IW.
JAHRESHEFTE
DES ÖSTERREICHISCHEN
ARCHÄOLOGISCHEN INSTITUTES
IN WIEN
BAND VIII
MIT 5 TAFELN UND 87 TEXTFIGUREN
S 3. M o
WIEN
ALFRED HOLDER
K.. U. K. HOF- UNI) UNIVERSITÄTS-BUCHHAI^DLER
1905
CG
Druck von RufioLi' M. Kohrkk in Bkünn.
ÜBERSICHT DES INHALTS
Seite
ST. BRASSLOFF Die Grundsätze bei der Commendntion der Plebejer . 60
A. V. DOMASZEWSKI Schiller und Tacitus 143
R. ENGEOIANN Die Vase Vagnonville . . .-. ..V ." , . . ..... . .. 145
F. HAUSER Nau.sikaa (Tafel I) ^ ^ .'.......' . '. ' 18
— Polyklets Diaduraenos 42
— Zur Datierung der Bronzegußformen aus Memphis 83
— KOli^jxc 141
R. HEBERDEY Die Proconsules Asiae unter Traian 231
W. HELBIG Die InKtig und ihre Knappen 185
F. IMHOOF-BLUMER Eurydikeia ' 229
J. KEIL Arzteinschriften aus Ephesos 128
O. KELLER Hunderassen im Altertum (Tafel IV) 242
W. KUBITSCHEK Kalenderstudien 87
— Ein Straßennetz in Eusebius' Onomastiken? 119
E. LÖWY Athlet oder ApoUon? 269
TH. MACRIDY Altertümer von Xotion 155
C. PATSCH Die Saveschiffahrt in der Kaiserzeit 139
E. PERNICE Untersuchungen zur antiken Toreutik III 51
E. PETERSEN Archaischer Zierat von Erzgefäßen 70
G. RTZZO Theaterdarslellung und Tragödienscene (Tafel V) 203
C. ROBERT Zu dem Epigramm von Lusoi 174
R. V. SCHNEIDER Römisches Grabmal aus Oberitalien (Tafel II, III) . . 291
A. WILHELM Praxiphanes i
— Zwei Denkmäler des eretrischen Dialects 6
— Zu Josephus 238
— Inschrift aus Hyettos 276
— Inschrift aus Hypata 285
J. ZIXGERLE Fluchinschrift aus Maionien 143
Hl-:iRLAT'r
Spalte
A. COI.XAGO uiul T- KEII, ArcliSologisclic l'ntcisiu-luingcii in XonUlalmalicn 31
R. HEBERDEY Vorläufiger Bericht über die Grabuns;cn in K|iliesus ic)04 (jl
R. C. KUKULA BrSnde des ephesisclicn Artemisions 23
C. PATSCH Sidrona IIQ
— Dusinaiics 1 2 1
W. M. RAMSAY Neo-Plirygian Inscriptions 79
X. VULIt." Antike Denkmäler in Serbien i
A. WILHELM Inschrift aus Delphi 123
— Zu einem Papyrus der Sammlung Flinders Pclrie 123
E. PETERSEN Zu Heibig „Die tansE; und ihre Knappen" (S. 1.S5) 125
Emil Szanto, Wilhelm Gurlitt. Alois Riegl 125
Praxiphanes.
In dem letzten Hefte des Bull, de corr. hell. XX\'lll 137 hat ¥. Dürrbach
folgenden im Jahre 1881 auf Delos gefundenen Beschluß der Delier veröffentlicht:
SerA
XotpuÄo; 0ap3Üvovxo; eI-bv
ZTZBiori IIpajLCfavTjg (vac.)
5 Aiovuatcfavo'jg ypipiixcn; wv
ota-sÄEt ifj'. ~i\B'. Tfi'. Ar^Xüov
Y.xl Tzosi 0 V. 26vaxa[ äyaiföv
Arpio'jj -/.a; Ädyo)L -/xi spy'*'-'
SeoG/Ö-at x(bt orjjiwt sivai
10 npa^tcpavr^v Atovuaicfavoy;
euspylir/; ~£ toO tepoO toO sv
lif/MK y.a.1 Tüpöcevov Arpa'wv xa:
aijxöv y.a; sYyovoug aütoO xai £rva[i]
autoi; ä-£A£iav navKov xa: y/);
15 xa! oJxi'ag 'ijy.x'qv.y v.od koa:-
XBicci xa! Txposoptav £V Tor?
[ajywcj'.- £7t;[x£Ä£r'ji)-at Se aütcov
[xac] TYjV ßouÄr^v xr]v «£: |JO'jÄ£'j-
[ouaav] £äv xtvoj oewvTat y_prj-
20 [|xaTcI^o]'j(jav npWTOi; |.i£Tä -cä
[kpä, Sttw; äv] eC xupca xä 07:0 xoO
5t;]xou [£']jT/.p['j]jX£va' ävaypsc'jiai
[5s xö5c xö ']>V-.a|i]a xr// l-i£v ^O'M^i
[£L; x6 [jouÄ£uxTjpi]ov, xoiij Zz
2', [hponoiobc, £?; xo l£]p6v.
Die Zeit der Inschrift ist dadurch wenigstens ungefähr bestimmt, daß XoipOÄo;
öapTJVovxo; einen anderen, von Dürrbach S. 136 mitgeteilten Beschluß beantragt
hat, der sich glücklicher Ergänzung des Namens nach auf den ['A]ya9'[6axpaxoj
n]oX[uapäxo'j] 'PioioQ bezieht, dem der Bund der Nesioten in Delos ein von
Phyles aus Halikarnassos verfertigtes Standbild gesetzt hat (CIG 22S3C; Th.
Homolle, Monuments grecs 187g p. 52; E. Loewy, Inschriften griechischer Bild-
hauer 178; Dittenberger, Sylloge 224). In diesem Agathostratos hat K. Schumacher,
Rhein. Mus. XLI 223 den Agathostratos wiedererkannt, der nach Polyän V 18
als Befehlshaber der Rhodier über die von dem bekannten Chremonides befehligte
ptolemäische Flotte vor Ephesos einen glänzenden Sieg davontrug. Die .Schlacht,
in der die Rhodier als Gegner der Ptolemäer erscheinen, wurde früher um 244 v. Chr.
(Dittenberger, Sylloge 224) und wird nun von B. Niese, Geschichte der griechi-
schen Staaten II 135 zwischen 260 und 250, von J. Beloch, Griechische Geschichte
III I S. Ö15. 618; III 2 S. 433 kurz vor der Schlacht von Kos, in der Antigonos
Gonatas die ägyptische Flotte besiegte, ungefä.hr 256 v. Chr. gesetzt; die Ver-
mutung, der aus der Zeit des Krieges gegen Perseus bekannte Rhodier Polyaratos
Jahresliefte des österr. archäol. Institutes Bd. VIII. I
sei ein Sohn dieses Ag'nthostratos, bleibt bei der 1 liiulii^kfit des Xaniens nbiic
Wahrscheinlichkeit. Allertiingfs ist das Staniibild lies Agathostratos noii RIkkIos
von den Xesioten nicht notwendig aus jenem Anlaß errichtet worden. Aii(icr<T-
seits darf aber auch nicht behauptet w erden, daß es notwendig erst der Zeit der
rhodischen Vorherrschaft angehöre. Es gar dem Anfange des zweiten Jahrhunderts
zuzuweisen und den Sieger von l-.phesos für den AIuhmi eines jüngeren .Xgatho-
stratos zu halten (Bull, de corr. hell. X 121) geht kaum an, wenn aueh aus dieser Zeit
von dem Runde der Xesioten neuerdings mehr bekannt geworden ist (Demoulin,
Bull, ile corr. hell. XX\'I1 2^^2\ Miller v. Gärtringen, Thera 111 103). Aber aueh
des Bildhauers Phyles wegi<n ist di(^ delisclu^ Weihinsrliril't in das Ende des ilritten
Jahrhunderts gesetzt worden. Weil zwei auf Phyles bezogene Inschriften jüngere
Schriftformen zeigen, hat Hiller von Gärtringen früher zwei Bildhauer gleichen
Namens angenommen ^T(i XII i. Sjs), diese Vermutung aber niuierdings (Thera
I 1(15 Anm. 122) zurückgenoninien : ..die delisehe Statue sei um 235 v. Chr. gesetzt
und Phjies habe ganz wohl vierzig bis fünfzig Jahre später noch auf Rhodos
arbeiten können. Die Niederlage des (hremonides bei Ephesos sei an das Ende
seiner Laufbahn zu verlegen. Ptolemaios habe seinen Admiral, nachdem sein
Vorgehen mißlungen war, desavouiert und es für klügtM- gehalten, sich mit den
Rhodiern zu vertragen, die es wagten, in Delos eine Statue des Agatliostratos
zu errichten, vielleicht (S. 167 Anm. 144) erst einige Zeit nach dem Siege, unter
dem schwachen Philopator." Das Standbild ist aber gar nicht von den Rhodiern,
sondern von den Nesioten errichtet, und ein Wagnis war di(>se Auszeichnung
mindestens .so lange nicht, als ihr Bund und Delos unter makedonischer Vor-
herrschaft stand; nach J. Delamarres Nachweisen, Revue de philologie 1902 p. 301
und J. Belochs Darlegungen, Griechische Geschichte III 2 S. 428. 462 zeugt nun
für das Bestehen dieser Vorherrschaft auch unter Antigonos (ionatas' ,Sohn
Demetrios II die von Dürrbacli in demselben H(!fte des Bull, de corr. hell. .S. 93
veröffentlichte und richtig auf die Zeit Demetrios II bezogene Inschrift. Immer-
hin setzt auch Delamarre S. 324 die Weihung des .Standbildes des Agathostratos
in die Zeit der rhodischen V'urherrschaft und hiUt sie, nicht zum mindesten des
Bildhauers Phyles wegen, für nicht älter als 220 v. Chr. Drei Signaturen dieses
Künstlers IG XII i, 85 (Loewy 179), 809 (Loewy 180) (PüXr/s 'AXi/.apva'^aeOc
i~-j'.rpt und 103 (Jahrbuch IX 38) <I>6/.y^; IFo/.uyvoKO'j 'A/.;-/.apvaaa£'j; iOepYexa; £-o{y,a£
gehören aber der Schrift nach sicher in das dritte Jahrhundert, eben.so XII i, 69
nach v. Hillers wahrscheinlicher Ergänzung [*I>'jÄt^: (llo/.uyvono'j ?) 'AXtxapvxa^ey];
£v»£pY^~*? £~[oiVj3£. Jüngere Zeit verraten dagegen, den Abschriften naeh, der ver-
Praxiphanes 3
Schollene Stein jius Astypalaia IG XII 3, 213 O'jÄrj; no/'jyvwxo'j 'AA'.y.apvaaae'j; £7i:4rjcj£
und die Inschriften aus Rhodos XII i, 810, wenn zu dem allein erhaltenen
Ethnikon lAÄtxapvaaasü; richtig Phyles' Xamen ergänzt wird, und XII i, 825
(Loewy 181), wenn der Künstlername wirklich $Li[)vr;;] ist. Den sicheren Signa-
turen nach hat Phyles somit als Künstler des dritten Jahrhunderts zu gelten;
Homolle hat kein Bedenken getragen, die Basis aus Delos ,.ä defaut de preuves
certaines" in Anbetracht der Schrift der Mitte des Jahrhunderts zuzuweisen Bull,
de com hell. IV 332; H. van Gelder setzt Phyles GDI 3812 um 225 v. Chr.
Eine nähere Zeitbestimmung- werden hoffentlich wie für andere auf Rhodos tätigte
Künstler so auch für Phyles die reichen Inschriftenfunde ergeben, die dem Ver-
nehmen nach bei den jüngsten dänischen Ausgrabungen in Lindos gemacht
worden sind. Jedesfalls darf die Weihung des von Phyles verfertigten Standbildes
des Rhodiers Agathostratos durch die Nesioten auf Delos in die Zeit nach seinem
Siege und, in dem von Beloch und Dürrbach gekennzeichneten geschichtlichen
Zusammenhange, in die Zeit der makedonischen Vorherrschaft im Agäischen
Meere gesetzt werden.
Ungefähr in dieselbe Zeit g'ehört sicherlich auch der Beschluß der Delier
zu Ehren des Agathostratos. Für seine zeitliche Bestimmung gibt der Name
des Antragstellers einen vom Herausg-eber übersehenen Anhalt. Denn XoLp6Xoj
Oapauvovxo; ist der Sohn des ©apcjüvwv XotpüÄou, der nach Th. Homolle, Archives
de l'intendance sacree de Delos S. 104 im Jahre 268 v. Chr. izpoizoiö^ und im
Jahre 261 Äp/wv der Delier war. Die politische Tätigkeit des Sohnes wird in
die nächsten Jahrzehnte und, wenn der Vater diese .Stellungen in höherem
Alter bekleidete, mit der Zeit seiner Wirksamkeit noch teilweise zusammenfallen;
die von Choirylos beantragten Beschlüsse für Agathostratos und Praxiphanes
gehören somit in die Zeit um oder nach Mitte des dritten Jahrhunderts. Dazu
stimmt, daß der Beschluß für Praxiphanes nach Dürrbachs Bemerkung S. 130
ein Zeichen gewissen Alters in der Überschrift {^£o: zeigt, die in jüngeren Be-
schlüssen fehlt, aber ebenso z. B. über dem Beschlüsse S. 135 für Timokleidas von
Sikyon steht, den der Herausgeber mit Recht der Zeit vor 264 v. Chr. zuweist.
Unter diesen Umständen unterlieg-t es keinem Zweifel, daß Praxiphanes,
Sohn des Dionysiphanes, dem der von Choirylos beantragte Beschluß der Delier
gilt, der bekannte Peripatetiker ist, der ausdrücklich als .Sohn eines Dionysiphanes
bezeichnet wird (F. Susemihl, Geschichte der gTiechischen Litteratur in der Ale-
xandrinerzeit I 144). Schüler des im Jahre 287 v.Chr. verstorbenen Theophrastos
und angeblich der erste ypai.iiixiiy.ö; (Susemihl II 664), kann Praxiphanes das
1'
4 A. Wilhelm
zweite Drittel des dritten Jahrhunderts nicht überlebt haben. Eine genauere Zeit-
bestimmung hat Susemihl der lateinischen Biographie des Aratos abzugewinnen ver-
sucht, indem er aus ihr herauslas, Aratos und Kallimachos seien gleichzeitig Zuhörer
des Praxiphanes gewesen, und zwar zu Athen etwa zwischen 291 und 287 v. Chr.
J. Beloch hat aber mit Recht bemerkt (Griechische Geschichte III 2 S. 499), daß
diese lateinische Übersetzung mißverständlich wiedergibt, was die erste der
griechischen Biographien des Aratos erzählt, daß nämlich Kallimachos Aratos
als älteren Dichter mit großem Lobe nicht nur in seinen Epigrammen, sondern
auch £V tof; ~p6; Ilpacüfxvr; erwähnt habe. Die Tatsache, daß Kallimachos, dessen
Lebenszeit früher auf etwa 310 bis 235 v. Chr. (Susemihl I 347), von J. Beloch
neuerdings auf etwa 290 bis 210 v. Chr. bestimmt worden ist (Griechische Ge-
schichte II 493), eine Schrift an oder gegen Praxiphanes verfaßt hat, erlaubt
keine weiteren Schlüsse; jedesfalls ist Praxiphanes ein älterer Zeitgenosse des
Kallimachos. Nach Clemens Alexandrinus Strom. I 309 a und der lateinischen
Biographie des Aratos war er aus Mytilene; Strabon XIV 13 nennt ihn dagegen
unter den Rhodiern, die sich als Staatsmänner und Gelehrte ausgezeichnet hatten:
äv5p£; 5' eysvovxo [vn^nr^c y.\.o: r.oX^.ol cjtpaTr^yoc te xai äW.r^xaö, wv sta'. xai ol ITavaiTWu
xoO <:fi\oQb-:^'j\i TTpöyovoi- twv Zi -oÄitixcov xa: xcbv r.t^l Äöyo'jj xai '^'.XQaoy.y.y fi ts Ilavatxio?
auTÖs xa: Z-rpatoxAf;; xai !\v5p6v:xo; 0 ex töv nepina-cwv xa: AewvtSr;? 6 oxloixö^, tu 8h
Tipötepov U^TiZ'.'^mr^^ xa: 'l£pü)vu|iog xa! E'j5r,[^io;. In dem Beschlüsse der Delier fehlt leider
die Angabe der Heimat. Ob diese in einer verlorenen Unterschrift gestanden haben
kann, wie unter dem Beschlüsse Bull, de corr. hell. XXVIII 1 17 steht: E\)\xrßoo K/.al^o-
|ji£v:ou, läßt sich aus Dürrbachs Angaben über die Stele, die anscheinend auf eine
Abschrift A. Hauvettes, nicht auf den Stein selbst zurückgehen, nicht entnehmen.
In den erhaltenen Ehrenbeschlüssen für Fremde andere Beispiele für das Fehlen
der Heimatsangabe bei dem Xamen des Geehrten zu suchen, bin ich im Augen-
blicke weder gewillt noch imstande; aber wenigstens eines ist mir in Erinnerung.
In einem Beschlüsse der Magneten, 9 in seiner Sammlung, liest O.Kern Z. 8 ff.:
Aa[Aä/.o'j er^cv • im-.iri OüÄ:[ä]5r^[;
. . :? . 'j?:; . . xa: Me[vw]v IIpo[&]ou A:a;''
c'jvo: xa: -p4it"j[n]o: ef(3[tv] uep: xöv
S^^jiov TÖv ilaYVTjTfo-j' xa: xtÄ.
und müht sich vergeblich aus A:a- ein Ethnikon zu gewinnen. Ich erkannte auf
dem Steine in Z. 10: x]a': M[r(Vdo](i)poc 0['j]/.:a2o['j], den vorangehenden Vaternamen
Praxiphanes 5
— an ein Ethnikon mit dem Artikel wird man scliwerlicli denken dürfen — habe
ich nicht ermittelt, und meme Abschrift ist mir nicht zur Hand. In der ersten Zeile
dieses Beschlusses bietet übrigens der Stein, wie ich bereits Jahreshefte IV Bei-
blatt S. 27 Anm. 6 vermutet hatte, deutlich £-■ ''AXx'.oj; Kern hat einen sonder-
baren Namen, inl Awxio;, gelesen und in den aus demselben Jahre stammenden
Urkunden 10 und i i ergänzt. Für das Fehlen der Heimatsangabe in dem Be-
schlüsse zu Ehren des Praxiphanes nach besonderen Gründen zu suchen, wie daß
Praxiphanes zur Zeit nicht in seiner Vaterstadt, sondern anderswo, doch nicht
als Bürger ansässig gewesen sei, ist meines Erachtens nicht geboten. Für seine
politische Tätigkeit ist der Beschluß trotz der Allgemeinheit der in der Begründung
gebrauchten Worte ein vollgültiges Zeugnis. Daß ihr Schauplatz Rhodos gewesen
sei, geht aus der Nennung unter berühmten Rhodiern bei Strabon nicht mit
Notwendigkeit hervor, lebte und wirkte doch auch Hieronymos zu i\then. Immer-
hin ist beachtenswert, daß der einzige Beschluß, den Choirylos unseres Wissens
außer dem für Praxiphanes beantragt hat, dem Rhodier Agathostratos gilt, der die
Flotte seiner Vaterstadt im Kampfe gegen die Ptolemäer zum Siege geführt
hatte. Es ist somit möglich, wenn auch nicht zu erweisen, daß zwischen beiden Be-
schlüssen ein innerer Zusammenhang besteht und sie, wenn nicht gleichzeitig
gefaßt, so doch beide bestimmt sind, Männer zu ehren, die sich um die Delier
und den Bund der Nesioten zur Zeit ihrer Abhängigkeit von Makedonien Verdienste
erworben hatten. Auch ein anderer Peripatetiker der Zeit, der allerdings eigene
Wege ging und sich von der Schule unter Lykons Leitung zurückzog, Hieronymos,
und später Prytanis waren Anhänger der Makedonen und ihrer Politik dienst-
bar. Auf den von R. Hirzel und R. Scholl, Hermes XIII 46. 446 besprochenen
Dialog, den Praxiphanes an dem Hofe des Königs Archelaos spielen ließ, würde
so vielleicht noch besonderes Licht fallen.
Zum Schlüsse sei bemerkt, daß in dem von F. Dürrbach S. 121 mitgeteilten
Beschlüsse Z. 3 nicht [irzsior^ -apa^Jirävts; ini tyjV JjouXtjV v.%1 töv 5-^[.iov, .sondern [xaxa-
a]Txv-e; zu lesen ist, wie die Inschriften aus Ephesos in Dittenbergers S3dloge 470
und Orientis graeci inscriptiones 10 und die von E. Curtius in seinem Aufsatze
über Paulus in Athen (Gesammelte Abhandlungen II 528 A. i) besprochene Stelle
Herod. III 46 zeigen. In einem anderen Beschlüsse S. 124 Z. 14 ff. ergänze ich: xat
Tor; a.'-f'.v.V'JU\xb/oiq xiöv 7i:oa:x())v auvepyer |i£Ta -äar^^ 7ipO(l"j|u'a; sv o[r; äv fJYyäJvwao
ypefav £7_ov[t£c.
Innsbruck. ADOLF WILHELM
Zwei l)cnkmal(jr des crctrischcn hiakkts.
X
I.
V4)n der Inschrift aus Aliveri auf Kub<jia, dir; durch Ranj^abes Veröffent-
lichung, Antiquites Helleniques 957 und in dem mir nicht zugänglichen Memoire
hur la jjartie meridionale de l'ile d'Eubee 1852 bekannt ist, findet sich in dem
in der Hibliothek der königlichen Museen zu Berlin aufbewahrten Sammelbande
Schaubertscher Aufzeichnungen, über den V. Koepp, Arch. Anz. 1890 S. 140
berichtet hat, eine bisher uiilj<;achtete Aljschrift. Keineswegs fehlerfrei, stimmt
sie in seltsamen, bisher ungedeuteten Lesungen mit Rangabes Abschrift über-
ein und hilft so in engem
Anschlüsse an die Überliefe-
rung das Verständnis einer
sprachlich und sachlich merk-
würdigen Urkunde wiederzu-
gewinnen. Der Stein selbst
scheint verloren. A. I'au-
meister hat ihn bei seiner
liereisung Euboias noch ge-
sehen (Jahrb. f. Philol. LXX\'
•857 S. 352); ich habe ihn
im Jahre 1890 an Ort und
Stelle vergeblich gesucht.
„Inschrift aus Aliveri auf
Euboia. Stiege zur Haupttür des Temjjloii der Kirche "A. l'a'öpY'.c:. Das OD ist be-
deutend grölier, tiefer und roher gehauen. Die folgende Reihe steht etwas davon
ab. Mitgeteilt von dem königlichen Consul Herrn von Hahn."' Schaubert.
Der .Stein ist vorstehend nach der Abschrift abgebildet, die ich im Herbste
1901 von Schauberts Zeichnung nahm, auf der nächsten Seite ist Rangabes
Abdruck wiederholt.
Die ersten erhaltenen Worte schliefen einen Satz, der dem Übertreter ver-
lorengegangener Bestimmungen eine Buße von vermutlich fünfzig Drachmen
auferlegt, die Apollon zufällt. Dem Ajjollon wird auch von der in dem Vertrage
zwischen Eretria und Histiaia (F. Bechtel, Inschriften des ionischen Dialekts 15;
O. Hoffmann, Griechische Dialekte III .S. 11, 18) für Übertretungen fest-
gesetzten .Strafe von zehn Talenten der zehnte Teil zugf-sjjrochen, dem Apollon
ONTAAPAXMA
O A A A N O ? O A E .6. i: ii " ,
MMHOPI^/KE^.AIE \
P/^PE ITOY? OMOPA«\
ENTA YfPA?^ MA \
NETAEKP PHTTONTA.
AEOI lEPO.AOlHAYTONO^E
AONTANAIP.AE CD
ATÜTINEIN EEAMME-.4EIPA
H*EPANAAOI EKATONAPAX/'
AiEANAEBOi KANNE I PEAAN
«TE PE<OATOYBO«KHMATO^
A«fvy/;p6f^?, dessen Tempel an Eretria au%edßckt ist ((IIp!ni.Ta!^ 1900 S. 53I
wahrscheinJicher als dam Av-'-o; fEtpr/li. ^pX- 1900 S- 53)- Sitammat aber däe
Inschrift aus Tamynai, das in dier Geg^end s^on Aliveri g-esiucht ward (D, Staaaro-
pullos, 'Eyr^i- Äpy. 11895 S- 152; F, Geyer, TofjKOgTapMe wind Gescäiäclhte der
Insel liuboia I 75), so wird d«- Gott siclier der Apollion «ein, dem das be-
kannte doTtif^e Heiligtum j^ehörte und dem da« in der .Siegerliste 'E-ji^ii. ipy.
II if>, 412; E. Reisclb, De miasidLS GTaeßormm certaminibims S- 126; Mäclsei,
Re>oueil 897 '("E'-^r^i, ipy. 1895 S- 16,5) («-wähnte an'selhiinilicihe Fest der Tuojt'Wffi« g-efeiert
\ward- Die sichere Ergänzung- der ersten Zeile ;[kp«s 'C^St 'A3c}6/JjA*)«'; ergibt eine
5keile ziuvieL An tp^ ist nicht zu denken,
weil der Stein K.-ll>vt in / - 'f^'j-W. hu-x-ct ■ssswljx.'lcwzix. ^payjiä:^ i£j>i-
5 ic5 'AicJlsiUiwyoc- i ^ ^y^S?W/.'
^NTAAPAX^A' o; d]x^ «irj ep>'.<;*[pj)£'. ![tj Jlfj] !(•>£-
■) AAriN O ^O A E A (- ^ / V -, r -n - ,r Ti - ' T
A M ^ N o P l^riK E I M I E <-'e)7>>fl[«3?e-. ~.o'K ;[ii3rj oj^c^tv-
YPAPEITOYAH OPA > ~%% Äevx«[xc|p|['j)«; Slpz/Jii;
\ ^ r E N TA// Y P i:A i A K A V,, A « r*>:r^'/£'^' er^zpr.^^y^
AEOIIEPOPn.OII-ITn.NO<*'E 5^=^ '^p«:i['>]K Tj afJT^;] c.?£-
AONTn.NAIPAECD /.WPWV ^.tJ^I},
APOT 1 NEI NAE EAMMENHKE 1 P/l
H<t.EPnNAAniEKATONAPAXM *r^y£:y 5t th, ii^ y^-f^M
A«EANAE80CKnNHCI*EAn.N ^ .^ ,\
^ T E P E ? OnTO Y B O ^ K H M ATO ? '" ■^n ?£?*»> «'-^ EXOT^'V Spseyjt-
und auch der eben erwähnte Vertrag mit ^s?^^^*« w5 ^OTcr^jexo;.
Histiaia, die Tempelordnung von Oropos
IG \'II 235, Sylioge 589 und der kürzlich von G. A, Papavassiiiu, 'E-pjji. 4px- '902
S. 97 veröffentlichte Beschluß über den musischen Agon der 'Ap-TEjitp'.«. der, wie
ich demnächst zeigen werde, in die Zeit unmittelbar nach der Befreiung Eretrias
im Jahre 340 v, Chr. gehört, nur die Formen mit lep- kennen- Es wird also ent-
weder das Iota gegen die 3TV.77;5©v-Ordnung zwischen die Buchstaben gestellt
oder statt toO: tö geschrieben gewesen sein. Zu letzterer Annahme berechtigt
Rangabes ausdrückliche Bemerkung: 'Les lettres sont trfe-belles et tr^reguliere-
ment traeees les unes sous les autres. Leur forme, aussi bien que Torthographe,
indique une epoque contemporaine ou meme superieure ä Euclide, car il est
permis de croire que l'usage des lettres H et n fut adopte dans les actes public»
en Eubee avant de l'^re ä Ath^es.' Der Beschluß der Eretrier für einen ihrer
Befreier von der athenischen Herrschaft aus dem Jahre 411 j/. Chr., den ach
'E^r^Ji- äpy. iSoo S. 195 veröfFeiulirht luilic (Syllo^o 47), zeigt einmal, (li(> TiMiipel-
ordnung' aus Oropos viermal diese ältere Sehreibung: Z. ü toO [ir^vi; Exajio ?
17 ivtö8'a. 31 ,3ÖXrj-a'.. 43 ,io).o|t£voO. 33 toO ispr^O'j sxxsto, der IVi-sehlulB über die
"ApTE[i{p;a einmal /.. 31. wiedi^r in dem Worte jjOÄÖ(.i£V&v, selbst dir zu I-'hrcMi drs
iTlaukippos 'K-^-r,|i. äpy. i8q2 S. ijh. Sylloi^c 1S5 aus dem lüidc des vierten Jahr-
hunderts einmal /.. 10 -oiövia:. In der Insehritt selbst steht Z. S Ö'^eXövkov wi(>
l(i \'1I 235 Z. 8 ä^ixv£|i£vwv naeh Dittenbergers Deutung.
Der Beamte, dem die Abnahme des Eides zur Pflicht gi'macht ist, selieint
der 5T(|iapyo; zu sein: wenigstens will (>s nicht gelingen, eine andere Amtsbezeich-
nung ausfindig- zu machen, deren Atd'angsbuchstaben gleich gut zu den von
Rangabe, und freilich nicht .U''"'- ^" .U^'t. '^i' den \(ni llahn nach OAE in der zweiten
Zeile verzeichneten Resten und zur Lücke stimmen. Dalj der Raum nach OTjU-ap/o;
die Schreibung tii[i statt wie Z. ^ und 1 1 £ä|i fordert, spricht nicht gegen die Er-
gänzung. Denn augenscheinlich ist es Unsicherheit der Aussprache, die solche
Schwankungen in der .Schreibung verursacht. In der Inschrift selbst steht Z. 7
:£po;;ooi, in der Tempelordnung aus Oropos Z. 37 S£iö|i£vov, in dem J^eschlusse
über die 'ApT£|i;pta Z. 26, 2g [£pEa neben Z. 28, 35 Iz^zioc (vom Herausgeber irrig
beurteilt) und Z. 27 'Hpxou wie .Sylloge 47 Z. 10 "AU-r^vxiov statt 'Al^r//a(wv, Sylloge 185
Z. I 4>avo/./.£iou. ö ,jaa:Ä£ra, 7 'EpETpiEtwv.
Demarchen nennt der Beschluß über die 'Ap-£|i:p;a Z. 2^ und 34 und zu
zweien erscheinen sie nach dem Polemarchen in der 'E'.fr||x. äpy. 1899 S. 140 ver-
öffentlichten .Siegerliste, die der Herausgeber trotz ihres 1^'undortes, der (regend
lIa/.xio-/ü)px bei BäO'Eia, in der das Heiligtum der "'Apisjii; 'A[i.apuata gesucht wird
{M. Stauropullos, 'E'fr^ji. äpy. 1895 S. 161, K. Kuruniotis ebenda 1900 S. 5), und
der Verschiedenheit der einleitenden Formel, in der statt eines Agonotheten eben
die zwei Demarchen genannt sind, auf die Agone der 'ra|CJV£'.a beziehen möchte.
Ereilich sind die Steine auf Euboia vielfach gewandert CP>.fr;ii. äpy_. 1892 S. 141,
160, I7','; 1895 S. 156; 1899 S. 141; 1902 S. 142). Daf3 übrigens diese Siegerliste
in dieselbe Zeit gehört wie die der Ta|iLiV£'.a, zeigt eine, glaube ich, gesicherte
Ergänzung der letzten Zeilen. K. Kuruniotis las Z. 6 flF.
()tO£ EV'/.fOV
£-ö)v -07^r/,[:]
Ar/idooTO: 'IlpzzX£tT[w
(})A
ENTn
und umschreibt £v zm. In anderen Listen steht aber vor oder nach dem i-(7)V -oir^xT^;
Zwei Denkmäler des eretrischen Dialekts 9
nicht selten der py.'\)i<ioiz: IG VII 416. 418. 420. 1760. 1762. 2727. 3195 — 31Q7.
4147, und ein pa-icoSd;, in dessen Namen die in der letzten Zeile gelesenen Buch-
staben wiederkehren, ist bekannt. <t)A wird daher vermöge eines, bei Buchstaben
gerade dieser Zeit begreiflichen N'erseheiis, statt PA verlesen und zu ergänzen sein;
[(/ocbw'.oöc]
[M]ev-w[p 'ATtoXXoSÖTO'j '\i^y.-/J.eM-.riz].
Mentor ist in gleicher Eigenschaft in der Siegerliste der XacpiTTjaia von Orcho-
menos I(f VII 3196 genannt, die nach E. Reischs Nachweis, De musicis Graecorum
certaminibus S. iii wie 3195. 3197 und die Siegerlisten von Oropos VII 416 — 420
und Thespiai VII 1760 in den Anfang des ersten Jahrhunderts v. Chr. gehört;
mit VII 3195 aber und den gleichzeitigen Listen aus Oropos VII 418 und 420
ist die Siegerliste der Taicjveia, wie ebenfalls Reisch gezeigt hat, durch gemein-
same Erwähnung mehrerer Künstler verbunden. Übrig-ens sei bei dieser Gelegen-
heit bemerkt, daß der y.id-x^i'jxr^; — g Seooözo'j Syjpxloq, den das bei AOÄiovapiov auf
Euboia gefundene, in der 'Etfr^n. ipy. 1902 S. 107 veröffentlichte, leider zugrunde-
gegangene Bruchstück einer Siegerliste nennt, der tzoit^ty,; TpayfjJOiöJv Aioyevr^;
WeoSot&'j ör^^iaro; der Siegerliste aus Akraiphiai IG VII 2727, deren verloren ge-
glaubten ersten Teil ich im Nationalmuseum zu Athen wieder aufgefunden habe,
oder mindestens ein Verwandter desselben sein wird.
Die rhotacistischen Formen sind bisher in Z. 3 und 4 ebensowenig wie sonst
in der Inschrift erkannt worden und fehlen daher in Bechtels Auszug (Inschriften
des ionischen Dialekts 22) und in O. Hoffmanns Sammlung. Nach opxwps: ist
eveyupäpei sicher, zweifelhaft nur die Ergänzung der Lücke, da von Hahns Ab-
schrift auf [y.]ocl £. die Rangabes auf jir, s, mit Auslassung eines r,. zu führen
scheint und obendrein zwei Stellen vor svE/upäps: frei bleiben; vermutlich hat der
Steinmetz beim Übergänge zur nächsten Zeile irrig zwei Buchstaben wiederholt.
Dem Demarchen war also Vereidigung oder Bestrafung- der den Eid nicht
leistenden unter Abnahme eines Pfandes aufgetragen. Über das Vorgehen klärt
eine Stelle in Piatons Gesetzen auf 949 c: otxöjv t£ Tzepl Xrjcew; tov aü-ov tpörrov ehot,:
npbg a/J.TjXou; Tziai -r)v xptcjtv, Saa x;; eXsuS-spoc SiKzid-zC ~fj TioÄsi, |J.Tj-' oOv TiÄT^ytov äz'.oc
[iTjS' aü osafiwv [ir^oh 9-aväto'j. -spi 5c yope'.y.z tivtov -^oitTjastov y^ -Ofi-s'jsswv Vj toiouxwv
xtvöv a/./.wv xoivwv xocJi-tT^asMV y, Äsixo'jpYitov, ö-öax -spi ü-jaia; Eipy^vr/.y;; y, -o/,£|i;y.wv
eiacpGpiov eovcxa, "xviwv xwv tgio'jtwv ty^v r.pmzyfj äyx-f/.r^'/ zy.y-Ji^i £:vai xy,g ^(^\\.\y.z. tcü os
[iYj 7:£iy-o[^i.£vo:; ivzyypy.'jioi.^/ -oöxo:; olz. av ~4Ä;j «[la y.x: v6|.iog £t3rcpa-x£tv npoarä-xy,,
Twv ok aTiet-ö-oüvxwv iol'.c, b/eyupocaioi,'.:; izpötav/ xGn £V£-/6pwv zhxi, zb ok v6[_ua[j,a Y'rfvzalhoii
Ttj nöXs.'.' ixw Ss L,rj[i.ixq SEWvtai -Äci'ovo;. -i.; y.pyy.z iy.x'jzy.t xor; ä-£i9-oOa'. -.%z 7zpe-'-/j:!xq
JaLresbefte des österr. archäol. Institutes Bd. \IH. 2
Die Tempelordiumu von Oropos IG Vll 235 sa^t Z. q av 0£ t;; äc;y.£f sv lot Ispoi
f, ;ivo; f, Smözr,:. ^rji'.oO-to 6 Ups'j; [dyp: -irzs. 2pa-/|t£(ov xupiw; xa: ivs/upa Xa[i[jav£i(ü
Toj £^T({f.wnivoy äv 5' sy.iivsi ri äpyjp'.ov «lapEov-oc xoO ispeo; £|i|iaA£-ca) ef; x&v H'rjia'jpöv.
Auch das Astyiiomengesetz von Peryamon, Athon. Mitt. XXX'II 47 (vcfl. h. Keil,
XXIX 75 ff.) ordnet mehrfach im Falle des Uiiy-eliorsanis rtrnuUin^ an, 1 /. 07 y.xl
j]äv är[£ii)-(OCT:v. £v]£y_upa;^£[-(03av aÜTO-j; o[ ä^tuvöi^io;]. II Z. 50 ixv -lv£; |irj ä/:o5:5(T)a:v —
/,a|i,iavi-:(oaav aOnov 0: ä|i-,fo2äpxa: svEyjpa xa: xit^iaiKoaav £V£yupaa:'av npö; loüc äaiu-
vö|iO'j; aO«>r,}i£pöv r, t»,: 03-:£pa{a:. xa: iäv lUiiVc:; irojicsr^Ta: xä £V£-/'jpaai)£v:a £v r,|t£pÄ'.;
TrsvTi. TTwÄEiTwsav a'jTa xt/.. (dazu \V. Kolbe S. 05).
Die Lesung- -ob;, [it^ öjiöpaviac setzt voraus, dal3 Rangabe nach to'j das Sit;nia
übersehen und statt IiryiSrj gelesen, und .Sehauberts (lewahrsniann die Lücke nach
XO'JC, wie aucfensoheinlich in der nächsten Zeile zwischen 5 und |ia, /u klein an-
gegfeben hat. Wie mangelhaft beide .Mischriftcn sind, zeigt /.. =; : die lüuluny
-piac nach -Evia hat verführt an (lupia; zu denken, daher sind die dazwischen
stehenden Buchstaben in diesem .Sinne verlesen worden, während d<jch Tievxa-
xopJa; allein möglich ist. 'Ispo-oo: mit Ausfall des L)ta wie, schon erwähnt, ajx'
'A«l-Y/ä(ov Sj'llogc 17 und 'Hpäo;; "E-.fTji. äp/_. 1902 S. 99 Z. 2-. 1 )al.i beide Abschriften
Ifipo-noi bieten, wird bloiJes Versehen, und die Le.sung AYTON und l-lTriN in der-
selben Zeile statt aCixo: vielleicht durch das Darüberstehen der Silben lov und xiov
veranlaßt sein. Zum .Schlüsse des Satzes ist 5:-X£r zu schreiben; so heilJt es in
Piatons Gesetzen 92Sb 6 oi irrftpo-oc — Zri\).io{)X(>) tw Zilx'n: x'.|i'/;|ia':: tö) SixasTr^p:'';)
C'.Tz'/.r,, 868 a ö xT£:vac — 5'.:x}.Y( zb f/Äpo; exxEtaaxd) xw x£xxrj|i£Vto; Si7:X£: xaxaaxaast in
der gToUen Lischrift von (xortys (iDI 4991 VI 22 u. s., 4998 111 16, xav S:-X£iav
xaxaTtäaai xä; -'.\\.iz z. B. 4991 ^'l 41. Daß das Zeichen CO später eingezeichnet
ist, bezeugt auch Rangabe ausdrücklich. Ahnlich ist ein A von .späterer Hand
auf dem in Chalkis gefundenen .Steine ^¥jyi^\K. äpy. igo^ .S. in eingezeichnet, den
ich in derselben Zeit.schrift 1903 S. 135 für attisch erklärt habe und in ilni-ni
nächsten Hefte neuerdings behandle.
Der zweite Teil der Inschrift bezieht sich auf den .Schutz eines heiligen
Bezirkes, in dem Beschädigung der liäume und .Sträucher und das Weidenlassen
von Tieren verboten wird. Da die in dem ersten Teile erwähnte Buße Apollon
zufällt, liegt es nahe, an einen ihm geheiligten Bezirk zu denkiMi. Ahnliche \\c-
stimmungen enthalten die In.schriften über das Heiligtum des WrS/.'/.wt 'EptaaitE'Jj
oder 'Epi3aö-eoc, Sylloge 568 aus Athen, 569 (IG Xll .s, loK) aus Paros, 570 aus
Chios, 565 aus Amorgos, wie L. Ziehen. Rliein. .Mus. LIX 400 erkannt hat; 531
Zwei Denkmäler des eretrischen Dialekts I I
(J. Delamarre, Revue de philologie igoi p. 165) ebenfalls aus Amorgos Z. 35,
GDI 5027 aus Gortys, die Mysterieninschrift von Andania 653 Z. 78, die Ordnung-
des Heiligtums der Alektrona 560 Z. 30, des Heiligtums des Apollon Koropaios
790 Z. 78 ff., die Inschrift aus Tegea, zuletzt Michel 605 (Br. Keil, Anonymus
Argentinensis 311); gelegentlich erwähnt solche Bestimmungen die Inschrift aus
Magnesia und Itanos Sylloge 929 Z. 80: vöi-ioi; yäp Ispot; xa! ipy.i^ y.%'. STttxt'ixoi; avwil'sv
5'.£7.£y.(i)/ojto Lva |irj{)'£i; ht toj ispöit xoö Atö.; "coO Atxtatou lir^te svvejxr^i |it;T£ svaijÄoatÄXf/.
l-iTj-cs a7i£[pr;o [xTjt£ ?uÄ£urj:. Ebenso wie hier steht XEtpeiv in Polydeukes Nachricht
über eine athenische Behörde, deren Namen verloren ist, VIII loi o'jxoi -ap£-
cpüAaTxov [.iTj Ti; ivxöj xoO IIsAaaytxoO xEtpEt rj zaTä tiaIov £COpLixT£i xa; x(J) ap/ovxt iiapE-
ot'Soaav xo oe xi'iWjiia y^v xp£t; opayjial y.aE «tiXoüv xö IjAajio;. <l>£piov Z. kj erklärt
Sylloge 568 (IG II 841) Z. 5 [ay; xotxxeiv xö Upöv xoO 'AiiöÄXtovo; [xrjSs cp£p£iv tuXoc [itjSe
xoOpov j-iTjOE cppuyava [itjOe cpuXXöjJoXa ix xoö iepoO' äv Se xt; Xr^-^S-sr xovxxtov vj cpsptov
X'. xwv ä;T:£;pr)H£V(ov £x xoO lEpoO xxÄ. Über die Bedeutung von xoOpo; bemerkt Ditten-
berger: ,a verbo x£tp£'.v derivatum nomen lignum sectum (so auch H. van Herwerden,
Lex. gr. suppl.) significare manifestum est (cf. xop|iöc), sed quidnam discriminis inter
CÜÄa et xo'jpov intercedat latet'. Aber der Unterschied scheint mir klar. <I>i)XX4[joÄa
sind abgefallene Blätter, -.ppüyava dürre Aste, gSkj. das frische Holz der Stämme,
somit kann xoOpo^ nur abgenommene, laubtragende Aste und Reiser bedeuten.
Soweit richtig hat St. Kumanudis ^'j'/zy. äec. yXhp. verstanden xXxooj OEVopwv,
aber irrig erklärt: x6po;, [iXaaxö^. Es handelt sich nicht um die Triebe am
Baume und Strauche, sondern um abgenommene Reiser und Aste; ihr Abnehmen
ist ebenso ein X£[p£tv wie das Abnehmen des Haarschmucks. KoOpo; ist also zu
xoupEÜ; zu stellen; über das Verhältnis von xoupEuj zu x£tpto, mit dem es freilich
nicht unmittelbar verl^unden werden kann, s. G. Meyer, Gr. (rr. ' 135. Es ist
beachtenswert, dal3 Polydeukes Nachricht das Vorhandensein von Anpflanzungen
im Pelargikon beweist. Seine Worte xw ap-/ovx: TxapeSioocjav finden ihre Erklärung
in den ausführlichen Bestimmungen derselben Inschrift, denn nach den eben
ausgeschriebenen Worten av oi xt; Xr|-.fi)-£r xotxxwv xxX. fährt sie fort: äv |X£V ooOXoj
£: 6 AYjcpil-Et;, j.iaax:Ywa£xa; r^t'ixi^y.vny. TSLt^'(y.z, v.y}. T^apaowsEO aOxöv xai xoO Secjtigxo'j xo'j-
vo[jia 6 i£p£Üs xwi ßacdEC xxX., iäv Se iXEÖS-spo? ££, d-wacjEo aOxöv 6 oEpEüj [X£xä xoO 5r;-
[läpy^ou TiEVXTjXovxa Spa/jxar; xal TxapaSwaEi xouvojia a'JxoO xöt ßaaiXEt xaE XEf ßouXsr xxX.
Über solche EiaayyEÄcai handelt H. Brewer, Wiener Studien igoo S. 277; ein
neues Beispiel bringt eine Inschrift aus Amorgos, Revue des etudes grecques
1903 p. 166 Z. 3: e/lEiStj ri iipz'.y. vq;. Arjixrjxpoc XTj; Sr^jxoxEXoO; day.yYeXXs.1 TXpöj xou;
T^p'jxävEi; TXEp! xö ispöv x-/); Arjir^xpo; özi w. yuvarxs: sfatoOcac ... y. iv xöx tEpwt
x-:Ä. Z. lO dürfte Schauborts Gewährsmann mit ä),o5 das Richtiyo bieten L;(\L;-eiiüher
Rangabis iXCii: die F.rsetzuni;- der auslautenden Diplitonge (o: und r,; durch o:
und ei (Z. 3. 4. 8) entspricht dem Dialekte. In der nächsten Zeile führen die
l.esung-en der beiden Abschriften NElPEAnN und l-|[:ict)EAn.N auf HEIPEAriN: i\
£ip£/,ö)v. Statt EtasXwv von siasÄäco (Kühiier-IMass, Gr. (ir. II )io\; Rnni.;ab('' hatte
■7, V. i:f£>.wv vermutet. Bestraft wird der Hirt nicht nur. wenn er Tiere im heiliv^en
Bezirk weiden läßt, sondern schon, wenn er beim Hineintreiben ertajipt wird. So
heißt es in dem v6|.io; über das tei^isvo; der .\lektrona Sylloye 5Ö0 '/.. _m [ä, sadto
Tt^o; ovo; r,niovo; yivo; xta.. Z. 30 d 8i y.% r.^bpoL-x £t3,3aÄTjt. ä;:ox£:aäxw OixJp exiatou
rrpo^äTcv) ö|ioÄcv 6 £3^aÄi!)v: in der Inschrift aus Arkesine Revue de philol. igoi
p. 105 T.^i'jxzx 5£ jiTj izETTd) £[i,j'.,5ä3-/.£;v £'"c ib ~.i[\.z'i'jt |ir,5£vi' v.m Zk £[i,j'.,3äaxr/., Iozm
-% T.^i^xxx [£fä ToO Alcc ToO 'r£[i£v[-:o'j XT/.. Die Inschrift aus Delphi GDI 2536 ver-
bietet noxävEtv -X ici'MV.v.x ^^i\\.yLX-.x. und in dem von J. Delamarre auf der Insel
Herakleia bei Amorgos entdeckten Beschlüsse der Nesioten, Revue de philol.
1902 p. 291 heißt es Z. 4 ff . ix'i oi z:; .j:a3d^£vo; xl'fxz Et'jai'[£iv rj Tp£-f£:v (so ist
statt &'.<jif[w/] zu lesen) ev t//. -/i^-joy. r.xpx -öos xb (J'Yt'-'I'-'' "''•''• ~^"^ opxov -öjv xtoÄ'jdv-
-wv T'.va; XTEiVEi x-/.. Das Tränken des Viehes in dem heiligen Bezirke wird verboten
in der von W. R. Paten Class. Rev. 1902 p. 290; P. Kretschmer, Jahreshefte
V 140 und P. X. Pappag"eorgiu "A!l-r,vä 1904 S. 243 behandelten Inschrift aus
Eresos Z. 21: T^oJTi^r^v ci [ir^Si v.zri^vtx \i.ifik ,joaxr,|ixxa £v -6) x£[i£V£;, an c'iffentliclien
Brunnen in Pergamon durch den pxrsC/j.v.iz vöiio; Athen. Mitt. XX\'1I 47, 1\' /.. 14
^iT(8-£v: 51 £C0'j3ia eoxü) iiv. zGyt Sr(iioai(üV xpr/ytov [^iTjXE xxf^vo; 7iOx;C£iv |iYjX£ E|iaxta 7:Ä'jv£:v. und
das Baden und Waschen untersagt in xpf//ai, nahe einem Heiligtum der Demeter, die
Inschrift aus Keos IG XII 569, deren erste Zeilen noch nicht richtig gelesen sind.
Bei dieser Gelegenheit sei ein Ver.such unternommen, die bisher unergänzte
Inschrift aus Delphi, Bull, de corr. hell. XXVI 268 herzustellen:
'E5o;£v xo:; ä[i-.f[:x]x:'o3:v £'": xiv -.xz-.y.[iy. xäv y:/x-.t\Hl'jy:t (?)
\t7ib xoO pa3:/.[£w]c 'Axxä/.ov) |i.r,b-£vi £?[vx'. ävxi>£jix
vix^tl-t%: |iT^iM[v] [iT^OE oxavoOv p^oi [xaxa/.'jE'.v Txpö
xä; TJXTxaSoc £[v] xw'. xo;:[iüt x]ö)'. Ozö 'A[Txä>,o'j xafriEpo) ^ —
5 [üvo'j (verschrieben oder verlesen statt -nivw.?)- d 11 \l■i^. xö x£ ävx()£[|ia il]o'j'j'.x
£[aX()) (lEX-
äp»: xa; ä-ox£ra[a'. xc.v] äva0-[£vxa x]al äx[3;xxo0vxx
icpo'j; xöj: 'ATxipJ.wvt] xtö: II'jv)'[t(D: axax^pa; — ].
Die Ergänzung überschreitet freilich in der ersten Zeile die sonstige Länge
beträchtlich und ist in der fünften mit der Lesung des Herausgebers nicht zu
Zwei Denkmäler des eretrischen Dialekts 13
vereinen. Zu dem Verbot der Aufstellunq' von Weihgfeschenkeii vgl. IG II 63g,
mit meinen Ergänzungen, Festschrift für O. l>enndorf 243. Neben -jV.xvoOv (Sylloge
562. 581. 653 Z. 34) glaube ich v.yr.yj/jf.v vermuten zu dürfen, von bloßem Lagern zu
ver-stehen. Dasselbe Wort neben xaiaXuEtv auch in der Inschrift aus Knidos Sylloge
561 (J. Delamarre, Revue des etudes grecques 1903 S. 171) zu ergänzen, scheint
der Raum nicht zu empfehlen. DalJ b/y:i/JZt'j\)'y.'. in der Urkunde aus Ephesos, Jahres-
hefte II Beibl. 27, nicht anders als sonst aoXi^sa&at zu verstehen ist, hat U. v. Wila-
mowitz, Hermes XXXIV 211 bemerkt. Der Satz wird nunmehr Jahreshefte III
Beibl. 222 so gelesen; tou; epywva; svauJ.i^safl'a'. oO 7.wX6a£(. [is/pl^ ^"^ s]t£Xe[t]w[9T; xä]
£p[ya]. Der Indikativ des Aorists ist unmöglich uml obendrein ist vor Tc/,£'.<i) der
untere Teil einer senkrechten Linie, nicht Epsilon, erkannt worden. Also war ].i.£-/f.[L5
äv] oder [ji£)'_p[ij ou] t£Ä£[w[9-/;l xä] £p[ya] zu lesen; der Abklatsch scheint av zu
empfehlen. Über Äxay.x£tv, wie ich in Z. 6 der Inschrift aus Delphi zu erg'änzen
versuchte, handelt Br. Keil, Die solonische X'erfassung 103 Anm. Daß die Weg-
lassung des Artikels bei dem zweiten Gliede : xöv dvailivxa v.a). äxaxxoOvxa dem
Sprachgebrauch entspricht, zeigen L. Radermachers Sammlungen in seiner Be-
sprechung der Ausgabe des Euripides von Prinz und Wecklein, Gott. Anz. i8gg
S. 708.
Es erübrigt ein Wort über die Zeit der Inschrift aus Aliveri. Gegen Ran-
gabes Ansatz: möglicherweise noch im fünften Jahrhundert, spricht, daß zwei
Steine, die dessen letzter Zeit angehören, der Beschluß für den an der Befreiung
Eretrias von Athen beteiligten Tarentiner Hegelochos 'E-.fr;|x. äp/_. i8qo S. 195
Sylloge 47 und der in der Schrift äußerst ähnliche Vertrag mit Histiaia (F. Bechtel,
Inschriften des ionischen Dialekts 15) in den Formen des Beta und Rho, i und f,
und des Omikron O höheres Alter verraten. Entscheiden würde dieses Bedenken
nicht; vorsichtiger ist es, sich mit der Verweisung in die ersten Jahrzehnte des
vierten Jahrhunderts zu begnügen.
IL
Die stolzen Worte, in die der kürzlich 'E-^Tj|x. äp/_. 1902 S. 97 veröffentlichte
Beschluß der Eretrier über die Abhaltung" eines musischen Agons an dem Feste der
Artemis ausklingt: Stxcoc; äv xaxä xoOxa yivr^xa'. r^ ö-uaiVj v.oO. -q ixouatxr; xei 'Apx£|xtSt bIq xov
<i.e.i ypövov elzitd-ipiov ovxojv 'Epexpiewv y.a.i eu Tiprjxxovxwv xal «iixoxpaxöpwv, enthalten einen
Hinweis auf Zeit und Veranlassung, der dem Herausgeber entgangen ist. Augen-
scheinlich ist der Beschluß unmittelbar nach einem Ereignisse zustande gekommen,
das die Eretrier aus Knechtschaft, Abhängigkeit und Not erlöste und ihnen
t4 A. \Vi\liclni
Freiheit. Selbständigfkeit und die Gewähr j>lücklicherer /iikuiift sc-hi-nktc Wie
ich im nächsten Hefte der 'E:fr,|i£p:c äp/aioAoyiXTj eiiiyehcmlcr tlarlci^o. ist die Ur-
kunde der Schritt nach niolit älter als die Mitte iles \ierteii Jahrlumderts \-. Chr.,
der bewahrten Eigentümlichkeiten iles Dialekts wegen nicht aus makedonischer
Zeit, In die kurze Frist, die zwischen beiden Grenzen bleibt, fällt als jiassender
Anlali jener Entschlieliung ein wohlbekanntc^s Mrci^nis, iiltcr das mm in niclvnms
Schrift über Demosthenes, hcrausgcgebeii \on 11. 1 »icls und W. Srluihari S. 5
wörtlich der Bericht des IMiiloi-honis \'(n-rn\u;"t. luindirh die Hdrcinni^- i>'.r<'trias \-(m
den durch König Philipp \c>ii Makedmiien eiiigcset/lrn Tyraniiin durch die
Athener unter Phokion im Jahre j!,\o v. Chr.
\'ielleicht hat dasselbe Ereignis auch ciui'u anderen, bisher nicht bi'aclUelen
Beschluß der Eretrier veranlat3t, der tdlerdings nur ilurch eine unzureichende
Abschrift bekannt ist. Im Jahre 1854 hat August Baumeister, wie er Jahrb. f.
Philol. LXXV 352 berichtet. ebiMifalls in Ali\'eri auf lüiboia ..einen Marmor,
sehr zerfressen" aufgefumlen und seine Abschrift mit dem l'x'merki'ii vi'rriffent-
licht, er könne für ihre ( t(Miauigkeit einstehen, müsse die Erklärung aber amU'ren
überlassen. Ich wiederhole nachstehend den Abdruck.
Leicht ist erkannt, daü ein sogenanntes 1 yrannen-
O gesetz vorliegt, beschlossen, um das Bestellen der Demo-
XEIAPOOEITOY A kratie zu sichern und Einsetzung einer fvrannis in
M AAAHAO Zukunft nach Möglichkeit zu verhindern. Zum Ver-
\ONEINAITO , . , , . .,',•>,,.,», . j .
gleiche bieten su-h der m Andnkules Mystenenrede go
NT.PANNONAMMENP.A erhaltene BeschluÜ der Athi'uer und das Gesetz von
AIAYT APATO Ilinn. erläutert Inscr. jurid. II 2.\ und von Dittenberger,
KAI EP Orientis graeci inscriptiones .selecttie 218. Wie ich schon
KAI^ITHPIN AYTO vor Jahren, 'E'fr;|-i. äp/. 1892 S. 162 vorschlug, ist in den
OKTEPIACTON ,^^.5,,^.,^ ^^^^^^^^ ^^-^^^ \^^ j^^^,^.
TOI4P. PIA . . O
THN fEPPAMME '" "''■■'
XTEPE4AE [''A'/.-'- Ä[yx] {)■£•• xoO 5[T(110'j].
APAXM Vor die.ser Formel, in der angesichts des Gegenstandes
INA des Beschlusses der ausdrückliche Zusatz xoO 5t;|jiou
vielleicht nicht gleichgültig ist, wird, wie in dem I')e-
schlus.se 'E'^r^n- äpy_. 1887 S. 77, der auf vOv y£v6[i£V0i xt'vSuvoc Bezug nimmt und
nach ihrer Beseitigung gefaßt ist, der Antragsteller genannt gewesen sein. DaÜ
die Zeilen eine ziemliche Länge besessen haben, z<Mgt die .Stellung des einen
Buchstabens, der von der Überschrift geblieben ist. Ist er Omikron, so liegt die
Zwei Denkmäler des erelrischen Dialekts 15
zweite Hälfte der Zeilen vor; dal3 er Theta sei, als erster Buchstabe einer ein-
gerückten Überschrift, ist ung-leich weniger wahrscheinlich. In der dritten Zeile
vermag ich für AAAHAO in dieser Vereinzelung keinen passenden Zusammenhang
zu ersinnen. Z. 4 -ov SLvai to. Z. 5 rjpavvt'ot £;^:[i)-]fj-a'. öa-. Der Ausdruck ist nicht
etwa von einem Anschlage geg'en die Tyrannis zu verstehen (Thukyd. III 72
Kspxupai'wv oi lä ;ipay|.ia-a sy^ovxs; ETifct'Ö'SVTa: z& Sr^fiio) — höchstens könnte von
einem Anschlage gegen den Tyrannen die Rede sein — sondern \on dem \^er-
suche eines Einzelnen, sich der Herrschaft als Tyrann zu bemächtigen. Das lehren
Stellen der Politik des Aristoteles p. 1 305 a 21: ol -pocjxxtxi. toO Sr^i-iou o~t TZ0AZ\v.y.ol
yevo'.vTO. tupawio: inzzid-zvio, 1305 b 41 (von Oligarchen) xaovoxo[i£rv ^rjXoOai y.y.l y]
-'jpavvio'. SKttfb'Evxa'. auTol r^ "/waTaazs'ja^ouaiv stspov tösTisp 'iTCTüaptvo; Aiovüaoov sv l'jpx-
y.o'jaa:;. 1308 a 22 O'.ä xoOxo sv xafj oA'.YXpyioi,'.; xa: 5rj|xoxpxxiaL; yi'yvovxa; x'jpavvt'os;- y^
yäp oi [Asytaxot sv Exaxspx JTzixt'Ö'Svxai x'jpavvt'St xxÄ. y^ oi xx^ (.isyi'axxs ixovxc; äpy^x? xxÄ.
.So heißt es auch ixv x'.vs; x'jpavvstv STiav.axiovxx: y^ (juyxaÖ-taxy; xy^v xupavvtox, axt|-iov
sfvx: xxi xuxöv xxi yevoc in dem ö-eaiiiov der Athener in Aristoteles jxoÄ. WS-. 16, ig
und in dem Psephisma des Demophantos im xi: xupxvvsrv eJiXvxaxyj y^ xöv x'jpxvvov
auyxxxxaxyj'jy; (P. Usteri, Recht uncl Verbannung im griechischen Recht S. 11. 16).
Dann ist zu lesen: Z. 6 xö^Jv x[ü|pxvvov x|i |X£v ;i[o]Ä[cxy;C et; Z. 7 -x; aijx[. . Tijxpa xo-
z. B. £tv]at xüx[wi] oder aux[or 7i]apx xo[0 5y,[.tOLi; Z. 8 xx! stc-; Z. y xa: atxy^piv a'jxo[i,
so wieder wahrscheinlicher als a'jxo[rc. weil vermutlich stets von einem, nicht
mehreren Tyrannenmördern die Rede ist. Die Speisung im Prytaneion. wie sie
in Athen die Nachkoinmen iler Tyrannenmörder genossen (IG I 20; R. Schi'ill,
Hermes VI 32), wird für gleiches Verdienst auch durch das Tyrannengesetz von
Ilion den Bürgern gewährt: 05 3' xv xäOxxEivy^t xiv xapavvov r) xöv i^y£|iova xf/c i'/.:-
yxp/:x; y^ xöv xy/; oy^iioxpxxixy xxxx/.Oovxx, £X|t [isv iyxy/Ci:, xxXxvxov xpyupioLi Xx|i,jxv£:v
Tüxpx XTj; iiOAEWc x'jbTjjiEpöv y) xy,L oeuxEpxL xx: sixovx yjxAv.ffj x'jxoO axfiaat xöv Sy^i-iov —
durch Standbilder wurden auch die Tyrannenmörder in Athen und Philitos in
Erythrai geehrt (Dittenberger, Sylloge 13g) — civxi ok aOxöj'. xx: a;xr;a:v £[i -p'jxxvsJto:
£(1)5 XV '^■f^'. xx: £V xo:; xywat sl; Tcpozopiocv xy^pu^asail-xi övo|.ixax£: xx: oüo opx-/|ixc öfooaSI'x:
x'jxöj: ixxaxyj; y'^iupx: ['■^/.p- xv ^y^:. Dann fährt das (xesetz fort ixv 5£ ?£vo; y^: 6
ä;xoxx£ivx;, xxi)xx oi'Soaö-xt aCixöt xa: TCSAtxr^^ saxw xx: sf^ epuXyjv s^ecjtü) aüxoj: £fa£Äi)'£tv
y]v XV i:io'jXy;xaf sxv 0£ ooüXoc, yji 6 XTXOxxEtvxg, inlzi[i.oc, scxw xx: TxoXixstx; [iexe/Ixio xxxx
xöv vö|iay xx: xp:äxovxx [ivx; Äa[.i.,jxv£x(o Tixpx x~q^ tlOÄeojc a'ji)'yj|i£pöv y] xy^: 5£'jx£px: xx:
[lE/p: xv Z,fi'. £xxaxT]5 y;|X£pa; Xx|ijjxv£xto 5pay]xyjV; leider sind weitere Be.stimmungen
verstümmelt und verloren. Solche Unterscheidungen nach Stand und Umständen
sind auch in der Inschrift aus Aliveri vorauszusetzen, wie in Z. 6 äji [xev 7:[o]Ä[:'xy;;
l6 A. Wilhelm
£?? zeigft. Weitere Mögflichkeiton lior l-'ryänzuiiy crtjälu'ii sicli. dürfte in /.. 8 ilii-
LesUHüf xx; £~[t";no; als g'esichort uiU-r wahrsrluMiilich yelteii. In Z. lu der Inschrift
ist OKTEPIA^TON aug-enscheinlieh \crlesen statt ä;i]oxx£[tv]a; liv [TÜpavvov. Den
Rhotacismus zeijjt wie aJir^piv auch in Z. 1 1 xot? 7i[at]pi S[tS]o[-y also 5[to]&[vac oder
S[iS]o[(jfl-a:. wenn ich richtig- ergänze; mit -[t]^:o..o- wüüte ich nichts anzufangen;
ebenso steht -aiplv in den Psephisnien für IIt\gel<ichos und lleiakleitos Sylloge 47
in der auf die Verleihungf der a£r>;pt; bezüglichen Formel. Z. ij mag" zu xr^v
Y£Ypa:|ili[£vr(V etwa oiopeiv zu erg^änzen sein. Der Versorg^ung der Kinder oder
Waisen gelten die Bestimmungen, von denen in den '/.o\h-n 13 und 14 nur die
Worte ö-uyjaxspe; 5£?, opayji- erhalten sind .Vurh ilas allienische (ii'set/ in ,\ndo-
kides Mysterienrede nimmt in dem lüde der lUirger aut die 1 lint<'rl)liel)iMieii
des Tyrannenmörders, der seine Tat mit dem Leben bezahlt liat, Rücksicht:
£äv oi Ti; x-£ivwv iiva toükov dcTioilavYj r; tTZ'.yEip&w, z\) Tzoiipio aüxöv xai xoü; TxarSaL;
xoü; iy.£:vo'j -/.ailä-cp 'Ap|iö2tov x£ xxl /\pi3xoY£;xova xx: xoü; ä-oyövoug a'Jxiov. und das
Gesetz, dessen Wortlaut die Inschrift Ki 11 5, ^S.s b, .Sylloge 467 ((iötting-. gel.
Anz. 1903 S. 787) erhalten hat, sichert diMi Wohltätern des Demos l-'ürsorg'e für
ihre Xachkommen und Versorgfung ihrer Töchter zu: oa^u; ö Sv)iio; 6 WH'r^vat'wv yy
xpi-x:x cxT,3r/xx; r) xaxx y/jv t) xxtx i^äÄxxx^iv y; xr^v 5rj|ioxpx-;av sTcxvopiliöaavxa; vj xr;v
iCi'av o'jjixv ci; xt^v xcivr^v adjxr^pi'xv llivxx; r^ £'Jcpy£xx; xa: 5'j|1|jCi'jÄo'J5 äyaihoüj Y£vo|t£VO'j;
£x:iiT,3£ a:x(i): Iv -puxavEiwt, £-;]i£Ä£r3ita; aüxöv xal xoO y£vou; xyjV [Jouat^v xx; xiv Sf;|i.ov,
OLodvx: OE xxi ö-jy^'^^pw £•? £y2o3'.v xöv 5v)|iov Ttpoixx oar// xv jJoüXr^xat xxS £1; £7cavdp-
8-tüaw x(ov ioiov xxx" xrfxv ixä^xo:; xiov £'J£pY£xrjiixx(ov. Die Verleihungf von Geschenken
seitens der Athener an Aristeides .Sohn und Enkelin und die dauernde Fürsorge
für ihren Unterhalt iNt tiurcli Plutarchs Lebensbeschreibung des großen Bürgers
27 und R. .Schölls Erörterung Hermes XXII 35g bekannt: xxE xä; |j,^v x^uyaiEpas
'.Tzopyj'j:'/ £x xoO -puxxvsio'j xot; v'j|irfto:; iy.oob-ff/'xi 5Tj|ioatx tt): tcoäeio^ xöv yx|iov EYY'JW'^r;?
xx: -pcCxx -.y.j/:/.'.y.: 5px/[tä: ixxxspx 'yr^-.f^'jXjiivr,:' A'ja:|ix/(;) Sä xw uitj) |ivx; [uv £xxxöv
xpY'jp:o-j xxi Y^i; xo3xOxx 7:/.£i)-px 7:£-.;;'jx£'jn.£vr;; eowxev 6 Sfjuoc, xÄÄa; oe Spayiix; XEaaxpxg
El"; r,(i£pxv EXX3XT// x-exxEev 'A/.x'y;x5c.u xi 'j'Vf'^l'''' YP*'!'^''''-^?' ^''•' ^^ Au3t|iay_oij {tuYxxEpx
IIoÄyxp:x7,v i-o/.'.-övxo; (IG 1 .Suppl. p. 114, 491"; Attische (rrabreliefs 1028; Pro-
sopogr. Att. 1695. 12028), (i); Ka/,/,;3i>£vr^; '-f')'-) ''•*- "cxüxr; atxr^atv Sar^v xxi xot; 'OXujjiTxto-
v'xx;; ö 2v](io; Eir^'^waxo. Und für die Mutter eines verarmten Nachkommen des
Aristeide.s, des Traumdeuters Lysimachos, und diren .Schwester erwirkte noch
Demetrios von Phaleron eine Gnadengabe von drei Ubolen täglich und erhöhte
sie als Gesetzgeber auf eine Drachme.
Eine Hersetllung der Urkunde ist mindestens dieser Abschrift nach, von
Zwei Denkmäler des eretrisclien Dialects I?
deren Zuverlässig'keit gleich die Verlesung in der zweiten Zeile APOOEI ^^tatt
ArAGEI keine gute Meinung erweckt, selbstverständlich unmöglich. Kommt der
Stein wieder zum Vorschein, so läßt sich mehr hoffen. Denn von der Inschrift
aus Hagios Lukas bei Aliveri, die Baumeister als ,leider auch großenteils verlöscht
bezeichnet, hat er nur den mittleren Teil, nämlich zehn Zeilen abgeschrieben,
während ich, allerdings in vielstündiger, angestrengter Arbeit, Reste von sieben-
unddreißig zu entziffern fand (E'f^i. if-X- 1892 S. 163). Über Schrift und Dialect
läßt sich, wo so wenig und dies wenige nur im Druck nach unzureichender Ab-
schrift vorliegt, kaum urteilen. Immerhin sind rhotacistische Formen zweimal
kenntlich und scheint die dem Dialect eigentümliche Kürzung der auslautenden
langen Diphtonge t^l und wi in -üyzi äyaO-er und aiiTo[i] Z. y, wie bemerkt, wahr-
scheinlicher als ySj-olic], anzuerkennen zu sein. Eivat steht wie Z. 4 in den beiden
von mir "E-^fr^i. y.y/. 1890 S. 195 veröffentlichten Beschlüssen, dem Vertrage mit
Histiaia und neben icsiv in der Tempelordnung von Oropos, tb dagegen in den
Beschlüssen 'E-f/^ii. äp-/. 1872 S. 384 und 1887 S. 77 wie in zwei Beschlüssen aus
Oropos IG VII 4250. 4251 (Syllog-e 124. 123) und in dem Vertrage des Amyntas
und der Chalkidier Sylloge 177, 5:ooOv £7:1-1" siv äEciv iy.-iL^'srv in der Tempelorilnung
aus Oropos, -ib-siv und y.x%-.G-m in dem Beschlüsse über die Aptc|itp:a. (jehört
somit die Inschrift wahrscheinlich in die vormakedonische Zeit, so ist auch ohne
weiteres Eingehen auf die Geschichte Eretrias die Vermutung gerechtfertigt,
daß der Beschluß, unmittelbar nach dem Sturze einer Gewaltherrschaft am besten
begreiflich, im Jahre 541J v. Chr. gerade nach jener Befreiung von den Tyrannen
zustande gekommen sei, die den Eretriern zu glänzenderer Feier des Artemisfestes
und zur Stiftung eines musischen Agones Anlaß gab. x\hnlich wird von dem Gesetz
aus Ilion angenommen, es sei nach der Befreiung der Stadt von einem durch
Lysimachos eingesetzten Tyrannen beschlossen worden.
Wien. ADOLF WILHELxM
Nachti-ag.
Den S. 7 und 13 erwähnten Beschluß der Eretrier über die 'Ap-£[u'p:a habe
ich nunmehr 'Ecpr^iJ.. äp-/. 1904 S. 89, die S. 10 erwähnte Inschrift aus Chalkis in
derselben Zeitschrift S. 103 besprochen. Für \xezxpoL'. in der delphischen Inschrift
S. 12 gibt der Beschluß der Sabbatisten aus Kilikien Journ. of hell. stud. XII 233
Z. 1 1 ff. ein Beispiel : xiov 5s ävaihc|-iäxtüv xwv ovtwv ev ts zoiz vxoic, %od xöjv iiüoyeypaii-
|i£vwv £V -£ xa:; axrjAa:^ xai xoi; äva9'£|iaaiv jirjSevi s^ecjxwo [ir^xe änaXet'^ai [ir;x£ äxpewaat
tir^xe [lexäpat. ^- W.
Jahreshefte des österr. archäol. Institutes Bd. VUI. 3
iS
Nausikaa.
Pyxis im Fine-Arts-Muscum zu Hoston.
n'afcl \.)
Die flache l'yxis. deren l-'orni diT bekannten. IVüIkt in Arv SaniniliinL;' Salnirorf.
jetzt im Berliner Museum betindliehen Hiiohse mit dem auttauchenden Hehos')
im wesentlichen entspricht, stammt aus Athen, und zwar, wie mir zuverlässig
versichert wurde, aus einem uiniiiltelhar \iir dem Acliarnischen Tor iifelei.;'enen
Grab, da sie bei dem Nevdiau eines Uankliauses in der heutiL;"en Sophokk'sstral.ii"
ziitape kam.
Unsere Tafel gibt den stilistischen Chai'akter der Zeichnunj^- hinläng-lich treu
wieder, wenn es der Nachbildung- auch nicht üfelant;-. die SicherhtMt, .Sauberkeit
und Frische der rasch hiin^i-wurfenen Linien des Orij^inals zu erreicluMi. .Schein
in der Abbildunsi; wird man aus den gebrochenen, weil.len Linien, welclie die
echten Teile von den Erg'änzungen abgrenzen, erkennen, dai.l der l)cckcl zwar
fragmentiert, aber recht glücklich fragmentiert ist. da kein Teil fehlt, der sich
nicht ohne weiteres ergänzen ließe, .Sämtliche Figuren sind in ihr(Mi oberen 'I'eilen
antik, die untere Hälfte der Beine dagegen meist ergänzt; indessen erliielten sich
die Füße von Ody.sseus, Athena und Kleopatra auf alten Fragmenten. Die Höhe
der Pvxis beträgt 0-035 ni. der Durchmesser 0-14 in. Von den in Gold aufgetragenen
Teilen blieb im Original meist nur dii- in leichtem Relief aufg-etrag-ene Ton-
unterlage; das (iold hätte auch an den rot wiedergegebenen Punkten unmittel-
bar über der Bodenlinie und an tlen Beeren des Kranzes auf der senkrechten
Wand ergänzt werden können. Im Mittelpunkt des Deckels, welcher durcldiohrt
ist, dürfen wir uns nach erhaltenen Analogien einen ringförmigen I>n)nzegTiff
vorstellen.
Während auf gleichzeitigen attischen Gefäßen mythische Darstellungen immer
seltener werden, muß der runde .Streifen dieser Pyxiden zur Wiedergabe inter-
essanter Scenen besonders eingeladen haben. Man erinnere sich außer der ge-
nannten Darstellung des Sonnenaufgangs an das Parisurteil mit den jihantastisch
bespannten Wagen der (röttinnen-), an die ganz singulare Darstellung des Perseus
mit den Graien-'') und an die Hochzeit des Herakles und der Hebe (I-Ornian Col-
lection n. 364). Eine nicht minder bedeutungsvolle .Scene reiht sich hier nun mit
unserem Ody.sseusabenteuer an.
'; Furtwängler, V.isensammlunf; Berlin n. 2519; propre 10 (schlecht); Rheinisches Museum XXIX
ders. S.immlong Saliuroff I 63. i'!74 '■" Seite 300 'noch schlechter).
') Damont-Chaplain. Ccramiques de la Grcce ') Alh. Mitt. ixsr, XI Taf. ro.
NausiUaa ig
Da der Maler das Personal seiner Scene aufs notwendigste beschränkt,
trotzdem der Rundfries das Einschieben von einigen weiteren Gestalten er-
laubt hätte, so muß er auf die strenge Anordnung seiner Figuren Wert gelegt
und dieselben absichtlich in der Form der bekannten geometrischen Zeichnung
des sechsstrahligen Sterns verteilt haben. Die sechs Figuren stellen sich damit
auf drei Durchmesser. An den Enden eines und desselben Durchmessers finden
wir die Hauptacteure, Odysseus und Nausikaa; auch die beiden vor dem Fremdling
erschreckt fliehenden Mägde stehen auf derselben Linie.
'Ab'T^vaa — mit goldenen Arm.spangen und g-oldenem Ohrring, über dem Chiton
den dorischen Peplos mit Überfall gegürtet, ähnlich wie an der Statue großen
Stils aus Korinth,*) mit der Lanze in ihrer Linken — blickt auf Odysseus und weist
ihm mit der Rechten den Weg zu Nausikaa, ein Zug, der nicht dem Wortlaut,
wohl aber dem Sinne des Epos entspricht, welclies die Begegnung der beiden
von der Göttin ersonnen sein läßt (^. 112). Die Ergänzung ihres Übergewandes
ist nicht richtig; die Zickzackfalten entlang dem rechten Bein dürften nicht in
eine freie Endigung auslaufen wie die Mäntelchen der archaischen Koren von
der Akropolis, sondern sie müssen das Himation bis an seinen unteren Rand
begleiten; ein treffliches Muster hätte dem Ergänzer die Fackelträgerin auf der
stilverwandten Vase, Archäologische Zeitung 1882 laf. 5, abgeben können.
Athena trägt einen attischen, mit Tulamuster tauschierten Helm; nur wurden
aus den sonst, z. B. Furtwängler-Reichhold 27, üblichen Quadraten in diesem
Falle Rhomben, offenbar im Bestreben, die perspectivische Verschiebung' des
Musters auf der Rundung der Helmkappe wiederzugeben.-'') Am Gesicht der
Göttin passierte dem gewandten, aber nicht allzu sorgfältigen Maler das Miß-
geschick, beim Decken des Grundes in die Profillinie hineinzuwischen und Stirn,
Auge, Nase der Athena mit Firniß zu decken, 'üoucjasu; schreitet sachte vorwärts,
Nausikaa entgegen und hält mit beiden Händen ein Bündel weiß gemalter
Zweige vor seine Scham. Dieses Schamgefühl — und ich möchte für diesen
Fall das Wort umwerten in das Gefühl, eine Scham zu haben - ein solches
Gefühl muß einem Attiker des fünften Jahrhunderts, wenn wir nach den Kunst-
darstellungen urteilen, in welchen nie auch nur der leiseste Versuch gemacht
wird, eine Decenza anzubringen, als etwas kaum Verständliches erschienen sein
*) Amer. Journ. 1902 Taf. lO; vgl. Petersen bei halten, und zwar auf einem Gladiatorenhelm älterer
Amelung, Vatican I 825 n. 28. Form, der aus der Sammlung Bourguignon in Ber-
'') Es hat sich auch, allerdings aus jüngerer liner Privatbesitz überging. An den Maßstab des
Periode, ein wirklicher Helm mit diesem Muster er- Musters hielten sicli die Maler nicht gebunden.
3*
und es läßt sich diese Prüderie auch nur diin-li den tMiL;rn Ansrldiii.! ;in die
Poesie erklären, '^ 127:
MC si-öiv \t-a|ivo)v 'j~c3'j3£T0 Sioc 'Oo'jaas'jc,
. :f'j/J,wv. (i); (i'jaa;-o -£pi ypol itY^Sss; cfwcö;.
Durch magere SträuchliMU mit g-oldcnen Beeren deutet der Maler oo'.obc,
\t-ä|ivo'j; (£ 470) an, 6 |icv '^'J^ty,; i 0 IXafr,;. unler welclieii der Dulder die Nacht
g^eruht hatte. Um (ien linken Arm L;('\\ickelt und dann über die Srliulter zurück-
geworfen trägt Odysseus noch den SchUner der l,cuki)tlu'a. l{s ist ein tlorartiges,
gfesticktes, mit Randbordüre und weiß licmaUen brausen \-er/iertes Stück Stoff,
das wir ganz ähnlich auf \'asen dieser Periode häufig an Frauen, entweder über
die Haare gezogen (Furtw-ängler-Reichhold Taf. 20 [Hera], Taf. 8 [Lipara]) oder
nur von den Schultern über den Rücken herabhängen sehen idaselbst Taf. 8
[Hygieia]). Als kleinen Xebengewinn nehmiMi wir mit, daß durch die Pyxis der
Name dieses Kleidung"sstückes, das man häufig nnch als Mäntelchen bezeichnen
hört, vielmehr als y.p7fic\v/ov fe.stg-elegt wird. Niemand w ii-d der X'erslol.i gegen
den Gang- der Ereignis.se. wie Homer sie erzählt, t'ntgehcn: Im blpus wirft
Odysseus den Schleier sofort, als er auf festem Boden wieder zur Besinnung
kam, ins Meer zurück. Aber der bildende Künstler, weiugstens der antike
Künstler, der vor allem erzählen will, greift gerne zu charakterisierenden Bei-
gaben, welche ihm die \'erbindung der Ereignisse deutlich zu machen gestatten ;
dieser Vorteil scheint ihm so wertvoll, daß er dafür selbst schwerere Anachronismen
in den Kauf nimmt. Odysseus schreitet zusammengeduckt. Darin möchte ich
nicht etwa eine Reminiscenz an das 'jr.eo'jaezo suchen, sondern es li<'gt die Be-
obachtung des Künstlers zugrunde, daß Menschen, die tncht gewolmt sind, sicli
nackt vor fremden Augen zu zeigen, wenn sie sich unbekleiiiet von anderen
betrachtet fühlen, sich krümmen, al.s ob sie dadurch etwas zu verbergen hofl^ten.
Dieser Zug wurde schon von älteren Malern an badenden Frauen beobachtet,
man vergleiche Gerhard A\'B 296.
Wie beim Erscheinen des Odysseus die Mädchen auseinandersliebcn und
nur Xausikaa, der Athene Mut in die Seele gelegt, standhält, das schildert unsi-r
Bild wiederum ganz der Dichtung entsprechend. <I>u}.ovdr( und ABov-iTZTzri sind liider
Gemeinplätze; wir glauben die beiden Gestalten von so und so viel Darstellungen
des Brautraubes her zu kennen. Phylonoe trägt ein damals noch hochmodernes
Kleidungsstück, den persischen xavo-j; {vgl. Jahresheftc \T 881, goldenen
Gürtel, goldene Punkte über der Haarbinde; letztere auch an Leukippe, welche
aui3erdem mit Armspangen und goldenen Punkten, vielleicht als (iürtelenden
gedacht, ausgestattet wurde.
Als schroffster Gegensatz zu den rennenden Mägden steht Xa-jaizä in voi--
nehmer Ruhe da, in jener schön zusammengeschlossenen Haltung, wie sie ähnlich
Polygnot nach Ausweis des Frieses von Gjölbaschi (Benndorf und Niemann
„Gjölbaschi" Taf. 7) und des bekannten Berliner Skyphos (a. a. O. Text S. 102)
für eine der Mägde im Freiermord zu Plataiai verwendet hatte und die von
der griechischen Kunst allmählich bis zu der raffinierten Eleganz der sogenannten
Pudicicia im Vatican weiter entwickelt wurde. Während im Fall der Mägde beim
Freiermord diese Haltung durch das Neigen des Hauptes den Eindruck von
Trauer, von Sympathie für die hübschen Jungen, die schon sterben sollen, hervor-
ruft, so wird an der Nausikaa durch eine minimale x\nderung, nämlich das steile
Aufrichten des Hauptes, der Ausdruck total verändert. Wir werden an die
Haltung einer vornehmen Frau gemahnt, die in ihrem eigenen Haus einen Gast
empfängt, den sie nicht sofort als ebenbürtig anerkennt. Die Königstochter trägt
über dem Chiton einen kurzen gestickten Überrock, oder besser Bluse, eine
elegante Modetracht des fünften Jahrhunderts, welche unserem Maler Xa'jar/.aav
euTze-iXoy gut zu kleiden schien. Dieses Kleidungsstück wird uns späterhin noch
interessieren. Hier nur noch die Angabe über die vergoldeten Teile: Gürtel,
Armspangen, Punkte über der Haarbinde.
Hinter Nausikaa die letzte Figur, KXzoTtdxpx, welche nach der Rollenver-
teilung, zu welcher erzählende Maler nun einmal greifen müssen, uns die Handlung
schildert, aus welcher Nausikaa und ihre Mägde aufgescheucht wurden; sie hört
niclits und sieht nichts als ihre Wäsche. Hier haben wir zunächst einen Fehler
der Ergänzung zu berichtigen. Jetzt schaut es so aus, als ob das Stück Leinwand,
das sie mit beiden Händen vor sich in der Luft hält, eine Fortsetzung ihres
Chitons wäre, den sie, um ihn nicht ins Wasser zu tauchen, über die Knie auf-
gezogen hat und nun zwischen die Schenkel festklemmt. Natürlich müüte der
Chiton hinten frei enden und das Tuch in den Händen sollte nur mit den ge-
bogenen Faltenlinien verbunden sein, welche sich hinter dem Ful3 noch erhielten
und die dann wagrecht nach vorne laufen. Das Mädchen stampft mit den Füßen
die Leinwand allmählich ins Wasser hinein, wie es Z, 90 geschildert wird
~7.l 0' äiü' aTüTjVr;;
zi[L7.i:7. yspcjiv s'Äovto xa: sa-^föpsov |i£Äav Ocwp,
An dieser Fig'ur timloii sirh g'DKloiio l'uiikU' Tiur aul dvm (lürlul und übiT der
Haarbinde.
\"on Bedeutung sind, wie mir wciiiystoiis scIumtiI. aiuh die roti-u. urspriiin;lirh
vergfoldeten Punkte am unton-n Bildrand, welche in ziemlich rej^elmäüii^en Ab-
ständen von der Athena nach rechts hin bis zu dem Strauche laufen, und ein
weiterer Punkt erscheint dann wieder vor dem linken VuÜ der l.eukippe. Zu-
nächst denkt man, es handle sich um ein Ornament am uiiteriMi l'ildraiul. Allein
dadurch, daß die Decoration dann links von Athena. rechte \<im I'.useh und links
von Kleopatra aufhören würde, wird jene Auffassung- überhaupt ausj;eschlossen.
Dann aber kann es sich nur um zur Erde gefallene Bälle handeln, die allerdings
etwas zu regelmäüig angeordnet sind.
Man versäume auch nicht zu beobachten, dal3 die weili aufgesetzten Stein-
chen über der Grundlinie für eine atti.sche Vase dieser Periode im (iegensatz zu
unteritalischen Gefäßen nodi etwas Besonderes bedeuten und man rufe >.ich die
Worte des Pausanias X 25. 1 i aus der Beschreibung der lliupersis ins tiedäclUnis:
iyp: p.iv 2t, tsO i~~0'j xiy.xXö; tc y.xl iv aütw ^'^^-.piSe; O:ro'^a{vovuat. Eben.sogut als
den Strand des Meeres kann der Kies auch das Ufer eines Flusses bedeuten.
Bei Homer besorgen die Mägde erst die Wäsche, legen sie zum Trocknen
aus, baden sich dann und nehmen das Mali! ein: erst zum Schluß kommt das
Ballspiel, das zum Erwachen des Odysseus führt. .So kleine Widersprüche gegen
den Gang der Handlung im Epos wie der, daß auf der Pyxis noch gewaschen
wird, während Odysseus schon erwacht ist. und der schon erwähnte, ilaß tler
Held den Schleier noch nicht der Leukothea zurückgegeben hat, so unscheinbare,
nur bei genauerem Zusehen erkennbare Abweichungen würden nicht gegen die
Annahme sprechen, daß unser Maler seinen Stoif der Odyssee entnahm. Ein-
schneidendere Discrepanzen zwischen Bild und Epos weisen ja die Friese von
Gjölbaschi auf und doch hat der Kün.stler dort nichts anderes beab^iclitigt, als
den Stoff des Epos im Bilde vorzuführen.
Versuchen wir nun, die Entstehungszeit unserer Pyxis möglichst eng zu
umgrenzen, so kommt uns dabei zustatten, daß der Maler augenscheinlicli linem
bereits bekannten Va.senmaler sehr nahe gestanden haben muß, so nahe, tlaß
mancher sogar an Identität der Person denken wird. Man vergleiche den Ary-
ballos des Xenophantos, abg. Antiquit^s du Bosphore Cimmerien Taf. 46;
CR. 1866 Taf. 4. Ganz frappant ähnlich sind die .siebenblättrigen Palmetten mit
dem goldenen Punkt im Herzblatt, den spiralförmigen Ansätzen an der Um-
rahmungslinie und den Blättchen in den Zwickeln zwischen je zwei Palmetten.
Nausikaa 23
Auch die Sträucher mit den goldenen P>eeren kehren wieder. Von Figürlichem
lassen sich ja nur die wenigen gemalten Gestalten außen an dem Bild des Xeno-
phantos, namentlich ihre gestickten Gewänder, vergleichen. Unsern Maler müssen
wir älter ansetzen als Meidias und Aristophanes; denn der letzteren Manier, die
Faltenpartien über dem Bein von den freihängenden Falten durch scharfe Unter-
scheidung zu trennen, kennt unser Meister noch nicht; die durchlinierten Falten
im Gewand der Leukippe erinnern sogar noch an den strengen Stil. Auch ist
das Auflösen der Haarmasse in einzelne Wellenlinien hier noch nicht mit der
durch lange Praxis erworbenen Routine durchgeführt wie von Aristophanes und
Meidias. Wir dürfen demnach die iMitstehungszeit unserer Pyxis zwischen die
Jahre 440 und 430 einschlielJen.
T^er Maler weil3 selljst die Mägde der Nausikaa beim Namen zu nennen.
Aus dem Epos stammen freilich diese Namen nicht und auch Sophokles kann in
seinem Xau3r/,äa V; IIÄüvipiaL genannten .Stück die Mägde nur als Chor behandelt,
somit nicht durch Namen individualisiert haben. Jene Namen sind also ent-
weder von unserem Maler oder dem Schöpfer seines Vorbildes verteilt, und zwar
nach eigenem Gutdünken ohne einen Anhalt an der mythischen Überlieferung.
Hier drängt sich uns eine zweite bedeutsame Reminiscenz auf: unwillkürlich
kommt uns aus diesem Anlaß eine Pausaniasstelle X 26, 2 in Erinnerung, welche
sich auf die Iliupersis in Delphi bezieht: to'jtwv iv 'Va'Ao: y.aXo'j[i£VY; [xtxpä [iovr;;
scjii TÖ ovoiix TffZ Ay/:v6|xyjg, xwv S'aXXuv i\iol ooY.ea oweihf/.E xa. dvo|.iaTa 6 lioXiiyvwTOc.
Aber die schönklingenden Bezeichnungen der Mägde, Phylonoe und KJeopatra,
führen uns zunächst auf einen anderen, erheblich schwächer glänzenden Maler-
namen. Phylonoe und Kleopatra") heißen zwei unmittelbar nebeneinander stehende
Mädchen auf der Schale des Xenotimos, abg. Alte Denkmäler I 59, welche die
Familie des Tyndareos um das Mirakel des Eis versammelt zeigt, und in dieser
Scene sind, wie Robert im Archäologischen Anzeiger i88g S. 143 nachwies, jene
Namen mythologisch begründet. Eine Erklärung für dieses auffallende Zusammen-
treffen, welches in gröl3erem Zusammenhange untersucht werden muß, vermag ich
'')) Der Name Kleopatra geht ohne mythische der hoclizeitlichen Dämonen". Dieser furchtbare
Bedeutung in die Namen über, welche in Zustands- Dämon der Hochzeit verdankt seine Existenz ledig-
bildern polygnotischen Charakters im allgemeinen lieh der Gelehrsamkeit des kaiserlichen Ministerial-
Glück, Liebe, Wohlleben und ähnliches ausdrücken. rats a. D. Baumeister (Denkmäler III 1302). Es
Er kehrt so auf einem der Pyxis etwa gleichzeitigen fehlte gerade noch, daß ein wissenschaftliches Lexikon
Aryballos im Britischen Museum, Cat. III E 697, nachredet, was doch nur die Ansicht eines Verfassers
wieder in Verbindung mit Aphrodite, Peitho, Eudai- ist, der seine Hilflosigkeit auf archäologischem Ge-
monia, Paidia und Eunomia; allerdings aber nicht biet so eclatant erwiesen hat wie Baumeister,
wie Roschers Lexikon II, I 1255 lehrt, als , einer
24 F- Hauser
nicht vorzuschlatjen: wohl aber kenne icli einen ganz analogen Fall, der mich
abhält, beim Suchen nach der Quelle für jene Xamen auf der Pyxis schon hei
Xenotimos halt zu machen. Auf tlem präclitigen. unserer OdysseusdarslelhuiL;'
gleichzeitigen Aniazonenarj'ballos aus Kynie, ahg. Fidrclli. Vasi (umani S, lauten
vier von den sechs erhaltenen Amazonennainen: Aristoniaclie. Klymene, Kreusa
und Laodoke. Dümmler (Jahrbuch 1887 S. 17^;) fiel es zuerst auf, dal.! Tansanias
X 2t), 1 in lier lliupersis des Polygnot unter den gefangenen Trueriuncn nennt:
IvÄ'j^iIvTj T£ y.al Kpsouaa xx; 'Ay.'jzo\txyjr^ -/.od ZsvoSfxr^. Yon den vier Namen liesteht
demnach nur zwischen Laodoke und Xenodike eine Differenz und diese wird
noch dadurch abgeschwächt, dai3 in demselben Gemälde Polygnots auch eine
Laodike auttritt. ZudtMii spielt bekanntlich die Troerin Laixlike in der lliupersis
Pclj^gnots zu Athen eine ganz besondere Rolle, da ilir dort durch die Züge von
Kimons Schwester eine Au.snahme.stellung" gesichert war. ],aiidi^)ke auf dem Ary-
ballos erweist sich aber noch aus einem andern Grund lediglich als Verschreibung.
In einer Sage, welche nach Roberts Auffassung (lliupersis 62) auf die Gestaltung
der Laodike im delphischen Gemälde eingewirkt hat, tritt sie in \^erbindung mit
einem Munichos; auf dem Aryballos heilk aber die der Laodoke nach linkshin
nächstfolgende Figur gerade auch Munichos. Mit diesem bezeichnenden Zusammen-
treffen hatte Robert nicht einmal gerechnet; darnach muß aber nicht nur Roberts
Combination richtig sein, sondern wir dürfen auch statt Laodi)ke auf dem Aryballos
vielmehr Laodike lesen. So arm aTi Xamen ist die griechische Sprache wirklicli nicht,
daß die ge.staltenden Dichter von zwei ganz verschiedenen Sagenkreisen in drei
Xamen sicher, wahrscheinlich sogar in vieren durch reinen Zufall übereinstimmen
könnten. Eine solche Armut im Finden von Namen wäre bei Dichtern nicht /u ver-
stehen; begreiflicher ist sie bei Malern. Da überdies jene drei Gestalten der lliupersis
von Polygnot gerade zu einer Gruppe zusammengefaßt sind, so läßt sich das Wieder-
kehren dieser Namengruppe nicht anders als durch einen Zusammenhang mit dem
Maler verstehen, da eine Verwandtschaft der Gemälde nicht vorliegt. Diese
Analogie läßt uns also vermuten, daß auch bei der Übereinstimmung- zwischen
unserem Meister und Xenotimos statt einer Verbindungslinie vom einen zum
andern, vielmehr Linien von beiden zu einem dritten hinaufführen und das Ver-
hältnis, das sich beim Amazonenaryballos feststellen ließ, deutet uns die Rich-
tung an, wo die Quelle zu suchen.
Der Pyxismaler hat seine Gestalten sicher nicht selbständig erfunden, denn
wenigstens zwei von seinen sechs Figuren la.ssen sich schon in einer erheblich
vorausliegenden Zeit nachweisen. Zunächst der Odj'sseus. Fr war uns bereits sowohl
25
aus einer ziemlich yenauen als aus einer leicht variierten W'iederholuny bekannt.
Wesentlich die gleiche Fii^jur, nur nach rechts hin yewandt, kehrt auf einem
Kantharos im Britischen Museum H 156 wieder, von welchem wir die ent-
scheidenden Teile nach einer, der Gefälligkeit des Herrn Arthur Smith verdankten
Photographie abbilden (Fig. i). Der Kantharos gibt sich mehr noch als durch die hier
abgebildete Seite durch die beiden ruhig stehenden Gestalten der Rückseite tils
ein dem Becher des Epigenes gleichaltriges Werk zu erkennen; man wird dem-
nach mit seinem chronologischen Ansatz kaum unter 450 herunter gehen dürfen.
Unser Pyxismaler erweist sich da-
durch nicht nur in der Figur des
Ody.sseus von einem älteren Vorbild
abhängig, sondern er hielt es leider
auch für nötig, sein Original zu ,, ver-
schönern". So ungeschickt und flüch-
tig der Maler des Kantharos pinselt,
so zeigt sein Odysseus doch viel spre-
chendere Züge als der schöne Mann
auf der Pyxis. Auf dem Kantharos
hängen dem Dulder die Haare wie
feucht herab, doch deutlich im An-
schluß an das Bild Homers ^131 von
der durch Regen durchnäßten und
vom Sturm zerzausten Löwenmähne,
auch an die Worte v. 137: ajispSaÄEo;
5'aCrrf/ao cpav>] x£xaxti)|i,£vo; xX[x-(j. Selbst sein verlegenes Lächehi wird beabsichtigt
sein, wenn wir uns den Ausdruck im Urbild auch gewiß weniger blöd vor-
zustellen haben. Sodann sagt uns der wesentlich kleinere Schritt, den Odysseus
auf dem Kantharos ausführt, wie zaghaft der Held in einen Kreis tritt, für den
er sich nicht gehörig costüraiert fühlt. Auch daß das dem Beschauer näher zu
denkende Bein vorgesetzt wird, ist, weil es vom Gewohnten abweicht, ein beab-
sichtigter Zug. Die Bewegung bekommt dadurch etwas Linkisches, was hier
ganz an seinem Platze ist, und dann scheint mir diese Haltung noch aus dem
Grunde sinnvoll, weil Odysseus den Körperteil, welchen er der Handlung nach
zu verberg'en sucht, nun tatsächlich auch für den Beschauer verbirgt.
Die frühere, auch in dem neuen Katalog noch befolgte Deutung des
Kantharosbildes auf Odysseus inul Leukothea wird durch das factisch Gegebene,
Jahresbefte des österr. archäol. Institutes tJd VIII .
Fig. I Kantharos des Britischen Museums.
Ki-^. 2 Amphora in Münclu-
die Zwt'iiji' in lii-n Hiiinirii di-s HeldfH, frlfdis^l. Aber allcnliin^s daii man
nun nicht sofort saj^cn, es sei Odysseus und Nausikiia. Das Mädchen, das,
vor Schrecken gelälimt. mit schlaff herabhängenden Armen in die Knie sinkt,
während sie den alten Seeräuber, für den sie Odysseus hält, starr anblickt,
diese Schwachheit fügt sich nicht in das Bild der Könii^stochter, welcher
Athena Mut in die Seele legte, ein Charakter, der durch Homer ein tür alle-
mal festgelegt ist. Es handelt sich vielnTehr um eine der Mägde der Nausikaa,
und das Bild auf dem Kantharos gibt sich damit deutlich als Ausschnitt aus
einem größeren Ganzen zu erkennen: darum genügen auch die beiden Gestalten
in so auffallend mangelhafter Weise zur Füllung des Bildfeldes auf dem Becher.
Wir ahnen aber demnach, wie viel weniger banal die fliehenden Genossinnen
im Original aufgefaßt waren als die Gestalten der Leukippe und Phylonoe. Das
persönliche Unge.schick des Kantharosmalers, das besonders in dem genau wage-
recht und geradlinig verlaufenden unteren Abschluß des Gewandes der Magd
hervortritt, müssen wir natürlich für das Vorbild wiederum in Abrechimng bringen.
Wie ein wirklicher Künstler die Beinstollung dieser Gestalt motivierte, können
wir nach der verwandten Figur der Kreusa in einem Vasenbild (Huddilston, Greek
Tragedy i68) und der Kreusa des Amazonenaryballos ahnen.
Der bekannten Gestalt des Odys.seus begegnen wir ferner auf einer Amphora
in München abg. Gerhard AV B. 218; Jahn n. 420 (Fig. 2). Hier hat allerdings der viel-
geprüfte Held noch eine derartige Verballhornung zu erdulden, dal.! man uns den
behaupteten Zusammenhang abstreiten könnt<-, wenn nicht das Wiederkehren
einer weiteren Figur, der Kleopatra, die Gemein.samkeit d<;r Quelle für beide
Maler über allen Zweifel erhöbe. Der Stil des Amphorenmalers enthält noch
Nausikaa 27
ganz archaische Züge, sn im Durchliniereii der Faltengänge, der regelmäßigen
Einteilung der Röcke in glatte und gefältelte Streifen. Aber man sieht ja sofort,
daß der Maler noch weit mehr ungeschickt als archaisch ist; man wird sein
Werk um 460 herum anzusetzen haben. Vielleicht haben wir gar die Arbeit
eines in Athen zum Maler abgerichteten Barbaren vor uns, wenigstens scheinen
die Verse Homers ni<' in sein Ohr gedrungen zu sein; verstanden hat er sie
gewiß nicht. Wenn er Odysseus mit den Zweigen in der Luft fuchteln läßt, so
kann ihm nicht bewußt geworden sein, zu welchem Zweck der Dichter seinen
Helden mit feister Hand Zweige abbrechen läßt.") Und dachte er je bei der
ilavon rennenden, aber den Kopf zurückwendenden Mädchengestalt an Nausikaa,
so hat er doch in seinem Original die wirkliche Nausikaa nicht herausgefunden;
denn ein denkender Künstler kann die Königstocher, welche Homer in Gegen-
satz zu ihren törichten Mägden setzt, nicht davonlaufen lassen. Dankbar müssen
wir diesem verunglückten Historienmaler doch sein; denn wenn drei unter sinnen
fünf Jungfrauen als Wäscherinnen beschäftigt sind und wenn als Staffage ein
Baum mit zum Trocknen aufgehängter Wäsche verwendet wird, so erhellt daraus,
dal.) in dem gemeinsamen \'()rbild unserer drei Vasenmaler die öiioO Xa'j^ixä
TiÄuvc'j^ai eine große Rolle spielten. Den .Schluß aus dieser Tatsache ziehen wir
später.
Die beiden dem Beschauer zugewandten hochgeschürzten Mädchen mögen,
wenn wir sie uns in einen menschlicheren .Stil übertragen denken, recht lustig
gewirkt haben. .Sie erzählen uns, daß auch schon vor mehr als vierundzwanzig
^) Friedrich Marx im Rheinischen Museum nie wieder überwunden; bei ihnen wächst mit der
1887 S. 251 erhoffte von diesem schlotterigen Odys- Cultur auch die Prüderie. Aber bei den Griechen
seus die Bestätigung seiner Hypothese, daß in der beobachten wir von der Zeit ab, seit der wir sie mit
Odyssee der Held ursprünglich als Schutzflehender Hilfe der Monumente verfolgen können, gerade die
mit dem Exsxijptoj xXdSo; sich an Nausikaa heran- umgekehrte Entwicklung: am Ende des achten Jahr-
gemacht, und daß nur ein prüder Rhapsode später hunderts fällt bei den .Spielen in Olympia der Scham-
die Zweige als Dfecenza umgedeutet habe. Wir schauen gürtel, während die Odyssee m 88 die Gürtung zum
jetzt etwas tiefer in das Werden dieser ungemein athletischen Kampfe noch kennt. Nur in einzelnen
vielsagenden Prüderie. Aus den Monumenten er- Teilen Griechenlands, und zwar bezeichnenderweise
fuhren wir, daß in mykenischer Zeit über ganz Grie- nicht in solchen, welche im Gerüche besonderer
chenland hin und in manchen Gebieten wie Kreta Sittenstrenge standen, nämlich lonien, konnte man
bis ins VI. Jahrhundert hinein von den Männern auch in späterer Zeit nicht von der Decenza lassen,
ein Lendenschurz getragen wurde. Die erwachende Diese letzte Beobachtung hat Benndorf monumental
griechische Cultur war es, die diese Tugend zum belegt: Gjölbaschi 248. Für den Gedanken von Mar.x
alten Plunder warf. Im Anfang war die Prüderie. beweist überdies jener Odysseus aus dem Grunde
In die Construction von Mar.x spielt die jüdische nichts, weil wir jetzt dem Originale näher stehende
Mythologie und ihr Adam hinein; die beschnittenen Copien kennen, welche tatsächlich mit ihrem xXa5o;
Orientalen haben freilich nach dem Zustand wilder nichts anderes bezwecken .als zu verdecken.
Nacktheit die ängstliche Verhüllung des Körpers
Jahrhunderten den Wäschermädohi das Klatschen wichticfer war als das Waschen.
So sehr sind sie in die g-roüe Neuigkeit, die sie sich mitzuteilen haben, ver-
tieft. dalJ die eine untätig" ihr Wäschestück in der Rechten luTaMiäns^cn läl.U
und daü die andere, wenn sie überhaupt weiterarbeitet, jedenfalls nicht aul ilirc
Arbeit schaut. Rechts von der kurzlockiyen IVIai-d steht einer der Sti-inc. aut
welchen die Wäsche g-eklopft wird und die auch heute noch im .Siulen ein lür
die Wäsche so verhänjjnisvolles Dasein tiihren. Nichts haben uns die tliehemlen
Mädchen zu sagten, auch Nausikaa nicht, w t-nn sie ül)erhau|it. woran wir nicht
glauben wollten, mit der (iestalt zunächst d(>r (löttin gfemeint war.
Athena wurde zu einem
lu'ilzernen Statisten und selbst
auf der P\'xis tritt sie in einer
(restalt auf die nech für so
und so \iel andere, total ver-
scl\iedene .Scenen ebensogut
passen würde. Wi^nn nun
weder die eine noch die anilere
dieser faden Athenagestalten
aus dem Original stammte?
\'ielleicht mul.'ten beide Maler
in (lieser !• igur vom < trigiiial
abweichen, weil hier die Göt-
tin eine (iestalt hatte, die
sich in den Fries einer Vase
nicht wohl einfüg^te. Folgende Erwägung führte mich auf diesen Verdacht und
zugleich auf eine, wie ich glaube, nicht unwahrscheinliche Lösung".
Die nolanische Amphora im I>ritischen Museum E 310 Fig. 3) wirkt aus zwei
Gründen ganz frappierend. Zunächst durch das ungemein intensive geistige
Leben, das sie au.sstrahlt; dann durch ein kaum auf einer anderen \'ase ebenso
schroff auftretendes Mißachten der .Silhouette und ihrer Wirkung". Auch kann
man angesichts dieser Amphora nur sagen, da(3 g"egen die Gesetze des .Stils in
der Vasenmalerei nicht ungestraft g"esündigt wird. Das in der Luft schwebende
Oval, welches die Figur der Athena umschreibt, geht nun einmal nicht zusammen
mit dem länglichen Streifen, den die stehende Gestalt bildet. .So stark heraus-
knallende Farbflecken mü.ssen zueinander in Rapport gesetzt werden. Da zweifellos
<.iA ,v Rf»deutendes in diesem Bilde steckt, erklären wir uns jene Discrepanz am
Hritisclien Museun
Nausiliaa 29
einfachsten durch die Annahme, daß beide Figuren aus der großen Malerei, der
Malerei mit Farben stammen, in welcher der ("nntur nicht die dominierende
Rolle spielt wie in der X'asenmalerei und wo dann auch durch die \'erbindung mit
weiteren Gestalten der Contrast zwischen den beiden hier vorhandenen aufgewogen
werden konnte. Das stehende Mädchen erinnert unmittelbar an die Nausikaa der
Pyxis. Viel würde dies ja nicht sagen, da ähnliche Figuren nicht allzu selten
vorkommen. Aber man sehe sich das Mädchen noch etwas genauer an und man
wird an ihm einen Zug entdecken, der eine ganz bestimmte Erklärung fordert.
Die Zickzackfalten der Peplosränder, anstatt, wie es die normale Lage erfordert,
an der rechten Körper.seite herunter zu laufen, verschieben sich vielmehr zum Teil
bis in die Mittellinie des Körpers hin. Dieses .Schwingen der Falten läßt sich
nur so erklären, daß das Mädchen rasch eine Wendung au.sgefiihrt hatte, welcher
das Gewand noch folgt, während sie nun plötzlich wieder in der vorher ein-
genommenen Richtung beharrt; sie hatte also einen Versuch gemacht, sicli fort-
zubewegen, steht nun aber doch wie durch einen fesselnden Anblick festgebannt.
Obwohl der Vasenmaler diesen Zwiespalt nicht mit genügendem Können durch-
zuführen verstand, so bin ich mir doch bewußt, ihm nicht meine eigenen Ge-
danken aufgedrängt zu haben. Die in jener Mädch(^ngestalt ausgedrückte .Situation,
das Fortwollen und doch Gebanntsein, dürfte sich kaum ein zweitesmal so präg'-
nant wiederfinden wie in der Scene zwischen Odysseus und Nausikaa. Darum
möchte ich glauben, daß wir auf der nolanischen Amphora wie auf dem Kantharos
einen auf zwei Figuren beschränkten Ausschnitt aus dem großen Gemälde be-
sitzen, dessen Nachwirkung wir in den drei erstgenannten Vasen constatieren
konnten. Dann verstehen wir, warum Athena sich nicht in den Rahmen eines
Vasenbildes fügen will. Und wie gut paßt sie nun zu imserer .Scene! Nicht
agierend, sondern ernst wie das Schicksal sitzt sie im Hintergrund und VAßt die
Menschen handeln nach Plänen, die sie erdachte.
Die Gestalt der Athena allein schon würde beweisen, daß das \"orbild, das
wir erschlossen, nicht als einreihiger Fries componiert war. Die Göttin wird
wohl noch etwas mehr, als es auf der Amphora möglich war, in die Höhe ge-
rückt, die Mitte des Bildes eingenommen haben. Also nach der Anordnung,
welche wir gewöhnlich polygnotisch nennen, standen die Figuren auf verschiedene
Höhen im Bilde verteilt. Zu Füßen der Athena kämen Odysseus und Nausikaa
zu stehen, und zwar nach Ausweis der drei älteren Copii'u, ( )dysseus nach
rechts schreitend, Nau.sikaa nach links gewandt. Wohl oberhalb der Haupt-
acteure, zwischen sie und die Göttin eingeschoben, zwei Mägde, die zu fliehen
30 !•■ llausir
suchen, vielleicht vor Schreck nicht fliehen können wie das Mililclien auf ileni
Kantharos. An sie möyen sich weniger errej>-te ( icnossinnen, etwa wie aut der
Münchener Amphora, nach aulien hin anL;eselilii-.sen liaben. sd dal.i sii' also diMi
erstijenannten vorauseilend jvedacht waren, (ieijen dii- ]'>ildr.inder hin wcnlrn
dann die Wäscherinnen yefolyt sein, vicll.'irht aurli a\\\ der cinrn Sriti- die
mit der Wä.sche in ihren verschiedenen .Stadien beschäiti,s;ten MädcluMi und
auf der anden-n Rallspielerinnen. ]')iesen letzten (iedanken verma^j ich aber
vorläufig:' nicht durch eine passende Parallele atis den iTlialleni'n Mdiunueiiten
üfenüg'end zu stützen, wohl aber werden wir soi^leich cimn Icii-litcn lliiiweis
hierauf entdecken. Zu den Wäscherinnen g-ehiirl als landscliartliches r>iiw<rk
der Raum, an diMii Wriscln' /um TrockniMi liän^n; .luch der Stein /.nni Kluplcn
der Wäsche. Hamit soll nicht L;esa;.4't sein, dal.l dieser l>auui dem Maler zur
Belebung der Landschatt j^tMiüi^t hätte; allein die mmiilieierte Frag-e, inwie-
weit diese Entwicklungsstufe der Malerei skenisches Detail liberhaupt verwandte.
kann hier nicht ang-eschnilten werden; wir haben nielit die Absicht, hier all-
gemeine -Studien über poh'gnotische Malerei aulzurollen. s()nd<'rn es scillen nur
Schlüsse aus dem unmittelbar vorliegenden .Material gezogen werden. Auch das
(iebüsch, unter dem Odysseus geruht hatte, konnte ja nicht telilen.
Wir sahen, dal3 die Vasenmaler uns mit blolJen Ausschnitten aus einem
Xausikaabild abspeisen. Die Wahrnehmung- aber, dal.f ein solches Rild sicher in der
Vasenmalerei Nachklänge hervorrief, läl3t uns vermuten, dal.i ein weiterer Anklang
nicht unberührt vom Hauptthema i.st, trotzdem hier die Verbindung- nicht durch die
Wiederholung eines Taktes, um im Bilde zu bleiben, herge.stellt wird, sondern der
Anklang mir die weitere Ausführung des Themas bildet. I)um<int und ('lia])hiin
haben in ihren Ceramiques de la Grece propre Taf. S eine damals in athenischem
Privatbesitz befindliche Oinochoe abbilden la.ssen, die wir hier d-ig. i) w iederlioli'ii.
Die.se Oinochoe .stammt aus derselben Zeit wie unsere Pyxis, beide GefäÜe .stehen
sich silistisch nahe und berühren sich auch in der Wiederholung eines Details, dei-n
gestickten Überhemd, wie an der Xausikaa. Das Wäschefest, das in der Pyxis
kaum sichtbar hereingezogen wurde, ist hier das Hauptthema geworden. Es
wird getrocknete, am Boden au.sgebreitete Wäsche noch leicht mit Wasser be-
sprengt — genau so wie es auch deutsche Hausfrauen machen be\-()r sie
gefaltet wird. Eine Schaukel dient dazu, um die fertig gefalteten .Stücke überein-
ander zu legen. Über einen .Stuhl hingewdrten lieg-'t vom Tro('ken])latz zusammen-
geraffte Wä.sche, welche noch der Procedur des Faltcns unterworfen werden sull.
Eben dieser Stuhl und die Anwesenheit eines Knaben zeigt deutlich genug, dalj
Nausil<aa 3 I
der Maler an eine Seene in der (^ynaikduitis dachte und, wt'nn wir an einem
Zusamnienhaiiy mit dem Nausikaabild testluilten, so wären sicher die Gestalten des
Vorbildes auf der Vase zu einer AUtag-sscene degradiert. Aber man lege darum
nicht unsere Vermutung als allzu vag ad acta. Ein Detail, das man nicht sofort
entdeckt, spricht zu unseren Gunsten. Die aufrechte Frauengestalt, welche die
letzte Hand an die fertige Wäsche legt, hält in ihrer Linken einen goldenen auf-
gesetzten Ball: in der Xausikaascene folgt aber gerade auf das Fertig.stellen der
Wäsche das Ballspiel. Für die Genrescene ist dieser Zug ganz bedeutungslos;
Fig. 4 Oinochoe im Privatbesitz zu Athen.
wäre er beabsichtigt, so hätte ihn der Maler mehr betont. Also glaube ich, daß
wir in der Tat auch dieses weiter fortgeschrittene .Stadium des Wäschefestes aus
dem gemeinsamen Vorbild unserer Vasenmaler herleiten dürfen. Selbst ohne die
hier versuchte .schärfere Begründung hatte Pottier (im Text zu IJumcjnt I 564)
bereits an den Zusaminenhang mit dem Nausikaabild geglaubt.
Um zwischen \'ermutung und sicherem Nachweis eine scharfe Grenze zu
ziehen, constatieren wir nun, daß aus der monumentalen Überlieferung für die
Zeit um 460 und wahrscheiidich für Athen ein Gemälde in „polygnotischer"
Composition, Odysseus und Nausikaa mit ihren waschenden Mägden am Plusse,
ganz der homerischen Erzählung entsprechend, zu erschließen ist. Diese .Schöpfung
wirkte auf Vasenmaler der verschiedensten .Stilrichtungen ein und übte geraume Zeit
hindurch eine Wirkung aus, die sich nach den zufällig erhaltenen Vasen etwa dreißig
Jahre lanjj- vertolyoii lälJl. l>urcli eine litcrarisilic Xoti/. I';ius. I j.-, o. cirahriii
wir aber, daß der um eben die^e Zeit in Athen tätii^e k'itende Meister der Malerei.
IVdyifnot: IffiZfliz Sl xx: Kpb^ zm TlOxxhO) zxi: i|ioO Naua'.xä rthr/oüiy.:: £-.f'.a-ä|t£vov
\)1-J3iix xxTa Ti XJTX xail-i oTj xa: "l)iiT,po; £;:ot\a£. Wenn wir behaupten, daß sieh
schrittliohe und nionunieutale rberlieteruni;- dm-kt. ><> ist dies nicht /n viel j^esai^t;
kein polyonotjsehes Bild laut sieh mit i;Tt)l.lerer Sieherheit in Xaehw irkunL;('n er-
weisen.
Kür K\vn Stil l'olyijnots erfahren wir Ireilich aus diesen Xaehliilduni^en nichts,
nicht einmal so viel als ans den ('i)|)ien der l'artheiicis tiir die {•'ornieidx'handlunij,
in welcher Phidias sein ( ioldelti'nheinbild durchführte. Wenn der Unterschied
zwischen Vasenbild und in I-'arhen durch^i'lührteni (lemälde so yrolJ ist wie
zwischen Marmorcopie und chryselephantineni Original, so komnU im Gej^ensatz
zu jenen römischen C'opien bei unseren Xachbikiun,t;en aus dem fünften J'ibr-
hundert noch das für die Vorstellung;' \dm Oris^inal erschwerende Moment hin/u,
dali die frühe Periode -sclavische Copien überhaupt noch nicht kennt. Aber wir
wissen ja so gar wenig- Authentisches von der Kunst Polyg-nots, daß uns ein, wenn
auch kleiner, so doch sicherer hdrtsclu'itt in der .\nschauuni.;" seiner Schöpfungen
willkommen sein niulj.
.Schon um ungetTdir 4(10 malte also Polyg-not an seiner Nausikaa. Dann aber
läßt sich ein causaler Zusammeidiang seines Themas mit der Tragödie des Sophokles
fiiglich nicht bezweifeln, die den Titel Na'jaixäa y^ IIÄ'jvtpia: führt und deren
Premiere mit guten Gründen \'or 4^6 angesetzt wurde.
Sehen wir uns diese Gründe an. Das Stück muli ein Jug-endvverk g-ewesen
sein, weil der Dichter selbst die Rolle der Nausikaa durchführte und sich dabei
durch .sein gewandtes Ball.spiel au.szeichnete. Noch ein bestimmteres Datum iand
Christ'') heraus. Sophokles war es, der mit (k^r Sitte brach, daß der Dichter
selbst eine Rolle seines .Stückes übernimmt. Nun figuriert in lien .Siegerverzeich-
nissen seit 456 neben dem siegenden Dichter auch der siegreiche .Schauspieler;
also haben wir 456 als das Epochenjahr für jene Neuerung zu betrachten. Da in
der Nausikaa wie im Thamyras .Sophokles sidbst die Titelrolle cr.ierte, so müssen
beide Stücke vor 456 aufg^eführt sein. Für die Entstehungszeit der Dichtung
bleibt also ein g-anz kleiner .Spielraum, da der terminus post durch das erste Auf-
treten des Dichter, im Jahre 468 gegeben ist. Somit besteht zwische?i Dichtung
und Gemälde, selbst wenn man an die denkbar entferntesten Grenzen geht, nur
ein Zeituntenschied von wenigen Jahren, h(Jchstens etwa acht Jahre, h.ine voll-
ständige zeitliche Coincidenz wird aber durch keinen Grund ausgeschlossen.
*) Griccli. Litleraturgeschichte, in Iwan Müllers Handbuch VII* 241.
Nausikaa 33
Der einzige Vers, welcher aus der Nausikaa erhalten blieb, nennt ein Detail,
das die Beziehungen zwischen Drama und l'>ild noch enger knüpft. Fr. 391, das
uns Pollux VII 45 aufbewahrte, lautet: Ui-'/syj; -t rJpy.: Ä'.voYSvsr; x' £7:£v5'jtac.
Aus Eustathius zur Ilias p. 12.26, 44 erfahren wir, daß dieser STievoüxr;; ein "/itto-
vcaxo; war, somit ein kleiner Chiton, der üln-r den größeren gezogen wurde, also
auch nichts anderes als das Gevvandstück seither unbekannter Benennung, welches
wir an der Nausikaa auf der Pyxis und an der Wä.scherin auf der Oinochoe
fanden.^) Da das polygnotische Bild zeitlich mit der Aufführung der Plyntriai
zusammenfallt, da in ihm wie im Stücke ein Detail, der 27i:ev56TrjS, wiederkehrt,
kann ich mir das Verhältnis von Dichter und Maler nicht bloß als die ferne Be-
rührung einer allgemeinen Anregung vorstellen. Auch wenn beidemal das
Wäschegeschäft, wie es für die Dichtung durch den Nebentitel erwiesen wird,
mehr in den Vordergrund gerückt wird als bei Homer, beschränkt sich die
Möglichkeit einer nur zufälligen Übereinstimmung. Wir haben einen bestimmten
Grund zu suchen, warum das Bild unmittelbar auf das Drama folgte.
Einem vorauszusehenden Einwand wäre zunächst zu begegnen. Unsere
Exegese ließ keinen Zweifel, daß sich die erhaltenen Darstellungen eng an die
Schilderung Homers anlehnen. Dies ist nicht zu leugnen und wird durch kleine
Widersprüche nicht aufgehoben. Allein trotzdem schließt dies die unmittelbare In-
spiration durch Sophokles nicht aus. Denn auf welches andere Stück besser als auf
Nausikaa könnten folgende Angaben über Sophokles zielen; in der vita 20: xfjV '05üa-
3£tav 5'sv TioÄ/.oi; 5pä[-iaarv ä7:oypxcf£xai und bei Athenaeus 277 e: £/,a'.p£ ok Zo-^ov-Xifi
TcT) £7ii-/w xuxXw, w; xa: SXa 0^7.^.0.-% TioiTjaao y.aTay.oXouvl-wv i^j £V xoüxw [iuUojxot'a? Eines
der drei aus der Tragödie erhaltenen Fragmente belegt überdies diesen sclavi-
schen Anschluß an Homer. Das Fr. 392 bietet lediglich das Wort /.aiiTTTjvr;. Dazu
gibt Hesychius die Erklärung: dloz y.]i.ih^i, ^'-f' 'fii oyoOvxat. £v:oi ä^vr^. Wenn
wir uns nun erinnern, daß Homer ^57 die Nausikaa auf einer y.räiyyi an den
Fluß fahren läßt, so ergibt sich auch in diesem für das Drama erst recht neben-
sächlichen Zug vollständige Übereinstimmung mit Homer.
'■') Der STisväüxr,; tritt, soweit ich bis jetzt sehe, y.tS-mvi TCoS^ivexai XiVci;)' v.ai iitl to'jtov äXko-^i sipivsov
erst nach den Perserkriegen auf. Die ältesten Beispiele xtü-töva §;iEvä6v£t . . . läßt vermuten, daß diese Tracht
weisen in die Zeit vor 460, so Compte- Rendu 1877 erst infolge der Perserkriege nach Athen gebracht
Taf 4 u. 5, auch 1873 S. 245, ferner Robert, Marathon- wurde. Jedesfalls werden Perser von Zeitgenossen
Schlacht S. 56. Häufig begegnet das Kleidungsstück auf unseres Meisters in dieser Tracht gemalt. So der
weißgrundigen Lekythen, Benndorf, Griech. Vasen- gaatXsü; 6 [li'faj nebst Gefolge, als solcher kenntlich
bilder 14, 25, 33. Weitere Beispiele Mon. In. III 30; nach Aristoph. Av. 485 an der xupßaata 6f/i)-vj auf dem
IV 51; .Supplera. 21. Die Beschreibung babylonischer Aryballos Mon. In. I 50 und auf der Wiener Amphora
Tracht durch Herodotl 195: ^a3-^xi 5s -uotfjäsxp'wvxai, Jahreshefte II 15; auch auf der Xenophantosvase
Jahreshefte des österr. archäol. Institutes Bd. VKI. J
34 F- Hauser
Und für weldien Zweck konnte ein Maler vor der Mitte des tünttrn Jahr-
hunderts dieses Odysseusabenteuer malen? Es läßt sich wfiKr ein 1 onipcl noch
sonst ein öffentliches Gebäude nennen, wofür sich dieses Thema geeignet hätte.
Für Privathäuser worden aber in ilieser Periode weder Wandgemälde noch Staffelei-
bilder ausgeführt. Da das Gemälde gleich/.eitig mit dem Stück des Sophokles
entstand, da es wie die Dichtung, weicht» ilen Nebentitel IlXuVTptai führte, die
Arbeit der Wäscherinnen ausführlich schildert, da es den eTtevSu-n); verwendet,
welchen .Sophokles auf die Bühne liringt, so liegt nur eine Möglichkeit als Be-
stimmung von Polygnots Bild vor: es war der \oii .Sophokles oder st'iiiem (horegen
bestellte skenische Votivpinax.
Daß wir nicht wissen, ob Nausikaa den Preis erhielt, wird hoffentlich niemand
als Gegengrund anführen. Denn die Überlieferung kennt i8 bis 20 Siege des Sopho-
kles, von denen sich nur wenige auf bestimmte Dramen verteilen lassen und außer-
dem erfahren wir ja noch, daß .Sophokles in der Nausikaa durch sein Ballspiel einen
großen Erfolg errang. Nebenbei gesagt, wiril man jetzt auch besser verstehen,
warum wir für das I'iild ballspielende iMädehen forderten, auf di(! sich übrigens
auch im Bild der Pyxis aus den am Boden liegenden Bällen noch schlit^ßen ließ.
Die Nausikaa des Polygnot wäre demnach ein Tafelbild gewesen. Gegen
die früher geläufige Vorstellung, daß der MtMster das Bild auf die Wand im Nord-
flügel der Propj'läen gemalt habe, liegt nun ein wahrer embarras de richesse
von Gründen vor. Freilich würde ja der eine Grund schon genügen, daß auf
diesen Wänden sicher nie Wandgemälde .saßen.'") Aber nun war dieses Bild auch
überdies etwa dreißig Jahre vor Vollendung der Propyläen gemalt. Als Pinax
könnte das Werk Polygnots dagegen sehr wohl in diesem Sammelsurium alter
Gemälde untergebracht worden sein. Allerdings aber muß ich Robert") bei-
stimmen: .strenge Interpretation der Pausaniasstelle führt zu der Auffassung, daß
dem Periegeten das Nausikaabild nur als ein Beispiel für den engen Anschluß
an Homer dient; demnach könnte sich das Bild irgendwo in Athen oder selbst
außerhalb befunden haben. Nur sind mir Zweifel aufgestiegen, ob man Pausanias
so streng beim Worte nehmen darf, ob ihm der (iesichtspunkt der Homer-
illustration nicht bloß als rhetorisches Mittel dient, um in die dürre Aufzählung
'") Bohn, Propyläen 33. Stellen des Synesios Epist. 54 und 135, in welchen von
") Robert hat seine Auffassung, der jetzt wohl die javiJs; die Rede ist, bezeugt, sondern wird auch un-
meisten Archäologen beistimmen, wiederholt vcrthei- zweideutig durch einen Mann wie Lucian angegeben,
digt; man findet die Stellen angegeben in: Marathon- derdicKunstnichlmitden AugencinesBanausenansah.
Schlacht S. 66 A. 27. Daß Polygnot auf Holzl)relter In seinen Imag. 483 zählt er das .Material eines poly-
malte, wird nicht bloß durch die oft herbeigezogenen gnot. Gemäldes so auf: i'Y/.V) "/.ai y.Vip'yO za'. xpoj|ia-(i)V.
Nausikaa 35
des Stoffes der Gemälde etwas Abwechslung zu bring-en. Dieser Übergang von der
topographischen Reihenfolge zum sachlichen Zusammenhang bedeutet nicht mehr
als im Capitel 28, 2, wo Pausanias seiner topographischen Aufzählung unter dem
sachlichen Gesichtspunkt von of/.iz'X'. zwei weitere Denkmäler anreiht. Wüßten wir
nicht zufällig aus den aufgefundenen Basen bestimmt, daß Pausanias seine Auf-
zählung in streng topographischer Folge fortsetzt, so könnte man auch in diesem
fall nach den Worten der Periegese schwanken, ob die beiden genannten
Denkmäler überhaupt auf der Akropolis standen. Die sogenannte Pinakothek
enthielt ja noch mehr solche von irgendwoher zusammengetragene Votivtafeln.
So die beiden Bilder, welche sich auf die Wagensiege des Alkibiades bezogen
und von denen Pausanias nur das eine erwähnt; wahrscheinlich auch der
-aXa'.a-Tj; und der Knabe mit den Hydrien, der als Sieger gedacht sein könnte,
entsprechend dem Vasenbild bei Benndorf, Griech. Vasenb. Taf. 9 (Fig. 10 auf S. 41).
Wenn Polemon in seiner .Schrift itspt xwv ev toc; IIpoTzuXaioi; Titvaxwv auf den
Fackellauf zu sprechen kam (Harpokration Xd^niz), so erklärt sich diese Erwähnung
am einfachsten daraus, daß in der Sammlung der Votivpinax eines Siegers im
Fackellauf vorhanden war. Ein Pinax von Sophokles wäre demnach im Nord-
flügel der Propyläen durchaus an seinem Platze, aber wir geben zu: nach den
Worten des Pausanias muß sich das Bild nicht dort befunden haben.'-)
Für das skenische Votiv des Sophokles nach der Aufführung des Thamyras,
also für einen wenige Jahre früher oder später errungenen Sieg, wird sogar ein
1-) Auf die übrigen Gemälde mytliulogisclieu a-oy.Äf/s «tpsipfLoj £X^f,vj-,'ci, <I>puv'.x.o; iSiSar/.EV,
Inhaltes hier einzugehen, würde uns zu weil führen. X5sL|iavT0; f/px^v auf eine Tafel geschrieben ab-
Ich glaube, daß sich auch bei ihnen unsere Auf- gespeist. Eine solch ärmliche Inschrift, die sich
fassung des Nausilsaabildes durchführen ließe und überdies nicht wohl als Ätva^ bezeichnen ließe, hätte
bemerke sogar nachträglich, daß mir in dieser An- ja gerade die Hauptsache unberührt gelassen, nämlich
sieht Prott (Schedae philologae H. Usener obla- das Drama, welches den Preis errang. Dabei citiert
tae 56) zuvorgekommen ist. — Rizzo wollte (Ri- noch Rizzo selbst eine Stelle aus Theophrasts
vista di filologia XXX, Studi archeologici sulla Charakteren 22, wonach es als schäbig angesehen
tragedia e sul ditirambo) in einem Anfall un- wurde, wenn irgend jemand nach einem Sieg mit
fruchtbarer Hyperkritik die Existenz der skenischen dem tragischen Chor dem Gott nichts zu weihen
Votivpinakes, welche die gesamte Archäologie von hatte, als eine aus Holz geschnitzte Tänie mit der
Keisch freudig übernommen hatte, wieder in Frage Inschrift darauf. Mußte sich Dionysos, wie Rizzo
stellen. Allein seine Einwände sind bereits von meint, für gewöhnlich mit einer entsprechenden In-
Robert, Niobe 10, wieder entkräftet. Es war wirklich schrift in eine glatte Marmorplatte eingegraben zu-
unüberlegt, einem Griechen, der selbst über einem frieden geben, dann wäre ja der Stifter jener hölzernen
Staatsvertrag, bei dem es doch wahrhaftig nur auf Tänie noch groß dagestanden; er hätte wenigstens
den "Wortlaut ankommt, sein Bildchen sehen will, seinem Anathem eine künstlerische Eorm gegeben,
diesem selben Griechen auch nur einen Moment zu- Einfache Logik erweist also Rizzos Gedanken als
zutrauen, er hätte in einem Weihgeschenk an die grundverfehlt.
Gottheit diese mit der trockenen Kanzleiformel: Hsiii-
36 F. Hauser
anderer Aufbewahrungsort ang-egeben. Soweit icli sflic>, ist dieser Votivpiiiax iiorh
car nicht als solcher erkannt, wenigstens tehll er in der SanimUmg" skenischer \'oli\e
bei Reisch, Griechisclie Weihgeschenke S. i2ö; aber ich nieini'. diese Auffassung
braucht nur ausgesprochen zu werden, um zu überzeugten. Die \'ita erzählt im 5. Ka-
pitel: <l>aai ok 5-: xx: xiit-ipxv ävaAajiwv £V i-idvt;) — offenbar \-erderbt — tw 6a[,iLipiot noit
exifrapiasv. 50-iv xa: £v rf, TioixJÄr, atoä |i£Ti x'.iläpa; a'Jx&v y£ypa-.f!)-3ti. Aus dieser Stelle
wurde mehr herausgelesen, als sie besagt, und wir müssen di(>ses Zuviel ablehnen,
trotzdem es unsere Hypothese über den polygnotischen \'oti\pinax für die Nausikaa
nur noch weiter stützen würde. Christ'^) hört heraus, dalJ .Sophokles „vom Maler
Polygnot als zitherspieleiuler Thamyris in der bunten Halle dargestellt wurde'';
desgleichen erwähnt Bernoulli, Griechisclie lk()nogra])liie 1 124 dieses Porträt von
Polygnot. Beruht diese Zuweisung der Urheberschaft auf einer Verwechslung
mit dem Thamyris in der Nekvia zu Delphi? Dal3 ein in der Poikile be-
findliches Bild, wo auch Panainos und Mikon gearbeitet liatlen. nicht eo ipso von
Polygnot stammen müsse, braucht ja kaum ausgesprochen zu werdi'u. Merk-
würdigerweise hat kein Geringerer als Lessing (Werke ed. Lachmann VI 338)
mit Gründen, welche bei einer solchen Größe erst recht schwach erscheinen, zu
erweisen gesucht, daß Polygnot unmöglich der Urheber des Porträts sein könne.
So steht die Sache nicht; sondern es ist einfach nichts von der Autorscliaft Poly-
gnots überliefert; sie wäre aber vollkommen möglich. Es ist ferner in der \'ita
auch nicht geradezu gesagt, daß Sophokles als Thamyris dargestellt war; immer-
hin läßt sich dies aus den Worten herau.slesen. Dann ist es \öllig klar, daß .Sopho-
kles nicht wie Aischylos in die Marathonschlacht etwa in die .Schlaclit von Oinoe
eingeführt war.") Eine Darstellung des Sophokles in der Rolle des Thamyras läßt
sich in dieser Zeit nur als ein vom Beteiligten selbst gestifteter Pinax auffassen.
Höchst überraschend scheint mir nun, daß sich in unserem Monumenten-
vorrat auch gerade zwei Thamyrasdarstellungen aus dieser Periode nachweisen
lassen, von denen die jüngere sicher von dem delphischen Thamyris Polygnots
••') Griech. Litteraturgeschichte 235. verdanken ihre Existenz lediglich einer Vermutung,
") Der Irrtum, als stehe die Autorschaft l'oly- und zwar einer für diesen Fall aufgestellten Ver-
gnots für das Sophoklesporträt fest, wirkt merk- mutung — die Züge des .Sophokles getragen. Meine
würdigerweise selbst bei einem so besonnenen For- Erklärung hat jedenfalls den Vorzug, weniger Voraus-
scher wie Wachsmuth (St.idt Athen II 516, 4) nach. Setzungen zu erfordern. Votive in der Poikile bringen
Gerade als wäre die Urheberschaft des thasischen keine Schwierigkeit, da dort auch andere Sieges-
Malers das einzig Sichere an der Nachricht in der denkmäler wie erbeutete .Schilde aufgehängt wurden
Vita, wagt Wachsmuth die Voraussetzung, im Iliu- (Wachsmuth I 570, 2), und daß später noch andere
persisbild der Poikile hätte der Kilharspieler, nach Gemälde in der Halle Aufstellung fanden, nimmt
dessen Weisen die Hellenen heranzogen — sowohl auch Wachsmuth II 522 an.
der Kilharspieler, als die her.inziehenden Hellenen
37
abhängt, während die andere, ältere dem erschlossenen Pinax des Sophokles
mindestens zeitlich völlig gleich steht.
Den delphischen Thamyris kennen wir dank einer Entdeckung Robert Zahns,
dessen Freundschaft mir gestattete, seine interessante Beobachtung in diesem
passenden Zusammenhang zu veröffentlichen. Zahn photographierte die hier
wiedergegebene Hydria im Kunsthandel zu Athen: mir ist das Stück nur aus
seiner Photographie bekannt (Fig. 5) und ich kann hier nur geben, was ich aus der
Photog-raphie herauszulesen vermag. Darnacli scheint es sich um eine Malerei
aus der Zeit von 450 — 440 zu handeln.
Zwischen zwei stehenden Frauen sitzt ein
Jüngling im kurzen Chiton; reiche Locken-
fülle wie etwa beim Dornauszieher bedeckt
sein Haupt. Mit der Linken .stützt er sich
auf den Sitz und streckt den rechten Arm
mit geöffneter Hand gerade vor. Die Lyra,
welche im freien Raum vor ihm schwebt,
soll wohl als seiner Hand entfallen, von dem
Sänger weggeworfen, aufgefaßt werden.
Durch die hohen, pelzgefütterten Stiefel
wird der Jüngling als Thraker, durch das
geschlossene Auge als blind charakterisiert.
Die Deutung auf Thamyris ist damit ge-
geben und aulBerdem springt, wie Zahn be-
merkte, die Übereinstimmung mit dem
Thamyris der Nekyia in die Augen,
welchen Pausanias X 30, 8 so beschreibt: fc)a|iiip:5; ok ij^ui 7.a8£^G|.i£V'o -oO IIb71o'j
o:£-.f8-ap[^i.£vai a: o'lie:^ /.%: ~y-.z:vbi £; xr.m s-/"^[ix £3":. xa: fj xd|ir; tioXat^ |^i£v £i^: xf^;
'av^x'kT^z, koaayi Zfk aCiTiT) y.y.l iv xoü y£V£:oir Ä'jpa c£ Ipp'.nzy.'. npo; lol- tioc;:, -/.oLXExyi'Si
aÜTYj; Ol Tzif/z'.q v.od at yopood -/vatEpptoyiira:. Es bestehen also zwar leichte Differenzen
wie die, daß Thamyris auf der Hydria vom Barthaar noch verschont ist, daß hier
die L\-ra noch schwebt anstatt zerbrochen am Boden zu liegen, aber das Wesent-
liche, daß der Thraker nicht mehr musiciert. sondern sein Instrument zu Boden
wirft, dieser charakteristische Zug kehrt bei Polygnot und auf der Vase wieder.
Darnach steht ein Zusammenhang außer Frage. Die athenische Vase bedeutet
somit einen recht erfreulichen Gewinn für die Kenntnis Polygnots, und sie wirkt
noch erfreulicher durch die Perspektive, die sie eröffnet, da wir nun wissen, daß,
Fig. 5 Hydria im atlienisclien Kunsthandel.
3S
was nicht zu erwarten war. selbst die ilcljihischi'ii Uildcr des Meisters in den"
attischen Vasenmalerei Spuren hinterließen. Das Bild auf der llydria i.st nicht
etwa als Ganzes der Nekyia entnommen; die beiden l''rau<Migestalten haben jeden-
falls mit ilem delphischen Bilde nichts /u schaifen. ])ii' l'rau riH-lUs mit der
l.yra kann nur eine der Mu'-eii sein, weicht' gelassen sich an dem i^rausamon.
von ihren Schwestern über den Sänger verhängten (Tcschicke weidet. X'or Tha-
myris steht eine Thrakerin, als solclie durch die Tätowierung auf ihrem Unter-
arm gekennzeichnet, welche sich ilire kurz geschnittenen Haare rauft. Die
Thrakerin. wel-
che in erster
Linie Ursache
hat. das Los des
Thamvris zu be-
weinen, ist seine
Mutter Argiope.
Die andere Tha-
myrastlarstellung
ist schon lange be-
kannt. Daß für die-
se die Namensform
Thamyras inschrift-
lich bezeugt ist,
während wenig-
stens Pausanias den
thrakischen .Sänger
in der Nekyia Tham3'ris nennt, scheint mir nicht gleichgültig; Thamyras lautete
auch der Titel des sophokleischen .Stücke.s. '^) Die Überlieferung dieses Rüdes ver-
danken wir drei Vasen, von denen die beiden zuerst zu nennenden in der Haupt-
sache übereinstimmen, während sich von der dritten nur sagen läßt, daß sie; die-
selbe Figur des Thamyras vor Augen hatte.
a) Hydria im Vatican. Heibig, Führer - n. 1230, abg. Moii. In. 11 _\3 (Fig. 6).
b) Hydria in Neapel. Heydemann n. 3143, abg. Mon. In. \lll 43 (Fig. 7).
c) Nolanische Amphora, Petersburg. .Stephani n. lOS.s. abg. (ompte Rendu
1875 .S. 95 (nur Thamyras Fig. 8).
Die Inschrift Bxn'jpa; wird durch die Hydria n geboten. Ohne eine
") Welcker, Griecbisclie Tragoedien I 419.
Fig. 6 Thamyras auf einer Hydria des Vatican.
39
solche Hilfe wäre die Exeg'ese dieser
Vasen wohl stets bestritten geblieben;
denn ihre Darstellung enthält
nichts von dem, was für Tha-
myras speciell charakteristisch
ist. Wenn in der Sage die
jammervolle Niederlage des
Sängers das Hauptmotiv
bildet, so deutet hier
alles eher auf einen Sieg.
Die alte Frau bringt
dem Thraker auüer dem
Zweig, den sie über ihn
hält und der mir seiner
Fig. 7 Tliamyras auf einer Hydria in Neapel.
Form und seinem Sinn nach dunkel bleibt, noch einen kleinen Lorbeerzweig (F'ig. 7).
Die beiden Musen schauen bloß zu, ohne selbst gegen dieses Siegeszeichen,
über das sie sich doch der Sage nach so grausam mit dem Sänger gestritten,
Einspruch zu erheben. Die Vase c bietet nur insofern Interesse, als sie deutlich
eine ältere Stufe des Thamyrastypus darstellt; der Sänger ist hier, so wie ihn
Polygnot auch später noch darstellte, bärtig. Seine ungefälligen Bewegungen
weisen auf ein Original um 460. Wertlos scheint dieses
GefäiB für die Überlieferung der bis jetzt noch nicht ab-
gebildeten Frauen zu sein; hier sind es zu beiden Seiten
des Sängers je zwei Frauengestalten, aber ohne Attribute,
so daß ihre Deutung' auf Musen nicht zwingend wirkt.
Also um 460 ein Thamyras, bei dem statt des
traurigen Schicksals des Sängers vielmehr die Anspielung
auf einen Sieg durchdringt. So viel ist sicher, daß diese
Darstellung in die Zeit der Aufführung des sophoklei-
schen Thamyras zurückreicht, also ohne Zweifel auch
durch sie ins Leben gerufen wurde. Choronika als Namen
eines der beiden Mädchen, welche man ohne diese Bei-
schrift für Musen erklärt hätte, ist doch mit deutlicher
Absicht gewählt. Ob wir aus der Tatsache, daß gegen
alles Erwarten hier ein Sieg betont wird, auf eine Ver-
Pig. 8 Thamyras auf
bindung- mit dem Votivpinax des Dichters schließen dürfen, einer nolanischen Amphora.
40 V. Häuser
wage icli nicht zu behaupten, so lange mir nicht eine über/eugendeie Deutung
der uralten Frau als die auf die Mutter des Thamyras gelungen ist Aber
der Gedanke an einen Votivpinax empfiehlt sich allerdings noch aus einem
Grunde, auf den ich erst nachträglich autuKM-ksam werde. Alle wesentlichen
Elemente des Thamyrasbildes kehren wieder auf der Sapphovase ii\ Athen
(Museo Italiano II 0 darnach Fig. q): die sitzende Dichterin in der Mitte. nt>ben
ihr zwei zu einer (iruppe ziisammengeschlos.sene Frauen, von denen eine ilic
Fig. 9 Sapphovase in Athen (Colügnon-Couve n. 1:41).
Lyra hält: hinter Sappho eine dritte Frauengestalt, welche die Sängerin be-
kränzt; ihr Name Nikopolis deutet ebenso wie bei der ihr entsprechenden
("horonika auf Sieg hin. Liegt hierin nicht ein weiterer Beweis, data das
Thamyrasbild in seiner Ausgestaltung nicht durch den Mythos des thrakischen
Sängers, sondern durch eine Darstellung allgemeineren Inhalts bestimmt wurde,
nämlich die Darstellung eines siegreichen Dichters? .So schwer die Tatsache
zu erklären bleibt, warum ein aus ganz bestimmtem AnlalJ und mit Beziehung
auf bestimmte Personen geschaffenes Bild als Decoration für ein beliebiges
Gefäß gewählt wurde, so wenig läßt sich die Möglichkeit einer solchen Über-
tragung bestreiten. Denn es liegt ja die genaue und absolut sichere Analogie
4t
auf der Amphora mit dem Satyrspiel in Neapel vor, bei der schon von Prott (Schedae
philologae H. Usener oblatae 47) diesen Fall constatiert hat. Die Übereinstimmung
ihrer Mittelgruppe mit dem prächtigen Schauspielerrelief aus dem Peiraieus
(Studniczka in Melanges Perrot 307) sichert Protts Auffassung vor Zweifeln.
Wenn der Pinax für die Nausikaa-Aufführung von Polygnot gemalt war,
dann steht auch beim Votiv des Sophokles für den Thamyras die Zuweisung der
Urheberschaft an den thasischen Meister nicht mehr so haltlos da, als uns zuerst
schien. Und eine wahre Freude ist es, wie ungezwungen sich diese nach 468 und
vor 456 gemalten Bilder, mindestens aber eines
derselben sich in die von Robert aufgestellte
Chronologie der Werke Polygnots einfügt. Ro-
berts Stemma (Marathonschlacht S. 6g) lautet:
nach 478 Tempel der Athena Areia in Plataiai,
um 474 Theseion und vielleicht Anakeion,
460 Poikile,
nach 458 I
vor 447
Lesche.
Fig. 10 Von einer Amphora
der Müncliener Sammlung (s. S. 35).
Vor seinem Wegzug von Athen arbeitete
somit Polygnot für Sophokles. Daß die Chrono-
logie Roberts wie ein tadelloses Uhrwerk weiter
functioniert, trotzdem ein von fremder Hand ge-
arbeitetes Rädchen eingesetzt wurde, das spriclit
für die Solidität des Werkes und zeigt wohl
auch, daß jenes Rädchen accurat berechnet war.
Auf welch fruchtbaren Boden aber die Aussaat Polygnots in den Werkstätten der
Vasenmaler fiel, das ist durch unsere Untersuchung noch etwas klarer geworden.
Bis zum Schluß sparte ich mir die angenehme Pflicht auf, meinem Freunde
John Marshall dafür zu danken, daß er mir die für ihn von Herrn Gearing
gefertigte Zeichnung der Pyxis zur Publication überließ; nicht nur dies, sondern
mir auch Einsicht in eine Skizze seiner Ausarbeitung gestattete, aus der ich
eine Reihe von Gedanken hier verwertet habe. Besten Dank werden mit mir
auch die Leser dieser Zeitschrift Herrn Director Robinson wissen, daß er die
Erlaubnis, ein so anziehendes und so anregendes Vasenbild an dieser Stelle zu
publicieren, bereitwillig erteilte.
Rom. FRIEDRICH HAUSER
Jahreshefte des österr. archäol. Institutes Bd. VIII. 6
4-'
Polvklets l)i;idunienoj^
Als der DiadunuMios aus llolos') bekannt wurilc. horuhiyti' sioli ansiiuMnciul
die Archäologie dabei: ein gut erhaltenes, ein yut ycarbtMtcti's. nii-ht all/u siil-
yetreues F.xeniplar des polvkletischen Athleten mehr. Allein bietet nirhl die neue
Replik auch ein neues Problem?
Mir scheint sogar ein recht tief-
greifendes, überdies ein geradezu
unsympathisches Problem, so be-
unruhig"end, daß ich mich nur
freuen könnte, wenn einer der
l'achgenossen ein l.och in den
liier vorgetragenen Folgerungen
nachzuweisen vermöchte.
Die Attribute an den Stützen,
welche die Copisten classischer
lironzewerke notgedrungen im
Marmor hinzufügen, werden sinn-
\ oll ausgewählt; zum mindesten
deuten sie den Sinn an, in wel-
chem der Copist sein Werk auf-
gefaßt wissen w-oUte. Dann aber
lassen die Gegenstände, welche
an dem eher noch verkünstelt als
kunstvoll ausgearbeiteten Baum-
stamm neben dem delischen Dia-
dumenos hängen, kein Schwanken
über die Bedeutung des Jünglings
aufkommen; Chlamys und Köcher
verlangen die Bedeutung als Apol-
l<in. Bei einer auf Delos gefunde-
nen nackten Jünglingstatue liegt
diese Deutung nicht gerade aus dem Weg, zumal wenn die Trümmer der Statue
auf einem Haufen mit einer Artemis und einem Hermes, richtiger einem Porträt
als Hermes ausgegraben wurden,
') Abgebildet Bull.de corr. hell. 1895 T:»f. 12 Menscb 119; Mahler, Polyldet 74. Genaue Angabe
S. 484. Monuments Piot III 14, 15; Bulle, Der schöne der Fundunislände erhalten wir von Louis Couve in
Fig. I I
Polvklets Diadumenos
43
12 Alün/.en von Ch.ilkiilikf
Begreitlirlit-rweise wird sich jedermann der Notwendig-keit dieser Folgerung
zu entziehen suchen. Denn das „mittlere canonische Ideal", dieser herrliche, von
Overbeck in die Kunstmythologie eingeführte Begriff, erlaubt keinem kurzhaarigen
Athleten als Apollon in tien Olymp einzutreten. Wenn nun aber gerade für die
Zeit, in welcher Polyklet seinen Diadumenos schuf, und wenn gerade für die
künstlerische Richtung Polyklets ein Apollon mit kurzen Haaren durchaus an-
gemessen wäre; wenn endlich gar ein Apollon im selben Motiv wie der poly-
kletische Diadumenos bekannt wäre, dann wüßte ich wirklich nicht, wie man der
angedeuteten Folgerung ausweichen könnte.
Um klar zu bleiben, wollte ich die Linie
der Beweisführung voranstellen; was sich sonst
noch beibringen läßt, sind nur Nebendinge, die
sicher nicht verneinend entscheiden können,
wenn einmal der Grundgedanke als richtig an-
erkannt werden muß.
Daß Apollon auf Monumenten der Plieidiasischen Epoche, und zwar nicht etwa
bloß als Ausnahme, kurzhaarig erscheint, ist eine Beobachtung, die wir Furtwängler
(bei Röscher I 458) verdanken. Für unsern Fall sprechen besonders klar Münzen des
chalkidischen Bundes aus der Zeit von 392 — 37g (Head, Historia 185; Gardner, Types
XII 12, 13), namentlich das Stück links in Fig. 12, weil der polykletische Charakter
seines Apollonkopfes ohne weiteres in die Augen springt; über der Stirne am An-
satz des Scheitels finden wir sogar die wohlbekannte wagrecht gebürstete Locke
genau wie am Doryphoros und anderen Köpfen aus der Schule Polyklets. Wer die
von Furtwängler citierten Beispiele und die hier in der Note-) genannten sich
wirklich angesehen hat, den kann ein Haar wie am Diadumenos weder für
bei Hill, Coins of .Sicily. Selbst innerbalb der
relativ kurzen Entwicklung, welche die Münzen des
chalkidischen Bundes repräsentieren, läßt sich dieses
Phänomen, das Verkürzen und Wachsenlassen der
Haare verfolgen: Brit. Mus. Cat. Macedon 66 f. Das
Längerwerden auf den Münzen von Zakynthos: Brit.
Mus. Cat. Peloponnesus XIX; im Jahre 394 tritt
ein Apollon mit langen Haaren auf. Das Kürzer-
werden zu beobachten an Münzen von Kolophon,
Gardner Types IV 35. 37, wonach schon vor 43 1
ein ganz kurzhaariger Typus auftreten würde. Apollon
kurzhaarig und mit Taenie auf raacedonischen Münzen
aus der Zeit von 392 — 389. Brit. Mus. Cat. Macedon
168. Sehr wertvoll für unsern Zweck scheint mir we-
in den Monuments 138. Die mitgefundene Artemis
mißt allerdings nur etwa dreiviertel Lebensgröße.
^) Weitere Beispiele des Apollon mit kurzen
Haaren zählt Wernicke bei Pauly-Wissowa II 96 f.
auf. Besonders instructiv scheint mir das Über-
blicken von Münzserien einer .Stadt, welche für
lange Zeit den ApoUonkopf als Münzzeichen bei-
behält; hier läßt sich nämlich klar verfolgen, wie
der archaische langhaarige Typus in der zweiten
Hälfte des fünften Jahrhunderts in den kurzhaarigen
übergeht und wie dann im folgenden Jahrhundert
Apollon die Locken wieder zu wachsen beginnen.
Leider ist das Material ungenügend abgebildet in
dem älteren Brit. Mus. Cat. Sicily: Leontinoi 89 ff.;
Katana 43 ff.; bessere Abbildungen einzelner .Stücke
gen seiner großen Ähnlichkeit mit dem Diadumenos
6*
44 F. Hauser
einen ApoUoii aus der zweiten Hälfte des^'. Jahrhuiulerts, noch speciell bei Polyklet
überraschen. Der mächtige Körperbau des T")iadiinienos setzt nur fort, was das-
selbe Jahrhundort in dem Apollon ('hoiseul-(iouffier. dem Ivasselcr und dem
des Thermenniuseums bereits einj>eführt hatte und K'iti't in normaler Weiter-
bildung- über zu dem Apollon Lykeios des vierten jahrluniderts. (ienaue Kennt-
nis der kunstmythologischen Entwicklung- des Apollontypus erlaubt also keinen
Kinwand g'egen die Beileutung' des Diadumenos als Apollon soweit der Anstt>l3
seine körperliche l'".rseheinung- betrifft.
Aber nun wird man das für den Gott nicht bezeichnende Motiv und den
völligen Mang-el an apollinischen Attributen mit einer vStatue des Gottes un-
vereinbar finden. Allein auch dieser lünwand hält nicht Stich ang^esichts der
Tatsache, dal5 im Altertum ein Apollon im Motiv des Diadumenos existierte;
Pausanias sah ihn nahe beim Arestem])el iu Atlien 1, 8, 4): 'AncÄXwv ma.ooö\>,two<;
-ratvta ir^v xönr//. Einem Zweifler bleibt nicht einmal die Ausflucht, dieser Apollon
.sei durch irgendein von Pausanias nicht genanntes Attribut g^enauer charak-
terisiert g-ewesen. Denn wer sich die Taenie um den Kojif windet, hrauclit liride
Hände dazu, kann also nicht außerdem ein Attribut halten; für den Lorbeerkranz
um den Kopf bleibt kein Platz, weil an seiner .Stelle die Taenie sitzt; einzig"
denkbar wäre für diesen athenischen Apollon ein umgehängter K(">cher. Aber
auch dessen Existenz ist durchaus unwahrschciidich, weil der Gott den Bogen
sicher nicht gehalten haben kann.
Es hilft somit nicht.s, der Diadumenos Polyklets ist in lückenloser Beweis-
führung als Apollon erwiesen.
Wer je unsern .Schluti nicht zwingend finden sollte, der rechne eiiu'u
Augenblick mit der Mögdichkeit, dalj ein Künstler der .Spätzeit, ich meine den
Urheber der delischen .Statue, das polykletische Siegerbild eines Athleten in
einen Apollon verwandelt hätte. Allein vom Ende des IV. Jahrhunderts an war ja
das griechische Schönheitsideal wie umgekrempelt: ein junger Mann, der für
ideal schön wie Apollon gelten wollte, mußte Weiberhaare, womöglich auch
Weiberhüften, vor allem aber das wampige Weiberfleisch haben. Dieses wider-
liche Ideal blieb von nun an die ganze römische Zeit hindurch das herrschende.
Ganz gewiß ging es also einem Künstler der .Spätzeit, mag er auch schon dem
zweiten vorchristlichen Jahrhundert angehören, viel mehr als uns gegen den
der Apollon auf dem Stück der epikneniidisclien sonders die glatt gebürstete Locke im Nacken, welche
Lokrer abg. Brit. Mus. Cat. Cenir.il Grecce II, 7 ziemlich genau dem scharf abgeschnittenen unteren
welches dort wohl mit den angegebenen Zeitgrenzen Haarabschluß am Diadumenos entspricht.
369 — 338 zu spät datiert ist. Man beachte be-
l'olyklels Diadumenos 45
Strich, in diesem kraftstrotzenden Beugel mit unpnmadisierten Haaren einen hohen
und höchsten Olympier zu verehren; wenn er sich dazu verstand, so muß er sich
einem fait accompli g'egenüber gfesehen haben. Ferner würde es sich doch auch
gar zu glücklich fügen, wenn der polykletische Athlet zufällig" — • denn einem
archäologisch nicht vorgebildeten griechischen Bildhauer konnte nicht bekannt
sein, was vor Furtwängler kaum ein anderer Archäolog beobachtete — wenn dieser
Athlet zu seiner Metamorphose den Charakter eines polykletischen Apollon ge-
wissermaßen schon angeboren mitgebracht, und wenn überdies unser Copist mit
der Ansicht, daß das Motiv eines athletischen Anadumenos sich aucli für Apollon
eigne, nicht allein gestanden hätte. Wie bestellt würde das passen.
Keinem Epigonen konnte angesichts eines Athleten vom Sclirot und Korn
Polyklets der Gedanke an Apollon kommen, während sich anderseits sehr leicht
verstehen läßt, wenn ein Bildhauer römischer Zeit aus diesem, wirklich wie ein
Athlet gebauten Apollon einen palaestrischen Sieger gemacht hat. Die Um-
wandlung nach dieser Richtung hin scheint in der Tat vorgenommen worden zu
sein. Im Museo Torlonia in Rom befindet sich eine Replik des Diadumenos mit
einer .Stütze in Gestalt eines Palm.stammes, an welchem cylinderförmige Halteren
(vgl. Jüthner Turngeräte lo) hängen, von denen wenigstens einer noch antik ist.
Benndorf, welcher diese nun im Museo Torlonia Taf. 82 n. 332 abgebildete
Statue in den „Römischen Mitteilungen" 1886 ,S. 117 besprach, konnte, wie er
hinzufügt, genauere Untersuchung der modernen Zusätze nicht anstellen, und
eine solche Untersuchung ist ja nirgends nötiger als bei Bestandteilen dieses
Museums. Auch mir waren nie ernstliche .Studien in dieser .Sammlung ermöglicht,
da bekanntlich ihr Besitzer gerade Untersuchung^en auf echt und falsch mit dem
besten Grund systematisch verhindert. Bei dem Diadumenos sieht man selbst aus
der Photographie, daß die Unterarme sicher falsch ergänzt sind, weil sie nicht
mit den auf den Achseln stehen gebliebenen Puntelli correspondieren ; für die Echt-
heit des vom polykletischen Typus vollständig abweichenden Kopfes wird ohnehin
niemand einstehen wollen — außer Carlo Lodovico Visconti, welcher in seinem
Katalog die Stirne hatte, die vorliegende .Statue als „la mieux conservee des
repliques" zu bezeichnen. Aber nehmen wir an, daß Figur und .Stütze zusammen-
gehören; dann hielt der Copist, welcher dieses Exemplar ausführte, den Diadu-
menos für einen athletischen Sieger.
Ein zweiter, allerdings noch zweifelhafterer Hinweis auf diese Bedeutung
ließe sich in der von Petersen (Bull. Commun. i8go vS. igi) hervorgehobenen
Tatsache finden, daß im Palazzo Mattei eine Reihe von Athletenstatuen steht.
46 F. Hauser
wonsiiter auch der Diadumonos und dal.l dieser Cyclus allem Ansrhciiu' nach als
zusammengehöriges (lanze ausgegraben wurde. Demnach hätte auch der \'cr-
fertig'er dieser (."opie den Diadumenos für einen Alhlcteii xcrw endet. Im iihiiii-cn
läßt sich aus den Stützen an den Repliken des Diadumenns kein .\nliah liir die
Deutung' gewinnen; meist kehrt ein ralnistanini wieder, der liir Apullon el>en-
sogut paßt wie für einen Athleten; einni.d eine .Stütze mit (iewand darül)er, ein
paarmal nicht näher charakterisierte Trünke. .Sicher dayi-L;-en wird iler 1 )iadunuMi(>s
auf einem gfeschnittenen Stein, den icli nur aus der Ahhilduni;' bei Pierre Paris
Polyclete 07 kenne, durch die neben ihm sti'heude Nase mit liiiieinticstecktem
Palmzweig' als athletischer Sieger bezeichnet.
Aber .selbst wenn für die Melirzahl der t'niiien die P>eileutunt;- als Atldet
feststände, während dies vorläufig nur für zwei dieselben walirscheii\lich. und
für die ebengenannte (iemniennaclihildung sicher ist, so w iire unseic fdl-
gerung damit nicht erschüttert. Di'im für einen .Spätgriechen oder Kcimer
war ein Apollon mit athletischem .Vui.ieren ein Unding; das Moti\- der .Statue,
für den (tott nicht charakteristiscli, war dagegen wie gescIinlTcin für einen
palaestrischen Sieger. Man kann sich also nicht darüber wundern, wenn die
Epigonen der .Statue den Sinn geben, der sich allein mit der Auffassung ihrer
Zeit vertrug. Was in aller Welt hätte abi^r \dn der hellenistischen Mpoche al)
einen Bildhauer veranlassen können, auf einen Athleten die g<")ttliche Würde
Apollons zu übertragen, wenn doch die Erscheinung des (iottes nach der damaligen
Auffas,sung nichts aber auch gar nichts Athletisches an sich hatte und wenn
das Motiv des angeblich verwandelten Athleten zur Darstellung iles Gottes sich
so wenig als nur möglich eignete? Es wäre also wirklich ein Irrtum, wenn
jemand behaupten wollte, das apollinische Attribut der einen (opie werde durch
das palaestrische einer anderen in seinem Werte für die Deutung des urs])rüng-
lichen künstlerischen Gedankens aufgewogen.
Aus dem.selben schon erörterten Grund, weil Künstler und Kc-iiner römisclK^r
Zeit in einem so robusten kurzhaarigen Apollon den tiott ül)erhau])t nicht zu
erkennen vermochten, erklärt sich auch, warum das Werk Polyklets nie mit
seinem wahren Namen, sondern in allen, d. h. in den bi^iden überhaupt existieren-
den literarischen Erwähnungen lediglich nach seinem Motiv benannt wurde.
Plinius heilit die Statue .diadumenum' und ungefähr ein Jahrhundert später nennt
sie Lucian töv O'.aSo'jiievov tf^v y.£-.fa/,r)v ty, xxivt'a. Das älteste Anzeichen, da(3
Polyklets Werk allgemein unter der Benennung als diadumenus bekannt war,
bietet wohl der Grabstein des Tiberius Octavius Diadumenus im Vatican (Heibig,
Polyklets Diadumenos
47
Führer- n. 134), welcher aus früher Kaiserzeit stammt. Selbst wenn sich schon
im IV. Jh. die apollinische Bedeutung- verloren hätte, so dürfte uns dies nicht
Wunder nehmen. Im Falle des Diadumenos erklärt sich das Vergessen des
exacten Namens und das Aufkommen der Motivbezeichnung viel leichter als
z. B. beim claudicans. Denn ein Philoktet konnte niemals in seiner wahren Be-
deutung verkannt werden.
Es ist auch bezeichnend und wird bei der seitlier geltenden Erklärung des
Diadumenos als Athleten nicht berücksichtigt, daß keine seiner RepHken Pan-
kratiastenohren aufweist, welche doch an den
zahlreichen Doryphoroi nie fehlen.^) (Vgl. Fig. 13.)
Tatsachen, welche meiner Folgerung ent-
gegenstünden, kenne ich nicht; dagegen läßt
sich allerdings eine Hypothese, welche über den
Diadumenos ausgesprochen ist, mit ihr nicht
vereinigen. Ich meine die Combination von
Emanuel Loewy (Wiener Studien XXIV 398 .
welcher unsern Diadumenos für das einst auf
der erhaltenen Basis des Eleers Pythokles
stehende Siegerbild erklären wollte. Diese Ver-
mutung, welche mir selbst zunächst einleuchtete,
scheint mir jetzt durch einen entscheidenden
technischen Grund ausgeschlossen zu werden.
Stellen wir den Diadumenos auf die olympische
Basis, so wäre der Fuß seines linken Spiel-
beines mit zwei dicken Zapfen verankert, für den Fuß des Standbeines da-
gegen wäre nur einer und dazu noch ein schwächerer Zapfen vorgesehen;
gerade das umgekehrte Verhältnis ist zu erwarten. Nicht als entscheidend wie
den genannten Gegengrund, immerhin aber als der Hypothese ungünstig sah ich
stets an, daß der Stil des Diadumenos zwingen würde, die Errichtung des
Denkmales erst etwa dreißig Jahre nach dem .Sieg erfolgen zu lassen.
de Form rührt davon her, daß die Ohrmuschel durch
die anliegende Taenie hier etwas nach vorne gedrängt
wird. Unsere Detailaufnahme nach einer Dr Sieveking
verdankten Photographie. In der Abbildung des zuletzt
gefundenen Diadumenoskopfes (Bull. Commun. 1901
S. 159) scheint derselbe durch ein Faustkärapferohr
charakterisiert zu sein; aber die Abbildung täuscht,
am Original läßt sich nichts davon beobachten.
^'S' '3 *-""' ''^^ Dresdner Diadumenos.
') Die Herren .Sieveking und Zahn waren so
freundlich die in München und Berlin vorhandenen
Abgüsse der Diadumenos- und Doryphorosrepliken
auf ihre Ohren hin zu prüfen. In bezug auf den
Diadumenos könnte man höchstens bei dem rechten
Ohr der Dresdener Replik schwanken; ich glaube
aber, seine vom linken Ohr, welches völlig normal ist
(Furtwängler, Meisterwerke Taf. 25), etwas abweichen-
48 K. It:uiser
^"ieUeicht will gar jemand die \'i'niuitiiiiL;' (^vorbecks (Schriftqiu'llcii n. 1,^0(1),
liervorsiichen, dal3 der von Paiisaiiias ciw ahnte "A-öXX(ov dva5oü|i£VC/c ill^Mlti^(i^ sei
mit dem .Apollo diadcnialus' ih's l.i'ooliarcs b<'i l'linius vb TU- Oiesc- X'crnnitunq
erledigten aber bereits Hitzig' und Uliimncr in ilui'in ConmiiMitar zu Pausanias 1
S. 1O3. wenn sie einwenden, der Wortlaut des l'eriei^cteii deute darauf hin, dal3
ein iva5o'j|i£vo; sioli erst die lliiule umleite wie die bekannten I )iaduinenosfiguren.
Überdies muli Polvklets Diadunienos mit jenem Anadiinieims \iir dem Arestempel
nicht identisch gewesen sein. Wenigstens selie ieh /u einer sielu^ren Entschei-
dung über diesen P\inkt keinen Anhalt. Mir hauchtet die Identität ein. weil, wie
wir schon gesehen haben, das Anaduniendsniotix sieh zur Charakterisierung des
Gottes so wenig geeignet erweist, dai.i man keiiu' allzu häufige Wiederhulung
eines Apollon in dieser Haltung annehmen möchte.
Freilich würde uns diese Identification auf ziemlieli weittragende Conse-
quenzen führen: jener Apnllon niül.Ue dann \cin Polykh't in den zwanziger Jahren,
also den schlimmsten Zeiten des Peloponnesischen Krieges, für Athen geschaffen
worden sein. Man wird sich dabei erinnern, daß Pausanias (I 3, 4) eben in dieser
Zeit die Weihung des Apollon Alexikakos von Kaiamis .uisetzt und mit der
Pestepidemie in Verbindung bringt, nach allgemeiner Ansicht allerdings fälsch-
licherweise in \'erbindting bringt, weil der genannte Künstler den Jammer die.ser
Zeiten kaum mehr erlebt haben kann. Aber wenn die chronologische Fixierung
von Kaiamis Werk falsch ist, so bleibt doch nach Aufhören der Pest ein W^eih-
geschenk an den (iott, welcher die Krankheit nicht nur sendet sondern aucli
verscheucht und heilt, so durchaus verständlich, daü man des Pausanias Angabe
nicht für gänzlich aus der Luft gegriffen erklären möchte. Und würde sich für ein
ähnliches Anathem unser Apolhm Aiiadumenos, der seine pestbringenden Pfeile
weggelegt hat, nicht vortrefflich eignen? Auch die Chronologie Polyklets ließe sich
mit einem attischen Weihgeschenk für die Pest leicht in Einklang bringen. Daß
der argivische Meister sich eine Zeitlang in Athen aufhielt, geht daraus hervor,
daß Piaton (Protagoras 328) die Söhne d(;s Künstlers als Alter.sgenossen der Söhne
des Perikles bezeichnet.*) Eine solch beiläufige l'>emerkung Piatons kann nicht als
Frucht chronologischer Studien auf (rrund von literarischem Material angesehen
werden; dafür wären weder die Söhne des großen Staatsmannes noch die des
*l Klein Kunstgescliiclite I 420 überträgt TJÄi-/.'.»)- bestärkt durch den Aufs.-Jtz von Swoboda in den
zx: mit ..gute Kameraden" und möchte an .Stelle des Jahresbeften I903 S. 200, der auf 14 Druckseiten
überlieferten Polyklct vielmehr Polygnot setzen. Will- im entscheidenden Punkt zu demselben Resultat ge-
kürliche Annahmen zu erörtern, hielt ich stets für langt, das ich vorher schon in ein paar Zeilen ausge-
überflüssig und ich wurde in meiner Ansicht noch sprechen halte.
Polyklets Diadumenos 49
großen Künstlers wichtig" g"enug-, da der Philosoph von ihnen nichts hervorzuheben
hat, als daÜ sie im Vergleich mit ihren Vätern bedenklich abfallen. Das Wissen
von der Gleiclialtrig-keit jener viere muß sich auf zufällig-e Weise, durch irg'end-
ein städtisches Ereignis, das sie zusammenführte, erhalten haben; jene Angabe
wird nur erklärlich, wenn die Söhne Polyklets als junge Leute, veoi nennt
sie Piaton, gleichzeitig mit den Söhnen des Perikles in Athen gesehen wurden.
Wenn aber die Jungen in Athen waren, so muß sich auch ihr Vater einige Zeit
dort aufgehalten haben; also schon vor 430, dem Todesjahr des Paralos und
Xanthippos. Polyklets Rückkehr nach Arges wird erst nach 423, dem Jahr, in
welchem der Heratempel ausbrannte, erfordert.
Der Zweck der vorausgellenden Erörterung war aber nur der, zu zeigen,
daß uns die Identification von Polyklets Diadumenos mit dem Apollon vor dem
Arestempel keineswegs in unmögliche Consequenzen verwickeln würde.
Des Pausanias Schweigen über den Künstler des Apollon, das überhaupt
nicht schwer wiegt, läßt sich für den Fall der Identität sehr leicht motivieren.
Der Diadumenos des Poh'klet war schon vor der Zeit des Plinius (34, 35) um
eine hohe Sumxne verkauft worden; das Original könnte somit zu Pausanias
Tagen keinenfalls mehr vor dem Arestempel gestanden haben. Ein so teuer er-
worbenes Stück war, wie aus der Kaufsumme von liundert Talenten an-
zunehmen ist, in den Besitz eines hellenistischen Fürsten und .sj^äter vielleicht
in ein öffentliches Gebäude der Hauptstadt gewandert. Wie in Thespiai der Eros
des Praxiteles, so wurde vermutlich in x\then Polyklets Apollon durch eine Copie
ersetzt. Einer andern Copie des Diadumenos, welche Lucian (Philopseudes i8)
mit Nachljildungen berühmter Meisterwerke in ein Privathaus zu Athen versetzt,
wird sich der Leser wohl erinnern. Da also keinenfalls das eigenhändige Werk
Polyklets in Athen mehr zu sehen war, so hatte Pausanias keine Veranlassung,
den Künstler zu nennen. Aber ich wiederhole, daß die Identität des erschlossenen
polykletischen Apollon mit dem Anadumenos vor dem Arestempel für meine
Beweisführung nicht erforderlich ist.
Ist es nicht sonderbar, daß ein .Schwanken über die Bedeutung des Dar-
gestellten g'erade bei einem andern Anadumenos wiederkehrt, und zwar einer
Statue, die wesentlich gleichzeitig mit der polykletischen entstanden sein muß?
Ich meine den Anadumenos des Pheidias in Olympia, über welchen Pausanias
(VI 4, 5) folgendes aussagt: b Se tic/Xz b dva3o6[.i£Vos xaivtoc tyjv xscpaXrjV iTieiarf/ßia [xot
■/.od ouzoQ s; xöv Aoyov Osiotou xe hjzv.y. y.y). i-Tfi i^ z% äyaXiiata xoO <lJ£o5wu ao'.ftac, eiisE
aXXwf ye oiix ta|.i£V Sxou xVjV eixova 6 <lJ£iSta; iizobipB. Pausanias liielt demnach dieses
Jalireshefte des österr. archäol. Institutes P.il. VIU. -J
Siamibild für die Porträtstatue eines Siegfers. Aber schon Giirlitt (Pausnnias 37,1
hat richtijj herausijefunden, dat3 es sich hier nicht um einen Olvmiiioniken handeln
könne, denn dessen Xamen hätte auf der Basis stehen müssen: (hmach hat
Pausanias wie in einem andern von Gurlitt genannten ]-"all ein Weih^-esclieni<
verkannt. Wenn wir nun die von Furtwänyler (Meisterwerki' 44 1) luni bes; rundete
Hypothese, dal3 der Diadumenos l-"arnese mit der (ilyniiiisL-licn .Statue ih-s l'liri(has
zusammenhänge, aufnehmen, so hätt<Mi wir sofort den (iruiul jenes .Schwankens
erraten und verständen auch, warum nur ein Anathem vorHee-en konnte; anch
in diesem Falle wußten die Spätlinge mit einem kurzliaarigen Apollon ohne seine
üblichen Attribute nichts anzufangen. Die Farnesische .Statue erscheint uns zwar
wie das Werk Polyklets für einen .Xpollon kur/.liaarig', sie wäre dagegen für
einen Athleten auffallend langhaarig:; der Kopf hat keine Athletenohren; ein l'alni-
stamm dient als .Stütze — also nichts was gegen die Umdeutungf sprechen wünle.
Ein Apollon als \'otiv innerhalb der Altis wäre nichts l 'niMin'irti's; Pausanias
VI ig, 6 kennt einen solchen als F.inzelfig'ur, t-in Weihg-eschenk der J'Ipi/.ephy-
rischen Lokrer und ein Werk des Patrokles aus Kroton. Außerdem brachten
die Ausgrabungfen eine überlebensgroße Apollonstatue und die engen l'.ezichunt^en
des Apollon zur Altis wurden schon von Treu erörtert.'')
Wenn die Umdeutung des Diadumenos Farnese nur als M("igli(iikeii aus-
gesprochen werden darf, so bleibt sie beim polvkletischen I )iaiiunien(is dag'egen
eine Notwendigkeit.
Der Sinn des Motivs beim göttlichen Anadumenos war aber genau derselbe,
der auf andere Weise durch die Nike auf der Hand der Gottheit oder in malerischen
und Reliefdarstellungen durch ihr Herbeiflattern mit der Taenie ausgedrückt
wird: Dein, o Gott, ist der Sieg!
Der Einwand, daß im Bronzeoriginal des Diadumenos, wo der Stütze mit
dem erklärenden Beiwerk entsprechend der delischen .Statue die Existenzberecliti-
gung fehlte, überhaupt nichts außer der Weihinsclirift direkt auf Apollon hin-
weisen konnte, dieser Einwand ist entkräftet durch die Analogie des atheni.schen
Anadumenos, der an dem gleichen Fehler litt. Nicht die Exegese hat also für
einen Fehler um Nachsicht zu bitten; wenn jemand dazu Veranlassung hatte, so
war es der Künstler. Tatsächlich wurden von alten Kritikern de'm Polyklet solche
Fehler vorgehalten: nam ut humanac formae decorem addiderit supra verum,
ita non explevisse deorum auctoritatem videtur. quin aetatem quoque gra\i()rem
dicitur refugisse nihil ausus ultra leves genas.
■') Olympia III Taf. 57. Über die Beziehungen Apollons zu Olympia: Treu in.i Texl III 134.
Polyklcts Diadumeiios 5 '
Polyklet mag also nur ein correcter Formalist gewesen sein oder aber war er
vielleicht auch recht tief. Könnte nicht er schon geahnt haben, was noch in unseren
Tagen nur ganz leise ausgesprochen werden darf, dalJ in keinem Himmel und
keinem Olymp etwas Göttlicheres lebt als der Mensch — der Mensch solange er
jung und schön bleibt.
Rom. FRIEDRICH HAU.SER
Untersuchungen zur antiken Toreutik.
III. Die Metalldrehbank im Altertum.
Die Metalldrehbank spielt in der Bronzeindustrie, soweit es sich um die
Herstellung von gegossenen, gleichmäßig gerundeten Gegenständen handelt, eine
Rolle, ebenso bedeutend, wie die Holzdrehbank für die Drechselei und die Töpfer-
scheibe für die Töpferei. Wie Blümner ausführlich dargelegt liat'), ist die Holz-
drehbank in primitiver Form schon in den homerischen (.iedichten erwähnt. Wenn
also von Plinius VII, ig8 Theodoros von Samos als Erfinder der Drehbank über-
haupt genannt wird, so kann die Nachricht in dieser Fassung nicht richtig' sein —
wie bekanntlich auch die andere vielfach überlieferte, dai5 Theodoros von Samos
zuerst erfunden habe, Bronze zu g-ießen, so nicht richtig ist.-) Sie wird so zu
verstehen sein, daß es Theodoros gewesen ist, der das Princip der Holzdrehbank
zuerst auf Äletallarbeiten übertrug oder, wenn sich feststellen läßt, daß schon vor
seiner Zeit Dreharbeiten in Metall gemacht worden sind, daß er in der jonischen
Kunst zu ausg'iebigem Gebrauch der Metalldrehbank den Anstoß gegeben hat.
Während nun die Holzdrehbank sehr wohl in einer Zeit denkbar ist, in der
man eiserne oder stählerne Werkzeuge nicht besaß — denn man konnte sich mit
bronzenen begnügen — , setzt die Metalldrehbank Werkzeuge aus gehärtetem Eisen
g'eradezu voraus. Bronzedreharbeiten mit bronzenen Instrumenten vorzunehmen,
ist an sich möglich^), jedoch nur für einfache, leichte Verzierungen. Sobald es
sich um tiefer eingeschnittene Verzierungen oder um das Abdrehen starkwandig
gegossener Gefäße zu dünnwandigen handelt, ist die Bearbeitung mit bronzenen
') Technologie und Terminologie II 331. bronzenen .Sticheln, die allerdings stärker mit Zinn
2) Darüber wird in einem späteren Abschnitt legiert sein müssen, als die zu bearbeitende Bronze,
gehandelt werden. Ich habe mich von dieser Möglichkeit durch prak-
^) Ebenso wie das Gravieren von Bronze mit tische Versuche überzeugt.
7*
Instrumenten ein Dins; der L'nnu">i;liiiikeit: es kann also das Priiu-ip ihr I lol/.tlich-
bank auf Metall erst übertragen sein, nachilmi die lüsenindustrie einen gröüeren
Aufschwung genommen hatte. Dal3 das aber in lU-ni jonischen Kunstkreise vor
der Zeit des Theodoros der l-'all yi-'wescn. beweisen die Xaelirirht über (ilaukos
von Chios und die uns erhaltenen 1 )rid<inäler jener /eil.')
Wie die Metalldrehbank des AhiTiunis ausgesehen hau isi nicht leicht /.u sagen;
denn die Nachrichten lassen uns über diesen Punkt völlig im Stich; auch wird
sie nicht von Anfang an liis zuletzt ein und dieselbe Constructiiui gehabt, son-
dern entspreclK'Uil den l'"ortschrilt(Mi der
iechnik mancherlei Wandlungen durch-
gemacht haben und namentlich wird die
erfindungsreiche Zeit des Hellenismus
nicht spurlos an diesem wichtigiMi Hand-
w erkergerät xorübergegangen sein. Wir
sind daher tiUein auf die Denkmäler
angewiesen und dürfen zur Ergänzung-
die verwandten Geräte, wie die Holz-
drehbank u. a., herumziehen.
Das Princip der Drehbank wird
sich am besten durch die beistehende
Aljbildung einer modernen Maschine^
ff ■ ^^ 1^B~~* _/ M erläutern lassen, von deren Junrich-
^f ^ ^-^1^ tung" hier nur die wichtigsten Teile
hervorgehoben werden (l'Mg. 14). Durcli
Treten mit dem Fuß wird eine AVelle
und ein an ihr befestigtes grolJes Rad
in Bewegung" gesetzt, welches durch
einen sogenannten Riemen ohne Ende mit einem kleineren Rade in \'er-
bindung steht. Dieses kleinere Rad bewegt in .seiner Drehung eine Achse, an
deren freiem Ende eine Scheibe angebracht ist. Auf ihr wird der zu drehende
Gegen.stand mit seiner größeren Fläche (ein Kegel z. B. mit dem Boden) be-
festigt; das entgegengesetzte Ende des zu bearbeitenden .Stückes wird durch die
links sichtbare, in einer Spitze, der sogenannten Körnerspitze, endende Vorrich-
tung festgehalten, die zu diesem Zwecke, in einer Schiene beweglich, fest an den
Gegenstand herangeschoben wird, um dann in dieser Stellung durch ein Schrau-
'/ Vgl. Jahrbuch 1901 S. 62 ff.
Kig. 14 Moderne Drehbank.
Untersuchungen zur antiken Toreutik
53
bengewinde mit breitem Handgriff gehalten zu werden. Der Arbeiter tritt an
die Maschine heran, beginnt zu treten und legt die Hände, die den Dreh.stahl
führen, auf einen Bock (die \'orrichtung, die in der ISIitte angegeben ist), den
er durch Schieben in der Schiene sowie Rechts- und Linksdrehen des oberen
Teiles bequem für seine Arbeit einzustellen vermag. Die scharfe Körnerspitze
wird sich, sobald die Drehung beginnt, allmählich in das Werkstück einbohren
und eine spitze Vertiefung hinterlassen.
Es handelt sich für die antike Drehbank um zwei Fragen, erstens um die
Befestigung des abzudrehenden Gegenstandes, zweitens um die Vorrichtung, mit
welcher die Drehung des festgespannten Gegenstandes hervorgerufen wurde.
Auf die erste Frage geben die beiden beigefügten
Abbildungen (Fig. 15 und 16) deutliche Auskunft. Der
Spiegel wird seit langer Zeit im Anti-
quarium zu Berlin aufbewahrt') und
gehört der ersten Hälfte des fünften
Jahrhunderts an, wenn er nicht noch
älter ist; die Unterseite des Gefal3fußes
stammt von einem der kleinen Becher
des Hildesheimer vSilberfundes.'') Im
Mittelpunkte der concentrischen De-
coration bemerkt man an dem Spiegel
ein kleines Loch, das von einem hoch-
stehenden Rande umgeben ist; ein etwas größeres an
dem Becherfuß. Diese Löcher rühren von der Körner-
spitze her, die sich während der Drehung allmählich in
das Metall einbohrte und so den Rand aufwarf; sie war also aus Metall, ver-
mutlich aus gehärtetem Eisen oder Stahl, und muß namentlich bei dem Spiegel
sehr fein und spitz gewesen sein.
Das Vorhandensein solcher kleinen Löcher im Centrum, die man an zahl-
losen Bronzegefäßen und Geräten beobachten kann, gibt die Gewähr dafür, daß
ein Gegenstand auf der Drehbank gearbeitet ist, für Gefäße zugleich, daß sie
gegossen und nicht getrieben sind; denn nur gegossene Gefäße kann man, weil
ihre Wandungen sehr stark hergestellt werden müssen, abdrehen, während das
bei den dünnwandig-en getriebenen Gefäßen gewöhnlich unmöglich ist.")
Fig. 16
Unterseite des
Gefäßfußes eines
Hildesheimer
Bechers.
Fig. 15 Spiegel
des Antiquariums
zu Berlin.
'•') Friederichs n. 7.
'') Pernice und Winter, Der Hildesheimer Silber-
fund Taf 17.
'') Nur darf man nicht die stumpfere Vertiefung
Die Befestigung des zu ilreluMiden (Ti'genstaiulos \■(■l■nlittl■l^ iKt KiW-iicrspiize
entspricht also genau dem heutigen N'erfahreii, nur wird der Apparat einfacher
gewesen sein. So kann der Halter für die Spitze in älteriT Zeit nicht durch
ein Gewinde auf der Bank befestigt worden sein; man konnlt' ihn auch nhne
dieses Hilfsmittel durch die Bank hindurchführni und durcli Splinic untcrhalh
festkeilen (vgl. Fig. ig). Für dii' hellenistische Zi'il steht niclits im NW'ge, eine
der modernen Befestigung entsprechencie ^'orrichtung durch lUi- Sj)iiidrlsclir;ud)r
anzunehmen.
Häutig ist das Loch der Kiirnerspitze nach Fertigstellung der Dreliarheit
beseitigt worden. Hielür bietet ein gutes Heisiiiel der kleine Sclu'ipt Itift'el noui
Hildcsheimer Sillxir-
fund*)(Fig. 17). Nach-
dem an diesem Gefäß
sämtliche Dreharbei-
ten beendigt waren,
hat man die Körner-
•spitze losgemacht und
nun eine gleichmäßi-
ge Ausarbeitung der
Mitte vorgenommen,
dergestalt, daß sich
der innere Kreis all-
mählich nach innen vertiefte, statt ein tiefes Loch zu zeigen. Nur eine ganz
kleine Spur der bohrenden Körnerspitze ist im Centrum des Kreises stehen
geblieben. Andere Beispiele bieten die von G. und A. Körte aufg-efundenen
gegossenen Omphalosschalen von Gordion''), die zu dem Besten gehören, was von
antiker Metallarbeit aus hocharchaischer Zeit auf uns gekommen ist. Der Om-
phalos, der sich inmitten eines Kranzes mit peinlichster Sauberkeit gearbeiteter
kreisförmiger Kanten erhebt, zeigt keine Spur der Körnerspitze mehr, ohne deren
Hilfe die Kreise unmöglich so scharf hätten herausgearbeitet werden können.
Noch wieder anders ist der Boden der beiden schlanken Amphoren hergestellt,
die aus dem Bronzefunde von Boscoreale stammen'") (Fig. i8). Sie konnten auf
der sich drehenden Achse der Drehbank vermittels einer Pechfüllung .so fest auf-
damit verwechseln, die sicli zuweilen bei getriebenen '') Pcrnice und Winter, Der Hildcsheimer Silber-
fund. Taf. 20.
-') Gordion, Jahrbuch 5. Erganzungsheft, S. 72 ff.
'") Archäologischer Anzeiger 1900 S. 184.
Fig. 17 Schöpflöffel
des HUdesheimer Fundes.
Fig. 18 Hilden einer
Amphora aus Boscoreale
Geßßen in der Mitte des Bodens vorfindet und die
von der Zirkelspitze beim Abmessen des Treib-
blechs zu einer runden Scheibe entstand.
Untersuchuiij^on zur antiken Toreutik 55
gespannt werden, daß ein Federn beim Drehen nicht zu befürchten war. So ist
hier die Körnerspitze überhaupt nicht angewendet worden und entsprechend auch
kein Loch im Centrum tler kreisförmigen Verzierung. Abweichungen vom Übli-
chen, wie sie hier an einigen beliebigen Beispielen erläutert sind, sind natürlich
nicht selten; aber im allgemeinen zeigen die gedrehten Gegenstände als untrüg-
liclies Zeichen ihrer Herstellungsweise deutlich die Körnerspitze.
Die Befestigung auf der Achse wird gewöhnlich durch Pech vorgenommen
worden sein. Bei dafür g-eeigneten Gegenständen, namentlich bei tiefen Gefäßen,
läßt sich denken, daß die Befestigung durch ein Holzfutter unterstützt wurde.
Aber hier sind .so viele Möglichkeiten vorhanden, daß es nicht richtig sein würde,
eine bestimmte als die wahrsclieinliche zu bezeichnen.
Die Böden der antiken (iefäße zu betrachten lohnt nicht allein wegen der
Anzeichen, die sie für die Technik enthalten, sondern weil sie über die Höhe
des technischen Könnens die deutlichsten Aufschlüsse geben. Das Drehen eines
Bodens zum Beispiel, wie das des Bodens der Amphora von Boscoreale, mit seinen
zahlreichen Unterdrehungen beweist eine erstaunliche Beherrschung der Technik,
die dem Kunststück, das ganze Gefäß durch Guß zu gewinnen, nicht nach-
steht. Das Anbringen derartigen Schmuckes an nicht sichtbaren Teilen verrät
zugleich eine naive Freude an der virtuosen Ausübung dieser Kunstfertigkeit.
Das Wachsmodell wird die Verzierungen der Böden im allgemeinen angedeutet
haben, aber ohne die meisterhafte Behandlung der Drehbank würden diese niemals
so scharf und sicher ausgefallen sein.
Weit schwieriger ist die Beantwortung der zweiten Frage, wie die Drehung
der Achse hervoi"g-erufen wurde. Blümner äußert sich^^) über die Holzdrehbank,
die er offenbar für das Altertum der Metalldrehbank gleichsetzt, mit folgenden
Worten: „Über die Construction der antiken Drechselbank fehlen uns leider
nähere Nachrichten, doch darf man wohl mit Sicherheit annehmen, daß die Ein-
richtung, den auf der .Scheibe zu drehenden Geg-enstand durch Treten mit den
Füßen in Bewegamg zu setzen, den Alten bekannt war; haben wir doch auch
beim Webstuhl und beim Töpferrad die Existenz einer ähnlichen Vorrichtung als
im Altertum bekannt vorausgesetzt und ein antiker geschnittener Stein zeigt uns
einen Eros, der seine Pfeile an einem auf ganz entsprechende Weise durch Treten
in Bewegung gesetzten Schleifsteine schärft. Die einzige Notiz, aus der wir einen
Schluß auf die Construction der alten Drehbank ziehen können, ist die aus später
Zeit herrührende Erklärung eines Gerätes, das die eigiMitümliche Benennung
^ ^) Technologie uud Terminologie II 333.
niamphur hat ^\on Soaliger als vcrilorbcn aus iiavvo-^c
■rklärt): es
ein rundes, mäßig großes, von einem Riemen umwumlenes Hol/, welches die
Tischler beim Drechseln im l-Creise Umtrieben (Festus ]>. i^j, i: niamphur apjiellatur
loro circumvoUitnm niediocris longitudinis lignum rotundum, quod cireumagunt
t'abri in operibus tornandis'. Offenbar ist hier eine Scheibe gemeint, die mit einer
zweiten durch einen darumgeleglen L(>derriemeii ohne lüule \('rl)un(leii war; man
darf daraus schließen, daß die Drehbank der Alten nicht der sogenannten Spitzen-
drehbank oder Fitschol. wie sie früher bei uns iiblich war. glich, sondern der jetzt
allgemein üblichen mit Rad und Spindel; und dal.i dabei das Rad nicht scillte
durch Treten in Bewegung gesetzt WDrden sein, ist last undenkb.ir." '-'^
Die l'>klärung der lateinischen Worte lignum rotundum mediocris longitu-
dinis loro circumvolntum als einer Scheibe, die mit einer zweiten durch einen
darinngelegten Riemen ohne Ende verbunden war. wird schwerlich allgemein
*-' Ich benutze die Gclcgenlicit. um mit einij^en
Worten .nuf die antike Töpfersclieibe einzugehen, die
von Blüraner bei der Besprechung der Holzdrehbank
erwähnt und in der Technologie II S. 36 ff. ausführlich
besprochen wird. Blümner hält es für w.ihrschcinlich,
daß schon den Alten die heutige so einfache Ein-
richtung bekannt gewesen sei, «wobei der Arbeiter
mit dem Fuß die große Tretscheibe in Bewegung
setzt, während er mit den H.inden auf der oberen,
kleineren Scheibe, die mit der unteren durch eine
Welle in Verbindung steht, den Ton formt." Für
die classische Zeit der Vasenfabrication darf man mit
Bestimmtheit sagen, daß dieseAnnahme nicht bestellen
kann, daß der Apparat vielmehr nur aus einer ein-
zigen Scheibe bestand, die auf einem Zapfen drehbar
ist. und daß diese Scheibe mit der Hand gedreht
wurde, wie bei der homerischen Schilderung des
Töpfers, die Blümner S. 38, I richtig erklärt. Das
wird bestätigt durch die korinthischen Pinakes, die
Blümner noch nicht kennen konnte. Die Darstellungen
der Töpfer bei der Arbeit sind hier so deutlich, daß
man nicht zweifeln kann; sie ergänzen die früher
bekannten Bilder aufs beste. Eine Scheibe, die nicht
wie die moderne Drehscheibe durch eine weit
schwerere unten in Bewegung gehallen wird, muß
selbst möglichst schwer sein, um lange genug in der
Drehung zu verharren und um dem Widerstände der
tonformenden Hände zu begegnen. So bemerkt man
denn auch an sämtlichen D,irsleUungen, daß die
Scheiben stets eine gewaltige Dicke und oft einen
mächtigen Durchmesser besitzen, während von einer
Beteiligung der h'üße l>ei der Arbeit nichts zu er-
kennen ist. Bemerkt sei übrigens zu der bekannten,
bei Blümner S. 47 abgebildeten Münchener Hydria,
daß der Mann, der sich an dem großen Gefäße zu
tun macht, während der Geselle die große .Scheibe
dreht, schwerlich das Gefäß formt. Gefäße von sol-
chen Dimensionen und noch größere, wie die riesen-
haften, bis zu 2"" ansteigenden Dipylonamphoren,
können im ganzen überhaupt nicht hergestellt werden;
vielmehr werden sie in einzelnen Ringen geformt,
deren jeder nach seiner I'"ertigstellung auf den unteren
aufgesetzt und in der Drehung mit ihm befestigt
wird; so macht man es auch heute noch; mit der
Zusammensetzung der gesondert gearl>eileten Gefäß-
teile wird auch der Töpfer auf der Hydria beschäftigt
sein. Für die spätere Zeit beweist die von Blümner
herangezogene Stelle aus Jesus Sirach oO-(o; y.£pa-
HsOj y.a3i;nsvo; ^v Ifftp aüxoO xal auaTpi-f u)v sv Ttoobi
a\)X0') tpoxiv, 5g Iv n,Ep(|ivrj xsTtat 5'.a ;iavx6j iiA
xö ip-fov aOxo'J nirlit den Gebraucli der modernen
Töpferscheibe. Auch hier kann man an eine einzige,
niedrig gestellte Scheibe denken, die von dem an
oder dicht über dem Boden sitzenden Töpfer mit den
Füßen regiert wird, statt mit den Händen, die beide
für das Formen frei sind. Es wäre das eine Art des
Drehens, wie tie noch heute bei Völkern primitiver
Cultur zu beobachten ist. Ich glaube daher auch
nicht, daß die von Blümner zitierten kleinen Ton-
scheiben aus Arczzo und von anderen Orten sicher
zum Gebrauch im Töpferhandwerk bestimmt ge-
wesen sind.
Untersuchungen zur antiken Toreutik
57
gebilligt werden. Viel eher deim als Scheibe wird man sich das lignum als
eine hölzerne Walze oder Achse vorstellen, wie sie besonders anschaulich die
nachstehende Abbildung einer Tischlerdrehbank des achtzehnten Jahrhunderts
darbietet'^), nur daß um das ligtaum ein Lederriemen, hier dag'egen um die
Achse ein Strick gewickelt ist (Fig. 19). Diese Drehbank wird in der Weise
bewegt, daß durch das Niedertreten des Pedals die Achse rechts herum bewegt
wird; dabei biegt sich der elastische Baum, der an der Wand in der Höhe an-
gebracht ist, herab. Ist das Pedal heruntergetreten, so beginnt die Kraft des
elastischen Baumes zu wirken und dreht
nun die Achse im entgegengesetzten Sinne
und hebt zugleich das Pedal wieder hoch.
Es ist das dasselbe mechanische Princip.
das beim Drillbohrer in Anwendung- kommt
und den Griechen, wie die mykeni.schen
Steine zeigen, seit den ältesten Zeiten be-
kannt war.
Die Annahme, daß die antike Holz-
drehbank dieser jetzt wohl allgemein ver-
alteten Drehbank ähnlich gewesen sei,
liegt sehr nahe. Aber es ist sehr fraglich,
ob das Princip der Holzdrehbank ohne
weiteres auf die Metalldrehbank über-
tragen werden darf Bei der Bearbeitung
des Holzes i.st der Widerstand, der dem
Dreheisen entgegengesetzt wird, ein weit
geringerer als bei der Bearbeitung des Metalls. Die abwechselnde Rechts- und Link.s-
drehung der Achse bietet beim Holzabdrehen wenig' Unbequemlichkeiten, man kann
hier das Eisen leicht ab- und wieder einsetzen. Bei dein starken Druck dagegen, den
die Hände beim Metalldrehen ausüben müssen, liegt in der abwechselnden Bewegung
die größte Schwierigkeit. So gehen denn auch im Mittelalter, wie es scheint, stets
zwei Arten von Drehbänken nebeneinander her. In dem Werke von Jost Amman,
„Stände und Handwerker" (Frankfurt a. M. 1568), das Hans Sachs mit Versen
begleitet hat, arbeitet der Holzdrechsler, der gerade einen großen Kegel abdreht,
an der oben geschilderten ,, Wippe'' (Fig. 20): der „Kandelgießer" dagegen, der
Fig. 19 Tischlerdrehliank des 1 8. Jahrhunderts.
") Nach der Kncyclopedie ou dictionnaire rai- 1775 ^'^- ^-^ ^^^' ■^^'
sonne des sciences, des arts et des nictiers. I.ivorno cornetier.
J.illreshefte des österr. archäol. Institutes Bd. VIII.
dem Wort tabletier
Metall dreht, an einer Drehbank, die \on riiicm hintiT ihm sttOicmlrii (ioscllon
vemiittels eines großen SchwungTades in Ucwos^nny ,L;i'sct/t wird, dcrni Aclisc
also eine gleichmäßige Bewegning iimchäh. (loiiau denselben rntcischicd lindet
man in dem späteren Ruche vonWeigel „Abbildung d«M- (ienn-in-nützlichen Haupt-
Stände" (Regensburg idgS) S. 301 und S. 400 und in der srlion oben (Anni. i,^"»
genannten EncydoptVlie: das beste Beispiel der Metalldrelibank ist hier unter
dem Worte „tourneiir" Bd. X Taf. i g<>gcben. \'au einem groi.ien Rade geht hier
ein gekreuzter Riemen zu einem kleineren heriilx^r. das wieder mit der .\ehse
in \'erbindung steht: das grül.iere Rad wird von einem (iehilfen gedreht und die
Achse macht also eine coutinuierliche
Hrehung (l'ig. 21).
I )afür, daß die MetalUlrehbank auch
im .Mtortum von der Holzdrohbank ver-
schieden gewesen ist, bietet, wie ich
glaube, ein AnzeicluMi die am Anfang
dieses Capitels erwähnte .\achrichl. dal.!
Theodoros von .Samos die Dreld^ank er-
funden habe. Bestand, wie oben als
möglich angenommen wurde, die Er-
findung des g-riechischen Meisters in der
i'bertragung- des Principes der Holz-
drehbank auf die Metalldrehbank, so
kann die wesentliche Neuerung-, die er
eingeführt hat und wegen derer ihm der
Erfinderruhm zuteil wurde, außer <lem
Gebrauch eiserner oder stählerner Instru-
mente nur darin bestanden haben, daß er die Rechts- und Linksbewegung der
Achse zu einer continuierlichen Drehung- umgestaltete.
Es fragt sich, wie er diese Drehung herbeiführte. Die Alten haben die Über-
setzung von einem größeren Rad auf ein kleineres vermittels eines Riemens olme
Ende nicht gekannt, jedenfalls nicht in vorhellenistischer Zeit. Nach briefliehen
Mitteilungen, die ich der 1-Veundliehkeit \-on W. .Sehiuidt in Helmstedt und
H. Schöne verdanke, wird die meclianische Übersetzung verschiedentlich (>rwähnt,
ebenso wie mehrfach eine Kette ohne Ende genannt wird,") beides in hellenisti-
'*) H. Schöne nannte für die Cbersctzunj; die und 266, 26f. W. Schmidt füj^le Ileron I, 400, 5
Stellen bei Heron (ed. N'ix-Schmidt) II p. 266, 10 (vgl. Philo, mctli. synl. 59, 16) hinzu und hemerkl
Fig. 20 Holzdrcchslcr
nach Jost Amman, Stände und Handwerker.
LJnlt;rsuchun"en zur antiken 'roreutiU
59
scher Zeit. Da^e^eii ist die Combination von Überset^uiiy und Riemen ohne
Ende bisher überhaupt nicht nachweisbar.
Vielleicht darf man, um eine Vorstellung von der Drehbank der ältesten
Zeit zu g-ewinnen, die Nachricht von dem lemnischen Labyrinth heranziehen, an
dessen Erbauung Theodoros nach der Überlieferung beteiligt war:- Lemnius
(labyrinthus) columnis tantum centum quinquaginta memorabilior fuit, quarum in
officina turbines ita librati pependerunt, ut puero circumagente tornarentur. '■'') Im
Zusammenhang betrachtet mit den übrigen technischen Experimenten, die für die
Tätig-keit des samischen Künstlers bezeichnend sind, erscheint diese Nachricht
nicht unnatürlich. Es handelt sich um das Abarbeiten des harten Marmormaterials
durch Eisen mittels
des Drehverfahrens.
Da die Drehbank für
colossale Gewichte
nicht ausreichte, er-
fand Theodoros einen
Apparat, vermutlich
ein Gerüst, in wel-
ches die einzelnen
Säulentrommeln ein-
gehängt wurden, und
zwar mit metallenen
Zapfen, die auf den
beiden Flächen im
Centrum angebracht waren; diesen Zapfen werden im Gerüst Vertiefungen ent-
sprochen haben, die zur Verminderung- der Reibung mit Metall umkleidet und
Fig. 2 1 AletalldrehbanU.
über den Riemen ohne Ende folgendes: „Eine Art
Kette ohne Ende (äX'jai; äTisipo;), aber ohne Über-
setzung — wenigstens sagt davon der Text nichts —
findet sich bei dem Schnellfeuergeschütze des Diony-
sios von Alexandria 13. Jahrhundert v. Chr.?) von
Philo mech. synt. 75, 47 ff. ed. R. Schöne (Figur
und Erläuterung bei Köchly, Kriegsschriftsteller I,
Taf. VI, Fig. 3 S. 345) erwähnt, und eine Kette ohne
Ende des Philo selber in seiner Pneumatik ed.
Carra de Vaux .S. 186 (vgl. Berl. philol. Wochenschr.
1903 S. 135 1). Eine Verbindung der mechanischen
Übersetzung mit der äXuaij oder OTcapToj «Tisipo; ist
mir noch nicht aufgestoßen. Die Übersetzung möchte
ich als vorarchiraedisch gelten lassen und glauben,
daß Archimedes nur die wissenschaftliche Begründung
von etwas bereits Vorhandenem gegeben hat; die
a7idp-os äTisipos könnte auch vorarchimedisch sein,
denn des Archimedes Erfindung des y.'j-ßly.z, ä-Etpsj
(Heren II, 2go) darf doch wohl als Fortschritt gelten.
Daß schon die Griechen auf den Gedanken verfallen
sind, Übersetzung und Riemen ohne Ende zu com-
binieren, möchte ich nicht für ausgeschlossen halten,
ob aber schon in voralexandrinischer Zeit, dafür habe
ich zur Zeit keinen Anhalt."
"j Plinius Nat. Hist. XXXVI, 90.
(>0 K. l'crnice. L'nicrsiicluiiij;<.Mi zur antiken lorciuiU
g'eölt waren. Ks kam mm auf imhc mÖLjliHist j4U'ichiiKil.iii;c, M-lnu-lk- und /.ui^lciili
continuierlicho Dreluiiiy an. Der puer, der diese hcrbeitüliren sollt. •. könnt. •
das nicht, wenn er dabei die Säulentrommel .selbst mit .l.'n llämlcn .il.iss.n
und bewegen muUte: auch würde er rasoli ermiulet sein. Man konnte si.li ahor
denken. daÜ der eine Zapfen wie eine .\ehs.> dureh das (leriist hinauniij;.>liilnl
und dali an dem Ende dieser Aeh.se eine Kurbel befesti.yt war, die der Knabe.
der nun autSerhalb des Gerüstes stand, drehte. Noch }ileichmäl3iger und kräftiger
würde die Bewegung werden, wenn mit der Kurbel zugleich ein schweres Rad
verbunden würde, das. einmal in Uew.'gung gesetzt, mühelos in Bewegung ge-
halten werden konnte.
Wenn Theodoros al.so bei der Alxlr.'luing der s(.hwer zu bearbeitenden
Säulentronimeln eine Hilfe nötig hatte, so winl er sich vermutlich auch zur Her-
.stellung einer continuierlichen Bewegung bei d.^r .M.'tall.lrehbank eines (iehillen
bedient haben, äimlich wie ihn — nach den Abbildungen — die mittelalterlichen
Metalldreher brauchten. DalJ hierbei ein Schwungrad angewendet wurde, ist eine
Annahme, die dem erfindungsreichen Samier gewili nicht zu viel zumutet.
C.reifswald. E. PEKNU E
Die (irundsätzt: bei der Commendation der Plebejer.
I. nie Commendation zur Prätur.
Die Patricier der ersten drei Jahrhuiiiierte n. Chr., welche die politische
Ämterlaufbahn ordnungsmäßig mit einer Stellung des Vigintivirates eröffnen,
haben die Quä.stur durchwegs als quae.stores Augusti, also zufolge kaiserlicher
Commendation innegehabt'); zur Prätur sind sie nach dem Zeugnisse der In-
schriften nur in beschränkter Zahl commendiert worden-), wie ja überhaupt das
kaiserliche Empfehlungsrecht bei der Prätur nur in geringem Umfange zur An-
') Brasslofl, Hermes XXXIX 6l8f. Q. Hedius Rufus Lollianus Genlianus (CIL II 4121);
-| Nachstehende P.Ttricier haben die Prätur als V. unter Commodus: I. C. Matlius Sal)inus .Sullinus
praetores candidati innegehabt: I. unter Vespasian: iCIL V 18 12), 2. unbekannte Persönlichkeit (CIL
Cn. Domitius Tullus (CILXI5211); II. unter Trajan: IX 1592); VI. unter Septimius Severus und Caracalla:
C. Eggius Ambibulus (CIL IX I123); III. unter Marc M. Nummius Umbrius Senecio Albinus (CIL V 4347;
Aurel und Lucius Verus: L. Fulvius Acmilianus (CIL VI 1475); VII. nach CaracaUa (vor Elagabal): C.
VI 1422^; IV. unter Marc Aurel oder Commodus: Vetlius Gratus .Sabinianus (CIL VI 1529); VIII. im
St. Brassloff, Die Grundsätze bei der Commendation der Plebejer Ol
Wendung- gelangt. Wichtig ist die weitere, aus den Inschriften mit voller Evidenz
sich ergebende Tatsache, daß die Patricier schon kraft ihrer Zugehörigkeit zum
alten Adel für die Bekleidung- des Oberamtes in der Rangclasse der candidati
principis qualificiert sind. Der Umstand, daß sie vorher als quaestores Augusti
die besondere Auszeichnung der Dienstleistung" beim Kaiser genossen haben,
.spielt hierbei keine entscheidende Rolle; denn unter den praetores candidati finden
wir auch Neupatricier, welchen nach Bekleidung der städtischen Quästur, die
Adelsqualität verliehen wurde. ^) In der plebejischen Carriere dagegen ist, wie
im folgenden gezeigt werden soll, Art und Rang des unmittelbar vor der
Prätur verwalteten Amtes von maßgebender Bedeutung für die Commendation
zu der letzteren.
Nach einem festen Grundsatz des republikanischen Staatsrechtes wird der
X'olkstribunat vor der Adilität und, sofern von einer Person beide Ädilitäten
übernommen werden, die plebejische Adilität vor der curulischen bekleidet. Auch
nachdem Augustus Adilität und Tribunat zu einer Rangstufe im cursus bonorum
zu.sammengefaßt und die Übernahme einer Stellung der ädilicisch-tribunicischen
ÄmterstafFel für die Plebejer obligatorisch erklärt hat, erscheint die curulische
Adilität noch immer im Verhältnisse zur plebejischen Adilität und zum Volks-
tribunat als das höhere Amt.
Diese höhere Rangstellung der curulischen Adilität wird nun durch die
staatsrechtlichen Grund-sätze über die Qualification der praetores candidati deutlich
illustriert. Auch beim plebejischen curstts bonorum lassen die Inschriften die
Wirksamkeit eines festen Qualificationsgesetzes erkennen. Es werden nur solche
Plebejer der kaiserlichen Commendation zur Prätur teilhaft, welche vor der Be-
werbung um das Oberamt curulische Adilen oder tribuni plebis candidati g-e-
wesen sind.
Der Beweis für die.se Behauptung*) wird durch die nachstehende chrono-
dritten Jalirhundert bis auf Severus Alexander: 1. Q. tracht diejenigen praetores candidati, welche durch
Lollianus Plautius Avitus (Dessau 1155 = CIL VI allectio in die Rangclasse der Tribunicien gelangt
S 32412), 2. L. Caesonius Lucillus Macer Rufinianus sind: I. C. Oppius Sabinus Nepos (CIL IX 5833),
(CIL XIV 3901); IX. nach Severus Alexander: 2. . . . imus [Maxjimus Numerius Au .... CIL VI
I. M. Rubrenus Virius Priscus CIL X 5058), 2. L. 1474), 3. A. Julius Pompilius Piso (CIL VIII 2582;
Valerius Publicola Balbinus Maximus (CIL VI 1531; 2744; 2745). — Auch Tib. Claudius Claudianus
1532), 3. unbekannte Persönlichkeit (CIL VI 1553), (CIL VIII 7978) ist vermutlich von Septimius Seve-
4. unbekannte Persönlichkeit (CIL VI I559). rus inter tribunicios adlegiert worden (vgl. Ritterling,
') So C. Passienus Cassonius Scipio Orfitus (CIL Die Statthalter der pannonischen Provinzen in Arch.-
X 211); anus (CIL VIII 11 338). epigr. Mitth. XX 38.)
') Bei unserer Untersuchung bleiben außer Be-
Sl. Unisslofl'
loij'isclie Liste der praetores camiitKiti \i1im>'I1 Anilnlaul IkiIih un^ aus Insclnillfii
oder durch literarische Zeiionisse bekannt ist) eiluaiht. l'.s wari'n \i>r der Coni-
ineiidation zur Prätur:
A. A <'il i Ics eil ru les.
1, TiitiT llailriau:
O. Caecilius Mareelhis ncntilianus {('\\. \"lll i4.tc)1: aedilis eiiriilis canili-
datiis divi Hadriaiii. praetor eandidatns (.'iusdeni).
II. Unter Marc Aurel:
M. Didius Severus Julianus (\it. i, 3; aedilitaleni suftVaLjio Marc! i-onsccutus
est; praetor eiusdeni suffrai>io fuitl'''i
111. .Nach Irajan:
1. Sex. Tadius I.usius Xi'pos raullinus (("11. IX 4119) | aedilis curulis,
2. r. Mareius T. f. Fal(erna) ("le(mens?) (('11. X I \' .i.su.s) | pi-actor candidaliis.
Vi. Trilnini plchis candidati principis.
I. Unter Nero:
P. Tebanus Gavidius Latiaris (CIL IX 360:;: Irihuniis plcbis. praet<ir,
per oniues honores candidatus Augustorum).
IL Unter Dciniitian:
L. Licinius Sura ((IL \'l 1414: canditlatus (aesari.s in prai'tura et in tribu-
natu pleb(is).
III. Unter Trajan :
1. Unbekannte Persönlichkeit (CIL III S. 0819: praetor candidatus iin]i. Iiaiani,
Aug. . . . tribunus plebis candidatus eiusdeni).
2. Q. Caecilius Marcellus (CIL XIV 2498: tribunus i)lcbis, jiraetor, in utroiiue
honore candidatus divi Traiani Augusti).
IV. Unter Hadrian:
I. C. Javolenus Calvinus Geininius Capito cct. (CIL XI\' 2.}q9: jiraetor candidatus
divi Hadriani, tribunus plebis candidatus).
'■') Didius Severus muß curulischcr Ädil gewesen scheine nach ein Commcnd.itionsrccht nicn^ds aus-
sein; denn für die plebejische Ädilitüt ist allem An- geübt worden (Mommsen, Rom. .Staatsrecht II 027).
Die Grundsätze liei der Commendation dar Plebejer Ö3
2. C. Popilius Carus Pedo (CIL XIV 3610: praetor, tribimus plebis, in omnibus
honoribus candidatus imperatoris).
V. Unter Trajan oder Hadrian:
O. LoUius Urbicu.s (('IL \'II1 6706: praetor candidatus Caesaris, tribimus
])li'bis candidatus Caesaris).
^'I. Unter Antoninus Pius:
C. Julius Oppius Clemens (CIL IX 5830: tribunus plebis candidatus imp.
Antonini Aug., praetor candidatus eiusdem).
YII. Unter oder nach Marc Aurel:
1. M.AnnaeusSaturninusClodianusAelianus(CILVI 1337) j praetor candidatus, tri-
2. (C.) Junius Fau.stinus Postumianus (CIL YIII 597) | bunus plebis candidatus
VIII. Xach Hadrian:
1. M. Caelius Flavus Proculus (CIL XI 3883) — trilnmus plebis candidatus,
praetor candidatus.
2. Unbestimmte Persönlichkeit (CIL X 8292) — praetor kandidatus, tribunus plebis
candidatus.
3. T. Caesernius Statius Ouinctius Macedo Quinctianus (CIL V S65 : [praetor can-
didatus] inter cives et peregrinos [tribunus plebis candidatus).
IX. Am Ende des zweiten oder Anfang des dritten Jahrhundertes:
L. Insteius Flaccianus (VI 1429 = 31Ö52: praetor kandidatus, tribunus plebis
kandidatus).
Eine Ausnahme von der hier constatierten Regel könnte in der durch eine
.stadtrömische Inschrift (CIL VI 1464) überlieferten Ämterlaufbahn des L. Mummius
Felix Cornelianus erblickt werden. Der Genannte war vor Aufnahme in den
Senat zunächst decemvir stlitibus iudicandis, dann quaestor candidatus; nach der
Quästur bekleidete er den Volkstribunat und die Prätur, letztere wiederum als
candidatus principis. Wenn nun Mummius Felix, wiewohl er nicht tribunus plebis
candidatus war, doch zur Prätur commendiert wird, so hat das seinen besonderen
Grund. Es ist von Mommsen'') mit Recht angenommen worden, daß unser
Mummius identisch i.st mit dem in den Fasten und einer Inschrift von Orkistos
«) Hermes XXII 311 A. 2.
64 Sl- Brassloff
^^Hermes XXII p. 311) g:enannten Cos. ord. des Jahres 2,^7. Ist das richtii«-, so
hat Mummius Felix die Prätur und ebenso die vorausyeliendon niaiiistraUis minores
unter Severns Alexander erlangt. Nun wissen wir, daß \on dem letzteren die
quaestores cnndidati jjleich den Patriciern \on der Übernahme einer Stellung- der
ädilicisch-tribunicischen Rangclasse befreit wurden.') Das mußte notwendiger-
weise zur Folg-e haben. datJ jetzt auch die quaestores candidali für die ("onnnen-
dation zur Prätur befähigt sind.") Mummius l'\'lix, der jedenfiUs vor der \-on
Severus Alexander getroffenen Neueruii'^' diMi X'olkstrilmnal \er\valtete. war dem-
nach nach Erlassungf des severischen Gesetzes als gewesener quaestor candidatus
zum Hintritte in die Rangclasse der praetores candidati qualificiert.
Die Bekleidung des Volkstribunates (und ebenso der plebejischen Adilität)
ohne kaiserliche Commendation schliel.U also von der Commendation zur Prätur
aus'): erst dadurch, daß die ^''olkstribunen vom Kaiser commendiert sind, wird
ihre Stellung der der curulischen Adilen, welche schon kraft ihres Amtes für die
Stellung eines praetor candidatus befähigt sind,'") gleichwertig.
Die in der vorstehenden Untersuchung nachgewie-sene Regel ist unter oder
nach Aurelian abgekommen. Das zeigt uns die dem M. Tineius Ovinius C'a.stus
Pulcher vom .Senat und Volk von Tibur gesetzte Ehreninsclirift CIT, XIV ,^614
(M. Tineio Ovinio ] L. F. Arn. Ca.sto. Pulchro | c. v. pont. maiori | q. urb ])r. k.
cos. ( " s. p. q. T. I filio patroni | nepoti patronorum | ). Der (Teehrte ist also
praetor candidatus geworden, ohne vorher als quaestor candidatus respective
tribunus plebis candidatus fungiert zu haben. Die Titulatur „pontifex maior"
zeigt, daß die Inschrift nach 275 n. Chr. anzusetzen ist; denn bis zu diesem Jahre
werden die pontifices maiores einfach als pontifices bezeichnet. Erst unter
■) Hist. Aug. Vit. Alex. c. 43. aedil.] etwa [leg. Asiae] od. dyl. zu lesen. War
'1 Vgl. CIL VI l6q6; 135. der in der Inschrift Geehrte Plebejer, so muß [trib.
') Damach sind die bisherigen Ergänzungen pleb. cand.] oder [aedil. curul.] ergänzt werden. —
fragmentierter Inschriften zu rectificieren: I. CIL VI Unmöglich ist die Mommsensche Ergänzung von
1471; statt pr(aetor) k(andidatus) tri(bunus) p[lebis] CIL V 4335; [t]ribun. pleb. pr. [candidatus]. Der
1. pr(aetor) k."tri(bunus) p[leb. k.]; 2. CIL VI 1309; Be.amte dessen Ämterlaufbahn die Inschrift Über-
statt praet. candid. Ir. pleb. 1. prael. candid. tr. pl. liefert, hat die Prätur nicht zufolge kaiserlicher
[candid]. 3. In CIL VI 31814 ist [trib. pleb.] oder Empfehlung erlangt.
acd. cur.], in CIL X 1705 [trib. pleb. cand.] oder '") Wenn C. Sallius Aristacnetus in CU. VI
iaedilis curulis] oder [aed. cur. cand.] zu ergänzen. — 1511; 1512. „deccmvir stlitibus iudicandis, quaestor
CIL VI 31780 kann möglicherweise den cursus designatus et eodem anno ad aedilitatem proraotus,
hoDOrum eines Patriciers enthalten; Indicien hicfiir praetor candidatus tutelaris" genannt wird, so muß
wären die Verwaltung des Münzmeisteramtes und die nach den obigen Feststellungen angenommen werden,
der qnaestura Augusti; es wäre denn statt der im daß er die curulischc Adilität bekleidet hat.
Corpus vorgeschlagenen Ergänzung [trib. pleb. vel
Die Grundsätze bei der Commendation der Plebejer "5
Aurelian ist eine Änderung- der Titulatur eingetreten; die Priester, welche früher
einfach pontifices genannt wurden, führen jetzt im Gegensatz zu den 275 p. C.
neucreierten pontifices Solis den Titel pontifex maior. ")
II. Die Commendation zur Quästur.
Die obige Erörterung liat uns gezeigt, daß bei den Plebejern die C(jmmen-
dation zur Prätur wesentlich davon abhängt, ob der Candidat vor der Bewerbung
um das Oberamt ein Amt höheren Ranges in der vorhergehenden (ädilicisch-
tribunicischen) Ämterstaffel bekleidet hat. Das gleiche Princip gilt, wie jetzt
nachgewiesen werden soll, auch für die Berufung der Plebejer zur Würde eines
quaestor principis (quaestor candidatus Augusti).
Nicht jeder (Plebejer), der dem Senatorenstande angelu'irt und der augustei-
schen Verordnung entsprechend seine Carriere mit der Verwaltung des Vigintivi-
rates beginnt, ist auch zum Amte eines quaestor Augusti befähigt. Wie in der
ädilicisch-tribunicischen Ämterstaffel bestehen auch innerhalb des Vigintivirates
Raugunterschiede zwischen den einzelnen Stellungen (triumvir monetalis, triumvir
capitalis, quattuorvir viarum curandarum, decemvir stlitibus iudicandis)'-) und sie
sind in der Periode von Augustus bis auf Severus Alexander für die Commen-
dation zur Ouästur — soweit es sich um die quaestores principis handelt — von
Bedeutung geworden.
Unter den quaestores Augusti, welche die plebejische Ämterlaufbahn
zurückgelegt habiMi, können wir deutlich zwei (iruppen unterscheiden. Die einen
haben vor der Ouästur das Amt eines triumvir monetalis innegehabt, die anderen
'') Marquardt, Rom. -Staatsverwaltung III^ 245. eine bestimmte Rangordnung in der Amterfolge nicht
'-) Mommsen (Rom. Staatsrecht II 593 n. 5) eingehalten wurde. Derselben Periode dürfte auch die
vermutet, daß das Amt eines decemvir stlitibus iu- Inschrift aus Arezzo CIL XI 1837 zuzuweisen sein. Bei
dicandis das niederste war. Diese Vermutung gründet CIL V 36 ist es nicht sicher, ob die Ämterlaufbahn
sich auf die Inschriften CIL XI 1837 (nach welcher in auf- oder absteigender Linie angeführt ist. Die
der Geehrte zunächst Xvir stl. iudic, dann Illvir Rangordnung der einzelnen Ämter des Vigintivirates
monet. und schließlich IVvir viar. cur. war) und CIL (in der Kaiserzeit) kann nur aus dem Verhältnis zur
IX 284; und V 36. (in der ersten ist das Amt des Quästur bestimmt werden; höhere Stellungen sind
IVvir viar. cur., in der letzteren das des triumvir jene, welche zur Würde eines quaestor principis
cap. nach dem Decemvirat erwähnt). Aber Momm- befähigen. Die obige Untersuchung (s. Text) ergibt,
sens Annahme kann meines Erachtens für die Kai- daß die decemviri stlitibus iudicandis nicht den vier-
serzeit nicht zugestimmt werden. V'^on den erwähnten ten (letzten), sondern den zweiten Rang unter den
Inschriften gehört CIL IX 2845 sicher der Über- vigintiviri einnehmen. Als niedere Amter sind das
gangszeit von der republikanischen zur monarchischen eines quattuorvir viarum curandarum und triumvir
.Staatsordnung an, in welcher offenbar ein so großer capitalis anzusehen.
Mangel an Candidaten für den Vigintivirat war, daß
Jahreshefte des österr. archäol. Institutes Bd. VHI. q
als decemviri stlitibus iudicandis. also als N'orsitzonde des (ontumvirali^ericlitos
fungiert. Ich geVio im folgenden eine chronologische Liste dieser Beamten.
A. Von den durch die Inschriften bekannten triumviri monetales sind
iiuaestores iirincipis g-eworden:
1. Unter Aiignstus:
('. Kuhetlius Blandus'-'l (CIl, Xl\' 3570: [(luaeslor] divi Augusti).
11. Unter Nero:
M. Arruntius .\quila ^CI1, V j8ig: quaest. Caesaris).
III. Unter N(M'va:
(.'. Julius Proculiis ^ClI. X 0058: (]. Augustus).
T\'. Unter Hadrian:
I. 1.. I-"ulvius Aburnius Valens (("IT- \'l ijji: quaest. Aug.)
j. L. Minicius Natalis Ouadronius Verus (C'll, II ;5oq; (1143: q. .\ug. < II. II
4510: q. candidato divi Hadriani A[n]g.).
V. Unter Antoninus l'ius:
1. L. Dasumins Tullius Tuscus (CIL XI 3365: quaest. imp. Antonini Aug. I'ii).
2. f. Julius .Scapula (CIA III 62Ö: [xa|x{av] AO-o/.patopo; [Kataapo;] Tttcj AiAt'ou
'.\5p:av[oO Wv-wvsQvo'j is^afrcoO E03£[|JoO? ä7i:Jo[5£5£L]7[|-i£vov xjii aütJoO).
3. A. Junius Pa.stor L. Caesennius Sosjjes (CIL III 6076; quaestoreni Aug.
CIL VI 1435: q. Aug.).
VI. Unter Hailrian oder Antoninus Pius:
Unbekannte Pensönlichkeit (CIL III 2732: quaestori Aug.).
VII. Nach Hadrian (im zweiten Jahrhundert?):
T. Caesernius Statins Quinctius Macedo iCIL V 865: [q.] candidato).
VIIL Unter Caracalla:
C. Caerellius Fufidius Annius Ravu.s (CIL VI 1365: quaestor, candidato imp.
Caesaris M. Aurelli Antonini Pii Felici.s Aug.).
") über ihn Prosopogr. imp. Rom. III p 36 n. quaestor divi Au;;usti ist offenbar iduntiscli mit dem
fei. 82. (der sub. n. 82 genannte Rubellius Bbndus triumvir monet.ilis gleichen Namens unter n. 81.1
Die Grundsätze I>ei der Commendation der Plebejer 67
B. Von den inschriftlich bekannten decemviri stlitibiis iudicandis sind
zu kaiserlichen Quästoren befördert worden:
I. Unter Augfustus;
1. L. Aquillius P'lorus 'J'urcianus (Tallus (CIA III 578: quaestor. imp. Caesar Aug.).
2. C. Umidius Durmius Quadratus (CIL X 51S0: q. di\'i Auq^. et Ti. Caesaris
Aug.).
II. Unter Claudius:
Tebanus Gavidius Latiaris (CIL IX 3602: c[uaestor divi Claudii cf. 4518).
III. Unter Nero:
Cn. Domitius Tullus (CIL XI 5211: quaest. Caesar. Aug.).
IV. Unter Vespasian:
O. Cxlitius Atilius Agricola (CIL V 6974: q. divi Vespasiani — CIL V 6975:
[q.] divi Ve.spasiani).
V. Unter Titus:
C. Plinius Secundus (CIL V 5262: quaestor imp. CIL V 5667: [q.] imp.).
\'\. Unter Domitian:
L. Roscius Aelianus Maecius Celer (CIL XIY 3612: quaest. Aug-.).
\'II. Unter Trajan :
P. Aelius Hadrianus (CIL III 530: quaestor imperatoris Traiani).
VIII. Unter Hadrian:
1. T. Caesernius .Statins Quinctius (CIL VIII 7036 quaest. candidato divi Hadriani).
2. C. Popilius Carus Pedo (CIL XIV 3610: q. divi Hadriani Aug.).
3. -Salvius Julianus (Rev. arch. XXXV p. 489 n. 125: quaestori imp. Hadriani....).
IX. Unter Hadrian oder Antoninus Pius:
L. Aemilius Carus (CIL VI 1333: quae.st. Aug.).
X. Unter Antoninus Pius:
C. Julius Severus (CIG 4029: Ta[i;av -/.avotSatov).
XI. Unter Marc Aurel:
L. Pullaienus (iargilius Antiquus (CIL III 7304: quaest. cand. Aug.).
68
XU. rntcr ("omniodus (?):
M. Kahius Magnus VaUM-ianus (C"ll. XI jidIk (|. oaiul.).
XIII. Im zwoiU'ii JalirhumU'rl i^nach lladriaii^l:
1. .M. VakM-ius Ouadratus ^(11, \"1 13,^1: i|. Au,u. l'U. \'lll iiSn
2. . . . viiis .... tiis .Sabimis (CIL \'I .StM.S- [quaej.stori Auy.).
_^ Unbfkannto Por.söiilicliki'it (("IL X S202: [»]ua(>stori] i-andidat.')
A[ug.]).
Xl\'. Im Aiilaiis.;- des drittiMi ]alirlumd('rt("s:
C. Oota\ius .Xiipius Suctrius ^l'll. X ,S3<)S: quafstori caiulidat.) ct. i'W, \' I
1477: 5i7'*^-
X\'. Unter oder vav Soveru.s Alexander:
1. (.". .\o\ius Rustious (('11. III S. tiSi ) (|uaes[t(>ri] fand.).
2 [l'Jrisciis [C\\. X 1705: q. eandidato Aug.).
Dil- niiatluorviri viaruni curandarum inul die trium\-iri caiiitales, welche d(Mi
plebejischen cursus honorum absolvieren, sind bis aul Sevenis Alexander nie-
mals zur Wünle eines quaestor imperatoris gelangt. In den verhältnismäßig zahl-
reichen Inschriften dieser Beamten findet .sich kein einziges Beispiel eines quaestor
Augusti: sie fungieren der Regel nach als städtische") und Provinzialquästoren '"')
und nur äul3erst selten kommt es vor, daü ein gewesener c|nattu(ir\ ir \iarum
curandarum einem Mitgliede des Kaiserhauses als (juaestor consulis zur Dienst-
leistung zugewiesen wird. •'').
") qiiattunrviri viarum cur.Tnd.irum: als städtische
Quäsloren CIL III 1458. 10336; V 531 ; VI 1467.
1517. 1540. 1550 (= XIV 155) 31706; VIII 2390.
6706; IX 1126. 3666; X 3722; XI 1835. 6053;
Ephcm. epigr. IV 223 — Iriumviri capitales: als
quaestores urbani CIL II 4120; III 1455. (= 7972);
VI 1455. (1456). 1463; VIII 7050. (7934); X 3852.
'*) quattuorviri viarum curandarum quaestores
provinciae: Acbaiae: CIL II 41 17; III 6154; VI
1444; XIV 2609. Africae: II 12S3. (1371); X
1254; XI 5210. Cretae et Cyrenaicae: X 135.
Lyciae et Pamphiliae: Ephem. cpigr. IV 223.
.Maccdoniae: CIL VIII 2747. (18273); IX 4965:
Rev. arch. XXI 396 n. 88. Ponti et Bithyniae:
VI 1402; 1549; .Sitzber. Akad. Berlin 1889 S. 373. in-
certae provinciae: II 6145 (VI 31739;; XII 3169 ;
CIG 2639. (?). — triumviri capitales quaestores pro-
rinciae Africae: CIL II 1262; XIV 2831. llis-
paniae: XI 3097. Macedoniae: V 877. Galliae
Narbonensis: V 6419. XIV 3900. Ponti et
Bithyniae: II 6813; X 6006; XII 3164. Siciliae:
VIII 5350; XI 6334. incertae provinciae; VI
1364a; X 5911.
'^) Sex. [Appius] Sevcrus war nach CIL VT
1348 zunächst quattuorvir viarum curandarum und
wurde hierauf zum quaestor |Titi Caes. imjp. Augusti
f. befördert. Mommsen (a. a. O. p. 570 n. 21 bemerkt
zu dieser Inschrift: „man könne liier unraö^licli an
den consulaiischen Quästor denken, da diese ihren
Principal immer mit dem Amtstitel bezeichnen"; daß
bei Titus schon zu Lebzeiten seines Vaters quaesto-
res Caesaris vorkommen, erkläre sich daraus, daß die
letzteren dem Kaiser als Proconsul und demgemäß
auch jedem Inhaber der secundären Proconsular-
gewalt zustehen. Indes ist es wohl richtiger die Insti-
tution der quaestores princijjis auf die consularische
Die Grundsätze bei der Cümmendation der Plebejer Ö9
Auf Grund der vorstehend vorgeführten inschriftlichen Zeugnisse gelangen
wir zu der Erkenntnis eines neuen staatsrechtlichen Grundsatzes, der vermutlich
ebenso wie die übrigen Commendationsgesetze schon von dem Begründer des
Principates aufgestellt wurde: Die Plebejer, welche die Ämterlaufbahn in der
von Augustus festgesetzten Ordnung zurücklegen, können nur dann zu quaestores
principis befördert werden, wenn sie vor der Bewerbung um die Ouästur das
Münzmeisteramt oder die Stellung eines decemvir stlitibus iudicandis innegehabt
haben.
Keine Ausnahme von der hier festgestellten Regel bildet die Carriere der
triumviri capitales L. Coiedius Candidus^') und Domitius Decidius'*), welche von
Claudius zur Quästur commendiert und sohin als quaestores Augusti mit der
Kassenverwaltung betraut wurden. Denn die Genannten haben eben trotz ihrer
plebejischen vStandesqualität nicht die plebejische Ämterlaufbahn eingeschlagen,
sondern sind, ohne ein Amt der ädilicisch-tribunicischen Rangclasse verwaltet
zu haben, sofort zur Prätur gelangt;'") ihre Carriere ist also die privilegiert-
patricische. Diese Tatsache erklärt es, daß L. Coiedius Candidus und Domitius
Decidius doch als kaiserliche Ouästoren fungieren konnten; die Patrizier, welche
die Ämterlaufbahn ordnungsgemäß mit dem Vigintivirat eröffnen, sind ja stets
quaestores principis (niemals aber städtische oder Provinzialquästoren) gewesen.
Wenn Kaiser Claudius nun den Magistraten, welchen er die Kassenverwaltung
anvertraute, das patricische Privileg verlieh, daß sie nach der Ouästur sofort zur
Prätur gelang-en sollten, so war es nur consequent, wenn sie auch Rang und
Titel eines quaestor Augusti erhielten. Eine derartige Cbereinstimmung der
Carriere der quaestores aerarii mit der der Patrizier konnte um so leichtiT lierbei-
g-eführt werden, als in der damaligen Zeit die Aufnahme in tlen Patriziat die
Verwaltung- einer höheren Stellung des Vigintivirates nicht voraussetzt.
Im dritten Jahrhundert sind die Rangunterschiede zwischen den einzelnen
Ämtern des Vigintivirates beseitigt worden. Das ersehen wir daraus, daß die
Gewalt zurückzuführen, da die Amtsbefugnis des Kai- Aug(usti) Ger(manici), quaes(tori) aer{arii) .Satur(ni),
sers in der .Stadt sich im allgemeinen auf diese, nicht cur(atori) tab(ularum) p(ublicarum). HuncTi.Cl(audius)
die proconsularische gründet. Auf jeden Fall aber Caes(ar) Aug(ustus) Ger(raanicus) cum ha-
erscheint die Ausdehnung derkaiserlichenProconsular- [be]r(et) inter suos q(uaestores), eod(em) ann[o e]t
gewalt auf einen kaiserlichen Prinzen unglaubwürdig; a[e]r(arii) Sat(urni) q(uaestorem) esse ius(sit) ....
man wird daher den Se.\. Appius als q. consulis an- ") CIL VI 1403, [T. Dojmitio. T. f. Vel. Decidio,
sehen müssen. [Illjviro capitali, [elec]to a Ti. Claudio Caesare
") CIL XI 6163. L. Coiedio L. f. Ani. Candido [Auguslto Germanico, qui primus [quaesjtor per trien-
tr(ibuno) mil(itum) leg(ionis) VIII Aug(ustae), III niura citra [sortelm praeesset aerario Saturni, praetori.
v(iro) capitalfi), quaest(ori) Ti. Claud(i) Caes(aris) '^) Dio 60, 24: dazu Mommsen a. a. O. II 559.
"O St. Brassloff, Die Grundsäuo hei lier Comnu'iulation der IMcbcjor
Patricier, welche \mii \'espasian bis auf Sexenis AU-xaiulor ausnalinislos das Mi'mz-
meisteramt als die raiiiyshöchste Stcllimg- innehaben, in der Zeit nach Sevenis
Alexander auch den übrigen Collegien der viyintiviri, selbst dem der tresviri
oapitales angehören.-") Diese Glfichstelluni;- nnil.ito zur h'olm' haben, daß jetzt
auch die plebejischen quattuorviri \iaruni curandaruni und triuniviri e.ipitalcs für
das Amt eines kaiserlichen Ouästors befähigt erachti't wurden. I'.incti inschrift-
lichen Beleg für die im dritten Jahrhundert tatsächlich eingetretene Rechts-
änderung besitzen wir in der Mhreninschrift des O. Cassius Agrianus, welch(> im
Jahre iSqS in Ksar bon l-'etha in .\tVika (einige Kilumeter südlicli von Makda)
gefunden imd zuerst von (iauckler in den Comptes rendus de l'Academie des
inscriptions et belles lettres i8g8 p. 275 fg. publiciert wurde.-') Sie hat mit den
zweifellos sicheren Ergänzungen des Herausgebers folgenden Wortlaut:
O. Ciissio Agriaiio \ Aeliiiiin, cihin's.-^inio) 7'(/ro), co{ii) s(iil!), \ praiicri, /ri[lvi]\iio
caudiJato, [q^uaestori)] | '' cauJichito, \tri\\untvir() cap[Ha]\li. scviro lii\niia'^ntiit dc-
Jiicciiii[o]\niiii . r//;-[rt/o]/-/|"* i\i p(iibli\-üc) cohouiac) Mactari\laiioniiii Ziiniai\siinii
Rcgiiioni[iii] \
Cassius Agrianus ist also, wiewohl er von den Amtern des Vigintivirates
da.s eines triumvir capitalis verwaltete und in der l-'olge den N'olkstriliunat be-
kleidete, doch zu der Würde eines kaiserlichen Ouästors gelangt. Aber seine
Laufbahn fällt frühestens in den Beginn di's dritten Jahrhunderts. Das zeigt die
in der Inschrift erwähnte Stellung eines curator rei publicae coloniae Mactarita-
norum Zamensium Reginorum; das Institut der curatores rei publicae ist ja in
.\frika erst im .\nfang(^ des dritten Jahrhun<l(^rts eingeführt worden.--)
Wien. .ST. BRASSl.OKF
Archaischer Zierat von Erzgefäßen.
Die Ausführungen von Pernice (Jahreshefte VII 154) über die Technik der
meist in Italien gefundenen gego.ssenen Zierfiguren, die einst an getriebenen
Erzgefäßen angebracht waren, beruhen auf so sorgfältigen P>eol)achtungen, daß
ich wenigstens nichts dagegen einzuwenden wüßte. Nur die Zuteilung der in
^") Groag, Arch.epigr. Mitth. XIX 14^ f. Kom.-inus, der nach CIL VI 332(iuaestor liandidatus
"; Darnach Rcv. arch. XXXIII (1898) p. 440. war, ist daher in das dritte Jahrhundert (Severus
n. 107. Alexander) zu setzen.
"1 Der quattuorvir viarum curandarum Plolius
E. Petersen, Archaischer Zierat von Erzgefäßen 7 '
Fig- 73 ^b und 74 ^7 ^ abgebildeten Stücke au eine ,ionische Werkstatt' muß ich an-
fechten, nicht weil ich überhaupt anderer Meinung geworden wäre und jetzt den
Italikern geben zu müssen glaubte, was ich früher ionischen Griechen gab, sondern
weil ich in diesem Fall italischer Nachbildung das griechische Vorbild gegen-
überstellen und damit viel schlagender als unter den Peruginer Bronzen')
Griechisches und Italisches zu scheiden vermag. Pernice nennt 75 ab , Gefaß-
beschläge', 74 a b , Henkel', ohne damit auf die zum Verständnis erforderlichen
Analogien hinzuweisen. Ihm sind diese gewiß bekannt; vielleicht aber nicht jedem
Leser, und die Bezeichnung , Gefäßbeschlag' möchte leicht verführen, den Jüngling
mit den beiden Rossen je einer Seite des Gefäßkörpers aufgeheftet zu denken,-)
anstatt oben henkelartig mit der Fußleiste auf der Schulter, mit der Kopfleiste
auf der Lippe des Gefäßes aufsitzend. Daß es so gewesen, beweisen zwei an
weit auseinanderliegenden Orten gefundene Gefäße, an deren minder erhaltenem
der Sachverhalt gleichwohl richtig erkannt werden konnte, fast dreißig Jahre ehe
das besser, ja völlig erhaltene bekannt wurde. Dies ist die in den Annali 1880
tav. d' agg. W abgebildete und S. 237 ff. von Helbig besprochene Anfcjra der Raccolta
Cumana n. 1600, die, als in Cuma gefunden, ein Hauptargument für Helbigs
bahnbrechenden Nachweis des griechischen Ursprungs so vieler auch in Ober-
italien gefundener Bronzen ist. Wie er das Cumaner Gefäß eine Anfora nennt,
so bezeichnet er die beiden Dreifigurenstücke: hier je einen bartlosen Jüngling
mit Panzer und Beinschienen, der die Hände seitwärts an zwei aufgerichtete
Löwen hält, als Henkel, um so mehr mit Recht, als dies Gefäß keine anderen
Henkel hat. Hydria dagegen nennt Heibig das treffend zum Vergleich heran-
gezogene Erzgefäß von Graechwyl,") weil dieses außer einem solchen figurenreichen
Vertikalhenkel zwischen Lippe und Schulter, der bekannten Gruppe der ,per-
sischen Artemis' noch zwei horizontale Henkel hatte, die sich nicht nur mittels
je zweier Palmetten an den Enden, sondern auch zweier Löwenvorderteile, die
nach oben und unten zwischen den Palmetten heraussprangen, dem Gefäßkörper
anschmiegten. Heibig zieht aber richtig noch Reste eines anderen Gefäßes heran,
die nun räumlich und, wie wir sehen werden, auch stilistisch dem von Pernice
besprochenen Beispiel viel näher kommen, und die, 1854 bei Tolentino*) gefunden,
') Vgl. Rom. Mitth. 1894S.253, besonders.S. 315. Taf. III mit Originalbericht zu vergleichen. Reinach
-) Vgl. das am Schluß citierte Tongefäß von Rep. de la stat. II 320, 2.
Narce, das gewiß einem erzenen nachgeahmt ist. ^) Nicht unerwähnt will ich lassen, daß ich da-
') Von den bei Heibig a. a. O. S. 238. 2 an- selbst ein Stück notierte, das genau dieselbe Form
geführten Abbildungen ist besonders die in Größe hat wie der Griff irgendeines Gerätes in Olympia.
des Originals gegebene der Rhein. Jahrbücher XVIII Bronzen 1267.
•J2 r-- rclcrsen
von dem Berichterstatter, Conte Servanzi-Collio (s. M. A. lUill. iS,s4 S. 55) richtig-
als Schmuck eines Erzgefaßes erkannt wurden: zweimal ein jünyliny- (die abge-
brochenen Köpfe erhielten sich) zwischen zwei Pferden in dm" nämlichen Haltung
wie bei Pernice. Ja. der erste Bericht erwähnt auch noch zwei andere Henkel,
ganz wie die in Fig. 741//' von Pernice abgebildeten, die ich bei den anderen
Stücken in der Sammlung des Conte Gentiloni in Tolentino sah. Hier also zwei
Fig. 22 Henkel im Museum von Pesaro I.
vierhenkelige Gefäße, was in archaischer Zeit nichts Unerhörtes ist. Gemein haben
die unteren Henkel mit den oberen ja auch die Formelemente: Pferd, Löwen,
Palniette; gemein die in archaischer, speciell ostgriechischer Kunst waltende
Neigung, die hervorragenden Teile des Gefäßes, Mündung und Henkel mit figür-
lichem Schmuck zu besetzen, eine Neigung, die vom geometrischen Stil über-
kommen, auch die Stabdreifüße und allerlei anderes Gerät mit Figuren derselben
Art zu beleben pflegt. Als Griffe von Spiegeln und flachen .Schalen z. B. dienten
Archaisclier Zierat von Erzgefaßen
73
dieselben Jüngling'sfigfuren, die, um dem Rund der Schale oder des Spieg^els oben
sich anzupassen, in phantastischer Weise mit ganzen Tieren oder Teilen von
solchen verbunden wurden. Dieselljen Jünglingsfiguren brauchten, um, zwischen
l'i^- -3 Ilenliul im Museum von l'esaro II.
Lippe und Schulter eines Gefäßes eingefügt, auch als Henkel zu dienen, nur mehr
oder weniger gekrümmt zu werden und vor allem nun auch unter den Füßen ein
ähnlich wie oben über den Schultern gebildetes Anpassungsglied zu bekommen.
Sie erhalten damit ein den unteren Henkeln von Graechwyl, Tolentino und
Jahreshefte des österr. archiiul. Institutes IM, VIU. jq
Foligno ganz aualog-es iTriiiKlsclR'uia: ist dies hior ln'iin Hdri/uiUalhcnkcl liu
stehendes H, so dort beim verticalen ein liegendes i . Solche Fig-iirenhenkel finden
sich wohl in jeder grölJeren Sammlung von Bronzen. Als Beweis, daß sie eine
jüngere Entwicklung derselben Kunstübiing darstellen, genügt es, einen solchen
in Florenz, einen zweiten in Paris und einen dritten in Karlsruhe anzuführen.^)
Bei dem ersten liegen auf den oberen Ouerarmen bärtige Männer, beim zweiten
und dritten Löwen: auf den unteren beim ersten \'orderti'ile von Flüg-elrossen,
beim zweiten von Widdern, beim dritten \iin Pferden. Dieselbe \'erzierung der
Querarme mit Tierfiguren oder Teilen davon bleibt auch dann beliebt, wenn der
Henkel selbst rein tektonische Form annimmt, wovon Beispiele noch viel zahl-
reicher sind,'"") und selbst wenn das Figürliche ganz g-eschwunden scheint, werden
doch noch alte Motive nachwirkend erkannt, so die kleinen Schlangen an Henkeln
bei Schumacher X 5, 22, 23, oder die lüitenköpfe an Schreibers , Schnabelgerät'.
In Entenköpfe gingen die Henkelarme des Cumaner Gefä(3es oben wie unten aus;
in Schlangen die oberen an dem Graechwjder, dessen untere dagegen singu-
lare Flügel- oder Blattform haben.') Zwei Schlangen, eine nach links, eine nach
rechts gerichtet, erwähnt auch der Bericht über den Fund von Tolentino; sie .sind
aber, dicht mit feinsten Schuppen überzogen, zu gut für die Pferde.stück(\
Schlangen bilden nun auch die Arme an zwei Henkeln, die aus Novilara in
das Museum des nahen Pe.saro gelangt sind. Dort untersuchte ich sie im Jahre iScjg;
die Photographien, die hier in Fig. 22, 2^ abgebildet werden, verdanke ich der (rüte
Georg Karos. Das eine Stück, II, i.st vollständig und 0-205 '" hoch; das andere, I,
jetzt nur o'223 '" hoch, war mit der Palmette und den Helmbüschen (die andere
Form als in II, wohl eben solche wie bei dem (Tcfallenen hatten)'*) ungefähr
ebenso hoch oder etwas höher, ragte mithin über den Gefäßrand etwas mehr
hinaus. Wie weit, das erkennt man daran, daß nur die obersten Teile, bei I die
Köpfe der Kämpfenden, bei II die Köpfe der Löwen, auf beiden Seiten aus-
') Reinacb, Repert. de la stat. I, 88 fl"., wo außer träger sei.
vielen anderen auch 1 auf S. 90, 3; 2 auf .S. 8g, 8; ') Bei dem Helm von II ist es besonders deut-
dagegen 3 bei Scbumaclier, Karlsruhe 527 .S. 7O. lieh, daß der doppelte Busch nicht, wie wohl aus-
'') Nur der Herkunft von Capua wegen sei das gesprochen wurde, nur der l^erspective wegen doppelt
von Heibig Annali 1880 tav. d' agg. V abgebildete ist. Der Helm hat, wie Tierohren, offenbar auch
Gefäß genannt, dessen Henkel auf den oberen Armen Tierhörner (vgl. Hartwigs MS. III 3), an denen un-
Löwen, auf den unteren Widder gelagert trägt. organisch ein Busch angebracht ist. Übrigens ist
') Der Goldschmuck von Aigina, den A. Evans diese Form des Helmbusches weit häufiger in Profil-
im Joum. of hell. stud. 1892 S. 197 und 201 ab- ansieht (z.B. R. II 106. 'E'^rjii. dpy,. 1886 S. 121.
bildete und was er damit verglich, machen es Mus. Greg. B. II, XLI 2, XLII 1 b. LXXIII 2a)
wahrscheinlich, daß die Nilbarke die Urform jener als in Vorderansicht, wie R. I 82, für die die Dop-
Scblangen-, Flügel- und andersförmigen Figuren- pelung gemacht sein sollte.
Archaischer Zierat von Erzgefaßen 75
gearbeitet, weiter abwärts, wie z. B. die Körper der Löwen und des Kämpfenden,
an der Rückseite offen sind. Ahnlicli wie bei der geflügelten Göttin von
Graechwvl an der Rückseite eine offene Höhlung sich noch mit Gußkern gefüllt
zeigte, fand ich solchen auch in den beiden Löwen von II, aber nicht bei den
Kriegern von I. Gegossen ist dieses I in zwei Stücken: der Krieger links und
das Bein mit der jetzt kopflosen Schlange darunter bilden das eine; alles übrige
gehört dem zweiten, größeren. Der linke Teil ist links zu heben, so daß beide
Krieger gleich hoch sind, und als drittes Stück ist unten die Palmette zu er-
gänzen. Bei II ist augenscheinlich der Mann mit den zwei Löwen zusammen
gegossen, wie die Pferde mit der Palmette. Auf dieser ist dann der Mann fest-
gelötet und die Hände des Mannes wurden mit den Köpfen der Pferde durch
zwei feine Bronzebänder als Zügel verbunden, von denen der die Pferdeköpfe
etwas oberhalb des Maules umschnürende Teil erhalten blieb. Die Verbindung
mit dem Gefäßrand war bei diesem zweiten, II, fester als bei I, wo, selbst wenn
man die Helmbüsche (deren unteres Ende bei beiden Männern an der äußeren
.Schulter haftet, bei dem linken an der Vorderseite) und die Lanzen ergänzt, keine
.so durchgehende Verbindung möglich war. Denn auch hier ein paar Schlangen
vorauszusetzen, ist kaum möglich. Von Nietlöchern, wie sie an den Bronzen von
Graechwyl und Tolentino beobachtet sind, habe ich nichts gesehen. Dagegen zeigt
sich der Guß an vielen Stellen durch Ciselierung oder vielmehr Gravierung weiter
ausgeführt: mit feiner Kerbung oder Strichelung die Locken im Nacken (auch
der Sphinxe im Schildzeichen), Barte, Brauen, die Ränder an Arm- und Hals-
löchern der Panzer wie auch in den Schildausschnitten, die Helmbüsche, die
Federn der .Sphinxe: Chiton und Schwertscheide des rechten Kriegers sind kreuz-
weis schraffiert. Der Schildrand und ebenso die vortretenden Ränder unten an
den Panzern tragen Stabornament und der Panzer des Roßwärters zeigt die Brust-
muskeln von einer Doppellinie umrissen, ebenso den Rippenrand; und diese
Doppellinie endet unten i-echts und links in einer kleinen Palmette. Eine Doppel-
linie mit feiner Querstrich elung zeichnet auch Bauch und Hinterbeine der Sphinxe.
Geht diese Einzeich nung schon weit hinaus über die großenteils ganz un-
organische, lediglich als bedeutungslose Verzierung sich darstellende der beiden
Perniceschen Roßhalter, die ja doch denselben Typus wiedergeben wie dort II,
so zeigt sich deren Minderwertigkeit erst recht, wenn wir die Formen im ein-
zelnen vergleichen. Was ist hier aus den Schlangen, was aus der Palmette ge-
worden? Die Löwen sind kaum noch zu erkennen; die Beine der Rosse sind
voneinander und von den Leibern mangelhaft gesondert; sie scheinen je in einer
Ebene gelegen. Dii* Hiiiterboiiio setzen ilio Pfordr wohl i^-i-railo wie dii- \ini Pesaro
vor: welches Vorderbein vortritt, ist dagegen bei ihnen nicht so wie bei den
anderen deiitlich; ebensowenig das Geschlecht. Und nun gar die armselige Figur
des Mannes, an dem der Panzer kaum noch /.u erkiMiniMi und dessen Arme mit
den Pferdeköpfen eins geworden sind. (.ifFeuhart sich nun au dem cincMi Stück
griechisches Werk in dem eifrigen Bemühen, vnn dt>r phantastisclieu Zutat der
Schlangen und Löwen abgesehen, Men.sch luid liero in der Wirklichkiii ent-
sprechender Weise, ein jedes wahr und lebendig in der Bewi>guug darzustellen,
so tragen die beiden anderen den Charakter äußerlicher Nachahmung zur Schau,
die sich mit oberflächlicher Wiedergabe bi>gnügt und Jreue auch im kleinen
durch bedeutungslosen Putz ersetzt.
Das wird noch klarer, wetui wir nun beiile Heukelpaare mitiunander ver-
gleichen. Dort zweimal dasselbe, ohne daß natürlich eines Sinn uiul P>ediHitung
des andern irgendwie höbe oder ergänzte. Hier dagegen zwei lülder, die erst
zusammen ein ganzes ausmachen. Denn, zumal nach den Ausführungen von
Heibig (s. den Zu.satz), kann es nicht zweifelhaft sein, daß der Gewappnete mit
den zwei am Zügel gehaltenen Rossen als Knappe oder (jenoß wartet, bis sein
Herr in der andern Gruppe (ursprünglich also auf der andern Seite des Gefäßes)
den Kampf ausgefochten. Ob man das Recht hat zu fragen, welchem von beiden
er gehört, dem linken oder dem rechten? Stehen drüben zwei gegen einen, so
wird man allerdings, um jederseits zwei Genossen zu sehen, geueig"t sein, diesem
einen den Knappen zuzuteilen. Und da der vornüber Gefallene dort links ge-
standen zu haben und an seine Stelle der andere vorzutreten scheint, würde der
Knappe mit den Rossen demnach dem rechts Stehenden gehören. Vielleicht also
schieben wir dem Verfertiger des Gefäßes oder demjenigen .seiner Schmuckhenkel
nichts Fremdes unter, wenn wir zwei Ritter, einen jeden von seinem Knappen
begleitet, zum Kampf einander begegnet denken. Der eine fällt, da tritt, ihn zu
retten oder zu rächen, sein Genosse vor. Daß das Werk selbst diese Auffassung
fordere, kann man nicht sagen: einiges spricht dafür, anderes eher dagegen. Der
Gefallene hat, wie sein siegreicher Gegner, einen Chiton, der freilich nur an dem
die Fuge zu verdecken bestimmten Saum kenntlich wird, und Schwert und Schild
fehlen ihm, vielleicht nur, weil es zu .schwer hielt sie darzustellen; seine Lanze
könnte der Knappe ergriffen haben. Wahrscheinlich aber hat er sie, weil er .sie
braucht, und fehlt sie dem andern, weil dieser sie nicht braucht, ja keine Hand
für sie frei hat. Daß nur die eine Partei beritten ist, die andere nicht, und daß
während des Kampfes auch der noch untätige Knajjpe abgesessen ist, das alles
Archaischer Zierat von Erzgefäßen 77
ließe sich verstehen. Jedenfalls ist die Hauptsache klar und sie bestätigt auf das
entschiedenste die Originalität dieser Henkel und die Dürftigkeit lokaler Nach-
ahmung der anderen Paare, sowohl dessen von Tolentino als auch dessen von
Foligno, das trotz geringer Abweichungen") (wenn nämlich die im Fundbericht
erwähnten Teile richtig hinzugezogen werden) doch wohl in dt^rselben Werkstatt
gearbeitet scheint, an Größe dem von Pesaro ungefähr gleich, vermutlich auch
dem andern, dessen Maße nicht angegeben werden.
Zum Schluß noch ein Wort zur Geschichte des Typus des Rossehalters.
Auf älteren geometrisch verzierten (Dipylon-) Vasen sieht man zwei Rosse gegen
ein zwischen ihnen stehendes Futter- oder Trinkgeschirr gekehrt (Conze, z. Gesch.
d. Anf. d. griech. Kunst I, V/iener .Sitz. -Ben 1870 Taf. IV; Louvre A. 578 (?)
Pottier pl. 21 von Rhodos); plastisch auf Gefäßrändern von Narce (Mon. Lincei IV
ig6, 198); statt des Gerätes erscheint zwischen den Pferden der Mann auf jüngeren
Dipylonvasen (Reinach, Repertoire des vases peints I 328, besser und bewaffnet
eben daselbst I 459), plastisch an Vasen von Narce a. a. O. igg, 200 und
reliefartig, einen wirklichen ,Gefäßbeschlag' (oben .S. 71, 2) imitierend 23g. Wie in
jüngsten Dipylonvasen, auch den frühattischen, dann die Löwen wieder eindringen,
sind am Cumaner Gefäß (oben S. 71) zwei aufgerichtete Löwen an die Stelle
der Pferde getreten, ohne daß der Bewaffnete zwischen ihnen die Haltung seiner
Arme verändert hätte. An dem Henkel von Graechwyl dagegen ist die ganze
Gruppe im neuen orientalisierenden Stil componiert. Die Bronze von Pesaro
endlich zeigt in dem Rossehalter und seiner Verbindung mit der Kampfgruppe
die ältere Weise auf dem Wege weiteren Fortschrittes zu rein hellenischer Kunst.
Zusatz. Ritter und Genosse.
Auf griechischen Vasen des VII. bis ^^ Jahrhunderts sieht man häufig hinter
gewappneten Kämpfern berittene Genossen des Ausganges harren. Schon ("onze
(Annali 1866 S. 275) sah, daß das von dem Genossen gerittene oder ein zweites
von ihm am Zügel g-ehaltene Handpferd dem Kämpfer gehöre, und daß der mit
dem Reitpferd haltende Knappe dieselbe Aufgabe habe wie in anderen Dar-
stellungen der Wagenlenker.'") Sei der Gebrauch des Wagens homerisch, so sei
") Die glatte, nicht schlangenformige Fußleiste, eine nach rechts gekehrt, Rest eines andern Werkes
das Verschwinden der Arme, auch die bandartigen wären. .Sie sind zu groß, zusammen fast 035" lang,
Kopfleisten mit den darauf liegenden kleinen Tieren und zu sorgfältig gearbeitet, haben den ganzen Körper
scheinen ähnlich; doch ist hier dieBeschreibung unklar von feinsten .Schuppen bedeckt.
und meine Notizen genügen nicht zur Aufhellung. Es ^'') Dies wird am deutlichsten, wo, wie bei Reinach
scheint, als ob die zwei Schlangen, eine nacli links, I 50S (korinthisch), hinter dem linken Ritter der
der andere Brauc)i luv un\vegsaniori> Gegend(Mi ( iriiH-hmlands geeig-iu'tfr. Roi.ibach
(Philolog-us 1S92 8. 7) erkannte danach, dal.i der Wagen als UofT)rderungsniitt('l
erst in nachhomerischer Zeit durch (his Kriiiiferd crsi-l/t werden sei und wies
den Übergang von einem zum andern l>raurl\ an \-(>rschiedenen Zeugnissen nach.
Bestimmter als RolJbach sprach es dann W. Reichel (Honierische WafF(>n- S. 40 t'.),
der die Notwendigkeit eines solchen IWförderungsmittels besonders aus di-r
Beschwerlichkeit des alten Schildes folgerte, aus, daf3 schon in der Dolonie Odj-sseus
und Dioniedes auf den Rossen des Rhesos ein solches Paar von leichtbewehrtem
Genossen und schwergerüstetem Ritter darstellten.
Auf breiterer Basis schriftlicher und bildlicher Zeugnisse hat unlängst Heibig")
den Brauch, zu Roß mit einem Genossen zum Kampf auszuziehen, als überall im
alten Hellas, wo man in schwerer Rüstung zu kämpfen gewohnt war. in (Mncr
bestimmttMi Epoche herr.schend nachgewiesen und ihn besond(»rs in Athen, analog
dann auch in Rom. mit der politischen Verfassung in ZusamnKMihang g(^bracht.'^)
Die einleuchtende Klarheit seiner Darlegung wäre auch durch Kürze wirksamer
gewesen, wenn das Material etwas anders geordnet, wenn nicht durch vorge-
faßte Meinungen selbstgeschaffene Hindernisse entstanden wären, zu deren Be-
seitigung oder Erklärung phantastisch willkürliche Bilderklärungen ersonnen
werden mußten. Es heißt Art und Wert jener bildlichen Zeugnisse nicht richtig
einschätzen, wenn man auf das 1^'fehlen oder Vorhandensein einzelner Ausrüstungs-
gegenstände, wie Schild und Beinschienen, besonderes Gewicht leg-t; und wer die;
.Streitwagen in .solchen Darstellungen, die nicht mvthisch sein sollen, für Ana-
chronismen und willkürliche Zutat der Vasenmaler hält, sollte nicht alles übrige
in jenen Bildern ohne viel Überlegens für bare Wirklichkeit halten und so po.si-
tive Schlüsse daraus ziehen, wie Heibig z. B. S. 40 f. tut. Es dürfte nicht unan-
gebracht sein, das Wesentliche aus Helbigs Nachweisen herauszuheben und es
von dem Verfehlten zu säubern. Dabei citiere ich in einfachen Ziffern seine Seiten
Knappe mit dem Handpferd, hinter dem rechten der inscr. et b.-l. 1904 p. I90: Contribution .'l l'histoire
Wagenlenker hält (29, 3 der nachher anzuführenden de l'equitatus romain, Auszug einer größeren für die
Arbeit von Heibig). Mcmoires bestimmten Arbeit.
") Vieles findet sich schon vorweggenommen '^) Die Bestimmung der mit zwei l'ferdcn Aus-
in: Eine Heerschau des Peisistralos usw., Münchner rückenden als der Pentakosiomcdimnen S. 54, derer
.Sitzungsber., philos. phil. u. bist. Classe 1 897 II 259, die mit einem als der Hippeis, ist freilich willkür-
die H.auptarbeit, Ics mriEri; athenicns, Mem. de l'acad. lieh. Auch der Versuch, .S. y<){f., die Organisation
d. inscr. et b.-l. lettres XXXVII S. 157, hier nach der athenischen Cavallerie durch zwei Vasenbilder,
dem Sonderdruck ciliert. Für den römischen equitatus zwischen die sie fallen müsse, zu datieren, und
vgl. desselben Verfassers Sur l'aes pararium in Me- zwar alsbald nach dem Jahre 477, kann kaum gut-
langes Boissier 271, die Castores im Hermes 1904 geheißen werden. Vgl. Bauer, Berliner Philol.
XXXIX IUI und in Comptes-rendus de l'Ac. d. Wochenschr. I904 S. I2;?0.
Archaisclier Zierat von Erzgefaßen 79
und deren Noten oder Abbildungen, dazu namentlich Reinachs beijuemes Reper-
toire des Vases (R.), und nenne, wo es angeht, den (icwappneten A, den Ge-
nossen B, speciell B' ohne, B- mit Handpferd.
Nicht überflüssig ist es sogleich zu beachten, worauf wir dann zurückkommen
werden, daß wir den Gewappneten auch allein (A ohne B) mit einem oder zwei Rossen
schon von späten Dipylonvasen an finden, reitend, mit und ohne Handpferd, gar drei
hintereinander (95, 2 R. I 105, 4, Louvre E 029, 030); zwei Rosse am Zügel
haltend: ebenso marschierend zu zweien und dreien, das Roß am Zügel führend;
neben zweien, eben abspringend, vier hintereinander;'') auch kämpfend ebenso-
wohl vom Pferd herab als zu Fuß, das Tier am Zügel führend.'^) Weit häufiger
jedoch ist x\ mit B verbunden. Letzterer ist meistens unbärtig, also jung neben
dem bärtigen A, mitunter nackt und unbewaffnet (102, 36 Brit. M. B. 59, ionisch),
meist bekleidet und leicht bewaffnet mit einem oder zwei Spießen, doch auch mit
langen Lanzen (vielleiclit nur durch Ungeschick der Darstellung"); daneben führt
B manchmal das Schwert, auf dem Rücken, gertide wie die Wagenlenker,'') auch
wohl einen Schild. Anderswo ist der Knappe mit dem Geschoß bewehrt und
dann hat er mei-stens die Tracht nordischer Barbaren, wie Kimmerier und Skvthen,
aber auch Amazonen und Asiaten. Sind diese Knappen also Barbaren? Sie
müßten dann Sklaven der gewappneten Herren sein. Aber die Genossen haben
doch sonst ein anderes Aussehen, so daß wir mit Heibig an Hörige, Freunde
und Verwandte des Ritters"^) denken dürfen und vor allem an seinen Sohn.
'^) Es ist klar, daß die Leute nicht einfach mar- wo der Ritter mit dem eiyenen Sclüld daneben ist
schieren. Springen sie eben ab, so schwebt Helbigs (61, 22), wird der Schild auf dem Rücken von B
phantastische Erklärung (21 f ) noch mehr in der Luft; flugs für einen Reserveschild von A erklärt. Eben-
denn die andere Hälfte des Bildstreifens stellt nicht sowenig wert ist die aus der Luft gegriffene Er-
die kämpfenden Ritter dar, denen er jene camarades klärung für das Fehlen eines Schildes bei dem
(vgl. unten S. 81) folgend denkt. reitenden Gewappneten. Jedesmal (z. B. 24, 36 f., 40)
'*) So A ohne B gegen drei Hopliten auf einer wird uns da wieder gesagt, der Hoplit habe sich
Vase von Kameiros (Salzmann 55). So noch besser des .Schildes entledigt, um kampfbereit zu sein, trotz-
Gerüstete auf etruskischen Cisten Monum. ined. .Suppl. dem der Hauptnachweis dem Salz gilt, daß das
XII f. und ein leicht Bewaffneter in gleicher Weise Reiten für A nur Beförderungsmittel ist und der
auf einer unteritalischen Vase R. II lö, 3, entstellt Schild doch gerad für den Kampf da ist. Es ist offen-
auch II 352. Vgl. das Paestaner Wandgemälde Mon. bar die Technik des Vasenmalers, nicht die des
ined. d. I. VIII 21, 2. Ritters, die solche Auslassung verursachte. Tragen
''} .So auch reitende Amazonen, z. B. R. II 100, ja doch auch von den eigentlichen cavaliers des
2. Diese Parallelen allein schon hätten abhalten sollen, Parthenonfrieses Helm und Panzer mehr als einer
die These aufzustellen (die von vornherein wenig und Beinschienen, gegen die Heibig (35, 3) eifert,
Sinn hat), daß die ,valets', d. i. B, nie Schutzwaffen die berittenen Amazonen, echte Reiterinnen,
trügen (35, 2; 66). Wo immer also B einen Schild '^) Als solche sind sie in den Münchner S. B.,
hat, sagt uns Heibig, das sei der .Schild des Ritters, a. a. O. öfters bezeichnet, so S. 271, 273 zweimal,
auch wo ein Ritter gar nicht zugegen (52, 22); und 280; in Memoires nur S. 46f.
Sehen wir doch auch dio Ivnappt'ii von l^ltern Abschied iii'hnu'n, und was 1 henii-
stokles nach Piatos Mcnon 1)3 D seinen Sohn KUH>phantos lehren liel.i. war offen-
bar die Kunst des mit einem Handpferd ausreitenden Knappen.'') Auch die junyen
Reiter an den StelenfüÜen (4g ff.) werden am besten als ju^endhilder des \'er-
storbenen verstanden, wiewohl es auf eines hinauskommt, oh wir oben den X'ater
und unten den Sohn, der dem Vater als Knappe dient, erkennen, oder unten
ben denselbene wie oben, hier den .Mann als lloplit. dort den F.phehi'u mit
seinem Vater auszureiten g-erüstet.'^i Dai.l jeiloch die jun_u;-en vornelnuen Athener,
die Söhne der Ritter bei solclu-m 1 )ienst in Athen selbst liarbarenkleid ang-e-
zoüfen hätten, darf vielleicht bezweifelt werden, da dafür ausreichende Beweise
nicht g-ecfeben siiui,'-') auch die wirklichen Reiter am Parthenonfries von barba-
rischer Tracht höchstens ilen Uaschlik angenommen haben.
Also der Gewappnete A zieht mit dem Leichtbewaffneten ins Feld. Sie haben
jeder ein Pferd oder zusammen nur eines, und beim Abschied sitzt B zuerst auf
(19 I). Auf dem einzigen Pferd reitet stets B, während A geht,^") sowie im athe-
nischen Anakeion die Dioskuren stehend neben ihren berittenen Söhnen erschienen,
freilich auch sie gewiß nicht schwer gerüstet.-') Nie sieht man auf Vasen A und B
") Heibig 83, der dies Zeugnis für seine früh-
zeitige Organisation der attischen Cavalleric ver-
werten möchte, widerspricht dem zwar, aber auch
sich selbst, wenn er den Dienst des berittenen Kn.ip-
pcn hier für einen zu untergeordneten hält, um solchen
Andenkens wert zu sein, und S. 46 ff selbst Miltindes
in diesem Knappendienst in einem Vasenbild ge-
feiert glaubt, undDioUleides im nämlichen Dienst durch
ein Standbild auf der Akropolis. Piatos sninsvs foöv
Iri T(i)V '.-T.ia'i öpiHö; (vgl. die Vase von Kameiros,
Salzmann 57) xal rjxövcijäv änö tS)V inTitov 6p3-ös,
wo der Plural statt des Duals stehen muß, zeigt den
Jüngling mit zwei Pferden operierend, also nicht als
Reiter im späteren Sinn. — Auffallend ist, daß Hei-
big die zwei Geschichten von Kimon S. 85 nicht in
Einklang zu bringen weiß, obgleich es gerade mit
seiner These so leicht ist. Im Jahre 480 deponiert
Kimon seinen Zügel im Tempel zum Zeichen, daß
es jetzt nicht gelte, als gewappneter Ritter zu Roß
ins Feld zu ziehen, sondern zu Schiff. Als Hoplit
meldet er sich dann auch bei Tanagra.
'*; Die Stele des Lyseas (51. 21 Conze I l) zeigt,
daß der junge Reiter nicht mit seinem Tun auf den
Mann im Stelenbild bezogen werden darf, und die
niedrige Stele von Lamptrai (52, 22; Conze I 11),
auf der ein männliches Standbild, wie Heibig will,
nicht gestanden haben kann, auch keine Stele mit
Mannesbild, beweist durch die klagenden Figuren
der Seiten, die nur auf den jungen Reiter bezogen
werden können, daß auch auf den anderen Bildern
der Reiter der Verstorbene ist, wenn da auch erst
in späterem Alter verstorben.
•"j Heibig geht so weil, daß er fast überall auf
strengrotfigurigen Schalen in der Barbarentracht Grie-
chen sieht, wegen ilires hellenischen Gesichtstypus,
so 74, 31 in der Mitte den Toxarchen, so 73, 30 b
nicht weniger als einen Taxiarchen, zwei Hipparchen
und einen Phylarchcn (84 {.), obgleich von den ver-
meintlichen Hipparchen der eine ungriechischen Bart
hat. Beim Miltiades der Ashmoleanschale (47, 3)
kommt ja die Inschrift hinzu; aber weder ihn noch
Diokleides (46, 2), wenn die Statuenfragmente wirklich
zu dessen Inschriftbase gehören, ist es notwendig,
so gekleidet in Athen (statt etwa in Thrakien) herum-
reitend zu denken.
'^^'j Zwei .Schützen, neben reitendem .1 hersprin-
gend (24, 7), haben wir so wenig für die Knechte
von A zu halten, wie, wenn er zwischen zwei Hop-
liten reitet, diese.
") Wie Heibig Hermes 1904, 106 denkt. Sic,
die xoOpGi, sind selbst Reiter, aber nicht Hopliten,
und wenn die priores equites des Tarquinius (vgl.
Archaischer Zierat von Erzgefäßen öl
als äiv-TiKOi auf einem Pferde reiten wie in einer kleinen Bronzegruppe (23, 5).
Wohl aber reiten beide nebeneinander (19, 2; ^:^, i). Kommen sie an den Feind,
so springt A ab (102, i).--) Während des Kampfes von A gegen A hält hinter
jedem ruhig der Junker zu Roß, ohne oder auch mit Handpferd. Ganz ebenso
wie Leichtbewaffnete tun das aber auch Schwergerüstete (20, 3). Ob man diese
dann mit Heibig camarades von A nennt statt üTcr^pETa:, macht nichts aus: sie
spielen die Rolle von B.-') Nicht immer aber bewahren die Knappen die Ruhe:
sie sprengen einzeln oder beide mit eingelegter Lanze an, wie um teilzunehmen
(25, 8; 26, g). Lustig ist es einmal zu sehen, wie die eine Partei Reißaus nimmt,
voran B mit seinem und des Herren Roß, ihm nach A, verfolgt von A, hinter
dem B dreinsprengt (94, 32).-^) Der Typus ist hier erfreulich gemodelt, aber zu
wirklich individueller Entwicklung des Vorg-anges kommt es natürlich nicht.-'')
Oft liegt zwischen den Kämpfern ein Gefallener, ohne daß V^orangegan genes
damit klar würde (z. B. Louvre E 636). Daß der Fall einträte, für den der Knappe
mit dem Handpferd bereit steht, kommt kaum vor; es sei denn auf dem Nolaner
Colonettkrater R. II 11 i, wo, wie an den Bronzen von Pesaro, an der Vorder-
seite einem mit Chiton bekleideten Hopliten ein chitonloser zum Schutze des
zu seinen Füßen Liegenden (der ganz waffenlos scheint) entgegentritt, und auf der
Rückseite ebenfalls nur ein Gewappneter zu Roß mit Handpferd nach links hält,
also als der Genoß des Siegers im vorderen Bilde zu verstehen.
In einem andern Bilde (68, Taf. II i) könnte man meinen, ilem gefallenen
Ritter rechts sprenge sein Knappe zu Hilfe. Doch nein, der Ritter links ist gar
nicht da: auf hoch springenden Rossen sehen wir vielmehr zwei leichte Reiter
einander gegenüber, links einen barbarisch, rechts einen griechisch costumierten.
Es ist der Typus, dessen Entwicklung Loeschcke (Bonner Studien S. 248) in einer
genialen Studie verfolgt hat, und wer beachtet, wie in dieses Schema die vorher
in den besprochenen Scenen angewandten Figuren mehr oder weniger vollständig
Heibig ebenda und C.-R. 1904 S. 199), die je mit stehenden Kampf weniger betone. Ist doch auch kein
iwei Pferden ausrückten, auf das Vorbild des Castor Gegner vorhanden, da beide Paare sich in gleicher
in Lacedaemon zurückgeführt werden, so kann das Richtung bewegen.
nicht auf die Rüstung, sondern nur auf die Hand- '-') Vgl. die zweitnächste Anmerkung.
pferde gehen, die ja auch die Tarentini, ebenfalls '•) Nach demselben Schema übrigens ein vor
leichte, nicht schwere Reiter führten. Athena fliehender Gigant mit zwei Quadrigen R. 11
-'-) Heibig bemerkt zu dem Bilde Mus. Greg. 52 vorn und hinten.
Sil, LXX.II I: il ne vaut pas la peine de refuter -^) Ähnlich 44, 16, wo nur eine Partei dar-
l'opinion soutenue par M. Petersen dans les Rom. gestellt ist und von beiden Seiten Ritter und Knappen
Mitt. XV 1900 p. 33. Wer meinen Absatz bis ans (der Abwechslung halber einer leicht, einer schwer
Ende liest, wird mit Erstaunen finden, daß ich nichts bewaffnet) zum Lager fliehen. Sinnlos Berlin 1058
anderes sage als Heibig, nur dal! ich den bevor- ein A zwischen zwei B 2.
Jahreshefte des üsti-rr. .irchäol. Institutes Hd. VUI. ,,
hineingfepalit wcrdon, der wird schwerlich den Mut haben, solclic l)('utuni.;en zu
acceptieren wie sie Heibig- (3,s ff. und 40^ dem Münchner N'asenbild seiner Tat", r-'*^)
und ähnlichen gibt, oder die künstliche Erklärung; des gegen Penthesileia reitenden
Achilleus 1,0g, j8), wofür Loeschcke (a. a. O. S. 241.)) eine so viel einfachere und
einleuchtende gegeben hatte.
Sehr wesentlich ist, dal.i, wie wir zuerst Hopliten ganz allein mit Rossen
ausgestattet sahen, nun auch die Junker (denen wir die schwergerü.steten eania-
rades ja den gleichen Dienst verrichten sahen) auf ihriMi Pferden allein auftreten,
Abschied nehmend (48, 18, einer im früln>ren. einer im späteren Moment dar-
gestellt), ebenso zu zweien. Noch nicht aufgesessen, schreiten sie neben ihren
Pferden (R. II 331, ö). Gerade wie an den Stelenfüßen reitet einer dahin ((10, 3);
auch zu dreien inid vieren reiten sie, ohne oder mit Handpferd, leicht bewaffnet,
g-elegentlich auch mit liem .Schild auf dem Rücken.-') Gewölmlich reit(!n sie alle
in gleicher Richtung: ausnahmsweise begfegnen sie sich (in, ,^: drei von links,
zwei von rechts kommend). Man mag sie in solcher Dar.stellung aU Patrouillen
verstehen, wird es dann jedoch auch begreiflich finden, daß sie- solchergestalt
selbständig in Kampf mit dem Feind geraten.
Nicht selten .sieht man sie mit Hopliten im Kampf, Mann gegfcn Mann, auch
wohl einmal einen gegen zwei, ohne daß wir uns über die Wahrscheinlichkeit
solches Gefechtes zu viel (xedanken machen dürfen. Daß sie für solche Möglich-
keit eines Kampfes sich dann wohl auch mit Helm oder .Schild versahen, ist nur
natürlich.-"') Auch gegen andere Reiter kämpfen sie (Louvre D 290, Pottier, pl. 37);
endlich auch reihenweise gegen eine Reihe von Hopliten (69, Taf II 2).
Als das Normalere müssen wir indessen die Zugehörigkeit der leichten
Reiter zu den Hopliten betrachten, nur daß sich diese nicht immer nur in dem
alten einfachen Schema des je hinter seinem abgesessenen A haltenden B dar-
stellt, sondern auch da die Reiter, leichte wie schwere, gruppenweise auftreten.
Bei Hektors Abschied (zu Wagen) schließt sich eine solche Gruppe an (R. II 243
korinthisch), und wo die Hopliten zu einem oder mehreren Paaren kämpfen,
kommen sie in größerer Zahl dazu (R. I 105; Berlin 1057; Louvre E 628, Pottier
pl. 45: ebenda 622?). Am meisten wirklichen .Schlachtbeschreibiingen entspricht
^ Auch ist es falsch, daß der 1. B abgefallen ^' Heibig (67, l) erkl.irl, seiner Regel zulieb,
sei, da seip Bein ja am zweiten Pferde sichtbar ist: so bewaffnete Reiter flugs für Thessaler, ungeachtet
zu den zwei Paaren von AB za Roß ist unten ein dessen, daß diese nach seiner eigenen, Furtw.Hngler
drittes am Bodeu liegend gefügt. folgenden Darlegung (63 fT.) ein ganz andres Aussehen
-'; Nach Heibig Oo, 4 natürlich wieder dem haben, und daß überdies die Ausrüstung der thessa-
nicht sichtbaren Herren zugehörig. lischen Reiter bei den athenischen N.ichahmung fand.
Archaischer Zierat
83
wohl das Bild R. II 95, wo zwei Reihen von Hopliten, je mit Leichtbewaffneten
zu Fuß und Reitern auf dem Flügel, gegeneinander vorgehen.
Es ist Heibig nicht entgangen, doch hat er es (z. B. 62; 109), weil es mit seinen
eigenen Aufstellungen nicht recht in Einklang steht, nicht genügend hervorge-
hoben, daß, wo sie frei und selbständiger auftreten, die leichten Reiter der älteren
Zeit sich schon fast ganz so darstellen wie die spätere eigentliche Reiterei, die
sich demnach nur als eine Normierung dessen, was längst bestanden hatte, darstellt.
Rom. E. PETERSEN
Zur Datierung der Bronzegußformen aus Memphis.
Im Katalog der griechischen Guß-
formen im Museum zu Kairo, den wir C. C.
Edgar') verdanken, fiel mir ein Stück auf,
das uns bei genauerem Zusehen mehr Auf-
schlüsse gibt, als es nach der genannten
Beschreibung scheinen könnte.
Das bei Edgar auf Taf. III n. 32014
abgebildete, danach hier (Fig. 24) wieder-
holte und von ihm auf S. 5 beschriebene
Fragment bildet die Form zur Herstellung
der rechten Hälfte einer etwa 15 t /;/ hohen
Bronzebüste, welche der Katalog- als die
eines Hermes erklärt, wegen der ,,wings
on his temples". An den Schläfen setzen
die Flügel allerdings nicht an, sondern in
den Haaren über der Stirnmitte. Noch
weniger klar als diese Flügel kam in der
Abbildung ein Ansatz über dem Scheitel
heraus, in welchem die Beschreibung fol-
gendes sieht: „probably part of a vase
Fig. 24 Guiiiunu .n. .\iu-,.„,n /.u Kairo. ^^j^j^ hinged Hd."' Eine Vase mit Deckel
^) Service des antiquites de l'Egypte. Cataloyue vol. VIII. nos. 32001 — 32367. Greek moulds by C. C.
general des antiquites Egypliennes du Musee du Caire Edgar. Le Caire 1903.
84
Münzen Ptolcmaios IV Philopator.
läijt sich nun zwar im Lichtdruck nicht ht-raustinden, aber dieses Detail mag aut
sich beruhen, weil es für die Hauptsache, auf die es uns allein hier ankommt,
sar nichts zu sagen hat. Zur Verdeutlichung- der Reproduction diene auch noch
die Angabe: «a band round the back of his head."
Nicht nur die individuellen Züge des feisten Gesichtes mit der unbedeutenden
Xase, die in ihrem unteren Drittel das \'orspringen noch besonders accentuiert,
sondern noch entscheidender die „whiskers", das Bac.kenbärtchen, das bei den
Griechen nur bis ins fünfte Jahrhundert hinein allgemein Mode war, erweisen,
daß hier ein Porträt vorlieot, und zwar wegen der Flügel über der Stirne ein
Porträt als Hermes. Die Apotheose allein schon läßt nicht zunächst an einen
g-ewöhnlichen Menschen, son-
dern an einen Herrscher den-
ken, und zwar des Fundortes
Memphis wegen an einen
ägyptischen Herrscher. Aber
iiuch ganz abgc^selicu von
dieser Folgerung hätten wir
wegen der frappanten Ähn-
lichkeit mit den Münzporträts die in der Büste dargestellte Persönlichkeit als
Ptolemaios 1\' Philopator erkennen müssen. Man vergleiche sein mit nicht so
starken Varianten als üblich auf den Münzen festgehaltenes Bildnis in dem Brit.
Mus. Cat. Ptolemies pl. XIV 6 — 7, 9 — 10 (Fig. 25 a und c) XV i — 2 (Fig 25 /');
auch bei Imhoof-Blumer, Griechische Porträtköpfe Taf. VIII 8 und 9 (Fig. 26 und 27);
am ausführlichsten sind jetzt diese Münzen mitgeteilt von 2j^5op(j)voc, No|ji:a|iata
Tö)-/ II-:o/.£|ia{(ov I. Taf 371; 42, 43. Die namentlich auf den größer aus-
geführten Stempeln sehr individuellen Züge, die eher einem
schwäbischen Bauern als einem äg'3-ptischen
König anstünden, haben etwas für einen Griechen
so außergewöhnliches, daß die Identification als
zweifellos betrachtet werden darf Der einzige
Unterschied, der aber bei der schlagenden Über-
einstimmung so vieler anderer Züge nichts zu
bedeuten hat, tritt in der Länge des Halses hervor,
welche in der Büste übrigens auch der Natur
gegenüber verfehlt sein muß und nur auf einem Versehen in den Proportionen
von Seiten des Künstlers beruhen kann.
Fig. 26 Münze
Ptoleniaios IV
Philopator.
Zur Datierung der Bronzegußformen aus Memphis °5
Das Porträt dieses Ptolemäers besiegelt geradezu seine von Mahaffy, A history
of Egypt linder the Ptolemaic Dynasty 144 versuchte Ehrenrettung. Das schwarze
Bild, welches namentlich das dritte Makkabäerbuch von Ptolemaios IV in Umlauf
brachte, ist, wie Mahaffy überzeugend nachweist, von dem haßerfüllten Verfasser
so düster gefärbt. Man braucht ja nur dieses Gesicht anzuschauen: dieser König
kann kein Bösewicht gewesen sein, ein schlechter Herrscher vielleicht, auch wohl
kaum eine hoch stehende Natur, aber gewiß kein schlechter Mensch; wenn er
des Guten zu viel tat, mag es wohl eher an der Tafel als im Bette geschehen sein.
Von Porträts, welche als Ptolemaios IV bezeichnet wurden, sind mir nur
vier weitere bekannt. Das eine auf einem Bronzering im Besitz von Herrn Petrie
findet man abgebildet he\ Alahaffy S. 130, liier aber in einem so unklaren Zink-
druck publiciert, daß sich über die Richtigkeit der Attribution nicht urteilen
läßt. Ein anderes wollte kürzlich Watzinger (Das Relief des
Archelaos von Priene. 63. Berliner "Winckelmannsprogramm
S. 18) nachweisen, und zwar in der Ge.stalt des Chronos der
Apotheose Homers. Dis Zusammenstellung des Relief kopfi'^
mit dem Münzporträt auf S. ig des Programmes schließt aber,
wenigstens für mich, den Gedanken an Identität beider Per-
sönlichkeiten aus; allein schon die absolut verschiedene Form
der Nase würde zu dieser Entscheidung genügen. Chronos ist, Fig. 28 Münze
wie die Falten vor seinem Hals erweisen, mit den vSchultern in Alexander I. Balas
und der Kleopatra.
Vorderansicht gestellt; die Halslinie darf bei ihm also gar
nicht als Hängekinn aufgefaßt werden, denn auch bei ganz magerem Kinn muß
die Halslinie, wenn der Kopf g'egen die Schulter hin gedreht wird, schräg an-
steigen. Lange vor dem Erscheinen von Watzingers Schrift hatte ich mir eine
Identification mit Münzporträts notiert, welche den Vorzug hat, auf einer und der-
selben Münze das Porträt des Chronos und der Oikumene in derselben Anordnung
wie auf dem Relief zu vereinen und überdies das weibliche Porträt gerade mit den
Attributen der Oikumene, Kalathos und vom Hinterkopf herabhängendem Schleier,
auszustatten. Da bei Doppelporträts sonst die Frau in den Hintergrund gerückt
wird, so besagt die Übereinstimmung in der Anordnung um so mehr. Es handelt
sich um die bei Imhoof-Blumer, Monnaies Grecques Tat. H 13 abgebildete Münze
des syrischen Königs Alexanders I. Balas und seiner Gattin Kleopatra (Fig. 28), ein
Stempel, den ich wegen der später gelösten Ehe in die Jahre 150 — 148 datieren
zu dürfen glaube. Ein erheblich schärfer ausgeprägtes Exemplar dieser Münze
ercheint, während des Druckes, im Numismatic Chronicle Ser. IV. vol. IV. Taf 15.
S6 F. Hauser
Ich leugne nicht, dal3 dieses bessert' l-lxi-niplar mein /uitauin /u der vorge-
schlagenen Identification nicht erhöht. Dai^egen macht mich J )r Amching auf
ein Detail an der {.')ikuuKMic aut'nicrksam, (his mm w icilcruni aul S\-rit'n hinweist.
Die Anordnung ihres Schlrii-rs und ihres l'ohis nebst ihrer l'risur kann niclit
wohl ohne Kenntnis vom Werk des hutychiik's getrotVen sein, der Ivche xon
Antiochia, wie ihren Kopf eine Bronzenachbihhing abg. Moderner Cic(>rone 1 31S
noch erkennen läßt. Selbst wer meine Identification nicht als schlagend ansieht,
wird doch zugeben müssen, daü der Kopf auf der Alexandermünze dem Relief
immer noch nTdier konnnt als das l'orträt rtoK'maios IV und seiner Gemahlin
Arsinoi"-.
Als l'toleniaios 1\' wurde ferner ein im Journ. Intern. Numismat. igoo Taf. 15
abgebildeter Kopf au.sg"egeben. Für diese Deutung spricht vor allem die Ähnlich-
keit der am gleichen Ort gefundenen Rüste mit der Gattin des Königs, der
Arsinoe. Den Stuckzusätzen war an jenem l'orträt sehr große Ausdehnung zu-
gestanden (hierüber Berl. Philolog. Wochenschr. 1905 S. 70), so daÜ nicht mehr
auszumachen ist, w-ie der Kopf nach seiner Vollendung ausschaute; wie er jetzt
ist, könnte es sich höchstens um ein charakterloses Jugendporträt des vierten
Ptolemäers handeln. Ein ägyptisches Porträt dieses Pharaonen in einem Kolossal-
kopf aus Rosengranit bringt soeben, wofür ich den Hinweis Prof. Loewy \('r-
danke, das Bulletin tle la Societe Archeologique d'Alexandrie, Nouv. Ser. 1 Fig. 16.
Die Zinkographie ist w-iederum .so wenig gelungen, daß ich mich mit diesem
lN.eferat begnügen muß.
Als sicheres Porträt von griechischer Hand ist uns nun die Büste in der
Gußform willkommen. Aber selbst wichtiger als der Besitz von einem IMldnis
dieses ägyptischen Königs erweisen sich die chronologi.schen h'olgerungen, welclu>
ein datiertes Stück für die mitgefundenen Formen erlaubt. E.s darf ja als au.s-
geschlossen gelten, daß das Porträt eines so wenig bedeutenden Herrsehers auch
nach dessen Tod noch reproduciert worden wäre. Die Büste stellt den König
ent.schieden jünger dar als die Münzen; es mag im Anfang seiner Regierung,
also um 222 V. Chr. entstanden sein; außer Kurs gesetzt war es spätestens mit
dessen 204 erfolgtem Tod; da mag die Form mit einem: le roi est mort! vive le
roi! zur Werk.statt hinaus geflogen sein. Aber es wurde zugleich mit anderen
abgebrauchten Stücken aufgeräumt und wir können eben mit Hilfe des bekannten
Zeitpunktes des Hinganges seiner Majestät die Epoche jener Säuberung des
Ateliers hinlänglich genau auf das Jahr 200 v. Chr. festsetzen. Für sämtliche mit-
gefundenen Formen darf dieses Jahr als terminus ante quem als gesichert gelten.
Zur Datierurif; der Bronzegußlormen aus Memphis ö7
Somit trennt eine recht erhebliche Differenz, nicht weniger als drei Jahrhunderte,
unseren Ansatz von demjenigen Edgars, der lediglich aus stilistischen Gründen
auf die römische Epoche ,.nearer to the Antonine than the Augustan age" ge-
raten hatte. Daß sich Parallelen, namentlich für die Geräteteile, in Fundstücken
aus Pompeji nachweisen lassen, hat Edg-ar richtig beobachtet; nur hätten ihn die
Resultate von Helbigs Untersuchungen über die campanische Wandmalerei ab-
halten sollen, die ägyptischen Stücke nun ohne weiteres nach den campanischen
zu datieren; auch für diesen Fall lag von vornherein die WahrscheinUchkeit
vor, daß das Prius im Zentrum der damaligen Cultur, nämlich Alexandria, zu
suchen sei. Immerhin war es erwünscht, diesen naheliegenden Schluß durch das
Ptolemäerporträt so schlagend bestätigt zu finden.
Hier weitere Schlüsse aus den durch die Formen repräsentierten Kunstgegen-
ständen zu ziehen, ist nicht meine Absicht. Daß manche interessante Fest-
stellung mit ihrer Hilfe geling(Mi wird, zeige ein Beispiel, die Form mit dem
Nil Taf XXI n. 32341, welche nur einen Auszug aus dem in der vatikanischen
Statue erhaltenen Typus darstellt. Auch gewinnt ja an der Büste Ptolemaios IV
allein schon die Büstenform durch die genaue Datierung ihr Interesse.
r>ei der kunstgeschichtlichen Bedeutung, welche dieser Fund gewann, wäre
zu wünschen, daß ein Gelehrter in Kairo aus den Formen das an gleichem
Ort Gefundene in über.sichtlicher Anordnung zusammenstellt. Denn das Arbeiten
mit Edgars Katalog, in welchem das Zusammengehörige wie absichtlich aus-
einander gerissen wurde und wo dazu noch sämtliche Stücke, für welche man
den ganzen Katalog durchsuchen muß, mit sage fünfstelligen Zahlen bezeichnet
sind, dieses Arbeiten wird zu einer Geduldprobe, der nicht jeder gewachsen ist.
Rom. FR. HAUSER
Kalenderstudien.
I. Nochmals die Ära von Eleutheropolis.
Wie ich in den Jahresheften VI 1903 S. 50 ff. und Beiblatt VI gi ausgeführt
habe, ist durch Inschriftfunde in Berosaba die Lage der Stadtepoche von Eleuthero-
polis zum Indictionencyclus völlig gesichert worden. .Strittig blieb das Anfangs-
jahr der Ära von Eleutheropolis, fraglich das Neujahr und das Verhältnis des
Jahrkalenders der Stadt zu den uns aus den handschriftlichen Hemerologien be-
88 \V. Kiil.ilschek
kannten syromakeilonischoii Kali'iuU'rn bo/ichuniisweise zum röniisclicii Kalcmlcr.
Seither ist durch andere Inschriftenfuiule. welche P. Abel mei.st mit Jk^ifüj^iiny
von Abbildunüfen nach Photoi>Taphien der Abklatsche in der Revue biblique
XII (1903) 4^5 ff. und XI\'(ioo4) jdO veriWentlieht hat. sowohl ilic hrayc iiac-h
dem Stadtkalender gelöst als jeder ZwiMt'el ührv den Beginn der Kpoche \-on
Eleutheropolis zerstreut worden. Vor allem danken w ir dies dem genauen und um-
ständlichen Datierungsverfahren aut dem Grabstein eim^s Theodoros. diu Abel
nach einer vom Archidiakon Kleophas Koikvlides — dem um das geographische
Mosaik von Madelia so hochverdienten iiihliothekar des Patriarchen von Jeru
salem — angefertigten Photographie XIV 200, i veröffentlicht hat: das Sterbe-
datum wird bezeichnet als jiTy^vö;) "A-p;?,ÄioL) xy. xaiä Ss ~Apx^jOLC ApX£|iiaiO'j y, ij[>.ip{x^) 5
wpav p. tv5(ix-iwvo;) c. s-ou; xaxi 'Jv.£'j9'£p(o-oÄi-:ac) !)■--. Abel identiiiciert dieses
Datum mit dem 23. April 588 n. Chr.: gewil.! rieluig. da die gleichen Hedingun-
gen vor diesem Jahre erst 303 und nach ihm im Jahre 633 wiederkehren; das
erstgenannte Jahr 303 schliei3t sich \(in selbst aus. schon wegen der Indictions-
rechnung: 033 würde den F.pochenbeginn noch um 45 Jahre verspäten (auf 245
n. Chr.) und noch größere Verlegenheiten als die Epoche von 200 bereiten; Daten
wie Rev. bibl. 1903 p. 427 9. März 414 Eleuth. würden in das Jahr (157 oder Rev.
bibl. 1902 p. 438 22. März 448 Eleuth. bis 692 n. Chr. führen. Auch würde die
Annahme dieses späten Epochenbeginnes von vornherein so lange nicht ernst
vertreten werden können, als nicht die I Unmöglichkeit dargetan i.st, die Ära der
.Stadt mit der Bereisung des Landes durch Kaiser Septimius Severus in \'er-
bindung zu bringen. Diese Verbindung ist aber ganz wohl möglieh, und wenn
sie von mir früher in Frage gestellt worden ist, so ist das geschehiMi, weil
ein früherer Zeitansatz (der , Freiheit' wegen) notwendig oder glaubwürdiger
erschien.
Der 23. April 588 war ein Freitag; seine Gleichung mit dem 3. Artemisios
des .arabischen' Kalenders wird durch die beiden handschriftlich erhaltenen
Hemerologien be.stätigt. Da(3 in Fleutherojiolis das Jahr xa-it 'Apx^oc; geordnet
war, zeigen gleicherweise ausdrücklich die Grabschriften einer Philadelphia Rev.
bibl. 1904 p. 267 n. 2 und eines Timotheos ebd. 2f)8 n. 4; aulJerdem werden die
Doppeldaten iv |xr/vt) Zav8-tx(oO) s und xc JfapxLO'j auf tiem (irabstein (Miies Por-
phyrios Rev. bibl. 1903 p. 426 n. 2 sowie r?, /, ivff/ibz) Mai'o'j Wp-tiv.rs'.o'j iv^ auf dem
Grabstein eines Arztes Abraam bei Lagrange in den Comptes r(;ndus de l'academie
des inscriptions 1904 p. 299 nur unter dieser Voraussetzung aus den Hemerologien
verständlich.
23- Mai 518
-=
3. Desios
310
^
5. Juni 543
=
16. Desios
344')
1
=
7. October547
=
20. Hyperliereteos
-)348
'c
=
8. Mai 564
=
18. Artemisios
365
•5 ^
=
24. Mai 564
=
4. Desios
365')
g.2
0 :c3
=
April/ Mai 570
=
. . Artemisios
371
Ö t^
=
Freitag, 23. April 588
=
3. Artemisios-)
389')
3
=
II. März 614
=
25. Dystros
414
■s
=
22. März 647
=
I. Xanthikos
448')
=
1904,
267,
2
Iqü4,
299
11)04,
26S,
3
—
266,
I
'903,
427.
5
1902,
438
Kalenderstudien 09
Jm ganzen verfüg'eii wir jetzt über acht Steine, die wohl erhaltene Zeugnisse
für die Ära von Eleiitheropolis bieten :
n. Chr. Ind.
XI Revue liililicpie 11)03, 428, >'
VI ., „ - 275
XI
XII Coniptes rendus
XII Revue Iiil)lic|ue
III
VI
I „ „
V
Fast alle diese Gleichung'eu vertragen sich sehr wohl mit i-ler für lileuthero-
polis vorausgesetzten Epoche von 200 n. Chr., mit dem, was wir vom arabischen
Kalender aus den Hemerologien '^) und aus Simpliciu.s' Commentar in physica
Aristot. V p. 205 a (Diels p. 875) erfahren (aus diesem das Neujahr am 22. März
erschlossen), und mit der als allgemein üblich vorausgesetzten Indictionszählung
ab I. September 312. Xur das Datum vom 25. Dystros 414 läßt sich auf diese
Art nicht in ein erstes Indictionsjahr bringen; es gehört, wenn es mit 11. März
öl 4 geglichen wird, in ein zweites Indictionsjahr. Abel rechnet das Datum auf
den 19. März (Versehen statt des 11. März) um. „Ces chiffres," sagt er S. 270,
„prouvent en meme temps que l'ere n'a pu commencer avant le 7 octobre 19g,
c'est-ä-dire ä l'automne de 199, ni apres le 9 mars 200, c'est-ä-dire au printemps de
200. Le debut de l'automne ou au printemps etant exclu, il est assez plausible
de dater l'ere du premier janvier 200, en atteiidant une donnee plus formelle."
Dieser Vorschlag, das Neujahr mit dem römischen zu gleichen, ist unannehmbar.
Denn, da es gewiß niemandem beifallen wird anzunehmen, daß der Audynaios
(in den Kaiendarien ist der lO. Audynaios mit dem römischen i. Januar geglichen)
durch das Neujahr einfach halbiert und auf zwei verschiedene Jahre verteilt
worden sei, so erübrigt bloß die Voraussetzung, daß das arabische Jahr glatt
') Bezeichnet als xaxa 'EXsu9'SpG7ioX£xa; oder xr;.; er gleicht so den Tag der Epiphanie, oder wie er
'EXsufl'SponoXiTöv (zu ergänzen etwa jioXsojg oder ihn nennt, der Geburt Christi, den 6. Januar, mit dem
inoxfj^). 2 1. "AXsu)|i, nach den Hemerologien 21. Audynaios,
-) xaxä "Äpapag. den Tag der Taufe Christi, den 8. November, mit
■') Auch bei Epiphanius adv. haer. LI 24 wird dem 22. \'^a.X\l-a.^a,BiSi , nach den Hemerologien
nach dem arabischen Kalender und augenscheinlich 22. Dies. Es ist also der Schluß gestattet, daß
nach ganz demselben Typus gerechnet; aber Epi- der von Epiphanius gemeinte Kalender naxä 'Apa-
phanius verwendet statt der (in den Hemerologien ßa; sich von dem uns sonst bekannten „arabi-
oder in den Grabinschriften genannten) makedonischen sehen" Kalender nur in sprachlicher Hinsicht unter-
Monatsnamen andersklingende, jedenfalls autochthone; scheidet.
Jahreshefte des österr. archäol. Institutes Bd. VUI 12
OO \V. Kubilschek
durch das römische ersetzt wordi'U mm - eine Tatsache, auf die ich an aiuh^rer
Stelle für eine späte Periode ilcr Jahrrcchmini.;- im llaiiran hiiiwciM'ii hal)c
können : aber diese \'(>raiissct/un)^' bedingt auch ihc X'crw eiuluniL;' der n'lnii-
schen Monatsnamen, fällt also einlach wt\i^'. wenn, wie hier, nach arabischen
Monaten srerechnet wird.
Für einen Augenblick ma;; der Gedanke erwogen
werden, ob des Simplicius Worte*) nicht genügenden
Spielraum lassen, um das Nciijalir des arabischen
Kalenders nur approximativ mit dem Krühjahrspunkt
zu vergleichen, also statt auf den I. Xanthikos viel-
mehr auf den I. Dystros ^^ 15. Februar zu legen.
L'nter dieser Voraussetzung ließe sich das Datum
vom 25. Dystros 414 mit dem II. März 613 n. Chr.
gleichen: es fiele in eine erste Indiclion, fügte sich
völlig in die (ür die übrigen Zeugnisse der elcuthero-
politanischen Jahrzählung gewonnene Formel und
ersp.irte uns die peinliche Verlegenheit, in die die
sonst nötige Annahme eines Zählfehlers in di-r G Ab-
schrift uns führen müßte.
Aber die Voraussetzung eines solchen vor der
Frühjahrsgleiche anzusetzenden arabischen Neujahres
stellt und fallt mit der Richtigkeit des Datums auf
dem Grabstein von Bersabee und mit der Richtigkeit
seiner Lesung. Diese Lesung ist aber nichts weniger
als gesichert. Der Abdruck bei Abel bietet am Schlüsse
der Inschrift AAYCTP'"'i<EniÄSAETSVlSAf
(mit dem Kreuzeszeichen beginnt und schließt die
Grabschrift): daß VISA 414 bedeuten soll, ist nicht
unmöglich, aber gewiß auch nicht gerade sehr wahr-
scheinlich. Auch reicht der charakteristische Strich
unter den Zahlzeichen nicht bis zum A. Leider hat
gerade hier der Her.iusgeber, der sonst in dankens-
wertester Weise seine epigraphischen Referate mit
Facsimilia und photographischen Reproductionen
ausstattet, diese Inschrift bloß in Typendruck ge-
bracht.
Dazu kommt, daß aus einem Vcrgleicli zweier
unweit von Bersabee bereits in dem nach der arabischen
Epoche von 106 n. Chr. zählenden Gebiet gefundener
Inschriften hervorgeht, daß die Epagomenen, die nach
den Hemerologien unmittelbar vor dem I. Xanthikos
eingereiht sind, am Schluß des arabischen Jahres
standen, der erste Xanthikos aber das Neujahr dar-
stellte. In den Comptes rendus der Pariser Acadcmie
des inscriptions et belies lettres hat Lagrange eine
Grabschrift aus Umm 'Adschue (I904 p. 333) mit dem
Datum ijia70|i.ovo)v 3 iv8. f EI&U5 uaS veröffentlicht
und eine aus Schaita (1904 p. 334) mit dem Datum
£V |ir/vi Sav9-txo0 a lv3. i3 Ixouj uoj^). Das Datum
ua5 gibt Lagrange in der Übersetzung mit 494 wieder:
da er aber wohl V5A mit V^A copiert haben
dürfte, ist wohl 464 zu lesen. Das arabische Jahr
464 läuft vom 22. März 569 bis 21. März 570, die
4. Epagomene arab. 464 = 20. März 570, sie fällt
also wirklich in ein drittes Indictionsjahr. Das
Datum von Schaita: i. Xanthikos arab. 476 =
22. März 581, also in ein vierzehntes Indictions-
jahr: das arabische Jahr 476 reicht vom 22. März
581 bis 21. März 581. Wäre aber der I. Dystros =
15. Februar das arab. Neujahr gewesen, so hätte die
4. Epagomene arab. 4(54 denselben Tag wie der 20.
März 569 bedeutet und wäre in ein zweites Indictions-
jahr gefallen.
*) ä; ik ^(|»2-; "V.cOjisO-a äfx*» svcccutoO |i3v
T^y. SHf.vÄ; -fo-i; (ü; 'Aihjvaioi- % nspl iisTOTitupivi;
(ö; v. T^f\ TT,v v'Jv y.a/.ou]Uvr,v 'A^iav f; -spi x^-l^--
ptvi; ö); "Pto|iato'.' Ty Tispl iap'.vi; öjc "Apaßi; xal
Aajiaoy.T,voi. Von den hier genannten fünf Kalendern
können wir weder den damaskenischen noch den atti-
schen genauer bestimmen. Doch ist nach der ziemlich
übereinstimmenden Ansicht unserer späten Gewährs-
männer in Athen der Jahresanfang (l. Hekatombaion)
in den September zu setzen. Das Neujahr der Damas-
kcner wird aber noch in einem Zusammenhang unter-
sucht werden müssen, der das altsyrische und das
jüdische Jahr mit einbezieht (was Idcler I 437, i —
nach Noris — darüber sagt, ist meines Erachtens sicher
.abzulehnen); das alljüdische Jahr wird durch den
Nisan eingeleitet, der später mit dem Xanthikos —
.luch im arabischen Kalender erster Monat des
Jahres — geglichen wird. Der Kalender der Provinz
Asia ist seit Beginn der Kaiserzeit auf ein Neujahr
am 23. September gestellt, somit auf einen der vier
Jahrpunkte. Das römische Neujalir endlidi liegt un-
weit eines der Jahrpunkte.
'■') Die folgenden Worte sind zu lesen ö iH£6)j
äva;iaÜ3Tj aCiiiv (nicht diVovj.
Kalenderstudien 9^
Es bleibt mir also nichts übrig, als in der Gleichung vom 25. Dystros 414
eleuth. = II. März Tu 4 mit einem ersten Indictionsjahr (statt einem zweiten)
irgendeinen Fehler vorauszusetzen.
II. Der arabische Kalender in Eleutheropolis.
Eleutheropolis ist ein Binnenort Palästinas. Alle Zeugnisse, die wir von
seiner Stadtära besitzen, stammen aus Bersabee, einem Orte, der in der Luftlinie
über 41 Kilometer von ihm entfernt ist, auf dem einzigen praktikablen Wege,
den wir kennen,") über Chebron ungefähr 65 Kilometer von Eleutheropolis liegt.
Von Bersabee ist Gerara und damit Gaza leichter und vielleicht auch schneller
als Eleutheropolis zu erreichen. (xleichwohl zählten seine Einwohner xai«
^EXeud-zpoKOA'.zxg und .stellten ihren Kalender -/.axä "Apajjac, deren Land damals
— nachdem Petra zur Palästina tertia geschlagen worden war - erheblich
entfernt lag, und sie nennen ihr Kalendervorbild, während von den zahl-
reichen Datierungen auf Inschriften in der Provinz Arabia meines Wissens keine
einzige -/.xi" "Apaßa; enscheint: nur sir^ xa-c« Bo^xpav oder Boaxprp/oüg oder sxrj zfiq
ETvap^eca? (nämlich ApajiJt'ac:) werden dort gezählt.^)
Der Zusammenhang der Daten auf den Stein(;n von Berosaba mit Eleuthero-
polis und den Arabern wird aber einigermaßen aufg-ehellt, wenn wir unser Material
für Eleutheropolis durchsehen.
Bei dem vollständigen Mangel epigraphischer Zeugnisse für die Verwaltung
von Eleutheropolis während etwa der severianischen Zeit, in die nun also un-
zweifelhaft der Epochenbeginn von Eleutheropolis zu setzen ist, und auch für die
folgende Zeit, sind uns verstreute Bemerkungen im Onomastiken des Eusebios
von Kaisareia hier von besonderer Wichtigkeit. Da Eleutheropolis selb.stverständ-
lich in den Büchern der Heil. Schrift nicht genannt wird, kehrt es auch nicht als
Spitzmarke im Onomastikon wieder. Aber der Name der Stadt begegnet uns
ziemlich oft in verschiedenen Lemmata dieses Buches, entweder um die Ent-
fernung irgendeiner mehr oder minder nahen xw|irj zu bestimmen oder (in einer
") Nachtrag während des Druckes: Prof. Musil, unzugänglicli blieb, habe er gar nicht gesehen,
den ich über diese Verbindung befragte, antwortete, ') Solche Bezeichnungen der Kalenderart sind
er habe eine directe antike Straße zwischen Eleu- im ganzen nur vereinzelt. Das entspricht auch der
theropolis und Berosaba nachgewiesen und zwei (oft recht verdrießlichen) epigraphischen Regel, daß
römische Meilensteine an ihr constatiert; den einen der Ortsname innerhalb des Bereiches, für den er
in Chirbet es Zak, n.-ö. von en Rimmon, und einen gilt, gewöhnlich als selbstverständlich unterdrückt
zweiten bei Khenchir Abu Mulassam.ah; auf dem wird. Im benachbarten Gaza wird ein einziges der
ersteren habe er von der Inschrift nur einige Buch- zahlreichen Daten xaTa Ta.Z,(a.louz) bestimmt, Rev.
Stäben bemerkt, die Inschrift des andern, der ihm biblique I 243.
02 W. KuhitsclieU
uns auch sonst ähnlich tur andere syrische Orlsanyaben «jfeläuiiyen Formi'l) als
öctG'j 'EX£u9-£po~6X£(o;. ,.im Gebiete von Eleutlieropolis geleyiMi''; wahrscheinlich hätte
übrigens Eusebius auch die meisten der Ang'aben der ersten Art nach der zweiten
Fc>rmel g"eben können. Reschränken wir uns auf die zweite Art, also auf" die be-
stimmten Angfaben der Zugehörigkeit einer -/.wiirj /um Stadtgebiete von l^leuthero-
polis, so nennt Eusebius :
p. 36, 8 *) äväß — — si; In vOv £v öpioi; "KXsu- ]i. 156, 15 iapai, xto|ir) saxlv sv 6ptot; 'E — ;
9^pojt6Xs(Oj p. 160, 10 ilaXasJii — — ■Ma\i.r) saxlv sv 6p£oi; "E — ;
p. 78, ;3 iounä, X(üHY) usfia-Tj vOv sv töi Aa- ]i. 172, 7 Xaaßt — — Seixvuxai v')v iv iptotg spi^lio;
p(on^, SV ipioij 'E — ; 'E — ; TiXrjatov 'OSoXXd|i.
p. 8(), 21 "E39-S|iu), — — xal vOv saxi X(0(irj |is- Vielleicht gehört auch p. 120, 21 Adjsi^ — —
■,'!3X-rj "Iou5ai(i)v sv xtj) Aapton^, 4p(ou 'E — 5 slg sxi v5v x(ü|i.Yj 'E— j änsxouoa orjUstQi; C; und
p. 92, 14 Zavaoua — — vöv sv 6p£ois soxlv 'E — ; X(o|i7j sv ßopsioi; 'E — g ^wp^^lX Xef^HSVTj p. 160, 3
p. 02, 16 Zi:f ^ — xiiiirj vSv sortv sv xö Aaptoiiä hielier, vielleicht auch p. 108, 9 "Isxxäv — — saxt
SV öpioi; 'E— s vüv y.t6|ir) iis-ftaxTj 'Iou5a£(OV (= von Juden bewohntes
p. 120,25 Asßvi — — xal v3v saxi xwpr, sv -t^ Dorf) "E — ; äTtö aTi|is{o)v t7], obwohl auch nach xioiiig
"EXEu9«pojxoXixäv») Xs^oiisviij Aoßava 'Iou5a£u)v inlerpungiert werden hann, wie denn auch
p. 130, 2 Ma3^ä vOv Maaarjßä sv dp£ot5 E — ; der h. Hieronymus hier nicht wie sonst in fiiiihtis
p. 144, 20 ('Paßßü)9- — — x(ö|irj SV 'Poßßib »v 6p£ots EleutheivpoUos übersetzt, sondern E. lediglich als
'E — ;) Distanzende auffaßt.
In die Frage, ob Eusebius ältere Quellen für die vVbsteckung der Gemeinde-
grenzen benutzt hat oder ob er dabei lediglich die Verhältnisse seiner Zeit im
Auge hatte, und woher er sich überhaupt diese Angaben verschafft hat, kann
hier nicht eingegangen werden. Ich nehme daher ohne Beweis an, daß das
Gemeindegebiet der Stadt Eleutheropolis zur Zeit der Abfassung des Onomasti-
ken (vor 324?) dasselbe war, das Septimius Severus constituierte oder beließ, als
er 199 '200 in itincrc Palacsliiiis phtviiiia iura funchwit (vita c. 17, i). Desgleichen
schließe ich ohne Beweis als gleichwertig die wenigen übrigen Zeugnisse für die
Ausdehnung des Gemeindegebietes von Eleutheropolis an.
Eusebius selbst nennt in dem Buch über die während der Christenverfolguiig
des Jahres 302 getöteten palästinensischen Märtyrer c. 10, 2 'Avsx "/.(^[irj xtov öpfov
'E — s, die wohl mit Onom. p. 26, 2 zusammenzustellen ist 'Avaoa sat; "/.w|iy, "lo'joafdiv
\is^(l'jvri xaXou|i£vrj [ev z(f] Aapwjiä npo; vötov XEJJpwv anö ar^i-iefiüv 9-.
Der h. Epiphanios, Bischof von Konstantia auf Kypros, spricht adv. haereses
lib. I tom. 3, haeres. XL p. 291 von einem greisen Mönche, der gegen Ende
der Regierung von Constantius II (f 361) xa-cw/.EO iv ttj tv); 'EX£'j{)£pOTcöA£(05 'lepou-
aa/.T)^ ivopra ETrlxc'.va xf^; X£Jip(bv ot^iieJoi? xp'.a:- Ka,japßap:xä xr// TcoXtv xaXoOatv. Epi-
phanios selbst (t 403) stammte aus BrjaavSoüxr^, einem drei Milien von Eleuthero-
*) Ciliert wird nach der neuen Ausgabe von KUjstcrmann 111)041.
Kaien derstudicn
93
. Diuspoli.-
^ / • lainneia
■^^ / .Y^ OAsor \.
.\Mtos Son'i:h
i'hasalon sAilig
fr Znnua
Sa*- VeAskalo
polis entfernten Durf (vita c. i); Sozomenos sagt VI ^,2 (scptAoao'^y^as) ä|.i-^: Br;cjav-
5oüxr|V x(j)[-i,r^v, o9'£v fjV, vo|xoö 'E — c, {-mt^Aoivlooc, 'E — j die Vita), xal 'A^jxwvto? oe
d)a£t Ssxa aTaStot? Siscjxwg wxst ajj,q;t Xa^^apxo[jpäv ^«[jir^v Fat^atav. dcp' rj? xö ylvog tlyv/.
Derselbe Sozomenos (erste Hälfte des fünften Jahrhunderts) IX 17 Xa-^äp Za/apta
x(!j|ir; ecjxiv sv opwi; "E — 5 xfjj IlaXataxtvrjC : ein Garten in oder Ijci dieser 7.(j)|irj lag
Tiapä xYjV öoöv xvjv
£TxE Bt9-9-£p£iitv xrjv
TxoXtv ayoucjav. Der
Name dieser TcoXt;
ist sonst unbekannt,
vermutlich ist er
verschrieben; eine
befriedigende Ver-
besserung und da-
mit eine Localisie-
rung von Xacfäp
Za)(ap{a scheint
nicht gefunden zu
sein. Endlich sagt
der h. Hieronymus
epist. 39: monaste-
rium sancti papae
Epiphanii in
Eleutheropolitano
territorio et non in
Aeliensi situm est.
In negativ'em Sinne
ist beachtenswert,
Fig. 20 Das Gebiet von Eleutbero|)olis.
dai3 aus seinem
Commentar zum Abdias vs. 19 p. 381 hervorgeht, daß das Territorium von
Eleutheropolis nicht bis an das Meer reichte.
Die Skizze Fig. 2g vereinigt die genannten v.(h\xoLi von Eleutheropolis und die
der benachbarten Gemeinden Gaza, Askalon, Diospolis und der colonia Aelia
Capitolina, soweit die trümmerhafte Überlieferung uns von dieser Rechtsqualität
Kunde gibt. Es g-eht aus dieser Skizze deutlich hervor, wie ausgedehnt das
Gemeindegebiet von Eleutheropolis gewesen ist — allem Anschein nach überhaupt
riia.sbi +
Alaspha e Gadnra
Eleulhpropnlis
- Chebron
D a^ '-™ ^^■""
ab + +Asthemo
+ Anaia
DiBVorortesinduiiierstrLcheriiz.B-Adia Askaion.EleulMropQUs).
die iiL ihr Gehwt ge)wrtgefi xöijiai smd durch das gl£u:he Zeichen.
wwd^r Vorort ausqezfichnet
g\ \y Kubitschck
i:as grölite Statitgebiet iiuK'rhalb Palästinas — und ilalJ es hüchstw alii-sclu'iiilich
das Grenzgebiet von Palästina geyen jenes Arabien bildete, das d\c trajanisclie
^\'^\valtung geschaffen hat. Von Berosaba sagt das Ünomastikon zwar niclit aus-
drücklich, dali es zum Territorium von Hleutheropolis gehört habe; aber es genügt
wohl, um die Annahme zu bekräftigen, daß das Gebiet von l-'.leutherojjolis bis an
die Grenzen jener Arabia reicht, seine Bemerkung p. 50, i IJrjpaapse Izi xai
v-Jv Ijt: xwtir^ [isytJTTj iiziyio'jooi Xsjipwv ar^|.i£io;? x Tipöj v6xov. Denn es wird wohl nicht
zu bezweifeln sein, daß p. 160, 21 lir,pocjo,iä: iv tt; Tspaprax^ (vgl. 108, 3 und
— gewiß aus Eusebius . — Hieronymus zur Genesis 22, 3 p. 337 /;/ (icraris
tibi et Bi.rsi.ibac liOilic oppiJimi est) auf eiiu' UnttM-ordninig lierosabas unter Gorara
nur dem sprechen kann, der in di-r weltfremden Art nianelim- moderner Karto-
graphen Glanz und Bedeutung, die (ierara in der Zeit der Philister beses.sen
haben mochte, ungeschmälert bis in die Zeit l'liristi und in spätere jalirluinderte
fortführt, in die sieh kaum der Name des Ortes erhalti^-n hatte.'')
Zur Zeit als Kusebius sein Büchlein über die palästinensischen I'>lut/,eugen
schrieb (307), war der Süden der Provinz Arabia zu Palästina geschlagen. Der
Zeitpunkt dieser Maßregel ist unbekannt; Rululen liat sie in seiner treflliciien
Dissertation De Palaestina et Arabia provinciis Romanis (Berlin 1885) S. 21 auf
Septimius Severus zurückführen wollen, hat aber dann (bei Pauly-Wissowa 11 35g)
die.se Vermutung stillschweigend zurückgezogen; mit Recht zurückgezogen, wie
aus den seither bekanntgewordenen Meilensteinen Arabiens (vgl. (TL 111 230.})
hervorgeht. Rohden hat dann die Beweise dafür zusammengestellt, daß di(-se
Vereinigung Palästinas mit Südarabien, dem petraeischen Arabien, einige Jahr-
zehnte gedauert hat, bis (etwa 358) Südarabien zu einer neuen Provinz, der
Palaestina salutaris oder tertia, umgestaltet worden ist.
Aus diesen Daten scheint folgender Entwicklung.sgang gefolgert werden zu
dürfen; Durch Septimius .Severus wird der gesamte .Süden Palästinas mit Aus-
nahme des Küstenstriches zu einer Verwaltungseinheit, einem größeren .Stadt-
gebiete vereinigt; zum IIau]jtort wird das bis dahin ziemlich unbedeutende Baito-
") Ist schon das Onom.->stikon bezeichnend wort- Ask.ilon, Diospolis u. a.) eine reich ausgeslaUete
karg über die gleichzeitige Bedeutung Gcraras, so Stadtvignette besitzt, während der Name Hcrosaba
mag der Satz des Theodoretos (erste H.Hlfte des zu einer kleineren, Gerara aber (das — auch dieses
ninftcn Jahrhunderts) quaest. in lib. II Paralipom. auf- Versehen ist charakteristisch — westlich gleich neben
klären: ÖTi Je xi Täfip a xf^; IlaÄa'.ixivr,; IotCv, O'jJcva Berosalia angesetzt ist) zu einer sehr geringfügigen
(T/TSfctv cT^af rsp; -fip tr,v -/.a/.O'jiiivTjV 'EÄsuO-öpi- Vignette gesetzt ist. Gerara ist auch nicht .ils Bischofs-
tSis-i rcpapTjVÖjv liÄTOV |iiy,p'. "^0 ~apö"/To; («viiiaaiai. sitz nachzuweisen. Nur in den Unterschriften der Teil-
Es ist sehr bezeichnend, daß auf der Mos.aikkarte nehmer am Concil von Chalkedon 417 erscheint —
von Madaba Eleuthcropolis (so wie Jerusalem, Gaza, wenn richtig überliefert — ein Bischof von Gerara.
Kalenderstudien 95
gabra bestimmt, das (vielleicht schon früher) in j'.leutheropulis umyenaniit worden
war; das Andenken an diese SchöpfuuL;' wird in der Ära vom Jahre 200 festg-e-
halten. Diese Festlegung wird sofort vorgenommen, wie die Münzen beweisen,
nicht erst später construiert. Für das Kalenderjahr, das nach dem Muster des
arabischen (der benachbarten Provinz) eingerichtet worden ist, haben wir nicht
so weit zurückreichende Zeugnisse; sie setzen vielmehr erst mit dem sechsten
Jahrhundert ein; ihre Verspätung nötigt uns drei Zeitpunkte für die Einführung
des arabischen Kalenders in Eleutheropolis in Erwägung zu ziehen :
a) die Vereinigung von Palästina mit dem petraeischen Arabien, also vor
etwa J. 307;
b) die severische Action und die zugehörige Ära, J. 200;
c) eine ältere Entlehnung des in Petra geltenden Kalenders.
Nach meiner Meinung ist diese ältere Entlehnung am wahrscheinlichsten.
Dann wäre sie lange noch vor Trajan vollzogen worden; denn das verdient be-
merkt zu werden, daß das Kalendarium der Provinz Arabia so sehr sich aii die
Kalender des südlichen Palästina anschließt, daß es schwer, ja unmöglich ist
den Gedanken abzuwehren, es sei zu gleicher Zeit mit jenen entstanden.
Unter den Kalendern, deren Kenntnis uns das Florentiner und das Leidener
Kalenderbuch in, wie es scheint, sehr zuverlässiger Form, aber in vorläufig nicht
aufgeklärter Abfolge erhalten haben, nehmen die syrischen eine besondere vStel-
lung ein. Ein Blick auf die S. 96 folgende Tafel zeigt, daß der durch Caesar
den Sohn gebundene Schaltkalender Ägyptens maßgebend für die Bindung des
Kalenders auch in Askalon und Gaza geworden ist. Die gleiche Kalendercon-
struction mit zwölf Monaten zu dreißig Tagen und einer geschlossenen Reihe
von fünf Ergänzungstagen findet sich im späteren Arabien wieder. Es müssen
somit die Kalender von Askalon, Gaza und Arabien drei Entwicklungsstufen
der nämlichen vor der römischen Kaiserzeit im südlichen Syrien entwickelten
Jahrform darstellen, deren Ausgleich mit dem römischen oder alexandrinischen
Kalender unter möglichster Schonung der gerade erreichten Phasen erfolgte'"):
einer Schonung, die sich gut in die augusteische Reichspolitik fügt und für spätere
Zeiten eher fremdartig scheinen dürfte. Die engen Beziehungen des römischen
Reiches zu den Nabataeerfürsten, die Strabon soweit gediehen scheinen, daß er von
den Nabataeern übertreibend sagt XVI 4, 21 p. 779 vOv Se xäxervot P(i)[.iaöot5 zialy
^"j Der verschiedene Ansatz des Neujahrstages ist und war vielleicht auch ab und zu durch sacrale
im Grunde genommen von untergeordneter Bedeutung Rücksichten bedingt; im „arabischen" Kalender ist
gegenüber dem Aufliau des Kalenders (vgl. für die (vgl. oben S. 90 Anm. 4) das alte syrische Neujahr
italischen Gemeinden Mommsen Staatsrecht III S21, i) erhalten.
96
W. Kiibitsclick
ÖTdJxoo: xot; ilüfci. reichen für dii> Annahme eiiu>r freiwilligen ReijcMuni.
Kalenders nach dem Muster der Nachbarstädte nii der l'hilisterküste aus.
;H>täi'i"C Monalc L\ukn in
Ägypten
Askalon
Gaza
Ära
bien")
»b 29.
Aug.
Tliolb ^
=
Loos
=
r.orpiaios
ab 19.
Aug.
Gorpiaios
28.
Sept.
l'liaopbi oder .-\peUaios
=
Gorpiaios
=
Hyjjerberet
18
Sept.
Hyperberel.
28.
Oct.
Athyr
=
Hyperberelaios
=
Dios ^
18.
Oct.
Dios
-7-
Nov.
Choiak oder l'crilios
=
Dios
=
Apellaios
17
Nov.
Apellaios
-7-
Dec.
Tybi oder Dyslros
=
Apellaios
=
Audynaios
•7-
Dec.
Audynaios
26.
Jan.
Mechir oder XandiUos
=
Audynaios
=
Peritios
16.
Jan.
Peritios
-5-
Febr.
Pharacnoth
^^
Peritios
"^
Dystros
15-
>7
Febr.
Miirz
Dystros
Ergiinzungs-
tage
27-
März
IMiarmuthi oder Daisios
=
Dystros
=
Xantbikos
22.
März
Xantbikos ^-
26.
Apr.
Pachon
=
Xantbikos
=
Artemisios
21.
Apr.
Artemisios
26.
M.^i
Payni
=
Artemisios
=
Daisios
21.
Mai
Daisios
-5-
Juni
Epiplii oder ltor])iaios
=
Daisios
=
Panemos
20.
Juni
Panemos
-5-
Juli
Mesori oder Hyperberetaios=
Panemos
=
Loos
20
Juli
Loos
-A-
Aug.
fünf ErgSnzungstage
=
fünf Erg.-Tage
=
fünfErg.Tage
*
Ncuj;
hrstag.
Die dem Geltungskreise dieser Kalender nächste Stadt, deren Jahr wir
kennen, ist Tyros. Ihr Kalender (mit der gleichen Xamensabfolge) zeigt auch
von allen uns son.st überlieferten die näch.ste Verwandtschaft zu dem Askalons;
denn 7 Monate haben je 30 Tage, und eine ununterbrochene Folge v^on 5 Monaten
ist zu 31 Tagen angesetzt, so zwar, dalJ, wie in Askalon, genau vor dem Loos die
Epagomenen voll eingezählt erscheinen. Die geographisch nächsten Kalender von
Sidon und von Antiochia am Orontes (den „Hellenen") haben die gleiche
Abfolge der Monate, unterscheiden sich aber bereits wesentlich von den südlichen
Kalendern dadurch, daÜ ihre Monate mit den römischen Älonaten vollständig
zusammenfallen, also auch in dem mit dem Februar geglichenen Monat (dem
Peritios bei den , Hellenen' und dem Apellaios in Sidon) nur 28 Tage haben. Der
von Seleukeia in Pierien ist auf dem gleichen Princip aufgebaut, daher im
Peritios gleichfalls 28 Tage wie im benachbarten Antiochia, bietet aber die
Xamen der Monate, soweit sie überhaupt sich mit den übrigen syrischen decken,
in anderer Abfolge. Alle übrigen Kalender weichen .weiter von diesen ab ; nur
der für das procon.sularische Asien, dessen Ordnung wir durch die Inschrift von
Priene Athen. Mitt. XXIV (1899) S. 290 näher kennen gelernt haben, ist auch
",i Über den hier ausgelassenen kappadokischen Kalender s. .S. 97.
K;ilenderstudien 97
insoterii ähnlich wiu der von Antiochia geordnet, als jeder seiner Momite ebenso-
viele Tage erhält als der seinem Beginn um wenige Tage nachfolgende römische.
Ich habe unter den Kalendern mit durchwegs 30tägigen Monaten und
5 hintereinander folgenden Ergänzungstagen den Kappadokischen der hand-
schriftlichen Kalenderbücher ausgelassen. Die Richtigkeit seiner Überlieferung
oder sein Geltungsbezirk sind stark angezweifelt worden. Meine Zeit erlaubt
es nicht, mich näher mit ihm zu beschäftigen. Ist er richtig- überliefert, so
werden wir diese Neuerung wohl dem letzten kappadokischen Könige Archelaos,
einem gelehrten und literarisch tätigen Manne, der nach etwa sojähriger Regierung
den Kaiser Augustus um ein geringes überlebt hat, zuschreiben dürfen. Indes
das Erklärungsprincip der örtlichen Nachbarschaft zu ähnlichen Kalendern kann
kaum geltend gemacht werden, und ein anderes weiß ich nicht anzuführen. Aber
ich hoffe, daß die obigen Ausführungen über die südsyrischen Kalender durch
das Absehen vom kappadokischen in keiner Weise beeinträchtigt worden sind.
III, Ein gazaeisches Datum in Eleutheropolis.
Nicht nach der Ära von Eleutheropolis ist das Sterbedatum auf einer anderen
Inschrift von Berosaba berechnet, die Abel Revue biblique 1903, 427, 4 veröffentlicht
hat: £V |.ir;(vt) Awou x, xoö gocp sxous, ivS. {)■. Nach eleutheropolitanischer Zählung
käme man auf den 8. August 775, also viel zu weit in die nachrömische Periode
Palästinas und in ein 13. (statt 9.) Indictionsjahr. Der Herausgeber versuchte daher
eine andere Erklärung-; ,,la date est donnee d'apres notre ere, la 9" indiction
correspondant ä l'annee 576". Aber Daten nach christlicher Zeitrechnung sind auf
syrischen Steinen des 6. Jahrhunderts wohl wiederholt angenommen, aber auch
nicht annähernd erwiesen worden, und g'erade gegen die hier vorausgesetzte Form
der Ära ab incarnatione Christi, die von Dionysius Exiguus sei es zuerst vorgetragene,
sei es verteidigte, muß Einsprache erhoben werden, da sie im Westen, noch dazu
nicht viele Decennien früher, aufgestellt worden ist. Das Datum ist, wenn mich
nicht alles täuscht, vielmehr nach dem Kalender der benachbarten Großcommune
Gaza entstanden, entspricht dem 12. August 516 jul. und fällt somit auch in eine
neunte Indiction.
Warum der Verfasser der Grabschrift — wenn er sich überhaupt darüber
Gedanken machte — es unterließ die Ära zu bezeichnen, wird sich vielleicht nie
ermitteln lassen. Denkbar scheint es, daß das Grab in einer Umgebung stand, die
ein Mißverständnis des Datums ausschließen mußte; gerade wie bei den Gräbern
auf dem Fremdenfriedhof in Concordia die Ära, nach der die Jahre angegeben
Jahreshefte des österr. archäol. Institutes Bd. VIU.
9S
W. Kubitsohek
ho Fall
1 V. dir
. Scliürer,
sind, durch den Zusammenhanj^ fraglos erschoint. Der näiiilic
in Gaza ein, auf dessen Grabmälern außer der Stadtepoche von 6
gleichzeitig — eine andere in wenigstens drei Fällen erscheint i vgl
ber. der Berliner Akademie
1S90, 1065 ff.), deren Anfang
1 5 X -f- 9 Jahre nach 6 1 v. Chr..
jedenfalls aber um wonig^steii--
etwa 3(10 Jahre später anzu
setzen ist; wir werden wohl
am ehesten in dieser Ära
die einer Xachbarstadt an-
nehmen dürfen.
IV. Das lyrische Jahr
in der Kaiserzeit.
Kaum scheint es nötig.
darüber noch zu sprechen.
Wir kennen es besser als die
meisten der antiken Local-
kalender, wir erfahren seine
Gleichung mit dem römi-
schen Jahr aus den Hemem-
logien und wissen, daß seine
Epoche in das Jahr 126 v.Chr.
zurückreicht, in welchem ihm
die „Autonomie" gewährt
worden war. Die beiden Da-
ten bei Mansi Coli, concil.
VII 197 und VIII 1083 1-) und
das Datum der Bauinschrift ^. ,, ,
Flg. 30 a Monatsbudcr aus dem Mosaik von Kabr
der wenige Kilometer land- Unke Hälfte (über die richtige Abfolge vgl. Anm.
tritt auch
— sicher
. Sitzungs-
Hiran
16).
") VII 197: (isxi Tijv ÜTiaTsCav ^ÄauJo'j Zt,v(ovoj
xai no3TOU[uavo'j töv '/.a.\i-(,ozixiiy/ 7ip6 -svts KaXavdojv
MafTÜoy £v xoÄtovCif TOpqi >.aji-po-äT»j (iTjTpo-i/.S'.
'j-aT.-/.-j l-O'jj -e-ip-o'j sp?oiir|X03ToO -ev-axoiioixoO
liT,/o; Dep'.-io'j izv.irrj, v.T.zi. 'Poiiiak'jj *£ppo'jap£ou
nsiirrrij xai e'.xa?'., Jvjixtduvo; -p(ütr,j. Zeno (im Orient)
und Postumianus (im Occident) sind Consuln im Jahre
448 n. Chr. gewesen; es ist daher die Gleichung
25. Februar 449 n. Chr. mit 10. Peritios 574 lyr. in
Ordnung, irrig ist die Indictionenbezeichnung (deu-
XEpas erfordert). VIII 1083 4v iirjvl xaxa Tup£o'j;
Aüxp s'.xäJi i-fdiv; Tjxoi XsJiTEiißpiou sjxatSsxdxiä TOÖ
Kalenderstudien
99
einwärts von Tyrus gelegenen Kirche des h. Christoph in Kabr Hiram '■') bezeugen
seine Geltung noch während des V. und VI. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung.
Nur das tyrische Neujahr ist bisher nicht festgelegt worden. Ein Versuch dies
nachzuholen, erlaubt einen
Fortschritt in der Behand-
lung der syro-makedonischen
Kalender; allerdings zu dem
Ziele, das eigentlich jede Un-
tersuchung dieser Aren an-
streben müßte; zu einem Über-
blicke über die Ableitung der
einzelnen Stadtkalender, die
ich mir wie ein Handschriften-
stemma vorstelle, führen sie
noch lange nicht.
Den äußeren Anlaß zu
dieser Untersuchung bot mir
eine zufällige Benutzung- von
Renans Expeditionswerk, aus
dem weder ich in meinem
Artikel über die Ären (in
Pauly -Wissowas Realency-
klopädie I 647) noch andere
Bearbeiter des gleichen Stof-
fes das Datum der Christoph-
kirche benutzt hatten.'^) Die
Bauinschrift ist ein Teil jener
wie durch ein Wunder nahezu
unversehrt erhaltenen Mosai-
ken der Christophkirche, wel-
lig- 30 b Monatsbilder aus dem Mosaik von Kabr Hiram,
rechte Hälfte (über die richtige Abfolge vgl. Anra, 16). che heute den Fußboden und
■zpixon •üsjaapaxoaxoö s£axoatoaxoO, ivSixxtovoj 5o)5s-
xctxrjj. Der 28. Loos entspricht dem 16. September,
und der 16. September 517 n.Chr. fällt tatsächlich
in ein zwölftes Indictionsjahr.
'■') Renan, Mission de Ph^nicie S. 613 £v nY;vl
dsaiiu ToO ']/a sTouc; ivSdxTuovo;") ;K Das tyrische
Jahryoi entspricht (701 — 126 :=) 575/6 n. Chr., das
Datum der Bauinschrift also dem Monat iq. Juni
bis !(). Juli 576 n.Chr. und fällt tatsächlich in ein
neuntes Indictionsjahr.
") Es fällt auch sonst auf, wie wenig Renans
Werk benutzt wird; die angekündigte Gesaratpubli-
13*
\V. Kuhitschck
die beiden Schmalseiten eines der yrölJten Sälo d(\s T.ouvro hodeckeii. T.cidcr
vermag aber auch die graphische Reproduction der Mosaikin aut lal. 40
bei Renan, abgesehen von den Irrtümern in dor Zusammensetzung ilor Mosaik-
felder, den Fehlern in don T.esungon und den Willkürlichkeiten im Dotail
nicht annähernd eine
lebendige Vorstellung ,.„,.^^ ^,.,,jf, ^^,^,l,,^.^ c;,,,,ii,
des Ä[osaikfu(3bodens
EU geben; sehr gut
sind für ihre Zeit und
charakteristisch die
für Didrons Annales
archeologiques a. a. O.
genommenen Co-
pien.'"') Es wäre sehr
zu wünschen, da(3 gute
und zum Teile farbige
Aufnahmen dieser
Mosaiken erfolgten.
Diese würden auch
beweisen, daß Renan
allen (xrund gehabt
hat, die Gleichzeitig-
keit aller Mosaiken
der Kirche vorauszusetzen und die \'(Tmutung G. B. de Rossis abzulcliiien, die
Mehrzahl der Mosaiken sei dem ]\". Jahrhundert zuzuschreiben und für eine
ältere (heidnische) Basilica berechnet zu glauben; es hätten außer den bei Renan
angeführten Gründen auch die stilistischen Merkmale verwendet werden können.
Die Christophkirche ist dreischiffig; alle drei .Schiffe sind im Fußboden mit
farbigen Mosaiken ausgelegt, die — wie üblich — von der Frontseite der Kirche
aus betrachtet sein wollen. Im Hauptschiff ist unter anderen, und zwar vor d(Mn
cation der syrischen Inschriften wird wohl erst das
in jenem enthaltene epigraphische Material weiteren
Kreisen zugänglich machen. Auch in Fröbners In-
scriptions grecques du Louvre n. 269 ff. und in Di-
drons Annales archeologiques XXIII 1863 und
XXrV 1864 sind die Mosaikinschriften von Kabr
Hiram abgedruckt, andere Behandlungen des Mosaiks
sind mir nicht bekannt. SIrzygowski streift in den
Fisch
Henne
Quitte
I'isch
Henne
QuiUe
Schaf
Schaf
Elefant
IClefant
Fisch
Fisch
Fisch
Fisch
Hahn
Hahn
Ente
Ente
Antilope
Antilope
Granatai
fei
Granatapfel
Fisch
Fisch
"AptsiiCaio;
Adato;
Panther
Panther
Bopiag
navE|ios
iÜGXfOJ
Sav0-tx6j
Ösptvrj
MsO-OTip;
'H-apx(aj
ÜEphio;
Aöjos
HOYPWC
XE'.|l£piVlj
^spivrj
r&pTiiEo;
'l-Tispß^psxEo;
AäSuvso;
XwTOf
Granala]
fei
Granatapfel
Ato;
'A-.tXXir,:;
Ente
Ente
Panther
Panther
Fisch
Fisch
Fisch
Fisch
Elefant
Elefant
Antilope
Antilope
zweifiur
ien(?)
zweiGurken (?)
Hahn
Hahn
,
Henne
Henne
Fisch
Fisch
Fisch
Fisch
Schaf
Schaf
F i n g a
Schaf
n g s t ii r
Schaf
Kalenderbildern (HI. Frg.änzungsheft des Jahrbuchs
des kais. deutschen Instituts) 5 I fg. die Mosaiken von
Kabr Hir.am.
'•') Die Brustbilder des Seitenschiffes daraus
wiederholt bei Bayet, Art byzantine S. 33. Die Fig.
30 a b sind Facsimilia nach den .\ufnahmen in Didrons
Annalcs.
Kalenderstudien
Altar, die Bauinschrift mit dem Datum von Sommer 576 n. Chr. eing-elassen. Die
beiden Seitenschiffe zeig-en in ungleicher Länge (das längere Mosaik des rechten
Seitenschiffes mißt i4'42 "') je zwei Reihen von kreisrunden Medaillons, jedes in
ein Quadrat eingeschlossen; die mittleren Medaillons zeigen die Brustbilder der
tyrischen Monate, der vier Jahreszeiten und von vier Winden, alle mit erklärenden
Beischriften; die anderen Medaillons bieten je ein Tier oder eine Frucht. Von
der Türseite aus gesehen folgen die Medaillons einander/'') wie in der Tabelle
auf .S. 100 veranschaulicht ist.
Auf die Besonderheiten der Tiere oder Früchte darstellenden Medaillons ein-
zugehen, will ich mir ersparen, weil ich keine innere Beziehung zwischen ihnen
und den Mittelfeldern der Mosaike in den Seitenschiffen gefunden habe. DalJ
eine gewisse Symmetrie in ihrer Anordnung besteht — oder wollen wir vielleicht
richtiger sagen: nicht ganz verwischt werden konnte — hat bereits Renan an-
gedeutet.
Lassen wir uns nicht dadurch stören, daß die Mittelfelder mit Inschriften
nicht in gleicher Linie liegen^''"), und reihen wir diese Medaillons so an, wie sie
zueinander gedacht sein sollen, so haben wir vor uns:
AY
5 jp
C
OC
lA
" N
ei
KOC
ro
" l€
pn
oc
Yn
\2 B6P
0
6P
€TH
C
Hn
ÄP
Kl
AC
4 PI
Tl
OC
IG AW
OC
H
YP
0
WC
PI
M 6
NH
A6
PI
H
H
■e-
pi
6
NH
M
-e-o
6
UPS
AYA
3 Y
NSOC
N bJ
TOC
BO
AC
P6
nA
N6
C
I AI
OC
2 AnsA
A€OC
A
7 T6
Cl
P
MI
OC
e
OC
Es erscheinen also die vier Jahreszeiten in einer Uuerreihe vereint; die
Monate beginnen in jedem der beiden Seitenschiffe links unten und wickeln sich
*'') .Sonderbarerweise deckt sich l^eine der gefülirt, der seinen Zeichner desavouiert und sich auf
beiden Abbildungen der Monatsmedaillons in deren seine bei der Auffindung des Mosaiks gemachten
Abfolge mit der gegenw.ärtigen Zusammensetzung im Aufzeichnungen beruft.
Louvre; diese ist nach den Angaben Renans durch- '^") Vgl. die Übersicht S. 100,
I02 W. Kuhilschek
in Ouerreihen und Columnen bequem nach der Abfolge der hier beigesetzten
Zahlen i bis 12 so ab, wie es die Hemerologien für Tyros verlangen. Auch dies
hat schon Renan erkannt. Aber er \Yunderte sich, daß die Jahrzeiten nicht mit den
zugehörigen Monaten verbunden seien,'") und hat die Winde ohne jede Krürteruiig
oder Eingliederung belassen. Der so in Stich gelassene Stoff fordert eine ein-
gehendere Untersuchung heraus: ich möchte dazu nur einige Anregungen geben :
1. Die Jahrtafel von KabrHiram ist selbstverständlich nicht die erste graphische
Darstellung des tyrischen Jahrknleiulers gewesen, ihr Text ist aber auch niclit lür
diese Reproduction neu verfaßt worden. Sie ist ein Decorationstück, das ein
älteres Muster in n) sachunkundiger und /') schablonenhafter Form wiederholt hat:
ii) Sachunkundig zeigt sich der Mosaicist sclmn durch die N'crballhoniung der
Xamen HHARKIAC statt AHARKTIAC (H wohl statt eines breit(>n M). äsfivr'j für sap'.VTj.
lisfroTzpc für ji£TO-ti)p;Wj, und \(i11imu1s das IMonstruni r^oupd); konnte» er nur schreiben,
wenn er seine Vorlage nicht verstand. Wer selbst einen Kalender concipiert,
informiert sich besser. Man wird annehmen dürfen, daß der Mosaicist die Namen
in ähnlicher Form N'erteilt bereits in seiner \'orlage Norfand und di(> lUichstab<>n
An KT
gelegentlich falsch verband. I-ls mag ihm z. B. etwa vorgelegen haben,
und er mag da das aus irgendeinem drunde im Feld wenig deutliche T übersehen
haben. Diese Fehler des Mosaicistt-n sind weder so zahlreich noch irgendwie
ärgerlicher als die jenes Zeichners, dessen Copie dem Stiche für Renans Reise-
werk zugrunde gelegt worden ist.
b) Schablonenhaft ist die Arbeit, da die Charakterisierung der dargestellten
Personificationen fast ganz fallen gelassen ist: wenigstens bei den Monatsbildern.
Während die Winde in Form von Brustbildern junger Männer mit einem Paar
kleiner weißer Federflügel über der Stirn, den nackten Leib in einen Mantel
gehüllt, einen sichtbaren Luftkeil aus dem Munde treibend, erscheinen und die
Jahrpunkte durch weibliche Brustbilder mit lichtgrauen Flügeln an den Schultern
dargestellt sind, ist bei den Monatsbildern (Brustbilder junger Männer) das wichtige
Moment der Flüchtigkeit und V'ergänglichkeit nicht zum Ausdruck gelangt. Die
Winde sind als .solche genügend charakterisiert, untereinander sind sie nur
durch die Farbe des Mantels und die Richtung ihres Blasens (entweder nach liidvs
oder nach rechts) unterschieden. Die Jahrpunkte sind weniger leicht kenntlich,
aber schließlich bestimmt voneinander geschieden, mögen auch diese Unterschiede
für uns nicht durchaus klar definier bar sein; die winterliche Wende, den schwarzen
'■; .n est etrange que l'artiste n'ait pas rapprocht chaque saison des raois qui lui correspondent" S.613.
Kalendersludien 103
Mantel über den Kopf gezogen, trägt einen mit Blättern verkorkten Krug; die
Frühjahrsgleiche, mit einem graulichen Blätterkranz (Ölblätter?), hält eine Schüssel
mit Früchten vor sich; die Sommersonnenwende, mit gelbem Blätterkranz, hält
ein gro(3es gelbes Blatt (Fächer?) vor sich; die Herbstgleiche, mit grünem Blätter-
kranz, scheint drei große Früchte in der Rechten zu halten. Für die beiden Gleichen
sprechen die Verschiedenheiten der Attribute nicht deutlich genug, aber Sommer-
und Winterwende sind wohl ausreichend gekennzeichnet.
Die Brustbilder der Monate sind in lichte, ärmellose, umsäumte Unter-
gewänder und einen über die Schultern geworfenen Mantel, der über der rechten
Schulter meist nur als Contourstreifen erscheint und also den rechten Arm frei-
läßt, gekleidet. Dios und Audyneos haben einen leichten Rundbart (nicht auch
Schnurrbart), die übrigen Monate sind bartlos. Der Apelleos hat allein von
allen Monaten ein dunkles Untergewand, er ist in einen dunk(,*lbraunen Mantel
gehüllt; Audyneos aber hat sich ganz in seinen schwarzen Mantel geschlagen
und ihn über den Kopf gezogen. Artemisios hat einen Kranz aus goldenen
Blättern auf das Haupt g-esetzt. Desios einen Blüten- oder Fruchtkranz an-
gelegt; Loos trägt zwei Früchte in der vorgestreckten Rechten. Sonst scheint
aber auch gar nichts geschehen zu sein, um die Monatsbilder individuell zu ge-
stalten oder ihre individuelle Gestaltung zu erhalten.
2. Das moderne Leben hält Schul-, Kasernen-, Budget- und andere Geschäfts-
jahre auseinander; aber ich zweifle keinen Augenblick, daü in normalen Ver-
hältnissen jeder Schüler, Krieger, Finanzmann, Wohnung'svermieter usf. einer
Aufforderung die Monate aufzuzählen in der Weise nachkommen würde, daß
er mit dem den bürgerlichen Kalender beginnenden Januar begänne. Daher
darf man auch bei dem Mosaicisten von Kabr Hiram nicht voraussetzen, daß er
die Monatsliste anders als mit dem tyrischen Neujahr begonnen hat. Dann bleibt
aber nichts anderes übrig, als im Dios den ersten tyrischen Monat zu erkennen:
also eben jenen Monat, der das alte makedonische Jahr einleitete, der an dieser
Stelle im Kalender der römischen Provinz Macedonia verblieb, und der unter
dem Namen Kaiaap durch den Landtagsbeschluß der proconsularischen j\sia als
erster Monat des Jahres neuerdings anerkannt worden war. Derselbe Monat war
im Kalender von Gaza an erster Stelle verblieben '**), ebenso in Lvkien''') und
im ägyptischen Alexandreia, wo der zum HeßaaTog umgenannte Dios mit dem
Thoth, dem Anfangsmonat des alexandrinischen Jahres, geglichen ist.
'^) Marcus im Leben des Porphyrios c. 19 (p.17, |j,f/va>taXo6|jisvoviiov, sxt Sä xal t6v Ssöxaf/ov 'AnBXXodov
10 ed. soc. Bonn, sodales) xiv Jiap' aüxotj TCfojxov '") Vyl. unten S. 116 ff.
I04 \V IvuhUscIu-l;
Dieser Zusammenhang scheint uns zu dem SchlulJ zu berechtigen, daß die
Kalender der syrischen Städte, welche den ganzen Complex und die Abfolge
der makedonischen Monate behalten hatten, in der Regel auf ein W-ujahr vom
I. Dios gestellt waren: ja noch allgemeiner, daiJ das inakeiUuiische Jahr auch
in seinen verschiedenen localen Ableitungen in der Regel am i. Dios be-
gann. Eine Ausnahme bildet der arabische Provinzkalender, dessen Neujahr fünf
Monate später, auf den i. Xanthikos fiel, somit den alten g'emeinsyrischon
Jahresanfang beibehalten hatte, und eine andere Ausnahme wie es scheint die
gröl3te Stadt Syriens, Antiochia am Orontes. Freilich ist es nicht gelungen,
zwischen den für Antiochia aus den byzantinischen Schriftstellern erschlossenen
Jahrantangen (i. (lorpiaios, i. Hyperberetaios. i. Dios) überzeugend zu ver-
mitteln oder hat es jemand versucht, das Nacheinander dieser Jahranfänge aus
ilen Ouellen zu erweisen, den einzig-en meines Erachtens möglichen Ausweg.
Doch ist es klar, dal3, bevor das Indictionenjahr (i. Gorpiaios = i. September) iu
dem Kalender von Antiochia eingeführt war, das Octoberjahr dort bestand. Ich lege
aber ebensoviel Wert, als auf die zahlreichen literarischen Erwähnungen einer
Oktoberära und ihre Bestätigung durch eine schlichte Grabschrift bei Lebas-
Waddington III ibgi ev (ifr^vE) 'l'~tp^(zpzTMw) T, £tv5(Lx-:tü)vt) y toO ^x^ etou; (J. 528
Ant. begann im Herbst 479 n. Chr., der in ein drittes Indictionsjahr fiel, u. zw.
spätestens mit dem Hyperberetaios) auf. Julians (Misopogon p. 361 O) Wort: ov/A-«)
yap -O'j [ir^vi xco 7:ap' Ojirv äpi8-|i.ou|i£vo). Atoov o;|j.ai tgötov 0|i£r; -pocayopsüsTc (alst)
1. Dios = I. Xov. = Neujahr). Da(3 Julian in einer so einfachen Sache irren
konnte, will mir nicht gefallen, und ich rechne mit der Älöglichkeit, daß das Neujahr
vom I. Dios erst nach Julians Tode auf den i. Hyperberetaios verlegt und
somit die oben aufgestellte Regel vom Dios-Neujahr aucli nicht in Antiurhia
verletzt worden ist.*")
3. Die Monatsserie ist zumal auf Mosaiken wiederholt in kreisrunder Form
angeordnet; dali dieses Motiv besonders in christlichen Kirchen erscheint, hat
Gauckler in seinem trefflichen Artikel über die antike Mosaikkunst bei Daremberg
und Saglio, Dictionnaire des antiquites III 2123 betont. Es ist wohl nicht zu
bezweifeln, daß die so unübersichtlich auf zwei durch Säulen vom Mittel-
schiff abgetrennte Seitenschiffe verteilte und in diesen durch (,'ine besondere
^ Den Kalender von Sidon, in welchem die gunslen dieser Regel .nnzuführen, geht vielleicht nicht
römischen Monate mit den glcichgelagerten enchori- an, da auch im Kalender von Antiochia der dem
sehen gleich viele Tage zählen, der I. Dios auf den Februar parallel laufende Peritios 28 Tage zählt, ohne
I. J.^nuar fällt, der nächste Monat (Apellaios) also jera.ils die zweite Stelle in der Monatsreihe ein-
nur :8 Tage wie der Februar zählt, ausdrücklich zu- genommen zu haben.
Kalenderstudien I05
Ungeschicklichkeit nicht einmal in derselben Geraden g-ehaltene Darstellung des
Mosaiks von Kabr Hiram keine selbständige Erwägung des Sachverhalts durch
den Künstler voraussetzen läi3t, sondern daß ein älteres Kreismuster aus ornamen-
talen Gründen in zwei Columnen aufgelöst worden ist. Zu dieser Annahme eines
kreisrunden Vorbildes würden wir wohl auch dann gelangen, wenn kein anderes
Beispiel eines Kreismusters uns erhalten wäre. Betrachten wir nun die drei Teile,
aus denen sich die Kalenderhälften in jedem der beiden .Seitenschiffe zusammen-
setzen! Eine .Skizze (Fig. 31) mag darstellen, wie ich mir das Original denke.
Daß die zwölf Monate in der richtigen Reihenfolge des tyrischen Kalenders im
Rlüsaik von Kabr Hiram angeordnet sind, hat Renan richtig hervorgehoben. Auch
die Jahrzeiten sind in der natürlichen Folge in einer, (wie g-esagt, nur durch die
Ungeschicklichkeit des Mosaicisten einmal geknickten) Linie aufg"ezählt; ich
glaube, daß zu den Adjectiven ioipiYq, xl-eptVTj usf. eher ipOCT;-') als wpa zu er-
gänzen ist, und lasse es dahingestellt, ob diese substantivierten Adjectiva
metonymisch für die mit den Jahrpunkten beginnenden Jahrzeiten gesetzt
sind oder lediglich diese Jahrpunkte iDezeichnen. Verbindet man die Mittelpunkte
der geg-enüberliegenden Seiten des Quadrates in Fig. 31, so fällt die Cheimerine
in den gleichen Quadranten mit den Monaten Dios, Apellaios und Audynaios.
Dieses Winterviertel entspricht zwar nicht den astronomischen Regeln, da es die
Zeit vom 18. November bis 15. Februar (statt 21. December bis 22. März) umfaßt.
Aber gegen eine bequeme volkstümliche Vierteilung des tyrischen Kalenderjahres
in der Art, daß seine ersten drei Monate als Winter galten, wird kaum viel ein-
gewandt werden können, zumal auch um die Mitte des Februar in der Vegetation
Syriens das nahende Frühjahr sich dcLitlich bemerkbar zeigt.
Es bleiben die Winde. Ihre Einordnung bereitete mir anfangs große
Schwierigkeit. Ich habe als selbstverständlich ang'enommen, daß ihre Aufzählung
nicht als der Ausdruck irgendwelcher meteorologischen Beobachtungen auf-
zufassen sei, sondern lediglich die Weltgegenden wie auf den mittelalterlichen
Karten bezeichnet. Ich verzichte daher von vornherein darauf, aus den meteoro-
logischen Berichten der bedeutenderen Zeitschriften zur Kenntnis des Heil. Landes
Parallelen zu suchen. Die vorausgesetzte Windrose ist nur vierstrichig; aber wie
soll man sie constatieren? Notos und Boreas als Äquivalente für Süd und Nord
sind klar. Der Euros stände für den Osten; aber ist auch wirklich E'Jpo.; zu lesen?
H O
Das Mo.saik gibt . das zu weit von jener Lesung abliegt; ich dachte eine
(■?jXiou) •EpGTtai- sapivT), S-sptvr), ^jO'tvoiKüptvvj, xs'M-2p''''j
"') Vgl. Se.xtus Empir. adv. mathem. V II und Nachtrag .S. II 8.
Jalireshefte des österr. arcliäol. Institutes Kd.VUI. 14
W. Kul.itschek
lany an 6 [E]'jpo;, wußte aber nirht dm aiist"il.iiu;en (weil i^dlicrten) Artikel zu
erklären. Jetzt zweifle ich gar nielu.
X6 4)
''''■' N/n 1 1^ oder ;ihnli(iies in der \'
Y P WC
lagfe gfestanden bat. Das 6 sah der Ahisaii-ist iiiehl. \ielleirlit weil es un-
deutlich geworden war eder zu stark an das Rrustliild des Zephyrs ^-eriiekt, im
Detail der hocken oder der ( iewanchuiL;- sieh verbarj^' ; wer j^cwisse, dureh
etwas reichere Umschriften und i.inieni'onii)lexe autTalUL;i' Münzrevcrsc des
3. Jahrhunderts n. Chr. kennt, wird erfahren haben, wie leiclit man Ibichstaben
im Feld trotz ihrer lauten Mrhaltunij;' uiul trotz hartnäekii^en Suehens üliersehen
kann. \\m <p bemerkte der Abisaicist niel\t die senkrci'hte Haste und sehrieb O
ab, etwas was auch manchem geübten modernen Epiyraphiker ab und zu passiert.
Wir haben also N, W, S, es fehlt noch der Osten, der somit in ['A]T:apy.[T][a^
stecken mulJ. Daß diese (xleiehuns;- zulässii^- ist, zeiL;t die sins^uläre .:\uffassuni.;- bei
Stobaeus I (k,8. O70 (aus welcher Uuelle?) t(ov ys \x'f^v supwv 'ATiapy.xt'aj [liv ÄEysiai
[c] ccTzb ToO it£p; xa? fl-eptvaj ävatoÄäc torOu fewv av£|io?. Aiir^Xitoxr^; ok [6 omb toO mpl
-ij :OT)[^i£p'.v3tc. E'jpo; 51 6] äto xoO Kzy. xi^ /stuspiva^ — — , xai svavxuov ^scfupiov
'ApYESXT^S |iT)v usw.--) Ich setze also für die \'orlag"e der Mo.saicisten eine vierteilig-e
Windrose mit den Hrustbildern von
Boreas, r.
Zephjros, 1.
.\parkli;is
Notos, 1.
voraus; es wären somit die Windgottlieiten in dieser \^orlaye jedesmal nach innen
gerichtet, also einander zugekehrt. Im Mosaik von Kabr Hirani sind die Winde
symmetri.sch angeordnet, wie das Diagramm zeigt:
Dystros
Xantliikos
(iurpiaius
Hyperberetaios
Aparktias
Pcrilios
I-oos
1 Zcphyros
Winter
Frühjahr
Sommer
I'.oreas
Herbst
Audynaios
Xolos
Panemos
Dios
.Vijfllaiüs
Arlcmisios
Dcsios
-^) Kaibel hat in seinem fein durchdachten und n;>ti<>c Zeit auf die dahin zielende Eryänzun^; des
abgerundeten Aufsatz über die antiken Windrosen Kaibelschen Materials zu verwenden und den etwa
Hermes XX 1885 die späten F'ormen der Windrose dann erlaubten Versuch einer Einordnung des Apark-
nicht untersucht. Ich bin nicht in der Lage, die tias als Ostwind in die antiken Systeme zu wagen.
Kalenderstudien
107
Aber, ob nun Aparktias
mit dem Winter und
das Frühjahr mit dem
Notos oder der Winter
mit dem Notos und das
Frülijalir mit dem Aparl<-
tias zu verbinden i>t:
beide Male kommt man
zu einer unerträs^lichcii
Verbinthmt;", denn zum
Winter jialjt der Xott)S
ebensowenig als der Bo-
reas zum Herbst. Ein
Beweisgrund, di-n icl\
oben S. 102 noch nicht
verwenden konnte, der
aber deutlich ganz dafür
spricht, dal3 die Compo-
sition des Mosaiks von
Kabr Hiram Copisten-
arbeit ist, und zwar die Leistung eines denkfaulen Copisten. .Suchen wir uns
die Entgleisung des Copisten zu erklären, so mulJ l^etont werden, daß, geordnet
nach der Abfolge der Monatsnamen
y^ ^
/^ — ^
/^ ^
Aparklras J
Xaiilhilios
f \
Arifiiiisiiis
V /
^
1 Notos 1
Dysli-os
)—
^l
ll.li
•™)
Penlios 1
Kar ine
(
Thertne
l'aneinos
^ Au(l\|iiaios
Cheimcrine
iMetoponrin
Loos
\ J
.Appllaios
^ V
Vv
(■.„n
Bon-as
Bios
Hyperberelaios j
V J
^^
1 ZephjTos
Fiy- 3'
Reconstruction der Vorlage des MonatsraosaiUs
von Kabr Hiram
die Reihe
Boreas völlig getreu die Anordnung" der oben bezeichneten Wind-
Aparktias rose wiederholen würde; verhängnisvoll fehlerhaft aber war
Notos es, I. daß der Anfang dieser Reihe an eine falsche Stelle
Zephyros gelegt war; es hätte vermutlich so geordnet werden müssen
Zephyros
AparUtias
. Winter
Frühjalir
. . Sommer
Herbst
. Boreas
, . Notos
io8
\V. Kubitsclick
. Roroas
. Winter
Fnihjal.r
Zcpliyros
Aparlaias
Herbst
• • Sommer
. • Notos
oder
also liatten die Winde iles linken Seitenschiffes in das rechte Seitenschiff gehört
und umgekehrt. 2. daß (ein Blick auf die Reconstruction des Vorbildes in Fig-. 31
zeigt in ungezwungener Art die Möglichkeit dieser Annahme) der Musaicist die
vier Eckmedaillons in zwei Zeilen ausschrieb:
3. Aparktias 4. Notds
I . Boreas 2. Zeph yros
statt sie vom Boreas aus reehtshin im Kreis horumzufülircMi.
\'. Der pampliylischc Kalender.
Eine einzige Inschrift aus dem pamphylischen Attaleia-^) nennt ihn, die
in etwas auffälligem Satzbau concipierte Festordnung des Zizyphos: ap/sis r;
-avr,Y'jp".c toO V.Q'r^'j'j xxtx ti l^^^ov {l£ar;:c;[ia y.-'r, tf^; -pö a Ei5(ov Mafcov sw; Tvj; -pi
: KaÄ. "Iouv:'tov. v.xzx IIx|r^üÄ(o'j;) iiT^{vi) r^ Xji £(•); Äx. v/yo-zx xysÄiov "(7)v t v,|i£f(ov rj
/.a|.i(;:po-a'aj) 'Ai-aXswv y.oXw(vcta). Es ist also der
14. Mai=])ridie Idus ]\[aias= 22 . VIII jjamphyl.
23. Mai ^ pridie Kai. Junias= 31 . VIII pami)hyl.,
und die Dauer der Panegyris ist demnach übereinstimmend als zehntägig an-
gegeben. Der erste Tag des VIII. pamphylisihrn Monats fällt folglich auf den
23. April. Wenn sich sonst keine Hilfsmittel für die I{ruierung des Neujahrs, der
äp/Y) -gO I~oug, ergäben, so dürften wir es von vornherein in den letzten Tagen
des Septembers vermuten. Denn das ist aus der 3itägig-en Dauer des genannten
Monats völlig klar, daß das zugehörige Jahr sich nach Art des römischen aus
einem 28tägigen, vier 30tägigen und sieben 3itägigen Monaten zusammengesetzt
hat. Wenn also Cagnat den VIII. pamphylisclien Monat Dystros nennt und die
Folgerung zieht ^apud Pamphylios quoque more Lyciorum Sidonio kalendario
usos annuni mense Octobri (Loo) incepisse",-^) also Neujahr aiil den i. (^ctober
verlegt, so müßte die Zeit vom i. October bis zum oben genannten 23. April
*^) Herausgegeben von Rarasay, Bull, de corr. wird übrigens schon dadurch hinfällig, daß der VIII.
hell. VII (1883) 260 D. 2 = Cagnat, Inscr. Graecae pamphylische Monat vom 23. April bis 23. Mai, der
III n. 785. lykische Dystros vom 2. bis 31. Mai dauert.
-'; Die Gleichung mit dem lykischen Kalender
Kalenderstudien
109
(exclusive) sieben römische Monate füllen ; das sind aber 204 (im Schaltjahr 205)
Tagfe, also unbedingt zu wenig" für sieben Monate; sollte aber Cagnat nicht
gerade an den i. October als Neujahr g-edacht haben, so wird die Rechnung
wegen der Verringerung dieser Tagezahl noch weniger mög"lich. Als(j muli das
Neujahr noch im September liegen, und zwar je nachdem man die kürzesten oder
längsten Monate in jenen Spielraum von sieben Monaten zusammendrängt, zwischen
dem 19. und dem 25. September.
Vielmehr darf mit einer an Gewißheit g-renzenden Wahrscheinlichkeit ver-
mutet werden, daß wie der ..achte" pamphylische Monat mit dem gleichfalls als
achten Monat gezählten Daisios des von dem proconsularischen Asien in augu-
steischer Zeit g'ebildeten Kalenders völlig zusammenfällt, auch das asianische Jahr
das der Pamphvlier war.
Ist diese Vermutung richtig, so müssen die Pamphylier ihren Kalender zu
einer Zeit ihrer Vereinigung" mit dem proconsidarischen Asien angenommen haben"-"')
und sie haben ihn, der vom Hause aus nicht pamphylisch war, als solchen be-
zeichnet, nachdem sie mit Lykien, das einen anderen Kalender hatte, zu einer
Provinz vereinigt worden waren. Da wir noch immer zu wenig" über die älteren
Stadien der Verwaltung des römischen Pamphylien unterrichtet sind, kann die
Zeit seiner Einführung vorderhand nicht genauer ermittelt werden.
Da der erste Monat des asianischen Jahres der Kaisar oder Dios ist, fällt
auch in Pamphylien das Neujahr auf den i. Dios. Noch will ich stark betonen,
daß der pamphylische Kalender mit dem asianischen das Durchzählen der Monate
gemein hat: ein Gebrauch, der außerhalb des proconsularischen Asiens ganz ver-
einzelt ist.''')
Sonst habe ich auf Inscliriften aus Pamphvlien höchstens zwei Erwähnungen
von Monaten gefunden. Aus der einen bull, com hell. VII 261, 3 = CG 8662 =Davis
Anatol. p. 214 kann, weil sie zu abrupt ist: |irj(v6;) ; cv5(ixx«ovo;) w, nichts sonst zu-
gelernt werden, als daß diese Zählung sich lange erhalten hat; die andere im
Lanckoronskischen Reisewerke I n. 63 enthält nichts vom Datum als [tr/vö;) At(ou);
was sonst hineingelesen worden ist, kann nicht aufrecht erhalten werden, und die
Inschrift bedarf einer andern als der versuchten Erklärungen: zu lesen ist a(o!l£aO-(o 1
oö T^ '^'ff-foi I ,aTv; I [-ir;(vö;) A:(o'j); Z. 3 ist nämlich statt H N zu lesen, und zu
-*) Also vielleicht sclion 9 v. Chr., in welches TSpo; XP-^'^'-^"''^» X^f"'^'' X-/)':o'j[is-p?.7jj üko NaxoXiav
Jahr Mommsen die Einführung des asianischen !iv](vi) TisvTtxo svocxr) angibt, so versteht sich das nicht
Kalenders versetzt. von einem thrakischen, sondern von einem asianischen
-^) Wenn auf einer Grabschrift von Selymbria Monat, dem des Heimatslandes des Verstorbenen.
Arch.-epigr. Mitt. "VIII (1884) 212 n. 29 Sw^ov Ttpsaßü-
W. Kiibilsdu-k
verstehen ist >'iii Wuiiscli, ich g-laiibe ein Neujalirswunsch. für einen Mann,
dessen Name — die lUichstaben als Ziffern -gelesen -- die Zalil 1,^50 (>ryilil: '^^Yfo;
ist also als Zählsumme zu verstehen.
Wenn einmal eine Gcscliidile iler romisclicn
Proviniialkalenilcr gcsclirieben werden w iiil, muß niil
dem asianisclien Kalender außer dem pamplivlisclien
auch noch der paphische ^unten S. lll) und der
kretische sowie der b i l h y n i s c h e eine gemeinsame
Behandlung linden. Für Kreta und Bithynien fehlen
Zeugnisse des Neujahrs in der römischen Kaiserzcit.
Daß aber das Neujahr auch hier mit dem Geburts-
tag des Kaisers Augustus zusammenfiel, gehl wohl
mit großer Wahrscheinlichkeit aus der Verbindung
folgender Erwägungen hervor:
1. des Zusammentreftens eines Monatsanfanges
^in Bithynien des Hcraios, auf Kreta des Thesmo-
phorion) mit dem 23. September.
2. in Asia, Bithynien, Kreta und Kypros ist
der fünfte Monat in der mit dem 23. September be-
ginnenden Reihe der 28. bezw. 29 Tage zählende.
Die 31tägigen Monate sind allerdings im Florentiner
Hemerologium verschieden geordnet, wie die folgende
Tabelle zeigt:
3ith\nia
I
III
IV
VII
VIII
X
XII
Aber Bithynien und Kyprus iPaphos) stimmen
auch hier vollständig miteinander überein, und Kreta
hat nur einen Monat anders gelegt. Dazu ist der asiani-
sche Kalender, wie ihn die Hemerologien überliefern,
bereits etwas umgestaltet aus der älteren, durch die
Inschrift von Priene bezeugten Form, in der die Mo-
nate I, III, IV, VI, VIII, X, XI sotägig sind, also mit
Ausnahme eines einzigen Monates die gleichen wie im
kj-prischen und bithynischenKalender. Derbithynische
Kalender ist (Ideler I422) bereits für die Zeit Domi-
tians bezeugt; also ist der Versuch, die ähnliche Jahr-
form in verschiedenen Provinzen als Auslluß einer
-') Anders derselbe Bull, dell' inst. 1874, 74, I.
Ebenda 80 die richtige Verbindung mit dem asia-
Asia
I
Kreta
I
K;
,-pros (Paphi
I
III
III
III
IV
IV
IV
VI
VI
VIT
VIII
VIII
VIII
X
X
X
XI
XII
XII
späteren Nivellierung der l'rovin/.kalondcr anzusehen,
gewiß hinHillig.
Zu Irrtum muß l'ühron, w.is Usener — sonst
gewiß als der erste Kenner dor anliUen Kaiendarien
bewährt — in den (.'lironica mini}ra ed. Mommsen
III (= Monumcnta (ierm., aucl. anl. XIII) 367
sagt-"): „in mense augusto f. 149' codex Lugdunensis
missis temere Asianis ultimo tabulae loco inscribit
NEO VK AHC"'MI A. quid hoc sibi vult prodigium?
an Neocacsarensium fastos? inspice iam hemerologion
Laurentianum f. 48'' ; videbis librarii oculos ab Asianis
ad proximum loculum Cretensium aberrasse, qui tunc
menseni NEX'Jatov agitant, ac re vera ei mcnsi qui
apud illos intra Romanorum mcnsem augustum in-
cipit, in codice Leidcnsi nomen dattur BACIA€OCMIB
h. e. Cretensium mcnsis duodecimus." I'.in Blick auf
die Tafeln des Leidner Codex, der mir dank der
Liberalität der Leidner Bibliotheksverwaltung vor
kurzem nach Wien zugesandt worden ist, lehrt, daß
mit Ausnahme des Jänners und der in diesem Codex
nach dem Florentiner Hemerologium ergänzten Mo-
nate Juni und Juli in allen Monaten unter der Rubrik
"Aatavtov die kretischen Monatsnamen und die im
proconsularischen Asien gebräuchliche Durchzählung
vereinigt sind:
Überschrift
Februar
März
April
Mai
August
-September
Oktober
November
December
A-f'Jtou |it;. e
Heo5. iiTj. ;
II v/T. |ir,. 7)
XECijy.Äv;; |1T;. la
BaoiXeo; \vri. tß
Bciuo; |iyj. a
'EpiiE-i; pvj. P
'Hjiavij iiifj. "f
mitten im Vcrzeiclinis
llcv. itvj. r(
Bay.tv. nrj. 3-
BaaiXsos |ivj. ip
EüeX?o; |iyj. a.
'Ep|i. |irj. p
'I|jiavi; iir,. •;
MexapXE |ir,. 5
Es finden sich also hier mit Ausnahme des
Hyi)erberet(e)us, der in der Bluttlückc verloren ge-
gangen ist, alle kretischen Namen'^"V wieder, und die
Eigenmächtigkeit — oder die Flüchtigkeit — des
nischen, kyprischen und bithynischeii Kalender.
"""'' Vgl. ihr Verzeichnis bei Ideler I 42O.
Kalendeistudien III
Schreibers oder Verfassers besteht darin, daß er vereinigt hat. Jedesfalls aber hat also die im Leid-
zwei voUlcomraen gleichartige Kalender — den kre- ner Hemerologium vertretene Recension der Monats-
tischen und den asianischen — in einer Rubrik tafeln die Identität des kretischen und des asianischen
unter der nur für die Asianer eingerichteten Columne Jahres vorausgesetzt.
VI. Der kyprische Kalender.
Die austührlicliste untl beste Darstellung des kyprisehen Kalenders oiler viel-
mehr der beiden kyprisehen Kalender der römischen Kaiserzeit hat Ideler Hand-
buch I 427 ff. gegeben; das Material ist dort von entlegenen Stellen zusammen-
getrag-en und vorzüglich behandelt. Dann hat Waddington im Conimentar zu
Lebas' Reisewerk III 2773 und 2806 einig"e g"ute Bemerkung^en hinzugefügt. Was
ich sonst von Epigraphikern oder Numismatikern über diesen Gegenstand gesagt
gefunden habe, ist verfehlt oder schief. Es ist einiges neues Material zugewachsen,
und die Methode der Behandlung kann unter einem neuen Gesichtspunkte erfolg-
reicher ausgestaltet werden. Hauptsächlich diesem Grunde entspringen die fol-
genden Zeilen.
In der Kaiserzeit haben zwei Städte auf Kypros besondere Kalemli'r auf-
gestellt, Salamis und Paphos. ] )afJ vor der römischen Occupation die Insel den
ägyjjtischen Kalender benützt hat, geht deutlich genug hervor aus den Tatsachen,
1. daß die ägyptischen Monate in Salamis auch während der Kaiserzeit verblieben,
2. daß auch an anderen Stellen der Insel in römischer Zeit Inschriften nach ägyp-
tischen Monaten datiert werden, und daß das Zeichen L für Jahr die ägyptische
Herrschaft auf Kypros überdauerte, 3. daß auf den in Paphos geschlagenen
Königsmünzen und auf den kyprisehen Inschriften der Ptolemäerzeit ägyptische
Regenten- Jahre gezählt werden. Die ägyptischen Monate sind, wie g'esagt, in Salamis
auch nach der Loslösung der Insel von der ägyptischen Herrschaft beibehalten
worden; in Paphos hat die Deferenz g'egen den ersten Kaiser eine neue Gattung
von Monatsnamen geschaffen und das Jahr von der ägyptischen Rechnung vollends
abgelöst. Ich behandle beide Kalender getrennt.
I. Paphischer Kalender.
Das Menologium im Madrider Codex Gr. XCV (Iriarte) gibt die Monats-
reihen einiger Völker und Städte mit Voranstellung des das Jahr beginnenden
Monats. Das in einer Florentiner und einer Leidner Handsclirift erhaltene
Hemerologium ordnet die Provinzialkalender nach dem römischen Reichskalender.
Im Madrider Menologium ist der Aphrodisios der erste, Plethypatos der neunte
Monat; ebenso zählt der Mönch Alexandres in seinem Enkomion auf den Apostel
I 1 .' W. Kubitsclick
Barnabas*'*) den Plethypatos an iiounttM- St(>llt\ i'iiu> sehr nw üiisclui
tur das Madrider Verzoichnis. Dio Monatsreihe-") ist die tnlocndc:
i'>i-st;itis;un^-
Mauritier Handsclirift
. 'Aq:poS(3io;
"Anofovtxd;
;. Aiv.xd;
,. 'loävto;
Kai3apio;
•. AÜTOxpaiopixi;
:. Ar,|iapxE»a3to;
I. ll>,r^!>0-aTO;
1. 'Apxispsü;
. "E38-ii;
llemerologium I-'lorciUimiiu
'A^p^SCaio; S'tägij;, lie^innl
AnoXXfO. 30 „
'Avvioj i 1 ..
"loüvioj .^ I _
Ka'.aap'.oj 28 „
Ss^asii? 30 „
Aü-oxpäx(i)p 3 1 „
A>Jnapxo; 3 1 „
nXijoö-üxato; 30 „
ÄpXiipio; 3> „
'EoTtsoj 30 „
Atoo; 3 1 „
3-
Sept.
4-
Od.
3-
Nov.
■t-
Dcc.
■1-
l.\.l.r
3-
i' cur.
MSrz
3-
April
4-
Mai
3-
Juni
4-
Juli
3-
AuHiisl
I Vgl. Porphyrius de abslinenti.i II 54 sv 81 -zi)
vjv ilx/,i|ilv. (::piT£pov &k Kopwviät övo|iaL!oii£Vr,l
|ir,vl x»-i K'jnpiou; A?po3'.3(()) iS-ÜEXü ävS-pto-o; xf/
^Yf*^''''?- Also wird diese Culthnndlung aus Salamis
nicht nach dem Sl.adt-, sondern dem Provinzialkalen-
der bestimmt.
a Die Inschrift Le Bas-Waddinjjton III 2773 =
Cagnat III 933 von Lapethus ist datiert aus der 31.
tribunicischen Potcstas des Kaisers (= 27. Juni
29 — 26. Juni 30 n. Chr.) -% fsvEstni Ti^ipiou, sto'j;
tj,'") X~o-fGvixo5 x3. Der24. Apogonikos gleicht nach
den Hcmcrologien dem 16. November, auf den be-
zeuglermaßcn das Geburtsdatum des Kaisers Tällt.
— Epiphanius haer. LI 24 fjleirlil den Tag der
Taufe Christi, dun K. Novenilicr, mit y.ata lla+fou;
X-o-pviaToä t;. Beide Tagcsgleichungen, die des
Epiphanius und die derlnschriftjStimmenvoUig mit den
Ansätzen der Hcmcrologien.
3 Epiphanius setzt den tielmrlstag Clirisli auf
den Tag der Epiphanie, den G. Januar (haer. LI
24. 27. 29) und gleicht diesen Tag a. a. O.") mit
xaxi IIa-^£ou; "loüXou Xcaoapasxa'.Ssxäxrj, in Über-
einstimmung mit den Hcmcrologien.
8 Auf einer Inschrift aus Soloi Cagnat III 930
Ccsnola Cyprus p. 424 n. 29 [ATj|iapyJe£ou3(o') xe ir.l
naü/.ou [ävO-]uwaxou.
.Man verwindet kaum die Geschmacklosigfkeit in der Wahl der Monatsnamen.
Ideler hatte, seinen X'or^än^ern folgend, die ganze .Serie als einen Salz inter-
*) c. 46, Acta Sanctorum Juni Bd. II 451 als:
Festtag des Apostels wird der II. Juni angesetzt,
xzxi luv 'P(i)|ia{ou; zfj -pi xpiöjv EiiOy/ 'I^'jviwv,
xaxi ?E K'j-pioy; Kti)V3xavx'.E!; iir/zi MsGOjpsi xo5 xal
lExixo'j la, xxxi 8= "Ai'.r/o-j; r^xc. xaxalTa'^Jcj; |iT,vi
n>.T,0-j-ix<j> xoO xal ivvdxo'i lO-. Der Mönch schreibt
Anfang des sechsten Jahrhunderts, sein Bericht betrifft
hier ein um wenige Deccnnien vorausliegendes Factum.
^) Übergangen sind das Monatsverzeichnis des
Moskauer Codex bei Matthaei Glossaria Gracca
roinora I S6, für das eine genauere Untersuchung not
tat und das Verzeichnis bei CramerAnecdotaOxon.III,
das erst durch Emendation brauchbar gemacht wer-
den müßte.
"1 Die Herausgeber finden in diesem 16. Jahr
die Umschreibung des durch die 31. lril)unicischc
Gewalt ganz oder teilweise bezeichneten Jahres. Daß
so verstanden werden muß, ist ja klar; aber es muß
betont werden, dal! diese ArtderZälilung dcrRcgentcn-
jahre sich nicht dem — im ägyptischen Alesandreia
und wenigstens später auch auf Kypros üblichen —
Schema anpaßt. Augustus stirbt am 19. August, Tibers
zweitesRegierungsjahrsoUtealso vom 23. September 14
ablaufen; dann fiele das 16. Rcgicrungsjahr auf 23.
Sept. 28 bis 22. Sept. 29, und im 17. Jahr (= 23.
Sept. 29 bis 22. .Sept. 30) Läge richtig der Dcdications-
lag, lö. Nov. 29 n.Chr.
■") Dort durch bloßen Schreibfehler 5. Januar:
r.y^ dxxM E'.iiöv 'lav^-japiiDv, f,x'.; c3xi xaxi 'Po)|ia!ou;
t:eH-xTj -'A 'lavc'japio'j |irjvij.
Kaleiuk-rsludien
pretiert: Veneris soboles Aeneas (et) Julius Caesar Aus^ustus Imperator trib.
potestatis cos. saepissime poiitifex maximus (ex) familia Romanoruni und an-
genommen, daß dieser Kalender „unter einem der ersten römischen Kaiser,
vielleicht unter Augustus" eingeführt worden sei. Diese Einführung muß selbst-
verständlich unter einem Kaiser des julischen Hauses erfolgt sein; di(> Inschrift
Cagnat III n. 933 vom Jahn- 2g n. Chr. gibt einen terminus ante quem, des-
gleichen die frühe, der/.eit nicht genauer bestimmbare n. 930. Die tribunicia
potestas in der Reihe der Monatsnamen verweist sie nach 2^ v. Chr., der pontifex
maximus nach 12 v. Chr. Der pater ptitriae fehlt, damit ist die; Zeit vor 2 v. Chr.
ex silentio wahrscheinlich gemacht.
Das wichtigste aber ist, daß der für Paphos und damit für lvypro.s, dessen
Vorort es in der älteren Kaiserzeit ist, eingeführte Kalender bis auf geringe
Abweichung-en mit dem etwa 9 v. Chr. (RIommsen, Athen. Mitteilungen XXIV
1899 S. 286) im proconsularischen Asien recipierten Kalender identisch ist (vgl.
die folgende Tabelle).
Asia
procon;
äularis
P;
>pho
^
Insebiift
Prie
nc
HerncrO'
lagieil
Aphrodisios
31 Tage
Kaisar
31 T;
Ige
31 Tag,
Apogonikos
3'J
Apellaiüs
30
30
Aineios
31
Audynaios
31
31
lulos
3>
Peritios
31
31
Kaisarios
28
Dystros
28
28
Sebastos
30
Xandikos
31
31
Autokratorili
OS
3t
Artemisios
30
30
Demarchexusios
31
Daisios
31
31
Plethypatos
30
Panemos
30
30
Arcliiereus
31
Loos
3'
3'
Hestios
30
Gorpiaios
31
31
Romaios
3"
Hyperberetaiüs
30
30
und den gleichen Neujahrstag hat, den 2^. Septembei", den Geburtstag- des Kaisers
Aug-ustus und zugleich den herbstlichen Äquinoctialtag. Welchem Kalender die
Priorität gehört, wäre sonst schwer zu sagen, wenn nicht die Urkunden von
Priene, Dorylaion u. a. betonten, daß die Einführung des asianischen Kalenders
eine originelle Ehrung des Kaisers sein sollte. Der Zusammenhang beider Kalender
war aber auch noch im VI. Jh. den Kypriern geläufig, und der Mönch Alexander
hat, wenn er a. a. O. einen Tag des Monats Plethypatos toO '/.od swatou
angibt v.y.-x Asoavoüc y^toi v.y.-y. Wy/^mz, zwar insofern unrecht, als das asianische
Jahr einen Plethypatos nicht kennt, aber in der Sache recht, weil in beiden
Kalendern der ,neunte' Monat derselbe ist. Ein Wort noch über den Loos, den das
Jahreshefte des österr. archäol. Institutes !!J. VUl. IC
\V. Kul>ilsc1u-1;
Hemerologium l-"loroiitiinnn an /\vr>irtor Stelle dci- ihuvli ilcn Mailr'ulcr (Oilix ^i'.üfo-
beneii Serie nennt. Man hat in ihm ein Residuum des cältercn aul Kypids i^chraiuhtfii
Kalenders sehen wollen und niül.He dann <ias Neujahr anl den in .\]ilu(ulisios
umbenannten Gorpiaios \erle_een. Das halte ieh lür sehr binlenkürh, niehl l)liiü
weil der Gorpiaios sich lür diesen Zweck wenij^- zu eni])tehlen seheiiu. Mindern
weil überhaupt der Gebrauch der makedonischen Monatsnaniiii in \ orn'innselu'r
(d. i. ägyptischer) Zeit in Kypms wenio- g-hiublieh ist. Ich nu'ichte also anneluneii.
dalJ der so vereinzelt dastehende l.oos des Ilennrolo^iinn einem N'erselien ent-
stammt.
Noch eine frühe Umnennung eines Monats g-laube ich narliweisen zu k("inii(ii.
Eine Inschrift aus Palaepaphos Cagfnat III op = (iardiuM- und Hoyartli, Journal
of hell. stud. IX (i8SS) 227 n. 0. von Rat unil .Stadt der .Sebaste I'apluis dem
Kaiser Tiberius dediciert. ist datiert Tipsptciou i^sjSaa-oO a. Die Herausgeber glauben,
es handle sich um das erste Jahr des Asyltempels = 22 n. Chr.; ich bezweifle
aber sehr, daß Analogien für diesen Ausdruck aufzutreiben seien. X'ielmehr ist
es meines Erachtens ein Monat, gebildet wie .Nsptovcioc -i,jxc;töc Kenyim, (ireek
Papyri 1898 n. 147, identisch mit dem Pluirniutlii. Uninennung mhi .Mnnaten der
römischen Provinzialkalender sind häufig geiuig, am häutigsten belegbar für
Ägypten. Ein Monat Tiberios findet sich auch sonst, z. B. in Aphrodisias CIG 2817
und für die A.sianer im Hemerologium Florentinum.
Kür Kaiser Galba (t 15. Jan. 69 nach neun- sen Zeugnissen kann jetzt nur secundärcr Wert ein-
monaüiclier Regierung! zählen die Uyprischen Mün geräumt werden; sie lehren nur, daß das Neujahr
«n zwei Regierungsjahre; der von Paphos gesetzte nach Anfang April und vor den 10. Dec. fiel. -
Meilenstein CIL III 218 führt in der Titulatur des Über die abweichende Art der Zählung unter Tibe-
SeplimiusSeverus die VI. tribunicische Gewalt ( 10. Dec. rius auf dem .Steine Cagnat III 933 vgl. oben Anm. 2(>.
198 bis 9. Dec. 199) und ist d.iliert etous i^.^j Die-
2. .Salaminischer Kalender.
Den Tag der Epiphanie und zugleich nach sein<-r Ansicht der Geburt Christi
sowie den Tag der Taufe Chri.sti, bestimmt E.piphanius an d.-r mehrmals oben
citierten Stelle haeres. LI 24 nach verschiedeneu Kalendern: soweit wir darüber
uns ein Urteil bilden können, stehen .seine Gleichung.-n in CbereiiLStimmung mit
den uns anderweitig überlieferten Kaiendarien. Auf welche Art er diese
Gleichungen zustande gebracht, mit anderen Worten, welche Quellen oder Hilfs-
mittel er dazu benützt hat, erkenne ich nicht. Aber dem langjährigen I',ischof
von Konstantia, wie Salamis damals hieß, ist volle Bekanntschaft mit wenigstens den
- ^Ver immer bis jetzt diese Inschrift behandelt hat. rechnete mit ägyptischen Jahren!
KaleiideisUulien I I 5
Kalendern der beiden Hauptorte der Insel ]'v3'pros zu seiner Zeit (37,=; n. Chr.) unbe-
dingt zuzutrauen. Den 8. November bestimmt er nun nach paphischem Kalender
als 16. Apogoni[k]os, -/.axä i]aXa|uvio'jc xou; xai KwvatavxLatoi); Tpizou Xotäx c, nach
äg-yptischer Rechnung als 12. Athyr. Den 6. Januar aber gleicht er mit dem 14.JUI0S
paph., dem 11. Tylji ägy[it. und ■/.y.z7. Kir.pio'j: thvjv — aXaji:v:o'j; -.i[\.Kzo'j tüeji-xt^.
Daraus geht hervor:
1. Dalj in Salamis die Monate wie im proconsularischen Asien durclige/.ählt
und danach benannt worden sind. Der V. begann mit dem 2. Januar, der III. mit
dem 3. November. Somit waren der III. und IV. je ^otägig geordnet. Zwei
Monate zu dreißig Tagen hintereinander kennen aber außer Tj^ros, wo kein
Monat mit 28 Tagen ausgestattet worden ist, nur Kalender welche die Epagomenen
in geschlossener Reihe anfügen, also auch der ägyptische Kalender, auf den als
Ursprung die (später anscheinend nahezu verdrängten) Monatsnamen der salami-
nischen Zeitrechnung hinweisen. Somit tTdlt das Neujahr auf den 4. September,
somit um 6 Tage später als das alexandrinische luid um H) Tage vor der
in Paphos recipierten dr,yr^ Ixou^. Das salaminische Jahr läßt sich damit völlig"
sicher reconstruieren, die Epagomenen lagen wie üblich am Jahre.sschluß, also
zwisclien dem 30. Aiig'ust und dem 3. September, und der zehnte Monat muß
dem Monat Juni völlig gleich gelaufen sein. Und damit ist es in vollem Einklang,
daß in der oben S. 109 ang-eführten Stelle des Enkomion auf den Apostel Barnabas
y.y.zy. K'jTtfiO'j; Kwnzy.w.sli der i 1. Juni mit dem 11. Tage loO oszxxci'j g'eglichen ist.
2. Daß trotz der directen Abstammung des salaminischen aus dem ägy|)tischen
Kalender nicht bloli die Jahranfäng-e auseinanderliegen, sondern daß auch die
Monate in beiden Kalendern verschiedene Plätze einnehmen. Den , dritten' salami-
nischen Monat nennt Epiphanius Choiak, also mit dem Namen des vierten
alexaiulrinischen Monats. Man miJchte daraus schließen, daß der Thoth von seinem
ersten auf den zwölften Platz gerückt, das Neujahr also etwa bei der Neuordnung
der Kalender unter den Römern um einen Monat verlegt worden sei. Aber das
Enkomion auf den hl. P>arnabas nennt den zehnten Monat nicht Epiphi, sondern
Mesorei, der doch das Ende dc^r alexandrinischen Monatsreihe bildet. Das Eocal-
colorit der Darstellung ist so leibhaft, daß wir kein Recht haben, daran Zweifel
zu äußern, daß der Verfasser ■'■') aus Kypros stammt und dessen Kalender gekannt
und zu verwenden verstanden hat. Dann bleibt nur übrig' zu constatieren, daß
die verschiedenartige Entwicklung-, die der makedonische Kalender in den ihm seit
Alexanders des Großen Zug gewonnenen griechischen oder graecisierten Land-
•"j Über diesen vgl. Elirhard in Krumbachers byzant. Literaturgeschichte^ 164 (71, 3)
15*
I !(.> \V. Kiil.ilschek
sti'icheii ilaiik ilironi verschioilon goarti'ton politisolu'ii l-.iUwirkluvigsii-an;^- und
dem Mangfel einer lU-ni Alltagsverkohr iniponicreiuleii ancrkaniUen wisscnschat't-
lichen Autorität i>iler iiiercantilen Xot\vemlig'k(Mt gciiniiinicTi lial. ein .\nali>g-(in
in dem ägyptischen Kalender findet, der, trotz der nicht otl und nicht hinL;"c
unterbrochenen einheitlichen Oberherrschaft Ägyptens über K\])riis oder wenig-
stens engeren \'erbindung beider (iebiete, in diesen eine verschiedene iüilwick-
lung eingeschlagen hat,^') und dali seilest die Abfolge der Monate so irritiert
werden konnte, wie wir das sonst nocli niit dem niak(Ml()nischen Kalender in
Seleukeia geschehen sehen; dort linden sicli in continuierlicher Abfolge die Monate
Apellaios, Gorpiaios, Panemos, Xanthikos, Audynaios, denen im niakedimisclien
Xormaljahre die Zahlen II, XI, IX, A'I und TU ents])rechen. Auch für diese gründ-
liche Umstülpung wird man eine organisclu' l'.ntwicklung annehmen müssen; sie
nachzuweisen vermögen wir nicht; wir sehen hier bloü den Mffect, sowie wir auf
dem Marktplatz die Folgen eines heftigen Windstol.ies in Augenschein nelnuen.
Mit den sonst bekannten Ueisj)ielen ähnlicher Reclmung' in Salamis ver-
mögen wir nichts zu erreichen: Watldingtoii III 276(1 aus christlicher Z.eit (bei
Salamis) |ir({vöc) r^ w5(:y.';''(ovo;) i und 2763 (Hagios Sergios-Salamis) aus der Zeit des
Kaisers Herakleios mit |i/,(vö;) c ivo. ;.
\'II. Der lykischc KalcnJer.
Es ist nicht wahr, dai3 sein Neujahr auf den i. October (Leos) gefallen ist.
Heberdey hat (Opramoas S. 56) aus den zu Kyaneai aufgedeckten Regesten
der den Lvkiarchen Jason betreffenden Acten (Cagnat III 704) den zwingenden
SchluÜ gezogen, daß der lykische Bundi^spriester (dcp/tspsö;) sein Amt am
I. Januar angetreten hat. Man wird ihm auch gerne beistimmen, wenn er es für
wahrscheinlicher hält, _daß die in der Wahlversammlung zu I-.ndc .September (ie-
wählten erst nach Verlauf einiger Zeit antraten, als daU dies unmittelbar darauf im
October geschah."* Soviel hat er zur Widerlegung der Ansicht l'.manuel Loewys,
_daß der Amtsantritt der Bundespriester mit dem i. Loos, dem Beginn des bürger-
lichen Jahres zusammenfalle", beigetragen. Wenn er nicht vom „specifisch römischen
Charakter •'"') des Amtes" spräche, der dieses Zusammenfallen des Bundespriester-
jahres mit dem römischen Jahre wenig-er auffällig erscheinen lasse, so würde ich fast
meinen, daß er die Frage nach dem Amtsantritte der übrigen Bundesbeamten in d('r-
selben Weise wie für den Bundesprie.ster entschieden habe. Imniei-hin scheint er
^'; Ich berühre liier gar nicht die von .Strack, ägyptischen Kalenders.
Rhein. Mus. LIII $<)•) (f. erörterten Fragen des ") den ich anzuerkennen niclil in der I.nge bin.
K:\len(lcrstu(licn 1^7
wenigstens^;!' den Lykiarchen gieich falls den Antritt am i. Januar 14 voraus-
zusetzen (S. ^g und S. 57 Z. 7 v. u. „Bundesbehörden"), unil so hat auch Gustav
Foug-eres, De Lyciorum communi p. 94 ihn verstehen zu sollen geglaubt. Fougeres
selbst hat Heberdeys Ansatz für den Archiereus acceptiert, den für den Lykiarchen
aber — in verfehltem Verfahren — abgewiesen und an Loewys Grundsatz fest-
gehalten, daß der I.j'kiarch am Neujahr des bürg-erlichen lykischcMi Kalenders,
dem I. Loos = October, sein Amstjahr beginne.
Ich sage: in verfeliltem Verfahren; denn I . wenn Amt Besitz ergriffen, so hätte es überhaupt Icein fest
Heberdey {S. 59) auch für andere Fälle eine Ver- umgrenztes Amtsjahr des Lykiarchen gegeben, und
bindung des Lylciarchats mit dem Archierat derart jedesfalls hat niemand, der Mitte oder Ende des
wahrscheinlich gemacht hat, „daß die Lykiarchie sich ersten Jahresmonats diesen Functionär gewählt werden
unmittelbar an die Bundespriesterschaft anschloß," läßt, das Recht, dessen Amtsantritt mit dem Neujahr
50 hätte Fougires die Oualification des Lykiarchen in Verbindung zu bringen. — Wenn ich recht ver-
an die Rechenschaftslegung des Archiereus und ein stehe, ist aus den auf I^icinius Longus bezüglichen
neunmonatliches Intervall zu knüpfen Bedenken tra- Worten bei Cagnat III 500 col. III 32 irpö -^j Auxt-
gen müssen. Vermochte schon die auf die Commu- 7.p/_£a; tspa'EÜaa; xo)v SspaaTtüv sv ~ri TCaTpiSl sni
nen römischer oder latinischer Rechtsstellung ange- äp/^LEpso; KXauSio'j Saxspdojtcs (126 n.Chr.) |J.r/v6;
wandte .Schablone nicht die unmittell)ar aufeinander- Awo'j äKtTsXst -/.uvri-feaia xal ^■ri(,'j\xa.xi-j.- v.rA [lovo-
folgende Bekleidung zweier Gemeindeämter zu ver- liayja;, y.a3'(i); Ssty.vuTai ix toS Y^vo|iivGU ']jvj:fia|ia-
hüten, so werden um so weniger rigorose Anforde- xo; £i;oöaEO)j iE'.\i-fi- kitl äpxi3pEoj Aooxt'ou [O0]t[pr|]-
rungen an Ämter zu stellen sein, die anscheinend pE[ivo'j (127 n. Chr.) |i'(;vij] Sav5r/C0'j ij und n. 492
so ziemlich aller politischer und administrativer Be- (eben dieses im vorausgehenden Citat angezogene
deutung entkleidet waren wie diese. Psephisraa) ä-^aYOVca y.!jvr,Y=aia "/.al |iovo;iax£a; '^;|iE-
2. Die von Fougeres S. 58 f. zusammengestellten pöjv äüo äpxtEpEOj Saxipocoxoj npö x'^; Au'/.tap)(ias
Daten für AVahlversammlungen bewegen sich zwi- noch zu entnehmen, daß Longus als designierter
sehen einem unbestimmten Tage des Panemos (.Sept.) Lykiarch im Loos Spiele gegeben, also die Lyki-
und dem 20. oder einem späteren Tage des Loos arclüe weder am vorgeblichen lykischen October-
(Oct.), somit in einem Zeiträume vou wenigstens drei Neujahr noch unmittelbar nach seiner Wahl ange-
Wochen. Hätten die Gewählten sofort von ihrem treten hat.
Woher stammt nun das vorgebliche lykische October- N^eujahr? Man verweist
dafür auf Fougeres S. 5g. Dort steht nichts als ein auf die „Reisen" II 125 ge-
stützter Hinweis auf das B'lorentiner Hemerologium, durch das das lykische mit dem
sidonischen Jahre verbunden sei; in den „Reisen'' a.-a. O. ein auf Bandini 11 40 ff
gestützter Hinweis auf die gleiche Handschrift. Bandini aber 11 40 (46 ff. ist
ein irriges Citat) bietet gar nichts als die Überschrift der Florentiner Handschrift;
diese Handschrift endlich spricht weder von einem Neujahr noch verbindet sie
die Kalender von Lykien und Sidon miteinander, ja sie stellt sie nicht einmal
nebeneinander auf"'") — Dann muß diese Angabe wohl aus einem Commentar
^'') Auch sind diese beiden Kalender nicht heißt der erste Tag in jedem einunddreißigtägigen
einmal vollständig gleichlautend; in Sidon werden Monat ^ögas-Vj, und der 2. bis 31. werden als
nämlich die Tage jedes Monates durchgezählt, also i. bis 30. gezählt (vgl. das Leydener Kalendarium);
in den 3ltägigen von 1 bis 31: im lykischen aber vgl. darüber Usener, Bull. delP instituto 1874 p. 77 fg.
iiS
\V. Kul>ilsclick. IvalciuUistmlii-n
2111U Menierolog'ivim staninirn, ich ylaubo aus IiK-Kts llaiulhucli, wo 1 450 ilie
syromakedonischen Monato f<ilgviulormal3(Mi yeordiift erscheinen:
ninkcilonisclie N;imcn: syiisciie: römische:
Hypcrbcrclacus I. Thiscliri Oclobcr
Dius
ApcUacus
Audvnncus
und I 434 gvsay:t wird. dal3 auch die Sidoiiier di
braucht hätten, „nur daß sie dieseÜKMi um zwei Sl(
und nun — somit in offenbarer AnlehiumL;- an die I
schi-n ^[onate so aufgezählt werden:
Luus
II. Tliischri November
I. Kamin nccember
IT. Kamm usw. Januar usw.,
^vroniakedouischcn Monati
11 li
'ler ins
>" 1 l,V
lahr
•liohen."
die sidoni-
Gorpiaeus
Hyperberctaeus
Dius
Oclobcr
November
Derember
Januar usw.
ndscln'ift zeii
die l-liiriMitiniT I h
I sidonischen last yanz gleich
, niiTl
Aber
\vur(
dal.l
l.ykicMi der erste Jahresmonat sein si
ger\v(Mse
ler ].,,os,
at Ideler
I 435 "^agt Ideler. dal.f, wie
der lyki.sche Kalender den
sei es in Sidon, sei es in
gewili nicht sag"en wollen.
Wenn nun also nicht daran gezweifelt werden darf, daü das lykische Neu-
jahr auf den i. Dios = i. Januar gefallen i.st, wird man umgekehrt das gleiche
Xeujahrsdatuni für .Sidon a jiriori annrlmu-n dürfen. Inschriftlieli ikIct litcrai'isch
überlieferte Daten stehen uns zur Krjjrobung dieser Behauptung nicht zur \'er-
fügung. Von den Münzen kämen bloi.i die des Jahres ZKC in Betracht, dii' tili-
Traian und für Hadrian, somit im Jaliri' r 1 7, geschlagen worden sind. Hecken
sich sid. 227 und jul. 117, so ist — vermutlich in augusteischer Zeit d<-y .\ren-
beginn für Sidon auf i. Januar i 10 v. Chr. umgerechnet worden.
Xacblräge: Zu S. y4, Z. 8: Als Par.nllclc zu Concilicn in bereinigter Gestall vorliegen, müßte liero-
Euscbins würde der letzte Namen in dem Bistümer- saba damals (etwa Anfang des VII. Jh.) von Eleutliero-
katalog der ersten PaL-icstina bei Georgius Cyprius
Z. 1027 c Nolil. cpisc. V 108 Partbcy zi'/.-.uyi Vtyx':-
Ttxö; TjTV. Baf lajuuv hiczugefiigt werden können, wenn
nicht — allerdings m. E. vorläufig ohne durchschla-
gende Gründe — von den neuesten Exegcten dieser
.Stelle die Ansicht verfochten würde, daß dieses Uaf 3ä-
[lojv nichts mit Berosaba zu tun habe. Gclzer z. B. will
in dem zwischen den .Slüdten der dritten Palacstina
ZttiOfa und 'E/.a; (= Allan) Z. 1052 erscheinenden
Kamen Bifoiäjmv Bir es — Seba' erkennen und von
jenem Bif 3i]i(i)V unterscheiden. Die Richtigkeit dieser
Auffassung vorausgesetzt, über die man sicherer wird
urteilen ki^nneD, wenn einmal die Subscriplioncn der
Wi^n.
polis, das in der ersten l'alaestina verblieben war, ab-
getrennt gewesen sein.
Zu S. 96: Das Neujalir von Askalon, das
wie ich voraussetzen muß, auf den I. Dios fiel, lag
später als der 14. Gorpiaios, vgl. den Papyrus Hermes
XIX (1884) 418.
Zu S. 105 Anin. 21 : Auch in ilein dem Icxle des
Kdsmas Indikopleustes IX 8 S. 308 fg. beigefügten, -uiv
"/.0"/./.ov TÖ)'/ |ir,vi&v"o5 eviauToO veranschaulichenden Dia-
gramm der Jahreszeiten und der ägyptischen und römi-
schen Miinate sind die einzelnen Jahrviertel bezeichnet
als Tf.crT, iapivr,, Tf.o;:)', O-af.vrj, tpo-r, |i£xc;;o)f.tvr) und
Tji'yr.T, Xi;]Uf;vr;(Migne,Patrol.Gracc. LXXXVin470).
W. KUBITSCHEK
119
Ein Straßennetz in Eusebius" Ononiastikon ?
Peter Thomsen hat diese Frage in der Zeitschrift des Deutschen Palästina-
Vereins XX\'l(i9o3) i4of., i68fF. behandelt, „(ianz sicher,-' sagt er, ,,ist es, daß
Eusehios lür die häufigen lüitfernungsangaben schriftliches Material vorgelegen
hat. In Caesarea, der Hauptstadt der Provinz,, waren ihm gewilJ die amtlichen
Itincrarien, sei es nun in der Gestalt der uns überlielerten Itinerarien oder in
Kartenform zugänglich. Es ist auch nicht glaublich, daß Eusebios alle diese Ent-
fernungen, die zum großen Teil ganz genau stimmen, auf seinen Reisen sich
notiert oder gar aus dem Gedächtnis niedergeschrieben haben sollte.'' Eine
Zusammenstellung der Distanzangaben werde „ein großes Straßennetz für ganz
Palästina ergeben, das natürlich erst seit der Römerzeit existieren konnte. Es
wäre jedoch voreilig, wollte man aus jeder Entfernungsangabe auf eine Römer-
straße, d. h. auf eine r(")misch(? Heerstraße mit Meilensteinen, Pflasterung usw.
schließen." Thomsen gestaltet seine Untersuchung' dann so, daß er die Distanz-
angaben des Eusebios, der nirgends einen Straßenzug" im ganzen behandelt, nach
einzelnen Straßenzügen gruppiert und genauere oder geringere Kenntnis des
Eusebios in den verschiedenen Teilen des palä.stinensi,schen Straßen- oder Weg-
netzes nachweisen will. Seine Untersuchung ist mit gToßem Fleiß und .Sachkenntnis
geführt und erleichtert jeder folgenden den Weg. Aber die (xrundsätze seiner
Untersuchung sind nicht untereinander vollständig im Einklang, und seine Ab-
handlung tritt nicht eigentlich den Nachweis amtlicher Quellen bei Eusebios an,
sondern gestaltet sich zu einer Classificit^rung der eusebianischen Angaben nach
ihrer tatsächlichen Richtigkeit; was richtig i.st, läßt er dann für den römischen
Straßenzug', wenigstens für die mit Meilensteinen au.sgestattete Straße sprechen.')
Es fällt mir selbstverständlich nicht bei, den großen und dominierenden
Wert des Ononiastikon tale quäle für die topographische Erforschung Palästinas
zu leugnen, aber in ihm einen Niederschlag eines officiellen — sei es staatlich
oder kirchlich officiellen — Straßenbuchs zu sehen haben wir kein Recht.
Es wird wohl genügen, sich eine Vorstellung von den praktischen Bedürf-
nissen und dementsjirechend von der Registratur eines Wegbauamtes zu machen,
um die Annahme abzulehnen, Eusebius habe ausführlichere oder überhaupt irgend-
welche Vorstudien in diesen Archiven g'emacht. Immerhin ist denkbar, daß er
') Beispielsweise sagt Thomsen S. 1S2: „rait Angaben", und das Fehlen von Entfernungsangaben
Meilensteinen mag sie (die Straße Eleutheropolis — will er gelegentlich (S. 174) bei Abelmea daraus er-
Nikopolis) nur bis 'ain schems versehen gewesen klären, daß der Ort „also wohl nicht am Wege ge-
sein, daher erklären sich wohl die übrigen ungenauen legen war".
.v:, Mayen all das AiiU richtcto. um die WcyokartiMi odiT \\'i'i>\'ln'iolu'r, dir im
Publicum cursiertt-n oder in moiuimciitalcr (ieslalt di-m Pulilirum /in^iiiij^iirii
waren, zu corrijiioren — notabene soweit das Netz öffentlicher Stral.U'ii in l'.itvacht
kam; was lüisebius an lüilferinmg-en abseits der StraÜen einseliät/.iMi wnlltc, laiid
in jenem Material keine liasis. So lanye aurli nicht entleiiit A nhahN]unikte liir
die Kxistenz ana^raphischer Specialkarten yröüerer n'imischcr X'erwaltimysi^i'liiete
.yegfeben sind, ist nicht daran zu denken, daÜ in den Ret;■i^t^atm•en der We^bau-
ämter andere topogTaphische Re/.iehuni^cii als Am^abi'u der \on der Stral.ie
jjeschnittenen Fluren und der An.siedlunj^en, zu deni-ii odir durch die sie leitete,
sich fanden. DaÜ, was abseits von der StraUe lag', in diesem Aclemnaterial gebucht
gfewesen .sei, ist — weil hier überHüssig — ganz unglaid)\\ ürdig : hi'ichstens ganz
sporadisch können solche Bemerkungen darin vorgekommen st-in.
Im ganzen bit-tet das (.biomastikeii des luisebius etwa 145 -) Distanzangaben.
\'on diesen sind nur 40 (samt den Dubletten 43) nicht l)lol3 durch den Ausgangs-
punkt der Messung bestimmt, sondern mit zwei Punkten x'erbutulen, dem Ausgangs-
punkt der Messung und einem in ihrer Kiditiing begenden Stadt-, l.andes-
oder Flußnamen.
Dafür bestellt kein festes Formular. Ks niuKii (ä/.wv 'Azii) SiiaTVjxsv — , — 'Ispix'-''» "f'^' or/nsiit;,
sich AVciuiungcn wie \i. 54, 6 xiönai p Hs^sa. ä/,/.rj- (ö; änb äuo ar(|ui(OV tcj 'lopSdvou oder p. 54, 12
>.(uv -/.T,3(cv. Xsa; -d/.£(oj ir.iy^vj:jM arjUsioi; i^ (Br,0-3a|is;) ä-ix^uss' 'EJ.S'j8-if o-iiXsw; srinstoi; i -pöj
y.at;öv:<uv sni XxuO'&no/.LV oder p. 114, 24 Kapia- äva-oXa; |i5Ta5i) Nty.o;i6Xso); oder p. 156, 16 iiapai
iKaps;|i [isxaS'J Ai/.iaj -/.a; A'.o;-i>.=o)j. irl -f,; Y.u>\ir, ioxiv sv öpCo'.s 'EXE'jfl-cp07iö?.ECu; zpo? popfäv
ö?0'j xsijiivr,, ä-c. crj|i£i(uv 0- .\i/,fa; oder )). 8, iS ä-'.iv-o)v st; Xiy.d-oX'.v w; äTio nr|Hs{cuv t u. a.
Ms handelt sich hit-r in der Regel um Orte, denen zur Zeit des lütsebitis
geringere oder gar keine atlministrative oder commerciulle Jiedeutung zukam,
und für die zur leichteren Orientierung des Lesers eine Linie zwisclieti bekatinte-
ren .Stadtnamen gewählt wurde. (iew("ihnliih trifft es sicli .auch, dal.i tliese Linie
mit einer ReichsstraUe zusammenfiel, oiler sagen wir, dalJ eine ReichsstraÜe als
Orientierungslinie verwendet wurde, und gelegentlich-') Ijezieht sich lüi.sebius
') Eigentlich 155, davon 10 doppelt. Ai/.£a; ä-iiO-sv ar^iistot; ifl ctTttöv-tov Ei; N'säTtoXiv ?egta
^) Dies gcschielu bei den Straßen zwischen und p. 120, 8 iTZ äpiiTEpi Tf/; Ö5o0 zfji äYdiayjg in
ä) Neapolis und Skythopolis: p. 26, 24 A'./.iav 'j-.i, 'Saa.i toäsoj;; vgl. Itin. Hieros. p. SS.'Jfg.
das Dorf Ascr liegt ev Twniy.%'.is.Y.izip a7,\uUi> ;tpö; cniitibiis Jerusalem in parle siiiislra est villa ijiiae
aÜTj T^ /.S(o?ip<;); vgl. das Itin. Hieros. 58", I diciliir lielhar (im Veroncnsis lietar), — — iiuic
civilas \S]cilliopoli inil. XII Hicrtisalcm inilia XII. Ferner |). 168, 17 Goplina
j'li<rr,«tii»//a/i///iofc>H»7.A'K/ ('der Parisinus irrig 17; liege AiX£a; oT,p£(o'.; 13 ■/.%-% t^v öSiv tr^v si; Niav
civilas Keapoli tiiil. XV. t.O.vj ä-foaaav; vgl. die Peutingerschc Tafel mit Cofiia
b) Xeapolis- Ailia: p. 6, I Uaithel liege £v XV^Z-Jerusalem.
/.a;cc; tf,; iJoü (in der Richtung Xeapolis — Ailia) c) Ailia-Hebron : p. 42, lo Hethleem liege
i!i~i -i ',fiiiy.y.-'y/ A:/.!x; 5t,jieIov; vgl. p. 40, 20 Al?.!a; äzoO-Ev OT^jwio'.; ; £-; T'/. viT'.a -spl tt// '.'äp'y'j-
Ein Str.ißennet/'. in Eusebius' Onomastikon? 121
ausdrücklich auf die Stra(3e, zumeist bei Stücken der von Skythopolis über
Jerusalem nach Hebron verlaufenden Straße. Hier hiit Eusebius deutlich
die Straße vor Augen, und einige seiner Angaben werden durch das Wallfahrts-
buch des Pilgers von Bordeaux bestätigt. Man wird nun gewiß um so lieber
geneigt sein, die übrigen auf eine Richtungslinie bezogenen IJistanzangaben (also
mit der Grundformel: so und soviel ar||X£ra von m in der Richtung gegen n entfernt)
auf Straßenstrecken zu beziehen, und wird mit dieser Annahme wahrscheinlich
meist das Richtige treffen. Diese Straßenstrecken gehören einigen wenigen vStraßen-
zügen an, die nahezu sämtlich aus anderen Quellen eine Bestätigung erhalten
haben, und die Fassung*) einiger dieser Stellen, ich meine die mit iv . . . ay;|isu;) oder
k~J. zb . . crrj[i£rov scheint mir auch nur aus einer directen absichtlichen Beziehung
auf eine Straßenstrecke erklärlich.
Aber so sicher es ist, daß Eusebius einige .Straßenzüge in Palästina (und
Arabia), kennt und nennt, ebenso sicher ist es, daß er den Lesern seines Onoma-
stikon keinen Ersatz für ein Itinerar geben oder sie über den Straßenlauf unter-
richten wollte. Er hat xielniehr, wie es scheint, absichtlich den Terminus für
Straßen vermieden, auch wo er offenbar oder wahrscheinlich an .Straßen denkt.
Er verwendet nirgends Distanzangaben zwischen großen und bedeutenden An-
siedlungen, sondern setzt augenscheinlich bei seinen Lesern die Kenntnis der
aav ctg Xäßptbv 6ä6v; vgl. Hin. Hier. p. 598 Hein ab AniwLii erwähnt, welclies Grab semitac ad cellulas
Hieriisalem etmlibus BdUlcciii inilia qiialltior (der iioslras c via publica divertcntis principium est.
Veronensis irrig: VI; vgl. Eusebius p. 82, lo eSa'jjav Über das von Eusebius beliebte Ausmaß hinaus
-r;v 'Pa.'/riX in Ephrata, änö aYj|is£o)V 3 x^; 'Ispou- scheint er weder via noch via publica zu verwenden,
oaXvj|i) super slrala in parle dcxtra est inoniimcn- außer p. 157, ig, wo er die beiden Dörfer Sokchoth
tum tibi Rachel posila est lixor Jacob, inde milia auf dem Wege von Eleutheropolis nach Ailia in
II a parle sinistra est Bethleem, tibi italtis est do- iioito miliario viae piiblicac, iintis in motite et aller
minus Jesus Christus. in campo Situs sucht; ob die kleinen Verschieden-
d) Ailia-Nikopolis: p. 46, 23 zwei Dörfer heiten dem eusebianischen Texte gegenüber (ävtovxtuv
namens Bethoron liegen tu; 7.7:0 ar||isiojv AtXia; ifi iz.': i.~b 'EXe'jO-epoüoXems stg AcXiav, äv T(T) sväTti) ay]|ji£tqj, -^
xriv eJ; Nty.Ö7:ciXtv 656v. H^v ävwcEpa, r/ äs "/.axcoiipa) etwa durch eigene An-
«) Ailia-Diospolis: p. 114, 25 Kariathiareim schauung des Hieronymus veranlaßt worden sind,
£7il xijg 63o5 y.El(i£vri ii.v.h ar||iEi(ov 8- AEXia;; ohne laßt sich wohl gar nicht entscheiden,
die Ö3Ö5 und mit anderer Zählung p. 48, 24 EOTt '') Z. B. p. 52, 2 das Dorf Bethsoro liege
XKXtdvxüiv äTO AEXta; Etg Ai6a;toXiv yM\\t\ Kaptaiha- ä-i6vxcov öctiö AiXJaj sEg XsßpMV Iv f. or]|j.si(;), IvS-a
pslli (b; äno ay)(iE£(üV i. xoci itv^^^T) äito Spou; dgioOia oEixvjxac, sv \ Xe-fExat
Endlich /) Tyros — Paneas: p. 76, 7 das 6 eOvoOx^j; Ivav3axy;j gEßaTixtaO-at Otiö $tXt7t;iou; vgl.
Dorf Dan liege äiio ar||is£(ijv 5 xxxa xT|V i3ov XYjv die teilweise wortgleiche Fassung im Itin. Hieros.
STil T'jpov. p. 598, wo von Jerusalem nach Bethleem 6 Millien
Hieronymus übersetzt bei a) sv XV; XEWCfipo) gerechnet werden; inde Belhasora inil. XIII, ubi
mit via publica, sonst gibt er öäö; mit via wieder, est Jons in quo PUilippiis etinnchum baptizavit;
oder erläßt es ganz fort, so auch bei c), nur daß er p. 100, 13 Dorf Thebes sv öpEoi; Nsa; toXeo); m;
dort auch noch das Grab regis cjiiondain Jiidaeae ä-i Z-/.'j3-ö;toX'.v ärttovxtov £-1 xi xpi;-/.ai3o-/.ax'iv ar,|iEtov.
Jahreshefte des österr. archäol. Institutes Bd. VIH. l(i
122 NV. Kul.ilsclick
wichtiq'sten Punkte des Itinorars oder einer ll'uuTarkarte uiul wohl aiuli deriMi
Benutzung voraus. Nirgends bringt er einen StralJenzuy- in seiner i^anzen I'.nt-
wioklung. sondern er sclineidet sich nach beliebiger Wahl Stücke heraus, die sich
nicht ergänzen und nicht lediglich auf Grund des Onomastikon — also ohne das
Hilfsmittel einer Itinerarkarte — einreihen lassen. So kehrt z. B. der ungefähr
parallel mit der Küste verlaufende StralJenzug häufig genug in seinen Distanz-
angaben wieder, aber unvollständig und in verschiedenen (inipjnennigen '):
p. 30, 13 Ptolemais— Tyros *p- 7=. 4 Antipatris— Jamnia
p. 78, 9 Kaisareia— Tyros *p- ::, 10 Azotos— Jamnia
*p. 108, 30 Kaisareia— Plolemais *p. 24, 14. *p. 24, 19 Azotos- Askalon
p. 130, 22 Dora— Ptolemais P- ;o, 19 Ruphia— Ägypten.
P. 48, 10 setzt Kusebius auf etwa 7 Meilen von Ailia auf dem Wege nach
Nikopolis (das für uns nicht localisierbarc) ßeroth an, p. 48, 24 = p. 114, 25
Kariathiareini am 0. unii 10. Steine von Ailia auf dem Wege nach Diospolis; wie
es scheint, liegen beide Orte auf dem Wege nach Xikopulis, uiul es ist daher,
zumal von Ailia nach Diospolis wenigstens zwei Wege geführt haben, einer von
ihnen über Nikopolis, diese Art der Bezeichnung unpraktisch. Was alier Nollends
ein nicht ohnehin mit der Topographie des Palästina seiner Zeit völlig vertrauter
Leser mit der Beziehung von Abenezer p. 32, 25 auf eine Linie Askalon-Ailia
anfangen sollte,"') und ob Eusebius selbst sich diese Beziehung klar gemacht hat,
ist schwer zu sagen.
Die verschlungenen Wege auf dem Felde der l^ililischen Topographie jirüfend
zu betreten, ist hier nicht Zeit oder Platz. Aber wenn nur ein Drittel der modernen
Identificationen alttestamentlicher Orte richtig ermittelt ist, ergiln sich eine nicht
geringe Zahl eusebianischer I-emmata inmitten dieser ersten Gruppe — (xrund-
form: auf der Straße von da bis dahin etwa so und so viele (öj; anb) Meilcn.säulen
entfernt — , die recht abseits von der Straße liegen. Denn die Verbindung,
welche Thomsen S. 174 zwischen dem Fehlen von Distanzangaben und nam-
hafterer Entfernung von der römischen .Straße herstellen wollte, ist nicht haltbar;
verschiedene Orte, die in unseren Itinerarien an den Straßen erscheinen, bringt
'') Da wohl nicht erlaubt ist, jene mit zwei durch ein * bezeichnet.
Punkten bezeichneten Linien, an denen Eusebius ein ") Durch den Zusatz Ti/.ypiov BaOaan'j; wird
Stück bis zu dem Orte abmißt, dessen Lage er so freilich klar, welchen Weg von Askalon nach Ailia
illustrieren will, von den gleichartigen Angaben ohne Eusebius meint. Denselben Ort meint er wohl mit
Millienzahl abzutrennen, haben auch sie in dem nach- RtjO-axiiis p. 54, Ii, das er 10 Meilen von Eleu-
folgenden Verzeichnis Aufnahme gefunden; sie sind theropolis in der Richtung gegen Nikopolis ansetzt.
Ein Straßennetz in Eusebius' Onomastikon? I23
Eusebius ohne Distanzangaben/) und Eusebius, dem es nichts verschlägt, dieselbe
Relation zweimal, ja dreimal zu bringen, führt andere Orte bald mit, bald ohne
Millienzahl an.
Vgl. Jetheiia
t p. 88, 3 iis^ia-Yj Ktöiir) sv tm satotiptp Aapo)n^, 7tapaxsi|isvrj MaXaaS-oij, ohne Zahl
< p. 108, I x(ö|j.7j |i£-f£aTTj iv TW £30J Aaptun^ 7iXT]a£ov MaXaS-öjv, diesmal mit (bg änö x crjusJcuv 'EAsuö-EpCiTioXecoj
' p. 110, 17 xoj|r() £v 1(0 Aap(o;iä
oder
( p. 86, 13 ÖSKOua xa)|iri, AEX£«; öctiö arjusfuv tß ii AvaioXtSv, Iv3-sv r,v X(ims ö Tipo^rjTrjj
I p. 98, 17 Öextoe Tiapi xtjv epT)|iov AiX£a; — — , ö9-sv ^v üiiwj ö mpocprjnQj
oder Aendor
fp. 94, 23 7tXr)a£ov Xaiv, äv -J ö Xpia-ij liv uiov t»]s X'ip"» i^rf^'P^''' ^^'■"f^ "^V^ Ix'ja-oTtoXiv
p. 34, 8 TiÄvjaEov Toä öpouj Saßtop ird vözoii öi; äito aY)|jis£ü)v 3
(vgl. p. 140, 3 Nasiv x(U|irj, iv fj x6v uEöv f^; X''iP"S ^^ vexpwv Tj-fstps- xal vjv jjTi -/.ata vo-ov Ba^rap
ä7z6 iß aT|H££«)v 7iXr,a£ov 'AsvStop.
Die zweite größere Gruppe von Distanzangaben (etwa 105 unter 145 Distanz-
angaben überhaupt) umfa(3t Entfernungen meist kleinerer Orte von einem P'ix-
punkte bezogen. Auch in dieser Zahl gibt es einige, die sich ohne weiteres von einer
römischen Straßenstrecke venstehen, wie z. B. Adraa-Bostra p. 12, 14 oteair^xs
ar)|i£to[s oc£ und p. 84, 7 oisaxw^a Roatpr;; ar^ixctot; %o, vgl. tab. Peut. Adrana XXIII
Bostris oder Ailia-Chebron p. 6, 12 otearwcsc ari\s.do\.i ß TipOt; x, vgl. itin. Hieros.
30 Millien, Theodosius 24 Millien; die von Jericho über Livias nach Esbus in
Arabien führende Stra(3e, die wir nachzuweisen vermögen, findet sich bei Eusebius
so wieder:
p. 8, 18 Jericho
äXwv 'AtoS ^ Br^ilayAa 3 Millien
6 'lopoa'vr^; 2 „
p. 84, 5 'Eaa£,iiüv 20 „ ,
und so mag noch eine Anzahl anderer dieser Distanzen auf der Straße
gemessen oder gemessen gedacht sein. Daneben steht eine vielleicht nicht geringere
Zahl derer, die sich sicher nicht auf römische Kunststraßen beziehen lassen werden;
hier mögen die Entfernungen auf kunstlosen Wegen und Pfaden nach dem Zeit-
maße bestimmt worden sein; natürlich nicht erst von Eusebius, da dieser solche
Erhebungen planmäßiger angegriffen und durchgeführt hätte, sondern entweder
von seinen Vorgängern oder nach mündlich oder schriftlich, z. B. in Klöstern, von
") Z. B. p. 118, 30 rj -uza|i'.vo; 5s äitiiv-ojv Syciiiiüiia A'A'/r(alj Ptoleraais). oder Jamnia p. io6,
e£; n-coXe[ia£5a ä-ö Ka'.aapsiaj xojuvj näpaXoj -/.r,a£&v 21 (tcoäij) TtoXf/vv) naÄacaxivrj; nsTaj'J iiC.j7i6X£(oj -/.al
-05 Kap(ir|Xo?j oline Millienzahl, vgl. itin. Hieros. ÄJiÖToy, ohne Millienzahl, vgl. tab. Peut. Liiää XII
p. 184, 8 maiisio Sicaiiieiios III (ab Calamon), it. Ant. Jamnia und itin. Ant. p. 150 DiospoU XII Jcimniti.
16*
124 \V. Kubilsclick
ihm erbetenen Auskünften. Im ijanzen sind innerhalb der zweiten (rrnppe von
Djstanzangfaben bei Eusebius 34 Orte als l-"i\iuinkte tür loj X'erniessunijen \er-
wendet; die höchsten Ziffern erreichen vier Orte: Ksbus als Basis für 0 \'er-
messunjjen. Legeon für 7. Ailia für 10 nnd Eleutheropolis g-ar für 17.^) Consultii'rt
man die Karte für <lie sicher oder mit \Vahrsclieinliehkeii ideiititieierlen l.oealitäten,
so ergibt sich — Irrtümer im Detail nicht ausgeschlossen — , dalJ die auf l'.leuthoro-
polis bezogenen Orte strahlenförmig' um dieses zu verteilen sind und die Annahme
somit fast von selbst entfällt, alle die fragliehen Orte seien an r(iniisi-hen .Strafen
g'eleg-en gewesen. Der in g-ering'ereni Mal.1e feststellbaren (ienauig-keit entspricht
es vollkommen, dal3 in dieser (iruppe die Zählung der Millien so häufig mit öi; äzö
eingeleitet wird.
Lehrreich ist auch ein ('berblick jener \Vegrelationen, die zweimal im Ononia-
stikon wiederkehren. Ks ist nur billig, dalJ lüisebius die f.ntfernungen beidemal
g'leich groß einschätzt, so
8 Millien zwischen Diokais.ireia und Aksaph = Clisalus p. 22, 4: DioU. — Aclieseloth = Clisalus p. 28, 23
10 „ . Kleutheropolis und Adolam 24, 22 oder Eglom = OdoUam 84, 24
15 , „ Kaisareia und Aneiel = Baitoanaia 30, 5 oder Bethanatlia = Batanaia 52, 25
q . „ Kaisarcia und Dora 78, 9, 136, 17.
0 , , Pella und J.ibeis 32, 5. HO, II.
12 „ , Ailia und Baitliel 6, I oder Bnilliel ^ Ulamnius = I,uza 40, 20.
Dali er sich dabei auch in nebensächlichen Bemerkungen mit den gleichen
Ausdrücken bewegt, könnte ebensogfut auf ein AusschnMben der nämlichen
Quelle wie auf eine Wiederholung des gleichen Passus aus seinen eigenen Aul-
zeichnungen hinweisen.
Daneben finden sich — in nicht viel woniger I-'ällen - dixergierende Mal3e
bei den gleichen Wegrelationen (die Zahlen durcli den hieronymianischen Text
gestützt):
tlo Millien zwisclien Ailia und Baal = Kariathiarcim = Jarciin p. 48, 22
l 9 , „ „ „ Kariathiarcim ^ Karialhbaal = Jareini 114. 2
125 . . Bostra und Adraa 12, 13
I24 . . „ n Edraci = Adra 84, 8
14, - I.egeon und Thanak 98, 10
I 3 - . „ „ Tha.inach 100, 7
/ X . . Philadelphia und Azcr 12, 3
(lo . . . . Jazer 104, 13.
'; Wenn die erste Gruppe von Dislanzani^aben punkt für 18 Vermessungen. Kleutheropolis gar für 28.
mit eingerechnet wird, erscheint Ailia als Ausgangs-
Ein Straßennet/, in Eusebius' Onomastiken? 125
W" bei diesen Posten die Distanzangaben nur um eine Millie auseinander-
gehen, künntc man versucht sein anzunehmen, daß Eusebius eine zwischen beiden
Zahlen liegende Entfernung" herausgerechnet und dann bald nach oben, bald nach
unten abgerundet habe'); von dieser Annahme aus mülJte man auf detaillierte Vor-
lagen schließen, am ehesten etwa auf einen Einblick in amtliche Aufzeichnungen.
Aber dieses Auskunftsmittel versagt bei dem letzten Beispiel, wo bei einer kurzen
Strecke die Differenz 2 Millien ausmacht.
Es wird also wohl geraten sein, die Arbeitsweise des Eusebius sich eher so
vorzustellen: er habe auch für die Distanzangaben verschiedene Hilfsmittel benützt,
schriftliche und mündliche Mitteilungen — auf letztere weist das Vorwiegen der
von Eleutlieropolis berechneten Distanzen nach verschiedenen unbedeutenden
Orten — , diese sowie seine übrigen (topographischen, historischen und anti-
quarischen) Bemerkungen in ein Exemplar der Bibel als Glosseme an den Rand
eingeschrieben und endlich in tlie Niederschrift des Onomastikon dieselben Vor-
merkungen nicht selten mehr als einmal aufgenommen. Diese Wiederholungen
— es ist di(\s übrigens für unseren Zusammenhang- recht nebensächlich — dürften
nicht in der Absicht des Verfassers gelegen sein, der sonst im Selbstcitieren
{v.eixa.i ävto-lpw) das Möglichste leistet. Aber die unübersichtliche Disposition des
Onomastikon mu(3te zu große Anforderungen an das Gedächtnis des Verfassers
stellen, und die Eilfertigkeit des Autors wird das übrige dazu beigetragen haben,
die Zahl der Wiederholungen zu steigern."') Daß die Distanzangaben an diesen
Wiederholungen nur mit 10 Fällen partiripieren, darf nicht wundern; denn ihre
'■') Freilich müßte man sich darüber hinweg- Philadel])hia— Jazer macht Prof. Musil (mündlich) die
setzen, daß Eusebius sich dann keine feste Regel Möglichkeit geltend, es habe Eusebius sich an beiden
für die Abrundung der Millienzahl gebildet haben .Stellen, wo er Jazer (Azer) nennt, auf verschiedene
dürfte. — Betreifs der Divergenz auf der Strecke Identificationen dieses Namens gestützt.
'") Viel liegt .allerdings dem Autor nicht an diesen Schönheitsfehlern ; ich greife bloß zwei Fälle heraus:
p. 88. 3 'E3-ep ■ -/.Xripou 2y|ie«)V zat vOv p. 108, i 'Is3-ip- cfuX-^; 'louäa, ^oXt; ispa-tzT], xal ia-ct vOv «(«(iv]
ia-tv 'lE9-etpä |is-f£aT7j xojjirj sv nrfia-7] 'IsO-Eipi wj äjiö ayuxsEuv y. 'EXEu9-£po;i6?.s(o;,
TiT) gaojTEpo) Aaptoii^, j:afa-/.Ei|iEvr| öXy) Xpta-tavöjv, sv -m sam Aapwjia TiXvjatov WxXvMn.
MaXad3-^t;. y.=.i-a: y.ai ävw-apdi.
oder p. g8, 10 6ava-/. • jioXis viviTtoXtdp/trjcEv p. 100 6aava)(" O'^X siXev Tauxy)v vj cpuXv) Mavaaa^, äii \ir]
'iT/acü;, -6v fiaaiXsa «.üx-Tjc, öveXüiv, toüj äXXo^uXou; HE-Ea-rjasv ä£ aüxfyj. EViaiJi)-« 5s xöv
y; -f£-fOVE cpuX'^; Mavaao'^, ÄEuhai; ilioapa Aspd^fa TioXsiisi' 'Iv ik ym'. aii-v) Asuizaii äcfoj-
äcfO)pta|Jisv(], y.al vijv sa-tv äicö 5 a-/)- pia|i£V7). xocl vOv iav. -/Kohy, lU-ftaTr, ärAy^ouoa -rj;
[lEfoD xrj; As-fEMvo;. Aeyeöjvo; ar;HEia -f-
Im ersten Falle eine dem Autor bewußte Wieder- niger Zeilen, vielleicht auf derselben Columne.
holung. im zweiten eine Wiederholung innerhalb we-
I ro AV. Kuhilsdick
Zahl ist wie gesag"t überhaupt nicht groll Die \\'ietU'rhi)hingiMi bihhMi i^twn 7 l'ro-
cent aller Distanzangabeii.
^Vie Eusebius seine Messung'en setzt, und ob er sie setzt, ist reiner Zufall,
sowie er auch sonst g-anz nach Laune das Füllhorn seiner l^enntnisNe über sein Uurh
ausschüttet. Darüber mit ihm /u reehten wäre aussichtslose iMühe. Aber <lann darl
auch kein System hineingoleyt un<l dürfen keine sysleuialisehen \'or>tndien aul
dem Gebiet der Itinerarien bei ihm \orausgesctzt werdi-n.
Der Berg Tliabor, der wiederholt als Fixpunkt lung oder einem Kloster auf dem lier-; ausblickend
für Messungen bei Eusebius verwendet ist, wird auf Aendor. .Salem und Naein abzuschätzen gelernt
p. 28, 33 zehn Millien östlich von Diokaisareia hatle.
angesetzt; p. 110,20 bestimmt er seine Lage östlich Aus Deutcrononiion 1, 2 sind die „II Tage"
von Legeon, das ungcrdhr doppelt soweit .abliegt. Distanz genommen, welche p. I14, 2 zwischen xaxa
Chasalus setzt er 22, 4 und 28, 23 an sv xfj ;;s5ia5t, ti Xpuasa und dem Berge Horcb liegen. T.ige, ein gcwilJ
TlOfi "6 Spo; Haß(i>p. 8 Millien von Diokaisareia. wenig mit genaueren Itinerarmessungen vereinbarlicher
Etvra auf halbem Wege zwischen Chasalus und Dio- Maßstab, erscheinen noch in den Distanzen p. 8, 8
kaisareia liegt Xazareth. das er aber trotzdem nicht zwischen Thamara und Mapsis ein Tag (auf dem
von Diokaisareia aus. sondern (15 Millien!) von Le- AVege von Chel)ron nach dem Castell Ailam); p. 116,
geon aus bestimmt. Aendor liegt p. 34, 10 im Süden ii) /.wischen Castell Caecaria und Petra ein Tag;
des Berges, 4 Millien von ihm entfernt, Sulem p. 158, p. lOG, 15 drei Tage zwischen Pharan und Castell
125 Millien südwärts, Naein p. 140,4 l2Millien süd- Aila. Damit ist zusammenzuhalten, daß die Tabula
wärts 7:/.T,3£ov Asvitöp. Das sind doch keine Messungen Peutingeriana die Straßenzüge bis Ailan, also bis an
an der Landstraße! Der Thabor (562°" h.) erhebt sich das Rote Meer, führt; freilich fehlt jede andere Be-
450 — 400" über seine nächste Umgebung, zum Teil stätigung eines südlich über Petra reichenden rö-
mit steilen Abhängen. Diese Messungen hat Eu- mischen Straßenbaues,
sebius von jemandem erhalten, der von einer Ansied-
Wenn nur die Ang^aben, die er bietet, immer einwandfrei wären! Selion
Hieronj'mus hat, ohne sonst viel zu ändern, die Distanzangabeii gelegentlich
beanständet: das tut er, den Hebraei folgend, bei Ailom (Aia/oii) p. nj, 17 und
bei Anob = Betoannaba oder Bethannaba, weil es pleriqiic afßrincint, p. 21, 19.
Auch hat Thomsen die Richtigkeit einer nicht geringen Anzahl von Messungen
bestritten, und wenn auch seine Zweifel vielleicht ab und zu eine andere
Lösung verstatten dürften, wird er wohl in den meisten l'ällen recht haben,
und es ist g'ut denkbar, daß, wenn wir mehr von der Lage der antiken Orte
Palästinas wüßten, die Zahl der einer Verbesserung bedürftigen Messungen im
Onomastikon vor unseren Augen iU)ch anwüchse. Thomsen ist übrigens augen-
scheinlich ab und zu zu nachsichtig gewesen. Er läßt es z. ]i. passieren, daß
p. 60, 7 Gerara 25 Millien südlich von Eleutheropolis erscheine; ist dii- von
ihm wiederholte Gleichung von Gerara und dem Chirbet umm dscharrar") richtig,
", Prof. Musil, den ich darüber befragt habe, der bisher üliliclien Identification.
Icennt den Ort genau und leugnet die Zulässigkeit
Ein Straßennetz in Eusebius' OnomastiUon? I27
und hat auch wirklich Eusebius den Namen Gerara auf den g-leichen Ort
bezogen,*-) dann mußte Thomsen hier die Abmessung- beanständen; Gerara
ist dann in der ],uftlinie über 32 Millien von Eleutheropolis gegen WSW
gelegen.
Ich darf mir wolil nun erlauben, meine Ausführungen zusammenzufassen. Was
Eusebius in seinem Onomastikon an Ortsbestimmungen und Wegdistanzen gibt,
ist für uns schon deshalb beachtenswert, weil unsere übrige Quellenmasse zu
dürftig ist. und weil Eusebius, als Landeskiiul und inmitten der geistigen Bewegung
seines Landes stehend, sich leichter als andere ein zureichendes Bild von der
Besiedlung und den Geschichtsvoraussetzungen Palästinas bilden konnte, in dem
Interesse für diesen Gegenstand begegnete er sich mit seinen Zeitgenossen; die
Periegese des Heil. Landes, die der Pilger von Bordeaux verfal3t hat, deckt sich in
manchem so mit Eusebius, daß wir vermuten dürfen, beide hätten die gleiche
Quelle benützt; der Jude, der den Hieronymus in der LTrsprache des Alten Testa-
mentsunterrichtete, und andere (vgl. plcriqiic bei Hieronymus a. a. O.) begutachteten
einzelne Ansätze des Onomastikons. Wie viel Eusebius aus dieser Literatur zog,
wie viel aus den im Buchhandel vertriebenen Itinerarien und Straßenkarten, wissen
wir nicht; diese literarischen Anlehnungen verstehen sich bei einem so belesenen
Mann fast von selbst. Dazu muß er von Angehörigen einzelner Klöster, vor allem
wahrscheinlich in Eleutheropolis, Jericho, Jerusalem und auf dem Berge Thabor
verschiedenes erfragt haben. Was er so gewann, hatte wohl verschiedenen Wert.
Eine auf Actenstudium beruhende Überprüfung dieser Angaben durch Eusebius ist
unglaubwürdig-. Was Eusebius mit den Distanzangaben und den topographischen
Bestimmungen gab, war für Leser bestimmt, die das Land kannten; es sind Behelfe
für sie, nicht allzu reich bemessen. Einen Überblick über das römische Straßen-
netz des Palästina seiner Zeit wollte er nicht geben, und wir dürfen daher auch
aus ihm das Straßennetz niclit zu reconstruieren suchen. Wir können vielmehr
seine Angaben nur dort für die römischen Weganlagen verwenden, wo wir andere
Zeugnisse für die römi.schen Straßenzüge haben, also nur in zweiter Linie.
Wien. W. KUBITSCHEK
^-) Das kann freilich fraglich erscheinen, wenn Eusebius zum Mosaik Mitt. d. Geogr. Gesellschaft in
man die Lage der Orte auf dem Mosaik von Madeba AVien 1900, S. 351 ff.
vergleicht; meine Auffassung über die Stellung des
ArztcinschriftL'ii aus l^phcsos.
Ä£l i H er euDcTOYACKA?
I lMOYÄC»APX©yA FXONT© cTcasH-
■'JN CTNTArj^\KT©C-W©YHfOT^iS._ .
-Ji.€NA!NfAP©C ÄPXI-^POC'lrTlPo
^ JXJATPOC" oFrANU3H"l^"AlA!l
Die im folgfondcn in Facsiniile wioderycgebencn Inschriften wurdi'u in der
letzten Grabungscampagne (Herbst n.)04) bei der Freileynng des westlichen Teiles
der sogenannten ,double church' in den Budrumia gefunden, teils lose im Schutte
liegend (^, i/. /), teils an verschiedenen Stellen der Mauern verbaut. Wenn ihre Ver-
öffentlichung schon
jetzt erfolgt, wo die
Grabungen an der
Doppelkirche noch
nicht vollendet sind
und ihre Fortsetzung
vielleicht noch wei-
tere Steine derselben
Gruppe liefern wird,
die über einzelne, dun-
kel gebliebene Punk-
te Aufschluß geben
können, so geschieht
es deshalb, weil das
gesicherte Hauptre-
sultat neu und einzig-
artig ist und auf all-
gemeineres Interesse
rechnen darf
a) Marmorquader,
in der Ostwand des
Xarthex des westli-
chen Teiles der Dop-
TAC ©YC lAClHf ASüJCfTPöd
.1(0 i[~]; '-H.oi'o; TOO "A^jx/.jr^-
[oL-z^Co-/ äyjiovoilsToOv-o; ~iov iisyäXfov
Wrjvj.i^Ti'.v.w/f £]'.vo'j äpytaipoO tö 5'. o'ße svst-
. . '/z:yy)y;[y.;- lio. A;a:o]: Mivzvo^io: äs/Latpö:. -yj-
,j/.Tj[i7.Tc: ]c äp/ia-^od;. öpyy.vfov llo, Ai'Ä'.-
or äyxil-fj "'V/r,
'E-fJsatwv -oi; ä/:ö xoO Mouasiou
pelkirche verkehrt ein- ,„ rj^-^^^r- i^y,\^_ . .]„)v r;Ye|i.ü)v 'VaxXr^-ios
gemauert. Hoch 0-28'", i-^r, -i: il-ja:a: r,5i"): -po7-
breit o-43"') dick 0-43"'. ./r,|i[ ] i-^'j\vj<x-j'.iy/fpzy
Die Buchstaben sind -,,;- j.j^; -,^.-j ^-/(ovs; yuEoz;:?] . i)a/./.dc v'
0013 " hoch.
Z. I. Den mit iii: beginnenden Datierungen kcMuite eine soU-Ih- dunli den
eponymen Gemeindebeamten (Iv tö) It}. -oO OEiva £V'.a'j-:]('). aljer auch anderes voran-
gegangen sein.
A rzt ein seil rilten aus Eplies
129
Z. I — 4. Die Datierung scheint durch drei Personen gegeben, wenn auch
nicht ausgeschlossen ist, daß der Espsuc Wnv.'kr^ri'.oi} zugleich der Äp/wv beziehungs-
weise dieser zugleich der Agonothet ist: i. den Asklepiospriestei-, 2. den Vor-
stand, doch wohl der Ärztegenossenschaft, 3. den Ag-onotheten des Festes; weil
letzterer ein Archiatros ist, wird man geneigt sein, den Namen eines Asklepios-
festes zu erg-änzen, wenn auch ein solches für Ephesos bisher nicht bezeugt ist.
Z. 5. Die Ergänzung- ist durch Heranziehung von bc gesichert.
Z. 6. Das Wort y/tpoupyta; füllt den Raum nicht ganz, doch reicht dieser
lange nicht aus, nm äpxcaxpo; vorher einzusetzen; sollte etwa noch v£(o)T£poc) dage-
standen haben (vgl. J)? dann könnte man in Z. 4 TTo. OOryStou To'jcf£]tvoij ergänzen,
was gerade füllt.
Z. 9 ff. Der Sinn dieser Zeilen ist leider nicht klar zu erkennen, nur soviel
scheint sich zu ergeben, daß den Ärzten vom Museum von irgend jemand (dem
Asklepiospriester?) bekannntgegeben wird, daß der Gott ihre Opfer gnädig ange-
nommen hat (VJSIwg 7i:poi;[£5£caTO?). Einzelne Ergänzungen ließen sich vielleicht
wie folgt denken, 'ü Ociva (derselbe oben als Askle])iospriester genannt) 'Ec;;]£af(ov
tot; a.nb TOü Mo'jcj£(ou | [tatpots yjy.i^ziv. 0 £Oii£]vT;[g fj]|iwv Y|'£|i(ov AaxÄyj-'.oj |
xaMTCsp] Ttp6[~£pov] -ca; ibatac; ifimc, r^^oc^^zoitaxo. b osbjy. . . xö|<.[....] syjiivaaiap-
yjt'jiy i xar^ oualv toO ayövo; ijiiip'xi.c . . . tl^aX^o; v'.
Z. 1 3. i>aXXo; v' kann doch wohl nur den Agon selbst als den fünfzigsten bezeichnen ;
in dieser Bedeutung ist D'aXXi; durch Papyri bezeugt z. B. Amherst Papyri ed.
by Grenfell and Hunt 1901 II 90, 9. (a. 159 p. Chr.); Berliner P. Urkunden 538, t,^.
b) Auf der Schmal-
seite einer Marmor-
quader, deren Lang-
seite d trägt. Hoch
0-30 '", breit o"4o "',
dick o-8o '". Buch-
stabenhöhe 0^030 '".
Gefunden unter der
Wölbung nördlich der
I^OSnAIAIOS
l/ihn-fiAihiox
Westapsis der Dop-
pelkirche im Schutt.
c) Marmorqiiader,
hoch o-3o"', breit o'39"',
dick o'öi '". Buch-
a.A . . . txo|'j
otjos £V£t7.rj'3[5'.v] -6v ä[7(T)]va xwv
faxpjwv, a[u]vTä[7|-ia]To;- Ho. AiXioq
r?]Äuxwv, x£'.po[upY:](ov Ho. AI'a'.oj
äp-/_La]i:pö;. Tzpo'f/Jiixxzoi'
J.ibresbcfte de
chUol. Institut« 11,1. VIU.
.1. Kril
stabenliöhe o"03o"'. XoiiU'ok«' iIt Westapsis der l^oppclkirclu"; in dir Wand
vermauert.
Die durch äuücre Merkmale gfcgenwärtig nicht naohw eisliari- ZusammiMi-
gehöriofkeit der beiden Steine ergibt der Inhalt.
Z. 1. Wenn man i.i als vollständigeres Exemplar heranzieht, so kann das
x/, . . . ixcu nur das Ende des Namens des AgMnothcHen sein: den erhaUiiuMi Resten
würde z. IV . . (a Aiovixo'j entsprechen.
d
W^T^¥¥W^^KTKiöWM^M^^
öpYxJvwv llo. Ai/.;cc 3Hv[av-
opoc] vawTEpo;) [xz]: llo. .M'Äic; Is-
xoOvoJoc •j[iol] ifevxvofO'j
[ipX'.XTOoO ]
5 iY'jjivscJsiäpy/jCJcV 6i to [|5'y
-aü 5u3lv i]o'j äyiovo; r;[i.£p[«'.;
Lang'seite von /'. llocho'jo'", breit o'So'", dick i j-p)'". IJuchslabenhöhe oo^o'".
Z. \. In der später völlig" ausg-emeißelten Zeilt^ kann nur eine Titulatur des
\u:.'jz -Mevx'/opo; enthalten g-ewesen sein, die auch schon am Ende der Z. 3 be-
gonnen haben kann; sicher ist nur äpy-.atpoO zu ergänzen, aber wahrscheinlich be-
kleidete der berühmte städtische Arzt damals gerade noch ein anderes städtisches
Amt, das in der Inschrift hervorgehoben wurde; man könnte auch mit Heran-
ziehung von CIGr n. 5877 (= IG XIV 689) äpytatpoO r^,; -i'/.tf)z zb x, was gerade
füllt, einzusetzen versuchen.
Z. 56. Nach dem T sind sichere Reste des O erkennbar, so dal.! auf
diesem Steine nicht wie .sonst töjv [y.zpOvy, wofür auch kein Raum surlianden
ist, gefolgt sein kann; vielleicht war die Iteration d'T dymnrisiarchii' hiTVor-
gehoben.
Ärzteinschriften aus Epliesos
131
üol ADJ.O'j Msvävopo'j äpyita-poO,
öpyavo'j' llo. ()'>/j5io; 'l'o'j-X£tvc; äpy;:axpd;
xoO äytövo; S'jaiv yy[i£pa:; A. 'lo'jÄi'öu
Jl'jpwvo;
In dem südöstlichen Ziegelblocke der Doppelkirche (westlicher Teil) ein-
g-emauerte Marmorquader. Hoch 0-29 '", breit roy.s'", dick o'37 '". Ruchstabenhöhe
0*028 '"; die auf der rechten Stirnfläche befindliche Inschrift bezieht sich nicht auf
die ärztlichen Agone und wird hier übergangen.
IIo. AiA'.o- Jl=]77.v5po; 7.y/_:7.[zp]i;.
öpyävo'j" llo. A^iAioc, üszoOvoo:
Y'j|ivatjiap/JoöVT:o; -ctov iscTpiov xat;
ToO äytovoc ojijaov 7^|ilpzL; llo. Br^Sfo'j
; ... ]v5ovxoj
Links gebrochene Marmorquader, im Seitenschiffe der Doppelkirche südlich
der Westapsis vermauert. Hoch 0-28™, breit 0-56"', dick? Buchstabenhöhe 0-028'".
Z. 2. Statt öpyxvo'j könnte ebensowohl opyävcov. opyävd) oder öy^'ho:;; ergänzt
werden.
Z. 5. Das Cognomen könnte Xnivoovco; gewesen sein; dann hätte man das
Wort nicht mit der Zeile anfangen lassen, sondern in die Mitte gerückt.
13-
J. Keil
g
KMÄl'M'AF
ai)viäY[ia[T]:- llo. [.
7ipOjiXr,na-L- llo. .\i'[Ä'.o
öp[7ävoi|;- llo. A;Ä[to;
Aauxpüov a'j[
■/£'.f.o'jpY[a.
Rechts gebrochene Marniori|uador, in der Ostwand des Xarthex der
Doppelkirche, westlicher Teil ineheu 4;) vermauert. Hoch ()•.:(>'", breit o- (»)'", dick?
Buchstabenhöhe o"026 '".
Z. I. Bei dem letzten Buchstaben ist die Entscheidung- zwischen P und B
unmöglich: bei letzterer Annahme ließe sich iler sonst häufig vorkomnunule .\aine
des II. Bt(0;o; Toutf sfvoc mit einiger Wahrscheinlichkeit einsetzen.
Z. 3 4. bietet der Ergänzung Schwierigkeiten; entweder hat der genannte
llo. Ar/.:[oc Axii3tp:<üv zwei Cognomina besc>s.sen oder es sind zwei nur durch das
Cognomen unterschiedene Sieger anzunehmen, wie auch in J und c zwei Söhne des
Mivavopoc als solche erscheinen; für das nach Aaiiapüov folgende au weiß ich keinen
andern Ergänzung.svor.schlag als a'JYY-'^/? (beziehungsweise cuyysverL:) Msvxvopo'j;
Parallelen für eine derartige Hervorhebung der Verwandtschaft mit berühmten
oder in hohen Stellungen befindlichen Personen sind häulig-; für Ephesos bieten
besonders die 1904 gefundenen Listen der Mitglieder dos Kuretencollegiums viele
Beispiele: also etwa: öpyivoi;. llo. Ar/.'.[o'. rj.'jxwv /.a:
Axji3cp:üJV 'j'j[Yy£V£r; llsvavopo'j
xpx:]a-pö;.
Ajrxtos
äpyj'.a-cpös
IIo.] Ar?.io;
i]pX'.3:-pö,:.
Links gebrochene Marmorquader, hoch
0-35'", breit 0-28 '", dick 0-38 "'• Buchstaben-
höhe 003 '".
'<iM#
Ar/.lclrlMliriltci aus Ephesos 133
/
llo. AtÄ:[o;
öpyavo[u-
y'j]!ivaa'.[af/oOv-o; tiov iz-pwv tat;
[5'jaiv ToO zytövoc 7,|i£p7.:{ ]
Linkes oberes I'xk einer Marmorquader, hoch ciy'", breit 0-30 '", dick
0-235"'. Buchstabenhöhe 0030'". Die durch den Inhalt g-egebene MögHchkeit, das
Stück an / anzuschließen, wird durch die Buchstabenhöhe wie die Zeilenabstände
ausgeschlossen.
Die Zusammengeliörigkeit der hier geg-ebenen Inschriften ist evident, ihr
Inhalt durch Vereinigung der sich gegenseitig ergänzenden Stücke in der Haupt-
sache leicht zu erkennen. Es sind Aufzeichnungen von Siegern in medicinischen
Agonen, welche folg-ende vier Wettkämpfe umfassen: a'jvxxyiiaxoj, 7üpc,jAr(|ia-:o;.
■/iipo'jpyta; und öp-'äviov.') \'()r;ius ging die Jahresdatierung durch die Angabe der
bei der Feier der Agone beteiligten Functionäre, des Asklepiospriesters, des Vor-
standes der Arztevereinigung- und des Agonotheten; nach Aufzählung der Sieger
folgte die Angabe des Gymnasiarchen; nur in a ist noch ein weiterer Zusatz
erhalten, welcher auf die mit der Festfeier verbundenen Opfer an Asklepios
Bezug hatte.
Für das Verständnis der einzelnen Wettkämpfe empfiehlt es sich, von dem
einfacheren auszugehen. Was ein Agon /E'.po'jpyfa; ist, kann keinem Zweifel unter-
liegen, da wir dasselbe Wort heute noch für denselben Zweig der Medicin ge-
brauchen wie die Griechen; auch der Agon opyävo)v ist hinreichend klar, opyava
ist der unzählige Male bei medicinischen Schriftstellern vorkommende Gesamtname
für die medicinischen Instrumente, deren Erfindung und Herstellung- im Altertum
mehr als heute zu den Obliegenheiten des Arztes selbst gehörte. Schwieriger ist
die Deutung der Agone auvcscyiia-ro; und irpoßXrynaixo;. Syvxocx-cew wird an verschie-
denen Stellen vom Arzte gesagt, der dem Kranken ein Heilmittel verschreibt
oder sonstig-e diätetische Vorschriften gibt,-) und auviayr^ erscheint als Bezeich-
') Dies ist die im allgemeinen eingeiialtene oXm-i cfU3i; 'tOjO-i, r] "vifoj-jcv vj äTro^oXr/v ''q %'kXo
Reihenfolge; nur in ^ sind die beiden letzten Agone i'. -zöri -oioäxtuv -xac ';a.p exst 'tö Xuvitags xoioü-6'/
vertauscht. ■zi 3rj|iaiv£i, s-cags TOÜTt;) toö-o &- xa-aX>.r)J.ov zpög
-) Plut. mor. II 786 (an seni resp. g. s. 4 extr.) ir,'£stav xa'i. IvcafSS-a 10 au|Jißxlvov lxaaT(p tstax-ai
. . voco'jvTi auvsTags -/.txÄ"(jv ö caTpdg; Marc. Antoninus ko); aii-(^ y.a-aJXtjXm "pöj tri'/ £t|iapnivr(V; Soranus
comm. V 8 in. 'OkoXo'/ *£ saxt TÖ Xe-f6[isvov, o'i v. Ephesos p. 20 B. xaS-ra |xev ouvxay.-aov gjil y.aia-
2uvi-:ag= ö 'Aay.?,r/raö5 -ioö-Lii) tTireaaiav 73 tjiuxfoXo'jotav ;:auo|iäv-/]s ("/caSupastu;) ; id. 273 D: xal vOv Ss irjv
•ij ävurcoSr^aiav, xoivjzi'i ko-\. •/.«'; zb Xuvsxags ■'!] ~Syi iT.\.\iiXzia.i x^g fl-£pa;t={x; mz irl oTS-fv?;; auv-a-/.-
13 J .1. K.il
ming für diese Vorschrift."') Für jüvTayiia winl man jcilcn-h iHHh'iikcn tragen
müssen, diese specielle Bedeutung bei unseren Agxinen ohne weiteres vorauszu-
setzen und vielmehr die allgemeinere wissenschaftliche Abhandlung bevorzugen,
wobei man immerhin daran denken kann, daß der medicinisch-technische Gebrauch
des Wortes ouvTa-isiv mitgewirkt haben niag\ dai.i man einc^ medicinische Sehrift
kurzweg so bezeichnete. Ist dies richtig, so wurde in einem Ag"on die beste ab-
gelieferte medicinische Schrift prämiiert. Noeli tlunkler ist der vierte Wettkampf
-zz-j/,i,nx-^z. Haben wir darunter einfach die Lösung einer bestimmten von der
Commission gestellten medicinischen Aufgabe zu verstehen, wie das Wort besonders
in iler philosophischen .Sprache ganz gewöhnlich verwendet wird, oder handelte
es sich darum, in schwierigen (problematischen' Fällen die richtige Diagnose zu
stellen? Der Arzt Caelius Aurelianus verwei.st auf eine Schrift mit dem Titel
problematica.M Mir ist das erstere wahrscheinlicher. Man mül.He dann den Unter-
schied zwischen den beiden Agonen crjVTäyjia-o; und 7i(>o,j/,T(|ixi;o; darin erV)licken,
daß im ersteren die beste eingereichte Arbeit über ein freigewähltes Thema, im
letzteren die beste Fosung einer von der Commission g-estellten Aufgabe preis-
gekrönt wurde. Mit diesen Frwägungen steht auch eine andere Frage im Zu-
sammenhange, von deren Beantwortung die richtige BcurteiUmg der Agone ab-
hängt. Die medicinische Abhandlung (a6vTay|ia) kann, wenn die oben vertretene
Auffassung richtig ist, nicht an den zwei Tagen der Prüfung abgefaßt, sondern
nur eingereicht worden .sein: wie verhielt es sicli aber mit den ülirigen Agonen?
Wurden sie an den zwei Tagen selbst ausg-etragen oder an diesen nur die während
des letzten Jahres von jedem der Bewerber erzielten Leistung-en beurteilt? Der
Agon -po,j/.if,[ia-o; in der angegebenen Auffassung läßt sich so wie so verstehen.
Für den chirurgischen Wettkampf erscheint es aber schwer möglich, daß man
gerade zur Zeit des Festes immer Material zur \'erfügung hatte, um die Geschick-
lichkeit des Bewerbers praktiscli zu erproben, und was die Organa betrifft, so
wäre es .sinnlos und praktisch unmöglich, ihre J-lrfinJung oder Herstellung an
den zwei Agonaltagen zu verlangen. (Jhne, mangels näherer Nachrichten, über die
Art und Weise der Wettkämpfe eine sichere ]-".ntscheidung treffen zu können,
wird man doch der Annahme geneigt sein, daß an den Tagen des Festes die
besten Leistungen der Arzte während des abgc^laufenen Jahres mit Pr<Msen be-
-ivf. Diodor I 70 -ri -ty. r/,v iia'.TXv i'jjjn=-f.0); -ö-i CTiiixy/yV •/.».■. oiv-y.-,'/,; ?30ji£vo; -xpi toO
z'rize.-3.-;]Uvx. "Ac-/./.r,-toO ....
'j Arlemidor II 44: -'//j.'-yj- övsifO-j; äva-,'fa'],a- *) Cliron. III 3, 4'>:.. sed passionis genus
;ii/«'iv y.al |iä/.'.3Ta suvta-.'is xai 0-Sfa-=!a; -i; pliilonii in problemuticis ilnliinis nos iturum
6-Ö laj;it:i?oj ?oi>-s{ia; idem. V 89. lioii Ti; vojmv polliccniur.
Ärzteinschriften aus Epliesc
135
dacht wurden. Damit aber erhebt sich der Ag-on über eine Art Prüfung- junger
Mediciner zu einer Anerkennung" der besten Leistungen aller Ärzte der Stadt.
Unsere Agone in der erstgenannten Art aufzufassen, verbietet übrigens schon der
Um.stand, daß unter den Siegern wiederholt äp/iaxpo;, also öffentlich ang-estellte
Gemeindeärzte sich befinden, die sicher erprobte Arzte sein mußten.
Die \'eranstaltung- der Ag-one ging allem Anscheine nach von der epliesi-
schen Arztevereinigung' aus, welche sich oi 'j.tJj toO .Mo'j^sto'j tatpot nannte. Diese
war bereits durch eine von Wood publicierte Grabschrift bekannt, in welcher
es am Schluß heißt: (I. from tombs etc. p. 8 n. 7 Z. 6 f.) xv]; aopoö xTjOOvxat xö otvs-
5p:ov, ol hl 'E'f£7(p ä-ö xoO Mouactw taxpot. Sie schloß sich also an ein Museion, von
dem wir g-leichfalls bereits durch eine, aus der Mitte des zweiten Jahrhunderts stam-
mende Inschrift Kenntnis haben, welche bei dieser Gelegenheit veröffentlicht sei.
Sie steht auf einem 1898 in der Orche.stra des Theaters gefundenen Marmor-
blocke (Eph. Inv. 302, hoch 0-37'", breit o-6o"', dick 0-58 '"), der, wie zwei Fuß-
spuren auf der oberen Fläche beweisen, bereits früher verwendet war.
OinEPlTOMOYSElO
nAlMYTAI^n-OYhEl
TONE/VYTßNEYEPrET H
0[ Tisp: -0 Mo'jacLOV
TtaiScDxa! II. ÜOr^Stov
Avxwvstvov (7.ato'.p/j;v
xov iy.-i-.üyt E'jcpyixy//
7.y}. -/.-[nTi^t -'f.: r.y.x'jiooz
Die Datierung ergibt die Persönlichkeit des bekannten Wohltäters von
Fphesos P. Yedius Antoninus (Prosopogr. Imp. Rom. III 390 n. iii).
Es gab also im zweiten Jahrhundert in Ephesos ein JNIuseion, dessen Organi-
sation, wie die verwandter Anstalten, dem berühmten alexaiidrinischen Institute '')
^) Ein Arzt fungiert dort im 3. Jalirli. als Vor- Xp'jsspuoy 'HpazÄsiTou "AÄs|av5(;=a -ov aTffSvv) ßotat-
stand des Museums; Bull. hell. III 470 n. 2: Xiio- JlToXsuatou, •/.od ä^rffVi-Tjv, y.ai ir.i xräv iaxpmv
130 J. Koil
nachgeViildet war und das vorwiegfeiul wissenschaftlichen Zwecken diente. Wir
sehen, wie sich in Ephesos die Vereinigfung- der Professoren unil der Arzte an
das Museion anschliel.k und liahon durch ilie hier veröffenthchten Inschriften i-inon
Einblick in die Mittel s^ewonuen, durch welche die Arzte sich für die Förderung'
der Wissenschaft bemühten. Professoren und Arzte in so paralleler Weise organi-
siert zu finden, hat nichts Überraschendes. Zahlreiche Vercu'dnungen der römi-
schen Kaiser nennen bei Befreiungen von Abg-aben und Erteiluny sonstiger
Privilegien die beiden Stände vereint/') gehörte es ja zu den Hauptpilichten der
öffentlichen Arzte, durch gründliche Unterwei.sung eiiKni tüchtigi'n Nachwuchs in
ihrem Fache heranzubilden.
Die Arzte speciell aber schlössen sich wie ülierall so auch in E|)hesos an
ein Heiligtum ihres Patrons Asklepios, von dem wir hier allerding-s bisher noch
gar geringe Kunde haben. Außer in unserer Inschrift a ist ein Priester des Gottes
für Ephe.sos bisher nur durch die (späthellenistische) Agonothetenliste der Diony.sien,
Inv. n. J55 bezeug-t, wo es heißt: Z. 5 rechts: Eußio; no£a|:)(ovo; tspsu; Wr/A'/Mvoz
IT'j\k'G'j xx: ispi'JC "A3-/./.r^;:'.0'j -f.'jTav£'j7x; Y.y.l äywvoilsTTjaa; ~ä A'-ov-jarya (sie) ix xtov
•2'wv. Sonst fand sich bisher nur noch ein Altar mit Weihung an Hygieia (im
Jahre 1903 vor der Bibliotheksfront lautend: 'E-r.fxv£t | \Hy. Tysta (sie). Aus dem
Umstände, daß sich (in der vorigen Camjjagne) eine ganze Reihe von Arzte-
inschriften, darunter auch kleine Frag'niente in dem älteren westlichen Teil der
Doppelkirche vorgefunden haben, kann mit der nötigen Reserve vermutet werden,
daß das Asklepiosheiligtum in der Nähe der Doppelkirche gelegen hat, vielleicht
das christliche Gotteshaus direct an seine .Stelle getreten ist.
Die in unseren Inschriften wiederholt vorkommcTidc liezcichnung äf.y.s'.Tf/ö;
(in i' äpy_:taTf.dc) geschrieben, die ihrem Wesen nach einen Arzt vor anderen her-
vorhebt, erscheint in.schriftlich zuerst gegen das Ende des zweiten Jahrhunderts
V. Chr. als Titel der Leibärzte hellenistischer Fürsten, Antiocluis IX. von .Syrien')
und Mithridates des Großen*) und wird in der literarischen Überlieferung zuerst
dem Themison aus Laodikeia, dem Begründer der methodischen .Schule (Mitte
des ersten Jahrhunderts v. Chr.) beigelegt.") In der ersten Kaiserzeit wird der
berühmte Leibarzt des Kai.sers Claudius C. .Stertinius Xenophon,'") der des Nero
Y.'xi t-:z-.'j.-.y;i -'A M^'jisicj; v;;!. Ziebartli, Vereins- Orient. Rr. inscr. sei. 25Ö.
Wesen 98. *; Bull, de corr. hell. VII '1SX3) 359; Kcin.ich,
*) Z. B. Pig. XXVir I, 6, 2. Dig. I, 13, i, i: Mithriflates F.up.itor .S. 281 der deutschen Übers.
— tnedicorum .. eadem causa est quam professorum °) Scliol. luvenal X 221.
Criil. Just. X 52 (de profcssoribus et mcdicis). '"; )'aton, Inscr. of Cos. n. 345 (äpyjaxpog -(üv
■) Bull, de corr. hell. IV fl8So) 218; Dittenbcrgcr, \\-zw, ils^aa-rtV/; vgl. VIR III 273 f. n. 666.
Ärzteinschriften ans Ephesos 137
Andromachos") sowie vielleicht dessen gleichnamiger, um die Heilmittellehre ver-
dienter Sohn so genannt.'-) Dann wird das Wort in Inschriften und Texten
häufiger und bezeichnet in der späteren Kaiserzeit vorzugsweise und technisch
die öffentlich angestellten und besoldeten Ärzte des kaiserlichen Hofes und der
städtischen Gemeinden (archiatri palatini — archiatri populäres), an die sich die
archiatri Vestalium und archiatri Xysti anschließen.'-') Für die Erklärung unserer
Inschriften kommen nur die öffentlichen Gemeindeärzte in Betracht. Wie die
seit dem sechsten Jahrhundert für uns auf griechischem Boden bekannte und
durch zahlreiche Beispiele für die verschiedenen Epochen belegte In.stitution
öffentlicher und von der Gemeinde bezahlter städtischer Ärzte '^) in der Kaiserzeit
sich weiter entwickelte und seit wann diese Functionäre officiell den Titel Archiatri
bekamen, darüber sind wir nur unvollkommen unterrichtet. Ein an das Kolvöv
^ata; gerichteter, aber für das ganze Reich bindender Erlaß des Kaisers Anto-
ninus Pius erlaubte den Gemeinden je nach ihrer Größe die Gewährung der
Immunität an 5, 7 beziehungsweise lo Ärzte, ohne sie zur Ernennung dieser vollen
Anzahl zu verpflichten.''') In diesem Erlasse, der für uns hier deshalb von be-
sonderem Interesse ist, weil er, an das Koinon Asiens gerichtet, für die hohe
Entwicklung der Organisation der Gemeindeärzte in dieser Provinz Zeugnis ab-
legt, wird der Name archiater weder in der lateinischen noch in der griechischen
Fassung gebraucht. Er erscheint vielmehr in dieser Bedeutung für uns zuerst in
einem Edicte des Kaisers Constantin aus dem Jahre 321.'") Ihre Ernennung er-
folgte in den vom Kaiser festgesetzten Grenzen durch den Ordo,'") welcher auch
die sich ungeeignet erweisenden wieder absetzen konnte.'"*) Von ihren Amts-
pflichten erfahren wir, daß sie die Armen unentgeltlich behandeln '■') und daß
sie medicinischen Unterricht erteilen mußten.-") Dafür erhielten sie außer der
Immunität auch Gehalt.^')
") Galen XIV 2 ; über ilin Wellmann hei I'auly- ad Volusianum: Medicos, et niaxime archiatros vel
AVissowa I 2153 f. ex archiatris . . . una cum uxoribus et filiis nee non
'-J Erotian praef. wenn anders der dort ange- et rebus, quas in civitatibus suis possident, ab omni
redete äpx'K"pöj ^ivSpönaxü; mit Klein i^Erotian X functione Omnibus muneribus civilibus vel publicis
2g) und Wellmann (bei Pauly-W'issowa I 2154) von immunes esse praecipimus . . . mercedes etiam eorum
dem Leibarzte des Nero zu trennen ist. (codd.) et salaria reddi iubemus, quo facilius ....
'') Vgl- I^- Briau, L'archiatrie Romaine ou la memoratis artibus multos instituant.
medecine officielle dans l'empire Romain. Paris 1877. ") Dig. L g, 1
'*) Vgl. Vercoutre, La medecine publique dans '^) Dig. XXVII I, 4 und 6.
l'antiquite Grecque. Revue arcli. II 3g (1880) 321 ff. '') Cod. Just. X 52, 9.
'^) Digest. XXVII I, 6, 2—4; dazu Cod. Just. ^O) yg]_ p^^^ ,g ^^ .Schluß.
X 52, 5. -') Lampridius vita Alex. Severi c. 44; Cod.
'") Cod. Just. X 52, 6: Imp. Constantinus A, Just. X 52, 6 s. o. A. 15.
Jahreshefte des osterr. archUol. Institutes BJ. VIH. lg
1^8 1. Keil, Anleinschriftcn :ius Kplicsos
Dai3 in unseren Inschriften tue ipy.x-^ol als iiftentliclic (ienieindeär/te
zu fassen sind und ilas Wort nicht etwa nur leiliMulc Ar/te in dem \'ereine
bedeutet, wird kaum bezweifelt werden; es wird zudem dadurch bewiesen,
dalJ der am häufigsten genannte 11. Ai/.io; MlvavSpo; äpyiaipö; mit demselben
Titel in einer der gleichfalls in der letzten Campagne gefundenen Miti^liedtM-
listen des KuretencoUegiums (Ephesos Inv. n. loiS B) erscheint, wo ein Bezug
zu der Organisation der Ärzte nicht besteht. So dürf(Mi wir die Nachrichten
unserer Steine für die Geschichte der Institution der äpy-aifo! = (xemeindeärzte
verwerten. Und in der Tat bieten sie hiefür etwas Neues. Der Agonothet in a
wird als äp/iaTpö; to 5' bezeichnet. Das kann nur so verstanden werden, daü
das Amt der Gemeindeärzte — in Ephesos wenigstens nicht auf l.ebenszcit
übertragen wurde, sondern daß nach bestimmten Zeiträumen — vielleicht alU^
vier Jahre — Neuwahlen stattfanden. So hatte man die Möglichkeit, tüchtige
Ärzte durch die ehrende Wiederwahl sich zu erhalten, ungeeignete dagegen
leicht zu entlassen, wie es durch kaiserlichen Erlaß dem Ordo ausdrücklich
gestattet war.
Unsere Inschriften sind sicher älter als der Krlali Constantins, indem, wie
wir sahen, die archiatri zuerst als Gemeindeärzte in der Literatur vorkommen, aber
ihre Entstehungszeit zu fixieren, haben wir gegenwärtig imr den Schriftcharakter
als Anhaltspunkt. Dieser scheint bei /' — / in das spätere zweite oder Anfang des
dritten Jahrhunderts gut zu pas.sen; dem widerspricht auch a nicht, trotz der
runden E und S und der Form der Omega, zumal die Schrift dieses .Steines ja
überhaupt die Cursive auf Stein verwendet. -*) Leider läßt das Auftreten des Ailios
Menandros in den durch Jahrhunderte .sich erstreckenden Kuretenlisten infolge
der lückenhaften Beschaffenheit des Materiales eine genauere Fixierung dieses
Mannes und damit unserer Siegeslisten bisher noch nicht zu; aber wir haben
allen Grund zu der Annahme, daß die Fortsetzung der Grabungen an jener Stelle
die Lücken der Listen ausfüllen werde, ebenso wie Hoffnung vorhanden ist,
daß beim Reinigen und weiteren Ausgraben der Doijpelkirche neue Funde von
Ärzteinschriften unser Wissen von der interessanten Institution medicinischer
Wettkämpfe in Ephesos erweitern werden.
Ephesos. J- '<EIL
'-; Ein mir augenblicklich zugängliches Beispiel I (1873—1875) p. 100 n. 101. Vgl. auch Wiegand-
für rundes E und .S und oben offenes Omega aus Schrader, Priene S. 53.
vespasianischer Zeit bietet M&'Jietiv v.xl ^iß/.ioJHixr,
139
Die Saveschiffahrt in der Kaiserzeit.
In der gemeinsam mit S. Rutar herausgegebenen Studie „Römische Straßen
und Befestigungen in Krain" glaubte A. v. Premerstein S. ^^ f. die Beobachtung
machen zu können, dal3 ,.der \'erkehr seit dem Baue der Heerstraße Emona-
Siscia in flavischer Zeit die bisher hauptsächlich benutzten Wasserwege der Gurk
und Save fast ganz aufgab und die gebahnte Straße aufsuchte." Sie entspricht
nicht seiner eigenen Bemerkung S. 17 Anm., der zufolge „noch in der Kaiser-
zeit die Gewässer wenigstens für den internen Verkehr von Bedeutung blie-
ben,- und steht im Gegensatze zu einer Reihe von Indicien, welche darzutun
imstande sind, daß die Saveschiffahrt nach wie vor in dem pannonischen Commerz
eine Rolle spielte.
Es ist vor allem außer acht gelassen worden, daß in Zeiten des Wagen-
verkehrs die Flußschiffahrt namentlich für Talfahrten und für den Transport von
Massengütern durch Straßenanlagen keine wesentliche Einbuße erleidet. Daß dieser
allgemeine Erfahrungssatz auch für die römische Kaiserzeit gilt, zeigt die damalige
hohe Entwicklung der Binnenschiffahrt. Die Befahrung des Guadalquibir, der
Loire, Seine, Mosel '), Rhone, Saone, Durance, Ardeche, Ouveze, des Po, des
Corner- und des Gardasees sind genügende Belege hiefür.-) Von unseren Flüssen
besaßen die Donau ^) und die Maros*) sicher und wohl auch der x\lt-') .Schiffer-
gilden.
Ein CoUegium navdculariorum, eine Reedergenossenschaft, bestand nun auch
für die .Save und deren Zufluß, die Laibach, das in Emona das Denkmal CIL III
1077 1 hinterließ.^) . ,'
Emona war auch gleich Poetovio an der Drave') eine Station der Classis
') Vgl. jetzt aucli J. B. Keune, Metz in römi- 1901,325 (mit interessanten Bemerkungen über Holz-
scher Zeit (XXII. Jahresbericht des Vereins für flößerei); Münsterberg-Oehler, Jahreshefte V Bei-
Erdkunde zu Metz) 21. blatt 124 f.
") Vgl. W. Liebenam, Zur Geschichte und Or- ^) Die Schiffahrt ist auf dem Alutus zwar nur
ganisation des römischen Vereinswesens 81 ff; J. P. für das Mittelalter bezeugt (K. Wolff, Geschichte
Waltzing, Etüde historique sur les corporations pro- der Altschiffahrt l8gl, Jung, Mitt. des Instituts für
fessionnelles chez les Romains II 2g ff. und in österr. Geschichtsforschung IV. Erg.änzungsbd. 23
Ruggieros Dizzionario epigrafico u. collegium 347; Anm. 3), doch ist ein Rückschluß ohne weiteres
E. Korneraann, Pauly - Wissowa u. coUegiuiu IV gestattet. Ebenso hat Jung a. a. O. XXII 194
397 f. Anm. 2 gegen H. Nissen, Italisclie Landeskunde
'1 Vgl. die eingehende Untersuchung über die I 306 die .Schiffliarkeit des etrurisclien Auser er-
Donauschiffahrt von C. G. Brandis in Pauly-Wissowa mittelt.
u. Danuvius IV 2123 ff. *) v. Premerstein-Rutar a. a. O. 17 Anm.
*) J. Jung, Römer und Romanen in den Donau- ') CIL III 4025, vgl. p. 1746. AV. Gurlitt, Arch.-
Ländern- ll8f. und Neue philologische Rundschau epigr. Mitt. XIX 22.
I40
C. Palsch
Pannonica. wie man wohl aus dem von \\ l'rcmrrstein'*) ik-m ilritU'ii lahiiunulcrt
zugewiesenen Grabsteine CIL U\ \\,\^\'': l>. M- l- .Ul. .\ixriii<> iiiil[ili) cl[dssis)
l\aiiHouicdc) . . . . schließen kann. Bestimmt führt die Not. dign. Occ. XXXII
36. 55. si- 50 folgende Stationen auf der Save selbst an:") Siscia, Servitium,
Graium uiul Sirmium. '") die ohne Zweifel, zum Teil wenigstens, älteren
Ursprungs sind.")
Für die mercantile Bedeutung der Save sprirlit aueh die starke \'ereliriing
des Gottes Savus längs des FlulJlaufes '-') in Wernegg, '•') Saudörfel 'M und Scilarjevo-
Andautonia; insbesondere macht die Dedication in der letztgenannten Stadt Cil,
III 4009 (vgl. p. 1746): Savo Äug. Siicr. M. Iiivciüins J'ritiiigiiiiiis cl sncii v. s. I. in.
den Eindruck einer von Handelsbeflissenen gemachten .Stiftung.
Mit dem .Savegotte concurrierte in der Wertschätzung der Fhil.ianwoliner
Xejitun. der wegen seiner \'i'rehrung längs iler Laibach und .Save in
Xauportus,'-') Emona, '") in Kiempas bei llrastnigg'') an der Save und in Cate/.
als Gott des fließenden Wassers überhaupt aufzufassen sein wird**) und der mit
dem römischen Namen eine weitverbreitete einheimische Gottheit di>rkt. '■') Daß
man sich an ihn auch als den l*"örderer des Handels waiulte, beweist der Votiv-
stein in Catez CIL III 14354--: .Mcdiis ('. Tro/iili iiigoliiilür{is .scn'iiü) Ncplimn
Oviauo^"), der auf einem für die .Schiffahrt wichtigen Punkte, an dem Zusainmi-ii-
flusse der Gurk und der Save aufgestellt war.-')
*) A. a. O. S. 39.
') über die Bedeutung von Wasserwegen (ur
militärische Transporte vgl. G. Wolff, AVestd. Zeit-
schrift 1897, 36.
'") Marquardt-Domaszewski, Rom. Staatsverwal-
dung II' 506 f; O. Fiebiger, Pauly-Wissowa u.
classis III 2647.
"^ Über die Frage, ob die Save in Trajans
erstem Dakerkriege eine Rolle gespielt hat, vgl. O.
Benndorf, Das Monument von Adamklissi Tropaeum
Traiani 112 f.; C. Cichorius, Die Reliefs der Traians-
säule 11. Textbd. l6o ff.; E. Petersen, Trajans D.ikische
Kriege. I. Der erste Krieg 14. 36 ff.
") Mommsen, CIL III p. 628.
«') CIL III 3896. vgl. p. 1736. 2328*«.
"j Hier hatte er im Verein mit Adsalluta Ugl.
Wissenschaftl. Mitl. aus Bosnien VIII 129) und
wahrscheinlich mit Neptun ein größeres Heiligtum,
vgl. CIL III 5134=11680. 5138. 11684. 5135. 5136
'.vgl. p. 1828. 2328 "> 5137.
") In diesem Orte besaß er einen besser aus-
gestatteten Tempel: CIL III 3778.
1«) CIL III 3841. 10765, vgl. p. 2328i^s.
1') CIL III 5137.
") Vgl. A. von Domaszewski, Corresp.-Blalt
der Westd. Zeitschrift 1896, 235; G. Wissowa,
Roschers Mythologisches Lexikon u. Neptunus 206
und Religion und Cultus der Römer 252 f.
'') Vor der Auffindung der Bindus-Neplunus-
altäre an der Privilica(|uelle bei Bihac (vgl. Wissen-
schaftl. Mitt. VI 154 ff. und VII 33 ff.) führte v.
Domaszewski a. a. O. 234 den Cult des Neptun in
Nauportus und Kmona auf griechischen Einfluß zurück.
^") Der Gott wird hier wohl nach dem Standorte
zubenannt, vgl. CIL XV 4585: (V intim) ex f{uudo)
Oviano n(ostro) oder n(ovo).
■") Prcmerstein-Rutar a. a. O. 30. — Ana-
logien zu dieser Widmung bieten Brambach 1668
= 1678: .... Ncpliino conluberniiim naulariim;
CIL III 10430 (Aquincum): /. o. m. Iniioni Nep-
tiino Haiti L. Viil. Italus opiimo collcgiu ncgolian-
lium d. U. Vgl. V. Domaszewski a. a. O.
Die SaveschifTahrt in der Kaiserzeit 14^
Einen weiteren Beweis für die Benutzung der Save liefern die in Sirmium^-)
und Bassianae-') gefundenen Ziegel aus der wohl städtischen Ziegelei in Siscia/'^)
diu man sich doch niclit neben der Save auf Wagen verfrachtet denken
kann.-'')
SchlietJlich hebt Arrian unseren FIulJ in der hier in Rede stehenden Be-
deutung besonders hervor Ind. IV 15: 5 Sä "latpog d/.t'yo; jjisv mlQ'/zi ccto twv TZ-q-
yewv, oixzzoc'. Ss r.olXfjbc. Txoxanou;, aXXä ouoe izAiid-eC "fao'j; Totaiv 'Iv5wv Tcoxanoritv, o'i e?
zb'j 'Ivoiv xxi -öv räyyea r/.ooooOai. tiXwto'j; 5s Stj •/.äpta dXt'yo'j;, wv to'jc [xsv aOtöc iowv
oioa, xöv "Evov te xai xöv iläov . . . oat'.; 5s xa! äaXov oC5c vaua:'üopov xwv i; xöv "I^xpov
£x5'.o6vtwv, äÄÄä o'j TioÄÄoü; xod oiSs.
Mit der Save als Handelsstraße dürfte auch die Zollstation in Sirmium^'') in
Verbindung zu bringen sein ; ebenso befand sich an der Marcs in Micia eine
Zollstätte.-')
Sarajewo. C. PATSCH
KtXXfßa?.
\Yenn die heutige Archäologie das Antiquarisch-Exegetische auch mit Recht
nicht mehr als ihre hauptsächlichste Aufgabe betrachtet, so soll sie doch nicht
vergessen, dal3 jene Untersuchungen stets einen Teil ihrer Aufgabe bilden müssen.
In den Jahresheften V 170 ist ein auf ein Gestell gestützter Schild,
einem Vasenbild entnommen, abgebildet und der Herausgeber Hartwig schlägt
für dieses Gestell die Bezeichnung , Schildbock' vor; auch Paul Kretschmer,
welcher im Beiblatt VI Sp. 87 auf den Gegenstand zurückkommt, wählt für ihn
die Bezeichnung .Schildgestell'. Allein diesem Gerät läßt sich auch seine griechi-
-'-) CIL in 11377, b. ilire Ziegel auf der Donau, vgl. v. Premerstein,
-^) CIL III 11377, a, wo Petrovic in Pelrovce Jalireshefte IV Beiblatt 140 ; Patsch, Pauly-Wissowa
oder genauer in Petrovacka gradina zu corrigieren "■ Dierna (dazu CIL III 12677). Über die starke
ist, vgl. S. Ljubic, Vjestnik V 68. Benutzung des Main für Ziegeltransporte vgl. "Wolff,
-*) CIL III 4671. Zu den in Siscia gefundenen, Üie röm. Ziegeleien in Nied bei Höchst. Archiv
für die Kenntnis des Ziegeleibetriebes wichtigen für Frankfurts Geschichte und Kunst 1893, 250;
Ziegeln CIL III 11378 — I1386 vgl. Mommsen, O. von Sarwey, "Westd. Zeitschrift 1899, 28.
Eph. ep. III S. 112; Liebenam, .Städteverwaltung -'') v. Domaszewski, Arch.-epigr. Mitt. XIII 136.
im römischen Kaiserreiche 407. ■') Jung, Römer und Romanen llg; v. Do-
'-^) Ebenso vertrieben Viminacium und Dierna maszewski a. a. O. 143.
142 1-". ll.iuscr, K'.ÄX!ja;
sehe Bezeichnung geben: es wird von Aristophanes genannt und das Vasoiibild
illustriert seinerseits die Verse 1122 und folgende in den Acharnern. Camachos
beordert seine Feldausrüstung Stück tiir Stück ans dem Hause hcraiis; nach dein
Speer verlangt er vom Pais:
]')ann weiter :
Unil 1 1 30:
\\x-iyz: tj. -%'., to'j/.x'.ov.
Dieser Schildliock hiel3 also ö xiÄai^jx; und das Schcilion zu dem N'ers erklärt
tO'J; y.ujJ.^xr.xz genau der Zeichnung jener Vase entsprechend: T;p:ax£Äf; t^ü
r.vx C'j/.a. £-^' wv T'.O-ea^i "i; ä'j-ioa; S:avx-au6|^i£Voi, SiisiSxv y.äjuüat t^C/XeiioOvte;.
Die Aristophanesstelle lehrt uns aber d(Mi Zweck des y.:AAi,Jac noch genauer
kennen, als ihn der Scholiast verstand. Die .Stütze war für den Schild vor
allem nötig, um ihn während der Procedur des Einfetteus nicht in zu nahe
Berührung mit dem Boden zu bringen, wobei der Schmutz sich an das ein-
gefettete Metall angeheftet hätte; außerdem war auch ein rascheres Ergreifen
des Schildes ermöglicht, wenn derselbe nicht platt auf dem Boden lag. Als
Schildhalter konnte der Killibas, so wie ihn die Vase zeigt, flach wie ein A
gebildet werden, weil der dritte Stützpunkt vom Schilde selbst geboten war. Als
Tischfuß, Modellierbock {Blümner, Terminologie 11 122) und Staffelei (a.a.O.
IV 430), wofür ebenfalls das Wort v.OJI^jxc. angewendet wurde, mußte das Gerät
aber notwendigerweise auf drei Beinen ruhen; der Schildbock auf der \'ase zeigt
indes.sen, wie ähnlich das Gestell, trotz diesem Unterschied, einer Statfelei (i'annfka,
Parodien und Caricaturen Taf. I 6) bleiben konnte.
Ich bemerke noch, daß die von Kretschmer vorgeschlagene, unzweifelhaft
richtige Auffassung des A auf Schilden, nämlich als Initial vom lühnikon des
Schildträgers, bereits von mir im Jahrbuch 1895 S. 200 Anm. 21 als andere
Möglichkeit der Erklärung ausgesprochen war. .Sobald in einer und derselben
Darstellung mehr al.s ein Schild das A als Episema trug, war iiatürlicli tler Ge-
danken an ein Zahlzeichen erledigt und die Erklärung als Initial die einzig
mögliche.
Korn. \-K. Il.XLSKR
A. V. OomaszewsUi, Schiller und Tacitus '43
Schiller und Tacitus.
Die schönen Verse in Schillers Braut von IMessina 226 f.
Wo das Eisen wächst in der Berge Schacht,
da entspringen der Erde Gebieter
sind eine Umbildung und zugleich die richtige Deutung der Worte des Tacitus
Germ. 43 : Cotinos Gallica, Osos Pannonica lingua coarguit non esse Germanos, et
quod tributa patiuutur: partem tributorum Sarmatae, partem Quadi ut alienigenis
imponunt. Cotini, ([uo magis pudeat, et ferrum effodiunt. Der römische
Historiker findet es verächtlich, dai3 die Cotini, tue das Eisen aus der Berge
Schacht hervorholen, die Knechtschaft erdulden. Deshalb hat v. Premerstein*)
gewiß nicht Recht, aus dieser Pointe zu schließen, daß die Cotini den Römern zu
verächtlich waren, um ein JUiudnis mit ihnen zu schließi'n.
Heidelberg. A. v. DOAIASZI'.WSKT
Fluchinschrift aus Maionien.
Athen. Mitteil. VI 272 f.: "Eiou; C7[.i'. |-ir/v6;) AL)5|[v]atou, 7iapaypac(;£[t] | 'AtioXXw-
vcos TÖ|v jk[5Xrjx6-c3! xb r.['.]\vxy,iZ'.rjy -/.[a]c HP[7:a]KO]TA xa! CYCTOPA tf; | anwlEioc.
Die vom Herausgeber Papadopoulos-Kerameus oifen gela.ssenen Aporien
erledigen sich durch den Wortverstand: Ein Apollonios verflucht — T^apaypacpsw
Singular für sonst ständiges xaTaypä-^eiv oder ypoi-^Eiw — einen unbekannten Übel-
täter, der sich der Beseitigung eines nivaxJoiov schuldig gemacht hatte und ? auvt'oxopa
doch wohl, den Mitwisser der Tat. Die Form erklärt sich als einer der vereinzelten
Fälle, in denen Haplologie, die regelrecht sonst nur bei gleich anlautenden Silben
statt hat,i) als gelegentlicher individueller .Sprech- und Schreibfehler ohne Be-
schränkung auf diese Norm auftritt. Phonetisch erleichternd kommt im vorliegenden
Falle der gerade für die kleinasiatische Koine belegbare Zusammenfall des Laut-
wertes von u und c in Betracht,-) weiters der Umstand, daß, obwohl bei Composita mit
*) Jahresliefte VII 231. Auch scheint mir in im Ancyranum gedenkt 5, 4S et pos[tea tran]s
der von ihm sonst glücklich behandelten Inschrift Dan[u]vium ductus ex[ercitus me]u[s Dacorjum gentes
die Ergänzung |Ouadoru]m et Bastarnarum nicht zu- im[peria populi Romani perferre coegit].
lässig, da die Sitze der Quaden an der Donau für ') G. Meyer, Gr. Gramm.' 302; K. Dieterich,
jene Zeit nicht bezeugt sind. Vielmehr wird Vinucius Untersuch, z. Gesch. d. gr. Spr. I24f.
die Dacier und Bastarner besiegt haben, um dann ^) A.Thumb, Gr. Sprache im Zeitalt. d Hellenisra.
weiter in jenes Bergland nördlich der Theißebene 142; E. Nachmanson, Laute u. Formen der magn.
vorzudringen. Es ist eben jener Sieg, dessen Augustus Inschr. 26; Dieterich a. a. O. 24 ff.
144 .I- Zinjjcrlc. Flucliinsclirifl :ms Maionicn
s-jv. -fdc. £Ü gewöhnlich zwischen den tilietlorii abgesetzt wird, der consoiiantische
Auslaut der Präposition zu vocalischem Anlaut der nächst(>n Silbe g-eschlaufen
werden konnte.-""") Also: oulvtaxiop. ou(vf)aTü)p. aüaxiop. wobei niiiglicherweise nocli
der Anklang an Bildungen wie 3Ü7TT,|13: u. ä. mitwirkte. Als nächste Entsprechung
bietet sich die Schreibung TYMBOXIAZ für vj\ipMp'jyJxi auf einer der termessischen
(irabschriften (Bull. corr. hell. XXlll. kui ii. S), aus denen ich noch noti(>rte:
nPriTONOY für llpoiToydvo'j: TOAETATOYTO = xb ok |i£xä loüxo. beides auf noch
unveröffentlichten, von lleberdey igt): aufi^enoinnietien Texten. — HPKOTA ist
regelrecht von aTpw gebildet, die Ergänzung y^p[(:a]-/.iTa sonach unnötig; vgl. auf
einer anderen maionischen Inschrift (Ath. Mitt. VI 273): STiijiojÄS'jaäv-wv «Otcü . .
y.ai äpdvTiüv ?vypa^a y.xl Ixspa £t5r^ £■/, rf,^ o'.v.ioi^ aOriov /.tä.
Gegenständlich ist die Inschrift in eine Reihe von Documimten einzubc/.ichen,
die in typischer Formelsprache eine mit tlem maionischen ("ulte des Men und der
Anaitis verbundene, ausgebildete sacrale Rechtspflege vergegenwärtigen, in der
die Gottheit noch in urtümlicher Weise ihre Geltung als oberste Rechtsinstanz
innehat, der mit Ausschluß der irdischen der große und kli'iiK» Hader des Tages
zur Entscheidung und Sühne vorgetragen wird.'^) Dies geschieht mittels einer förm-
lichen Klageschrift: -itTäy.tov eSwxev heißt es von einem Artemidoros, der Sühne
für eine Schmähung heischt.'") Daß das -ivaxtocov unserer Inschrift gleich zu verstehen
sei, bedarf der Darlegung so wenig wie die Gründe, die dessen Unterschlagung
veranlaßt haben werden. Im Wesen ist eine solche Denunciation an die Gottheit
behufs Bestrafung des Schuldigen nicht verschieden vom Fluche; so denn auch im
Falle einer Tatias,'') die der "Vergiftung ihres Schwagers bezichtigt war, geradezu:
äpic l{)-T//.£v £v Tö) vato lö; :y.ÄVO-o:oOaa -£pl -oO -£'^rj[i.t3{)-ai xj-r^v £v ^j'/ziZipi zonx'jxrj. Es
ist also hier wie anderwärts 'j wohl mit Beitun einer gewiß nicht uninteressierten
Priesterschaft in ein System gebracht und in den Cult bezogen, was tausendfältig
sonst vom Einzelnen auf eigene Faust als Superstition geübt wurde. Durch die
Aufstellung im Heiligtum wird auch die, wenn man von den Grabflüchen absieht,
ungewöhnliche Fixierung auf Stein verständlich, die auch für die TiivaxtSia voraus-
zusetzen ist, wiewohl in analogen Fällen, z. B. in Knidos, auch die üblichen ~£-aÄa
oder £Äa3{jio: aus Blei begegnen (vgl. Audollent, Defix. tab. CXVI). J. Z.
*) Crönert, Mem. gr. Hercul. 12 f.; Nachmanson, 273, n. 23; .Smyrnacr 'Af.]iv/ia vom 20. u. 31. Mai
a. a. O. 118. IqOO; vgl. Perdrixet, Bull, de corr. hell. XX 58 f.
*) Den Rechtsgang geben zum Teile ausführlich '') Wünsch, Def. tah. alt. XXIII; Ziebarth, Gott,
einige der für Maionicn charakteristischen Sühne- Kachr. 1899 S. I22f. Rousc, Grcek vol. offerings 339.
inschriften. Buresch, Aus Lydien III (f.; Moo:. y.ai '') Xp|iv/£a vom 31. Mai 1900 n. 5.
^_ T. E'j. ^/.. iS*.'^> 1. Xi f. n. 577; Athen. Mitt. VI ') Ziebarth a. a. f). 123 f.
145
Die Vase Vagnonville.
Im Rluseo Nazioiuile zu Florenz ist in einem der unteren Säle eine Vase
ausgestellt, deren interessante Darstellung schon mehrfach abgebildet ist, die bis
jetzt aber immer noch eine zufriedenstellende Deutung nicht gefunden hat. Ich
meine das hier (Fig. ^2) aus Milani, Museo Topografico dell' lüruria fuj (vgl. auch
Milani, Studi e Material! di Archeologia e Numismatica I 65 ; J. Harrison in Journ.
of hell. .stud. iSgg p. 22S) wiederholte Bild des aus der Sammlung Vagnonville
stammenden Gefäßes: Auf einer viereckigen Basis, in der sechs Löcher mit
emporzüngelnden Flam-
men angegeben sind, er- ^__«rt; iül/ (illMlLL
hebt sich ein kegelförmi-
ger Aufbau, auf dessen
Spitze eine Sphinx mit
ausgebreiteten F^lügeln
ruhig sitzt; links vom
Kegel sieht man zwei
vSatyrn, von denen der
eine mit einer Hacke
einen Schlag gegen den
Erdhügel führt, während
der andere mit gesenk-
tem Beil nach links da-
voneilt, indem er zu-
gleich den Kopf nach rechts zurückwendet. Einige Streifen am Erdhügel
scheinen auf vorhergehende Axthiebe des Satyrs zurückzuführen zu sein. Milani
sieht (im Mus. Topogr. dell' Etruria 68) hierin „una curiosa scena, inspirata
probabilmente ad un dramma satiresco (Sphinx): un Satiro rompe con la zappa
arditamente un tumulo ardente, divenuto quasi rogo e tomba della Sfing^e
tebana, mentre un altro Satiro si allontana pauroso". Dagegen faßt Mancini in
den Stud. e mat. I 65 das Vasenbild anders auf; die Sphinx führt nach ihm
unzweifelhaft nach Theben, der Hügel, auf dem sie sitzt, muß demnach für den
Berg Phikion oder Sphingeion gehalten werden; die sechs Löcher in der Basis
des Berges können vielleicht „la via sassosa e difficile del monte" bedeuten; die
Jahreshefte des österr. archäol. Institutes IJd.VIH. jq
32 Krater Vagnonville, Vord
140
K. l'.n^clmami
beiden Satyrn schlagfen auf den Borg oin, ohne tlal.i das Zit-l und dtn- Zwnk ilui'r
Bemühung' vom ^'asenmale^ klar zum Ausdruck gebracht ist. Dieser Ang'ritf ist,
wenn man will, eine Parodie der Kämpfe, welche ilie thebanischen Jüngling-e
gegen die Sphinx ausführten. Mancinis Ansicht hat Milan! (ebd. \i. 71) widerlegt,
indem er durch Hinweisung auf eine aus Eretria stammende Lekythos des lUnt.
Mus. (Murray and Smith. White athen. VMses, London 1896 Taf. XIII = Catal. of
vases in the Brit. Mus. III D 50 p. 404), die hier unter Fig. a wiederholt wird,
fü}[u}mimJriijfoJiMfE[WImi[^00f^0BJ[^
nachweist, daß es
sich auf dem Krater
Vagnonville nicht
um einen Berg, son-
dern um einen wirk-
lichen Grabtuniulus
handelt. Man sieht
auf der Lekythos
aus Eretria dieselbe
viereckige Basis
mit den Löchern
(mir daß es hier
nicht sechs, son-
dern fünf sind, und
daß keine Flammen
aus ihnen heraus-
schlagen). Über der
Basis wölbt sich
der (irabtumulus,
hinter dem sich
eine mit Kränzen und Binden umwundene Grabstele erhebt; auf der Basis sind als
Grabgaben Lekythen und andere Gefäße, ein Kranz und eine Lyra aufgestellt,
Tänien sind über den Grabhügel gelegt, und auf ihm sitzt neben der Stele eine Eule.')
Von rechts kommt ein in das Himation eingewickelter Jüngling heran, der sich mit
der rechten Hand auf seinen Stock stützt, während links, teilweise hinter dem Hügel
'; Dieser Vogel könnte ja, wie die Sphinx anf der H<>l)c des T'Jupo;, sondern seitwärts angeliracht
dem Krater V.-ignonville, .-ils Grabdenkmal angebracht ist. Vgl. Journ. of hell. stud. XIX 227 und 228;
sein, doch ist das wenig wahrscheinlich, erstens, Jahrbuch VI Taf. 4. Kür die Darstellung selbst und
weil die Stele hinler dem Tumulus für diesen Zweck ihre Krklärung ist die Bedeutung der Kule gleich-
völlig genügt, und zweitens, weil die Eule nicht auf güllig.
Lckvthus aus Eretria.
Die Vase Vagnonville I47
verborgen, in langem Gewand, mit dem Petasos im Xacken, ein Jünj^ling stellt, der
mit der rechten Hand in die Saiten der Lj^ra greift. Vielleiclit hat man in diesem
Jüngling den Besitzer des Tunudus, d. h. den Toten zu sehen. Aber wie dem
auch sein mag, daß es sich hier um ein Grabmal handelt, und dal.i der ge-
wölbte Bau, der sich vor der Grabstele auf der Basis erhebt, nichts ist als einer
der so zahlreich dargestellten Grabhügel, ist sicher. Danach wird auch der kegel-
förmige Bau auf dem Krater Vagnonville mit Sicherheit als Grabhügel erkannt,
und die darauf thronende Sphinx kann nichts anderes sein als ein Grabdenkmal.
Daß die Sphinx ebenso wie die Sirenen als Schmuck der Gräber verwendet
wurde ist bekannt, ich brauche hier nur auf die Sphinx von Spata hinzuweisen
(Ath. Mitt. IV OS, Taf. 5), an deren Bestimmung, als (irabeszeichen zu dienen,
doch kaum gezweifelt werden kann. Aber auch andere Beispiele eines derartigen
Grabesschmuckes lassen sich nachweisen (vgl. Ath. Mitth. IV 64). Das geht
übrigens auch schon aus der ganzen Haltung der Figur hervor. Die Aufmerk-
samkeit der Satyrn oder wenigstens des am Grabhügel tätigen Satyrs ist nicht
auf die Sphinx, sondern nur auf den Grabhüg-el g-erichtet, und die Gelassenheit,
mit der die auf dem Tumulus angebrachte Figur das stürmische Vorgehen des
einen Satyrs betrachtet, wäre unerklärlich, wenn es sich nicht eben um eine
stumme .steinerne Figur handelte, die dem wilden Treiben der Tiermenschen gegen-
über sich natürlich teilnahmslos verhält. Das hat auch Milani ganz richtig erkannt,
indem er S. 73 sagt: „il confronto con la lekythos di Eretria motte fuori di dubbio
che nel cratere Vagnonville si ha la rappresentazione di una tomba sormontata
dalla figura decorativa e simbolica della Sfinge." Aber die beiden Satyrgcstalten
führen ihn, als er schon im Begriff war die richtige Erklärung zu finden, wieder
auf Abwege, „il tumulo, dopo di essere stato, a quanto pare, incendiato dal
Satiro che fugge, viene abbattuto dal Satiro che picchia" und nachher ,.gli .sforzi
degli imbelli Satiri contro la creduta Sfinge tebana si traducono quindi in due
azioni sciocche e ridicole, quella dell' incendio, dovuto forse al primo Satiro
pauroso, e quella dell' atterramento del creduto famoso Sfingion, a cui attende il
secondo Satiro con comica arroganza." Also, wenn ich richtig verstehe, Milani meint,
daß die beiden Satyrn auf ihren Streifzügen durch Feld und Flur auf einen Grab-
hügel ge.stoßen sind, der auf seiner Spitze eine Sphinx als Bekrönung trug;
indem sie das Denkmal für lebendig halten, beginnen .sie gegen das gefürchtete
Ungetüm den Krieg; der eine zündet den Grabhügel an, ergreift dann aber er-
schreckt die Flucht, der andere dagegen zertrümmert mit seiner Axt oder Hacke
den Grabhügel, um dadurch die .Sphinx zu Fall zu bringen. Obgleich Milani für
I4S K. F.in;clni:inn
diese seine Erkläruiiij die Zustiiiiniuug' von Miss llarrison yc-runili-n hat. die (Jdurn.
of. bell. stud. iSoo p. 234) beiden Eiklärern sowohl Mancini als IMilani Recht ff\\)i
_to niy mind both interpreters are rig-ht: the mound is a Sphingion. it is also
a tuii^o;, for the Sphingion was a -0(1,^0;, and the Sphinx hersclf is jtrobably ihc
oraciilar earth g'oddess with the vexatious liabit of asking qiiostions instead of
answering them". wird es anderen nicht zweifelhaft .sein, daß die von Milani ange-
nommene Verwendung der beiden Satyrn nicht zum Ziel führt. Wie solli-n die
beiden Satyrn dazu kommen, durch Anzünden des Tuniulus und dessni /.vr-
störung- die Sphinx bekämpfen zu wollen? Und hat denn nicht der zweite llichendc
Satyr an Stelle des Feuerzeuges, das Milani, so könnte man vermuten, bei ihm
voraussetzt, g'leichfalls dasselbe Werkzeug wie sein Gefährte, eine Axt, so dal3
auch dieselbe Handlung bei ihm angenommen werden mul.i, und zwar als eine
vergangene, während sein Gefahrte sich ihr jetzt noch hingibt? Das Gefäij aus
sich selbst heraus erklärt sagt: Bei einem kegelförmigen Grabmal, das von
einer Sphinx bekrönt ist, schlagen aus der Basis aus mehreren Löchern Flammen
heraus; zwei Satyrn, durch das merkwürdig^e Ereignis erschreckt, eilen mit Äxten
herbei, um das Grabmal einzureißen und das Feuer zu löschen; da (M-blickt, so
weit könnte man Milani ja nachgeben, der eine die Sphinx und eilt erschreckt
von dannen. während der andere in seinem Zer.störungswerk noch fortfährt. Eine
Parallele für die beiden Satyrn bietet das Münchner Vasenbild (Figf. 34) mit der Apo-
theose des Herakles (O.Jahn, Beschreibung" d, Va.sensammlung, n. 384; Mon. d. inst. IV'
Taf. 41; Ann. 1847 p. 263; H. Heydemann, Satyr- u. ßakchennamen 25; Vase Caputi
IG n. 26); oben wird Herakles von Athena zum Olymp emporgeführt, untfii
brennt noch der Scheiterhaufen, zu dem von rechts zwei Nymphen 'Apsflo-ja und
ITpsuvosia Wasser zum Löschen des Feuers herantragen; links sind zwei Satyrn
sichtbar, von denen der eine (mit einem Speer in der rechten Hand?) nach links
entflieht, während der andere sich Mühe gibt, mit einem Knüppel die brennenden
Klötze des Scheiterhaufens auseinander zu werfen.-) Also eine Handlung, die der
') Kalürlich ist nicht daran zu denken, daß, wie zu verstehen, hier aber hätte das Stehlen der Waf-
man gewöhnlich erklärt, die -Satyrn vom Scheiter- fcn (und was wären das für Waffen? ein zwcifelhaf-
haufen die Waffen des Herakles rauben. Auf der ter Speer und ein Knüppel, während der Held mit
einen Vase mit der Apotheose des Herakles entfernt einer wirklichen Keule zum Oljmpos emporfährt)
sich Philoktet mit Köcher und Bogen des Helden gar keine Bedeutung. Daß der halbverbrannte Kör-
(Gerhard, Ant. Bildw. XXXI), das hat Sinn; auch, per des Herakles auf dem .Scheiterhaufen zurück-
daß auf der Vase Caputi (H. Heydemann Vase bleibe, ist auch nicht richtig, es ist ein Panzer, eine
Capuii Taf. 2) die Satyrn die Waffen des Herakles der gewöhnlichen Mitgaben für gestorbene Helden,
stehlen, während er das Himmelsgewölbe tragen vgl. Mon. d. Inst. IX 32 — 33. Wie sollte die teilweise
muB, und ihn in seiner Ohnmacht necken, ist leicht Einäscherung des Körpers neben der guten Erhal-
Die Vase Vagnonville
149
auf der Vase Vagnonville dargestellten ganz parallel ist; das Feuer, das aus dem
(Trabmal oder aus dem Scheiterhaufen hervorbricht, wird als eine Störung im
natürlichen Laufe der Dinge betrachtet, darum suchen die Satyrn, die Vertreter
der Natur, das Feuer zu löschen, in dem einen Falle durch das Auseinanderwerfen
des Scheiterhaufens, das andere Mal durch Zertrümmerung des Grabhügels. Beide-
male weicht der eine von ihnen erschreckt zurück, in dem einen Falle, weil ihn
Fig. 34 Apotheose des Herakles auf einer Münchner Vase.
das Steinbild der Sphinx erschreckt, auf der andern Vase wegen der Erscheinung
der beiden wasserherbeibringenden Nymphen, während der andere sich in seinem
Beginnen nicht stören läßt. Aber wie kommt das Feuer in den Tumulus? Was
man beim Scheiterhaufen leicht versteht, bedarf bei dem Tumulus einer weiteren
Ausführung.
tung des Rumpfes erklärt werden? vgl. noch Gerhard,
Ant. Bildw. 31. Nebenbei sei bemerkt, daß auf zwei
Vasen des in der Villa di Papa Giulio zu Rom auf-
gestellten Museums, dessen Katalog immer noch
nicht veröffentlicht ist, von der Apotheose des He-
rakles nur der untere Teil, die Löschung des Schei-
terhaufens durch zwei Nymphen, in fast genau über-
einstimmender Weise dargestellt ist.
150 R. Engclmann
J. de Haye. L'archöologie pivhistorique ^Paris 1SS8) p. i 1 j bcrichti'l. dal.l häurii^-
für die Toten gleichsam ein Lag"er aus Steinplatten gebildet war, die ott von weit
her hatten transportiert werden müssen: diese Steine waren mitunter in glühendem
Zustand hingelegt worden, wie aus den Abs])litti'rung('n sich i>rgal), „elles
avaient certainement ete placees dans la grotte dans un etat pour ainsi dire iiican-
ilescent. La preuve de cette conclusion se trouve dans l'empreinte visüilc sur lo
sol nieme de la grotte. I.a naturc^ d(> la craie etait altTri'!-, eile avait sul)i unc
Sorte de calcination et presentait un aspect pulverulent tout diilorent de la sur-
face voisine qui n'avait pas ete recouverte par Ics dalles chauffces. — Ces faits
ont ete constates ä Solutre et dans d'autres gisements celebres des temps paleo-
lithiques." Es Hegt auf der Hand, daß diese g-lühendcn Steine, falls ein Luftzug
in einem geschlossenen Räume die Mammen anfachte und brennbares Material.
Kleidungsstücke und anderes derart vorhanden war, leicht einen nacli außen hin
durch die Zuglöcher bemerkbaren Brand hervorrufen konnten. i\uch an anderen
-Stellen ist eine A'erbrennung innerhalb des Grabes nachgewiesen worden, vgl.
Olshausens Abhandlung in der Zeitschrift für Ethnologie 1892 S. 135 u. ff „Die
Verbrennung mul3te im Grabe selbst vor sich gegangen sein, da die Wände des
letzteren ziegelrot gebrannt waren, auch die unmittelbar auf der Leiche liegende
Erde in einer Dicke von 10 — 12 cm rotgebrannt war, endlich das teilw(>ise ganz
verkohlte, teilweise stark angebrannte Skelett regelrecht im Grabe lag." Auch
aus den Berichten von E. Cartailhac, La France jjrehistorique chap. XV 270 ff.
scheint hervorzugehen, daß mitunter Verbrennung an Ort und .Sti-lle stattgefunchm
hat, trotzdem er selbst mehr geneigt ist, eine nachherige Übertragung der Asche
anzunehmen („que les hommes de l'äge de la pierre n'hesitaient pas a brüler
leurs morts et qu'ils recueillaient pieusement les cendres sans avoir adopte pour
cela le recipient de terre cuite. Turne qui sera plus tard d'un usage si gencral").
Ob in Mykene die Toten in den Gräbern verbrannt worden sind, wie es
nach Ath. Mitt. I 323 scheinen könnte, kann hier dahingestellt bleiben, ebenso
braucht hier nicht erörtert zu werden, ob in Dimini und Spata (Ath. Mitt. II S4;
XI 438; XII 138) oder in Nauplia (Alli. Mitt. \' i,=,5) und in Eleusis (Atli. Mitt.
XVIII 149; 'E'^T^ii. iy/. 1889 a. 171) die gefundenen I'>rands])uren von dem Leichcn-
brand oder von nachmaligen Totenopfern herrühren.
Aber die Sitten und Gebräuche der prähistorischen \'ölkerschaften und
ebenso die der mykeni.schen Epoche dürften wohl kaum zur Erklärung einer
griechischen Vase herangezogen werden. .Schon näher an die in Betracht kom-
mende Zeit reicht das heran, was J. Marquardt, Das Privatleben der Riinier j
Die Vase VagtioiiviUe I5I
3S0 von Rom berichtet: „Sollte für einen einzelnen Leichnam ein neues ein-
faches Grab errichtet werden, so grub man eine Grube von etwa i iii Tiefe,
schichtete in derselben, oder, wenn ihr Umfang dazu nicht ausreichte, über der-
selben den Holzstoß auf, dessen verbrannte Kohlen schließlich mit den Resten
des Toten in die Grube fielen, sonderte dann die Gebeine des Toten aus, legte
sie in eine Urne und setzte diese mitten in die Asche, worauf man die Grube
mit Erde zuwarf und darüber einen Tumulus erhob. Ein solches (irab, in welchem
der Tote verbrannt ist, heißt bustum." Und in Anmerkung- i: „Solche tiräber
finden sich in Vercellae in Gallia Transpadana. Sie sind auf dem Boden g^anz mit
Kohlen bedeckt, in welchen zuweilen die Urne steht, zuweilen aber auch nicht.
Im letzteren Falle hat ein Ossilegium nicht stattgefunden und liegen die Reste
des Toten in den Kohlen. Bruzza, Iscrizioni antiche Vercellesi Rom 1874, 8;
Introduz. p. LI; Not. d. sc. 1879 p. 182; 1880 p. 201; 1881 jj. 130." Es ist gar
nicht unwahrscheinlich, daß auch in Rom im sogenannten Sepolcreto eine ähn-
liche Art der Beisetzung stattgefunden hat, wenigstens w'ürde sich so am besten
der Umstand erklären, daß eine breitere kreisförmige Grube von zirka i ;;/ Durch-
messer das für den Aschenbehälter gegrabene Loch umgibt. Und doch wird aucli
von hier aus sich schwer eine Brücke zu der athenischen Vase in Florenz oder
zu der Lekythos aus Eretria im British Museum schlagen lassen. Es sind aber
andere Nachrichten vorhanden, die direct zum Ziele führen.
Da haben wir zunächst Jahrbuch VI (189 1) auf Taf 4 das Bild einer Lekythos,
in dem genau der weiße Tumulus erscheint, den wir auf dem Krater Vagnon-
ville erblicken, und S. 198 wird genaueres über einen Grabhügel bei Athen mit-
geteilt, der dem auf der Lekythos dargestellten genau entspricht. Es war ein
Rund von über 2 iii Durchmesser, das aus Lehmziegeln hergerichtet, im Innern
mit Schutt hinterfüllt und außen herum mit einem hellen Stuck überzogen war.
Das Denkmal verjüngte sich nach oben und war auf einer Terrasse aufgebaut.
Noch g-enauer lautet die Beschreibung der athenischen Ausgrabungen in den
Ath. Mitt. XVIII 96. Dort heißt es: man erkannte ..einen Autbau von der Gestalt
jener bienenkorbförmigen, hohen, stets weiß dargestellten tu|iJjo:, welche so häufig
in den Bildern der weißen Lekythen mit Tänien g-eschmückt als Grabmäler
erscheinen. Der vorliegende Tymbos war unter seinen städtischen Zeitgenossen
gewiß von besonders stattlicher Ausdehnung- und besonders solider Ausführung
gewesen. Er bestand aus einer losen Erdschüttung, welcher im äußeren Umkreis
eine Ummantelung von ringförmigen Lehmziegelschichten vorgeblendet ist, die
dem Aufloau Halt und Form gibt. Der ursprünglich etwa 3 in hohe Bienenkorb
15- ■ H. En^ilm.mn
crilob sich über einer weit ausgreitciulen oblongen liasis, welche vier Stüt/niaiu'rn
aus Lehmziegelii umgaben." Das g-ibt also ein Bild, das g-enau zu dem Grabhügel
auf dem Krater Vagfnonville stimmt. Aber man begnüg"te sich in Athen nicht
damit, den Grabhügel festzustellen, sondern man ging auch in die Tiefe. Was
fand man da? pDie Ränder des Schachtes zeigten ziemlich bis obiMihin Spuren
der Verbrennung. In einer Tiefe von 4;;/ wurde endlich der (iruiul rrreichi. l.ine
hohe Kohlenschicht lag darüber, in ihr waren die geringfügige Scherbe eines
feinen schwarzgefirnißten Gefäßes und die Bruchstücke eines feinen Alabastron
die einzigen Funde." Vgl. auch noch Ath. Mitt. XVIII 157, wo die Ergebnisse
der Ausgrabungen bei dem Kerameikos folgendermaßen geschildert wt'rdcn:
„I. Brandgräber, wo der Tote im Grabe selbst verbrannt worden ist."
Für die äußere Herrichtung des Grabes und den VcrbrcMinungsprozeß im
ersten Falle ließ sich nun folgendes feststellen: In die F,rde wurde ein Schacht
gegraben, welcher bei einer durchschnittlichen Länge von igo in und einer Breite
von 80 — 100 cm eine Tiefe bis über 3 in hat; vgl. bes. Grab 27 des Planes auf
Taf. 7 und die Gräber von Velanidesa und Vurvä. (Ath. Mitt. XV 318 — 32g;
As/.T'ic/V 1890 p. 105 und p. 16 ff.). Die Tiefe ist indessen nicht immer genau zu
bestimmen, da die oberen Ränder des Grabes oft durch spätere Gräber zer-
stört worden sind. In den Boden ist namentlich bei den archaischen Gräbern
(vgl. Taf. 7, I. 92) eine etwa o'io'" breite Rinne eingeschnitten. Solche Rinnen
wurden besonders häufig in Velanidesa und Vurv^i beobachtet und dienten
dazu, zur Erleichterung des Verbrennungsprozesses dem im Grabe aufgestapelten
Holze Luft zuzuführen. Denn daß der Tote wirklich innerhalb des Grabes ver-
brannt worden ist, nicht auf einem Brandplatze, beweist vor allem der Umstand,
daß in manchen Fällen die noch erkennbaren Knochen in ihrer richtigen Ordnung
lagen. Außerdem kann die auf der Sohle des Grabes befindliche tiefe Aschen-
schicht nur durch einen .starken Brand erklärt werden. Sie betrug zuweilen über
20 cm und ist bei den älteren Gräbern von Vurvä noch bedeutend tiefer. Auch
die Wände der Grabschachte tnigen bis obenhin starke Brandspuren. Über die
Möglichkeit einer totalen Verbrennung der Leiche mit einem verhältnismäßig
geringen Aufwände von Holz verdienen die Ausführungen von Olshausen (Zeitschr.
f. Ethnologie 1892 S. 137) verglichen zu werden. Die Einzelheiten des Ver-
brennungsprozesses entziehen sich der Beobachtung. Nur zeigen die vielfach ge-
fundenen Scherben von verbrannten Tellern, daß man während der Verbrennung
spendete und die Teller sodann in das Grab warf
In Attika scheint diese Bestattungsweise verhältnismäßig häufig gewesen
Die Vase Vagnonville 153
ZU sein.^) In Eretria, dessen Gräber vielfach mit den attischen übereinstimmen,
sind Brandgräber nicht selten, vgl. Tsundas 'Ecprj|i. ap'/. 1886 a. 39. Es ist wohl
kein Zufall, daß gerade in Attika und in Eretria, den Fundstätten der beiden
Vasen, auf denen der xüjjiiiog mit den Luftlöchern erscheint, die oben geschilderte
Bestattungsweise besonders zahlreich vertreten ist, und es darf jetzt wohl mit
Sicherheit ausgesprochen werden, daß die fünf oder sechs Löcher nichts anderes
zu bedeuten haben, als die nach außen geführte Fortsetzung der im Innern des
Grabes, sowohl unten am Boden als an den aufgehenden Seiten angebrachten
Luftcanäle (Ath. Mitt. XV 1890 S. 318 in Vurvä w; SyjAoOxao xa; ex xü)V aijXaxwv
atiivec O'.ocayiQouai xaxä [v^xo; tiv tacpov, oix Ty,v xuxXo'^iopLav loO dzpoc.. Ebd. S. 322 otö toö
svi; ci; -b xÄÄo i'xpov [i:a o:7f/.z tjXv.z ä^jatlü;. Vgl. ebd. XIV 32(1; XVIII 91), die
natürlich nur den Zweck haben konnten, die Verbrennung der im Grabe beigesetzten
Leichen vollständig durchzuführen. Wir können demnach der Schilderung, die
oben nach Ath. ]\litt. XVIII 157 von der Beisetzung gegeben ist, auf Grund
unserer beiden Vasenbilder eine Fortsetzung hinzufügen, daß in manchen Fällen
auch, ehe der Leichnam ganz verbrannt und das Feuer ganz erloschen war, das
Grab mit Balken überdeckt und darauf der Grabhügel aufgeschüttet wurde, indem
man nur darauf Bedacht nahm, durch Anbringung von Luftlöchern, welche den
die Gräberwände und den Grabesboden durchziehenden Rinnen entsprachen, eine
Fortsetzung des Brandes bis zur völligen Einäscherung des Leichnames auch nach
dem Schließen des Grabes zu ermöglichen. Wenn dann durch stärkere Zufuhr
von Luft, z. B. bei stärkerem Winde, ein Aufflammen der im Innern noch glim-
menden Flammen erfolgte, konnte und mußte häufig der auf dem Krater Vagnon-
ville dargestellte Fall eintreten, daß die Flammen aus den Luftlöchern heraus-
schlugen, zum Erstaunen der die umgebende Natur vertretenden Satyrn, die herbei-
eilen, um durch Zerstören des Hügels den Brand zu löschen.^) Ob Holzbalken
zur Bedeckung der Brandgrube sehr geeignet waren, könnte ja fraglich erscheinen,
ich glaubte sie voraussetzen zu müs.sen, nach dem Vorgange von Mykene (Schuchardt,
Schliemanns Ausgrabungen- 191), und weil Spuren einer anderen Bedeckung
bei den Ausgrabungen in Vurvä, Velanidesa und Athen nicht g'efunden worden
') Unter 186 der Gräber, die am Kerameikos iN. 260, abg. Bull. Arch. Nap. N. S. III Taf. 14)
von A. Brückner und E. Pernice beobachtet und hüpft verwundert und erschreckt über den Vorgang
beschrieben sind, waren nach den Ath. Mitt. XVIII der dickbäuchige Silen von dannen, hier wie öfter
78, 45 Brandgräber, in denen an Ort und .Stelle der der Repräsentant der umgebenden Natur, dessen
Leichnam verbrannt worden ist. Gebahren die durch die stattfindende Begebenheit
■*) H. Heydemann, Vase Caputi II, 28: „Auf hervorgebrachten Eindrücke wiederspiegelt."
der Vase Caputi mit der Apotheose des Herakles
Jahreshefte des österr. archäol. Institutes Bd. Vm. 20
'54
R. EnKclmann
sind. Aber die Älöglichkeit, daß die Gräber in aiulorer Weise üherdcn-kt waren,
um den Boden für den aufzutürmenden -iiii,3o; zu bilden, soll nicht geleug-net
werden. Vielleicht liefern, so wie ja auch in Mykene die Fragen nach dem üblichen
Verschlusse der Gräber erst später beantwortet sind, nachträgliche Beobachtungen
auch hierin noch neue Resultate: neue Ausgrabungen, die sicherlich nicht aus-
bleiben ^man kann doch wohl annelimen, dalJ die bisherigen Nachforschungen
nicht alle unter der Erde noch vorhandenen (iräber mit t6|1|3o; erschlossen haben,
sondern daß gelegentlich noch andere neu zutage treten), werden dann vielleicht
auch Spuren der Luftlöcher noch erkennen lassen, die auf dem Krater \"agnon-
ville und auf der Lekythos aus Eretria deutlich genug zum Ausdruck gebracht sind.
Daß diese beiden Vasenbilder auch benutzt werden können, um die Fortdauer
dieser Art der Bestattung bis weit in das fünfte Jahrhundert liinein zu erweisen,
sei nur nebenbei mit angeführt.
Daß sie nach oben weit liinauf-
reichen, bis ins sechste, vielleicht
sogar das siebente Jahrhundert
V. Chr., ist durch die Ausgra-
bungen in Vurvä, Velanidesa
und Athen schon erwiesen; es
läßt sich annehmen, daß diese
Bestattungsart einfach an die
Stelle der älteren Weise, die
Toten in Kuppelgräbern beizu-
setzen (wie in Spata und Me-
nidi) getreten ist, von der sie
in Wirklichkeit sich gar nicht sehr unterscheidet. Wie die Toten in den mit
Holz ausgefüllten Gruben beigesetzt wurden, zeigt übrigens ein in Athen befind-
liches Gefäß (Mon. d. Inst. VIII Taf 4 u. 5. Collignon Catal. n. 668. S. Reinach,
Rep. I. 164 — 165), das nach dem kegelförmigen Grabhügel"*) entschieden dieser
Periode angehört, noch ganz deutlich (Fig. 35). Der Tote wurde in einen hölzernen
Sarkophag von nur kleinen Verhältnissen") eingeschlossen und dieser hölzerne
l^'S- 35 Beisetzungsscene auf einer V.ise von Cap Kolias.
'; Die geflügelten Et?(u/.a, die nach Mon. d. Inst.
Vin Taf. 5 um den tO|1?o; herumfliegen, sind nach
Collignon jetzt ganz verschwunden; auch von der
Irschrifl sind nur noch dürftige Spuren vorhanden;
sie könnte wohl am besten ergänzt werden zu
'AvSpi; 'A^f-taiv.'y y.a/.o; -/.ajo; iv!>i?E -/.Etiia'. mit
Rücksicht auf das Gefafi, das den Grabhügel schmückt.
Denn dafür, daß das Gef.iß selbstredend eingeführt
wird, bedarf es wohl keiner Belegstellen.
') Vgl. 'E-^T/(i. äpx- 1904 3. 6: i vexpö; iiK-iS^
ivTi; TT;; Äapvxy.o; "iT.v.^i ä/.J.a \ü T|VtopO-iu;iivoo; loOg
]ir,fO'j; "/.al ~.i,- •/.vT)|iaj /.sy.aiiiijvaj. Diese aus Kreta
Die Vase Vagnonville 155
Sarkophag- von zwei Jlännern, die in der Grube auf dem darin aufgeschichteten
Holzstoß stehen, aufgenommen und auf dem Scheiterhaufen im Grabe aufgestellt;
nachdem das Holz samt dem Sarkophag in der Hauptsache verbrannt war, konnte
man dann das Grab oben schließen und die weitere Verbrennung, welche durch
die nach oben geführten Luftcanäle ermöglicht war, ruhig sich selbst überlassen.
So gestattet uns das Vasenbild Vagnonville auch die bisher nicht recht erklär-
bare Scene der athenischen Lutrophoros zu verstehen und die Entwicklung der
Bestattungsweise von den Kuppelgräbern zu der späteren Grabesform zu erkennen.
Rom. R. ENGELMANN
Altertümer von Notion.
En 1880 Mr. A. Fontrier de Smyrne publiait une etude sur Colophon, Claros
et Notion') en signalant les diverses inscriptions eparpillees dans les champs,
ou encastrees dans les constructions du village. Quelques annees apres (1886)
Mr. C. Schuchardt publiait une tres interessante relation du voyage qu'il avait
entrepris dans la meme region, accompagne par M" Wolters et Szanto, en ajou-
tant des croquis explicatifs et les textes de quelques inscriptions.^) Enfin en 1891
M" J. Chamonard et E. Legrand copierent au cours d'un voyage trois inscriptions
du meme site, qu'ils publierent trois ans apres.^) C'est en Septembre 1897, que
je visitai pour la premiere fois Notion, et j'y suis retourne deux mois apres avec
M"^ le Prof. Benndorf; nous avons revu et copie les inscriptions mentionnees;
l'edifice rectangulaire, dont M"^ Schuchardt donne le plan restaure par M'' Wolters,
se trouvait alors recouvert completement.
Lorsque je retournai en automne 1904 une troisieme fois ä Notion, l'etat
des choses avait sensiblement change. Le village de Ghiaour-keuy (officiellement
Christian-keuy), situe ä trois kilometres environ au N des ruines de Notion, est entre
ces dernieres annees dans une voie de croissance, due ä la viticulture et ä la culture
du tabac. Son eglise, qui suffisait auparavant ä quelques familles de patres, ne
berichtete Tatsache dürfte auch für Attika gegolten ') Moua. nai ßtßX. x^; Eüa-ff. ZxoXfji. IIsp.
haben, da nach dem Vasenbild aus Cap Kolias xphy) (1878 — 80) a. 185.
die athenischen Holzsärge ungefähr die gleiche Größe 2) Athen. Mitth. 1886 S. 398.
haben, wie die kretischen Tonsärge. ^) Bull, de corr. hell. 1894 p. 216.
156 Th. Macridy
pouvait plus repondre aux exigences de la populatioii actui^llo du villai^e. On
decida la construction d'une nouvelle etflise sur une placr sise au milieu
du village. Le pretre Papadimitri proposa d'utiliser les marbro>s et pierres des
edifices antiquos, qui so trouvaient enfouis sous le sol du Castro.') II indiqua
sp^cialement un de ses chanips situe k 500"" environ au NNO du mur d'enceinte,
d'oü il avait retirö dans le teinps beaucoup de plaques de marbre. I/endroit
s'appelle Damia ä cause des baraques, qui se trouvent sur les lieux memes, et il est
situe tout pres de deux lions enormes, qui gristnit h'i depuis plusieurs annees. L'avis
du pretre accepte, les fouilles commencertMit aussitöt et fureiit definitivement
arret^es deux mois apres par l'interv^ention du gouvernement.
Fort heureusement la construction de l'cglise n'etant pas encore commencde,
toutes les pierres se trouvaient amassees sur la place destinee ä son erection,
oü j"ai pu les examiner. Le pretre, auquel il faut rendre cette justice, avait
ramasse et soigneusement garde. comme un archeologue de merite, tous les frag-
ments, de sorte que rien n'a pu se perdre.
Je me bornerai ici ä une description sommaire et breve des antiquites et
des inscriptions decouvertes; les fouilles, que le musee Imperial Ottoman se propose
d'y entreprendre, donneront naturellement lieu ä des commentaires plus precis
surtout sur la Situation exacte du temple et de l'oracle d' Apollon Clarien.
I. L'eglise byzantine.
Les fouilles de cet endroit, qui sert aujourd'hui de liou de pelerinage aux
paysans des alentours, effectuees, comme nous avons dit dans un but purement
pratique, n'ont pu aboutir qu'ä des r6sultats fort iusuffisants au point de vue
scientifique et devront etre continuees pour obtenir un plan complet de l'edifice.
Le croquis Fig. 36 qui donne l'etat actuel de la ruine, permet de voir qu'il s'agit
d'une eglise ä trois nefs et trois absides, dont la plus grande au milieu mesure
S'SS" de diam^tre. Des deux laterales seule celle du Nord est deblayee, celle du
Sud reste encore sous le sol. La largeur totale se calcule :i i4'oo" environ, la
longueur devait surpasser 35-oo'". Dans le mur Nord de la grande abside un
escalier, dont 7 marches subsistent encore, menait ä une piece, dont le pave
etait plus eleve, que celui de l'eglise, probablement ä une empöre. Sur ce meme
c6t6 trois degres conduisent ä un petit puits sous le dallage de l'abside ä une
profondeur d'environ r5o"'; il ne nous semble pas imjjossible, que ce fut lä un ä.fia.aii.ot..
*; C'est de ce nom, que les villageois appellent les ruines de Notion.
Altertümer von Notion
157
Fig. 36 Grundriß der byzantinischen Kirche.
Parmi les nombreux fragments- de sculpture byzantine, que les fouilles ont
mis ä jour, se distinguent d'abord les restes d'un ambon richement Ornamente.
Nous avons reconstitue deux grandes parties des rampes laterales (l'une, 1-40" 1.
o'g5'"h.representeeFig. 37), dontTornement se compose d'un large corps de moulures,
paralleles aux c6t6s, qui determinent un champ en forme de trapeze, oü est sculptee
en faible saillie une crDix."') Les moulures presentent des traces tres visibles de
couleur rouge. L'estrade de Tambon, en forme de fer ä cheval, etait bord6e
d'une rampe haute de 072'" et d'une epaisseur de cid"'. La decoration de la partie
que nous possedons, (Fig. 38, 39) se compose
d'une croix ä six branches, entouree de moulures
Fig- 37 Treppenwange des Ambon. Fig. 38 Grundriß des Ambon.
°) Une piece tres semblable s'est trouvee ;\ Delphes (Bull, de corr. hell. 1899, p. 242, Fig. 12).
15S
Th. M.xcridy
B circulaires concontriquos.
\LHMC''..7<niCRVntPM'JHi;/-lct:'<iftNftn'\l ! Elle est placee dans im
I rhombe ä moulures pa-
' ralleles, qui lui mTMiie
^ est enferme dans uni>
' aire rectangulaire. I,es
] deux bouts de la rampe
I arrondie se terminent par V_
■'' deux saillies droites, for- Y\g. 40
mees de deux plaques v\Me des
Ambon.
d'une ornementationsem-
F'g- 39 Platten des Ambon.
blable, mais plus simple, oü la croix est remplacee par un disque ccinvexe (Fig. 40).
Sur la moulure superieure de la rampe courait une inscription, dont les fragments
suivants nous sont parvenus:
_',.^.,^^^ c^rprVi
.] XOV TOÖ
R.,.....#
Fig. 41 Gesimsstein. Durchschnitt.
II a eti trouve aussi deux inorceaux d'une
espece d'architrave. mcsurant chacun i'oo'" de long
sur 0'30" de large; Tcpaisseur est de o"2o'". Sur
toute la longueur se developpe un rinceau de vigne,
le soffite est orne de trois mrdaillons formes de
cercles concentriques
Y TP ON + TXHC KAI A^W-ClNnKCMA
TLÜH+
CTorc/s
Y :: H
Fig. 42 Gesimsstein. Ansicht.
Fig. 43 Gesimsstein. Unterseite.
Altertümer von Notion
ISO
enlaces entre eux. Celui du inilieu contient une croix ornementee, tandis que
dans les autres on voit des rosaces (Fig. 41—43). Sur la moulure superieure est
gravee une dedicace metrique, ä la quelle est ajoutee la date:
^^*; - !»J^'
- ^•^■:i<5i
t Ae^at, OECjjroiva -apil-iv: ii£o:d/.c.
t oöjpov Ell [ '] Xoü^ iniay.öno'j
t et; Xuxpov 4''-'X''1? "'^'''' a'^eaiv Trisaiiäitov f "Exoug ;u[^]r].
L'an 6468 de l'ere byzantine, qui correspond ä l'an 1060 de notre ere dontie
en tout cas le termiiius ante quem pour la construction de l'eglise.
De plus on a decouvert deux grands panneaux de decoration identique
dont Tun, qui nous e.st par-
venu intact, mesure o"g5'"
de haut sur r2o'" de large,
l'autre n'est conserve que
sur une hauteur de o'8o'".
Au milieu se trouve un
grand medaillon circulaire
ä rosace, ä droite et ä
gauche deux rectangles
superposes, contenant cha-
cun un losange, dont le
superieur renferme une
croix, l'inferieur une ro-
sace; le tout est encadre
par une bordure ornemen- ' - ^*"-
tee (Fig. 44). Fig. 44 Decorierte Platte.
i6o
Th. Macridv
II y a oncore un v;t;uu1 noinbre tle frasimeiUs (l'unienu-nts ä jour, porlant
des oroix, des monogrammes etc.. qui, otude faite, pcnneltront de reconstitiuT
l'ensenible de lambon.
A la place, oü se trouve dan,s les 6glises grecques trauji»uni'luii lo trniic de
l'eveque. on a deblaye. renverse niais laisse presqiie in situ un siögo en marbre
bleuätre. dont le dossier est bris6. II mesure 070'" di- lony. 003'" de large et o'öo'"
de hauteur. Les angles de devant sont decores de deux griffons ä alles d6ploy6es
et se terminent par une grande patte. Deux des ailes ornent les cötes du
tröne, tandis que les deux autros viennoiit decoror la partit' concavc du devant.
La partie inferieure du siege porte une proeminence carree, sorte d'appui-pieds.
Une moulure, qui se trouve sur la partie superieure, porte l'inscription suivante.
-fj'jTavEuaa; (sie!) [AJiovuawt.
Tres probablement ce siege provient du theätre voisiii, oü (k'-jä une base ä
dedicace semblable a ete copiee par M'^ Chamonard et Logrand (1. 0. X. i).
M' Benndorf l'a revue brisee en deux morceaux, encastres dans une hutte
pres du theätre; d'apres sa copie, con-
firmee par un estampage, ä la troisieme
ligne se lit distinctement: -fj-:av£Öa[aJ;
A'.ovjaw..
'\...
Z_
Caupc Cu(\ ft-c
^*E' 45 Rechteckiger Stufenbau.
Altertümer von Notion l6l
Des murs interieurs eiifin de l'eglise on a tire un iiombre d'iuscriptions
(v. eh. III.) dont quelques unes sans doute appartenaient originairement au temple
d'Apollon Clarios; comme alles sont inscrites sur des plaques de dimensions assez
grandes, il est tres probable, que le temple ne doit pas etre cherche trop loin de
l'eglise, si toutefois celle-ci n'est pas erigee sur la place meme du sauctuaire.
II. L'edifice ä gradins.
Soixante quinze metres ä l'Ouest de l'eglise se trouve l'edifice rectangulaire
ä gradins, dont M" Schuchhardt et Wolters ont donne la descriptioii. Ce qu'on
voit aujourd'hui est reproduit sur le croquis Fig. 45. Un mur de basse epoque
byzantine limite l'etendue des gradins ä un espace de 9 metres carres, formant
une Sorte de bassin. Les fouilles ont mis ä jour trois architraves de l'ordre dorique,
dont deux portent des restes d'une inscription:
nPYTAN et ZTiriNOS
III. Inscriptions provenant de l'eglise.
I. La plus ancieune nous est malheureusemeiit parvenue fort mutilee; c'est
une plaque de marbre, h. o'45"', 1. o'5o"', ep. o-io'". Les lettres tres soignees et
disposees azoiyrßiv ont une grandeur de o'oi"'; d'apres le caractere de l'ecriture
l'inscription parait dater du milieu du II. siecle av. J. Chr. Elle a ete decouverte dans
l'interieur de l'eglise presque ä fleur de terre et parait avoir beaucoup souffert du
feu et l'humidite.
Decret du senat et du peuple (1. 10— 1 1) — probablement de la ville de Notion —
en l'honneur d'un certain Athenaios (1. 7), fait sur la proposition d'une autorite
ephebique (l. 5 — 6), dont le titre malheureusement nous echappe. II ordonne, que
chaque annee ä l'anniversaire de la mort d'Athenaios — si nous avons bien complete
la lacune 1. 13 — soient celebres par le gymnasiarque un sacrifice et une S[a5po|iTj'')
Töjv viuv 7.x: Twv £'fTj|iwv et par le paedonome un äywv TiaiSiov aux frais de l'etat
(1. II — 18). Ensuite sont regles divers details, parmi lesquels le plus interessant
est, que la Soa5po[^iY) et, en attendant, qu'une nx'.oiv.ri aypXri soit construite,^) aussi
^) Sur la signification de ce mot nous nous l'observation, que les lignes se terminent toujours par
bornons ä renvoyer le lecteur au savant e.\pose des syllabes entieres. Par consequent |iaxpt 1. 30 ne
donne par M'' E. Preuner, Athen. Mitth. XXVIII, pouvant pas etre interpret(5 comrae preposition suivie
358 SS. par le genitif jcai5Lx^|[;, il ne reste, qu' ä le com-
') Notre restitution de la 1. 31 se base sur prendre comrae conjonction dans le sens „jusqu' ä
Jabresbefte des österr. arcbiiol. Institutes Bd. VIII. 21
I62
riyiüv dovait avoir Heu dans r'0|iir',p£;ov. Colophoii otant uno dos villes, <iui
revondiquaient la naissance d'Homere, il ne peut pas surprendro, qu' un des
edifices de Notion soit appele de ce nom. Strabon XIV 37, p. 646 decrit sommaire-
-^TflfT
>:^
^^^
ment un Homerion a Smyrne: ^-Ka; zb '(J(ir,pc:civ. gtox XcXfäywvo; iyo'j'jx v£(ov
'0\i.if^yj y.zl röavov", ce qui correspondrait assez bien a l'edifice rectangulaire ä
ce que". Cela donni, la restttution proposd-e par donne un sens (out-ä-fait salisfaisant, nous parait si
Dons, ru qu'cUe corrcspond priciscmcnt au nombre non reriainc, du moin« prnlialile.
de lettre« demand^ par l'icriture s-.y.yr,ii-i et qu'elle
Altertümer von Notion
163
KXapt-
]v stxdva
t(?)]cpoO TiXy^atov
]ou xal TT;; P;tpös
5 ]; xcd sTiEtSrj oE [ . ]£
TWV TS V£ÜJV] Xat X(T)V SCpTjjjWV Trj[. . . .
] i<.\v7poi,i 'A9-V;varov, ovta
£ij[j,£vvi xaE asl twv xaÄA]£axwv opsyöi-ievov xaC;
lauxoO 7xp«?£acv, a;io5]6vx£s Eicicpav^ xat |ji,VT;[xr;;
10 ä^tav auxwt x^? £uvot]a; ydpiv, otc6y_d-<xi TxepE xotj-
Twv x:^t ßouÄ^t xaE xwt] 5Y;!-iwr xöv yufxvaaEapyov
xöv £^ifj|3ü)v xax' £v:aux]6v, iv y;[ T^[x£pao 'AS-r^vato; £-
x£).£uxr;cr£, ^uaEav x]£X£rv xaE S'.a5po[xrjv xöv vewv
x«! xwv EcpYjiSwv 'Aö'yjjvatwf ouvxzXbIv ok ev x'^t aö-
15 x'^t r^i-iipa: xaE x]ov 7Lat5ov6|-iov dt^^Gyia, Tvxioiiiv, 0100-
[lEVOu aüxoE]{ ÖTiö xoO olxov6|jlou eE'? xe xyjv ■ö'uaEav
xa! xrjv Staopo^rjv xaE xöv aywva, 8 äv ö 5^[J.o; xa^r^t
EY KpovtwvL [Jirjvi. Twv oe tEpEtwv xwv xeS-evxwv, a-
cpatpEil-EVXwv £i; xa läi^X« xo;; xe veo:; xaE xoij e'^Tj-
20 ßoi5 xaE xot; üatcrEv, £a|.i [ir^ xl xaE a/.Ao jjO'jÄwvxat
xtö-Evat xor? vtxwai, xä ÄGi;:ä Stav£|J.£xw ö yuiivä-
a]tap)'_^o; xoi; ä),£i[']/]a[.i£Vo:; xaE xrf. ßouXY;i xaE
xot]; ä.AA'j-.c äp/o'jcjt xaE xol; EspECiai xaE Tzpozoc-
VEt xa]E Txpo'^TjXVj (sie!) xaE [£pwo(i> auvEOpEw; xaE xol;
25 vixfjoaja: xoüg axEcpavoxaj äywvas xaE t£po/.Tj[p'j-
^: xaE ypx]n\i!X.isO<3i^j. Ttjv Se 3[a5po|a,rjV cuvx£X[£r(j-
iS-at ÖTO xoO y]u|xva(jtapy^oi) ev xwc '0[xripti(<)L T[oi)i;
51 'i\yjifiy:ixy.t äJvayyEXXEaS'at üixö xwv äpxövxojv
aL)8'Tjjx£pov(?). Töv Ss] 7i;atoov6|xov xöv äywva cuvxe-
30 Aelv xwv TxatSwv £V xwt '0]|_i,rj[p]£[E]wi, i-iEXp^ Ti:[a]c5txyj
<y^/p\\ xax£ax£'jacjxat{?). 'AvayopjEUEcD-ao oi -y]v i^\xi-
pav, £v Yjt r^ x£ ö-uata xaE ig S'.aopoiijr; xaE 0 äyw/ cuvx
XEcö'Yjaovxa: 'EcjErva: oe xaE
a]{Jxy/t x3cE[. .
gradins, dont nous venons
de parier eh. II. Aussi re-
marquera-t-on, que 1' tEpov
mentionne 1. 3 et I'eixwv,
dont etait que.stion 1. 2,
sont tout-ä-fait analogues
au VEw; 'OixYjpou et au ^öavov
de l'Homerion de Smyrne.
II nous semble donc tres
probable, que les deux
'0[iYjp£ca aient servi d'eeoles
superieures et que eelui
de Notion soit a recon-
naitre dans Tedifice men-
tionne plus haut. Par cette
supposition on comprend
aiseraent, pourquoi les
honneurs sont decretes ä
Athenaios sur la proposi-
tion des autorites ephe-
biques et celebres dans
r '0[i,Yjp£WV.
II. Plaque de marbre
rectangulaire, h. o'go"', 1-
rßo"', ep. cig*", eassee en
trois morceaux. C'est une
pierre d'angle, inscrite sur
le cote de la largeur et sur
celui d'epaisseur ä droite;
ä gauche eile se joignait
ä une autre. II ne manque
qu'une petite partie du haut
ä droite. Facsimile d'apres
estampage; malheureuse-
ment l'estampage du troi-
sieme fragment, qui s'at-
104 T1-. M.icridy
tache en haut ä celui de droito, s'est perdu, de sorte, quo les lettr(\s qiii v sunt
conservees n"ont pu etre reproduites dans le facsimile. (irandeur des lettres o-o;!5"'.
Decouverte dans Tinterieur de Teglise, actiiellement deposce dans le niagasin
de la communaute ä (ihiaourkeuv.
r AXüAlKEANJ
EninfrTANEacKxinPo<^HTOYKPiTnNocr
•EPÄTEYONTOC-oAPTEAXliiQPOY
»ECnifliiOYNTOCACKAHniiiOY TOYAH A04>lA0Y
KOP01-TPY<}>OM\OYl<10YOnFO<J>HTHCAnOA\nNOCnYQ)C '
CYNnAP0NT0CÄYTAKXlTOYnMPO[A0YK10TIOYÄAPA[ToY^.-j^XTcAhhNTH:!!uHTl.
nAlAOWMOCEYAHAtoCoAAXYPOYBOYAEYTHC-AXAPOTA- / nrTovnoNToy. "■ \
TPYinN AXXPOYA-CYN'f'OPOY AUP OYA ANAPONEIkOC F lirPYTANEOC KAirTo{.HTOY-K '
AAfOYACYNioPOY- rMAJ-KOCCOYTIOC^IoCOE PNAlKOLCoY i'jy<}.OiEPATEYONTO OvAPTEÄIao''
TIOYAi\)COYAUPOYAANTnN^NOC->\>J=OYA-:YAJ.i>OPOYAX,y'^,,„^fO,-eEEn)nAoyNToCA[:KAHniAp
37ÄnaXXlAKOCA)^-OYA-CYNtOP0YMYAXlXO[:AnoAmMIOY\noÄ,rPAA\MATEnN.iäKPlTa^^
KOPAlAE-AnEAAiANHX^lPirEWOCTOYAnEAAAToyKMAasACcor.ß.0|prTonoi.AWTmioC"
\ö\-ÖYEP-eAXX10YAlAlANOY oPALYAXAznClAOYAAAMlA PEAcANTnNioYBANAoVToYfi.E
KAeWrHCAXi^ENOYTONYAKNONnEPAlCCONOQinnoYIEPoNEIKOY fHAPXE/AC ;
lAPEAPE^ONTOCAnoXAniMlOYTOY AAEIANAPOYAIABIOT^
tYNnAPOMTOCAOÄCTPANlOYPOYCnNOC
inYeioY,c''Nnxj'ONTo'AYTnkAiToYnATPoEAoYi<ioYToyAXPAcTOY-Bo\EYToY. ,„^
.kXTPOölMA-Tl-k^ACI^AHnlAAHCTlKAOWClAOy-AAoVAnioCnPEICkOCÄXOYnioyFpfr
ENOI-AnXAPHKH- kAI-AAXUlA-MA-AN TANIOYAT tAAOY ÄT-An TF t nv m A r?^"^
bYAAUXiA2nClM0YT0Y7nclA\0Yi<AeHrHCAX\EN0VT0Nvu., '^^■^'^''°^
|^NepYBONTOC-[YNnAPoWTocAÖ.ACTPAM(?YPOV:ANoc ^^ '1'°^
I. Cöt6 de la largeur ä gauche:
Aao5:z.EWv.
"E-: -f'j-aveo); yjt). Tipofi^^xou KpiTwvo; y,
[Jspzxeüo'/To; 0('j)X('-co'j) *) 'ApT£p.tO(j)pou,
(♦•]£a;:'.(j)5oO'/To; 'AaxÄr,TO5ou xoO Ay^iiO'ftXou.
Kipo'." Tp'jswv Ao'jxiO'j, 6 -pO'fTj-njc 'A-cÄÄuvoc nu8-[o[u,
!7jvnap6"/xo; auxö xa: xoO 7:axpö; Aouxtou xoO 'Aopaaxou*
;:ai5ovd[io; Eö5r;[io; Oajiöpo-j ,jooÄ£'jxt,;' Mäp(y.o?) OuÄf;:'.oc)
Tfj-f(!)v Mapfxo'jj Oö/.( -lo-j) il-jvcfdpo-j- Mäp(xo;) OijXf-'.o;) 'AvSpcvs'.xo;
Mäp^/.o•Jj O'j/i-'lo'jj il'jv-fdpo'j- Fvaifo;; Kcgovj-'.oq Apoao; Fvatfou) Koaao'j-
xt'o'j Ipizyj- Mäpfxocj O'j/.f-io?) Avxiovetvos Map(xo'j) 0'j/.(-£ou) Suv-popou- lläp(xos)
0]'jXC-'.o;j ITw/.Ätavö; Map(xo'j) O'jÄ(Kto'j) Suv-fopou- My/.Äi/o: 'A-oÄXwvb'j 'AtwoXXwvio?.
Kdpai 5£- 'A-e/J'.io'/T; Xaip'.Yevo'j; xoO 'A-eXXä xoO Ka/.Xwvo;
*) Le sens de l'abbriviation est assure par III i 1. 4.
Altertümer von Notion 105
toO nXouxLxSou' 'ATxaX': Xa;p:y£vouc xoO 'Atceaäx toO KaÄ-
Xwvo? TOö IIXouTiäoo'j" üi)Ä(7T;ia) 'Apx£[xü}Ja Map(xou) ()ijX(7iwuj iuvcpöpou'
15 üuX(Tiio(.) 'Arfjw/k Map(%oijj OL)Ä(7ttou) iluv'fopou- O0£p( ) KXafuota) AfXtavy)
A]ou(xiou) 0'j£p( ) Ba/'/jOD AtÄiavoO' OpaauÄÄ« Ztoaqiou Aii[it«.
KJaO'Tfj'r^aaixIvou töv u|jivov Il£p[.uaao'j Noö-t'^itoi) lEpovsLxou,
;iap£3p£6ovxo; AtxoXXwviou toö AÄs^ävSpou Siä ßc'o'j,
cjijvTiapovxo; Ao(uxcou) 'Aaipavtou 'Poüotüvo?.
2. A droite de la precedente.
'A5[p:av(I)]v
N£oJy.a'.aap£WV t^; iir^xpoTio-
Xe](i)5 TOÖ növxot;.
'E[jx]c Txpuxavsw; y.a.1 upocprjxou K[X(au5tou)
5 To]u'^o(u), t£pax£tjovxo; 0(ii)a(7xcou) 'Apx£|ii5ü)-
pOU, ^■tOK'MOOÖ'nOi 'Acj7wXr;7I[5o[u,
YpaixjxaxEwv KX(aii5iwv) KptxoXdou xa:
Baaaou |^. ÖEOupÖTxot 'Avxwvio;
N£tXTjxrj; fxxpö; xa: <I>Xa|jouXTjio; Bäc;c;o[5
10 [lUTj i>-£vx£e xat £V^ax£uaavx£s
eXpi^aavxo öcpxovxo^ Neoxaca«-
pet'a? 'Avxwvtou BXäv5ou, xoö ^i)- £[x]o[u; xf/j
eixap)(£ta?.
3. Au-dessous des precedentes; le commencement des lignes manque.
. ] Jlud-ioo, a'jvixapövxo; aOxiT) xa! xoO Tcaxpij Aouxt'ou xoO 'Aopäaxou [liouAEuxoO •
. .] KÄ(ai)5wu) Tpocpi|jiä' TidiepLo?) KÄ(aiioto?) 'AaxXrj7i[äor;g Tcfßepcou) KX(au5iou) 'Ovtj-
c[[-iou' M(äpxoi;) OüATiioj np£raxo; Miäpxou) Oij(XjjX[ou 'Epäaxou"
. Ttapö'Jsvof 'Av/_aprjVV] xa: 'A]i[.ita Mafpxo'j) 'Avxtovtou 'Axxä/.ou' M(apxta) 'Av(xwvLa)
SExoOvoa M(äpxoi)j 'Av(xü)vtou) Toücpoy
. .]ou • 'A[_i|i£[a] Zwao'iiou xou Zwa^iiou. KaS'rjyTjaai-iEVOu xov Oixvov
. .] 'Ev9-pLi|jovxoj, auvTiapovxo; Ao('jxtoijJ 'Aaxpavtou Touauvo?.
4. C6te d'epaisseur; au commencement le nom de la ville manque.
'Etx! 7xpL)[xäv£ü)s v.a.1 5 SJwpou, 9-£cj7xt[w5oOvxo;
TxpocfTjXou [KX. Toucpou 'AaxXrjTit'Sou x[oO Ayjfiocpx'Xou,
[]£pax£'jov-[o; O0X(7ito'j) 'Apxeix'.- ypai.ijiaiEwv [KÄ(au5tojv) KptxoXao'j
i66
nro^oEcni'
rrxA-vxXTEON
In w-ECTPior.
; j- fENNIOCA
nMXloc^:AlCE^
Iri'^iwocxiXMÄ
' KOPOlYAXNf
'ÄEPEWNlOLMMIk
k X^ECTPIOCT
k EPENNipCAN'i
jNEINOL r EPENJ
•ÄEPENNIOCA
r^AIAloCAOS
, nXiAiocT j
J
x]ai Bäaao'j ,5. [(-">£o-pö-oi-
lI(6rcXio;) M£CJxp:o;
lo r(äio;) 'Epevvio; -a[
ll(6-Xio;) AtXioj l\aia£v[
ll(6-Xtos) AtÄco; At|uX[iav6c.
Ivopot ö|.i,vü)[5o( ■
A(oüxtoc) 'Epevv'.o: f A]v[x[rjXo;
■ 5 Iv(6tvxos) ]\l£aTpw; T[
K(6ivxo5) 'Epevvtoc 'Av[tw-
vetvo?, r(at05) 'Ep£v[vta-:''
vi? NiYpetvo[?,
M(äpxo?) 'Epevvto; A[
jo n(Ö7iXiOs) AXhoc, Aciv[y ,
n(6;iXio;) ArXto? T[
111. Plaque de marbre semblable ä la precödente. qu'ello depasse de o-oy'"
de largeur, compl^te; des autres pierres se rattachaient ä droite et ä g-auchu. La
grandeur des lettres varie de o'02o"' ä o'022"'.
7\Ä0AiKenN
EniAN0YnATOYlOYOYENTlOVKEi\IOY
^PYT^NEnI^E^^o^^nN02: tota ie
PATEYONTOZOY/xniOYAPTEMli^npOYnPo
cpHTElYONTOIAAEXANAFOYTO-rMHNO^';
AOYTDB RAlMCirAYKONOIYlOIZEPriA
rAYKnNAA0AIKEY2,\n0AYK0YnP04)HTEYnN
AnOAADNJOinYGlOYKAAPIOAnO/AnNlYMW
SAT TON0FOMKATA XP H'S.WONTATONI YNV
MMIZ^NTTlNnAlAONKAinAPeENriNONOMA
TAANeOHKEMtYNKAIBAlMDAVKinTnGEin
TOTrW<fe£N"^ieEnPn nAlixONOWOr-NTOIAAITPA
hJlOYBhfY-VOYTDÄnAPLiJ'ETONTOXAlArENOYI
OP(pEniTPir EIXIMAE
^AIXlOrrAYKnNnPoiHTHIKAiriOYAlOTIOYAOYYI
OIKOAAEINAMAZIMO r K AIMENANAPOI TPIITO Y
AIKAHniAAOY KAI AAElANiiPOrAeH'JOAOPOYroY
AAEIANiroYAeHxKDAnPOIKAIAAeiANiiPOITPlZKAl
AnEAAAIEPt-lEPnTOIlfAlOPiJEVITETPAKiINEOTFPOl
AApPNHlOnAlOYOtrATH'Ang'lAKAlATTIAATTlOYin
THIXOTBAZZA KAlAAEIANLfAMAOmOAOPOYMOS
XlOMCAlMOVHAIA>>)vAIOMArAlIHMnNlXlHNnNOZ
MATKIAKH KA'.TATlAAAtIAMiJOVi.ll K AeWHZ AME
NOYTONYMMOMX^ANTnMlOYEnAtpPA ,
TTOITOYMDl-JOXAKOiaK E YI EfPA^f E
AAOAlKEnN
EniANeYnATOYAÄMIAAlAIANOY J
riFrTANEnCAEAlAlACAAMOYlEP^TEYONTOD
OAPTEMlAOPOY-nPO't'HTE. ONTOC HYOI
r>NOC B TOYAPTEAElClOY OECniriAOYNT
OCACKAHniAOYTOYAHMO+lAOYTPAMATE
nNKPITOrJOCKAlÄAEZANAPOYTnt^XPITnN
nAIAONOAOYNTODAACTPANlOYBHPYAOYTc
nAfEAPEYONTOCAlArENOYCMHMXrOfATO
CtAEYKOY-r H-HEAAAENOYTONYMNON
ncPAXiccoYTOYNoeinnoYiEPorciKOY
©EOrPonOYA AN NEIKH<jOFOY EILINAEOI
nAPOMTECnAlAELKAI nAPGENOI KXTAXP
HCA\ON ■ TIKA-nAniAC-KAITI'KATEPAXICCd
KAIÄ'AN' r\£llCnt\l'KAl-A' ANEPMOrEM-E
APTEUlAn POC ZnOAXOY'ME NAM^POEACI<
AHniAOY_nAPQENOI'AN'A\AfKIAHA.lAN-FH|
EiNAKAl'AN-KAEOnATPAAN BPYOYCA-Srkl'
9EO<^lAA-TATlAXPYCinnOY
D ^ cArAAXccEnNAoA^noj:^
E_ninPYTAKiEorAnoAAnNOE 1\L-E\
nAiAioiMlNoYkfÄNor zErjnN
OPONTHEMEANOZ-AEANIAHrNE
^/OMHAHCPOAnNOE.NEANATTAAOY
TPniAocknKoY.i/A k - ""HDr-TTii Aoy
Altertümer von Notion
167
1. A gauche:
Aao5r/.£(ov.
'Ett;: dv^uT.iioD 'lououevTi'ou Kea^o'j.
TTpuxävEü); ok 'AtcoXXwvo; tö Ca, k-
paTEuovxo; OCiXiitou 'ApT£[i,:S(i)po'j, -po-
5 cpr^Tsiiovtoj A),e;ävSpou loO Alrjvo^c-
XouTÖ^.n6(nXiG;)Ai5.:o;, rÄi)-/.(i)voc'jLic.XcpYix
rXuxtov, Aao5ix£'j; [ä]-ö AOxo'j, jipo-^r^xsüwv
'A-6Xa(i)vo; TI'jS-io'j, KXapö(o 'ATtoXXojvt Ojlvtj-
aa; töv 9'cöv -/.ÄTZ ypr^anöv "i Ttov a'jvj-
10 iivr^aävTojv -aJotov ■/.7.1 Trap&evwv öv6[ix-
x« äv£i(r^x£v 3'jv xai IIofTxAtü)) AtXt'w Auxöw
xö) 7i:£[,i'-pf>£vx; ■ii-£(i)ptT), ica'.oovoi-toOvxo; Aio'jxt'&u)
Asxpx-
VLO'J BrjpüÄÄO'j xö X, ;iap£5p£'jovxoc 5:ä yEVO'j;
'Opcp£(.o5 xpi'c. Eiaiv Sl-
2. A droite de la precedente.
AaoocxECüv.
'EtlI avO'UTcäxo'j Aajii'a AiÄoavoü.
TxpuxavEWc 8k AiÄt'a; 'Ajitou, cspaxcüovxo;
()(!j)X(^tou) 'Apx£[.u3wpoi). -po-^rjX£['j]ovxoc
5 wvo; jj xoO 'ApxsitsiaLO'j. 9-ic;;:iw5o'jvx-
0; 'AaxÄT^-LOOu xoO Arj|io-^[A!/'j, ypa|.iax£- (sicj
'jjv Kpi'xwvo; xac 'AA£;xv2poi) xöJv Kpt'xfovoc,
na'.5ovo[i.oOvxo; A(ouxöo'j) 'Aaxpavöo'j Hr^p'j-
Äou (sie) x[ö . ,
'° Zeäeuxg'j Y, rjYrj3a|j,£vou xov üjivov
ÜEpi-itcjaoö xoO XoS-tTiTtO'j EspovEtV-oi),
3. Au-dessous de la precedente.
'E;:i jipuxav£o^ (sie !) ATiiÄÄwvo; xö C£" tfspEÜ; ) V
n(67iXt05) Al'Xiog MtvouxLavö^ Zevwv.
T16(Tc),to;) Al'/.to: FÄ'jxwv -p^'^rj-r^; xal r(xco;) 's
"lo'jÄ'.o;, i^ouioij ul-
6;, KoÄÄEi'va .MXC4.10; xa: Mlvavopo; xpij xoö
AaxÄT^-:a5o'j xai AXi^avSpo; AO-rjVOOwpou xoö
AÄ£:xv5po'j Ai)-rjVÖ5(opo; xai AXe^avopog xpi?
xai
\Ar:£ÄX«; 'E!p|(.£pwxo; y.y.l 'Op'^EÜ; xExpäxtg
V£0)X£pOC.
AÄcfr^/Tj, lIo-Ä;'o'j il'jyäxy^p. A-'^i'a xa: 'Axxia ='°
Wxxtou 2i]u-
xrjpi/o'j I!xaa7.xarAÄ£5zv5pa Afl'r^voSwpo'j Möa-
yiov xx! AioivyjO'.ÄÄx A;o[ix xal Zr^vojvic Zr^vtovo;
Mapxtavr] xa! Taxca 'AÄ£cäv5poij 5ö;. KaÖTj-
yr^aaiil-
voi) xiv ij[ivov M(äpxo'j) 'Avxuvio'j 'Erua'^pa.
noaxGu[x£rvo; AaoStxEÜ; eypacpE. 25
il-cOTtps-O'j A(o'jx:o'j) "Av('xtovfo'j) Xeixt^-^ö-
po'j. Ei^iv oe 0:
TcapövxE; TzaöoEC xai TCapfhEvo: xxxa yp-
r,a[isv ■ Tt(,5Epioj) KA(a65to;) llaTifaj xa!
TtfjJEpioc) KX(ce.öc'.oz) nEp|i[33i[c
xa! A(o'jx;oc) 'Av(xwvicj) Neöxojv xa! A(g'jxioc) 's
"Av(xwvioc) 'Ep|toy£vr^;-
'ApxEj-tLGoipo- Zwcj{[io'j" ilEvavopoc Acx-
Äy^-i'oo'j. Ilaptt'EvoL' 'Av(TWVia) llapxJa xa!
Av(x(ov{a) iV^y-
Eiva xa! \4v(xwvia) IvAEO-äxpa- 'Av(x())vfa)
Bpüo'jaa' 'Av(x(j)vta)
0£G-^'.Äa' Taxi'a Xpu^iujiGtj.
'Opov-Tj? Xewvg;- AstoviGr^; v£(g:)'
A:G|irjGr;g Tggcovg;' Xewv 'AxxkXg'j ■ 5
TpwtXos Kwx[o]u" K[aÄXtaG]rj; y T[p]to{Aou.
lüS Th.
Ces deux pierres constitiient une
rement ä la mome place, dont nous
IV. Plaque de niarbre rectan-
gulaire, cassee ä gauche, h. o'03"',
1. r^j", ep. o'ij'": la grandeur des
lettres varie de 0-020'" ä 0:025'".
Decouverte. selon le dire de Papa
Dimitri, au menie endroit, que les
precedentes, et transportee au milieu
du villagfe. Xous en donnons le
facsimile d'apres Testampage de
M' Benndorf, qui permet de cor-
riger quelques erreurs de la pre-
miere publication, faite par JNI''*
Chamonard et Legrand (Bull, de
corr. hell. 1899, 210. Xo. 3).
V. Plaque de marbre, cassee
en haut et ä droite, compl^te en
bas et probablement ä gauche,
h. o'öo"", 1. 073'", ep. o-2>)"'; la
Serie avec trois autres, trouvees anterieu-
avons cru utile de repeter ici les copies.
\jfT0YHP7'.
^'7-\OVAX£NOCAno AA.
^-'^lOYXKTIQY YIOIANTO.JlNÖtx
^TOYMENANi^POYTOYkAnMOYX
OMiANOCi^lONYClot'TOYBXACTOY nMf-
AlKOINTOYOTrATtPECTX-TAPIONIcAlTATlON \
HNnNlt2HNnN0CTOYEPAinnOYHKA\0YM[NH<
KAAYi,IAIk;^AYM0YAKTIOYOYrATEPECAAXAXIAKAlKA\
TATÄCfVCANAPOY TOYIKECIOY
HAPEilPEYOWTOC >o^HNA^OPOYTOY[:E^EYKOY
E I K O N E n N K_OA n N A N E Hin P " . AN E ^^i-NOi, n
, AnoAXAKiocf xEnPoiHTEYoNTocrW' -^"|'^\;X
.^>^0C loYAlOYZOTlXOY ■ ^ TOVMHN(
eECniAXoYNToc KX'ACKAHniAoYeEonpo 01
AVXHNOCnAlTOC noNnANIANOC KoAPÄTO C
AVAHNioCK\nAITOC AUlANoCOYAKriL-KolPOl
L-EPriANocÄrpinEINoi; koXPAtoC «^povriC
. rv. u- -ioc\
TOYtrA>
ArAOO
:'\<:
1. A gauche en haut; le commencement manque.
o'j loO lff:[
ö] •/.[x/.]o'j[iEVo; 'A-o/./.[(i)
K/.xj5:o'.. K/.a'j]5:o'j ' Ay.v.O'j uto:'. 'Av-covivoc [xa;
,j ToO Mevävopo'j toO KaioSJo'j-
\.y]o/.'.[a]vö; A'.ovjaiO'j toO B/.xaTO-j. II[a]pi)[£vo'.'
Ai/.{(?;]a'., KoivTO'j iHyaTSfec. Ta-ap-.ov xai Täxiov
Z]t,v(ov'.; ZtjVwvo; toO 'Epn''--ou. ij y.aÄouiievr^ <I>[
KÄauOia;. K/.a-j5:o-j 'AxtJo'j iJ-uyaTspc;. 'A|i|t{a xä: K/.[
TxTa iw3xv5pvj ToO ly.s^iO'j.
IIacpc5p£'jov"o; JIr//XYipo'j toO ili/.i'jxoo.
2. Au-dessous de la precedente.
E'y.ovlwv xoÄd)vo)v. 'E-: nf['j':}av£w:
'A-i/J'.'jivo; TÖ Ei. -prj-^rfzvjv/zoz ra(fciy)
ikcjn'.wSoOvTo; KXfa'joto'j) 'A7y.)
^ A'JÄYjVÖ; llaiTo;' Ilov-wv.avö; 1'
.AO/.YjVi; KavStTO?- AiXcavö? Oü:
ilcpYoavöc' 'Ayp'Txstvo;' Koopiz'.
II to:.
Les lettres MANOZ ;i gau'
inscription du nirme genre gr;
se rattachait ä gauche, coinm
Revue de jjhilol. i8g8, 263.
3. A droite des preceden
Aao]5tx£tüv Tcpö; tö Aüxw.
'E-: äv]ih'j-äTou B£p£V£'.x'.avoO "
7:p'jiäv]£(i); 0£ xai -po-.f[Tj-0'j I
Altertümer von Notion
i6g
gTandeur des lettres varie de o-oi5"' ä o'
fouillait lä l'ancien puits, eile a cte
^rAOHTYVH ^
I^MfPorTnAYk n AAAlCOYEAEYeEfACKMAYXOJ
D.APTEAlAaPor , vAUNOCTZriePATEVONTOCMO
;)CACKXHni\0-fTOY2.HÄ0{>lAo APTENAlAHPOYeeCniWAOYNl'
r\-KPlTOAAorKAIBACCoX_B ^CKXHH 1 AO VTOY AH NAO'I' I K"
irocRACcoTr >aan man -ri^t^AnAPAYOCHPAkKElAwN '
,1-1 \ n nt V ^^r^v Y inr /kl Xon A n _ _ _. . _ . . ^^ n^ A lj-tc \/r» Kl
inAnniAN0Yrioc4.ixonÄn „ .-rporENiAoYnPo^HTEVoN
lAnoAAnNOlYMmCACTATnNTOCEPAAlOYAl 1 />
'imAIAnNCAinAPeENnNOMOM'TEWNA-TTAKOV B "MOrENü,
i)TnNATTnÄANAi<|.IMIA10YAXAEOY\0EOnPOn0 1HAOl
;;AOYKiOYACTPANIOYBHP ZAAoYk piCTlOCTfYcpWNOO K A W>-
lOV-fEKAlYANOrPA^OYÄlABlo -piriO YniOC KKXXlKA'-K^-^ \
liYmxTiAOYiEPOhEiKoY-icAinA oiTiNEt:>^YHOCNTE Ec enebktey:
inoAAnNlOYTOTXAE^ANAPoY £Y0Y['Pzr-THCEXE YSEPlAC
UOCr'KAlAXOtXACATTAAoy-r-
KTTAAOY-r. \A10NYL\oCAlONYCIOYTOYAnoXÄhNloY
ii'TOYAAEZANXPOY M-AM-EPA*OrEKK:AfWA''^t^ot^
irEAAICTElMO£|EOY-S TOVrEI l<AN^O\l /
l)V-r€ll<oAXAxiLKAiA\APKiAAiorENOYc\ /
|rCEniAS\yoYAAAW-lA^lO<tAlMToYTOY)/
IOYC't*lKOMXyi:ABAC|iANTOYTr.V/
'IIOY TAT/0NA1AA0YA\E NOY T OYAnLXAlXnv
" -ITOC- X AETPAN 1 OYPOY C n Not. '"^'^"^OY
HPYXXOYTOYnAlKONOAXOY
o2o'". Decouverte ä Damia, lorsqu'on
Offerte au musee de Fecole evange-
lique de Smyrne par l'eveque
de Tchesme Ambrosius et se
trouve maintenant encastree dans
un mur de l'Homerion ä Smyrne.
5 Facsimile d'apres un estampage,
que M"" Keil, secretaire de l'in-
stitut archeoloqique autrichien ä
i" Smyrne, a cu l'obligeance de
nous procurer. Publiee par
IM"^ Fontrier JMo'jj. x. pt[jÄ. xf^;
ij E'Jayys/.. —yo'/.-i^- Iho. xp'.vq (1878 —
1880) azA. 12g. Sa copie donne
ä gauche et ä droite quelques
lettres de plus que l'estampage, le
mortier du mur cachant les parties
extremes de la pierre; dans le
facsimile elles sont reproduites en
pointille.-')
i&'j. &zor.pö[-yy.'
xxo;-
Ko[ö]pof Ai'(7.ws^
>pciOyt? V£[o]c"
de la 1. 3 fönt partie d'une
sur une autre pierre, qui
i dejä vu ^r Haussoullier
XVOpO'J.
[cpaT£]'jov-oj l)|'J)Ä(7;:o'j) Wp-siitowpo'j.
5 {)'£a;xo]w5oOvto; 'AaxÄr^vitSou toO Ar^jxo'^t'Äou,
ypa|X[i]xx£(i)v KX(auStwv) Kpizoldou y.a.1 Bäcraou ji,
xJÄetSocf'opoOvTO; Bxaaou y. Mä(p%05) 'Av(tü)vio;). M(äp/.ou) AvfTtovt'ou)
TTtavö;'") BxÄ£poav6j, ö -po'j^-ifirfi 'AtzöäÄwvoj
10 II'jö-öoL), KÄapiü) 'A(x6XÄwv(o): OiivTjCjxg xa töjv
^) Eine Vermutung, die sich mir bereits bei Betrachtung der Abschriften
aufgedrängt hatte, fand durch den Vergleich der Abklatsche Bestätigung. Die
beiden Steine IV und V sind aneinander passende Bruchstücke einer Platte von
etwa l'Sj™ Länge. Wenn auch der Beweis durch unmittelbares Aneinander-
fügen infolge der getrennten Aufbewahrung der .Stücke nicht herzustellen ist, so
steht die Zusammengehörigkeit doch fest durch die übereinstimmenden Zeilen-
abstände am linken Ende der ersten Columne sowie durch die mit Ausnahme
der letzten Zeile völlig gesicherten Ergänzungen. Im Faksimile sind daher beide
Bruchstücke entsprechend aneinandergerückt vereinigt. [R. Heberdev]
'"1 n corrige par le lapicide meme en N.
syi^xzE -apcvTdiv x'J-(o M^äpxo'j) 'Av(TWvto'j) Ai'fviot'ou
ToO -xipö; xa: Aouxtou "Aa-pav:ou Br^püXÄo'j
ToO -3f.5ovc[iO'j -ö £ xai •j|j.voypa-^o'j Stä |i;ou
■5 Xr^O'jfi'.avoO xoO Xr^Suiiou Espovst'xou xa: ::«-
pEcpo'j Sü (iiou WtcoXmivAo'j -oO 'AAsEävSpou.
Eisiv 5s" ''ATTa[/,]o; y xst! iIo3/ä; "Ax-i/.ou y
xa: IIpo-i'vxo; 'At-xXo'j y- A:ovJa:o; Aiovuaio'j tcO 'ATxoÄÄiovtcu ■
'Affr/^oSwpoj p xoO 'AXscavSpo'j ■ M(äpxo;) 'Av(Tci)V[o;) 'Epiioyevr^; Ai'^vtSiavöj.
so IlapS'Evof 'AyeÄxV; 'l"£'.|ioil-io'j ,j toO Xstxizvcpo'j
ToO Mr^vo-^JXou" Xsixojia/:; y.ai Mapxt'a A'.oyevous
ToO E'ji-ievoy; 'E;::].i[5t]-/0'j • 'A|i|i;a") Atocpavxou xoO
'Ayaö-oxXeous ■ Nsixoi-iayj; "A|jaaxävxou xoO
'A-o/J.(i)v;ou" Tixiov Aix5o'j|tlvo'j xoO 'A7i[£]Xä!5o'j.
25 ^■jv-ap4vxoc A(0'jx:'c'j) 'Aaxpavfo'j. 'l'o'j3(i)vo;
•j:oO. Hr^pü/.ÄCj''' xoO -a'.5ovö]i^'j.
4. A droite de la precedente.
'Aya9-f( xü/rj. IIaxpo[c]ev!5o'j/-') Tipo'^r/xeüov-
'A[i'.3oO SAS'jö-spxr y.a: ajxo- 10 xoc 'Epjit'o'j 'AxxaÄO'j, ypamta-
v6|io'j xa: 6|io3-ov5o'j 'IVo- xecov 'AxxaÄou jj xa: 'Epitoyevo'j?
|ia:'cpic. 'E-: -p'jxävEw; \\-i/.- AaSeou. fc)£0-po-o: fp.ilo[v
5 Xwvo; xö Ey, t£pax£'jovxo; M(apxo'j) 0('J)Ä(7::'o'j) Kp:'3-og Tp'j'^fovoc xa:
'Apx£|x:5wpo-j. {(•£37::(i)2o0vxo[; II(Ö7:X:o;) IIo67::o; Ka/J,:x/.7j;,
'AaxÄr^-Joo'j xoO Ar,|io-^:'/.OL'j "5 o:x:v£; |fjr;\)-£vx£; £V£Jiäx£UCTav .
X(öv är:" 'Apojcr 'llpa/./.£:crT)v "Kxo-j; pcy xf); £Ä£i)&£p:a;.
VI. Plaque de marbre, complete, longue deo'go'", large de 070'", haute deo'26"',
grandeur des lettres o'oiS'". Elle sert comme derniere marche ä l'escalier Interieur
de la maison de Constantin Chr. Photion a (Thiaourkeuy. L"inscription est gravee
sur la longueur et l'epaisseur du marbn-." 1 Xous ri'pctous la cojjio de M'^ Foutrier
"; Le lapicide avait commence .i gravcr AMIA probable, quc pcre cl fils aiciit reiiipli pendant la
par un M. crreur qu'il a corrigtc immcdiatement. mcme anncc la mCme fonction de paedonome.
'^ M' HaussouUier (Rcv. de philol. 1898, 261) '') Correction de ÄK Haussoullier 1. c. 259.
distingne A. XcTfavtou 'Poösiovo;, u£oO Br,(,i)/M'i. '*) P'ontrier schreibt: „^ ^Tt'.ypa'^ij aÜTi) xex''-
Mais les analogies de 1. 7, III i 1. 6, IV l 1. 3, 1. 6, paxxa: i-i |juäj Tö)v zvj ö'liuj y.al y.aia |if/XOS nXeu-
1. 8 semblent prouver, qu'il faut dislinguer A. AsTpa- p&v". Verstehe ich diese Worte recht, so steht die
•/io'j, 'Po'l;o)vo; u£v3, BijpuX/.ou. Aussi scrait-il peu Inschrift auf der Schmalseite des Steines (so auch
Altertümer von Notion 17 I
(Moua. y.at [iipl. mp. tpftr^ azX. 220), le temps nous ayaiit manr[ue d'en faire un
estampag-e.
.... AEizEn.NEninPYTANEnrAnoAAr!.NorTorrEPßi xoy . .
0EOnPOnorETE(t)ANOrrHI0EOIANAPON . .
KAlAOHNArOPAZOIAeHNArOPOYTOYAlOrENOYZAAPAZTOr . .
YIAYPnNN0MIK05:AnAN(|)IA0YAHMHTPI0E
'Acfpojof.'.aaov. "Er:: -puTczvEioc 'AkÖÄÄwvo; zb y '■"') [I]£p[aT£6ovto]; ( )0[ÄT[to'j "') . . .
thoTcpöwj:;- ilTE^avo; 7. 'HtiH'so:' 'Av2p6v[£:/-o;
xai 'Ai)'/;vayöpa; oi 'Aihr^vayopou toO Atoyevoug' "ASpaatOL; [. . . .
o]'j [MJüpwv Xu[),ixög S IlavcptÄoi) Arj|iT;xptoc.
Par les deux nouvelles pierres le nombre des inscriptions s'aug'inente de ciiiq
ä douze. EUes sont toutes du meine genre et se raj^portent ä des deleg'ations
envoyees par diverses villes au sanctuaire de Claros.
Les conclusions ä tirer relativement ä la Constitution de l'oracle et aux
fonctionnaires du teraple etant exposees dejä dans l'cBuvre savante de M' Haussoullier
(Rev. de philol. 1898 p. 257 — 273) nous nous bornons ici k quelques remarques
supplementaires.
Sans vouloir eutrer dans les details de la question chronologique d'ailleurs
assez compliquee notons d'abord, tju'une nouvelle date certaine nous est fournie
par l'inscription de Neocesaree (II 2). L'annee 6g de l'ere de la province correspond
ä l'an 132 ap. J. Chr. c. ä. d. que les deux villes du Pont ont envoye leur delegation
pendant la meme annee.
Les noms des villes, qui ont consulte l'oracle ou participe au culte de son
dieu, prouvent que le temple jouissait au second siecle de notre ere d'une reputation
tres repandue. Outre Laodicea ad Lycum, dont nous avons cinq inscriptions
(II I, III I, III 2, V 3, l'attribution de II 3 etant assuree par le nom du pere du
pretre d'Apollon Pj'thios, identi([ue ä celui de II i ), deux villes du Pont, Neocesaree
(II 2) et Amisos (V 4), Sag-alassos de Pi.sidie (III 3), Iconiun de Lycaonie (IV 2)
Haussoullier a. a. O. 258). Dann handelt es sich hier -Gjf.j ausgeführt hat. Dies ist bei der sonstigen
im Gegensatze zu den übrigen Platten, die deutlich Übereinstimmung wenig wahrscheinlich; vermutlich
Crthostaten sind, um einen Stein der über diesen hat Fontrier, dessen Copie ja auch in den unmittel-
anzuordnenden Binderschicht und gibt die Breite von bar folgenden Buchstaben der Correctur bedarf, ein
0"70™ die Gesamtdicke der Wand. [R. H.] dem T übergeschriebenes O übersehen und ist zu
'^) Die im Texte gegebene Lesung Fontriers, lesen t[ö] o';. [R. H.]
der auch Haussoullier (a. a. O. 258/9) folgt, ergäbe "') Restitution ä l'aide d'une conjecture tres
ein bedeutend höheres Alter dieser Inschrift gegen- probable de M^ Haussoullier 1. c. 25t).
über allen übrigen, wie bereits Haussoullier (a. a. O.
1?:
Th. M.icridy
et tr^s proViablement Aphrodisias de Carie sont representi-es dans la liste (VI);
deux autres noms nous restent incoimus (II 4, IV i).
Ajoutons enfin qii"il nous senible tres probable, quo toutes ces pierres jirdvii-mient
du niur du tem]ile d'Apollon; c"etait assurcMiicnt la jilace (jui se prötait le niieux
ä gTaver des textes de ce g;enre. et les dimensions des pierres ne peuveut ipie
confirmer cette Hypothese.
VII. Plaque de niarbre, trouvee dans l'interieur de l'^glise et transportee au
village de Ghiaourkeuy; li. 0-50'", 1. o-8i"' ep. o-i.s'". La jjrandeur des lettres varie
de o'02o'" ä 0*025 '".
'Er:! -poTävsio; 'A-öÄ/.ojvo; -i oa. "EyÄc-
XTo; E'jr^vo'j Tiapa-^uÄacx; zipr^'/'.yMZ
irzöv.m trjv TioXtv.
'E-J Ttpuxavewg OOXTiiac MeÄixtvrj;, [epiw;
5 ra(to'j) 'lo'j'Äfo'j) ZuTi'yo'j, ^eaT^twSoOv-o;
Jläyvo'j
ToO 'Epnoylvo'j. -:po-.fTj-:ou «ta'jaxo'j'
Mo-zTor/o; B/.ä^'O'j toO Mr,Tpä
nxi7.-;j/.ä5«; ctir.v.y.ö): ir.iv.zz
Etc: npuTÄvewc; 'ATrillwvon; xö SS. ITo kXw:)
Ar?.co; Neixwv napacfoXa^a; xa!
-o-casc; x/^v nd/.iv y.ai tr// /oipav
sJpr/i'txö); xat '^tÄoxei|Jiü);.
'Et:: TCpuxävEug 'A;i6/.Xuvos xö Se (sie !)
IIö(7iXio;) TouxetÄtoc
IIp6/./.o; v£o; Tiapa-.foÄä^a; xa! 7i0xt'3a; xv//
-ö/.];v xk; xy// /wpav eipr^v'.xio; xai '|iÄox£t|iw;.
Altertümer von Xotion 173
Liste des persoiines, qui oiit fourni gratuitement ilu viii :i la population
pendant le temps de leur paraphylacie, ä l'occasion d'une assembltie ou d'une fete.
Sur les Kocpx'^üXxY.Ec v. Liebenam, Städteverwaltung- im römischen Kaiserreiche
337, XIV. Une inscription de-couverte ä Ephese, qui ni'a ete. communiquee par
M' Heberdey mentionne un eatiäaa? töv oylov.
Le pretre Ta. 'lou. Züxiyoi 1. 5 est peut-etre identique avec le npry^rixsuMV de IV 2.
VIII. Plaque de niarbre servant comme cinquieme marche de l'escalier montant
dans l'abside centrale de l'eglise (A dan.s le plan Fig. 1). La fin de l'inscription
se perd dans la maconnerie.
BVCIA • C • I • DION Bucia C. I. Dion[ysii?
BOYKlAfAlOYAlON Bo'jxta ra({ou) 'Igij(Xlo'j) Atov['jaL'o'j:-'
Signaions enfin les inscriptions funt^-raires trouvees parmi les moellons des
murs de l'eglise:
IX. Stele h. o'57"', 1. u'4o"' W'jyJajmi-
veixT; [xrixpl
[ivst'a; '/y-p''i-
X. Fragment d'une stele, h. o'37'", 1. o'22"'. iIrjvoY[ ....
rjpw; iiv[
XL Fragment d'une stele, h. o'27"', 1. o-jo*". Kspata;
jS0U[.ir;VL0!J.
XII. Frag"ment d'une steli% h. o-2o"', 1. 0'40™. <t>]tXrvo;
P]]U£X9'0'J.
XIII. Fragment d'une stele, h. 0-54™, 1. 0-35"'. 'lIpö-.fiÄoc; iM[
Au ata; [ . . . .
Constantinople, Janvier 1905. TH. MACRIDY
Jahreshefte des österr. archiiol, Institutes HJ. VUI. 22
174 •-'• Isoliert
Zu dem ICpiuranim von Lusoi.
Das richtige \'erständnis des l-"])iyranims von Liisoi haben Rcichi-l uiul
Wilhelm in ilironi lichtvollen Bericht iil)i>r die österreichischen Ausgrabungen
dieses sag-euberühniten Heilig-tums erschlossen (in dieser Zeitschrift IV 4 ff.), die
Restitution des schwierigen ant Isigonos und N'ilruv Ijcruhenden Textes ist auch
ihnen nicht gelungen. Sie haben sich dalu^r damit begnügt, das Epigramm in der
Fassung-, die ihm Tii. Preger in seinen Inscrii)tiones graecae metricae nr. J15
gegeben hat. ab/udrucki-n. Der folgende X'ersuch b(Mns)iruclit nicht die endgültige
Lösung zu bringen; er ist nicht mehr als ein Vorschlag oder richtiger eine Reihe
von Vorschlägen, die aber doch vielleicht durch schärfere Formulierung einzelner
Fragen das Problem fördern werden.
Ich setze zunächst den Text hierher, wie er bei Isigonos ') steht, und gebe
von Vitruvs-') Varianten nur das, was kritisch von Wichtigkeit ist. Wer sich für
die irrelevanten Schreibfehler interessiert, findet diese bei Rose und IMüller-
Strübing oder auch bei Preger verzeichnet.
'•\Ypo-a. a'jv 7:o;|.iva:; ig ii£'jr;iiijpivöv y]y as jjap6vr/i
5t']jo; äv' sa/axtis KÄsixopog £p/6ii£vov,
-fli |-i£V ääö "/.pTjVrjs apucjai TOjia xod r^y-px .\ü|f.fai;
u5p:äat af^aov Tiäv to (jöv odnöX'.'jy
5 xÄÄa rj'j la-' krJ. /.o'j-pz iiäÄr^:; -/po:'. |iyj cjö xai »jpr;
7ir(|jLT(Vr^i -iS-^TZ'nfi £viö^ iivc« [ieiIy^S"
'^£0y£ 0' EiirjV T^r^Y'V' |uax|i7i£Xov, ivÜ^a ÄUXaiiTiou;
Äoo'ja^i£vo; '/.'jaTi^; lipoiTioxc y.p-;y'/.i-iiz
T.'h-y. xaihapiiöv 'iy.^hvi ir.öy.pu-^o"'' ayap ä;: 'Apyo'j;
■ o oüp£Ä zprf/dr^:; yp.'jüov 'ApxaStr;;.
3. -.y.z V. s- [Vf^^r/.y.:o-j'^r, V. — 6. r.y^'/ypyvj; V. 8. apT£ii£tag V. - y. a/.o'|/£V£-
T.xyyyW^ V., der hier abbricht.
Nach diesem Wortlaut enthält die Inschrift, in der die xpr^vr; redend ein-
geführt ist, eine Einladung und zwei Verbote; die ICinladung aus dem Lauf-
brunnen, an dem die Inschrift angebracht war, /.n Irinki'n, und die Verbote, sich
mit dem Wasser zu waschen und die Quelle, von der der Laufbrunnen gespeist
'j Weslermann, Paradox, gracci p. I86 nebst den Vitruv-Ausgabe p. VII n. I.
Correcluren von MüUer-Strübing in seiner und Roses -; VIII 3, 2 1.
Zu dem Epigramm von Lusoi I 75
wui'de, übcrliauiit zu benutzen. Dai3 in dieser Gegenüberstellung von Laufbrunnen
y.pTjvri und Quelle "v^yT^ die Pointe des Epigramms liegt, wobei sich der Verfasser
des Gegensatzes zu dem berühmten oOS' «tio xpr^vr^; Tzhn) des Kallimachos natürlich
wohl bewußt war, haben Reichel und Wilhelm erkannt, während Yitruv es nicht
gemerkt hat. Aber hierbei .stört die Stellung des [liv hinter x-/^;, das doch unmög-
lich als Demon-strativum aufgefaßt werden kann; r^?0£ [isv oder xpfjVr;; [isv würde
man zunächst erwarten, was aber beides metrisch unmöglich ist. Hier hilft Vitruvs
Variante xaj, das i.st offenbar <a)xäj. „Durstiger Hirte, mach halt und lal,i auch
deine Herde halt machen." Also wird hier der Gegensatz zur ~Yf/j noch nicht
betont, wie man vielleicht erwartet hätte; der Grund wird sich ergeben, wenn
wir uns jetzt zu den Verboten wenden.
Das Verbot der Waschung beziehen Reichel und Wilhelm auf die Tirjyrj.
Das ist aber kaum denkbar, da diese mit der ausführlichen Bezeichnung iixYjV
Tür^yy^v [uaifXTXsÄov, erst Z. 7 eingeführt wird. Also bezieht sich das Verbot auf die
xpTjVTj: diese soll nicht dadurch verunreinigt werden, daß sicli der erhitzte Wanderer
aus ihr wäscht. Somit ist die Stellung des |i£v. dem das äAÄä der fünften Zeile
entspricht, ganz in der Ordnung; denn es handelt sich zunächst noch nicht um
den Gegensatz von v.pifjvr; und Tir^yr], sondern um den von Erlaubnis und Verbot.
In der Fassung des ersten Verbotes sc/.Xa ab |.tyjx' i-al Aouxp« |^«Xr^C5 /poE hat
man [irjXc anstößig g'efunden, weil kein Correlat iblge, und daher Heckers Änderung-
xXlx ab [iTj hotI Xo'jxpi ,jxat;:; ypoi gebilligt, obgleich ini gerade durch die von
diesem beigebrachte Parallelstelle Eurip. Orest. 303 Xouxpa x' STitßaXoO ypoi gestützt
wird. Das vermißte Correlat aber kann man in dem zweiten Verbot cfsOys 5' ii-ir^v
T^'fCCfi^ erkennen, wobei die Änderung in cpsOys xe zwar zu empfehlen, aber nicht
unbedingt nötig sein würde; jedesfalls bietet, auch wenn wir an dem überlieferten
Wortlaut festhalten, [irjxe nicht den g-eringsten An.stoß.
Vielleicht aber verhält sich die Sache doch noch etwas anders. Dem ersten
Verbot wird nämlich, wenn die Überlieferung richtig i.st, eine Motivierung bei-
gefügt: jWj GS xac aöprj ;irj[ir;vr;t xepTxv^s bnhc, lovx« \ii%-rfi. Was heißt das, und wie ist
zu construieren? a'jprj X£p;:v7j; I-uOt/;, wie Hecker unter Berufung auf die [xeD'rj; sowSsss
aöpac des Nonnos Dionys. XIV 416, XVI 11 1 annimmt? Das soll, wenn wir die
Worte evxo? sovxa vorläufig beiseite lassen, bedeuten: die Waschung hat die
Wirkung, daß dem vom Wasser Benetzten schon der Hauch, soll heißen der
Geruch des Weines Leid schaffe; und für dies'- Wirkung beruft man sich auf die
überein.stimmenden Zeugnisse des Phylarch bei Athenaios II 43 f. vi KXsixopt siva'.
•Ap-fi'iri'/, a'^' fjs xoüg Ttt'vovxas oüxix' (^ve)(£a*at xyjv xoO oI'vol» Ö0[j,rjV und des Eudoxos bei
176 C. Robert
Stephanos Byz. v. "A^avia: nntürlioh muß dann aber auch X'crs (> mit Hecker statt
des Aorist -r,|ir,vrji das Präsens nr^i^iaivr/ hergestellt werden, was Preger unterlassen
hat. Ob nun a'jpxi ohne den Zusatz £'j(l)5££;, den es bei Nonnos hat, Duft oder Geruch
bedeuten kann, mag dahingestellt bleiben. Aber bcsagiMi die Worte, wie sie
dastehen, ilenn wirklich dasselbe otler wenigstens etwas älmliches, wie das was
Phylarch erzählt? Besagen sie nicht vielmehr: „wer sich hier wäscht, dem schafft
der Geruch der sülien Trunkenheit Leid", das heißt die (^ilO'/j bekommt ihm schlecht,
er verfallt der y.pxnziXrj. er verliert die Resistenzfähigkeit gegen den Weingenuß,
lien er also keineswegs vcrabschmien würde? Man mül.!te sich tleiin zu der Bi'-
hauptung versteigen, daß j-ieiJ-r^ hier mit singulärer Kühnheit vt)n dem die |i£ilrj
erzeugenden Wein gesagt sei. Weitei" aber hätte man nicht übersehen dürfen,
daß, alle diese Unwahrscheiidirhkcitcn zugegeben, zwischen den W^orten des Epi-
gramms und der Nachricht des Phylarch immer noch ein starker Widerspruch
bestehen bliebe. Denn nach jenem wäre der Abscheu vor dem Weingeruch eine
Folge der Waschung, nach diesem eine Folge des Wassergenusses, und ebenso
nach Eudoxos a. O. toü; ys'jcjaiisvo'j; toO OSaxo?. Durch den Zusatz svtö; eovxa
wird die Sache noch complicierter; denn wenn man übersetzt: „wähnMul du darin
(also im Wasser) bist", so tritt erstens eine ganz neue Vorstellung hinzu, das Bad,
während vorher nur von Waschung die Rede war, und zweitens wird die Zauber-
kraft des Wassers auf die Dauer dieses Bades beschränkt und damit \-öllig illu-
sorisch gemacht; denn der badende Ziegenhirt wird kaum in der Lage sein, Wein
zu genießen oder zu riechen. Letztere Schwierigkeit hat auch Preger erkannt;
aber was seine Änderung iv-'oz tövi« helfen soll, vermag ich nicht zu verstehen:
tövxa kann doch unmöglich ..cum excessisset" bedeuten, wie es Preger para-
phrasiert, und svio? läßt sich weder mit fövua noch mit nr^iir^vr^t verbinden. Das
Wichtigste aber ist, daß in diesem Di.stichon noch gar nicht von der ur^yr^ die
Rede ist, .sondern von der xpr^vr^ die.se würde, wenn die hier discutierte Ansicht
recht hat, die mystische Kraft ihrer — Yi'Yj wenigstens partiell beibehalten haben.
Zwar der Genuß ihres Wassers wäre unschädlich gewesen, hingegen ihre Be-
nutzung zu Bad oder Waschung verhängnisvoll. Und die Folge dieses Bades
würde dra.stisch au.sgemalt sein, während die .Schädlichkeit der ur^yr; nur durch
das Beiwort p,taä|i7i£?.o; angedeutet wäre. Daß dies absurd ist, selbst für den
Aberglauben zu absurd, bedarf keines langen Beweises. Auf diesem Wege al.so
geht es nicht.
Versuchen wir daher zt^Tzrf,; [liUr^z mit tr.bz ii-/-y. zu verbinden. Das wollte
Jacobs, der paraphrasierte: „cave ne, cum vini calorem visceribus conceperis, hac
Zu dem Epigramm von Lusoi 177
aqua laveris, iie te vel sola aura inde afflans male afficiat." Aber welch seltsame
Voraussetzung, dai3 der Ziegenhirt, an den sich doch die Warnung richtet, des
süßen Weines voll sei? Und der nüchterne hätte sich also unbedenklich in dem
Brunnen waschen dürfen? Auch das geht nicht.
Welches nun der Zusammenhang immer sein mag, soviel scheint von vorn-
herein klar zu sein, daß von einer |X£9'r; im eigentlichen Sinne an dieser Stelle
des Epigramms, wo noch von der -/.pTjvrj gesprochen wird, gar nicht die Rede
sein kann. Wenn also [^isS-r^; nicht verderbt sein sollte, eine Möglichkeit, die
ich allerdings offen lassen möchte, so kann es nur bildlich gemeint sein. Und
wenn man dann mit Jacobs xepTiv^; evxö; sövca \iid-rii; verbindet, so würde xepnvii |ie9-tj
metaphorisch von dem erquickenden Bade gesagt sein, wogegen sich kaum etwas
Triftiges einwenden ließe. Höchstens daß es vielleicht nicht allzu geschickt war,
das Bild aus demselben Vorstellungskreis zu wählen, in den man auch durch die
folgende Warnung vor der \i.'.^dii-K£.Aoc, 7i:r;yTj versetzt wird; denn so kommt der Leser
in die Versuchung einen pointierten Gegensatz zwischen der xspTivr) jj-eft-r; des Wassers
und der bösen \i.id-rj des Weines, vor der ein Trunk aus der Trrjyi^ für alle Zeiten
schützt, zu construieren, der aber nicht beab.sichtigt ist; denn der Verfasser des
Epigramms g'ibt sich keineswegs als Temperenzler. Indessen wird man diese
leichte Ungeschicklichkeit wohl in den Kaut nehmen können. Unter auprj aber
wären entweder mit Jacobs die Wasserdünste oder einfacher und natürlicher die
Zugluft zu verstehen. Der Gedanke würde also sein: „Bade dich nicht, (erhitzter
Wanderer), damit du dir keine Erkältung holst." Ein wenig trivial, ein wenig
deplaciert dem abgehärteten Ziegenhirten gegenüber; indessen doch immer erträg-
lich, und vielleicht wäre es vorsichtiger, sich hierbei zu beruhigen. Indessen tritt
zu der Trivialität der schon oben hervorgehobene leichte Widerspruch hinzu, daß
in dem Hauptsatz vom Waschen, in dem Finalsatz vom Baden die Rede ist, und
bei solcher Sachlage ist doch vielleicht die Frage erlaubt, ob nicht eine schwere
Verderbnis vorliegt. Allerdings ist diese Annahme, da beide Gewährsmänner an
dieser Stelle dasselbe bieten, nur unter der Voraussetzung möglich, daß entweder
der Text des Vitruv, wie das auch nach Roses (Arist. pseudep. 280) Vorgang
meist angenommen wird, auf den des Isigonos. oder daß beide auf eine gemein-
schaftliche Quelle, das heißt auf dieselbe Abschrift des Epigramms, zurückgehen
und daß diese Abschrift an einigen Stellen nicht correct war. Indessen kommt
man um eine solche x\nnahme auch bei Vers 9 nicht herum, und bei diesem
wird sich uns unten noch eine andere Perspective eröffnen, die ich aber hier
noch nicht vorwegnehmen kann. Bei dieser Sachlage liegt die Vermutung
nahe, daß in |.ir, as das \'oii Hocker xciMnii.iU'. \cin uns proxisoriscli in f^sOyE Ss
vermutete Correlat zu \irj-' inl Xouipa päÄr^i; -/poi steckt, daß es also aus [Uji:
verlesen und folglich zunächst in Vers 0 Kr^|irjvr^L; herzustellen ist. Ilicrliir
will ich mich übrigens keineswegs aut tli«' (hircli lUichstalH'nausfall M'rdcrbte
Lesart Vitruvs -r//r,T;rj!; berufen, da V. Rose gewil.i recht hat. wenn er ikis
G tur das s von svidc hält und demgemäß den Ausfall so luvcichnct: ~i'X|iTj>vyj
(-£p;rv^j)£Viöj. Ich möclili' nun zur lü'wäg'ung gelx'ii, oli man nicht: id^x' äpijX7]pa
7rT,|.iT^vr^:c. xspTtvrj; ävioc idv-a |-ü(l7,: schreiben si)ll. Dabei vc^rhelile icli mir natürlich
nicht, daß die Änderung von xxi a'jprj in äpuxf^pa nicht g-erade leicht untl dati der
Singular von Ivrsa nur durch die bekannte Archilochosstelle zu belegen ist. Auch
soll das Ganze nur ein Vorschlag' sein. Es würde dann also mit xspTivrj [lilh^ nicht
das erfrischende Bad, sondern der erfrischende Truid'^ bezeichnet werdtMi und statt
des einen auf die "/pi^^vrj bezüglichen Verbotes würden wir deren zwi'i erhalten:
„mißbrauche das Wasser nicht zum Waschen und schone den Becher, da (>r das
Gerät des lieblichen Trankes ist": vgl. Anth. Pal. IX 330 oaov nod-kzic, i.rJj v.^jivy.z
xat -it ■/.'£'. v.oiXm xäÄn'jv £Ä(ov ä'puaai. Die bildlichen Belege für die an den i^runnen
aufg'ehäng'ten Trinkbecher sind dem archäologischen Leser zti bekannt, als tlal.i
ich sie hier aufzuzählen brauchte.
Die Warnung- vor der [i'.3ä|i-£Äo: "r^yr^ würde dann als drittes A'erbot folgen,
und dieses Verbot wird nun in der 'J'at moti\-iert, und zwar aus dem Mythos.
Hier ist nun das von beiden (Tewährsmännern gebotene Ä0ij(jä|j.£V05 mit Preger
unbeding-t zu halten, schon deshalb, weil e.s, wie dieser richtig bemerkt, das
Etymon von Lusoi enthält, und ebenso ist aus Vitruv äpt£[i£a; statt des äp^aXfr;?
des Isig-onos einzusetzen, nicht nur aus dem von Preger angeführten Grunde, w(m1
es der Paraphrase des \'itruv: „restituissetque earum mentes in ])ristinam sani-
tatem" entspricht, sondern vor allem deshalb, weil auch äpT£|X£as ein Etymon ent-
hält, nämlich das der lAptqi.'.;, der Göttin von Lusoi: öltzo toö äpx£|i£rc noi£rv. S laxtv
ü'c^'.z lautet die stoische, bei Cornutus 32, Strab. Xl\' 635, Artemidoms (Jn. II 34,
Et. m. 150, 14 überlieferte Etymologie, und diese hat der Dichter des Epigramms
gewiß im Auge, nicht die ältere platonische, nach der Artemis selbst äpx£|iTj; ist
Z-.TL xr)v xf^j -apO-£v:a; l/ci8"j|ju'av. ^j Die Worte £v8-a ^li)A\i7Z0\iz /.0'ja7.|i£v^; aj-j^y^;
IIpo:x:5a; xpx£[i£a5 dürfen demnach im wesentlichen als gesichert gelten. Wie sie;
aber zu construieren und mit den folgenden Worten Tiävx« xat)'ap[iiv ly.'j'hv/ 7.7:6-
y.p'j-fov zu verbinden .sind, darin liegt die eigentliche Schwierigkeit.
'■■ Krstylos 40CB: vgl. PrcUer, Griech. Mylliol. I* .S. 296 A. 2.
Zu dem Kpijjramni von Lusoi 179
Auszugehen ist vuii Äoicjaiisvo;. Wäre auch nur daran zu denkten, dali das
Medium jemals in activem Sinn stellen könnte und dürfte man sich äpTEjiTjC, OyoTjC,
wie etwa VMd-ocpöc, mit einem Genetiv verbunden denken, dann wäre scheinbar der
Weg zur Lösung gefunden, man würde dann übersetzen: „wo Melampus die
Prditiden v<_)n ihrem Wahnsinn rein gewaschen hat." Da aber jenes nicht angeht
und dieses mindestens zweifelhaft ist, hat man es mit Änderungen wie X^jaociiEVo;,
puaa[.i£Vo;, Tca'jsäj.isvo; versucht, Conjecturen, die alle dadurch g-erichtet sind, daß
sie das Etymon zerstören. Was dasteht, kann nur bedeuten, daß sich Melampus
selbst in der Quelle gebadet hat, bevor er das Reinigungsopfer an den Proitiden
vornahm. Für die Richtigkeit dieser Auffassung könnte es zu sprechen scheinen,
daß auch Proitos bei Bakchylides (XI 95 ff.) sich aus dem Lusos wäscht, ehe er
das wirkungsvolle Gebet an Artemis richtet:
öDJC öxt OY;
AoOaov nov. y.aXXtpiav TtaTv^p Vxavsv
£Vi)'£v Xpöa V'.'Jja|i£vog cpoi-
vixoy.pao£|ivoio AaToOg
y.r/.Äy^:ax£ O^uyaTpa: |jOW7;lv xxX.
Und doch ist sie für das Epigramm ab.solut ausgeschlo.ssen. Das Epigramm will
ja erklären, wie die Ttr^yi^ zu einer [iiadinzBloQ geworden ist. Durch das Bad des
Melampus kann diese Wirkung nicht erzielt worden sein, sondern nur durch
die hineing'eworfenen "/.aii'äp|.ia-cx. Ist es aber denkbar, daß Melampus dieselbe
Quelle, in der er sich zum .Sühnact durch ein Bad vorbereitet hat, durch die y.aD-ap-
liaxÄ verunreinigt und auf ewig mit einem Fluch belastet, der dem Dionysos-
dienst direct zuwiderläuft; gab es wirklich keine andere Möglichkeit, die yMd-a,p\xcaa.
aus dem Wege zu schaffen? Aber auch principiell ist es bedenklich, Bakchylides
zum Vergleiche heranzuziehen, da dieser eine ganz andere Version befolgt, der
die Vorstellung- von der [ucjäiiTiEXo; izrffq ebenso fremd ist wie Melampus und sein
Reinigungsopfer; denn nicht gegen Dionysos, sondern gegen Hera haben die
Proitiden bei Bakchylides gefrevelt. Daher vollzieht sich bei ihm die Heilung
einfach durch einen göttlichen Gnadenact der Artemis, nachdem Hera verziehen
und eing'ewilligt hat:
ToO 3' £/.Äi)' äpiaiOTiaTpa
il'r^poaxÖTio^ £'j/_o|.i£Vou. TiiH'oOaa 5' "llpav
uaOc£V xaX'jxoaxECfävouj
xoupa; [xavtav äS-Iwv.
l8o C Robert
Wenn also AOU3i|iSvoc weder arliv g(^fal.U norli auf ein von INIelampus sellist
genommenes Bad bezogen werden kann, so bleibt nur iibriji-, dal.i in der W'ort-
form ein kleiner Fehler steckt. Ich schlage vor Xoucfajj.£vac zu schreiben: die Proitiden
werden nicht von Melampus gebadet, sondern sie baden sich selbst.
Man köivnte nun einen Augenblick daran denken, äpi£|i£a; prädicativ mit
diesem Xousajuvx; zu verbinden: „Die Proitiden badeten sich in dieser Quelle
gesund." Aber dieser Einfall hält vor genauerer Prüfung nicht stand. Denn wenn
schon das Bad die Mädchen gesund macht, dann ist Melampus gän/.lich überflüssig.
Also steht Aouax|^i£va; für sich allein, und offenbar bildet dies Bad auch keinen
integrierenden Teil des Sühnacte.s, sondern es bezeichnet die .Situation, in der sich
die Proitiden befanden, als Melampus seine Ceremonie mit ihnen vornahm.
Man wird dies noch bereitwilliger zugeben, wenn man sich die Sachlag-e
klar macht. Um Ungeheuern Lohn hat es Melampus übernommen, die Proitiden
durch ein Reinigungsopfer von ihrem Wahnsinn zu heilen, aber die Schwierigkeit
besteht darin, der Mädchen, die in orgiastischem Taumel durch die Gebirge dahin-
stürmen, überhaupt habhaft zu werden. Bei ApoUodor II 2, 2, 7 nimmt sich der Seher
eine Anzahl kräftiger Jünglinge zu Hilfe und hetzt gemeinsam mit ihnen die
Mädchen, bis sie sich aus dem Gebirge heraus nach Sekyon tUichten, woliei eine
von ihnen, Iphinoe, vor Ermattung tot zusammenbricht. Das ist, wie der Vergleich
mit Pausanias II 7, 8 lehrt, die sekyonische Legende. Nach der Localsage von
Lusoi, die wir aus dem Epigramm kennen lernen, überrascht Melampus die
Proitiden, wie sie sich nach wildem Lauf in einem Gebirgsbach baden, und
benützt diesen Moment, um den Reinigungsact an ihnen zu vollziehen. Was
Pausanias VIII 18, 7 berichtet, ist im Grunde dasselbe: bnkp ok Ty;v XwvaXwpiv äprj t£
■/.x/.oO[i£va 'Apoavia y.y.1 aCTV.a'.ov iativ ev aütorj. £; toO-o äva'fui'£rv xi OTirjXaiov xäg fhuya-
xiox; -i; IIpoiTO'j [lavcbs;: /iyo'joiv, äc 6 'Sh'/.d\xr^'ju: {luatai; t£ ä7:oppT,to:s xai xai)'ap|ior?
y.ot.rr,-f'X-(zy iz ywpJov y.a/.o'j|i£vov Aou3o6;. Zwar erwähnt er die Quelle nicht, aber
daß diese aus einer Höhle hervorkam, wissen wir durcli X'itruv, und mit Recht
wird meines Wissens allgemein angenommen, daß Pausanias und Vitruv von der-
selben Höhle sprechen. Auch Pausanias läßt den Reinigungsact in der Höhle,
also am Quell, geschehen oder wenigstens beginnen. Das Eigentümliche seines
Berichts liegt nur darin, daß er den Proceß der Heilung in zwei Teile zerlegt;
zuerst die Entsühnung {h-jaia:; zt ä-oppT^To:; v.a,l 7.a9-ap|jiotj in oder bei der Höhle,
dann die definitive Heilung im Heiligtum der Artemis a. a. O. 8 xat y,7.£craxo x^;
(io'/ca; £v 'Ap-£(i'.5oc i£pöJ:- y.xl ir^ iv.zl-ryi xr// Apx£H'.v zcMVf^'i 'H|i£paatav y.aXoOaiv d
K'j^'.-zif'.^y.. Das sieht, namentlich wegen der am Schluß gegebenen Etymologie,
Zu dem Epigramm von Lusoi I ö I
ganz nach Contamination zweier verschiedener Versionen aus;') denn wenn Artemis
ihre snixXryats der Heilung der Proitiden verdankt, sollte sie von Rechts wegen
diese Heilung auch selbst vollziehen, wie bei Bakchylides und dem im wesent-
lichen dieselbe Sagenform befolgenden Kalli machos Dian. 236. Übrigens mag hier
eingeschaltet werden, daß auch bei Kallimachos das Einfangen der schwärmenden
Mädchen besonders hervorgehoben wird, nur besorgt es bei ihm, der von Me-
lampus nichts weiß, die Göttin selbst; Vers 234 f. oxi 0'. auvsÄsqao y.oupaf O'jp/sa
Doch kehren wir zur Textescoiistitution des Epigramms zurück. Durch die
Änderung Xouaaneva? hat der Accusativ llpotxßas und das prädicativ dazu gehörige
äpT£|.iiac das Verbum regens verloren. Die.ses muß also jetzt in dem Verbum
finitum £V.O'.|j£V oder was man immer dafür einsetzen mag, gesucht werden: Tiävxa
xaö-apiiöv £"/.0'];£v äTioxputfOv lautet die auch bei Vitruv nur wenig verdunkelte Über-
lieferung. Meist hat man hier an £y.ci!];£v Anstoß genommen und dafür £j3a(Jj£V,
£xpi)4'£V oder (rcäv x6 xaü'apii'j £V£/.pu'];£V vorgeschlagen, allgemein aber das Verbum
finitum eng init £Vi)-a verbunden. ,.In den Quell", so erklärt man, „hat Melampus
die icaD'apixaxa geworfen, naclidem sie ihre Dienste getan hatten", und diese Auf-
fassung- scheint bestätigt zu werden durch die Verse des Ovid Met. XV 325 ff.:
Amythaone natus
Proetidas attonitas postquam per Carmen et herbas
eripuit furiis, purgamina mentis in illas
misit ac[uas odiumque meri permansit in undis.
Indessen sagt Vitruv in seiner Paraphrase von einem Versenken der xaSapiiaxa
in den Quell kein Wort, und daß Ovid einer anderen Version folgt wie das
Epigramm, lehren die Worte Carmen et herbas. Daß es auch etwas sonderbar wäre,
das Werfen eines Gegenstandes in einen Gebirgsquell als ein Verbergen zu be-
zeichnen, mag nur nebenbei gegen die oben angeführten Anderungsvorschläge
bemerkt sein. Auch wäre £7.o'];£V an sich gar nicht so absurd, wenn man xai)'ap|iov
auf das Sühnopfer, das Ferkel, mit dessen Blut die Proitiden auch auf der de Witte-
schen Gemme (Wiener Vorlegeblätter B IV 4) benetzt werden, beziehen dürfte. Aber
aus einem andern triftigeren Grunde kommt man ohne die Annahme einer Ver-
derbnis nicht aus. Wir haben oben gesehen, daß der Accusativ IlpoixtSa; nur von
^) Das hat auch Paul Friedländer in seiner Freundlichkeit des Verfassers soeben zugeht, be-
Disserlation Argolica p. 31, die mir durch die merkt.
Jahreshefte des österr. archä.il. Institutes P.il. VIII 23
iXOt}/£V oder einem an dessen Stelle zu setzenden antleren \'ril)uni abhänj^en kann.
Xun ist aber dieses selbe Verbuni nach diT ('borlii-lernny- IktoiIs mit einem
andern Accusativ -nivzo. xaö-apjiöv ä-dx_o'j-^ov \erbun(len, und es ist beinahe undenk-
bar, dal3 es gelingen wird ein W-rbum zu finden, von dem diese beiden Aecusative
zugleich abhängen können, zumal mit dem ersten noch das prädicative äpxE^iea;
verbunden ist. Man ist daher berechtigt die drei angeführten Worte für verderbt
zu halten. Die Schwierigkeit lälJt sich leicht heben, indem man den Dativ her-
.stellt: -xvTt xxt>-xp|i(ö; .... i-ov.^-y^w.. Das i.st also dasselbe, was Pausanias a. a. O.,
allerdings in etwas anderem Zusammenhang, mit &UCTtatc; xs äTioppTjTOt; xai xaS^apiiot;,
bezeichnet und was Vitru\- mit „sacrificiis" wiedergibt.
Die unmittelbare Consequenz des eben F.rmittelten ist nun, daß sy.o'jJEV in
der Tat für corrupt gelten muß; denn „er schhig mit jedem geheimen .Sühnmitttsl
die Proitiden gesund" kann man doch unmöglich sagen. Das einfachste wäre
wohl £i)-r//.£v, aber auch das nüchternste und paläographisch schwierig.ste. In letzterer
Hinsicht verdient vor allen Vorschläg'cn, die man gemacht hat, Schaefers ijia'l^ev
den Vorzug; aber Stellen wie Sophokles Oed. tyr. 1228 vt'jixo xai)ap|xioi ■zi^yo^ ttjV
(TiifTf"/ und Euripides I. T. 1191 iyvol^ xaf^apiiot; uptoxa vcv w\>o(.i \H)m lehren, daß
eviiev das correcte ist, mit dem sich auch der prädicative Accusativ api£[xia,; nicht
allzuschwer verbindet: „gesund waschen.'' Es ist nun überraschend, wie genau
sich mit dieser auf dem "Wege der Kritik gefundenen Lesung: -avx: xa8ap|XüK
evi'jiäv ä-oxp6:fW'. die Paraphrase Vitruvs: „quod apud eum fontem JMelampus sacri-
ficiis purgavisset rabiem Procti filiarum" deckt, während doch der von ihm citierte
griechische Text navrz /.xUxpiiöv 'iv.O'bv/ ä7:ö/.p'j-^ov hat, wie unser Isigonostext. Ist das
nun bloßer Zufall oder stammt die Paraphrase, die Vitruv gibt, aus andrer Quelle,
wie der Text des Epigramms? Oder sollte dieser Text, und dann natürlich auch der
der beiden folgenden Epigramme 'HoEta (puypoO und 'Toaxa xpaväevxa, erst nachträg-
lich in den Text des Vitruv interpoliert .sein, aus einem allerdings an zwei .Stellen
(xa; und äpx£[i£x;) correcterem Text des Isigono.s, während Vitruv oder sein Ge-
währsmann, wie man gewöhnlich glaubt Varro, einen noch ganz unverfälschten
Text vor sich hatte? Unter allen Möglichkeiten scheint mir diese die plausibelste;
doch sie weiter zu verfolgen und v(jr allem das E.xem])'-! auf die beidi-n anderen
Epigramme zu machen, würde hier zu weit führen. I'aliren wir also in der Inter-
pretation des Epigramms weiter fort.
Den Genetiv' Xuaar^c möchte man, wie schon nben angedeutet, am liebsten
mit äpx£|i£a; verbinden: „er wusch .sie vom Wahnsinn lieil, des Wahnsinnes frei."
Will man diese Möglichkeit nicht gelten lassen, so muß er von xailapjiön abhängen:
Zu dem Epigramm von Lusoi 183
„mit jedem geheimen Heilmittel des Wahnsinnes.'' Ich wage das nicht zu ent-
scheiden. Was aber das ganze Distichon besagten will, scheint mir nunmehr klar.
Als Melampus die Proitiden im Bade trifft, gießt er alle seine Heilmittel über sie
aus. Dabei fließt das Blut und fallen die sonstigen Zaubermittel von dem Körper
der badenden Proitiden in den Quell und geben diesem seine verhängnisvolle
Eigenschaft. Dazu .stimmt nun vorzüglich das Zeugnis des Eudoxos a. a. O. :
ci; yjv /.syouai MsXäjATiciSa, ot£ -ä; IIpo'.TtSaj r/.äfl'aipsv (so, nicht ixäO'/^pEV. ist über-
liefert), ii^ißaÄstv tä ÄTiozai)'ap[iaTa.
Von dem nur bei Isigonos erhaltenen Schluß des Epigramms ist nur noch
das erste Wort ayap zu verbessern; eu"' äp', was Schaefer wollte, ist keine allzu
leichte Änderung, und bei aT yap, was Ellis und Heringa vorschlugen und Preg-er
aufgenommen hat, ist weder die Causalpartikel an ihrem Platz noch ist es stil-
gerecht, daß eine so nebensächliche Bemerkung in einem Hauptsatz steht. Man
erwartet einen Relativsatz, und dieser ist durch die kleine Änderung" in al' ^d x'
leicht zu gewinnen.
Ich schlage also vor, das ganze Epigramm folgendermaßen zu schreiben, wobei
ich, damit man den Umfang der Änderungen bequemer übersieht, die Überlieferung
bei Vitruv und Isigonos, soweit sie in Betracht kommt, nochmals als adnotatio
critica beifüge.
'AypOTa, auv Tzoiiv/ai:; xb [xeariii^ipivbv f]V az ßapuvrji
Ottjjo? av' iayoaixz KXe;-opoc spyoiJisvov,
Qxocg [X£V ÄTio y-piivr^i apuiai Tidj.ia v.m zapä Nuj-i'fac?
OSptätji axfjcjov Ttav xb aov atTidXoov.
5 aXXx ab \irfi iid Aouzpx [SxXrj:; /pot [lifZ dpux^pa
7:rj[j.yjVTjt$, TepTiVYjS evtoj eövTa iae&tjs"
rfE'jye S' ej-iTjV iirjyrjv [itaai-iTieXov, evö'a MeXa|-i7i:oi)^
Äou^aiilvag Ai'jaar^q Upo'.x'.oy.: äptsjxsa;
Kmxl xxd-ocpniM sv'.']^£V ä-oy.p6q;coo. at pa x' är:' Apyo'jc
10 oüpsa xpr^ysirj; yjXuÖ'OV 'ApxaotTjS.
3. xx; V. xf^; I. — 5 \xri az xai auprj — 6 7irj|jiY|Vr^[ .... tno; — g Tzmxoc 7.a&-ap[iöv
£XO(j;£V äTioxp'jcfov, ayap.
Der eigentliche Sachverhalt ist aber klärlich folgender. Bei Lusoi gab es eine
Quelle, von der die Sage ging, daß der Genuß ihres Wassers den Geschmack am
Wein für immer verleide. Das Wasser dieser Quelle wurde nun durch eine Leitung
zur Speisung eines Laufbrunnens benutzt; denn wenn Reichel und Wilhelm a.a.O.
23*
l3i C. Roberl. Zu dem Kpigramm von Lusoi
S. 5 sagen: „Xeben der Höhle mit der Quelle mul3 eine Leitung anderswoher
Wasser gebracht haben, an dem die Nachrede der Verunreinigung nicht haftete,"
so setzen sie sich in offenbaren Widerspruch mit dem Epigramme, wo die redend
eingeführte v.pii'vri den verzauberten Bach ausdrücklich als ihre eigene Quelle
bezeichnet: ysOys S' £[iy,v "tjTjV icjäii-EAOv. Xun lälJt ja alh^rdings \'itruv dic^
Inschrift in der Höhle selbst neben der Quelle angebracht sein, woraus folgen
würde, daß Quelle und Laufbrunnen sich in unmittelbarer Nachbarschaft befunden
hätten, eine ganz unglaubliche Vorstellung. Indessen verliert dieses Zeugnis
sehr an Gewicht durch den Umstand, daß dieser Schriftsteller gar nicht gemerkt
hat, daß in dem Epigramme v.pijyrj und "r^yT^ scharf voneinander unterschieden
werden. Der Bach gehört zur Höhle, das Epigramm aber an den Laufbrunnen.
Da nun die österreichischen Ausgrabungen des Artemislieiligtums dort ein archi-
tektonisch sorgfältig ausgestaltetes Brunnenhaus aufgedeckt haben (a. O. S. i6 ff.
Fig. 6 B. Fig. 7 — 8), so liegt die Vermutung ungemein nahe, daß dies die xprivr}
des Epigramms ist. Auch Reichel und Wilhelm scheinen dasselbe zu glauben,
wenn sie a. a. O. S. 17 sagen: „Die Vermutung, daß das Wasser von der nicht auf-
gefundenen Quelle des Heiligtums in Holz- oder Bleiröhren hergeleitet war, liegt
nahe", nur vermag ich diese Worte mit der oben angeführten Äußerung auf S. 5
nicht wohl in Einklang zu bringen.
Wenn diese Annahme richtig ist, so bezog also der Brunnen des Tempel-
bezirkes sein Wasser aus dem verhängnisvollen Quell, und es war zu befürchten,
daß sich der an diesem haftende Aberglaube auch auf jenen übertragen würde.
Diesen Aberglauben im Keime zu ersticken ist die Tendenz des Epigramms.
Indem man die .Schädlichkeit des Quellwassers uneingeschränkt zugibt, verlangt
man auch für die in Form einer Einladung gekleidete Behauptung, daß das
Wasser des Brunnens durchaus zu empfehlen sei, unbedingten Glauben, ohne daß
man sich die Mühe nimmt zu erklären, durch welchen Proceß das Was.ser auf dem
Wege von der Höhle zum Heiligtum seine magische Kraft verloren habe. Man
rechnet eben auf gläubige Gemüter. Zugleich benutzt man die Gelegenheit, um
durch freundliche Mahnungen den Brunnen vor Verunreinigung und, wenn meine
Vermutung zutrifft, das Trinkgerät vor Beschädigung zu schützen.
Halle a./S. C. ROBERT
i85
Die limBiz und ihre Knappen.
Eugen Petersen hat in dieser Zeitschrift 1905 Seite 77 — 83 unter dem Titel
, Ritter und Genosse' eine Kritik meiner Abliandlung ,Sur les ltitzzl^ atheniens'
(Memoires de l'Academie des Inscriptions et Belles-Lettres XXXVII i p. 157 ff.)
veröffentlicht. Er erkennt die Hauptresultate meiner Untersuchung als richtig an,
bemäkelt jedoch zahlreiche Einzelheiten und wirft mir im besonderen vor, daß
ich von den Bildwerken einen unmethodischen Gebrauch gemacht hätte. Seine ein-
leitenden Bemerkungen schließen mit folgenden Worten (Seite 78): ,,Es dürfte
nicht unangebracht sein, das Wesentliche aus Helbigs Nachweisen herauszu-
heben und es von dem Verfehlten zu säubern." Um den Sachverhalt in das richtige
Licht zu stellen, sei es mir g'estattet, die Einwürfe Petersens einem analogen
Verfahren zu unterziehen. Sie werden sich dabei mit wenigen Ausnahmen als
nichtig herausstellen. Ich beginne damit, diese Ausnahmen hervorzuheben.')
Einigermal3en brauchbar sind die Bemerkungen, die Petersen über die
Ausrüstung der die berittenen Hopliten begleitenden Knappen macht. Wer zum
ersten Male einen antiken Gebrauch zu erläutern versucht, wird zunächst darauf
ausgehen, die Regel festzustellen. In dieser Weise verfuhr ich bei meiner Unter-
suchung über jene Knappen. Wenn ich behauptete, daß dieselben der Schutz-
waffen entbehrt hätten, so beweisen die Bildwerke, daß dies in der Tat die
Regel war. Doch habe ich meine Behauptung- vielleicht etwas zu absolut formu-
liert. Da die Equipierung der Knappen keiner staatlichen Aufsicht unterlag, konnte
es wohl geschehen, daß einer oder der andere tTTiTieu? seinen Knappen in voll-
ständigerer Weise ausrüstete, als es gewöhnlich der Fall war, wie ich dies übrigens
Seite 35 — 36 Anm. 3 ausdrücklich zugegeben habe. Petersen kann demnach
Recht haben (Seite 79 Anm. 15), wenn er den Schild, den ein Knappe aui
einem schwarzfigurigen Vasenbilde (Pottier, Vases antiques du Louvre, 2. serie
pl. 64 F 12 p. 87) auf dem Rücken trägt, dem Knappen vindiciert,-) während
ich diesen Schild zu dem Hopliten, den der Knappe begleitete, in Beziehung
setzte, und wenn er (Seite 82 Anm. 28) in einem behelmten Reiter einer anderen
') Da Petersen meine Abhandlung nicht nacli Ein solcher Knappe konnte am leichtesten, während
den Seitenzahlen des Bandes der Memoires, sondern sein Hoplit jenes Pferd ritt, in den Fall kommen,
nach denjenigen des Separatabdruckes citiert, schlage zu Fuße fechten zu müssen, und sich hierbei mit
ich im Folgenden das gleiche "Verfahren ein. Nutzen der äoTiis bedienen, wahrend dieselbe, wie
^) Bekennt man sich zu dieser Auffassung, dann ich in den iKKsXg Seite 18, 35 — 36, 40 (vgl. die
wäre am ersten der Knappe eines nur über ein Seiten 186 u. 200 des vorliegenden Aufsatzes) dar-
Pferd verfügenden Hopliten ins Auge zu lassen. gelegt, beim Kampfe zu Pferde unbrauchbar war.
i86 w. iicihig
schwarzfig-urig-en Vase (Pottier. Vasos du Louvre, 2. serie pl. 69 F 72 p. gS), den
ich (Seite 07) für einen thessalisclien Reiter erklärte, viclnu-hr einen Knappen
erkennt. Außerdem verdanken wir meinem (iegncr noeli die lüitdeekung-
(Seite S2 Anm. 6), daß ich auf dem \'asenbilde. welches ihireh die Taf. 1 m(>iner
Abhandlung reproduciert wird, in der links dargestellten Gruppe an di>ni Bauche
des hinteren Pferdes das rechte Bein des darauf sitzenden Reiters übersehen
habe. Es ergibt sich hiermit, daß dieses Pferd nicht, wie ich annalun. li^lii^- war
und dem darunter liegenden, skythischen Bogenschützen gehörte, .sondern dai.f es
noch einen Reiter trug. Doch werden die Resultate meiner Untersuchung durch
die Petersensche Beobachtung keineswegs modificiert. Es kam mir einenseits
darauf an, die im Grunde selbstverständliche Tatsache zu belegen, daß sich die
Hopliten, die über Pferde verfügten, ihrer umfangreichen Rundsehilde inn- be-
dienen konnten, wenn sie, wie sie es gewöhnlich taten, zu Fuße fochten, daß sie
hingegen diese Schilde ablegen mußten, falls .sie darauf angewiesen waren, zu
Pferde zu kämpfen, wie es manchmal bei der Verfolgung und während der
Flucht geschah (s. S. 18, 35). Andererseits legte ich dar, daß die berittenen Hopliten
bisweilen skythische oder skythisch gekleidete Bogenschützen als Knapjien
annahmen (Seite ■\o)'). Beide Auffassungen werden durch das auf meiner iaf. 1
veröffentlichte Vasenbild bestätigt. Man sieht darauf zwei Hopliten, die, ohne
einen Schild zu führen, zu Pferde gegeneinander kämpfen und von denen
mindestens der eine von einem skythischen Hippotoxoten begleitet ist. Ferner
dürfte die Weise, in welcher sich Petersen (Seite 82 Anm. 28) über das
von mir auf Taf II Fig. 2 publicierte Gefäßbild äußert, zum mindesten discu-
tierbar sein. Man sieht darauf vier Reiter im Begriffe, fünf gegen sie vor-
rückende Hopliten anzugreifen. Da die Darstellung den Eindruck erweckt, daß
die Reiter eine förmliche Charge unternehmen, und die Überlieferung über eine
derartige Action der berittenen Knappen schweigt, vermutete ich, daß der Maler
durch die Kampfweise der damaligen, thessalischen Cavalleristen inspiriert
worden sei, von denen es bezeugt ist, daß sie im Jahre 510 das spartanische
Fußvolk, welches, um die Peisistratiden zu vertreiben, in Attika eingefallen
^j Auf attischen Vasen sind unendlich oft sky- (Reinach, Röp. II p. 100). Wenn ich demnach auf
thische Bogenschützen als Knappen von Hopliten einem Vasenbilde (£--£t; S. 24 Fig. 71, auf dem zwei
dargestellt, (z. B. iT.r.tZ- S. 38 Fig. 13, S. 67 Fig. 27, skythische Bogenschützen neben einem berittenen Ho-
Taf. I S. 192. Reinach, Repertoire des vases peints plitcn herlaufen, den einen derselben für den Knappen
II p. 109 n. 8, p. 131 n. 4,8, 10; Potticr, Vases ant. des Hopliten erklärte, so liegt kein Grund vor, diese
du Louvre, 2. Serie pl. 75 F 151, pl. 87 F 388). Eben- Auffassung zu verdammen, wie es Petersen .S. 80
50 begegnen wir skythischen Hippotoxoten ,ils Knappen Anm. 20 tut.
von Amazonen, die als berittene Hoplitinncn ausrücken
Die iJtTisTs und ihre Knappen 187
war, einmal mit (iliick, das zweite Mal erfolglos chargierten.'') Hingegen erklärt
Petersen jene Reiter für berittene Knappen. Eine endgültige Entscheidung-
zwischen den beiden Auffassungen dürfte sich schwerlich erzielen lassen. Endlich
bringt Petersen (Seite 81 — 82) hinsichtlich des schwarzfigurigen, attischen
Vasenbildes, welches in meinen [--sr? Seite 6g Fig. 28 reproduciert ist, mit
Recht einen Nachweis Loeschckes in Erinnerung. Dieses Bild, dessen .Stil auf
die zweite Hälfte des .sechsten Jahrhunderts deutet, stellt Achill und Penthesileiadar,
wie sie zu Pferde gegeneinander kämpfen. Ich versuchte die der Überlieferung
widersprechende Charakteristik des Achill als Reiter daraus zu erklären, daß der
Maler den phthiotischen Königssohn den aus derselben Landschaft stammenden
thessalischen Cavalleristen assimiliert hätte, die den Athenern während der
zweiten Hälfte des sechsten Jahrhunderts wohlbekannt waren, da sie damals häufig- als
Hilfstruppen in den Heeren des Peisistratos und der Peisistratiden fochten.'*)
Loeschcke") hat in schlagender Weise nachgewiesen, daß die Gruppe des Achill
und der Penthesileia auf Grundlage eines alt-ionischen Schemas entworfen ist,
welches ursprünglich aus zwei sich gegeneinander aufbäumenden Tierfiguren be-
.stand und im Laufe der Zeit zur Darstellung von Zweikämpfen und anderen
Scenen verwendet wurde, die eine ähnliche, zwiefache Gliederung nahelegten.
Doch schließt dieser Nachweis keineswegs die Möglichkeit aus, daß der attische
Maler, als er den Kampf zwischen Achill und der Amazonenkönigin dem ioni-
schen »Schema anpaßte und dem entsprechend den thessalischen Helden beritten
dar.stellte, den Verstoß, den er hiermit gegen die Überlieferung beging, in pec-
tore durch einen ähnlichen Gedankengang rechtfertigte, wie ich ihn ang-edeutet.
Außer den im bisherigen angeführten Bemerkungen enthält die Polemik Petersens
nur entschieden falsche oder ganz unzureichend begründete Behauptungen.
Bei ihrer Widerlegung- beobachte ich die Reihenfolge, die ihnen mein
Gegner in seinem Aufsatze g-eg'eben.
Seite 78 Anm. 12: „Die Bestimmung der mit zwei Pferden ausrückenden
(Hopliten) als der Pentakosiomedimnen ,S. 54, derer die mit einem als der
Hippeis, ist freilich willkürlich. Auch der Versuch, S. yg ff., die Org-anisation
der athenischen Cavallerie durch zwei Vasenbilder, zwischen die sie fallen müsse,
zu datieren, und zwar alsbald nach dem Jahre 477, kann kaum gutgeheißen werden."
Die Bezeichnung der mit zwei und der mit nur einem Pferde ausrückenden
■') Herodot. V 63; Aristot. "ABr/A r.c/X. 19. He- Wissenscli.iften II 1897 S- 3i8.
rodot. V 64; Arislot. 'AO-r,v. noX. 19. ^) Bonner Studien 24.S ff.
^) Vgl. Sllzungsber. der bayr. Akademie der
iSS \V. Hclhig
Hopliten als -£v:ay.oa'.0|Ji£5:|tvo: und als [--$:; ist keineswegs willkürlich. \'ielmehr
findet die von mir angenommene Uiitorschoidung eine Stütze in einer .Stelle des
Granius Licinianus (ed. Bonnensis p. 4, 5): Verum de equitibus non omittam
quos Tarquinius duplicavit ita ut priores equites binos equos in proelium ducerent.
Diese Stelle nötigt zu der Annahme, daß es neben den über zwei Pferde ver-
fügenden equites priores im römischen Heere equites gab, von denen jeder nur
ein Pferd zu unterhalten hatte und die offenbar die equites posteriores waren.
Der equitatus wurde zunächst nach dem Muster der berittenen Hopliten org-ani-
siert, die in den Heeren der unteritalischen Griechenstädte die Kerntruppe bil-
deten. Die Bildwerke beweisen, daß diese Hopliten in dieselben beiden Gattungen
zerfielen, wie die römischen Equites, das heißt in Hopliten, die mit zwei, und
solche, die nur mit einem Pferde zu Felde zogen. Dieses Zusammentreffen kann
unmöglich zufiillig" sein, sondern berechtigt zu dem Schlüsse, daß die Römer, als
sie den equitatus organisierten, zugleich die Einteilung dieser Truppe in zwei
verschiedene Schwadronen von den Hellenen entlehnten. Nach allem, was wir
von der damaligen Entwicklung des römischen Heerwesens wissen, dürfen wir
mit Sicherheit annehmen, daß die Entscheidung, ob ein Bürger in der einen oder
der anderen Schwadron zu dienen habe, von der staatsrechtlichen Stellung des
Bürgers abhing, mochte dieselbe auf der Geburt oder auf dem Census beruhen.
Offenbar haben wir denselben Sachverhalt für die hellenischen Inmlg vorauszu-
setzen. Da Solon die Zulassung der Bürger in die drei oberen Classen nach
dem Ertrage ihres Grundbesitzes regelte, lag es ihm nahe genug, den Höchst-
begüterten, also den -ivzy.-/.0'j'.o\iio:\vjo'., den kostspieligsten Dienst vorzuschreiben,
der den Unterhalt von zwei Pferden erforderte. Wie es scheint, hießen die Mit-
glieder der obersten Bürgerclasse wie in anderen hellenischen Staaten so auch
in Athen ursprünglich '.T.r.t'iz und wurden die 7:£VTaxoato|J.£5t|iVoi enst von Solon
aus dieser Classe ausgeschieden und aus ihnen eine neue, die höchstbegüterten
Bürger umfassende Classe gebildet. Ihr Name, welcher einen ausschließlich ökono-
mischen Gesichtspunkt hervorhobt, erweckt den Eindruck, daß es sich um eine
verhältnismäßig junge Institution handelt, und bringt das Princip, auf dem die
solonische Classeneinteilung beruhte, in der schärfsten Weise zum Ausdruck.
Es ist mir nicht eingefallen, die Organisation der athenischen Cavallerie
durch zwei Vasenbilder, zwischen die sie fallen müsse, zu datieren. Vielmehr
habe ich für diese Untersuchung auch die Tatsache herangezogen, daß die
Athener im Jahre 478 zum erstenmale mit einem Reitervolke, den Thrakern, in
enge und dauernde Beziehung traten, und die Berichte über die Schlacht Ix'i
Die 171;:=?; und ihre Knappen löy
Tanagra, wie Aischylos Septem c. Thebas 392 — 394 und Plato Meno 32 p. 93 D
benutzt.
Seite 79 Anm. 13 kritisiert Petersen die Erlvlärung, die ich von dem
Bilde einer altattischen Scliale gegeben (Fig. 4 meiner Abhandlung). Auf der
einen Seite dieser Schale sieht man Perseu.s, Hermes und Athena, wie sie von
den Gorgonen verfolgt werden. Das Bild der andern Seite wurde von mir auf
Hopliten gedeutet, die ihre eigenen Pferde und diejenigen ihrer abgesessenen
Kameraden vorwärts führen, und angenommen, daß man sich die abgesessenen
Hopliten hinzuzudenken habe, sei es zum AngTiife übergehend, sei es bereits im
Kampfe beg-riffeti. Petersen behauptet, daß die Hopliten nicht neben den Pferden
hermarschieren, sondern von den Pferden abspringen — was bei der unklaren
Zeichnung recht wolil möglich scheint — und daß unter dieser Voraussetzung
die phantastische Erklärung, die ich von dem Bilde gegeben, um so mehr in der
Luft schwebe, da auf der anderen Seite der Schale nicht die kämpfenden Hopliten
dargestellt seien, denen nach meiner Ansicht die deren Pferde führenden Hopliten
folgen. Ich muß gestehen, daß mir Petersens Gedankengang unverständlich
ist. Nehmen wir auch an, daß die Hopliten von den Pferden abspringen, so
wird hiermit kein befriedigender Zusammenhang zwischi'n ihnen und der auf der
andern Seite angebrachten Verfolgungsscene erzielt. Glaubt etwa Petersen,
daß die Hopliten abspringen, um dem Perseus und den beiden Göttern gegen die
Gorgonen beizustehen? Es dürfte schwer fallen, ein archaisches Bildwerk nach-
zuweisen, auf welchem Sterbliche in solcher Weise in eine mythische Scene ein-
greifen. Außerdem würden die Hopliten, wenn sie absaßen, um zum AngTiffe
vorzugehen, ihre Rosse ohne Aufsicht belassen haben, während doch zahlreiche
Denkmäler beweisen, daß die Rosse in diesen Fällen entweder von Kameraden
der abgesessenen Hopliten oder von Knappen behütet wurden.
Petersen scheint vergessen zu haben, daß die auf den beiden Seiten der
schwarzfigurigen Schalen angebrachten Bilder vielfach, was den Inhalt betrifft,
nichts miteinander zu tun haben. Um ihm diese Tatsache ins Gedächtnis
zurückzurufen, werden vier P)eispiele genügen : i . Die Würzburger Phineus-
schale (hier Fries im Innern). Phineus und die Boreaden. )( Dionysos, Satyrn
Nymphen. Mon. dell' Inst. X 8; Reinach, Repertoire des vases peints I p. 202.
— 2. Castellanische Schale im British Museum (B 426). Kämpfe des Herakles.
)( Dionysos und Satyrn. Mon. dell' Inst. IX 10; Reinach I p. 183. — 3. Schale
früher Basseggio. Dionysos und Gefolge. )( Parabates und Wagenlenker auf Vier-
gespann, umgeben von zwei Fi'auen. Arch. Zeitung XLIII (1885) Taf. 16: Reinach I
J.ihreshefte des o.terr. .irchSol. Institutes P.d. VUI. 24
p. 4(i-\ -- 4. Schale des Archikles uuil ( ilaukxti's. l\al vilonisclu' Jai^d. )[ rhcsous
und Minotauros. (.lerhard. Auseil. \'as(Mih. II Fat". _\^5; Reiiiach II \>. 1 k».
Kin Zug; von Kriesjvrii. die im UegTitTe siii<l. Pl'erde vor\\;ii-ts zu tühreu, eii^ucti!
sich, ähtdich wie (Mn Tierstreitcn, xortrefflieh zur j-ülluno- imiut Sclialeuwaiul. Deshalb
brachte ihn der Maler der Schale, von der wir ausgingen, zur Darstdluiijif, ebne
Rücksicht auf die sich daran anschliei3ende Sccne, l(>jj-te jedoch dem Uetrachter
den Gedanken an zu l-"ul.i kämpfende llnjiliten dadurcli uab(;, daü er die I''iu;-nr
eines solchen Hopliten in das mittlere Rund der Schale einsetzte.
Die erste Hälfte der Anmerkung" 15 auf Seite yq enthält die im <)liiL;en
(Seite 185) berührten Bemerkuns^en über die f!iiui]iieruiie der Kiia|)[)en. llieraut
fahrt Petersen folg-endermaüen fort: ., i'.beiixiwMMiii; wert i^t die aus der
Luft gegriffene Erklärung- für das fehlen eiiu-s Schildes bei den reitenden Ge-
wappneten. Jedesmal (z. B. Seite 24, 36 ff., 40) wird uns da wieder i^esa^t, der
Hoplit habe .sich des Schildes entledigt, um kampfbereit zu sein, trotzd<'m der
Hauptnachweis dem .Satze gilt, dal3 das Reiten für A (so bezeichnet Petersen den
Hopliten) nur Beförderungsmittel ist und der .Schild doch gerade für den Kampf
da ist. Es ist offenbar die Technik des Vasenmalers, nicht die des Ritters, die
solche Ausla.ssung verursachte. Tratten ja doch auch \on den eigentlichen cava-
liers des Parthenonfrieses Helm und l\inzer mehr als (nner und Beinschienen,
gegen die Heibig (Seite 35, Anm. 3) eifert, die berittenen Amazonen, echte
Reiterinnen.''
Wie bereits im vorhergehenden (Seite 186) bemerkt wurde, lautote meinte
Thesis dahin, datJ der berittene Hoplit, wenn er ausnahmsweise darauf angewiesen
war, zu Pferde zu kämpfen, seinen großen Rundschild ablegte, da ein .solcher
hierbei eine durchaus unbrauchbare .Schutzwaffe gewesen sein würde. Eine Reihe
von schwarzfigurigen Vasenbildern stellt Hopliten dar, die zu Pferde aneinander
geraten sind. Keiner von ihnen erscheint mit einem Schilde au.sgestattet. ') Es
wäre ein merkwürdiger Zufall, wenn die Maler aller dieser Gefäße den .Schild
nur aus technischen Gründen ausgelassen hätten. Jedenfalls würde die Wei.se,
in welcher Petersen diese Auslassung- erklärt, nur dann einen .Sinn haben, wenn
er meine Ansicht widerlegt hätte, daß die y.-;-'.; beim Kampfe zu Pferde unpraktisch
war. Diese Widerlegung ist er aber schuldig geblieben.
Weßhalb Petersen auf die Helme und Panzer der Parthenonsreiter verweist,
i.st mir unerfindlich. Ich habe den hellenischen Cavalleristeii nicht Helm und
Panzer, wohl aber die ä^Ttt; und die Beinschienen abgesprochen und diese Be-
■'i Heibig, .Sur les 'Ir.TMt; athfniens 18, 3.S — 3^, 40.
Die CTiTlEi; und ilux- Kii.v|i|ifn IQI
hauiUung wird durcli die Tatsache bestätigt, dalj keiner jener Reiter weder mit
der ersteren noch mit der letzteren SchutzwafFe versehen ist. Ebenso verhält es
sich mit den Amazonen, die P. als Beweis anführt, daß die Beinschienen zur
h~r|uipi(>rung- der Cavalleristen gehört hätten. In seinem Eifer, zu beleliren, hat
er vergessen, daß die Amazonen ursprünglich gar nicht als ,.echte Reiterinnen"
aufgefaßt wurden. Die älte.ste hellenische Kunst stellte sie mit mehr oder minder
vollständiger Panhoplie und fast durchweg zu Fuße fechtend dar; sie ließ sie zu Pferde
nur kämpfen unter den gdeichen Bedingungen, unter denen dies von Seiten der berit-
tenen Hopliten geschah. Erst, als die lonier angefangen hatten, die Küsten des Pontos
zu colonisieren, konnten sie darauf verfallen, die Amazonen den in den dortigen
Steppen hausenden Reitervölkern zu assimilieren, eine Assimilierung-, durcli die,
wie es scheint, die Cliarakteristik der kriegerischen Jungfrauen in der Aethiopis
des Arktinos beeinflußt wurde. '^) Doch versteht es sich von selbst, daß hiermit
die Auffassung der Amazonen als berittener Hoplitinnen nicht sofort beseitig-t
wurile, sondern sich zumal in dem Kunsthnndwerke des Mutterlandes noch g^e-
raume Zeit erhielt. Wir kennen g'egenwärtig nur zwei Denkmäler, auf denen eine
zu Pferde kämpfende Amazone mit Beinschienen ausgerüstet erscheint, eine
liocharchaische, chalkidische Amphora, deren Bilderschmuck, wie Loeschcke
einleuchtend dargelegt, durch ionischen Einfluß bestimmt ist,''' und die bereits
im obigen (Seite 187) erwähnte, attische Amphora aus der zweiten Hälfte des
sechsten Jahrhunderts. Auf beiden Gefäßen ist der Kampf zwischen Achill und
Penthesileia dargestellt und die letztere mit Beinschienen ausgestattet. Das
chalkidische Bild zeigt die Amazonenkönigin, wie sie zu Pferde vor dem ihr zu
Fuß nachstürmenden Achill flieht und diesem, sich umwendend, mit Pfeilschüssen
zusetzt. Jedesfalls hat der Maler der von den loniern ausgebildeten \'orstellung-
dadurch Rechnung getragen, daß er die Amazone den für die Söhne der Steppe
bezeichnenden Bogen führen ließ. Hingegen steht der Annahme nichts im Wege,
daß für ihn im allem übrigen die alte \^(irstellung maßgebend war, nach welcher
•sich die Amazonen der Kampfesweise der berittenen Hopliten bedienten, und
daß er sich demnach Penthesileia bei der [la/j^ a-ocSta zu Fuß fechtend dachte.
Wie jene Hopliten, trägt die Amazonenkönigin Helm, Panzer und Beinschienen
und kämjjft sie auf der Flucht notgedrung^en zu Pferde; die Tatsache, daß sie
hierbei keine äani; führt, erklärt sich in ung'ezwungener Weise aus dem im Obigen
(Seite i86u. igo) Bemerkten. Wenn es demnach zum mindesten ungewiß bleilit,
*) Benndorf, Das Heroon von (_TJölliaschi-Trysa '■') Bonner .Studien 256 Fig. 6.
142; Loeschcke in den Bonner Studien 255 ff.
192 W. Hclhij;
of PeiuliesiU'ia in jeder Hinsicht als eine „echte Reiteriir' aut'!L;et';il.U ist, so ilürlen
die Beinschienen, die sie trägt, nicht als ein sicherer Beweis, tlal.i dii^'se Schiitz-
wafFe der Cavallerie zukam, g^eltemi gemacht werden, l'.in voUständii.;- klarer
Sachverhalt ergibt sich aus dem attischem Vasenbilde. Achill und I'enthesili-ia
kämpfen hier, beide schildlos, gegeneinander zu Rol.i, während sich eine gestürzte
Amazone, die unter den Pferden liegt, mit der vorgvstreckten äa^fj vor den
Tritten der letzteren zu schützen sucht. Wenn cliese Amazone durch die Scluitz-
waffe. ilie sie führt, deutlich als eine Hojilitin erkennbar ist, so haben wir auch
die Führerin des Amazorn^nheeres in derselben Weise aufzufassen und demnach
anzunehmen, da(3 ihr der Maler die Beinschienen gegeben hat nicht weil sie zu
der Equipierung der Cavalleristen. sondern zu derjenigen der berittenen Ilopliten
gehörten. Dürfen wir annehmen, daß der attische Vasenmaler mit iler Handlung,
die er darstellte, eine deutliche Vorstellung verband, so kann er sich diese Hand-
lung etwa folgendermaßen gedacht haben: Die Xiederlage der Amazonen ist
entschieden und ihr Heer auf der Flucht bogriffi'u, ein Vorgang, welcher durch
die unter der Reitergruppe liegi-nde Amazone \'eranschaulicht wird; Penthesileia
hat Kehrt gemacht, um ihre gestürzte Gefährtin gegen den Angriff des Achill
zu beschützen.
In Athen wurden die Amazonen erst von Mikon, dem (ienossen des aus
dem ionischen Thasos stammenden Polygnoto.s, als „echte Reiterinnen" dar-
ge.stellt auf Bildern, welche den Sieg des Theseus über die kriegerüschen Jung-
frauen verherrlichten.'") Wir dürfen als obere Zeitgrenze für die Ausführung
dieser Bilder unbedenklich das Jahr 47O annehmen, in welchem Kinion die
Gebeine des Theseus aus Skyros nach Athen brachte.") Um dieselbe Zeit, zwischen
477 und 472, hob die athenische Regierung zum ersten Male eine Reitertru])pe
unter der Bürgerschaft aus.'-) Das Aufsehen, welches hierdurch hervorgerufen
wurde, und die .Sympathie, mit welcher die Athener die neugeschaffene Truppe
aufnahmen, trugen ohne Zweifel dazu bei, den Genossen des Polygnot zu jener,
in Attika neuen Charakteristik der Amazonen zu bestimmen. Mikon war au(3er
Stande, Theseus und die von ihm geführten Athener zu Cavalleristen zu machen,
da dies allzusehr der volkstümlichen Überlieferung widers]iroclien haben würde.
Hingegen durfte er dies mit den Amazonen wagen, da di(; Athener infolge der
engen I'>eziehungen, die sie seit mehreren Generationen mit lonien unterhielten,
**; Vgl. hierüber und über das Folgende Klug- ") Clinton, Kasti hellenici 34.
mann. Die Amazonen in der attischen Literatur und '-; I leibig, Sur Ics '.--€>.- atheniens 84.
Kunst 45 ff.
Die iTiKEi; uiul ilirc KiKippcn 193
mit der hier inaügebenden Auffassung' der krieg'erischen Juiij^frau<'ii Noraussichtlicli
mehr odr-r minder \'ertraut waren. Auf rotfigurigen Vasenbildern, die. wie es
sclieint, durcli Gruppen a\is den (iemälden des Mikon beeinflußt sind,'") spielen
die Amazonen eine sehr edle Rolle und erscheinen vielfach den gegen sie
kämpfenden Athenern überlegnen. Eine derartige Darstellungsweise ist wie die
Tatsache, daß auf dem Parthenonsfriese das athenische Heer lediglich durch die
Cavallerie vertreten wird, offenbar aus der Vorliebe zu erklären, welche die
gleichzeitigen Athener für diese Truppengattung hegten. Nachdem die Auffassung
der Amazonen als kühner Reiterinnen in die attische Kunst Eingang gefunden
hatte, wurde sie bald hellenisches Gemeingut. Seitdem wurden die kriegerischen
Jungfrauen, wenn sie zu Pferde kämpfen, .stets ohne Beinschienen dargestellt —
ein deutliches Zeichen, daß man diese Schutzwaffe nicht als zur Equipierung der
Cavallerie gehörig betrachtete. Um sich von der Richtigkeit meiner Behauptung
zu überzeugen, braucht Petersen nur die Nummern nachzuschlagen, die Reinach
in seinem Repertoire des vases peints II p. 38g u. d. W. Amazones verzeichnet hat.
Einen weiteren Angriff richtet Petersen (Seite 80) gegen meine Ansicht,
daß Themistokles seinen Sohn Kleophantos für den Dienst in der damals
eingeführten Bürgerreitert'i habe einüben lassen. Mein Gegner nimmt an, dalj es
sich vielmehr um die Kunst des mit einem Handpferde ausreitenden Knappen
handele, und begründet seine Ansicht folgendermat^en (Seite 80 Anm. 17):
„Heibig Seite 83, der dies Zeugnis — d. h. die Stelle in Piatons Menon 32
p. 93 D — für seine frühzeitig-e Organisation der attischen Cavallerie verwerten
möchte, widerspricht dem zwar, aber auch sich selbst, wenn er den Dienst des
berittenen Knappen hier für einen zu untergeordneten hält, um solchen Andenkens
wert zu sein, und S. 46 ff. selbst Miltiades in diesem Knappendienst in einem
Vasenbilde gefeiert glaubt, und Diokleides im nämlichen Dienst durch ein Stand-
bild auf der Akropolis. Flatus £-£[icV£ yoOv ird ttov iktzmv öptl'ö; (vgl. die Vase von
Kameiros, Salzmann 57) xa: ■if/.ivxiC.Ey dnb itov Vrcnwv optIo;, wo der Plural statt des
Duals stehen muß, zeigt den Jüngling mit zwei Pferden operierend, also nicht
als Reiter im späteren Sinn."
Der Widerspruch, den mir P. vorwirft, ist nicht vorhanden. Der Vasen-
maler brachte den Knappen Miltiades zur Darstellung, weil derselbe, wenn er
'') Die Exemplare, die sich mit der größten 309 zusammengestellt. Es gehört dazu auch der in
Wahrscheinlichkeit zu den Gemälden des Milcon in demselben Journal XXIV Taf. VIII (S. 307 S.) pub-
Beziehung setzen lassen, sind von P. Gardner in licierte Stamnos.
dem Journal of hcUenic stndies XXIV (1904) S.
IQ4 \V. llilUi-
in iUt bunten Traclit eines skylluM'lu'n 1 üpimldM ili'ii cinluTriu. durcli .seine
selimucke Erscheinung wie als Mitt^lied eines der eiiauehlesieii. allKMiiselien (ie-
sohlechter die AufmerksamktMt des l'uhlieunis aul' sicli /o^^. Die aul' der Akropulis
g-eweihte Statue zeigte den Knai>i)en l)ii>kleides in dersellien l'raelit (dtenlKir
deshalb, weil ihre Weiluing durch einen mit dem Knappendienste des Jüng'lings
zusammeidiängendeii \'organg veranlaßt war. Das \'nsenhikl und die Statue sind
durch vorüberg-ehende Umstände ganz. iudi\idueller Art bestiiiimt und beweisen
demnach keineswegs, daß die Athener dem l\ na])iit ndii'nsle als soleiien eine
hervorragendere Bedeutung zuerkannten. Wenn hin5.^rgi'n die Überliefennig das
Andenken daran bewahrt hat, dal.i ein großer Staatsmann wie Themistokles seinen
Sohn zu einem au.sgezeichneten Reiter ausbilden lii'ß, so berechtigt dies zu dem
Schlüsse, daß damals die Reitkunst ein b(»sondcres Interesse erregte und dal.) die
Fürsorge des Themistokles durch ein Ereignis bestimmt wurde, welches seinem
Sohne in hervorstechender Weise Gelegenheit gab, diese Kunst zu bewähren. lün
solches Ereignis war die damals vorgenomnu'uc, erste* )rganisati()n einer atlieiiiselien
Bürgerreiterei.") Die Stelle des Menon als .solche gewährt keinen Aulscldul.i
darüber, ob der Sohn des Themistokles als Cavalleri.st oder als berittener Knajipi'
diente: denn die Angabe, daß der Jüngling imstande war, auf dem Pferde stehend
seinen Wurfspieß zu schleudern, bezeichnet nur ein Kunststück, welches sowohl
ein Cavallerist wie ein berittener Knappe lernen und zum l.esten geben konnte
und das Piaton nur anführt, um zu beweisen, wie heimisch sich Kleophantos auf
dem Pferde lühlte. Nichtsdestoweniger macht Petersen den Versuch, den Jüng-
ling auf diese Angabe hin zum Knapjien zu stemijeln, ein Versuch, der sc'hr
unglücklich ausgefallen ist. Die Annahme, daß die Athener des \ierten Jahr-
hunderts noch etwas davon wußten, daß ihre tTü-efs während des ältesten Ab-
schnittes der Perserkriege als berittene Hopliten und von Knajipen begleitet zu
Felde gezogen waren, ist an und für sich unwahrscheinlich. Wenn eiti exacter
Forscher wie Aristoteles '•'') die hellenischen I-tisl; von Anfang an irrtümlich für
Cavalleristen hielt, dann dürfen wir das Gleiche auch für den Philosophen Piaton
voraussetzen. Wollen wir aber selbst zugeben, daß der letztere noch eine Ahnung
'*) Helbig, Sur Ics i-rsi; alhcnicns 84. y.ai -iU-i =■'' "^•; »f/,«'-^-; i'Jv- 0-vjfXOV, ihi-' vi Toi?
") Pol. IV 13 (II p. 1297'!, 17 ed. BekUcr): 'H E--söaiv stvai -tjv It/J)-/. Wenn hier Aristoteles die
r-ftirTT) iz T:w.:-i'.% iv toJ; "E>./.r,5i i-;itizo ]uxi. -a; ra-st;, denen nach dem Sturze des Köni(;tums die
'f7.7j£loLZ iv. -.&•) T.'S/^tyJynuri, 7, [liv is iy/Jn iy- "öjv Regierung der hellenischen .Sl.iaten zufiel, dein i-Xi-
•--i»ov. Tt,v -,'af '.3Z'jv y.ai tt,-/ 'jnspoyj,-/ iv toIj v.v.vt gegenüberstellt, so beweist dies, da({ er nichts
inTUVT.v i nd/.=|io: cty_EV ävsu [ilv -fif ay/^ajew; äy,fT|- davon wufite, daß jene i;i-sl; als berittene Hopliten
•y.'yi -i inXiT'.y.iv, ai H Tuy. zöri zv.O'')-uri iji-U'.pia'. ins Feld rückten.
Die t~:i£tj und ihre Knappen ^95
von dem ursprünjyliclien Cliarakter jener Truppengattung- gehabt haben könne,
(kuin schließt die Weise, in der er sich ausdrückt, die Beziehung seiner Angabe
auf den Knappendienst entschieden aus. Der Nebensatz, den Petersen auf die von
ihm ausgeschriebene Stelle des Menon folgen läßt ,.\vo der Plural statt des Duals
stehen muß", hat mir vieles Kopfzerbrechen verursacht. Es dauerte lange, bis ich
begriff, was P. damit meint: er will besagen, daß sich Piaton statt des Duals
des Plurals bedient hat. Aber Friedrich Spiro, der den Sprachg-ebrauch des großen
Philosophen besser kennt als ich und vielleicht selbst besser als Petersen, teilt
mir mit, daß Piaton stets den Dual gebraucht, wenn es die Zweiheit hervorzuheben
gilt, und dies war an der in Rede stehenden .Stelle unumgänglich notwendig,
wenn die Leser verstehen .sollten, daß es sich um einen mit einem Handpferde
ausreitenden Knappen handelte. Außerdem würde Piaton, da sein Publikum solche
Knappen nicht mehr aus eigener Anschauung kannte, gewiß die Handlung etwas
weiter ausgemalt und etwa ä-.p' svö; xotv i'7üT:o'.v £-: töv aÄAov xkX6\i.evoz oder ähnlich
geschrieben haben: denn er dürfte schwerlich seinen I.esern den hohen (rrad von
Divnnationsvermögen zugemutet haben, den Petersen bei den seinigen voraussetzt.
Der Plural xwv I'tctoüv wird durch die naheliegende Annahme gerechtfertigt, daß
Kleophantos sein Kunststück nicht immer auf demselben sondern auf verschiedenen
Pferden ausführte. Doch hätte Plato auch schreiben können e^' ircäO'j.
Petersens Anm. 17, deren erster Teil im vorhergehenden widerlegt wurde,
schließt mit folgenden Worten: „Auffallend ist, daß Heibig die zwei Geschichten
von Kimon Seite 85 nicht in Einklang zu bringen weiß, obgleich es gerade mit
seiner These so leicht ist. Im Jahre 480 deponiert Kimon seinen Zügel im Tempel
zum Zeichen, daß es jetzt nicht gelte, als gewappneter Ritter zu Roß ins Feld zu
ziehen, sondern zu Schiff. Als Hoplit meldet er sich dann auch bei Tanagra."' Man
ersieht hieraus, daß Petersen weder die Stelle in Plutarchs Kimon (Cap. V) noch
meine darauf bezüglichen Bemerkungen genau durchgelesen hat. Hätte sich
Kimon darauf beschränkt, der Burggöttin seinen Zügel darzubringen, dann würde
diese Handlung vortrefflich zu der von mir festgestellten Tatsache .stimmen,
daß das athenische Heer im Jahre 480 noch keine Cavallerie, wohl aber
berittene Hopliten enthielt. Kimon hätte dann der letzteren Truppe angehört
und sich des Zügels entäußert, um zu symbolisieren, daß er während des bevor-
stehenden Feldzuges seinen Hoplitendienst zu Fuß als sTTtßäxr;; leisten werde. Aber
nach dem Berichte Plutarchs deponierte Kimon nicht nur seinen Zügel, sondern
nahm auch eine der äaraSs; mit sich, die an den Wänden des Athenatempels
aufgehängt waren. Wenn er bisher als berittener Hoplit gedient hätte, wäre die
196 \V. ]lell.ig
letztere Handlung durchaus ülu'rtlüssiy gewesen: denn es versteht sich, dal.i ein
Hoplit über einen solchen Scliild xertiiii-te uiul i1in denmaeh nicht aus dem
Athenatenipel zu entlehnen lirauchte. Kimon würde hiermit die Uedeutung, die
der von ihm vollzogene Act haben sollte, vollständig verdunkelt haben. Hieraus
folgt, dat3 ihn Plutarch oder dtn- Schriftsteller, aus dem derselbe schöpfte, als einen
Cavalleristen auffaßte. Ein Cavallerist führte keine i'jizlz und mußte sich dem-
nach mit einer solchen versehen, wenn er als Hoplit zu kämpfen hatte. Die
Anekdote, wie sie von Plutarch überliefert ist, widerspricht also meiner A\nsicht,
daß die erste Organisation einer athenischen Bürgerreiterei erst nach dem Jahre
4S0 erfolgte. Deshalb war es durchaus gerechtfertigt, wenn ich nachzuweisen ver-
suchte, daß jene Anekdote von der oligarchischen Partei, etwa wäln-end der
Zeit des Peloponnesischen Krieges, erfunden wurde, um Kimon der atheni-
schen Cavallerie zu vindicieren, die damals größtenteils aus Anhängern dieser
Partei bestand.
Seite 80: „Auch die jung"en Reiter an den Stelenfüßen (.Seite 49 ff.) werden
am besten als Jugendbilder des Verstorbenen verstanden, wiewohl es auf eines
hinauskommt, ob wir oben den Vater und unten den Sohn, der dem Vater als
Knappe dient, erkennen, oder unten denselben wie oben, hier den Mann als
Hoplit, dort den Epheben mit seinem Vater auszureiten gerüstet." Dazu Anm. 18:
„Die Stele des Ly.seas (j.tzkzIi; Seite 51 Fig-. 21; Conze. I i) zeigt, daß der junge
Reiter nicht mit seinem Tun auf den Mann im Stelenbilde bezogen werden darf,
und die niedrige Stele von Lamptrai (ET^Ttsr; Seite 52 Fig. 22; Conze. I 1 1 ), auf
der ein männliches Standbild, wie Heibig will, nicht gestanden haben kann, auch
keine Stele mit Mannesbild, beweist durch die klagenden Figuren der Seiten, die
nur auf den jungen Reiter bezogen werden können, daß auch auf den anderen
Bildern der Reiter der Verstorbene ist, wenn da auch erst in si>äterem Alter
verstorben."
Über das Verdict, das Peter.sen über die Lyseasstele abgibt, dürfte
ich zur Tagesordnung übergehen, da es jeglicher Begründung entbehrt. Doch sei
hier bemerkt, daß, wenn Lyseas nach vollendeter Dienstpflicht eine priesterliche
Würde bekleidete, nichts im Wege stand, ihn in der Hauptfig"ur als Priester
darzustellen und darunter den Knappen beizufügen, der darauf hinwies, daß der
\'erstorbene während seines wehrjjflichtigen Alters als berittener Hoplit gedient
hatte. Was die Stele von Lamptrai betrifft, so zeigt sie auf der oberen Fläche eine
o'465 ™ lange und o'i6 '" breite Eintiefung, die zu der Annahme nötigt, daß
die Plinthe der darin eingelassenen Marmorfigur eine beträchtlich«; Ausdehnung
Die iTZTiBic, und ihre Knappen 197
hatte."'') Deshalb vermutet Winter,") daß auf die Basis eine liegende Tierfigur,
etwa eine Sphinx, aufgesetzt war. Doch dürften noch andere Möglichkeiten in
Betracht zu ziehen sein. Allerdings ist jene Eintiefung für die Plinthe einer
ruhig stehenden Hoplitenfigur, wie sie in der Regel die auf den oberen Teilen
der Stelen angebrachten Reliefs zeigen, zu lang. Hingegen würde sie durchaus
geeignet gewesen sein, die Plinthe einer ausschreitenden oder ausfallenden
Hoplitenstatue aufzunehmen. Wie dem aber auch sei, jedesfalls läßt der Schluß, den
Petersen aus der Stele von Lamptrai zieht, daß auch auf den anderen Stelen
der Reiter der Verstorbene sein müsse, an Kühnheit nichts zu wünschen übrig,
und steht er in seltsamen Widerspruche mit dem unmittelbar vorher über die
Lyseasstele Bemerkten. Petersen wird doch nicht leugnen, daß hier die
priesterliche Figur den Verstorbenen darstellt. Nach der Auffassung, die er auf
die Reliefs der Stele von Lamptrai gründet, würde das Gleiche für den auf dem
Sockel der Lyseasstele angebrachten Reiter gelten, während doch Petersen
im vorhergehenden das Urteil gefällt hat, daß die beiden auf dem letzteren
Denkmale dargestellten Figuren nichts miteinander zu tun hätten.
Seite 80 äußert sich Petersen folgendermaßen: „Daß jedoch die jung-en
vornehmen Athener, die Söhne der Ritter, bei solchem Dienst (das heißt bei dem
Knappendienst) in Athen selb.st Barbarenkleid angezogen hätten, darf vielleicht
bezweifelt werden, da dafür ausreichende Beweise nicht gegeben sind, auch die
wirklichen Reiter am Parthenonfries von barbarischer Tracht höchstens den
Baschlik angenommen haben." Hierzu die Anm. 19: „Heibig geht so weit, daß
er fast überall auf .strengrotfigurigen Schalen in der Barbarentracht Griechen
sieht, wegen ihres hellenischen Gesichtstypus, so Seite 74 Fig. 31 in der Mitte
den Toxarchen, so Seite 73 Fig. 30 b nicht weniger als einen Taxiarchen, zwei
Hipparchen und einen Phylarchen (Seite 84 ff.), obgleich von den vermeintlichen
Hipparchen der eine ungriechischen Bart hat. Beim Miltiades der Ashmolean-
schale (Seite 47 Anm. 3) kommt ja die Inschrift hinzu; aber weder ihn noch
Diokleides (Seite 46 Anm. 2), wenn die Statuenfragmente wirklich zu dessen In-
schriftenbasis gehören, ist es notwendig, so gekleidet in Athen (statt etwa in Thra-
kien) herumreitend zu denken."
Leider gibt Petersen nicht an, welcher der beiden vollständig- thrakisch
gekleideten und von mir für Hipparchen erklärten Krieger auf der Schale
Fig. 30 b einen ungriechischen Bart zeigt. Ich richtete an die Herren Hauser und
Koerte die Anfrage, ob sie an einer dieser Figuren einen Barbarenbart erkennen,
'^) Conze, Die attischen Grabreliefs I S. 9. ''') Athenische Mitteilungen XII (1887) S. Iiof.
Jahreshefte des österr. archäol. Institutes Bd. Vnl. 2<;
I^S W. Heibig
und erhielt von dem ersteren wie von dem letzteren eine verneinende Antwort.
Wenn in der Mitte derselben Schale ein Reiter in vollständig thrakischer Tracht,
aber wiederum mit hellenischem Gesichtstypus dargestellt ist, so g-ilt für ihn
natürlich dasselbe wie für die ähnlichen, auf der Außenseite angebrachten Figuren.
Auf der Schale des Onesimos (Irc-sr; Seite 17 Fig. 2g) trägt die vornehmste Person,
offenbar der Führer der darauf dargestellten athenischen Reiter, die «XwTiey.i;.
Wollen wir ihn für einen Thraker erklären, dann müssen wir uns zu der An-
nahme entschließen, daß die Athener unter Umständen Reiterofticiere aus Thrakien
beriefen. Die Rückseite eines rotfigurigen Stamnos, welcher einer etwas si)äteren
Zeit angehört als die beiden im bisherigen besprochenen Schalen, zeigt einen
Mann in vollständig thrakischer Tracht (auch mit der ^B-.pa,), der die Rechte auf
eine Tanze stützt, zwischen zwei hellenisch gekleideten Frauen; die vor ihm ste-
hende Frau erhebt im Gespräche mit ihm die Rechte; die andere hält auf der
Linken eine Schale.") Glaubt etwa Petersen, daß der attische Maler einen
Thraker dargestellt hat, dem athenische Damen den Hof machen? Zahlreiche
Parthenonsreiter tragen die äXwirexcs.'") Wenn keiner von ihnen mit der '•^eipd be-
kleidet ist, so erklärt sich dies daraus, daß die Wiedergabe dieses steif herab-
fallenden Mantels in der Plastik einen unästhetischen Eindruck gemacht haben
würde. Die attischen Vasenmaler haben Bestandteile der in Rede stehenden
Tracht sogar auf mj^thische Personen übertragen, die sich des Reitens beflissen,
obwohl dieselben keineswegs in Thrakien localisiert waren. Auf einer Amphora
strengrotfigurigen Stiles trägt Troilos die ^stpa, -") auf einer andern Amphora
etwas freieren Stiles eine Amazone die "^t'.pi wie die äÄWTcexc's.**) Hiermit sind,
wie mir scheint, ausreichende Belege geliefert, daß sich athenische Cavalleristen,
wir dürfen bestimmter sagen athenische Cavallerieofficiere, auch auf attischem
Boden thrakisch kleideten. Ich könnte diesen Belegen noch zahlreiche andere
beifügen, verzichte aber hierauf, da der Zweifel, den Petersen gegen die
hellenische Nationalität der in thrakischer Tracht dargestellten und von mir
für athenische Hipparchen erklärten Reiter äußert, in schlagender Weise durch
die wohl bezeugte Tatsache widerlegt ward, daß die Athener bereits während
des 5. Jahrhunderts mit großer Geringschätzung auf die Tliraker herabblickten.
Aristophanes schildert in den Acharnern--) die vor der athenischen Volksver-
") Gerhard, Auserl. Vasenbilder Tal. 164; 108, XXXVIII 117, XXXIX 120.
Rclnach, Ripertoire des vases peints IF p. 82 n. 9, 10. ^°) Mon. dell' Inst. X 22; Reinach, Rcp. I p 203.
") Michaelis, Der Parthenon Taf. q IV 5, VIII ") Mon. dell' Inst X 9; Reinach, Kip. Ip. 201.
15. X 19; Taf. 10I2— 4, XIII 36; Taf. 13 XXXV "; V. 155 ff.
Die [ti-sE; und ihre Ivnn|i|ien 199
sammluii.t;- auftretenden Odomanten als barbarisches Dieb.sgesindel. 1 )al3 der Ruf
der Thraker als Trunkenbolde bis in das 5. Jahrhundert hinaufreicht, ergibt sich
aus des Euripides Rhesos. °^) Hektor wirft hier dem thrakischen Könige vor,
daß derselbe beim Becher die ihm gegenüber den Troern obliegenden Pflichten
versäumt habe. Wenn damals in Athen eine derartig^e Anschauung- maßgebend war,
konnten die dortig-en Gefaßmaler unmöglich Thraker in intimen Beziehungen zu
athenischen Kriegern und athenischen Frauen darstellen.
Petersen behauptet Seite 80, daß die Dioskuren im athenischen Anakeion
nicht als Hopliten aufgefaßt gewesen seien, und äußert sich in der dazu gehörigen
Anm. 21 folgendermaßen: „Sie, die y.oOpot, sind selbst Reiter, aber nicht Hopliten
und, wenn die priores equites des Tarquinius (vgl. Heibig in Hermes XXXIX
iyo4 S. 106 und in den Comptes-rendus de l'Acad. des Inscriptions 1904 p. 199),
die ja mit zwei Pferden ausrückten, auf das Vorbild des Castor in Lacedaemon
zurückgeführt werden, so kann das nicht auf die Rüstung, sondern nur auf die
Handpferde g'ehen, die ja auch die Tarentini, ebenfalls leichte, nicht schwere
Reiter führten."
Man muß über die Virtuosität staunen, mit der Petersen es fertig gebracht
hat, in so wenigen Zeilen eine solche Fülle von Irrtümern zu concentrieren.
Der Bildhauer der im Anakeion aufgestellten Statuen würde einen unglaublichen
Mißgriff begangen haben, wenn er die Dioskuren als Cavalleristen betrachtete,
sie aber nichtsdestoweniger zu Fuß, ihre Söhne hingegen beritten darstellte.
Erst seitdem die hellenischen Staaten über Cavallerie verfügten, konnten die
Dioskuren zu einer solchen Truppe in Beziehung gesetzt werden. Ursprünglich
waren sie die göttlichen Vertreter der Wagenkämpfer, die im Epos iTCTi'^es heißen.
Als der Streitwagen abgekommen war und sich die vornehmen, schwerbewaff-
neten Krieger des Reitpferdes als Transportmittels bedienten, sprang das Sub-
stantiv t-Tisr; und mit ihm das Patronat der Dioskuren auf die berittenen
Hopliten über. Die ältesten und berühmtesten Cultusstätten des göttlichen Brüder-
paares lagen in Lakonien und Messenien. Daß zu dem spartanischen Heere eine
Elitetruppe von dreihundert tTiTcsrg gehörte, die zu Fuß als Hopliten kämpften,
habe ich in meiner Abhandlung über die Imieic, p. 30 ff. nachgewiesen. Erst im
Jahre 424 v. Chr. organisierten die Spartaner eine Reitertruppe, ^*) während die
Athener dies bereits in den siebziger Jahren desselben Jahrhunderts getan
hatten."'"') Erst als es in Sparta und in Athen eine solche Truppe gab, konnten
^') V. 419, 438. Weiteres hierüber in den Ann. ^*) Thucyd. IV 55, 3.
dell' Inst. 1867 p. 172 ff. ^■') Heibig, Sur les Imislg atheniens 70 fl.
die Dioskuren hier wie dort als die Schutzherreu ilerselbcn und somit als Ca-
valleristen aufgefaßt werden. Auch hat die i'herliefening deutliche Spuren be-
wahrt, daß man sich die göttlichen Brüder während der früheren Zeit nach der
Weise der Parabaten und lierittenen Hopliten schwer bewaffnet und in der Regel
zu Fuß kämpfend dachte. Der Xonios, unter welchem die spartanische Phalanx
zum Angriff überging-, lüeß xxatopsiov. -") Dieser Name läl.U sicli niclil anders
erklären als daraus, daß dereinst die Schutzbefohlenen der Dioskuren. die be-
rittenen Hopliten, nachdem sie abgesessen waren, entweder allein die Phalanx
bildeten oder in ihr ein besonders gewichtiges Element darstellten. Die Dioskuren
galten für die I->finder der svö/w/.io? opyjpi^f') in den Musen des Kpicharmos-")
spielte ihnen Athena mit der Flöte auf, während sie diesen Tanz aufführten.
Piaton-') gedenkt der Ivd-Ä'.a iza.ifY.x xa-a Aaxeoaijiciva Aioaxdpwv. Pindar'") preist die
Dioskuren als Sieger iv iaTZ'.oo^oüno'.GiV ÖTiXt-cai; 5pö|^io'.c. Wenn man sie demnach
Agone vornehmen ließ, welche durch die Action des schwerbewaffneten I-'uÜ-
volkes bedingt waren, so vensteht es sich, daß man ihnen auch im Felde die
Equipierung und die Kampfesweise dieser Truppe zuschrieb. Gibt doch Pindar^')
dem Kastor das Epitheton •/_xAv.o\dxpoiz, stattet ihn also mit dem breiten, bronzenen
Gürtel aus, durch welchen die schwer bewaffneten Krieger während der myke-
nischen Periode und bisweilen auch noch später, bis der aus Metallplatten bestehende
Panzer eingeführt wurde, den Unterleib schützten. Endlich lassen auch die Mythen,
welche über die Kampfesweise der Brüder deutlichen Aufschluß geben, die letz-
teren nicht zu Pferde, sondern zu Fuß fechten. Xach alledem haben wir anzu-
nehmen, daß der Beiname /avaxoi, den die Dioskuren in der Peloponnes, oder
avaxe;, den sie in Attika führten,-'-) dieselben ursprünglich als die Oberbefehls-
haber eines Heeres bezeichnete, welches noch keine Cavallerie enthielt, wie im
homerischen Epos Agamemnon das Epitheton avxc ävcptTjv erhält als Oberbefehlshaber
der entweder auf Streitwagen oder zu Fuß ausrückenden Achaier. Endlich ver-
dient es auch Beachtung, daß während der älteren Zeit in der Auffassung der
göttlichen Brüder das jünglingshafte Element nicht so scharf betont wurde, wie
es später geschah, seitdem die Cavallerie eingeführt worden und das Patronat
dieser Truppe, in der vorwiegend junge Leute aus den vornehmen Familien
^) Plutarcb, De tnusica 26; Lycurg. 22. Alles "; De leg. VJI p. 79O B.
Weitere bei O. Müller, Die Doricr II' 327—329. '") Isthm. I 31.
^) Schol. zu Pindar. Pyth. II 127. ^'; Nem. X 170.
^'j BeiAthen.IV p. 184 F.Vgl. Arislid. II14 (vol. ^^) Röscher, Lexikon d. griecli. u. röm. Mytlio-
I p. 24 ed. Dindorf;: A".&3y.vjfo; 5' kr.' oi.i-% fder logie I 1165.
Athena) rupftxfJouKV.
Die imzsX^ und ihre Knajipen 20I
dienten, den Dioskuren zugefallen war. Wir dürfen dies daraus erschliel3en, daß
die Dioskuren im athenischen Anakeion mit ihren Söhnen, •'■') in ihrem Tempel
zu Arg-OS von Dipoinos und Skyllis mit ihren Frauen und Söhnen dargestellt
waren,'*) wie daß die Reliefs des Kypseloskastens den einen Bruder bärtig
zeigten.-'''') Sie erschienen in diesen Bildwerken in einem reiferen Alter, entsprechend
demjenigen, welches wir für die Mehrzahl der wehrpflichtigen Bürger voraussetzen
dürfen. Vielleicht wird Petersen hiergeg-en die Erklärung geltend machen,
die Blinkenberg von dem Bilde einer gewiß hoch in das 7. Jahrhundert hinauf-
i-eichenden, protokorinthischen Lekythos gegeben.'") Man sieht darauf eine Frau,
die von zwei Kriegern bedroht wird und erschrocken die Rechte erhebt. Der
eine Krieger, der in der Linken eine Lanze hält, erfaßt mit der Rechten ihren
linken Unterarm; der andere schreitet mit gezücktem Schwerte hinter seinem
Genossen her. Links von dieser Gruppe sind zwei Reiter darg-estellt, die einen
sehr jugendlichen Eindruck machen; ihre Haltung erscheint durchaus ruhig und
gelassen; die Pferde stehen still. Blinkenberg hat dieses Bild ohne Zweifel richtig
auf eine Entführung und mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Entführung der
Helena durch Theseus und Peirithoos bezog'en. Wenn er jedoch in den beiden
Reitern die Brüder der Helena, die Dioskuren, erkennt, so widerspricht dem die
Teilnahmslosigkeit, mit der dieselben der Handlung- beiwohnen. Man hätte zu
gewärtigen, daß die Gebärden der Brüder angesichts der Vergewaltig-ung-, die
ihre .Schwester erfährt, irgendwelche Erregung bekunden würden. Da hiervon
keine .Spur wahrnehmbar ist, möchte ich vorschlagen, die beiden Reiter vielmehr
für die Knappen der die Frau überfallenden Krieger zu erklären.
Aus alledem ergibt sich, daß die Auffassung der Dioskuren einerseits als
iTz-Eic, und andererseits als schwerbewaffneter Krieger, die zu Fuß fochten, aus
der Zeit datiert, welche der Einführung der Cavallerie voranging, aus der Zeit,
während derer die tTiTisr; zunächst als Parabaten und hierauf als berittene Hopli-
ten ins Feld rückten. Die Parabaten mußten mit den Rossen vertraut sein, weil
diese den Streitwagen zogen, jene Hopliten, weil sie die Märsche beritten zurück-
legten. Doch kämpften die einen wie die andern schwer bewaffnet und in der
Regel zu Fuß. Zu Cavalleristen konnten die Dio.skuren erst werden, seitdem eine
derartige Truppe in den hellenischen Heeren vorhanden war. Hätte sich
Petersen die Mühe gegeben, den Artikel „Dioskuren" in Roschers Lexikon der
^') Pausan. I l8, I. '*) Revue archeologique XXXIII 1893 II p.
^^) Pausan. II 22, 5. 399—400.
'=) P.iusan. V 19, 2.
202 \V. llelhi};. Die tnirsi; iiiul ilirc Kii;i|)|hmi
griechisclKMi uiul römisclioii jNlylhulogio 1 ii,S4 rt- ilurcli/ulosen, ihinn würde
er uns voraussichtlich mit dem Trugorakol verschont haben, das er übi'r die
xoOpoi erlassen.
Was die equites priores betrifft, so brauche ich niicli über dieselben hier
nicht zu äußern. \Vie ich ausführlich in einem Aufsätze dargelegt habe, der
demnächst in den Abhandlungen der bayrischen Akatleniie der Wis.senschaften,
Bd. XXIII, Abth. II, erscheinen wird, waren sie nach dem X'orbilde der mit
zwei Pferden ausrückenden Hopliten organisiert, die zu den Heeren der unteritali-
schen Griechenstädte gehörten, und wurden demnach auch ihre Patrone, die
Castores, von den gleichzeitigen Römern als lierittene lh)j)liten aufgcfaLU.
Seite Si Anm. 22 schreibt Petersen: „Helbig bemerkt zu dem Bilde Mus.
Greg. Bd. II Taf LXXII i: II ne vaut pas la peine de refuter l'opinion sou-
tenue par M. Petersen dans Ics Rom. Mitt. XV 1900 p. i;^. Wer meinen Absatz
bis zum Ende liest, wird mit Erstaunen finden, daß ich nichts anderes sage als
Helbig, nur daß ich den bevorstehenden Kampf weniger betone. Ist doch auch
kein Gegner vorhanden, da beide Paare sich in gleicher Richtung bewegen."
Petersen hatte die beiden Hopliten für Apobaten erklärt, was eine bare Un-
möglichkeit ist. Der Apobat sprang vom Pferde ab und hinauf, während dasselbe in
vollem Laufe dahinstürmte. Hingegen gleiten die beiden Hopliten gemächlich
von ihren Pferden herab, während die letzteren ganz langsam vorwärtsschreiten oder
im Begriffe sind, stille zu stehen. Außerdem begreift man nicht, was die beiden
Hippotoxoten, deren einer neben jedem der Hopliten liält, neben Apobaten zu
tun haben könnten. Sie sind vielmehr für die Knajipen dieser Hopliten zu
erklären. Das Vasenbild stellt nicht, wie Petersen anninmit, einen agonistischen,
sondern einen rein militärischen Vorgang dar.
Hiermit wäre der .Sichtungsproceß, dessen die Kritik meines Gegners be-
durfte, endlich zum Abschluß gebracht. Vielleicht wird man mir vorwerfen, daß
ich dabei allzugründlich zu Werke gegangen bin. Aber einer oder der andere
Leser könnte, verblüfft durch den apodiktischen Ton, unter welchem Peter.sen
seine haltlosen Behauptungen vorträgt, geneigt sein, dieselben für wissen.schaft-
liche Wahrheiten zu halten. Deshalb mußte ich meine Entgegnung ausführlich
und in einer Weise abfassen, welche es den Fachgenossen möglich macht, die von
mir angeführten Gründe genau zu controllieren.
Rom, Villa Lante. \V. IIF.L IIIG
203
Theaterdarstellung und Tragödienscene.
Tonrelief des P. Numitorius Hilarus.
Talel V.
I. (ondizioni della scoperta — Cronologia del rilievo.
Dovendosi aprire in Roma una nuova strada denominata Corso dl Porta
Pinciana, si intraprese lo sterro della grande area giä occuiaata dal moderno
„Velodromo", fuori Porta Salaria. Si attraverso, quindi, la vasta necropoli, cono-
sciuta per molte altre scoperte anteriori, che si stendeva in quel punto, lungo
l'antica Via Salaria, a cominciare dalla Porta Collina.')
Lo scavo tagliö alcuni columbari ed ipogei sepolcrali, gfeneralmente poveri
e di piccole dimensioni, dentro i quali furono trovate molte inscrizioni funerarie.-)
Continuandosi gli sterri, tornö in luce, in seguito ad un franamento del terreno, una
cameretta sepolcrale, abbastanza ben conservata, che trovavasi sotto il pavimento
di un columbario precedentemente esplorato, e ne co^^tituiva, naturalmente, il piano
inferiore. Di questa nuova scoperta ha giä riferito il prof. G. Gatti, nelle Notizie
degli scavi del 1905, pag. 13 ss., presentando una i)ianta e una sezione della
cameretta sepolcrale, e pubblicando le inscrizioni in essa rinv'enute, alcune delle
quali ancora al loro posto d' origine. A questa relazione del Gatti mi attengo
fedelmente, dichiarando di avere anch'io visitato piü volte i luoghi della scoperta
ed esaminato gli oggetti ivi rinvenuti.
II piccolo ipogeo misurava m. 2,50X1,75, ed era tutto costruito in opera
reticolata di tufo. La parete principale, di fronte all' ingresso, era adornata di
un' edicoletta, il cui basamento era formato di una lastra di pietra albana, la
quäle stava sopra il sepolcro contenente un' olla di terracotta, tuttora chiusa dal
suo coperchio, e ripiena di ossa combuste e di ceneri. Su questo sepolcro era
murato il rilievo fittile con rappresentanza teatrale. Ai lati dell' edicola erano
costruite due grandi nicchie, ciascuna delle quali conteneva quattro olle cinerarie
fittili.') II franamento del muro fece cadere a terra i vari pezzi dell' edicola,
ma il rilievo dipinto rimase al suo posto, e fu asportato dagli operai, depo aperto
il sepolcro di cui sopra ho parlato. Si rese quindi impossibile fotografare il
piccolo monumento funerario sul luogo e nell' intero complesso delle sue varie
'■) Cfr. Richter, Topogr. der Stadt Rom' 351. Gennaio 1905, p. 19 ss. Questa breve relazione, scritta
^) Su queste scoperte ha giä riferito il eh. prof. subito dope avvenuta la scoperta, i, in qualche punto,
G. Gatti nelle Notizie, degli scavi 1904, p. 436 ss. raodificata dalla presente piü ampia e piü ponderata
Una relazione preliminare e sommaria sul rilievo illustrazione.
scenico tu da me data nelle stesse Notizie del ^1 Cfr. le citate Notizie, p. 14, fig. 2.
Fig. 46 RecoDstructioQ der Grabaedicula.
parli. Ma da ijueste, raccolte e misu-
rati' ililigentemeiite, si ])ote eseguire
r accurato disog-iio ricostruttivo, che
qui si ripriiiluco nclla iig\ .[(). I vari
pezzi deir edicola, ricomposti insieme
alla meglio, teneiido esatto conto dogli
attacchi, sicuri per Ic tracce lasciate
dallo stuccü, fiirono fotografati, come
risulta dalla fig. 47.
Sopra il basamento, era poggiata
la lastra fittile, fortemente trattenuta
ai lati dal dento di due robusti tego-
loiii, infissi nel muro reticolato di
tulo. Su di essi, superiormente alla
lastra, stava uii listello di marmo
bianco, che fronteggiava il piano
deir edicola, la cui nicchia, rivestita
di stucco, era in gran parte ruvinata.
Le due piccole colonne sono di terra-
cotta rossastra; le basi e i capitelli
di argilla biancastra bene epurata, la-
vorati a mano libera e a stecca con
sufficiente franchezza. Si noti 1' Orna-
mente dei capitelli con ovuli, interes-
sante per chi voglia studiare le
forme architettoniche di questo pic-
colo ma singolare monumento fune-
rario. L' architrave, il frontone
^^, e la tabella anepigrafe, che
stava nel mezzo del timpano,
sono di marmo, scolpiti con
poca cura.'')
*j Ecco alcune misure dell' edicola:
alt. totale, dal basamento di pietra al-
^ "'"'''' bana al sommo del timpano, m. 1,59;
alt. del basamento m. 0,25; dclla
laslni dipinta m. ü,3'j; del listello di
Theaterdarstellung und Tragödienscene
205
Neil' ipogeo si rinvennero, tuttora affissi al proprio loculo, due titoletti
sepolcrali, e da essi risulta che il columbario era proprietä di P. Numitorius
Hilarus, il quäle vi aveva conceduto luogo di sepoltura a suoi clienti e liberti.
Altre numerose iiiscrizinni furono raccolte fra la terra acciimulata nell' ipogeo
rovinato; e sono State pubblicate, come le due prime, dal prof. Gatti, nelle
Notizie degli scavi (1. c. p. 15 ss.).^)
Quantunque fosse gia iiota 1' etä di questo tipo di tonibe dell' antico sepol-
creto che si stendeva lungo la via Salaria (cfr. anche Richter, 1. c), pure converrä
qui insistervi, per determinare, con la maggior possibile approssimazione, la
cronologia del rilievo che forma principale oggetto di questo studio.
La costruzione in opera reticolata di tufo, il basamento di pietra albana, le
stesse forme tectoniche dell' edi-
cola, la cui semplicitä non e sol-
tanto dovuta alla povertä del se-
polcro, ci parlano di uu' etä an-
cora abbastanza autica,
Questa supposizione e assai
bene confermata dall' esame delle
inscrizioni, gran parte delle quali
devono essere attribuite alla fine
della repubblica, non solo per la
forma tipica dei caratteri e per
altri indizi ejjigrafici esterni, ma
anche per i nomi delle famiglie
che in esse ricorrono. In sepolcri
marmo m. 0,043; ^"- delle colonne m. 0,57;
largh. del piano dell' edicola m. 0,50.
^) Trascrivo la prima di queste inscrizioni,
dalla quäle ho tratto il nome del rilievo:
EPICONO • VOLVSIANO
OPE Rl • EXACTORI
AB • LVCO ■ FERONI AE
P- NVMITORIVS
H I LA R V S
CLI E NTI • LOCVAA
OLL^E • DONAVIT
Anche nella seconda ricorre lo stesso
nome del proprietario del columbario, P. Nu-
mitorius Hilarus.
Jahreshefte des osterr. archri..!. Institutes Hil. VUI
Fig. 47 Fragmente der Aedicula.
2o6 G. Rizzo
assai vicini a quelle di P. Nmiiitoiius llilarus si sono trowiti titoli tuncrari dci
liberti di C Sallustius e di Acmilius raullus: r ludlo stesso ipogco di Nuniitnrius
fii raccolta un' ejiigrafe. col minu> di I.icinia Saturnina, lil)eita „diunum
Liciniorum" (?).'') Ouiiuli il riliovo tittilo dipiiitd, trnvato ancora al siui posto
ori^inario, appartiene sicuramente agli ultinii tenipi rcpuhliliraui, o, al piii tardi,
ai primissimi anni dell' impcro.
L' uso di questi \rcgi „Canipana" ]u>r adornare i coluinbari non r mioNO.
com' io prima credevo. Altri sc ne coiioscono provenienti dal columbario dei
liberti di Livia, da due sepolcri del secolo di Augusto, da' columbari fuori Porta
Maggiore'). K quindi assai dubbio che la destinazione dol nostr<i riliino nel-
r edicola sepolcrale risponda ad un concetto simbolico — secondo in princijjio avevo
supposto — piuttosto che ad un semplice fine decorativo; e congettura auch' essa
difficile, se non assolutamente da escludere, mi scmbra qui'lla che la scelta del
soggetto drammatico alluda all' arte dell' estinto.
II. II rilievo e la questione archi tettonica della sciMia.
Per le misure e per la tecnica, il nostro rilievo non differisce dagli altri
fregi di tipo Campana (misura m. 0,42 di larghezza, per m. 0,39 di altezza, per
m. 0,025 di spessore). La conservazione puo dirsi ottima; la policromia — cosa
non molto frequente — e ancora fresca; e quando il rilievo fu tolto dal suo
posto originario e ripulito da uno strato denso di fumo grasso che lo ricopriva,
i colori apparivano vivaci. AI contatto dell' aria, conio suole avvcnirc in simili
casi, il tono di essi si e notevolmente abbassato.
*) Questi cd altri nomi di raolti personaggi p. 283; 1S88 p. 2S2; iSi/j p. 3:8; l8i)ij p. il;
storici bcn conosciuti, le date consolari incise sopra I904 p. 442.
alcuni titoletti sono il documento piü esplicito del- ") Gori A. J., Mnnum. sivc columb. libcrt. et
l'eti del sepolcreto. Basla percorrere le circa 1500 servor. Liviac Augustae, Tav. XIII, D; XVII, D,E;
inscrizioni tomate in luce da quel terreno, per XIX, A, B; p. 34 s.: nonnuUa elegantiora figlina
riconoscere le piü celebri famiglie dcU' ultimo secolo anaglypha observemus, quibus totara liuius columbarii
della rcpublica o del primo secolo dell' Impero. camcram ornatam fuisse compcrtum est. — Cfr.
C. Sallustio Crispo, L. Livineio Rcgulo (contempo- Piranesi, Anlicb. rom. III, tav. XXVIII, E, L;
raneo di Cicerone), i Licinii, Cecilia Mctclla, la XXIX, c. — Campana, Di due sepolcri romani
famiglia di Ottavia, sorella di Augusto (720—730), del secolo d'Augusto, tav. VIII, B. I fregi provenienti
Livineio Gallo (cos. 752), i Norbani Flacco e Balbo dai columbari prcsso Porta Maggiore si conser%'ano,
(coss. 708e 772) cd altri. I titoletti datati sono inediti, ncl Museo Kirchcriano di Roma: num.
degli anni 750, 752 e 762. Devo queste informazioni d' Invent. 800, 439, 840, 870, 924 — 26, 929, 1090,
alla cortesia e alla dottrina del prof. Gatti. Alcune 1096 etc ; c sono quasi tutti ornati di scmplici rilievi
delle inscrizioni da me citatc sono ancora inedite. decorativi o architcttonici.
Cfr. Notizie degli .Sc.avi 1886 p. 328, 364; 1887
Theaterdarslellung und Tragödienscene 207
II rilievo deriva da una matrice stanca, e fu molto ritoccato con colpi fretto-
losi e duri di stecca, che hanno talvolta sciupato i coiitorni delle figure, scavato
pieghe troppo rigide, alterato o addirittura rifatto alcune parti delle facce dei
personaggi. Manca, insomma, quella precisione di linee e quella morbidezza nel
modellato, che rendon si cari all'occhio molti dei rilievi Campana; e vi si sente
la mano inesperta dei figulo romano, che non aveva troppo tempo da perdere
nel lavoro di fregi d' uso tanto comune. Inoltre, durante la cottura, la lastra si sarä
inclinata verso sinistra, di modo che le linee della base e dei lati non s' incon-
trano ad ang-olo retto.
Oltre questi difetti di tecnica, il rilievo ne presenta altri nella prospet-
tiva e nelle proporzioni : e su di essi non insisto. Si sa che noi siamo
dinanzi ad un oggetto d' arte industriale, la cni importanza non puö certa-
mente derivare dalla eleg-anza e dalla precisione delle linee, che qui disgraziata-
mente manca.
Per qnanto liguarda i colori, le attente e ripetute mie osservazioni, con-
fermate da nn esame dei pittore E. Traversari, che ha eseg'uito 1' acquarello
per la tavola V, mi hanno indotto a ritenere che il rilievo fu dipinto due volte,
in tempi diversi. I due strati sovrapposti sono evidenti in piü punti; ne
r inferiore puü dirsi „preparazione"' dell' altro, opponendosi a ciö ragioni di
tecnica, anche per la scelta degli stessi colori. Come si puö vedere dalla
tavola V, i colori principali della parte architettonica sono il bianco e il turchino;
ma sotto il bianco c' e talvolta un leggero strato di altro colore. Nel fregio
superiore di palmette con bucrani, si vedono alternati, fra un bucranio e
r altro, un campo turchino ed un altro rosso-bruno; ma sopra questi colori
fu data una densa velatura di bianco, e sul bianco furono dipinti i nodi delle
palmette in lacca rossa. Le scrostature dello strato bianco lascian, qua e lä,
vedere i colori sottostanti. Nella porta a sinistra, p. es., la stratificazione dei
vari colori e visibilissima; e cosi in qualche piccola parte dell' abito dei
personaggi, per i quali perö la .seconda dipintura confermö quasi sempre il
colore precedentemente adoperato.
SojDra un dente, che serviva per 1' inserzione dei freg'io nel pezzo architet-
tonico sottostante, e che e comune in quasi tutti i rilievi Campana, un listello
aggettante a forte rilievo forma il piano sul quäle stanno gli attori, dinanzi alla
facciata della scena, riccamente ornata e decorata. Questa facciata e costituita
da un unico jjrospetto architettonico, che si sarebbe riconosciuto come perti-
nente alla scena, anche se nel rilievo fossero mancati gli attori col loro
2Ö*
carattcristico costuiuo loatnilc. Abbiaino. inlaUi. Ic in- imhIc lipichc ilraiinc che
ne' piii anticlii prosconii'l : la „rc^ia". piii t^randc, nd nir/zo. <■ a' lati If tlw
porte „hosphali's". tutto o tro chiu>c dai loro batlenti di Icyiio. dci (luali
sono indicati i jiartioolari coii molta oura. Accantd alla jiorta ri>L;ia, soina un
unioo zoccolo, s' innalzano, pei" ciascun talo, due coloniie ioniche, che innuaiKi
due corpi architettonici avanzati, sormontati da frontoni con acroteri. Ai lati
üdüHHyHdidHbyHütr b~h^ b~h~ u~
Fig. 48
Arcliitektonisclier Prospect des Reliefs des 1'. Nuniitorius Hihirus.
(Oa un (liscgno ricostrultivo deU' arcliit. G. (iiovannoni.)
estremi, accanto all« due porte hf)spitales, stanno diH' ])ilastri d' ordine corintio,
sopra uno zoccolo disposto prospetticamente in angolo, come si potra vodere
dalla esattissima pianta del rilievo. Dalla cornice, che e sorrotta da i|uesti
pilastri, si svolgono, sulle porte, due arclii, cIk; vaniio a finirc. dall' altro latn,
accanto alle due edicole. (Fig. 48.)
Assai notevoli sono le decorazioni di questo pro.spctto architfttonico; ed
anch' esse, da sole, ci parlano del teatro; due tripodi, che si suppongono
di bronzo dorato dal colore giallo con cui sono dipiiiti, stanno in corrispon-
Theatenlarslflluii^; uml Tiufjöilii-nscenc 209
(lenza dei pilastri (Tan^i^-olo; e sug-lj archi, due erme di iiianno. Sulla i>()rta
centrale, un yruppo broiizeo di un Ippoctimpo cavalcato da una Nereide, la
quäle reggeva, forse, nella sinistra un elmo (le armi di Acliille), o un lembö
del panneg-gio svolazzante : cio ch(> nrni nii jKir [lOHsibile determinare, a causa
della cattiva conservazione di cpirsto puntn del rilievo. Sojira le tre porte
sono sospesi festoni di foglic didla ..ditmisiaca" ellera, dipinte di un bei
verde chiaro.
Costretto dai limiti di misura assegnati a qucsto ;genere di rilicvi, il figulo
addenso sui frontoni, senza tener conto delle proporzioni architettoniche, la cornice
terminale del prospetto, la quäle poggia su mensole di profilo curvilineo. Su
questa cornice schematica, corre un fregio di bucrani, sormontati da pal-
mette, e 1' uno all' altro riunito da ghirlande o vitte di perle, dipinte di giallo.
Parmi assai dubbio che questo fregio, quantunque abbia elementi simbolici di
decorazione riferibili al teatro (i bucrani), faccia parte integrale del prosjjetto
architettonico; anche perche la medesima decorazione si ritrova in altri rilievi
Campana con diverse rappresentanze (cfr., j). es., Campana, Ant. opere in plastica,
tavv. 55 e 84).
Altri esemplari di questo rilievo scenico non mi sono noti; ed io non so
precisamente se i due piccolissimi frammenti ricordati dal Reisch,-) siano parti di
un rilievo uguale al nostro. II frammento, che dovrebbe essere nel Casino di
Pio IV nel Vaticano, non ho potuto vederlo; ma, a giudicarne dalla cattiva
riproduzione datane dal vSerroux d'Agincourt, Recueil de fragments de sculpt.
antique (Paris 1814), tav. XXIX n. 5, esso deriva da una matrice diversa, poiche
r unica testa che in esso si conservi, lia la maschera \'irile barbata, cinta di
tenia. Dell' altro frammento del JNIuseo di (xotha, il Reisch assicura che la
maschera e muliebre, ma non so se uguale a quella del nostro rilievo. Del resto,
non era possibile da questi minuscoli frammenti comprendere 1' architettura della
facciata e il significato della scena rapi)resentata, perche essi non contengonri
che una piccola parte della trabeazione centrale col gruppo della Nereide, e la
sola testa del secondo personaggio.
Perö il rilievo ch' io pubblico va direttamente a ricollcgarsi all' altro dello
stesso tipo Campana, cono.sciuto per jiarecchi esemplari simili, tutti frammentari,
e per l'esemplare giä della Collezione Campana, capricciosamente restaurato e com-
') Dörpfeld und Reiscli , Das griech. Theater dei fregi Campana, di farmi c|ueslo confronto. Non
332. Non ho fatto a tempo, per pregare il prof. von mi fu possibile ottenere una fotografia del frammentino
Rohden, che — come si sa — attende al „Corpus" conservalo nel Museo di Gotha.
G. Rizio
f -/
/
r-
^flf^ |ilcl.ito. "I Ma la rU-o-
stni/.ioiu- sicura di
i|ut'sl' altro rilicvd si
|ui(') riti'ncfi^ ijnclla
prima imlicata dal
Rcisch, e tradotta,
ilii]i(), in dis('j;'n() dal
Puchstcin, mcrcr la
combiiiazione di duo franimeiiti: qucllo del Miisoo
Kircheriaiio di Roma e un altn» di'l Kc^stiuT-
niuseum di Hannover.'") Di i|iicll(; dd Rluseo
Kircheriano si da qui. per ragnone di confronto,
una riproduzione, ch' io credo la prima che ris-
ponda al vero (fig. 49). Questo fregio rapprcscnta,
com' e noto, una scena indeterminata, probabil-
mente della commedia nuova; e per la parte
architettonica e abbastanza diverso e certamente
assai meno importante di questo di Via Salaria.
II quäle, nella non ricca serie di queste rappresen-
tanze fig-urate,") occuperä d' ora iniianzi un ]X)sto
cospicuo, anche per la scena della tragedia perduta che esso ci riproduce,
quantunque con arte assai mediocre.
La questione, agitatasi in questi ultinii aniii a proi)osito di questi rilievi,
puö esser formulata cosi: se essi rappresentiiio il proskenion del tcatro ellenistico,
o la „scenae frons"* del teatro romano, secondo Vitruvio e secondo i monumenti
superstiti. Questi, almeno, i termini della discussione, come si e svolta finora, princi-
palmente fra il Dörpfeld e il Reisch, da una parte, sostenitori della prima opinione,
e il Puchstein e il Bethe, dall' altra, risoluti oppositori, che nulla concedono agli
avversari, ne per il quesito j^ropriamente architettonico, ne per il cronologico.
Io credo, perö, che tenendo anche conto delle congetture esposte dal Betlie,
nel SUD articolo sulla scena ellenistica,'-j la questione possa avere aocora un terzo
Fi^ ■tlarclicf
des Mu-c>' Kircheriano.
'; Campana, op. c. tav. XCVIII; Annali dell' In- ") Cfr. questi monumenti in DR. p. 327 ss.;
stituto, 1859, tav. O; Baumeister, Dcnkm.Hler III, fig. figg. 81 ss.: e per la discussione in proposito, oltre
1831 ; Schreiber, Culturhist. Bilderatlas T. III 4; e piii il citato libro del Puchstcin (pag. 24 ss.), cfr. gli arlicoli
Tolte altrove. del Dörpfeld e del Bethe, che andrö citando, nel corso
^) Cfr. Dörpfeld und Reisch, op. cit. p. 330, di questo lavoro.
fig. 83: Puchstein, Die griech. Bühne, p. 26 s. fig. 4. '^) Bethe, Die hellenist. Bühnen und ilire Dcko-
Thcaterd;irstellung und Tragödienscene 211
termine, esclusivamente cronologico : dato, cioe, che il nostro rilievo non rappre-
senti il proskenion, se qiiesto prospetto architettonico della scena debba riferirsi
al teatro ellenistico o al romano. E poiche nella graduale evoluzione da quello
a questo, e impossibile segnare una linea netta di divisione, si comprende come
la questione del ,,posto" che neU' architettura dal teatro avrebbe occupato il pro-
spetto effigiato nel rilievo, sia assai piü imi^ortante e decisiva che la questione
cronologica.
Premetto ch' io comprendo bene di trovarmi dinanzi ad un lavoro d' arte
industriale, il cui valore per le questioni architettoniche non e assoluto; di modo
che bisogni avvalersene con giudizio molto circospetto e discreto. Per ciö appunto,
io vorrei esaminare, fin dove e possibile, quäle fede meritino questi rilievi, e
Stabilire, diro cosi, il limite di confidenza in essi, tutte le volte che ci rap-
presentano prospetti architettonici, specialmente se di edifici conosciuti per monu-
menti superstiti.
Le attinenze stilistiche dei rilievi Campana, con quelli troppo generica-
mente denominati ellenistici dallo Schreiber, la loro predilezione per un genere
di soggetti che appunto in quel ciclo d' arte ci e dato di riscontrare,") rendono
indiscutibile la derivazione artistica di questa numerosa classe di fregi fittili, la
cui applicazione decorativa trovo cosi larga difFusione nell' architettura romana
dalla fine della repubblica sino all' eta imperiale inoltrata. A tal punto, che la
loro prima fabbricazione, fatta, com' io credo, su modelli ellenistici o, torse anche,
da matrici direttamente importate dall' Oriente, determinö, col crescere dell' uso,
prodotti d' imitazione romana, qualche volta con soggetti che non potevano
esser copiati o altrimenti derivati da modelli ellenistici, ma eran creazione del
iigulo romano, che copiava direttamente dal vero.
Sono noti i nomi di alcune fabbriche romane di questi rilievi;") ed e
anche utile esaminare alcuni dei rilievi Campana con rappresentanza di edifici
architettonici.'-'^) La fedeltä al vero e la precisione dei particolari decorativi sono
veramente notevoli, come e facile vedere, p. es., nel rilievo di Annia Arescusa,
citato in nota, in cui e rappresentata la meta del Circo romano, e nell' altro
rationell; Jahrbuch d. k. deutsch, arch. Inst. XV '^) Cfr. CIL XV I, n. 2538 ss. I nomi noti
(1900), p. 59 SS. sono: Annia Arescusa (Cfr. anche Catal. ofthe Terrae.
1^) Non intendo, perö, che le fonti artistiche in the Brit. Mus. D, 627; tav.XLIV, 3) — M. Antonius
siano da ricercare esclusivamente nell' arte alessan- Epaphrus — C. Calpetanus Favor — Octavius (Ctr.
drina, come pare che voglia Io Schreiber, cedendo Jahreshefte VI 25 s., tav. 3) — ed altri nomi incerti,
al miraggio della sua nota teoria. Cfr. Schreiber, in da frammenti.
Verhandl. der 40. Philologcnversamml. in Görlitz '^) Campana, op. cit. tav. 89 e tavv. 91— 97-
1889, p. 310.
vCanipaiia, o. c, tav. Sq*, in cui r rapproscntato uu arco trionfaU'. Cosi nci rilievi
con prospetti di palestre, nci i|uali tu possibile constatare rlu' lliio Ic staluc
ilecorative delle nicchie o doyli intiTcolunni risponddno osattanicntc a lipi che
ci ö dato di riconoscere nell(> opere suporstiti dclla scultura aiitica.'") Ouesto io
dico, per conchiudere che, se nell' esame di questi riUevi architettonici convieue
certamente esscr cauti e circospotti, non bisogna perö essere ne diffidenti, ne
scettici addirittura.
Or io credo oho il piccolo monumento scenico di P. Numitorius Hilarus
aggiungerä quakin' non isi)regevole elemento alla „vexata quaestio" del teatro,
se esso sarä esarainato senza preconcetti. Trahiscio di insisterc nel fatto, ehe inai
apparve, in altre congeneri rappresentanz(>, il jjrospetto dclla scena (chiamiatnolo
cosi. per ora) tanto vario, completo c riccamente ornato; nia 1' esainc dclla pianta
(fig. 50) da molto a pensare, e confcrma, in uii scnso o nell' altro, congctture
'•"iä fatte da altri archeoloüi.
Fiy. 50 Grundriß des seenisclien Reliefs des P. Numitorius Hihvrus.
Ouestione preliminaro e, dirö cosi, pregiudiziale per 1' esamc architettonico,
e questa: se il listello del rilicvo sul (|uale stanno gli attori indichi il ])iano del-
l'orchestra, dinanzi al proskenion, o il piano supcriore del proskcnion stesso, dinanzi
alla parete di fondo della scena. Per ammettere questa seconda ipotesi, bisogne-
rebbe necessariamente supporre che 1' artista avesse intenzionalmente tralasciato la
parte inferiore del prospetto architettonico; e la ragione di ciö potrcbbe anche tro-
varsi, comoda e facile : la ragione dello spazio, che avrcbbc ohbligato 1' artista
ad accorciare la rappresentanza, riducendola alle parti essenziali. ]\la per quanto
comoda, questa ragione apparirä altrettanto capricciosa; specialmente se si con-
sideri che nei vasi fliacici con rappresentanza della scena,'") il pndio alto e o
completamente effigiato, o acccnnato con le colonne disegnat(; solo in parle.
Invece, nelle dimensioni obbligatorie della larghezza, l'artista ha incluso tutte
le parti essenziali, riducendo gli intercolunni al minor numero possibile. Infatti,
poiche vi sono comprese tutte e tre le porte di rito, gl' intercolunni non potevano
'' Cfr. Hartwig, Jahreshcfle VI 16 ss. Jahrb. d. Insl. VIII (1^931, p. 86ss.; Bctlie, l'role-
'') Cfr. Heydemann, Jahrbuch d. Inst. I 18S6, gomena 278 ss.; Rizzo, Vaso campano con scena
p. 2605s.; Baumeister, Denkm. III 1750 S5.; A. Körte, fliacica, Rom. Mittheil. XV (1900), p. 261 ss.
Tlie;iterdarstellung und Tragiidienscene 213
esser meno di cinque. Da questo fiitto si comprende come le ragioni dello spazio
e i limiti assegnati a questi rilievi, che sono tutti delle stesse misure, abbiano
obbligato il figulo a compendiare, non giä a tralasciare, le parti essenziali dello
edifizio ch' egli voleva riprodurre.
Come neir altro rilievo Campana con la sceiia comica, anche nel nostro
la liuea della facciata si svolge con due corpi architettonici avanzati, accanto alla
porta regia. Pero la trabeazione e molto piü regolare e piii conforme alle leggi
architettoniche e ai monumenti esistenti, in quanto che i frontoni sormontano i
due corpi avanzati, laddove nel rilievo del Kircheriano staiino sopra le parti
rientranti della trabeazione. Or e noto che 1' esistenza di questi corpi avanzati e delle
colonne appaiate e uno degli argomenti piü volte messi innanzi dal Puchstein e dal
Bethe,'*) contro il Reisch e il Dörpfeld, per negare la proposta identificazione di
questi rilievi col proscenio ellenistico, in quanto che non si conosce ancora un pro-
scenio di tale etä, con la medesima linea nel piano o nella forma della trabeazione.
Pero non parmi che siano da dirsi esclusivamente romani gli elementi
architettonici di questi rilievi. Anche il Puchstein pare che voglia ammettere
(p. 25) per queste facciate un „ordine di evoluzione", diverso, secondo lui, che per
i proscenii greci, ma certamente derivato dall' architettura ellenistica. Ed io
soggiungo : chi puö stabilire dove que.sta finisca e dove cominci la romana, nel-
r evoluzione necessariamente graduale dall' una all' altra? Quantunque manchino
ancora esaurienti ricerche e studi particolari e manchi, forse, qualche anello
intermedio nello sviluppo di singoli edifici o di special! forme architettoniche,
pure e treppe noto — come fatto generale, che tutti ammettiamo per vero —
che dalle rieche cittä ellenistiche dell' Asia Minore e dell' Egitto deriva la
fastosa architettura romana, allo stesso modo che tante altre „forme" nel campo
deir arte e della letteratura.
Io mi contenterö di ripetere che ti-a i caratteri noti dell' architettura elle-
nistica c' e quello di ravvivare i lunghi prospetti a colonne, con colonne raggruppate
e con frontoni avanzati; ne puö sorprendere che questa architettura sia stata
adoperata nelle facciate dei teatri dell' Asia Minore e, dopo, in quelli romani.
Noi conosciamo ancora pochi prosceni di etä ellenistica; ma pare anche a me
probabile che questo sistema di linea architettonica fosse giä stato seguito nel
proscenio del teatro di Delos; e che i due parasceni avanzati del teatro di Epi-
dauros accennino al medesimo principio.
^^) Puchstein, op. cit. p. 27 ss. Bethe, Das p. 313 ss. Cfr. Dörpfeld, Athen. Mittheil. XXIII
griech. Theater Vltruvs, Hermes XXXIII (l8g8) (1898) p. 354 s.
Jahreshcfte des österr. archSol. Institutes Bd. VIH. 27
;i4 G. Riizo
Hlemeiiti siniili a qiioUi dol nostro rilievo nun (!• diflicile trovarne noi pro-
spetti della pittura pompeiana, tra il secondo e terzo periodo o stile del suo
svolgimento, specialmonte nella disposizione delle edicole e delle parti decorative.
Ora le relazioni della j)ittura pompeiana non solo con la scenogratia, nia anche
con la costruzione della scena ellenistica sono State tanto studiate in questi Ultimi
anni, che credo soverchio di insistervi qui, per il mio fine. '■') K noto il luogo di
Vitruvio (VII 5, 2), che ci afferma appunto come in questc pitture si riproducessero
^scenarum frontes tragfico niore aut comico seu satyrico" — ed il nostro rilievo, che
rappresenta una facciata costruita con pietre, la scena tragica stabile, riconla assai
da vicino la pittura pompeiana, anche per la tonalitä e vivacitä dei colori.
Peru, quantunque nelle rovine superstiti dei teatri giä esplorati e studiati
non ci sia dato di trovar nulla di periettamente simile alle linee architettoniche
del nostro rilievo, pure non solo, come vedremo, i singoli elementi di esso non
disconvengono all' architettura dei tardi tempi ellenistici, ma 1' insieme della co-
struzione put) essere utilmente paragonato con edifizi conosciuli di (juella etä.
La fastosa costruzione con una porta ad architrave piano nel mezzo e con
due porte laterali arcuate, sulla fine della strada che conduceva al porto di Efeso,
si discosta dal comune Schema dei propilei greci e ricorda gli archi trionfali
romani.-") Essa appartiene ai primi tempi ellenistici, ed io la ricordo, soltanto
per far notare che in questa costruzione la facciata preseiita i corpi avanzati
accanto alla porta centrale, con due colonne ioniche appaiate riposanti sopra un
unico zoccolo; ed ha, nel suo insieme, quegli elementi di ricca decorazione, che
sono tanto prediletti e, posteriormente, sempre piü svolti m-ll' architettura romana
imperiale.
E rimanendo nel medesimo conetto, di confronti generali, non posso fare a
meno di ricordare rapidamente la faciata di una tomba (o di un tempio?) a Petra
neir Arabia, specialmente dopo gli studi recentissimi.-') Se pure essa non e di
etä ellenistica, come giä credeva il Duca di Luynes, ed ora anche lo Studniczka,
e deve invece attribuirsi all' etä di Adriano, i recenti diligentissimi editori dei
") D. R. p. 337 SS. Non acceUo, in proposito, di Efeso. Jahreshefle VII (1904) Beibl. Sp. 46 s., (ig. 9.
alcane idee del Puclistcin e del Bethe, espresse negli ") Due de Luynes, Voy,ige ä la Mer inorte,
scritti piü volle citati, specialmente per ciö che ri- tav. 44; Studniczka, Tropaeum Traiani (Leipzig 1 904),
guarda la disposizione degli attori nei diversi piani p. 67 s., fig. 33; Durm, Baukunst d. Etrusk. u. Rom.'
dei prospetti, fra le .gallerie', le edicole e i corridoi. p. 758, fig. 828; e principalmcnte, Brünnow und
**) Jahreshefte III Mgoo; Beibl. Sp. 89; R. von Domaszewski, Die Provincia Arabia (Straßburg 1904),
Schneider, Ausstell, von Fundstücken aus Ephesos, pag. 186, 223 ss., 25753., tav. del frontisp. e tav. II.
p. V (disegno ricosiruttivo del Niemanni. Cfr. anche [A. Michaelis, Petra, Deutsche Rundschau, August
nna costruzione di lipo simile nella porta dell' Agora I905 p. 225 ss.]
Theaterdarstellung und Tragödienscenc 215
nioniimenti classic! (U.'lla Provincia Arabia non poterono discoiioscere le origini
egiziane di questa architettura, e chiamare questo monumento „der einzige Ver-
treter des ägyptisch-hellenistischen Tempeltaaues". Le grandissime simiglianze
di questa facciata con i prospetti della pittura ijompeiana saltano agli occhi di
tutti, ed io trovo assai opportune il confronto, giä da altri tatto, con la famosa
„scaena" di Apaturios di Alabanda (Vitruv. VII 5, 5).
Venendo, piü da vicino, alla pianta del rilievo, il fatto che a prima vista
richiamerä 1' attenzione degli studiosi, e che i due pilastri corinti che limitano
la facciata sono disposti in angolo, con lo spigolo, cioe, normale alla fronte del
prospetto. Poiche questo fatto innegabile non puö esser casuale, deve avere la
sua spiegazione: e questa puö esser doppia.
Fig. 51
Grundriß des scenischen Reliefs des
P. Numitorius Hilarus mit ergänzten
Paradoi.
< /
Chiunque ricordi la pianta del teatro di Delos,--) sa che le parodoi, disi^oste
trasversalmente alla fronte del proskenion, hanno uno dei pilastri ricoUegato ad
angolo col pilastro che limita il proskenion. Se nel nostro caso si supponessero le
parodoi disposte alla stessa maniera, la funzione del pilastro angolare si potrebbe
spiegare, ricollegandolo direttamente all' altro pilastro della parodos, come
dallo schizzo nella fig. 51. E se questa congettura sembrasse soverchiamente
ardita, io non saprei trovare del fatto che un' altra sola spiegazione: si osservi la
sezione, fatta sull' eiDistilio del rilievo (fig. 52), e si vedrä che la linea F, che
taglia il timpano sulla porta hospitalis e sotto 1' arco, segue una direzione tras-
versale e ferse anche leggermente in curva. Questo non trascurabile elemento,
insieme con 1' altro del pilastro disposto in ang'olo, potrebbe, forse, far supporre
una facciata leggermente ricurva.
^-) Dörpfeld u. Reiscli, op. cit. p. 145, Fig. 59; Puchstein, op. cit. p. 50, fig. 7.
r™-"
IUI iiwniininiMli I III III IUI
Fig. 53 .Schnitt liurcli das Epistyl.
A. Linea d' aggclto dcl pilastro angolare, sezion. allo stacco del capitello; B, C. Profili delle colonne, al-
1' .tltezza del coltarino; D, E. Profili della cornice dell' arco, sull' epistilio; F. l'roiczione della massima
sporgenza del limpano.
E poiche e onesto in una discus.sione tanto importante e.sporre anche i fatti
che pos.san sembrare contfari alla propria teoria, soji-giungo subito che que.sto
fatto della linca obliqua della tfabeazione .si ripeto, in maniera assai .simile, nel
frammento del Kircheriano (fig. 4g), e fu giä fatto os.servare dal Piichstein (op. cit.
p. 27), quantunque egli ne abbia voliito dedurre conseguenze ch' io stimo esageratc.
Perö nel frammento del Kircheriano non .solo non abbiamo il pilastro angolare,
ma la mezza colonna e assai male dispo.sta, anzi incomprensibile, accanto a quelle
linee della trabeazione. E que.sto e
•".'/"//'yM'///i'A'/A'W/M.
■■^.s
un altro indizio (oltre quello, giä
notato, dei frontoni), che ci fa rite-
nere il nostro rilievo piü accurato
Fig. 53 Schnill durch das Terracottarelief g pjf, vicino al Voro, nella parte
des Jluseo Kircheriano.
architettonica.
Ma io non mi crederei nel diritto, per questo semplice fatto, di collocare la
parete con le porte ospitali assai piüi indietro che quella con la porta regia,
come pretende il Puchstein; e pur riconoscendo la mancanza o 1' ig-noranza delle
leggi prospettiche, in questo genere di rilievi, faccio osservare che il pilastro
dal quäle si .suppone che sorga 1' arco, accanto alle due edicole con frontoni,
non si vede, forse in conseguenza dell' inciirvatura della facciata.
Se si ritenesse piü accettabile la seconda spiegazione qui propo.sta per la
sezione dell' epistilio, sarebbe quasi impossibile ammettere un proskenion che
avesse una tale linea nella sua pianta. Le nicchie, cosi frequenti come elemento
di decorazione nelle facciate romane, rappresentano certo 1' ultimo stadio in
questa evoluzione architettonica dei pro.spetti, che va dalla linea diritta alla
ricurva e spezzata; ma non e possibile ammettere nel nostro rilievo simili iiit-chic,
per quanto si possa concedere all' errore o alla mancanza di prospettiva.
Procedendo nel mio esame, io nou trovo estranci all' architettura elleni.stica
anche altri elementi del no.stro rilievo, quantunque essi abliian jitituto subire
qualche alterazione, in terra ed in etä romane. Le colonne appaiate sopra un
Theaterdarstellung und Trayödienscene 217
unicü zoccolo non tanto alto e molto semplice (nessuna traccia in esso tli modi-
nature o profili), sono State constatate nel proskenion, ancora ineclito, del teatro
di Ephesos.^^) Ne puö sorprendere che le colonne siano scanellate soltanto ne' due
terzi siiperiori, perclie colonne di simil genere sono frequenti a Pergamo e nel
Portico di Attalos ad Atene. Quanto agli archi, e ben noto che essi sono un
elemento comune nell' architettura ellenistica; ed e soltanto un vecchio pregiu-
dizio che essi siano esclusivamente romani. A Pergamo, nella porta della cittä,
nella porta della terrazza del teatro e del Ginnasio (II secolo), ed altrove; ad
Atene nei Portici di Eumene e di Attalo, gli archi si ritrovano con frequenza.
E dopo questi esempi monumentali, e soverchio aggiungere, che anche negli edi-
fizi scolpiti sui rilievi ellenistici non e rare riscontrare 1' arco.
Sia detto in fine — come fu giä da altri osservato nel rilievo con la scena
comica — che non deve sfuggire il fatto che il prospetto architettonico e conce-
pito come se in realtä fosse di altezza assai modesta. -^) Per quanto si possa
pensare alle sforzo dell' artista di voler rappresentare lo sfondo prospettico, per
la distanza tra i personaggi e la parete del proskenion, pure conv^errä credere,
badando alla proporzione fra questi personag-gi e le porte o la trabeazione,
che r altezza della facciata sia di circa m. 3. E poiche noi sappiamo che il pro-
skenion del teatro ellenistico aveva un' altezza di m. 3 a 4, questo converrebbe alla
teoria propugnata dal Dörpfeld.
Fra le decorazioni scultorie, attraggono maggiormente la nostra attenzione
i due tripodi, che per la prima volta noi vediamo nei pochi monumenti conosciuti
con la rappresentanza della scena. Che non siano da intendere come tripodi dedi-
cati dai coreghi vincitori del coro nella cpuXrj, e fuor di dubbio, essendo destinati
ai cori scenici premi d' altra natura, almeno tra il V e il IV secolo.-^) Si osservi,
ad ogni modo, la forma di questi tripodi, che nuUa ha da fare con quelli di ori-
gine ionico-etrusca. Le aste assai semplici con zampa leonina, la caratteristica
forma della casseruola; persino la sagoma della base, ci richiamano al tipo classico
del tripode ieratico e votivo, che si mantiene immutato anche nei monumenti di
-•') Questo io apprendo, durante la stampa presenti il proskenion del teatro ellenistico. Di
del mio articolo, da una comunicazione scritta di qualche utile ed acuta osservazione che egli, auto-
W. Dörpfeld, in risposta all' omaggio ch'io gli feci revole specialista, rai fece per la questione archi-
di una copia del mio breve cenno, pubblicato nelle tettonica, io gli rendo qui pubbliche grazie.
Notizie degli Scavi. II Dörpfeld crede ellenistico ^*) Dörpfeld u. Reisch, op. cit. p. 331 s.
questo proskenion del teatro di Ephesos. Egli non ^^) Cfr. Reisch, Griech. Weihgesch. 63; Rizzo,
solo riconosce la notevole iinportanza del rilievo di Studi archeol. suUa tragedia e sul ditirambo, 38 ss.
Via Salaria, ma crede sicuramente che esso rap- (Riv. di filol. XXX [1902]).
2l8 G. Rizzo
etä ellenistica.-'") Questo imlizio stilistico e cronologico noii nii parcva dovesse
trascurarsi, per 1" esame del nostro rilicvo. nel quäle i tripodi hanno una desti-
nazione simbolica, relativa al culto di Dioniso.
Queste decorazioni scultorie rendono inevitabile il ricorda di P()lluc(> sullo
hyposkenion „ornato di colonne e di Statuette, rivolte verso il teatro".-') Senza
volore entrare nella scabrosa questione relativa all' identificazione dello hyposkenion
di Polluce, le cui notizie teatrali derivano certo da una bu(ina fönte ellenistica
spesso male compresa, e certo che questa parte del teatro ellenistico e costituita
da una facciata, ornata precisamente come quella del nostro rilievo, nel quäle
perö gli attori agiscono dinanzi ad essa, non su di essa.
Cosi, per la parte architettonica, io credo di aver fornito, ubicttivamento,
tutti i dati di fatto ch' era possibile mettere in luce. Ma non ho soverchie illusioni
che essi debbano bastare per far credere ad alcuni che questo rilicvo raflig-uri il
proskenion del teatro ellenistico.
ni. I singoli personaggi e il costume scenico.
Fra i personaggi, che certamente recitano una scena di tragedia, e facilissimo
riconoscere due dei tre attori principali. II primo incede a gran passo verso sinistra,
con movimento concitato, stendendo la mann destra verso il secondo personaggio,
e stringendo con la sinistra la spada, sotto l'impugnatura, presse il fianco. II
costume scenico, sia di questo che dell' altro attore, h degno di attenta osser-
vazione, poiche sembra in pieno accordo con le fonti letterarie e con altri monu-
menti figurati, che noi conosciamo. Gli abiti sono di colori svariati e vivaci,
quantunque per il genere del lavoro poco fine ed industriale, manchino la -o'.v.OJ.c.
ed altri caratteristici ornamenti policromi (Poll. IV 115; VII 53. Hesych. s.v.
-o:-/.v.ov etc.).
Questo primo attore e vestito di un chitone giallo, lungo fino al collo del
piede. Che il chitone tragico, per quanto -oSr^pr^j (Luc, lup. trag. 41), potesse
lasciare scoperti i piedi per intero, lo sapevamo giä, p. es., da alcuni degli affreschi
scenici di Pompei.**) II chitone ha le maniche lunghe fino ai polsi, ed e stretto,
in alto sopra la vita, da una cintura larga (Strab. XI 530: o'ov xou; '{jyAh'.c y/.xwvac,
^j Reisch, op. eil. p. 70 ss. Eetlic, Prolegomena, 238; e Jahrb. d. Inst. XV,
^, Polluce IV 124: T6 8i ö;:or/.r,v;ov ■/.'.■■^z: ■/.■xl 6y etc.
ä-,'a>.;ia-iv.; x£x4j}irjto -p4j -ö S-iatpov -üSTpa|i}iivo'.;, '*) Monum. d. Inst. XI, lav. 30 — 32: Ann;ili,
O-ö xi 'i.v{%ivi ■/.ii;iävov. Cfr. D. R. op. cit. p. 300 s.; 1881, p. 109 ss. [Maass].
Theaterdarstellung und Tragödienscene 219
O'j; 7,aÄo03: d-i--(XA'.y.'jbz Iv TZt; xpayMSiai; y.a: i^wvvj&ua'. TiSp! "Ä GTr^ÖTj),-'-') di un color
g'iallo alquanto piü denso che il chitone. Una chlamys di color rosso-pavonazzo,
affibbiata sulla spalla destra, scende lungo il fianco sinistro; certamente la cpowixt?
di Polluce IV ii6.^"j La maschera era di color carneo, ora tendente al bianca-
stro; ed ha 1' öyxos di perfetto Schema Xci.\iooe'.oii (Poll. lY 133): V alta maschera
di etä ellenistica per eccellenza. Dai lati sfuggono ricchi cincinni di color biondo
rossiccio, lunghi fiiio al collo. La maschera, quantunque giä assai ritoccata dal
figulo, ed ora corrosa, non manca di carattere e di espressione.
Segue un altro attore: una donna, certamente una avaaca, vestita di chitone
manicato e caudato, di colore roseo: pi"ecisamente il cupTÖj TiOp'^upoO;, che era
proprio delle donne (Poll. IV ii8), nel quäle e notevole il taglio della parte
posteriore col longo strascico.-") Una larga cintui-a, posta assai in alto, stringe il
chitone, quasi sul petto. Un' altra parte interessante del vestimento e una corta
tunica, certamente una specie di £Ä:t'ßArj[ia, che non arriva alle ginocchia, ed e stretta
sui fianchi da un grosso cercine della stessa stoffa. Una parte di esso, ripiegata,
ricopre il lato sinistro del petto, scende poi dietro la spalla, e si avvolge sul-
r avambraccio sinistro, dal quäle ricade il lembo esterno. Nelle fonti letterarie
non e descritta una parte del costume scenico che possa essere identificata con
questa; ed unico e solo confronto monumentale si pu6 trovare nell' abito di
Fedra e della Corifea (Robert), nella pittura su marmo di Ercolano che rappre-
senta una scena di tragedia.^-) II secondo, specialmente, di que.sti personaggi ha
un abito simile, sia nella disposizione quasi identica, che nel taglio, salvo che
nella parte inferiore l'abito della Corifea e rotondeggiante. Ma la stessa parte
deir abito di Fedra ri.sponde nel taglio inferiore a quello del personaggio del
nostro rilievo. II confronto, evidente, non e privo d' importanza; ma l'identifi-
cazione tentata dal Robert col TzxpxTzrf/o Xer/.iv di Polluce IV ii8 (cfr. VII 53)
e, per lo meno, assai dubbia.
La maschera di questo secondo personaggio ha 1' öyzo^ jjoco alto, e i cajDelli
rossicci scendenti in treccioline fin sulle spalle. Quantunque la superficie sia un
^') Cfr. Wieseler, Theatergeb. und Denk. d. tivo di ^Xanu;.
Bühn. VIII, 12; IX, 2; XIII, 2; e p. 53. Polluce ") Cfr. Suid. ad voc. dp9-oaxä5ia • o£ oxaTol x'twvs;
la chiama iisca/aXtcxr^p. Non e esatto quanto osserva dpS-oaxaäiot , oi 6s aupönsvoi. aupxoC. Wieseler, op. c.
lo Schone, De person. in Eurip. Bacch. hab. scaen. XI, j e p. 51, 86. — Monum. d. Inst. (Maass) XI,
p. 26, che solo gli attori principali avessero la tav. 30, n. 3, 6; 31, n. 11; 32, n. 17 — Dierks, op. cit.
cintura. p. 37 etc.
ä") Credo col Dierks, De tragic. histr. hab. scaen. •*-) C. Robert, Kentaurcnkarapf und Tragödien-
apd. Graecos 38, che le parole di Polluce (1. c.) scene l^XXII Hall. Winckelraannsprogramra), Tav. II.
siano da intendere in modo che cpov'.xig sia un' apposi- Cfr. p. 34.
po' gniasta. pure e lecito discernore 1' inclinazione angolare dolle sopracciglia :
fatto, conie e noto, assai oonmnc m^gli exaxsua TzpöoiOTix. c\n^ ritracvano i carat-
teri di quel „pathos", a cui 1' arte' ellenistica era informata.
Entrambi questi personaggi sono calzati di „coturni", tinti di rosso-pavu-
nazzo. Ouesto coturno ha la forma di uno zoccolo non molto alto, che si puö
suppoiTe fatto di varie suole sovrapposte o di legno. Questa e la parte piü interes-
sante — e certamrnte la piü controversa'^) — del costume scenico de! iiostri perso-
naggi: nia la dotta discussione fatta dal Robert sui diversi tipi della calzatura
degli attori tragici, sulla loro evoluzione c sul loro uso, diverso nei diversi
tempi,''') se da un canto mi dispensa da una nuova riccrca, mi senibra ora assai
piü congetturale di quello che in principio non la credessi.
Certo e che. sino alla fine del quinto secolo (cfr. il noto e giä discusso luogo
di Aesch. Agam. v. 935 ss.) o al principio del quarto, gli attori non avevano calza-
ture alte, come si dimostra dai personaggi effigiati nel celebre vaso di Napoli col
coro del drama satirico,-'"') e nel rilievo del Pireo.*") Certo e anche che in monu-
menti scenici seriori, ma derivati senza dubbio da originali piü antichi {IV secolo),
gli attori non portano il coturno: ne convince quanto suppone il Leo, che essi
siano stati tralasciati per ragione pittorica. Di nionumenti figurati, in cui si
possa sicuramente riconoscere la forma del coturno, non c' e davvero una grande
abbondanza: per coturno alto e generalmente ritenuto quel sostegno, molto
problematico nella sua forma, che hanno sotto i piedi gli attori dei musaici
del Vaticano;^^) e forse anche con minor ragione quelli della statuetta di
avorio dipinto, pubblicata dal Robert,^*) che, ad ogni modo, riproduce il costume
tragico di tempi assai tardi. Nella pittura su marmo di Ercolano, ricordata sopra,
non e riconoscibile la forma del coturno, che sarebbe occultato dal lungo chitone.
Un utile termine di confronto col nostro rilievo, per questa parte del
costume teatrale, noi possiamo trovarlo soltanto nel rilievo Pourtales,^^) oramai
■") A. Müller, Griech. Bühnenall. 238 ss. — Piraeus, Melanges l'errot 307 ss. (ivi la ricca biblio-
Dierks, op. cit. p. 17, 48 ss.; Maass, 1. cit. p. 114 s.
Leo, Rhein. Mus. XXXVIII 343 ss. etc.
") Robert, op. cit. p. 22 — 33 (ivi, tutta la prece
dente bibliografia e discussione). — Cfr. la rccensio
ne di A. Körte, Deutsche Litteraturzeitung 1899,
p. 1688.
^) Monum. d. Inst. III 31 ; Heydcmann, n. 3240
grafia rclativa).
^'; Wicseler, op. eil. tav. VII — VIII. Baumeisler,
Denkmäler III, lav. LXXVIII s., figg. 1950—53,
p. 1853 s.
^') Monum. d. Insl. XI 13, c iiiii volle allrove.
Cfr. Robert, Kentaurenkampf u. Tragödienscene 22.
Un illustre conoscilore del teatro anlico mi fa riflettcre
Baumeister, Denkmäler I, tav. V fig. 422; e piü volle che i pretesi coturni di questa slaluetta non possano
altrove.
") Athen. Mittheil. VII (1882), tav. 14, p. 389 ss.
essere invece che semplici caviglie, per 1' inserzione
di cssa nella base: e il dubbio mi pare assai fondato.
Sludniczka, Über das Schauspielerrelief aus dem -^''j Panofka, Cabinet Pourtalcs, tav. XXXVIII;
Theaterdarstellung und Tnigödienscene 221
genei'almente riconosciuto come derivante da un anathema, in cui 1' attore era
rappresentato iiel costume caratteristico di Dioniso. Egli porta calzari identici
a quelli degli attori del nosti'o rilievo, alti, cioe, in proporzione delle figure, da
sei ad otto centimetri. Che questa fosse la foi-ma tipica dello siipäirj; od öxpiiiag, che
dir si voglia/") almeno nel costume teatrale greco, lo dimostra anche 1' opportuno
confronto, giä fatto dal Robert, c«n la Musa della Tragedia, scolpita sulla Base
di Alicarnasso,**) e con la personificazione della stessa Tragedia nel rilievo di
Archelaos.'-) Entrambe queste figure sono calzate di un simile coturno poco
alto, che, come e noto, richiama al pensiero gli alti sandali della Parthenos di
Fidia e di altre statue colossali di divinitä.*^)
Piuttosto che di suole sovrapposte, io credo ora che questo coturno fosse
di legno, leggero, di Schema rettilineo, adattabile all' uno e all' altro piede, quasi
simile agli alti zoccoli che usano ancora le donne del popolo nell' Italia meridio-
nale e nella Sicilia; e credo che a questa tijjica forma di calzatura scenica
debbano riferirsi le parole di alcuni scrittori, piuttosto che all' alto coturno, come
il Robert suppone (Schol. ad Luc. Epist. Saturn, c. ig: ^i-ißätai- xä ^6Äx, « sjjtßaX-
Xouatv U71Ö xou; jioSa;, lv<x cpavtöai ixazpöxspot).''*)
Che esso fosse giä in uso intorno alla metä del IV secolo, possiamo dedurlo
dal noto luogo della Vita Aeschinis (p. 296 W.), in cui si narra che Eschine
rappresentando come attore la parte di Oinomaos, nel teatro di Kollytos, cadde,
e non si sarebbe potuto rialzare, senza 1' aiuto del chorodidaskalos Sannion.
Posso anche animettere che 1' altezza del coturno sia andata crescendo, dopo
che il posto degli attori dall' orchestra dinanzi al proskenion si era innal-
zato sul ÄOYEiov o j^ulpitum : e ciö per una ragione di visuale facile a compren-
dersi, se si pensa che gli spettatori piü distinti occupavano i sedili piü bassi.
Ma ritengo che 1' uso del coturno, una volta introdotto, sia stato continuativo
fino all' etä imperiale romana; e non ammetto perciö la congettura del RIaass,
che neir etä ellenistica il coturno sia caduto in disuso, in conseguenza del diverso
.Schreiber, Hellen. Reliefbild., tav. LXXXVI-t -- Cfr. riconosciuti anche nella ,Pudicitia" del Vaticano.
Robert, op. cit. p. 29. Cfr. Amelung, Die Sculpt. d.Vatic. Mus. 1,35; Rizzo,
■"') Non mi soffermo sulla piccola ma intricata Scult. ant. del Palazzo Giustiniani 73.
questione dei nomi. Cfr. Müller, Bühnenalt. 238 s.; ^*) Si noti che lo ,scapus' superiore non era
e principalmente Robert, 1. c. p. 30 s. y-KTOc X6'(ow xo'j tioS&j (Luc. .Somn. c. 26), in modo
■") Trendelenburg, Der Musenchor (XXXVI che gli attori potessero rapidamente cambiar la
Berl. Winck. Progr.); Bie, Die Musen 45. calzatura. Cfr., poi, 1' Etym. Magn. ad voc. KoO-op-
*^) Friederichs-Wolters, Gipsabgüsse, n. 1629; voj' . . . X£Xpä"fovov zb a)(f;[j,a, äpp.ö^ov 6i(icpoTcp&ts
Brunn-Bruckmann, Denkmäler, n. 50; etc. toij ti^oEv. (Xenoph. Hell. II, 3, 31; Schol. Aristoph.
*^) Ricordano i cosi detti ,sandali Tirrenici' Ran. 47 etc.).
Jahreshefte des Hsterr. archäol. Institutes P.d. VIII. 28
spirito e del diverso carattere, a cui erano informati i personag-gi dclla trag-edia
curipidea. Questa mi e parsa sempre una sottig-liezza; ed assai problematiche mi
sembrano anche le congetture del Robert sul iliverso uso, in diverse etä, ora di
una forma del coturno, ora di un' altra.
Certo si puci — e si deve, anzi, consentire col Robert, dope la pubblica-
zione del rilievo di P. Numitorius Ililarus — che iiell' eta ellenistica era in uso
il coturno come nel rilievo Pourtales e nel nostro. A quell' etä, appunto, devono
riferirsi, per diverse vie, questi due nioiuimenti scenici; a quell' etä appartengono
la Musa della Tragedia della Base di Alicarnasso e la Tragedia del rilievo
di Archelaos. La sua modesta altezza e sufficiente, Iva [ot unov.pixoci] cpavwat
[laxpö-epo:.
Meno da fare e da dire ci darä il piccolo personaggio, il quäle, nella distri-
buzione delle varie „parti" sceniche, deve essere considerato, senza dubbio, come un
7:apxyopr.Yr;|ia.'*''') Breve tunica rosea con maniche gialle, ricinta intorno alla vita,
sotto cui forma un piccolo y.6/.-C/:. anassiridi lunghe fino al malleolo, berretto
frigio di cuoio, ripiegato in punta con paragnatidi, ce lo danno subito a
conoscere per un Troiano : ed esso e come il punto sicuro che ci guiderä
alla retta interpretazione della scena rappresentata. Si osservi poi che nel
gruppo dei due personaggi, che stanno sulla sinistra, il giovine si appoggia
dolcemente sulla spalla e sul fianco della fanciuUa; e — malgrado 1' arte non
fine — la sua azione appare manifesta: egli e in attitudine dolorosa, egli gerne
o compiange, come si puö vedere dalla mossa del coUo, reclinato indietro, dal-
r espressione della faccia, e dalle stesse membra che sembrano in abbandono. Piü
calma appare, invece, la giovinetta. Questa e vestita di un chitone roseo e di un
himation giallo; il giovine, di una tunica ricinta ai fianchi, che lascia nude le
gambe dalle ginocchia in giü. Ne 1' una, ne 1' altro ha maschere, ne coturni:
il giovine, anzi, sembra scalzo.
L' idea che prima si affaccia al pensiero e di assegnare questi due perso-
naggi alla classe di quelli forniti al di lä dell' obbligo legale che spettava al
corego (-apayopr^YT^naxa) : alla stessa classe, cioe, del piccolo Frigio; ma dato
r ufficio che noi conosciamo proprio dei Tzoi.py.yoprjYTj\xoiTOi,^''') essi non potrebbero
esser coreuti di un coro accessorio,^'] ne attori sopra numero : poichc del
"/ Per quanlo Ic notizie a noi pervenute sui cosi sono classificatc le fiylie di Tryfjaios.
napa7.opv,'r,(iaTa possano dirsi incomplele (Cfr. Mül- *'') Cfr. Müller, op. cit. p. 178.
1er, Bühnenalt. 177 s.), pure nel caso nostro il dubbio *') Cfr. Schol. Aristoph. Ran. v. 209.
non fe possibile. Cfr. Schol. Aristoph. Pac. 1 14, dovc
Theaterdarstellung und Tragödienscene 223
primo caso non e possibile parlare in una tragedia; e che i due personaggi non
siano attori, lo dimostra la mancanza assoluta del costume scenico.
Sarebbero allora da considerare come xw^a Tipiawna, il cui allestimento
rientrava negli obblighi legali del corego. Ma i xw^a TcpocjcoTia (in italiano „com-
parse") del genere del personaggio di Bta nel Prometeo di Eschilo, o di Hermes
nelle Eumenidi, o di Pilade in varie tragedie, avevano, naturalmente, tutti gli
attributi esterni degli attori. Lo stesso per quelle „comparse" che sostenevan le
parti mute degli attori principali, quando questi erano occupati a sostenere un' altra
parte nella tragedia. Ne si puö dire che possano essere di quelle „comparse
del seguito", che dal loro costante attributo eran chiamati oopu'.fOpr^|.iaxa, e che
avevano auch' essi la maschera.***) Sedotto da queste considerazioni, inclinai a
riconoscere nei due personaggi il coro, che mi pareva richiesto dalla situazione
della scena di questa tragedia. Le „Notizie degli scavi" non eran luogo adatto,
perche io potessi dar ragione di questa mia congettura che sembrerä certamente
audace. La difficoltä principale e quella de' due sessi dei coreuti: poiche bisognerebbe
ammettere la dicoria. Si sa, infatti, che il coro dramatico era formato, di regola, da una
pluralitä di persone uguali per il sesso, per l'etä, per le condizioni social! ; i^erö
l'eccezione, piuttosto frequente nella commedia, appare assai rara, ma non impossibile,
nella tragedia.'*'') La dicoria e generalmente ammessa nelle Supplici di Eschilo
e nelle Supplici di Euripide; ma ad ogni modo, trattasi di persone di ugual
sesso; laddove in nessuna delle tragedie a noi pervenute esiste il coro composto
di persone di sesso diverse. Perö, per una felice congettura di K. O. Müller, che
ebbe 1' assentimento del Welcker, dello Schultze, di A. Müller e di altri, noi
possiamo supporre che un tal genere di dicoria esistesse nelle Fenicie di Phry-
nichos; e secondo il Welcker, che estese e confermö le congetture del Müller, nel
Prometeo liberato e nella Niobe di Eschilo.''")
Ma anche non potendo ammettere la presenza del coro nel nostro rilievo,
le conseguenze per la questione teatrale non carabiano, poiche io non credo
oramai possibile il dubbio sulla permanenza del coro nell' etä ellenistica, sia per
le nuove rappresentazioni delle vecchie tragedie, che per le tragedie nuove.'*)
■"j Vedi i luoglii degli scrittori riportati in Müller, *') Conlro le arJite teorie del Bethe, Prolego-
op. cit. p. 179, n. 4. raena 243 ss. hanno reagito non solo lo stesso
*^) Vedi, principalmente, l'artic. ,Chor' del Reisch, Reisch (nel citato art. presso Pauly-Wissowa III 2401
in Pauly-Wissowa, Real-Encycl. III, 2395 ss. ss.1, raa parecchi altri. Cfr. principalmente 1' ottirao
^'') K. O. Müller, De Phrynichi Phoenissis (Göt- articolo di A. Körte, Das Fortleb. d. Cliors im griech.
ting. 1835) — Welcker, Die griech. Tragöd. I 25 s. Drama, Neue Jahrbücher (1900) I 81 ss.
e 28. Cfr. Müller A., op. cit. p. 220.
28*
IV. 11 sogg'otto dolla tra^edia rai)preseiUata.
Ho giä fatto osservare sopra, che il punto di partenza per la retta inter-
petrazione del sosjgetto e il piccolo Frigio. L' attore che si avanza dalla destra e
certamente in attitudine di annunziar qualche cosa alla doiiiia, come si vede principal-
mente dal gesto della iiiano destra, il quäle ci lascia facilmente supporre che 1' attore
sia rappreseiitato nel momento in cui egli parla. Sappiamo infatti da Quintiliaiu),
che era precetto dell' arte antica che il gesto della mano cominciasse e finisse
con la voce.''-) E che le cose da lui annunziate non siano liete, si arguisce non
solo dalla mossa nervosa, quasi concitata, con cui 1' altro attore, la donna, atferra
per il braccio il piccolo Frigio, certamente suo figlio; ma anche dal dolore che
indiscutibilmente esprimono i due personaggi secondari, qualunque essi siano. II
primo attore non puö essere un Nunzio, perche manca del costume caratteristico ;
e la spada ch' egli cinge ce lo da a conoscere per un guerriero.^') Or nelle
pTroades" di Euripide (v. 704 — 794) abbiamo una scena, in cui Taltibio vien(^ ad
annunziare ad Andromaca la decisione dei Greci di uccidere Astianatto, il
piccolo figlio che la sventurata sposa di Ettore stringe al suo seno, gemcndo
suUa Sorte di lui, alla presenza del Coro (che compiange la madrc e il triste; fato
dei Priamidi) e di Ecuba.
II piccolo Frigio del nostro rilievo e certamente Astianatte;''') chi annunzia
la fatale decisione non puö esser Taltibio, per le ragioni sopra addotte, ma e
lo stesso Odisseo: dunque uguali sono il momento e la situazione; di poco cambiati
i personaggi. Un momento appena posteriore e rappresentato nel rilievo di un
sarcofago di Efeso,*"') in cui Odisseo trascina via Astianatte, alla presenza di
Andromaca, seduta in atteggiamento assai doloroso, e di un' ancella auch' essa
triste. La figura di Astianatte, per 1' etä e pol costume, ha notevoli ])unti tli
contatto con quella del nostro rilievo; ne molto diversa dalla mossa di Aiuhomaca
e quella di Odisseo, che afTerra pel braccio Astianatte.
") Quint. Inst. orat. XI lo6: Hie veteres illi Orest. v. 1504; Mcnclao in Helen, v. 371 etc.
artißces iHud recte adiecenint, ut tnanus cum sensu ") Avevo anche pensato alla possibiliti di una
et inciperetur et deponcretur. Alioquin enim .-lut ante scena di tragedia, riferibilc alla 'IXtou TiipGi; e allo
vocem erit gestus aut post vocem, quod est utrumque ä-6-Xoug, in cui fossero rapprescntati Creusa, Ascanio,
defonnc. — E noto quanla importanza avessc ncU' arte Ancliise: ma la mancanza di Enea, e lo schema
scenica degli antichi il convcnzionale, immulabile divcrso della situazione — anclie per cio che noi cono-
linguaggio della gesticolazione, che forraava oggetto sciamo dai vasi dipinti — rendono imjiossibile qucsta
di special! dottrine l'jT.yAfiZ'.y.i. {hsojfr^jiaTai. inlerpctrazione.
**) Nella scena, gli eroi comparivano, per lo piii, "j Robert, Sarkophajjrcl. II, tav. XXII, 47 c;
armati di spada: cosi Odisseo nel Philoctetcs di So- p. 60 s.
focle v. 1253); Oreste in F.urip. Elecir. v. 225, e in
Thcaterdarstellun^ und Tragiklieiisccne 225
Una delle ragioni per cui ]a scena del nostro rilievo noii puü derivare dalle
Troades di Euripide, v V etä diversa del piccolo Astianatte. Nella maggior parte
delle fonti poetiche a noi pervenute, il figlio di Andromaca e un bambino ancora
lattante,"'") strappato dal seno della madre o della nutrice dalla ferocia dei vincitori
greci. — Ouesta tradizione e g-iä ben chiara nel frammeiito della Ilias Parva di
Lasches (Kinkel, E. (i. F. 1, pag. 46), e con essa concordano perfettamente Stesi-
coro, Polignoto, nella sua grande pittura della Iliupersis, Euripide, la Tabula iliaca
ed altri monumenti^"). Perö, accanto a questa tradizione certamente piü diffusa, ne
esiste nell' antichitä un' altra che ci rappresenta Astianatte come un fanciuUo,
quasi come un giovinetto. (cfr. il citato sarcofago di Efeso.) Le fonti piü autiche, o
per tali riconoscibili a prima vista, di questa seconda tradizione, sono alcune
note pitture vascolari con rappresentanze della Iliupersis, specialmente la celebre
tazza di Brygos, che deve attribuirsi ai primi decenni del sec. V.^*) Che in questi
vasi Astianatte sia rappresentato maggiore della sua eta, solo perche 1' arte
greca di quel tempo non sapeva esprimere al vero i bambini, e un' obiezione che
non mette conto discutere, anche perche ci trascinerebbe in altre intricate questioni,
specialmente per la figura del giovinetto fuggente nel vaso di Brygos, figura che,
malgrado il nome sciitto accanto, ha suscitato non poche discussioni.'''') A noi
preme osservare che il figlio di Andromaca, non piü infante, ma fanciuUo, lo
^^) AUa stessa tradizione, come e notissimo, si Iliaca quaest. selectae 58 ss. Per altri raonumenti
attiene Omero, Z 399 s: a|ia 3" ä|j.cfi7ioXo; v.tsv auT^ I con analoga rappresentanza, Overbeck, Gall. her.
7;at5' =7il •/.öÄit(p Ij^oua" äTaXacfpova, vvj;nov aÜTMj X. T. X. Bildw. I, 404 — 6; Ahliand. d. I. CI. d. Kgl. Akad.
^'') Stesicoro aveva parlato nella , Iliupersis' della d. Wissensch. zu München V, 2 (= Tazza di argento,
morte di Astianatte (fr. 20 Bergk); e nel fr. 76 B. ri- ora a Monaco).
corrono le parole ävt'jiaJ.ov itatSa, che con ogni pro- ^^) Su tali vasi cfr. Robert, Bild u. Lied 59 ss.
babiliti devono riferirsi al piccolo nato di Audro- (ivi la bibliogr. anter.); Röscher, Lexik, d. griech. u.
maca. La congettura i confermata dal fatto che la röm. Myth. III I, 173 s. Ducati, Brevi osservazioni
'IXtou itspatj della Tabula Iliaca e effigiata, come 6 sul ceramista attico Brigo (Bologna, 1904), 53 ss.
noto, naxä S-crjaEx^pov : ed in questo monumento — Cfr. pure Tosi, Nuove rappresentanze della
Astianatte era rappresentato come bambino lattante. Iliupersis, Studi e materiali III (1905), p. 159 ss., in
Ha poi una mediocre importanza 1' espressione si- cui sono da lamentare le frettolose, insufficienti ri-
mile al piccolo frammento stesicoreo in Eurip. Troad. produzioni dei due importantissimi vasi del Museo
V. 765 (Cfr. Mayer, de Eurip. mythop. 53). Da di Villa Giulia, che devono ancora considerarsi come
Polignoto, secondo Pausania X 25, 9: -fs-fpaTCTai |j.iv inediti,
!4.v5po|iax.ri xal ö TtaEg oc itpO£axr]X£v §X6|iEvog tgO ''') Cfr. Robert, Bild u. Lied 65 s. (ivi la bibiio-
liaaxoO [Cfr. Noack, Iliupersis 30 ss.; Robert, Die grafia anteriore). Alle precedenti opinioni del Brunn,
Iliupersis des Polygnot (XVII Hall. Winck.-Progr.), del Luckenbach, del Robert, ha cercato di reagire,
77 etc.] — Eurip. Troad. v. 570: Tcapa 5' sJpsatqf con ingiustificato scetticismo, il Furtwängler, Griech.
[iaa-üv iTtsxat | CflXo; kaxuavaj v.. z. X. e cfr. i vv. Vasenmal. 119 s. — Cfr. anche, su tale questione,
750 ss., 761 SS., 782 s. — Per il gruppo di Andre- Romagnoli, Proclo e il ciclo epico (Studi ital. di
maca che stringe al seno il tenero Astianatte nella filol. classica, 1901), 32 s.; e gli scritti prcceden-
Tabula Iliaca, cfr., da ultimo, Paulke, de Tabula temente citati del Ducati e del Tosi.
tro\namo nello .Astyanax' di Accius, c nelle .Troades' di Seneca"''): nc 1' uii poeta
ne r altro avrä certamente inventato da se quosto particolare, tanto piü che la
medesima tradizioiie, oltre che dai poeti tragici, la troviamo accolta da Ovidio
(Metam. XIII 415 ss). Sono, d'altro canto, assai note Ic relazioni fra le trag'edie
di Sofocle e quelle del suo quasi costante iniitatore Accius; e tralasciando di
discutere ■ — a noi non preme — se le .Troades' e lo ,Astyanax' del poeta latino
siano state due separate tragedie, o una tragetlia sola con un secondo titolo
aggiunto, i frammenti superstiti dell' uno e dell' altro poeta ci dimostrano che la
jPolyxena' e le .Prigioniere' (Ai/iiaXwciSsc) di Sofocle furono Imitate da Accius
nelle , Troades' e nello ,Astyanax."'') — Dunque la tradizione sull' otä di Astianatte,
accolta da Accius e dopo da Seneca, risale, quanto al teatro, a Sofocle; e poiche
nella scena rappresentata dal nostro rilievo ci sono altri punti di contatto con i
frammenti di Accius e la tragedia di Seneca, e chiaro che la rappresentanza
figurata deriva da una tragedia greca, che servi di modello ad Accius, ma che non
puo essere quella di Euripide.
Dagli scarsi e slegati frammenti rimasti,"'-) nuUa c' e da ricavare, per ricostruire
r argomento della tragedia perduta di Sofocle; ed assai poco dai frammenti
deir iniitatore Accius.'^^) E comune sentenza che del contenuto di questa tragedia
sia rimasta traccia nella narrazione di Servio, nella quäle c conservata una tradizione
che risale al ciclo epico, e propriamente alla Iliupersis di Arktinos, secondo
r estratto di Proclo.''*) Euripide avrebbe, invece, seguito la narrazione di Lesches,
e ferse anche quella di Stesicoro: e queste due tradizioni appaiono diverse, non
solo quanto al modo della ricerca e della consegna di Astianatte ai Greci, e quanto
alla persona che lo uccide (Odisseo-Neottolemo), ma anche quanto all' etä del
piccolo figlio di Andromaca. Dai frammenti IX — XI di Accius e lecito dedurre
che il fanciuUo abbia trovato momentaneo scampo e rifugio sui monti („occultatum
") Cfr. il fr. XI Ribb. dello Astyanax di Accius; si volge a lei, invocandola.
e Senec. Troad. vv. 461 ss.; e specialmente i vv. 50353: '') Ribbeck, Rom. Tragödie p. 41G ss.; Leo, D»
Senec. trag, observat. critic. 172 — Cfr. Mayer, De
Euripidis mylhop. 52 s.
•2; Nauck, T. G. F.^ p. 138—143.
''■'') Ribbeck, op. cit. 412 ss.
•"V Kinkel, E. G. F. I p. 50: y.ai 'OJuaaitos 'Ao-uä-
vay.xa äveXdv-o;, Neo-^oXeiio; Xvipoiiäxv)'' 'fifas
Äa|ißäve'. y.. t. /.. — .Serv. ad Aen. III, 489 narra il
fatto sino al %'aticinio di Calcante contro Astianatte, e
soggiunge: „hunc Uli.\es occultatum a matre cum in-
Nella conünuazione della stessa scena, V. 791 s., Astia- venisset, praecipitavit e muro, et ita Graeci Troia
naite, nel momento di essere distaccato dalla madre, profecli sunt".
,succede tumulo, nate — quid retro fugis?
tnrpisne latebras spemis? agnosco indolcm:
pudet timere. Spiritus magnos fuga
animosque veteres, sume quos casus dedit.
en intaere, turba quae simus super:
tumulus, puer, captiva: cedendum est malis.
sanctas parentis condili scdes age
aude subire." etc.
Tlicalerdarstellwn^ und Trngödienscene 227
a matre", nella narrazione di Servio); laddove Seneca ricorre all' espediente, che
sembra retorico, di far nascondere il fanciuUo dietro la tomba del padre; ma,
checche sia di ciö, a me preme fare osservare che, appunto per questi frammenti
di Accius, si puo esser sicuri che nella tragedia di lui, il fig"lio di Androniaca noii
era rappreseutato come infante strappato dal seno materno. E che cosi fosse anche
nella tragedia di Sofocle, e assai probabile, per tutto quanto e lecito dedurre dalle
precedenti osservazioni."'')
Ne si puü dubitare che Odisseo avesse una parte assai notevole in questa
tragedia, laddove egli non compare nelle Troades di Euripide; ed e Taltibio che
annunzia alla principessa troiana la decisione dei Greci. Una scena fra Odisseo ed
Andromaca non mancö certamente nella tragedia di Accius (Ribbeck, op. cit.
p. 414); e la stessa situazione altamente drammatica fra i due personaggi e am-
piamente svolta nelle Troades di Seneca, vv. 524 — 813. Anche nella maniera
artificiosa del retore filosofo — osserva il Ribbeck — questa scena ha un' efficacia
drammatica rilevaute.
Le analogie, vorrei quasi dire le concordanze, fra questa scena e la rappre-
sentanza figurata del nostro rilievo .sono evidentissime. Ora, poiche e assolutamente
da escludere, per molte ragioni, la derivazione dalla tragedia di Seneca, che non
fu mai rappresentata, e che, ad ogni modo, e posteriore all' etä del rilievo; — e
poiche sembra anche difficilissimo pensare che fönte d' inspirazione artistica possa
essere stata la tragedia di Accius, bisogna ammettere per conseguenza una situa-
zione analoga ed una scena simile in una tragedia greca, assai probabilmente
nelle Afxt-iaXwxtosj di Sofocle.
Dai frammenti e dalle menzioni dei grammatici e dei lessicografi, noi non
sappiamo che altri poeti greci, oltre Sofocle ed Euripide, avessero composto tra-
gedie sullo stesso soggetto: ciö non vuol dire, perö, che trag-edie simili non potessero
essere state realmente scritte, o da altri poeti di etä classica, o, per esempio,
anche da quelli della Pleiade. Ma e noto che questi ultimi non lasciaron traccia
neir arte figurata.
Quanto al modello artistico, da cui deriva, piii o meno indirettamente, la
no.stra rappresentanza figurata, dobbiamo crederlo abbastanza antico. Certamente
non e possibile ammettere che il plasia — e non parlo del romano, ma di quello
deir originaria officina di tardi tempi ellenistici — abbia effigiato questa scena,
ä^j Che il fr. 38 N.: £t iiixpi; ü)v xa cpaOXa mythop. 53, ch' io non ammetto, quantunque vorrei
\iv.riaoci Ix«) debba mettersi in bocca ad Astianatte, e prestarvi fede, nel vantaggio della mia ricerca.
una temeraria affermazione del Mayer, de Eurip.
22S G. Ri7ito
ricordando direttameiite il voro: cioe por aviTo ogli stcsst) assistito a quclla data
rappreseiitazione teatrale. Egli ha copiato. coii iiiaLig'idro o minore fedeltä e con
r arte di cui era capace, un' opera piü autioa: nia che questa jiotesse essere,
nella sua forma orig'inaria, vorroi dire nell" archetipo, un rJ.vxl votivo, io non lo
credo ed ho giä avuto occasione di csprimero tutto il mio scctticismo a proposito
delle pretese derivazioni da questi -t'vaxs;. '"')
Tenendo conto di quanto si ö detto sullo attinenze tra 1' arte ellenistica e
la classe di riUevi a cui il uostro ajipartiene, tenendo anche j)resonti tutte le altre
mie osservazioni sull' architettura c sul costume scenico, 1' originale e da ricer-
carsi nel tempo, in cui 1' influenza diretta del teatro suU' arte figurata arrivö alla
piü grande efficacia, non solo nelle j)iii nobili manifestazioni dell' arte, ma nell' arte
decorativa e nella piccola arte iiidustriale. La predilezione dei pittori elleni.stici pei
soggetti teatrali e cosi nota, ch' io non devo qui insistervi con troppe parole:
Aetion, Apelle, Protogene, Cratino, Eudoro, Serapione, Calates, Aristide, Timante
dipingono soggetti scenici.*') Ed i riflessi di questa loro arte sono numerosi
e chiarissimi nella pittura murale campana.
Ma un' altra importantissima fönte d" inspirazione potevano essere le edi-
zioni illustrate dei poeti tragici, della cui esistenza nell' etä ellenistica non v' ha
motivo di dubitare. Se la rappresentazione teatrale delle tragedie „antiche"
andava diminuendo, al confronto delle novitä dei poeti alk)ra viventi,''*) 1' amore
e lo studio per i capolavori del teatro classico — come per ogni altra forma
deir antica arte — era vivissimo nelle rieche e colte cittä dell' Ellenismo. Di
questa luce, che ancora ci si cela, qualche sprazzo e a noi giunto, merce 1' acuto
esame dei fregi di maschere nella pittura pompeiana/''') confrontati con i
fregi iniziali del celebre manoscritto miniato di Terenzio. Giä il Leo ilimostrü
che tanto questo manoscritto, quanto i frammenti di quello di Virgilio ed altri
devono necessariamente derivare da codici piü antichi; e 1' amore per queste
edizif»ni illustrate, di cui abbiamo sicure notizie letterarie nell' etä romana, '")
deriva senza dubbio dalla diffusione di esemplari ellenistici e dall' imitazionc; di
essi, che continua fino ai primi secoli del medioevo.
•*) II Reiscb, Griech. Wcihgesch. 142 menziona °") Cfr. Ovcrbeck Schriftquellen (ad voces).
la terracotta Campana con la scena comica nella '^j Cfr. Bctlie, Prolcgomena 245 ss.
classe dei rilievi anatematici della commedia. — '"} Robert, Arcliäol. Zeit. XXXVI (l 878), p. 24.
Quanto alle congetture sui r.lvxv.si, cfr. Rizzo, Studi Fregi di maschere non sono infrequenti nelle terrecotte
archeolog. 15 ss., e le confutazioni del Robert contro Campana, come in tanti altri oggctti dell' arte deco-
il mio scetticismo, in ,Niobe, ein Marmorbild aus rativa roraana.
Pompei' (Postumes XXIV" H.-1II. Winck.-Progr. '") Rhein. Mus. XXXVIII (l«83), p. 345 «-. e
1903), 9 SS. gli scrittori ivi citati.
Theaterdarstcllung und Tragödienscene 229
Lo stesso modci in cui era dipinta la terracotta iion ri'nde improbabile
la sua derivazione da una pittura, che non puö esser certamente opera originale
del iigulo romano, a cui si devo 1' iimilc, ma interessante rilievo di P. Numitorius
Hilarus.
Roma, giugno 1905. &. RIZZO
Eur\dikeia.
In allen gTÖl3eren öffentlichen und privaten Sammlungen ist die folgende
Münze vertreten :
Fig. 54 Münze von Euiydikcia.
Br. 18 Kopf der Eurydike mit Schleier EYPYAlKEnN links. Dreiful3.
recht.shin.
Der Durchmesser anderer etwas seltener Stücke variiert zu 1 5 und 8 Milli-
metern. Ein Exemplar zeigt als Beizeichen die Biene.')
Die Frage nach der Stadt, die im Beginne des dritten Jahrhunderts v. Chr.
Eurydikeia umgenannt wunle, ist als eine noch ungelöste zu betrachten. Mit
einiger Wahrscheinlichkeit wurde dafür Kassandreia vorgeschlagen, dann in
neuerer Zeit auf Grund des bei Ephesos gefundenen Stückes mit der Biene die
letztere Stadt oder ein in ihrer Nähe gelegener Ort.
Wegen der ionischen Herkunft der Münzen von Eurydikeia fällt Kassan-
dreia außer Betracht. Aber auch Ephesos ist keine einleuchtende Zuteilung, weil
erstens es nicht wahr.scheinlich ist, daß diese Stadt kurz nacheinander die Namens-
änderungen Arsinoeia -) und Eurydikeia, oder umgekehrt, erfahren habe, ferner
der Dreifuß kein ephesisches Münzbild ist und schließlich das Beizeichen Biene
nur in dem Falle nach Ephesos weisen könnte, wenn es regelmäßig als Symbol
vorkäme, nicht aber wie hier bloß ausnahmsweise auf einem der vielen Exem-
•) A. von vSallet, Beschr. der anl. Münzen II -) 'Apaivosia in der Insclir. Atli. Mitlh. XXV
88, 4 Abb. (1900) S. 100 ff.
JaliresheftB des üsterr. arcliUüL Instiliites H.I. VIU. 29
^3*3 F. Imluiof-niumer, I-.uiycliUcia
plare. Wir iniisseii uns daher nacli imiht aiuUnt'ii ioniscluMi Stailt umschrii und
diese ist. wie ich glaube, in Sniyrna /u linden.
Zu den ältesten Münzen, ilie in dem wieder erbauten Smyrna geprägt
wurden, zeitlich den '0|irjpsia vorangfingeii und in die Zeit des Lysimachos hinauf-
reichen, ji-ehören nänilieh die mit dem Dreifüße. •') wovon hier (Mnes tler ältest<>n
Beispiele:
P
I''S- 55 Münze von Smyrn.i.
Br. iS Kopf des Apollon mit Lorbeer ^MYPNAinN links. APIAEIKH[€] rechts.
rechtshin. Dreiful.i, der, wie auf den i\Iünzen
von Kurydikeia, zwischen den Hen-
kelringen gekreuzte Stäbe zeigt.
Auf einig'en der zahlreichen, etwas jüngeren Varietäten kommt als Bei-
zeichen zufällig auch die Biene vor;') diese ist, wie auf der Münze von Eurydi-
keia, als Zeichen des Münzbeamten aufzufassen.
Die Verwandtschaft dieser Smyrnaischen Münzen mit denen von lüirvdikeia
ist so augenscheinlich, daß daraus unbedenklich auf die Gleichung .Smyrna
Eurydikeia ge.schlossen werden darf. Diese liegt auch deshalb nahe, wiil wir
wissen, daß Ey.simachos in Asien nicht nur Ephcsos au.sgezeichnet, sondern auch
der von Antigonos neu gegründeten Stadt .Smyrna durch Erweiterung und Ver-
schönerung besondere Gunst erwiesen hatte. Und wie er Ephesos den Namen
seiner Gemahlin Arsinoe gab, so scheint er nach seiner Tochter Eurydike .Smyrna
umgenannt zu haben. Diese Namensänderung mußte dann, wie manche andere
der Diadochenzeit,'') bald wieder dem alten Stadtnamen weichen, vermutlich
gleich nach dem Tode des Lysimachos. Bekannt i.st sie mu- durch die hier er-
wähnte kleine Gruppe Kujjfermünzen.'')
Winterthur. F. IMHOOF- BLUMER
') Mionnet III 200, 1046 — 1055; 204, I0f)2 — gunjjen des ersten Jahrhunderts n.Chr. Brit. Mus.
1095; .Suppl. VI318, 1481 — 1485; 311,1498—1514; a.a.O. 249, 130; 252, 141 Taf. XXVI 0 u. 13.
Cat. Brit. Mus. lonia 238, 9 — 13, lO — 19; Inv. ') Kehren Antiocheia, Alabanda Antiocheia,
Waddington n. 1942/3, 1946; Macdonald, Mus. Hun- Tralleis Sclcukeia, Lebedos Ploleraais usw.
ter II 3<'3> 5^ — *'7- ') Vielleicht gehören hicher auch die Lysimachos-
*; Inv. Waddington n. 1942; Macdonald a.a.O. münzen mit Dreifuß, L. Müller, Die Münzen des
n. ',3. Als Münzlypus erscheint die Biene auf Pr.i- thraliischen Königs Lysimachus n. 333 — 336.
231
Die Proconsules Asiae unter Traian.
Den igV-) Reyierungsjahren des Kaisers Traian (Anfanq" Januar 98 n. dir.
bis Anfang August 117 n. Chr.) entsprechen, da seit Claudius die Abreise des
Proconsuls von Rom auf die Iden des April festgesetzt ist (Dio LX 17, 3; vgl.
V. Chapot, La province Romaine proconsulaire d'Asie, 292), der Amtsantritt in
Asien also etwa Ende Mai fällt, die 21 Proconsulatsjahre Mai 97 n. Chr. bis
Mai 118 n. Chr. Die gToße Zahl von Statthaltern, welche mit ISestimmtheit
dieser Epoche zugewiesen werden können — • schon Waddington, Fastes des
provinces asiatiques de l'empire Romain n. 109 ff. führt deren 14 auf, neuere
Funde erhöhen die Zahl auf 18 — läßt den Versuch nicht aussichtslos erscheinen,
die Reihenfolge der einzelnen zu ermitteln und ihnen bestimmte Jahre zuzuweisen.
Wenigstens für drei ergeben inschriftliche Aufzeichnungen während ihrer
Amtsführung eine unmittelbare Datierung.
Q. lulius Baibus (PIR II 170, n. 128; Waddington n. loq; D. Vaglieri
Art. Asia in Ruggiero Diz. epigr. 719; Chapot 311). Die Inschrift vom Stadttor
in Milet (Berl. Sitzungsber. 1900, 107) beweist, daß seine Amtszeit einen Teil des
Jahres 100 n. Chr. in sich beg-riff, läßt also nur die Wahl zwischen 99/100 n. Chr.
und 100/ 1 n. Chr. off.^n.
C. Aquillius Proculus (PIR I 123, n. 812; Waddington n. 113; Vaglieri 718;
Chapot 307, Add. 563) war Proconsul 103/4 i^- Chr. Vgl. Waddington a. a. O.
C. Fulvius Gillo Bittius Proculus (PIR II 93, n. 309; Waddington
n. 118 und Bull. corr. hell. VI 288; Vaglieri 718; Chapot 310) bekleidete den
Statthalterposten 115/6 n. Chr. Vgl. Legrand-Radet Bull. corr. hell. XII 63 ff.
Für eine weitere Anzahl von Statthaltern ermöglichen die auf ihren Münzen
und Inschriften erscheinenden Kaisertitel zunächst eine Aufteilung auf die be-
kannten vier Perioden:
Periode Kaisertitel Kalenderjahre n. Chr. Proconsulatsjahre
I. Aug. Germ. Jan. 98 — 102 97/8 — 102/3
IL Aug. Germ. Dac. 103 — 113^) 102/3 -) — 113/4
III. Opt. Aug. Germ. Dac. 114 — 115^) 11 3/4 — 115/6
I\\ Opt. Aug. Germ. Dac. Parth. 116 — Aug. 117 115/0 — 11 7/8
') Nach CIL VIII 10117 müßte Trajan den -| Das Proconsulatsjahr 102/3 n. Chr. fällt zum
Titel Optimus schon 112 n. Chr. angenommen haben; Teile in die erste, zum Teile in die zweite Periode
doch steht die Inschrift in Widerspruch mit allen und muß daher theoretisch für beide in Betracht
übrigen Zeugnissen und ist für sich allein wohl kaum gezogen werden; ein gleiches gilt von 113/4 und
beweiskräftig. Vgl. Klein, Fasti consulares 57- A. 6 115/6 n. Chr.
mit den Gegenbemerkungen Wilmanns CIL a. a. O. ^) Vgl. Legrand-Radet, Bull. corr. hell. XII 63 ff.
29*
R. Hel.cr.ley
Hionach sind zu vcrw eisen:
In die erste Periode aulier O. Julius Baibus:
Pedanius Fuscus Salinator (PIR III lo. n. 13): Waililiiij^tdii n. 111 uiul
liuU. corr. hell. VI 287: \'ni;lieri 720; Chapot ^lö^i. I'-in tjonaucres Datum ist nicht
zu ermitteln, doch darf man aus dem Fehlen des Titels Germanicus auf der
Münze von Smyrna (Brit. Afus. Cat. 270, n. ^2=,) vielleicht erschließen, daß sein
Proconsulat gfanz zu Begfinn dt^r Ret;ierung- Traians anzusetzen sei.
Secundus (PIR III iSS. n. jjS : Wadding-ton n. 110; Vaglieri 720;
Chapot 317.) Auch hier fehlt auf der c'inzigen Münze (Attaia jNIionnet IV 240
n. 275), die seinen Namen überliefert, der Beiname Germanicus; indes hat schon
Waddington darauf hingewiesen, daß auf Münzen kleinen Modulus Traian häufig
ohne Beinamen erscheine, so daß nicht einmal die iMureihung in diese Periode;
völlig gesichert i.st.
In die zweite Periode außer C. Aquillius Proculus:
Albius Pullaienus Pollio (PIR I 43, n. 350; Chapot 306).
M. Lollius Paullinus Valerius Asiaticus Saturninus (PIR II 299,
n. 233; Waddington n. 127; Vaglieri 721; Chapot 313).')
C. Antius A. lulius Quadratus (PIR II 209, n. ^38; Waddingtim n. 114;
Vaglieri 718; Chapot 306).
Fabius Postuminus (PIR II 50, n. 45; Waddington n. ii.s: Vaglieri 719;
Chapot 310).
L. Baebius Tullus (den Xamen las zuerst richtig Imhoof-Iilumer, Kleinasiat.
Münzen 184 n. 4; danach zu corrigieren PIR I 225 n. 23; III 1(17, n. 7S0; Wad-
dington n. 116; Vaglieri 718; Chapot 308, 316; Addenda 563.
Hadrianus (PIR II 124, n. 2a; Waddington n. 117; Vaglieri 719;
Chapot 3 1 1 ). Pick's Zweifel (PIR a. a. O.) an der Existenz eines Proconsuls dieses
Xamens schienen mir schon gegenüber Waddingtons Angabe zu der Münze von
Thyateira n. i „je donne cette medaille d'apres la description et l'empreinte,
que Mr. Henri Brunn a bien voulu m' envoyer" kaum gerechtfertigt; eine Nach-
prüfung der Münchener Stücke am Siegelabdruck, den ich der Liebenswürdigkeit
H. Riggauers verdanke, hat mich von der Zuverlässigkeit der Lesung Wadding-
ton.s, was n. i betrifft, überzeugt. Bei n. 3 vermag ich allerdings außer €niAN0[Y
nichts Sicheres zu lesen.
*) Die Bemerkung „succida k Albius Pullaienus II Beibl. 50. Aus dem AufstcUungsplatze der beiden
PoUio (quoique consul trois ans plus tard, en93i, car Inschriften ist ein clironologisches Argument nicht
l'inscription qui Ic nomme, fait Suite ä celle d'Albius" zu gewinnen,
beruht auf einem Mißverständnis meinerWorteJahrcsh.
Die l^roconsules Asiae unter Tiaiuii -33
l'.i die dritte Periode:
M. Scajjula (PIR III 180, n. i8g; vgl. II 423, n. 8; Waddington n. 121;
Vaglieri 721; Chapot 310, wo die richtige Namensform gegen Imhoof-Blumer
Griech. Münzen 734 festgestellt ist).
In die vierte Periode:
Ti. lulius Ferox (PIR II u^d, n. 202; Waddington n. 122; Vaglieri 720;
Chapot 312).
In dieselbe Periode gehört, obwohl die stark verstümmelte Inschrift CIG
2876 eine Zuweisung nach der Kaisertitulatur nicht zuIälJt:
L. Dasumius (PIR II 3, n. 9; Waddingtou n. 122; Vaglieri 71g; Chapot 309),
wie in weiterer Ausführung von Waddingtons Darlegungen E. (iroag bei Pauly-
Wissowa Real-Encyclop. IV 2223, n. 3 gezeigt hat.'') Da 115/6 n. Chr. bereits
durch Bittius Proculus (s. o.) besetzt ist, haben sich Ferox und Dasumius in die
noch erübrigenden Jahre 11 6/7 und 11 7/8 n. Chr. zu teilen, wobei ihre Abfolge
untereinander vorläufig unbekannt bleibt.'')
Von den bisher aufgezählten Proconsuln bekleidete O. Julius Baibus den
Consulat im Jahre 85 n. Chr., Ti. lulius Ferox im Jahre 99 n. Chr. Da in dieser
Epoche die Regel der Anciennetät strenge innegehalten wurde (Waddington
p. 183), folgt hieraus, da(3 jene Proconsuln, die nach Baibus und vor Ferox zum
Consulate gelangten, auch in der Statthalterreihe zwischen jene beiden einzu-
schalten sind. Dies trifft zu bei den folgenden:
M. Eppuleius Proculus Ti. Caepio Hispo (PIR II 37, n. 62; Wad-
■') Mit Unrecht hält er an der Borghesischen n. 123; Vaglieri 720; Chapot 3 12); aber einerseits
Datierung des Consulates des Bittius Proculus auf gestattet sein Consulatsdatura lOO n. Chr. sehr wohl,
97 n. Chr. fest. Da der Proconsulat des Caepio (s. o), seinen Proconsulat kurz nach Trajan zu verlegen, an-
für dessen Consulat g8 n. Chr. den frühesten Termin derseits kann in der Inschrift CIL XIV 2925 eben-
bildet, vor dem des Bittius Proculus angesetzt werden sogut Africae als Asiae ergänzt werden, worauf schon
muß, involviert die Abfolge Caepio (cos. 98), Bittius Chapot a. a. O. hinweist.
Proculus (cos. 97) eine Verletzung des Anciennetäts- Auch für Mettius Modestus [PIR. II 370
gesetzes. Dies beweist, daß Mommsen (Hermes III n. 404; Waddington n. 124; Vaglieri 720; Chapot
38, A. 5) mit Recht den Consulat des Bittius Pro- 313) läßt Waddington a. a. O. die Zuteilung an eines
culus in die letzten Monate 98 n. Chr. verlegt hat. der letzten Jahre des Trajan offen; aber der Zusammen-
bei welchem Ansätze alle Schwierigkeiten entfallen. hang der Inschrift, die ihn erwähnt (Hicks, Anc.
Auf das Endresultat der Erörterung hat diese Correc- greek inscr. in the Brit. Mus. III 486), spricht ent-
tur keinen Einfluß, da auch so der Proconsulat des schieden dafür, in ihm den unmittelbaren Vorgänger
Dasumius nur nach dem des Bittius Proculus Platz des Cornelius Priscus, procos. 120/1 zu erkennen.
findet. War TertuUus wirklich Proconsul von Asien, so
'') In das Jahr 117/8 n. Chr. setzt allerdings erübrigt für ihn das Amtsjahr IiS'9 n. Chr., was
Waddington den Proconsulat des C. lulius Cornu- der Anciennetätsregel bestens entspricht,
tus TertuUus (PIR II 188, n. 187; Waddington
^34 '^- lloberdcy
ding-ton n. no: Vayiiori 710: Chapot 310). Nach Dig-. XL 3, jO, 7 war er Consul
unter Traian. und zwar dem ^'erhältnisse des S. C. Rubriaiuun /um S. C.
Dasumianum entsprechend vor L. Dasumius (s. o.). Da dieser noch unter Traian
den Proconsulat von Asien erhielt, folgt ein Gleiches auch für L'aepio. Ander-
seits muß sein Proconsulat, da er frühestens 98 Consul gewesen sein kann,
möcfHchst nahe an das Ende der Regierung Traians gerückt werden, also, da
die vierte Periode bereits besetzt ist, in das spätere der beiden Jahre der dritten
Periode.
P. Cornelius Tacitus, der bekannte Schriftsteller iPIR J 4(17 n. ijoo;
Vaglieri 719; Chapot 309) cos. 97 n. Chr.; vgl. zuletzt L. Schwabe bei Pauly-
Wissowa, Real-Encyclop. IV 1566 n. 395.
Ti. lulius Celsus Polemaeanus (PIR II 1S6, n. 176; III 496, Inc. n. 9;
Jahresh. 1904 Beibl. 56) cos. 92 n. Chr. Zwar hat Fr. Cumont (Bull, de l'Aca-
demie royale de Belgique 1905, p. 197 ff.) seinen Proconsulat auf spätestens 95 n. Chr.
ansetzen zu müssen geglaubt, sich aber selbst nicht verhehlt (a. a. O. 19S f A. 6),
dal3 diese Datierung eine starke Verletzung der Anciennetätsregel in sich schlielJe.
Aber die Voraussetzung, von der er ausgeht, daß die beiden Inschriften vor der
Bibliothek in Ephesus noch zu Domitians Lebzeiten eingegraben .seien, läßt sich
leicht als irrig erweisen. Die beiden Porträtstatuen des Celsus sind von seinem
Sohne Aquila im Zusammenhange mit der Bibliothek, zu deren Schmuck sie
gehörten, gestiftet, gelangten aber, wie der Schlußpassus beider Dedications-
inschriften ,consummaverunt heredes Aquilae' und ,ä;i3!p-C'javTü)v xwv 'AxüXa y.Xrjpovö|t(i)v,
deutlich besagt, erst durch des letzteren Erben zur Aufstellung, wie diese ja auch
(s. u. Beibl. Sp. 67 f ) den Bibliotheksbau vollendeten. Selbst wenn man Celsus' Pro-
consulat noch vor 95 n. Chr. hinaufschieben wollte, wäre die Frist bis Sep-
tember 96 n. Chr. zu kurz, um die Stiftung und Bautätigkeit des Sohnes, dessen
Tod und die Vollendung des Werkes durch die Erben glaublich unterbringen zu
können. Aber wollte man auch diese Unwahrscheinlichkeit in den Kauf nehmen,
.so verböte doch die Stilisierung der Inschriften, sie noch zu Domitians Lebzeiten
anzusetzen. Vespasian wie Titus werden, ordnungsgemäß als divi bezeichnet, mit
Namen genannt, Domitian erscheint in der farblosen, auf den ersten Blick sogar
irreführenden Umschreibung AOTOxpa-wp Kafaap Ze^aa-ö; (im Lat. bloß Aug.). Eine
solche Titulatur ist undenkbar, solange Domitian regierte, erklärt sich dagegen
ohne weiteres als Folge der damnatio memoriae in einer Inschrift, die seiner nach
seinem Tode Erwähnung tun mußte; da man doch nicht gut die volle Titulatur
ausschreiben konnte, um sodann die charakteristischen Bestandteile sofort wieder
Die Proconsules Asiae unter Traian 235
ZU eradieren, half man sich damit, daß man von vornherein die der Tilgung ver-
fallenen Namen wegließ.')
Damit gewinnen wir volle Freiheit, den Proconsulat des Celsus in traianische
Zeit zu versetzen und den auf der Münze der Cilbiani Superiores (Imhoof-Blumer
Lyd. Stadtm. 55; Cat. Brit. Mus. Lj'dia p. XLVI; hier und bei Chapot 312
zweifelnd auf Ti. lulius Candidus Marius Celsus bezogen) genannten ocvil-'jTiato;
KeXio? mit ihm zu identificieren.
Als letzten können wir der Reihe angliedern:
L. Nonius Asprenas Torquatus, unter dem die Jahresh. iSgg Beibl. 45 an-
gezogenen Inschriftbasen des C. Vibius Salutaris gesetzt sind. Zwar wird in ihnen
ein Kaiser nicht genannt, doch führt der Inhalt darauf, daß sie unter Traian
abgefaßt sind. Der durch seine Diataxis (Hicks, Anc. greek Insc. in the Brit.
Mus. III 481) bekannte Stifter weiht aus einem Teile der in der Diataxis für
jährliche Verteilung gewidmeten Gelder im Einverständnis mit den vsojTiooa: und
auf Grund eines Volksbeschlusses zwanzig „a7t£iyvOvta[.iaTa 9-£ö)V ticcvtcüv twv ev -y.l;
ExxXrjOTa'.i; avayop£uo[X£Vtov bnb xoö kpoxi^puy.o;". Daß bei diesem Anlasse Hadrian und
Sabina nicht ebenso, wie bei der ersten Schenkung Traian und Plotina dy.övzc,
erhalten, beweist, daß ensterer noch nicht zur Regierung gelangt war.**) Dazu
stimmt auch, daß Ephesus noch nicht den Titel S!; vetav.öpoi führt; vgl. Büchner
de neocoria 5g und gS; H. Gabler, Num. Zeitschr. XXIV 2Ü5. Da sich unter
den Trägern dieses Namens gerade ein Consul des Jahres g4 n. Chr. findet
(PIR III 414, n. 213) wird man ihn mit Zuversicht mit dem Proconsul identifi-
cieren dürfen.
Damit ist die Zahl der nachweisbar unter Traian fungierenden proconsules
Asiae erschöpft.'') Vollständig besetzt sind die Jahre der dritten und vierten Periode;
für die vorangehenden ist, wenn wir diejenigen Proconsuln, deren Consulatsjahre
') Ein verwandter .Sachverhalt liegt der Inschrift *) Keine Gegeninstanz bildet die Widmung an
Jahresh. 1898 Beibl. 76 zugrunde; wie die Datierung den olxo; Ttöv Sspaoiröv; vgl. A. Schulten, Rhein,
nach dem Proconsul P. Calvisius Ruso (Waddington Mus. 1901 S. 122 und die von ihm angefiihrte Literatur.
106; Vaglieri 718; Chapot 308; Jahresh. a.a.O. ") Die Vermutung E. Groags bei Pauly-Wissowa
ist das Druckversehen 84—87 n. Chr. zu 84—97 n- Real-Encyclop. Suppl. I 330, n. 279 nach Vorgang
Chr. zu corrigieren) beweist, hat Cl. Trophime ihr Ana- Fröhners Philolog. Suppl. V 70, daß A. Cornelius
them der Artemis, dem Kaiser Doraitian und dem Palma gegen Ende der Regierung Trajans Asien als
Demos von Ephesos geweiht; nach des Kaisers Tod Proconsul verwaltet habe, ist, wie schon Chapot
kam es zu einer — sei es durch Beschädigung, sei es Add. 364 hervorhob, völlig unsicher,
durch andere Umstände veranlaßten Neuaufstellung Ganz zu entfallen hat Vitellius Proculus, den
laTtoxccTia-crjasv), offenbar auf einer neuen Basis, wo- Chapot 319 aufführt; die Münze von Hyrkanoi (Ba-
bel der damnatio memoriae in derselben Weise wie belon 5042) ist schon von Waddingtou Bull. hell,
in den Celsusinschriften Rechnung getragen wurde. VI 288 richtig auf Bittius Proculus bezogen.
bekannt sind, nach dorn AiuMi-niKniitsprincipc anordneii, vurläulii;- \V(Miii>-stens
eine relative Datierung;- niöylieli. w.'lchr nachstehende Liste zeigt:
O. lulius Baibus cos. 85, procos.gg/ioood. loo/i
Albius Pullaienus Pollio cos. 90,
Ti. lulius Celsus Polemacanus cos. q2,
M. LoUius Paullinus Valerius Asialicus .Saturninus cos. 93,
r. Antius A. lulius Ouadratus cos. 93,
L. Nonius Asprenas Torquatus cos. 94,
P. Cornelius Tacitus co.s. 97,
M. Scapula cos. 97?, procos. 11 3/4
M. Eppuleius Pn.culus Ti. Caepici ilisix) cos. 98, procos. 114/5
C. Fulvius Gillo r.iitius l'mcuhis cos. 98, procos. 1 1 5/6
Ti. lulius Ferox cos. 99, | , , , 10
procos. I 1 6/7 od. 1 1 7/8
L. Dasumius cos. .^ |
Die Proconsidn der 17 (ih) Jahre 99/100 (loo/i) — 1 15 ö n.Chr. sind also den
Consuln von bloß 14 Jahren 85 - 98 n. Clin entnommen, so daß das Intervall zwischen
Consulats- und Proconsulatsjahr von 14 (15) Jahren hei I'>all)Us auf 17 Jahre bei
Bittius Proculus anwächst. Zwei-, vermutlich dreimal also gelangte von den
Consuln eines Jahres mehr als einer zum Proconsulate von Asien, wie dies tat-
sächlich für 93 und 98 n. Chr. bezeugt, für 97 n. Cln". mindestens wahrscheinlich
ist. Dieses Überwiegen der Proconsulatsjahre über die Consulatsjahre berechtigt
uns, einem Versuche zu absoluten Daten zu gelangen, die Annahme zugrunde
zu legen, daß aus "den Consuln jeden Jahres mindestens einer den Proconsulat
von Asien verwaltet habe. Demgemäß sind zwischen Torquatus und Tacitus zwei,
zwischen Celsus und Valerius Asiaticus und zwischen Pullaienus und Celsus je
ein Proconsul einzuschieben, so daß Pullaienus 104/5 zu stehen kommt und zum un-
mittelbaren Nachfolger des Aquillius Proculus 103/4 wird. Nun entscheidet sich auch
die oben offen gelassene Frage nach dem Proconsulatsjahre des Baibus zugunsten
von 99/100; nur unter dieser Vorau.s.setzung bleibt zwischen ihm Tind Pullaienus
Platz für die durch die Differenz der Con.sulatsjahre gefdrdertc' Zahl von Pro-
consuln.
Das Resultat unserer Mrörterung faßt die nachstehende List«- zusammen, in
welche der Übersicht halber auch Carminius Vetus, Proconsul unter Xerva,
(Jahresh. Beibl. II 74; Groag bei Pauly-Wissowa Real-Encyclop. Suppl. I 276,
no. 5 a; Chapot 308) und die oben .S. 233 A. 6 besprochenen Proconsuln aus dem
Anfange der hadrianischen Zeit aufgenommen sind:
Die Procünsules Asiae unter Tr
'-il
procos.
cos.
96/7
Carminius Vetus
?
97/8
98/9
99/100
loo/i
101/2
1 j Secundus
1 1 Pedanius Fuscus Salinator
Q. lulius Baibus
?
?
?
p
85
[80]
[87]
102/3
103/4
104/5
105/6
106/7
107/8
108/9
109/10
I lo/i
. 1 1/2
II 2/3
?
C. Aquillius Proculus
Albius PuUaienus PoUio
p
Ti. lulius Celsus Polemaeanus
M. Lollius Paullinus Valerius Asiaticus Saturninus
C. Antius A. lulius Quadratus
L. Nonius Asprenas Torquatus
P. Cornelius Tacitus
[88]
[8g]
90
[91]
92
9J
93
94
[95]
[96]
97
II 3/4
II 4/5
M. Scapula
M. Eppuleius Proculus Ti. Gaepio Hispo
97?
98
II5/Ö
II6/7
II 7/8
C. Fulvius Gillo Bittius Proculus
1 ( Ti. lulius Ferox
J 1 L. Dasumius
98
99
?
11 8/9
I 19/20
120/1
C. lulius Cornutus Tertullus?
Mettius Modestus
Cornelius Priscus
p
p
p
In den vier freien Jahren 102/3, io5/ö> iio/ii und 111/12 müssen die drei
•sicher der zweiten Periode angehörigen Proconsuln Fabius Postuminus, L. Baebius
TuUus und Hadrianus untergebracht werden. Unsicher bleibt die Einreihung des
Secundus. Darf man auf die Kaisertitulatur Gewicht legen, so wäre er mit Pe-
danius den Jahren 97/8 und 98/g zuzuteilen und Carminius Vetus in 96/7 n. Chr.
zu verweisen, was mit allem Vorbehalte in obiger Liste geschehen ist; andern-
falls stünden loo/i und 101/2 oder eines der freien Jahre der zweiten Periode zur
Verfügung.
Jabreshefte des österr. archäol. Institut)
R. HEBERDEY
30
23S A. \Vil)K-lm
Zu .loscphus.
Die Untersucluinj4'. iliToii die von Jusophus in siMiio jüdische (ieschiclUo
oiiigelogten Urkunden norh ininirr hcdüiicn, wird sich dii' Nach\v<-isiinL;' der in
ihnen genannten Persönlichkeiten in sonstiger Uberlieferunii", \ (irnchnilich in den
Inschriften der Zeit, zur nächsti-n Aufgabe stellen müssen. Dali dahii mit starker
Entstellung" der Namen in den Handschriften zu rechnen ist, lehren die IxMeits
vorgenommenen Identificationen, die zumeist Römern gelten, jet/t am l)esten zu
übersehen in P. Vierecks Preisschrift, Sermo graecus 91 flf. und in Annu>rkung-en
von E. Schürers Geschichte des jüdischen \'olkes ''III 08 u. s. Um die in den
Urkunden genannten (iriechen hat man sieh viel weniger gekümmert. Vür die
Lesung und Zeitbestimmung einer der ansehnlichsten Urkunden, des I'jesehlusses
der Athener aus dem Jahre des Ai-chon Agathokles XIV 149, ist der Fund der
Inschrift IG 11 470 natürlich längst ausgenützt worden; wir verdanken ihr die
Erkenntnis, dal3 der .Schreiber des Jahres nicht ]•»/./.■/); MsvxvSpoi» 'AXt|iou3toi; hie(3,
sondern nach Z. i und 31 des Steines EOy.>.f;; Zevxvopou Aib-aÄtor;;. und daß statt
A'.ovj3io; oder Hsoooaioc Bsoowpou ^o'jy.büq, den dieser Beschluß t; 152 in einem
Zusammenhange erwähnt, den ich Philol. LX 487 zu ermitteln versuchte, vielmehr
öcdooTo; Aioowpou — ouvisüc zu lesen ist (Ath. Mitt. XXI 439, Pro-sopogr. Att. 6803).
Ferner ist bemerkt worden, dal3 der Prytane KpaxOTTtos, nach dem der Beschluß
der Pergamener XIV 247 datiert, auch in dem Festkalender Inschriften von
Pergaraon 247 (H. von Prott, Fasti .sacri ji. 37) und in der Ephebenli.ste Ath. Mitt.
XXVII 126 begegnet, mag auch dieGleichlieit der Jahre nicht gesichert, mindestens
für den Festkalender unwahrscheinlich sein. .Sonst ist, soviel ich sehe, nach den
in den Urkunden genannten Griechen nicht gesucht worden. Für den Beschluß
der Halikarnassier XIV 256: ir.l kpsw; .M£|ivovoc xoO '.\p:7-£i2o'j (II. .Swoboda,
Griechische Volksbe.schlüsse S. 78 druckt: 'OpEsiet'Souj, xaxä oi Tiot'r^stv EOwvuiiou,
war aber der richtige Name des Eponymos längst aus Inschriften zu gewinnen.
Im Bull, de corr. hell. IV 401 und in E. Loewys In.schriften griechischer Bildhauer
365 ist ein Stein aus Halikarnassos veröflfentlicht:
(izöooz[o]g $avia Nstova ApiiTcfSou xa{)-'[0-]
oi)-£'j'!a[v] oz Jlevü/.Äo'j xöv ol'jzo'j ä[5]£/.-f['.-]
2oOv ispaTc'jovxa 'A-dÄÄwv. ^Apyri-fiviil'..]
Aa'.|i£vr^; Aai|i£VO'j 'üpoavv£Ü: i-.ir^rjz.
Eine zweite Inschrift aus Halikarnassos Bull, de corr. hell. I\' 31)7, Loewy
300 a ist auf Grund dieser und einer anderen Weihung ebendaher liull. de corr.
Zu Joseplius 23g
hell. XIV 102 in Z. 5, 0 und S vollständige!- als in der ersten Veröffentlichung-
zu lesen:
[Xewvja 'ApiaxeöSo'j
[y.aO' u:o]i)-£CJiav oi MsvüÄÄO'j
[i£pa-£ij]ovxa xo'j 'A-iÄÄojvo; xö kEvüxov
5 [xciO r/jc] TxoXsw; ['^-IpxhlT^'^'^'J
[yp'jcjwi] azz'^mw. xxl sly.öv.
[äpsxfj;] £V£7.Ev 7.X1 cOvofa;
[xal -.f'.ÄooJo^tag xv]; zig aOxdv.
[ — ]o; £7X0tTjCJ£V.
Derselbe Mann wird in einer dritten Inschrift aus Halikarnassos erwähnt
Bull, de corr. hell. IV 402, denn sicherlich ist sein Name zu ergänzen:
['() Cizl'/x — ]wvo; %7,\f ulod-£aiy.y Ss 6paau|.iz7_c<'j
[xov 0£rva $]avta uixoyuiivaatapyj^aavxa.
BeöSoxo? $avia •c[u|ivaa:xp-/(ov ? — —
'ATxöXXtovt 'Ap7_r;Y[£xrjt — — ]
0riOY'j[tvaatap7_o[0vxo{ xoO äoely.ooO Xewvo^]
xoO 'Api^x£t5oii y.xih" ['j:oi>£acav S£ JhviXXo'j].
Da der Block vom Herausgeber als vollständig bezeichnet wird, scheint die
Basis an ihrer Vorderseite aus drei oder vier Steinen bestanden zu haben; An-
gaben über die Beschaffenheit der Oberseite fehlen und wären für die Beurteilung
des Denkmales auch nur dann von Wert, wenn das oder die vorauszusetzenden
Standbilder nicht in verlorene Deckplatten, sondern unmittelbar in diese Steine
eingelassen waren. Waren ihrer vier, so hat vermutlich eine dritte Inschrift
an entsprechender Stelle links gestanden und in ähnlicher Form andere Ange-
hörige des Hauses genannt, dann würde der Sohn des Phanias rechts und links
Verwandte oder wenigstens Weihungen von Verwandten neben sich gehabt haben-
Die verschiedene Fassung der Hauptinschrift in der Mitte und der räumlich unter-
geordneten rechts läßt annehmen, daß diese letztere entweder als Unterschrift
eines zweiten Standbildes oder, weil in einer bloßen Unterschrift der Zusatz dno-
yuj-ivaaLap-/_oOvxo; y.xÄ. sehr auffällig wäre, vielmehr als Weihinschrift zu gelten hat.
0£65oxo; ^mix würde demnach selbst sein Standbild oder ein anderes Bildwerk
neben dem Standbilde seines Bruders oder neben seinem eigenen Standbilde
geweiht, oder nach dem Tode des Stifters an dessen Stelle die von diesem beab-
240
sichtigte, aber nicht vollzoo-oiie Wcihimi;- soinos <.'i_u;<'ni-ii Staiulhilih-s ausgeführt
haben. Denn der gewe.sene O-oyDiivaaiaf/Xo:, dem die Ilaiiptin.schrift gilt, kann
freihcli ein Bruder des HecSotoc 'l'-xvix. aber auch die.ser selbst sein. Leider erlaubt
angesichts dieser Zweifel die zweite Inschrift keine sicliere iler.stclhnig. öni
ungefiihr gleich lange Zeilen zu gewinnen, mag man versucht sein, nach Y[u|ivaat-
apywv noch: xa: [spa-EÜwvJ, nach WkqDmy. ' A^'/rffli-r,: eine Zahl, zh — ovj, und vor
[Xewvoc] ioO 'ApiaxstSou die Bezeichnung di-r \'erwan(ltscliaft, [toO äoeXcptooO]. einzu-
setzen. Aber der Zu.satz \)Tzo-{'j[iyoi.'j:xpyo'')'^zo; -/.r).. dmitet auf eine Weihinschrift:
ist der O-OYUjivaatapxOi; der Hauptinschrift w iil<lich Hsöooto; <]>avia, su würde er
also als p|ivxa;apx^? ^''"^^ Denkmal durch Hinzufügung eines andei-en Bildwerkes
vervollständigt oder, wie bereits angedeutet, die von dem eigentlichen Stifter zur
Zeit, da er selbst 0-oyjiivx3cap-/oc war, beabsichtigte und niclit vollzogene Weihung
an seiner Stelle, vielleicht y.xxx iixd-if/.y,'/, wie es nicht selten in Priene ge.schah
(Th. Wiegand und H. .Schrader, Priene S. 207 u. s.), ausgeführt haben. Da beide
Inschriften auch in dem Falle späterer V<'rv()llständigung des Denkmals xon der-
selben Hand herrühren können, entscheidet die Gleichheit der Schrift, die das
Schweigen des Herausgebers vorauszusetzen erlaubt, nicht gegen diese Auffassung.
Klarheit kann wohl nur der Fund der zugehörigen Blöcke bringen, ich versuche
daher keine Ergänzung. Die Nennung des Neffen als OTioyuiivaatapyo?; kann ledig-
lich durch den Wunsch \-eranlaßt sein, diesen durch ('int' lü-wähnung in seiner
amtlichen Eigenschaft auf dem Denkmal zu ehren. Es liegt nahe, auch in dem
Stifter des Denkmales einen Angehörigen des Hauses zu vermuten und in der
ersten Zeile Nejiovoc zu ergänzen. Doch wird damit höchstens eine MöglichkcMt
getroffen. Der Stammbaum ist:
Unbekannter
Bruder ?
Bull, de corr
hell. IV 402
Hsdoo-o;
wirklicher Vater Adoptivvater
Unbekannte
.Schwester
entweder des
HcdooTo: und mit MevoÄXo;
oder 'Ap'.7T£;or;c ver-
heiratet, oder Schwe.ster
des 'Ap'.7T£'!5ry; oder
Msv'j/./.o; und mit
0£&5oTo; verheiratet.
Der Name Xs'ov findet sich übrigens in Halikarnassos in einem Hause, das
Neo)v
Zu Josephus 241
sich von den xTi'arx". y.yX lupavvoxTovo: r^; 7:6Xeo); herleitete (Le Bas-Waddiiigton
505; Bull, de corr. hell. Xl\' 107).
Einem 'ApoaxsEorj; N£Ci)vo;. ohne Zusatz, ösayyEXsö; gilt der von E. L. Hicks
Classical Review III 234 herausg"eg"ebene Ehreiibeschluß; wie diese Inschrift, jetzt
in der Sammlung- W. Froehners zu Paris, schließt: 'A ßouÄx dv.z. AtpsO-sv ol tüevts,
ETii xäv cxäÄav -äv sv ösayyEÄO'.; 'Apicj-SLor^;, so heißt es am Ende eines unveröffent-
lichten Beschlusses, der vor kurzem dem Nationalmuseum zu Athen einverleiht
worden ist: A jiouXa stTxev. AtpiO-ev hCi xä ev ÖeayyeXois 'ApiaistS/j? Xaovog, UO^^tdor;;
'locaovog' ETLixapoEao toüs a-ecfävou? xat -x; axäXac crxäaat xa! 716 i)-oSo|_i 7;oT|'jaa6-at £?; xov
'AjxsAÄarov |^if;va oö -evxe. Da dieser Stein nicht jünger scheint als die Mitte des zweiten
Jahrhunderts v. Chr., wird 'ApiaxsiSr^; Xewvo; y.aO-' uEo8'£'j''av Ss MevuXXo'j wohl der
Enkel dieses 'Aptc^xEtSr^; Neiovo; HEayyEJvEu; sein.
Wiederum als Priester wird derselbe Neon in einer unveröffentlichten
Inschrift genannt, die ich nach den im Schedenapparat der Wiener Akademie
aufbewahrten Abschriften dreier im Hofe der Festung zu Budrum gefundener
Bruchstücke folgendermaßen zu lesen versuche:
Nstöva 'Aptax£to[ou xa^^' utoS-Eijiav Se]
MevüXXou E£pax[£6aavxa Zahlwort]
xo'j 'AriiÄ/.tovo; xoO xy,[; -6äewc]
Äpyj^yEXO'j, XEXpdx:; Se X7y[s 'Ail7jVäg?]
xf,s AAfM MT-
Neons fünfte Priesterschaft im Dienste des Apollon erwähnt die an zweiter
Stelle bespi-ochene Inschrift. Der Beiname der zweiten Gottheit ist in der Abschrift
entstellt; 'Ap/^Eyr/XtSo^ entspräche wenigstens einigermaßen den verzeichneten Resten.
Die vier Weihungen, in denen 'ApiaxEtSvjs Newvo; xa8'' uloil'Eatav Se MevuXXou
begegnet, fünfmal Eponymos der Stadt Halikarnassos als Priester des Apollon,
sicherlich seinerzeit einer ihrer hervorragend.sten Bürger, gehören, soweit sich
nach den Abschriften urteilen läßt, dem zweiten oder ersten Jahrhundert v. Chr.
an. Sicherlich ist also in dem von Josephus überlieferten Beschlüsse, dessen Zeit
ich so wenig näher zu bestimmen versuche wie die der Inschriften, statt iiO. tEpEto;
M€MNONOC xoO ApiaxEtSo'j, xaxä II TMip'M €YUJNYMOY zu lesen: N6UUN0C xoO
Ap'.axE'So'j. xaxa iz'J.rp'.-i Se M6NYAAOY.
Das Schreiben an die Milesier XIV 244 beginnt: Ilpöxavts 'Ep[ioO uEö; TxoAtxr;?
u[iEX£po; (so lese ich auch Bull, de corr. hell. XXIX 576 in dem Beschlüsse aus
Argos Bull, de con-. hell. XXVIII 422 Z. 6 statt [y,5y; Txps^ßiiJxEpo^, und in der
A. Wilhelm, Zu Josepluis
Inschritt aus Delplii Syllogc 718 7.. 2 statt fAOv^a'o;] -o/.i'ta; violnu-hr: [Otiixspo;])
-poSiXO-töv (^10: £V TpaXÄsaiv xtX. Der Vaternamo ist mir Kinyst verdächtig- gewesen.
Nun ist auf Tliera ein Stück einer Liste von Proxenui ^-cfunden worden IG XII
3- .vvv Suiipl. p. 2S5, i2C)8 (GDI 4697), die in Z. 3 verzeichnet: llfkavi; ^.\\.rjx>
M-^.T,3:o;. Diese Liste hat J. Kircliner der in ihr genannten Athener wegen in dii'
Zeit um 70 v.Chr. gesetzt (Prosopogr. Att. 121, 1542^ während Hiller von Gärtriiigi-ii
-sie für älter hält und mit ihr. auch neuerlicher brieflicher Äu(3erung tiarh, inu"
ungern in das erste Jahrhundert v. Chr. herabginge. Den Brief an die Mile.sier
hat der handschriftlichen Überlieferung nach IIoiiÄto; ^zi^v^iX'.o;, HoTrXto'j uli; räXßa;
geschrieben; man setzt ihn, wie die übrigen Urkunden, die Josephus XIV 241 bis
2H4 überliefert, in die Zeit Cäsars. Doch gehört aus dieser Reihe mindestens der
Beschluß der Pergamener 247 in das Ende des zweit(Mi Jahrhunderts v. C"hr.
(P. Viereck, .Sermo graecus p. 06; lob; U. Wilcken, Realencyclopädie I 2484 gegen
L. Mendelssohn, dem E. Schürer III i 1 folgt). Eine Prüfung der Änderungen, die
für den Namen rä/.,ia; vorgeschlagen worden sind, ist nicht meine Absicht; daß
der Milesier, der vor diesem Proconsul in Tralleis die Beschwerden der Juden
von Milet vertrat, IIpü-av;c GIMOY und nicht 6PMOY hieß, halte ich. mögen auch
die Zeitverhältnisse genauere Untersuchung verlangen, für einleuchtend.
Athen. A. WILHELM
Hunderassen im Altct"tum.
Tafel IV.
Die Alten besaßen eine Masse verschiedener Hundearten. I^twa jo Local-
natnen sind auf uns gekommen, aber nur bei den allerwenigsten gelingt es herau.s-
zubringen, wie die betreffenden Rassen ausgesehen haben. Die Beschreibung der
Schriftsteller ist immer ungenügend und oft widersprechend; man mu(3 sich an
die archäologi.schen Denkmäler halten. Da man nun gemeiniglich nicht von den
Kunstdenkmälern, sondern von den Beschreibungen der Autoren auszugehen
pflegt, ist auch bis jetzt nicht viel Richtiges erzielt worden.
Am häufig.sten erwähnt werden Molosser, Lakoner, Kreter und Melitäer.
Diese vier Rassen Ijxssen sich mit mehr oder weniger Sicherheit auch ihrer
Gestalt nach ermitteln, und sie sind auch für den Leser der antiken Schriftsteller
ü. Keller, Hunderassen im Altertum
243
die interessantesten. Ich will \-om Sichersten zum weniger Sicheren übergehen
und beginne daher mit der melitäischen, der kleinsten unter den aufgezählten vier
Rassen. Dankbar bekenne ich mich Dr Imhoof-ßlumer, der auch hier die Güte
hatte, mich zu unterstützen, indem er eine Auswahl von Münzen aur Taf. IV
zusammenstellte und ihre Herstellung besorgte.
I. Der Melitäer.
Glücklicherweise wissen wir bestimmt, wie die vielerwähnten Malteser
Hündchen, catuli JMelitaei, -/.i)v;'5ta oder xuväpca MsXoiaia, ausgesehen haben, die
beliebten und oft sehr \erwöhnten
Schoßhündchen nicht bloß von
Kindern, Matronen und Hetären,
sondern auch von Männern wie
Epaminondas ') und Kaiser Clau-
dius. Es war ein langhaariger,- 1
weißer Spitzer mit stehenden klei-
nen Ohren, wolligem gerolltem
Schwanz und ziemlich spitziger
Schnauze. Sehr häufig begegnet er
auf attischen Grabreliefs und auf
Vasenbildern, hier einmal mit aus-
drücklich beigeschriebenem Namen ^^S- i^ Melitäer auf roinguri-er Amphora aus Vulci.
MsÄi-uais (f-isa'.-ats), einer rotfigurigen Amphora aus \^ulci (Fig. 56), angefertigt zu
Athen um die Wende des sechsten und fünften Jahrhunderts v. Chr.-^).
Dieses authentische Bild beweist aufs deutlichste die Spitzernatur des Melitäers
und zeigt hinsichtlich der Höhe der Beine,
namentlich aber in der ganzen Kopfbildung
einen bedeutenden Unterschied vom Bolog-
neser, mit dem ihn moderne Kynologen zu
identificieren pflegen (Fig. 57). Schon die für
den Bologneser mit Fug und Recht angenom-
mene Abstammung vom Pudel hätte Bedenken
1, Aelian var. hist. XIII 42.
-) AVahrscheinlich war er seidenhaarig, obgleich das natür-
lich nicht mit aller Bestimmtheit behauptet werden kann.
57 Bologneser nach Fitzinger, Der ^) Annali 1852 tav. d'agg. T (Reinach R. \^. II 294);
Hund und seine Racen Taf. 4. Kretschmer, Griech. Vaseninschriften 88.
2-14
Fig. 58 Tonstatuette im
Louvre (nach Daremberg-
Saglio I 883).
erwecken sollen; ^leini die Alten haben t)ffi'nlKif ki'inen riulel gekannt. Mein-
dem Bolog'neser nähert sich eine Tonstatuette des Louvre. in der E. COugiiy l)ei
Daremberg-Saglio I 8S3, Fig. 1113, ein Malteser Hündlein erkennt;') doch die
Gesichtsbilduny und die aufrechten Ohren unterscheiden sie von unserem modernen
Bologneser, der sich \or Orcagna (1350) kaum nachwei.sen lassen dürfte (Fig. 58).
Audi eine vorzügliclu» .Stoschischc Paste der Berliner
.SamniUiiig mag- erwähnt werden,'') die in h'urtwänglers
neuestem \'erzeichnis unter die „modernen Pasten, meist
nach antiken Steinen" als n. 9712 eingereiht ist. Der-
art wird das weißliche Schoßhündchen ausgesehen haben,
lias dem Kaiser Claudius gehörte; Seneca lud. de morte
C]. 13: Subalbam canem in deliciis habere consueverat.
Wegen des Namens stritt man sicli übrigens, ob
er \'On der bekannten Insel Malta oder von einer
kleinen Insel im Adriatischen Meere herkomme. Dieses
letztere Melite, jetzt Meleda, lag an der epirotischen Küste, 200 Stadien nord-
westlich von Epidamnus; nach Kallimachos (Fr. 393 Seh.) bei Plinius n. h. III 152
und Stephanus Byzantinus p. 443 sollten die melitäischen Hündchen von daher
.stammen, eine Idee, die vielleicht von irgendeinem mit geographischen oder
naturgeschichtlichen Dingen beschäftigten .Stubengelehrten der alexandrinischen
Zeit ausgeheckt worden ist, weil man eben die epirotischen Molosser gut kannte.
Aber auch die sehr berühmten und v-erbreiteten vestes Melitenses, Melitensia,
kamen aus unserem jetzigen industriereichen Malta, während Melitc-Meleda
sicherlich ein armseliger, unbedeutender Platz gewesen ist. Am meisten fällt aber
bei dieser Frage der Umstand ins Gewicht, daß in den äsopischen Fabeln (363 H.)
die Schiffer MEÄiiaia xuvöS'.a und Affen zusammen auf ihren Schiffen exportieren,
was auf südlichere Regionen schließen läßt, also gleichfalls auf das gowöliiiliche,
einst phönikisch-punische Malta, für das sich .schon .Stral:)() (VI p. 277) und das
Etymologicum Magnum*^) au.sgesprochcn haben. Dorthin kam die Zucht wahr-
scheinlich aus dem karthagischen Afrika, wie auch die kretischen Windhunde
(s. unten) aus Afrika gekommen sind.
') Vgl. damit Biardot, Tcrres cuites pl. if^;
Brüßler Sammlang n. 1338: Bronzefigur. Auch in
Wien befindet sich eine offenbar naturgetreue der-
artige Statuette, deren Photographie mir durch die
Güte Professor v. Schneiders zugekommen ist. Das
Malteserhündchen ist sitzend dargestellt.
'j Abgebildet in den von Imhoof-Blumcr und
mir herausgegebenen Tier- und Pflanzenbildern Taf.
XV 33, vergrößert bei Conrad Keller, Die Ahslani-
mung der ältesten Haustiere 44 Fig. 13.
") S. E. Miller, Melanges de littcirature Grecque
contenant un grand nombre de textcs inidits (Paris
Hunderassen im Altertum 245
Es ist also irretuhrend, wenn Carus in seiner Geschiclite der Zuoloj^ie S. 37
behauptet, es gebe nicht einmal eine Besclireibung eines Malteser Hundes, und
wenn Fitzinger, ,,üer Hund und seine Racen-' S. 159, sagt: „Der Bologneser
Hund, welclier schon den alten Griechen und Römern bekannt war und von
Aristoteles und Strabo unter dem Namen Melitäischer Hund (Melitaeus catellus)
und von Plinius unter dem Namen Catulus melitaeus beschrieben wurde, . . . hat
seinen Ruf bis in die allerneueste Zeit sich erhalten." Eine Beschreibung des
JMelitäer Hündchens findet sich bei Aristoteles nicht, ja nicht einmal eine Er-
wähnung: denn die einzige Stelle, wo im Vorbeigehen gesagt wird, der Iktis sei
so groß wie ein Hündchen von Melile, befindet sich im nacliaristotelischen neunten
Buche der Tiergeschichte (IX 7, 5). Sprachlich unhaltbar ist ferner die Hypothese
von Aubert und Wimmer in ihrer groi3en Aristotelesausgabe 1 S. 72, ixeXoxaro?
bedeute honigg'elb und gehe auf die Farbe von Canis zerda, mit welcher das
Malteser Hündchen identisch sei. Ganz schlecht begründet ist endlich die Auf-
stellung Pöppigs, Naturg-eschichte des Tierreiches I 78: „Die Römer hatten . . .
wahrscheinlich auch eine Art von Wachtelhunden, den Canis Tuscus nämlich,
der nach ihrer Angabe aus Spanien stammte." Allerdings war der „Canis Tuscus-'
nach Nemcsianus cyn. 231 ff.') an Gestalt ganz verschieden von den übrigen Jagd-
hunden und überhaupt nicht recht zur eigentlichen Jagd zu gebrauchen: aber
warum soll dies deswegen gerade ein Wachtelhund .sein, und woher ist bekannt,
daß er aus Spanien stammt? Dieser tuskische Hund kann ebensogut ein derber Spitz
gewesen sein, wie er uns in recht naturgetreuer Ausführung- auf der etrurischen
Münze unserer Tafel (n. 15) entgegentritt. Zwischen diesem unil dem niedlichen
feinhaarigen weißen Malteser Spitz ist ein greifbarer Unterschied, und doch, nament-
lich in der Kopfbildung, wieder so viel Ähnlichkeit, daß an der Abzweigung des
verfeinerten Maltesers von dem derberen Spitz, dessen Urahn der Torfspitz der Pfahl-
bauten ist, nicht gezw-eifelt werden kann. Man braucht deshalb noch keine specifisch
europäische Herkunft des Maltesers anzunehmen: denn auch das älteste Troja besaß
einen torfspitzartigen Hund^) und auch im alten Ägypten hat es wenigstens zur
Zeit der Pharaonen,'') also in einer sehr frühen Epoche, Spitzhunde gegeben.
1868) p. 213: MsXlxaia xuvtSta Äi-fovxat ö<^X/t rO^-ffimi N.imque et odoratu noscunt vestigia pralo
"iTxXia; vr,aos ho'i MsXi-r;, ic, y^j s'.ai MsXtTata xuviSta. Atque etiam leporum secreta cubilia monstrant.
') Quin et Tuscorura non est extrema voluptas *) Vgl. Schliemanns Troja 354. Virchow, Alt-
Saepe canum: sit forma illis licet obsita villo trojanische Gräber und Schädel 61, der sich auf
Dissimilisque habeant catulis velocibus (d. h. den Rütimeyer beruft.
Jagdwindhunden) artus, '') Vgl. C. Keller, Abstammung der ältesten Haus-
Haud tarnen iniucunda dabunt tibi munerapraedae. liere 50.
Jahreshefte des üsterr. archUol. Institutes Bd. VUI. 3I
246
^J
c^
r
«• '
r
■•
>f
-/
/
l«^.
Grabrelief, Conze n. 978.
AulkMMriU'ntlichcf Urlirbtlioit hat sich der zier-
hcho Malteser SeiiU>nspil/ in Athen erfreut, und zwar
zur Zeit der höchsten culturellen Blüte Attikas. llie-
t'iir legt eine Masse von (xrabsteinen Zeugnis ab, die
von Conze in seinen attischen (irabreliefs veröffent-
licht worden sind. Meistens -spring-t das Hündchen
an der Frau oder einem Knaben hinauf, die in ganzer
Figur auf dem Marmor dargesti'llt sind. Unter der
sitzenden Herrin (Euphrosyne) steht er Taf. XCV.
.Sehr charakteristisch ist der Melitäer auf Conzes
Taf. CXCIV n. 978 dargestellt (Fig. 59) ähnlich
laf. CLXI n. 827.
II. Kreter.
Sicher ist zweitens das Aussehen des kretischen
Hundes,"') der sich uns auf Münzen von Kydonia
und Phaistos als großer starker Jagdwindhund mit
feingebautem Kopf und langer Schnauze, stehenden mittellangen Ohren, glattem
kurzhaarigen Fell und langem glatten Schwänze präsentiert (Taf. IV n. 8 u. 9).
Claudian spricht ihm (cons. Stil. III 300) ein struppiges Fell zu (,hirsutas Cressas');
auch heutzutage gibt es struppige Windhunde (Ctmr. Keller a. a. O. S. 59); die
isolierte Notiz kann daher auf Wahrheit beruhen, aber häufig waren derartige
Hunde gewil3 nicht. Auch eine interessante kretische Bronzestatuette zeigt ihn
als glatthaarigen und hochbeinigen Windhund (Perrot -Chipiez, Histoire de l'art
vm 422).
In Kreta selbst hauptsächlich zur Wildziegenjagd gi^braucht, zeichnete er
sich durch Winde.s.schnelligkeit aus. Jener mythische Hund, den Artemis selbst
auf Kreta (Hygin. Fab. 189) der Prokris schenkte, dem kein Wild entgehen
konnte ('quem nulla fera effugere posset'j, hieß geradezu .Sturmwind, Aav.a'^
Sogar die keltischen (egu.sischen) Hunde, die sonst als beste Läufer berühmt
waren, übertraf der Kreter an Schnelligkeit (Arrian. cyn. 3, 4). Nicht Flüsse,
nicht steile Berghöhen halten ihn von der Verfolgung ab, sagt Varius bei I\Iacrob.
sat. VI 2; somit war er der geborene Hund für die Wildziegen, die zugleich
mit den Hasen das einzige vierfüßige Jagdwild in Kreta ausmachten: denn
•'') Ein Synonymen ist knosischcr Hund, von Hygin. Fab. 18 r.
der Hauptstadt Knosos, Alkiphron III 47, 2 vgl.
Hunderassen im Alterlum 247
schon in der Sag;enzeit hatte Herakles, worunter wir die Pliöniker mit ilireni
Melkart verstehen, die wilden Tiere auf der Insel ausgerottet. So ist es denn
auffallend, daß der so zuverlässige Xenophon die kretischen Hunde ausdrücklich
auch für die Wildschweinjagd empfiehlt, die doch in Kreta, wenn sie überhaupt
vorkam, gewiß nur unbedeutend gewesen ist. Cyneg. lo, i rühmt er für diesen
Zweck indische, kretische, lokrische und lakonische Hunde. Man muß aber be-
denken, daß der kretische Hund überallhin exportiert und gewiß auch in anderen
Gegenden als in seinem Stammlande gezüchtet wurde,") sowie daß das Wild-
schwein mit vielen und verschiedenartigen Hunden gejagt zu werden pflegte.
Ganz richtig- sagt Horaz (epod. 2, 31. 32):
Aut trudit acris hinc et hinc multa cane
Apros in obstantis piagas.
Dieses Hetzen des Ebers, bis er in den Netzen sich verfing, konnten die
Kreter Hunde wohl besorgen, desgleichen das Erspüren des Lagers, wenn auch
zum eigentlichen Kampfe mit dem wütenden Keiler noch stärkere, doggenartige
Hunde, eigentliche „Saupacker", zweckmäßiger waren. Man betrachte z. B. die
beiden römischen Reliefs mit Eberjagd bei Daremberg-Saglio I, Fig. 1 1 1 5 und 1 1 1 6.
Außerdem ist wohl zu beachten: so oft auch der kretische Hund gelobt
wird, seine Teilnahme an der Eberjagd wird nur in der besagten Xenophonstelle
und in deren wörtlichem Citat bei Philostratos (imag. I 28 p. 55 ed. Vind.) er-
wähnt,'-) und daß auch zu Xenophons Zeit die Lakoner Hunde beliebter waren,
läßt sich aus dem Umstände schließen, weil im weiteren Verlauf des Capitels
nur noch des Lakoners gedacht wird (g 4).
Ein schönes attisches Vasenbild vom Tod der Prokris zeigt uns den Hund,
von Kephalos an der Leine geführt, als echten großen Jagdwindhund und ganz
entsjDrechend den Münzen von Kydonia und Phai.stos (Taf IV, n. 8 u. 9) und der
kretischen Bronzestatuette.
Am feinsten ist das Münzbild von Kydonia, wo das Zeuskind, nach anderen
der Heros Eponymos von Kydonia, an der Hündin trinkt.'^) Auch Nestors Sohn
Antilochos soll auf dem Idagebirge — vermutlich ist das kretische gemeint —
"■) Man vergleiche was Arrian cyn. 3, 4 von '-; Cougny bei Dareniberg-.Saglio s. v. Canis p.
den keltischen (egusischen) Jagdhunden sagt: KaXouv- S80 citiert allerdings noch Poet. min. Bibl. Panck.
■coct 5i 'E-fOuaiat ailSs al xuvs;, äjiö IS^oug KeXtlKoO p. 276, welches Buch uns nicht vorliegt,
-•ijv £T:(ovu|iiav sxouaat, ou Ttpöjxov, rö; -f' l|iol Soxst, ^'i Taf. IV n. 9; dazu eine sehr hübsche Vari-
s^uaäv TS y.al sü5oy.£|iY)aav. Demnach wurden ante: Gemme in den Tier- und Pflanzenbildern XV 47.
auch außerhalb Galliens solche Hunde gezüchtet.
31*
^4^ O. Koller
von einer Ilüiulin gvsäug-t worden sinn (Hvgin. l-"ah. 2^2). Irre ich nicht, so
haben wir in dem Münzbihle die Idpie eines Knnstwerkes von bedinitendem
Kangfe. das in einem Heiligtum aufg"estellt war, und man darf vielleicht nicht
ohne Fug an jenen sagfenhaften g-oldenen Hund im Tomenos des Zeus auf Kreta
(Antonin. l.ili. 30, vgl. schol. l'ind. Ol. i, 00) erinnern. Die INIüiize von IMiaistos
(Taf. IV n. 8) bietet leider kein so ideales Bild, zeigt aber den kretischen Jagd-
hund als Spürer, am Hoden .schnüffelnd, und eben diese Eigenschaft hat ihn be-
sonders beliebt gemacht.
Etwas zu klein ist der kretische Jagdhund g(>zeichnet auf einer zweiten
Münze von Kydonia (in den Tier- und Pflanzenbildeni. Taf. I .41), wo vor einem
bogenspannenden Mann ein Hund steht, dem man ansieht, dalJ er den Jagd-
beginn kaum erwarten kann. Er bellt seinen Herrn freudig an, sagt die Be-
schreibung Imhoofs. ]^s ist ein starker, nicht schmächtiger Windhund mit glatter
Schnauze. Die Ungeduld des Hundes ist vortrefflich zum Ausdruck gebracht.
Xoch viel älter als diese Münzen und die Bronzestatuette ist wohl joner
kretische Insel.stein, den wir in den Tier- und Pflanzenbildern, Taf XV 35, ab-
gebildet haben. Die Manier weist auf eine sehr frühe ("ultur.stufe. Der .Stein ist
aus der Triphylisschen Sammlung auf Kreta. Der Hund hat einen auffallend
starken Hals und, wie es scheint, einen buschigen Schweif und ist von mir in der
Beschreibung als Wolfshund bezeichnet worden. Er stimmt mit dem altägyptischen
Jagdhunde von Sakkarah (3500 v. Chr., Wandbild vom Ti-Grab, fünfte Dynastie),
von der Canis-Simensis-Form (vgl. Conr. Keller a. a. O. S. 64, Fig. 17). deren Her-
kunft vom abessj'nischen Wolfe, Canis simen.sis, außer Zweifel steht.
Aristoteles hist. an. VIII 28, i; 167 sagt, daß sich in Kyrene die Wölfe
mit Hündinnen paaren und Nachkommenschaft erzeugen. Und ein ägyptischer
Xame der Jagdhunde war unsu oder unsau, d. i. Wölfe.'^)
Auch der gemeine kretische Jagdwindhund, wie er auf den Älünzen erscheint,
stammt sicher aus dem östlichen Xordafrika, des.sen cultureller Zusammenhang
mit Kreta außer Zweifel steht. Der altägyptische Jagdhund, der da und dnrt
heilig gehalten wurde, war eine große stattliche Windhundrasse mit starken und
hohen Läufen und hoch.stehenden langen Ohren. In Nordafrika hetzte man mit
ihnen Gazellen und Strauße. Ihr Äußeres ist in vielen (irabwandbildern auf uns
gekommen und ihren Knochenbau hat man aus einbalsamierten E.\.emplaren in
musterhafter Weise wieder hergestellt.'')
"} Birch, Bib. arch. Irans, citierl bei Houijhton, ") S. die vortreffliche Abhandlung und Ab-
Natural history of tbe aocients 29. bildung bei Lortel et Guillard, La Faune momin^e
Hunderassen im AUt-rtiim 249
Es v'ersteht sich, daß eine so vorzügliche Hunderasse nicht auf ihre insuhire
Heimat beschränkt geblieben ist, sondern weithinaiis in die griechisch-römische
Welt exportiert und an manchen Orten auch selbständig weitergezüchtet wurde.
So finden wir denn zufällig den kretischen Jagdhund für Thessalien bezeugt durch
ein Epigramm Pisanders,"') in welchem uns erzählt wird, daß neben einem Manne
aus Magnesia — ohne Zweifel ist die thessalische Landschaft dieses Namens ge-
meint • — sein Pferd, sein kretischer Hund und sein Diener im Grabe vereinigt
liegen. Nach einer Version hieß der Hund Theragros, Wildjäger, nach der andern
Duckmäuser, Lethargos oder Laithargos. Wahrscheinlich hat er bei den Hirsch-
jagden gedient: denn Simonides (Fr. 30) bringt ein Gleichnis von dem Jagdhund,
der auf der dotischen Ebene, wo der thessalische Adel seine Parforcehetzen ab-
hielt, den gehörnten Hirsch aufspürt und zu töten trachtet. Pollux (V 40 f), der
unter Commodus schrieb, unterscheidet bei den kretischen Hunden zwei Arten:
otaTzovGO und TiapiTiTioi. Erstere waren außerordentlich ausdauernd bei der Jagd und
.scheuten vor keiner Anstrengung- zurück, die anderen liefen „neben dem Pferde"
her;i') da aber die übrigen Autoren^**) von einer solchen Zweiteilung der kre-
tischen Rasse nichts wissen, so dürfte die Aufstellung von zwei ganz verschiedenen
Arten auf einer Mißdeutung beruhen; denn sicher waren die kretischen Jagd-
hunde sowohl außerordentlich geschwind, daß sie mit einem Pferd um die Wette
rennen konnten (Ttäp'.TiTüO'.), als auch sehr ausdauernd und vor keiner .Strapaze
zurückschreckend: solche Eigenschaften waren bei der Hochgebirgsjagd auf die
kretischen Wildziegen ein selbstverständliches Erfordernis.
Auch in Italien sind die kretischen Hunde wohl bekannt gewesen, sonst
würden sie von den römischen Autoren nicht so häufig erwähnt. Es ist eine an-
(ie l'ancienne Egypte, Lyon 1903, besonders p. 14. oOspTpafoi y.6ve; '^:ojvf; mjv KsXxtTjv, cCivt aKo eü-vouj
'^) Pisander, epigr. p. 12 ed. Did. antli. Pal. o05sv6g xa9-a7:sp cä Kp/y)xt>iat r; Kapty.ai rj Aaxaivai,
VII 304. äXX' 6>Q T(ov Kpr)Tixwv a.1 ätcciiovoi äjtö zoS
'■') Tmv ii "f£ Kpyj-Lixcov v.uvcöv o'£ |i£v ättzTiovoi, cptXoTtovEtv xal a.i lTa|j.al Anii xoS ö^eu»; xai
oX 5s ndpiKTZoi naXoüvcott, äiaitovot |isv ou; ^aat v.oA ac |j.iXTai i.n äiitfotv, oüxw Sri ''•°'' «äxat &Kb Trjg
■tä; vuxxag xatj -^[ispats ev xatg Tipög xdc 8-i»)p£a liaxat; ü)XÜx7)xo;. Hier stellt also Arrian den cftXoTiovot der
^7itXa|iPavEiv, xal TTsXXäxts TiapsuvaaS-ivxag xot? 3-r/p£ots Kreter die „scharfen" und die „gemischten" gegen-
(isS-' ■^[lEpav äpxsaS'a'. xi^j H^X'IS' '^^ ^s Tidp'.TZ-rji xot; über. Die TtäptTiiroi erscheinen durch die Schlußworte
ÜTtTtots auv3-so'ja'.v, c'jxs -p^O-äovx»; C'jxs iivjv d-oXsL- «'jxai äTtö x^; (uxüxYjxog geradezu ausgeschlossen, da
7iö|i£voi. hier ein Gegensatz zwischen den Kretern und den
'^) Auf den ersten Blick scheint allerdings Arrian, gallischen vertragi (Windhunde) statuiert ist. Immer-
der um weniges ältere Zeitgenosse des Pollux, eine hin erhellt, daß die Behauptung des Pollux von den
Parallele zu bieten; bei näherer Betrachtung aber sogenannten cf.XoTiovoi und die Beziehung dieses Aus-
stimmt die Stelle sehr wenig. Er schreibt cyneg. 3, 6: druckes auf kretische Hunde nicht ohne eine reelle
AE Ss 5to3(OJtstg xüve; ai KsXxty.al naXoüvxai [lev Basis sein kann.
>Ci ^
250 O. KcUcr
sprechende \'enmitiing- CougMiys,'"^ tlaü die von X'arro (r. r. 11 u) gerüliintcii
Salentiner Hunde in Itnlien kretisches IMut in den Adern hatten, weil die früh
zerstörte Stadt Salentum in Calabrien nach Strabo (VI p. 277—278) eine kretische
Colonie gewesen sein soll. Diese Hunde werden nur ein einzigesmal erwähnt,
müssen aber zu Varros Zeit — gegen Ende der römischen Republik - renom-
miert gewesen sein, denn sie werden neben den jMolossern und Lakonern ge-
nannt-") Aber über allen Zweifel ist Cougnys
Vermutung keineswegs erhaben, da man, wie °^ ."
er selbst anfuhrt, ebensogut die Sallentini an ^/ ■ ' ■%,
einem andern Orte suchen kann, nändich in ^
oder bei Umbrien: hierher verlegt Plinius n. h. i /' ' A
III 1 13 die „Uolates cognomine Sallentini". Dann y '% J k'
hätte man den umbrisch-picenischen Hund \ .-
beizuziehen, dessen Bild uns eine Aes-grave-
Münze von Hatria aufbewahrt hat (Fig. 60).
Damit stimmen Münzen von Tuder in Um- ^ .'•*''
brien und von V^enusia in Apulien. Vergil lobt
Fij^. iHi Ai- yraxL- von Jlalri.n.
die umbrischen Hunde wegen ihres Feuers; -'')
Grattius,*-) Seneca-^) und Silius Italicus'''*) preisen ihren Geruchsinn, doch seien
sie zu wenig mutig im Kampfe mit wilden Tieren meint Grattius.
Noch gewagter erscheint die andere Vermutung des französischen Gelehrten,
dal3 der von ihm p. 880, Fig. 1106, abgebildete grimmige stumpfschnauzige Hund
mit Wolfsschwanz einen kretischen repräsentieren soll. Namentlich die Kopf-
bildung spricht entschieden dagegen;-'') aber auch die buschige Rute stimmt
nicht mit dem Kreter der Münzen; außerdem ist der kretische Inselstein mit dem
buschigge.schwänzten, dabei aber sehr spitzköpfigen Hunde sicherHch viel älter
als der angebliche Kreter des von Cougny wiederholten Vasenbildes. Endlich
kann niemand beweisen, daß Oppian cyn. 401 if. bei seiner Hundebeschreibung
.speciell einen Kreter im Auge hat. Ich möchte daher nicht wagen, diese Stelle
'*) Bei Daremberg-Saglio s. v. canis I 884. ^^) Acn. XII 753.
*") Varro r. r. 11 9, 5 Videndura ut boni seinini<(s)> '') Cyn. 171 f. 194 f. Er empfiehlt I'aaruny mit
sint. Itaque et a regionibus appellantur Lacones, einem gallischen Hunde.
Epirotici, Sallentini. Leider beruht sogar das Wort '''j Thyest. 497.
Salenlini (Cougny; oder Sallentini (Keil) auf einer ") III 295.
allerdings allgemein recipierten Conjectur von Victo- ") Mit mehr Wahrscheinlichkeit kcinntc man
rius. Die handschriftliche Lesart ist salamantini, s. an einen Lakoner denken, s. unten S. 253.
Keils Anmerkung.
Hunderassen im Altertum 25 1
mit Cougny (a. a. O. p. 88ü) als Basis für die ganze Autfassung des kretischen
Hundes zu benutzen. Ich glaube auch, daß er auf das isolierte Epitheton hirsutus
bei dem späten Dichter Claudian zu viel Gewicht legte.
Wenn dann endlich O. Manns, Griech. Jagd II 2^ (a. 1889) die Behaup-
tung aufstellt, dal3 wir über den Körperbau des Kreters nichts wissen, so ist
dieselbe hoffentlich durch unsere eben gegebene Ausführung hinfällig geworden.
Sehr bezeichnend aber ist es, daf3 der gleiche Forscher a. a. O. S. 25 nach Er-
wägung von allerlei Einzelheiten, die ihm besonders bei Arrian aufg^estoßen sind,
zu dem Schlüsse kommt: ,,Eine solche Rennhetze (Hasenjagd zu Pferd mit dem
Hunde) würde freilich für dir Windhundnatur des kretischen Hundes
sprechen, da sie mit dem stimmt, was Arrian bei der Verwendung des Vertragus
berichtet." Unser Hauptresultat harmoniert somit vollständig mit dem, was Manns
hier zu ahnen scheint. Gerade diese Windhundnatur des Kreters, an welche
Manns aus ganz anderen Gründen zu denken .sich gezwungen sieht, i.st durch die
Münzbilder und auch durch die citierte Statuette außer allen Zweifel gerückt.
III. Lakoner.
Weit größere Schwierigkeiten stellen sich uns in den Weg, wenn wir ein
zuverläs.siges Bild des Lakoner Hundes gewinnen wollen, und gerade er wird am
häufigsten als guter Hund genannt, und zwar fast immer als guter Jagdhund.
Man kann sagen: er ist der Jagdhund y.xt' i^oytiV von König Lykurgos ^''') an bis
in die späteste römische Kaiserzeit, aus der uns Ammianus noch ein bezeichnendes
Factum berichtet (XXIX 3, 3). Ihre Pflege und Abrichtung war Aufgabe der
kaiserlichen Pagen, paedagogiani, und wir erfahren, daß der jähzornige und grau-
same Valentinian I einen seiner Edelknaben wegen eines geringen Versehens
bei der Dressur zu Tode prügeln und am gleichen Tage begraben ließ. Und nach
Claudian (cons. Stil. III 300) müssen die Lakoner Hunde noch zu Beginn des
fünften christlichen Jahrhunderts beliebt gewesen sein. L^m so verdrießlicher ist
es, daß keine einzige Münze, ja kaum ein Relief uns authentische Kunde davon
gibt, wie die Hunde in Lakonien selbst tatsächlich au.sgesehen haben. Das
eigentlich allein in Betracht kommende Relief von Chrysajjha — das aus Sparta
ist am Kopf und Schwanz ganz abgestoßen — zeigt einen mittelgroßen, durchaus
glatthaarigen, schlanken Hund mit länglichem Kopfe, mittelgroßen stehenden
Ohren und langem glatten Schwänze. Er springt an einer Frau hinauf und ist
^^) Nach Plutarch apophth. Lacon. p. 225 F und giöseMythus, der den Herakles mit den bissigen sparta-
Fab. Aesop. 390 H. Noch weiter zurück geht der reli- nischen Hunden in Verbindung brachte, Alkman fr. 14.
offenbar nielir Ilausfrouiul und I-'aiiiilienlii'hliuL;' als jaiiclocfahrti' (V\'^. oi). Sowoit
man es iiooli sehon kann, war der Hund dc>s Ridii-Is aus Sparta vom ylcirluMi Schlafe.
Wir wollen aber zunächst einer anderen Rasse von Lakoner Hunden unsere
Aufmerksamkeit zuwenden. Denn der specifische Lakoner Hund des Aristoteles
muß g-anz anders ausgest^hcn haben: seine
Kleinheit und Ähnlichkeit mit einem Fuchs
hat ihm di-n Xamcn 1-üehslein, y./A>)r.v/.'.;, und
den Mythus seiner Abstammung; vom Fuchs
und Hund cing'etragen. Bei Aristoteles bist.
an. \ 111 j8 lesen wir: 'Kc äÄüj^cXo; v.y.1 xuvö,
o; Axy.MV'.y.oi. Damit stimmen andere Autoren,
z. B. .schob Callim. hymn. in Dian. 1)4: Kuvo-
couptSa;] Täc 0~ö x'jvtov y.xl äÄ(o~£"/.wv xr/.xo-
[iEvac x'jva;, r^ Tä; Aaxwvixa^. Kuvoaoupii yäp
tö-o: Aax(0V'.x/,;. He.sych. p. 937: KwoOmuyjI . . .
65 ä./MTzv/.oi xod xuvö; Aaxiovixou? xüvag cpaat
ytv£ai)-a'.. Poll. V 38: Adyo'jsi oi xä; |t£v Aaxac-
vz; £; ä/.wnexwv xc. äf/atov xa: xuvtov y£vo|i£V3C5
x/.r^it-fjva: ä/.oi-sxiSxc. Auch Xenophon cyn. 3, i verlegt die angebliche Kreuzung von
Hund und Fuchs in das graue Altertum; von den Jagdhunden sprechend bemerkt
er: Tä ok "{vn^ xwt x'jviov £3T'. Si-cxa, al i^iev KaaTÖpiai, al ?£ äXcoTicxwe;. "Ejfouac 5' aE [jiiv
KaTcdp'.xL xTjV ETtwvufiiav -auxrjV Sxc Käctojp r^sSsi? xw £^7';' jiäÄtsxa aöxä.c 3i£CfüJ.at£V a£
5' x/.ti)-ex:5£; Z-.ix: iv. xavöv x£ xat älwTüExwv iyEVGvxc- iv tioaXö) 0£ xP^"";' «juyxExpixat
aOxöJV T^ 'fJ3'.?. Von fuchsähnlichen Hunden spricht auch der Scholiast zu Theokrit
8, 65, wo er den Hundsnamen Lampuros erklärt: üapa xo Xaii-o'jpl; law; Eivat,
iriiir; xüvi: £::;lv ä/.w:;r,;:v ö[ioro'.. Ay-ii-o'jp;; yxp v^ y'/.ü)-y^. Lampuros oder l.anipuris
bedeutet eigentlich den mit einer weißen Schwanzspitze versehenen Brandfuchs.
Auch Grattius cyn. 258 f spricht von Hunden mit Fuchsgestalt; es sollen Misch-
linge von Hund und .Schakal (thos) sein:
Xam genus exiguum et, pudeat quam informe fateri,
Vulpina specie.
Lakonerhund des Reliefs
von Chrysaplia.
Die Abstammung jener lakonischen Fuch.shunde von Fuchs und llnnd wurde
im Altertum zwar allgemein geglaubt, heute aber ist ihre Unmöglichkeit auf das
bestimmteste erwie.sen, und zwar durch die Verschiedenheit der Pupille und der
Zahl der Zähne. Diese Kluft trennt den Hund absolut vom Fuchse, während der
Ilunder.issen im Altertum
253
Theorie einer Herlcunft des Hundes vom Scliakal oder Wolf iceine solche Differenz
im Wege stellt.
Manns glaubt (a. a. O. II 9), daß die lakonischen Fuchshunde vielmehr von
ihrer roten Farbe benannt worden seien, als von ihrer Gestalt. Er legt Xeno-
phons obige Worte iv -olXm Xfov(;) etc. .so aus, als ob er meine, „daß von dem
Äußeren des Fuchses nicht viel mehr an ihnen wahrzunehmen sei . . . Die ganze
Ähnlichkeit", fährt er fort.
MOT)4>M
„wird sich auf die wohl
am häufigsten beobachtete
fuchsige Färbung (-0 /_pw|ia
nuppoy), die Xenophon unter
die zulässigen Hundefarben
rechnet, und den buschigen
Schwanz beschränkt haben.
Horaz nennt die lakoni-
schen Hunde, denen die
aXwTiext'osg zugehören, rot-
gelb (fulvus). Wir müssen annehmen, daß die Liebhaberei an der roten Färbung die
griechischen Jäger mit ganz besonderer Vorliebe von Hunden und Hündinnen dieser
Farbe züchten ließ, so daß diese die vorherrschende wurde." Hiegegen ist zu be-
merken, daß den Worten des Xenophon nur mit größter Gewaltsamkeit der Sinn
unterschoben werden kann, als handle es sich vorzugsweise oder g"ar allein um
die Farbe. Ferner ist die rot- oder gelbbraune Farbe keineswegs etwas künstlich
Angezüchtetes, sondern die natürliche Grundfarbe der vom Schakal oder Wolf
abstammenden Hunde überhaupt; es ist die Farbe, die der Hund bei der Ver-
wilderung ganz von selbst wieder bekommt, wie jedem bekannt ist, der sich im
mohammedanischen Orient einmal umgesehen hat. Allerdings scheinen die Lakoner
Hunde im allgemeinen hellbraunes Fell gehabt zu haben,-') aber deswegen sind
sie gewiß nicht Fuchshunde genannt worden, sondern wegen ihrer Ge.stalt, weg-en
ihres ganzen Aussehens (vulpina species); wir müssen also annehmen, daß die äaw-
TiextSe; einen Fuchskopf und Fuchsschwanz gehabt haben. Warum auch nicht? Be-
sitzen wir doch Vasenbilder, wo der am Sophafuße angebundene Fuchshund dem im
Tellereisen gefangenen wirklichen Fuchse zum Verwechseln ähnlich sieht. Auf der
hier (Fig. 62) abgebildeten korinthischen Vase (vgl. Daremberg-SagHo I 698 Fig. 839)
erblicken wir zwei an Gestalt völlig fuchsartige, nicht große Hunde mit breit-
-'') Wenigstens gibt ihnen Horaz epod. 6, 5 das Epitheton fulvus.
Jabreshefte des üsterr. archäol. Institutes 1:!J. VIII. ,,
:!Ö4 O. Keller
buschigem Schweif und fuchsartigem Kopfo. Sie haben die laiii;-e Rüss(>lschnauze,-'')
wie sie Aristoteles den kleinen lakonischen Hunden'-"') ausihn'ieklieh zuschreibt,
und sitzen unter den mit KlJwaren und (ietfiinken bedeckten rischen, hinter
welchen Männer auf dem Sjieisesofa liegen. An dem FulJ je eines Sofas ist
ein Hund angebunden, vermntlicli um eine Rauferei der Tiere zu verhindern.
Das Vasenbild mit dem im Tellereisen gefang"enen Fuchse ist in meinen
Thieren des classischen Altertums 179 nach Panofka wiedergegeben.
Xun sinil aber, wie ich schon oben berührt habe, keineswegs sämtliche
Lakoner Hunde Fuchshunde gewesen. Denn daß es mehrere Arten und wohl
sehr verschiedene Lakoner Hunde g-egeben hat, ist sonnenklar, wenn wir die
Notizen bei den Schriftstellern überschauen. Da lesen wir von spartanischen,
kynosurischen, amykläischen, kastorischcn und menelaischen Hunden, die sämtlich
zu den Lakonern zählten. Das uralte Amj'klae lag eine Stunde von Sparta,
Kynosura hieü ein Stadtteil von Sparta, vi(;Ileicht der, in dem die großen staat-
lichen Hundezwinger sich befanden. Kynosurisch und amykläisch dürften somit
einfach als Synonyma von spartanisch und lakonisch aufzufassen sein. Anders
verhält es sich mit dem kastorischen und menelaischen. Kastor, nach altlakonischer
Sage (Alkman Fr. 13) am wildreichen Waldgebirge Taygetos geboren, war wie
Sanct Hubertus das Idealbild des Jägers, er hatte-'*") die Jagd zu Pferd mit dem
Wurfspeer erfunden und die Zucht der edelsten Jagdhunde, die nach ihm Kaoto-
pJoE; oder Ka7-dp:o'. genannt wurden. Diesen und nicht den Fuchshundon werden
es die Lakoner (Ax/.aiva!.) zu danken haben, daß Pollux 5, 37 sie an erster Stelle
unter den Hunden edler Rasse (yr/vara: x'jvsj) aufzählt.
Außer Kastor und dem obenerwähnten Lykurg soll sieh auch der Seinvager
Kastors, König Menelaos, durch Hundezucht verdient gemacht haljcn. ])ii' mene-
laische Rasse erklärte Nikander für identisch mit der psyllisehen (I'oll. 5, 40),
die ihren Namen von einer alten achäi.schen Stadt führte (Poll. 5, 37). Menelaos
habe die Hunde aus Psylla bezogen (Poll. 5, 40). Näheres über die menelaischen
Hunde wissen wir nicht. Öfter dagegen wird von den kastorischen Hunden ge-
.sprochen (Xen. cyn. 3, i, Oppian. cyn. II 14 if., Poll. V 37; 3g: Kaaiopioss Kaatopo;
0-p£|i[ia-a. Hesych, Kaoröp'.«'." ElZic v. -/.'jvöjv). Bei der bekannten Vorliebe Xenophons
für Lakonisches und dem Umstände, daß er cyn. lo, 4 im Capitel von der Eber-
**) Arist. de gen. an. V 32: M'j'/.Tf^psj iiaxpoi. ^) Töv/ Ay.yMY.v.iir/ ■/.•r/'.Zitn-/ Arist. Aristoteles
Rössclschnauzc übersetzen Aubert und Wimmer. sagt auch, daß diese kleinen Lakoner besonders
In der Tiergeschichte steht p.'r/.zr,f, vom Elefanten, scharf riechen.
Affen, Schwein, Esel. '■"') Oppian. cyn. II 14 fi.
Jagd, nachdem er ("§ i) von verschiedenen Hunderassen gesprochen, einfach fort-
fährt, ohne die anderen zu erwähnen, als ob sichs bloß von Lakoner Hunden
handelte, wird man kaum fehlgehen, wenn man in der Zeichnung, die Xenophon
vom idealen Jagdhunde entwirft, einen Lakoner edelster Rasse, also einen Kastor-
hund vermutet.^') Indem ich niicli zumeist an die sorgfältige und scharfsinnige
Ausführung von Manns (a. a. O. II lo ff.) anschlie(3e, will ich die Hauptmerkmale
aufzählen.
Nach Xenophon (cyn. 3, i — 3. 4, i — 8), mit dem PoUux ^" 57 — 5g grofSenteils
wörtlich übereinstimmt, soll der Jagdhund folgende Eigenschaften besitzen: er sei
groß iiilya?) — d. h. langgestreckt ([laxpoc) vom Kopf nach der Rute hin, wie
Arrian genauer sagt — kräftig, wohlproportioniert; Gesichtsausdruck freundlich;
der Kopf leicht und gegliedert; die .Stirne lang und breit mit tiefer .Scheide-
linie, der untere Teil der .Stirn sehnig; Nasenrücken gerade; die .Schnauze abge-
stumpft {xz-^xlrj aij-iTj); Gebiß kräftig (£'jaTO|io; 4, 2 PoU. V 60). Die Ohren klein,^'^)
dünn und hinten kurzjiaarig. Die Augen vorstehend, schwarz und glänzend. Der
Hals lang, weich und rund. Die Brust breit und nicht zu mager. Der RijDpen-
korb nicht überall gleichweit ausladend, sondern nach den Weichen hin sich ver-
jüngend. Nicht auffallend aufgezogene Weichen. Die untere Partie des Bauches
und der Bauch überhaupt schmächtig.^-^) Lenden fleischig-, mäßig lang und weder
zu bieg'sam, noch zu steif Die Rute lang, g-erade und sehr beweglich (/vtyupa,
vgl. 4, 3).^'') Vorderläufe (gy.sÄr;) kurz, gerade, rund, gedrungen. Schulterblätter
locker mit dem Rumpf verbunden. Ellenbogen gerade. Hüften hinten fleischig,
oben nicht zusammenstoßend, nach den Lenden zu ohne Hautfalten. Unterschenkel
mager; der untere Teil des Hinterlaufes lang, rund und fest; die Hinterläufe
viel gTÖßer als die Vorderläufe und etwas gekrümmt. Der Fuß rund {mpi'^epr^c).
Das Haar fein, dicht und weich: hinten an den Schenkeln gerade abstehend und
^') Man beachte namentlich die Worte 3, I: Ti er sofort mit den Anfangsworten, indem er Größe
5s fivTj -MV y.uvojv sa"'. 5'.-id, ac |j.sv Kaaxöfi'.ai, a[ verlangt.
Se äXtO/L£Vi£5ö;. Für Xenophon kämen nur die zwei ^-) Die Handschriften, auch die von mir colla-
lakonischen Jagdhundrassen in Betracht, ohne daß tionierten, haben alle \i.'.y.yj.. Ebenso PoUux. Neuere
er sie an dieser .Stelle ausdrücklich als lakonische Herausgeber lesen ohne genügenden Grund |iazpa,
bezeichnet: die kastorischen und die ganz specifisch wogegen Manns mit Recht auftritt,
lakonischen, für die Hasenjagd gut zu brauchenden '") „Xenophon verlangt also, daß der Rumpf
Fuchshunde. Seine Beschreibung des besten Jagd- sich im Brustkorb ein wenig, hinter dem Brustkorb
hundes aber bezieht sich offenkundig nicht auf den in den Weichen stärker verjünge." Manns,
kleinen, nur zur Hasenjagd ausreichenden Fuchs- '^) Manns übersetzt dünn. Allein auch Arrian
hund, sondern auf die größeren Kastorier. Daß er verlangt einen biegsamen Schwanz, oüpöcv EÜy.a|ji7;f;,
nicht die kleinen Fuchshunde beschreiben will, zeigt was freilich Manns mit „gekrümmt" übersetzt.
32*
dicht,'-'^) dcsyleiclien an den l-oiulcn und der KuU- unicn,-"') oIhmi .iIht nur w cnis;-.''")
Farbe fuchsrot (;rjp^6;), schwarz odor wiMl.i tind /war llmulc der rrstt-n hcidi-n
l-"arlien mit weil3en, die der letzten mit roten Abzeiclim um das (iesicht herum.
Nach dieser Beschreibungf hat AFanns eine sehr instruelive Zeichnung des
Xenophontischen Musterhundes (Lakoners, Kastoriersi cntwcirlcii, welche im L;aiizcn
das Richtige treffen dürfte, nur die dicke Halsmähnc und dir fuch^artig-c lang'-
haarigfe Schwanz scheinen mir in den Werten Xennjitums nielit begründet; auch
ist vielleicht die Schnauze unseren heutigen Jagdhunden etwas zu ähnlich ausge-
fallen: sicherlich harmoniert sie selir wenig mit den antiken Ilundebildern, die
Manns auf Taf. I zusammengestellt hat und im allgemeinen auf Lakoner be-
ziehen möchte. Bloß der in Fig. 4 gegebene, aller
Wahrscheinlichkeit nach gefälschte Hund stimmt hin-
sichtlich der Schnauze. Übrigens wer sagt uns, daß
die angeblichen Lakoner nicht vielmehr Kreter sind?
Zu den besten antiken Danstellungen dieser Art
Hunde zählt wohl die berühmte Aktaionmetope aus
.Selinunt, die auf eine dorische oder peloponnesische
Schule zurückgeführt wird. Nach Hyginus (Fab. 181)
hieß ein Hund Aktaions Lacon, ein anderer Lacaena
Wenn wir schon annehmen, daß diese andere,
hervorragende Lakoner Rasse mit der kastori sehen
identisch ist, so drängt sich von selbst der Gedanke
auf, ob sich nicht Dioskurendenkmäler mit Gewinn
zur Illustration beiziehen ließen. Leider aber ist das
berühmte, aus der tiburtinischen Hadriansvilla stammende Relief „Kastor als
Rossebändiger" '") als jedenfalls zum großen Teil gefälscht erkannt worden. Auf
anderen Bildern ist statt des Lakoners ein evidenter kretischer Windhund ange-
bracht.'-') Ein richtiger Lakoner (Kastorier, conö?) steht neben dem Jäger Zethns auf
dem schönen Relief des Palazzo Spada (Fig. 63), Braun, Zwölf antik«' r.asri'l. Taf 3.
Fig. 63 Lakonischer Jagdhund
vom Am])hiün-Zelhos-]<.clief.
") Manns übersetzt ßaS-'J; mit ^lang", Weislic '^) .Manns übersetzt i->. Ta!; oOf.al; zätoj mit
„dicht", vgl. Arrian, cyn. 5, 9 (Jaj'j;). Pollux läßt „an der Unterseite der Rute" und fügt l>ci: „aber
die ganze Stelle weg V § 59. Die Übersetzung „dicht" sicher nur bei dem Fuchshund "
wird richtig sein wegen Phrasen wie (Ja^'j; -oi>-fO)v = '") 'E-l ti Tat; |ir,pia!a'.; ä-/.f.at; -.'/.y,<x.i dp9-a;,
starker, dichter Bart, ^aSVsta Ttöjiifl u. a. Die andere {w{)-£(a;, y.al inl Tat{ ös-^öat y.al -at; oOi^al; -/.a-o),
Übersetzung „lang" ist nicht ohne Einfluß auf die äv(i)9-£v 3e |iSTf£a; Xen. cyn. 4, 8.
Zeichnung des Xenophonhundcs bei Manns ge- ■") Combe, Marblcs ofthe british Museum II |>!. fj.
wesen. '') ^'o"- ""«l. d Inst- H Taf 22
Hunderassen im Altertum 257
Ihm ziemlich ähnlich ist der sicher echt lakonische Hund von Chrysapha (Fig. 6i),
der mit dem lakonisclien Fuchshund absolut nichts gfemein hat.
Als Hauptresultate haben sich somit ergeben: erstens waren berühmt die
kleinen lakonischen Fuchshunde, UmtzeyJ.oz:;, mit Rüsselschnauze und Fuchsschwanz,
ausgezeichnet durch ihren Geruchsinn. Dies sind die Lakoner xax' i\o'/j^v des
Aristoteles. Sie waren hervorragende Spürhunde (dacppavTiVwa). Die Männchen
wurden lo, die Weibchen 12 Jahre alt, während die übrigen Hunde 14, auch
sogar 20 Jahre leben konnten (bist. an. VI 20). Die fabelhafte Schnelligkeit der
lakonischen Hunde rühmen Simonides, "') Kallimachos,") Vergib'-) u. a. und diese
Eig-enschaft kam ohne Zweifel auch den äXwKcXtSe; zu.
Da nun aber diese Fuchshunde auf Denkmälern selten vorkommen,
W'ährend der Lakoner Hund so außerordentlich häufig in der Literatur auftritt,
daß er offenbar über alle Länder der griechisch-römischen Welt und fast zu allen
Zeiten verbreitet und bekannt war,*') und da eine ganze Auswahl verschiedener
Namen, also wohl für verschiedene Rassen oder Varietäten, überliefert ist, da
endlich die in Lakonien selbst gefundenen Denkmäler einen ganz andern
Hund darstellen, als der äÄMTicZi; des Aristoteles gewesen sein muß, so ist mau
genötigt, mindestens noch eine zweite Rasse Lakoner zu statuieren. Als solche
bieten sich in natürlichster Weise die vom spartanischen Nationalheros Kastor
benannten Rastorjagdhunde dar, \-iin ilenen uns eine ebenso zuverlässige als aus-
führliche Schilderung in dem Idealjagdhunde Xenophons vorzuliegen scheint.
Diese Hunde, welche dem Aristoteles offenbar nicht als specifisch lakonisch galten,
wurden wahrscheinlich nur der Sage nach zuerst in Lakedämon gezüchtet, aber
schon von der Blütezeit Griechenlands an war ihre Aufzucht keineswegs auf ihr
wirkliches oder angebliches Stammland beschränkt, so wenig als dies einst bei
dem Malteser Hündchen der Fall war oder als heutzutage von einem Neufund-
länder jemand verlangt, daß er in Neufundland das Licht der Welt erblickt habe.
Das enorme Renommee der lakonischen Jagdhunde aber beruht ganz wesentlich
eben auf dieser Rasse — der kastorischen, wie wir sie vielleicht am zweck-
mäßigsten nennen. Gewiß gab es solche Hunde auch in Sparta, aber w'ie gesagt,
und das wird sich bei den Molossern wiederholen, sie sind keineswegs bloß in
Sparta, sondern auch an einer Menge anderer Plätze sorgfältigst gezüchtet und
auch zur Erzeugung von Mischling'en verwendet worden. Kreuzte man doch
^") Fr. 29. ■'^) In Rom wird er schon bei Plautus Epid.
■") In Dian. 94 f.: „schneller als die I,üflc". 235 erwähnt.
''-) Verg. georg. III 405.
25S O. Keller
notorisch die Lakoner i. B. mit krctischi^n (Ovid. nu't. 111 223), rtruskischen (Oppian
cyn. I 300) und molossischen HinuliMi ([Aristut.] li. a. IX 3).
Die unvermischte Rasse war i;rol.i. d. h. h\ nagest reckt, L;lattliaari}if, niclit
spitzschnauzigf wie die Kreter, noch rüssclschnau/iy wie die l'üchslintfe, mit
leichtem Kopf, kleinen stehenden Ohren, langem, (linmcin. j^cradcm Schwanz.
Langhaarigfe Jagdhunde waren in vorrinnischer Zeit nicht iMode, i-bensowenig
solche mit Hängeohren.
AVenn nun der authentisch lakcdämonisclie Hund von Chrysapha dem oben
geschilderten ..Kastorhunde-' in Bezug- auf Stärke und Stattliclikeit nicht ganz
entspricht, während er anderseits vom I'uchshundc himmelweit verschieden ist,
so bleibt nichts übrig als anzunehmen, dalJ tue l'iyur des (irabsteines entweder
ein junges oder eben ein kleiner g'eratenes Exemplar Kastoricr repräsentiert, oder
auch daß es vielleiclit gar kein rein kastorischer Xenophontischer Idealjagdhund
sein .soll, sondern dal3 die Rassenreinheit des dortigen Tieres (beziehungsweise
.seines Modells) durch irgendeine Mesalliance eines seiner Vorfahren — vielleicht
mit einem Pariahunde — beeinträchtigt w'orden ist. Derartige Hunde kann es in
Massen in Lakedämon gegeben haben; wenn sie auch als Jagdhunde weniger
geschätzt waren als Exemplare reinster Rasse — denn auf Rasseiu-einheit legte
man vielfach großen Wert — so können sie als Haus- und .Spielgenossen doch
sehr beliebt gewesen sein.
IV. Molosser.
Der gleiche Fall, daß zwei grundverschiedene echte Typen und sicher auch
noch Bastardformen in Betracht kommen, sowie daß die Angaben der .Schrift-
steller an Deutlichkeit und Genauigkeit .sehr viel zu wünschen übrig lassen, liegt
vor bei den Molossern. Einige Münzen mit widersprechenden und zum Teil offen-
bar .schlechten oder verstümmelten Bildern und eine Hauptstelh; in einem unter-
schobenen Stück des Aristoteles ist eigentlich alles, worauf wir mit inniger .Sicher-
heit fußen können. Man kann sich daher auch nicht wundern, daß allerlei Un-
richtiges über den Molosser Hund aufgestellt worden ist. So ist z. B. der neueste
Gelehrte, der über den Molosser geschrieben hat, der Zoologe Conrad Keller
(Abstammung der ältesten Haustiere, Zürich 1902), gewiß nicht methodisch vor-
gegangen, indem er S. 72 behauptet, der Molosser werde von Columella folgender-
maßen recht gut charakterisiert: amplissimi corporis, vasti latratus canorique,
niger; capite tarn magno, ut corporis videatur pars ma-xima, deiectis et propen-
denfibus auribus, nigris vel glaucis oculis, acri lumine radiantibus, amplo villosoque
Hunderassen im Altertum 259
pectore, latis armis, cruribus crassis et hirtis. Diese Beschreibung, fährt er fort,
stimme vortreffhch mit einer Vindonissaer Tonlampe, auf welcher eine zottige
Dogge dargestellt sei, die an einen Neufundländer oder Bernhardiner erinnere.
Das Bild ist in Photographiedruck beigegeben und von C. Keller als „Molosser
Hund" bezeichnet. Weiter sagt er: ,,Den ältesten Schädel, dessen Doggencharakter
sichergestellt ist, erhielt ich aus der römisch-helveti.schen Niederlassung Vindo-
nissa. Es ist offenbar der antike Molosser Hund.''
Mit je größerer Sicherheit hier ein ganz neues Resultat vorgetragen wird,
um so mehr sind wir genötigt, scharf zu prüfen und zu betonen, daß Columella
mit keiner Silbe von einem Molosser, sondern vielmehr von einem Meierhofhunde,
canis villaticus, redet: zweitens, daß nach anderen ausdrücklichen Angaben der
Autoren der JNIolosser nicht schwarz, .sondern hellbraun auszusehen pflegte;*^)
drittens, daß keines der authentischen Molosserbilder der Münzen, die C. Keller
wohl hätte in Zürich einsehen können, einen Typus zeigt, der mit seinem Vindo-
nissaer „Molosser" harmoniert.
Ein zweiter Weg, den antiken Alolosser zu finden, ohne die Münzen zu berück-
siclitigen, ist von Cougny bei Daremberg-Saglio s. v. canis eingeschlagen worden.
Er behauptet, daß Oppian cyn. I 414 — 424 „sans aucun doute" den Molosser be-
schreibe, während doch Oppian selber davon nichts sagt, im Gegenteil offenbar
gar keinen Wert auf Rassenreinheit legt, sondern die ausgedehnteste Rassen-
vermengung unmittelbar vor seiner Schilderung des vorgeblichen Molossers an-
empfiehlt. Er sagt V. 395 ff.:
'ApxäSoc; 'ID.sooic £~'.[iEay£0, Hafocit Kpf^iaj,
Käpa^ 0pr/txtoi;, Tupar^va yive%-Xci AdvMai,
2ap|iatt7viv TS Tiöavi 'fo^ioi^ T^pia^ 'I|j7jpt5a VL»[icprjv.
Namentlich ein Punkt in Oppians angeblicher Molosserbeschreibung stimmt
durchaus nicht mit dem, was uns sonst bildlich und schriftlich vom Molosser
überliefert ist, die Langhaarigkeit des ganzen Körpers, V. 422: ptvo; änxc, Haio^.
Auch bezüglich des anderen Musterjagdhundes von Oppian, des raschfüßigen
Hasenfängers, steht es nicht entfernt fest, daß damit, wie Cougny behauptet
(a. a. O. 881), ein Kreter oder Lakoner g'emeint ist. Mir scheint eher ein Misch-
ling, mit starkem Einschlag von Fuchshund und kretischem Windspiel, vorzu-
liegen, doch läßt sich eben einfach nichts Sicheres behaupten.
Eine zweite Hauptbasis für Cougnys Ansicht vom Molosser bildet die
herrliche allbekannte antike Statue einer sitzenden Dog'ge, von welcher ich
'''') Schol. Oppian. cyn. I 374 ed. Bussem.: MoXoaaoi" gavS-oi.
fünf Exemplare kenne : zwei im Vatican, zwei in Florenz und eines in
England.*^)
Der Hund ist eine Dogge, braucht aber deswegen noch kein Molosser zu
sein und stimmt auch tatsächlich weder mit dem ganz langhaarigen angeblichen
Molosser Oppians noch mit den echten epirotischen Alünzbildcrn. Nichtsdesto-
weniger wird allgemein gelehrt, und so tut es z. B. auch Baumeister u. d. W.
Hund, da(3 jene sitzende Hundestatue den wahren Molosser repräsentiere. Bau-
meister beruft sich auf Cougny und reproduciert die erwähnte Doggenstatue.
Ganz unverständlich ist mir auch in diesem Capitel ein dritter Mitforscher,
L. J. Fitzinger, geblieben, der in seinem Buche übi-r den ,,Hund und seine Racen"
(Tüb. 1876) S. 240 behauptet, der groi3e Jagdwindhund, Canis leporarius maior,
sei „ohne Zweifel der Canis moloticus [sie] des Aristoteles, der ("anis venaticus
des Varro und Columella, der Canis Molossus des Virgilius Maro, Huraz, Oppian
und Xemesianus, der Canis Veltraha des Gratius Faliscus und der Canis Vertagus
des lulius Firmicus." Mit einer solchen Identification des Molossers des Aristoteles
und des gallischen Windhundes (Vertragus) der Römerzeit scheint mir der höchst-
mögliche Grad von Confusion erreicht; es ist eigentlich nebensächlich, daß auch
die S. 241 aufgezählten Eigentümlichkeiten des großen Jagdwindliundes mit denen
des Molossers nicht entfernt stimmen. Während beim Molosser oft sein fürchter-
liches Gebell bezeugt wird, bellt der Windhund selten „und seine Stimme besteht
mehr in einem Kläffen als in einem eigentlichen Gebelle." Und während der
Molosser als sehr treu gepriesen wird, ist die „Treue und Anhänglichkeit des
(von Fitzinger mit ihm identificierten) Jagdwindhundes im Vergleich mit jener
anderer Hundearten nur gering."
Jede methodische Untersuchung über die antiken Molosser hat auszugehen
von den molossischen Münzen. Dieses V'On uns schon in den Tier- und Pflanzen-
bildern S. 8 ausgesprochene Princip läßt sich heute noch besser ausbeuten, da
Imhoof die Güte hatte, auf Taf. IV außer den dort gelieferten drei Münzen noch
drei weitere zum Abdrucke zu bringen. Man erkennt auf den ersten Blick zwei
ver.schiedene Rassen, was merkwürdig stimmt mit der literarischrn Hauptstelle
[Aristot.] hist. anim. IX 3: Tö 5' Iv if/ JIoaoxtJ« 'fhoc xjviov -ö |iev ö'r/peu-ty.iv oOöiv
oix'f lp£i TZfbz zb Tzapi Tof; i/'/.o'.q, xö 5' ^xoÄouS'Ov -or; ~po,iäToc? tw [isysilsi xa: xf| «vopi'a
— (, ~pbt ~x ihjpta. l:x-^ipvjo: 5' ol ic v.\iYÄv xio^lrt. xxc '.pL/.o-ovta, ol xz £x twv bt xvj
MoÄC"'!?. •(•:;'i''j\ii'Hi)'i ■/.•yiwt xa: iv. zwi Aax(j)V'.xwv. Aubert und W'immer übersetzen:
*'; In Duncombe Park, Yorkshire, aus Korn, (1874) S. 17. Vyl. unten S. 267 f. und Ki),'. '17.
nbgeb. bei Cavaceppi racc. I 6, s. arch. Zeil. XXXII
Hunderassen im Altertum 26 1
„Die Jag-dhuiide in Molottieii zeichnen sich vor den Jagdhunden an anderen Orten
nicht aus, aber die Schäferliunde daselbst sind an Größe und an Mut im Kampfe
mit wilden Tieren den anderen Hunden überlegnen. Bastarde von beiden, von der
molottischen und lakonischen Rasse, zeichnen sicli aus durch Mut und Ausdauer."
Demnach haben wir die Existenz von zwei ganz verschiedentm Molossern und
von molossisclien Bastardbildungen anzuerkennen.
A. Echte Molosser erster Classe (epirotische Bullenbeißer).
Wenn wir nun die Münztafel ansehen, so liaben wir auf den epirotisch-
molossischen Münzen teils einen Bullenbeißertypus, teils einen Typus, der vom
gewöhnlichen griechischen Jagdwindhunde sich nur durch plumpere Formen,
starken dicken Hals und großen, schweren, dabei aber spitzig zulaufenden 1-vopf
unterscheidet. Dieser letztgenannte Typus betrifft ohne Zweifel den epirotischen
Jagdhund, von welchem der obenerwähnte Aristoteliker nicht besonders erbaut
ist. Und in der Tat dürfte diese Rasse wegen ihrer Schwerfälligkeit in den Augen
der meisten Jäger hinter dem Lakoner oder Kreter gar sehr zurückg'estanden
sein, auch läßt sie sich nicht für besonders schön erklären. Anders steht es mit
der erstgenannten Rasse, dem Bullenbeißertypus. Diese wird noch weniger zum
eigentlichen Waidwerk brauchbar gewesen sein. Die Jagd.schriftsteller betonen
immer wieder, daß die groß- und schwerköpfigen Hunde zur Jagd unbrauchbar
seien, aber dafür können sie als Hof-, Haus- und Hirtenhunde tauglich gewesen
sein. Nach Pseudaristoteles pflegten sie das Kleinvieh (Tzpo^xia.) , also die Schafe
— denn die Ziegenhirten brauchten in der Regel keine Hunde — zusammen-
zuhalten und gewährten ihnen durch ihre Größe und Tapferkeit Schutz gegen
die reißenden Tiere. Außer W^ölfen und Bären werden sie auch räuberische
Menschen abgewehrt haben und sicher ist ihnen auch das in Epirus besonders
große Rindvieh zur Beschützung anvertraut worden: wenigstens spricht der echte
Aristoteles in einem Atem von den überaus großen Rindern und Hunden in
Epirus: Msytaxot S' oS pöez ^^at ol xiive? (bist. an. III 21, 106 A. et W.). Im Zusammen-
halten der gewaltigen epirotischen Rinder wird wohl ihre Hauptaufgabe in der
Heimat bestanden sein; diesem Zweck verdankte die Zucht der eigentlichen
Molosser ihren Ursprung.
Weitaus am deutlichsten ist der Bullenbeißerkopf auf der Münze n. 3 von
Argos Amphilochikon in Epirus aus dem Anfang des dritten Jahrhunderts v. Chr.
Mit ihm scheinen zu harmonieren die beiden liegenden ganzen Doggen auf der
Jahreshefte des österr. archäol. Institutes BJ. VUI. 33
Silberinünze von Argfos Amphilochikon ans iloui vierten Jahrliuiulert (n. i) und
auf der Bronzemünze von Epirus aus dem dritten Jahrhundert in. ;); lauter
entschieden stumpfschnauzige, bullenbeil3erartige Dog-gen. Dies siiul die allge-
mein hochg'eschätzten echten molossischen Doggen, die als Ilaus- und Hof-
beschützer, aber auch als Leibwächter ersten Ranges bei Königen und reielien
Privaten beliebt waren; sie sind es zunächst, denen die Molossereigenschaften:
gewaltige Gröl3e, Schönheit, Mut, Treue, aber auch iUssigkeit und fürchterliches
Bellen zugeschrieben werden, während sie an Schncllig'keit und Spürkrafl, somit
an den hauptsächlichsten ]agdhundtug(Miden, von anderen Rassen übertruifen
■wHi»-
Ülympiasstaluc.
wurden. Darum i.st es auch nicht verwunderlich, da(3 Xenophon unter den guten
Jagdhundrassen die Molosser gar nicht erwähnt, obgleich si<\ wie wir aus Ari-
stophanes wi.ssen, in Athen wohl bekannt waren.
Der breite, an die Bulldogge erinnernde Doggenkopf der Münze n. 3 stimmt
vortrefflich zu dem Bronzerelief aus Paramythia in Epirus,''*') wo die breitmäulige
Dogge mit kleinen abwärts gebogenen Ohren zu den Füßen des Anchises liegt.
Zu Anchisos in Epirus — mit dem Anchise.shafen bei Dionysios I 51 iden-
tisch — sollte der Gatte der Aphrodite einst spurlos vrrschwunden sein. Wenn
nun auch keineswegs feststeht, daß dieses Relief in Epirus selber angefertigt
**; MüUer-Wicseler, Denkmäler der alten Kunst II 293.
Hunderassen im Altertum -f^3
wurde, so ist es doch auf der andern Seite durchaus nicht unwahrscheinhch, dalj
der Verfertiger einen JMohjsser als Modell für den Hund des Anchises gewählt
hat, nicht irgendeinen andersrassigen Hund. Da nun der Anchiseshund einen
ausgesprochenen Bullenbeißertypus zeigt und mit dem sicheren Molosser der
Münze n. 3 ausgezeichnet übereinstimmt, so glaulje ich mich berechtigt, das
Paramythiarelief hier beizuziehen.
Große Ähnlichkeit mit dem Molosser des Paramythiareliefs hat ferner die
trefflich gemachte g'ewaltige Dogge, die unter dem Stuhle der Königin Olympias,
zeitweiliger Regentin von Epirus, ruht. Diese Statue, im Besitz des Fürsten Torlonia
zu Rom, gibt uns ein offenbar naturgetreues Bild des echten Molossers im vierten
bis dritten Jahrhundert vor Christus. (Fig. 64.)
Wenn wir von diesen mehr oder weniger sicheren Bildern ausgehen, so
ergibt sich ein zwischen der heutigen dänischen Dogge und der Bulldogge in
der Mitte stehender, etwas mehr an die letztere streifender Dogg^encharakter, der
an die assyrische Dogge anklingt und sich auch sonst auf classischen Denkmälern
findet, so auf der Gemme unserer Tier- und Pflanzenbilder, Taf. XV 39, als Schild-
zeichen x\chills auf einer Vase mit griechischer Inschrift aus Capua (Monumenti
X Taf. IX I, Reinach R. V. II p. 201) usw.
Da schon von Aristophanes die molossischen Hunde als eine offenbar sehr
bekannte und beliebte Rasse erwähnt werden, können sie natürlich nicht von
Alexanders pei'sisch-indischem Feldzuge herstammen; und warum sollten nicht
bereits alte macedonische Könige wie Am3'ntas . doggenartige Jagdhunde aus
Persien bezogen haben, die dann nach dem Westen weiter sich verbreiteten und
zur Veredlung des einheimischen großen Hundes, zur Entstehung der molossischen
Rasse führten?
Die Tapferkeit des Molossers wird oft g-erühmt, und die Physiognomiker
lehrten unter Berufung- auf Löwen und Hunde, daß überhaupt abgestuinpfte runde
Nasen „tapfer und heldenmäßig'' bedeuten.") Ptolemaeus hatte einen, der in der
Schlacht an seiner Seite kämpfte. Er führte bezeichnenderweise den Giganten-
namen Brlareus, war also gewiß von riesiger Kraft und Größe. Nach seinem
Tode entdeckte man, wie die Legende sagt, daß sein Herz dicht mit Haaren be-
wachsen war (Phot. p. 148 a 26) wie die Brust des Herakles. Jener Ptolemaeus
war wohl einer der ägj^ptischen Könige; im alten Ägypten gab es keine Bullen-
beißer: erst um Christi (ielourt findet man sie auch im Nillande. Die Geschichte
von dem Hunde, der bei einer Musterung des Heeres von Pyrrhos in Epirus*')
^') Physiogn. I proleg. p. CLXIII. *^) Plinius u. b. VIII 142. Plutarch de soll. an. p. 96g C. D.
33*
204
l'ig. 65 Assyrische Doggen AVildpferde jagend (Brit. Mus.).
die Mörder seines erschlagenen Herrn dem Könige anzeigte, indem er unter
wütendem Gebell auf die schuldigen Soldaten losstürzte, betrifft ohne Frage
einen Molosser.
Nach allgemeiner Ansicht stammt die antike edle Dogge von den Doggen
des Zweistromlandes, wo uns unter den Trümmern der assyrisch-babylonischen
-Städte prächtige Bullenbeißer mit und ohne jMähne als Steinreliefs, Tonmodelle
usw. begegnen. Meist sind sie mähn(>nlns, immer kurzhaarig; der .Schwanz ist nicht
buschig, sondern drehrund und relativ dünn gezeichnet (Conrad Keller a. a. O.
S. 73). So auf den Reliefs aus Kujundschik (Fig. 65 und 66) vom Palaste
Assurbanipals (668 v. Chr.). Die Kurzhaarigkeit unterscheidet diese Zweistrom-
landdoggen in auffälliger Weise von dem langhaarigen Tibethund und Tibet-
wolf,'") welche nach den modernen Kynologen die Stammväter dieser mesopo-
tamischen Hunde waren. Man nimmt nun an, daß die ursprünglich zottig be-
haarten Hunde in dem warmen
Mesopotamien ziemlicli rasch die
langen Haare verloren, wie dies
lieute noch in den heißen Ebenen
Indiens mit den aus dem Hima-
lajagebiote eingt-führten Dciggen
geschieht.'''') Daß die Hängeohren
der mesopotamischen Dogge kein
entscheidendes Hindernis tur die
Verwandtschaft derselben mit dem
1-1-. CO
Assyrische Doggen zur Jagd geführt (Bril. Mus.).
*') Der Tibetwolf, Canis niger, abgebildet
bei C. Keller a. a. O. S. 75.
=•"; C. Keller a. a. O. .S. 73.
Hunderassen im Altertum 265
Tibetwolfe einerseits und mit dem Molosser anderseits sind, ist sicher; auch
die Ägypter hatten ausnahmsweise Jagdwindhunde mit Hängeohren.
Es ist die gemeinsame Ansicht aller ernsthaften Kynologen, gleichviel wie
sie sich den Molosser vorstellen, daf3 diese asiatischen Hunde bei der Erzeugung
der berühmten molossischen Rasse den Löwenanteil hatten, und Kenner der
hellenischen Culturgeschichte werden dagegen nichts einzuwenden haben. Wissen
wir doch, daß die Alten eine Menge asiatischer Hunderassen, gewiß lauter oder
fast lauter doggenartige, kannten, und daß etliche davon zu den trefflichsten Hunden
gerechnet wurden, wie ja gleich der Hauptschriftsteller über die antike Jagd,
Xenophon, bei der einzigen Aufzählung, gelegentlich der Eberjagd, vor allen
anderen Hunden — den kretischen, lokrischen, lakonischen — die indischen nennt,
cyn. lo, I, während er cyn. 9, i für die Hirsch- und Rehjagd sogar einzig und
allein die indischen Hunde empfiehlt. Auch hören wir von der Einführung von
Rassehunden aus weiter Ferne durch Polykrates auf Samos aus Lakonien, dann
vom Schenken einheimischer Doggen seitens albanischer und indischer Könige
an Alexander den Großen, gerade wie den ägyptischen Königen unter anderem
edle Jagdhunde auf den Grabwandreliefs entgegengebracht werden; daß noch
Kaiser Valentinian lakonische Jagdhunde an seinem Hofe züchten und dressieren
ließ, haben wir oben gefunden.
Die Tibetdoggen werden unter dem Namen von serischen, d. h. chinesischen
Hunden erwähnt und galten für äußerst wild: genus intractabilis irae sagt der
Jagddichter Grattius. Aus China stammten sie keineswegs, sondern umgekehrt lesen
wir in chinesischen Chroniken, daß im Jalire 1121 v. Chr. ein Tibethund auf
Menschenjagd dressiert dem dortigen Kaiser als Geschenk g-ebracht worden sei.
Marco Polo erzählt von Tibetdoggen, die an Größe dem Esel gleichkamen und zur
Jag'd auf den gewaltigen Bergstier, den Yak, verwendet wurdt-n. Auch die Assyrer
kannten den Tibethund und sprachen von ihm als dem „Hund des Hochlandes"
(altasjyrisches Syllabar).-''') Vielleicht haben sie zuerst ihn gezähmt und als regel-
rechten Jagdhund für großes und gefährliches Wild gebraucht.
Die indische Dogge, die man allgemein mit der tibetanischen für identisch
hält, stand in der höchsten Wertschätzung. Im Rämäyana II, 70, 21 ff. schenkt der
Großvater Agvapati (d. h. Pferdebesitzer) dem Bruder des Räma, Bharata, schnelle
Esel und Hunde, „im Palast großgezogene, mit der Stärke des Tigers begabte,
mit den Zähnen kämpfende, von gewaltigem Köri^er". Man erzählte, daß sie aus
einer Vermengung von Tiger und Hündin entstehen; die Hündin werde in den
■*') O. Albrecht, Alteste Gesch. des Hundes 29.
DsohuMg"i-ln imyobiimlen, ilaiiiit iler Tiger .sich luil ihr paare; iVi'ilich wenn der
Tiger nicht brünstig' sei, habe er häufig' die armen lluiulc zerrissen und aufg'e-
zehrt. Beim Alexanderzug'e erlang-ten die Hunde der indisclien Ivönigfc Sopeithes
und Porös große Berühmtheit. Diiidur X\'I1 qj erzählt \(>n ch-ni ersteren eine
nicht unmögliche Ge.schichte, wonach sie bei Löwenhatzen auiSerordenthchen Mut
und Todesverachtung an den Tag legten. In Persien waren diese indischen Doggen
so beliebt, daß nach Herodot (I 192) der Satrap von Babyh)n die liinkünfte von
vier großen Dörfern der fruchtbaren mesopotaniischen Ebene bloß auf den Unter-
halt der indischen Meute des Großkönigs verwendete. Nach Xenophon waren sie
groß, stark und schnell, kamen nicht außi'r Atem und gaben \'orzügliche Sau-
rüden (cyneg. g, i; 10, 1).
Die öfters hervorgehobenen hvrkanischen liunde aus 1 1 vrkanicm, d. i. dem
„Wolfslande", am Kaspischen Meer, waren wohl gleicher Art wie die von .\li)a-
nien und Iberien, zwei ebenfalls kaspischen Ländern. Die iberischen erwähnt
Nemesian (cyn. 228) unter den trefflichsten Jagdlumden; iler albanischen g'cdenkt
Plinius (n. h. VIII 149 f.) als ungewöhnlich groß, tapfer und brauchbar gegen
Löw^n und Elephanten; .Solinus nennt .sie die richtigen Hunde für Löwen und Tiger.
Wegen ihres allzu grimmigen Wesens waren aber diese hyrkanisch-tibelani-
schen Doggen mehr gefürchtet als beliebt. Man sagte, die Hyrkaner seien aus
der Paarung von Löwen und Hunden hervorgegangen, daher hießen sie löwen-
gemischte, /,£0ViO|j,'.-('cf;.'''-) Vielleicht glichen sie jenen Bullenbeißern a.ssyrischer
Denkmälei-, die mit ihrer Halsmähne und sonst bei oberflächlicher Betrachtung
den Löwen zum Verwechseln ähnlich sehen.
B. Echte Molosser zweiter Classe (epirotische Jagdhunde).
Über die zweite geringere Classe echter Molosser i.st wenig zu sagen. Wir
erblicken sie auf den drei Münzbildern un.serer Tafel n. 2, 5, 6. Namentlich auf
dem wenig gelungenen .Stück n. 5, Silbermünze aus Argos Amphilochikon vom
vierten Jahrhundert, ergibt sich, daß diese Hunde etwas zugesjjitzte Ko])ffr)rm
hatten, aus n. 2 und 6, einer Silbermünze der Molos.soi vom vierten Jahrhundert,
und einer Bronzemünze von Argos Amphilochikfm gleichfalls aus dem vierten Jahr-
hundert, daß es eine sehr starke glatthaarige, glatt.schwänzige, etwas bemähnte
Rasse war mit kleinen .stehcndi-n Ohren. Der Hund von n. 5 zeigt auffallciide
Ähnlichkeit mit dem thrakischen Hunde von Madytos n. 7 aus dem vierten
'"^j Nicht '/£n-/-v,i=.'i'.i, löwcngroße, wie ü. Albrecht, Älteste Gesch. des Hundes 20 und andere .schreiben.
Huii'ierasscn im Altorlu
267
Jahrhundert. j\[an wird nicht fehlgehen, wenn man Verwandtschaft dieser Balkan-
hunde annimmt. Diese grof3en, schönen, schlanken, starken Windhunde mit mittel-
gToßen stehenden Ohren, wie sie die Münze vr)n Madytos zeigt, dürft(!n zur Jagd
und vielleicht auch zum Krieg-e recht brauchbar gewesen sein. Thrakische Hunde
erwähnt Babrios (fab. 85); die päonischen Herodots (V 1). die zur Schlacht mit-
genommen wurden, mögen zur gleichen Rasse gehört haben. June Halsmähne
i.st weder an n. 7 noch an n. 5 wahrzunehmen. Besondere Schönhi-it kann man
gewiß weder n. 5 noch 11. 6 nachrühmen; bei n. 2 ist leider der Kopf so ver-
stümmelt, daß man sich kein zuverlässiges vollständiges Bild machen kann.
Als Resultat bleibt somit stehen, daß wir in dieser zweiten Classe von
echten Molosserhunden keine Bullenbeißer, sondern Verwandte des großen thra-
kischen Windhundes vor uns haben ; und
niemand wird es einfallen, gerade diesen
Hund für den vornehmsten und schön-
sten und größten des Altertums zu er-
klären, während wohl die in n. 1,3 und
4 gezeichneten schöngewachsenen breit-
köpfigen Doggen ein solches Urteil her-
vorrufen mochten, wenn man sie mit
den kleinen lakonischen Fuchshunden,
den mageren kreti.schen Windspielen,
den oft winzig-en melitäischen Schoß-
hündchen verglich.
C. Pseudomolosser
(sicilisch-attische Dogge).
Außer den echten Molossern muß
noch in Kürze der unechten gedacht
werden, d. h. derjenigen Doggen, deren
Abstammung aus Molossien bis jetzt
allgemein angenommen wird, ohne daß diese Annahme auf irgendwelcher
sicheren Basis begründet wäre. Ich meine hauptsächlich die schon oben S. 260
gestreiften prachtvollen sitzenden sogenannten Molosser (überlebensgroße Statuen)
in Rom, Florenz (Fig. 67) und England.
Gleiche Rasse mit diesen vielbewunderten Wächterhunden zeigt der liegende,
als Grabwächter gedachte Hund aus hymettischem Marmor von einem Grabmal
Fig. 67 Dogge in den Ullizien zi\ Flo:
268 O. Koller
in Athen aus dein vierten Jahiluindcrt, ahg-obildet bei Collii^non, Si"ul])t. (ir. 1 383.
Auch er ist eine schöne, kurzohrigfe. breitniaulig'e, scdu" nuiskidilso Dogfge mit
Halsmäline. v<nn gleichen l'vpus wie die sitzenden l)ogg-en vom \^itican und
den Uffizien.
Eine g-ravierte Copie des offenbar sehr berühmten und beliebten hockenden
Pseudomolossers ist in unsere Tier- und Pflanzenbildcrn, Gcmmentafel XV 31,
wiedergegeben.
Das Modell dieser Darstellungfen muß ein ganz vorzüglicher Hund gewesen
sein, den man wohl als eine durch Schönheit, Kraft und Größe und g'ewiß auch
andere Eigenschatten liervorragende Dogge wird ansehen dürfen. Dafür aber,
daß es ein echter Molosser war, liegt kein Schatten eines Beweises vor; denn
die zottige Mähne, der buschige Schwanz, das nicht buUbeißerartige Gesicht harmo-
nieren absolut nicht mit dem Bilde, das wir von dem wirklichen Molosser erster
Classe bekommen haben. Wenn wir aber unsere Münztafel betrachten, so gibt
uns n. 14 einen Schlüssel zur Lösung des Rätsels. Es i.st eine Bronzemünze der
Mamertiner zu Messana vom dritten Jahrhundert v. Chr. Der T3'pus dieses derb-
kräftigen breitmäuligen, kurzohrigen Hundes mit zottigem Hals und buschiger
Rute weicht völlig ab von den anderen schönen sicilischen Jagdwiiidhunden
n. 13 Segesta und n. 1 1 Panormos, um so besser stimmt er mit den Pseudo-
molossern des Vatican und der Uffizien. Früher hat man die Münze dem Ort
Adranon zugeschrieben und in dem Hund das heilige Tier des sicilischen Gottes
Adranos gefunden. Ich vermute, daß man mit letzterer Idee das Richtige getroffen
hat. Nach Aelian (aus Xymphodoros) nat. an. XI 2o''-') übertrafen die tausend
prächtigen Hunde, welche das berühmte Heiligtum des Gottes behüteten, selbst
die Molosser an Größe und Schönheit. Bei Tage, wenn gute Menschen, gleichviel
ob Fremde oder Eingeborene, sich dem Tempel und Haine näherten, begrüßten
die mächtigen Tiere sie mit Schwänzeln und Springen. Wer aber mit blutbefleckten
Händen kam, der wurde angefallen und in Stücke gerissen, während Leute un-
lauteren Lebens zwar nicht zerrissen, aber vom Heiligtum verjagt wurden. Bei
Nacht zerfleischten sie als treue Tempelvvächter jeden, der den Versuch machte,
zu stehlen. Dagegen geleiteten sie als gefällige Führer die, welche vom richtigen
Wege ab sich verirrt hatten. Auch verschmähten sie nicht, harmlosen Be-
trunkenen denselben Dienst zu lei.sten, jedoch pflegten sie vorher gegen solche
Leute anzuspringen und ihnen die Kleider zu zerreißen, damit sie durch den
") Ganz Gleichartiges erzählt Aelian n. a. XI 3 Hepliaislos zu Aitne in Sicilicn
von den heiligen Hunden am Ätna im Tempel des
Hunderassen im Altertum 26c)
Schrecken zur Besinnung- kämen und zugleich einen wohlgemeinten Denkzettel
erhielten.
Die Schilderung erinnert stark an die modernen Hunde von S. Bernhard,
und es ist das wahrscheinlichste, daß sich ihre tatsächliche Kunst eben auf gleich-
artige barmherzige Hilfeleistung- einerseits und daneben auf kräftige Abwehr
aller verdächtigen Elemente anderseits beschränkt hat. Was darüber hinaus erzählt
wurde, ist legendarisch.
Wo die.se Dogge herstammt, kann nicht gesagt werden, vielleicht aus athe-
nischer Zucht — es gab „Hannodier" wie es kastorische und menelaische Hunde
gab. Die vielfachen Berührungen der Athener und Perser zur Zeit der Perser-
kriege und die große Hundeliebhaberei der vornehmen Athener (Glaukon, Al-
kibiades u. a.) macht es sehr glaublich, daß dort im vierten und fünften Jahr-
hundert persische Doggen eingeführt und zur Veredlungszucht benutzt wurden.
Xach dem Tyrannenmörder, der ja sehr volkstümlich war, können sie Harmodier
genannt worden sein. Cougny (a. a. O. S. 884 1 erklärt den Mamertiner Hund für
einen Kreter. Mir aber scheint es, daß wir mit mehr Recht jene Pseudomolosser-
statuen und den Mamertinerhund als Doggen, die Kreter aber als Windhunde
ansehen; eine Hauptstätte der Zucht für jene Doggen bildeten die Heiligtümer
des Adranos in Sicilien.
Prag. O. KELLER
Athlet oder Apollon?
Es ist nicht Befangenheit im Herg-ebrachten, was mich zu einigen Be-
merkungen geg'en Hausers oben S. 42 ff. abgedruckte Darlegungen über den
polykletischen und in zweiter Linie auch den pheidiasischen Diadumenos ver-
anlaßt. Im Gegenteil: Hausers Auffassimg, wonach die beiden von mir stets
besonders hochgehaltenen Schöpfungen aus der menschlichen in die göttliche
Sphäre zu erheben wären, führte, nach einem nur vorübergehenden Befremden,
in mir durch einige Zeit einen recht ernsthaften Kampf gegen eine langgehegte
andere, welche diesen Werken eine bedeutungsvolle Stelle in der Entwicklung
der Athletendarstellung zuweist. Und ich darf sagen, daß dieser letztere Umstand
mir fast einen stärkeren Anstoß zur Nachprüfung bot als die \'erteidigung einer
Zusammenstellung,') die, als Pflichterfüllung gegenüber einem neugewonnenen
•) Wiener Studien XXIV 1902 (Bormannheft) S. lG6ff.
J.ihreshefte des osterr. archiinl. Institutes B.r VUI. 3^.
Erkenntnismittel, schlielJlicli iiiclit über ihre \'orauRsetzunrr hinaus (icltunr*- be-
anspruchte.
Ausg'anyfspunkt für Hausers Erörterungen sind die Attriliute am Baumstamm
der delischen Diadumenosreplik. Docli stützt er sich nicht auf diese allein.
Wesentlich mitbestimnuMid für seine Ansicht sintl vii^lmehr: erstens die Erwägung-,
daß ^gerade für die Zeit, in welcher Polyklet seinen Diadumenos schuf, und
gerade für die künstlerische Richtung- Polyklets ein Apollon mit kurzen Haaren
durchaus angemessen" ist, und zweitens der Hinblick auf eine andere, nach
Hau.ser mindestens im Motiv identische Apollonstatue.
Ich meine nun zunächst, daß die angegebene Begrenzung- des kurzhaarigen
(richtiger wäre vielleicht: nicht langhaarigen) ApoUonideals eine zu enge ist Es
reicht vielmehr wie nach unten, so auch nach oben beträchtlich über die Ent-
stehungszeit des Diadumenos, das ist auch nach Hauser (S. 47; 49) etwa 425 v. Chr.,
hinaus. Schon Wernicke'-) hat einiges angeführt, was der ersten Hälfte des
fünften Jahrhunderts angehört; mir liegt es nahe, dazu auf das Vasenbild des
Museo Gregoriano mit Apollons Meerfahrt ^) zu verweisen, das Reisch, doch wohl
richtig, um 480 ansetzt. Man wird den Sachverhalt wohl so ansehen dürfen, daß,
wie vom Anbeginn an das Apollonideal mit dem des Athleten zusammenfiel, es
auch eine Zeitlang an der kurzhaarigen Bildung des letzteren Anteil nahm, bis
dann vom vierten Jahrhundert weiter der langhaarige Apollontypus tdleinige
Geltung erhielt. Aus dem Auftreten typengeschichtlicher Neuheiten auf Münzen
Schlüs.se für die allgemeine Kunstchronologie zu ziehen, bleibt bedenklich und
die von Hauser') citierte makedonische Serie, bei der der kurzhaarige Apollon
erst von 392 zu beobachten ist, schränkt den Reweiswert der anderen Serien
ein, welche den Übergang des archaischen Typus in den kurzhaarigen in der
zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts vornehmen. Den kolophonischen Typus'')
dürfte übrigens auch Furtwängler heute nicht unter die erste Hälfte des fünften
Jahrhunderts herabsetzen. Es leuchtet ein, daß, je weiter die Grenzen der Herr-
schaft des kurzhaarigen Typus zu ziehen sind, um so mehr die speciell polykleti.sche
Anknüpfung sich lockert. Wir können nur höchstens folgern, daß, falls Polyklet
einen Apollon schuf, wir ihn uns kurzhaarig vorstellen dürfen.
Die tatsächliche Existenz eines polykletischen Apcilhm zu erweisen sind
aber die von Hauser, gewiß nicht in so weitgehender Absicht, beigebrachten
^) Bei P.-iuly-Wissowa II I Sp. tjj. *) S. 43, Anm. 2.
'; Monum. d. Ist. I Taf. XLVI: Kcisch bei ') P. Gardner, Types IV 35: v<;l. Fiirtw;in;;ler
Hclbig, ]-ührer' Xr. I22y. bei Röscher, Lex. I I Sp. 45g.
Atlilct oder Ap.illon? 27 I
Apollonköpfe auf den Münzen des chalkidischen Bundes und der epikncniidi-
schen Lokrer'') eine zu scliwache Grundlage. Selbst den polykletischen Charakter
dieser Köpfe zugegeben, für den mindestens die Löckchen und bei den ersteren
doch auch die Schädelform mir so nicht specifisch scheinen, vermöchte ich mir
eine Vorstellung nicht anzueignen, welche für die auf Münzen erscheinenden
Kopftypen jedesmalig-e Abhängigkeit von statuarischen Vorbildern postulierte.
Eben die Fig. 12 g-egebene Nebeneinanderstellung der zwei meines Erachtens
nur durch das verschiedene Formempfinden der Verfertiger abweichenden Stempel
von Chalkidike kann das Mißliche einer solchen Annahme, das durch den ört-
lichen und zeitlichen Abstand des vorausgesetzten Orig-in;ds sich steig'ert, beleuchten.
Aller auch daß der Apoll beim Arestempel in Athen nicht bloß in der An-
legung der Tänie, sondern auch in dem Mangel positiver apollinischer Abzeichen
unserem Diadumenos geglichen haben müsse, läßt sich aus seiner einzigen Er-
wähnung, Paus. I 8, 4, nicht erschließen. Hauser selbst berüln-f die Möglichkeit
eines umgehäng-ten Köchers und mit diesem mochte der von der Hand nicht
gehaltene Bogen verbunden sein. Und wenn dies als unwahrscheinlich gilt:
konnte der Gott nicht durch ein neben ihm befindliches Attribut, wie Dreifuß
und Schlange, Greif oder dergleichen, oder auch nur durch die von Hauser so
drastisch geschilderte weibliche Bildung — wir wissen ja von der l^ntstehungs-
zeit des Werkes gar nichts — g-ekennzeichnet sein?
Es bleiben der an der Stütze des delischen Exemplares angebrachte Bogen
und Köcher, und wie bereit auch ich von vornherein bin, in solchen von den
Copisten beig-efügten (jegenständen Zeugnisse ihrer Interpretation und damit
wertvolle Beiträge zur Deutung der Originale zu erblicken, mag die Tatsache
belegen, daß ich vor vielen Jahren schon eine damals leider nicht durchgeführte
Bearbeitung des Materieds auf diesen Gesichtspunkt, die allerdings auch das
Zutreffen der Voraussetzung selbst zu umgrenzen gehabt hätte, empfahl.
Nehmen wir sie aber für einen Augenblick bei unserem Exemplar als gesichert,
dieses darnach im Sinne seines Verfertigers als ApoUon an, so stehen doch
diesem einzelnen eine Anzahl anderer g-egenüber, deren Interpretation als Athleten
nicht minder gesichert ist.") Gegen den Palmstamm freilich, den drei Repliken
zur Seite haben, ^) wendet Hauser ein, daß derselbe für Apollou ebensog'ut passe
"j Der zu diesen Münzen von Hauser a. a. O. raente ein. Daß ich überhaupt den Gegensatz zwischen
gegebene Hinweis auf den Diadumenos schließt, wie polykletischem und attischem Schädel niclit ganz er-
leb mit Furtwängler, Meisterw. 443 glaube (da- fasse, sei hier nur nebenbei eingestanden,
gegen freilich Couve, Mon. Piot III 149 iT., Paris ') Hauser S. 46.
ebenda IV 70), das Zugeständnis attischer Ele- ^) Das sind außer der Torloniaschen (Hauser
34*
wie tür i-iiU'ii .Vthlclcn. !•> konmU alicr iiirhl sowohl auf die Möylirhki-it a priori.
als auf den tatsächlichen lielirauch an. und dieser ergibt /.um mindesten das X'or-
wiegfen der Verwendung- des Palmstammes oder eines an den Tronk angelegten
Palmzweiges bei Statuen von Athleten oder sonst in Verbindung; mit der Idee
des Sieges, wogegen er sich umgcki'lu't neben Apollonfiguren gar nicht belegen
zu lassen scheint.'') Man kann auch fragen, ob der Zeit der C'opisten die aiiolli-
nische Beziehung der Pahne noch geläufig und nicht vielmehr liurcli die übliche
Bedeutung als Siegesemblem verdrängt gewesen sei. '") Dazu kommen übrigens
bei der Torloniaschen Replik die Sprunggewichte, die gleicli dem Palmstamm
als in der Hauptsache antik unil zur Statue gehörig Hauser und ich bei gemein-
samer Besichtigung erhärten konnten.") PIs stellt sich also eine Verbreitung-, um
nicht zu sagen Allgemeinheit der Auffassung als Sieger heraus, der gegenüber,
das Bedeutungsvolle der Tronkmotive immer vorausg-esetzt, sich die Frage gerade
im umgekehrten Sinne erhebt: ob nicht das vereinzelte delische Exemplar eine
Umdeutung vergegenwärtige. Umwandlung-en von Athletenstatuen zu Göttern
sind ja nicht ganz unerhört, '-) und welch weitgehende Anpassungen sich gerade
die polj'kletischen Typen in römischer Zeit gefallen lassen mui3ten, lehrt jedes
größere Museum.
Aber ich muß auch auf das durchaus Bedingte der Voraussetzung zurück-
kommen. Wir beobachten es ja hundertfach in der griechischen Kunst, und nicht
bloli da, wie ursprünglich Sinn- und Beziehungsvolles durch Routine zur gleich-
gültigen Formel wird, und wenn wir die für das Beiwerk der Baumstämme ver-
wendeten Elemente überblicken, so heben sich von einer gewissen Mannigfaltig-
keit seltenerer eine Anzahl ziemlich häufig wiederholter ab, zu denen Köcher
und Bogen gehören. Kann es verwundern, wenn bei diesen auch gelegentlich
gedankenlose Anwendung unterlief und wenn dies mit den apollinischen Attri-
buten gerade bei einer für, vielleicht auf Delos gearbeiteten Statue geschah?
Mir scheint diese Annahme die einfachste und ansprechendste.
S. 45) die des Palazzo Valentini (Matz-Duhn II06, ") Vyl- auch Uenndorf, Rom. .Mitteil. I 1886
Petersen, Ball. Comun. XVIII 1890 p. 190) und S. 118.
des stadtrömischen Antiquariums (Petersen ebenda '-) Ich hatte die Tatsache, aber Ueinen sicheren
Taf. XI. XII S. 187 f. . Beleg (der Neapler Doryphoros kann nach Mau,
'( Ein Hörer, Herr Dr. ü. Colasanti, machte Strcna Helbigiana 184 ff. nicht mehr angeführt
auf meinen Vorschlag die Frage zum Gegenstand werden) in Erinnerung. Arndt frischte die an die
einer sententia controversa. Seine Nachforschungen Fußflügel des Dresdener Salbers (vgl. auch Arch.
hatten das oben angedeutete Ergebnis. Anz. 1899 S. 22 n. 105) und den HerinesDiskobolos
'") Ebenso urteilt P. Arndt, mit dem ich die auf Münzen von Amastris (Habich, Jahrb. d. dtsch.
Frage kurz besprach. Inst. XIII 1898 S. 58) auf.
Athlet oder ApoUon? 273
Und das führt auf die Frage nach der Zeit und Verwenchuit;' der delischen
Copie. Couve'-') nahm als lüitstehung-szeit das zweite, spätestens den Beginn des
ersten vorchristlichen Jahrhunderts an, und das wäre für die Copie an sich,'*)
und nach anderen Studien auch für die Zusätze, allerdings recht früh. Aber der
eingehendere Bericht über die Ausgrabung-*'') zeigt, wie diese Datierung sich
eigentlich auf den übrigen Complex von Gebäuden bezieht,"') neben denen das
den Diaduinenos beherbergende eine Sonderstellung einnahm.") Die für dieses
sich erg'ebenden, vielleicht mehrmaligen Herrichtungen und Ausbesserungen '**)
nötigen jedenfalls, die Dauer seiner Benutzung auf einen beträchtlichen Zeitraum
auszudehnen. War das Ganze nun, wie Couve annehmen möchte, eine Bildhauer-
werkstatt,''■') dann wäre die .Statue als auf Delos selbst gearbeitet erwiesen und
die obige Annahme stereotyper Gedankenlosigkeit erhielte einen Vorschub. Auch
wäre die Figur, falls man sie nicht als ehrwürdigen Ladenhüter ansehen wollte,
in die Spätzeit der Benutzung des Gebäudes,^") also in die Kaiserzeit, zu setzen.
Nach der Gestalt des Baues und einzelneu Funden-') ist es aber auch nicht ab-
zuweisen, daß er als Gymnasion diente oder doch mit dem Gymnasion in Zu-
sammenhang stand, und das wäre für die athletische Bedeutung auch der delischen
Replik gewiß nicht unwesentlich.
Die Bezeichnung des Werkes in unseren Quellen mit dem bloßen Namen
Diadumenos bedarf zu ihrer Begründung nicht des Wandels des Apollon-
ideales.''-) Man könnte auch im (Tegenteih' behaupten, daß die enge Verbindung,
in welcher der diadumenus bei Plinius mit dem doryphorus erscheint, beide in
die gdeiche .Sphäre weist. Und mustern wir die verwandten griechischen (und
auch lateinischen) Benennungen in Plinius' XXXIV. Buche, so werden wir gewahr,
wie sie weitaus überwiegend menschlichen, namentlich athletischen Darstellungen
zukommen.
") Mor. Piot III 152 f.; vyl. Hauser ,S. 44. hell. XXIX 1905 p. 255 und dazu hoffenllich bald
'■') Vgl. Furtwängler, Statuenkopien I (Aldi. XXVI p. 490.
bayr. Akad. XX. Bd. III. Abt.) 544. -'- Vgl. die Paidotribeninschrift Bull. d. Corre.sp.
'^) Couve, Bull, de Corr. hell. XIX 1895 p. -l'io IT. hell, XIX 1895 p. 5I0f., wo Couve selbst die Er-
■"j Ebenda p. 461. 463. klärung als Gymnasion streift, die er aber .S. 513
1') Ebenda p. 509 ff. Taf. IV; vgl. .S. 516. aus vielleicht nicht zwingenden Gründen (konnten
") Ebenda p. 510. 516. die Wasseranlagen nicht später sein?) ablehnt. Da-
■■ä) Ebenda p. 515 f. selbst p. 481 f. Fig. 12 eine von Couve. a. a. O.,
-") Daß Delos nach dem raithridatischen Kriege Mon. Piot III 138 als Athlet gedeutete Statue mit
ganz verödet gewesen sei, wird selbst durch die von römischem Porträtkopf, von Hauser .S. 42 als Porträt
v. Schöffer bei Pauly-Wissowa IV .Sp. 2500 in gegen- als Hermes gefaßt. Unter den Funden auch (p. 509)
teiliger Tendenz mitgeteilten Tatsachen widerlegt. eine bärtige Herme.
Vgl. jetzt auch Dürrbach-Jarde, Bull, de Corresp. --) Hauser S. 46 f
2 74 !■:• l-invy
lüullich lue von Häuser, alliTiliiiiiS mit tMiiii^rni \'(irhclia!t, licrani^e/.ov^i-nc
Parallele des pheidiassohen Anaduiiu-nos, di'sseii XarhbildiuiL;" irh i^lcichraUs iu
der farnesischen Statue erkenne. Auch hier /.ii'ht meines l'.raehteus lIaiis(M-. mit
Gurlitt,-') den Kreis des Möglidien zu eni^', wenn ei- aus der lehlciuleii Xcnnuni^-
des Dargestellten bei Pausanias die Unmöglichkeit ableitet, die Statue aul einen
Sieger zu beziehen. Wir besitzen ja in Olympia eine Anzahl von Siegerbasen
des fünften Jahrhunderts, iHe durch spätere Wiederluilung das \^erlöschen aller
oder eines Teiles ihrer ursprünglichen Aufschriften dartun.'-') Diese Erneuerungen
alle gleichzeitig und in frührömischer Zeit vorgenommen zu deidviMi, sehe ich in
den Schriftformen keine Nötigung. Nehmen wir nun an, dalJ bei dem pheiihas-
schen Anadumenos ein solches Verschwinden des Namens des Dargestellten vor-
lag, ohne daß, zu Pausanias' Zeit wenigsttnis, die Mrneuerung- stattgefunden
hätte, so erklärt sich der Sachverhalt vollkommen. Der Name des Künstlers
konnte dabei leserlich oder, wenn auch erloschen, tlurch Tradition erhalten ge-
blieben sein.-'') Das relativ lange Haar bei einem Jüngling ist in gleichzeitigi-n
attischen Werken nicht ohne Analogien.-'')
Aber auch wenn wir \on der Beziehung dii-ser beiden .Statuen auf Athleten
absehen müßten und ihniMi selbst den Petworthschi'ii Ko]jf-') anreihen wollten,
was Hauser ja nicht tut und was auch nicht leicht zu begründen wäre, so ist
darum das Element der l'iinde bei agonistischen Figuren nicht aus der Welt
geschafft. Und zwar führen auch die erübrigenden statuarischen Beispiele^'')
merkwürdig genau in die Zeit der obgenannten Werke.-'') Es scheint also das
Diadumenosniotiv — seinerseits eine Variation des .Sichkränzens, wie bei dimi
") W. Gurlilt, Pausnni.is jyn f.
-') ^ yl- Inschriften vun Olympia n. 158 und die
daselbst angeführten anderen l-'älle: n. 147 — 148. 155.
156. 162 — 163.
") Ein dem oben vorausgesetzten paralleler Kall
ist Inschr. v. Olympia n. 158, wo die Inschrift des
Siegernamens erneuert ist, die ursprüngliche also ver-
schwunden war. Daneben ist die ursprüngliche
Künstlerinschrift erhalten.
"j Vgl. im Parthenonfries (von Stuartschen
Zeichnungen abgesehen) West II 2 f Michaelis Text
S. 229), Süd XLII 125, oder das Berliner Thescus-
fragment (Heibig, Führer^ II zu n. 870).
") Furtwänglcr, Meisicrw. Taf. XVI S. 332 ff.
Maselbst die Repliken). Zur Chronologie S. 337.
^) Es sind dies (nach Jüthner, Jahresh. I 1898
S. 48) die Figur am vorderen (Jucrriegel des Zeus-
thrones, Paus. V II, 3, und die .Statue des Wagen-
siegers l'olyltles, ib. VI I, 7, welcher die Täniu in
der Hand hielt. Für des letzleren Sieg hat Robert,
Hermes XXXV 1900 S. 176 f. eine der Olympiaden
88 oder 89(428 — 424) wahrscheinlich gemacht; vgl.
Hyde, De Olympionicarum statuis 4 <(„01. 89 (?)">.
Die von Robert noch offen gehaltene Möglichkeit,
daß er erst nach Ol. 90 falle, wird nach dem in der
folgenden Anmerkung Krw.ähnlcn um so unwalir-
scheinlicher, je mehr man sirli von diesem Datum
entfernen würde.
'■'; Fs ist beachtenswert, dali nach Jüthner a. a. O.
in den Darstellungen die Tänie schon in der ersten
Hälfte des vierten Jahrhunderts verscliwunden ist.
Atlilcl oder Apollon? 2^5
Epheben Westmacott ^'') — elji-n damals in der Atliletendarstellung modern ge-
wesen zu sein, und Polyklet und Pheidias hätten, wenn Hausers Erklärung zuträfe,
gerade dieses für geeignet gefunden, es ohne jede unterscheidende Charakteristik
auch für Apollon anzuwenden, und das, wenigstens in dem Falle des Pheidias,
in Olympia, in der Umgebung von Siegerstatuen.
Hausers Beweise für Apollon sind also nirgends einspruchsfrei, vielmehr
läßt sich aus dem VorgebrachtiMi manche Bestätigung für die übliche Erklärung
des Diadumenos entnehmen.
Die von mir vermutete Gleichsetzung der .Statue mit dem Fünfkämpfer
Pythokles-") hat hiebei keine Rolle gespielt. Auf die, von Hauser nicht zu
sehr betonten, chronologischen Einwendungen hatte ich schon von vornherein
Bedacht genommen. ^2) Wohl aber erfordern die technischen Bedenken einige
Worte. Hauser ''ä) hält es für undenkbar, dati der Fuß des Spielbeines mit zwei
Zapfen verankert war, während der des Standbeines nur einen und dazu noch
einen schwächeren Zapfen hatte. Ich meine nun freilich, daß nur praktische Er-
fahrungen über die antike Aufstellungsweise hier entscheiden könnten. Und bei
Erwägung der statischen Verhältnisse unserer Figur scheint es mir, daß sie, nur
mit der nötigen Versicherung gegen Erschütterung-, nahezu von selbst auf der
Basis .stehen könnte, wenn nicht ein gewis.ser Gewichtsüberschuß nach der linken
Körperseite drängte. Ich könnte mir denken, daß diesem Umkippen nach links
der Künstler nach Kräften vorbeugen und zugleich die Kleinheit der Berührungs-
fläche am linken Ballen durch möglichst starke Verzapfung compensieren wollte,
und würde es begreifen, wenn er, zumal in einer Zeit noch relativ junger Ver-
wendung des Standmotivs, hiebei nach griechischer Art über das Notwendige
hinau.sgegangen wäre. Aber sei dem wie immer: wie will man darum herum-
kommen, daß nach den Bettungen auf der olympischen Basis •'^) der vorgesetzte
rechte Fuß mit ganzer Sohle aufruhte, also dem Standbein angehörte, das linke
sonach Spielbein war? Und wäre es auch voll aufgetreten, so wäre die zwei-
fache Art der Befestigung erst recht verwunderlich. Von dieser .Seite her bleibt
also die Pythoklesconjectur geschützt, und aus den seitherigen Erörterungen
ergeben sich noch zwei weitere Voraussetzungen zu ihren Gunsten: die Halteren
^^) Man vergleiche auch, neben der oft mit dem ■'^) Oben S. 47.
farnesischen Diadumenos verglichenen Figur des '■■) .S. das Facsimile Inschr. v. Olympia n. 162
Parthenonfrieses Nord XLII 131, den sich Kran- — 163, wiederholt Wien. .Stud. a. a. O. S. 167
zenden Süd XLII 121 (dazu Michaelis Text ,S. 240;. (dazu die Ausführungen; das oben Bemerkte trifft
") S. Anm. I. übrigens bei welclier Wahl immer zu).
'2) A. a. O. S. 172 f.
K. l.üwy, Alhk-l oiliM AiH.llon:
am Palmstamin ilor Torloniaschon Ki'iilik und dii' uni^i^srhwdllciu'n ( )hri'n,-''')
\vas boides. wonn nicht ycdankiMilcis,-'") di'in I'i'iilatldonsii'^cr und in seiner Ver-
bindung' nur diesem g'emäü ist. Uli möchte aber das damals ausg'esprochene
Malj von ZuversiclU niclit iiberschn'it<>n. da mir Prüfung des delischen Kxemplares
am Original nach wie vor niclit nn")L;licli war.''")
Rom.
K. l.OWY
Inschrift aus Hycttos.
In H. (t. Ldllings XachlalJ haben sich zwei BiigiMi mit AulzeiclHUins;(Mi ge-
funden, die von der Hand Professor Gustav Körtes herrühren und Inschriften
betreffen, die diesem bei seiner im Auftrage des deutschen archäologischen Insti-
tutes im Jahre 1878 ausgeführten Vereisung P>oiotiens bekannt geworden waren.
Da Körtes Mitteilungen von Lolling für die Sammlung der nordgriechischen
Inschriften nicht verwertet worden sind, veröffentliche ich mit freundlicher Er-
laubnis des P'inders nachstehend zwei Beschlüsse der Hyettier, die unter den in
Dittenbergers Ausgabe fehlenden Stücken allein von Bedeutung sind.
_Pavlo. Block von grauem Marmor, lang cöS '", breit 0-28 '", dick 0-24"', an
beiden Seiten gebrochen. Die Oberfläche zeigt an der linken Kant(> (>in Klammer-
loch. Der Block stammt aus Hyettos (Dendra), von wo er zum Bau der Kirche
in Pavlo geholt ist."
") S. oben S. 272. Vgl. auch den Wiener Dis-
kobol, Jüthncr, Turngeräte 10. Zu den Obren auch
Furtwängler, Mcisterw. 333.
•") Für eine solche Verwendung der Halteren
bei einem Faustkämpfer s. Jüthner a. a. O. Bei den
Ohren wäre allerdings die Gedankenlosigkeit eher
in der umgekehrten Richtung vorauszusetzen, nämlich
in der Übertragung auf Sieger, deren Kampfart nichts
mit Faustschlägen zu tun hatte. Aufklärung brächte
wohl nur eine umfassende Nachprüfung in den Original-
museen.
=•") Vgl. Wien. Stud. XXIV 1 72. Seither hatte Six
die Zuvorkommenheit, eine Papierdurchzeichnung des
Grundrisses des delischen Exemplarcs nach dem
Abguß für mich herstellen zu lassen. Das Auftragen
auf ilic F.inlaßvorrichtungcn der olymjiischen Basis
ergal) auch hier für den r. Fufi und den rückwär-
tigen Teil des 1. vollständige, axiale Deckung; da-
gegen bleiben von dem vorderen Zapfenloche des 1.
Fußes bis l'/2Cm nach der Innenseite zu unbedeckt.
Ich vermag ohne Prüfung der Origin.alc nicht zu
beurteilen, worauf dieser, an sich ja nicht unge-
wöhnliche Maßunterschied zwischen den zwei Re-
pliken (Vaison und Delos), deren 1. Beine beide aus
Stücken zusammengefügt sind (vgl. für die delische
Bull. d. Corresp. hell. XIX 1895 Taf. VIII), zurück-
geht. Von vornherein kann natürlich das delische
F.xemplar („nicht allzu stilgetrcu" nennt es Ilauser
S. 42) die größere Genauigkeit nicht in Anspruch
nehmen.
A. Wilhelm, Inschrift aus Hyettos 277
,.Ib. Block von grauem Marmor, an allen Seiten gebrochen. Mit dem
vorigen zusammen von Dendra (Hyettos) geholt."
\'on beiden Bruchstücken liegen außer G. Körtes Abschriften auch etwas
vollständigere Abschriften Lollings vor, die augenscheinlich auf Entzifferung der
Abklatsche beruhen, die Körte LoUing laut einem Vermerke übergeben hatte.
/AOAnixoz2;nKKA\i
lOzENTniZYNEAPiniKAITniAHMni
:nZ EFEIAHriNOMENnN A A I KHM
THNXnPANAIATOFAPAn NOM E NOK
iKA 1 APFArHITnNAAAOTPinN
5 TEINKAI+ONOYrEFITEAEIZ
nMATnNTEKAl0PEMMATn^
ZTINENTOIZTOIOYTOIZI
AlMAAlZTATnN AYNAM
THinOAEIKAlANAZ nZEIh
..- T A K A I F A P A tY A A T T E 1 N ;< /
TOYZ~AAAlKHMATAZYN~
TYr#ANOYZI NAEKAIFOAI
A P X (Mmr\ I A f i /\ Z F O A E M A I
FAPXONTEZANAPEZEf/
15EIME OIFPOZTHNHMETE
rEIAEFAPEXOMENOlMETA/
INOMENOIZFPOZAYTOYZ
OYTn^ lANIi^llTHK/"
AZMENr KKAI A^mjKT Z n N ,
20 1 A N 4> I A O Z O N 1 A ~ I N A O. ^ N K
- n N T A I ^-^ I M n r- T E Z T O Y Z '>
A n.1 iK AIX AP I N /s FO A I ^
^' 0 1 H z r
ZTHZFO
EAOZEN'
ZONnNKATA
FEPI+YA/
~ni AHZTE
NOMENriN
_T E E K KO
THNXnPA
A I A P F A TA Z
EF, AHZTE
ATKAI ONAE
AYAAZTEK
Z A-^Y^T E XEZ
OAIKAIAPF
B 0 H 0 E 1 N
TriN ANA^
T 0 A A YME
TO IZKAIP
Y E 1 N
NA M E r
MENO YZ
Z E 1 N-
OZ AIKA
K A 1 M
A T A 1 0 1
ZE
0 Y 5"
N K A^
A P"^
W/S/\ Z T H M
-£ F 0 Y /\ \ - 1 K
EZ^IFPO
'^ 0 1 M S 01^ IN/
X PEI '^N
ir T /
\ m A M
AI X 0 1 1
A A YZ
A
T 1 1
Y ~ 0 YT
Da diese Abklatsche sich in Lollings Xachlaß, der im deutschen archäologischen
Institute zu Athen verwahrt wird, nicht mehr vorfinden und die Steine selbst, zum
Jahresheftc des osterr. archäoL Institutes P.il. VIO. 35
278 A. WiUiclm
Hau iler Kirche j^t»br;u-ht. aller Wahrsiiu'iiilichkiMt nach für inmirr Ni'rlorcn sind.
kommt diesen Abschriften Lollinj>s besontlerer Wert zu. Ich wiederhole sie auf
vorstehender Seite und füge in d(Mi l-'rläuterungen die wesentlichsten Abweichungen
von ("f. K Ortes Abschrift bei.
Über den Urkunden steht in größeren Buchstaben, aber ansclieincMid sehr
ähnlichen Zügen die Künstlerinschrift :
fDJlio/.öu/.o: I(o-/.päiou [— £]-oir^a[£v].
Seinem Namen nach vermutlich Boioter, ist der Künstler, so viel ich sehe,
sonst nicht nachzuweisen; den ^'aternamen gibt Körtes Abschrift vollständig er-
halten. F.in 'OjioXwVyo; Iw-z-patsu erscheint in der von J. G. C". Anderson, Annual
of the British School 1897 p. to6 herau.sgegebenen Liste, die unter der Über.schrift
CTJvd-jTa: Ol xa-a3X£'jaaxvT£; zb yjpxaiov All Kepat'wi xai 'Avfl-ai über hundert Männer
einer unbekannten boiotischen Stadt nennt. Der Herausgeber betrarhtit dm
Stein, der zu Athen im Viertel Plaka, aber nicht gerade, wie F.. Betlio, Real-
encj'clopädie Suppl. I 88 angibt, bei dem Bogen des Hadrian, gefunden sein soll,
unbedenklich als attisch, obgleich die mei.sten ayv8ü-at, wie er selbst hervorhebt,
boiotische Namen tragen. Es sind ihrer zu viele, als da(3 ich mich mit Anderson
bei der Annahme, der J. Oehler, Zum griechischen Vereinswesen, Wien 1905 S. 6
zustimmt, beruhigen könnte: 'that the original nucleus of the guild consisted, not
of native Athenians, but of foreigners resident in Athens, and that these foreigners
were Boeotians'. Die Inschrift wird vielmehr aus Boiotien nach Athen verschlepi)t
sein, wie umgekehrt auch Steine von Athen nach Boiotien gewandert sind ('EcpY^|i.
ipy. 1902 a. 142). Leider läßt sich von den vorliegenden Namenverbindungen,
soviel ich sehe, nur eine in IG VII sonst nachweisen: ein Aiovj^öSwpo^ Xor/pa-ou[s
begegnet unter den cuvö-UTa: Sp. II Z. 5 und in einer Liste aus Theben IG VII 2445,
die Dittenberger eher dem zweiten als dem ersten Jahrhundert n. Chr. zuweisen
möchte, Z. 21. Daß es sich um Ahn und Nachfahr handelt, kann als sicher, dal.i
auch ersterer Thebaner war, nur als wahrscheinlich betrachtet werden, weil der
angeblich athenische Stein rund 200 Jahre älter ist und die Familie im Laufe .so
langer Zeit ihren Wohnsitz im Lande gewechselt haben kann. Ob in den zahl-
reichen nach dem Abschluß von Dittenbergers Sammlung gefundenen boiotischen
und anderen auf Boioter bezüglichen Inschriften Namen der Liste wiederkehren,
weiß ich nicht zu sagen. In dem ZsO; Kcfaio; oder Kcfxidc, dem die auvtlutai das
Gymnasion widmen, hat Anderson den nach Pausanias IX 1 0 in Theben verehrten
Inschrift aus Hyc-ttos 279
Zeus Amnion erkannt, aber nicht an den Beinamen Kapa;ö; oder Kapaio; er'.nnert, den
Zeus nach Hesych bei den Boiotern führte (s. auch E. Capps, Harvard Studies
in Classical philology XV 68) und den die Inschrift IG VII 3208 aus Orchomenos
und längst richtig gedeutete boiotische Namen (Kapxcoylvr^c, Kapäl/_o;, Kapatwv,
Kapal'g) bezeugten. Ich vermute, da(3 Kapaiöj und Kspaiö; nur in der .Schreibung"
verschieden sind (vgl. J. .Schmidt, Kuhns Zeitschrift XXXII- 355) und dat3 der Name
Kspaow, der kürzlich in einer Inschrift aus Akraiphiai Bull, de corr. hell. XXII 253
zutage gekommen ist, zu letzterer Form zu stellen ist. So verbreitete Verehrung
wie für diesen Zeus wird für 'AvS'a; in Boiotien nicht vorauszusetzen sein; seine
Nennung weist zunächst nach Anthedon. ^'j-yS^'j-at sind durch die .Steine aus
Tanagra IG VII 553. 685; Thespiai 1785. 1789 (ein unveröffentlichter Beschluß
römischer Zeit wird Bull, de corr. hell. XV 660 erwähnt); Theben 1463 bekannt.
Das Alter der Inschrift scheint der Herausgeber unterschätzt zu haben, wenn er
bemerkt: 'The spelling Asöxioq generally indicates a date prior to the middle of
the fir.st Century of our era, after which Aouxioj is used; but in Athens the older
form persists as late as a. d. 160. This inscription, however, is not so late as that.'
Schon die Schrift weist aber meines Erachtens nicht nur vor die Kaiserzeit, sondern
wohl noch in das zweite Jahrhundert vor Chr.; zu ihrer Beurteilung sei die
Überschrift der Liste nach meinem Abklatsch abgebildet.
Dazu kommt, allein entscheidend, daß sich unter über hundert nur zwei
römische Namen, Aeüx^oj Z. 42, Uö-l'.oq IIoTTAtou Z. 46 finden. Ich glaube nicht
fehl zu gehen, wenn ich die Liste spätestens der Zeit um das Jahr 125 v. Chr.
zuteile und in Ew/ipa-cTjS '0\ioX(Dtyjou den Sohn des Künstlers 'Oj.io?.()Kxo; Swxpaxou
des Steines aus Hyettos erblicke, den ich noch in die erste Hälfte oder die Mitte des
zweiten Jahrhunderts zu setzen geneigt bin. Daß Theben die Heimat des Künstlers
ist, wird, solange die Herkunft der Liste der auvtl-j-ao nicht genauer bestimmt ist,
als wahrscheinlich gelten dürfen. Der Name Sokrates ist für einen Künstler aus
Theben schon durch Pausanias bekannt, der IX 25, i ein Weihgeschenk Pindars
erwähnt, das ein Werk der Thebaner Aristomedes und Sokrates war (vgl. F. Stud-
niczka, Neue Jahrbücher IX 681; Berl. philol. Wochenschr. 1893 .S. 094). Daß die
Bildwerke, deren Basis das Bruchstück angehört, die Männer darstellten, deiaen
35*
28o A. Willulm
die Ehrenbeschlüsso yalten, ist die näolistlio^iMulc Aniiahmi'; dorh kann diosu
Ba.sis ebenso wie nachwtMslioh so xicle andcri' auch zur Aiif/eirhininu; \<in l'r-
kimden benutzt wordi'n sein, die mit dem W'cihi^cschcnkc selbst in keiner 1 ieziehuni;-
standen.
Die beiden Resohlüsse, die. wie der erste liliek zeiyt, in den <'iideitenden
Kornieln und .Sätzen wörtlich übereinstinunen, L;laul)e ich loli^H'ndernial.ien lesen
und ergänzen zu sollen ;
I. 'E]oo^£v -Or. ouvEOfüot y.xl xü: 5tj|Ui>:- [-spl cf'jÄaxvJ; tr,; -6-
X]£(o;- £/i£:5r) y'vojiEVwv a5txrj|x[äxwv |i£t]^6vwv xaTsc
vr^w ywpav C'.x xb 7iapay:vd|i£VOV [ZyXo'j i]T:i Xr^axi-
a]i y.xl ip-.OLffii twv äXXoiptwv [aOXäc] xe iy.v.i-
5 7:]-£iv V.Ol}. 'j;4vo'j; iK'.xe\si'3[d-oc'. x]a! ap-ay«;
aJwiixTiov ■U£ xat {>p£iinäT(i)V, [ävjayxatov ck
£]3Ttv £V Tol; xotO'Jto'.; [xxcpol]^ ä[v]T£-/£a-
Ö-]ai |iä/.'.:;-:a xtov 5'jva|i[£V0)v] ßorji)'£iv
xf^t tiöXe; xai ävaaü);^£iv [xx d]7xoXX'j|i£-
lo v]a xai 7i:apa'.j;uXaTX£tv x[at x(j)X]u£tv
xo'j; [x]a ä2;xT(|jixxa auvx[£Xou][-i£vo'JC"
x'jy[yJavo'jaiv Si xa: lloX[£|iap-/Jo; Atxa-
apX[o'j x]a'. 'Ayia: IIoX£ji3c[p/o'j 'l'-Jaxaio:
'j]7:apxovx£; äv5p£; [sövoixw; o'.x xsXJou; <oia-)
.5 x]£{|.i£[v]o: -pö; XT;V f;H£X£[pav raX^v x«li
Xp]£t«; ;:ap£7.ö|i£vo; ]'.£yä[Xac xoi; 7L]ap[a-
y];vo|i£VOL; ~pö; aOxo'J; [xtov f^HEXEpwv
-]o[X'.]xö)v ? [xa]i av£^r/xr(X[aaiv Orsp xtov y,p-
;x]za^i£vwv xal ä[v]aa[£]a())[xa3'.v oix xy;; i-
" [5]ix[;] -^tXo[-]ov;o!;- "va o[-j]v x[al 'iVjXXto; v«^"
v]ü)'/xx'. [x]'.[iü)vx£; xo'j; [äyaiioöc xöjv
ä[v5p]cöv xal y.äpiv ä-o5:[5ovxc; x-Tj; eO-
v[oijx: xT,v [x£] 'j;io'j[2rjV . . .
t]£; oi -^0 . . . o: |i£ . . . . '.V . . .
.5 . . . xp£:xv . . .
.... otZiyßy.: x](oi 2[y,]['.[o); iraiviia: IIoXe-
|i]ap/ov [xai] 'A[y':]ÄV?
Inschrift aus Hyettos
11. "ESoqev z[6): auvEcpöwo v.a: xwo ov^i-iwr
vo[i£VCüv [ä3r/.r;iiaxwv jxei^ovojv y.axx
XY|V 7.wpa[v Slx xö Tiapayivöi-iEVOv oyXov
1 £7:: Arjax£[ao y.ai ap-ayf/. x(ov äX/otptVov
aüÄä; xe [exxoTixeov za: cpovou? iTLixeXsta-
ö-ai 7.aL äp<r[ayag awi-iaxwv x£ xal d-pmud-
xwv, (Äva[Y7.arov Se eaxLV sv xot; xo;o'j-
xoi? 7.aip[ors ävxr/ssS'ai [ixX'.axa xör/ 5'j-
10 vaii£[v(i)V ßor^ö'Stv xf^i 7t:oX£'. y.ao ävaaw-
I^£tv x[ä äTioÄÄ'Ji-iEvx -/.a: T^apacp^jXaxxELV
xac . . .
Die Formel "E5o|£V xöv. auvEOpcwi (oder xois auvISpo;?) /.ac X(Tu 57'j[iwl ist in boio-
tischen Beschlüssen gewöhnlich. Dagegen hat sich, dem Antrag vorangestellt,
der Vermerk Tcept «^uXax^; iffi yüpxq meines Wissens in griechischen Beschlüssen
bisher nicht gefunden. Wohl aber uspl tEpwv, nämlich in den Beschlüssen aus
Oropos IG VII 303, aus Tanagra Revue des etudes grecques 1899 p. 71 I Z. 2:
'YzXzaia.^ ©apaouiia/w eXe^e" TXEpc tapw' 7ipoߣßwX£U[j.£VOV £t[.i£V xxl., und in der Inschrift
aus Larisa Michel 41 Z. 40 äyopavoiiEVxoj 'AAE^tTX-oi- -£p tEpoOv, besprochen von
Br. Keil, Hermes XXXIV 196; die Erklärung gibt das Programm athenischer
Volksversammlungen, nach Aristoteles 7:0/.. 'A9-. 43, 6: al ok 060 (Ez^Xr^atac außer
der xupc'a und der den txExrjptac bestimmten) Tiepl xwv «AXwv sfaiv ev a,Ic, y.sXEUouatv ot
v6|iot xpoa [XEV lEpiöv ypr^\x7.z'.L,B'.'j, xpta Sl >tT;pu^LV xal 7:p£aߣtatc. xpt'a Se oat'wv, und nach
Aischines g'eg-en Timarchos 23: npo/E'.poxovELV — xoü; -poEopo'JC Trspi lepCn xöjv viaxptwv
xat XTjpu^t xxX. Da(3 xä tEpa in der Formel Ttpöcooo; upwxq) [JiExä xa tEpa ebenso von
der Verhandlung über tEpa zu verstehen ist, habe ich nach W. ven Hartel, Studien
S. i73ff. und J. G. Schubert, De proxenia Attica 36 gegen P. Monceaux' Erklärung:
,les ceremonies religieuses' mit Verweis auf die Formel [XExä xä tspa xat xä pocQÜ^v/M
(ßaai'XEta) in Beschlüssen der Samier, Ephesier und Bargylieten, auf Diodors Bericht
XVII 113,3 über die Reihenfolge, in der Alexandros die in Babylon erschienenen
Gesandtschaften zu Worte kommen ließ (Ttpwxot; expyjjiaxtae xoXq UTXEp xcöv tspwv
7xapay£y£vrj[j,£vo:;), CIG 3640 und die eben erwähnte Inschrift aus Oropos zur Erklärung
der Formel [jle9-' tepä [xai xä TwJiiaiwv in dem Beschlüsse aus Chalkis Bull, de com
hell. XVI 100 bemerkt; wie die Angelegenheiten der Könige in Samos (um 300 v. Chr.
jS;: A. \Vi\l,olm
Syllogv tSr). F.phosos, Bargylia nach ilen [spä, in T.arissa geradezu unter den isfa
verhandelt werden, so -a Tw|ia{wv, seit di(^ Römer mnßg-ebenden Einllul.S auf
Griechenland gewinnen. Einen neuen Beleg für die bevorzugende Behandlung
der Römer gibt der von C. Fredrich, Berliner Sitzungsberichte 1905 S. 6g ver-
öffentlichte Beschluß der Peparethier, der dem Athener Philoxenos und seinen
Nachkommen Z. 26 ;ip6aoSov Tipö; xr// ßo'jXr/,' xa: -öv Sviiiov -pwiot; \xtxa. t« ispx y.ai
Tco|ixtO'J5 verleiht: in Epidauros werden l'.uanthes und seine Nachkommen [istä
TÖ ävax/.Tjit-Yjiisv ~0'j; vjtpyi-otc "wv Twj^iaiwv zur Proedrie eingeladen IG IV 932 Z. 63
(vgl. Urk. dram. Auff. .S. 236). Als Titel einer regelmä(3igen Verhandlung, und
zwar in der tY.y.'/j^j'.T. x'jpia der Athener, ist -sp: '^'jXxxv); ty,: "/'''P'^' (Kirch Aristoteles
bekannt (43, 4): ;:poypx-.fO'j3'. 5s xa; tx; rz-xÄr^ata; ouxoi (die Prytanen) |u'av jisv xupt'av
£v 9, ctl xic ^pyßi £~:y£:po-ov£Cv ei SoxoOat xa/.iT)? ap/eiv, xac T^spJ ahou xal TiepE cpuXaxvji;
Tf,c X^"*?*? Xfd^*"'»»^"'» "''■*' ''•*> e'-sa^ysAta; sv xau-q) x^, i^li^p* toü; ßouXojA£vou; TcoteraOai xxX.;
die Einreihung' unter diese Verhandlungsgegenstände bezweckt die am Ende von
Anträgen nicht selten begegnende Formel xö 51 i\)Yj:Q\i.!x, zöot efvat ÄTiav eig, cfuXaxTjv
xf^S yßpxg (so IG II 80g und sonst ähnlich), die bisher, soviel ich sehe, nur von
U. V. Wilamowitz, Aristoteles und Athen II 253 flf., sonst aber nicht richtig- be-
urteilt worden ist; ein Verweis auf die Bemerkungen H. Swoljodas, Die griechi-
.schen Volksbeschlüsse 6, Dittenbergers zu Sylloge 153 und 553, E. L. Hicks
Inscr. Brit. Mus. III i p. 35, zuletzt H. Francottes Abhandlung, Loi et decret dans
le droit public des Grecs (Musee Beige VIII 12) mag genügen. Daß in dem in
Delphi gefundenen Psephisma der Chier Sylloge 206 Z. 37 nicht, wie bisht;r, [xä
eic XT,v ävaYp]a^r)v eiva: s:; '.fj/.axTjV zu ergänzen ist, sondern [xr^v 5^ äpoypjacprjV, ver-
suche ich in einer besonderen Erörterung der -pofpoc'^ri zu zeigen.
Zwischen ;;apaY"/oii£vov und i-l Är^axlat bleibt eine Lücke von höchstens sechs
Buchstaben, die ich durch 5//.ov zu füllen versucht habe. Da Körte und Lolling
übereinstimmend zu Ende der Zeile Är^3X£-, ohne Iota, verzeichnen, ebenso Z. 12
zu Ende Atxa-, wird die Schreibung mit e statt et, a statt at anzunehmen sein, für
die Meisterhans-Schwyzer, Grammatik' 40, aus attischen Inschriftin und J. \'ala<)ri,
Der delphische Dialect 23 aus delphischen Beispiele bringen. Zu aj/.z; i/./.i-
Tixeiv vergleiche ich Diodor XX 83, 4 xai^erXs xä; e-a-iXei?; Polybios IV' 3, 10 eve/et-
fr^^jT^ xa'. xic i-.l xöjv äypör/ otxcas exx5::x£;v; IV 4, i e;£xo']/av xö X'jpoivos xxÄcJiievov
i-xj/,:ov (ob Xoipwvo;?; der Name ist aus Thasos bezeug^t, F. Bechtel, Thasische
Inschriften ionischen Dialects im Louvre, Götting-, Abh. 1884 .S. 9 Z. 10); Dion.
Hai. A. R. VUI 87, 5 'iao'.q |a£V xo)p''a ^i-J^y/zv, exxÖTixovxc; xaOxa x«i xx? aOÄx; xa^^at-
p'yOvx£;. vgl. Sylloge 510 Z. 68 xör/ ina6X£wv xaihr,prjH£v(i)v; Strabon XIV 665 xx; 5£
Inschrift aus Hyettos 283
xa-cotxias ixxö'jjxvroc. Beispiele für Ss hinter einem verkürzten Vordersätze in der
Form eines Particips wie Z. 6 gibt Kühner-Gerth, Ausführliche Grammatik 11 2
S. 277 Anm. Für avKaw^sov Z. g habe ich in den Urk. dram. Auff. S. 7t) und 246
Belege beigebracht. Zu auvxsÄsraa'ai Z. 1 1 vgl. H. Anz, Dissert. Halens. XII 361. Z. 15
zu Ende lesen Körte und Lolling übereinstimmend OYZ; erwartet wird, da zu
Anfang der nächsten Zeile -y.]zi[i.e^oi sicher steht, 2:a- und vorher ein oder zwei
Adverbien ; die Präposition könnte nur bei ungewöhnlicher Ausdehnung der
Zeile, nach o-jj gestanden haben; aber wie kann diese Silbe Endigung eines Ad-
verbiums sein ? Auch die von Lolling allein nach d'vops; als unsicher verzeich-
neten Reste bleiben unverständlich, wenn nirlit in dem dritten Buchstaben ein
Ny erkannt werden darf. Die einzige mögliche Lesung scheint mir unter diesen
L^mständen [eOvoixök o:x tsäJou;; statt 5:ax£t|.isvot hat der .Steinmetz, vielleicht durch
die unmittelbar vorhergehende Präposition beirrt, nur x£C|.i£vot eingetragen. Von
Z. 18 an mehren sich die Schwierigkeiten. Nicht nur fehlen die Enden der Zeilen,
die Lesung an sich wird durch die augenscheinlich schlechte Erhaltung des Steines
unsicher. In dieser Zeile bietet Körte: ^ONTnN . . lAX . ZHTHN . .; durch Lolling
ist avst^r;T:rjxac[tv] gesichert; davor bleibt für xai nur wenig Raum, doch ist ok weder
der Stellung noch den Abschriften nach wahrscheinlich, die vor avSk^r^TTjxaatv kein
E, sondern I verzeichnen; gegen 5[av£CrjXT;xaaLV 2£ spricht, daß die Znsammen-
setzung sonst nicht bezeugt ist. In Körtes ^ ONTnN, LoUings O -'TriN hal)e ich
TioAtTöJV ge.sucht; weniger g-efällig- wäre: tote napayivojüvo:? twv TroXtxwv TispJ toükov
(nämlich den vorher geschilderten ä5txy||.iat:a). In der nächsten Zeile ist das Wort
ävaaEOTO- g-esichert, nur die Form zweifelhaft, da Körte A . . AT . mw. Lolling
AlillllAT'ZnHi gibt. Der Rest nach dem angeblichen N ist aber mit äva!j£aw[vxat
nicht zu vereinig-en und überdies schafft diese Lesung durch den Wechsel des
Subjects Schwierigkeit ; ich bin daher geneigt N für verlesen zu halten statt K
und, äv£^rjTT;Xaa'.v entsprechend, äva3£aw[xacj:v einzusetzen. In Z. 21 las Körte
PA . $1 lOrON lAZ I lAO^ NK, Lolling zu Anfang 1 (verbessert aus P) AN; die einzige
mögliche Ergänzung ist äv5ca£aw[xac:v 5;ä tfj5 fo][a[s] cpdo[Ti]c/Voa; (vgd. z. B. Inschriften
von Magnesia gi c Z. 7; Meisterhans-Schwyzer, Grammatik^ 235). Die Rettung
der entführten Menschen, Tiere und Gegenstände wird somit geradezu den Be-
mühungen der beiden Hypataier zugeschrieben; augenscheinlich hatten sich die
Räuber mit ihrer Beute, wie die in Lukians Aouxlo? y) Ivoq, von Hypata, in die
Berge des Oita zurückgezogen. \un Z. 24 an ist mit Ausnahme der den eigent-
lichen Beschluß einleitenden Formel und dem von Lolling erkannten Ende des
Namens APXON Z. 28 alles unsicher. Körte las Z. 24: N . . AZTHN . . XFoy ;
:S4 A. Wilhelm
Z. 25 : . EZOINOZ. .OIME .... EIN. Ich dnohlo an Ol -p6[?£v]or. dann würden aurh
Polemarchos und Agia.s, obgleich .sie der Beschluß nicht ausdriickhch als Proxeiioi
bezeichnet, als mit dieser Würde bekleidet zu g-elten haben. Den wesentlichsten
Resten, die Körte und Lolliny verzeichnen, würde die Ergänzung: TV [''] ^"fi'J-
[2^(V yJTwv friwpoOvj-s; o[ -pö[E£v]ot |i£[v(Oj]iv [ird ty;; siJvota? xal] XP^''''' [-ap£x<i>v]t:[at
tf^: -6/.£'.- äyatJ-fjt vj/r^'. 5£COx8'at x](ot 5[T(]|i[(o; Rechnung tragen, als befriedigend
vermag ich sie aber nicht auszugeben (vgl. 1(t II 115b Z. 14).
Z. ;;7ff. erkannte Körte:
. . . . nEP niA . M . .
MAKEnNZ , . . . AX
.AP
OYrZYN {t]ouc a'jv[£2poy; ?)
In den beiden letzten Zeilen des zweiten, durch eine sonst wörtlich überein-
stimmende Begründung eingeleiteten Beschlusses entspricht weder Lollings noch
Körtes Abschrift der zu erwartenden Ergänzung:
xa: [vMA'JEiy toü; xä äSiXT^ita-x ctjv-
t]£[Xoi)i^ievou;,
aber augenscheinlich ist weder der vierte Buchstabe der vorletzten Zeile, M nach
LoUing, ein zerstörtes A nach Körte, noch der erste der letzten, Z nach Lolling,
doch zeichnet Körte nur die oberste Linie als deutlich, mit Sicherheit gelesen.
Die -Schrift scheint beide Beschlüsse, die offenbar gleichzeitig gefaßt wurden,
in das zweite Jahrhundert v. Chr. zu weisen; die Form Z begegnet schon in der
Inschrift aus Oropos IG VII 3498, die in die Zeit um 200 gesetzt wird (Br. Keil,
Hermes XXV 598). Der in der Inschrift genannten Männer wegen wird in
Ermangelung anderer entscheidender Gründe eher an die Mitte oder die erste
Hälfte des Jahrhunderts als an dessen Ende zu denken sein. Über den Künstler
ist bereits S. 279 gesprochen. Wie ich zu einer Inschrift aus Hypata zeige,
die ich nachstehend behandle, sind Träger des Namens iloÄli-iy.px'^? und AixatapX'^S
in H)-pata gerade aus der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts nachzuweisen;
ein 'A^lxi ist als Vater des Hieromnemon Nix6-f:/.o: 'Ayia TTta-xro; durch die
Inschrift aus Delphi Bull, de corr. hell. XXVII 106 A Z. 33 bekannt, die aus
dem Jahre 116 v. Chr. stammt, ein Ainiarch '^Ay:? To}.|jiaio'j durch die Urkunden
Bull, de corr. hell. XV 327 und GDI 1431.
Inschrift aus Hyeltos 285
Wenn gelesiontlich auch sonst, früher und später, bewaffnete Banden das Land
heimgesucht und (Kirch Gewalttaten Schrecken und Schaden verbreitet haben
mög-en, so paßt doch gerade zu diesen Zeiten, in der Begründung der beiden Ehren-
Ijeschlüsse mit lebendiger Sprache bezeugt, das Herrschen hervorragender Unsicher-
heit auf dem Lande infolge der Zusammenrottung verarmten Gesindels besonders
gut. Die völlige Zerrüttung der Rechtsverhältnisse in ganz Boiotien, die solche
Zustände begünstigen mußte, ist für den Anfang des Jahrhunderts durch Polybios
XX 6, XXIII 2 bekannt; die Gewalttätigkeit und Gesetzlosigkeit der Thebaner,
auch die auf vielen griechischen Straßen herrschende Unsicherheit wird schon
in den nach E. Fabricius Darlegungen (Bonner Studien 60 ff.) auf ältere Zeit,
nämlich die ISIitte des dritten Jahrhunderts, bezüglichen Schilderungen des Hera-
kleides (FHG II 258, 14 ff.) nachdrücklich hervorgehoben. Über den wirtschaftlichen
Niedergang der Zeit und seine Folgeerscheinungen spricht Eduard Meyer, Die
wirtschaftliche Entwicklung des Altertums 44.
Athen. A. WlLHl^LM
Inschrift aus Hypata.
In den Ath. Mitt. IV 209 hat H. (t. LolHng nach seiner und R. Weils
Abschrift eine auf Gebietsstreitigkeiten zwischen Hypata und lirythrai bezügliche
Urkunde aus Hypata veröffentlicht. Da die Lesung vom Herausgeber selbst als
,.an vielen Stellen schwierig" bezeichnet wird und eine einleuchtende Herstellung
ihm nicht gelungen ist, habe ich mir im Jahre 1890 bei einem Besuche der Stadt
die erdenklichste Mühe gegeben den .Stein aufzufinden. Leider war meine Suche
umsonst, und auch Otto Kerns spätere Nachforschungen sind, wie er mitteilt,
erfolglos geblieben. Indessen glaube ich, so wünschenswert eine neue Abschrift
des Steines wäre, doch auch ohne sie in einem wesentlichen Punkte Lollings
Lesung und Auffassung berichtigen zu können. An zwei Stellen der Inschrift hat
LoUing, an einer allerdings nur mit gewaltsamer iVnderung der i\bschrift, den Namen
der von Strabon X 448 und Stephanos von Byzantion iv Tpay/vt erwähnten Stadt
Oichalia ergänzt und das monimentum Euryti, welches die Urkunde CIL III 585,
Suppl. 12306 an der Grenze zwischen Lamia und Hypata nennt, in dem Gebiete
von Oichalia gesucht. Ich gehe auf die Lage dieser Ortschaft und des Eurytos-
J.ihreshefte des österr. archäol. Institutes Kd. VIII. 36
rSO A. Willulm
donkmalos niolit ein. da dio Rohandluny i\cr Fraise fiiu- toin)iu;raphisclu' l'nter-
suchuny der gfanzen Gebend voraussetzt, die ich auf Ciruiul der ]'>niittlunt;- des
Fundortes dieser g-rolJeu lateinischen Urkunde, des zwischen Laniia und Hypata si;e-
lejjenen Dorfes Mixiates, betj-onnen habe. Xach LoUincfs Lesunt;, der A. l-"ick GDI
143J. F. Sonne. De arbitris externis etc. 15 unti \\ Berard. D(> arbitrio iiiter libcras
Graecoruni civitates^i folgen, sind in dem Streite zwischen Hypata und Krythrai,
von dem die Inschrift meldet, Bürger von Oichalia Richter gewesen. Daß zu diesem
Amte Angehörige eines dem strittigen Gebiete unmittelbar benachbarten Städtchens
berufen worden seien, ist eine Annahme, die an sich die schwersten Bedenken
herausfordert. Es läßt sich denn auch zeigen, daß sie irrig ist. Lolling hat auf
der Vorderseite des Steines Z. 5 ff., allerilings zweifelnd, weil die Abschrift vor
C'.y.XTZxl ein Z bietet, gelesen:
y.y.[ix-x ä r/.pivav ( l'.'/oü.:-
[r/üv o:?] c:/.x7-y.l .Wxo/.at): ilo/.ix-
[pyCJ.] i^waTiX'o; Mo:pt/_o-j. ■.\|ie-
[ivox/.fy]; 'Avopo^ö-Evo'j. Fopyiac
[FopY-So'j ?.] 'Ap'.T:d5a|io; "ApisTtovo;.
Der Xame des ersten Richters, richtig ergänzt, bisher IloX'.a[py(i'j]. entschei-
det. Gegen IIoÄ:x [pX^'-^] kann eingewendet werden, daß dieser Abteilung nach
die Zeile nicht mit voller .Silbe schlösse. Allerdings zeigt nur die Inschrift der
anderen .Seite in den Anfangen der Zeilen die Teilung nach Silben durchweg
beobachtet; die Inschrift der Vorderseite scheint nach Weils Abschrift mehrfach,
Z. 4: Axji-. Z. 5: Xa/,1 (wie sich zeigen wird: XaA[x:-], Z. 7: 'A|i£-, Z. 12: llpac-,
Z. 2\: A'jz-, gegen sie zu verstoßen, doch ist mir wahrscheinlich, daß am Ende
aller dieser Zeilen ein Buchstabe verloren gegangen ist. Es gibt nur wenige
Xamen, die mit llo/.:a- beginnen; unter ihnen ist IIo/.''a[-j'poc] mehrfach aus Chalkis
bezeugt, z. B. IG U 551 Z. 68, BCH XXIV 86 Z. 28 'A'/tv.ewv IloX'.aypo-j. Eine
Suche in den chalkidischen oder auf Chalkidier bezügliclien Inschriften findet bald
den Mann selbst: ein Xr/.ox/.f^; no/.iaypoj XaXx'.oeü; wird durch den von P. Perdrizet,
Bull, de corr. hell. XXIII 90 veröffentlichten Beschluß zum Pro.xenos von .\krai-
phiai ernannt. Den Archon Bion, aus des.sen Jahr der Beschluß stammt, glaubt
Perdrizet _vers Fan 200 av. J. Chr." setzen zu können. Die Inschrift aus Hyjjata
setzt Lolling _etwa in die erste Hälfte des zweiten vorchristlichru lalirlumdrrts,"
hauptsächlich der -durchgehenden Anwendung des A mit gebrochenem .Mittel-
strich- wegen; _wäre dieser liuchstabe mit geradem Mittelstrich geschrieben, so
Inschrilt aus J[y|i;»ta 287
könnte man die Inschrift unbedenklich in das dritte Jahrhundert setzen." An der
Gleichzeitigkeit beider Inschriften ist somit nicht zu zweifeln. Ist es nun nicht
auch wahrscheinlich, daß, falls ich diesen Namen richtig herstelle, 'A^£[ivo7.Äf,;]
der f)'fs\m'/ ist, den die Urkunde aus Chalkis Bull, de com hell. XVI loo nennt?
Jedesfalls hat der Xame der Stadt Oichalia zu verschwinden und an seine Stelle
der der Chalkidier zu treten. Ich lese;
Aiv:apy_£6v-wv Asx/.xniäoa \m-
to'j Ayciiäyo'j Ap:c>-ovoou AÄ£-
[£'.]|ixy_0'j, Iv ok 'l'-i-y.: äp/ivtwv
[. . . . Aihjxvxoa no/,c[iäpyo'j Aa|i.[L'-
5 [(övjocy- y.pfjiXTX a £7.p'.vav ol Xa/.[-/.'.-]
[oci]: Z'.y.ocazxl Xi7.oy.Ä/,; IIo/.:ä-
[ypo'j]. ^ü)3-pato; Jlo'.piyoy. A[ic[i-
[voxXf;]; AvSpo'JiHvou, Fopytag
[ ] Apia-öoajxo; Ap:a-iwvG[s]
.0 7.tÄ.
Den Namen des zweiten Ainiarchen habe ich belas.sen, wie ihn Weils Ab-
schrift bietet, und nicht mit Lolling A;a)[voc] gelesen. Wenn auch sonst nicht be-
zeugt, wird der Name doch nicht zu beanstanden sein, da er sich zu Aüri;;; und
den zugehörigen Vollnamen so verhält wie 'A/.cCo; zu 'AÄst;; usw. Die Ergänzung
des Namens des ersten der Archonten von Hypata läßt zu Anfang der vierten
Zeile eine auffallige Lücke von höchstens vier Buchstaben, in der ein ganz kurzer
Name gestanden haben muß; vier Archonten nennt auch der Beschluß GDI 1435.
Als sypo; bei Verleihungen der Proxenie ist ein llGÄ£[.iapyoc <I>ei5:a in den Be-
schlüssen aus Hypata Bull, de corr. hell. XV 332 Z. 22; 327 Z. 4 erwähnt; sicher
ist sein Name in der Urkunde GDI 1435 Z. 3 f. zu ergänzen; -po3"aT£u6vT(ov ta;
£y.7./.r,a{a; IlGÄ£[|ixpyo'j tsj] 'l^E.'.o'.y. -/.-'/..; ein Ilo/iiiapyo; Ai7.z:xpyo'j wird mit seinem
Bruder Ayiac von den Hyettiern durch den von mir S. 280 veröffentlichten Be-
schluß geehrt. Da diese Beschlüsse derselben Zeit anzugehören scheinen wie
unsere Inschrift, dürfte der in dieser als Archon genannte no/.qiapyo; vermutlich
entweder IlG/.ifjLapyo; $£:5{a oder IloXIjtapyo; liy.7.:y.pyo'j sein. Gewagter ist es in
dem Zeugen, dessen Name in der letzten Zeile des Beschlusses Bull, de corr.
hell. XV 332 von P. Jamot und G. Deschamps folgendermaßen abgeschrieben ist:
A<t>ANnZAZ, den AOANAAAZ wiederzuerkennen.
36*
In ilcn tolyoiuii'ii, iiu'lir iiiul nn'hr /.(.Tstörtt'ii ZuiliMi sind narh /. lo uuil i i
[ ] (ov v.y}. lo:; Ix3;xa^&|i£-
[vo:; ] (')v H)vojiäp/(i)'. xa: toi; a-
dif ich antuhro. ohne die nn'iyliehen Mri^änzunyen /.ii crrirtcrn. Xanicn im l)ativ
mit zuyehörii;en \"aternaineii im (icneti\- zu crki'nncn. Der /. i ) j^iMianiitc Scihii
eines lloXqiap/o; kann dem Räume luuii srlir wuhl '.\-;ly.z. lickaiuit durch den
Reschluli der Hyettier S. 2S0, gewesen sein: denn dem /u I-.ndc der voran-
yfehenden Zeile stehenden Namen folcft in Z. 14 noch das Patronyniikon, /.. I>. Ntx£[[ai
N:x£ou]. so dal3 vor [A]'.xa:äpy_o'j nur wenige lUichstaben fehlen. Vau \'.v.iy.z be-
ijeg-net noch Bull, de com hell. X\' 332, gefolgt von einem Aa[i6-.f;aviog (in der
Urkunde über den Streit mit den Erythraiern Z. 14 Aa|ici-); aber .selbstvenständlich
sind Identificationen, wo nicht der \'atername vorliegt, äu(3erst gewagt.
Die Inschrift der anderen Seite des .Steines lese und ergänze irli :
IIöXe: 'Epufrpxi'wv v.t}. tS: ä-C/[5]ixo): r.i-
/.£'. 'r-XTXi'iov T.zy. ziz oixa; ä; £C£-
iiv.tpxi öp£o; ToO £x -y.z \'/.7.z £;:[•
riv clpav ANAEKABIAT £-
5 xp'.vav v. Z:y.7.z~.y}. xatt'ö); 0! "ooo'.xi-
ovte; Onäp £x[a]T£pav xäv 7:i/.L(i)[v
TJH^iovo: Y£v6|i£vo'. £X£z,£ua[xv
xa-aYpa'.}^a'. tö xprjia- ä;:oX£Xu|i[£vav
£:ji£v Till -o/.'.v T(öv 'X-7nyiij){'i toO
10 £vx/.r,|".7.Tc; xa: tö cpo; li£v[. . . . zt.I-
x/.r// Täc -ö/.:o; T(T)v 'r;TaT[ÄCO)v £:|i£v
xa: 03a £x toO [EvxÄrjiiaTo; to'jto-j '(i-
YOVcV äo:xT,|ia[Ta '\'-y-yJ.v.z y.y).
'Efji)-f.a:o:; 7:o[t' ä/./.y.o'j; /,£Ä'ja{)-a: ?
IS -a -£ 0-OYpa'.f[£v-a xp:|iaTa äva-
Ypa'H-]-'' £[-
Die Mitteilung dieser Herstellung mag genügen und weitere Erläuterung
einer künftigen .Sammlung der auf Rechtsprechung durch fremde Richter bezüg-
lichen Urkunden vorbehalten bleiben. Eine solche ist Bedürfnis, da die Zahl dieser
Urkunden seit E. Sonnes wertvoller Zusammenstellung sich sehr vermehrt hat
und V. Berards These die Texte vielfach in unzuverlässiger Gestalt bietet. Da.s
Insclirifl aus Ilypata 28y
Wiirt änco'.y.o;, bc^n.'its von l,i)llini;- rirhtiq- H'edoutet : äTT:oÄ£Xij|i£va toO iy/.ÄTjiiaxo;,
findet sich auch in dem Riclitcrspruchc aus Korkyra I(t IX i, (jg2 in dem Satze
Z. 3: [txv |J.£]v 5r/.av crjiev ä-oSr/ov, den Dittenberger einleuchtend erklärt: sine dubio
hoc siqnificat arbitros secundum reum sententiam pronuntiasse (äTzooo/.aaai, äno-
'^ir^Y.rjy.ixYy.'.). Wie H. van Herwerden in seinem Lex. g'r. suppl. p. 94 behaupten
kann, zu ä~o5;7.o; bilde ävunöor/.öv in Z. 7 der Inschrift den (iegensatz, und V. Berard,
De arbitrio 83. 93, anoSixo; bezeichne den angeklagten Teil, ist mir unverständ-
lich. Den Hergang der Dinge in einem ähnlichen Fall erzählt austührlich eine in
Paros gefundene Inschrift I(j XII 5, 12S: — ]o; v-v). Kf(:[~c'a;? — — cpepovxsi; xv.
Ypä](i|.iaTa TtpoarjXO-oaxv "po; "y// ijouäYjV xa; iy// r/.x/.Yjat'av ai-oü|i£voi t6 5:y.aaTYjptov v.o'.rTy
dir)Cp:cra|i£VO'j §£ toO 0Y;1.iou xAY;poOv Stxaaxäi; xptaxoaiou; xac Eva, ggou; auvE/^wpY^aav Tipöj
aOtoiic oö E^ ä|.icpot£p(i)v iwv -oÄewv etiyjXooi. EÖcj/jyoVTO al St'xai xai £y£V£xo sv xwt otxacjTr;-
p:coi aOXX'j'j'.j E'JooxYjCjävTOJv xtov Tiapovtojv sc Exaxspa; irj; TiiXswc. Die Erwähnung der
znif/.ooi kehrt in der jetzt in Leeds befindlichen Inschrift CIG 2265 wieder, die
sich auf einen Rechtsstreit zwischen Paros und Naxos bezieht, den Richter aus
Eretria schlichteten, Z. 2g nach E. L. Hicks' Ergänzung Journ. of hell. stud. XI 260:
xo|-U(j]aL ok ■/.%'. "zrAiz iiff^/.ivj;. Exaxsfpwv xwv txöXecov xy/vos xY(]v ■j'jÄÄ'jg^v: es wird
xoii.{aaa8-]ai und £xxxi[pa; x/jc 7:öa£(o; zu lesen sein: die P'rgänzung der Z. 25 xo'j; os
7xpo[axäxa;? (vielmehr: ;xpo[[jC/ÜAGuc) xai xoü; cxpaxY^Jyoüs xoüs 'Ep£xp;£or/ habe ich 'EcpYj[x.
ap7_. 1892 G. 132 Anm. 4 berichtigt. Meine \'ermutung-, daß IG XII 5. 128 ein Stück
derselben Stele sei, hat sich be.stätigt. Links und oben gebrochen, zeigt das die letzten
30 Zeilen der Urkunde umfassende Bruchstück in Leeds, von dem ich durch die
gütige Vermittlung Herrn Cecil Smiths und des British Museum Abklatsche erhielt,
eine Breite von o'325 '", die auf Grund gesicherter Ergänzung'en für die .Stele eine
ursprüngliche Breite von o-56 '" zu berechnen erlaubt: das in Paros befindliche
Bruchstück, von dem mir Hiller von Gärtringen freundlichst einen Abklatsch
gesendet hat, besitzt, rechts imd links mit Rand, schon dem Inhalt nach dem
oberen Teile der .Stele angehörig, eine etwas geringere Breite, o'54 '"• Die Schrift
ist dieselbe. Auf die Urkunde des näheren einzugehen ist hier nicht der Ort;
ich begnüge mich mit der Bemerkung, daß IG XII 5, 128 von Delos nach Paros
verschleppt sein muß, wie so manche andere Steine, denn CIG II 2265 ist auf
Delos gefunden und das Heiligtum des Apollon hat als urs[)rünglicher Aufstellungs-
ort der Stele zu gelten. Von den 7i:po5:x£ovx£; OrcEp Exaxlpav xäv -oÄiojv werden die
Hypataier in der Inschrift der andern .Seite des .Steines als £x5txa;^6(i£voi angeführt;
solche Eyor/.oi belobt der Beschluß der Magneten Inschriften von Magnesia 93 Z. 15:
i■K■|;^Yfp^•a.•. x&ü; x£ Ey&r/.o'js xat xoüs . £ — — inl xwt 7ipo{W|iws Txpoacjxfjva: ü-£p xöiv xf;;
.-.1 ^ A. WillK-lm. Il)^^■luil■l ;uis lly|.,it;.
-x-z.i'.; o.y.xww. llpoS;xx3Tai der Städto Milctos viiul Myus orwälml die Inscluit't
Sitzungsber. Akad. Borlin moo S. lu /.. 13: iliosclhc Siclhm^ als -[>o5;/.ac-:at,
£y5:xo: oder iTd/.oo: wird den MämuTii zugekommen sein, <li<', \ iTunitlirli ji' sechs
an Zahl, in den Urkunden über den (nenzstr.'it zwischen Samus und l'riene
Inscr. Brit. Mus. 403 ab Z. 13 ff. genannt sind: oixa'.oAoyr^aaiJievwv -(ov ai[>si)£V-(ov
Orö ji£v ISa^iiiov xxÄ.. Z. 14 [O-ö Si llpu^vstüv]. "A-ooixsto begegnet aueli in der "K-.fy^|i.
äf/. U101 3. 1:17 veröffentlichten, leider verstümmelten Urkunde aus l.arisa über
einen merkwüriligen Rechtsstreit Z. jq; daß Z. 21 ff. eine Klageschrift: JvJ'.JiTtCis
AiT/ivo'j iIü)3-px-ov IvJ3-:pa[>, erhalten und Z. 22 (.ir^vjl T(oi Hü(ot, Z. 23 \\pxvfi'jnz6]leioi,
Z. 25 statt £C£'/T(]vox£v [lljioutov zu lesen ist i;Evrj]vox£v[a]t [aJCitöv, ist dem Herau.s-
geber entgangen. Xdz als ürtsbezeichnung ist deshalb bivichtensw ert. weil .Sirabun
VllI 34S eine alte Stadt dieses Xamens in der Gegend von lA'preon kennt; nach
der Ansicht einiger Krklärer war sie Gegenstand des .Streites zwischen Arkadern
und Pyliern, der in der llias VII 135 erwähnt ist, und war in diesem \'erse Xaaj
(nicht 'IiEiä:) -if -zb/tGai-i zu le.sen. Der Accusativ nach 0-sp Z. 6 ist nicht zu ändern.
Zu £-• Tiv oipav vergleiche ich ■/.%-% Sipav in der Inschrift aus Messene liull.
de corr. hell. V 150 (GDI 4646) nach der von mir Ath. Milt. X\'J 345 berichtigten
Lesung; über das auch als Ortsname verwandte Wort W. Schulze, Quaest. ep. 95;
Dittenberger zu Sylloge 514 Z. 14; Dürrbach, Bull, de curr. hell. XXIX 131. 135.
Vor Ixp'.vav scheint der Name dieser Sepa ge.standen zu haben; vielleicht ist
[■/.x/»0'JiJi£]vav AEKABIAZ zu lesen; LoUing hat wiederum ()i/aÄ]ia^ erkennen wollen.
Der Name des Berges selbst, dem der ganze Streit gilt, war in Z. 10 genannt.
Zu Z. 12 verweise ich auf die eben besprochene Urkunde über die a'jXÄ'jai; der
Streitigkeiten zwischen Faros und Naxos durch Richter aus Kretria C'IG 2265,
Journ. of hell. stud. XI 260 Z. 4 ff., die \'crträge zwischen Olympos und Aigai
Michel 13: -X i-(y'/.i,\ix-x izx eov AiyaEa;;'. ■/.%: "OÄuii-r^vcic äpdaö'e rä; Ö[ic//.oyi5:; -xvra
5'.a/.£/.•Jal^a'., und zwischen Lato und Olus Bull, de corr. hell. III 290 Z. 27, XXIX 204
Z. 13 (vgl. Bull, de corr. hell. XXIX 576) -y. 5i xpiiliv'a xa! «vaYpa'.f£vta biib t:6)V
Kvüjafwv 'ji^jx:x v.x: •/.'v/.y. f^juv i; töv cinTny. /pövov xxi j.ir,x£-:'. •j-oAB.'.TZB'j'&y.: aO-roi; E^xÄr^ia
[ir,il-£|i -af£-jpi'£'. jir,5£|i'.ä:. In der letzten Zeile der Inschrift aus Hypata bietet Lollings
Abschrift TPAYATE/». die Umschrift gleich unver.ständlich y^x'-fx i£[|i — : .so bleibt
Lesung und Ergänzung unsicher. Mein Vorschlag sieht in der leider .so verstüm-
melten Urkunde der einen Seite der Stele (nach LoUing der Vorderseite) eben die
Aufzeichnung der xp{[ia-a, welche das auf der anderen .Seite eingetragene .Schrift-
stück als O-OYpa-fcVTX (nicht auf dem Steine) erwähnt.
Athen. A. WILHKLM
291
Römisches Grabmal aus Oberitalien.
Tafel 11, Iir.
Durch die allseits spendende Freigebig-keit Seiner Durchlaucht des regieren-
den Fürsten von Liechtenstein gelangte im Jahre 1896 das auf der Doppeltafel
II, III in vier Ansichten abgebildete Grabdenkmal in die kaiserliche Antiken-
sammlung, wo es im zehnten Saale aufgestellt ist.') Einige Jahre früher erwarb
es der Fürst bei dem Kunsthändler Ricchetti in Venedig. Es kam aus dem
Palazzo Grimani bei Santa Maria Formosa und war auf dem Markte wohl eines
der letzten Stücke einer Sammlung von Antiken, die im dritten und vierten
Decennium des vorigen Jahrhunderts unter den venezianischen Privatsammlungen
die erste war und nebst der Colossalstatue des Agrippa und manch anderem
kostbaren als ihr bestes die beiden von demselben hochsinnigen Kunstfreunde
nach Wien gebrachten und dem kunsthistorischen Museum gewidmeten berühmten
Brunnenreliefs enthielt. Unter den Piesuchern des Palastes, die die Sammlung
noch vollständig sahen und über ihre Eindrücke berichteten, spricht nur W. F.
Rinck von dem seiner tektonischen Form nach, wie es scheint, einzigen, in seinen
bildlichen Darstellungen ungewöhnlichen Monumente. Seine Beschreibung gilt
aber nur den Nebenseiten und der einen Längsseite und ist von Verkehrtheiten
und Irrtümern voll.-) Schon bei Ricchetti fand es im Frühjahre 1877 Heinrich
Heydemann, der in einer kurzen, doch lehrreichen Mitteilung dem eigenartigen
Interesse, das das kleine Denkmal bietet, gerecht wird.^) In folgenden Zeilen soll
nur einiges berichtigt, anderes hinzugefügt und aus dem von dem emsigen
Archäologen bereits herbeigebrachten Material Naheliegendes g'efolgert werden.
vSeltsamerweise wagt Heydemann über die Bestimmung des Monumentes
nicht zu entscheiden und stellt in Frage, ob es ein „Blumenkasten" oder ein
..Kindersarkophag" war. Aus Kalkstein*) gearbeitet, von schmaler rechteckiger
Grundform, an den Langseiten bekrönt von einem sanft ansteigenden Giebel,
mißt es 0-524'" in der Höhe und ist an den Langseiten o-6i ™, an den .Schmal-
seiten o'235™ breit. Der obere Teil ist bis zu einer Tiefe von 021 — oio"'') regel-
') Übersicht der kunstbist. Samml. (1904) S. 80. Verscliwiegenheit schwur.) Ein Sack häii};! an der
^) Kunst-Blatt 182S n. 42 S. 166: „Eine vier- Wand. Auf der einen Nebenseite trägt eine Ge-
eckige Todtenkiste mit Vorstellungen aus dem Kreis stall etwas auf dem Kopf, und auf der andern hält
der Mysterien. Auf der Vorderseite halten zwey ein Mann in jeder Hand einen Korb."
sitzende Personen ein Tuch, worein eine andere ^) Drittes hallisches Winckelmannsprogramm:
etwas zu legen scheint, welche dabey den rechten Mitteilungen aus den Antikensammlungen in Ober-
Zeigefinger zum Zeichen der geheimnißvollen Hand- und Mittelitalien (187g) S. 18 f.
lung auf den Mund legt. (Man wird an die Nach- ■*) Nicht aus Marmor, wie Heydemann angibt,
rieht des Clemens von Alexandria protrept. p. 18 *) Unter der Giebelspitze und an den Eck-
erinnert, daß der Einzuweihende auf einem Fell akroterien gemessen.
2g2 K. V. Sclinci.lcr
mäßic:" »"ni sorgfältig; mit dein Spit/.eisen ausot>lu")liU. (Iml.i j^i-niig, um dii' Koste
einer verbrannten Leiche mit einigen LiebesgabtMi in sich aur/mii-hmcn. war der
Hohlraum nach oben, wie es die einwärts abgeschrägten Kanten der (liebel be-
weisen, rechts und hnks durch eingepaßte liölzerne Kri'ttrhe-n oder, was wahr-
scheinlicher, durch eigens hiefür bereitete Ziegelplatten bedeckt, während ein dem
wagrecht verlaufenden Ansätze über den (iiebelspit/.en angefügter, aus Kalk>tein
gearbeiteter Mittelakmter d(^n \'(M-schlu1.i vervollständigte und das (ianze bekrönte.
Er mag so massig gestaltet gewesen sein wie die Eckakroterien und war viel-
leicht gleich diesen mit Blättchen verziert. Die Bildfelder der Langseiten begrenzen
korinthische Pila.ster, deren Schäfte die an spätrömischen Monumenten so luliebte
stilisierte Weinranke schmückt. Die in mäßigem Relief ausladenden (iruppen
innerhalb der Pilaster stehen auf schemelartigen Untersätzen. .Sie verengen das
Bildfeld fast um ein Drittel .seiner Höhe, so dal3 die in wohlerwogencMi Gröl3en-
verhältnissen gebildeten Figuren im Sinne antiker Raumfüllung die Höhe des
Gebälkes bequem erreichen, und sie lassen in anmutiger Weise den stuf^n-
förmigen Unterbau ausklingen, auf dem wir uns die Aschenkiste — nur als solche
kann das Denkmal gedient haben — innerhalb einer Grabkammer, xon allen
Seiten .sichtbar, frei aufgestellt drnkc^i. I)ii> Arbeit des l'ildwerkes mit Hevd(>-
mann „roh^ zu nennen, geht nicht an. X'ielmehr zeigt sich durch die Verwitterung
hindurch die geübte Hand eines tüchtigen .Steinmetzes, der, des Zweckes und
der Wirkung .seines Werkes sich voll bewußt, überlieferte Typen dem gegebenen
Räume geschickt anzupassen und sie in einer dem Materiale naturgemäßen Derb-
heit charakteristisch auszuführen verstand.
Der sepulcralen Bestimmung des Denkmales entsprechen die Dar.stellungen.
Auf der einen Breitseite, die als die Vorderseite der Aschenkiste gelten
muß, sehen wir Bacchus, wie er berauscht in die Arme dir Ariadne oder einer
Mänade sinkt. Beide Gestalten sitzen auf gepolsterten .Stühlen voneinander ab-
gekehrt, ihre Köpfe aber einander nähernd; beide sind nackten Oberkörpers und
nur mit einem um die Beine gewickelten Mantel bekleidet. Bacchus legt die
rechte Hand auf den Hinterkopf und streckt den linken Arm weit aus. Indem
diesen Ariadne mit ihrer Linken erfaßt, .stützt sie den sinkenden Körper des
Gottes, und ihre Rechte auf dessen Schulter legend, scheint sie den .Schlummer-
bedürftigen sanft niederdrücken und sein wein.schweres Haupt in ihrem Schöße
betten zu wollen. T5eide Figuren bilden eine durch Contraste und Verschiebungen
mannigfaltig belebte Gruppe, die der Anmut nicht entbehrt und kün.stleri.sch das
beste im Bildschmucke des kleinen Denkmales ist. Links lehnt der Thyrsos, falls
Römisclies Grabmal aus Oberitalien 293
er nicht als der Hand des Gottes entfallen zur Erde gleitend gedacht ist. Auf
seinem Stocke läuft ein winziger Panther hinauf. Im Hintergrunde und deshalb
in schwächerem Relief ausgeführt steht jederseits auf hoher Mauer an die Kante
vorgerückt eine Statuette: rechts die eines tänzelnden Satyrs mit geschultertem
Pedum, links, größer und etwas tiefer gestellt als ihr Gegenstück, eine schrei-
tende Diana als Jägerin in kurzem Kleide mit Köcher und Bogen, von Hirschen
begleitet. Ahnlich hoch pflegte man in Priene Tonfiguren auf den Zahnschnitt-
gesimsen der Wohnhäuser aufzustellen,'') doch der Felsgrund unter den Füi3en
der Ariadne weist uns ins Freie und gestattet nicht, hier einen geschlossenen
Wohnraum anzunehmen.
Es ist als antike Sitte nachzuweisen, Verstorbene im Bilde einer Gottheit
auf ihr Grab zu setzen. Jünglingen gab man die Gestalt des Hermes,') Knaben
die des ,,x\pollino" *) oder des schlangenwürgenden Herakles,") Mädchen die der
Artemis.'") Auf einem makedonischen Grabsteine erscheint ein Geschwisterpaar
als Apollon Kitharoidos und Artemis.") Diese Costumierung der Verstorbenen
legte den Interpreten den Gedanken an deren Heroisierung und Divinisierung
nahe.'-) Gewii3 häufig mit Recht. Aber oft dürfte sie kaum anders zu verstehen
sein, als wenn Damen der Kaiserzeit in der Stellung berühmter Aphrodite.statuen
gebildet wurden und in den Zeiten der italienischen iKunstblüte die Lucchesin
Lucrezia Buonvisi sich als heilige Ursula malen ließ ''') oder Florentiner Künstler
Knabenbildnisse mit dem Tierfelle und dem Rohrkreuze des heiligen Johannes
ausstatteten. Und wie zu letzterem die wirkliche Costumierung von Knaben bei
der jährlichen Johannisfeier aufforderte, war auch ähnliches im Altertume der
P^all. So erfahren wir aus dem Romane des Ephesiers Xenophon, daß bei der
Prozession der großen Göttin junge Mädchen in der Tracht der jagenden Artemis
einherschritten.'^) Das Beispiel der Claudia Semnes, die in ihrem Columbarium
in dreifacher Gestalt, als Fortuna, als Spes und als Venus stand,'-^) erläutert dies
'') Arch. Anzeiger 1897 S. 182. Vgl. auch Clarac dem Sarkophage in Belluno, J-i'n'l'- der kunsthist.
124; 153. Samml. XII 77 Anm. 6.
') Ath. Mitt. III 97 ff. (G. Kürte). ") Heuzey, Mission archeologique de Macedoine
äj Amelung, Führer durch die Antiken in Flo- 236 ff. Die Mutter darunter ist schwerlich als Leto
renz 57 f. Sculpt. des Vatic. Mus. I 228 n. 83c. zu fassen.
'j Journ. of hell. stud. XII 319; im Texte S. 318 '') B. Schröder in den Bonner Jalirbüchern
ist das Motiv nicht erkannt. Vgl. Matz-Duhn n. 341 1. 108/109 S. 55 ff.
'") CIL VI 2, 10,958; vgl. dagegen den Grab- ") Salv. Bongi, Storia di Lucrezia Buonvisi
stein in Ivonstantinopel, Gazette arch. 1878 Taf. 3, Lucchese (Lucca 1864) p. 114.
wo Artemis auch auf dem Grabsteine eines Mannes '') Ephes. I 2 ed. Locella.
erscheint. Eine Frau auf der Jagd als Diana auf '^i CIL VI I55''3i '55'54'
Jahreshefte des österr. archäol. Institutes Bd. Vin. 3y
U. V. Schnciilcr
Fi". Ih"* Von einem (iralislcin aus Turin.
Spii'l in l''iirnii'ii auf ilas ilcullirlistt».
liiliKn man aber den 1 Oli-n als Dio-
nysos, so scliliel.it (iifs die lilcc an
dosson Vcrjvöttliohuni;- wohl in sich.
„.\(1 liabitnm Di'i LihiM'i" vori'hrt
liri Apulrjus "'1 dii' traucrnilc Clia-
riii- ilircn iVcxontlifli crniordotiMi
(ialUMi. .Vuf di'in Dcckol eines
rc'iiiii.schen Sarkopha,L;es ruht der
darin beigesetzte Saturninus aut
einer Klinc, nackten Oberleibes,
das Haupt mit Weinlaub bekränzt,
einc^ Trinkschale in der Linken.
F.in darunter geschriebenes h'.pi-
gramni in griechischer Sprache bek(Mint offen dii' Absieht der l-dleru, den früh
verstorbenen Sohn als Dionv.sos darzustellen.'^) Danach dürfte es keine müßige
Fra'j'e sein, oh nicht auch auf unserer Aschenkiste der Tote, dessen Reste sie
birgt, im Bilde des trunkenen l>acchus ge-
meint sei, obgleich nicht bestritten werden
soll, daß er hier auch in dem allgemeine-
ren .Sinne wie auf den .Sarkophagen der
indische Triumph des Gottes oder die Auf-
y ^1^^ B^k züge seines Thiasos eine befriedigende Deu-
j .' ^^*^^fc 'm^M tu";? fände.
\, ' i ,^ftU ' Die Figuren auf di^n .Schmalseiten der
* ^1» .7J ^K Ki.ste sind der Wirklichkeit c-ntnomnien :
/ J^m *-^ j ■* -^m junge Feldarbeiter in geschürztem und ge-
■ ^^F £ •_i^M^^ gürtetem Kleide mit kurzen Armein, wohl
^ ^Kv 44^^^K ^^^^^^I ^^^ vSklaven des Toten zu fassen, die die Er-
trägnisse des Bodens heimbringen. .Sie sind
zueinander in Gegensatz gestellt, indem der
liy. 69 Von einem Grabcippus .lus Turin. eine die Arme erhebt, um auf dem Kopfe
") Mctam. VIII 7 cd. van der Vlicl. Vgl. Carm. späteren Editoren seit fast achtzig Jahren ilim nacli-
lal. epigr. ed. Buechclcr II09 v. 351. schrieben], IG XIV I99O, Epigr. Anlh. Palat. vol. II t
"> Abgebildet in BoUaris und Foggini Musco Ced. Cougnyj cap. II 700. Ich folge mit Foggini,
Capilolino IV 301. Das Epigramm ebd. p. 302 [und Roß u. a. dessen schlichtem Wortsinne,
nicht .S. 237, wie Welcker einst irrig .-ingab und die
Römistlics (iralimnl nus OI)crit;ilie
295
einen gefüllten Korb zli stützen, der tmdere die Armi' senkt, um in jeder Hand
einzeln ein Gerät, in der Linken ein Körbchen mit Früchten, in der Rechten
ein eigentümlich geflochtenes Deckelgefäß, an seinem Bügelhenkel zu tragen.
Hiemit verwandte Gestalten sind nicht selten auf spätantiken Grabsteinen, wo-
gegen sich nur wenig Analoges für die Darstellung auf der zweiten Breitseite
beibringen läßt.
Wir sehen zwei Männer beim Brettspiel. Mit der Tunica und einem nach
griechischer Art um die Beine geschlungenen Mantel bekleidet, sitzen sie auf ge-
polsterten lehnlosen Stühlen einander gegen-
über. Ihre Füße setzen sie auf eine ge-
meinsame Fußbank und ein Spielbrett
liegt auf ihren Knien. Es zeigt keine
Einteilung in Felder. Zehn runde .Steinchen
lieg"en darauf. Der Mann rechts schiebt
mit der i^echten Hand ein Steinchen voi",
dawider sein Mitspieler links, den Zeige-
finger der rechten Hand ausstreckend,
etwas einzuwenden scheint. .Schwerlich ge-
nügen diese wenigen Anhaltspunkte, um
die Art des Brettspieles, das die beiden
Männer beschäftigt, zu bestimmen. Dem
Spieler links steht als „Kibitz'' eine Frau
zur Seite, als solche durch den Haarschopf
im Nacken kenntlich. In der Linken hält
sie einen Spielstein und ein Geldbeutelchen,
die Rechte legt sie nachsinnend an das
Kinn. Links oben hängt an der Wand an
einem großen runden Nagel ein Sack, der vielleicht zum Aul bewahren der Spiel-
steine dient/*) an seinen Zugschnüren. Als Ort der Scene ist ein gedeckter
Wohnraum anzunehmen.
Die Darstellung reiht sich der kleinen Anzahl ähnlicher an, die aus dem
Altertume uns g-eblieben sind: in einer athenischen Terracottagruppe,'") auf einem
Fresco aus Pompeji,-") auf einem nur in einer kurzen Beschreibung bekannt ge-
") Nach den Zipfeln an seinen Enden und den '') Winter, Typen der figürl. Terracotten II 4654.
Fältclien oben am Zuge kann der Sack aus Leder, Schreiber, Culturhist. Bilderatlas 80, 4b.
Linnen oder sonst einem weichen StoiTe sein; er ist ^'') Sogliano, Pitture murali in „Porapei e la re-
demnach kein cpop|i£axoj wie Heydemann a.a.O. wollte. gione sott, dal Vesuvio" (1879) no. 657 > Notizie degli
V^ou einem Grabsteine aus Acqui.
rOO R. V. Sclmciiicr, Römisches C.r:ü>m:il aus OUcrilalicii
wordenen römisclien Sarkophage-') und aut cim-r (u'iiinii\-"-') Näher und bedeut-
samer ist die Verwandtschaft unseres Ri-liefs mit Reliefhihlern auf drei (irabsteiiien
im könighclien Museum zu Turin.--') Der eine (Fig. 08), 1802 an der Porta Pa-
lazzo in Turin selbst gefunden, zeigt unter dem Inschriftfelde zwei Spieler auf
l.ehnstühlen an einem vicreckig"en Tische sitzend. T^rei Zuschauer, einer zwiscluMi
beiden stehend, die zwei anderen hinter dem .Stuhle, bezeugen ihren Anteil durch
sprechende Ge.sten und Bewegungen.-') Auf der Nebenseite eines Grabcippus {Fig.69),
der achtundzwanzig Jahre später an derselben Stelle zum Vor.schein kam, sehen
wir ein Ehepaar allein beim Spiele.-''') Hohe Korbstühle bieten ilim bequemen
Sitz, eine Abacusplatte liegt auf den Knien der Spielenden. Der dritte Grabstein
(Fig. 70) stammt aus Acqui.-"^ Wiederum finden wir auf ihm zwei sitzende Männer
mit dem Spielbrett im Schöße und zwischen ihnen einen zuschauenden Knaben
in kurzem Kleide, auf einem Schemel stehend.-') Bei der Seltenheit der Dar-
stellungen von Brettspielern auf antiken Monumenten mul.l ihr Vorkommen
auf drei ziemlich gleichzeitigen Denkmälern aus einander so nahen Orten, wie
Acqui und Turin es sind, überraschen, und da auch sonst unsere Aschenkiste in
Material und Arbeit den drei Grabsteinen gleicht, wenn sie sie auch an künst-
lerischem Werte übertrifft, so darf man daraus ihre Herkunft aus T.igurien oder
dem Piemont, jedenfalls aber aus Oberitalien, folgern. Hier in den gesegneten
Ebenen mochten die wohlhabenden Grundbesitzer des Spieles um so mehr sich
erfreuen, als die hoch entwickelte Cultur der Landschaft das Jagdgebiet immer
mehr zu verengen begann. Und Jagen wie Spielen galt doch damals vielleicht
noch mehr als sonst als Lebensgenuß, wie denn eine noch erhaltene Spieltafel '^'*)
in ihrer Inschrift verkündigt:
vctiari. lavari. liiJcrc, vielen- : hoc est viverc.
November 1905. R. v. SCHXl.lDI.R
scavi T876 Taf. C; Presuhn, Pompeji Abt. V Taf. 7; '"•) CIL V 7510; Dütschke IV n. 23.
Schreiber, Culturh. Atlas 78, 6; Gusman, Pompei ") Dütschke hält ihn für einen Sklaven, der
S. 251 [vielleicht nur ein Würfelspiel]. (las Brett hält, eine Deutung, der der hohe .Stand-
") Matz-Duhn, Antike Bildwerke in Rom II punkt der Figur und ihre Armhaltung entgegen ist.
n. 305C (zwei Kinder). ''*) M. Ihm, Römische .Spicltafeln in den Bonner
"j Amethyst der Sammlung des Herzogs von Studien, R. Kckule gewidmet S. 238 n. 48. — Der
Luynes, Bullet. Napol. N. S. I 8, 5. vorstehende Aufsalz war bereits gedruckt, als mir
'^ Hier abgebildet nach Photographien, die der das neue Buch W. Allmanns „Die römischen Grab-
Güte des Directors der S.immlung, Herrn Dr Kran- steine der Kaiscrzeit" (Berlin 1905) zukam, wo unter
cesco Ballerini, verdankt werden. n. 20'j die Abbildung der V'orderseitc unserer Aschen-
**; CIL V7046; Dütschke, Ant. Bildw. in Ober- kiste und ihre Beschreibung gegeben ist. Der Text
Italien IV n. 43. regt zu keiner nachträglichen Bemerkung an.
^) CIL V 7109; Dütschke IV n. 31.
BEIBLATT
Antike Denkmäler in Serbien.
Im nachstehenden Berichte leyt der Unterzeich-
nete die Ergebnisse der im Jahre 1904 von ihm unter-
nommenen archäologischen Excursionen in Serbien vor.
Moesia superior.
I. Praovo.
Sculpturen.
1. (Nach brieflicher MiUeilung des Herrn K.
Milutinovic, Gymnasiallehrers in Ncgotin; ebenso n.2
u. 3.) Weibliche Gewandstatue aus weißem Marmor,
ohne Kopf, h. I'36™, mit der Plinthe r5o'". R. Stand-
bein, r. Arm abgebogen (der Ellbogen abgeschlagen)
und auf die Brust gelegt; 1. Arm nach abwärts an
den Oberschenkel gelegt. Die Kleidung besteht aus
einer faltenreichen Tunica, unter welcher die Füße
hervorkommen, und einer ebensolchen Palla, die bis
unter die Knie reicht und den rechten Arm bis auf
den Ellbogen sowie den ganzen linken Arm verhüllt.
Auf der unteren Fläche der Plintlie ein Dübelloch,
t. O'Oj". Gefunden im westlichen Teile des Dorfes
Praovo; jetzt ebendort.
2. Weibliche Gewandstutue aus weißem Mar-
mor, ohne Kopf, h. l'jS"", mit der Plinthe l"58"'.
L. .Standbein; der r. Arm abgebogen auf die Brust
gelegt; der 1. Arm hing längs des Oberschenkels
herab, ist aber nur bis unter dem Ellbogen erhalten.
Die Kleidung besteht aus einer faltenreichen, bis
zum Boden reichenden Stola und aus einer eben-
solchen, bis nahe an die Knöchel reichenden Palla,
die den ganzen r. Arm und das, was von dem linken
erhalten ist, einhüllt. R. unten sitzt auf einer Er-
höhung ein kleiner Knabe, dessen Kopf, 1. Arm und
1. Bein abgeschlagen sind. Auf der oberen Fläche der
Plinthe eine wohl von unberufener Hand roh ein-
gekratzte Inschrift; die Buchstaben h. 0'033 bis 0'02"'.
Fund- und Standort wie bei n. I.
/jJ[cvSS£i=^ p'
Ichra stwiliia)':
Architektur.
3. Runder .Säulenschaft aus Granit, 1. 4'8o'°,
Durchmesser in der Mitte O'öS", an den verdickten
Enden 072 "'. In der oberen und unteren Fläche
befindet sich je ein Dübelloch. Gefunden in Praovo
an einer Stelle, wo auch viele große Steinplatten
zum Vorschein gekommen sind; liegt ebenda.
Mosaik.
4. (Nach Angaben des Herrn K. Milutinovic.)
Mosaik aus weißen und schwarzen .Steinwürfeln, die
0'0I5 — O'OlS" 1. und br., und, wie es scheint, ab-
wechselnd ungefähr o'o8™ und 0"04™ d. sind. Ge-
funden in Praovo; jetzt ebenda.
Gegenstände aus Ton.
5. Rundes Rohr aus schwärzlichem Ton, lang
O'OQ™, äußerer Durchmesser an dem einen Ende 0'05°,
an dem anderen 0'04". Der innere Durchmesser ist
beiderseits der gleiche, weil die Dicke der Wand auf
der einen Seite O'OI"' und auf der anderen O'OS""
beträgt. Nahe am engeren Ende läuft ringsum eine
Rinne. Um das Rohr geht in fünf oder sechs Win-
dungen eine erhabene Spirale. Gefunden in Praovo;
jetzt im Nationalmuseum zu Belgrad.
6. Stark fragmentierte Lampe aus rotem Ton
mit einem Henkel in der Form eines roh gebildeten
Kopfes. Fund- und Standort wie bei n. 5.
Münzen.
Für das Belgrader Museum bestimmt.
Imp. C. \M. A']iir. Pi-üb[us Aug. R. Viiiiis Aug.
Bronze. Cohen 803.
D. n.Vakiitinianus pi. f. Aug. K.GlorLi Roiiuiiioi'[ttiii].
Bronze. Cohen 12.
FL lul. Deliimliiis iiob. C. R. Gl\oi-ia .... Abschn.
SMNR. Bronze. Cohen 4.
Jahreshefte des Usteri
chiiul. Institutes IM. VIII Beiblatt.
11. Curr:'*-'.
7, Platlfiuiegcl: Slcnipcllläche li. 0'03'", br.
Ol 55"". Im Nalionalrauscuni in Belgrad.
ITEGiniFFCVPP]
Ug\io) IUI FylavUi) ßiniia) Ciiyf(is).
III. Viminacium.
Nach genauen Erkundigungen fanden sich anliUe
Grabsteine mit Inschriften bisher nur außerhalb des
^Cajir", d. h. des Raumes, über den die Stadt Vimi-
nacium sich erstreckte, während Votivsteine in der
Regel innerhalb desselben zutage treten; als Bau-
material verwendete Sculpluren und Inschriftsteinc
wurden in den Ruinen von Yinünacium nicht aus-
gegraben. Danach enlfallt das Jahreshefte III Beibl.
107 Abs. 3 Bemerkte und die Jahreshefte IV Beibl.
131 aufgestellte Vermutung, daß die — Functionäre
des Municipium Aelium Viminacium nennenden — im
Cajir gefundenen Inschriften vielleicht von den Byzan-
tinern aus dem heutigen Kaliste zu ihren Bauten
dorthin gebracht wurden.
Inschriften.
X. Vierscuiger Block aus weißem Marmor, unten
1. etwas abgeschlagen, h.0'87'", br.o'Sj^.d.o'JS"". Auf
der Vorderseite in dreifacher profilierter Umrahmung
das Inschriftfeld, h.0045", br. 0'025'°; schöne Buch-
staben des 2. Jahrhunderts, h. O'OjJ— 0-025". Auf der
r. und 1. Nebenseite in ebensolcher Umrahmung je
ein auf das Pedum gestützter trauernder Attis (auf
derl. Nebenseite unten abgeschlagen). Demnach diente
der Stein sepulcr.ilcm Zwecke. Gefunden im Cajir bei
_^ Kostolac; jetzt in der
MANTONI Weifertschen .Samm-
lung in Kostolac.
MFFABIA M.yU,lom(o)
FABIANOPROC ^r/.j--abia
XLGALLIARVM '•■"'•""-■ ^'-^^--
ETPORTVSITEM XL GalUarum
A K C E N TA k A R '" '"'"'"". ''""■
argenlaruinum)
PA N N ON 1 C A K l\,„,w„icarlum),
CPORTOk 1 L LYPja {co,iducl.,ri)porlori
PATRONOBONO ^ "-'""'
^FPCATORLIB J^^rcalor ,.bierlus)
Wie bereits C. Patsch, Rom. Min. VIU Iii7f.
dargetan hat (dazu M. Roslowzew, Arch.-epigr.
Mitt. XIX 137, 10), waren im 2. Jahrhunderte die
Pachtanteile des illyrischen Zolles im erblichen Be-
sitze zweier Kamillen, der Antonii und lulii. Der
ersteren Kamilie gehörte wahrscheinlich auch Antonius
Fabianus an; vgl. auch den Antonius Gabinus einer
Pettauer Inschrift (CIL III S 14354'-). Zur staat-
lichen Carriere des Kabianus kann man die eines
anderen Pachters des illyrischen Zolles (Dessau
n. T382. 13S3 mit Anmerkung) vergleichen.
Hier wird anscheinend zum ersten Male eine
Procuratur der argentariae Pannonicae allein (ohne die
Dalmaticac) erwähnt; vgl. CIL III 7127; 12733(1.
9. Profilierte Ära aus Kalkstein, h. o-GS", br.
O'SI™, d. 0'28"'. An dem Kopfgesimse auf einem
Streifen 1. ein Delphin (?), darunter auf einem zweiten
.Streifen die Z. I der Inschrift. Der .Schaft mit Z. 2 fr.
ist h. o'38°', br. 0'235'". Buchstaben des endenden
2. Jahrh., h. o'032 — o'02°'. Auf der oberen Fläche
quadratförmige Eintiefung, (.iefunden im Cajir bei
_ Kostolac; jetzt bei Weifert.
TEAVG- p,.^^ „„,„,|^. ^iiig^usii)
<: V<il{friiis) Vi-
l'ittllllS,
ihinlay iiiii)
s (j(uin)i](ucnnalis) sif^-
(iiiim) Ma-
Iris ticiiiii cl
ad rcslilii-
liiiiiem Icm-
pli Xcf'liiiii
os(cslt:rliiiiiij liiiü [iiii-
lia) u(nmmum)
d(onnm) d{al).
10. Profilierte Ära aus K.ilkslein, h. oT)7™,
br. o 325'", d. o'30°'; in der oberen Fläche ein rundes
Loch, oio" Im Durchmesser. Über und unter dem
.Schafte (h. 0-375 "■, '"■- 0'-95'". '^- 0-27"") je ein fünf-
fach gegliedertes Gesimse. Buchstaben des 2. Jahrb.,
h. O-Qö". Gefunden bei Kostolac; jetzt bei Weifert.
GVAL-VI
BIANV5
NAVTAR
^ CXQlSIQWk
TKISDEVME
ADRE5TJTV
TIONEMTM
-ROE"
EREE
VRl
VS"
Lit>\i-n> et
L\H'']crc e[f>
Mcrcu]ri\o?
v(olum I >,(n/t'il)
Antike Dcnkmfiler in Serbien
II. Profilierte Ära aus weißem Kalkstein, oben
abgeschlagen, h. 0'46™, br. 025™, d. 014"'. Buch-
staben aus dem endenden 2. oder beginnenden 3. Jahr-
hundert, h. 0"043 — 0"029°'. Gefunden bei Kostokic:
jetzt bei Weifert.
DI 15" AM
CF,L15
mavrce:
SVSVO
TVMP05V
IT LM
Diis an-
gdis
M. AiirUliiis) Cd.
siis vo-
s llllll posii-
it Kihens) iii(a-ilo).
Über die jüdisch-hellenistischen ä-p.'eXot und ihren
Cult vgl. A. Boltz, Der Apollomythus (1894):
F. Hiller v. Gaertringen, Beiträge zur allen Ge-
schichte I 225; 227, 4; Thera I 24; 181 ; A.Wilhelm,
Jahreshefte IV Beibl. 10; 18, 4; E. Maass, Die
Tagesgötter in Rom und den Provinzen 244 f.; der-
selbe, Indogerman. Forschungen I 157 ff.; A. Diete-
rich, Eine Mithrasliturgie (1903) 49 mit A. 2; Reitzen-
stein, Poimandres 17, 5; 30, I.
12. Profilierte Ära aus Sandstein, h. 0-39™,
br. 0'30'", d. 0"30°". Auf der Vorder- und auf den
Nebenseiten besteht das Kopfgesimse aus fünf, der
Ablauf aus vier horizontalen Streifen. Das Inschrift-
feld h. O'lö", br. 0'22™; Buchstaben aus dem An-
fang des 3. Jahrhunderts, h. 0'027°'.
DHAB\/5?JLV
ES TR IS Ae IL
LEV^EXV
OTOLPOS-
Dcabiis silf-
c'slris Achil-
Iciis ex V-
olo l{ibc>is) posiiiii).
Auf dieser in ruhender Stellung zwei nackte m.änn-
liche Oberkörper mit auf die .Schultern herabfallendem
langen Haare, auf den 1. Ellbogen (über welchen bei
dem r. Mann ein Tuch gelegt ist) aufgestützt, die
Rechte etwas nach seitwärts gestreckt. ].. neben der
Nische der Kopf und das vorgestreckte Vorderbein
eines liegenden Tieres. Gefunden bei Kostolac; jetzt
bei Weifert. Inschrift:
MHhrae Soli iii]rido ex vo[lo
Dieses Relief erinnert an die Mittelscene auf
der Rückseite einer Reliefplatte aus Konjica in Bos-
nien (K. Patsch, Wiss. Mitt. aus Bosnien VI 194 ff.
mit Tf. XII), welche ein Cultmahl der Mithras-
gläubigen darstellt.
14. Nach Abklatschen und Briefen der Herren
Pilz und Mächa Urnenliehälter aus gelbem Muschel-
kalk (oder grobkörnigem Sandstein?), h. 0'58 ",
1. rio™. Auf der einen Langseite in viereckiger
Umrahmung das Inschriftfeld, h. 0'265™, br. 0'52°';
Buchstaben aus der ersten H<älfte des 3. Jahrhunderts,
h. 0'04". Gefunden am 31. August 1904 in Kostolac
am Ufer des Flusses Mlava, nahe der antiken Brücke.
VALERJAEHILARAE
M-ÄVflELTlMOM>
LEGIII-G/\LL-SA-CON
IVGIPIISSIMEPOS
Valeriiie Hilarne
M. Aurd{ius) Tt'moit (cetitiirio)
legiiniiix) HI Gall{icae) S{eve-
rianac) A{lexandrianae) coii-
iiigi piissiitte pos(iiil).
Die Deae silvestres sind wohl identisch mit den
Silvanae silvestres.
13. Platte aus weißem Marmor mit Relief und
Inschrift, r., 1. und oben abgeschlagen, gr. H. 0'I2°',
gr. Br. 0-12"', d. o-oös" (unten) — O-Oj™ (oben). Die
Inschrift auf einem schmalen Streifen (h. 0-03 ""); Buch-
staben aus dem Ende des 2. Jahrhunderts, h. 0-0I2"'.
Darüber das Relief. In einer oben gewölbten Nische
(Andeutung der Mithrashöhle) ein Speisetischchen
mit drei geschweiften Beinen, dahinter eine Kline.
15. Marmorplatte, h. 0'36™, br. O'Sö", d. o'02™,
mitten senkrecht entzweigebrochen. Unregelmäßige
Buchstaben aus dem 4. Jahrhundert, h. 0'06 — 0'023".
Gefunden bei Viminacium; jetzt bei Weifert.
Dlqwxi/O'AV/Rc/
Mio/\/oA^xx>cf//QAi
8
ifariiiJ, hones-
1,1 ftmina, cullrix
,ii (=dfi), q(unc) vixit cum virgi-
nio suo aM(Mis) A'.VA'. P. [L](V»h(io)
5 Co[,n)s(l)ciHCiolo. Sita es{l).
l6. Platte aus weißem Marmor, 1. abgcsclilagcii,
h.O"6o", br. rjj", d. O'JO". Das Inschriflfeld in drei-
facher Umrahmung, 1. abgeschlagen, h. o-4ä™, l)r.
(soweit erhaltcnt l^ö". Ein großer Teil der Inschrift
abgemeißelt. Buchstaben aus dem ;. Jahrb., h. 0'04l ™.
L., halb auf dem Inschriftfelde, halb auf dem Rahmen,
ein modernes Loch. Gefunden bei Kostolac; jetzt
bei Weifert. (.Kacsimilc nach Tcilabklatsch des in
der Lesung Gesicherten.)
\DIEBVSXXII
rSIB[V[VlfEC'
] diduis XXII
...<■/] sihi vivi /ec(eriinl).
H{oc) mfoiiuineHlum)
h{ercdes) <((o»/)] s(^-
queliir). (?)
17. Profilierte Ära aus Kalkstein, oben und unten
abgebrochen, h. OsO"", br. O'SG", d. o'aj"". Uer
Schaft mit der Inschrift (soweit erhalten) h. O'ai™;
Buchstaben aus dem 2. Jahrhundert, h. coys"". Ge-
funden bei Kostolac; jetzt bei Weifert.
1 OM
MV LP
liovi") o{pliiiio) m{aximo)
M. Ulp{ius)
l8. Fragment einer Platte aus weißem Marmor,
oben, 1. und unten abgebrochen, gr. H. 0^24 ", gr. Br.
0'14"', d. O'OIJ". Buchstaben aus dem 2. Jahrhundert,
h. o'OJI — 0'023°'. Gefunden bei Kostolac; jetzt bei
Weifert.
co{n)sl,ularis)
vixit ] XV et
tiiit]il{avil')
7.\ci:c\.
Ziegel mit 1 n s c h r i f U- 11 .
Die nachfolgend beschriebenen Ziegel wurden
sämtlich in Kostolac gefunden und sind mit Aus-
nalmu- von n. :i in der dortigen .Sammlung des
H. Weifert vorwalirt.
I<). Plattenziegel, h. 0'27'", br. üW>"'. '1- 006'";
Stempelfliichc h. 0035™, br. 0083'".
L. St. . . . (ein Genlile, wie z. H. Stalins)
Ur . . . (ein Cognomcn, wie z. 1$. Urso).
20. l'laltcnzicgcl. li. ü-2S"', l>r. (ri^'"; Sleiniiel-
nUchc li. 0'03"', l>r. 0M12'".
2 1. l'latlenziegel; Stempelfläclie h. 0^04 "', br.
o'll". Jetzt im Belgrader Museum.
HCVIIQ '''i^'") ''•^^ "(""./'■")•
22. Plattenziegel, h. o V)'". br. 0-27; '", d. o'o;";
Stemiielfläche h. 0-027'". br. oii|™.
legiwt IUI s{iil>) c{ura) Hfnii{ae oder llcimcn'i)
pri{ncipis).
23. Plattenziegel, gr. H. O^C™, gr. Br. 0-22"';
Stempelfläche 0-I38'", h. o-OZS"".
, ^-- 1 ki'iio)VII Cllaudia} oj'ificiiia'i)
ÜiMP'^ .1///, !'...<:-)
24. Plattenziegel, gr. H. o^f^S"", gr. Hr. 0-245"',
d. 0-028"'; Stempeln:;, lu- l.. oolf,"', l.r. o-l6l">.
hg{io) VII Cl{audia) sn{b) c(ui-ä) Viclori (?; tirae)-
p(ositi).
25. Plattenziegel, gr. H. 0-23", br. 0-255, d.
0-04"'; Stempelfläche (links abgebrochen) h. 0021'°,
br. 0-I52'".
. s(ul>) c{ura) Victo-
riiii p(rac)posili'i)
WV IC-VICTOiiNi^
Antike Denkmäler in Serbien
26. Plattenziegel; Stempelfläclie li. O'os"", lir.
0-145".
legiio) VII C{hiiidia',.
27. Plattenziegel, h.0'39™, gr.Br.O'ig™, fl. Oo,"":
Stempelfläche h. 0'023™, br. 0'236".
l{egio) VII C{laudia) s{ub ciira) Vicorini (so)
p{rae)p{ositi) F{laviiis) Vi[lali]anus. Vgl. Jahres-
hefte VI Beibl. 54 n. 76.
28. Plattenziegel, gr.H. o^o", br.0'42'", d. 007'";
Stem]iclfl;iche h. 0'04I'", br. 0-21 ".
COMBFPy] ^°''""--') ^'^^ Braiiconim).
29. Plattenziegel, h. und br. o'äg™, d. 0'o65".
Stempelfl.äche h. 0025°", br. 0'I5"; über den Stem-
pel sind zwei sich kreuzende gewellte Linien gezogen;
beiderseits eingekratzte Schrift.
30. Plattenziegel, gr.H.0'36", br.028"', d.004'
.Stempel li. 0'3i™, br. 0"26'".
LE
31. Plattenziegel; kursive .Schrift des 2. Jahr-
hunderts, roh eingekratzt, h. o"04; — 0'027 ■", br. o' 1 62 ".
Eiiyho:in[s].
Ziegel mit gemalten Darstellungen.
32. Plattenziegel mit gemaltem Brustbilde,
h. 0'37", br. 0'26™, d. 0'035™. Das Brustbild (Por-
trät einer Frau?) ist in den zwei Farben rot und weiß
gehalten, wie es scheint, mit Rötel und mit weißer
Kreide aufgetragen. Über die Brust und längs dem
rechten Contour des Gesichtes gehen zwei mit den
Fingern gezogene krumme Linien. Gefunden bei Ko-
stolac; jetzt in Pancsova in der Sammlung des Herrn
I. Weifert.
33. Plattenziegel mit Zeichnung, h. 0'40™, br.
0'29"', d. 0'045°'. Darauf mit einer schwarzen Farbe
(schwarzer Kreide oder Kohle.-) eine weibliche Ge-
stalt in Umriß gezeichnet, h. O'205°', im Profil, mit
einem tunicaartigen Gewand bekleidet, das bis unter
die Knie reicht und anscheinend eine Tasche hat;
der eine allein sichtbare Arm ist umgebogen und vor
das Gesicht erhoben. Fund- und Standort wie bei
n. 32.
Primitive Arbeit.
34. Plattenziegel mit primitiver Umrißzeichnung,
h. 0'30™, br. o^I", d.O'045'°. Die Zeichnung stellt
ein Pferd dar, das über einen sehr beschädigten Del-
phin schreitet, darunter ein Tier mit Eulenkopf, zwei
Vorderbeineii und langem runden Körper, gleichfalls
über einem Delphin. Sie ist, wie die vorhergehende,
mit einem schwarzen Farbstoffe hergestellt und nimmt
einen 0'26°' h., 0*30"' br. Raum ein. Fund- und
Standort wie bei n. 32.
Ziegel ohne Inschrift und Zeiclmung.
35. Heizkachel, h. o"39"', br. o'24'", d. 0'i6™.
Fund- und Standort wie bei n. 32.
Bei Kostolac wurden, so weit uns bekannt, bis-
her derartige Ziegel in so großen Dimensionen nicht
gefunden.
Tessera plumbea.
36. Blei-Tessera, im Durchmesser 0'0I9™, schwer
14 gr. Die Vorderseite trägt in erhabener Umrandung
die Inschrift:
Aitgvusti) ti{oslri\.
Rückseite leer. Aus Kostolac; Eigentum des
Unterzeichneten Wohl Verschlußplombe für einen
Gegenstand des kaiserlichen Fiscus.
Sculpturen.
37. Sarkophag mit Deckel aus weißem Marmor,
h. rSo™ (Kasten r2o"', Deckel 0'6o™), lang 2"53",
br. r20° ^Fig. iV Alle vier Seiten des Knstens und
die obere Fläche des Deckels tragen Reliefs. Die
iwci Langseiten leigcn in der Hauptsache dieselbe
Decoration. Auf beiden je ein dreiteiliges Gewinde,
welches iwei nackte, geflügelte Knaben, einander
lugekchrt auf araartigcn Postamenten stehend, auf der
."^chuller tragen und dabei mit den H.'indcn nachhelfen,
während die äußeren Enden des Gewindes an der
Spitze zweier auf .ähnlichen Postamenten stehender
Säulen .in den Ecken des Kastens befestigt sind. Auf
beiden bildet femer die Guirlande je drei große
Bogen, die nach oben geöfl^nel, mit Bändern, deren
Enden herabfallen, umwunden sind und in der Mitte
je eine nach abwärts hängende mächtige Tr.aubc
tragen. Verschieden sind dagegen auf den zwei Seiten
die Geijenst.i'i.'-.- .1.. -..1. in den je drei Hall.rnn.lrn
Hg ■ >.,rko,,l,.,K :."» Viraina, ium.
Über den Guiriaoden belinden. Auf einer Seite sehen
wir über dem 1. und r. Drittel des Gewindes je einen
Medusenkopf mit Flügeln im Haare und zwei ver-
knoteten Schlangen unter dem Kinne, während in
dem mittleren Halbrund eine kleine rechteckige Tafel
angebracht ist. Diese Tafel hat wahrscheinlich die
mit Farbe aufgemalte Inschrift getragen; danach war
diese Seite wahrscheinlich die Vorderseite, wofür
wohl auch die Orientierung der Reliefs auf den Schmal-
seiten des Kastens spricht. Auf der anderen Lang-
seite befindet sich im Halbrunde über der mitt-
leren Guirlande ein Medusenkopf, wie jener der
Vorderseite gearbeitet, während über den zwei seit-
lichen Gewinden je eine Rosette zu sehen ist.
Auf der r. Schmalseite eine Frau nach links,
auf einem Stuhl mit sägebockförmigcn Beinen und
Sitzkissen sitzend, die Füße auf einen vierl>einigen
Schemel gesetzt, bekleidet mit einem langen Chiton
und einem Obcrgewandc, welches über den Kop(
gezogen ist; die R. hält das Kleid auf der Brust,
die L. liegt .auf dem Kissen. Die Gestall ist in trau-
ernder Haltung vorgeneigt. Auf der 1. Schmalseite
ein Mann auf einem ungcsattclten Pferde nach rechts,
im kurzen Chiton, eine nach abwärts weisende Lanze
in der erhobenen R.; hinter dem Reiter läuft ein
Hund; vor ihm ein flüchtender Hase.
Der Deckel hat die Form des Oberteils einer
Kline mit einer geschweiften Lehne am Kopfende;
Matratze mit deutlichen Gurten versehen; am Kopf-
ende ein breites, flaches Kissen. Auf diesem Bette
liegt auf dem Rücken, ganz ausgestreckt, eine l)e-
kleidele Frauengestalt, welcher der Kopf und dicArme
fehlen. Neben ihrem 1. Fuße sitzt, mit angezogenem
1. Beine, ein ganz kleines nacktes Kind (Knäblein?),
dessen Kopf und Arme abgeschlagen sind. Der
Deckel war mit dem Kasten auf beiden Schmal-
seiten durch je einen starken Eisendübel verbunden,
von welchem Reste in den betreffenden Löchern noch
sichtbar sind.
Der Sarkophag ist außerhalb des Cajir gefunden:
jetzt im Hofe des Gymnasiums zu Poiarevac.
Zu den Sarkophagen in der Form einer Kline,
auf der eine menschliche Gestalt liegt, s. W. Altmann,
Architektur und Ornamentik der antiken .Sarkophage
(Berlin 1902) 31 ff. Ebenda, S. 61, ist die Langscite
eines .Sarkophages aus Alexandrien mit durchaus ähn-
lichem Reliefschmuck abgebildet.
38. Kleine Platte mit Relief aus weißem Mar-
mor, oben und 1. abgebrochen, gr. H. O'lj"", gr. Br.
oiGj", d. 0023"'. In der Mitte auf einem Thron
eine weibliche Gestalt von vorn; der Kopf fehlt bis
auf den untersten Teil des Gesichtes und die Enden
des Haares, die auf die Schulter fallen und hinaul-
gedreht sind. Sie ist bekleidet mit einer unter der
Brust gegürteten Tunica, unter welcher die Füße
sichtbar werden, und einer Palla, die bis unter die
Knie reicht. Beiderseits ihr zugewendet Pferde,
r. zwei, von welchen das hintere mit dem Kopfe
über den Rücken des vorderen hervorsieht, 1. eines
(das vordere) erhalten, während das entsprechende
hintere durch den Bruch verloren ist. Das Reliel
stellt ohne Zweifel die Pferdegöttin Epona dar. Für
deren Stellung, Kleidung und Haartracht vgl. den
geschnittenen Stein des Museums Bocchi in Adria,
abgeb. Röscher, Lexikon der Myth. I 1290.
39. Grabdenkmal aus Kalkstein in Form einer
Ära mit in der Mitte der oberen Fläche angearbeitetem
13
Antike Denkmäler in Serl)ien
14
Pinienzapfen, li. I'39™, br. O'SO™, d. 0'44"' (Pinien-
zapfen h. 0"38°'; sein Umfang unten gemessen l'io™;
Schaft h. 0'52™). Auf der Vorderseite des Schaftes
zweihenkeliges Gefäß, aus dem 1. und r. je eine
Rebe mit einer Traube (und Blättern?) hervorkommt;
zwischen den Reben oben ein großes Blatt. Am
vorderen oberen Rande des Schaftes eine Reihe mit
der Spitze nach unten gekehrter Dreiecke (Blätter?).
Die Rückseite des Schaftes ist von ähnlichen Drei-
ecken bedeckt, die hier in vier horizontalen Reihen
je vier oder fiinf untereinander stehen. Gefunden bei
Kostolac; jetzt im Weingarten des Ljuba Seftii bei
Drmno.
Über ähnliche Monumente z. B. B. Schröder,
Bonner Jahrbücher CVIII/IX 70 ff.
40. Säulenstamm aus Kalkstein, oben und unten
abgebrochen, gegen die Mitte zu sich verdickend,
h. 0'4I™; Umfang in der Mitte gemessen 0'53™.
Unter dem oberen Ende ein Kopf im Relief; r. da-
von verlaufen nach unten drei S förmig geschwungene
Linien (die mittlere sehr dick). Gefunden bei Ko-
stolac; jetzt bei Herrn Weifert in Kostolac.
41. Torso einer Statue mit Schuppenpanzer, über
den ein breiter Gurt von der 1. Schulter zur r. Lende
läuft. Fund- und Standort wie bei n. 40.
42. Vorderteil des nackten Rumpfes einer
menschlichen Gestalt; auf dem Unterleibe die 1. Hand
erhalten. Aus weißem Marmor, der an der Ober-
fläche rötlich gefärbt (bemalt?) Ist. Sehr beschädigt;
gr. H. 0'25"', gr. Br. 0'26°', gr. D. o'l4™. Fund- und
Standort wie bei n. 40.
43. Kopf einer .Statue oder Büste des Apollon,
mit Ansatz der Brust, aus rötlichem Marmor, h.
0'22™. Das Haar fällt beiderseits in reichen Locken
auf die .Schultern und ist über der Stirn in einen
Knoten gebunden. Fund- und Standort wie bei
n. 40.
44. Kopf eines .Stieres aus Marmor, rückwärts
und von den Augen ab sehr beschädigt. Fund- und
Standort wie bei n. 40.
Bronzerelief.
45. Rundes Reliefplättchen aus Bronze, im
Durchmesser O'O.S"", d. 0'002'". In der Mitte weib-
liche Gestalt von vorn in langem Gewände, das
Haar beiderseits bis zur Mitte der Wange herab-
fallend, die Arme vor dem Körper abwärts gestreckt;
sie hält ein wohl beladenes Tuch, dessen Enden
hinunter hängen. R. und 1. von dieser Figur reitet
je ein Reiter auf sie zu; beide haben einen Arm
adorierend erhoben. Hinter ihnen steht je ein
liauchiges Gefäß mit Henkel, unter ihnen kriecht je
eine menschliche Gestalt nackt auf allen vieren
gegen die Mitte zu. Über den erwähnten Gefäßen
auf der r. Seite ein Hahn, auf der 1. Seite eine
Schnecke. Über der weiblichen Gestalt in der Mitte
eine verticale .Scheidewand (?). R. davon eine weib-
liche (?) Büste, darüber ein Halbmond; hinter dem-
selben, etwas höher, ein Vogel. L. von der .Scheide-
wand die Büste des Helios mit Strahlenkrone; da-
rüber runde .Scheibe (die Sonne?), 1. von dem Brust-
bilde auf gleicher Höhe ein Vogel. Unter der weib-
lichen Gestalt in der Mitte wieder eine verticale
Scheidewand, längs welcher 1. eine Rinne derselben
Breite verläuft. Links von der .Scheide eine mensch-
liche Gestalt nach r. mit vorwärts gestreckten Armen;
1. von derselben ein Gefäß, das aus einer Basis mit
zwei erkennbaren Beinen, einem langen mittleren Teile
und einem oberen breiteren Teile besteht. R. von
ihm, etwas höher, ein vierfüßiges Tier, das zum
Gefäße gekommen ist und, wie es scheint, daraus
trinken will. L. von der unteren Scheidewand ein
Löwe nach r. mit sehr langem Schwanz. — Rings
um die gauze Darstellung zwei punktierte Kreise, die
längs des Randes laufen. Gefunden bei Kostolac; jetzt
in der Sammlung des Gymnasiums in Pozarevac.
Ein ähnliches Plättchen wurde herausgegeben
von E.Nowotny, Wiss. Mitth. aus Bosnien IV (1896)
296 ff.
Gegenstände aus Blei.
46. Sarkophag aus Blei mit dachförmigem Deckel,
1. rSo", br. 0'46™, h. 0'57°'; die Schmalseiten des
Kastens erheben sich giebelartig bis zur Höhe des
Deckels, so daß beiderseits der Verschluß hergestellt
ist; die Langseiten sind h. o'34°'. Fund- und Stand-
ort wie bei n. 40.
47. Sarkophag aus Blei mit dachförmigem Deckel,
1. i'47™, Ijr. 0'42™, h. 0'50™; die Schmalseiten wie
bei n. 46 geformt. Die Langseiten (h. 0"35") or-
namentiert. Auf der einen Schmalseite ein Medusen-
kopf und einige lineare Ornamente, auf der anderen
zwei Medusenköpfe und zwei Masken. Fund- und
.Standort wie bei n. 45.
48. Bleierne, vierkantige Stange, von welcher
das eine Ende fehlt, 1. 0'57™, d. O'oö""; dazu zwei
Bronzehülsen, die wahrscheinlich zugehören, da sie
in das runde zapfenartige Ende der Stange einpassen.
Gefunden in der Umfassungsmauer des Lagers Vimi-
nacium, jetzt bei Radowan Djordjevic in Kostolac.
15
Münzen. /<"/'. C. Vibio. [Tichoii. 1 /'. .U. [s. co]\l. Vim. mi.
, ,....„, , „ - X '"'/I/o -l'K?)- «.-B- -V-^/- Tvp- A.
ücmnden beim Dorfe Brclane (nahe l'o/.arcvacl
an einer und derselben Stelle: jetzt in der Samm- ,,, ,,. ^^^^ _,., ,^j^,,_^ ^^^.^,. -^n,,,,^.,, „„^ „„, cOL.
lung des Gymnasiums iu Poiarcvac.
Im/'. C. \'ibio Tirhoii. | l'. M. s. col.ij) Viiii.aii.
.,. Geprägt in Viminacium. «""" -l"^- ^-B- I A7/. Typ. A.
7m^. ra«. M. A[ni\. I R .V. 5. co\l. Vim. .„, -I- ^, ^._,^^^^ .,^. ^, _^^ ^ .^.^^^ ^,,
GlonfM«».«! AvG. Typus A (nacl. l'ic-UV ' '
,1/1. ll.-D. -Vi l . 1 > p. A-
G.-B.
Im/'. C. a.i/liis [....) I /'. M. s. c\ol. V[iiii.] an.
Imp.Caes. M.Aiil. Gor- P. Af. s. c\ol. Vim. at:. (\.-\\. \ [A/Z/y]. Typ. A.
ifi.iMiJX .4»^ (überall A Tri Typ. A.
statt Ai G.-B. /;»;.. C. G.illiix }'.] fcli.x 1 I'.M.s.c\ol.Vim. an. .\IV
Iiiif. M. Iiil. l'hiliypiis I /'. .\/. s. c\ol. Vim. an.
Aug. G.-B. I r. Typ. A.
Aug. G.-B. I (oder X//). Typ. A.
Imy.r. C. Vit'. Voliis\i\- j /'. M. v. c\ol. Vim. AN
A;/Hi. .iK^f. G.-B. i XIII. Typ. A.
.iHi.'. G.-B. 1 r//. Typ. A. s;.i«o/l//^. (überall A). j A7//. Typ. A.
G.-B. 1
Imp. M. Iiil. Philippiis I P. M. s. c\ol. Vim. an.
AVG so) G.-B. I VII(?). Typ. A. /,„;,. Cac. (". Vih. [Volti- | /'. M. s. c\o/. Vim. an.
sianlo [Aug.] G.-B. | XII'. Typ. A.
undeutlich G.-B. I P. M. s. c\ol. Vim. an.?
I Typ. A.
undeutlirh G.-B. 1 P. M. s. co\l. Vim. an. ''
I Typ. A.
Imp. Traiainis Deciiis 1 /'. M. s. c\ol. Vim. an.
Aug. (i.-B. I XI. Typ. A.
Imp. Traianus Tkciiis \ /'. M. s. c ol. Vim. an.
Au(?). G.-B. I A7/. Typ. B.
Imp. C. St. Q. Traianus 1 P. M. S. c\ol. Vim. an. j,„p_ C . . . G.-B. I /'. M. s. C(t\l. Vim. an.
[Decius Aug.] G.-B. | XII. Typ. A. | AVK. Typ. A.
Beide Seilen ganz undeullidi. G.-B.
[Her.] Elruscilla Aug. I /'. M. s. c\ol. Vim. [a]n. Beide Seiten ganz undcullicli. G.-B.
G.-B. I XII. Typ. A.
b. Geprägt in Dacia.
(//<•;-.] Elruscilla .Aug. \ P.M.s. c\ol. Vim. [an?]. i n i- i i a 7.
X . \ ^'"f- T^i'«"""^ Ik-cnis Prf'vlni]t\iA Hacia an.
G -B. I Typ. A.
,Ulg. G.-B. i ////. Typ. B.
Her. Elruscilla. Aug. 1 P. M. s. coli. [Vim]. an. , . ,, , . n • ■ r, .•
* ..,r , . /"'/'. (■ '■ Vib. Voluu- Prnvin,cta Dacia an. l.
G.-B. \I r?] Typ. A. . , 1 ,. ,. -I- T^
' i J -' onus Au\g]. (i.-ü. Typ. D.
CVAT. Hosl. M. Quin- 1 P.M.s.c\ol. \^Jm]. an[?].
tut C. G.-B. I Typ. A. '"• ^"""''ß'^ ^'"""'="-
Imp. Gordianus pius fcl. .Marlcm prnpngnalorem.
Imp. C. Vibio IR[<fro«. I P. il. s. c\ol.[Vim. an] Aug. G.-B. SC zu beiden Seiten einer
GaVlo. [Aug.] G.-B. | XI[I]. Typ. A. I Säule.
17
Antike Denkmäler in Serbien
IV. Municipium (Kalistf).
Der „Grr\dac' bei Kaliste mit den Ruinen der
Ansiedlung Municipium (vgl. Jabresliefte IV Beibl.
130fr.) nimmt einen Raum von ungefähr 250 Schritten
im Gevierte ein.
4g. Oberer Teil eines vierseitigen Blockes aus
Sandstein, oben abgerundet, h. 0"38", br. 0'44",
<!• 0'35"- Auf der Vorderseite in einer nischenartigen
Vertiefung zwei Köpfe, auf der r. Nebenseite ein
Brustbild unter einer doppelten Bogenstellung, die,
wie es scheint, beiderseits auf je einer Säule ruhte.
Gefunden im „Gradac"; jetzt im Hofe des Milic Milo-
savljevic in Kaliste.
50. Daumen von der Statue einer erwachsenen
Person aus Bronze, hohl, Lebensgröße. Gefunden im
„Gradac"; jetzt im Belgrader Museum.
51. Gewicht aus Bronze in der Form eines gegen
die Mitte zu wulstig verdickten Zylinders. H. 0'0l6",
Umfang in der Mitte gemessen o'o84™, Durchmesser
der oberen und unteren kreisrunden Fläche 0'0I5".
Gewicht 79 gr. Auf der oberen Fläche Inschrift; die
Buchstaben sind graviert und mit Silber ausgefüllt.
Gefunden im „Gradac"; jetzt in der Sammlung des
Gymnasiums zu Pozarevac.
oü(-f/.£ail •;'.
Da das normale Gewicht des römischen Pfunds
327'4Ö oder, wie die neueren Funde beweisen, 325 gr.
beträgt, ist vorliegendes Gewichtsstück etwas zu leicht
geraten.
52. Jagdpfeife aus Hirschgeweih, 1. 0'17"'. Durch-
messeram dickeren EndeO'25'". Gefunden im „Gra-
dac" ; jetzt im Belgrader Museum.
Eine ähnliche Jagdpfeife wurde bei den Aus-
grabungen in Carnuntum gefunden; vgl. Der römische
Limes in Österreich I 46 (dazu Taf IV, Abb. 31).
53. Ein Antefix aus Ton, einen Kopf dar-
stellend. Gefunden im „Gradac"; jetzt im Belgrader
Museum.
54. Eine gewöhnliche römische Fibula aus
Bronze.
Münzen.
Bestimmt für das Belgrader Museum.
Iiiip. Traiano Aug. Ger. Dac. P. M. Tr. ['. R. Cos.
V. P. P. 5PQR Ojylimo Piiuc. Silber. Cohen 74.
A[n\rcliHS Cacs. Anion[. . . R. Ti: pot . . . cos. II.
Silber.
Fl. lul. Coiistantius nob. C. R. Gloria excrriliis.
Abschn. Coiiss. Kupfer. Cohen 92.
Jatreshefte des österr archäol. Institutes Bd. VIII Beiblatt.
Fl. V'al. Coiislaiiliiis tiob. C. R. Providentiac Caess.
Abschn. Ka. Kupfer. Bei Cohen, soviel ich sehe,
mit CAESS im Revers nicht beschrieben.
Fl. Hiiaui .\iigiisla.K. Scciirilas rei pnblicae. Abschn.
SMNB. Kupfer. Cohen 12 (in Abschnitt verschieden).
Iiiip. C. Val. Licin. Licinitis p.f. Aug. R. lovi conser-
vatori. Im Felde r. A (V). Absch. SMN. Kupfer.
Cohen 70 (identisch, aber ohne die Schrift im
Felde und Abschnitte).
V. Margum (Orasjc bei Dubravica).
In der Inschrift Jahreshefte VI Beibl. 23 n. 30
ist Z. I nicht c{nrator) c{ivitim) R{oinanortim) Ma[i--
cius . . ., sondern wahrscheinlich c{uraior) c{iviuni)
Riomaiwniui) Ma[rgi cov.siiskiitium)'] zu ergänzen.
Sie stammt demnach aus der Zeit, als Margum noch
nicht eine römische Bürgergemeinde (municipium Au-
reliura Augustuni), sondern ein nichtstädtischer Con-
ventus war.
VI. Kamenac.
55. Fragment einer Platte, h. o'32'", br. 0'30'",
d. 0'I7°'; rohe Buchstaben des 3. Jahrhunderts
zwischen vorgerissenen Linien. Liegt seit langer Zeit
auf der ersten kleinen Brücke bei der Kirche zu
Kamenac (südlich von Kragujevac).
f05V
arde . .
aug . .
posii ■ .
ne Ver
VII. Svilajnac.
56. Profilierte Ära aus sehr brüchigem Muscbel-
sandstein, mit dem oberen Teile im Boden steckend,
h. (soweit sichtbar) 0'97" (unter der Erde noch etwa
0'20'"). br. 0'57'", d. 0'52"; Schaft h. 0-57™, br.
0'445"; Buchstaben h. 0'07". Gefunden vor 1885
nahe bei Svilajnac, r. vom Wege zu den "Weingärten,
wo sich die Ziegeleien befinden; jetzt im Weingarten
des Herrn Apothekers Drasköczy.
I{ovi) o(ptimo)] mia.xiiiio)?
et g[cnio] su . . .
Unter diesen Resten ist noch Raum für etwa
3 Zeilen.
VUl. Timacum minus (Ruvna).
•;7. CIL 111 S S:02. l'laile aus weißem Marmor,
millen »agrccht entiweigebrochcn, h. I'oo"", br. o^l"",
d. O'öo". Im oberen Felde in einer bogenförmigen
profilierten Umrahmung ein Kranz, der eine Rosetlc
umschließt. Das Inschriftfeld in dreifacher Umrahmung.
h. 1"44'°, br. o"44"'; Buchstaben des endenden 2. Jahr-
hunderts, h. 0"045— O'Oj™. Im Felde darunter ein iwci-
henkeliges liefäß, aus dem r. und 1. je eine Rebe
mit iwei Blättern und einer Traube hervorkommt.
Kam neuerdings im J. I903 im antiken Castell hei
Ravna in der Mitte der dem Timok zugekehrten
Front zum Vorschein; liegt ebenda.
D 9 M
VETCOHtm/VC
SYIlEKE,aH5-
vivosE^r''
BM Poi
J£FA/ NO
D(is) mianibus).
Q. Serg(ius) Paiil(us)
vcl eianus) cuMortis) I T/irac(iiin)
Syr[iaca() ex eq(uiU) h(ic) s{ilus)
5 (e(s/)l; v(ixit) aii(nis) LXX;
vivo se si[bi]
ei I'upae con{iugi)
bUne) micrenti) pijs(uii)
Serv(ate) uep(oles).
58. Platte aus weißem Marmor, oben abgebrochen,
gr. H. rag", br. ovs", d. o^ij". Das Inschriftfcld
(oben abgeschlagen) in dreifacher Umrahmung, gr. H.
O-jö", br. 0'42°; Buchstaben aus der Mitte des
3. Jahrhunderts, h. Z. I — lo: 0'045 — O'OSä", Z. ) I bis
12:0-025— 0-028"'. Die Endbuchstaben Z. 5. 8.9. 10
stehen auf der r. Randleiste. Fund- und Standort
wie bei n. 57.
^\/ll7/XITl\NN
XLV MILITANT
' AINX14S1M-RFEC
T^iMEXEDlTIO
Mf^TlCK£TARVl
LE[\nKrS(M^^CTi/^
'DlACoCCElAA^.l^[]o
B M'P AVE INGFKFBeI
. . .U-g{io)iis)V\n
i/»( vixil aiin(is)
XIA', mililavil
..iiiii{is) XVI s(e-
iinssc).iiilcr/cc-
Ins in expCiiitioiie
( l')aitica et Aiiinc-
ithicci), Va-
IciiliitiiSijui clOcla-
viiis filins, eres el
Claii-
) diii Cocceia maier
filio
l>(eiic) m{erenti) p(o-
stiil). Ave,
Iuvenile. Be-
lle vale.is, viiilor.
Wegen des Schriftcharakters dürfte sich Z. 5 fr.
nicht auf den Partherkrieg des Verus, an dem viel-
leicht auch eine Abordnung der legio VII Claudia
teilnahm (Jahreshefte IV Beibl. 93), sondern auf eine
der parthischen Expeditionen in der ersten Hälfte
des 3. Jahrhunderts beziehen.
Sculptur.
59. Kleine Statue der Aphrodite aus feinkörnigem
weißen Marmor, Oberkörper über dem Nabel ab-
geschlagen; h. ciSl"", mit der
angearbeiteten Plinthe 0'2I7°'.
I-. .Standbein, r. Spielbein. Be-
kleidet bloß mit einem Gewand-
stück, welches rückwärts unter-
halb der Hüften die Beine be-
deckend bis auf den Boden
herabfällt, vorne mit zwei Enden
von der r. Hand über der Scham
festgehalten wird. Die 1. Hand
ist auf einen abgeschnittenen
Baumstamm (?) gelegt, neben
welchem r. am Boden ein Ge-
fäß steht. Gefunden im Castell
bei Ravna; jetzt im Belgrader
Nationalmuseum.
IX. Cocev Kamen (Altserbien).
60. Kleine Reliefplatle, oben sich verschmälernd
und abgerundet, h. O'lj'", br. unten o'l2°', dick ocö".
Antike Denkmäler in Serbien
Hermes von vorne, r. Standbein, mit Petasos und
Chlamys, die auf der r. Schulter befestigt ist, die
1. Schulter bedeckt und über den 1. Arm hinab-
fällt, sonst nackt. In der R. hält der Gott einen
Beutel über einen kleinen Altar, in der L. das
Kerykeion. Zu seinen Füßen r. ein zu ihm zurück-
sehender Hund, 1. anscheinend ein Vogel. Stammt
aus Cocev Kamen in Altserbien; gegenwiirlig im
Belgrader Nationalmuseum.
Dalmatia.
5
X. Stojnik und Umgebung.
Jahreshefte IHBeibl.,! 56 unter 3 wurde nicht g;inz
genau gesagt: „Auf der Anhöhe Gradiste („Burgstall")
bei Guberevci stehen die Ruinen eines größeren Ca-
stells." Vielmehr hätte es heißen sollen: Nördlich
von Stojnik befinden sich die Ruinen eines größeren
Castells unter dem Namen „Grad" (,Burg'). Hier
sieht man noch die Wälle in der Form zweier
concentrischer Kreise, von denen einer im Umfange
etwa 900, der andere 300 .Schritte mißt. Rings um
den inneren Kreis ist ein tiefer Graben erkennbar.
Der äußere Kreis hat südlich eine Öffnung (wohl ein
Tor). In und außerhalb des „Grad" stößt man überall
auf römische Ziegel.
Ferner soll a. a. O. unter 4 statt „Guniste"
„Gumnista" stehen.
61. Profilierte Ära aus Kalkstein, unten ab-
gebrochen, h. 036™, br. O'ag", d. 0"26'", Inschrift-
feld h. 0'24'°; Buchst.aben aus dem Ende des 2. Jahr-
hunderts, Z. I h. 0"07", Z. 2 — 3 O'OS™. Gefunden
im „Gradiäte" bei Stojnik; jetzt in Stojnik vor der
Schule.
O'OS"". Seit mehreren Jahren auf einem Grabe
Friedhofe von Guberevac.
I
ORMF
IV
0 IVLIA
i ECVNDA
CONiVCI
El- \.0
I(0Vf) olpliiiio] ii:lcn
j pi-]o saliile
Ciie$'\ar(is:) u(oslri)
62. Grabstele aus weißem Kalkstein, h. 17 1™,
br. 0'73", d. (soweit sichtbar) 0"08°. Im oberen
Felde Giebel; darin Kopf in Vordersicht; in den
Zwickeln je eine Palmette angedeutet; Geison leer.
Darunter in profilierter Umrahmung das vertiefte In-
schriftfeld, h. i'27™, br. O'jSs"'; zu oberst ein mo-
dernes Kreuz ; stark verwitterte Buchstaben des
2. Jahrhunderts Z. I h. O'oS", Z. 2 — 6 O'OÖ"", Z. 7
[Dds) in(nnibus) et inc-]
iiioi'liiic] M. F . . .
. . . . in . .
. . 0 Itiliii
Seciiuiiii
cnuingi
piciilissimo
/'(■[«((•)] ni(ercnli) [pjo-
63. Grabstele aus grauem Kalkstein, h. r26™,
br. 0'54'", d. 0'215™. Im Felde über der Inschrift
Giebel; darin eine Rosette; in den Zwickeln je eine
Halbpalmette; auf dem Geison Rankenmotiv. Das
vertiefte Inschriftfeld zwischen zwei geriefelten Halb-
säulen, h. o'8o™, br. 0'35"; unregelmäßige Buch-
staben aus dem Beginn des 3. Jahrhunderts, h. OO42
bis 0'038'". In einem Felde darunter (h. 0'I43™)
Ranke mit Blättern und Trauben. In der oberen
Schmalfläche ein kleines Loch, ungewiß ob antik;
in der unteren Schmalfläche nächst der 1. Ecke (an
der entsprechenden Stelle r. ist der Stein beschädigt)
ein größeres viereckiges Eoch (0'075 X 0'095™: "^f
0065°). Gefunden in einem Walde in Glavcine (bei
Gubernac); jetzt seit mehreren Jahren auf einem
Grabe im Friedhofe von Gubernac.
[^YK\cj)lAlA
OYAAeNTl
HATfLuNI
ANeöHKA
MNlAC><A
FIN
NuvcptSta
OüaXsvxt
Ttaxpwvt
ävs9-r)xa
|j.v£a; 5(a-
ptv.
.S c u 1 p t u r e n .
64. Oberer Teil eines Grabdenkmals aus Kalk-
stein, r. abgebrochen, h. 0'6g'", br. 0"2S", d. 0'27'"
N. VuliiJ, Aiuilic DcnUmliler in Scili:
Im oberen Felde 1. Hälfte eines Giebels; im ZwicUcl
Dclpliin nach unten. Darunter ornamentiertes Geison,
unter diesem wieder eiu unten abgebrochenes Feld,
1. durch eine Säule begrenzt, geschmückt mit Blättern
und Tr.mben. Gefunden im «Gradistc" bei Stojnik;
jetit in einem Steinh.iufcn im Hofe der Schule zu
Stojnik.
65. Quadratische Platte aus K.alksliin, deren
obere Fläche kreisrund ausgehöhlt ist, h. und l)r.
O'Jö"", d. o'i7'". Der Durchmesser der Vertiefung
0"30°', die Tiefe O'Oj — O'Oi". Durch den Boden
derselben geht ein Loch. Fund- und Standort wie
bei n. 64.
Klein fundc.
66. Achtscitige oben .ibgestumpfte Pyramide
aus Blei, h. oOj™, br. unten 0'048'", die obere
Fläche br. O'Olö". Seit langem bei Herrn Milosnv-
Ijevid, Lehrer zu Stojnik.
67. Kleine Stange aus Eisen; das eine Ende
wulstig gestaltet; an dem anderen Ende ist ein
bronzener Gegenstand in der Form eines Halbmondes
angesetzt; zwischen den beiden Enden läuft ein ver-
schiebbarer Bronzering. L. 008'°, br. am dickeren
Ende O'oia". Seil mehreren Jahren dort wo n. 66.
68. Kopf eines schlangcnähnlichen Tieres, welclier
am Halse in ein viereckiges Plättchen ausläuft, das
horizontal in zwei Teile geteilt ist. L. o"033™, br.
O'OI"", d. 0"03 — O'OI™. Standort seit langem wie
bei n. 66.
Münzen.
D.H. V^alciis p. f. Aug. \ R. Victoria Aiigg. \ Trobc.
Gold. Cohen 53. Gefunden in Bogovica bei Stojnik;
jetzt in der Sammlung des Belgrader Professors
Mijalko Ciri<i.
linp. Caes. Vesp. Aug. ... | K. Aiigii\i\ tri. po[l
Silber. Cohen 43. In der Sammlung des Lehrers
Milosavljcvit'.
XL Antiken unbekannter Herkunft.
69. Kleine Statuette der Aphrodite (?) aus Mar-
mor, mit einer griechischen Inschrift auf der Plintlie.
Idi sah das .Stück 1901 bei dem Belgrader Antiquar
Radovan Paskovic; als ich es nacli kurzer Zeit wieder
besichtigen wollte, war es Iiercils an einen Un-
bekannten verkauft.
X AP€ OC A K. vrp
yOrC Ui K YGCPI A
Xa|i]pe Oex KuTtp-
OYSvf, Ku3sp(a
äEiac.|iaL.
Der Verdaclit einer Fälschung ist niclit aus-
geschlossen.
70. Tonlampe, nach J. Fink, Formen und Stem-
pel römischer Tonlampen i.Sitzungsber. Akad. Mün-
chen, phil.-hist. Cl. 1900 685 ff.) dem Typus III an-
gehörend, 1. 009", oberer Durchmesser o'o6™. Auf
der unteren Fläche (im Durchmesser 0'045'") der
Name des bekannten Töpfers Cassius.
CASSI Cassi.
Belgr.id. N. VULIÖ
Brände des ephesischen Artemisions.
Eine durch erfahrenen Widerspruch veranlalite
und von Herrn Geheimrat A. Schöne gütig geförderte
Überprüfung eines vor Jahresfrist in der Zeitschr. f.
d. österr. Gymn. 1904, I ff. publicierten kleinen Auf-
satzes bewog mich, einige dort herangezogene
Nachrichten ephesischcr Schriftquellen genauer zu
untersuchen, als es mir wohl damals für meinen
nächsten Zweck nötig erschienen war. Zu diesen
Nachrichten zählt vor allen anderen die in hohem
Grade .luffallige Notiz des Eusebius ad ann. Abr.
871 (1146 v. Chr.) = Sync. 334, 18 Auiai [sc. a£
'Aiiajöve;] xal xi i'i 'E'^laip tspiv 7:pO£v£7iprjaav
(vgl. Euseb. Chron. ed. Schöne II 54), eine Notiz, die
offenbar nur in direktem Bezüge auf ann. Abr. 1619X
(395 V. Chr.) = Sync. 491, 7 '0 iv 'R-^icif 'iolo;, auO-ij
dvsiipTjaihj (Schöne II 1 10) niedergeschrieben sein
kann. Der bekannten Tradition von der Gründung des
Artemisions durch die Amazonen (z. B. Pind. frg. 174,
Callim. h. Dian. 237, vgl. (juhl, Ephes. 132, Clinton,
F. Hell. I 116 not. x, Pauly-AVissowa, Realencycl. I^
25
R. C. Kukula, Brände iles epliesischen Artemisions
1757'') steht jene widersprechende Behauptung des
Eusebius und seiner Ausschreiber, daß der Tempel
durch die Amazonen verbrannt worden sei, ganz und
gar vereinzelt gegenüber. Unmöglich wäre es nicht,
daß etwa das spätere Epos ira Zusammenhange mit
der historischen Forschung, von der alsbald die
Araazonengründungen ins Gebiet der Fabel verwiesen
wurden, auf diesen Einfall hätte geraten liönnen; vgl.
.Strabo XII 550 •co'j; r.sfl DÖY^Xa Xs-fovxas Täj
X|iajöva; iiSTaj'j 'Ecpiao'j xal Ma-fvY]ata; y.al npir;v7;;
cfXuapstv cfrjoiv ö AriHijxptog und Paus. VII 2, 7 &ü
HTjV räv-ca '[S xä I; xtjv fl-eov |7lÜ9-sto snol äozetv
IlfvSapos, S; X|iaCiövaj xö iapov l^r) xotJ-o tSp'JoasS-oct
axpaxEuo|iivag STii ^O-vjva; xs xal 6r/aia oO
|irjv ÜTZÖ ä.|iajöv(i)v -fs £5pu9-if]. Aber nur um so
befremdlicher bliebe es, daß unter solchen Umständen
die angebliche Verbrennung des Heiligtums durch
die Amazonen nicht mehrfache Erwähnung gefunden
hätte. Schon Scaliger Thes. Temp. 1058 Animadv.
p. 55 B ad DCCCLXX hat das wahrgenommen und
zugleich auf die einzige Stelle hingewiesen, aus der
Eusebius seine Nachricht geschöpft haben wird; sie
steht bei Clem. Alex. Protrept. IV 53 Dind. : oloa,
-'ip 7;0p iXeyxxtxöv v.al SEtai8a'.|j,ov£as iaxtxov Et
ßüuXsi TtauaaaS-at x^; dvotaj, cptoxa'füj-frpEi oe xö
jiüp. xoüxo xö Tiijp xal xöv §v 'Ap"fEi veöjv ai)V xai -^
EEpsiqt xaxEcpJ.sgsv XpuaiSt xal xöv sv 'EcfEatp xf;s
l4px£|iiSc/S äEÜxspov (lExa Afia^övaj xal x6 sv
'Pwjiy) KaTcixcuX'.ov §ii'.VEvi|irjxat -oXXdxt; • oiix aTiioxExo
8e oü5s xoü sv XXsäavSpstuv toXei 2apa7ii5o; EspoO.
Wenn Scaliger hiezu bemerkt: „e.x duabus incendiis
templi Ephesini prius illatum est ab Amazonibus, ut
coUigimus ex illis Clementis verbis", so verbindet er
offenbar xaxs-.fXs;EV mit äEÜxspov |j.sxa Xjiajova; („zum
zweiten Male nach den Amazonen") und imputiert
auf diese Weise Clemens den monströsen Parallelis-
mus, daß der Artemistempel zum ersten Male von den
Amazonen, zum zweiten Male (nämlich „nach den
Amazonen") nicht etwa von Herostratos, sondern
vom Feuer verbrannt worden sei. Die ganze Schwie-
rigkeit löst sich aber sofort, wenn man Ssuxspov viel-
mehr als Adjectiv zu vscüv zieht und eng mit ]iExa
^lia^öva; verbindet: „Das Feuer zerstörte den zwei-
ten Tempel nach den Amazonen", d. h. den zweiten
Tempel nach dem von den Amazonen gebauten.
Bemerkenswert bleibt hier vor allem, daß bereits
Eusebius, der zweifellos den Clemens Alexandrinus
stark benutzte, die Stelle ebenso irrig interpretiert
hat wie später Scaliger, und daß ihnen alle Neueren
mit einziger Ausnahme der Mauriner folgten, die
richtig übersetzt haben : „Hie (sc. ignis) Ephesiae
Dianae templum quod post Amazonum tempora
secundum erat . . . depopulatus est" (vgl. Migne,
Patr. Lat. XXVII, col. 280, not. d und col. 462,
not. i).
Mit der richtigen Deutung des Clementinischen
.Satzes ist somit nicht bloß die befremdliche Nach-
richt des Eusebius zu ann. Abr. 871 von einer Ver-
brennung des Tempels durch die Amazonen, die
sich sowohl bei Hieronymus und in der vers. Armen,
wie bei Dionysius Telmaharensis (ed. Siegfried et
Geizer 1884 p. I3) und im Syncellus weiterpflanzt, als
beseitigt anzusehen, sondern auch das Eusebische
a53".; zu ann. Abr. l6lg x als offenbarer Irrtum nach-
gewiesen: denn es unterliegt wohl keinem Zweifel,
daß Eusebius dieses aüO-tj infolge der Mißdeutung
jener Cleraens-.Stelle und in bewußtem Zusammen-
hange mit dem bei ann. Abr. 871 gebrauchten TiposvE-
7:pT|3av geschrieben haben wird. Noch merkwürdiger
aber muß uns sein Mißverständnis dadurch erscheinen,
daß er die interessante .Stelle, die docli jedesfalls
auf den herostratischen Brand anspielt, zu allem
Überflusse nicht auf diese bekannte Katastrophe des
Jahres 356, sondern vielmehr auf einen sonst un-
bezeugten Brand des Jahres 395 bezogen hat.
Daß trotz alledem aus dieser Erkenntnis noch
keineswegs die Berechtigung abgeleitet werden darf,
nunmehr das ganze Eusebische Lemma vom „zweiten"
Brande und die Fixierung dieses Brandes auf ann.
Abr. 16 ig x ^ 395 v. Chr. außer Geltung zu setzen,
bedarf in Anbetracht der Genesis und des Charakters
solcher synchronistischer Compilationen keines be-
sonderen Nachweises. Zwar ein gewichtiges Bedenken
gegen die Maßgeblichkeit des Ansatzes liegt ja aller-
dings in dem Umstände, daß Eusebius, wie man
sieht, eine vermeintliche Einäscherung des Artemisions
durch die Amazonen ira Jahre II46 sowie einen
Brand um das Jahr 395 erwähnt, dagegen jene zweifel-
los bekannteste Feuersbrunst vom Jahre 356 (Hero-
stratos) mit Stillschweigen übergeht, obwohl er doch
just zu 356 (Ol. 106, i) ebenso wie der Armenier
und Hieronymus die von der Tradition mit dem
herostratischen Brande so bestimmt verknüpfte Ge-
burt Alexanders d. Gr. ganz richtig verzeichnet hat:
„Alexander Filippi et Olympiadis filius nascitur".
Aber gerade die Tatsache, daß die Erforschung des
Eusebischen Quellenwirrsals nicht selten zu ganz
unvermuteten Überraschungen geführt hat, mahnt
wohl auch hier zu größter Vorsicht und verlangt zu-
nächst eine Voruntersuchung nach dreierlei Richtun-
R. C. Kukuln
gen: liegt an unserer Stelle etwa eine Verderbnis
in der handschriftlichen Überlieferung der Kuse-
bischen Canoncs vor. oder hat sich allenfalls schon
Eusebius selbst geirrt, indem er das Lemma aus
seiner Vorlage an unrechter Stelle (bei 305 statt zu
55Ö) eintrug, oder mulJ man fiiglich annehmen, daß
bereits in seiner (luellc wohl ein Hrand des J. 395
notiert, der hcroslratische Brand von 356 aber trotz
des berühmten Synchronismus mit der Geburt Ale-
x.anders nicht verzeichnet gewesen sei? So intricat
die Untersuchung dieser Fragen auf den ersten Blick
erscheinen mag, so werden sich doch bei näherem
Zusehen fiir die an letzter Stelle erwähnte Vermutung
und damit für meine a. O. (Zcilschr. f. d. österr. Gymn.
1004 S. 5) ausgesprochene Überzeugung, daß das von
M.icrobius Sat. V 22, 4 bezeugte Weihefest des
Artemisions in der Tat um 395 durch eincFeuersbrunst
größeren oder kleineren Umfangs veranlaßt worden
sein dürfte, mehrfache und, wie ich gl.aubc, unverächl-
liche Beweisgründe gewinnen lassen.
Das Lemma vom fraglichen Terapclbrande des
J. 395 ist uns nämlich, wie schon erwähnt, auch bei
Syncellus 491, 7 erhalten, freilich ohne hinzugefügtes
Datum. Doch kann man dasselbe mit einiger Sicher-
heit aus seiner Umgebung erschließen. Denn wenn
man die Lemmen, die bei Syncellus dem Artemision-
Lemma vorangehen und ihm nachfolgen, mit denen
vergleicht, die bei dem Armenierund bei Hieronymus
das gleiche Lemma einrahmen, so sieht man, daß
sie im wesentlichen übereinstimmen und d.aß mithin
Syncellus den Tempelbrand annähernd ebenso datiert
hat wie Eusebius und Hieronymus, d. h. ungefähr
in die Jahre 398 — 39;. Es ist also, wie mir Schöne
zu bestätigen die Güte hat, ,.als völlig sicher anzu-
sehen, daß diese Datierung die originelle Eusebischc
ist und nicht auf irgendeinem Versehen eines nach-
cosebischen Copisten beruht." Dazu fügt es sich
gut, daß gerade für denjenigen Abschnitt der Euse-
biscben Canones, innerhalb dessen das Artemision-
Lemma zum Jahre 395 steht, auch eine verläßliche
Quellenangabe vorliegt, indem bei Sj-ncellus p. 489.
I — 491, 22 die Bezeichnung 'A'^f.xavoO überschrieben
steht und in der Tat kein Zweifel entstehen kann, daß
alles, was .Syncellus auf den genannten drei Seiten
mitteilt, wirklich dem Africanus angehört (vgl. Gclzer,
Sex. Julius Africanus I 180); ja diese Beobachtung
gilt nicht nur für den Wortlaut der einzelnen Lem-
') Leider sind im weiteren Verlaufe die Olym-
piadenangaben von den Copisten vernachlässigt wor-
men, sondern auch für ihre Aufeinanderfolge, die —
von den auf den Ausschreiber Syncellus oder die
librarii zurückzuführenden Trübungen abgesehen —
genau chronologisch sein will, wie sich schon daraus
ergibt, daß am Anfange (.Sync. 489, 2 undC) wenigstens
zweimal die Olympiaden (87 und 88) angegeben
sind.'i Haben wir also für das Lemma vom Amazonen-
brand des J. 1146 zwar nicht in Bezug auf seine
Datierung, aber doch in Bezug auf seinen Inhalt und
seine Verquickung mit dem „zweiten" Brande
(npOEvdjipyjaav, aaO'ij) eine seit alters mißdeutete
Clemens-Stelle als Quelle gefunden, so können wir
nun die Notiz vom „zweiten" Tempelbrande des
Jahres 395 nicht bloß nach ihrem Wortlaute — ab-
gesehen natürlich von jenem illegitimen a53-i; —
sondern auch bezüglich ihrer approximativen fiatierung
mit voller Sicherheit auf Africanus zurückführen.
Diese Tatsache aber bedeutet jcdesfalls eher eine
Verstärkung, als eine Minderung der Autorität, die
dem Eusebischen Ansätze zukommt, und legt den
Gedanken n.ahe, daß Eusebius in der Tat den Brand
des Herostratos (356) bei seiner Arbeit übersehen
hat oder diesbezüglich von der Quelle, die er aus-
schrieb, im Stiche gelassen wurde. An analogen
Beispielen für solche Mangelhaftigkeit des Apparates,
Unwissenheit oder Vergeßlichkeit, die nicht selten
durch nachträgliche Eintragungen eorrigicrt wurden,
fehlt es nicht, sind doch von Eusebius gerade zum
Ale.\ander-Lemma Ol. 106, I = 356 v. Chr. außer
dem berühmten Schulbeispiele herostrati scher Ruhm-
sucht auch noch drei andere bedeutsame Gleich-
zeitigkeiten, die Einnahme von Potidaea (Plut. .\lex.
3), Philipps Sieg in Olympia (Plut. Consol. ad Apollon.
p. 105 A, 0) und die Besiegung der lUyrier durch
Parmenio (lustin. XII 16), gleichfalls mit Stillschwei-
gen übergangen worden. Wollte man anderseits
den Versuch machen , die Differenz auf kurzem
Wege dadurch zu beseitigen, daß man die Notiz vom
Tempelbrande aus den Jahren 398 — 395 (Templum
rursus Efcsi incensum) auf das Jahr 356 versetzt, so
spr.äche dagegen zunächst die Tatsache, daß ja Eu-
sebius, wie schon erwähnt, zu 356 die Geburt Ale-
xanders richtig vermerkt hat (Alexander Eilippi et
Olympiadis filius nascitur) und für den Fall, daß
seine Quelle jenen Brand nicht auf 398 — 395, sondern
vielmehr auf 356 fixiert hätte, den berühmten provi-
denliellen Synchronismus gewiß dort vorgefunden
den (Geizer a. a. O. 180 a. E.).
2Q
Brande des ephesischen Artemisions
oder doch selbst bemerkt und dann aucb sicherlich
angemerkt haben würde, indem er beide Notizen durch
et zu einem Lemma verbunden hätte. Endlich unter-
läge die Annahme einer irrtümlichen Transposition
auch deshalb ernstlichen Bedenken, weil sich nicht
das geringste Anzeichen vorfindet, das uns erklären
könnte, durch welche Gründe oder Umstände sie im
vorliegenden Falle hervorgerufen worden sein sollte-).
Methodisch scheint also unter solchen Umständen
wohl nur die eine Vermutung zulässig, daß das
Lemma vom Artemision-Brande des J. 395 keines-
wegs auf einer späteren (nach-eusebischen) Trübung
der Tradition beruhen kann, sondern sich zweifellos
schon in den authentischen Exemplaren der Euse-
bischen Canones vorfand, daß aber auch Euseblus
selbst bei Benützung seiner Quelle keinen Irrtum
begangen, sondern vielmehr sowohl den Inhalt des
Lemmas, das er lediglich durch Hinzufügung von
au6-t5 mit der Notiz vom Amazonenbrande in Ein-
klang brachte, als auch seine Datierung getreu aus
Africanus übernommen haben wird.
Günstigerweise findet diese Schlußfolgerung in
der schon erwähnten Stelle des Macrobius Sat.
V 22, 4 auch von außen her eine unverdächtige, von
Eusebius und seiner Quelle allem Anscheine nach
ganz unabhängige Unterstützung (vgl. meinen Aufsatz
Zeitschr. (. d. österr. Gymn. 1904 S. i ff.):
„Alexander Aetolus poeta egregius in libro qui
inscribitur Musae refert, quanto studio populus Ephe-
sius dedicato templo curauerit praemiis propositis, ut
qui tunc erant poetae ingeniosissimi in deam carraina
diuersa componerent. In his uersibus Opis non comes
Dianae, sed Diana ipsa uocata est. Loquitur autem,
ut dixi, de populo Ephesio:
Tii-toS-sov xii)-dp.aj i5|iova xai |iEÄio)V
u£öv 6spaav5fOio, xöv litvEaev ä.ii^a. o£-fXo)v
Xpuasdov EPHN-') 5t) töte x''*-"^5a
üfiv^aai, TaXEtüv 'Srav pXYJTECpav öVaToiv,
ri t' i.TX Ksf xpsftut tIhiov rXy.rj^ ix^i,
et mox:
Mv)5e 9-sf;; 7ipoX(itr|t AT|Tü)t5o; äxXsa ep'fa.
Apparuit, ni fallor, Opin Dianam dictam usw."
Es liegt nämlich, wie ich glaube, nicht der ge-
ringste Anlaß vor, an Bergks Meinung (Lit. -Gesch.
II 53g, Anra. 53) zu rütteln, daß auch die historische
Einleitung zu dem Fragmente, wie ja Macrobius
selbst ausdrücklich hervorhebt, wirklich auf Alexander
Aetolus zurückgehe. Und mag immerhin Macrobius
Citat und Vorbemerkung nicht aus Alexander Aetolus
direct geschöpft, sondern vielmehr aus Didymos, viel-
leicht aus Plutarch oder Varro, übernommen haben,
jedesfalls hat die Nachricht, daß sich Timotheos bei
einer Einweihung des Artemisions (dedicato templo)
als officieller Festdichter oder als Concurrent in
einem musischen Agon beteiligt habe, nichts an sich,
das sie unglaubwürdig oder verdächtig erscheinen
ließe (sieh meine Ausführungen a. a. O. S. 4 ff.).
Schwieriger freilich scheint sich die Frage zu ent-
scheiden, wann und aus welchem Anlasse jenes
Weihefest stattgefunden haben könnte. Aber da wir
wissen, d.aß Timotheos um 360 in Makedonien neunzig-
jährig gestorben ist (v. Wilamowitz, Die Perser, kleine
Ausgabe 67), so ist ja zunächst wohl klar, daß es sich
nicht um die Einweihung des hellenistischen, an-
geblich durch den Brand des Herostratos veranlaßten
Neubaues, der erst etwa 323 fertiggestellt wurde
(Plin. N. H. XVI 213, sieh meine Emendation
-) „Verwechslungen von Archonten-, Königs- und
Consulnamen, Vertauschung von Olympiadenziffern,
Doppel-Lemmen und Doppeldatierungen, Wider-
sprüche und Vergeßlichkeiten", schreibt mir Schöne,
„kommen oft genug vor und sind gewiß vielfach noch
nicht erkannt worden. Aber fast überall läßt sich als-
bald wenigstens eine Erklärung des Irrtums gewinnen,
während alle meine Versuche, an der vorliegenden
Stelle etwas dergleichen als Anhaltspunkt zu ent-
decken, erfolglos geblieben sind. Das ist, als argumen-
tum e silentio, allerdings nicht concludent, aber doch
immerhin ein ansehnliches Argument gegen die Wahr-
scheinlichkeit einer in den Eusebischen Canones ge-
schehenen Transposition."
^) V. Wilamowitz (Hermes XXXVII 303) liest
atptuv. Ich selbst dachte a. a. O. S. 3 f. an xp-'wv im
Sinne von „bewilligend". Diels erklärt sich in einer
schriftlichen Mitteilung für die LA tspöjv des Camera-
rius: „Das Volk von Ephesos forderte den Timotheos
zum Singen auf, indem es 1000 Shekel opferte (weihte,
zum heiligen Dienst für die Göttin bestimmte)". Da-
gegen gibt mir Schöne zu bedenken, ob nicht Mei-
nekes Espvjv 'fCk.iZoL . . . .t' *Qiiiv pX»)T£tpa7 festzuhalten
sei; denn da es sich um Cultuszwecke handle, könne
die X'^'^'S ol'j'kiä-i ohneweiters eine EEpi^ X'^-'^s genannt
werden, auch scheine es nicht anstößig, '2mv mit
dem von 6|ivr;aat abhängigen Accusativ xt^taäa durch
t' als weiteres Object zu verbinden.
31
K. l". IviiUul.i, Briinile des cpliesisclien Artemisions
32
a, a. O. S. 7 Anni. :), sonciern nur um ein Wcilu-
fest im .alten" Tcnnicl handeln kann, der sclion im
sechsten Jahrhundert vollendet worden war. Hallen
wir ferner mit dieser Erkenntnis die oben besprochene
Notii bei Eusebius-Hieronymus, daß etwa 398 — 39;
V. Chr. der Dianatempel gebrannt habe, dann die
Nachricht des Macrobius, beziehungsweise Alexanders,
daß Timotheos an einem Weihefeste des Arlemisions
mitgewirkt habe, und endlich die von Wilamowitz
a. a. O. S. 63 festgelegte Tatsache zusammen, daß just
um 308 — 396 Timotheos, der gerade damals (39S1 auf
der Höhe seines Ruhmes stand (vgl. Diod. XIV 46
und die zwei ersten Verse des Alexanderfragments),
in nächster Nähe von Ephcsos geweilt und an den
beim Bundestempel des Poseidon an der Mykale ge-
feierten Panionien seine „Perser" vorgetragen habe:
so wird man sich, wie ich glaube, bei dem glatten In-
einandergreifen von so verschiedenen, sowohl ihrem
Inhalte als ihrer Herkunft nach ganz unabhängigen
Nachrichten und besonders in Anbetracht der über-
raschenden Coincidenz dieser Mitteilungen auf die
Zeit zwischen 398 und 395 v. Chr. kaum mehr der
hohen Wahrscheinlichkeit des Schlusses entziehen
dürfen, daß in der Tat um 395 v. Chr. der Tempel
durch einen Brandschaden exauguriert worden sein mag
(Euscbius ad ann. Abr. lölgy.) und somit nach er-
folgter Wiederherstellung von neuem „geweiht" wer-
den mußte (Macrob. Sat. V 22, 4). Denn solche
Brände sind ja gewiß nicht bloß durch Frevler- oder
Eeindeshand, wie im siebenten Jahrhundert durch
den Kimmerierfürsten Lygdamis,') 356 v. Chr. durch
Herostratos, 262 n. Chr. durch die Goten und circa
400 durch lohannes Chrysostomus gelegt worden, son-
dern dürften bei der feuergefiihrliiluii Art der Opfcr-
handlungen wie anderwärts (vgl. z. H. .Sucl. Aug. 30;
Hör. carm.lll 6,4,Mon. Anc.IV 17) so auch in Ephcsos
verhältnismäßig oft entstanden sein und besonders in
den reichen und kostbaren Ilolzbestandteilcn des
Tempels größeren oder kleineren Schaden angerichtet
haben. Nicht anders als durch den Hinweis auf derlei
mehr oder weniger umfassende, durch Feuer, Wasser,
Abnützung beim Gebrauche und dergleichen Be-
schädigungen veranlaßte „häufige Wiederherstellungen"
scheint mir auch der Ausdruck scpties restituto
templo bei Plin. N. H. XVI 79 seine einfache Er-
klärung zu finden. Gewiß nicht an einen „sieben-
maligen Neubau" des Artemisions, wie noch F..Curtius
,Ephesos' 1874 S. 30 und 38, Aimi. ig, und ti. A.
Zimmermann, Ephesos im I. christl. Jahrh. 1874 S. 149
meinten (vgl. auch Falkener, Ephesus 1862 S. 2I0(f.),
oder gar an die Siebenzahl der am Artemision be-
teiligten Architekten (Theodoros, Chersiphron, Meta-
gcnes, Demetrios, Paionios, Deinokrates, Thrason),
wie E. Guhl .Ephcsiaca' 1843, p. 167 vermutet hat,
auch nicht etwa an eine uns unbekannte ephesische
Cultlegende, wie sie z. B. Pausanias X 5, 9 vom
delphischen Tempel erzählt, wird man denken dürfen,
sondern vielmehr septies als „hyperbolisches" Zahl-
adverb (Arch. f. lat. Lexik, und Gramm. IX 342 11;
Diels in der Festschrift f Gomperz 1902 S. 10 f.;
Maass, Die Tagesgötter 1902 S. 289) im Sinne von
saepius (vgl. kr.-ä.-/.ii z. B. bei Aristoph. Lys. 698
oder Lucian. Piscat. 2) nur ganz allgemein auf „wieder-
holte" Renovierungen des Tempels und seiner cult-
lichen Einriclitungsstücke beiiehcn müssen.
Wien. K. C. KL'IvULA
Archä()lo>,'ische Unter.suchun^'cn in Norddaliiiaticn.
1. Grabungen auf der ,Cvijina j^radin^i' bei
Obrovazzo.
Die dalmatinische Küste gibt sich geologisch als
richtige, in einen Schärensaum aufgelöste Fjordküste
zu erkennen: eine Reihe langgestreckter Inseln, die in
gleicher Richtung mit der Gebirgsformation des Fest-
landes sireichend, schmale Meeresarme zwischen sich
♦) Vgl. Hesychius s. v. AO-fSaju;; die Nachricht
■rnn sich jedesfalls nicht auf den Marmorbau, dessen
i:c;;ir.n erst in das Ende des VII. Jahrhunderts fällt.
lassen. Ein solcher zwängt sirli als Fortsetzung des
von den Inseln des Quarnero und dem kroatischen
Festlande gebildeten Canalc della Morlacca weiterhin
in das dalmatinische Binnenland ein, um sich nach
einer Einschnürung zum Felsengolfe von Novigrad
zu weiten, der den Küstenstrom Zrmanja aufnimmt.
.Seine Talfurche bildet die Scheide zwischen dem
vielgipfeligen Dolomitkamme des Vclebitgebirges, das
sondern nur auf ein früheres templum oder sacellum
beziehen, über dessen Geschichte nähere Angaben
fehlen.
33
A. Colnayo und J. Keil, Archäologische Untersuchungen in NorikUilnialien
34
Fig. 3 Ansicht der Cvijina gradina
in kahlen Steilstürzen zum Meere abfallend, land-
schaftlich dominiert und dem südlich anschließenden
Massive der Dinarischen Alpen. Etwa eine halbe
Stunde talaufwärts liegt, von einer Ruine malerisch
überragt, das Städtchen Obrovazzo, nach der Gunst
der Lage der wichtigste Stapelplatz des nördlichen
Dalmatiens, an dessen für Küstendampfer eben noch
erreichbarem Flußhafen zwei große Verkehrsadern
zusammenlaufen: eine Straße, die über öde Karst-
haide nach Karin und Zara führt, während die zweite
in kunstvoller Serpentinenanlage dieHänge des Velebit
erklimmt und den kürzesten Übergang in das kroatische
Binnenland vermittelt.
Die Cvijina gradina, von Obrovazzo in steilem
Anstiege in einer .Stunde erreichbar, ist die am
weitesten nach Westen vorgeschobene bedeutende
Erhebung (356 ") südlich der Zrmanja. Die Aussicht
von ihr überrascht durch ihre Weite und den Reich-
tum gegensätzlicher Formen; sie umfaßt gegen Nord
und Nordost Land und Meer bis an den Velebit-
kamm, vom Canal von Pago bis nach Bosnien,
gegen Westen unmittelbar in der Tiefe das Meer
von Novigrad, darüber einen großen Teil Norddal-
matiens, den Canal von Zara und die vorgelagerten
Inseln. Die circa 20 " unter dem Gipfel senkrecht
abstürzenden, stark zerklüfteten Felswände verleihen
Jahreshefte des österr. arcbäol. Institutes Bd. VIII Beiblatt
dem Massive das Aussehen einer natürlichen Festung
(Fig. 3). Daß diese beherrschende Position, die alle
für antike Siedelungen typischen Bedingungen darbot,
in der Tat hierfür genutzt ward, bewiesen sichtbare
Mauerreste, wie gelegentliche Funde, darunter die aller-
dings stark verscheuerten Fragmente einer überlebens-
großen Marmorstatue (1902), die eine genauere Er-
forschung der Stätte wünschenswert erscheinen ließen.
Die Arbeiten setzten bei dem wichtigsten Ge-
bäude im Westen ein, das seinem Grundrisse und
seiner weithin die Gegend beherrschenden Lage
nach als Tempel erkannt wurde.
A. Der Tempel.
Erhalten sind die Mauern in O'yo — 0'8o" Höhe,
während das Innere nach Schätzen durchwühlt und
auf Baumateriale ausgebeutet wurde, so daß selbst
von dem Fußboden keine Spur übrig blieb. Grund-
riß und Maße des Tempels gibt Fig. 4. Der
Stylobat des Tempels, der fast genau nach Ost
orientiert ist, erhob sich mindestens O'go "" über den
Boden und war nur von der Ostseite — an den
anderen Wänden konnte außen der Verputz noch
constatiert werden — durch eine Treppe zugänglich,
von welcher allerdings bis auf wenige unsichere
Spuren im Felsboden nichts erhalten ist. Eine Quer-
3
00
A. Colnago um! J. Keil
36
I wand gliederte den
I Tempel in einen yso'°
• >■' tiefen Pronaos und
die ööo™ tiefe Cella.
Für die Anordnung
di'rSäulen im Pronaos
felilt heute jeder äuße-
re Anhalt, doch kann
aus den Maßen der
einen erhaltenen Basis
(.vgl. Fig. 5) wie denen
des Tempels selbst ge-
schlossen werden, daß
er vier Säulen in der
Front besaß. Mangels
an Architekturfundcn
ist die Keconstruction
des Aufgehenden
nicht zu sichern. Nur
ist aus zahlreichen
Stücken starken gelb-
lichen Mauerputzes,
die an einer oder zwei
" im Winkel sich tref-
fenden Seiten abge-
schrägt sind, zu er-
schließen, daß die Außenmauern des Tempels Quader-
bau imitierten (vgl. Fig. 6). An einem besonders um-
fangreichen Putzslücke konnte die auffallend große
Breite des zwischen den Schrägen der Quadern
laufenden Saumschlages (O'Oöy "') constatiert werden.
Die Innenwände der Cella dagegen waren mit feine-
rem Stuck verkleidet und mit pompeianischem Kot
bemalt, das sich an den Bruchstücken ausgezeichnet
erhalten hat.')
I
y
4uix.t
Fig.
undHO Ar
rcmpt-ls
c
A
^
k:
lirwähncnswert ist noch der im Innern des
Tempels gefundene, also der Cellatür zuzuweisende
halbe .Schwellstcin (Fig. 7), der ergänzt eine lichte
Türofl'nung von f40"' ergibt. Die metallene, in der
Mitte rundlich ver-
tiefte Pfanne für den
cardo muß des An-
schlages wegen in der
flachen Eintiefung i7
gesessen haben,'-)
während das in Flä-
che y stark vertiefte
und wohl gerundete
Loch b wohl der Ue-
festigung des Türrah-
menpfostens diente.
Für die Bestim-
mung des Tempels
geben die Reste des
Cultbildes einen An-
halt. Zwei größere
aufeinander passende Bruchstücke vom Uiilerkörpcr,
ein .Stück der linken .Schulter mit Dül)ellücherii für
den Arm und ein linker, anscheinend etwas zurück-
gesetzter Fuß waren schon vordem gefunden und
nach Obrovazzo gebracht worden. Unsere Grabungen
fügten ein Stück der rechten Schulter mit aufliegen-
dem Gewandzipfel und eine rechte Hand hinzu,
deren Fingerhaltung bewies, daß die Statue einen
runden Gegenstand — ein .Scepter oder eine Lanze,
eventuell einen Blitz — umfaßte. Eindeutig bestimmt
ViTiiulz lies Tempels
Flg. 5 Säulcnbasis des Tempels
Fig. 7 Scfawellstein der Tempelcclla.
') Es ließe sich auch denken, daß das Stuck-
quadennanerwerk im Innern eine Art Wandsockel
bildete; aber die grobe Qualität des Stuckes, dann
die große Menge der auch in ziemlicher Entfernung
von den Außenmauem gefundenen Stücke schließt
diese Annahme aus. Über die beliebte Schatten-
wirkung des Fugenschnittes vgl. Vitniv IV 4, 4:
circum coagmenta et cubilia eminentes expressiones
graphicoteran efficient in aspeclu delectationem.
^1 Vgl. Wiegand-Schrader, Priene3o6 u. Abb. 324.
37
Archäologisclie Untersuchungen in Norddalmatien
38
wurde indes das
Cultbild erst durch
den im Mauer-
scliutte gefunde-
nen Adler (Fig. 8).
Kopf und Schna-
bel waren abgebro-
chen, fanden sich
aber in der Nähe,
so daß nur ein
kleines Stück des
rechten Flügels
und die Enden
des Donnerkeiles 'j
fehlen, den er in
den Fängen hält.
Die charakteri-
stische Wendung
des Kopfes nach
Fl«. ^ A.lk-r. , ...
oben scheint zu
beweisen, daß er in Verbindung zu einer Jupiter-
statue zu setzen ist, womit wir einen der römischen
Kunst überaus geläufigen Typus gewännen.^) Für
eine Reconstruction der Statue selbst reichen die
Bruchstücke, deren Zusammengehörigkeit
sich in directera Anschluß nicht beweisen
läßt, nicht aus. Nach allen Indicien war
der Gott überlebensgroß, aufrecht stehend,
in weitem Himation, dessen Zipfel ül>er
die rechte .Schuller fällt, dargestellt, die
erhobene Rechte auf das Scepter gestützt;
zu seinen Füßen der Adler. Das Ganze war
aus Marmor in ziemlich sorgfältiger Pro-
vinzarbeit hergestellt, zum Teil mit verscliie-
denera Material gestückt.
B. Das Bad.
Das zweite Gebäude, von dem Mauern,
Bruchstücke von Säulen und die Reste
eines Mosaikbodens sichtliar waren, liegt
an dem Südabhange der Gradina, circa
100 Schritt vom Tempel entfernt, und ist
nach seinem Grundrisse sowie nach den
Einzelfunden als Bad erkannt worden.
Es umfaßt, wie der Grundriß zeigt (Fig. 9).
vier Gemächer von charakteristischer Form, deren
Maße aus Fig. 9 zu entnehmen sind. Man betrat
das Gebäude im Osten, wo in der Mauer das Lager
für die l'40'° breite Türschwelle noch deutlich sicht-
bar ist, und befand sich in dem langgestreckten
Räume .1, dessen Fußboden, wenn nicht in seiner
ganzen Ausdehnung, so sicher zum größeren Teil
mit weißem Mosaik verkleidet war, dessen einzige
erkennbare Verzierung ein in Blau eingelegtes Recht-
eck bildete. Ob die bei b in situ befindliche Säulen-
basis einer Deckstütze angehörte oder einem andern
Zwecke diente, ist ungewiß. Als besondere Eigen-
tümlichkeit dieses Raumes muß noch angeführt
werden, daß er ursprünglich in der Nordwand eine
Tür mit Stufe besaß, deren Öffnung, in der hier
mannshoch erhaltenen Wand deutlich erkennbar,
nachträglich vermauert wurde, ohne daß die Stufe
entfernt worden wäre. Von A aus müssen die Räume
B und C zugänglich gewesen sein. Der aus ge-
stampftem Kalk und Lehm bestehende Fußboden
liegt circa o-8o " tiefer als der Mosaikboden in A.
Darauf erhob sich in B wie in C eine regelmäßige
Stellung von Säulchen, die sich aus gebrannten Ton-
Fig. 9 Grundriß des Bades.
■') Der Donnerkeil ist in seiner Form undeut-
lich, doch lassen sich die Windungen der in römi-
scher Zeit beliebten Form des Blitzes erkennen. Die
Flügel des Ali; 7iTspocfopovßsXo;(Aristoph. Vögel 1714)
haften in wenig sinnvoller Weise an einem den Blitz
umwindenden Doppelbande. Eine kurze Übersicht
über die verschiedene Stilisierung des Donnerkeils
gibt Fougeres bei Daremberg-Saglio, Dictionnaire
IV, 1357 ff-
*) Vgl. K. Sittl, Der Adler und die Weltkugel
3*
A. Colnagü und J. Keil
40
trommeln von o'io"" Durchmesser bei 009 " DicUe
rnsammcnseUen.') Per Boden war unten fast überall
mit einer bis OIO" hohen Aschenschicht bedeckt.
Der eigentliche Fußboden dieser Räume lag dem-
nach oflenbar über den Säulen — auf Suspensur —
und wurde durch Unterheizung erwärmt. In der
Tat fanden sich auch, trotz der weitgehenden Zcr-
störun-;, zahlreiche Bruchstücke von OMO™ starken,
aus demselben gebr.\nnten Ton wie die Trommeln
hergestellten Platten. Es gel.ang uns, aus kleinen
Stücken wenigstens eine volle Seite zusammen-
zusetzen und auf O'OO " zu bestimmen, ein Maß, das
mit dem Abstände von Säulcnmitte zu Mitte, welcher
gleichfalls 0"6o ^ ^ 2 röm. Fuß beträgt, überein-
stimmt. Der Versuch, dieses Plattenpflaster in den
Grundriß einzuzeichnen, ergab — was auch aus der
Stellung der nel)cn der AVand stehenden Säulenreihe
zu erschließen war — , dall sie nicht zum Belage
des ganzen Raumes ausreichten, vielmehr an den
Wänden einen etwa 0"I5"" breiten Sp.alt offen ließen,
über dem längs der Wände die Heizziegel —
tubuli — standen, welche die Heizluft an den Wänden
emporleiteten und so zugleich den nötigen Zug be-
wirkten. Wir fanden zwar keinen einzigen solchen Heiz-
ziegel in situ vor, doch lagen zahlreiche Bruchstücke mit
zickzackförmiger Riefelung, an denen noch der Mauer-
putz haftete, in den Räumen B und C. Die Deutung auf
ein Badehaus wurde gesichert durch die charakteri-
stische Apsis in C. femer durch ein bei d gefundenes,
stark verbogenes und zerschlagenes, circa 3 kg'
schweres Bleistück, welches von einem größeren
Gefäße herrühren muß. Dieses Bleigef-iß muß im
Räume D aufgestellt gewesen sein, welcher nicht zu
den dem Publikum zugänglichen Zimmern gehört
haben kann, vielmehr der Heiz- und Manipulations-
raum gewesen sein wird. Sein Fußboden lag tief
unter dem von A; durch eine Tür stieg man auf
einer ziemlich schlechten Treppe, von der noch drei
.Stufen erhalten sind, hinunter. Leider ist auch hier
vieles zerstört und es läßt sich nur vermuten, daß
bei ti sich das Praefurnium befand, durch welches
einerseits die Luftheizung besorgt, anderseits der
oder die darüber stehenden Bleikessel ") erhitzt
wurden, aus welchen das heiße oder erwärmte
Wasser in die verschiedenen Wannen lief.
Es erübrigt noch, die Räume unserer mit den
Vorschriften Vitruvs übereinstimmenden Anlage nach
ihrer Bestimmung zu analysieren. In dem Raum mit der
-\psis ist mitSicherheit dasCaldarium zu erkennen, das
natürlicherweise der Heizanlage am nächsten war. Das
Halbrund, die schola labri, enthielt das runde Wasch-
becken (labrum), während in dem östlichen Flügel
das große Badebecken (alveus) aufgestellt war. Von
dem Caldarium war vermutlich durch vier Säulen —
ein Schaft fand .sich vor — der Raum ß geschieden,
den man wohl als Tepidarium bezeichnen darf. In
ihm mag auch eine Kaltwasserw.mne gestanden haben,
so daß er gleichzeitig als Frigidarium diente. Der
große Saal A war der Ausklcideraum (Apodyterium),
zugleich Promenade und Conversationsraum. Ein
eigenes Schwitzbad (sudatio — Laconicum) fehlt.
Für die Art und Weise, wie die dürreKarstkuppe,
.auf die wir unseren täglichen Bedarf aus einem '/,
Stunden entfernten Brunnen zuführen mußten, mit
Wasser versorgt wurde, waren Anhaltspunkte nicht
zu gewinnen.
C. Privathäuscr.
Die ganze langgestreckte Kuppe sowie die süd-
lichen Hänge sind von römischen Gebäuden, welche
teils zusammengehörige Comple.\e bildeten, teils ein-
zeln standen, derma(icn bedeckt, daß wir auf eine
vollständige Aufdeckung von vornherein verzichten
mußten. Wir beschränkten uns daher auf die langge-
als Atlribnle des Zeus in der griechischen und
römischen Kunst. Jahrb. f. class. Phil. -Suppl. XIV.
''^ In dem Grundrisse ist angegeben, wie viele
Trommeln noch aufeinander gefunden wurden; wo
die Ziffer fehlt, war nur die Standspur am Boden
sichtbar. Bemerkenswert ist die genaueste Über-
einstimmung der Construction (auch in den Maßen)
mit den Ang.aben Vitruvs V 10, 2: suspensurac
caldarinrum ita sunt faciendae . . . laterculis bess.alibus
pilae struantur ita dispositae uti bipedales tegulae
; j55int supra esse conlocatac . . . altitudinem autem
pilae habeant pedes duo . . supraque conlocentur
tegulae bipedales, quac sustineant pavimentum. Die
im CIL HI n. 2887 (crcditur eo dclata esse a castello
vctuslo . . q. d. Zvijina Gradina, ul)i tegul.ae grandes
columnaeque latericiae opcrisque mussivi coloris varii
reliquiae saepe repcriunlur) erwähnten columnae
latericiae sind offenbar auf unsere Hypokausten-
säulen zu beziehen.
"; Die Anwendung der Bleikessel und das .System
der Rohrleitungen kennen wir am besten aus dem
Bade von Bosc<ireale Röm. Mitth, IX (1804) S. 153.
41
Archäologische Untersuchungen in Norddalmatien
s
1
01
1
a
s
1 'i-
1-
TT
«ji
<>"
ü
.
STRASSE I
i-
B
>'«
«s.
r
Fig.
Str.iOon mit Gr
streckten Häusergruppen längs der Höhenlinie, einmal
wegen des eigenartigen Charakters der Gebäude,
anderseits wegen der gerade hier infolge des man-
gelnden Humus bestehenden Gefahr einer baldigen
völligen Zerstörung. Was wir bis zum Abbruch der
Arbeiten ermittelten, zeigt die Planskizze (Fig. lO),
welche die Gebäude an zwei Straßen vergegenwärtigt.
Die nördliche Häuserinsel besteht aus einer Anzahl
(l8) teils nach Norden, teils nach Süden geölTneter
Räume, deren Rückmauern durch einen schmalen
Zwischenraum getrennt sind; nur der westlichste
Raum (I) nimmt die ganze Breite der Insel ein.
Die nördlichen und südlichen äußeren Abschluß-
mauern konnten nur zum Teil noch constatiert werden,
doch ließ sich feststellen, daß z. B. in VII, VIII
und XIII Steinmauern nie vorhanden waren, die
Räume also wohl mit Holzwänden abschlössen. Aul-
fallend ist, daß die meisten Gemächer untereinander
nicht communicieren. Es erhebt sich damit die
Frage, ob wir in diesen Gebäuden überhaupt Wohn-
häuser und nicht vielmehr dem Verkaufe dienende
Läden — tabernae — zu erkennen haben. Wenig
\zi
J
STR/-SSE 1
I ÜÄ. I Vi
Vu I '?"<»'
wahrscheinlich wird indes diese Annahme durch die
analoge Anlage der südlichen Häusergruppe und der
daran anschließenden Häuserinsel, deren Räume sich
nur durch größere Dimensionen unterscheiden. In
XXVI ist der Fußboden aus gestampftem Lehm
noch gut erhalten
Südlich von der Straße II wurde ein Gebäude
angegraben, das eine größere Anzahl zusammen-
gehöriger Zimmer enthielt. Desgleichen haben wir
an verschiedenen .Stellen der Gradina größere An-
lagen constatiert und zum Teil aufgedeckt, ohne sie
bei der Kürze der Zeit völlig klarstellen zu können.
Hier werden spätere Grabungen einzusetzen haben,
welche, besonders an den südlichen Hängen, wo ge-
schützt vor der Bora, die besseren Häuser standen,
infolge der conservierenden tieferen Humusschicht eine
bessere Ausbeute erhoffen lassen.
D. Kleinfunde.
Die Münzen erstrecken sich über einen Zeit-
raum von 300 Jahren. Die älteste von uns gefundene
ist eine Mittelbronze des L. Naevius Surdinus^) aus
") Babelon, Monnaies de la rcp. Rom. II 249; Momrasen, Geschichte des röm. Münzw. 744, 15.
43
A. Colnaj;o uiui J. Keil
44
dem Jahre 15 v. Chr., die jüngste gehört dem Kaiser
Marcus Aurelius Claudius (269 — 270) an. An Waffen
fanden sich 5 eiserne Lanzen- und 2 Pfeilspitzen;
von Geräten mehrere Sicheln, 5 Messer verschiedener
Korm. Nadeln aus Bronze und Bein, Webstuhl-
gcxvichte, einige sehr interessante große und kleine
Schlüssel, ferner S stili: von Schmuckgegenständen
10 lum Teil gebrochene Bronzetiheln, ein Goldblech,
Bronicringe und Kettchen ; an Tcrracottaware Bruch-
stücke von Tongcfäßen und Tonlampen. Eine leider
in mehrere Stücke gebrochene Steinplatte mit ellipsoidi-
schen Eintiefungen (Fig. 11I gehört einem Meßtische
an, wie ein solcher z. B. in Pompei vollständig er-
halten ist.') Da keine der Maßhöhlungen intact ist,
maßen wir I, 11 und III mittels Hirse, die wir in
ein eingelegtes dünnes Tuch schütteten, wiewohl
Öffnungen im Boden der einzelnen Höhlungen wahr-
scheinlich machen, daß ein Maß für Flüssigkeiten
vorliegt, die in untergehaltene Gefäße abgelassen
wurden.'^ I ergab circa 3"85 Liter, II circa i'95
Liter, III 0'95 Liter, so daß sich ein je um die
Hälfte absteigender Fassungsraum ergibt, wobei die
bei den angegebenen Zahlen, die mit den üblichen
römischen Maßen nicht genau übereinstimmen,'") re-
sultiereuden geringen Divergenzen der nicht exact
durchführbaren Nachmessung zugute zu halten sein
werden.
E. Inschriften.
Die Grabungen ergaben zwar keine Ausbeute
an Inschriften, doch sind einige vermutlich von
dem im Osten der Ansiedelung gelegenen Friedhofe
verschleppte und jetzt im Schulhause von Obrovazzo
und im Pfarrhause von Knisevo auniewahrtc Steine
hierher zu bezichen.
a) Fragment einer kleinen steinernen Sargkisle,
gefunden l<)03 auf dem römischen Friedhofe östlich
der Cv. Gradina, jetzt im .SchuHunise Obrovazzo.
h. 0"22.i;, br. 0'2Ss. d. 0'08 "'.
\
,, "-\
l'i
QOITIL^..
1
Aii-Vlll'f:7
m
0. Ostilio .... [0
.»»;. Vm .... [;■-
/rv
Lnyus ....
b) Dreifach gebrochenes Fragment einer Kalk-
steinplatte (vielleicht von einem .Sarkophag), gefunden
1902 auf dem römischen Friedhofe östlicli der Cv.
Gradina: h. 0'325, br. 0'25, d. o 11 ■".
aiiiiirinim) . .\ X sl[ip{ciulioium)'^ . .
fralrf]i et s\U>i
Der Stein scheint einem hier bestatteten .Soldaten,
vielleicht der XI. Legion, anzugehören.
*) Vgl. Mau. Pompeji in Leben und Kunst,
F'g- 35-
•) Vgl. auch die röm. Hohlmaße aus Kroatien
(Patsch, Die Lika in römischer Zeit. Schriften der
I -'kancommission der kais. Akad. d. Wiss. Antiquar.
Abt. I. S. 68 ff, Fig. 19 — 22) und aus Mösien (A. v.
Domaszewski, Arch.-cpigr. Mitt. XV 144 ff.).
'") Mau vgl. 7 sestarii = 3-82 /; 3'/2=l9l/,
2 sestarii = I"092 /.
45
Archäologische Untersuchungeu in Norddalmatieu
46
c) Unterer Teil eines runden Grabsteines, ge-
funden 1903 auf der Cv. Gradina, jetzt im Pfarr-
hause von Krusevo; h. 0'29, br. 0"29, d. o'^™.
C. F.
Oninlae.
(i) BruchstücU einer grulien Kalksteinplatte,
gefunden 1903 als Decliel eines niodernen Grabes
auf dem Friedhofe von Krusevo, vermutlich von der
Gradina stammend. Jetzt im Pfarrhause von Krusevo:
h. o'Gj, br. 0'6o, d. o'22™.
. . . ex iestam-
e\nto
frat]ris posiiil
5 Valc?]rio Celso.
In Zeile 4 kann patris und fratris ergänzt wer-
den, doch empfiehlt der Raum, welchen man aus
Zeile 3 bestimmen kann, das letztere; in Zeile 5
würde Vale]rio gerade füllen.
e) Bruchstücke eines Grabsteines aus Kalkstein,
gefunden auf der Cv. Gradina, jetzt im Pfarrhause
von Krusevo; h. 0'45, br. 0'43, d. O'IS". Unter
der sehr verwischten Inschrift auf 0'06 " vertieftem
Felde ganz verstoßener männlicher Kopf, vielleicht
links davon ursprünglich ein zweiter, doch scheint
die Form des Steines wie die Inschrift dagegen zu
sprechen.
. .1 Turninilus
Das ?]aiilis f. Verus
p? si]bi el Apio avo.
Die Lesung nicht überall gesichert. Dasa ist ein
in Dalmatien häutiger Name, vgl. CIL III 2768.
Tabulae ceratae XX. W. Schulze, Zur Geschichte
lat. Eigennamen 38 A. 10.
An diese neuen Inschriften schließen wir zwei
bereits bekannte an, deren Lesung berichtigt wurde.
/) CIL III 2888 soll in der letzten Zeile am
Anfange der obere Teil eines O und eines R sicht-
bar sein; in den .Suppl. p. 1634, wird angemerkt,
daß nach v. Domaszewski [phal]er(is) tor[quibus] zu
lesen sei; aber die erhaltenen Reste gehören deut-
lich zwei D an, so daß wie gewöhnlich zu lesen ist
d(onis) d(onato) tor[quibus phaleris armillis a . . . .
Der .Stein befindet sich an seinem alten Platze, in
der Wand hinter der Kirche in Obrovazzo.
g) CIL III 2884 soll V. 6 nach LVS stehen
VET'P'C. von VET ist jedoch keine Spur, viel-
mehr ist deutlich der Buchstabe H zu erkennen und
daher zu lesen M, Maesius Pau|lus h(eres) p(onen-
dum) c(uravit), was zu den vorausgehenden Worten
V. 4. sibi t(estaraento) p(oni) i(ussit) paßt. Der Stein
befindet sich nicht „in ecclesia", sondern ist in der
Außenwand der alten, nicht mehr benutzten Kirche
vermauert.
47
A. Colnajjo umi J. Ki-il
K. Zicgolslcmpcl.
I. Ist die Marke der berülimlen kaiserl. Fabrik
Kinsiana"! in mehreren Kxemplaren; in den Gebäuden
der Hölienlinie der Gradina gefunden, ergibt sich für
die Erbauung die Rcgierungsicit des Kaisers Nero.
^CA^^^ragii^
2. fand sich nur in einem unvollsländii;cn I'.xem-
plar. er ist identisch mit CIL III 101X3. 17a E X" ©U
"ETt- DE- SEDEi oder b pL TTt- DE' SEDE«-
^.ultima litlera aut C aut S' Hirschfeld), dessen letaler
Buchstabe nunmehr bestimmt ist '-)
3. wurde südlicli
Exemplaren gefunden.''')
fempcl
\mwm
4. ist eine in Dalmatia und (iallia cisalpina
verbreitete Marke.'*/
WLOL
5 Das Bruchstück ist zweifellos zu dem unge-
mein häufigen Firmentitel Q. Clodi Ambrosi zu er-
gänzen, dessen Fabrik nach Patsch '^) bei Aquileja
gewesen sein dürfte.
6. Vermutungsweise kann das Bruchstück
der häufigen Marke L. Minici PVDEN+S verv
ständigt werden.";
^Wfj
7. Dieser in nulircren Kxcniplnren licim Hai\-
hausc gefundene .Siempel scheint liisluT unlicUaiinl.
S. Fand sich im I'farrhause von Krusovo.'^)
:1R»RIS£
II. Forschungen in der Umscbium.
A. Straücnzüge (Fig. 12).
Von den von der (Tradina ausgclieiiden .Strafen
ist diejenige die wichtigste, welche die Ver1)indung
mit Pannonien über den gewaltigen Gebirgskamm
des Velebit herstellte. Ihre Spurrillen laufen vom
Ostende der Ansiedelung aus, klimmen parallel zum
Nordrande der Gradina, die Höhe hinunter und ver-
schwinden nach circa 2^1^ Kilometer in der Kichtung
gegen die Zrmanja. Ihre Fortsetzung zu finden ist
uns trotz angestrengtesten Suchens am linken Ufer
nicht gelungen. Sie zeigen sich erst jenseits des
Flusses wieder bei Rastic, führen von den Häusern
Maricid gegen OStrelj, passieren .Senice und er-
klimmen schließlich über Deminjak und Raslovac in
bedeutender Steigung bei Kriz den Kamm, wo sich
ein tumulus und ein Brunnen vielleicht aus römischer
Zeit befinden. Die Fortsetzung der Straße in den
Waldungen der Nordseite des Gebirges zu finden,
gelang uns nicht. Versucht man die beiden Straßen-
stücke über die Zrmanja zu verbinden, so trifft man
auf die .Stelle, wo heute der Friedhof von Obrovazzo
liegt. Hier ist das Flußtal, dessen Wände sonst
steil bis ins Wasser fallen, etwas erbreitert und am
rechten Ufer eine feste, niemals überflutete Bank,
welche heute als Begräbnisplatz dient. Eine Durch-
suchung der .Stelle ergab, daß daselbst römische Ziegel
in Menge herumlagen, also sicher römische Gebäude
gestanden haben. Da die Zrmanja — eigentlich ein
"> Die Ziegel dieser Fabrik gehören zu den
in Dalmatien, Istrieo and den an der Adria liegen-
den Gebieten Italiens am häufigsten gefundenen ;
vgl. Bormann CIL XI p. 1026.
^^1 Die beiden Exemplare stammen aus Nona.
^) CIL III 6434, 3 (Zara), 14031 (Nona) 5 Exem-
plare; vgL 10186, 15.
") CIL III 10183, 25 (i'gl- P- 232X ''") 10183, 50;
13340, 2 (alle aus Salona); V 81 lo. I4i>.
''') Wissenschaftl. Mitt. aus Bosnien u. d. Her-
zegowina VI 235, vgl. CIL III 3214, 2; 10183, ("2
(vgl. p. 2328'"»; V 81 10, 70 IX 6078, 62.
'«) CIL III 10183. 35- vgl. 151 15. 5-
") CIL III p. 2328 '» ad n. 3214, 7 (Nonaj; vgl.
3214 (Curzola) V 8110,90.
49
Arcliäolopische Unlersucliungcn iii Norddalinatien
50
Fig. 12 Antike Straßenzüge in der Gegend von Obrovazzo.
Jahreshefte des Ssterr. archäol. Institutes Bd. VIII Beiblatt.
A. Coliiajjii iiiul J. Keil
52
(jordartiyer Mccrcinbruch — bis hierher noch hcu(c
von Dampfschiffen befahren wird, so dürfte beim
Friedhofe der Hafenplalz für die Ansiedelung; ^>--
Fig. 13 a— c Funde auf der Gradina von Mcdvidje
F.ine zwcilc Slraße biegt nördlich der Gradina
ab und führt nach Kruäevo, wo uns der trefilichc
Pfarrer Fra Bonaventura SariiS an mehreren Stellen
ihre Spur zeigte; im weiteren Verlaufe dürfte sie
nach Corinium geführt haben. In Kruäevo selbst
lassen sich allenthalben die Reste römischer Gebäude,
welche bis gegen das Meer hinunter zerstreut sind,
erkennen; eine Ideine Grabung bestätigte diesen
Augenschein, doch lieferte sie außer einer unleser-
lichen Votivara nichts von Belang. Dagegen hat
man auf dem Friedhofe rings um die alte Kirche
bereits wiederholt sculpierte Steinplatten (vgl. die
Inschrift li) gefunden, die aber vermutlich von dem
Friedhofe der Gradina herrühren.
Schwieriger war die Trace der nach Osten gegen
Medvidje führenden Röraerstraßc zu ermitteln. Die
Spurrillen, welche bei den H.äusern Klanac und
Marie beginnen und in südlicher Richtung laufen,
hatten wir zwar constatiert, allein erst erneuertes
Suchen im Frühjahre 1904 ergab die Fortsetzung
circa 2'5 Kilometer nördlich der Ruine Zelengradina
und dann nahe bei Medvidje östlich der Häuser
Pupovac, so daß der Gesamtverlauf bis Medvidje im
wesentlichen gesichert ist.
Lohnend würde eine Grabung auf der Gradina
von Medvidje sein, wo man zahlreiche Reste römi-
scher Mauern, eines Mosaikbodens, von Sculptur-
resten u. dgl. gewahrt. Eine zweitägige Grabung im
Frühjahr 1904 ergab eine beträchtliche Anzahl von
Kinzelfunden (vgl. Fig. 13); überraschend war auch
die durch deutliche .Spurrillen gesicherte Verzweigung
von Straßen, welche sich nach fünf Richtungen
mehrere Kilometer weit verfolgen ließen (vgl. den
Plan). Von diesen ist der nach SW laufende Strang
durch den circa 3 Kilometer von Medvidje gefun-
denen Grenzslein (s. u.) sowie seine Richtung als
Straße nach Asseria zu bestimmen. Die Fortsetzung
der Route von der Cvijina Gradina bildet der gegen
Djelina und weiter nach Kistanje (Burnumj führende
.Straßenweg; die Endziele der gegen i^egar und Er-
vcnik weisenden .Spurrillen bleiben noch zu ermitteln;
von Ervenik stammt der Meilenstein CILIll 10180 aus
der Zeit des Valentinian und Valens.
Wesen sein, zugleich aber die Fähre — Reste einer
Brücke koDDlen nicht constatiert werden — für die
Straße nach Paononien. Einen Grabungsversuch
mußten wir wegen Annäherung an die Kirchhofs-
maner bald aufgeben.
B. Römischer Grenzstein bei Bruska.
Dieser Grenzstein wurde im Jahre I903 in tinem
künstlichen Steinhaufen an dem Reitwege von Medvidje
nach Benkovac, circa 3 Kilometer von erslerem Orte
entfernt, gefunden. Er besteht aus schlechtem Con-
53
Archäologische Untersuchungen in Norddalinalicn
54
glomeratkalkstein und ist jetzt rqo" hoch. o'b6 "
breit, Czo" dick, in zwei Teile gebrochen. Die
flach eingegrabene Inschrift ist infolge Verwitterung
schwer lesbar, doch ist von der Zeile 3 an jeder
Buchstabe gesichert.
]Caes[a]ris Au[g. Genn.
i\nter Sidrinos et
Asseriates Q. Aebu-
liiis Liberalis 0 leg.
^ XI. definii
Der fehlende Anfang ist nach Umfang und
Wortlaut nur vermutungsweise zu ergänzen, etwa
— terminos . . iudex datus a leg. pr, pr. C. Caesa-
ris . . . . (vgl. CIL III 2882, wo ein centurio unter
Caligula die Gebietsabgrenzung zwischen Nedinum
und Corinium durchführt).
Aus dem Erhaltenen geht hervor, daß es sich
um die Grenzbestimmung des Gebietes von Asseria
und dem der Sidriner handelt. Daß das Gebiet der
immunen Stadt Asseria (Plin. n. h. III 139) bis
3 Kilometer von Medvidje in die Bruska reichte,''')
ist neu, ebenso der in der Lesung gesicherte Name
der Sidrini. .Sie werden zu den ,Liburnorum civi-
tates XIIII' bei Plin. a. a. O. gehören, quae
.conventum .Scardonitanum petunt', von denen er aber
nur die wichtigsten aufzählt. Eine Schwierigkeit ent-
steht aus der großen Nähe der römischen Ansiede-
lung auf der Gradina Medvidje, welche man ge-
wöhnlich für das antike Hadra ansieht. Zur Zeit der
Grenzbestimmung kann, wenn dieser Ansatz richtig
ist, Hadra nicht eine selbständige Gemeinde gewesen
sein, vielmehr nur ein Sitz der Sidriner. Dies führt
uns auf die Datierung. Der centurio Q. Aebutius
r^iberalis ist uns von ähnlichen Missionen her be-
kannt. N.ach CIL III 2883 (zum Teil wiedergefunden
und publiciert von Liebl, Jahreshefte V Beibl. 5)
bestimmte er als astatus posterior der I. Cohorte der
XI. Legion auf Befehl des Legaten A. Ducenius
Geminus im Verein mit seinem CoUegen, dem prin-
ceps posterior A. Resius derselben Cohorte, die
Grenzen zwischen Corinium und Nedinum; auf die-
selbe Aufgabe bezieht sich auch die Inschrift
CIL III 9973, aus welcher wir erfahren, daß es sich
nicht um eine erste Festsetzung, sondern um eine
Revision der unter dem Statthalter P. Cornelius
Dolabella festgesetzten Grenzen handelte. Die Statt-
halterschaft des Legaten M. Ducenius Geminus ist
bisher noch nicht bestimmt;'^) der Umstand, daß
auf der erstangefuhrten Inschrift die Legion ohne
ihren im Jahre 42 bei dem Aufstande des Scribonianus
erhaltenen Beinamen Claudia P. F., auf der zweiten
mit diesem erscheint, würde den Schluß nahelegen,
daß diese Auszeichnung während jener Tätigkeit
des Aebutius falle; dann müßte der Legat Ducenius
Geminus der unmittelbare Nachfolger des aufrühreri-
'^) Das Gebiet von Asseria ist nun bereits nach
zwei Richtungen seinem Umfange nach bestimmt;
der Stein CIL III 9938, gef. in Dobropoljce, der
das Westende gegen Alveria bezeichnete, lag unge-
fähr gleich weit wie der unsere (circa 10 K.ilometer)
von Asseria entfernt.
1') Wir wissen nur, daß er i. J. 63 n. Chr. als
Consular Vorstand der öffentlichen Steuergelder (vecti-
galibus publicis praepositus. Tac. an. XV 18) und
unter Galba Stadtpräfect war (Tac. bist. I 14).
55
A. Colnapo iiiul J- Keil
56
sehen Scriboni.inus geworden sein; die Erteilung des
ehrenden Beinamens an die Legion erfolgte nicht
sofort, sondern nach Abschluß der Acten. Auf
unserem Steine fehlt der Legion gleichfalls der
Khrentitel; nach dem Gesagten ist der Schluß, daß
er älter sei als das Jahr 4:, zwar statthaft aber
nicht zwingend; da Aebutius sicher nach 4; noch
astatus posterior war, kann die Inschrift nicht viel
älter sein als 42, unmöglich aber jünger als 69, in
welchem Jahre die Legion Dalraatien verließ, um an
der Unterdrückung des Aufstandes des Civilis mit-
zuwirken. (Tac. bist. IV 68.)
C. Bilisane.
Einzelne von den Bauern nach Obrovazzo ge-
brachte Fundstücke, darunter die schwere Bronze-
fibel des Provinzialstils (Fig. 14) sowie mehrere
Münzen, veranlaßten uns zu einem Besuche vtin
BiliSanc.
Bilis.ine. Der dortige 82 Jahre alte griechische Geist-
liche Peter Oluii konnte uns nur mitteilen, daß vor
20 Jahren ihm die Bauern die Bruchstücke einer
von ihnen zertrümmerten Bronzestatuette gezeigt
hätten. In seinem Besitze fand sich ein auf einer
Zrmanjainsel nördlich des mittelalterlichen Turmes
Klisina (auf der österreichischen Specialkarte nicht
verzeichnet), wo sich Gräber befinden sollen, ge-
fundener vollgegossener Bronzefinger und ein Großerz
Vespasians. Bevor wir in die Talsenkung der
Zrmanja hinunterstiegen, besuchten wir den heute
Veliko greblje, , Großer Friedhof genannten Hügel.
Gewaltige .Steintumuli, welche in der Mitte einen
tnrmartigen Aufbau aus Steinen tragen, bedecken die
Kappe. Schürfungen am Rande der Tumuli erg.iben
%-ier aus flachen Steinen gebaute und mit solchen
überdeckte Gräber, in welchen wohlerhaltene mensch-
liche Skelette ohne alle Beigaben lagen ; erst nach
längerem Suchen fanden sich einige kleine Bronzc-
knöpfchen mit Ösen, welche einst das Gewand der
Toten zusammenhielten. Zweifellos sind diese Gräber
höchstens einige hundert Jahre all, während nicht
zu sagen ist, in welche Zeit die mittleren Gräber
zurückreichen mögen. Die alte Sitte mag sich in
diesen cullurfremden Gegenden lange Zeit erh-altcn
h.aben, bis die christliche Religion das Begräbnis in
geweihter Erde durchsetzte.
Von der Totenstätte stiegen wir in ein von
einer Quelle durchflossenes kleines fruchtbares Tal,
wo uns Münzenfunde gemeldet worden waren; sie
rühren von einer kleinen römischen Ansiedelung
her, die an dem Westhange des Tales bestand (un-
weit der Kapelle, wo jetzt der Friedhof von Bilisane
sich befindet) und von der wir noch Mauerreste
constaticren konnten.
D. Starigrad (gegenüber Castel Venier).
Im Frühjahre 1904 wurden von einem Bauer
in der Nähe des Meeres zwei Inschrifiplatten aus-
gegr-iben, die durch Kauf an die Antikcnsamralung
in Obrovazzo gelangten.
I. Fragment einer IvalUsteinplatte: O'455"hoch,
o'SO" breit, o'i5™ dick; ursprünglicli Grabstein,
dann architektonisch verwendet und mit RanUcn-
muster verziert;
^■APARhNi
aiitis
et . . . ]»i(J parcn-
les m/]elicissimi
Die letzte Zeile ist ausgemeiselt, doch sind die Buch-
slaben noch deutlich erkennbar; bei dem E der
zweiten Zeile ist die obere Querhasta vergessen.
57
Archäologisclie Untersuchungen in XurJdalmatien
58
2. Kalksteinplatte, oben und unten gebrochen,
O'SO"" hoch, 0'32™ breit, 0'I2" dick. Unter dem
mit einem vertieften Streifen umrahmten Inschriftfelde
ein beilartiger Hammer.
-r--vr:; ;V';
C. A/. Se[v]cro eq-
iiiti ex singulai-ib-
HS ex chor. pr. IX
stip. II vixit an. JA
5 Ael. Maxiina ma-
ter filio infeli-
cis. b ,m . et sivi (sie)
Viva [f]ecit.
Der Bestattete gehörte nicht zu den kaiserlichen
Ordonanzreitern der equites singulares Augusti,
sondern war wohl dem praef, praetorio oder einem
tribunus der IX. Cohorte der Prätorianer zugeteilt.-")
An die Stelle von Starigrad setzt die Karte im
CIL III Argyruntum; seitdem durch die Inschrift
Vjestnik 1898 S. 174 (Patsch Lika 22) Ortopla mit
ziemlicher Sicherheit bei Stinica, Vegia oder Vegium
bei Carlobago festgelegt ist, fällt in der Tat dem in
südlicher Richtung nächstfolgenden Römerorte der
Name Argyruntum zu, ein Platz, der nach der hierher
und nicht nach Clambetae gehörenden Inschrift
CIL III 9972 schon unter Tiberius Stadtrecht erhielt.
E. Karin.
In dem Franciscanerkloster am südöstl. Winkel
des Meeres von Karin befindet sich außer mehreren
anderen publicierten Inschriften aus der Umgebung
in der Wand des ersten Stockwerkes eine kleine
Ära aus Kalkstein, O'lg" hoch, 0'17'" breit:
LIBERO PATR
Q OSTI LI V S
: ? C I N VS V F
In der letzten Zeile vielleicht AJrcinus zu er-
gänzen; am Ende scheint nicht v(otum) s(olvit), son-
dern v(oto) f(ecit) zu stehen (vgl. CIL III 1031.
1879 u. a.). In demselben Kloster zu Karin
(nicht in Knin) befinden sich auch CIL 9971 und
9977; CIL III 13263 gehört nicht zu Corinium,
sondern zu Burnum.
Verglichen wurden ferner CIL III 2880;
2881, 2887 (jetzt im Pfarrhause), 2891, 2892, 2894,
2897, 997'» 9974 (jetzt Wassertrog im .Schafstalle),
9977 (kaum mehr lesbar), 9980, 9929 a (stark mo-
dern verkratzt; konnte wegen eingebrochener Dunkel-
heit nicht mehr genau verglichen werden, doch scheint
die Lesung in einzelnem der Berichtigung bedürftig).
— CIL III 9929 ist jetzt mit der Schriftseite nach
innen in die Wand des Hauses Milanko eingemauert;
auf der Außenseite 6 Kreuze.
F. Clambetae und Hadra.
Seit langem pllegt man den Namen Clambetae,
welcher nur einmal in der Literatur, nämlich auf
der Tabula Peutingeriana'-') als Station der von
.Senia (Zengg) nach Burnum (bei Kistanje) führenden
Straße, XVI m. p. von Ausancalio und XIII von
Hadre (Hadra) entfernt, erscheint, in der Nähe von
Obrovazzo anzusetzen. Da jedoch der Zug dieser
Straße, besonders die Stelle, wo sie den hohen
Bergkamm des Velebitgebirges überschritt, unbekannt
ist, und ferner die Localisierung von Hadra bei
Medvidje durch kein äußeres Zeugnis feststeht, so
war für eine nähere Bestimmung der Lage von
Clambetae kein genügender Anhalt. Wenn man doch
-") Vgl. Cauer, Ephera. epigr. IV 401 seqq.
Cagnat bei Daremberg-Saglio III 789 ff. s. v.
-'1 Mit Recht erkennt man in dem beim Geo
graphus Ravennas 211, 6 überlieferten Namen
Crambeis eine Corruptel aus Clambetae; vgl. Patsch
bei Pauly-Wissowa s. v. (III 2625).
50
A. Colnago und ]. Keil. Archäolopiscbi- ITntersuchungcn in Noril(l:ilni;>licn
an Obrovaiio dachte, so lag dabei die Annahme zu-
grunde, daß die antike Straße im wesentlichen die-
selbe Route eingehalten habe wie die moderne
Kunststraße von Kroatien nach Dalmatien, welche
bei Mali Halan den über 1 000" hohen VelebitUamm
in lahlreichen Serpentinen übersetzt.'-) Diese An-
nahme schien sich zu bestätigen, als Patsch unweit
«nicrhalb des Posthauses in Mali Halan die deutli-
chen Reste einer 5" breiten, gepflasterten Straße
fand, die er ohne Bedenken mit der der tab. Peut.
identificierte. Wir h.ibcn diese Stelle gleichfalls be-
sucht und die Str.aße, geleitet von dem Postmeister
in H.ilan, ein gutes Stück verfolgt und die Kühnheit
bewundert, mit der sie auf der einen Seite in den
Fels geh.auen, auf der andern mit gewaltigen Stein-
blöcken gestützt, den zackigen Kamm des Gebirges
übersetzt, jedoch nicht in der Richtung auf Obrovazzo,
sondern auf den schm.ilen Meerescanal zu, der das
Meer von Novigrad mit der Adria verbindet. Sie ist
an ra.anchcn Stellen so steil, daß ein Fortkoramen
mit Wagen auf ihr kaum denkbar ist. Neben dieser
h.aben unsere Forschungen wie oben gezeigt, eine
zweite SpurriUenstraße — die also sicher mit Wagen
befahren wurde — erwiesen, welche bei Kriz den
Kamm erklimmt und in die Nähe von Obrovazzo
zur Zrmanja hinabführt, um auf dem andern Ufer
zur Cvijina Gradina aufzusteigen und dann n.ach
Med vidje weiterzuführen ; durch unsere Nachgrabungen
wurde weiters festgestellt, daß sich sowohl auf der
Cvijina Gradina bei Obrovazzo als auf der Gradina
von Medvidje bedeutendere römische Orte befunden
haben, von denen Straßenzüge nach den verschieden-
sten Richtungen ausliefen. Schließlich läßt sich die
Knifernung, welche die Peutingersche Tafel zwischen
Clambctae und Hadra angibt — XIII m. p. — sehr
wohl mit der der beiden Gradinen vereinen, so un-
sicher auch die Trace der verbindenden Straße ist.
Ks ist demnach vielleicht nicht mehr zu gewagt, den
Namen Clambctae auf die Stadt der Cvijina Gradina,
den von Hadra auf die der Gradina von Medvidje
zu beziehen. Hier gilt es noch einen Irrtum zu
corrigieren, welcher für die Ansetzung von ("lambetac
und die Beurteilung der Ansiedelung bisher zu fal-
schen Annahmen verleitete. Bei der Inschrift
CIL III 9972 wird als Fundort von Glavinid, der
sie Bull. Dalm. I p. 85 zuerst publicierte, Starigrad
di Obrovazzo angegeben, ein Ort, der nach Patsch u. a.
an der Zrmanja liegen soll und auf der Karte des
CIL III tatsächlich flußaufwärts von Obrovazzo an-
gesetzt wird. Aber ein solcher Ort existiert dort
nicht, vielmehr nur eine mittelalterliche Burgruine
Stari Obrovac und der Stein stammt wie CIL III 143:2
(Bull. Dalm. XIX p. 41) vielmehr aus Starigrad
gegenüber von Castel Venier, wo auch die beiden
oben publicierten Inschriften gefunden wurden und
wo mit gutem Rechte das alte Argyruntum angesetzt
wird. Damit Hillt auch der Schluß auf das bereits
in der Zeit des Tiberius an Clambctae erteilte
Geraeindestatut, welches .aus den Worten ob dec. ge-
folgert worden war; nach dem, was der römische
Grenzstein der Sidriner und Asseriatcn lehrt, sind
wir geneigt, für die erste Kaiserzeit auch Cl.imbetae
einem der ,Liburnorum civitates' zuzuweisen, ,quae
conventum Scardonitanum petunt'.
A. COLNAGO
Obrovazzo
J. KKIL
Wien
[Bei einem Besuche von Obrovazzo im Früh-
jahr 1903 lernte ich in einem Zimmer des Schul-
hauses in musterhaflem Zustande eine kleine Sammlung
der Altertümer kennen, die der dortige Oberlehrer,
Herr Anton Colnago, meist aus einer mit eigenen
Mitteln unternommenen Versuchsgrabung, unterstützt
durch seinen Bruder, den k. u. k. Hauptmann des
43. Infanterieregimentes, Herrn Ferdinand Colnago,
auf der Cvijina gradina gewonnen hatte. Hierauf
gewährte das Ministerium zur Fortsetzung der
Forschungen, die Herr Anton Colnago mit Glück
und ungewohnter .Sorgfalt auch auf die Umgebung
von Obrovazzo ausgedehnt hatte, eine Subvention,
die es auch ermöglichte, Herrn Secretär Ur J. Keil
zu archäologischer Mitwirkung nach Obrovazzo zu
senden. Das Verdienst des nun veröffentlichten
Berichtes ist hiernach, inhaltlich wie formell, ge-
meinsam. O. B.]
''^1 Die Gründe (ur die Ansetzung von Clambctae
bei Obrovazzo sind gut zusammengefaßt von Cons,
La province Romaine de D.almatie p. 149, wo auch
mit Recht betont wird, daß die Localisierung von
Clambctae am Meere ausgeschlossen ist, weil es
Plinius und andere sonst nennen würden.
JAHRESHEFTE DES ÖSTERR • ARCHÄOL • INSTITUTES VIII
PYXIS
DES FINE-ARTS-MUSEUM ZU BOSTON
DRUCK VON C. ANGERER fl GÖSCHL
JAIIKKSHKKTK ni;S ÖSTKKR • ARCllAOl. INSTI PIUKS VIII
' _J
KOiMISClIi:
AUS ÜBK
KAISEKI.ICMKN ANTIK
TAFKI. Ulli
:.<f^-'"
GRABMAL
TALIEN
SAMMLUNG ZU WIEN
BEIBLATT
Vorläufiger Bericht über die Grabungen in Ephesus 1904.
VII.
sch-historisilicn Classc der kaiserlichen Akademie der ■Wissenschaften
phi1os..phi
m 5 Juli
X;
ihen Classc der kaiserlichen Akade
vgl. Jahreshefle VII Beiblatt 37 ff.)
Für die in den Monaten September-Noyember
1904 unternommenen Grabungen in Ephesus, während
deren mir außer der bewährten Unterstützung W.
Wilbergs auch der Institutssecretär Dr. Josef Keil
zur Seite stand, ergab sich nach den Resultaten
des Vorjahres (vgl. Anzeiger der kais. Akademie
der Wissenschaften 1904 n. IX, Jahresh. VII
Beibl. 37 flf.) als erste Aufgabe die vollständige
Aufdeckung der Celsusbibliothek. Fig. 15 zeigt, was
von dem Gebäude in situ erhalten ist, Fig. 16 gibt
nach W. Wilbergs Aufnahme einen vorläufig nur
die Hauptelemente berücksichtigenden Grundriß.
Von einem kleinen freien Platze im Südosten
der griechischen Agora führt eine fünfstufige, ca.
18°" breite, von zwei Statuenbasen flankierte Frei-
treppe von Osten her vor eine reichgeschmückte
zweistöckige Fassade, durch deren drei Türen man
den lö'SO™ breiten, 1 1 "■ tiefen Büchersaal betritt.
Der Mitteltür gegenüber springt eine 4'50"' breite
Apsis nach Westen vor, im übrigen umschließen
ihn gerade Wände. An ihrem Fuße verläuft ein
durchgehender, ca. I™ hoher, l'20'° breiter .Sockel,
dessen obere Abschlußplatten die Aufstandspuren
einer in geringem Abstände von der Wand ange-
ordneten Säulenstellung tragen, die, wie eine in
situ vorgefundene Basis beweist, auch der Rundung
der Mittelapsis folgte. In die Wände selbst sind in
regelmäßigen Abständen O'^O" tiefe, viereckige
Nischen von Z'So" Höhe und I" Breite eingetieft,
je drei an der Nord- und .Südseite, je zwei zu beiden
Seiten der Apsis. Sockel und Wände waren, wie
der Fußboden, mit verschiedenfarbigen Marmorplatten
belegt; geringe Reste über dem Sockel zeigen, daß
die viereckigen Nischen von einem flachen Gesimse
nach Art eines Türgewändes umrahmt waren, während
ihr Inneres einfach verputzt war. Der Bestimmung
des Gebäudes entsprechend, sind in den viereckigen
Nischen hölzerne Schränke für die Bücherrollen vor-
Jahreshefte des Gsterr. archäol. Institutes Bd. VIII Beiblatt.
auszusetzen, eine Einrichtung, die aufs beste den
Ausdruck der Digesten XXX, 41, 9 ,bibliothecis
parietibus inhaerentibus' zu erläutern geeignet ist ;
in der Mittel.apsis stand wohl eine Kolossalfigur,
kaum des Celsus, der durch die zwei Statuen zu
beiden Seiten der Freitreppe genügend vertreten war,
wahrscheinlich vielmehr der Athena nach Analogie
der pergamenischen Bibliothek (vgl. auch Juven.al
III 219); Standspuren haben sich allerdings nicht
nachweisen lassen.
Die Gesamthöhe des Bauwerkes läßt sich nach
der Außenfassade auf ca. 16™ bestimmen; da ander-
seits an der Westwand die Stockwerkhöhe der
Innenarchitektur mit ca. 5" zu messen möglich ist,
ergibt sich, daß wahrscheinlich drei Reihen von
Wandkästen übereinander vorhanden waren. Die vor
ihnen angeordnete Säulen decoration dürfte wohl nur
zwei Stockwerke besessen haben, über denen durch
eine attikaartige Balustrade ein gesicherter Umgang
vor der obersten Kastenreihe hergestellt war. Be-
stimmtes wird sich indes hierfür kaum je feststellen
lassen, da außer dem Wandsockel und der einen
in situ liegenden Säulcnbasis keinerlei Rest der
Innenarchitektur erhalten ist. Sicher ist dagegen
wieder, daß keine mittlere Stützenstellung im Innern
vorhanden war; eine mächtige freie Decken-
construction überdachte den ganzen Saal. In der G.
Nieraann verdankten vorläufigen Reconstructions-
skizze Fig. 17 ist Oberlicht in der Mitte ange-
nommen; dies ist zwar von vornherein wahrschein-
lich, indes doch insolang nicht gesichert, als die
noch nicht durchgeführte Reconstruction der Fassade
die Möglichkeit einer Lichtzufuhr durch Fenster in
ihrem zweiten Stockwerke offen läßt.
Eine auffällige Besonderlieit der Anlage bleibt
noch zu erwähnen: die den Saal umschließenden
Wände mit den Bücherkästen dienen nicht zugleich
als Außenwände des Gebäudes; als solche sind viel-
^•i
6.,
"1: ,1 1
J-.,iirQ L-,i==k-J L^crx^J
iLJE
Fii;. i<; und i', Aniidit <lcr Ruine und Grundrill der P.il>1iotlick von Kph
65
Vorläufiger Bericht über die Grabungen in Kpliesus njO-t
66
Fig. 17 Reconstructionsversucli der Bibliothek in Ephe
mehr in ca. l"" Abstand hinter ihnen besondere
Mauern aufgeführt, so daß dazwischen ein schmaler
Gang entsteht, der nur in der Mitte der Westwand
durch die nach außen vorspringende Apsisraauer
unterbrochen wird. Zweck dieser Einrichtung ist
offenbar, durch die hinter den Bücherwänden frei
circulierende Luft die Bücher vor dem schädlichen
Einflüsse der Erdfeuchtigkeit zu bewahren, der um
so mehr zu befürchten war, als die Bibliothek nach
Süden wie nach Westen an hochanstehendes Terrain
angebaut war. Eine Parallele hierzu liegt in der
pergamenischen Bibliothek vor, in der gleichfalls
der die Bücherregale tragende Steinsockel von der
Außenmauer durch einen schmalen Umgang getrennt
ist. (Vgl. Altertümer von Pergamon II 70.) Daß
man liei Anlage von Bibliotheken diesem Gesichts-
punkte Rechnung trug, bezeugt auch die übrigens
in Ephesus zum ersten Male nachweisbar befolgte
Vorschrift Vitruvs VI 4, I ,cubicula et byblio-
thecae ad orientem spectare debent; usus
enira matutinum postulat lumen, item in byblio-
thecis libri non putrescent'. Vom Ostende
beider Gänge führen schmale Türen, deren Schwellen
noch in situ liegen, auf die Oberfläche des Sockels
der Innenarchitektur und ermöglichen so, zu den
Bücherkästen des untersten Geschosses zu gelangen.
Vermutlich waren in diesen Gängen auch durch
Holztreppen Aufgänge zu den oberen Stockwerken
hergestellt; doch haben sich in dem bisher allein
völlig freigelegten nördlichen Gange sichere Spuren
nicht erhalten. Dagegen gelangt man an seinem
AVestende über einige Treppenstufen in eine im
Fundamente unter der Mittelapsis angelegte über-
wölbte Grablvammer, in der sich ein wohlerhaltener
67
oS
Sarkopliag aus wcilScm Marmor vorfaml. Kr ist Unaiip
an die AVäiulc der SüdwcstccUc angerückt, so dal!
Sfinc an allen vier Seiten angehraclite Reliefdeco-
mtion — Guirlanden von Niken und Kröten ge-
tragen — nur an je einer Schmal- und Langseite
sichtbar ist; der Deckel ist in üblicher Weise als
Giebeldach gestaltet.
Von den am Gebäude angebrachten Inschriften
sind besonders wichtig zwei an der Ostfassade an
hervorragender Stelle eingeschriebene Texte. Der
eine, rechts von der Mittcltür auf drei Quadern ein-
gemeißelt, ist leider in dem interessantesten mittleren
Teile hoffnungslos zerstört, so daß hier nur Anfang
und Schluß wiederzugeben lohnt:
T'.pispta") 'Io'jJ,J<o Ky.ao) n]o?.S|iaiavM, ii-XTcu,
i'id-j-i-(0 io(]a; Tip(dp'.Gs] "loöXio; kxüXa;
lIoÄsiiotjocvö;, 'j-a-oj. 4 uiö;, Tr,v KsXa;-
avr,J^ ^t^X;oiH;xr,v xa-:[E]axsOaosv sy. -cöv
5 tJtMv] oüv -av-l -rö x43[n(0j xai äva3->)]iaai
xai pig/,]£ot;. Ka-iXtr^s Sl x[al £•]; iitioxsuTiV aÜT^;
xal ä-,'opä]v ß'jpX((uv (5r,vapio)v>[|iuj/]'.ä5a; 2öo fiiiiau,
i» (T)v ''r.fY|-
s fTi^jOETai aO]":f^
=j ä];:ap-'.3iv:tuv töv
ToO 'Av.'y/.a xJ,r,povön(ov, tö if'foCv xa3-Lgp(oaa]vTo;
xa-i 8ia9-)jxTiv
15 TiJ(£f{!>ul KXauSio'j "Apiaxioivc; -pl; ["Aiiap]//--«-
Dazu kommt die fast vollständig wiedergefun-
dene Archilravinschrift des ersten Stockwerkes der
Tassade:
T'/pspiov) "Io'J[Xiov KsXaov noÄEnaiaviv.
üraTiv, äv3-ü~a-ov ^3£aj.
T'.(pip;o;) 'loOX-.o; 'AxöXa;, ö uEö;
x[a}zg3X£6a3öv ttjv ßtßXtoOiixi]'^
5 ä-a]pT|isavT]o)v tröv 'AxOXa
x[Xr,]p[iv4(io>v, xa^£pw3a]v-o;
T'.(^p£o'j) K>.au?(ou ^pt3t£(ovo; -f "A3£apxo'j.
Auffällig sind die jeder syntaktischen Con-
stmction widerstrebenden Accusative im Eingange;
CS ist nicht ausgeschlossen, daß die noch nicht frei-
gelegte Südaußenwand ähnlich wie die Ostfront mit
einer Sänienfassade geschmückt war und uns nur
der Schluß einer über beide sich erstreckenden In-
schrift erhalten ist.
Durch diese Inschriften ist zunächst die Be-
nennung des Bauwerkes als Bibliothek gesichert,
weiterhin aber auch ermöglicht, die Bauzeit mit an-
nähernder Genauigkeit zu ermitteln. Ti. Julius Celsus
l'olcmaeanus. lU-r Vater des Stiltcrs. war t)2 n. t'hr.
Consul (PIR II iS() n. 17O, Klein, Kasti 50) unil
gelangte vermutlich 106 7 n. Chr. zum Proconsulate
von Asien, vgl. Jahreshefle VIII 234. Damit ist
ein sicherer lerminus post quem gegeben. Veran-
lassung zur Stiftung gab augenscheinlich sein Toil,
der nicht allzulang nach dem Proconsulate anzu-
setzen sein dürfte, da der Kopf der wiedergefun-
denen Portrlitstatue die Züge eines zwar reifen, alier
keineswegs alten Mannes trägt. In der Grabkammer
unter der Apsis hat also Ti. Julius Aquila den
Vater begraben, daher sie denn auch, wie der
Grundriß lehrt, schon im ursprünglichen Plane vor-
gesehen war. Ganz ebenso hat Dio von Prusa in der
von ihm seiner Vaterstadt erbauten Bibliothek seiner
Frau und seinem Sohne die letzte Ruhestätte bereitet
(Plin. Kp. ad Trai. 8r , 7). In beiden Fällen schließen
sich die Bibliotheken ganz analog an Heroa an,
wie in Pergamon, Rom und anderwärts an fiötter-
tempel. Darnach wird man Conception und Beginn
des Baues wohl noch in das erste Jahrzehnt des
zweiten Jahrhunderts n. Chr. versetzen dürfen; wann
die Vollendung erfolgte, ist nicht genauer zit l)c-
stimmen, da weder Consulat oder Tod des A(|iiila,
noch die Lebenszeit des Asiarchen Ti. Claudius
Aristion chronologisch genau zu fixieren sind; doch
zwingt nichts, über die traianische Zeit herabzugehen.
Über die Schicksale des Batves in den Jahr-
hunderten des Niederganges wird erst der Fortgang
der Grabung helleres Licht verbreiten; noch in spät-
antiker Zeit muß er bereits seiner Bestimmung ent-
fremdet gewesen sein. Von einem Gebäude, das
damals südlich anstoßend im Niveau des ersten Ge-
schosses der Innenarchitektur errichtet wurde, rührt
die in den Plan eingetragene Säulenstellung sowie
mehrfache, erst später und bisher nur zum Teile aus-
gegrabene Mauerzüge über den Südwänden her. Viel-
leicht schon damals wurde die ganze Innenausstattung
vollständig beseitigt, weshalb auch nur ganz unbe-
deutende Reste davon auf uns gekommen sind.
Sicherlich geschah dies, als man in christlicher Zeit
die Türen der Fassade vermauerte und den Bücher-
saal bis zur Höhe des ersten Geschosses mit Hau-
schutt auffüllte. Zu dieser Zeit diente die Fassade
nur mehr als decorativer Hintergrund eines an .Stelle
der Freitreppe angelegten Wasserbassins, an dessen
Vorderwand die Reliefs vom Partherdenkmal des
Marc Aurel versetzt wurden, worüber bereits An-
zeiger 1904 n. IX 14 ff., Jahresh. VII Bcibl. 53 f.
berichtet ist. Auf diese Umgestaltung bezieht sich
69
Vorläufiger Bericht über die Grabungen in Ephesus I904
70
vermutlich das in die Wand des zweiten Stock-
werkes eingemeißelte Distichon :
t A£px[so, Ttc&s •/.63|ji]T;ae Toaoi; xpusa'j-fiaiv sp'fotg
Kai [2xcq:avos] IlTEXiTjv ') xai II-£X£[yj] Sxecf avov. t
Neben der Bibliothek erwähnt die im vorigen
Berichte (Anzeiger S. 14, Jahresh. VII Beibl
52) veröffentlichte Inschrift auch ein Auditorium,
dessen Lage aus der Terraingestaltung am Nord-
hange des Bülbüldagh erschließbar schien. Kine
Nachgrabung an der betreffenden Stelle bestätigte
diese Vermutung nicht, führte aber zur Aufdeckung
der südlichen Fortsetzung der Straße, die westlich
unter der Theaterterrasse vorbeipassiert. Ungefähr
östlich gegenüber der Bibliothek verläßt sie ihre
bisherige nordsüdliche Richtung und wendet sich
in scharfem Bogen nach Osten ; an der Biegung
zweigt eine steile Bergstraße nach Süden ab, während
die Hauptstraße allmählich ansteigend im Tale zwi-
schen Panajirdagh und Bülbüldagh in der Richtung
auf das raagnesische lor zu verläuft.
Die Einmündungsstelle der Nebenstraße ziert
ein dreitoriges Propylon, das nach den Resten der
Weihinschrift aus dem zweiten nachchristlichen
Jahrhundertestammen dürfte. Unter seinen Trümmern
kam eine viereckige Basis zutage, welche nach-
stehende Inschrift trägt, die als Document für den
Kampf zwischen Heidentum und Christianismus nicht
des Interesses entbehrt.
NoCAP
_ AeEAo^
rATHAlQ
dHMBACATPEKIHC
AMGETOCHMATodE
EÜcpAüNEAATHPA
ÖEONCTAYPONTE
TEPEFüN NlKodx^
PONxPiCTOYCYN
BOAONAeAMöJoN
Aa£|i]ovo; !ip[xe(i'.8!/5] y.aS-sXMV äTtaxr^Xtov s'5
Ar|p.ias äxpexiv]; äv8-£xo a-^|ia xdSs,
EEStöXiov §Xaxf;pa Osöv oxaüpdv xs -fspepiuv,
Ntxotföpov Xpiaxo'3 aOvpoXov (i9-ävaxov.
Aus der Inschrift erhellt, daß auf der Basis
eine Bildsäule der Artemis stand, die ein Christ
Deraeas beseitigte, um an ihrer statt ein Kreuz
aufzustellen.
Unmittelbar östlich schließt an das Propylon
im Süden der Hauptstraße ein Bauwerk an, von
dem ein Teil des Unterbaues niemals ganz ver-
schüttet war und seit E. Curtius unter der Be-
zeichnung , Stadtquelle' bekannt ist. Auf einem vier-
eckigen Kalksteinsockel erhebt sich ein massiver
Marmoroberbau, dessen Wände mit Ausnahme der
glatt gehaltenen, dem Berge zugekehrten Südseite
eine dorische Halbsäulenarchitektur schmückte. Bei
ihm gefundene ionische Vollsäulen, dazu passende
Capitelle und Gebälkteile lassen vermuten, daß über
dem dorischen sich noch ein ionisches Geschoß er-
hob; .Stücke roh gearbeiteter Fries- und Giebel-
reliefs mit Kampfdarstellungen dürften den Fund-
umständen nach gleichfalls eher diesem Baue als
dem Propylon zugehören. Zeit und Zweck des Mo-
numentes bleiben noch zu ermitteln, doch sei schon
jetzt hervorgehoben, daß an keiner Seite Anhalts-
punkte für einen Aufgang zum Oberstocke, der
allein einen Innenraum besessen haben könnte, sich
haben nachweisen lassen.
In christlicher Zeit wurde an die Südostecke
ein Wasserleitungsstrang von Osten her geführt,
dessen Wasser etwa 5™ tief in ein hinter der Rück-
wand hergestelltes schmales Klärbassin herabstürzte.
Von dort aus wurde es mittels eines roh durch das
Massiv gebrochenen Canales in ein gegen die Straße
hin vorgelegtes Bassin geleitet, dem die Architektur
der Nordfront großenteils weichen mußte. Interessant
ist eine an der Rückseite angebrachte Vorrichtung,
die etwa im Überschusse zuströmendes Wasser je
nach der Menge auf ein bis drei Rohrstränge verteilte.
Die charakteristischen Züge der ursprünglichen
Gestalt dieses Bauwerkes kehren wieder bei einem
in geringem Abstände weiter nach Osten aufgedeckten
Monumente. Wieder steht auf hohem viereckigen
Sockel, von unten unzugänglich, ein tempelartiger
Bau ohne Innenraum; nur daß diesmal die Cella als
Octogon ausgestaltet ist, das eine Peristasis von
acht den Ecken des Octogons entsprechend ange-
ordneten ionischen Säulen umgibt. Das Gebälk zeigt
mancherlei Besonderheiten, als Dach ist eine acht-
eckige Stufeupyramide gesichelt, deren oberen Ab-
schluß eine Kolossalkugel bildete. Gerne wird man
'■) RxiXif), alter Name von Ephesus, vgl. Steph. Byz. s. v. "E^sio; und II-cAsK und die Belege bei Pape.
72
sie von einer Nikefigur überragt denken und in dem
Gnnzen ein prächtiges Siegesdenkmal erblicken, das
in dem unweit auf der Höhe des Panajirdagli auf-
ragenden hellenistischen Rundbau ebensowohl eine
Parallele findet, wie es der für ihn vorgeschlagenen
Deutung (Anzeiger 1898 n. VII— VIII Jahrcsh. I
Beibl. 80) zur willkommenen Stütze dient. Auch
hier wird die Detailuntersuchung noch manche Auf-
schlüsse, zumal für die chronologische Frage bringen;
ausgeschlossen ist schon jetzt die naheliegende
Combination mit den sicherlich von einem ähnlichen
Baue stammenden, vor der Bibliothek gefundenen
Reliefs (Anzeiger 1004 n. IX, Jahresh. VII Beibl.
53 ff.. 157 ff.), da die Sockelverkleidung, glatte
Marmorplatten, teils in situ, teils im Schutte liegend,
fast vollständig erhalten ist.
Auf der der Straße zugekehrten Xordseite wurden
im vierten nachchristlichen Jahrhunderte zwei um-
fangreiche Erlässe der Kaiser Valentinian, Valens
und Gratian aufgeschrieben, die liier nur mit einigen
Bemerkungen .ibgedruckt werden sollen, da ihre
ausführliche sachliche Erläuterung durch A. Schulten
demnächst bevorsteht.
I. An der Osthälfte des Sockels auf drei Platten
von I'äg" Höhe und l'2.8'" -)- O'go"" -)- 088"°
Breite in etwa O'OJ" hohen Buchstaben sorgfältig
eingegraben.')
D. D. D. n. n. n.] Auggg. Valentinia[nus, Valens]
Grati[an]us. Hab(e) Eutropi, car(issirae) nobis.
[Quae de statu provinciae Asiae nuntias, scili-
cet ex rcd|itibus fundorum iuris rc[i pribatae, quojs
inlra Asiam diversis quil)usc|ue civitalibus ad
instaurand[a mocnia aliosiiue ciusmodi suiuplus
sus-
tinendojs habita aestimatione concensimus, capcre qui-
dem urb[e|s singulas beneficii nostri ubcrem
fructum et pro fportiime largitionum n]os[trar]um
a[dhuc e re-
ccntijum squalore ruinarum in untiquam sui faciem
nova reparatione consurgere, verum non integram
gra[tiara conjcessi ad [ur]bes singulas beneric[ii
pcrvjenire, siquidem, (dum) pro jiartibus praestitis 5
reditus civitatibus potius, qlua]m ipsi cum reditibus
fundi fuerint restitujend]! et ministrandi, idem
reditus ab act[oribus
pr]ibatae rei nostrae et diu miserabiliterque poscantur
et vi.\ acgr<[a)>eque tribuanlur, adque id, quod
amplius e[x i]sdem fundis super statulum canonem
c]olliga^n)'tur, et isdem civitatibus pcreat eorundem-
qu^a)e aclorum fraudibus devoraluni nihil tamen
aerario nostro adiciat augmenti possitquc
a curialibus vel excultione maiore vel propensiore
diligentia nonnuUus praestitionis cumulus ad
gratiam concessionis accedere, igitur cuncta
diligenti coram investigatione perspeximus. — Et
primura Efesenae urbi, quae Asiae Caput est, missa
ad nos dudum legatione poscen'ti
]>]artem redituura, non fundorum advertimus fuisse 10
concessam; unde illi interim, quam esse oninium
maximara nuUa dubitatio est, in parte co[n-
_,.,'^i";V;i:';o';',V';'-;i':l;:';;i::!;l;\
,<Tri>ilAu--vDESSlNCVLASBENEflt;,v.
^,^MlNini<.ANDl!DtMREDITV5A&AC7C^^
crCfMFV^lI)ISWffRSUIVTVA1CAN0N£M^';?V-l
llAWO'N0 5Tl\OAD]ClATÄVGMlNIiro5SITQVE*«.'.g|
DCKATlAMC0NCfSS10NISACCfD£Rf/CirVflCVNCLi^
I. Z. 1-8, Ende.
') Die Ergänzung der Lücken Z. i — 3 will na-
türlich nur ungefähr den Sinn, nicht die Worte
treffen. Die Einschiebung von dum in Z. 5 ist durch
die Syntax gefordert, auch paläographisch leicht zu
rechtfertigen; es liegt Haplographie si qui d e m
(dum) vor, wofür die folgende Inschrift mehrere
75
Vorläufiger Bericht ühcr die Gral^ungen in Epliesus 1904
74
cjessa cum eo fundo, quem Leucem nomine nostra
iara lil)eralitate detentat, tra[di] centura iuga pro-
mulgata sanctione mandavimus, ut eius exemplo,
quid adlioc
isla in reparandis moenüjus profecerit, intuentis, an
reliquispraestandum sitsimilia,decernaraus. Ha(n)c
san(e) quia ration[e] plenissima, quod intra Asiam
rei publicae
iu[g]a esse videantur cuiusque qualitatis quantum-
ve annua praestatione dependant, mansuetudo
• nostra instructa [cjognovit, offerendam experien-
tiae tu[ae
credidimus optioncm, ut, si omnera hanc iugationem,
quae est per oninem diffusai(m^ provinciam, id
est sex milia septingenta triginta sex semis
opim[a
; adque idonea iuga, quae praeter vinum solidorum ad
fixum semel canonem trea milia extrinsicus so-
lidorum annua praestare referuntur, sed et septin-
genta tr[ia?
etiam defecta [a]c sterilia iug[a], quae p[e]r illa, quae
idonea diximus, sustinentur, suscipere propria prae-
statione non abnuvis, petitis maiestas nostra con-
sen[tiat,
s[clili[c]et u[t] arbitrio luo per curias singulas omni
iugatione dispersa, retracto eo redituum modo,
quam unicuique civitatum propria largitione con-
cen[simus,
rjeliquam summam per officium tuum rei privatae
nostrae inferre festines, ut et omnem usuram di-
ligentia^m)> avidis eripiamus actoribus et, siquid
extrinsi[cus
lucjri est, cedat rationibus civitatum. Sane quia rerum
omnium integram cupimus habere notitiam et ex
industria nobis tuam expertam diligen[ti]a[m fo-
re fat]emur, plena te volimus ratione disquirere per
omnem Asiam provinciam fundos iugationemque
memoratam, qui in praesentem diem ha[bita
licitatijone possideant et quantum per iuga singula
rei privatae nostrae annua praestatione dependant,
qui etiam opirai adque utiles fundi
fisc]o gr[ati silngulis quibusque potentissirais fuerint
elocati et qui contra infecundi ac steriles in dara-
num rei nostrae paenes actores
f|uerint d[etenti, sjcilicet ut omni per idoneos ratio-
ne discussa a(c) confectis quam diligentissime
breviljus mansuetudini nostrae veri
fidera nunt[i]es, u[t instrjucti super Omnibus amplis-
simum efficacis industriae praestantiae tuae testi-
moniura deferamus.
II. An der A\^esthälfle des Sockels, von voriger
durch eine unbeschriebene Platte getrennt, auf drei
Platten von 0'92"' -f- ''OS^M- I'I2° Breite; Buch-
staben in Z. I 0'045" hoch, in den übrigen von O'Oß"
auf 0"025™ abnehmend.^)
D. D.] D. n. n. n. Auggg. Valen[t]inianus, Valens,
Gratia[n]us. [Hab(e)?] Feste, [car(issime) n]ob(is).
Honorem Asiae ac totius provinci[a]e dignitatem,
quae ex iudicantis pendebat arbitrio, [exe]raplo
II, Z. is-2
Belege bietet. Z. 12 hat der Stein HACSANIQVIA,
Z. 23 ACONFECTIS. Die Ergänzungen in Z. 20/1
und Z. 22 werden A. Schulten verdankt.
') Z. 4 ist am Schlüsse, entsprechend dem -t/tai!)xr;v
des griechischenTextes (Z. 18), nach edi[tio ita ergänzt:
der Raum ist allerdings sehr knapp. Z. 7 hat der
Stein CIVITE, Z. 10 LAVDAERGO. Z. 12 DIGNI-
T ATEMEN; alle drei Fälle erklären sich durch
Haplographie. Z. 13 steht auf dem Steine DESE.^NT,
Z. 16 THCYNOAOY, Z. 17 eniM€ IC0HNAI.
Z. 22 MHTPOnOASl, Z.27THCCnAPXIAC,
Z. 28 YnOKAOlCTANTA^^, Z. 2., ANAALU-
CANTeC, Z. 30 €NTHCAYTOYMAAAON.
/D
R. lleberdcv
76
lUyriici] a[d]quc [Itjahruni url>ium rede pcr-
spexi|mus
esse firm.iluni. Nee enim utile vidcbatur, u[t po]npa
cpnvenlus publici unius arbitrio };ercrctur, qu[a]m
consuet[u]dinis inslaurala deberet solemnilas
exhibcre. Kx scntcntia deni[q]ue factum est, quod
divisis ofliciis per quattuor civitatcs, quae metro-
polis apu[d] Asiam nominantur, lustralis cernilur
edi[tio ita(?)
5 conslituta, ut, dum .1 singulis e\|bi]bitio postulatur,
non desit provinciae coronatus nee gr[a]vis cui-
quam erogatio sit futura. cum servatis vicibus
qu[in-
to anno civitas prael)eat cdilorem. Nam et [illujd
quoque libenter admisimus, «[uod in minoribus
n)[u]nicipiis generatis, ciuos popularis anirai gloria
maior
atlollit, facullatem tribui edcndi mu|ner]is postulasti,
videlicel ut in metropoli Efesena al[ia] c civi-
(ta)tc asiarchae sive alytarchae pro[ceda]n[t acj
s[ic
ofliciis melioribus nobilitate contendfan]!. Undc qui
desideriis sub scculi nostri fclicilate ferv[entib]us
gaudiorum dcbeamus fl^om]en[t]a [p]raes[t]are,
c[ele-
brandac editionis dedimus potestat[e]m, adversum i<i
solum voluntatem contrariam ref[eren]tes, ne suae
civitatis obliti e[i]us, in qua ediderin[t
'° munera, cu[ria]c socicntur. Feste kar[i]ssime ac iucun-
dissime. Lauda(ta) ergo experientia tua n[ost]ri
potius praecepta scquatur arbitrii, ut omn[es,
qui ad hos b[on]ores transirc festinant, c[u]nctas pri-
niitus civitatis suae restituant functiones, u[t p]er-
actis curiae muneribus a[d b]onorem totiu[s
provinciae debito faborc festinent, p[er]cepturi post-
modum,si tarnen volucrint, senato[r]iam dignitatcm,
(ita tam)cn, ut satisfacien[te]s legi in locis s[uis
altcros dese(r)ant Substitutes. Celcrum nequaquam ad
coromodum crcdimus esse iuslitiac, ut expcnsis
rebus suis laboribusquc transactis
veluti novus tiro ad curiam transeat alienam, cum
rectius honoribus fultus in sua debeat viverc ci-
vilate.
■5 Tr,v isijiTjV Tf/S 'Ai'.a; xai i/.r,; xfj; inaf/.iag -.0 ä;!co|ia,
^T^p y.al iy. -f^j i-:-/.{.'.zzuii T,pTr,TO "üO'j äpxovTo;,
i| 'i-'ii'.';)ia.zoi taO 'IJMy.y.v'i y.ai xöjv ['}?(» 'Iia/.ia;
-i'/^or/ 6f9röj /.sJav y.aTsv^Tiiajuv diay.öy.piiO-a'.. O'JTS
T?jj iT||i03ia; ivi; •,'V(i);it, T.yl-[-.z]-j'-<y7.:.
Ti[v] sx ouv»)3-(aj enavaxpixovTEf; oE xpivot öcnvjxouv.
'Ax!/Xoö3-(i)S xotvuv fsfsvrjxai dKi|is(p)i<33-fjvai xoüj
Xpivüuj eJj xij xeoaapaj jiiXeij, atxivsj
Hr,TpondXEi; £v Xaia 'iTj^tJovxat. (b; vtfi x^; nsvxa-
sxrjptäoj ixSoaiv xoiauxTjv sx^'-'' "^V' J^axaaxaoiv y.al
Hijäsjtwnoxs düvaaO-at Xstestv
x6v x03|ioü|iEvov ÜKi xoO xfj; "Aa£a; axe-^iavciu. XXX'
O'JXE STii^opxiJsaS-at xi; äüvaxai iini xo'l Sartavy]-
|iaxsj, STtiv iidXtaxa ä|ioipa34v xpsxivxojv
xöiv xpiviov Ixdaxrj xöiv |ir]xpoTtdXstov nsxä nsvxasx^ 20
xiv yj^öio^i 5£5a)atv xov Xixoupf >j[a]ovxa. Katxoi
<j?E(o; ;ipo(3r]xdnsO-a iiit Ksp xoi); xe-
XO-ivxaj £v xaJ; iiixpat; TioXeaiv, snav 5T||jioxty.(oxipa;
■fEvdusvoi 4'"X'^S ■^''''' ETiaivov xöv ix xo'3 5r)|io'j
cfavxajtovxs, E^ouatav aOxotj
TiapsXEofl-ai xoü sv xij "Ei^Ea(tov |irjXpo7:6(X)si növrj xtjv
äjiapxiav t; xyjv äXuxapxtav aüxöv Svüeiv xal xotj
xaO-yjxoij xol; xaXXtoaiv ex xrjs iTticfavoOs
XE'.x&up-f£as ^atvEaS-oci. "09-sv, eiieiSt) äx xijs EÜ|ioip£aj
x(T)v xaiptov xeöv f;HEXEpü)v aE ära9-u|i£ai aE jtXEova
xr,'/ iopxY)v EX^''^'"'" i¥'^^"°''' a'J5Eo9-ai
xai -xp' Tj|i(7)v aüxö)V EXEiv xyjv OTiouäijv, ßouXonsvoij
aüxotj XE'.xoap-,'Ety ;;apEXS|Uv ääiav, e'.j xo'jxo |iivov
5iaa:faXiJiiiEV<;i xo'Js xoioOxous, Iva |i['»j
xniv £5£(t)v 7i4Xe(üv £7:tXav3-av4|iEvoi Jiavxv) lauxcjj 25
HExa7pd-.f 0'j3iv, ^Vjoxe xi|iuoxaxs xal npoo-^tXsaxaxE.
'II ETiatvEXTj iv^EtpEa aou xoü ^nExipou 9-[E]a-
-£anaxc5 äxoXouiJ-rjadxü) xv) •fviü|iTj xal Tioivxaj xoi);
si; xaüxrjv xt/v xt|i,r)v Eraxpsxovxas icctaa; jtpoxEpov
xi; Xixoupflaj xr) sauxoü jioXei äno;iXr;poi>v
-pooxa»axw, TiXvjpmS-ivxtov ik xtöv XixouffTjiidxwv Elg
xrjv x'.|iTjv XYjv |i£5ova, xouxsaxiv oXvj; xfjj (£);iapx£a;
a!i£')5o'j3iv aOxot; äStav -apEXsxtu, 3uva|iEvois |i[Exi
xaOxa xal xö xöjv Xa|i7:poxaxiov äS£u|ia x[a]x[a3]EXE-
oO-at, oflxios |i£vxoi, (bj Ttpöxspov aüxoi»s xä Exavov
5ioio'5vxaj xöj vo|io) eJj xöv lauxtbv xAtiov üno-
xaO-£oxav(xaO xa[ls
lauxojv Tiaxpdatv Exipou;. OOxe 54 £Xcpo[3-i XI'jitxEÄElv
v£von£xa|i£v aüxotj, iva ävaXti)o(a)vxE; xä Ea'jxnjv
|i£-a xo'j; Ttdvouj xöjv XE'.xoup-fVjiiäxoJV 4:ia|x3-£l!;
(b; VEapö; xEpwv sig IxEpov Pou[X£ux]rl[pio]v lauxöv jo
HExa-fpä-^Ei ö-^fXiuv iv x^ (£)auxoü |i.(ä)XXov feff/lv
X£ y.al -.fa£vEaO-ai jidXsi.
Die Nordseite der .Straße nimmt ein spater Ap-
sidenbau ein, der nur zum Teile freigelegt ist. .Seine
Südmaucr steht auf niedrigen Bogenwölbungen, als
deren .Stützen uncannclierte Säulentrommeln aus
weißem Marmor verwendet waren. Bis jcl/.t sind deren
zehn gefunden, die im Durchmesser zwischen fio™
77
Vorläufiger Bericht über flie Grabungen in Ephesus 1904
78
und I'I5™, in der Höhe zwischen i'40'° und i'yO"'
variieren. Sie sind offenbar aus einem Culüocale
der Kureten verschleppt, da sie ringsum mit Listen
dieser Körperschaft beschrieben sind, und gewähren
einen interessanten Einblick in die Organisation und
Entwicklung dieses CoUegiuras. Wie ein Vergleich
der dreißig mehr oder minder vollständig erhaltenen
Listen zeigt, bestand es aus sechs jährlich wech-
selnden Mitgliedern vornehmer Abkunft, xoüpTjTSS
(in zwei Ausnahmsfallen kommt ein siebentes, einmal
ausdrücklich l^8o|ios xoipvjj genanntes vor) und
einem länger, vielleicht auf Lebenszeit, fungierenden
Dienerpersonal, das den Namen nach meist aus
Sclaven sich recrutierte. Der Bestand desselben ver-
mehrte sich im Laufe der Jahre oder wurde doch
später in größerer Vollständigkeit in die Listen auf-
genommen. Die ältesten, etwa der Mitte des ersten
Jahrhunderts unserer Zeitrechnung angehörigen Listen
kennen bloß einen OTiovSaüXTjj, zu dem bald ein
Cspox-^puS tritt. Später vervollständigt sich das Ver-
zeichnis durch einen £spoay.67io;, Espocfavxrjs und ItcI
S'UlitaTpoü; nur ausnahmsweise finden sich ein
a'fveapxi)? und [spoaaXjitxxyjg. In dieser Gestalt erhielt
sich die Körperschaft bis gegen Ende des zweiten
nichchristlichen Jahrhunderts; später scheint eine
durchgreifende Neuorganisation stattgefunden zn haben,
für die aber noch zu wenig Belege vorhanden sind,
um klaren Einblick gewinnen zu können. Als Probe
sei eine der neronischen Zeit angehörige Liste ge-
geben, die gleichzeitig zwei bisher unbelegte Chi-
liastyennamen kennen lehrt:
'Eni TipUTdvEüJs XapiSvii-ioi) to5 XaptSvji-iOü xoü
X[a]pi5v)HOU. KoüprjTES süaspst;* "Haoxos
Xapi5r;HGU xtfX'.aixuv) KXaadtsOs. 'A7a3-a[v"f]£Xo5
Xapt3r;|iou xifXiaaTuv) NspwvtEÖ;. K6po5Xapt[5r/]iiot)
5 x'(^i«°'^'J'') KXauStsüj. AYjiioxpäirjj <I>iXoxu)[nou]
Xi(XtaaTuv)
rXaiJy.rjoj. 'Ep|jiä; MriTpocfdvou x" '^•"''0'^"'') K[Xau-
AfaS-ÖTiou; Xap'.5r)|ioij x'('''*^ti''') Nspü!)v[i£6;.
10 Mä]pxog Espoay.&Ti'y;. KauiTOJv [tspoxfjpus.
'OXu|ira>to;| ini fl-u|-UaxpoO. MY;[tpcc; qtiov-
5oc6Xyj;.
Nur kurz kann hier besprochen werden, was
die Grabungen an der sogenannten Uoppelkirche im
Norden des Stadtgebietes ergeben haben, da die
Arbeiten daselbst noch nicht zum Abschlüsse ge-
diehen sind. Freigelegt ist bis jetzt das g.anze Innere
Jahreshefte des Ssterr. archäol. Institutes Bd. VIIl.
der eigentlichen Kirchenanlagc samt dem westlich
vorgelegten Atrium sowie ein Teil des westlich an
dieses sich anschließenden, vermutlich quadratischen
Säulenhofes. Der bisher voUsländigste Grundriß bei
Hübsch (Die altchristlichen Kirchen, Taf. XXXI,
wiederholt in Strzygowski, Kleinasien ein Neuland
der Kunstgeschichte 142, Aljb. Xlgi erfährt mannig-
fache und wichtige Correcturcn und Ergänzungen,
die aber noch nicht in einer Neuaufnahme zusammen-
gefaßt werden konnten. Dagegen haben neu ge-
fundene Inschriften wertvolle Aufschlüsse über
Datierung und Benennung gebracht. Der Türsturz
der Mitteltür zwischen dem quadratischen .Säulenhofe
und dem Atrium trägt in sorgfältigen, etwas gezierten,
O'oö" hohen Buchstaben die Inschrift:
t "Eaxrj (sie) vj auvTa^tj iv~> TtspiO-iipou knl 'Imd-non
TOÜ ä-CKOTciXÜ') äpXtSTtiJxilTlO'j). f
Nach dem Charakter des Ornamentes kann der
hier genannte Erzbischof unter den fünf von Le Quien,
Oriens christianus aufgezählten dieses Namens nur
mit dem zweiten identificiert werden, der als Ver-
fasser einer Kirchengeschichte in syrischer Sprache
bekannt ist und in den Jahrzehnten nach 52g n. Chr.
in Kleinasien eine eifrige Tätigkeit entfaltete. Vgl.
Krumbacher, Gesch. der byz. Literatur 404; Geizer
ebenda 940. Damit steht fest, daß die eigenartige
Gestaltung des Grundrisses, die zu dem Namen
Doppelkirche Anlaß gegeben hat und welche die
Voraussetzung für die Anlage des Atriums bildet,
spätestens unter Justinianus ausgebildet war. Hiermit
steht in Einklang eine Inschrift, die auf eine der
Verkleidungsplatten des Narthex der Westhälfte ein-
gegraben war:
t ToEj yaxd xyjv 'E'^JEattov maxol; f 'l'Tidxicij
6 iXax'°i:oS ^v Kupto) xa'ps-v- Häaav
6;:£p Tjixräv Ixouafojj i)7io|isiva; äxpsTixtoj
v-ivcüoiv 'IrfioSi Xpiaxd;, ö ö-sö; rjnöJv, ixa-
5 Tistvoiasv £[alux6v, [u)]; cpr/atv 6 9'Sioä äji&o-
xoXo;, äxpi 9-avaxou, [9-]avdxou Ss axaupc/ö
y.al |iExä xöv tl,monrAbv aüxoü axaupöv xal
S-ccvaxov, (bg -fj xöjv £Üa-f-fsX{MV üifug-fsT-
xat TxapaSoats, üixsp äcfdxou cptXavO-ptu-
10 ixsta; fuiivoj xal äxacpoj dmopiTixelxccL
xal Tipös xoO 'Iü)a7)cp XY)5£[6]exai xal ev xrö |j.vvj-
|ie£w XM ^xEtvou xi*£xai, |iixP' "coüxou xaxa
jtavxa ^|itv xot; xaitstvols d|iot(ö3-Els x^P^S
ä|jiapxias. El xi; ouv lraii£XijaEi[s] xy]V öafav
6
79
K. HcbcrJcv. Vorläufiger ncridit iilicr aic Grabi
eil in Kplu'sus li)ü.(
80
taÜTTjv 9«pins:av ts xal t.|jit,v ItiI tot;
rpoavana'j3a|Uvo;; f,\mv ä!sX>fo!;, f t-
•wojxSTiii Ta'jTi -spl t6v xif.ov ::oui)v. Kai
•»ip xai T, ifiioTirr, f,n(i)V sxxXT,3£a tfjj ~a-
vafCaj sväd|o'j 9«!>-4xou xal äs:-ap-
Sivo'j t Mapia; xai xf/; -'.(liaj aÜTÖv sx-^opä;
-posvÖTjisv xa! Toi); st; toüto Siaxovoy-
lisvouj sOa-fsT; Ssxävou; xal xä; sxtXa-
ßsrriTa; xavovixi; -apa]i6t>SLav s/siv
sx xmv sa'jtf,; ätSfJnwjEv -pa-,'>iaT(ov.
lö; nir;?svl ::£pi?,t5:9-f,vai cfiXap-fjpia; "lo'J-
JaVxfjj rpo^ajiv. Kai sT xij ä-o xoO vüv
•jrrsp £xxo|Jii5Ji; xi Ädfo; -apä xtvo;
f^ So) XIV. xcöv ixxojiijovxmv
^ s£p'.^povr,3oi Tfj; aOxtöv X'-nia; sxxo-
juif,; ^ xoio'jxd X'. -fs-fGvö; |ia9<üv |itj
-poiaYf siXTj, npmxov [üv loxcu xt/v xotaO-
xr,v äiißsiav slj aüxö xö xoO xup{ou a(«|ia
xo/.jii;3a;. e::£'.xa xal f/H(i)v xal naamv
-tT)v ifiioxalxMV r,!ui)v sxxXr|3uTiv
j5 äXXöxpio; laxai f.
Der Sdireilier dieses Hirtenbriefes Hyp;itios kann
dem ScliriftcliaraUler nach nur mit dem älteren der
beiden im Oriens clirislianus gcnannton Hischiife
dieses Namens identisch sein, der auf 531 datiert
ist; diesen Schluß bestätigt ein in der Doppelkirche
gefundenes Fragment eines Erlasses Justinians an
einen Erzbischof Tiijdxioj.
Die Inschrift ist auch darum wiclitig, weil sie
durch Z. 18 — 20 bezeugt, daß die Kirche der ll«va-f(a
lv2o»Os a-soxdxo; xal äsiüdpO-svo; Mapia geweiht war.
Bekanntlich wurde das dritte ökumenische Concil 431
in Ephcsus in der Marienkirche abgehalten; es kann
keinem Zweifel unterliegen, daß die Doppelkirche,
sei es in ihrer vorerst nur für spätere Zeit ge-
sicherten complicierteren, sei es in einer älteren ein-
facheren Gestalt, den Schauplatz dieses wichtigen Er-
eignisses der Kirchcngeschichte gebildet hat.
Wien. K. IIKHI'.KDEY
Neo-Phryf;ian Inscriptioiis.
This class of inscriptions') was first noted by
Mordtmann, Münch. Sitzungsber. 1862 p. 12. He
considered ihem to be Armenian; and he was foUowed
in ihis opinion by Gosche, Verhandl. der Meißner
Philologcn-Versamml. 1864 p. 91. The first real step
towards tlie understanding of these texts was made
by Moriz Schmidt, Neue Lykische Studien, 1869,
p. 132 — 136, who recognized in some of thcm a
fortnula of execration in the Phrygian language, in-
scribed on tombstones. He rightly defined it as
consisting of a protasis and an apodosis, and he
rightly stated the essential element in the apodosis
'j After the proof of this article had been cor-
rected and scnt back to Vienna, I receivcd some
valuable suggestions from Professor Kretschmcr. He
suggested that Phr. ICNIO (n. XLH; is connected
with Iy.-, iG-Ki, in W.Zft. (. Kunde d. Morgenl. XIII
359 (as I had done). He would prefer A6UJC K€
Z6M6AUJC ,heavcnly and Chthonian gods," which
approximates to my intcrpretation „gods and men,"
and is perhaps preferable. I was wrong in stating
ihat he cousiders K€ to be „always enklitisch nach-
as the two words eTITeTIKMSNOC 6ITOY, i. e.
a participle and the suhstanlive vcrb in Ihc imperative
third person Singular (corresponding to the Greck
loxto and Y|X<o). He failed however to analyse correctly
the ]irotasis, because he did not detect the verb and
divided the words incorrectly. Hcncc the form which
he gave for the protasis
eiOC Nl C€MOYN KNOYMAN I "j KAKOYN
was uninlelligil)le, and bis attempts to e.\])lain the
words were Ihcrefore erroneous, except the obvious
KAKOYN, which however he took as an active
participle, i. q. xaxöv. He also rightly perceived
gestellt." We agree in thinking that it is a Phrygian
Word, not borrowed from Greek, often enclitic. In
several othcr points his remarks would havc cnabied
me to improve my paper, if they had rcached me sooner.
On my debt to Professor Saycc see XXXII — XXXVI.
This paper is a Report for the Wilson Eellowship
in Abcrdcen Univcrsity.
"' He suggests as an cipially possiblc division
KNOYMA Nl.
W. M. Rams;\y, Nco-Phryyian Inscriplions
that the language was closely akin to GreeU; but
hc erred in quoting Ma|iaJct|X£Vo; CIG 39S9-J as a
name of sirailar form to 6TIT6TIKMeNOC, for Ulis
is a pair of names Maiiaj Et|iEvo;, Maraas son of
Iman (both common l'liryfjian ])ersonal names); and
he also regarded
CeMOYN I KAKOYN
as two verbal fonns, alternatives, separaied by i,
wbicli he toolc as equivalent to Greek yj.
But, though he was so unlucky as to wander
from the right path at the outset, M. Schmidt had
indicated the right entrance, and it was easy for his
successors to proceed some distance beyond hira. In
Kuhn's Zeitschrift f. vgl. Sprachf. XXVIII 381 flf
I coUected 29 Neo-Phrygian inscriptions, and
showed that more than one formula occurred. The
following points have been accepted by almost every
subsequent wriler') on the subject: (I orait some
errors).
1. The fundamental part of the commonest
formula is
IOC Nl C€MOYN KNOYMANI KAKOYN
AAAAKeX, i€TI)TeTIKM6NOC 6ITOY,
Varialions of spelling, such as 6IOC, CIMOYN,
KNOYMAN6I may be neglected for the prcsent.
2. IOC = Skt. yas, Greek 5?
3. Nl, particle, corresponding to äv or to vu.
4. C6MOYN dative of a demonstrative stem,
occurring also in the shorter form C€MOY. The
N is an added dement in this dative case.
5. KNOYMANI, „dative of a noun, masculine a
more probably neuter, meaning torab."^) I have sub-
sequently explained KNOYMAN as a dialectic variety
of KNIMAN or KNeiMAN. It appears in Old-
Phrygian in the longer form CI-K€N€MAN, with
the Same meaning, f,p(oov.*)
6. KAKOYN, with dialectic varieties KAKIN
an.l KAK6N and KAKS, equivalent to Greek xaxov.
7. AAAAK6T, once AAKer, and once AOK6T:
AA is a prefix, Latin ad; AAK corresponds to the
stem Seen in äS-rjxa, %-riv.y], facio. The rhythm shows
that A is long (see below).
8. The protasis is almost literally rendered in
Greek inscriptions of Phrygia:
öatlg äv -CO) r;p(.u(!) Toüxm xaxßj; noi-iflsi CIG 3882 b.
t£; Se xa.<n-(i 9-aXa|iEiv xaxiv iioajtoiriaei, no. I.
g. The exact sense of the apodosis remains
uncertain. The fellowing are among the most charac-
teristic curses in the Greek sepulchral inscriptions
of the country :
üTioy.axapaxo; or y.aTrjfjaiiivo; saxo) (rjXO) is the form
in no. I.)
saxü) XEXvtov xixvoig iiKOv.a.zdipa.i'jc,
(£)!S 9-80ÜS Kaxr;pa|iivos rjXM (Anderson: unpublished)
ä|iapxu)X6s soTö) S-eÄv Tiavxmv
i^xoD Evox^s 'HXiti) SsXyjvr;
UTioxsiaS-o) 'HXiij) xal iisÄv/r/
ätopa xdy.va TipoS-oixo
The choice was left in my previous article
between „let hira be accursed" and „may he be
deprived of; some inscriptions perhaps require the
latter, but most suit better the former. It is possible
that „deprived" is the original sense, and „accursed"
the derivative and usual sense (.Sayce).
Professor Fick in Bezz. Beitr. XIV 50 f. added
some notes on this subject.'') ümitting the Com-
parative Philological resulls (wliich do not touch the
present paper), he pointed out that MANKA, dative
MAN KAI, was used in the sense of |ivyj|iEEov.
In Bezz. Beitr. XIV 308 f, I accepted the
interpretation of MAN KA, and added a partial
e.\planation of the longest Old-Phrygian inscription
(which still seems to rae correct).
Solmsen in Zft. f. vgl. Sprachf. N. F. XIV 36 ff
has ably discussed a nuraber of the forms; but his
reraarks (which are often convincing) are philological,
not interpretative; and the present article is only
concerned with the interpretation. In one respect,
however, I cannot accept his view. In my previous
article two alternatives as regards the word KAKOYN
were left open: „either it is borrowed from the
Greek, or it e.\isted independently in both languages"
(p. 385). Solmsen has no doubt that KAKOYN, K€,
are borrowed from Greek, as COPOY 0AAAM6IN,
^) He only foUowes the error of Franz in CIG I. c.
') Except M. M. Radet and Ouvrfi; see below.
*) I quote my exact words, p. 384, as Professor
Fick afterwards blamed me for having said that
KNOYMAN was feminine (Bezz. Beitr. XIV 50 f).
=•) CI-K€N€MAN, where Cl must be taken as
the demonstrative: I adopt Solmsen's explanation
(Zft. f. vgl. Sprachf. N. F. XIV 61), in place of
my own Suggestion that the root contained initial S.
'',1 I have not access to a copy of the paper,
and my account of it is therefore liable to be in-
complete.
6*
83
\V. M. Ramsuy
84
confessetUy are:^ and lie inay l>e riglU; bul whcii he
maintmns ihat FANAKTE I in 01d-Pbrygi;in also is
borrowcd Ironi the Grcek, I must ilisscnt: (he
common Phrygian personal name OYANAZOC (also
OYANAZO.N1*) scems to provc tlial tliis terra is
too long establislied in Plirygian to be of Greek
origin. It seems to me to bc neitlier Plirygian nor
Grcek, but Anatolian, adopted into lliosc languages
from llic custom and speech of Asi:\ Minor. The
Queen of Pcrga, Vanasha Preiya, did not bear a
Greek name. Probably ^aaiXsüg (for which no satis-
faclory derivation can be found in Greek, and which
has a characteristically Phrygian, or rather Anatolian,')
ending) is .also Anatolian, as i'jpavvo; confcssedly is.
The Institution and the nanic of kingship in Greece
was non-Greek and Anatolian. Kor would I accept
Solmsen's view ihat 6ITOY is bcirrowed from die
Greek iJTO).
The samc philological character atlachcs to Torp's
Phrygische Inschriften aus römischer Zeit, a useful
and suggestive paper (from which I adopt no. IX,
KINO|Y]MA[N] and other ideas), and to Krctschmer's
admirahle and stiraulating Dionysos und Semele (in
aus der Anomia^ and Einleitung in die Geschichte
der griech. Sprache: I havc ncver seen his paper in
Wiener Zft. f. Kunde des Morgenl. XIII p. 35(),
but I cannot accept his canon that K€ is always
enklitisch nachgestellt: the examples which foUow
prove that while K6 is sometimes enclitic, in other
cases it precedes its word (nos. VI, VII, XLVIII,")
in such cases as no. XXVII it is no more enclitic
than xzi in a similar position).
M M. Radet and Ouvre essayed an cxplanalion
of the Chief formula in BCH 1896 p. 111 f; they
collecled nine examples, and came to very differcnl
results from those which I had advocated, both as
') .CO POY is borrowed from the Greek" p. 397:
©AAAM€IN „is probably a Word borrowed from
the Greek' p. 38'..
'') Joum. of hell. slud. 1899 pp. 300, 304, 294
(Andersoni, and CIG 3983.
*) Hist. Relalions between Phrygia and Cappa-
docia p. 29, (Journal of R. Asiatie Society 1883):
cp. Hist. Geography of As. Minor pp. 225, 241, 439.
Vanasha Preiya on coins of Pcrga was read and
explained for the first timc in Journ. of hell. stud.
1880 p. 246. On the remark.able transformations of
Ihe name Perga, Berga, or Bria, see Citics and Bish.
of Phrygia 11 pp. 382, 61C: I shall soon publish in
regards division of ihc words and mcaning; bul, as
they ignored all previous writers and trealed ihe
subjcct as an unknuwn one, I shall nol eiUer into any
discussion of their diflerence of opiniim.
In ray first article the fnllowing hislorical in-
ferences were stated; and subscqucnt discovcry con-
firms them.
These inscriptions are not a merc survival ol
certain ancient and sacred formulae: Ihey spring from
a living and spoken language.
This language was spoken by iincducalcd pcople
in rural districts. Whcre education had sprcad, lireek
killed out the Plirigian language.
The Phrygian-speaking rural population was non-
Christian: the spread of Greek-spcaking Christianity
dcstroyed Ihe Phrygian language.
A classified list of the origines of the inscriptions
of tliis class is sufficient proof that they belong lo
the least educated regions, and not to the great eitles.
1. North Phrygia: country of the Praipenisscis
(tribal Organization: in great part an Imperial estate),
Metropolis the small town (striking no known coins)
bcside the ancient Phrygian monumcnts, and Na-
kolcia") II, XIV, XV, XIX, XL VIII.
2. The Valley of Phrygia Paroreios, esjjecially
rouiul Ak-Shelicr and Ilghin (near Tyriaion):
Ali-Slicher was tlie Greek city Philomelion, but
these inscriptions were probably brought from the
country districts eastwards: such importation of in-
scribed stones to the modern towns takes place con-
stanlly: the district north and east of Philomelion
was the Imperial estate Dipotamon-Mcsanakta (Histor.
Geogr. p. 140). X, XI, XII, XIII, XXX, XXXI,
XLI, XLV.
3. The plains nt Ihe Axyl"", especially Ihe
wildest and least civilized parls on the east side ol
Classical Review epigraphic proof that (as was there
suggested) Ilpsi^y/VÖ; is the cthnic of this name; for
I find among the Tekmoreian inscriptions Astib[r]ia
and Ihe ethnic Satipreizcnos.
'") The resloration K6 . . . . [K€] is possible, but
nol obligatory, and is in VII very improbable.
V. Kretschmer, Alh. Mit. XXV 445 (v. p. 79 n.).
") X.akoleia and Philomelion are the most im-
portant cities that furnish this class of inscriptions;
but both were close to great Imperial estatcs. Metro-
polis must probably be placed at Kurabel, where
formerly I supposed Meros or Miros to have been
situated.
85
Neo-Phrygian Inscriptions
86
EmirDagh:XX,XXI,XXXII— XXXVI.XXXVII,
XLVI, XLVII.
4. The dislricl east of ApoUonia and round
Antiocheia Pisidiae: this was probably a series of
large Imperial estates. XXV, XXVI, XXVII,
XXVIII, XXIX, XXXVII.
5. The region lying between Afiom-Kara-Hissar
(Akroenos), Polybotos and Metropolis. Here werc
great Imperial estates. III, IV, IV bis., V, VI, VII,
VIII, IX, XVII, XVIII, XXX, XXXVIII, XXXIX,
XL, XLII, XLIII.
Other remains show that these districts were
araong the least educated parts of Phrygia. Imperial
estates were as a rule organized after the oriental
and despotic style, with the rainimum of Greek
education and without the training given by Greek
free institutions.
It is suggested to nie by Professor Sayce that
the commonest formula was originally two hexameters:
IOC Nl C€MOYN KNOYMANI KAKrXN AAAA-
K6TO Z€1PA
Me Z6MEAUJC K6 A60C K6 T6TIKM6NOC
ATTieAA 6ITOV.
It is certain that numerous traccs of metriral arran-
gement are seen in the inscriptions (as Sohnsen
remarked).
The facts show that the late Phrygian inscrip-
tions are found almost exclusively in the remoter
districts, and not on the sites of the great cities:'-)
the texts are badly engraved in many cases, the
spelling is variable, letlers are confused with one
another.
No group of inscriptions knovvn to nie has suffered
so much and reached us with such a difficult and
uncertain text as these late Phrygian epitaphs. Mis-
fortune has attended them. Twice, XVIII, XXXIX,
I have found long inscriptions carefully defaeed
throughout by a mason, and one XV is on a crumbling
broken stone. The solitary bilinguis (in the strict
sense of the terra), no. IX, was worn sraooth, and
the letters originally were engraved in slight and
faint style. At last in 1905 it has fallen to niy lot
to tind three j)erfect and jiractically certain epi-
taphs, one of considerable Icngth, together with two
others of the usual niutiiated and difficult kind,
nos. XXXII — XXXVI, all in one village near the
centre ol the Axylon. Besides publishirg these it
will be useful to revise the previously published
texts, and to add those copied by Messrs. Anderson,
Hogarth, Radet and Ouvre, Legrand and Chamonard,
Wilhelm and Heberdey, since niy first article on the
subject was printed. The new discoveries permit
many improvements in the old lexts. I oniit a few
of the old, either because they are only illustrative
and not actually Phrygian (I, XVI, XXII, XXIII)
or because they are too fragmenlary to be of any
use (VIII, XVII).
First, I shall attempt to Interpret two important
texts, published by Dr. Wilhelm and Mr. Anderson;
and next will come the new inscriptions, found in
1905. Thereafter I shall give the inscriptions found
by other travellers in the last twenty years. Finally
comes the revision of the 29 inscriptions published
in my former article. The old numbering may for
convenience be retained.
XXX. The foUowing inscriplion of Philomelium
is published without comment or transscription in
Heberdey-Wilhelm's Reisen in KiliUieii |>. 1(13.
//// AOYAAZAKAAAr 6YKI NAPrOYE I B H
// ■ N
\^YCBAN6 KOCTOIAKKIOATAH K6TAN enn
This is .in unrccu^iiizeJ l'lirygian inscriplioit, A
partial interpretation suggests itself. There seems
to be a lacuna of about three letters at the beginning.
AOp.] AOYAAE AKAAAZ EYKIN APFOY
riBHOYC BANSKOC TOI AKKIOATA(:-,
HK6TAN €[IT]NiOY:m
Uoudas is a common Phrygian personal name.
BAN£KOC is evidently the genitive of the word
meaning „wife", whose accusative appears as BONOK
(for BONOKAN) tn Old-Phrygian:") the variety in
'^) Afiom-Kara-Hissar, now one of the leading
eitles, was in the Roman times a niere village,
Akroenos: the Suggestion ot G. Hirschfeld that Leon-
tos-Kephalai was situated there has been adopted
by several writers, but without justification. Leontos-
Kephalai lay six hours N.N.E.; the evidence for
Akroenos is decisive. M. Radet adopts both identi-
fications (En Phrygie, p. 118 and map); but they are
inronsistent with one another.
") See my paper in Bezz. Beitr. XIV 3 10:
accepted by .Solmsen p. 40, and others; but, whereas
I explained the case termination AN as here dropped
in sound (like FANAK in Old-Phr. 6), Solmsen re-
gards both as instances of abbreviated spelling.
87
\V. M. Runisay
vocaliialion is noleworthy: BAN€KOC ioni-s|ioiuls
lo Boeotian ßavf,xa; f aviixa; 0 '«■"sych.'l ; wliiK- BONOK
has tlic vowel similar to OKi-Norsc Uoiia and -fiivv
Such variations betwecn forms wilh e, ei, i, aiul
othcrs wilh o, or ou, are common in Anatolia: com-
parc also the double forms wilh a and o: c. t;.,
Sciblia-SouMaion, Atreus-Otreus, Attalos -Ottalos.
Halala-I.diilon (riislor. ('icni;r. pp. :2Ö, 240 f., 353''
also AININ and AINOYN, KAKIN and KAKOYN.
T€T1K- and T6TOYK-MeNOC. The same Variation
in Mcssapian, Deecke Rhein. Mus. XXXVI p. 586,
XXXVIl p. jSS. IpiDpa and I^r,pa in l'onlus, Boruza
and Vcrissa in l'ontus iHislor. Geogr. p. 329).
APrOY CIBHOYC givcs ihc name of the wife.
l'robably the middle C should he connected with
the second name, so that the feminine gcnitive ends
in OY and the masculine genitive CIBHOYC, Ihe
father's name, ends in OYC. Compare the I'isidinn
inscriptions published by the writer in Revue des
Universitis du Midi 1895 P- 35ö f., whcre Moseta
(Mouseta) seems to be nominative, with Mosetas
(Mousetas) as genitive, in some cases: scveral
cxamples occur in the Tekmoreian inscriptions at
Pisidian Antiocb, as will be shown in a paper to
be published in the Classical Review Nov. 1905.")
At first I tried to find in AKAAAC a personal
name (father of Doudas, according to the usual
formul.a); but a better interpretation seems to result
from the comparison with no. II (b), whcre we find
YK€ (i. e. 6YKIN1 AKAAA OOY1T6 ftrihcsmen)
TOY. Hcre we have AKAAA C^YKIN followcl
after an interval by TOI aiul iTAjHK6TAN, a geni-
tive plural in form. The general correspondence is
evident, though the exact details are undeterrained.
The present inscription is not the principal epitaph
on the sepulchral monument, but a supplementary
one, like II (b), stating some fact or rule about the
Institution of the ritual at the grave. Shall we read
TA-HKeTAN"iorHK€TAN:-rE]NHKITAC,no.X>
may be connected with HK€TAN. AKK10[A] ^or
AKKIO[A]TAj is a prob.il.k corrcction. Wliether
there is any connexion wilh AKK60I, no. XXXIII,
is uncertain; but that is improbablc, for AKK60I
forms pari of the cursc, and this inscription is ob-
siously not of that character.
The meaning seems to be „Doudas [made?] the
scpulehral-ritual of Argous, daughter of .Sibeou, his
wife, [common to?] the household-servants": cp.
nos. II and X,
XXXI. Ilghin (Algounia in llie terrilory of
Tyrialonl Anderson's copy, Journal nf llell. sind.
lSi)8 p. 12 1. This is clearly llie oldesl v\ llu- wliole
scries liere published, and Stands midway between
the archaic inscriptions and thosc of the Roman time.
AZrEMOYN KNOYMAN AAIGPEPA K €)
ZEYNEOI AAIKEI'EIAN
MANKAN lAN EZTAEE BPATEPE
MAIMAPHAN nOYKPOC MANIZ-
s IO|Y ENEnAPKEr AE TOYN-
pv/| EEYNA NAIAMnZ BPOK€in.
. . . nArE-lAEKMOYTAHEIOY
] nPOTOZOY|BPA-
No letters are lost e.xcepl wherc indicated by
Square parentheses; but there may have been more
lines after 8. In 1. I © is mentioned on the margin
as indubitable. In 1. 2 the fifth lettcr frcini tlic end
is an uprighl stroke wilh a blur at Ihe lop.
In AZZEMOYN I thought of prolhetic vowel,
wilh 71 doublet! afler il; Professor Saycc suggests
Ar meaning, „I.o! Behc.ld".
ZEMOYN KNOYMAN musl W lumiinative
ncuter and a passive vcrl) is lo be looked lur aller il.
This is confirmed by ZEYNEOI, instrumental case
of HEYNA, as AKK60I of AKKA: see no. XXXIII.
Die uncertainly about the rcading of the foUowing
Word is unfortunale; but Ihe doubtful letter can only
be I or T or r or P. A vowel sound raust be lost
before AA (which could hardly be the beginning
of a Word): probably (A)AAIKE[TJ, wilh A elidcd
after Ihc preceding Ol. We have lo lind here a
passive vcrb; and El AN musl iherefore corrcspond
lo Latin crant, Greck ^oav (as SITOY corresponds
lo Y|-0)), and Ihe f'mnl A of f A)AAIK€T(A! is clided
before il, making lliis a pailicipial form.
The sirangc AAI0PEPAK musl conceal a second
lerm for the tomb: on the cumulation of designalions
for Ihe tomb, cp. conini. on no. IV. The final K
then is for K€. The rest of the combinalion is
hopcless; and error of the engraver may be suspected."")
") In no. 5 MOYCHTA TAC might be so
understood: cp. no. 3 MOCHTA nom.
"; Cp. TA-MANKAI, no. II.
^''j I thought of a correction by the engraver,
©P correctcd to EP (giving a text AAIEPAK), or
AI©(})EPA borrowed from ii-f^Hpa.; but both seem
imj>ossible.
Neo-Plirygian Inscriptions
90
0 seems to be non-Phrygian; yet it is quite certain,
and Uie aspiration is in place before P. Professor
Sayce very ingeniously suggests that in this word
and AP€rPOYN XXXIII, a parasitic P is developed
after a dental, similar to Cretan Tps for as. He
compares also tlie glosses in Hesychius Ssä(>oi-/.y);"
(äslSoiy.oJs: äpüs-ai- KpÖTiTSTat: äTpE-fXxo;- äppox^S'
ra^paüoxüjv • !ittfa6ay.(i)v: cfpu-fä- '-f^'^ri: pp^oaaf pf/a-
aat: ") also tlie Phrygian r€r6IM€NAN and rSrPei-
M€NAN may belong here. If he is riglit, we might
perliaps take ©P€PA as representing dhvara, S-upa,
Latin fores: then AIGPGPA would be a tomb with
double doors (a common type of stone: an example
is sliown, Cities and Bislioprics of Phrygia II G28).
But in tliat case KNOYMANA raust be read. K for
KE is here enclitic.
Now foUows a relative clause, beginn in g with
lAN (as Mr. Anderson has pointed out), accusative
feminine of the relative. E5ITAEZ is to be com-
pared with sdasj in Old-Phrygian, already") ex-
plained as tliird singular from root dha corresponding
in form to 19-r) (as AAK6T corresponds to eS-tjxs).
EZ!TAE5I, then, correspond in form to ssxr;, but
in meaning to saTr]3s.
TTOYKPOH is evidendy a proper nanie: perhaps
Greek TsOy.po;: and MANir[IO|Y seems an almost
certain correction. The name Manes is one of the
most characteristic Phrygian personal and divine
names. For the genitive cp. -TAH5IIOY below.
BPATEPE is evidently dative ofaword BPATAR
corresponding to Latin frater: compare MATAP and
MATEPEZ in Old-Phrygian.
MAIMAPHAN must be construed in agreement
with lAN: it describes the sepulchral raonument,
and therefore can hardly be separated frora the GreeU
|iap|iapsoj. Whether we should suppose that MAI-
MAPHAN is a false reading (through fault either of
engraver or copy) for MAPM must be left uncertain.
The correction is easy; but on the other band,
considering the streng tendency to differentiate re-
duplicated syllables, as in 5ai?aÄo;, it seems more
probable that MAIMAPHAN is right.
Thus we have tbe sense t6 nvrjiistov to |iap|iäpsov
ö Ts'jy.po; (?) Maviriaiou ävsoTigaE -m äd^Xq: c7j.
TOYN might be taken as pronoun, accusative
masculine or neuter; ENETTAPKEE (as Professor
Sayce pointed out) must mcan „she fnrnished, e(|uip-
ped"). I prefer, however, to take TOYN as the
beginning of a word designating the grave; this
raust l)e the Greek xüvpo;; but metrical reasons
would suBgest that is was taken into Phrygian as
xüvPov,") accusative TYNBONA. EnAFKEST is a
past tense, and follows the usual custom that 51 is
the terniination in third singular of past tenses
(EAAEE, ErTAEZ). HEYNA must be taken as
nominative to ENEnAPKEZ: otherwise ZEYNAN
foUowed by AlAMnZ would be tempting.
The epitaph seems to be metrical; and this
afl'ords useful evidence for both reading and con-
struction. The gap at the end of 1. 2 comes at the
end of a hexaraeter. The opening with AZ, and
the Order in 1. 3, 4, could hardly occur in prose.
The elision at the beginning and end of 'AAIK€(T]',
and the dropping of € in AieP€PAK, are characte-
ristic of verse: and so also the rhythm in several
places. Three verses seem clear: the proper names
in 11. 6, 7, disturb the metre, a common phenomenon
in the metrical epitaphs of this region.
AZZEMOYN KNOYMANA AIGPEPAK ZEYNEOI
•AAIKE|T)' EIAN
MANKAN lAN EZTAEZ BPATEPE MAI MAPHAN
nOYKPOEMANIZ|IOY| ENEnAPKEZ AETOYN-
(BONA) ZEYNA
Z final gives no position-length (as in early
Latin, down tu Lucretius): hence ETIAPKE' AE
is metrical.
NAIAMnZ may be genitive of the father of
Xeuna. BPOKEin.[. . . may be genitive of an ctlinic.
If we are right in taking nACeA€KMOYTAIC
as a patronvmic in no. IX, the genitive is TTACS-
A6KMOYTAHCIOY.
XXXII — XXXVI. These inscriptions were
found at a small Kurd village, Sinanli, about 20
") M. Schmidt rejects all of these except pp-^aaai
as spurious: 5pÜE~at he takes as a false quotation from
Homer E 140. Sayce rejects the usual Interpretation
of xps as tFe.
^ä) Historical Relations of Phrygia and Cappa-
docia p. 30 (Extract from Journal of Royal Asiatic
Society, 1883): where I have pointed out that AE
indicates a long vowel sound between A and E, and
is not a diphthong but a way of representing a sound
for which the Greek aiphabet had no single symbol.
13) In the Greek inscriptions of Phrygia, naturally,
it usually occurs in accusative.
\V. M. Ranisav
92
hours E. N. K from Ak-Slicher, and 14 liours N.
from Kadin-Kliaii raihvay Station. I heard by cliancc
from a Grcck niason, who was working in a Yuruk
village Tchcslimcli-Zcbir, 9 liours E. S. E., lliat Si-
nanli was the niost remarkahle site in tlie wliole of
fliese plains, nevcr tisited by a European and con- '
taining at Icast 500 inscriplions. Though rauch
liurried. and unwilling to spcnd time in tbis region,
I made a hasty tun tö Sinanli. It did not come
up lo ibe description; it was merely the site ot a
villagc in ancient times; but it conlained, aniid 30
cpitaphs (scvcral of which, beyond any doubt, were
Standing in their original position. deeply imbedded
in the earth), five with curses in the Late-Phrygian
language, appended to cpitaphs in Grcek. Xwo of
these were quite complete, and the letters, which
had been covered dcep in the soft soil, were clear
and well-preserved (nos. XXXIII and XXXV). A
third, used as a tombstone in the modern cementery,
was worn, and the lettering rubbed and faint; but
it also is complete and iwith the hclp of the others)
practically certain (no. XXXIV). The other two are
fragmentary and the letlers are often uncertain; one
can be restored coniidently (no.XXXII); but theother
has great gaps in the later lines, which can only
partially be restored. The interest and value ot
these stones lies in this, thal Ihey contain hitherto
unknown formulae, that they are longer than the
other Late-Phrygian texts, and that four of them
approximate to completeness and ccrtainty in the
reading. .Sinanli is calied Sinanler in Kiepcrt's map.
The tombslones at Sinanli are of peculiar shape,
a Union of two different Phrygian forms in one
mnnument. The most characteristic of all Phrygian
forms is the „Door-slonc"; cxamples of it are rc-
produced in my Cities and bishoprics of Phrj'gia II
628, 66 1, 701 ; and in Ath. Mitt. XIX 1894 p. 315 f.;
and the religions conceptions connected with this
form (callcd 9-6fa in sever.1l inscriptions) are dis-
cussed in Journ. of hell. stud. 1884 p. 251 ff. and
Cities and Bishoprics I q<) f. An extrcmely com-
mon lorm in the south-eastern parts of Phrygia,
bordering on Lycaonia, ^") is a simple stele, with
pointed or rounded top, the pediment often containing
sculptur.-»! Ornament, and the shaft being either piain
'cxcept for the inscription), or having incised rc-
prcscnlalion of domestic implcments. basUcl, spiiulle,
tables, cooking-Hlensils, etc. At Sinanli the stclc is
combined with the „Door-stonc." The pedimcnl.vl
top and the inscription on the shaft are combined
with the representation of a „üoor" which occupies
the rest of the stele under the inscription. In three
cases the inscription is continued on the „Door"
(compare the „Door-stone" in Cities and Bishoprics
II 661, and many others).
The common Phrygian „Door-stone" monuments
have often a pointed or rounded top; but this is
made to resemble an architcctural complction of the
„Door". The Sinanli stones are stelai with a „Door"
as part of the ornamentation. They are sonietimes
very large and massive, especially XXXIII and
XXXV are more than 5 feet liigh.
I wished to get photograplis of these stones ;
but, after much time and the combined labour of
half-a-dozen men, my son found it impossiblc to
bring any of those massive stones, deep in the earth,
into a suilal)le position. Hoping for pholographs,
I did not makc drawings of any of the stones (as
I usually do). Hence the accompanying represen-
tations are not accurate; but they give the general
type of the Sinanli stones, and the human figures
in the pediments are taken from my drawings of
figures on other stones at that place. They possess
some interest, as showing the kind of dress of the
period and locality.
The date of the monuments cannot he specified in
any case with accuracy; but none of these are likely to
be earlier than 100 A.D. or much later than A.D. 250;
and I believe that 120 — 240 A. D. isthe probable time.
The locality is close to the Asian provincial frontier.
.Sinanli is still under the government of Ak-Shehei
(Philomclion); but on the whole I am disposed to
think that it was not in Asia Provincia, but was
part of the Added Territory (r; 7:foas'.Xr/|i]iJvrj) in-
corporatcd in Galatia about B.C. 165 as part of the
country of the Trokmoi, in Galatia Provincia 25 B. C. —
295 A. D. and probably to 372 A. D. The occurrence
of the Gaulish nanies Bodoris twice and Bella oncc
favours this view. But, whatever its condition under
Giilatian and Roman domination, Sinanli and the entirc
Proseilemraene was Phrygian in race and rcligion;
and the remains show this clearly. Only afier 372
.1 ;. exemple from Kadoi in northwcstcm
Phr}-gi.i, Ath. Mitt, XIX 327: the inscription is
iherc at the bottom of the shaf^, in southeastern
Phrygia it is placed at the top of llie sh.Tft.
93
Neo-Phrygian Inscriptions
94
A. D. was it attached to Lycaonia.") Il was pro-
bably under the bishopric of Egdamava (not Veri-
nopolis-Psebila, Psebila being at Suwarek, Verinopolis
l'/o liours S. at the Castle of Zengijek).
My stock of impression paper liad been ex-
liausted, and I depend entirely on copy from llie
stone, but very few letters remain doulitdil. I sent
transcriptions of all five to my friend Professor
KAAPOCKAI AOVAAHCYMBlOCAYTOV
C OYC OYYIWWNHWHCXAPIN
KAlAOYAAeAYTHZLJCA
1 0 c N I c e M.OY N K Kl OY M, A N e I
''iiV!<OYNAAAAK-e KrerPeiMtNA
""""'i'"ii!i,:,:,,,,.j I oCO Y TAN
Sayce (providing thus against possible loss of the
note-booh). He sent me various notes and sug-
gestions; and on my return I spent several days
with hira discussing them. Besides the details
which I quote from him, I owe bim help in many
otlier ways, criticism of many ideas which I have
rejected, improvement of other ideas, etc. Many of
the following altempts to explain the words and the
sense will certainly be found unsatisfactory; but they
will, I hope, pave the way to a more coniplete
understanding of the whole series.
XXXII (R. 1905). Sinanli.
KÄäpos xal AoüSa -fj oüußioj aÜToO
ioiJaou uEiT) |ivvj|iT)c; y^o-pv/,
xai io'j5a jx-jtv, "mz-x.
IOC Nl CeMOVN KNOVMAN6I
KA|KOVN AAAAKeK. r6rPeiM|€]NA|N
6r6AOV]T10C OVTAN
The stone is broken, and the letters are often
very faint and hardly decipherable. It was only by the
analogy of the following texts that I could read some
of the letters: Comparison of the others, however,
makes the whole text certain.
The Phrygian apodosis reads like part of a
bad hexameter line.
The assimilation in AAAAK€K here may be
conipared with AAAAK€M in no. XXXV. Prof.
Sayce pointed out that the apodosis must mean, „he
shall be liable to the prescribed penalty" : and he
interprets OYTAN as corresponding to AFATAN,
äxr,v, (aüdxav Pindar) and fSTPCIMCNAN as
formed from fp^fW 'he probable original present
Stern of -fpdcfo), assuming a series -fpicpco, fEfpo^a,
E-fpa'.fOv l^pdcfu) being afterwards formed by analogy
from Bj(,!X'fm): like Tpscfoj, xsxpocpa, EXpaiyov.
SrgAOVTlOC. In this word we should ex-
pect to find the predicate. May we regard it as a
future, like ÜTioxsiaExai, or shall we (as Sayce) con-
sider that -TIOC corresponds to the Greek termina-
tion -oiog. and that the word corresponding to kozi
is omitted? The latter seems more probable. €r€-
AOVTIOC then would mean ÜTtEÜS-uvog.
") The possibility raust, however, be left open
that Sinanli was on Philomelian territory: in that
case it would be in Asia Provincia tili 295 A. D.,
then in Pisidia Provincia tili the Amorian Province
Jahreshefte des österr. archäol. Institutes Hd. VIII Beiblatt.
was instituted at some date before 787, after which
time it would form part of the new bishopric Pissia.
Certainty is not yet attainable.
W. M. R.imsav
96
M(l POCT«kT>^',\ ^ 4i AHMliHLVMBIOCAl rcvTtKNMI/i
CJMAPK6iJT£kTON|kAl2i»irPA.fwAYalPajMNHHMt.CN£ktN
lOCHKEMOVNKNCVMANeiKAkOVNAAAAWTrtrdlMtWAlVC
^Eiolr^CLOVTA^*"KtOlBtKOL4^^A\OiTlJiPt^POYNtlToy^7
in Tot KtOYAKf POkArifÄ
JPifH(NOi.*iBMANmr«<
XXXIII (R. 1905). Sinanli.
'!) Mif/.n) TS-XTSv. y.ai Cojf pä-^f» aOojp(|) |ivr)nT^; svekev
IOC NH C6MOYN KNOYMAN€l KAKOYN
AAAAK6T, rerglMgNAN ۥ
reAOYTIOC OYTAN: AKK60I BSKOC AK-
KAAOC Tl APSrPOYN 6ITOY
AYTOC Ke OYA K€ POKA reTAPITMeNOC
ACBATAN TSYTOYC
riic inscriptiiin is complele and cerlain exccpl
tlial I. tlie lower half of AK in 1. 5 is hrokcn away,
Init tlic k'ttcrs are practically ccrtain; 2. tlie C of
ACBATAN is doubtful, for tlic liorizontal slrokcs
arc vcry sliort, and it mij;ht be possilile to take tlie
Ictter as I liluried; but I feit fairly confidenl thal
ACBATAN is Ihe Word: 3. in 1. 4 Nl slunild pcr-
liaps be read: there is a cross-stroke belween N and
I, but tbis inay be an accident or an error of tlie
engraver. NH may howevcr liave been intended by
tlic composer ot llic epitapb; but it can be rej;arded
only as an unimjiortant v.iricty of spelling, as H
is sometimes found for I or Gl in Gieek epitapbs of
Ibis region.
Tlie Word B6KOC is cxlrcmcly intercsting. Ilcro-
dotus IT 2 mcnlions lliat it was tlie Phrygian namc
for „bread"; aud Hipponax (ap. Strab. p. 340) per-
haps implics tbat it was used by Ihe Cypriotes.'^)
Though tlie meaning of B€KOC is certain, yet the
case is uncertain: what ts tbe construction? where
is the verb? Pcrhaps APSTPOYN or TIAPSTPOYN
may be a participle: „in necd asking brcad, may be
be an exile froni bis tribe." l'rofcssor Sayce sees
]iarasitic P here and in 5i0-pspa: cp. no. XXXI.
AKKAAOC resembles AKAAA no.II, AKAAAC
no XXXVIII: The Variation, KK and K, is unini-
portant; but the case endings arc diflFcrent, and not
so easily reconciled. In Hesychius the gloss äxaXiV
fp'jxov, Tipäov, naXay.ov gives no apparent hei]); but
another gloss 4y.iXo'Js" 4"«>|i^üS) T^o-f 8 % Tpotfrj «xöXouj
-o;st y.al fy|idpou; to'j; cfa-fdv-aj, arrests attention, in
View of B€KOC AKKAAOC (so .Sayce). Can Tl I)e
eijuivalent to is, conjoining B6KOC and AKKAAOC?
or iiiust we construe ,.moutliful of brcad", taking
TIAPerPOYN as a participle.-
It scenis hardly possible lo conncct AKKAAOC
here with AKAAAC 6YKIN and YKC AKAAA
(nos. XXX, II); unlcss „the ritual of tlic piece-of-
bread" be the meaning.
OYA also is a remarkable word : at the prescnt
day a subdivision or tribe of some of the nomadic
peoples of Asia Minor is called Oba. Hesychius (as
Prof. Sayce pointed out) has ^Oa! '.fuXal K'j-pm. The
Lacedaemonian tijßä, and the proper names of villagcs
or demoi Oia, Otrj 'Oa, "Or,, are dialectic varieties;
and itviiT,; is used by Sophocles in the sense of
■/.0)HT)t);j. The meaning here is probably y(i)|tTj, not
"/ Herodotus howevcr declares that ^iv-'j^ was ouly a Phrygian word.
97
Neo-Pliryyian Inscriptions
98
Then AYTOC K6 OYA K€ POKA may mean
„he himself and his villaye and bis (descendants or
familyr)" rSrAPITMCNOC raust be construed wiUi
€ITOY: Sil ipse cum tril>u f.iiniliaque? exul? Professor
Sayce connects r6rAPITM6NOC willi -/,f,fo;. but
the rüde hexaraeter rliythm suggests tluit TAP is
Short, not hing.
TSYTOYC evidently corresponds to the Italic,
Lithuanian, Sclavonic, etc. words meaning „people".
Now on no. XXX it is argued that the genitive
ending OYC was used in Phrygian: and here perhaps
rerAPITMgNOC T€YT0YC may mean exul ex
populo. In that case ACBATAN might be taken as
genitive plural of the local ethnic, compare TOTOC
CSYnCAPNAN in no. XVIII; and Professor Sayce
(who suggested this) quoted the village-name
'Eao'Jxy.(0|irj (Histor. Geogr. p. 411).^^) He is now,
however, disposed to take another view, that it
is genitive plural of a noun correspond to extis
(in gen. plural aFsxäv, suorum), and this seems
to be raost probable: sit exul ex populo suorum.
But OYA in no. II can hardly be nominative,
and perhaps here it should rather lie construed
as genitive with TS rAPlTMSNOC, „expelled
frora village änd famüy". Tn that case ACBATAN
T6YTOYC would mean „through the judgment :
(power) of his own relatives" : TOTO meaning [
„people" and T6YTOY meaning „authority", |
„judgment". This seems to be most probable.
AYTOC is probably native, and not bor-
rowed'-') from Greek: one of the ancient Phrygian 1
inscriptions has AFTAZ MATEPEZ, where the
genitive Singular feminine of the same word is
unmistakable. In Bezzenberger's Beiträge XIV 3 1 1
I have compared Pamphylian ä\Ax6s, Naxian äFuxog,
and Lycian äbttS, äbättä, äpttä.
It is evident that a new sentcnce nuist bcgiii
after OYTAN; and apparently AKKGOl must be a
Single word. In that case AK60I in no. XII also
must be regarded as a single word, and my former
division Z6IPA K€ Ol abandoned: the diflFerence as
regards KK and K is mere variety of spelling.
cliaracteristic of this class of inscriptions. The word
is found also in VII and XXXV (q. v.). Now
AKK€OI has the same case-ending as H6YNEOI in
no. XXXI from H6YNA, and the case must pro-
bably be instrumental. In no. XXXV an older form
ANKAIOI occurs: we have therefore the series of
degenerating forms ANKAIOI, AKKSOl,'^-') AKgOl;
and these probably come from an original ANAKA
(from root anak, enek) corresponding to Greek äva-;-/.'/,
äva-f-aia (root svsv., svs^xi, AKK€OI then must
mean „through need"; and a verb derived from it
occurs in no. XVIU, AKGOCIOI, „raay he want
any tomb among the |)Cüi)Ie of the S(eugi?)sarnians".
XXXIV (R. 1905) Sinanli. Letters faint, but
recoverable.
MOYZOZAEmAPXlilEYMBlO C E M NOTATHKAI Bf) AOPf I^A INA
rj&TEKMoirrA'rxvTArolZ '<*>' E Avmzn n
t-\NU MKXAPl^J
IOC \£ Ze MNKNOVMANEIK/&KOV NAÄAAVe TfE r P£ i; | EAIAN
E^E.^ovrloIovTA^J
va xixvotj -fX'jy.'jxdxoij y.ai säuxi;) Jiov iivrinr;; ydp'.'/
IOC N€ CEMN KNOYMANEI KAKOYN AAAAK6T,
rerPEiMENAN
ETEAOYTIOC OYTAN
The text is complete and certain. The forms
NS and C€MN are remarkable. The name Bodoris
seems Galatian: the personal names Boudos, Bouda,
^') The word Soa, Soua (quoted by Steph. Byz.
as meaning „treasure") was a common name for
towns. The Pamphylo-Pisidian Isba, i. e. Isoua, must
be explained as the same name; Hierocles duplicates
it, OE|iouai« (Srjiiou "laßa) and drj|iou üapatiuv (Tapot'.uv,
'laßewv): 6 "laßiuv or Tar/vöjv ('laoyjvtMv) in Notitiae
Episc. See Amer. Journ. of Archaeol. 1888 p. 272.
-*) Solmsen holds that it is a borrowed Greek
word in Old-Phrygian.
-■'') The spelling 6 for AI is common in Greek
inscriptions of this period. Assimilation was a strong
tendency in Phrygian: AAAAK€M before M:
AAAAKSK before f, occur in nos. XXXI, XXXV.
99
W. M. Kamsav
BoJorix, Bodoii-, arc all known in Cellio. Cellic
namrs ocour farther soulli than Sinanli, cvcn at
Laodiceia Combusta.
XKXV (R. 1905). Sinanli.
AA62AN/^POCAA6JAN^POYMHTPIIAIArAYICV
TATHAKIfA MNHMHC CNCKtM lOCNICAlKAKO
YnAA A AKf MM AN KAlATANANkAi o I^T^^lTAI<:£NA
iÄEjavSfo; "A/.sfaväfO'j HT,-:pi i5;? •f/.'jxj-
TiTi 'Axy.i |ivr;|ir,; Ivsy.sv. IOC Nl CAI KAKO
YN AAAAK6M MANKAI AfAN ACAN ANKAIOI
nANTAK6NA-
-NNOY
The Icxt is complete and certain except tlial T
in 1. 3 may possibly be C It is not quite certain
whether the short crossline at the foot of T is a
mcre fault of the stone-cutter, or the lower bar of C
shortencd because of the A encroaching on it Only
a convincing dcrivation and explanation of the word,
or the discovery of a second example of the formula,
can give certainty; but I thought, aftcr careful
scrutiny of the stone, that while certainty was not
attainable, ACAN was morc probable than APAN.
There is a gap of one letter in 1. 4 bctween the
two lelters N: nothing was ever engraved in Ihc
gap; it may be a device for marking the Separation
between two words; but more probably it is
meaningless and accidental.
CAI MANKAI herc is substiluled for the
commoncr C€MOYN KNOYMANI: cp. no. II TA-
MANKAI. The last wonl seems to be a Compound
wilh r.Oi'fZ. Professor Saycc suggcsts AU-provider
(AK€NA food, Skl.asana); and APAN 'iyi^'i, egenus)
want. On ANKAIOI v. no. XXXIII.
XXXVI (R. 1005). .Sinanli.
Aa>.cf'.s] A)i|«o[voj!'
4'/jJ? 0?[{ip ivifl xi %.
VC K€ C€MÖyN KNOYMAN-
I KAKOYN AA AA K6T €PA:- Tgr-
aaac'tahmuj'
Aoyaaya";': r'.'-i'iii,|i'Vi "
AYTHHHMHCXI' '*
CKeceMOYNKMüYMAN
IKAKt'YNAA' ^vTC^ATCr
TIOCOYTA
(: rc AO
'■. '•: o
evr^Yc
, P€IM6N[AJN 6r,6;AOV-
TIOC OYTAN. A[ |€rT-|OY
AKOl 10
|ACB|AT[AN| T-
6YT6YC
A new Start in larger and more irregulär lettering
begins in 1. 6 after OYTAN. This inscriplion is
faint and a good deal defaced: without a knowledge
of the formula it could not be read. Lines 6 — 9 are
irrecoverable, and it is impossible to estimatc even
approximately the number of letters lost, as the lines
are irregulär and uncertain.
XXXVII (R. 1905). .Senirgent, five miles cast
of Olu-Borlu (ApoUonia) (Apollonia in Pisidian
Phrygia). Letters good and clear, on a fragment of
architrave of a largc heroon : the inscription was
engraved in two long lines, most of which is lost.
Complete on ri^^lit
fNHMHCXAPINICOCKECEMOYNKNOYMANE
^CEITOY
ICOC must be a mere slip of the engraver for IOC
The usual formula here occurs, in its shortest form.
XXXVIII (R. 1884). Innli, four hours East of
Synnada i'bcside no. VIII): omitted accidentally from
my former publication.
Neo-Phrygian Inscriptions
IC K€ CeMOYN KNOYMANI ■ KAKO [N AAAAKST
[about nine letters] TeTIKMSNOC 6ITOY TITeK
[one niore letter
[about nine letters] IC
This inscription is engraved abovc a tombstone
of tlie usual Phrygian „door" type. M€ in 1. 2 is
exaclly in tlie niiddle of tbe stone; and one letter is
lost at the end of tbat line. The concluding fornuila
is a serious loss, as it niust have differed mucli from
the usual curse.
XXXIX (R. i8yl). On the top of a lountain
in the piain below Kara-dil-li, between Tchul-Ova
(Metropolitanus Campus) and Oinan (üinia, close to
Lysias). The stone has been carefully defaced by
the mason; and ouly a few letters are legible.
IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIA
2 lilllllllllllillllili!IAHAA&<^»Ay
seven lines defaced
10 TO rATTlHK€AA61TOY
CXjÄv) ä5E[p]'.ff/ a[ü]-
TOO]
HK€AA eiTOY
The relalion between ATTIHK€AA here and
ATTI6AA in XII, XIII, etc. is uncertain. Perhaps
[T]ATTI or TATTIH is a womans name.
XL. At Effe-Keui, near the site of Palaion-
Beudosj^^i five miles NE from Tchifut-Cassaba
(Synnada): Radet and Ouvre BCH 1896 p. III:
Anderson JHS 1898 p. 122 : Legrand and Chamonard
BCH 1893 p. 289. I follow Anderson: Radet-Ouvre
differ from him only in reading AEnE.
IOC Nl c[e:moyn KNOYMANE KAKEN
AAAAKET OP AEnC Z6M6An.C KsEi ETIT-
TETIKME[N]OC EITOY
Perhaps OP corresponds to GreeU äp.a: niore
probably AAAAK6TOP is a Single word, a part of
the verb, cp. no. XLVIII. In the latter case the
reflexive form is in place: here it is quite unsuitable.
XLI Hogarth's copy, Journ. of hell. slud. 1890
p. 159. Near Kunderaz in the district of Laodiceia
Katakekaumene.
IOC
CA TIC K|NOYMANI
KAKOYN |AA|AK€TA|rr
TeTIKM6NOC A-
I, TIAA 6ITO|Y
In 1. 12 MAK6T with no indicatiun of a lost
letter at the end. In 1. 14 C for Y as final letter
(error of engraver, doubtless). TIC is obscure, and
CA fem. before K[NOYMANI] (masc. or neuteri;
perhaps the restoralioii K[NOYMANI] is wrong. The
simple form T€TIKM6NOC: cp. no. V.
XLII. Felleli. Hc.garth, Journ. of hell. stud. 189O
p. 159. Recopied by Ilogarth in 1S9Ü, when a few
letters were added.
AYTOC KA /
KAI// PONOY///T6////
XAPIN IOC NIC6 MONI N MANC/7////O///
/.AICATPA TH
s M6A(JUCK6/ 6/ CM6KONNOYK6 ICNIO/////
AinATPHC
aüxijc, xa['t yj Ssiva loü ästvo? ^ "fUVT; aütoö ^(övtss
y.ai [cf]fOV'5'j[v]T£[g sauToTg xb |iv»]|istov STTo'.Tjaav |J.vv)|ji7)g
Xipiv. IOC Nl C€MON |K|N[ljMANe|l KAK|0|YN
ABBSPC-
T]AI [M€ Z€-
M€AUJC K€ [A]e[0]C M6 KONNOY K6 ICNIO[Y =
AI nA
The copy, unfortunatcly, does not State whether
any letters are lost in 1.6; in general it indicates the
loss of letters; but at the end of 1. 4 (where letters
indubitably are lost) it gives no sign of loss; pro-
bably therefore letters are lost in 1. 6 before and
after AICATPA. In 1. 3 the letters after ON were
read in 1890. They are important, as proving that
the Word for tomb here was not KNOYMAN, but
either KNIMAN or KNHMAN or KNYMAN (pro-
liably the first. from the smallness of the gap). M€
KONNOY K€ ICNIO[Y, as Professor Sayce suggests)
„in sense and strength": cp. xovvstv auvtEvai Hesych.,
and ig, Ev=; (but initial digamma is against this).
Perhaps ICNIO is connected with Tv;; for iT/ij.
^'•) M. Radet En Phrygie pp.49, 1 16, distinguishes map) nor Aghizi-Kara (which I presume that he
the ruins at Bei -Karadj -Euren near EfFe-Keui (as takes from my reference to it: he does not raention
Lysias) from those at Aghizl-Kara (where he accepts bis authority) The two ruins are really only one,
my placing of Palaion Beudos). He did not visit the site of Beudos. He has no reason for placing
Bei -Karadj -Euren (which he takes from Kiepert's Lysias there except the elastic „order of Hierocles".
>03
W. M. K.imsay
104
Xl.ni. Fcllcli: Hogartli,
iSoü p. 15S.
Journ. of bell. sUul.
.jiT'''iiiiiiiiiiiii,iiii,,j..
DCNICeM OYNKNOV
AN61KAKOYNAMAK6TAIN1A/
rOC Nl C€MOYN KNOYfM-
AN6I KAKOYN A[A A)AK6T AINI AI
Tbis inscriplion is irrcgubir: Mr. Hogarlb stalcs
tb:it thcrc was no fourth line, yet thcrc is only onc
letter lost in 1. 2, and much rcmains afler 1. 3.
XLIV. Dogban-Hissar (ncar Hadrianopolis Pliry-
giac): Slerrett E. J. 174: improved by Anderson in
Joum. of hell. stud. 1:98 p. 118.
I OC AN C[eMOYN KAKOIN KNOYM-
MAN6I AOK€[T. ...ATT,IAA 61T0Y
AOK€[T. .]: the vowcl is remarkable.
XLV. Mabmud-Assar near Dghin (Anderson in
Jiiurn. of bell. stud. iSgS p. 1:2).
IOC C€MOV(N KINOVM
AN6I KA;k;6Y[N AAAK6T
TITT6TiKM€NOC ATTI-
€AA eiTOV
Tbe reading ATTI€AA is certain.
XLVr. Kozanli (Drya Lycaoniae). Anderson in
Joum. of hell, slud iSoo p 119.
IOC C€|MOYN y.-.y..\
XI,VII. ll.id. Anderson I.e. p. 122.
IOC Nl C€M[YN or M[IN
KNOYM[A-
N6I KAKO[Y]N
AAAAK6T [y.-X.]
XLVIII. iJorylaion (but brought from the :in-
cienl village Oiouthba). Athen. Mitl. XXIII 362
from an Impression: v. Kretschmer ibid. XXV 445 1.
6[. ..|l©NIOYM6NOC
NIOlCIOC NAAPOTOC
€ITOV MITPAct)ATA
K6 MAC TCMPOre.
' IOC K€ nOYNTAC
BAC K6 6NCTAPN/
AOYMO KS OIOYG-
BAN AAAAK€TOP OY
AN ;:xf£!t-i|n,v -i
10 HVYJUEtOV toij TtpO-
f E-fpa|i|isvois 8-6-
otj Kh -rj y.w|ii3.
TaOfl-" 6 üÄTTjp
'AcjxXrimi;.
Tbe oonncxion of llie parliciplc in -M€NOS,
1. I. witb 6ITOY, and the serics of divinc nanies,
:ui- iiulu-iied in tbe two passagcs quoted: also MA
TCMPOrSIC is rigbtly interpreted as tbe Goddcss-
Motber of tbe Tembrogios-valley and rivcr. But
Dr. Kretscbmcr takes AOYMIO] or AOYMJTI. as
tbe assembly of tbe village CNCTAPNA. In tbis wc
cannot agree. OYAN is tbe „village", v. 110. XXXIV,
and is namc is OIOYOBAN (accusative). Tlicrefore
tbe list of O-Eol -(,o-;v;^'j.\i\iv/'A includes tbe barbarous
6NCTAPN[A]AOYM0 (indeclinable: tbe otbers are
in ijiiiilive). .Sayce agrecs witb Kretschmer aboul
6NCTAPNA, and connects OPOYAN witb öpa«),
o'jpoj, etc., „he placed as guard" over the grave.
I cannot aceept Dr. Kretschmer's vicw Ibat K6
is berc enclitic and i)laced afler its word. ()n
AAAAK6TOP cp. no. XL.
The Strange name TTOYNTAC has sorae reseni-
lilance to tbe village name l'onlana or l'ontanos,
two miles north of Kumbet (Metropolis or Konna).
l'ontanos is marked on Kiepert's map; and I belicve
that tbe authority for it lies in two inscriptions
wbich I copied in 1881, but have never publisbed
but mentioned in a letter to tbe great geographer.
I. AI Ciemütsch '
MHlii
Mr£Tpi
nONTAN
Ilcvtav-
HNH
■^v§
6YXHN
söX>jv
2. .\t Aghin: huU's bead above tbe inscription.
nONTANI IIov-av[T,-
. lOlOCIC^ v|ol 'Oo£(j)
i-rAIKn€Y y.k] Aixi(p eü-
XHN XV'.
I'robably therefore wc should take Pounta Ba as a
double name involving a local epithel: sbc is Ibe
same as the more hellenized Meter Ponlancne. Tbc
namc Ba, common for women in Phrygia and Lyca-
onia, herc designates a goddcss, according to a well-
known custom.
105
Neo-Plirygian Inscriptions
106
II is possible that tbe list of deitics, inrludes
both recognized deities, siicli as Ma, and deified
dead, in which case both Ba and Mitraphates woiild
belong to the latter class: then there would be two
of each class. Sirailarly, the personal name Banba
was probably that of the goddess who gave her
name to Bambuke-Hieropolis fsee Jotirn. of Hell.
Stud. 1882 p. I2()).
In [. . .]l©NIOYM6NOC NIOlCIOC NAAPO-
TOC 6ITOY, and also in OIOYGBAN AAAAKS-
TOP OYAN the rüde hexameter rhythm is evident:
Compare no. X.XXI. Final C does not here give
Position length before a consonant: I twice scanned
as yod. Perhaps NIOlCIOC NAAPOTOC means
„untimely and unwepl" (Saycc).
no. IIa. IOC TA-MANKAI KAKOYN AAAA-
Kei Tl, 6TITTeTIKM6NOC 6ITOY.
b. YKe AKAAA OOYIT€ TOY OYA.
a. TA-MANKAI the demonstrative (or defiiiite
article) is so closely connected with the fiiUowinf;
noun, that the case-ending falls.
Tl must be equivalent to the Greek xi (if not
borrowed from Greek).
b. This part of the inscription, was published
in my former article without explanation, and as yet
no one has attempted to solve the problera. OYA
is now clear at the end; and perhaps YK€ at the
beginning is to be compared with SYKIN in no.
XXXVI : YK€ is a similar degeneration to KAK€
no. XXI from KAKIN, KAKOYN.
TOY OYA can hardly be connected, as OYA
must surely be feminine. TOY is possibly a par-
ticle, a variant of Tl. But perhaps we may take
OYA as an ungrammatical genitive here. OYIT6
or OOYIT6 is probably (as professor Sayce sug-
gested) the ethnic from OYA (cp. the Greek olr]TSv
X(ü|i7lTav, Hesychius): raembers of the OYA or oTa.
It is doubtful how the words should be divided;
OYIT€ comes naturally from OYA; but, as OY and
B commonly interchange in these late inscriptions,
it is possible to take the line of formation, OBA
(as Lac. (üßa), OBIT6, OOYIT6; this seems more
probable.
There remains AKAAA which perhaps may be
compared with AKKAAOC in no. XXXIII (q. v.).
Certainly YK€ AKAAA must be compared with
AKAAAC 6YKIN in no. XXX.
As to the meaning, if we ask what ceremony or
fact connected with a tomb concerns all the mem-
bers of the village or tribe, the answer must be
cither the funeral ceremonial or the annual feast
and religious rites in honour of the dead. It could
hardly l)e necessary to engrave on the tomb any
regulation about admission of the tribcsmen to the
mere funeral, and therefore we conclude that this re-
gulation applied to participation in the annual rites
and feast, which were instituted at the grave. Many
Greek inscriptions contain regulations of this kind,
sometimes very long and elaborate.
III iR. 1881). Afiom-Kara-Hissar. In 1. 2.
[AJEOC [Z]IM6AnC can probably be detected in
the broken letters of 1. 2 : ZIMSA/l as in no. XXV:
l)Ut Z6MSAUJ is more usual . .
IOC Nl CEMON KNOYMANEI KAKON A[A]AAKET
|NAIK:- Al:| AEOC-ZIMEAnC |i2leiiers] ETI E-
TITTSTIKM-
ENOC eiTOY
IV (R. 1881, 1884). Surmene (Augustopolis:
Imperial eslate). IOC Nl C€MON [KNOYMANI]
KAKOYN AAAAKeT. AINIOI 0AAAM6I AH
AIOJC ZeMSAüULC? 6TITT€TJIKMeNOC 6ITOY.
It is clear that 0AAAM€l is a borrowed word,
and it must mean „sepulchral Chamber". AINIOI
must be taken as the instr. case, which occurs in
ZEYNEOI and AKK60I. 0AAAM6I, then, is in
the sarae case. The use of so many different names
to designate the tomb is indicative of the importance
attaching to burial and the religion of the grave.
Il is usual in the Greek inscriptions of Phrygia to
designate the sepulchral monument by two (or even
three or four) words conjoined: töv Pu)|i6v xal tyjv
aopiv:, to aövxpouaxov aüv im ^m\i.(f:, zö f/ptöov oüv
TOI auv/.po6aT(i) v.ai Tqi "fpaSo) xs T(]) Po)|iö) : , tö r/ptoov
xal TÖV y.o.z' aÖTO'j (or s:i' aÜToj) pa)|iov: töv ßwnöv
ai)v T(T) XdovTt xal xy säpa. A similar interpretation
is certainly correct in no. XXIX, and may be applied
also in XXVI; but it seems impossible here to
conjoin KNOYMANI with GAAAMCI, both because
there is no conjunctive particle to connect them and
because they are in different cases. Therefore we
construe AINIOI ©AAAM6I 6TIT6T1 KM€NOC
6ITOY „let him be deprived of any tomb"* (Sayce).
In no. XVIII AINIKOC must be translated quicunque;
and it evidently corresponds to Tt;, which is used
in several Greek inscriptions (especially the rustic
and rüde inscriptions) of the district in the same
]>art of the sentence: such as
Ttj äv i:oaoiast X^'P°' '^^'' ßapü^^'^vov
o(iTO)s ämpoij TCEpmJcoiTO aij|i:fopaTg
I07
W, M. Ramsav
loS
nnd AINIOI may tlicrcforc he undcrstood as „any."
Solmscn's trcalment of AINIKOC scems unsatisfactory.
Yct there secnis lo bo also a ilcmonstiative |iromniii
AINI, nos. XXVI.
Tlic rornuila AIUUC Z6M€AtjU |\vitli or withoul
C at tlie cml of llie \vor<i] nccurs IVciiucnlly. It is
diOicuU lo say whctlicr C sliould be restored at Itie
cnd of tlic second word, as is possiblc licrc and in
scvcral olhcr cascs, Tlic followinj; cases occur
III. AI:- AEOC [ZllM€AnC? or E?
IV. AH AlOJC Z6M€AUJ[C.-
V. M6 AlUUiC Z6iM[eiAaJ€TI ,u AUJ|C1 TL
VI. M6 ZeMCACU Kg A60C
VII. AEOC K6 Z6M €A(jUC .., LU
XXI. M6 Z6M6A(jUC TI ,.r AUU |6|TI
XXV. Nl AEOJZ- Z IM€An.r TI
XL. AEUJC Z6M6AUJC K6
XI.II. ZejMCAUJC K6 |A]€[aJ]C
Tliis list Shows (hat Z€MeAUJC is probably
Ihe correct form; il is certainly wrillen in XXV,
XXXVIII, and XXI (though it is easy to supposc
an error of ihe engravcr in ihc last case for 6).
Z€M€AUL) is cerlain in VI (but an Omission by
the engravcr is possiblc), and in V, but a copyist's
error is here quile possible.-')
As to the meaning, Kretschmer suggests
„Heaven and E.arth". The two naraes are connected
by KG in nos. VI, VII, XL, XLII; and probably
by TI (which is perhaps cquivalent to Greek xe,
see no. XXV) in nos. V, XXI, and XXV (TI can
easily be restored also in III and IV). Kretschmer
takes M€ as corresponding to the Greek |iä, AH as
an asscvcrative parlicle (Aus der Anomia p. 2o).
Solmsen and others approve this brilliant idenlifi-
cation; but, after having held it for a timc, I am
forced to adopt a slightly differenl interiiretation
(though practically the sarae derivation). M6 musi
be rendercd „in" or „among", as scems cicar froni
the cases in which it occurs (see especially no. XVHI
M€ TOTOC „among the people"). Therefore wc take
Me AIUDC Z€M6AUUC TI 6TITT6TI KM6NOC
Me ZeMSAUU K€ A€0C eTITT6TIKM6NOC
as meaning „accnrsed among gods and men". The
^) Hamilton has m.ide several mistakes in
copying this diflicult text.
**) Two unpublishcd inscriptions copied by
Mr. J. G. C. Anderson in the country of the Prai-
pcnissei«.
lermination UÜC (which is correct, noI-OC) nmsl bc
regarded as dative; and it is sonictimes used simply
willuiut M€. Similarly in Greek cpitaplis \vi' fiiul ;S)
(s)ij 3-£oii{; xaxigpa|i.Evo; fjio)
iVso^j änaat xaTYipaiiivo; ViTim.
The accusativc singuhir ol' tbc wonl iiuMnin;; ..man"
was Z6M€AOYN. becoming Z6M6A6N. ZeM6AlN
(cp KAKOYN. KAK6N. KAKIN, no. II): it easily
passed also into the meaning „slave", as Hcsycliius
gives it.
V.: ILtniiltnns copy. Kcsearclu-s no. ij(>: C]l\.):
AAI I SNOCAMMrAYKYTATCUZUUTi NtUM
MNHMHCXAPINICK6C€MOYNKOYMINOC
AAAK6NM6AIUJ . . OMOA(JU6TIT6TlKM€NOC
OCANA6KAKUUCHYHC6T6KNAAUJPA
eNTY . . HTON
Tlic text is ]ierliaps tu l)e read :is lollows:
I .Mvr)3t{)-s]a [uWi]^') -fXuxutdxm 7A<)V.\v.\ih M
uv^ir,; y.apiv. IC K6 CCMOYN K|N|OVMIN|e K-
AKOYN
A|A|AK6N, Me AIUJ|C Z|OMOALU|C| TI T6TIK-
MeNOC HTO|Y|
£j äv ?e xaxoi; (-]^)vi3ö|'.|, xiy.va ä(nf,x
dvxOfxotxo]
Hamiltons copy unfortunatcly Stands alono. and
contanis errors. The letters werc prolial)ly small, so
that he has sometimes mistaken K for N, tX) Inr M,
€ for O, and N for M. But the text is apparently
complete, cxcept a fcw letters lost at the cnd after
€NTY. Considering the locality, we conclude without
hesitation that the stone was of the Hsual Phrygian
style, imitating the form of a door; and that the
first three lines were engraved in a Space at the top
set apart for the inscription, while the last two were
engraved separately on a differcnt part of the stone,
probably aniid the ornaraent of the door; this arran-
geraent is common. It is evident from Hamilton's
copy that the last four lelters, HTON, stood apart
by themselves; and therefore they must be connected,
not with 1. 5, but with 1. 3. The main inscription
was too long for the proper Space at the top, and
the final word was added in a separate place: this
^') Understanding that the beginning was slightly
mutilated, so that AA was misread in place of MN.
It is also possible to read A]AA l|MieNOC A|UJP|a);
but the simple äoijxp -f/.'i/.'jxaxm witlioul indiialion
of relationship would be very unusiial.
log
Nco-l'hrygian Inscriptions
also is common in such inscriptions, and il lias often
Icd to false copies and misunderstanding.
The M at end of 1. I is the beginning of
[iVTyiivis, repeated in 1. 2.
The end of 1. 2 is very difTicuIt. Formerly I
read K(N|OYMINOC as genitive of KNOYMAN,
Nüw I shüuld prefer to correct OC to 6K (il is
often difficult to distinguish between IC and K): this
would give a dative form K[N]OYMIN€ (compare
no. XXVI etc.): the I may be taken as eitlier an
error, or a real variant of A. The disappearance of
AKOYN (or AKIN) may be explained by supposing
that the end of the line was illegible to Hamilton
(the solc ro]iyist}."'i
ZOMOAtJU[C] may be either falsely copied for
Z6M€A(JUC or a real dialectic variety, like Seiblia-
Soublaion, etc. Here and in nos. XXI, XXV, AlUJC
and ZOMOAUJ[C] seem to be connected by Tl
enclitic: cp. MS Z€M6AUJ K6 ASOC in VI, VII,
and XL (enclitic K€). It sccms (trobable that Tl
here is used like Greck -.B. Tlien in XXVI CSMON
KNOYMANS AINI MANKA Tl must be connected
in the same way. See also no. IX.
M. Schmidt has wrongly interpreted this text.
He takes evcu as tliird plural imperative of tlic Sub-
stantive verb; but Hamilton indicates that letters are
lost after €NTY, and the Phrygian Greek loves such
middle aorists (compare 5pä\xo'.xo, nepOTscjot-o, XtreoiTO,
and my note in Philologus N. F. I p. 754), which
are not used in good Greek. „May he obtain children
that die untimely", is a Variation of a common form
of curse, wishing that the violator may lose his
children. The construction, accusative for dative, need
not surprise us in Phrygian Greek.
VI (R. 1884). Surmene (Augustopolis).
lOlC Nl CeMOYN KNCYMANS K[AKIN
ABB6P6T ALI]NOY|N| M| A|NK|A|N.|AY;-
TOC Nl M€ Z6M6AUU K6 A60C .
. eTI HTITT6T1KM6NOC e| I |TOY
Line I. AN6IC in my copy (C being marked as
uncertain); the text must be either AN€ K or AN61 K.
There is not room for KAKOYN; hence I read KAKIN.
L. 2, I for T and A for O'") seem probable cor-
rections. K liee with N is half-defaced and marked
as uncertain: tlie faint traccs of K were omitted in
ihe former publication. The double terms KNOYMANS
and MANKAN are mentioncd: compare nos. IV,
XXVI, XXIX, etc.
[. .]€TI some adverb must be restored here. Nl
is liere used in the apodosis: 8j äv TOÖTw i(i> TJptöq)
■/.a-/.6v Jtpoo;iotrja:() xal Twäö ~i<) |i.v>j|iaxi, o5to; äv eivj
iv y-ioi; y.ai ävS-pMTtot; xaxäpa-os. Perhaps [€IC]€T1
HTITT., with a borrowedGreekword, cp.no. XXVIII.
The H in HTITT. is a slip or a variety of spelling.
Torp talces TOC as demonstrative pronoun here:
I prefer [AY]TOC.
VII. There is a considerable gap at the beginning
of enrh line in this text (Hamilton: Ramsayl:
IOCNICEMOY|N KNOYMANI KAKA|N
ZEIPAN? AAAAK|EN, AEOC KE ZEM[EAUJ
lAKEOl EIPOIA Tl ETITT|E-
T1KM6NA EITTrjNOY
ZEIPAN may be forGreek y^stpa: as in ZGYMAN.
T.'ifpp (x^o))- The restoration at the end is based on
no. XII q. V. Prof. Sayce suggests for 11. 3 — 4 „may
fodd (cp. no. XXXIII) and clothing be taken from
him".
The general construction recalls säv 2s xij toüioj
xaxaj X'P=S itpfioüicsi ■?/ xa-csaist, 0;ioy.sta8oj 'HXiw
y.ai ilsXyjv»): this Pisidian or South-Phrygian in-
scnjition (Heberdey-Kalinka p. 7) undoubtedly seems
parallel in character to the Neo-Phrygian text. The
comparison is favourable to Kretschmer's Interpre-
tation „may Heaven and Earth punish him" ; but
until 1. 3 is explained, the translation of the whole
must reraaiü uncertain.
Perhaps ElPOl ATI ETITT. cp. no. XXV, and
eTI HTITT. no. VI.
VIII. A second inscription from the same village,
accidentally omitted from my former article, is added
as no. XXXVIII.
IX iR. 1884). Isheklar: letters very faint and
uncertain.
This difficult inscription seems susceptible of a
■"') I thought also of correcting NKOYM to
[KA]K0Y[N], supposing that C£MOY was used as
in no. XIX, and that it was adverbial: „in this
place", like C6MON no. XXVII; this gives so far
au easier correction. But INOC remains a difficulty;
it would have to be taken with the final M of 1. I as
Jahreshefte des österr. archäol. Institutes Bd. VIII Beiblatt.
the name of the father of Zotikos, MI-INO[r6NOYC],
on the supposition that it was engravcd on the raargin
and connected by Hamilton with the wrong line.
^^1 But, as dialectic varieties are so common,
perhaps MONK[OY]N e.xisted beside MANKAN, see
no. XXX.
\V. M. Rnmsav
vcr)- simple inlcrprcUilion, wlien somc letters wliioh
are niarkcd in ray notcböok as unccrtain, and which
wcre omitled on tliat accoiml in niy former pulili-
calion, arc aiUlcd. I repcat tlie Pbryyian text in
a fuUer form, placing a dot undcr thc Ictlcrs indicalcd
in my copy as specially unccrtain
YCAOYN6TYOYnAC€
AeKMOYTAICKINO
MAYTIMNKANOTeCTAM
NAIIAAAlTINeNYCPIA
nAPTYCOYBPA
The worils wliidi lii-cide t!ie intcrpretation are
KINOfYJMAlNl Tl MNKAN OTeCTAMNAiN]. '=i
The lirst is only a slijjhtly modified form of KNOY-
MAN. Tl is conimonly used as enclitic, like ts.
aftcr the word that it connccts with a preccding
word: hcrc it is used like xai betwecn the two
■nrords.") MNKAN is to bc corapared with C6MN,
no. XXXI V: it is a broken down form of MAN-
KAN. CTAMNAN] is for CTAM€NAN n. XV (cp.
columna, alumnus, etc. in Latin; aUo MNKAN i. ])arti-
ciple of CTA, „to stand", the aorisl €CTA6C occurs
in no. XXXI. OT€ may be eilher prefixcd to
CTAMNAN, or an adverb, like o)5s, raeaning „here".
Tlius we have the meaning r,ftT)iv y.ai nvT||Utov itapa-
xECjisviv or iv9-i5s y.sC|jisvov.
Sonie word meaning „wife" must be looked for,
eilher AAAITI (so Torp and .Sayce) or nAPTY-
COYBPA. The usual Phrygian word, BONOK or
BANCKOC (no. XXXVIII), is not cmployed here.
I prefer to t.ike AAAITI as correspoiulinf; to Greck
-J.9^,-z:, -'.fyr,z:. Then eilher nAPTVCOYBPA raust
roean „wife", or ibe idea was not expressed in the
Phrygian text. TTAPTYC may be a dialectic variant
of TTPOTYC no. XV; and in no. XXXI TTPOTO-
COY[BPA] may perhaps be restored ifollowing a
feminine nominative with a masculine genitive, so
that thc meaning „wife" suits well).
Thc first two words must be the Phrygian name
and patronymic of thc maker of the tomb. His Grcek
naroe was KoVvTo;; but il does not foUow that his
Phrygian name was the same, or cven that it was
similar. The first name (or element of the name)
is YCAOY(Nj or Y[€JAOY N; according to a sim|)le
correction. This is connected with B€AO, watcr.
Is the name Y[€lAOYN. .\,|uu,ii,s. o, Y|€lAOY.
N6TYOY.' Thc (ircck l.-M sluiws that a iimiiina-
tive is wanted; Inil -OY lu.iy li.ivc Inen {\\v
Phrygian cnding in tliis ciso, as slunvn liy niany
cxamples, see no. XXX.
Again, cniipaiin- nAC€A6KMOYTAIC wilh
[,...]A6KMOYTAHCIOY in no. XXXVll. w.- lind
it probable llial ibe sanu- namo cuiiirs in Ixilb cases.
The name is pirliai-s nACeASKMOY and TAIC
is a patronymic suffix.
Thus Ibe meaning is „Hysdounctnos, son of
Pasedekmos, places (he nionumenl and mcmorial to
Xcnusria his wifc".
As to the Greck and the l'brygian name of Ibc
niakcr of this tomb, it is quite in accordance with
analogy that they sbould difl'er. In his Phrygian
surruundings thc man liad a Phrygian name, in
Grcek surroundings he bad a Gieck nanic: be was
Y6AOYN€TYOY 6 v.a.1 KdVvxo;. These namcs were
allcrnative. not curaulativc: thc proper translation
for 6 y.ai would be „otherwise called". In many
cases the Iwo names rcscniblc one anothcr; in some
lliey are quite differcnt; but the alternative n.amc is
a pbenomcnon that needs a detailed study. Here
I sb.all only quote one cxample Taiou 'louMou 'Aito-
X'.vaftou (sie!) axpatiünou a::[£ipY;; 7tpwT]r); Xnanr/zräv,
(oj 5s Ttpo tfii OTpaTsia; xsxfll'^'C^'-ä Nstüv?]c/S xo5
M-J3-0U Berl. Urkunden no. 887 (d.ited A. D. 159—60).
Here [NeonrJ son of Mystes was a Grcek-speaking
oriental, who gained the Roman citizcnsliip by ser-
ving in the army and thus l)ccarae C. Julius ApoUi-
narius. Instcad of thc longer cxpression wbicb is
cmployed here, it would have had practically thc
same effcct to say To5 %al [Nsiov?]oj. .Similar de-
signations for Roraanizcd Greeks of Sicily are Cn.
Pompcius, Philo qui fuit, Cicero Verr. IV 48, Per-
cenniorum qui nunc item Pompei sunt, ibid. 25; but
in those cases Philo and Percennius were perhaps
retained as cognomina.
X(R. 1883). Ak-Sbeher(Philomclion\ Copied
also by Sterrctt at the same time.
a> IOC Nl CeWOYN TOY KNOY-
MANei KAKOYN AAAAKST,
6TlT|6TIKM6NOC €ITOY
b) on a lower pari of ibc stone'"j
l-NHKITAC
"; Torp and Sayce independently MNKAN.
' Similarly K€ varies belween thc enclitic po-
sition and the interposed.
■**; Omittcd in my former publication as un-
113
Neo-Phrygian luscriptions
114
a) The use of tbe article aloiig willi C6MOVN
is due lo Greelc influence.
b) Professor Sayce compares HK€TAN (genitive
plural) in no. XXX, and regards the word here
as corresponding to theGreek sv-oizetr]; (the Compound
is not preserved in Greek, but raust have been used,
as svotxitis occurs).
XI (R. 1883). Arkut-Khan: village of the
territory of Philomelion. Copied by Sterrett at the
sarae tirae.
IOC CejMON KNOY-
MAN61I KAKUUN
Z6IP:-jAN ABBe
P6T], TeTIKM€-
NOC AlTTIAA 6-
IJTOY
KAKUUN must be taken here as feminine accusalive,
in agreement with Z€IPAN: cp. nos. VII, XII.
ATTIAA, more fully ATTI€AA nos. XII, XLV,
must be an adverb: see on no. XII.
XII. Ilghin: near Tyriaion. Copies by Hamilton
and Seetzen. A good deal of correction in each
copy is needed in both the Greek and the Phrygian
text; but in the Phrygian te.\t one or other copy
usually preserves the correct reading.
Eö5a[i[(«)v] II[p]s[i-
ßsi x]-5 [T]uv[a]'.y.[l
y.ai la'jxoj ^öv
|iv-/jiiy]5 xccptv
eiOC Nl C6MOVN KNOVMANI KAK|n)N
AAAAK6TZ€IP|AN], AK€01 n€16C KS' €TIT-
TeTIKM6NA ATTI6AA 6ITTNOV.
KAKriN, lioth copies have ON, but X\ is an easy
and probal)le correction: cp. no. XI. The terrai-
nation of Z6IPAN is omitted, whether through slip
of engraver or copyists, or intentionally in the sarae
way as BONOK is accusative in Old l'lirygian.-'')
AK60I is speit AKKSOI in no. XXXIII. HSieC
Hamilton, TT€IC Seetzen. K is commonly used for
Y.i (i. e. y.aO in Greek inscriptions of Phrygia.
einNOY Hamilton, 61HNOV Seetzen.
AK60I may beaccepted: cp. nos. VII, XXXIII,
XXXV. But TT6I€CK or TTSICK is probably
erroneous; and, until some analogous inscription gives
certainty about this word and about €ITTNOY or
6l[TT]NOY, it seeras hopeless to atterapt anything.
ATTI6AA is guaranteed by Mr. Anderson's
copy of no. XLV. Professor Sayce suggests that it
corresponds to aEtCcf in the sense of „tlierefore".
XHI. (R. 1883.) Ilghin.
IOC C€MOYN KNOYMANI KjAKOYN
ABB6P6T AlC
eriTTeriKMSNoc atti€]aa 6itoy
The last lelter iil 1. i may be C or O or €.
Perhaps \ve should read ABB6P6TA(li IC. taking
IC as t!ie demonstrative pronoun, as in no. XXVIII;
or read
ABB6P6TAI 6-
TIT6TIKM€NOC ATTie AA 61TOY;
or read Al€, Greek al£v i-Sayt
XIV. (R. 1881, 1883).
: cp. XXVIII and VI.
Khosrev-Pasha-Khan.
IOC Nl C6MOYN KNO-
YMANei KAKIN AAA-
Ker AINA AAT6AM[Ar ur M
61TIT6TIKM6NOC A-
5 CTIAN [6ITOJY
Is AT6AM a fault for AT€AA, a variant of ATTISAA
in nos. XII, XLV. In 1. 5 my lirst copy ends with
N:'") in 1883 I observed that the stone was injured
and Y occurred after a gap of about four letters.
Should we read ACTI AN [6ITO]Y? For the pre-
sent the Suggestion of Professor Sayce, „let him be
deprivcd of any funcral-feast" seeras raore feasible
than anything eise {connecting AAT6AMA with
Saxioiiat). The first letter in 1. 4 is certainly C,
but the correction e]TIT6TIKM6NOC is easy.
XV (R. 1881, 1883). Seidi-Ghazi iN.akoleia).
Copied also by Sterrett, 1883. Letters worn and
difficult. as the stone is friable.
TANEI EAYMO-
HEYNH TANE1Z[A|Y |K|0- o
AAN nPOTYC C|.] CTAM-
ENAN MANKAN AMI-
AJCIANIOI ANAP AOPYK[A
The nuraber of lines lost is quite uncertain. In
1. I the second last Symbol may possibly be M in
intelligible and not forraing part of the main in-
scription.
^■■) See my paper in Bezz. Beitr. XIV 310.
'^) The note 2 in my former article p. 393
should read CTIAN in place of CTI.
\V. M. Kiims
Il6
ligalurc witli O. or + or impcrfect K. l'iofcssor
Slcrretl and my copy ol" 1881 read +; but my eopy
of 1SS4. which was made with cxtremest care,'")
rcjcctcd + and read KO. There is no ollicr note-
worlliy disagrcenicnl in ihe cnpies, cxccpt tliat in
1SS4 I markcd lOI in 1. 4 as qui(e uncert:iin.
Tlic lirst lellcr of 4 can ouly be iiart of A or A 01
A or M. In a diflicult inscription likc tliis C ami E.
I and T, A and A niay casily be mistaken for nnc
anollier. It was not certain that there was a letter
aftcr K in 1. 4.
CTAMENAN MANKAN scems here praclically
certain, cp. no. IX: and, if so, an adverb of locality
must neccssarily prcccde. TTPOTYC llien must be an
adverb, meaning ,in front*. Ni^w ^EYNH is a common
Pbrygian female name. As to thc intcrmediate words,
at first one naturally looks for the father's name in
genitive, or tliat of the buried person in dativc, or
both. But TANEl or TANEIH[A]Y scem improbable
nanies. Moreovcr Ibe definitc arlicle or a demon-
strative adjective is wanted before MANKAN. Thcre-
forc I takc TAN as thc first Word alter HEYNH:
and in the foUowing lelters I should look for a name
for the tomb. Considering the importance ol" the lomb
in the old Phrygian religion,'') and the great variety
in the forms that it took, wc must expect that there
were many differcnt namcs for it. A few cxamples
of the various Greek naraes used in this region are
quoted under no. IV. Accordingly El . . Y. OAAN'-')
conceals the name for thc sepulchre. A second name
was connected with this, and KE or TE or Tl ought
to occnr: pcrhaps read TTPOTYC [TE], where T
seems an easy correction for C, considering how
wom and obliterated the letters are in this soft
friable volcanic conglomcrate.'") HsOva "ov 'fu>\ib-i •/.%:
-i> l|infO-!Hv •/.£(|iEvov jivT,|isTov is the sense.
With AMICIANIOI (r?) compare AKEOCIOI
in no. XVIII.
In 1. 4 AOPYK[AON] is probably thc name
of the dcceascd, the Greek Aip'jy.>.!/J (which is con-
nected in several cases with Asia Minor, e. g. a son
of Priam and a companion of Aeneas bore the name).
ANAP may be the Greek ivrjp (Torp); but must be
.\n ol>lii[Uc c.iso. will) casc-cndin^ droppcd, as
BONOK(AN) and FANAKJAN) oaur in Old-
Phrygian.
XVIII (R. 18S4). liaiyat. I liavc lailcd lo make
anylhing of consequcnce Irom ;i rcncwed study of
the Impression (which is now al ibe Arcli. Institute
in Vienna). After being ;i years in the damp
i'limate of .Scotland, it has lost its sharpness. Parts
of the fext, however, read like metrical Greek,
ö|jiad(E)ls and iTtl 6|io!a; y.st|iai 'Apsui:^') but olher
parls cannot be by any process made to read as
Greek. The last threc lines are less dilTicull, in
so far ns the formula is known :
s AINIKOC CEMOYN KNOYMANEI K-
AKOYN AAAAKET AINI MANK.A: AKEO
.^> CIOI ME TOTOC CEYnCAPNAN dniisi
In 1. .) KEO m:iy he NEO or possibly AEO or
BeO. TOTOC is connected with TEYTOYC in no.
XXXIII. The last Word may possibly Iie the name
ol tlie peo|ile: the letters EYF in this name are
quile uncertain. ME here must probably mean „in"
or „among" (Greek nsxä, somctimes shortened to M€
in inscriptions of the district, as in modern (ircek).
A verb is neeilod in llie apodosis, and can
only be found in KEOCIOI: if the letter A may be
taken as common lo MANKA and the following
word^-), we liave AKEOCIOI, which is similar lo
AK60I (or AKKSOIj, no. VII, XII, XXXIII. If
the latter is a case of a noun, this may be a verb.
The meaning seems to be „may he want any grave
among thc people of the S(eugi)sarni".
AINIKOC must stand in the ~ame rclation lo
the commoner IOC as Ti; doe« to äs in Ihc same
Position in Greek inscriptions c ..'hrygia: see no. I V.
Solmsen would divide AI N', KOC, taking AI as
cquivalent to sl, and KOC lo Latin quis.
XIX (R. 1883). Alikel (.Orkistos). Pococke's
cojjy in CIG 3822 c. Copied also by Sterrelt 1883.
IOC C€MOY KNOY-
t MAN6I KAK| .|. eTIT6T€IKM6NOC 6ITO|Y
The texl is indubitable,''; except that the resto-
") I had Sterrett's copy and compared it with
tbe stone.
^1 See Cities and Bisboprics of Phrygia I 98 f.
and BCH 1898 p. 236.
^') The letter after El is either Z or E.
«■ ; I also thought of C[E]CTAMENAN as perfect
participle.
" These readings are uncertain, and vary much
from the former pulilication.
*^) Compare K(€) frequcntly found.
*'■') Thc last M was by a slip of printcr re-
prescntcd by H in my former publication.
117
Xei)-Pliry<;ian Inscriplions
ii8
ration after KAK • ' " is micertain: apparently a verb
dcrived from the adjective was used, Greek •/.:t:/.om.
XX (R. 1883). Piribeili (Pissia?). Recopied and
improved by Anderson, 1899.
A'jf]. nov:i£Vo; xai Kapixij y.ai IIa::£a oi KapixoO,
y.XyjpovdiiO'.
aÜTO'j, E5i[(p Jta;x]pl -fXuxuxäxip xai TocTst ä?iXcf f^ äojpo)
xal liigtpl Taxfif tlojav/ |ivT][ny)s x«p"']' 'O^^ Nl
CEM[N KNOY|MANEI KAKOYN AAAKET Tl,
TETIKMENOC
AACKNOY[M6NOC
Mr. J. G. C. Anderson lias the addition TTON
at the beginning; and he shows no gap for a Single
letter (i. e. E) after AAAKET. I now omit aÜTO'j
from the gap in 1. 2 (though this restoration supplies
rather few letters in the lacuna; but there may have
been a gap at the end of 1. I. There is not room for
CEMOYN in füll, and therefore I now read CEMN
as in no. XXXII.
AACKNOY, foUowed by a gap large enough
für hve or six letters, of which the first was A or
A or M; but the line was perhaps never filled up;
and there may be only one or two letters lost. It
is tempting to compare Hesych. AACKEI • ßXan-st,
'^8-sipst, and restore AACKNÖY[MEN0C], with the
Phrygian word corresponding to iz'l iinderstood. It
would be possible to divide AAC KNOY[N], taking
the last word as shortened ior K€NANNOYN
no. XXXV (compare CEMN for CCMGYN in
no. XXXIV); but the other restoration is more
tempting, as the first letter in the lacuna seems to
be M, not N.
XXI (R. 1.SS3). Piribeili (Pissia?).
IOC CA COPOY KAKE
AAAKET, ME ZEMEAUJC 16TITTETI-
KMENOC EITOY
It seems beyond doubt that COPOY is bor-
rowed from the Greek aopöj, and is not a native Phry-
gian word. The native lauguage was, therefore, still
a spoken language, not a niere survival in a few
hieratic formulae; but it was gradu.ally giving place
to Greek, and Greek words were replacing Phrygian.
The accusative KAKE for KAKOYN, KAK IN (cp.
no. II (b) YK€), is a much broken-down form.
Comparing no. XVIII ME TOTOC, we can
hardly doubt that ME Z€MEACL)C here means
„among men."
XXIV (R. 1S.S3]. Piribeili. Anderson 1899 com-
pletes the last two lines in accordance with another
inscription: [iaa] s^i j|jiot, 5[i];i>.ä aot 9-2[6]j ävxa-
7:o5otx[o.
XXV. Village near Olu-Borlu (Apollonia). Ha-
millon's copy.
lOZ Nl ZIMOYN
KNOYMANI |K|AKOYN AB-
BIPETO:, AINIM MYPATOZ:-
Nl lAEOr ZllMEAnZ Tl MEKA-
T|l| EjTITTETIKMENOr EITOY
AININ is assimilated tn f,.llowing M: cp. AA-
AAK€M no. XXXV: AININ is weakened from
AINOYN, no. VI, as KAKIN f..r KAKOYN.
XXVI. Tch.iryk-Serai inear Xeapolis of Pisidia).
Sterrett's copy, F-pigraphic Journey no. 175.
IOC Nl CEMON KNOYMA-
NE KAKON AAK€T AINI
MANKA Tl ETITTETI-
KMENOC EITOY
There are two jidssible ways <if construing:
1. CEMO[YlN KNOYMANE AINI MANKA Tl:
Tl = xs, compare xv]'/ aopov xai xiv pioniv and
many siniilar expressions in the Greek epitaphs of
Phrygia: compare also no. XXIX. If this be so,
AEÖr ZEMEAUUC Tl i. which occurs in XXV,
and perhaiis also V, XXI) is ecpiivalent to A60C
K€ Z6M6AUJC, no. VI.
2. Regard Tl as an error of the engraver; then
AINI MANKA ETITTETIKMENOC EITOY is the
usual form of apodosis, see nos. XIV, XVIII, „let
him be deprived of any memorial."
The simple AAKET is htre used in place of
the Compound.
XXVII. Xeapolis. Sterrett's copy.
IOC K6 CSMON TO KAKON OA[AAK€T?
XXVIII (R. 1887). Publishcd formerly from
Sterrett's copy, Wolfe Expedition no. 571. I now
give it according to my own copy.
IOCNIC6 IX-taced MOYN
KNOY Rdief MANe
KAKO YNAA
K€TIC€TIT6TOYKM6
NOYN6ITOY
IOC Nl C6MOYN
KNOYMAN6|l-
KAKOYN AAIAA
KeT IC €TIT€TOYKM6-
NOYN €ITOY
119
W. M. K.<ms;\y, Ni'o-l'liry(;i;\n Insi-riptiuiis
IC dcmonslrativc: Latin is. ProfossorSaycesuggcsIs
that IC6TI should be taken togetlier: GrceU glo^Ti.
Tlic parliciple is hcre ncuter, instcad of tlie usii;\l
masrulinr. The spcUing -TOYK- for -TIK- or -T€IK-
is remarkable.") In 1. 3 tlie syll:il)lo AA lias liccn
omitied: an engraver's error. T€TOYKM€NOYN
is a false gender, probably due to bad composition.
XXIX ^R. 1887) Sterrctl's copy, Wolfe Exp.
no. 500. I give my own copy
r;;. oC A;o-;£vouj, inoirfluv
i:% xsxvt;TOl•J^ Xo'jvä . ir.::' (A.D. 250).
IOC C€MOVN KNOVMAN€
5 K(e 1 AINI MANKA KAKON AAAAK-
[6T, €TIT€TIKMeNOC 6ITOY]
The double liative in I and 2 connected by
K\€) means -v'izif zih rjpqxj) xe xflis Tf, oopm (see
other examples, no. IV). In 1. 5 the first letter must
be K (or K, i. e. y.£, common in Greek epitaplis of
riirvijii. I wis v.-ry a.uil.tri.l ..l.oiu llu- n-adin^ K:
tlie letter is bluned, and I couUl onlv read I. Stenett
reads doubtfuUy K, which must be rif;lu. IIo transcribes
tbc (ireek in a very diffcrent way.
The date B713' is important. It must indubitalily
be rcckoncd from tbe provincial era, 25 B. C. It has
becn a common error (into which cven so accurate
a Scholar as Waddin};ton feil) to reckon from thc
Asian era 85 — 4 B. C. in thc case of inscriplions in
this neighbourhood. But this Valley was in Provincia
Galatia from 25 B. C. to 295 A. D. Formerly I at-
templed to count Lebas -Waddington 1192 from the
era of freedom 190 — 80 B. C, but af\er secing the
inscriptioii in 1905, I havc no doubt that thc era
must bc 25 B. C. I was for a lime undcr the mistaken
bclief that this region was transferred to Provincia
Pamphylia in the second Century; but I have now
found evidence to denionstrate that it remained at-
tachcd to Galatia during the third Century.
Addendum. No. XLII. Prof. Kretsrhnier had
proposcd the sarae interpretalion ul' ICNIO.
Aberdeen. W. M. RAMSAY
Sidrona.
Den Herausgebern der in BruSka') gefundenen
Terminationsinschrift: ]Cacs[a]ris Ati\^. Genn.
i]iilcr Siärinos et Asseriales Q. Aebtiliiis Liberalis
(ceulurio) leg. XI defiitii. ist Jahresh. 1905 Beibl. 54
entgangen, daß die Stadt, deren Ethnikon Sidrini
hier zum ersten M.ale erscheint, bereits bekannt war.
Ptolemaeus nennt II 16, 9 f. unter den „i:iXs'.;
lissd^siot A'.ßvjpvCa;" : Oiapouapia, 2a?.ou{a, "ÄJpa,
"Apa-jM'/ot, 'AijEjta, Bvjfvov, S'.dpwva, B/.avtöva,
06o~4fO'J|i, Xr,?'.vov und führt V'III 7, 8 unter den
Fixpunctcn zwischen lader und Salona an: 7^ Z'z
^'.ipmvz TrjV [is-,'(3TT,v fjUipav V/^t: wföiv iE fiß' y.al
JtisTT^y^v äi>.EJayipECa{ npij 56ie'.; («psf a r/. Für
die Identität von Sidrini und Sidrona spricht nicht
nur die Kongruenz der Kamen, sondern auch der
Umstand, daß der Geograph, wie ein Vergleich seiner
Liste mit IL Kieperts Formae orbis antiqui XVII
oder mit R. Kieperts Tab. VI im CIL III .S. zeigt,
die Stadt in dem Teile Dalmatiens namhaft macht,
wo die Sidrini durch die Inschrift localisiert werden.
Ihren Vorort suchen ColnagoKeil a. a. O. 54
mit Recht in der nächsten größeren Kuinenst.ätle
städtischen Charakters,') deren Territorium in Bru5ka
gegen das im SW gelegene Asseria-Podgragje ab-
gegrenzt werden konnte, sie verlegen ihn auf die
von der Fundstelle des Grenzsteines einige Meter
über 3 Kilometer entfernte Gradina von Medvidje;
doch behielten sie a. a. O. 54 und 59 f. für ihn den
Namen Hadra bei, der dem Platze seit -S. Ljubic'')
bloß auf Grund der Distanzangaben der Tab. Peutin-
"; See on no. XXX.
') Die Fundstelle liegt in dem zu Bruska ge-
hörigen Orlsteile .Sekes 2" südlich des von Med-
vidje nach Benkovac führenden Reitweges auf der
Geineindeweide „kod Sekcsa" genau unter di des
Wortes Livadice der Specialkarte (l : 75000), Blatt
„Novegradi und Benkovac" (Zone 29, Col. XIII).
Diese für einen Grenzstein unerläßlichen genaueren
Daten verdanke ich Herrn Oberlehrer A. Colnago.
2) CIL III 2844 — 284G.
^j Archiv für Kunde österr. Geschichlsfiucllen
XXII 253.
C. Patsch, Sidrona — Dusmanes.
geriana beigelegt wird.') Wie wenig stringent diese
Gleichung war, ersieht man daraus, daß Mommsen
Ephem. epigr. II p. 34g nach Anffindung des Grenz-
steines CIL III 9938 hier Alveria ansetzen wollte.
Man wird wohl nun dafür Sidrona einsetzen dürfen.
Wie der Name^) und die Lage des Ortes auf
einer isolierten, steilen Hohe'') beweisen, ist die Stadt
aus einer älteren, epichorischen Siedlung hervor-
gegangen und sie stellt im Verein mit Clambetae,
das Colnago-Keil a. a. O. 58 ff. auf der Cvijina
gradina bei Obrovac festgelegt haben, mit Corinium,
Nedinum, Asseria, Arupiura, Flanona, Albona, Ne-
sactium usw. einen eigenen, besonders Norddalmatien
eigentümlichen Typus, den „Hochstadttypus", unter
den Siedlungen unserer Provinz dar.')
Durch die inschriftliche Sicherung des Namens
Sidrona entfällt die wiederholt vorgeschlagene') An-
nahme einer Corruptel bei Plolemaeus, wonach
Sidrona aus Stridon verschrieben sein sollte, und geht
damit eine Stütze für die Ansetzung des letztgenannten
Ortes bei Rastello di Grab, im Grahovo polje,
beziehungsweise in Strmica verloren.
Sarajevo. C. PATSCH
Dusmanes.
Im Gebiete von Naissus') verzeichnet Procopius
de aedificiis 284, 5 das Castell A(3Üo(iavs;. W. To-
maschek hält den Namen für thraUisch und ver-
gleicht Die alten Thraker II 2 S. 73 damit „neupers.
dus-man, zd. dusmanao, skr. durmanäs, gr. SuaiiEvvj;
, übelgesinnt' und 5u3|ia'.vaf at iv Siiap-uatj Xiup£-
TtSsg, Baxxat". Der Ort ist jedoch identisch mit der
Straßenstation Praesidium Dasmini der Tab. Peuting.
und Dasmiani beim Geogr. Rav, 192, 2,^) und zwar
um so sicherer, als auch die von Naissus noch nord-
licher liegende Mutatio Sarmatorum des Itin. Hiero-
sol. 564 bei Procopius 283, 37 in der nämlichen
Region als 2ap|Jia-iEs vorkommt. Daß die Forti-
ficatlonen Justinians im Binnenlande vorwiegend der
Straßensicherung galten, ist von vornherein klar und
wird auch durch die Identität von Procopius 284, 15:
Ms5iava mit dem gleichnamigen Vororte von Naissus
bei Ammian XXVI 5, I ^) und von Procopius 284, 19:
"Epy.ouÄa mit der Station Ad Herculem der Straße
Naissus-Ulpiana auf der Tab. Peuting. ••) erhärtet.
Sarajevo. C. PATSCH
*) Mommsen, CIL III p. 369; H. Kiepert, CIL
III tab. III und Formae orbis antiqui XVII;
W. Tomaschek, Mitteilungen der Geographischen
Gesellschaft in Wien 1880 501; R. Kiepert, CIL
III S. tab. VI; L. Jelic, Wissenschaftl. Mitt. 1900
S. 194.
^) ^ g^' gleich in der nächsten Nähe Aenona,
Blandona, Scardona, Promona usw. P. Kretschmer,
Einleitung in die Geschichte der griechischen
Sprache 256.
*) Über die Position römischer Neuanlagen vgl.
Patsch, Wissensch. Mitt. IX 172 f.
') Über andere Typen vgl. mein „Sandschak
Berat in Albanien" 3 f.
') Vgl. F. Bulic, Festschrift für O. Benndorf
276 ff.; Jelic a. a. O. S. 194 f.
^) Vgl. C. Jirecek, Die Heerstraße von Belgrad
nach Constantinopel 62 und Die Romanen in den
Städten Dalmatiens während des Mittelalters I 15.
-) Die Inschrift Vjesnik hrvatsk. arheolosk.
dru.stva 1901 S. 88 (vgl. A. von Preraerstein-N. Vulic,
Jahreshefte 1901 Beibl. I34f.) bedarf noch der Nach-
prüfung. Vgl. dagegen CIL III 10212 (Bassiana):
Dasmenus; D. LXI: Dasmeno Festi f. Azalo; D. CI:
Dasenti Dasmeni f. Cornae(ati). Nach dem Ver-
breitungsbezirke ist der Name illyrisch.
') Percursis Thraciis Naessum advenerunt, ubi
in suburbano, quod appellatum Mediana a civitate
tertio lapide disparatur, quasi mox separandi partiti
sunt comites. Jirecek, Die Heerstraße 22; 62.
^) Vgl- Jordanes 131,26; Mommsen, Inde.\ 158
und CIL III p. 268; A. von Domaszewski, Arch.-
epigr. Mitt. XIII 150; F. Kanitz, Römische Studien
in Serbien 1 14 f.
A. \Vilhclm. Tnsrlirift aus ni-l|>l)i
\2.\
Inschrift aus Delphi.
In seiner Sclirilt De rebus Delplücis impc-
raloriae .letalis \^Montpellicr 1905) teilt K. Bour-
guet p. 14 folgenden Beschluß der Stadt Delphi mit:
[■E-£;?r,... M6n|u]o; XsCxaväpG; "A::o (oder"A(fpo1 —
[ ] uü; |äv tcO [spstuj Me|iii!ou E'J[ft-u5iiiou
[xal Ms]n|i!a; E'j9'u8an£).X»i;, Ix-fsvo; 5s SI[£]i|u]ag
[Aoür.ot]; Tf^; i(,yr,iio;. ttjv -4>,iv r^ntov v.xi t[öv
ä]';ftüva
5 [t]öiv llu9-iu)v SV TS -fpaiina-sJais xal au3T[r,nati-
x]a'.;
xai -al; i/j.T.; v''-^"^'-l '■'''•» X03nrj3a; si; [-äv
t]ö xp£-
t'ov svv^/.ajsv, s5o;sv -f, -i/.si -si|iäj [aO-iTi xi;
f,p(uVxi; i'i?^"'^*'''- [""• xa]-:£'JX£39-a'. aO[-tT) ....
. . SV Ttf'j-x-n'M xa['. ävo(YOps03]ai a0t[o5 -i; xs'.n-
lo ij SV -a!; £ni3ri|i0Ta[-aij ;:öXeoiv ztX.
Der Herausgeber bezeichnet die Ivntzifferung
der drei Bruchstücke, durch deren Vereinigung er
uns die Urkunde gewonnen hat, ausdrücklich als
schwierig. F.s wird daher gestattet sein, in /.. 5
mit leichter .\nderung. da sich die Zeichen i; und Z
in schlecht erhaltenen Inschriften römischer Zeil zum
Verwechseln ähneln kiinnen, statt des unverständ-
lichen ouaT[r(|iaTix]aTj zu lesen: gi>3T[apx(]a'.{. So-
mit ist auch in der nächsten Zeile die Lücke etwas
kleiner anzusetzen und einfach sis [xjb Xf^'"'' evVjX-
Xafsv (nicht |is-yiXXa5sv ?) zu ergänzen; HEidstr) sl?
■zb xpswv heißt es in einer Grabschrift aus Galatien
Jiiurn. of hell. stud. XIX 92 N. 72 c (Inscr. graec.
ad res roni. pert. III 220). Nach xaxsüxssSai. aü[T(y>
ist vor SV -p'JTavs!(|) sicherlich xiv Espvj zu lesen;
Bourguct gibt richtig an: v. 9 initio desunt duae
litterae quarum priorem P fuisse not.ivi sane dubi-
t.-tnter. Z. 8 ist Tag entljehrlich. Eine vollständige
S.aramlung aller ähnlichen Beschlüsse, für die K. Bu-
resch in seiner Abhandlung Rhein. Mus. XLIX 424
den Grund gelegt hat, ist längst erwünscht.
AVicn. A. WILIIKLM
Zu einem Papyrus der Sammlung Flinders Petrie.
In dem neuen Bande On tlie l-linders Petrie
Papyri iRoy.il Irish -'Vcademy, Cunninghara Mcmoirs
XI, Dublin 1905) wird p. 334 ein neues Bruchstück
des seinerzeit von Ulrich Köhler, Sitzungsber. Akad.
Berlin 1894 S. 445 behandelten Berichtes über den
dritten syrischen Krieg veröffentlicht, der, wie sich
nun herausstellt, im Namen des Königs Ptolemaios
Euergetes selbst verfaßt ist. Zwölf Linien werden
als verloren bezeichnet, dreizehn sind erhalten, doch
nach der Annahme der Herausgeber sehr unvoll-
ständig. 'Assuming this column to have been the
samt width as the others, not more than about sixteen
letters in lines 20—23, and about twenty in the others,
have been lost at the end; but, owing to the irre-
gularity of Ihe righthand margins, there may have
been fewer letters in some of the lines.' Es ist
augenscheinlich übersehen worden, daß die Zeilen
mit Ausfall weniger Buchstaben oder sogar unmittel-
bar aneinander schließen. Ich lese Z. 17 fr.:
rap" lxä3T/,v ^ix£a[v
VJi -O'.O'JjlSVO'. 2t£-i/.£3a[.
15 ro/j.räv f^jitv SvTOjv xöiv
[z-fii . . .] t[c.6]-ü)v sx-svsiat" l-sl 5' &5v <ai> [xä
7:apa3iaO'ivxa ftOiiaxa Tiapa -s x[(«v] T,[7]s[ndv(uv
xa[i] xtöv tiltoxöjv xax£aT:E{3a|).EV, yfir,
20 f,>.iou nspl xaxa-^opav övxo{ ElasJ.O-o|isv eOi)-£o)[s
Tipbz "')'' ä?£?.ifT|V xal [lExä -aOxa i:pi; tS)[i
-päa3Eiv X'. Ttöv y^(,r,Gi\wfi s-ftviiisO-a -zril^
Y,-,'£|iistv xal x^l; oxpaxtojxa'.; xal xo'.g äXy.oi; [xot;
xaxä xr,v yjibf.m xp'll''^''-»^"'"-; ''■"^ '^-p' [.'■''>'' '■'-
2sXwi ßoij?.(Eu)6iuvci- npö; xoüxoi; 2s v^liEpaj X'.v[ä;
xxX.
Auch in den früher bekannten drei Bruchstücken
Flinders Petrie Papyri 11 p. 145 (Appendix p. l)
sind die Zeilen Normalzeilcn (Jahreshefte III 165).
Ich versuche keine Ergänzung des ersten Satzes und
gehe auf eine Erörterung des Zusammenhanges nicht
ein; das Erhaltene ist im wesentlichen unmittelbar
verständlich. Z. 17 zu Ende, wo ich xä lese, ver-
zeichnen die Herausgeber "L Z. 18 statt napa xftv
y,vEiicvo)v: -apa-s-p[. JrjiisL; in Z. 19 xa ^^^^,^
.j tüj-iov j^ jgj, jg,2,jn xeile halte ich ^ow.iaffA
<a . xiov>
für verschrieben statt pViXsuijtsvot.
Wien. A. \VI1.HKI..\1
125
E.Petersen, NaclUrag zu S. 185 ff. — F:mil Sz.uitd, Willielm (nirliU, ."Mois lliej;!
Zu Helbigs ,,Die :r,r.ziz und ihre Knappen" (.S. 185 ff.)
Die streitigen Punkte scheinen mir liinlänglicli
erörtert ?,u sein, um dem unparteiischen Leser das
Urteil überlassen zu können; so über die Schutz-
waffen der Knappen , Amazonen (die ich .echte
l<.eiterinnen' natürlich im Sinne der späteren tTlTiStj
nannte, niclit von Ursprung her), so über die .Stelen-
reiter; so auch ob Kleo|)hantos mehrere Pferde
gleichzeitig oder nacheinander brauchte; ob Kimons
ostensible Handhing (Plut. Kim. 5), als es galt äv
"atg va'joi tä in/. a i)-i-!l-a'.. dahin zu verstehen,
daß er nur einen Zügel und keinen Schild besaß;
ob man sich über die thrakisch Gekleideten auf
attisclu-n Vasen minder vorsichtig ausdrücken darf
als ich getan. Den ungriechischen Bart fand ich an
dem Manne oben rechts in Helbigs Fig. 30 b (natür-
lich auf Hartwigs Tafel). Daß mein Satz über die
Dioskuren (.S. 80, 21) unrichtig gefaßt war, gebe
ich zu.
Berlin. E. PETERSEN
Kmil Szanto, Wilhelm Gurlitt, Aloi.s Riegl.
Binnen Jahresfrist wurden dem Institute drei
seiner hervorragendsten Mitglieder entrissen. Un-
vermutet nahm ein sanfter Tod Emil Szanto hinweg.
Längeres Siechtum bereitete bei Wilhelm Gurlitt,
schwere schmerzvolle Krankheit bei Alois Riegl
auf das Unvermeidliche vor. Keiner von ihnen er-
reichte ein hohes .\lter. Gurlitt starb einundsechzig-
jährig. Das siebenundvierzigste Lebensjahr halte
Szanto nur um wenige Wochen, Riegl um einige
Monate überschritten.
Wilhelm Gurlitt, gelioren am 7. März 1844 zu
Rom, gestorben am 13. Februar 1905 zu Graz,
kam aus einem Künstlerhause, und diesen seinen
Ursprung verleugnete er nicht in seinem Wesen und
Wirken. Für die Richtung seiner archäologischen
Studien war Sauppes strenge philologische Schulung
entscheidend, der er sich in Göttingen unterzog, und
Ernst Curtius' Vorbild und Lehre führte ihn, fast
im Widerspruche zu seiner römischen Geburt, in
jungen Jahren nach Griechenland. In einer Schule
zu Athen wirkte er eine Zeitlang als Lehrer der
deutschen Sprache. Als die späte, aber reife Frucht
seines griechischen Aufenthalts stellt sich sein Buch
über Pausanias (1890), ein Muster besonnener Kritik,
dar. Mehr aber als in der gelehrten Forschung griff
er als Lehrer aus, und über seinen akademischen
Wirkungskreis hinaus war er seit seiner Berufung
nach Graz, durch die Anmut seiner Umgangsformen
hierin wesentlich unterstützt, unermüdlich und mit
Erfolg tätig, das künstlerische Leben der .Stadt auf-
zufrischen und durch neue Impulse zu stärken.
lahrcslieft.- des österr. a.rhäol. Institutes Bd VIII Heilil.att.
Emil .Szanto, geboren am 22. November 1857
zu Wien, gestorben am 14. Dezember 1904, ging
aus dem archäologisch-epigraphischen .Seminare der
hiesigen Universität hervor. Er blieb diesem In-
stitute zeitlebens getreu, in seiner wahrhaft humanen
Persönlichkeit ein freundlicher Berater und bereit-
williger Helfer für Jung und Alt. .Sein scharfer
lilarer Geist fand in dem Studium der hellenischen
Rechtsverhältnisse die liebste Nahrung und wie zum
Abschlüsse seiner Lebensarbeit plante er wohl, trotz-
dem er sich des .Schwierigen der Aufgabe voll be-
wußt war, eine umfassende systematische Darstellung
des griechischen Staatsrechtes. Nur als Vorarbeiten
liiezu sollten seine Untersuchungen über das grie-
chische- Bürgerrecht (1892) und über die Phylen
(I901) gelten. Unser Institut hat mit besonderem
Danke seiner Mitwirkung bei dem Corpus der klein-
asiatischen Inschriften zu gedenken, für das er mit
dem frühverstorbenen Eduard Hula gemeinsam Karlen
liereisle. Seine Arbeiten hiezu liegen bei uns und
harren noch ihrer Verwertung.
Indem Alois Riegl (geb. am 14. Jänner 185S
in Linz, gestorben am ig. Juni I905 in Wien) in
das Institut für österreichische Geschichtsforschung
trat, entschied er sich in jungen Jahren für das
Studium der mittelalterlichen und neueren Kunst.
Aber schon seine ersten selbständigen Arbeiten
führten ihn in das classische Altertum. Eine ernste,
tiefe B'orschernatur, die unverdrossen den Ursprüngen
nachspürte, fand er im Wechsel der Erscheinungen
auf dem Grunde der Dinge allenthalben die die Welt
9
Kmil St;>nti>. Willu-lm GiMliit. Alu
Rie«!
128
befruchtende hellenische Kunst und wurde so zum
Verkündiger ihres ewigen Kuhnu-s. Auch die clas-
sische Archäologie kennt Riegls Entwicklungs-
geschichle der griechischen Ranke als bleibenden
Gewinn an. Seine über kaum zwaniig Jahre sich
erstreckende ProductivitSl ist um so erstaunlicher,
als sein Leben nicht ohne schwere Hemmnisse, die
nur iura Teil durch physische Leiden bedingt waren,
dahinfloß. Sie versagten ihm und uns die Vollen-
dung seines Buches über die spät römische Kunst-
indiistrio (liioi), das ihn nul iinscifni InsliUiU- aufdas
engste verknüpfte. Kin Werk von ungewöhnlicher
Geisteskraft, das fruchtbar fortwirken wird auch in
dem Widerspruche, den es erjcugl, bleibt es in
seiner nur halbfertigen Gestalt /.ugU'iili ein Denkmal
von Riegls Uncrsetzlichkcii.
Die wenigen Zeilen, rlie wir lUni Gedächtnisse
dieser drei Forscher widmen können, werden ihrem
Verdienste nicht gereclil, un<l auch niclU dem Kum-
mer, den wir ob ilires X'erlusie-^ emplinden.
.i.MiKi:sm;i-TE ui-.s östkr. akchaol. institu iks ntii
K
ARGOS AMPh
'^■^^%
SYRAKOSAl
JAHRESHEF'TE des ÖSTERR'ARCHÄOL- INSTITUTES VIII
SCENISCHES TONRELIEF
DES P. NVMITORIVS HILARVS
Cliromolitliograpliie u. Druck von C. Angerer (l Güsclil. \M
/^
)
'~n^<
1
CC österreichisches Archäolo-
27 gisches Institut, Vienna
036 J&hreshefte
Bd. 8
K J
PLEASE DO NOT REMOVE
SLIPS FROM THIS POCKET
UNIVERSITY OF TORONTO
LIBRARY
1
1
^s:^^^i
ält'.'M v:;
, ^>i -.. ?
^x^^.
:>^*^-
> -»*•:■■■
»
^\^1^
•^S^J^y. 'IfS^W»-
•■>-
.< .>
-v"
t*: -v^^\
*-^
^>,- .
. -4 .- '
ii::;5s V V
...^"^n-.-
t**"iv-*»..
^■*i^<;-