auch  die  übrigen  rom.  Sprachen  untersucht 
sein  werden,  wird  es  möglich  sein  in  zusammenhängender 
Weise  die  Schicksale  des  lat.  Ti  und  Ei  im  Romanischen  zu 
prüfen  und  damit  eines  der  schwierigsten  Probleme  der  rom. 
Lautlehre  zu  lösen. 

Zu  meiner  phonetischen  Transskription  bemerke  ich,  daß 
die  Zeichen  c  und  j  vermieden  werden,  z  ist  stimmhaftes  s, 
ä:z,  ts:dz,  t§:dz  sind  klar.  Die  entsprechenden  Längen  wer- 
den durch  Verdoppelung  des  Dauerlautes  tss,  dzz  wieder- 
gegeben.   Die  Mouillierung  wird   durch   einen  Strich  ange* 

Weigand,  11.  Jahresbericht.  1 


§  1.  —    2    — 

zeigt:  M,  g,  s,  z,  ts,  dzz  etc.  9  bedeutet  den  zwischen  s  und 
ts,  5,  g  den  zwischen  tS,  ds^  und  6,  2  liegenden  Laut,  also 
etwa  ts,  tg,  d^;  ts,  dz,  s,  z  sind  die  im  Istro-rumänischen 
zwischen  ts,  dz,  s,  z  und  t§,  d2,  S,  2  (spitzer  als  diese,  breiter 
als  jene)  stehenden  Laute;  6,  ^  bedeuten  die  Diphthonge  mit 
schwebendem  Akzent  in  mm.  Dialekten:  6a,  ea  (Weigands 
f ,  9),  g  bezeichnet  den  reduzierten  Vokal;  e,  9,  bezw.  ^,  9 
(nur  wo  nötig  bezeichnet)  gelten  f&r  geschlossene,  bezw.  offene 
e,  o.  Diese  Transskription  ist  überall,  wo  es  mir  möglich  war, 
für  das  Sardische,  Albanesische  und  die  dialektischen  Formen 
des  Rumänischen  und  Italienischen  angewendet  worden.  Für 
die  Schriftsprachen  habe  ich  die  übliche  Orthographie  bei- 
behalten: lai  GiBPA,  ital.  mezzo,  pozzo(='  medzzo,  potsso), 
rum.  miez,  pu^,  ceapä  (=  m^ez,  puts,  t6ap§). 


Einleitung. 

§  1.  Die  herkömmliche  Einteilung  der  romanischen 
Sprachen  hat  seit  Diez  nur  unbedeutende  Änderungen  er- 
fahren; sie  i&rt  in  Mejer-Lübkes  Einführung  in  das  Studium 
der  romanischen  Sprachwissenschaft  (Heidelberg  1901)  S.  16 
die  folgende:  1.  Rumänisch,  2.  Rätoromanisch,  3.  Ita- 
lienisch, 4.  Provenzalisch,  5.  Französisch,  6.  Spa- 
nisch, 7.  Portugiesisch,  8.  S ardisch.  Diese  „durch 
politische  und  literarische  Verhältnisse  bedingte  Einteilung** 
entbehrt  einer  historischen  Berechtigung  und  hat  oft  zu 
falschen  Schlüssen  geführt  Nehmen  wir,  um  dies  zu  zeigen, 
sechs  Punkte  der  romanischen  Grammatik,  um  sie  in  den 
einzelnen  rom.  Sprachen  zu  verfolgen. 

1.  Auslautendes,  unbetontes  m  ist  in  allen  romanischen 

Sprachen  verstummt. 

2.  Betontes  i  wird  überall,   außer  im  Sardischen,  wie  e 

behandelt. 

3.  Betontes  ü  erscheint  überall,  außer  im  Sardischen  und 

Rumänischen,  also  9. 


—    3    —  §1. 

4.  Der  prapositionslose  Dativ  hat  sich  nur  im  Rumä- 

niscIiMi  bis  auf  den  heutigen  Tag  erhalten. 

5.  Intervokalisches  c  wird,  außer  im  Rumänischen  und 

Süditalienischen,  zu  g. 

6.  Das  Suffix  -culus  erscheint  überall  teils  als  -culus, 

teils  als  -clus. 
WoUen  wir  aus  diesen,  und  ähnlichen  Erscheinungen 
Schlüsse  ziehen,  so  ergibt  sich,  daß  wir  chronologisch  zwei 
Stadien  unterscheiden  können  a)  Urromanisch:  hierher  ge- 
hört das  Verstummen  des  auslautenden  m  in  unbetonter  Silbe, 
-culus  neben  -clus,  die  Monophthongisierung  des  ae  zu  e 
und  andere  durch  zahlreixshe  Belege  gesicherte  Erscheinungen, 
b)  —  wenn  wir  vom  Sardischen  vorläufig  absehen,  —  eine 
Spaltung  zwischen  Rumänisch  und  dem  Reste  der  roma- 
nischen Sprachen.  Diese  Gabelung  entspricht  den  historischen 
Tatsachen  und  auch  Weigand  hat  in  seinen  Vorlesungen 
schon  vor  Jahren  darauf  hingewiesen.  Im  Anfange  des  U.  Jh. 
wird  Dazien  durch  die  Römer  kolonisiert;  aber  schon  nach 
170  Jahren  wird  diese  östliche  Provinz  aufgegeben,  und  die 
nun  ihrem  Schicksale  überlassenen  Vorfahren  der  Rumänen, 
—  ob  südlich,  nördlich  oder  beiderseits  der  Donau,  ist  eine 
Frage,  die  hier  nicht  in  Betracht  kommt,  —  sind  von  dem 
Reste  der  römischen  ]Nation  geographisch  wie  politisch  ab- 
gesondert Dadurch  tritt  nun  im  III.  Jh.  n.  Chr.  eine  Spal- 
tung des  ürromanischen,  welche  wir  am  besten  mit  0 st- 
und West-Romanisch  bezeichnen,  ein.  Auf  dem  letzteren 
Oebiet  können  wir  noch  for  lange  Zeit  nur  von  einer  west- 
romanischen Sprache  reden,  die  infolge  des  regen  Verkehrs 
der  einzelnen  Provinzen  untereinander,  dieselben  Entwick- 
lungen zeigt:  u  >•  o,  Ersetzung  des  Dativs  durch  den  Akku- 
sativ mit  einer  Präposition  (im  A.-franz.  und  A.-prov.  erst 
im  XI.  Jh.  n.  Chr.  durchgefahrt ,  vgl  Meyer-Lübke  Rom. 
Oram.  lU  §  47),  Aufnahme  von  Lehn-  und  Buchwörtem  ger- 
manischen und  lateinischen  Ursprungs  etc.,  lauter  Erschei- 
nungen, die  das  Rumänische  nicht  mehr  mitmachen  kann. 
Einige  dieser  westromanischen  Evolutionen  können  in  späterer 


§  2.  —     4     — 

Zeit  nicht  mehr  das  ganze  große  Gebiet  beherrschen,  so  dringt 
ein  "^pagare  <C.  PAGARE  bis  nach  Sizilien,  aber  *miga  •< 
MICA  unterbricht  schon  viel  weiter  nordlich  seine  Wande- 
rang; andererseits  entwickeln  sich  mit  der  Zeit  die  dialek- 
tischen Unterschiede,  die  das  Westromanische  in  die  heutigen 
sechs  Sprachen:  Italienisch,  Bätoromanisch,  Franzosisch,  Pro- 
venzalisch,  Spanisch  und  Portugiesisch  teilen. 

§  2.  Eine  Stellung  für  sich  nimmt  das  Sardische  ein, 
welches  in  merkwürdiger  Weise  Altertümliches  und  Neues  in 
sich  vereint  Die  Ursache  liegt  in  der  Geschichte  und  in  der 
geographischen  Lage  dieser  Insel.  Nach  Korsika  (259  v.  Chr.) 
und  Sizilien  (241  v.  Chr.)  ist  Sardinien  (238  v.  Chr.)  das  erste 
an  Rom  angegliederte  Gebiet^  und  dennoch  sind  die  Sarden 
im  Jahre  19  nach  Chr.  noch  nicht  vollkommen  romanisiert. 
„Ihre  Unterwerfung",  schreibt  H.  Niessen  in  seiner  „Itali- 
schen Landeskunde*'  (Berlin  1883)  I  S.  361,  „ist  überaus  lang- 
sam von  statten  gegangen.  Das  Innere  bot  zu  wenig,  was 
die  Habsucht  reizen  konnte:  bitterer  Honig  wird  als  einziger 
Ausfuhrartikel  namhaft  gemacht.  Die  Bömer  begnügten  sich 
schließlich  damit,  daß  die  Sarden  Buhe  hielten  und  die  Acker- 
baudistrikte mit  ihren  Einfallen  verschonten.  Noch  im  ersten 
Jahrhundert  unserer  Zeitrechnung  sprachen  Berggemeinden 
den  Befehlen  der  Statthalter  ungescheut  Hohn.  Aber  all- 
mählich hat  die  Zeit  auch  hier  ihre  Wirkung  geübt»  die  Sar- 
den wurden  latinisiert  und  haben  den  Sprachschatz  ihrer  Be- 
drücker unter  allen  Völkern  am  reinsten  bis  auf  den  heutigen 
Tag  bewahrt."  Trotz  der  relativ  geringen  Entfernung  von 
Italien  ist  Sardinien  durch  seine  Bodengestaltung  nicht  ge- 
eignet, mit  diesem  Lande  in  regem  Verkehre  zu  stehen  und 
heute  noch  tritt  diese  Isoliertheit  stark  zu  tage.  Aus  dieser 
Tatsache  ist  das  Altertümliche  in  der  Sprache  dieser  Insel  zu 
erklären.  Die  Romanisierung  eines  Teiles  derselben  datiert 
aus  sehr  alter  Zeit^  als  noch  der  Unterschied  zwischen  i  und  e, 
zwischen  ü  und  o  allgemein  in  der  Sprache  existierte,  als 
DOMUS  noch  nicht  durch  CASA,  MAGNUS  noch  nicht  durch 
GRANDIS  verdrängt  waren  (sard.   domu,  mannu).    Dann 


-     5     —  §2. 

kam  die  Zeit,  wo  Rom  sich  nicht  mehr  viel  um  Sardinien 
kmnmerte,  hauptsächlich  auch  wegen  des  dort  herrschenden 
ungesunden  Klimas.  Die  besten  Gebiete  in  der  Ebene  waren 
schon  in  romischer  Hand.  So  erklären  sich  auch  manche  über- 
raschenden lexikalischen  Übereinstimmungen  zwischen  dem 
Sardischen  und  Rumänischen  (NONNA  im  Sinne  von  ,,  Tauf- 
patin'' nur  im  Sard.  und  Rum.,  sonst  „Amme,  Nonne^, 
H^DUS  nur  sard.  edu,  rum.  led  und  alb.  ed*,  ferner  LIBER- 
TÄRE, SCIRE,  PERTUNDERE,  VITRICUS  etc.).  Diese  im 
IIL  Jh.  n.  Chr.  noch  allgemein  üblichen  Wörter,  wurden 
später  im  Westromanischen  durch  andere  verdrängt  Wenn 
diese  Altertümlichkeiten  nicht  nur  auf  der  frühromanisierten 
Ebene,  sondern  auch  in  den  erst  spät  entnationalisierten  Berg- 
gemeinden zu  treffen  sind,  so  ist  das  selbstredend  so  zu  er- 
klären, daß  die  lateinische  Sprache,  wenn  auch  langsam,  so 
doch  eben  von  diesem  Flachland,  und  nicht  von  Rom  aus 
weiter  in  die  Insel  vordrang.  —  Neben  den  Altertümlichkeiten 
findet  man  im  Sardischen  dagegen  neue  Entwicklungen,  die 
dem  Rumänischen  fremd,  dem  Westromanischen  dagegen 
eigen  sind,  so  die  Erweichung  der  interdentalen  Tenuis  in 
Media,  die  eine  der  spätesten  Strömungen  im  Westromanischen 
ist,  dann  Wörter  germanischen  oder  gelehrten  Ursprungs,  die 
nach  dem  UL  Jahrhundert  ins  Romanische  drangen  u.  a. 
Wenn  auch  der  Verkehr  mit  Italien  im  Anfang  sehr  be- 
schränkt war,  stand  Sardinien  doch  einerseits  mit  Afrika, 
andererseits  mit  Spanien  in  Verbindung.  Mit  diesen  Teilen 
des  späteren  römischen  Reiches  war  der  Verkehr  natürlich. 
„Zwar  wächst  die  Entfernung  Spaniens  von  der  Insel  unge- 
föhr  auf  das  Doppelte  der  Entfernung  Italiens**,  lehrt  H.  Nies- 
sen  S.  355,  „aber  dafür  ist  die  Insel  diesem  ab-  und  jenem 
zugewandt.  Die  westliche  ist  in  jeder  Hinsicht  die  bevor- 
zugte Stirnseite.  Im  Gegensatz  zum  hafenlosen  Osten,  besitzt 
sie  ein  entwickeltes  Gestade."  Dazu  stimmt  auch  die  dem 
Italienischen  fremde,  dem  ganzen  romanischen  Westeuropa 
eigene  Erhaltung  des  auslautenden  -s  im  Sardischen  u.  a. 
Auch  mit  Afrika,   das  um  35  km  der  Insel  näher  liegt  als 


§3. 


—     6     — 


Italien,  war  durch  den  schon  zu  phduizischen  Zeiten  blQhen- 
den  Hafen  von  Gagliari  ein  reger  Vericehr  im  Gange.  Manche 
Eigentümlichkeiten  der  Sprache  weisen  auf  afirikaniscbes  La- 
tein der  christlichen  Periode,  und  die  Schriften  Lucifer  Yon 
Cagliaris,  die  direkt  als  „eine  Quelle  des  Lateins  der  streng- 
kirchlichen Litteratur*'  gelten  können,  zeugen  Ton  dem  ent- 
wickelten geistigen  Leben  Sardiniens  im  lY.  Jahrhundert. 

§  3.  Wenn  wir  nach  diesen  Erörterungen  eine  wissen- 
schaftliche Einteilung  der  romanischen  Sprachen  geben  wollen, 
so  ergibt  sich  folgendes  Bild: 

XTrromanisch 


Ostromanisch 

I. 

Rumänisch 


Westromanisch 


Sardisch 


I     I       I       I      I        I 

Ital.  Rätor.  Franz.  Prov.  Span.  Portug.. 

Diese  Einteilung,  worin,  um  einen  drastischen  Vergleich 
zu  gebrauchen,  dem  Runoanischen  die  Rolle  der  Tante  gegen- 
über den  Schwestersprachen  Italienisch,  Rätoromanisch,  Fran- 
zösisch etc.  zufallt,  läßt  allein  auch  Schlüsse  auf  die  f&r  uns 
so  wichtige  Chronologie  des  Vulgärlateins,  ziehen.  Die  be- 
kannte Gröbersche  Theorie  (Archiv  für  lai  Lex.  I,  204  ff), 
nach  welcher  die  einzelnen  romanischen  Sprachen  das  Vulgär- 
latein der  Periode  der  römischen  Kolonisierung  in  den  be- 
treffenden Provinzen  repräsentiert,  läßt  uns,  wie  schon  oft 
betont  wurde,  im  Stiche.  Nach  Gröber  müßten  z.  B.  wegen 
der  Tatsache,  daß  lat  Ee,  Ki  überall,  außer  im  Sardischen^ 
assibiliert  erscheint,  die  Anfange  dieser  Assibilierung  seit 
dem  Jahre  238  t.  Chr.  datiert  werden.  Es  stellt  sich  bei 
näherer  Betrachtung  indessen  heraus,  daß  das  früher  koloni- 
sierte Spanien  Ke,   Ei  assibiliert,  während  die  später  roma- 


—     7     —  §3. 

nisierte  illyrisdbe  Küste  sie  durchaus  palatal  erhali  Der 
Ghrundfehler  dieser  sonst  so  scharfsinnigen  Theorie  besteht 
darin,  daß  ihr  Erfinder  den  regen  Verkehr  unter  den  einzelnen 
römischen  Kolonien  auSer  Acht  gelassen  hat,  welchem  allein 
die  noch  Hunderte  von  Jahren  dauernde,  fast  vollkommene 
Gleichheit  und  Ausgleichung  der  Provinzialismen  in  der  all- 
gemeinen Verkehrssprache  zuzuschreiben  ist  Es  ging  „die 
Kolonisierung  überhaupt  nicht  so  massenhaft  vor  sich,  daß 
die  direkte  Einführung  einer  bestimmten  Phase  des  italischen 
Lateins  irgendwo  denkbar  wära  Die  großartigsten  Ansiede- 
lungen erfolgten  unter  Cäsar  imd  Augustus,  welche  aber  ihre 
Veteranen  über  das  ganze  Land  zerstreuten Über- 
haupt bildete  die  Latinisierung  keinen  Damm  gegen  die  Ein- 
flüsse anderer  Reichsteile;  den  römischen  Verkehr  kann  man 
sich  nicht  großartig  genug  Yorstellen*',  bemerkt  mit  Recht 
K.  Sittl  im  „Jahresbericht  über  die  Fortschritte  der  klassischen 
Altertumswissenschaft*'  1892,  S.  284.  Erst  in  dem  Augen- 
blicke, wo  ein  Teil  des  römischen  Reiches  infolge  irgend 
einer  politischen  oder  historischen  Begebenheit,  vom  übrigen 
römischen  Oebiete  getrennt  wurde  und  der  Verkehr  mit 
diesem  gänzlich  aufhörte,  ist  man  berechtigt,  einen  Schluß 
auf  die  römische  Volkssprache  dieser  selben  Zeitperiode  zu 
ziehen.  Dies  kann  mit  großer  Vorsicht  mit  Sardinien,  und 
hat  in  unbedingt  größerem  Maßstabe,  als  es  bis  jetzt  getan 
wurde,  mit  dem  Rumänischen  zu  geschehen.  Aus  dem  Ru- 
mänischen lassen  sich  mit  untrügbarer  Sicherheit 
auf  die  gemeinromanische  Sprache  des  III.  Jh.  n.  Chr. 
Schlüsse  ziehen,  und  dies  solange,  als  keine  sicheren 
Daten  über  einen  Verkehr  zwischen  dem  Ost-  und 
West-Romanischen  nach  dem  IIL  Jh.  n.  Chr.  er- 
wiesen sind. 

Aiim.  Hierzu  bemerkt  F.  G.  Mohl  in  der  Zeitschrift  f. 
rom.  Phil.  XXVI,  593  £  —  Neuerdings  tritt  0.  Densusianu 
in  seiner  Histoire  de  la  langue  roumaine  I  S.  204  ff.  für  die 
schon  Yor  Jahren  von  O.Paris  (Romania  I,  Iff.)  ausgesprochene 
Theorie   ein,  daß  zwischen  den  Rumänen  und  den  übrigen 


«3.  -    8    — 

JElomanen  (hauptsächlich  den  italischen)  noch  lange  Zeit  nach 
dem  III.  Jh.  n.  Chr.  ein  Verkehr,  der  auch  in  der  Sprache 
Spuren  hinterlassen  hätte,  bestanden  habe  und  sucht  dies  zu 
beweisen.  Seine  Argumente  sind  zahlreich,  aber  wie  er  selbst 
for  die  meisten  zugibt,  nicht  überzeugend.  Als  Hauptbeweis 
bringt  Densusianu  den  Übergang  von  ke,  ki>>t§e,  t§i,  der 
nicht  im  Rum.  vollzogen  sei,  sondern  sich  aus  Italien  nach 
Osten  verbreitet  habe  (S.  215).  Das  arum.  mgl.  ts  sei  später 
aus  td  entstanden.  Mohls  Einwendung,  daß  das  Albanesische 
und  Vegliotische,  die  die  Vermittler  zwischen  Italienisch  und 
Bumänisch  sein  mußten,  ke,  ki  als  solche  bewahren,  sucht  D. 
anderswo  (Bomania  XXIX  S.  325  ff.)  zu  widerlegen.  Aber 
ganz  abgesehen  davon,  kann  sich  Densusianus  Ai^ment 
nicht  behaupten,  wie  man  aus  §  90  ersieht,  da  arum.  mgl. 
ts  nicht  aus  ts  entstanden  sein  kann,  sondern  wie  drum, 
irum.  ts  (ts)  direkt  auf  ke,  ki  zurückgehen,  die  sich,  unab- 
hängig von  Italien,  auf  rumänischem  Boden  verändert  haben 
(vgL  §  91).  Dann  fuhrt  D.  ital.  rum.  k,  g  <C  cl,  gl  an,  und 
zwar  nimmt  er  an,  daß  die  beiden  Sprachen  gemeinsam  bis 
zur  Stufe  kl'  gl'  (noch  heute  im  Arum.  Mgl.  und  Irum.  be- 
wahrt) gelangt  seien  (S.  216).  Aber  die  Mouillierung  des  GL 
ist  schon  urromanisch  (§  72)  und  nicht  nur  italienisch  und 
rumänisch.  Den  Übergang  von  intervokalischen  1  zu  r,  der 
im  Bum.  unbedingt  ist,  jedoch  nicht  unter  die  ältesten  Laut- 
gesetze gerechnet  werden  darf,  da  ihn  auch  albanesische 
(slmbure,  viezure)  und  griechische  Wörter  (Sln-Nicoarä)  mit- 
machen, will  D.  auch  als  eine  Strömung  aus  Italien  erklären. 
Um  dies  nur  irgendwie  glaubhaft  zu  machen,  müßte  er  aber 
doch  vor  allem  das  hohe  Alter  imd  die  geographische  Ver- 
breitung dieser  Erscheinung  in  Italien  beweisen  (denn  vom 
Genuesischen  kann  das  Bum.  doch  nicht  direkt  dieses  sein  r 
bekommen  haben),  unter  seinen  weiteren  Argumenten,  die 
wirklich  erstaunliche  Ähnlichkeiten  aufweisen,  und  auch  einen 
Zusammenhang  zwischen  Bum.  und  Ital.  zweifellos  machen 
(man  denke  an  die  Behandlung  des  auslautenden  -s!),  befindet 
sich  aber  kein  einziges,  welches  uns  zwingen  müßte,  es  nach 
dem  in.  Jh.  n.  Chr.  zu  datieren.  Daß  bis  zu  dieser  Zeit, 
Dacien  mit  dem  Beste  des  römischen  Beiches,  und  hauptsäch- 
lich mit  Italien  und  Bätien  im  regen  Verkehr  stand,  bezweifelt 
ja  niemand  (cuteza  ist  außer  im  alb.,  kudzon  und  a.-ven. 


-     9     —  §3. 

scotezar  auch  im  a.-aqaiL  (scuttia)  belegt,  so  daß  die  Ent- 
lehnung aus  dem  Griechischen  {xottI^co)  wohl  uralt  ist) 

Wichtiger  scheinen  die  Beweise  die  ein  anderer  Anhänger 
dieser  Theorie,  Candrea-Hecht  (Bomania  XXXI,  296 ff.  und 
flLes  elänents  latins  de  la  langue  ronmaine''  Paris  1902  S.  6) 
bringt  Nach  ihm  könnten  die  Wörter  preot  „Priester", 
botez  (arum.  pätedzu,  mgl.  batiz,  irum.  botez)  „taufen*^ 
und  premlndä  nicht  direkt  aus  PRE(S)BITER,  BAPTIZO 
und  PRiBBENDA  erklärt  werden,  sondern  man  muß  an- 
nehmen, daß  sie  „zugleich  mit  einer  Menge  anderer  (?)  Wörter, 
die  der  christlichen  Kirche  angehören,  zu  uns  aus  Italien  ge- 
kommen sind,  zugleich  mit  dem  Christentum,  d.  h.  in  einer 
jüngeren  Periode.*'  Was  das  letzte  Wort  anlangt,  welches 
Candrea  durch  eine  Kreuzung  mit  cumlndu<C  COMMENDO 
erklärt,  so  beweist  es  nichts,  da  diese  Kreuzung  nur  Tor  dem 
Verstummen  des  intervokalischen  v  hat  stattfinden  können. 
Dasselbe  gilt  für  PREBITER,  in  welchem  zur  Zeit,  wo  inter- 
Yokalisches  »y-  noch  bestand,  der  Nachtonvokal  synkopiert 
wurde:  '''PREBTER,  woraus  regelmäßig  prent  arum.  preftu, 
irum.  prewt  alb.  prift  Wichtiger  ist  das  letzte  Beispiel, 
weil  es  nach  Cs.  Ansicht  aus  Italien  unter  der  Form  battizo 
zu  den  Rumänen  gelangte,  also  zu  einer  Zeit,  wo  in  Italien 
die  Gruppe  pt  zu  tt  schon  assimiliert  war. 

Ich  glaube  hingegen,  daß  botez  (aus  '^'bätez)  die  regel- 
rechte Entwicklung  der  Gruppe  pt  im  Rum.  zeigt.  Schon 
Weigand  (Jb.  II,  221  ff.)  sprach  sich  in  ähnlicher  Weise  aus, 
nur  sind  seine  Beweise  wenig  überzeugend.  Er  zitiert  näm- 
lich für  den  Übergang  von  primären  und  sekundären  pt  >>  t 
die  Fälle  VICTIMO  >  vatäm  „verletze"  (arum.  vatäm  „tödte, 
schmerze,  zwicke");  INDIRECTÜS  >  Indär&t  neben  In- 
d&r&pt  „rückwärts"  und  *ADRECTO  >  ar&t  „zeige"  (irum. 
(a)rötu).  Keine  dieser  Etymologien  ist  indessen  meiner  Mei- 
nung nach  richtig.  Arum.  vatäm  spricht  mit  seinem  a  ebenso 
gegen  VICTIMO  wie  inun.  arötu  durch  sein  ö  gegen  *AD- 
RECTO.  Herr  N.  Sulicä  teilt  mir  mündlich  mit,  daß  er 
vatäm  aus  einem  Typus  *VATIMO  hervorgegangen  glaubt, 
welcher  durch  eine  Kontamination  von  VICTIMO  „opfere" 
und  VATES  „die  Person,  welche  die  Opfer  vollbrachte"  ent- 
standen sei.  Arät  kann  weder  Miklosichs  ♦ADRECTO  noch 
Hasdeus  *ADREP[U]TO  (Etymologicum  Magnum)  noch  Can- 


§  3.  —     10     — 

dreas  *ARATO  (Elements  latins  S.  91)  sein,  sondern  stämmig 
wie  Meyer-Lübke  gezeigt  hat  (Zeitschrift  rom.  PbiL  XTX, 
574—575),  aus  dem  bei  Cassiodor  belegten  ELATO,  -ARE. 
Indärät  endlich,  entspricht  genau  dem  lai  IN-DE-RETRO 
(it.  dietro,  neap.  dereto,  ndereto,  gall.  a  dareddu  <C  AD- 
DERETRO,  Alatri  d§ret§,  Lecce  deretu  a.-berg.  de  dred, 
franz.  derriere,  prov.  dereire),  dagegen  scheint  indft- 
räptnic  „widerspänstig"  wohl  aus  einem  indäräpt  <C  IN- 
DIRECTUS  „ungrad(er  Mensch)^  entstanden  zu  sein.  Da 
man  das  Wort  aber  an  tndärät  ,,rackwärts*'  anlehnte  (vgl. 
auch  alb.  prap§  „starrköpfig^  -prapa  „rückwärts".  Dens. 
Hisi  299),  entstand  einerseits  indärfitnic,  andererseits  In- 
däräpt. 

Es  gibt  aber  andere  Falle,  die  beweisen,  daß  pt  (<lpt 
und  et)  vortonig  zu  t  wird,  während  es  als  pt  nach  dem  Tone 
besteht,  daß  also  die  Behandlung  von  pt,  et  paralell  mit  der- 
jenigen von  ps,  CS  ist  (COXA  ]>  coapsä  aber  *MAXILLA  ]> 
mäsea)  und  infolgedessen  BAPTIZO  >>  bot^z  die  regel- 
rechte  Entwicklung  zeigt  Neben  LUCTA  >•  luptä,  kommt 
bei  Dosofteiü  (Via^a  sfin^  130  b/1)  das  Adjektio  nelut&tec 
„unüberwindlich"  vor,  welches  ein  *LÜCTATICUS  voraus- 
setzt. Cä^el  bedeutet  neben  „Hund"  auch  „Knoblauchknolle", 
in  welch'  letzterem  Sinne  es  unmöglich  vom  lat  GATELLUS 
stammeu  kann.  Da  man  rum.  neben  cä^el  de  usturoiü 
auch  cäpä^inä  de  u.  gleichwertig  verwendet,  so  liegt  es  nahe 
das  Wort  aus  CAP[1]TELLÜM  „Köpfchen"  abzuleiten  (vgl. 
auch  cäciulä  §  26  Anm.).  Der  meglenitische  Dialekt  zeigt 
gerade  wie  die  anderen  Mundarten  die  Bewahrung  des  nach- 
tonigen pt  (8apti<  SEPTEM,  opt<OCTO  etc.),  nur  in 
drei  Fällen  nicht:  fat  (drum.  arum.  fapt)  <  FACTUM,  dif  tet 
„wecke  auf"  (drum.  arum.  destept)  und  ;tet  „warte"  (drum, 
arum.  istr.  astept).  Die  Erklärung  des  ersten  Falles  gehört 
in  die  Flexionslehre.  Auf  die  Etymologie  der  zwei  letzteren 
wirft  das  Megl.  ein  helles  Licht  Man  leitet  astept  gewöhn- 
lich von  *ASTECTO  (durch  Assimüation  aus  iSPECTO,  wie 
sie.  astittari,  tareni  astittare,  kaL  astettare,  a.-log. 
usettare  Codaghe  205  n.-log.  isettare  neben  ispettare 
„erv^arten")  ab  und  vielleicht  mit  Recht  Im  Aromunischen 
hat  aäteptu  neben  der  Bedeutung  „erwarten",  häufig  die- 
jenige  von    „aufiiehmen".    Schon  Ürban  Jamik,   der   zuerst 


—    11    —  8  3. 

darauf  aafinerksam  macht  (ZeitBchrifb  rom.  Phil.  ^XT^  276), 
schlägt  AGGEPTABE  yor,  und  Geheeb  (Jb.  V,  17)  richtiger 
EXCEPTABE,  woraus  auch  friuL  s(c)ieta  (neben  spieta  <! 
ASPEGTABE)  vgl  Bartoli  a.  a.  0.  30  Anm.  Eine  Entschei- 
dung laßt  sich  schwer  fallen,  da  beide  Etymologien  möglich 
sind,  und  sich  sowohl  aus  „erwarten"  der  Sinn  „aufiiehmen", 
als  auch  umgekehrt,  hat  leicht  entwickeln  können;  vielleicht 
liegt  eine  Fusion  beider  Wörter  Yor.  Die  Hauptsache  für 
uns  ist,  daß  *ASTEGTO  oder  EXGEPTO  regelrecht  astept, 
während  ^ASTEGTABE  oder  EXGEPTABE  >  a;tetä  ergab. 
Nun  fand  Ausgleichung  statt,  und  zwar  so,  daß  das  Meglen 
die  erste,  die  anderen  Dialekte  die  letzte  Form  verallge- 
meinerten. Destept  ist  etymologisch  dunkeL  Gandrea  (Les 
elements  latins  90)  schlägt  folgende  Etymologie  vor:  wie 
astept  <  *ASTEGTO  =  ASPEGTO,  so  deftept  <  *DIS. 
TEGTO  =  DISPEGTO.  Die  Bedeutimgsentwicklung  wäre 
nach  ihm:  „regarder,  —  ouvrir  les  yeui  —  ouvrir  les  yeux 
apres  le  sommeil  —  se  reveiller".  Wenn  schon  diese  Her- 
leitung dadurch  zweifelhaft  wird,  daß  in  astept  vielleicht  gar 
nicht  *ASTEGTO  vorliegt,  kann  sie  zwei  andere  Schwierig- 
keiten nicht  überwinden.  DISPEGTO  hat  überall  da,  wo  es 
sich  im  Bomanischen  erhalten  hat,  die  Bedeutung  (die  im 
übrigen  schon  lateinisch  ist)  „verachten",  außerdem  heißt 
de|tept  nicht  „se  reveiller"  wie  Gandrea  übersetzt,  sondern 
„reveiUer",  paßt  also  nicht  mehr  zu  „ouvrir  les  yeux"  Wenn 
wir  in  den  romanischen  Sprachen  das  Wort  für  „wecken" 
suchen,  so  finden  wir  unter  anderen  ein  (*DE)-£XCITABE, 
auf  dem  ital.  destare,  kal.  §itare,  Lecce:  di§etu,  log. 
iskidare,  kamp.  fiidai,  romagn.  distes,  lomb.  dessedä  zu- 
rückgehen (auch  alb.  tSon  aus  '^'äkton  „stehe  auf  etc."  stammt 
aus  EXGITO  vgl.  G.  Meyer,  Alb.  Wrtb.  448);  dieses  hätte 
rum.  destet  ergeben,  eine  Form,  die  sich  tatsächlich  im  Megl. 
findet.  Zu  einer  Zeit  nun,  wo  noch  auf  dem  ganzen  Gebiet 
astept  —  astetä  flektiert  wurde,  hat  man  auch  zu  destetä 
ein  destept  gebildet,  welches  von  da  angefangen  dieselben 
Schicksale  mit  astept  teilt,  umsomehr  als  man  ein  Analogen 
in  a8tem-de|tern  hatte.  SEPTIMANA  hat  sich  einerseits 
regelrecht  zu  stäminä  (aus  sätäminä)  entwickelte  andererseits 
hat  SEPTEM  oder  urrum.  siepte  die  Erhaltung  des  p  in 
säptämlnä  bewirkt    —    Wörter  wie  fäpturä  <  FAGTUBA, 


«4.  _      12      — 

läptiicä  <C  LACTUCA  etc.  sind  natürlich  an  fapt,  lapte  an- 
gelehnt Schwieriger  ist  zu  urteilen  ob  cti  und  pti  derselben 
Kegel  folgen.  In^elepciune  <  INTELLECTIONEM  kann 
durch  Intielept  <  INTELLECTUM  erhalten  sein.  Sonst 
haben  wir  nur  noch  zwei  Fälle,  die  sich  widersprechen: 
'i'ACGAPTIARE  >  acä^re  (ygl.  §  2  Anm.,  acäf  ist  aus  den 
endungsbetonten  Formen  rnckgebildet)  und  BAPTIONEM  > 
räpclune  „September^.  Ich  vermute,  daß  dies  letzte  Wort, 
welches  den  anderen  Dialekten  gänzlich  abgeht,  und  auch  im 
Drum,  höchst  selten  ist,  einfach  eine  Fabrikation  der  latini- 
stischen  Schule  ist.  —  In  der  Behandlung  der  Gruppe  cct, 
ebenso  wie  in  derjenigen  des  Lautkomplexes  ccs,  gehen  die 
Dialekte  auseinander.  Der  Beispiele  sind  wenige  und  sie  be- 
stehen aus  Pronominibus,  die  mit  ECC  komponiert  sind.  Je 
nach  dem  Alter  der  S3rnkope  konnte  dieses  CG  zu  f  oder  h 
vorschreiten  oder  nicht:  ECC'SIC  >-  arum.  akäi{tse),  drum, 
♦asi  +  a  >  asä,  ECCTALEM  >  arum.  ahtare,  aftare  mgL 
htari,  ftari,  arum.  atare  (vielleicht  auch  acätare  <C*'actare), 
ECCTANTÜM  >  arum.  ahtt(n)t  (auch  ahlnts,  ahätu  durch 
Dissimilation?),  drum.  attt.  —  Wir  sehen  also,  daß  die  Ver- 
teidiger der  Theorie,  nach  welcher  zwischen  Italienisch  und 
Rumänisch  auch  nach  dem  III.  Jh.  n.  Chr.  ein  reger  Verkehr 
stattgefunden  habe,  noch  keinen  einzigen  überzeugenden  Be- 
weis zu  bringen  vermochten.  Das  vollständige  Fehlen  in  der 
Sprache  der  Rumänen  von  Lehnwörtern  germanischen  Ur- 
sprungs und  christlichen  Latinismen,  die  nach  dem  IIL  Jh.  im 
Westromanischen  in  so  großem  Maße  eindringen,  ist  aber  ein 
starker  Beweis  far  unsere  Annahme. 

§  4.  Für  das  Verständnis  der  i-Verbindungen  ist  diese 
Scheidung  zwischen  Osir  und  Westromanisch  von  besonderer 
Wichtigkeit  Wir  werden  z.  B.  sehen,  daß  die  Affizierung 
des  T  durch  folgendes  i  sehr  früh  begann  und  schon  vor  der 
Scheidung,  die  im  lU.  Jahrhundert  stattfand,  auf  eine  fort- 
geschrittene Stufe  gelangte,  die  wahrscheinlich  einem  ts,  d.  h. 
einem  i-haltigen  ts-Laut  gleich  war.  Wenn  wir  aber  die 
weitere  Entwicklung  dieses  ts  im  Ost-  und  Westromanischen 
betrachten,  so  sehen  wir  einen  erheblichen  unterschied.  Im 
Osten  ist  sie  vom  Wortakzente  abhängig  (nun.  puts  <C 
PUTEÜS   aber  tätSune  <  TITIONE),  im  Westen  dagegen 


—     13    —  §5, 

nicht  (ital.  potsso,  titssone),  im  Rum.  ist  sie  so  regel- 
mäßig, wie  man  sie  nur  wünschen  kann,  im  Westen  dagegen 
zeigt  sie  eine  ganze  Reihe  von  Unregelmäßigkeiten,  die,  im 
großen  und  ganzen,  über  das  ganze  Gebiet  verbreitet  sind.  Da 
es  sich  aber  fast  ausschließlich  um  Wörter  handelt,  die  im 
Rumänischen  gar  nicht  existieren,  so  liegt  es  nahe  anzu- 
nehmen, daß  wir  in  diesen  Ausnahmen  spezifisch  westroma- 
nische Erscheinungen,  die  später  als  in  das  IIL  Jh.  n.  Chr.  zn 
datieren  sind,  zu  erblicken  haben,  und  nicht  solche,  die  ihren 
Ursprung  schon  in  der  urromanischen  Periode  haben.  Daraus 
ergeben  sich  für  uns  zwei  wichtige  Anhaltspunkte:  1.  Das 
Rumänische  kann  als  Kriterium  für  die  Chronologie  der  i- Ver- 
bindungen benutzt  werden  und  2.  wenn  man  die  Ausnahmen 
einer  westromanischen  Sprache  erklärt  hat,  so  hat  man  den 
Schlüssel  für  die  Ausnahmen  der  übrigen  gefunden.  Die 
Unregelmäßigkeit:  ital.  pozzo,  tizzone  gegen  palagio, 
ragione,  kehrt  auch  im  Französischen,  Provenzalischen  etc. 
wieder,  ist  aber  dem  Rumänischen  fremd,  wie  auch  die  Wörter 
PALATIUM,  RATIONE.  Wir  haben  es  daher  mit  einer  Er- 
scheinung, die  nach  dem  III.  Jh.  in  dem  durch  regen  Verkehr 
zusammengehaltenen  Westen  zu  tun,  präziser,  mit  Wörtera^ 
die  nach  dem  III.  Jh.  in  die  romanische  Volkssprache  des 
Westens  eindrangen.  Wir  werden  im  Folgenden  sehen,  auf 
welchem  Wege  und  um  welche  Zeit  dies  geschehen  ist,  hier 
soll  nur  darauf  aufmerksam  gemacht  werden,  daß,  sobald  ital. 
palagio  erklärt  ist,  auch  franz.  palais  etc.  nicht  mehr  un- 
klar sein  wird. 

§  5.  Trotz  der  überzeugenden  Darstellungen  Gröbers 
(Archiv  lat.  Lex.  I,  35—67)  und  G.  Paris'  (Journal  des  Sa- 
vants  1900,  S.  294—307,  356—375)  wird  das  Verhältnis 
zwischen  Vulgär-  und  Hochlatein  zu  oft  Terkanni  Die  Be- 
nennung Vulgärlatein  selbst  gibt  den  größten  Anlaß  zu 
fehlerhaften  Anschauungen,  da  man  sich  geneigt  fühlt,  das 
Romanische  als  eine  Fortsetzung  der  vom  Tulgus  gesproche- 
nen Sprache  zu  betrachten;  ebenso  kann  der  von  Meyer-Lübke 
in  seioer  Einführung  gebrauchte  Ausdruck  Gemeinrömisch. 


§6.  _     14     — 

mißdeutet  werden,  wie  dies  auch  tatsächlich  von  Mohl  (in  der 
Kritik  zum  genannten  Werke,  Zeitschrift  ronL  PhiL  XXVI 
593 ff.)  geschah,  der  das  Wort  „gemein*'  mit  „ordinaire*'  nicht 
mit  „oommun*'  übersetzt  Das  Romanische  beruht  nicht  auf 
der  Sprache  einer  bestimmten  Periode,  oder  einer  gewissen 
Volksschicht,  sondern  sie  beginnt  mit  den  Anfangen  der 
römischen  Sprache,  wie  sie  vom  gesammten  Volke  gebraucht 
wurde,  durchläuft  Jahrhunderte,  um  in  den  heute  in  Rumä- 
nien, Italien,  Spanien  etc.  gesprochenen  Sprachen  zu  endigen. 
Im  dritten  Jahrhundert  n.  Chr.  wird  ein  Teil  des  romanisch 
sprechenden  Volkes  vom  Rest  isoliert  Da  erst  kann  man 
eine  Scheidung  machen,  indem  man  mit  ürromanisch  die 
einheitliche  Sprache  des  römischen  Reiches  vor  dem  Ende 
des  IIL  Jh.  bezeichnet,  zum  Unterschied  von  der  jetzt  ge- 
spaltenen Ost-  und  Westromanischen  Sprache. 

§  6.  Das  Verhältnis  der  romanischen  Umgangs-  und 
der  lateinischen  Literatursprache,  sowie  ihre  gegenseitige  Be- 
einflussung war  zu  verschiedenen  Zeiten  yerschieden.  Obwohl 
die  zweite  aus  der  ersten  entstammt,  entfernt  sie  sich  allmäh- 
lich Ton  ihr  dadurch,  daß  die  Umgangssprache  durch  natür- 
liche Entwicklung  eine  andere  Richtung  als  die  geschriebene 
und  dadurch  in  ihrer  Entfaltung  gehemmte,  durch  das  Grie- 
chische beeinflußte  Latein  einschlägt  Doch  war  in  der  ersten 
Kaiserzeit  dieser  Unterschied  gering.  Das  Latein  wurde  von 
der  gesamten  Bevölkerung  in  ihrer  innersten  Struktur  ver- 
standen und  gefühlt,  und  wenn  auch  im  gemütlichen,  häus- 
lichen Leben  der  römische  Bürger  romanisch  sprach,  so  be- 
diente er  sich  im  Amte  und  in  der  Schule  des  Lateins.  Auf 
dem  Forum  aber^  im  allgemeinen  Verkehr,  war  seine  Sprache 
ein  Kompromiß  beider,  bei  welchem  je  nach  dem  Bildungs- 
grad des  Römers  und  der  Intimität,  in  der  er  sich  zum  An- 
gesprochenen befand,  mehr  oder  weniger  die  Latinismen  über- 
wogen. So  schrieb  man  zu  Augustus  Zeiten  allgemein  im 
Akkusativ  MENSAM,  man  sprach  aber  zuhause  MENSA.  Auf 
dem  Forum  sprach  man  bald,  bald  unterdrückte  man  das  aus- 
lautende m,  gerade  so  wie  der  gebildete  Rumäne  heute  im 


-     15     —  §  7. 

gemütlichen  Leben  calu  sagt,  calul  aber  schreibt,  während 
er  im  Umgang,  je  nach  dem  es  ihm  die  Intimitat  vorschreibt, 
eine  freiere  oder  eine  sorgfaltigere  Sprechweise  zu  gebrauchen, 
bald  calu  und  bald  calul  anwendet.  Dies  geschieht  selbst- 
verständlich unwillkürlich,  und  so  groß  auf  dem  Papiere  der 
Unterschied  zwischen  calu  (mensa)  und  calul  (mensam)  ist, 
so  unbedeutet  ist  er  in  Wirklichkeii  Nun  stand  aber  um 
diese  Zeit  die  römische  Literatur  in  ihrem  goldenen  Zeitalter 
und  der  allgemeine  Bildungsgrad  war  am  größten.  Wenn 
also  eine  gegenseitige  Beeinflussung  der  zwei  Sprachen  statt- 
&nd,  —  und  dies  war  ja  unvermeidlich,  da  beide  von  dem- 
selben Lidividuum  gesprochen  wurden,  —  so  mußte  diese 
selbstverständlich  zugunsten  des  Lateins  ausfallen.  Zwar  er- 
lauben sich  die  Poeten,  die  sonst  alles,  was  nicht  Latein  war, 
verhöhnten,  die  Lizenz  die  Endung  ia,  ium,  dort,  wo  das  Vers- 
maß sie  verlangte,  auch  im  Hexameter  anzuwenden,  —  aber 
der  Einfluß  der  Schriftsprache  auf  die  häusliche  war  bei 
weiten  größer.  Man  sprach  z.  B.  zu  Hause  OCLÜ,  während 
man  OCULÜM  schrieb.  Nun  dringen  aus  dem  Latein  in  die 
Umgangssprache  nicht  nur  Formen  wie  MIRACULUM,  son- 
dern sogar  echt  volkstümliche  Ausdrücke  wie  PIGLA  werden 
zu  PICULA  umgestaltet  (rum.  päcurä).  Das  sind  die  ersten 
Latinismen  im  Romanischen  und  sie  erklären  Widersprüche, 
wie  ital.  maschio,  muscolo  neben  rum.  mascur,  muschiü. 
§  7.  Bald  sollte  es  aber  anders  werden.  Mit  dem  Be- 
ginne des  Verfalls  des  römischen,  öffentlichen  Lebens  sank 
mit  großer  Geschwindigkeit  auch  der  allgemeine  Bildungsgrad 
der  Massen,  das  Latein  wird  nicht  mehr  so  oft  gesprochen 
und  auf  dem  Forum,  im  allgemeinen  Verkehre,  bedient  man 
sich  schon  der  ungezwungenen  Redeweise,  die  am  häuslichen 
Herde,  ausschließlich  bis  dahin  Gebrauch  war.  Dazu  kommt 
noch  ein  ausschlaggebender,  neuer  Faktor:  das  Christentum. 
Zuerst  auf  die  tiefsten  Klassen  der  Bevölkerung  beschränkt, 
gewinnen  die  neuen  Lehren  immer  weitere  Kreise  der  Gesell- 
Bchaft,  indem  sie  von  unten  nach  oben  dringen;  die  christ- 
lichen Prediger  sind  schlichte  Leute,   die  bei  allen  Gelegen- 


§8.  -     16    - 

heiten  die  Einfachheit  in  allen  OiFenbarangen  des  Lebens,  da- 
mit auch  in  der  Sprache,  priesen.  Das  ist  der  Beginn  des 
Erstarrens  der  lateinischen  Sprache.  Aus  dem  allgemeinen 
Verkehre  vertrieben,  flüchtete  es  in  die  Ämter  und  in  die 
Schulen:  Das  Latein  wird  nicht  mehr  gesprochen,  sondern 
nur  noch  geschrieben,  es  kann  keinen  Einfluß  mehr  auf 
die  Umgangssprache  ausüben,  die  sich  nun  in  voller  Freiheit 
mit  Raschheit  weiterentwickelt,  sich  immer  mehr  von  der 
Schriftsprache  entfernend.  Das  ist  das  Bild  der  vorroma- 
nischen  Sprache  zu  Ende  des  III.  Jh.  —  Im  Osten,  wo  die  Ro- 
manen schon  Christen  waren,  und  wo  die  einst  so  blühende 
Kultur  fast  völlig  schwand,  konnte  sich  nun  das  Rumänische 
in  seiner  vollkommenen  Schlichtheit  entwickeln,  unbehindert 
von  einem  Schrifblatein,  das  man  bald  ganz  vergaß. 

§  8.  Anders  im  Westromanischen.  Der  nun  schon  sichere 
Niedergang  des  Lateins  schreitet  bis  zu  seiner  gänzlichen  Ver- 
nichtung vor.  Gröber  hat  a.  a.  0.  mit  großer  Wahrschein- 
lichkeit die  Mitte  des  VI.  Jh.  n.  Chr.  als  den  Zeitpunkt  des 
größten  Verfalls  des  Lateins  bezeichnet;  in  dieser  Periode 
konnten  die  der  Schrift  unkundigen  Könige  nicht  einmal  einen 
lateinisch  schreibenden  Notar  finden.  Es  beginnt  nun,  als  ob 
sie  eine  Vergeltung  für  ihre  frühere  Fesselung  suchen  wollte, 
die  Umgangs-  auf  die  Schriftsprache  einen  bedeutenden  Ein- 
fluß auszuüben.  Dies  war  um  so  natürlicher,  als  die  wenigen, 
die  noch  klassisches  Latein  schreiben  konnten,  es  nicht  mehr 
sprachen,  es  lernen  mußten  und  nicht  mehr  imstande  waren, 
die  ihnen  nun  vollkommen  fremden  Konstruktionen  zu  be- 
herrschen. Der  vulgäre  Einschlag  in  den  lateinischen  Schrif- 
ten dieser  Periode  ist  riesengroß  und  er  beschränkt  sich  nicht 
nur  auf  Grammatik  und  Wortschatz,  sondern  dringt  auch  in 
die  Aussprache.  So  z.  B.  fangt  etwa  im  IV.  Jh.  n.  Chr.  in 
der  Aussprache  der  Westromanen  das  K  vor  folgendem  e,  i 
affiziert  zu  werden  an  und  durchläuft  die  Stufen  k,  t',  ts  um 
dann  in  den  verschiedenen  Gegenden  zu  ts  (s,  {))  oder  tä  (§) 
zu  werden  (§  92):  CENTUM  wird  zu  Kentu,  t'entu  etc.  Nun 
dringt  diese  Aussprache  auch  in  die  der  Amter  und  Schulen. 


—     17     —  §9. 

Die  Nachbarvölker  entlehnen  den  Romanen  nicht  nur  Wörter 
wie  CINQULA>t'ingla  (kymrisch  tengl),  *C^PULA  > 
*t'epula  (baskisch  tipula),  sondern  auch  ein  Wort  wie  CENSUS 
>  *t'ens  (fränkisch  tins),  vgl  Schuchardt,  Z,  f.  rom.  PhiL  XXI, 
235.  Wie  Mohl  (Z.  f.  rom.  Phil.  XXVI,  595)  gezeigt  hat, 
kann  dieses  Wort,  welches  sich  durch  die  Erhaltung  der 
Gruppe  ns  als  Latinismus  entpuppt,  nur  aus  den  Ämtern 
(Steuerämtern)  entlehnt  sein.  Dieser  Lautstand  muß  vor  dem 
VI.  Jh.  allgemein  gewesen  sein,  da  das  germ.  tins  noch  die 
zweite  Lautverschiebung  mitmachen  konnte  (wenn  nicht  etwa 
das  ahd.  zins  direkt  aus  der  späteren  Aussprache  tsensus 
des  lat  CENSUS  stanmit).  Zu  Zeiten  Karls  des  Großen,  als 
das  klassisch  sein  sollende  Latein  wieder  künstlich  hergestellt 
und  in  Ehren  gebracht  wurde,  wußte  niemand  mehr,  daß  ein 
Wort  wie  CENTUM  jemals  anders  als  tsentum  ausgesprochen 
wurde,  welche  Aussprache  als  die  offizielle  dekretiert  und  bis 
auf  den  heutigen  Tag  in  den  deutschen  Schulen  bewahrt 
wurde.  Somit  wird  der  Name  C-ä3SAR,  den  einst  die  Deut- 
schen als  Kaiser  aufnahmen,  heute  von  ihren  Nachkommen 
in  anachronistischer  Weise  als  tsesar,  selbst  tsaesar  gelesen. 
§  9.  Manchmal  entstanden  ganz  interessante  Kompro- 
mißformen. Wir  können  aus  der  gleichen  Behandlung  aller 
romanischen  Sprachen  schließen,  daß  Ti  noch  vor  dem  Ende 
des  III.  Jh.,  also  in  urromanischer  Periode,  in  der  Umgangs- 
sprache einen  ts-ähnlicben  Laut  (=  ts)  hatte.  Inschriftlicbe 
Belege  aus  dieser  Zeit  fehlen  zwar  (das  viel  zitierte  CRES- 
CENTSIANUS  Grutner,  S.  127,  VII,  1  aus  dem  Jahre  140 
n.  Chr.  ist  nach  der  neuen  Ausgabe  des  Corpus  zu  streichen), 
aber  sie  sind  für  spätere  Zeiten  zu  finden,  so:  CRASSANO 
far  Qratianus  (Mai  J.  Chr.  263, 5)  aus  Sentium  367—383  n.  Chr., 
dann  aus  Mauret.  Caes.  MARSAS  für  Martias  im  Jahre  442 
n.  Chr.  (C.  I.  L.  VIII,  9751)  und  aus  demselben  Orte  die  un- 
datierten TERENSUS  und  MARSALIS  (C.  I.  L.  VIII,  9927, 
9942).  Das  s  bezw.  ss  ist  eine  ungeschickte  Wiedergabe  des 
ts(s),  für  welchen  Laut  das  lat.  Alphabet  kein  Zeichen  be- 
saß.    Aus   dem   VI.  Jh.   zitiert   Corssen   (Aussprache^  55fiP.): 

Weigand,  11.  JiüireBbericht.  2 


§  9.  —     18     — 

CONSTANTSO  Fleetw.  Mon.  Christ.  S.  377,  2,  CONSTANZO 
Syll.  J.  V.  23,  S.  555,  dazu  die  Eigennamen  CAßlZZE,  BO- 
NIZZA  Pabretti  VIU,  XXIV;  X  473  (rgL  Schuchardt,  Voka- 
lismus I,  152).  Und  nun  die  Grammatiker.  Die  Aussprache 
ts  wird  schon  für  das  IV.  Jh.  von  Servius  (in  Don.  K.  IV, 
445,  8—12  und  in  Verg.  Georg.  11,  126)  bezeugt.  Er  redet 
über  eine  Aussprache  des  TI  und  DI  +  Vokal  im  Inlaut, 
welche  „in  sibilum  transeunt";  man  soll  das  griechische 
Wort  Media  „sine  sibilo"  aussprechen.  In  der  ersten  Hälfte 
des  V.  Jh.  gibt  uns  Papirius  (bei  Cassiodor  K.  VII,  216,  8) 
eine  ähnliche  Erklärung,  jedoch  drückt  er  sich  über  die  Natur 
des  Zischlautes  klarer  aus,  wenn  er  bemerkt,  daß:  „iustiTIa 
cum  scribitur,  tertia  syllaba  sie  sonat,  quasi  constet  ex  tribus 
litteris  T,  Z  et  I,  cum  habeat  duas:  T  et  I.^  Aber,  fügt  er 
hinzu,  diese  Assibilierung  findet  in  vier  Fällen  nicht  statt: 
1.  in  Fremdwörtern,  2.  im  Anlaut,  3.  in  der  Gruppe  STI  + 
Vokal  (iustius,  castius)  und  4.  da,  wo  der  dem  TI  folgende 
Vokal  ein  I  war  (otii).  Im  selben  Jahrhundert  schreibt  Pom- 
peius  (K.  V,  104,^6,  286,  7)  dasselbe,  nur  erklärt  er,  im  Gegen- 
satze zu  Servius,  daß  man  TI,  DI  +  Vokal  assibilieren 
muß,  wenn  man  korrekt  sprechen  will,  so  oft  sie  inlautend 
sind  und  nicht  einem  s  (castius)  folgen:  „quotiescumque  post 
TI  vel  DI  syllabam  sequitur  yocalis,  illud  TI  vel  DI  in  sibi- 
lum vertendum  est  .  .  .  ."  Aus  seinen  Beispielen  (Aven- 
tius,  Amantius)  erhellt,  daß  die  Assibilierung  auch  nach  Kon- 
sonanten geschah.  Ahnlich  erklärt  Gonsentius  (395,  5),  der 
wahrscheinlich  ein  Zeitgenosse  des  Pompeius  war,  die  reine 
Aussprache  des  TI,  DI  +  Vokal  als  „yitium^.  Endlich  hebt 
im  VIL  Jh.  Isidor  (Orig.  I,  26,  28,  XX,  9,  4)  hervor,  daß  Ti 
den  Laut  des  griechischen  (u.  z.  stimmlosen)  Z  ausdrücke.  Der 
entsprechende  stinmihafte  Laut  liegt  in  HODIE  vor,  das  zu 
seiner  Zeit  in  Italien  ozie  lautete:  „cum  iustiTIa  sonum  Z 
litterae  exprimat,  tamen,  quia  latinum  est,  per  T  scribendum 
est  sicut  miliTIa,  maliTIa,  nequiTIa  et  cetera  similia 
....  mozicia  quasi  moDIcia  .  .  .  .  Z  pro  D,  sicut  solent 
Itali  dicere  ozie  pro  HODIE." 


—    19    —  §  10. 

§  10.  Aus  diesen  Grammatikerstellen  ersehen  wir  folgen- 
des: Im  IV.  Jh.  n.  Chr.  sprach  man  allgemein  Ti  als  ts  im 
Westromanischen  aus.  Die  jungen  Romanen,  die  zu  Hause 
petsa  sagten,  haben  auch  in  der  Schule  das  geschriebene 
PETIA  so  gelesen.  Der  gute  Schulmeister  Seryius  verlangt 
im  lY.  Jh.  von  seinen  Zöglingen,  zum  mindesten  das  grie- 
chische Wort  Media  so  zu  lesen  wie  man  es  schreibt  und 
nicht  wie  das  lat.  media.  Andere  Lehrer  nehmen  aber  diese 
Aussprache  nicht  so  kaltblütig  hin.  Sie  sehen  das  geschriebene 
Wort  Yor  sich,  die  Silbenzahl  des  Wortbildes  stimmt  nicht 
mehr  mit  derjenigen  des  ausgesprochenen  Wortes  und  der 
junge  Romane  der  pe-tsa  zu  sagen  gewöhnt  ist,  von  seinem 
Lehrer  aber  immer  wieder  darauf  gedrillt  wird,  pe-ti-a  zu 
lesen,  gelangt  zur  Eompromißform:  pe-tsi-a,  die  dem  an 
dem  Buchstaben,  nicht  an  dem  Laute  hängenden  Grammatiker, 
genügen  mußte.  Dieser  Umstand  wird  för  das  V.  Jh.  durch 
Papirius  bezeugt  Er  wird  bald  verallgemeinert  und  vom 
Pompeius  als  der  allein  richtige  dekretiert  In  den  Urkunden 
von  Ravenna  (VI.  Jh.  n.  Chr.)  findet  man  tatsächlich  diese  ge- 
lehrte Aussprache  auch  in  der  Schrift  bezeugt:  6c9Pa^ia}{vs)y 
öova^iOVBfi,  öova^oveg,  axr^io  (Marini  Pap.  dipl.  XCIII  83, 
89,  CX  9,  18).  Später,  als  Karl  der  Große  die  Wiederher- 
stellung des  verfallenen  Lateins  unternahm,  adoptierte  er  diese 
Aussprache  als  die  offizielle  und  sie  blieb  bis  auf  den  heu- 
tigen Tag  in  unseren  Schulen.  Wenn  also  in  der  nach- 
karolingischen  Zeit  ein  Wort  aus  dem  Latein  in  die  Volks- 
sprache drang,  konnte  es  nur  mehr  diese  Aussprache  haben. 
Daher  kann  man  ital.  anziano,  graziare,  franz.  ancien 
gracier  nicht  auf  späÜateinische*ANTE ANUS, *GRATLÄilE, 
sondern  nur  auf  *ANTSIANUS,  GRATSIARE  zurückführen 
(vgl.  G.  Paris  a.  a.  0.  S.  305  Anm.  2  un/l  5). 

Anm.  In  einer  gotischen  Urkunde  aus  Neapel,  aus  dem 
Jahre  551  n.  Chr.  (Maßmann  90.  96.  126.  139)  finden  wir  für 
lat  KAUTIO  die  SchreibuDg  Kavtsyo,  welche  darauf  deutet, 
daß  das  Wort  zweisilbig  war.  Wenn  hingegen  Ulfilas  laiktjo 
für  lat  LECTIO  hat,   so  beweist  das  nichts  gegen  die  frühe 

2* 


§  10.  _    20    — 

Assibilierung  des  Ti,  denn  der  hochgebildete  Bischof  hat  auch 
wirklich  unassibiliertes  Ti  gesprochen. 

Seelmann,  dem  ich  die  Grammatikerstellen  entnommen, 
kommt  zu  ganz  anderen  Schlüssen  (Aussprache  290ff).  Nach 
ihm  war  zu  Servius'  Zeiten  Ti,  Di  in  der  Aussprache  nicht 
mehr  rein,  sondern  TATIÜS,  MEDIA  lauteten  Ta-tius, 
me-dia.  Zur  Zeit  des  Papirius  rückte  dieses  Ti  zu  tji  weiter. 
„In  der  Transskription  des  Papirius  soll  das  T  offenbar  den 
explosiven  Klapplaut,  I  den  spirantisierten  Halbvokal  i  und  Z 
das  beide  vermittelnde,  zwischen  j  und  s  klingende  iotazistische 
Beigeräusch  charakterisieren''.  Aus  den  Angaben  des  Pom- 
peius  zieht  er  nur  den  Schluß,  daß  er  „die  reine  Aussprache 
des  fraglichen  TI  bezw.  DI  für  einen  Jotazismus  ausgibt''. 
Das  dritte  Studium  des  Assibilationsprozesses  endlich,  welchen 
die  allgemeine  spezifisch  lateinische  Volkssprache  durchzu- 
machen hatte,  ließ  die  Spirantisierung  von  dem  begleitenden 
i  aus  auch  auf  den  bis  dahin  unverletzten  dentalen  Elapplaut 
einwirken,  das  T  demnach  unmerklich  in  die  entsprechende 
Afirikata  und  echte  Spirans  übergehen:  Ti^tji^tsji,  sji : 
iusti-sjia.  Isidor  deutet  darauf  hin  ....  Diese  Auffassung 
steht  im  Widerspruch  mit  den  Angaben  der  Grammatiker  und 
sie  scheidet  nicht  zwischen  Umgangs-  und  Schulsprache.  Die 
Grammatiker  können  doch  nur  für  diese  letztere  als  Zeugen 
angerufen  werden.  Aber  auch  sonst  sagt  Servius  ausdrück- 
lich das  Ti,  Di  in  sibilum  transeunt.  unter  dem  terminus 
technicus  „sibilus''  kann  er  doch  nur  das  verstanden  haben, 
was  auch  der  Grammatiker  Pompeius  meint,  d.  h.  Ts!  Vom 
Aufhören  des  Silbenwertes  des  i  (der  in  der  Umgangssprache 
schon  Jahrhunderte  früher  nicht  mehr  vorhanden  war)  redet 
keiner  der  Grammatiker,  sondern  Papirius  betont  gerade,  daß 
„iustitia  cum  scribitur,  tertia  syllaba  (=  ti)  sie  sonat,  quasi 
constet  ex  tribus  letteris:  T,  Z  et  I,  cum  habeat  duas  T  et  I". 
Pompeius  schreibt  vor:  „illud  TI  .  .  .  in  sibilum  vertendum 
est",  aber  er  imterläßt  es  nicht,  gleich  hinzuzufügen:  „sed  ita 
exprimere  debes:  vitandum  est,  ut  syllaba  (ti)  ista  verta- 
tur  in  sibilum".  Das  will  doch  nichts  anders  heißen,  als  daß 
der  Schulmeister  Pompeius  TERTIA  schreibt,  TER-TSI-A 
d.  h.  die  Kompromißform  gelesen  haben  will,  aber  TER-TSA 
d.  h.  die  allgemeine  romanische  Aussprache  des  Verkehrs 
nicht  duldet  (vgl.  Corssen  Aussprache^  S.  65  „man  soll  nicht 


—    21    —  §§  11,  12. 

tsi,  wie  bloßes  ts  oder  s  sprechen*').  Endlich  hebt  Isidor 
hervor,  daß,  „solent  Itali  dicere  ozie  (nicht  etwa  *oze)  pro 
ho  die''.  Außerdem  stimmt  ja  die  Regel  des  Pompeius  genau 
mit  der  heutigen  Schulaussprache  des  Lateins. 

§  11.  und  dennoch  horte  das  Latein  nie  gänzlich  auf, 
auf  die  westromanische  Umgangssprache  einen  Einfluß  aus- 
zuüben, der  sich  freilich  nunmehr  auf  den  Wortschatz  be- 
schrankt Der  Ghrund  liegt  wiederum  in  der  christlichen  Re- 
ligion, welche  bald  eine  große  Verbreitung  gewinnt.  Sie  er- 
streckt sich  über  alle  sozialen  Klassen,  wird  zur  Staatsreligion, 
die  Priesterwürde  bekleiden  nicht  mehr  arme  Leute,  sondern 
die  Gelehrten  dieser  Zeit,  die  Mönche,  —  welche  bald  die 
einzigen  Schriftkundigen  bleiben  sollten.  Überall  wird  die 
Schrift  gepredigt  Da  diese  als  heilig  angesehen  wird,  darf 
man  an  ihren  Worten  nichts  ändern,  —  und  es  sind  die  Worte 
der  Schrift,  d.  h.  Latinismen,  die  nun  massenhaft  in  die  Um- 
gangssprache dringen.  Es  sind  teils  neue  Ausdrücke  für  neue 
Begriffe  (BENEDICTIO  etc.),  teils  neue  Wörter,  welche  die 
alten  verdrängten,  wie  z.  B.  ECCLESLA  für  die  BASILICA 
(rum.  bisericä,  sonst  nur  noch  im  rtrom.  erhalten)  der  alten 
Christen.  Dies  ist  die  zweite  Schichte  von  Latinismen  im 
Romanischen.  Sie  ist  im  Ostromanischen  durch  kein  einziges 
Beispiel  vertreten.  Erst  viel  später,  nach  Karl  dem  Großen, 
als  das  Latein  wiederauflebte  und  zur  Sprache  der  Wissen- 
schaft wurde,  drang  mit  der  steigenden  Kultur  die  dritte 
Schichte  der  Latinismen  in  die  einzelnen  romanischen  Sprachen. 
Es  sind  das  z.  T.  neugebildete  spätlateinische  Wörter,  wie 
die  oben  zitierten  *ANTSIANUS  (aus  ANTSLÄl),*GRATSIARE 
(aus  GRATSIA),  teils  latinisierte  Romanismen.  So  geht  z.  B. 
nfr.  stage  auf  ein  oft  belegtes  mittellat  STAGIUM  zurück, 
welches  nichts  anderes  ist  als  eine  Latinisierung  des  afranz. 
estage  (nfranz.  etage),  eine  afranz.  Ableitung  von  ester  <C 
STARE. 

§  12.  Wenn  wir  uns  dieses  Bild,  welches  das  älteste 
Westromanische  in  seinen  verschiedenen  Entwicklungsstadien 
zeigt,  vor  Augen  halten,  werden  wir  manche  der  in  diesem 


§  12.  —     22     — 

Sprachkompleze  vorkommenden  Unregelmäßigkeiten  in  der 
Behandlung  der  i-Qruppen  leichter  verstehen.  Wie  schon  oben 
erwähnt  wurde,  kennt  das  Italienische  außer  den  regelmäßigen 
Ergebnissen  von  Ti^tss  auch  eine  Reihe  von  Fällen,  wo 
diese  Gruppe  als  g  und  eine  andere,  wo  sie  als  tsi  erscheint: 
pozzo<PÜTEÜ,  palagio  <  PALATIÜM  und  grazia  < 
6RATIA.  Dies  letzte  Wort  ist  sicher  ein  Latinismus,  welcher 
wie  anziano,  graziare  der  nachkarolingischen  Zeit  ange- 
hört. Unter  den  anderen  ist  pozzo  zweifelsohne  ein  altes 
Erb  wort  und  zeigt  die  regelrechte  Entwicklung  (vgl.  §  51). 
Wie  ist  aber  palagio  zu  erklären?  Wir  wollen  bei  diesem 
Falle,  der  sehr  lehrreich  ist,  länger  verweilen  und  alle  ähn- 
lichen Fälle  vorführen,  bevor  wir  eine  Erklärung  zu  geben 
versuchen. 

BARBITIUM  >  barbigi,  mil.  barbis,  ven.  barbisi, 
trient.  barbiza. 

*CYMATIA  (==  griech.  xvfiaria)  >  lomb.  §imaza. 

INDUTIiE  >- indugio,  Pisa  induso,  a.-oberit.  induxia 
triest.  indüzia. 

MINÜTIA  >  minugia  „corda  di  budello"  (neben  mi- 
nuzz-aglia,  -ame,  -olo  und  minuzia  „cosa  di  nulla") 
neap.  [minuts^ia],  cors.  minuge,  mü.  menüs,  romagn. 
[minutsia],  ven.  menusa  „minuzia",  bellun.  menusan  „mi- 
nutame",  a.-lomb.  menusie  „budella,  interiora",  dagegen 
''^MII^UTIO  >-  minuzzo,  romagn.  smnutsse. 

PALATIÜM  >  palagio  (poetischer  Ausdruck,  neben  pa- 
lazzo  §  51),  a.-gen.  palazo  (n.-gen.  paio),  mil.  palasio 
(Bonves.),  a.-oberit.  palazo. 

PRETIUM  >  p regio  „il  valore  intrinseco  o  ideale  d'un 
oggetto",  davon  (s)pregiare  (neben  prezzo  „il  valore  mer- 
cantile  computato  in  denaro"  davon  (s)prezzare  §  51  und 
+  prezio),  sie  [predzzu  <  ital.,  pretssiosu  Latinismus], 
gaU.  preSu,  mil.  despresi,  romagn.  pr^zi,  trient.  prezi,  kal. 
[prieiu  <]  ital.]  vgl.  auch  Lecce  prletssu  neben  dispritssu, 
Arpino  prletssf  neben  deSpr^tssf. 

RATIÖNEM  und  *RATIONO,  -ARE  >  ragione,  -are 


—     23     —  §  12. 

(neben  razione),  sie.  raöuni  (nb.  radzzani  <C  ital.),  abruzz 
(ragunfia  nb.  radzzon^  <C  ital.),  Pisa  rasone,  gombit.  Sillano, 
a.-gen.  razon,  tarant.  rafion,  gall.  razoni  (Tempio)  cors. 
ragone,  re^one,  mil.  reso,  a.-berg.  resö,  romagn.  rason 
a.-Chioggia  raxon,  trient  razon. 

SATIONEM,  *SAT10N0,  -ARE  >  a.-gen.  sazun, 
sazonar. 

SERVITIÜM,  *SERV1TIALIS  >  servigio,  -ale  [nb. 
servizio,  -ale],  sie.  [servitssiin] ,  cerign.  [sruitssgi^],  campob. 
[tsfrawitsgig],  a.-gen.  servizo,  mil.  servisii  (Bonves.),  trient. 
servisi,  romagn.  servisfr. 

STATIONEM,  *STATIONO  >  stagione  „Jahreszeit"  -are 
(nb.  stazzone  „Aufenthalt",  -are  =»  stazione,  -are),  sie. 
stacuni  [nb.  stadSzuni  •<ital.,  statssiuni  <[  lat],  cerign. 
(stadzzoung  <C  ital.),  gombit.  stazon,  Sillano  §tazon,  gall. 
staSoni  „Jahreszeit"  (neben  statssona  „faccina  di  fabbro" 
day.  statssunaöu  „fabbro"),  cors.  staggoni  (nb.  statssona) 
a.-Ghioggia  sta^on,  a.-ven.  stazon,  trient.  (stadzon  „Jahres- 
zeit" <C  ital.). 

Suff.  -ITIA  >  -ezza  (§  51)  und  -igia  (alter-  „alterezza", 
+  batt-igia  „Fallsucht",  comand-  „Empfehlung",  codard- 
covid-,  cuvid-,  cupid-  „Begierde",  cont-,  franch-  „fran- 
chezia",  gentil-,  grand-,  guarent-  „Sicherheit",  ingord-, 
nefand-,  raccomand-  „raccomandazione"  salv-;  über 
dialektische  Formen  vgl.  Z.  f.  rom.  Phil.  XXIV,  547). 

Suffix  -TIONE;> -gione  (Die  meisten  hier  anzuführen- 
den Beispiele  gehören  der  alten  Sprache  an  (mit  +  bezeichnet) 
und  sind  heute  durch  Ableitungen  auf  -mente  ersetzt  Die 
Mehrzahl  sind  gleichbedeutend  mit  Latinismen  auf  -zione. 
Begrifflich  gehören  viele  der  Juristen-  (a)  oder  der  Mediziner- 
sprache (b)  an:  a)  allenta-  „Bruch",  +  carbona-  „Kohlen- 
staub", +  cura-  „Sorge",  frega-  „Reiben",  gonfia-  „Ge- 
schwollen sein",  -j-  mea-  „Ausfluß",  b)  -\-  falli-  „Fehlen",  + 
fida-  „Bürgschaft"  etc.  c)  Andere  Bedeutungen,  so:  „Farbe": 
carna-  „Fleischfarbe",  pella-  „Hautfarbe",  perla-  „Perlen- 
farbe",  dann  „die  Zeit,   wo  eine  Handlung  eintritt":   fiena- 


§  12.  _    24     — 

„Zeit  der  Heaemte",  grana-  u.  grani-  „Zeit,  in  welcher  die 
Getreidekomer  ansetzen^'  =  granulazione,  -|-  niuda-  „Mauser- 
zeit" u.  a.  -+-  abbassa-  „Senken",  alberga-  „Herberge", 
caccia-  „Jagd",  imbandi-  „Ausrüstong  eines  Gastmals", 
+  pensa-  „pensamento",  +  penti-  „pentimento",  +  pro- 
vedi-  „provedimento"  etc.  In  den  folgenden  ist  gione  =  zione: 
+  parti-,  +  perdi-,  pianta-,  pota-,  pro(v)vi-,  puni-, 
purga-,  alaga-,  condamna-,  +  dona-,  enfia-,  fata-  (sie 
fatacani),  liba-,  ombra-,  +  rapporta-,  +  liveragione  = 
liberazione,  guarnigione  „Besatzung,  Oamison",  guarni- 
zione  „Ausstattung,  Garnitur".  In  einem  Falle  erscheint  auch 
-zzone:  aquagione  =  acquazione  =  acquazzone.  Aus 
den  Dialekten  erwähne  ich:  NATIONEM  ]>  Pisa  na§one, 
PACATIONEM  >  a.-lomb.  pagason,  PLORATIONEM  > 
a.-yen.  plorason,  a.-gen.  beneixon,  guarixon,  conde- 
naxon,  dagegen  stammt  a.-lomb.  trai^^on  „tradimento"  aus 
dem  Franz.). 

Lassen  sich  diese  Ausnahmen  auf  lautphysiologischem 
Wege  erklären?  Meyer-Lübke  hat  es  versucht  (Z.  £  rom.  Phil. 
VIII,  302—304).  Er  stellt  folgende  Regel  auf:  a)  vTi v  > 
itaL  zz,  b)  iTi  v^  >  ital.  gi.  Beispiele  far  a)  pozzo,  prezzo, 
tizzo  etc.,  far  b)  ragione,  stagione  -agione.  Danach 
wäre  einerseits  aguzzäre,  tizzöne,  prezzäre  etc.  nach 
agüzzo,  tizzo,  prezzo,  andererseits  pregio,  minügia  nach 
pregiare,  minugiare;  servigio  etwa  nach  servigiale  ge- 
büdet.  Für  SuflF.  -igia  setzt  er  -ITIES,  far  barbigi  BAR- 
BITII  voraus,  indem  er  far  -Tie,  -Tii  eine  andere  Behand- 
lung als  far  -Tia,  -'Tio  annimmt.  VENETIA  >  Venigia 
käme  nicht  in  Betracht.  — •  Dagegen  sind  aber  gewichtige 
Einwände  zu  machen.  Vor  allem  bleibt  bei  seiner  Deutung 
palagio  unerklärt,  neben  dem  keine  endungsbetonte  Form 
steht.  Außerdem  zeigt  die  Bedeutung,  daß  nicht  pregio 
„Wert"  aus  pregiare  „schätzen"  entstanden  ist,  sondern 
umgekehrt  (ein  '*'PRETIARE  kennt  das  Latein  gar  nicht). 
Bei  seiner  Deutung  des  Suffixes  -igia  bleibt  das  i  unerklärt, 
da  man  ein  *-ities  vorauszusetzen  nicht  berechtigt  ist.    Dazu 


—     25     —  §  12. 

kommen  noch  andere  Erwägungen.  Im  Verlaufe  dieser  Arbeit 
wird  sich  herausstellen,  daß  der  Akzent  auf  die  i-Gruppen 
im  Italienischen  keinen  Einfluß  hat  Es  wäre  also,  wenn 
auch  möglich,  doch  seltsam,  daß  Ti  hiervon  eine  Ausnahme 
bildete.  Aber  wenn  es  auch  so  wäre,  so  hätte  man  doch  nur 
*tigione  etc.  Im  Rumänischen,  wo  der  Akzent  beeinflussend 
wirkt,  haben  wir  tatsächlich  TITIO  >  atsl'ts  aber  TITIONE 
>  tätsüne,  MÜSTACIA  >  mustatsä,  aber  *MÜSTACIOLA 
[>  mustätäoärä;  eine  Ausgleichung  findet  nicht  statt  Außer- 
dem werden  wir  sehen,  daß  die  erste  Veränderung  der  i- 
Gruppen  im  Italienischen  die  Dehnung  des  Konsonanten  (auch 
in  vortoniger  Stellung)  ist,  also  Ti  >  TTi.  Erst  später  machen 
sich  die  Einflüsse  der  umgebenden  Laute  (oder  des  Tones) 
geltend.  Daher  erwarten  wir  einen  langen  oder  zum  mindesten 
einen  stimmlosen  Laut  als  Resultat  von  Ti  (wie  er  wirklich 
in  pozzo,  tizzone  erscheint).  Eine  verschiedene  Behandlung 
des  Tie  und  Tia  findet  tatsächlich  eine  Bestätigung  im  Kie 
und  Kia  (vgl.  dial.  azza  gegen  fatäSe),  aber  FACIES  hat 
auch  zuerst  '''FAKKiE  ergeben,  und  dann  erst  hat  es  sich  von 
ACIA>*AKKiA  gesondert  (vgl.  §  92),  so  daß  wir  auch  in 
-ITIES  gegen  -ITIA  doch  nur  einen  gedehnten,  bezw.  stimm- 
losen Laut  erwarten  könnten.  Der  stimmhafte  kurze  Konso- 
nant dagegen  beweist  uns  zur  Genüge,  daß  wir  es  in  allen 
diesen  Fällen  nicht  mit  echten  Erbwörtem  zu  tun  haben, 
sondern  entweder  mit  Entlehnungen,  Latinismen  oder  spät- 
romanischen Bildungen.  Der  letzte  Fall  ist  ausgeschlossen, 
da  sie  ausnahmslos  Wörter  des  lateinischen  Lexikons  sind. 
Für  den  zweiten  Fall  tritt  D'Ovidio  (Note  etimologiche,  Na- 
poli  1899  S.  66flF.)  ein,  indem  er  die  g-Formen  als  Entleh- 
nungen aus  dem  Französischen  betrachtet  und  mit  Parigi  <C 
Paris,  Luigi  <  Louis,  Dionigi,  Fiordaligi,  Amadigi, 
Malagigi,  Tamigi  vergleicht  Wir  fragen  uns  gleich,  warum 
wir  nicht  *palagi,  *prigi  haben?  Wie  soll  außerdem  der 
Italiener  den  Städtenamen  Venigia  von  den  Franzosen  haben? 
Dieser  ist  ebenso  einheimisch,  wie  franz.  Paris  gewiß  nicht 
aus  dem  ital.  Parigi  stammt  Daher  ist  die  unerklärte  fran- 


§  12.  _    26    — 

zösische  und  italienische  Ausnahme  g  bezw.  z  (sie  beschrankt 
sich  nicht  auf  diese  zwei  Länder,  vgl.  Homing,  Zeitschrift  f. 
rom.  Phil.  XXV,  736—737)  gemeinsamen  Ursprungs  und  wenn 
man  das  eine  aus  dem  anderen  als  entlehnt  betrachtet,  so  hat 
man  noch  keines  erklärt.  Dagegen  wirft  die  Erklärung  der 
Unregelmäßigkeit  der  einen  Sprache  auch  auf  die  anderen  ein 
helles  Licht 

Wenn  wir  es  aber  weder  mit  Erb-  oder  Lehnwörtern, 
noch  mit  spätromanischen  Bildungen  zu  tun  haben,  so  bleibt 
uns  nichts  übrig,  als  sie  als  Latinismen  zu  betrachten.  Als 
solche  entpuppen  sie  sich  auch  auf  den  ersten  Blick,  denn 
alle  sind  Abstrakta,  also  Wörter,  die  eher  zur  Sprache  des 
Gebildeten,  als  zu  derjenigen  des  Bauern  gehören  (Palagio 
ist  zwar  konkret,  aber  ein  Ausdruck,  den  der  Bauer  erst  vom 
Gebildeten  erlernen  muß;  dies  kann  früher  oder  später  ge- 
schehen, sodaß  das  Wort  wie  die  Erb  Wörter  (§  51),  oder  wie 
die  Latinismen  behandelt  werden  kann,  ^CYMATIA  ist  ein 
technischer  Ausdruck,  Minugia  „Därme"  gehört  der  Sprache 
der  Mediziner  an;  ebenso  war  barbigi  „Schnurrbart"  ur- 
sprünglich ein  Abstraktum:  „Bartwuchs").  Femer  werden  sie 
als  solche  auch  durch  das  volltönende  i  in  norditalienischen 
Dialekten  (romagn.  trient.  prezl  etc.),  durch  das  i  des  Suffixes 
-igia,  durch  die  Nebenform  auf  -tsi  und  durch  die  Tatsache 
verraten,  daß  sie  alle  dem  Rumänischen  unbekannt  sind.  Zwar 
ist  PRETIÜM>pret  auch  im  Rum.  vorhanden,  aber  dort 
bedeutet  es  „Wert"  im  Sinne  des  ital.  prezzo,  also  der  im 
Handel  gebrauchte  Ausdruck,  wogegen  für  die  Bedeutung  „il 
valore  intrinseco  o  ideale  d'un  oggetto",  welche  dem  ital. 
pregio  inne  wohnt,  das  rum.  Volk  keinen  Ausdruck  besitzt. 

Anm.  Horning,  der  über  die  Geschichte  der  rom.  i- 
Gruppen  eingebende  und  scharfsinnige  Studien  geschrieben 
hat,  betrachtet  in  seinem  „Lat.  C."  S.  30—37  u.  113ff.  -igia 
als  Latinismus,  die  anderen  Fälle  sieht  er  aber  als  Erbwörter 
an,  ohne  eine  Lösung  far  die  Unregelmäßigkeit  ihrer  Gestalt 
zu  finden  (ich  verweise  auf  seine  reichhaltige  Beispiel- 
sammlung aus  alten  Texten  S.  113  ff.),  später  (Z.  f.  rom.  Phil. 


—    27    —  8  12. 

XVIII,  239)  neigt  er  zu  Meyer-Lübkes  Erklärung  von  p regio. 
Endlich   (Zeitschrift   f.  rom.  Phü.  XXIV,   545—555)   hSlt   er 
auch  pregio,  palagio,   barbigi  und  minugie  far  „halb- 
gelehrt".    Er  fragt  sich,  ob  auch  Venegia  unter  diese  ein- 
zureihen sei,   glaubt  aber  noch  immer  an   eine  erb  wörtliche 
Gestalt  der  Wörter  ragione,  stagione.    In  diesem  so  lehr- 
reichen Artikel,  auf  den  ich  besonders  hinweise  (in  Zeitschrift 
f.  rom.  Phil.  XXV,  736 — 737  bringt  er  neue  Belege),  geht  er 
Ton   der  Ansicht  aus,   daß  „in   gewissen  Gesellschaftskreisen 
und  zu  einer  bestimmten  Zeit,  in  sogenannten  halbgelehrten 
Wörtern  Ci,  Ti,  C£,  CI  in  der  Aussprache  z  (sanftes  s)  zu- 
sanmienfielen,  während  in  eigentlichen  Buchwörtem  jene  Laut- 
gruppen zu  9  (zy)  wurden".    Er   gelangt  also   auf  anderen 
Wegen  zu  einem  ähnlichen  Resultate  wie  das  oben  angefahrte. 
Nur  scheidet  er  nicht  zwischen  vor-  und  nachkarolingischen 
Latinismen  und  wirft   dadurch  ein  Wort  wie   sass.  gradzia 
und  ital.  pregio  zusammen  und  trennt  dieses  von  ragione. 
Er  fragt  sich  also  nur  darnach,  ob  das  Resultat  des  Ti  stinmi- 
haft  sei  oder  nicht  und  meint,  daß  wir  es  im  ersten  Falle  mit 
„halbgelehrten",  —  dabei  vergißt  er   auch   ragione,   —  im 
zweiten  aber   mit  „gelehrten"  Wörtern  zu  tun  haben.    Dem 
ist  aber  nicht  so.    Sass.  gradzia  unterscheidet  sich  aber  ge- 
rade  so  von   sass.  preiu,  wie  ital.  grazia  von  pregio  und 
siciL   spidziali  von   raöuni.     Während  prezu  (zweisilbig!) 
in  einer   frühen  Periode  entlehnt  wurde,   ist  gradzia  (drei- 
silbig!) aus  gratsia  entstanden,   welches  in   einer  bedeutend 
späteren  Periode  dem  Lateinischen  entlehnt  wurde.    Welches 
die  Ursache  des  Übergangs  von  ts  >  dz  in  diesen  Wörtern 
war,   kann  ich   bei  den  mangelhaften  diesbezüglichen  Nach- 
richten  nicht   entscheiden.    In   manchen   Fällen   scheint  der 
Akzent  die   Ursache   zu  sein   (vgl.  Horning  a.  a.  0.  S.  545 
Anm.  2  und  546);  wahrscheinlich  aber  war  hauptsächlich  der 
Umstand,   daß  einige   dieser  Latinismen    direkt,   andere   aber 
durch  die  ital.  Schriftsprache  in  die  Dialekte  eindrangen,  der 
Grund,  —  Was  Venegia  anlangt,  so  ist  es  zweifelsohne  ein 
Latinismus   (wie   auch    das   alte  Venitsiani   und   das   heutige 
Venezia)  und  man    braucht  gar  nicht  anzunehmen,   daß  „die 
Überlieferung  des  Wortes  im  Volksmunde  eine  Unterbrechung 
erlitten  habe".    Die  Städtenamen  können  erbwörtliche  Form 
haben,   und  dies   geschieht  auch   in  den  meisten  Fällen,    sie 


§  12.  _    28     -- 

müssen  es  aber  nicht  und  man  übertreibt  zu  oft  ihre  Be- 
weiskraft. Diejenigen,  die  zuerst  das  Bedürfnis  fühlen,  mit 
dem  Namen  der  Stadt  zu  arbeiten,  sind  die  schriftkundigen 
Beamten  und  die  Gelehrten  (Historiker,  Theologen  etc.),  die 
natürlich  die  lateinische  Form  benützen.  Die  Bauern  aus  der 
Umgebung,  wenn  sie  von  der  großen,  nahen  Stadt  reden, 
wenden  gewiß  einfach  das  Wort  Stadt  an  („ich  fahre  nach 
der  Stadt,  ich  habe  einen  Verwandten  in  der  Stadt"  etc.),  da 
es  selbstverständlich  ist,  welche  Stadt  darunter  gemeint  wird. 
Würde  ein  Bauer  aus  der  nächsten  Umgebung  Venedigs  Ton 
Rom  sprechen,  so  würde  er  es  gewiß  beim  Namen  nennen, 
aber  bei  der  einzigen,  großen,  nahen  Stadt  Venedig,  braucht 
er  es  nicht  zu  tun.  Der  Bewohner  der  Stadt  selbst  wird 
höchst  selten  in  die  Lage  kommen,  den  Namen  derselben  zu 
gebrauchen.  Der  Doge  von  Venedig  ist  für  ihn  „unser 
Doge"  und  nur  etwa  im  Gespräch  mit  einem  Fremden  wird 
er  seine  Stadt  beim  Namen  nennen.  Aber  da  mischen  sich 
psychologische  Momente,  wie  Stolz,  Lokalpatriotismus  etc. 
hinein,  und  er  wird  die  offizielle,  lateinische  Benennung  ge- 
brauchen. Diese  ist  in  den  meisten  Fällen  gleich  der  volks- 
tümlichen, weil  man  in  Milano  z.  B.  vergessen  hat,  daß 
die  Stadt  einst  anders  geheißen  hat,  aber  in  Venedig, 
welches  spät  gegründet  wurde,  mußte  der  lateinische  Name 
VENETIA  zu  Venigia  werden.  Sehr  lehrreich  ist  in  dieser 
Beziehung  der  Ortsname  Perugia,  dessen  volkstümliche  Ge- 
stalt (alt.  Peroscia)  ganz  verschwunden  und  durch  das  ge- 
lehrte Perugia  ersetzt  wurde,  wie  schon  das  u  zeigt  Dies 
hatte  auch  D'Ovidio  (Grundriß  f.  rom.  Phil.  I,  S.  517)  ange- 
nommen; er  ändert  aber  später  (Note  etimologiche)  seine 
Ansicht,  und  greift  zu  folgender  komplizierten  Erklärung: 
PERUSIA  >  Peroscia,  eine  Ableitung  davon  ist  Perugino, 
dessen  u  durch  die  Tonlosigkeit  erklärt  wird,  dessen  g  aber 
dadurch,  daß  in*Peroscino  „c  voltosi  subito  secondo  la 
norma  di  protonica  a  g";  aus  dem  Perugino  sei  dann  wieder 
Perugia  rekonstruiert.  D'Ovidio  glaubt  aber  selber  nicht 
recht  daran,  denn  (S.  70)  angesichts  der  gelehrten  Formen 
Chiusi  <C  CLUSIUM  (neben  Chiusci,  bäuerisch  Chiuöi  und 
„halbgelehrt"  Chiugi)  und  Assisi  <;  ASISIUM  (neben  Ascesi 
-<  *Aseci)  schreibt  er:  „il  che  monstrerebbe  che  il  mio  primo 
pensiero   su   Perugia   non   istonava   dall'ambiente    e    forse 


—    29    —  §13. 

puo  aocora  ammettersi  il  latinismo  come  causa  con- 
comitante  e  accessoria." 

In  einer  Anzahl  von  Wörtern  erscheint  ein  unklares  Suffix 
-agio,  -9gio,  -ugio  z.  B.  barbogio  „kindisch^  (zu  barba 
„Onkel"?),  bastogio  „Lastträger"  (vgl.  bastaio  „Sattler"), 
calder-ugio  =  calder-ino  „Stieglitz"  (calderugia  „Kreuz- 
blume"), -f-  duagio  „Stoff  aus  Douai",  grattugia  (cerign. 
'rattakäsg,  campob.  grattakaög,  aquil  'rattakasfu)  „Reibeisen", 
vgl.  grattapugia,  grattabugia  „Drahtbürste  (sollte  dies 
das  Etymon  sein?)  zum  Reinigen  der  Metalle",  mattem- 
giolo  „dumme  Person"  (vgl.  matto  „verrückt"),  lampugia 
(Sillano  lampuza  „lagrima"),  raperugiolo  „Zeißig"  =  rape- 
rino,  tafferugia  =  tafferuglia  etc.  Das  g  könnte  aller- 
dings auch  auf  Si  beruhen,  vgl.  mal^scio  (dav.  maliscenza, 
maliscente)  „kränklich"  (vgl.  malazzato),  nocisce  „einge- 
lutzelte,  schlechte  Nüsse".  Dagegen  scheint  parlagio  „Par- 
lamenthaus (in  Florenz)",  ran d agio  „Vagabund",  Rück- 
bildungen aus  -f-  parlagione  „Aussprache",  andar  randa- 
gione  „umherschweifen"  zu  sein.  Valigia  Lecce:  balice 
hat  Ascoli  (Archivio  glott.  I,  512  Anm.)  mit  Wahrscheinlich- 
keit aus  einem  (spät  gebildeten)  *VAL1TIA  (von  val-ere)  „le 
cose  di  qualche  prezzo,  che  il  viaggiatore  porta  seco"  abge- 
leitet (Körtings  Einwand  S.  916,  daß  -itia  nicht  an  Verbal- 
stämmen angefügt  wird,  ist  zu  beseitigen,  da  die  späten  La- 
tinismen auf  -itia  >  -igia  gerade  durch  diese  Eigenschaft 
charakterisiert  werden,  vgl.  comandigia,  battigia  etc.,  vgl.  auch 
Zeitschrift  f.  rom.  Phil.  XVIIl,  240).  Über  a.-itaL  albagio 
„bianchiccio"  mil.  albas  <  ♦ALBATIÜS  (DEALBATIORES 
bei  Augustin),  vgl.  Salvioni  Romania  XX VIII,  91. 

g  13.  Der  Latinismus  pregio  ist  aber  anders  behandelt 
als  der  Latinismus  grazia.  Der  Grund  davon  muß  also  noch 
erklärt  werden.  Wir  wissen,  daß  grazia  der  nachkarolingi- 
schen  Latinität  angehört;  pregio  dagegen  ist  ein  sogenanntes 
„halbgelehrtes"  Wort,  entstammt  also  einer  älteren,  vorkaro- 
lingischen  Periode  und  hatte  Zeit,  sich  mehr  in  die  Volks- 
sprache einzubürgern.  Wir  haben  gezeigt  (§  9),  daß  im  V.  Jh. 
n.  Chr.  Ti  der  Erbwörter  im  Westromanischen  als  ts  lautete, 
daß  dagegen  die  Aussprache  des  Ti  in  lateinischen  Wörtern 
tsi  war.    Nun  wissen  wir,  daß  die  Verbindung  ts  sehr  leicht 


§  13.  _     30    — 

zu  8  wird,  indem  die  Artikulation  des  Verschlusses  vemach- 
lässigt  wird.  Es  ist  also  wahrscheinlich,  daß  in  irgend  einem 
Teile  des  Westromanischen,  die  Aussprache  s  für  erbwört- 
liches Ti  schon  um  diese  Zeit  existierte.  Diese  Westromanen 
haben  dann  auch  ein  lai  PRETIÜM  nicht  mehr  als  pretsium, 
sondern  als  presium  gelesen,  ebenso  wie  es  die  heutigen  Fran- 
zosen tun,  die  auch  deutsches  „Zwim^  als  suirn  aussprechen, 
da  ihnen  der  ts-Laut  fremd  ist  Nun  stelle  man  sich  vor, 
daß  in  einer  solchen  s-Gegend  ein  blühendes  Kloster  bestand, 
wo  lateinisch  gelernt  wurde.  Die  Mönche,  die  aus  diesen 
Schulen  als  Lehrer  über  das  ganze  westromanische  Gebiet 
wanderten,  haben  diese  Aussprache  verbreitet,  und  sie  wurde 
zur  Mode  auch  im  ts-Gebiet:  Italien.  Nur  so  erklärt  es  sich, 
daß  z.  B.  die  Latinismen  RATIONE  und  OCCASIONE  (§  16) 
das  gleiche  Resultat  zeigen:  itaL  ragione  «  *rasione), 
cagione.  Die  Aussprache  rasione  ist  nicht  nur  erschlossen, 
sie  findet  sich  durch  zahlreiche  Inschriften  aus  dem  Y — Y IL  Jh. 
n.  Chr.  (meistens  aus  Gallien)  bezeugt:  CONSIENSIA  (Yienne), 
OBSERYASIONE  (Lyon  im  Y.  Jhr.  n.  Chr.),  SEPSIES  (558 
n.  Chr.),  C.  I.  L.  XII,  2086.  SAPIENSIE  (Briord,  vor  632 
n.  Chr.),  PASUNS  (Briord,  vor  632  n.  Chr.),  DISPOSISIO 
(Yienne  536  n.  Chr.),  DÜLCISIÜS  (Yienne  559  n.Chr.),  PENE- 
TENSLA.,  'SlJE  (Yenasque  Ende  Y.  Jh.). 

Außer  diesen  aus  Le  Blant:  I.  Chr.  genommenen,  findet 
man  femer  YOCONSIUS,  Steiner,  I.  D.  et  Rh.  3697,  1  (Saal- 
burg bei  Homburg),  BONIFATISUS  Mai  L  Chr.  368,  4, 
iSQüISIA  L  R.  N.  5727,  YESSIÜS  Renier  J.  A.  1283  (Lam- 
baesa),  GERONSIA  C.  L  L.  XU,  2116  +  neben  GERONTLA. 
C.  I.  L.  X,  2383  etc.  Umgekehrt  steht  HORTENTIÜS 
(Grutner,  S.  465  IX  Nemausus)  für  Hortensius.  Es  ist  nicht 
anzunehmen,  daß  SI  eine  ungeschickte  Wiedergabe  f&r  TS 
sei,  denn  zu  dieser  Zeit  waren  schon  die  Transskriptionen  Z, 
TS,  TZ  bekannt  (vgL  §  9).  Außerdem  findet  sich  kein  ein- 
ziges Beispiel  von  S,  was  doch  wunderlich  wäre,  wenn  das  I 
nicht  Silbenwert  gehabt  hätte.  Die  Steinmetze  waren  Leute, 
die  etwas  Latein  gelernt  hatten,  aber  orthographisch  konnten 


—    31    —  §  u. 

sie  nicht  schreiben,  daher  gruben  sie  in  ihre  Steine,  so  wie 
man  ihnen  diktierte:  SAPIENSIA,  OBSERVASIONE  etc. 
Daß  es  sich  aber  wirklich  um  SI  nicht  um  TS  handelte,  er- 
sieht man  aus  Fällen  wie  INDEXIONE  (St  Julien  en  Quint 
537  n.  Chr.  Revel-Tourdan  563  n.  Chr.).  RESURREXI[0]NIS 
(Revel-Tourdan  547  n.  Chr.  Le  Blant  I.  Chr.),  HOCSIES 
(=  octies)  C.  L  L.  2087  aus  559  n.  Chr.  0CX1[ES]  C.  I.  L. 
XII,  2382  (christlich),  denn  nur  CSI,  nicht  auch  CTS  konnte 
durch  XI  wiedergegeben  werden.  Damit  stimmt  noch  überein, 
daß  alle  angefahrten  Beispiele  Latinismen  sind  (MARSIAS 
Vienne  536  n.  Chr.  und  TERSIO  Vienne  536  n.  Chr. 
C.  L  L.  XII,  2081,  aus  540  n.  Chr.  TESIA  C.  I.  L.  XII,  2187 
aus.  564  n.  Chr.,  sind  zwar  auch  als  Erb  Wörter  vorhanden, 
wurden  aber  auf  der  Grabschrift  in  der  lateinischen  Form 
wiedergegeben). 

§  14.  Die  Aussprache  RASIONE  fällt  also  in  die  Zeit 
des  größten  Verfalls  des  Lateinischen.  Ihre  Verbreitung  er- 
klärt sich  daher  leicht.  Die  Mönche  waren  die  einzigen 
Lateinkundigen;  sie  bildeten  aber  eine  soziale  Klasse  für  sich 
und  Stauden  auf  dem  ganzen  westromanischen  Gebiet  im  regen 
Verkehr  untereinander.  Jede  Unart  in  der  Aussprache  des 
Lateins  konnte  rasch  nachgeahmt  werden,  da  niemand  mehr 
die  richtige  kannte.  Wie  lange  diese  Aussprache  gedauert 
hat,  ist  schwer  zu  sagen;  jedenfalls  wurde  sie  nach  Karl  d. 
Großen,  der  wahrscheinlich  auf  Grund  der  Grammatiker,  wie 
Pompeius,  die  offizielle  Aussprache  TSI  einfahrte,  vergessen. 
Vielleicht  läßt  sich  aber  ihre  Dauer,  auf  indirektem  Wege, 
durch  folgende  Erwägung  feststellen.  Der  Übergang  von  Ti 
und  Si  in  ital.  g  ist  abhängig  Yon  dem  stimmhaftwerden  des 
intervokaliscben  S  zu  Z,  denn  g  ist  nur  durch  die  Mittelstufe 
Zi  erklärlich.  Tatsächlich  reicht  der  stimmhafte  Laut  g  bezw. 
z  im  Italienischen,  wie  aus  den  Beispielen  des  §  11  zu  er- 
sehen ist,  nur  so  weit,  wie  das  interTokalische  Z  <[  S.  Dort, 
wo  man  caso  sagt,  hört  man  auch  racuni,  kacuni,  fata- 
cuni,  balice  (bezw.  rasuni,  ka§uni.).  Daraus  ergiebt  sich 
folgendes:  Nachdem  der  Latinismus  RATIONE  als  RASIONE 


§§  15,  16.  _     32     — 

ausgesprochen  zu  werden  anfing,  aber  vor  der  Wiederein- 
führung der  Lesart  RATSIONE  durch  Karl  den  Großen,  also 
in  dem  Zeitraum,  der  ungeföhr  durch  die  Jahreszahlen  500 
und  800  n.  Chr.  begrenzt  ist,  begann  im  Westromanischen 
vom  Norden  aus  eine  Strömung,  welche  das  intervokalische 
S  der  Erbwörter  stimmhaft  werden  ließ  (Z).  Diese  Strömung 
konnte  sich  jedoch  nicht  über  das  ganze  Gebiet  verbreiten 
und  in  Italien  fand  sie  in  Toskana  ihre  Grenze.  Nun  geschah 
mit  Z  <;  S  das,  was  auch  mit  TS  <C  Ke,  Ki  sich  ereignet 
hatte:  Die  Buchkundigen  fahrten  diese  Aussprache  auch  beim 
Lesen  des  Lateins  ein.  Karl  der  Große  erklärte  sie  dann  als 
offiziell  und  sie  ist  noch  heute  in  unseren  Schulen  bewahrt 
Natürlich  blieb  sie  aber  Süditalien  fremd.  Nun,  da  man 
ROZA,  SPOZARE  las,  gab  man  diese  Aussprache  auch  Wör- 
tern wie  RAZIONE,  OCCAZIONE  (im  Süditalienischen  aber 
ROSA,  SPOSARE,  RASIONE,  OCCASIONE),  woraus  dann 
nordital.  ragone,'südital.  racuni. 

§  15.  Die  relative  Zeitbestimmung  des  Überganges  des 
Ti  >  ital.  g  wird  uns  auch  durch  folgende  Erwägung  ge- 
geben: Das  erb  wörtliche  PRETIUM  wurde  lautgerecht  zu 
prf  zzo,  da  die  Zwischenstufe  PRÄTTiü  (§  92)  vor  der  Diph- 
thongierung des  lat.  e>ital.  ie  in  ungedeckter  Stellung  er- 
reicht war,  sodaß  nunmehr  TTi  eine  Deckung  bildete.  Wenn 
dagegen  pregio  volkstümlich  wäre,  würde  man  *priegio 
erwarten.  (Im  Altvenez.  ist  in  priexo  der  Diphthong  sekun- 
där und  durch  das  folgende  i  bedingt,  vgl.  Vidossich  in  Zeit- 
schrift f.  rom.  Phil.  XXVI,  347),  da  nach  g  nur  ein  Konso- 
nant folgt.  Wenn  dagegen  pregio  auf  dem  Latinismus 
PRETIUM  beruht,  so  konnte  es  nur  zu  einer  Zeit  in  die 
Volkssprache  eindringen  als  lat.  ungedecktes  e  (PRE-SI-ÜM) 
nicht  mehr  diphthongieren  konnte. 

§  16.  Lehrreich  ist  ferner  der  Vergleich  von  PALA- 
TIUM  >  palagio  mit  BAMBACIUM  >  bambagia  „Baum- 
wolle" (dav.  bambagino,  -gioso,  -giona)  neap.  vam- 
matSe,  sie.  bammat§i,  cerign.  vammätsg  (dav.  vam- 
matsärg  „il  piccolo  strozzino,  che  ripone  i  pegni  preziosi  in 


—    33    —  §16. 

sentoli  pieni  di  bombagia),  Lecce  ammatie  (oder  amma56?X 
aqnil.  bammaSe,  Lanc  yammatSg,  campob.  mammatia 
(dav.  mammatfiok^),  Alatri  bamatig,  Pisa,  gall.  bambatia 
(sasa.  bambadzi),  a.-berg.  bombas,  trieni  bambas.  Das 
Wort  BAMBACIÜM  (^BOMBACIÜM  zeigt  eine  Vennischiuig 
mit  BOMBYX  „Seidenwurm*'.  Horning  verteidigt  mit  Recht 
in  Zeitschrift  £  rom.  PhiL  XXVII,  347—349  die  Etymologie 
Diez':  itaL  bigio  „grau''  <  «BOMBICIUM)  ist  mittellateinisoh 
belegt  (Da  Gange)  nnd  stammt  aas  dem  mittelgtiechimdien 
ßafißaxiop,  ist  also  kein  Erb-,  sondern  ein  spaÜateiniscfaes 
Wort  (vgL  auch  Schrader:  Zar  Handelsgeschichte  und  Waaren- 
knnde  I,  242 f.;  sIot.  bombaz  stammt  aus  dem  Istrischen), 
sodaB  es  die  regelrechte  Entwicklung  der  Ghruppe  Ki  nicht 
mehr  mitmachen  konnte.  Nun  wissen  wir,  daß  in  einer 
späteren  Periode  auch  CE,  Gl  zu  ts  wurden  und  diese  Aus» 
spräche  auch  in  das  Schullatein  eindrang;  man  las  also 
BAMBATSIÜM.  Dieses  ging  dann  dieselben  Wege  wie 
PALATSIUM  und  wurde  über  BAMBASIUM  (BAMBAZIUM) 
zu  bambagio  bezw.  yammaög.  Aus  den  Dialekten  lassen 
sich  noch  JUDIGIDM  :>  gen.  zuixio  (vgl  Horning,  Lai  C. 
S.  114,  auch  a.-franz.  juTs),  OFFIGIÜM  >  a.-oberit  offixio, 
FIDUGIA  ^  a.-oberitw  fi(d)uzia,  piem.  fiüza  (mit  stimm- 
haften s)  etc.  anfuhren.  Alle  diese  beweisen,  daß  RATSIONE 
erst  zu  einer  Zeit,  wo  lat.  GE,  Gl  in  der  Schulaussprache  zu 
TSE,  TSI  geworden  waren,  zu  RASIONE  >  RAZIONE  > 
ragione  wurde. 

Anm.  Die  Aussprache  GE>TSE>SE  erklärt  viel- 
leicht  folgende  späte  lat.  Glosse:  „Gleba  sepes  durus  cum 
herba"  (G.  GL  IV,  522,  33),  welche  mit:  „Gleva  (=  gleba), 
cespis  duris  (==  caespes  durus)  cum  erva  («=  herba)  levatur** 
(G.  Gl.  lY,  83,  8)  zu  yergleichen  ist  Dagegen  ist  das  aus 
dem  Jahre  225  bezeugte  MaQöiaxoq  nicht  aus  MaQxiaxog 
entstanden,  sondern  das  lai  MARSIAGÜS  (vgl.  Archiv  £  lat 
Lex.  X,  506). 

In  den  Latinismen  der  nachkarolingischen  Zeit  findet  man 
tsi  ftür  Gl,  der  offiziellen  Aussprache  entsprechend:  ital.  de- 
lizia,  ascitizio,  cardinalizio  etc.;   später  aber  dringt  das 

Weigand,  11.  Jahresbericht.  3 


§17.  _    34    — 

itaL  t&i  auch  in  die  Aussprache  des  Lateins  ein,  sodaß  das 
alte  tsi  in  Latinismen  vom  neuen  tSi  zum  Teil  yerdrangt 
wird,  oder  sich  neben  diesem  erhält:  artifizio  = -cio,  + 
assoziaree= -ociare,  male-,  benefizio  = -icio,  calizio 
^  icio,  +  comerzio  >=  -ercio,  giudizio  nebst  Ableitun* 
gen  =»  -cio,  offizio  nebst  Ableitimgen  =  -icio,  orifizio  = 
-icio,  patrizio  =  -cio,  sozio  (yerächtlich)  =  socio, 
spezie  „Spezerei"  —  specie  „Art**  —  zpezie  „Gewürz". 
Neben  nunzio  <C  NUNTIUS  ist  umgekehrt  auch  ein  nuncio 
(pronunziare  <==: -ciare  etc.)  entstanden.  Nur  mit  ts:  societa, 
ooeano,  provincia  etc. 

§  17.  Wie  wir  gesehen  haben  (§  13)  hängt  die  Ge- 
schichte der  Wörter  palagio,  ragione  etc.  auf  das  engste 
mit  derjenigen  von  cagionare  etc.  zusanmien.  Die  Schick- 
sale des  lat  Si  im  Italienischen  zahlen  zu  den  dunkelsten 
Problemen  des  itaL  Konsonantismus  und  wir  können  nicht 
naher  auf  sie  eingehen,  da  sie  nur  in  Verbindung  mit  der 
Frage  des  Stinunhaftwerdens  des  interrokalischen  S  behandelt 
werden  können.  Diesbezüglich  gehen  die  Meinungen  der  Ge- 
lehrten sehr  stark  auseinander.  Meyer-Lübke  (Rom.  Gram.  I 
§  440)  nimmt  an,  daß  im  Toskanischen  nachtoniges  lai  S  als 
9,  Yortoniges  als  z  erscheint,  Pieri  (Archivio  glott  ital.  XVI, 
163 — 173)  glaubt,  daß  s  in  allen  Stellungen  die  Regel  sei, 
z  dagegen  nur  in  Latinismen  und  Lehnwörtern  erscheint, 
AsGoli  dagegen  (Archivio  gloti  ital.  XVI,  175 — 192)  will  das 
s  neben  z  schon  auf  das  Lateinische  zurückführen.  In  einem 
Punkte  stimmen  sie  aber  alle  überein,  daß  nämlich  in  Latinis- 
men und  in  Lehnwörtern  z  erscheint  Dies  läßt  sich  auch 
auf  Si  übertragen.  Ohne  behaupten  zu  wollen,  daß  überall 
dort,  wo  Si  >  ital.  g,  wir  es  mit  keinen  Erbwörtem  zu  tun 
haben,  können  wir  annehmen,  daß  für  Latinismen  und  Lehn- 
wörtern die  Regel  Si  >  g  giltig  ist  Damit  ist  uns  ein  neues 
Mittel  zur  Bestimmung  der  Chronologie  des  Überganges  Ton 
PALATIUM  >  palagio  gegeben.  Für  die  Gruppe  Ti  be- 
sitzen wir,  —  außer  Venigia,  —  keine  Beispiele,  deren  Ein- 
fuhrung in  die  Volkssprache  historisch  nachweisbar  wären.  Da- 
gegen zeigen  uns  die  Heiligennamen  AMBROSIUS  (340—397) 


—     35     —  §  17. 

>  (Am)brogio,  gen.  Brözu,.  trient.  Ambrozi,  Alatri 
(Ambrosii),  a.-san.  Ambruoso,  a.-yen.  Sancto  Bruzone 
(aus  1117),  BLASIUS  (+  316)  >  Biagio,  Lecce  (Vrasi), 
Aquila  Biadu,  gombit  Biazg,  Sillano  Biazg,  romagn.  Biez, 
daß  dieser  Übergang  nach  dem  lY.  Jahrhanderfc  stattgefonden 
hai  Daß  die  Heiligennamen  von  der  Earche  aus  in  die  Volks- 
sprache mit  der  kirchlichen  offiziellen  Aussprache  des  Latein 
gedrungen  sind,  bezweifelt  wohl  niemand.  Sie  trafen  mit 
PALATIUM  auf  der  Stufe  PALASIU  oder  PALAZIU  zu- 
sammen und  ergaben  itaL  g. 

Anm.  Neben  Pieri  und  Ascoli  (a.  a.  0.)  hat  sich 
D'Ovidio  (Note  etimologiche.  Estratto  dal  Vol.  XXX  degli 
Atti  della  Reale  Accademia  di  Napoli  S.  52 — 70)  mit  Si 
eingehend  befaßt,  indem  er  am  Schlüsse  zu  demselben  Re- 
sultat gelangt  wie  Meyer-Lübke  in  seiner  Italienischen  Gram- 
matik §§  246  und  254.  Eine  befriedigende  Lösung  zu  geben, 
ist  ihm  aber  nicht  gelungen.  Wenn  man  anninunti  daß  -Si-  zu 
g  und  -Si-  >  ö  wird,  bleiben  Falle  wie  ciliegia,  cinigia 
unerklärt.  Zwar  paßt  die  erste  Regel  fars  Toskanische,  wo 
jedes  vortonige  Si  als  g  erscheint,  nicht  aber  für  die  übrigen 
Dialekte,  wo  kein  Unterschied  zwischen  nach-  und  vortonig 
gemacht  wird.  Man  kann  auch  nicht  agio  als  Entlehnung 
aus  dem  Französischen  deuten,  denn,  wenn  ital.  Luigi  >= 
agio  <C  franz.  Louis  =  aise,  so  widersetzt  sich  dem  das 
neap.  aso,  sie,  aöu  (wie  neap.  kaso  sie  kacu  <C  CASEUS) 
gegenüber  neap.  sie  Luidz^i  (wie  sie  damadzzu  <C  franz. 
domage).  Man  muß  also  ein  lai  *ASIÜM  annehmen,  welches 
freilich  etymologisch  dunkel  ist  Darin  liegt  gerade  die  größte 
Schwierigkeit,  daß  die  meisten  Si-hältigen  Wörter  unklar  sind. 
Wenn  man  einen  Blick  auf  die  italienischen  Dialekte  wirfb, 
so  bekommt  man  die  Überzeugung,  daß  neben  den  regel- 
rechten Ergebnissen  von  Si  >  itaL  ö  (es  ist  D'Ovidios  Ver- 
dienst gezeigt  zu  haben,  daß  Fälle  wie  ital.  cacio  neben 
cascio  nur  orthographische  Variationen  der  Aussprache  kaco 
sind),  die  Aussprache  g  mit  den  Latinismen  und  den  Lehn- 
wörtern zugleich  in  die  Sprache  eindringt.  Diese  wird  dann 
zur  Mode  und  sie  nistet  sich  auch  dort  ein,  wo  sie  nicht  be- 
rechtigt war,  d.  h.  in  den  Erbwörtem.  Dadurch  erklären  sich 
Doublette  mit  5  imd  g;  dies  letzte  verdrängt  oft  gänzlich  das 

3* 


§17.  _    3«    — 

Tolkstümlicbe  &  Die  yenchiedenen  Dialekte  wideraetBea  sich 
dieser  Mode  mehr  oder  weniger^  einige  assicoilieren  sogar  die 
Latinismen  den  Erbwörtem.  Somit  hat  ein  jedes  Wort  seine 
Geschichte  fbr  sich.  Bei  einigen  ist  die  buchwörtliche,  bei 
anderen  die  erbwOrtlicbe  Gestalt  anf  ein  sehr  großes  Gebiet 
verbreitet  Ohne  der  Frage  weiter  nachgehen  zu  wollen,  lasse 
ioh  hier  eine  Sammlung  von  Beispielen  von  interrokaUschen 
S|  im  Sardischen  und  Italienischen  folgen.  In  eckige  Klam- 
mem setse  ioh  die  Latinismen,  welche  gar  nicht  assimiliert 
wurden  und  in  runde  Klammem  die  Entlehnungen  aus  Naoh- 
bardialekten;  spaziniert  sind  diejenigen  Formen,  die  im  be- 
tre£Penden  Dialekt  unregelmäßig  sind.  *ASIÜM  ;>  agio, 
(adagio),  log.  aj[u,  camp,  [asiu],  neap.  (ad)a80,  sie.  a£u  (miöa&u 
s=3a.-itaL  misagio  „inedia,  sofferenza''),  galLaSu,  trientadazi 

BASIO,  -ARE  „küssen"  >•  baciare,  log.  basare,  can^. 
basai,  sass.  ba^,  sie.  vasari,  neap.  vasare,  gombit.  bazare, 
a.-gen.  bazar,  triesi  bazar,  trieni  bazar. 

BASIUM  „Kuß**  >-  bacio,  log.  basu,  camp,  basidu,  sass. 
baiu,  sie  vasu,  cerign.  Yäs§,  Lecce  asu,  aquU.  ba5u,  Teramo 
yagf,  Lanciano,  campob.  ya£f,  gaU.  [badu],  cors.  baöu,  Borna 
baöo,  gombit.  Sillano  ba2g,   a.-gen.  bazu,   triest  trient  bazo. 

CASEUS  >-  cacio  (cascio,  cascina,  caciaia,  a.-ital.  casciaia, 
caci(u)oIa),  log.  kasu  (schon  im  Statut),  camp.  Easosu,  sass. 
ka2u,  sie.  kaöu,  neap.  kaso,  caL  kasu,  cerign.  käs^,  Lecce  kasu, 
aquii  kaöu,  Teramo  kaSe,  Lanciano,  campob.  kaöf ,  galL  kaiu, 
cors.  kaöu,  gombit  Sillano  kazg,  a.-berg.  kaso  (kasontsel), 
n.-berg.  (kasonsel),  mant  (kasontsel),  bresc.  (kazonsel),  tic. 
kazö  „caciuola",  trient  (fromadzu). 

CAMISIA  >  cami(8)cia  (dav.  camisciole,  vgl  cämice  „Meß- 
gewand"), log. kamisola,  nb.kami^a  (wie  staione,preiu!),  camp, 
kamisola,  kamisa  [nb.  kamisia!],  sass.  kamiza,  sie.  kamiöa, 
tarant  kam§sol§,  neap.  kamisa,  kamesela,  cerign.  kammoise 
(dav.  kasgmubing),  aquiL  kamica,  Teramo  kammiSg,  Alatn 
kamisa,  cors.  kamida  (kamiSola),  Sillano  kamiza,  a.-berg. 
kamisa,  triest  kamizioÜD,  trient  kamiza,  kamizola  (ygl.  Meyer- 
Lübke:  Zur  Kenntnis  des  Altlogudoresischen  S.  17,  nach 
welchem  nur  rum.  cämase  und  friuL  Kameze  erbwörtliche 
Gestalt  haben  sollen). 

CERASIÜS,  CERESIUS  >  ciriegio,  ciliegio  (ceraso 
bei  Petrarca,  auch  sonst  „in  qualche  paesi  di  Toscana"),  log. 


—    S7    —  §17. 

kariaaa  (•<  karasi»?  aaoh  saaa.  kariaia),  camp.  tSereia,  sie. 
ttiiasa,  BMp.  tSerasf,  -sa,  caL  tferaaa,  -sa,  cerign.  tä^rib;, 
Lecce  tSerasn,  -sa,  Aqaila  töerada,  Lanc.  tSer^S^ ,  -aSe,  Cte. 
ti^raif  „Kiraobe^,  tSeras;  nKinohbaom^,  Arpino  töijrasa, 
Gapo  di  Iieooa  tiarasa,  Roma  tierasa,  sen.  aaraia,  aret  seraga, 
saa.  saraga,  gaU.  (kiriaSi  <C  log.?),  oora.  täarafia,  Luoca 
seraae,  gombit.  tdereia,  Sillano  täireia,  a.-geii.  f e(re)ia,  a.-berg. 
iseresa,  romagn.  boL  tsriza,  piem.  tseresa,  triesi  tsariesa,  trieni 
siriza. 

♦CINISIA  >  oinigia  „glühende  Asche«,  log.  kiiina 
«*kiniia),  camp.  täiniSo,  sass.  (ki£ina  <C  log.),  sie.  (däniai 
„polvere  di  carbone«  <[  span.  cenisa),  neap.  tSenisa,  oerigXL 
tä^Doisg,  lanc.  täenice,  campob.  tö^ni&i,  gall.  (kiSina  <C  log.), 
cors.'  Canuga  <  *CINÜSIA. 

*CONSIO  (—  CONSÜO)  >  cucio,  log.  kosire,  camp, 
kosiri,  sass.  kuä,  gall.  kuSi,  oors.  koSi,  cerign.  kusoi^,  neap. 
kösere,  kosire,  Teramo  k^üig,  campob.  knfif,  Arpino,  Alatri 
kosf,  gombit  knie,  Sillano  ku2a,  triest  kuso. 

*COMBASIABE  «  BASIS)?  „eusammenftgen"  >  com- 
baciare  nb.  combagiare  log.  imbasare  gaU.  (imbasa  <C  log.) 
trient  combazar  „pappen**. 

DERISIONEM  >  dilegione,  a.-gen.  deriion,  lomb. 
derezon,  a.-lomb.  derexon. 

QEÜSI^  >  cf.  §  3t. 

MAN3I0NEM  >>  magione  (poetisch  fftr  casa,  auch 
[mansione]),  log.  masone  „Herde'',  masonata  (Statut),  masondza 
<;  ^MANSIONEA  „porchetti  della  scrofa«,  sie.  masnni  (am- 
masunu  „pollajo**),  cal.  masnne  „casetta  di  campagna**  (am- 
masunare  „racogliere  nel  m.  i  polli  e  le  galline^),  cerign. 
ammasnnätig  „appollajato**,  Lecce  masnnu  „covile^,  campob. 
ammaöanat^  „appollajato*',  galL  (masoni,  masonada  <!  log.)t 
a.-gen.  maion,  a.-berg.  masone,  Ban  masone  „luogo  doYe 
dormono  i  polli**. 

NAÜSEA  >  Lecce    (nftssia?),    a.-Ten.    nos(a),    paim. 


OCCASIONEM  >  (ac)cagione  (Ristoro  d'Arezso:  ca- 
scione),  log.  kaj[one  (Tolkstümlich  causa)  [kasione  Statut],  sia 
ka£nni,  neap.  accasone,  cerign.  [akkassfj[ounf],  galL  kai^ni, 
cora.  ka^one,  a.-gen.  kaion,  romagn.  [okasiön],  a.-Gfaioggia 
eaxon,  trient  kazon,  a.-Aquil.  caj[ono. 


§17.  _    38    — 

PENSIONEM  >  pigione,  log.  peione,  kamp.  pesonali, 
neap.  pesone,  cerign.  pgsoang,  Bari  pgsone  Sillano  a.-gen. 
pizon,  trient.  pizon. 

*PERTüS[I]ARE>pertugiare  (dK  a.-ital.  pertuaare), 
log.  pertasare,  kamp.  pertusai,  neap.  pertosare,  cal.  pertosare, 
cerign.  pgrtusf,  Lanciano  pertasf,  a.-gen.  (perfcuso). 

PHASEOLUS  >  fagiuolo,  log.  basolu  (schon  im  Statut), 
camp,  fasola,  sass.  fazolu,  neap.  fasulu,  cerign.  fasoulg  (day. 
sfasulätg),  tarant.  fasule,  Lecce  pasulu,  Aquila  facolu,  Lanciano 
facol^,  campob.  facuol^  (day.  sfaöulat^  „ridotto  al  yerde*'), 
Alatn  fasoi,  cors.  gall.  faSolu,  gombit  fazolg,  Sillano  fazol, 
a.-berg.  fasol,  romagn.  fazol,  bol.  fazol,  triest.  fa8(i)öl,  trient. 
fazoL 

PHASIANÜS  >  fagiano  (Ristoro  d'Arezzo  fasciano), 
log.  camp,  faganu!  sie.  facanu,  neap.  fasano,  lanc.  fa£anf, 
cors.  faSanu,  gombit.  Sillano  fazan,  triesi,  trieni  fazan. 

*PINS[I]0,  -ARE  >  pigiare  (pigio,  pigione  „Trauben- 
quetscher"),  log.  piiare,  sie.  (pisari,  scarpisari  „calpestare*'), 
cerign.  pgsä  (day.  p§satur§),  Lecce:  pisaturu  „pestello  del  mor- 
tajo",  a.-gen..  a.-berg.  (pisa). 

PREHENSIONEM  >  prigione  (prigioniere  <  franz.), 
log.  presone  [Statut  presione],  camp,  presoni,  sass.  prizoni^ 
a.-Aquil.  prescione  (=  c?),  neap.  presone,  sie.  pricun,  gaU. 
prizona,  cors.  prigone,  Gombit.  a.-gen.  prezon,  Sillano  prgzon, 
romagn.  parzön,  trient.  prezon. 

RASEA  (C.  GL  HI,  594,  53;  628,  40,  ygl.  Wiener 
Studien  XXV,  106)>ragia  „Harz",  Aquila  arracatu  (Archirio 
glott.  ital.  IV,  160),  Lanciano  racg,  campob.  raca  „sedimento 
tartarico  delle  botti". 

SEGUSIÜS  >  segugio,  mil.  sayus  piem.  sus  „Spürhund" 
«  *sa-us). 

TENSIONEM  >  log.  tasoni  „reta  da  uccellare". 

TONSIONEM  >  (tosone  <  franz.)  log.  tosone,  camp, 
tosoni 

Dazu  kommt  ECCLESIA  >>  chiesa  (dissimiliert  auf  der 
Stufe  K'  V  E  S'  A),  log.  kreia  (Statut  [neben  klesia  Statut]), 
camp,  [kresia]  sie.  [kresia]  neap.  [ekkresia,  chiesia,  ghiesia], 
cal.  [ghiesia]  Lecce  [chesia]  aquil.  (cch(i)esa  <;  ital.)  Lano. 
(cchies^  <;  ital.)  cchiecg  (contad.)  Pisa  (ecchiesa  <!  ital.)  gall. 
geia,  cors.  (gesa  <  ital.)  gombit  ggieza,  Sillano  (kieza  <  itaL) 


—    39    —  §18. 

a.-gen.  [dzesia]  dzeia,  mil.  dzesa,  a.-berg.  [zesia,  giesia]  n.-berg. 
(tSesa  <Z  ital.)  romagn.  tSiza,  piem.  [dzesia].  Über  das  Sal^ 
-ESIANÜS>>-igiano,  campob.  lanc  ^öang,  neap.  rom.  -eäan§, 
Sillano  -fzan,  a.-geii.  -ezan,  romagn.  -zän,  vgl.  Flechia  im 
Archivio  glott  ital.  U^  12—17.  ItaL  frusone,  frosone,  alt 
frisone  „coccothraostes''  (mit  stimmhaften  s)  stammt  aus  dem 
Norden,  wo  dieser  Vogel  zu  Hanse  ist,  und  regelrecht  aus 
FRISIONE  (trient  frizun,  n.-gen.  frizun)  entstanden  ist  (vgl. 
Zeitschrift  f.  österr.  Gymnasien  1891,  770).  Dasselbe  giltför 
rugiada  (Ristoro  d'Arezzo  rosada),  neap.rosada,  cerign. ruöätg, 
Yen.  lomb.  rosada,  piem.  rusa,  triest.  rosada  (vgL  Meyer-Lübke 
in  Zeitschrift  ffir  rom.  Phil.  XXVII,  369). 


L  Abschnitt:  Bumänisch. 

§  18.  Auf  dem  ganzen  rumänischen  Gebiete  sind  die 
Ergebnisse  der  i- Verbindungen  einfach  und  klar.  Da  zwischen 
Tennis  und  Media  ein  vollständiger  Parallelismus  herrscht, 
werden  wir  im  folgenden  auch  Di  usd  Gi  in  unsere  Betrach- 
tung einziehen.  Ti  fäli  mit  Ei  und  Di  mit  Gi  zusammen. 
Der  vorausgehende  Laut  übt  keinen  Einfluß  auf  die  i-Gruppe, 
wohl  aber  der  nachfolgende  und  der  Akzent  u.  z.  so,  daß  vor 
a  immer,  vor  o  und  u  nur  nachtonig  ts  (bezw.  dz),  vor- 
tonig dagegen  ts  (bezw.  dz)  erscheint.  STi  und  SKi  werden, 
—  wie  Si,  —  immer  zu  §. 

Anm.  Bei  Miklosich,  Tiktin,  Mejer-Lübke  und  Horning 
findet  man  eher  eine  Konstatierung  der  doppelten  Entwicke- 
lung  ts  und  ts,  als  eine  Erklärung  derselben.  A.  Tavemay, 
der  nicht  immer  zwischen  Erbgut  und  Latinismus  scheidet, 
ist  bestrebt  in  einer  Spezialarbeit  (in  Etudes  Romanes  dediees 
a  Gaston  Paris  S.  267  ff)  den  Zwiespalt  in  der  rumänischen 
Behandlung  des  Ti  lediglich  aus  den  umgebenden  Lauten  zu 
erklären.  In  meiner  Kritik  dieser  Arbeit  (Convorbin  literare 
1899  S.  533  fiF.)  verfiel  ich  in  das  entgegengesetzte  Extrem, 
indem  ich  nur  die  Rolle  des  Akzentes  anerkannte.  Die  Wahr- 
heit liegt,  wie  so  oft,  auch  in  diesem  Falle  in  der  Mitte.  — 


§19.  _    40    — 

Das  dialektisclie  Material  far  diese  Arbeit  ist  meistenteils  aus 
folgenden  Werken  geschöpft:  drum«  (<=  Dako-rumäniscb)  laus 
den  „Jahresberichten  (I — IX)  des  Instituts  für  rumänische 
Sprache  za  Leipzig.  Leipzig  1894—1902"  (gekürzt:  Jb.  I— IX); 
—  arum.  («=  Arumunisch)  aus  dem  Zettel  Wörterbuch  you 
G.  Weigand  (im  Manuskript);  —  mgL  (b=s  Meglenisch)  aus 
dem  „Megleno-Bomänil  de  Pericle  Papahagi  (Estras  diu  Analele 
Academiei  rom&ne  Seriall  Tom.  XXV.  Mem.  sec^  liter.)  Bncu- 
reftf  1902'';  —  irum.  («=  Istro-rumäniscb)  aus  dem  „Istro- 
rumänischen  Glossar  von  Byhan  (Jb.  VI,  174 — 398)'',  wozu  die 
Berichtigungen  von  M.  Bartoli:  „Pubblicazioni  recenti  di  filo- 
logia  rumena  (Estrato  dagli  Studj  di  filologia  romanzaToL  VIII, 
fasc.  23)  Torino  1901''  zu  vergleichen  sind.  —  Den  etymolo- 
gischen Fragen  legte  ich  Gihacs:  „Dictionnaire  d'etymologie 
daco-romane"  zu  Gründe. 


A.  Nachtonig. 

a)Ti. 

§  19.  Intervokalisches  Ti  wird  nach  dem  Tone  in  allen 
Dialekten  zu  ts:  ♦ADJTITlÖ  >  atl^  „schüre  an",  -ITIA, 
-ITIES  >  -eafS,  -e|e,  arum.  mgL  -eatsfi  (s.  Anm.),  *IN- 
VITIO  [>  Invä^,  arum.  nvetsu,  mgl.  anvets,  irum.  anmets 
„lerne,  lehre,  gewöhne",  NEGOTIUM  >  nego*  „Handd", 
NEPOTIA  C.  L  L  III  2599,  2690  etc.  (von  NEPOTEM,  wie 
AV-IA,  *CAN.IA,  CERV-IA  vgl  Meyer-Lübke:  Einfthrung 
§  169  abgeleitet)  >  nepo^  „Nichte"  (Liuba-Iana:  Monografia 
comunet  M£[dan  S.  25.  Herr  Bartoli  teilt  mir  mit,  dafi 
NEPOTIA  auch  im  Dalmatischen  Spuren  hinterlassen  hat), 
HOSPITIÜM  >  ospät,  arum.  uspets  „Gastmahl"  (mgl. 
o&spitsü  „Gast,  Freund^  ist  ein  vom  Plural  oaspeff  neu- 
gebildeter Singpilar),  PALATIÜM  >>  arum.  pSrats  „Gaumen" 
(s.  Anm.),  PETIA  >  ban.  pltsä  „Fleisch"  (wie  log.  petta 
„Fleisch",  vgl.  Zauner,  Bomanische  Forschungen  XIV,  354), 
PRETIÜM  >  pret  »Preis",  *PXJTEA  >  pu^ä,  anim.  BgL 
putsi,  irum.  puts6  (s.  Anm.),  PUTEÜS  ^  pu^,  arum.  patsu, 
irum.  puts  „Brunnen",  *QUATIÜM  >  ci^e  (§  27),  SATIOM 


-    41     -  «19. 

>8m(  „Satttgkeit''  (aes«^  „UmeniUlicfakeit^)  VITBA  >  wi^ä, 
mgl.  vitflÄ  „Weinrebe"  (arom.  yite,  yit«  <  VITIS). 

Ahih.  -ea^  (-e^)  bildet  nach  dem  Muster  der  schon  im 
Lat  belegten  am&rea^  <  AMARITIES,  bltndete<BLAN- 
DITI£S,  negrea^<NIGßmA  Adjektiyabstrakta:  acrea^ä, 
albea^&i  bätrinefe,  cäruntefe,  dnlcea^,  frumnsete, 
june^e,  mindref  e,  tinere^e  etc.  Aram.:  akreatsä,  fudnl-, 
Ift-,  livend-,  mär-,  mult-,  mnsät-,  niSur-,  yir^ir-  etc. 
MgL  fl&mlndeatsä  etc.  Sporadisch  findet  man  die  Ableitung 
von  einem  Verb:  mirosea^Ä  „Geruch**  (Dosofteiü:  Via^a  sfin^ 
65b/2),  nach  acrea^,  das  ^Ischlich  zu  acresc  bezogen  wurde, 
gebildet.  Dadurch,  daß  jedes  rum.  Adjektiv  auch  als  Adverb 
fungieren  kann,  erklärt  sich,  daß  -ea^  auch  an  Adverbien 
angefugt  werden  kann:  binef  e,  arum.  gineatsft  „Gesundheit", 
arum.  kurundeatsft  „Eile".  Hierher  gehört  auch  das  Wort 
dimineatS  „Morgen"  (arum.  dim(i)neatsä,  dumneatsa,  mgl. 
dimneatsä,  irum.  demfir^tsö,  domer^ts^),  woftr  man  gewohnlich 
ein  durch  nichts  gerechtfertigtes  lat  *DEMANITIA  aufstellt. 
Das  Wort  ist  vielmehr  eine  rumänische  Ableitung  aus  dem 
ausgestorbenMi  Adverb  *demlne,  *domlne  <C  DEMANE 
(itaL  demani,  domani,  prov.  dema(n),  franz.  demain)  dessen 
Existenz  durch  den  Ausdruck  des  (de)  dimineatä  „in  aller 
Frahe«  <  DE  IPSO  *DEMANE  (+  Suff.  -ea^S)  bezeugt  wird. 
(In  einem  Text  aus  dem  Jahre  1651  findet  man  dins  de 
diminea^  Jb.  III,  173,  und  dies  spricht  entschieden  flir  die 
Etymologie  DE  IPSO  *DEM  ANE.  Wäre  aber  die  Bildung  *DE- 
MANITIA  schon  lateinisch,  so  würde  man  DE  IPSA  ^£- 
MANITIA  erwarten).  Auf  die  Typen  *VIVITIA  „Lebhaftig- 
keit" und  ♦GREVITIA  (GREVIS<  GRAVIS)  „Schwere,  Last« 
gehen  zurück  drum,  via^,  arum.  yiatsfi  (na<di  yitt<; VIVUS) 
„Leben",  mgl.  gatsä  (nach  giu  <C  VIVUS)  „lebendes  Wesen" 
und  drum,  grea^  „Schwere  im  Magen,  Ekel",  arum.  greatsä 
„Last"  (vgL  itaL  vivezza,  gravezza,  prov.  greveza,  -essa,  span. 
viveza,  graveza).  Über  die  Form  des  Suffixes  vgl.  Hartwig 
Jamfk,  Zeitschrift  rom.  PhiL  XXYI,  108. 

In  allen  Dialekten  kommt  das  Wort  pufä  „männliches 
Glied"  vor.  In  Siebenbürgen  und  in  der  Walachei  ist  der 
Gebrauch  insofern  beschränkt,  als  dort  pu^ft  bloß  „das  Glied 
kleiner  Knaben*  bedeutet  (Jb.  Ylll,  3lT),  dagegen  höre  ich 
von  Herrn  M.  PopovicY,  daß  die  Mofecen  mit  pu^  die  Schsm 


§19.  _    42     — 

kleiner  Madchen  bezeichnen.  Es  entspricht  genau  einem  lat 
*PUTEA  von  PÜTÜS  „kleines  Kind«  (vgl.  lat.  PRiEPÜTIÜM, 
SALAPüTroM  Archiv,  lat.  Lex.  XIH,  161  und  §  71).  Von 
pu^ä  ist  das  Wort  pu^oiü  „Grünschnabel"  abgeleitet  —  Man 
wäre  geneigt  das  Wort  povatä  „Rat"  als  Postverbale  von 
*povä^  =  po  +  vä^ä  <;  VITIABE  (vgl.  po-negresc)  auf- 
zufassen. Der  Ursprung  des  Wortes  ist  jedoch  im  Slavischen 
zu  suchen  und  setzt  ein  nicht  belegtes  slav.  '''povedica  <C 
poveda  „führe"  voraus.  —  Cihac  I,  277  leitet  neben  a^;lt 
„schüre  an"  auch  Inte^esc  „dränge"  von  *TITIARE  ab. 
Wenn  man  auch  vom  Sinne  beider  Wörter  ganz  absieht,  kann 
diese  Etymologie  nicht  aufrecht  erhalten  werden,  weil  man, 
um  den  Konjugationswechsel  erklären  zu  können,  von  einem 
*TITIUM  (ital.  tizzo)  ausgehen  müßte,  welches  aber  nur  zu 
*^;1^  hätte  werden  können  (daher  *ln^il^).  Man  ist  versucht 
an  lat.  INCITUS  „in  rasche  Bewegung  gesetzt"  zu  denken, 
woraus  '''tntsetsesk  „in  rasche  Bewegung  setzen,  drängen" 
(„calul  cu  picioarele  diu  pinteni  intetindu-1,  asupra  lui  sä 
repezi"  =  indem  [der  Soldat]  das  Pferd  mit  den  Spornen  in 
rasche  Bewegung  setzte,  warf  er  sich  auf  ihn"),  jedoch  finde 
ich  weder  Spuren  von  INCITUS  im  Romanischen,  noch  Fälle 
von  der  Dissimilation  von  tS-ts  in  t-ts  im  Rumänischen.  — 
Arum.  pärats  „Gaumen"  (davon  päratser)  zeigt  dieselbe 
Volksetymologie,  wie  das  franz.  palais  <  PALATIUM  far 
PALATUM.  Im  Drum,  ist  die  Volksetymologie  um  einen 
Schritt  weiter  gegangen  und  das  Zäpfchen  im  Halse  heißt,  — 
neben  pärätus<;  PALATUM  -|-  Diminutivsuffix  -us  (eigen tl. 
„der  kleine  Gaumen",  auch  limburus  „die  kleine  Zunge"),  — 
impärätus,  gleichsam  „der  kleine  Kaiser"  (=  impärat)  im 
PALATIUM.  (Ähnlich  ist  es,  wenn  der  „Gaumen"  die 
„Himmelsdecke  des  Mundes"  genannt  wird:  drum,  cerul 
gurii,  arum.  tserul  din  gurä,  ital.  il  cielo  della  bocca, 
a.-berg.  el  cel  dela  bocha  glossiert  durch  „palatum",  prov. 
lou  ciel  de  la  bouco,  span.  el  cielo  della  boca,  prtg.  o 
ceo  da  boca,  alb.  Kei  „Himmel",  Kelezg  „Gaumen"  (eigtl. 
„der  kleine  Himmel"),  russ.  h66o  (Plur.  ueöeca)  „Himmel", 
HäÖo  (Plur.  Hßßa)  „Gaumen",  bulg.  neöo  „Himmel",  He6^e 
„Gaumen",  vgl.  ngriech.  ovQavlcxoq.  In  norditalienischen 
Mundarten  findet  man  entsprechend  für  das  Zäpchen  eine 
Volksetymologie  nach  LUNA,  als  ob  es  der  Mond  am  Himmel 


—     43     —  §20. 

(des  Mundes)  wäre  (vgl.  Lork  Altbergamaskische  Sprachdenk- 
mäler im  Glossar).  Wie  schon  diese  Volkseiymologie  zeigt, 
kann  das  drum.  Impärat  (ygL  impäratul  oilor  =  „Esel")  mgl. 
ampirat  (ygL  ampiratu  borilor  „heftiger  Wind")  nicht  ein 
Latinismus  sein,  wie  Meyer-Lübke  (Rom.  Ghram.  II  §  4)  annimmt 
Wohl  hat  es  buchwortliche  Form  auf  dem  westromanischen 
Gebiet,  wo  mit  der  Zerstörung  des  römischen  Reiches  auch 
der  Begriff  „Kaiser"  verschwand,  um  erst  einige  Hunderte 
Yon  Jahren  spater  wieder  von  Gelehrten  eingeführt  zu  werden 
(Tgl.  G.  Paris  im  Journal  des  Savants  1900),  aber  im  Ostro- 
manischen (ygL  auch  alb.  mbret  „Sultan"),  sind  die  Kaiser 
nicht  durch  die  Könige  verdrängt  worden.  In  den  rum.  Volks- 
märchen spielt  der  Impärat  eine  so  bedeutende  Rolle,  daß 
man  an  die  Echtheit  des  Wortes  nicht  zweifeln  kann.  Daß 
sich  die  Form  des  Nominativs  erhalten  hat,  erklärt  sich  viel- 
mehr daraus,  daß  dieses  Wort  tatsächlich  bedeutend  öfter  im 
Nominativ,  als  in  irgend  einem  anderen  Kasus  vorkommt  (vgL 
„Der  Kaiser!"  „Der  Kaiser  hat  es  befohlen!"  „Der  Kaiser 
kommt!"  etc.  gegenüber  dem  amtlichen  „Im  Namen  des 
Kaisers"  etc.)— Cihac  1, 2^7  will  stru^  „Strauß"  von  STRUTHIO 
ableiten.  Obwohl  ein  *STRUTfflüS  auch  durch  ital.  struzzo 
gesichert  ist,  glaube  ich  doch  nicht  das  der  Name  des  exo- 
tischen Vogels  volkstümlich  sei.  Ich  habe  auch  nur  stru( 
gehört,  welches  dem  Serbischen  (ätruc)  entlehnt  ist.  In  der 
Bedeutung  „Blumenstrauß"  ist  struf  deutschen  Ursprungs.  — 
Endlich  sei  noch  ^i^,  ar.  tsitsä,  mgL  tsötsä,  irum.  tsitse 
(alb.  (t)si(t)se,  serb.  bulg.  tsitsa)  „Zitze"  <  TITIA  (Archiv, 
lat.  Lex.  XIll,  165)  erwähnt 

§  20.  Nach  Konsonanten  erscheint  nachtoniges  Ti  in 
allen  Dialekten  als  ts:  MATTIA  ]>  ma^e,  arum.  matse,  mgL 
matsä,  irum.  mötsö  „Gedärme",  SUBGLÜTTIO  und  SUB- 
6LÜTTIUM  >  sughi^,    arum.    mgL    suglits    „schluchze, 

Schluchzen"; ENTIA  >  -in^  (s.  Anm.),  *SEMENTLÄ. 

>>  sämin^,  arum.  sämlntsä,  irum.  sämints^  „Samen", 
*SERPENTL4l  >  serpln^ä  „Kreuzblume"  (auch  serparit^ä, 
soplrli^  genannt,  franz.  vermiculaire;  den  Anlaut  verdankt  es 
dem  Wort  sarpe);  —  [ANNUS]TERTIUS  >  an^är^  arum. 
antsärtsu  „im  dritten  Jahre",  mgL  tsörts  „der  dritte", 
*CÜRTIO  >  cru^;  „spare  (eigtL  kürze  die  Ausgaben),  schone" 


§20.  _    44    — 

(ist  nicht  dem  Albanesischeii  kortsen  entlehnt,  wie  Dens. 
Hiflt  352  annimmt),  MARTITTS  >>  arauL  martsu,  drom. 
m&r^-isor  „März"  (letzteres  beruht  nicht  auf  dem  Bachworte 
Marie,  da  -isor  die  voransgehenden  Dentale  nicht  affiziert: 
lncet-i|or,  bllnd-isor,  cüd-ijor  etc.),  SCORTEA  >  scoar^, 
iram.  skorts^  „Rinde^;  —  *lNALTIO>>lnal(,  arum.  analts, 
mgLnalts„hebe^BALTEÜS>bal^,  arunLbalts  „Schlinge^ 
—  *ACGAPTIO>>aca^,  amm.  akats,  mgl.  kats,  iram.  aköts 
(s.  Anm.). 

Anm,  Nach  dem  Muster  von  CONVBNIBNTIA  > 
caviintä,  SCIENTIA  >  stiin^,  SUFPERENTIA>  safe- 
rin^ä,  *CREDENTIA  >  credin^  bildet  man  im  Roma- 
nischen  zahlreiche  Verbalabstrakta  aof  -in^  von  Verben  aaf 
-ERE  and  -IRE:  adeverin^,  alcfitu-,  cä-,  dor-,  cano|t-, 
fftgäda-,  feric-,  gotov-,  Ingäda-,  Ifica-,  leca-,  obicina-, 
polza-,  so  cot-,  asten-,  vrScIu-  etc.  Durch  Analogie,  — 
ajatorin^  kann  falschUch  aaf  ajator  bezogen  werden,  — 
entstanden  denominale  Ableitungen,  wie:  a^arin^;  selbst 
cltin^  (c.  cerolui  „die  Weite  des  Himmels*')  kommt  vor. 
Fiin^  «Wesen''  kann  nicht  auf  ram.  Boden  entstanden  sein, 
sondern  setzt  ein  schon  lai  "^TIENT-IA  Yoraus.  Dagegen  ist 
Instiin^  ein  Postyerbale  za  instiin^ez  and  beruht  nicht, 
wie  Byhan  meint  (Jb.  III,  45—47),*  auf  einem  *INSCIENTIA. 
Poraminfä  (Dosofteiü:  Via^a  sfin^  86b/17)  „kleiner  Mantel, 
den  man  auf  den  Schultern  trägt**  geht  aaf  ein  nicht  belegtes 
slav.  '^'poramen ica  (=po  +  ramena  „Schulter**  +  tca)  zarücL 
Wörter  wie  tiparin^  (=  tiparni^?),  aposcorachin^  etc.. 
die  bei  Dosofteiü  u.  a.  gelegentlich  za  finden  sind,  sind  spon- 
tane Bildangen  der  alti^n  Übersetzer,  die  nie  in  die  Sprache 
gedrungen  sind.  Sedin^,  tendin^,  sentin^  etc.  sind 
rumanisierte  Neologismen*  -ANTIA  hat  sich  nicht  eriialten, 
und  wo  man  es  thffi  handelt  es  sich  am  Latinismen:  alian^, 
sigaran^,  speran^  etc.  Nur  in  einem  Falle,  in  catez- 
an^  „Waghalsigkeit**,  tritt  dieses  Saffix  an  ein  volkstom- 
liches  Wort  an. 

Meyer-Lübke  (Rom. Gram.  11  §  364)  fahrt  ein  ci^&  „Hündin"* 
an,  das  mir  anbekannt  ist  and  möglicherweise  auf  *GATTIA 
beroht  —  In  Monografia  s&tulat  Mftidan  Yon  Liuba-Iana  lesen 
wir:   „Mieii  dela  odimire  ptnft  n  primSvara  Tiitoare  sfi  zic 


—    45    —  §21. 

noatiol,  iar  de  atunoi  plnft  fatä  femenintil  sft  zioe  mioarft,  iar 
bärbatnl  tlrf  iü  (tertios  lat)  piu&  clnd  sft  lasä  a  sft  Impreona 
cu  oile."  Ich  yermute,  daß  die  Form  tlr^ia  Tom  Verfasser 
gefflscht  ist,  um  sie  dem  lat  TEBTIUS  (gesprochen  TERT- 
SIÜS)  ähnlicher  zu  gestalten;  eine  Dissimilation  aus  \iT\yx  ist 
kaum  anzunehmen,  da  sie  weder  im  mgl.  tsörts,  noch  im 
drum.  arum.  an^r^  Torliegt  —  Über  die  Etymologie  aca^ 
<*ADGAPnO  kann  kein  Zvreifel  bestehen.  Die  Grund- 
bedeutung deckt  sich  mit  derjenigen  von  prind  <<  PREHENDO 
und  sie  liegt  vor  im  mgL  cats  „prind,  aprind**.  Aus  dieser 
entwickelte  sich  entweder  diejenige  von  Jagen **,  wie  in  allen 
rom.  Sprachen  (ii  cacciare,  franz.  chasser  etc.,  arum.  k&tu§a 
akatsä  goaretsi,  drum,  pisica  prinde  ^oareci,  irum.  noi  akäts&m 
pe&fciu  cu  unditsa  »s  drum,  not  prindem  pe^tele  cu  undi^ 
Bartoli  a.  a.  0.  37),  oder  diejenige  von  „prind  de  ceva,  atlm*', 
wie  im  drum,  acaf  (tratsta  de  cuiü).  Dagegen  ist  das  mgl. 
katä  „dass.**  bulgarischen  ürnprungs  (ka£ja,  zaka^ü  „ergreife). 
—  Conciü  (auch  coanciü,  conchiü  in  Brasov)  „Kopfbund''  ist 
nicht  von  '*'COMPTIARE  (ital.  concio),  sondern  vom  ung. 
konty  oder  serh.  konda  abzuleiten.  —  Ob  das  irum.  nuntsö 
das  lat  mjPTL£  darstellt  und  das  drum.  mgl.  nuntä  arum. 
num[p]tfi  „Hochzeit''  ein  dazu  neugebildeter  Singular  ist, 
oder  ob  die  letzten  Formen  ursprünglich  sind  und  aus  NÜPTA 
stammen,  —  dann  wäre  das  irum.  nuntsö  ein  Plural,  —  laßt 
sich  nicht  entscheiden.  Für  die  erste  Annahme  spricht  der 
Sinn,  für  die  zweite  die  Form.  Aus  dem  log.  nuntas  „Hoch- 
zeit", das  auch  ein  n  zeigt,  ersieht  man  nichts,  da  es  auf  beiden 
beruhen  kann.  Dagegen  ist  es  auffallend,  daß  das  Albanesisohe 
nuse  „Neuvermählte"  formell  auf  NUPTIAS  zurückgeht,  be- 
grifflich aber  auf  NÜPTA  weist  (vgl.  G.  Meyer:  Alb.  Wtb.312). 

b)Ki. 

§  21.  Nach  dem  Tone  wird  intervokalisches  Ki  wie  Ti 
behandelt,  d.  h.  es  erscheint  in  allen  Dialekten  als  ts:  ACIA 
>  a^ä,  arum.  mgl.  atsä,  irum.  ötsfe  „Zwirn",  BRACHIÜM 
>bra^,  arum.  mgl.  b,rats,  irum.  bröts  „Arm*,  *C-3EC1A> 
cea^ä  „Nebel"  (s.  Anm.),  *FACIA  (=  FACIES)  >fa^,  arum. 
mgL  fatsä,  irum.  fötsö  „Gesicht"  —  *FACIO  «FACIES) 
]> räs-fäf  „verhätscheln (eigtl.  „Gesichter schneiden, Ghrimassen 


§21.  -     46    - 

machen"),  GLACIA  >  ghea^,  irum.  glöts^  „Eis",  *GLA. 
CIUM  >  arunL  mgl.  gletsCu)  „Eis",  lUDIClUM  >  jude^, 
arom.  dzudetsu,  mgl.  zndets  „Urteil,  Gerichtsort,  Richter", 
♦lUNICEA  «  lUNlX)  >  irum.  zurits^  „junge  Kuh"  (vgl. 
sicil.  dzinitssa,  a.-8en.  dzenidze,  franz.  genisse  <C  ^lENICEA 
=  nUNICEA.  Meyer-Lübke  Einf&hrung  §  110),  *IN-GLACIO 
>'inghet,  arum.  nglets,  mgL  anglets,  irum.  Snglöts  „er- 
friere", ♦iiACEUS  (=  LAQÜEUS)  >  lat^,  arum.  lats,  mgl. 
lats  „Schlinge",  LICIA>it;e,  arum.  litsä,  *AD.MINACIO 
>>ameninf,  amerinf,amelin{i (vgl  camp,  luneletssai)  „drohe" 
(der  Einschub  des  N  muß  sehr  alt  sein,  denn  nur  so  läßt  sich 
das  aus  in,  nach  Analogie  der  zweiten  Person,  entstandene 
in  deuten),  MUSTACIA  >-  musta^,  arum.  mustats& 
„Schnurrbart"  (arum.  mustake  stammt  aus  dem  Griechischen), 
*NUTRlCIUM  (für  NüTRIClUM)>nutr  e*  „Futter",  SOCIUS, 
SOCIA  >•  so^,  soa^,  arum.  mgL  sots,  soatsä  „Gefahrte, 
Gefährtin". 

Anm.  Cea^  „Nebel"  wurde  von  Gihac  II,  48  von  einem 
nicht  belegten  slaT.  '^'cadica,  DinL  von  öadü  „Rauch"  ab- 
geleitet. Wie  ich  in  Convorbiri  literare  1903,  S.  598—599 
gezeigt  habe,  ist  diese  Etymologie  zu  yerwerfen  und  das  rum. 
Wort  von  einem  lat  *C-äJCIA  „Dunkelheit",  Abstraktum  auf 
-lA  vonC^CDS,  abzuleiten.  Der  Sinnesübergang  von  „dunkel" 
zu  „Nebel"  findet  sich  bei  C-äJCÜS  und  dessen  Ableitungen 
auf  einem  weiten  Gebiet  in  Norditalien  und  Rhätien  (Lork: 
Altbergamaskische  Sprachdenkmäler  S.  179,  Salvioni:  Postille 
I,  n,  Zeitschrift  rom.  Phil.  XXII,  467,  Archivio  glott  ital.  VII, 
538  Anm.  2):  com.  äigh  „torbido,  fosco",  valtell.  §iga  „nebbia", 
mil.  Sighera  „nebbia",  piem.  tsea  „nebbia",  sopraselv. 
tschiera  „nebbia,  alone  della  luna"  (vgl.  rum.  „luna  are 
cea^iä")  etc.  —  Arum.  Kitsä  „ein  Vogel"  könnte  *PICEA  sein. 
—  JBoatä  „schlechter  Streich"  wird  kaum  von  dem  etymolo- 
gisch dunklen  boäcän  („a  fäcut  una  boacänä)  und  vom  ital. 
bozza  „Lüge,  Flause"  zu  trennen  sein.  —  Arum.  (Olymp.) 
glotsä  (<gIotsä)  „Gluckhenne"  scheint,  trotz  der  rom.  Formen 
(ital.  chioccia  etc.)  nicht  aus  einem  urrom.  *GLOCIA  zu  staumien, 
sondern,  wie  das  ungebrochene  o  zeigt,  erst  aus  glutsire  <C 
GLOCIRE  rückgebildet  zu  sein  (Weigand:  Olympo-Walachen 


—     47     -  §§22,23,24. 

S.  33).  —  Mämäru^  „Marienkäfer^  (ital.  mammuccia,  mam- 
molino)  könnte,  wenn  man  es  mit  log.  mammarugula  Ter- 
gleicht,  aus  MAMMA  +  *ERUCULA  >  *ERUCIA  (§  71)  ent- 
standen sein.  —  Ra^S  „Ente^,  iram.  röts6  ist,  trotz  Salvioni 
(Zeitschrift  rom.  Phil.  XXII,  475)  slavischen  Ursprungs,  des- 
gleichen wie  friuL  ratsse,  trev.  ratsa.  Der  lexikalische  Ein- 
floß des  Slavischen  auf  das  Rhätische  und  Norditalienische 
ist  größer,  als  man  gewöhnlich  annimmt 

§  22.  Nach  Konsonanten  wird  nachtoniges  Ki  wie  Ti, 
in  allen  Dialekten  zu  ts:  ♦CARBUNCIA  «  CARBUNCÜLÜS 
§  71)  >  sgräbunt»  „kleines  Geschwür",  DISCÜLCIUS  > 
desculti,  irum.  reskuts  „baarfuß",  *GRANÜNCIUS  (§  71) 
>  gräunti  „Korn",  ♦IN-CALCEO>incal^,  arum.  ankaltsu, 
irum.  nköt s  „ziehe  (die  Schuhe)  an",  *TORCIA  «  *TORCÜLA 
§  70)  >  toar^  „Fackel". 

§  23.  Daneben  erscheint  Ki  in  allen  Dialekten  in  einigen 
Beispielen  als  tS,  so  vor  allem  in  den  Suffixen:  -aciü,  -eciü, 
-iciü,  -ociü  neben  -a^,  -e^i,  -it,  -o^,  -u^,  femer  in  ariciü 
<  ERICIÜS.  Die  Erklärung  dieser  und  ahnlicher  Fälle  kann 
erst  in  den  §§  70—82  gegeben  werden.  Hier  mag  nur  hervor- 
gehoben werden,  daß  luciü  „Glanz"  nicht  auf  *LUCnJS 
(Cihac  I,  148)  zurückgeht,  sondern  es  ist  ein  rumänisches  Post- 
verbale von  lucesc  „glänze"  <[  LÜGESCO.  Dagegen  stammt 
lance  „Lanze**  nicht  aus  lat.  LANCEA,  sondern  aus  slav. 
lanca  oder  aus  ung.  lancsa.  Ein  von  Miklosich  (Lautlehre 
II,  55)  zitiertes  lan^e  existiert  nicht. 

c)  Di. 

§  24.  Intervokalisches  Di  nach  dem  Tone  wird  in  allen 
Dialekten  zu  dz  oder  daraus  entstandenem  z:  ''^ASSEDIO  "^ 
asez  „setze",  '''HADIE  >•  azi,  arum.  a(d)z(ä),  mgl.  azä,  as 
„heute"  (s.  Anm.),  MEDIUS,  MEDIA >miez  „Kern,  Inneres", 
miazä-zi  „Mit-tag",  miazä-noapte"  Mittemacht",  arum. 
nedzu,  nadzä,  mgL  nes,  mnazä,  irum.  mliez  (mez  Bartoli 
a.  a.  0.  S.  60  ist  durch  mezloc  §  25  Anm.  beeinflußt),  *MERI- 
DIÜM  >•  arum.  amiridzü  (mgl.  mirindz)  „locul  de  odihnit 


§2*.  —    48    — 

paiira  TÜe  pe  la  miazäzi^,  MEBIDIO  }>  araxo.  (a)mirid£n 
(xBgL  mirindza)  „a  sft  odihni  oile  pe  la  mtazftsi^,  *CLAD£A 
>  ptaz«,  ples  (s.  Anm.),  *PILffiMEDIO  >  a-drum.  pre- 
mfedz''  in  zwei  Teile  teilen'',  SPODIÜM  >*spuzä  mgL  spnzS 
„glühende  Asche"  (a.  Anm.). 

Anm.  In  azt  haben  mr  den  seltenen  Fall  von  IM  Tor 
e.  Die  Betonung  des  Wortes  zeigt,  daß  wir  nicht  Ton  AD 
DIEM  ausgeben  k5nnen,  sondern  von  '^'HADIE.  Diese  Form 
ist  auf  niminischen  Boden  ans  HODIE  entstanden  zu  einer 
Zeit,  wo  zwischen  lai  9  and  9  kein  Unterschied  mehr  yor- 
banden  war,  so  daß  h9die  als  h9(c)die  geffthlt  werden  konnte. 
Da  aber  DIES  weiblich  war  (rum.  o  zi)  hat  man  BO(C)DIE 
in  *HA(C)DIE  umgewandelt  —  Einer  mündlichen  Mitteilung 
Herrn  Candreas  verdanke  ich  folgende  einleuchtende  Etymo- 
logie: Die  Wörter  piez  „Unheil^  und  pYazft  „Vorzeichen*' 
(„Inttlnirea  cu  popa  este  privitä  ca  ptazä  rea;  femeile  aruncfi 
ace  cu  gämälie  pe  Jos,  ca  sä  scape  de  piez.*'  ap.  Dame)  sind 
falsche  literarische  Umbildungen  nach  dem  Muster  cheaträ 
sapeatra,  der  korrekten  Formen  cheazä,  chez,  welche  auf 
♦CLADEA,  *CLADEUM  <  CLADES  „Unheil,  Unglück"  zu- 
rückgehen. —  Spuzä  kann,  wie  das  anlautende  s  zeigt,  nicht 
auf  alb.  §puz^  zurückgehen  (G.  Meyer:  Alb.  Wörtb.  415, 
Dens.:  HisiSöS),  sondern  beruht  wie  dieses  auf  lat.  SPODIUM; 
dessen  o  nasaliert  gewesen  zu  sein  scheint  Das  arum.  hat 
spurä,  welches  auch  nur  einen  lai  Übergang  von  d  ^^^  r 
voraussetzen  kann;  im  Megleu  findet  sich  auch  spruzä  ^= 
spuzä  +  spurä.  Aus  dem  Rum.  stammt  bulg  klruss.  spuzä. — 
Unklar  ist  buzä,  arum.  budzä,  mgL  buzä  „Lippe",  welches 
von  G.  Meyer  (Alb.  Wörtb.  57)  auf  das  ebenfalls  unerklärte 
alb.  buz^  zurückgeführt  wird.  Das  Wort  ist  indessen  auf 
einem  so  großen  romanischen  Gebiet  verbreitet  (vgl.  Lork: 
Altbergamaskische  Sprachdenkmäler  S.  167,  Archivio  glott. 
ital.  II,  327,  VII,  517,  Mussafia  Beitrag  S.  35  Anm.)  daß  man 
eine  i-Ableitung  von  einem  schon  im  Urromanischen  vor- 
handenen Stanmie  BUD-  annehmen  kann.  Dieses  dürfte  auch 
im  franz.  bouder  „prendre  un  air  rechigne  en  faisant  la 
moue  (vgl.  §  51  e)"  stecken;  auch  boursoufler  (norm,  boud- 
s  0  u  fl  e  r)  entspricht  genau  dem  rum.  b  u  z  u  m  f  1  u  (neben  busumfiu, 
vgl  russ.  nabuvati  guby).    Im  Slavischen  kann  das  Wort  aus 


-     49     —  §25. 

dem  Bumanischen  entnommen*  sein  (poln.  buza,  serb.  budsn- 
last,  bndzule,  balg.  bu2&  „Backe'',  zu  welcher  Bedentang  da» 
ram»  bnzerant  „Päderast^  paOt,  wohl  aas  alb.  bü^ar  „dass." 
+  baz&).  GtanzÜch  dunkel  ist  ivnm.  bnsen  „Kuß**  (vgl  spon;- 
haeer  el  bnz  „den  Handkaß  geben,  seine  Ergebenheit  be- 
teuern", prfcg.  beiijo  „Lippe**). 

§  25.  Nachtoniges  Di  nach  Konsonanten  ergibt  in  allen 
Dialekten  dz,  bezw.  z:  FRONDEA  >  frunzä,  arum.  frindzä, 
mgl.  frunzÄ,  irum.  frunze  „Blatt",  *MAND1ÜS  >  mlnz, 
arum.  mändzu,  mgl.  möndz  „Fohlen"  (s.  Ä.),  *PANDIA  > 
pinz&,  arum.  pän(d)zä,  inim.  p&nz6  (s.  Anm.)  „Leinen", 
♦PENDIÜS,  *PENDIO  >  spinz,  splnzur,  arum.  spindzn, 
spindzuru,  mgL  spinznr,  irum.  späuzur  (s.  Anm.),  PRAN- 
Dl[JM>prInz,  arum.  prindzu  „Mittag";  —  HORDEÜM 
>  orz,  arum.  ordzu,  mgl.  (u)ors,  irum.  orz  „Gerste", 
*TÜRDEUS  «  TÜRDÜS)  >  stürz,  arum,  sturdzu  „Kram- 
metsvogel", *VIRDIA  >  varzä,  arum.  verdzu,  mgL  verdzä, 
irum.  verdzu  „Kraut". 

Anm.  Die  Herleitung  Diezens  mlnz  <  MANSUS  ist  zu 
verwerfen.  Andere  dachten  an  einen  illyrischen  Stamm. 
Festus  bezeugt  nämlich,  daß  die  messapischeu  Sallentiner  den 
Jupiter,  dem  sie  ein  Pferd  opferten,  MENZANA  nannten. 
Mit  diesem  Worte  hat  Tomaschek  (Bezzenbergers  Beiträge  IX, 
100—101)  und  nach  ihm  G.  Meyer  (Alb.  Wörtb.  276)  das  alb. 
mgs  verglichen  und  von  einem  Typus  mandia  ausgehend, 
das  Wort  mit  mend-  „saugen"  im  Zusammenhang  gebracht. 
Illyrische  Herkunft  nimmt  auch  Meyer-Lübke  (Literaturblatt 
VI,  156)  und  0.  Densusianu  (Hist.  lanf?ue  roum.  29)  an,  der 
übrigens  den  Fehler  begeht,  von  der  Form  MENZANA  ver- 
leitet, mlnz  aus  einem  mendi-  zu  erklären,  wogegen  die  arum. 
und  mgl.  Form  sprechen,  die  mandi-  voraussetzen.  Ich 
glaube,  daß  man  auf  das  dunkle  MENZANA,  das  mit  unserem 
Wort  wahrscheinlich  nichts  gemein  hat,  gar  nichts  bauen  darf. 
Die  Wortgeographie  spricht  aber  direkt  gegen  eine  illyrische 
Abstammung,  denn  außer  in  Rumänien  und  Albanien  (tosk. 
m§s,  geg.  mas  „männliches  Füllen  von  Pferd  und  Esel",  fem. 
tosk.  m§z§,  geg.  maz§,  mezat,  mzat,  muzat  „junger 
Stier",  m(§)zore   „junge  Kuh".     „Tosk.  e  weist  auf  einen 

Weißand,  11.  Jahresbericht.  4 


§25.  _    50     — 

untergegangenen  Nasal,  geg.  mag  erweist  die  Qualität  des 
lusprünglichen  Vokals  als  a,  also  ergibt  sich  *manza  als 
älteste  sdbanesische  Form.^  6.  Meyer  Alb.  Wörtb.  276)  kommt 
das  Wort  auch  auf  einem  weiten  westromanischen  Gebiet  vor: 
log.  mandzu  „giovenco",  ital.  manzo  „giovine  torello  ancora 
mansueto  o  reso  tale  colla  eviratione",  sie.  manzu  „zahm**, 
komask.  manza  »junge  Kuh*',  corsic.  mandzonu  „sopranome 
di  bue",  a.-berg.  mandz  „juvencus",  mandza  „juvenca",  trient 
manzo  „junger  Ochs",  grodn.  mants  „Stier",  manza  „weib- 
liches KsJb",  bair.  manz,  menz  „sterilis  vacca",  rheinländ. 
minzekalb  „juvenca".  Alle  diese  Formen  können  nur  auf 
einen  lateinischen  Grundtjpus  ''^MANDllJS,  mit  der  Grund- 
bedeutung „Junge  eines  kauenden  Haustieres'',  zurückgehen. 
Die  Herleitung  aus  MANDERE  „kauen"  liegt  auf  der  Hand 
(über  die  Formation  vgl.  §  71  Anm.)  und  wird  durch  folgende 
Erwägung  bekräftigt.  Dem  lat.  MANDÜCO  „kaue"  entspricht 
im  rum.  minc  „esse".  Aus  mlnc  hat  sich  im  Arumunischen 
ein  sekundäres  mingu  „esse"  entwickelt.  Nun  heißt  das 
Fohlen  im  Aromunischen  nicht  nur  mandzu,  sondern  auch 
mingu,  welches  offenbar  zu  mingu  „esse"  gehört  und  das 
Junge  vom  Pferd  bedeutet,  welches  nicht  mehr  saugt,  sondern 
zu  fressen  beginnt  (Hat  neap.  mazzone  „terreno  erbose 
doye  si  lasciano  pascolare  i  puledri"  ein  stimmhaftes  dzz, 
was  aus  D'Ambras  Transkription  nicht  erkennbar  ist,  so  steht 
es  für  '^'mandzone,  und  ist  ein  neuer  Beweis  för  die  Richtig- 
keit unserer  Etymologie).  —  Ebenso  wie  minz  nicht  von 
MANSÜS  kommen  kann,  läßt  sich  auch  pinzä  „Leinen"  un- 
möglich auf  lat.  PANSA  „Ausgebreitetes"  (Cihac  I,  192)  zu- 
rückführen (denn  dies  hätte  ''^pasa  ergeben).  Dagegen  ent- 
spricht das  Wort  genau  einem  im  §  71  Anm.  erklärten  lat. 
*PANDIA  vom  selben  Stamme  (P ANDERE).  Auch  ein  davon 
abgeleitetes  Verb  *PANDIO,  -ARE  wird  durch  pänzaturä 
<  *PANDIATURA  „Tischtuch",  eigtl.  „Ausgebreitetes"  ge- 
fordert, da  dieses  Wort  kaum  direkt  von  plnzä,  wie  die 
Eollektiva:  ital.  ossatura,  lat.  foliatura  gebildet  isi  —  Für 
die  Pflanze  splnz  „Nießwurz"  sucht  Cihac  11,  357  und  Byhan 
Jb.  y,  333  vergebens  eine  slavische  Etymologie.  Bekanntlich 
wächst  diese  Blume  auf  steinigen  Orten,  meist  auf  morschen 
Mauern  und  zwar  so,  daß  sie  nach  Art  der  Schlingpflanzen 
herunterhängt.    Spinz  hieß  ursprünglich  „herabhängend" 


—    51    —  8  26. 

und  deckt  sich  genau  mit  dem  in  §  71  Anm.  beschriebenen  lat 
♦PENDIUS.  Auch  splnzur  „hänge"  geht  auf  *EX-PENDIO 
-h  Suff,  -ur  zurück.  —  Rlnzä  „Lab''  arum.  arändzä,  irum. 
ranz5  ist  das  alb.  r§nd§s  „Lab**.  (Aus  dem  Rumänischen 
stammt  klruss.  rjndza^  poln.  ryndza).  Von  diesem  Worte  ist 
ein  anderes  rlnzä  (auch  rlnsä)  zu  trennen,  welches  „Kätzchen 
von  Nußbäumen  bedeutet"  und  aus  kslay.  r^sa  stammt  (vgl. 
Byhan  Jb.  V,  329).  —  Ob  in  barzä  „Storch"  das  lat  ARDEA 
steckt,  mit  Einmischung  von  alb.  bari^*  „weiß"  (vgl  Dens. 
Hist.  langue  roum.  28 — 29)  ist  zweifelhaft  (vgl.  auch  n.-griech. 
fijtaQt^ia  „Bock,  schwarz  mit  rotem  Kinn",  klruss.  barza 
„Schaf  mit  weißer  Brust").  Auch  sonst  erscheint  im  Roma- 
nischen ARDEA  mit  einem  befremdenden  Anlaut  (vgl.  ital. 
log.  camp,  garza  etc.). 

d)  Gi. 

§  26.  Für  intervokalisches  Oi  fehlen  die  Beispiele  gänz- 
lich. Man  zitiert  oft  CORRIGIA  ]>  curea,  arum.  kurao,  mgl. 
kurauä  „Riemen"  und  man  nimmt  an,  daß  Gi  zu  i  geworden 
und  mit  dem  vorhergehenden  i  kontrahiert  worden  sei.  Selbst 
wenn  Gi,  gegen  alle  Erwartung,  nicht  dz,  sondern  i  ergeben 
hätte,  könnten  wir  doch  nur  ^cureaie  haben  und  nicht  curea. 
Schon  Miklosich  hat  die  richtige  Etymologie  lat  *GORELLA, 
Diminutiv  von  CORlüM  „Leder"  (oder  vielmehr  vom  Neutr. 
Plur.  CORIA)  vorgeschlagen  und  auch  Weigand  und  Densu- 
sianu  halten  an  dieser  Etymologie  fest  Ein  zweites  Beispiel, 
das  merkwürdigerweise  noch  immer  angeführt  wird,  ist  c u  cu  v  e  a 
„Eule",  welches  man  mit  ital.  coccoveggia  vergleicht  Schon 
die  Erhaltung  des  intervokalischen  v  im  Rumänischen  spricht 
gegen  eine  lateinische  Etymologie.  In  beiden  Sprachen  ist 
das  Wort  griechischer  Herkunft  (vgl  G.  Meyer:  Alb.  Wörtb. 
211 — 212).  Für  nachkonsonantisches  Gi  läßt  sich  drum,  osinzä, 
arum.  usändzä  „Fett"  <[  AXÜNGIA  anführen,  dessen  Anlaut 
an  griech.  o^vyyiov  erinnert  (p^vyyiov:  arbinaunguen  unguina 
haec  axyngia  G.  Gl.  II,  384,  47).  Ein  anderes  Wort  ist  bulz 
„Klumpen,  Ball",  davon  Imbulzesc  „dränge"  (eigtl.  „zu  einem 
EJumpen  zusammendrücken"),  welches  mit  bulgur,  bulgär 

4* 


§27.  _    52    — 

„dads/  zu  vergleichen  ist  (Dieses  wurde  von  Cihac  U,  551 
axkä  dem  türk.  biirgur  „Grütze,  Gri^mehl"!'  abgeleitet).  Sie 
decken  sich  niit  zwei  lati  Tyt)en  ♦BULGIUS  und*BÜLQÜLUS 
(vgl-  §  71  Anm.),  welche  mögltcherWeise  mit  franz.  bouge 
„partie  bombee  d'an  objet'',  (itaL  bolgia  „Tasche'^)  auf  das 
Ton  Festus  bezeugte  BUIjOA  „Sack"  (keltischer  Abstammung 
YgL  irländ.  bolg  „Sack")  zurückzufahren  sind. 

B.  Vortonig. 

a)  Vor  o,  u. 

§  27.  Wir  werden  der  Einfachheit  halber  Ti,  Ki,  Di,  — 
far  Gl  fehlen  die  Beispiele  (vgL  indessen  §  29),  —  vor  be- 
tontem o,  u  zusammen  behandeln,  denn  die  zwei  ersten  ergeben 
tS,  das  letzte  dz,  bezw.  z  in  alliBU  Stellungen  und  in  sämt- 
lichen Dialekten:  *FOETIOLÜS  «FOETüS)>ficior,  arum. 
mgl.  fitSor,  irum.  fitsor  „Bursche,  Knabe",  TITIONEM  > 
täclune,  arum.  tfitSune  mgl.  tätSuni  „glühende  Kohle", 
*MATTEÜCA>mäciucä  „Knüttel"  (8.Anm.),*MATTE0CUS 
>  mgl.  mätSoku  „Knüttel,  Keule"  (s.  Anm.)  ♦CA[TJTEÜLLA 
>>  cäciulä,  arum.  kätdulä,  mgl.  kätgu(l)ä  „Pelzmütze*" 
(s.  Anm.),  MENTIONARE>  arum.  mintäuna,  mgl.  mintäunä 
„lügen",  MENTIONEM> drum,  minciunä,  arum.mint§une, 
-nä,  mgl.  mintäuni,  -nä  „Lüge''  (vgl.  Zeitschrift  rom.  Phil. 
XXVn,  743),  INTELLECTIONEM  >  in^elepciune  „Weis- 
heit"; —  PETIOLUS  oder:  *PECI0LÜS  (Romania  XXÜ,  147) 
^picior,  arum.  täitaor,  mgl.  pitsor,  irum.  pitsor  „Fuß", 
*MÜSTACIOLA>must&cioarä  „Schnurrbärtchen",  *QRA- 
NÜNCIOLÜS  «*6RANüNClUS§7i)>gräuncior  „Köm- 
lein",URCEOLÜS>urcior„Krug",*ULCEOLÜS«ULCÜS) 
>ulclor  „Gerstenkorn";  —  ADIÜTO^ajut,  arum.  adzutu, 
mgl.  zut,  irum.  azut  „helfe",  ADIUTORIÜM^ajutor,  arum. 
adzutor,  mgl.  zutor  „Hilfe",  ADIÜNGO  >  ajung,  arum. 
adzungu,  mgl.  zung  „komme  an",  DEOSUM>>jos,  mgL 
zos,  irum.  zos  „unten",  *MEDIOLULOCÜ  >  mijloc  (arum. 
noldzikä),  mgl.  mezluk,  irum.  mezlok  „Mitte"  (s.  Anm.).  — 


—    53     —  §27. 

Eine  sebeinbare  Ausnahm«  liegt  in.  dep  Wörtern  cältun,(aiieh 
col^un)  „Strumpf,  Schuh**,  cältunar  „Schuhmacher"  und  in 
cä^e  „Kohlenpfanne**,  doch  gehen  die  ersten  zwei  nicht 
auf  lat.  CALCEONEM,  ^CALCEONARIUS  (Cihac  I,  34-35), 
son^ijem  stammen  aus  dem  Neugriechischen;  cä^ue  ist  dagegen 
nicht  griechischen  (Cihac  II,  645),  sondern  lat^inisch^p  Ur- 
sprungs, doch  gab  es  im  Bumäniscbep  zuerst  ein  '^'cätfi  -< 
"^QjdATIITM  (<C  griech.  xva^Hov\  welches  daon  mit  dam 
DiminutiYSuffix  -uie  weiter  gebildet  wurde  (^gl.  indessen 
Wiener  Studien  XXV,  96— 97,  wo  die  Form  CATTIA  aus 
Glossen  angefahrt  wird). 

Anm.  Über  die  Formation  von  *MATTEUCA,  *MATTE- 
OCÜS  vgl.  §  80.  Von  mäciucä  abgeleitet  ist  mä^cat  „groß- 
kömig"  <C  *mät§(u)kat,  megL  matäköt  „groß".  Nur  im 
Suffixe  unterscheidet  sich  vom  ersteren  mäciulie  „Knopf  am 
Stock";  es  enthält  dasselbe  Suffix  wie  cäciulä.  Dieses  Wort 
ist  auf  dem  ganzen  Balkan  verbreitet  (alb.  kgsule,  bulg. 
kaculka,  kacjul,  maz.-bulg.  kgtsul,  ngriech.  xaxCpvXd)  und 
ist  aus  der  rumänischen  Hirtensprache  entlehni  Den  mit  den 
Rumänen  nicht  in  Berührung  kommenden  Slaven  und  dem 
Altgriechischen  ist  es  fremd.  Die  Etymologie  des  alb.  Wortes 
aus  CASULA  „kleines  Haus"  (G.  Meyer:  Alb.  Wortb.  191) 
entbehrt  jeder  Überzeugungskraft  und  stößt  auf  lautliche 
Schwierigkeiten.  Sieht  man  sich  im  Lateinischen  um,  so  greift 
man,  glaube  ich,  nicht  fehl,  wenn  man  eine  Form*CA[T]TEÜLLA 
rekonstruiert,  eine  Ableitung  von  *CA[T]TEA  „Katze*^.  Die 
Pelzmütze,  welche  allgemein  die  Kopfbedeckung  des  rum. 
Bauers  (auch  im  Sommer)  bildet,  ist  aus  unpegerbtem  Schaf- 
fell gemacht  und  zwar  so,  daß  der  haarige  Teil  nach  außen 
kommt.  Das  würde  allerdings  gegen  unsere  Etymologie 
sprechen,  da  die  caciulä  sicherlich  nie  aus  Katzenfell  fabri- 
ziert wurde.  Man  muß  sich  indessen  auf  einen  anderen  Stand- 
punkt stellen.  Haarige  und  flockige  Gegenstände  sind  überall 
und  zu  allen  Zeiten  mit  der  Katze  verglichen  worden,  um 
vom  obszönem  Sinne  des  franz.  „(petit)  chat"  ganz  abzusehen, 
wird  fast  in  allen  Sprachen  der  Name  der  Katze  f&r  die 
flockigen  weichen  Blüten  gewisser  Bäume  gebraucht:  „Kätzchen 
der  Nußbäume^,  franz.  „chats  de  saule,  de  coudrier**,  rum. 
„pisicei  de  salcie^  etc.    Das  rum.  bietet  noch  ein  anderes 


§27.  _     54     - 

Beispiel:  das  Wort  mi^  „Länmierwolle",  davon  mi^os  »lang- 
haarig" (besonders  von  cäciulä  und  cojoc  „Pekrock"  ge- 
braucht), stammt  nicht  etwa  aus  poln.  jagn^cy  (Cihac  II,  198), 
sondern  ist  dasselbe  Wort  wie  ml^,  dem  bekannten  Namen 
der  Katze  (deutsch  Mieze,  ital.  micio  etc.).  Die  cäciulä  ver- 
dankt daher  ihren  Namen  dem  haarigen  Material,  —  oft  ein 
ganzes  Lanmifell,  —  aus  welchem  sie  erzeugt  wird.  Wenn 
im  Amm.  neben  kätsulä  auch  kätsulä  vorkommt,  so  ist 
dies  in  neuerer  Zeit  dem  Grriechischen  entlehnt;  dieser  Sprache 
fehlt  auf  dem  größten  Teile  des  Gebietes  der  Laut  ti,  so  daß 
rum.  cäciulä  nur  als  xax^ovXa  übernommen  werden  konnte. 
Was  die  Lautgruppe  -ULLA  betrifft,  so  zeigt  das  megl.  kätäua 
die  regelrechte  Behandlung  (vgL  MEDULLÄR  mäduä),  die 
Form  cäciulä  dagegen  ist  aus  dem  Plur.  cäciule,  oder  aus 
den  Ableitungen  mä  cäciulesc,  cäciulie  ruckgebildet  (vgl 
destulä).  Dies  letztere  bedeutet  „Köpfchen",  ein  Sinn  der  sich 
leicht  aus  demjenigen  von  cäciulä  entwickelt  haben  kann. 
Er  könnte  aber  auch  ursprünglich  sein,  imd  dann  würde 
cäciulä  von  *CAP[I]TEULLA  abzuleiten  sein  «  CAPUT, 
-ITIS),  mit  demselben  Übergang  der  Gruppe  PT  >  T  wie  in 
CAP[l]TELLUM>cät;el  (§  3  Anm.).  Gegen  diese  Etymologie 
spricht  aber  alb.  kgsulg,  welches  kaum  entlehnt  ist  und  nur 
zu  *CA[T]TEULLA  nicht  zu  *CAP[I]TEÜLLA  passt  (vgl. 
PUTEUS  >  pus  gegen  *CAPTIO  >  kaps-oi).  —  Man  leitet 
mijloc  „Mitte,  Mittel,  Kreuz  (als  Mitte  des  Körpers  aufge- 
faßt)« gewöhnlich  von  MEDIU[S]LOCÜS  ab.  Diese  Etymologie 
entspricht  vollkommen,  was  die  Behandlung  des  vortonigen 
Di  betrifft,  der  aufgestellten  Regel,  und  ich  sehe  den  Grund 
nicht  ein,  warum  Densusianu  (Eist.  langue  roum.  243)  einen 
Einfluß  von  slav.  mezda  annimmt.  Eine  Schwierigkeit  bietet 
nur  die  Erhaltung  des  intervokalischen  1,  da  der  rückwirkende 
Einfluß  des  loc  in  mijloc  nicht  mehr  wahrscheinlich  ist,  und 
dies  seit  dem  Momente,  wo  der  erste  Teil  der  Zusammen- 
setzung, wegen  der  verschiedenen  Behandlung  der  Gruppe  Di 
(MEDIÜ  >  miez  gegenüber  von  MEDIU-  >  mizu-)  nicht 
mehr  als  MEDIXJS  empfunden  werden  konnte.  Dies  geht  auch 
daraus  hervor,  daß  auf  einem  sehr  großen  Gebiete  mijloc 
durch  Metathese  zu  miljoc,  niljoc  geworden  ist,  woraus  der 
Aromune  noldzikä  gemacht  hat,  indem  er  -oc  als  SufGx 
empfand  und  durch  das  häufigere  -ikä  ersetzte.    Es  ist  nun 


—     55     -  §28. 

möglich,  daß  im  MEDIÜS  LOCUS  >  midzuloc  die  Synkope 
des  zwischentonigen  u  schon  zu  einer  Zeit  eingetreten  war, 
als  das  intervokalische  1,  welches  ziemlich  spät  zn  r  wurde, 
noch  rein  gesprochen  war:  midzloc.  Wahrscheinlicher  dünkt 
mir  aber  die  Erklärung,  die  ich  in  Convorbiri  literare  1903 
S.  602-603  gegeben  habe:  *MEDIOLULOClJ  (*MEDIOLUS 
wird  auch  vom  aberg.  mezul  [del  nas,  glossiert  mit  „inter- 
stitium"]  verlangt)  >  *MEDIOLLOCü  >  *midzul6cu  > 
mi(d)zloc.  In  diesem  Falle  ist  die  frühe  Synkope  des  u 
zwischen  zwei  1  leichter  verständlich  und  findet  eine  Be- 
kräftigung durch  ECCU-ILLE-ILLAC  >  *EQÜILLÜLAC  > 
acela  „celui-lä",  neben  *EQÜILLU  >  acel,  woraus  ein  Suffix 
-a,  welches  auch  an  acest-a  etc.  trat.  Dagegen  ist  das  arum. 
noldzuk  <  *nodzluk  durch  die  Betonung  MEDIUS  LOCUS, 
—  in  diesem  Falle  konnte  das  Wort  loc  herausgefühlt  werden 
und  es  trat  keine  Suffixvertauschung  ein,  —  zu  erklären,  was 
zugleich  den  Übergang  mie-  >  ne-  >•  no-  klar  macht. 
Die  zwei  Betonungen  müssen  seit  dem  Anfang  bestanden 
haben;  sie  haben  auch  im  Drum.  Spuren  hinterlassen  und  zwar 
im  dialektischen  niljoc  und  im  literarischen  mijloc.  Die 
literarische  Differenzierung  mfjloc  „Mitte",  —  mijlöc  „Mittel" 
ist  nicht  durchgeführt  und  unberechtigt.  Wir  finden  in  einem 
Lied  von  Z.  Bärsan  (Visuri  de  noroc  S.  50): 
„Sä  mä  rog  apoi  de  lunä 
De  mijlöc  sä  ^i-o  aca^e, 
Cind  de  mfjloc  te-oi  cuprinde, 
Cerul  tot  sä-1  iaü  in  bra^e.  — 
Ein  interessantes  Beispiel  ist  noch  das  Verb  scocioräsc 
„durchstöbere*,  welches  zweifelsohne  eine  diminutivisch-itera- 
tive Bildung  auf  -lOLO  vom  dunklen  scot  „nehme  heraus" 
ist.  Der  Konjugationswechsel  ist  auffallend.  —  Über  räp- 
ciune  <  RAJPTIONEM  vgl  §  3  Anm. 

§  28.  Die  Mehrzahl  der  hierher  gehörenden  Beispiele 
wird  von  den  Suffixen  -TIONEM,  -lOLUS  und  von  den  auf 
analogischem  Wege  entstandenen  -lONEM  und  -lOSUS  ge- 
liefert. 

L  Während  im  Italienischen  das  Suffix  -TIONEM  ge- 
lehrten Ursprungs  ist,  erscheint  es  im  Rumänischen  in  seiner 
echten  und   volkstümlichen    Gestalt   und   erfreut    sich    einer 


§28.  —     56     — 

außerordentlichen  Beliebtheit.  Nach  LAUDATIONEM  > 
l&ndäciune,  arum.  alavdätöune,  INCLINATIONEM  >  in- 
ohinftciune,  arum.  nklinitäune,  mgL  nklinät&uni,  ORA- 
TIONEM^^uräcinne,  anini.nrätsune  (Densnsianu  Romcmia 
XXII,6l),  PR^DATIONEM>prädäciune,  ROGATIONEM 
>  rugäcTune,  arum.  rugätäune,  mgl.  rugätSuni  bildete 
man  amestec-äciune,  cuminec-,  cumpar-,  desmierd-, 
lert-  (arum.  lirt-),  fät-,  feric-,  impäc-,  Imput-,  Inec, 
tngrop-,  Insel-,  insur-,  Intunec-,  las-,  lumin-,  mir-, 
orbäc-,  plec-,  rusin-,  sburd-,  sämän-,  scäp-,  secer-, 
spure-,  stric-,  usc-  (arum.  usk-),  vindec-,  arum.  di- 
mänd-  etc.  Von  Verba  auf  -IRE:  adever-iciune,  asupr-, 
bnigu-,  cumpl-,  inchipu-,  imput-  (durch  Assimilation 
auch  Impuciciune  Gaster  Chrest.  I,  289,  Dosofteiü  Viata  sfint 
300/31,  Cipariu  Principia  221),  omor-,  pier-  (arum.  Ker-), 
plia-*,  putrez-,  repez-,  räp-,  stlrp-,  zdrob-,  zimisl-  etc. 
Auch  Analogiebildungen  kommen  Tor,  und  zwar  nach  drei 
Richtungen  hin:  1)  Man  trennte  ein  Wort  wie  Impacäciune 
in  impac  +  äciune,  und  so  entstand  ein  Wort  wie  arum. 
aspärgätSune  an  Stelle  des  zu  erwartenden  '^'aspartsune 
(vom  Partz.  aspart).  2)  Da  die  Mehrzahl  der  Wörter  auf 
-are  und  -ire  denominale  Ableitungen  sind,  konnte  ein  acri- 
ciune,  seceräciune  in  acru  +  äciune,  secere  +  äciune 
getrennt  werden.  So  gehört  desertaciune,  wenn  es  „Leerung" 
bedeutet  zu  deserta  „leeren",  im  Sinne  von  »Eitelkeit"  in- 
dessen zu  desert  „eitel".  Ebenso:  desteptäciune  „Intelli- 
genz", fntregSciune,  goliciune,  moliciune,  orbiciune, 
vioiciune,  släbäciune  nb.  släbiciune.  Von  Substantiven 
abgeleitet  sind  bäräciune  „Morast"  (bara),  mäscäriciune 
Gaster  Chresi  II,  51,  2.  52,  3.  seteciune  (sete)  Gaster  Chrest 
I,  281,  3.  Cipariu  Principia  222.  Man  findet  selbst  uniciane 
„Einheit"  (unu)  Gaster  Chrest.  II,  361,  2.  Cipariu  Principia  222, 
Dosofteiü  Viata  sfint  112b/33.  3)  In  urIcTune  „Häßlichkeit", 
intielepciune  „Weisheit"  «  INTELLECTIONEM)  wurden 
als  Prixnitiva  die  Adjektiva  urit  „häßlich"  and  In^lept 
„weise"  gefühlt  und  der  Zusammenhang  mit  den  Verben  urasc 


—     57    —  §30. 

„basse"'  (PArtizip  uirlt  „geihi^fit'')  und  inteleg  „Farst^he"' 
(Partüip  inteles  „Tevstwden'')  verloren.  Dfumacb  entstwden 
neue  Ableitungen  von  Adjektiven,  und  Kwar  so,  daß  vor  dem 
Suffix  .t  in  ts  und  dexuentsprechend  d  in  dz  fiberging:  linged 

—  llngejune,  putred  —  putrejune,  repede  —  repejune, 
aarbäd  —  sarbäjune,  umed  —  umejune,ve|fced  —  ve|tejune. 
Auch  für  den  Übergang  von  ts  >>  ts,  (d)z  >-  (d)z  (vgL  unter 
II)  baben  wir  zwei  Beispiele:  iste^  —  isteciune  und  das  auf- 
feilende botez  — botejune,  arum.  pätidzuna,  mgL  b&tizuni 
„Taufe",  gleichsam  ♦BAPTIDIONEM.  —  Erstarrt  ist  das 
Suffix  in  pSsune  <  PASTIQNEM,  arum.  yiziuätäune 
(Weigand),  ayidzmatSun  (Papahagi)  „September"  <  *VIN- 
DEMIATIQNEM  (eigü.  „Zeit  der  Weinlese"  vgl.  franz. 
semaison  „Zeit  der  Saat'',  fauchaison  „Mähzeit'',  fenaison 
,,Hduzeit^,  ital.  fienagione,  granigione,  granagione  ,,Zeit,  in 
welcher  die  Qetreidekörner  ansetzen",  mudagione  ,,Mauser- 
zeit"  etc.)  und  in  cräciun,  mgl.  krätäun  „Weihnachten"  <C. 
CALATIONEM  (nach  Papahagis  überzeugender  Etymologie 
in  Convorbirx  litemre  1903  S.  670 — 672,  welche  durch  ung. 
karacsony,  klruss.  kerecunü,  entlehnt  auf  der  Stufe  '''oärä- 
ciun,  bestätigt  wird).  —  Heute  sind  die  Abstrakta  auf -ciune 
in  der  Schriftsprache  unbeliebt,  als  Reaktion  zu  der  großen 
Zahl  der  hybriden  Bildungen  wie  conjugäciune,  salutä- 
ciune,  predicficiune  etc.  der  latinisüschen  Schule.  Dafftr 
wird  -a^ie  und  -a^iune  in  Latinismen  gebraucht  (redac^ie, 
declina^une).  Das  Wort  nätie  ist  in  Siebenbürgen  schon 
volkstümlich  geworden. 

IL  Beispiele  flir  -lOLUS:  carunt—  cäruncior,  cuminte 

—  cumincior  (Marian  Omitologia  I,  15),  märunt  —  märun- 
cior,  afumat  —  Afumäciori  (Dorf  in  der  Nähe  von  Buzeu), 
bärbat  —  Bärbacioru  (Eigenname  in  Cralova),  vtnät  —  vine- 
cior  („Ca  i-e  calul  v.  |i  pintenog  la  pioior"  Volkslied  aus 
Vllcea),  departe  —  depärcior  (Dosofteiü:  Via^  sfin^  32/1), 
fierbinte  —  fierbincior  (Creangä:  AmintiriS.  18);  —  gribnadä 

—  grän^äjoarä,  lespede  —  lespejoara  {(M^an  Omitotogia 
U,  406),  neted  —  netejor,  ogUndä  —  oglinjoarS,  repede  — 


§28.  _     58     — 

repejor  (Vlähn^  in  Sämänätonil  I,  362),  rotund  — rotunjor, 
aprind —  aprinjoare;  —  Mcä — fälciori  („mi-a  dat  opalmä 
de  mi-a  scos  din  ^^ni  falciorii  si-o  mäsea  s'a  strämutat  din 
locul  lei"  Nona  rev.  rom.  I  Suplem.  11,  138).  Nach  dem 
Muster  MUSTACIA  >  musta^  —  *MUSTACIOLA  >  mus- 
täcioarä  trat  das  Suffix  auch  an  Stamme  anf  ts,  (d)z,  indem 
es  diese  in  ts,  dz  verwandelte,  so:  cositä  —  cosicToarä,  c&ita 
cäicioarä(Convorbiri  literare  XXXVI,  554),  catrinta  —  cätrin- 
cioarä,  cosni^ — cosnicioarä(Jb.VIII,315),istet  —  istecior 
(vgl.  isteciune  Gaster  Chrestom.  II  5,  2.  118,  2.  152,  2),  pim- 
ni^  —  pimnicToarä,  poli^a  —  policioarä  (VlähutäDan247\ 
prepeli^ä  —  prepelicioara  (Marian  Omit.  II,  221),  uli^a  —  uli- 
cioarä  etc.;  obraz  —  obräjor,  pupäzä  —  pupäjoara.  Nach 
so^ie  —  so^;i-oarä  richtet  sich  das  Maskulinum  sot  —  so^ior 
(statt  *socior)  und  danach  bildet  man  firate  —  frätior  (statt 
*fräcior).  In  sturzör,  Diminutiv  von  stürz  (Marian  Omito- 
logia  I,  279)  ist  nicht  etwa  ein  *TURDIOLÜS  zu  erblicken, 
sondern  es  ist  mit  Akzentverschiebung  aus  *  stürz  ur  ==  stürz 
+  ur,  (wie  in  büturä  —  butöarä  etc.  vgl.  Zeitschrift  rom.  Pbil. 
XXVII,  741)  entstanden. 

m.  -lOSUS  ist  aus  -OSUS,  wie  -lOLüS  aus  -ULUS  ent- 
standen:  er  wurde  von  i-Stammen  auch  auf  andere  übertragen. 
Sobald  man  ein  Wort  wie  SILENTIOSUS  „schweigsam"  nicht 
mehr  in  SILENTIUM  +  OSUS  „einer  der  voll  Schweigsam- 
keit ist",  sondern  in  SILENTEM  +  lOSUS  „ein  gewohnheits- 
mäßiger  Schweigender"  trennte,  konnte  -lOSUS  produktiv 
werden.  Man  begegnet  ihm  im  Rumänischen  in  allen  Funk- 
tionen des  -OSUS:  1.  Es  dient  zur  Ableitung  von  Adjektiven 
von  Abstrakten  um  das  Begabtsein,  und  von  Konkreten  um 
die  Fülle  auszudrücken  (ar^gos,  flocos  etc.):  chicä  —  chicios 
„zottig"  (Dosofteiü  Viata  Sfint  42/22),  mustatä  —  mustäcios 
„bärtig"  (wie  barbä  —  bärbos),  arum.  galbadzä  —  gälbädzos> 
drum,  greatä  —  grecios  (Dosofteiü  Via^a  sfin^.  206/3),  räiitate 
—  räutäcios  „zornig",  virtute  —  virtucios  (Dosofteiü  Via^ 
sfin^.  81b/12  104b/16  Gaster  Chrest.  1,265,3.  268).  Wie  SILEN- 
TIOSUS sind  gebaut:  credincios,  civiincios,  priincios. 


—     59     —  §28. 

primejduincios,  (ne)putiiicios,  trebuinctos.  2.  Schon 
im  späteren  Latein  trat  -OSÜS  an  Adjektiva  an,  um  das 
gewohnheitsmäßige  Vorhandensein  der  Eigenschaft  zu  be- 
zeichnen: AQUIL-OSÜS,  EBRIOSUS,  FALSOSUS  etc.  (Rum.: 
bädärän-08,  bärbät-os,  beteg-,  umed-,  urit-  Gaster 
Chrest.  I,  181,  3,  vesel-,  volnic-,  selbst  cumintos,  arum. 
adlnkos).  -lOSUS  liegt  vor  in  dieser  Funktion  in  urit  — 
uricios,  flämind — flämlnjos.  3.  Dadurch,  daß  ein  Wort 
wieLüMINOSüS  <  LUMEN,  -INIS  +  OSUS  seine  ursprüng- 
liche Bedeutung  „voll  Licht*'  zu  „leuchtend"  verschob,  wurde 
es  auf  LUMINARE  bezogen  und  es  entstanden  deverbale 
-OSÜS -Ableitungen  (adulmec-os,  arät-,  arz-  Dosofteiü 
Via^  sfin^.  128/7,  bucur-,  indoi-,  indemn-  Gaster  Chrest.  I, 
208,3.  intunec-, lunec-  mlngai-, lumin-,  späri-, sfi-,  täi-, 
tingui-,  arum.  adilos,  afumit-  „beschwert",  kästig-  etc.). 
Von  put  „stinke*'  bildet  man  im  Rumänischen  putos  „stinkig*' 
(Gaster  Chresi  359,  3),  in  urromanischer  Zeit  hat  aber  ein  von 
PUTEO  abgeleitetes  Adjektivum  auf -OSUS  nur  *PUTEOSUS 
(wie  *DOLEOSUS  >  duios  <  DOLEO  >  dor,  *CONVENI- 
OSUS  >  cuvios<CONVENIO>cuvin)  lauten  können  und 
dieses  liegt  vor  in  rum.  pucios  (cioarä  pucioasä  „Mandel- 
krähe",  pucioasä  „Schwefel").  —  Nach  dem  bis  jetzt  Ge- 
zeigten sind  folgende  Bildungen  ohne  weiteres  erklärlich: 
urit  — uricios  „häßlich«,  AMARITIES  —  *AMARITIOSUS 
(vgl.  *6RANDITI0SUS,  PIGRITIOSUS  §  49)  >  amäräcios 
„bitterlich",  lipiciü  —  lipicios  „klebrig",  gidiliciü  —  gidili- 
cios  „kitzlich",  negriciü  —  negricios  „schwärzlich".  Nun 
konnten  aber  alle  diese  Ableitungen  auf  die  Yerba:  uräsc, 
amäräsc,  lipesc,  gidil,  negresc,  oder  auf  die  Adjektiva 
amar,  negru  bezogen  werden,  so  daß  ein  neues  Suffix  -äcios, 
-icios  entstehen  konnte,  welches  tatsächlich  im  Rum.  eine 
große  Anzahl  von  Adjektiven  ableitet  a)  von  Verben  auf  -are: 
acät-äcios,  amin-,  anin-,  fartm-,  inec-,  mlnc-,schimb-, 
stric-,  supär-,  usc-;  b)  von  Verben  auf-ire:  (a)lip-ictos, 
batjocur-,  färim-,  gidil-,  näcäj-,  poft-,  slip-,  sfi-, 
simt-,  stid-;  c)  von  Verben  anderer  Konjugationen:  plln- 


48Ö.  —    60    — 

;g$cios,  apriuzäcios;  d)  von  Adjektivea:  alb-icios,  acr-, 
batrln-,  boln&v-,  gälbin-,  lesn-,  negr-;  saräcäcios, 
galbicios  <  '^galb  <  GAIiB[IN]ÜS.  Bemerkenswert  ist 
nemuricios  „unsterblidi^  (Doeofteiü  Via^  b&x\.  84/34)  aus 
uemnritor  nach  dem  Master  batjocuritorsiabatjocaricios 
geformt.  Das  mgl.  Adverbium  skuatöos  ^Tocstohlen''  ist 
ur^rfiDglioh  AdjektiT  gewesen  und  gebt  auf  skunt,  Partizip 
von  skund  <  ABSCONDO  +  lOSUS  zurück  (vgl.  arum.  as- 
kunt-is  „Schlupfwinkel"). 

§  29.  0.  Densusianu  (Eist,  langue  roum.  80)  hat  gezeigt, 
daß  rum.  jur,  mgL  zur  nur  auf  einer  Aussprache  gjiuras  des 
lai  GYRUS  (grieoh.  rvQog)  beruhen  kann,  denn  '^QÜBÜS 
hätte  *gur,  *6IRUS  aber  gir  oder  *ger  mgl.  *zir  oder  *zer 
ergeben.  Dieses  Beispiel  ist  von  besonderem  Interesse,  da  es 
eine  vorromanische  Wiedergabe  ^u  des  griechischen  ü-Lautes 
V  sichert  —  ähnlich  ist  es,  wenn  die  Russen  das  deutsche  und 
französische  ö,  ü  als  io,  iu  sprechen:  Oiote  <C  Oothe,  biuro  < 
franz.  bureau,  —  wie  sie  auch  von  Meyer-Lubke  (Rom.  Gram. 
I  §  17)  zur  Erklärung  von  ital.  acciuga  <C  grieoh.  aqivtj 
mittelst  eines  lat.  '''APIUA  angenommen  wurde.  (Charisius 
;sitiert  aus  den  Reden  des  C.  Sempronius  S.  196,  27  E.  ein 
8YLLA  [CARO],  welches  offenbar  SUILLA  [CABO]  „Sau- 
fleisch"  sein  soU,  Archiv  lat  Lex.  IX,  354.  Dieses  Beispiel 
beweist  aber,  daß  man  gewohnt  war  das  grieoh.  v  durch  lai 
iu  [ungeschickt:  ui]  wiederzugeben,  sonst  hätte  man  nicht 
für  lat  ui  das  Zeichen  Y  gewählt).  Das  Rumänische  besitsct 
zwei  weitere  Beispiele  dieser  Art:  ciumä  und  cintura.  Das 
lat  CYMA  „Sprosse"  <!  griech.  xvfia  hat  in  den  westroma- 
nischen  Sprachen  die  Bedeutung  „Gipfel"  (ital.  cima  &ao^ 
Cime  etc.).  Im  Sardischen  aber  ist  noch  der  alte  Sinn  von 
„Sprosse,  Knospe,  Lauch"  erhalten:  log.  kima,  camp.  tSima 
Alle  diese  Formen  weisen  auf  die  Aussprache  CIMA,  dagegen 
ündet  naan  im  Gampidanesisehen  auch  die  Form  täumnaacca 
(neben  täimagga),  welche  auf  kiuma  weist  —  es  bedeutet 
„flusso  (di  umori)",  ursprünglich  wohl  den  „Auswuchs",  dann 
den  „Ausfluß"  (vgl.  T.Zanardelli:  Appunti  lessicali  1, 32)  —  und 


—    61    —  §30. 

im  Altmuesisclieii  ^m  (nb.  Kim)  „Ait'G^eschwüf''  (§  39).  Dtfs 
BumSiriBche  stitmnt  wieder  einmal  ttiit  dem  Sardisoheii  ttnd 
Albanesischen  überein.  Im  Aimn.  und  MegL  bedeutet  tönrnft 
zimftchst  eine  „Betde,  Oesohwür^,  davon  mgL  tdumuligfi 
„Oeechwalst  am  Kopf ^,  dann  überhaupt  ein  „Bttschel  (Wolle)**. 
Ob  das  Wort  fftr  „Pest**  dninu  aram.  mgl.  tsumä  auoh  den- 
selben Ursprang  hat,  —  die  Pest  äußert  sich  bekannidich  durch 
Geschwüre,  —  ist  dadurch  unsicher,  weil  es  auch  im  Slawischen 
(kslav.  serb.  rass.  5ama,  bulg.  6jumü,  klross.  diuma,  poLdzuma), 
Ungarischen  (csuma,  csoma)  und  Türkischen  (t§uma)  vorkommt. 
Dagegen  liegt  sicher  das  lat  CYMA  „Sproß**  in  dem  Pflansfiefu- 
namen  ciuifia  fetii,  (auch  märul  porcuhii  „Stech a'pfel*^, 
ital.  pomo  spinolo  und  noce  metella,  franz.  polnme  epi^ 
neuse),  so  genannt  nach  der  Frucht,  die  eine  kugelrunde  Form 
hat  (vgl.  ConvorbirT  Hterare  XXXVIl,  600—601).  Ciüturä 
„HoMasche,  Mundstück  der  Pfeife^  wird  von  Cihac  (II,  567) 
aus  dem  türk.  t§otra  „bouteille  de  bois  poufr  mettre  de  l'eau 
en  voyage"  abgeleitet.  Das  Wort  ist  auf  der  ganzen  Balkan- 
halbinsel verbreitet:  bulg.  cuturü,  serb.  cutura  „bouteille 
de  bois",  alb.  täotr  g  „hölzerne  Weinflasche",  ngriech.  roioTQa, 
dann  ung:  csutora  „Holzkrug,  Mundstück  der  Pfeife",  klruss. 
cutora  „Mundstück  der  Pfeife**.  Da  das  Wort  in  keiner 
dieser  Sprachen  etymologisch  klar  ist,  femer  da  es  auch  im 
Italienischen  ci9tola  „Becher  (ohne  Fuß)"  vorkommt,  so  ist 
es  wahrscheinlich,  daß  das  Wort  im  Romanischen  ursprünglich 
ist  Als  Oegenstand  der  Hirtenwirtschaft  kann  das  Wort  aus 
dem  Rumänischen  in  die  Nachbarsprachen  gekommen  sein; 
aus  dem  Italienischen  stammt  nur  alb.  täutul,  welches  ein  1 
in  der  letzten  Silbe  aufweist.  Ital.  ciotola  und  rum.  ciuturä 
beruhen  auf  ein  vorromanisches  *kiutula  und  dieses  ist  durch 
Metathese  (*CYTOLA)  aus  dem  griech.  xorvXog,  Tcorvlrj 
„Becher,  Napf,  Schale"  entstanden. 

b)  Vor  a. 

§  30.    Die  hierher  gehörigen  Fälle  sind  zahlreich,  jedoch 
meistenteils  wenig  überzeugend.    Die  i-Yerba  der  ersten  Eon- 


§30.  —     62    — 

jugation:  tnältare,  acä^re,  sughitare,  a^i^re,  tnvfi^re, 
tncältare,  räsfä^re,  tnghefare,  amenin^re,  (as)ma- 
tare;  —  asezare,  Suffix  -ezare  zeigen  samÜich  den  Über- 
gang tiä,  kiä  >*  tsä,  dia  >*  (d)za,  aber  man  kann  einwenden, 
daß  die  vier  stammbetonten  Fonnen  des  Präsens  indicativi 
und  conjunctivi  (VITIO,  VITIAS  etc.)  die  Entwickelung  des 
ti  etc.  zu  t§  (dz)  verhindert  haben.  Femer  gibt  es  eine  ganze 
Reihe  von  Ableitungen,  in  denen  das  Primitiv  die  Entfaltung 
zu  tS,  dz  gehindert  haben  kann:  bäl^t  <  *BALTEATUS: 
bal^;  brätiarä  <  BRACHIALE:  brat;  arum.  bär^t  (und 
bältat)  „Maß  ausgestreckter  Arme"  <  *BRACHIATA:  brat:; 
Incältare  „Schuh"  (Dosofteiü  Via^  sfin^  10/2  50,'27)  < 
♦CALCEARE  (+  Incäl^a):  Incal^;  (in)cältÄmlnt  „Schuh" 
(Cipariu  Principia  122)  <  CALCEAMENTUM:  incal^;  fä- 
tar(nic)  „Heuchler"  <*FACIARIÜS:  fe^a;  frunzar  „Laube" 
<  *FR0NDIAR1UM:  frunzä;  ghetar  „Gletscher"  <  *GLA- 
CIARIUM:  ghea^;  minzat,  -ä  Junges  Kalb"  (alb.  m§zat 
„junger  Stier"),  minzäre  „Schaf  mit  Milch"  <  zu  *MANDroS: 
mlnz;  negu^tor,  negustor  (<[  negutsätor  Istoria  bisearicei 
sf.  Niculae  Brasov)  „Kaufmann"  <  *NEGOTLA.TORIUS: 
negot;  pänzäturä  „Tischtuch"  <  *PANDLÄ.TURA:  plnzä 
(vgl  §  25  Anm.),  arum.  sutatä  „Vereinigung"  <  *SOCIATA: 
so^;  vSrzare  „Krautkuchen"  <*VIR[I]DIARLÄ.:  varzä.  Einige 
unter  den  hier  angeführten  Beispielen  können  rumänische  Ab- 
leitungen sein.  Nicht  viel  zu  bauen  ist  auf  dintat  „gezähnt", 
welches  kaum  ein  *DENTEATUS  voraussetzt,  sondern  wie 
dintärit  auf  die  Mehrzahl  din^i  zurückgeht  (vgl.  ban.  mor- 
tärie,  mormintärie  „Friedhof"  <  mor^i).  Überzeugender 
ist  das  Wort  mezin  der  mittlere  (unter  den  Geschwistern) 
<C  MEDIANUS,  denn  sein  etymologischer  Zusammenhang  mit 
miez  „Kern"  wird  nicht  mehr  empfunden;  auch  das  Suffix 
-in  hat  im  Rumänischen  eine  andere  Bedeutung.  Von 
schlagender  Beweiskraft  sind  die  Worter  ar^r  „Ahorn"  und 
mulzare  „Milchschaf,  das  unter  den  Hammeln  weidet  und 
den  Hirten  jener  die  nötige  Milch  gewährt"  (belegt  in  der 
Mehrzahl  in  der  Form  des Banater  Dialektes :  muldzäf  Jb.  UI,321). 


—     63     —  §30. 

Der  Zusammenhang  derselben  mit  ACER  und  MULGEO  ist 
über  alle  Zweifel  erhaben,  auch  das  Suffix  -ARIXJM  und 
-ARIA  ist  klar.  Die  Bildung  bedarf  jedoch  einer  Besprechung: 
ar^r  verlangt  eine  Grundform  *ARCEAR1UM.  ACER,  -ERIS 
wxurde  zunächst  '^'AGRE,  dann  trat  die  Metathese  '^'ARCE  ein 
(span.  arce),  an  dem  das  Baumnamen  bildende  Suffix  -ARIUS 
hinzukam:  *ARCEARIUS  ]>  artar  (vgl.  sie.  atssaru,  rom. 
atssar,  parm.  atsser).  Was  mulzare  •<  *MULG£ARIA, 
mit  demselben  Suffix,  welches  in  su gare  „Schaf,  welches  nach 
dem  Termin  gekalbt  hat  und  daher  nicht  gemolken  wird, 
sondern  dessen  ganze  Milch  dem  Lamme  überlassen  wird^ 
(<C  *SDQARIA)  und  mlnzare  vorliegt,  betrifft,  so  kann  es 
nicht  an  MULGEO  angelehnt  worden  sein,  denn  dieses  ist 
von  allem  Anfang  an  zu  *MULGO  umgewandelt  worden  und 
aus  ebendemselben  Ghninde  kann  es  nicht  erst  auf  rumänischem 
Boden  entstanden  sein.  Nun  mochte  man  aber  gern  auch 
Beispiele  haben,  in  denen  die  i-Verbindung  zum  Stamme  ge- 
hört und  nicht  erst  durch  Derivation  entstanden  ist.  Da  ist 
an  erster  Stelle  lACEO  >>  zac  (arum.  dzak,  mgl.  zak,  irum. 
zök)  zu  nennen.  Anlautendes  i-  zeigt  dieselben  Schicksale 
wie  anlautendes  Di-  (DEOSUM  >•  jos,  mgl.  zos,  irum.  zos, 
gerade  wie  IOCO[R]>joc,  arum.  dzoku,  mgl.  zok,  irum. 
zok),  so  daß  dieses  Wort  beweiskräftig  ist.  Von  einer  Dis- 
oder  Assimilation  (wie  im  Rätoromanischen)  kann  hier  nicht 
die  Rede  sein:  man  müßte  denn  annehmen,  daß  aus  einem 
'^'dzatse  <C  lACET  das  Dakorum.  ein  dzatse  dissimiliert  und 
aus  einem  '''dzatse  <C  lACET  das  Aromunische  ein  dzatse 
assimiliert  hat,  —  was  natürlich  nicht  geht.  Ein  weiteres 
Beispiel  ist  zlnä  (arum.  dzinä,  mgl.  dzönä)  „Fee"^,  in  welchem 
schon  im  Jahre  1848  Schott  (Walachische  Märchen  S.  296) 
das  lat.  DIANA  erkannt  hatte.  Diese  Fälle  zeigen  ohne  einen 
Zweifel  zuzulassen,  daß  vor  betontem  ä  Ti  und  Ei  zu  ts,  Di 
und  Gl  zu  (d)z  in  allen  Dialekten  und  in  allen  Stellungen 
werden,  zum  unterschied  von  Ti,  Ki,  Di,  GK  vor  betontem  6 
und  ü,  welche  zu  t§,  (d)z  werden.  Durch  die  letztgenannten 
sicheren  Beispiele  werden  auch  die  im  AnÜEOige  dieses  Para- 


§30.  _     64     — 

graphen  zitterten  beweiskräftig.  Es  wäre  auch  merkwürdige, 
wettn  die  aoht,  Terhältnismäßig  selten  gebrauchten  stamm- 
betonten  Formen  der  Verba  auf -io,  -iare  die  unverglei<$blieh 
größere  Zahl  der  auch  öfters  angewandten  (man  denke  bloß 
an  das  Pieirtizipium  und  die  damit  zusammengesetzten  Zeiten!) 
endu&gsbetonten  Formen  nach  sich  gezogen  hätten.  Aus 
Beispielen  wie  mustäcfo4rä  gräunci6r  etc.  gegen  mustit» 
grätint  sehen  wir,  daß  die  Lautregel  im  Rumänischen  sehr 
widerstandsfähig  gegen  die  psychologischen  Prozesse  der  Ana- 
logie ist,  so  daß  eine  ümbildunfi^  Ton  "^brätdare  <C  BRA- 
CHIALE nach  bra^  <  BRACHIUM  unwahrscheinlich  wirA 
AflEllL.  Gärtner  gibt  irum.  zatsa,  Bartoli  S.  89  schreibt 
zacö.  Auf  meine  diesbezügliche  Frage  teilt  mir  Herr  Prof. 
G.  Weigand  folgendes  mit:  „Inim.  zök  und  zök  ist  ganz 
gleich.  G.  schreibt  zatsa,  Bartoli  korrigiert  zacö.  Ein 
reines  z  wird  nicht  gehört,  es  schwankt  immer  nach  z  zu 
(nicht  nach  dem  mouillierten  z).  In  Susgnevi^ia  wird  selbst 
von  verschiedenen  Personen  verschieden  gesprochen.  Gärtners 
Gewährsmann  Glavina  z.  B.  sprach,  wie  ich  mich  überzeugt 
habe,  alles  viel  spitzer  als  Scrobe  und  Stroligo."  (Brief  vom 
8.  März  1903).  —  0.  Densusianu  (Hist.  langue  roum.  102)  nn(i 
vor  ihm  schon  N.  Sulica  (Gazeta  Transilvaniei  1898  Nr.  144) 
verteidigen  die  von  Lexiconul  Budan  (S.  770)  und  von  Miklo- 
sich  (Consonantismus  U,  4)  aufgestellte  Etymologie  zina  < 
DINA.  Dagegen  spricht  folgendes:  Selbst  wenn  die  Fonn 
DINÜS  (für  divinus  welches  über  *devinus  zu  rum.  *deiu 
geworden  wäre),  die  bei  Plautus  vorzukommen  scheint  und 
dann  wieder  auf  einer  einzigen  Inschrift  auftaucht  (C.  I.  L.  XI. 
4766,  wo  sie  auf  einem  begreiflichen  Schreibfehler  beruhen 
kann),  existiert  hätte,  so  würde  ein  nicht  belegtes  *DINA  in 
den  Gegenden  wo  man  reines  i  nach  z  spricht  (zic,  zi  etc.^ 
zina,  nicht  zlnä,  wie  die  Form  tatsächlich  lautet,  vorkominen. 
Während  DIANA  auf  einem  weiten  romanischen  Gebiete 
Spuren  hinterlassen  hat  (vgl.  log.  iana,  dzana  „Hexe",  neap. 
ianara  „versiera",  astur,  xana  „hada",  vgl.  femer  G.  Hnet 
in  Le  Moyen-Age  1901  S.  31—35  wo  afr.  gene  besprochen 
ward,  Guamerio  Romania  XX,  68  Anm.  Nigra  Archivio  glot*- 
ital.  XV,  488),  ist  nirgends  DINÜS  oder  DIVINUS  als  volks- 
tümliches Wort  erhalten.    Die  Bedeutung  selbst,  —  zfnele 


—    65    —  §30. 

sind  in  den  rom.  Volksmärchen  Feen,  die  ganz  demlaiDIANA- 
Typus  entasprechen  —  stimmt  nur  zu  DIANA,  nicht  zu  DI- 
YINA.  Endlich  bestätigt  auch  das  Adjektiyum  zänatic 
„Phantast*'  (eigtl.  einer  der  mit  seinen  Gedanken  den  Feen 
nachjagt)  <  DIANATICUS  (Muratori  Anecdot  IV,  99—100 
apud  Hasdeu,  Etymologicum  magnum)  durch  seine  Form 
und  Bedeutung  die  Yon  uns  verteidigte  Etymologie.  Was 
N.  Sulicä  dagegen  geltend  macht,  ist  belanglos.  Er  zitiert 
(Qazeta  Transilvaniei  1900  Nr.  91)  das  arum.  dzln  „Art  Mon- 
strum^ (Obedenaru  Texte  macedonene  Glossar)  und  das  alt- 
rumänische dzlnoiü  „heidnischer  Gott"  (bei  Dosofbeiü:  Via^ 
sfin^  30/11  gebraucht  für  Apollo),  als  Beleg  für  die  männliche 
Form  DINUS.  Aber  dzinoiü  ist  zweifelsohne  eine  von  dztnä 
gebildete  Maskulinform  mittelst  des  bekannten  Suffixes  -oiü 
(an  ein  lai  DI-ANÜS  von  DIES  „der  Gott  des  Tages",  als 
Epitheton  des  Sonnengottes  ist  kaum  zu  denken)  und  auf 
dieselbe  Weise  erklärt  sich  das  auf  arum.  Boden  entstandene 
dzln.  —  Die  Wörter  zär  (arum,  dz&r,  irum.  zer)  „Molken" 
und  zarä  „saure  Milch"  leitet  man  von  SERUM  ab.  Trotz 
der  passenden  Bedeutung  und  der  Verbreitung  dieses  Wortes 
auf  romanischem  Gebiet  (vgl  Salvioni  Postille  II),  ist  diese 
Etymologie  wegen  des  unerhörten  Übergangs  des  lat.  s  ^  rum. 
dz  unmöglich.  Auch  an  deutsch  „Saure"  f&r  zarä  ist  wegen 
der  banater  Form  dzarä  nicht  zu  denken.  Nach  eigenen 
Forschungen  habe  ich  erfahren,  daß  in  der  Hirtensprache  zär 
die  nach  der  Durchseihung  der  sauren  Milch  zum  Gewinne 
der  fetten  Teile  gebliebene  Flüssigkeit  bezeichnet  Diese 
(zärul  dintii)  wird  noch  einmal  durchgeseiht  und  die  gebliebene 
Flüssigkeit  wird  zärul  al  doilea  genannt  Wir  sehen  daher, 
daß  das  Durchseihen  bei  der  Fabnkation  des  zär  das  Haupt- 
merkmal ist  Man  denkt  imwiUkürlich  an  das  griech.  öia^Qelp. 
Das  Wort  zarä  würde  ganz  dem  lat  DIARRHOEA  «  griech. 
öia^QOia)  entsprechen  und  ein  neues  Zeugnis  für  den  Über- 
gang dia-  >•  dzä-  bilden.  Bei  dieser  Etymologie  stößt  man 
aber  auf  zwei  Schwierigkeiten,  die  ich  nicht  zu  lösen  vermag. 
Es  ist  nämlich  zär,  nicht  zarä  „saure  Milch",  welches  in  der 
Bedeutung  zu  griech.  öuz^qbIp  paßt  und  dieses  scheint  auf 
eine  Form  mit  anlautendem  die-  (irum.  zer)  zurückzugehen. 
Auch  zarä  kann  aus  *zearä  entstanden  sein. 


Welgand,  11.  Jahresbericht. 


§31.  _    66    — 

C.  Sj,  S%  Ski. 

a)Si. 

§  31.  Si  wird  in  allen  Dialekten  und  in  allen  Stellungen 
zu  S:  BASIÖ,  -ARE>arunL  bas,  bäSÄ  „küssen«,  CASEUS 
>>  cas,  arum.  mgL  irum.  kaS  „Käse*'  (ygL  mgl.  kagä  „ctu- 
lama«  =  arunL  kuliaS),  CAMISIA>>cämase,  arum.  kämeaSa, 
mgl.  kämöSä,  irum.  kämÖ§6  „Hemd",  CERESIUS,  -SIA  > 
cires,  cerase,  (arum.  tsireSiu,  tseriasä?  Densusianu  Hist. 
langue  roum.  71;  fehlt  bei  Weigand),  mgL  t6ire&,  täireaSkä, 
(irum.  tsirisne  •<  kroat.  täereSnja)  „Kirschbaum,  Kirsche«, 
dav.  ciresar,  arum.  mgL  tgirefiar(u)  „Juni«,  eigtL  „Monat 
der  Kirschen«  (vgl.  §  39  Anm.),  *CINüSLi  (vgl.  cors.  öanuga 
§  16  Anm.)  >>  cenuse,  arum.  tsinusä,  tSi-  und  tSanuSa, 
irum.  tserusö  „Asche«,  *OCCASIONO,  -ARE  >  cäsun, 
cSsunä  „verursachen«,  ROSEÜS^ros(u)  (auch  rosiu,  dessen 
i  jung  ist  und  wie  das  i  in  a|chie  nb.  asche  zu  beurteilen 
ist),  arum.  (a)rofi,  mgL  roS,  irum.  rois  (=  roS  +  roib  <C 
RUBEUS)  „rot«,  —  *INGRASSIO  >  tngras  „mache,  werde 
fett«,  *INGROSSIO  >  ingros  „mache,  werde  dick«. 

Anm.  Die  Geschichte  des  Wortes  *CINUSIA  ist  nicht 
ganz  klar.  Jedenfalls  kann  rum.  cenuse  nicht,  wie  ich  froher 
(Die  rum.  Diminutivsuffixe  §  167)  mit  Weigand  und  Philippide 
annahm,  auf  CINIS  oder  CINXJS  +  SuflF.  -use  zurückgehen, 
weil  diese  im  Rum.  *cine  oder  '^'clnu  ei^eben  hatte  und  wir 
haben  cenuse.  —  Drum,  mä  pis,  arum.  me  Ei§u,  mgL  pis, 
irum.  pi§  „pisse«  gehört  zu  dem  etymologisch  ungeklärten 
♦PISSLÄRE  (vgl.  Meyer-Lübke  Einfuhrung  §  66;  auch  kroat. 
piSati).  —  Schwierig  zu  beurteilen  sind  auch  die  zwei  Falle 
boase  „Hoden«  und  guse  „Kropf«.  Byhan  (Jb.  VI,  196)  leitet 
boase,  mgL  bos  Plur.  boaSi,  irum.  bos  (vgl.  auch  drum, 
bosorog  „brüchig«,  cartabos  „Leberwurst«)  von  akslav. 
moSina  (-ina  ist  Suffix)  „Beutel«;  wie  soll  man  aber  den 
Übergang  m  >>  b  rechtfertigen?  Cihac  I,  27  dachte  an  lat. 
BYRSA  (=  griech.  ßvgaa  „Haut,  Leder«).  Dieses,  oder 
richtiger  *BYRSEA  (vgl.  log.  buäa)  könnte  nur  durch  die 
Zwischenstufen  *BYSSEA  >  *BOSSEA  zu  boase  gelangen. 


—    67    —  §31. 

Die  Geschichte  des  griech.  v  im  Lat.  und  der  (Jruppe  RS  ist 
noch  nicht  geschrieben  worden,  daher  können  wir  (Uese  Ety- 
mologie vorläufig  weder  verwerfen,  noch  gutheißen.  Die  Be- 
deutung paßt  vortrefiFlich,  vgl  a.-berg.  la  borsa  di  testicoi 
glossiert  durch  „bursa  testiculorum",  log.  buSa,  camp,  bussa, 
galL  bossa,  sass.  b^ssa,  busakkara  „saccoccia'',  buäinu 
„borsetta  di  peUe  di  gatto  di  forma  allungata,  in  cui  i  zappa- 
tori  sogliono  teuere  il  tabacco^,  cerign.  vprsa,  alb.  buHSi-ri 
<  *BÜRSINÜM  „Backentasche".  Quse  „Kropf"  arum.  mgL 
guSä  „Kropf  am  Hals",  irum.  gusä  „Kropf  von  Tieren" 
kommt  sowohl  im  Balkan  vor  (alb.  bulg.  gu§^,  ngriech.  yTCOvöctj 
kroai  gü5a,  güSa  „Kropf  der  Vögel",  ung.  gusa)  als  auch 
in  der  Westromania:  gen.  go§u,  desgo§a-se  „vuotare  il 
gozzo",  a,-berg.  ol  gos  glossiert  durch  „botium"  (§  71),  Lucca 
gpgio  „Kropf",  piem.  goso,  gosö  „Kropf,  Kehle",  lomb.  goss, 
grödn.  gos,  walL  dzwefi  „Zahnfleisch",  lotr.  zofi  „Wange, 
franz.  gosier  „Schlund",  ital.  tragugiare,  trient  tangudzar 
„verschlingen",  so  daß  man  ohne  weiteres  annehmen  darf,  daß 
die  Balkansprachen  das  Wort  aus  dem  Rumänischen  haben. 
Die  Etymologie  ist,  nach  Meyer-Lübkes  überzeugender  Dar- 
stellung (Zeitschrift  rom.  PhiL  XV  242—243;  vgl.  auch  Schu- 
chardt  Zeitschrift  rom.  Phil.  XXI,  199—200,  der  mit  Unrecht 
auch  itaL  gozzo  damit  in  Zusammenhang  bringt)  in  dem  bei 
Marcellus  belegten  OEUSL£  (=  gose  >  gose?)  zu  suchen. 
Mit  guse  hängt  zusammen  das  Wort  rägusesc  „werde 
heiser",  welches  nicht  von  RAUCUS  (Cihac  I,  ^26:  *RAVI- 
CUCIRE!)  abgeleitet  werden  kann  und  sugus  „wüi^e", 
welches  sich  zu  guse,  wie  sugrum  „würge"  zu  grum-az 
„Hals"  verhält  (vgl.  *ital.  digrumare  =  tragugiare  „gierig 
verschlingen",  vgL  auch  alb.  grumas  <;*grum  +  Suffix  -az). 
—  Einige  Philologen  wollen  drum.  Inv(i)er8unez  „werde, 
mache  wütend"  auf  ein  lai  ♦INVERSIONARE  zurückführen. 
Die  Etymologie  ist  unhaltbar  und  lnv(r)ersunez  ist  von 
viersun  „Kampf,  OewalV'  („iarä  unulu  sau  apucatu  cu  v. 
sau  Intrat  deau  Inceputü  ai  cere"  Dosofteiü  Via^  sfin^ 
269b/32  etc.  vgl.  Jb.  V,  141)  abgeleitet  und  dieses  stammt  aus 
ung.  verseny  „Kampf"  (nicht  aus  ung.  gerjeszteni,  wie 
Cihac  II,  509  wollte;  far  den  Übergang  von  äe  >  äu  vgl.  Suffi 
8ug<;ung.  -seg).  —  Aus  der  Vermischung  von  SIFILARE 
mit  SUFFLARE  entstand  eine  Kompromißform  ♦SIU-  oder 


§32.  _     68     — 

*SÜIF[I]LAKE,  die  durch  das  im  C.  Gl.  V,  395,  3;  484,  53  be- 
legte  SUIFLUM  „sifilum,  sibilom*'  bezeugt  ist.  Da  aber 
SIFILARE  mit  SIBILABE  gleich  war  (vgl  Meyer-Lftbke  Ein- 
führung §  28),  entstand  auch  ein  *SIUBILARE  >  mm.  süer, 
arum.  §u(e)ru  „zische^  (vgl.  ital.  zufola,  ciufolare,  suobi- 
are,  Yen.  subia,  gal.  asubia,  teram.  täufiFiili,  lanc.  tguffela, 
afranz.  suble,  franz.  siffler,  chiffler,  a.-proy.  siular,  norm, 
gyüf,  morw.  §ül,  wallon  hüfle,  freib.  süblya,  span.  chillar, 
silbar,  prtg.  silvar). 

§  32.  Sti  und  Ski  ergeben  in  allen  Stellungen  und  in 
allen  Dialekten  §:  PASCIA  >fa8e,  arum.  mgl.  fasä  „Windel**, 
♦INFASCIO > Inf as,  mgL  anfaS  „einwindehi", ♦INFASCIOLO 
«FASCIOLA)  >  Infäsör  „einwickeln«,  MISTIONEM  „Ver- 
mischung" >  *misune,  dav.  mi|una  „wimmeln",  dav.  misu- 
noiü(musunoiü,musuroiümit  Vokalassimilation)  „Ameisen- 
haufen", PASTIONEM  >  päsune,  arunu  pasune,  irum. 
pä§ure  „Weide",  ÜSTIA  >  use,  arum.  mgl.  u§ä,  irum. 
us6  „Tür",  *UST10LÜM  oder  OSTIOLÜM  >  usor  „Tür- 
pfosten". 

Anill.  Neben  fase  konmit  auch  fäsie  vor,  welches  wie 
aschie  neben  asche  zu  beurteilen  ist.  Täsfe  „Streifen"  ist 
fasä  +  Suff.  -le.  Von  diesem  abgeleitet  ist  fasioara  „kleiner 
Streifen"  und  sfäsiu,  sfasiez  „zerreise".  Infa|ar  neben 
infäsör  habe  ich  Zeitschrift*  rom.  PhiL  XXVII  S.  742  erklärt 
—  Neben  päsune  gibt  Cihac  I,  197  auch  eine  Form  päsciune 
an,  die  ich  für  falsch  halte  und  der  latinisierenden  Graphic 
zuschreibe.  Das  gleiche  glaube  ich  von  L  Maiorescus  irum. 
Form  pästsur^.  Dagegen  sind  uscior  „Türpfosten",  uscio- 
arä  „kleine  Tür"  tatsächlich  existierende  Formen,  nur  gehen 
diese  nicht  auf  OSTIOLÜM  zurück,  welches  regelrecht  zu 
usor  („räzimatä  de  usoru  usei"  Noua  rev.  rom.  I,  76)  geworden 
ist,  sondern  uscioarä  ist  use  +  Diminutivsuffix  -cior  (Die 
rum.  Diminutivsuffixe  §  127:  cäs-cioarä,  gros-cior  etc.).  Uscior 
(dafür  bei  Dosofteiü  Via^  sfinf;.  205 b/U  auch  umsor)  isl  eine 
Umbildung  von  usor,  —  welches  auch  „leicht"  heißt,  —  nach 
uscioarä.  —  Musitä  „Art  Mücke**  ist  nicht  etwa  *ÄIUSCEA 
+  i^,  sondern  eine  Entlehnung  aus  dem  bulg.  oder  serb. 
muSica  „Mücke"  (=  muha  +  ica). 


-     69    —  §33. 

§  33.  Wir  sehen  also,  daß  Sti  und  Ski  im  Rumänischen 
in  derselben  Weise  wie  ssi  behandelt  werden  *INGROSSIO, 
-lARE  >  Ingros,  -sa  wie  PASCIO,  -lARE  >  Infas,  -sa 
und  USTIA,  OSTIOLUM  >  use,  usör.  Dies  ist  nicht  auf 
das  Ostromanische  allein  beschränkt,  sondern  kehrt,  —  und 
dazu  gesellt  sich  die  Gruppe  Xi,  —  in  der  ganzen  Romania 
wieder:  franz.  graisse  <  *GRASSIA  —  paisson  <  PASTI- 
ONEM,  ital.  grascia  —  pasciona.  Ich  lasse  hier  die  sar- 
dischen  und  italienischen  Beispiele  folgen: 

*-BASSIO,  -ARE  «  BASSUS)  >  sass.  abbaäa,  neap. 
vaSare,  Arpino  abbaäe  «*ADBASSIATUS),  trient  abasar 
(könnte  auch  *ADBASSARE  sein,  wie  ital.  (ab)bassare, 
gal.  abbassa).  *BASSIXJS  >  log.  abbaäu  „unten",  sie.  baäu, 
cal.  va8u  „basso",  tarant.  cerign.  vaSg  „basso".  *GRASSIA 
>  grasci  a  „Lebensmittel",  trient.  grasa  (konnte  auch  GRASSA 
sein,  wie  ital.  neap.  grassa).  *GRASSIOLUS> tarant.  raäulg 
„orzaiuolo".  MUSTIONEM>  moscione  „Sänfer".  MESSI- 
ONEM  >*  a.-oberit.  messon,  piem.  messun,  cabbiolo  mes- 
sone,  valmagg.  mo(jom.  *NE-ISSE(=IPSE)-UNUS  >  (ital. 
nessuno  <C  *NE-ISSÜ-XJNUS),  sass.  nisunu,  cerign.  nesunf, 
aquil.  fLiSäuno,  campob.  neSung  (und  necun§  auch  lanc. 
necung,  alatri  nitsun§,  wie  rum.  niciunu  <  *NEQÜE- 
UNUS).  *PISSIO,  -ARE  >  pisciare,  neap.  pisare  (dav. 
piäa),  teram.  pisitg  „pisciato",  trient.  pisar.  *-QUASSIO, 
-ARE  >  accasciare,  neap.  scasare.  *VISSIUM  (Zeitschrift 
rom.  Phil.  XVIII,  230)  >  vescia  „flatus  ventris  und  Art 
Schwamm",  sie.  viäa  „venticello  leggiero",  waldens.  vesso 
„cagna  brutta  e  poltrona".  —  ANGUSTIA  >  angoscia,  log. 
(kongosa  •<  span.  congoxa)  sie.  [angustia],  neap.  ankoSa, 
lanc.  [ngusti§],  Teramo  [Haugustgig],  a.-gen.  angosa,  gen.  an- 
güsa,  trient.  (angosa  <  ital).  ANGUSTIO,  -ARE  >  an- 
gosciare,  sie.  [angustiari],  lanc.  [ngustia],  trient.  (strangoSar 
„in  Angst  sein*-).  BISTIA  (Archiv  lat.Lex.III,301=BESTIA). 
>biscia,  biscio  „Natter"  [bestia],  neap.  [vestia  „ignorante"] 
sie.  [bestia],  gombit.  [b^ski'a],  Sillano  [be§kja],  lomb.  [bestäa], 
mil.  trieni  [bestia],  com.  besä  „Schaf".  *EXTRUSTIO,  ARE? 


§34.  -     70     — 

(Flechia  Archivio  glott  ital.  11,  154—155)  >  mil  strfisa 
„strascinare^  PASTIONEM  >  pasciona.  POSTEA  > 
poscia,  log.  (posca  §  86)  Lucca,  Pisa  possa,  a.-gen.  possa, 
n.-lomb.  pos.  USTIÜM,  *USTI0LÜM  >  uscio,  usciuolo, 
sie.  [ostiu],  miL  üss  (usgio  Bonv.)  a.-berg.  uso  (ustSo),  lomb- 
üsö  (üq),  boL  romagn.  oss,  valcanobb.  inSö  „finestra''.  ASCIA 
>>  ascia  log.  camp,  aäa,  neap.  a§a,  Sillano  a§ala.  FASCIA 
>•  fascia,  log.  camp.  fa§a  (faska  §  86),  aqnil.  fasäu,  a.-berg. 
romagn.  a.-ven.  fassa,  boL  trient.  fasa.  FASCIO,  -ARE  > 
fasciare,  log.  faäare.  *MUSCIONEM  «  MUSCA)  >  mos- 
cione  „FHege".  NESCIUS,  [CONSCIUS]  >  nfscio,  log. 
camp,  [konöu].  *PISCIONEM  «  PISCIS)  >  sie.  piäuni 
„polpaccio  della  gamba".  *BUXEÜS  >  sie.  vuäu  „bosso". 
♦COXEA,  *INTERCOXIIJM  >  coscia,  intereoscio,  log. 
camp,  koäa,  neap.  koda,  cerign.  nd^koäg,  campob.  'ndr^k- 
kuos§,  a.-berg.  kossa,  trient  koson.  ^LAXIO,  -LABE  >> 
laseiare  (nb.  lassare  •<  LAXARE). 

§  34.  Man  darf  also  wohl  annehmen,  daß  Sti,  Sk^,  Ksi 
schon  in  Torromanischer  Zeit  zu  Ssi  assimiliert  worden  sind. 
Eine  Bestätigung  dessen  findet  sich  in  einer  Inschrift  aus  Bona 
(im  XV.  Bd.  Nr.  7250  des  C.  I.  L.):  HORTORUM  SALLUSSIA- 
NORUM  (=  SALUSTIANORUM).  Auch  die  Grammatiker 
bezeugen  uns,  obwohl  nur  indirekt,  diese  Aussprache.  Wir 
haben  im  §  8  gesehen,  daß  die  Schulaussprache  PRETSIUM 
schon  im  lY.  Jh.  n.  Chr.  bezeugt  ist,  und  daß  sie  sich  als 
eine  Eompromißform  zwischen  dem  lateinischen  PRE-TI-IJM 
und  dem  romanischen  PRE-TSU  erklärt  Nun  betonen  die- 
selben Grammatiker  ausdrücklich,  daß  der  Übergang  des  Ti 
>•  TSI  in  vier  Fällen  zu  unterbleiben  hat  1.  natürlich  in 
Fremdwörtern,  2.  im  Anlaut,  was  auf  dasselbe  herauskommt, 
da  in  echten  lat.  Wörtern  ein  wortbeginnendes  Ti  nicht  vor- 
kommt, 3.  wenn  dem  TI  ein  I  folgt,  weil  ein  Wort  wie  OTII 
(Genetiv  von  OTIUM)  nur  in  der  Ortographie  zwei  i  hatte 
(daher  in  unserer  Schulaussprache  OTSII),  in  Wirklichkeit 
aber  einem  OTI  gleich  war  und  4.  in  der  Gruppe  STI  + 
Vokal:  lüSTIUS,  CASTIUS.    Warum?    Der  Grund  dieser 


-     71     -  §36. 

Ausnahme  ist  klar.  Wäre  die  Grappe  STi  nicht  schon,  bevor 
die  Affizierong  des  Ti  begann  za  SSi  assimiliert  worden,  so 
hätte  Ti  wie  nach  anderen  Konsonanten  TS  ergeben,  also 
PASTIONEM  >  *PASTSONE.  Dann  wäre  sicher  diese  roma- 
nische Form  zugleich  mit  PRETSU,  -ENTSA  in  die  Schul- 
aussprache des  Lateins  gedrui^en  und  hätte  zu  der  Eom- 
promißform  *PASTSIONEM  (wie  PRETSIUM,  -ENTSIA) 
geführt.  Da  dies  aber  nicht  der  Fall  war,  können  wir  auf 
indirektem  Wege  schließen,  daß  in  der  Gruppe  STi  das  T 
dem  S  schon  früh  assimiliert  wurde.  Wir  sind  aber  auch  in 
der  glücklichen  Lage  die  Zeit  dieser  Assimilation  zu  be- 
stimmen. Das  Wort  CHKISTIiNUS,  welches  bald  nach  dem 
Auftreten  der  neuen  Lehre,  aber  nicht  früher,  gebildet  wurde, 
zeigt  keinen  Übergang  von  Sti  [>  SSi  mehr,  so  daß  diese  noch 
in  heidnischer  Zeit  hat  stattfinden  müssen.  Im  Rumänischen, 
wo  das  Wort  zweifelsohne  volkstümlich  ist  und  zwei  der 
alleraltesten  Lautveränderungen  mitgemacht  hat:  i  —  i  >  e  —  f 
(wie  TITIONEM  >  täciune)  und  an  >  In  (wie  LANA  > 
llnä;  crestin  statt  *crestin,  wie  mezin  <  *mezln  < 
MEDLiNüS)  erscheint  CHßISTlÄ.NUS  nicht  als  *cre8in, 
sondern  als  crestin,  arum.  mgL  kriätin.  Die  Gruppe  STI 
wurde  in  diesem  Wort  wie  jedes  STI,  STE  (STERNO  >  astem) 
behandelt.    VgL  auch  §  39  Anm. 

Anm.  PASSIO  für  PASTIO  findet  sich  in  einem  Text 
aus  dem  Jahre  1190  (Charta  Ludovici  Pii  ap.  Du  Gange),  da- 
gegen ist  auf  „PASSALES  pro  PA8CALES''  (Paulus  Diaconus 
ap.  Forcellini)  nichts  zu  bauen.  Die  Stelle  bei  Festus  (S.  122  M.) 
ist  „passales  et  oues  &  Gallinae  appellantur  quod  passim 
pascuntur".  Festus  bezieht  PASSALES  auf  PASSIM  und 
nicht  auf  PASCÜNTUR. 

D.  Z  und  i^. 

§  35.  Ich  bespreche  auch  das  lai  Z  «  griech.  g)  und  i, 
weil  diese  Laute  schon  im  Urromanischen  mit  Di  und  Gi  zu- 
sammenfielen, daher  sie  im  Rumänischen  vortonig  außer  vor 
a  als  (d)z,  vortonig  vor  a  und  nachtonig  immer  ab  (d)z  er- 


§35. 


—     72 


scheinen.  Sie  sind  im  Rumänischen  (wie  auch  im  Logudo- 
resischen)  von  OE,  Gl  verschieden  und  dies  beweist,  daß 
OE,  Gl  bis  am  Ende  des  lU.  Jh.  n.  Chr.  mit  Gi,  Di,  i  und  Z 
noch  nicht  zusammengefallen  sind. 

MEDIUS  *HADIE  DIANA  ORYZA  BAPTIZARE 


Drum. 

miez 

azi          ztnS           (urez) 

boteza 

Arum. 

nedzu 

adzä        dzinä            — 

pätidza 

Mgl. 

nes 

azä          (d)zönS      (urez) 

batiza 

Irum. 

mliez 

— 

—          (oriz) 

boteza 

lACEO  — 

ADIUTO 

DEOSUM  *GIURUS  (§  29) 

Drum. 

zak       — 

azut 

zos 

zur 

Arum. 

dzak     — 

adzutu 

— 

dzur 

Mgl. 

zak       — 

zut 

zos 

zur 

Irum. 

Zok       — 

azut 

zos 

— 

lOCOR      lURATUS 

imiPBRUS 

— 

GENER 

Drum. 

Zok 

zurät 

zineapän 

— 

dzinere 

Arum. 

dzoku 

dzurat 

— 

— 

dzinere 

Mgl. 

Zok 

zurät 

— 

— 

ziniri 

Irum. 

zok 

zurät 

— 

— 

ziner 

DIGITUS 

SAGITTA 

GINGIVA 

ARGENTÜM 

Drum. 

dedzet 

sädzeata 

dzindzie 

ardzint 

Arum. 

dzeadzet 

— 

dzindzie 

— 

Mgl. 

zeizit 

— 

— 

arzint 

Irum. 

zözet 

— 

zinzire(?) 

arzint(?) 

Außer  botez  \md  dem  vielleicht  nicht  erbwörtlichem 
urez  kommt  lat  Z  nur  noch  im  Suffix  -IZO  >  -ez  arum. 
-edzu,  mgl.  -es  « -ez),  vor,  also  nur  nach  dem  Tone,  oder 
vortonig  vor  a.  Für  i  haben  wir  dagegen  viele  Beispiele: 
locus  >  Joe,  mgl.  zok,  irum.  zok  „Spiel«,  lOVIS  (DIES) 
joi,  arum.  dzoi(a),  mgl.  zoi  „Donnerstag",  lUDICEM  >  alt- 
drum.  judece  „Richter",  lüDICIUM  §  21,  lUDICO  >  judec 
arum.  dzudek,  mgl.  zudik  irum.  zudek  „richte",  lUGULUM 
>  junghiü  „Seitenstechen",  lUGULO  >  injunghiü,  mgl. 
zunglu  „ersteche",  lUGUM  >  jug,  mgl.  zug,  irum.  zug 
„Joch",  arum.  dzug  „Gebirgskamm",  IUNIPERUS>jneapän, 


—    73     —  §36. 

arum.  dzuneapine  „Wacholder",  IUNICEM>>juiiice  „Färse", 
*IUNICEA§21,  *roNICA>juninc5  „Färse",  lURAMEN- 
TÜM>jurämlnt,  mgL  zurämint  „Schwur",  IURO>jtir 
(Injur,  sperJTir),  mgl.  zur  (anzur,  prezur),  irum.  zur, 
nJ[VE]NCÜS  >  junc,  arum.  d2ungu,  mgL  zunk,  irum. 
zungu  „junger  Ochs,  juuger  Bär",  IU[VE]NIS  >  june,  arum. 
dzone,  mgl.  zuni,  irum.  zure. 

§  36.  Zwischen  Vokalen  kommt  i  nur  in  den  zwei  Bei- 
spielen lEIUNO  >>  ajun,  arum.  adzunu,  mgL  zun  „faste" 
und  EIECTO  >  aiept  „werfe,  richte  auf"  vor.  Wir  sehen 
daraus,  daß  zwischen  zwei  E  das  i  geblieben  ist,  vor  anderen 
Vokalen  di^egen  wie  anlautend  behandelt  wurde. 

Alim.  Anderer  Meinung  ist  Candrea-Hecht  (Les  elements 
latins  de  la  langue  roumaine.  Paris  1902.  S.  40 — 41).  Er  ninmit 
an,  daß  die  Gruppen  IE,  II  als  solche  bleiben,  oder  zu  E,  I 
kontrahiert,  wogegen  10,  IXJ  über  Di  zu  (d)z  wurden.  Für  den 
ersten  Fall  bringt  er  folgende  Beispiele:  *IINUPERUS  (Metar 
these  aus  lUNIPERUS)  >  lenupär,  *TREIICERE  (=  TRA- 
ICERE)>*treiecere>*treecere>trecere,  *TREIECTA 
(=  TRAIECTA)  >  *treiepta;  *treepta  >  treaptS.  Der- 
selbe Verfasser  führt  noch  (Romania  XXXI,  296  ff.)  den  Fall 
ADIECTO  >•  aiept  „werfen,  aufrichten"  (während  aiept 
„anlocken"  <  *ALLECTO)  an.  Alle  seine  Beispiele  sind 
schlecht  gewählt.  lenupär  ist  nicht  volkstümlich,  sondern 
Buchwort.  Wir  wissen  dies  bestimmt,  da  sich  lUNIPERUS 
unter  Weigands  Normalwörtem  (Nr.  46)  findet.  Wir  sehen 
aber  daselbst  nur  die  Reflexe  zureapär,  zuneapän  (arum. 
dzuneapine)  <  lUNIPERUS  und  zireapän,  zin(e)apän, 
zireapine  <  IINIPERUS  (Appendix  Probi  197)  —  die  syn- 
kopierten Formen:  zneapän  etc.  beruhen  wohl  auf  zuneapän 
—  und  nirgends  lenupär.  TRAIICERE  (oder  gar  *treiicere) 
hat  nie  im  Volkslatein  existiert,  sondern  dies  ist  nur  eine 
etymologisierende  Schreibung  für  TRAICERE  (Meyer-Lübke: 
Rom.  Gram.  I  §  293),  dessen  AI  (gesprochen  JE,  wie  deutsch 
„klein",  gesprochen  „klaen"),  wie  wir  gerade  durch  rum.  trec 
urteilen  können,  mit  M  in  C^LUM  etc.  zu  f  zusammenfieL 
Dasselbe  gilt  von  TRAIECTA  >  treaptä.  Es  wäre  auch 
lEIUNIUM  anzuführen,  doch  dieses  ist  ein  Fall  „sui  generis" 


§37.  _     74     - 

denn  das  erste  i  fiel  darch  Dissimilation:  ^EIUNIÜM  >•  ajun 
(span.  ayunar,  alb.  agänoj.  Diese  Erklärung  dünkt  mir  wahr- 
scheinlicher als  die  Aimahme  eines  *ADIUNABE,  G.  Meyer: 
Alb.  Wörtb.  4,  0.  Densusiana  Eist  langue  roum.  168).  Daher 
ist  aiept  nicht  von  ADIEGTO,  welches  nur  *adzept  hätte 
ergeben  können,  sondern  von  EIECTO  abzuleiten. 

Der  Monatsname  maiü  (arunL  maiu,  mgl.  maiü,  irunu 
mal)  ist  nicht  der  Fortsetzer  des  lat.  MAIÜS,  sondern  ein 
auf  der  ganzen  Balkanhalbinsel  verbreitetes  lat  Bachwort  (alb. 
mal,  kroai  mai,  aksL  mai).  —  Dunkel  ist  der  Ursprung  des 
Wortes  batjocurä  „Spott",  das  man  als  bat  +  joc  +  urä 
empfindet,  daher  statt  des  davon  abgeleiteten  batjocuresc 
auch  Imi  bat  joc  (de  cineva)  durch  Volksetymologie  ent- 
standen ist  (Das  Wort  muß  auch  im  Arum.  existiert  haben, 
wo  man  heute  mi  batu  pezu  ku  tsineva  sagt  Pezu  stammt 
aus  griech.  ytciC^to  „jouer,  badiner".)  Wenn  das  Wort  wirk- 
lich aus  bat  +  joc  +  urä  bestehen  würde,  wogegen  auch  der 
Sinn  spricht,  wurde  nach  den  Gesetzen  der  runL  Komposition 
nur  ein  "'jocbaturä  bestehen  können  (vgL  minä-|terg-ura, 
codo-bat-ura,  cap-intort-urä  etc.,  ital.  latti-vend-olo,  terre-muot- 
olo  vgl.  Meyer-Lübke,  Bom.  Gram.  II  §  430).  Cihac  trennte 
daher  auch  mit  gutem  Grunde  batjocurä  von  den  lat  Ele- 
menten des  Rumänischen  und  suchte  dessen  Ursprung  in 
griech.  ßayvgl^a)  „beschimpfen,  beleidigen*^  (11,  638),  ohne 
damit  freilich  das  .Sichtige  getroffen  zu  haben.  Ich  glaube, 
daß  man  batjocurä,  richtiger  bajocurä,  nicht  von  den  ety- 
mologisch dunkeln  itaL  bajucca,  bajucola,  badzzecola 
„bagateUa'',  Sillano  bazula,  Lucca  badzora  „tafferia^  trennen 
kann*  Vielleicht  gehört  aber  bajocurä  zu  sard.  (log.  camp. 
galL)  bajoccu  „einäugig,  schielend*'  (vgl  rum.  cacaghios 
„komisch**  <C  türk.  kara  göz  „schwarzäugig**).  Jeden&lls 
scheint  dz  auf  ein  i  zurüclaugehen. 

§  37.  Aus  den  bisher  angeführten  Beispielen  fftr  die  Be- 
handlung von  Dj^,  Gl  und  i  ersieht  man,  daß  die  Resultate 
dz  und  dz  auf  einem  großen  Teil  des  Gebietes  zu  z  und  z 
weiter  geschritten  sind.  Es  soll  hier  in  großen  Zügen  die 
Verteilung  von  dz  und  z  (dz  und  z)  besprochen  werden.  Im 
Aromunischen,  von  vereinzelten  Fallen  wie  azä  neben  adz 
abgesehen,  kommt  nur  dz  und  dz  vor.    Im  Meglen  ist  z  die 


—    75     —  §37. 

Begel,  dagegen  findet  man  dz  neben  z,  und  zwar  so,  daß  man 
den  Ghrond  dieser  Verteilung  nicht  ersehen  kann,  da  Weigands 
und  Papahagis  Angaben  sich  widersprechen  (Papahagi  üordz 
S.  127,  Weigand  ors,  orzu  S.  15).  Wahrscheinlich  liegen  dialek- 
tische Verschiedenheiten  vor.  Im  Istrorumänischen  findet  man 
nur  z,  z  und  z  (aber  dzindzir^  Gärtner  768,  gegen  zinzir^ 
Nanu  II).  Im  heutigen  Dakorumänischen  läSt  sidi  die  Ver- 
teilung von  dz,  di  und  z,  i^  an  folgenden  Normalwörtem  in 
Weigands  Dialektforschungen  verfolgen:  orz  (Nr.  4),  deget 
(Nr.  25),  geanÄ  (Nr.  25),  genuchiä  (Nr.31),  jneapän  (Nr.  46), 
june  (Nr.  64),  Dumnezeu  (Nr.  68),  jur  (Nr. 68b),  joi  (Nr.  76), 
zece  (Nr.  89 — 99).  Wir  ersehen  aus  seinen  Au&eichnungen 
folgendes: 

1.  lai  i-  (june,  jof,  jur,  jneapän)  >•  a)  dz  nur  in  Mar- 
marosch  (Theißgebiet)  und  in  einigen  Gebirgsdorfem  der 
Moldau,  sonst  überall;  b)  z  (z). 

2.  lai  G£  (deget,  geanft,  genunchiü)  >>  a)  dz  Südosten 
von  Siebenbürgen  (Räsinar  bis  Miercurea,  im  Olttal,  im  Eokkel- 
und  Burzental),  in  der  Ghroßen  Walachei,  Dobrudscha  und 
einigen  angrenzenden  Teilen  der  Moldau;  —  b)  z  (z)  im  Banat, 
Nord-  und  Westsiebenbürgen,  Ungarn  bis  zum  Marmarosch- 
gebiet  und  in  der  Moldau. 

3.  lai  Di  (orz)  >-  a)  dz  im  ganzen  Banat,  im  Gebiete 
der  großen  Samosch  imd  der  Theiß  und  fast  in  der  ganzen 
Moldau;  —  b)  z  hat  dagegen  die  Große  Walachei,  Sieben- 
bürgen und  Ungarn. 

4.  lai  DI,  DE  (dumnezeu,  zece)  wie  lai  Di. 

Wir  müssen  uns  mit  diesem  Bilde,  welches  nur  in  großen 
Umrissen  gezeichnet  ist,  begnügen;  auf  Einzelheiten  einzugehen 
ist  hier  nicht  der  Ori  Wir  sehen  aber  daraus,  daß  das  dz- 
und  das  dz- Gebiet  nicht  zusanmienf allen,  sondern  daß  das 
letztere  größer  isi  Im  dz- Gebiete  selbst  sind  gewisse  Wörter 
weiter  verbreitet  als  andere  (wie  z.  B.  dunmezeu,  das  durch 
die  Eörche  die  literarische  Aussprache  auch  im  dz- Gebiet 
behält);  am  besten  ist  das  dz  im  Auslaut,  wo  es  als  stimm- 
lose Lenis  ausgesprochen  wird,  erhalten.    Ein  einziger  Blick 


§3a  _    76    ^ 

anf  die  heutigen  Yerhältnisse  lehrt  uns,  daß  das  dz  (dz)- 
Gebiet  zusehends  kleiner  wird.  Wir  haben  aber  vorläufig 
auch  nicht  die  geringsten  Anzeichen,  welche  uns  gestatten 
würden  daraufhin  auf  die  Zeit  der  Trennung  der  Dialekte 
Schlüsse  zu  ziehen.  Es  ist  sicher,  daß  im  ürrumänischen  noch 
allgemein  der  Verschluß  artikuliert  wurde.  Erst  nach  der 
Trennung  des  Aromunischen  begann  das  d-EIement  schwächer 
zu  werden.  In  diesem  Stadium  der  Sprache  mag  sich  das 
Meglenitische  abgesondert  haben.  Was  das  Istrische  betrifit, 
so  scheint  es  zu  einem  z-,  z-Gebiete  des  Dakorumänischen 
gehört  zu  haben. 

Vom  Alt(dako)rumänischen  müssen  wir  hier  ganz  absehen, 
denn  das  Verhältnis  des  dz  (dz)  zu  z  (z)  zeigen,  hieße  eine 
Abhandlung  für  sich  und  zwar  literarhistorischer  Natur 
schreiben.  Es  genügt  das  Schwanken  der  z  und  dz- Formen 
in  Coresis  verschiedenen  Werken  zu  sehen,  um  zu  begreifen, 
daß  bevor  jeder  Schluß  auf  die  Verbreitung  von  dz  und  z 
gestattet  ist,  zuerst  festgestellt  werden  muß,  was  unter  den 
alten  Texten  Originalwerk  und  was  abgeschrieben  ist,  —  eine 
Aufgabe  die  nur  durch  Spezialuntersuchungen  zu  losen  ist 
Aber  schon  bei  einem  flüchtigen  Blick  gewinnt  man  die 
Überzeugung,  daß  das  dz  (dz) -Gebiet  vor  300 — 400  Jahren 
größer  war  als  heute. 


n.  Absclmitt:  Albanesisch. 

§  38.  Das  Albanesische  zeigt  viele  gemeinsame  Züge  mit 
dem  Sardischen.  Die  Latinisierung  der  illjrischen  Küste  be- 
ginnt, wie  diejenige  Sardiniens,  in  einer  sehr  frühen  Periode, 
begegnet  aber  einem  ebenso  hartnäckigen  Stamme,  wie  auf 
der  Insel  des  mittelländischen  Meeres.  Die  römische  Politik 
wendet  gegen  Ende  der  republikanischen  Zeit  ihre  Tätigkeit 
dem  Norden  tuid  Westen  zu,  so  daß  die  auch  sonst  undank- 
bare illyrische  Küste  von  einer  gänzlichen  Romanisierung  be- 
wahrt wurde  und  ihre  Bewohner  die  Sprache  ihrer  Vorfahren 


—    77    — 


f39. 


behalten  konnten,  ohne  jedoch  einer  starken  Einmischung  von 
romanischen  Elementen  entgehen  zu  können.  Daraus  erklärt 
sich  das  Altertümliche  in  dem  Lautstand  des  rom.  Elementes 
des  Albanesischen,  das  sich  gerade  in  der  Behandlung  der 
uns  interessierenden  Lautgruppen  zeigt 

Anili.  Unser  Zweck  kann  es  nicht  sein,  das  Älbanesische 
mehr  als  anhangsweise  und  mehr  als  es  gerade  zum  Verständ- 
nis der  übrigen  romanischen  Sprachen  notig  ist,  zu  behandeln. 
Mein  gesamtes  Material  entstammt  dem  Etymologischen  Wörter- 
buch der  albanesischen  Sprache  von  Gfustav  Meyer  (Straßburg 
1891)  und  dem  Artikel:  Die  lateinischen  Elemente  im  Alba- 
nesischen, von  demselben  Verfasser,  in  Gröbers  Grundriß  der 
rom.  Philologie  I,  804 — 821.  Ich  hätte  gerne  in  diesem  Ab- 
schnitte auch  das  Vegliotische  behandelt,  welches  wie  das 
Älbanesische  und  Logudoresische  ke  nicht  af&ziert,  aber,  da 
Bartolis  üntersuchimgen  noch  nicht  erschienen  sind  und  auf 
lyes  Angaben  (Arch.  glott  itaL  IX,  115  ff.)  nicht  viel  zu  bauen 
ist,  mußte  ich  davon  leider  absehen. 

§  39.  Ti,  Di  werden  in  allen  Dialekten  und  in  allen 
Stellungen  zu  (t)s,  (d)z,  dagegen  erscheint  k,  g  für  Ei  und 
6i,  und  mit  dem  letzten  übereinstimmend  für  lat.  i.  Si  wird 
zu  §: 

PUTEÜS      PETIA      RATIONE      SCORTEA      ♦CAPTIO 
pus  pesg  arsue  §korsa  kaps-oi 

♦STRINCTIO 
ätrgnts-on 
MEDIUS    RADIA    GAUDIUM 
mjez  (ditä)      rez§       gas  (art  gazi) 
SOCIUS    SOCIA    FACIES 

sok  soke  fake 

ELEGIUM    lUDICEM    *EIUNO    PERIURO 
lige  güK  aggn-oi       pgrggr-oi 

CAMISIA    BESTIA    PHASEOLUS 
k§mi§g  biäg  fra§ul§ 

Weitere  Beispiele:  Ti:  LUTEUM  >  lutsg  „Schmutz", 
IN-VITIO>m§s-oi  „lehre",  *ITIO  (=  ito)  >  ets-gi  „gehe", 


§39.  _    78     — 

PATIO,  -*1ABE  >  p§s-on  „leide«,  *PETIO  (—  peto)>pües 
„frage",  SERVITIUM  >  ögrbes  „Dienst",  VITIUM  >  ves 
„FeUer«,  Suffix  -ITIES,  -ITIA  >  -es^  (Beispiele  in  G.  Meyer: 
Albanesische  Studien  I,  81,  H,  48);  *CURTIO  >  kur(t)8.ei 
„schone"  (vgl.  §  20),  MARTIUS  >  mars,  *MEIiL[I]TIO  « 
mellitus)  >  mg Its-on  „mache  süß",  NTJPTLE^nuse  „Neu- 
vermählte" (§  20  Anm.).  —  Di:  MERIDIO  >  m§rdz-en  „halte 
Mittagsruhe",  GAUDIO  >  g§zöi  „freue  mich",  INVIDIO  > 
mdz-oi  „grolle,  hasse", SPODIUM^Spuzg  „glühende  Asche** 
(vgl.  §  24  Anm.),  *TRANSMEDIO>tram§z-oi  „knete,  werfe 
untereinander"  (vgl.  ital.  tramezzare  „dazwischen  legen");  — 
Ki:  ERICIUS>iriK  „Igel",  *VIRIDACEUS>verdaK  „gelb- 
Uch",  *COCCEUS  (=  coccinus)  >  kuK  „rot"  (ital.  cocco);  - 
Gi  — ;  i:  lüDICO  >  guk-on  „richte",  lUNCTURA  >  güm- 
tür§  „Gelenk",  lUD^üS  >  gudl;  —  Si:  ECCLESIA  >  Miߧ. 

Anm.  Ti:  palas  „Palast"  und  wahrscheinlich  auch  pglas 
„dass."  stanmit  aus  itaL  palazzo  (vgl  tas  <[  tazza,  dgrasg  < 
terazza  etc.);  —  Ei:  Aus  dem  Plural  §oK  hat  man  nach  mik 
<  AMICUS,  mik  <  AMICI  einen  Singular  Sok  gebUdei 
Ebenso  ist  lak  „Schlinge"  zu  beurteilen.  Ein  vorronu  *SOCUS, 
*LAQUUS  anzunehmen,  wie  G.  Meyer,  ist  unnötig.  Kumerk 
(krumek)  „Zoll"  stammt  eher  aus  griech.  xovfie^i  „dass.",  ab 
aus  lat.  COMMERCIIJM.  Dasselbe  gilt  auch  für  spanak 
„Spinat"  (=  ngriech.  cxavaxi  nicht  lat.  SPINACEUM,  wie 
s  nicht  §  zeigt).  Ich  glaube  nicht  an  G.  Meyers  Etymologie 
(Alb.  Wörtb.  49)  *BRACfflüLE  (für  BRACHIALE,  vgl  itaL 
grembiule  und  grembiale)  >  *br§kül  >  *brfhül  > 
*brhül  >  brttl  „Ellenbogen",  mit  der  Nebenform  bru(t)8. 
Es  gibt  im  Alb.  zwei  Fälle  die  nach  §  29  zu  beurteilen  sind: 
CYMA  und  CYPRUM  wurden  über  *kiuma,  *kiupru  zu 
alb.  küm  (auch  kim)  „Art  Geschwür"  und  kiprg  (könnte 
auch  *CIPRUM  sein)  „Kupfer";  —  Di:  Djal  „Teufel"  < 
DIABOLXJS  ist  ein  Beweis  für  das  hohe  Alter  der  Affizierung 
des  Di.  Es  gehört  zu  jener  Gruppe  von  Wörtern,  die  mit 
der  Verbreitung  des  Chnstentums  in  die  Volkssprache  drang. 
Während  das  intervokalische  b,  wie  in  allen  rom.  Elementen 
des  Alb.  schwindet,  kann  die  Gruppe  dia  in  DIABOLTJS  nicht 
mehr  mit  dem  schon  affizierten  iJteren  dia  zusammenfidlen. 


—    79    —  §39. 

Dasselbe  gilt  von  CHRISTIANUS  >  gärSten  gegenüber 
älterem  BESTIA  >  *BESSIA  (§  33)  >  biSa  „Dachs,  wüdes 
Tier**  (vgl  ital.  biscia  „Schlange**,  com.  lad.  beSa  „Schaf"). 
Dagegen  zeigt  ECCLESIA  und  lUDiEUS,  die  zu  derselben 
Wortfamilie  gehören,  daß  Sj  und  i  erst  nach  der  Einfahrung 
des  Christentums  begannen  aflfiziert  zu  werden,  da  sie  ebenso 
zu  KiSe  und  gud£  wurden,  wie  altes  Si  und  i  >  §,  g.  —  Gi: 
über  ELEGIÜM  statt  ELOGIUM  TgL  Alb.  Wörtb.  245.  Die 
Gruppe  ng<  ngi  wurde  zu  n:  AXUNGIA  >  u§un  §  „Schweine- 
speck**, aus  *u§ungg.  Diese  Form  des  skutarischen  Dialektes 
ist  die  lautgerecdite  (u  statt  a  durch  Assimilation,  oder  wie 
rum.  osin(d)zä  zu  beurteilen)  und  nicht  die  südalbanesische 
a§üng  „Fett  um  die  Nieren",  welche  dem  ngriech.  dgovyyi 
entlehnt  ist  Auf  dieselbe  Weise  ist  aus  *RADTCIA  (von 
BADIX)  nach  der  Einfahrung  des  Nasals  (wie  in  penge  <[ 
PEDICA)  >  *r§nKg  >  *r§n|§  (nk  >  ng)  >  rgng  „Wurzel" 
(mit  anderen  SufBxen  r^z^,  rgdzim,  woraus  rum.  razSm) 
und  scutarisch  ninoi  „faste"  <<  *nggnoi,  aus  aggnoi  «[ 
lEIUNARE)  mit  Prftfixvertauschung  (in-  statt  a-).  Aus 
SANGUISUGIA  (Acro  zu  Horaz  Art  poet  476  statt  SANGU- 
ISUGA),  nach  der  Einstellung  des  Nasals  (^sanguisungia) 
entstand  §u§une  „Blutegel".  Spüzg  „Schwanam"  kann  däer 
nicht  aus  SPONGIA  (GrundriB  816)  stammen,  sondern  geht 
auf  venez.  sponza  zurück  (Alb.  Wörtb.  415).  Der  Wandel 
von  n^  ;>  n  ist  aber  erst  auf  albanesischem  Boden  vollzogen 
worden,  wie  dies  aus  IN  +  GLIS  >  *nglit  >  ngit  >  nit 
„klebe"  erhellt  —  Im  §  36  Arnn.  ist  gezeigt  worden,  daß  rum. 
ajuna  <  lEIUNARE,  eine  Mittelstufe  *EIUNARE  voraus- 
setzt Dasselbe  gilt  auch  für  das  Albanesische,  wo  ein  *ADIU- 
NABE  (Alb.  Wörtb.  4)  zu  *a(d)z§n-oi  geworden  wäre.  Daß 
der  Übergang  von  i  !>  g  relativ  spät  ist,  beweisen,  außer  dem 
oben  erwähnten  gudi  noch  geig  „Speise"  <C  serbisch  jelo 
und  giri  „Sippsdiaft"  aus  einem  lat  '^'lENEA  (itaL  genfa 
„Gezücht,  Gesindel",  cal.  ienfa,  sie.  iinfa,  altspan.  ginea 
„Geschlecht")  •<griech.  yevia,  als  dieses  schon  *ienea  lautete. 
Für  güm§s  „Hälfte"  setzt  G.  Meyer  (Alb.  Wörtb.  143)  fol- 
gende Entwickelung  voraus:  griech.  6  ^fiiövg  ro  rjiALöv  wurden, 
nachdem  sich  ein  Gleitlaut  eingeschlichen  hatte,  zu  o  iimisis, 
to  iimisi,  woraus  gümgs  etc.  Derselbe  Verfasser  nimmt 
(Alb.  Studien  11  63)  eine  Entwickelung  von  lat  *DIMETATEM 


§40.  —     80     — 

statt  DIMIDIETATEM  an,  welche  ebenso  unwahrscheinlich 
ist  Über  alb.  mai  <  lai  MAIÜS  gilt  das  im  §  36  Anm. 
gesagte.  —  Für  die  Behandlung  von  Si  kann  man  noch  Kersi 
„Kirsche",  KerSuer  „Juni"  (rum.  ciresar,  altneap.  Ion  cere- 
siaro  „Juni"),  welche  auf  CERASIUS  beruhen,  anfuhren. 
Graäa  „Lebensmittel"  kann  '^'GRASSIA,  aber  auch  itaL  gra- 
scia  oder  serb.  grasa  sein.  Aus  dem  Südital.  stammt  auch 
kag  „Kasten".  Po§t§  „unter,  nieder"  ist  nicht  POSTEA 
(Grundriß  817),  sondern  *POSTE  (Alb.  Wörtb.  349),  wahrend 
perpo6,  rgpofi  „unter(halb)"  auf  POSTEA  beruhen.  Fkolf 
„Zopf  gehechelten  Flachses"  kann  nicht  FASCIOLA  sein  (ygL 
Alb.  Wörtb.  107).  Da  wir  keine  alten  alb.  Texte  besitzen,  läßt 
sich  nicht  entscheiden,  ob  lat  Si  direkt  zu  §  wurde,  oder  ob 
es  zuerst  zu  s  und  dann  mit  dem  alten  S  zu  §  sich  entwickelte. 

§  40.  Ke,  Ki,  Ge,  Gi  werden  im  Alb.  zu  ke,  ki,  ge,  gi 
z.B.  VICINÜS  >  fkin,  CEPA  >  kep§,  CiELUM  >  kiel, 
CRUCEM  >  kruk,  CIV(I)TATEM  >  kütet,  GREGEM  > 
grige,  GEMO  >  gem-oi,  ARGENTÜM  >  f  rg§nt,  GEN- 
TEM  >•  ginde  etc.  Im  Dialekt  von  Skutari  wird  sowohl 
dieses,  als  auch  das  im  vorigen  §  behandelte  k,  g  zu  tS,  dz: 
SOCIUS  >  Südalb.  §ok  und  sok  (§  39  Anm.)  scui  §ot§  und 
Sok,  dretfi  <  *DRACI,  ardzant  <  ARGENTÜM,  tsüm  < 
CYMA,  ledziroi  zu  ELEGIUM,  Sdzet  <  SAGITTA,  dzükoi 
<  lUDICO,  dzümtür  <  lUNCTüRA  etc.  Ebenso  wird  auch 
illyrisches  k,  g  behandelt:  *gianio  >  dza-i§  „Jagd"  (süd- 
alb.  ga)  etc.  Dieser  Übergang  ist  aber  verhältnismäßig  jung 
und  wird  auch  von  neuen  Entlehnungen  mii^emacht:  ngriech. 
xaXafutoxi  >•  südalb.  kalambok,  scut.  kalamotS  „Mais'', 
xig)aXog  >  südalb.  kefgl,  scut  täeful,  türk.  kehribar  >> 
südalb.  kehribar,  scui  täelibar  „Bernstein",  türk.  leke  > 
südalb.  leke,  scut.  letse,  türk.  goks  ]>  südalb.  goks,  scui. 
dzü(k)s  „Brust",  türk.  kötrüm  >•  südalb.  gütrüm,  scut^ 
dzütürüm,  serb.  jelo  >>  südalb.  gelf,  scui  dzel-it,  serb. 
djakon]>*gakua]>scut.  dzakue  „Geistlicher",  serb.  medja 
>  skui  medza  „Grenze"  etc. 

Man  ist  geneigt  zu  glauben,  daß  ki,  gi  dieselben  Schick- 
sale hatten  wie  ke,  ki,  ge,  gi    Das  ist  aber  nicht  der  Fall 


—     81     —  §41. 

und  es  laßt  sich  mit  Sicherheit  sagen,  dzß  er  Übergang  der 
letzteren  Gruppen  zu  Ke,  Mi,  ge,  gi  relativ  jung  ist  Dies 
wird  dadurch  bewiesen,  daß,  gerade  wie  im  Bum.,  auch  QUE 
QUI,  6UE,  OUI,  nach  Verlust  des  labialen  Elementes,  also 
erst  auf  albanesischen  Boden  zu  ke,  Mi,  ge,  gi  werden: 
QUI>1£§,  QUIETUS  — Ket  „beruhige",  ANGÜILLA> 
ngalg.  Femer  wirkt  auch  sekundäres,  aus  a  entstandenes  e 
auf  K  in  derselben  Weise:  CAPER>kep§r,  POLLICARIS 
>•  pulker  „Ballen  des  Daumens",  CARRÜS  >  kef  §  etc., 
sogar  griechisches  xe,  xi  wird  zu  ke,  ki :  xiatphi  >>  kafet, 
xaXvTua  >-  karike  etc.,  dagegen  scheint  vortonig  lat  ke,  ki 
unaffiziert  geblieben  zu  sein:  CIRCARE  >-  k§rk-öi. 

Anm.  In  mg  <<  magis,  kre§mg  <[  quadragesima  ist  der 
Schwund  desg  Torromanisch.  Alb.  kuk  „töricht,  ungeschickt" 
beweist,  daß  dem  ital.  ciucco,  kaL  t§iut§Su  „Esel,  töricht, 
albern"  ein  Wort  mit  k-  im  Anlaut  zu  gründe  liegt;  daher 
ist  es  von  sciocco  zu  trennen. 


IIL  Abschnitt:  Sardisch. 

§  41.  Ich  behandle  das  Sardische  nicht  nach,  sondern 
vor  dem  Italienischen,  weil  es  in  vielen  Punkten  mit  dem 
Rumänischen  und  Albanesischen  übereinstimmt  In  anderen 
neigt  es  sich  freilich  zum  Italienischen,  aber  gerade  dadurch 
schien  mir  seine  Einreihung  an  dieser  Stelle  zweckmäßig. 
Mit  dem  Rumänischen  stimmt  es  darin  überein,  daß  Ki  und 
Ti  einerseits,  Di  und  Gi  andererseits  dieselben  Wege  gehen. 
Mit  dem  Albanesischen  hat  das  Logudoresische  die  Nicht- 
affizierung  des  ke,  ki,  ge,  gi  gemein.  Dagegen  ist,  zum 
Unterschiede  vom  Rumänischen  und  in  Übereinstimmung  mit 
dem  Italienischen,  der  Wortakzent  ohne  Einfluß  und  nur  die 
Umgebung  auf  die  i- Gruppe  von  Belang  und  der  Parallelismus 
zwischen  Ti,  Ki  und  Di,  Gi  hört  auf  (vgl.  §  5  Anm.).  —  Das 
Nordsardische  oder  Galluresische,  da  es  mehr  die  Schicksale 
des  Mittelitalienischen  teilt,  kann  erst  im  folgenden  Abschnitt 

Weigand,  ii.  Jahresbericht.  6 


§42.  _    82    — 

(zusammen  mit  dem  Korsischen)  behandelt  werden;  daher 
werden  hier  unter  Sardisch  nur  die,  —  allerdings  sehr  yer- 
schiedenen  — drei  Dialekte:  Logudoresisch,  Campidane- 
sisch  und  Sassaresisch  verstuiden. 

Anili.  Über  das  Sardische  sind  wir  noch  ziemlich  dürftig 
unterrichtet  Ich  habe  folgende  Arbeiten  benutzt:  J.  Ispanu: 
Vocabolario   sardu-italianu   et   italianu-sardu   (Ealaris  1851). 

—  0.  Hofmann:  Die  logudoresische  und  campidanesische 
Mundart  Diss.  (Marburg  1885).  —  P.  Guarnerio:  Gli  statuti 
della  Republica  sassarese  (Arch.  glotl.  ital.  XIII  Iff.)  —  Ascoli 
(ebend.  11,  133ft).  —  W.  Meyer-Lübke:  Zur  Kenntnis  des 
Altlogudoresischen  (Sitzungsber.  der  Wiener  Ak.  ph.  h.  Klasse. 
Bd,  145  1903).  —  H.  Schuchardt:  Les  modifications  syn- 
taxiques  de  la  consoune  initiale  dans  les  dialectes  de  la  Sar- 
daigne,  du  centre  et  du  sud  de  Tltalie  (Romania  II,  1—30). 

—  P.  Rolla:  Fauna  popolare  sarda  (Casale  1895).  —  Ders.: 
Toponimia  sarda  (Cagliari  1893).  —  Ders.:  Alcune  etimologie 
dei  dialetti  sardi  (Cagliari  1893).  —  Ders.:  Secondo  saggio 
di  un  vocabolario  etimologico  sardo  (Cagliari  1895).  — 
Ders.:  Note  di  dialettologia  e  toponomia  italiana  (Bossano 
1896).  —  Ders.:  Dialettologia  e  toponomia  spicciola  (Nicosia 
1898).  —  Ders.:  Gli  elementi  greci  nei  dialetti  sardi  (Palermo 
1894).  —  Tito  Zanardelli:  Appunti  lessicali  e  toponomastici 
(Oneglia  1900).  —  Für  das  moderne  Sassaresische  kommt  nur 
P.  Guarnerios:  I  dialetti  odiemi  di  Sassari,  della  Gallura 
e  della  Corsica  (Arch.  glott  itaL  XIII,  125—140  XIV,  137  bis 
200,  385—422)  in  Betracht 

Wenn  wir  uns  den  §  2  in  Erinnerung  bringen,  begreifen 
wir  leicht,  warum  gerade  das  Nordsardische  nähere  Verwandt- 
schaft mit  Italien  zeigt:  Der  Hafen  von  Terranova  ist  lange 
Zeit  der  einzige  gewesen,  der  Sardinien  mit  Italien  verband; 
er  konnte  aber,  „an  der  Nordostecke  gelegen,  auf  die  frucht- 
bare Niederung  im  Südwesten  keinen  Eiufluß  ausüben*"  (Niessen : 
Ital.  Landeskunde  I,  354.). 

A.  Tl,  Kl. 

§  42.  Ti  und  Ki  fallen  im  Sardischen  zusammen  und 
werden  in  allen  Stellungen,  ob  vor-  oder  nachtonig,  zu  ts(s). 


—    83    — 


§42. 


Eine  Ausnahme  hierron  bildet  das  Wort  FACIES,  worüber 
90,   dann  das  log.  tt<Ti  und  Ki,  worin  in  §  43f. 


im 


endlich  das  camp.  t§§  <  CTi,  PTi,  vgl.  §  63—64.    Beispiele: 


Kamp. 
Log. 

Sass. 


Kamp. 
Log. 

Sass. 


RETIA      RETIOLUM  TERTIUS  ♦ALTIARE 

—                  tertsu  altsai 

retssolu             tertsu  altsare 
retssa               —                  tetssu 


LINTEA 
lentsa 
lentsa 


»DIBECTIARE 
adderetssai 


♦CAPTIARE 

katssare 
katssä 


BRACHIUM  *BRACfflATA,  *AMURCEA  CALCEA 

Kamp.        bratssu  bratssada  murtsa  kartsa 

Log.  bratssu  bratssada '  murtsa  kaltsa 

Sass.  bratssu  —  —  katsa 

LANCEA 
Kamp.      lantsa 
Log.  lantsa 

Sass.  — 

Weitere  Beispiele:  a)  Kampidanesisch:  lutssu  <C  LU- 
TEUM, preitssa  <  PIGRITIA,  palatssu  <  PALATIUM, 
putssu  <  PUTEUS,  piatssa  <  PLATEA,  strutssu  < 
*STRUTHIUS;  iskabitssai  „enthaupten"  <*EXCAPITLiRE, 
titssoni<TITIONEM;  —  kurtsu  <  *CURTIUS,  fortsa 
<*FORTIA,  fortsäi  <*FORTIARE,  martsu<MARTIUS; 
sentsa  <  ABSENTIA,  sentsu  <  ABSINTHIUM,  kant- 
soni<CANTIONEM,  lentsolu  <  LINTEOLUM,  komin- 
tsai  <  ♦COM[I]NITIARE,  -antsa  <  -ANTIA  (kuiantsa 
„Ehe");  kontäai  „conciare",  stratsai  „stracciare",  sutSäai 
„succiare"  erklären  sich  wie  die  entsprechenden  ital.  Wötem 
nach  §  64.  —  atssa  „Schneide"  <  *ACIA  (für  ACIES), 
ambu(l)ats8a<  ARMORACIA,  fatssu  (Konjunktiv  fatssa, 
-as,   -at  etc.)  <  FACIO,  kotssu  (Koig.  kotssa)  <  ♦COCEO 

6* 


§42.  _     84     — 

(=  coqueo),  latssu  <  *LACEUS  (==  laqueus),  litssu  -<  LI- 
CIXJM,  mustatssu  <  *MUSTACIUM,  sartitssa  „Bratwursf* 

<  SALSICIA,  ritssu  <  EBICIUS,  sotssu  <  SOCIUS,  sits- 
silu  «  *silit88u)  <  *SILICEUS,  -atssu  <  -ACEUS  (bin- 
atssa  ^schlechter  Wein'S  lingu-atssa  „Mundstfick  eines 
Musikinstrumentes",  sedatssu  •<  *SATACEUM,  benatssu 
„Sumpf"  <  *VENACEU  Rolla:  Sea  Sagg.  33)  -itssu  < 
-ICEXJS  (canni-itssu  ^^Hühnerstange",  spedir-itssu  „ver- 
schwenderisch"); atssardzu  <  *ACIAR1UM,  ritssoni  < 
♦ERICIONEM,  corintsolu<*CORNICEOLUMRoUa:  Etim. 
21,  mustitssolu  „vinello"  <  *MUSTICEOLUM,  mustats- 
solu  „pasta  dolce  fatta  con  mosto"  <  *MUSTACEOLUM 
(Dimin.  von  MÜSTACEUM)  Rolla:  Etim.  40;  —  unt8a< 
UNCIA.  *PICCIU  vgl.  §  62,  *MUCCEU  §  61.  Dieser  Zu- 
stand ist  schon  im  esten  alten  Texte,  einer  in  griechischen 
Lettern  geschriebenen  Urkunde  (Blanckard  und  Wechsler  in 
Bibliotheque  de  l'Ecole  des  chartes  Bd.  XXXV,  225  —  257, 
nach  0.  Schulz  aus  „der  zweiten  Hälfte  des  XI.  Jhs."  Zeit- 
schrift für  rom.  Phil.  XVIII,  151),  bewahrt:  :^XaT^ag  13, 
fpar^dvra  (FACIANT)  29,  JtaQT^co  15,  JtaQz^opeig)  10,  15 
(altlog.  parthone)  äfiavC,a  21. 

b)  Logudoresisch:  istrutssu,  kitssu  •<  *CITIXJS;  — 
kurtsu  iskortsa  <  SCORTEA,  iskortsare  <  *EXCOR- 
TEARE,  fortsa,  fortsare,  sentsa,  komintsare,  iskant- 
sare  <  *EXCANTHIARE  Rolla:  See.  Sagg.  76,  katssare 

<  CAPTIARE,  fritssare  <  *FRICTIARE,  ispatssare 
„reinigen",  <  *EXPACTIARE,  istratssare  <  *EXTRAC- 
TIARE,  kontsare  <  *COMPTIARE,  sutssare;  —  atssa 
„Zwirn"  <  ACIA,  atssa  „Mut,  Dreistigkeit"  <  AUDACIA 
latssu,  saltitssa  „Bratwurst'',  tritssa  <  TRICHEA 
mustatssu,  -atssu  <  -ACEUS  (koatssa  „Schwanzende") 
-itssu  <  ICEUS  (ko-itssa  „estremitä"  =  CAÜDA  +  ICEA, 
pron-itssa  „pruno  selvatico"),  -utssu  <  -UCEUS  (kar- 
utssu  „karretto");  mustitssolu,  mustatssolu;  —  tsotssa 
„Gluckhenne"  (tsotssire  „chiocciare"X*CLOCEA,  iskultsu 
..barfuß"  <  *EXCULCIUS,  kaltsare  <  CALCEARE,   kalt- 


—     85     —  §42. 

samento<CALCEAMENTUM,  urt8u<URCEUS,  urtsolu 
<  URCEOLUS,  maltsu  =  ital.  marcio,  untsa,  *PICCIU 
§  62,  *MÜCCEUS  §  61. 

c)  Sassaresisch:  palatasu,  petssu  <C  *PETIUM, 
piatssa,  l9t88u  Jango"  <  *LOTIUM  (vgl.  Zeitschrifk  für 
rom.  Phil.  XX,  486,  Salvioni:  Postille  II);  ihhabetssä  „ent- 
haupten^, satssa  <<  SATIARE,  titssoni;  —  matssa  „forte 
pestare^  (matssura  „martello  di  legno  da  falegname"  ii 
mazzero)  <  *MATTEARE;  foltsa,  maltsa,  kanz9na  < 
CANTIONE,  ihhumentsa  „anfangen",  lintsolu;  —  ritssu, 
f9t8su  <  FACIO,  dzat88u  <  *GLACIU  (=  QLACIES), 
latssu,  minatssa  <]  *MIKACIA,  8ali>it88a  „Bratwurst", 
tretssa,  -atssu  <  -ACEUS  (agratssu  „brusco"  <!  *ACRA- 
CEUS,  rabatssöni  zu  '^'RAPAGEUM,  vinatssu,  siatssu 
„Sieb");  atssola  „Strähn"  <  *ACIOLA,  atssadzzu  < 
*ACIARIUM,  —  tsotssa  (tsotssi)  „Gluckhenne",  katssu- 
ladzzu  <  *CALCE0LAR1US,  ■katss9ni  <  *CALCEONEM 
(katssetta,  katssiggä  abgeleitet  von  kaltsa),  lahhutssa 
„alla  scalza"  <  *EXCULCEUS,  ontsa. 

Anin,  Die  Wörter  PRETIUM  >  log.  p  r  e  i  u ,  sass.  p  r  e  z  u , 
RATIONEM  >  (log.  reione),  kamp.  razoni,  sass.  razoni  (da- 
von arrazuna),STATIONEM>>log.  istaione,  kamp.  stazoni, 
sass.  8taz9ni  erklären  sich  wie  die  entsprechenden  Wörter 
im  Italienischen  (§  11  f.)  oder  sind  direkt  aus  dem  Ital.  ent- 
lehnt Sonst  gibt  es  wenig  Unregelmäßigkeiten:  kamp.  tritsäa 
„Haarflechte"  stammt  aus  der  Schriftsprache,  puntsoni  geht 
auf  *PUNTIONEM  <  *PUNCTIONEM  zurück.  Auffallend 
ist  die  Bedeutung  „sich  erbrechen"  des  Yerbums  katSäai, 
welches  kaum  von  *CAPTIARE  zu  trennen  ist  „Jagen" 
heißt  in  diesem  Dialekte  bogai.  Wahrscheinlich  gehört 
tributssu  „tridente"  zu  TRIFURCIUM.  Das  log.  Suffix 
-esa  (biv.-,  timid.-,  turp.-  etc)  ist  nicht  lat  -ITIA,  sondern 
stammt,  wie  Hofmann  (a.  a.  0.  17)  richtig  erkannt  hat,  aus 
dem  Spanischen.  Sass.  atsSakkä  „acciaccare,  ammaccare", 
atssuppä  „inzupare"  sind  dem  Spanischen,  sass.  affakka 
-vicino",  attattu  „sazio"  dem  Logudoresischen  entlehnt  — 
über  sass.  bambadzi  <  *BAMBACIÜM  vgl.  §  15. 


§§43,44.  _     86     — 

§  43.  Im  heutigen  Logudoresischen  findet  sich  eine  Un- 
regelmäßigkeit. Die  Mehrzahl  der  Beispiele  zeigt  an  Stelle 
von  tss  ein  tt,  lat.  Ti  und  Ki  entsprechend,  so: 

v^Tiv:  puttu  <  PUTEUS,  alabattu  <  LAPATHIÜM, 
palattu,  piatta,  petta  „Fleisch"  <  PETIA  (vgl.  §  19), 
na8truttu<*NASTRUTIUM  (für  nasturtium);  —  tittone  < 
TITIONEM,  attattare  <  *ADSATIARE,  mattulu  <  MAT- 
TEOLUM. 

vKi  v:  atta  „Schneide*^  <  *ACIA  (ftr  acies),  armu- 
rattu,  (e)rittu,  fatto  <  FACIO  (Konj.  fatta,  -as  etc.),  littos 
Plur.  <  LICIUM,  Suffix  -attu  <  -ACEUS  (sedattu  < 
♦S^TACEUM,  abattu  „aqua  miele«  <  *AQÜACEUM  RoUa: 
See.  Saggio  8,  albin.-,  bin.-,  cadre.-  „großer  Sessel*',  kiiin.- 
„aschgrau",  formii-  „unruhig",  limb.-),  -ittu  <  -ICEÜS 
(arabiad-ittu  „zankisch",  cann.-,  palm.-  „Palmenwurzel", 
pensad-  „nachdenkend"),  -uttu  <[  -ÜCEUS  (kedd-utta 
„piccola  aja");  —  attardzu  „Stahl"  <  *ACIARIÜM,  cor- 
rintolu  „cometto"  <  *CORNICEOLUM  ßoUa:  EtymoL  21, 
Tgl.  auch  bravattare  „prahlen".  RTi:  martu,  iscurtone 
♦CÜRTIONEM;  —  RKi:  triuttu  <'^  TRIFÜRCIUM  (vgl 
§  42  Anm.).  —  NTi:  cantone,  attentu  <  ABSINTfflUM, 
lentolu  (aber  lentsa!),  argentolu  (argenthola  Codaghe44) 
<  *ARGENTIOLUM,  —  NKi:  lantare  (aber  lantsal).  LKi: 
cattola  „pianella"  <  *CALCEOLA  RoUa  Secc  Saggio  50. 
CTi:  cattare  „zerdrücken"  <  *COACTIARE  Rolla  DiaL  8. 
PTi:  nuntas  <  NUPTLE  (vgl  §  20  Anm.). 

Anm.  Sementa  geht  auf  SEMENTIS,  nicht  ^SEMEN- 
TIA  (Spano  Terzeichnet  auch  ein  log.  sementsa)  zurück  und 
netta  „Nichte"  stammt  nicht  ausNEPTIA,  sondern,  wie  camp. 
galL  netta  und  die  Schreibung  netta  im  Codaghe  154,  205 
zeigen,  aus  NEPTIS. 

§  44.  Dieser  Zustand  scheint  nicht  alt  zu  sein.  Die 
mittelalterlichen  Texte  kennen  für  Ti,  Ei  in  allen  Stellungen 
nur  ein  einziges  Resultat,  welches  durch  das  Zeichen  th  wieder- 
gegeben wird.    Beispiele: 


—    87    —  §45. 

aus  dem  Statut  Ton  Sa8sari(1316):  Marthu,  capithu  „testa^, 
platha,  lanthare,  fatho  (fathas,  ü^than),  parthat  (parthan)  <[ 
PAßTIO,  pathat  <  PATIO,  fortha,  isforthare,  ispathare,  cal- 
thare,  brathu  (Tgl.  Hofinann  a.  a.  0. 17, 43,  Guarnerio  a.  a.  0. 108). 

aus  dem  Codaghe  di  Silki  (XI. — ^XUL  Jh.):  parthone,  potho 
<^  i'POTEO,  petholu,  cucuthu,  platha,  puthu,  putholu,  capitha, 
capithale,  Iscurthu,  lenthu;  — furrithu<*FORNICHJM,  untha, 
fetho,  atha,  girithola  <  *GYßICEOLA,  Marthane  <  MAR- 
CIANUS,  albinathu,  cotinatha,  Luinathos,  Manutha,  albuthetu 
(vgl  Mejer-Lübke  a.  a.  0.  22). 

§  45.  Über  den  Lautwert  dieses  Zeichens  (th)  ist  yiel  ge- 
stritten worden.  Und  doch  kann  es  gar  nichts  anderes  als 
einen  ts-ähnlichen  Laut  bezeichnet  haben.  Dies  geht  unter 
anderen  aus  folgenden  Erwägungen  hervor:  a)  Die  Buchworter 
lUSTITLA,  OFFICIUM  etc,  ob  sie  aus  dem  Lateinischen,  oder 
aus  der  italienischen  Schriftsprache  entlehnt  worden  sind, 
klangen  in  der  Zeit  unserer  Dokumente  zweifellos  lUSTITSIA^ 
OFFITSIÜM.  Nun  finden  wir  neben  latinisierender  Schrei- 
bungen, wie  sententia,  ispatiu,  officiu,  licencia,  exer- 
ciciu,  condicione,  ordinacione,  venditione,  loca- 
tione  etc.  (ygl.  Guarnerio  a.  a.  0.  108),  die  Schreibungen: 
coniuTanthia,  prethu,  adprethare,  servithu,  nun- 
thare,  altithia,  certithia,  grandithia,  notithia,  iu- 
stithia,  grathia  (Statut),  penetenthia,  pertenenthia, 
Ispethiosa,  iustithia,  Prethiosa  etc.  (Codaghe),  welche 
nur  dann  yerstandlich  sind,  wenn  th  einen  ts-ähnlichen  Laut 
wiedergab.  —  b)  Außerdem  finden  wir  in  Erbwortem,  neben 
th,  auch  die  Schreibung  9  und  s,  welche  sicherlich  einen  ts- 
ähnlichen  Laut  bezeichnen  wollten:  alsare,  impa^are,  ispa- 
(are,  ter^a,  tersu,  bra^u,  confa,  con^are  (Statut);  — 
c)  Da  das  heutige  mutsere  <  MULIERE  im  Statut  schon 
als  müdere  vorkommt,  so  ist  darin  wohl  der  Übergang  von 
Li  >>  ts  zu  erblicken  und  die  anderen  Falle  mit  1  sind  nur 
der  graphischen  Tradition  treu  geblieben.  Neben  mu9ere 
findet  man  im  Statut  auch  muchere,  welche  Form  auch  im 
Codaghe  3  wiederkehrt    Darin  ist  aber  eine  beweiskräftige 


§46.  __    88     — 

^umgekehrte  Schreibung*^  zu  erblicken.  Man  schrieb  nämlich, 
durch  etymologische  Erwägung  veranlaßt,  neben  fathatauch 
fachat  <i  FACIAT.  Da  in  diesem  letzteren  ch  als  ts  ge- 
lesen wurde,  wurde  dieses  Zeichen  auch  auf  muchere  (ge- 
sprochen: mutsere)  übertragen.  —  d)  Th  =  ts  erscheint  auch 
in  Wörtern,  in  welchen  dieses  gar  nicht  auf  ki,  ti  zurückgeht, 
so:  thanca  Codaghe  222  =  spätlai  zanca  (ngriech.  z^ayYa 
aus  pers.  zanga)  u.  a.  ygL  Meyer-Lübke  a.  a.  0.  22. 

§  46.  Das  Zeichen  th  ist  aus  Verlegenheit  gewählt  worden 
und  ist  die  lateinische  Umschreibung  des  griech.  ^,  welches 
damals  schon  die  spirantische  Aussprache  ^  besaß,  was  sich 
„bei  dem  starken  griechischen  Einfluß  in  Sardinien,  der  sich 
auch  darin  äußert,  daß  eine  der  ältesten  Urkunden  bekanntlich 
in  griechischen  Lettern  geschrieben  ist,*'  leicht  erklärt  (ygl. 
Meyer-Lübke  a.  a.  0.  S.  21).  Meyer-Lübke  nimmt  denn  auch 
an,  daß  das  Zeichen  th  den  Lautwert  ^  hatte,  aus  dem  sich 
später  das  moderne  tt  entwickelt  hat,  daß  also  Ti  und  Ki 
über  tss,  ^1>  zu  tt  geworden  sei.  Wie  soll  man  sich  aber 
die  große  Anzahl  der  noch  heute  existierenden  tss -Formen 
(§  42b)  erklären?  Es  geht  doch  nicht  mit  Hofmann  (a.  a.  0. 
S.  44,  110)  anzunehmen,  daß  diese  aus  dem  Eampidanesischen 
oder  aus  dem  Süditalienischen  entlehnt  seien,  da  Wörter  wie 
kitssu,  iskultsu  diesen  Dialekten  fremd  sind.  Außerdem 
sind  diese  „frühe  Entlehnungen^  in  den  alten  Texten  durchaus 
nicht,  wie  Hofmann  meint,  nur  durch  z  (9,  s),  nie  durch  th 
wiedergegeben,  da  man  z.  B.  das  heutige  bratssu  in  dem 
Statut  als  brathu  wiederfindet.  Eine  Lautregel,  nach  welcher 
die  doppelte  Entwickelung  erklärbar  sei,  läßt  sich  auch  nicht 
aufstellen:  lentsa,  lantsa  neben  lentolu,  lantare  ließe  auf 
eine  Wirkang  des  Akzentes  schließen,  aber  fortsare,  punt- 
sone  einerseits,  puttu,  martu  andererseits  sprechen  ent- 
schieden dagegen.  Die  gleiche  Erfahrung  macht  man,  wenn 
man  den  Grund  des  Zwiespalts  in  den  umgebenden  Lauten 
suchi  Es  ist  daher  wahrscheinlich,  daß  die  tss  und  die  tt 
Formen,  die  man  in  den  Wörterbüchern  findet,  aus  zwei  ver- 
schiedenen Mundarten  des  Logudoresischen  stammen,   deren 


—     89     —  §46. 

eine  allein  in  den  alten  Texten  vertreten  ist.  Damit  soll  auch 
die  neuerdings  erschienenen  Angaben  des  Sarden  Campu  über- 
einstimmen. Ich  konnte  leider  diese  Schrift  nicht  zu  Gesicht 
bekommen. 

Anm«  Da  im  Logudoresischen  auch  ein  ts,  welches  nicht 
auf  Ei  und  T^  beruht  in  einigen  Fallen  als  t  erscheint  (log. 
tukkaru  =  ital.  zucchero,  sass.  tramatssi  „Matratze*'  = 
log.  tramatta,  camp,  tsugu,  tsurpu  =  log.  tugu,  turpu, 
ital.  zafferano,  zio,  zanzara  «  TSINTSALA  C.  Gl.  V, 
526,  l)  =  log.  tio  „Onkel",  tafferanu,  tintula)  wird  man 
zu  folgender  Erklärung  geleitet:  Das  th  der  alten  Texte  hat 
den  Laut  wert  ts  und  die  heutigen  tss- Formen  sind  dessen 
Fortsetzer.  Da  nun  der  log.  Artikel  su,  sa,  sus,  sas  lautet, 
trat  in  einem  Falle  wie  sos  *putssos  „die  Brunnen"  eine 
Dissimilation  sos  puttos  ein,  dagegen  blieb  das  tss  in  der 
Verbindung  unu  latssu.  Nun  trat  Ausgleichung  ein  und 
man  sagte  auch  unu  puttu  und  sos  latssos.  (Die  Dissi- 
milation ts — s>t  —  s  scheint  auch  in  folgenden  Fällen  statt- 
gefunden zu  haben:  log.  saltitssa  (aber  auch  camp,  sartitssu) 
<!salsitssa  (vgl.  log.  saltiare,  camp,  saltai  „salzen"),  log. 
(su)  attenta  <  ABSINTfflUM;  log.  (at)tattare  <  (AD)- 
SATIARE,  vgl  auch  log.  sa  tiliba  <  (IPSA)  SILIQUA, 
talau  „crusca"  zu  griech.  CaXa^  vgl.  Zanardelli  a.  a.  0.  30fif.). 
Dagegen  spricht  aber  entschieden  ein  Fall  wie  FACIO>^  fatto 
(alt  fatho),  wo  doch  kein  umgebendes  s  die  Dissimilation  her- 
vorrufen konnte.  Daher  sind  wir  gezwungen  anzunehmen, 
daß,  während  auf  einem  Gebiet  des  Log.  tss  blieb,  auf  einem 
anderen  (dem  der  alten  Texte)  schon  früh  jedes  ts(s),  auch 
wenn  es  nicht  auf  Ki,  Ti  beruhte,  zu  ^^),  und  daraus  zu  t(t) 
wurde.  —  Bei  Spano  findet  man  auch  Formen  mit  einfachem 
t  und  mit  tti,  ti:  litos  neben  littos,  putu  neben  puttu, 
kitu  <C  kitssu,  puta  zu  ital.  puzza,  saltiare  „salzen", 
preittia  <  PIGRITIA,  luttiu  „Schluck"  <  *GLUTTIUM 
(it.  ghiozzo,  ven.  dzotso,  vgL  Nigra  Archivio  glott.  ital.  XV, 
491).  Bevor  man  an  eine  Erklärung  dieser  Unregelmäßig- 
keiten denkt,  möchte  man  gerne  eine  anderweitige  Bestätigung 
ihrer  Existenz  haben.  —  Im  Statut  findet  sich  einmal  (Archi- 
vio glott  ital.  XIII,  121)  murta  „morchia,  feccia"  <  *AMUR- 
CEA,  heute  murtsa.  Man  sieht  darin  am  besten  einen  Schreib- 


§§47,48.  _     90     — 

fehler  für  murtha,  ohne  einen  Schloß  auf  das  hohe  Alter  des 
Übei^anges  th  >>  t  zu  wagen. 

§  47.  In  Buchwortem  erscheint  tsi  (log.  auch  ssi,  sass. 
auch  dzi):  log.  kamp.  negoziu,  yiziu  (-ssiu),  grazia  (-ssia, 
sass.  gradzia),  malizia,  giustizia)  -ssia,  sass.  giulJiidziaX  ser- 
viziu  (-ssiu),  dilazione  (-ssione),  gradassione,  offiziu 
(-ssiu),  iudiziu  (-ssiu),  fiduzia,  giudizia,  nunziare  (-ziai), 
anzianu,  Suffix  -anzia  (costum.-,  circumsi-,  testimonL-  vac.-), 
-enzia  (dem.-,  cre.-,  diffid.-,  neglig.-),  -zione  (colle.-,  distra.-, 
ere.-,  faz.-,  ftm.-,  sun.-,  le.-)  etc.  Schon  altkamp.:  oeQßlr^io, 
'1(0  21,  32,  öeXeyaPT^ia  23.  Sass.:  spadziu,  odziu,  biddj- 
dzia,  ful{>aledzia  etc. 


IV.  Abselmitt:  Italiemsch. 

§  48.  Sobald  wir  den  italienischen  Boden  betreten,  stoßen 
wir  auf  eine  derartig  große  Häufung  von  Unregelmäßig- 
keiten, —  die  unter  verschiedenen  Gestalten  auch  in  den 
übrigen  westromanischen  Sprachen  auftreten,  —  daß  es 
manchmal  nur  mit  größter  Mühe  möglich  ist  „Lautgesetz** 
Ton  „Ausnahme^  zu  unterscheiden.  Nur  eine  sorgfalltige 
Untersuchung  der  Dialekte  kann  hier  den  richtigen  Einblick 
in  die  Schriftsprache  gewähren.  Es  sei  aber  schon  von  An- 
fang an  betont,  daß  in  dieser  Arbeit  unmöglich  auf  die 
Einzelheiten  der  verschiedenen  mundartlichen  Behandlung  der 
i-Verbindungen  eingegangen  werden  konnte,  sondern  es 
wurden  die  Dialekte  nur  als  Mittel  zum  Zweck  benutzt.  Man 
wird  daher  im  folgenden  keine  Grenzen  zwischen  den  ver- 
schiedenen mundartlichen  Aussprachen,  keine  Verfolgung  der 
Entwicklungsstadien  des  heutigen  Ergebnisses  von  Ti  etc.  in 
den  einzelnen  Gegenden  zu  suchen  haben,  auch  die  ungleich- 
mäßige Sorgfalt  mit  der  die  verschiedenen  Dialekte  behandelt 
sind  —  der  Süden  ist  eingehender  untersucht  worden  als  der 
Norden  — ,  sowie  die  Sprünge  über  ganze  Begionen  Italiens, 
sind  da,  wo  nicht  etwa  das  sichere  Material  mangelte,  ab- 


—     91     —  §48. 

sichÜich  geschehen.  Alte  Texte  sind  nur  selten  benützt 
worden,  da  es  sich  ausschließlich  mn  Laatgrappen  handelt, 
die  in  die  Yorlitterarische  Periode  zurftckreichen;  außerdem 
ist  das  Schwanken  in  der  Orthographie  und  der  große  Einfluß 
der  Schriftsprache  auf  die  verschiedenen  alten  Dialektdenkmäler 
bekanntlich  so  groß,  daß  man  leicht  zu  falschen  Schlüssen 
gelangen  kann.  Ich  habe  es  Yorgezogen  einige  Lücken  in 
meiner  Arbeit  zu  lassen,  —  sie  sind  fast  nur  in  den  Detail- 
fragen wahrnehmbar,  —  um  mit  sicherem  Material  arbeiten 
zu  können. 

Anm.  Ein  Yeizeichnis  samtlicher  benützten  Werke  an- 
zugeben ist  nicht  möglich.  Spezialarbeiten  über  Ki  und  Ti 
sind,  außer  dem  schon  zietierten  Werke  Hornings,  nicht  vor- 
handen. Was  sich  gelegentlich  darüber  in  den  Grammatiken 
und  Zeitschriften  findet,  wird,  wenn  erwähnenswürdig,  öfters 
zu  nennen  sein.  Mein  dialektisches  Material  entstammt  sehr 
verschiedenen  Quellen.  Ich  erwähne  hauptsächlich  folgende 
Arbeiten:  A.  Traina:  Nouvo  vocabolario  siciliano- 
italiano.  Palermo  1868.  H.  Schneegans:  Laute  und 
Lautentwickelung  des  sizilianischen  Dialektes.  1888. 
—  V.  Dorsa:  La  tradizione  greco-latina  nei  dialetti 
della  Galabria  citeriore.  Cosenza  1876.  —  P.  Rolla: 
Fauna  popolare  sarda.  Cassale  1895  (S.  59—76  calabre- 
sische  Etymologien).  —  Zeitschrift  rom.  PhiL  XXII,  552  ff. 
(Tarantinisch).  —  Morosi:  II  vocalismo  del  dialetto 
leccese.  Archivio  glott  itaL  illS.  —  F.  Nitti  di  Vitto: 
II  dialetto  di  Bari,  Miliano  1896  —  Zingarelli:  II  dialetto 
di  Cerignola.  Arch.  glott.  XV.  —  D'Ovidio:  II  dialetto 
di  Campobasso.  Arch.  glotilV.  —  Luigi  Rossi  Cas6:  II 
dialetto  aquilano  nella  storia  della  sua  fonetica 
(Estratto  dal  Bolletino  di  Storia  Patria  negli  Abruzzi  Anno  VI, 
puntata  XI).  —  De  Lollis:  DelPinfluso  dell'i  posttonico 
sulla  vocale  accentata,  in  qualche  dialetto  [Casalin- 
contrada,  Teramo]  abruzzese.  Archivio  glott.  ital.  XU,  1 — 23, 
187—196.  —  F.  Finamore:  Vocabolario  dell'uso 
abruzzese 2  (Lanciano).  Citta  di  Castello  1893.  —  D'Ambra: 
Vocabolario  domestico  neapolitano-toscano.  1873. — 
E.  Parodi:  II  dialetto  d'Arpino  (Vocalismo)  Archivio  glott. 
itaL  XIII,  299—308.   —   L.  Ceci:   Saggi  intorno  ai  dia- 


§48.  _    92    — 

letti  della  Cioceria  (I.  Vocalismo  del  dialetto  d'Alatri). 
Archivio  glott.  itaL  X  167—176.  —  0.  E.  Quarnerio:  I 
dialetti  odierni  di  Sassari,  della  Gallura  e  della 
Corsica.  Archivio  glott  ital.  XIII,  125—140  XIV.  137  bis 
200,  385—422.  —  S.  Pieri:  Fonetica  del  dialetto  luc- 
chese  A^rchivio  glott.  itaL  XII,  107 — 134,  Morfologia  Inc- 
chese  XU,  161 — 174,  Fonetica  del  dialetto  pisano  XII, 
141—160  Morfologia  pisana  XII,  175—180,  Topono- 
mastica  illastrata  delli  valli  del  Serchio  e  della 
Lima  Archivio  glott.  ital.  Supplimenti  periodici  V.  —  Hirsch: 
Die  Mundart  von  Siena.  Zeitschrift  rom.  Phil.  IX,  513 
bis  570,  X  56—70,  411—446.  —  Mussafia:  Beitrag  zur 
Kunde  der  Norditalienischen  Mundarten.    Wien  1873. 

—  S.  Pieri:  II  dialetto  gallo-romano  di  Gombitelli 
nella  provincia  di  Lucca.  Archivio  glott.  itaL  XIII,  309 
bis  328.  II  dialetto  gallo-romano  di  Sillano  XIII,  329 
bis  354.  —  (t.  Flechia:  Annotazioni  sistematiche  alle 
antiche  Rime  Oenovesi  e  alle  Prose  QenovesL  Archivio 
glottologies  ital.  VUI  317—406,  X  141—166.  —  Parodi: 
Alcune  Osservazioni  a  proposito  del  lessico  geno- 
vese  antico  di  Giovanni  Flechia.  Genova  1886.  — 
E.  Parodi:  Studj  liguri  Archivio  glott.  itaL  XV  1-82, 
Xyi  105—161.  —  Ascoli:  Archivio  glott  ital.  II,  116—160 
(Piemont).  —  Mussafia:  Darstellung  der  altmailändi- 
sehen  Mundart  nach  Bouvesins  Schriften.  Wien  1868. 

—  C.  Salvioni:  Fonetica  del  dialetto  moderno  della 
cittä  di  Milano.  Torino  1884.  Ders.:  Annotazioni  siste- 
matiche etc.,  Archivio  gloti  ital.  XII  375  flF.,  XIV  201  ff.  — 
E.  Lorck:  Altbergamaskische  Sprachdenkmäler.  Halle 
1893.  —  G.  üngarelli:  Vocabolario  del  dialetto  bolog- 
nese  con  una  introduzione  del  prof.  A.  Frauzzi  sulla 
fonetica  e  sulla  morfologia  del  dialetto.  Bologna.  — 
Mussafia:  Darstellung  der  romagnolischen  Mundart 
Wien  1875.  —  Wendringer:  Die  paduanische  Mundart 
bei  Ruzzante.  —  G.  Boerio:  Dizzionario  del  dialetto 
veneziano^  Venezia  1856.  —  G.  Vidossisch:  Studi  sul 
dialetto  triestinp.  Archeografo  triestino  XXTTT  240—304, 
XXIV  5 — 78.  —  Über  die  Mundart  von  Trient  verdanke  ich 
die  meisten  Daten  den  freundlichen  Mitteilungen  des  Herrn 
stud.  phil.  C.  Battisti  aus  Trient 


—    93    —  §49. 

A.    Kj,  Ti. 

L   Ti  zwischen  Vokalen. 

§  49.  Ti  wird  in  ganz  Italien,  ungehindert  vom  Akzent 
und  den  umgebenden  Lauten  zu  tss  (^f),  oder  daraus  ent- 
standen: SS.  Auf  dem  Gebiete,  welches  die  Doppelkonsonanten 
vereinfacht,  tritt  dafar  ts,  9  und  s.  Es  ist  indessen  zu  be- 
merken, daß  auch  auf  diesem  Gebiete  hin  und  wieder  die 
Schreibung  zz  {=  tss)  und  ss  vorkommt,  die  ich  auch  in 
den  folgenden  Beispielen  beibehalten  habe.  Die  zwei  schein- 
baren Ausnahmen,  Ti  >•  1)  g  (pregio),  2)  cci  (sdrucciolare) 
habe  ich  an  anderen  Stellen  erklärt  §§  8 — 16, 71).  Hier  lasse  ich 
die  Beispiele  ftir  die  regelrechte  Entwickelung  folgen: 

♦ABIETEÜS  [=  abies]  >  abezzo,  -a  „Tanne",  lomb. 
abiets.  *ACUTIO,  -ARE>aguzzare  (dav.  aguzzo)  „schärfen", 
siciL  agutssari,  mil.  gütss  „acuto",  a.-berg.  guts-etssa 
„Schärfe"  (n.-berg.  gös),  lomb.  gütss,  piem.  (a)üs,  avüs, 
triest.  gütsar,  gütso  (nb.  guar  <  *ACUTAEE).  CAPITIUM, 
*CAPITIO,  -ARE,  ♦CAPITULE,  ♦CAPITIONEM  >  ca- 
vezza  „Halfter",  ac-,  s-capezzare  (scavezzare),  cavezzone, 
capezzale  „Kopfkissen";  neap.  akkapetssare,  kapetssa, 
kapetssale,  Eors.  kavetssa  (a  skavetssa  „posto  obliqua- 
mente",  kal.  kapitssa,  cerign.  kapetssg,  Bari:  kapitsse 
„capezzolo",  skapitsso  „scampolo",  Lanciano:  kapetssg, 
campob.  kapetssa,  Alatri:  kapetssa,  kapgtssalg,  Sillano: 
kawetssa,  kabbgtssal  „capezzale",  mil.  kavetssa,  kavet- 
sal,  a.-berg.  kavetsal  pay.  kavetsal,  krem.  kaesal,  trient 
kavis.  *CUCURB1TEA  >  corbezza.  *GRAND1TI0SUS 
>  cerign.  granetssusg  „schifiltoso  come  i  grandi."  GüR- 
GUTIA  >  gargozza,  gombit.  gargotssg.  Suff.  -ITIA  > 
-ezza  (acerb-ezza,  acut-,  agr-,  alid-,  alt-,  amar-,  ampi-,  ardit- 
argut-,  arid-,  asciut-,  aspr-,  astut-,  bass-,  bell-,  bianch-,  bond- 
brun-,  brutt-,  caiv-,  candid-,  canut-,  car-,  castigat^,  cattiv-,  caut-, 
cert-,  chiar-,  compatt-,  compit-,  compost-,  content-,  cont-  etc.) 
sicü.   -itssa    (bidd-itssa,  delikat-,  fort-,  grand-,  fresk-,  biank-, 


§49.  _    94     — 

duts-,  kuntint-  etc.)  kal  -itssa  (valent-),  Lecce:  -itssa  (bi(J4- 
itssa)  Bari-  itsse  (kar-ittse)  aquil.  -etssa  (bell-etssa,  kar-, 
grand-,  rik-),  Arpino  -etssa  (kar-etssa),  Alatri:  -etssa  (bell-, 
stran-,  car-,  munnetssg  „immondezza"),  neap.  -etssa  (Men-etssa, 
pren-),  (galL  -esa  <  span.:  bi44-«sa,  brutt-,  paar-,  fultad-,  viöc- 
vgL  §  42  Amn.),  cors.  -etssa  (yun-etssa  „bonta"),  Pisa  -essa 
(grand-essa),  a.-gen.-e9a  (dots-e^a,  bell-,  cert-,  nek-  <  NEQUI- 
TIA,  piar-,  asper-,  dru-,  frank-,  vist-,  re-,  vei-),  a.-berg.  -etsa 
(mut-etsa,  virg-,  dur-,  fort-,  visn-  „Nacsbarschaft",  grand-), 
romagn.  -etssa  (alt-etssa,  stran-,  asarb-,  sTalt-  „sreltezza*',  mt- 
„mitezza^^  sayar-),  a.-ven.  -etsse  (alegrezze,  sapesse  im  Reim 
mit  belezze)  etc.  LAPATEUÜM  >•  sie.  lapatssu,  lomb. 
(s)laväts,  piem.  lavassa.  LUTEUM,  *LOTIUM  (ygl  Zeit- 
schrift rom.  Phil.  XX  486,  Salvioni  Postille  II)  >  galL 
lotssu,  kors.  l9tssu  „sndiciume",  lutssosu  „sudicio",  miL 
(s)lotssa  „melma",  romagn.  l9tss  „nntume**,  Talanz.  lutssa 
„Stereo",  valses.  lotssa,  bellinz.  valtelL  sl9t8.    *METITIONE 

>  a.-gen.  mede(?on  „Ernte".  *MITIARE?  INITIARE? 
(anfangen  weich  zu  werden)  >  mezzare  (dav.  mezzo),  neap. 
nitssa,  (gall.  immitssi  „ammezzire")  a.-berg.  misä  (nberg. 
mes),  crem,  mes,  besc.  mes,  mis,  cremon.  mits,  nits,  tir. 
mits,  lomb.  emil.  nits,  piem.  nis,  trient.  mis,  ven.  mitsso. 
PALATIUM  >  palazzo  (vgl  §  11),  neap.  palatsso,  sie 
palatssu,  aquil.  palatssu.  Lanciano  palatss§,  trient. 
palas.  PETIA,  *PETIUM  >  pezza,  pezzo,  neap.  petssa, 
gall.  cors.  petssu,  Lanc.  pgtsse,  Teramo  pietssg  (Plural), 
Lecce  petssa,  Arpino  pietssg,  trient.  pesa.    *PIQRITIOSüS 

>  gall.  pritssosu.  PLATEA  >  piazza,  neap.  kal.  katssa, 
gall.  piatssa,  cors.  pietssa,  cerign.  katssg,  aquil.  piatssa, 
Lanciano  pietssg,  campob.  ketssa,  Arpino  piatssa,  Lucca, 
Pisa:  piassa,  Gombii  piatssa,  Sillano  piatssa,  a.-gen. 
pia^a,  a.-berg.  piatsa,  trient  piasa.  PRETIUM  >  prezzo 
(vgl.  §  11),  cors.  pretssu,  siciL  pretssu,  Lecce  prietssu, 
Aquilapretssu,  Arpino  prietssg,  gombit.pretss§.   PUTEU3 

>  pozzo,  neap.  putsso,  gall.  Lecce,  Aquilla  putssu,  Bari 
putsse,  cors.  potssu,  KaL  potsso,  cerign.  compob.  Arpino, 


—    95     —  §49. 

Alatri  putssg,  Teramo,  Lanciano  potssf,  Lucca  posso, 
gombit.  Sillano  potssf,  a.-gen.  pofo,  mil.  romagn.  potss, 
a.-berg.  pots,  triest  potso,  trieni  poso,  belinz.  pots. 
♦QUATIUM  (=  griech.  Tcvad-siov,  xvad-iov)  >►  cazza  (dav. 
cazzuola),  a.-berg.  katsa,  katsul)  crem,  kassa  (de  bere), 
oberital.  kassa  „Schöpflöffel'^,  trieni  kasa,  kasola.  RETIA, 
♦RETIACULUM,  RETIOLUM  >  rezza,  rezzuola,  neap. 
retssa,  retssola,  galL  retssa,  sie.  ritssa,  ritssaghiu^ 
cerign.  retssa  „reticella",  Teramo  ritssg,  tarant.  retssa, 
a.-geii.  ri^aio  (ii.-geiL  rifadzzn),  sanrem.  re^ain,  chiavar.  ri- 
fadzziu  SATIO,  -lARE  >•  [saziare],  neap.  [satseare],  gall. 
satssa,  trieni  [sasia].  SATITJM  ]>-  [satseo]  gall.  satssu, 
trieni  [sasi].  SETIUS  (-<  sectins  <C  secos;  nicht  secins  ygL 
Archio  lai  Lex.  IV,  602ffi)  >  sezzo,  zezzo.  SPATITJM  < 
spazzo  „Fußboden^  (day.  spazzare)  neben  [spazio],  Sillano 
spatsoznl  „spazzofomo^,  miL  [spatssi],  a.-berg.  [spatsi],  com. 
[spatsi  „Raum''  aber]  spats  „Klafter,  Raum  ausgestreckter 
Arme".  *STATIUM  (=  statio)  >  kaL  statssu  „ovüe",  gall. 
statssu  „(casa  di  pastori  in)  campagna'',  sie.  Statssu  (Dorf- 
name), a.-aquiL  statso,  a.-berg.  statso  „of&cina,  statio'', 
romagn.  stats.  *SUSPITIUM  (=  suspirium)?  >  a.-berg. 
suspits  „suspirium"  (nb.  süspis,  söspis  „nausea,  soffice"). 
*TITIO,  -ARE  ;>  at-,  stizzare,  neap.  attetssare,  kal. 
stitssare,  Teramo  Stitssi  „battere  un  tizzo  acceso",  a.-gen. 
ati^ar,  a.-berg.  atitsa,  romagn.  artetssi,  trieni  stisare. 
TITIONEM  ]>  tizzone,  neap.  tetssone,  Lecce  tetssune, 
Arpino  tetssone,  Alatri  titssone,  Triest  stitsön,  trient 
stison.  *TITIUM  >  (s)tizzo,  stizza,  a.-berg.  stitso, 
romagn.  stetssa,  Triest  stitso.  VITIO,  -ARE  >  in-,  dis-, 
ay-yezzare,  sie.  mmitssigghiare  „far  carrezze",  Lecce 
'mmetssare,  Teramo  hammetssg  „ayyezza",  Lanciano:  am- 
metssa,  mil.  malvetsa.  VITIUM  >  yezzo  [nb.  yizio].,  gall. 
yitssu,  Lecce  'mmitssu  [nb.  itsiu],  Lucca  yesso  [nb.  yisio], 
mil.  [yitssi],  romagn.  [yetssi],  trieni  [yisi]. 

Unter  den  schon  zu  römischer  Zeit  bezeugten  Ortsnamen 
sind  zu   erwähnen:  ALETIUM  >>  Sta  Maria  della  Lizza 


§50.  -_     96    — 

(Kalabrien),  ARETIUM  >  Arezzo  (Toscana),  BILIT1UM> 
Beilin zona,  CALATIA  >  Caiazzo  (Appenin),  CAPITIÜM 
>  Capizzi  (Sicilia),  CALATIA  >  S.  Giacomo  delle  Ga- 
lazze(Gampagna),  GNATHIA  >•  Torre  d'Agnazzo  (Apulia). 
PUTEOLI  >  Pozzuoli,  SETIA  >  Sezza  (Latium).  Da- 
gegen: SPOLETIUM  >  Spoleto  (Umbria),  TEANUM  > 
Teano  (Gampagna). 

Als  Beispiele  ältester  Zeit  zitiere  ich  ans  dem  Codex 
Cajetanus:  palazzn  954,  palazzo  1002,  1066,  marozze 
1010,  cornazzano  862,  tizzo  1036,  peztia  di  terra  922, 
veczano  944,  bernuczoni  1064,  capomacza,  gritzano  999, 
sazone  954,  mundizarn  1058,  brizani  831. 

Anm.  Zu  den  erwähnten  Beispielen  kommt  noch  im 
Süden  ItaUens  *POTIO  statt  POSSUM  (vgl.  potisit  =  possit 
C.  I.  L.  X  104,  17  Tiriolo)  sicil  potssu,  Lecce  potssu  (Eonj. 
potssa),  campob.  cerign.  Arpino,  Alatri,  Teramo,  Lanciano  rom. 
potssg  (Eonj.  potssa),  Bari  potssgkg,  Aqoila  potsso  hinzu. 
(Dagegen  gall.  cors.  possu,  gombit.  possg,  Sillano  possa, 
romagn.  poss,  a.-berg.  posso  etc.).  —  Unsichere  Etymologien 
habe  ich  absichtlich  außer  acht  gelassen.  So  zeigt  campob. 
tsuottg  (<C*tuot§sg)  durch  sein  t§,  daß  ital.  tozzo  neap. 
totsso,  Lecce  stotssa,  stuetssu  unlateinischen  Ursprungs 
ist  (vgl.  campob.  tsuoppg  ^=  ital.  zoppo),  spricht  also  gegen 
die  Ascolische  Etymologie:  ♦TUDITIABE  (vgl  Arch.  glott 
ital.  I,  36). 

§  50.  In  Latinismen  erscheint  regelmäßig  tsi,  welches 
auf  einem  Teil  des  Gebietes  stimmhaft  wird.  Im  Norden  wird 
auslautendes  -tsio  meist  zu  tsi.  In  der  Aussprache  wird 
dieses  tsi  gedehnt:  vitssio,  atssione,  dzustitssia  (vgl 
D'Ovidio  in  Archivio  glott.  itaL  IV,  160,  Anm.),  so  daß  die 
für  die  voritalienische  Zeit  geltende  Dehnung  vor  i  sich  neuer- 
dings zu  wiederholen  scheint  In  den  Gegenden  wo  man  ts 
wie  s  spricht,  findet  man  selbstverständlich  si  auch  in  Lati- 
nismen. Einige  Beispiele  (auch  für  cons.  Ti)  werden  genügen: 
Grazia,  ospizio,  negozio,  ozio,  amicizia,  acquisizione, 
tradizione,  balbuzie,  calvizie,  Lucrezia  (Lai  nicht  be- 
legt:  sazio,   torzione,  eziandio)  etc.    Sicil.  otssiu,  ser- 


—    97    —  §61. 

yizziu,  naziu  <C  IGNATIUS,  Lecce:  iziusu,  ingurdizia, 
Bari:  Aldizie  „Leidzia^  yidz^e^  pobbladzione,  Cerignola: 
ratssgiounf  norazione^,  patä$iendz§  <^  PATIENTIA  + 
PACEM,  L§tidzz$i$,  dzzastidzz§i§,  yitssgig,  srutssgig 
„servizio*',  Campob.  j[uStits$ia,  L^tits^ia,  r§kulits§ia, 
tsgruwitsgig,  Titsgig,  ygbb^ratsgia  „verbi  gratia^,  l^b- 
bgratsioung,  pat§iendz(gi)a,  sgndendz^ia,  guäendzgia 
„conoscenza*^,  atssgioung,  Aquila:  Titssiu,  dzastitssia, 
patäentsia,  diyitsione  „deyozione",  strussione  „istni- 
zione*^,  sentensia,  Teramo:  dgsgradzz§j[^,  yitsgig,  ser- 
yitsgig,  patsiendzgig,  pen§tindz§i|,  deSindzgig,  Napoli: 
menutseia,  satseare,  Arpino:  ffitsii  „of&zio^j  Alatri:  Le- 
titzia,  ratssione  „orazione^,  Gallara:  gratsia,  spatsiu, 
minispretsiu,  Corsica:  guditsiu,  otsiu,  Lucca:  grasia, 
giudisio,  Lucresia,  guidissioso,  negosio,  yisio, 
apparission,  condission,  grassiosu,  Pisa:  interpreta- 
sione,  execusione,  inquitsissione,  inyestigassione, 
citassione,  Gombitelli:  grasia,  ayarisia,  Sillano:  patil- 
entsia,  kgrdentsia,  litsentsj^a,  p^nitentsia,  prudentsia, 
A.-Genua:  gratsia,  -oso,  ayaritsia,  salyatsion,  tenta- 
tsion,  satsiamento,  pretsioso,  Yenitsian,  otsioso, 
etsiande,  Milano:  lestisia,  syeltisia,  iustisia,  patSentsa, 
clementsia,  insolentsia,  confidantsia,  sostantsia, 
A.-Bergamo:  apresiata,  spatsi(o),  iuditsio,  stantsia, 
redemtsione,  offitsio,  hedifitsi,  n.-berg.:  spessie, 
öfesse,  Bomagna:  melagratsia,  prezipezi,  yetssi,  otsi, 
negotsi,  astutsia,  minutsia,  utsiös,  sensatsion,  per- 
spikfetsia,   artsintsie  <  LICENTIABE  etc. 

II.   Tl  und  Ki  nach  Konsonanten. 

§  51.  Nach  Konsonanten  sind  die  Schicksale  des  Ti  und 
Ki  dieselben:  sie  werden  zu  ts  (woraus  z.  T.  s)  oder,  wenn 
der  yorausgehende  Konsonant  assimilationsfahig  ist,  zu  tss 
(woraus  ss).  Dort  wo  NT,  ET  >  ND,  BD  wird  auch  NTS, 
BTS  zu  NDZ,  BDZ.    Nur  die  Gruppen  Sti  und  Ski,  die  schon 

Weigand,  11.  Jahresbericht.  7 


§52.  _    98    — 

im  ürromanischen  zu  Ssi  angeglichen  worden  sind,  werden 
wie  lat  Ssi  behandelt  (worftber  §  32). 

§  52.  ^NTL 

♦ABANTEO,  -ARE  >  avanzare,  sie.  avantsari, 
trieni  (a)Tansar,  romagn.  vantsai  „avanzaglio^.  ABSEN- 
TIA  >  senza,  Bari  sendze,  Arpino  sentsa,  romt^. 
(t)sentsa,  a.-Ten.  sensa,  trient  sentsa.  ABSINTHnTM>> 
[assenzio],  a.-berg.  asents.  *ANTEA  >>  (din)anzi,  neap. 
antse,  Lanciano  nandzg,  gall.  antsi,  com.  (inn)entsi  (neben 
nantsi),  Sillano  dfnantsg,  a.-berg.denant8,  inants,  n.-berg. 
denantfi  (ntS<Cnts),  romagn.  inents,  trieni  antsi.  *AMAN- 
TIA  >  a.-ital.  manza  „amante".  SuiE  -ANTEA  >  -anza 
(adun-,  bur-,  complic-,  commun-,  concord-,  +  confid-,  conson-, 
conta^-^  (con)temper-,  costom-,  cre-,  figliol-,  form-,  fratell-, 
lagn-,  manc-,  etc.  ygl.  Anm.)  siciL  -antsa  (inur-,  temper-, 
sikor-,  US«,  dimur-,  manc-,  kri-),  Lecce:  -antsa  (aus-),  Bari: 
andze  (piat-),  Aqoila:  antsa  (li-,  kre-,  tard-,  secar-),  Arpino: 
antsa  (piat-),  Alatri:  antsa  (kri-,  spr-,  ngr-),  neap.:  antsa 
(mandz-),  cors.:  antsa  (milor-,  spir-,  koä-,  part-,  Prayid-) 
Lucca:  -ansa  (sper-),  mil.:  antsa  (kri-,  piir,  üs-,  vesin-), 
romagn.:  antsa  (mank-,  dngli-,  knnns-),  a.-gen.:  antsa  (fi-, 
alegr-,  nomer-,  perdun-,  abit-,  burb-,  cont-,  de-,  monstr-,  piet-), 
Triest:  antsa  (bond-)  etc.  CANTIONEM,  >  canzone,  sie: 
kantsuni,  cerign.:  kantsoung,  Lecce:  kantsune,  neap.: 
kantsontSella,  Alatri,  cors.:  kantsona,  trient.:  kanson. 
Suflf.  -ENTIA^-enza  (ard-,  atten-,  compet-,  compiac-,  confer-, 
confid-,  conflu-,  congru-,  coniv-,  conoso-,  oonsegu-,  contegn-, 
corpul-,  cred-,  cresc-,  diffid-,  part-  etc.  vgL  Anm.),  sicil.:  entsa 
(patS-,  sapi-,  kuS-,  spart-,  speri-,  kunfid-,  preval-,  miscrid-, 
disp-),  Bari:  -endze  (vatSäell-  „vostra  eccellenza^;  ad-,  audi-), 
cerign.:  -endz§  (pat§§i-,  sgnd-)  und  entsg  (kanustS-),  Aquila: 
-entsa  (kunfid-),  Lanc.:  -endzg  (part-,  penet-,  patSindzgig), 
mil.:  -entsa  (pa§-,  sent-,  kars-^  kard-),  romagn.:  -entsa  (penit-, 
kard-,  afluv-),  a.-gen.:  -entsa  (korr-,  kre-,  dekonoS-),  a.-berg., 
-entsa  (cred-)  etc.  »FIDANTIO,  -ARE  >  fidanzare. 
'^'LEONTEA    (nach    griech.    kBovrivoq?    TgL    mhd.    Lunze 


—    99    —  §52. 

„Löwin")  >  +  le9nza  „leonessa,  pantera".  LINTEDM  > 
lenza,  lenzo,  neap.:  lentsa,  com.:  lentsa,  a.-geii.:  len^a, 
LINTEOLÜM  ]>  lenzüolo,  neap.:  I§ntsul§,  Lecce.:  lan- 
tsnln,  Aquila:  lentsoln,  Bari:  rgndzele,  Lanciano:  len- 
dzol^,  Arpino,  camp.:  Igndzuolg,  Alatri:  Igntsoi,  gaII.,cors.: 
lintsolu,  Gombit.  Igntsolg,  n.-gen.  linsöl,  mil.  lentsö, 
a.-berg.  lentsol,  tarant  (lantsuelg  <C  itaL  vgL  Zeitschrift  rom. 
PhiL  XXII,  552),  a.-ven,  lensuolo,  triest.  lintsiol  «  *lin- 
tsuol),  trient  linsol.  MENTIONO,  -ÄßE  „erwähnen«  >[men- 
zionare],  mil.  mintsona^  a.-Yen.  mensonar.  ^MENTIONEA, 
MENnONAEIUS(vgL§27)>menzogna  „Lüge^  sie.  mint- 
sunaru  „bngiardo*.  NUNTIUS  >  [nimzio,  nnncio],  ven. 
nontsolo  „si^estano",  triesi  Chioggia  nontsolo.  '*'PIN[G]- 
TIO,  -ARE  «  *PINCTU<PINQERE)>pinzare  „stechen« 
(pinzo  „Stachel«,  +  pinznto  „spitzig").  *PUN[C]TIO,  -ARE 
>''*^unzo,  day.  pnnzecchiare  „hänfige  Stiche  beibringen« 
(dav.  punzecchio),  a.-berg.  perponts  „intersuo«  (vgl  perpun- 
tura  „intersntura«), dav. perpontsatris  „intersutrix«.  PUN[C]- 
TIONEM  >  punzone  „Punzen,  Stoß  mit  dem  Knöchel  der 
Faust«,  spunzone  (=  puntone)  „großer  Stachel«,  a.-yen. 
sponson.  *RECENTIO,  -ARE  >  moden.  artsintser,  mani 
ferrar.  ardzintsar,  torin.  ardzensse.  REDEM[P]TIONEM 
>•  a.-gen.  reen^on,  a.-oberit.  reentson.  *STANTIA  > 
stanza,  trient  stansa.  *TRIDENTIA  >  miL  trientsa  „tri- 
dente,  forca«.  *SEMENTIA  >>  semenza,  a.-gen.  somen^a, 
trieni  somensa. 

Dazu  kommen  noch  folgende  Stadtenamen:  AGERUNTIA 

>  Acerenza  (Lucanien),  AVENTIA  >  Avenza  (Etrurien), 
BANTI^  >  S.  Maria  di  Banzi  (Lucanien),  CONSENTIA 

>  Cosenza  (Kalabrien),  DIGENTIA  >  Licenza  (Sabin.), 
FLORENTIA>Fiorenza,FLORENTIOLA>Fiorenzuola 
(AemiUa),  FAVENTIA  >  Faenza  (Aemilia),  LIQUENTIA 
(flumen)  >  Livenza  (Venetia),  PARENTIUM  >  Parenzo 
(Istrien),  PICENTIA  >  S.  Maria  a  Vicenza  (Picentiner), 
POLLENTIA  >  Polenza  (Ligurien),  PONTLffi  >  Ponza, 
PLACENTIA  >  Piacenza,  POTENTIA  >  Potenza  (Cam- 


§53.  —     100     — 

paaia,  Basilicata),  S.  Maria  a  Potenza  (Marke),  VALENTIÄ 
>  Valenza  (Ligurien),  VICENTIA  >  Vicenza  (Venetia). 
Nach  den  vielen  Namen  auf  -enza  richtet  sich  Forenza 
(Apulia)  <  FORENTUM,  Anzio  <  ANTIÜM  ist  Latinismus. 
—  Aus  dem  Codex  Gajetanos  führe  ich  an:  lenzeoli  (1028)) 
Constanzo  (1029),  trimenzulu  (1067),  Latinismen:  licen- 
ziam,  licencia. 

Anm.  Fälle  wie  amenza,  demenza,  assenza,  de- 
menza  etc.  dürfen  nicht  als  Erbwörter  betrachtet  werden, 
sondern  sie  sind  italianisierte  Latinismen,  wie  auch  die  meisten 
Ableitungen  auf  -enza,  -anza  vgl.  deficienza,  coscienza 
neben coscienzioso,circonstanzaneben  circonstanziare, 
differenza  neben  differenzia,  -zioso  (viele  der  -anza- 
Ableitungen  stammen  aus  dem  Provenzalischen).  Desgleichen 
sind  die  spätlateinischen  Heiligennamen  (in  Ortsnamen)  italia- 
nisiert:  ORONTIUS  >  Lecce  Rontsu,  FIDENTIUS  >  San 
Fenzo  (Mizzole,  provincia  di  Padova  etc.),  S.  LEONTnJS> 
Salionze  (Valeggio,  Verona  im  Jahre  1396  als  Salionzio  be- 
zeugt), Salionza  (localita  presso  Peschiera,  Verona).  Inter- 
essant ist  SANCTEXISEBIUS  >  Val-sanzfbio  (Mensel. 
Padua). 

§  53.  In  einigen  Wörtern  erscheint  statt  nts  wider  Er- 
warten nts,  so  neben  Lecce,  kal.  tsintsulu  (<C  ^töintsidu), 
ital.  cencio,  Alatri  tSint§§  „Fetzen"  <  *CENTIÜM  (für 
CENTIO  nach  Ascoli  vgl.  Archivio  glottologico  itaL  IV, 
25),  neben  sie.  akkumintsari,  Lecce  kumentsu,  lana 
kumendza,  campob.  kumgndzä,  Arpino  nkumgntsa,  Alatri 
kuments§,  Pisa  komen(t)sare,  a.-gen.  komenfar,  a.-berg. 
komentsa,  a.-ven.  skomenso,  trient.  komensar,  a.-aquiL 
komenza  (z<=sts;  Cronaca  aquilana  XIV.  Jh.),  begegnet  man 
ital.  cominciare,  galL  kumentsa,  cors.  kumintSa,  gombii 
kumintSare,  sill.  kumintsar  und  in  dem  heutigen  Aqoila- 
nischen  komintsari  <  *COMIN[I]TIARE,  femer  neben  itaL 
tenzone  ein  a.-ital.  tencione,  Pisa  tentäone  <!  TENTI- 
ONEM.  Wenn  man  in  ital.  cencio  Assimilation  annehmen 
könnte,  so  bleiben  doch  die  anderen  zwei  Fälle  unerklärt 
Ich  glaube,  daß  man  mit  Lehnwörtern  aus  dem  Französischen 


—     101     -  §54. 

zu  tan  bat:  cinces,  comencier,  tencion,  und  zwar  nicht 
mit  Wörtern  des  gesprochenen  Französisch,  sondern  der 
französischen  Literatursprache.  Es  ist  bekannt,  wie  groß 
der  Einfluß  der  französischen  Literatur  im  Mittelalter  auf  die 
italienische  war;  es  dringen  nicht  nur  eine  große  Anzahl  von 
dem  Italienischen  unbekannten  Wörtern  aus  dem  Westen  in 
die  Sprache  ein,  sondern  es  wird  beinahe  zur  Mode,  ein- 
heimischen Wörtern  eine  französische  Form  zu  geben.  Wenn 
man  also  statt  dem  alten  cominzare  nach  französischem 
Muster  cominciare  schrieb,  so  haben  wir  es  nicht  mit  einem 
lautlichen  Übergang  des  franz.  nts  ^  nt§  zu  tun,  sondern 
dieses  cominciare  wurde  dann  nach  italienischer  Art  als 
comintSare  gelesen.  In  der  Tat,  zeigt  die  große  Verbreitung 
der  ts-Form  zur  Genttge,  daß  dies  die  erb  wörtliche  Gestalt 
sein  muß,  und  die  tfi-Form,  die  fast  nur  auf  das  Toskanische 
(von  wo  aus  sie  sich  in  einige  Nachbardialekte  verbreitet  hat, 
wie  das  Aquilanische  beweist)  beschränkt  ist,  taucht  gerade 
in  dem  Gebiet  auf,  welches  von  der  französischen  Literatur 
am  meisten  beeinflußt  war  (auch  span.  portg.  come^ar  ist 
Lehnwort  aus  dem  Franz.).  Wie  cominciare,  stammt  aus 
dem  Französischen  auch  merciare  „ringraziare^  <C  a.-franz. 
mercier,  mincio  „weich"  (dav.  amencire)  <[  a.-franz.  mince, 
forciere  (neben  forziere  aus  dem  gesprochenen  Franz.)  •< 
a.-franz.  forcier  etc.  —  Das  Wort  fanciullo  geht  nicht  etwa 
auf  *INFANTEOLUS  zurück,  sondern  auf  a.-itaL  fancello 
<!fanticello,  wie  dies  aus  camp.  fantSeddu,  log.fankeddu 
hervorgeht. 

§  54.  NKi.  Außer  *LYNCEA  «  LYNX)  >  lonza,  sen. 
lontsa  „grau  fame"  und  ♦TRUNCEXJS  (§  71)  >  caL  truntsu 
„tronco",  findet  man  die  regelrechte  Entwicklung  nur  noch 
im  SufGx  *-UNCEUS  >  onzo(lo),  worüber  im  §  71.  Da- 
gegen gibt  es  eine  große  Anzahl  von  Ausnahmen,  die  nts 
zeigen.  Unter  diesen  stammt  aus  dem  Französischen  itaL 
lancia,  lanciere,  lanciare,  abruzz.  li^nt§§  (in  „a  dg  1."  = 
„di  gran  corsa"*),  gegenüber  a.-itaL  lanza,  sie  neap.  Pisa, 
a-berg.  lantsa,  trieni  lansa  •<  LANCEA,  a.-berg.  slantsar, 


§64.  —     102    — 

romagn.  slantse  <  LANCEO,  -ARE.  Neben  Fegelmaßigen 
ÜNCIA  )>  sie  untsa,  Lecce,  neap.  ontsa,  cerign.  Teramo 
ondzg,  campob.  ondza,  tarant  ontse,  a.-Chioggia  on^a, 
trient  onsa,  hat  das  ItaL  oncia,  Lucca,  Sillano,  Coisica 
untSa.  Diese  letzteren  sind  Latinismen,  welche  die  Erbwörter 
verdrängt  haben,  was  bei  der  Bedeutung  des  Wortes  leicht 
begreiflich  ist  PEOVINCIA  >  provincia,  a.-Ten.  pro- 
yencia  war  nie  volkstSmlich.  Neben  '*^ILANCIA  >>  sie. 
valantsa,  cerign.  v^lants^,  Lecce  ^ddantsa,  a.-berg.  triest. 
balantsa,  a.-gen.  baran^a  hat  das  Italienische  balancia 
(daT.  balanciaio,  -dere),  Teramo  yelandiel^,  campob.  y$- 
landia,  welche  anf  BILANCEM>>bilance,  mit  Deklinations- 
wechsel (wie  in  calcio,  salcio,  sorcio,  forbida,  pomicia  etc.) 
zurückgehen.    Das  gleiche  gilt  yon  itaL  pancia,  miL  panSa 

<  PANT[I]CEM,  gegenüber  miL  cors.  yen.  a.-berg.  pantsa, 
campob.  pandza,  lana  pantse  aus  schon  yorromanischen 
*PANT[I]CEA. 

Daß  die  regelrechte  Entwickelung  der  Gruppe  NE|  nicht 
nt§,  sondern  nts  ist,  ersehen  wir  am  besten  aus  dem  sicher- 
lich erst  mit  dem  Auftauchen  eines  Frankenlandes  gebildeten 
Worte  FRANCIA  >  Francia,  neap.  Frandia  (sie  Frantsa 
<!  franz.),  welches  den  schon  yollzogenen  Übergang  der  Erb- 
wörter nicht  mehr  mitmachen  konnte,  und  wie  jedes  EI  Z> 
täi  wurde.  Dasselbe  gilt  yon  den  aus  dem  Germanischen  ent- 
lehnten: guancia  <^  *wankja,  *scanciare,  woraus  scanoia 
<!  skankjan,  guenciare,  guencire  <C  wenkjan.  Auch 
in  den  durch  späte  Methatese  entstandenen  *CBANCIÜ(CRAN- 
CÜS  ist  in  der  Mulomedidna  Chironis  102,  22  belegt)<*CAN- 
CRIU<CANCER>grancio  (neben  granchio)  „Krebs",neap. 
grant&o,  yen.  grantso  (ygL  friuL  grants,  yegL  gruns)  sehen 
wir  dieselbe  Entwickelung  zu  ntg.  Wir  können  daher  mit 
Bestimmtheit  sagen,  daß  das  nur  bei  Papias  belegte  PINCI- 
ONEM  >  ital.  pincione,  erst  spät  in  die  Volkssprache 
Italiens  gedrungen  ist    Unter  den  Ortsnamen  sind  M.  Pincio 

<  PINCIUS  und  Mincio  (flumen)<MINCIUS  (Pohmd)  Lati- 
nismen,  dagegen  Enza  (flumen)  •<  INCIA  (Aemilia)  Erbwort 


—     103     -  §§55,66. 

Anni.  Bomanzo  stammt  nicht  aus  *R0MANU1UM(?), 
sondern  ist  ins  Italienische  durch  franz.  Yermittelung  oder 
direkt  aus  dem  Spanischen  romance  (<C  ROMANICE)  ge- 
kommen. —  Im  Gegensatz  zu  Petrocchi,  Tanfani  und  Bigutini 
gibt  Pieri  (Archivio  gloti  ital.  XV  171)  für  lonza  die  Aus- 
sprache londza  an,  die  er  richtig  erklart:  „Lo  dz  (invece 
dello  ts)  si  dichiarerä  come  pronunzia  erronea  di  yoce  giä 
disusata  . . .  Non  e  mai  nominata  oggi,  se  non  come  una  tra 
le  famose  fiere  della  Selya  dantesca^.  —  Guinzaglio  „vin- 
ciglio"  steht  for  vinzaglio  und  geht  auf  ein  *yinzo  <C  VIN- 
CEUM  for  VINCÜLUM  (nach  §  71)  zurück.  —  Pincio  „Pint, 
männliches  Qlied"  scheint  ein  rekonstruierter  Singular  zum 
Plural  pinci  Yom  Synonim  pinco  (wohl  mit  a.-itaL  pinca 
„Art  Oirke"  verwandt)  zu  sein. 

§55.    LTi. 

*ALTIO,  -ARE  >  (in)alzare,  sie  ausari,  Lecce  au9u, 
-fare  (nb.  autu  <[  *ALTO),  aquiL  autsa,  campob.  fiautsa 
(nb.  fiauta  <!  *ALTARE),  Lanciano  aldza,  neap.  autsare, 
Arpino  ats^,  Alatri  atssf,  galL  altsä,  cors.  artsu,  a.-gen. 
a^i  „alzi^  trient  alsar-  BALTEUS,  BALTEO,  -ARE,  BAL- 
TEANUS (Archiv  lat  Lex.  ü,  477)  >  balzo,  balza,  bal- 
zare,  balzano,  neap.  baotsano,  caL  ab-,  i-bautsare 
„sciogliere  le  vesti  succinte",  a.-gen.  strabafar  «strabalzare", 
a.-berg.  baltsana  „subalbus^  (vom  Pferd,  vgL  rum.  bäl^at), 
trient  vausa.  COL[U]TEA(?)  >  colza  „Bnbsamen,  Baps", 
*TOLL|II]TIO,  -ABE(?)>  stolzare  (dav.  stolzo). 

§56.    LKi. 

GALCEA  >•  itaL  calza  (dav.  calzetta),  Gapo  di  Leuca 
koufi  (Plur.),  neap.  kautsa  (kautsetta),  cerign.  skalts; 
(kaltsett^),  Lecce  kau9i  (Plural,  kaufettu),  aquiL  kartseta, 
campob.  kautsa,  skauts^,  cors.  kaltsa,  skaltsu,  Lucca 
karsa,  gombii  Sillano  a.-berg.  kaltsa,  trient  kalsa.  '*'CAL- 
GEO,-ABE>>(in)calzare,  neap. kau tsare,  Alatri  (s)kautsa, 
a.-gen.  encal9ar,  trient  calsar.  ^CALCEABE  >  calzare 
„Fußbekleidung^  CALGEAMENTXTM  >  calzamento,  piem. 
kaosamenta.  ^GALGEOLABIÜS  >  calzolaio,  aquil  kal- 
tsulari,   a.-berg.  kaltsoler,  galL  (kaltsulaiu  <C  itaL)  cors. 


§57.  —     104     — 

kaltsulaöu.  CALCEONEM  >>  calzone,  neap.  katsone, 
cerign.  kaltsoun§,  aqoil.  kautsuni,  Lanciano  kayetsonf, 
campob.  kautsoun§,  Arpinokatsun^  (Plural).  DISCÜLCEÜS 
>  päd.  deskoltse,  trient  deskols  „barfuß".  *PALCIA  « 
FALX)  >  Arpino  fauts§  „falce".  HELCaARTOS  >  alzaia 
(Salvioni,  Zeitschrift  rom.  PhiL  XXIII,  516). 

Wörter  wie  straf alciare,  falcione  etc.  sind  natorlich 
spätere  italienische  Ableitungen  von  falce.  Der  Ortsname 
Piano  di  Voce  <  (V)OLCIUM  (Etrurien)  hat  keine  erb- 
wortliche  Gestalt 

§57.    RTi. 

CURTIONEM  (CÜRTIO  =  h^öva  C.  GLUI,  305.  17;  517, 
66;  =  vipera  U,  576,  5;  CURCIO  III,  444,  64;  486,  61  vgl 
Wiener StudienXXV,98)>scorzone,  sie.  skursuni  „coluber 
atratus"  (marcelL  skortsune,  otrani  skorsuna  etc.),  a.-Iomb. 
skur^o  „serpente**,  canay.  sknrs,  berg.  skürs,  skors  (TgL 
span.  escuerzo,  escorzön).  *EXSCORTEO,  -ARE  >  scorzare, 
trieni  scorsare.  *PER[I]TIO,  -ARE  >  ferzare  „peitschen". 
♦FORTIA  >  forza,  aquil.  (s)fortsa,  Lucca,  Pisa,  trieni 
forsa,  gombit.  fortsa.  *FORTIO,  -ARE  >  forzare,  a.-gen. 
foryar.  *MARTIA  >  marza  „Pfropfreis«.  MARTIUS  > 
marzo,  neap.  martso,  aquiL  cors.  martsu,  Sillano  martsg, 
romagn.  merts,  trient  marso.  *MORTIO,  ARE  •<  ammor- 
zare  „auslöschen«,  aquil.  mil.  smortsa,  Sillano  ammortsai 
triest  smortsar.  TERTIÜS  (DIES  T.  NUDIUS  T.)  *TER- 
TIO,  -ARE,  *TERTI(ARI)OLUS>terzo,  terzuolo,  terzare 
„teilen«,  cal.  ditertsa,  sie.  aquil.  tertsu,  Lecce,  a.-berg. 
tertsa  (fem.),  Alatri  tertsg,  gall.  teltsu,  tarant  nustertsa, 
triest  tertsariol.  SCORTEA  >•  scorza,  neap.  skuortso? 
cerign.  skortsg,  Lecce  skor^a,  Bari  skuertsg  „cantaccio 
del  pane«,  Teramo  skurtsg,  Lucca  skorsa,  mil.  a.-berg. 
skortsa,  a.-yen.  scor^o,  trient  skorsa. 

Wenn  neben  diesem  regelrechten  rts  ein  rts  in  Wörtern 
wie  Pisa:  sfotSä,  sicil.  campob.  Alatri  skortsa,  Lanciano 
campob.  skurtää  „leyare  la  scorza«  erscheint,  so  handelt  es 
sich  um  Entlehnungen  aus  dem  Französischen  (6forcer,  ^corce, 


—     105    —  §§68,59. 

ecorcer  ygL  §  53).  Desgleichen  ist  ital.  accorciare,  scor- 
ciare,  Bari  kurt&g,  Teramo  knrtSa,  tarani  skurtSar  (trieni 
skortare)  das  a.-{rsmz.  escorcier,  accourcier,  nicht  das  lai 
*EXCÜBTIARE.  ItaL  sqnarciare  stammt  nicht  ans  *EX- 
QUABTIARE  vgl  §  63.  Da  man  aber  keinen  einzigen  Fall 
von  lat  RTi  ]>  rtS  hat,  mnß  die  auch  begrifFlich  nicht  ganz 
einleuchtende  Schnchardtsche  Etymologie  (Zeitschrift  rom.  Phil. 
XXIII,  189  u.  419)  ♦CURTIUS  >  cal.  kurtSu,  sie  kurtSu 
„animale  piccolo  e  senza  coda"  (kurta  „kurz*'),  abnizz.'knrtS§ 
„Ziegenbock*^  aufgegeben  werden. 

§58.    RKi. 

♦ORCEA  «  ORCUS)  >  Arpino  9rt8a  „Popanz,  Orkus«. 
♦TORCIO,  -ARE,  ♦TORCIOLARE  (§  70)  torzare  (Dante), 
ratorzolare  „sich  zusammenknäueln«,  capitorzolo  (wie 
latti-yend-olo)  „Scheinheiliger«,  bit9rz(ol)o,  Verona,  tortso 
«Fackel«.  TRIFÜRCIÜM  >  gall.  triutssu  »tridente,  forca« 
(daT.  triutesig^  „sventolare  il  grano«).  URCEOLUS  >  kal. 
ortsulu,  Lecce  r^ulu,  tarant  tsirulo  «  *urt8ulo). 

Wenn  dagegen  ital.  orcio,  orciuolo,  neap.  artsiuolo, 
Alatri  rgttSola  fftr  URCEUS,  URCEOLUS  erscheinen,  so  er- 
weisen  sie  sich  wie  arcionem  „Holzbogen,  Sattel«,  als  Ent- 
lehnungen aus  dem  Französischen  (orce,  orfuel,  arfon).  Da- 
gegen ist  itaL  quercia,  Landano  tserke  (<[  *Mert§e),  gombit. 
guertSe,  mit  Deklinationswechsel  aus  querce  entstanden. 
ItaL  torcia  (day.  torciolo)  stammt  aus  dem  franz.  torche 
«  *TORCA  ygl.  §  70). 

§59.    TTi. 

♦GLUTTIUM  „Schluck«  (ygL  §  46  Anm.,  besser  als  Pieris 
Ableitung  aus  *GLUTTA  <  GUTTULA  Arch.  glott  ital.  XV 
344  u.  490)  >>  a.-ital.  ghiozzo,  yen.  dzotso,  dzotsa,  trient. 
dzoso.  *GUTTIUM  «  QUTTUR  ygL  W.  Meyer:  Lat.  Neu- 
trum S.  61  oder  yerknrzt  aus  gorgozza  <  GURGUTIA?)  > 
gozzo,  sie.  yotssa  „Kropf«,  triest  gos.  MATTIA  >  mazza, 
mazzo,  Luccamassa,  a.-gen.  ma9a,  a.-berg.  matsa,  n.-berg. 
massa,  bresc.  piem.  mas,  neap.  matssa  „legno  tomito  o 
nodoso«,  matsso  „intestino  retto«,  trieni  masa  „Keule«,  mas 


§60.  -.     106    — 

^Strauß''.  *MATTEO,  -AUE  >  ammazzare  „töten,  zu  einem 
Strauß  binden''  (mattare  „töten''  <  MACTABE),  cerign. 
(matssekä  „schiacciare  coi  denti''?)  Aipino  sm^tssatg, 
a.-berg.  amatsar  „töten**,  triest  matsar,  trieni  masar 
„töten^  «MATTEALE  >  a.-berg.  matsal  „Stange  zum 
Drehen  der  Schraubenspindel  der  Kelter".  *MATTEUC(C)A 
>  „Bündel",  *MATTEOCA  §  80.  *MATTEOHJM  >  maz- 
zuola,  neap.  matssola,  a.-berg.  matsol,  bresc  piem.  massöl 
„Strauß,  Bündel«,  ven.  matssola.  *SUBGLUTT10,  AKE> 
singhiozzare,  (s)ingozzare,  lomb.  emil.  miL  a.-berg.  in- 
gossa,  n.-berg.  ingosa,  yen.  angossa  „suffogare,  &i  nodo 
nella  gula",  crem,  sangosa.  SUBGLÜTTIUM  (Archiv  lai 
Lex.  IX,  433)  ^  singhiozzo,  neap.  sellutsso,  cerign.  sfd- 
z^utssg,  aquiL  sullutssu,  Bari  (8$gghj[utte),  Landano  sei- 
otssf,  Teramo,  sellutss;,  campob.  Arpino  s^Uutssf,  galL 
sinnutssu,  cors.  singotssu,  pistoj.singotsso,  orem-sangos 
(u.  sangöt),  triesi  saniots. 

In  einem  einzigen  Falle  scheint  TTi  zu  tä§  geworden  za 
sein :  *GUlTI!iA  >  go  ccia  (day.  gocciare,  gocciolare  „tröpfeb*") 
Teramo  fiottäg,  Landano  yötsSf  (nb.  yott$),  gall.  gutSäa 
(nb.  gutta),  cors.  gotSöa,  trient  gosa  (zgosa  „es  tröpfelt") 
worüber  im  §  71.  —  Ein  schönes  Beispiel  ist  der  Ortsname 
Cozzo  <  CUTTLäJ  (Libiker). 

§60.  EKL  Fast  alle  Beispiele  mit  KEi  bieten  Schwierig- 
keiten. Dennoch  ist  das  Resultat  tss  sicher.  BISSACIÜM 
scheint  sich  nur  in  Cerignola  erhalten  zu  haben:  ygsatssg, 
sonst  ist  itaL  bisaccia,  neap.  yesaccia,  campob.  ygsatSSa 
ein  aus  dem  Plurale  tantum  bisacce  neugebildeter  Singular 
(nb.  bisacca).  ECCEHOC  und  ECGEHAG  zeigen  teils  ts, 
teils  t§,  je  nachdem  die  Wörter  firüher  oder  später  zusammen- 
gewachsen sind,  d.  L,  je  nachdem  man  sie  als  ein  Wort: 
EKKiAK,  EKKiOK,  oder  als  zwei  Wörter  EKKE  —  AK, 
EKEE  ^  OK  gefühlt  hat:  itaL  ciö,  a.-itaL  zä,  neap.  tso,  tsso, 
ntsö,  sie.  tssa  (Piazz.),  tsokku,  Lanciano  t§5,  a.-gen.  9a, 
f  o,  tso,  miL  tsä,  t§ä,  §ä,  per-§ö,  a.-Chioggia  tso,  trieni 
so.    Pieri  (Archiyio  glott  itaL  XV,  302)  will  t9zzo  „Stück 


—     107    —  §61. 

Brot'  mit  t^cco  „Schnitt  von  Brot''  in  etymologische  Ver- 
bindung bringen,  und  aus  einem  Typus  *TOCCIU  ableiten, 
dessen  Erklärung  er  uns  freilich  schuldig  bleibt  Dem  itaL 
coccio,  coccia,  neap.  kutSSa  „coccia,  cranio^,  sie.  kotssu 
„nuca,  occipite^,  cerign.  kptssg  „Schädel",  k^tssglg  „cocci- 
ola",  Lecce  kotssa  „coccia*',  kutssettu  „testolina^,  aquiL 
n  kotgfia  „in  capo*",  Bari  kptsse  „coccia"  (S.  9  gegen  ku^tSäe 
S.  10),  campob.  kptdäa,  kotsä§la  „conchilio"  (aber  kutss^ttg 
wohl  entlehnt  aus  dem  Süden),  tarani  kptss^  liegt,  wie  ein 
Vergleich  mit  den  im  §  65  angefahrten  Fällen  beweist,  nicht 
♦COCCEUS,  *COCCEA  «griech.  xoxxog  „Beere",  vgLD'Ovidio 
Grundriß  rom.  Sprachen  I,  521)  zu  Gründe,  sondern  '^'COCEÜS, 
*COCEA  mit  ein&chem  c  (vielleicht  aus  griech.  xavxa  „patera", 
YgL  ii  cocuzza  und  alb.  kokg  n^opf,  Himschädel",  span. 
cogote,  proT.cogot  „Hinterkopf",  G.Meyer:  Alb.  Wörtb.  165). 
Endlich  gehören  hierher  noch  die  im  §  71  zu  erklärenden 
*MUCCEUS>mozzo,*PICCEUS>pizzoneb8t  Ableitungen. 
Wir  müssen  indessen  bei  diesen  zwei  Wörtern  länger  ver- 
weilen. 

§  61.  Die  von  MUCCUS  „Rotz"  abgeleiteten  italieni- 
schen Wörter  zeigen  sowohl  begrifflich  als  auch  in  formeller 
Hinsicht  mancheEigentümlichkeiten,derenErklärung  Schwierig- 
keiten bereiten.  Neben  MUCCUS  —  *MUCCAßE  —  *MUCCI- 
CARE  begegnet  man  den  i-Ableitungen  *MUCCEUS,  *MUC- 
CEABE  und  einem  aus  der  Fusion  dieser  Typen  hervor- 
gehenden ^MUCCEUS  +  Suffix  -ICARE,  u.  z.  so,  daß  alle 
diese  Formen  in  einem  bunten  Durcheinander  erscheinen. 
Wir  werden  an  dieser  Stelle  nur  den  Sinnesentwickelungen 
unsere  Aufinerksamkeit  widmen. 

a)  „Rotz"  —  sich  schnauzen":  MUCCUS  —  *MUCCARK 
In  diesem  Sinne  kommen  die  Wörter  in  fast  allen  rouL 
Sprachen  vor;  vgl  Körting^  Nr.  6332.  Das  Rumänische  ge- 
braucht fast  ausschließlich  den  Plural  muci,  —  der  Singular 
muc  „ausgetrockneter  Rotz"  ist  höchst  selten,  —  und  so  muß 
es  auch  im  Italienischen  gewesen  sein,  dessen  moccio  „Rotz" 
(Sillano  motS§§.  ven.  motsso,  trieni  mos)  ein  neugebildeter 


§61.  —     108    — 

Singular  Yom  Plorale  tantam  mocci  ist  (oder  es  geht  anf 
♦MOK'KTJS  §  71  zurück).  MpCCUS  hat  sich  erhalten  in 
den  Ableitungen  moccolo  „Rotz",  in  a.-berg,  mokarol  „na- 
sitergium'',  bresc.  cremen,  com.  mokarol  „Schnupftuch*^  und 
in  yaltelL  mökan  „Rotz".  Daneben  findet  sich  in  dem  Sinne 
„Rotz"  der  *MUC!CICU.Typus  in:  itaL  moccico  „Rotz",  da- 
Ton  moccicoso  i=moccioso  „schleimig,  rotznasig",  smoc- 
cicare  „lasdarsi  cadere  i  mocci",  moccichino  „Schnupf- 
tuch", galL  mutSSiku,  cors.  motfisiku,  gombit  motSsegf^ 
arei  pistoj.  mötSSiko  „Rotz". 

b)  „rotzig"  —  „Rotzbub"  —  „Junge"  —  „Knecht":  Das 
rum.  mucos  <  MUCCOSUS  bedeutet  „rotzig",  dann  aber, 
ähnlich  wie  das  deutsche  Rotzbub  und  das  franz.  moucheron, 
wird  es  von  Kindern,  im  pejoratiTen  Sinne  gebraucht.  Den- 
selben Sinn  haben  die  itaL  moccicone,  moccicona  „Rotz- 
nase, Schmutzfink,  dumme  Person,  Gimpel"  «»  mocceca» 
moccione  «=  moccolone  („suol  dirsi  a'  bambini  per  gar- 
rirli  del  troppo  lor  piangere,  perch^  nel  piangere  essi  sogliono 
gettar  dal  naso  de'  mocci  o  moccoli"),  sass.  mukkunostt 
„moccioso  e  anche  bimbo",  Arbedo  moäeröt  „moccicone,  uomo 
dappoco".  Aus  der  Bedeutung  „Junge,  Schmutzfink,  dumme 
Person",  konnte  leicht  diejenige  von  „junger  Diener",  die  ge- 
wöhnlich in  den  Augen  ihrer  Herrn  als  „schmutzig"  und 
„dumm"  gelten,  entstehen.  Daher  leite  ich  'aus  '^'MÜCCEÜS 
=»  MUCCOSUS  das  Wort  mozzo  „zu  niederen  Geschäften 
verwendeter  junger  Hofdiener,  Kammer-.  Küchen-,  Stall-, 
Schiffsjunge",  neap.  mutsso  „mozzo",  ragazzo",  sard.  (log. 
camp.  galL)  mutssu  „guattero,  garzone",  mutssa  „serva"  ab. 

c)  „Rotz"  —  „Nase,  Maul".  Während  z.  B.  in  Como  und 
Milano  naritä  •<  '^'NARICEM  nicht  mehr  die  Nase,  sondern 
den  darin  befindlichen  Rotz  bedeutet,  hat  im  Rumänischen 
gerade  die  entgegengesetzte  Sinnesentwickelung  stattgefunden 
und  arum.  muts,  mgl.  mutse  <  *MUC[C]EUS,  ♦MUC[C]EA 
bedeutet  „Schnauze,  Maul".  Ein  ähnliches  Wort  muß  auch 
im  log.  existiert  haben,  wie  die  Ableitung  mutssighile 
„imboccatura    del    freno"    beweist    Wie    *MÜCCARE   „die 


—     109      -r  §61. 

Nase  abwischen'',  wird  «MUCCEABE  ,,das  Maul  abwischen'' 
bedeuten,  wie  dies  das  nun.  sumut  «'*'SUBMIJCC£ABE) 
„fricidonner  le  museau  d'un  cheyal  et  Ini  tirer  les  oreilles 
pour  le  remettre  d'une  longue  coorse  et  pour  le  pr^server 
da  manvais  oeil"  zeigt  (In  Kronstadt  heißt  sumnt  „ein 
Kind  bei  der  Nase  erwischen  und  es  dadaroh  am  Weinen  yer- 
hindern",  wie  aas  folgender  Stelle  ersichtlich  ist:  „ptn'  la 
botez  fl  scaldä  a|a  cä  fl  spalä  cu  säpun  .  .  .  si  care-1  Infasie 
ii  face  crace  |i  Ü  suma^  de  nas,  yorba-i  cä  pentra  alte  rde, 
ca-i  copilal  mic,  or  sä  nu  se  deoache".  Convorbiri  literare 
XXXVI,  551). 

d)  „Maal"  —  „beiße".  Wie  von  becco  „Schnabel"  das 
Verb  beccare  und  bezzicare  (§  62)  abgeleitet  wird  and 
„mit  dem  Schnabel  hauen,  stechen"  heißt,  so  wird  parallel 
das  dem  „Maul"  entsprechende  Verb  „beißen"  bedeuten.  Ein 
^MUCCICO  in  diesem  Sinn  ist  weit  in  Rumänien  und  Italien 
verbreitet:  rum.  mu^c  (•<  alt.-rum.  mutSk  Cod.  Yor.  26/5  vgL 
Candrea  Bomania  XXXI,  314,  arum.  muSku,  mgL  hrum«  mu- 
täku  vgl.  §  71),  Lanciano  mutSsekä  „mordere"  (dav.  mo- 
tsäekg  „morso,  boccone"),  Teramo  muts§eka,  campob.  mu- 
tss^kg  „morsico  und  morso",  Arpino  motäägkg  „mordo". 
Daneben  aber,  und  weit  verbreiteter  ist  in  Italien  der  Typus 
♦MÜCCEUS  +  Suffix  -ICARE:  sie.  mutssikari,  neap.  mu- 
tssikare,  apul.  motssikare,  kal.  mutssikune  „Biss" 
(woraus  alb.  mutsikün),  cerign.  mugtssgk^  „morsico",  aquiL 
motsseka,Alatrimutss§katg„morsicato",taranbmutssgkä, 
Lecce  mötsseku  (gegenüber  täSisu  <  OCGISÜS),  Roma 
motssiko  etc. 

e)  „Grimasse"  —  „spotten,  hetzen".  Im  Abruzzesischen 
hat  mut§seka  auch  die  iBedeutung  „spotten",  den  Papanti 
(I  parlari  in  Certaldo  S.  55)  far  Oesso  Palena  und  Chieti  be- 
zeugt. Dieser  Sinn  ist  aus  „beißen"  entstanden  (vgl.  „er  ist 
bissig")  und  ist  von  den  nun  zu  besprechenden  Ausdrucken 
far  „spotten"  verschieden.  Lork  (Altbergamaskische  Sprach- 
denkmäler S.  177)  fuhrt  aus  Oberitalien  folgendes  an:  ven. 
bol.  moke  „diconsi  gli  atti  e  le  parole  che  ci  pajono  super- 


§61.  —     110     — 

flne  e  leziose^,  fa  iniga  di  moke  „non  fare  smofie*',  fa  di 
moke  a  ergü  „vezzegiare,  far  carezze  eccedenti  ed  affettate, 
lomb.  fa  la  moka  „agazzare  le  labbre  inTerao  nno  o  cacciar 
fiiori  la  lingaa  o  altrimentri  fargli  brutto  yiso  in  segno  di 
disprezzo'S  a.-berg.  fa  la  moka  „torzer  ol  nas'^,  auch  trient, 
far  le  moke.  Damit  ist  franz.  faire  la  moue  „grimasse 
qu'on  fait  en  allongeant  les  leyres,  en  signe  de  mecontente- 
ment  ou  de  d^rision**,  span.  hacer  muecas  „sich  zieren*^  zu 
vergleichen.  Wenn  aber  die  norditalienischen  Formen  zu 
MÜCCÜS  passen  und  auch  begrifflich  aus  der  Bedeutung 
„Maul**  (far  le  moke  bedeutet  „die  Lippen  spitzen,  indem  man 
sie  vorstreckt*^)  oder  aus  dem  pejorativen  Sinn  des  Wortes 
erklärlich  sind  (vgl.  auch  a.-ital.  mucciare  „verspoüteu,  ver- 
höhnen*' aus  moccio,  valtell.  mökena  „scherzo**  Arbedo 
muSfdru  „Spott**),  widerstreben  das  spanische  und  französi- 
sche Wort,  die  teils  offenes  o,  teils  ein&ches  c  verlangen, 
dieser  Ableitung.  Die  Erklärung  ist  die  folgende:  im  Vor- 
romanischen hat  neben  MÜCCÜS  auch  en  '^^Mj^CÜS  existiert, 
mit  dem  es  sich  vermischt  hat.  Dieses  stammt  aus  dem 
griech.  ficoxgiv,  fiAxog,  welches  in  späten  Glossen,  gleich  tor- 
tio  narium  C.  Ql.  V,  623  (vgl  a.-berg.  „fa  la  moka  over 
torzer  ol  nas**),  das  lai  sanna  C.  61.  11,  374  auch 
ingannatura  C.  61.  II,  682  im  Sinne  des  rum.  ingtnäturä 
„Grimasse,  Spott,  Nachäffung**)  übersetzt.  Somit  erklart  sich 
auch  das  franz.  se  moquer  (aus  dem  Pikardischen),  — engl 
to  mock  stanmit  aus  dem  Französischen  —  und  prov.  se 
mouca  „spotten**.  —  Auf  einem  dem  „faire  la  moue**  =  «die 
Lippen  spitzen**  ähnlichen  Sinn  beruht  das  arum.  mutsa 
„zuzeln**  <  *MÜCCEARE  („ku  tSubuka  n  gura  mutsä  ka  na- 
klu  tsi  sudze  tsltsä**  =  „er  zuzelt  mit  der  Pfeife  im  Mond, 
wie  das  Kind,  welches  an  der  Brust  saugt**  Obedenaru).  Von 
„spotten**  bis  „hetzen**  ist  nur  ein  Schritt  Diese  letzte  Be- 
deutung hat  das  drum,  muta  (Tibuna  1890  No.93),  asmnta, 
amuta,  sumuta  <  EX-,'  AB-,  SÜB.*MÜCCEARE.  Sie 
werden  speziell  für  das  „Aufhetzen  der  Hunde,  welches  da- 
durch geschieht,  daß  man  die  Lippen  spitzt  und  durch  das 


—     111     —  §62. 

Emsangen  der  Lnft  einen  zischenden  Ton  herrorbringt^  ge- 
braucht Ich  glaube,  daß  auf  * ADHUCCEAKE  auch  das  von 
Homing  (Zeitschrift  rom.  PhiL  XV,  452)  zur  Bekräftigung 
der  Oröberschen  Etymologie:  ital.  ammicare  <»  AD  +  ME 
+  ICCARE  aus  dem  patois  Poitevin  angef&hrte  amoisser 
^exciter  les  chiens  a  nous  d^fendre,  en  criant  a  moi,  ä  moi!** 
beruht  (das  „en  criant  a  moi,  ä  moi!"  ist  Ar  die  Etymologie 
belanglos,  weil  auch  im  Rumänischen  neben  dem  zischenden 
Ton  der  Ruf  „pe  el!*'  oder  „prinde-1^  den  Hunden  zugerufen 
wird). 

f)  „Stumpft  —  „yerstflmmeln*'.  HÜCCUS  bedeutet  außer 
„Rotz^  auch  „Stumpf*':  rum.  muc  de  lumtnare  „Eerzen- 
stumpf**,  muc  de  ^igarS  „Zigarrenstumpf'',  muc&rY  „Licht- 
putze".  In  diesem  Sinne  ist  es  auch  in  Italien  verbreitet: 
moccolo  „Lichtstumpf,  davon  moccoletto,  moccolino 
„kleine  dünne  Kerze'',  moccolaia  „Lichtschnuppe".  Das  ent- 
sprechende Verbum  *MXJGGEARE  heißt  „abstumpfen,  die 
Spitze  abschneiden":  ital.  mozzare  „abschneiden,  kürzen,  tag- 
liare  della  estremita"  (z.  B.  mozzare  la  coda  a  un  cane),  log. 
mutssare  „tagliare";  davon  ital.  mozzamento,  mozzatura 
(disigarre),  mozzo  „abgeschnitten"  und  „Abschnitzel",  davon 
mozzeto  „kleiner  Eerzenstumpf",  mozzone  „Peitschen- 
sohnitze",  cerign.  mgtssoun^,  neap.  motssone,  campob.  m§- 
tssoune,  Lanciano  mutssone  „mozzicone  di  legno  brudato, 
di  candela"  (dav.  mutssungelle  di  sichere  „sicca"),  siciL  muz- 
zuni  „mozzicone,  spago  ritorto  al  estremita  del  correggiato 
della  frusta".  Endlich  die  *MUCCEUS  +  -ICARE-Typen: 
(s)mozzicare  „verstümmeln",  ammozzicato  „in  Stücke 
zerschnitten",  mozzicone  (di  candela,  di  sigaro)  „Stumpf", 
boL  mutsgan,  gombit  motssegon,  Sillano  motsseHon. 

§  62.  Weit  verwickelter  ist  die  vom  Stamme  PICC- 
(Körting*  No.  7131)  abgeleitete  Wortsippe.  Wir  werden 
dennoch^  wie  bei  MÜGCUS  versuchen,  die  verschiedenen 
Sinnesentwickelungen  zu  verfolgen. 

a)  „Gipfel"  —  „Spitze"  —  „spitziger  Gegenstand"  — 
„stechen":  1.  PICO-:  itiJ.  pioco  „Bergspitze",  picea  „Spieß, 


§62.  —    112     — 

Pike**,  dav.  piccare  „stechen,  prickeln  (Wein)**  (dav.  picco 
MStechen**),Yen.  pikar,  sicpikari;  day.itaL  piccone  „Picke**. 
2.  PICCi-,  itaL  pizza  „großer,  eirunder,  oben  spitz  zolaofen- 
der  Ease**,  pizzo  „kleiner,  spitzer  Einnbart**,  pizzare 
„zwicken,  kneifen,  sticbeln**,  sie.  pitssu  „angolo  acuto", 
pitssa  „estremitä  acuta  di  checchesia,  punta**,  appitssari 
„appendere,  sospendere  una  cosa  in  qualche  punta**,  sard.,  caL 
pitssu  „Spitze,  Schnabel**  0>  alb.  pits  „Schnabel**),  oberii 
pitsä  „beccare**,  tarant,  pitssulo  „punta**,  a.-Chioggiapi9olo, 
Arbedo  pits  „becco,  cima**,  pitsaa  „beccare**,  Lanciano  pi- 
tsse  „punta,  estremia  d'un  oggetto,  mbitssa  „ficcare,  far 
entrar  la  punta^  3.  ^PICCICAKE  (vgl.  §  71)  hat  sich  meines 
Wissens  nur  im  Rum.  pisca  „zwicken,  kneifen,  sticheln*"  < 
'^itäka  (ygL  Gandrea  Hecht-Romania  XXXT,  314)  erhalten. 
4.  PIGCi  +  ICARE  erscheint  im  Rumänischen  in  pifigoiü 
„Sperling**,  pi^igaesc-BitaL  pizzicare  und  in  pisc  „Gipfel" 
<:^  ^itsk  <C  *pits[i]k.  Im  Italienischen  haben  wir  pizzi- 
care „zwicken,  kneifen,  sticheln,  zupfen**  (pizzicato  „blatter- 
narbig** =  rum.  pi|cat  de  yarsat),  dav.  pizzico  „Priese 
Schnupftabak**  <«  pizzichino,  pizzicore  „Jucken,  Eitzeb**, 
pizzicottare  „zwicken**,  Lanciano  pitssekä  „bezzicare,  pin- 
zare**,  pltsseke  „pizzicotto**,  ven.  pitsegar,  sia  pitssikari, 
Sillano  pgtsifiar,  Lucca  essere  in  pitssiko  „essere  all'estre- 
mita**,  camp,  pitssiai  „pizzicare**,  Teramo  p§tss$kitf„  piz- 
zicata,  puntura**  fiappitssl  „entrare  a  pena**,  boL  ptsigoer 
„pizzicare**. 

b)  „Stich**  —  „Punkt**  —  „Tupfen**  —  „Tropfen*'  - 
„wenig**  —  „klein^  Ebenso  wie  PUNCTUS  „Stich**  zu  der 
Bedeutung  „Punkt,  Tupfen**,  dann  „etwas  kleines**  gelangt» 
so  auch  die  nun  zu  besprechende  Wortgruppe.  Rumänisch 
haben  wir  pic  „wenig**,  arum.  kikä,  „Tropfen,  Bissen**  (und 
wie  GUTTA  >  gutä  auch  „Schl^anfall**)  picä,  picurä 
arum.  Kikä,  mgL  pik  „tropfein**,  davon  drum.  mgL  pic&turä 
„Tropfen**.  Im  Albanesischen  finden  wir  pik§  »Tupi^  Fleck, 
Sommerfleck,  Tropfen,  Schlagfiuß**,  pikon  „tropfe**.  Das 
Italienische  hat  picco  und  piccato  „Tüpfelchen**,  piccolo 


—     113    —  §63. 

„klein*'  piccino,  picciolino,  piccinaccio,  piccinaco(lo) 
„kleiii(er  Mensch),  caL  picea  „wenig"  (=  rum.  un  pic).  Auf 
'*'PIK'0  (§  71)  geht  ital.  spiccio,  picciolo,  neap.  pit&§olo 
„Kleingeld",  sard.  (camp.?)  pitäSokku  „Knabe"  zurück.  Da- 
gegen beruht  auf  PICCi-  sard.  (log.  camp.  galL)  pittsiunu 
„giovane",  a.-berg.  pitsena  „klein",  (trieni  pitSul  „picciolo" 
stammt  aus  dem  Friulanischen). 

Nach  piccare  =»pizzicare  richtete  sich  dann  beccare 
=:  bezzicare,  cors.  betssigä  (day.  betssigu  „becco").  Da- 
gegen gehört  ital.  appiccare  „zusammenkleben"  =  appic- 
cicare  (sie.  pitssikare  „attaccarsi  fortemente",  Teramo  fiappi- 
t§diki  „appiccicare")  zu  deutsch  picken.  Die  italienische 
Nebenform  appicciare  ist  durch  impicciare  §  63  beeinflußt 
(sie.  pitssare).  ItaL  appicciare  „anzünden",  Bari  appitdäa 
fogg^re"  accendi  fuochi",  campob.  ii  appit§§§  „metto  fuoco", 
Alatri  ie  appitssg  „metto  fiioco",  mil.  pitsä  „accendere" 
geht  auf  *ADPICEARE  «  PIX)  zuruct 

§  63.  KTi,  PTi  ergeben  teils  tss  und  teils  tag.  Dies 
letztere  nur  auf  dem  Gebiet,  wo  ein  t§-Laut  vorkommt : 

*CAPTIO,  -ARE  >  cacciare  ,jagen"  dav.  caccia 
„Jagd"  (cazzare  „das  Tau  einziehen"  als  Marineausdruck  ist 
dem  Ligurischen  entlehnt)  sie.  katSäari,  aquiL  kat§§a,  lanc. 
katsää  „mandar  via",  campob.  katSsä  „metter  fuori",  taranb 
gombit.,  Sillano  katSSa,  galL,  cors.  katä&a  „caccia",  a.-gen. 
deska^ar,  ka^a,  mil.  kaSa  „stimolare,  pungolare",  a.-berg. 
deskatsar  „vertreiben",  n.-berg.  kassa,  a.-Chioggia  ka^adi, 
trieni  kasar,  kasador. 

♦COACTIO,  -ARE  >  Lecce  katsare  „zerdrücken". 
COCTIONEM  >  (s)cozzone.  *COMPECTIO,  -ARE  « 
COMPECTÜS  <  COMPACISCOR  „Vertrag  schließen")  > 
compicciare  „zustande  bringen".  *COMPTIO,  -ARE  und 
*COM[P]TIO,  -ARE  >  ac-,  s-conciare  (dav.  concio),  sie. 
kuntsari  (akkontäu,  skontsu  <!  ital.),  cerign.  akkondzg, 
Lecce  kontsä,  aquil.  akkont§aturi,  Lanciano  akkondk^g, 
campob.  ak-,  s-kundzg,  Arpino  akkont§§,  gombit  kun- 
tsar§,  Sillano  kuntsar,  a.-gen.  des-,  a-kon9>o,  mil.  konäo, 

Weigand,  11.  Jahresbericht.  8 


»68.  —     114    — 

nb.  kontsa,  a.*berg.  akonts  „SoUafe*',  tiiesi  kossar. 
«GOKRUPTIO,  -ARE  >  oorruooiare  (dar.  oonraoeioX  SU- 
laso  m^  krotääa  „aa  eonracoio*',  romagn.  knrtse  „oorroc- 
cio«.  »DISTRICTIA  «  DISTRICTUS  +  Suff.  lA)  >  di- 
streaza.  '«'DIREGTIO,  -ARB  >  ad-,  in  .diriazare,  m 
dritasariy  neap.  adderetssare,  Leooe  ndritssu  „io  dirälo^ 
cal.  addiritssare,  a.-gen.  dri^ar,  tri^ii  ndrisar.  DIRBC- 
TIONE  >  dirizione  „hartiiäddger  BntscblciB''  (preüdere 
ua  d.  e«  ^sich  etwas  in  den  Kopf  seteen^  »=  ,,eme  gewisse 
Riobtong  emsoUageB*')  [nb.  dimione].  ^DÜCTIO,  -ARB  > 
doealare  ^^harabgieBeii*'  dav.  dooeia,  docoio  „Wassenrobre^ 
sie.  dntgSare,  dntiia,  piem.  doss.  *EXC ARPTIO  « *SI> 
CARPTU^fir£XC£RPTÜS)>sqaartiare„BeIreißen^a.-geIL 
sqnar^ar  «ISPACTIO,  ARE?  (Körting^  3015)  >  (di)0paeciare, 
♦BXPICTIO,-ARE(Körting23022)>apiociare,di8picciare, 
Teramospit§§l„8picciare'',Laaciano  |i  spit&§f  „gpradleherror''. 
FACnONEM>a.-ii  faasone  day.(r)affaBzonare  [nb.£Baioiie; 
sie.  fatssnni  „faU»zze*',  affatssnnari  „scbmüoken*'.  *FRIC- 
TIO,  -ARE  '>  frizzare  (dar.  frizzo),  a.-aqmL  friozante. 
FRICTIONEM  >  romagn.  fritsson,  trient  frison  „Jucken". 
KEPTIA  >>  nezza,  D.-gen.  nessa,  Ten.  netssa  (maso.  netsso), 
trient  nesa.  NÜPTL£  ]>  nozze,  sie.  notssi,  Lanc.  notsse, 
bologn.  nots,  trient  nose.  RECTIQ,  -ARE  >  rizzare. 
♦STRICTIO,  -ARB  «  STRICTÜS)  >  strizzare  «pressen«, 
gombit  Btritssare,  Billano  gtritssar.  «SUCTIO,  -ARE  > 
sneeiare  (dar.  succio  ,^Schlüok^),  a.-b6rg.  sisa,  miL  sisa, 
pistoj.  tSutSSare,  ven.  sutsar,  trient  tsntsar. 
In  einem  Falle  kommen  beide  Ergebnisse  vor: 
♦EXTRACTIO,  -ARE  >  stracciare,  gombit  Stratsse, 
mil.  straSa.  *TRACTIO,  -ARE  >  tracciare,  day.  trac- 
cia,  gegenüber  sie.  stratssari,  kaL  atratssare,  a.-geiL 
stra^a,  trient  strasar. 

Ital.  eozzare  „mit  den  Hörnern  stoßen/  wdcbes  Diez  von 
♦COICTIARE  <  CON  +  »ICTIARE  <  ICTÜS  « ICERE) 
ableitete  (aaoh  franz.  eosser),  beruht  wahrscbeiEiliQh  nicht  auf 
einem  CTj|,  wie  man  ans  franz.  cotir  „dasselbe**  schließen  kiuuL 


—     115     —  §64. 

§  64.  Wie  soll  man  diese  Unregehnaßigkeit  erklären? 
Es  wäre  möglich,  daß  die  tö6-Formen  auf  einem  andern  Laute 
beruhen  als  die  tss-Formen.  Wenn  wir  die  tss-Beispiele  be- 
trachten,  so  sehen  wir,  daß  die  meistenschonlateinisch  belegt  sind: 
maPTIA  >  nezza,  NUPTLE  >  nozze,  COCTIONEM  > 
cozzone,  DIRECTIONEM  >  dirizzone,  FACTIONEM> 
fazzone,  FRICTIONEM  >  frizzone.  Auch  ♦DISTRICTIA 
>-  distrezza,  wenn  es  nicht  ein  Gallizismus  ist^  muß  schon 
früh  gebildet  worden  sein,  als  noch  ein  Wort  wie  AN6DST- 
lA  ihm  als  Vorbild  dienen  konnte.  Dirizzare,  rizzare, 
strizzare  zeigen  durch  den  Übergang  des  unbetonten  e  >•  i, 
gegendber  diretto,  stretto»  daß  sie  nicht  erst  aus  diesen 
gebildet  sein  können.  Über  Suzzare  nb.  succiare  vgl.  §  71. 
Es  bleiben  also  nur  noch  die  dialektischen  cotssare,  tra- 
tssare  (tracciare  stammt  aus  dem  Französischen  vgl  §  53), 
die  auch  auf  altem  *COACTIARE,  *TRACTIARE  beruhen 
können.  Was  die  t6S-Formen  betrifft,  so  sind  das  alleVerba 
auf  -lARE,  die  im  Lateinischen  nicht  belegt  sind,  und  die 
auch  dadurch  sich  als  späte  Bildungen  entpuppen,  daß  sie  — 
außer  '^'CAPTIARE  —  dem  Rumänischen  gänzlich  unbekannt 
sind.  Es  ist  also  wahrscheinlich,  daß  im  ersten  Falle  Tj,  wie 
jedes  andere  Ti  zu  ts  geworden  ist  und  daß  dann,  als  das 
Assimilationsgesetz  zu  wirken  begann,  das  vorausgehende  P, 
K  diesem  ts  gleichgemacht  wurde.  Im  zweiten  Falle  aber 
haben  wir  es  mit  Wörtern  zu  tun,  die  erst  in  einer  Periode 
gebildet  wurden,  als  das  PT,  KT  ihrer  Primativa  schon  Tom 
Assimilationsprozesse  ergriffen  waren,  und  einen  Laut  ent- 
hielten, der  Yom  T  verschieden  war,  daher  auch  ein  anderes 
Resultat  als  T  ergaben  (Dispicciare,  corrucciare  stammen 
wahrscheinlich  aus  dem  Französischen,  proveccio  ist  nicht 
♦PROFECTIÜM,  sondern  a..span.  provecho). 

Anm.  Meyer-Lübke  (Zeitschrift  rom.  Phil.  VIII,  302  bis 
304)  hat  f&r  jedes  Ti  nach  Konsonant  folgendes  Lautgesetz 
aufgestellt:  a)  -Ti-  >>  tä(S)  (cacciare,  stracciare,  con- 
ciare,  impacciare,  squarciare,  gocciare,  comin- 
ciare.    Lenzuolo  soll  nach  lenzo  umgestaltet  sein,  faz- 

8» 


§65.  —     116     — 

zone  aus  Frankreich  stammen),  b)  -*Ti  ]>  ts(s)  (nozze, 
gozzo,  -anza,  terzo,  anzi,  marzo  etc.  Dirizzare,  al- 
zare,  suzzare  richten  sich  nach  den  stammbetonten  Formen, 
caccia,  goccia,  doccio  sind  PostYerbalia).  Darauf  ist 
folgendes  zu  erwidern:  selbst  wenn  der  Akzent  auf  die  i- Ver- 
bindungen im  Italienischen  einen  Einfluß  gehabt  hätte,  fragt 
man  sich,  warum  sich  caccio  nach  cacciare  und  dirizzare 
nach  dirizzo  (dessen  i  dann  unerklärt  bleibt)  gerichtet  hatte? 
Kommen  yom  ersten  die  endungsbetonten  Formen  öfters,  als 
vom  zweiten  Tor?  Ich  glaube  nicht.  Wie  soll  man  aber  bei 
dieser  Erklärung  Falle  wie:  canzone,  menzogna,  Fioren- 
zuola,  scorzone,  cozzone,  frizzone  erklären,  um  nur  die 
zu  erwähnen,  die  von  einer  berechtigten  ts-Form  nicht  be- 
einflußt sein  können? 

III.  K[. 

§  65.  In  der  Behandlung  des  Ki  zeigt  Italien  zwei  Be- 
sultate:  ts§  im  Mittel-,  tss  (bezw.  vereinfachtes  ts,  oder  dar- 
aus hervorgegangenes  s)  in  Süd-  und  Norditalien.  Wahrend 
also  im  Süden  und  Norden  Ki  und  Ti  zusammenfallt:  potsso 
=  brat  SSO,  konnte  im  Zentrum  Ki  das  Ti  auf  der  Stufe 
tY  nicht  mehr  erreichen,  so  daß  auch  das  Resultat  ein  anderes 
war:  potsso  aber  bratsso.    Beispiele: 

ACIA,  *ACIOLA  >  accia;  —  kal.  atssa;  —  neap^ 
cors.  ats§a,  mil.  a§a,  a§ö(la),  com.  aSa;  —  lomb.  atssa, 
crem,  atssola,  a.-berg.  atsa,  n.-berg.,  bresc.  assa,  ven.  atssa, 
emil.  latssa  „accia,  filo,  spago",  trient.  asa.  ACIALE,  *AC1* 
ARIÜM  >  acciale,  acciajo;  —  sie  atssäru,  caL  atssa- 
riare  „aciajare",  cerign.  atssärg  „acciajo";  —  galL  at§§accu; 
—  miL,  a.-berg.,  trient.  atsal,  ven.  atssale.  ARMORACIA 
>  cors.  armuratSgu.  BRACHIUM,  BRACHIALE,  *BRA- 
CHIATA  >  braccio,  (dav.  abbracciare)  bracciale;  — 
sie.  bratssu,  vratssata,  mmiratssu  «  in-br.),  cerign. 
vratssg;  —  neap.  vratääo,  lanc.  vratSsg,  gall.  bratssu, 
cors.  br^täsu,  gombit.  bratääg;  —  a.-gen.  bra^o,  piem.  braf. 
mil.  bratss  und  bra§;  a.-berg.  brats,  bratsal,  bol.  bräts, 
romagn.  bratss,  ven.  bratsso,  bratssal,  trient.  brasi  (PIüt. 


—     117     —  §65. 

und  Sg.).  GHARAGIAS  >  lomb.  kara§,  trey.  skaratsso 
„ramo  deUa  grossezza  di  circa  un  braccio  umano".  *CLO- 
CEA  (fnr  *GLOCEA  zu  GLOCIRE)  *CLOCEO,  -ARE  > 
chioccia  „Gluckhenne",  chiocciare  „glucken"  (day.  chioc- 
cio  „heiser").  *COCEÜS  ygL  §  60.  ERINACEUS  >  cerign. 
r^natää^,  campob.  rgnat§ä§  „ramendatura"  (quasi  „parte 
ruvida,  aricciata").  FACIO,  ERE  >  faccio,  (fo);  —  sia,  cal. 
fatssu,  cerign.  fatssg,  neap.  fatssu  (Konj.  £fttssa);  —  Lanc, 
Arpino,  campob.  fat§§§,  Teramo  kg  ii  fatSSg,  aquil.  fatäsa 
te  „faccia  te",  gall.  fptSSu  (Konj.  f^täSa),  cors.  fatSSu, 
gombii  fatSSg  (Konj.  fatSäa),  Sillano  fatSsa  (Eonj.  fatäSa); 

—  a.-gen.  fa^a  (Konj.),  a.-berg.  fatsa  (Konj.),  romagn.  fatss 
(Konj.  fetssa),  triest  fatso,  trieni  faso.  '^'FuECIA  >>  fec- 
cia;  —  sie.  fetssa,  —  lanc.  fetSSg,  —  a.-gen.  fe^e,  a.-berg. 
fets.  FENISICITJM  >  seccia.  GLACIA  (ftr  GLACIES), 
♦GLACIARE,  *GLACIUM,  *GLACIARIUM  >  ghiaccia, 
ghiaccio,  diaccio,  diacciuolo  „Eiszapfen",  ghiac- 
ciaio    „Gletscher",    ghiacciaia    „Eisgrube",    ghiacciare; 

—  sie.    iatssu,   cerign.   iatssu,    cal.  iatssare    „schneien"; 

—  neap.  iat§§o,  Lanciano  iat§§g,  iat§§ä,  cors.  g^tssu, 
gombit.  ggiats§g,  Sillano  biatSsg,  —  a.-gen.  dza^ä, 
dza^a,  mil.  dzatss,  piem.  dSa^a,  a.-berg.  dzatsa,  romagn. 
dzatss,  triesi  iatso,  iatsär,  trieni  dzats. 

lACEO  >  giaccio. 

ILICEUS  >  leccio,  gall.  litsSa,  Sillano  letSsg. 
INSICIUM  >  ciccia,  sicciolo,  cicciolo.  *LACEÜS  (= 
LAQUEUS),  *LACEO,  -ARE  >  laccio,  al-lacciare,  in- 
tralciare;  —  sie.  Iatssu,  intirlatssare,  cal.  Iatssu, 
tarant.  latssg,  Lecce  Iatssu,  Bari,  latsse,  cerign.  latssg, 
neap.  latsso;  —  com.  le§ä  „allacciare";  —  mil.  latss,  latsä 
„zuschnüren",  gen.  la^u,  trient.  las.  *LIBYCIUS  «  LIBY- 
CÜS)  >  libeccio  „Südwestwind".  LICIUM,  LICIA  > 
liccio,  liccia  (lisso  <  franz.);  —  sie.  litssu  „filo  ritorto", 
Lecce  litssu;  —  neap.  litäSo,  cors.  litsäu,  Alatri  litääi;  — 
a.-berg.  lits.  *LUMBRICIUS  >  piem.  lombris,  berg.  lum- 
bris   „lombrico",  com.  lembresina  „angue    fragile".    *LU- 


«65.  —     118     — 

CEABIOLUM  >  Y.-berg.  lasarol  „Ineifer"',  lomb.  lüsaT5(l), 
lüsiröl  „Lichtöfl&iuiig«.  *MINACIA,  ♦MNACIO,  -ARE  > 
minaceia,  minacciare;  —  sie.  minatssa,  Lecce  minetssu 
„minaccio*';  —  galL  cors.  minatiäa;  —  a.-gen«  mena^a, 
mena^ando.  MÜSTACITJM  >•  mostaeoio;  —  Lecce  mu- 
Btatssu,  cal.  mastatssü(lii);  —  neap.  mostatädo.  PANA- 
RICIUM  >  panereccio;  —  oerign.  panaritssf.  *PECI- 
0LÜ8  >  picciuolo.  ♦PICEO,  -ARE  vgl.  §  62.  PLACEO, 
-ERE  >  piaccio.  SAL6ICIA  >  salsiccia,  salciccia;  — 
sie.  sautSitssa,  Lecce  satitssa;  —  campob.  8at§it§§a, 
aquiL  sautäitäsa,  cors.  salsitääottu,  neap.  saut§itääo;  — 
argen,  satsi^e,  romagn.  tsutssetssa,  trient  salsisa.  SI- 
LICEÜS  >>  mil.  saritss,  Seris  „selce*',  piem.  saliss,  tic 
Sareäa,  valteU  saleSa.  SOCIUS,  SOCIA  >  soccio  „acsco- 
mandita  di  bestiame";  —  cerign.  suetssf,  Bari  sptss^,  fem. 
s^tssf;  —  neap.  suotsäo  „pari,  eguale^,  Lanciano  sots§e 
„nguale*',  campob.  suotSSg  „eguale",  assutääa,  miL  lomb. 
go§  „accomandita  di  besidame^,  ossol.  go§  „nunore*';  —  boL 
sots,  romagn.  tsotss,  trient  sosi  (Sing.).  *SPINACEUS  > 
a.-berg.  spinats.  SUSPICIONEM  >  a.-gen.  sospe^on. 
♦TRICHEA,  *TRICHEOLA  >  treccia,  dav.  intrecciare; 
—  sie  tritssa,  stritssari  „disfar  la  treccia",  cal.  tritssa, 
Lecce  tretssa,  Bari  tretss^,  tarant.  (tr^ödf  aus  denii 
Ital.),  Arpino  tritssa,  neap.  tretssa;  —  gall.  tritgöa,  cors. 
tretääa,  gombit.  tretdsolg;  —  mil.  tretssa,  a.-berg.  tretsa 
(glosiert  durch  „trica"),  trient.  dresa.  *TRILICIUM  >  tra- 
liccio;  —  (miL  romagn.  tarlis  <  TRILICEM).  VICIA  > 
veccia;  —  cerign.  vetss§;  —  Teramo  TetßSg,  Sillano  ve- 
tssa,  miL  veäa;  —  a.-berg.  vetssa. 

In  einem  PaUe  steht  Ki  im  Anlaut:  CYATHÜS,  *CYA- 
THINA  ]>  mil.  com.  tsaina,  a.-be^.  tsaina,  n.-berg.  saina, 
crem.  pay.  saina  „quartuccio,  un  vaso  di  terra  cotta",  päd. 
tsaina  „große  Schüssel".  An  Ortsnamen  seien  erwähnt: 
ARICL&.  >  Ariccia,  AUSÜCIA  >  Ossuccio,  MODICLA 
>  Monza,  mCMA  >  Nizza  (SCYLACIUM  >  Squillacc, 
SUBLAQÜEÜS  >  Subiaco.). 


-     119    —  §66. 

§  66.  Die  Grwixeii  der  tid;- Aosspnudie  naoh  SAien  und 
Norden  zu  bestimmen,  fehlt  es  mir  an  MateriaL  Es  liegt  aber 
kein  Orond  ¥or,  anzonefamen,  daS  tss  aas  tii,  oder  lung^ehrty 
entstanden  sei  Meyer-Lübke  (ItaL  Gram.  §  263)  will  aus  der 
Tatsache,  daß  in  der  Molise  t6§  in  den  Wertem  patäiiia 
«a  itaL  paszo,  mutiä^k^  »>  itaL  mozzioo,  tSnoppg  ■» 
itaL  zoppo,  kfkotiSa  «»  itaL  cuouzza  statt  itaL  zz  Tor- 
kommt,  schließen,  daß  tss  ursprünglich  audi  in  der  Molise  ge- 
sprochen worden  sei,  und  daß  dann  mit  dem  Eindringen  des 
nordlichen  täs  auch  solche  tss  zu  tää  geworden  seien,  die 
nicht  auf  Ei  beruhen.  Unter  diesen  Beispielen  gehen  aber 
mutäS^kf  und  mozzico  auf  zwei  versohiedene  Typen 
zurück  (§  71),  in  cucuzza  und  pazzo  handelt  es  sich  um 
die  Doublette  Suff,  -azzo  =  accio,  -uzzo  «»  -ucoio, 
worüber  im  §  72  f.  gehandelt  wird,  und  in  zoppo  um  ein 
Fremdwort,  welches  auch  im  Franz.  (cfaopper)  ein  tä  zeigt 
(ygL  umgekehrt  platzen  >•  ital.  spiacciare).  Es  gibt  aber  eine 
ziemlich  große  Anzahl  von  Ausnahmen,  die  ein  tss  im  tid- 
Gebiet  und  ein  töi  im  tss- Gebiet  aufweisen.  Es  sind  Tor 
allem  die  Suffixe  accio  »=  azzo,  uccio  s»  uzzo  zu  nennen, 
die  übrigens  nicht  auf  Italien  beschrankt  sind,  sondern  auch 
sonst  in  der  Bomania  wiederkehren.  Dann  —  von  einzelnen 
Wörtern  wie  tarani  tritäöa,  cerign.  r^natidf,  Bari  appi- 
töda,  die  aus  dem  Norden  entlehnt  sein  können  abgesehen  — 
zeigt  Napoli  im  Süden  ritsso,  latsso,  alutsso,  nutsso, 
tretssa  etc.  neben  atäda,  vratöSo,  aritSäare,  iatSäo, 
litfifio,  ammenatfiSare,  mostatd&o,  sautiit6§o,  suotSSi, 
setatSäo  etc.,  wahrend  das  bei  weitem  nördlicher  gelegene 
Arpino  meines  Wissens  nur  tss -Formen  besitzt.  Im  Norden 
zeigt  das  Mailandische  Doppelformen  wie  rifi  ^^  ritss, 
olniä  "->  olnitss  etc.,  und  dieses  Schwanken  ist  über  die 
ganze  Lombardei  verbreitet,  wie  der  bette  Kenner  dieses 
Dialektes,  Salvioni,  es  ausdrücklich  betont:  sc  e  z  in  Lom- 
bardia  si  equivalgono  (c£  miL  braz  e  brasc,  mil.  Iaz4  di 
fönte  a  com.  Iasci&  „allacciare*^,  nuL  giaz  a  fönte  ad  alp. 
giascia,  Monza  e  Monscia,  TaL  caL  dulsca^Iomb.  dolz 


§66.  —     120    — 

ecc).  Es  ist  kaum  anzanehmenj  daß  das  §  aus  t§ä  der  lite- 
rarischen Aussprache  stammt,  obwohl  Salvioni  lehrt»  daß 
^ne'documenti  antichi  e  sempre  z",  demi  das  Lombardische 
besitzt  doch  den  Laut  t§  «[  GL  :  t§ama,  <C  CT  :  petsäen,  < 
K£,  KI  «=  tserka,  täel  etc.),  so  daß  man  nicht  einsieht-,  warum 
ital.  ghiaccio  zu  dz a§a  umgestaltet  wurde.  Es  handelt  sick 
yielmehr  tatsachlich  um  zwei  Aussprachen,  von  denen  die 
alten  Texte  die  eine  (6)  nicht  anerkennen  wollten,  sondern 
nach  dem  Muster  der  übrigen  norditalienischen  Dialekte  nur 
z  (=  ts)  schrieben. 

Dagegen  kennt  die  italienische  Schriftsprache  einige  tss- 
Formen.  Neben  ERICIÜS  >  riccio  (sie.  ritssu,  ritssa- 
tura  „spoglia  del  spinoso**,  cerign.  ritssg,  neap.  ritsso  aber 
aritäfiare,  mil.  ritss  neben  riä,  a.-be]^.  rits  „Domstraucb, 
Gestrüpp**  [ygL  span.  erizado  „stachelig,  dicht**  vom  Gestr&pp], 
trient.  ris),  woYon  aricciare  „strauben,  emporstehen  [Haare]", 
kennt  das  itaL  auch  ein  arizzare  „sträuben  (von  der  Mahne 
des  Löwen).**  Neben  cuccio,  cucciolo  „Hund  bis  6  Monate" 
steht  a.-itaL  cuzza  „cagna**,  das  mit  rum.  cu^iu!  „Ruf  för  junge 
Hunde**  zu  vergleichen  ist  (vgl.  sicil.  gutssu,  -a^  arpin.  ka- 
tääone  „cagnolino**).  Neben  facciuola  =  „1.  Diminutiv 
von  faccia,  2.  Bäffchen  am  Hals  der  Priester  oder  Siebter, 
3.  Gewebe  zwischen  Zettel  und  Webebaum**  steht  a.-ital. 
fazz(u)olo  „Tuch**,  dav.  fazzoletto  „Halstuch**  C>  ^'^• 
farsulatg  „Schnupftuch**),  Lanciano  fatssolu  „fazzoletto^ 
ven.  fatsio(l)  «  fatsuol)  „leinener  Mantel,  Leintuch**,  O 
alb.  fatsel  „specie  di  cambrik**,  serb.  facol,  facol  „Tuch**,  by- 
zant  q)axi6kig  „Handtuch,  Serviette**,  q>axi6Xiov  „Turban""} 
a.-gen.  fa^ol,  trient.  fasol,  dessen  Etymologie  von  *FAC10LA 
«  FACIES  vgl.  rum.  fa^S  de  masa=  „Tischtuch**)  Parodi 
(Alcune  osservazioni  a  proposito  del  lessico  genovese  antico 
di  Giovanni  Flechia.  Genova  1886  S.  17),  mit  Recht  gegen 
die  Diezsche:  germ.  fetzen,  verteidigt.  *BISLÜCHJM  (vgl. 
*BISLÜCA  >  franz.  berlue,  prov.  besluga)  >  barluzzo 
„Zwielicht**  (wie  *BISLÜMEN  >  barlume).  Neben  LUCIUS 
>  ital.  luccio  (neap.  alutsso,  a.-berg.  luts,  trient.  lus)  steht 


—     121     —  §67. 

merluzzo,  mil.  merlütss  <  MARISLÜCIUS.  Neben  PICEA 
>>  peccia  „specie  di  abete"  steht  *PICEUM  >  pezzo 
^Fichte"  (mil.  peSa  „pino  bianco^,  yen.  päd.  yeron.  petsso). 
PITTACIÜM  (=  griech.  xirraxiov)  >  petazza  „bagatella", 
SOLAGIUM  <!  sollaccio  neben  sollazzo»  day.  soUazzare 
(sie.  sulatssn,  Sillano  solatso). 

§  67.  Ein  Wort,  das  besondere  Beachtung  yerdient,  ist 
das  lat  FACIES.  Es  ist  entweder  wie  GLACIAS  >  QLACIA 
zu  *FACIA  geworden  und  hat  regelrecht  itaL  faccia,  campob. 
'm  patäSa,  gombit.  fatSöa,  a.-gen.  a.-Ghioggia  fa^a,  mil.fat8sa 
nb.  faäa  ergeben,  oder  es  ist  FACIES  geblieben  und  erscheint 
auch  im  tss-Gebiet  mit  tSä:  sie.  fatSSi  (n  fatSöi  <[  IN 
FACIE),  cerign.  fat䧧  (m  batSSg  „in  faccia''),  Lecce  fatSSi, 
neap.  fatääe  (nb.  fatääa),  n.-gen.  fatSa,  trieni  fatsa.  Diese 
Form  erklart  sich  nach  §  90.  Vor  e  wurde  Ki  anders  be- 
handelt als  yor  a,  o,  u.  Zwar  trat  die  Dehnung  des  Konso- 
nanten ein:  fakkie,  dann  aber  wurde  das  i  yom  folgenden 
e  absorbiert  und  dieses  fakke  konnte  nun  entweder  mit  lat. 
kke,  kki  zusammenfallen,  wie  im  Log.  fakke,  Camp.  fatSSi, 
Sic,  Neap.,  Lecce,  Cerign.,  oder  selbständig  yon  diesem  zu 
t§§  werden,  wie  im  Sass.  fatäSa,  Gen.  und  Trient  (wo  kke, 
kki  zu  tse,  tsi  werden).  Nun  konnte  man  die  im  yorigen 
Paragraphen  angefahrten  Unregelmäßigkeiten  auf  folgende  Art 
erklären:  Wie  nach  Konsonanten,  so  fiel  in  ganz  Italien  auch 
nach  Vokalen  Ki  mit  Ti  zusammen  und  beide  wurden  zu  tss. 
Nur  in  einem  Falle  entwickelte  sich  Ki  zu  t§§,  wenn  ihm 
nämlich  e,  i  folgte.  Wir  sollten  also  ACIA  >•  atssa  aber 
ACIiS  >•  atsde  erwarten.  Dann  trat  Ausgleichung  ein:  Im 
Süden  und  Norden  siegte  der  Singular,  im  Zentrum  der  Plural. 
Das  Schwanken  im  Neapolitanischen  und  Lombardischen 
würde  eine  schone  Bestätigung  dieser  Annahme  bilden,  des- 
gleichen die  Doppelformen  der  Suffixe  accio  =»  azzo, 
uccio  «=uzzu  etc.,  und  ital.  sollazzo  .neben  sollaccio  etc. 
ohne  weiteres  erklärlich.  Beweiskräftig  würde  in  diesem 
Falle  fazzoletto  sein,  wo  dem  tss  keine  ts§-Form  beiseite 
stand,    so    daß    ein    *faccioletto    nicht   entstehen    konnte. 


§68.  —     122    — 

Freilich  müßte  dann  facoiaola,  bracciale  aach  faccia, 
braccio,  ghiacciare,  ghiacciaio  nach  ghiaccio,  lac- 
ciare  nach  laccio,  minacciare  nach  minaccia  unge- 
staltet worden  sein,  picciuolo  „Stiel*'  von  piceiolo  „klein" 
beeinflußt,  und  acciale,  aociaio  eine  spate  Italianisierong 
des  norditaLatsal  sein  (Die  itaL  Nebenform  aciajo  würde  audi 
die  Unyolkstfimlichkeit  des  Wortes  beweisen.).  Yerba  wie 
piaccio  etc.  müßten  aus  *piazzo  nach  Analogie  der  zweä^i 
Person  piaci  entstanden  sein.  Durch  diese  Erkl&rung  ließe 
sich  auch  ein  schöner  ParaUelismus  zwischen  FOETI[D]US 
>>  Lecce  fietssu  (neben  fetu  ygL  Archivio  glott  itaL  IV, 
125)  „foetor",  tarant.  fietss§,  PÜTI[D]A  >  itaL  puzza 
„Eiter^,  day.  puzzare  „stmken^,  day.  puzzo  «Gestank**  [ygL 
log.  puta  „puzza,  odore*'],  Lanciano  putssa  „puzzare*^,  Teramo 
putssi  „puzzare*',  fiappgtssignitg  „diyenuto  puzzolente**, 
romagn.  potssa  „puzza^  Pisa  pussolente,  —  und  ACI[D]ÜS 
>-  a.-itaL  lazzo  „aspro  e  pungente  di  sapore**,  cors.  latssu 
„sciocoo  (detto  delle  yiande)**,  gewinnen. 

§  68.  Diese  Erklärung,  so  ein£B.ch  sie  auf  den  ersten 
Blick  auch  scheinen  könnte,  hat  sehr  wenig  Wahrscheinlich- 
keit für  sich.  Bei  einem  Worte  wie  „Arm*'  würde  man  schon 
yerstehen,  daß  die  Form  des  Plurals  den  Singular  beeinflußt 
hat,  (und  gerade  in  diesem  Falle  hat  das  Lateinische  BRA- 
GHIA !),  aber  wie  soll  „Zwirn**,  „Eis**  etc.,  die  doch  so  selten 
in  der  Mehrzahl  gebraucht  werden,  den  Sieg  über  die  Singular- 
form  dayontragen?  Außerdem  ist  unter  den  tss-Formen  des 
Italienischen  keine  einzige,  die  wirklioh  zu  dieser  Erklamng 
zwingen  und  keine  andere  Deutung  gestatten  sollte.  Fazzo- 
letto  bedeutet  einen  Eulturgegenstand,  kann  daher  aus  dexa 
Norden  importiert  sein.  Pezzo  stammt  ans  einer  Gegend, 
wo  die  Fichte  zu  Hause  ist  Merluzzo  ist  nicht  MARIS 
LUCIUS,  sondern  merlo  +  Suffix  -uzzo.  In  petazza  hat 
man  das  Diminutiysuffix  -azza  gefehlt,  in  cuccio  neben 
cuzza,  und  cucco  „dumm,  kindisch**,  dagegen  haben  wir 
es  mit  den  Suffixen  -uccio  »=  -uzzo  =^  -ucco  zu  tun,  ebenso 
wie    im    arpin.    katSäone    mit    dem  SufiBx  «-aocio.    Diese 


—     123    —  §68. 

Worter  sind  ans  "^cocuccio, '*'cociizza,  *cocaccio  yerkfirzt 
und  sind  Ableitungen  des  im  §  60  besprochenen  *coco 
„Kopf.  Die  kleinen  Hunde  haben  bekanntlich  so  unYerhalt- 
nismäßig  große  Schädel,  daß  eipe  scherzhafte  Benennung  nach 
dieser  Eigenschaft  nicht  auffiQlt  Arizzare  neben  ariciare 
wird  im  §  78c  erklärt,  desgleichen  barluzzo  im  §  71  Anm. 
Was  endlich  solazzo  betriffli,  so  ist  es,  wie  die  Bedeutung 
zeigt,  ein  Latinismus.  SOLACIUM  wurde  als  SOLATBIUM 
gelesen,  daher  zunächst  *solazio  (ygL  Sillano  solatso  mit 
einfachem  ts)  und  dann  wie  die  im  §  52  Anm.  besprochenen 
Fälle:  sollazzo.  Ebenso  findet  man  z.  B.  yon  lUDICIUM, 
das  in  Italien  in  yolkstfimlicher  Gestalt  nirgends  zu  treffen 
ist,  neben  dem  Latinismus  giudizio  ein  giudizzino  „kluges 
Köpfchen;  kleiner,  scharfer  Verstand",  welches  trotz  seines  zz 
doch  nur  ein  Latinismus  ist  (ygL  auch  catupuzza,  cacapuzza 
„euphorbia  latyris"  «>  catapüzia,  oacapüzia,  nach 
Pieri  mit  Archivio  glott  ital.  XY,  378  aus  den  Imperativen  caca 
+  puzza.). 

Anm.  Gegen  die  Etymologie  yon  cuccio  «C^cocuccio 
scheint  cors.  kucöu  mit  seinem  de  statt  t§ö  (siehe  das  Dind- 
nutiy  kucöutSSu)  zu  sprechen.  Aber  auch  dem  itaL  boc- 
cuccia,  welches  sicherlich  yon  bocca  mittelst  -uccia  abge- 
leitet ist,  entspricht  im  cors.  bokkuööa,  so  daß  man  wohl 
nicht  fehlgreift,  wenn  man  den  Übergang  yon  ts  ^  (  dem 
yorausgehenden  k  zuschreibt.  Ein  anderer  Fall  ist  cors. 
buööa,  sbuccatura,  temp.  sbuSöa,  sbucöula,  wofür  auch 
sass.  butSsa,  das  dem  dunkelen  ital.  buccio,  buccia  ent- 
spricht (ygl.  tose  bucchie  §  71),  welches  nicht  aus  "^lobuocio 
yerkürzt  sein  kann  (Körting^  No.  5659).  Sohuchardt  (Zeit- 
schrift für  rom.  Phil.  XV,  96)  hatte  cuccio  aus  südslay. 
kucka,  magy.  kutya,  kuszi  (spr.  kusi)  ableiten  wollen.  Ich 
glaube  nicht  an  die  Möglichkeit  einer  so  großen  Verbreitung 
im  Romanischen  eines  slayischen  oder  magyarischen  Wortes. 
Für  unsere  Etymologie  spricht  außer  dem  zitierten  katiSone 
in  Arpino  auch  das  g,  welches  nur  auf  dem  Gebiete  erscheint, 
das  interyokalisches  c  zu  g  werden  läßt  (proy.  goz,  gossa, 
cat.  gos,  span.  gozque,  pg.  gozo,  afranz.  gous).  Wahrscheia- 


§69.  —     124     — 

lieh  ist  aach  franz.  gösse  „kleines  Kind*'  dasselbe  Wort  — 
Für  lazzo,  sozzo  (arpino  tsutssg  fem.  tsotssa,  neap.  sotsso, 
Lanc.  tsotss;,  sotss^,  gall.  sutssu,  a.-gen.  S090),  weiß  ich 
keine  Erklärung;  marcio,  rancio  zeigen  anch  nicht  die  regel- 
rechte Entwickelung  aus  *MARCI[D]US,  *RANCI[D]US,  da  man 
''^arzoi  '''ranzo  erwartet  Donkel  ist  auch  ital.  freccia 
„Pfeil",  gall.  fritäSa,  a.-berg.  fritsi,  lomb.  (s)frit8a,  miL 
flitssa,  n.-berg.  Y.  Bremb.  flessa.  Aus  dem  Qerm.  (klalgan) 
stammt  itaL  schiacciare,  caL  skatssare,  galL  iäatssa, 
cors.  §a6du,  miL  skiäa,  romagn.  stäiatss^,  und  skitsser, 
skitss,  askitss.    Über  bozza  =  boocia  ygl.  §  71. 

§  69.  Wir  gelangen  nun  zu  einem  der  schwierigsten 
Probleme  der  i-Verbindungen,  zu  den  Doppelformen,  welche 
die  Suffixen  -accio  =  -azzo,  -eccio  =  -ezzo,  iccio  = 
-izzo,  -occio  B»  -ozzo,  uccio  =»  -nzzo,  u.  z.  nicht  nur 
im  Ital.  sondern  auch  in  andern  rom.  Sprachen  zeigen.  Bekannt- 
lich werden  sie  von  lat.  -ACEUS,  ICEÜS,  *-OCEÜS,  -UCEUS 
abgeleitet.  Die  tag- Form  des  Italienischen  wird  als  regel- 
recht erklärt,  für  die  tss-Form  dagegen  schlägt  Meyer-Lfibke 
(Rom.  Gram.  11  §  420)  zwei  Möglichkeiten  der  Erklärung  vor: 
a)  Beispiele  wie  popolazzo  „Bevölkerung"  •<  POPULATIO 
können  ein  Suffix  -ATIO  enthalten  und  Latinismen  sein,  b) 
aus  minuzza  <  MINUTIA  gegen  MINUO  hat  sich  ein 
Suffix  -uzza  <C  -UTIA  lostrennen  können.  Er  erhebt  aber 
selber  Bedenken  dagegen  und  entschließt  sich  „die  zz- Formen 
als  Entlehnung  aus  dem  Süden  oder  Norden  zu  betrachten, 
wo  Ei  zu  tss  wird*'.  Daß  aus  dem  einen  Wort  minuzza, 
das  nicht  einmal  auf  dem  ganzen  Gebiet  volkstümlich  ist 
(§  11)  die  ganze  Reihe  der  tss-Suffixe  entstanden  seien,  ist 
nicht  anzunehmen.  Eher  ist  es  möglich,  daß  -ATIO  zu  -azzo 
wurde,  da  wir  gesehen  haben  (§§  68,  52  Anm.),  daß  in  Lati- 
nismen -zio  wirklich  zu  -zzo  italianisiert  werden  kann  und 
da  Wörter,  wie  and  azzo,  mogliazzo  „Heirat",  nevazzo 
„Schneefall",  vor  allen  aber  schiamazzo  „Geschrei",  neap. 
scamatsso,  romagn.  sttäiamatss  =  EXCLAMATIO,  sie. 
galatssu  „scialo  prolungato"  »=  EXHALATIO,  neap.  acqua- 
tssa   „rugiada"  =  AQÜATIO   (vgl.   ital.  acquagione)   dafür 


—     125     —  §69. 

sprechen.  Diese  Deutung,  so  yerfiilirerisch  sie  auch  sein  mag, 
muß  aber  aufgegeben  werden.  Für  sie.  yentulitssu  „renti- 
lazione"*  läßt  sich  kein  '^'VENTTJLITIO  voraussetzen  und 
einem  sie.  tremulitssu  „tremito  continuo"  entspricht  im  Ru- 
mänischen tremuriciü  „Zittern*',  also  gerade  eine  unregel- 
mäßige ts-Form,  selbst  neben  popolazzo  kommt  popola- 
ccio  Tor.  Aber  umsoweniger  läßt  sich  an  eine  Entlehnung 
denken.  Nicht  daß  die  Entlehnung  eines  SufSxes  unerhört 
seL  Sie  kann,  im  Gegenteil,  in  vielen  Sprachen  beobachtet 
werden,  aber  nur  in  dem  Falle,  wenn  dieser  Sprache  das 
Suffix  abgeht.  Wenn  dagegen  ein  Mittelitaliener,  der  zu 
Hause  cavalluccio  sagt,  mit  einem  Nord-  oder  Süditaliener 
in  Berührung  kommt  und  von  diesem  die  Aussprache  caval- 
luzzo  hört,  so  weiß  er  genau,  daß  dessen  -uzzo  seinem 
uccio  entspricht,  und  kommt  er  in  die  Lage,  von  seinem 
Nachbarn  ein  Wort  wie  ''animaluzzo  aus  irgend  einem 
Grunde  zu  entlehnen,  so  wird  er  in  seinem  Dorfe  sicher  nicht 
animalluzzo,  sondern  animaluccio  sagen,  d.  h.  das  Fremd- 
wort in  seine  Mundart  übersetzen.  Ein  jeder  der  spricht, 
will  vor  allem  von  seinen  Hörern  verstanden  werden.  Daher 
trachtet  er  dieselbe  Sprache  zu  gebrauchen,  die  diesen  ver- 
ständlich ist.  Im  Augenblicke,  wo  einer  ein  Wort  entlehnt, 
muß  er  diesem  Prinzip  folgen;  er  entlehnt  es,  weil  er  fühlt, 
daß  gerade  dieses  Wort  imstande  ist,  seinen  Gedanken  am 
besten  auszudrücken  und  will  dadurch  das  Verständnis  seinem 
Hörer  leichter  machen.  Wenn  also  der  Toskaner  im  Gespräch 
mit  einem  zweiten  Toskaner  in  die  Lage  kommt,  das  vom 
Venezianer  gehörte  animaluzzo  zu  gebrauchen,  so  tut  er  es, 
damit  sein  Gedanke  von  einem  Landsmanne  besser  verstanden 
werde.  Dies  wird  aber  nur  in  dem  Falle  geschehen,  wenn 
er  ihm  das  Fremdwort  auch  verständlich  macht,  d.  h.  wenn 
er  animaluzzo  in  animaluccio  toskanisiert.  Übernimmt 
dagegen  der  Toskaner  einen  Marineausdruck  des  Südens,  wie 
gottazza  „Schöpfschaufel",  wo  er  -azza  nicht  als  Suffix 
auffassen  kann,  da  ihm  das  Primitiv  gott- unverständlich  ist, 
so  wird   er   es  nicht  in   gotaccia  toskanisieren;   in   diesem 


§70.  _     126    — 

Falle    aber  ist  auch  keine  Mögliohkeit  vorbanden,  da£  ein 
Suffix  -azza  ins  Toskanische  eindringe. 

§  70.  Sobald  man  die  italienischen  und  rumänischen  ts- 
und  tS- Suffixe  nSher  beobachtet^  stellt  es  sieh  heraus,  daß  sie 
gar  nicht  unregelmäßig  sind  und  Italienisch  -ccio  geht  regel- 
recht auf  -E'U,  ital.  -zzo  auf -E'E'TJ  zur&ck;  im  Bumänischen 
ist  es  umgekehrt:  tSu  geht  auf  -E'K'TJ  und  tsu  auf  K'U 
zur&ok.  Um  aber  die  Existenz  eines  Torromanischen  SufBxes 
-AE'K'U  etc.  beweisen  zu  können,  müssen  wir  einen  großen 
Umweg  machen  und  Ton  einer  lautlichen  Erscheinung  im  Ur- 
romanischen berichten.  Am  besten  läßt  sich  diese  an  einem 
Beispide  verfolgen.  Es  ist  bekannt,  daß  das  Latein  mittelst 
des  Suffixes  -ULU,  -A  1.  von  Nomina  Diminutiva:  LOCUS: 
LOC![U]LUS,  2.  Ton  Verben  Werkzeugsnamen  ableitet:  CINGO: 
CING[U]LUM,  TEQO:  TEG[U]LA.  Von  TOBQUEO  büdete 
man  TOBC[XJ]LUM,  *TOBC[U]LA,  das  einen  „gewundenen 
Gegenstand",  sei  es,  daß  dies  eine  „Schraube  zum  Pressen" 
(daher  Torkel),  oder  einen  „Bündel  gedrehten  Strohs  zum 
Wischen*',  oder  endlich  eine  „gewundene  Fackel''  bedeutet 
Im  Bomanischen  finden  wir  itaL  torchio  „Fackel,  Kelter''^ 
torchiare  „pressen"  <  TOBC[U]LABE,  und  mit  Metathese: 
♦TBOC[U]LUM  >  prov.  trolh-s  „Kelter«,  firanz.  trenil 
„Kelter,  Winde",  *TBOC[U]LABE  >  prov.  trolhar,  span. 
estrujar  „auspressen".  Die  Worte  TOBCIU]LUM,*TOBC[U]LA 
konnten  leicht  als  Diminutira  aufgefaßt  werden  und  man  bildete 
nach  dem  Muster  L0C[U1LUS:  LOCUS  ein*TOBCUM,*TOBCA, 
welche  sich  im  franz.  torche  „Bündel,  Wisdi,  Fackel",  dav. 
torchon,  torcher  (daraus  ital.  torcia,  torciare,  span.  an - 
torcha,  portg.  torcha),  prov.  cat  torcar  „wischen,  putzen", 
erhalten  haben  (TOBQUA  f&r  TOBQUIS  findet  sich  schon 
bei  Varro  sat  Men.  170  B',  vgl.  Georges:  Lexikon  der  lai 
WortforuL  695).  Diese  Bückbildung  muß  sehr  alt  sein,  denn 
es  beginnt  schon  firüh  in  urromanischer  Periode  der  K-Lant 
Tor  L  mouilliert  zu  werden,  *TOBCLU,  *TOBCLA  >  *TOR- 
K'LU,  '^'TOBK'LA,  wie  das  Zeugnis  aller  romanischen  Sprachen 
beweist  (ygl.  Meyer-Lübke,  Bom.  Gram.  I  §  487  ff.).  Da  aber  aueh 


—     127     —  §71. 

LOCLUS  m  LOK'LUS  geworden  ist,  so  konnte  in  *TOBKXA 
immer  noch  ein  Snfifiz  -LA  gef&hlt  und  losgetrennt  werden 
tmd  ein  "^TOBE'A  r&ekgebildet  werden.  Dieses  mafte  nun 
so  behandelt  werden  wie  nrsprOnglidies  BEjI,  daher  haben  wir 
nun.  toar^  ,,Faokel'',  yeron.  tortso  ^^Faokel''  etc.  (g  58X 
Eine  Grundform  *T0B€1A  Ton  TOBQUEBE  oder  *TOBTIA 
Yon  TOBTUS  for  diese  aufteilen,  ist  ein  Unding.  Etwas 
anders  gestaltet  sich  die  Sache  bei  der  Form  mit  Metathese. 
Ans  *TBOGLXJ  konnten  je  nach  dem  Alter,  in  welchem 
die  Bückbildong  stattgefunden  hat,  drei  Tersohiedene  Typen 
entstehen:  L  *TBOCU,  IL  als  die  Mouillierung  des  E  vor  L 
eintrat:  *TBOE'U  und  IIL  als  später  die  Konsonanten  Yor  L 
in  intervokalischer  Stellung  gedehnt  worden  sind  ^TBOK'E'LU: 
rrBOE'E'ü.  Diese  drei  Typen  bitten  im  Italienischen  L  *troco 
(ygL  a.-franz.  estruer  „würgen^),  11.  *troccio,  IIL  *trozzo 
ergeben  müssen.  Wir  haben  aber  keine  Spur  dayon,  sondern 
nur  yon  einer  IV.  Form  *TBOCCO,  welche  im  piem.  truke 
„stoßen",  com.  trukka  „calcare  e  assodare  selciato'',  truk 
„stampfe",  stroka,yen.  strukare  „auspressen", mant.  strukar, 
£riul.  struka,  proy.  truki  weiterlebt  Diese  ist  nichts  anderes 
als  eine  ümbüdung  yon  *troco  nach  troMko. 

Anm.  Ob  alb.  trokon  „trete,  yemichte",  trok  „Balken 
der  Presse",  nun.  *truc,  *turo  in  strncesc,  8tru(n)cin, 
arum.  sturcin  „zerdrücke,  zermalme"  auf  einem  *TOBCU, 
*TBOCU  oder  rTBOGCU  beruhen  ist  nicht  zu  entscheiden. 
Jedenfalls  kann  alb.  tork  nicht  aus  itaL  torchio  entlehnt 
sein,  denn  dann  würde  es  *tork  heißen  (ygl.  §eke  <C  itaL 
secchia,  Imuk  <C  ital.  il  muochio). 

§  71.  Für  alle  Stadien,  durch  die  TOBC[U]LUM  bis  auf 
seine  heutigen  Fortsetzer  gelangt  ist,  gibt  es  zahlreiche  Belege. 
Von  den  Bückbüdungen  der  -ULUS  Ableitungen  führe  ich 
folgende  Beispiele  an.  Neben  ital.  bacchio  <[  BACULUS 
hat  das  oberit.  bac<  *BACCUS  (wie  *TBOCCUS,  pg.  bago 
könnte  ♦BACUS  aber  auch  BACULUS  sein).  Neben  ♦HIBUN- 
DULA  «  HIBUNDINEM)  >  arum.  ländurÄ,  drum.  r!n- 
duricä,  ital.  rondola  ist  ans  proy.  ironda,  ab-firanz.  aronde 


§71.  -     128     — 

ein  '*'HIRUNDA  zu  erschließen  (Meyer-Lübke  Rom.  Gram.  11 
§  355).  Man  leitet  rum.  chingä  „Gurt"  von  ♦CLINGA  < 
C!ING[IJ]LA  ab,  während  man  cingä  „Gurt''  (Pe  mnrga  cä 
mi-1  scotea,  —  la  flntinS-l  adfipa,  —  cu  ^ersaIa-1  ^ersäla,  — 
cu  cinga  mi-I  tncinga.  Marian  Poesii  pop.  I,  34)  als  Yerbal- 
snbstantiy  Yon  CINGERE  erklärt  Eine  solche  Bildung  wider- 
strebt aber  den  Gesetzen  der  lai  und  rum.  Wortbildung  und 
man  muß  cingä,  sowie  sie.  täinga  auf  ♦CINGA  <CING[U]LA 
zurückführen  (dagegen  setzt  ital.  cigna  schon  ein  *CING'LA 
>  *CING'A  voraus).  Selbst  aus  MAS-CULUS  wurde  ein 
♦MASG-US  rekonstruiert,  welches  sich  im  alb.  maSkf  erhalten 
hat  (vgl.  ital.  baroncio<baroncello).  Über*COCA<*COC[ü]LA 
vgl  Schuchardt,  Romanische  Etymologien  S.  21. 

Die  Entwickelung  von  *TORK'ÜM  aus  TORCLUM  wirft 
ein  helles  Licht  auf  die  vielen  -iu,  -ia,  -io  Ableitungen,  die 
für  romanische  Worter  aufgestellt  werden  müssen,  ohne  daß 
dies  mit  den  Regeln  der  lateinischen  Wortbildungslehre  im 
Einklang  stünde.  Ich  greife  aus  der  großen  Anzahl  von  Bei- 
spielen nur  einige  heraus:  Neben  lat.  TRÜNCÜS  „Stumpf^ 
Baumstamm«,  TRUNCUS,  A,  UM  „verstümmelt,  stumpf^ 
TRUNCARE  „verstümmeln":  alb.  trunk  „Baumstamm  and 
verstümmelt",  ital.  tronco,  troncare,  sard.  truncu,  prov. 
tronc-s,  franz.  tronc,  span.  portg.  tronco,  troncar,  hatte 
das  lai  ein  Diminutivum  TRUNCULUS,  das,  nachdem  es  wie 
die  meisten  ULÜS-Ableitungen  den  Kleinheitsbegriff  verloren 
(daher  wird  -ULUS  meist  durch  ELLUS  ersetzt),  das  Primi- 
tivum  TRUNCUS  im  Osten  verdrängt  hatte:  rum.  trunchiü 
„Baumstumpf,  Stamm",  *TRUNCULARE  >  rum.  trunchia 
„verstümmeln".  Nun  setzt  daneben  das  cal.  truntsu  „tronco", 
prov.  trons  „stumpf",  a.-franz.  tronce,  pik.  tronche  „Block", 
span.  tronzo  „abgeschnitten",  tronzar  „zerbrechen,  fälteln'' 
ein  *TRUNCEUS  voraus.  Wäre  dies  von  TRUNCUS  wie 
LIGNEUS  „aus  Holz,  holzig"  von  LI6NUM  mittelst  -BUS 
abgeleitet,  so  würde  es  „stämmig,  aus  Stanmi"  bedeuten,  es 
heißt  aber  dasselbe  wie  TRUNCUS  und  TRUNCULUS.  Wir 
müssen  daher  annehmen,  daß  *TRUNK'U  aus  TRUNC[Ü]LUS 


—    129    —  §71. 

auf  der  Stufe  *TRXINK'LÜ,  durch  Abtrennung  des  Suffixe« 
-LU  entstanden  sei  Von  diesem  selben  ^TRUNK'U  leitete 
man  mittelst  -0,  -ONEM  ein  ♦TRUNK'ONEM  ab  >  a.-franz. 
tran9on,  nfranz.  tronfon  (vgL  lai  HOMÜNCIO  =  HOMUN- 
CTJLÜS).  Ein  weiteres  Beispiel  liefert  uns  das  Rumänische. 
Das  rum.  sgräbun^  „kleines  Geschwür**  suchte  Cihac(II,305) 
vergebens  aus  dem  Slavischen  abzideiten.  Es  entspricht  ganz 
genau  dem  lai  CARBÜNCULUS,  oder  yielmehr  einem  *CAR- 
BÜNCLA,  aus  dem  *CARBÜNK'A  rekonstruiert  wurde  (als 
ob  CARBUNC-  der  Stamm  gewesen  wäre).  Ebenso  setzt 
rum.  gräunt  ein  »GRANUNKTIM  aus  *GRANXJNCULÜM 
voraus  (dessen  Existenz  indirekt  durch  franz.  grenouille, 
prov.  granolha,  itaL  granocchia,  cal.  granunkyu  etc.  be- 
zeugt ist:  RANUNCÜLA  <  RANA  hat  sich  mit  dem  „etwas 
Kleines«  bezeichnenden  *GRANUNCÜLÜM  <  GRANUM  ge- 
kreuzt).  Das  Diminutiv  gräuncior  setzt  ein  *GRANUN- 
K'OLUM  voraus  (obalb.ngnk  „Knöchel"  aus *NODUNCÜLIIS 
oder  *NODUNK'US  stammt  ist  nicht  zu  entscheiden).  Des- 
gleichen erklärt  sich  das  itaL  raponzolo  „Rapunzel"  (auch 
raperonzolo,  raperonzo)  <  ♦RAPUNK'UM  statt  *RAPUN- 
CULÜM.  Dasselbe  Suffix  liegt  vor  noch  in  abatonzolo 
„abatucolo",  lattonzolo  „Milchkalb",  poetonzolo,  preton- 
zolo  „pretazzuolo".  Nach  Analogie  ist  dann  codinzolo 
„dünner,  kurzer  Schwanz"  entstanden.  Aus  VINCULUM  > 
itaL  vinchio,  avvinchiare  «VINCULO)  hat  sich  in  einer 
frühen  Periode  *VINCTJM  herausgebildet,  woraus  ital.  vinco 
„Weidenband"  (dav.  vinciglio  „legame,  vincolo"),  portg. 
vinco.  Später,  als  schon  die  Aussprache  ^VINKXUM  herrschte, 
rekonstruierte  man  ein  *VINK*UM,  woraus  itaL  *vinzo  in 
vinzaglio,  guinzaglio  „vincolo".  Neben  AMÜRCA  >  ital. 
morca  haben  wir  in  derselben  Bedeutung  *AMTIRC[XJ]LA  > 
morchia  und  *AMURK'A  >  sard.  murtsa.  In  intervoka- 
lischer  Stellung  haben  wir  itaL  gracchio  <  GRACULXJS 
neben  a..ital.  graccio  <  ♦GRAK'US  (ein  ♦GRACEU3  ist 
undenkbar).  LIber  rum.  mämSru^  vgL  §  21  Anm.  Auf 
POCLUM  >  ♦POK'KTJM  geht  mgL  potS   „Krug"   zurück. 

Wttigand,  11.  Jahreibericlit.  9 


§71.  —     130    — 

Neben  ital.  chioceia  steht  arpin.  iokka,  neben  cal.  tsutssu 
„Esel",  itaL  ciuco  „Esel".  Umgekehrt  steht  neben  ital. 
mostaccio  auch  mostacchio,  doch  kann  das  letztere  grie- 
chischen Ursprungs  sein.  Vgl.  auch  bacocco  =  baccocco 
=  bacciocco  „Tölpel".  Auf  diese  Art  läßt  sich  auch  ital. 
goccia  „Tropfen"  <  GUTT[U]LA  >  *GUKLA  >  *GUK'A 
erklären.  Ein  *QUTTEA,  das  man  allgemein  annimmt,  ist 
erstens  vom  lateinischen  Standpunkt  unbegreiflich,  zweitens 
könnte  es  im  Italienischen  nur  *gozza  ergeben  (dieses  goccia 
hat  auch  das  unregelmäßige  doccia  in  seinem  Konsonantismus 
beeinflussen  können).  Damit  kommen  wir  zu  einem  weiteren 
Punkt  in  unserer  Betrachtung:  Wenn  ein  Stamm  auf  TT,  KK 
vor  dem  Suffix  -LUS  zu  stehen  kommt,  so  entsteht  die  Ver- 
bindung KL,  welche  dieselben  Schicksale  wie  das  einfache 
KL  hat  Spätlateinisch  ist  ein  BUCCEA  belegt,  von  welchem 
das  rtr.  und  nordital.  ne  —  bu§  „nichts"  (Salvioni  Zeitschrift 
far  rom.  Phil.  XXllI,  517)  abzuleiten  ist  (BUCCEA  bedeutet 
„Mundbissen",  was  als  Kleinheitsbegriff  aufgefaßt  werden 
konnte,  vgl.  rum.  „nici  cit  ai  Imbuca  odata").  Es  entspricht 
genau  einem  NEC  —  GUTT[UL]A,  das  im  Romanischen  weit 
verbreitet  ist,  und  lautete  wahrscheinlich  *BÜK'A  wie  *6ÜK'A, 
das  dann  unter  Einfluß  von  BUCCA  als  BÜCCEA  transkribiert 
wurde.  Somit  werden  auch  die  in  den  §§  61 — 62  besprochenen 
Wortsippen  etymologisch  durchsichtiger.  Die  vielen  Bedeu- 
tungen, die  ein  Typus  *MUCCEÜS  dort  hat,  erklären  sich  nur 
so,  wenn  man  von  einem  *MUK'US  und  *MÜK'K'ÜS  < 
*MÜKLUS  <  *MUCCÜLUS  >  ital.  moccolo  =  mozzicone 
ausgeht.  Zu  <lieser  Annahme  werden  wir  geradezu  genötigt 
angesichts  des  arum.  musku,  mgl.  mutsku.  Wenn  drum, 
musc  (alt  mutsk)  aus  *MUCC1C0  sich  erklären  läßt,  geht  das 
nicht  für  das  Südrumänische,  wo  man  *mutsk,  bezw.  *musk 
haben  müßte  (vgl.  OCCIDO  >  arum.  tsid,  mgl.  utsit,  vgl 
auch  pisc  weiter  unten),  daher  geht  auch  misc  „bewege*^, 
mgL  mit§k  nicht  auf  *MICICO  «  MICO),  wie  Candrea-Hecht 
RomaniaXXXI,  313  angenommen,  sondern  auf  *MIC[ü]LO> 
*MIK*K'0  +  ICARE  zurück.  Es  entspricht  einem  aus  KL  hervor- 


—     131    —  §71. 

gegangenem  E'  in  allen  rum.  Dialekten  ein  ts,  einem  K'E' 
dagegen  ein  ts,  so  daß  man  von  einem  *MÜK'K1C0  « 
♦MUCL-ICO)  ausgehen  muß.  Auf  diese  Art  wird  nun  auch 
das  etymologisch  dunkele  PICO-,  PIK'-  und  PIK'K'  (§  62) 
klar.    Von  PICUS  „Specht"  hat  man  ein  *P1CARE  abgeleitet 

>  mil.  piä  „stechen,  beißen".  Daneben  besitzt  aber  das  Italie- 
nische für  die  Bezeichnung  des  Spechtes  das  Wort  picchio 
(vgl.  rum.  pinchiü  „Rotfink")  <  *PICULÜS,  wovon  pic- 
chiare  „klopfen"  (auch  im  Rumänischen  heißt  der  Specht 
ciocänitoare  „der  Klopfer  [an  der  Baumrinde]"  von  ciocä- 
nesc  „klopfe"  <;  ciocan  „Hammer",  vgl.  cioc  „Schnabel") 
<  *PICULARE,  dav.  picchio  „Schlag",  vgl.  picchiolare 
„tüpfeln,  sprenkeln".  Aus  diesem  *PICLUS  wird  einerseits 
*PIK'US  >  rum.  pi^-igoiü,  pitigäesc,  pis-c  «  pits-k) 
und  die  ital.  t§ä-Formen,  andererseits  *PIK'K*US  >  rum. 
piciü  „kleiner  Knabe",  pisc  «  pit§-k)  „zwicke",  pinciü 
„ein  kleiner  Vogel"  und  die  italienischen  tss-Formen,  endlich 
*PIKKUS  >  rum.  pic,  picur  und  die  italienischen  KK- 
Formen.  Ob  auch  arum.  pit§ä  „Scham  der  kleinen  Mädchen" 
hierher  gehört,  ist  fraglich,  da  das  Wort  in  den  benachbarten 
nichtromanischen  Sprachen  auch  vorkommt  (alb.  pits,  pitSuI 
„(Jeschlechtsteil  kleiner  Mädchen",  pitäigf  „vulva",  slov. 
picka,  poln.  pica,  piczka,  magy.  pics(a)  „weibliches  Glied"). 
Es  ist  jedoch  möglich,  daß  sich  das  Wort  vom  Rumänischen 
aus  weiter  verbreitet  hat.  Dann  würde  pitää  gani  parallel 
zu  pulä  „männliches  Glied  (ursprünglich  nur  der  kleinen 
Kinder)",  das  nach  einer  mündlichen  Mitteilung  des  Herrn 
0.  Densusianu  aus  ♦PUBÜLA  <  PUBES  (bedeutet  schon  im 
Lat.  „Scham(gegend)")  stammt  und  zu  dem  im  §  19  Anm. 
besprochenen  put;ä<*PUTEA  (oder  *PUT[U]L A > *PÜCLA 

>  *PÜK'A)  <  PUTÜS  sein.  Auch  ital.  cazzo  zu  CATÜLUS 
„Junge  von  Tieren"  (>  *CACLUS  >  *CAK'EUS)  gehört 
wahrscheinlich  hierher.  Wie  GUTT[U]LA  >  *GUKLA  > 
*GUK'A  >  goccia  erklären  sich  noch  zwei  Wortsippen,  die 
bis  jetzt  als  etymologisch  dunkel,  oder  als  unregelmäßig  galten. 
Die  erste   gehört  zu  ROTA  und  zeigt  im  Ital.  tSä  neben 

9* 


§71.  -    132    - 

tss- Formen,  was  mit  einem  Grundtypas  '^BOl^-  miTereinbar 
ist  und  nnr  mit  *ROK'[LA]  und  *ROE'K'[LA]  übereinstimmt 
Da  ist  vor  allem  itaL  sdrucciolare  ,,ausgleiten,  straucheln' 
zu  nennen,  von  Ascoli  (Archirio  glott  itaL  VU,  516  Ama) 
auf  *£X-BOT£ARE    zurückgeführt   und   von   Mejer-Lübke 
(Ital.  Gram.  §  193)  befürwortet,  statt  dessen  man  *£X*ROTU- 
LARE  ansetzen  muß.     Wahrscheinlich  gehört  zu  BOTDLA 
auch  das  von  Gaix  auf  *ROT£A  zurückgeführte  itaL  roccia 
„paglia  rayyolta  a  rotolo**.     (Dagegen  sind  von  diesen  Te> 
schieden  die  dialektischen:  neap.  rotfioleiare,cerign.  rueti^lf 
„cilindro  girante  intomo  ad  un  asse**  Lanciano  rotöele  „legDO 
cilindrico  che  si  mette  sotto  a  gravi  pesi,  per  farli  sooirere", 
rutäela,  rutSelia  ^rotolarsi",  die  mit  ihrem  einfachen  t§  an 
deutsches  „rutschen*^  erinnern.)  In  biroccio,  baroccio  neben 
barozzo  (Zeitschrift  rom.  PhiL  YIII,  303),  neap.  barruotSo, 
gombii  SiUauo  barotds^,  Arbedo  barots  hatte  Meyer-Lnbke 
(Zeitschrift  rom.  PhiL  VIII,  303)   einen  Suffix  Wechsel  ange- 
nommen;  eher  könnte   man  einen  Einfluß  von    carroccio 
neben    carrozza,    unter    dessen   Einfluß    auch    birocdo  xn 
baroccio  wurde,  annehmen.    Ich  glaube  aber,  daß  man  gar 
nicht  von  *BIROTIÜM,  sondern  von  *BIROTULUS,  Dimi- 
nutiv  von  BIROTUS  ausgehen  muß.     Die  zweite,  über  die 
ganze   Romania  verbreitete  Wortfamilie,    ist  diejenige,  die 
Körting^  Nr.  1672  und  andere  auf  mhd.  butze  zurückfuhren. 
Da  aber  auch  das  Rumänische  ein  bo^  „Klumpen^  besitxt, 
welches  von  itaL  bozza  „Geschwulst,  Beule*,  franz.  bosse 
„Höcker,  Beule*',  itaL  boccia  „Knospe*'  kaum  zu  trennen  ist, 
so  muß  das  germanische  Etymon  aufgegeben  werden.   £s  geht 
vielmehr  mit  ital.  boccia  auf  *BOK'U<*BOCLU<BOT[[J]- 
LÜS  zurück,  während  itaL  bozza,   bozzo   ein  '^'BOK'EU 
verlangt.      Für   den    Sinnesübergang    vgL    MATIA  >>  nun- 
ma^e  „Eingeweide«   (afr.  boille,  buille  <  ♦BOTULA  „Ein- 
geweide**), ital.  mazza  „Keule**.  —  Über  die  Ergebnisse  der 
etwas    anders    gearteten    COCHLEA    und    NUCLEUS  vgl 
Schuchardt:  Romanische  Etymologien  II,  13  £  und  Zeitschnft 
rom.  Phil.  XXm,  333.    VgL  auch  Wiener  Studien  XXV,  103, 


—     133    —  §72. 

wo  Meyer-Lflbke  das  im  C.  OL  V,  565,  57  belegte  CONOCLEA 
als  die  Vorstufe  des  ital.  conoochia,  nicht  als  eine  Weiter- 
bildung auf  -ea  TOn  COLUCLA  =  CONUCLA  ansieht. 

Anni.  Inwiefern  DL  und  GL  parallel  zu  TL  und  GL  sich 
entwickeln,  kann  hier  nicht  gezeigt  werden.  Nur  auf  einige 
Fftlle  möchte  ich  aufinerksam  machen.  Das  sass.  sangui- 
sudzza  und  das  alb.  6u§ung  (§  39  Anm.)  können  sowohl  auf 
*SANGIJISUGULA,  als  auch  auf  SANGUISUGIA  zurückgehen. 
Der  erste  Typus  ist  ohne  weiteres  verständlich,  da  es  ein 
Diminutiyum  Yon  SANGÜISÜGA  ist,  der  zweite  dagegen  ist 
nicht  recht  klar,  da  das  Suffix  -lUM  wohl  im  Lat.  an  zu- 
sammengesetzte Wörter  tritt,  nicht  aber  ein  -lA  an  solche, 
die  lebende  Wesen  bezeichnen.  Und  dennoch  ist  gerade  diese 
Form  spatlat.  belegt  (Acro  zu  Horaz  Art  poei  476).  Im 
Romanischen  erscheint  aber  -ULÜS  als  das  beliebteste  Suffix 
zu  solchen  Ableitungen:  ital.  latti-vend-olo,  pani-coc-olo, 
rum.  codo-bat-urä  etc.  (Mejer-Lübke  Rom.  Gram.  II,  §  430, 
§  558)  und,  wenn  es  sich  um  die  Verbindung  Substantiv  + 
Verb  handelt,  tritt  es  geradezu  an  Stelle  des  lai  -lüM:  itaL 
terrimuotolo,  rum.  mtnästergurä  =  spätlat.  MANITER- 
GIXTM.  Es  ist  daher  wohl  anzunehmen,  daß  das  spätlat. 
SANGUISUGIA  nichts  anders  als  eine  ^nttphische  Wiedergabe 
des  rom.  *SANGUISUG'A  <  *SANGU1SUG[U]LA  (flir  das 
rom.  Gefühl  trennbar  in  SANGÜIS  +  SÜGO  +  ULA)  ist  und 
als  Pendant  zu  ital.  barluzzo  dienen  mag,  welches  auch  nur 
auf  ein  *BISLUK'K'U  <  *BI8.LUCÜLU  (vgl.  Zeitechrift  rom. 
Phil.  XIX,  181  und  trevis.  bisorbolo  „Blindschleiche")  zurück- 
geführt werden  kann.  Über  *BULGULUS  =  *BULGIUS  vgl. 
§  26.  Für  DL  gibt  es  auch  einige  gleichgeartete  Falle,  so 
vor  allem  die  im  §  25  Aüm.  besprochenen  *PANDIA  >  rum. 
plnzä  „Leinen"  =*PANDULA  (von  PANDERE  „ausbreiten"), 
*PENDIUS,  *PENDIO  >  rum.  splnz  „Nießwurz",  splnzur 
„hänge"  =  PENDULUS  „herabhängend",  PENDULO  „hänge 
herab"  und  wahrscheinlich  auch  *MAND1US  >  mlnz  < 
*MANDULUS  (etwa  *HERB^MANDIUS  =  -ULUS). 

§  72.  Wenn  wir  nun  zu  unseren  Suffixen  zurückkehren, 
so  sehen  wir,  daß  sich  -accio,  -azzo  etc.  gar  nicht  mit  dem 
lai  -ACEUS  vollkonmien  decken,  sondern  daß  diese  ganz 
dieselbe  Funktion  wie  die  italienischen  Suffixe  -aco,  acco 


§72.  _     134     - 

und  -acchio  haben.  Im  lai  leitet  -AGEUS  von  Substantiven 
Adjektiva  ab:  GALLINA  „Huhn"  —  GALLINACEUS  „zu 
den  Hühnern  gehörig".  Schon  in  lateinischer  Zeit  konnten 
nach  Wegfall  des  dazugehörigen  Substantivs  diese  Adjektiva 
substantiviert  werden,  so  stammt  aus  GALLINACEUS  FIMUS 
nun.  gäinat,  span.  gallinaza,  portg.  gallinha^a  „H&hner- 
mist",  dagegen  aus  GALLINACEUS  GALLUS  das  ital.  galli- 
naccio,  teram.  fiall§niets§e  „Truthahn".  Dasselbe  gilt  für 
VINACEUS  „zum  Wein  gehörig",  welches  schon  lai  als 
Substantiv  „Weinbeerkern"  heißt,  gerade  wie  ital.  vinac- 
ciuolo,  oder  mit  einer  anderen  Bedeutung:  rum.  vinat 
„Weinberg"  (etwa  VINACEUS  HORTUS).  Wenn  nun  da- 
neben im  Italienischen  gallinaccia  „schlechte,  magere  Henne', 
vinaccio  „schlechter,  dünner  Wein",  avvinazzarsi  „sich 
berauschen"  vorkommt,  so  ist  es  klar,  daß  es  sich  in  diesen 
letzteren  Fällen  um  ein  Suffix  -accio  =  -azzo  handelt, 
welches  eine  dem  lat.  -ACEUS  fremde  pejorative  Bedeutung 
besitzt.  Nun  sind  wie  avvinazzarsi  viele  andere  Verba  ge- 
bildet, darunter  crepazzare  „bersten"  =  crepacciare, 
sbevazzare  „nippen",  innamorazzare  „franz.  amouracher". 
Für  diese  zwei  letzteren  kommen  in  derselben  Bedeutung  die 
Nebenformen  sbevacchiare,  innamoracchiare  vor,  deren 
Suffixe  auf  einer  Grundform  -ACLARE  beruhen.  Von  dieser 
müssen  wir  ausgehen.  Nach  dem,  was  wir  früher  gesehen 
haben,  kann  ein  -ACLUS  zu  verschiedenen  Epochen  folgende 
Suffixe  ergeben: 
[.  -ACLUS  =  -ACUS  >  ital.  -aco,  rum.  -ac. 
IL  . ACLUS >.AK'LUS  >  -AK'US>ital.  -accio,  rum.  -at. 
in.  -ACLUS  <  -AK'K'LUS>.AK^K'US>ital.  -azzo,  rum. 

-aciü. 
IV.  -ACUS  +  AK'KTS  >  -ACCUS  >  ital.  -acco,  rum.  ac. 
Damit  soll  nicht  behauptet  werden,  daß  im  ital.  -co  und 
-ccio  nicht  schon  die  lat,  Suffixe  -CUS  und  -CEUS  stecken 
können.  Die  auf  -CLUM  beruhenden  Suffixe  kennzeichnen 
sich  dadurch,  daß  sie  ihren  Ableitungen  einen  scherzhaften 
Ausdruck  geben.    Je  nachdem  der  Scherz  gutgemeint  ist  oder 


—     135     —  §72. 

in  böser  Absiebt  gemacht  wird,  hat  man  mit  Diminutiven  oder 
Pejorativen  (damit  verbunden  Angmentativen)  zu  tun.  Nun  be- 
gegnet man  vereinzelt  schon  im  Lai  dieser  Bedeutung  in  den 
mittelst  -CUS  und  -CEUS  abgeleiteten  Wörtern.  So  findet 
man  ein  LINÖULACA  „geschwätzig«,  neben  MERACÜS  hat 
man  MERAC[U]LÜS,  neben  VERRUCA  ein  VERRUCULA, 
und  es  scheint,  daß  die  -G[Ü]LUS-Ableitungen  in  diesen  zwei 
Fällen  die  jüngeren  sind.  -UCÜS  hat  pejorative  Bedeutung 
in  CADUC5ÜS,  nach  dem  rum.  uituc  „vergeßlich"  gebildet 
zu  sein  scheint  (gleichsam  *OBLITUCÜS)  und  in  MANDÜCO. 
In  MERDACEUS  „mit  Kot  beschmiert",  PANUCEÜS 
„lumpig"  etc.  hat  man  die  pejorative  Bedeutung,  die  im 
Primitivum  steckt,  dem  Suffix  übertragen  können.  Neben 
BETACEUS  „zum  Mangold  (BETA)  gehörig"  kommt  spät- 
lateinisch BETACULUS  in  derselben  Bedeutung  vor  (Archiv 
lat.  Lex.  IV,  186)  und  das  beweist,  daß  die  Suffixe  -AK'XJ  < 
-ACEüS  und  -ACLÜS  zusammengefallen  sind.  Man  würde 
staunen,  wenn  eine  derartige  Beeinflußung  nicht  stattgefunden 
hätte.  Tatsache  ist  aber,  daß  die  lat.  Suffixe  -ACÜS  (Zeit- 
schrift rom.  Phil.  XX,  349;  Meyer-Lübke  Rom.  Gram.  II  §  409), 
-ACEÜS  (Rom.  Gram.  II  §  414).  -AECÜS  (?  BAB^ECALUS 
Zeitschrift  XX,  350),  -ICUS  (Rom.  Gram.  §  410),  -ICIUS,  -ICIUS 
(Rom.  Gram.  II  §  415—417),  -OCUS  (?  BATIOCA  Zeitschr. 
XX,  350),  -ÜCUS  (Rom.  Gram.  II  §  412,  Zeitschr.  XX,  350) 
und  -UCEÜS  (nur  in  PANNUCEUS)  nicht  genügen,  um  die 
Suffixe  -CO,  -ccio  mit  ihrem  spezifischen  scherzhaften  Cha- 
rakter zu  erklären,  geschweige  denn  von  -cco  und  -zzo. 
Dies  wird  aus  dem  Folgenden  ersichtlich.  Hier  soll  nur  noch 
betont  werden,  daß  nicht  nur  in  den  verschiedenen  romani- 
schen Sprachen,  sondern  sogar  in  derselben  Sprache  die  ver- 
schiedenen auf  -CLUS  zurückgehenden  Suffixen  unter  sich 
wechseln  und  zwar  nicht  nur  daß  -co  =  -cco  =  -ccio  = 
-zzo  ==  -cchio,  soüdem  auch  aco  =  -eco  =  -ico  == 
-oco  =  -uco  etc. 

Anm.    Homing,   dessen  Verdienst   es    ist,  in    zwei    an 
Material  ungemein  reichen  Artikeln  (Zeitschrift  rom.  Phil.  XIX, 


§73.  —     136     — 

170 ff,  XX  335 ff)  die  Existenz  der  -c-  und  -cc-Suffixe  in 
allen  rom.  Sprachen  erwiesen  zn  haben,  will  die  -c-Snffixe 
anf  die  lat  belegten  zurückführen,  die  -cc-SufBze  aus  diesen 
so  erklaren,  daß  im  Affekt  eine  Vordoppelung  des  Konsonanten 
eintrat  und  endlich  itaL  -acchio  etc.  aus  ac(c)u8  +  ulus 
deuten.  Es  ist  ihm  aber  weder  gelungen  ein  lat  -ACUS  etc. 
in  dem  Sinne  des  ital.  ac(c)o  etc.  nachzuweisen,  noch  fördie 
Dehnung  des  Konsonanten  im  Affekt  überzeugende  Beweise 
anzuführen.  Daß  franz.  polisson  im  Affekt  ppolisson  aas- 
gesprochen wird,  ist  Tatsache  und  nach  Paul  Passj  gilt  die 
Regel,  daß  in  der  erregten  Rede,  das  im  Satz  betonte  Wort 
im  Französischen  den  Akzent  Ton  der  letzten  Silbe  auf  die  erste, 
die  nicht  mit  einem  Vokal  beginnt,  zurückschiebt  (j'ai  tu  un 
animal  aber:  cet  annlmal-Iä).  Wir  sehen  also,  daß  das  SufGx 
den  Akzent  verliert  und  daß  die  Dehnung  des  Konsonanten 
im  Wortanlaut  eintritt  Aber  selbst  wenn  es  im  Urromani- 
schen anders  als  im  Französischen  war,  was  leicht  möglich, 
jedoch  unerwiesen  ist,  so  hat  doch  die  ungewöhnliche,  erregte 
Redeweise  gewiß  nicht  den  normalen  Gang  der  fortlaufenden 
ruhigen  Aussprache  beeinflußt  wie  auch  ein  lat  ''^ACUCIJIA 
im  Französischen,  trotz  des  affektvollen  accücula  nur  zn 
aiguille  werden  konnte. 

§  73.  Lat  -AGEUS  (arenaceus  „sandig",  capill- 
„haarahnlich,  aus  Haar",  chart-  „aus Papier",  cret-,  „kreiden- 
artig", fab-  „aus Bohnen",  herb-  „grasartig",  heder-,  „ephen- 
grun",  lili-  „Lilien",  membran-  „häutig",  mili-  „aus 
Hirsen",  tili-  „Linden"  etc.)  liegt  vor  in: 

♦BOVACIA  (nach  GALLINACEUS)  >  nordit  boatsa, 
boaSa  „Kuhmist".  *CARNACEUM  >  sie.  karnatssu 
„camiccio"  (vgl.  lanc.  fekatatssg  „salsiccia").  "CATENA- 
CEUM  >>  catenaccio  „Sperrkette",  teram.  katenatd§$» 
a-berg.  kadenats,  n.-berg.  kadenas,  romagn.  kadnatss, 
lomb.  kadenas,  (s)karnas  (CATENA  -f  CARDO?),  ferr. 
kadnatss,  karnas,  com,  V.  Teil  karnas.  *FILACEUS  > 
filaccio  „Fasern",  sie.  sfilatssu.  FOCACIA  (sciL  panis 
schon  bei  Isidor  Orig.)  >  focaccia  „Art  Brot",  Lanciano 
fekatss§,  lomb.  fugaSa.  *NAVACEA  >  cerign.  natssfkä 
„wiegen",   camp,  nnatss^kä   „cuUare",  aquil.  annatssfkfi^ 


—    137    —  §73. 

taranb  natssgiare  ^cnUare^,  a.-b6rg.  nayatsa,  boL  narats 
„spede  di  cassa'',  lomb.  nayassa,  nayatBsa,  navaia  „Trog*'. 
*PARACEA  >  ven.  parafola,  veron.  sperontsola,  lomb. 
paroSSla,  trieni  (parüsola  entlehnt).  PLUMAGIÜM  >  itaL 
piumaecio  „Federkissen",  a.-berg.  plnmatsol,  boL  pima- 
tsoL  ♦SETACEUM  (sdl.  CmBRUM)  >  staccio  „Sieb", 
oerign.  statss^,  Lecce  sntatssn,  neap.  setatSio,  aqniL  so- 
tat§da,  teranL  setatiSj,  campob.  s^tatSfi^,  Sillaoo  s^da- 
tfiSf  (galL  siatssn  <C  sass.),  cors.  statfiSn,  a.-gen.  seafo, 
n.-geo.  siasso,  romag.  emü.  sdatss,  piem.  sia(,  lomb.sedats. 
*SERACEÜM  >  gen.  säsu  „latte  cotto  e  rapresso.''  vgl  auch 
♦BONACIA  (nach  MALACIA)  „WindstiUe"  >  bonaccia,  sie 
bnnatssa,  Lanc.  bunatsse,  gen.  bonassa,  Ten.  bonatssa. 

Weitere  Beispiele  beccaccia  „Waldschnepfe",  capel- 
laccia  „Haubenlerche",  oastagnaccio  „Kastanienkuchen", 
culaccio  „Hinterstück  des  geschlachteten  Rindes",  farinac- 
cio  „Mehlabfall"  (farinaccinolo  „mürbe,  bröcklich"  =  fari- 
naceo),  ferraccia  „Schmelzgeflß  aus  Eisenblech",  paniac- 
cio  „Wachstuchfetzen  zum  Einwickeln  der  Leimruten"  (vgl. 
pania  „Vogelleim"),  polpaccio  „Wade",  rapaccio  „Kohl- 
rübe" etc.  Wenn  dagegen  neben  teraccio  <  *TERRA- 
CEUS,  scuraccio  „Grembiule"  <C  CORIACIA  ein  terazsa 
„Terasse",  corazza  „specie  di  usbergo"  Yorkommeu,  so 
sind  die  letzteren  aus  dem  Französischen  (terrasse,  cuirasse) 
entlehnt. 

Im  Rumänischen  findet  man  -AGEUS  ]>  -af  in  *GAR- 
NACEUS  >  clrna^  „Wurst",  *FENAGIÜS  >  flna^  „Heu- 
wiese", GALLINACEUS  >  gäina^  „Hühnermist",  VINA- 
CEUS  >  Yina$  „Weinberg",  *FLOGCAGIA  >  arum.  flu- 
katsS  „wollener Rock"  (floc  =  Wolle).  Nach  Wörtern  wie  ital. 
focaccia,  castagnaccio  „Kastanienkuchen"  ist  arum.  Su- 
is atsä  „Stritzel"  von  §u(  >»  drum,  sucesc  „drehen"  gebfldei 

Anm.  Wenn  neben  clrna^,  gäinaf,  arum.  drum,  clr- 
nat,  arum.  gälinat,  alb.  flokate  „weißwollener  Überrock", 
neugriech.  q>loxaTa  vorkommen,  so  sind  diese  letzteren 
mittelst  des  Suffixe  -ATUS  gebildet,  und  man  braucht  nicht 


§74.  —     138     — 

anzunehmen,  daß  drum,  clrnat  eine  falsche  Singularbildung 
zu  Plur.  clrna^i  sei.  In  Ableitungen  hat  man  cfrnätar, 
cirnä^rie  etc.  (nicht  ctrnStar  etc.) 

§  74.  iCEüS  bildete  im  Lat  Adjektiva  von  Partizipien: 
ADVEN-T-ICIUS,  EMP-T-ICIUS,  FAC-T-IClüS,  LOCATl- 
CIUS  etc.  Im  ItaL  sind  solche  Bildungen  sehr  häufig.  Oft 
\¥urde  das  Adjektivum  substantiert  SALSICIA  (farta  Acre 
Scol.  Hör.  Sat.  2,  4.  60.)  >  salsiccia  etc.  §  65.  Weitere 
Beispiele:  accoglit-iccio  „rasch  zusammengeraiBPt",  addor- 
mentat-iccio  „schlaftrunken'',  appiccat-  „leicht  klebbar% 
ars-iccio  „leicht  versengt",  bruciat-  „Überbleibsel  von  ver- 
brannten Sachen",  cascat-  „leicht  abfallend",  cassat-  „lieder- 
liche Ausradierung",  cavat-  „Schutt",  colat-  „abfließendes 
Wachs,  Schlacke"  (als  Adj.  „von  selbst  abgefallen"),  cott- 
„halb  berauscht",  figliat-  „trächtig",  filat-  „Gespinst  aus 
Seidenabfällen",  grattat-  „leichtes  Eratzen",  guastat-  „etwas 
beschädigt",  imparat-  „schlecht  gelernte  Sache",  mort- 
„halbgestorben",  muffat-  „schimmlig",  pass-  „halbverblüht*, 
portat-  „eingeführt",  primat-  „zeitlich",  pugnit-  „stimolo'*. 
raccattat-  ,,das  Ausgelesene",  raccoglit-  „zusammen- 
gerafft", raspat-  „ausgescharrter  Boden",  recit-,  „Aus- 
gespieenes"  etc.     Vergl.  auch  mol-t-iccio  „feucht". 

Im  Rumänischen  haben  sich  nur  zwei  Fälle  erhalten 
arsitä  „Sonnenglut,  trockner  Platz^^  <  *ARS1CIA  (CALOR, 
PLA6A  vgl.  ital.  arsiccio;  arsitä,  wie  meist  betont  wird, 
richtet  sich  nach  dem  unbetontem  Suffix  -itä,  slavischer  Her- 
kunft) und  rämasitä  „Rest"  <  *REMANStCIA  (vgl.  itaL 
avanzaticcio  „Überbleibsel").  Das  sind  die  zwei  einzigen 
Fälle  im  Rumänischen,  in  welchen  das  Suffix  -i^ä  einen  vor- 
hergehenden Dental  affiziert  (was  auf  lat.  i  weist)  ^und  kein 
Diminutivum  ableitet. 

Da  die  meisten  Partizipia  auch  als  Adjektiva  verwendet 
werden,  konnte  ICEUS  auch  an  Adjektiva  angefügt  werden 
und  in  der  Funktion  des  lat.  -ICEUS  verwendet  werden: 
(am)malaticcio  „kränklich",  wurde  direkt  zum  Adjektivum 
malato  gezogen  und  als  Diminutiv  gefühlt,  wonach  sich  dann 


—     139     —  §74. 

alticcio,  amariccio,  dürr-,  fiacchiccio  ^matt^,  fort-, 
fredd-,  fracid-,  pazz-  „halbverrückt"  etc.  richten.  Meistens 
findet  dieses  Suffix  Verwendung  bei  Farbenbezeichnungen: 
abiccio,  azzur-,  bianch-,  biond-,  giall-,  livid-,  ner-, 
pallid-  etc.|  dann  übertragen  auch  cenericcio  „aschgrau^, 
paoniccio  „Pfaublau".  Vgl.  lanc.  scur-et-it§S§  „scuricdo 
di  colore." 

Im  Komanischen  begegnet  man  aber  auch  einem  Suffix 
-ICEÜS,  das  gerade  wie  -ACEUS  Adjektiva,  oder  daraus  her- 
vorgegangene Substantiva  ableitet,  welches  daher  die  Stelle 
des  im  nächsten  Paragraphen  zu  behandelnden  -fCEUS  über- 
nimmt: PELLiCEA  [vestimenta]  >  *PELLrCEA  >  ital. 
pelliccia,  a.-berg.  pelitsa,  franz.  pelisse,  span.  peliza 
,Pelz%  PAMCEUS  >  *PANrCEA  >  paniccia  „Teig", 
POSTiCEUS  >  *POSTlCEUS  >  posticcio.  Weitere  Bei- 
s})iele: 

*ALNICEUS  >  oniccio,  mil.  olnitss  uod  olni§,  a.- 
berg.  Units,  n.-berg  önes  „alno,  ontano'\  *ARENICEUS 
>  reniccio  „Kies".  *CANN1CEUS  >  canniccio  „Rohr- 
goflecht",  cal.  kannitssu.  *CAPRICEUS  >  Capriccio 
..Laune".  *CARN1CEUS  carniccio  „Fleischseite  der  Haut" 
(=  sie.  karnatssu,  vgl  span.  carniza  „Fleischabfalle"). 
*CRATICEUS  >  graticcio  „netzartiges  Gitter",  graticcia 
,. Fischreuse",  mil.  gradisa,  romagn.  gardetss,  piem.  grissa, 
bellun.  garditss,  Val  d'Aosta  grisse.  *GLAR1CEUS  > 
ghiariccio  „Kieselgrund".  SÜBCINERICIÜS  (Archiv  lai 
Lex.  III,  505)  >  soccenericcio  „del  pane  cotto  sotto  la 
cenere". 

Femer:  orliccio,  orliccia  „äußerster  Rand  des  Brotes, 
Randrinde"  zu  orlo  „Saum",  moriccia  „Schutthaufen"  zu 
mora,  terriccio  „Mist",  viticcio  „Rebe".  Muriccia  „Stein- 
haufen steht  statt  *mureccia  <;_MURlC-EA. 

Im  Rumänischen  hat  sich  -ICEÜS  in  dieser  Funktion 
nicht  erhalten,  und  das  Suffix  -itä,  das  Meyer-Lübke  (Rom. 
Gram.  II,  §  416)  davon  ableitet  ist  slavischen  Ursprungs  (vgl. 
meine  Diminutivsuffixe  §  92.). 


§75.  -     140     — 

§  75.  -ICIÜS,  das  im  Ela8.-lai.  Adjektiva  yon  Sübstan- 
idren  ableitete  (PELL-fCEXTS)  etc.,  wurde,  wie  wir  geseheo 
haben,  durch  TCEÜS  ersetzt  Dagegen  findet  sich  im  West- 
romanischen  ein  Suffix  -ICEÜS  nur  in  Verbindung  mit  -ER-, 
oder  zum  mindesten  an  Stfimmen,  die  auf  -R  endigen,  an- 
gefügt 

Alim.  Dessen  Vorbild  ist  kaum  in  Wörtern  wie  LATE- 
RIGEUS  zu  suchen,  das  man  auf  LATUS  beziehen  koDote, 
sondern  es  sind  yielmehr  Bildungen  wie  PORCARICIÜS 
(DOMUS)  Lex.  Alam.  83,  3]>rum.  porcfirea^  „SchweiD^ 
stall",  ital.  porchereccio,  span.  porqueriza,  nach  welchem 
ein  *GAPRARICIA  gebildet  wurde,  itaL  caprareccio  ^Ziegen- 
stall",  arum.  käpärleatsS  „Ziegenplatz"  <;  "^kfiprftleatss 
<  *käpr&reats&.  Auch  ein  SIGILLARICIDS  (ANELLÜ? 
ist  spät  belegt  (vgl.  Romania  7(XXTT,  178).  Im  Italieniscbeii 
findet  man  Adjektiya  auf  -ereccio,  die  die  Zugehörigkeit  an- 
geben: boschereccio  „zum  Wald  gehörig",  camp  —  „zom 
Feld  gehörig",  cas  —  „häuslich",  cavall  —  ngß^ip^ 
vom  Pferd  getragen  zu  werden,  fest  —  „festlich",  fitt  —  „tai 
Pacht  gehörig",  mosch  —  „fliegenartig",  pazz —  „halb  ver- 
ruckt" (=  pazziccio),  spos  —  „hochzeitlich",  vern  —  , winter- 
lich", vill  —  „ländlich".  Von  Verben  sind  abgeleitet:  be- 
Tereccio  „trinkbar",  figli  —  „trächtig",  giov  —  „anmotig^ 
god  —  „vergnügungssüchtig",  pigli  —  „leicht  zu  nehmen", 
pugn  — ,  piov  —  „regnerisch",  vend —  „verkäuflich".  Zu 
Substantiven  gewordene  Adjektiva  sind:  acqu-  „WasserkaIme^ 
bugn-  „Bienenhaus"  (vbugnola  „aus  Stroh  geflochtener  Korb"), 
campereccia  „Ackerland",  costereccia  Rippenstück;  in 
barch ereccio  Anzahl  Barken,  ferrareccia  „Eisenwaren"  liegt 
der  kollektive  Begriff  im  Suffix  -ARIUM.  An  Stänmien  auf 
-R  wird  -eccio  angehängt  in:  lavoreccio,  marmoreccio 
„Marmor-",  pastoreccic  „pastorale",  peooreccio  „pecores- 
co",  a.-ital.  pescareccio,  n.-itaL  pescereccio  „zur  Fischerei 
gehörig".  In  ladroneccio  „Diebstahl"  haben  wir  es  miteiBer 
Metathese  *LATRONICIÜM  statt  LATROCINIÜM  zu  tuD. 

Im  Rumänischen  ist  die  Beurteilung  des  Suffixes  -e^  sehr 
schwierig,  da  sich  mit  dem  lat  -ICIXJS  ein  slav.  -ets  mitfa^ 
gleicher  Funktion  gekreuzt  hat    Direkt  auf  lat  Grundfonoeo 


—     141     —  §75. 

sind  zurückzufahren:  ftnea^  »Weideplatz''  <  ^FENlCIA 
(flnat  ndass."  <  *FENACEÜS).  grlnea^ä  „Getareide**  < 
*GRANICIA,  wahrscheinlich  auch  die  etymologisch  dunkeln 
mätrea(ä  „Schuppen**  (nach  Philippide  UramaticaS.  164  bis 
165  statt  '^mätureafa  <[  mäturä  „Besen**!?)  und  mi- 
stret  „Eber,  Wildschwein''  (nach  Cihac  I,  168  Ton  *K£ST- 
ICIUS  „der  Traurige*" !?).  Dagegen  leite  ich  märe^  „hoch- 
mütig** nicht  von  rum.  mare  »S^oß**  (trotz  Densusianu  Bist 
langue  roum.  .299),  da  mir  der  Sinnesübergang  nicht  ein- 
leuchten will,  sondern  direkt  Yon  lat  '^'MABICIUS  „männlich*' 
(„Sosind  [Mihaiü  Yiteazul]  in  locul  unde  trebuia  s&  pri- 
meascä  moartea,  cäläul  cu  toporul  In  minä  sä  apropie  de  el,  dar 
clnd  aflnti  privirea  asupra  jertfei  sale,  clnd  väzu  acel  trup 
märef  [=»  jenen  männlichen  Körper],  acea  cäutäturä  sälba- 
ticä  si  infiorätoare,  un  tremur  groaznic  ll  apueä**  .  .  .  Bäl- 
cescu:  Mihaiü  Yiteazul  osindit  la  moarte).  Wie  lat.  SIGIL- 
LARICIUS  «  SIGILLARE)  sind  gebildet  die  nun.  Adjektira 
auf  -äre^  ==  ascultäre^  „gehorsam**,  clntäre^  „Sänger'', 
curTäreatä  Dosofteiü:  Viafa  sfin^  52/2  „Dirne**,  purtäre^ 
„tragbar,  Träger**,  sältäret  „hüpfend**,  lucrärea^  Dosofteitt 
Via^  sfin^.  lb/4,  vorbäre^  gesprächig;  —  wie  SIGILLA- 
RICIXJS  (^  SIGILLUM):  copiläre^  „kindlich",  bältäre^ 
„Sumpf-*',  cäläre^  „Reiter"  (<C  cälare).  Auffallend  ist  das 
substantivierte  mustäreatä  „Birkensaft**  (vgl.  musteniciü 
„cimat  ftcut  cu  must*').  Dagegen  steckt  wahrscheinlich  das 
slay.  unbetonte  -M  in  -äre(:  härbäre^  „Nascher"  <=  härbar, 
pismStare^  (<C  '*'pismätar<]griech.  JtSiOfidraQriq)  ^^Neider", 
muieräref  „Hermaphrodit*'  Dosofteiü  Yia^  sfin^  22b/3, 
235b/10,  Yorbäre^  »=  vorbär^^  Bei  dieser  letzten  Bildung 
konnte,  nach  flecar  ein  '^'v orbar  vorgeschwebt  haben,  wonach 
dann  auch  limbäref  „Schwätzer*'.  Damit  war  auch  die 
Möglichkeit  gegeben,  ein  räpäre^  „Raub-**,  negustare^ 
„nüchtern"  (d.  h.  ,,einer  der  nicht  viel  kostet**)  Gaster:  Chre- 
stom.  I,  47,  2  zu  bilden. 

Das  einfache  -e^  bildet  1.  wie  lat  ICIÜS  Adjektiva  von 
Substantiven:  drume^  „einer  der  zum  Weg  gehört  >»  Wan- 


§75.  —     142     - 

derer",  läet  (^igan  1.  =  ^igan  de  laie),  lume^  „weltlich", 
nelumät  Dosofteiö:  Viata  sSd^l  216/3  „schüchtem",  mäläiet 
„fad",  negure^i  „nebelig"  Gaster:  Chrestom.  II,  299,  2,  orbet 
„blind",  pädure^  „Wald-",  (mgL  piduretsi  „Erdbeeren'. 
verde^  „Art  Fisch"  (auch  verdete),  gogonet  „rund'*  = 
gogonat,mgl.värdärets  „Wind  vom  Vardar  her".  — 2.Diiiii- 
nutiva  a)  von  Adjektiven:  albef;,  albinet  (vgl.  log.  albinatti: 
albulet  „weißlich",  latäret  =  latänet  „etwas  breit",  lun- 
gäret  =  lunguiet  „etwas  lang",  b)  von  SubstantiTer: 
brlne^  „Gurt",podet  „kleine  Brücke",  unghe^;  „kleine  Ecke" 
copile^  „Schößling";  vgl.  auch  Oltule,  Olte^ule  in  Volk- 
liedem.  Unklar  istbuchine^  („Incepu  a'nfuli  cu  läcomi'^ 
din  buchinetal  de  pine,  ce-i  däduse  crlsmarul"  Noua  rev.  roiL 
U,  225).  Als  Diminutivum  läßt  sich  auch  scäiet  =  scaiü 
(neben  scaete)  auffassen.  Das  dialektische  golen^  .,Schaf- 
fell  ohne  Wolle"  ist  mit  golas  „dass."  (Jb.  VII,  83)  zu  ver- 
gleichen. Mgl.  pote^  „kleiner  Krug"  scheint  ein  DiminutivuiG 
von  *pot  zu  sein,  das  auf  dasselbe  urromanische  ♦PÖTTüM 
zurrückgeht,  wie  franz.  pot,  span.,  portg.  pote.  Die  Mehr- 
zahl dieser  Diminutiva  kommen  in  Verbindung  mit  -ul-  vor: 
-ulet:  ac-ulet,  arc-,  codr-,  coltule^;e,  corbulet,  cos-. 
cuib-,  dräc-,  dräg-,  lorg-,  nuc-,  om-,  prund-,  rar* 
,,Natterwurz",  ri-,  steg-,  strop-,  soim-,  säe-,  turc-,  urs- 
vierm-.  Unklar  ist  arum.  kutuletsu  „Fadennetz,  Strumpf- 
öffnung." Auffallend  ist  säcul-t-et  Dosofteiü  Viaja  sfint. 
118b/23,  28  =  säculet  und  flecus-t-ete  Creangä:  Amintiri^S 
von  fleac  (vgl.  putin-t-el).  —  3.  Slavischen  Ursprungs  ist -et 
in  deverbalen  Nomina  actoris:  (vgl.  akslav.  pl^ati  —  plfsic: 
„Richter",  grebg  =  grgbici  „Ruderer",  prekupiti  —  preku- 
pici  >  rum.  precupe^,  citj  —  citici  >  cite^  „Leser**,  be- 
sonders beliebt  in  Zusammensetzungen  caro-dejici  „Zauber- 
täter", hlebo-pecici  „Brot-bäcker",  myto-jimici  „Zoll-ein' 
nehmer"  vgl.  bei  Dosofteiü  Viata  sfin^;.  63/7,  326/13,  66b;iO: 
blagoböre^i,  blagonose^,  cÜudovore^  etc.).  Da  nebec 
cite^  ein  citesc,  neben  glume^  „Spaßvogel"  <C  akslav. 
glumici  ein  glumesc  existiert,  konnte  -e^  produktiv  werden: 


-     143     —  §§76,77. 

Indräsnet  „mutig",  päcäle^  „Spaßvogel".  Sämet  „hoch- 
mütig" setzt  ein  *sümici  «  sümgjg  „wage")  voraus  (su- 
me^  ist  literarische  Anlehnung  an  SUMMUS  nach  mare- 
märe^),  iste^  „schlau"  ein  *istici  (vgl.  istü)  voraus,  scopet 
„Kastrierter"  =  kslav.  skopie!  Aus  dem  Slav.  stammt  auch 
das  irum.  -ets  (sändets,  belets,  hläpets  etc.).  Bemerkenswert 
ist,  daß  ein  -et  im  Sinne  von  ital.  bevereccio,  rum.  pur- 
täre^  nur  an  slavische  Verbalstämmen  angefügt  wird:  citet 
„leicht  lesbar",  plute^  „leicht  schiffbar"  lube^  „leichtver- 
liebbar"  (vgl.  akslav.  Ijubica  „amator"). 

§  76.  Von  einem  -*fiCnJS,  *-ÖCEUS,  [-ÜCIUS]  fehlt 
im  Lat.  jede  Spur,  -UCIUS  ist  in  PANNÜCIÜS  allein  be- 
zeugt; dieses  hat  sich  im  Rom.  nicht  erhalten,  so  daß  es  auch 
zu  keinen  Neubildungen  Anlaß  geben  konnte.  Daher  müssen 
wir  einerseits  für  ital.  -eccio,  -occio,  -uccio  ein  anderes  Ety- 
mon suchen,  und  nicht  nur  für  diese,  sondern  auch  für 
-accio,  -uccio  die  Diminutiva,  Pejorativa  oder  Augmentativa 
ableiten.  Ihr  wahrer  Ursprung  ist  im  §  72  angedeutet  worden. 
Hier  sollen  nur  noch  die  Beispiele  besprochen  werden  und 
zwar  in  folgender  Reihenfolge: 

1.  -K'US,  2.  K'K'ÜS,  3.  KUS  und  KKÜS,  4.  CLUS. 

§  77.  -K'US,  -K'O  haben  die  Suffixe:  -accio,  (eccio, 
iccio),  -occio,  -uccio,  -acciare,  -icciare,  -ucciare  im 
Italienischen,  -e^,  -o^,  -ut,  im  Rumänischen  ergeben: 

a)  -accio  ist  im  Italienischen  pejorativ-augmentatives 
Suffix  von  fast  unbegrenztem  Gebrauch:  Animal-accio, 
arnes-,  asin-,  babb-,  bab-,  baff-,  balord-,  bambin-, 
barbar-,  bastard-,  baston-,  battut-,  birr-,  boll-,  bors-, 
bosc-,  briac-,  bu-,  bugiard-,  bulon-,  cagn-,  cantin- 
etc;  Aquaccia,  andat-,  ari-,  art-,  ass-,  azion-,  barb-, 
besti-,  birb-,  borr-,  cagn-  etc.;  Anticaccio -anticaccia, 
astios-,  avar-,  bon-,  brutt-,  grand-,  pover-,  ricc-, 
vecchi-  etc.  In  Verbindung  mit  -uccio:  casucciaccia, 
colorucciaccio,  lavorucciaccio,  selbst  porcacciaccio. 
Ton  Verben  abgeleitet  sind:  berling-accio  „letzter  Dienstag 
im     Karneval",     gabaccio     „Unhöflichkeit",     piallaccio 


§77.  _     144    — 

^Schwarte^.  Levataccio  „yorzeitiges  Aufstehen^  ist  nach 
dem  Muster  der  -aticciare-Ableitungen  (§  74)  gebildet 

-acciare  liegt  vor  in  crepacciare  ^bersten",  woTon 
crepaccio  „Sprung,  Riß".  Dieses  hat  also  nichts  mit  einem 
lat  ♦CREPATIO  zu  tun  (vgl.  §  69),  sondern  —  und  dies 
soll  im  Folgenden  nicht  mehr  wiederholt  werden,  —  alle 
Verbalabstrakta  auf  -accio,  -azzo  etc.  sind  Postverbalia  von 
Zeitwörtern  auf  -acciare,  -azzare  etc.  Da  man  crepaccio 
direkt  auf  crepo  zurückführen  konnte,  konnten  auch  Neu- 
bildungen wie  ramaccio  „Rauschen  der  Zweige**  (ein 
'^'ramacciare  existiert  nicht)  popolaccio  =  popolazzo 
entstehen. 

Ein  rum.  -af,  -fifare  in  dieser  Funktion  fehlt 

b)  Ital.  -^ccio,  -^cciare,  rum.  -ief,  -ie^re  fehlen. 
ItaL  -^ccio  in  -ereccio  geht  auf-ICEUS  zurück,  -ecciare 
ist  mir  unbekannt.  Dagegen  ziehe  ich  hierher  die  rum.  Dimi- 
nutiva auf -e^,  die  im  §  75  besprochen  worden  sind,  -e^re  fehlt 

c)  -iccio  hat  neben  den  im  §  74  besprochenen  Fällen, 
wo  es  auf -ICEUS  zurückgeht,  auch  die  Funktion  einespejorativ- 
diminutiyen  Suffixes  und  geht  auf  -lE'US  zurück:  colo r ic- 
cio „yerblaßte  Farbe**,  fanghiccio  „dünner  Schlamm**,  paglic- 
cio  «klein  gehacktes  Stroh**  (vgl.  sicil.  pagghioccu  „paglia 
assai  minuta^^parenticcio  „weitläufiger  Verwandter**,  paurio- 
cia  „Oänsehaufjpoltriccio  „schlechtes  Bett**  (poltro  „Lager**), 
paccichiccio  „schmutziger  Ort**  (vgL  paccicotto),  neap.  pun- 
titöSu  etc.  Diminutiva  auf -icciuolo:  erbicciuola, libricciuolo 
s»  libriccino  —  libriciattolo  (ygL  omiciattolo  „Knirps**), 
membricciuola  „zartes  Olied**,  monticciuolo  ^s  monti- 
celloBBmonticino,muricciuola„MaueryorspruDg**-muri- 
cello  „kleine  Mauer**  —  muriccia  „unvollständige  Mauer**, 
opericciuola  „kleines  unbedeutendes  Werk**,  orticciuolo 
="  orticello  „kleiner  Gemüsegarten**,  petricciuola  = 
petrucciuola  «s  petrucola  <==  petruzza,  porticciuola 
„kleine  Tür**,  festicciuola  „kleines  Fest**. 

-icciare  liegt  Tor  in  piovicciare  «=»  piovicolare  (da- 
gegen ist  arsicciare  „leicht  anbrennen**,  cotticciare  „leicht 


—     145    —  §77. 

abkochen*^,  graticciare  „durch  Flechtwerk  einschließen", 
mesticciare  „wühlen"  von  arsiccio  cotticcio  etc.  abge- 
leitet; ramicciare  „Reisigbündel  schneiden"  gebtauf  *BAMIC- 
lUS  zurück).  Postverbal  ist  carpiccio  „Tracht  Prügel^ 
(carpere). 

Im  rum.  fehlt  i^re,  dagegen  finde  ich  -i^  als  Diminutiv* 
Suffix  in  puif  von  puiü,  arum.  gäritsu  „grlu",  drum,  cornit 
„sac  triunghiular"  („zärul  sä  strecoarä  printr  un  corni^  de  llnä" 
Liuba-Iana  Mäidan  S.  111). 

Das  Suffix  -lE'US  ist  durch  eine  späte  Inschrift  aus 
Venetien  bezeugt,  wo  nepotlcia  (Corpus  Inscr.  Lai  V,  4466) 
statt  dem  üblicheren  Diminutiv  NEPOTICULA  (Archiv  lai 
Lex.  VUI,  168)  steht.  Ein  klass.  Lai  Diminutivum  auf -ICIÜS 
von  einem  Substantiv  ist  nie  belegi 

d)  9Ccio  leitet  im  ItaL  von  Substantiven  Diminutiva  mit 
einem  tadelnden  Begriff  der  Derbheit  ab:  altoccio  „nicht 
sehr  hoch",  babboccio  «=  babbeo  „Tölpel,  kindisch",  ba- 
Coccio  „Gespinst  eiaes  gestorbenen  Seidenwurmes",  bam- 
boccio  „dickes,  fettes  Kind"  (cal.  mammotgäulu,  lanc. 
mammots§§),  belloccio  „hübsch,  halbwegs  schön",  cap- 
poccio  „Dickkopf",  cartoccio  „Hülle",  crescutoccio  „dick", 
fantoccia  „Puppe",  fantoccio  „Hampelmann",  fratoccio 
(=3  fratocco)  „großer,  jovialer  Mönch",  frescoccio,  femmi- 
noccia,  festoccia,  figlioccio,  grassoccio,  grassoccino 
„hübsch  rundlich",  gavocciolo  „Pestbeule",  gravoccio, 
largoccio,  santoccio  etc.  Aus  den  Dialekten:  sie  figghi- 
otssu,  munt-ar-otssu,  Gombitelli:  ditots§§  „dito",  mil. 
fürügotss,  a.-berg.  fiots,  fiotsa,  n.-gen.  fidzossu  „figli- 
occio" etc. 

-occiare  kenne  ich  nicht. 

Im  Rum.  kommt  ein  -o(n)^  vor  in  mgL  mägärots 
„Eselchen",  cirlionf  „Locke",  das  mit  clrlig  „Hacken"  (vgL 
kruss.  karliuka  „dass.")  verwandt  ist,  in  cotoroan^  „mageres 
Frauenzimmer"  zu  cotor  „Stiel",  und  in  vräbion^  zu  vrabie 
„Spatz",    -o^re  liegt  vor  in  coco^a. 

Weigand,  11.  JahroBbexicht.  10 


§78.  —     146     - 

e)  -uccio  hat  im  ItaL  pejoratiT-düninttÜTe  Bedeutung 
Ambuccio,  amor-,  anim-,  argoment-,  articol-,  att-, 
avaiiK-,  avar-,  ayyocat-,  bambin-,  bert-,  borg-,  botte- 
gai-,  cagion-,  caless-,  calor-,  camer-,  cann-,  cantin-, 
cant-  etc.  Bianc-,  cald-  etc,  Animuccia,  -bocc-,  cas-« 
domn-,  gent-  etc.  Malattiuccia  ist  ein  „kleines  Leiden**, 
malattiaccia  „eine  schwere  böse  Krankheit",  malignnccio 
ist  „etwas  boshaft"  (von  kleinen  Kindern),  malignaocio 
„äußerst  boshaft"  (von  Erwachsenen).  In  den  Dialekten  hit 
das  Suffix  -uccio  meist  verkleinernde  Funktion:  sicdukutssn, 
kartutssa,  fratutssu,  manutssi,  surutssi  etc.  (vgL  Schnee- 
gans S.  90),  Lecce:  kaddutssu  „cavalluccio",  steddutssa, 
caL  purtäeddutssu,  Teramo:  M^n^kgütääe  „Menicuccio% 
T§§kgütSäg  „Cecuccio",  P§trgütä§;  „Pietruccio",  Pfdf- 
üt§d§  „pieduccio",  mangütSs^  „manina",  Lanciano:  Maura- 
t§§g,manut§S§,freddut§solf  „Freddino",detut8s§„ditino", 
suprabetutsSo  „soprabitino" ,  cappellutäSg  „cappellino\ 
Yunnutssg  „vestina"  etc.,  cors.  ladrut§§u,  kuc2uts§u  etc. 
Sillano:  ballutsSg  „ballotta",  bgrnut§§g  „cappello 8formato% 
a.-berg.  kanaruts,  caputs  „pilleus",  paiuts  „stramen",  mil 
pelüS,  pretüS,  yantsüS  „avanzuccio",  triaüS  etc,  triesi 
barbuts  etc. 

-ucciare  kommt  vor  in  Lanciano  sbelutäSa  „spiatellare" 
(sbela)  Verbalsubstantiv  ist  scaramuccia  (a.-berg.  skaramutsa 
„conflictus**,  vgL  romagn.  skaramotssal  „Hin-  und  Herstoßen 
im  Wagen"). 

Im  Rum.  ist  -u^  eines  der  häufigsten  Diminutivsuffixe 
acu^,  arc-,  argint-,  bot-,  fi-  etc.  albin-u^,  bftrb-^ 
biseric-,  cämar-,  cuti-  etc.  acru^,  acru^,  alb-,  adinc-, 
bun-,  cald-,  crud- etc.,  ol-c-u^,  pol-c-u^  etc.  (Weitere 
Beispiele  in  meinen  Diminutivsuffixen  §§  93—100.) 

-u^re  kommt  vor  in  gurgufa  „auffliegen"  Dosofteiü 
Via^  sfinf.  193/22  (vgl.  gurg-uiü)  und  in  mgL  atretutsi  „is 
blitzt",  das  zu  slav.  strela  „Pfeil"  gehört 

§  78.  K'K'ÜS  liegt  vor  in 

a)  (-accios»)-azzo:  amolraecio«aamora2«o  „Liebeki% 


—    147    —  §7a 

biscaecia  «:  biscassa  „elende  Spelunke^,  cagnaccio  »» 
cagnazzo  „magerer  Hand*'.  Die  gleiche  Funktion  wie  -accio 
hat  -azzo  in:  codazza  „Schwanz**  (miL  qnatssa  =»  nun. 
codi^  „Zopf*),  frettazza,  -o  »großer  Besen**  (zu  frettare), 
pretazzuolo  „Priesierlein**,  marazza  „Sumpf*;  brunazzo 
„braanlich**,  paonazzo  „pfaublau**  {^==  paonicdo),  vgl  ancfa 
malazzato  „malato**,  mulazzo  „mulatto**.  Barbazzale 
„Kinnkette**  ist  nach  dem  imter  d)  zu  besprechenden  bar- 
bozza  gebildet.  Pazzo  „verrückt**,  campob.  patiäiia,  oerign. 
pat§g$,  aquiL  patssia,  kal.  patdäiu  ist  wahrscheinlich  aas 
pup-azzo  verkürzt  (vgl.  Nigra  Archivio  glott  itaL  XY  130, 
vgl.  auch  paccheo  „Dummkopf*). 

(acciare  =»)  -azzare:  crepacciare  =  crepazzare, 
popolaccio  s=  popolazzo.  Ferner  liegt  ein  augmentativ- 
pejoratives  -azzare  vor  in:  bravazzare  „prahlen**  (vgL  bra- 
vaccio),  ghignazzare  „laut  lachen**,  gavazzare  „laat jubeln**, 
innamorazzare,  schiamazzare  „schreien**,  scacazzare, 
scorrazzare  „schwärmen**,  sparnazzare  „verzetteln**,  spe- 
lazzare  „Wolle  lesen**,  svolazzare  „flattern**,  sbevazzare 
„nippen**  etc.  An  Verbalsubstantiven  führe  ich  an:  gavazzo 
„lauter  Jubel**,  schiamazzo  „Schrei**,  femer:  codazzo  „Ge- 
folge**, andazzo  „Epidemie**,  mogliazzo  „Heirat**,  nevazzo 
„starker  Schneefall**,  pugnazzo  „kleines  Gefecht**,  tramazzo, 
sie.  ialatssu  „scialo  prolungato",  neap.  scamatsso,  romagn. 
stäamats  „schiamazzo**,  neap.  acquatssa  „mgiada**  etc. 

Im  Rum.  kommt  ein  verkleinend-pejoratives  -aciü  vor: 
im  arum.  kopilatsu  „uneheliches  Kind**,  mgL  iunkatdu 
„junc  mic**,  drum,  sttngaciü  „linkisch**,  daza  arum.  ndrep- 
tatiu  „rechtshändig**.  Hierher  gehört  auch  das  Wort  rln- 
caciü  „einhodig,  brünstig**  (cal  rlncaciü  „halb  kastriertes 
Pferd).  Es  beruht  auf  einem  *rlnc  <  *RENICUS  <  RENI- 
GÜLUS  +  Suffix  -AK'K'US  (Dam^  gibt  auch  ein  rtnca; 
„qui  na  qu un  testicule**  Cihac  II,  187  ein  cal  rlnefiu  „cheval 
bifltoume**).  Die  Konfusion  zwischen  „Hode**  und  „Nmm^ 
trifft  man  auch  im  Franz.  rognon  („Des  rognons  de  coq**  •« 
testiculei  de  coq.).    Außerdem  gibt  es  im  Rum.  ein  Suffix 


§78.  _     148     — 

-aciü,  das  dem  lai  *AX,  -ACEM  entspricht:  FÜGACEM  > 
fngaciü,  ebenso  alergaciti  ^Benner^,  b&taciü  ^bataUlenr^ 
cafandaciü  „Taucher*^  (Coljmbos),  tmpungaciü  „dispose 
ä  frapper  des  cornes^,  gonaciü  „Treiber^,  hränaciü  gleicht 
ernäbrbar",  mlnaciü  „Treiber**,  ptrlaciü  „Gaoner**,  spur- 
caciü  „Ottis  tetraz**,  räynace  „Eoncabine**  Dosofkeiü  Via^ 
sfin^.  62/31,  205/20,  22,  sugaciü  „Säugling**,  trägaeiü  „neli> 
robaciü  „arbeitsam**  Ghister  Chrestom.  II,  348,  3,  voro* 
Taciü  „sprechend**  Dosofteiü  Via^  sfin^  72b/30.  Es  ist  nicht 
anzunehmen,  wie  ich  dies  mit  Meyer-Lübke  und  Hasdeu  getan 
habe  (Diminutivsuffixe  §  81),  daß  -at§e  •<  -ACEM  unter  dem 
Einfluß  des  slav.  -aöi  (clrm-aciü  „Steuermann**  <I  akslar. 
krumüöiji,  ctrpaciü,  arum.  kirpatd<Cbulg.kr^patä,  covaciu 
.,Scbmied**  <C  akslay.  kovaci,  ttlmaciü  „Dolmetsch**  <^  aksIaT. 
Üümaöi,  schitaciü  <C  serb.  skitac  „Landstreicher**  etc.)  za 
-aciü  geworden  ist,  da  -ACEM  im  Sndrumänischen  -atse  er- 
geben hätte  und  drum,  trägaciü  <  ^TRAGAX  («=»TRAHAX) 
steckt  auch  im  arum.  trägatäikä,  mgl.  tägärtöic  „tragi*"* 
Ebenso  entspricht  dem  drum,  -iciü,  -ice  im  Südrum&nischen 
t§-Formen  (siehe  nnter  c).  Wir  müssen  daher  annehmoi. 
daß  -AX,  -ACEM  zuerst  zu  -ACULUS  geworden  ist  (DICA- 
CULUS  <  DICAX,  LOQÜACÜLUS  <  LOQUAX),  so  daß 
fugaciü  auf  »FUGAK'K'US  <  ♦FUGACULÜS  beruht 

b)  Von  einem  -EE'K'US  finde  ich  weder  im  Ital.  noch 
im  Rumänischen  eine  Spur.  Dagegen  ist  -IK'E'ÜS  im  nim. 
Diminutivsuffiz  -eciü  (-enciü)  erhalten:  corneciü  „Pulver- 
hom**,  drumeciü  (=drumeac,  mgl. drumak)  „Fußsteg**,  pode- 
ciü  „kleine  Brücke**,  8cäune(n)ciü  Jb.  VIII,  84  „kleiner 
Schemel**,  popenciü  „junger  unerfahrener  Pfarrer**  Jb.  VID, 
275,  tfiurenciü  „junger  Stier**  Jb.  VIll,  318,  troneciü  „kleine 
Truhe**  Jb.  VUI,  318,  tlrneciü  „kleiner  Besen**  Jb.  VIII,  318. 

c)  -izzare  ist  aus  dem  Verbalsubstantiv  pntizza  „pest- 
artige Ausdünstung**,  bischizza  „Hirngespinst**  (vgl. bischenco 
„dummer  Witz**,  bischero  „Dummkopf**),  canizza  „wildes 
Gebell  der  Hunde**  zu  ersehließen,  femer  aus  sie.  ventnlitssn 
..ventilazione** ,   pitrulitssu   „luogo   pleno   di  pietra**,  cor». 


—     149     —  §78. 

mallitssa  „imniondezza^,  sie.  Lecce:  tremulitssn  „tremito 
oontiimo*'.  Diesem  entspricht  genau  im  Rumänischen  ein  tremu- 
riciü  „andauerndes  Zittern",  femer:  lipiciü  „Anziehungs- 
kraft** („avea  lipiciü  la  vorbä**),  gldiliciti  „Kitzeln**  („Mos 
Boatfi  avea  gldiUciü  la  limbä**.  Creangä)  palicitt  „Sturm**, 
arum.  askuntits  „Schlupfwinkel**.  Ein  DiminutiysufGx -iciü 
liegt  vor  im  mgl.  belitS  „weißlich**,  drum,  negriciü  „schwärz- 
lich** („negriciü  la  fa^fi**  Tribuna  1899,  1.  August),  dann  in 
mäscSriciü  „Hanswurst**  =  m äse är et  Qaster,  Chrestom.  II, 
360,  1.  Arum.  linguritSe,  mgl.  linguritä  „kleiner  Löffel**, 
amm.  lilitse  „Blümlein**  zeigen  daß  die  drum.  -it§e  Ab- 
leitungen, die  sämtlich  Diminutiva  sind  und  die  Nebenform 
-icä  besitzen,  nicht  auf  -ICEM  (DiminutivsufSxe  §§81,  83) 
zurückgehen  können,  welches  im  Südrumänischen  -itse  ergeben 
hätte,  sondern  daß  sie  ein  -lE'K'A  voraussetzen:  curelice  = 
-icä,  gäurice  =  -icä  (auch  Gäuriciü  in  Ortsname),  mägu- 
rice  =  -icä,  pädurice  =  -icä,  pitulice  =  -icä,  säcu- 
rice  =  -icä,  sclndurice  =  -icä;  curv-ul-ice  =  curvu- 
licä.  Hierher  gehört  auch  das  Wort  ariciü  „Igel**,  welches 
gerade  wie  itaL  arizzare  nicht  auf  ERICIUS  zurückgeführt 
werden  kann,  sondern  ein  *ERIK'K'US  <  *ER1CULUS,  von 
ER,  ERIS  „Igel**  verlangt.  Lat  ERICIUS  ist  nur  in  Prosa- 
texten belegt,  so  daß  man  die  Quantität  des  I  nicht  kennt. 
Hätte  es  aber  langes  i  gehabt,  wie  die  rom.  Sprachen  voraus- 
setzen, so  begreift  man  nicht  die  Formation,  da  lat  -ICIXJS 
nie  an  Substantive  (ER,  EMS)  herantritt  (§  74).  Es  geht 
auch  nicht  anzunehmen,  daß  ERICIUS,  wie  das  im  §  77,  c) 
besprochene  NEPOTICIA  eine  unbeholfene  Wiedergabe  des 
späten  *ERIK'U8  <  *ER1CULUS  sei,  da  das  Wort  schon 
bei  Varro  Satur.  Menipp.  216  (ed.  Riese)  vorkonunt  und  „Igel** 
heißt  (er  sagt  über  Epimenides,  der  nach  fünfzig  Jahren  nach 
Rom  gelangt  und  so  erstaunt  über  das  Gesehene  ist,  daß,  wenn 
er  kahl  wie  Sokrates  gewesen,  ihm  vor  Erstaunen  die  Haare 
zu  Berg  gestiegen  wären,  wie  einem  Igel  mit  weißen  Stacheln 
und  mit  einem  Rüssel  .  .  .  .:  „invenisse,  se,  cum  dormire 
coepisset  tam  glaber  quam  Socrates,  esse  factum  eridum  cum 


§78.  —     150     — 

piUifl  albis,  com  proboscide.^  Sezagessis  II).  Es  igt  wakr, 
daß  nach  Varro  EBICIUS  während  der  ganzen  UassiKhen 
Latinitat  kein  einziges  Mal  vorkommt,  um  erst  bei  Isidor  und 
späten  Sehriftstellem  wieder  sn  erscheinen,  wo  es  allerdings 
als  ^ERIK'ÜS  aufge£Ekßt  werden  kann  (Caesar  kennt  nnr  ein 
EBICIUS  im  Sinne  von  „Balken  znm  Zerstören  fester  Plätse'', 
TgL  Bell.  dy.  III,  67,  10'-20,  welcher  vielleicht,  wie  Georges 
angibt,  „mit  eisernen  Zacken"  war  und  dann  ein  substanti- 
viertes Adjektivum  ERICIUS  „igelartig''  sein  kann).  Es  ist 
also  wahrscheinlich,  daß  EBICIUS  des  Varro  nicht  verbreitet 
war  und  daß  man  dafSr  EB,  EBINACEUS  (§  65)  oder  *EBI- 
CULUS  sagte.  Man  kann  das  rum.  Wort,  welches  in  allen 
Dialekten  aritg  lautet,  nicht  anders  erklären,  weder  aus 
'''arits  durch  den  Einfluß  der  Diminutiva  auf  -iciü  (Diminu- 
tivsuffixe §  81),  da  auch  ein  Diminutivsuffix  -i^  existiert,  noch 
nach  der  Analogie  von  soarece  (Tavemay),  da  dies  im  Arom 
soarik  heißt,  noch  endlich  als  Bückbildung  aus  ^EBICIONEM, 
da  dies  *aret§une  (wie  TITIONEM  >  tSci une,  CHBISTIANU3 
^  crgstin)  geworden  wäre,  woraus  nur  '^'arets  hätte  ent- 
stehen können.  Meyer-Lfibkes  Annahme  (Born.  Gram.  I  §  513), 
daß  ariciti  aus  alb.  irik  stamme,  wird  zwar  durch  alb.  Kafe 
]>  ceafä  „Oenick**  (irum.  tsöfä  Bartoli  85)  und  entsprechend 
durch  alb.  gümgs§  )>  jumätate  „Hälfte^  (arum.  diumetate, 
dzumetikä,  mgl.  zimitati),  alb.  gumä  „Schlaf  >>  ajumesc 
„schlummere^  (Densusianu  Hist.  langue  roum.  296)  bestärkt, 
aber  —  abgesehen  vom  Übergang  des  anlautenden  i-  ^  a — 
man  sieht  nicht  recht  ein,  warum  die  Bezeichnung  fQr  Igel 
von  den  Albanesen  gekommen  sei.  Ebenso  ist  es  mit  den 
Suffixen  -aciü  und  -iciiL  Sie  kommen  auch  im  Slavischen 
vereinzelt  in  derselben  Funktion  wie  im  Bumänischen  vor 
(vgl.  serb.  jar5-i6  „Böcklein^),  ihre  Latinitat  kann  indessen 
nicht  geleugnet  werden  und  ein  fugaciü  kann  nicht  von 
FUOAX  ein  tremuriciu  nicht  vom  sie.  Lecce  tremulitssu 
getrennt  werden. 

d)  ozzo  (=  occio)  in  carrozza  (Gombitelli  kar9ts8a, 
SiUano  kar9tssg)  „Wagen''  ^^  caroccio  „mittelalterliche 


—    151     -  §78. 

Fabrwagen''.  £in  augmentaÜT-pqoratiyeB  Suffix  -ozso  liegt 
vor  in:  baoiozzo  .derber  Kuß^,  barilozzo  ,»barilotto^,  bri- 
gliozzo  .starker  Zügel*',  parolozza  „gemeines  Worf",  pio- 
oozza  „Hammerbeil^  predicozzo  „nicht  lange  und  inhalts- 
lose Predigt",  '^'pallozza  in  rappallozzare  „zu  Kngelchen 
formen^  etc.  Femer  barbozza  „Einnstück*'  (miL  barbots, 
romagn.barba(n)tsel,a-berg.barbots„Einn*')B»barbazzale, 
maritozzo  „Fastenkachen",  barlingozzo  „süiies  Oeback  der 
Kameyalszeit"  ygL  berlingaccio.  Aas  den  Dialekten:  Lan- 
ciano:  mototss§  „großer  Haufen*'  (möt§<<MULTUS),  Sillano 
fafiotss^  „fagotto*'.    -ozzare  ist  mir  unbekannt 

Bum.  -ociüist  DiminutiYSuf&z:  murgociü  „yi^l  nSscut 
la  murgol  saru**,  puscociü  „Einderspielgewehr**. 

e)  -uzzo(=-nccio):  animaluccio  =  -uzzo,  borruccia 
=  -uzza  „wenig  Eitelkeit**,  oandeluccia  =>  -uzza,  car- 
tucoia  =  -uzza,  chericuccio  =  -uzzo,  concetuccio  := 
'uzzo,  coruccio  =  -uzzo  „hartes  Herz**,  deboluccio  =» 
-uzzo,  guadanuccio  =  -uzzo,  ideuccia  »»  -uzza,  mae- 
struGcio  =  -uzzo  =  -ucolo,  meluccia  ^^  uzz(ol)a  „halb- 
reifer Apfel**,  noiuccia  = -uzza,  operuccia  = -uzza,  or- 
luGcio  =  -uzzo,  paginuccia  ==i  -uzza,  panneruccio  = 
-uzzo,  paroluccia  =  -uzza  „Wörtlein**,  regoluccia  = 
-uzza  etc.  Femer  liegt  ein  pejorativ-diminutives  -uzzo  in 
artistuzzo,  assettat-  „Geck**, badi- „kleine  Abtei*",  cervell- 
,4eichtsinniger  Mensch**,  cocomer-  „Sattlernagel**,  dogli- 
.,dogliarelIa**,  donuzz(ol)o  „kleines,  wertvolles  Geschenk**, 
ferr-,  fil-,  ginestruzza  „ginestrella**,  gloriuzza,  lab- 
bruzzo  „schöne  Lippe**,  nerv-,  occhi-,  pal-,  pani-  „Leim- 
rute**, pel-,  pern-  „pemetto*',  pian-  „kleine  Fläche**,  pol- 
luzzola  =  „polloncello**,  profumat-  „parfümierter  Geck**, 
rabbiuzza  etc.  Gocuzza  „Schädel**,  cocuzzolo  „Scheitel, 
Gipfel**  (vgL  rum.  a  sä  coco^  cucu^  „emporklettern**),  cam- 
pob.  kgkotäsa,  cerign.  k§k9tss§,  Bari  k^k9tssf,  aquil. 
kukutssa,  neap.  kokotssa  (skokotssare  „troncare  il  capo**), 
Lanc.  kgkotSäg  ist  ein  Diminutiv  vom  '^'coca  als  scherzhafte 
Bezeichnung  des  Eopfes  (vgl  §  60  und  Schuchardt  Bomaoiscfae 


§§79.80.  _     152     — 

Etymologien  n,  S.  23).  Aus  den  Dialekten  Lecce:  restntssa 
^Stoppel*^  (eigtL  „Rest^),  Sillano  bautssula  „quasi:  bavuz- 
zola".  —  Verbales  -uzzare  kenne  ich  nur  in  galluzzare  „&r 
galloria^,  tagliuzzare  „in  kleine  Stücke  schneiden'".  —  Im 
Rum.  fehlen  -uciü  und  -uciäre. 

§  79.  -KUS  =  -KKUS.  Über  diese  Suffixe  hat  Homing 
a.  a.  0.  ausführlich  gehandelt  und  zahlreiche  Beispiele  ge- 
bracht, die  sich  leicht  vermehren  lassen.  Für  das  Rumänische 
verweise  ich  auf  den  ersten  Abschnitt  meiner  „Diminutiv- 
suffize^.  Homing  hat  gezeigt,  daß  aco  und  acco  etc.  neben- 
einander nicht  nur  in  gleicher  Funktion  vorkommen,  sondern 
in  derselben  Ableitung  alternieren.  Daß  -KUS  auf  ein  -CLÜS 
zurückgeht,  beweist  die  Tatsache,  daß  wir  im  Italienischen 
-^co  (cerboD^ca,  cibeca  etc.),  nicht  ieco  haben,  also  daß  das 
Ö  ursprünglich  in  gedeckter  Stellung  war.  Wie  die  eben  be- 
sprochenen Suffixe,  leitet  auch  -E(E)US  meist  scherzhafte 
Ausdrücke,  sei  es,  daß  diese  Diminutiva,  Augmentativa  oder 
Pejorativa  sind.  Oft  wechselt  -K(K)US  mit  -K'lKOUS:  pici- 
naco  =  picinaccio  =  picinacolo  „Zwerg"  «  picinoX 
guarnacca  (vgl.  a.-franz.  gamache  „Überrock**)  =  guar- 
naccia  (<C  guamire),  donnaccola  «=  donnaccia  „donna 
vile*^,  abruzz.  alemanakke  =»  animalaccio;  pasticco, 
pasticca  „Pastille"  —  pasticcia  „Pastete",  fratocc(ol)o 
=  fratoccio,  cucco  —  cuccio  =  cuzzo  (vgL  §68),  cac- 
ciucco  „Fischsuppe"  (aus  kleinen  Fischen  die  beim  Fangen 
(=  cacciare)  ins  Netz  geraten)  =  cacciuccio  etc. 

§  80.  Das  Suffix  -CLÜS  leitet  im  Lat.,  wie  ULUS,  teüs 
Diminutiva  von  Substantiven  und  Adjektiven,  teils  Werkzeug- 
namen von  Verben  ab.  In  einem  Fall  wie  TENDICULA  > 
mgL  tindeklä  „vargä  de  fier  servind  tu  rfizboiü  a  ^inea 
plnza  intinsa"  (In  Brau  horte  ich  als  Benennung  desselben 
Teiles  des  Webstuhles  timbeiche,  worin  wohl  der  Einfluß 
von  TEMPLÜM  vgl.  itaL  tempiale  „Spannbaum  am  Web- 
stuhl", franz.  temple  „instrument  pour  tenir  l'^toffe  tendue 
sur  le  mutier"  zu  sehen  ist.),  obwohl  wir  es  mit  einem  kleinen 
Gegenstand   zu   tan  haben,   ist   der  instrumentale  Sinn  klar. 


—    153    —  §bO. 

Dereelbe  ist  auch  in  BAT[T]UO  +  Suffix  -CLUS  „Klöpfel" 
erkennbar:  ital.  bataccbio  „Stock^,  dav.  batacchiare 
^prügeln^,  batocchio  „Glockenklöppel^, battaglio  „Glocken- 
schwengel", mil.  fcnr.  parm.  piem.  romagn.  batot§,  mil.  com. 
batadz,  gen.  battadzo,  crem,  batakol,  bresc  Ter.  bato- 
kol(o),  Yen.  päd.  batochio  „baitaglio*',  Ten.  batoka  „batti- 
tura",  gen.  batadzi  „ciondoli",  mil.  batadzä  „scampanare^% 
grödn.  batotl,  franz.  batail,  span.  badajo.  Tgl.  span.  batu- 
car,  portg.  batocar,  batoca  „Schlag",  rum.  bätuci 
„klopfen,  stampfen",  bätucä  „Geflügelmagen"  (welcher  wie 
das  Herz  „schlägt")  etc.  In  derselben  Weise  ist,  Ton  einem 
♦MATTEARE  „schlagen"  +  Suffix  CLÜS  folgende  Wort- 
sippe abzuleiten:  mgl.  mStöocu  »»  „mäciucä",  ital.  maz- 
zocco  (Tgl.  mazzocchio),  Ten.  matssöka,  mazzokola,  sie. 
mazzökkulu  „speciedimartello",span.  mazocho  „Schlägel"; 
—  rum.  mäclucä  „Knfittel"  daT.  mäciuci  „schlagen",  sard. 
matssukka,  daT.  (am)mat8sukkäre  „battere",  abruzz.  am- 
matssukkä  „battere  il  lino  o  la  canape  col  mazzapicchio", 
eng.  matssüch,  franz.  massue.  Wenn  wir  im  ital.  batac- 
chiare ein  IteratiTum  zu  battere  zu  erblicken  Tersucht  sind, 
so  ist  man  in  mazzocco,  maciucä,  massue  etc.  geneigt  eine 
direkte  -UKKA-,  -OKKA-Ableitung  Ton  MATTIA  zu  sehen. 
Daraus  erhellt,  daß  aus  dem  instrumentalen  -CLUS  Tereinzeltdie 
in  dem  Torigen  Paragraphen  besprochenen  Suffixe  entstehen 
konnten.    Ihre  Quelle  ist  jedoch  das  diminutiTische  -CLUS. 

Anm.  Lork  (Altberg.  Sprachd.  S.212)  unterscheidet  nicht  die 
besprochene  Ton  BAT[T]ERE  abgeleitete  Wortsippe  Ton  einer 
anderen,  die  zwar  sinuTerwandt  ist,  aber  auf  BAC[U]LUS  +  K- 
Suffixe  zurückzufahren  ist:  lomb.  emiL  batdok  ,,SchlägerS  crem, 
batäokla  ,, Trommelschläger',  crem,  batäok,  miL  brianz.  ba- 
tSakol  „ciondolo",  mant.  batSokar  „sbattere,  dibattere",  miL 
bat§okä,mant.batäigar  „tentennare",lomb.bat§okä„suonar 
le  campane  a  tocchi  separati"  etc.  —  Ebenso  zieht  mit  Unrecht 
Meyer-Lübke  (Rom.  Gram.  IV,  179)  zu  *MATTEUCA  das 
ital.  maciulla  „Hanfbreche",  abruzz.  matäinolla.  Diese, 
ebenso  wie  abruzz.  mat§§akf  „Gemetzel",  ammatSiakkä 
„zermalmen",  pist.  ammakatääare,  smakatsSare,  mat&ak- 


§81.  —     154    — 

kare  Mschiacciare*^,  makatfiäa,  spao.  macho  „Hanuaer*', 
machar,  machacar,  macbncar  „stampfen^,  a.*fraiiz.  ma- 
que,  alb.  mank$  „Hanfbreohe^,  gehören  zum  Stamme MAC- 
(itaL  maccare  —  macolare,  sard.  maccare  etc.),  welcher 
wahrscheinlich  im  lat  MACTO  steckt 

§  81.    Das  Latein   kennt  die  Diminutiosuffize  -TCLÜS 
(APIOULA,  CLAVICÜLA  ete.)  -ICLUS  (ANATICÜLA  etc.), 
die  im  Romanischen  mit  einander  wechseln,  -ECULA  (NUBE- 
CÜLA,  MOLLECULA,  VOLPECULA  etc.),  das  im  ürromani- 
schen  mit  -IGULA  zusammengefallen  ist  und  -ÜCUIiUS  (P£- 
DÜCUIÜS,  VERUCÜLÜM  etc.),  die  zur  Büdung  von  Dimi- 
nutiven außerordentlich  beliebt  waren  und  im  Romanischoi 
sehr  viele  Spuren    hinterlassen  haben    (Meyer-Lübke   Rom. 
Gram.   II  §§  422—425).    Ein  -j;C[ir|LUS  erscheint  nur  in 
BAB-ffiCÜLUS  „Lebemann"  (bei  Petron  37,  10;  Amob  4,  22, 
wovon   span.  babieca   „Einfaltspinsel")   ein  -ÜO[U]LUS  nur 
in  dem  durch  das  Romanische  gesicherten^ '^'AOÜCULA  (itaL 
gucchia,  franz.  aiguille,  span.  agiya,  SÜBÜCÜLA  ist  in  SÜB- 
U-CÜLA  zu  trennen.    Das  Vorromanische  hat  aber,  wie  das 
Zeugnis  der  rom.    Sprachen    beweist,   die  ganze  Yokalreihe 
vervollständigt  und  dies  teils  aus  sich  selbst,  indem  es  nach 
dem  Muster  der  anderen  Suffixe  auch  ein  ACLÜS  (im  Lat 
ist  nur  ein   instrumentales  ACLUM  belegt:  ÜMBRACULÜM 
etc.),  -OCLUS  etc.  schuf,  teils  dadurch,  daß  zu  den  -AX,  -EX, 
-IX,   -OX-Bildungen    neue   Diminutiva  auf  -ULÜS   gebildet 
wurden.     „Die  Volkssprache  bildete  besonders  gerne,  oft  mehr 
scherzhafte    Adjektiva    auf   -AX   und   -EX,   die   jedoch    die 
Schriftsprache   nicht  zu   gebrauchen   wagte.     So   findet  sieh 
TRAHAX  nur  bei  Plautus,  CATAX  und  TAGAX  bei  Luciliua 
ABSTINAX  nur  bei  Petron.    In  Glossen:  DAPAX:  loquax, 
OPINAX:    mauifestus     omnibus    (hominibus),    MANIFEX: 
manum  dans,  PANDEX:  qui  semper  pandit  ora  ad  potandum, 
VIPEX:  vim  peticundo."  (Archiv  lat  Lex.  IX,  371—372).    So 
sind  Wörter  wie  DICACULUS  „naseweis"  «  DICAX),  LO- 
QUACÜLUS  „schwatzhaft"  «  LOQUAX)  etc.  zu  deuten.    Die 
BoUe,  die  diese  Bildungen  spielten,  muß  sehr  groß  gew<9aeoi  sein, 


s 


—    155    —  §«. 

denn  nur  so  laßt  noh  erUaroii,  daß  die  -CLUS,  -K'(KOUS 
und  K(K)ÜS-Saf&xe  die  „scherzhafte^  Bedeutung,  von  der  wir 
so  oft  gesprochen  haben,  besitzen  und  daß  dieselben  Suf&(e 
so  oft  deverbale  Diminutiva  und  PejoratiTa  ableiten« 

Annu  Wenn  man  die  lai  Eigennamen  einem  gründ- 
lichen Studium  unterziehen  wird,  wird  man  noch  yiele  Belege 
fbr  die  hier  besprochenen  Suffixe  finden,  da  die  Namen  der 
Römer  bekanntlich  Spitznamen  waren,  also  ganz  gut  zum 
„scherzhaften"  Sinn  dieser  Suffixe  passen.  Zimmermann  fuhrt 
im  Archiy  lat.  Lex.  XI,  585  eine  ganze  Reihe  Yon  Personen- 
namen aaf  -UCUS,  -UCCUS,  -UCIUS  und  -UCCIUS  an,  die 
er  auf  das  seltene  Suffix  -UCÜS  in  CADUCUS,  ALBUCUS, 
MANDUCÜS  zurückfahrt.  Aber  weder  die  Weiterbildung  auf 
-lUS,  noch  die  Dehnung  des  C  ist  bei  dieser  Deutung  klar. 
Auch  die  auf  afrikanischen  Inschriften  vorkommenden  -IC(C)A- 
Bildungen:  BODICCA  C.  I.  L.  VIIl,  2877,  BONICA  4560, 
KAMCA  3288  gehen  auf  -ICLUS  >  IC(C)US  zurück. 

§  82.  Im  Rumänischen  sind  die  Sufißxe  -CLUS,  -CLO 
nicht  produktiv.  Nur  in  mäzSriche  „Eichererbse"  begegnet 
man  einem  diminutivischen  iche  <[  -ICLA  (vgl  lat.  LENTI- 
CULA)  und  in  Intortochia  neben  tntortoca  (Liuba-Iana: 
Mäidan  S.  71)  „verwickeln"  (von  tort).  Dagegen  sind  diese 
Suffixe  im  Italienischen  reichlich  vertreten: 

a)  -acchio  leitet  Bezeichnungen  von  Tierjungen:  bir- 
racchio  ^o'^^B®«  Rind",  buci-  Junger  Ochse",  ors-  ,junger 
Bär"  (Val.  Soana  orsako),  poltr-,  recc-,  lupacchino  etc. 
(vgl.  poitevin  levrache  „Häsin",  n.-prov.  bouvaohoun 
Junger  Ochse",  boucachoun  Junger  Bock",  rum.  turmac 
Junger  Büffel,  welcher  mit  der  Heerde  (turmä)  läuft",  franz. 
poulache  Junges  Pferd").  Das  rum.  godac  „einjähriges 
Schwein,  einjähriger  Bär"  (neben  bau.  goadzin  „einjähriges 
Wildschwein"  Jb.  lU,  316)  ist  von  slav.  godü  „Jahr"  abge- 
leitet, entspricht  also  genau  dem  rum.  danac,  mgL  danak 
„einjähriges  Kalb"  aus  d'an  „voxjährig"  und  dem  lat.  AN- 
mCüLUS  „einjährig"  >  log.  anniiu  „einjähriges  Pferd", 
cors.  annecöu  „capretto  o  agnoletto  d'un  anno",  sass.  ani- 
di^zu  „cavallo  di  un  anno",  neap.  annekkyg,  tess.  neti  „ein- 


§82.  _     156     — 

jähriges  Kalb^,  abrazz.  nnekie  „einjährige  Ziege^  etc.,  neben 
dem  auch  ein  *ANNUCLUS  durch  obwald  anul  „Widder. 
span.  afiojo  „einjähriges  Rind'*  gesicherfc  ist.  DaB  nack 
Wörtern  wie  ANATICLA,  APICLA,  OVICLA,  MÜRlCirS. 
VTJLPECLA  etc.  auch  ein  -AGLü  zur  Bezeichnung  Ton  Tier- 
jungen  entstanden  sei,  darf  uns  nicht  Wunder  nehmeu;  dem 
lai  GORNIC-ULA  entspricht  im  ital  com acchia  dem  OVI- 
CLA ein  itaL  abbacchio,  dem  VULPECÜLA  (fr.  gonpü 
span.  golpeja)  im  ital.  vulpacchio.  Außerdem  liegt  ein -ac- 
chio,  welches  unmöglich  auf  das  lai  instrumentale  -ACLUM 
zurückgeführt  werden  kann,  in  fratacchione  =  frataccio. 
brutacchiotto  <=»  brutaccio,  pazzacchione  =  pazzao- 
cione,  femer  in  pretacchione,  furbacchiotto,  botacchio- 
la  etc.  vor. 

-acchiare  liegt  vor  in  sbevacchiare  ««  sbeyacciare 
BS  sbeyazzare  „nippen^,  dann  in:  battacchiare  „prögeb* 
(vgL  §  80),  bucacchiare  «=  for-  „durchlöchern*^,  fug-  ^oft 
die  Flucht  ergreifen"  (vgl  FUÖAX),  frug-  „eifrig  durch- 
stöbern", giur-  „häufig  und  falsch  schwören",  gioc-,  „etwas 
spielen",  lavor-  „pfuschen",  mur-  „stfimperhaft  mauern''  (vgl 
muraccio  „schlecht  gefagte  Mauer"),  ruh-  „mausen",  sbad- 
„gahnen",  scriy-  „schmieren",  sputacchiare  „spuken"  (Tgl. 
sputacchio  <  -ACLUM),  tiracchiare  „zerren"  (=  firanz. 
tirailler,  wo  -ailler  ganz  beliebt  ist:  criailler,  dispat- 
ailler,  dormailler,  rep^tailler,  tournailler  etc.). 

b)  -ecchio  und  -icchio  sind  häufig  im  ItaL  Fälle  wie 
orecchia  <;  AURICXJLA  führe  ich  nicht  an,  da  in  ihnen 
das  Suffix  erstarrt  ist;  dagegen  wurde  es  gefohlt  in  LENTI- 
CÜLA  >  lenticchia  nb.  lentiglia,  parm.  miL  lintet§sa, 
VITICLA  >  viticchio,  lomb.  vedetS  etc.  An  neuen  Bil- 
dungen ist  zu  nennen:  rubecchio  „rötlich",  bus^cchia 
„Gedärme"  (vgL  mil.  butssekka,  piem.  buseka  „budelame*\ 
crocicchio  „Kreuzweg",  cannicchio,  dottoricchio,  mol- 
licchio  =3  moUiccio  „etwas  weich"  etc^  vgL  Rom.  Gram. 
II,  §  422.  Auch  buricchio  „scherzhafter  Name  flir  ebe 
Katze"  ist  mit  buricco  „scherzhafter  Name  fi&r  Esel"  zu  ver- 


—     157    —  §83. 

gleichen«  Über  franz.  -ille,  -il  in  Personennamen  (Jaoquille  etc.) 
vgl  Zeitschrift  rom.  PhiL  XIX,  184. 

-ecchiare  kommt  vor  in  punzeccbiare  „sticheln'', 
sonnecchiare  „schlummern**,  (morsecchiare  „anfressen** 
•<  '*'MORSIC-XJLARE);  —  icchiare  in  camponicchiare 
^mühsam  zusammenschreiben**,  dent-  »»  ros-  „benagen**, 
cuc-  „langsam  nähen**,  gioch-  „spielen**,  impar-  „wenig  und 
mühsam  lernen**,  sie.  gattiggyari  „kitzeln**,  salticchiare 
^hüpfen**  (=  franz.  sautiller,  wie  brasiller,  grapiller, 
nasiller  etc.),  dolicchiare  ==  sie.  dollitäSicare,  dim.  Ton 
DOLEBE. 

c)  Über  itaL  -occhio  (capocchio,  cann-,  mazz-,  past-, 
pastacchione  „feiste  Person**,  abruzz.  vallokkya  „Talchen**, 
agocchia  etc.)  vgl.  Majer-Lübke,  Bom.  Oram.  II,  §  423. 

d)  -ucchio  ist  selten:  gen.  gandfidzza  „Eichel**,  da- 
gegen ist  ein  SufBx  -ucolo  beliebt:  fratucolo,  pret-,  leg- 
gier-; affarncolo  =  -uccio,  mercantucolo  =»  mercan- 
tuccio,  paesucolo  =  paesuccio,  YgL  auch  avanzuglio 
avanzuccio,  pagliucola  =  paglinzza  „Strohhähnchen** 
(=  sie.  pagghiukku),  pietrucola  =>  pietruzza  «==  pietruc- 
ciola  =  petricciuola,  baiuccola  =  baiuc(c)a  =  bai- 
uzza  „Scherz**,  poetuccolo  =  poetuccio  ==  poetonzolo 
(§  71);  —  ucchiare  kommt  vor  in  bevucchiare  „nippen**, 
baciucchiare  „schnäbeln**  (day.  baciucchio)  =  sard.  baci- 
uccare,  biasciucchiare  =»  biasciucare  »■  biasciuco- 
lare,  affatucchiare  „bezaubern**,  gioc-  „spielen**,  im- 
parucchiare  „wenig  und  mühsam  lernen**,  mangiucchiare 
=  -uccare  „wenig  essen**,  parluccbiare  „radebrechen**^ 
piagnucolare  „wimmern**,  pesucchiare,  sie.  gattuggyari 
(=  franz.  chatouiller,  wie  barb-,  bred-,  gaz-  etc.). 


y.  Abschnitt;  Bflckblick. 

g  83.    Nachdem  wir  in  der  Einleitung  die  Geschichte  des 
lat.  Ti  und  Ei  im  Rumänischen,  Sardischen  und  Italienischen 


§83.  _     158     — 

Yon  einem  prinzipiellen  und  in  den  ersten  vier  Abscbnitten 
dieser  Arbeit  yom  lautlichen  Standpunkt  aus  betrachtet  haben, 
sind  wir  zu  folgenden  Ergebnissen  gelangt 

1.  Am  Ende  des  III.  Jahrhunderts  n.  Chr.  wird  durch 
historische  Begebenheiten  die  im  ganzen  römischen  Reich  Ter- 
breitete,  dem  Wesen  nach  gleiche  urromanische  Sprache,  in 
zwei  Gruppen  geteilt,  unter  welchen  jeder  Verkehr,  der  auch 
in  die  Sprache  Spuren  hinterlassen  hätte,  abgebrochen  wird; 
es  entsteht  einerseits  eine  Ostromanische,  andererseits  eine 
Westromanische  Sprache.  Diejenigen  Lautveränderungen,  die 
beiden  eigen  sind,  lassen  sich  mit  ziemlicher  Sicheiheii 
wenigstens  in  ihren  Anfangen,  auf  die  urromanische  Sprache 
zurftckf&hren. 

2.  Darunter  gehört  die  Afßzierung  des  Ti  und  Ki 

3.  Ti  ist  bis  zum  Ende  des  lU.  Jh.  auf  die  Stufe  ts  ge- 
langt Im  Osten  (im  Rumänischen)  wurde  es  bald  von  dem 
(besetz  der  Vor-  und  Nachtonigkeit  erreicht  und,  noch  befor 
die  Sprache  die  yier  Dialekte  entwickelt  hätte,  verwandelte 
sich  ts  urrumänisch  1.  vor  dem  Ton  in  tS:  TITIONE  >  tä- 
tsune,  2.  nach  dem  Tone  in  ts:  PÜTEÜS  >  putsu.  —Im 
Westromanischen  dagegen,  —  als  deren  Repräsentanten  das 
Italienische  und  das  Sardische  dienen  mögen,  —  hatte  der  Ton 
keinen  Einfluß  auf  ts  und  dies  wurde  in  allen  Stellungen  zu 
ts.  Nun  drangen  bald  nach  der  Scheidung  des  Ost-  und  West- 
rcHuanischen  in  dieses  Latinismen  ein,  die  je  nach  der  Zeit  der 
Entlehnung  im  Italienischen  ^  (palagio)  oder  tsi  (grazia)  er- 
gaben. Diese  sind  dem  Rumänischen  gänzlich  fremd  und  lassen 
sich  nicht  auf  das  Urromanische  zurftcki'ühren. 

4.  Dagegen  gab  es  schon  im  ürromanischen  vier  ver- 
schiedene Arten  des  afBzierten  E:  1.  Kia,  Eio,  Kiu  y>  k^. 
2.  Kie,  Kü  >  k2.  3.  K*  <  CL  (§  70)  >  kj.  4.  KX  < 
CGL  (§  70)  >>  k4.  Nun  fielen  im  Rumänischen  k|  und  kj 
mit  Ti  zusammen  und  ergaben  vortonig  tfi,  nachtonig  ts;  k« 
dagegen  ergab  immer  t§;  für  k2  fehlen  Beispiele.  Im  Italieni- 
schen, —  von  den  Dial^ten  sehe  ich  ab,  —  fielen  mit  Ti 
nur  kl  nach  Konsonanten  nnd  k4  zusnuttnen  md  ergaben  l8(8^. 


—    159    — 


§84. 


di^egen  wurde  k^  nach  Vokalen  und  k^  zu  tSS;  f&r  k2  fehlen 
Beispiele.  Im  Sardischen  endlich  zeigt  nur  k2  eine  Ter- 
schiedene  Behandlung  (indem  es  im  Log.  Kamp,  mit  anlauten- 
den CE,  CI  dieselben  Wege  geht,  nicht  aber  im  Sass.),  sonst 
fallen  k|,  kj  und  k4  zusammen. 


PÜTEUS 

TITIONEM 

BRACIUM 

CALCEA 

Drum. 

pu^ 

täciune 

bra^ 

incal^ 

Amm. 

putsu 

tätäune 

brats 

nkaltsu 

Mgl. 

— 

tatduni 

brats 

— 

Irum. 

puts 

— 

bröts 

nköts 

Ital. 

pozzo 

tizzone 

brazzo 

calzo 

Sicü. 

putssu 

titssuni 

vratssu 

kau(t)si 

Trient 

poso 

stison 

bras 

Log. 

(retssa) 

(retssolu) 

bratssu 

kaltsa 

Kamp. 

(retssa) 

titssoni 

bratssu 

kartsa 

Sass. 

(retssa) 

titssoni 

bratssu 

katsa 

FACIES 

-AKTS 

-AK'K'US 

CRUCEM 

Drum. 

(fet&) 

(et) 

-aciü 

cruce 

Arum. 

(fatsä) 

(ets) 

-at§u 

krutse 

MgL 

(fatsä) 

(ets) 

-atg 

krutse 

Inim. 

(fötäö) 

— 

— 

krutse 

ItaL 

(faccia) 

-accio 

-azto 

croce 

SiciL 

&tS§i 

-atssu 

? 

kruöi 

Trieni 

fatäa 

-aso 

? 

kros 

Log. 

fakke 

-atssu 

? 

(lughe) 

Kamp. 

fatgia 

-atssu 

? 

(luä) 

Sass. 

fatgga 

-atssu 

? 

(radidzi) 

5.  ürromanisch  ist  auch  die  Assimilation  des  STi,  SK)  zu 
SSi  vgl.  §  34. 

§  84.    Aus  der  tabellarisch«!  Zusammenietmng  des  T«f- 
Itetgehenden  Paragraphen  geht  herror,  daß  iat  Kj[  und  Ee, 


§84. 


—    160    — 


Ki  verschiedene  Schicksale  hatten.  Dies  kann  nicht  genug 
heryorgehoben  werden,  weil  es  immer  noch  Gelehrte  gibt,  die, 
Schuchardts  Beispiel  folgend,  zwischen  diese  cbronologiseh 
auseinander  zu  haltenden  Erscheinungen  nicht  scheiden.  So  hat 
neuerdings  Herzog  (Zeitschrift  rom.  PhiL  XXVI,  3ö3— 364) 
fnr  die  älteste  Eotwickelung  von  Ti,  Ei  und  Ke,  Ea  folgende 
Stadien  unterscheiden  wollen: 


1.  MÜTARE 

2.  mutare 

3.  mutare 

4.  mutare 

5.  mndar 

6.  mudor 

7.  mu^ar 


gemeinromanisch 
RATIONE    VIKINÜ 
ra^sjne         Yekinu 

gemeinromanisch  ? 
ra^sone         vekinu 


westromanisch 
ra^sone        ve^sinu 


ra"zon 
ra^zon 
razon 


ve°zm 


e^z 

ve^zin 

vezin 


MINAKIARE 
manakiare 

manaMiare 

manatsyare 

mana^ssar 
mana^sar  =  a.-span. 
manatsar  es  urfranz^ 
urprov.,  urkat 

Herzog  nimmt  an,  daß  Ti  früher  af&ziert  wurde  (etwa  mit 
li,  ni,  di  zugleich)  als  K^  und  daß  es  allgemein  in  der  Volb- 
spräche  den  einfachen  Laut  t'  oder  ts  hatte  (=  etwa  norditaL 
<5,  ein  Laut,  der  dadurch  entsteht,  daß  beim  palatalen  Explo- 
sivlaut die  ganze  Vorderzunge  an  den  Gaumen  angedruckt  wird, 
was  zur  Folge  hat,  daß  beim  Öffnen  des  Verschlusses  ein  Beibe- 
geräusch  deutlich  hörbar  wird).  K\  dagegen  verschmilzt  nicht 
zu  einem  Laut,  sondern  es  entsteht  Konsonantendehnung  in- 
folge von  Assimilation,  und  dieser  Laut  geht  dann  mit  Ke, 
Ki  zusammen.  -ITIA  hat  im  Franz.  regelrecht  -eise  ergeben, 
während  -ece  aus  der  Sprache  der  Gebildeten  (ITSIA)  stammt; 
PLATIA  und  PETIA  (auch  rum!)  sind  spät  ins  Latein  ge- 
drungen. 

Wenn  wir  vom  Französischen  ganz  absehen,  wo  diese  Er- 
klärung auf  große  Schwierigkeiten  stößt,  so  paßt  Herzogs  An- 
nahme für  das  Gebiet,  das  wir  studiert  haben,  gar  nicht    Da 


—    t61    ^  »84. 

er  keinen  SiAflofi  des  Akzentes  annimmt  (S.  364),  mOftte  PU- 
TEÜS  mit  CRX70BM  zosammenfellen  (»  BATIONE  <•*  VI- 
GINUS)  and  von  BRACEIÜM  verschieden  sein,  was  dnroh 
die  Beiqoiele  im  §  83  g&nzUch  widerlegt  wird. 

Anm.  Ich  habe  bis  jetzt  absichtlich  vermieden  von  CE, 
d  BQ  reden,  um  damit  anzudeuten,  daß  diese  Lautgruppen 
von  Ti,  Kl  scharf  zu  scheiden  sind.  Dies  soll  hier  durch 
einige  Beispiele  aus  den  italienischen  Dialekten  veranschaulicht 
werden: 

SiciL:  PÜTSSU  ==  BRATSSÜ  dagegen:  öiniri;  pidi 
„pece^,  pumi(ia;  kautia  „calce*^,  kautso  „calcio^. 

Cftlabr.:  K'ATSSA  =  FATSSÜ  «  FACIO)  dagegen: 
täarasu;  adzzieliu  „uccello^. 

Lecce:  PETSSA  =  LAT8SU,  dagegen:  tSinere,  täinku, 
täertu;  patde,  pitäe,  nutSe,  krutäe,  forfetSe,  etäitu  <  ACETUM; 
fautSe,  kautäe,  dutse,  surdze,  at§e(i(}u  „uocello^,  täsisu  <[  OC- 
CISUS. 

Bari:  PUTTS£=LATSSE,  dag.:  täiende,  täen^re,  tsegghie 
„ciglia",  tseka  „cieca";  dgtäevg  <  DECEBAM,  tridetse,  fa- 
tgeddgwg  <  FICEDÜLA;  —  masena  <  MACHINARE,  pese, 
'mbese  <  INVICEM,  noäe,  krose;  —  tsedzzere  „cece",  adzze- 
miende  „cimento";  martsede  „mercede",  fuert§§we  <  *FOR- 
CIPES,  doldie,  kaldze;  atsiedde  „uccello**,  at§§ite  <  OCCI- 
DERE. 

Cerign.:  PÜTSSE  =  VRAT3SE,  dag.:  t§em§  <CINERE, 
t§em§ts§;  tsetägrg,  'mmiet§g,  kruotse;  —  Koitg  •<  ACETÜM, 
rjMoivg  „ricevo",  prukoing"  PULLICENÜM;  sordzg,  dultsg, 
fdertsg  <  FORFICEM;*  at§i§dd§  „uccello",  atSäoise  „ucdso" 
aber  akkoitf  <  OCCIDERE;   sandzoing,    ndzoine  <  uncino. 

Campob.:  PÜTSSE  —  SÜOTSSE,  dag.  tSeuts?;  dut§iend§, 
soret§g,  fglitäa,  froffgtsa,  ditsg(r§);  kautäe  „calcio",  kautsa 
„calce",  fautsa,  (au)tsiell§,  vendz^. 

Aquila:  PÜTSSÜ— iSOTATSSÜ;  dag.  tsentu,  tselu;  voce, 
vicinu;  putsinu  •<  PULLICENÜM,  kautia,  kautse,  sordze. 

Teramo:  POTäSE  —  VETSSE,  dag.:  t§endis§m§  „cente- 
simi^;  krotse,  nutsg,  matsing,  tridgts^;  pgütsg  „pulci^,  putsg 
«porci", 

Lanciano:  POTSSE  —  VRATSSE;  dag.:  tsenere,  täeppe, 
tsere,    tsitse;    detse,    vetseing,    sotsere,   krotSe,   notSe,    lutdf, 

Weigand,  11.  Jahresbericht.  11 


§84.  —    162    — 

mmetg^,  petä§,  votSg,  töell^  „uccello";  potSe  „pulce*',  kaldze. 
saldie,  poldie,  7enc^  <C  VINCERE,  dotS^  porlSf  „porci'. 
at§Side<OCCIDERK 

Neapol:  PUTSSO —VBATSSO,  dag.:  tdgiaa^  tSenisa. 

Arpino:  PUTSSE  =  TRITSSA,  dag.:  tfienjrg,  tsette 
„cito^,  töim^tä^;  suotögr^,  patSe,  matöellare,  atfiit^;  kaui^e. 
katSina,  sordze,  surdziie  <  '«'SORICELLUS. 

Alatri:  PUTSSE^—  LITSSI,  dag.:  tSen§r§;  tsit?  < 
ACETUM,  petsg,  forbitäi;  kautäi,  kantgg,  putöinf,  atdiide  < 
OCCIDERE,  tSeli  „uccello". 

GaUura:  PÜTSSU-BRATSSU,  dag.:  tfialbeddu  <  CERE- 
BELLUM,  t§imit§a;  fat§i,  sotdaru,  atSeto,  yitsinu,  salitSo,  pa- 
litöu;  sintäeru,  kaltsu,  rantäiku,  täedda  ^^accella**,  t§i  <C  EC- 
CEHIC 

Corsica:  POTSSÜ-BRETSSU,  dag.:  täeln,  tserbeUu,  fö 
miöa,  (ö,  vor  a  •<  e:  caraäa,  canuga);  &5i,  soöam;  nur  ma- 
cellu,  ucellu;  sintsera,  kaltäu,  salt§xi. 

GombiteUi:  POTSSE  —  BRATSSE,  dag.:  tserki§  „certi^; 
noia,  peraiza,  radiza,  aze  <C  ACETUM,  vezin,  paze;  kaltse. 
vintäg  „Vinco",  faltsa,  pultäa,  port§el]§;  uzellg. 

SiUano:  POTSSE  —  LETSSE,  dag.:  tsireza;  forbetk 
felgtse,  sedgtse,  pületia,  salgtäe,  atl^dde  <  ACETDM,  piatser, 
vitsin;  —  pädzza,  nödzza,  radfdzza,  vödzza,  sodzzer,  knSdzza, 
ködzzgr  „cuocere",  piadiza  ■<  PLAGET,  aber:  töimmeza, 
tseze,  pemiza,  dozente;  kalt§§,  atg§eiid§r,  uzelL 

A.-Genua:  POQO  =  BRAQO,  dag.:  ^e  <  CELUM,  veia 

<  *CERESIA,  5ibbu,  ferne;  peze,  veazu  <  VERACEM, 
peize  „pece",  embrezu,  naiza,  reize  <C  RADICEM,  ^imize 
köze,  8ÖZU,  vuze,  kruze,  luzf;  vin^e,  marfu,  furfina,  mar^enar, 
do^e  aber:  pruza  <  *PLUCE  <  PULLICEM,  freza  „felce% 
srazu  „salcio". 

Müan:  POTSS  =  BRATSS,  dag.  täinku,  tserka,  t<el; 
küsina  „cucina";  stordzeva  <  EXTORQUEBAM. 

A.-Berg:  POTS  =  BRATS,  dag.:  (t)8ervel,  (t)9el,  (t)ser. 
(t)sinqui;  nozeta,  nos,  vos,  kos,  kros;  fortsella,  donisella,  dol- 
tso,  tortser,  sortsel. 

Bologna:  POTS  =  BRATS,  dag.:  tsaint  <  CENTFM. 
tseirts  <  CIRCULUS,  tsil;  krouz,  radiz,  tseiz  „cece",  varnii 

<  VERNICEM,  uzel  „nccello";  sals  <  SALICEM 


—     163     —  §85. 

Bomagna:  POTSS  =  BBATSS,  dag.:  tsira,  tsivul,  tsig, 
tsedar;  diz,  urebs  <  AUBIFICEM,  yoz,  döz,  nöz,  yerniza,  piaze. 

Triest:  POTS  =  lATSO,  dag.:  tsivöla,  tsariesa,  tsimize; 
paze,  luze,  azedo. 

§  85.  Während  Ki  in  allen  romanischen  Sprachen  affi- 
ziert  ist,  ist  dies  f&r  Ce,  Gi  nicht  der  FaU,  so  daß  man  ohne 
weiters  annehmen  dar^  daß  die  Affizierong  des  Ki  schon  ur- 
romanisch ist,  während  die  des  Ce,  Gi  später  begonnen  hat. 
Dies  wird  einerseits  dadurch  bestätigt,  daß  Ce,  Gi  nicht  die- 
selben Schicksale  wie  Ei  hatte,  andererseits,  daß  wir  von  der 
Af&zierung  des  letzteren  seit  dem  zweiten  Jahrhundert  n.  Ghr. 
inschriftliche  Belege  besitzen.  Wenn  im  Jahre  131  n.  Chr. 
"AgoPKiavoC  statt  Aruntianus  (Lindsay:  Die  lai  Sprache 
S.  102)  erscheint,  und  diesem  viele  andere  ähnliche  Falle 
folgen  (vgL  H.  T.  Karsten:  De  uitspraak  van  het  Latyn. 
Amsterdam.  S.  138— -140),  so  will  diese  Schreibung  nicht 
etwa  beweisen,  daß  Ti  und  Ki  zusammengefallen  waren,  — 
die  meisten  romanischen  Sprachen  unterscheiden  sie  noch 
heute,  —  sondern  daß  sie  im  IL  Jh.  schon  afßziert  waren. 
Beines  t  und  k  unterscheiden  sich  von  einander  so  stark,  daß 
eine  Verwechselung  dieser  Laute  in  der  Schrift  nicht  möglich 
ist;  die  Stufe  ts  konnte  im  IL  Jh.  n.  Ghr.  weder  Ki  noch  Ti 
erreicht  haben,  daher  müssen  wir  annehmen,  daß  um  diese 
Zeit  beide  Lautgruppen  mouilliert  ausgesprochen  waren;  M 
und  f.  Der  Unterschied  zwischen  diesen  zwei  Lauten  ist  so 
gering,  daß  sie  oft  selbst  das  phonetisch  geschulte  Ohr  nicht 
unterscheiden  kann,  um  so  weniger  der  einfache  römische 
Steinmetz.  (Wenn  später  die  Schriftkundigen  nicht  mehr 
wußten,  ob  NUNTIUS  oder  NUNCIUS  die  richtige  Form 
sei,  handelt  es  sich  um  die  für  beide  Falle  geltende  gelehrte 
Schriftaussprache  TSI,  über  welche  uns  der  Grammatiker 
Albin  einen  Beweis  liefert,  wenn  er  bemerkt,  daß  „BENE- 
DICTIO  et  ORATIO  et  talia  T  debent  habere  in  penultima 
syllaba,  non  C."     (cf.  Keil:  Gram.  LatVlI,  298,  l£) 

Dagegen  besitzen  wir  vor  dem  VL  Jh.  kein  einziges  in- 
schrifüiches  Zeugnis  von  einer  Affizierung  des  G  Tor  e,  i  (vgl. 

11* 


§80.  -     164    _ 

ü,  Pfuris:  Aead^mie  des  Luflcnption«.  1892.  Ckmiptes  Bendus 
XXI,  8.  81).  Ans  indirekten  Qaellen  läßt  sich  kein  Beweis 
ftr  die  Affizierang  des  Ce,  Ci  vor  dem  ßide  des  HL  JL 
n.  Chr.  bringen.  Ich  will  hier  dieses  noch  dnnkle  Problem 
der  lateinischen  und  romanischen  Grammatik  nicht  n&her  be- 
rthren  und  yerweise  anf  die  §§  115—117  (^gL  aach  §  106, 
152)  der  Binf&hrnng  von  Meyer-Lnbke»  wo  die  Insherigen 
Resultate  kritisch  beurteilt  werden  und  die  dpezialliterator 
angegeben  wird.  (Vgl.  auch  0.  Densosianu:  Sur  Talt^ratioii 
du  C  latin  devant  E  dans  les  langues  romanes.  RomawiaXXIX 
321—333  und  Areh.  lai  Lex.  XIII,  406,  wo  ein  Beispiel  fir 
die  reine  Aussprache  des  K  vor  Y  aus  dem  IV.  Jh.  n.  Chr. 
gebracht  wird.)  Nur  auf  einige  Punkte  möchte  ich  die  Auf- 
merksamkeit lenken. 

g  86.  Bekanntlich  hat  das  Logndoresische,  welches  Ki 
in  tss  verwandelt  (§  42),  heute  noch  Ce,  Ci  bewahrt:  BBA- 
CHIUNL  <  bratssu,  gegenüber  C-älLUM  >  kelu,  ACETUM 
>  agedu,  DULCEM  >  dulke,  OCCIDERE  >  bokkira 
Das  Campidanesische  zeigt  dagegen  tä,  wie  daa  Italienische: 
bratssu  aber  täelu,  azedu,  durtäi,  botäsiri  (fatäsa). 
Dieses  Stadium  ist  aber  nicht  ali  Wie  Meyer'^Lubke  Zur 
Kenntnis  des  Altlogudoresischen  8.  74  gezeigt  hat,  laSt  sich 
dieses  an  dem  Wort  täerbai  „aufplatzen*'  <I  CBEPARE  be- 
weisen. Die  Metathese  des  r  kann  erst  zu  einer  Zeit  statt- 
gefunden haben,  als  das  intervokalische  p  schon  b  geworden  war, 
also  solange  noch  die  griechische  Herrschaft  in  Sardinien 
kräftig  war:  CREPARE  >  krebai  >  ^kerbai  Damit  aber 
'^'kerbai  zu  tderbai  werde,  mußte  zu  dieser  Zeitperiode  das 
anlautende  ke  unaffiziert  gewesen  sein,  denn  nur  dann  hat  *ker- 
bai  dieselben  Schicksale  wie  '*'kelu  ]>  tselu  haben  können. 
—  Neben  fasa  kommt  noch  log.  faska  „Windel"  vor,  womit 
log.  poska  zu  vergleichen  ist,  welches  man  von  POSTEA 
ableiten  wollte.  Es  ist  bekannt,  daß  Ascoli  a.  a.  0.  seine 
Theorie,  daß  log.  ke,  ki  nicht  direkt  das  lai  ke,  ki  fortsetat 
sondern  aus  einem  älteren  ke,  ki  zurückgebildet  ist,  stutzt, 
indem  er  meint,  daß  zur  selben  Zeit  auch  *faska,  post'a  m 


-     185    —  §86. 

faska,  poska  wurden.  Ich  halte  es  nicht  för  ndtig,  die 
ganxe  Disknssion,  die  sich  um  diese  Frage  gebildet  hat,  anzu- 
f&hren,  da  ich  ihr  die  Bedentung,  die  man  ihr  zasohrieb^  nicht 
zuerkennen  kann.  Das  Wort  faska  hat  Hofl&n&nn  S.  76  richtig 
erklärt  Es  ist  durch  den  Einfluß  von  faske  ^BündeP  < 
FASCIS  entstanden.  Diese  Deutung  ist  um  so  annehmbarer, 
als  im  Log.  ein  Diminutiv  faskitta  und  ein  Verb  faskare, 
beide  von  faske  abgeleitet,  existieren,  aus  denen  sehr  leicht 
ein  faska  rftckgebildet  werden  konnte.  Meyer-Likbke,  den 
Mher  (Literatnrblatt  VII,  S.  70)  diese  Erklärung  überzeugt 
hat,  kann  ihr  später  (a.  a.  0.  S.  32 — 33)  nicht  mehr  beistimmen. 
Er  vergleicht  faska  mit  fakke  <  FACIES  und  meint,  daß 
FASCIA  zunächst  zu  faska  wurde,  „wo  nun  Dissimilation 
gegen  das  s  die  weitere  Verschiebung  zu  st',  st  hinderte  und 
die  Entwickelung  in  die  Reihe  des  Vorhandenen  (oder  neu 
entstandenen  M-,  5(b=  t§)- Lautes  drängte."  Ich  kann  den 
Sinn  dieser  Deutung  nicht  recht  begreifen.  Wir  haben  doch 
als  regelrechte  Entsprechung  f&r  lai  FASCIA  ein  log.  faSa, 
das  eine  (schon  urromanische)  Mittelstufe  '*'FASSIA  voraus- 
setzt Faska  kann  also  gar  nicht  vom  selben  Typus  kommen. 
Ich  vermute,  daß  Meyer-Lübke  von  einem  Plural  FASCI-ffi 
ausgeht,  —  nur  in  diesem  Falle  ist  ein  Vergleich  mit  FACIES 
möglich,  —  welches  dann,  —  vorausgesetzt,  daß  die  Gruppe 
SKie  nicht  zu  ssie  in  vorromanischer  Periode  geworden  ist,  — 
doch  nur  faske  ergeben  hätte  (wie  FACIES  >>  fakke),  und 
mit  faske  <C  FASCIS  zusammengefisdlen  wäre.  Poska  hat 
Hofmann  aus  POST  +  Konjunktion  ka  erklären  wollen,  was 
begrifflich  und  formell  unmöglich  ist  (vgl.  Meyer-Lübke: 
Literaturblatt  1896.  S.  70).  Neben  poska  kommt  —  schon 
zu  einer  Zeit,  wo  der  Schwund  des  (im  Satze)  intervokalischen 
p,  nach  dem  es  die  Stufe  b  erreicht  hatte,  noch  nicht  möglich 
war  — ,  auch  oska  vor.  Meyer-Lübke,  der  im  Literaturblatt 
VII,  69  poska  als  ii  Lehnwort  mit  Überentäußerung:  posca: 
poscia  =  creskiri  <  CRESCERE  (ähnlich  Ascoli  Archiv 
glott  itaL  XIII,  111  Anm.:  *pistSe>>  pe§e  wie  '*'postSa>» 
poSa,   da  man  aber  neben  *pistSe  ein  piske  hat,  so  auch 


§87.  —    166    — 

neben  *fo^ek  ein  poska)  erklärt  hatte,  bemerkt  spater  (a.a. 
0.  67):  „Aber  die  dort  angedeutete  ErUanmg  ist  wenig  wahr- 
scheinlich und  die  Nebenform  ohne  p  ist  auffallig  ....  Ich 
stehe  der  Form  vollständig  ratlos  gegenüber^.  —  Ich  glaube, 
daß  poska  nichts  anderes  ist  als  die  regelrechte  Entwickelong 
des  lai  POSTQÜAM  „hierauf^  nachher^  und  daß  osca  ein 
davon  etymologisch  verschiedenes  Wort  ist  Der  Lautgesiadt 
nach  paßt  am  besten  ein  lat  USQÜE  AD  (über  den  Übergang 
des  vortonigen  u  in  log.  o  siehe  die  Beispiele  bei  Hofinann]. 
Auch  begrifflich  ist  diese  Deutung  möglich:  „et  osca  pus 
cussa  parthitura  tennit  Corona^  (Codaghe)  bedeutet  eigentlich: 
„und  er  hielt  die  Krone  solange  als  die  erwähnte  Abreise 
nicht  stattfand",  das  heißt,  „bis  nach  der  erwähnten  AbreIS6^ 
also  gleichsam  usque  ad  post  questam  p.  —  Das  Albanesische 
zeigt  auch  einen  unterschied  in  der  Behandlung  des  Ki  einer- 
seits und  des  Ge,  Ci  anderseits  (§  40).  Selbst  im  It.  scheint 
der  Übergang  von  Ge,  Ci  zu  tse,  t§i  relativ  jung  zu  sein.  Im 
Dialekt  von  Gerignola  wird  betontes  langes  lat  e  zu  9L  Zar 
Zeit  dieses  Lautwandels  hatte  G  vor  e,  1^  bloß  die  Stufe  K  er- 
reicht: ACETUM  >  Koite,  PÜLLICENU  >  pruKoine, 
r^koivg,  „ricevo".  Vor  e,  i  wurde  dieses  K  später  zu  ts: 
täetgfrg,  kruotSg  etc.,  vor  9i  blieb  es  dagegen  bestehen. 
Auch  das  griech.  xipzQOv,  welches  wahrscheinlich  spät  in  die 
Sprache  drang,  konnte  zu  täendrg  „Nagel"  werden.  (Dagegen 
ist  mir  at§§ois§  „ucciso"  neben  akkoitg  „uccidere",  sowie 
ndzoing  „uncino*',  sandzoin§  unklar.)  Auch  im  Taranto 
scheint  die  Affizierung  das  Ge,  Ci,  Ge,  Gi  erst  nachdem  die 
Gruppen  Que,  Qui,  Gue,  Gui  ihr  labiales  Element  verloren, 
begonnen  zu  haben,  was  aus  Subaks  Notiz  (Zeitschrift  rom. 
Phü.  XXn,  554)  hervorgeht:  „andzidde  <  *ANGUILLA  ... 
stimmt  genau  zu  t§e,  t§i  <C  Qui-,  Qa^-,  wie  im  Rumänischen'^ 
(vgl.  §  89). 

§  87.  Das  Rumänische  bietet  uns  einen  sicheren  Beweis 
dafar,  daß  Ce,  Ci  am  Ende  des  IIL  Jh.  n.  Chr.  im  Urromani- 
schen noch  unafßziert  war.  Es  läßt  sich  nämlich  mit  Sicher- 
heit nachweisen,  daß  zur  Zeit,  wo  der  Verkehr  zwischen  Ost- 


—     167     —  §88. 

und  Wertromanisch  aaf  hörte,  auf  dem  ersten  Gebiet  C  Yor  e, 
i  reine  Aussprache  hatte. 

Sd  war  schon  im  ürromanischen  affiziert  imd  wurde  im 
Urrumanischen  zu  ts,  auf  welcher  Stufe  es  mit  ts  <C  T^  zu- 
sammenfieL  Als  nun  die  Zeit  kam,  wo  der  rumänische  Ak- 
zent einen  entscheidenden  Einfluß  auf  die  umgebenden  Laute 
aasübte,  wurde  ein  ^bratsu  <C  BBAGHIUM  gleich  '^^ütsu 
<  PÜTEUS  zu  bratsu,  putsu,  dagegen  »pitfiör  <  *PE- 
CIOLUS  gleich  *tetsüne  <  TITIONEM  zu  pitSor,  tÄtSune. 
Diese  Regel  gilt  für  alle  Dialekte  (drum.,  brat,  pu^  picfor, 
t&ciune,  —  arum.,  brats,  putsu,  täitäor,  tätdune,  —  mgL  brats, 
yitsä,  pitöor,  tfttäuni,  —  irum.  bröts,  puts,  pitsor,  fitsor),  so  daß 
man  wohl  annehmen  kann,  daß  sie  in  urrumänischer  Periode 
YoUendet  war. 

Anm.  Daß  Ki  nicht  erst  auf  urrumänischem  Boden, 
sodem  im  ürromanischen  affiziert  wurde,  geht  aus  folgender 
Erwägung  herYor.  Allen  rum.  Dialekten  gemein,  daher  schon 
urrumänisch,  sind  folgende  Erscheinungen:  betontes  lai  se,  S 
imd  1  werden  wie  ie,  ii  behandelt,  betontes  lat.  e  diphtongiert 
zu  ea  Yor  folgendem  a,  die  Artikel  -ul,  -le,  -a  werden  nach- 
gesetzt, die  AdYerbia  bekommen  ein  suffixales  Element  -a. 
Hätte  nun  die  Affizierung  des  lat  E  Yor  e,  i  +  Vokal  erst 
im  urrumanischen  begonnen,  so  hätte  ein  C^LÜM,  über 
*kielu  zu  tseru,  GERA  über  *kiara  zu  *tsarä,  CALCEM 
+  'Art.  A  über  *kalkia  zu  kaltsa,  AD  +  TÜNC  +  CE 
+  SufF.  A  über  *attunkia  zu  atuntsa  in  allen  Dialekten 
werden  müssen.  Dagegen  haben  wir  im  Drum,  tser,  caltäa 
(calului),  atuntsa,  tsarä. 

§  88.  Zum  Unterschied  Yon  Ki,  wird  Ce,  Ci  nicht  in 
allen  Dialekten  gleich  behandelt,  so  daß  deren  Affizierung  im 
Umimänischen  noch  nicht  YoUendet  war: 

GERA      CiRGU     GÄRTO     C.ELU  GRUGE 

Drum.          tsarä           täerk          t§ert            tSer  krutSe 

Arum.         tsearä          tserk            —           tseru  krutse 

Mgl.          (tseapä)         tserk           tsert          tser  krutse 

Irum.           tsörö             —            tsert          tser  (fatse) 


\eß.  _   168   — 


DÜLCB 

PORCI 

DruixL 

dultde 

port«! 

AnmL 

dultse 

poitä 

MgL 

doltsi 

poitB 

Iram. 

dultae 

portS 

Diese  Tatsache  spricht  entschieden  gegen  die  Annahme, 
daß  Ei  und  Ce,  Ci  auf  gleiche  Stufe  zu  stellen  seien,  denn 
dann  würde  man  unter  dem  Einfluß  des  Akzentes  in  allen 
Dialekten  t§er  aber  krütse  wie  pitsor  gegen  brats  er- 
warten. Setzt  man  aber  voraus,  daß  dies  im  Urrumänischen 
der  Fall  gewesen  ist  und  daß  der  heutige  Stand  erst  eine 
Weiterentwickelung  der  einzelnen  Dialekte  sei,  so  stoßt  man 
auf  folgende  Schwierigkeit:  Wäre  drum.  irum.  tser(tser)  ur- 
sprünglich und  arum.  mgl.  tser  daraus  erst  entstandeD,  so 
sieht  man  nicht  ein,  warum  arum.  mgl.  pitsor,  tätsune  ak 
solche  bestehen  blieben  und  nicht  zu  *pitsor,  *tätsane 
geworden  sind;  wenn  aber  arum.  mgl.  krutse  ursprüngücb 
war  und  drum,  irum  krutse  (krutse)  daraus  hervorgegangen, 
so  hätte  brats,  puts  zu  brats,  puts  werden  müssen. 

Aiim*  Der  hauptsächlichste  Vertreter  der  Theorie,  da& 
ts  aus  t§  entstanden  sei,  ist  Schuchardtr  der  seine  imVoka- 
lismus  veröffentlichte  Meinung  zu  wiederholten  Malen  im 
Literaturblatt  verteidigt  hat.  Auch  Mejer-Lübke,  der  in  §  403 
seiner  Rom.  Gram.  I  die  selbständige  Entwickelung  von  ts  und 
ts  aus  einer  Vorstufe  t'  annimmt,  glaubt  im  §  513  doch,  da& 
arum.  ts  aus  ts  hervorgegangen  sei  („Es  ist  aber  auch  die 
Wiedergabe  von  ci  zu  ts  auffallig  in  einer  Gegend,  wo  sonst 
t§  zu  ts  wird").  Ich  vermute,  daß  der  Wiener  Gelehrte  zu 
diesem  Widerspruch  durch  Weigands  Äußerung  bestimmt 
wurde  (Olympo -Walachen  S.  53  ff.),  der  auch  im  Aronmni- 
schen  dialektische  Spuren  von  ts,  selbst  von  ts  nachweist 
Aber  gerade  diese  Tatsache  spricht  dafEü:,  daß  C  vor  e,  i  im 
Urrumänischen  erst  bis  zur  Stufe  ts  gelangt  sei,  wonoB 
im  Arum.  neben  ts  sich  dialektisch  auch  ts  (t§)  entwickelt 
hat,  —  wie  auch  im  Drum,  heute  noch  im  westlichen  Gebiet 
imd  z.  T.  auch  in  der  Moldau  die  alte  Stufe  t6  oder  daraus 
hervorgegangenes  s  vorherrscht  (vgl.  Jb.  III,  IV,  IX  Nr.  29 


—     169    —  9  89. 

der  NomudwSrtor:  pioior).  Dagegen  haben  aram.  tfiireäar, 
tiinnift»  tinitakare  >gend  einer''  <  QUID-SCIO^QUA- 
LIS,  mgL  t&ireöi  t&ireökä,  täirefiar,  tSannöa,  gamtlich  im 
ts- Gebiet,  ihr  tS  ans  ts  unter  assimilatoriscbem  Einflufi  den 
inlautenden  ö  entwickelt  Den  umgekehrten  Fall  nahm  Meyer- 
Lübke  (Rom.  Gram.  I,  §  4t 7)  und  nach  ihm  Candr^a-Hecht 
(Les  ä^ments  latins  S.  29)  für  SOREX  >  soaretse  (irum. 
§oaret§e,  -t§u)  an.  Mit  Unrecht  indessen,  denn  aram.  mgl. 
(auch  druuL  vgl.  Jb.  VI,  32)  äoarik  hat  kein  tS,  und  selbst 
wenn  diese  Form  nicht  *SORICIJM  voraussetzt,  sondern  erst 
auf  rum.  Gebiet  aus  der  Mehrzahl  gebildet  wäre,  würde  80^ 
RICEM  hier  ^soaretse  lauten.  Wahrscheinlich  hat  soarece 
sein  S  von  verwandten  Wortern,  wie  |arpe,  |op!rIä  (vgl. 
Surlikar  „Mäusehabicht'',  surlitsa  „Gabelweihe^  Jb.  lU,  328) 
denn  an  ein  siorex  =«  sorex  +  griech.  /dvg  (wie  *giurus 
<C  griech.  yvQog)  ist  wohl  nicht  zu  denken. 

Auch  0.  Densusianu  (Hist  langue  roum.  215)  nimmt  an, 
daß  das  arum.  ts  aus  t§  entstanden  sei,  um  damit  seine 
Theorie,  daß  das  rum.  ts  <[  C  vor  e,  i  aus  Italien  gebracht 
worden  sei,  versöhnen  zu  können.  Aber  1.  existiert  kein 
Zeugnis  dafür,  daß  das  Italienische  im  V.  Jh.  n.  Chr.  —  denn 
dies  ist  nach  Densusianu  S.  235  die  Zeit,  wo  der  westromani- 
sche Einfluß  aufhört  auf  das  Rumänische  wirksam  zu  sein, 
—  schon  auf  die  Stufe  tö  <;  C  vor  e,  i  gelangt  sei  (vgl.  §  86), 
2.  braucht  rum.  t§,  nicht  aus  Italien  importiert  zu  sein,  son- 
dern konnte  sich  sehr  leicht  selbständig  entwickelt  haben  (vgl 
§  90)  und  3.  kann  arum.  ts  nicht  auf  t§  beruhen. 

§  89.  Bisher  haben  wir  nur  gesehen,  daß  sich  C  vor  e, 
i  im  Rumäniscben  unabhängig  von  Ei  entwickelt  hat  und  daß 
die  Affizierung  des  letzteren  urromanisch  und  alter  als  die- 
jenige des  ersteren  ist  Nun  soll  aber  gezeigt  werden,  daß 
G  vor  e,  i  erst  auf  rum.  Boden  begann,  den  reinen  gutturalen 
(Velaren)  Charakter  zu  verlieren.  Einen  ausschlaggebenden 
Beweis  hat  G.  Paris  in  seiner  L'alt^ration  romane  du  c  latiii 
(Annuaire  de  TEcole  pratique  des  Hautes  Etudes  1893  S.  Iff.) 
gebracht.  Aus  dem  Vergleich  von  CERVUS  >  tSerb  und 
QUID  >  t§e  (arum.  mgl.  tserb,  tse)  schließt  er,  daß  zur 
Zeit  als   QU  sein  labiales  Element   verlor,    das    lateinische 


§89.  —     170    - 

CE,  Gl  noch  nicht  af&zieit  wurde,  da  das  ans  QUID  anf  ra- 
minischem  Boden  entstandene  *EID  (die  westromanischen 
Sprachen  behandeln  '«'CINQÜE,  QUID  anders  als  CEBVUS, 
FACIT)  dieselben  Wege  wie  CERVÜS  gehen  konnte. 
Schuchardt  wendet  dagegen  ein  (Literatorblatt  XIV,  360  bis 
363,  vgl  anch  Mohl  Introdnction  S.  293),  daß  CERVÜS  zu 
täerb  wurde,  wahrend  man  noch  QUID  mit  dem  labialen 
Element  sprach,  daß  dieses  später  zu  *K1D,  woraus  dann  selbsir 
standig  täe  wurde,  welches  mit  täerb  zusammenfiel,  wie  auch 
oberit.  tSar  <  CLARUS.  sie.  täoviri  <  PLUERE  sich  mit 
ts  <!  C  vor  e,  i  traf.  Aber  im  Rumänischen  liegt  die  Sache 
doch  etwas  anders,  da  im  V.  Jh.  schon  die  ersten  Lehnwörter 
aus  dem  Slayischen  übernommen  wurden,  und  in  diesen  bleibt 
Ee,  Ei  erhalten.  Man  müßte  also  annehmen,  daß  in  der 
kurzen  Frist  von  weniger  als  zwei  Jahrhunderten  nicht  nur 
lai  G  vor  e,  i,  sondern  auch  rum.  ke,  ki  <C  lai  Que,  Qoi 
soweit  affiziert  wurden,  daß  sie  mit  dem  slav.  ke,  ki  nicht 
mehr  zusammenfallen  konnten. 

0.  Densusianu  (Romania  XXIX,  321  £)  bringt  mehrere 
schar&innige  Beweise  für  die  reine  Aussprache  des  Ce,  Ci 
im  ürromanischen  (der  FaU  CICONIA  >  *COCONIA  > 
CONIA  S.  332  läßt  sich  mit  CICHOREUM  >  *COCOREUM 
>  alb.  kof  e  vergleichen),  darunter  CICUTA  >  *CUCUTA 
>>  nun.  cucutä,  saintong.  cohüe,  limous.  koküdo,  alb. 
kukutg,  kymr.  kegid,  bei  welchem  eine  Assimilation  des  I 
nach  dem  U  der  nächsten  Silbe  nur  dann  denkbar  ist,  wenn 
die  zwei  ersten  Silben  denselben  Anlaut  hatten  (wäre  CICUTA 
schon  zu  *Kikuta  geworden,  so  hätte  dies  selbst  im  Falle  einer 
Assimilation  im  Rumänischen  doch  nur  *tsukutä  oder  *tsa- 
kutS  ergeben)  und  CING[U]LA  >  *CLINQA  >  nun. 
chingä  (mgl.  klingä).  Ich  mochte  auf  diese  zwei  Fälle  kein 
besonderes  Gewicht  für  die  rumänische  Periode  legen, 
denn  CUCUTA  ist  durch  die  westromanischen  Formen  foir  das 
Urromanische  gesichert,  kann  also  aus  einer  früheren  Periode 
stammen,  wo  CI  noch  sicherlich  unafßziert  war;  auch  die 
Form  *CLINGA  muß  sehr  alt  sein,  denn  schon  in  später  ur- 


—     171     —  §89. 

romanischer  Periode  war  CINCULA  als  '^KlüNGXA  ausge- 
sprochen (ygL  §  70),  oder  die  Umstelliuig  geschah  auf  der 
Stufe  KINQ'L'A,  also  in  einer  jungen  Periode.  Auch  die 
Metathese  *GIBB[U]LÜS,  *QIBB[U]LA  >  *GLIBBUS, 
♦6LIBBA  >  rum.  gheb,  gheabä  „Hocker",  —  das  arum. 
gib  OS  bei  Densusianu  Hisi  langue  roum.  375  finde  ich  bei 
Weigand  nicht,  bedarf  daher  der  Bestätigung  (man  würde 
nach  dieser  Etymologie  glibos  erwarten)  —  kommt  auch  im 
romagn,  dzebb  vor  «  *GLIBBUS,  denn  GIBBUS  hatte 
*dzebb  ergeben).  Auch  das  oft  zitierte  ciur  „Sieb**  <[  CIB- 
RUM  (C.  Gloss.  L.  V,  59)  dissimiliert  aus  GRIBBÜM,  erweist 
sich  durch  log.  kiliru  (CIRIBBÜM  ist  bei  Placitus  belegt) 
als  ali  Nur  ^CREBBÜM  <  CEBEBBÜM  (durch  Synkope 
oder  durch  Metathese:  *CREEBBXJM?)  >  rum.  creer,  alb. 
krie,  kann  als  Zeugnis  für  die  reine  Aussprache  des  C  vor 
e,  i  zu  Anfang  der  urrumänischen  Periode  angeführt  werden, 
denn  außerhalb  des  Sardischen  (log.  kelembru,  iskelembrare) 
und  Rumänischen  ist  GEREBRCM  durch  CEREBELLUM 
verdrängt  worden.  Wäre  aber  Ce  im  TTrromanischen  affiziert 
gewesen,  so  würde  man  im  Rum.  etwa  *tSreer  <C  *E*REB- 
RÜM  erwarten  (vgl  Candrea-Hecht:  Les  dem.  lai  S.  XYI 
bis  XVII). 

Andere  Beweise  lassen  sich  aus  der  Flezions-  und  Wort- 
bildungslehre anfuhren.  Da  ist  vor  allem  die  Substitution 
der  Gerundivendung  -ENDO  durch  -ANDO  zu  nennen.  Alle 
Verba  der  U.  und  III.  Konjugation,  deren  Stamm  auf  k,  g 
ausgeht,  haben  -ctnd,  -glnd  (&clnd,  tficlnd,  merglnd)  u.  z.  in 
allen  Dialekten.  Von  einem  -tsind,  -dzind  ist  nicht  die  ge- 
ringste Spur  vorhanden.  Wenn  aber  in  FACENDO,  MEB- 
GENDO,  TACENDO  vor  dieser  Endungssubstitution  das  k, 
g  affiziert  gewesen  wäre,  so  hätte  man  heute  ^ffttälnd,  *tä- 
tslnd.  —  Nach  DULCEM-DULCOREM  >  dultäe-dulko- 
are  hat  man  von  ret§e  ein  räkoare  (arum.  ar(ä)koare)  ge- 
bildet Diese  Bildung  kann  nicht  lateinisch  sein,  denn  dort 
hätte  man  höchstens  ^RECENTOREM  ableiten  können  (auch 
auf  RIGOR  kann  räcoare  unmöglich  zurückgeführt  werden, 


§88.  —     172    — 

wiiB  Sohuchbardt  Bomanisohe  Etymologien  I,  20  vorgeMUflgen 
hatte),  daher  muß  es  auf  tnmanischem  Boden  entstanden  seis. 
Aber  es  ist  ganz  ausgeschlossen,  daß  man  von  retfie,  in  dem 
man  keinen  k-Laut  empfinden  konnte,  räkoare  bildete,  sod* 
dem  diese  Ableitung  ist  nur  zu  einet  Zeit  denkbar,  wo  man 
noch  dulke — dulkore  sprach,  nach  dem  Ton  reke  ein  re- 
köre  abgleitet  werden  konnte.  —  Man  sieht  nicht  recht  ein 
warum  die  Suffixe  -iNO,  JNUS  und  4TÜS  durdi  -ÄNO, 
-ÄKÜS,  *ÄTUS  ersetzt  worden  sind  in  CIRCÜNUS  >  *CIB- 
CANUS  >  cearcän,  *TRAG1N0  (vgl.  itaL  trainare,  franz, 
trainer,  log.  trainare,  camp,  trainai;  *TRAQO  =  TRAHO)  > 
♦TRAGÄNO  >  tragän,  *LIGIN0  >  *LIGANO  >  leagän 
(s.  Anm.);  -ITÜS  >  -ATUS:  strig  —  strigät,  trec  —  trea- 
c&t  (vgl.  auch  dSng-ät,  däng-änesc).  Es  ist  möglich,  daß  in 
*CIRCANÜS  derselbe  lautliche  Übergang  zu  suchen  ist,  wie 
in  lai  CICARO  fnr  CICERO  (Romania  XXIX,  331;  vgl  auch 
ANSAR,  CARCAR,  PASSAR  der  Appendix  Probi),  odef  es 
handelt  sich  um  die  im  Rumänischen  so  stark  vertretene  Sub- 
stitution der  I-Suffixe  durch  A-Suffixe  (vgl  -IMENTUM  > 
-AMENTÜM:  mgl.  kusämint,  drum,  asternämlnt  ete- 
-ITÜRA,  -ITORIUS  durch -ATüRA,  ^-ATORIUS:  sunäturü, 
gemätor  etc.  vielleicht  auch  -ITATEM  durch  -ATATEMvgl. 
sänätate  gegenüber  arum.  uminitate).  Tatsache  ist  aber, 
daß  die  Substitution  stattgefunden  hat  u.  z.  noch  zu  einer  Zeit 
wo  lai  C  vor  e,  i  unaffiziert  war,  sonst  hätte  man  *t§artsän 
wie  etwa  cors.  socaru  •<  SOCER. 

Anm.  Das  Wort  gheb,  gheabä  galt  bis  jetzt  als  ety- 
mologisch dunkel,  da  man  es  weder  von  GIBBÜS,  GIBBA 
noch  vom  ung.  göb  ableiten  konnte  (vgL  Densusianu  Bist 
langue  roum.  375).  Durch  meine  Etymologie  ist  ein  sicherer 
Beleg  dafür  gefunden,  daß  langes  intervokalisches  BB,  W  im 
Rum.  erhalten  wurde,  was  ein  helles  Licht  auf  die  Geschichte 
des  Verbums  HABERE  wirft,  dessen  v  im  Rum.  aus  dem 
Aorist  *HABVI  stammt.  —  Für  leagän  „Wiege*,  legäna 
„wiegen"  sind  schon  die  verschiedensten  Et3rmologien  vor- 
geschlagen worden.     Das  Vorkommen  des  Wortes  in  aQen 


—     178    —  §8»- 

Dialekten  (arum.  leagfini,  leg$|i4»  mgL  I6gäii,  tegäna,  inim. 
leagär)  schließt  schon  a  priori  Cibaos  Etymologie  (U,  511)  <[ 
ung.  legetni,  logni  ans,  sowie  aueh  diejenige  vom  deutschen 
Lager.  Auch  Roäers  ngriech.  layiva,  Isxatnj  n^opf  können 
wir  ohne  weiteres  übergehen.  Miklosich  (Rom.  üni  II,  22) 
dachte  an  alb.  läkunt  „wiegen**,  aber  0.  Meyer  (Alb.  Worterb. 
243)  verwirft  mit  Recht  die  ^erleitang  aus  dem  alb.  Worte, 
welches  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  aus  dem  Türkischen 
stammt.  Byhan  (Jb.  VL  264)  schlägt  bulg.  legalo  „Nest** 
Tor,  doch  ist  er  selbst  von  seiner  Etymologie  nicht  überzeugt 
Um  den  wahren  Ursprung  des  Wortes  verstehen  zu  können, 
müssen  wir  eine  Beschreibung  der  rum.  Wiege  geben.  Sie 
ist  heute  noch  im  Banat  und  Siebenbürgen  eine  Art  Hänge- 
matte und  besteht  aus  einem  korbartigen  Oeflecht  oder  Sack, 
welcher  mittelst  zweier  Schnüre  an  einem  Balken  der  Decke 
befestigt  wird.  Die  rumänische  Bäuerin  gibt  der  Wiege,  in 
welche  das  Kind  meistens  gebunden  wird,  einen  Ruck  und 
geht  dann  ihrer  Arbeit  nach.  Die  Wiege  bewegt  sich  lange 
Zeit  infolge  der  Größe  des  anfangs  beschriebenen  Halbkreises 
und  das  Kind  bleibt  ruhig.  Die  Beschaffenheit  der  rum.  Wiege 
geht  aus  folgenden  Zitaten  hervor:  „Leagin  avea  tofi,  da  leagln 
pä  sus,  legat  de  grindä:  lua  patru  lemne,  douä  mat  lungl* 
le  punea  In  lungu  si  douä  mal  scurte  In  lat,  le  lega  la  c&pä- 
tiie,  punea  in  lele  im  sac  si  leaginu  era  gata.  Pinä  mat  acu 
zece  ai  tot  mal  punea  clte-un  leagln  pä  sus;  tot  or  fi  si  acum 
aruncate  ptn  pod.  Era  bun  clnd  ^sea,  ca-i  da  brlnci,  da  la 
astea  pä  jos  trebue  sä  fi  tot  cu  picforu  pä  ele.  Pä  copil  tl 
lega  peste  mijloc  cu  cite  un  stergar,  cä  sä'ntlmpla  de  cädea 
cite-odatä  bäietii  diu  tele,  de  ata  slnt  mat  bune  äle  de  pä 
Jos"  (Pitis:  Obiceturt  populäre  la  Romtnit  din  Schelü.  Con- 
vorbirt  liierare  XXXVI,  561).  „Sä  mat  fac  leagäne  incä  si 
din  nuiele  In  forma  unet  coserct  (corfe)  lungärefe  ...  In  unele 
pärtt  din  Transilvania  (Orlat)  leagänele  din  urmä  sä  aca^ 
cu  niste  funitlungt  de  grindä  si  asa  sä  leagänä**  (Marian: 
Nasterea  la  RomInt  S.  312). 

„De  grindä-attrnä-un  leagän  si'n  el  un  prunc  bälan, 
AI  mamet  cel  mat  tinär,  ce  n  are  nict  un  an  .  .  .** 

(Maria  Cun^:  Idilä). 


§89.  _     174    - 

„  . . .  Mama  leagSn  Implete^te 

DiD  crenga^  de  alan. 

Ea  de  grindä-l  prinde  bine 

Si-1  desclntS  de  noroc 

Pe  tre{  firanze  de  sulfine 

Si  pe-an  fir  de  busuioc^ 

(Dieselbe:  Gintec  de  leagän''). 

„  . . .  fata  M  sft  culcä  in  Uagänu  M,  car¥e-i  (äsat  cu 
firie  de  aor  si  sta  aniinat  de  grindä^  (Picot:  Dialecte> 
roumaines  S.  30  apud  Hasdeu  Etjmologicam  Magnnm  S.  1209). 
Wir  sehen  aus  allen  diesen  Beispielen,  daß  die  Wiege  der 
Bmnänen  an  die  Decke  angebunden  wird:  sä  acafa,  sä  prinde, 
sä  aümä,  sä  leagä,  sä  aninä  de  grindä.  A  legäna  „wiegen' 
hieß  ursprünglich  nur  so  viel  wie  ,,anbinden*'  (die  Wiege)  und 
besteht  aus  dem  Verb  leg  „binde"  und  dem  Suffixe  -inare. 
welches  eine  Wiederholung  der  im  Primitivurn  ausgedrücktes 
Bewegung  besagt  (tragän  „schleppen**,  clatin  „rütteln''  gegen- 
über von  clätesc,  sdruncin  „rütteln,  zermalmen"  gegenüber 
von  sdrucesc,  ygL  franz.  trottiner,  couliner,  itaL  scassinare. 
pedinare,  trassinare,  log.  aboghinare  „Lärm  machen"  Arpino: 
sm§§§na  <C  *misc-inare,  sassar:  tuzzinare  gegenüber  von  tazs 
<  torquere  und  die  Beispiele  bei  Meyer-Lübke  Rom.  Grana.  II 
§  585),  also:  „befestigen,  fixieren".  Dies  wird  uns  durch  den 
merkwürdigen  Sinnesübergang,  den  das  rum.  Wort  anin  dnrcb- 
gemacht  hat,  bestätigt.  Ich  erwähne  gar  nicht  mehr  die  phan- 
tastischen Etymologien,  welche  für  dieses  Wort  gegeben  worden 
sind  (Cihac  II,  476,  Hasdeu  Etymologicum  Magnum  S.  1211;. 
um  direkt  die  richtige  vorzuschlagen.  Es  ist  kein  anderes 
Wort  als  das  in  den  von  E.  Lork  veröffentlichten  altberga- 
maskischen  Glossen  vorkommende  anina,  erklärt  durch  cuna- 
gito,  d.  h.  cunas  agito  „wiegen",  und  geht  wie  dieses  auf 
'^'anninnare  =  ad  +  *ninnare,  abgeleitet  vom  *ninna  der  Kinder- 
sprache zurück  (rätorom.  ninnar  „  ein  wiegen"' sie  ninnare,  vgl 
alb.  ninulä  „Wiege"  etc.;  runu  anin  kann,  wie  die  Bewahrung 
des  anlautenden  a  zeigt  nur  auf  ann-  zurückgehen,  vgl  inel 
<C  *anillus  gegenüber  an^Ärt  -<  annus  tertius).  Dieses  Wort. 
welches  ursprünglich  „wiegen"  bedeuten  mußte,  hat  heute  nur 
noch  den  Sinn  „anbinden,  aufhängen",  was  sich  nur  dadurch 
erklärt,  daß  rum.  „wiegen"  soviel  bedeutete  als  „die  Wieg^ 


—     175    —  §90. 

aufhängen".  Das  Wort  legäna  hingegen,  welches  ursprüng- 
lich nur  «(die  Wiege)  anbinden*'  bedeutete  (dieser  Sinn  hat 
sich  noch  in  der  Phrase  nT^n  §tie  sä  spunä  douä  vorbe  (oder 
boabe)  legänate"  =»  „er  kann  keine  zwei  zusammen- 
hängenden Worte  sprechen"  erhalten)  hat  gerade  den  ent- 
gegengesetzten Weg  durchgemacht,  und  heißt  heute  „wiegen". 
Von  legänä  „wiegen**  wurde  dann  das  Postverbale  leagän 
„Wiege"  gebildet  (Postverbale  Substantiva  mit  konkreter  Be- 
deutung kommen  in  allen  romanischen  Sprachen  vor,  vgl. 
Meyer-Lübke,  Rom.  Ghram.  11  §  397—401.  Das  Rumänische 
hat:  arum.  alurikä  „Glitschbahn,  Schleife",  scaldä  „Bad", 
arum.  surpu  „Abhang",  drum.  arum.  toacä  „Schlagbrett", 
tragä,  targä  „Tragbahre",  tun  „Kanone",  arum.  usuc  „(Tier)- 
schweiß"  etc.),  und  nicht  umgekehrt,  wie  schon  die  weibliche 
Form  des  arum.  Wortes  (leagänä)  zeigt  (Bekanntlich  zeichnen 
sich  gerade  die  Postverbalia  durch  das  Schwanken  im  Ge- 
schlecht aus,  vgl.  väz  „Gesicht"  —  vazä  „Ansehen",  drum, 
clstig  —  arum.  käStigä  etc.,  vgl  auch  joc  „Tanz,  Spiel"  <! 
jocus  — joacä  „Spiel",  luptä  <  lucta  —  lupt  Dosofteiü.  Via^ 
sfinti.  181/7). 

§  90.  Am  Schluß  ein  Wort  über  den  physiologischen 
Vorgang  bei  der  Veränderung  der  besprochenen  Lautgruppen. 
Bei  der  Artikulation  des  C  vor  einem  e,  i  ist  man  natürlicher- 
weise bestrebt  den  Verschluß,  der  vor  a,  o,  u  am  hinteren 
Gaumen  gebildet  wird,  der  Artikulationsstelle  der  vom  im 
Munde  liegenden  e,  i  zu  nähern.  Somit  gelangt  man  dazu 
ihn  dort  zu  bilden,  wo  der  Zungenrücken  beim  Entstehen 
der  Laute  e,  i  dem  Gaumen  am  nächsten  liegt.  Da  aber  der 
Verschluß  nunmehr  nicht  mit  einem  Zungenrand,  wie  bei 
ka,  ko,  ku,  sondern  mit  einer  Zungenfläche  gebildet  wird, 
ist  er  nicht  mehr  luftdicht,  so  daß  der  momentane  Laut  k 
sich  in  einen  Dauerlaut  k  (mouilliertes  k)  verwandelt.  Die 
schon  nach  vorne  hin  strebende  Artikulation  des  Me,  ki  bleibt 
gewöhnlich  nicht  auf  dieser  Stufe  stehen,  sondern  der  Zungen- 
rücken gleitet  bis  dort,  wo  ihm  eine  natürliche  Grenze  in  den 
Weg  kommt,  d.  h.  bis  an  das  obere  Zahnfleisch  und  somit 
entsteht  der  fürs  Ohr  nur  schwer  von  Me,  ki  zu  unterscheidende 


«flO.  _    176    — 

t'e,  t'i-Laab  Wenn  die  beim  Büdoi  dieser  Iinate  onMdie&de 
kleine  Rinne  in  der  Mitte  der  Zunge  gröBer  wird,  entfallot 
mA  ein  Oeriosch,  welches  bis  zu  einem  selbslandigen  s-ihn- 
liotien  Laut  fortscbreiten  kann,  der  natürlicherweise  auch 
mouilliert  ist:  ts.  Aus  diesem  kann  nun,  je  nachdem  die  Luft 
frei  nach  vorne  durch  die  vergrößerte  Öffnung,  oder  nach 
allen  Seiten  herausströmt,  ts  oder  tä  entstehen.  B^i  diesen 
Lauten  wird  kein  Verschluß  gebildet  und  sie  unterscheiden 
sich  von  einfachem  s  und  i  nur  dadurch),  daß»  bevor  s  und  s 
gebildet  wird,  die  Zunge  einen  Ansatz  znr  Artikulation  eines 
homorganischen  Verschlusses  macht,  welcher  der  Überrest  d« 
alten  t  ist,  daher  in  unserer  Transskription,  aus  Mangel  eines 
besseren  Zeichens,  durch  t  angedeutet  wird.  In  itaL  croce 
(=  kroöe)  ist  dieser  Ansatz  einer  t-Artikulation  fast  völlig 
verschwunden,  dagegen  ist  er  noch  in  rum.  cruce  (=knitse) 
deutlich  wahrnehmbar.  Der  Verschluß  wird  vollends  artika- 
liert  dagegen  in  itaL  braccio  {=  brat^äo).  —  Beim  Ki  ist  der 
physiologische  Vorgang  ähnlich,  nur  hat  da  im  Italienischen 
zwischen  Vokalen  —  ob  schon  im  ürromanischen  ist  aus  dem 
Rumänischen  nicht  entscheidbar,  —  vor  der  Momllierung 
des  E  vor  folgendem  i  eine  Dehnung  des  Konsonanten  statt- 
gefunden KE^.  Das  will  natQrlich  nichts  anderes  heißen,  ab 
daß  das  hintere  k  (ka,  ko,  ku)  nach  vom  gerückt  ist  wie  bei 
ke,  ki,  aber  vor  i  nicht  gleich  mouilliert  wurde,  sondern  daü 
zuerst  ein  k  am  harten  Ghiumen  mit  einem  Zungenrand  artiku- 
liert wurde,  dann  erst  eine  ganze  Zungenfläche  zur  Artikulation 
gehoben  wurde,  also  gleichsam  kk,  woraus  dann  weiter  t^'  > 
t^s,  aus  dem  wieder  t*s  oder  t*S.  Daß  dem  wirklich  so 
war,  ersieht  man  aus  den  Ergebnissen  von  lat  FACIES. 
Während  BRACHIUM  über  brakkiu,  brak^^'u,  braf'u, 
brat^su  zu  bratssu  oder  brats§u  geworden  ist  und  ähnlich 
ACIA  zu  atssa  oder  ats§a,  ist  FACIES  zunächst  zu  fakkie 
geworden,  dann  aber  ging  das  i  in  das  folgende  e  auf:  fakke 
und  verblieb  auf  dem  größten  Teil  des  Gebietes  auf  dieser 
Stufe  bis  ein  Wort  wie  OCCIDERE  es  mit  sich  riß,  daher 
log.  bratssu,  atssa  aber  fakke,  bokkire,  camp,  bratssu, 


—     177     —  §90. 

atssa  aber  fatääa,  botsäiri  (die  richtige  Deutung  des  log. 
fakka  hat  zuerst  Meyer-Lübke,  Zur  Kenntnis  des  Altlogudo- 
resischen  S.  32  gegeben).    In  einigen  Gegenden  ist  dagegen 
FACIES  weder  mit  BRACfflUM  noch  mit  OCCIDERE  zu- 
sammengefallen, sondern  nachdem  BBACHIIJM  zu  brak^'u, 
brat^'u  etc.  Yorgeschiitten  war,  bevor  aber  Ce,  Ci  begann 
affiziert    zu    werden,    hat    sich    auch   fakke   über   fak^'e, 
fat^'e  etc.  selbständig  entwickelt;  daher  haben  wir  in  Sassari: 
bratssu,  radizi  «[BADICEiM)  aber  fatSäa,  im  Genuesischen 
brafo,  reize  (<  RADICEM)  aber  fatäSa.  —  Bei  Ti  ist 
der  physiologische  Vorgang  derselbe  wie  bei  Ei  gewesen,  nur 
hat  er  chronologisch  firüher  in  urromanischer  Periode  begonnen 
und  der  Ausgangspunkt  war  direkt  am  vorderen  Ende   des 
harten  Gaumens,  so  daß  die  Stufe  k^'i  für  Ti  wegbleibt    Auf 
dem  größten  Teil  des  von  uns  durchforschten  Gebietes  hat 
Kl  das  Ti  auf  irgend  einer  Stufe  der  Entwicklung  (wahr- 
scheinlich bei  dem  Stadium  ts)  erreicht  imd  ist  mit  ihm  zu- 
sammenge£Bdlen.  —  Daraus  ersieht  man,  daß  weder  ts  aus  ts, 
noch  ts  aus  t§  entstanden  zu  sein  braucht,  sondern  daß  sie 
auf  ein  gemeinsames  ts  zurückgehen.    Der  Vorgang  hat  ein- 
mal zu  urromanischen  Zeiten  bei  Ki  und  Ti  begonnen,  dann 
in  romanischer  Periode  hat  er  sich  in  den  meisten  Gegenden 
bei  Ce,  Ci   wiederholt.    Im  TJrrumänischen  hat  er  auch  bei 
betontem  lat.  Te  und  Ti  (außer  in  Proparoxitonen)  stattge- 
funden (T£NE0  >>  drum,  tstn,  arum.  tstn,  mgl.  tsön,  irum. 
tsir  SÜBTILTS  >>  drum,  suptsire,  arum.  suptstre,   mgL 
suptsöri,  irum.  suptsir(e))  und  heutzutage  widerholt  er  sich 
in  rum.  Dialekten  für  jedes  Ke,  Te,  Ti:  chee]>kee,  t'ee, 
tsee.    Alle  diese  Stufen  sind  in  We^ands  Dialektstudien  be- 
legbar (vgl  Jb.  m— IV  Normalworter  Nr.  14,  22b,  24,  25,  39, 
44,  65  a,  70,  101).    Warum  sich  aus  der  Vorstufe  tö  bald  t§ 
und  bald  ts  entwickelt,  ist  in  den  meisten  Fällen  schwer  zu 
sagen.    Im  Italienischen  verteilen  sich  die  zwei  Resultate  auf 
verschiedene  Regionen.    Im  Rumänischen  war  für  ts  <C  Ki 
und  Ti  der  Grund  der  Spaltung  der  Akzent,  das  ts  <C  Te, 
Tl  ist  schon  urrumänisch  zu  ts  in  allen  Stellungen  geworden, 

Weigand,  11.  Jahresbericht.  12 


§90.  —     178    — 

dagegen  ist  ts  •<  Ce,  Gi  erst  nach  der  Ti^mong  des  M^e- 
nitischen  vom  Dakoromanischen  zu  ts  südlidi  und  za  t§ 
nördlich  der  Donau  geworden.  (Vgl.  anün.  tsinft  <[  CJESifA 
aber  tstn  <C  TENEO,  welches  darauf  weist,  daß  die  zwei 
Laute  lange  Zeit  nicht  zusammengefiillen  sind,  sondern  das 
erste  noch  ts  war,  als  das  letzte  schon  als  ts  ausgesprochen 
wurde,  cf.  Weigand,  Ylacho-Meglen  p.  9,  Anm.  5). 


Index. 

[Für  die  i-haltigen  Wörter  werden  nur  die  lateinischen 
Grundformen  angeführt  Die  darauf  folgenden  arabischen 
Ziffern  geben  die  Seitenzahl  an,  wo  man  diese  finden  kann 
und  zwar  so,  daß  bei  I  die  rumänische,  bei  II  die  alba- 
nesische,  bei  III  die  sardische  und  bei  lY  die  italie- 
nische Entsprechung  zu  finden  ist.  Diesem  lateinischen 
Index  folgen  dann  die  darin  nicht  enthaltenen  und  in  der  Arbeit 
besprochenen  Wörter  (ohne  daß  die  Dialektformen  besonders 
angeführt  wären).] 

Lateinisch: 

♦Abanteo,  -are  IV,  98.  *abieteu8  IV,  93.  absentia  III, 
83,  84.  IV,  98.  absinthium  EU,  83,  86,  89.  IV,  98.  Aceruntia 
IV,  99.  -accus,  -acius  1, 137.  HI,  84,  85,  86.  IV,  133,  136—137. 
acia  I,  45.  III,  84.  IV,  116.  *acia  (=  acies)  DI,  83,  86.  adale 
IV,  116.  *aciarium  DI,  84,  85,  86.  IV,  116.  acifdjus  IV,  122. 
♦aciola  III,  85.  IV,  116.  *acutio,  -are  IV,  93.  adiimgo,  -ere 
I,  52.  adiuto,  -are  I,  52,  72.  *albatius  IV,  29.  Aletium  IV, 
95.  *altio,  -are  I,  44.  III,  83.  IV,  103.  amantia  IV,  98.  Ambro- 
sius  IV,  35.  *amurcea  III,  83,  89.  angustia  III— IV,  69.  an- 
gustio,  -are  IV,  69.  *antea  IV,  98.  -antia  IE,  83.  IV,  98,  100. 
Antium  IV,  100.  *arcearium  I,  62—63.  Aretium  IV,  96. 
^argentiolum  III,  86.  aricia  IV,  118.  armoracia,  armoracium 
III,  83,  86.  IV,  116.  ascia  ffl— IV,  70.  Asisium  IV,  28.  ♦asium 


—     179    — 

III,  36.  IV,  35,  36.  ^assedio,  -are  I,  47.  audacia  III,  84. 
Ausucia  IV,  118.    Aventia  IV,  99.    axungia  I,  51.  U,  79. 

balteanus  IV,  103.  *balteatas  I,  62.  balteo,  -are  IV,  103. 
balteus  I,  44.  IV  103.  bambacium  III,  85.  IV,  32—33.  Bantiae 

IV,  99.  baptizo, -are  I,  9f.,  72.  barbitium  IV,  22,  26.  basio, 
-are  I,  66.  III— IV,  36.  bafidum  HI— IV,  36.  *bassio,  -are 
ni— IV,  69.  *ba88iu8  IIl— IV,  69.  bestia,  bistia  II,  77.  IV,  69. 
bilancia  IV,  102.  Bilitium  IV,  96.  biBsacimn  IV,  106.  Blasios 
IV,  35.  *bombiciiiin  IV,  33.  brachiale  I,  62.  IV,  116.  *bra- 
chiata  I,  62.  III,  83.  IV,  116.  brachium  I,  45.  UI,  83.  IV,  116. 
buccea  IV,  130.    *bnxeu8  IV,  70. 

♦caecia  I,  45—46.  Calatia  IV,  96.  caicea  III,  83.  IV,  103. 
caiceamentum  I,  62.  III,  85.  IV,  103.  *calceare  I,  62.  IV,  103. 
*calceo,  -are  I,  47.  IH,  84.  IV,  103.  *calceola  III,  86.  *cal. 
ceolarius  III,  85.  IV,  103—104.  caiceonem  III,  85.  IV,  104. 
camisia  I,  66.  II,  77.  III— IV,  36.  cantionem  III,  83,  85,  86. 
IV,  98.  *capitiale  IV,  93.  *capitio,  -are  IH,  83,  85.  IV,  93. 
*capitionem  IV,  93.  capitium  IV,  93.  Capitiuin  IV,  96.  *captio, 
-are  I,  12,  44—45.  II,  77,  III,  83,  84,  85.  IV  113,  114.  *car- 
buncia  I,  47,  129.  caseus  I,  66,  III — IV,  36.  cerasius,  -a, 
ceresius,  -a  I,  66.  II,  80.  UI— IV,  36—37.  characias  IV,  117. 
Christianus  I,  71,  II,  79.  *ciiiisia  III — IV,  37.  *cinusia  1,66. 
III  37.  *citius  III,  84.  *cladea,  *cladeum  I,  48.  *clocea  III, 
84,  85.  IV,  117.  *cloceo  IV,  117.  Clusium  IV,  28.  *coactio, 
-are  III,  86.  IV,  113,  115.    *cocceus  II,  78.    *coceo  (==  coqueo) 

III,  83.    *cocea  IV,  107.    *coceus  IV,  107,  117.    coctionem 

IV,  113— 116.  col[u]tea?  IV,  103.  *comba8io, -are  III— IV,  37. 
*comiii[i]tio,  -are  III,  83,  84,  85.  IV  100—101.  *compectio, 
-are  IV,  113.  *comptio,  -are  III,  83,  84.  IV,  113.  *coiiriceolum 
III,  86.  conscius  III,  70.  Consentia  IV,  99.  *co(n)sio,  -ire 
III — IV,  37.  *comiceolum  III,  84.  *corruptio,  -are  IV,  114, 
115.  *coxea  III— IV,  70.  *cranciu  IV,  102.  *cncurbitea  IV, 
93.  *curtio,  -are  I,  43,  44.  11,  78.  curtionem  III,  86.  IV,  104. 
*ciirtiu8  III,  83,  84.  Cuttiae  IV,  106.  *cyathina  IV,  118. 
cyathus  IV,  118.  cyma  I,  60—61.  II,  78.  *cymatia  IV,  22, 
26.    cyprum  II,  78.    *cytola  I,  IV,  60—61. 


12 


« 


—    180    — 

deosum  I,  52,  72.    diabolos  ü,  78.    Diana  I,  72.  I— IV. 
63—65.    dianaticus  I,  65.    Digentia  IV,  99.    *directio,  -m 

III,  83.  IV,  114—116.  directionem  IV,  114—116.  diBcalcei« 
I,  47.  IV,  104.  *di8trict!ia  IV,  114—116.  *ductio,  -are  IV, 
114,  130. 

'  eccehac  IV,  106.  eccehoc  IV,  106.  ecdesia  21.  ü,  78, 
79.  ni— IV,  38—39.  oieoto,  -are  I,  73.  eleginm  II,  77,  79. 
-entia  I,  43—44.  IV,  98,  100.  *ericionem  IQ,  84.  ericias  L 
47.  II,  78.  m,  84,  85,  86.  IV,  120.  I— IV,  149—150.  erin«- 
cens  IV,  117.  -esianos  IV,  39.  *excanthio,  -are  III,  84.  *ei- 
carptio,  -are  IV,  114.  *exculcius  III,  84,85.  .*expactio,  are? 
m,  84.  IV,  114.  *oipictio,  -are  IV,  114.  *ex8corteo,  -are  III, 
84.  IV,  104.  *extiractio,  -are  m,  83,  84.  IV,  114.  »extenstio, 
-are  IV,  69—70. 

*faciariu8  I,  62.   £acies,  »fiicia  I,  45.  11,  77.  III,  176-177. 

IV,  121.  *facio,  -are  I,  45.  fecio,  -ere  IE,  83,  85,  86,  89. 
IV,  117.  *feciola  IV,  120—122.  factionem  IV,  114-llft 
feecia  IV,  117.     *falcea  IV,  104.     fascia  I,  68.  III,  IV,  70. 

,  Faventia  IV,  99.  fenisicium  IV,  117.  *fer[i]tio,  -are  IV,  104. 
*fidantio,  -are  IV,  98.  Fidentius  IV,  100.  fidncia  IV,  33. 
"«entia  I,  44.  Florentia  IV,  99.  Florentiola  IV,  99.  foetd[d]us 
IV,  122.  »foetiolus  I,  52.  *fomicium  III,  87.  *fortia  IE,  83. 
84,  85.  IV,  104.  *fortio,  -are  HI,  83,  84.  IV,  104.  Franc» 
IV,  102.  *frictio,  -are  III,  84.  IV,  114.  frictionem  IV,  114—116. 
frisionem  IV,  39.    frondia  I,  49.    ^firondiariom  I,  62. 

gaudio,  -ere  II,  78.  gaadiom  U,  77.  geosiae  I,  67.  glaäa. 
♦gladnm  I,  46.  HI,  85.  IV,  117.  glaciarium  I,  62.  IV,  117. 
glacio,  -are  I,  45.  IV,  117.  *gluttium  IV,  105.  lU— IV,  89. 
Gbatia  IV,  96.  ^granditiosas  IV,  93.  *grannncia8  I,  47,  129. 
'"granunciolus  I,  52,  129.  ^grassia  II,  80.  IV,  69.  ^grassiolns 
IV,  69.  gurgutia  IV,  93.  *guttiam  IV,  105.  *gyriceola  IIL 
87.    gyrus  I,  60,  72. 

■^hadie  I,  47—48,  72.  helciarius  IV,  104.  hordenm  1, 49. 
hospitium  I,  40. 

iaceo,  -ere  I,  63—64,  72.  IV,  117.  -iceus  I,  138—139. 
140—143.  III,  84,  86.  IV,  138  -139, 140.  [ijeiuno, -are  1,73-74. 


—    181    — 

II,  77,  79.  *ienea  II,  IV,  79.  Ignatius  IV,  97.  iiniperus  I,  72. 
*iKceiiB  IV,  117.  Incia  IV,  102.  indutiae  IV,  22.  (m)fascio, 
-are  I,  68.  III,  IV  70.    *infasciolo,  -are  I,  68.    *mgra8sio,  -are 

I,  66.  *ingro88io,  -are  I,  66.  initio,  -are?  IV,  93.  insicinm 
IV,  117.  intellectionem  I,  12,  52.  '*intercoxiam  IV,  70.  Id- 
vidio,  -are  II,  78.  ioco[r],  -*are  I,  72.  locus  I,  72.  -iolus  I, 
57—58.  -iosus  I,  58—60.  iovis  (dies)  I,  72.  -ities,  -itia  I, 
40,  41.  II,  78.  III,  85.  IV,  23,  93.    *itio,  -are  II,  77.    iudaeus 

II,  78,  79.  iudex,  -icem  I,  72.  II,  77.  iudidum  I,  45,  72.  IV, 
33.  iudico,  -are  I,  72.  II,  78.  iugulo,  -are  I,  72.  iugulam  I, 
72.  iugum  I,  72.  iunctura  II,  78.  *iuxiica  I,  73.  *iuiiicea 
I,  46,  73.  iuniperus  I,  72,  73.  iunix,  -icem  I,  73.  iuramentom 
I,  73.  iuratus  I,  72.  iuro,  -are  I,  73.  II,  77.  iuyencus  I,  73. 
iuyenis  I,  73. 

*Iaceo,  -are  (=  laqneo)  IV,  117,  *Iaceu8  (=  laqueus)  I, 
46.  U,  78.  III,  84,  85.  IV,  117.  lancea  III,  83.  IV,  101.  lanceo, 
-are  III,  86.  IV,  101—102.  lapathium  III,  86.  IV,  93.  *laxio, 
-are  IV,  70.  *leontea  IV,.98— 99.  *libyciu8  IV,  117.  licentio, 
-are  IV,  97.  lidum,  licia  I,  46.  III,  84,  86.  IV,  117.  linte- 
olum  III,  83,  85,  86.  IV,  99.  linteum,  lintea  III,  83.  IV,  99. 
Liquentia  IV,  99.  *luceariolum  IV,  117—118.  lucius  IV, 
120—121.  ♦lumbricius  IV,  117.  luteum,  *lotium  II,  77.  III, 
83,  85.  IV,  93.    *l3mcea  IV,  101,  103. 

*mandeu8  I— IV,  49—50,  133.  *man8ionea  III,  37.  man- 
sionem  III,  IV,  37.  Marcianus  III,  87.  marci[d]u8  III,  85. 
IV,  124.  *martia  IV,  104.  martius  I,  44.  II,  78.  III,  83,  85, 
86.  IV,  104.  *matteale  IV,  106.  *matteo,  -are  III,  85.  IV,  106. 
*matteocus  I,  52,  53.  IV,  106.  I,  lU,  IV,  153.    *matteoIum 

III,  86.  IV,  106.  *matteuca  I,  52,  53.  I,  III,  IV,  153.  mattia 
I,  43.  IV,  105—106.  medianus  I,  62.  *medio,  -are  I,  48.  II, 
78.  *medioIus  locus  I,  52,  54—55.  medius  I,  47,  72.  II,  77. 
medius  locus  I,  55.  '*^eIl[i]tio,  are  11,  78.  mentionem,  '^men- 
tionea,  mentionarius  I,  52.  FV,  99.  mentiono,  -are  I,  52.  IV,  99. 
meridies,  ^meridium  I,  47.  meridio,  -are  I,  48.'  II,  78.  messi- 
onem  IV,  69.  metitionem  IV,  93.  ^minacia  III,  85.  IV,  118. 
♦minacio,  -are  I,  46.  IV,  118.    Mincius  IV,  102.    minutia  IV, 


-     182    — 

22.  '^'minatio,  -are  lY,  22.  mistionem  I,  68.  *mitio,  -are? 
IV,  93.  Modicia  IV,  118.  *mortio,  -are  IV,  104.  ♦mucdus. 
♦muccia,  *muccio,  -are  III,  84,  85. 1—IV,  107—111, 130-131. 
'^'mulgearia  I,  62 — 63.  mnscionem  IV,  70.  ^mustaceolTim  UI, 
84.  *mastaciola  I,  52.  mustacium,  mostacia  I,  46.  III,  84. 
IV,  118.    ^masticeolum  III,  84.    mustionem  IV,  69. 

nastartium,  '^astratitun  III,  86.  nationem  IV,  24.  nansea 
IV,  37.  negotium  I,  40.  ^neisseunua  III,  IV,  69.  nepotia  1, 40. 
nepoticia  145.  neptia  IV,  114—116.  nescius  IV,  70.  Nicae» 
IV,  118.  nuntiufl  IV,  99.  nuptiae  11,  78.  I— II,  45.  III,  8a 
IV,  114—116.    *nutricium  I,  46. 

occasionem  IV,  37.  ^occasiono,  -are  I,  66.  officium  FV, 
33.  *orcea  IV,  105.  Orontius  IV,  100.  oryza  I,  72.  ostioltun, 
*ustiolum  I,  68. 

pacationem  IV,  24.  palatium  I,  40,  42.  III,  83,  85,  86. 
rV,  22,  26,  94.  panaridum  IV,  118.  *pandia  I,  49,  50,  133. 
*pandiatura  I,  50,  62.  *pant[i]oo»  IV,  102.  Parentium  IV,  99. 
partio,  -ire  III,  87.  pastioaem  I,  68.  FV,  70.  "^patio,  -are  II, 
78.  "^eciolus  I,  52.  IV,  118.  *pendio,  -are  I,  49,  50,  51, 133. 
^endius  I,  49,  50,  51,  133.  pensdonem  IV,  38.  ''^ertus[i}a 
-are  IV,  38.  Perugia  IV,  28—29.  petia,  *petium  I,  40.  H  77. 
ni.  85,  86.  IV,  94.  *petio,  -ire  II,  78.  petiolus  I,  52.  pha- 
seolus  II,  77.  IV,  38.  phasianus  UI,  IV,  38.  *pioceus,  *pi<^" 
cea,  *picceo,  -are  III,  84,  85.  I— IV,  111—113,  131.  picea, 
♦piceum  IV,  121,  122.  Picentia  IV,  99.  ♦piceo,  -are  IV,  113. 
118.  pigritia  III,  83,  89.  '*^igritiosu8  IV,  94.  pincionem  IV, 
102.  Pinciua  IV,  102.  *pin[c]tio,  -are  IV,  99.  *pin8io,  -are 
III,  IV,  38.  *pi8cionem  IV,  70.  ^pissio,  -are  I,  66,  IV,  69. 
pittacium  IV,  121,  122.  Placentia  IV,  99.  placeo,  ere  IV. 
118.  platea  lU,  83,  85,  86.  IV,  94.  ploiationem  IV,  24. 
PoUentia  IV,  99.  Pontiae  IV,  99.  postea  II,  80.  III,  IV,  70. 
Potentia  IV,  99.  *potio  (=  possum)  III,  87.  IV,  96.  pran- 
dium  I,  49.  prehensionem  IV,  38.  pretium  I,  26, 40.  III,  S5. 
rV,  22,  26,  94.  provincia  IV,  102.  ♦pun[c]tio,  -are  IV,  99. 
*pun[c]tionem  III,  85.  IV,  98.    *put©a  l  40,  42,  131.    Puteoli 


—    183    — 

IV,  96.  puteua  I,  40,  H,  77.  ffl,  83,  86.  IV,  94.  puti[d]a  lU, 
89.  IV,  122. 

♦quassio,  -are  IV,  69.    *quatium  I,  40,  53.  IV,  95. 

*radicia  U,  79.  radios,  "^radia  I,  48,  II,  77.  ranci[d]u8 
IV,  124.  rasea  IV,  38.  rationem  II,  77.  ffl,  85.  IV,  22—23. 
*rationo,  -are  IV,  22 — 23.  recentio,  -are  IV,  99.  *rectio,  -are 
IV,  114—116.  redemptionem  IV,  99.  retia  ffl,  83.  IV,  95. 
♦retiaculum  IV,  95.  retiolum  III,  83,  IV,  95.  rosexus  I,  66. 
♦rosiata  IV,  39. 

salsicia  ffl,  84,  85.  IV,  118.  Sancteusebius  IV,  110. 
sangaimigia  II,  79.  II,  III,  133.  satio,  -are  III,  85,  86,  89.  IV, 
95.  sationem  IV,  23.  '^'sationo,  «-are  FV,  23.  satiam  I,  41. 
IV,  95.  scortea  I,  44.  II,  77.  UI,  84.  IV,  104.  Segusius  IV, 
38.  ^sementia  I,  43.  IV,  99.  '^'serpeiitia  I,  43.  ^serriidalis 
rV,  23.  seryitium  II,  78.  IV,  23.  Setia  IV,  96.  setius  IV, 
95.  *siliceiis  ffl,  84.  IV,  118.  *8iubilare  I,  IV,  68.  S.  Leon- 
tius  IV,  100.  *sociata  I,  62.  socius,  socia  I,  46.  U,  77,  78. 
ffl,  84.  IV,  118.  soladtim  IV,  121,  123.  spatdiun  IV,  95. 
^spinaceus  II,  78.  IV,  118.  spodium  I,  48.  Q,  28.  *8tantia 
IV,  99.  stationem  ffl,  85.  IV,  23.  *8tationo,  -are  IV,  23. 
*statiTiin  IV,  95.  *8trictio,  -are  IV,  114—116.  *steinßtio  -are 
II,  77.  struihius  I,  43.  UL  83,  84.  '^'aubgluttio,  -are  I,  43. 
IV,  106.  subgluttiuin  I,  43.  IV,  106.  *8uctio,  -are  III,  83,  84. 
IV,  114.    STupicionem  IV,  118.    *«uapitium?  IV,  95. 

tensionem  III,  38.  lentionem  IV,  100—101.  *iertd[ari]- 
oltts  rV,  104.  *t^ido,  -are  IV,  104.  tertios  (anxras,  dies,  nn- 
dius  fcerfcius)  I,  43—45.  III,  83.  IV,  104.  -tionem  I,  55—57. 
IV,  23—24.  titia  I,  43.  *titio,  -are  I,  40.  IV,  95.  titionem 
I,  52.  ffl,  83,  85,  86.  IV,  95.  *titium  IV,  95.  *tolI{u]tio, 
-are?  IV,  103.  tonsionem  III,  IV,  38.  *torcia  I,  47.  I,  IV, 
127.  *torcio,  -are  IV,  105.  *torciolo,  -are  IV,  105,  *tractio, 
-are  IV,  114,  115.  iarichea  III,  84,  85.  IV,  118,  119.  *triclie- 
ola  IV,  118.  *tridentia  IV,  99.  iiifurcram  III,  85,  86.  IV, 
105.  trilicium  IV,  118.  *trunceus  IV,  161,  128.  *turdeua 
I,  49. 

-ucius  III,  84,  86.  I.  IV,  143f.    *ulceolus  I,  52.    *-unceug 


—     184    — 

IV,  101.  uncia  III,  84,  85.  IV,  102.  urceolna  I,  52.  DI,  85. 
IV,  105.  urcens  III,  85.  IV,  105.  ustium,  usüa  I,  68. 
IV,  70. 

Valentia  IV,  100.  ♦valitia  IV,  29.  Venetia  IV,  24,  25, 
27—28,  34.  Vicentia  IV,  100.  vicia  IV,  118.  *vmdaoeii8  11 
78.  *w[i]dia  I,  49.  *vir[i]diaria  I,  62.  *viBsimii  IV,  69. 
Titea  I,  41.  vitio,  -are  I,  40,  II,  77,  IV,  95.  Titium  11,  7S. 
IV,  95. 

Albanesisch. 

kofe  170.    kudzon  8.    n^nk   129.     ninul^  174.     prift  9. 

Französisch. 

amoisser  111.  bosse  131.  bonder  48.  boadsoufler  48. 
bonge  52.  boursoufler  48.  chat  53 — 54.  gösse  124.  moquer 
(se)  110.    moue  110.    torche  126.    trenil   126.    tronfon  129. 

Italienisch. 

-acchiare  156.  -acchio  155—156.  -accio  134,  136—137, 
143—144.  -acco  134.  -aco  134.  -agio  29.  anina  174.  appic- 
care  113.  appicciare  113.  appicdcare  113.  ardone  105. 
-azzare  147.    -azzo  134,  146 — 147. 

bac  127.  badzora  74.  bajucca  74.  bajacola  74.  bar- 
luzzo  120,  123,  133.  baroccio  132.  barozzo  132.  bazzecola 
74.  bainla  74.  bezzicare  113.  boccia  131.  bozza  131.  bozzo 
131.    bnccio  123. 

cazzo  131.  cencio  100—101.  cigna  128.  ciucco  81. 
cocuzza  151.  codinzolo  129.  conocchia  133.  cozzare  114. 
cuccio(Io)  120,  122—124.  cucco  122—124.  cuzza  120, 122— 124. 

dzebb  171.  -ecchiare  157.  -ecchio  156.  -eccio  140.  -fco 
152.    -ereccio  140. 

fanciullo  101.  forciere  101.  Forenza  100.  forziere  101. 
freccia  124. 

gocoia  106,  130.  graccio  129.  gaanda  102.  gaenoiue 
102.    guendre  102.    guinzaglio  129. 

-icchiare  157.  -icchio  156.  -iccio  138—139,  144—145. 
-inare  174.    -izzare  148. 


—    186    — 

htari  12. 

-iohe  155.  -ice  149.  -i<äo8  58—60.  -iciii  149.  lenapir 
73.  lmpSrat43.  -inare  174.  -inclos  58— 60.  iiidärä(p]t  9— 10. 
lnd8rÄ[p]tiiic  10.  Inte^  42.  liiy[T]eMunez  67.  -i*  145.  -ita 
138,  139. 

jumätate  150. 

katSu  45.    Mitsa  46. 

lanoe  47.  lan^e  47.  l&ptacft  11—12.  leagftn  172-175. 
luciü  47. 

maiü  74.    mfimaro^  47.    mfiscat  53.    minga  50.    misc 

130.  mi^  54.  mii8C  109,  130—131.  mofl^  68.  mnstaKe  4& 
mu|uroitt,  mi|imoitt  68.    muts  110.    mat8(e)  108. 

nelutatec  10.    noIdzikS  54.    noldzak  54. 

-ochiare  155.  -odülSl.  -o[ii]^145.  -08  58—59.  -o^rel45. 

pezu  74.    piciü  131.    pinchiü  131.    piciü  131.    piac  11*2, 

131.  pi;c  112,  131.  pi^gäesc  112,  131.  pitigoiü  112,  131. 
pitSS  131.  poramin^  44.  pots  129.  pova^  42.  premindä  9. 
preot  9.    pulä  131. 

rScoare  171—172.  rägQ|68C  67.  rSpcIune  12.  la^ft  47. 
razäm  79.    rlncadü  147.    rlnsä  51.    rtnzft  51.    roil  66. 

säpt&Dlnt  12.  scooforisc  55.  stijpn  68.  foarece  169. 
sprnzS  48.  stSmlnft  12.  strigSt  172.  stracesc  127.  stro[n]- 
cm  127.  rtra^  43.  sturcin  127.  starzor  58.  sugrum  67. 
8ugu|  67.    sumuf  109,  110.    suipu  175. 

targft  175.  timbeiohe  152.  tindeUfi  152.  ttr^u  4^ 
toacft  175.  tragä  175.  tragSn  172.  treacat  172.  treqptft  73. 
trec73.    tUnuSfi  169.    tgireS[ar}  169.    iSaätakare  169.   tan  175. 

-ule^  142.  iiiii;or  68.  ujcioarft  68.  ufclor  68.  osuc  175. 
-n^  146.    -u^e  146. 

yatäm  9  f.    yiersoii  67. 

zfir  65.    zari  65. 

Sardisch. 

baiokku74.  faska  164— 165.  oaka  165— 16&  poska  164 
big  166.    töerbai  164. 


—    187    — 

Berichtigungen: 

Seite    8  Zeile  18  von  oben:  §  89  statt  §  91. 

»      8     „     22    „        »      §  70      „    §  72. 

„     16      „       2     „  unten:  §  90      „     §  92. 

„22      „      10     „    oben:  §  49      ,     §  51. 

„     22      „       6    „  unten:  §  49      „    §  51. 

„23      „     19    „    oben:  §  49     „    §  51. 

»    25      „     20    „        „      §  90      „    §  92. 

n    26      „     16     „        „     §  49      „     §  51. 

„     32      „     21     „        „     §  90      „    §  92. 

„  48  „  4  „  „  fage  hinzu:  *RADIA  > 
razi,  arum.  radzä. 
Seite  48  Zeile  2l£  von  oben,  rerbessere:  nun.  spuzä  stammt 
aus  dem  Albanesischen  Spuz^,  dessen  u  laui^erecht 
ist  (toi  folgendem  i  aus  o  umgelautet).  Die  Ent- 
lehnung ist  älter  als  der  albanesische  Übeiq^ang  s 

>S. 
„    73  Zeile  1  von  unten:  lEIUNO  statt  lEIÜNIIJM. 
„74      „     1    „     oben:   *EIUNO     „     *EIUNIUM. 


Der  Schinmd  Ton  n  dmch  NasaUemng 

TOB 

GuBt&v  Weigaad. 

Daß  mouilliertes  n  im  Dakorumanischen  mit  Ausnahme 
des  Banater  Dialektes  geschwunden  ist,  ist  eine  bekannte  Er- 
scheinung, weniger  bekannt  dagegen  ist  der  Schwund  des 
n  durch  Nasalierung  und  die  Bedingung  seines  Eintritts,  wo- 
mit wir  uns  im  folgenden  beschäftigen  wollen. 

Wenn  auf  einen  Vokal  ein  n  folgt,  so  findet  eine  Be- 
einflussung in  der  Aussprache  in  der  Weise  statt,  daß  die  bei 
der  Aritikulation  Ton  n  notwendige  Senkung  des  Oaumeih 
segeis  früher  eintritt  als  notwendig  wäre,  so  daß  [was  in  Ter* 
schiedenen  Sprachen  und  Dialekten  yerschieden  ausgefahrt 
wird*)]  der  vorausgehende  Vokal  in  seiner  ganzen  Dauer,  oder 
nur  nach  dem  Ende  hin  einen  nasalen  Klang  bekonmit  Auch 
die  Senkung  des  (Gaumensegels  selbst  kann  in  stärkerem  oder 
geringeren  Grade  stattfinden,  weshalb  man  von  nasalen  und 
halbnasalen  Vokalen  mit  einem  gewissen  Rechte  sprechen 
kann.  Im  Rumänischen  hört  man  sehr  deutlich  den  nasale 
Vokal  in  Wörtern  wie  unde  gegenüber  ud,  clnd  gegenüber 
cit.  Die  Schriftsprache  aber  schreibt  ^  und  §  gleich.  Durch 
die  Mangelhaftigkeit  des  lateinischen  Alphabets  werden  die 
Kinder  in  der  Schule  systhematisch  zum  schlechten  Hören 
erzogen.  Leute  ohne  alle  Schulbildung,  die  also  nicht  den 
Laut  mit  dem  Lautbilde  in  Beziehung  bringen  können,  haben 

*)  Im  RumaniBchen  haben  die  Gebiete  der  MotEen,  Nordsiebb.  und 
Marmarosch  die  meiste  Neigong  zu  nasalieren.  Der  n-VerschlnA  ist  da 
am  losesten  nnd  wird  unter  gewissen  Bedingongen  ganz  an%ehoben. 
Auch  der  dialektische  Übergang  von  intervokalischem  n  >  r  findet  seine 
Erklftnmg  in  der  Nasalienmg  mit  MomentanverschluB  des  n,  das 
gleich  ist  einem  momentanen  r.  inim&  >  inim&  >  i[n]im&>i[r]imä 
>  irim&  (geschr.  j|^pHII'K)  >  irimä;  siehe  auch  Jb.  m,  p.  211  und  8. 


—    189    — 

ein  viel  feineres  Gehör,  als  die  Gebildeten.  Ich  habe  oft  die 
Erfahrung  machen  müssen,  daß  letztere  oft  ganz  grobe  Laut- 
unterschiede  nicht  herauszufinden  yermochten,  weil  sie  sich 
einbildeten,  so  zu  sprechen,  wie  sie  zu  schreiben  gewohnt 
waren.  Wenn  man  z.  B.  das  Wort  tnrturesc  von  einem  un- 
befangenen sprechen  laßt»  so  hört  man  mit  vollem  Schwunde 
des  n  uruuresk  sprechen.  Der  Gebildete  wird  diese  Aus- 
sprache yiel&ch  leugnen,  obgleich  er  sie  meist  selber  in  der 
gewöhnlichen  Rede  anwendet. 

Vor  Konsonanten. 

1.  Die  Vorsilbe  In-  wird  allgemein  im  Dr.  vor  r 
zu  nasalem  u,  in  weniger  weitem  Umfange  auch  vor  s. 

inrädäcinez  gespr.  ^rjdgtäinez.  [In  manchen  Dialekten 
hört  man  auch  „m'  am  rugat*^  als  „mä  rugat".  „am  rämas^ 
als  „ä  r^mas^  etc.]  tnsurare  wird,  was  lokal  verschieden  ist, 
^surare  oder  auch  ^surare  gesprochen,  also  mit  silbigem  n, 
oder  nasalem  y.  Auch  vor  m  scheint  das  n  zuweilen  zu 
schwinden,  oder  richtiger  gesagt  im  nasalen  Vokale  au£su- 
gehen:  Inmorminta  ]>  uimorm^nta,  gewöhnlicher  aber  ist  die 
Aussprache  ipmorminta,  wie  denn  überhaupt  die  Vorsilbe  In 
vor  allen  anderen  Konsonanten  zu  9,  resp.  ^,  ip  wird:  Intind 
>*  ^tind,  indes  >>  ^des,  tnchin  ^  ^n,  imping  ^  liipifig  etc. 
Der  Ausdruck  tine  minte  wird  so  erst  verständlich,  denn  er 
ist  offenbar  aus  tine  In  minte  entstanden,  das  zu  tine  qi-minte 
werden  mußte,  wo  ip  natürlich  unhörbar  wurde.  Der  kyrillische 
Buchstabe  J^  bedeutete  ursprünglich  ü  in  der  Vorsilbe  in, 
dann  aber  auch  ^,  da  diese  beiden  ja  immer  zusammen 
standen,  imd  als  §n  zu  9  wurde,  was  sowohl  zeitlich  wie 
dialektisch  verschieden  ist,  aber  jedemfiEdls  schon  im  Altrumä- 
nischen der  Fall  war,  wurde  J^  als^  empfunden,  weshalb  es 
ja  auch  oft  genug  unsilbiges  n  Vertritt. 

2.  In  satzunbetonten  Wörtern  schwindet  n  nacli 
dunkeln  Vokalen  vor  t  durch  Nasalierung. 

Während  in  den  unter  1  angeführten  Fallen  die  Nasa- 
lierung (reine  Nasalvokale  ohne  n)  noch  besteht,  obwohl  die 


—    190    — 

Schriftsprache  sie  nicht  bezeichnet,  ist  in  dem  Torliegenden 
Falle  die  Nasalierung  wieder  geschwunden;  der  Ausfall  des 
n,  und  zwar  gilt  das  fiir  alle  Dialekte,  zeigt  uns  aber,  daS 
es  im  Urrumänischen  eine  Periode  gegeben  hat,  in  der  Nasa- 
lierung stattgefunden  hat  quantum  "^  kuntu  ]>  kuta  ^  kuta 
^  cft.  quando  dagegen  wurde  kundu  >>  k^nd  =  ctnd;  hier 
wurde  durch  die  Stimmhafbigkeit  des  d  das  n  festgehalten, 
tantum  ^  tlt;  ecc'tantum  ]>  (arom.  aht^t,  ahgt  neben  dem  saiz- 
betonten  ahgntu)  atit;  cit  und  tit  konnten  natürlich  auch  satz- 
betont gebraucht  werden,  aber  die  satzunbetonte  Form  bat 
den  Sieg  davon  getragen.  Auch  das  zur  Bildung  der  Distri- 
butiva  angewandte  clte  =  je  gehört  hierher,  cite  trei  =  je 
drei,  d.  h.  ctte  ori  trei  «=  wievielmal  drei  =»  je  drei.  Daß  das 
Wort  mit  griech.  xara  nichts  zu  tun  haben  kann,  sieht  jeder, 
der  nur  ein  wenig  die  rumänische  Lautlehre  kennt*),  contra 
wird  cuntra>  cünträ>cutra>cätra  (durch  Yokalharmonie). 

Vor  Vokalen. 

3.  a)  n  fällt  durch  Nasalierung  nach  betontem  i 
in  harter  Stellung;  dann  schwindet  die  Nasalierung. 

granum  >  grunu  >•  grgu  =  griu  (aber  im  Plural  in 
weicher  Stellung  ^Ine).  Aromunisch  und  Meglen  bewahren 
n:  gäm,  grin  resp.  gr9n.    frenum  >  frlnu  >  friu  PL  frlne. 

ten(i)o  >  tinu  >  diel,  tlnu  >  tiu;  anderwärts  tin,  tii,  wo- 
rüber man  Normalwort  49  meiner  Dialektuntersuchungen  ver- 
gleiche. Von  tinu  ist  auch  für  das  D.-r.  auszugehen,  das  alt- 
rum.  tiiu  ist  eine  jüngere  nur  d.-r.  Bildung,  ebenso  wie  tfTl 

brfu  PL  brine  GUirtel  kann  nicht  auf  bulg,  bronia  Rfistongf 
Panzer  zurückgehen,  sondern  hängt  offenbar  mit  alb.  bres,  -zi 
mit  derselben  Bedeutung  zusammen;  est  ist  eine  Wurzel  bren- 
anzusetzen,  woraus  rum.  brinu  >•  brinu  >  briu  wird,  möglich 
wäre  auch  branu  >•  brinu  >>brlu.  Das  Bumänische  entscheidet 
also  nichts  für  die  ursprüngliche  Form  des  Alb.,  in  dem  cons. 
+  ra  zu  re  wird,  wie  mbret  •<  imperator,  breke  <  braca  und 

*)  AromuniBch  ka^e-on  ist  natürlich  neugr.  xa^-ivag  nachgebildet 


—    191    — 

andere  zeigen,  das  e  kann  also  ursprünglich  oder  sekundär 
sein  (cf.  6.  Meyer,  Et  Wb.  d.  aib.  Spr.). 

3.  b)  Vor  dem  Tone  fällt  n  in  der  Verbindung 
-Snin  durch  Nasalierung,  die  dann  wieder  schwindet. 

strinfn  (y  abig.  CTpaMkirk  fremd,  mblg.  stranen,  modern 
meist  duidosiranen)  ^  str^fn  ^  strStn*).  (DiaL  strein  daraus 
striin,  strin  erU&rt  sich  durch  Assimilation  wie  greesc,  griesc 
far  grSfesc,  oder  pftrita  f&r  pfirfifa  Cod.  Vor.  23,  9).  ftrinft 
(so  arom.  und  dakorum.  dial.)  wurde  dial.  zu**)  ftnlnä  (viel- 
fach noch  bewahrt)  und  daraus  ftinä,  das  die  lit.  Form  wurde; 
daneben  existieren  eine  ganze  Anzahl  dialektischer  Formen, 
wie  man  in  meinen  Dialektuntersuchungen  Normalwort  2 
sehen  kann.  VITenn  wir  euvüntS,  cuvios  finden,  so  sehe  ich 
darin  keinen  Schwund  des  n  durch  Nasalierung,  sondern  Bil- 
dungen Yon  cuviu  aus,  die  in  der  alteren  kirchlichen  Literatur 
eingeführt  wurden,  wo  die  Formen  viu  statt  yin  etc.  üblich  waren. 

3.  c)  Satzunbetonte,  vortonige  Wörter  Terlieren 
vor  dunkeln  Vokalen  durch  Nasalierung  ihr  aus- 
lautendes n. 

un  om  ^  ü-om;  un  ac  ^  ü-ac  neben  o-ac  etc.  aber  be- 
wahrt ist  vor  hellem  Vokal  un-inel,  woraus  sich  leicht  ein 
ü-ninel  entwickeln  konnte,  und  in  der  Tat  ist  ninel  neben 
nel  die  arom.  Form.  Da  aber  un  wohl  noch  häufiger  vor 
Konsonanten  als  vor  dunkeln  Vokalen  gebraucht  wurde,  ist, 
unterstützt  durch  die  Schriftsprache,  die  ja  nasale  Vokale 
nicht  kennt,  die  Form  un  im  Zuge  ü  zu  verdrängen,  aber 
immerhin  ist  ü  oder  o  (siehe  Normalwort  80)  sehr  weit  ver- 
breitet. Auch  im  Altrum.  finden  sich  vereinzelt  Schreibungen 
die  auf  nasale  Vokale  hinweisen  z.B.  u  ostrovu.  Cod.  Vor.  87, 6. 
Beim  fem.  unä,  das  zu  üä>>uä>>o  werden  mußte,  ist  da- 


*)  Daß  die  Etymologie  eztramuB  unhaltbar  ist,  hat  auch  0.  Den- 
Bu^anu  eingesehen,  er  hat  aber  dafür  eine  ebenso  unhaltbare  exfterranns 
einführen  wollen.  Vermutlich  ist  er  zur  besseren  Einsieht  gekommen. 
**)  Zu  glauben,  daß  n  in  diesem  Worte  über  n  gefiülen  sei,  wie 
Gärtner,  Oram.  meint,  beroht  auf  einem  Intome.  ni  bleibt  ni  (jonice, 
veni  etc.  Banat  f&ninä  hat  damit  nichts  zn  tan). 


—     192    — 

gegen  o  alleinherrschend  geworden,  weil  eüpie  Konkurrenz 
nicht  vorhanden  war.    Über  In  vgl  Jb.  X  427  £F. 

Überblicken  wir  das  behandelte  Material,  so  sehen  wir, 
daß  n  (m)  in  allen  Dialekten  dem  Torausgehenden  Vokale 
einen  nasalierten  Klang  gibt,  der  in  dem  einen  Gebiete  mehr, 
in  dem  andern  weniger  deutlich  hervortritt,  was  von  der  mehr 
oder  weniger  schlafiEen  Artikulation  abhängt.  Die  Schrift- 
sprache nimmt  keine  Rücksicht  auf  diesen  nasalen  Klang. 
Im  UrrumänJschen  ist  unter  gewissen  Bedingungen  (s.  unter  2) 
das  n  im  Nasalvokale  aufgegangen,  dann  schwand  die  Nasa- 
litat; diese  Erscheinung  gilt  fnr  alle  Dialekte.  Im  Dr.  hört 
man  reine  unbetonte  Nasalvokale  (ohne  an  n  gebunden  zu 
sein)  u,  dialektisch  a  (s.  unter  1  u.  3  c),  ü,  o,  (s.  unter  3  c). 
Nasale  betonte  Vokale  u  {§)  haben,  nachdem  sie  n  aufjgesaugt, 
die  Nasalierung  wieder  verloren,  (siehe  unter  3  a),  ebenso  vor- 
toniges §  (siehe  unter  3  b).  Es  hat  also  einmal  im  Rum.  Nasal- 
vokale im  großen  Um&nge  gegeben,  deren  Entstehung  in 
unbetonter  Silbe,  weil  der  Artikolationsverschluß  des  -n-  dabei 
weniger  energisch  war,  begünstigt  wurde  (cf.  ü-om,  aber  immer 
dou&zeci  si  ünul,  der  Artikel  o  gegenüber  dem  Zahlwort  uns). 

Nasale  Vokale  kommen  auch  heute  noch  genug  vor,  doch 
muß  man  besonders  die  Sprache  der  Ungebildeten  beobachten, 
um  sie  deutlich  zu  hören. 

Die  Wirkung  ehemaliger  Nasalierung  ist  an  einer  Reihe 
von  Wörtern  heute  noch  zu  erkennen. 

I)er  Artikulationsverschluß  des  Nasals  ist  verschieden  stark, 
je  nach  dem  Charakter  des  folgenden  Konsonanten.  Vor  guttu- 
ralen und  labialen  Verschlußlauten  ist  er  am  kraftigsten,  daher 
n,  m  immer  bewahrt,  ebenso  vor  d;  vor  t  dagegen  ist  der 
Verschluß  in  leichter  Silbe  bedingungsweise  gelöst  worden 
in  alter  Zeit;  vor  s  und  noch  in  höherem  Grade  vor  r,  die 
beide  selbst  keinen  vollständigen  Verschluß  bilden,  war  der 
Verschluß  immer  locker,  so  daß  sehr  leicht  vollständige  Lösung 
stattfinden  konnte,  wobei  aber  die  Artikulation  des  Graumen- 
segels  bewahrt  wurde,  infolgedessen  der  vorausgehende  Vokal 
zum  reinen  Nasalvokal  wurde. 


Die  Metrik  Eminescns 

von 

Alezander  Bogdan. 

Einleitung. 

Die  Yorliegende  Arbeit  verfolgt  zwei  Zwecke:  einerseits 
dem  romanischen  Metriker  Belege  aus  der  neueren  rum.  Yers- 
kunst  zu  gewähren,  andererseits  f&r  die  Geschichte  der  rum. 
Metrik  eine  möglichst  ausführliche  Monographie  zu  geben,  zu 
der  später  andere  hinzukommen  sollen,  um  für  ein  zusammen- 
fassendes Werk  das  nötige  Material  gut  gesichtet  zu  liefern. 
Daher  gab  ich  mir  alle  Mühe  besonders  die  Silbenzählung 
erschöpfend  zu  behandeln.  Mein  Wunsch  und  Trachten  war 
aus  der  Entwickelung  der  rum.  Metrik  in  der  Kunstpoesie 
den  durch  Em.  vertretenen  Abschnitt  herauszugreifen  und  so 
ein  Bild  in  dem  Ganzen  dieser  Entwickelung  zu  entwerfen, 
das  zur  Vergleichung  gegenüber  den  Vorgängern  und  Nach- 
folgern dienen  könnte.  Denn  daß  Em.  einen  Wendepunkt 
auch  in  der  rum.  Metrik  bezeichnet,  wird  wohl  niemand  leugnen 
können. 

Quellen.  Da  bis  zu  der  Zeit,  als  ich  meine  Unter- 
suchung beendet  hatte,  die  versprochene  (für  1902)  Ausgabe 
sämtlicher  Gedichte  Em.s  noch  nicht  erschienen  war,  muß  ich 
im  folgenden  mein  Verfahren  bei  Angabe  der  Stellen  klar- 
legen. Zu  Grunde  legte  ich  die  Ausgabe  Xenopols  (X)  „Mihail 
Eminescu.  Poezii  (complecte).  lasi,  Saraga  1893^,  da  sie  die 
vollständigste  ist.  Ich  habe  die  Belege  lediglich  nach  den 
laufenden  Nummern  der  Gedichte  angegeben,  wie  sie  in  dieser 
Wo  ig  and,  11.  Jahresbericht.  13 


—     194    — 

Ausgabe  bezeichnet  sind,  z.  B.  52,  72:  Nummer,  Vers;  58,  62^: 
Nummer,  Strophe,  Vers.  Mit  Nr.  16,  die  in  Xenopols  Aus- 
gabe aus  Versehen  weggelassen  ist,  habe  ich  das  Gedicht  „La 
moartea  lul  Aron  Pumnul",  bei  Xenopol  Nr.  96,  bezeichnet 
Nr.  84  ist  bei  Maiorescu  Seite  138  nachzuschlagen,  da  bei  X. 
die  letzten  vier  Strophen  fehlen.  Mit  Nr.  95  bezeichnete  ich 
„Amorul  unei  marmure*^,  das  nur  in  der  Ausgabe  Mor^ns 
„Em.  Prosa  si  Versurf**  last  1896  Seite  223  zu  finden  ist,  mit 
96  „Apari  sä  dat  luminä"  in  „Convorbiri  Literare"  1895 
Seite  527-529. 

P.  (Postume)  bedeutet  M.  Eminescu.  Poezit  postume.  Buc 
1902,  hgg.  von  Nerva  Bodos;  bei  Belegen:  Ausgabe,  Seite  und 
Vers  (von  oben),  z.  B.  P.  14,  21.  Zur  Vergleichung  sind  heran- 
gezogen worden:  M.  (Maiorescu)  Poesii  de  M.  Eminescu.  8.  Aufl. 
cu  0  noti^  biograficfi  de  T.  Maiorescu.  Buc.  1901;  L.  P.  = 
M.  Eminescu,  Opere  complete.  I.  Literatura  popularä.  hgg.  tod 
Ilarie  Chendi.  Buc.  1902;  enthält  277  Volkslieder,  gesammelt 
von  Em.  und  15  eigene  Nachahmungen  der  Volkslieder  und 
Balladen.    Conv.  =  Convorbiri  literare  36.   Bucuresta  1902. 


L   Abfall-Tabelle. 


a 

a 

U 

e 

'  1  ' 

El 

t 

t 

t 

t 

t* 

t 

1 

0 

t 

t 

t 

t 

t 

t 

l 

Wort- 

a 

t 

t     ' 

l 

t 

t 

t 

i 

t* 

yI 

t* 

t 

*  vereinzelt;  s.  Erklärang  der  Tabellen  Seite  203. 


—     195 


CS 

H 
I 

3 


w 


CO 

JlH 

-^ 

-K 

5- 

5^      5- 

H- 

(M 

-K 

-»- 

H- 

H-            -»^ 

-H 

CO 

)0 

5^ 

5- 
5- 

5^ 

5^ 

5SI 

H- 

5- 

-»- 

X- 

CO 

•»H 

-K 

H-CV.H- 

H- 

-K 

+^cv.+-      cv-H^ 

H- 

G^l 

-K 

-KCV.H- 

-*- 

H- 

-K           -<-cv.H- 

H- 

«-4 

H- 

H-ct-H- 

-1- 

H- 

-K                      -*- 

CO 

<D 

'^'{- 

H-C1.-I- 

c^  4^cv.+- 

-♦-           5_o-  4-cu  4- 

C^ 

-HH- 

-i-w-»--K!j_ 

-K 

-K4 

r^Z      -K-Kcv.4- 

-*- 

w^ 

5-5- 

-•-o-!J_ 

-Kcv.*_ 

H^cv.  H—      cu-f- 

CO 

♦H 

CV.*^ 

c^ 

-K 

«-4 

-i- 

CO 

0 

-K-Kcv.  -*-cv.  -K 

-K 

CV.H- 

H- 

CS 

-*- 

CV.H- 

-1- 

-1-           -K      H- 

H- 

^-1 

H-H- 

H- 

H- 

CO 

)QB 

-1- 

H- 

Cv*+-CV-  +- 

4^    g 

c^ 

-4^ 

H- 

4-0--I- 

4-cv.H-H-      -K 

-^a 

^-4 

-K 

H- 

5-           -^ 

OD 

CO 

O 

H— «- 

-*- 

H- 

cv.  -K        cv.  H^ 

^  1 

<N 

H- 

5^    -^ 

H- 

-l-cv.  H — H      H- 

^ 

-K 

H— 

5^ 

*_                       GV--K 

— ^-=    b 

CO 

CS 

-K 

CV--«- 

cv.-(- 

-K 

H— cv.  H^5_cv.  -H- 

& 

GS 

H- 

CV.H- 

-»- 

H- 

H-      -K-K      -K 

H-i 

^ 

-K 

-«-CV.-K 

-H- 

H- 

4-CV.-I-H-      -K 

äl 

O           >CS 

< 

PS 

*M           ©               -p- 

m 

13 


—    196    — 
IIL   Yerschleifangs-Tabelle. 


a 

0 

ä      1 

u 

e 

i 

1 

t* 

t 

+1+1 

loknt 

li 

r 

t 

t 

+ 

t* 

t 

r 

t 

t 

+ 

ti 

Aniliut 

0 

t 

t 

t 

t 

+ 

+  t 

t* 

t*'t* 

t 

u 

t* 

t* 

t* 

t 

t 

1 

f 

t; 

e 

f* 

t 
1 

t 

r 

t 

,t 

1 

+* 

t* 

1 

t 

' 

i 

I.  Silbenz&hlnng. 

Die  grundlegenden  Prinzipien  der  rum.  Metrik  sind  die- 
selben, wie  die  der  anderen  romanischen  Sprachen  (s.  Steogel 
5 — 14);  somit  stellt  sich  fnr  mich  als  Aufgabe  im  folgenden 
diese  Prinzipien  im  einzelnen  und  an  der  Hand  beliebiger 
Beispiele  an  Ks  Dichtungen  nachzuweisen,  dabei  aber  die 
etwaigen  herrortretenden  Eigentümlichkeiten  der  rum.  Metrik 
eingehend  darzustellen. 

Der  Rumäne  weicht  in  der  Benennung  des  Verses  nach 
der  Zahl  der  Silben  sowohl  von  dem  fr.  wie  von  dem  ii  Ge- 
brauch ab;  er  benennt  den  Vers  lediglich  nach  der  tatsachlich 
vorhandenen  Silbenzahl.  Für  ihn  ist  ein  endecasillabo  tronco 
ein  Zehnsilbner,  ein  sdrucciolo  hingegen  ein  Zwölfsilbner  etc. 
Das  ist  die  Folge  des  Mangels  einer  metrischen  Tradition, 
denn  die  Nationaldichtung  ist  verhältnismäßig  jung.  Ich  werde 
im  folgenden  um  der  Einheitlichkeit  willen,  wo  es  notwendig 
ist,  jedesmal  in  Klammer  die  Zahl  der  Silben  nach  fr.  Gebrauch 


—     197    — 

angeben;  dann  muß  man  natürlich  nachschlagen  unter  Rhyth- 
mus, Reim  oder  Strophe,  ob  der  betreffende  Vers  einen  regel* 
mäßigen  paroz.  Rhschl.  oder  regelmäßigen  parox.  Reim  hat 
oder  beides  zugleich. 

Was  ist  nun  die  Silbenzahlung?  Man  kann  sie  definieren 
als  die  Lehre,  die  die  Regeln  angibt,  vermittelst  welcher  die 
Silbenzahl  der  Verse  richtig  und  der  betreffenden  Sprache 
gemäß  festgestellt  werden  kann.  Die  Zahl  der  Silben  muß 
aber  in  den  rom.  Versen  festgestellt  werden,  weil  im  Vers  eine 
jede  Silbe  im  wesentlichen  dieselbe  Zeitdauer  hat,  andererseits 
aber  muß,  um  das  rhythmische  Gefühl  eines  Romanen  zu  be- 
friedigen, eine  betonte  Silbe  (Worttonsilbe)  nach  bestimmten, 
festgeregelten  Zeitabschnitten  hörbar  werden.  Hierin  ist  das 
Wesen  des  rom.  Rhythmus  zu  suchen  (s.  dort).  Daher  dei 
Zwang  so  oft  an  den  gebräuchlichen  Formen  der  Wörter  in 
Prosa  oder  Eonversationssprache  oder  an  ihrer  Verknüpfung 
Änderungen  vorzunehmen,  um  das  Maß  des  Zeitabschnittes 
vom  Einschlagen  eines  Wortakzentes  (Versakzent)  bis  zum 
nächsten  regelmäßig  beibehalten  zu  können.  (Es  kann  hier 
gleich  bemerkt  werden,  daß  die  Volkssprache  überall,  wo 
es  nur  irgend  möglich  ist,  den  Hiatus  vermeidet,  weniger  die 
Volksdichtung;  Volkssprache  und  -dichtung  in  viel  höherem 
Maße  als  die  Kunstdichtung.) 

Die  Faktoren,  die  für  die  Feststellung  der  Silbenzahl 
bestimmend  sind,  können  die  einen  als  positivwirkende  (sie 
bewirken  Änderungen),  die  anderen  als  konservativ  wirkende 
bezeichnet  werden.  Zu  den  ersteren  gehören:  a.  Abf,  Abf., 
Ausf.,  AusfulL,  V.  A.,  V.  L,  Diäresis  (sekundärer  H.  I.)  und 
Überz.,  zu  den  zweiten:  H.  A.,  ursprünglicher  H.  I.,  Diphth., 
Triphth. 

Anmerkung.  Hierbei  ergeben  sich  einige  Schwierigkeiten, 
insofern  Eul  keine  besondere  Zeichen  f&r  7,  ü  gebrauchte, 
sondern  sie  lediglich  mit  i,  u  bezeichnete,  und  für  1  und  ä 
hatte  er  auch  nur  ä  (vgl.  auch  „Sezätoarea^  Revistä  de  folklor. 
VII,  156  Anmerkung).  M.  behält  diese  Orthographie  bei,  X. 
(dessen  Text  ein  mehr  oder  weniger  getreuer  Abdruck  von 


—    198    - 

M.  ist),  P.  und  L.  P.  wenden  die  jetzt  übliche  Orthograpbie  an. 
Für  uns  soll  in  dieser  Frage  das  heutige  Schiiftnun.  maK- 
gebend  sein,  bis  dialektische  Einflüsse  bei  Em.  mit  Sicheiheit 
festgestellt  werden  können. 


1.  Abfall  anlautender  Laute. 

Nebenton  und  Schwachton  werden  nicht  unterschiedeD. 
In  erster  Linie  sind  die  festen  Tonsilben  (Versakzente)  maß- 
gebend, denn  sie  bestimmen  den  Rhythmus  und  infolgedessen 
auch  die  Zahl  der  Silben;  deshalb,  wo  im  folgenden  lediglich 
das  Wort  „betont^  gebraucht  wird,  soll  man  darunter  immer 
die  feste  Tonsilbe  yerstehen.  Die  Wortakzente  haben  nur 
eine  untergeordnete  oder  gar  keine  Bedeutung  bei  den  meisten 
Faktoren,  die  die  Silbenzahl  beeinflussen  (ausgenommen  natür- 
lich H.  I.  und  V.  L).    Das  hier  Gesagte  gilt  auch  für  H.  V.  etc. 

Unbet.  oder  nebent.  P  fallt  nach  unbei  oder  nebeni  a,  o, 
ä,  u,  e,  i.  In  der  Umgangssprache  Wlt  dieses  1  jedesmal  ab, 
denn  es  handelt  sich  hierbei  um  silbige  n,  m.  Einen  Zu- 
sammenstoß zweier  i  fand  ich  bei  K  weder  im  H.  A.  noch  in 
H.  L,  noch  sonst;  möglich  ist  er  z.  B.  in:  lel  cobort  in  de  vale. 
(Über  unbetonte  Personalpronomina  s.  Tiktin  §  170,  über 
Bildung  des  Futurums  mit  li,  rei,  ei,  i  §  287,  Anmerkung  !> 
Beispiele:  nach  a:  casa  ntnnecoasä  55,  174.  o:  c'  o'  ntreaga 
58,  75^.  ä:  sä'  nfiripeazä  si  sä  ntinde  53,  57.  u:  nostru  ntreabä 
30,  121.  51,  27.  14,  32.  'e:  Isvoarele  'ntruna  84,  42.  24,  19*. 
i:  cu  to^i  'n  scaun  54,  93.  Nach  satzbetontem  e:  pe  0  cale 
ne  'ntumatä  15,  3^ 

Weiter  fallt  l'^  nach  1;  hier  sind  zwei  Fälle  zu  unter- 
scheiden :  a)  1  wird  gedehnt  zu  i,  wenn  nach  Nasal  unmittel- 
bar ein  Eons,  folgt:  Pasäri  'mbllnzite  21,  2\  din  tineri  n 
mal  52,  40.  prin  lumini  'ngälbenite  23,  1^.  \&n  nmormtnteaza 
F.  59,  8.  Ebenso  noch:  26,  2^  58,  13 *.  27 1.  55,  11  etc.  b)  bleibt 
1,  wenn  nach  Nasal  ein  Vokal  folgt:  (vgl  unten:  Doppelformen 
und  Überz.)  si  'n  ceruri  nalte  22,  1^  (mold.  nalt  fiir  wal.  tnaltl 


—    199    — 

Bouri  nal^  30,  11^,  de  mal  nainte  Öl,  133,  de-az!  nainte  52, 
75  auch  52,  18. 

Ein  yereinzelter  Fall,  wo  i^^  nach  ü  abfallt:  o  geniü  nalt 
16,  3  i. 

P  fallt  ab  nach  betontem  (vers-  oder  wortbei)  ä:  stä' 
nainte-t  P  70,  26.  i:  Vom  vorbi n  22,  12^.  o:  acolön  ochl  22, 
6*  (unangenehm  wegen  des  harten  Tonsilbenstoßes);* — a:  yedea 
'n  lüme  15,  15^,  rhythmisch  auch  unangenehm  für  das  Ohr, 
das  den  Akzent  auf  ve-  zuruckyerlegt  haben  möchte. 

Unbetontes  i*  fallt  ab  nach  betontem  e:  Gäci  ce's  P  85, 10, 
nach  unbetontem  e:  organele's  sfarmate  54,  148,  nop^e's  58, 
62^  noch  17, 10^;  nach  unbetontem  i:  Si's  supte  24,  6^;  nach 
i:  (i  >  i)  dureri's  17,  14^  und  55,  34.  84.  a  cui's  55,  161.  Si 
ntinde  2,  A\  mi-ese  slngele  55,  67.  st-astupä  55, 102  verlangen 
mindestens  eine  Erweiterung  des  §  170  bei  Tiktin« 

Dieses  1  kommt  vor  in:  Praep.  in,  Praef.  in,  unbetontes 
Pron.  imi,  isf,  i^,  iX,  Verb,  aux.:  is,  tÜ.  Es  ist  zu  tilgen  auch 
in  folgenden  Versen,  wo  im  Text  nicht  getilgt  wurde:  55,  174. 
56,  36.  58,  73^  752.  65,  2\  82,  23.  84,  4^  86,  75.  84  etc.  Pos- 
tumen:  60,  13.  14.  67,  13.  72,  19.  93,  5  etc.  Manchmal  ist 
schwer  zu  entscheiden,  ob  der  vorangehende  Vok.  oder  1  ab- 
fallen soll.  Man  kann  sowohl  ut^  'n  wie  auch  vX\'  in  54,  91 
lesen.  Ebenso  vezi  nconjuratä  oder  vez'  in-  54,  121.  da  mi 
'napoi  und  da  m'  inapot  56,  21^.  58,  73  3;  da  das  i  nach  Zisch- 
lauten früh  geschwunden  ist,  wäre  die  Aussprache  mit  1 
richtiger;  andererseits  aber  gegen  M.  X.  P.  lese  ich  pinä  'n 
[podele]  55,  15,  P.  71,  23,  wo  sie  pän  'in  oder  pin  'in  lesen; 
(vgl.  Abfall-Tabelle)  so  auch  25,  9^.  55,  15.  P.  71,  23.  Eine 
Anzahl  Worter  mit  Vokal  (ä,  a)  nach  Nasal  weisen  Doppel- 
formen auf.  Die  mit  a.  Abfall  des  1  konmien  meistens  nach 
den  kurzen  Vokalen  T,  ü  (einmal),  betontem  a  (einmal),  aber 
auch  nach  Kons.  (1,  d,  n,  g)  dann  im  Reihen-  und  Vers- 
anfang vor.  Alle  diese  Wörter  neigen  sehr  dazu,  das  1  ganz 
zu  verlieren;  heute  findet  man  solche  Formen  auch  in  Prosa. 
Es  sind  folgende:  inalt  (mit  Ableitungen)  inainte,  inapoi,  inä- 
dusit;  s.  P.  70,  26.  30,  11^.  52,  18.  33,  11.  51,  133.  60,  1^  16,  3*. 


—    200    — 

P.  70,  26.  53,  190.  P.  49,  4.  P.  99,  12.  P.  27,  5.  P.  32, 12.  L  P. 

160,  10.  L.  P.  164,  1.  L  P.  157,  26.  L.  P.  158,  16.  24,  26«.  P.  71, 
18.  28,  21.  24,  19*.  56,  54^.  \  69,  4K  P.  36,  14.  P.  68,  13.  Ich 
schreibe  hier  nur  einige  ab:  stö  'nainte-i  naltS,  pleci  nainte 
Conv.  36,  302  sting  nältlndu-l  Cosb.!,  23, 188.  trupul  nalt  Cosb. 
II,  5,  16.  Pin  'nädusit,  'Napof  trimite,  Coiful  nalt  53, 190. 
De  sub  teiul  nalt  P.  99,  12 sä  stea  'N  a  ei  fereastra  L.  P. 

161,  6.  deschide  'Naintea  veciniciei  24,  19*.  gäbior  'Nalta. . 
Cosb.  n,  37,  12.  Dosoftei  auch:  Läuda^i  cu  glasun  nalte 
ps.  150,  9,  auch  in  der  Prosa  des  altrum.:  ce  dupä  mine  veni 
nainte  me  Coresi.  Tetraev.  1579.  loan  1,  15  und  mai  nainte 
de  descSlecare.    Miron  Costin.  Letopise^  1713.  Predoslovie. 

Dreimal  findet  sich  im  Versanfang  aAbf.  der  ganzen 
Silbe  In-:  Grämädeste  -a  ta  22, 2 2.  Genunchiatä  stä  23, 2\  Tin- 
ztndu-mi  dreapta  P.  39,  15;  auch  im  Yersinnem:  cu  ochi- 
albastri  'n  tunecime  L.  P.  164,  1  Ton  unten  und  Dosoftei: 
In  Organe  tinse  'n  strune  ps.  150,  16.  Diese  Beispiele,  wo  der 
H.  A.  zwischen  Versschluß  und  -anfang  getilgt  werden  kann, 
stehen  aber  nicht  vereinzelt  da.  Bianu  in  „Psaltirea  In  ver- 
suri"  des  Metropoliten  Dosoftet  S.  XXIV  weist  ein  solches 
Verfahren  auch  in  diesem  ersten  größeren  rum.  Werk,  das 
in  Versen  geschrieben  ist,  nach,  z.B.  necuratM  'Ntind  sal^ 
si  la^uri.  Auch  Cosbuc:  Ei  st-aü  plinit  chemarea  lor.  II. 
41,  30  etc.  a  Abf.  der  ganzen  Silbe  In-  Im-  kommt  häufig  in 
altrum.  Prosa  vor:  plinit,  tind,  tlmpin,  tlmplare,  greuez  mit 
den  entsprechenden  Formen  mit  in-;  dann  grämädesc  (s.  Gaster), 
und  genunchez  wird  man  auch  finden  können. 

Hierzu  gehört  noch  die  Beseitigung  des  H.  A.  durch  a  Abf. 
eines  a  auch  im  Versanfang:  asprS  cale  teste,  Cea  ce  poate 
52,  72.    Indessen  sind  dies  nur  vereinzelte  Fälle. 

Folgt  nach  Nasal  ein  betonter  Vokal  (Wort-  oder  Vers- 
akzent),  so  wird  n  nach  a  Abf.  des  1  gedehnt:  n  >  nn  (in  der 
Schrift  nicht  bezeichnet)  z.  B.  o  sä  le  'nnece  oare  P.  1,7- 
Urgia  miniei  le  'nneacä  suflarea.  Cosb.  II,  21.  10.  Sä  'nnal^ä 
P.  3,  10.  te  nnaltä  17,  4 1.  In  ode  nnälte  20, 10^.  So  noch: 
21,  1^  31,  32.  33,  11.  52,  18.  P.  27,  5.  P.  32,12.  56, 54^.  83,2*. 


—    201     — 

P.  59,  7;  auch  DosofteJ  ps.  149,  17:  Si  pre  cet  brudivf  Innal^ 
Dies  geschieht  auch  wenn  der  folgende  Vokal  nur  den  Neben- 
ton tragt:  Clnd  le  o'nnamorare  33,  21.  Dehnung  des  n  tritt 
ein  auch  bei  der  praep.  In,  wenn  ihr  ein  mit  betontem  Vokal 
anlautendes  Wort  folgt:  Si  ntunecime  'nn  orce  loc  P.  4,  9. 
Dieses  nn  ist  zu  unterscheiden  Ton  dem  aus  Doppelab&ll  eines 
1  entstandenen  wie:  Tel  teste  n  nälfimea-t  solitarä  24,  26 ^ 
Instruktiv  ist  Vers  83,  2«  insofern  M.  sä  naltÄ,  X.  sä  Inal^Ä 
hat  für  sä  nnal^  Ebenso  52,  18  M.  X.  de  mai  inainte  für 
mal  nnainte,  33,  11  hat  M.  räsai  nainte-mi,  X:  rSsat 'nnainte- 
mÜ,  12,  9»  X.  le  nnaltÄ.  (Die  erste  Reihe  von  33, 11  ist  in 
einer  Variante  P.  91,  11  so  geändert  worden:  Azi,  clnd  Testi 
pentru  mine.)  Merkwürdigerweise  tri£Ft  man  jetzt  auch  in 
Prosa  dieses  nn;  so  schreibt  N.  lorga  regelmäßig  Innainte 
Innalte,  ebenso  die  jüngeren  literarischen  Kreise  in  Bukarest. 

Es  ist  noch  der  Erwähnung  wert,  daß  außer  der  Dehnung 
des  Yorangehenden  Vokals  in  den  meisten  Fällen,  dieser  auch 
den  Nebenton  als  Ersatz  des  abgefallenen  i  an  sich  nimmt, 
wenn  1  in  Proparoxytonibus  den  Nebenton  getragen  hat,  wobei 
der  vorangehende  Vokal  zugleich  höher  wird.  Die  Erhöhung 
ist  deutlich  wahrzunehmen  in  dem  Falle,  wenn  das  zweite 
Wort  einen  emphatischen  Akzent  gehabt  hat,  wie:  Animä  'nc' 
odatä  tremlndul  picior  7,  3^  aber  auch  sonst:  Donict  cufb  de 
'ntelepciune  15,  3S  vgl.  noch  15,  81  10,  2^  4,  11*.  1^.  2,  41 
1,  2.  31.  61.  72  etc. 

Unbetontes  a  fUlt  nach  unbetonten  a,  e,  i.  Dieses  ist 
mindestens  ein  zweifelhafter  a  Abf.  X.  hat  z.  B.  21,  7^  vechia 
cea  Impärä^ie,  dagegen  M.  vechi-acea  .  .  .,  bei  dem  einen 
also  a  Abf.  des  a  und  V.  L,  bei  dem  anderen  Abf.  des  vorher- 
gehenden Vokals  und  V.  A.  Ich  ziehe  dagegen  vor:  vechia 
ceea  'mpärä^e  zu  lesen,  mit  a  Abf.  des  1  aus  Impärätie  und 
des  a  aus  aceea  (nicht  acea)  wie  noch  10,  l^  ci  ceea,  care 
falnic  oder  hier  auch  mit  V.  A.  ci-aceea,  jedenfall3  aber  ceea 
und  nicht  a]cea.  Wir  glauben  uns  zu  solchen  Konjekturen 
berechtigt,  da  im  Vorwort  Seite  III  Maiorescu  ausdrücklich 
bemerkt:  poesiile  nu  slnt  dar  reväzute  de  E.  ji  slnt  prin  urmare 


—    202    — 

lipsiie  de  tndreptärile,  ce  ayea  de  gtnd  sä  le  taeä,  cel  putin 
la  cele  yechl*'  ...  52,  72  im  Versanfimg:  . . .  cale  Teste  Cea 
ce  poate;  ebenda  Vers  69.  70.  73,  im  Yersinnem:  cea,  aber 
als  Artikel  Man  könnte  an  Parallelformen  denken  (icb  spreche 
hier  nur  von  £.)  wie  tnalt  —  nalt,  so  acea  —  cea,  aceea  —  ceea, 
ich  habe  aber  bei  ihm  noch  nicht  ein  cel  für  acel  gefunden. 
Vielleicht  liegt  Einfluß  des  altrum.  vor  (s.  Oaster  CXXIf.). 

Als  solche  Doppelformen  sind  acoperi  —  eoperi  aufzu- 
fassen: Si  cu  flori  m'a  eoperi  P.  14,  21.  Alexandri  auch:  ce 
lumea  coperea  (Säineanu).  Für  dieses  a  Tgl.  auch  Ausfnll. 
Farme  — sfarme:  s&  sä  farme  P.  37,  9.  P.  36,  1  und  organeles 
s&rmate  54,  148. 

Die  Fremdwörter,  soweit  sie  metrisch  in  Betracht 
kommen,  müssen  sowohl  hier  wie  auch  in  den  folgenden  Ab- 
schnitten der  Silbenzählung  gesondert  betrachtet  werden,  denn 
sie  werden  jedesmal  Terschieden  behandelt  Anlautendes  e 
fallt  nicht  ab,  sondern  wird  mit  V.  A.  gelesen  oder  mit  zwei- 
gipfliger Betonung.  X.  M.  haben  15,  4^  o  enigmä  ne'  splicatä, 
muß  aber  ne-esplicatä  gelesen  werden  (s.  Abf.).  Das  anlaui 
i  in:  pe  fruntea  'nspirätoare  10,  2^  darfauch  nicht  ab&llen: 
1.  weil   es  den  Nebenton  hat,  2.  weil  es  heller  ist  als  a*) 

3.  weil  die  Bedeutung  des  Wortes  schwerer  zu  fassen  wäre, 

4.  die  erste  Reihe  des  Verses  lautet  auch  pe  fruntea  inspiratä; 
—  sondern  i  muß  mit  ea  verschleifb  werden:  pe  fruntea-in- 
spirätoare,  eine  allerdings  etwas  schwerfallige  V.  aber  besser 
als  a  Abf.  des  i.  Weiter  unten  10,  3^  läßt  X.  wieder  ein  solches 
i  abfallen:  ce-o  'ntoanä  Eol  dulce.  Es  läßt  sich  gegen  diesen 
a  Abf.  des  i  aus  in  noch  anführen,  daß  diese  Partikel  eine 
fremde,  ein  Neologismus  in  der  rum.  Sprache  ist  und  als  solche 
bedingt  sie  wesentlich  die  Bedeutung  [des  Wortes.  Und  E. 
hat  sicher  nicht  inspirä  gesprochen! 

Statistisches:  Von  rund  400  Fallen  steht  in  37  %  davon 
an  erster  Stelle:  Konj.  Praep.  Verb.  aux.  unbei  Pron.  un- 

*)  Die  Klangfarbe  der  Vokale  scheint  mir  auch  von  Bedeutung 
zu  sein;  vgl.  z.  B.  cä  o  (=  c&  va)  51, 127,  cu  o  (Art)  51, 134  und  ca  o 
P.  58, 10;  bei  dem  letzten  Beispiel  fällt  a  nicht  ab. 


—    203    — 

besi  Art  einsilbige  Fron.  Num.  Interj.;  in  45%  an  zweiter 
Stelle  die  Prap.  In,  in  45  %  ein  Eompos.  mit  dem  Präf.  in. 

2.  Abfall  auslautender  Laute. 

Hierzu  die  Abfall-Tabelle. 

Erklärung  der  Tabelle.  Diese  Tabelle  verglichen  mit  der 
H.-Tabelle  soll  zeigen,  inwiefern  der  H.  A.  durch  Abf.  auf- 
gehoben werden  kann.  Die  oben  in  horizontaler  Reihe  auf- 
geschriebenen Yokale  sind  die  abfallenden,  die  links  an  der 
Seite,  diejenigen,  vor  welchen  die  erstgenannten  abfallen.  Ein 
t  bezeichnet,  daß  Belege  dafür  vorhanden  sind;  f*  =  vereinzelt 
In  die  erste  Reihe  einer  jeden  Spalte  werden  solche  Fälle 
aufgenommen,  wobei  der  auslautende  Vokal  betont,  der  an- 
lautende unbetont  ist;  in  zweiter  Reihe:  keiner  der  Vokale  ist 
betont,  in  dritter  Reihe:  der  Abfall  vokal  unbetont,  der  an- 
lautende betont;  z.  B.  unbetontes  ä  fallt  vor  betonten  o  und 
vor  unbetontem  u  ab  etc.  Angaben  wie  Wort-  und  ?  beziehen 
sich  auf  die  darunter  stehenden  f.  Alles  hier  gesagte  gilt 
auch  für  die  folgenden.  Tabellen.  Für  eine  jede  Kombination 
gebe  ich  nur  ein  Beispiel  an: 

a  a:  lal  lui  piept  55,  194,  sehr  häufig  52,  15.  P.  68,  19.  P.  71,  7. 

P.  58,  10.  23,  202.  26, 16. 
ä  a:  sä  InalV  asa  54,  49  (häufig  in  sä  cä)  1,  56.  5,  7*.  15,  5^ 

21,  2^ 
ä  o:  grindin'  o^elitä  53,  165.  51,  127.  54,  107.  56,  54  *.  58,  21  ^ 

26S  341. 
ä  ö:  doaröchii  96,  7^. 

ä  u:  sä  vadun  chip  27,  5^  25,  lO^.  13,  52.  1,  54. 
ä  ü:  s'  ümplu  20,  2^.  s*  üitä  55,  197. 
ä  i:  toat'  istoria  21,  13*. 
ä  f:  apostat'  inima  14,  11 2. 
ä  1:  sor*  Indelung  P.  12,  3.  P.  16,  5. 
ua:  nai  putea  55,  122;  hierher  rechne  ich  alle  satzbetonten 

u  (ebenso  bei  u  o)  in  der  Negation  nu,  und  nur  diese 


—    204    — 

kommt  in  der  Kombination  u  a  vor  23,  27^  20, 1*.  P.36,2. 

21.  22.  P.  15,  3  etc. 
ü  a:  ce  naö  fost  nict  odatä  45,  6.  51,  131.  F.  36,  20  (Tgl.  R 

36,  19)  P.  83,  4.  5.  7  etc. 
u  o:  nu,  cu  z.  B.  c'o  mlna  56,  21*.  46,  3^.  P.  14,  3.  P.  108,  12. 
ü  o:  cauzu-mt  no  sä-1  mai.    76,  6*.  53,  71.  81,  3^  82,  8*.9»- 

P.  107,  14. 

Jedesmal  übernimmt  dann  der  nachfolgende  Vokal  den 
Vers-  oder  Satzakzent,  welchen  nu  hätte  haben  sollen.  Eine 
solche  AkzentnberDahme  ist  auch  mit  Akzentverlegnng  im 
folgenden  Wort  verbunden,  so:  15,  13*.  Not  In  noi  n'ayem 
nimica  (=nu  ayem);  es  werden  auch  unb.  Personalpron.  und 
die  Formen  des  Hilfsverbums  betont  Nie  fallt  u  in  nu  vor 
folgendem  u  ab  aus  Deutlichkeitsrücksichten. 

u  u:  cu  z.  B.  c'un  cärbune  55, 176.  4, 14».  71, 10*.  62,42.  P.  60,3. 
e  a:  nainte  da  fi  zeii  45,  9,  besser  ist  Y.  A.  (de  =  waL  da); 

auch  Cosb.  II,  16, 1^.  d'  April, 
e  o:  la  vro  femee  20,  7^  51,  116.  54,  83  (vre  =  mold.  vrä). 
e  u:  yrun  papuc  53,  263  (vgl.  53,  262).  51,  111.  129. 
e  i:  P'icT  pe  colo  54,  141  (pe  =  wal.  pä). 
i  a:  s'abia  1,  27.  s  arata  55,  23  (si  =  mold.  sl). 
i  o:  s'o  Intreabä  25,  18*.  56,  17^*58,  631 
i  u:  sun  glnd  24,  42^.  53,  122. 
t   i:  strigär   iregulare  54,  139.  140.  12,  10*. 

Anmerkungen:  a  ^fc  P.  58,  10  nicht  ab,  sondern  wird 
mit  0  verschleift,  denn  hier  ist  ca  o  nicht  cu  o  gemeint  (s. 
S.  202  Fußnote).  P.  13,  3:  sor  indelung  konnte  man  vielleicht 
auch  an  das  volkstümliche  sor  für  sorä  denken.  P.  16,  5  d'lntti 
ist  auf  dS  +  Intll  zurückzuführen,  schriflrum.  dintli. 

Abfall  und  Orthoepie  des  i.  Hierüber  bemerke  ich 
im  allgemeinen,  daß  i,  außer  wo  es  nur  orthogr.  Zeichen  ist, 
in  einer  Sinnespause  oder  Rhschlpause  noch  gehört  wird,  s. 
76,  3*.  92,  32.  56,  16*;  nach  m,  r,  t,  z  deutlich,  nach  t,  s  weniger 
deutlich,  noch  c,  g  gar  nicht  Die  Feststellung  des  Abf.  des 
1  ist  von  Bedeutung  far  die  Metrik  nur  insofern  das  1  oft 


—    205    — 

geradezu  störend  f&r  das  glatte  Lesen  der  Verse  wirkt,  und 
in  solchen  Fällen  wird  es  nicht  gehört  (das  heißt  nicht  ge- 
sprochen). Nach  c,  g  nur  orthogr.  Zeichen  auch  im  BhschL: 
putemict|=  putemitä  51,  22,  aber  patim]t||  51,  21,  sfetnici 
vechi  56,  72,  taci  s  auzi  56,  IL  Motto.  Prichiciil  P.  51,  5.  6, 
pllngt  copilä  14,  11  ^  aber  creng'  il  oder  crengil  55,  224; 

nach  m:  vor  Kons,  fallt  ab,  z.  B.  tmi  Tel  52,  13,  In  bra^mi 
vino  53,  17,  Iml  zborl  92,  3^;  —  vor  Vok.:  da'  m'  Inapol  oder 
d&'  mi   napoi  56,  21;  ebenso  nach  r. 

nach  r:  vor  Kons,  fallt  ab:  orl  neghtobi  51,  22,  ori  ce 
53, 128.  ori  in  54,  31.  In  allen  diesen  Fällen  ist  ori  entweder 
Konj.  oder  Adverb;  ist  es  dagegen  das  Subst.  Mehrzahl  von 
oarä  (zece  ori),  dann  darf  i  nicht  abfallen  z.  B.  de  vre-o  doüä 
oft  pe  an  54,  10');  es  bleibt  in  dieser  Bedeutung  auch  im 
Reim  auf  or:  Dupä  tele  un  actor  . . .  spune  zeci  de  mii  de  ori 

54,  14.  adeseori  —  sä  mor  P.  5,  2;  —  verschleift  in  57,  6^ 
s'apari-o  zinä;  vor  Kons,  in  55,  Gazel  7:  Ce  tresari  din  vis 
wegen  Deutlichkeitsrücksichten   muß  gut  artikuliert  werden. 

nach  s:  vor  Kons,  fallt  ab  z.  B.  Is'  stia  55,  163.  177.  vor 
Vok.:  Isi  'ncheie  oder  Is'  incheie  55,  257.  56,  7^; 

nach  st:  lesti  drag  >>  lej  ddrag  22,  12 ^    lesti  de  dragä 

55,  100; 

nach  ^:  vor  Kons,  fallt  ab:  ridicula  '\X  simtire  54,  126. 
105.  106.  107.  109.  55,  100,  fe^i  frumosi  55,  219;  vor  Vok.: 
uit'  In  oder  ut\i  n  1,  42.  54,  91. 

nach  z:  vor  Kons,  fallt  ab:  s'  auzi  zometul  54,  123.  54, 
87.  55,  200.  58,  49^.  88,  1^;  vor  Vok.:  azl  a  56,  21*  oder  az'a 
oder  azia,  vezt  albind  oder  vez'  albind  oder  vezi-albind  55,  199. 

Seltenere  Fälle:  zw.  r  und  1,  pe  ceruri  limpezi  55,  113; 
zw.  r  und  r,  peste  arbori  resfira^i  79,  3^  kann  auch  unaus- 
gesprochen bleiben;  —  vor  j:  I5T  juraü  79,  4^  >  ijjuraü. 

Im  folgenden  gebe  ich  die  Parallelformen  an:  pftnä,  doarä, 
in  data,  acuma,  nimica  und  pän'  etc.,  die  Substantive:  märmur 
m.  96,  8^  neben  marmurä  f.,  mänta  56,  17^  neben  mantaüa 
(Bolintineanu  hat  auch  manta;  s  Sälneanu),  das  m.  neben 
clasä  f  52,  41.   reimt  zwar  auf  rftmas,  und  da  könnte  man 


—    206    — 

aimehinen,  daß  das  auslautende  ä  dem  Beim  zu  liebe  abge- 
fallen sei  (vgl.  Abf.  im  VersschL);  ich  glaube  aber  Tielmehr, 
daß  das  ein  dialektisches  Wort  ist;  die  Wb.  fuhren  es  nidit 
an.  Einen  zweiten  Beleg  daf&r  finde  ich  in  „Revista  Inväti- 
torilor  si  lnTä(ätoarelor^  III,  249:  din  ceasurile  de  das. 
N.  Stoleru,  Zorleni-Moldau. 

San  Marco  P.  60,  11  muß  mit  Abf  des  o  gelesen  werden: 
San  Marc'. 

Der  Imperativ  von  a  veni  lautet  vin':  58,  35  ^  21  ^  62,  41 
64,  2\  von  a  ISsa,  las':  56,  38^  \  52^  58,  48*.  80,  43;  ori  In 
{54,  31)  soll  immer  or*  In  gelesen  werden;  vre  un,  vre  o:  mit 
V.  A.  vre-un,  vre-o,  mit  Abf  vr'un,  vr'o  und  v'un,  v'o  kommen 
alle  vor;  panä  'n  besser  als  pän  'in  (25,  9^).  Oute  Beispiele 
von  oftem  oder  starkem  Abf:  51,  129.  28,  38.  18,  5.  P.  5,  4. 
Abf  oder  V.  A  (besser  mit  V.):  noaptea-adlncä  M.  51,  36. 
noapte-adtneS  X.  ebenso  47,  1*  und  in  dem  Eompos.  luare- 
aminte  52,  15.    M  aber  luarea-aminte. 

Von  den  Flexionsendungen  fallen  ab:  a,  e,  ä,  I;  casus 
rektus.  fem.  sg.  noapte-adiocS  5t,  36.  Luna  atunct  26,  21^. 
Ea  trezitä  atunci  26,  12^.  De  inimä  o  apucä  58,  26^.  Kon- 
jugation: 3.  Sg.  Praes.  Ind.  servä  o  cauzä  54,  107.  3.  Sg.  Praes. 
KonjunktivL  Sä  ajungfi  a  fi  . .  .  53,  242.  3.  PL  Praes.  Ind. 
lei  zboarä  56,  biK  Ü  Ingreun',  impreun'  56,  50 ^  \  3.  PL  Praes. 
Eonjunkt.  sä  mä  'nceapä  a  läuda  (oamenijQ  ^2,  80.  3.  PL  Aor. 
läsarä  a  lor  P.  Iü8,  3.  Näscurä  acolo'n  mine  5,  7*.  2.  Sing. 
Imp.  vinä  la  sinu-mi  62,  4^  las',  catä-^i  de  treabä  58,  4Si 
3.  Sg.  Imp.  luceascä  un  cer  senin  82,  3^  e  in  pare-cä  3-  Sg. 
Praes.    Über  i  s.  oben. 

Abfall  in  RhschL:  Care  gur  ||  abia-T  deschide  26,  161 
Moartea  vindec'  ||  ort  ce  ranä  47,  7^  Becea  cumpän'  ||  a  gtndirel 
72,  32.  Sftrsitä  för'  ||  a  fi  'nceput  76,  10^.  Vor  Kons.:  Sä 
cunun'  II  cäzlnde  jos  8,  4^. 

Abfall  im  Versschluß:  |  prin  bine  o  sä  eas'  reimend 
auf  rämas  24,  20^.  ||  cel  imberbi  In  al  lor  das'  —  rämas(?) 
(vgL  oben).    CeilaH;!  a  vremii  cojl  adun'  —  supun  P.  25,  6. 


—    207     — 

Sa  ^  Inchid  indat'  P.  81, 9;  dann  muß  y.  11  nicht  samt  sondern 
särutat  stehen;  ||  yäzdohul  il  Ingreon'  . . .  ||  in  sftratarit  sä'm- 
preun'  56,  50^.  *  fär  Ingreunä  etc.,  acopar  —  descopär'  =  aco- 
pere  et&  23,  25,  um  nicht  einen  proparozjt  Beim  zu  bekommen 
(s.  regelm,  VersschL). 

Fremdworter.  e  yor  einem  mit  e  anlaut.  Frdw.  soll 
verschleift  werden:  si  de-eteme  nicht  d'eteme  14,  3^,  ne-exi- 
stente  15,  18^  de-Egipet  21,  1^,  de-echipajuri  24,  24*,  de-eres 
55,  87.  Sowohl  M.  wie  auch  X  haben  in  allen  hier  ange- 
führten Fällen  Abf.  des  e,  P.  77, 16  aber  richtig  pe-etemele. 

Statistisches.  In  über  75  ®/o  der  etwa  600  Falle  steht 
an  erster  Stelle:  Präp.,  Konj.,  unb.  Pron.  einsilbige  Adv., 
best.  Art;  —  in  nur  24  %  ist  das  erste  Wort  Subst.  Verb. 
Adj.  mehrsilbige  Pron.  Num.  Adv.;  —  in  etwa  61  %  steht  an 
zweiter  Stelle:  Verb,  aux.,  (einsilbig.)  unb.  Art.,  die  Genetiv- 
und  Infinitivpartikel  a,  Praep.  unbet.  Pron. 


3.  Ausfall. 

Es  fallen  nur  unbet  Vok.  aus:  S,  o,  1,  a;  färädelege  25, 1^ 
nein^Iese  32,  5\  reinviü  60,  4^  luareaaminte  52,  15,  orologiul 
(fr.)  P.  67,  14  sind  Eompos.;  es  liegt  also  Abf.  oder  a  Abf.  vor. 
In  Nichtkomp.:  luntru  <  läuntru  54,  41,  d&rmäture  24,  19* 
(konmien  dialektisch  vor).  Einmal  fallt  das  Hilfsverbum  „am^ 
aus:  Din  demon  ftcut  o  sftntft  ||  für  am  ftcut ...  14,  7'  wo  das 
am  aus  dem  ersten  Vers  der  Str.  zu  ergänzen  ist;  die  Genetiv- 
partikel a  im  RhschL,  was  aber  nicht  notwendig  gewesen  wäre: 
Ce-arätaü  faptele  crude  ||  unor  domni  för  crude-a  unor  . . . 
denn  vgl  P.  84,  13  wo  sie  zwischen  Versschluß  und  -anÜMig 
bleibt . . .  greoale.  A  miseriei  comune?  |{.  al:  Tu  visul  blond 
unui  noroc,  ce  nu  e  für  al  unui  etc.  Gonv.  36,  395;  der  un- 
best.  Art.  o:  Cum  printre  nouri  (o)  galbenä  stelä  13,  8^ 

Doppelformen:  ardic  —  ridic  P.  54,  11,  cat  —  caüt  — 
caut  P.  33,  3.  4,  P.  81,  1,  P.  102,  19  (vgl.  Weigand:  Liste  der 
Normalwörter  Nr.  72). 


—    208    - 

Scheinbarer  Ausfall.  Väzmn  75,  2^  ist  die  häufige 
altrum.  Form  f&r  yäzuräm;  hier  reimend  auf  cum.  Timpilor 
71,  5'  oaspii  P.  72,  4  für  timpurilor,  oaspe^  sind  analogische 
Neubildungen,  in  beiden  Fiülen  im  Innern  des  Verses,  cm 
eine  Silbe  weniger  zu  bekonmien  (s.  auch  S.  221  cineva). 

4.  Hiatus 

im  Auslaut  und  Anlaut 
Hierzu  die  H.-Tabelle. 

Ihre  Erklärung  s.  bei  der  Abfall-Tabelle  S.  203,  dazu  noch: 
?  bedeutet,  daß  die  Aussprache  bei  einer  Anzahl  der  Falle 
schwankt,  insofern  die  betreffenden  Vokalkombinationen  teils 
mit  (reinem)  H^  teils  mit  einem  eingeschobenen  u  oder  i 
gesprochen  werden,  in  welch  letzterem  Falle  der  H.  beseitigt 
wird.  Ich  habe  die  H.  und  V.-Tabellen  aufgestellt,  weil  ich 
glaube,  daß  ich  in  dieser  Weise  am  zweckmäßigsten  den 
Zustand  der  H.-Zulassung  und  H.- Vermeidung  im  heutigen 
Schriftrum.  yeranschaulichen  kann. 

unter  Hiatus  versteht  man  in  der  Metrik  den  Zusammen- 
stoß zweier  Vokale,  zwischen  deren  Aussprache,  bestimmter 
ausgedruckt:  zwischen  dem  Absatz  des  ersten  und  Ansatz  des 
zweiten  H.- Vokals,  kein  anderer  Laut  yernehmbar  wird.   Ich 
sehe  hier  davon  ab  allerlei  Beispiele  auszuschreiben,  gebe  aber 
dennoch  für  jede  Kombination  ein  paar  Belege  an: 
ä  a:  P.  12,  14.  58,  11^  74,  12.  15,  18^ 
a  a:  P.  15,  2.  55,  227.  56,  56 «.  58,  92 *. 
a  ä:  P.  35,  11.  53,  30.  31.  176.  58,  44^ 
ä  o:  22,  9K  56,  372.  55^  74.  _  a  o:  P.  4,  11.  18,  2^   58,  831 

76,  2«.;  —  a  ö:  55,  118.  58,  85 ».  88,  3*.  P.  44,  13. 
ä  u:  47,  3».  51,  47.  55,  250.  92,  4^. 
a  u:  95,101  64,  1^.  58,  88^ 
a  ü:  P.  9,  3.  28,9.  58,  2 ^  86,68. 
ä  1:  92,  4^  86,  70.  52,  8.  P.  22,  4. 
a  I:  P.  7,  13.  58,  90».  96,41 


—    209    — 

a  i:  69,  4>.  53,  157.  17.  17». 

ä  e:  51,  50. 

a  e:  51,  55.  53,  31.  P.  73,  14. 

a  e:  4,7». 

ä  i:  55,  163. 

a  i:  55,  49.  91,4'.  15,  11*.  P.  32,  12. 

a  \:  P.  84,  11.  23,  21*.  45,  38. 

o  a:  1,  48.  15,  10».  24,  20'.  55,  141. 

0  ä:  95,  7».  58,  72».  53,  122. 

o  o:  P.  69,  5.  55,  Gazel  12.  54,  100. 

o  ö:  80,  56.  P.  52, 15.  P.  73,  17.  23. 

ö  u:  16,3». 

o  u:  15,  10».  27,  3».  55,  170.  58,  lll 

o  ü:  P.  39,  8.  P.  108,  3.  51,  108.  53,  106. 

ö  1:  16,5«. 

o  1:  6,  6'.  15,  18».  52,  53. 

o  e:  15,  4«.  53,  201. 

o  i:  1,  54.  52,  12.  86,  72. 

o  i:  P.  3,  9.  P.  21, 18.  18,  4*.  55,  58. 

fi  a:  9,  3'.  24,  20'. 

ä  a:  27,  5'.  56,  58*.  58,  63».  P.  91,  2. 

ä  ä:  P.  95,  6.  P.  68,  14.  12,  1».  23,  11».  56,  30».  58,  37*  84,  3». 

ä  o:  96,  10*.  86,  84.  58,  58».  55,  138. 

ä  ö:  P.  70,  19.  P.  69,  13.  45,  28.  55,  69.  58, 90». 

S  u:  95,  1».  79,  6*.  58,  16».  56,  58».  P.  98,  6. 

ä  ü:  4,  1'.  23, 12».  55,  14.  56,  38*.  74,  17.  P.  75,  12.  P.  73,  7. 

ä  1:  23,  1». 

ä  1:  24,  32».  56,  59'.  58,  69».  66,  3». 

ä  i:  P.  92,  16.  P.  69,  23.  58,  6*.  24,  5'. 

ä  e:  10,3».  52,54.  96,55. 

S  e:  8,  5». 

ä  i:  30,  7».  54,  101.  55,  39. 

ä  i:  15,  13*.  24,  17».  25,  14». 

fl  a:  17,  6».  56,  37».  58,  77».  P.  77,  1. 

u  a:  P.  68,  10.  P.  12,  2.  9,  4».  51,  104. 

u  ä:  76,  11*.  56,  48».  42,  16.  13,  2«.  14,  1«, 

Welgand,  lt.  Jahreaberioht.  14 


—    210    — 


ü 

o: 

u 

o: 

u 

ö: 

ü 

u: 

u 

u: 

u 

ü: 

ö 

1: 

u 

1: 

ü 

e: 

u 

e: 

u 

i: 

u 

i: 

e 

a: 

e 

a: 

e 

ä: 

e 

o: 

e 
e 

q: 
ö: 

e 

fi: 

e 

u: 

e 

u: 

e 

ü: 

e 

1: 

e 

1: 

e 

T: 

e 

e: 

e 

e: 

e 

i: 

e 

i: 

a: 

a: 

ä: 

o: 

o: 

ö: 

u: 

56,  45».  86,  51. 

58,  25».  56,  38*.  55,  57.  P.  84,  5. 

P.  13,  3.  P.  54,  6.  42,  36.  53,  95.  58,  45*. 

56,  42».  P.  70,  5. 

P.  3, 12.  P.  71,  23.  5,  4».  29,  7».  58, 11».  86,  8. 

55,  83.  54,  57.  24,  28«.  P.  72,  6.  P.  107, 18. 

P.29,8.  26,  14».  52,13. 

9,3'.  21,6».  55,10.  72,4*.«. 

24,5». 

52,  49.  53,  235. 

23, 18».  32,  5».  58,  ,72».  P.  56,  9. 

51,  93.  55,  58.  252. 

93,  1». 

88,  6».  75,  3*.  58,  28».  56,  26».  53,  200. 

P.  54,  2.  P.  19,  9.  69, 1*.  58, 18*.  56,  13».  16». 

33,  21. 

25,  8*.  53,  253.  56,  36*.  P.  74,  4.  P.  51,  3. 

P.  7, 13.  P.  70,  3.  53,  114.  56,  44*.  56». 

53,  241. 
24, 11». 

23,  27*.  56,  20».  58,  8».  P.  8,  10.  P.  93,  9. 
P.  43,  2.  51,  150.  55,  230.  58,  17*.  72,  4». 
56,27».  36*.  P.  31,  a 

P.  22, 13.  P.  41,  2.  55,  91.  56,  45».  58,  62'. 
86,  16.  55,  71.  51,  126.  P.  69,  10.  P.  13,  5. 
P.  73, 22.  53,  197.  24,  21». 
53,29. 

24,  26».  55,  152.  86,  41.  P.  71,  20. 
P.  108,  10.  8,  7».  54,  89.  58,  26*. 

36,  4».  51,  61.  56,  30».  58,  41».  P.  52,  7. 

P.  94,  11.  P.  57,  13.  12,  5».  53,  96.  54,  135. 

55,  21.  53,  83.  P.  21,  17.  P.  93,  7. 

P.  10,  8.  33,  4.  51,  117.  66,  10*.  86,  71. 

1,  2.  11,  7*.  53,  228.  P.  55,  9.  P.  70,  14. 

P.  75,  12.  55,  29.  20,  8*. 

55,  82.  11,  8*. 


-    211    — 

i  u:  1,  60.  51, 143.  53, 139.  P.  60,  10. 

i  ü:  P.  84,  18.  P.  5,  2.  24, 17*.  53,  83.  56,  47*. 

i    1:  5,  8».  45,  39.  51,  101.  58,  631 

i    1:  1,  18.  28,  4.  54,  127.  P.  73,  30.  P.  101,  13. 

i    1:  23,  9».  86,  75. 

i  e:  54,  52.  93.  P.  7,  4. 

i    i:  P.  36,  11.  P.  110,  1.  53,  196.  54,  73. 

i    i:  42,  34.  45,  16.  58,  6». 

ii  a:  47,  b\  53,  116.  P.  26,  1.  P.  57,  14. 

ö  ä:  85,  4*. 

ä  o:  73,  7*.  P.  85,  8. 

ä  u:  P.  38,  5. 

ü  ü:  P.  107, 16. 

fi  1:  P.  67,  4.  P.  56,  10.  53,  129.  79,  6*. 

ö  1:  14,  7*. 

ii  i:  P.  56,  2. 

ü  i:  56,  71. 

1  a:  71,  2«.  86,  46.  P.  14,  7.  P.  89,  7. 

t  ä:  62,  3».  56,  31».  P.  71,  11. 

1  0:  26,  5^  86,  70.  56,  32*.  P.  46,  13. 

1  ö:  P.  11,  7.  55,  104.  86,  105. 

i  u:  56,  53«.  86,  98.  P.J5,  5.  P.  84,  25. 

1  ü:  P.  84,  18. 

1    1:  P.  92,  19.  P.  54,  3.  24,  24«.  53,  77.  55,  9. 

i    i:  9,  3«. 

1  e:  33,  23.  40,  1*.  53,  49.  86,  81.  P.  66,  8. 

i  e:  P.  18,  6. 

i    i:  45,  12.  52,  41.  53,  116. 

t    i:  15, 12*.  52,  72.  86,  107  (ftr  I,  tt  vgl  auch  Üben.). 

Einen  unbetonten  i-Auslaut  kennt  das*  Schriftrum.  nicht, 
ebenso  keinen  S-Anlaut  Dialektisch  konunen  beide  vor.  Ffir 
das  erstere  TgL  Weigand:  Dialekte  der  Moldau  und  Dobrudsdba: 
zboart,  usl,  masl,  casl,  inimi,  geant  etc.  Nr.  8.  12.  13.  18.  20. 
21.  23b.  *26.  27.  28a.  31b.  32.  35.  36.  VI.  41.  44b.  45c.  47. 
53.  56.  60.  in.  e.  62.  78.  79.  85.  107. 108.    Zwei  betonte  Yok. 

14* 


—    212    — 

im  H.  A.  finden  sich  bei  einem  harten  TonsilbenstoB:  Isi  stiä 
inima  lüt  55,  163. 

Folgende  ausfi^ewählte  Beispiele  sollen  noch  beredter 
Zeugnis  davon  ablegen,  wie  wenig  anstößig  der  H.  im  nuiL 
ist;  es  sind  solche  Fälle,  wobei  entweder  mehrere  H.  in  einem 
Vers  vorkommen  oder  mehrere  nacheinaader  folgende  Vok. 
im  H.  bleiben:  Altai  cautfi  in  lume  si  in  vreme  adevär  51,  24. 
Si  le  umflS  ort  |i  eine  in  savante  adanärl  51, 132.  Splendid 
ca  o  ironie  51,  122.  pe  mlna  a  ori  cärui  51,  135.  Ba  un  soare, 
ba  an  rege,  ba  an  animal  domestic  52,  64.  Inaintea  aceston 
ta  ascande-te,  Apollo  53,  200.  Si  cosi^  ta  bälaie  o  aduci  la 
ochi  pllDglnd  55,  109.  De-i  saoa  de  doo  ort  (<C  doaa  orl) 
80,  56.  Si  ca  patimä  adincä  ar  privi-o  s'o  adore  86,  71.  sa 
o  auzf  96,  10*,  so  noch:  24,  21».  45,  44.  51,  108.  54,  98.  56,  16^ 
74,  3.  30,  9^  C&ct  pe  o  insulft  In  farmec  P.  3,  9.  Ca  lauda. 
ca  care-i  ||  Incarcl  le  o  ocarä  P.  69,  5,  weiter:  P.  7,  13.  P.  21, 
13.  P.  29,  16.  P.  54,  6.  P.  67,  8.  P.  72,  6-  12.  P.  85,  10.  Die 
Diäresen  (gegenüber  dem  heatigen  Romanisch;  den  Formeo 
konnte  E.  im  Altram.  begegnet  sein)  priivea  <!  privea  21, 10- 
and  prooroc  <[  proroc  P.  12,  2  köonen  hier  aach  zam  Beweise 
herangezogen  werden. 

Dagegen  hat  z.  B.  die  Ode  60  im  antiken  VersmaBe 
(20  Verse)  keinen  H.  A.  und  nar  3  H.  I,  61  nar  2  H.  A.,  6:i 
nar  2  H  (1  H.  A.  1  H.  I  25  Verse),  77  (12  Verse)  nur  2  H.  A 
P.  111  (24  Verse)  5  H.  Die  ersten  vier  Gedichte  sind  im  Jahre 
1883  gesclirieben  (X),  in  dem  letzten  Olanzjahre  dns  Dichters! 

Der  H  A.  wird  vermieden  oder  getilgt  durch  1.  Ab£  2.  a  Ab£ 
3.  V.  L,  V.  A.  und  Überz,,  4.  durch  ein  eingeschobenes  i,  « 
(besonders  im  Inlaut)  oder  durch  anderen  Eons.  Das  wert- 
oder  silbenanlautende  e  wird  wie  der  Diphth.  ie  gesprochen, 
außer  in  Frdw.;  hieraus  ergibt  sich,  daß  heute  kein  ram. 
Erbwort  mit  e-Anlaut  H.  A.  bildet  Doppelformen:  armonie- 
harmonie  P.  31,  7,  arpä-harfö  52,  9,  umanä-humanä  24,  26^- 
Eliad-Heliad  10,  4*;  —  aber  nur  herb  30,  2^  hain  33,  9% 
harurl  52,  9. 

Ob  P.  88,  9:  AI  anilor  Yubire  Inveninat  näcaz  Vermeidung 


—    213    — 

des  H.  A.  durch  Einschub  des  1  vorliegt,  läßt  sich  Torlaufig 
nicht  entscheiden.  Die  zwei  Verse  können  in  dreierlei  Weise 
ausgelegt  und  demgemäß  interpungiert  und  ergänzt  werden. 
Die  Strophe  hat  auch  6  Verse,  die  anderen  desselben  Gedichtes 
haben  regelmäßig  nur  vier;  sie  paßt  auch  inhaltlich  nicht 
gut  zum  Ganzen,  die  zwei  Verse  verstoßen  auch  gegen  die 
rum.  Syntax,  und  deshalb  würde  man  am  besten  tun,  wenn 
man  die  Strophe  ganz  weglassen  würde.  Nicht  besser  steht 
es  mit  Vers  13,  8^.  Prin  neagra  noapte  cum  un  fanar  statt 
des  allein  richtigen  ca  un.  Wollte  der  Dichter  dem  H.  vor- 
beugen oder  ist  cum  nur  eine  gezwungene,  syntaktisch  gar 
nicht  passende  Wiederholung  derselben  Konj.  aus  Vers  2  und 
3  derselben  Strophe? 

Stärke  des  H.  A. 

Am  festesten  ist  der  H.  A.  selbstverständlich  zwischen 
Versende  und  Versanfang.  Hier  wie  im  RhschL  vor  der  Pause 
oder  vor  einer  Sinnespause  wird  der  H.  A.  gar  nicht  vermieden. 
Im  Gegenteil  die  Fälle,  wo  er  an  diesen  Stellen  vermieden 
wird,  sind  als  Ausnahmefalle  zu  betrachten.  Daß  der  H.  A. 
von  dem  Vorhandensein  oder  Eintreten  einer  Pause  abhängt^ 
beweisen  die  H.-Fälle,  wo  an  erster  Stelle  i  oder  ü  steht 
Diese  kurzen  Vokale  werden  beinahe  ausnahmslos  im  Innern 
einer  rhythmischen  Einheit  (s.  Überz.)  übergezogen,  angelehnt, 
während  sie  im  RhschL  oder  vor  einer  Sinnespause  im  H. 
bleiben.  Schwankend  ist  der  Gebrauch  nur  in  den  Neben- 
pausen der  langen  Verse,  wo  sie  entweder  übergezogen  oder 
in  H.  gelassen  werden  können,  je  nachdem  man  rascher  oder 
langsamer  die  Verse  herliest;  im  letzten  Falle  bilden  sie  H. 
Man  kann  auch  leicht  beobachten,  daß  bei  raschem  Lesen  das 
beim  langsamen  Lesen  hörbare  i|,  i,  zwischen  zwei  H.-Vok. 
gar  nicht  vernehmbar  wird  (vgl.  Definition  des  H.).  Würde 
man  Beobachtungen  an  der  Sprache  eines  Rumänen  aus 
Rumänien  und  an  einem  Siebenbürger  anstellen,  dann  würde 
man  sicher  auf  Verschiedenheiten  stoßen,  namentlich  was  den 
H.  der  unbet.  Vok.  betrifft.  Wenn  ü,  I  nicht  unter  den  obigen 
Bedingungen  in  H.  stehen,  behalten  sie  ihren  Wert  als  Halb- 


—    214    — 

Tokale  überall,  auch  im  Innern  einer  rhythm.  Einheit,  wenn 
sie  im  H.  A.  mit  einem  Frdw.  zu  stehen  kommen.  An- 
lautende Yok.  der  Fremdwörter  bleiben  auch  sonst  immer  im 
H.  oder  werden  dennoch  nur  selten  verschleift.  Selbst  rmn. 
aber  selten  vorkommende,  selten  gebrauchte  Erbwörter  bleiben 
im  H«,  auch  der  Deutlichkeit  wegen,  z.  B.  52,  66  undoiaiea 
unei  ini|tt. 

Dreizehn  Falle  habe  ich  gezahlt,  wo  der  H.  A.  zwischen 
Yersschluli  und  -anfang  durch  a  Ab£  eines  t,  einen  durch  T^ 
einen  durch  a  Abf.  eines  a  (oder  durch  V.)  beseitigt  wurde: 
P.  3,  8.  P.  26,  4.  P.  36,  14.  P.  39,  15.  P.  68, 13.  P.  102,  12. 21, 8^ 
22,  22.  23,  22.  52,  72.  56,  54^. ».  L.  P.  158, 16.  L.  P.  157,  26.  L 
P.  161, 6.  P.  84, 13.  An  dieser  Stelle  soll  aber  besonders  bemeiÜ 
werden,  daß  naintea  einmal  P.  102,  12  nach  kons.  Vers- 
schluß sein  1  Terloren  hat  (s.  a  Abf.).  Trotzdem  liegt  in  allen 
übrigen  Fallen  unzweifelhaft  Tilgung  des  H.  im  Yersanfiang 
Tor,  weil  allemal  dies  zu  Gunsten  des  Rhythmus  geschieht 
ebenso  wie  die  Beibehaltung  des  H.  eben  auch  nur  die 
Aufgabe  hat,  gleichgebaute  rhythmische  Gebilde  sich  regel- 
mäßig folgen  zu  lassen.  Ich  übersehe  deshalb  nichts  daß  diese 
stark  ausgebildete  H.- Vermeidung  doch  im  Widerspruch  zn 
stehen  scheint  mit  der  ebenso  unumschränkten  Freiheit  der 
H.-Zulassung,  und  daß  für  die  Erklärung  dieser  Verse  das 
beim  a  Abf.  Gesagte  genügen  konnte,  dennoch  erachtete  ich 
es  for  zweckmäßig  auch  an  dieser  Stelle  darüber  zu  sprechen, 
um   das   Verhalten   anderer   Dichter  yergleichen   zu   können. 

Liste  der  im  H.  A.  mit  anlautendem  betonten  Vokal 
stehenden  Wörter  (am  häufigsten  ochiü): 

aburi,  aer,  aflu,  Africa,  aib&,  alba,  Allah,  altä,  am,  ambra. 
an,  Ana,  apärä,  ape,  Arald,  arborii,  arcuri,  arde.  Arges,  aripele, 
arme,  arta,  Asia,  asprä,  astfei,  a^  aur,  azi. 

omul,  ori,  orlce,  ochiul,  ora,  omic,  ordine,  oi,  osti,  ori 
(Adv.)  ode. 

unda,  urmä,  unde  (Adv.),  umbrä,  usc,  uTt&  (refl.),  umeri. 
uli^i,  umflä,  una,  urä,  unse,  urlS,  urmä  (Verb.),  unice,  uTti 
trans.),  urä,  uf  a,  umbla,  umblet,  umedä,  uzl,  umple. 


—    215    — 

tncä,  tnsuiiii,  tmple,  tntrft,  inger,  insS. 

Eol,  Etos,  eco,  EnfiratuL 

inimä,  insulS,  in,  ini|te,  idol,  ici. 

Liste  der  im  H.  A.  an  zweiter  Stelle  stehenden  Fremd- 
wörter und  Eigennamen  (am  häufigsten  etem). 

armonie,  Armindeni,  Abrud.  amor,  Arald,  Ayari,  Apusul, 
Allah,  Asia,  Afnca,  astronomul,  asire  (Adj.),  aman,  arpä. 

ode. 

uniform,  uman. 

evanghelu,  emul,  etem,  existS,  ezprimä,  egiptene,  eylavie, 
eroi,  Edebali,  Eufratul,  Europa,  epocele,  eresuri,  enigma, 
echipajuri,  egal,  epopea,  efeminate,  epigonii,  eco,  Eol,  Erato, 
Eros,  idealurile,  idol,  impil,  inspirä,  imobila,  ironie,  ironicä. 

Statistisches:  In  15  %  der  etwa  3000  Falle  sind  beide 
Wörter:  einsilbig.  Pron.  Num.  Adv.  Praep.  Eonj.  Verb.  aux. 
Pron.  refl.  unbet  Pron.  unbest.  Art  Inteij.  Partikeln;  —  in 
75  %  ist  das  erste  oder  das  zweite  Wort  eins  von  den  oben 
aufgezahlten  Kategorien. 

5.  Hiatus  im  Iniaut 

Hierzu  die  Tabelle. 

Am  festesten  und  reinsten  ist  der  H.  L  in  Eompositis 
(netnvins),  in  Frdw.  und  Eigennamen,  auch  einheimischen. 
Beseitigt  wird  der  H.  L  durch  V.  I.  (vgl.  die  Liste  der  Wörter 
hier  mit  der  bei  V.  L). 

Statt  die  Stellen  im  Text  anzugeben,  wo  die  Wörter  mit 
H.  I.  zu  finden  sind,  zog  ich  vor  alle  hier  zusammenzustellen. 
In  der  Anordnung  folgte  ich,  wie  auch  bei  H.  A.,  der  Tabelle 
und  behielt  auch  jineistens  eine  der  Formen,  in  welchen  sie 
im  Text  vorkommen,  bei  Ein  *  vor  einem  Wort  bedeutet, 
daß  es  auch  in  der  Liste  der  Y.  I.  zu  finden  ist  (Diäresis- 
Synäresis).    **  =  Diäresis  aus  DiphtL  oder  ein&chem  Vok. 

a  o:  cjhaos,  repaos,  adaos,  Menelaos. 

a  u:  '*'cau^  '^^scaun,  Faun,  ""auzl,  aur,  aurit,  laur,  *lauda 
(Subst.),  intotdea  una,  auzul,  '''repauzä,  adaugi,  fiaur,  '''aplaudatä, 


—    216    — 

'^'apIaTisele,  flaut  *]auzi  (Verb.)  maor,  ^auroase,  tezaur,  ^anrorl 
(laad,  caat  aach  bei  Dosoffcet  zweisilbig). 

a  e:  aeriane,  aer,  yaer,  giava^r,  maestrul,  £aetöii,  RaEneL 

a  i:  tnainte,  Inainteazä,  naivä,  painjinisoly  opait,  painjen, 
^^Cain,  aicea,  hain. 

o  a:  YoaL 

o  o:  doo  «  douä)  **prooroc. 

o  u:  noarii  (»>  nori!t)  s.  Weigand  Nr.  51,  boun,  ecoon, 
tablouri,  bonL 

o  e:  Yoevod,  boeri  (auch  boierl),  troeni-ya  (aber  iroiene) 
poeme,  poet  (auch  poiet),  poesia  (nie  poiesia  zu  sprechen). 

o  i:  yois^ele,  yoind,  neyoile,  foile,  eroic,  croind,  undoind. 

äu:  Ifiuntru,  raulm,  ^cäutöturä,  graunte,  päräulul,  baut, 
ySgäunä,  näuntrul,  räutä^i,  läuda,  '*^cäut!ndf  gägäu^,  läutaru, 
bäül,  c&Iäuzind. 

Se:  (maestrul),  mäestrii 

äi:  cäiu^  cäire,  nicaire,  sträiii,  träind,  pocäin^  yäile, 
^päi,  pipäi^  cäile,  sfiräind,  gräi,  päilljems,  btlbfiifi,  bfttaile, 
f&inä,  päinjini^  negrait,  sträinätate,  nicäiri. 

u  a:  **lua^,  **luare. 

u  o:  yirtuo^ii,  subsuori. 

u  i:  yui,  mintuitorului,  murmuire,  mlntuirii,  dftroit,  s&ta- 
indu-sä,  tnyinuirea,  ruina,  Beduini,  beduine,  suit,  zdreu^uitt, 
yuirea,  dibuind,  tätnuitulul,  inchipuirea,  stihuire,  suitori,  chi- 
nuit,  zguduind,  biruin^,  ^rmuitoare,  biruitoare,  durdoind^ 
däruite,  glfisuire,  (a)cüi('8),  lustrui^  *nIäD^indu-mi,  mistuit, 
chinuit,  trebuit,  ttnguitor,  tinguirea,  däruind,  fögäduin^. 

tu:  rlul,  rlusöruL 

ii:  hiriitä  (auch  härfiita  und  hlraita). 

ea:  neaylnd,  creat,  idealuri,  reapart,  '''ocean,  teatru,  cre- 
aturl,  '^'Ok&nos,  readuc. 

60 :  preotul,  uneori,  adeseori,  **deodata,  **deasupra,  neo- 
priti,  deochl,  indeosebi,  preotiimet,  meteor,  Eol. 

e  u:  preumblä,  'mpreunS,  zeul,  greul,  'mpr6un,  Ingreoo, 
impreunate,  dimpreunä,  leul,  manzoleu-tf,  mteunlnd,  seol, 
dunnezeul. 


—    217    — 

ei:  reimpingei  nolndnratelor,  nelnvins,  relncepe,  retnyie. 

ee:  propilee,  alee,  tee  (aber  nie  dee,  sondern  nur  deie) 
feeria,  marmöreele. 

ei:  peire,  poleinda-l,  leit,  gtndficeii,  neisprfiyit,  femeile, 
leite,  scinteind,  troheii,  cofeile,  zeitate,  inzeitä. 

ia:  liliac,  '*'diafane,  liane,  speriat,  fiastri,  *diamante,  Boliac, 
Eliad,  Heliade,  leremiade. 

io:  tnfiorare,  Infiori,  misterios,  adio,  Hyperion,  nesät^os, 
Endymion,  *fior,  viorie,  yiorica,  sp&rios,  fiorös,  vioriul,  patrio^i, 
Aliotmanul,  biografia,  infiorate,  sfiös,  curiosl,  chiot,  yizionare. 

iu:  Demiurg,  propriul,  nestiut,  pustiul,  fiul,  stiotoarea, 
sicriul,  vioriul,  ^ime,  sträveziul,  **trunchiul,  triumfal,  '*'genia], 
geniu-^  misteriul,  rdinl,  diluvial,  cbiuie,  ziuli^. 

ie:  hienel. 

ii:  fiin^,  '*'yiitoare,  gra^iile,  fiind,  stiin^  fäcliile,  ^iind, 
afiind-o,  Marii,  '*'copii,  tnmiire,  täriile,  yljiind,  yiitorul,  pustiit, 
sfiicios,  blziit,  sfiiciune,  sub^iindu-si,  fii,  sfisiind,  orgiile,  scriind, 
nefiin^ei,  chiliile,  clmpiilor,  irestiilor,  domnüle,  profe^iilor, 
**Daniil,  bestiilor,  geniile,  gäiiile,  **priivea,  sclr^rea. 

Wo  in  der  Tabelle  Schwankungen  angegeben  sind,  näbert 
sich  die  Aussprache  der  betreffenden  Vokalkombinationen 
doch  mehr  dem  (reinen)  H.  zu.  Dagegen  scheint  es,  daß, 
wenn  i  als  zweiter  H.-Vok.  steht,  die  Neigung  bestände,  vor 
diesem  i  ein  H.  tilgendes  i  hervorzubringen,  was  dadurch  zu 
erklären  ist,  daß  i  der  Vokal  größter  Enge  ist  (s.  Tabelle; 
auch  bei  e,  weniger  bei  u).  Dies  geschieht  zum  Teil  auch 
nach  Kons,  wie  Weigand  angibt:  Dialekte  der  Großen  Walachei: 
Nr.  29,  VII,  45  b,  Ib,  59,  II  c,  108,  IL  109,  IL 

Es  dürfte  hier  noch  erwähnt  werden,  daß  es  außer  den  H. 
tilgenden  i,  u,  noch  einen  dritten  t-artigen  Laut  gibt  («=  u), 
wie  er  zwischen  u  und  a  des  Wortes  statüa  beim  aufmerK- 
samen  Zuhören  bemerkt  wird.  Wir  halten  uns  aber  an  unserer 
Definition  des  H.  und  schenken  diesem  Laut  weiter  keine 
Aufmerksamkeit. 

Flexion.  Die  Flexion  soll  hier  auch  behandelt  werden, 
insofern  nämlich  die  Flexionsendungen  ein  H.  L  verursachen. 


—    218    — 

So  ist  das  Partiz.  Yon  a  ^ea — ^nd  mit  EL  L  statt  ^nlnd, 
bäü,  Aorist  von  a  bea.  In  der  Dekl.  wird  das  anslaai  t,  ü 
durch  Einfagong  einer  Endung  zu  i,  u  und  bildet  so  H.  L: 
nevoi  —  nevoile,  v&i  —  v&ile,  cäi  —  cÄile,  fiü  —  fiul  —  fii,  mar- 
moreü  —  marmoreele,  cut  —  a  cui-s,  mauzoleü — mauzolea-ti, 
trunchiü  —  trunchiul  etc.;  dann  subsupara  —  subsuon,  gra^— 
gra^e,  ftclia  —  föclüle  etc. 

Wortbildung.  Es  bilden  H.  L  die  Prä£  re  (=  aduc 
—  apan  etc.),  ne  (-opri^ii,  —  avlnd),  de  (ochi,  —  asupra),  pre 
(-umblä);  die  Suffixe  -os  (späri-os,  nesä^-os),  —  oii  (une-ori. 
adese-ori). 

Statistisches:  800  Falle. 

6.  Verschleifung 

im  Auslaut  und  Anlaut 
Hierzu  die  Tabelle. 

Ich  unterscheide  zweierlei  V.:  1.  steigende,  bei  welcher 
nur  ein  Yok.  verschleift  wird,  wobei  er  meistens  auch  seine 
ursprungliche  Klangfarbe  wechselt  (de  ai  >>  diai),  2.  fallende, 
bei  welcher  beide  YoL  yerschleift  werden,  indem  beide  kfiizer 
gesprochen  werden  (Caucazul).  Es  hängt  von  der  Stelle  des 
Akzentes  ab,  ob  die  Y.  eine  steigende  oder  fallende  ist:  apiopie 
ist  steig,  weil  der  Nebenton  auf  e  liegt,  Eu&atul  dagegen  aus 
demselben  Grunde  fallend.  Die  fallende  Y.  ist  seltener  als 
die  steigende. 

In  den  rum.  Texten  wird  die  Y.  A.  durch  einen  Binde- 
strich bezeichnet  z.  B.  cu-ale,  florile-argintii,  womit  dem 
Fremden,  dem  Unkundigen  unstreitbar  gute  Dienste  geleistet 
werden  können,  doch  oft  wird  er  weggelassen  und  manchmal 
auch  dort  gesetzt,  wo  keine  Y.  isi  Im  folgenden  gebe  ich 
Beispiele: 

a  a:  la-al  lei  pat  55,  75;  —  47,  1*.  12,  4^.  P.  4,  2.  P.  la  1 

P.  61,  12. 
ä  e:  Cäci  vorba  ta-e  « ta  le)  P.  56,  3. 


—    219    — 

a  o:  ca-o  poveste  P.  58,  10.  15,  6'. 

au:  ca-uliol  12,  12 1. 

a  e:  cam  umbra-e  P.  12,  3. 

a  i:  pe  fruntea-inspiratoare  10,  2\ 

o  a:  toatä  o-am  cules.  P.  17,  9.  P.  9,  8. 

o  i:  ce  o-intoanä  EoL  10,  3^ 

ä  a:  lasä-a  lei  P.  71, 16.  P.  71,  11.  53,  262. 

S  o:  i-aruncä-o  rozä  54,  39.  53,  13. 

ä  e:  RatäcitS-era  P.  109,  11  (das  anlaut.  i  von  lera  tSOt  dabei 

ab,  wie  bei  ae). 
u  a:  gltu-atuncea  56,  36 ^  53,  72.  58,  84  >.  P.  98,  8.  P.  102,  9. 
u  ä:  ca-alie  ratuil  14,  1^ 
u  o:  Pentru-o  inimä  55,  58.  54,  125.  P.  85,  5. 
ü  u:  irecü-un  56,  51^. 
XX  u:  capäta-unei  lai^I  55,  165.  P.  67,  9. 
e  a:  pe-Arald  56,  12«.  24, 16».  72,  8^  P.  4,  2.  P.  16,  3.  P.  35,  7. 
e  ä:  de-ästäzi  P.  106,  15.  52,  80.  56,  21  ^ 
e  o:  ea  pe-o  cetate  P.  58,  8.  P.  8,  4.  20,  16^. 
e  u:  De-un  veac  56, 19».  55, 101.  8, 52.  P.  102, 8.  P.  56, 5.  P.  48, 2. 
e  ü:  ce  pe-umerl  24,  311  21,  6^ 
e  e:  reincepe-etema  51,  86.  P.  77,  16. 
e   i:  pe-iconostas  P,  4,  4.  21,  2*.  26,  11^  (fallende  V.). 
i  a:  In  codri-adinci  56,  18^.  51,  152.  20.  13*.  P.  60,  12. 
i  o:  Si-o  cuprinde  26, 18  ^ 
i   e:  mor^-eterne  24,  42 ^ 

55,  75  ist  zu  lesen  zburätorul  la-al  let  pai 

Es  stehen  in  Y.  A.  meistens  Eonj.  cu,  ci,  si;  Präp.  pentru, 
pe,  de,  spre.  Der  Rektus  des  m.  Subsi  nach  Abfall  des  Art. 
-1;  Gen.  Sg.  fem.;  Nom.  PI.  m.;  die  Endung  S  sowohl  in  der 
DekL  wie  auch  in  der  Eonj.;  unbet  Pron.  ne,  te,  \e,  le,  o; 
Pron.  inter.  ce;  Adv.  vre  etc. 

Folgende  Beispiele  geben  ein  Zeugnis  davon,  daß  im  rum. 
die  y.  A.  manchmal  auch  sehr  stark  ist:  ce-o-intoanä  10,  3^ 
de-a-alege  12,  4S  ochiu-aurorel  14,  7*,  unde-o-ascund  P.  9,  8, 
ca-aurora  Cony.  36,  302,  cetatea-a  prins-o  Conv.  36,  405.  Nu 
de-ale-astei  lumi  P.  12,  6;  s.  noch  33,  19.  P.  48,  2. 


—    220    — 

In  zweierlei  Art  kann  es  mit  V.  gelesen  werden  23, 25^ 
sä  apropie-argintoasft  oder  sfi  apropie  argiutoasS;  toatä-o  am 
—  toatä  o-am  P.  17,  9.  de-a  yietei  —  de  a  rte^i  51, 89;  — 
1,  16  so:  ple-Qa-pele-asudä,  aber  24,  39^  nicht  a  lumei  'ntregol 
slmbur,  sondern  nur  so  möglich:  a  lumi  'ntreguL  Ebenso 
besser  mit  Abf.  oder  a  Ab£  als  mit  V.:  P.  71,  16  las'  a  lei. 
24|  27^  salatä  'n  a  lui,  21,  5'  si  'nläontro. 

Über  V.  A.  im  Versschloß  nnd  RhschL  s.  Rhythm.  Wird 
e  als  erster  Y.-Yok.  mit  a,  n,  o  verschleift,  dann  wird  es  in 
den  meisten  Fällen  zu  i  (i).  Dies  scheint  ausnahmslos  em- 
zutreten,  wenn  zwei  Monosyllaben  verschleift  werden  sollen 
wie  vre  o  >  v^o,  de  o  >  dio,  de  ast  >  cUast,  spre  a  > 
9pna  etc.  Ein  solches  e  neigt  sehr  zu  i  auch  in  mehrsilbiges, 
wenn  es  nach  1,  r  steht:  stelele-aü  pierit  >»  steleliaii  51,  82. 
Aducerile-aminte  74,  5,  bra^le-amindouä  74, 11,  fiorile-argintil 
58,  89S  care-a  dorit  51,  119,  sare-un  grier  55,  255,  pare^ 
creste  56,  26 S  s.  noch  56,  lO^,  53,  45,  54,60,  58,&9^  66,8V, 
73,  9^  87,  12.  K  76,  10*,  68,  4.  Solche  e  sind  in  den  Präp.pft 
de,  spre,  Adv.  vre;  Pron.  interr.  ce;  unbet  Pron.  te,  le,  te: 
ne  (Negation)  ändert  nicht  die  Klangfarbe,  weil  es  den  empha- 
tischen Akzent  auf  sich  hat;  aber  ne  om  >-  niom  22,  11';  — 
nach  c  (in  ce)  fallt  e  ganz  aus:  ce  ostenit  ]>  öostenit  P.  61, 13; 
in  manchen  Gegenden  bleibt  es:  ö^ostenit,  s.  noch  P.  91,  3, 
P.  HO,  12  (zaceo)  und:  de  ce  at  murit^  de  öal  murit  17,6' 
(Abf.  der  Tonsilbe  wie  beinü,  s.dort).  Nachg:  15, 9*,  56, 37*  etc. 
Zu  beachten  die  drei  Stufen:  de  o,  vre  o  >  de-o,  vre-o  >  dio. 
vrio,  femer  vr'  o,  v*o,  dazu  d'o  aus  da  o,  vrä  o. 

i  nach  c  fallt  aus  in  V.  A:  ci  ascul^  >*  öascul^  P.  100,  o 
(auch  ciascul^i);  nach  s:  si  a  tot  >*  sa  tot  90,  2^  si  atlt  33, 19« 
;i  o  26,  18  S  aber  nach  {;:  zimfi-aripef  28,  15. 

Die  Fremd  wort  er  nehmen  auch  diesmal  eine  besondere 
Stellung  ein.  Es  wird  z.  B.  nicht  pi-etemele  P.  77,  16  gelesen 
werden  können,  sondern  nur  pe-etemele  etc. 

Statistisches:  In  45  %  der  etwa  1000  Falle  wird  ter- 
schleift  der  anlaut  Vokal  von  einsilbigen  Pron.  Num.  Adv. 
Präp.  Konj.  unbet.  Pron.  unbest.  Art  Verb,  aux.    In  82.  5  ^« 


—    221    — 

ist  wenigstens  eins  der  beiden  Wörter  von  den  obenerwähnten 
und  es  kommen  im  ganzen  nur  10  Falle  (1  %)  von  Y.  A.  bei 
einem  betont.  Vok.  vor. 

Anmerkung:  Die  Resultate  der  Untersuchung  an  den 
Gedichten,  die  aus  dem  Nachlasse  des  Dichters  in  Conv.  36 
mitgeteilt  worden  sind  (viele  Varianten  zu  Gedichten  in  P. 
und  Versuche),  habe  ich  in  den  statistischen  Abschnitten  dieses 
ersten  Teils  der  Arbeit  (über  Silbenzählung)  nicht  aufgenommen. 
Sie  hätten  auch  das  aufgestellte  Prozentverhältnis  nicht  ge- 
ändert. 

7.  Verschleifung  im  Inlaut. 

Hierzu  die  Tabelle. 

Eine  starke  und  etwas  schwerfällige  Y.  L  findet  statt  bei 
Y.  eines  Yok.  und  eines  Diphth.,  wie  24,  10^  milioanelor  oder 
F.  74,  16  sperioasele,  was  man,  wo  es  nur  möglich  ist,  ver- 
meiden solle,  wie  1,  16  statt  pleoapele  asudS  —  plepapele-asudS. 
Wird  ce  mit  a  verschleifb,  dann  liegt  in  der  Tat  Ausf.  des  e 
vor,  wie  in  Oceanul  =  oöanul  F.  60,  5  und  oceanica  F.  61,  3; 
es  empfiehlt  sich  aber  die  Fronomina  cea  »=  ceea  20,  6^  acea 
=  aceea  54,  133  mit  fallender  Y.  zu  lesen,  also  nicht  6a,  aia, 
sondern  öea,  acea;  —  53,  161  lese  man  mit  Beibehaltung  des 
1:  Risipite  sä  tmprästie;  rotnicele  56,  5^  ist  nur  viersilbig. 

cä  bäte  cineva  F.  51,  7  wäre  die  einzige  Y.  der  Art,  wie 
sie  nach  Lachmann  in  der  mhd«  Dichtung  vorkommt.  Der 
Yers  lautet  so:  S'  aüde  in  fere^tf  ||  cä  bäte  cineva.  Nu  Ye. 
Wollte  man  hier  auch  einen  weibL  RhschL  annehmen,  wie  er 
in  den  anderen  Yersen  ist,  so  käme  die  3.  feste  Tonsilbe  auf 
e  (bäte)  und  ein  Nebenton  auf  e  in  cineva,  damit  der  Yers 
noch  rhythmisch  empfunden  werde,  er  würde  aber  in  solcher 
Gestalt  nicht  mehr  dem  akzentuierenden  Frinzip  huldigen. 
Es  bleibt  nur  noch  übrig,  die  starke,  im  Rum.  unbekannte  Y. 
vorzunehmen,  oder  noch  besser  das  e  von  eine  abfallen  zu 
lassen;  alsdann  haben  wir  einen  oxyi  RhschL,  aber  syntaktisch 
und  inhaltlich  berechtigt,  und  dann  erklären  wir  ein'  va  als 


einen  Einfluß  der  Volksrede  oder  Umgangssprache.  Dann 
wfirden  wir  anoh  ohne  weiteres  mit  Vermeidung  der  unge- 
wöhnlichen V.  15,  6^  so  lesen:  moartea-o  pär^re  de  rää  und 
nicht  moartea  o  pfiräre. 

Flexionsendungen  werden  auch  mit  yerschleift:  copü 
BS  copii,  g^niul,  ace|tia,  miseria^  cea,  istörie;  —  apröpie,  sp^e, 
trebue  (<[  trebuie)  mit  abgeschwächtem  e  >•  trebal 

Liste  der  Wörter: 
a  u:  aplauzelor,  aurörei,  c&uza,  mauzol^u-fl,  auzi,  apiauda,  caut, 

Gaucazul,  Täurul,  lauruL 
a  i:  maistru. 
o  a:  budoaruluf. 
äu:  cäuta^. 
u  o:  Wüotan. 
u  e:  trebue. 

i  a:  briliante,  viä^,  diafuiä,  aerianä,  mis^ria,  acestia,  diamani 
i  o:  fior. 

ioa:  s.  oben,  milioanelor,  sperioasele. 
iu:  geniuL 
ie:  Yi6^,  sglriet,  istörie,  apröpie,  ImprS^tie,  prieteni  (Ssflbig 

prite-ten  53, 131)  sp6rie.  . 
ii:  YÜtörul,  copiL 
e  a:  cea,  acea,  oceanul,  oceanica. 
e  u:  Eufratul,  Europa, 
e  i:  Galilei 

Bei  folgenden  Kombinationen  haben  wir  steigende  V.: 
oa,  ue,  (ea),  ia,  io,  iu,  ie,  ioa;  fallende:  au,  ai,  Su,  uo,  ii,  eu, 
ei  und  ia  (diafana). 

8.  Oberziehen  (liaison). 

Der  H.  A.  zw.  i,  ü  und  Vok,  welcher  störender  und 
manchmal  viel  unangenehmer  als  der  EL  zw.  zwei  Vok.  ist, 
kann  auch  durch  eine  Art  Verschleifimg  beseitigt  werden: 
das  1  (ü)  wird  entweder  allein  oder  mit  dem  vorangehenden 
Kons,  mit  dem  nächsten  Vok.  in  eine  Silbe  zusanmiengezogen. 


d 


—    223    — 

Es  wird  z.  B.  58,  80^  On  ande  ai  apune  entweder  mit 
Abf.  des  X  von  ori  oder  mit  Überz.  beider  X  so  gelesen:  0- 
riunde  a-iapune,  das  heißt:  die  zwei  Wörter,  zwischen  welchen 
das  Überz.  stattfindet,  werden  als  ein  Wort  betrachtet  und 
demgemäß  syllabisiert,  oder  Ctnd  lei  soseaü  alSturi  56,  56  ^ 
so:  Cind  tei  sosea  —  i^alätnri  oder  P.  52,  3  let  aü  nn  farmec: 
le-ia-Qun  farmec,  ebenso  P.  52,  17:  dar  minte  na-üntreagä 
{nsl  intreagä).  Man  kann  schon  an  diesen  Beispielen  er- 
kennen, daß  das  Überz.  nur  dann  richtig  erkannt  und  fest- 
gestellt werden  kann,  wenn  man  den  ganzen  (oder  mehrere) 
Vers  liest;  und  so  wie  far  H.  A.  Y.  A.  etc.  die  festen  Ton- 
silben so  hier  die  Vortragsweise  das  Bestimmende  ist.  Alle 
die  folgenden  Angaben  gelten  far  das  gewöhnliche,  nicht  allzu 
schnelle  Lesen.  Der  zweite  Vokal  kann  unbetont,  wortbetont 
oder  die  feste  Tonsilbe  sein. 

I  a:  Sä-ml  atrag  luarea  aminte  ||  >>  sä  mj[atrag  52,  15, 
no-^avem  52, 19,  te-a-iadaos  52, 35;  s.  noch:  55, 150.  202. 15, 6^ 

7,  4*.  5*.  P.  69,  2.  P.  57,  11.  P.  44,  4.  P.  11,  7  etc. 

I  o:  Imi  intindeaf  o  gurä  ^  intindea-io  56,  12  ^  dä-nuo  <C 
dä-mi 0  58, 722;  _  55^  12^  53, 108.  51, 107. 36.  P.  35, 8.  P.  9, 4etc. 

t  u:  S-at  uitat  de  soarta  mlndrei  >»  S'a  pitat  55,  156,  iei 
usoarä  >  le-iusoarä  54,  122;  —  52,  79.  46,  1^.  45,  34.  12,  7^ 

8,  1\  1,  50. 

I  i:  Gite  ^rmuri  inflorite  >»  t^armu  ntnflorite  51,  13.  53, 
64.  119.  55,  193.  14,  2\  12,  6^  P.  97,  3.  P.  68,  15.  P.  51,  11. 
P.  12,  1. 

1  e:  s.  Fremdw. 

ü  a:  Dac  01  fi  leü  saü  altul  >  sa-tialtul  58,  93*.  56,  6^. 
223.  53^  95,  204.  281.  P.  31,  6.  P.  55,  6. 

ü  0:  Balsamind  al  mieü  obraz  ;>'mie-i}obraz  P.  33, 8.  P.  23, 4. 
3,  1^  54,131.  142.  86,60. 

ü  t:  leü  tncep  sä  misc  din  buze  ]>  le-ulncep  P.  10,  3.  P.  4, 

19.  P.  76, 1.  52,  79.  53,  78.  55,  64.  58,  943.  79^  52    Bei  Xi,  üu 

i>        hört  man  das  1,  ü  nicht  mehr,  sie  gehen  in  i,  u  auf;  z.  B. 

<        pämlntului  i-1  sug  >  pämintuluil  sug.  24,  12  *.    Pe-a  altarulul 

icoanä  >*  altaruluicoanä  23,  2\    Ie¥  aü  un  'farmec  >  te-^aun 


—    224    — 

P.  52,  3.  pe  cei  ce  l-aö  uilt  >  laurtt  24,  2S^;  s.  noch  fSr  u 
14,  n  18,  5*.  28,  13.  44,  1*.  23,  10».  63,  11.  86,  14.  107;  fnr 
ü  xjl:  P.  5,  1.  27,  3^.  86,  13.  Es  ist  demnächst  klar,  daß  ein 
übergezogenes  i  zwischen  zwei  Vokalen  die  Rolle  des  H.- 
tilgenden  i  hat:  te-a-iadaos  52,  35.  Bei  Beachtung  des  im 
Folgenden  Gesagten  kann  als  allgemein  angenommen  werden, 
daß  1  nach  r  beim  Überz.  besonders  angenehm  wirkt,  z.  B. 
Din  näsipnrf  argintoase  ^  nSsipariargintoa5*e  21,  A\  Orionde 
1^  apune  58,  80^.  Ctte  ^rma-rüafiorite  51,  13.  |  lel  In  simiio 
desleagä  51,  36;  so  noch:  23,  1*.  24,  22^.  301  39,  3«.  45,  10. 
50, 1».  51,  76.  78.  53,  37.  54,  14.  55,  202.  56,  23^  59,  4^  7«,  12. 
71,  IK  72,  5».  9K  74,  10.  81,  3*.  82,  4^  87,  21  89,  3^  96,  1*. 
P.66, 1.  P.  11,  7. 

Es  wnrde  oben  hervorgehoben,  daß  das  Überz.  Ton  der 
Vortragsweise  abhängt.  Es  ergibt  sich  hieraus,  daß  man  nicht 
immer  mit  Überz.  lesen  kann,  sondern  in  manchea  Fällen  der 
EL  A.  zw.  1,  ü  und  Vok.  zugelassen  wird.  Solche  und  ähnliche 
Fälle  werden  im  Folgenden  besprochen. 

Es  ist  für  das  Überz.  yon  Einfluß:  die  Pause,  die  nach 
dem  ersten  Worte  eintritt,  die  Betonung  beider  Wörter,  und 
ob  das  zweite  ein  Frdw.  oder  Eigenname  ist.  Stellt  sich  zw. 
dem  Überz.- Vok.  und  dem  2.  vollen  Vok.  die  RhschLpause, 
eine  Sinnespause  oder  eine  Nebenpause  ein,  dann  wird  in  den 
zwei  erstgenannten  Fällen  mit  H.  A.  gelesen^  im  dritten  Falle 
soll  mit  Überz.  gelesen  werden,  kann  aber  auch  der  H.  A.  zu- 
gelassen werden,  z.  B.  ||  soptirile-f  |  a  lene  (Nebenpause)  56, 50* 
mit  oder  ohne  Überz.;  hier  besser  mit,  aber  das  folgende  Bei- 
spiel besser  mit  H.  A.:  Bra^al  tei  |  atlmä  lenes  55,  30.  Ca 
prin  negurt  |  alburie  53,  37  besser  mit  Überz.  wegen  des  r. 
Wiederum  besser  mit  H.  A.  gloria-i  |  inchipuirea  52,  30  gegen- 
über Hai  In  codrul  cu  verdea^  >  haiin  22,  2*.  le-iingrädifi 
24,  12  ^  wo  das  Überz.  sieber,  weil  es  inmitten  einer  rhyihm. 
Einheit  ist;  s.  noch:  23.  1*.  1,  37.  4,15«  5,4'.  7,1».  6*.  10,2«. 
48,  2^  51,  13.  36.  55,  189.  59,  3^  70,  5.  12.  74,  10  etc. 

Es  wird  mehr  mit  H.  A.  als  mit  Überz.  gelesen:  1.  wenn 
der  Vokal  des  zweiten  Wortes  ein  betonter  ist;  2.  wenn  das 


—    225    — 

1,  ü  (tJberz.-yok.)  einer  festen  Tonsilbe  angehört,  oder  einer, 
welche  den  Satzakzent  hat. 

Za  1.  saü  alt  lacru  de  prisos  86,  95.  Gtnd  cocheta  de-al 
tau  ümär  86,  13.  s  a  zilei  öchi  tnchid  24,  4^  ai  tfti  älbi  si 
netezi  ümeri  55,  92.  Vgl  noch  P.  5,  1.  P.  11,  6.  7.  P.  25,  10. 
P.  39,  5.  P.  55,  9.  P.  71, 11.  P.  107, 16.  8,  ll  4^.  13, 12^.  15, 5«. 
50,  1».  51,95.  125.  139.  56,24^.  431  57^  62,  3».  63, 11.  64,122. 
70,  5.  89,  3^  18,  4»  21,  6*.  24,  91  Solche  Wörter  (mit  ihren 
Ableitungen)  sind  folgende:  alba,  al^ii,  äre  (Verb.)  arsä,  ärd, 
an,  öchi,  ördinea,  oarbe,  ünde  (Ady.),  ümär,  ümbla,  ümbra, 
inträ,  Ingeri,  ici  (Adv.)  fnisti  (Genetiv). 

Zu  2.  Cari  dinväi  adlnci  P.  78, 1.  De  al  lüi  amör  P.  80, 10. 
Clnd  let  soseäü  aläturi  56,  56^.  Ca  ori  ce-i  viü  In  lume  56, 
27  ^    fruntea  tei  o  netezeste  55,  183.    ca  In  sträi  uijor  ^esüt 

55,  65;  s.  noch  4,  15«.  12,  5^  24,  12 ».  22^.  25,  211  45,  10.  52, 
49.  69.  53,  82.  101.  105.  116.  162.  237.  55,  30.  58,  6^.  12i  22^. 
70,  5.  74,  14.  82,  4^.  83,  2^  86,  60.  87,  2^  etc.  Emphatischer 
Akzent:  pän'  nü-i  inima  bätrlnä  18,  5^  (hier  wird  deshalb  i 
gehört),  leü  l^i  zic:  bine-ai  venit  53,  78,  vielleicht  auch  52,  24. 
58,  491 

Fremdwörter  (Eigennamen  inbegriffen)  bilden  H.  A.,  wo 
bei  rum.  mit  Überz.  gelesen  werden  könnte,  z.  B.  sS.  lui  Allah 
53,  65.  al  lut  Istaspe  53,  116.  si  n  orgiile-i  obscene  53,  256. 
Logodnica  lui  Arald  56,  1^.  iubirii  cei  eteme  P.  92,  12.  de 
al  lui  amor  P.  80,  10.  ca  si  luna  lui  April  54,  128;  s.  noch: 
13,  32.  14,  72.  21,  W.  23,  10^  24,  4*.  24,  161  53,  88.  54,  73. 

56,  11  131  301  461  58,  371  69,  81  71,  71  86,  13.  70.  86,  81. 
89,  5^.  96,  1^  (ApoloD,  ideal,  efeminate,  inocentä,  AIpiT,  umäne, 
Apus,  obscene,  albastre,  April,  antica,  arab,  amor,  etem,  adorat). 

Überziehen  oder  Abfall.  Das  1,  welches  oft  abfallen 
kann,  hört  man  zuweilen  mit  Überz.  gelesen:  Si  In  brafele- 
mi  Intinse  oder  bra^ele-mitntinse  49, 2 1  Vezt  un  rege  —  veziun 
51, 17.  Azt  abia  —  aziabia  52, 71.  rotundu-mt  umär  —  rotundu- 
miumär  55,  66.  Ori  unde  —  oriunde  58,  80  2;  s.  noch  P.  57,  7. 
1,  14.  5,  11 1  12,  51  13,  121  20^  91  21,  Hl  22,  81  38,  41  52, 
37.  39.  53,  270.  87,  3^  etc. 

Weigand,  11.  Jahresbericht.  15 


—    226    — 

Überziehen  oder  a  Abf.:  z.  B.  Ca  si  flori  in  poarta 
vie^it  oder  ca  |i  floriin  59,  4*.  Dormlf  In  pace  —  Dormiin  78, 
2^.  de  ce  'nlemnesti  tn  sin  —  de  ce  nlemnesiiin  sin  P.  75,  13; 
8.  noch:  P.  33,  9.  P  59,  8.  P  76,  1.  6,  1«  8,*2J.  11,  2*.  12,  21 
12^  14,  3».  15,  1^  18,  4*.  26,  2^  39,  3^.  49,  2^  51,  76-  78.  52, 
40.  56,  12^  89,  3». 

Da  1  vor  Eonsonantengruppen  wie  nt,  mp,  nch,  ntr,  nfr 
nicht  abfallen  kann,  so  wird  hier  der  H.  A.  nnr  durch  Üben, 
yermieden  werden  können,  z.  B.  ||  sä  nu  mS  mai  intom  > 
maiintom  P.  51,  11,  dar  minte  na-üntreagä  P.  52,  17,  te-a- 
iinfra^it  P  12,  1,  lumea-iimpär|;itä  P.  68,  15,  {  po^i  sä  nu  ma 
ma-iintrebi  52,  75.  Sä-ümpar);!  in  doüä  cete  53,  280.  ||  de  iin- 
chizi  55,  97. 

Statistisches:  500  Fälle. 

9.  Ausfüllung. 

Es  sollen  in  diesem  Kapitel  solche  Wörter  behandelt 
werden,  welche  eine  vollere  (eine  Silbe  mehr)  gegenüber  der 
nach  der  Flexionslehre  oder  Syntax  zu  erwartenden  Form  auf- 
weisen. Der  Ausdruck  „AusföUung''  soll  andeuten,  daß  alle- 
mal die  vollere  Form  gebraucht  wird,  um  die  Zahl  der  Silben 
auszufallen.  Solche  Formen  finden  sich:  1.  innerhalb  des  Verses, 
2.  im  Rhschl.,  3.  im  Reim,  4.  im  Versschluß  (nicht  gereimt). 

Zu  1.  ii  plac  adince  cinturi  (fnr  adinci)  um  die  gleiche 
rhythm.  Einheit  zu  bekommen,  wie  in  den  anderen  Versen 
(56,  442);  8.  noch:  8,  7^  12,  4*.  21,  15^.  54,  20.  55,  145.  56,  44^ 
96,  86.  P.  32,  5.  P  43,  10.  P  56,  5.  P.  61,  4.  P.  67,  3.  15. 

Zu  2.  Picioarele  lui  vechie  (für  vechi)  56,  20  ^  weil  das 
Gedicht  regelm.  paroxyt  Rhschl.  hat;  so  noch:  17,  9*.  19.  2^. 
24,  12^  28,  8.  52,  4.  54,  108.  56,  42^.  P.  71,  18. 

Zu  3.  II  povestea  vie^i  ntrege  (=  ntregi)  56,  3*  um  auf 
„rege"  reimen  zu  lassen;  —  4,  13^  P.  7,  12. 

Zu  4.  Ea  apleacä  gene  lunge  26,  15^  um  einen  paroxyt 
Versschi,  zu  bekommen,  wie  ihn  Vers  1  und  3  einer  jeden 
Str.  haben. 


—    227     — 

Ans  denselben  Gründen  finden  sich  auch  grammatik.  un- 
berechtigte, gekürzte  Formen:  P.  61,4  püstnici  für  püstnice; 
tineri  für  tinere  (RhschL)  24, 12^.  gigäntici  für  gigantice24, 19  ^ 

Es  ist  selbstverständlich,  daß  wir  es  hier  beinahe  aus- 
schließlich mit  der  Flexion  zu  tun  haben: 

Deklination:  e  für  i.  Rektus  PL  vie^  (=  vie^;!)  P.  7, 12. 
ineme  8,  7^  grädine  21,  15^  (dialektisch  kommen  auch  diese 
Formen  vor),  clmpiie  28,  8,  därmätüre  29,  19  ^  Ebenso  Adj.: 
dulce  (=  dulci)  P.  43,  10.  lunge  19,  \  24,  1^  26, 151  53,  231. 
alburiie  (=  alburii)  53,  37,  large  53,  160.  281,  rosie  54,  20, 
vechie  56,  20 ^  adlnce  56,  AA\  Obliquus  PL  viefe  54,  108, 
Oblq.  Sg.  ntrege  56,  3^;  —  ßektus.  neutr.  mit  best.  Art 
statt  unartikuliert:  tricolorul  (für  tricolor)  P.  37,  3,  basmu 
(basm)  P.  56,  5  und  17,  9S  lacul  (lac)  55,  145.  Der  Eigenname 
Brigbelu  für  Brigbel  kommt  6  mal  yor  P.  67,  15,  P.  69,  13. 
P.  70,  11.  18.  P.  71,  18  (Rhschl.),  P.  72,  1;  die  Form  Brigbel 
4  mal,  davon  3  mal  im  Reim  auf  el  P.  72,  10.  P.  73,  8.  P.  75,  16. 
1  mal  im  Innern  des  Verses  P.  73,  5.  Demnach  ist  Brigbelu 
sicher  wie  basmu,  lacul  zu  beurteilen.  Rektus  PL  neutr.: 
vinure  für  vinuri  12,  4*  ist  die  altrum.  Form.  Ein  grober 
Fehler  wird  gemacht  nur  der  Silbenzahl  zu  Liebe  in  29,  5^: 
Si  ascult  cum  Invälisul  Dela  clur^  lei  (soarecii)  mi  le  rod  für 
mi-1  rod.  M.  verbessert  deshalb,  —  denn  X.  Seite  72,  Anm. 
sagt,  daß  die  Veränderungen  im  Text  nach  der  Handschrift 
vorgenommen  wurden,  —  den  Vers  in:  Cär^ilor  Incet  mi-l  rod 
mit  den  festen  Tonsilben  1,  7.  Ein  solcher  Vers  kommt  im 
Gedicht  nur  noch  einmal  vor  Str.  9^  welche  Str.  wiederum 
allein  alle  vier  Verse  gereimt  hat,  während  die  anderen  nur 
je  zwei  Der  Rhythmus  wird  mit  der  Verbesserung  auch 
nicht  glatter.  Eher  könnte  man  vielleicht  für  -1  die  vollere 
Form  ll  einsetzen,  ein  doch  nicht  so  grober  Fehler  wie  le 
statt  '1:  De  la  cär^i  lei  mi  ll  rod  oder  tmi4  rod.  15,  4'.  sfinx 
pätrunsä  de  'n^les  dachte  der  Dichter  sicher  an  den  Ursprung 
des  Wortes  (deutseh,  lai  eta  wo  es  weiblich  ist).  Im  Rum. 
ist  heute  sfinx  mannlich,  also  kozmte  man  anch  so  lesen: 
sfinx  pätruns  de  in^es. 

15* 


—    228    — 

Einmal  wird  der  Art  al  eingeschoben  Inima-i  cresfcea  de 
dorol  AI  crestinului  frumos  26,  14^. 

Konjugation.  1.  Pers.  Sg.  Opt  asi  zburare  4,  13^  for 
asi  zbura  ist  die  ursprüngliche,  von  E.  analogisch  gebildete 
Form  (vgl.  Oaster  GXLIIff  nu  te-or  chemare  etc.)  und  die 
volkstümliche  (s.  Weigand:  Jahresbericht  VI,  36);  stftttnd  56, 
7^  für  stind  (Partizipium  yon  a  sta). 

Doppelformen,  frumsefi  —  frumuse^i  P.  32,  5.  pasT  — 
pasuri  20,2*.  atunci— atuncea  56,  42  3.  56,42*.  43*.  mannur 
m.  96,  8«.  —  marmurä  f.  96,  1.  2.  3.  primbli  55,  139  aus  pre- 
umbli  +  plimbi.  mirosind  —  amirosind  23,  3^.  coperi  —  aco- 
peri  P.  14,  21. 

Statistisches:  40  Falle;  die  meisten:  e  Dir  i 


n.  Rhythmns. 

1.  Silbenzahl  und  feste  Tonsilben. 

Wie  schon  erwähnt,  werden  im  Rum.  wie  im  Boul  über- 
haupt die  Versarten  nach  der  Silbenzahl  bezeichnet  Es 
muß  demnach  ein  jeder  Vers  der  gleichen  Yersart  eine  gleiche 
Anzahl  von  Silben  haben.  Der  rum.  Vers  hat  aber  mit  dem 
it  das  gemeinsam  —  infolge  der  ähnlichen  Entwickelung  des 
Akzentes  in  beiden  Sprachen  —  daß  eine  oder  zwei  nachtonige 
Silben  im  Versschluß  —  oder  bei  längeren  Versen  auch  im 
Rhschl.  —  an  der  rhythmischen  Eigenheit  eines  Verses 
nichts  ändern.  Für  diese  ist  nur  die  Zahl  der  Silben  bis  zu 
der  letztbetonten  im  Verse  (einschließlich  dieser)  bestimmend. 
Ein  Sechzehnsilbner  z.  6.  mit  parozyi  BhschL  und  VersschL 
(ajg  =  ^i)  ist  rhythmisch  einem  Vierzehnsilbner  (aji)  mit 
ozyi  Rhschl.  und  VersschL  vollkommen  gleich.  Im  Rum. 
gibt  es  aber  für  die  ital.  piaoo,  tronco,  sdrucciolo  keine  ent- 
sprechenden Aasdrücke  (s.  S.  196).  Wechseln  oxyt  mit  paroxyt. 
oder  proparozyi  Versschi,  regelmäßig,  dann  wird  nach  dem 
ozyi  VersschL  immer  eine  Pause  gehalten,  deren  Dauer  der 


—    229    — 

zum  Sprechen  einer  (parozyi)  oder  zweier  (proparoxyt.)  Silben 
erforderlichen  Zeit  gleich  ist;  (So  auch  im  nhd.:  ^L^L^L^r*) 
yjL^L^LxT  Noch  singt  den  Widerhallen  Der  Knabe  sein 
Gefühl,  ühland)  z.  B.  64,  2. 

Vin  cu  mine  ratäceste  L^ 

Pe  cäräri  cu  cotitüri  IP. 

Unde  noäptea  ne  trezeste  Iw 

Glasul  vechilor  pädüri  IP. 

Im  folgenden  wird  romanische  BezeichnuDgs weise  der 
Verse  angewendet,  wie  auch  schon  S.  196  erwähnt  wurde,  es 
wird  jedoch  jedesmal  in  Klammem  angegeben,  welcher  franz. 
Versart  der  mm.  Vers  angehört  (Die  Annahme  der  ital. 
Zählung  wäre  far  die  rum.  Metrik  nur  verwirrend.) 

Außer  einer  festen  Silbenzahl  hat  ein  jeder  mm.  Vers 
einen  bis  yier  feste  Versakzente,  die  festen  Tonsilben.  Diese 
richten  sich  auch  im  Rum.  immer  nach  dem  Wortakzent  (der 
bedeutungsvolleren  Wörter  im  Vers),  so  daß  Wortakzent  und 
Versakzent  zusammenfallen  müssen.  Wo  es  nicht  so  ist,  wird 
der  Grund  anderswo  zu  suchen  sein  (Musik,  Tanz,  (im  Volks- 
lied), oder  man  hilft  sich  beim  Lesen  mit  deklamatorischen 
Mitteln:  schwebende  Betonung,  leichter  Vortrag).  Daher  die 
Mannigfaltigkeit  der  festen  Tonsilben  besonders  bei  langen 
Versen  und  die  Mannigfaltigkeit  im  Vortrag.  Begünstigt  wird 
diese  durch  den  Umstand,  daß  die  stärkste  feste  Tonsilbe,  wo 
deren  mehrere  sind,  bei  kurzen  und  langen  Versen  die  letzt- 
betonte Silbe  im  Vers,  bei  langen  Versen  außerdem  die  zweit- 
stärkste die  letztbetonte  Silbe  der  Reihe  ist,  und  das  Ohr  wird 
befriedigt,  wenn  diese  zwei  (resp.  eine)  Tonsilben  —  sie  haben 
beim  Rezitieren  besonders  im  Versschluß  eine  merklich  längere 
Dauer  als  die  unbetonten  —  nach  geregelten  Zeitabschnitten 
einschlagen  (hörbar  werden),  was  durch  die  gleiche  Zahl  der 
Silben  bewirkt  wird.  (Vgl.  auch  die  a^o  ("=  H)  ^^  13  mit  nur 
zwei  festen  Tonsilben;  die  Verse  sind  aber  nichts  anders  als 


♦)  r  «  Pause  (Rast). 


—    230    — 

zwei  a5  (=»  a4),  welche  aber  z.  B.  P.  20  auch  schon  zwei  fest« 
Tonsilben  haben,  und  die  vielen  Typen  in  1.)  Hierin  ist  wohl 
auch  das  Wesen  des  rum.  Rhythmus  zu  sehen«  Es  folgt 
hieraus,  daß  die  Eigenartigkeit  eines  jeden  Rhythmus  sich  ans 
der  Folge  der  unbei  und  betonten  Silben  ei^bt  und  das,  was 
verschiedenartige  Rhythmen  derselben  Versart  voneinander 
unterscheidet,  ist  die  bei  kurzen  Versen  und  bei  langen  in 
jeder  Reihe  sich  einstellende  zweite  Tonsilbe,  welche,  eben 
weil  sie  an  den  Wortakzent  gebunden  ist  —  je  nach  der  Be- 
deutsamkeit der  Wörter:  Nomen,  Yerbum  gegenüber  den 
schwächeren  Wortklassen  —  größere  Freiheit  hat  und  sie  kann 
nur  insofern  auch  als  feste  Tonsilbe  bezeichnet  werden,  in- 
wiefern sie  bei  einer  Anzahl  von  Versen  derselben  Versart 
dieselbe  ist.  Wir  müssen  also  mit  Rhythmustypen  rechnen, 
welche  in  der  Weise  definiert  werden,  daß  man  die  Stelle  der 
festen  Tonsilben  angibt  (beachte  S.  240,  Z.  5  u.  &).  So  haben 
wir  z.  B.  beim  16  Silbner  (=  ai4)  folgende  Typen;  3,  7,  11. 
15  —  3,  7,  9,  15  —  1,  7,  11,  15.  —  1,  7,  9,  15  —  etc.: 
/  /      I  /  ^  (   \ 

/  '      I  '  ^  f    ^ 

'  /      I  /  ^  (    ) 

/  '  1      '  '      f         ^ 

—   \u^\^\j\y  —  Ky    I    —  KJ   \J  Kf   yj   <y  —    \\^  J 

etc. 

2.  Rhythmische  Typen. 

Im  Folgenden  kommen  die  Versarten  E.s  zur  Darstellung, 
indem  an  erster  Stelle  die  Versart,  an  zweiter  die  Zahl  der 
festen  Tonsilben,  an  dritter  die  Stellen  der  Tonsilben  ange- 
geben werden,  überall  in  erster  Linie  die  üblichsten.  Daran 
knüpfen  sich  Angabe  der  Gedichte,  Belege  und  andere  nötige 
Bemerkungen;  z.  B.  a^^  :  4.  2,  7,  11,  14  oder  a^  :  1.  2  —  Sech- 
zehnsilbner:  vier  feste  Tonsilben;  die  2.,  7.,  11.,  14.  Silbe: 
oder  Zweisilbner:  eine  feste  Tonsilbe,  die  zweite. 

Ob  nun  die  bezeichnete  Versart  allein  oder  auch  andere 
Verse  desselben  oder  verschiedene  Rhythmen  im  betreflfenden 


—    231    — 

Gedichte  yorkommen,  welche  und  wie  sie  geordnet  sind,  s. 
unter  Strophe. 

Die  Mehrzahl  der  lyrischen  Gedichte  sind  von  £.  in  kurzen 
(sg — a^o),  epische  Stoffe  in  langen  Versen  (aij—aig)  geschrieben; 
unter  den  letzteren  bildet  eine  auffallende  Ausnahme  das  Ge- 
dicht „Luceaf&rul"  (Abendstem)  in  a^  und  a^,  dann  die  nach 
Yolkstümlichen  Motiven  verfaßten  balladenartigen  Gedichte  in 
L.  P.  HO.  115.  117.  142  und  auch  ein  volkstümlicher  Stoff 
„Fata  In  grädina  de  aur"  L.  P.  156  im  fremden  Ende- 
casillabo.  Und  wiederum  sind  Gedichte  gemischten  Charakters 
(episch-lyrisch,  wie  die  Satiren,  oder  deskriptive  wie  Egi- 
petul  oder  philosophische  auf  epischer  Grundlage  wie  Im- 
pärat  si  Proletar)  in  langen  Versen  (a^g  =  ai4,  a^i  =  ^^2) 
geschrieben:  aber  auch  nur  rein  lyrische  wie  Rugäciunea 
unui  Dac  in  ai4  ^^  a|2,  ebenso  „La  moartea  lui  Aron 
Pumnul". 

82:  1.  2.  P.  77  f.  9  Verse,  die  einzigen  Zweisilbner  bei  E. 
z.  B.  Sä  mör;  Pe  bräd  etc. 

•  83  (=a2):   1.  2.  66.  94  (P.  111)  P.  15.  P.  35.  z.  B.  Sint 
veäcuri  66,  9*. 

Ea :  1.  3.  Ca  sä  mör  P.  80,  12.  P.  40.  P.  80.  Ein  einziger 
Vers  scheint  zwei  feste  Tonsilben  zu  haben:  öchiidülciP.81, 12. 
Andere  sl^  finden  sich  in  der  Volksliedersammlung  des  Dichters. 

a^  (=  aa)  1.  3.  Sä  fim  singuri  35,  8^.  Noapte  bünä  78, 1* 
und  in  4.  ein  eingeschobenes  lyr.  Lied. 

a4:  1.  4.  Dar  te-am  privit  P.  47,  3.  P.  63,  5.  9.  12;  2.  1,  4. 
Flöare  de  cring  2,  3*.  P.  63.  P.  103,  8. 

a^  (=  a4):  2.  2,  4.  Ce  lin  si  n  täinä  P.  20,  2.  2.  1,  4. 
Dülce  de  värä  P.  20,  6.  60.  P.  11.  (In  den  zwei  letztgenannten 
Gedichten  sind  diese  h^  der  vierte  Vers  der  antiken  sapphi- 
schen  Str.). 

a^  (=  84):  2.  3,  4.  Sä  '^i  Inchiz  öchii  P.  20,  7.*)  Auch 
nur  eine  feste  Tonsilbe:  M'  as  face-oglindä  P.  19,  5.. P.  13,4. 
60,  1*  etc. 

*  Bedeutet  in  diesem  Kapitel:  einzelne  Verse  und  zuweilen  ünregel- 
mäfiigkeiten. 


—    232    — 

% :  2.  2,  5.  In  dntul  duiös  4, 8*.  19, 21  P.  41, 17. 21.  P.  80, 9. 

—  2.  1,  5.  Vaie  in  flöri  6,  1^.    Cint  din  Valhalä  6,  4«.  P.41 

1.  2.  P.  81,  17.  —  3, 5.  Imi  soptesc  de  dör  6, 2«.  P.  42,  5.  P.80,5. 

—  1.  5.  Si  te-ar  särutä  P.  41,  11.  P.  81,  7.  11. 

a^  (=  a^):  2.  2,  4.  Plutesc  pe'ntinsele  2,  22.  P.  63,  6.  1, 4. 
ärd  depärtirilor  2,  1».  P.  63,  3.  —  1,  4.  Si  tineretele  2,  31 
P.  63,  11  etc.   18  Verse. 

ae  (=  ag):  2.  2,  5.  La  märginea  marii  81,  1^  56,  Motiio 
zum  IL  Teil,  4.  82,  A\  83,  2«.  ^\  84,  8*.  P.  28.  P.  77,  2  und 
Conv.  36,  394. 

a^  (=  as):  1.  5.  In  (pe)  singurätäte-mi  81,  3>2*.  82*.  83*. 
P.  78,  20*  (kann  auch  Typus  2,  5  sein)  56,  Motto  z.  2.  Teil 

2.  hat  zv^ei  Tonsilben,  1,  5:  Täci  s'  auzi  cum  läträ. 

a«:  2.  2,  6.  Ca  risul  la  monnint  12,  13«.  16.  46.  71.  81-84. 
95.  P.  35.  P.  46.  P.  47.  P.  77.  P.  86.  P.  87.  P.  103  und  Conv.  36, 392t 

—  4,  6.  lar  pe  padüri  de  bräd  83,  2^^.  16.  P.  103-  83,  1»*  hat 
nur  5  Silben  statt  6  mit  Typus  2,  5  wie  bei  a5. 

a;  (=  ag):  2.  3,  5.  Ce  te  legent  cödrule  63,  1.  1,  5.  Cödrul 
cu  poienele  53,  184.  2,  5.  La  üsa  cresünului  80,  31  (in  Ge- 
dichten mit  volkstüml.  Motiven).*  3,  2^*.  11, 1^*.  9**.  34, 17*. 
47,  1**.  56,  Motto  zum  II.  Teil  P.  28.  P.  76.  P.  98.  P.  103  und 
Cony.  36,  394.  Nur  eine  feste  Tonsilbe:  Si  spinzurfttörile  Sd 
62*.  P.  28,  14  (80,  62  kann  auch  Typus  1*  5  sein). 

a,  (=  Sg):  2.  2,  6.  Si  visul  meii  din  ürmä  58,  87*.  4.  6. 
Nemuritör  si  rece  58,  94*.  65.  66.  67.  73.  79.  87.  P.  111.  P.  lo. 
P.  22.  P.  46.  P.  47.  P.  66.  P.  87.  P.  89.  P.  103,  1  und  ConY.  :u;. 
302.  389.  P.  47,  1*  hat  die  Versakzente  auf  der  3.  und  6.  (ftr 
ay  in  P.  47  s.  Str.  6). 

aj :  2.  3,  7.  Te-am  rugä,  mari,  rugä  53,  181.  inglnä  ne  vor 
cu'n  eint  49,  b\  —  1,  7.  inima-mi  spre  tine  ntöm  77,  31  -5. 
8,  82.  11,  7**  22.  25.  26.  29.  30—32.  34.  44.  47.  49.  50.  59, 
72.*.  61.  63.  64.  77.  80.  89,  92.  93.  P.  6.  P.  9.  P.  14.  P.  23. 
P.  27.  P.  33.  P.  36,  2*  P.  44,  16*.  P.  49.  P.  76.  P.  97.  P.98. 
Mit  Tonsilben  4,  7.  Ca  multämind  lui  Christos  53,  193  ver- 
einzelt; noch  80,  49.  Ebenso  Tjrpus  2,  7:  Cu  crengile  la  pämint 
63,  3.  P.  14,  9.    Mit  5,  7:  Unde  moi  asteme  leü  P.  14,  7.  L 


—    233    — 

P.  103.  Alle  diese  ungewöhnlichen  Typen  in  Gedichten  mit 
volksi  Motiven:  ein  direkter  Einfluß  des  freieren  (eigentlich 
strengeren)  Rhythmus  der  Volkslieder. 

Anmerkung.  In  58  (a^  ^=8^)  läßt  sich  in  vielen  Strophen 
wahrnehmen,  daß,  wenn  der  eine  87  (=  a^)  den  ersten  Vers- 
akzent  auf  der  2.  Silbe,  der  andere  87  derselben  Str.  ihn  auf 
der  4.  hat  S.  Str.:  11,  13.  16.  19.  24.  27.  29(?)  32(?)  33.  41. 
47.  48.  53.  58.  60.  61.  63-66.  68.  72.  74—77.  83.  85.  88—94 
zusammen  35  Str.  von  94  (32  %).  Besonders  wirkungsvoll 
ist  dieser  Wechsel  in  den  letzten  Str.  88—94  des  Gedichtes, 
wo  die  87  sich  so  folgen:  (mit  den  festen  Tonsilben  ausge- 
drückt) 2,  6.  4,  6.  2,  6.  4,  6.  —  4,  6.  2,  6.  4,  6.  2,  6.  —  2,  6. 
4,  6.  2,  6.  4,  6.  2,  6.  4,  6;  die  drei  letzten  Str.  als  Schluß  des 
Ganzen;  sie  wirken  wie  eine  musikalische  Kadenz.  Es  ist 
sehr  wahrscheinlich,  daß  der  Dichter  diesen  Wechsel  be- 
absichtigt hat;  besonders  von  Str.  58  an  ist  er  sehr  häufig: 
unter  37  Str.  22  mit  diesem  Wechsel.  Vgl.  noch  65,  1.  2,  73. 
87.  P.  89  und  Sg  in  58. 

ag  (=  aj):  2.  1,  5.  Märea  cu  pustmrile  34,  33*  P.  1.  — 
3, 5.  Care  läsä  mälurile  P.  1, 1  und  Conv.  36, 390.  —  2, 5.  Gonind 
ideälurile  Conv.  36,  390. 

ag  (=  ag):  2.  4,  6.  Ingenunchem  rugindu-te  P.  111,  2.  — 
2,  6.  Luceäftrului  märilor  P.  111,  15.  P.  103. 

ag  (=87):  2.  3,  7.  Sun  'un  grier  sub  o  grindä  55,  Grazel,  2. 
Floare-albästrä!  floare-albästrä  22,  14^.  —  1,  7.  Dülce  Imi 
veneai  In  ümbra  44,  4^  —  2,  7.  De  nü  mai  uita  Incälte  22,  1^. 
—  5,  7,  Si  Intunecäta  märe  22,  2*.  —  4,  7,  Minca-i-ar  inima 
ciinil  86,*38*.  —  3,  21  4.  8,  3^.  11.  22.  25.  26.  26,  SK  12K 
27,  31  29.  30—32.  34.  35,  6  2.  42.  44.  47.  49.  50.  53.  55.  59. 
61.  63.  64,  8^.  72.  77.  78.  80.  89.  92,  3».  93.  Postumen:  1. 
6.  9.  23,  9.  27.  33.  43.  49.  65.  94.  97.  99.  106,  11.  109.  Conv. 
36,  390.  397.  398.  399.  402.  Cosbuc  z.  B.  in  „Un  basm":  3,  7. 
1,  7.  5,  7. 

ag:  2.  4,  8.  Cäci  tu  isvör  lestl  de  viie^  58,  72».  2,  8. 
Hyperion,  ce  din  genünt  58,  75^  noch  in:  36.  46.  57.  65.  66. 
67,  IK  69.  71,  4*.  73.  75,  2^.  76,  11*.  79,  5^.  87.88.  Postumen: 


—    234    — 

3.  4,  20.  15.  22.  25,  4.  30.  35.  38.  45.  46.  66.  79.  86.  89,  T. 
104,  9.  17.  Conv.  36,  389.  400.  401.  Vereinzelt  auch  Typus 
6,  8:  Dar  Incä  de  te-asteäpt&'n  präg  67,  3^. 

Anmerkung.  In  58  ist  derselbe  Wechsel  der  Tonsilben 
zw.  4,  8  nnd  2,  8  in  den  ag  derselben  Str.  heryoizuheben  wie 
er  beim  aj  in  demselben  Gedicht  schon  erwähnt  wurde.  Die 
Str.,  die  hier  in  Betracht  kommen  sind  folgende:  13.  15.  19. 
25.  27.  30.  33.  41.  48.  60—62.  73.  75.  77.  78.  84.  86.  88-94 
=  25  Str.  Bemerkenswert  ist  es,  daß  in  den  letzten  7  Str. 
sowohl  die  ag  wie  auch  die  a^  (=  a^)  diesen  regelm.  Wechsel 
ohne  Ausnahme  aufweisen.  Im  ganzen  Gedicht  sind  also 
43  Str.  (von  94)  worin  ein  Wechsel  der  Tonsilben  beider 
isometrischen  Verse  stattfindet  und  17  Str.  haben  ihn  in  allen 
vier  Versen.  Alle  diese  Gedichte,  in  Sg  geschrieben,  sind  mit 
Ausnahme  des  „Luceafarul"  58,  lyrische. 

a9  (==  ag):  2.  4,  9.  Si  sä-mi  pui  lira  |  de  cäpätli  13,  12^ 
(regelm.  paroxit.  RhschL).  2,  8.  Sä  päre,  cum  cä  alte  välari 
69,  3*.  36,  71.  57.  69,  8».  \  75.  76.  31  P.  3.  P.  22,  4»  R  25,9. 
P.  30.  P.  35.  P.  38.  P.  45.  P.  79.  Conv.  36,  400.  401  und  ein 
Gedicht  von  vier  Str.  in  der  Zeitung  Vointa  Nationala. 
20.  Jahrgang  (1903)  Nr.  für  30.  September  in  dem'  Aufeatz 
Literatura  si  alcoolul  (IL  Chendi).  Ein  Vers  mit  den  Vers- 
akzenten auf  der  6.  und  8.  Silbe  wie  bei  ag :  S'a  desprimäTarät 
pädürea  57,  4 1  (vgl.  Str.  4). 

»9  (=  %)•  3.  2,  5,  8.  Sperän|i'a  lor  frünte  'nsenina  7,  S'. 
Pustiul  si  märea  si  moärtea  P.  22,  16.  P.  66,  4.  8.  Conv.36,3S9. 

89:  3.  3,  6,  9.  In  mormint,  in  adincul  mormint  P.  46,  S. 

4.  12.  16. 

Äio  C*™  ^s)«  2.  4,  9.  Ce-a^i  fost  viä^a  ||  viie^ii  mele  13,  J'- 
2,  9.  0  bühä,  care  ^iplnd  a  jele  13,  i\  Der  scheinbare  Wider- 
spruch: feste  Tonsilbe  die  9.  trotz  a^o  =  ag  soll  zugleich  zeigen, 
daß  der  Rh  sc  hl  ein  regelm.  paroxyt  isi  13,  10^  scheint 
3  Versakzente (4?)  zu  haben:  3,  6,  9,  Orb,  nebün,  care  blästÄma 
firea.  Es  ist  möglich,  daß  der  Dichter  dem  Gedicht  dieaen 
Typus  untergelegt  hat:  4  Tonsilben:  2,  4,  7,  9.    Manche  Verse 


—    235    — 

zeugen  dafftr.  Der  hier  vorgeschlagene  ist  einfacher  und  wie 
es  mir  scheint  passender. 

tLiQi  2.  4,  10.  Abia  'n^lese,  pline  de  n^eles  P.  17,  5.  2,  10. 
leü  läcom  de-al  täü  farmec  ca  un  päj  P.  102,  3.  6,  10.  De 
ne'  ntilneam  de  mült  si  nn  perdeäm  P.  101,  2.  Conv.  36,  299. 
385f.  386.  387.  395.  403  und  P.  54.  Es  sind  it.  Endecasillabi 
tronchi.  Sie  haben  neben  den  hier  angegebenen  zwei  Vers- 
akzenten  noch  einen  dritten,  sogar  manchmal  einen  vierten 
wie  P.  102,  15.  Über  die  Stellen  dieser  fakultativen  Akzente 
s.  weiter  unten.  Dasselbe  gilt  auch  far  die  a^^  (=^^o))  ^^ 
it.  Endecasillabi  pianL 

a^^  (=s  a^o):  4.  3, 5, 9, 11.  TJlicToära-1  strfmtä  ||  si  din  ziduri 
vechi  1,  9  (vgl.  besonders  1,  14).  1,  5,  9,  11.  Cölo  Itngä  lämpä  || 
Intr'  an  mic  letäc  1,  13.  1,  5,  7,  11.  Yörbe  rls  §i  ^pät  ||  sünä 
tn  urecht  1,  10.  1,  5,  8,  11.  Dar,  cum  slnt  cnsüte  ||  slnt  büne 
de  giülgiü  1,  40.  2,  5,  8,  11.  Ce  nöbil  transpäre  ||  din  giülgiul 
de  in  1,  66.  3,  5,  7,  11.  La  trecütu-|i  märe  ||  märe  viitör  9,  1^. 
noch:  1.  7.  9,  4i  17.  19.  P.  29.  Das  Gedicht  verrat  sich  durch 
die  vielen  Typen  als  Erstlingswerk  (1865  s.  auch  a]2).  Schledit 
gebaute  Verse  (Fehlen  einer  Silbe)  sind  7,  7^  mit  den  Ton- 
silben 2,  5,  8,  10;  dann  17,  10^  und  P.  29,  8  mit  2,  5,  7, 10. 

^11  i'^  ^lo)*  2-  ^1 10-  S^  ^^s  viä^  falnicei  Vene^ii  41, 1^ 
6,  10.  Izbeste  n  zidurt  vechi,  sunlnd  din  väluri  41,  2^.  2,  10. 
Sä  stinge-atunct  o  via^  de  durere  38,  4^.  It  Endecasillabi 
piani,  s.  noch  37.  38—41.  62.  90.  91.  P.  17.  P.54— P.62.  P.  101. 
Conv.  36,  292.  299.  385f.  386.  387.  395.  403.  405—408.  Das 
antike  Versmaß  (die  sapphische  Strophe  60.  P.  11)  soll  hier 
nur  erwähnt  werden. 

%2  (=  ^o)-  '^'  3,  5,  9,  11.  Clnd  aüd  vre-odäta  ||  un  rotünd 
egümen  1,  1.  3,  5,  7,  11.  Mä  intreb:  Acesta  ||  poäte  ca  sä  stie 
1,5.  3,  5,  8,  11.  0  särmänä  ümbrä  ||  orfanä  si  släbä  1,  23,  2, 
5,  9,  11.  Cu  foälele  ncinse  ||  si  obräzul  rümen  1,  2.  2,  5,  8,  11. 
Cum  löste  viät^a  ||  cum  cätä  sä  fie  1,  6.  2,  5,  7,  11.  De  cäre  n 
mul^e  II  nimenea  nu  'ntreäbä  1,  24.  1,  5,  7,  11.  Gläsuri  rata- 
cite  1  trec  prin  geamuri  sparte  1,  11.  1,  5,  9,  11.  Farä  nici  un 
räzim  ||  care  nü  asteäptä  1,  45.     1,  5,  8,  11.  VInätä  le  büza  || 


—    236     — 

lipsitä  de  singe  1,  19.  4,  5,  9,  IL  In  fantasü  mindre  ||  ea  ist 
&ce  cale  6,  5^,  wenn  nicht  fiantasü.  Noch  in:  4,  1'.  6, 5^^ 
9.  17.  19.  Schlechtgebaut  sind  Verse,  die  nur  3  feste  Ton- 
silben haben  wie  1,  4  mit  5,  8,  11.  Si  cä  pocaanfa  urmeäzä 
pläcerei.  5, 7, 1 1.  Pe  nefericita  dolce  ;i  cuminte  1, 44.  Es  fehlt  eine 
Silbe  im  Bhschl.  17,  10  ^  mit  Tonsilbe  2,  5,  7,  10.  Im  antiken 
(eigenen)  Versmaße  ist  85  geschrieben:  L^^^^L^  L  kj^j  Lsj^^L^ 
(ai2  =  a,i). 

aia:  4.  2,  6,  8,  12  und  2,  6,  10,  12.  P.  96,  1.  2.  Pllngindtn 
ai  yenit  ||  [acüm]  pe-acest  pämint  Amici,  ce  te-afiteptäü  |  te-aü 
salntät  zlmbind. 

Ä18  (=  »12):  4.  2,  6,  9,  13.  Entmsän  halne  älbe  i  ca  fäta 
spre  altäri  56,  1^  4,  6,  9,  13.  De  clnd  cazü  un  trisnet  |  In  dorn, 
de-atunci  In  sömn  56,  42  ^  2,  6,  11,  13.  Statind  un  Indärltnic 
un  sfiiciös  copil  56,  7^  4,  6,  11,  13.  Cäror  a  mea  fiinta|oß 
semizeü  päreä  56,  5^.  3,  6,  9,  13.  Si  pe  vöi  contra  voästra  [  in 
lüptä  iei  vä  min  24,  9*.  1,  6,  9,  \3.  Förmele  sä  schimbära  ' 
dar  raul  a  ramäs  24,  20^  s.  5.  10.  16.  24.  28.  33.  42.  43.  45. 
48.  56.  70.  74.  95.  96.  Postumen:  7.  32.  51.  67.  83.  91.  96. 
107.  Conv.  36,  387.  388.  391.  394.  396.  Einzelne  Verse  mit 
den  Tonsilben  2,  6,  10,  13:  28,  9.  P.  85,  8;  —  mit  nur  drei 
festen  Tonsilben  42,  18.  23.  48,  3  ^  —  24,  36^  hat  nur  die 
zweite  Reihe  mit  betonter  9.  und  13.  Silbe. 

Bi3  (=  ajj):  4.  4,  6,  8,  12  (s.  auch  aij).  Sä  päräsesti  öm- 
bind  II  amicii,  ce  te-or  pllnge  P.  96,  4. 

aj4  (=  a^j):  4.  2,  6,  9,  13.  Incet,  adlnc  räsünä  ||  cinürile 
de  clerici  56,  1^  4,  6,  9,  13.  Ca  0  poveste-uitätä  |  Ardd  in 
minte-r  sünä  56,  58^.  2,  6,  11,  13.  Sub  bölta  cea  tnältaja 
unei  vechi  biserici  56,  1^.  4,  6,  11,  13.  lel  feste  möart^a 
mör^t  II  si  Invierea  vie^iü  45,  14.  1,  6,  9,  13.  Bacnete,  vuiet  de- 
ärme  ||  pätründ  marea  cea  cäldä  24,  29^.  in:  5.  10.  12.  16.  24. 
28.  33.  42*.  43.  45.  56.  68.  74.  95.  Postumen:  7.21.3151. 
67.  83.  91.  96.  107.  Cony.  302.  387.  388.  391.  394.  396.  Ver- 
einzelt:  4,  6,  10, 13:  12,  13^;  —  4,  6,  8,  13:  24,  13*.^  —  3,«. 
9,  13:  24,  4I;  —  2,  6,  10,  13:  24,  11*.  21*.  23*;  —  2,  6,  8,  l-^- 
24,  IIK  95,  6".  Conv.  36,  396  Vers  7  von  unten.    Mit  nur  drei 


—    237    — 

festen  Tonsilben:  2,  6,  13.  Com  cürge  profe^a  unei  leremiäde 

10,  4\  6,  9,  13:  68,  6.  P.  73,  9.  Nur  die  zweite  Reihe  mit 
9,  13:  28,  17.  P.  96,  6  ist  ein  antiker  Hexameter.  P.  51,  2.  7 
und  P.  71,  16  haben  gegen  die  Regel  oxyt.  Rhschl. 

Denselben  Vers  sl^^  (=  3^2)  ^^^  regelmäßig  parozjt. 
Rhschl.  haben  in  epischen  Oedichten  auch  Alexandri  z.  B.  in 
„Strofe  lui  C.  Negri",  wo  Vers  2*  auch  nur  3  feste  Tonsilben 
hat,  Bolintineanu  in  „Fatme*',  Vlähu^  in  „Mamei",  Cosbuc 
in  „Jertfele  Impäcärei",  „Somnul  codrilor". 

^15  (=  ^4)*  ^'  3,  7,  11,  15.  Asezind  genunchiü  si  mina  || 
cind  pe-un  cöl^  clnd  pe  alt  cöl^  55,  7.  1,  7,  11,  15.  tnträ,  unde 
zidul  negru  ||  intr  un  ärc  a'ncremenit  55,  10.  3,  7,  13,  15.  Si 
päteazä  umbra  verde  ||  cu  misterioäse  düngi  86,  7.  1,  7,  13,  15. 
Toäte  sä  Intind  nainte-i  ||  Ca  pe-un  uriäs  covör  53,  35.     5,  7, 

11,  15.  lar  catapiteasma  lümei  ||  In  adfnc  s'a  Inegrit  51,  81. 
3,  7,  9,  15.  Prin  lei  cürge  rumenirea  ||  mindra  ca  de  trandafin 
55,  127.  1,  7,  9,  15.  Vecinic  leste  numai  riul  ||  riul  leste 
demiürg  54,  104.  Vereinzelt  mit  Tonsilben  2,  7,  10,  15:  15,  3^; 
—  2,  7,  12,  15:  23,  23^;  —  3,  7,  12,  15:  86,  44;  —  3,  5,  11,  15: 
53,  7.  174;  —  6,  7,  11,  15:  55,  121;  —  3,  7,  15:  51,  90.  In  14. 
15.  18,  3».  20.  21.  23.  51—55.  86. 

Ai6  (=  ^4)-  ^'  3)  '^1  II9  1^-  P®  ^^  ^^^^  räsare  lüna  ||  ca  o 
Yäträ  de  järätec  55,  1.  1,  7,  11,  15.  Pinza  cea  acoperitä  ||  de  un 
cölb  de  pietre  scümpe  55,  36.  3,  7,  13,  15.  Si  pätrüns  de-o 
bucurie  ||  si  fermecatöare  jäle  86,  35.  5,  7,  11,  15.  S-apoi  li 
suceste  pärul  ||  pe-al  lei  deget  alb  sub^re  55,  193.  5,  7,  9,  15. 
Si  de  s'ar  puteä  pe  dinsa  ||  cineva  ca  sä  o  prindä  55,  51.  3, 
7,  9,  15.  Pe  potica  dinspre  cödri  ||  eine  oare  sä  coboärä?  55, 153. 
1,  7,  9,  15.  Inima-i  svicneste  täre  ||  viä^i  par'-cä  sä  räpüne 
55,  190;  s.  noch:  14.  15.  18.  20.  21.  23.  51,  12.  52—55.  86. 
Conv.  394.  395.  Vereinzelt:  4,  7,  13,  15:  15,  3^;  —  3,  7,  10,  15: 
23,  26^  53,  82.  21,  1^;  —  2,  7,  9,  15:  53,  276;  —  2,  7,  11,  15: 
86,  37.  55,  146;  —  3,  5,  9,  15:  86,  38;  —  7,  11,  15:  52,  62;  — 
3,  7,  15:  86,  63. 

ai7  (=  a^g):  ein  antiker  Hexameter  P.  96,  5.    Im  antiken 


-     238    — 

Versmaße  sind  geschrieben:  60.  85.  P.  Uff.  P.  96,  5.6  und 
„Mitologicale''  in  Sämtnätornl  I,  2,  83.  Buc.  1902. 

Eine  Variation  des  rhythm.  Typus  bewirken  die  Satz- 
akzente und  die  Wortakzente  (Subst  Adj.  Verb,  mdualbig: 
Num.  Pron.),  wenn  sie  nicht  zu  gleicher  Zeit  auch  die  feste 
Tonsilbe  bilden.  Dasselbe  hebt  auch  Blanc  in  seiner  Dar- 
stellung der  it  Metrik  hervor  S.  695  und  besonders  S.  69T 
und  698. 

So  hat  der  a^  (=  a^)  bei  Typus  2,  6  noch  die  4.  Silbe 
betont,  z.  B.  S'anin  cundni  de  stele  58,  35^.  Die  3.  la  las 
catä-t;i  de  treabä  58,  48^  bei  Typus  4,  6  auch  die  2.:  Sub 
öchii  mei  ramfie  58,  53^.  Ein  solcher  Akzent  ist  starker  als 
die  feste  Tonsilbe  in  einem  Vers  (a^  =  a^)  wie  Märes  co 
pustiurile  34,  33  (in  den  Volksliedern  aber  nicht  L.  P.  32, 6: 
Dealul  cel  cu  riurile).  Typus  5,  7  (a^  =  a,)  hat  noch  die 
1.  Silbe  betont:  Par'ca  mi  te  vad,  drägu^a  92,  3'.  22,  14*: 
Typus  1,  7  häufig  noch  die  5.  betont:  Päjul  Cupidon  Tideänul 
32,  1^  oder  Cödrule  cu  rluri  line  34,  19  (volkst).  Auf  der 
dritten  Silbe  liegt  der  Satzakzent:  Vecinic  nü  te  mai  ivesti 
44,  1^.  S.  noch  26,  6».  14».  27,  3».  2'9,  9^  30,  1^*.  44, 4'.  47, 
4K  49,  62.  59,  6».  93,  2».  3».  P.  1,  7.  P.  27,  7.  9.  15.  16.  P.  106,11. 
In  der  Sammlung  von  Volksliedern  des  Dichters  sind  häufig 
solche  Verse,  TgL  Nr.  91,  1.  92,  9.  89,  17.  79,  1.  81,  1.  77, 2S. 
71,  17.  70,  10.  48,  5.  13.  45,  4.  37,  5  etc.  etc.  Typus  2,  7  hat 
noch  die  5.  betont:  De  ce'ntorci  tu  ochiT  n  läturi  P.  23,  9: 
Typus  3,  7.  hat  noch  die  1.  bei:  Cr&gT  Intind  peste  zapläz 
44,  22.  47,  5*.  72,  6^.  89,  3*.  Typus  1,  7  noch  die  3.:  Simte-a 
lüi  singurätäte  64,  8*. 

Der  a^  hat  bei  Typus  2,  8  noch  die  6.  Silbe  betont  «.  B. 
„Dar  nöp^Ie-s  de-un  farmec  sfint  58,  62^.  Reiä-mi  al  nemu- 
ririi  nimb  58,  73*;  s.  noch:  58,  19^.  13».  15».  2b\  27».  33^ 
41».  48».  60».  61».  75».  77^  781  84».  86».  88».  89\  901  91-. 
92».  931  94^  66,  2».  8».  67,  7».  69,  5*.  71,  4».  73,  1^.  2».  9^ 
12».  76,  11^.  87,  4».  88,  4^  5».».  P.  4,  20.  P.  15,  1.  P.213. 
P.  25,  4.  P.  38,  12.  P.  36, 18.  20.  P.  46,  11.  15.  P.  86,  11.  Typus 
4,  8  noch  die  2.:  Si  ochii  märi  si  grei  mä  dör  58,  37^    Mä 


-    239    — 

d6r  de  crüdal  täü  amör  58,  ZIK  58,  26^.  412.  433.  493,  531, 
64».  741,  763.  931,  69^  82.*.  P.  79,  12.  Typus  6,8  noch  die  2.: 
67,  3^ 

Der  89  (==  ag)  hat  bei  Typus  4,  8  noch  2.  oder  die  2. 
und  6.  Silbe  akzentaiert  N'aüzi  cum  frünzele  n  poiänfi  57, 
2^  0  apä  vecinic  cÜÄtoäre  57,  3».  75,  23.  76,  9*.  P.  4,  5. 
P.  22,  4.  R  30,  9.  P.  36.  1.  9.  19.  P.  38,  7.  S'  aüzi  cum  cödrul 
frünza-81  bäte  57,  5»  4\  P.  3,  11.  P.  5,  3.  Typus  2,  8  hat  öfter 
entweder  die  6.  oder  die  4.  Silbe  noch  akzentuiert:  Viä^  unii 
däü  problemei  P.  25,  7.  Ca  spnjm&  veda  ntreägä  69,  b\  ZK 
33.  36,  7^  57, 1^.  P.  26,  1.  P.  35,  9.  13.  P.  36,  11.  23.  25.  P.  37, 

1.  P.  38,  5.  Cäint»  Tad  urmlnd  greselÜ  P.  25,  15.  P.  25,  9. 
76,  9^  Die  89  in  13  weisen  besonders  reichhaltige  rhythm. 
Variationen  auf:  Typus  4,  9  noch  mit  akzentuierter  1.  Silbe: 
z.  B.  4*,  2.:   IS  3.:  3»,  6.:  2\     1.  und  7.:  V,  1.  und  6.:  21 

2.  und  7.:  lOS  2.  und  6.:  5».  3.  und  8.:  11  —  Ebenso  die 
a^o  ^  demselben  Gedicht 

Die  it.  Endecasillabi  (a^o  nnd  a^i  =  &10)  ^^^  sie  in  den 
Sonetten  und  Terzinen  yertreten  sind,  haben  außer  den  zwei 
festen  Tonsilben  fast  regelmäßig  noch  einen  dritten  Akzent 
Mit  bloß  den  zwei  festen  Tonsilben  sind  z.  B.  P.  17,  5.  9.  90,  1^. 
Würde  man  die  Endecasillabi  mit  mehr  als  drei  Akzenten 
lesen,  dann  würden  die  Verse  einen  mehr  antiken  Charakter 
annehmen  wie  90,  1^  oder  noch  mehr  39,  2^.  Die  Fest- 
stellung des  dritten  Akzentes  hängt,  besonders  in  Fällen, 
wo  zwei  Möglichkeiten  gegeben  sind  z.  B.  Typus  4,  10  mit 
noch  akzentuierbarer  6.  oder  8.  Silbe,  lediglich  Tom  rhythm. 
Gefahl  und  ästhetischen  Mitempfinden  des  Lesers  oder  unter- 
suchenden. Dieser  dritte  Akzent  fallt  wie  die  anderen  zwei 
festen  Versakzente  auch  auf  eine  Paarsilbe  (ygl.  Blanc,  S.  697, 
698).  So  finden  wir  Endecasillabi  mit  den  Tonsilben  4,  10, 
die  noch  die  2.  Silbe  betont  haben  wie  38,  1^  oder  die  6.  wie 
.37,  V,  oder  die  8.  wie  91,  2^.  Auch  die  1.  und  7.:  P.  54,  V, 
P.  59,  22,  die  2.  und  8.:  P.  102,  15.  Neben  den  festen  Ton- 
Silben  2,  10  ist  noch  die  4.  betont  P.  102,  16;  die  6.:  38,  3^. 
62,  2^  oder  die  8.:  P.  17,  11.    Typus  6,  10  hat  noch  die  2.: 


—    240    — 

38,  1*  betont  oder  die  4.:  37,  3^  zweimal  die  4,  8.  39,2*. 
90,  12. 

Für  die  langen  Verse  (243,  ^4=^2  ^^^^  «isi  *i6=*i4) 
gilt  im  allgemeinen  fnr  die  einzelnen  Beiben  was  oben  ftber 
die  kurzen  Verse  gesagt  worden  ist  Sind  die  festen  Ton- 
silben Paarsilben  resp.  Unpaarsilben  bei  Versen  jamb.  oder 
trocbä.  Charakters,  dann  maß  jeder  weitere  Akzent  aach  &nf 
eine  Paarsilbe  resp.  Unpaarsilbe  fallen.  Verse,  die  gegen  diese 
Regel  verstoßen,  sind  schlecht  gebaut,  weil  sie  nicht  dem  Weseo 
des  rum.  Rhythmus  entsprechen,  wie  z.  B.  58,  48*  la  las*  catati 
de  treäbä  mit  einem  Akzent  auf  der  dritten  statt  auf  der  yiertai 
Silbe.  Ebenso  58,  301  87,  3».  P.  36,  26  auf  der  5.  statt  auf 
der  6.;  35,  4^  auf  der  4.  statt  auf  der  5.;  so  auch  die  Ende- 
casillabi  wie  P.  54,  IK  P.  59,  2\  Conv.  385,  2S  welche  den 
dritten  Akzent  auf  der  7.  statt  auf  der  6.  oder  8.  bei  Typus 

4,  10  haben,  oder  auf  der  ersten  und  neunten  wie  Cony.  385,3- 
Vgl.  auch  die  Verse,  die  unter  den  rhythm.  Typen  als  ver- 
einzelt vorkommend  aufgeführt  sind  und  die  harten  Tonsilbeo- 
stöße:  21,  62.  13^  15*.  23,  23*.  51,  37.  38.  53,  149.  55,  60. 121. 
163.  169.  P.  20,  7.  Conv.  399,  6. 

Als  ungeschickt  gebaut  sollen  auch  diejenigen  Verse  hier 
erwähnt  werden,  die  an  den  Stellen  der  festen  Tonsilben  Konj. 
oder  Praep.  haben  oder  sonstige  Wörter,  denen  wegen  ihrer 
Bedeutungslosigkeit  betreffs  des  Inhalts  nur  im  Notfall  ein 
solcher  starker  Versakzent  zukommen  kann.  Eonj.  cum:  84,6^. 
7*  (oder  haben  diese  Verse  nur  eine  feste  Tonsilbe?)  P.  96,6- 
si:  2,  31  vgl  auch  e^  =  a5,  precum:  P.  71,  4,  incä:  86, 16.75. 
dupä-ce:  93, 1  \  däcä:  P.  69, 1 6. 48, 3S  ca  si  clnd,  pe  cind:  P.  106, 
14.  83,  1^^  decit:  P.  107,  17,  plnä:  P.  41,^6.  7.  2,  l^  ftra:  P.  4". 

5.  10,  insä:  51,  6,  dar,  asadar:  1,  40.  86,  98.  Praep.  föra:  Sl). 
44.  P.  85,  1.  84,  10*,  pentra:  13,  11^  Adv.:  Inca:  87,4*. 
67,  V,  mäcär  P.  69,  3,  nict]  cind  P.  71,  4.  pe  dnd  P.  81,  lÖ. 
clnd:  34,  53,  cum:  P.  74,  10,  unde  P.  104,  4.  12.  20,  oare:  P.4Ö. 
5,  numai:  P.  78,  6,  prea:  8,  8^,  asä:  7,  7*.  8*,  nüma[i  54,5. 
86,  29,  nici:  23,  23*.  Personalpronomina  können  jedoch  einen 
Versakzent  haben  z.  B.  80,  2:  plinsu-mi-s'a,  von  den  anderen 


—     241    — 

kommt  care  mit  einer  festen  Tonsilbe  am  häufigsten  vor. 
Co§buc  verfahrt  in  dieser  Beziehung  ebenso  frei  wie  E 

3.  Einfluss  der  Metrik  der  Volkslieder. 

Die  bis  jetzt  angeführten  und  andere  mehr  oder  weniger 
auffallende  Eigentümlichkeiten  der  Metrik  E.s  lassen  sich  auf 
den  Einfluß  der  Metrik  der  Volkslieder  zurückfuhren. 
Wir  können  ihn  in  folgenden  Punkten  zusammenfassen: 

1.  Eine  reichere  Beweglichkeit  der  festen  Tonsilben  z.  B. 
80, 37—40. 

2.  Veränderlichkeit  der  Zahl  der  festen  Tonsilben  in  den 
kurzen  Versen  z.  B.  P.  19,  9—12.  P.  20,  9—12  (vgl.  4  und  7). 

3.  Akzentvorschiebung,  auf  unbetonte  Silben  im  Reim, 
z.  B.  58,  413.  633.  67, 1\  69,  2*  (s.  auch  Akzentverlegung). 

4.  Nebentonige  Silben  als  feste  Tonsilben  (vgL  3)  z.  B. 
binecuvinteze  45, 22.  Daß  E.  dies  zugegeben  hat,  scheint  erwiesen 
zu  sein  noch  durch  P.  12,24:  indiferentä  im  antiken  Vers- 
maße, ebenso  P.  13, 4. 8  cütremurind-o,  nemuritöare,  welche  Verse 
wie  die  anderen  zwei  Akzente  haben  sollten  und  P.  28,  14  S'a 
Mintuitörului,  der  einzige  Vers  in  dem  Gedicht  mit  nur  einer 
betonten  Silbe  statt  zweier.  Vgl.  noch:  ämindöuä  68,  6,  spin- 
zurätörile  80,  62,  singurätäte-mi  81,  3^2.  82,  9*.  83,  3^^  misca- 
töarele  P.  63, 1 1.  L.  P.  42, 13,  adeseöri:  P.  5, 2. 8, 8^.  necuprinsele 
P.  64,  3.  2,  2  3  (Cosbuc  auch).  Die  rezitative  Vortragsweise  der 
rum.  Volkslieder  mag  zu  dieser  Auffassung  beigetragen  haben. 
Man  kann  aber  auch  an  einen  Einfluß  der  antiken  oder  «elbst 
der  deutschen  Metrik  denken  (die  Komposita). 

5.  Die  Wiederholung  desselben  Wortes  in  Reihen,  in 
Versen  z.  B.  86,  16.  17;  Wiederholung  von  Halbversen:  P.  68, 
2.  3.  54,  139.  148.  55,  102.  198.  218.  226.  95,  4^2.  91.2.  yon 
Versen:  P.  73,  17.  23.  53,  183.  187.  185.  191. 

6.  Verse  aus  nur  einsilbigen  Wörtern:  P.  40,  10.  P.  41,  13. 
17.  21.  34,  7.  13.  L.  P.  108,  7.  13.  L.  P.  109,7.  63, 12. 18.  L.  P. 
115,  4.  5.  6.  8.  11.  12. 

Weigand,  U.  Jahresbericht.  16 


—    242    — 

7.  Verse  aus  nur  einem  Wort:  P.  40, 12.  P.  80, 8.  P.  81, 16. 
L.  P.  141, 10. 

8.  Keimtiraden:  55,  189—192.  53,  192—195.  63,  14—17. 
P.  14,  1—5. 

4.  Akzentveriegung. 

Am  Anfange  dieses  Kapitels  ist  schon  angedeutet  worden, 
daß  manchmal  die  feste  Tonsilbe  nicht  zu  gleicher  Zeit  audi 
Worttonsilbe  ist,  weil  dem  Rhythmus  gemäß  eine  nebentonige 
oder  unbetonte  Silbe  des  Wortes  an  die  Stelle  der  festen 
Tonsilbe  zu  stehen  kommt.  So  kann  eine  der  sonst  üblichen 
Worttonsilbe  nachfolgende  oder  vorangehende  Silbe  nach  dem 
rhjthm.  Typus  einen  Yersakzent  bekommen  und  je  nachdem 
werden  wir  von  einer  Akzentvorschiebung  oder  -Zurückziehung 
sprechen,  wobei  das  Schriftrum.  als  maßgebend  angesehen 
wird.  Sodann  ergeben  sich  als  Ursachen  für  die  Akzent- 
veriegung außer  dem  Rhythmus:  der  Reim,  der  RhschL 
und  der  YersschL  und  außerdem  wird  durch  diese  dann 
scheinbare  Akzentverlegung  ein  Kriterium  gewonnen  für  die 
Erkenntnis  der  dialektischen  Akzentuierung  einiger  in 
Frage  kommenden  Wörter  imd  Formen.  (Ich  unterscheide 
noch  die  Akzentverlegung  wie  in  murmür  von  der  Akzent- 
vermehrung infolge  einer  Verlegung  wie  z.  B.  in  stelelör,  ürmele, 
cine-vä,  cimpfi  (schwebende  Betonung);  bei  der  letzteren  wird 
der  übliche  Akzent  nicht  unterdrückt,  wohl  aber  bei  der  ersteren). 

Des  Reims  wegen  ist  der  Akzent  vorgeschoben:  murmür, 
purpür  4,  42.  *  (vgl  4,  13»),  Valhala  6,  4«,  cineva  53,  182,  fnima 
58,  6^  asemenea  58,  41  ^  67,  7^,  unde-va  69,  2^  pllnsu-mf-s-a 
80,  2,  adeseöri  P.  5,  2,  uneöri  P.  44,  16,  sferelör  11,  4*  ochilor 
11, 5*,  stelelör  P.  104,  11. 19,  crinulüi,  sinulüi  3, 2^.  ♦,  clmpulüT, 
slnulüi  4,  15^.  %  'mprästie  55,  25,  urmel6  58,  63^;  zurückge- 
zogen: in  32,  7*,  copii  (2  silbig)  für  copii  (3  silbig)  um  es  mit 
oohii  reimen  zu  lassen. 

Des  paroxyt.  RhschL  wegen:  vorgeschoben:  murmüra 
56, 18^;  zurückgezogen:  adoärme,  statt  ar  adormi  5,  9^  mfros 
54,  32,  tirani  24,  11  \ 


—    243    — 

Des  paroxyt.  YersschL  wegen  Yorgeschoben:  gingasä 
44,  4^  (vgl  4,  9*)»  zurückgezogen:  rämtne^  35,  7,  pröfir,  6fir 
L.  P.  162,  33.  34. 

Innerhalb  eines  Verses  wird  eine  unbetonte  Wortsilbe, 
die  der  Worttonsilbe  folgi  gleich  dieser  starkbetont  (sehweb. 
Beton.):  Capidön  32,  IS  clmpli  21,  1\  tnfdndiL  55,  146,  nlmlca 
23,  23*,  nümai  P.  14,  4;  —  der  Worttonsilbe  vorangehende 
Sübe:  Marina  15,  18^  Eufratul  53,  29,  paranimfö  7,  4^  diadömS 
14,42,  zefiruluJ  24,  355,  genünchi  P.69,21,  zef irilor  Conv.  402. 
anticei  Conv.  406,  4*. 

Dialektische  Akzentuierung  scheinen  folgende  Wörter 
(Flexionsformen)  zu  haben:  astfei  10,  4S  spuneti-mi  24,  3S 
face^i 24, 151  56, 30^  arde^i  24, 16^,  sintern  43, 12  (vgl.  Weigand, 
Dialekte  der  Moldau  55)  53,  78.  54,  81.  64,  12^  duc6ti  82,  1», 
punem 86, 97, fäcem Rill,  13, sinte^I 53,  274. 249. P. 30, 5. 36, 17, 
^em  P.  84,  3,  cadet;i  12,  5^  mlnglie  (mlngäie)  P.  49,  3,  din- 
colo  24,  8^  46,  4S  celör[a  P.  8,  18.  24,  31  17^  55,  48,  gingasä 
44,  41,  astei  96,  4  3,  celüia  P.  69,  27,  cÄröra  P.  108,  2,  numdi 
P.  14,  4,  murmür  26,  12  *  (öfter). 

Es  gibt  aber  Wörter,  die  auch  im  Schriftrum.  zweierlei 
Akzentuierung  haben  können.  Solche  sind  auch  die  oben 
angeführten  Verbalformen,  die  auch  spünem,  facem,  face^i, 
ardeti,  stntem,  sinte|ii,  düce^i,  pünem,  ^nem,  cäde|ii  lauten; 
außerdem:  astfei  —  astfei  (10,  AK  45,  41.  24,  421  17,  11  4,  8^ 
15,  6*^),  murmür  — mürmur  (26,  12».  101  20^  4,  4\  13».  52,  47), 
gingasä  —  gingasä  4,  9*,  gingäsul  —  glngasul  95,  8'^  Cupidön 

—  Cupfdo  54,  33,  Dariü  — Däriü  53,  116,  prima- varä  —  prfmä- 
varä  15,  6»,  vfrgin  —  virgln  9,  6^  36,  9^.  86,  61,  bölnavä  — 
bolnavä  14,6*,  flamingo  —  flamingo  21,  13^,  äripe  —  arfpe  23, 
9^  ^  biografia  —  biografia  51,  128,  ärmia  —  armia  53,  166, 
miros  —  miros  54,  32,  Nicopole  —  Nicopole  53,  103,  Armfndeni 

—  Armindeni  P.  33,  2. 

5.  Die  Pause. 

Die  Pause,  die  sich  bei  längeren  Versen  einstellt  (bei  a4 
und  a^  nur  vereinzelt)  trägt  ebensoviel  wie  die  Tonsilben  dazu 

16» 


—    244     — 

bei,  den  Unterschied  zw.  Prosa  und  rhythmisclier  Rede  heiror- 
treten  zu  lassen.  Sie  ist  zwar  immer  mit  einer  Tonsilbe  ver- 
bunden, und  eben  diesem  Umstände  ist  es  zuzuschreiben,  daS 
man  sie  nicht  genügend  auseinanderhält  Kurz  laßt  sich  der 
Unterschied  zw.  den  Wirkungen  der  Tonsilbe  (der  Akzente) 
und  der  Pause  auf  die  Wörtergruppen  im  folgenden  zusammen- 
fassen: Die  festen  Tonsilben  bezeichnen  die  Reihen  und 
Verse,  die  Pausen  grenzen  sie  ab.  Dies  halte  ich  mir  Tor 
Augen,  wenn  ich  der  Streitfrage  „Zäsur — Reihenschluß — Pause* 
gegenüber  unterscheiden  werde  zw.  Pause  und  Rhschl.  Der 
RhschL  ist  von  diesem  Standpunkte  aus  rhythmisch  in  Hin- 
sicht auf  die  ihm  vorangehende  Tonsilbe,  syntaktisch  mit 
Beachtung  der  sich  nach  ihm  einzustellenden  Pause  zu 
behandeln  (ebenso  der  Versschl.)-  Sowohl  der  Rhschl.  wie 
auch  der  Versschl.  sind  aber  durch  die  Pause  markiert, 
abgegrenzt  (besonders  in  den  Volksliedem)  In  dieser  Weise 
kann  es  leicht  vermieden  werden,  über  eine  weibl.  oder  männL 
Zäsur  zu  sprechen,  denn  in  diesem  Falle  wird  darunter  der 
RhschL  zu  verstehen  sein,  also  das  Wort  oder  die  Wörter 
von  der  letztbetonten  Silbe  an,  die  vor  der  Pause  zu  stehen 
kommen,  und  der  syntaktisch  schwache  Rhschl.  würde  dann 
soviel  bedeuten,  daß  nach  der  betreffenden  Tonsilbe  (und  der 
nachfolgenden  unbetonten)  keine  Pause  gehalten  werden  kann, 
ohne  den  Sinn  zu  beeinträchtigen,  —  sondern  einerseüs  den 
von  Stengel  vorgeschlagenen  Ausdruck  annehmend  spreche  ich 
über  ozyt.,  paroxyt.  etc.  RhschL,  andererseits  über  die  Bedingt- 
heit der  Pause  von  der  syntaktischen  oder  metrischen  Zu- 
sammengehörigkeit der  Reihen  oder  Verse. 

Was  die  Dauer  der  Pause  anbetrifft,  unterscheide  ick 
zw.  RhschL-  und  Versschlußpause.  Die  erstere  ist  kürzer  bei 
einem  rhythmisch  eintönigen  Vorlesen  der  Verse.  Schließt 
der  RhschL  zugleich  mit  einem  Satzschluß  oder  Sinnespause^ 
hat  sie  längere  Dauer.  Man  könnte  die  Behauptung  auf- 
stellen, daß  die  Pausen  in  den  kurzen  Versen  an  Dauer  den 
Pausen  in  den  Reihen  der  langen  epischen  Verse  gleich- 
kommen.    In  diesem  Verhältnis  standen  die  Pausen  des  a- 


—    245    — 

und  ag  gegenüber  den  Reihenpausen  (Pansen  innerhalb  der 
Vershälfbe)  des  e^^  und  a^g  (=  a^i)  und  die  des  ag  gegen  a^g, 
a^^  (=  a]2)-  Die  Yersschlußpausen  aber  solcher  kurzen  Verse 
kamen  den  Pausen  (nach  der  7.  resp.  6.  Silbe)  der  langen 
Verse  auch  gleich.  Beachte  man  z.  B.  56  (Strigoii)  rmd  die 
ag  aus  58  (Lucea&rul)  oder  die  Saidren  und  die  vielen  Ge* 
dichte  in  ag  geschrieben.  Selbstverständlich  sollen  die  Stellen 
der  festen  Tonsilben  in  den  beiden  2u  vergleichenden  Vers- 
arten übereinstimmen. 

Bei  katalektischen  Versen  kann  die  Pause  genau  be- 
stimmt werden;  z.  B.  sie  beträgt  eine  Zeiteinheit  (mora)  am 
Schluß  des  2.  und  4.  Verses  folgender  Strophe: 

Vin'  cu  mine  rätdceste 
Pe  cärari  cu  cotitüri, 
Unde  noäptea  ne  trez^ste 
Olasul  vechilor  pädürt. 


zu  skandieren  so: 


/  / 

ww  —  www  —  vy 


W    W   —    W   V-/   V-'    . 


i  P.  rep. 

oder    am  Schluß  des  zweiten  und  vierten  Verses  dieser  Str.: 

El  tr^murä  ca  alte  da^i 
In  cödri  |i  pe  dealuri, 
Cäläuzind  singurata^ii 
De  miscfttoäre  väluri. 


zu  skandieren: 


/  / 

w  —  v^wwww  — 


/ 

—  w  ^ 

/         /         p 

_  W   —    V^   -L   • 


/  f 

WWV^—    WWW   — 


oder  zwei  morae  in: 


Arald!  strigS  cräiasa  |  las'  fa^  sä-mi  ascünd, 
N  aüzi  tu  de  dep&rte  j  cocosul  rSguslt? 


—    246    — 

zu  skandieren: 

/  /      p  f      / 

'  /  P      I  /  '     P      P 

Wenn  man  im  allgemeinen  über  die  Daner  der  Pausen 
spricht,  80  ist  damit  das  Wesentliche  über  die  Pause  gesagt 
worden.  Bei  einzelnen  Dichtem  würde  es  genügen  Beispiele 
anzugeben,  wo  die  Pause  nicht  gehalten  wird  infolge  der 
syntaktisch  oder  metrisch  unmöglich  zu  trennenden  Reihen. 
Dies  ist  aber  sehr  oft  der  Fall  in  den  lyrischen  Gedichten 
(in  85 — 8^)  E.S.  Beispiele:  Qnd  amintirilen  trecut  79,  1';  — 
Soptmdune'  mpreunä  79,  3^  Putut-aü  oare-attta  dor  79,  0'. 
Isvoarele  'ntruna  81,  2^.  Cum  vlnätoru'  ntinde  'n  cring  58,  52^; 
s.  noch:  80,  12.  81,  2».  3^.  22,  122  35,  61  58,  33*.  851  SS^. 
89».  3.  75,  22.  13.  72,  32  80,  43  (vgl.  Syntax  des  RhschL).  In 
solchen  Fällen  wird  das  Fehlen  der  Pause  immer  ersetzt 
durch  ein  längeres  Verweilen  auf  der  Tonsilbe. 

Die  Dauer  der  Pause  in  den  kurzen  Versen  ist  aber  so 
unbedeutend  (kürzer  als  eine  Mora),  daß  man  sich  umsonst 
Mühe  geben  würde  feste  Regeln  zu  finden. 

Es  wird  wohl  in  allen  Fällen  eine  deutlich  wahrnehm- 
bare Pause  (p.)  eintreten:  l.wenn  die  Reihe  mit  einem  Satzschluf 
endet,  2.  wenn  die  ganze  zweite  Reihe  durch  eine  nähere  Be- 
stimmung ausgefallt  wird  (gleichgiltig  welcher  Art  sie  ist\ 
3.  Wenn  koordinierte  Satzteile  durch  die  Pause  getrennt  werden. 
Diese  Pause  fallt  zusanmien  mit  der  sprachL  Eolongrenze. 

Beispiele:  1.  C&ci  leü  slnt  vie,  tu  lesia  mort  58,  24 ^ 
Trecu  o  zi,  trecurä  trei  58,  25*  etc.  sehr  oft.  2.  Numai  leü, 
rämas  acelas  44,  3 3  gegenüber  dem  4.  Vers  derselben  Str.: 
Bat  mereü  acelas  drum;  der  erste  Vers  mit  einer  längeren, 
deutlicheren  Pause  als  der  zweite.  Cucuntreabä:  „Unde-i 
sora  35,  4^  Lucea&rul  deasupra  lei  Gu  razele-i  senine  58,  25 1 
Dar  dacä  Trei,  cu  crezämtnt  58,  40  ^  De  astazi  dar,  tu  fa  ce 
vrei  66,  2*  (die  Bestimmung  in  der  ersten  Reihe).  De  sa 
ntllneste,  drag  cu  drag  67,33;  s.  noch:  71,  4*.  ^  72,  2*.  l  73, 1^ 
11  ^  75,  2\  3*.  76,  2».  l    3.  Pätrunde   n  casä  si  in  glnd  öS, 


—    247     — 

27^  lelvine  txist  si  glnditor  58,31^  AltemSsti,  aceeasipiesä, 
Alte  gnn,  aceea|i  gamä  72,  6^^;  s.  noch  58,  32^.  75,  1^  eto. 

Die  Pause  in  den  Reihen  des  längeren  Verses  (ai4— a,e) 
wird  nnter  denselben  Bedingungen  vorhanden,  oder  nicht  vor- 
handen sein,  wie  die  Pause  der  kurzen  Verse.  Beispiele: 
Fehlt  die  Pause  aus  syntaktischen  Gründen:  De  departe  'n 
väi  ooboarä  55,  4.  Ah!  organele  's  sförmate  54,  148.  56,  34^. 
52^;  aus  metrischen:  Clod  incheie  c'  o  privire  ||  amoroasele 
'n^elegeri  54,  125b.  Drept  8tiin|ä-aylnd  fn  minte  53,  262a  (V). 
lei  zboar'  —  o  vijelie  56,  54^  trotz  der  Bestimmung,  die  die 
zweite  Halbreihe  ausfallt  Die  Pause  ist  vorhanden:  1.  Ge 
ai  I  de  dnd  pe  sinu^i  56,  45  ^  lei  zboara,  |  vlntul  gerne  56, 
53^  Tlrziü,  |  cäci  faptul  zilei  56,  55^  Arald!  |  nu  vrei  tu 
firuntea  56,  38  ^  Unde's  sirurile  clare  ||  dln  via^-mt,  |  sä  le 
spun?  54,  147  b.  Indräsnesc,  |  ca  sä  rosteascä  53,  254  a.  53, 
209b.  218a.  2.  Cum  nu  vii  tu,  |  Tepes  Doamne  53,  279. 
Venind,  |  can  somn  lunatic  56,  35^;  s.  noch  53,  255  a.  54,  127  b. 
55,  13b.  56,  521  40*a  etc.  3.  Via^,  |  tinere^ea  56,  38^.  Prin 
vlnt,  I  prin  neguri  vine  56,  34  ^  Glnd  pe-un  col^;,  |  cind  pe  alt 
colt^  55,  7b;  s.  noch:  53,  217a.  226b.  249b.  280b.  54,  127a. 
143a. b.  56,  39^b. 

Die  Pause  nach  der  2.  Tonsilbe  ima^j— ajgistbis  auf 
sehr  wenige  Fälle  immer  vorhanden  (vgl.  Bhschl.)  aber  51,  139 
metrisch  unmöglich:  Astea  toate  te  apropi^j-e  de  dtnsii. 

Die  Pause  nach  dem  Versscbluß  der  aj2 — ^6  ^^^  nicht 
nur  durch  die  feste  Tonsilbe,  sondern  auch  durch  den  Reim 
bedingt,  sie  ist  immer  vorhanden;  nur  wenn  der  Versschl.  ein 
syntaktisch  schwacher  ist,  hat  sie  nur  sehr  kurze  Dauer.  Für 
das  Fehlen  der  Pause  nach  Versschl.  s.  unter  Versschl. 

6.  Reihenschluss  und  Versschluss. 

Der  Rhschl.  ist  der  Lautkomplex  (ein  Wort,  zwei  VP'örter 
oder  nur  Silben  eines  Wortes)  von  der  letzten  festen  Tonsilbe 
an  gerechnet,  der  vor  der  Pause  des  Verses  steht  Er  kann 
oxytonisch,  paroxyt.,  proparoxyi  und  viersilbig  sein,  z.  B.  Trecu 


—    248    — 

o  zi  I  58,  25*.  R  3,  5.  Clnd  unul  trece  |  69,2^.  P.  3, 10.  Lucea- 
färul  I  de-asupra  lei  58,  25».  P.  103,  7.  P.  104,  3.  19  Vintu- 
rile  1  valurile  P.  1,  4.  8.  12.  P.  2,  4.  69,  8>.  Die  Langwilen 
(ajj  — ajß)  haben  nur  oxyt.  oder  paroxyt. RhschL  (1  oder2silbig;. 
Nicht  selten  wird  der  BhschL  von  zwei  einsQbigai 
Wörtern  gebildet:  De  ce  uita^,  ca'n  voi  le  24,  11  ^  Cu 
umbre,  care  nu  slnt  24,  8^.  Cäci  va  muri,  clnd  nn  ya  24,  23-. 
Häufiger  sind  solche  Rhschl.,  die  die  Praep.  In  abgekürzt  m 
n  oder  unbet.  Formen  der  Personalpron.  oder  des  Hilftrerb. 
enthalten:  Mt-ar  fi  parut  mat  bine  n  ||  pämlnt  56,  8^.  0  arati- 
mi-te  earä  n  54,  23.  Si  de-aceea  tot  ce  misca  n  53,  130.  Con- 
vins  ca  voi  lel  teste  'n  24,  26*;  —  Ca  sä  steie  tnainte-mi 

53,  104.  Te  fale^tT,  cä  Inainte-fi  54,  123.  Räsärital  lei 
päzlndu-I  54,  10.  Ea  sä  prinde  de  grumazu-i  54,  60.  55,  34. 
Clnd  put  capul  tu  pe  pieptu-mi  55,  91;  —  La  Nicopole  yazut. 
ai  53,  163.  Fulgerele  adunat-aü  53,  93.  Cäci  Tlntul  aduDat-a 
56,  50^.  Besonders  häufig  sind  diejenigen  mit  angehängten 
unbet  Pron. 

Die  Art  des  BhschL  bestinmit  wesentlich  den  Bhythmas: 
oxyi  Bhschl.  —  steigender  Bhythm.  paroxytonisch  (z.  T.  pro- 
parox.)  —  steigend-fallend,  proparox.  (viersilbig)  —  fallend. 
Je  nachdem  die  Yersschlüsse  eines  Gedichtes  derselben  Kaie 
gorie  angehören  wie  die  Bhschl.  oder  verschieden  sind,  ergibt 
sich  ein  eintöniger  oder  mannigfacher  Bhythmus. 

Wie  der  Beim  so  kann  der  Bhschl.  —  vom  a^  (=  ag)  auf- 
wärts —  auch  ein  regelm.  parozji  oder  oxyt.  sein.  Ed 
regelm.  paroxyt.  BhschL  findet  sich  in  folgenden  Gedichten 
(nach  Versart  geordnet):  13.  1.  7.  9.  17.  19.  P.  29.  4.  6.  P.96. 
5.  10.  16.  24.  28.  33.  42.  43.  45.  48.  56.  70.  74.  95.  96.  P.7. 
P.  32.  P.  51.  P.  67.  P.  83.  P.  91.  P.  107.  12.  Conv.  302.  387. 
391.  394—396.  68.  P.  21.  14.  15.  18.  20.  21.  23.  51.  52.  53. 

54.  55.  86.  Ausnahme  machen  nur  wenige  Verse:  P.  51, 2. 7. 
P.  71,  16.  P.  29,  8.  52,  56(?),  welche  oxyt  BhschL  haben. 
In  7.  haben  nur  die  aj^  (=»  a^o)  den  paroxyt.  BhschL  aberzQ 
gleicher  Zeit  regelm.  oxyt.  Versschluß  (Beim).  Diesen  Wechsel 
zw.  paroxyt.  und  oxyt.  im  BhschL  und  Versschl.  zeigen  noch: 


—    249    — 

48.  70.  74.  96.  P.  29.  Denselben  kannte  auch  Logofatal  Conachi 
(Anfang  des  19.  Jh.).  Das  betreffende  Gedicht:  24  Verse,  a^^ 
(=  a^o)  Typus  5,  10  teilt  6.  Bogdan-Duicä  auch  in  „Convorbiri 
Literare^  37,  171  mit.  Ein  regelm.  oxyt.  Rhschl.  kommt  sehr 
selten  vor:  P.  96  (6  Verse)  58,  14  (4  Verse,  zugleich  Binnen- 
reim) und  (85)  bei  regelm.  paroxyt.  Versschi.  Alexandri,  Bolin- 
tineanu,  Vläbu^,  Cosbuc  beobachten  auch  den  regelm.  paro- 
xjt  Rhschl. 

Eine  größere  B.egelmäßigkeit  als  im  RhschL  tritt  im  Vers- 
schluß hervor.  (Ein  *  bedeutet,  daß  nur  eine  Str.  oder  ein 
paar  Verse  Ausnahme  machen.)  Regelm.  paroxyt.  Versschi, 
haben:  27.  35.  37.  38.  39.  40.  41.  50*  59*  (60).  62.  68.  72.  78. 
(85).  90.  91.  Postumen:  (11).  19.  21.  43*.  55—62.  65.  94.  97. 
99.  101*.  106.  109.  Conv,  302.  405.  406.  Ein  proparoxyt  Reim 
wird  durch  Abf.  eines  ä  in  56,  50.  23,  25.  vermieden.  Regelm. 
oxyi  Versschi.:  46.  48.  70.  71.  74*.  88.  96.  Postumen:  14.  29. 
40.  80.  86.  97.  Conv.  392.  Regelm.-wechselnd.  paroxyt.: 
oxit:  3—15.  19.  21.  24.  36.  49*.  57.  58.  65—67.  69.  73.  75—77. 
79.  81—84.  87.  92.  93.  Postumen:  3.  6*  8.  15.  22.  23.  27*. 
30.  35.  38.  45.  46.  47.  49*  54.  (Sonett)  66.  77.  79.  87.  89.  96. 
und  Conv.  389.  391.  400.  401;  regelm.-wechselnd.  oxyt-pro- 
paroxyt:2.P.63;  regelm.-wechselnd.paroxyt.-proparoxyt.: 
94.  P.  28  und  Conv.  394;  regelm.-wechselnd.  paroxyi-vier- 
silbig:  P.  1.  Conv.  390;  regelm.-wechselnd.  paroxyt.-oxyt.- 
proparoxyi:  P.  103*. 

Ausnahmen:  24,  1  hat  alle  5  Versschi,  paroxyt.;  74,  5.  6. 
sind  auch  paroxyt.  In  allen  anderen  Gedichten  wechselt  der 
oxytonische  mit  dem  paroxyt.  VersschL  unregelmäßig,  aber 
so  daß  der  paroxyt.  bedeutend  überwiegt 

7.  Syntax  des  Reihen-  und  Versschlusses. 

Der  Reihen-  und  Versschluß  ist  syntaktisch  fest  dann, 
wenn  mit  der  Reihe  oder  mit  dem  Vers  zugleich  ihr  Inhalt 
abgeschlossen  erscheint.  Der  Rhschl.  in  a^ — ag  ist  wegen  der 
Unmöglichkeit  mit  zwei  oder  drei  Wörtern  jeden  inhaltlich 


—    250    — 

abgeschlossenen  Gedanken  aussprechen  zu  können  syntaktisch 
ganz  frei  behandelt  (freier,  scheint  es,  als  z.  B.  bei  Bolinti- 
neanu  und  Cosbnc).  Diesbezügliche  Beispiele  sind  deshalb 
nicht  nötig  (s.  die  unter  Pause  angefahrten). 

Reihenschluß.  Schwach  sind  jene  ßhschL  (undYeis- 
schL),  nach  welchen  aus  syntaktischen  GMnden  keine  Paose 
gehalten  werden  kann,  z.  B.:  Pfin'  ce  izrorasc  din  yeacari 
stele,  una  cite  una  53,  171.  Pärul  lei  cel  negru'n  yalun  |  de 
mätase  sä  desprinde  53,  16.  Astfei  incäpat  pe  mina  |  a  oii- 
cärui,  te  Tor  drege  51,  135.  Astfei  !n  a  veciniciei  |  noapte 
pururea  adfncfi  51, 71.  le,  cfi  de'nceteazä  ||  lucrul,  foamea  ncepe 
1,  30;  vgl.  noch:  1,  3.  4.  5.  14.  21.  25.  26.  31.  37.  38.  48.49. 
58.  60.  61.  4,  6».  8*.^  9^  IIK  5,  4^.  9>.  6,  3^.  6^  7,  5l  9,3'. 
10,  42.  12,  3^  51. 2.  6K  1\  12^  13^  13,  1^.  4*.  *.  6^.  lO*  11^- 
121.  14,  22  3.  43.  51.  6*.  93.  10^  n\  15,  12.  5*.  6«.  8*.  15^. 
16,21.  17,  P.  52.  6*.  101.  111.  132.  21,5^.^6».  10^  11*.  23,151 
26^.  24,  11.  3*.  101.  111.  23^  33^  33,  3.6.  19.  21.  48,32.51 
118.  119.  143.  53,  3.  49.  79.  201.  244.  54,  9.  56.  66.  110.  55,  S. 
21,  86.  171.  56,  10».  12*.  I52.  171.  I81.  32^  39^  48*.  70,8.9. 

19.  74,8.  12.  85,  1^  21.2.3.  31.  43  4^  54,  gi.  gg^  x.  4.8.9.  M 
17.  31.  36.  54.  62.  96,  31  \  b\  6*.  %K  Postumen:  7,  12.  21, 1*2. 
32,  1.  12.  13.  53,  1.  69,  3.  4.  10.  70,  13.  23.  71,  5.  11.  72,  7. 83,1 
84,  26.  92,  12.  19.  93,  2. 

Oft  finden  sich  stärkere  Pausen  innerhalb  der  vorderen 
oder  nachfolgenden  Reihe  als  nach  dem  Rhschl.  z.  B  Arald 
Incremenise  ||  pe  calu-i,  —  un  stejar  56,  53 1.  Arald!  Denumä 
nsalä  II  privirea,  tu  lestl  mort  56,  45^  Si  clnd  sä  ntoarce, 
ochii  II  lucesc  de  voie  bunä  56,  44*.  Si  Incllcit  Te  pärul  [  Inl 
negru,  gura-sT  stringe  56,  3^  Nu  träi^i  voi,  ci  un  altul(Ta 
inspirä,  lel  träieste  54,  101.  Las'  sä  leg  a  mea  via^  Q  de  a 
ta.  In  bra^e-mi  vino  53,  17.  Ebenso,  außer  den  oben  ange- 
fahrten schwachen  Rhschl.:  1,  41.  46.  4,  I6I.  5,  3^.  71.  \  ^  7, 5^ 
9,  2^.  12,  5*.  13,  43.  14,  11.  111.  15,  1*.  18*.  16,  31.  17,  61  \V. 

20,  33.  8^  IP.  141.2.  151.  21,52.^6.  23,  18*.  19*.  232.  27\ 
24,  3*.  132.  232.3.  375.  402.  42».  51,  17.  28.  41.  126.  139.  51 
1.  5.  33.  53,  5.   111.   123.   125.   134.  213.  218.  219.  230.  260. 


—    251    — 

54,  103.  105.  147.  55,  49.  73.  90.  114.  115.  151.  244.  56,  3». 
4^.  5^.  16*.  332.  42  ^  47^  51*  53*.  70,  15.  20.  86,  5.  16.  25.  29. 
37.  41.  58.  85.  95,  6».  ll^.  96,  l^.  2^  2  6.  e.  34,  6  54, 6,  g4,  10« 
11*.  6.  Postumen:  7,  13.  8,  3.  21,  3.  52,  7.  67,  7.  15.  68,  29.  70, 
19.  72,  5.  75,  5.  107,  1.  6.  16.  108,  8.  In  den  Sonetten  kann 
von  einem  synt.  schw.  Rhschl.  nicht  die  Rede  sein. 

Wegen  der  unmittelbaren  sjntakt.  Zugehörigkeit  zum 
folgenden  Worte  oder  Satz  bei  Praep.  Konj.  Pron.  Art  Hil&- 
verb.  im  Rhschl.  oder  YersschL  sind  solche  Verse  bei  E.  als 
besonders  charakteristisch  für  ihre  freie  sjnt.  Behandlung  von 
Seiten  des  Dichters  hervorzuheben.  Praep.  im  Rhschl:  Si 
dacä  pentru  ||  sufletul  meü  13,  IP.  Mi-ar  fi  pärut  mai  bine 
'n  II  pämlnt  sä  mä  cufund  56,  8^.  0  aratfr-mi-te  larä  'n  || 
haina  lungä  de  mätasä  54,  23.  Inflorea  cärarea  ca  de  |  pasul 
bllndei  primäveri  53,  7  s.  noch:  14,  IP.  17,  1^.  24,  37*.  40*. 
53,  130.  174.  P.  29,  10.  Konj.  in  Rhschl.:  Cäci  de  peaträ 
de-ar  fi,  f  ncä  ||  s  oncälzi  de-atlt  amor  86,  75.  Gu  rluri  de  föc 
si  II  cu  poduri  de-argint  17,  7^  Dar,  zice  mama,  dacä  ||  te  ya 
cuprinde  bine  P.  52,  4.  86,  84.  51,  6.  96,  6*.  Pron.  in  Rhschl.: 
Pä  'n  ce-un  fior  de  moarte  1  ||  coprinde  diminea^a  56,  44*. 
Colbul  ridicat  din  care-^i  ||  'l-o  sufla  din  ochelari  51,  114. 
Fär'  a  sti,  sä  spunem,  care  ||  ar  fi  mai  nenoroci^  51,  90;  s. 
noch:  1*  14.  21.  12,  5*.  13,  10».  24,  22*.  34*.  33,  16.  45.  21. 
P.  52,  3.  P.  69,  5.  Art.  im  Rhschl.:  Sä  lubirä  cele  ||  douä  pro- 
letare  1,  53.  Vedeam  ca  'n  vis  pe-al  ||  meü  inger  de  pazä  19,  P. 
Hilfsverb  im  Rhschl.:  Cäci  tn^elesul  teste  ||  acelas  la  to^i 
dat  24,  40*.  Cäci  va  muri,  clnd  un  va  ||  avea,  la  ce  träi  24, 
23*.  Mi-e  dor  . . .  asa  Imi  le  ||  de  dor,  Incit  mi-e  fricä  P.  51,  2; 
s.  noch:  1,  58.  23,  17^.  24,  1V{?).  53,  112(?).  P.  73,  1. 

Yersschluß.  Synt.  tadellose  Yersschlüsse  in  allen  Versen 
haben  z.  B.  3  und  P.  35  ff.,  aber,  entgegen  den  Anforderungen 
der  franz.  Metrik,  kann  und  wird  in  der  rum.  Kunst- 
dichtung an  den  synt.  schwachen  Yersschl.  im  allgemeinen 
kein  Anstoß  genommen,  —  deshalb  werden  auch  viele  der  an- 
gefahrten Belege  problematisch  erscheinen  können,  —  dagegen 
in  den  Volksliedern  die  synt.  Abgeschlossenheit  des  Verses 


—    252     — 

die  Regel  ist.  Bei  a4,  85,  a^  kann  von  einem  synt.  festen 
Yersschloß  überhaupt  nicht  die  Rede  sein.  Die  große  Freiheit 
in  der  synt  Behandlung  des  Versschi,  solcher  kurzen  Verse 
veranschaulichen  die  Variationen  des  Themas:  „Mal  am  an 
singur  dor"  81-84.  P.  77  und  P.  40.  P.  80.  Bei  a,,  a^  ist  die 
Zahl  der  synt-festen  gegen&ber  den  schwachen  VersschL  weit 
großer.  Ein  schwacher  VersschL  wäre  z.  B.  Cind  prin  cresgi 
sa  fi  ivit  Luna'n  noaptea  cea  de  varS  22,  10^  oder  Cazefirii. 
ce  adie  Cinturf  dulci  ca  un  fior  11,  3^.  LingS  lac,  pe  cftre 
norii  Ali  urzit  o  umbrä  finft  27,  3^.  Si  ascult,  cum  inväisnl 
De  la  cSr^i  XeX  lmi-1  rod  29,  b\  Toate  inflorind  din  nila 
Codrului,  Märiei  Säle  30,  1^.  Si  vorbesc  cu-atlt  de  multeh- 
^lesuri  35,  3^  Cucu  'ntreabä:  „Unde-i  sora  Viselor  noastre 
de  varä  35,  4*;  s.  noch:  2,2^  4^.  4, 161  44,4».  46,2».  \  64, 11^'. 
13^  65,  33.  66, 13.  2\  31  A\  5».  IKK  8K\  9\  69,  ll  4».  71 
3^  51  9^  IV.  3.  72,  51. '.  6K  7\  75,  P.  4^.  77,  2^  79,  ll  2».^ 
4^  3.  81,  11.  \  ^K  2».  \  ZK  «  **.  83,  1».  87,  2».  88,  5».  89, 1«.92, 
2K  3.  93,  IK  2K  96,  10*.  Postumen:  1,  3.  7.  11.  2,  3.  3, 9.  4,3. 

10.  6,  3.  11.  15,  3.  5.  7.  11.  16,  7.  23,  1.  5.  26,  1.  31,  10.  38,5. 
9.  39,  1.  65,  7.  79,  1.  10.  94,  1.  95,  7.  97,  1.  98,  7.  Vom  a,« 
aufwärts  sind  synt  schwache  VersschL  Terhältnismäßig  seltea 
am  seltensten  im  a^s  und  a^g  in  welchen  auch  der  RhscU 
im  allgemeinen  fest  ist  Als  Beispiele  genügen  folgende:  Asi 
striga:  0  motänime,  motanime.  Vai!  Haram  De-al  täii  suflei 
20,  123.  Toiagul  meü  s  atinge  incet  de  vlrful  stemii  RegestL 
si  . .  P.  69,  30.  Focul  meü  a-1  stinge  nu  pot  cu  toate  Apde 
märil  60,  1^.  Vreaü  sä  männec  de  dulcea  'nväpäiere  A  celm 
suflet  62,  2 3.  Gare,  cum  rar  sä  inttmplä,  ca  sä  meditezepun^ 
Urechile,  ce's  prea  lunge  15,  3^;  s.  noch:  23,  8^.  20*.  24, 16^. 
17^  193.4.  243.  273.  28,  36.  54,  130.  139.  141.  55,  23.  59.  144. 
176.  56,  AK  40*.  60,  23.  31  43.  53.  62,  13.  70,  17.  Postumen: 

11,  3.  7.  12,  10.  15.  52,  2.  60,  2.  61,  9.  62,  9.  67,  5.  70,  29.  72. 
16.  73,  11.  83,  12.  84,  21.  85,  4.  Für  stärkere  Pausen  inner- 
halb der  Reihe  als  nach  VersschL  —  Enjambement  — ■  ▼?'• 
Ridicä  ochii,  vede  Luceafarul  si  ncetisor  58,  90^  Din  cärarea 
ta  afarä  De  te  ndeamnä,  de  \e  chiamä  72,  SK    Spre  castel 


—    253    — 

vr'  odatä  ochii  N'am  intors  si  totu|i  pling  P.  6,  9,  leste  Ea. 
Defarta  casft  Dintr'o  data  'nu  pare  plinä  29,  10';  noch:  29,  2^. 
8^  30,  i\  QK  SK  9\  13*.  31,  3^.  35,  4'.  36,  1',  4K  44,  2^  7'. 
46,  4».  49,  6^  50,  5».  58,  4^  6^  9*.  28».  29^  44*.  49^^.  50^ 
52*.  55^  57'.  58'.».  59^  61*.».  62'.  65M  67^.  68'.  69».  70'. 
78'.  812.  833.  841.  88'.  94».  59,  1'.  3'.».  64,2'.».  8'.  67,  1'. 
69,  3'.  71,  7».  72,  32.».  7^  73,  72.  76,  1*.  5'.  9'.  10'.  77,  3'. 
79,  1'.  87,  1».  4'.  88,  2».  3».  4'.  94,  1».  Postumen:  3,  1.  5.  9, 

II.  10,  1.  25,  1'.  39,  9.  44,  15.  45,  5.  46,  3.  7.  11.  15.  97, 1  oder 
in  langen  Versen:  Ca  pe-o  repede'n  miire  de  mici  unde  o 
aeterno  Ea,  copila  54,  51.  Ca  lanr  vecmic  verde  in  pSm-i 
alb,  toiagul  De  aar  si  1  ridicä  P.  69,  12.  De  cind  ySzai 
aceasta,  am  stat  mereü  pe  gindari  Sa'  mi  stimpär  Ificomia? 
P.  68,  8;  s.  noch:  1,  43.  6,  5^  15,  3^.  23,  202.  25».  24,  3'.  2. ». 
6».*.  23'.  31i  33'.  2  35*.  37*.  422.  28,  33.  38,  1'.  43,  10.  51, 
3.  5.   124.  130.  131.  133.  141.  52,  30.  35.  71.  79.  53,  35.  47. 

III.  168.  207.  252.  54,  5.  27.  33.  73.  113.  55,9.  56,2».  21'. 
24».  *.  26*.  33'.  35'.  62,  2'. ».  86,  49.  51.  60.  79.  83.  84.  90,  1». 
3'.  42.  95,  7'.».  96,  1».  2'.  8*.  Postumen:  21,  3.  6.  51,  6.  14. 
56,  1.  57,  3.  58,  5.  60,  6.  68,  1.  12.  69,  10.  16.  73,  3,  74,  9.  75,  5. 
84,  12.  93,  5.  101,  2.  102,  14.  16. 

Als  syntaktisch  besonders  schwache  Versschl.  sind  solche 
anzufahren,  die  Eonj.  Praep.  etc.  enthalten.  Konj.  im  Versschl.: 
Sä  mä  'ngropa^t,  pe  clnd  Trec  stoluri  zburlnd  83,  1'^.  Pot 
sä  mai  re'nviü  luminos  din  iel  ca  |  Pasärea  Phoenix?  60,  4». 
De-01  urma  sä  scriü  In  yersuri,  teamä  mi-e,  ca  nu  cum-va 
Oamenii  din  ziua  .  .  52,  79.  Virtutea  pentru  dlnsii  —  ea  nu 
ezistä.  In  sä  V'o  predicä,  cäci  trebue  24,  5'.  Prichiciu,  mo- 
tanul  hamic  si  dragul  mamei  .  .  Par'cä  Saude  In  feresti 
P.  51,  6.  Praep.:  le  un  adinc,  asemene  Uit&rii  celei  oarbe 
58,  70».  Cäci  te-a  cuprins  asemenea  Lianelor  din  apä  67,  7». 
Pron.:  Nicht  so  auffallend:  Asi  vrea,  odatä  'n  yia^  tu  Sä 
te  inal^i  in  sus  46,  2»  als  Sau  ca  popä  colo'n  templul  inchinat 
fiin^e-T,  care  Dupä  chip  .  .  20,  12'  und  Fulgerele  adunat-aü 
contra  fulgerului,  care  In  turbarea-i  . .  53,  93,  wo  nach  care 
nicht  unmittelbar  das  Prädikat,  wie  oben  nach  tu,  sondern 


—    254    — 

eine  Bestimmung  folgt  Verb,  anx.:  Na  le  nimic  si  totas 
le  0  sete  . .  58,  70 ^  Azi  abia  Tedem,  ce  steaipä  si  ce  aspii 
cale  teste  Cea,  ce  poate  . .  52,  71.  l^ie  |af-a  fost  sor*  inddimg. 
com  umbra-e  Sora  luminei  P.  12,  3.  Art:  Si  de  veci  zäpezl 
ca  gtndirea  trisifi-a  Zeului  Wuotan  P.  12,  15. 

8.  Metrisch  schwacher  Reihen-  und  Versschlnss. 

Wichtiger  als  die  synt.-sch  wache  RhschL  und  VersschL 
und  besonders  charakteristisch  für  die  Metrik  £js  sind  die 
metrisch  schwachen. 

ReihschL:  De-ai  fi  noapte-asi  fi  luminä  4,  14*,  wo  die 
y.  Ä.  zw.  noapte  und  asi,  ünei  gin^i,  ce  &rä  Yia^  ngreula 
pämtntul  stors  21,  11^  wo  der  a  Abf.  des  i  aus  Ingreuia  keine 
Pause  nach  der  ersten  Reihe  zulassen.  Ebenso:  Olnglna  ntreaga 
noapte  32,  5^.  lel  le  ^ine  'mbrätisate  32,  8^  Recea  cumpän 
a  glndirii  72,  31  Vin*  lubite,  'nconjura-voi  P.  23,  1.  Hierfcer 
gehören  die  RhschL,  die  die  Praep.  in  =  n  und  unbet  Pron. 
enthalten;  s.  noch:  6,  1^.  8,  6^  13,  7*.  9».  24,  26 ^  37*.  40«.  25. 
14^  15*.  27,  2\  29,  31  30,  2\  32,  3^.  36,  6».  40,  4^  .54,  23. 
55, 67.  56, 83.  44^  86, 105.  72, 8^  76, 10 K  P.  96, 6^  P.  58,  3.  P. ^^Ö. 
12.  14.  P.  70,  11.  L.  P.  161,  6. 

Versschi.  Ridicä  un  gräunte  din  sarcina  greoaie-A 
miseriei  comune  P.  89,  12  (V.  A.).  Spre-a  incapea  ca  miia 
räsufletele  hlde-A  tiranilor,  ce  pier  12,  10 ^  lele  stimesc 
In  suflet  idea  neferice-A  perfec^iei  umane  24,  16^  wo  eine 
Verschleifung  keine  Pause  nach  Schluß  des  Verses  zuläßt  Auch 
89,  1^  kann  in  diesem  Zusammenhang  erwähnt  werden:  L-am 
chemat  in  somn  pe  Eama  —  Eama-deva,  zeul  indic. 

9.  Zäsuren. 

Wirkliche  Zäsuren  wären  folgende:  A  nop^  PS^^ 
cä  umbrä,  usoarä  4,  1  \    La  cel,  ce  In  carce  ||  re  pllnge  amar 
7,  4^     De    ale   pati  ||  milor   orcane  13,  3*.     Astea  toste  te 
apropi  II  ie  de  dinsii.    Nu  lumina  51,  139.  Triumfiil?  Ce  üsor 
^i-i  A  II  re  vre-ünul  nebunie.  Conv.  387.    Hier  kann  auch  ge- 


—    255    — 

lesen  werden,  indem  A  (aus  Are)  die  RhschLpause  ansfolli, 
also  der  Vers  ohne  Pause  gelesen  wird.  De  ce-a^tep^  sfi-1 
für  de  B  pe  ochii-^  . . .  P.  29,  11. 

in.  Der  Beim. 
1.  Reimarten. 

Der  Reim  ist  „der  yokalische  oder  yokalisch-konsonan- 
tische  Gleichklang  der  letzten  Tonsilbe  am  Schiasse  Ton  zwei 
oder  mehr  Versen,  eyentuell  auch  der  ihr  folgenden  nach- 
tonigen Endsilben''  (s.  Stengel  §§  16,  141). 

Die  nun.  Volkslieder  lassen  dagegen  öfter  eine  unbet. 
Wortschlußsilbe  mit  einer  betonten  reimen,  aber  nur  in 
solchen  Liedern,  die  gesungen  werden  und  darin  ist  einzig 
und  allein  der  Ghrund  dieser  Eigentümlichkeit  zu  suchen. 
Eminescu  läßt  auch  ein  paarmal  solche  Reime  mit  unterlaufen, 
z.  B.:  Ca  si  leü  trimite-vöü  Ce-i  mai  mindru  pe  la  not  53,  186. 
Sil  confie  clmpulüi  Crinii  albi  ai  slnulüi  4,  15  ^  ®.  Din  cln- 
tarea  sferelör  . .  Ingerii  o  cintän  cor  11,  7 2;  s.  noch:  11,  9^ 
58,  6».  63».  70».  67,  V.  P.  5,  2.  P.  30,  9.  P.  104,  11.  Dann  wäre 
ein  Reim  wie  folgender:  Cine  sunä  n  cetine  Doini^  pri^tine 
P.  76,  7.  8  oder  Indrägi-i-ar  ciörile.  Si  spinzurätörilö  80,  61.  62 
ein  Doppelreim. 

Reimarten.  1.  Der  vokalische  Reim.  Ozyt:  aratä  58,  51. 
asemene  58,  70.  räsäri  58,  79.  facu  58,  47;  —  oxyi-assonantisch 
(s.  Stengel  §  144):  pustii  —  nu-mi  vii  88,  6.  sträbätü  —  viia^ 
tu  46,  2;  —  oxyt.-reich.:  place  —  stiü  ce  75,  1.  uita  —  a  ta 
42,  1.  2;  —  paroxyt.:  maruntaie  —  väpaie  —  saie  56,  30. 
pustiie  —  argintiie  —  Mariie  56,  46.  fer&struie  —  gälbuie  55, 
179;  —  paroxyt-as.:  bälate  —  vftpaie  54,  49  und  voriges  Bei- 
spiel; —  paroxyi-reich.  — 

2.  Der  Tokalisch-konsonantische  Reim.  0  x  y  t. :  pat — ferme- 
cat55, 75.76.  noroc — loc58,77.  mic  —  nimic58,57;  —  oxyi-as.: 
pitic  —  nimic  52,  31.  plecat  —  caden^t  24,  35;  —  oxyt.-reich.: 
nimic  —  mic  51,  33.    destem  —  et<Sm  69,  8   (zugleich  as). 


—    256    — 

parozyi:  nalte  —  Incalte  22, 1;  paroxyt-as.:  Heliade  — lere- 
miade  10,  4.  vr  o  Ifmbä  —  go  schfmbÄ  53,  1;  —  paroxyi-reict: 

cu  tr&Qur — tremur  76,  4.  sft  te'nchfpui vel  chipu-i  72, 4;  - 

proparoxji:  aripele  . —  dipele  2,  4.  poienele  —  spitncende 
53,  184.  190;  proparoxyt.-as.:  ca  dipele  —  aripele  63,  20;  — 
proparoxjt-reich.:  aleglndu-te  —  raglndu-te  P.  111,  1;  — Tier- 
silbig:  malnrile  — valurile  P.  1,  2.  4.  P.  1,  6.  8. 10. 12.  cin- 
turile  —  vlnturile  P.  2,  2.  4.  vierailbig-as.:  cu  flamurile— cn 
ramurile  53,  188.  viersilbig-reich.:  — 

Oft  bilden  enklitische  Wörter  den  Reim  mit;  z.  B.  arat-o 
—  adorato  39,  31  clipä-i  «  le)  —  pipÄi  55,  89.  chipu-i-in- 
chipui  72,  4*.  Iata-1  —  tatäl  51,  51.  aleglndu-te  —  rugindu-te 
P.  111,  1.  urma-va  —  presura-va  P.  68,  29.  30.  Tisa— pUnsu- 
mi-s'-a  80,  2;  s.  noch:  30,  8.  53,  18.  54,  62.  67.  131.  39, 1'.  2^. 
38,  2K  ^.  66,  102.  Postumen:  92,  17.  17,  14.  55,  1.  4.  13,  2.  9,10. 
90,  6.  10,  6.  8,  16.  55,  4.  32,  13.  51,  6. 

2.  Orthographie  und  Orthoepie  der  Reime. 

Die  mangelhafte  Orthographie,  gram.  Bücksichten  etc.  ver- 
ursachen, daß  tadellose  Reime  zu  gleicher  Zeit  nicht  auch  ein 
gleiches  Schriftbild  haben,  z.  B.  päm^nt  oder  pämlnt  reimt 
mit  sunt  (42,  24.  51,  141.  56,  2.  86,  80.  58,  62),  welches  letztere 
aber  sint  auszusprechen  ist  (Cosbuc  schreibt  es  slnt).  Wie 
unsicher  die  Schreibweise  dieses  Wortes  ist,  zeigt  P.  41, 20. 
wo  es  mit  7lnt  reimt  und  dementsprechend  slnt  geschrieben 
wird,  aber  gleich  im  folgenden  Vers  P.  41,  21  schon  wieder 
sunt.    Ebenso  steht  es  mit  cuv^nt  reimend  auf  p&nint 

Es  wird  kein  Unterschied  gemacht  zwischen  den  DiphÜ^ 
ea  und  la.  Es  reimen  tadellos  viia^  (geschrieben  TiafS)  mit 
verdea^24,4  oder  abia  mit  mea,  mosneagul  —  tolagulP.  69,11- 
Nicht  hierher  gehören  die  Reime  in  cearä-si  —  laräsiP.öö^i 
denn  e  in  cearä  hat  nur  orthogr.  Wert,  ce  =  ö,  ghta^  " 
viiatÄ  24,  4,  Maghiari  —  Tätari  P.  36,  24,  wo  hi  nur  das 
mouillierte  g  bezeichnet  <=»  g. 

Das  End-ü  wird  nicht  gehört:  fiilgi  (=  fol^)  und  giulgio 


—    257    — 

(=gulg)  ist  reiner  Beim;  ebenso  nrechi — vechlü  (— ureM)P.49, 
12,  nu  e  (nu  Xe)  —  sne  (suie)  87, 3,  nim&ntif e — nu  e  (=nu  le)  P.  9, 
10.  12;  —  gratit  —  adoratel  (—  adorati)  54, 37.  38.  Der  Beim  in 
meü,  teü  ist  wahrscbeinlich  mt&ü  —  täü  zu  sprechen,  denn  meü 
reimtauf  r&ü 76, 11;  Dumnezeü(=äÜ)— täÜ 80,49  —  miäü  13,9. 

Das  1  nach  c,  g,  ^  z,  s,  j  wird  nicht  gehört  Es  reimen 
gut:  vlrtej  mit  vitejf,  luvest  —  pre^  Inghe^  —  dimine^i  (43,  13. 
14),  ros  —  intunecosf,  räboj  —  coji,  sezt  —  Ingenunchez,  azY — 
viteaz,  cazt  —  obraz;  in  Corregio  (richtiger  Correggio)  —  tn- 
^elegi-o  54,  131  geht  die  ii  Orth.  und  Aussprache  mit  der 
rum.  Hand  in  Hand. 

Es  reimt  imBum.  einfacher  Vokal  mit  DiphtL  oder  Diphth. 
mit  Triphth.  oder  verschiedene  Diphth.  miteinander  (z.  B.  ea 

—  oa  —  ta),  wenn  der  zweite  Bestandteil  (bei  Triphth.  der  dritte 
Yok.)  dem  einfachen  Vokal  gleich  ist  Hier  führe  ich  neben 
E.  auch  ein  paar  Beispiele  aus  Alezandri  und  Cosbuc  an.  Die 
Zulassigkeit  solcher  Beime  im  Franz.  weist  Tobler  S.  103  nach, 
wo  er  für  dieselben  im  Provenz.  auf  Bartsch  verweist 

eabä  —  abä  58,  48.  eagä,  agä  55,  99.  AI.  I,  159.  G.  II,  118. 
ea^  — a^  56,44.  AI.  I,  647.  C.  I,  97.  ea^— Ta^  — a^  24,4. 
AI.  I.  466.  504.  C.  I,  96.  easä  — asä  58,  21.  34.  C.  II,  135.  easca 

—  ascS  AI.  II,  132.  eam  —  am  C.  H,  82.  eazä  —  azä  56, 13.  AL I, 
350.  earÄ  —  arä  23,  8.  C.  I,  24;  —  iag  —  ag  58,  16.  lar  —  ar 
81,  8.  C.  I,  101.  larä— arä  39,  3.  4.  C.  II,  77.  latä  — oatä  — ati 
23,  7.  37, 1.  lata  — ata  C.  II,  86.  lata— at«  56,  36;  —  Jesc  — 
esc  AI  n,  128.  Terä  — erÄ  52,  26.  tere  —  ere  58,  28.  AI.  II,  135. 
lel  —  el  P.  73,  7.  AL  II,  287.  I,  343.  C.  1, 100,  109.  U,  15.  72. 
leri  —  eri  76,  5.  C.  I,  32.  92.  ler  —  er  53,  127.  C.  I,  29.  AI.  I, 
158.  tevei  -  evei  C.  I,  29.  teü  — eil  58,  33.  42,  38.  C.  I,  21.  92. 
U,  75.  lept  —  ept  50,  2.  89,  4.  C.  I,  99;  —  ios  —  os  P.  53, 1. 
AL  I,  160.  loarä— oarä  51,  9.  151.  loasä— oasft  11,  8.  toase  — 
oase  AI.  II,  138.  383.  lobT  —  obi  52,  29.  lunÄ  —  unä  15,  16. 
luni  —  uni  53,  216.  lurea  —  urea  57,  4;  —  oacä — acä — eacft 
28,  13.  7.  oate  — aie  53,  145.  oajä  — ajä  55,203.  oalä— alä  — 
lalä  52,  37.  17, 15.  oape  —  ape  58,  20.  C.  U,  73.  oas&—  asÄ  — 
toasft  —  eazä  54, 24.  11, 8.  15, 17.  C.  1, 98.  oastrÄ— asträ  53, 207. 

Weigand,  U.  Jahr«8b«rloht.  17 


—    258    — 

C.  II,  76.  oatS—  atä  —  lata  45,  5.  37, 1.  C.  I,  9&  InfolgedeM 
könnten  Reime  wie  j^acft  —  iacft,  ^ag  —  lag,  ipastra  —  9utn 
zn  den  reichen  gezahlt  werden. 

Ein  unterschied  zw.  o£Fenem  und  geschlossenen  f  e,  9  o 
scheint  in  der  nun.  Beimtechnik  nicht  beobachtet  sa  werden 
Hierfttr  spricht  auch  der  Beim  in  39, 1^.  evlavii — ascolta-Tei 
Insenina-yei  —  asa  yü,  wo  das  enklitische  yef  etwa  tu  ausa- 
sprechen  ist,  eine  sonst  dialektische  Aussprache. 

Diese  Annahme  —  einer  dialektischen  Aussprache  —  ge- 
winnt an  Wahrscheinlichkeit  durch  den  bei  E.  YerhaltnisiDiEig 
öfteren  Gebrauch  dialektischer  Formen,  welche  im  Beim  an 
sichersten  zu  erkennen  sind. 

3.  Dialektische  Reime. 

Dialektische  Beime  können  unbewußt  (Volkslieder)  odef 
bewußt  (Kunstdichtung)  verwendet  werden,  in  der  leizimB 
wenn  dem  Dichter  augenblicklich  ein  Beim  aus  der  Schiifr 
spräche  fehlt  oder  es  in  dieser  keinen  gibi  Ob  und  inwieweit 
E.  überhaupt  bestrebt  war  dialektische  Formen  in  die  Schiift^ 
spräche  einzufuhren,  laßt  sich  heute  noch  nicht  feststelles,  d& 
es  bis  jetzt  noch  an  einer  derartigen  Untersuchung  feUt 
Solche  dialektische  Beime  sind  folgende:  cura  («»» cuige)  -- 
gurä  28,  33.  bra^a  (=  bra^e)  —  fa^ft  39,  3^  P.  79,  5.  58, 31 
coasä  (-e)  —  groasft  1,  34.  izYoara  (-e)  —  comoarä  —  fecioa» 
P.  68,  9.  51,  9.  crita,  cridä  (=  creta)  —  zugrÄvitä  55, 13.  » 
'ntoar8ä(e)  —  reyarsä  58,  822  ades&(e)  M.  —  piesä  72, 6'.  * 
(|ed)  —  Täd  55,  125.  place  (-cea),  täc6  (=  cea)  —  nu  stifi  ce 
75, 12.  K  32.  *.  nante  ('nalte)  —  diamanteß,  1*.  lnduIo§ere(=«« 
—  durere  23,  26.  Impräftiet  (-at)  — Incet  25,21.  surid  — tocty 
24,  4.  acopär  (acopere)  —  descopar  23,  25.  foaric  (-ec)  - 
Garrik  20,  10.  amestic  (-ec)  —  domestic  52, 63  auch  cer  58, 50. 
14,  3.  7,  8  muß  wie  58,  82  cer¥  gelesen  werden,  denn  es  reimt 
mit  Jeri,  ceri  (Verb.)  dureiT,  primäveiT.  So  siod  auch  folgende 
Stellen  zu  beurteilen,  wo  im  Text  nicht  die  dialektaschea 
Formen  angesetzt  wurden:   ftloa8ä(e)  —  luxoa8ä(e)  —  ap>^ 


—    259    — 

24,  6.  dei-|i  (»=  de6-|i)  —  iei-;i  55,  47.  biizS(e)  —  anza,  miizft 
P.  17,  2.  &uiizft(e)  —  pätnmzft  P.  49,  5  (der  Beim  frunzft  (Sg.) 

—  pfttnmzft  findet  sich  L.  P.  130,  7  woselbst  Vers  3 — 14  als 
Quelle  des  Qedichtes  P.  49 f.  gelten  maß),  lanic(ec)  —  unio 
P.  107,  16.  oa8fi(e)  —  dusmänoasft  P.  68,  19.  lacrämY  (lacrimi) 

—  consacrä-mi  86,  50.  daloasä(e)  —  mlngäloasä  P.  7, 15  ygL 
Weigand:  Dialekte  der  Gr.  Walachei,  Texte  Nr.  55,  9.  Es  ist 
sicher,  daß  wir  auch  hierin  einen  Einfluß  der  Beimtechnik  der 
Volkslieder  zu  suchen  haben,  und  hierfür  sind  Yon  sicherer 
Beweiskraft  die  Beime:  comoarft,  coboarft  —  odoare  und  In- 
tunecoasft — frumoase,  paza  —  läse  in  seiner  Tolkstümlichen  Er- 
zählung CiOin  Nebunul  L.  P.  124,  15.  16.  17.  20.  21  und  125, 
31.  32,  wo  jedenfalls  odoarä,  frumoasä,  lasä  zu  lesen  ist;  ebenso 
undi-s  (bb  unde-s)  reimend  mit  profiindis  Voin^  Na^onalä  20 
(1903)  Nr.  f&r  30.  Sepi  im  Feuilleton. 

Die  oben  angeführten  Beime  können  als  dialektische  ge- 
rechtfertigt werden.  Inzwischen  fehlt  es  in  den  Gedichten  E. 
an  minder  gelungenen  oder  direkt  schlechten  Beimen  auch 
nicht  Besonders  auffallend  ist  es,  daß  er  bei  der  Mehrzahl 
der  Beime  i  mit  i  reimen  läßt.  Alexandri  hat  solche  Beime 
auch  z.  B.  yis-rfs  II,  646  aber  ob  in  demselben  Maße  wie  E. 
und  wie  die  alteren  und  die  jüngeren  Dichter  diesen  i  und 
i-Beimen  gegenüber  stehen,  läßt  sich  heute  nicht  sagen.  Der 
MaDgel  an  solchen  Arbeiten  yerbietet  deshalb  ein  abfalligeB 
oder  rügendes  Urteil  über  Ks  Beimtechnik.  Hier  seien  folgende 
aufgeführt:  lune  —  sunä  P.  49,  10.  nätärüi  —  mizerii  72,  7 
(denn  73,  12  mizerii  —  durerii)  apari  —  fanar  13,  8.  15,  16. 
primäven  —  clnt&rf  15, 1.  durerei  -  sperärel  15,  5.  asteptarä^ 

—  yorbare^24,20.  barde — moartelO,4.  nep&sätoare— coboarft 
24,  31.  m&rü  —  ariJ  24,  35.  str&bate-mX  —  patiml  58,  86.  P.  78, 
18.  desper  —  dureri  7,  8.  Garrik  (englisch)  —  ;oaric  20,  10. 
poezil  —  zei  14,  1.  Instelatft  —  Imbälsftmate  14,  3.  mumft  — 
atunci  (vielleicht:  mume  —  atunce?)  P.  92,  21.  22.  cerul  —  ade- 
Tärul  59,  6.  omftt  —  tftmfiet  55, 202.  57,  7.  sireturi  —  al&turl 
55,  257.  ndärät-^lncet  23, 17.  sfaremi  P.  18,  3  ist  eme  Kon- 
tamination Ton  sfarmt  und  sfkrimi  um  es  mit  suflare-ml  für 

17  ♦ 


—    260    — 

saflsrea-xni  reimen  sa  lassen,  poet — reväd  14,  2.  ceta^— jei 
P.  32,  3.  h^  —  dispre^  53,  69.  tftü  —  Elizeü  16,  5.  73, 5.  nebu- 
nesc  —  nräsc  P.  71,  9.  cenil  —  adeTäral  P.  68,  31.  cer— ade?fr 
P.  85, 6.  grlü  —  mleü  56, 12.  ucidÄ  —  rldä  45, 24.  rlzi — deschiri 
P.  29,  6.  Imnea  —  nume  12,  7.  atit  —  iabit  P.  71,  4.  ilde  - 
deschide  24,  19.  pämlnt  —  zlmbind  P.  96,  2.  yioriie — mlnglie 
56,33.  minfi  — r&|mftP.67,12.  agontte  —  mingtXe  23, 20.  simple 

—  tlmple  P.  1 10, 1.  sila  —  filä  91, 3. 4.  limbä  —  starlmbä  P.  61, 11 
bätrlni  — strfiint  15,  13.  prescriie  —  r&mfie  P.  69,  17.  finde  — 
Tide  P.  72,  15.  linS  — bätrinft  18,  5.  plinä  — minS  26, 18.  ruini 

—  bätrinä  28,  17.  lucind  —  vlnt  7,  2.  murindS  —  bllndÄ  15,  a 
pälindft  —  s'avlntft  7,  3.  snspinlnde  —  sopotinde  8,  1,  romlse— 
senine  15,  1.  rämine^  —  yine^  35,  7.  sträinit  —  dihil  80, 37. 
painjen  —  stlnjen  20,  5.  posomorttä  —  pribegitÄ  24,  1.  sixlns— 
nelnvins  53, 104.  urlte  —  zdrobite  15, 12.  Intins-a  —  dinsaS&S. 
aprins&  —  dlnsa  23, 14.  strimte  —  simte  64, 3.  snris  —  Tis  58, 11 
6,  2.  slnul  —  suspinul  4,  8.  sin  — ml(i)ni  P.  75, 13.  lubirim- 
lirfi-mi  38, 1. 2.  nvinuirea  —  fubire  14, 12.  amfträcionea  —  opune 
23,  22.  adeseori  —  mor  P.  5,  2.  Inger  —  frlngeri  23,  2.  2h. 
märiri  —  Lear  (englisch)  24,  36.  piept  —  lnd&rä(p)t  P.  100, 4. 
26,  8.  trecate—  posomorite  15,  8.  sicrifi  —  riü  55, 124.  pnstiori 

—  rlarl  53,  31.  bnjorl  —  plnditor  58,  46.  una  —  lun&  20,  lü. 
cäldurft  —  gura  22, 8.  vÄT  —  diDtli  58, 67.  friü  —  ilfiü  24, 26.  to- 
semneazä — numSroasä  15, 17.  mäsoarä — tabitoare  24, 14.  nepir 
sätoare — coboarä  24, 31.  rugStoare  —  marea  14, 1 1.  Intoneooasa 

—  pletoase  53,  138.  coiindelor — oglinzilor  P.  28,  2.  4. 

4.  Reimfolge. 

Über  Reimfolge  nnd  Zahl  der  durch  einen  Reim  Ter- 
bundenen  Verse  s.  S.  248 £  und  die  Strophentypen.  Hier  sei 
noch  erwähnt,  daß  E.  in  seinen  im  volkstümlichen  Ton  vnA 
mit  Yolkstümlichen  Motiven  geschriebenen  eigenen  Oedicbten 
die  in  den  Volksliedern  (besonders  Balladen)  oft  vorkommeodeo 
Reimtiraden  anwendet,  wenn  auch  nicht  in  dem  Umfiinge  wie 
dort.    z.  B.  55,  189—192  (dient  zur  Belebung  der  Schildemog) 


—    261    — 

63,  U-T-n.  P.  97,  6-8.  P.  14, 1—5.  L.  P.  36,  Nr.  101  Volkslied 
und  Nr.  102  dem  nachgeahmt;  vgl  in  der  eigenen  Volkslieder- 
sammlang  L.  P.  84  eine  Tirade  von  9  Versen,  ibid.  86  eine 
von  14  Versen.  Sehr  oft  —  ein  charakteristischer  Zag 
der  Reimtechnik  der  rum.  Volkslieder  —  werden  in  den 
Volksliedern  3  Verse  durch  einen  Beim  verknüpft,  z.  B.  L.  P. 
Nr.  107,  2—4.  5—7.  Nr.  109,  2—4.  5-7.  10—12  eta  So  auch 
in  der  „Doina"  80,  34—36.  51—53.  58-60  und  53,  181—183. 
192—194.  61,  11—13.  P.  97,  9—11.  12-14.  P.  98,  1—3.  4-6. 

5.  Reiche  Reime. 

Der  Tor  dem  Vokal  stehende  Eons,  (oder  Konsonanten) 
ist  auch  gleichen  Klanges:  präg  —  drag  22,  12.  cuTlntuI  — 
Ylntul  28,  19.  mlnä  —  romlnä  53,  165.  Intrebi  —  treU  52,  1. 
tlrzue  —  strävezite  1,  25.  capät  —  scapät  26,  9^.  *.  p&rfttl  —  de 
räü  42,  7.  8.  stiü  —  pustiü  56,  9.  sclntei  —  din  tef  P.  78,  9.  nu 
le  —  nim&nuJe  P.  9,  10.  copilas  —  drSgSla;  58,  56.  ntregt  — 
regi  P.  32,  9.  Mlntuitorului  —  cäl&torulul  P.  24, 14.  v&d  Incä 

—  adincä  P.  91,  13  etc.  Es  können  auch  die  gleichen  Wörter 
reimen,  wenn  sie  yerschiedene  Bedeutung  haben,  selten  mit 
gleicher  Bedeutung:  purec  (subst)  —  purec  (Verb.)  20,  7.  vÄ 
(Subsi)  —  vii  (Verb.)  80,  1.  cer  (S.)  —  cer  (Verb.)  56, 10.  mare 
(Adj.)  —  mare  (S.)  P.  21,  19.  P.  59,  14.  P.  77, 2.  ntimplÄ  (Verb.) 

—  tlmplä  (Subst)  P.  73, 10.  vinÄ  (Verb.)  —  vinä  (Subsi)  P.  62, 
4.  6;  —  ta  —  ta  P.  14,  1.  2.  parte  —  P.  68,  13.  näcaz  —  P.  88, 
10.  gryä  —  24,  22.  poartä  (Verb.)  —  55,  231.  lut  —  55, 163. 

Kompositum  mit  Simplex:  alb  —  rozalb  23,  5.  depus 

—  pus  23,  16.  mic  —  nimic  23,  22.  dreaptä  —  nedreaptS  24, 15. 
tainft  — destainä  24,  41.  l&turf  —  aläturi  25,  12.  pune  —  r&pune 
55,  189.  parte— departe  63,  10.  face  — des&ce  56,  22.  P.  20,1. 
duc  —  aduc  65, 3.  tremur  (Subst)  —  cutremur  (Verb.)  76, 4.  leg 

—  caleg96,8.  dus— adusP.104,10.12.18.  Murfi;— MaramurSs 
P.  36,  17.  pus  —  spus  P.  45,  6.  8.  trecere  —  Intrecere  P.  64,  6. 

Das  Simplex  in  zwei  Kompositis:  acop&r  —  descopär 
23,  25.  desprinde —  cuprinde  64,  4.  cuprinzi  —  aprin^  71,  11. 


—    262    — 

tntoTS  —  reiors  P.  83,  11.  Andere  reiche  Beune  s.:  i,  29.  43^ 
61.  4,  17.  6,  4.  7,  2.  5.  11,  4.  12,  1.  13,  7.  15,7.  9.  12.  20,2.21, 
9.  11.  12.  23,  1.  8.  22.  24,  14.  21.  28.  42.  25,  2.  12.  26,  3. 28, 19. 
29,  3.  34,  27.  42,  1.  45,  33.  51,  29.  30.  33.  117.  52,  75.  55,87 
125.  135.  153.  163.  241.  277.  54,  51.  55,  109.  191.  56,5.  51 

58,  5.  6.  16.  19.  39.  40.  41.  42.  45.  47.  48.  56.  57.  69.  75.  W. 
89.  94.  62,  1.  63,  14.  67,  5.  69,  8.  70,  15.  71,  4.  72,  4.  73,  l. 
74,  9.  17.  75,  1.  3.  76,  8.  79,  4.  80,  21.  41.  83,  7.  84,  7. 91,  li 
92,  3.  93,  3.  95,  10.  96,  1.  2. 3.  4.  5.  10.  Postumen:  8, 16. 15,1 
21,  13.  27,  2.  4.  10.  29,  7.  34,6.  36,26.  28.  40,9—12.  49, 1.  51.1 

59,  6.  61,  2.  68,  15.  69,  9.  10.  72,  13.  73,  10.  74,  23.  80, 10. 82,1 
86,  2.  10.  89,  9.  99,  2.  4.  6.  8.  105,  2.  4.  107,  5.  110,  3.9. 111,1 

Als  Doppelreime  können  folgende  bezeichnet  werdea: 
a)  bona  rea  —  Dunft-rea  34,  27.  sä  ne  ierß  —  sä  ne  cer^  5^ 
79.  vara  lui  —  ^ra  lui  80,  21.  amlndarora  —  tntnrora  73^  1. 
de-apomil  —  cusururf:  P.  106,  14.  16.  P.34,  2.  4.  murmuniri- 
de-aparorl  86,  67.  68.  cäire  —  nicäire  P.  34,  6.  ein  TrippelreiD: 
Poietic  murmnr  —  Fantastic  purpnr  4,  4.  b)  de-o  jale  wut. 
mare  —  cälare  P.  51,  9.  patimele  mele .—  acele  P.  89,  2.  rindim, 
rtndnrf — sctnduri  37,  3.  4.  Dridri  —  Alexandri  15,  9^ 

6.  Assonanzreime  (s.  Stengel  §  144), 
Binnenreime  und  grammatisclie  Reime. 

Die  Reimassonanz  kann  oxjt  paroxyi  und  proptroxji 
sein,  z.B.  stelele 'n  cer  —  päaä  cepfer,  turburatä  —  vlntants: 
—  primävara  plinä —  biata  albinä;  —  Floare  de  crlng  —  Toat« 
se  stlng,  Si  ar  tremura—  Si  te-ar  särata  P.  41,  9.  11.  einin»! 
sogar  viersilbig:  cronicarii  si  rapsözit  —  saltinbancu  si  Irozii 
53,  195.  Besonders  wirkungsvoll  ist  die  Reimassonanz  io 
Sonetten  P.  60  nnd  P.  62:  cetate  —  noapte  bäte  —  Intonecate* 
mele  vinä  —  de  vinä  —  calde  plinä  40,  1^*.  2*.  laegeo  di' 
Verse  weit  voneinander,  so  ist  ihre  Wirkung  nur  eine  schwacbe 
z.  B.  P.  62,  9.  12.  suferin^a  —  credin^.  Andere  Beispiele  &: 
1,  5.  9.  35.  55.  65.  67.  78.  4,  2.  4.  8.  12.  14.  15.  18.  19.  5, 1 
5.  6.  7.  6,  i\  7,  2.  4.  8.  8,  3.  4.  8.  9,  1.  5.  10,  4.  11, 1.9.  H 


—    263    — 

1^  2.  5.  6.  9.  10.  12.  13,  8.  14,  4  (zweimal).  6.  10  (zweimal). 

12.  15,  2\  4.  7.  8.  10  (zweimal).  11.  14.  17.  19.  16,  2.  17,  4. 
18,  1.  19,  1.  2.  20,  7.  11.  14.  21,  4.  6  (zweimal).  9.  12.  22,  4. 
23,  13.  18.  19,  23.  24,  1.  2.  4.  6.  11.  13.  19.  30.  31.  35.  36.  38. 
25,  2.  11.  13-  15.  16.  19.  26,  4.  6.  15.  22.  27,  2.  4.  29,  2.  30,  7. 
8.  11.  13.  32,  2.  4.  33,  15.  34,  10.  23.  35,  1.  3.  4.  36,  5.  37,  1^.  \ 
3.  4.  39,  1.  2.  40,  1.  2.  3.  4.  42,  3.  25.  45,  17.  41.  46,  2.  51,  11. 
25.  47.  59.  65.  71.  97.  142.  145.  147.  52,  12.  31.  54.  53, 1.  13. 
29.  35.  53.  59.  71.  79.  99.  153.  157.  159.  165.  188.  213.  54,  9. 
21.  29.  49.  79.  97.  99.  55,  Qazel  1.  2.  51.  53.  60.  61.  71.  77. 
111.  137.  177.  179.  56,  3.  21.  28.  31.  35.  38.  44.  49.  59.  57, 1. 
6.  8.  58,  17.  21.  26.  30.  35.  39.  47.  48.  50.  53.  59.  60.  61.  65. 
66-  72.  74.  77.  83.  92.  93.  62, 1.  2.  63,  20.  64,  7.  11.  66,  2.  7. 
70,  15.  71,  5  (zweimal)  3.  72,  4.  5.  7.  79,  2.  5.  81,  1.  86,  17. 
88,  16,  95,  3.  6.  96, 1.  4^  *.  *. «.  5.  11.  Postumen:  1,  9.  10.  14, 

1.  10.  12. 16.  18.  15,  9. 10.  17,  1.  7.  19,  6.  8.  21,  1. 11.  25, 1. 9. 
27,  a.  28,  2.  4.  31,  2.  35,  17.  37,  5.  38,  1.  5.  9.  39,  13.  40,  1.  2. 
10.  12.  41,  4.  5.  23.  44,  6.  47,  3.  54,  3.  55,  11.  56,  4.  57,  13. 
58, 12.  60,  2.  62,  4.  10.  63,  9.  67,  7.  15.  68,  29.  69, 1. 15.  21.  70, 

13.  71,  20.  72,  3.  17.  74,  13.  15.  75,  5.  10.  78,  2.  5.  9.  14.  79,  2. 
6.  80,  1.  2.  83,  3.  13.  84,  21.  85, 1.  88,  2.  6.  89,  6.  11.  92,  1.  98, 
5.  6.  99,  2.  4.  101,  4.  6.  8.  10.  14.  102,  5.  7.  10.  12.  14.  16.  103, 

2.  104,  14.  20.  105,  2.  110,  3.  7.  11.  111,  3.  17. 

Binnenreime.  Selbstverständlich  mnß  die  Definition 
des  Reimes  S.  255  mutatis  mntandis  anch  auf  diese  Reime 
zutreffen.  Es  kann  reimen:  a)  der  RhschL  mit  dem  VersscU. 
(rime  renforc^e);  b)  der  YersschL  mit  dem  folgenden  RhschL 
(r.  batel6e);  c)  zwei  oder  mehrere  RhschL  (r.  briste). 

Oft  reimen  Wörter  innerhalb  der  Reihen  z.  B.  55,  234, 
dasselbe  Wort  wiederholt  z.  B.  54,  137,  unbetonte  Silben 
(avuT  —  somnului  P.  3,  1.  2),  Flexionsendungen  z.  B.  53,  99. 
100.  55,  253.  P.  29,  4.  —  IFnregelmäßiger  Binnenreim. 
Diese  unregelm.  Binnenreime  und  die  auch  unregelmäßig 
aber  in  Unmenge  auftretenden  Assonanzen  (s.  dort)  machen 
nicht  den  geringsten  Teil  der  Schönheit,  der  Geschmeidigkeit, 
des  Wohlklangs  der  Sprache  E.s  aus. 


—    264    — 

Beispiele:  a)  Poezie  —  S&r&cie  20,  16^  Ciadat!  DeK> 
vreme'  ncoace  ||  nimica  nu  ml  mi^  place  P.  52,  10.  lar  dol 
tngeil  cintä'n  pllngeri  8,  41  Tot  mal  tare  ||  si  mu  tare  Mu 
aproape  ||  mal  aproape  25, 10.  21. 

b)  Totl  dii|maDii  or  sä  ptarä  Din  hotarä  tn  hotara  Sil 
59.  60.  CS  declt  ftrft  tme  Mai  bine  |  In  moimlnt  P.  47, 5. 1» 
15.  Rätäcit,  nemiogfiret,  Ca  an  suflet  fträ  parte,  Mal  departe 
mal  departe,  Mal  Incet,  tot  mal  Incet  P.  53,  7—10.  Te  ridicam 
de  subsuon  De-atltea  orl  1  88,  3.  Zarea  lomi  ntonednd;  S: 
sft  dac  ca  clipele  Scutorind  aripele  63,  19—21.  A  fest  odats 
ca'n  poTe|tt  A  fost,  ca  nict  odatä  58,  1. 

c)  Cu  laur  yecinic  verde  0  •  •  •  D©  aur  si  1  ridica  [  ■ . 
P.  69,  12.  13.  Noi  drpim  cerul  cu  stele  ü  noi  minjim  mam 
cu  Yaluri  15,  14.  Numu  tu  de  dupS  gratÜVednlcnatema! 
ivestl  44,  1.  M'as  umfla  ursuz  in  pene  Si  a|  sta  intr*an  picior 
92,  4.  IzYoare  vii  murmurfi  [|  si  saltfi  de  sub  peatra  Cok 
cennsa  surft  ||  In  päräsita  yatra  56,  18.  Pe  inima  sa  poaiU 
de-atunci  o  neagiä  patä,  Earä  pe  frunte  poartä  || . . .  56,  U 
Privea  tn  zare  cum  pe  märl  B&sare  |i  strSluce  58,  4.  \^ 
asculta  tremurätor  Sä  aprindea  mai  tare  Si  s'amnca  fdlgerator 
Sä  cufunda  In  mare  58,  14.  9,  4.  (-iie).  Aü  le  sens  in  luine  | .  • 
Träit-al  anume  17,  17.  18.  Si  in  gindu-mi  trece  Ttntoi|  •• 
Aspru  rece  sunä  cintui  54,  145.  146.  leü  spre  tine  ma  fatom 
Pentru  mine  yre  odatä  P.  53,  12.  14.  Declt  sä  port  iubir»- 
mi  In  täcere  Mal  bine  ochiu-mi  mort  ea  sä  mi-1  sece  P.  51 
7.  8.  Si  am  sim^it  amarul  omenirei  Ce-am  folosit  P.  57, 13.  l^ 
Dar  care-t  acel  Dumnezeü  in  stare  sä  te  lerte  P.  89,  7. 8.  ^ 
ne  'ntilneam  de  mult  si  un  perdeam  ...  De  dragol  tiä  ^^ 
mult  inebuneam  Sau  cä  muream  P.  101,  2.  4.  5.  Sä  totpriTesc 
la  munte  || . . .  Kerzindu-st  a  sa  frunte  ||  5, 5.  Ce  mi-i  vremea 
—  Cä  de-l  vremea  , . .  Si  de-i  vremea  || . .  .  34,  23—28.  Ahn- 
liches Beispiel  80,  54.  56.  58.    Cind  ne  primblam  | . .  •  ^^ 

ridicam  || 88,  3.    Marea  n  fiind  dopote  are  || . . .   Nik 

n  fand  grädine  are  || . . .  21,  15.    Binnenreime  in  größerer  Ent- 
fernung (Kömer):  53, 115.  117.  120.  122.  P.  96,  2.  4. 

Grammatische  Reime  sind  sehr  wenige  bei  E.  f-'^' 


—    265    — 

10.  12.  14:  intotdeauna  —  intr'una  —  nict  nna.  Golinde, 
colinde  le  yremea  colindelor  P.  28,  1.  2.  Clt  de  finomoasfi 
ie|tt  pot  spnne  Clt  te  tubesc  nu  ie  de  spus  P.  45,  7.  8.  Ce-mt 
sco^  ocfaÜ  cu  mlndria  . .  •  Fie  omul  clt  de  mlndru  P.  95, 
1.  3.    De-acama  trlmbi^  de  alarme  —  La  arme  P.  36,  13.  15. 

7.  Die  Assonanz. 

Die  Assonanz  igt  wie  der  Beim  Endassonanz  oder  Binnen- 
assonanz. In  den  gereimten  Qedicbten  kann  sie  vom  Dichter 
erstrebt  werden  oder  sich  unwillkürlich  (bezeichnet  im  folgenden 
gewöhnlich  mit  *)  oder  zwangsweise  einstellen.  Bei  K  finden 
sich  wenige  Endassonanzen  aber  sehr  Tiele  Binnenassonanzen, 
die  unwillkürlichen  (unregelmäßige  Ass.). 

Hier  folgen  zuerst  die  Endassonanzen:  dmpului  — 
slnului  4, 15. 19.  toyaräf  —  afarä  —  scarS  —  larä;  25,  7*.  ape  — 
ndulosare  —  tare  —  aproape  25,  10*.  ceruri  —  Mercurl  27,  5. 
aratä  —  slabä  P.  4,  13.  15.  jos  —  noroc  29,  8.  copii  —  ochil 
32,  7.  acum  —  bun  P.  47,  6.  8*.  joc — loc  —  stol — Sol  P.  38, 
10.  12. 14.  16*.  suflet—  spune  P.  45,  5.  7*  cuylnt  —  Cu  XeL  in 
glnd  —  coborl  —  mormlnt  P.  46,  6.  7.  8*.  fa^  —  razfi — bra^  — 
Imnormlnteazä  P.  59,  1.  2.  7.  8*.  Insemnatä  — dr^ä  P.  97,  3*. 
des&ce  —  diafane  P.  21,  6.  7*.  De  te-i  potriyi  Astei  rugämin^ 
Fericip  vom  fi  Si  cumin^i  P.  82,  1—4.  dinainte  —  minte  — 
tine  —  vine  72,  2*.  nagte  —  poate  —  cunoa^  —  toate  72, 3^®*. 
strecoarä  —  seamä — afarS  —  ch^amä  72,  8*"**.  aleglndu-te  — 
mintuie  —  ruglndu-te  —  blntute  P.  111,  1—4*.  mulcomit  — 
adormit  —  yiscoli  —  acoperi  P.  14, 18 — 21*.  tainic  — jalnic  4, 12. 
unduind  —  argint,  ieste  —  Impleteste  10,  2.  barde  —  moarte  10, 
4.  voasträ  —  vastä  24,  10.  rugam.—  abia  Conv.  393,  1.  4. 

Binnenassonanz.  Wie  beim  Reim  so  kann  auch  hier 
entweder  a)  der  Bhschl.  mit  dem  Versschl.  oder  b)  derVersschL 
mit  dem  Bhschl«  der  nachfolgenden  Reihe  oder  c)  die  Rhschl. 
untereinander  assonieren.  Es  finden  sich  auch  d)  umschießende 
Assonanzen. 

a)  Rendez-Yous  f-a  dat  fn  surä  ||  ori  in  pod  in  y^unä 


20,  9^.    Marea  n  fhnd  dopote  are  ||  care  snna  'n  ori  oe  noapte 

21,  15*.  \  Cu  penetul  ca  sidefdl  P.  65,  1*.  Adonniti  pe  o 
Yifä  P.  65,  4^    Ne  maX  rld  ^  ne  mai  pllng  P.  50,  a 

b)  Dar  peste  fironze  f&r'  de  nnmSr  Nu-ml  last  o  urma 
donna  SoL  P.  39,  78^  Si  ^e*n  mlnS  an  toiag  IncantmAi  ca 
trestit  58,  16.  ||  ;i  o  stea  In  fronie  poartä.  Socnil  roagan 
capul  mesei  |  55,  232.  233.  Adlnon-t  laminlnda-l  Inseninindn. 
mi  glndul  65,  2.  In  astä  lome  a-I  nrma  Precnm  cum  soarele 
apune  69,  2. 

c)  . . .  Si  guraliy  si  de  nimic  Te-at  potrivi  ca  mioe  58. 
57.    Gine  sunft  'n  cetine?    Doini^  prietine  P.  76,  7.  8.    CM 

amlndol S'o  stinge  dor  P.  89,  9.  11.    Dar  pace  teste  Intre 

dlnsii  Ce  unuT  fao  laü  al^ii  —  aminte,  C&ct  pänS  azt  donmesie 
ntrlnsii  A  cär^il  tale  graiurt  sfinte  P.  25, 9—12.  0  dezmiardi  ca 
dnrere  || .  .  .  Pleacä  gara  la  ureche-i  || .  .  .  55,  184.  185.  Ca 
aripi  ridicate  {| . . .  Prin  ploate  de  raze  {|  ninsoare  de  siele  17, 3*.  *■ 

d)  Tot  ce-ar  zice,  i  sä  cade  ||  tot  ce  &ce-i,  sade  bine  86, 21 
Si  tficere  te  afarä,  Lumineazä  aer  stele  P.  65,  5.  6,  YgL  sack 
folgende  Verse  mit  reicher  Binnenassonanz:  Sä  'mpedec  nmbnrl 
dolce  II  de  a  merge  'n  Intonerec  33,  8.  Slnt  limpezt  pentm  mine 
enigmele  'ncllcite  P.  83,  14.  unregelmäßig  yorkommende  Asso- 
nanzen: zburätor  cu  negre  plete  55,  46.  80,  155.  Si  stringtoda-l 
tare  'n  bra^  55, 62.  lei  soptesc,  multe  st-ar  spnne  55, 101.  Malt 
bogat  at  fost  odatä,  mult  rämas-ai  ta  särac!  Alungat^o-ai  S& 
140.  141.  Infondä  miscarea-t  crea^  ||  tntre  stuf  la  lezäturi  % 
146.  Bona  Treme  mäi  bäiete  55,  159.  Pe  nn  pat  de  sdnänri 
goale  II  doarme  tlnära  nevasta  55,  181.  lel  stergarol  i-1  de- 
sprinde  ||  si-l  tmpinge  lin  la  yale  55,  195.  In  cntbar  rotind 
de  ape  ||  peste  care  luna  zace  55,  210  u.  s.  w. 

Man  wird  ans  den  oben  angefahrten  Beispielen  ao(di  er- 
sehen, daß  zwei  oder  drei  der  festen  Tonsilben  miteinander 
assonieren,  vgl  noch:  Si  luc^ferit,  ce  tremur  asa  rect  fTm 
negre  cötini  54,  75.  Povest^sc  tele'n  de  ttle  numaf  dragostde, 
noastre  54,  74.  Cu-a  lul  nmed'  adlncüne  toatä  mintea  mea  o 
mlstat  54, 68.  Und  diese  Eigentümlichkeit  tritt  so  aufiGallend  oft 
bei  E.  anf|  daß  hiermit  Bestimmtheit  die  Behauptung  aufgestellt 


—    267    — 

werden  kann,  daß  über  die  Hüfte  aller  Verse  Ks  derart  gebaut 
sind,  daß  mindestens  zwei  der  festen  Tonsilben  eines  Verses  asso- 
nieren.  Wie  sich  in  dieser  Hinsicht  die  Verse  anderer  rnm.  Dichter 
verhalten,  kann  bis  jetzt  nicht  mit  Sicherheit  festgestellt  werden. 
Anmerkung.  Die  Zahl  der  in  E.s  Versen  vorkommenden 
Alliterationsfalle,  ob  willkürliche  oder  unwillkürliche,  ist  eine 
so  aufbllend  große,  daß  eine  eingehendere  Untersuchung  und 
Zusammenstellung  aller  dieser  Falle  reichlichen  Stoff  für  eine 
besondere  Abhandlung  geben  wird. 

IV.  Die  Strophe. 

Die  Strophe  ist  ein  rhythmisches  Gefuge  von  zwei  oder 
mehreren  Versen,  die  durch  einen  oder  durch  regelmäßig 
wechselnde  Reime  zu  einer  Einheit  zusammengefugt  werden. 
Die  Strophe  als  Struktureinheit  erfordert  auch  syntaktische 
Abgeschlossenheit,  und  dieser  Forderung  kommen  die  meisten 
Str.  auch  nach;  jedoch  gibt  es  nicht  selten  Fälle,  wobei  die 
Str.  nicht  zugleich  mit  einem  Satzschluß  endet:  in  diesen 
Fällen  spricht  man  von  einem  Strophen-Enjambement. 
Weiter  kann  die  Str.  äußerlich  nicht  bloß  durch  den  Keim, 
^  sondern  auch  durch  regelmäßig  an  ihrem  Ende  oder  Anfang 

•  sich  wiederholende  ganze  Verse  oder  Reihen  oder  bloß  Wörter 

—  Refrain  —  gekennzeichnet  werden. 
•^  In  Reimpaaren  —  aa,  bb,  cc  etc.  —  sind  geschrieben 

'^  folgende  Gedichte:  1.  28.  33.  34.  42.  43  (deshalb  kein  Sonett) 

45.  51—55.  61.  63.  68.  70.  74.  80.  86.  17,  18.  eiae  zweizeilige 
^'  Str.  (alle  anderen  yierzeilig)  als  besonderes  Abschlußkennzeichen 

'  des  Gedichtes!    Postumen:  14.  21.  32.  51.  67.  76.  83.  91.  96 

(antikes  Distichon)  98.  107.    Conv.  387.  388.  394.  395.  396. 
Es  sind  a,,  a^o«  ^12»  ^4  ^^  ®P-  ^-  ^'  <^*  Gedichten. 
^'  Dreizeilige  Strophen  (Str.  3)  sind  die  Terzinen  P.  17 

^  und  P.  101,  Endecasillabi  mit  Schema:  a^^  bi^  a^j^  |  bi^  c^o  \\  \ 

Cjo  ^11  Cio  Mii  611  fii  etc.    P.  lOlf.  wechselt  der  paroxyt  mit 
^  dem  oxyt  Reim  regelmäßig  bis  auf  2  Verse:  P.  102,  14.  16. 

^  Über  die  Yolkstümlichen  drei  Zeilen  s.  S.  261. 


—    268     - 

Vierzeilige  Strophen  mit  gleichfidlbigen  Venen:  a^b^ 
be  85  (keine  Str.  g)  Conv.  392.  a«  b^  b^  a4  («=  a4  b«  etc.)  in  1 
P.  63.  aj  bj  aj  bj  H  a4  b4  etc.)  in P.  19.  s^  b^  a^  b^  (=85  bj  ete.) 
P.  28.  Conv.  394.  a^  b«  Cy  b«  (a«  b«  . . .)  R  87.  88  88^(8)1.^ 
Ha,...)P.49.P.  109.  asb8G)a8b8G)(=a7...)ll.  IW 
achtzeiUge  Str.  angenommen,  aber  ohne  Grand;  denn  nur  dss 
Enjambement,  welches  sicherlich  den  Hsg.  irregeführt  bt, 
trennt  eher  von  einander  die  Strophen  ab  es  sie  yerknüpfeo 
könnte.  Die  letzten  zwei  Str.  gäben  allerdings  das  Schema 
ababcbcb,  die  zweite  Hälfte  ist  aber  nur  bloße  Wieda- 
holung  der  zweiten  Str.  (vierzeilige).  Dieselbe  Str.  oocb  is 
64.  44.  P.  99.  Cony.  397f.  398  (eine  Str.)  403  (eine  Str.)  SgC-) 
b8(7)l>8(7)a8(7)  (=  «7  -..):  77.  22.  25.  B^{'j)hs(,)c^{,M: 
(=%...)  92.  P-  6.  P.  9.  P.  23.  P.  27.  59.  89.  31.  32.  47. 4i 
50.  26.  27.  29.  P.  33.  P.  43.  P.  65.  P.  94.  P.  97.  P.  106.  Oht. 
399  ff.  402.  Über  die  vierzeilige  Beimtirade  s.  S.261.  a^  a^K^: 
88  der  vierte  Vers  einer  jeden  Str.  ist  gleich  zweien  paar- 
weise gereimten  Yiersilbnem  bg  =  b4  b4  (mit  BinneDreiiD> 

ag  b8(9)  ag  bgCö)  =  a^ P.  79.  P.  30.  57.  (die  Einteilung  in 

Str.  8  ist  auch  hier  nicht  begründet)  36.  75.  76.  P.  25. 

L  ag  b|o  bjo  a»  und  U.  a^o  bg  bg  a^j  *=  a«  . . . .:  13.   K^ 

zwei  Schemata  wechseln  r^elmäßig:  L  IL  11.  L  U.  L  IL  I.  D- 1^ 

IL  I.    ag  bg  Cg  bg  =  83  .  .  .  P.  45.  P.  3.  69.   Conv.  400.  401. 

a,iaiibiibii=aio...P.29.  a,2al2bll(l2)bllG2)=»10••""• 
alo(ll)blo(ll)aloGl)^>lo(ll)=alO -.  Conv.385  (Endecasfllabi). 

a,2ai2bi2bi2  =  a^i  . . .:  85.  ai2ai2b,3bi3  =  a^  ...P-^^ 
»14  l>i3  »14  ^13  =  »12  •  •  •••  5-  Conv.  391.  ai4(i3)bi4(i3)b,4(is^ 
»14  G3)  =  »12 :  P.  7.  ai6  bi5  ajg  \^  =  ai4  . . .:  14.  ^iiii^ 

I>16(l6)ti6(l6)»16(l6)=»14  ••••:    18-20. 

Vierzeilige  Strophen  mit  ungleichsilbigen  Venen: 
»8  b6(7)  »8  hii)  =  ag  be  ag  b«:  79.  87.  46.  58.  65.  67.  71.  ^ 
P.  89.  ag  bg  Cg  bß :  P.  86.  Conv.  389.  a^  by  ag  ba  =  ag  b«  agbj: 
66.  P.  15.  ag  by  ag  bg  =  ag  bg  ag  bg:  P.  22.  P.  66.  ConT.  3» 
aj  h,  aj  b3:  P.  40.  P.  80.  a,  bg  a,  b«  =  a»  b«  a^  bg:  56.  U.  Motta 
»6  ^6  »6  be  =»6 1>5  »6  ^5  =  82.  84.  ag  be  a2  be  —  ag  bft  a,  bj:  P.77' 
auch  metrisch  also  Variante  von  82.  84.    a^  bg  Cgbg  »»%'^ 


—    269    — 

Cg  bg:  P.  46.  ag bg  ag  bg  =  87  bg  aj  bj  :  P.  1.  Gonv.  390.  ag  bg  ag 
b4  —  a^  b,  a,  bj:  78.  a^  b,i  Ci,  dj  =  a^o  b^o  c^o  CI4:  60.  P.  11 
ist  die  antike  sappbische  Strophe  (im  ganzen  16  Str.).  ajjbj 
»12  W  ="  »10  bs  »10  \ '  4.  ai4  bi3  ^^  bg  —  a,2  b^j  a^,  bßi  95. 

Fünfzeilige  Strophen  mit  gleichsUbigen  Versen:  Sgbj 
«gCahj  =%  ....:  8.  ai4bi4(is)ai4ai4bi4(i3)  =- a^^  . . .:  24 
(nur  die  erste  Str.  hat  in  allen  Versen  paroxyt  Beim),  a|4 
^13  bis  ai4  bi3  =  ajj  . . . .:  24,  18.  24-26.  29.    844(13)  bj4G3) 

bi4(is)bi4(i3)ai4G3)"-ai2  • .  •:  56. 

Fünfzeilige  Str.  mit  ungleichsilbigen  Versen:  agb^Cg 
^6b6=agb5CgC5b5:  P.8.  a^  bga^  a^  bg—ajobgaio  a^obg:  7 
und  ai4  bi3  8^4  844  bg  =  a^j  . . .  bg:  16. 

Sechszeilige  Strophen  mit  gleichsilbigen  Versen:  a^ 
be  C7  be  dj  bg  S3  a«  . . .:  P.  88  (die  einzige  Str.  am  Schlodse  des 
Gedichtes  von  nur  yierzeiligen  Str.),  ai4ai4bi3Ci4Ci4bi3  = 
a,2  . .  .:  10.  ai3  a,3  bi3  bi3  C13  0,3  =  a,2  . . .:  96.  a^j  8^3  bjs  bi3 
ri3Ri3  =  ^2  ;•-  48.    ai6ai6bi5Ci6Ci6bi5=ai4...:  15.21. 

Sechszeilige  Strophen  mit  UDgleichsilbigen  Versen: 
*7  '^e  b4  b4  C7  Rß  =  a„  rg  b4  b4  Ce  Re-  P.  47.  (R^  ist  in  zwei  Str. 
gleich  d3  -f-  R3,  in  den  anderen  drei  C3  +  B3),  ag  bg  c^  Cg  bg  a4 
=  a7b7  ...  a3:  35.  a8a4b7  Cg  C4b7  =  a^  a3b7  c,  C3b7:  4.  a^ 
»12  bs  C12  C12  bg  =  a,o  aio  bg  c^o  Cjo  \ :  6.  ai4  ai4  b^  C14  0^4  be  = 
a^jaijbeCiaCiibe:  12. 

Siebenzeilige  Strophe:  a|2  ^12  %2  bn  C12  ^2  \i  "= 
a^o  . . .:  19;  2  Strophen.  Die  zweite  hat  an  Stelle  des  zweiten 
b^i  nur  einen  bg  (die  zweite  Reihe  eines  b^i),  yielleicht  um 
den  Schluß  zu  bezeichnen). 

Achtzeilige  Strophen  mit  gleichsilbigen  Versen:  Sgbg 
^  bg  Cg  dg  Cg  dg  SS  a^  . . .:  72.  Die  Einteilung  in  achtzeilige 
Str.  ist  hier  durch  das  Thema  angegeben  worden  (Glossa).  a9 
bg  89  bg  c^  r«  Cg  Rg  =  ag  . . .:  P.  38  (Rg  =  eg  +  R3).  a^oGi) 
bioGi)aio(ii)b|oGi)aio(ti)bio(ii)Cto(ii)Cio(it)~aio...  Conv. 
36, 299  f.  (die  ottaya  rima).  a|  2  b,  |  a,  2  b,  |  c,  2  tu  c^  2  Ri  1  *==  &!  0  •  •  •  *  ^ 
(die  vierte  Str.:  a  b  a  b  a  r  a  R). 

Achtzeilige  Strophen  mit  ungleichsilbigen  Versen:  aj 
b6a7b6Cgr6C7R4  =aeb6  86beeßr(jCgR4:  P.  103  (von  der  letzten 


-    270    — 

Str.  fehlen  die  ersten  vier  Verse).  asa3b7(g)b7(g)c8Cgr7R7== 
ft,  .  .  .:  3. 

Neunzeilige  Strophe:  a^  Sg  bg  bg  C7  d7  C7  d7  e^  «  a« ... 
e^:  94  (eine  einzige  Str.?). 

Elfzeilige  Strophe:  Sg  Sg  bg  bg  |  C7  c^  |  d,  e,  d,  e-  |  R, 

=  a«...B2:  P.m. 

Zwolfzeilige  Strophe  a)  mit  gleichsilbigen  Yersen: 
aßbgagbe  |  c^ded^Cg  |  Cgf^fgeg  | 
«agbgagbj  |  Cßd^djC«  |  ejfgfeeg  |  =81.  83. 
Im  ganzen  6  Str.,  die  glänzendste  Strophenbildung  Ks! 

b)  mit  ongleichsilbigen  Versen:  agbga^bg  |  CQdgCgdgle^ 
fgCafe  (=ag..e2f6)  P.  35. 

Vierzehnzeilige  Strophe:  agagbgagCgagdget&Baa?..- 
Ein  Gazel  als  Motto  zu  55. 

Für  die  Sonette  lassen  sich  yier  Schemata  gewinnen,  wem 
auch  die  Sonettenyersuche  berücksichtigt  werden,  die  in  dem 
Nachlaß  des  Dichters  gefunden  wurden  (abgedruckt  in  ConT.  36)- 

L  aiibiibiiaii  |  bnananbn  |  CjiduCn  |  duCndn  « 
a,o  . . .:  37.  38.  41.  62.  90.  91.  P.  55— P.  61.  Conv.  405. 406. 407 
(nur  die  erste  Str.).  Mit  a^o^ii  ®^*  Conv.  36,  386  (nur  swei 
Str.);  mit  c^odn  .. .  Conv.  36,  395  oder  Cji  d^o  . . .  Conv.36,403. 

n.  -I-Kidueii  KidnCii  |=aio...:39.40.P.6i 

in«  aii^o^ioaii  I  bioaiiajibjo  |  CiidioCii  I  «n^ioeii  l"" 
a|o  ...  P.  54. 

IV.  Ciodi^Cjo  I  ^0^11^10  (^^  ^^se  zwei  Strophen  eines 
Sonettenversuchs)  Conv.  36,  387  und  395. 

Enjambement  Sä  mi  fie  somnul  lin  Si  codrul  aproape 
Luceasc  'un  cer  senin  Etemelor  ape,  —  Gare  n  dureri  adlnd 
S&  'nnal^  la  maluri,  S'ar  atima  de  sttnci  Cu  bra^  de  yalnri,  — 
SS  'nnal^,  dar  recad  Si  murmurS  ntruna  Clnd  pe  pädnn  de 
brad  Alunecä  luna  82,  3.  4.  5.  Dieses  Beispiel  sowie  du 
Enjambement  in  den  Strophen  84,  3.  4  und  P.  77,  13—16. 
P.  78,  1—4.  5 — 8  verraten  die  zwolfzeilige  Str.,  die  in  den 
Varianten  desselben  Gedichtes  81.  83  vorhanden  ist.  Andere 
Beispiele:  . .  Preo^  bätrini  ca  lama  cu  glngavele  glasoil  — 
0  duc  clnttnd  prin  taini^  |i  pe  sub  negre  bol^  56,  15^  16'- 


—    271     — 

PoTeftit  de  dorne,  ghiciton,  eresurl  —  Ce  frantea — mi  de  copil 
o'nseninarfi,  .  .  40,  1^.  2^  ^i  dacS  pentra  sufletul  meü  Nu-i 
loc  aicea,  ci  naman  stele.  —  Voi,  clnd  nut-or  dace  Ingerü 
sfi  .  .  13,  11^*.  12^  S.  noch:  13,  1.  2.  P.  110,  5—8.  9—12. 
11,  1.  2.  3.  4.  5.  6.  9.  10.  Gony.  36,  385  die  dritte  und  vierte 
Str.  und  386  ebenfalls  die  dritte  und  vierte  Str. 

Refrain.  Der  Refrain  kann  a)  ein  Vers  sein  oder  b) 
eine  Reihe  oder  c)  ein  oder  mehrere  Wörter. 

a)  Soptind  foapte  de  amor  3.  Dulce  Romlniie,  asta  ^-o 
doresc  9.  Unde  y'a^  dus?  P.  103.  Als  unregelmäßiger  Refrain, 
zugleich  als  einfachster  in  dieser  Klasse  kann  gelten  die 
Wiederholung  einer  ZeUe  in  volkstümlichen  Gtediditen  oder 
in  Volksliedern  wie  34,  7.  13:  la  leü  fac  ce  fac  de  muli 

b)  Tu  (ieü,  noi)  vei  dormi  mereü  48.  mal  bine  In  mor- 
mint  P.  47.    dona  Sol  P.  38. 

c)  mereü  48.  tn  mormlnt  P.  47.  Si  dacfi  65  (Anfangs-R.) 
Marie  P.  111.  96  hat  nur  einen  inhaltlichen  K,  der  sich  nur 
teilweise  auch  wortlich  kundgibt  als  L  in  Str.  4.  5.  7.  8.  9  In 
visol  meü  und  IL  in  Str.  1.  2.  3. 10.  11.  o  marmurä  aibi  miUL 
Die  beiden  wörtlichen  R.  L  II.  folgen  ausgenommen  die  Mittel- 
str.,  die  sechste,  so:  II,  II,  II,  I,  I.  Strophe  6.  I,  I,  I,  II,  11. 
Ist  es  nur  ein  Zufall? 


Abkürzungen  (siehe  auch  S.  193). 

Ausgabe  der   „Psaltirea   in 


a  Ab£  =  Abfall  im  Anlaut 
Abf.  «=  Abfall  im  Auslaui 
AI.  =  Alexandri,  Opere  com- 

plete  Buc  1896. 
as.  «=»  assonantisch. 
Ausf.  >=  Ausfall. 
AusfulL  B=  Ausfüllung. 
'  aox.  =  auziliar. 
best.  "«  bestimmt 
Biann  cf  Einleitung  zu  seiner 


Blanc  c£   Grammatik   der  it. 

Sprache.    Halle  1844. 
Conv.  =  Convorbiri   literare, 

XXXVI  Buc  1902. 
Dosoftei  >=  Psaltirea  in  versurit, 

ed.  Bianu,  Buc  1902. 
dr.  BSB  dramatisch, 
ds.  =  deskriptiv. 


—    272    — 


ep.  SS  episch. 

Frdw.  =  Fremdwort 

Oaster,    Chrestomatia  romänfi 

Leipzig  1891. 
H.  A.  b:  Hiatus  im  Aiilaai 
H.  L  as  Hiatus  im  Inlaut 
Eompos. «»  Kompositum. 
L.  P.  s»  Ghendi,  Eminescu,  Lite- 

ratura  popularä.  Buc.  1902. 
Ir.  =  Ijrisch. 
M.  =  Maiorescu,  Poesii  de  K 

Buc5.  1901. 
nebenbei.  =  nebenbetont 
p.  «=  Pause  kürzer  als  Mora. 
P.  B>  Pause  Yon  einer  Mora. 
P.  =  Postume  =  Hodos,  E., 

Poezii  postume.  Buc  1902. 
paroz.  =  paroxytonisch. 
R.  =  Refrain, 
r.  =  Reim  des  Refirain. 


RhschL  =»  ReihenschluB. 
Stengel,  Romanische  Yenlebie 

inOröbersOnindrißll  1-96. 
Str.  (6)«»sech8zeilige  Strophe 
Säineanu,  Dic^ionar  uniTeisal 
'  Craioya  1896. 
Tiktin,  Oramaticfi  romäna.  Buc. 

1895. 
Tobler,  Franz,  Versbau.  1880 
Überz.  =  Überziehen. 
V.  A.  —  Verschleit  im  AusUut 
V.  L«=  Verschleif  ung  im  InlÄut 
VersschL  =  Versschluß. 
Vok.  =  Vokal 
Weigand,  Dialekte  der  GroSeo 

Walachei  1902. 
—  Dialekte  der  Moldau  und 

Dobrudscha.  1902. 
X.s^Xenopol,  Mihail  Eminesco. 

Poezii.  lasi  1893. 


Der  AdyerbialBatz  in  der  nennunänischeii 
Yolksliteratiir 

von 
Kurt  Sohreyer. 

Einleitung. 

Die  vorliegende  Arbeit  bezweckt,  den  rumänischen  Adver- 
bialsatz hinsichtlich  Konjunktion,  Modus,  Tempus,  Stellung 
des  Nebensatzes  zum  Hauptsatze,  femer  der  von  Subjekt  und 
Prädikat  im  Adverbialsätze  einer  Untersuchung  zu  unterziehen. 
Natürlich  hatte  ich  Inein  Hauptaugenmerk  auf  die  Eonjunk^ 
tionen  zu  richten.  Dabei  galt  es  hinwiederum  vor  allem  den 
begrifflichen  Unterschied  innerhalb  der  einzelnen  Konjunk- 
tionen einer  Adverbialsatzart  aus  dem  gesammelten  Materiale 
der  rumänischen  Yolksliteratur  und  durch  angestellte  Versuche 
mit  Bumänen  festzustellen.  Infolgedessen  habe  ich  mich  nur 
auf  die  notwendigsten  etymologischen  Erklärungen  beschränkt 
und  den  Adverbialsatz  im  Altrumänischen  unberücksichtigt 
gelassen. 

Die  benutzte  Literatur  ist  am  Schluß  der  Arbeit  aufge- 
zählt, woselbst  sich  auch  ein  Verzeichnis  der  angewandten 
Abkürzungen  befindet.  Bei  Zitaten  ist  der  Verfieisser,  wo 
nötig,  auch  der  Teil  des  Werkes,  Seite  und  Zeile,  von  der 
ersten  Textzeile  an  gerechnet,  angegeben. 

I. 
Temporalsatz. 

Der  Temporalsatz  ist,  wie  jeder  Nebensatz,  ein  ent- 
wickeltes Satzglied  des  Hauptsatzes.    Beider  Verhältnis  wird 

W  e  i  g  a  n  d ,  li .  Jahresberieht.  18 


—    274    — 

daher  auch  durch  das  Verhältnis  ihrer  beiden  Tätigkeiteii  be- 
stinuni  Die  Tätigkeit  des  Nebensatzes  kann  non  mit  der  de> 
Hauptsatzes  entweder  gleichzeitig  oder  ungleichzeitig  sem.  Ist 
letzteres  der  Fall,  dann  geht  die  Nebensatzhandlung  der  des 
Hauptsatzes  voraus  oder  sie  folgt  ihr. 


Die  Nebensatzhaadlung  geht  ▼orauB« 

Hierbei  kommt  in  betracht,  ob  der  Sprechende  die  Neben- 
satzhandlung nur  als  ein&ch  geschehen  erzählen,  oder  ob  «r 
auf  Teile  ihrer  Handlung  Gewicht  legen  wül. 

cftnd. 

Wenn  der  Redende  cand  gebraucht,  so  berichtet  er  die 
Handlung  als  Ganzes,  als  reines  Faktum  und  will  die  Be- 
ziehung der  Handlungen  zu  einander  nicht  weitw  chartkt^ 
risieren.  Es  kommt  also  hier  nicht  in  Frage,  ob  ein  Vert 
perfektiv  oder  imperfektiv  ist.  c&nd  kann  den  Zeitpudd;  ml 
den  Zeitraum  ausdrficken,  zu  dem  eine  gegenwärtige,  rer- 
gangene  oder  zukünftige  Handlung  in  Beziehung  gesetzt  wird^ 
wobei  Zeitpunkt  und  Zeitraum  selbst  diesen  drei  Zeitstafeo 
angehören  können: 

I.  Der  Zeitpunkt  liegt  vor: 

Da  der  Erzählende  die  Handlung  als  nur  geschehen*  ioi 
Werden  begriffen  oder  ab  in  der  Zukunft  sich  vollendend 
hinstellen  will,  so  kommt  es  bei  der  Zeitenfolge  lediglich 
darauf  an,  welchen  Standpunkt  zur  Handlung  er  in  der  Er- 
zählung einnimmt 

a)  Stellt  er  sie  als  von  der  Gegenwart  völlig  abgeschlossen 
hin,  so  setzt  er  das  historische  Perfekt,  den  Aorist  ^^^ 
Redende  begibt  sich  gleichsam  in  die  objektive  Yergangen- 
beit. 

Cänd  veni  bärbat-sSü,  se  sperie  de  ceea-ce  vazu  (18.60  9. 

Wird  jedoch  die  eine  Tätigkeit  als  dauernd  neben  der 
anderen,  kurz  vorübergehenden,  ausgesprochen,  so  steht  dis 
Imperfekt  dem  Aorist  gegenüber: 


—    275    — 

Mama  smeolui  nu  mai  putea  de  bucurie  cänd  yäzu  pe 
fiu-seü  teftrü  (Ja.  19.  27). 

b)  Berichtet  der  Sprechende  die  Handlung  vom  Stand- 
punkte der  Gegenwart  aus,  so  wählt  er  das  Praesens,  wenn 
er  sie  als  in  der  Gegenwart  werdend  hinstellt,  das  Perfekt, 
wenn  die  Handlung  bei  der  Elrzahlung  abgeschlossen  ist,  das 
Futur,  wenn  er  sie  als  in  der  Zukunft  werdend  ansagen  will: 

Iar&  cu  alü  treilea  bidü  oänd  plesnescü  la  spatele  orl- 
cärui  lücru,  tl  schimb  in  stanä  de  petra  (Is.  264,  28).  0  jale 
mare  1-au  cuprins  ctnd  aü  zftrit'o  cu  papucii  cu  . . .  (Sb.  48,  4). 
Cand  ya  fi  de  döuS-zeci  de  ani,  s'a  cununa  cu  feciorul  tmpSra- 
tului  verde. 

IL  cand  bezeichnet  die  Zeitdauer. 

Wenn  der  durch  cand  eingeleitete  Nebensatz  die  Zeit- 
dauer ausdruckt,  so  kann  der  Hauptsatz  entweder  auch  die 
Zeitdauer  oder  den  Zeitpunkt  bezeichnen.  Beider  Handlungen 
stehen  im  Verhältnis  der  Gleichzeitigkeit,  und  zwar  kann 
sie  momentan  oder  durativ  sein.  Dabei  will  der  Redende  nicht 
auf  die  Handlungen  selbst  eingehen,  sondern  einfach  zum 
Aasdruck  bringen,  daß  sie  gleichzeitig  sind.  Je  nach  dem 
eingenommenen  Standpunkte  setzt  er 

a)  von  der  Vergangenheit  aus  gesprochen  im  Haupt- 
imd  Nebensatze  das  Imperfekt,  wenn  er  beider  Handlungen 
als  gleichzeitig  dauernd  erzählen  will. 

cind  se  revSrsa  zorile,  et  se  pregäteaü  (Is.  L  4.  18). 

b)  von  der  Gegenwart  aus  gesprochen  im  Hauptsatze 
das  Praesens,  im  cänd-Satze  das  Futur  zur  Bezeichnung 
einer  in  der  Zukunft  als  werdend  bezeichneten  Tätigkeit. 

St&pänifi  aceast  'avere  singuri^  cand  eü  n  oiü  mai  fi 
(Dulfu  9,  20). 

m.  Der  durch  cand  eingeleitete  Temporalsatz 
enthält  eine  iterative  Handlung. 

Nu  mal  sciü  ce  facü,  c4nd  me  uitü  la  ocbii  tei  cei 
frumosi  (Is.  29,  12). 

18* 


—    276    — 

Um  die  iterative  Handlung  noch  dentiicber  zu  yeran- 
schaulichen,  setzt  der  Bamäne  bisweilen  noch  das  yerall- 
gemeinernde  ori  zu  cänd:  Ii  dete  voe  ca  sa  vie  tn  palatö 
ori-cänd  ya  voi  (Is.  371,  26). 

Anm.:  Neben  cand,  ori  cand  gebraucht  man  auch  ori 
de  c&te  ori  oder  de  cäte  ori,  Konjunktionen,  die  aus  dem 
frequentativen  Modalsatze  stammen,  sich  aber  leicht  auch  zu 
temporalen  Konjunktionen  entwickeln  konnten.  Der  Sprechende 
braucht  nur  weniger  an  die  unbestimmt  zahlenmäBig  sich 
wiederholende  Handlung  zu  denken,  als  vielmehr  allgemeiner 
an  die  Zeit,  in  der  sich  die  Nebensatzhandlung  wiederholt: 

Este  adevSrat  cä  am  isbutit  ori  de  cäte  ori  te  am 
ascultat  (Is.  21,  28).  De  cäte  ori  venea  Ion  la  curie  de  la 
suhat,  schimba  aste  cuvinte  cu  boerul  (Crac.  6,  14). 

Der  Vollständigkeit  wegen  sei  mit  angefahrt: 
IV.  Cänd  leitet  einen  attributiven  Temporalsatz  ein, 

d.  h.  einen  Satz,  der  nicht  in  direkter  Beziehung  zum  Haupt- 
satze steht,  sondern  eine  nähere  Bestimmung  eines  zeit- 
lichen Ausdrucks,  insbesondere  eines  einzelnen  Zeitsubstantivs. 
enthält.  In  dem  Attributivsatze  steht,  wenn  in  der  Ver- 
gangenheit geschildert,  das  Imperfekt,  welches  den  Fort- 
schritt der  Handlung  hemmt  und  so  Zeit  zur  Erklärung,  Er- 
gänzung läßt,  das  Praesens,  wenn  er  eine  Tatsache  von 
allgemein  anerkannter  Giltigkeit  enthält,  das  Futur,  wenn 
die  Handlung  als  in  der  Zukunft  vor  sich  gehend  ausgesprocheo 
und  erwartet  wird. 

Ear  ctnd  fuse  tntr  o  zi  tocmai  ctnd  copilul  implinea  t5 
am,  se  scula  FSt-frumos  (Is.  2,  24).  s'a  sculat  peste  nöpte,  cam 
despre  zioa,  cänd  sonmul  este  mai  dulce  (Is.  20.  10).  Da^ 
popa  saü  sfatuitü  cu  preoteasa,  ca  intr'  un  timp  de  noapte. 
cänd  va  dormi  Pepelea  mai  greu,  sS-1  isbeascä  in  apä. 

In  den  bisher  betrachteten  Fällen  ging  die  Nebensatz- 
handlung der  des  Hauptsatzes  voraus.  Folgt  nun  jene  der 
Hauptsatzhandlung,  so  dient 


—    277    — 

V.  cänd  zur  Einleitung  eines  Nebensatzes,  derein 
unerwartet  eintretendes  Ereignis 

bringt,  das  sich  meist  unmittelbar  an  die  Hauptsatzhandlung 
anschließt 

Der  Erzähler  faßt  nur  den  Zeitpunkt  ins  Auge.  Oft 
unterbricht  er  die  Nebensatztatigkeit,  indem  er  eine  Pause 
hinter  c4nd  macht  und  durch  eine  Apposition  den  Zeitpunkt 
noch  mehr  herrorhebi  Auf  diese  Weise  steigert  er  wesent- 
lich die  Erwartung  des  Zuhörers  auf  das  Folgende.  Dazu 
dienen  u.  a.  de-odatä,  Intr'o  nöpte,  Intr'  una  din  zile. 

. . .  pomi;  clnd  auzi  o  ciocäniturft  groasnicfi  (Is.  L  4,  35)» 
Se  puserft  pe  posturi;  cänd,  tntr'o  nöpte,  Damnezeu  se  arat& 
Impdratesei  (Is.  380,  6). 

Will  der  Redende  die  plötzlich  eingetretene  Handlung 
recht  lebhaft  schildern  und  veranschaulichen,  so  unterbricht 
er  den  Nebensatz  und  fugt  hinter  clnd  das  hinweisende  etä. 
cä!  ein.  Eine  noch  größere  Wirkung,  Spannung  sucht  er  zu 
erzielen,  wenn  er  etä  cä,  eca  zu  alleinigen  Trägem  der  Hand- 
lung macht,  das  Verbum  wegläßt 

Nu  mai  sim^a  dacä  este,  ori  nu  maa  este.  Cänd,  etä  cä,. 
o  bröscä  ^stösä  esise  pe  luciul  apei  (Is.  34,  23).  Dömna  Ch.  se 
uitä  la  drum,  cänd  6ca  un  OTreiü  cu  cämä^i  de  vlnzare  (Is.  117, 4). 

Psychologisch  läßt  sich  dies  leicht  erklären:  Seine  ganze 
Spannung  richtet  er  auf  den  plötzlich  auftauchenden  Gegen^ 
stand.  Darauf  verweilt  sein  Blick.  Das  Yerbum  empfindet 
er  darnach  als  nachhinkend.  Auf  diese  Weise  erfahrt  die 
Nebensatzhandlung  eine  plötzliche  Steigerung,  darauf  folgt 
momentane  Ruhe  und  plötzlicher  Abfall  der  Handlung. 

Ein  weiteres  Mittel  des  Rumänischen,  die  Plötzlichkeit 
hervorzuheben,  besteht  darin,  daß  er  im  Hauptsatze  den  gleich- 
mäßigen Verlauf  seiner  Handlung  veranschaulicht:  Er  setzt 
zu  diesem  Zwecke  das  Verbum  des  Vordersatzes  doppelt^  oder 
zum  einfachen  Verb  Adverbia  mit  dem  Ausdrucke  der  Gleich« 
formig-  Gleichmäßigkeit:  asa,  ast-fel  u.  a.,  oder  auch  Adverbia, 
wie  abia,  tocmai  u.  s.  w. 


—    278    — 

Merserä,  merserä,  cale  longa  departata,  ctnd,  fata  im- 
peratolui  zäri  o  cosifä  de  aurü  (Is.  22.  6).  Si  asa  trecura  zflele 
una  dupS  alta  ptnä  la  noä  loni,  cänd  baba  nascu  . . .  (Is.  97,  121 
Luau  toomai  cafeaua,  cänd  Ion  tntrft  in  casi,  cam  sfiii 
oare-cum  (Cräc.  8,  26). 

Anm.:  Neben  cand,  etfi  cä  wird  eine  plötzlich  eintretende 
Handlung  auch  wiedergegeben  durch  einen  Satz  mit  si  lacä 
cS.  Dabei  wendet  der  Sprechende,  der  größeren  Anschaulich- 
keit wegen,  selbst  bei  der  Erzählung  in  der  Vergangenheit 
auch  das  Praesens  an:  Abia  s'a  dus  mama-capra  si  laci  cä 
vine  un  lup  (Alexici  235). 

YL  Stellung  des  Nebensatzes  zum  Hauptsätze. 

Die  Stellung  des  Nebensatzes  zu  seinem  Hauptsatze  ist 
weniger  durch  die  grammatische  Form,  als  vielmehr  durch 
psychologische  Erwägungen  des  Redenden  bestimmte  In- 
folgedessen erscheint  er  bald  als  Vordersatz,  bald  als 
Nachsatz. 

Bei  den  cänd-Sätzen  kommt  es  lediglich  darauf  an,  auf 
welchem  Satze,  Haupt-  oder  Nebensatz,  durch  den  Inhalt 
bedingt,  der  Nachdruck  liegt,  welcher  von  beiden  umfangreidier 
und  infolgedessen  auch  meist  inhaltschwerer  ist 

1.  Für  gewöhnlich  steht  der  oänd-Satz  vor  dem  Haupt- 
sätze, da  das  durch  cand  ausgedrückte  Zeitverhaltnis  dem  In- 
halte des  Hauptsatzes  gegenüber  meist  nebensächlich  erscheint: 

Cind  auzi  calulü  de  la  Fät-frumos  cä  .  . . ,  o  data  se  scu- 
tura  (Is.  I,  3,  32). 

2.  Als  Zwischensatz  erscheint  der  cand-Satz,  wenn  sein 
Subjekt  ein  Substantiyum  oder  Pronomen  und  das  gleiche  wie 
im  Hauptsatze  ist. 

Ruxandra  cänd  a  auzit  de  sarpele  omorät  si  care .  . .,  a 
tnceput  sä  se  gändeascä  cum  si  cel  fei  . . .  Michidu^  cänd 
ii  yäzu,  bucuria  lui  nu  era  proastä  (Mar.  6,  6).  NecuratuL 
cänd  väzu  mämäligä  aburind,  täbäri  asupra  ei  (Mar.  8,  4). 

3.  Nach  dem  Hauptsatze  folgt  der  cänd-Satz,  wenn  er 
ein  entscheidendes  Moment  enthält,  also  durch  seinen  Inhalt 


—    279    — 

wichtig  ist  Hierher  gehören  durchweg  die  cänd-Sätze,  die 
ein  unerwartetes  Ereignis  einleiten.  In  diesen  Beispielen  fallt 
auch  die  zeitliche  Aufeinanderfolge  der  beiden  Handlungen 
mit  in  die  Wagschale.    (Beisp.  s.  unter  Y.) 

Die  Stellung  im  Nachsatz  findet  femer  Anwendung 
bei  umfangreichen  Nebensätzen,  wenn  mehrere  durch  si  an- 
einander gereiht,  oder  durch  ein  Korrelativ  an  das  Ende  ver- 
wiesen sind;  kurz,  wenn  ein  Nachdruck  auf  ihnen  liegt: 

Darä  ce  chief  si  veselie  aü  avut  el  atuncia,  cänd  afi 
cercat  sä  zicS  Intr'  Insul,  si  cänd  aü  yäzut  cä  joaca  toate 
dinnäintea  sa!  (Sb.  7,  28).  Fata  impSratului  il  yäzu  si  cänd 
esi  si  cänd  se  tntorse  (Is.  167,  23).  To^i  fiu  de  tmp^ratü  eraü 
de  fa^  cänd  a  zis  ImpSratul  vorbele  acestea. 

Selbst  der  kurze  Nebensatz  folgt  dem  Hauptsatze,  wenn 
dieser  wiederum  in  dem  Verhältnis  eines  Nebensatzes  zum 
übergeordneten  Hauptsatze  steht: 

. . . ,  Incät  ist  lingeaü  si  degetele  cänd  mäncaü  (Is.  22,  34). 

4.  Bald  als  Vorder-,  bald  als  Nachsatz  ist  der  cänd- 
Satz  bedingt  durch  ein  Korrelat  im  Hauptsatze,  auf  das  er 
unmittelbar  folgt: 

Si  le  fura  tocmai  cänd  eraü  sä  se  cöcä  (Is.  81,  20). 

VU.   Stellung  von  Subjekt  und  Praedikat 
im  cänd-Satze. 

Sehen  wir  uns  zunächst  in  den  Temporalsätzen  des  Latei- 
nischen um!    Allgemein  galt  dort  als  Regel  folgendes  Schema: 

K.  S.  0.  V. 
Die  romanischen  Sprachen  dagegen  zeigen  die  Tendenz,  das 
Verbum  in  die  Mitte  des  Satzes,  möglichst  in  die  Nähe  des 
Subjekts  zu  stellen.  Aus  dem  lateinischen  Schema  konnten 
demnach  folgende  Variationen  entstehen:  K.  S.  V.  0.  oder 
analog  den  objektslosen  Sätzen: 

K.    V.    S.    0. 
Dies  ist  die  allgemeine  Form,  wie  wir  sie  im  rumänischen 
cänd-Satze  und  in  den  meisten  übrigen  Adverbialsätzen  finden, 


—    280    — 

wenn  deren  Subjekt  ein  Substantiyum  oder  Pronomen  ist,  — 
also  Inversion  des  Subjekts  — . 

cänd  yeni  bärbat  sStt,  se sperie  de  ceea-ce  ySzu  (Is.V.60,9). 

Oft  tritt  auch  Inversion  im  Hauptsatze  ein,  wenn  das 
Subjekt  ein  Substantivum  ist»  dagegen  nicht  bei  pronominalem 
Subjekte. 

se  mänie  fiul  de  boerft  c&nd  väzu  o  astfei  de  batjocüra. 
Odatä,  cänd  eraü  et  märisori,  i-a  luat  tatä-sSu  cu  sine  (Ret 
1,  6).  Dagegen:  c!nd  se  revSrsa  zorile,  ei  se  pregateaü  (Is.). 
Si  cänd  yei  gändi  la  mine,  eil  voiü  fi  la  tine  (Is.  45,  26). 

Abweichend  von  den  angeführten  Beispielen  bleibt  die 
gemeine  Wortstellung  im  nachgesetzten  cand-Satze, 
wenn  er  eine  überraschende  Handlung  einleitet  Ver- 
einzelt tritt  Inversion  auch  im  Hauptsatze  ein.  Die  gemeine 
Wortstellung  ist  hier  wohl  damit  zu  erklären,  daß  der  Redende 
nach  cänd  eine  momentane  Pause  macht,  um  die  Erwartung 
des  Zuhörers  auf  das  Folgende  noch  mehr  anzuspannen.  Dar- 
nach vergißt  er  den  angefangenen  Satz  und  fahrt  wie  in  einem 
Hauptsatze  in  seiner  Erzählung  fort,  was  um  so  begreiflicher 
ist,  als  bei  cänd  oft  noch  ein  Attribut  steht:  se  puserä  pe 
posturi;  cänd,  tntr'o  nöpte,  Dumnezeu  se  arätä  imp^rätesei 
(Is.  380,  6). 

Vül.  Konjunktion  cänd  im  Temporalsatze. 

a)  Allgemeines. 

cänd  <C  lat.  quando  ist  an  die  Stelle  der  in  allen  roma- 
nischen Sprachen  verschwundenen  lat.  Konjunktion  cum  ge- 
treten und  antwortet  allgemein  auf  die  Frage  wann?,  ohne 
jedoch  sich  auf  Teile  der  Handlung  zu  beziehen.  Im  Haupt- 
satze ist  bisweilen  die  Beziehung  zum  Nebensatze  noch  an- 
gedeutet durch  ein  hinweisendes  Korrelat,  an  das  sich  der 
cänd-Satz  relativisch  anschließt,  wenn  er  nach  dem  Haupt- 
satze steht.  Darä  ce  chief  si  veselie  aü  avut  el  atuncia, 
cänd  aü  cercat  sä  zica  tntr'  insul,  si  cänd  aü  väzut  cajoacä 
toate  dinnäintea  sa  (Sb.  7,  28)! 


—    281    — 

b)  Über  die  Wiederholung  von  c&nd  im  temporalen  SatzgeAge. 

Einem  Hauptsätze  könDen  auch  mehrere  c4nd-Sätze  unter- 
geordnet sein,  die  wiederum  in  einem  Verhältnis  der  Unter- 
oder Beiordnung  stehen  können.  Für  unsere  Untersuchung 
kommt  nur  die  Beiordnung  in  Betracht.  Dabei  ist  Folgendes 
zu  beobachten:  ä)  Bei  gleichartigen,  durch  si  verbundenen 
Nebensätzen  wird  c&nd  nicht  wiederholt,  wenn  sich  deren 
Handlungen  gegenseitig  nicht  ausschließen,  gemeinsame  Be- 
rührungspunkte und  gleiches  Subjekt  haben:  Gänd  IntrS  mus- 
calul  in  casft  si  tSzu  slänina  a^a  frumoasä  |i  groasft  de  un 
lat  de  mänä,  zise  ducändu-se  la  ea:  (Cräc.  32,  18).  ß)  Stehen 
jedoch  die  beigeordneten  Nebensatzhandlungen  nicht  in  gegen- 
seitiger Beziehung  oder  stehen  sie  gar  in  einem  diametralen 
Verhältnis  zu  einander,  so  wird,  selbst  bei  gleichem  Subjekte, 
cänd  nach  dem  Bindeworte  wiederholt:  Fata  Imperatulul 
ll  väzu  |i  cand  esi  si  cänd  se  Intörse  (Is.  167,  23).  Si  diu 
vorbä  In  yorbä,  tncepu  a  mi-^  sim^i  Smeulü  cä  ii  cam  täcae 
inima  cänd  se  da  pe  längä  fatä,  ori  cänd  ac^sta  li  zlmbesce 
si  ii  spune  cäte  ce-va  gogleze  (Is.  337,  34).  Gerade  dieses 
Beispiel  bestätigt  deutlich  das  oben  über  die  Wiederholung 
von  cänd  Gesagte:  Die  Handlungen  der  beiden  ersten  durch 
ori  verbundenen  Nebensätze  haben  keine  Beziehung  zu  ein- 
ander, daher  Wiederholung  von  cänd  gegenüber  der  zweiten 
und  dritten  durch  si  beigeordneten  Nebensatzhandlung. 

unde. 

In  demselben  Sinne  wie  cänd,  jedoch  weit  seltener,  er- 
scheint auch  unde,  das  sich  aus  der  lokalen  zur  temporalen 
Konjunktion  entwickelt  hat,  indem  man  bei  abstrakten  Be- 
griffen mehr  an  das  Konkrete  dachte,  das  Lokative  dem 
Redner  näher  lag  als  das  Temporale,  ein  Zug,  der  sich  auch 
in  anderen  romanischen  Sprachen,  ja  auch  im  Deutschen,  be- 
merkbar macht  Gleich  cänd  wird  es  dann  weiterhin  auch 
mit  Präpositionen  verbunden,  sodaß  wir  neben  de  cänd  auch 
de  unde  finden  (Beispiel  hierfür  s.  u.  B.). 


-     282    — 

Bucuna  tatälui  sSü  era  asa  de  mare  unde  vedea  cä  fin- 
sgü  are  sä  fie  procopsit  ca  nici  unid  din  fiii  de  ünpSra^,  in 
cät  se  uita  la  d^nsul  ca  la  söre  (Is.  183,  36). 

cum;  decum;  tndätä  ce. 

Mit  cänd  haben  diese  drei  Eonjanktionen  gemeinsam,  daß 
sie,  wie  jenes,  den  Zeitpunkt  anzeigen.  Doch  darin  unter- 
scheiden sie  sich  wesentlich  von  cand,  daß  sie  in  engster 
Beziehung  zur  Handlung  selbst  stehen,  daß  sie  nicht  not 
einen  Punkt  der  Erzählung,  sondern  vor  allem  auch  der  Hand- 
lung hervorheben  wollen.  Wegen  ihrer  Beziehung  zu  den 
Handlungen  des  Haupt-  und  Nebensatzes  bringen  sie  natorüch 
auch  die  zeitliche  Aufeinanderfolge  der  beiden  Handlungen 
zum  Ausdruck,  und  zwar  die  der  unmittelbaren  Folge. 
Ist  schon  der  Unterschied  von  cänd  zu  den  drei  Konjunktionen 
ein  wesentlicher,  so  besteht  ein  weiterer,  noch  feinerer  unter 
cum,  decum,  indatä  ce  selbst  Dies  wird  sich  bei  der  Einzel- 
betrachtung näher  zeigen. 

a)  cum  =  wie,  sowie. 

cum,  aus  lai  quomodo  hervorgegangen,  ist  von  Haus  aus 
Vergleichsadverb  und  hat  sich  über  der  modalen  zur  tempo- 
ralen Konjunktion  aus  dem  Begriffe  der  Vergleichung,  der 
Gleichheit,  Gleichartigkeit  zur  Idee  der  Gleichzeitigkeit  und 
der  unmittelbaren  Folge  entwickelt  Auf  diese  Herleitung  aus 
dem  Modalsatze  deuten  auch  noch  Beispiele  wie: 

Si  cum  umbla  el  a  cere,  Innoptezä  odatä  la  an  fägäd&u 
(Ret).  Si  cum  mergea  pe  drum,  gäseste  si  ea  margicä  (Cr.). 
Cum  mergeau  ei  asa  prin  pädure,  eacä  cel  mai  mare  din 
fra^i  se  opresce  (Ret). 

Wir  sehen,  daß  der  Übergang  bei  den  Verben  der  Be- 
wegung leicht  erfolgen  konnte:  Cum  bezeichnete  zunächst  die 
Art  und  Weise  des  Gehens.  Will  dann  der  Redende  damit 
ein  plötzlich  eintretendes  Ereignis  in  Verbindung  bringen,  so 
sucht  er  das  modale  Moment  mit  dem  temporalen  zu  vereinen. 
Dieses  tritt  allmählich  mehr  hervor,  ja,  schließlich  vollständig 
allein. 


—    283    — 

Wodurch  unterscheidet  sich  cum  von  decumund 
Indatä  ce? 

Wie  schon  eingangs  erwähnt,  kommt  im  cum-Satze  vor 
allem  die  Handlung  zum  Ausdruck.  Hierbei  kann  nun  der 
Redende  Gewicht  legen  auf  deren  Anfangspunkt;  femer  auf 
einen  Punkt  aus  dem  Verlaufe  der  Handlung  unter  Ausschluß 
von  Anfangs-  und  Endpunkt;  oder  auch  auf  den  Endpunkt 
Die  einzelnen  Handlungen  können  dabei  noch  dauern,  doch 
tritt  ihr  Weiterverlauf  in  der  Vorstellung  des  Sprechenden 
zurück. 

Bei  cum  denkt  er  nun  lediglich  an  einen  Punkt  aus  dem 
Verlaufe  der  Handlung,  jedoch  nicht  an  ihren  Anfangs-  und 
Endpunkt.  Darum  werden  auch  selten  Momentan-Verben  mit 
cum  verbunden.  Die  Bedeutung  von  cum  erhelle  aus  folgendem 
Beispiele:  Fata  de  imperatü,  cum  Ü  väzu,  se  sculS.  Der 
Redende  will  hier  nur  ausdrucken,  daß  die  Kaisertochter  sich 
erhob,  als  sie  ihn  sah,  d.  h.  während  das  Sehen  noch  vor  sich 
geht,  nicht,  daß  sie  sich  erhob  von  dem  ersten  Moment  an, 
wo  sie  ihn  erblickte,  oder,  als  sie  ihn  gesehen  hatte,  und  er 
wieder  weg  war.  Da  cum  einen  Punkt  aus  der  linearen 
Handlung  festhält,  also  mit  imperfektiven  Verben  verbunden 
ist,  ist  auch  die  durch  dieses  bezeichnete  Handlung  meist  un- 
abgeschlossen bei  der  unmittelbaren  Folge  der  Hauptsatz- 
handlung. Je  nach  dem  Standpunkte  des  Erzählers  steht  in 
dem  cum-Satze  das  Praesens,  Perfektum,  Futurum;  der  Aorist, 
und  zum  Ausdruck  einer  iterativen  Handlung  das  Imperfektum. 
Cum  le  vede,  Indatä  le  cunösce  de  pe  privirea  cea  bländä 
cä  sunt  copiii  lui  (Ret  206,  24).  Cum  au  plecat  toti,  ea  a 
si  adormit  (Cräc.  13,  10).  Cum  vom  ajunge  la  palatul,  sä  te 
las  Jos  (Is.  9,  8).  Cum  ajunse  fata  la  podul  de  argint,  unde 
ii  esi  leul  inainte  (Is.  17,  5).  Dar,  cum  punea  mäna  pe  cäte 
unui  de  codä,  li  träntea  (Is.  3,  10). 

Daß  cum  mit  cänd  nicht  vertauscht  werden  kann,  ohne 
den  Sinn  des  Satzes  zu  ändern,  geht  schon  aus  der  grund- 
verschiedenen Funktion  von  cum  und  cänd  hervor,  femer  aus 
Beispielen,   wo    beide   Konjunktionen   gleichzeitig   auftreten: 


—    284    — 

Garn  o  ySziii,  inima  se  ftcose  cät  iin  porice  fn  mine,  era 
cänd  Inträ  pe  ose,  a^teptai  pänä  sä-mi  yie  bine  (I&  304,  4). 
Wenn  der  Redende  im  ersten  Teile  cum  setzte  so  will  er  das 
Sehen  nicht  als  ein&ch  geschehen  erzählen,  sondern  aassagen, 
daß  sein  Herz  klein  wie  ein  Floh  geworden  war,  als  er  sie 
sah,  d.  i.  während  des  Sehens,  nicht  aber  vom  ersten  Mom^t 
des  Sehens  an,  auch  nicht,  ab  sie  ihn  gesehen  hatte,  und  er 
wieder  weg  war.  Anders  verhalt  es  sich  im  zweiten  Teile, 
wo  das  Eintreten  vom  Redenden  nur  als  überhaupt  geschehen 
hingestellt  wird.  Darum  kann  man  auch  Mejer-Lubke 
(6r.  m,  644)  nicht  beistimmen,  wenn  er  schreibt:  Daneben 
also  rumänisch  cimi,  oft  mit  cand  gleichgestellt:  cum  sa  lea- 
gänä  iarba,  Cänd  o  taie  cu  coasa,  cum  o  taie  picä  jos,  si  cum 
picä  ingübeneste  (Doine  188,  3)  wie  das  Gras  schwankt,  wenn 
man  es  mit  der  Sichel  schneidet;  wenn  man  es  schneidet,  tSUt 
es,  und  wenn  es  gefallen  ist,  welkt  es. 

Es  genügt  Dach  dem  Vorangegangenen,  nochmak  darauf 
hinzuweisen,  daß  cänd  nicht  mit  cum  wechseln  kann,  ohne 
Einfluß  auf  die  Bedeutung  auszuüben,  daß  sein  Gebrauch  Ton 
der  jeweiligen  Absicht  des  Erzählers  abhängt,  eine  Handlung 
nur  als  Faktum,  als  Ganzes,  oder  in  ihren  einzelnen  Phasen 
zu  berichten.  Wohl  schließt  cum  das  cand  in  sich,  nicht  aber 
umgekehrt  Oft  unterscheiden  sich  cänd-Sätze  äußerlich  nur 
durch  ihre  Konjunktion  von  den  cum-Sätzen: 

Cänd  y^zu  pe  tiner  atät  de  frumos,  Indatä-i  cazu  dn^ 
la  inimä  (Ret.  21,  30).  lar  cänd  a  dat  cu  ochii  de  mire,  pe 
loc  a  Incremenit  (Cr.  11,  54,  31). 

Auch  in  diesen  Fällen  läßt  sich  cänd  nicht  durch  cum 
ersetzen:  Der  Erzähler  will  lediglich  schildern,  ohne  einen 
Punkt  der  Handlung  hervorzuheben. 

Bezog  sich  der  Redende  bei  cum  auf  den  Verlauf  der 
Handlung,  so  will  er  ihren  Anfangspunkt  betonen,  wenn  er 

b)  de  cum 
setzt.    Es  setzt  sich  zusammen  aus  de  +  cum,  wodurch  eigent- 
lich schon  seine  Beziehung  zur  Handlung  gegeben  ist:  lat 
de  «=  Yon  .  .  .  aus,  Ton  ...  an  deutet  vorzugsweise  auf  den 


—    285    — 

Ausgangspunkt,  während  der  Verlauf  der  Handlung  von 
da  ab  ftr  die  Vorstellung  zurücktritt  Dieses  Moment  soll 
in  decum  zur  Anschauung  kommen,  und  das  ist  es  auch,  was 
es  Yon  cum  wesentlich  unterscheidet.  Aus  diesem  Ghnnde 
auch  verbindet  sich  decum  vorwiegend  mit  Verben  von 
momentanem  TätigkeitsbegrifF,  cum  mit  solchen  der  Dauer. 
Wahrend  das  Zusammentreffen  der  im  Haupt-  und  Nebensatze 
ausgesagten  Handlungen  bei  cum  im  Verhältnis  der  unmittel- 
baren Folge  steht,  bezeichnet  decum  das  der  punktuellen 
Gleichzeitigkeit,  sodaß  hier  natürlich  auch  die  in  den  cum- 
Sätzen  häufig  auftretenden  Adverbien  zur  Bezeichnung  der 
unmittelbaren,  raschen  Folge  (indatä,  pe  loc,  unde)  überflüssig 
sind  und  deshalb  fehlen.  Selbstverständlich  hängt  der  Gebrauch 
von  decum  auch  hier  von  der  beabsichtigten  Auf&ssung  des 
Redenden  ab,  und  cum  ist  daher  scharf  von  decum  geirennt 
zu  halten.  Beider  unterschied  mögen  folgende  Beispiele  dar- 
legen: In:  cum  ll  väzu  lmp$ratul  il  cunoscu  (Is.  76,  6)  will  der 
Erzähler  sagen,  daß  der  Kaiser  ihn  erkannte,  als  er  ihn  sah 
d.  h.  während  des  Sehens  erinnerte  er  sich  seiner  wieder;  der 
Kaiser  erkannte  ihn  also  nicht  schon  beim  ersten  Anblicke. 

Anders  verhält  es  sich  mit:  Decum  tl  ochi,  Incepu  sä-i 
tacäe  inima  (Is.  24,  25).  Sein  Herz  fing  an  zu  pochen  gleich 
beim  ersten  Anblicke,  nicht  erst  im  Verlaufe  des  Sehens.  Hier 
zeigt  sich  uns  auch  in  ochi  =  erblickte  ein  Verb  mit  perfek- 
tivem Tätigkeitsbegriffe.  Bei  derartigen  Verben  wird  die  durch 
decum  eingeleitete  Handlung  stets  abgeschlossen  durch  die 
einsetzende  Hauptsatzhandlung,  dagegen  kann  jene  noch  dauern 
bei  den  imperfektiven  Verben;  jedoch  auch  hier  tritt  der 
Weiterverlauf  der  Handlung  gegenüber  ihrem  Anfangspunkte 
für  die  Vorstellung  zurück.  Also  decum  =  (seit  +  wie)  = 
nachdem  +  sowie. 

Decum  tl  vSzui  ne  gätiräm  de  ducä  (Is.  300,  6).  Decum 
aü  tntrat  tn  casä,  scripcarii  ctntä  (S.  Gor.  III  183,  26). 

Die  dritte  Möglichkeit  ist,  daß  der  Sprechende  an  den 
Endpunkt  der  Handlung  denkt.  Diese  Funktion  kommt  zum 
Ausdruck  in 


—    286    — 

c)  indatä  ce«=  sobald. 
Es  ist  eine  Zasammenseizung  aus  dem  Adverb  indat&  +  dem 
BelaÜTuin   ce.     Das  Wesen   dieser  Konjunktion  erhellt  am 
besten  aus  einem  Beispiele:  Indatä  ce  s'  aü  pomit  Petrea 
Yoinicul  de-a  casä,  ea  aü  §i  alergat  la  Smiü  (Sb.  29, 1). 

Im  Gegensatze  zu  cum  und  decum  legt  der  Erzähler  bei 
indatä  ce  Gewicht  auf  den  Endpunkt  der  Handlung,  ohne 
ihren  vorausgehenden  Verlauf  mit  zu  berücksichtigen.  Wahrend 
in  den  cum-  und  decum-Satzen  die  Handlungen  nicht  unbedingt 
abgeschlossen  zu  sein  brauchen  bei  der  unmittelbaren  Folge 
oder  Gleichzeitigkeit  der  Hauptsatzhandlung,  wird  die  tndata 
ce-Handlung  stets  abgeschlossen  mit  der  darauf  folgenden. 
In  dem  angefahrten  Falle  eilt  sie  nicht  zum  Smeü  von  dem 
Augenblicke  an,  woP.  aufbricht — also  gleichzeitig  mit  ihm—, 
auch  nicht,  während  das  Aufbrechen  vor  sich  geht,  sondern 
mit  dem  Vollzug  des  Aufbruchs  eilt  sie  zum  Smeü. 

Was  die  Zeitenfolge  anlangt,  so  steht  vom  Stand- 
punkt der  Gegenwart  aus: 

a)  Im  Hauptsatze  das  Praesens,  im  Nebensatze  das  Per- 
fektum,  wenn  die  Handlung  in  der  Vergangenheit  spielt: 
Ouele  trebuesc  luate  din  cuibare  tndatä  ce  au  fost  depuse 
de  pasere  (S.-Gor.  III,  79,  18). 

ß)  Im  Nebensatz  das  Futurum,  wenn  die  Handlung  als 
in  der  Zukunft  vollendet  angesagt  wird.  Eigentlich  erwartet 
man  streng  logisch  das  Futurum  ezactum,  das  aber  im  Roma- 
nischen häufig  durch  das  einfache  Futurum  ersetzt  erscheint: 
Dar  mosneagul  o  oprit  ca  sä  nu-i  deie,  ca  crapä  fndatä  ce 
a  bea  o  leacä  de  apä  (S.-Gor.  III,  67,  32). 

y)  Vom  Standpunkte  der  Vergangenheit  aus,  im  Haupt- 
und  Nebensatze  der  Aorist,  der  in  der  Bukowina  auch  durch 
das  Perfektum  ersetzt  wird:  Indatä  ce  se  scaldä  fn  acest  lapte, 
cerbul  se  prefacu  lar  in  om  cum  fiisese  mai  inainte  (S.-6or. 
III,  164.  11). 

d)  Stellung  von  Nebensatz  zu  Hauptsatz 

bei  cum,  decum,  indatä  ce. 

Schon  bei   den   cänd-Sätzen  wurde  darauf  hingewiesen,   daß 


—    287    — 

der  Nebensatz  als  Vorder-,  Zwischen-,  Nachsatz  auftreten  kann, 
je  nach  Inhalt,  Umfang,  Bedeutung.  Hing  die  Nebensatz- 
stellung in  dem  cänd-Satze  meist  Ton  der  Willkür  des  Er- 
zahlenden ab,  so  zeigt  sich  in  den  cum-,  decum-,  tndata  ce- 
Satzen  eine  Gebundenheit  an  den  zeitlichen  Zusammenhang 
Ton  Haupt>  und  Nebensatz.  Das  darf  auch  nicht  befremden; 
will  doch  der  Redende  in  seiner  Erzählung  zugleich  auch  die 
innere  Beziehung  von  Haupt-  und  Nebensatz  auf  die  Zeit 
ausdrucken.  Nicht  alle  drei  Konjunktionalsätze  sind  in  gleicher 
Weise  in  ihrer  Stellungsfreiheit  beschrankt  Ausschlaggebend 
ist  dabei  auch  wieder  die  Eigenart  der  betreffenden  Konjunk- 
tion.   Folgende  Normen  lassen  sich  beobachten: 

a)  Überall  da,  wo  der  Redende  ausdrucken  will^  daß 
Haupt-  und  Nebensatzhandlung  im  Verhältnis  der  Gleich- 
zeitigkeit stehen,  ist  die  Nebensatzstellung  nur  noch  durch 
die  subjektive  Ansicht  des  Erzählers  über  die  Bedeutung  des 
Nebensatzinhaltes,  nicht  mehr  durch  den  zeitlichen  Zu- 
sammenhang der  beiden  Handlungen  bedingt  Diese  Stellungs- 
freiheit ist  auch  begreiflich,  denn,  wenn  a  =  b,  ist  auch  b  =  a. 
Immerhin  machen  sich  auch  bei  der  Gleichzeitigkeit  noch 
feine  Unterschiede  fühlbar,  so  der  der  dauernden  und  momen- 
tanen Gleichzeitigkeit 

Bei  de  cum  und  tndatä  ce  denkt  nun  der  Redende 
nicht  an  den  ganzen  Verlauf  der  Gleichzeitigkeit,  sondern  nur 
an  einen  Punkt:  den  Anfangspunkt  bei  de  cum,  den  End- 
punkt bei  indatä  ce. 

Wegen  dieses  gleichzeitigen  Momentes  kann  daher  der 
Temporalsatz  bald  Tor,  bald  nach  dem  Hauptsatze  stehen. 
Dabei  zeigt  es  sich  weiter,  daß  die  Nebensätze  mit  perfektiven 
Verben,  ^e  also  mit  der  gleichzeitig  einsetzenden  Handlung 
auch  abgeschlossen  werden,  oder,  wenn  das  zeitliche  Prius 
sich  mehr  oder  weniger  geltend  macht,  vor  dem  Hauptsatze 
stehen:  Decum  il  ochi,  Incepu  sä-i  täcäe  inima  (Is.  24,  25). 
De  cum  aü  intrat  in  casS,  scripcarii  cinta  (S.-Gor.ni,  183,  26). 

Liegt  ein  Nachdruck  auf  dem  De  cum-Satze,  so  folgt 
er  dem  Hauptsatze:  AceastS  stafie  ese  apoi  in  toatä  noaptea. 


—    288    — 

de  cum  tnsereazä  bine  si  p&iä  ce  clnta  cuco|i{  de  miezul 
nop^ii  (S.-Gor.  IIL  90,  28).  Fata  mie  Imi  pläcn,  de  cum  o  veziii 
(Is.  301,  8).  Wenngleich  Haupt-  und  Nebensatshandlung  sich 
auch  bei  indatä  ce  im  Endpunkte,  berühren,  also  ein  ge- 
wisser Grad  von  Gleichzeitigkeit  vorhanden  ist,  so  wird  doch 
der  Nebensatz  in  den  meisten  Fällen  Torausstehen,  weil 
seine  Handlung  zum  großen  Teile  yorausfallt  und  mit  der 
darauf  folgenden  abgeschlossen  wird:  cä,  indatä  ce  se  ospS- 
tarä  o  leacä,  merserä  tn  &urisce  (Ret  32,  7).  Dar  mosneagal 
0  oprit  ca  sä  nu-t  deie,  cä  crapä  indatä  ce  a  bea  o  leaca  de 
apä.    Weitere  Beispiele  s.  unter  c). 

ß)  Fällt  dagegen  die  eine  Handlung  zeitlich  früher  als 
die  andere,  stehen  sie  also  nur  in  einem  Verhältnisse  der  un- 
mittelbaren Aufeinanderfolge  zu  einander,  wie  es  bei 
cum  der  Fall  ist,  so  geht  auch  der  Satz  mit  der  zeitlich 
vorausgehenden  Handlung  dem  mit  der  zeitlich  folgenden 
voran.  Der  cum-Satz  ist  demnach  immer  Vorder-  oder 
Zwischensatz: 

Cum  bau,  foicicä  verde  se  ^i  schimbä  tntr  un  cerb  cu 
un  leagän  de  mätase  tn  spinare.  Cum  se  dete  jos,  calul  Ii 
särutä  mänä  (Is.  9, 30).  Cum  o  vezu,  se  luä  dupä  d^nsa  (Is.  384, 5). 

Der  cum-Satz  erscheint  als  Zwischensatz,  wenn  sein 
substantivisches  oder  pronominales  Subjekt  gleichzeitig  auch 
das  des  Hauptsatzes  ist:  Degetul,  cum  ll  puse  acolo  se  hpi 
(Is.  60,  4).  Acestia  cum  väzurä,  de  odatä  tnghe^arä  de  fricä 
(Is.  79,  18). 

Fungieren  Relativsätze  als  Hauptsätze  zu  Konjunk- 
tionalsätzen, so  zeigt  sich  der  Nebensatz  bald  hinter  dem 
Belativum  eingeschoben,  bald  als  Nachsatz:  Prisäcaxiul,  care, 
de  cum  a  Intrat  tn  casä,  stete  ca  tnlemnit  (Mar.  7, 1).  Capul . . . , 
carele  se  lipi  tndatä  cum  tl  puse  la  loc  (Is.  6,  16). 

In  dem  ersten  Beispiele  hätte  man  eigentlich  erwarten 
können,  daß  der  de  cum-Satz  bei  seiner  Bewegungsfreiheit 
am  Ende  stehe,  um  nicht  die  Beziehung  der  Relativsatzhand- 
lung  zum  Subjekte  zu  unterbrechen.  Der  Bedende  will  jedoch 
durch  diese  SteUung  andeuten,  daß  die  Beziehung  der  Neben- 


-    289    — 

Satzhandlung  zu  seinem  Hauptsätze  enger  und  wichtiger  ist, 
als  die  der  Relativsatzhandlong  zu  dem  Substantive.  Um- 
gekehrt liegt  im  zweiten  Falle  der  Schwerpunkt  auf  der  Be- 
ziehung der  Relativsatzhandlung  zu  dem  Substantive,  weshalb 
der  cum-Satz  hier  einmal  ausnahmsweise  als  Nachsatz  auftritt, 
e)  Stellung  von  Subjekt  und  Prädikat  in  Cum-, 
Decum-,  Indatä  ce-Sätzen. 
Schon  bei  den  cänd-Sätzen  fanden  wir  allgemein  Inversion 
des  Subjekts.  Auch  in  diesen  Fällen  zeigt  sie  sich.  Es 
bestätigt  dies  wieder  die  Tendenz  der  romanischen  Sprachen, 
das  Yerbum  vom  Satzende  in  die  Satzmitte  zu  ziehen:  Aus 
Konjunktion — Subjekt  — Verbum  mußte  werden:  K  —  V.  —  S. 
Cum  o  vftzu  FSt-frumos  remase  tncremenit  (Is.  7,  22). 

In  einigen  Fällen  zeigt  sich  die  Inversion  im  Haupt-  und 
Nebensatz  zugleich:  Cum  ajunse  fata  la  podul  de  argint^  unde 
!X  e|i  leul  inainte  (I.  17,  15).  Cum  auzi  fmpSratul  una  ca 
asta,  li  peri  gustul  pränzuluX  (Ret.  7,  31).  Auch  den  de 
cum-  und  indatfice- Sätzen  ist  die  Inversion  gemein:  De 
cum  Incepu  hora,  fata  cea  frumoasä  si  necunoscutä  veni  ca 
din  senin  (Is.  187,  1).  Ce  mlnia  lui  Dumnezäü  ii  de  cum 
ajnng  acestia  sub  pärete. 

Bei  Indatä  ce  kommt  vereinzelt  auch  die  gemeine  Wort- 
stellung vor:  Indatft  ce  dtnsul  a  gäsit  banii  aceia,  din 
sSrac,  se  tn^lege  cä  in  scurt  timp  s'a  imbogäfit  (Sez.-Qor.  II, 
260,  27). 

Allgemein  können  wir  sagen:  Nach  cum,  de  cum,  indatä 
ce  findet  Inversion  des  pronominalen,  wie  des  substantivischen 
Subjekts  statt;  bei  indatä  ce  auch  die  gemeine  Wortstellung. 

Zum  Schluß  sei  nochmals  auf  die  unterscheidenden  Merk- 
male der  drei  Konjunktionen  hingewiesen: 
1.  de  cum:  =  (nachdem  +)  sowie, 

a)  bezeichnet  den  Anfangspunkt  der  Handlung;  ihr 
Weiterverlauf  tritt  zurück. 

ß)  die  Handlung  ist  bei  Momentan-Yerben  stets  abge- 
schlossen. 

7)  Verhältnis  der  punktuellen  Gleichzeitigkeit 

W ei g and,  11.  Jahresbericht.  Id 


—    290    — 

2.  cum:  BS  als,  wie,  bezieht  sich  auf 

a)  einen  Punkt  des  Verlaufs  der  Handlung. 
ß)  Die  Handlung  ist  nicht  abgeschlossen. 
7)  Haupt-  und  Nebensatzhandlung  stehen  im  VerhiUnis 
der  unmittelbaren  Folge. 

3.  Indatft  ce  «=  nachdem  +  sowie  »=  sobald  als, 

a)  bezieht  sich  auf  den  Endpunkt  der  Handlung,  deren 
Yorausgegangener  Verlauf  zurücktritt 

ß)  Die  Handlung  ist  unter  allen  Umstanden  abge- 
schlossen. 

Y)  Verhältnis  der  punktuellen  Gleichzeitigkeit 

dacL 

Wenn  wir  bei  cum,  decum,  indatS  ce  die  beiden  Funk- 
tionen der  unmittelbaren  Folge  zugleich  mit  dem  AbscUoB 
der  Handlung  mehr  oder  weniger  ausgedruckt  fanden,  tritt  bei 
daca  noch  das  conditionale  Moment  hinzu,  wenngleich  noch 
Fälle  vorkommen,  in  denen  dacS  rein  zeitlich  gebraucht  wird. 

Was  will  der  Redende  durch  dacä  andeuten? 

Setzt  der  Erzähler  cänd,  so  &ßt  er  die  Handlung  ab 
Ganzes  auf,  ohne  Gewicht  auf  einen  Punkt  oder  Teil  der 
Handlung  zu  legen,  betrachtet  sie  so  gleichsam  Tom  Stand- 
punkte der  Objektivität  aus.  Anders  bei  dac&.  Hier  stellt  er 
sich  subjektiv  zur  Handlung.  Das  Schwergewicht  legt  er 
darauf,  in  seiner  Erzählung  andeuten  zu  wollen,  daS  die 
Hauptsatzhandlung  durch  die  Nebensatzhandlung  zeitlich  be- 
dingt ist  Also  muß  sie  abgeschlossen  sein,  wenn  die 
Hauptsatzhandlung  unmittelbar  folgt:  In  dacä  väzu  cä  nn 
tace,  ti  mal  zise  ist  die  Bedingung  flür  das  Sagen,  daß  er  eist 
gesehen  haben  muß,  daß  er  nicht  schweigt.  Sowie  er  dies 
bemerkt  hat,  dann  sagte  er  zu  ihm  noch  .  . . 

Was  die  Zeitfolge  betrifft,  so  finden  wir  natürlich  meist 
den  Aorist  als  erzählendes  Tempus,  bisweilen  auch  das 
Praesens  historicum,  wodurch  der  Sprechende  das  Ver- 
gangene lebhaft  vergegenwärtigt,  als  wenn  es  in  seine  Zeit- 
sphäre fiele,  das  Perfektum,  das  Imperfektum  zur  Angabe 


—    291    — 

einer  iteraidven  Handlang:  si  dacft  se  Yftzu  Infrontat  pänä 
tntr'  atätü,  iasma  plesni  de  necaz  (Is.  48,  4).  Dacä  vede  lapal 
si  yede  cä  nu  mai  gäsefte  nimic,  IsTpune  In  gänd  iina  (Cr.  52, 15). 
Dacä  i-a  dat  domnnl  aceste  trei  sfaturi,  i-a  zis  „cale  bunä**. 
Dacä  o  tntreba  ^iganul,  de  ce  plänge?  ea  snspina  ntunai. 

Dacä  dient  aach  zur  Einleitung  einer  rein  zeitlichen  Hand- 
lung. Jedoch  kommt  diese  Anwendung  weitaus  seltener  vor. 
In  der  Schriftsprache  dagegen  ist  dacä  heutigentags  fast  aus- 
schließlich konditional.  Selbst  in  den  wenigen  Fällen  als 
Temporalkonjunktion  ist  es  nicht  immer  leicht  zu  entscheiden, 
ob  dacä  vom  Erzähler  rein  zeitlich  gebraucht  ist,  oder  nicht. 
Denn,  während  bei  cänd  der  Redende  ein  neues  Moment  ein- 
fuhrt, bringt  er  die  durch  dacä  eingeleitete  Handlung  mit  dem 
Vorausgehenden  in  Beziehung:  calul  dacä  väzu  asa,  ii  zise 
(Is.  15,  25).  lari  balaurul  dac-o  audzit  asa,  s-o  lasat  in  fundu 
ftnttni  (Oor.  HI,  197,  5).  Er  kann  also  in  dacä  seine  Meinung, 
seine  Absicht  zum  Ausdruck  bringen,  die  eine  Handlung  als 
durch  die  andere  bedingt  hinzustellen,  oder  nicht  Ist  es  als 
rein  zeitliche  Konjunktion  gebraucht,  so  steht  es  im  Sinne 
von  nachdem  +  sowie  =  sobald.  Von  indatä  ce  =  sobald 
unterscheidet  es  sich  dann  dadurch,  daß  seine  Nebensatzhand- 
lung abgeschlossen  ist,  wenn  die  Hauptsatzhandlung  einsetzt — 
also  bloß  unmittelbare  Aufeinanderfolge  — ;  bei  Indatä  ce 
jedoch  wird  die  Nebensatzhandlung  mit  dem  Einsätze  der 
Hauptsatzhandlung  —  also  punktuelle  Gleichzeitigkeit  —  ab- 
geschlossen: Dacä  fu  la  pörtä  strigä:  Cine  bate'n  p6rtä? 
(Ret  71,  16).  Dacä  colinda  o  mare  parte  din  oras,  ajunse 
la  o  ferärie  (Is.  136,  31). 

L  Stellung  des  dacä-Satzes  zum  Hauptsatze. 

Da  auch  in  den  dacä-Sätzen  der  Sprechende  die  Hand- 
lungen Ton  Haupt-  und  Nebensatz  hervorhebt,  so  ist  ebenfalls 
ihre  Stellung  zum  Hauptsatze  keine  willkürliche.  Dacä-Satze 
enthalten  das  zeitliche  Prius  und  die  Bedingung  des  Haupt- 
satzes; deshalb  ist  es  auch  erklärlich,  wenn  die  dacä-Sätee 
als  Vorder-  oder  Zwischensätze  erscheinen  und  nur  yer- 

19* 


—    292    — 

einzelt  als  Nacbsitze.  Dacä  fuBer^zä»  plecft  Incet  pe  diunmi 
^rei  (Sb.).  Ear  tatft-s&ü  dacft  ?&za  ;i  yfiza,  ti  dete  Yoie 
(Is.  3,  6). 

Auch  die  rein  zeitlichen  dacft-Sätze  stehen  meist  Tor 
dem  Hauptsätze,  da  ihre  Handlung  der  des  Hauptsatzes  Tor- 
ausgeht.  Nachsatzstellung  ist  bei  ihnen  schon  eher  md^ch, 
weil  das  kondizionale  Moment  fehlt,  das  den  Nebensatz  ab 
Bedingung  gegenüber  dem  Hauptsatze  als  dessen  Folge  auf 
jeden  Fall  vorangestellt  erscheinen  lassen  muß:  odata  daci 
te-am  ales,  tu  e|tl  a  mea  (Is.  37,  23).  Acolo  dacä  ajunse,  bitu 
in  pörtä  (Is.  100,  29). 

II.   Stellung  von  Subjekt  und  Prädikat 

Oleich  den  durch  cänd,  cum,  decum,  tndati  ce  einge- 
leiteten Sätzen,  findet  auch  beim  dacä-Satze  allgemein  In- 
version statt,  selbst  wenn  von  dessen  Yerbum  noch  ein 
Objektssatz  abhängig  ist  Es  beweist  dies  wiederum  die 
Tendenz  der  romanischen  Sprachen,  das  Prädikat  vom  Salz- 
ende wegzuziehen,  möglichst  in  die  Nähe  des  Subjekts.  Ans 
dem  lateinischen  Schema:  K  S.  0.  Y.  war  möglich:  E.  S.  V.  0. 
Doch  da  in  den  übrigen  Temporalsätzen  das  Verbum  direkt 
hinter  der  Konjunktion  folgte,  dabei  auch  die  Verbindung 
S.  +  y.  gewahrt  sein  sollte,  konnte  dies  nur  durch  Trennung 
des  Verbums  von  seinem  Objekte  geschehen:  Also 

K  V.  S.  0. 
Dabei  scheint  der  Erzähler  doch  noch  das  Oeftthl  der  Zu- 
sammengehörigkeit von  Objekt  und  Verbum,  die  eben  in  der 
unmittelbaren  Wortfolge  zum  Ausdrucke  kommt,  zu  haben, 
zumal,  wenn  das  Objekt  ein  Satz  ist  um  nun  beiden  An- 
forderungen seines  Sprachgefühls  entsprechen  zu  können,  ein- 
mal, dem  Verbum  die  zweite  Stelle  im  Temporalsatze  ein- 
zuräumen, zum  anderen,  den  Zusammenhang  von  Verb  und 
Objekt  zu  wahren,  hilft  er  sich  dadurch,  daß  er  das  Prädikat 
nach  dem  Subjekte  wiederholt:  Dacä  tSzu  tmpSratol 
si  yäzu  cä  nu-i  glumä,  cä  Fät-frumos  nu  merge  la  el,  Ifi 
lua  cädula.    Doch  daneben  macht  sich  auch  schon  der  uni- 


—    293    — 

formierende  Zug  der  gesprochenen  Sprache  geltend:  Dacä 
yezu  ImpSratal  cä  . . .,  zise  (Is.  12,  26).  .  .  .  oder,  wenn  das 
Subjekt  im  Haupt-  und  Nebensatze  das  gleiche  ist^  daß  er  es 
an  die  Spitze  des  Satzes  stellt  und  den  dacä-Satz  direkt  daran 
anschließt,  d.  i.  die  sog.  Zwischensatzstellung:  fata  tm- 
pSratului,  dacä  yezu  cä  tatifl-seü  li  dete  Toie,  se  gändi  mal 
int^iü  (Is.  15,  14).  Vereinzelt  wird  der  dacfi-Satz  auch  nach- 
gesetzt, wohl  nur,  wenn  er  umfangreicher  als  der  Hauptsatz 
ist:  Asemenea  ftcu  dacä  se  tntüni  si  ou  ursulü  (Is.  336,  20). 

III.  Was  die  Wiederholung 
Ton  daca  in  mehreren  aneinandergereihten  Nebensätzen  an- 
langt, so  läßt  sich  aus  dem  gesammelten  Material  nur  soviel 
erkennen,  daß  sie  nicht  erfolgt,  wenn  die  angereihten  Neben- 
sätze eine  fortschreitende  Handlung  ausdrücken,  also  ähnlich 
wie  bei  cänd:  Dacfi  ajunse  si  gäsi  pe  to^  ai  lor  aduna^  la 
tatäl  s6ü,  Incepu  sä  .  .  .  (Is.  36,  12).  Earä  dacä  chemä  pe 
bucätar  ;i-i  dete  poruncä  cä  . . . ,  el  spuse  eine.  Atunci  ;i 
elü  dacä  se  sculä  si  veni  acasä  cu  yacile  ^ i  le  bägä  tn  cojariT, 
se  infa^isä  la  stäpänu-sSti  (Is.  231,  17). 

Dnp&ce  =  nachdem. 

Im  Laufe  unserer  Betrachtung  sind  uns  schon  mehrere 
Konjunktionen  mit  der  Bedeutung  „nachdem"  begegnet.  Ebenso 
verschieden  ist  aber  auch  ihre  Anwendung: 

a)  de  cum  bezieht  sich  nur  auf  den  Anfangspunkt  der 
Handlung.  Für  den  Erzähler  wird  sie  an  dem  Punkte  mit 
dem  Einsätze  der  Hauptsatzhandlung  abgeschlossen,  denn  ihr 
Weiterverlauf  tritt  in  der  Vorstellung  zurück.  Bei  Momentan- 
Verben  ist  die  Handlung  stets  abgeschlossen;  Weiter- 
verlauf  ausgeschlossen.  Haupt-  und  Nebensatzhandlung  stehen 
im  Verhältnis  punktueller  Gleichzeitigkeit. 

b)  Indatä  ce  hebt  den  Endpunkt  der  Handlung  hervor. 
Ihr  vorausliegender  Teil  kommt  f&r  den  Erzähler  nicht  in 
Betracht.  Die  Handlung  wird  unter  allen  Umständen  mit  dem 
Beginne  der  Hauptsatzhandlung  abgeschlossen.  Auch  hier 
besteht  das  Verhältnis  der  punktuellen  Gleichzeitigkeit 


—    294    — 

c)  Der  durch  dac&  eingeleitete  Nebensatz  drftekt  die  Be- 
dingung aus  for  das  Geschehen  des  Hauptsatzes,  die  Handhung 
den  tatsachlichen  Grund  für  den  Eintritt  der  Hauptsatzhand- 
lung.  Die  Nebensatzhandlung  ist  sonach  schon  abgeschlossen 
bei  der  darauf  folgenden  Hauptsatzhandlung.  Beide  stehoi 
im  Verhältnis  der  unmittelbaren  Folge. 

Die  Betrachtung  der  drei  Konjunktionen  zeigt,  daB  der 
zeitliche  Zusammenhang  der  beiden  Handlungen  ein  immer 
loserer  wird,  im  Abnehmen  begriffen  ist  Die  letzte  Kon- 
sequenz ist  noch  zu  ziehen:  Die  Nebensatzhandlung  ist 
abgeschlossen  beim  Beginne  der  Hauptsatzhandlung.  Der 
Erzähler  läßt  es  jedoch  dahingestellt,  wann  diese  der  Neben- 
satzhandlung folgt.  Dieses  Moment  bringt  der  Redende  zum 
Ausdruck  in  dupä  ce. 

I.  Zeitenfolga 

Allgemein  gilt  als  Regel,  daß  dupfice  mit  dem  Aorist 
zu  verbinden  ist  und  im  Nebensatze  gewöhnlich  dasselbe 
Tempus  wie  im  Hauptsatze  steht,  obgleich  die  Handlung  des 
Nebensatzes  der  des  Hauptsatzes  stets  vorausgeht:  Fät-firumos 
dupä  ce  rescoli  trei  zile,  gäsi  tn  sfär|it  (Is.  3,  26).  Wahrend 
Sbi er a- Bukowina  den  Aorist  nicht  kennt  und  dafür  das 
Perfektum  setzt,  findet  sich  auch  ersterer  bei  Maria n-Bok 
Dupä  ce  aü  b e  u t  vacile  bine  apft,  le-aü  mlnat  a  casS  (Sb.  15, 19). 
Ear  dup&ce  se  mai  resgändi  pu^,  zise  (Mar.  44^  10). 

Nur  in  einzelnen  Fällen  setzt  der  Redende  auch  das  er- 
wartete Plusquamperfektum,  wenn  er  die  Handlung  als 
in  der  Vergangenheit  vollendet  hervorheben  wilL  Gewöhnlich 
ist  aber  dafür  der  Aorist  eingetreten,  üftta  de  Imperatü,  care 
privea  la  dönsii  cum  se  luptaü,  dupS  ce  se  f&cuserft  eii 
omenil  (Is.  88,  7).  Dupä  ce  soarele  sä  ridicase  ca  de  o  bulifä, 
incepu  o  groaznicä  Impuscäturä  de  tunuiY,  care  mergea  tntr' 
un  sir  ca  bätaia  darabanei  (N.  (Jane). 

Auch  das  Futurum  ezactum  findet  sich  vereinzelt  sut 
dupä  ce  verbunden,  wenn  der  Sprechende  die  Handlung  ab 
in  der  Zukunft  vollendet  hinstellen  will,  im  Hauptsatze 


—    295    — 

dagegen  das  Futoram  L  Es  ist  dies  die  erwartete,  allerdings 
nur  selten  noch  anzutreffende,  Zeitenfolge.  Da  der  Redende 
dnrch  dnpäce  eine  abgeschlossene  Handlung  zum  Ausdrucke 
bringen  will,  müßte  er  eigentlich  auch  nur  dementsprechende 
Zeiten  anwenden.  Wie  wir  an  Stelle  des  Plusquamperfekts 
viel  häufiger  den  Aorist  antreffen,  so  fftr  das  Futurum  II  das 
Futurum  I,  oft  in  Haupt-  und  Nebensatz  zugleich.  Auf  das 
Ineinandergehen  dieser  Zeiten  ist  schon  bei  indatä  ce  hin- 
gewiesen worden:  Cum  sä  se  poarte  clnd  a  voi  sä  plece  dupäce 
a  fi  ospStat  si  bSut  la  ei  (Sb.  274,  20).  Dupäce  va  ajunge 
la  impSra^e,  trebue  sä  se  face  un  cerb  de  aurfi  (für  va  fi 
ajuns)  (Is.  114,  25).  Verhältnismäßig  selten  sind  auch  die  Falle, 
wo  vom  Standpunkt  der  Gegenwart  aus  im  Hauptsatze  das 
Praesens,  im  Nebensatze  das  ihm  entsprechende  Per- 
fektum  steht:  Dupä  ce  aü  mäntuit  de  mäncat,  cälätorul 
strein  scoate  cinci  lei  din  pungä  (Cr.  IV,  89,  9).  Dupä  ce 
am  ajuns  pe  aste  tärtmuri  neumblate,  prin  pustietä^i  farä 
locuitori,  sä  me  la|i  si  tu?  (Is.  162,  28).  Ebenso  wird  das 
Praesens,  sog.  Praesens  historicum  yom  Erzähler  angewandt 
zur  Angabe  von  Tatsachen,  die  zwar  der  Vergangenheit  an- 
gehören, aber  so  lebhaft  vergegenwärtigt  werden,  als  wenn 
sie  der  Zeitsphäre  des  Sprechenden  angehörten,  si  dupä  ce 
i  se  Implinesc  cei  sease  am  de  osändä,  iar  porneste  la 
Dumnezeü  (Cr.  II,  54,  3). 

Allgemein  zeigt  sich  in  den  dupäce-Sätzen  große  Freiheit 
in  der  Zeitenfolge:  Pänä,  dupä  ce  s'ati  intors  dela  bisericä, 
au  infipt-o  in  pervazul  icoanei  Maicei  Domnului  (Cräc.  20,  1). 
Prisäcariul,  abia  dupä  ce  s'a  mäntuit  de  Ucidä-1-pietrile, 
Isi  aduse  aminte  (Mar.  12,  1).  Ear'  dupä  ce  s'a  säturat  |i 
s'a  sculat  de  la  masä,  Isi  fäcu  cruce  (Mar.  88,  7).  tu  urmä, 
dupä-ce  mal  trecurä  vr'o  cäte-ya  zile  la  mijloc,  merge  la 
cioban  o  babä  (Mar.  78,  11).  —  Unii  spun  cä  dupä  ce  a 
mäncat  foarte  multi  oameni  si  a  ros  toatä  coaja  copacilor 
din  codru,  ar  fi  cräpat  aci  in  locul  acesta  (Cr.  II,  18,  15). 


—    296    — 

IL   Stellung  des  Dupäce-Satzes  zum  Hauptsatze  und 
des  Subjekts  und  Prädikates  in  ihm. 

Da  die  durch  dupä  ce  eingeleitete  Handlung  zeitlich  Tor 
die  Hauptsatzhandlung  fallt,  wird  der  Redende  dies  natorlicb 
auch  in  der  Satzstellung  zum  Ausdruck  bringen.  Kein 
Wunder,  wenn  uns  daher  der  dupftce-Satz  meist  als  Vorder- 
satz begegnet:  Ei  ayea  o  c&ldare  foarte  mare,  si  dupft  ce 
jupia  bourul,  tl  punea  tntr'  Insa  (Sb.  81,  7).  Daß  die  Vorder- 
satzstellung die  allgemeine  und  natürliche  ist.  zeigt  sich  auch 
darin,  daß  der  dupfice-Satz  Tor  seinen  Hauptsatz  gesetzt  wird, 
selbst  wenn  dieser  seinerseits  wiederum  abhängiger  Satz  ist, 
sodaß  er  den  Zusammenhang  jener  beiden  Sätze  stört:  Inoepa 
a  alerga  In  ruptul  capuli]^  cu  gändul  ca,  dupä  ce  ya  ajunge 
a  casä,  sä  se  retragä  unde-va  intr'  un  ungheriu  (Mar.  98, 12). 
Selbst  wenn  außer  dem  dupäce-Satze  noch  ein  Eondizionalsati 
von  einem  Hauptsatze  abhängig  ist,  steht  ersterer  auch,  und 
zwar  direkt,  Yor  ihm,  obgleich  doch  Haupt-  und  Eondizional- 
satz  in  enger  Beziehung  zu  einander  stehen:  Dacä  yrei  ca  sä 
nu  mal  atbi  grijä  de  Smäü,  dupä  ce  ^-i  luä  so^iea  din  mtna 
lui,  apoi  sä  nu  ^f-o  lai  asas  indatä  (Sb.  62, 19).  Ist  Haapt- 
und  Nebensatz  dasselbe  substantiyische  oder  pronominale 
Subjekt  gemeinsam,  so  tritt  der  dupäce-Satz  als  Zwischen- 
satz auf:  fata  Imperatului,  dupäce  mal  piinse  ni^icä 
inimä,  stränse  firäul  calului  (Is.  18,  26).  ear'  ea,  dupä  ce 
mänäncä  si  se  satura,  me  stringe  Incetisor  cu  o  panä  de  gisci 
(Mar.  65,  6). 

Seltener  erscheint  der  dupäce-Satz  als  Nachsatz.  Es 
handelt  sich  fast  ausschließlich  um  die  Fälle,  in  denen  der 
Erzähler  die  Handlung  als  in  der  Zukunft  erf&llt  erwartet 
die  also  bei  seiner  Erzählung  noch  nicht  tatsächlich  abge- 
schlossen ist  Natürlich  ist  in  diesen  Fällen  auch  die  Vorder- 
satzstellung möglich.  Die  Nachsatzstellung  ist  hier  ganz  be- 
rechtigt, da  die  Nebensatzhandlung  vom  Standpunkt  des 
Redenden  aus  der  Hshdig.  nicht  zeitlich  vorausgegangen  ist 
sondern  nur  als   abgeschlossen  angenonunen   wird:  MS  Tof 


—    297    — 

iDcrede  liusä  fratelai  teü  ca  gi  (ie,  dupäce-mi  va  dovedi  ca 
mi  Yrea  binele  (Is.  21,  31).  fi  ai  sä  fii  yeselä  si  sfinätösä  ca 
piatra,  dupft  ce  vei  bea  apä  yie  (Is.  127,  3).  Ferner  erscheint 
der  dupäce-Satz  als  Nachsatz  in  einigen  wenigen  Fällen,  in 
denen  die  Handlung  des  Nebensatzes  zur  Zeit  der  Erzählung 
tatsachlich  vergangen  ist,  dann,  wenn  der  Nebensatz  weitaus 
umÜBuigreicher  als  der  Hauptsatz  ist:  Ptiu!  mS!  zise  frate-säü, 
dupS  ce  1-a  läsat  sä  sfärsascä  (Gr.  68,  31).  Fata  de  fmperatfi, 
care  privea  la  ddnsii  cum  se  luptaü,  dupä  ce  se  föcuserä 
era  ömenii  (Is.  88,  3). 

Was  die  Stellung  von  Subjekt  und  Prädikat  an- 
langt, so  tritt  auch  in  den  dupäce-Sätzen  Inversion  des 
Subjekts  ein,  wie  wir  sie  bisher  allgemein  in  den  temporalen 
Konjunktionalsätzen  schon  gefunden  haben.  Bisweilen  zeigt 
sich  die  Inversion  auch  im  Hauptsatze  zugleich,  wenn  dessen 
Subjekt  ein  Substantivum  ist,  eine  Erscheinung,  die  wir  auch 
bereits  firüher  beobachten  konnten:  Dupace  au  ajuns 
am^ndoi  la  curtea  ImpSrätesca,  pana  nu  se  intälni,  se  puserä 
fiä-care  se  dea  probe  despre  hämicie  (Ret  14,  27).  Dupä 
ce  aü  cinat  el  bine,  '{-au  zis  preutul  (Sb.  10,  6). 

IIL  Wird  dupace  wiederholt? 

Gleich  cänd  und  dacä  wird  dupace  in  mehreren  gleich- 
artigen, aneinandergereihten  Nebensätzen  nicht  wiederholt,  wenn 
ihre  Handlungen  fortschreitende  sind,  oder  sich  wenigstens 
nicht  ausschliefen:  feata  tmperatului,  dupä  ce  se  uitä  si 
cercetä  mai  töte  armele,  tsi  alese  o  sabie  (Is.  21,  8).  Ear' 
dupä  ce  s'a  säturat  si  s'a  sculat  de  la  masä,  tsi  föcu  cruce 
(Mar.  88,  7). 

B. 

Haupt-  und  Nebenaatahandlung  stehen  im  Verhältnis  der 
Gleichseitigkeit« 

Schon  unter  den  Beispielen,  deren  Handlungen  im  Ver- 
hältnis der  Vorzeitigkeit  stehen,  fanden  wir  Konjunktionen, 


die  zwar  das  Verhältnis  der  Gleichzeitigkeit  auch  andeuten 
können,  das  aber  anderen  Momenten  gegenüber  zorackfcrak» 
und  die  daher  dort  schon  behandelt  werden  maßten.  —  Auch 
bei  der  Oleichzeitigkeit  laßt  sich  unterscheiden,  ob  der 
Erzähler  diese  nur  als  bloßes  Faktum  berichten,  oder  ob  er 
Teile  der  Handlungen  und  ihre  gegenseitigen  Beziehungen 
hervorheben  will: 

a)  Will  der  Sprechende  die  Gleichzeitigkeit  zweier  Hand- 
lungen nur  als  einfach  geschehen  hingestellt  wissen,  so  bedient 
er  sich  der  Konjunktion  cänd.  cänd  se  reversa  zorile,  ei  se 
pregäteaü  (Is.  4,  18). 

b)  Will  der  Redende  das  Verhältnis  der  Gleichzeitigkeit 
zweier  Handlungen  näher  charakterisieren,  so  kann  er  sein 
Augenmerk  auf  folgende  Teile  der  Nebensatzhandlung  richten: 

1.  den  Endpunkt,  der  dann  zugleich  An&ngspunkt  der 
Hauptsatzhandlung  ist  Der  vorangegangene  Verlauf  der 
Nebensatzhandlung  kommt  Ar  den  Erzähler  nicht  in  betrachi 
Beide  Handlungen  stehen  nur  im  Verhältnis  der  rein  punk- 
tuellen Gleichzeitigkeit,  die  in  tndatä  ce  ihren  Aus- 
druck findet 

2.  den  Anfangspunkt  Der  Weitenrerlauf  der  Neben- 
satzhandlung tritt  für  die  Vorstellung  vollständig  zurück. 
Haupt-  und  Nebensatzhandlung  stehen  für  den  Sprechenden 
im  Verhältnis  der  momentanen  Gleichzeitigkeit  Dies 
wird  bezeichnet  durch  decum. 

3)  den  Anfangspunkt  und  Verlauf  Diese  Momente 
kommen  zur  Geltung  in  de  cänd  =  seitdem. 

De  cftnd. 

Wie  sich  cänd  allgemein  auf  die  ganze  Ebmdlung  besieht, 
so  auch  hier  in  de  cänd.  Bei  decum  handelte  es  sieb  nur 
um  den  Anfangspunkt,  der  Weiterverlauf  war  Nebensache. 
Hier  dagegen  legt  der  Redende  das  Schwergewicht  auf  den 
Verlauf  vom  Anfangspunkt  an.  Dieser  selbst  tritt  in  der 
Vorstellung  zurück  Darauf  deutet  auch  die  Etymologie  des 
Wortes:  de  ==  von  ab  +  quando. 


L  Stellung  des  decänd-Satzes. 

Die  de  cänd  eigentümlichen  Momente  sind  natürlich  auch 
fftr  seine  Satzstellung  bestimmend  und  Ton  Einfluß.  Wahrend 
bei  de  ciun  der  Anfangspunkt  stets  eingeschlossen  ist,  braucht 
dies  bei  de  cänd  nicht  der  Fall  zu  sein,  je  nachdem  der 
Sprecher  darauf  Gewicht  legt  oder  nicht.  Davon  hängt  natür- 
lich auch  die  Stellung  des  decänd-Satzes  zu  seinem  Haupt- 
satze ab.  Die  Mehrzahl  der  Beispiele  weist  auf  die  Nach- 
satzstellung und  bestätigt  somit  das  oben  über  decänd 
Gesagte:  Der  Anfangspunkt  selbst  ist  für  gewöhnlich  aus- 
geschlossen, der  Nachdruck  liegt  auf  dem  Verlaufe  der  Neben- 
satzhandlung. Wo  natürlich  der  Redende  ausdrücklich  den 
An&ngspunkt  mit  dem  Weitery erlauf  der  Handlung  betont, 
da  finden  wir  auch  die  Vordersatzstellung:  De  cänd 
sonte^  pe  lumea  asta  alba,  voi  afi  ämblat  cu  furca  (Is.  12, 19). 
De  cänd  a  Imbätränit,  nici  pe  mine  n'a  mal  Incälecat  altul 
(Is.  15,  29). 

Wie  schon  firüher,  wird  auch  hier  der  Vordersatz  zum 
Zwischensatz,  wenn  die  Subjekte  von  Haupt-  und  Nebensatz 
dieselben  sind,  und  das  Subjekt  des  Nebensatzes  ein  Substantiv 
oder  Pronomen  ist. 

Was  die  Stellung  von  Subjekt  und  Prädikat  an- 
langt, so  findet  sich  auch  im  de  cänd-Satze  das  in  den  schon 
behandelten  Konjunktionalsätzen  Gesagte  bestätigt:  Inversion 
des  substantivischen  und  pronominalen  Subjekts:  De  cind 
fäcea  plopsorul  pere,  a  fost  odatä  unü  imperat  (Is.  1,2).  Vezi 
cä  ei  nu  mal  väzuserä  d'  aide  astea  de  cänd  ii  facuse  mä- 
sa  (Is.  382,  2). 

Wie  schon  einzelne  dieser  Beispiele  zeigen,  tritt  auch  im 
Hauptsatze  bei  substantivischem  Subjekte  gern  Inversion  ein, 
dagegen  nicht,  wenn  das  Subjekt  ein  Pronomen  ist:  Uita-te, 
soro,  la  mine;  cäci  de  cänd  te  cunoscü,  eü  nu-^i  am  väzutü 
ochi|orU  (Is.  339,  9)  gegenüber:  darä  ^  le-a  luatü  Smeoica 
pämintului  de  cänd  erat  micü  (Is.  315,  8). 


—    300    — 

Auch  hier  macht  sich  das  Streben  des  Bmnaiüschen  be- 
merkbar, das  Prädikat  in  die  Satzmitte,  in  die  nächste  Nahe 
des  Subjekts^  zu  ziehen,  sodaß  man  sich  nicht  scheut,  das 
Subjekt  sogar  zu  zerreißen:  De  cänd  a  imbätränit,  nici  pe 
mine  n'a  mai  incalecat  altuL  Von  dieser  allgemeinen  Regel 
weicht  folgender  Satz  ab:  este  acum  destul  timp  de  cänd 
fragil  mei  cei  mari  au  plecat  (Is.  296,  26). 

IL  Bei  der  Zeitenfolge 

beobachten  wir  auffallend  häufig  das  Plusquamperfekt  im 
Haupt-  und  Nebensatze  zur  Bezeichnung  des  Vollendetseins 
in  der  Vergangenheit:  Fata,  care  nu  esise  din  casä  de  cänd 
o  fäcuse  mäsa,  se  mira  (Is.  17,  26). 

Daneben  findet  sich  auch  das  Imperfekt,  um  die  Dauer 
oder  Wiederholung  einer  Handlung  anzudeuten:  De  cand  facea 
popsorul  pere  si  rächita  micsunele  . . .  a  fost  odatä  un  tmpärat 
mare  si  o  fmpäratesä  (Is.  1,  2).  Es  darf  uns  nicht  wundern,  wemi 
in  der  Anwendung  der  Zeiten  Ungebundenheit  herrscht  Wie 
bei  allen  mit  cänd  zusammengesetzten  Konjunktionen,  wiU 
der  Sprecher  auch  durch  de  cänd  keinen  Teil  der  Handlung 
hervorheben,  sondern  nur  zum  Ausdruck  bringen,  daß  vom 
Anfangspunkte  an  eine  zweite  Handlung  mit  der  ersten  parallel 
läuft. 

UI.  Konjunktion  de  cänd. 

Daß  neben  de  cänd  auch  de  unde  vorkommt,  ist  nicht 
befremdend,  da,  wie  wir  schon  oben  sahen,  unde  in  demselben 
Sinne  wie  cänd  gebraucht  wird:  Femeea,  de  unde  se  astepta 
sä  vazä  pe  dascalü  mulj^umitü  pentru  cä  se  jertfise  sä-i  iacä 
pläcerea,  rSmase  uimitä  auzindu-lft  cä  este  atäta  de  mlhnit 
(Is.  272,  23). 

Eine  eigentümliche  Bildung  ist  de  pe  cänd.  Immerhin 
läßt  sie  sich  sehr  wohl  verstehen:  Der  Redende  legt  Gewicht 
auf  (zweierlei  zugleich)  die  Dauer  der  Handlung  vom  An- 
fangspunkt an:  Fin'  cä  el  a  ingrijit  'o,  de  pe  cänderavi^ 
(Diilfu  10,  10).    dar  de  la  o  vreme  incoace,  cam  de  pe  cänd 


—    301     — 

^-am  blagoaloTit  tarbinca  aceasta,  te-ai  ftcot  prea,  nu  |tiü 
com  (Gr.).  Nicht  selten  entspricht  dem  de  c&nd  ein  Korre- 
lativ im  Hauptsätze,  das  sich  mit  der  Präposition  de  zu- 
sammensetzt und  besonders  auf  den  Anfangspunkt  hinweist, 
im  Nachsatze  auch  auf  den  Inhalt  des  ganzen  vorausgegangenen 
Satzes:  cS  de  mult  ti  de  atuncia,  declnd  nu  ne-am  vizut 
(Sb.  267,  34).  Si  de  atunci  tncoace  apot,  de  cänd  s'a 
resbunat  cärbunele  asupra  stftpänei  sale,  fie-care  femee  har- 
nicä  ^  grijilie  nici  odatä  nu  lasa  . . .  (Mar.  71,  22)  . . . ;  dar 
de  cänd  vSzü  cä  Impdratul  aduse  .  .  .,  de  atunci  nu  sciu 
cum  . . .  (Ret  96,  26). 

Ctt»»  solange  (als). 

Wenn  der  Redende  ctt  setzfc,  will  er  zum  Ausdruck  bringen, 
daß  die  Handlungen  von  Haupt-  und  Nebensatz  gleich  lange 
wahren.  Anfeuigs-  und  Endpunkt  der  Handlangen  sind  hierbei 
ausgeschlossen.  Dem  Erzähler  kommt  es  lediglich  darauf  an, 
ihre  Gleichdauer  hervorzuheben.  Darum  auch  darf  es  nicht 
wundernehmen,  daß  die  dt-Satze  bald  als  Vorder-,  bald  als 
Zwischen-,  bald  als  Nachsatze  stehen,  femer,  daß  in  der 
Zeitenfolge  vollständige  üngebundenheit  herrscht.  Die  Auf- 
einanderfolge der  Tempora  hängt  nur  von  dem  in  der  Er- 
zählung gewählten  Standpunkt  ab,  soll  doch  eben  nur  die 
Gleichdauer  an  und  f&r  sich,  nicht  die  Art  und  Weise  der 
Handlungen,  ihre  Beziehungen  zu  einander  zum  Ausdruck 
kommen:  Cit  aü  träit  ei  tmpreunä  si  aü  mundt  tot  umSr  la 
umSr  (Mar.  273,  1).  —  Cäci  el,  cät  a  maX  träit,  tn  fie-care 
sarä  a  spus  cäte-o  poveste  (Mar.  12,  6).  —  nimeni  nu  s'a  putut 
atinge  de  impSrä^e  mea,  cät  am  fost  ttner  (Is.  12,  29).  Stil 
ce-am  gändit  eü,  cät  am  stat  längä  foc?  (Cr.  27,  27). 

Für  gewöhnlich  druckt  die  durch  cät  eingeleitete  Hand- 
lung eine  Dauer  aus.  Eigentümlich  ist  daher  der  Gebrauch 
von  ctt,  um  das  blitzschnelle  Eintreten  der  Hauptsatzhandlung 
zu  charakterisieren.  Aus  der  Gleichdauer  ist  gewissermaßen 
ein  Gleichmoment  geworden.  Die  Beispiele  zeigen,  daß 
sich  derartige  Sätze  zu  stereotypen  Redensarten  ausgebildet 


—     302    — 

haben:  Si  cät  te-ai  sterge  la  ochi,  lupu  fu  aci  (Is.  77, 20). 
Si  ctt  clipesci  cu  ochii,  afi  si  fost  la  canmata-sätt,  la  Geral 
(Sb.  62;  12).  —  Ctt  baj^i  in  'pälmT  aü  si  fost  la  co^ile 
Smäulni  (Sb.  63,  4).  Gänd  pnse  mäna  pe  colivie,  o  datft  ^pi 
pasSrea,  si  cät  ai  zice  mein,  se  rftzu  inconginiat  de  o  mol- 
^ime  de  pasen  (Is.  75,  34). 

Inversion  des  substantivischen  und  pronominalen  Sub- 
jekts tritt  auch  in  den  Cät-Sätzen  allgemein  ein:  . . .  cäta-T 
ziulica  de  mare  törcemü  (Is.  49,  36).  Ctt  aü  träit  ei  fm- 
preunS  si  aü  muncit  tot  umSr  lä  umSr  (Sb.  273,  1). 

ctt  ist  eigentlich  Adverb  des  Grades  oder  auch  der  Menge, 
„wieviel".  In  dieser  Eigenschaft  war  es  gewohnlich  mit  Sub- 
stantiven verknüpft.  Darauf  deutet  auch  noch  der  konjunk- 
tionale  Ausdruck:  pecit  timp,  das  früher  rein  quantitativer 
Ausdruck  gewesen  ist  und  erst  durch  die  hinzubretende,  die 
Dauer  bezeichnende  Präposition  pe  <i  lai  per  zur  temporalen 
Dauerkonjunktion  geworden  ist:  pectt  timp  va  rSmine  nmnii 
ea  (mintea  dunmezeascä)  singurft  in  el,  ptnä  atnncia  toate 
mijloacele  intrebuinj^ate  de  noi  n  or  avea  nici-o  tnrturire  asupn 
Im  (Sb.  305,  34). 

Allmählich  verwuchs  der  Begriff  der  zeitlichen  Dauer 
durch  pe  so  sehr  mit  ctt,  daß  timp  dem  Yorstellungskreise 
des  Redenden  entbehrlich  schien,  bis  dann  schließlich  ctt  allein 
eine  dauernde  Handlung  zum  Ausdruck  bringen  konnte:  pe 
ctnd  cei-ral^t  trei  se  (in  de  mtnä,  pe  ctt  le  permite  frigul 
(Sez.  Sät  267,  25). 

Pe  eftnd. 

Cät  bezeichnet  die  Gleichdauer  zweier  Handlungen  unter 
Ausschluß  von  Anfangs-  und  Endpunkt  Eün  weiterer  Fall 
ist  der,  daß  die  Handlung  des  einen  die  des  anderen  Satzes 
in  sich  fftßi  Der  Nebensatz  enthält  dann  die  dauernde 
Tätigkeit,  in  die  die  dauernde  oder  momentane  des  Haupte 
Satzes  ^t.  Dieses  Moment  sucht  der  Sprechende  zu  ver- 
anschaulichen durch  pe  cänd. 


—    303    — 

Anfangs-  und  Endpunkt  der  Nebensatzhandlung  &llen 
auch  hier  für  die  Vorstellung  des  Erzählers  weg,  wie  er  denn 
überhaupt  nicht  auf  die  Handlungen  selbst  eingehen  will.  Er 
will  nicht  sagen,  die  Nebensatzhandlung  ist  stets  durativ,  die 
Hauptsatzhandlung  für  gewöhnlich  momentan,  sondern  nur 
das  zeitliche  Hineinfallen  der  einen  Handlung  in  die 
andere  mitteilen.  Darum  muß  er  auch  die  eine  Handlung  als 
dauernd  erzählen.  Hieraus  folgt,  daß  in  der  Zeitenfolge 
im  Nebensatz  zum  Ausdruck  der  Daaer  stets  das  dement- 
sprechende  Tempus,  für  die  Vei^ngenheit,  das  Imperfekt 
stehen  muß,  wahrend  der  Redende  im  Hauptsatze  volle  Frei- 
heit in  der  Wahl  der  Zeiten  hat  Diese  hängt  dann  nur  noch 
lediglich  von  dem  in  der  Erzählung  eingenommenen  Stand- 
punkt ab.  Anders  verhalt  es  sich  bei  ctt:  Hier  will  der 
Sprechende  nur  ausdrucken,  daß  beide  Handlungen  gleichlang 
währen,  nicht,  daß  die  eine  an  die  Art  und  Weise  einer 
anderen  Handlung  gebunden  ist;  deshalb  auch  bei  dt  kein 
Festhalten  an  einem  bestimmten  Tempus.  Eatä  insa  cä  pe 
cänd  avea  sä  treacä  rädvanul  peste  un  pod  mare,  se  aude 
un  glas  de  om  (Mar.  52,  14).  Pe  ctnd  era  in  pädure  la  vinat, 
1-a  cuprins  un  tntuneric  (Sez.-Gor.  225,  18).  Dar  pe  cind 
se  aflaü  la  masä»  erä  Ghenöea  gemea  (Is.  5, 16). 

Eigentumlich  ist  der  Gebrauch  von  pe  cänd  zur  Angabe 
eines  Zeitpunktes.  Natürlich  wird  es  in  diesem  Falle  nicht 
mit  einem  Tempus  der  Dauer  verbunden:  fäinä,  |i  pe  cänd 
sängele  incepu  a  docoti,  o  aruncä  In  nuntru  (Mar.  8,  1). 
Intr'o  sarä  Prisäcariul  acesta,  tocmai  pe  cänd  puse  o  cäldare 
cu  apä  la  foc  |i  voia  sä-si  facä  mämäligä  . . .  (Mar.  1,  17). 
Was  die  Satzstellung  anlangt,  so  steht  der  pe  cänd-Sate 
gewöhnlich  vor  dem  Hauptsatze,  enthält  er  doch  auch  die 
Handlung,  welche  die  des  Hauptsatzes  in  sich  faßt  Ver- 
einzelt kommt  allerdings  auch  die  Nachsatzstellung  vor:  tntr'o 
sera  se  fäcu  muscä,  tntra  pe  cosü  in  cämarä,  unde  era  cutia 
cu  vinele,  pe  cänd  Smeöica  nu  era  acasä  (Is.  316,  25). 

Gegenüber  den  bis  jetzt  behandelten  Konjunktionalsätzen 
findet    sich  in    den  pe   cänd-Sätzen  in   der  Stellung    des 


—    304    — 

Subjekts  zum  Prädikat  ziemliche  Willkür,  bald  die  ge- 
meiiie  WortsteUung,  bald  Inversion  des  Subjekts:  Pe  eänd 
dormea  el  dnsfi,  ii  scoserft  inelnl  din  deget  (Is.  106,  6).  Pe 
clnd  ambla  Dumnezeu  si  ca  sflntn  Petre  pe  pimint..., 
s-aü  abätut  la  o  stlnft,  ce  sä  . . .  (Sez.  Gor.  207,  22). 

Diesen  Beispielen  stehen  gegenüber:  Pe  ctnd  Dum- 
nezeu nmbla  cn  sfintol  Petra  pe  pämint,  s-aü  Inttlnit  cq 
un  om  la  care  gäzduise  ei  In  mal  multe  rlndnri  (Sez.  Qor.  DI, 
56, 1).  li  scnlä,  pe  cänd  el  räscolea  jaratecolü  ca  o  ^diri 
de  lemnü,  zicönda-le  (Is.  248,  20). 

PAnä  =a  solange,  während. 

Die  letzte  Möglichkeit  ist  die,  daß  der  Sprechende  die 
Oleichdauer  zweier  Handlangen  bis  zum  Endpunkt  heryo^ 
heben  will,  dabei  aber  den  Anfiingspunkt  außer  acht  läßt 
Dazu  dient  pänä. 

Pänä  bezeichnet  eigentlich  das  Erstrecken  der  Hauptsatz- 
tätigkeit bis  zu  dem  Punkte,  wo  sie  durch  eiae  zweite  Hand- 
lung begrenzt  wird,  deutsch  „bis*'. 

a)  Will  der  Redende  nun  sagen,  daß  die  Nebensatzhand- 
lung auch  schon  Tor  sich  ging,  als  die  Hauptsatzhandlung 
stattfand  —  also  gleichzeitig  mit  ihr  — ,  so  geht  pänä  über 
in  die  Bedeutung  „solange''.  Beide  Handlungen  gehen  bis 
zum  Endpunkt  parallel  neben  einander  her:  Pe  tine,  te  Toi 
urma  pänä  toi  avea  yia^  in  mine  (Is.  35,  23).  si  se  mtara 
dupä  d^nsulü  pänä  nu-Iü  mai  zärirä  (Is.  320,  4). 

Wird  der  Endpunkt  mehr  betont,  steht  pänä  ce:  si  na 
me  ya  läsa  singurü  pänä  ce  nu  Yoiü  ajunge  la  isbändi 
(Is.  300,  15). 

b)  Auch  kann  der  durch  pänä  eingeleitete  Nebensatz  die 
Zeitstrecke  bis  zum  Endpunkt  bezeichnen,  in  die  eine  zweite, 
momentane  Handlung  fallt  ==  bis,  solange,  während: 
Oare  nu  'i  de  föcut  vre-o  smichirie,  pänä  mal  este  tncä 
vreme?  (Cr.  60,  5), 


—    305    — 

C. 

Haupt-  und  Nebensati  stehen  im  Verhältnie 
der  Naohaeitigkeit 

Wenn  die  temporale  Nebensatzhandlung  zeitlich  nach  der 
des  Hauptsatzes  fallt^  so  sind  zwei  Falle  der  Aufeinanderfolge 
mogUch:  Die  Hauptsatzhandlung  wird  mit  dem  Eintreten  der 
Nebensatzhandlung  abgeschlossen,  oder,  die  Hauptsatzhandlung 
ist  schon  abgeschlossen,  wenn  die  Nebensatzhandlung  eintritt. 

a)  Wenn  der  Nebensatz  die  vorausgehende  Handlung  ab- 
sehließt, so  bezeichnet  er  deren  Ausdehnung  bis  zu  dem 
Punkte,  an  dem  die  folgende  Tätigkeit  einsetzt,  also  bis  zum 
Endpunkte.    Diese  Funktion  vertritt 

Pftn&  =  bi8. 

1.  Es  ist  die  allgemeinste  Konjunktion  in  der  Bedeutung 
„bis",  kann  das  Erstrecken  der  Hauptsatzhandlung  sowohl  bis 
zu  einem  zeitlichen,  als  auch  bis  zu  einem  örtlichen 
Grenzpunkte  ausdrucken,  ohne  jedoch  den  Endpunkt  besonders 
zu  betonen.  Dies  zeigt  sich  am  deutlichsten  in  seinem  häufigen 
Gebrauche  nach  den  Verben  der  Bewegung,  wenn  nur  der 
Abschluß  der  Tätigkeit  angedeutet  werden  soll,  weniger  der 
Zielpunkt  hervortritt:  iar  se  ducea  |i  tot  asa  pänä  a  luat 
cät  a  voit  (Sez.  Gor.  IV,  13, 12).  Merse  bäetul  cu  mare  bägare 
de  seamä  p&nä  s'a  apropiat  de  a  bini|or  (Cräc.  25,  23). 

2.  Auch  im  verneinten  Nebensatze  steht  pänä,  geht 
aber  dann  meist  in  die  Bedeutung  von  „bevor"  über,  und 
zwar,  wenn  die  Hauptsatzhandlung  abgeschlossen  ist  beim 
Einsetzen  der  Nebensatzhandlung,  dagegen  behält  es  seine 
ursprüngliche  Bedeutung,  wenn  auch  der  Hauptsatz  verneint 
ist:  Si  mlne  de  noapte,  ptnä  nu  se  va  scula  incä  Pepelea,  sft 
apucäm  lumea  n  cap.  (Sb.  17, 37).  Eü  nu  me  pot  märita  pänä 
nu  mi  so  aduce  herghelia  (Is,  26,  28).  Toatä  lumea  din  acest . 
sat  nu  poate  bea  apä,  de  räul  balaurului,  pänä  nu-i  däruefte 
im  copil  (Sez.  Gor.  68,  29). 

Weigand,  11.  Jahresbericht.  20 


—    306    — 

3.  Soll  der  Grenzpunkt  besonders  herrortreten,  so 
kommt  in  betracht,  ob  sich  die  Tätigkeit  am  Orte,  oder  in 
der  Zeit  enttreckt.    Ist  das  erstere  der  Fall,  so  dient 

a)  pänä  ce  zur  HetTOiiiebnng  des  Zielpunktes.  Damm 
findet  sich  diese  Konjunktion  vor  allem  nach  den  Verben  des 
Bewegens.  Daneben  wird  pänä  ce  vereinzelt  auch  zur  Herror- 
hebung  des  zeitlichen  Endpimktes  verwandt;  wiederum  eis 
Beweis  f&r  die  Vorliebe  der  Sprache,  zur  Darstellung  zeit- 
licher, mehr  abstrakter  Begriffe,  sich  der  leichteren  Anschauang 
wegen,  der  konkreteren,  örtlichen  Konjunktionen  zu  bedienen 
(vgL  unde).  Nicht  aber  läßt  sich  das  Umgekehrte  beobachten, 
sodaß  p&nS  c&nd  fftr  p&nS  ce  eintrete:  A  dona  si  am  purces 
din  F&rca{a  pe  la  Borca  spre  Pärftul  Cärjei  |i  Cotäi^a;,  pini 
ce  am  ajuns  |i  la  Brogteni  (Cr.  V.  27,  7).  Si  tot  innaint« 
mergea,  ptnS  ce  ajunse  la  unü  ora;  mare  (Is.  100,  25). 
Si  lupte  se,  si  lupte  se,  plnä  ce  fncepu  sä  cänte  ooco^ 
acelü  cineva  peri  ca  o  nlLlucä.  . . . ,  atftta  ce  1-a  ciuc&it  si 
indemnat  pre  nätängul  gi  nesocotitul  seu  firate,  pänä  ce 
acesta  nu  i-a  scos  ochii  (Mar.  34, 17). 

ß)  Ist  die  Handlung  in  der  Zeit  ausgedehnt  und  wird 
auf  deren  Zielpunkt  Nachdruck  gelegt,  so  gebraucht  der 
Redende  panä  cänd,  f&r  das,  wie  schon  erwähnt,  auchpäni 
ce  als  das  allgemeinere  eintreten  kann,  nicht  aber  umgekehrt: 
Astfei  pändi,  pinft  cänd  Intr*  una  din  nop^I  sim^  cä  ... 
(Is.83, 14).  Merse,  plnä-ce  e^irä  la  pustietate  unde  se  perdu 
dira  (Is.  80,  14).  Se  luptarä  ptnä  cänd  Smeul  bäga  pe  Pr.  in 
päm^nt  ptnä  la  glesne  (Is.  86, 12). 

In  der  Zeitenfolge 
haben  wir  zu  unterscheiden,  ob  die  durch  die  drei  Konjunk- 
tionen eingeleiteten  Handlungen  vom  Sprechenden  ab  be- 
stimmt erfüllbar,  schon  vollendet  hingestellt  worden,  oder  ob 
das  Eintreten  der  Nebensatzhandlnng  von  ihm  nur  in  der 
zuversichtlichen  Erwartung  angesehen  wird.  In  diesem  Falle 
bedient  sich  der  Bumäne  des  Futurums  und  zumeist  der 
Konjunktion  pänä,  die,  weil  ohne  Nachdmck  auf  dem  End- 


—    307     - 

punkte,  die  Unbeatimmiheit  des  Einfaretens  der  Nebensatz- 
handlang  am  besten  zum  Ausdrack  bringt:  Du-te  . . .  pänä 
Tel  ajunge  la  sftntul  Söre  (Is.  56,  10).  Aiee  aü  trebuit  sä 
a|tepte  pince  a  fi  soarele  cruce  amieazäzi  (Sb.  135, 11).  . . ., 
cä-i  era  ursit  de  ursitöre,  cä  el  nu  va  muri  p6nä  oänd  va 
auzi  glasul  dela  P.  (Ret  16,  22). 

Da  in  den  angefahrten  Beispielen  der  Eintritt  der  Hand- 
lung Tom  Sprechenden  zwar  erwartet,  aber  noch  nicht  tat- 
sachlich Tor  sich  gegangen  —  also  nur  wahrscheinlich  —  ist, 
kann  für  pänä  a  oder  pfnä  c&nd  voi  +  ^f-  meist  auch  pänä 
;-  sä  +  Konjunktiv  stehen.  Regehnäßig  steht  dieser,  wenn 
der  Redende  den  Wunsch,  die  Ungewißheit,  Möglich- 
keit des  Eintritts  der  Nebensatzhandlung  ausdrücken  wiU: 
etä  nuu[  slnt  trei  zile  pinä  sä  se  Implinescä  sorocul  ce  ^I-a 
datü  (Is.  91,  21).  Dar  täcu  pänä  se-i  vinä  rändul  (Ret.  2,  23). 
Pänfi  sä  yie  cu  respunsul,  cäpitanul  de  haiduci  puse  detäie 
un  curcan  (Is.  142,  35). 

Enthält  dagegen  der  Nebensatz  eine  Tatsache,  so  steht, 
je  nach  dem,  wie  sich  der  Sprechende  zur  Handlung  stellt, 
das  Praesens,  der  Aorist  oder  das  Perfektum:  ;i  cu  acela 
atata  jöcä  pänä  cade  de  obosit  (Ret.  20,  25).  Bisweilen  findet 
sich  das  Praesens  im  Nebensatze  nach  pänä  und  den  übrigen 
Konjunktionen,  im  Hauptsatze  ein  Tempus  der  Vergangenheit, 
um  den  plötzlichen  Abschluß  der  Hauptsatzhandlung  durch 
die  unerwartet  rasch  eintretende  Nebensatzhandlung  zu  be- 
zeichnen. Im  Hauptsatze  ist  die  gleichmäßig  Yor  sich  gehende 
Handlung  angedeutet  durch  Adyerbia,  wie  tot,  astfei  u.  a., 
wodurch  die  Nebensatzhandlung  um  so  wirkungsvoller  wird. 
Pinä  deckt  sich  hier  in  gewissem  Sinne  mit  cind,  nur  daß 
dieses  nicht  zugleich  das  Erstrecken  der  Handlung  bis  zum 
Grenzpunkte  ausdrückt:  Cei  doi  frafi  au  tot  mers  pe  drum 
inainte,  pänä  ajung  la  cur^ile  impSratului  ro|u  (Ret  20,  6). 
Mult  timp  umblarä  ei  astfei,  pinä  cind  feciorul  impSratului 
ftctnd  oYlnätoare  prin  pädure,  vede  cerbul  ducind in spinare pe 
&t&(Sez.  162,37).  Gehört  die  Handlung  derVergangenheit  an, 
80  gebraucht  der  Redende  den  Aorist  oder  das  Perfektum: 

20* 


—    308    — 

AsteptarS  ptnä  adormi  ciobänajul  (Is.  248,  16).  Yorbele 
fmpSrakdui  tncS  au  mers  din  goift  In  goiS,  pän&  an  ajnBS 
la  nrechile  Ini  Man  i4lhariul  (Beb  8,  11).  Si  aü  remas  acolö 
pänäce  s'aü  mai  rteit  si  si-aü  venit  In  fire  (Sb.  6,  29).  Um 
das  allmähliche  Vorsichgehen  der  Nebensatzhandlnng  zu  Ter- 
anschaulichen,  findet  sich  auch  das  Imperfektum:  Si  ao 
mers  cu  dönsii  prin  pftdure  p&nSce  se  facea  amü  ziüa 
(Sb.  6,  39). 

Stellung  des  Pänä-Satzes  zum  Hauptsatze,  and 
Stellung  von  Subjekt  und  Prädikat  im  Nebensätze. 

Wie  schon  frühere  Beispiele  darlegten,  ist  die  SteUung 
des  Nebensatzes  wesentlich  abhängig  von  der  Priorität  oder 
Posteriorität  seiner  Handlung,  yerglichen  mit  der  Hauptsatz- 
handlung.  Dieser  Maßstab  findet  auch  Anwendung  bei  der 
Satzstellung  der  pän&-,  pänft  cänd-  und  päna  ce-Sätze:  Es 
zeigt  sich,  daß,  wenn  der  durch  diese  drei  Konjunktionen  ein- 
geleitete Nebensatz  das  Erstrecken  der  Hauptsatztätigkeit  ab- 
schließt —  also  eine  zeitlich  nachfolgende  Handlung  aus- 
druckt— ,  der  Nebensatz  nach  dem  Hauptsatze  steht:  trSi 
tn  fericire,  pänä  se  istovirä  (Is.  48,  13).  Merse  pänft  ce  ajunse 
la  o  casu^  (Is.  383,  17).  . . .,  cä  el  era  blestemat  sä  p6rte 
corpul  de  vulpoTü  pänä  cänd  un  om  va  aTea  milä  de  el 
(Is.  300, 10). 

Dagegen  steht  der  Nebensatz  vor  dem  Hauptsatz, 
wenn  die  Nebensatzhandlung  zugleich  auch  die  Bedingung 
f&r  das  Eintreten  der  Hauptsatzhandlung  enthalt,  was  auch 
zuweilen  durch  den  Couditionalis  im  pänä-Satze  angedeutet 
wird.  Wie  wir  schon  die  dacä-Sätze  zumeist  als  VordersÜze 
antrafen,  so  ist  auch  die  Yordersatzstellung  der  pftni- 
Sätze  mit  kondizionalem  Momente  logisch  vollauf  berechtigt: 
Acesta  spuse  cä  pänä  cänd  tmperatul  nu  va  avea  lapte  de 
pasSre  de  peste  apa  lordanului,  cu  care  ...,  nu-i  va  veni 
väzultt  (Is.  171,  13). 

Wenn  das  folgende  Beispiel  mit  dem  Kondizionalis 
als  Nachsatz  erscheint,  so  liegt  dies  daran,  daß  das  Satz- 
objekt nicht  gern  vom  Verbum  getrennt  wird.    Auch  hierflir 


—    309    — 

boten  die  daoft-S&tze  hinreicheiid  Belege:  eü  nu  y&  orez  pft 
Tol  cft  sintelfi  nepo^  mief,  ptni  nu  ntf-af!  adace  oorabia 
eu  muina  Toastrft,  aici  la  poarta  mea  (Sez.  Qor.  III,  65, 16). 

Was  die  Stellnng  Ton  Subjekt  und  Prädikat  an- 
langt, 80  besteht  im  p&nä-Satze  ziemliche  Willkür,  die  je  nach 
der  einleitenden  Konjunktion  bald  größer,  bald  geringer  ist. 
Am  konsequentesten  ist  die  Inversion  des  Subjekts  durch- 
geführt nach  pänä,  und  zwar  immer,  wenn  das  Subjekt  ein 
SubstantiTum  ist,  weniger  bestimmt  bei  pronominalem  Subjekte: 
Nu  ISsa  nici  o  pasere  sä  treacä  peste  !el  plnä  teu  yin  de 
la  apä  (Alexici  234).  .  .  .,  ca  sä'  ¥  ^ä  crSpfttura  deschisä 
plnä  ya  scoate  el  inima.din  copactü  (Sb.  38,  10).  Dar  eü 
tot  trebue  sä  fiü  cu  dlnsul  p&nS  ya  clnta  cucul  (Sb.  18,  1). 

So  regelmäßige  Verhältnisse  freilich  wie  der  pänä-Satz 
weisen  die  durch  die  zusammengesetzten  Eoi^unktionen  pänä 
ce  und  pänä  c&nd  eingeleiteten  Nebensätze  nicht  au£  Wiegt 
bei  pänä  ce  noch  die  Inversion  vor,  zeigen  die  pänä  cänd- 
Sätze  nur  die  gemeine  Wortstellung.  Auch  hierin  macht  sich 
der  Zug  der  romanischen  Sprachen  geltend,  das  Verb  in  die 
Satzmitte  zu  ziehen:  Der  plnä  ce-Satz  als  der  gebräuchlichere 
yon  beiden  ist  von  dieser  allen  Temporalsätzen  gemeinsamen 
Tendenz  schon  ergriffen  worden:  Daher  hier  beide  Wort- 
stellungen neben  einander!  Allgemein  läßt  sich  überhaupt 
beobachten,  daß  die  Adverbialsätze,  deren  Konjunktionen  Satz- 
ellipsen sind,  die  gemeine  Wortstellung  als  das  gewöhnlichere 
aufweisen:  merse  pänä  ce  i  se  rupse  si  opincile  aceste  (Is. 
58,  21). 

Dagegen  zeigt  es  sich,  daß,  wenn  der  durch  pänä  ce 
eingeleitete  Satz  eine  Handlung  abschließt,  die  sich  mehr  in 
der  Zeit  erstreckt,  die  gemeine  Wortstellung  stattfindet, 
wie  sie  ausschließlich  nach  pänä  cänd  auftritt  Darum  finden 
wir  sie  auch  nicht  nach  den  Verben  der  Bewegung  mit  ört- 
lichem Zielpunkt.  Diminea^,  pänä  ce  tatäl  lor  a  tnjugat 
boii,  ei  gäsind  un  sac  cu  fäinä,  Isi  umplurä  bine  sinul  (Sez.- 
Gor.  66,  9).  A  stat  asa  tremuränd,  ^ntuit  locului,  pänä  ce 
zäna  s  a  desteptat  (Cräc  26,  2). 


—    310    — 

Nach  p&nä  cänd  erscheint  nur  die  gemeine  Wort- 
stellung: si  am  stäpänit  'o  pänä  cänd  mosnl  M&iieiTald 
ftcü  In  liyadea  mea  cur^e  astea  (Ret.  37,  32).  . . .  se  Inptarii 
pän&  cand  Smeul  bägS  pe  PrisScariid  in  päm^nt  ptna  la 
glesne  (Is.  86,  12). 

b)  Die  Handlung  des  Nebensatzes  bezeichnet  nicht  das 
Erstrecken  der  Hanptsatzhandlong  am  Ort  bis  zum  Endpunkt, 
sondern  bringt  zum  Ausdruck,  daß  die  Hauptsatzhandlung 
eintritt  in  der  Zeit  bis  zu  dem  Beginne  der  Nebensatzhaad- 
lung.    Hierbei  sind  zwei  Fälle  möglich: 

a)  Der  Nebensatz  bezeichnet  die  dem  Hauptsatze  folgende 
Tätigkeit,  ohne  jedoch  die  unmittelbare  Folge  auscs- 
drücken.    Dazu  dient: 

tnainte  de  a  =  bevor 
in  Verbindung  mit  dem  Infinitive.    Maf  ^nainte  insä  de  a 
veni  c6sul  nascerii,  copilul  se  puse  pe  pläns  (Is.  I,  2,  6). 

ß)  Der  dem  Hauptsatze  folgende  Nebensatz  schließt  den 
Zeitraum  ab,  innerhalb  dessen  die  Hauptsatzhandlung  ge- 
schieht, geschehen  ist  oder  soll.  Die  Zeitdauer,  in  die  sie 
fällt,  erstreckt  sich  demnach  bis  zum  Anfangspunkt  der  Neben- 
satzhandlung. Mithin  besteht  zwischen  beiden  Handlungen 
ein  unmittelbarer  Zusammenhang,  unmittelbare  Auf- 
einanderfolge. Sie  kommt  zum  Ausdruck  in  pftnft  im,  pftnä 
cänd  nUy  pftnä  ee  nu.  La  ce  sä  mergi  tu  acuma,  ptnä  inci 
nu  s'au  facut  zifia?  (Sb.  27],  1).  Stringe  repede  ce  mal  at 
pinä  cänd  nu  vine  baba  §i  hai  sä  fugim  (Cr.  Y,  30,6).  Si 
te  du  si  fug!  de  mine  pln'  ce  nu  te'  nghit  pe  tine  (Balade 
populäre  col.  AL). 

Gebräuchlicher  ist  die  Infinitiv-Konstruktion  mit 
pänä  a  nu:  zise,  s'ar  fi  zis  mai  multe,  pän^a  nu  läsa  pä- 
mintul  (Dulfii  9,  23). 

Stellung  des  Nebensatzes  zum  Hauptsatze,  und 
Stellung  von  Subjekt  und  Prftdikat  im  Nebensatze. 

Für  die  Nebensatzstellung  lassen  sich  bei  fnainte  de  und 
pänä  nu  keine  feststehenden  grammatischen  Regeln  aufstellen. 


—    311    — 

bald  zeigt  sich  Vordersatz-,  bald  Nachsatzstellung.  Höchstens 
psychologisch  kann  man  dembeikonunen.  So  steht  die  Yorder- 
satzstellung,  wenn  der  Sprechende  die  Nebensatzhandlung 
als  mehr  oder  weniger  bedingend  Ar  die  folgende  Hand- 
lung gedacht  hat,  dagegen  die  Nachsatzstellung,  wenn  die 
Nebensatzhandlung  die  des  Hauptsatzes  einschränkt 

Die  tnainte-Sätze  weisen  fast  durchgängig  die  Vorder- 
satzstellung  auf,  sodaß  man  bei  ihnen  auch  an  ein  bedingendes 
Moment  denken  kann:  La  noi  este  obiceiul  ca  tnainte  de  a 
merge  la  cnnunie,  sä  ne  Imbäiem  (Is.  37,  27).  Dar,  mal  tnainte 
de  a  pleca,  le  fäcü  o  tortä  cu  täri^  si  cenusä  (Sez.-6or. 
161,  25). 

Weniger  häufig  findet  sich  die  Vordersatzstellung  bei 
pänä  nu.  Schon  die  wortliche  Übersetzung  „bis  nicht*^  deutet 
auf  eine  Einschränkung  der  Zeit  hin,  innerhalb  deren  die 
Hauptsatzhandiung  beendet  sein  muß.  Damm  ist  es  er- 
klärlich, wenn  in  den  meisten  Fallen  der  pänä  nu-Satz  nach 
dem  Hauptsatze  steht,  und  nur  Tereinzelt  vor  ihm,  wenn  der 
Erzähler  auch  an  eine  Bedingung  denkt:  Si  mtne  de  noapte, 
plnä  nu  seYasculaPepeleä;sä  apucämlumea  ncap(Sb.l7,37). 
Darft  pinä  a  nu  sosi  el,  s  aü  sfttuit  mäicä-sa  earä|  cu  SmSul 
(Sb.  26,  5).  Cautä-^  mai  bine  de  drum,  pänä  nu  e  tärziu 
(Mar.  3,  1).  La  ce  sä  mergi  tu  acoma,  ptnä  tncä  nu  s'aü 
fScut  ziüa?  (Sb.  271,  9). 

Ist  das  Subjekt  des  Nebensatzes  ein  Substantivurn  oder 
Pronomen,  so  tritt  Inversion  ein:  Mai  'nainte  Insä  de  a 
yeni  cesul  nascerii,  copilul  se  puse  pe  pläns  (Is.  2,  6). 

Das  pronominale  Subjekt  kann  im  Infinitivsätze 
ausdrücklich  gesetzt  oder  auch  ausgelassen  werden,  sobald 
dadurch  keine  Zweideutigkeiten  entstehen:  Darä  pinä  a  nu 
sosi  el,  s'aü  sfätuit  mäicä-sa  earäs  cu  Smeul.  Dar  tnainte 
d  e  a  mg  pierde,  te  rog  sä-mi  dai  numai  o  ^rä  rägaz  (Sb.  38, 40). 


—    312    — 

n. 

KansalsatK. 

Um  die  nimanisclLeii  Kaiisalkonjuiiktioiien  nnd  ihre  Funk- 
tionen besser  zu  verstehen,  macht  sich  ein  Überblick  ftber' 
den  lateinischen  Eausalsat«  nötig.  Das  Lateinische  hatte  zwei 
Arten  von  Eausalkonjunktionen^  von  denen  fnr  uns  in  betracht 
kommen,  einerseits:  quod,  andererseits  nam. 

Der  Unterschied  zwischen  diesen  Konjunktionen  besteht 
darin,  daß  der  Redende  quod  setzt,  wenn  er  bei  einer  za 
machenden  Äußerung  zugleich  auch  die  Notwendigkeit 
fühlt,  also  die  Absicht  hat,  sie  zu  begründen.  Es  besteht 
sonach  zwischen  Haupt-  und  Kausalsatz  eine  enge  Beziehung; 
dagegen  nam,  wenn  er  erst  nach  der  Äußerung  die  Not- 
wendigkeit der  Begründung  in  sich  spürt  Zwischen  Haupt- 
und  Nebensatz  ist  daher  eine  momentane  Pause  anzuseilen, 
mithin  auch  eine  losere  gegenseitige  Beziehung.  Dieser  feine, 
den  beiden  lateinischen  Konjunktionen  anhaftende  Denkonter- 
schied  hat  sich  nur  zum  Teil  bei  den  aus  dem  Latein  hervor- 
gegangenen romanischen  Konjunktionen  erhalten:  lat  nam 
ist  Tollstandig  verloren  gegangen.  Seine  Funktion  ist  auf  das 
&Z.  car  <!  quare  Übergegangen,  lai  quod  hat  seine  urspröng- 
liehe  Anwendung  von  allen  romanischen  Sprachen  nur  im 
Rumänischen  bewahrt.  Wichtiger  und  ausschlaggebend  fnr 
die  romanischen  Sprachen,  für  das  Rumänische  in  unserem 
Falle,  ist  folgender  Unterschied:  Einmal  kann  der  Redende 
den  im  Nebensatz  enthaltenen  Grund  bei  dem  Angeredeten 
oder  Zuhörer  als  nicht  bekannt  aimehmen.  Der  Sprechende 
hält  sich  daher  von  vornherein  verflichtet,  die  Handlung  des 
Hauptsatzes  zu  erklären,  zu  begründen,  ihre  Ursache  anzu- 
geben, und  zwar  ist  der  Ghund  nicht  bloß  subjektiv  vom 
Redenden  gesetzt,  sondern  wirklicher,  Ursache  und  Beweg- 
grund. Zum  andern  kann  der  Erzählende  den  Orund  als  dem 
Zuhörer  schon  bekannte  Tatsache,  als  etwas  Selbstverständ- 
liches voraussetzen.  Diese  Art  Kausalsätze  enthalten  so  die 
Motivierung  einer  im  Hauptsatze  gezogenen  Folgerung. 


—    313    — 

Nach  diesen  Genchtspunkten  teilen  sich  naMrlich  auch 
die  Kaosalkonjnnktdonen  ein  in  zweierlei  Arten:  in  solche  er- 
klärenden Ghmndes  nnd  solche  motivierenden  Grundes. 


Konjunktionen  des  Erklftrrnigsgnmdee: 
oa,  pentra  o&,  flind  oft. 

CL 

Lat.  qnod  entwickelte  sich  zn  cä  ||  nos  >>  nä.  Wie  schon 
eingangs  erwähnt,  ist  rom.  cä  die  einzige  romanische  Kon- 
junktion, die  die  lateinische  Funktion  von  quod  bewahrt  hat. 
Damach  findet  also  cä  Anwendung,  wenn  der  Redende  schon 
Ton  vornherein  das  Bedürfiiis  der  Begrfindung  f&hlt,  wenn  er 
den  eigentlichen  Grand,  die  Ursache  der  Hanptsatzhaiidltuig 
beeeichnen  will  C&  stellt  so  einerseits  eine  engere  Be- 
ziehung zum  Hauptsatze,  aus  quod  abgeleitet,  her  und  ent- 
spricht in  diesem  Sinne  dem  deutschen  „weil** :  'dacä  mS  vezi 
a^a  de  jigärit,  este  cä  n'are  eine  sä  mS  hrän6scä  ca  el  (Is.  15, 30). 
Dacft  . . . ,  este  numai  cä  voescü  sä  . . .  (Is.  297,  8).  Auf  der 
anderen  Seite  steht  cä  in  loserer  Beziehung  zum  Hauptsatze. 
Dies  ist  der  Fall,  wenn  cä  die  Funktioen  des  verloren  ge- 
gangenen nam  und  enim  vertritt  Letzteres  begründet  nach- 
traglich nur  einen  Satzteil  Zwischen  Haupt-  und  Nebensatz 
findet  somit  eine  kurze  Pause  statt.  In  dieser  Bedeutung  ist 
cä  begründend,  deckt  sich  mit  deutsch  „da'',  „denn**,  und 
der  durch  cä  eingeleitete  Nebensatz  ist  dann  meist  Nachsatz 
im  Sinne  von  nam,  oder  gern  auch  Zwischensatz  zu  einem 
einzelnen  Worte,  wenn  er  in  der  Bedeutung  von  enim  steht: 
^e-te,  stäpäne,  gata,  cä  eta  se  apropie  Ghenoaea  (Is.  1,  1). 
Stäi,  Fet^firumos,  cä  nu-^i  fac  nimic  (Is.  5,  5).  Taci,  cä  ^- 
oiü  da  impära^a  cutare  satt  cutare  (Is.  1). 

Zeigen  diese  Sätze  die  Bedeutung  von  nam,  steht  folgendes 
Beispiel  im  Sinne  von  enim:  Prepeleac  (cä  a|a  ii  eraporecla 
pentru  cä  atäta  odor  avea  si  el  pe  längä  casä,  fäcut  de  mäna 
lui)  (Cr.  I,  63,  19).    Ein  Blick  auf  die  vorstehenden  Beispiele 


—    314    — 

läßt  erkennen,  daß  nun.  cä  sowohl  kausale,  als  auch  begran- 
dende  Konjunktion  ist,  weiterhin  aber  auch,  daß  cä  dureb  die 
Übernahme  der  nam-Funktion  im  allgemeinen  nur  ein  loses 
Verhältnis  von  Haupt-  und  Nebensatz  herstellt  Um  nun  auch 
stärker  auf  den  Grund  und  die  Ursache  hinweisen  zu  können, 
bildete  man,  wie  in  den  übrigen  romanischen  Sprachen,  zu- 
sanmiengesetzte  Konjunktionen,  und  zwar  mit  der  kausalen 
Präposition  per  f&r  den  Kausalsatz,  mit  dem  Partizipium 
Praesentis  von  fieri  f&r  den  begründeten  Satz.  So  teilt  sich 
das  beides  umfiassende  cä  in  die  Spezialkonjunktionen:  pentra 
cä  und  fiind  cä. 

Pentra  c& 

setzt  sich  aus  der  rumänischen  Präposition  pentru  («=»  per 
+  intru)  +  cä  zusammen  und  dient,  wie  schon  seine  Bestand- 
teile sagen,  zur  Hervorhebung  der  Kausalität:  tmp^ratal 
se  duse  drept  la  palatul  pentru  cä  inima  ti  zicea  (Is.  298,26). 

fllnd  cä 

wird  angewandt,  um  stärker  auf  den  begründenden  Satz 
hinzuweisen:  ^fata  aflä  cä  era  s'o  pa^  fiind-cä  Sörele  cam 
mirosise  (Is.  57,  7).  '^Peste  zi  este  plinü  de  scarbä,  fiind-ci 
Tede  töte  necurä^iilor  ömeniloru  (Is.  57, 18). 

Daß  natürlich  in  der  Volkssprache  die  feinen,  logisdieD 
Unterschiede  von  Ursache  und  Beweggrund  nicht  immer  klar 
auseinander  gehalten  werden,  ist  leicht  erklärlich.  Da  ftr  den 
Redenden  der  Grund  oft  auch  die  Ursache  mit  enthält,  wird 
fiindcä  natürlich  auch  causal  gebraucht  neben  pentru  cä 
Nicht  kann  jedoch  dieses  da  for  fiind  cä  eintreten,  wo  es  in 
seiner  ursprünglichen,  begründenden  Bedeutung  steht,  wie 
Versuche  mit  Rumänen  zeigten:  Avutul,  la  auzul  acestor 
cuvinte,  mesurä  pre  Dumnezeü  din  cap  pänä  tn  pictoare  ^ 
fiindcä  (nicht  pentru  cä)  acesta  era  Imbräcat  tn  halne  simple, 
si  ca  atare  nu  aräta  nici  decum  a  unul  ce  are  multe  pärale 
tn  pungä,  tncepu  (Mar.  83,  23).  Pepelea  n  aü  a^teptat  multe 
si  fiindcä  si  ins^rase  acuma,  aü  tras  tntr'o  pädare  snbt  o 


—    315    — 

hascä  (Sb.  %  18)  (nicht  pentra  cä).  El  se  bucura  fiindcä 
credea  c&  Aurica  va  fi  moierea  Ixd  (Ret  32,  19,  nicht  pen- 
trucä).  £ü  sint  gras  |i  voinic  fiind-cft  n'am  griji  malte  ca 
Maria  Ta.  (nicht  pentra  cä)  (Sez.-Gor.  IV.  185,  8). 

Es  zeigt  sich  eben  in  diesen  Fallen,  daß  pentra  ca  ledig- 
lich kausale,  fiindcä  dagegen  begründende  und  auch  kausale 
Konjunktion  ist.  Dieser  unterschied  wird  weiter  auch  be- 
stätigt durch  die  Anwendung  von  de  öre  ce,  dessen  Betrach- 
tung zum  zweiten  Teile  der  Eausalkonjunktionen  fuhrt 

B. 

Konjnnktionen  des  motivierenden  Grundes. 

(Unde,  dupä  ce,  de  öre  ce,  de  vreme  ce,  dacä,  cum.) 

Setzte  der  Redende  in  den  durch  cä,  fiind  cä,  pentru  cä  ein- 
geleiteten Sätzen  den  Grund  meist  als  unbekannt  voraus,  so 
nimmt  er  ihn  im  motivierenden  Satze  als  dem  Zuhörer 
bereits  bekannte  Tatsache  an.  Nicht  will  er  die  Ursache 
der  Hauptsatzhandlung  anftlhren,  sondern  diese  als  Folgerung 
eines  von  ihm  im  Nebensatze  ausgesprochenen  Urteils  Aber 
eine  dem  Angeredeten  schon  bekannte,  abgeschlossene  Hand- 
lang hinstellen.  Da  nun  die  Hauptsatzhandlung  oft  auch  als 
zeitliche  Folge  der  Nebensatzhandlung  erscheint,  so  finden 
wir  im  motivierenden  Konjunktionalsätze  bisweilen  auch  Kon- 
junktionen, die  ursprünglich  nur  Zeitverhältnisse  ausdruckten. 
Und  liegt  nicht  auch  der  Schluß  nahe,  eine  Handlung,  die 
zeitlich  erst  folgen'kann,  wenn  die  vorausgehende  bereits 
abgeschlossen  ist,  auch  als  begriffliche  Folge,  als  Folgerung 
aa£EufiEUisen,  aus  der  Notwendigkeit,  aus  der  Bedingung  der 
Abgeschlossenheit  einer  Handlung  für  die  zeitliche  Folge  einer 
zweiten  auch  den  Qrund  und  die  Folgerung  abzuleiten? 
So  darf  es  uns  also  nicht  Wunder  nehmen,  wenn  wir  als 
motivierende  Konjunktionen  vor  allem  solche  antreffen,  die 
urspronglich  die  Abgeschlossenheit  der  Nebensatzhandlung 
ausdrückten.    Hierher  gehören 


—    316    — 

Hilde. 

Es  hat  sich  yon  der  lokalen  über  der  temporalen  Kon- 
junktion, als  welche  es  aUgemein  balkanromanisch  ist,  gani 
vereinzelt  zur  kausalen  Konjunktion  entwickelt:  „da  dock". 
Boemle,  sä  nu-^  fie  parazin  unde  ne  Yen  cS  amü  yenitK 
uumal  amtodof  (Is.  291, 12). 

dnpft  66. 

Seiner  Funktion  nach  als  Zeitpartikel  ist  es  am  geeig- 
netsten, den  Grund  als  abgeschlossene,  vergangene  Tatsache, 
deshalb  auch  als  etwas  bereits  Bekanntes  erscheinen  zu  lassen 
und  ihm  so  den  Charakter  der  Selbstverständlichkeit, 
einer  allgemein  feststehenden  Wahrheit  zu  verleihen.  In  dieser 
Bedeutung  („da  ja**)  wird  dupä  ce  auch  mit  dem  Praesens 
verbunden.  Si  nici  nu  avea  cum  sä  nu  plängä,  dupä  ce 
nemic  nu  e  mal  scump  In  lumea  aceasta  oa  lumina  ochilor(IIar. 
42,  20).  Gewöhnlicher  wie  dupä  ce  werden  in  diesem  Sinne 
mit  der  Präposition  de  und  einem  Substantive  und  ce  zn- 
sammengesetzte  Eoignnktionen  gebraucht  Ähnlichkeit  hiennit 
weist  auch  das  bisweilen  kausal  angewandte  frz.  dteque,  des 
lorsque,  des  lä  que  auf:  II  ny  a  plus  de  dispute,  des  que 
vous  en  tombez  d'accord  (Boiste).  Wir  sehen,  daß  das  Rumä- 
nische auch  hierin  mit  den  westromanischen  Sprachen  paraDel 
läuft:  frz.  puisque  —  rum.  dupäce,  frz.  desque,  deslorsque, 
rum.  de  vreme  (oare)  ce. 

d6  Trem»  66  (seit  der  Zeit,  daß,  da;  da  ja). 

Seine  ursprüngliche  Bedeutung  „seit  der  Zeit,  da^  laBt 
sich  leicht  noch  erkennen  [an  folgendem  Beispiele:  . . .;  dks 
ea  credea  cä  insu|i  tmpiratulü  se  va  duce  sä-i  adncä  vasniü 
eu  botezü,  fiindcä  el  putea  mai  lesne  so  facä,  de  vreme  (auch 
oare)  ce  to^  se  supuneaü  (Is.  31,  11).  Im  allgemeinen  deckt 
sich  de  vreme  ce  mit  de  oare  ce.  Immerhin  besteht  ein  ge- 
ringer Unterschied  zwischen  beiden.  Dieses  weist  stärker  auf 
die  Begründung  hin.  Wohl  kann  de  vreme  ce  stets  for  de 
oarä  ce  stehen,  nicht  aber  umgekehrt  in  jedem  Falle  gleich- 
gut de  vreme  ce:  Mare  de  inimä,  iar  de  gurä  si  mal  mare, 


—    317    — 

pirintele  Duhu  nn  se  inyrediiicise  de  o  yia^  mal  bunft;  dar 
se  vede  cä  nicf  poftea  el  ana  a^a,  de  vreme  ce  (nicht  so  gut 
de  oarä  ce)  nu  |7  astämp&ra  gura  cätre  mal  marii  säi  (Gr.  Y, 
123, 15).    öebräuchlicher  als  de  vreme  ce  ist 

de  oare  ee  (da  ja). 

Allgemein  ist  zu  beobachten,  daß  die  romanische  Volks- 
sprache de  öre  ce  und  auch  de  vreme  ce  nicht  in  dem  Maße 
anwendet  wie  pentru  oft,  fiindcä.  Dies  ist  auch  erklärlich. 
Fanden  wir  sonst,  daß  die  Volkssprache  in  den  Temporal- 
sätzen bisweilen  scharf  logisch  verfuhr  in  den  Beziehungen 
der  Handlungen  zu  einander,  wie  dies  femer  auch  in  der 
Zeitenfolge  zum  Ausdruck  kam,  so  liegen  bei  den  Kausal- 
sätzen die  Unterschiede  der  Begründung  ftr  den  meist  alles 
uniformierenden  Volksgeist,  fBr  die  gesprochene  Sprache,  doch 
zu  feinfühlig.  Darum  ist  es  begreiflich,  daß  der  Unterschied 
zwischen  de  öre  ce  und  fiindcä,  der  ja  nur  in  der  Art  und 
Weise  der  Begründung  beruht,  mehr  und  mehr  verlosch  und 
de  ore  ce  heute  ebenso  gut  da  angewandt  wird,  wo  der  Grund 
als  nicht  bekannt  vorausgesetzt  wird.  Natürlich  kann  fiindcä 
als  das  in  der  Bedeutung  beschränktere  nicht  da  für  de  öre 
ce  eintreten,  wo  dieses  in  seiner  ursprünglichen  Bedeutung 
steht.  Weniger  treffend  tritt  dagegen  de  öre  ce  für  das  kausale 
pentru  cä  ein,  und  wenn  doch,  so  enthalt  der  Nebensatz  neben 
der  Veranlassung  auch  mehr  oder  weniger  die  Begründung 
mit:  ImpSratul  se  duse  drept  la  palatü  pentru  cä  inima  ti 
zicea  .  .  .  (fiindcä,  auch  de  öre  ce)  (Is.  298,  26).  . . . ,  darä 
pentrucä  se  temea  ca  sä  nu  fie  vedi^,  cä  aü  gasit  o  comoarä, 
aü  dat  de  grija  lu  P.  ca  sä  nu  spunä  ....  (de  öre  ce  und  fiind 
cä)  (Sb.  3,  37). 

Ebensogut  würde  fiindcä  für  de  öre  ce  in  den  folgenden 
Beispielen  stehen  können:  De  oare  ce  D.-voasträ  sunte^il  nisce 
oameni  foarte  buni  la  inimä,  de  aceea  dori^-vä  trei  lucruri 
dela  Dumnezeü  (Mar.  88,  24).  Cänd  ti  v8zu  tmpSratuI  pre 
am^ndoi  tn  vdrful  carului,  incremeni  odatä,  de  öre-ce  el 
credea  cä  de  mult  e  tnnecatä  (Ret  12,  34)  (auch  de  vreme  ce). 


—    318    — 

De  piiceput  nie!  vorba  nu  mai  en,  de  oare-ce  en  prost, 
sinnanul!  (Sez.-Gor.  98,  25).  De  öre  ce  ^-b1  ales  astt  ladä, 
iaro  (Is.  350,'  20). 

Werfen  wir  noch  einmal  einen  Blick  auf  die  behandelten, 
im  Ramäniflchen  hauptsächlich  gebrauchten  Eonjonldionen! 
pentm  cä  bleibt  for  die  Kausalität  gewahrt,  fiind  ca  ist  dagegen 
begründend  und  kausal,  de  öre  oe  stark  motivierend,  be- 
gründend, bisweilen  kausal,  de  vreme  ce  motivierend ,  be- 
gründend, auch  kausal  Es  zeigt  sich  so,  TOn  pentm  d  auf- 
wärts, mit  zunehmender  Anzahl  der  Konjunktionen  eine 
Abnahme  der  Beschrankung  in  der  Anwendung. 

Weniger  gebrauchlich  sind  im  Rumänischen  die  folgenden 
motivierenden  Konjunktionen: 

daeä 

konnte  sich  leicht  zur  motivierenden  Konjunktion  entwickeln 
infolge  seiner  Funktion  als  Zeitpartikel,  als  welche  es  aus- 
drückt: nachdem  +  sowie  und  die  Bedingung  des  Hauptsatzes 
durch  den  Nebensatz,  oder  konkreter  gefaßt,  daß  die  Neben- 
satzhandlung den  Grund,  die  Hauptsatzhandlung  die  Folge 
enthält  Auch  für  daca  können  die  übrigen  begründenden 
Konjimktionen  fiindca  und  de  öre  ce  gesetzt  werden:  dacä 
nimeni  nu  putu,  imperatul  pomnci  (Is.  28,  26).  Avea  tny$^ 
tura,  me  rogü,  dacä  era  fatä  de  tmperatü  (Is.  400,  10). 

Com 

leitet  eigentlich  einen  Vergleichssatz  ein,  dessen  Vordeisak 
auf  das  Kausale  übertragen,  den  Orund,  dessen  Nachsatz  die 
Folge  enthält  Das  cum  Eigentümliche  besteht  darin,  daß  es 
den  Hauptsatz  an  Geltung  mit  dem  Nebensatze  gleichstellt 
Der  Gebrauch  von  cum  in  dieser  Bedeutung  ist  ziemlich  selten. 
Auch  hier  wird  dieses  gleichsetzende  Moment  durch  de  ore 
ce,  de  vreme  ce,  fiindcä  ausgedrückt:  . . .;  |i  cum  in  vremile 
acelea  bäe^ii  ascuUaü  cu  supunere  pove^e  pärin^or,  bäetaniü 
nu  se  impotrivi  miui-sa  si-i  fäcu  pe  plaa  Si  cum  era  ;i  mptü 
de  ostenelä  de  atata  cäletorie  si  de  atäta  tevaturä  ce  avu  pe 
drumü,  adoimi,  cum  puse  capulü  josft  (Is.  212,  29). 


—    319    — 

Zum  Schlüsse  sei  nochmals  darauf  hingewiesen,  daß  die 
Betrachtang  der  Eausalkonjnnktionen  zeigt,  daß  die  lebhafte 
Sprache  die  feinen,  auf  dem  logischen  Denken  berohenden 
unterschiede  in  der  Begrondong,  wie  sie  in  de  öre  ce,  de 
Yreme  ce,  dacft  und  com  zom  Ansdrack  kommen,  verwischt, 
und  nur  noch  allgemein  zwischen  Kausalität  und  Begründung 
scheidet;  darum  auch  das  Übergreifen  der  Konjunktionen  aus 
der  eiaen  in  die  andere  Sphäre. 

Über  die  Wiederholung  in  mehreren  beigeord- 
neten Nebensätzen. 

In  mehreren  durch  |i  yerbundenen  Kausalsätzen  kann  die 
Konjunktion  im  zweiten  Nebensatze  wiederholt,  oder  auch  aus- 
gelassen werden:  Fiind  cä  forte  potrivit  respuns  mi-a  trimis, 
si  fiindcä-i  mai  ave  sS  vii  pe  la  mine,  ia-{i  un  cal  din  staya 
mea  (Ret.  87,  15).  .  .  .,  dar  fiind  cä  groapa  era  adlncä  |i 
polobocul  pe  jumState,  a  trebuit  ca  unul  din  el  sä  se  Tire  tn 
poloboc  (Sez.  Gor.  131,  19).  . . .  s'aü  culcat  earä§,  pentrucä 
86  facea  ziüa  si  pentru  cä  se  temea  ca  sä  no  pripeascä  cinevä 
llngä  patul  ImpSratulul,  cä  atuncea  ar  fi  fost  poate  vai  de 
dlnsa  (Sb.  46,  17). 

Bisweilen  wird  der  durch  si  beigeordnete  Nebensatz  mit 
pentru  cä  eingeleitet.  Im  ersten  Nebensatze  stehen  dann 
Konjunktionen,  die  gleichfalls  für  den  Kausalsatz  angewandt 
werden  können.  Naturlich  kann  die  erste  Konjunktion  wieder- 
holt oder  auch  pentru  cä  ausgelassen  werden:  tnsä  ca  una  ce 
este  fatä  de  imperatü,  si  una  ce  trebue  sä  fi  säy6r|itü  nele- 
giuirea  cu  un  omü,  carele  si  acela  trebue  sä  piarä,  acelü  omü 
sä  fie  fiulü  ySduvei,  de  öre  ce  fata  nu  vrea  sä  spue  pe  ade- 
veratulü  nelegiuitü,  si  pentru  cä  sfatulü  Imperä^iei  nu  pöte 
sSrlfi  ghicöscä  (Is.  353,  25).  . .  .  Imperatul  n'aru  päcätui  de 
arü  lua  de  so^e  pe  fie-sa,  fiind- cä  asa  läsase  cu  sufletulü 
ImpSrätesa,  si  pentru  cä  Dumnezeü  chiar  oränduise  asa,  de 
öre  ce  la  nimeni  de  pe  lume  nu  se  potrivise  condurulü  repo- 
satei  (Is.  307,  16). 


—    320    — 

Stellung  des  Kausalsatzes. 

Im  Gegensatze  zu  den  Temporalsätzen  besfceU  in  der 
SatzsteUung  der  Kausalsätze  ziemliche  Ungebundenheit, 
sodaß  sie  bald  als  Vorder-,  bald  als  Nachsätze,  mitunter  aucli 
als  Zwischensätze,  erscheinen,  besonders,  wenn  sie  im  Sinne 
von  enim  stehen:  Steluca  (cä  Steluca  era  numele  yadi,  fiindca 
era  galbinä,  cu  o  stea  alba  tn  frunte)  zise  feti^  (Ret  81, 33). 
Atuncia  Frlntul,  pentrucä  ^coleriul  dormtä  dus,  aü  prins  al 
Ingtnä  glasul  (Sb.263, 13).  Was  die  Stellung  von  Subjekt  and 
Prädikat  betrifft,  so  findet  sich,  auch  hierin  im  Gegensätze 
zu  den  Temporalsätzen,  durchgängig  die  gemeine  Wort- 
stellung in  den  durch  zusanunengesetzte  Konjunktionen  ein- 
geleiteten Kausalsätzen. 

UL 
KondMonal-  und  KonzessiTsatz. 

Schon  der  Gebrauch  der  gleichen  Konjunktionen  in  beiden 
Sätzen,  wenigstens  zum  großen  Teil,  deutet  darauf  hin,  daS 
Bedingung  und  Einräumung  in  gewisser  Hinsicht  in  innerer 
Beziehung  zu  einander  stehen:  Im  Kondizionalsatze  wird  Tom 
Redenden  ein  Ghnind  ganz  abstrakt  gesetzt  oder  angenommen, 
dessen  Folge  der  Hauptsatz  ausdruckt  So  enthält  der  Neben- 
satz eine  Bedingung,  und  der  Hauptsatz  erhalt  nur  Geltang, 
wenn  diese  verwirklicht  wird.  Diese  Beziehung  allein  soll 
auch  nur  im  Kondizionalsatze  zum  Ausdruck  kommen.  Im 
konzessiven  Satzgefüge  tritt  nun  der  im  Nebensatze  ent- 
haltenen Bedingung  der  Hauptsatz  gegenüber,  wodurch 
diese  zu  einer  Einräumung  wird. 

A. 

Kondiiionalaati. 
sä. 

Entstanden   aus  lat.  si,  hat  es  sich  über  se  >*  sä  ent- 
wickelt.   In  der  Schriftsprache  wird  es  heutigentags  weniger 


—    321    — 

angewandt»  dagegen  allgemein  noch  in  der  Volkssprache: 
Aü  nu  seil  D-ta  cä  e  un  pecat  strigStoria  la  ceriu  sä  fie  omul 
lenes  in  lume!  (Mar.  28,  11).  Der  Konjunktiv  deutet  darauf 
hin,  daß  der  Redende  durch  sä  zum  Ausdruck  bringen  will, 
daß  er  den  Eintritt  der  in  der  Bedingung  enthaltenen  Hand- 
lung wünscht  oder  ihn  als  möglich,  unbestinmit  dahinstellt. 
Bei  weitem  häufiger  tritt  in  der  Umgangssprache  de  auf. 

de. 

.  Nach  Weigand  und  G.  Meyer  stammt  de  aus  alban.  ede, 
öe  =»  „und".  Aus  dieser  Funktion  konnte  es  sich  auch  leicht 
zur  feststehenden  kondizionalen  Konjunktion  entwickeln.  Die 
Beispiele  zeigen  auch,  daß  de  in  Yordersatzstellung  ohne 
weiteres  mit  „und^  übersetzt  werden  kann.  Aus  der  häufigen 
Anwendung  in  dieser  Bedeutung  erklärt  sich  auch  sein  all- 
gemeiner, weitverbreiteter  Gebrauch  als  kondizionale  Kon- 
junktion, femer  auch,  daß  es  Bedingung  und  Bedingtes  loser 
mit  einander  verknüpft,  als  sä,  dacä,  clnd.  Ein  Unterschied 
in  der  Bedeutung  und  Anwendung  zwischen  de  und  den  übrigen 
Konjunktionen  läßt  sich,  wie  Versuche  mit  Rumänen  gezeigt 
baben,  nicht  feststellen,  sodaß  de  ebensogut  fär  sä,  dacä,  ctnd 
eintreten  kann.  Natürlich  liegt  es  bei  dem  Redenden,  sä,  dacä 
zu  setzen,  wenn  er  die  innere  Beziehung  zwischen  Bedingung 
und  Folge  stärker  hervorheben  will:  De  n'ar  fi  nu  s'ar  mai 

povesti  (Is.  1,  1),  auch  sä  nu  fi  fost ,  cä  de  mai  intär- 

diai,  si  eü  mS  präpädeam  (auch  sä  fi  mai  Inttrziat)  (Is.  10,  14). 
Adeca  mare-i  si  frumösä  ^ra  nösträ,  respunse  Ion,  si  de  n'a^i 
fi  voi,  smeii,  ar  fi  si  mai  frumösä  (Ret  137,  12).  In  diesen 
Beispielen  kann  unterschiedslos  auch  dacä  gesetzt  werden» 
dagegen  nicht  in  der  feststehenden  Satzellipse:  de  asta,  asa 
este  (Is.  10,  7). 

dacä. 

Schon  in  den  Temporalsätzen  sahen  wir,  daß  sich  dacä 
von  den  übrigen  temporalen  Konjunktionen  durch  sein  kon- 
ditionales Moment  von  ihnen  unterschied. .  Leicht  konnte  es 
sich  daher  zur  rein  kondizionalen  Konjunktion  entwickeln, 

Weigand,  11.  Jahresbericht.  21 


—    322    — 

tunsomehr,  ab  es  sich  aas  de  +  ca  (daher  altmmäniseh  deca) 
zosammensetzt;  also  dacS  «=  „und  wie*^.  Infolge  seiner  Ent- 
wickelung  ans  der  temporalen  Eonjonktion  yerknüpft  es  auch 
Haupt-  nnd  Nebensatz  enger  mit  einander  als  de,  weist  starker 
auf  die  Bedingung  hin.  Dies  erhellt  auch  daraus,  daß  im 
Temeinenden  Eondizionalsatze  de  nu  durch  unde  yerstärkt 
werden  kann,  dagegen  bei  dacfi  als  überflüssig  gefühlt  wird: 
dacä  cSuta^i  ceea  ce  zisest,  aci  este  (Is.  7,  28).  . . .,  ficora 
leg&turä  ca  cela  care  ya  Ifisa  sS  se  stingä  focul,  sä  fie  omorlt, 
dreptu  pedepsä,  daca  ya  dormi  cänd  arü  trebui  sä  fie  desteptö 
(Is.  200,  2). 

Ist  in  der  Bedeutung  yon  dacä  und  de  kein  Unterschied 
zu  bemerken,  so  doch  in  grammatischer  Hinsicht:  Wahrend 
im  dacä-Satze  bei  substantiyischem  Subjekte  neben  yereinzelter 
Inyersion  häufiger  die  gerade  Wortstellung  beyorzugt  wird, 
ist  im  de-Satze  nur  Inyersion  des  Subjekts  zulässig:  daca 
calul  nu  facea  o  säriturä  la  o  parte,  lupul  Infigea  ghiarele 
tntr'  tnsa  (Is.  14,  4).  Dacä  D-ta  e|ti  Lungoarea  pentni-ce 
sä-ti  daü  eü  o  oae?  (Mar.  73,  8). 

Bisweilen  findet  sich  dacä  auch  zur  Einleitung  yon  nicht 
rein  kondizionalen  Sätzen.  Es  handelt  sich  zumeist  um  Sab- 
jektssätze.  Auch  in  diesen  Fallen  kann  de  mit  dacä  wechseh: 
Si  dacä  aü  murit  copüi,  nui  yina  mea  (Sb.  14,  4).  Hm, 
apol  ce  '^  slntem  noi  de  yinä,  dacä  '\i  ai  firiptochit!  (Sb.17,1). 

etnd. 

Wie  in  den  übrigen  romanischen  Sprachen  ist  lat.  quando 
auch  im  Rumänischen  kondizionale  Konjunktion  geworden, 
wenn  der  Temporalsatz  zugleich  eine  Bedingung  ausdrückt 
Fast  ausschließlich  kommt  der  kondizionale  cänd-Satz  nur  als 
hypothetischer  Satz  im  Rumänischen  yor.  Das  erhellt  anch 
daraus,  daß  clnd  in  einem  solchen  Satze  für  die  übrigen  Kon- 
junktionen eintreten  kann,  dagegen  nicht  im  Kondizionalsatze 
der  Wirklichkeit:  cänd  asü  sei  cä-ml  yet  fi  de  ajntor  ..., 
mai-mai  cä  asü  face  (Is.  16,  30).  Apol  pe  cänd  hotäräsci  zia 
plecärei?  Gänd  ar  fi  dupä  mine,  si  mäine  (Is.  319,  36).   Da- 


—    323    — 

gegen  fohlt  der  Rumaiie  in  futurischen  Sätzen  mehr  das 
temporale  Moment:  Glnd  oiü  pune  eü  mlna  pe  cercul  acesta, 
atonci  sä  plesneascä  el  si  tu  sä  nasci  pruncul  (Sb.  44,  27). 
Atonci  ne-om  cununa,  cänd  mi-i  &ce  o  furcä  de  aur  (Ret  12,8). 

yemeinung  im  Kondizlonalsatze. 

Bleibt    der    Eondizionalsatz    durch    die    Verneinung    in 
grammatischer  Hinsicht  unverändert,  so   kann  dagegen   der 
yemeinende  Inhalt  besondere  Verhältnisse  bedingen.    Allge- 
mein ist  zu  beobachten,  daß  de  im  gewohnlichen,  negativen 
Bedingungssätze  viel  häufiger  auftritt  als  dacä:  de  nu  era 
Dömna  palatului  afarä.  . . . ,  ti  präpädea  negresit  (Is.  7,  16). 
De  n'ar  fi  fost  de  £a^  s'ar  fi  Intimplat  o  luptä  (Is.  298,  19). 
...  tu  daca  nu  le  vei  täia,  eü  mS  duc  |i  me  daü  de  rtpä 
(Is.  65,  18).    Dacä  feciorul  Dtale  nu  mi-a  putea  face  lucrurile, 
care  i-le  voiu  cere,  atund  mai  bine  dee-^  pace  (Ret.  135,  10). 
Der  verneinende  Eondizionabatz  kann  nun  auch  in  direkten 
Gegensatz  treten  zn  einem  vorausgehenden  Eondizionalsatze. 
In  diesem  Falle  erscheint,  da  ja  auf  dem  gegensätzlichen,  dem 
Verneinungssätze,  ein  Nachdruck  liegt,  häufiger  dacä  nu  als 
de  nu,  oder  dieses  ist  dann  öfters  noch  durch  das  Lokaladverb 
unde  verstärkt,  das  jedoch  bei  dacä  unzulässig  ist.     Auch 
wird  in  diesen  Beispielen  das  Verb   des   ersten  Satzes  im 
zweiten  meist  nicht  wiederholt    Oft  wird  mit  der  gegensätz- 
lichen Handlung  zugleich  auch  auf  die  daraus  resultierende 
Folge  hingewiesen.    Das  Ganze  bildet  dann  die  Begründung 
zu  dem  vorausgehenden,  positiven  Bedingungssatze:  Pepelea 
insa  tot  striga  pe  dtnsul  sä'i  dee  pace,  cä  de  nu,  va  vedea 
ce  va  pä^i  (Sb.  16,  23).     Intälnindü  turmele,  spuse  asijderea 
ciobanilorü  ce  sä  zicä  |i  ei,  cäci  de  unde  nu,  muma  pädurei 
tl  va  chinui  (Is.  292,  36).    . . . ,  f  i  abia  dupä  aceasta  se  duce, 
de  e  sara,  sä  se  culce,  ear'  de  nu  e  sara,  sä  caute  de  alte 
trebt,  dacä  mai  are  ce-va  de  lucru  (Man  65, 10).  Daca  fie-mea 
te  va  gäsi,  capul  ^  se  va  täia,  iarä  dacä  nu  te  va  gasi, 
atonci  o  vei  lua  de  la  mine  (Is.  44.  30).    De  voiü  isbuti,  te 
vei  bucura;  de  nu,  eü  nu  voiü  suferi  nici  o  umilin^  (Is.  V, 

21* 


—    324    — 

296,  32).  De  va  izblndi,  sft  rfimie  impärat;  iar  de  nu,  ba 
(Sez.-Gk)r.  98,  9).  Drept  aceea  de  me  ye^  ascnlta-bine,  de 
unde  nu,  —  erä  bine  (Ret  40,  25);  de  mi-a  tmplini  pomncile, 
ginere  mi-a  fi;  de  unde  nu,  —  capul  tn  ^epfi!  daca  ^-e 
firigü,  dä-tejos;  daca  nu,  taca-^  fleönca  (Is.  384,  24).  Dacä 
e  omü  bunü  sä  intre,  dacä  nu,  sä  nu  vie  (Is.  348,  16). 

Anm.  In  all  den  Fallen,  wo  der  Eondizionalis  siebt, 
kann  auch  ctnd  fnr  de  und  dacä  eintreten. 

Stellang  desEondizionalsatzes  und  überdieWieder- 
holung  der  Konjunktion  in  aneinandergereihten  Bedingungs- 
sätzen. 

I.  Allgemein  tritt  der  Bedingungssatz,  wie  es  auch  der 
Natur  der  Sache  entspricht,  als  Vordersatz,  der  die  Folge 
enthaltende  Hauptsatz  als  Nachsatz  auf.  Das  Streben,  diese 
Satzstellung  möglichst  einzuhalten,  geht  so  weit,  daß  man  den 
Bedingungssatz  auch  dann  Tor  sein  Hauptsatzverbum  stellt, 
selbst  wenn  dieses  auch  noch  Prädikat  in  einem  anderen 
Satzgefüge  ist  Besonders  häufig  erscheint  der  Eondizional- 
satz  in  den  begründenden  Kausalsatz  eingeschoben,  Ter- 
einzelt  auch  yor  den  Finalsatz:  täce^  §i-l  ocoli^,  cä  daca 
i  da  omul  pace,  nu-i  ar(ägos  (Ret  182,  4).  . . .,  cä  de  te^ 
yede  bärbatu-mteü,  are  sä  te'  nghitä  de  bucurie  (Sb.  52, 16). 
. . .;  cä  si  iel,  dacä  n'o  omorä,  sdrayanä  tot  n'o  läsa,  cand 
i-ar  fi  spus  cä-i  lipsesc  cerceii  (Cräc.  42,  10).  Si  abia  dnpa 
aceasta  se  duce,  de  e  sara,  sä  se  culce  (Mar.  65,  10).  dari 
sä  scu  cä  de  nu  mit  da  atuncia  banii,  are  sä  fie  moarteata 
(Sb.  3,  22).  mi-aü  spus  slnta  Yinere  prin  yis,  cä  de  a;  minca 
zamä  de  putu  de  Fasere  mäiasträ,  m'as  insänätosa  (Sb.  24, 34). 
Ist  das  substantiyische  oder  pronominale  Subjekt  desEondizional- 
satzes dasselbe  wie  im  Hauptsatze,  erscheint  jener  auch  als 
Zwischensatz.  D-ta  Insä,  dacä  mi-i  asculta  pe  mine,  nn 
yei  fi  ln|Slat  (Mar.  59,  15).  . . .,  cäci  ea,  de-a  yede  cä-s  ii;ile 
si  ferestUe  Incuieate  bine,  a  strlgä  (Sb.  308,  15). 

Immerhin  erscheint  der  Kondizionalsatz,  allerdings  seltener, 
als  Nachsatz,  wenn  der  Redende  auf  seinen  Inhalt  besonderen 


—    325    — 

Nachdruck  legen  will.  Damm  treffen  wir  diese  Satzstelltuig 
häufig  in  direkten  Fragesätzen  an,  um  einen  ganz  abstrakt 
gesetzten  Orund  far  die  Frage  anzugeben.  Wenn  de  auch  in 
diesen  Fällen  weniger  häufig  auftritt  als  dacä,  so  bestätigt 
dies  wiederum  das  schon  über  den  Gebrauch  Yon  de  und  dacS 
Gesagte:  d'apot  cine'i,  dacä  nu'i  ea?  (Cr.  II.  50,  10).  Asa,  vezi 
cä  po^  face  treabä  cftnd  yei?  (Gräc.  10,  30).  Ai  fi  pusü  ochii 
pe  dlnsulü,  d'ar  fi  fostü  intr'o  mie?  (Is.  VI.  352,  36).  Jupäne 
(cä  orS^enii  se  mäniS,  dacä  le  zici  bade)  (Ret.  109, 11).  . . ., 
prefiUnitulii  doftorü  ii  spuse  cä  se  va  InsänStosa,  dacä  se  ya 
scäida  In  lapte  de  epe  (Is.  264,  13). 

IL  Auch  im  Eondizionalsatze  findet  sich  die  Inyersion 
yon  Subjekt  und  Prädikat  allgemein  durchgeführt  Also: 
crede^l  dumneayoasträ,  cä  de-a  ajuta  Dumnezeü  a  se  uni 
Moldoya  cu  Valahia,  ayem  sä  fim  numai  atä^a?  (Gr.).  Aü 
nu  seil  d-ta  cä  e  un  pecat  strigätoriü  la  cenu  sä  fie  omul 
lene§  In  lume!  (Mar.  28,  11).  Dacä  esti  tu,  fit  respunse  Smeul, 
am  sä  te  pedepsesc  amarü  pentru  nesocotin^  (Is.  87, 15). 

Gebräuchlicher  ist  im  dacä-Satze,  bei  substantiyischem 
Subjekte  die  gemeine  Wortstellung  eintreten  zu  lassen. 
Bei  pronominalem  Subjekte  zeigt  sich  Schwanken:  Doamne, 
dacä  tn  est!  cu  adeyerat  Dumnezeü,  cum  zicT,  rogu-te  blago- 
sloyeste'  mi  turbinca  asta  (Cr.  DI.  42,  7).  Dacä  feciorul 
d-tale  nu  mi-a  putea  face  lucrurile,  care  i-le  yoiü  cere,  atunci 
mai  bine  dee-^  pace  (Ret.  135,  10). 

ni.  Sind  mehrere  Eondizionalsatze  an  einander  ge- 
reiht, so  läßt  sich  folgendes  beobachten:  Sind  sie  ohne 
Kopula  an  einander  gegliedert,  so  steht  gewöhnlich  auch  im 
zweiten  Satze  die  Konjunktion  des  ersten.  Für  de  trifft  dies 
durchgängig  zu.  Für  dacä  wird  dagegen  im  zweiten  Satze 
gern  auch  mit  dem  schwächeren  de  fortgefahren. 

In  den  durch  si  yerbundenen  Sätzen  wird  entweder  die- 
selbe Konjunktion  wiederholt,  des  Nachdrucks  wegen,  oder, 
wenn  die  zweite  Handlung  nicht  mit  der  ersten  in  Zusanmien- 
hang  steht  Sie  wird  ausgelassen,  wenn  die  zweite  Handlung 
sich  aus  der  ersten  erklärt^  wenigstens  nicht  im  Gegensatz  zu 


—    326    — 

ihr  steht:  Mergi!  §i  dacS  'i  fi  mester  si'  i  izbuti,  sa  stii  cam 
sä  te  &c  mal  mare  (Cr.  U.  79,  19).  . .  .,  ast-fel  tn  cat  cänd 
i-ar  veni  sonmü  si  ar  mo^,  sä  cazä  Jos  (Is.  73,  34).  Afi  fi 
deci  un  prost  si  jum^tate,  cänd  te-asi  ascnlta  acamapretme 
si  ^-asi  da  ceva  (Mar.  20,  14).  . . .,  care  i^a  zis  cä  dacä  8€ 
ya  spfia  la  ochii  si  dacä  ya  bea  lapte  de  caprä  ro|ie  salba- 
ticä  ya  dobändi  yederile  (Is.  157,  14).  . . .,  cä  de  m'  oiu  mania 
si  de  oiu  apuca  o  despicätarä  de  lenm  in  mänä,  nn  te-oiü 
putea  prinde  . . .  m'ai  in^eles  (Mar.  3,  2). 

Erwähnt  sei  noch,  daß  die  aas  der  Bedingung  abgeleitete 
Folge  noch  besonders  heryorgehoben  werden  kann  durch 
Adyerbien  wie  atonci,  apoi,  seltener  durch  asa:  De  mergi, 
asa  te  du,  ca.  cu  ei  sä  nu-mi  mai  yii  . . .  (Ret  203,  12). 

Modus  und  Tempos  im  Bedingungssatze. 

Wir  haben  hier  zu  unterscheiden  zwischen  dem  Fall  der 
Realität  und  dem  der  Möglichkeit  und  der  Irrealität 

I.  Wird  die  Bedingung  schlechthin  als  Tatsache  ohne 
Rücksicht  auf  die  Verwirklichung  ausgesprochen,  so  steht  der 
Bedingungssatz  allgemein  im  Indikatiy.  Der  Folgesatz  kann 
eine  Behauptung,  Aufforderung,  Frage  oder  einen  Wunsch 
enthalten. 

Von  den  Zeiten  sind  am  gebräuchlichsten  das  Praesens 
oder  Futurum  in  beiden  Sätzen;  im  Nebensatz:  Futurum  oder 
Praesens,  im  Hauptsatze:  Praesens,  Futurum,  Imperativ.  All- 
gemein finden  sich  diese  Modus-  und  Zeityerhältnisse  in  den 
de-  und  dacä-Sätzen,  weniger  bei  den  clnd-SätäEcn,  die,  mit 
Futurum  oder  Praesens  yerbunden,  meist  'als  Temporalsatze 
gefühlt  werden:  De  yoiü  isbuti  sä  tnduplec  pe  ImpSratol  a 
erta  pe  acesti  ömeni  de  la  mörte,  mS  yoiü  tncumetesäme 
insärcinez  si  ou  cea-1  'altä  trebä  (Is.  219,  1).  De  esti  om 
bun,  aproape  de  chiliora  mea;  earä  de  esti  om  räü,  departe 
de  pe  locurile  acestea  (Cr.  11.  58,  14).  Dacä  nu-^  yei  duce 
fata  de  aici,  päine  si  sare  pe  unü  talerü  cu  tine  nu  mal 
mänäncü  (Is.  347,  23).  Cänd  oiü  pune  eü  mlna  pe  cercul 
acesta,  atunci  sä  plesneascä  el  si  tu  sä  nasci  pruncul  (Sb.44,27). 


—    327    — 

Vereinzelt  sind  die  Falle,  in  denen  die  Folge  als  Tatsache, 
die  Bedingung  hingegen  nur  als  angenommen,  möglich  aus- 
gesprochen wird:  De  cumva  ar  scäpa  de  Yoi,  eu  m'  oi  face 
un  scorpion  (Ret  158,  19). 

IL  Wenn  die  im  Bedingungssätze  enthaltene  Handlung 
als  in  Wirklichkeit  nicht  existierend,  nur  als  Vorstellung,  aus- 
gesprochen wird,  so  steht  im  Haupt-  und  Nebensatze  der 
Conditionalis:  De  n'ar  fi  fost  de  fa^  s'ar  fi  inttmplat 
o  luptft  (Is.  298, 19),  auch  sä  nu  fi  fost  etc.  De  ai  fi  yenit  cu 
binde  . . . ,  p6te  m'a^ü  fi  Induplecat  sä  \X-o  daü  (auch  sä  fi 
venit)  (Is.  76,  7).  . . . ;  sä'i  spui  cä  ^-i  tare  rSü,  si  cä  ai 
Tisat  earä§,  cä,  dacä  ai  mlnca  came  de  purcel  lins  prelins, 
te-ai  insinätosa  (Sb.  26,  9). 

Ist  der  Gebrauch  Yon  ctnd  im  rumänischen  Eondizional- 
satze  an  und  für  sich  schon  ziemlich  beschränkt,  so  findet  es 
gerade  hier,  im  hypothetischen  Satze  seine  häufigste  An- 
wendung: Gänd  asi  mai  träi  tncä  odatä,  atunci  ast  sei  eü  . . . 
(Mar.  17,  4). 

Für  das  Perfekt  des  Eondizionalis  tritt  ebenso  ge- 
bräuchlich das  Imp  erf  ekt  im  Bedingungssatze  oder  Folgesatze, 
ja  auch  in  beiden  zugleich,  ein.  Diese  Tempusverschiebung 
konnten  wir  bereits  in  den  Temporalsätzen  öfters,  so  bei 
dupä  ce,  beobachten.  Psychologisch  läßt  sich  der  Vorgang 
so  erklären,  daß  der  Sprechende  weniger  an  die  abgeschlossene, 
vergangene  Handlung,  ab  yielmehr  an  den  daraus  folgenden 
Zustand  denkt:  . . .;  cä  de  mai  tntärdiai,  si  eü  mS  präpä- 
deam  (Is.  10,  14)  (auch  sä  fi  mai  tntärziat).  Eü  dacä-mi 
da^i  Yoe  sä  Indräsnesc,  y-asi  putea  da  un  sfat  tn  aceastä 
pririn^  (Sez.  Gor.  98,  20).  Daca  asi  fi  sciutü  atunci,  dragul 
mamii,  cum  sä  le  gäsescä  cine-va  farä  primejdie,  nu-miper- 
deamü  copilasulü  (Is.  358,  23). 

Rückblick 

Die  Betrachtung  der  Eondizionalkonjunktionen  hat  gezeigt, 
daß  unter  ihnen  kein  Unterschied  in  der  Bedeutung  besteht, 
dagegen  in  der  Anwendung.     Damach  lassen  sich  die  vier 


—    328    — 

Konjunktionen  in  zwei  Gruppen  teilen:  Auf  der  einen  Seite: 
de  und  dacä,  auf  der  anderen  sä  und  cind. 

De  und  dacä  finden  die  weitaus  häufigste  Anwendung 
und  können  unter  allen  Umständen  stehen;  dabei  wird  de 
noch  allgemeiner  als  dacä  gebraucht,  besonders  dann,  wenn 
es  sich  um  die  Unmöglichkeit  oder  Ungewißheit  der  Verwirk- 
lichung der  Bedingung  handelt,  darum  auch  am  häufigsten 
in  hypothetischen  Sätzen. 

Sä  und  cInd  dagegen  stehen  in  den  Kondizionalsätzen 
mit  Vorliebe,  deren  Verwirklichung  dahingestellt  gelassen 
wird,  deren  Satzinhalt  möglicherweise  eintreten  kann  oder 
auch  nur  angenommen  wird.  Darauf  deutet  bei  sä  der  Gfe- 
brauch  des  Konjunktivs,  femer,  daß  es  für  de,  dacä,  c!nd  nur 
in  irrealen  Kondizionalsätzen  eintreten  kann,  bei  cind,  daß  es 
fast  ausschließlich  in  hypothetischen  Sätzen  vorkommt,  auch 
mit  sä  und  dem  Potentialis  oder  Optativ  verbunden  werden 
kann. 

B. 
Der  EonsesBivBats. 

lii  allen  Konzessivsätzen  wird  mehr  oder  weniger  ein 
Grund  angegeben,  der  der  Geltung  des  Hauptsatzes  scheinbar 
entgegensteht.  Dieser  ist  also  adversativer  Natur,  die  noch 
hervorgehoben  werden  kann  durch  Partikel  wie  tot,  cu  töte 
acestea,  si  dar,  tnsä,  totusi. 

Die  Konzessivsätze  lassen  sich  nun  in  zwei  Ghmppen  zer- 
legen: Einmal  kann  die  Handlung  des  Nebensatzes  sich  nur 
möglicher-,  wahrscheinlicherweise  vollziehen,  oder  das  Ein- 
treten ein  bedingtes  sein,  zum  anderen  kann  der  Konzessivsatz 
eine  wirkliche  Tatsache  enthalten. 

I.  V?'enn  im  Konzessivsatze  der  Grund  nur  angenommen 
wird,  auf  bloßer  Vorstellung  beruht,  so  weist  er  die  Natur 
eines  irrealen  Bedingungssatzes  auf  Dabei  kann  der  Neben- 
satzinhalt dem  Hauptsatze  gegenüber  mehr  hervortreten, 
deutsch  „selbst  wenn",  oder  als  weniger  wichtig  in  Betracht 
gezogen  werden,  deutsch  „wenn  auch**.    So  darf  es  uns  also 


—    329    - 

nicht  wundern,  daß  wir  hier  auch  die  kondizionalen  Konjunk- 
tionen antreffen,  und  wie  leicht  kann  der  Kondizionalsatz 
zum  Konzessivsätze  übergehen  I  Die  adversative  Beziehung 
des  Hauptsatzes  zum  Nebensatze  braucht  nur  noch  durch  eine 
adversative  Partikel  ausgedruckt  zu  sein:  De  mi-ast  dori  toate 
ImpSr&^ile  si  toate  odoarele  din  lume  —  gändia  el  in  sine,  — 
apoi  tot  mi-ar  mai  venl  ce-va  de  dorii 

a)  Soll  nun  der  Konzessivsatz  den  Sinn  vom  deutschen 
„selbst  wenn"  zum  Ausdruck  bringen,  so  treten  vor  die 
Konjunktionen  die  am  stärksten  einräumenden  Adverbien 
chiar  und  macar;  also:  mftcar  de,  chiar  (de,  dacft,  cftnd). 
Sie  werden  in  dieser  Funktion  stets  mit  dem  Kondizionalis 
verbunden:  tata  n'are  destulä  ostire  sä  te  scape,  chiar  cänd 
s'arü  Int^mpla  (Is.  51,  13).  Fie,  Märite  Impörate,  chiar 
de  asü  sei  cä  voiü  peri,  totü  nu  me  voiü  läsa  pänä  nu  voiü 
duce  la  capStü  bunü  sarcina  ce  imt  iaü  de  bunä  voea  mea 
(Is.  220,  3).  Povestile,  prefäc6ndu-se  In  feliurite  chipuri,  ne- 
aliingä  dela  fie-care  casa,  mäcar  de-am  intrebuin^  noi  nu 
sciu  ce  feliu  (Mar.  11,  12).  dacä  tu  vei  fi  orändul  meü,  nu 
scapü  eü  de  tine,  nici  tu  de  mine,  mäcar  de  s'arxi  pune,  nu 
sciu  eine  si  crucis  si  curmezisü  (Is.  63,  1). 

b)  Nimmt  der  Redende  einen  Grund  an,  auf  den  er 
weniger  Gewicht  legt,  und  stellt  er  ihn  dem  Hauptsatz- 
inhalte beiläufig  mit  gegenüber,  so  gebraucht  er  die  schwache 
kondizionale  Konjunktion  de  mit  dem  schwächer  als  chiar 
mäcar  einräumenden  Adverb  §i;  deutsch  „wennauch*^.  Neben 
dem  Kondizionalis  findet  sich  de  si  in  diesem  Falle  auch  mit 
dem  Indikativ  verbunden.  Die  Unbestimmtheit  der  Handlung 
kommt  dann  im  Tätigkeitsbegriffe  zum  Ausdruck.  Darum 
kann  auch  in  dem  unten  angeführten  Falle  desi  nicht  durch 
mäcar  cä  ersetzt  werden,  denn  dieses  bezeichnet  stets  nur  eine 
bestimmte,  wirkliche  Tatsache:  Ea  spuse  fiului  seü,  cä  de  |i 
pare  cä  estebäiat,  dupä  apucäturile  lui,  daräestefatä(Is.21,14). 

H.  Der  Konzessivsatz  gibt  eine  Aussage  über  eine  wirk- 
liche Tatsache  wieder,  der  scheinbar  zuwider  die  Haupt- 
satzhandlung vor  sich  geht. 


—    330    — 

a)  Wie  de  auch  einen  realen  Bedingungssatz  einf&hren 
kann,  so  findet  es  sich  auch  zur  Einleitung  eines  KonzessiT- 
satzes  mit  dem  Charakter  eines  realen  Bedingungssatzes  in 
Verbindung  mit  si;  deutsch  „wenn  auch^.  Wenn  der Bedende 
de  si  setzt,  so  will  er  zum  Ausdruck  bringen,  daß  die  Haupt- 
satzhandlung  stattfindet,  wenn  sich  auch  dieser  oder  jener  tat- 
sächlich bestehende  Grund  gegen  ihr  Geschehen  anfuhren 
ließe.  Doch  legt  der  Sprechende  ihm  wenig  Bedeutung  bei: 
Gegenüber  desi  (I.)  wird  dieses  desi  nur  mit  dem  IndikatiT 
verbunden:  de  nici  unul  nu  i  se  prindeaü  ochii,  de  si  eiatt 
armäsarii  si  caii  oei  mai  buni  (Is.  15,  20).  . . .  Yen  cä  d 
rämäsese  cu  ochii  bleqjdi^i,  ca  unul  ce  nici  dänsul,  de  si  era 
fecior  de  tmpSrat,  nu  mai  väzuse  a8emeneascumpeturi(Is.  38, 1). 

Auch  als  Satzellipse  erscheint  der  desi-Satz:  Aleodor, 
dupä  ce  se  urcS  in  scaunul  tatäne-s^ü,  de  si  copilandru,  puse 
)ara  (Is.  42,  8).  De  si  ftri  Yoia  lui,  darä  scia  cä  a  fäcut  nn 
päcat  (Is.  43,  6). 

b)  Neben  de  si  ist,  besonders  in  der  Bukowina,  cu  tMte 
cä  zur  Einleitung  eines  realen  Konzessivsatzes  gebräuchlich. 
Schon  die  Zusammensetzung  der  Konjunktion  zeigt,  daß  die 
Nebensatzhandlung  in  dem  scheinbar  größten  Widerspräche 
zur  Hauptsatzhandlung  steht  Wir  haben  hier  eine  Ellipse 
vor  uns:  Hinter  töte  ist  ein  Substantiv  zu  ergänzen,  zu  dem 
der  cä-Satz  als  Erklärung  zu  denken  ist.  Der  Sinn  von  cd 
töte  ca  erhellt  aus  folgendem  Beispiele:  Atunci  Aurica  se 
apropia  de  calfi,  si  cu  töte  cä  era  tot  cänit  cu  cärbuni  ca 
&uru,  cunoscü  cä  el  este  Alexandru  (Ret  33,  20),  d.  h.  Aurica 
näherte  sich  dem  Gesellen,  und  bei  allen  in  Betracht  gezogenen 
Umständen,  nämlich,  daß  er  mit  Kohle  wie  die  Schmiede 
gefärbt  war,  d.  i.  trotz  alledem  erkannte  sie,  daß  er  Alexandra 
war.  So  bedeutet  also  cu  töte  cä  =  obgleich,  trotzdem. 
Hier  legt  demnach  der  Redende  das  größte  Gewicht  auf  den 
Konzessivsatz,  der  den  Eintritt  der  Hauptsatzhandlung  ftst 
unmöglich  zu  machen  scheint  Der  Gegensatz  zwischen 
Haupt-  und  Nebensatz  ist  somit  hier  am  schärfsten:  Calir 
re^ii  nostri  mergeau  voinicesce,  cu  töte  cä  era  greu  pe  cw 


—    331    — 

(Bei  158,  30).  Si  tnca  mirarea  femeei  i-a  fost  si  mal  mare 
cind  a  väzut  cä,  cu  töte  cä  mpea  din  ea,  turta  raminea  tot 
Intreagä  (Sez.-Gor.  260,  4). 

c)  Die  Yolkstfimlichste  Konzessivkonjunktion  ist  mäear 
cä.  Das  Adverb  mäcar  =  wenigstens,  wenn  nur,  und  der 
folgende  cä-Satz  weisen  darauf  hin,  daß  wir  es  auch  hier  mit 
einer  Ellipse  zu  tun  haben,  die  zum  ToUstandigen  Satz  er- 
weitert, lauten  würde:  wenigstens  oder,  wenn  man  nur  bedenkt, 
daß  ...  So  erhält  die  Einräumung  durch  mScar  cS  den 
Charakter  der  subjektiven  Billigung,  Anerkennung 
deutsch  „obwohl,  wiewohl^,  dann  allgemeiner:  obgleich, 
trotzdem.  Luändu-i  sema  bine  tmpSratuL  tl  cunoscu  si  d§n- 
sul,  mäcar  cä  forte  multü  se  schimbase  (Is.  93,  20).  totul 
nu  putea  sä  fie  decät  de  fata,  mäcar  cä  se  ascundea  sub 
^lele  cele  voinicesci  (Is.  20,  24).  Si  mie  nu  mi-ai  spus  nimic, 
mäcar  cä  ^-am  arätat  dragoste  (Is.  23,  22). 

d)  Femer  kann  der  Konzessivsatz  nur  einen  einzelnen 
Begriff  des  Hauptsatzes,  meist  das  Prädikat  oder  eine  ad- 
verbiale Satzbestinmiung  einräumen,  und  zwar  hinsichtlich 
seiner  vollsten  Intensität.  Dies  geschieht  durch  ctt  =  „wie 
sehr  auch^,  oder  verallgemeinert  durch  ori  ett:  Mosnegii  s  aü 
ciondänit  cät  s'aü  mai  ciondänit  si,  cät  eraü  ei  de  tngrijift^ 
despre  ziuä,  au  adormit  (Cr.  11.  53,  24).  Toatä  strlnsura,  cit 
era  ea  de  voloasä  si  de  veselä,  s'aü  prifäcut  indatä  Intr'o 
strtnsurä  de  böcete  si  väiete  (Sb.  129,  40). 

Zusammenfassung. 

Ein  Blick  auf  die  behandelten  Konjunktionen  zeigt  also, 
daß,  wenn  im  Konzessivsatze  von  einer  bloßen  Vorstellung, 
irrealen  Bedingung  die  Bede  ist,  Möglichkeit  oder  Ungewißheit 
besteht,  dieKondizionalkonjunktionen  mit  vorangestellten 
Einraumungsadverbien  aufbreten  oder  diese  auch  allein;  und 
zwar,  wenn  der  Cb*und  als  für  die  Oeltung  des  Hauptsatz- 
inhaltes gewichtig  und  bedeutsam  erscheinen  soll:  mäcar  de, 
chiar  (de,  dacä,  cänd),  mäcar,  chiar=  „selbst  wenn",  da- 


—    332    — 

gegen  de  mit  nachgestelltem  si,  wenn  der  Grand  mehr 
beiläufig  mit  in  Betracht  gezogen  wird;  desi  «:=  ^wenn 
auch". 

Der  Modus  ist  für  mäcar  und  chiar  allein  derOptatir 
oder  Potentialis.  Sind  sie  jedoch  mit  de,  dacä,  ctnd  zu- 
sammengesetzt, so  werden  sie  mit  dem  Eondizionalis  Ter- 
bunden. 

Wird  jedoch  ein  tatsächlicher  Grund  zugestanden,  so 
erscheinen  die  Eonzessivkonjunktionen: 

de  si  =  wenn  auch; 

mäcar  cä,  bezeichnet  Tor  allem  subjektive  Anerkennung, 
=  obwohl,  dann  obgleich,  trotzdem. 

cu  toate  cä,  sagt  aus,  daß  dem  Yorsichgehen  der  Haupt- 
Satzhandlung  scheinbar  die  schwersten  Umstände  entgegen- 
standen, daß  bei  Berücksichtigung  aller  dieser  Momente  die 
Hauptsatzhandlung  doch  yon  statten  ging.  Der  Gegensatz 
zwischen  Haupt-  und  Nebensatz  ist  hier  am  größten.  Dies 
gibt  sich  auch  in  den  Adversativpartikeln  zu  erkennen,  die 
hier  fast  ausschließlich  zur  Anwendung  konmien:  tot,  totusi, 
tnsä,  dagegen  nicht  das  schwache  dar. 

Was  die  drei  Konjunktionen  zusammenbetrachtet  anlangt, 
so  zeigen  die  Beispiele,  daß  die  feinen  logischen  unterschiede 
durch  die  Umgangssprache  so  Terschwommen  sind,  daß  desi, 
mäcar  cä,  cu  töte  cä  ohne  weiteres  mit  einander  vertauscht 
werden  können. 

cit,  ori  ctt  räumen  einen  einzelnen  Begriff  in  beliebigem 
oder  auch  höchstem  Grade  ein. 

Der  Modus  ist  in  allen  diesen  Sätzen  meist  der  Indikativ. 

Stellung  des  Konzessivsatzes. 

I.  Die  Konzessivsätze  erscheinen  als  Vorder-  und  Nach- 
sätze. Ist  zu  diesen  nichts  weiter  zu  bemerken,  so  sind  jene 
um  so  beachtenswerter,  insofern  der  Gegensatz  von  Haupt- 
und  Nebensatz  für  gewöhnlich  noch  besonders  angedeutet  oder 
hervorgehoben  wird  durch  Adversativpartikel:  schwächer  durch 
darä,  dar,  stärker  durch  tot,  totu-si,  tnsä. 


—    333    — 

Zum  Zwischensatz  wird  der  Vordersatz,  sobald  dessen 
substantivisches  oder  pronominales  Subjekt  auch  dem  Nach- 
satze angehört:  Dumnezeü,  de  si  nu  avea  lipsä  de  mäncare, 
totu-si  nu  se  tmpotriyi  (Mar.  86,  10).  Atunci  ea,  de  si  ii 
fiigea  ochii  de  atatea  stralucin,  se  uitä  mai  cu  bägare  de 
seamä  |i  indatä  cunoaste  podul  cel  minunat  din  ceea  lume 
(Cr.  IL  62,  21). 

Als  Nachsätze  erscheinen  alle  diejenigen  Sätze,  deren 
Gründe  der  Redende  wegen  ihrer  Bedeutsamkeit  für  den  Ein- 
tritt der  Hauptsatzhandlung  wesentlich  mit  in  Betracht  zieht 
Das  sind  fast  durchgängig  alle  Konzessivsätze  mit  irrealem 
Grunde  in  der  Bedeutung  von  „selbst  wenn'^  (mäcar  de, 
chiar  de,  daca,  clnd);  femer  solche,  die  eine  wirkliche  Tat- 
sache enthalten,  eingeleitet  durch:  mäcar  cä,  cutoatecä== 
obgleich,  trotzdem.  Ein  Vergleich  der  gesammelten  Beispiele 
zeigt  weiterhin,  daß  cu  toate  cä  relativ  noch  seltener  im 
Vordersatze  auftritt  als  mäcar  cä,  folglich,  daß  cu  toate  cä 
auch  stärker  wirkt  wie  dieses. 

Überall  da,  wo  die  soeben  angefahrten  Sätze  dennoch 
vor  dem  Hauptsatze  stehen,  zeigen  sich  im  Nachsatze  nur 
die  starken  Adversativpartikeln:  tot,  totu-8]t,  tnsä.  Dabei 
läßt  sich  wiederum  unterscheiden  zwischen  den  mäcar  cä  = 
und  irrealen  Konzessivsätzen  einerseits  und  cu  toate  cä-Sätzen 
andererseits:  Während  in  diesem  Satzgefüge  neben  tot  viel 
häufiger  die  noch  stärkeren  Partikeln  totu-|i  und  insä  stehen, 
weisen  jene  lediglich  tot  auf;  wiederum  ein  Beweis,  daß  die 
durch  cu  tote  cä  eingeleitete  Tatsache  bei  weitem  mehr  ftir 
die  Hauptsatzhandlung  entscheidend  ist,  wie  dies  bei  mäcar 
cä  der  Fall  ist:  Si  mäcarü  cä  fiulü  sSü  tlü  tncredin^  cä 
sörele  ii  arsese  fetisoara  si  v^ntulü  iX  bätuse  perisorulü  Im- 
peratului,  tot  nu-i  venea  sä  crezä  (Is.  362,  22),  —  Cu  toate 
cä  era  plin  de  päcate,  cum  slntem  si  noi  to^i,  se  alesese 
insä  de  la  D.-zeü  cu  darul  de  a  cunoaste  pe  dracu  (Sez.-Gor. 
IV.  1,1).  '  * 

IL  Anders  verhält  es  sich  dagegen,  wenn  die  im  Kon- 
zessivsatze enthaltene  Vorstellung  oder  die  wirkliche  Tatsache 


—    334    — 

nur  als  nebensächlich,  ohne  besonderen  Einfluß  auf  das 
Geschehen  der  Hauptsatzhandlung  angesehen  wird.  In  dem 
Falle  steht  der  Konzessivsatz  gewöhnlich  vor  dem  Hauptsatze. 
Hierher  gehören  die  Sätze  mit  desi  =  wenn  auch.  Der 
Gegensatz  zwischen  Haupt-  und  Nebensatz  ist  hier  nur  gering. 
Darum  zeigen  sich  naturgemäß  meist  nur  darä  und  dar,  bis- 
weilen im  nachfolgenden  Hauptsatze  auch  keine  AdTersati?- 
Partikeln. 

Für  gewohnlich  wird  durch  die  Negation  ein  größerer 
Widerspruch  hervorgerufen,  wie  sonst,  weshalb  im  desi-Satz- 
gefuge  dann  auch  Insä  und  totu-si  erscheint:  De  |i  nnmal 
vorbea  de  rätt  aevea  In  fa^  impSratuluI,  pe  din  dos  insa,  Isi 
bätea  mendrele  (Is.  37,  3).  Dumnezeü,  de  §i  nu  avea  lipsä 
de  mäncare,  totu-si  nu  se  impotrivi  (Mar.  86,  10). 

Auch  die  cit-Sätze  sind  für  gewöhnlich  Vordersätze. 
Immerhin  stehen  sie  in  stärkerem  Widerspruch  zum  Haupt- 
satze als  die  desi-Sätze.  Darauf  deutet,  daß  wir  als  durch- 
gängige Adversativpartikel  tot  antreffen.  Sie  gleichen 
darin  den  mäcar  cä-Sätzen,  die  ja  ursprünglich  auch  eine 
Gradbestimmung  mit  enthielten:  si  clt  lucra  el  zi  gi  noapte^ 
tot  nu  |I  puteä  hräni  copiii  si  pe  dinsul  (Sb.  255,  14).  Dar 
ori  clt  s-au  näcäjit  dascalii  si  biata  babä  sa-l  popeascä  ori 
sä-1  profesäreasca,  tot  naü  putut  face  nimic,  cäci  . .  (Sez.- 
Gor.  88,  37). 

Stellung  von  Subjekt  und  Prädikat 

Wir  haben  hierbei  zu  unterscheiden  zwischen  ursprftng- 
Uchen  Konjunktionen  und  solchen,  die  aus  vollständigen  Sateen 
entstanden  sind.  Bei  der  ersten  Gattung  tritt  zumeist  In- 
version auf,  die  auch  bei  cit  allgemein  durchgeffthrt  ist:  de 
nici  unul  nu  i  se  prindeaü  ochÜ,  de  si  eraü  arm&sarii  si 
caii  cei  mai  buni  (Is.  15,  20).  Pe  acesta  dacfil  vet  cäpit^ 
atunci  te  po^i  duce  la  SmSü,  cä  nu  te-a  ma¥  pute  s^ung^ 
mäcar  sä  se  alunge  el  ctt  si  clt  dupä  tine  (Sb.  36,  12). 
Povestile,  prefac6ndu-se  In  fetturite  chipurif,  ne-alungft  dela 


—    335    — 

fie-care  casä,  mScar  de*am  tntrebmn^  noi  nu  sein  ce  fella 
(Mar.  11{  13).  Si  clt  lucra  el  zi  si  noapte,  tot  nu  sT  pnteä 
hrftni  copiii  si  pe  dlnsul  (Sb.  255,  14). 

Dagegen  zeigt  sich  bei  den  Konjunktionen,  die  wir  als 
Satzellipsen  kennen  gelernt  haben,  durchgängig  die  gemeine 
Wortstellung:  si  era  cel  mai  dinttiü  dintre  to^i  scolerii, 
macarcä  acestia  fftoea  adeseori  rls  de  el  pentru  sftraciea 
lui  (Sb.  130,  23).  Cät  o  fi  ^ut  ospe^l  nu  sciu,  cu  töte  cS 
si  eu  am  fost  pe  acolo  (Ret.  47,  25). 

IV. 
AdyersatiYsatz. 

Auch  hier  haben  wir,  wie  in  den  Konzessiv-  und  Kon- 
dizionalsätzen,  zwischen  Realität  und  Irrealität  zu  unter- 
scheiden: 

I.  Einen  scheinbaren  Gegensatz  enthalten  alle  Kon- 
zessivsätze, indem  die  Hauptsatzhandlung  von  statten  geht 
wider  Erwarten  des  im  Nebensatze  Ausgesagten.  Über  das 
adversative  Verhältnis  des  Konzessivsatzes  siehe  dort! 

II.  Handelt  es  sich  dagegen  um  einen  tatsächlichen 
Gegensatz  zweier  Handlungen,  so  druckt  der  Rumäne  diesen 
aus  durch  pe  cänd  und  in  loc  (sä,  de  a . . .). 

Pe  eftnd 

wird  gesetzt,  sobald  zwei  verschiedene  Subjekte  oder  bei 
gleichem  Subjekte  zwei  sich  gegenseitig  ausschließende  Hand- 
langen meist  der  Wirklichkeit,  einander  gegenübertreten.  Dabei 
kann  das  adversative  Verhältnis  im  Nachsatze  noch  durch 
pe  atunci  angedeutet  werden.  Die  Handlungen  von  Haupt- 
xmd  Nebensatz  werden  vom  Redenden  für  gewöhnlich  als  in 
Wirklichkeit  bestehend  ausgesagt;  daher  steht  in  beiden  Sätzen 
meist  auch  der  Indikativ:  Dar'  ce  folos  cä,  pe  cänd  cel 
mal  mic  se  sbuciuma  tn  toate  pärfile  si  lucra  ca  un  rob 
de  . .  . ,  pe  atunci  cel  mai  mare  era  un  lenes  (Mar.  27,  20). 
.  .  .,  atunci  pe  ascuns,  pe  clnd  unul  U  ^ine  de  vorbfi,  altul 


—    336    — 

din  et  cu  nuiaua  saü  sfara,  ii  la  mäsura  umbrei  lai  (Sez.-Qor. 
I.  90,  20).  Daca  ^ea  un  chef  sera,  apoi  a  doua  zi  trebuia  sä 
stea  tn  pat  de  durere  de  cap,  pe  cänd  yisitiul  seü  Ion  mereü 
föcea  chefun  ^i  In  tote  dimine^ele  era  sculat  inaintea  boerolm 
(Sez.-S&t.  153,  20).  Fata  zise  cam  rSstit,  ca,  de  Fa  adus  tn 
grädinä  de  dimine^  ca  pe  o  femee,  pe  cänd  ar  fi  trebuitsa 
mergä  mai  tntäiü  la  grajdnri  (Is.  20,  32). 

Weniger  stark  kommt  der  Gegensatz  zum  Ausdruck  durch 
unde:  Unde  plnä  aci  umbla  cu  moartea  in  stnii,  acum  se  mal 
linisti  o  lecut;S  (Is.  308,  31). 

tn  loc. 

Wird  dem  Hauptsatze  eine  Handlung  gegenübergestellt, 
die  nur  angenommen  wird,  nur  auf  Vorstellung  beruht,  so 
setzt  man  im  Nebensatze  In  loc  sä  mit  dem  Konjunktive  oder 
auch  In  loc  de  mit  dem  Infinitive.  Der  Optativ  und  Potentialis 
sind  nach  tn  loc  vollauf  berechtigt,  da  ja  der  Adversativsatz 
keine  wirkliche  Tatsache  enthali  Femer  läßt  sich  beobachten, 
daß,  während  pe  cänd  gern  zwei  verschiedene  Subjekte  ein- 
ander gegenüberstellt,  in  loc  sä  meist  zwei  verschiedene  Hand- 
lungen ein  und  desselben  Subjekts  in  Gegensatz  bringt:  si 
toatä  ziulicä  bäte  prundurile  dupä  scäldat,  in  loc  sä  pascä 
cei  cärlani  si  sä'  mi  dea  ajutor  la  trebi  (Cr.  V.  16,  13).  In 
loc  sä  facä  bucatele  bune  si  potrivite  si  sä  loa  copiilsfintei 
Duminici,  cum'l-a  laut  fata  mosneagului  de  bine,  ea'i-a  opärit 
pe  to^i  (Cr.  n.  40,  17).  Dupä  ce  sfär^ä  de  mäncatü  sedeaii 
la  vorbä,  cänd,  in  loc  de  a  se  stränge  masa,  väzurä  cä  lioga- 
rile  Inceprä  a  sälta  pe  masä  (Is.  355,  35). 

Stellung. 

I.  Das  unterscheidende  Moment  zwischen  pe  cänd  und 
in  loc  sä  ist  auch  in  der  Satzstellung  des  Adversativsatzes 
ausschlaggebend: 

Der  durch  pe  cänd  eingeleitete  Adversativsatz  bringt  flir 
gewöhnlich  eine  wirkliche  Tatsache,  auf  der  Nachdruck  liegt 
zum  Ausdruck.  Daher  findet  sich  der  pe  cand-Satz  allgemein 
als  Nachsatz.    Wo  der  Gegensatz  weniger  scharf  hervortritt, 


—    337    — 

erscheiot  auch  die  VordersatzsteUung,  wie  wir  sie  bei  onde 
beobachten  konnten. 

Anders  verhalt  es  sich  mit  den  In  loc- Sätzen.  Sie  ent- 
halten nur  eine  gedachte  Handlung,  die  natürlich  einer  in 
Wirklichkeit  existierenden  Handlung  nicht  so  nachdrncklich 
gegenübertreten  kann.  Darum  stehen  die  in  loc-Sätze  ge- 
wohnlich Tor  dem  Hauptsatze,  als  Zwischensätze  dann, 
wenn  ihr  substantivisches  oder  pronominales  Subjekt  auch 
dem  Hauptsatze  gemein  ist:  Dar  R^ul,  in  loc  s$-i  dea  ceva 
merinde,  fugi  de  frate-seu  ca  dragul  de  tämäiä  (Ret.  189,  33). 
Fratelui  bogat,  in  loc  sä  ajute  pe  fratele  cel  sSrac,  if  veni 
In  glnd  sä  . . .  (Sez.-Qor.  IV,  3,  23). 

IL  Was  die  Stellung  von  Subjekt  und  Prädikat 
anlangt,  so  findet  sich  die  gemeine  Wortstellung  in  den 
durch  mäcar  oä  und  cu  töte  cä  eingeleiteten  Konzessivsätzen, 
in  denen  der  scheinbare  Gegensatz  am  stärksten  zum  Aus- 
druck konmit,  femer  in  den  pe  cänd-Sätzen.  Die  In  loc- 
Satze  weisen  dagegen  Inversion  des  Subjekts  auf:  cä  in 
loc  sS  se  suie  el  in  corft,  puse  o  peträ  (Ret  125,  6). 

V. 
Modalsatz« 

Er  drückt  die  Art  und  Weise  oder  die  Beschaffenheit  der 
Hauptsatzhandlung  aus.  Dabei  ist  zu  unterscheiden  zwischen 
der  Wirklichkeit  und  der  Möglichkeit  der  Art  und 
Weise,  die  meist  durch  einen  Vergleich  zum  Ausdruck 
kommt.  An  dem  Nebensatzinhalte  wird  dann  die  Hauptsatz- 
handlung hinsichtlich  der  Qualität,  der  Quantität  und  des 
Grades  gemessen. 

A. 
Konjunktionen  der  Qualität. 
I.  Modalsätze  der  Wirklichkeit. 
eum. 

a)  Entstanden  aus  lai  quomodo,  drückt  es  die  Art  und 
Weise  der  Handlung  aus  und  leitet  einen  einfachen  Ver- 

Weigand,  il.  Jahresbericht.  22 


—    338    — 

gleichssatz  der  Wirklichkeit  in  Bezag  auf  die  Qualität  ein. 
Selten  wird  auf  cum  in  dieser  Funktion  durch  ein  demon- 
stratives Korrelat  hingewiesen«  Femer  ist  zu  bemerken,  daß 
bei  gleichem  Tätigkeitsbegriff  im  Haupt-  und  Nebensatze  das 
Verbum  des  Yei^leichssatzes  für  gewöhnlich  wegfiUt:  Si 
Dunmezeü  a  face  cum  a  sti  (Sez.-Gor.  65,  6).  Apoi  se  scnlä 
cum  putu  (Is.  319,  8).  Daneben  auch:  Se  alinta  cum  se  alinti 
cioara  'n  lat.  (Cr.  11.  32,  15).  S'att  veselit  le!  cum  se  vesdesc 
nisce  prietini  cand  se  Intalnesc  dupä  o  lungä  despär^  (Sb. 
268,  25).  Se  föcea  cä  eramü  intr*o  gradinä,  frumosä,  frn- 
mosä  cum  n'am  mai  yäzutü  (Is.  243,  27). 

b)  Der  durch  cum  eingeleitete  Nebensatz  bezeichnet  die 
Gemäßheit  der  Hauptsatzhandlung:  si  cum  zise  apucä  drumnl 
spre  sat  (Mar.  3,  21).  Cum  ie  obiceiul,  cand  se  duce  finul  la 
nas,  ori  ginerele  la  socru,  nu  merge  cu  mäna  goalä  (Cräc  40,7). 
Diese  Art  Modalsätze  enthalten  ftbr  gewöhnlich  eine  Aussage, 
Bat,  Vorschrift,  deren  Befolgen  oder  daraus  resultierende 
Folge  oft  durch  asa  und  bisweilen  noch  durch  si  im  Haupt- 
sätze herrorgehoben  wird:  Si  cum  a  cuv^ntat  Dumnezeü  asa 
s'a  si  tntemplat  (Mar.  18,  1).    Si  cum  a  zis,  asa  a  si  facut 

c)  a)  Cum  leitet  auch  einen  eigentlichen  Vergleichs- 
satz ein,  wobei  auf  dessen  Gleichheit  mit  der  Hauptsatzhand- 
lung meist  durch  ein  demonstratives  Adverbium,  das  lai  sie, 
ita  entspricht,  hingewiesen  wird.  Cum  entspricht  in  dem 
Falle  dem  deutschen  „so  . .  .  wie*",  si  i-a  respunsü  intocmai 
cum  fScuse  vulpea  epurelui  (Is.  339,  18).  Se  ftcu  im  Toinic 
seil  colea  cum  ^i-e  drag  sS  te  ui|i  la  elü  (Is.  300,  8). 

ß)  Geht  der  Teilsatz  voran,  so  wird  im  Hauptsatze  all- 
gemein die  demonstrative  Partikel  gesetzt,  was  sich  auch 
bei  precum  und  dupä  cum  beobachten  läßt,  bei  diesen  aller- 
dings seltener,  weil  in  ihnen  schon  das  verstärkende  Moment 
liegt:  Cum  s  aü  hotarit,  asa  aü  |i  facut  (Sb.  273,  5).  Si  cum 
a  zice  judecata  a|a  sä  rämäie. 

Precnm. 

Drückt  cum  meist  die  Art  und  Weise,  die  Beschaffenheit 
der   Handlung  aus,  steht   es  meist  nur  im   einfachen  Ver- 


—    339    — 

gleichssatze,  bezeichnet  es  lediglich  einen  geringeren  Grad  von 
Gleichheit,  so  schließt  precmn  durch  das  verstärkende  pre  <C 
lat.  per  die  völlige  Gleichheit  schon  in  sich.  Trotzdem 
wird  diese  bisweilen  noch  durch  Demonstrativadverbien  an- 
gedeutet Daraus  geht  hervor,  daß  precum  nur  da  für  ein- 
faches cum  gesetzt  werden  kann,  wo  dieses  vollige  Gleichheit 
zum  Ausdruck  bringt^  d.  s.  die  Falle  von-„cum^,  c,  a.  Nicht 
wäre  precum  ohne  weiteres  angängig  in  „cum*^,  c,  /?,  denn 
sein  verstärkendes  Moment  weist  den  precum-Satz  ans  Ende. 

a)  Precum  leitet  einen  eigentlichen  Vergleichssatz  ein. 
Als  Verstärkungspartikel  findet  sich  dazu  auch  noch  a|a.  Ist 
diese  ausgelassen,  steht  es  mitunter  im  Sinne  von  cum:  Si 
d'aia  s'aü  fäcut  lighioi  asa  precum  le  vezi  (Is.  5,  31).  Numai 
|i  tu  sä  me  lubesci,  precum  te  lubescü  |i  eü  (Is.  188,  10). 
Bine,  bine;  sftrsesce,  precum  ai  Inceputü  (auch  cum)  Is.  288, 25. 

Abweichend  von  der  allgemeinen  Regel  steht  folgendes 
Beispiel  als  Vordersatz:  cäci  precum  neinchinämnoiMoldo- 
venii,  asa  se  inchinä  si  fra^t  nostri  din  Valahia  (Cr.  III,  69,  9). 
In  der  VordersatzsteUung  verlangt,  wie  auch  Versuche  mit 
Rumänen  ergeben  haben,  das  rumänische  Sprachgefühl  cum. 

b)  Die  häufigste  Anwendung  findet  precum  zum  Aus- 
druck der  Gemäßheit.  Der  Redende  bezeichnet  dadurch, 
daß  die  Hauptsatzhandlung  sich  genau  so  abspielt,  wie  die 
Nebensatzhandlung  angibt,  oder,  um  bildlich  zu  sprechen,  sich 
wie  zwei  kongruente  Flächen  decken:  tot  odatä  Ingriji  si  de 
cal,  precum  ii  zise  el  (Is.  3,  30).  fata  Ingriji  de  calü  tocmai 
precum  li  zise  el  (Is.  16,  7). 

Der  Nebensatz  kann  die  Aussage  des  Hauptsatzes  zu  be- 
stätigen oder  zu  bezweifeln  scheinen.  Beim  Zuhörer  setzt  der 
Redende  sie  als  schon  bekannt  voraus.  Es  handelt  sich  hierbei 
meist  um  kurze,  für  gewöhnlich  eingeschobene  Nebensätze: 
Luminate  Imperate  eu  unul  cred  cä  fiul  Inaltimei  vöstre  nu 
este  atät  de  prost  precum  se  zice  (Sez.-Gor.  145,  32).  Dupä- 
ce  precum  vezurä^i  päcälitu-s*aü,  sSracii,  cei  doi  frati  — 
Päcalä  singur  remäind  stapän  al  vacii:  trebuia  sä-i  poarte 
grija,  päzitor  mereü  sä-i  fie  (Dulfu  15, 1). 

22* 


—     340     — 

Dupä  cum. 

Schon  die  Zusammensetzung  der  Konjunktion  weist  auf 
die  Funktion  zum  Ausdruck  der  Gemäßheit  und  zugleich 
auf  den  Unterschied  Yon  cum,  sowie  precum  hin.  Während 
diese  beiden  die  Gemaßheit  allgemein,  als  reines  Faktum  mehr 
oder  weniger  veranschaulichen,  schlechthin  die  Art  und  Weise 
der  Hauptsatzhandlung  aussprechen,  geht  der  Redende  in  den 
dupä  cum-Sätzen  auf  die  Handlung  selbst  ein,  und  dupä  weist 
auch  darauf  hin,  daß  alle  Einzelheiten,  alles  Gegebene  bei 
dem  Yorsichgehen  der  Hauptsatzhandlung  in  Betracht  gezogen 
worden  ist:  Si  maicä-sa  Ai  nevoitä  sä'i  facä  aceä  tnrtä  de 
merinde,  dupä  cum  aü  fost  cerut'o  el  (Sb.  132,  31).  Si  se 
cununarä  cu  fetele,  dupä  cum  randuise  Präslea  (Is.  89, 13]. 
. . .,  odatä  se  repezi  la  dänsulü,  dupä  cumü  o  tnye^e  ArS- 
pöica  (Is.  399,  4). 

Auf  dupä  cum  wird  zuweilen  im  Hauptsatze  durch  em 
Demonstratiyadyerbium  noch  hingewiesen,  und  zwar  steht 
der  dupä  cum-Satz  dann  als  Vordersatz,  sodaß  durch  diese 
Partikel  die  Nebensatzaussage  gleichsam  zusammengefaßt  wird, 
oder  als  Nachsatz,  wobei  die  Partikel  direkt  vor  der  Kon- 
junktion steht:  Dupä  cum  zisese  bätranul  aga  se  |i  Intftmpli 
(Is.  147,  22).  Na  yezi  cä  Tai  ftcut  tntocmai  dupä  cum  ti- 
am  dat  poruncä  (Rei  33,  24).  -  ' 

Steht  dagegen  die  Partikel  am  Anfange  des  Vordersatzes, 
so  ist  sie  nicht  Korrelat  zu  dupä  cum,  sondern  weist  auf  eine 
vorausgehende  Handlung  hin.  In  all  diesen  Fällen  kann  dnpi 
cum  auch  durch  einfaches  cum  ersetzt  werden.  Durch  das 
hinzugefägte  dupä  wird  die  Partikel  lediglich  nur  wiederholt: 
asa  fact  |i  tu,  dupä  cum  te-am  tnyS^t  ett  (Mar.  70,  15).  Asa 
se  fie,  dupä  cum  a  chibsuit  tnäl^ea  sa  (Ret.  15,  12). 

fträ  (a,  s&y  ca  sä). 

färä  <C  lab  foras,  ist  yon  Haus  aus  Präposition  und  dient 
auch  zur  Einleitung  eines  negativen  Modalsatzes  der  Art 
und  Weise  =  „ohne  daß*'.  Das  Rumänische  wendet  hierzu 
obige  drei  Formen  an,  die  der  Bedeutung  nach  yollstandig 


—    341    — 

unterschiedslos  gebraucht  werden.  Am  gebrauchlichsten  sind 
fära  mit  dem  Infinitive  und  farä  mit  dem  Konjunktive,  während 
farä  ca  sä  veraltet  ist  Petrecu  acolo  vreme  uitatä,  färä  a 
prinde  de  Teste  (Is.  8,  11),  auch  förä  sä.  . . .,  cäcl  cinele  a 
trecut  pe  lingä  ei,  färä  a  li  face  nimica  (Sez.-Gor.  I,  257,  12). 
ImpSratul  esi,  färä  sä  scie  ea.  Si  rSmase  acolo  färä  sä  se 
misce,  färä  sä  bea  si  sä  mänänce  ce-va  (Is.  59,  5). 

Neben  farä  a  und  färä  sä  kommt  auch  färä  ca  sä  vor. 
Wir  haben  es  hier  mit  einer  Doppelkonjunktion  zu  tun,  die 
nach  der  Ansicht  von  Meyer-Lübke  und  Sandfeld-Jensen 
ursprünglich  den  Finalsätzen  allein  eigen  war  und  dort  heutigen- 
tags in  der  Tat  ausgedehnteste  Verwendung  findet.  Durch 
angestellte  Versuche  mit  Rumänen  selbst  habe  ich  gefunden, 
daß  sie  unterschiedslos,  allerdings  seltener,  neben  färä  a  und 
färä  sä  gebraucht  wird:  Am  trecut,  färäcasäfi  voit  sä  fac 
astä  neghiobie  (Is.  8, 28).  Auch  Üra  sä.  Si  pläng^nd  el  asa,  cät 
timp  ya  fi  pläns,  färä  ca  sä  se  poatä  ogoi,  sim^esce  de-odatä 
c'a  Inoptat  (Mar.  36,  16).  Auch  färä  a,  förä  sä.  Si'i-aü  dat  o 
färä  ca  sä'l  mai  Intrebe,  eine  este,  saü  alta  cevä  (Sb.  49,  11). 
Auch  färä  a . . ,  färä  sä  .  .  Dupä  ce  .  . . ,  aü  vrut  sä  facä  ca 
si  mosneagul  acela,  si  aü  dat  sä  meargä,  färä  ca  sä  pläteasca 
(Sb.  275,  10). 

Dagegen  gilt  als  Regel,  ca  zu  förä  zu  setzen,  wenn  das 
Subjekt  des  Modalsatzes  ein  Substantivum  oder  ein  Pronomen 
ist  und  vor  das  Prädikat  treten  soll,  hingegen  steht  nur  förä 
sä  bei  Inversion  des  Subjekts.  Es  ist  dies  wiederum  ein 
Beweis  für  die  Tendenz  der  Sprache,  Subjekt  und  Prädikat 
möglichst  nah  an  einander  zu  bringen  und  dabei  das  Verbum 
in  die  Satzmitte  zu  ziehen:  Märgäritarul  se  insira  de  la  sine 
färä  ca  copiii  sS  fi  pus  mäna  pe  d^nsul;  oder  farä  83  fi  pus 
mänä  copiii  (Is.  70,  6).  Färä  ca  femeea  sä  bage  de  seamä, 
se  apropie  . . .  (auch  farä  sä  bage  de  seamä  femeea).  Si  ast- 
fei ^ganca  rämase  bunä  Impäräteasä  färä  ca  cine-va  sä  o 
cunoascä  (Sez.-Gor.  163,  37).  Auch  um  einen  Satz  in  den 
Modalsatz  einzuschieben,  wird  ca  zu  förä  gestellt:  Si  no 
sä  poatä  pleca  mal   departe,  färä  ca,   Doamne  feresce,  sä 


—    342    — 

nu  i  se'  ntömple  yre  o  neplacere  saü  chiar  nenorocire  (Mar. 
85,  8). 

Ist  in  der  Bedeutung  der  drei  Konjunktionen  kein  Unter- 
schied herauszufühlen,  so  laßt  sich  jedoch  einer  in  gramma- 
tischer Hinsicht  beobachten:  färä  mit  dem  Infinitive  wird 
gebraucht,  wenn  Haupt-  und  Nebensatz  gleiches  Subjekt  haben, 
farä  und  färä  ca  mit  dem  Konjunktive  vorzugsweise  bei 
verschiedenen  Subjekten. 

n.  Modalsätze  der  Möglichkeit 

Bezeichneten  die  bis  jetzt  behandelten  Nebensatze  die 
Wirklichkeit  der  Art  und  Weise,  kommt  in  den  folgenden 
nur  die  Möglichkeit  zum  Ausdruck.  Der  Nebensatz  enthalt 
dann  eine  angenommene  Tatsache,  die  mit  der  wirklichen  des 
Hauptsatzes  verglichen  wird.  Während  die  übrigen  roma* 
nischen  Sprachen  diese  Art  Modalsätze  als  Kondizionalsilze 
aufbssen,  gebraucht  das  Rumänische  auch  die  Yergleichs- 
partikel  ca  mit  folgendem  Temporalsatzci  worauf  noch  ve^ 
einzelt  Formen,  wie  ca  cum,  ca  cänd  deuten:  Atanct  popa 
aü  räcnit  asa  de  tare,  ca  cum  1-ar  fi  fost  pus  dnevä  pe 
frigare  (Sb.  266,  2). 

Heutigentags  werden  diese  Modalsätze  der  Möglichkeit 
in  der  Umgangssprache  fast  durchgängig  als  kondizionale 
Vergleichssätze  empfunden.  Dies  kommt  zum  Ausdruck  in: 
ca  si  cum  und  ca  si  cänd. 

Wir  haben  es  Her  mit  einer  Satzverkürzung  zu  tun:  Vor 
dem  mit  si  beginnenden  Kondizionalsatze  ist  eigentlich  der 
Satz  anzusetzen,  welcher  das  Bedingte  enthali  Zwischen  ca 
si  cum  und  ca  si  cänd  wird  heutigentags  in  der  Anwendung 
im  allgemeinen  kein  Unterschied  gemacht  Sicherlich  hat 
früher  derselbe  bestanden,  wie  der  zwischen  dem  rein  tempo- 
ralen cum  und  cand.  Durch  das  Hypothetische  dieser  Ve^ 
gleichssätze  ist  jedoch  das  Temporale  zugunsten  des  Kon- 
dizionalen  allmählich  weniger  empfunden  worden.  Darsnf 
deutet  auch  der  jetzt  durchgängig  angewandte  Kondizionahs 
in  beiden  Modalsätzen.    Auf  diese  Weise  mußte  der  für  die 


—    343    — 

Volkssprache  ohnehin  zu  feine  Unterschied  zwischen  cum  und 
cänd  fallen,  sodaß  jetzt  beide  Modalkonjunktionen  fast  unter- 
schiedslos angewandt  werden.  Da,  wo  jedoch  der  Rumäne 
das  temporale  Moment  noch  mehr  herausföhlt,  zeigt  sich  auch 
noch  der  Unterschied  zwischen  cum  und  cänd.  So  kann  in 
folgendem  Beispiele  nicht  ohne  weiteres  ca  si  cum  fOr  ca  si 
cänd  eintreten:  Acum  mi-e  bine  ca  si  cänd  ereamü  ü 
sinulü  mamei  (Is.  264,  18).  Auch  die  hypothetischen  Ver- 
gleichssätze können  durch  Demonsttatiyadyerbien  hervor^ 
gehoben  werden:  La  bogatul  . . .  stand  asa  de  dus  pe  gän- 
duri  si  mähnit,  ca  si  cänd  1-ar  fi  fost  tot  nins  si  plouat,  Ü 
Infcrebä  (Mar.  16,  3). 

Beispiele  für  ca  si  cum  und  ca  si  cünd:  Elü  se  ciudi 
si  mal  multü  cänd  yäzu  pe  fiulü  de  boerti  mare  cä  inträ  si 
calcä  farä  milä  peste  dänsele,  ca  si  cum  arü  fi  fostü  eine 
scie  ce  sdren^  (Is.  251,  16).  Zicea  Moartea,  duc^ndu-se  la  rai, 
ca  si  cum  ar  fi  mers  la  spänzurätoare  (Cr.  56,  27).  In  diesen 
Beispielen  kann  unterschiedslos  auch  cänd  gesetzt  werden, 
dagegen  weniger  treffend  in  folgenden  Fallen:  Si  s*a  dus  acasä 
poyestind  cu  ImpSrätesa,  ca  si  cum  nu  s'ar  fi  int^mplat  nimic 
(Ret  11,  31).  Me,  täce^  yoi,  facefi-yS  ca  si  cum  nimic  n'a^ 
sei  de  inel  (Ret.  96,  15).  Aläturi  ierau  niste  nuele  de  ulm;  a 
täiat  cäte-ya,  a  räsucit  yre-o  douä  si  fäcänd  o  räncä,  a  legat 
jampi^  ca  si  cum  ar  fi  fost  prinsä  In  cue  de  capul  pro^pului 
(Cräc  28,  10). 

Dagegen  kann  in  den  nachstehenden  Beispielen  neben 
cänd  auch  cum  stehen:  Piciörele  nu  se  mai  miscarft,  ca  si 
cänd  arü  fi  fost  butucite  (Is.  35,  15).  Perise  ca  si  cänd  n'ar 
fi  mai  fost  (Is.  106,  16).  . . . ,  si  Indata  adormi,  ca  si  cänd 
Tarü  fi  loyitü  cine-ya  cu  muchea  securei  In  cap  (Is.  342,  14). 
Se  pomi  tot  Intr  o  fugä  mai  departe,  ca  si  cänd  1-ar  fi  fugärit 
cine-ya  din'  napoi  (Mar.  5,  18). 

Die  Möglichkeit  der  Art  und  Weise  kann  femer  aus- 
gedrückt werden  durch  parcä  und  einfaches  cä.  Dabei  handelt 
es  sich  um  einen  ursprünglichen  Eonsekutiysatz,  der  allmählich 
erstarrt  ist.    Der  Begriff  der  Möglichkeit  liegt  hier  im  Tätig- 


—    344    — 

keitsbegriffe,  in  pare.  In  dem  darauffolgenden  cä  haben  wir 
es  nicht  mit  dem  abgeschwächten  cä  <^  lai  quam  zu  tion, 
sondern  mit  cä  <<  lat  quod.  Es  ist  das  quod  nach  den  Verben 
der  Gemütsbewegung,  des  Denkens  und  Wahrnehmens.  Der 
Prozeß  der  Erstarrung  läßt  sich  leicht  noch  an  Beispielen 
nachweisen:  Se  lipirä  de  parcä  fusese  acolo  de  ctnd  lumea 
(Is.  304,  8).  Sburaü  de  parcä  natingeaü  pämlntul,  eranuca 
mergeaü  (Is.  38,  24).  Allmählich  ging  durch  den  häufigen 
Gebrauch  dieser  Redewendung  das  Gefthl  for  den  Konsekutiv- 
satz verloren.  Aus  einem  „sie  flogen  dahin,  sodaß  es  schien, 
daß  ...*',  bildete  man:  „sie  flogen  dahin,  als  ob  sie../ 
Der  nächste  Schritt  war  daher,  daß  man  das  de  als  überflüssig 
fühlte:  Se  uita  la  dänsul,  par'  cä  sä-lü  sörbä  cu  privirea 
(Is.  34,  28).  Cum  le  puse  se  lipi,  par'  cä  fusese  acolo  de 
cand  lumea  (Is.  316,  27). 

Daß  man  pare  schon  nicht  mehr  als  selbständiges  Verbmn 
empfand,  erhellt  daraus,  daß  man  parcä,  wie  ca  si  cum  and 
ca  si  cand,  auch  mit  dem  Eondizionalis  verbindet:  Luri 
fiulü  de  boeni  cumü  inträ  se  aruncä  pe  unü  patü,  pare'  ar 
fi  fost  la  d^nsulü  acasä  (Is.  251,  30).  Se  &cu  de-odata 
neväzut,  pare  cä  ar  fi  Intrat  in  pämtot  (Mar.  11,  22).  Der 
letzte  Schritt  blieb  nun  noch  übrig  zu  tun.  Nachdem  man 
in  parcä  nicht  mehr  den  Tätigkeitsbegriff  des  Scheinens  fohlte, 
lag  es  nahe,  das  schwerfällige  pare,  zunächst  in  der  Umgangs- 
sprache, fallen  zu  lassen:  Sa  facut  cä-i  prinde  (Alex  230). 
Se  fäcu  Päcala  cä  plinge  (Alex.  247).  Dar  Cenu|otca  se  ftcü 
cä  n'aude  cu  acea  ureche  (Bei  26,  22).  Für  cä,  parcft  kann 
ebensogut  ohne  Unterschied  ca  si  cum  und  ca  si  cänd  stehen. 
Ursprünglich  deutete  allerdings,  wie  aus  Abschnitt  VI  (Kon- 
sekutivsatz) zu  ersehen  ist,  de  pare  cä  auf  einen  Vergleichs- 
satz höheren  Grades,  ca  si  cum  und  ca  |i  cänd  auf  einen 
gleichgradigen.  Doch  der  Unterschied  schwand  mit  der  Ent- 
wickelung  von  de  pare  cä  zu  parcä,  cä. 


—    345    — 

B. 
Konjunktionen  der  Quantität, 
ett. 

Seine  Anwendung  findet  es  hauptsächlich  zur  Bezeichnung 
des  Grades  und  der  Intensität,  wobei  diese  noch  verstärkt 
werden  kann  durch  Adjektive  des  Grades  im  Vergleichssätze, 
oder  durch  Demonstrativpartikel  im  Hauptsatze.  Ist  das  Yerbum 
in  beiden  Sätzen  dasselbe,  so  kann  es  auch  hier  im  Vergleichs- 
satze weggelassen  werden:  Stäpäne,  stränge  chinga  ctt  po^i 
de  mult  (Is.  6,  36).  Fata  cea  micä  se  feri  cät  putu  (Is.  52,  2). 
.  . .,  si  striga  cät  tl  ^ine  gura  (Ret.  4,  9).  Si  fagi  clt  va 
putea  alergä  calul  (Sb.  26,  38).  . . .  si  mat  merge  cät  mai 
merge  asa  prin  intuneric,  cum  era,  panä  ce  . . .  (Mar.  82,  11). 
...,  |i  mergind  asa  cät  aü  mers.  ...,  Si  merse  ea  cät 
merse,  pe  un  drum;  pänä  ce  . . .  (Cr.  U.  35,  7). 

Cit  bezeichnet  femer  den  Grad  der  Qualität.  Es  kann 
sich  dann  auf  einen  qualitativen  Ausdruck  im  Hauptsatze  be- 
ziehen —  in  diesem  Fall  kann  es  auch  mit  cum  wechseln  — , 
oder  im  Nebensatze  auf  Adjektive  der  Qualität:  Cäci  era  asa 
de  frumösä,  cät  nu  s'a  mai  väzut  si  nu  se  mai  vedea  pe 
fa^  pämlntului  (Is.  78,  9).  Si  le  ingrijeste,  cät  nu  se  poate 
mal  bine  (Cr.  H.  38,  2).  Cäntä  si  citeste  cit  se  poate  de 
bine  (Cr.  V.  24,  19). 

Cit  leitet  nicht  nur  Vergleichssätze  ein,  in  denen  es  den 
Grad  und  die  Qualität  bezeichnet,  sondern  bringt  auch  das 
Maß  der  Hauptsatzhandlung  zum  Ausdruck:  Am  scris 
(aüta)  cit  mi-ai  dat  sä  scriü.  Tälhariul  . .  . ,  . . . ,  aü  incärcat 
la  lucruri  cit  numai  aü  putut  duce  (Sb.  262,  22). 

Dupä  c!t. 

Bezeichnete  dupä  cum  die  Gemäß  heit  in  Bezug  auf  die 
Qualität,  druckt  dupä  cit  die  Gemäßheit  hinsichtlich  der 
Quantität,  des  Grades  aus:  si  numat  dupä  cät  a  tnvä^t, 
cantä  si  citeste  cit  se  poate  de  bine  (Cr.  V.  24,  11).  . . .;  §i 
in  loc  sä'  mi  dea  ajutor  la  trebt,  dupä  cit  fl  ajutä  puterea 
(Cr.  V.  16,  15). 


—    346    — 

Fe  cAt 

Es  bezieht  sich,  wie  cum  in  eingeschobenen  Sätzen,  auf 
eine  im  Hauptsatze  gemachte,  allgemeine  Aussage.  Doch 
während  cum  die  aufgestellte  Behauptung  entweder  bestätigt 
oder  bezweifelt,  schrankt  pe  cat  sie  nur  ein.  Dieselbe  An- 
wendung findet  sich  auch  schon  im  Lateinischen:  quantom 
scio  z.  B.  . .  . ,  s'a  tras  cu  bucatele  tncoace  ca  si  mos  Dediü 
din  Ylnätori  si  al^  mocani,  din  pricina  päpistäsiei  ma!  mnit, 
pe  cat  stiü  eü  (Cr.  V.  21,  23).  . . .,  pu^in  mai  avem  de  in- 
streinat,  si  nut  departe  vremea  aceia,  pe  cat  y$d  eü  (Cr.  V. 
135,  1). 

Steigerung. 

Bei  dieser  kommt  für  das  Rumänische  hauptsächlich  de 
city  daneben  de  cnUL  in  Betracht  Die  Entstehung  dieser 
beiden  Konjunktionen  ist  auf  das  Lateinische  zurackzufnhren. 
Neben  der  Steigerung  mit  quam  gebrauchte  der  Lateiner 
ebensogut  den  bloßen  Ablativ.  In  der  späteren  Zeit  wurde 
dieser  verstärkt  durch  die  Präposition  de,  die  den  Vei^leichs- 
punkt  bezeichnete,  von  dem  aus  man  ein  Ding,  eine  Handlnng 
beurteilte:  Also  f&r  puella  pulchrior  quam  rosa  auch  pnella 
pulchrior  rosa  und  de  rosa. 

Allmählich  ist  diese  Steigerungspartikel  de  spezialisiert 
worden,  indem  cum  hinzutritt,  wenn  die  zwei  Gegenständen 
gemeinsame  Handlung  verglichen  wird  hinsichtlich  ihrer 
Intensität:  Calul  zbura  mai  inte  de  cum  zboarfi  vlntul,  oder 
cit,  wenn  zwei  Handlungen  gegen  einander  abgewogen 
werden  und  der  höhere  Grad  bezüglich  der  Qualität  ans- 
gesprochen  wird:  Decät  sä  iasä  omulu!f  nume  räü,  mal  bine 
ochii  din  cap.  Decät  sä  me  desbar  de  ea  mal  bine  aprind 
tot  satul ...  (G.  Cofbuc).  Nu  putea  merge  alt-felü,  de  cät 
suindu-se  pe  branci  (Is.  56,  31).  Haben  Haupt-  tmd  Neben- 
satz dasselbe  Prädikat,  so  kann  es  im  Vergleichssatze  aus- 
fallen. Es  entsteht  so  eine  Satzellipse.  An  Stelle  von  decom 
tritt  dann  f&r  gewöhnlich  de  cät  und  für  den  Nominativ  des 
Personalpronomens    der  Akkusativ    ein.      Also    auch:   Calul 


-     347    — 

zbnra  mai  iute  decät  ylntul.  Nimenea  iiu*mi  stie  amarul  mai 
bine  declt  tine  (=  declt  Ü  stii  tu). 

Stellang. 

Leitet  cum  einen  Vergleichssatz  ein,  so  steht  dieser  all- 
gemein nach  dem  Hauptsatze,  dagegen  ist  der  cum-Satz 
Vordersatz,  wenn  er  die  Oemäßheit  bezeichnet.  Oft  wird 
der  Nachsatz  noch  durch  ein  Demonstratiyadyerbium  einge- 
leitet, um  den  Eintritt  der  Hauptsatzhandlung  als  die  gemäß 
der  Nebensatzhandlung  erwartete  Folge  zu  bekräftigen.  Diese 
Beziehung  sucht  der  Redende  weiterhin  noch  zu  yeranschau- 
lichen,  indem  er  in  beiden  Sätzen  das  Perfektum  zur  Be- 
zeichnung einer  in  der  Gegenwart  vollständig  abgeschlossenen 
Handlung  setzt.  Anders  verhält  es  sich  mit  den  precum- 
Sätzen.  Sie  sind  durch  das  in  ihnen  enthaltene  verstärkende 
Moment  an  und  für  sich  schon  auf  die  Nachsatzstellung 
verwiesen.  Bisweilen  wird  der  precum-Satz  auch  einge- 
schoben, wenn  der  Redende  eine  dem  Zuhörer  schon  be- 
kannte Tatsache,  Gepflogenheit,  Sitte  ausspricht  Vgl.  Beispiel 
precum  b.  Dieselbe  Satzstellung  weist  in  diesem  Sinne  der 
dupä  cum-Satz  auf:  gäsdui  dupä  cum  se  cuvenea  pe  Siminocü 
(Is.  383)  35).  Als  Vordersatz  erscheint  er,  ähnlich  dem  cum- 
Satze,  1.  wenn  der  Hauptsatz  die  erwartete  oder  vorhergesagte 
Folge  des  im  dupä  cum-Satze  Behaupteten  enthält:  Dupä 
cum  zisese  betränul  asa  se  si  intämplä  (Is.  147,  22).  2.  Wenn 
der  dupä  cum-Satz  die  eigene  Meinung,  Überzeugung  aus- 
drückt, nach  der  die  Hauptsatzhandlung  stattfindet:  Der 
Redende  will  seine  Ansicht  aus  Bescheidenheit  nicht  hervor- 
treten lassen;  darum  auch  die  Vordersatzstellung:  Si  dupä 
cum  ved,  al  noroc(Cr.n.i7,23).  Dupä  cum  se  vede  ciobanul 
este  sträin  (Is.  298,  6).  Handelt  es  sich  dagegen  um  eine  Vor- 
schrift, so  wird  der  dupä  cum-Satz  nachgesetzt,  weil  der 
Redende  dann  auf  ihn  Gewicht  legi  Vgl.  Beispiele  unter  dupä 
cum  p.  340. 

Die  hypothetischen  Vergleichssätze  erscheinen, 
gleich  den  cum-Sätzen,  durchgängig  als  Nachsätze;  d.  s.  die 
durch  ca  si  cum,  ca  si  cänd,  cä  und  parcä  eingeleiteten  Sätze. 


—    348    — 

Auch  die  cit-Sätze  treten  allgemem  als  Nachsätze  auf; 
desgleichen  die  pecät-Sätze,  und  diese  umso  eher,  als  sie 
sich  auf  den  ganzen  Satz  beziehen  und  eine  gewisse  Ein- 
schränkung machen.  Die  dupä  cit-Sätze  sind  wie  die  dapa 
cum-Sätze  bald  vor,  bald  nachgesetzt  Die  Steigerungs- 
sätze sind  Vorder-  und  Nachsätze,  erstere  besonders,  um  gleich- 
zeitig einen  Gegensatz  zum  Hauptsatze  auszudrücken. 

Was  die  Stellung  von  Subjekt  und  Prädikat  im 
Modalsatze  anlangt,  so  erscheint  fast  ausnahmslos  Inversion 
des  Subjekts,  außer  da,  wo  es  aus  grammatischen  Gründen 
und  der  Deutlichkeit  wegen  nicht  gut  angängig  ist:  BogatuI, 
cum  ...,  Incepu  a  blästSma  si  a  sudui,  ca  si  cänd  eine 
§tie  ce  i  s'ar  fi  int^mplat  (Mar.  21,  19).  Acolo  toatä  ziulica 
se  hlrjonesc  si  nihotesc,  ca  si  cum  binele  de  pe  Inmear  fi 
al  lor  (8ez.-Gor.  UL  107,  36).* 

Über  den  Modus  im  Modalsatze.  In  den  Vergleicbs- 
sätzen  der  Wirklichkeit  steht  allgemein  der  IndikaÜT. 
Dagegen  erscheint  in  den  ca  |i  cum-  und  ca  si  cänd-Sätzen, 
in  denen  nur  die  Möglichkeit  des  Eintretens  besteht,  wie 
in  den  hypothetischen  Eondizionalsätzen,  der  Kondizionaiis. 
Nur  vereinzelt  zeigt  sich  nach  diesen  Konjunktionen  der 
Indikativ,  ein  Beweis,  daß  der  Rumäne  die  hypothetischen 
Vergleichssätze  ursprünglich  als  Temporalsätze  fühlte:  Acum 
mi-e  bine  ca  si  cänd  ereamü  la  sinul  mamei  (Is.  264, 18). 

Nach  cä  und  parcä  steht  gewohnlich  der  Indikati?, 
da  wir  es  hier  ursprunglich  mit  quod-Sätzen  zu  tun  haben. 
Dennoch  findet  sich  nach  Analogie  zu  ca  si  cum  und  ca  si 
cänd  bisweilen  auch  nach  parcä  der  Eondizionalis:  seßca 
de-odatä  neväzut,  pare  cä  ar  fi  Intrat  In  pämdnt  (Mar.  11,22). 
In  den  Steigerungssätzen  steht  der  Indikativ,  wenn  man 
es  mit  einem  als  wirklich  angenommenen  Vergleiche  zu  ton 
hat,  derPotentialis  bei  einem  nur  als  möglich  angenommenen 
Vergleiche. 


—    349    — 

VI. 
KonsekntiTsatz. 

Er  gehört  in  gewissem  Sinne  zu  den  Modalsätzen,  insofern 
er  die  Wirkung  oder  das  Resultat  veranschaulicht,  das  gefolgert 
wird  aus  der  Qualität,  der  Art  und  Weise,  oder  der  Quan- 
tität, Intensität,  der  Hauptsatzhandlung.  Der  Redende  sucht 
zwei  Vorstellungen  zugleich  in  einem  Satzgefüge  darzustellen: 
Er  denkt  an  einen  Vergleich  und  an  die  sich  ihm  daraus  auf- 
drängende Folge.  Auf  diese  legt  er  das  Hauptgewicht,  sodaß 
das  yergleichende  Moment  zurücktritt  Es  darf  uns  daher 
nicht  wundem,  daß  der  Unterschied  von  Komparation  in 
gleichem  und  ungleichem  Grade  sich  auch  hier  geltend  macht 
Der  Rumäne  bringt  die  Folge  zum  Ausdruck  durch  die  Kon- 
junktionen: de,  inclt,  cä. 

de. 

Wir  haben  diese  Konjunktion  bereits  im  Kondizionalsatze 
kennen  gelernt  und  gesehen,  daß  ihre  ursprüngliche  Bedeutupg 
„und"  ist  und  daß  sie  sich  zu  dem  kondizionalen,  „wenn" 
entwickelt  hat.  Hier  im  Konsekutivsatz  tritt  uns  nun  de  im 
Sinne  von  „sodaß"  entgegen,  und  zwar  bezeichnet  es  die  Folge 
eines  Komparativsatzes  ungleichen  Grades.  Vereinzelt 
ist  auch  die  Ehtwickelung  von  de  aus  der  Bedeutung  „und" 
zu  „sodaß"  und  das  vergleichende  Moment  noch  deutlich 
herauszufühlen:  palatul  strälucind  ast-fel,  de,Ia  söre  te  puteai 
uita,  dar  la  d^nsul  ba  (Is.  7,  10),  d.  i.  der  Palast  strahlte  so 
sehr,  und  konntest  du  nach  der  Sonne  schauen,  aber  nach  ihm 
nicht;  sodann,  wenn  du  auch  nach  der  Sonne  sehen  konntest, 
aber  nach  ihm  nicht;  d.  h.  der  Palast  strahlte  in  höherem 
Maße  wie  die  Sonne,  sodaß  man  eher  sie,  nicht  aber  den 
Palast  anschauen  konnte.  Dasselbe  gilt  von:  Ea  avea  nisce 
haine  de,  la  söre  te  puteai  uita,  der  la  d^nsa,  ba  (Is.  187,  4). 
Allmählich  brachte  man  den  Vergleichssatz  nicht  mehr  zum 
Ausdruck.  Immerhin  deuten  auf  einen  ursprünglichen  Steige- 
rungssatz noch  unbestimmte  Ausdrücke,  wie  nisce  u.  a., 
oder  volkstümliche  Superlative,  die  auf  eine  Eigenschaft 


—    350    — 

höheren  Grades  hinweisen,  ja  eine  ünTergleichbarkeit  aus- 
sprechen: Avea  nisce  ochi,  neiculi^  de  bägase  pe  tote  fetele 
In  böle  (Is.  229,  29).  fmpSrätesa  remase  grea  si  peste  noä 
luni  fäcu  0  fatä  frumösä,  frumösä,  de  semänü  pe  liune 
navea  (Is.  393,  25).  Daß  das  Gefahl  far  den  ungleichgradigen 
Komparativsatz  immer  mehr  verloren  geht,  erhellt  daraus,  daß 
man  auf  de  Korrelative  bezieht,  die  auf  einen  Vergleichssatz 
gleichen  Grades  weisen:  si  aü  pälit  pe  bieata  hargatätocmai 
in  cap,  de  aü  picat  moarta  jos  (Sb.  15,  26).  si  asa  se  schim- 
base  omni,  de  nu-1  mai  cunostesüf  (Sez.-Gor.  97,  24). 

Oft  ist  der  Yergleichsgegenstand  oder  die  Eigenscbaft 
noch  durch  Adverbia  des  Grades,  der  Intensität  verstärkt: 
cäntece,  asa  de  duiöse  de  eraü  instaresätead6rmä(Is.  17,32). 
A  föcut  soarele  un  leagSn  de  m&tase,  ^inändu-1  iel  de  niste 
bäeri  care  ierau  asa  de  lungi  de  ajungeau  de  la  cer  päni 
la  p&ment  (Crac.  21,  26).  dar  si  catane  erau  atäta  spuzä, 
de  tot  cäte  patru-cinci  trebuira  sä  se  punä  la  cate  un  lemn 
se-1  taie  (Ret  25,  12).  A  fost  o  babä  seraca,  dar  tare  seracä, 
de  nici  casä  nu  avea  ca  ömenu,  numai  hulubä  (Bei  175,  1). 
Si  atuncla  am  racnit  eü  asa  de  tare  de  m  ai  auzit  si  tu  (Sb. 
136,  2). 

Alle  diese  Beispiele  faßt  der  Redende  nicht  als  Vergleichs- 
sätze gleichen  Grades  au£  Lnmerhin  wirkt  die  Verstärkungs^ 
Partikel  des  Substantivs  oder  Adjektivs  so,  daß  in  diesen  Fallen 
ebensogut  cä  oder  tnclt  stehen  könnten  (vergleiche  hierzu  die 
folgenden  Abschnitte).  Weniger  volkstümlich  wird  der  Kon- 
sekutivsatz auf  ein  Substantivum  bezogen,  das  Art  und  Grad 
bezeichnet,  bisweilen  auch  noch  durch  Adverbien  verstärkt 
wird.  Für  de  kann  auch  cä  xmd  inctt  eintreten:  er  tmpSratol 
a  intrebat  pe  om,  de  ce-si  bäte  bäiatul  in  asa  mSsurä,  de 
se  adunä  lumea  ingrozitä  la  plänsul  lui?  (Ret  48,  21). 

Am  gebräuchlichsten  ist  es,  den  Konsekutivsatz  mit  de 
folgen  zu  lassen,  ohne  ihm  im  Hauptsatze  ein  Korrelat  gegen- 
über zustellen.  Es  ist  dies  auch  die  aus  dem  Steigerungssatze 
erwartete  Form:  copilul  se  puse  pe  pläns  de  na  putut  nie! 
un   vraciü  sa-l  impace  (Is.  2,  7),   d.  h.   das  Kind  fing  mehr 


—    351    — 

aD  za  weinen^  als  ein  Zauberer  es  beruhigen  konnte,  d.  L  sodaß 
er  es  nicht  beruhigen  konnte.  XJrlaü  dobitoacele  de  ^i  se  f&cea 
pänil  mficiucä  pe  cap  (Is.  7,  14). 

Nicht  selten  tritt  der  Konsekutivsatz  als  Ellipse  auf, 
um  auszudrücken,  daß  der  Redende  keine  Worte  findet,  um 
mit  der  vorausgehenden  Handlung  etwas  vergleichen  zu  können: 
Deschise  o  gurä  de  s&  mS  imbuce  dintr'  odatä(Is.  14,  25):  Er 
öffnete  ein  Maul,  und  größer  als  nötig  war  es,  um  mich  zu 
verschlingen,  d.  i.  sodaß  er  mich  auf  einmal  hätte  verschlingen 
können.  Si  trecändü  in  cämara  ei,  se  puse  pe  unü  plänsü,  de 
sä  te  ferescä  Dumnezeü  (Is.  308,  6).  Gine  scie,  ce  incurcäturä 
vei  face  p'acolo,  de  sä  nu-i  mal  dea  nimeni  de  cSpätaiü 
(Is.  13,  9), 

Ein  Biickblick  auf  die  Beispiele  läßt  uns  deutlich  er- 
kennen, daß  der  Konsekutivsatz  mit  de  das  Ergebnis,  die 
Wirkung  ausdruckt,  die  der  Redende  aus  einem  Komparativ- 
sätze ungleichen  6rades  folgert  Dem  entspricht  anderer- 
seits ein  Konsekutivsatz  als  Folge  eines  Komparativsatzes 
gleichen  Grades,  und  zwar  hinsichtlich  der  Qualität  oder 
Quantität  einer  Handlung.  Das  Lateinische  bediente  sich 
hierzu  der  Partikeln  sie  —  ut;  talis  —  qualis,  tantus  —  quantus. 
Im  Rumänischen,  wo  talis  >>  tare  die  Bedeutung  „stark^,  hart 
angenommen  hat,  ist  talis  —  qualis  verschwunden.  Sic  —  ut  ist 
nach  den  Verben,  die  ut  und  quod  nach  sich  haben  können, 
umgebildet  worden  zu:  asa — cä,  tantus — quantus  zu  attt — incti 

eä. 

a)  Das  gewöhnlichste  Korrelativ  von  cä  ist  asa,  das,  meist 
in  Verbindung  mit  einem  Adjektiv  oder  Adverb,  bald  die 
Qualität,  bald  die  Quantität  bezeichnet  Demnach  drückt  der 
durch  cä  eingeleitete  Konsekutivsatz  die  Folge  als  das  dem 
Redenden  sich  aufdrängende  Ergebnis  eines  quantitativen 
oder  qualitativen  Vergleiches  aus:  cäci  de  cand  alerg  prin 
sat  asa  de  tare  am  flämänzit,  cä  numai  de  abia  te  pot  vedea 
cu  ochii!  (Mar.  7,  16).  colaci  ca  aceia:  mari  cät  nisce  roti^ 
de  plug,  si  asa  de  mul^i,  cä  de-abia  Incäpurä  to^  Intr'o 


—    352    — 

haraba  de  celea,  pentru  care  scarä-^  trebue  (Mar.  19,6).  se  cracä 
asa  de  tare  cä  ajungeä  cu  cosul  ptnä  la  pämlnt  (Sb.  262, 14). 
. . .,  ca  Frlntal  li  inghtna  graiul  cu  o  mäestrie  asa  de  mare 
cä  ai  fi  jurat  cä  gräesce  scoleriul  (Sb.  263,  21).  Si  firafdi  aceia 
eraü  asa  de  säraci,  cä  ntunai  din  lucral  mänelor  se  sastineaü 
(Mar.  27,  3). 

b)  Neben  asa  erscheint  vereinzelt  auch  atät  in  Verbindung 
mit  Adjektiven  als  Korrelativ  zu  cä,  um  die  Intensität  einer 
Eigenschaft  zu  bezeichnen.  In  diesen  Fällen  kann  neben  cä 
auch  inclt»  das  gebrauchlichste  Korrelativ  zu  atit,  stehen:  Dar 
Pricina  facu  atät  de  bine  cä  se  ridicä  odatä  oblu'n  piciöre 
(Ret  182,  19).  A  fost  odatä  un  imperat  forte  betran,  dar  atät 
de  beträn,  cä  de-abia  mai  putea  ämbla  de  betrauere  (Ret  16, 19). 

c)  Auch  ohne  Korrelat  steht  cä.  In  diesen  Fällen  setzt 
der  Rumäne  jedoch  üblicher  de:  Era  frate  seu,  imbräcat  In 
nisce  sdren^e,  cä  nu  se  ^ea  petic  de  petic  (Mar.  52,  23). 
Atuncia  au  prins  dracul  a  striga,  a  ^ipa  |i  a  räcni,  cä 
indatamare  s'aü  strins  dracii  citä  frundä  si  fearbä  si  näsip  üi 
mare  (Sb.  16,  33). 

fnett. 

a)  Bezeichnete  cä  die  Folge  eines  qualitativen  und  quan- 
titativen Komparativsatzes  gleichen  Orades,  so  drfickt  tnclt 
die  Folge  eines  Vergleichssatzes  lediglich  der  Intensität, 
des  Grades  aus,  worauf  auch  schon  sein  Korrelat  atfta  hin- 
weist In  diesem  Falle  kann  cä  nicht  für  Inclt  eintreten:  Si 
atlta  larmä  fäcurä,  In  cät  se  de^teptarä  tofl  slujitorii  (Is. 
75,  36).  Acesta  ll  tntristä  ptnä  intr'  atäta  in  cät  p'aciera 
sä  se  scoböre  din  scaunul  Imperä^iet  (Is.  73,  8).  Ei  eraü  atätü 
de  säraci,  in  cät  n  aveaü  dupä  ce  bea  apä  (nicht  cä,  jedoch 
asa-cä)  (Is.  174,  2). 

b)  Auch  asa  wird,  allerdings  seltener,  dem  incit  gegen- 
übergestellt. In  diesen  Fallen  kann  es,  sogar  besser,  mit  cä 
wechseln.  Ebensogut  wie  atlt  ist  asa  Korrelativ  zu  incft, 
wenn  es  mit  einem  Ausdrucke  der  Intensität»  des  Grades  ver- 
bunden ist:  Dar    calul  atuncta  aü  ^pat  odatä  a|a  de  tare 


-    353    — 

clt  (weniger  gut  cä)  aü  auadt  mosnegii  de  la  bisericä  (Sb.  41, 1). 
Si  tota|T  asa  fugia  de  tare  Inclit  (weniger  gut  ca)  an  iepure 
nu  se  putea  feri  de  el  (Ret  163,  7).  Dagegen  wikrde  in  den 
folgenden  Beispielen  besser  cä  stehen:  earä  tSlbariul  aü  fiirat 
un  oü  de  subt  o  \aacä  a^a  Inclt  nicl  n'aü  slm^t  ea  (Sb.  262,  6). 
Insä  fetele  zmeilor  eran  tustrele  asemenea,  In  clt  nu  le  pnteat 
deosebi  nna  de  alta,  a|a  semänaü  de  bine  (Sez.-6or.  I,  226,  29). 

c)  Wie  cft,  so  findet  sich  auch  Inclt  in  Sätzen,  in  denen 
besser  de  steht  Im  Vordersätze  fehlt  dann  jedes  Korrelat 
Wir  haben  es  hier  einfiich  mit  einer  Verstärkung,  Betonung 
der  Folge  durch  Inclt  zu  tun:  Si  lua  pe  vulpe,  o  trlnti  d'un 
copac  In  clt  plesnL  S'ajungdnd  la  popa-i  trage  peste  ceaft 
o  mfiducä,  Incät  popä  cade  mort  pe  data  la  pfimlnt  (Dulfd 
28, 17).  Si  aü  prftdat  pe  boieriü,  clt  naü  rdmas  cu  nimicft, 
färä  numai  cu  ce-aü  avut  pe  llngS  sine  (Sb.  263,  2). 

Ein  Bückblick  auf  die  behandelten  Konjunktionen  zeigt, 
daß  im  allgemeinen  noch  streng  unterschieden  wird  unter  den 
drei  Konjunktionen:  de  zur  Einleitung  eines  Folgesatzes  als 
Ergebnis  eines  Steigerupgssatzes,  was  äußerlich  dadurch 
zum  Ausdruck  kommt,  daß  im  Hauptsatz  kein  bestimmtes 
Korrelat,  sondern  meist  unbestimmte  Ausdrücke  stehen; 

Inclt  als  das  eines  Vergleichssatzes  der  Intensität,  des 
Grades, 

cä  als  das  eines  qualitativen  und  quantitativen 
Vergleichsatzes. 

Hieraus  erhellt,  daß  Inclt  die  geringste  Ausdehnung  in 
dem  Gebrauche  finden  kann,  umsomehr,  als  seine  Funktion, 
wenn  auch  nicht  so  ausgeprägt,  schon  in  asa-cä  mit  enthalten 
fst  Tatsächlich  ist  auch  Inclt  in  der  Volkssprache  weniger 
gebräuchlich  und  dort  mehr  durch  gelehrten  Einfluß  verbreitet 
worden.  Wie  stark  dieser  ist,  geht  auch  daraus  hervor,  daß 
man  Inclt  selbst  in  die  Funktionen  von  cä  und  de  zu  drängen 
sucht  Überhaupt  läßt  sich  beobachten,  daß  das  Gefühl  für 
den  ursprünglichen  Komparativsatz  allmählich  verloren  geht 
So  nur  erklären  sich  die  vereinzelt  vorkommenden  Übergänge 
von  der  einen  in  die  Funktion  der  anderen  Koniunktion.    Am 

Weigand,  ll.  Jahresbericht.  23 


—    354    — 

leichtesten  und  begreiflichsten  sind  diese  ja  bei  cft  und  Inctt 
Doch  laßt  sich  immer  noch  als  Begel  aufirtellen:  asa — ca; 
atita  —  inctt. 

StellttDg. 

Die  Funktion  des  Eonsekativsatzes  verweist  ihn  natür- 
lich in  die  Nachsatzstellong.  Dies  trifft  allgemein  zu  bei 
den  durch  de,  cä,  inctt  eingeleiteten  Sätzen.  Ganz  vereinzelt 
wird  der  eigentliche  Vergleichssatz,  gleichsam  zur  Bekraftigong, 
Bejahung  des  Vorausgehenden,  nachgesetzt:  Insä  fetele  zmeflor 
eraü  tustrele  asemenea,  tn  Ott  nu  le  puteal  deosebi  una  de 
alta,  a|a  semänaü  de  bine  (Sez.-Gor.  I,  226,  29). 

Wie  in  den  meisten  schon  behandelten  Nebensätzen,  er* 
scheint  auch  im  Konsekutivsätze  allgemein  die  Inversion 
des  Subjekts,  dagegen  auch  die  gemeine  Wortstdlung,  wenn 
das  Subjekt  kürzer  als  das  Prädikat  ist 

Eigentümlich  ist  der  Gebrauch,  bisweilen  das  substan* 
tivische  Akkusativobjekt  im  verneinten  Konsekutivsätze 
vor  das  Verbum  zu  stellen.  Dies  geschieht,  um  es  hervor- 
zuheben, oder,  wenn  es  sich  um  die  G^enüberstellung  zweier 
Objekte  handelt:  afarä-i  intunerec  ^  vremesce,  de  nict  cänele 
se  nu-1  sco^l  afarä  (Ret  9,  34).  A  fost  o  babä  seracä,  dar 
tare  seracä,  de  nici  casä  nu  avea  ca  ömenii,  numaihuluba 
(Ret.  175,  1). 

Über  die  Wiederholung  der  Konjunktion  in  zwei 
durch  81  an  einander  gereihten  Konsekutivsätzen  läBt  sich 
beobachten,  daß  sie  im  allgemeinen  nicht  stattfindet,  wenn 
die  Handlung  des  zweiten  Nebensatzes  mit  der  des  ersten 
innerlich  zusammenhängt:  Asa  de  m'  a  s^etatfi  pustinlü  de 
ghimpe,  tn  cät  am  fipat  si  m  'amfl  desteptatü  (Is.  244,  32). 
.  .  .  tranti  un  hohot  de  se  cutremurä  toatä  prisaca  si  toate 
albinele  tncepurä  a  fesi  (Mar.  3,  9).  Wird  der  Konsekutiv- 
satz durch  einen  Zwischensatz  unterbrochen,  so  wird  die 
Koujunktion  tur  gewohnlich  wiederholt:  tn  schimb  insi^  eraü 
seilt  ^f  de  or-ce  plä^  cätre  stat,  aja  oft  et,  se  zice,  cä  s'aft 
tml'O^ä^it  förtti  mult  (^ftz.-Sat  41,  28). 


—    355    — 

Der  Modus  im  Konsekutivsätze  ist  allgemein  der 
Indikativ,  in  den  durch  cS  eingeleiteten  Sätzen  vereinzelt 
aoeh  der  Konjunktiv,  wenn  ein  finaler  oder  potentialer 
YerbalbegrifP  vorliegt. 

VlI. 
Finalsatz. 

Der  Redende  bringt  durch  ihn  eine  Absicht  zum  Aus- 
druck, hat  einen  Zweck,  ein  Ziel  im  Auge. 

In  gewissem  Sinne  gehört  hierher  die  ursprünglich  rein 
beiordnende  Konjunktion  de.  Wir  haben  sie  schon  in  den 
verschiedensten  Bedeutungen  kennen  gelernt,  ab  „wenn**  im 
Kondizionalsatze,  als  „sodaß^  im  Konsekutivsatze,  um  die  sich 
von  selbst  aufdrängende  Folge  eines  in  der  Vorstellung  des 
Redenden  existierenden  Yergleichsatzes  höheren  Ghrades  zu 
bezeichnen.  Denkt  nun  der  Sprechende  dabei  an  einen  Zweck, 
handelt  er  bewuüt,  so  drückt  de  nicht  mehr  die  sich  von 
selbst  aufdrangende  Folge  aus,  sondern  schließt  die  Idee  der 
Absicht  in  sich,  wie  dies  besonders  nach  den  Verben  der 
Bewegung  der  Fall  ist  Seine  Urbedeutung  „und^  spiegelt 
sich  wieder  in  der  Anwendung  des  Modus,  des  Indikativs: 
lumea  se  adunase  de  se  uita  la  astä  judecatä  (Is.  305,  21). 
Sezi  acasä  de-^  vezi  de  fuse  (Is.  14,  13).  . . .  si  se  duse 
de  se  ascnnse  In  pivni^  (Is.  123,  4). 

ca  8&,  sä. 

Die  eigentlichen  Konjunktionen  des  Finalsatzes  sind:  ca 
sä  und  sä.  Meyer-Lübke  und  Sandfeld-Jensen  im  Rum. 
Jb.  IX.  nehmen  für  ca  lat  quam  an.  Und  warum  sollte  es 
dies  auch  nicht  sein?  Wir  finden  heutzutage  ca  allgemein 
als  Flickpartikel  neben  den  Finabätzen  z.  B.  auch  in  den 
fträ  sä-Sätzen.  Das  Rumänische  bedurfte  auch  einer  solchen, 
wenn  es  starken  Nachdruck  auf  den  Nebensatz  legen  wollte, 
da  ja  sä  gleichsam  mit  dem  Verb  ein  Ganzes  bildet  imd  von  ihm 
ja  auch  nicht  getrennt  wird.  Wie  Sandfeld-Jensen  glaube 
auch  ich,  daß  ca  dem  Finalsatze  entstammt  und  von  hier  aus 

23* 


—    356    — 

auf  andere  Satzarten  als  Flickpartikel  übertragen  ^urde. 
Wenn  man  bedenkt,  daß  bisweilen  Finalsatze  auf  einen  in 
der  Vorstellung  des  Redenden  existierenden  YergLeiehssstK 
gleichen  Grades  hinweisen,  also  durch  cum  eingeleitet  werden, 
um  die  Art  und  Weise  zu  bezeichnen,  wie  etwas  geschehen 
soll,  liegt  es  dann  nicht  nahe,  wie  in  den  Eonsekutivsätzen, 
einen  hier  durch  quam  eingeleiteten  Yerj^eichssatz  ungleichen 
Ghrades  vorauszusetzen,  um  auszudrücken,  daß  etwas  in  höherem 
Maße  geschehen  muß,  um  den  Zweck,  das  Ziel  zu  erreichen. 
Von  diesen  Komparativsätzen  hat  sich  ca  dann  auch  über  die 
übrigen  Finalsätze  verbreitet,  ja,  das  cum  &st  vollständig  ver- 
drangt: voao  läsä  obrazu,  cumu  se  sledi^  urmeloru  lui  (Cod 
Vor.  149,  13),  d.  h.  er  hat  euch  ein  Vorbild  gelassen,  wie  ihr, 
d.  L,  damit  ihr  seinen  Spuren  folgt,  aduna^-va  fntr'  una  cum 
sä  spui  voao  aceia  ce  va  veni  (Oaster  I,  35,  17).  Dragul  cel 
ce  fugiä  mal  tare  ca  sä  ajungä  pe  tälhariü  (Sb.  259,  37), 
d.  h.  der  Teufel,  welcher  schneller  lief  als  ... ,  um  den  Räuber 
einzuholen. 

Infolge  seiner  Funktion  als  Flickpartikel  lassen  sich  auch 
keine  feststehenden  Segeln  für  die  Anwendung  von  ca  auf- 
stellen; vielmehr  hängt  sie  von  der  subjektiven  Ansicht  und 
der  Absicht  des  Redenden  ab,  auf  den  Nebensatz  einen  Nach- 
druck zu  legen  oder  nicht  Im  allgemeinen  kann  ja  ca  sa 
fär  sä  und  umgekehrt  eintareten,  doch  sä  weniger  gut  da  ftr 
ca  sä,  wo  ein  Nachdruck  auf  dem  Finalsatze  ruht,  wie 
Versuche  mit  Rumänen  ergeben  haben.    Das  ist  stets  der  Fall: 

1.  Wenn  der  Finalsatz  wider  die  erwartete  Satzstellung 
dem  Hauptsatze  vorausgeht:  ca  sä  se  lncredin|;eze,  l|f  chemi 
fetele  (Is.  52,  7).  Ca  sä  scape  de  cara  et,  Fiul  de  boerü 
puse  de  täie  scandurile  (Is.  65,  21).  Si  ca  sä  nu  alba  chieltu- 
ealä  multä  cu  Inmormintäctunile,  It-aü  juruit  popa  cä  . . . 
(Sb.  13,  40). 

2.  Wenn  der  Finalsfatz  eingeschoben  ist:  ;i  chemase, 
ca  sä  se  serbeze  mäntuirea  sa,  pre  to^I  boerii  (Is.  152,  16). 
Eü  tnsä,  ca  sä  nu  zict  cä  sunt  un  drac  ca  tot^  dracii  voitorfu 
de  reü  . . . ,  eacä-fi  spun  ceea  ce  . . .  (Mar.  9,  21). 


—    357    — 

3.  Ferner  setzt  der  Rumine  ea,  wenn  das  Subjekt  vor 
dem  Prädikat,  oder  ein  adverbialer  Ausdruck  vor  dem 
durch  sä  eingeleiteten  Finalsatze  stehen  soll:  ft  canelegiu- 
itul  care  a  cutezat  sä  punä  m&na  . . .,  sä  se  facä  muiere! 
(Is.  30,  22).  Noi  tot  stäm  ca  frate-meu  sS  se  tnsöre 
(Ret  74,  30).  . . .  ca  sä  le  trecä  de  urltü,  hotärirä  ca  o  parte 
din  zi  sä  lucreze  (Is.  49,  21).  . . .  mgä  pe  Gbeuc&iu  sä  facä 
o  gaurä  In  pärete  ca  mäcar  sä-lü  vazä  In  üa^  (oder  sä-lü 
yazä  mäcar  . . .)  (Is.  225,  29). 

Ist  ein  Finalsatz  einem  anderen  untergeordnet,  so  wird 
entweder  der  erste  durch  ca  sä,  der  zweite  durch  sä,  oder 
umgekehrt,  der  erste  durch  sä,  der  zweite  durch  ca  sä  ein- 
geleitet: . . .,  si  se  mga  la  boieriu  sä-i  dee  ceva  de  lucru, 
ca  se-|i  capete  mäncare,  cä  uite  möre  de  föme  (Ret  190,  3). 
Odatä  iarä  se  rugä  de  Dumnezeu  ca  se-i  dea  slobozenie  se 
umble  el  in  lume  oti  cand  si  ori  imde  cä .  . .  (Ret  194,  5). 

Wie  schon  erwähnt,  läßt  sich  ein  Bedeutungsunterschied 
zwischen  ca  sä  und  sä  schwer  feststellen.  So  würde  nach 
einer  Aussprache  mit  Rumänen  z.  B.  in  folgenden  Fällen  sä 
zu  schwach  sein,  weniger  treffend  f&r  ca  sä  eintreten:  me  voiü 
sili  ca  sä  nu  sim^i  lipsa  fratelut  meü  (Is.  21,  34).  ün- 
chia^ul  Ü  deslegä  ca  sä-l  bage  In  cazan  (Is.  201,  32). 
.  . .  ciobanul  se  Infä^isä  si  elü  la  imperatulü  ca  sä  ghiceascä 
semnele  fetet  (Is.  249,  35).  Si-lü  (calul)  ucisese  ca  sä-{ 
ia  pelea  (Is.  256,  32).  Intinse  pasulü  si  se  duse  Intr'  acolo 
ca  sä  nu  Insereze  pe  drumü  (Is.  398,  4).  Se  aduna  din 
toate  pär^ile  ca  sä-|i  dee  sama  inaintea  lut  Scaroa^hi  (Mar. 
38,  17).  . . .  si  Yoesc  a  scoate  macar  cis-ce-va  dintrlnsa  ca 
sä  nu  ardä  si  ei  cu  totul  (Mar.  69,  3). 

Andererseits  weisen  Beispiele  ca  sä  auf,  far  die  nach  den 
Äußerungen  von  Rumänen  besser  und  geläufiger  einfaches  sä 
stehen  würde:  Apoi  opri  boii  in  loc  ;i  se  duse  ca  sä  iee 
colacul  cäzut  (Mar.  21,  20).  Deminea^  aü  venit  rfndul  lut 
T.  ca  sä  remiiä  bucätartü  (Sb.  83,  1).  li  roagä  pe  lezi  ca 
sä-t  defchidä  u^a  (Alexici  235).  Mä  duc,  tatä,  a  zis  el,  ca 
sä  yidem  si  eu  norocul  meü  (Sez.-Gor.  IV.  171,  1). 


—    358    — 

Ans  diesen  und  den  yoransgehenden  Beispielen  geht  somit 
herror,  daß  in  dem  Gebranche  von  ca  sä  nnd  sft  sich  nodi 
keine  feststehende  Regel  herausgebildet  hat,  ferner,  daß  die 
Anwendung  von  ca  von  dem  beabsichtigten  Gtedankenaosdnckf 
der  subjektiven  Ansicht  des  Redenden  abhangig  ist  In  dea 
meisten  Fällen  kann  jedoch  neben  ca  sä  auch  ein&ches  si 
stehen:  se  duse  in  grajdurile,  ca  sä  aleagä  unul  (auch  si) 
(Is.  3,  9). 

pentrn  ca  sL 

Neben  den  verbreiteten  Konjunktionen  sä  und  ca  sa^  wird 
der  Finalsatz  auch  durch  die  weniger  yolkstümliche  Konjunk- 
tion pentru  ca  sä  eingeleitet,  oder  auch  durch  einen  Ton  den 
Präpositionen  pentru  und  spre  abhängigen  Infinitivsatz  ersetzt: 
pentru  a,  spre  a.  Daß  wir  hier  Präpositionen  des  Grandes 
antreffen,  ist  durchaus  nicht  verwunderlich,  denn  Zweck  und 
Orund  ber&hren  sich  au£3  engste.  Die  Frage  pentru  ce? 
begreift  in  sich  sowohl:  aus  welchem  Grunde?  als  auch:  zu 
welchem  Zwecke?  Hieraus  folgt,  daß  pentru  ca  sä  und  pentru 
a,  spre  a  die  Finalsatzhandlung  viel  gewichtiger  erscheinen 
lassen.  Und  die  Beobachtung  ergibt  auch,  daß  pentru  a  und 
spre  a  nur  für  ca  sä  eintreten. 

Was  nun  zunächst  pentru  ca  sä  anlangt,  so  wiU  der 
Redende  dadurch  die  Absicht  zugleich  auch  motivieren,  also 
hervorheben,  was  auch  schon  äußerlich  durch  die  Satz- 
stellung zum  Ausdruck  kommt:  Si  pentru  ca  sä  ni  fncredia^ni 
Incaltea  de  adevär,  sä-1  punem  la  incercare  intiiil  (Sez.-6or. 
I,  98,  8).  ...  |i  pentru  ca  sä-i  incredin^e  de  adevär  le  arati 
degetul  cel  mic  (Sez.-Gor.  I,  230,  8).  Pentru  ca  omul  sä  aibl 
un  suflet  bun,  trebue  deprins  de  mic  a  lucra  fapte  bune  (Sez.- 
Gor.  III,  237,  6). 

Die  Inflnltlvkoiigtraktlon  mit  spre  und  pentni  tritt 
gewöhnlich  dann  ein,  wenn  Haupt-  und  Nebensatz  gleiches 
Subjekt  haben:  Bäetul  atunci  ceru  fetel  un  fir  din  pärol 
capului  et  care  era  foarte  lung,  ca  sä-|l  &cä  un  aro  spre  a 
vlna  päsäri(Sez.-Gor.  1, 162,  4).  Fund  aproape  de  Turd,  treboia 


—    359    — 

sä  strejuim  si  sS  säpSm  la  san^ri,  pentru  a  nu  fi  lovi^  pe 
fdris  . . .  Seltener  kommt  dagegen  die  Infinitivkonstraktion 
Yor,  wenn  Haupt*  nnd  Nebensatz  Terschiedene  Subjekte  haben: 
SatuI  väzlnd  cä  acest  om  nu  sä  da  la  muncä  nicX  in  ruptul 
capulm,  hotäri  sä-1  spinzure,  pentru  a  nu  mai  da  pild&  de 
lenevie  si  altora  (Creangä). 

Neben  der  stark  betonenden  Infinitivkonstruktion  mit  spre 
a  und  pentru  a  erscheint  auch  vereinzelt  die  Infinitiv- 
konstruktion mit  einfachem  a,  an  deren  Stelle  auch  ein 
durch  sS  eingeleiteter  Nebensatz  treten  kann:  Fftcu  unü  focü 
mare  si  se  puse  a  se  odihni. 

Allgemeines  über  den  Finalsatz. 

Stellung  des  Finalsatzes  zum  Hauptsatze. 

Da  die  Handlung  des  Finalsatzes  der  Hauptsatzhandlung 
zeitlich  folgt,  —  druckt  sie  doch  eine  Absicht,  einen  Zweck 
aus  — ,  erscheint  der  Finalsatz  zumeist  in  der  Nachsatz - 
Stellung,  als  Vorder-  und  Zwischensatz  dann,  wenn  auf  ihn 
Gewicht  gelegt  wird. 

Stellimg  von  Subjekt  und  Prädikat  im  Finalsatze. 

Wie  in  den  meisten  Adverbialsätzen  zeigt  sich  auch  im 
Finalsatze  die  Inversion  des  Subjekts.  Diese  tritt  am 
deutlichsten  darin  zuti^e,  daß  der  Redende  stets  ca  . . .  sä 
setzt,  sobald  er  das  Subjekt  vor  das  Prädikat  stellt:  la  fagl 
de-acolo,  sä  '\l  arät  eü,  nebunule  ce  esti!  (Cr.  III.  61,  15) 
Noi  tot  stäm  ca  frate-meu  se  se  tnsöre  (Ret.  74,  31). 

Modus  im  Finalsatze. 

Wie  schon  das  Wort  „Finalsatz*'  sagt,  enthält  er  eine 
Handlung,  deren  Eintritt  beabsichtigt  ist,  also  noch  bevor- 
steht Wir  haben  es  demnach  noch  nicht  mit  einer  wirklichen, 
abgeschlossenen  Tatsache  zu  tun.  Der  Eintritt  der  Finalsatz- 
handlung braucht  nicht  bestimmt,  gewiß  zu  erfolgen.  Darum 
ist  in  diesen  Sätzen  der  Konjunktiv,  den  wir  in  dieser  An- 
wendung „Finalis"  nennen,  auch  der  einzig  mögliche  Modus. 


—    360 


Bückblick. 


Dem  Rumänen  stehen  zwei  Arten  von  Eonatrukiionen 
zur  Verffigung,  um  die  Absicht,  den  Zweck,  zum  Ausdruck 
zu  bringen:  Einmal  der  Nebensatz,  eingeleitet  durch  die  Kon- 
junktionen pentru  ca  sä,  ca  sa,  sä;  zum  anderen  ein  InfimÜT- 
satz  mit  den  Präpositionen  pentru  a,  spre  a,  a.  Letztere  Kon- 
struktion findet  vor  allem  Anwendung,  wenn  Hauptr  und 
Nebensatz  gleiches  Subjekt  haben,  im  anderen  Falle  nur  bis- 
weilen. Femer  läßt  sich  beobachten,  daß  jede  der  drei  In- 
fimtivkonstruktionen  einer  Konjunktionalsatzkonstruktion  ent- 
spricht: So 

pentru  a  —  pentru  ca  sä 
spre  a  —  ca  sä 
a  —  sä. 

Was  die  beiden  Konjunktionen  sä  und  ca  sä  anlangt,  so  ist 
ein  Bedeutungsunterschied  kaum  festzustellen.  Die  Beispiele 
haben  gezeigt,  daß  sä  bald  mit  ca  sä  ebensogut  wechseln 
kann,  bald  als  weniger  treffend,  als  zu  schwach  empfunden 
wird  und  daß  hierbei  die  subjektive  Ansicht  des  Redenden, 
die  Finalsatzhandlung  betont  wissen  zu  wollen,  oder  nicht, 
wesentlich  mit  in  Betracht  kommt  Immerhin,  soviel  geht 
aus  den  Beispielen  hervor,  ist  ca  sä  da  zu  setzen,  wo  der 
Redende  die  Absicht  hervorheben  wilL  Dies  entspricht  ja 
auch  vollständig  dem  Charakter  des  ca  als  Flickpartikel. 
Darum  kann  auch  in  all  diesen  Fällen  anstandslos  die  Kon- 
struktion mit  peptru  ca  sä,  oder  wo  angängig,  spre  a,  pentra 
a,  gewählt  werden,  hingegen  nicht  bei  den  sä-Sätzen.  Weiter 
folgt  daraus  die  allgemein  durchgef&hrte  Regel,  ca  sä  zu  setzen: 

1.  wenn  der  Finalsatz  seinem  Hauptsatze  vorangeht, 

2.  wenn  der  Finalsatz  direkt  hinter  das  Hauptsatzverbum 
eingeschoben  ist,  sodaß  er  Glieder  des  Hauptsatzes  trennt, 

3.  wenn  das  Subjekt  oder  irgend  ein  adverbialer  Ausdruck 
vor  dem  Verbum,  das,  mit  sä  zu  einem  einheitlichen  Begriff 
verbunden,  nie  von  ihm  getrennt  werden  darf,  stehen  soll. 


—    361    — 

Sehlußbetraclitiuig. 

Gehen  wir  am  Ende  der  Arbeit  noch  einmal  die  wich- 
tigsten Punkte  durch,  die  in  den  Kreis  unserer  Betrachtung 
gezogen  worden  sind,  so  läßt  sich  kurz  Folgendes  sagen: 

a)  In  der  Stellung  des  Nebensatzes  zum  Haupt- 
satze ist  zu  unterscheiden,  ob  der  Redende  nur  einen  Punkt 
der  Erzählung,  oder  ob  er  einen  Punkt  der  Handlung  herror- 
heben  will. 

Ist  das  erstere  der  Fall,  so  legt  er  kein  Gewicht  auf  den 
inneren  Zusammenhang  der  Haupt-  und  Nebensatzhandlung. 
Die  Satzstellung  hängt  lediglich  von  der  Absicht  des  Redenden 
ab,  den  Nebensatzinhalt  in  der  Erzählung  als  gewichtig  er- 
scheinen zu  lassen,  oder  nicht    Diese  Freiheit  in  der  Satz- 
stellung ist  allen  dnd-Sätzen  gemein.    Anders  rerhält  es  sich 
schon  bei  den  Nebensätzen,  deren  einleitende  Konjunktion  sich 
aus  ctnd  und  einer  Präposition  zusammensetzt.    Hier  ist  die 
Präposition  das  ausschlaggebende  Moment;  cind  dagegen  zeigt 
nur  an,  daß  die  Handlung  als  Ganzes  in  der  Erzählung  be- 
trachtet wird:  So  treffen  wir  den  pe  clnd-Satz  stets  als  Vorder- 
satz, weil  er  die  Handlung  enthalt,  in  die  eine  zweite  fallt; 
den  de  clnd-Satz  meist  als  Nachsatz,  weil  der  Redende  für 
gewöhnlich  den  Anfangspunkt  selbst  ausschließt  und  die  Hand- 
lung nur  vom  Anfangspunkt  an  mit  der  Hauptsatzhandlung 
als  parallel  laufend  erzählen  will.    In  dem  zweiten  Falle  will 
der  Redende  Teile  der  Handlungen,  ihre  Beziehung  zu  ein- 
ander hervorheben.    Die  Satzstellung  ist  darum  nicht  von  der 
jeweiligen  Ansicht,  der  Willkür  des  Erzählers  abhängig,  sondern 
von  allgemein  logischen  Erwägungen,  von  Priorität  oder  Poste- 
riorität  der  Handlungen:  So  stehen  der  Konsekutiv-,  Final-, 
pänä  ce-Satz  fast  durchgängig  als  Nachsätze;  femer  für  ge- 
wöhnlich die  Konzessiv-,  adversativen  pe  cänd-,  vergleichenden 
cum-,  cit-  hypothetischen  Vergleichssätze,  dagegen  die  Kon- 
dizional-,   temporalen    cum-,   daca-,   dupä  ce-Sätze.  meist  als 
Vordersätze. 


—    362    — 

Bald  Vorder-,  bald  Nachsatzstellnng  zeigt  sich,  wenn  beide 
Handlangen  im  YerhSltnis  der  Gleichzeitigkeit  stehen:  z.  B. 
bei  den  De  cum-  und  Indatä  ce-Satzen. 

b)  Was  die  Stellung  von  Subjekt  und  Prädikat  im 
Nebensatze  anlangt,  so  zeigt  sich,  daß  sie  im  allgemeinen  durch 
den  Ursprung  der  Konjunktion  bedingt  ist:  Ist  sie  eine  ein- 
lache, ursprSngliche,  dem  Lateinischen  oder  einer  anderen 
Sprache  entlehnt,  so  weisen  die  betreffenden  Adverbialsilze 
stets  Inversion  des  Subjekts  auf,  dagegen,  ist  sie  eine 
zusammengesetzte  Konjunktion,  deren  einer  Bestandteil  ur- 
sprünglich einen  Nebensatz  einleitete,  so  findet  sich  allgemein 
noch  die  gemeine  Wortstellung.  Freilich  macht  sich  auch 
hier  schon  die  TJniformierung  der  Umgangssprache  geltend, 
sodaß  gewisse  ursprünglich  hierher  gehörige,  häufig  vor- 
kommende Konjunktionalsätze  bereits  allgemein  Inversion  oder 
beide  Wortstellungen  zugleich  aufweisen. 

Sonach  lassen  sich  drei  Gruppen  von  Adverbialsätzen  hin- 
sichtlich der  Wortstellung  unterscheiden: 

1.  Nur  Inversion  des  Subjekts  weisen  auf:  Die  clnd- 
Sätze,  ausgenommen,  sie  leiten  ein  plötzlich  eintretendes  Er- 
eignis ein,  die  dupä  ce-,  pänfi-,  ctt,  temporalen  cum-,  dacä-, 
In  loc-Sätze,  alle  Modal-,  Final-,  Konsekutiv-,  die  Kondizional- 
sätze  mit  de,  sä,  cind,  (dacä),  die  Konzessivsätze  mit  mäoar 
de,  chiar  (de  dacä,  cind). 

2.  Inversion  und  gemeine  Wortstellung  zulässig 
bei  den  tndatä  ce-,  pänä  ce-,  temporalen  pe  cand-,  kondizionalen 
dacä-Sätzen  bei  substantivischem  Subjekte. 

3.  Nur  gemeine  Wortstellung  gebräuchlich  bei  den 
pänä  cand-,  adversativen  pe  cänd-,  mäcar  cä-,  cu  toatä  ci- 
Sätzen. 

c)  In  der  Zeitenfolge  sind  besonders  die  Tempus- 
verschiebungen beachtenswert  So  wendet  vor  allem 
Ispirescu  in  den  dupä  ce-Sätzen,  im  Haupt-  und  Nebensatze, 
den  Aorist  an,  obgleich  die  Nebensatzhandlung  der  des  Haupt- 
satzes zeitlich  vorausgeht.  Nur  in  wenigen  Fallen  findet  sich 
noch  das  erwartete  Plusquamperfekt     Ebenso  erscheint  für 


—    363    - 

das  Futaram  II  yiei  häufiger  das  Fatamm  I.  Dieser  Vorgang 
ist  auch  den  indatä  ce-Sätzen  eigen.  Femer  tritt  im  hypo- 
thetischen Eondizionalsatze  für  das  Perfekt  des  Eondizionalis 
ebenso  gebrauchlich  das  Imperfekt  ein. 

d)  In  den  ModusTcrhaltnissen  ist  zu  unterscheiden 
zwischen  Wirklichkeit  und  Gewißheit  einerseits,  Möglichkeit, 
Wunsch,  Absicht  andererseits.  Im  ersten  Falle  tritt  stets  der 
Indikativ,  im  anderen  Falle  der  Potentialis,  Optativ,  Finalis  ein. 

Verzeichnis  der  benutzten  Literatur  und  Grammatilcen. 

Alezici=»  Texte  din  literatura  poporanäromlni,  Budapest  1899. 

Cr.  «=  Greangä:  Opere  complecte,  Buc.  C.  Müller. 

Orftc  =  Crädunescu:  Copii  de  gäsit,  Caransebes  1898. 

Dulfu  —  Isprävile  lui  Päcalä,  Buc  1894. 

Is.  <=  Ispirescu:  Legende  sau  basmele  Romaniloru  adunate  din 

gura  poporului,  Buk.  1892. 
Mar.  as  S.  Fl.  Marian:  Resplata,  povesti  din  Bucovina,  Suceava 

1897. 
Rei  «=  loan  Pop.  Reteganul:  Povesti  din  popor,  Sibiiu  1895. 
Sb.  B=  Sbiera:  Povestoi  poporale  rominesci,  Czemowitz  1886. 
8ez.-Gor.  =  Sezatoarea  herausgegeben  von   Gorovei:  I — IV. 

Folticeni 

Sez.-Säi  =  Sezatoarea  Säteanului. 
>  > 

Delbrück:  Syntaktische  Forschungen  I — V. 

Meyer-Lübke:  Grammatik  d.  rom.  Spr.,  Syntax. 

Paul:  Prinzipien  der  Sprachgeschichte. 

H.  Tiktin:  Gramaticä  rominä  IL  Sintaxa  1893. 

G.  Weigand:  9.  Jahresbericht   d.  Instituts  f.  rum.  Spr.  zu 

Leipzig. 


Kachtrag  zur  „Metrik  EmineBeiis" 

▼on 

Alezander  Bogdaa. 

Das  Werk  Fr.  Saraus  „Der  Bfajthmus  des  firanzosiscken 
Verses*'  Halle  1904,  Yeianlaßte  mich  zu  einer  Prfifang  des 
Kap.  n  „RhyUimas'',  sowie  zu  erneuten  Leseproben.  So  wurde 
mir  klar,  daß,  wiewohl  ich  an  verschiedenen  Stellen  meiner 
Arbeit  unbewußt  die  Altematiou  als  Prinzip  des  rumänischen 
Rhythmus  mitanerkenne,  das  Kapitel  doch  an  einer  lockeren 
Durchführung  des  Systems  leidet  —  die  Folge  meiner  da- 
maligen Unkenntnis  des  alternierenden  Prinzips.  Jedenfiüls 
hätten  mir  schon  die  ersten  zwei  Kapitel  des  Sarauschen 
Werkes,  die  1900  erschienen  sind,  vielleicht  zur  vollen  Kkr- 
heit  verhelfen. 

Es  war  auch  nicht  meine  Absicht  rhythmische  Schemata 
zu  geben,  diese  kann  sich  ein  jeder  nach  der  Angabe  der 
Typen  auf  Seite  231— -237,  nach  den  Bemerkungen  S.  238  und 
240  und  nach  den  Beispielen  S.  230,  245  und  246  leicht  zu- 
sammenstellen, mit  Ausnahme  seltener  Rhythmen,  wo  Zu- 
sammenziehungen  vorkommen,  wie  z.  B.  in  2.  56.  U.  Motto 
und  81.  Und  die  gelegentliche  Verwendbarkeit  von  Zahlen 
zur  Bezeichnung  rhythmischer  Typen  im  Romanischen,  be- 
gründe ich  damit,  daß  man  mit  zwei  Zahlen  z.  B.  über  den 
Charakter  des  Verses  (troch.  jamb.)  wie  auch  zugleich  über 
die  Lage  der  schwersten  Hebungen  unterrichtet  wird. 

Zunächst  gilt  es  das  Hauptprinzip  des  rumänischen  Rhyth- 
mus in  der  modernen  Dichtung  nachzuweisen.  Ist  es  die 
Altemation  oder  die  Akzentuierung?  Sarau  wies  auch  sta- 
tistisch für  das  Franz.  die  Alternation  nach.    Für  das  Rum. 


—    365    — 

muß  daf&r  nach  der  von  mir  nachträglich  Torgenommenen 
Statistik  in  erster  Linie  der  Akzent  gelten.  Als  zweites 
Prinzip  herrscht  eng  yerbnnden  mit  dem  akzentuierenden  die 
Altemation. 

In  einem  der  ältesten  Qedichte  „Viata"  (1.)  finden  sich 
anter  156  Enrzversen  (ai2  ^=  ftio)  ^^^  ^^*  ^^  ^^  schwebender 
Betonung  gelesen  werden  mi&fiten,  also  28,2  %.  und  es  ist 
fraglich,  ob  in  dem  Gedicht  nicht  etwa  zwei  verschiedene 
mbythmen  gemischt  sind:  Typ.  3, 5  neben  Typ.  2, 5  (anapastisch) 
so  z.  B.  die  Verse  66—72  und  78. 

In  2.  sind  alle  Verse  akzent-altem.  gebaut  Typ.  1,  4 
xmd  2,  4  (mit  Zusammenziehung).  In  3.  sind  unter  24  Versen 
5  schweb.  (20  %);  der  eine  Vers  davon  ist  aber  3  mal  Refrain. 
In  4.  sind  6  %,  in  5.  3  %  in  6.  3,3  \  in  26.  5  \  schwebend. 
In  48.  und  50.  sind  alle  übereinstimmend.  In  55.  sind  unter 
520  Enrzversen  (ag  >—>  aj)  nur  26  (5  %)  schwebend.  59  hat 
alle  übereinstimmend.  In  58  finde  ich  unter  376  (sg  und  a,  :9^) 
nur  19  (5  %),  in  56.  (Alexandriner  %  «=  Sq)  unter  472  nur 
32  (6,7  %)  schwebend. 

Die  Statistik  bestätigt  also  das,  was  ich  S.  229, 15  ff.  ge- 
sagt habe.  Nach  der  Äußerung  auf  S.  233  oben,  kann  man 
aber  zugleich  im  voraus  vermuten,  daß  der  Rhythmus  der 
Volkslieder  (und  wie  es  mir  wahrscheinlich  erscheint  auch 
der  der  alteren  Dichtung)  ein  anderes  Prozentverhaltnis  geben 
wird.  (Ich  sagte  dort  „freieren  Rhythmus**  und  dachte  dabei 
an  das  Lesen  der  Verse  durch  gebildete  Rumänen;  in  der 
Parenthese  steht  aber  „eigentlich  strengeren**,  wobei  ich  an 
die  Verse  dachte,  wie  sie  wirklich  leben,  nämlich  nur  ge- 
sungen, also  streng  alternierend,  s.  auch  S.229,  19.) 

Die  Alternation  läßt  sich  nachweisen  (wie  spekulativ 
dies  auch  scheinen  sollte)  durch  die  Gewinnung  eines  All- 
gemeintypus der  Versart  aus  den  einzelnen  Typen  z.B.  ag  »saj: 
aus  den  Typen  3,  7  v^w  —  ww^  —  w,  1,  7  — ^wv-^^^v-z-w, 
5,  7  w  w  w  w  -  w  -  w  der  allgem.  Typus: 


—    366    - 

oder  bei  ag  aus  den  Typen  4,  Sv^^o*  v^^^w—  2, 8w-w^ 
v^wv-.-    6,  8w^wwu»-w-der  allgem.  Typus: 

Hieran  schließe  ich  ein  Beispiel  an,  wie  die  einsehen 
Typen  auÜEoliusen  sind  und  wie  ihr  Schema  ansgefohrt  werden 
soll  Typus  1,  7  z.  K  Inima-mi  spre  tine'  ntom  ist  nach 
S.  230  so  zu  schemaidsieren:  -  w  v>  v^  s^  w  --;  nach  S.  201, 3 
soll  auch  der  Nebenton  berücksichtigt  werden:  Lsjl^^sjxjL 
und  nach  S.  238  andere  Wortakzente  (hier  Pronomen): 
i.  w  w  Kj  L  ^  L;  mit  Unterscheidung  der  Schwere  und  Starke 
des  Akzentes  so  zu  rhythmisieren:  ^  ^  C  v^  6  w  -  oder  so: 
i'wIv^loi'  =  i'x-x-x-.  Dies  entspricht  aber  der 
Forderung  auf  Seite  240,  7.  Gleich&Ils:  Typus  1,  7,  11,  15: 
Ptnza  cea  acoperitä  de  un  colb  de  pietre  scumpe: 
//      ^      "^      //      D  ^     //      /       // 

Folglich  ist  der  rumänische  Rhythmus  bat  ausnahmslofl 
akzentuierend  alternierend  und  dipodisch  („bundmäßig''),  nnd 
von  diesem  Standpunkte  aus  versuchte  ich  die  Dacstellong 
der  Yersarten  Eminescus,  indem  ich  nur  die  schwersten 
Hebungen  des  Verses  als  feste  Tonsilben  annahm  (ygL  Sarao, 
S.  327  und  411),  die  anderen  gleichsam  nur  als  Stutzen  des 
Rhythmus  gelten  ließ  (S.  238  £,  wozu  noch  der  Nebenton  hin- 
zugerechnet werden  soll).  So  entspricht  das  System,  wie  es 
in  U,  2  aufgebaut  wurde  dem  tetsachlicheu  Vortrag  der  rumä- 
nischen Verse,  die  Typen  aber  den  Sarauschen  Schwere- 
typen (S.  416  des  „R.  A  fr.  V.«). 

So  bleibt  mir  noch  übrig  für  die  als  vereinzelt  angegebenen 
Typen  eine  befriedigende  Erklärung  zu  geben,  oder,  wo  dies 
bei  einigen  der  Fall  ist,  die  Widersprüche  aufruheben. 

Die  Typen,  die  in  ein  akz.-altem.  System  nicht  hinein- 
passen können,  stehen  in  Widerspruch  mit  der  Forderung  auf 
S.  240,  5—10.  229, 15—21  und  230,  3—8.  Hatte  ich  mich  bei 
ihrer  Aufstellung  eines  Zeichens  &lt  die  schwebende  Betonung 
bedient,  dann  wären  die  folgenden  Versdiiebungen  nicht  mehr 
nötig.    Die  schweb.  Betonung  verstehe  ich  jetzt  aber  nicht 


—     367    — 

mehr  wie  S.  243  dai^elegt  wurde,  sondern  als  Teflong  des 
Akzents.  Zunächst  ein  Beispiel:  S.  229,  18 — ^20  gebe  ich  zu, 
daß  nicht  immer  an  Stelle  der  festen  Tonsilbe  (dem  rhyth- 
mischen Allgemeintjpus  nach)  auch  zugleich  ein  Wortakzent 
zu  stehen  kommt,  z.  B.  bei  einem  Typ.  1,  6,  9,  13  der  Vers- 
art ai4  »=  a|29  wo  man  also  nach  der  Parenthese  S.  229,  20 
mit  schwebender  Betonung  zu  lesen  hätte.  Dieser  Typus  ist 
demnach  zum  Typ.  2,  6,  9,  13  zu  yerweisen.  Ich  folge  der  Dar- 
stellung in  II,  2  nach  den  Versarten. 

83  P.  81,  12  gehört  auf  S.  238,  ebenso  wie  78,  1^. 

84  2,  3^  hat  den  Rhythmus:  P.  li  ::  ^  i  P.  P.  (^  =  2  -). 

85  P.  20,  6.  7  zu  Typus  2,  4  (wozu  auch  P.  19,  5  gehört).  P.  41, 

17.  21  zu  T.  3,  5.  P.  80,  9  zu  T.  1,  5.    In  4  und  19  sind 
Anapäste, 
a^  2,  1^  zu  T.  2,  4.  81,  1*  und  3^^  sind  so  zu  rhythmisieren: 

w  u  —  V-»  u  -• 
a,  80,  31  zu  T.  3, 5  P.  47, 1  und  P.  46, 1  zu  T.  2, 6.  53, 193.  63, 3. 

80,  49  und  P.  14,  9  zu  T.  3,  7. 
ay  =85  P.  103,  7.  8  ist  80  zu  rhythmisieren:  ^i^-P.  -w- 

ag  Conv.  36,  390  zu  T.  1,  5.  22, 1»  zu  T.  5,  7. 

a^o  13  ist  durchgängig  mit  2,  4,  7,  9  zu  lesen. 

aji  1,  40  zu  T.  1,  5,  9,  11.   1,  66  zu  T.  3,  5,  9,  11(?)  s.  S.  365. 

ai2  1,  23.  24  zu  T.  3,  5,  7,  11.  1,  2.  6  und  6,  5*  zu  T.  3,  5,  9,  11, 

wie  es  auch  vermutet  wurde.    1, 19  zu  T.  1,  5,  7,  11. 
ai3  24,  95  20».  28,  9  und  P.  85,  8  zu  T.  2,  6,  9,  13. 
ai4  24,  4^  11^  133.  17^  21*.  23*.  29*  zu  T.  2,  6,  9, 13.   12,  13*. 

24, 13*  zu  T.  4,  6,  9, 13. 
ai5  15,  3».  23,  23*  zu  T.  3.  7,  11, 15.    86,  44  zu  T.  3,  7,  9, 15. 

55, 121  zu  T.  5,  7,  11,  15. 
a,g  15,  32  zu  T.  1,  7,  13,  15.    21,  1*.  23,  26*.  53,  82.  55, 146. 

86,  37.  zu  T.  3,  7, 11,  15  (s.  S.  243).    86,  38  zu  T.  3,  7,  9, 

15  (vgl  S.  240,  29).    53,  276  zu  T.  1,  7,  9, 15. 

Als  vereinzelt  und  unregelmäßige  l>^en  habe  ich  auch 
solche  aufgestellt,  bei  welchen  das  Fehlen  einer  festen  Tonsilbe 


—    368    — 

konstatiert  wurde.  Dies  paßt  natarlich  wiedemm  nicht  m  ein 
akzent-altern.  System,  wie  ich  das  meine  betrachtet  wissen 
mochte.  Aber  daß  ich  auch  in  solchen  Fällen  mehr  geneigt 
war  nach  dem  alternierenden  Prinzip  (ohne  davon  gewußt  zu 
haben)  zu  rhythmisieren,  dafnr  sollen  folgende  Inkonsequenzen 
als  Beweis  dienen.  Sie  bezweckten  solche  Falle  Yorlänfig  un- 
entschieden zu  lassen.  Darauf  folgen  auch  weitere  Berich- 
tigungen. Im  Vers  42,  18  wagte  ich  die  Konj.  „si"*  nicht  ab 
Tonsilbe  anzuerkennen,  dagegen  gab  ich  for  80,  62  diese  Mög- 
lichkeit zu  (s.  S.  232  unter  a^).  Ebenso  geschah  es  mit  der 
Konj.  clnd  42,23;  aber  SZ,  V^  ließ  ich  clnd  ohne  Bedenken 
als  Tonsilbe  gelten  am  Yersschluß  und  P.  106,  14  im  Yers- 
innem:  Die  Konj.  |i  ist  Tonsilbe  noch  in  1,  4.  80,  62.  P.  80,  9. 
P.  41,  9.  11.  15.  19,  die  Konj.  cä  in  P.  81,  7,  de  in  P.  82,  1. 
Alle  diese  Falle  gehören  auf  S.  240.  Dahin  auch  Prap.  pe 
1,  44,  cätra  52,  62,  dupä  P.  63,  5,  yielleicht  auch  tntre  68, 6 
wie  dintre  53,  174.  Konj.  ca  P.  41,  22.  P.  73,  9.  ca  de  53, 7. 
Adv.  mal  51,  90  und  der  unbesi  Artikel  unei  10,  4^  (schweb. 
Betonung).  In  P.  19  sind  „bundlose"  und  „bundmaßige'' 
Verse  gemischt  worden  oder  so  geblieben.  P.  19,  5  sollte 
dann  mit  2  Tonsilben  gelesen  werden:  v^lv^iv^.  In  81 
(82.  83)  3^^  müssen  zwei  Tonsilben  angenommen  werden,  wie 
es  S.  232  unter  a^  c=  a^  und  S.  241  vermutet  wird.  Der 
Rhythmus  ist  w  u  I  w  u  -  . 

Folgende  Verse  haben  auch  zwei  Tonsilben,  wie  fär  die 
meisten  auf  S.  241  im  Widerspruch  mit  den  Typen  ange- 
nommen wird.  P.  28,  14  Si  mlntuitorului  {^  i^l^L^J); 
P.  13,  4  Cütremurlnd-o,  60,  1*.  2*  Singurfttitii,  Ne  nduratoare; 
P.  63,  12:  Püstietäti  (P  u  -  v.  1  P.  P.);  2*,  3»  Si  tfneretele 
C  i  w  i  w  -  P.  P.)  wie  S.  241  Si  noifcatöarele  P.  63,  11.  Si 
necuprlnsele  P.  64,  3  und  68,  6  n^dintfta. 

Ich  unterlasse  diesmal  Neues  oder  Übersehenes  zu  den 
anderen  Kapiteln  nachzutragen  und  bitte  nur  die  Zeilen  11 
und  12  S.  202  durchzustreichen. 


1  DAY  USE 

RETURN  1X3  DESK  FROM  WHICH  BORAOWEO 

Eooance  Philologe 

This  publication  is  due  on  the  LAST  DATE 
stamped  bclow. 


1       AUG  13  1374 

f                 UCU 

1 

*                                                       -\ 

'  J  N 

SEPlO"/4  -U-W 

i"     HUM.  GRAD.  SERVICE 

1 

1 

1 

r 
1 

i 

f 

Cercral  Lihrarr 

BCMERAl  LIBRARY -ü-CKmiEY 

llllllllllll 

B00D7S0088 


Ml89845a     L-^'- 


j.  •  .j- 


!       THE  umvERsrnr  of  cauforwa  ubrary