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Full text of "Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien"

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IW. 


JAHRESHEFTE 

DES  ÖSTERREICHISCHEN 

ARCHÄOLOGISCHEN  INSTITUTES 

IN  WIEN 


BAND    VIII 

MIT  5  TAFELN  UND  87  TEXTFIGUREN 


S  3.  M    o 


WIEN 
ALFRED  HOLDER 

K..  U.  K.  HOF-    UNI)    UNIVERSITÄTS-BUCHHAI^DLER 

1905 


CG 


Druck  von  RufioLi'    M.  Kohrkk  in   Bkünn. 


ÜBERSICHT  DES  INHALTS 

Seite 

ST.   BRASSLOFF     Die  Grundsätze  bei  der  Commendntion   der  Plebejer      .  60 

A.  V.  DOMASZEWSKI     Schiller  und  Tacitus 143 

R.  ENGEOIANN     Die  Vase  Vagnonville     .    .    .-.    ..V   ."   ,    .    .  .....    .    ..   145 

F.  HAUSER     Nau.sikaa  (Tafel  I) ^  ^    .'.......'  .    '.  '     18 

—  Polyklets  Diaduraenos 42 

—  Zur  Datierung  der  Bronzegußformen  aus  Memphis 83 

—  KOli^jxc 141 

R.   HEBERDEY     Die  Proconsules  Asiae  unter  Traian 231 

W.  HELBIG     Die  InKtig  und  ihre   Knappen      185 

F.  IMHOOF-BLUMER     Eurydikeia ' 229 

J.  KEIL     Arzteinschriften  aus  Ephesos 128 

O.  KELLER     Hunderassen  im  Altertum  (Tafel  IV) 242 

W.  KUBITSCHEK     Kalenderstudien 87 

—  Ein   Straßennetz  in  Eusebius'  Onomastiken? 119 

E.  LÖWY     Athlet  oder  ApoUon? 269 

TH.  MACRIDY     Altertümer  von   Xotion 155 

C.  PATSCH     Die  Saveschiffahrt  in  der  Kaiserzeit      139 

E.  PERNICE     Untersuchungen  zur  antiken  Toreutik  III       51 

E.   PETERSEN     Archaischer  Zierat  von   Erzgefäßen 70 

G.  RTZZO     Theaterdarslellung  und  Tragödienscene  (Tafel  V) 203 

C.   ROBERT     Zu  dem  Epigramm  von  Lusoi 174 

R.  V.  SCHNEIDER     Römisches  Grabmal  aus  Oberitalien  (Tafel  II,  III)  .    .  291 

A.  WILHELM     Praxiphanes i 

—  Zwei  Denkmäler  des  eretrischen  Dialects 6 

—  Zu  Josephus 238 

—  Inschrift  aus  Hyettos       276 

—  Inschrift  aus  Hypata 285 

J.  ZIXGERLE     Fluchinschrift  aus  Maionien 143 


Hl-:iRLAT'r 

Spalte 

A.   COI.XAGO  uiul   T-   KEII,     ArcliSologisclic  l'ntcisiu-luingcii   in   XonUlalmalicn 31 

R.  HEBERDEY     Vorläufiger  Bericht  über  die  Grabuns;cn   in   K|iliesus   ic)04 (jl 

R.  C.  KUKULA     BrSnde  des  ephesisclicn   Artemisions       23 

C.  PATSCH     Sidrona IIQ 

—  Dusinaiics 1 2 1 

W.  M.  RAMSAY     Neo-Plirygian  Inscriptions 79 

X.  VULIt."     Antike  Denkmäler  in  Serbien      i 

A.  WILHELM     Inschrift  aus  Delphi 123 

—  Zu  einem  Papyrus  der  Sammlung   Flinders  Pclrie 123 

E.  PETERSEN     Zu  Heibig  „Die  tansE;  und   ihre   Knappen"   (S.  1.S5)      125 

Emil  Szanto,   Wilhelm   Gurlitt.  Alois  Riegl 125 


Praxiphanes. 


In  dem  letzten   Hefte  des  Bull,  de  corr.  hell.   XX\'lll    137   hat  ¥.  Dürrbach 
folgenden  im  Jahre  1881  auf  Delos  gefundenen  Beschluß  der  Delier  veröffentlicht: 

SerA 


XotpuÄo;  0ap3Üvovxo;  eI-bv 
ZTZBiori  IIpajLCfavTjg  (vac.) 

5  Aiovuatcfavo'jg  ypipiixcn;  wv 
ota-sÄEt  ifj'.  ~i\B'.  Tfi'.  Ar^Xüov 
Y.xl  Tzosi  0  V.  26vaxa[  äyaiföv 
Arpio'jj  -/.a;  Ädyo)L  -/xi  spy'*'-' 
SeoG/Ö-at  x(bt  orjjiwt  sivai 

10  npa^tcpavr^v  Atovuaicfavoy; 
euspylir/;  ~£  toO  tepoO  toO  sv 
lif/MK  y.a.1  Tüpöcevov  Arpa'wv  xa: 
aijxöv  y.a;  sYyovoug  aütoO  xai  £rva[i] 


autoi;  ä-£A£iav  navKov  xa:  y/); 

15  xa!  oJxi'ag  'ijy.x'qv.y  v.od  koa:- 
XBicci  xa!  Txposoptav  £V  Tor? 
[ajywcj'.-  £7t;[x£Ä£r'ji)-at  Se  aütcov 
[xac]  TYjV  ßouÄr^v  xr]v  «£:  |JO'jÄ£'j- 
[ouaav]  £äv  xtvoj  oewvTat  y_prj- 

20  [|xaTcI^o]'j(jav  npWTOi;  |.i£Tä  -cä 

[kpä,  Sttw;  äv]  eC  xupca  xä  07:0  xoO 
5t;]xou  [£']jT/.p['j]jX£va'  ävaypsc'jiai 
[5s  xö5c  xö  ']>V-.a|i]a  xr//  l-i£v  ^O'M^i 
[£L;  x6  [jouÄ£uxTjpi]ov,  xoiij  Zz 

2',  [hponoiobc,  £?;  xo  l£]p6v. 


Die  Zeit  der  Inschrift  ist  dadurch  wenigstens  ungefähr  bestimmt,  daß  XoipOÄo; 
öapTJVovxo;  einen  anderen,  von  Dürrbach  S.  136  mitgeteilten  Beschluß  beantragt 
hat,  der  sich  glücklicher  Ergänzung  des  Namens  nach  auf  den  ['A]ya9'[6axpaxoj 
n]oX[uapäxo'j]  'PioioQ  bezieht,  dem  der  Bund  der  Nesioten  in  Delos  ein  von 
Phyles  aus  Halikarnassos  verfertigtes  Standbild  gesetzt  hat  (CIG  22S3C;  Th. 
Homolle,  Monuments  grecs  187g  p.  52;  E.  Loewy,  Inschriften  griechischer  Bild- 
hauer 178;  Dittenberger,  Sylloge  224).  In  diesem  Agathostratos  hat  K.  Schumacher, 
Rhein.  Mus.  XLI  223  den  Agathostratos  wiedererkannt,  der  nach  Polyän  V  18 
als  Befehlshaber  der  Rhodier  über  die  von  dem  bekannten  Chremonides  befehligte 
ptolemäische  Flotte  vor  Ephesos  einen  glänzenden  Sieg  davontrug.  Die  .Schlacht, 
in  der  die  Rhodier  als  Gegner  der  Ptolemäer  erscheinen,  wurde  früher  um  244  v.  Chr. 
(Dittenberger,  Sylloge  224)  und  wird  nun  von  B.  Niese,  Geschichte  der  griechi- 
schen Staaten  II  135  zwischen  260  und  250,  von  J.  Beloch,  Griechische  Geschichte 
III  I  S.  Ö15.  618;  III  2  S.  433  kurz  vor  der  Schlacht  von  Kos,  in  der  Antigonos 
Gonatas  die  ägyptische  Flotte  besiegte,  ungefä.hr  256  v.  Chr.  gesetzt;  die  Ver- 
mutung, der  aus  der  Zeit  des  Krieges  gegen  Perseus  bekannte  Rhodier  Polyaratos 

Jahresliefte  des  österr.  archäol.  Institutes   Bd.  VIII.  I 


sei  ein  Sohn  dieses  Ag'nthostratos,  bleibt  bei  der  1  liiulii^kfit  des  Xaniens  nbiic 
Wahrscheinlichkeit.  Allertiingfs  ist  das  Staniibild  lies  Agathostratos  noii  RIkkIos 
von  den  Xesioten  nicht  notwendig  aus  jenem  Anlaß  errichtet  worden.  Aii(icr<T- 
seits  darf  aber  auch  nicht  behauptet  w  erden,  daß  es  notwendig  erst  der  Zeit  der 
rhodischen  Vorherrschaft  angehöre.  Es  gar  dem  Anfange  des  zweiten  Jahrhunderts 
zuzuweisen  und  den  Sieger  von  l-.phesos  für  den  AIuhmi  eines  jüngeren  .Xgatho- 
stratos  zu  halten  (Bull,  de  corr.  hell.  X  121)  geht  kaum  an,  wenn  aueh  aus  dieser  Zeit 
von  dem  Runde  der  Xesioten  neuerdings  mehr  bekannt  geworden  ist  (Demoulin, 
Bull,  ile  corr.  hell.  XX\'I1  2^^2\  Miller  v.  Gärtringen,  Thera  111  103).  Aber  aueh 
des  Bildhauers  Phyles  wegi<n  ist  di(^  delisclu^  Weihinsrliril't  in  das  Ende  des  ilritten 
Jahrhunderts  gesetzt  worden.  Weil  zwei  auf  Phyles  bezogene  Inschriften  jüngere 
Schriftformen  zeigen,  hat  Hiller  von  Gärtringen  früher  zwei  Bildhauer  gleichen 
Namens  angenommen  ^T(i  XII  i.  Sjs),  diese  Vermutung  aber  niuierdings  (Thera 
I  1(15  Anm.  122)  zurückgenoninien  :  ..die  delisehe  Statue  sei  um  235  v.  Chr.  gesetzt 
und  Phjies  habe  ganz  wohl  vierzig  bis  fünfzig  Jahre  später  noch  auf  Rhodos 
arbeiten  können.  Die  Niederlage  des  (hremonides  bei  Ephesos  sei  an  das  Ende 
seiner  Laufbahn  zu  verlegen.  Ptolemaios  habe  seinen  Admiral,  nachdem  sein 
Vorgehen  mißlungen  war,  desavouiert  und  es  für  klügtM-  gehalten,  sich  mit  den 
Rhodiern  zu  vertragen,  die  es  wagten,  in  Delos  eine  Statue  des  Agatliostratos 
zu  errichten,  vielleicht  (S.  167  Anm.  144)  erst  einige  Zeit  nach  dem  Siege,  unter 
dem  schwachen  Philopator."  Das  Standbild  ist  aber  gar  nicht  von  den  Rhodiern, 
sondern  von  den  Nesioten  errichtet,  und  ein  Wagnis  war  di(>se  Auszeichnung 
mindestens  .so  lange  nicht,  als  ihr  Bund  und  Delos  unter  makedonischer  Vor- 
herrschaft stand;  nach  J.  Delamarres  Nachweisen,  Revue  de  philologie  1902  p.  301 
und  J.  Belochs  Darlegungen,  Griechische  Geschichte  III  2  S.  428.  462  zeugt  nun 
für  das  Bestehen  dieser  Vorherrschaft  auch  unter  Antigonos  (ionatas'  ,Sohn 
Demetrios  II  die  von  Dürrbacli  in  demselben  H(!fte  des  Bull,  de  corr.  hell.  .S.  93 
veröffentlichte  und  richtig  auf  die  Zeit  Demetrios  II  bezogene  Inschrift.  Immer- 
hin setzt  auch  Delamarre  S.  324  die  Weihung  des  .Standbildes  des  Agathostratos 
in  die  Zeit  der  rhodischen  V'urherrschaft  und  hiUt  sie,  nicht  zum  mindesten  des 
Bildhauers  Phyles  wegen,  für  nicht  älter  als  220  v.  Chr.  Drei  Signaturen  dieses 
Künstlers  IG  XII  i,  85  (Loewy  179),  809  (Loewy  180)  (PüXr/s  'AXi/.apva'^aeOc 
i~-j'.rpt  und  103  (Jahrbuch  IX  38)  <I>6/.y^;  IFo/.uyvoKO'j  'A/.;-/.apvaaa£'j;  iOepYexa;  £-o{y,a£ 
gehören  aber  der  Schrift  nach  sicher  in  das  dritte  Jahrhundert,  eben.so  XII  i,  69 
nach  v.  Hillers  wahrscheinlicher  Ergänzung  [*I>'jÄt^:  (llo/.uyvono'j  ?)  'AXtxapvxa^ey]; 
£v»£pY^~*?  £~[oiVj3£.  Jüngere  Zeit  verraten  dagegen,   den    Abschriften    naeh,    der  ver- 


Praxiphanes  3 

Schollene  Stein  jius  Astypalaia  IG  XII  3,  213  O'jÄrj;  no/'jyvwxo'j 'AA'.y.apvaaae'j;  £7i:4rjcj£ 
und  die  Inschriften  aus  Rhodos  XII  i,  810,  wenn  zu  dem  allein  erhaltenen 
Ethnikon  lAÄtxapvaaasü;  richtig  Phyles'  Xamen  ergänzt  wird,  und  XII  i,  825 
(Loewy  181),  wenn  der  Künstlername  wirklich  $Li[)vr;;]  ist.  Den  sicheren  Signa- 
turen nach  hat  Phyles  somit  als  Künstler  des  dritten  Jahrhunderts  zu  gelten; 
Homolle  hat  kein  Bedenken  getragen,  die  Basis  aus  Delos  ,.ä  defaut  de  preuves 
certaines"  in  Anbetracht  der  Schrift  der  Mitte  des  Jahrhunderts  zuzuweisen  Bull, 
de  com  hell.  IV  332;  H.  van  Gelder  setzt  Phyles  GDI  3812  um  225  v.  Chr. 
Eine  nähere  Zeitbestimmung-  werden  hoffentlich  wie  für  andere  auf  Rhodos  tätigte 
Künstler  so  auch  für  Phyles  die  reichen  Inschriftenfunde  ergeben,  die  dem  Ver- 
nehmen nach  bei  den  jüngsten  dänischen  Ausgrabungen  in  Lindos  gemacht 
worden  sind.  Jedesfalls  darf  die  Weihung  des  von  Phyles  verfertigten  Standbildes 
des  Rhodiers  Agathostratos  durch  die  Nesioten  auf  Delos  in  die  Zeit  nach  seinem 
Siege  und,  in  dem  von  Beloch  und  Dürrbach  gekennzeichneten  geschichtlichen 
Zusammenhange,  in  die  Zeit  der  makedonischen  Vorherrschaft  im  Agäischen 
Meere  gesetzt  werden. 

Ungefähr  in  dieselbe  Zeit  g'ehört  sicherlich  auch  der  Beschluß  der  Delier 
zu  Ehren  des  Agathostratos.  Für  seine  zeitliche  Bestimmung  gibt  der  Name 
des  Antragstellers  einen  vom  Herausg-eber  übersehenen  Anhalt.  Denn  XoLp6Xoj 
Oapauvovxo;  ist  der  Sohn  des  ©apcjüvwv  XotpüÄou,  der  nach  Th.  Homolle,  Archives 
de  l'intendance  sacree  de  Delos  S.  104  im  Jahre  268  v.  Chr.  izpoizoiö^  und  im 
Jahre  261  Äp/wv  der  Delier  war.  Die  politische  Tätigkeit  des  Sohnes  wird  in 
die  nächsten  Jahrzehnte  und,  wenn  der  Vater  diese  .Stellungen  in  höherem 
Alter  bekleidete,  mit  der  Zeit  seiner  Wirksamkeit  noch  teilweise  zusammenfallen; 
die  von  Choirylos  beantragten  Beschlüsse  für  Agathostratos  und  Praxiphanes 
gehören  somit  in  die  Zeit  um  oder  nach  Mitte  des  dritten  Jahrhunderts.  Dazu 
stimmt,  daß  der  Beschluß  für  Praxiphanes  nach  Dürrbachs  Bemerkung  S.  130 
ein  Zeichen  gewissen  Alters  in  der  Überschrift  {^£o:  zeigt,  die  in  jüngeren  Be- 
schlüssen fehlt,  aber  ebenso  z.  B.  über  dem  Beschlüsse  S.  135  für  Timokleidas  von 
Sikyon  steht,  den  der  Herausgeber  mit  Recht  der  Zeit  vor  264  v.  Chr.  zuweist. 
Unter  diesen  Umständen  unterlieg-t  es  keinem  Zweifel,  daß  Praxiphanes, 
Sohn  des  Dionysiphanes,  dem  der  von  Choirylos  beantragte  Beschluß  der  Delier 
gilt,  der  bekannte  Peripatetiker  ist,  der  ausdrücklich  als  .Sohn  eines  Dionysiphanes 
bezeichnet  wird  (F.  Susemihl,  Geschichte  der  gTiechischen  Litteratur  in  der  Ale- 
xandrinerzeit I  144).  Schüler  des  im  Jahre  287  v.Chr.  verstorbenen  Theophrastos 
und  angeblich    der    erste    ypai.iiixiiy.ö;    (Susemihl    II   664),     kann   Praxiphanes    das 

1' 


4  A.    Wilhelm 

zweite  Drittel  des  dritten  Jahrhunderts  nicht  überlebt  haben.  Eine  genauere  Zeit- 
bestimmung hat  Susemihl  der  lateinischen  Biographie  des  Aratos  abzugewinnen  ver- 
sucht, indem  er  aus  ihr  herauslas,  Aratos  und  Kallimachos  seien  gleichzeitig  Zuhörer 
des  Praxiphanes  gewesen,  und  zwar  zu  Athen  etwa  zwischen  291  und  287  v.  Chr. 
J.  Beloch  hat  aber  mit  Recht  bemerkt  (Griechische  Geschichte  III  2  S.  499),  daß 
diese  lateinische  Übersetzung  mißverständlich  wiedergibt,  was  die  erste  der 
griechischen  Biographien  des  Aratos  erzählt,  daß  nämlich  Kallimachos  Aratos 
als  älteren  Dichter  mit  großem  Lobe  nicht  nur  in  seinen  Epigrammen,  sondern 
auch  £V  tof;  ~p6;  Ilpacüfxvr;  erwähnt  habe.  Die  Tatsache,  daß  Kallimachos,  dessen 
Lebenszeit  früher  auf  etwa  310  bis  235  v.  Chr.  (Susemihl  I  347),  von  J.  Beloch 
neuerdings  auf  etwa  290  bis  210  v.  Chr.  bestimmt  worden  ist  (Griechische  Ge- 
schichte II  493),  eine  Schrift  an  oder  gegen  Praxiphanes  verfaßt  hat,  erlaubt 
keine  weiteren  Schlüsse;  jedesfalls  ist  Praxiphanes  ein  älterer  Zeitgenosse  des 
Kallimachos.  Nach  Clemens  Alexandrinus  Strom.  I  309  a  und  der  lateinischen 
Biographie  des  Aratos  war  er  aus  Mytilene;  Strabon  XIV  13  nennt  ihn  dagegen 
unter  den  Rhodiern,  die  sich  als  Staatsmänner  und  Gelehrte  ausgezeichnet  hatten: 
äv5p£;  5'  eysvovxo  [vn^nr^c  y.\.o:  r.oX^.ol  cjtpaTr^yoc  te  xai  äW.r^xaö,  wv  sta'.  xai  ol  ITavaiTWu 
xoO  <:fi\oQb-:^'j\i  TTpöyovoi-  twv  Zi  -oÄitixcov  xa:  xcbv  r.t^l  Äöyo'jj  xai  '^'.XQaoy.y.y  fi  ts  Ilavatxio? 
auTÖs  xa:  Z-rpatoxAf;;  xai  !\v5p6v:xo;  0  ex  töv  nepina-cwv  xa:  AewvtSr;?  6  oxloixö^,  tu  8h 
Tipötepov  U^TiZ'.'^mr^^  xa:  'l£pü)vu|iog  xa!  E'j5r,[^io;.  In  dem  Beschlüsse  der  Delier  fehlt  leider 
die  Angabe  der  Heimat.  Ob  diese  in  einer  verlorenen  Unterschrift  gestanden  haben 
kann,  wie  unter  dem  Beschlüsse  Bull,  de  corr.  hell.  XXVIII  1 17  steht:  E\)\xrßoo  K/.al^o- 
|ji£v:ou,  läßt  sich  aus  Dürrbachs  Angaben  über  die  Stele,  die  anscheinend  auf  eine 
Abschrift  A.  Hauvettes,  nicht  auf  den  Stein  selbst  zurückgehen,  nicht  entnehmen. 
In  den  erhaltenen  Ehrenbeschlüssen  für  Fremde  andere  Beispiele  für  das  Fehlen 
der  Heimatsangabe  bei  dem  Xamen  des  Geehrten  zu  suchen,  bin  ich  im  Augen- 
blicke weder  gewillt  noch  imstande;  aber  wenigstens  eines  ist  mir  in  Erinnerung. 
In  einem  Beschlüsse  der  Magneten,  9  in  seiner  Sammlung,  liest  O.Kern  Z.  8  ff.: 

Aa[Aä/.o'j  er^cv  •  im-.iri  OüÄ:[ä]5r^[; 

.  .  :?  .  'j?:;  .  .  xa:  Me[vw]v  IIpo[&]ou  A:a;'' 

c'jvo:  xa:  -p4it"j[n]o:  ef(3[tv]  uep:  xöv 
S^^jiov  TÖv  ilaYVTjTfo-j'  xa:  xtÄ. 

und  müht  sich  vergeblich  aus  A:a-  ein  Ethnikon  zu  gewinnen.  Ich  erkannte  auf 
dem  Steine  in  Z.  10:  x]a':  M[r(Vdo](i)poc  0['j]/.:a2o['j],  den  vorangehenden  Vaternamen 


Praxiphanes  5 

—  an  ein  Ethnikon  mit  dem  Artikel  wird  man  scliwerlicli  denken  dürfen  —  habe 
ich  nicht  ermittelt,  und  meme  Abschrift  ist  mir  nicht  zur  Hand.  In  der  ersten  Zeile 
dieses  Beschlusses  bietet  übrigens  der  Stein,  wie  ich  bereits  Jahreshefte  IV  Bei- 
blatt S.  27  Anm.  6  vermutet  hatte,  deutlich  £-■  ''AXx'.oj;  Kern  hat  einen  sonder- 
baren Namen,  inl  Awxio;,  gelesen  und  in  den  aus  demselben  Jahre  stammenden 
Urkunden  10  und  i  i  ergänzt.  Für  das  Fehlen  der  Heimatsangabe  in  dem  Be- 
schlüsse zu  Ehren  des  Praxiphanes  nach  besonderen  Gründen  zu  suchen,  wie  daß 
Praxiphanes  zur  Zeit  nicht  in  seiner  Vaterstadt,  sondern  anderswo,  doch  nicht 
als  Bürger  ansässig  gewesen  sei,  ist  meines  Erachtens  nicht  geboten.  Für  seine 
politische  Tätigkeit  ist  der  Beschluß  trotz  der  Allgemeinheit  der  in  der  Begründung 
gebrauchten  Worte  ein  vollgültiges  Zeugnis.  Daß  ihr  Schauplatz  Rhodos  gewesen 
sei,  geht  aus  der  Nennung  unter  berühmten  Rhodiern  bei  Strabon  nicht  mit 
Notwendigkeit  hervor,  lebte  und  wirkte  doch  auch  Hieronymos  zu  i\then.  Immer- 
hin ist  beachtenswert,  daß  der  einzige  Beschluß,  den  Choirylos  unseres  Wissens 
außer  dem  für  Praxiphanes  beantragt  hat,  dem  Rhodier  Agathostratos  gilt,  der  die 
Flotte  seiner  Vaterstadt  im  Kampfe  gegen  die  Ptolemäer  zum  Siege  geführt 
hatte.  Es  ist  somit  möglich,  wenn  auch  nicht  zu  erweisen,  daß  zwischen  beiden  Be- 
schlüssen ein  innerer  Zusammenhang  besteht  und  sie,  wenn  nicht  gleichzeitig 
gefaßt,  so  doch  beide  bestimmt  sind,  Männer  zu  ehren,  die  sich  um  die  Delier 
und  den  Bund  der  Nesioten  zur  Zeit  ihrer  Abhängigkeit  von  Makedonien  Verdienste 
erworben  hatten.  Auch  ein  anderer  Peripatetiker  der  Zeit,  der  allerdings  eigene 
Wege  ging  und  sich  von  der  Schule  unter  Lykons  Leitung  zurückzog,  Hieronymos, 
und  später  Prytanis  waren  Anhänger  der  Makedonen  und  ihrer  Politik  dienst- 
bar. Auf  den  von  R.  Hirzel  und  R.  Scholl,  Hermes  XIII  46.  446  besprochenen 
Dialog,  den  Praxiphanes  an  dem  Hofe  des  Königs  Archelaos  spielen  ließ,  würde 
so  vielleicht  noch  besonderes  Licht  fallen. 

Zum  Schlüsse  sei  bemerkt,  daß  in  dem  von  F.  Dürrbach  S.  121  mitgeteilten 
Beschlüsse  Z.  3  nicht  [irzsior^  -apa^Jirävts;  ini  tyjV  JjouXtjV  v.%1  töv  5-^[.iov,  .sondern  [xaxa- 
a]Txv-e;  zu  lesen  ist,  wie  die  Inschriften  aus  Ephesos  in  Dittenbergers  S3dloge  470 
und  Orientis  graeci  inscriptiones  10  und  die  von  E.  Curtius  in  seinem  Aufsatze 
über  Paulus  in  Athen  (Gesammelte  Abhandlungen  II  528  A.  i)  besprochene  Stelle 
Herod.  III  46  zeigen.  In  einem  anderen  Beschlüsse  S.  124  Z.  14  ff.  ergänze  ich:  xat 
Tor;  a.'-f'.v.V'JU\xb/oiq  xiöv  7i:oa:x())v  auvepyer  |i£Ta  -äar^^  7ipO(l"j|u'a;  sv  o[r;  äv  fJYyäJvwao 
ypefav  £7_ov[t£c. 

Innsbruck.  ADOLF  WILHELM 


Zwei   l)cnkmal(jr  des  crctrischcn   hiakkts. 


X 


I. 

V4)n  der  Inschrift  aus  Aliveri  auf  Kub<jia,  dir;  durch  Ranj^abes  Veröffent- 
lichung, Antiquites  Helleniques  957  und  in  dem  mir  nicht  zugänglichen  Memoire 
hur  la  jjartie  meridionale  de  l'ile  d'Eubee  1852  bekannt  ist,  findet  sich  in  dem 
in  der  Hibliothek  der  königlichen  Museen  zu  Berlin  aufbewahrten  Sammelbande 
Schaubertscher  Aufzeichnungen,  über  den  V.  Koepp,  Arch.  Anz.  1890  S.  140 
berichtet  hat,  eine  bisher  uiilj<;achtete  Aljschrift.  Keineswegs  fehlerfrei,  stimmt 
sie  in  seltsamen,  bisher  ungedeuteten  Lesungen  mit  Rangabes  Abschrift  über- 
ein und  hilft  so  in  engem 
Anschlüsse  an  die  Überliefe- 
rung das  Verständnis  einer 
sprachlich  und  sachlich  merk- 
würdigen Urkunde  wiederzu- 
gewinnen. Der  Stein  selbst 
scheint  verloren.  A.  I'au- 
meister  hat  ihn  bei  seiner 
liereisung  Euboias  noch  ge- 
sehen (Jahrb.  f.  Philol.  LXX\' 
•857  S.  352);  ich  habe  ihn 
im  Jahre  1890  an  Ort  und 
Stelle  vergeblich  gesucht. 

„Inschrift  aus  Aliveri  auf 
Euboia.  Stiege  zur  Haupttür  des  Temjjloii   der  Kirche  "A.  l'a'öpY'.c:.    Das  OD  ist  be- 
deutend grölier,  tiefer  und  roher  gehauen.    Die  folgende  Reihe  steht  etwas  davon 
ab.   Mitgeteilt    von  dem  königlichen  Consul   Herrn  von  Hahn."'    Schaubert. 

Der  .Stein  ist  vorstehend  nach  der  Abschrift  abgebildet,  die  ich  im  Herbste 
1901  von  Schauberts  Zeichnung  nahm,  auf  der  nächsten  Seite  ist  Rangabes 
Abdruck  wiederholt. 

Die  ersten  erhaltenen  Worte  schliefen  einen  Satz,  der  dem  Übertreter  ver- 
lorengegangener Bestimmungen  eine  Buße  von  vermutlich  fünfzig  Drachmen 
auferlegt,  die  Apollon  zufällt.  Dem  Ajjollon  wird  auch  von  der  in  dem  Vertrage 
zwischen  Eretria  und  Histiaia  (F.  Bechtel,  Inschriften  des  ionischen  Dialekts  15; 
O.  Hoffmann,  Griechische  Dialekte  III  .S.  11,  18)  für  Übertretungen  fest- 
gesetzten .Strafe   von    zehn  Talenten  der  zehnte  Teil  zugf-sjjrochen,    dem  Apollon 


ONTAAPAXMA 

O  A   A  A  N  O    ?  O  A  E  .6.  i:   ii    "    , 
MMHOPI^/KE^.AIE      \ 
P/^PE     ITOY?        OMOPA«\ 
ENTA         YfPA?^  MA  \ 

NETAEKP  PHTTONTA. 
AEOI  lEPO.AOlHAYTONO^E 
AONTANAIP.AE     CD 

ATÜTINEIN  EEAMME-.4EIPA 
H*EPANAAOI  EKATONAPAX/' 
AiEANAEBOi KANNE  I  PEAAN 
«TE    PE<OATOYBO«KHMATO^ 


A«fvy/;p6f^?,  dessen  Tempel  an  Eretria  au%edßckt  ist  ((IIp!ni.Ta!^  1900  S.  53I 
wahrscheinJicher  als  dam  Av-'-o;  fEtpr/li.  ^pX-  1900  S-  53)-  Sitammat  aber  däe 
Inschrift  aus  Tamynai,  das  in  dier  Geg^end  s^on  Aliveri  g-esiucht  ward  (D,  Staaaro- 
pullos,  'Eyr^i-  Äpy.  11895  S-  152;  F,  Geyer,  TofjKOgTapMe  wind  Gescäiäclhte  der 
Insel  liuboia  I  75),  so  wird  d«-  Gott  siclier  der  Apollion  «ein,  dem  das  be- 
kannte doTtif^e  Heiligtum  j^ehörte  und  dem  da«  in  der  .Siegerliste  'E-ji^ii.  ipy. 
II  if>,  412;  E.  Reisclb,  De  miasidLS  GTaeßormm  certaminibims  S-  126;  Mäclsei, 
Re>oueil  897  '("E'-^r^i,  ipy.  1895  S-  16,5)  («-wähnte  an'selhiinilicihe  Fest  der  Tuojt'Wffi«  g-efeiert 
\ward-  Die  sichere  Ergänzung-  der  ersten  Zeile  ;[kp«s  'C^St  'A3c}6/JjA*)«';  ergibt  eine 
5keile  ziuvieL  An  tp^  ist  nicht  zu  denken, 
weil  der  Stein   K.-ll>vt   in    /    -    'f^'j-W.  hu-x-ct  ■ssswljx.'lcwzix.  ^payjiä:^  i£j>i- 

5  ic5  'AicJlsiUiwyoc-  i  ^  ^y^S?W/.' 
^NTAAPAX^A'  o;  d]x^  «irj  ep>'.<;*[pj)£'.  ![tj  Jlfj]  !(•>£- 

■)  AAriN  O  ^O  A  E  A  (-   ^  /     V    -,      r  -n  -       ,r    Ti     -     '      T 

A  M  ^  N  o  P  l^riK  E  I  M I  E  <-'e)7>>fl[«3?e-.  ~.o'K  ;[ii3rj  oj^c^tv- 

YPAPEITOYAH         OPA  >      ~%%   Äevx«[xc|p|['j)«;  Slpz/Jii; 

\  ^  r  E  N  TA//  Y  P  i:A  i  A  K  A  V,,  A  «  r*>:r^'/£'^'  er^zpr.^^y^ 

AEOIIEPOPn.OII-ITn.NO<*'E  5^=^  '^p«:i['>]K  Tj  afJT^;]  c.?£- 

AONTn.NAIPAECD  /.WPWV  ^.tJ^I}, 

APOT  1  NEI  NAE  EAMMENHKE  1  P/l 

H<t.EPnNAAniEKATONAPAXM  *r^y£:y  5t  th,  ii^  y^-f^M 

A«EANAE80CKnNHCI*EAn.N  ^  .^         ,\ 

^  T  E  P  E  ?  OnTO  Y  B  O  ^  K  H  M  ATO  ?  '"      ■^n  ?£?*»>  «'-^  EXOT^'V  Spseyjt- 

und   auch   der   eben   erwähnte  Vertrag   mit  ^s?^^^*«  w5  ^OTcr^jexo;. 

Histiaia,     die     Tempelordnung    von    Oropos 

IG  \'II  235,  Sylioge  589  und  der  kürzlich  von  G.  A,  Papavassiiiu,  'E-pjji.  4px-  '902 
S.  97  veröffentlichte  Beschluß  über  den  musischen  Agon  der  'Ap-TEjitp'.«.  der,  wie 
ich  demnächst  zeigen  werde,  in  die  Zeit  unmittelbar  nach  der  Befreiung  Eretrias 
im  Jahre  340  v,  Chr.  gehört,  nur  die  Formen  mit  lep-  kennen-  Es  wird  also  ent- 
weder das  Iota  gegen  die  3TV.77;5©v-Ordnung  zwischen  die  Buchstaben  gestellt 
oder  statt  toO:  tö  geschrieben  gewesen  sein.  Zu  letzterer  Annahme  berechtigt 
Rangabes  ausdrückliche  Bemerkung:  'Les  lettres  sont  trfe-belles  et  tr^reguliere- 
ment  traeees  les  unes  sous  les  autres.  Leur  forme,  aussi  bien  que  Torthographe, 
indique  une  epoque  contemporaine  ou  meme  superieure  ä  Euclide,  car  il  est 
permis  de  croire  que  l'usage  des  lettres  H  et  n  fut  adopte  dans  les  actes  public» 
en  Eubee  avant  de  l'^re  ä  Ath^es.'  Der  Beschluß  der  Eretrier  für  einen  ihrer 
Befreier    von    der   athenischen    Herrschaft   aus   dem    Jahre    411  j/.  Chr.,    den    ach 


'E^r^Ji-  äpy.  iSoo  S.  195  veröfFeiulirht  luilic  (Syllo^o  47),  zeigt  einmal,  (li(>  TiMiipel- 
ordnung'  aus  Oropos  viermal  diese  ältere  Sehreibung:  Z.  ü  toO  [ir^vi;  Exajio  ? 
17  ivtö8'a.  31  ,3ÖXrj-a'..  43  ,io).o|t£voO.  33  toO  ispr^O'j  sxxsto,  der  IVi-sehlulB  über  die 
"ApTE[i{p;a  einmal  /..  31.  wiedi^r  in  dem  Worte  jjOÄÖ(.i£V&v,  selbst  dir  zu  I-'hrcMi  drs 
iTlaukippos  'K-^-r,|i.  äpy.  i8q2  S.  ijh.  Sylloi^c  1S5  aus  dem  lüidc  des  vierten  Jahr- 
hunderts einmal  /..  10  -oiövia:.  In  der  Insehritt  selbst  steht  Z.  S  Ö'^eXövkov  wi(> 
l(i   \'1I  235  Z.  8  ä^ixv£|i£vwv  naeh   Dittenbergers  Deutung. 

Der  Beamte,  dem  die  Abnahme  des  Eides  zur  Pflicht  gi'macht  ist,  selieint 
der  5T(|iapyo;  zu  sein:  wenigstens  will  (>s  nicht  gelingen,  eine  andere  Amtsbezeich- 
nung ausfindig-  zu  machen,  deren  Atd'angsbuchstaben  gleich  gut  zu  den  von 
Rangabe,  und  freilich  nicht  .U''"'-  ^"  .U^'t.  '^i'  den  \(ni  llahn  nach  OAE  in  der  zweiten 
Zeile  verzeichneten  Resten  und  zur  Lücke  stimmen.  Dalj  der  Raum  nach  OTjU-ap/o; 
die  Schreibung  tii[i  statt  wie  Z.  ^  und  1 1  £ä|i  fordert,  spricht  nicht  gegen  die  Er- 
gänzung. Denn  augenscheinlich  ist  es  Unsicherheit  der  Aussprache,  die  solche 
Schwankungen  in  der  .Schreibung  verursacht.  In  der  Inschrift  selbst  steht  Z.  7 
:£po;;ooi,  in  der  Tempelordnung  aus  Oropos  Z.  37  S£iö|i£vov,  in  dem  J^eschlusse 
über  die  'ApT£|i;pta  Z.  26,  2g  [£pEa  neben  Z.  28,  35  Iz^zioc  (vom  Herausgeber  irrig 
beurteilt)  und  Z.  27  'Hpxou  wie  .Sylloge  47  Z.  10  "AU-r^vxiov  statt  'Al^r//a(wv,  Sylloge  185 
Z.   I   4>avo/./.£iou.  ö   ,jaa:Ä£ra,  7  'EpETpiEtwv. 

Demarchen  nennt  der  Beschluß  über  die  'Ap-£|i:p;a  Z.  2^  und  34  und  zu 
zweien  erscheinen  sie  nach  dem  Polemarchen  in  der  'E'.fr||x.  äpy.  1899  S.  140  ver- 
öffentlichten .Siegerliste,  die  der  Herausgeber  trotz  ihres  1^'undortes,  der  (regend 
lIa/.xio-/ü)px  bei  BäO'Eia,  in  der  das  Heiligtum  der  "'Apisjii;  'A[i.apuata  gesucht  wird 
{M.  Stauropullos,  'E'fr^ji.  äpy.  1895  S.  161,  K.  Kuruniotis  ebenda  1900  S.  5),  und 
der  Verschiedenheit  der  einleitenden  Formel,  in  der  statt  eines  Agonotheten  eben 
die  zwei  Demarchen  genannt  sind,  auf  die  Agone  der  'ra|CJV£'.a  beziehen  möchte. 
Ereilich  sind  die  Steine  auf  Euboia  vielfach  gewandert  CP>.fr;ii.  äpy_.  1892  S.  141, 
160,  I7',';  1895  S.  156;  1899  S.  141;  1902  S.  142).  Daf3  übrigens  diese  Siegerliste 
in  dieselbe  Zeit  gehört  wie  die  der  Ta|iLiV£'.a,  zeigt  eine,  glaube  ich,  gesicherte 
Ergänzung  der  letzten  Zeilen.    K.  Kuruniotis  las  Z.   6  flF. 

()tO£    EV'/.fOV 

£-ö)v  -07^r/,[:] 
Ar/idooTO:  'IlpzzX£tT[w 

(})A 
ENTn 
und  umschreibt  £v  zm.  In  anderen  Listen  steht  aber  vor  oder  nach  dem  i-(7)V  -oir^xT^; 


Zwei  Denkmäler  des  eretrischen  Dialekts  9 

nicht  selten  der  py.'\)i<ioiz:  IG  VII  416.  418.  420.  1760.  1762.  2727.  3195 — 31Q7. 
4147,  und  ein  pa-icoSd;,  in  dessen  Namen  die  in  der  letzten  Zeile  gelesenen  Buch- 
staben wiederkehren,  ist  bekannt.  <t)A  wird  daher  vermöge  eines,  bei  Buchstaben 
gerade  dieser  Zeit  begreiflichen  N'erseheiis,  statt  PA  verlesen  und  zu  ergänzen  sein; 

[(/ocbw'.oöc] 
[M]ev-w[p  'ATtoXXoSÖTO'j  '\i^y.-/J.eM-.riz]. 

Mentor  ist  in  gleicher  Eigenschaft  in  der  Siegerliste  der  XacpiTTjaia  von  Orcho- 
menos  I(f  VII  3196  genannt,  die  nach  E.  Reischs  Nachweis,  De  musicis  Graecorum 
certaminibus  S.  iii  wie  3195.  3197  und  die  Siegerlisten  von  Oropos  VII  416 — 420 
und  Thespiai  VII  1760  in  den  Anfang  des  ersten  Jahrhunderts  v.  Chr.  gehört; 
mit  VII  3195  aber  und  den  gleichzeitigen  Listen  aus  Oropos  VII  418  und  420 
ist  die  Siegerliste  der  Taicjveia,  wie  ebenfalls  Reisch  gezeigt  hat,  durch  gemein- 
same Erwähnung  mehrerer  Künstler  verbunden.  Übrig-ens  sei  bei  dieser  Gelegen- 
heit bemerkt,  daß  der  y.id-x^i'jxr^;  — g  Seooözo'j  Syjpxloq,  den  das  bei  AOÄiovapiov  auf 
Euboia  gefundene,  in  der  'Etfr^n.  ipy.  1902  S.  107  veröffentlichte,  leider  zugrunde- 
gegangene Bruchstück  einer  Siegerliste  nennt,  der  tzoit^ty,;  TpayfjJOiöJv  Aioyevr^; 
WeoSot&'j  ör^^iaro;  der  Siegerliste  aus  Akraiphiai  IG  VII  2727,  deren  verloren  ge- 
glaubten ersten  Teil  ich  im  Nationalmuseum  zu  Athen  wieder  aufgefunden  habe, 
oder  mindestens  ein  Verwandter  desselben  sein  wird. 

Die  rhotacistischen  Formen  sind  bisher  in  Z.  3  und  4  ebensowenig  wie  sonst 
in  der  Inschrift  erkannt  worden  und  fehlen  daher  in  Bechtels  Auszug  (Inschriften 
des  ionischen  Dialekts  22)  und  in  O.  Hoffmanns  Sammlung.  Nach  opxwps:  ist 
eveyupäpei  sicher,  zweifelhaft  nur  die  Ergänzung  der  Lücke,  da  von  Hahns  Ab- 
schrift auf  [y.]ocl  £.  die  Rangabes  auf  jir,  s,  mit  Auslassung  eines  r,.  zu  führen 
scheint  und  obendrein  zwei  Stellen  vor  svE/upäps:  frei  bleiben;  vermutlich  hat  der 
Steinmetz  beim  Übergänge  zur  nächsten  Zeile  irrig  zwei  Buchstaben  wiederholt. 
Dem  Demarchen  war  also  Vereidigung  oder  Bestrafung-  der  den  Eid  nicht 
leistenden  unter  Abnahme  eines  Pfandes  aufgetragen.  Über  das  Vorgehen  klärt 
eine  Stelle  in  Piatons  Gesetzen  auf  949  c:  otxöjv  t£  Tzepl  Xrjcew;  tov  aü-ov  tpörrov  ehot,: 
npbg  a/J.TjXou;  Tziai  -r)v  xptcjtv,  Saa  x;;  eXsuS-spoc  SiKzid-zC  ~fj  TioÄsi,  |J.Tj-'  oOv  TiÄT^ytov  äz'.oc 
[iTjS'  aü  osafiwv  [ir^oh  9-aväto'j.  -spi  5c  yope'.y.z  tivtov  -^oitTjastov  y^  -Ofi-s'jsswv  Vj  toiouxwv 
xtvöv  a/./.wv  xoivwv  xocJi-tT^asMV  y,  Äsixo'jpYitov,  ö-öax  -spi  ü-jaia;  Eipy^vr/.y;;  y,  -o/,£|i;y.wv 
eiacpGpiov  eovcxa,  "xviwv  xwv  tgio'jtwv  ty^v  r.pmzyfj  äyx-f/.r^'/  zy.y-Ji^i  £:vai  xy,g  ^(^\\.\y.z.  tcü  os 
[iYj  7:£iy-o[^i.£vo:;  ivzyypy.'jioi.^/  -oöxo:;  olz.  av  ~4Ä;j  «[la  y.x:  v6|.iog  £t3rcpa-x£tv  npoarä-xy,, 
Twv  ok  aTiet-ö-oüvxwv  iol'.c,  b/eyupocaioi,'.:;  izpötav/  xGn  £V£-/6pwv  zhxi,  zb  ok  v6[_ua[j,a  Y'rfvzalhoii 
Ttj  nöXs.'.'  ixw  Ss  L,rj[i.ixq  SEWvtai   -Äci'ovo;.  -i.;  y.pyy.z  iy.x'jzy.t  xor;  ä-£i9-oOa'.  -.%z  7zpe-'-/j:!xq 

JaLresbefte  des  österr.  archäol.  Institutes  Bd.  \IH.  2 


Die  Tempelordiumu  von  Oropos  IG  Vll  235  sa^t  Z.  q  av  0£  t;;  äc;y.£f  sv  lot  Ispoi 
f,  ;ivo;  f,  Smözr,:.  ^rji'.oO-to  6  Ups'j;  [dyp:  -irzs.  2pa-/|t£(ov  xupiw;  xa:  ivs/upa  Xa[i[jav£i(ü 
Toj  £^T({f.wnivoy  äv  5'  sy.iivsi  ri  äpyjp'.ov  «lapEov-oc  xoO  ispeo;  £|i|iaA£-ca)  ef;  x&v  H'rjia'jpöv. 
Auch  das  Astyiiomengesetz  von  Peryamon,  Athon.  Mitt.  XXX'II  47  (vcfl.  h.  Keil, 
XXIX  75  ff.)  ordnet  mehrfach  im  Falle  des  Uiiy-eliorsanis  rtrnuUin^  an,  1  /.  07  y.xl 
j]äv  är[£ii)-(OCT:v.  £v]£y_upa;^£[-(03av  aÜTO-j;  o[  ä^tuvöi^io;].  II  Z.  50  ixv  -lv£;  |irj  ä/:o5:5(T)a:v  — 
/,a|i,iavi-:(oaav  aOnov  0:  ä|i-,fo2äpxa:  svEyjpa  xa:  xit^iaiKoaav  £V£yupaa:'av  npö;  loüc  äaiu- 
vö|iO'j;  aO«>r,}i£pöv  r,  t»,:  03-:£pa{a:.  xa:  iäv  lUiiVc:;  irojicsr^Ta:  xä  £V£-/'jpaai)£v:a  £v  r,|t£pÄ'.; 
TrsvTi.  TTwÄEiTwsav  a'jTa  xt/..  (dazu   \V.   Kolbe  S.  05). 

Die  Lesung-  -ob;,  [it^  öjiöpaviac  setzt  voraus,  dal3  Rangabe  nach  to'j  das  Sit;nia 
übersehen  und  statt  IiryiSrj  gelesen,  und  .Sehauberts  (lewahrsniann  die  Lücke  nach 
XO'JC,  wie  aucfensoheinlich  in  der  nächsten  Zeile  zwischen  5  und  |ia,  /u  klein  an- 
gegfeben  hat.  Wie  mangelhaft  beide  .Mischriftcn  sind,  zeigt  /..  =; :  die  lüuluny 
-piac  nach  -Evia  hat  verführt  an  (lupia;  zu  denken,  daher  sind  die  dazwischen 
stehenden  Buchstaben  in  diesem  .Sinne  verlesen  worden,  während  d<jch  Tievxa- 
xopJa;  allein  möglich  ist.  'Ispo-oo:  mit  Ausfall  des  L)ta  wie,  schon  erwähnt,  ajx' 
'A«l-Y/ä(ov  Sj'llogc  17  und  'Hpäo;;  "E-.fTji.  äp/_.  1902  S.  99  Z.  2-.  1  )al.i  beide  Abschriften 
Ifipo-noi  bieten,  wird  bloiJes  Versehen,  und  die  Le.sung  AYTON  und  l-lTriN  in  der- 
selben Zeile  statt  aCixo:  vielleicht  durch  das  Darüberstehen  der  Silben  lov  und  xiov 
veranlaßt  sein.  Zum  .Schlüsse  des  Satzes  ist  5:-X£r  zu  schreiben;  so  heilJt  es  in 
Piatons  Gesetzen  92Sb  6  oi  irrftpo-oc  —  Zri\).io{)X(>)  tw  Zilx'n:  x'.|i'/;|ia'::  tö)  SixasTr^p:'';) 
C'.Tz'/.r,,  868  a  ö  xT£:vac  —  5'.:x}.Y(  zb  f/Äpo;  exxEtaaxd)  xw  x£xxrj|i£Vto;  Si7:X£:  xaxaaxaast  in 
der  gToUen  Lischrift  von  (xortys  (iDI  4991  VI  22  u.  s.,  4998  111  16,  xav  S:-X£iav 
xaxaTtäaai  xä;  -'.\\.iz  z.  B.  4991  ^'l  41.  Daß  das  Zeichen  CO  später  eingezeichnet 
ist,  bezeugt  auch  Rangabe  ausdrücklich.  Ahnlich  ist  ein  A  von  .späterer  Hand 
auf  dem  in  Chalkis  gefundenen  .Steine  ^¥jyi^\K.  äpy.  igo^  .S.  in  eingezeichnet,  den 
ich  in  derselben  Zeit.schrift  1903  S.  135  für  attisch  erklärt  habe  und  in  ilni-ni 
nächsten   Hefte  neuerdings  behandle. 

Der  zweite  Teil  der  Inschrift  bezieht  sich  auf  den  .Schutz  eines  heiligen 
Bezirkes,  in  dem  Beschädigung  der  liäume  und  .Sträucher  und  das  Weidenlassen 
von  Tieren  verboten  wird.  Da  die  in  dem  ersten  Teile  erwähnte  Buße  Apollon 
zufällt,  liegt  es  nahe,  an  einen  ihm  geheiligten  Bezirk  zu  denkiMi.  Ahnliche  \\c- 
stimmungen  enthalten  die  In.schriften  über  das  Heiligtum  des  WrS/.'/.wt  'EptaaitE'Jj 
oder  'Epi3aö-eoc,  Sylloge  568  aus  Athen,  569  (IG  Xll  .s,  loK)  aus  Paros,  570  aus 
Chios,  565   aus  Amorgos,   wie  L.   Ziehen.    Rliein.   .Mus.    LIX    400  erkannt  hat;    531 


Zwei   Denkmäler  des   eretrischen    Dialekts  I  I 

(J.  Delamarre,  Revue  de  philologie  igoi  p.  165)  ebenfalls  aus  Amorgos  Z.  35, 
GDI  5027  aus  Gortys,  die  Mysterieninschrift  von  Andania  653  Z.  78,  die  Ordnung- 
des  Heiligtums  der  Alektrona  560  Z.  30,  des  Heiligtums  des  Apollon  Koropaios 
790  Z.  78  ff.,  die  Inschrift  aus  Tegea,  zuletzt  Michel  605  (Br.  Keil,  Anonymus 
Argentinensis  311);  gelegentlich  erwähnt  solche  Bestimmungen  die  Inschrift  aus 
Magnesia  und  Itanos  Sylloge  929  Z.  80:  vöi-ioi;  yäp  Ispot;  xa!  ipy.i^  y.%'.  STttxt'ixoi;  avwil'sv 
5'.£7.£y.(i)/ojto  Lva  |irj{)'£i;  ht  toj  ispöit  xoö  Atö.;  "coO  Atxtatou  lir^te  svvejxr^i  |it;T£  svaijÄoatÄXf/. 
l-iTj-cs  a7i£[pr;o  [xTjt£  ?uÄ£urj:.  Ebenso  wie  hier  steht  XEtpeiv  in  Polydeukes  Nachricht 
über  eine  athenische  Behörde,  deren  Namen  verloren  ist,  VIII  loi  o'jxoi  -ap£- 
cpüAaTxov  [.iTj  Ti;  ivxöj  xoO  IIsAaaytxoO  xEtpEt  rj  zaTä  tiaIov  £COpLixT£i  xa;  x(J)  ap/ovxt  iiapE- 
ot'Soaav  xo  oe  xi'iWjiia  y^v  xp£t;  opayjial  y.aE  «tiXoüv  xö  IjAajio;.  <l>£piov  Z.  kj  erklärt 
Sylloge  568  (IG  II  841)  Z.  5  [ay;  xotxxeiv  xö  Upöv  xoO  'AiiöÄXtovo;  [xrjSs  cp£p£iv  tuXoc  [itjSe 
xoOpov  j-iTjOE  cppuyava  [itjOe  cpuXXöjJoXa  ix  xoö  iepoO'  äv  Se  xt;  Xr^-^S-sr  xovxxtov  vj  cpsptov 
X'.  xwv  ä;T:£;pr)H£V(ov  £x  xoO  lEpoO  xxÄ.  Über  die  Bedeutung  von  xoOpo;  bemerkt  Ditten- 
berger:  ,a  verbo  x£tp£'.v  derivatum  nomen  lignum  sectum  (so  auch  H.  van  Herwerden, 
Lex.  gr.  suppl.)  significare  manifestum  est  (cf.  xop|iöc),  sed  quidnam  discriminis  inter 
CÜÄa  et  xo'jpov  intercedat  latet'.  Aber  der  Unterschied  scheint  mir  klar.  <I>i)XX4[joÄa 
sind  abgefallene  Blätter,  -.ppüyava  dürre  Aste,  gSkj.  das  frische  Holz  der  Stämme, 
somit  kann  xoOpo^  nur  abgenommene,  laubtragende  Aste  und  Reiser  bedeuten. 
Soweit  richtig  hat  St.  Kumanudis  ^'j'/zy.  äec.  yXhp.  verstanden  xXxooj  OEVopwv, 
aber  irrig  erklärt:  x6po;,  [iXaaxö^.  Es  handelt  sich  nicht  um  die  Triebe  am 
Baume  und  Strauche,  sondern  um  abgenommene  Reiser  und  Aste;  ihr  Abnehmen 
ist  ebenso  ein  X£[p£tv  wie  das  Abnehmen  des  Haarschmucks.  KoOpo;  ist  also  zu 
xoupEÜ;  zu  stellen;  über  das  Verhältnis  von  xoupEuj  zu  x£tpto,  mit  dem  es  freilich 
nicht  unmittelbar  verl^unden  werden  kann,  s.  G.  Meyer,  Gr.  (rr. '  135.  Es  ist 
beachtenswert,  dal3  Polydeukes  Nachricht  das  Vorhandensein  von  Anpflanzungen 
im  Pelargikon  beweist.  Seine  Worte  xw  ap-/ovx:  TxapeSioocjav  finden  ihre  Erklärung 
in  den  ausführlichen  Bestimmungen  derselben  Inschrift,  denn  nach  den  eben 
ausgeschriebenen  Worten  av  oi  xt;  Xr|-.fi)-£r  xotxxwv  xxX.  fährt  sie  fort:  äv  |X£V  ooOXoj 
£:  6  AYjcpil-Et;,  j.iaax:Ywa£xa;  r^t'ixi^y.vny.  TSLt^'(y.z,  v.y}.  T^apaowsEO  aOxöv  xai  xoO  Secjtigxo'j  xo'j- 
vo[jia  6  i£p£Üs  xwi  ßacdEC  xxX.,  iäv  Se  iXEÖS-spo?  ££,  d-wacjEo  aOxöv  6  oEpEüj  [X£xä  xoO  5r;- 
[läpy^ou  TiEVXTjXovxa  Spa/jxar;  xal  TxapaSwaEi  xouvojia  a'JxoO  xöt  ßaaiXEt  xaE  XEf  ßouXsr  xxX. 
Über  solche  EiaayyEÄcai  handelt  H.  Brewer,  Wiener  Studien  igoo  S.  277;  ein 
neues  Beispiel  bringt  eine  Inschrift  aus  Amorgos,  Revue  des  etudes  grecques 
1903  p.  166  Z.  3:  e/lEiStj  ri  iipz'.y.  vq;.  Arjixrjxpoc  XTj;  Sr^jxoxEXoO;  day.yYeXXs.1  TXpöj  xou; 
T^p'jxävEi;  TXEp!  xö  ispöv  x-/);  Arjir^xpo;   özi  w.   yuvarxs:   sfatoOcac  ...  y. iv  xöx  tEpwt 


x-:Ä.  Z.  lO  dürfte  Schauborts  Gewährsmann  mit  ä),o5  das  Richtiyo  bieten  L;(\L;-eiiüher 
Rangabis  iXCii:  die  F.rsetzuni;-  der  auslautenden  Diplitonge  (o:  und  r,;  durch  o: 
und  ei  (Z.  3.  4.  8)  entspricht  dem  Dialekte.  In  der  nächsten  Zeile  führen  die 
l.esung-en  der  beiden  Abschriften  NElPEAnN  und  l-|[:ict)EAn.N  auf  HEIPEAriN:  i\ 
£ip£/,ö)v.  Statt  EtasXwv  von  siasÄäco  (Kühiier-IMass,  Gr.  (ir.  II  )io\;  Rnni.;ab(''  hatte 
■7,  V.  i:f£>.wv  vermutet.  Bestraft  wird  der  Hirt  nicht  nur.  wenn  er  Tiere  im  heiliv^en 
Bezirk  weiden  läßt,  sondern  schon,  wenn  er  beim  Hineintreiben  ertajipt  wird.  So 
heißt  es  in  dem  v6|.io;  über  das  tei^isvo;  der  .\lektrona  Sylloye  5Ö0  '/..  _m  [ä,  sadto 
Tt^o;  ovo;  r,niovo;  yivo;  xta..  Z.  30  d  8i  y.%  r.^bpoL-x  £t3,3aÄTjt.  ä;:ox£:aäxw  OixJp  exiatou 
rrpo^äTcv)  ö|ioÄcv  6  £3^aÄi!)v:  in  der  Inschrift  aus  Arkesine  Revue  de  philol.  igoi 
p.  105  T.^i'jxzx  5£  jiTj  izETTd)  £[i,j'.,5ä3-/.£;v  £'"c  ib  ~.i[\.z'i'jt  |ir,5£vi'  v.m  Zk  £[i,j'.,3äaxr/.,  Iozm 
-%  T.^i^xxx  [£fä  ToO  Alcc  ToO  'r£[i£v[-:o'j  XT/..  Die  Inschrift  aus  Delphi  GDI  2536  ver- 
bietet noxävEtv  -X  ici'MV.v.x  ^^i\\.yLX-.x.  und  in  dem  von  J.  Delamarre  auf  der  Insel 
Herakleia  bei  Amorgos  entdeckten  Beschlüsse  der  Nesioten,  Revue  de  philol. 
1902  p.  291  heißt  es  Z.  4  ff .  ix'i  oi  z:;  .j:a3d^£vo;  xl'fxz  Et'jai'[£iv  rj  Tp£-f£:v  (so  ist 
statt  &'.<jif[w/]  zu  lesen)  ev  t//.  -/i^-joy.  r.xpx  -öos  xb  (J'Yt'-'I'-''  "''•''•  ~^"^  opxov  -öjv  xtoÄ'jdv- 
-wv  T'.va;  XTEiVEi  x-/..  Das  Tränken  des  Viehes  in  dem  heiligen  Bezirke  wird  verboten 
in  der  von  W.  R.  Paten  Class.  Rev.  1902  p.  290;  P.  Kretschmer,  Jahreshefte 
V  140  und  P.  X.  Pappag"eorgiu  "A!l-r,vä  1904  S.  243  behandelten  Inschrift  aus 
Eresos  Z.  21:  T^oJTi^r^v  ci  [ir^Si  v.zri^vtx  \i.ifik  ,joaxr,|ixxa  £v  -6)  x£[i£V£;,  an  c'iffentliclien 
Brunnen  in  Pergamon  durch  den  pxrsC/j.v.iz  vöiio;  Athen.  Mitt.  XX\'1I  47,  1\'  /..  14 
^iT(8-£v:  51  £C0'j3ia  eoxü)  iiv.  zGyt  Sr(iioai(üV  xpr/ytov  [^iTjXE  xxf^vo;  7iOx;C£iv  |iYjX£  E|iaxta  7:Ä'jv£:v.  und 
das  Baden  und  Waschen  untersagt  in  xpf//ai,  nahe  einem  Heiligtum  der  Demeter,  die 
Inschrift  aus  Keos  IG  XII  569,  deren  erste  Zeilen  noch  nicht  richtig  gelesen  sind. 
Bei  dieser  Gelegenheit  sei  ein  Ver.such  unternommen,  die  bisher  unergänzte 
Inschrift  aus  Delphi,  Bull,  de  corr.  hell.  XXVI  268  herzustellen: 

'E5o;£v  xo:;  ä[i-.f[:x]x:'o3:v  £'":  xiv  -.xz-.y.[iy.  xäv   y:/x-.t\Hl'jy:t  (?) 

\t7ib  xoO  pa3:/.[£w]c  'Axxä/.ov)  |i.r,b-£vi  £?[vx'.  ävxi>£jix 

vix^tl-t%:  |iT^iM[v]  [iT^OE  oxavoOv  p^oi  [xaxa/.'jE'.v  Txpö 

xä;  TJXTxaSoc  £[v]  xw'.  xo;:[iüt  x]ö)'.  Ozö  'A[Txä>,o'j  xafriEpo)  ^  — 
5  [üvo'j  (verschrieben  oder   verlesen   statt  -nivw.?)-  d  11  \l■i^.  xö  x£  ävx()£[|ia  il]o'j'j'.x 

£[aX())    (lEX- 

äp»:  xa;  ä-ox£ra[a'.  xc.v]  äva0-[£vxa  x]al  äx[3;xxo0vxx 
icpo'j;  xöj:  'ATxipJ.wvt]  xtö:  II'jv)'[t(D:  axax^pa;  —  ]. 

Die  Ergänzung  überschreitet  freilich  in  der  ersten  Zeile  die  sonstige  Länge 
beträchtlich  und    ist   in    der  fünften    mit   der  Lesung    des  Herausgebers    nicht    zu 


Zwei   Denkmäler  des   eretrischen    Dialekts  13 

vereinen.  Zu  dem  Verbot  der  Aufstellunq'  von  Weihgfeschenkeii  vgl.  IG  II  63g, 
mit  meinen  Ergänzungen,  Festschrift  für  O.  l>enndorf  243.  Neben  -jV.xvoOv  (Sylloge 
562.  581.  653  Z.  34)  glaube  ich  v.yr.yj/jf.v  vermuten  zu  dürfen,  von  bloßem  Lagern  zu 
ver-stehen.  Dasselbe  Wort  neben  xaiaXuEtv  auch  in  der  Inschrift  aus  Knidos  Sylloge 
561  (J.  Delamarre,  Revue  des  etudes  grecques  1903  S.  171)  zu  ergänzen,  scheint 
der  Raum  nicht  zu  empfehlen.  DalJ  b/y:i/JZt'j\)'y.'.  in  der  Urkunde  aus  Ephesos,  Jahres- 
hefte II  Beibl.  27,  nicht  anders  als  sonst  aoXi^sa&at  zu  verstehen  ist,  hat  U.  v.  Wila- 
mowitz,  Hermes  XXXIV  211  bemerkt.  Der  Satz  wird  nunmehr  Jahreshefte  III 
Beibl.  222  so  gelesen;  tou;  epywva;  svauJ.i^safl'a'.  oO  7.wX6a£(.  [is/pl^  ^"^  s]t£Xe[t]w[9T;  xä] 
£p[ya].  Der  Indikativ  des  Aorists  ist  unmöglich  uml  obendrein  ist  vor  Tc/,£'.<i)  der 
untere  Teil  einer  senkrechten  Linie,  nicht  Epsilon,  erkannt  worden.  Also  war  ].i.£-/f.[L5 
äv]  oder  [ji£)'_p[ij  ou]  t£Ä£[w[9-/;l  xä]  £p[ya]  zu  lesen;  der  Abklatsch  scheint  av  zu 
empfehlen.  Über  Äxay.x£tv,  wie  ich  in  Z.  6  der  Inschrift  aus  Delphi  zu  erg'änzen 
versuchte,  handelt  Br.  Keil,  Die  solonische  X'erfassung  103  Anm.  Daß  die  Weg- 
lassung des  Artikels  bei  dem  zweiten  Gliede :  xöv  dvailivxa  v.a).  äxaxxoOvxa  dem 
Sprachgebrauch  entspricht,  zeigen  L.  Radermachers  Sammlungen  in  seiner  Be- 
sprechung der  Ausgabe  des  Euripides  von  Prinz  und  Wecklein,  Gott.  Anz.  i8gg 
S.  708. 

Es  erübrigt  ein  Wort  über  die  Zeit  der  Inschrift  aus  Aliveri.  Gegen  Ran- 
gabes  Ansatz:  möglicherweise  noch  im  fünften  Jahrhundert,  spricht,  daß  zwei 
Steine,  die  dessen  letzter  Zeit  angehören,  der  Beschluß  für  den  an  der  Befreiung 
Eretrias  von  Athen  beteiligten  Tarentiner  Hegelochos  'E-.fr;|x.  äp/_.  i8qo  S.  195 
Sylloge  47  und  der  in  der  Schrift  äußerst  ähnliche  Vertrag  mit  Histiaia  (F.  Bechtel, 
Inschriften  des  ionischen  Dialekts  15)  in  den  Formen  des  Beta  und  Rho,  i  und  f, 
und  des  Omikron  O  höheres  Alter  verraten.  Entscheiden  würde  dieses  Bedenken 
nicht;  vorsichtiger  ist  es,  sich  mit  der  Verweisung  in  die  ersten  Jahrzehnte  des 
vierten  Jahrhunderts  zu  begnügen. 

IL 

Die  stolzen  Worte,  in  die  der  kürzlich  'E-^Tj|x.  äp/_.  1902  S.  97  veröffentlichte 
Beschluß  der  Eretrier  über  die  Abhaltung"  eines  musischen  Agons  an  dem  Feste  der 
Artemis  ausklingt:  Stxcoc;  äv  xaxä  xoOxa  yivr^xa'.  r^  ö-uaiVj  v.oO.  -q  ixouatxr;  xei  'Apx£|xtSt  bIq  xov 
<i.e.i  ypövov  elzitd-ipiov  ovxojv  'Epexpiewv  y.a.i  eu  Tiprjxxovxwv  xal  «iixoxpaxöpwv,  enthalten  einen 
Hinweis  auf  Zeit  und  Veranlassung,  der  dem  Herausgeber  entgangen  ist.  Augen- 
scheinlich ist  der  Beschluß  unmittelbar  nach  einem  Ereignisse  zustande  gekommen, 
das    die    Eretrier    aus    Knechtschaft,    Abhängigkeit    und    Not    erlöste    und    ihnen 


t4  A.   \Vi\liclni 

Freiheit.  Selbständigfkeit  und  die  Gewähr  j>lücklicherer  /iikuiift  sc-hi-nktc  Wie 
ich  im  nächsten  Hefte  der  'E:fr,|i£p:c  äp/aioAoyiXTj  eiiiyehcmlcr  tlarlci^o.  ist  die  Ur- 
kunde der  Schritt  nach  niolit  älter  als  die  Mitte  iles  \ierteii  Jahrlumderts  \-.  Chr., 
der  bewahrten  Eigentümlichkeiten  iles  Dialekts  wegen  nicht  aus  makedonischer 
Zeit,  In  die  kurze  Frist,  die  zwischen  beiden  Grenzen  bleibt,  fällt  als  jiassender 
Anlali  jener  Entschlieliung  ein  wohlbekanntc^s  Mrci^nis,  iiltcr  das  mm  in  niclvnms 
Schrift  über  Demosthenes,  hcrausgcgebeii  \on  11.  1  »icls  und  W.  Srluihari  S.  5 
wörtlich  der  Bericht  des  IMiiloi-honis  \'(n-rn\u;"t.  luindirh  die  Hdrcinni^-  i>'.r<'trias  \-(m 
den  durch  König  Philipp  \c>ii  Makedmiien  eiiigcset/lrn  Tyraniiin  durch  die 
Athener  unter  Phokion  im  Jahre   j!,\o   v.  Chr. 

\'ielleicht  hat  dasselbe  Ereignis  auch  ciui'u  anderen,  bisher  nicht  bi'aclUelen 
Beschluß  der  Eretrier  veranlat3t,  der  tdlerdings  nur  ilurch  eine  unzureichende 
Abschrift  bekannt  ist.  Im  Jahre  1854  hat  August  Baumeister,  wie  er  Jahrb.  f. 
Philol.  LXXV  352  berichtet.  ebiMifalls  in  Ali\'eri  auf  lüiboia  ..einen  Marmor, 
sehr  zerfressen"  aufgefumlen  und  seine  Abschrift  mit  dem  l'x'merki'ii  vi'rriffent- 
licht,  er  könne  für  ihre  ( t(Miauigkeit  einstehen,  müsse  die  Erklärung  aber  amU'ren 
überlassen.   Ich  wiederhole  nachstehend  den  Abdruck. 

Leicht  ist  erkannt,   daü  ein  sogenanntes    1  yrannen- 

O  gesetz  vorliegt,  beschlossen,  um  das  Bestellen  der  Demo- 

XEIAPOOEITOY A  kratie    zu    sichern    und    Einsetzung    einer     fvrannis    in 

M        AAAHAO  Zukunft    nach    Möglichkeit    zu    verhindern.     Zum    Ver- 

\ONEINAITO  ,   .   ,       ,  .  .,',•>,,.,»,  .  j        . 

gleiche  bieten  su-h  der    m   Andnkules  Mystenenrede  go 

NT.PANNONAMMENP.A  erhaltene  BeschluÜ  der    Athi'uer    und    das    Gesetz     von 

AIAYT  APATO  Ilinn.   erläutert   Inscr.  jurid.  II   2.\  und  von   Dittenberger, 

KAI  EP  Orientis  graeci  inscriptiones  .selecttie  218.  Wie  ich  schon 

KAI^ITHPIN  AYTO  vor  Jahren,  'E'fr;|-i.  äp/.  1892   S.  162   vorschlug,  ist  in  den 

OKTEPIACTON  ,^^.5,,^.,^   ^^^^^^^^    ^^-^^^  \^^   j^^^,^. 

TOI4P.  PIA  .  .  O 
THN  fEPPAMME  '"     "''■■' 

XTEPE4AE  [''A'/.-'-  Ä[yx] {)■£••  xoO  5[T(110'j]. 

APAXM  Vor  die.ser  Formel,  in  der  angesichts  des  Gegenstandes 

INA  des    Beschlusses    der    ausdrückliche    Zusatz    xoO     5t;|jiou 

vielleicht  nicht  gleichgültig  ist,  wird,  wie  in  dem  I')e- 
schlus.se  'E'^r^n-  äpy_.  1887  S.  77,  der  auf  vOv  y£v6[i£V0i  xt'vSuvoc  Bezug  nimmt  und 
nach  ihrer  Beseitigung  gefaßt  ist,  der  Antragsteller  genannt  gewesen  sein.  DaÜ 
die  Zeilen  eine  ziemliche  Länge  besessen  haben,  z<Mgt  die  .Stellung  des  einen 
Buchstabens,  der  von  der  Überschrift  geblieben   ist.    Ist  er  Omikron,  so  liegt  die 


Zwei   Denkmäler  des  erelrischen   Dialekts  15 

zweite  Hälfte  der  Zeilen  vor;  dal3  er  Theta  sei,  als  erster  Buchstabe  einer  ein- 
gerückten Überschrift,  ist  ung-leich  weniger  wahrscheinlich.  In  der  dritten  Zeile 
vermag  ich  für  AAAHAO  in  dieser  Vereinzelung  keinen  passenden  Zusammenhang 
zu  ersinnen.  Z.  4  -ov  SLvai  to.  Z.  5  rjpavvt'ot  £;^:[i)-]fj-a'.  öa-.  Der  Ausdruck  ist  nicht 
etwa  von  einem  Anschlage  geg'en  die  Tyrannis  zu  verstehen  (Thukyd.  III  72 
Kspxupai'wv  oi  lä  ;ipay|.ia-a  sy^ovxs;  ETifct'Ö'SVTa:  z&  Sr^fiio)  —  höchstens  könnte  von 
einem  Anschlage  gegen  den  Tyrannen  die  Rede  sein  —  sondern  \on  dem  \^er- 
suche  eines  Einzelnen,  sich  der  Herrschaft  als  Tyrann  zu  bemächtigen.  Das  lehren 
Stellen  der  Politik  des  Aristoteles  p.  1 305  a  21:  ol  -pocjxxtxi.  toO  Sr^i-iou  o~t  TZ0AZ\v.y.ol 
yevo'.vTO.  tupawio:  inzzid-zvio,  1305  b  41  (von  Oligarchen)  xaovoxo[i£rv  ^rjXoOai  y.y.l  y] 
-'jpavvio'.  SKttfb'Evxa'.  auTol  r^  "/waTaazs'ja^ouaiv  stspov  tösTisp  'iTCTüaptvo;  Aiovüaoov  sv  l'jpx- 
y.o'jaa:;.  1308  a  22  O'.ä  xoOxo  sv  xafj  oA'.YXpyioi,'.;  xa:  5rj|xoxpxxiaL;  yi'yvovxa;  x'jpavvt'os;-  y^ 
yäp  oi  [Asytaxot  sv  Exaxspx  JTzixt'Ö'Svxai  x'jpavvt'St  xxÄ.  y^  oi  xx^  (.isyi'axxs  ixovxc;  äpy^x?  xxÄ. 
.So  heißt  es  auch  ixv  x'.vs;  x'jpavvstv  STiav.axiovxx:  y^  (juyxaÖ-taxy;  xy^v  xupavvtox,  axt|-iov 
sfvx:  xxi  xuxöv  xxi  yevoc  in  dem  ö-eaiiiov  der  Athener  in  Aristoteles  jxoÄ.  WS-.  16,  ig 
und  in  dem  Psephisma  des  Demophantos  im  xi:  xupxvvsrv  eJiXvxaxyj  y^  xöv  x'jpxvvov 
auyxxxxaxyj'jy;  (P.  Usteri,  Recht  uncl  Verbannung  im  griechischen  Recht  S.  11.  16). 
Dann  ist  zu  lesen:  Z.  6  xö^Jv  x[ü|pxvvov  x|i  |X£v  ;i[o]Ä[cxy;C  et;  Z.  7  -x;  aijx[. .  Tijxpa  xo- 
z.  B.  £tv]at  xüx[wi]  oder  aux[or  7i]apx  xo[0  5y,[.tOLi;  Z.  8  xx!  stc-;  Z.  y  xa:  atxy^piv  a'jxo[i, 
so  wieder  wahrscheinlicher  als  a'jxo[rc.  weil  vermutlich  stets  von  einem,  nicht 
mehreren  Tyrannenmördern  die  Rede  ist.  Die  Speisung  im  Prytaneion.  wie  sie 
in  Athen  die  Nachkoinmen  iler  Tyrannenmörder  genossen  (IG  I  20;  R.  Schi'ill, 
Hermes  VI  32),  wird  für  gleiches  Verdienst  auch  durch  das  Tyrannengesetz  von 
Ilion  den  Bürgern  gewährt:  05  3'  xv  xäOxxEivy^t  xiv  xapavvov  r)  xöv  i^y£|iova  xf/c  i'/.:- 
yxp/:x;  y^  xöv  xy/;  oy^iioxpxxixy  xxxx/.Oovxx,  £X|t  [isv  iyxy/Ci:,  xxXxvxov  xpyupioLi  Xx|i,jxv£:v 
Tüxpx  XTj;  iiOAEWc  x'jbTjjiEpöv  y)  xy,L  oeuxEpxL  xx:  sixovx  yjxAv.ffj  x'jxoO  axfiaat  xöv  Sy^i-iov  — 
durch  Standbilder  wurden  auch  die  Tyrannenmörder  in  Athen  und  Philitos  in 
Erythrai  geehrt  (Dittenberger,  Sylloge  13g)  —  civxi  ok  aOxöj'.  xx:  a;xr;a:v  £[i  -p'jxxvsJto: 
£(1)5  XV  '^■f^'.  xx:  £V  xo:;  xywat  sl;  Tcpozopiocv  xy^pu^asail-xi  övo|.ixax£:  xx:  oüo  opx-/|ixc  öfooaSI'x: 
x'jxöj:  ixxaxyj;  y'^iupx:  ['■^/.p-  xv  ^y^:.  Dann  fährt  das  (xesetz  fort  ixv  5£  ?£vo;  y^:  6 
ä;xoxx£ivx;,  xxi)xx  oi'Soaö-xt  aCixöt  xa:  TCSAtxr^^  saxw  xx:  sf^  epuXyjv  s^ecjtü)  aüxoj:  £fa£Äi)'£tv 
y]v  XV  i:io'jXy;xaf  sxv  0£  ooüXoc,  yji  6  XTXOxxEtvxg,  inlzi[i.oc,  scxw  xx:  TxoXixstx;  [iexe/Ixio  xxxx 
xöv  vö|iay  xx:  xp:äxovxx  [ivx;  Äa[.i.,jxv£x(o  Tixpx  x~q^  tlOÄeojc  a'ji)'yj|i£pöv  y]  xy^:  5£'jx£px:  xx: 
[lE/p:  xv  Z,fi'.  £xxaxT]5  y;|X£pa;  Xx|ijjxv£xto  5pay]xyjV;  leider  sind  weitere  Be.stimmungen 
verstümmelt  und  verloren.  Solche  Unterscheidungen  nach  Stand  und  Umständen 
sind  auch  in  der  Inschrift  aus  Aliveri  vorauszusetzen,   wie  in  Z.  6  äji  [xev  7:[o]Ä[:'xy;; 


l6  A.   Wilhelm 

£??  zeigft.  Weitere  Mögflichkeiton  lior  l-'ryänzuiiy  crtjälu'ii  sicli.  dürfte  in  /..  8  ilii- 
LesUHüf  xx;  £~[t";no;  als  g'esichort  uiU-r  wahrsrluMiilich  yelteii.  In  Z.  lu  der  Inschrift 
ist  OKTEPIA^TON  aug-enscheinlieh  \crlesen  statt  ä;i]oxx£[tv]a;  liv  [TÜpavvov.  Den 
Rhotacismus  zeijjt  wie  aJir^piv  auch  in  Z.  1 1  xot?  7i[at]pi  S[tS]o[-y  also  5[to]&[vac  oder 
S[iS]o[(jfl-a:.  wenn  ich  richtig- ergänze;  mit  -[t]^:o..o-  wüüte  ich  nichts  anzufangen; 
ebenso  steht  -aiplv  in  den  Psephisnien  für  IIt\gel<ichos  und  lleiakleitos  Sylloge  47 
in  der  auf  die  Verleihungf  der  a£r>;pt;  bezüglichen  Formel.  Z.  ij  mag"  zu  xr^v 
Y£Ypa:|ili[£vr(V  etwa  oiopeiv  zu  erg^änzen  sein.  Der  Versorg^ung  der  Kinder  oder 
Waisen  gelten  die  Bestimmungen,  von  denen  in  den  '/.o\h-n  13  und  14  nur  die 
Worte  ö-uyjaxspe;  5£?,  opayji-  erhalten  sind  .Vurh  ilas  allienische  (ii'set/  in  ,\ndo- 
kides  Mysterienrede  nimmt  in  dem  lüde  der  lUirger  aut  die  1  lint<'rl)liel)iMieii 
des  Tyrannenmörders,  der  seine  Tat  mit  dem  Leben  bezahlt  liat,  Rücksicht: 
£äv  oi  Ti;  x-£ivwv  iiva  toükov  dcTioilavYj  r;  tTZ'.yEip&w,  z\)  Tzoiipio  aüxöv  xai  xoü;  TxarSaL; 
xoü;  iy.£:vo'j  -/.ailä-cp  'Ap|iö2tov  x£  xxl  /\pi3xoY£;xova  xx:  xoü;  ä-oyövoug  a'Jxiov.  und  das 
Gesetz,  dessen  Wortlaut  die  Inschrift  Ki  11  5,  ^S.s  b,  .Sylloge  467  ((iötting-.  gel. 
Anz.  1903  S.  787)  erhalten  hat,  sichert  diMi  Wohltätern  des  Demos  l-'ürsorg'e  für 
ihre  Xachkommen  und  Versorgfung  ihrer  Töchter  zu:  oa^u;  ö  Sv)iio;  6  WH'r^vat'wv  yy 
xpi-x:x  cxT,3r/xx;  r)  xaxx  y/jv  t)  xxtx  i^äÄxxx^iv  y;  xr^v  5rj|ioxpx-;av  sTcxvopiliöaavxa;  vj  xr;v 
iCi'av  o'jjixv  ci;  xt^v  xcivr^v  adjxr^pi'xv  llivxx;  r^  £'Jcpy£xx;  xa:  5'j|1|jCi'jÄo'J5  äyaihoüj  Y£vo|t£VO'j; 
£x:iiT,3£  a:x(i):  Iv  -puxavEiwt,  £-;]i£Ä£r3ita;  aüxöv  xal  xoO  y£vou;  xyjV  [Jouat^v  xx;  xiv  Sf;|i.ov, 
OLodvx:  OE  xxi  ö-jy^'^^pw  £•?  £y2o3'.v  xöv  5v)|iov  Ttpoixx  oar//  xv  jJoüXr^xat  xxS  £1;  £7cavdp- 
8-tüaw  x(ov  ioiov  xxx"  xrfxv  ixä^xo:;  xiov  £'J£pY£xrjiixx(ov.  Die  Verleihungf  von  Geschenken 
seitens  der  Athener  an  Aristeides  .Sohn  und  Enkelin  und  die  dauernde  Fürsorge 
für  ihren  Unterhalt  iNt  tiurcli  Plutarchs  Lebensbeschreibung  des  großen  Bürgers 
27  und  R.  .Schölls  Erörterung  Hermes  XXII  35g  bekannt:  xxE  xä;  |j,^v  x^uyaiEpas 
'.Tzopyj'j:'/  £x  xoO  -puxxvsio'j  xot;  v'j|irfto:;  iy.oob-ff/'xi  5Tj|ioatx  tt):  tcoäeio^  xöv  yx|iov  EYY'JW'^r;? 
xx:  -pcCxx  -.y.j/:/.'.y.:  5px/[tä:  ixxxspx  'yr^-.f^'jXjiivr,:'  A'ja:|ix/(;)  Sä  xw  uitj)  |ivx;  [uv  £xxxöv 
xpY'jp:o-j  xxi  Y^i;  xo3xOxx  7:/.£i)-px  7:£-.;;'jx£'jn.£vr;;  eowxev  6  Sfjuoc,  xÄÄa;  oe  Spayiix;  XEaaxpxg 
El";  r,(i£pxv  EXX3XT//  x-exxEev  'A/.x'y;x5c.u  xi  'j'Vf'^l''''  YP*'!'^''''-^?'  ^''•'  ^^  Au3t|iay_oij  {tuYxxEpx 
IIoÄyxp:x7,v  i-o/.'.-övxo;  (IG  1  .Suppl.  p.  114,  491";  Attische  (rrabreliefs  1028;  Pro- 
sopogr.  Att.  1695.  12028),  (i);  Ka/,/,;3i>£vr^;  '-f')'-)  ''•*-  "cxüxr;  atxr^atv  Sar^v  xxi  xot;  'OXujjiTxto- 
v'xx;;  ö  2v](io;  Eir^'^waxo.  Und  für  die  Mutter  eines  verarmten  Nachkommen  des 
Aristeide.s,  des  Traumdeuters  Lysimachos,  und  diren  .Schwester  erwirkte  noch 
Demetrios  von  Phaleron  eine  Gnadengabe  von  drei  Ubolen  täglich  und  erhöhte 
sie  als  Gesetzgeber  auf  eine   Drachme. 

Eine  Hersetllung   der    Urkunde    ist    mindestens    dieser   Abschrift    nach,    von 


Zwei  Denkmäler  des  eretrisclien  Dialects  I? 

deren  Zuverlässig'keit  gleich  die  Verlesung  in  der  zweiten  Zeile  APOOEI  ^^tatt 
ArAGEI  keine  gute  Meinung  erweckt,  selbstverständlich  unmöglich.  Kommt  der 
Stein  wieder  zum  Vorschein,  so  läßt  sich  mehr  hoffen.  Denn  von  der  Inschrift 
aus  Hagios  Lukas  bei  Aliveri,  die  Baumeister  als  ,leider  auch  großenteils  verlöscht 
bezeichnet,  hat  er  nur  den  mittleren  Teil,  nämlich  zehn  Zeilen  abgeschrieben, 
während  ich,  allerdings  in  vielstündiger,  angestrengter  Arbeit,  Reste  von  sieben- 
unddreißig zu  entziffern  fand  (E'f^i.  if-X-  1892  S.  163).  Über  Schrift  und  Dialect 
läßt  sich,  wo  so  wenig  und  dies  wenige  nur  im  Druck  nach  unzureichender  Ab- 
schrift vorliegt,  kaum  urteilen.  Immerhin  sind  rhotacistische  Formen  zweimal 
kenntlich  und  scheint  die  dem  Dialect  eigentümliche  Kürzung  der  auslautenden 
langen  Diphtonge  t^l  und  wi  in  -üyzi  äyaO-er  und  aiiTo[i]  Z.  y,  wie  bemerkt,  wahr- 
scheinlicher als  ySj-olic],  anzuerkennen  zu  sein.  Eivat  steht  wie  Z.  4  in  den  beiden 
von  mir  "E-^fr^i.  y.y/.  1890  S.  195  veröffentlichten  Beschlüssen,  dem  Vertrage  mit 
Histiaia  und  neben  icsiv  in  der  Tempelordnung  von  Oropos,  tb  dagegen  in  den 
Beschlüssen  'E-f/^ii.  äp-/.  1872  S.  384  und  1887  S.  77  wie  in  zwei  Beschlüssen  aus 
Oropos  IG  VII  4250.  4251  (Syllog-e  124.  123)  und  in  dem  Vertrage  des  Amyntas 
und  der  Chalkidier  Sylloge  177,  5:ooOv  £7:1-1" siv  äEciv  iy.-iL^'srv  in  der  Tempelorilnung 
aus  Oropos,  -ib-siv  und  y.x%-.G-m  in  dem  Beschlüsse  über  die  Aptc|itp:a.  (jehört 
somit  die  Inschrift  wahrscheinlich  in  die  vormakedonische  Zeit,  so  ist  auch  ohne 
weiteres  Eingehen  auf  die  Geschichte  Eretrias  die  Vermutung  gerechtfertigt, 
daß  der  Beschluß,  unmittelbar  nach  dem  Sturze  einer  Gewaltherrschaft  am  besten 
begreiflich,  im  Jahre  541J  v.  Chr.  gerade  nach  jener  Befreiung  von  den  Tyrannen 
zustande  gekommen  sei,  die  den  Eretriern  zu  glänzenderer  Feier  des  Artemisfestes 
und  zur  Stiftung  eines  musischen  Agones  Anlaß  gab.  x\hnlich  wird  von  dem  Gesetz 
aus  Ilion  angenommen,  es  sei  nach  der  Befreiung  der  Stadt  von  einem  durch 
Lysimachos  eingesetzten  Tyrannen  beschlossen  worden. 

Wien.  ADOLF   WILHELxM 

Nachti-ag. 

Den  S.  7  und  13  erwähnten  Beschluß  der  Eretrier  über  die  'Ap-£[u'p:a  habe 
ich  nunmehr  'Ecpr^iJ..  äp-/.  1904  S.  89,  die  S.  10  erwähnte  Inschrift  aus  Chalkis  in 
derselben  Zeitschrift  S.  103  besprochen.  Für  \xezxpoL'.  in  der  delphischen  Inschrift 
S.  12  gibt  der  Beschluß  der  Sabbatisten  aus  Kilikien  Journ.  of  hell.  stud.  XII  233 
Z.  1 1  ff.  ein  Beispiel :  xiov  5s  ävaihc|-iäxtüv  xwv  ovtwv  ev  ts  zoiz  vxoic,  %od  xöjv  iiüoyeypaii- 
|i£vwv  £V  -£  xa:;  axrjAa:^  xai  xoi;  äva9'£|iaaiv  jirjSevi  s^ecjxwo  [ir^xe  änaXet'^ai  [ir;x£  äxpewaat 
tir^xe  [lexäpat.  ^-  W. 

Jahreshefte  des  österr.  archäol.  Institutes  Bd.  VUI.  3 


iS 


Nausikaa. 


Pyxis  im   Fine-Arts-Muscum   zu   Hoston. 

n'afcl   \.) 

Die  flache  l'yxis.  deren  l-'orni  diT  bekannten.  IVüIkt  in  Arv  SaniniliinL;' Salnirorf. 
jetzt  im  Berliner  Museum  betindliehen  Hiiohse  mit  dem  auttauchenden  Hehos') 
im  wesentlichen  entspricht,  stammt  aus  Athen,  und  zwar,  wie  mir  zuverlässig 
versichert  wurde,  aus  einem  uiniiiltelhar  \iir  dem  Acliarnischen  Tor  iifelei.;'enen 
Grab,  da  sie  bei  dem  Nevdiau  eines  Uankliauses  in  der  heutiL;"en  Sophokk'sstral.ii" 
ziitape  kam. 

Unsere  Tafel  gibt  den  stilistischen  Chai'akter  der  Zeichnunj^-  hinläng-lich  treu 
wieder,  wenn  es  der  Nachbildung-  auch  nicht  üfelant;-.  die  SicherhtMt,  .Sauberkeit 
und  Frische  der  rasch  hiin^i-wurfenen  Linien  des  Orij^inals  zu  erreicluMi.  .Schein 
in  der  Abbildunsi;  wird  man  aus  den  gebrochenen,  weil.len  Linien,  welclie  die 
echten  Teile  von  den  Erg'änzungen  abgrenzen,  erkennen,  dai.l  der  l)cckcl  zwar 
fragmentiert,  aber  recht  glücklich  fragmentiert  ist.  da  kein  Teil  fehlt,  der  sich 
nicht  ohne  weiteres  ergänzen  ließe,  .Sämtliche  Figuren  sind  in  ihr(Mi  oberen  'I'eilen 
antik,  die  untere  Hälfte  der  Beine  dagegen  meist  ergänzt;  indessen  erliielten  sich 
die  Füße  von  Ody.sseus,  Athena  und  Kleopatra  auf  alten  Fragmenten.  Die  Höhe 
der  Pvxis  beträgt  0-035  ni.  der  Durchmesser  0-14  in.  Von  den  in  Gold  aufgetragenen 
Teilen  blieb  im  Original  meist  nur  dii-  in  leichtem  Relief  aufg-etrag-ene  Ton- 
unterlage; das  (iold  hätte  auch  an  den  rot  wiedergegebenen  Punkten  unmittel- 
bar über  der  Bodenlinie  und  an  tlen  Beeren  des  Kranzes  auf  der  senkrechten 
Wand  ergänzt  werden  können.  Im  Mittelpunkt  des  Deckels,  welcher  durcldiohrt 
ist,  dürfen  wir  uns  nach  erhaltenen  Analogien  einen  ringförmigen  I>n)nzegTiff 
vorstellen. 

Während  auf  gleichzeitigen  attischen  Gefäßen  mythische  Darstellungen  immer 
seltener  werden,  muß  der  runde  .Streifen  dieser  Pyxiden  zur  Wiedergabe  inter- 
essanter Scenen  besonders  eingeladen  haben.  Man  erinnere  sich  außer  der  ge- 
nannten Darstellung  des  Sonnenaufgangs  an  das  Parisurteil  mit  den  jihantastisch 
bespannten  Wagen  der  (röttinnen-),  an  die  ganz  singulare  Darstellung  des  Perseus 
mit  den  Graien-'')  und  an  die  Hochzeit  des  Herakles  und  der  Hebe  (I-Ornian  Col- 
lection  n.  364).  Eine  nicht  minder  bedeutungsvolle  .Scene  reiht  sich  hier  nun  mit 
unserem  Ody.sseusabenteuer  an. 

';  Furtwängler,   V.isensammlunf;  Berlin  n.  2519;        propre   10  (schlecht);    Rheinisches    Museum    XXIX 
ders.  S.immlong  Saliuroff  I  63.  i'!74   '■"  Seite  300  'noch   schlechter). 

')    Damont-Chaplain.    Ccramiques    de   la    Grcce  ')  Alh.   Mitt.    ixsr,  XI   Taf.  ro. 


NausiUaa  ig 

Da  der  Maler  das  Personal  seiner  Scene  aufs  notwendigste  beschränkt, 
trotzdem  der  Rundfries  das  Einschieben  von  einigen  weiteren  Gestalten  er- 
laubt hätte,  so  muß  er  auf  die  strenge  Anordnung  seiner  Figuren  Wert  gelegt 
und  dieselben  absichtlich  in  der  Form  der  bekannten  geometrischen  Zeichnung 
des  sechsstrahligen  Sterns  verteilt  haben.  Die  sechs  Figuren  stellen  sich  damit 
auf  drei  Durchmesser.  An  den  Enden  eines  und  desselben  Durchmessers  finden 
wir  die  Hauptacteure,  Odysseus  und  Nausikaa;  auch  die  beiden  vor  dem  Fremdling 
erschreckt  fliehenden  Mägde  stehen  auf  derselben  Linie. 

'Ab'T^vaa  —  mit  goldenen  Arm.spangen  und  g-oldenem  Ohrring,  über  dem  Chiton 
den  dorischen  Peplos  mit  Überfall  gegürtet,  ähnlich  wie  an  der  Statue  großen 
Stils  aus  Korinth,*)  mit  der  Lanze  in  ihrer  Linken  —  blickt  auf  Odysseus  und  weist 
ihm  mit  der  Rechten  den  Weg  zu  Nausikaa,  ein  Zug,  der  nicht  dem  Wortlaut, 
wohl  aber  dem  Sinne  des  Epos  entspricht,  welclies  die  Begegnung  der  beiden 
von  der  Göttin  ersonnen  sein  läßt  (^.  112).  Die  Ergänzung  ihres  Übergewandes 
ist  nicht  richtig;  die  Zickzackfalten  entlang  dem  rechten  Bein  dürften  nicht  in 
eine  freie  Endigung  auslaufen  wie  die  Mäntelchen  der  archaischen  Koren  von 
der  Akropolis,  sondern  sie  müssen  das  Himation  bis  an  seinen  unteren  Rand 
begleiten;  ein  treffliches  Muster  hätte  dem  Ergänzer  die  Fackelträgerin  auf  der 
stilverwandten  Vase,  Archäologische  Zeitung  1882  laf.  5,  abgeben  können. 
Athena  trägt  einen  attischen,  mit  Tulamuster  tauschierten  Helm;  nur  wurden 
aus  den  sonst,  z.  B.  Furtwängler-Reichhold  27,  üblichen  Quadraten  in  diesem 
Falle  Rhomben,  offenbar  im  Bestreben,  die  perspectivische  Verschiebung'  des 
Musters  auf  der  Rundung  der  Helmkappe  wiederzugeben.-'')  Am  Gesicht  der 
Göttin  passierte  dem  gewandten,  aber  nicht  allzu  sorgfältigen  Maler  das  Miß- 
geschick, beim  Decken  des  Grundes  in  die  Profillinie  hineinzuwischen  und  Stirn, 
Auge,  Nase  der  Athena  mit  Firniß  zu  decken,  'üoucjasu;  schreitet  sachte  vorwärts, 
Nausikaa  entgegen  und  hält  mit  beiden  Händen  ein  Bündel  weiß  gemalter 
Zweige  vor  seine  Scham.  Dieses  Schamgefühl  —  und  ich  möchte  für  diesen 
Fall  das  Wort  umwerten  in  das  Gefühl,  eine  Scham  zu  haben  -  ein  solches 
Gefühl  muß  einem  Attiker  des  fünften  Jahrhunderts,  wenn  wir  nach  den  Kunst- 
darstellungen urteilen,  in  welchen  nie  auch  nur  der  leiseste  Versuch  gemacht 
wird,    eine  Decenza  anzubringen,    als   etwas   kaum  Verständliches  erschienen  sein 

*)  Amer.  Journ.   1902  Taf.  lO;  vgl.  Petersen  bei  halten,  und  zwar  auf  einem  Gladiatorenhelm    älterer 

Amelung,  Vatican  I  825  n.    28.  Form,  der   aus    der  Sammlung  Bourguignon    in  Ber- 

'')    Es    hat    sich   auch,    allerdings    aus    jüngerer  liner    Privatbesitz    überging.      An    den    Maßstab    des 

Periode,  ein  wirklicher  Helm  mit  diesem  Muster  er-  Musters  hielten   sicli  die  Maler  nicht  gebunden. 

3* 


und    es   läßt    sich    diese    Prüderie    auch    nur    diin-li    den    tMiL;rn    Ansrldiii.!    ;in    die 
Poesie  erklären,  '^  127: 

MC  si-öiv   \t-a|ivo)v  'j~c3'j3£T0  Sioc  'Oo'jaas'jc, 

.    :f'j/J,wv.  (i);  (i'jaa;-o  -£pi  ypol  itY^Sss;  cfwcö;. 

Durch  magere  SträuchliMU  mit  g-oldcnen  Beeren  deutet  der  Maler  oo'.obc, 
\t-ä|ivo'j;  (£  470)  an,  6  |icv  '^'J^ty,;  i  0  IXafr,;.  unler  welclieii  der  Dulder  die  Nacht 
g^eruht  hatte.  Um  (ien  linken  Arm  L;('\\ickelt  und  dann  über  die  Srliulter  zurück- 
geworfen trägt  Odysseus  noch  den  SchUner  der  l,cuki)tlu'a.  l{s  ist  ein  tlorartiges, 
gfesticktes,  mit  Randbordüre  und  weiß  licmaUen  brausen  \-er/iertes  Stück  Stoff, 
das  wir  ganz  ähnlich  auf  \'asen  dieser  Periode  häufig  an  Frauen,  entweder  über 
die  Haare  gezogen  (Furtw-ängler-Reichhold  Taf.  20  [Hera],  Taf.  8  [Lipara])  oder 
nur  von  den  Schultern  über  den  Rücken  herabhängen  sehen  idaselbst  Taf.  8 
[Hygieia]).  Als  kleinen  Xebengewinn  nehmiMi  wir  mit,  daß  durch  die  Pyxis  der 
Name  dieses  Kleidung"sstückes,  das  man  häufig  nnch  als  Mäntelchen  bezeichnen 
hört,  vielmehr  als  y.p7fic\v/ov  fe.stg-elegt  wird.  Niemand  w  ii-d  der  X'erslol.i  gegen 
den  Gang-  der  Ereignis.se.  wie  Homer  sie  erzählt,  t'ntgehcn:  Im  blpus  wirft 
Odysseus  den  Schleier  sofort,  als  er  auf  festem  Boden  wieder  zur  Besinnung 
kam,  ins  Meer  zurück.  Aber  der  bildende  Künstler,  weiugstens  der  antike 
Künstler,  der  vor  allem  erzählen  will,  greift  gerne  zu  charakterisierenden  Bei- 
gaben, welche  ihm  die  \'erbindung  der  Ereignisse  deutlich  zu  machen  gestatten  ; 
dieser  Vorteil  scheint  ihm  so  wertvoll,  daß  er  dafür  selbst  schwerere  Anachronismen 
in  den  Kauf  nimmt.  Odysseus  schreitet  zusammengeduckt.  Darin  möchte  ich 
nicht  etwa  eine  Reminiscenz  an  das  'jr.eo'jaezo  suchen,  sondern  es  li<'gt  die  Be- 
obachtung des  Künstlers  zugrunde,  daß  Menschen,  die  tncht  gewolmt  sind,  sicli 
nackt  vor  fremden  Augen  zu  zeigen,  wenn  sie  sich  unbekleiiiet  von  anderen 
betrachtet  fühlen,  sich  krümmen,  al.s  ob  sie  dadurch  etwas  zu  verbergen  hofl^ten. 
Dieser  Zug  wurde  schon  von  älteren  Malern  an  badenden  Frauen  beobachtet, 
man  vergleiche  Gerhard  A\'B  296. 

Wie  beim  Erscheinen  des  Odysseus  die  Mädchen  auseinandersliebcn  und 
nur  Xausikaa,  der  Athene  Mut  in  die  Seele  gelegt,  standhält,  das  schildert  unsi-r 
Bild  wiederum  ganz  der  Dichtung  entsprechend.  <I>u}.ovdr(  und  ABov-iTZTzri  sind  liider 
Gemeinplätze;  wir  glauben  die  beiden  Gestalten  von  so  und  so  viel  Darstellungen 
des  Brautraubes  her  zu  kennen.  Phylonoe  trägt  ein  damals  noch  hochmodernes 
Kleidungsstück,      den     persischen     xavo-j;     {vgl.     Jahresheftc     \T     881,     goldenen 


Gürtel,  goldene  Punkte  über  der  Haarbinde;  letztere  auch  an  Leukippe,  welche 
aui3erdem  mit  Armspangen  und  goldenen  Punkten,  vielleicht  als  (iürtelenden 
gedacht,  ausgestattet  wurde. 

Als  schroffster  Gegensatz  zu  den  rennenden  Mägden  steht  Xa-jaizä  in  voi-- 
nehmer  Ruhe  da,  in  jener  schön  zusammengeschlossenen  Haltung,  wie  sie  ähnlich 
Polygnot  nach  Ausweis  des  Frieses  von  Gjölbaschi  (Benndorf  und  Niemann 
„Gjölbaschi"  Taf.  7)  und  des  bekannten  Berliner  Skyphos  (a.  a.  O.  Text  S.  102) 
für  eine  der  Mägde  im  Freiermord  zu  Plataiai  verwendet  hatte  und  die  von 
der  griechischen  Kunst  allmählich  bis  zu  der  raffinierten  Eleganz  der  sogenannten 
Pudicicia  im  Vatican  weiter  entwickelt  wurde.  Während  im  Fall  der  Mägde  beim 
Freiermord  diese  Haltung  durch  das  Neigen  des  Hauptes  den  Eindruck  von 
Trauer,  von  Sympathie  für  die  hübschen  Jungen,  die  schon  sterben  sollen,  hervor- 
ruft, so  wird  an  der  Nausikaa  durch  eine  minimale  x\nderung,  nämlich  das  steile 
Aufrichten  des  Hauptes,  der  Ausdruck  total  verändert.  Wir  werden  an  die 
Haltung  einer  vornehmen  Frau  gemahnt,  die  in  ihrem  eigenen  Haus  einen  Gast 
empfängt,  den  sie  nicht  sofort  als  ebenbürtig  anerkennt.  Die  Königstochter  trägt 
über  dem  Chiton  einen  kurzen  gestickten  Überrock,  oder  besser  Bluse,  eine 
elegante  Modetracht  des  fünften  Jahrhunderts,  welche  unserem  Maler  Xa'jar/.aav 
euTze-iXoy  gut  zu  kleiden  schien.  Dieses  Kleidungsstück  wird  uns  späterhin  noch 
interessieren.  Hier  nur  noch  die  Angabe  über  die  vergoldeten  Teile:  Gürtel, 
Armspangen,  Punkte  über  der  Haarbinde. 

Hinter  Nausikaa  die  letzte  Figur,  KXzoTtdxpx,  welche  nach  der  Rollenver- 
teilung, zu  welcher  erzählende  Maler  nun  einmal  greifen  müssen,  uns  die  Handlung 
schildert,  aus  welcher  Nausikaa  und  ihre  Mägde  aufgescheucht  wurden;  sie  hört 
niclits  und  sieht  nichts  als  ihre  Wäsche.  Hier  haben  wir  zunächst  einen  Fehler 
der  Ergänzung  zu  berichtigen.  Jetzt  schaut  es  so  aus,  als  ob  das  Stück  Leinwand, 
das  sie  mit  beiden  Händen  vor  sich  in  der  Luft  hält,  eine  Fortsetzung  ihres 
Chitons  wäre,  den  sie,  um  ihn  nicht  ins  Wasser  zu  tauchen,  über  die  Knie  auf- 
gezogen hat  und  nun  zwischen  die  Schenkel  festklemmt.  Natürlich  müüte  der 
Chiton  hinten  frei  enden  und  das  Tuch  in  den  Händen  sollte  nur  mit  den  ge- 
bogenen Faltenlinien  verbunden  sein,  welche  sich  hinter  dem  Ful3  noch  erhielten 
und  die  dann  wagrecht  nach  vorne  laufen.  Das  Mädchen  stampft  mit  den  Füßen 
die  Leinwand  allmählich   ins  Wasser  hinein,   wie  es  Z,  90  geschildert   wird 

~7.l  0'  äiü'  aTüTjVr;; 
zi[L7.i:7.  yspcjiv  s'Äovto  xa:  sa-^föpsov  |i£Äav  Ocwp, 


An  dieser  Fig'ur  timloii  sirh  g'DKloiio  l'uiikU'  Tiur  aul  dvm  (lürlul  und  übiT  der 
Haarbinde. 

\"on  Bedeutung  sind,  wie  mir  wciiiystoiis  scIumtiI.  aiuh  die  roti-u.  urspriiin;lirh 
vergfoldeten  Punkte  am  unton-n  Bildrand,  welche  in  ziemlich  rej^elmäüii^en  Ab- 
ständen von  der  Athena  nach  rechts  hin  bis  zu  dem  Strauche  laufen,  und  ein 
weiterer  Punkt  erscheint  dann  wieder  vor  dem  linken  VuÜ  der  l.eukippe.  Zu- 
nächst denkt  man,  es  handle  sich  um  ein  Ornament  am  uiiteriMi  l'ildraiul.  Allein 
dadurch,  daß  die  Decoration  dann  links  von  Athena.  rechte  \<im  I'.useh  und  links 
von  Kleopatra  aufhören  würde,  wird  jene  Auffassung-  überhaupt  ausj;eschlossen. 
Dann  aber  kann  es  sich  nur  um  zur  Erde  gefallene  Bälle  handeln,  die  allerdings 
etwas  zu  regelmäüig  angeordnet  sind. 

Man  versäume  auch  nicht  zu  beobachten,  dal3  die  weili  aufgesetzten  Stein- 
chen über  der  Grundlinie  für  eine  atti.sche  Vase  dieser  Periode  im  (iegensatz  zu 
unteritalischen  Gefäßen  nodi  etwas  Besonderes  bedeuten  und  man  rufe  >.ich  die 
Worte  des  Pausanias  X  25.  1  i  aus  der  Beschreibung  der  lliupersis  ins  tiedäclUnis: 
iyp:  p.iv  2t,  tsO  i~~0'j  xiy.xXö;  tc  y.xl  iv  aütw  ^'^^-.piSe;  O:ro'^a{vovuat.  Eben.sogut  als 
den  Strand  des  Meeres  kann  der  Kies  auch  das  Ufer  eines  Flusses  bedeuten. 

Bei  Homer  besorgen  die  Mägde  erst  die  Wäsche,  legen  sie  zum  Trocknen 
aus,  baden  sich  dann  und  nehmen  das  Mali!  ein:  erst  zum  Schluß  kommt  das 
Ballspiel,  das  zum  Erwachen  des  Odysseus  führt.  .So  kleine  Widersprüche  gegen 
den  Gang  der  Handlung  im  Epos  wie  der,  daß  auf  der  Pyxis  noch  gewaschen 
wird,  während  Odysseus  schon  erwacht  ist.  und  der  schon  erwähnte,  ilaß  tler 
Held  den  Schleier  noch  nicht  der  Leukothea  zurückgegeben  hat,  so  unscheinbare, 
nur  bei  genauerem  Zusehen  erkennbare  Abweichungen  würden  nicht  gegen  die 
Annahme  sprechen,  daß  unser  Maler  seinen  Stoif  der  Odyssee  entnahm.  Ein- 
schneidendere Discrepanzen  zwischen  Bild  und  Epos  weisen  ja  die  Friese  von 
Gjölbaschi  auf  und  doch  hat  der  Kün.stler  dort  nichts  anderes  beab^iclitigt,  als 
den  Stoff  des  Epos  im  Bilde  vorzuführen. 

Versuchen  wir  nun,  die  Entstehungszeit  unserer  Pyxis  möglichst  eng  zu 
umgrenzen,  so  kommt  uns  dabei  zustatten,  daß  der  Maler  augenscheinlicli  linem 
bereits  bekannten  Va.senmaler  sehr  nahe  gestanden  haben  muß,  so  nahe,  tlaß 
mancher  sogar  an  Identität  der  Person  denken  wird.  Man  vergleiche  den  Ary- 
ballos  des  Xenophantos,  abg.  Antiquit^s  du  Bosphore  Cimmerien  Taf.  46; 
CR.  1866  Taf.  4.  Ganz  frappant  ähnlich  sind  die  .siebenblättrigen  Palmetten  mit 
dem  goldenen  Punkt  im  Herzblatt,  den  spiralförmigen  Ansätzen  an  der  Um- 
rahmungslinie   und  den  Blättchen    in    den   Zwickeln    zwischen   je  zwei   Palmetten. 


Nausikaa  23 

Auch  die  Sträucher  mit  den  goldenen  P>eeren  kehren  wieder.  Von  Figürlichem 
lassen  sich  ja  nur  die  wenigen  gemalten  Gestalten  außen  an  dem  Bild  des  Xeno- 
phantos,  namentlich  ihre  gestickten  Gewänder,  vergleichen.  Unsern  Maler  müssen 
wir  älter  ansetzen  als  Meidias  und  Aristophanes;  denn  der  letzteren  Manier,  die 
Faltenpartien  über  dem  Bein  von  den  freihängenden  Falten  durch  scharfe  Unter- 
scheidung zu  trennen,  kennt  unser  Meister  noch  nicht;  die  durchlinierten  Falten 
im  Gewand  der  Leukippe  erinnern  sogar  noch  an  den  strengen  Stil.  Auch  ist 
das  Auflösen  der  Haarmasse  in  einzelne  Wellenlinien  hier  noch  nicht  mit  der 
durch  lange  Praxis  erworbenen  Routine  durchgeführt  wie  von  Aristophanes  und 
Meidias.  Wir  dürfen  demnach  die  iMitstehungszeit  unserer  Pyxis  zwischen  die 
Jahre  440  und  430  einschlielJen. 

T^er  Maler  weil3  selljst  die  Mägde  der  Nausikaa  beim  Namen  zu  nennen. 
Aus  dem  Epos  stammen  freilich  diese  Namen  nicht  und  auch  Sophokles  kann  in 
seinem  Xau3r/,äa  V;  IIÄüvipiaL  genannten  .Stück  die  Mägde  nur  als  Chor  behandelt, 
somit  nicht  durch  Namen  individualisiert  haben.  Jene  Namen  sind  also  ent- 
weder von  unserem  Maler  oder  dem  Schöpfer  seines  Vorbildes  verteilt,  und  zwar 
nach  eigenem  Gutdünken  ohne  einen  Anhalt  an  der  mythischen  Überlieferung. 
Hier  drängt  sich  uns  eine  zweite  bedeutsame  Reminiscenz  auf:  unwillkürlich 
kommt  uns  aus  diesem  Anlaß  eine  Pausaniasstelle  X  26,  2  in  Erinnerung,  welche 
sich  auf  die  Iliupersis  in  Delphi  bezieht:  to'jtwv  iv  'Va'Ao:  y.aXo'j[i£VY;  [xtxpä  [iovr;; 
scjii  TÖ  ovoiix  TffZ  Ay/:v6|xyjg,  xwv  S'aXXuv  i\iol  ooY.ea  oweihf/.E  xa.  dvo|.iaTa  6  lioXiiyvwTOc. 
Aber  die  schönklingenden  Bezeichnungen  der  Mägde,  Phylonoe  und  KJeopatra, 
führen  uns  zunächst  auf  einen  anderen,  erheblich  schwächer  glänzenden  Maler- 
namen. Phylonoe  und  Kleopatra")  heißen  zwei  unmittelbar  nebeneinander  stehende 
Mädchen  auf  der  Schale  des  Xenotimos,  abg.  Alte  Denkmäler  I  59,  welche  die 
Familie  des  Tyndareos  um  das  Mirakel  des  Eis  versammelt  zeigt,  und  in  dieser 
Scene  sind,  wie  Robert  im  Archäologischen  Anzeiger  i88g  S.  143  nachwies,  jene 
Namen  mythologisch  begründet.  Eine  Erklärung  für  dieses  auffallende  Zusammen- 
treffen, welches  in  gröl3erem  Zusammenhange  untersucht  werden  muß,  vermag  ich 

''))    Der   Name  Kleopatra    geht   ohne   mythische  der    hoclizeitlichen     Dämonen".      Dieser     furchtbare 

Bedeutung  in  die  Namen  über,    welche  in  Zustands-  Dämon  der  Hochzeit  verdankt  seine  Existenz   ledig- 

bildern    polygnotischen    Charakters    im     allgemeinen  lieh  der  Gelehrsamkeit  des   kaiserlichen   Ministerial- 

Glück,  Liebe,  Wohlleben  und  ähnliches  ausdrücken.  rats    a.   D.    Baumeister    (Denkmäler    III    1302).     Es 

Er  kehrt  so  auf  einem  der  Pyxis  etwa  gleichzeitigen  fehlte  gerade  noch,  daß  ein  wissenschaftliches  Lexikon 

Aryballos    im    Britischen    Museum,    Cat.  III  E  697,  nachredet,  was  doch  nur  die  Ansicht  eines  Verfassers 

wieder  in  Verbindung  mit  Aphrodite,  Peitho,  Eudai-  ist,  der  seine  Hilflosigkeit   auf  archäologischem   Ge- 

monia,  Paidia    und    Eunomia;    allerdings   aber   nicht  biet  so  eclatant  erwiesen   hat  wie  Baumeister, 
wie  Roschers  Lexikon  II,   I    1255    lehrt,    als    , einer 


24  F-  Hauser 

nicht  vorzuschlatjen:  wohl  aber  kenne  icli  einen  ganz  analogen  Fall,  der  mich 
abhält,  beim  Suchen  nach  der  Quelle  für  jene  Xamen  auf  der  Pyxis  schon  hei 
Xenotimos  halt  zu  machen.  Auf  tlem  präclitigen.  unserer  OdysseusdarslelhuiL;' 
gleichzeitigen  Aniazonenarj'ballos  aus  Kynie,  ahg.  Fidrclli.  Vasi  (umani  S,  lauten 
vier  von  den  sechs  erhaltenen  Amazonennainen:  Aristoniaclie.  Klymene,  Kreusa 
und  Laodoke.  Dümmler  (Jahrbuch  1887  S.  17^;)  fiel  es  zuerst  auf,  dal.!  Tansanias 
X  2t),  1  in  lier  lliupersis  des  Polygnot  unter  den  gefangenen  Trueriuncn  nennt: 
IvÄ'j^iIvTj  T£  y.al  Kpsouaa  xx;  'Ay.'jzo\txyjr^  -/.od  ZsvoSfxr^.  Yon  den  vier  Namen  liesteht 
demnach  nur  zwischen  Laodoke  und  Xenodike  eine  Differenz  und  diese  wird 
noch  dadurch  abgeschwächt,  dai3  in  demselben  Gemälde  Polygnots  auch  eine 
Laodike  auttritt.  ZudtMii  spielt  bekanntlich  die  Troerin  Laixlike  in  der  lliupersis 
Pclj^gnots  zu  Athen  eine  ganz  besondere  Rolle,  da  ilir  dort  durch  die  Züge  von 
Kimons  Schwester  eine  Au.snahme.stellung"  gesichert  war.  ],aiidi^)ke  auf  dem  Ary- 
ballos  erweist  sich  aber  noch  aus  einem  andern  Grund  lediglich  als  Verschreibung. 
In  einer  Sage,  welche  nach  Roberts  Auffassung  (lliupersis  62)  auf  die  Gestaltung 
der  Laodike  im  delphischen  Gemälde  eingewirkt  hat,  tritt  sie  in  \^erbindung  mit 
einem  Munichos;  auf  dem  Aryballos  heilk  aber  die  der  Laodoke  nach  linkshin 
nächstfolgende  Figur  gerade  auch  Munichos.  Mit  diesem  bezeichnenden  Zusammen- 
treffen hatte  Robert  nicht  einmal  gerechnet;  darnach  muß  aber  nicht  nur  Roberts 
Combination  richtig  sein,  sondern  wir  dürfen  auch  statt  Laodi)ke  auf  dem  Aryballos 
vielmehr  Laodike  lesen.  So  arm  aTi  Xamen  ist  die  griechische  Sprache  wirklicli  nicht, 
daß  die  ge.staltenden  Dichter  von  zwei  ganz  verschiedenen  Sagenkreisen  in  drei 
Xamen  sicher,  wahrscheinlich  sogar  in  vieren  durch  reinen  Zufall  übereinstimmen 
könnten.  Eine  solche  Armut  im  Finden  von  Namen  wäre  bei  Dichtern  nicht  /u  ver- 
stehen; begreiflicher  ist  sie  bei  Malern.  Da  überdies  jene  drei  Gestalten  der  lliupersis 
von  Polygnot  gerade  zu  einer  Gruppe  zusammengefaßt  sind,  so  läßt  sich  das  Wieder- 
kehren dieser  Namengruppe  nicht  anders  als  durch  einen  Zusammenhang  mit  dem 
Maler  verstehen,  da  eine  Verwandtschaft  der  Gemälde  nicht  vorliegt.  Diese 
Analogie  läßt  uns  also  vermuten,  daß  auch  bei  der  Übereinstimmung-  zwischen 
unserem  Meister  und  Xenotimos  statt  einer  Verbindungslinie  vom  einen  zum 
andern,  vielmehr  Linien  von  beiden  zu  einem  dritten  hinaufführen  und  das  Ver- 
hältnis, das  sich  beim  Amazonenaryballos  feststellen  ließ,  deutet  uns  die  Rich- 
tung an,   wo  die  Quelle  zu  suchen. 

Der  Pyxismaler  hat  seine  Gestalten  sicher  nicht  selbständig  erfunden,  denn 
wenigstens  zwei  von  seinen  sechs  Figuren  la.ssen  sich  schon  in  einer  erheblich 
vorausliegenden  Zeit  nachweisen.  Zunächst  der  Odj'sseus.  Fr  war  uns  bereits  sowohl 


25 


aus  einer  ziemlich  yenauen  als  aus  einer  leicht  variierten  W'iederholuny  bekannt. 
Wesentlich  die  gleiche  Fii^jur,  nur  nach  rechts  hin  yewandt,  kehrt  auf  einem 
Kantharos  im  Britischen  Museum  H  156  wieder,  von  welchem  wir  die  ent- 
scheidenden Teile  nach  einer,  der  Gefälligkeit  des  Herrn  Arthur  Smith  verdankten 
Photographie  abbilden  (Fig.  i).  Der  Kantharos  gibt  sich  mehr  noch  als  durch  die  hier 
abgebildete  Seite  durch  die  beiden  ruhig  stehenden  Gestalten  der  Rückseite  tils 
ein  dem  Becher  des  Epigenes  gleichaltriges  Werk  zu  erkennen;  man  wird  dem- 
nach mit  seinem  chronologischen  Ansatz  kaum  unter  450  herunter  gehen  dürfen. 
Unser  Pyxismaler  erweist  sich  da- 
durch nicht  nur  in  der  Figur  des 
Ody.sseus  von  einem  älteren  Vorbild 
abhängig,  sondern  er  hielt  es  leider 
auch  für  nötig,  sein  Original  zu  ,,  ver- 
schönern". So  ungeschickt  und  flüch- 
tig der  Maler  des  Kantharos  pinselt, 
so  zeigt  sein  Odysseus  doch  viel  spre- 
chendere Züge  als  der  schöne  Mann 
auf  der  Pyxis.  Auf  dem  Kantharos 
hängen  dem  Dulder  die  Haare  wie 
feucht  herab,  doch  deutlich  im  An- 
schluß an  das  Bild  Homers  ^131  von 
der  durch  Regen  durchnäßten  und 
vom  Sturm  zerzausten  Löwenmähne, 
auch  an  die  Worte  v.  137:  ajispSaÄEo; 
5'aCrrf/ao  cpav>]  x£xaxti)|i,£vo;  xX[x-(j.  Selbst  sein  verlegenes  Lächehi  wird  beabsichtigt 
sein,  wenn  wir  uns  den  Ausdruck  im  Urbild  auch  gewiß  weniger  blöd  vor- 
zustellen haben.  Sodann  sagt  uns  der  wesentlich  kleinere  Schritt,  den  Odysseus 
auf  dem  Kantharos  ausführt,  wie  zaghaft  der  Held  in  einen  Kreis  tritt,  für  den 
er  sich  nicht  gehörig  costüraiert  fühlt.  Auch  daß  das  dem  Beschauer  näher  zu 
denkende  Bein  vorgesetzt  wird,  ist,  weil  es  vom  Gewohnten  abweicht,  ein  beab- 
sichtigter Zug.  Die  Bewegung  bekommt  dadurch  etwas  Linkisches,  was  hier 
ganz  an  seinem  Platze  ist,  und  dann  scheint  mir  diese  Haltung  noch  aus  dem 
Grunde  sinnvoll,  weil  Odysseus  den  Körperteil,  welchen  er  der  Handlung  nach 
zu  verberg'en  sucht,   nun  tatsächlich  auch  für  den   Beschauer  verbirgt. 

Die     frühere,    auch    in     dem    neuen    Katalog    noch    befolgte    Deutung    des 
Kantharosbildes  auf  Odysseus  inul  Leukothea  wird  durch  das   factisch  Gegebene, 

Jahresbefte  des  österr.  archäol.  Institutes  tJd    VIII  . 


Fig.   I      Kantharos   des   Britischen    Museums. 


Ki-^.    2      Amphora   in    Münclu- 


die  Zwt'iiji'  in  lii-n  Hiiinirii  di-s  HeldfH,  frlfdis^l.  Aber  allcnliin^s  daii  man 
nun  nicht  sofort  saj^cn,  es  sei  Odysseus  und  Nausikiia.  Das  Mädchen,  das, 
vor  Schrecken  gelälimt.  mit  schlaff  herabhängenden  Armen  in  die  Knie  sinkt, 
während  sie  den  alten  Seeräuber,  für  den  sie  Odysseus  hält,  starr  anblickt, 
diese  Schwachheit  fügt  sich  nicht  in  das  Bild  der  Könii^stochter,  welcher 
Athena  Mut  in  die  Seele  legte,  ein  Charakter,  der  durch  Homer  ein  tür  alle- 
mal festgelegt  ist.  Es  handelt  sich  vielnTehr  um  eine  der  Mägde  der  Nausikaa, 
und  das  Bild  auf  dem  Kantharos  gibt  sich  damit  deutlich  als  Ausschnitt  aus 
einem  größeren  Ganzen  zu  erkennen:  darum  genügen  auch  die  beiden  Gestalten 
in  so  auffallend  mangelhafter  Weise  zur  Füllung  des  Bildfeldes  auf  dem  Becher. 
Wir  ahnen  aber  demnach,  wie  viel  weniger  banal  die  fliehenden  Genossinnen 
im  Original  aufgefaßt  waren  als  die  Gestalten  der  Leukippe  und  Phylonoe.  Das 
persönliche  Unge.schick  des  Kantharosmalers,  das  besonders  in  dem  genau  wage- 
recht und  geradlinig  verlaufenden  unteren  Abschluß  des  Gewandes  der  Magd 
hervortritt,  müssen  wir  natürlich  für  das  Vorbild  wiederum  in  Abrechimng  bringen. 
Wie  ein  wirklicher  Künstler  die  Beinstollung  dieser  Gestalt  motivierte,  können 
wir  nach  der  verwandten  Figur  der  Kreusa  in  einem  Vasenbild  (Huddilston,  Greek 
Tragedy    i68)  und  der  Kreusa  des  Amazonenaryballos  ahnen. 

Der  bekannten  Gestalt  des  Odys.seus  begegnen  wir  ferner  auf  einer  Amphora 
in  München  abg.  Gerhard  AV  B.  218;  Jahn  n.  420  (Fig.  2).  Hier  hat  allerdings  der  viel- 
geprüfte Held  noch  eine  derartige  Verballhornung  zu  erdulden,  dal.!  man  uns  den 
behaupteten  Zusammenhang  abstreiten  könnt<-,  wenn  nicht  das  Wiederkehren 
einer  weiteren  Figur,  der  Kleopatra,  die  Gemein.samkeit  d<;r  Quelle  für  beide 
Maler    über    allen   Zweifel    erhöbe.     Der   Stil    des  Amphorenmalers    enthält    noch 


Nausikaa  27 

ganz  archaische  Züge,  sn  im  Durchliniereii  der  Faltengänge,  der  regelmäßigen 
Einteilung  der  Röcke  in  glatte  und  gefältelte  Streifen.  Aber  man  sieht  ja  sofort, 
daß  der  Maler  noch  weit  mehr  ungeschickt  als  archaisch  ist;  man  wird  sein 
Werk  um  460  herum  anzusetzen  haben.  Vielleicht  haben  wir  gar  die  Arbeit 
eines  in  Athen  zum  Maler  abgerichteten  Barbaren  vor  uns,  wenigstens  scheinen 
die  Verse  Homers  ni<'  in  sein  Ohr  gedrungen  zu  sein;  verstanden  hat  er  sie 
gewiß  nicht.  Wenn  er  Odysseus  mit  den  Zweigen  in  der  Luft  fuchteln  läßt,  so 
kann  ihm  nicht  bewußt  geworden  sein,  zu  welchem  Zweck  der  Dichter  seinen 
Helden  mit  feister  Hand  Zweige  abbrechen  läßt.")  Und  dachte  er  je  bei  der 
ilavon  rennenden,  aber  den  Kopf  zurückwendenden  Mädchengestalt  an  Nausikaa, 
so  hat  er  doch  in  seinem  Original  die  wirkliche  Nausikaa  nicht  herausgefunden; 
denn  ein  denkender  Künstler  kann  die  Königstocher,  welche  Homer  in  Gegen- 
satz zu  ihren  törichten  Mägden  setzt,  nicht  davonlaufen  lassen.  Dankbar  müssen 
wir  diesem  verunglückten  Historienmaler  doch  sein;  denn  wenn  drei  unter  sinnen 
fünf  Jungfrauen  als  Wäscherinnen  beschäftigt  sind  und  wenn  als  Staffage  ein 
Baum  mit  zum  Trocknen  aufgehängter  Wäsche  verwendet  wird,  so  erhellt  daraus, 
dal.)  in  dem  gemeinsamen  \'()rbild  unserer  drei  Vasenmaler  die  öiioO  Xa'j^ixä 
TiÄuvc'j^ai  eine  große  Rolle  spielten.  Den  .Schluß  aus  dieser  Tatsache  ziehen  wir 
später. 

Die  beiden  dem  Beschauer  zugewandten  hochgeschürzten  Mädchen  mögen, 
wenn  wir  sie  uns  in  einen  menschlicheren  .Stil  übertragen  denken,  recht  lustig 
gewirkt  haben.      .Sie  erzählen   uns,    daß  auch    schon   vor  mehr   als  vierundzwanzig 

^)  Friedrich  Marx  im  Rheinischen  Museum  nie  wieder  überwunden;  bei  ihnen  wächst  mit  der 
1887  S.  251  erhoffte  von  diesem  schlotterigen  Odys-  Cultur  auch  die  Prüderie.  Aber  bei  den  Griechen 
seus  die  Bestätigung  seiner  Hypothese,  daß  in  der  beobachten  wir  von  der  Zeit  ab,  seit  der  wir  sie  mit 
Odyssee  der  Held  ursprünglich  als  Schutzflehender  Hilfe  der  Monumente  verfolgen  können,  gerade  die 
mit  dem  Exsxijptoj  xXdSo;  sich  an  Nausikaa  heran-  umgekehrte  Entwicklung:  am  Ende  des  achten  Jahr- 
gemacht, und  daß  nur  ein  prüder  Rhapsode  später  hunderts  fällt  bei  den  .Spielen  in  Olympia  der  Scham- 
die  Zweige  als  Dfecenza  umgedeutet  habe.  Wir  schauen  gürtel,  während  die  Odyssee  m  88  die  Gürtung  zum 
jetzt  etwas  tiefer  in  das  Werden  dieser  ungemein  athletischen  Kampfe  noch  kennt.  Nur  in  einzelnen 
vielsagenden  Prüderie.  Aus  den  Monumenten  er-  Teilen  Griechenlands,  und  zwar  bezeichnenderweise 
fuhren  wir,  daß  in  mykenischer  Zeit  über  ganz  Grie-  nicht  in  solchen,  welche  im  Gerüche  besonderer 
chenland  hin  und  in  manchen  Gebieten  wie  Kreta  Sittenstrenge  standen,  nämlich  lonien,  konnte  man 
bis  ins  VI.  Jahrhundert  hinein  von  den  Männern  auch  in  späterer  Zeit  nicht  von  der  Decenza  lassen, 
ein  Lendenschurz  getragen  wurde.  Die  erwachende  Diese  letzte  Beobachtung  hat  Benndorf  monumental 
griechische  Cultur  war  es,  die  diese  Tugend  zum  belegt:  Gjölbaschi  248.  Für  den  Gedanken  von  Mar.x 
alten  Plunder  warf.  Im  Anfang  war  die  Prüderie.  beweist  überdies  jener  Odysseus  aus  dem  Grunde 
In  die  Construction  von  Mar.x  spielt  die  jüdische  nichts,  weil  wir  jetzt  dem  Originale  näher  stehende 
Mythologie  und  ihr  Adam  hinein;  die  beschnittenen  Copien  kennen,  welche  tatsächlich  mit  ihrem  xXa5o; 
Orientalen  haben  freilich  nach  dem  Zustand  wilder  nichts  anderes  bezwecken  .als  zu  verdecken. 
Nacktheit    die    ängstliche     Verhüllung    des     Körpers 


Jahrhunderten  den  Wäschermädohi  das  Klatschen  wichticfer  war  als  das  Waschen. 
So  sehr  sind  sie  in  die  g-roüe  Neuigkeit,  die  sie  sich  mitzuteilen  haben,  ver- 
tieft. dalJ  die  eine  untätig"  ihr  Wäschestück  in  der  Rechten  luTaMiäns^cn  läl.U 
und  daü  die  andere,  wenn  sie  überhaupt  weiterarbeitet,  jedenfalls  nicht  aul  ilirc 
Arbeit  schaut.  Rechts  von  der  kurzlockiyen  IVIai-d  steht  einer  der  Sti-inc.  aut 
welchen  die  Wäsche  g-eklopft  wird  und  die  auch  heute  noch  im  .Siulen  ein  lür 
die  Wäsche  so  verhänjjnisvolles  Dasein  tiihren.  Nichts  haben  uns  die  tliehemlen 
Mädchen  zu  sagten,  auch  Nausikaa  nicht,  w  t-nn  sie  ül)erhau|it.  woran  wir  nicht 
glauben   wollten,   mit   der  (iestalt   zunächst  d(>r  (löttin   gfemeint   war. 

Athena  wurde  zu  einem 
lu'ilzernen  Statisten  und  selbst 
auf  der  P\'xis  tritt  sie  in  einer 
(restalt  auf  die  nech  für  so 
und  so  \iel  andere,  total  ver- 
scl\iedene  .Scenen  ebensogut 
passen  würde.  Wi^nn  nun 
weder  die  eine  noch  die  anilere 
dieser  faden  Athenagestalten 
aus  dem  Original  stammte? 
\'ielleicht  mul.'ten  beide  Maler 
in  (lieser  !•  igur  vom  <  trigiiial 
abweichen,  weil  hier  die  Göt- 
tin eine  (iestalt  hatte,  die 
sich  in  den  Fries  einer  Vase 
nicht  wohl  einfüg^te.  Folgende  Erwägung  führte  mich  auf  diesen  Verdacht  und 
zugleich    auf   eine,    wie  ich  glaube,  nicht  unwahrscheinliche  Lösung". 

Die  nolanische  Amphora  im  I>ritischen  Museum  E  310  Fig.  3)  wirkt  aus  zwei 
Gründen  ganz  frappierend.  Zunächst  durch  das  ungemein  intensive  geistige 
Leben,  das  sie  au.sstrahlt;  dann  durch  ein  kaum  auf  einer  anderen  \'ase  ebenso 
schroff  auftretendes  Mißachten  der  .Silhouette  und  ihrer  Wirkung".  Auch  kann 
man  angesichts  dieser  Amphora  nur  sagen,  da(3  g"egen  die  Gesetze  des  .Stils  in 
der  Vasenmalerei  nicht  ungestraft  g"esündigt  wird.  Das  in  der  Luft  schwebende 
Oval,  welches  die  Figur  der  Athena  umschreibt,  geht  nun  einmal  nicht  zusammen 
mit  dem  länglichen  Streifen,  den  die  stehende  Gestalt  bildet.  .So  stark  heraus- 
knallende Farbflecken  mü.ssen  zueinander  in  Rapport  gesetzt  werden.  Da  zweifellos 
<.iA  ,v   Rf»deutendes  in  diesem   Bilde  steckt,  erklären   wir    uns  jene  Discrepanz    am 


Hritisclien    Museun 


Nausiliaa  29 

einfachsten  durch  die  Annahme,  daß  beide  Figuren  aus  der  großen  Malerei,  der 
Malerei  mit  Farben  stammen,  in  welcher  der  ("nntur  nicht  die  dominierende 
Rolle  spielt  wie  in  der  X'asenmalerei  und  wo  dann  auch  durch  die  \'erbindung  mit 
weiteren  Gestalten  der  Contrast  zwischen  den  beiden  hier  vorhandenen  aufgewogen 
werden  konnte.  Das  stehende  Mädchen  erinnert  unmittelbar  an  die  Nausikaa  der 
Pyxis.  Viel  würde  dies  ja  nicht  sagen,  da  ähnliche  Figuren  nicht  allzu  selten 
vorkommen.  Aber  man  sehe  sich  das  Mädchen  noch  etwas  genauer  an  und  man 
wird  an  ihm  einen  Zug  entdecken,  der  eine  ganz  bestimmte  Erklärung  fordert. 
Die  Zickzackfalten  der  Peplosränder,  anstatt,  wie  es  die  normale  Lage  erfordert, 
an  der  rechten  Körper.seite  herunter  zu  laufen,  verschieben  sich  vielmehr  zum  Teil 
bis  in  die  Mittellinie  des  Körpers  hin.  Dieses  .Schwingen  der  Falten  läßt  sich 
nur  so  erklären,  daß  das  Mädchen  rasch  eine  Wendung  au.sgefiihrt  hatte,  welcher 
das  Gewand  noch  folgt,  während  sie  nun  plötzlich  wieder  in  der  vorher  ein- 
genommenen Richtung  beharrt;  sie  hatte  also  einen  Versuch  gemacht,  sicli  fort- 
zubewegen, steht  nun  aber  doch  wie  durch  einen  fesselnden  Anblick  festgebannt. 
Obwohl  der  Vasenmaler  diesen  Zwiespalt  nicht  mit  genügendem  Können  durch- 
zuführen verstand,  so  bin  ich  mir  doch  bewußt,  ihm  nicht  meine  eigenen  Ge- 
danken aufgedrängt  zu  haben.  Die  in  jener  Mädch(^ngestalt  ausgedrückte  .Situation, 
das  Fortwollen  und  doch  Gebanntsein,  dürfte  sich  kaum  ein  zweitesmal  so  präg'- 
nant  wiederfinden  wie  in  der  Scene  zwischen  Odysseus  und  Nausikaa.  Darum 
möchte  ich  glauben,  daß  wir  auf  der  nolanischen  Amphora  wie  auf  dem  Kantharos 
einen  auf  zwei  Figuren  beschränkten  Ausschnitt  aus  dem  großen  Gemälde  be- 
sitzen, dessen  Nachwirkung  wir  in  den  drei  erstgenannten  Vasen  constatieren 
konnten.  Dann  verstehen  wir,  warum  Athena  sich  nicht  in  den  Rahmen  eines 
Vasenbildes  fügen  will.  Und  wie  gut  paßt  sie  nun  zu  imserer  .Scene!  Nicht 
agierend,  sondern  ernst  wie  das  Schicksal  sitzt  sie  im  Hintergrund  und  VAßt  die 
Menschen  handeln  nach  Plänen,   die  sie  erdachte. 

Die  Gestalt  der  Athena  allein  schon  würde  beweisen,  daß  das  \"orbild,  das 
wir  erschlossen,  nicht  als  einreihiger  Fries  componiert  war.  Die  Göttin  wird 
wohl  noch  etwas  mehr,  als  es  auf  der  Amphora  möglich  war,  in  die  Höhe  ge- 
rückt, die  Mitte  des  Bildes  eingenommen  haben.  Also  nach  der  Anordnung, 
welche  wir  gewöhnlich  polygnotisch  nennen,  standen  die  Figuren  auf  verschiedene 
Höhen  im  Bilde  verteilt.  Zu  Füßen  der  Athena  kämen  Odysseus  und  Nausikaa 
zu  stehen,  und  zwar  nach  Ausweis  der  drei  älteren  Copii'u,  ( )dysseus  nach 
rechts  schreitend,  Nau.sikaa  nach  links  gewandt.  Wohl  oberhalb  der  Haupt- 
acteure,    zwischen    sie    und  die  Göttin    eingeschoben,    zwei  Mägde,    die    zu    fliehen 


30  !•■  llausir 

suchen,  vielleicht  vor  Schreck  nicht  fliehen  können  wie  das  Mililclien  auf  ileni 
Kantharos.  An  sie  möyen  sich  weniger  errej>-te  ( icnossinnen,  etwa  wie  aut  der 
Münchener  Amphora,  nach  aulien  hin  anL;eselilii-.sen  liaben.  sd  dal.i  sii'  also  diMi 
erstijenannten  vorauseilend  jvedacht  waren,  (ieijen  dii-  ]'>ildr.inder  hin  wcnlrn 
dann  die  Wäscherinnen  yefolyt  sein,  vicll.'irht  aurli  a\\\  der  cinrn  Sriti-  die 
mit  der  Wä.sche  in  ihren  verschiedenen  .Stadien  beschäiti,s;ten  MädcluMi  und 
auf  der  anden-n  Rallspielerinnen.  ]')iesen  letzten  (iedanken  verma^j  ich  aber 
vorläufig:'  nicht  durch  eine  passende  Parallele  atis  den  iTlialleni'n  Mdiunueiiten 
üfenüg'end  zu  stützen,  wohl  aber  werden  wir  soi^leich  cimn  Icii-litcn  lliiiweis 
hierauf  entdecken.  Zu  den  Wäscherinnen  g-ehiirl  als  landscliartliches  r>iiw<rk 
der  Raum,  an  diMii  Wriscln'  /um  TrockniMi  liän^n;  .luch  der  Stein  /.nni  Kluplcn 
der  Wäsche.  Hamit  soll  nicht  L;esa;.4't  sein,  dal.l  dieser  l>auui  dem  Maler  zur 
Belebung  der  Landschatt  j^tMiüi^t  hätte;  allein  die  mmiilieierte  Frag-e,  inwie- 
weit diese  Entwicklungsstufe  der  Malerei  skenisches  Detail  liberhaupt  verwandte. 
kann  hier  nicht  ang-eschnilten  werden;  wir  haben  nielit  die  Absicht,  hier  all- 
gemeine -Studien  über  poh'gnotische  Malerei  aulzurollen.  s()nd<'rn  es  scillen  nur 
Schlüsse  aus  dem  unmittelbar  vorliegenden  .Material  gezogen  werden.  Auch  das 
(iebüsch,  unter  dem  Odysseus  geruht   hatte,  konnte  ja   nicht    telilen. 

Wir  sahen,  dal3  die  Vasenmaler  uns  mit  blolJen  Ausschnitten  aus  einem 
Xausikaabild  abspeisen.  Die  Wahrnehmung-  aber,  dal.f  ein  solches  Rild  sicher  in  der 
Vasenmalerei  Nachklänge  hervorrief,  läl3t  uns  vermuten,  dal.i  ein  weiterer  Anklang 
nicht  unberührt  vom  Hauptthema  i.st,  trotzdem  hier  die  Verbindung-  nicht  durch  die 
Wiederholung  eines  Taktes,  um  im  Bilde  zu  bleiben,  herge.stellt  wird,  sondern  der 
Anklang  mir  die  weitere  Ausführung  des  Themas  bildet.  I)um<int  und  ('lia])hiin 
haben  in  ihren  Ceramiques  de  la  Grece  propre  Taf.  S  eine  damals  in  athenischem 
Privatbesitz  befindliche  Oinochoe  abbilden  la.ssen,  die  wir  hier  d-ig.  i)  w  iederlioli'ii. 
Die.se  Oinochoe  .stammt  aus  derselben  Zeit  wie  unsere  Pyxis,  beide  GefäÜe  .stehen 
sich  silistisch  nahe  und  berühren  sich  auch  in  der  Wiederholung  eines  Details,  dei-n 
gestickten  Überhemd,  wie  an  der  Xausikaa.  Das  Wäschefest,  das  in  der  Pyxis 
kaum  sichtbar  hereingezogen  wurde,  ist  hier  das  Hauptthema  geworden.  Es 
wird  getrocknete,  am  Boden  au.sgebreitete  Wäsche  noch  leicht  mit  Wasser  be- 
sprengt —  genau  so  wie  es  auch  deutsche  Hausfrauen  machen  be\-()r  sie 
gefaltet  wird.  Eine  Schaukel  dient  dazu,  um  die  fertig  gefalteten  .Stücke  überein- 
ander zu  legen.  Über  einen  .Stuhl  hingewdrten  lieg-'t  vom  Tro('ken])latz  zusammen- 
geraffte Wä.sche,  welche  noch  der  Procedur  des  Faltcns  unterworfen  werden  sull. 
Eben  dieser  Stuhl   und  die  Anwesenheit   eines  Knaben   zeigt  deutlich  genug,  dalj 


Nausil<aa  3  I 

der  Maler  an  eine  Seene  in  der  (^ynaikduitis  dachte  und,  wt'nn  wir  an  einem 
Zusamnienhaiiy  mit  dem  Nausikaabild  testluilten,  so  wären  sicher  die  Gestalten  des 
Vorbildes  auf  der  Vase  zu  einer  AUtag-sscene  degradiert.  Aber  man  lege  darum 
nicht  unsere  Vermutung  als  allzu  vag  ad  acta.  Ein  Detail,  das  man  nicht  sofort 
entdeckt,  spricht  zu  unseren  Gunsten.  Die  aufrechte  Frauengestalt,  welche  die 
letzte  Hand  an  die  fertige  Wäsche  legt,  hält  in  ihrer  Linken  einen  goldenen  auf- 
gesetzten Ball:  in  der  Xausikaascene  folgt  aber  gerade  auf  das  Fertig.stellen  der 
Wäsche   das    Ballspiel.     Für   die  Genrescene    ist   dieser  Zug    ganz  bedeutungslos; 


Fig.  4      Oinochoe   im    Privatbesitz   zu   Athen. 

wäre  er  beabsichtigt,  so  hätte  ihn  der  Maler  mehr  betont.  Also  glaube  ich,  daß 
wir  in  der  Tat  auch  dieses  weiter  fortgeschrittene  .Stadium  des  Wäschefestes  aus 
dem  gemeinsamen  Vorbild  unserer  Vasenmaler  herleiten  dürfen.  Selbst  ohne  die 
hier  versuchte  .schärfere  Begründung  hatte  Pottier  (im  Text  zu  IJumcjnt  I  564) 
bereits  an  den  Zusaminenhang  mit  dem   Nausikaabild  geglaubt. 

Um  zwischen  \'ermutung  und  sicherem  Nachweis  eine  scharfe  Grenze  zu 
ziehen,  constatieren  wir  nun,  daß  aus  der  monumentalen  Überlieferung  für  die 
Zeit  um  460  und  wahrscheiidich  für  Athen  ein  Gemälde  in  „polygnotischer" 
Composition,  Odysseus  und  Nausikaa  mit  ihren  waschenden  Mägden  am  Plusse, 
ganz  der  homerischen  Erzählung  entsprechend,  zu  erschließen  ist.  Diese  .Schöpfung 
wirkte  auf  Vasenmaler  der  verschiedensten  .Stilrichtungen  ein  und  übte  geraume  Zeit 
hindurch  eine  Wirkung  aus,  die  sich  nach  den  zufällig  erhaltenen  Vasen  etwa  dreißig 


Jahre  lanjj-  vertolyoii  lälJl.  l>urcli  eine  litcrarisilic  Xoti/.  I';ius.  I  j.-,  o.  cirahriii 
wir  aber,  daß  der  um  eben  die^e  Zeit  in  Athen  tätii^e  k'itende  Meister  der  Malerei. 
IVdyifnot:  IffiZfliz  Sl  xx:  Kpb^  zm  TlOxxhO)  zxi:  i|ioO  Naua'.xä  rthr/oüiy.::  £-.f'.a-ä|t£vov 
\)1-J3iix  xxTa  Ti  XJTX  xail-i  oTj  xa:  "l)iiT,po;  £;:ot\a£.  Wenn  wir  behaupten,  daß  sieh 
schrittliohe  und  nionunieutale  rberlieteruni;-  dm-kt.  ><>  ist  dies  nicht  /n  viel  j^esai^t; 
kein  polyonotjsehes  Bild  laut  sieh  mit  i;Tt)l.lerer  Sieherheit  in  Xaehw  irkunL;('n  er- 
weisen. 

Kür  K\vn  Stil  l'olyijnots  erfahren  wir  Ireilich  aus  diesen  Xaehliilduni^en  nichts, 
nicht  einmal  so  viel  als  ans  den  ('i)|)ien  der  l'artheiicis  tiir  die  {•'ornieidx'handlunij, 
in  welcher  Phidias  sein  ( ioldelti'nheinbild  durchführte.  Wenn  der  Unterschied 
zwischen  Vasenbild  und  in  I-'arhen  durch^i'lührteni  (lemälde  so  yrolJ  ist  wie 
zwischen  Marmorcopie  und  chryselephantineni  Original,  so  komnU  im  Gej^ensatz 
zu  jenen  römischen  C'opien  bei  unseren  Xachbikiun,t;en  aus  dem  fünften  J'ibr- 
hundert  noch  das  für  die  Vorstellung;'  \dm  Oris^inal  erschwerende  Moment  hin/u, 
dali  die  frühe  Periode  -sclavische  Copien  überhaupt  noch  nicht  kennt.  Aber  wir 
wissen  ja  so  gar  wenig-  Authentisches  von  der  Kunst  Polyg-nots,  daß  uns  ein,  wenn 
auch  kleiner,  so  doch  sicherer  hdrtsclu'itt  in  der  .\nschauuni.;"  seiner  Schöpfungen 
willkommen  sein   niulj. 

.Schon  um  ungetTdir  4(10  malte  also  Polyg-not  an  seiner  Nausikaa.  Dann  aber 
läßt  sich  ein  causaler  Zusammeidiang  seines  Themas  mit  der  Tragödie  des  Sophokles 
fiiglich  nicht  bezweifeln,  die  den  Titel  Na'jaixäa  y^  IIÄ'jvtpia:  führt  und  deren 
Premiere   mit  guten   Gründen    \'or  4^6  angesetzt   wurde. 

Sehen  wir  uns  diese  Gründe  an.  Das  Stück  muli  ein  Jug-endvverk  g-ewesen 
sein,  weil  der  Dichter  selbst  die  Rolle  der  Nausikaa  durchführte  und  sich  dabei 
durch  .sein  gewandtes  Ball.spiel  au.szeichnete.  Noch  ein  bestimmteres  Datum  iand 
Christ'')  heraus.  Sophokles  war  es,  der  mit  (k^r  Sitte  brach,  daß  der  Dichter 
selbst  eine  Rolle  seines  .Stückes  übernimmt.  Nun  figuriert  in  lien  .Siegerverzeich- 
nissen seit  456  neben  dem  siegenden  Dichter  auch  der  siegreiche  .Schauspieler; 
also  haben  wir  456  als  das  Epochenjahr  für  jene  Neuerung  zu  betrachten.  Da  in 
der  Nausikaa  wie  im  Thamyras  .Sophokles  sidbst  die  Titelrolle  cr.ierte,  so  müssen 
beide  Stücke  vor  456  aufg^eführt  sein.  Für  die  Entstehungszeit  der  Dichtung 
bleibt  also  ein  g-anz  kleiner  .Spielraum,  da  der  terminus  post  durch  das  erste  Auf- 
treten des  Dichter,  im  Jahre  468  gegeben  ist.  Somit  besteht  zwische?i  Dichtung 
und  Gemälde,  selbst  wenn  man  an  die  denkbar  entferntesten  Grenzen  geht,  nur 
ein  Zeituntenschied  von  wenigen  Jahren,  h(Jchstens  etwa  acht  Jahre,  h.ine  voll- 
ständige zeitliche  Coincidenz  wird  aber  durch  keinen  Grund  ausgeschlossen. 

*)  Griccli.  Litleraturgeschichte,   in   Iwan  Müllers  Handbuch   VII*  241. 


Nausikaa  33 

Der  einzige  Vers,  welcher  aus  der  Nausikaa  erhalten  blieb,  nennt  ein  Detail, 
das  die  Beziehungen  zwischen  Drama  und  l'>ild  noch  enger  knüpft.  Fr.  391,  das 
uns  Pollux  VII  45  aufbewahrte,  lautet:  Ui-'/syj;  -t  rJpy.:  Ä'.voYSvsr;  x'  £7:£v5'jtac. 
Aus  Eustathius  zur  Ilias  p.  12.26,  44  erfahren  wir,  daß  dieser  STievoüxr;;  ein  "/itto- 
vcaxo;  war,  somit  ein  kleiner  Chiton,  der  üln-r  den  größeren  gezogen  wurde,  also 
auch  nichts  anderes  als  das  Gevvandstück  seither  unbekannter  Benennung,  welches 
wir  an  der  Nausikaa  auf  der  Pyxis  und  an  der  Wä.scherin  auf  der  Oinochoe 
fanden.^)  Da  das  polygnotische  Bild  zeitlich  mit  der  Aufführung  der  Plyntriai 
zusammenfallt,  da  in  ihm  wie  im  Stücke  ein  Detail,  der  27i:ev56TrjS,  wiederkehrt, 
kann  ich  mir  das  Verhältnis  von  Dichter  und  Maler  nicht  bloß  als  die  ferne  Be- 
rührung einer  allgemeinen  Anregung  vorstellen.  Auch  wenn  beidemal  das 
Wäschegeschäft,  wie  es  für  die  Dichtung  durch  den  Nebentitel  erwiesen  wird, 
mehr  in  den  Vordergrund  gerückt  wird  als  bei  Homer,  beschränkt  sich  die 
Möglichkeit  einer  nur  zufälligen  Übereinstimmung.  Wir  haben  einen  bestimmten 
Grund  zu  suchen,  warum  das  Bild  unmittelbar  auf  das  Drama  folgte. 

Einem  vorauszusehenden  Einwand  wäre  zunächst  zu  begegnen.  Unsere 
Exegese  ließ  keinen  Zweifel,  daß  sich  die  erhaltenen  Darstellungen  eng  an  die 
Schilderung  Homers  anlehnen.  Dies  ist  nicht  zu  leugnen  und  wird  durch  kleine 
Widersprüche  nicht  aufgehoben.  Allein  trotzdem  schließt  dies  die  unmittelbare  In- 
spiration durch  Sophokles  nicht  aus.  Denn  auf  welches  andere  Stück  besser  als  auf 
Nausikaa  könnten  folgende  Angaben  über  Sophokles  zielen;  in  der  vita  20:  xfjV  '05üa- 
3£tav  5'sv  TioÄ/.oi;  5pä[-iaarv  ä7:oypxcf£xai  und  bei  Athenaeus  277  e:  £/,a'.p£  ok  Zo-^ov-Xifi 
TcT)  £7ii-/w  xuxXw,  w;  xa:  SXa  0^7.^.0.-%  TioiTjaao  y.aTay.oXouvl-wv  i^j  £V  xoüxw  [iuUojxot'a?  Eines 
der  drei  aus  der  Tragödie  erhaltenen  Fragmente  belegt  überdies  diesen  sclavi- 
schen  Anschluß  an  Homer.  Das  Fr.  392  bietet  lediglich  das  Wort  /.aiiTTTjvr;.  Dazu 
gibt  Hesychius  die  Erklärung:  dloz  y.]i.ih^i,  ^'-f'  'fii  oyoOvxat.  £v:oi  ä^vr^.  Wenn 
wir  uns  nun  erinnern,  daß  Homer  ^57  die  Nausikaa  auf  einer  y.räiyyi  an  den 
Fluß  fahren  läßt,  so  ergibt  sich  auch  in  diesem  für  das  Drama  erst  recht  neben- 
sächlichen Zug  vollständige  Übereinstimmung  mit  Homer. 

'■')  Der  STisväüxr,;  tritt,    soweit  ich  bis  jetzt  sehe,  y.tS-mvi  TCoS^ivexai  XiVci;)'  v.ai  iitl  to'jtov  äXko-^i  sipivsov 

erst  nach  den  Perserkriegen  auf.  Die  ältesten  Beispiele  xtü-töva  §;iEvä6v£t  .  .  .  läßt  vermuten,  daß  diese  Tracht 

weisen  in  die  Zeit  vor  460,  so  Compte-  Rendu  1877  erst   infolge    der   Perserkriege  nach  Athen    gebracht 

Taf  4  u.  5,  auch  1873  S.  245,  ferner  Robert,  Marathon-  wurde.     Jedesfalls   werden    Perser   von  Zeitgenossen 

Schlacht  S.  56.  Häufig  begegnet  das  Kleidungsstück  auf  unseres  Meisters   in    dieser   Tracht    gemalt.     So   der 

weißgrundigen   Lekythen,    Benndorf,    Griech.   Vasen-  gaatXsü;  6  [li'faj  nebst  Gefolge,  als  solcher  kenntlich 

bilder  14,  25,  33.  Weitere  Beispiele  Mon.  In.  III  30;  nach  Aristoph.  Av.  485  an  der  xupßaata  6f/i)-vj  auf  dem 

IV  51;  .Supplera.  21.  Die  Beschreibung  babylonischer  Aryballos  Mon.  In.  I  50  und  auf  der  Wiener  Amphora 

Tracht  durch  Herodotl  195:  ^a3-^xi  5s -uotfjäsxp'wvxai,  Jahreshefte    II    15;    auch    auf  der   Xenophantosvase 

Jahreshefte  des  österr.  archäol.  Institutes  Bd.  VKI.  J 


34  F-  Hauser 

Und  für  weldien  Zweck  konnte  ein  Maler  vor  der  Mitte  des  tünttrn  Jahr- 
hunderts dieses  Odysseusabenteuer  malen?  Es  läßt  sich  wfiKr  ein  1  onipcl  noch 
sonst  ein  öffentliches  Gebäude  nennen,  wofür  sich  dieses  Thema  geeignet  hätte. 
Für  Privathäuser  worden  aber  in  ilieser  Periode  weder  Wandgemälde  noch  Staffelei- 
bilder ausgeführt.  Da  das  Gemälde  gleich/.eitig  mit  dem  Stück  des  Sophokles 
entstand,  da  es  wie  die  Dichtung,  weicht»  ilen  Nebentitel  IlXuVTptai  führte,  die 
Arbeit  der  Wäscherinnen  ausführlich  schildert,  da  es  den  eTtevSu-n);  verwendet, 
welchen  .Sophokles  auf  die  Bühne  liringt,  so  liegt  nur  eine  Möglichkeit  als  Be- 
stimmung von  Polygnots  Bild  vor:  es  war  der  \oii  .Sophokles  oder  st'iiiem  (horegen 
bestellte  skenische  Votivpinax. 

Daß  wir  nicht  wissen,  ob  Nausikaa  den  Preis  erhielt,  wird  hoffentlich  niemand 
als  Gegengrund  anführen.  Denn  die  Überlieferung  kennt  i8  bis  20  Siege  des  Sopho- 
kles, von  denen  sich  nur  wenige  auf  bestimmte  Dramen  verteilen  lassen  und  außer- 
dem erfahren  wir  ja  noch,  daß  .Sophokles  in  der  Nausikaa  durch  sein  Ballspiel  einen 
großen  Erfolg  errang.  Nebenbei  gesagt,  wiril  man  jetzt  auch  besser  verstehen, 
warum  wir  für  das  I'iild  ballspielende  iMädehen  forderten,  auf  di(!  sich  übrigens 
auch  im  Bild  der  Pyxis  aus  den  am  Boden   liegenden   Bällen  noch  schlit^ßen  ließ. 

Die  Nausikaa  des  Polygnot  wäre  demnach  ein  Tafelbild  gewesen.  Gegen 
die  früher  geläufige  Vorstellung,  daß  der  MtMster  das  Bild  auf  die  Wand  im  Nord- 
flügel der  Propj'läen  gemalt  habe,  liegt  nun  ein  wahrer  embarras  de  richesse 
von  Gründen  vor.  Freilich  würde  ja  der  eine  Grund  schon  genügen,  daß  auf 
diesen  Wänden  sicher  nie  Wandgemälde  .saßen.'")  Aber  nun  war  dieses  Bild  auch 
überdies  etwa  dreißig  Jahre  vor  Vollendung  der  Propyläen  gemalt.  Als  Pinax 
könnte  das  Werk  Polygnots  dagegen  sehr  wohl  in  diesem  Sammelsurium  alter 
Gemälde  untergebracht  worden  sein.  Allerdings  aber  muß  ich  Robert")  bei- 
stimmen: .strenge  Interpretation  der  Pausaniasstelle  führt  zu  der  Auffassung,  daß 
dem  Periegeten  das  Nausikaabild  nur  als  ein  Beispiel  für  den  engen  Anschluß 
an  Homer  dient;  demnach  könnte  sich  das  Bild  irgendwo  in  Athen  oder  selbst 
außerhalb  befunden  haben.  Nur  sind  mir  Zweifel  aufgestiegen,  ob  man  Pausanias 
so  streng  beim  Worte  nehmen  darf,  ob  ihm  der  (iesichtspunkt  der  Homer- 
illustration nicht  bloß   als  rhetorisches  Mittel  dient,    um  in  die   dürre  Aufzählung 

'")  Bohn,  Propyläen   33.  Stellen  des  Synesios  Epist.  54  und  135,  in  welchen  von 

")  Robert  hat  seine  Auffassung,  der  jetzt  wohl  die  javiJs;  die  Rede  ist,  bezeugt,  sondern  wird  auch  un- 

meisten  Archäologen  beistimmen,  wiederholt  vcrthei-  zweideutig  durch  einen  Mann  wie  Lucian  angegeben, 

digt;  man  findet  die  Stellen  angegeben  in:   Marathon-  derdicKunstnichlmitden  AugencinesBanausenansah. 

Schlacht  S.  66  A.  27.     Daß  Polygnot  auf  Holzl)relter  In  seinen  Imag.  483  zählt  er  das  .Material  eines  poly- 

malte,  wird  nicht  bloß  durch  die  oft  herbeigezogenen  gnot.  Gemäldes  so  auf:  i'Y/.V)  "/.ai  y.Vip'yO  za'.  xpoj|ia-(i)V. 


Nausikaa  35 

des  Stoffes  der  Gemälde  etwas  Abwechslung  zu  bring-en.  Dieser  Übergang  von  der 
topographischen  Reihenfolge  zum  sachlichen  Zusammenhang  bedeutet  nicht  mehr 
als  im  Capitel  28,  2,  wo  Pausanias  seiner  topographischen  Aufzählung  unter  dem 
sachlichen  Gesichtspunkt  von  of/.iz'X'.  zwei  weitere  Denkmäler  anreiht.  Wüßten  wir 
nicht  zufällig  aus  den  aufgefundenen  Basen  bestimmt,  daß  Pausanias  seine  Auf- 
zählung in  streng  topographischer  Folge  fortsetzt,  so  könnte  man  auch  in  diesem 
fall  nach  den  Worten  der  Periegese  schwanken,  ob  die  beiden  genannten 
Denkmäler  überhaupt  auf  der  Akropolis  standen.  Die  sogenannte  Pinakothek 
enthielt  ja  noch  mehr  solche  von  irgendwoher  zusammengetragene  Votivtafeln. 
So  die  beiden  Bilder,  welche  sich  auf  die  Wagensiege  des  Alkibiades  bezogen 
und  von  denen  Pausanias  nur  das  eine  erwähnt;  wahrscheinlich  auch  der 
-aXa'.a-Tj;  und  der  Knabe  mit  den  Hydrien,  der  als  Sieger  gedacht  sein  könnte, 
entsprechend  dem  Vasenbild  bei  Benndorf,  Griech.  Vasenb.  Taf.  9  (Fig.  10  auf  S.  41). 
Wenn  Polemon  in  seiner  .Schrift  itspt  xwv  ev  toc;  IIpoTzuXaioi;  Titvaxwv  auf  den 
Fackellauf  zu  sprechen  kam  (Harpokration  Xd^niz),  so  erklärt  sich  diese  Erwähnung 
am  einfachsten  daraus,  daß  in  der  Sammlung  der  Votivpinax  eines  Siegers  im 
Fackellauf  vorhanden  war.  Ein  Pinax  von  Sophokles  wäre  demnach  im  Nord- 
flügel der  Propyläen  durchaus  an  seinem  Platze,  aber  wir  geben  zu:  nach  den 
Worten  des  Pausanias  muß  sich  das  Bild  nicht  dort  befunden  haben.'-) 

Für  das  skenische  Votiv  des  Sophokles  nach  der  Aufführung  des  Thamyras, 
also  für  einen   wenige  Jahre  früher    oder  später  errungenen  Sieg,  wird    sogar   ein 

1-)  Auf  die  übrigen  Gemälde  mytliulogisclieu  a-oy.Äf/s  «tpsipfLoj  £X^f,vj-,'ci,  <I>puv'.x.o;  iSiSar/.EV, 
Inhaltes  hier  einzugehen,  würde  uns  zu  weil  führen.  X5sL|iavT0;  f/px^v  auf  eine  Tafel  geschrieben  ab- 
Ich  glaube,  daß  sich  auch  bei  ihnen  unsere  Auf-  gespeist.  Eine  solch  ärmliche  Inschrift,  die  sich 
fassung  des  Nausilsaabildes  durchführen  ließe  und  überdies  nicht  wohl  als  Ätva^  bezeichnen  ließe,  hätte 
bemerke  sogar  nachträglich,  daß  mir  in  dieser  An-  ja  gerade  die  Hauptsache  unberührt  gelassen,  nämlich 
sieht  Prott  (Schedae  philologae  H.  Usener  obla-  das  Drama,  welches  den  Preis  errang.  Dabei  citiert 
tae  56)  zuvorgekommen  ist.  —  Rizzo  wollte  (Ri-  noch  Rizzo  selbst  eine  Stelle  aus  Theophrasts 
vista  di  filologia  XXX,  Studi  archeologici  sulla  Charakteren  22,  wonach  es  als  schäbig  angesehen 
tragedia  e  sul  ditirambo)  in  einem  Anfall  un-  wurde,  wenn  irgend  jemand  nach  einem  Sieg  mit 
fruchtbarer  Hyperkritik  die  Existenz  der  skenischen  dem  tragischen  Chor  dem  Gott  nichts  zu  weihen 
Votivpinakes,  welche  die  gesamte  Archäologie  von  hatte,  als  eine  aus  Holz  geschnitzte  Tänie  mit  der 
Keisch  freudig  übernommen  hatte,  wieder  in  Frage  Inschrift  darauf.  Mußte  sich  Dionysos,  wie  Rizzo 
stellen.  Allein  seine  Einwände  sind  bereits  von  meint,  für  gewöhnlich  mit  einer  entsprechenden  In- 
Robert, Niobe  10,  wieder  entkräftet.  Es  war  wirklich  schrift  in  eine  glatte  Marmorplatte  eingegraben  zu- 
unüberlegt, einem  Griechen,  der  selbst  über  einem  frieden  geben,  dann  wäre  ja  der  Stifter  jener  hölzernen 
Staatsvertrag,  bei  dem  es  doch  wahrhaftig  nur  auf  Tänie  noch  groß  dagestanden;  er  hätte  wenigstens 
den  "Wortlaut  ankommt,  sein  Bildchen  sehen  will,  seinem  Anathem  eine  künstlerische  Eorm  gegeben, 
diesem  selben  Griechen  auch  nur  einen  Moment  zu-  Einfache  Logik  erweist  also  Rizzos  Gedanken  als 
zutrauen,  er  hätte  in  einem  Weihgeschenk  an  die  grundverfehlt. 
Gottheit  diese  mit  der  trockenen  Kanzleiformel:  Hsiii- 


36  F.  Hauser 

anderer  Aufbewahrungsort  ang-egeben.  Soweit  icli  sflic>,  ist  dieser  Votivpiiiax  iiorh 
car  nicht  als  solcher  erkannt,  wenigstens  tehll  er  in  der  SanimUmg"  skenischer  \'oli\e 
bei  Reisch,  Griechisclie  Weihgeschenke  S.  i2ö;  aber  ich  nieini'.  diese  Auffassung 
braucht  nur  ausgesprochen  zu  werden,  um  zu  überzeugten.  Die  \'ita  erzählt  im  5.  Ka- 
pitel: <l>aai  ok  5-:  xx:  xiit-ipxv  ävaAajiwv  £V  i-idvt;)  —  offenbar  \-erderbt  —  tw  6a[,iLipiot  noit 
exifrapiasv.  50-iv  xa:  £v  rf,  TioixJÄr,  atoä  |i£Ti  x'.iläpa;  a'Jx&v  y£ypa-.f!)-3ti.  Aus  dieser  Stelle 
wurde  mehr  herausgelesen,  als  sie  besagt,  und  wir  müssen  di(>ses  Zuviel  ablehnen, 
trotzdem  es  unsere  Hypothese  über  den  polygnotischen  \'oti\pinax  für  die  Nausikaa 
nur  noch  weiter  stützen  würde.  Christ'^)  hört  heraus,  dalJ  .Sophokles  „vom  Maler 
Polygnot  als  zitherspieleiuler  Thamyris  in  der  bunten  Halle  dargestellt  wurde''; 
desgleichen  erwähnt  Bernoulli,  Griechisclie  lk()nogra])liie  1  124  dieses  Porträt  von 
Polygnot.  Beruht  diese  Zuweisung  der  Urheberschaft  auf  einer  Verwechslung 
mit  dem  Thamyris  in  der  Nekvia  zu  Delphi?  Dal3  ein  in  der  Poikile  be- 
findliches Bild,  wo  auch  Panainos  und  Mikon  gearbeitet  liatlen.  nicht  eo  ipso  von 
Polygnot  stammen  müsse,  braucht  ja  kaum  ausgesprochen  zu  werdi'u.  Merk- 
würdigerweise hat  kein  Geringerer  als  Lessing  (Werke  ed.  Lachmann  VI  338) 
mit  Gründen,  welche  bei  einer  solchen  Größe  erst  recht  schwach  erscheinen,  zu 
erweisen  gesucht,  daß  Polygnot  unmöglich  der  Urheber  des  Porträts  sein  könne. 
So  steht  die  Sache  nicht;  sondern  es  ist  einfach  nichts  von  der  Autorscliaft  Poly- 
gnots  überliefert;  sie  wäre  aber  vollkommen  möglich.  Es  ist  ferner  in  der  \'ita 
auch  nicht  geradezu  gesagt,  daß  Sophokles  als  Thamyris  dargestellt  war;  immer- 
hin läßt  sich  dies  aus  den  Worten  herau.slesen.  Dann  ist  es  \öllig  klar,  daß  .Sopho- 
kles nicht  wie  Aischylos  in  die  Marathonschlacht  etwa  in  die  .Schlaclit  von  Oinoe 
eingeführt  war.")  Eine  Darstellung  des  Sophokles  in  der  Rolle  des  Thamyras  läßt 
sich  in  dieser  Zeit  nur  als  ein  vom  Beteiligten  selbst  gestifteter  Pinax  auffassen. 
Höchst  überraschend  scheint  mir  nun,  daß  sich  in  unserem  Monumenten- 
vorrat auch  gerade  zwei  Thamyrasdarstellungen  aus  dieser  Periode  nachweisen 
lassen,  von  denen  die  jüngere  sicher  von   dem    delphischen  Thamyris  Polygnots 

••')  Griech.  Litteraturgeschichte  235.  verdanken  ihre  Existenz  lediglich  einer  Vermutung, 
")  Der  Irrtum,  als  stehe  die  Autorschaft  l'oly-  und  zwar  einer  für  diesen  Fall  aufgestellten  Ver- 
gnots  für  das  Sophoklesporträt  fest,  wirkt  merk-  mutung  —  die  Züge  des  .Sophokles  getragen.  Meine 
würdigerweise  selbst  bei  einem  so  besonnenen  For-  Erklärung  hat  jedenfalls  den  Vorzug,  weniger  Voraus- 
scher wie  Wachsmuth  (St.idt  Athen  II  516,  4)  nach.  Setzungen  zu  erfordern.  Votive  in  der  Poikile  bringen 
Gerade  als  wäre  die  Urheberschaft  des  thasischen  keine  Schwierigkeit,  da  dort  auch  andere  Sieges- 
Malers  das  einzig  Sichere  an  der  Nachricht  in  der  denkmäler  wie  erbeutete  .Schilde  aufgehängt  wurden 
Vita,  wagt  Wachsmuth  die  Voraussetzung,  im  Iliu-  (Wachsmuth  I  570,  2),  und  daß  später  noch  andere 
persisbild  der  Poikile  hätte  der  Kilharspieler,  nach  Gemälde  in  der  Halle  Aufstellung  fanden,  nimmt 
dessen  Weisen  die  Hellenen  heranzogen  —  sowohl  auch  Wachsmuth  II  522  an. 
der  Kilharspieler,    als   die    her.inziehenden   Hellenen 


37 


abhängt,    während    die    andere,    ältere    dem    erschlossenen    Pinax    des    Sophokles 
mindestens  zeitlich  völlig  gleich  steht. 

Den  delphischen  Thamyris  kennen  wir  dank  einer  Entdeckung  Robert  Zahns, 
dessen  Freundschaft  mir  gestattete,  seine  interessante  Beobachtung  in  diesem 
passenden  Zusammenhang  zu  veröffentlichen.  Zahn  photographierte  die  hier 
wiedergegebene  Hydria  im  Kunsthandel  zu  Athen:  mir  ist  das  Stück  nur  aus 
seiner  Photographie  bekannt  (Fig.  5)  und  ich  kann  hier  nur  geben,  was  ich  aus  der 
Photog-raphie  herauszulesen  vermag.  Darnacli  scheint  es  sich  um  eine  Malerei 
aus  der  Zeit  von  450 — 440  zu  handeln. 
Zwischen  zwei  stehenden  Frauen  sitzt  ein 
Jüngling  im  kurzen  Chiton;  reiche  Locken- 
fülle wie  etwa  beim  Dornauszieher  bedeckt 
sein  Haupt.  Mit  der  Linken  .stützt  er  sich 
auf  den  Sitz  und  streckt  den  rechten  Arm 
mit  geöffneter  Hand  gerade  vor.  Die  Lyra, 
welche  im  freien  Raum  vor  ihm  schwebt, 
soll  wohl  als  seiner  Hand  entfallen,  von  dem 
Sänger  weggeworfen,  aufgefaßt  werden. 
Durch  die  hohen,  pelzgefütterten  Stiefel 
wird  der  Jüngling  als  Thraker,  durch  das 
geschlossene  Auge  als  blind  charakterisiert. 
Die  Deutung  auf  Thamyris  ist  damit  ge- 
geben und  aulBerdem  springt,  wie  Zahn  be- 
merkte, die  Übereinstimmung  mit  dem 
Thamyris  der  Nekyia  in  die  Augen, 
welchen  Pausanias  X  30,  8  so  beschreibt:  fc)a|iiip:5;  ok  ij^ui  7.a8£^G|.i£V'o  -oO  IIb71o'j 
o:£-.f8-ap[^i.£vai  a:  o'lie:^  /.%:  ~y-.z:vbi  £;  xr.m  s-/"^[ix  £3":.  xa:  fj  xd|ir;  tioXat^  |^i£v  £i^:  xf^; 
'av^x'kT^z,  koaayi  Zfk  aCiTiT)  y.y.l  iv  xoü  y£V£:oir  Ä'jpa  c£  Ipp'.nzy.'.  npo;  lol-  tioc;:,  -/.oLXExyi'Si 
aÜTYj;  Ol  Tzif/z'.q  v.od  at  yopood  -/vatEpptoyiira:.  Es  bestehen  also  zwar  leichte  Differenzen 
wie  die,  daß  Thamyris  auf  der  Hydria  vom  Barthaar  noch  verschont  ist,  daß  hier 
die  L\-ra  noch  schwebt  anstatt  zerbrochen  am  Boden  zu  liegen,  aber  das  Wesent- 
liche, daß  der  Thraker  nicht  mehr  musiciert.  sondern  sein  Instrument  zu  Boden 
wirft,  dieser  charakteristische  Zug  kehrt  bei  Polygnot  und  auf  der  Vase  wieder. 
Darnach  steht  ein  Zusammenhang  außer  Frage.  Die  athenische  Vase  bedeutet 
somit  einen  recht  erfreulichen  Gewinn  für  die  Kenntnis  Polygnots,  und  sie  wirkt 
noch  erfreulicher  durch  die  Perspektive,  die  sie  eröffnet,  da  wir  nun  wissen,  daß, 


Fig.  5      Hydria  im   atlienisclien   Kunsthandel. 


3S 


was  nicht  zu  erwarten  war.  selbst  die  ilcljihischi'ii  Uildcr  des  Meisters  in  den" 
attischen  Vasenmalerei  Spuren  hinterließen.  Das  Bild  auf  der  llydria  i.st  nicht 
etwa  als  Ganzes  der  Nekyia  entnommen;  die  beiden  l''rau<Migestalten  haben  jeden- 
falls mit  ilem  delphischen  Bilde  nichts  /u  schaifen.  ])ii'  l'rau  riH-lUs  mit  der 
l.yra  kann  nur  eine  der  Mu'-eii  sein,  weicht'  gelassen  sich  an  dem  i^rausamon. 
von  ihren  Schwestern  über  den  Sänger  verhängten  (Tcschicke  weidet.  X'or  Tha- 
myris  steht  eine  Thrakerin,  als  solclie  durch  die  Tätowierung  auf  ihrem  Unter- 
arm   gekennzeichnet,    welche    sich    ilire    kurz    geschnittenen     Haare    rauft.     Die 

Thrakerin.    wel- 
che     in      erster 
Linie       Ursache 
hat.  das  Los  des 
Thamvris     zu     be- 
weinen,    ist     seine 
Mutter  Argiope. 

Die  andere  Tha- 
myrastlarstellung 
ist  schon  lange  be- 
kannt. Daß  für  die- 
se die  Namensform 
Thamyras  inschrift- 
lich     bezeugt      ist, 

während   wenig- 
stens Pausanias  den 
thrakischen  .Sänger 

in  der  Nekyia  Tham3'ris  nennt,  scheint  mir  nicht  gleichgültig;  Thamyras  lautete 
auch  der  Titel  des  sophokleischen  .Stücke.s. '^)  Die  Überlieferung  dieses  Rüdes  ver- 
danken wir  drei  Vasen,  von  denen  die  beiden  zuerst  zu  nennenden  in  der  Haupt- 
sache übereinstimmen,  während  sich  von  der  dritten  nur  sagen  läßt,  daß  sie;  die- 
selbe Figur  des  Thamyras  vor  Augen  hatte. 

a)  Hydria  im  Vatican.   Heibig,  Führer  -  n.  1230,  abg.  Moii.  In.  11    _\3  (Fig.  6). 

b)  Hydria  in  Neapel.  Heydemann   n.  3143,  abg.   Mon.  In.    \lll   43  (Fig.  7). 

c)  Nolanische  Amphora,    Petersburg.    .Stephani    n.  lOS.s.    abg.  (ompte  Rendu 
1875  .S.  95  (nur  Thamyras  Fig.  8). 

Die     Inschrift     Bxn'jpa;    wird     durch    die    Hydria    n    geboten.      Ohne     eine 

")  Welcker,  Griecbisclie  Tragoedien   I   419. 


Fig.  6      Thamyras  auf  einer  Hydria  des   Vatican. 


39 


solche    Hilfe    wäre   die    Exeg'ese    dieser 

Vasen   wohl   stets    bestritten   geblieben; 

denn  ihre  Darstellung  enthält 

nichts  von  dem,  was  für  Tha- 

myras  speciell  charakteristisch 

ist.    Wenn  in    der    Sage    die 

jammervolle    Niederlage    des 

Sängers  das  Hauptmotiv 

bildet,     so     deutet     hier 

alles  eher  auf  einen  Sieg. 

Die     alte    Frau     bringt 

dem  Thraker  auüer  dem 

Zweig,  den  sie  über  ihn 

hält  und  der  mir  seiner 


Fig.  7     Tliamyras  auf  einer  Hydria    in   Neapel. 


Form  und  seinem  Sinn  nach  dunkel  bleibt,  noch  einen  kleinen  Lorbeerzweig  (F'ig.  7). 
Die  beiden  Musen  schauen  bloß  zu,  ohne  selbst  gegen  dieses  Siegeszeichen, 
über  das  sie  sich  doch  der  Sage  nach  so  grausam  mit  dem  Sänger  gestritten, 
Einspruch  zu  erheben.  Die  Vase  c  bietet  nur  insofern  Interesse,  als  sie  deutlich 
eine  ältere  Stufe  des  Thamyrastypus  darstellt;  der  Sänger  ist  hier,  so  wie  ihn 
Polygnot  auch  später  noch  darstellte,  bärtig.  Seine  ungefälligen  Bewegungen 
weisen  auf  ein  Original  um  460.  Wertlos  scheint  dieses 
GefäiB  für  die  Überlieferung  der  bis  jetzt  noch  nicht  ab- 
gebildeten Frauen  zu  sein;  hier  sind  es  zu  beiden  Seiten 
des  Sängers  je  zwei  Frauengestalten,  aber  ohne  Attribute, 
so  daß  ihre  Deutung'  auf  Musen  nicht  zwingend  wirkt. 
Also  um  460  ein  Thamyras,  bei  dem  statt  des 
traurigen  Schicksals  des  Sängers  vielmehr  die  Anspielung 
auf  einen  Sieg  durchdringt.  So  viel  ist  sicher,  daß  diese 
Darstellung  in  die  Zeit  der  Aufführung  des  sophoklei- 
schen  Thamyras  zurückreicht,  also  ohne  Zweifel  auch 
durch  sie  ins  Leben  gerufen  wurde.  Choronika  als  Namen 
eines  der  beiden  Mädchen,  welche  man  ohne  diese  Bei- 
schrift für  Musen  erklärt  hätte,  ist  doch  mit  deutlicher 
Absicht  gewählt.  Ob  wir  aus  der  Tatsache,  daß  gegen 
alles  Erwarten    hier  ein    Sieg  betont   wird,    auf  eine   Ver- 

Pig.  8     Thamyras  auf 

bindung-  mit  dem  Votivpinax  des  Dichters  schließen  dürfen,      einer  nolanischen  Amphora. 


40  V.  Häuser 

wage  icli  nicht  zu  behaupten,  so  lange  mir  nicht  eine  über/eugendeie  Deutung 
der  uralten  Frau  als  die  auf  die  Mutter  des  Thamyras  gelungen  ist  Aber 
der  Gedanke  an  einen  Votivpinax  empfiehlt  sich  allerdings  noch  aus  einem 
Grunde,  auf  den  ich  erst  nachträglich  autuKM-ksam  werde.  Alle  wesentlichen 
Elemente  des  Thamyrasbildes  kehren  wieder  auf  der  Sapphovase  ii\  Athen 
(Museo  Italiano  II  0  darnach  Fig.  q):  die  sitzende  Dichterin  in  der  Mitte.  nt>ben 
ihr   zwei   zu    einer    (iruppe    ziisammengeschlos.sene    Frauen,    von    denen    eine    ilic 


Fig.  9     Sapphovase  in   Athen   (Colügnon-Couve  n.  1:41). 


Lyra  hält:  hinter  Sappho  eine  dritte  Frauengestalt,  welche  die  Sängerin  be- 
kränzt; ihr  Name  Nikopolis  deutet  ebenso  wie  bei  der  ihr  entsprechenden 
("horonika  auf  Sieg  hin.  Liegt  hierin  nicht  ein  weiterer  Beweis,  data  das 
Thamyrasbild  in  seiner  Ausgestaltung  nicht  durch  den  Mythos  des  thrakischen 
Sängers,  sondern  durch  eine  Darstellung  allgemeineren  Inhalts  bestimmt  wurde, 
nämlich  die  Darstellung  eines  siegreichen  Dichters?  .So  schwer  die  Tatsache 
zu  erklären  bleibt,  warum  ein  aus  ganz  bestimmtem  AnlalJ  und  mit  Beziehung 
auf  bestimmte  Personen  geschaffenes  Bild  als  Decoration  für  ein  beliebiges 
Gefäß  gewählt  wurde,  so  wenig  läßt  sich  die  Möglichkeit  einer  solchen  Über- 
tragung bestreiten.    Denn    es    liegt    ja    die    genaue  und   absolut    sichere  Analogie 


4t 


auf  der  Amphora  mit  dem  Satyrspiel  in  Neapel  vor,  bei  der  schon  von  Prott  (Schedae 
philologae  H.  Usener  oblatae  47)  diesen  Fall  constatiert  hat.  Die  Übereinstimmung 
ihrer  Mittelgruppe  mit  dem  prächtigen  Schauspielerrelief  aus  dem  Peiraieus 
(Studniczka  in  Melanges  Perrot  307)  sichert  Protts  Auffassung  vor  Zweifeln. 

Wenn  der  Pinax  für  die  Nausikaa-Aufführung  von  Polygnot  gemalt  war, 
dann  steht  auch  beim  Votiv  des  Sophokles  für  den  Thamyras  die  Zuweisung  der 
Urheberschaft  an  den  thasischen  Meister  nicht  mehr  so  haltlos  da,  als  uns  zuerst 
schien.  Und  eine  wahre  Freude  ist  es,  wie  ungezwungen  sich  diese  nach  468  und 
vor  456  gemalten  Bilder,  mindestens  aber  eines 
derselben  sich  in  die  von  Robert  aufgestellte 
Chronologie  der  Werke  Polygnots  einfügt.  Ro- 
berts Stemma    (Marathonschlacht    S.  6g)    lautet: 


nach  478  Tempel  der  Athena  Areia  in  Plataiai, 
um  474  Theseion  und  vielleicht  Anakeion, 
460  Poikile, 

nach  458  I 
vor  447 


Lesche. 


Fig.   10     Von   einer  Amphora 
der  Müncliener  Sammlung   (s.  S.  35). 


Vor  seinem  Wegzug  von  Athen  arbeitete 
somit  Polygnot  für  Sophokles.  Daß  die  Chrono- 
logie Roberts  wie  ein  tadelloses  Uhrwerk  weiter 
functioniert,  trotzdem  ein  von  fremder  Hand  ge- 
arbeitetes Rädchen  eingesetzt  wurde,  das  spriclit 
für  die  Solidität  des  Werkes  und  zeigt  wohl 
auch,  daß  jenes  Rädchen  accurat  berechnet  war. 
Auf  welch  fruchtbaren  Boden  aber  die  Aussaat  Polygnots  in  den  Werkstätten  der 
Vasenmaler  fiel,  das  ist  durch  unsere  Untersuchung  noch  etwas  klarer  geworden. 

Bis  zum  Schluß  sparte  ich  mir  die  angenehme  Pflicht  auf,  meinem  Freunde 
John  Marshall  dafür  zu  danken,  daß  er  mir  die  für  ihn  von  Herrn  Gearing 
gefertigte  Zeichnung  der  Pyxis  zur  Publication  überließ;  nicht  nur  dies,  sondern 
mir  auch  Einsicht  in  eine  Skizze  seiner  Ausarbeitung  gestattete,  aus  der  ich 
eine  Reihe  von  Gedanken  hier  verwertet  habe.  Besten  Dank  werden  mit  mir 
auch  die  Leser  dieser  Zeitschrift  Herrn  Director  Robinson  wissen,  daß  er  die 
Erlaubnis,  ein  so  anziehendes  und  so  anregendes  Vasenbild  an  dieser  Stelle  zu 
publicieren,  bereitwillig  erteilte. 

Rom.  FRIEDRICH  HAUSER 

Jahreshefte  des  österr.  archäol.  Institutes  Bd.  VIII.  6 


4-' 


Polvklets  l)i;idunienoj^ 


Als  der  DiadunuMios  aus  llolos')  bekannt  wurilc.  horuhiyti'  sioli  ansiiuMnciul 
die  Archäologie  dabei:  ein  gut  erhaltenes,  ein  yut  ycarbtMtcti's.  nii-ht  all/u  siil- 
yetreues  F.xeniplar  des  polvkletischen  Athleten  mehr.   Allein  bietet  nirhl  die   neue 

Replik  auch  ein  neues  Problem? 
Mir  scheint  sogar  ein  recht  tief- 
greifendes,  überdies  ein  geradezu 
unsympathisches  Problem,  so  be- 
unruhig"end,  daß  ich  mich  nur 
freuen  könnte,  wenn  einer  der 
l'achgenossen  ein  l.och  in  den 
liier  vorgetragenen  Folgerungen 
nachzuweisen  vermöchte. 

Die  Attribute  an  den  Stützen, 
welche  die  Copisten  classischer 
lironzewerke  notgedrungen  im 
Marmor  hinzufügen,  werden  sinn- 
\  oll  ausgewählt;  zum  mindesten 
deuten  sie  den  Sinn  an,  in  wel- 
chem der  Copist  sein  Werk  auf- 
gefaßt wissen  w-oUte.  Dann  aber 
lassen  die  Gegenstände,  welche 
an  dem  eher  noch  verkünstelt  als 
kunstvoll  ausgearbeiteten  Baum- 
stamm neben  dem  delischen  Dia- 
dumenos  hängen,  kein  Schwanken 
über  die  Bedeutung  des  Jünglings 
aufkommen;  Chlamys  und  Köcher 
verlangen  die  Bedeutung  als  Apol- 
l<in.  Bei  einer  auf  Delos  gefunde- 
nen nackten  Jünglingstatue  liegt 
diese  Deutung  nicht  gerade  aus  dem  Weg,  zumal  wenn  die  Trümmer  der  Statue 
auf  einem  Haufen  mit  einer  Artemis  und  einem  Hermes,  richtiger  einem  Porträt 
als  Hermes  ausgegraben  wurden, 

')  Abgebildet  Bull.de    corr.  hell.    1895   T:»f.  12        Menscb  119;  Mahler,  Polyldet  74.     Genaue  Angabe 
S.  484.  Monuments  Piot  III  14,  15;    Bulle,  Der  schöne        der  Fundunislände  erhalten   wir  von  Louis  Couve  in 


Fig.  I  I 


Polvklets    Diadumenos 


43 


12      Alün/.en    von   Ch.ilkiilikf 


Begreitlirlit-rweise  wird  sich  jedermann  der  Notwendig-keit  dieser  Folgerung 
zu  entziehen  suchen.  Denn  das  „mittlere  canonische  Ideal",  dieser  herrliche,  von 
Overbeck  in  die  Kunstmythologie  eingeführte  Begriff,  erlaubt  keinem  kurzhaarigen 
Athleten  als  Apollon  in  tien  Olymp  einzutreten.  Wenn  nun  aber  gerade  für  die 
Zeit,  in  welcher  Polyklet  seinen  Diadumenos  schuf,  und  wenn  gerade  für  die 
künstlerische  Richtung  Polyklets  ein  Apollon  mit  kurzen  Haaren  durchaus  an- 
gemessen wäre;  wenn  endlich  gar  ein  Apollon  im  selben  Motiv  wie  der  poly- 
kletische  Diadumenos  bekannt  wäre,  dann  wüßte  ich  wirklich  nicht,  wie  man  der 
angedeuteten  Folgerung  ausweichen   könnte. 

Um  klar  zu  bleiben,  wollte  ich  die  Linie 
der  Beweisführung  voranstellen;  was  sich  sonst 
noch  beibringen  läßt,  sind  nur  Nebendinge,  die 
sicher  nicht  verneinend  entscheiden  können, 
wenn  einmal  der  Grundgedanke  als  richtig  an- 
erkannt werden  muß. 

Daß  Apollon  auf  Monumenten  der  Plieidiasischen  Epoche,  und  zwar  nicht  etwa 
bloß  als  Ausnahme,  kurzhaarig  erscheint,  ist  eine  Beobachtung,  die  wir  Furtwängler 
(bei  Röscher  I  458)  verdanken.  Für  unsern  Fall  sprechen  besonders  klar  Münzen  des 
chalkidischen  Bundes  aus  der  Zeit  von  392 — 37g  (Head,  Historia  185;  Gardner,  Types 
XII  12,  13),  namentlich  das  Stück  links  in  Fig.  12,  weil  der  polykletische  Charakter 
seines  Apollonkopfes  ohne  weiteres  in  die  Augen  springt;  über  der  Stirne  am  An- 
satz des  Scheitels  finden  wir  sogar  die  wohlbekannte  wagrecht  gebürstete  Locke 
genau  wie  am  Doryphoros  und  anderen  Köpfen  aus  der  Schule  Polyklets.  Wer  die 
von  Furtwängler  citierten  Beispiele  und  die  hier  in  der  Note-)  genannten  sich 
wirklich    angesehen    hat,    den    kann    ein    Haar    wie    am    Diadumenos    weder    für 

bei  Hill,  Coins  of  .Sicily.  Selbst  innerbalb  der 
relativ  kurzen  Entwicklung,  welche  die  Münzen  des 
chalkidischen  Bundes  repräsentieren,  läßt  sich  dieses 
Phänomen,  das  Verkürzen  und  Wachsenlassen  der 
Haare  verfolgen:  Brit.  Mus.  Cat.  Macedon  66  f.  Das 
Längerwerden  auf  den  Münzen  von  Zakynthos:  Brit. 
Mus.  Cat.  Peloponnesus  XIX;  im  Jahre  394  tritt 
ein  Apollon  mit  langen  Haaren  auf.  Das  Kürzer- 
werden zu  beobachten  an  Münzen  von  Kolophon, 
Gardner  Types  IV  35.  37,  wonach  schon  vor  43 1 
ein  ganz  kurzhaariger  Typus  auftreten  würde.  Apollon 
kurzhaarig  und  mit  Taenie  auf  raacedonischen  Münzen 
aus  der  Zeit  von  392 — 389.  Brit.  Mus.  Cat.  Macedon 
168.  Sehr  wertvoll  für  unsern  Zweck  scheint  mir  we- 


in den   Monuments   138.     Die   mitgefundene  Artemis 
mißt  allerdings  nur  etwa  dreiviertel  Lebensgröße. 

^)  Weitere  Beispiele  des  Apollon  mit  kurzen 
Haaren  zählt  Wernicke  bei  Pauly-Wissowa  II  96  f. 
auf.  Besonders  instructiv  scheint  mir  das  Über- 
blicken von  Münzserien  einer  .Stadt,  welche  für 
lange  Zeit  den  ApoUonkopf  als  Münzzeichen  bei- 
behält; hier  läßt  sich  nämlich  klar  verfolgen,  wie 
der  archaische  langhaarige  Typus  in  der  zweiten 
Hälfte  des  fünften  Jahrhunderts  in  den  kurzhaarigen 
übergeht  und  wie  dann  im  folgenden  Jahrhundert 
Apollon  die  Locken  wieder  zu  wachsen  beginnen. 
Leider  ist  das  Material  ungenügend  abgebildet  in 
dem  älteren  Brit.  Mus.  Cat.  Sicily:  Leontinoi  89  ff.; 
Katana  43  ff.;   bessere   Abbildungen  einzelner  .Stücke 


gen   seiner  großen   Ähnlichkeit  mit  dem  Diadumenos 

6* 


44  F.  Hauser 

einen  ApoUoii  aus  der  zweiten  Hälfte  des^'.  Jahrhuiulerts,  noch  speciell  bei  Polyklet 
überraschen.  Der  mächtige  Körperbau  des  T")iadiinienos  setzt  nur  fort,  was  das- 
selbe Jahrhundort  in  dem  Apollon  ('hoiseul-(iouffier.  dem  Ivasselcr  und  dem 
des  Thermenniuseums  bereits  einj>eführt  hatte  und  K'iti't  in  normaler  Weiter- 
bildung- über  zu  dem  Apollon  Lykeios  des  vierten  jahrluniderts.  (ienaue  Kennt- 
nis der  kunstmythologischen  Entwicklung-  des  Apollontypus  erlaubt  also  keinen 
Kinwand  g'egen  die  Beileutung'  des  Diadumenos  als  Apollon  soweit  der  Anstt>l3 
seine  körperliche   l'".rseheinung-  betrifft. 

Aber  nun  wird  man  das  für  den  Gott  nicht  bezeichnende  Motiv  und  den 
völligen  Mang-el  an  apollinischen  Attributen  mit  einer  vStatue  des  Gottes  un- 
vereinbar finden.  Allein  auch  dieser  lünwand  hält  nicht  Stich  ang^esichts  der 
Tatsache,  dal5  im  Altertum  ein  Apollon  im  Motiv  des  Diadumenos  existierte; 
Pausanias  sah  ihn  nahe  beim  Arestem])el  iu  Atlien  1,  8,  4):  'AncÄXwv  ma.ooö\>,two<; 
-ratvta  ir^v  xönr//.  Einem  Zweifler  bleibt  nicht  einmal  die  Ausflucht,  dieser  Apollon 
.sei  durch  irgendein  von  Pausanias  nicht  genanntes  Attribut  g^enauer  charak- 
terisiert g-ewesen.  Denn  wer  sich  die  Taenie  um  den  Kojif  windet,  hrauclit  liride 
Hände  dazu,  kann  also  nicht  außerdem  ein  Attribut  halten;  für  den  Lorbeerkranz 
um  den  Kopf  bleibt  kein  Platz,  weil  an  seiner  .Stelle  die  Taenie  sitzt;  einzig" 
denkbar  wäre  für  diesen  athenischen  Apollon  ein  umgehängter  K(">cher.  Aber 
auch  dessen  Existenz  ist  durchaus  unwahrschciidich,  weil  der  Gott  den  Bogen 
sicher  nicht  gehalten   haben  kann. 

Es  hilft  somit  nicht.s,  der  Diadumenos  Polyklets  ist  in  lückenloser  Beweis- 
führung als  Apollon  erwiesen. 

Wer  je  unsern  .Schluti  nicht  zwingend  finden  sollte,  der  rechne  eiiu'u 
Augenblick  mit  der  Mögdichkeit,  dalj  ein  Künstler  der  .Spätzeit,  ich  meine  den 
Urheber  der  delischen  .Statue,  das  polykletische  Siegerbild  eines  Athleten  in 
einen  Apollon  verwandelt  hätte.  Allein  vom  Ende  des  IV.  Jahrhunderts  an  war  ja 
das  griechische  Schönheitsideal  wie  umgekrempelt:  ein  junger  Mann,  der  für 
ideal  schön  wie  Apollon  gelten  wollte,  mußte  Weiberhaare,  womöglich  auch 
Weiberhüften,  vor  allem  aber  das  wampige  Weiberfleisch  haben.  Dieses  wider- 
liche Ideal  blieb  von  nun  an  die  ganze  römische  Zeit  hindurch  das  herrschende. 
Ganz  gewiß  ging  es  also  einem  Künstler  der  .Spätzeit,  mag  er  auch  schon  dem 
zweiten    vorchristlichen  Jahrhundert    angehören,  viel   mehr    als    uns    gegen    den 

der    Apollon   auf   dem    Stück    der    epikneniidisclien  sonders  die  glatt  gebürstete  Locke  im  Nacken,  welche 

Lokrer   abg.    Brit.   Mus.    Cat.    Cenir.il    Grecce    II,    7  ziemlich    genau  dem    scharf  abgeschnittenen    unteren 

welches  dort  wohl  mit  den  angegebenen   Zeitgrenzen  Haarabschluß  am  Diadumenos  entspricht. 
369 — 338    zu    spät    datiert   ist.     Man    beachte    be- 


l'olyklels    Diadumenos  45 

Strich,  in  diesem  kraftstrotzenden  Beugel  mit  unpnmadisierten  Haaren  einen  hohen 
und  höchsten  Olympier  zu  verehren;  wenn  er  sich  dazu  verstand,  so  muß  er  sich 
einem  fait  accompli  g'egenüber  gfesehen  haben.  Ferner  würde  es  sich  doch  auch 
gar  zu  glücklich  fügen,  wenn  der  polykletische  Athlet  zufällig"  — •  denn  einem 
archäologisch  nicht  vorgebildeten  griechischen  Bildhauer  konnte  nicht  bekannt 
sein,  was  vor  Furtwängler  kaum  ein  anderer  Archäolog  beobachtete  —  wenn  dieser 
Athlet  zu  seiner  Metamorphose  den  Charakter  eines  polykletischen  Apollon  ge- 
wissermaßen schon  angeboren  mitgebracht,  und  wenn  überdies  unser  Copist  mit 
der  Ansicht,  daß  das  Motiv  eines  athletischen  Anadumenos  sich  aucli  für  Apollon 
eigne,   nicht  allein  gestanden  hätte.  Wie  bestellt  würde  das  passen. 

Keinem  Epigonen  konnte  angesichts  eines  Athleten  vom  Sclirot  und  Korn 
Polyklets  der  Gedanke  an  Apollon  kommen,  während  sich  anderseits  sehr  leicht 
verstehen  läßt,  wenn  ein  Bildhauer  römischer  Zeit  aus  diesem,  wirklich  wie  ein 
Athlet  gebauten  Apollon  einen  palaestrischen  Sieger  gemacht  hat.  Die  Um- 
wandlung nach  dieser  Richtung  hin  scheint  in  der  Tat  vorgenommen  worden  zu 
sein.  Im  Museo  Torlonia  in  Rom  befindet  sich  eine  Replik  des  Diadumenos  mit 
einer  .Stütze  in  Gestalt  eines  Palm.stammes,  an  welchem  cylinderförmige  Halteren 
(vgl.  Jüthner  Turngeräte  lo)  hängen,  von  denen  wenigstens  einer  noch  antik  ist. 
Benndorf,  welcher  diese  nun  im  Museo  Torlonia  Taf.  82  n.  332  abgebildete 
Statue  in  den  „Römischen  Mitteilungen"  1886  ,S.  117  besprach,  konnte,  wie  er 
hinzufügt,  genauere  Untersuchung  der  modernen  Zusätze  nicht  anstellen,  und 
eine  solche  Untersuchung  ist  ja  nirgends  nötiger  als  bei  Bestandteilen  dieses 
Museums.  Auch  mir  waren  nie  ernstliche  .Studien  in  dieser  .Sammlung  ermöglicht, 
da  bekanntlich  ihr  Besitzer  gerade  Untersuchung^en  auf  echt  und  falsch  mit  dem 
besten  Grund  systematisch  verhindert.  Bei  dem  Diadumenos  sieht  man  selbst  aus 
der  Photographie,  daß  die  Unterarme  sicher  falsch  ergänzt  sind,  weil  sie  nicht 
mit  den  auf  den  Achseln  stehen  gebliebenen  Puntelli  correspondieren ;  für  die  Echt- 
heit des  vom  polykletischen  Typus  vollständig  abweichenden  Kopfes  wird  ohnehin 
niemand  einstehen  wollen  —  außer  Carlo  Lodovico  Visconti,  welcher  in  seinem 
Katalog  die  Stirne  hatte,  die  vorliegende  .Statue  als  „la  mieux  conservee  des 
repliques"  zu  bezeichnen.  Aber  nehmen  wir  an,  daß  Figur  und  .Stütze  zusammen- 
gehören; dann  hielt  der  Copist,  welcher  dieses  Exemplar  ausführte,  den  Diadu- 
menos für  einen  athletischen  Sieger. 

Ein  zweiter,  allerdings  noch  zweifelhafterer  Hinweis  auf  diese  Bedeutung 
ließe  sich  in  der  von  Petersen  (Bull.  Commun.  i8go  vS.  igi)  hervorgehobenen 
Tatsache   finden,    daß    im    Palazzo  Mattei    eine  Reihe    von  Athletenstatuen    steht. 


46  F.  Hauser 

wonsiiter  auch  der  Diadumonos  und  dal.l  dieser  Cyclus  allem  Ansrhciiu'  nach  als 
zusammengehöriges  (lanze  ausgegraben  wurde.  Demnach  hätte  auch  der  \'cr- 
fertig'er  dieser  (."opie  den  Diadumenos  für  einen  Alhlcteii  xcrw  endet.  Im  iihiiii-cn 
läßt  sich  aus  den  Stützen  an  den  Repliken  des  Diadumenns  kein  .\nliah  liir  die 
Deutung'  gewinnen;  meist  kehrt  ein  ralnistanini  wieder,  der  liir  Apullon  el>en- 
sogut  paßt  wie  für  einen  Athleten;  einni.d  eine  .Stütze  mit  (iewand  darül)er,  ein 
paarmal  nicht  näher  charakterisierte  Trünke.  .Sicher  dayi-L;-en  wird  iler  1  )iadunuMi(>s 
auf  einem  gfeschnittenen  Stein,  den  icli  nur  aus  der  Ahhilduni;'  bei  Pierre  Paris 
Polyclete  07  kenne,  durch  die  neben  ihm  sti'heude  Nase  mit  liiiieinticstecktem 
Palmzweig'  als  athletischer  Sieger  bezeichnet. 

Aber  .selbst  wenn  für  die  Melirzahl  der  t'niiien  die  P>eileutunt;-  als  Atldet 
feststände,  während  dies  vorläufig  nur  für  zwei  dieselben  walirscheii\lich.  und 
für  die  ebengenannte  (iemniennaclihildung  sicher  ist,  so  w  iire  unseic  fdl- 
gerung  damit  nicht  erschüttert.  Di'im  für  einen  .Spätgriechen  oder  Kcimer 
war  ein  Apollon  mit  athletischem  .Vui.ieren  ein  Unding;  das  Moti\-  der  .Statue, 
für  den  (tott  nicht  charakteristiscli,  war  dagegen  wie  gescIinlTcin  für  einen 
palaestrischen  Sieger.  Man  kann  sich  also  nicht  darüber  wundern,  wenn  die 
Epigonen  der  .Statue  den  Sinn  geben,  der  sich  allein  mit  der  Auffassung  ihrer 
Zeit  vertrug.  Was  in  aller  Welt  hätte  abi^r  \dn  der  hellenistischen  Mpoche  al) 
einen  Bildhauer  veranlassen  können,  auf  einen  Athleten  die  g<")ttliche  Würde 
Apollons  zu  übertragen,  wenn  doch  die  Erscheinung  des  (iottes  nach  der  damaligen 
Auffas,sung  nichts  aber  auch  gar  nichts  Athletisches  an  sich  hatte  und  wenn 
das  Motiv  des  angeblich  verwandelten  Athleten  zur  Darstellung  iles  Gottes  sich 
so  wenig  als  nur  möglich  eignete?  Es  wäre  also  wirklich  ein  Irrtum,  wenn 
jemand  behaupten  wollte,  das  apollinische  Attribut  der  einen  (opie  werde  durch 
das  palaestrische  einer  anderen  in  seinem  Werte  für  die  Deutung  des  urs])rüng- 
lichen  künstlerischen  Gedankens  aufgewogen. 

Aus  dem.selben  schon  erörterten  Grund,  weil  Künstler  und  Kc-iiner  römisclK^r 
Zeit  in  einem  so  robusten  kurzhaarigen  Apollon  den  tiott  ül)erhau])t  nicht  zu 
erkennen  vermochten,  erklärt  sich  auch,  warum  das  Werk  Polyklets  nie  mit 
seinem  wahren  Namen,  sondern  in  allen,  d.  h.  in  den  bi^iden  überhaupt  existieren- 
den literarischen  Erwähnungen  lediglich  nach  seinem  Motiv  benannt  wurde. 
Plinius  heilit  die  Statue  .diadumenum'  und  ungefähr  ein  Jahrhundert  später  nennt 
sie  Lucian  töv  O'.aSo'jiievov  tf^v  y.£-.fa/,r)v  ty,  xxivt'a.  Das  älteste  Anzeichen,  da(3 
Polyklets  Werk  allgemein  unter  der  Benennung  als  diadumenus  bekannt  war, 
bietet  wohl  der  Grabstein  des  Tiberius  Octavius  Diadumenus  im  Vatican  (Heibig, 


Polyklets   Diadumenos 


47 


Führer-  n.  134),  welcher  aus  früher  Kaiserzeit  stammt.  Selbst  wenn  sich  schon 
im  IV.  Jh.  die  apollinische  Bedeutung-  verloren  hätte,  so  dürfte  uns  dies  nicht 
Wunder  nehmen.  Im  Falle  des  Diadumenos  erklärt  sich  das  Vergessen  des 
exacten  Namens  und  das  Aufkommen  der  Motivbezeichnung  viel  leichter  als 
z.  B.  beim  claudicans.  Denn  ein  Philoktet  konnte  niemals  in  seiner  wahren  Be- 
deutung verkannt  werden. 

Es  ist  auch  bezeichnend  und  wird  bei  der   seitlier   geltenden  Erklärung  des 
Diadumenos  als  Athleten   nicht    berücksichtigt,    daß    keine    seiner  RepHken  Pan- 
kratiastenohren    aufweist,   welche   doch    an   den 
zahlreichen  Doryphoroi  nie  fehlen.^)  (Vgl.  Fig.  13.) 

Tatsachen,  welche  meiner  Folgerung  ent- 
gegenstünden, kenne  ich  nicht;  dagegen  läßt 
sich  allerdings  eine  Hypothese,  welche  über  den 
Diadumenos  ausgesprochen  ist,  mit  ihr  nicht 
vereinigen.  Ich  meine  die  Combination  von 
Emanuel  Loewy  (Wiener  Studien  XXIV  398  . 
welcher  unsern  Diadumenos  für  das  einst  auf 
der  erhaltenen  Basis  des  Eleers  Pythokles 
stehende  Siegerbild  erklären  wollte.  Diese  Ver- 
mutung, welche  mir  selbst  zunächst  einleuchtete, 
scheint  mir  jetzt  durch  einen  entscheidenden 
technischen  Grund  ausgeschlossen  zu  werden. 
Stellen  wir  den  Diadumenos  auf  die  olympische 
Basis,  so  wäre  der  Fuß  seines  linken  Spiel- 
beines mit  zwei  dicken  Zapfen  verankert,  für  den  Fuß  des  Standbeines  da- 
gegen wäre  nur  einer  und  dazu  noch  ein  schwächerer  Zapfen  vorgesehen; 
gerade  das  umgekehrte  Verhältnis  ist  zu  erwarten.  Nicht  als  entscheidend  wie 
den  genannten  Gegengrund,  immerhin  aber  als  der  Hypothese  ungünstig  sah  ich 
stets  an,  daß  der  Stil  des  Diadumenos  zwingen  würde,  die  Errichtung  des 
Denkmales  erst  etwa   dreißig  Jahre  nach   dem  .Sieg  erfolgen  zu   lassen. 

de  Form  rührt  davon  her,  daß  die  Ohrmuschel  durch 
die  anliegende  Taenie  hier  etwas  nach  vorne  gedrängt 
wird.  Unsere  Detailaufnahme  nach  einer  Dr  Sieveking 
verdankten  Photographie.  In  der  Abbildung  des  zuletzt 
gefundenen  Diadumenoskopfes  (Bull.  Commun.  1901 
S.  159)  scheint  derselbe  durch  ein  Faustkärapferohr 
charakterisiert  zu  sein;  aber  die  Abbildung  täuscht, 
am  Original  läßt  sich  nichts  davon  beobachten. 


^'S'   '3      *-""'    ''^^  Dresdner  Diadumenos. 


')  Die  Herren  .Sieveking  und  Zahn  waren  so 
freundlich  die  in  München  und  Berlin  vorhandenen 
Abgüsse  der  Diadumenos-  und  Doryphorosrepliken 
auf  ihre  Ohren  hin  zu  prüfen.  In  bezug  auf  den 
Diadumenos  könnte  man  höchstens  bei  dem  rechten 
Ohr  der  Dresdener  Replik  schwanken;  ich  glaube 
aber,  seine  vom  linken  Ohr,  welches  völlig  normal  ist 
(Furtwängler,  Meisterwerke  Taf.  25),  etwas  abweichen- 


48  K.   It:uiser 

^"ieUeicht  will  gar  jemand  die  \'i'niuitiiiiL;' (^vorbecks  (Schriftqiu'llcii  n.  1,^0(1), 
liervorsiichen,  dal3  der  von  Paiisaiiias  ciw  ahnte  "A-öXX(ov  dva5oü|i£VC/c  ill^Mlti^(i^  sei 
mit  dem  .Apollo  diadcnialus'  ih's  l.i'ooliarcs  b<'i  l'linius  vb  TU-  Oiesc-  X'crnnitunq 
erledigten  aber  bereits  Hitzig'  und  Uliimncr  in  ilui'in  ConmiiMitar  zu  Pausanias  1 
S.  1O3.  wenn  sie  einwenden,  der  Wortlaut  des  l'eriei^cteii  deute  darauf  hin,  dal3 
ein  iva5o'j|i£vo;  sioli  erst  die  lliiule  umleite  wie  die  bekannten  I  )iaduinenosfiguren. 
Überdies  muli  Polvklets  Diadunienos  mit  jenem  Anadiinieims  \iir  dem  Arestempel 
nicht  identisch  gewesen  sein.  Wenigstens  selie  ieh  /u  einer  sielu^ren  Entschei- 
dung über  diesen  P\inkt  keinen  Anhalt.  Mir  hauchtet  die  Identität  ein.  weil,  wie 
wir  schon  gesehen  haben,  das  Anaduniendsniotix  sieh  zur  Charakterisierung  des 
Gottes  so  wenig  geeignet  erweist,  dai.i  man  keiiu'  allzu  häufige  Wiederhulung 
eines  Apollon  in  dieser  Haltung  annehmen   möchte. 

Freilich  würde  uns  diese  Identification  auf  ziemlieli  weittragende  Conse- 
quenzen  führen:  jener  Apnllon  niül.Ue  dann  \cin  Polykh't  in  den  zwanziger  Jahren, 
also  den  schlimmsten  Zeiten  des  Peloponnesischen  Krieges,  für  Athen  geschaffen 
worden  sein.  Man  wird  sich  dabei  erinnern,  daß  Pausanias  (I  3,  4)  eben  in  dieser 
Zeit  die  Weihung  des  Apollon  Alexikakos  von  Kaiamis  .uisetzt  und  mit  der 
Pestepidemie  in  Verbindung  bringt,  nach  allgemeiner  Ansicht  allerdings  fälsch- 
licherweise in  \'erbindting  bringt,  weil  der  genannte  Künstler  den  Jammer  die.ser 
Zeiten  kaum  mehr  erlebt  haben  kann.  Aber  wenn  die  chronologische  Fixierung 
von  Kaiamis  Werk  falsch  ist,  so  bleibt  doch  nach  Aufhören  der  Pest  ein  W^eih- 
geschenk  an  den  (iott,  welcher  die  Krankheit  nicht  nur  sendet  sondern  aucli 
verscheucht  und  heilt,  so  durchaus  verständlich,  daü  man  des  Pausanias  Angabe 
nicht  für  gänzlich  aus  der  Luft  gegriffen  erklären  möchte.  Und  würde  sich  für  ein 
ähnliches  Anathem  unser  Apolhm  Aiiadumenos,  der  seine  pestbringenden  Pfeile 
weggelegt  hat,  nicht  vortrefflich  eignen?  Auch  die  Chronologie  Polyklets  ließe  sich 
mit  einem  attischen  Weihgeschenk  für  die  Pest  leicht  in  Einklang  bringen.  Daß 
der  argivische  Meister  sich  eine  Zeitlang  in  Athen  aufhielt,  geht  daraus  hervor, 
daß  Piaton  (Protagoras  328)  die  Söhne  d(;s  Künstlers  als  Alter.sgenossen  der  Söhne 
des  Perikles  bezeichnet.*)  Eine  solch  beiläufige  l'>emerkung  Piatons  kann  nicht  als 
Frucht  chronologischer  Studien  auf  (rrund  von  literarischem  Material  angesehen 
werden;   dafür  wären  weder   die  Söhne    des   großen  Staatsmannes    noch    die    des 

*l  Klein  Kunstgescliiclite  I  420  überträgt  TJÄi-/.'.»)-  bestärkt  durch  den  Aufs.-Jtz  von  Swoboda  in  den 
zx:  mit  ..gute  Kameraden"  und  möchte  an  .Stelle  des  Jahresbeften  I903  S.  200,  der  auf  14  Druckseiten 
überlieferten  Polyklct  vielmehr  Polygnot  setzen.  Will-  im  entscheidenden  Punkt  zu  demselben  Resultat  ge- 
kürliche  Annahmen  zu  erörtern,  hielt  ich  stets  für  langt,  das  ich  vorher  schon  in  ein  paar  Zeilen  ausge- 
überflüssig   und    ich    wurde  in  meiner  Ansicht  noch  sprechen  halte. 


Polyklets    Diadumenos  49 

großen  Künstlers  wichtig"  g"enug-,  da  der  Philosoph  von  ihnen  nichts  hervorzuheben 
hat,  als  daÜ  sie  im  Vergleich  mit  ihren  Vätern  bedenklich  abfallen.  Das  Wissen 
von  der  Gleiclialtrig-keit  jener  viere  muß  sich  auf  zufällig-e  Weise,  durch  irg'end- 
ein  städtisches  Ereignis,  das  sie  zusammenführte,  erhalten  haben;  jene  Angabe 
wird  nur  erklärlich,  wenn  die  Söhne  Polyklets  als  junge  Leute,  veoi  nennt 
sie  Piaton,  gleichzeitig  mit  den  Söhnen  des  Perikles  in  Athen  gesehen  wurden. 
Wenn  aber  die  Jungen  in  Athen  waren,  so  muß  sich  auch  ihr  Vater  einige  Zeit 
dort  aufgehalten  haben;  also  schon  vor  430,  dem  Todesjahr  des  Paralos  und 
Xanthippos.  Polyklets  Rückkehr  nach  Arges  wird  erst  nach  423,  dem  Jahr,  in 
welchem  der  Heratempel  ausbrannte,  erfordert. 

Der  Zweck  der  vorausgellenden  Erörterung  war  aber  nur  der,  zu  zeigen, 
daß  uns  die  Identification  von  Polyklets  Diadumenos  mit  dem  Apollon  vor  dem 
Arestempel  keineswegs  in  unmögliche  Consequenzen  verwickeln  würde. 

Des  Pausanias  Schweigen  über  den  Künstler  des  Apollon,  das  überhaupt 
nicht  schwer  wiegt,  läßt  sich  für  den  Fall  der  Identität  sehr  leicht  motivieren. 
Der  Diadumenos  des  Poh'klet  war  schon  vor  der  Zeit  des  Plinius  (34,  35)  um 
eine  hohe  Sumxne  verkauft  worden;  das  Original  könnte  somit  zu  Pausanias 
Tagen  keinenfalls  mehr  vor  dem  Arestempel  gestanden  haben.  Ein  so  teuer  er- 
worbenes Stück  war,  wie  aus  der  Kaufsumme  von  liundert  Talenten  an- 
zunehmen ist,  in  den  Besitz  eines  hellenistischen  Fürsten  und  .sj^äter  vielleicht 
in  ein  öffentliches  Gebäude  der  Hauptstadt  gewandert.  Wie  in  Thespiai  der  Eros 
des  Praxiteles,  so  wurde  vermutlich  in  x\then  Polyklets  Apollon  durch  eine  Copie 
ersetzt.  Einer  andern  Copie  des  Diadumenos,  welche  Lucian  (Philopseudes  i8) 
mit  Nachljildungen  berühmter  Meisterwerke  in  ein  Privathaus  zu  Athen  versetzt, 
wird  sich  der  Leser  wohl  erinnern.  Da  also  keinenfalls  das  eigenhändige  Werk 
Polyklets  in  Athen  mehr  zu  sehen  war,  so  hatte  Pausanias  keine  Veranlassung, 
den  Künstler  zu  nennen.  Aber  ich  wiederhole,  daß  die  Identität  des  erschlossenen 
polykletischen  Apollon  mit  dem  Anadumenos  vor  dem  Arestempel  für  meine 
Beweisführung  nicht  erforderlich  ist. 

Ist  es  nicht  sonderbar,  daß  ein  .Schwanken  über  die  Bedeutung  des  Dar- 
gestellten g'erade  bei  einem  andern  Anadumenos  wiederkehrt,  und  zwar  einer 
Statue,  die  wesentlich  gleichzeitig  mit  der  polykletischen  entstanden  sein  muß? 
Ich  meine  den  Anadumenos  des  Pheidias  in  Olympia,  über  welchen  Pausanias 
(VI  4,  5)  folgendes  aussagt:  b  Se  tic/Xz  b  dva3o6[.i£Vos  xaivtoc  tyjv  xscpaXrjV  iTieiarf/ßia  [xot 
■/.od  ouzoQ  s;  xöv  Aoyov  Osiotou  xe  hjzv.y.  y.y).  i-Tfi  i^  z%  äyaXiiata  xoO  <lJ£o5wu  ao'.ftac,  eiisE 
aXXwf  ye  oiix  ta|.i£V  Sxou  xVjV  eixova  6  <lJ£iSta;  iizobipB.  Pausanias  liielt  demnach  dieses 

Jalireshefte  des  österr.  archäol.  Institutes  P.il.  VIU.  -J 


Siamibild  für  die  Porträtstatue  eines  Siegfers.  Aber  schon  Giirlitt  (Pausnnias  37,1 
hat  richtijj  herausijefunden,  dat3  es  sich  hier  nicht  um  einen  Olvmiiioniken  handeln 
könne,  denn  dessen  Xamen  hätte  auf  der  Basis  stehen  müssen:  (hmach  hat 
Pausanias  wie  in  einem  andern  von  Gurlitt  genannten  ]-"all  ein  Weih^-esclieni< 
verkannt.  Wenn  wir  nun  die  von  Furtwänyler  (Meisterwerki'  44  1)  luni  bes; rundete 
Hypothese,  dal3  der  Diadumenos  l-"arnese  mit  der  (ilyniiiisL-licn  .Statue  ih-s  l'liri(has 
zusammenhänge,  aufnehmen,  so  hätt<Mi  wir  sofort  den  (iruiul  jenes  .Schwankens 
erraten  und  verständen  auch,  warum  nur  ein  Anathem  vorHee-en  konnte;  anch 
in  diesem  Falle  wußten  die  Spätlinge  mit  einem  kurzliaarigen  Apollon  ohne  seine 
üblichen  Attribute  nichts  anzufangen.  Die  Farnesische  .Statue  erscheint  uns  zwar 
wie  das  Werk  Polyklets  für  einen  .Xpollon  kur/.liaarig',  sie  wäre  dagegen  für 
einen  Athleten  auffallend  langhaarig:;  der  Kopf  hat  keine  Athletenohren;  ein  l'alni- 
stamm  dient  als  .Stütze  —  also  nichts  was  gegen  die  Umdeutungf  sprechen  wünle. 
Ein  Apollon  als  \'otiv  innerhalb  der  Altis  wäre  nichts  l 'niMin'irti's;  Pausanias 
VI  ig,  6  kennt  einen  solchen  als  F.inzelfig'ur,  t-in  Weihg-eschenk  der  J'Ipi/.ephy- 
rischen  Lokrer  und  ein  Werk  des  Patrokles  aus  Kroton.  Außerdem  brachten 
die  Ausgrabungfen  eine  überlebensgroße  Apollonstatue  und  die  engen  l'.ezichunt^en 
des  Apollon  zur  Altis  wurden  schon  von  Treu  erörtert.'') 

Wenn  die  Umdeutung  des  Diadumenos  Farnese  nur  als  M("igli(iikeii  aus- 
gesprochen werden  darf,  so  bleibt  sie  beim  polvkletischen  I  )iaiiunien(is  dag'egen 
eine  Notwendigkeit. 

Der  Sinn  des  Motivs  beim  göttlichen  Anadumenos  war  aber  genau  derselbe, 
der  auf  andere  Weise  durch  die  Nike  auf  der  Hand  der  Gottheit  oder  in  malerischen 
und  Reliefdarstellungen  durch  ihr  Herbeiflattern  mit  der  Taenie  ausgedrückt 
wird:   Dein,  o  Gott,  ist  der  Sieg! 

Der  Einwand,  daß  im  Bronzeoriginal  des  Diadumenos,  wo  der  Stütze  mit 
dem  erklärenden  Beiwerk  entsprechend  der  delischen  .Statue  die  Existenzberecliti- 
gung  fehlte,  überhaupt  nichts  außer  der  Weihinsclirift  direkt  auf  Apollon  hin- 
weisen konnte,  dieser  Einwand  ist  entkräftet  durch  die  Analogie  des  atheni.schen 
Anadumenos,  der  an  dem  gleichen  Fehler  litt.  Nicht  die  Exegese  hat  also  für 
einen  Fehler  um  Nachsicht  zu  bitten;  wenn  jemand  dazu  Veranlassung  hatte,  so 
war  es  der  Künstler.  Tatsächlich  wurden  von  alten  Kritikern  de'm  Polyklet  solche 
Fehler  vorgehalten:  nam  ut  humanac  formae  decorem  addiderit  supra  verum, 
ita  non  explevisse  deorum  auctoritatem  videtur.  quin  aetatem  quoque  gra\i()rem 
dicitur  refugisse  nihil  ausus  ultra  leves  genas. 

■')  Olympia  III  Taf.  57.    Über  die   Beziehungen   Apollons  zu  Olympia:  Treu   in.i   Texl   III    134. 


Polyklcts    Diadumeiios  5  ' 

Polyklet  mag  also  nur  ein  correcter  Formalist  gewesen  sein  oder  aber  war  er 
vielleicht  auch  recht  tief.  Könnte  nicht  er  schon  geahnt  haben,  was  noch  in  unseren 
Tagen  nur  ganz  leise  ausgesprochen  werden  darf,  dalJ  in  keinem  Himmel  und 
keinem  Olymp  etwas  Göttlicheres  lebt  als  der  Mensch  —  der  Mensch  solange  er 
jung  und  schön  bleibt. 

Rom.  FRIEDRICH   HAU.SER 


Untersuchungen  zur  antiken  Toreutik. 

III.  Die  Metalldrehbank  im  Altertum. 

Die  Metalldrehbank  spielt  in  der  Bronzeindustrie,  soweit  es  sich  um  die 
Herstellung  von  gegossenen,  gleichmäßig  gerundeten  Gegenständen  handelt,  eine 
Rolle,  ebenso  bedeutend,  wie  die  Holzdrehbank  für  die  Drechselei  und  die  Töpfer- 
scheibe für  die  Töpferei.  Wie  Blümner  ausführlich  dargelegt  liat'),  ist  die  Holz- 
drehbank in  primitiver  Form  schon  in  den  homerischen  (.iedichten  erwähnt.  Wenn 
also  von  Plinius  VII,  ig8  Theodoros  von  Samos  als  Erfinder  der  Drehbank  über- 
haupt genannt  wird,  so  kann  die  Nachricht  in  dieser  Fassung  nicht  richtig'  sein  — 
wie  bekanntlich  auch  die  andere  vielfach  überlieferte,  dai5  Theodoros  von  Samos 
zuerst  erfunden  habe,  Bronze  zu  g-ießen,  so  nicht  richtig  ist.-)  Sie  wird  so  zu 
verstehen  sein,  daß  es  Theodoros  gewesen  ist,  der  das  Princip  der  Holzdrehbank 
zuerst  auf  Äletallarbeiten  übertrug  oder,  wenn  sich  feststellen  läßt,  daß  schon  vor 
seiner  Zeit  Dreharbeiten  in  Metall  gemacht  worden  sind,  daß  er  in  der  jonischen 
Kunst    zu    ausg'iebigem    Gebrauch    der    Metalldrehbank   den  Anstoß    gegeben  hat. 

Während  nun  die  Holzdrehbank  sehr  wohl  in  einer  Zeit  denkbar  ist,  in  der 
man  eiserne  oder  stählerne  Werkzeuge  nicht  besaß  —  denn  man  konnte  sich  mit 
bronzenen  begnügen  — ,  setzt  die  Metalldrehbank  Werkzeuge  aus  gehärtetem  Eisen 
g'eradezu  voraus.  Bronzedreharbeiten  mit  bronzenen  Instrumenten  vorzunehmen, 
ist  an  sich  möglich^),  jedoch  nur  für  einfache,  leichte  Verzierungen.  Sobald  es 
sich  um  tiefer  eingeschnittene  Verzierungen  oder  um  das  Abdrehen  starkwandig 
gegossener  Gefäße  zu  dünnwandigen  handelt,    ist  die  Bearbeitung  mit  bronzenen 

')  Technologie  und  Terminologie  II  331.  bronzenen  .Sticheln,    die   allerdings  stärker  mit  Zinn 

2)  Darüber    wird    in    einem    späteren    Abschnitt  legiert  sein  müssen,  als  die  zu  bearbeitende  Bronze, 

gehandelt  werden.  Ich  habe  mich    von   dieser  Möglichkeit   durch   prak- 

^)  Ebenso    wie    das  Gravieren    von    Bronze   mit  tische  Versuche  überzeugt. 

7* 


Instrumenten  ein  Dins;  der  L'nnu">i;liiiikeit:  es  kann  also  das  Priiu-ip  ihr  I  lol/.tlich- 
bank  auf  Metall  erst  übertragen  sein,  nachilmi  die  lüsenindustrie  einen  gröüeren 
Aufschwung  genommen  hatte.  Dal3  das  aber  in  lU-ni  jonischen  Kunstkreise  vor 
der  Zeit  des  Theodoros  der  l-'all  yi-'wescn.  beweisen  die  Xaelirirht  über  (ilaukos 
von  Chios  und  die  uns  erhaltenen   1  )rid<inäler  jener   /eil.') 

Wie  die  Metalldrehbank  des  AhiTiunis  ausgesehen  hau  isi  nicht  leicht  /.u  sagen; 
denn  die  Nachrichten  lassen  uns  über  diesen  Punkt  völlig  im  Stich;  auch  wird 
sie  nicht  von  Anfang  an  liis  zuletzt  ein  und  dieselbe  Constructiiui  gehabt,  son- 
dern entspreclK'Uil  den  l'"ortschrilt(Mi  der 
iechnik  mancherlei  Wandlungen  durch- 
gemacht haben  und  namentlich  wird  die 
erfindungsreiche  Zeit  des  Hellenismus 
nicht  spurlos  an  diesem  wichtigiMi  Hand- 
w  erkergerät  xorübergegangen  sein.  Wir 
sind  daher  tiUein  auf  die  Denkmäler 
angewiesen  und  dürfen  zur  Ergänzung- 
die  verwandten  Geräte,  wie  die  Holz- 
drehbank u.  a.,  herumziehen. 

Das    Princip    der    Drehbank    wird 

sich    am    besten    durch    die   beistehende 

Aljbildung     einer     modernen     Maschine^ 

ff      ■  ^^      1^B~~*        _/  M  erläutern     lassen,     von     deren     Junrich- 

^f   ^  ^-^1^       tung"    hier     nur     die     wichtigsten    Teile 

hervorgehoben  werden  (l'Mg.  14).  Durcli 
Treten  mit  dem  Fuß  wird  eine  AVelle 
und  ein  an  ihr  befestigtes  grolJes  Rad 
in  Bewegung"  gesetzt,  welches  durch 
einen  sogenannten  Riemen  ohne  Ende  mit  einem  kleineren  Rade  in  \'er- 
bindung  steht.  Dieses  kleinere  Rad  bewegt  in  .seiner  Drehung  eine  Achse,  an 
deren  freiem  Ende  eine  Scheibe  angebracht  ist.  Auf  ihr  wird  der  zu  drehende 
Gegen.stand  mit  seiner  größeren  Fläche  (ein  Kegel  z.  B.  mit  dem  Boden)  be- 
festigt; das  entgegengesetzte  Ende  des  zu  bearbeitenden  .Stückes  wird  durch  die 
links  sichtbare,  in  einer  Spitze,  der  sogenannten  Körnerspitze,  endende  Vorrich- 
tung festgehalten,  die  zu  diesem  Zwecke,  in  einer  Schiene  beweglich,  fest  an  den 
Gegenstand  herangeschoben  wird,   um  dann  in  dieser  Stellung  durch  ein  Schrau- 

'/  Vgl.  Jahrbuch    1901    S.  62  ff. 


Kig.  14      Moderne  Drehbank. 


Untersuchungen   zur  antiken  Toreutik 


53 


bengewinde  mit  breitem  Handgriff  gehalten  zu  werden.  Der  Arbeiter  tritt  an 
die  Maschine  heran,  beginnt  zu  treten  und  legt  die  Hände,  die  den  Dreh.stahl 
führen,  auf  einen  Bock  (die  \'orrichtung,  die  in  der  ISIitte  angegeben  ist),  den 
er  durch  Schieben  in  der  Schiene  sowie  Rechts-  und  Linksdrehen  des  oberen 
Teiles  bequem  für  seine  Arbeit  einzustellen  vermag.  Die  scharfe  Körnerspitze 
wird  sich,  sobald  die  Drehung  beginnt,  allmählich  in  das  Werkstück  einbohren 
und  eine  spitze  Vertiefung  hinterlassen. 

Es  handelt  sich  für  die  antike  Drehbank  um  zwei  Fragen,  erstens  um  die 
Befestigung  des  abzudrehenden  Gegenstandes,  zweitens  um  die  Vorrichtung,  mit 
welcher  die  Drehung  des  festgespannten  Gegenstandes  hervorgerufen   wurde. 

Auf  die  erste  Frage  geben  die  beiden  beigefügten 
Abbildungen  (Fig.  15  und  16)  deutliche  Auskunft.  Der 
Spiegel  wird  seit  langer  Zeit  im  Anti- 
quarium  zu  Berlin  aufbewahrt')  und 
gehört  der  ersten  Hälfte  des  fünften 
Jahrhunderts  an,  wenn  er  nicht  noch 
älter  ist;  die  Unterseite  des  Gefal3fußes 
stammt  von  einem  der  kleinen  Becher 
des  Hildesheimer  vSilberfundes.'')  Im 
Mittelpunkte  der  concentrischen  De- 
coration bemerkt  man  an  dem  Spiegel 
ein  kleines  Loch,  das  von  einem  hoch- 
stehenden Rande  umgeben  ist;  ein  etwas  größeres  an 
dem  Becherfuß.  Diese  Löcher  rühren  von  der  Körner- 
spitze her,  die  sich  während  der  Drehung  allmählich  in 
das  Metall  einbohrte  und  so  den  Rand  aufwarf;  sie  war  also  aus  Metall,  ver- 
mutlich aus  gehärtetem  Eisen  oder  Stahl,  und  muß  namentlich  bei  dem  Spiegel 
sehr    fein  und  spitz  gewesen  sein. 

Das  Vorhandensein  solcher  kleinen  Löcher  im  Centrum,  die  man  an  zahl- 
losen Bronzegefäßen  und  Geräten  beobachten  kann,  gibt  die  Gewähr  dafür,  daß 
ein  Gegenstand  auf  der  Drehbank  gearbeitet  ist,  für  Gefäße  zugleich,  daß  sie 
gegossen  und  nicht  getrieben  sind;  denn  nur  gegossene  Gefäße  kann  man,  weil 
ihre  Wandungen  sehr  stark  hergestellt  werden  müssen,  abdrehen,  während  das 
bei  den  dünnwandig-en  getriebenen  Gefäßen  gewöhnlich  unmöglich  ist.") 


Fig.  16 

Unterseite   des 

Gefäßfußes  eines 

Hildesheimer 

Bechers. 


Fig.  15     Spiegel 

des  Antiquariums 

zu  Berlin. 


'•')  Friederichs  n.   7. 

'')  Pernice  und  Winter,   Der  Hildesheimer  Silber- 


fund Taf  17. 

'')  Nur  darf  man  nicht  die  stumpfere  Vertiefung 


Die  Befestigung  des  zu  ilreluMiden  (Ti'genstaiulos  \■(■l■nlittl■l^  iKt  KiW-iicrspiize 
entspricht  also  genau  dem  heutigen  N'erfahreii,  nur  wird  der  Apparat  einfacher 
gewesen  sein.  So  kann  der  Halter  für  die  Spitze  in  älteriT  Zeit  nicht  durch 
ein  Gewinde  auf  der  Bank  befestigt  worden  sein;  man  konnlt'  ihn  auch  nhne 
dieses  Hilfsmittel  durch  die  Bank  hindurchführni  und  durcli  Splinic  untcrhalh 
festkeilen  (vgl.  Fig.  ig).  Für  dii'  hellenistische  Zi'il  steht  niclits  im  NW'ge,  eine 
der  modernen  Befestigung  entsprechencie  ^'orrichtung  durch  lUi-  Sj)iiidrlsclir;ud)r 
anzunehmen. 

Häutig  ist  das  Loch  der  Kiirnerspitze  nach  Fertigstellung  der  Dreliarheit 
beseitigt   worden.      Hielür  bietet    ein  gutes   Heisiiiel    der    kleine  Sclu'ipt  Itift'el   noui 

Hildcsheimer  Sillxir- 
fund*)(Fig.  17).  Nach- 
dem an  diesem  Gefäß 
sämtliche  Dreharbei- 
ten beendigt  waren, 
hat  man  die  Körner- 
•spitze  losgemacht  und 
nun  eine  gleichmäßi- 
ge Ausarbeitung  der 
Mitte  vorgenommen, 
dergestalt,  daß  sich 
der  innere  Kreis  all- 
mählich nach  innen  vertiefte,  statt  ein  tiefes  Loch  zu  zeigen.  Nur  eine  ganz 
kleine  Spur  der  bohrenden  Körnerspitze  ist  im  Centrum  des  Kreises  stehen 
geblieben.  Andere  Beispiele  bieten  die  von  G.  und  A.  Körte  aufg-efundenen 
gegossenen  Omphalosschalen  von  Gordion''),  die  zu  dem  Besten  gehören,  was  von 
antiker  Metallarbeit  aus  hocharchaischer  Zeit  auf  uns  gekommen  ist.  Der  Om- 
phalos,  der  sich  inmitten  eines  Kranzes  mit  peinlichster  Sauberkeit  gearbeiteter 
kreisförmiger  Kanten  erhebt,  zeigt  keine  Spur  der  Körnerspitze  mehr,  ohne  deren 
Hilfe  die  Kreise  unmöglich  so  scharf  hätten  herausgearbeitet  werden  können. 
Noch  wieder  anders  ist  der  Boden  der  beiden  schlanken  Amphoren  hergestellt, 
die  aus  dem  Bronzefunde  von  Boscoreale  stammen'")  (Fig.  i8).  Sie  konnten  auf 
der  sich  drehenden  Achse  der  Drehbank  vermittels  einer  Pechfüllung  .so  fest  auf- 

damit  verwechseln,  die  sicli  zuweilen  bei  getriebenen  '')  Pcrnice  und  Winter,  Der  Hildcsheimer  Silber- 

fund. Taf.   20. 

-')  Gordion,  Jahrbuch  5.  Erganzungsheft,  S.  72 ff. 
'")  Archäologischer  Anzeiger   1900  S.  184. 


Fig.  17     Schöpflöffel 
des  HUdesheimer  Fundes. 


Fig.  18     Hilden   einer 
Amphora  aus  Boscoreale 


Geßßen  in  der  Mitte  des  Bodens  vorfindet  und  die 
von  der  Zirkelspitze  beim  Abmessen  des  Treib- 
blechs zu  einer  runden   Scheibe  entstand. 


Untersuchuiij^on   zur  antiken   Toreutik  55 

gespannt  werden,  daß  ein  Federn  beim  Drehen  nicht  zu  befürchten  war.  So  ist 
hier  die  Körnerspitze  überhaupt  nicht  angewendet  worden  und  entsprechend  auch 
kein  Loch  im  Centrum  tler  kreisförmigen  Verzierung.  Abweichungen  vom  Übli- 
chen, wie  sie  hier  an  einigen  beliebigen  Beispielen  erläutert  sind,  sind  natürlich 
nicht  selten;  aber  im  allgemeinen  zeigen  die  gedrehten  Gegenstände  als  untrüg- 
liclies  Zeichen  ihrer  Herstellungsweise  deutlich  die  Körnerspitze. 

Die  Befestigung  auf  der  Achse  wird  gewöhnlich  durch  Pech  vorgenommen 
worden  sein.  Bei  dafür  g-eeigneten  Gegenständen,  namentlich  bei  tiefen  Gefäßen, 
läßt  sich  denken,  daß  die  Befestigung  durch  ein  Holzfutter  unterstützt  wurde. 
Aber  hier  sind  .so  viele  Möglichkeiten  vorhanden,  daß  es  nicht  richtig  sein  würde, 
eine  bestimmte  als  die  wahrsclieinliche  zu  bezeichnen. 

Die  Böden  der  antiken  (iefäße  zu  betrachten  lohnt  nicht  allein  wegen  der 
Anzeichen,  die  sie  für  die  Technik  enthalten,  sondern  weil  sie  über  die  Höhe 
des  technischen  Könnens  die  deutlichsten  Aufschlüsse  geben.  Das  Drehen  eines 
Bodens  zum  Beispiel,  wie  das  des  Bodens  der  Amphora  von  Boscoreale,  mit  seinen 
zahlreichen  Unterdrehungen  beweist  eine  erstaunliche  Beherrschung  der  Technik, 
die  dem  Kunststück,  das  ganze  Gefäß  durch  Guß  zu  gewinnen,  nicht  nach- 
steht. Das  Anbringen  derartigen  Schmuckes  an  nicht  sichtbaren  Teilen  verrät 
zugleich  eine  naive  Freude  an  der  virtuosen  Ausübung  dieser  Kunstfertigkeit. 
Das  Wachsmodell  wird  die  Verzierungen  der  Böden  im  allgemeinen  angedeutet 
haben,  aber  ohne  die  meisterhafte  Behandlung  der  Drehbank  würden  diese  niemals 
so  scharf  und  sicher  ausgefallen  sein. 

Weit  schwieriger  ist  die  Beantwortung  der  zweiten  Frage,  wie  die  Drehung 
der  Achse  hervoi"g-erufen  wurde.  Blümner  äußert  sich^^)  über  die  Holzdrehbank, 
die  er  offenbar  für  das  Altertum  der  Metalldrehbank  gleichsetzt,  mit  folgenden 
Worten:  „Über  die  Construction  der  antiken  Drechselbank  fehlen  uns  leider 
nähere  Nachrichten,  doch  darf  man  wohl  mit  Sicherheit  annehmen,  daß  die  Ein- 
richtung, den  auf  der  .Scheibe  zu  drehenden  Geg-enstand  durch  Treten  mit  den 
Füßen  in  Bewegamg  zu  setzen,  den  Alten  bekannt  war;  haben  wir  doch  auch 
beim  Webstuhl  und  beim  Töpferrad  die  Existenz  einer  ähnlichen  Vorrichtung  als 
im  Altertum  bekannt  vorausgesetzt  und  ein  antiker  geschnittener  Stein  zeigt  uns 
einen  Eros,  der  seine  Pfeile  an  einem  auf  ganz  entsprechende  Weise  durch  Treten 
in  Bewegung  gesetzten  Schleifsteine  schärft.  Die  einzige  Notiz,  aus  der  wir  einen 
Schluß  auf  die  Construction  der  alten  Drehbank  ziehen  können,  ist  die  aus  später 
Zeit    herrührende    Erklärung    eines    Gerätes,    das    die    eigiMitümliche    Benennung 

^  ^)   Technologie  uud   Terminologie   II    333. 


niamphur  hat    ^\on  Soaliger  als  vcrilorbcn  aus    iiavvo-^c 


■rklärt):    es 


ein  rundes,  mäßig  großes,  von  einem  Riemen  umwumlenes  Hol/,  welches  die 
Tischler  beim  Drechseln  im  l-Creise  Umtrieben  (Festus  ]>.  i^j,  i:  niamphur  apjiellatur 
loro  circumvoUitnm  niediocris  longitudinis  lignum  rotundum,  quod  cireumagunt 
t'abri  in  operibus  tornandis'.  Offenbar  ist  hier  eine  Scheibe  gemeint,  die  mit  einer 
zweiten  durch  einen  darumgeleglen  L(>derriemeii  ohne  lüule  \('rl)un(leii  war;  man 
darf  daraus  schließen,  daß  die  Drehbank  der  Alten  nicht  der  sogenannten  Spitzen- 
drehbank oder  Fitschol.  wie  sie  früher  bei  uns  iiblich  war.  glich,  sondern  der  jetzt 
allgemein  üblichen  mit  Rad  und  Spindel;  und  dal.i  dabei  das  Rad  nicht  scillte 
durch   Treten   in   Bewegung  gesetzt   WDrden   sein,   ist   last   undenkb.ir." '-'^ 

Die  l'>klärung  der  lateinischen  Worte  lignum  rotundum  mediocris  longitu- 
dinis  loro  circumvolntum  als  einer  Scheibe,  die  mit  einer  zweiten  durch  einen 
darinngelegten    Riemen    ohne    Ende   verbunden   war.    wird    schwerlich    allgemein 


*-'  Ich  benutze  die  Gclcgenlicit.  um  mit  einij^en 
Worten  .nuf  die  antike  Töpfersclieibe  einzugehen,  die 
von  Blüraner  bei  der  Besprechung  der  Holzdrehbank 
erwähnt  und  in  der  Technologie  II  S.  36  ff.  ausführlich 
besprochen  wird.  Blümner  hält  es  für  w.ihrschcinlich, 
daß  schon  den  Alten  die  heutige  so  einfache  Ein- 
richtung bekannt  gewesen  sei,  «wobei  der  Arbeiter 
mit  dem  Fuß  die  große  Tretscheibe  in  Bewegung 
setzt,  während  er  mit  den  H.inden  auf  der  oberen, 
kleineren  Scheibe,  die  mit  der  unteren  durch  eine 
Welle  in  Verbindung  steht,  den  Ton  formt."  Für 
die  classische  Zeit  der  Vasenfabrication  darf  man  mit 
Bestimmtheit  sagen,  daß  dieseAnnahme  nicht  bestellen 
kann,  daß  der  Apparat  vielmehr  nur  aus  einer  ein- 
zigen Scheibe  bestand,  die  auf  einem  Zapfen  drehbar 
ist.  und  daß  diese  Scheibe  mit  der  Hand  gedreht 
wurde,  wie  bei  der  homerischen  Schilderung  des 
Töpfers,  die  Blümner  S.  38,  I  richtig  erklärt.  Das 
wird  bestätigt  durch  die  korinthischen  Pinakes,  die 
Blümner  noch  nicht  kennen  konnte.  Die  Darstellungen 
der  Töpfer  bei  der  Arbeit  sind  hier  so  deutlich,  daß 
man  nicht  zweifeln  kann;  sie  ergänzen  die  früher 
bekannten  Bilder  aufs  beste.  Eine  Scheibe,  die  nicht 
wie  die  moderne  Drehscheibe  durch  eine  weit 
schwerere  unten  in  Bewegung  gehallen  wird,  muß 
selbst  möglichst  schwer  sein,  um  lange  genug  in  der 
Drehung  zu  verharren  und  um  dem  Widerstände  der 
tonformenden  Hände  zu  begegnen.  So  bemerkt  man 
denn  auch  an  sämtlichen  D,irsleUungen,  daß  die 
Scheiben  stets  eine  gewaltige  Dicke  und  oft  einen 
mächtigen   Durchmesser  besitzen,   während   von  einer 


Beteiligung  der  h'üße  l>ei  der  Arbeit  nichts  zu  er- 
kennen ist.  Bemerkt  sei  übrigens  zu  der  bekannten, 
bei  Blümner  S.  47  abgebildeten  Münchener  Hydria, 
daß  der  Mann,  der  sich  an  dem  großen  Gefäße  zu 
tun  macht,  während  der  Geselle  die  große  .Scheibe 
dreht,  schwerlich  das  Gefäß  formt.  Gefäße  von  sol- 
chen Dimensionen  und  noch  größere,  wie  die  riesen- 
haften, bis  zu  2""  ansteigenden  Dipylonamphoren, 
können  im  ganzen  überhaupt  nicht  hergestellt  werden; 
vielmehr  werden  sie  in  einzelnen  Ringen  geformt, 
deren  jeder  nach  seiner  I'"ertigstellung  auf  den  unteren 
aufgesetzt  und  in  der  Drehung  mit  ihm  befestigt 
wird;  so  macht  man  es  auch  heute  noch;  mit  der 
Zusammensetzung  der  gesondert  gearl>eileten  Gefäß- 
teile wird  auch  der  Töpfer  auf  der  Hydria  beschäftigt 
sein.  Für  die  spätere  Zeit  beweist  die  von  Blümner 
herangezogene  Stelle  aus  Jesus  Sirach  oO-(o;  y.£pa- 
HsOj  y.a3i;nsvo;  ^v  Ifftp  aüxoO  xal  auaTpi-f u)v  sv  Ttoobi 
a\)X0')  tpoxiv,  5g  Iv  n,Ep(|ivrj  xsTtat  5'.a  ;iavx6j  iiA 
xö  ip-fov  aOxo'J  nirlit  den  Gebraucli  der  modernen 
Töpferscheibe.  Auch  hier  kann  man  an  eine  einzige, 
niedrig  gestellte  Scheibe  denken,  die  von  dem  an 
oder  dicht  über  dem  Boden  sitzenden  Töpfer  mit  den 
Füßen  regiert  wird,  statt  mit  den  Händen,  die  beide 
für  das  Formen  frei  sind.  Es  wäre  das  eine  Art  des 
Drehens,  wie  tie  noch  heute  bei  Völkern  primitiver 
Cultur  zu  beobachten  ist.  Ich  glaube  daher  auch 
nicht,  daß  die  von  Blümner  zitierten  kleinen  Ton- 
scheiben aus  Arczzo  und  von  anderen  Orten  sicher 
zum  Gebrauch  im  Töpferhandwerk  bestimmt  ge- 
wesen  sind. 


Untersuchungen  zur  antiken  Toreutik 


57 


gebilligt  werden.  Viel  eher  deim  als  Scheibe  wird  man  sich  das  lignum  als 
eine  hölzerne  Walze  oder  Achse  vorstellen,  wie  sie  besonders  anschaulich  die 
nachstehende  Abbildung  einer  Tischlerdrehbank  des  achtzehnten  Jahrhunderts 
darbietet'^),  nur  daß  um  das  ligtaum  ein  Lederriemen,  hier  dag'egen  um  die 
Achse  ein  Strick  gewickelt  ist  (Fig.  19).  Diese  Drehbank  wird  in  der  Weise 
bewegt,  daß  durch  das  Niedertreten  des  Pedals  die  Achse  rechts  herum  bewegt 
wird;  dabei  biegt  sich  der  elastische  Baum,  der  an  der  Wand  in  der  Höhe  an- 
gebracht ist,  herab.  Ist  das  Pedal  heruntergetreten,  so  beginnt  die  Kraft  des 
elastischen  Baumes  zu  wirken  und  dreht 
nun  die  Achse  im  entgegengesetzten  Sinne 
und  hebt  zugleich  das  Pedal  wieder  hoch. 
Es  ist  das  dasselbe  mechanische  Princip. 
das  beim  Drillbohrer  in  Anwendung-  kommt 
und  den  Griechen,  wie  die  mykeni.schen 
Steine  zeigen,  seit  den  ältesten  Zeiten  be- 
kannt war. 

Die  Annahme,  daß  die  antike  Holz- 
drehbank dieser  jetzt  wohl  allgemein  ver- 
alteten Drehbank  ähnlich  gewesen  sei, 
liegt  sehr  nahe.  Aber  es  ist  sehr  fraglich, 
ob  das  Princip  der  Holzdrehbank  ohne 
weiteres  auf  die  Metalldrehbank  über- 
tragen werden  darf  Bei  der  Bearbeitung 
des  Holzes  i.st  der  Widerstand,  der  dem 
Dreheisen  entgegengesetzt  wird,  ein  weit 
geringerer  als  bei  der  Bearbeitung  des  Metalls.  Die  abwechselnde  Rechts-  und  Link.s- 
drehung  der  Achse  bietet  beim  Holzabdrehen  wenig'  Unbequemlichkeiten,  man  kann 
hier  das  Eisen  leicht  ab-  und  wieder  einsetzen.  Bei  dein  starken  Druck  dagegen,  den 
die  Hände  beim  Metalldrehen  ausüben  müssen,  liegt  in  der  abwechselnden  Bewegung 
die  größte  Schwierigkeit.  So  gehen  denn  auch  im  Mittelalter,  wie  es  scheint,  stets 
zwei  Arten  von  Drehbänken  nebeneinander  her.  In  dem  Werke  von  Jost  Amman, 
„Stände  und  Handwerker"  (Frankfurt  a.  M.  1568),  das  Hans  Sachs  mit  Versen 
begleitet  hat,  arbeitet  der  Holzdrechsler,  der  gerade  einen  großen  Kegel  abdreht, 
an    der    oben    geschilderten   ,, Wippe''  (Fig.  20):  der  „Kandelgießer"   dagegen,  der 


Fig.   19      Tischlerdrehliank   des    1 8.  Jahrhunderts. 


")  Nach    der  Kncyclopedie   ou    dictionnaire  rai-        1775    ^'^-  ^-^    ^^^'    ■^^' 
sonne  des  sciences,  des  arts   et  des  nictiers.   I.ivorno       cornetier. 

J.illreshefte  des  österr.  archäol.  Institutes    Bd.  VIII. 


dem    Wort    tabletier 


Metall  dreht,  an  einer  Drehbank,  die  \on  riiicm  hintiT  ihm  sttOicmlrii  (ioscllon 
vemiittels  eines  großen  SchwungTades  in  Ucwos^nny  ,L;i'sct/t  wird,  dcrni  Aclisc 
also  eine  gleichmäßige  Bewegning  iimchäh.  (loiiau  denselben  rntcischicd  lindet 
man  in  dem  späteren  Ruche  vonWeigel  „Abbildung  d«M-  (ienn-in-nützlichen  Haupt- 
Stände"  (Regensburg  idgS)  S.  301  und  S.  400  und  in  der  srlion  oben  (Anni.  i,^"» 
genannten  EncydoptVlie:  das  beste  Beispiel  der  Metalldrelibank  ist  hier  unter 
dem  Worte  „tourneiir"  Bd.  X  Taf.  i  g<>gcben.  \'au  einem  groi.ien  Rade  geht  hier 
ein  gekreuzter  Riemen  zu  einem  kleineren  heriilx^r.  das  wieder  mit  der  .\ehse 
in   \'erbindung  steht:   das  grül.iere  Rad   wird   von   einem  (iehilfen  gedreht   und  die 

Achse    macht    also    eine    coutinuierliche 
Hrehung  (l'ig.   21). 

I  )afür,  daß  die  MetalUlrehbank  auch 
im  .Mtortum  von  der  Holzdrohbank  ver- 
schieden gewesen  ist,  bietet,  wie  ich 
glaube,  ein  AnzeicluMi  die  am  Anfang 
dieses  Capitels  erwähnte  .\achrichl.  dal.! 
Theodoros  von  .Samos  die  Dreld^ank  er- 
funden habe.  Bestand,  wie  oben  als 
möglich  angenommen  wurde,  die  Er- 
findung des  g-riechischen  Meisters  in  der 
i'bertragung-  des  Principes  der  Holz- 
drehbank auf  die  Metalldrehbank,  so 
kann  die  wesentliche  Neuerung-,  die  er 
eingeführt  hat  und  wegen  derer  ihm  der 
Erfinderruhm  zuteil  wurde,  außer  <lem 
Gebrauch  eiserner  oder  stählerner  Instru- 
mente nur  darin  bestanden  haben,  daß  er  die  Rechts-  und  Linksbewegung  der 
Achse  zu  einer  continuierlichen  Drehung-  umgestaltete. 

Es  fragt  sich,  wie  er  diese  Drehung  herbeiführte.  Die  Alten  haben  die  Über- 
setzung von  einem  größeren  Rad  auf  ein  kleineres  vermittels  eines  Riemens  olme 
Ende  nicht  gekannt,  jedenfalls  nicht  in  vorhellenistischer  Zeit.  Nach  briefliehen 
Mitteilungen,  die  ich  der  1-Veundliehkeit  \-on  W.  .Sehiuidt  in  Helmstedt  und 
H.  Schöne  verdanke,  wird  die  meclianische  Übersetzung  verschiedentlich  (>rwähnt, 
ebenso  wie  mehrfach  eine  Kette  ohne  Ende  genannt  wird,")  beides  in  hellenisti- 

'*)  H.  Schöne  nannte    für    die  Cbersctzunj;    die       und   266,   26f.     W.   Schmidt    füj^le    Ileron   I,  400,   5 
Stellen    bei    Heron    (ed.   N'ix-Schmidt)  II    p.  266,   10       (vgl.   Philo,    mctli.   synl.   59,    16)    hinzu  und   hemerkl 


Fig.  20     Holzdrcchslcr 
nach  Jost  Amman,  Stände  und  Handwerker. 


LJnlt;rsuchun"en   zur  antiken   'roreutiU 


59 


scher  Zeit.      Da^e^eii    ist    die    Combination    von    Überset^uiiy    und    Riemen    ohne 
Ende  bisher   überhaupt  nicht   nachweisbar. 

Vielleicht  darf  man,  um  eine  Vorstellung  von  der  Drehbank  der  ältesten 
Zeit  zu  g-ewinnen,  die  Nachricht  von  dem  lemnischen  Labyrinth  heranziehen,  an 
dessen  Erbauung  Theodoros  nach  der  Überlieferung  beteiligt  war:-  Lemnius 
(labyrinthus)  columnis  tantum  centum  quinquaginta  memorabilior  fuit,  quarum  in 
officina  turbines  ita  librati  pependerunt,  ut  puero  circumagente  tornarentur. '■'')  Im 
Zusammenhang  betrachtet  mit  den  übrigen  technischen  Experimenten,  die  für  die 
Tätig-keit  des  samischen  Künstlers  bezeichnend  sind,  erscheint  diese  Nachricht 
nicht  unnatürlich.  Es  handelt  sich  um  das  Abarbeiten  des  harten  Marmormaterials 
durch  Eisen  mittels 
des  Drehverfahrens. 
Da  die  Drehbank  für 
colossale  Gewichte 
nicht  ausreichte,  er- 
fand Theodoros  einen 
Apparat,  vermutlich 
ein  Gerüst,  in  wel- 
ches die  einzelnen 
Säulentrommeln  ein- 
gehängt wurden,  und 
zwar  mit  metallenen 
Zapfen,  die  auf  den 
beiden     Flächen     im 

Centrum  angebracht    waren;    diesen  Zapfen  werden    im  Gerüst  Vertiefungen  ent- 
sprochen  haben,    die   zur  Verminderung-   der  Reibung    mit  Metall  umkleidet   und 


Fig.  2  1      AletalldrehbanU. 


über  den  Riemen  ohne  Ende  folgendes:  „Eine  Art 
Kette  ohne  Ende  (äX'jai;  äTisipo;),  aber  ohne  Über- 
setzung —  wenigstens  sagt  davon  der  Text  nichts  — 
findet  sich  bei  dem  Schnellfeuergeschütze  des  Diony- 
sios  von  Alexandria  13.  Jahrhundert  v.  Chr.?)  von 
Philo  mech.  synt.  75,  47  ff.  ed.  R.  Schöne  (Figur 
und  Erläuterung  bei  Köchly,  Kriegsschriftsteller  I, 
Taf.  VI,  Fig.  3  S.  345)  erwähnt,  und  eine  Kette  ohne 
Ende  des  Philo  selber  in  seiner  Pneumatik  ed. 
Carra  de  Vaux  .S.  186  (vgl.  Berl.  philol.  Wochenschr. 
1903  S.  135 1).  Eine  Verbindung  der  mechanischen 
Übersetzung  mit  der  äXuaij  oder  OTcapToj  «Tisipo;  ist 
mir  noch  nicht  aufgestoßen.   Die  Übersetzung  möchte 


ich  als  vorarchiraedisch  gelten  lassen  und  glauben, 
daß  Archimedes  nur  die  wissenschaftliche  Begründung 
von  etwas  bereits  Vorhandenem  gegeben  hat;  die 
a7idp-os  äTisipos  könnte  auch  vorarchimedisch  sein, 
denn  des  Archimedes  Erfindung  des  y.'j-ßly.z,  ä-Etpsj 
(Heren  II,  2go)  darf  doch  wohl  als  Fortschritt  gelten. 
Daß  schon  die  Griechen  auf  den  Gedanken  verfallen 
sind,  Übersetzung  und  Riemen  ohne  Ende  zu  com- 
binieren,  möchte  ich  nicht  für  ausgeschlossen  halten, 
ob  aber  schon  in  voralexandrinischer  Zeit,  dafür  habe 
ich  zur  Zeit  keinen  Anhalt." 

"j  Plinius  Nat.  Hist.  XXXVI,  90. 


(>0  K.  l'crnice.    L'nicrsiicluiiij;<.Mi   zur  antiken    lorciuiU 

g'eölt  waren.  Ks  kam  mm  auf  imhc  mÖLjliHist  j4U'ichiiKil.iii;c,  M-lnu-lk-  und  /.ui^lciili 
continuierlicho  Dreluiiiy  an.  Der  puer,  der  diese  hcrbeitüliren  sollt. •.  könnt. • 
das  nicht,  wenn  er  dabei  die  Säulentrommel  .selbst  mit  .l.'n  llämlcn  .il.iss.n 
und  bewegen  muUte:  auch  würde  er  rasoli  ermiulet  sein.  Man  konnte  si.li  ahor 
denken.  daÜ  der  eine  Zapfen  wie  eine  .\ehs.>  dureh  das  (leriist  hinauniij;.>liilnl 
und  dali  an  dem  Ende  dieser  Aeh.se  eine  Kurbel  befesti.yt  war,  die  der  Knabe. 
der  nun  autSerhalb  des  Gerüstes  stand,  drehte.  Noch  }ileichmäl3iger  und  kräftiger 
würde  die  Bewegung  werden,  wenn  mit  der  Kurbel  zugleich  ein  schweres  Rad 
verbunden  würde,  das.  einmal  in  Uew.'gung  gesetzt,  mühelos  in  Bewegung  ge- 
halten werden  konnte. 

Wenn  Theodoros  al.so  bei  der  Alxlr.'luing  der  s(.hwer  zu  bearbeitenden 
Säulentronimeln  eine  Hilfe  nötig  hatte,  so  winl  er  sich  vermutlich  auch  zur  Her- 
.stellung  einer  continuierlichen  Bewegung  bei  d.^r  .M.'tall.lrehbank  eines  (iehillen 
bedient  haben,  äimlich  wie  ihn  —  nach  den  Abbildungen  —  die  mittelalterlichen 
Metalldreher  brauchten.  DalJ  hierbei  ein  Schwungrad  angewendet  wurde,  ist  eine 
Annahme,  die  dem  erfindungsreichen  Samier  gewili  nicht  zu  viel  zumutet. 

C.reifswald.  E.  PEKNU  E 


Die  (irundsätzt:  bei  der  Commendation  der  Plebejer. 

I.  nie  Commendation   zur  Prätur. 

Die  Patricier  der  ersten  drei  Jahrhuiiiierte  n.  Chr.,  welche  die  politische 
Ämterlaufbahn  ordnungsmäßig  mit  einer  Stellung  des  Vigintivirates  eröffnen, 
haben  die  Quä.stur  durchwegs  als  quae.stores  Augusti,  also  zufolge  kaiserlicher 
Commendation  innegehabt');  zur  Prätur  sind  sie  nach  dem  Zeugnisse  der  In- 
schriften nur  in  beschränkter  Zahl  commendiert  worden-),  wie  ja  überhaupt  das 
kaiserliche  Empfehlungsrecht   bei  der  Prätur   nur  in  geringem   Umfange   zur  An- 

')  Brasslofl,  Hermes  XXXIX  6l8f.  Q.  Hedius  Rufus  Lollianus  Genlianus  (CIL  II  4121); 

-|  Nachstehende  P.Ttricier  haben  die  Prätur   als  V.  unter   Commodus:    I.  C.  Matlius   Sal)inus  .Sullinus 

praetores  candidati   innegehabt:    I.  unter   Vespasian:  iCIL  V    18 12),    2.    unbekannte    Persönlichkeit   (CIL 

Cn.  Domitius  Tullus  (CILXI5211);  II.  unter  Trajan:  IX  1592);  VI.  unter  Septimius  Severus  und  Caracalla: 

C.  Eggius  Ambibulus  (CIL  IX  I123);   III.  unter  Marc  M.  Nummius  Umbrius  Senecio  Albinus  (CIL  V  4347; 

Aurel  und  Lucius  Verus:  L.  Fulvius  Acmilianus  (CIL  VI    1475);    VII.   nach    CaracaUa    (vor  Elagabal):    C. 

VI   1422^;    IV.   unter  Marc    Aurel  oder  Commodus:  Vetlius  Gratus  .Sabinianus  (CIL  VI   1529);   VIII.  im 


St.   Brassloff,  Die  Grundsätze  bei  der  Commendation   der  Plebejer  Ol 

Wendung-  gelangt.  Wichtig  ist  die  weitere,  aus  den  Inschriften  mit  voller  Evidenz 
sich  ergebende  Tatsache,  daß  die  Patricier  schon  kraft  ihrer  Zugehörigkeit  zum 
alten  Adel  für  die  Bekleidung-  des  Oberamtes  in  der  Rangclasse  der  candidati 
principis  qualificiert  sind.  Der  Umstand,  daß  sie  vorher  als  quaestores  Augusti 
die  besondere  Auszeichnung  der  Dienstleistung"  beim  Kaiser  genossen  haben, 
.spielt  hierbei  keine  entscheidende  Rolle;  denn  unter  den  praetores  candidati  finden 
wir  auch  Neupatricier,  welchen  nach  Bekleidung  der  städtischen  Quästur,  die 
Adelsqualität  verliehen  wurde. ^)  In  der  plebejischen  Carriere  dagegen  ist,  wie 
im  folgenden  gezeigt  werden  soll,  Art  und  Rang  des  unmittelbar  vor  der 
Prätur  verwalteten  Amtes  von  maßgebender  Bedeutung  für  die  Commendation 
zu  der  letzteren. 

Nach  einem  festen  Grundsatz  des  republikanischen  Staatsrechtes  wird  der 
X'olkstribunat  vor  der  Adilität  und,  sofern  von  einer  Person  beide  Ädilitäten 
übernommen  werden,  die  plebejische  Adilität  vor  der  curulischen  bekleidet.  Auch 
nachdem  Augustus  Adilität  und  Tribunat  zu  einer  Rangstufe  im  cursus  bonorum 
zu.sammengefaßt  und  die  Übernahme  einer  Stellung  der  ädilicisch-tribunicischen 
ÄmterstafFel  für  die  Plebejer  obligatorisch  erklärt  hat,  erscheint  die  curulische 
Adilität  noch  immer  im  Verhältnisse  zur  plebejischen  Adilität  und  zum  Volks- 
tribunat  als  das  höhere  Amt. 

Diese  höhere  Rangstellung  der  curulischen  Adilität  wird  nun  durch  die 
staatsrechtlichen  Grund-sätze  über  die  Qualification  der  praetores  candidati  deutlich 
illustriert.  Auch  beim  plebejischen  curstts  bonorum  lassen  die  Inschriften  die 
Wirksamkeit  eines  festen  Qualificationsgesetzes  erkennen.  Es  werden  nur  solche 
Plebejer  der  kaiserlichen  Commendation  zur  Prätur  teilhaft,  welche  vor  der  Be- 
werbung um  das  Oberamt  curulische  Adilen  oder  tribuni  plebis  candidati  g-e- 
wesen  sind. 

Der   Beweis   für   die.se    Behauptung*)   wird  durch  die   nachstehende    chrono- 

dritten  Jalirhundert  bis  auf  Severus  Alexander:    1.  Q.  tracht    diejenigen    praetores   candidati,    welche  durch 

Lollianus  Plautius  Avitus  (Dessau   1155   =  CIL   VI  allectio  in    die    Rangclasse    der   Tribunicien    gelangt 

S  32412),   2.  L.  Caesonius  Lucillus  Macer  Rufinianus  sind:    I.  C.  Oppius  Sabinus  Nepos  (CIL  IX  5833), 

(CIL    XIV    3901);     IX.    nach    Severus   Alexander:  2.  .  .  .  imus  [Maxjimus  Numerius  Au  ....  CIL  VI 

I.  M.  Rubrenus  Virius  Priscus  CIL  X  5058),   2.  L.  1474),  3.  A.  Julius  Pompilius  Piso  (CIL  VIII  2582; 

Valerius  Publicola  Balbinus  Maximus  (CIL  VI  1531;  2744;    2745).    —    Auch    Tib.    Claudius    Claudianus 

1532),  3.  unbekannte  Persönlichkeit  (CIL  VI  1553),  (CIL  VIII  7978)  ist  vermutlich  von  Septimius  Seve- 

4.  unbekannte  Persönlichkeit  (CIL  VI  I559).  rus  inter  tribunicios  adlegiert  worden  (vgl.  Ritterling, 

')  So  C.  Passienus  Cassonius  Scipio  Orfitus  (CIL  Die  Statthalter  der  pannonischen  Provinzen  in  Arch.- 

X   211); anus  (CIL   VIII   11 338).  epigr.  Mitth.  XX  38.) 

')  Bei    unserer  Untersuchung  bleiben  außer  Be- 


Sl.   Unisslofl' 

loij'isclie  Liste  der  praetores  camiitKiti  \i1im>'I1  Anilnlaul  IkiIih  un^  aus  Insclnillfii 
oder  durch  literarische  Zeiionisse  bekannt  ist)  eiluaiht.  l'.s  wari'n  \i>r  der  Coni- 
ineiidation  zur  Prätur: 

A.    A  <'il  i  Ics   eil  ru  les. 

1,    TiitiT   llailriau: 
O.   Caecilius   Mareelhis   ncntilianus    {('\\.    \"lll     i4.tc)1:     aedilis    eiiriilis    canili- 
datiis  divi   Hadriaiii.   praetor  eandidatns  (.'iusdeni). 

II.   Unter   Marc   Aurel: 
M.  Didius  Severus  Julianus  (\it.    i,   3;  aedilitaleni  suftVaLjio  Marc!  i-onsccutus 
est;  praetor  eiusdeni  suffrai>io  fuitl'''i 

111.    .Nach     Irajan: 

1.  Sex.   Tadius    I.usius    Xi'pos    raullinus    (("11.    IX    4119)  |  aedilis  curulis, 

2.  r.   Mareius  T.  f.   Fal(erna)    ("le(mens?)    (('11.    X I  \'  .i.su.s)  |     pi-actor   candidaliis. 

Vi.   Trilnini    plchis  candidati   principis. 
I.   Unter  Nero: 

P.  Tebanus  Gavidius  Latiaris  (CIL   IX    360:;: Irihuniis  plcbis.  praet<ir, 

per  oniues  honores  candidatus  Augustorum). 

IL   Unter    Dciniitian: 
L.   Licinius  Sura  ((IL   \'l    1414:    canditlatus  (aesari.s  in   prai'tura  et   in   tribu- 
natu  pleb(is). 

III.  Unter  Trajan  : 

1.  Unbekannte   Persönlichkeit    (CIL  III   S.   0819:    praetor  candidatus   iin]i.    Iiaiani, 
Aug.  .  .  .  tribunus  plebis  candidatus  eiusdeni). 

2.  Q.  Caecilius   Marcellus    (CIL    XIV    2498:    tribunus  i)lcbis,    jiraetor,    in    utroiiue 
honore  candidatus  divi  Traiani  Augusti). 

IV.  Unter   Hadrian: 

I.  C.  Javolenus  Calvinus  Geininius  Capito  cct.  (CIL  XI\'   2.}q9:  jiraetor  candidatus 
divi  Hadriani,  tribunus  plebis  candidatus). 

'■')  Didius  Severus  muß  curulischcr  Ädil  gewesen        scheine  nach  ein    Commcnd.itionsrccht    nicn^ds    aus- 
sein; denn  für  die  plebejische  Ädilitüt  ist  allem  An-       geübt  worden  (Mommsen,   Rom.  .Staatsrecht  II   027). 


Die   Grundsätze  liei   der  Commendation   dar   Plebejer  Ö3 

2.  C.  Popilius  Carus  Pedo    (CIL  XIV  3610:    praetor,   tribimus    plebis,    in    omnibus 
honoribus  candidatus  imperatoris). 

V.   Unter  Trajan  oder  Hadrian: 
O.   LoUius    Urbicu.s    (('IL    \'II1    6706:     praetor    candidatus    Caesaris,    tribimus 
])li'bis  candidatus  Caesaris). 

^'I.  Unter  Antoninus  Pius: 
C.    Julius  Oppius  Clemens    (CIL   IX    5830:     tribunus    plebis    candidatus    imp. 
Antonini    Aug.,  praetor  candidatus  eiusdem). 

YII.  Unter  oder  nach   Marc  Aurel: 

1.  M.AnnaeusSaturninusClodianusAelianus(CILVI  1337)  j    praetor  candidatus,  tri- 

2.  (C.)  Junius  Fau.stinus  Postumianus  (CIL  YIII  597)         |  bunus  plebis  candidatus 

VIII.   Xach   Hadrian: 

1.  M.    Caelius    Flavus    Proculus    (CIL     XI     3883)     —     trilnmus    plebis    candidatus, 
praetor  candidatus. 

2.  Unbestimmte  Persönlichkeit  (CIL  X  8292)  —  praetor  kandidatus,  tribunus  plebis 
candidatus. 

3.  T.  Caesernius  Statius  Ouinctius  Macedo  Quinctianus  (CIL  V  S65 :  [praetor  can- 
didatus] inter  cives  et  peregrinos  [tribunus    plebis  candidatus). 

IX.  Am   Ende  des  zweiten   oder   Anfang  des  dritten   Jahrhundertes: 
L.  Insteius  Flaccianus    (VI    1429    =    31Ö52:     praetor    kandidatus,     tribunus    plebis 
kandidatus). 

Eine  Ausnahme  von  der  hier  constatierten  Regel  könnte  in  der  durch  eine 
.stadtrömische  Inschrift  (CIL  VI  1464)  überlieferten  Ämterlaufbahn  des  L.  Mummius 
Felix  Cornelianus  erblickt  werden.  Der  Genannte  war  vor  Aufnahme  in  den 
Senat  zunächst  decemvir  stlitibus  iudicandis,  dann  quaestor  candidatus;  nach  der 
Quästur  bekleidete  er  den  Volkstribunat  und  die  Prätur,  letztere  wiederum  als 
candidatus  principis.  Wenn  nun  Mummius  Felix,  wiewohl  er  nicht  tribunus  plebis 
candidatus  war,  doch  zur  Prätur  commendiert  wird,  so  hat  das  seinen  besonderen 
Grund.  Es  ist  von  Mommsen'')  mit  Recht  angenommen  worden,  daß  unser 
Mummius  identisch  i.st    mit   dem    in   den   Fasten   und  einer   Inschrift   von   Orkistos 

«)   Hermes   XXII   311    A.    2. 


64  Sl-   Brassloff 

^^Hermes  XXII  p.  311)  g:enannten  Cos.  ord.  des  Jahres  2,^7.  Ist  das  richtii«-,  so 
hat  Mummius  Felix  die  Prätur  und  ebenso  die  vorausyeliendon  niaiiistraUis  minores 
unter  Severns  Alexander  erlangt.  Nun  wissen  wir,  daß  \on  dem  letzteren  die 
quaestores  cnndidati  jjleich  den  Patriciern  \on  der  Übernahme  einer  Stellung-  der 
ädilicisch-tribunicischen  Rangclasse  befreit  wurden.')  Das  mußte  notwendiger- 
weise zur  Folg-e  haben.  datJ  jetzt  auch  die  quaestores  candidali  für  die  ("onnnen- 
dation  zur  Prätur  befähigt  sind.")  Mummius  l'\'lix,  der  jedenfiUs  vor  der  \-on 
Severus  Alexander  getroffenen  Neueruii'^'  diMi  X'olkstrilmnal  \er\valtete.  war  dem- 
nach nach  Erlassungf  des  severischen  Gesetzes  als  gewesener  quaestor  candidatus 
zum   Hintritte  in  die  Rangclasse  der  praetores  candidati  qualificiert. 

Die  Bekleidung  des  Volkstribunates  (und  ebenso  der  plebejischen  Adilität) 
ohne  kaiserliche  Commendation  schliel.U  also  von  der  Commendation  zur  Prätur 
aus'):  erst  dadurch,  daß  die  ^''olkstribunen  vom  Kaiser  commendiert  sind,  wird 
ihre  Stellung  der  der  curulischen  Adilen,  welche  schon  kraft  ihres  Amtes  für  die 
Stellung  eines  praetor  candidatus  befähigt  sind,'")  gleichwertig. 

Die  in  der  vorstehenden  Untersuchung  nachgewie-sene  Regel  ist  unter  oder 
nach  Aurelian  abgekommen.  Das  zeigt  uns  die  dem  M.  Tineius  Ovinius  C'a.stus 
Pulcher  vom  .Senat  und  Volk  von  Tibur  gesetzte  Ehreninsclirift  CIT,  XIV  ,^614 
(M.  Tineio  Ovinio  ]  L.  F.  Arn.  Ca.sto.  Pulchro  |  c.  v.  pont.  maiori  |  q.  urb  ])r.  k. 
cos.  (  "  s.  p.  q.  T.  I  filio  patroni  |  nepoti  patronorum  |  ).  Der  (Teehrte  ist  also 
praetor  candidatus  geworden,  ohne  vorher  als  quaestor  candidatus  respective 
tribunus  plebis  candidatus  fungiert  zu  haben.  Die  Titulatur  „pontifex  maior" 
zeigt,  daß  die  Inschrift  nach  275  n.  Chr.  anzusetzen  ist;  denn  bis  zu  diesem  Jahre 
werden    die    pontifices    maiores    einfach    als    pontifices  bezeichnet.    Erst    unter 

■)  Hist.  Aug.  Vit.  Alex.  c.  43.  aedil.]  etwa  [leg.  Asiae]  od.  dyl.  zu  lesen.  War 
'1  Vgl.  CIL  VI  l6q6;  135.  der  in  der  Inschrift  Geehrte  Plebejer,  so  muß  [trib. 
')  Damach  sind  die  bisherigen  Ergänzungen  pleb.  cand.]  oder  [aedil.  curul.]  ergänzt  werden.  — 
fragmentierter  Inschriften  zu  rectificieren:  I.  CIL  VI  Unmöglich  ist  die  Mommsensche  Ergänzung  von 
1471;  statt  pr(aetor)  k(andidatus)  tri(bunus)  p[lebis]  CIL  V  4335;  [t]ribun.  pleb.  pr.  [candidatus].  Der 
1.  pr(aetor)  k."tri(bunus)  p[leb.  k.];  2.  CIL  VI  1309;  Be.amte  dessen  Ämterlaufbahn  die  Inschrift  Über- 
statt praet.  candid.  Ir.  pleb.  1.  prael.  candid.  tr.  pl.  liefert,  hat  die  Prätur  nicht  zufolge  kaiserlicher 
[candid].    3.  In  CIL  VI  31814  ist  [trib.  pleb.]  oder  Empfehlung  erlangt. 

acd.  cur.],   in  CIL  X   1705   [trib.  pleb.  cand.]    oder  '")    Wenn    C.  Sallius    Aristacnetus    in    CU.   VI 

iaedilis  curulis]  oder  [aed.  cur.  cand.]  zu  ergänzen. —  1511;   1512.  „deccmvir  stlitibus  iudicandis,    quaestor 

CIL    VI    31780    kann    möglicherweise    den     cursus  designatus  et  eodem    anno   ad   aedilitatem    proraotus, 

hoDOrum  eines    Patriciers    enthalten;    Indicien   hicfiir  praetor  candidatus  tutelaris"   genannt   wird,    so    muß 

wären  die  Verwaltung  des  Münzmeisteramtes  und  die  nach  den  obigen  Feststellungen  angenommen  werden, 

der   qnaestura   Augusti;     es  wäre    denn    statt  der  im  daß  er  die  curulischc   Adilität  bekleidet   hat. 
Corpus    vorgeschlagenen    Ergänzung   [trib.  pleb.    vel 


Die  Grundsätze  bei  der  Commendation  der  Plebejer  "5 

Aurelian  ist  eine  Änderung-  der  Titulatur  eingetreten;  die  Priester,  welche  früher 
einfach    pontifices    genannt  wurden,    führen  jetzt   im  Gegensatz    zu  den  275  p.  C. 

neucreierten  pontifices  Solis  den  Titel  pontifex   maior. ") 

II.  Die  Commendation  zur  Quästur. 

Die  obige  Erörterung  liat  uns  gezeigt,  daß  bei  den  Plebejern  die  C(jmmen- 
dation  zur  Prätur  wesentlich  davon  abhängt,  ob  der  Candidat  vor  der  Bewerbung 
um  das  Oberamt  ein  Amt  höheren  Ranges  in  der  vorhergehenden  (ädilicisch- 
tribunicischen)  Ämterstaffel  bekleidet  hat.  Das  gleiche  Princip  gilt,  wie  jetzt 
nachgewiesen  werden  soll,  auch  für  die  Berufung  der  Plebejer  zur  Würde  eines 
quaestor  principis  (quaestor  candidatus  Augusti). 

Nicht  jeder  (Plebejer),  der  dem  Senatorenstande  angelu'irt  und  der  augustei- 
schen Verordnung  entsprechend  seine  Carriere  mit  der  Verwaltung  des  Vigintivi- 
rates  beginnt,  ist  auch  zum  Amte  eines  quaestor  Augusti  befähigt.  Wie  in  der 
ädilicisch-tribunicischen  Ämterstaffel  bestehen  auch  innerhalb  des  Vigintivirates 
Raugunterschiede  zwischen  den  einzelnen  Stellungen  (triumvir  monetalis,  triumvir 
capitalis,  quattuorvir  viarum  curandarum,  decemvir  stlitibus  iudicandis)'-)  und  sie 
sind  in  der  Periode  von  Augustus  bis  auf  Severus  Alexander  für  die  Commen- 
dation zur  Ouästur  —  soweit  es  sich  um  die  quaestores  principis  handelt  —  von 
Bedeutung  geworden. 

Unter  den  quaestores  Augusti,  welche  die  plebejische  Ämterlaufbahn 
zurückgelegt  habiMi,  können  wir  deutlich  zwei  (iruppen  unterscheiden.  Die  einen 
haben  vor  der  Ouästur  das  Amt  eines  triumvir  monetalis  innegehabt,   die  anderen 

'')    Marquardt,  Rom.  -Staatsverwaltung  III^  245.  eine  bestimmte  Rangordnung  in  der  Amterfolge  nicht 

'-)    Mommsen    (Rom.    Staatsrecht   II    593    n.    5)  eingehalten  wurde.  Derselben  Periode  dürfte  auch  die 

vermutet,  daß  das  Amt  eines    decemvir   stlitibus    iu-  Inschrift  aus  Arezzo  CIL  XI 1837  zuzuweisen  sein.  Bei 

dicandis  das  niederste  war.   Diese  Vermutung  gründet  CIL  V  36  ist  es  nicht  sicher,  ob   die  Ämterlaufbahn 

sich  auf  die  Inschriften  CIL  XI  1837  (nach  welcher  in    auf-    oder   absteigender  Linie   angeführt   ist.     Die 

der  Geehrte    zunächst    Xvir  stl.  iudic,    dann    Illvir  Rangordnung  der  einzelnen  Ämter  des  Vigintivirates 

monet.  und  schließlich  IVvir  viar.  cur.  war)  und  CIL  (in  der  Kaiserzeit)   kann  nur  aus  dem  Verhältnis  zur 

IX  284;   und  V  36.  (in  der  ersten  ist  das  Amt  des  Quästur   bestimmt    werden;     höhere    Stellungen    sind 

IVvir  viar.  cur.,    in    der   letzteren    das    des    triumvir  jene,    welche    zur    Würde    eines    quaestor    principis 

cap.  nach    dem    Decemvirat   erwähnt).  Aber   Momm-  befähigen.     Die  obige  Untersuchung   (s.  Text)  ergibt, 

sens  Annahme  kann  meines  Erachtens  für  die  Kai-  daß  die  decemviri   stlitibus  iudicandis  nicht  den  vier- 

serzeit  nicht  zugestimmt  werden.    V'^on  den  erwähnten  ten   (letzten),    sondern    den    zweiten    Rang  unter  den 

Inschriften    gehört  CIL  IX    2845    sicher    der   Über-  vigintiviri   einnehmen.    Als   niedere   Amter  sind   das 

gangszeit  von  der  republikanischen  zur  monarchischen  eines    quattuorvir    viarum    curandarum    und   triumvir 

.Staatsordnung  an,  in  welcher  offenbar  ein  so  großer  capitalis  anzusehen. 
Mangel  an  Candidaten  für  den  Vigintivirat  war,  daß 

Jahreshefte  des  österr.  archäol.  Institutes  Bd.  VHI.  q 


als   decemviri    stlitibus  iudicandis.    also    als   N'orsitzonde    des  (ontumvirali^ericlitos 
fungiert.     Ich    geVio    im    folgenden    eine     chronologische    Liste    dieser    Beamten. 

A.    Von  den    durch   die   Inschriften    bekannten    triumviri   monetales    sind 
iiuaestores   iirincipis   g-eworden: 

1.    Unter  Aiignstus: 
('.    Kuhetlius   Blandus'-'l  (CIl,    Xl\'   3570:   [(luaeslor]   divi    Augusti). 

11.   Unter  Nero: 
M.   Arruntius   .\quila   ^CI1,   V    j8ig:   quaest.  Caesaris). 

III.   Unter  N(M'va: 
(.'.  Julius   Proculiis  ^ClI.    X    0058:  (].   Augustus). 

T\'.   Unter  Hadrian: 
I.    1..    I-"ulvius  Aburnius  Valens  (("IT-   \'l    ijji:   quaest.   Aug.) 

j.   L.  Minicius  Natalis  Ouadronius  Verus    (C'll,  II    ;5oq;    (1143:   q.   .\ug.  <  II.    II 

4510:  q.  candidato  divi   Hadriani   A[n]g.). 

V.   Unter  Antoninus   l'ius: 

1.  L.   Dasumins  Tullius    Tuscus  (CIL  XI  3365:   quaest.  imp.  Antonini   Aug.   I'ii). 

2.  f.  Julius    .Scapula    (CIA    III    62Ö:     [xa|x{av]    AO-o/.patopo;   [Kataapo;]   Tttcj  AiAt'ou 
'.\5p:av[oO  Wv-wvsQvo'j  is^afrcoO  E03£[|JoO?    ä7i:Jo[5£5£L]7[|-i£vov  xjii    aütJoO). 

3.  A.  Junius   Pa.stor   L.    Caesennius   Sosjjes    (CIL    III    6076;    quaestoreni    Aug. 
CIL  VI   1435:  q.  Aug.). 

VI.   Unter  Hailrian  oder  Antoninus  Pius: 
Unbekannte  Pensönlichkeit  (CIL  III   2732:   quaestori   Aug.). 

VII.   Nach   Hadrian   (im   zweiten   Jahrhundert?): 
T.  Caesernius  Statins  Quinctius  Macedo  iCIL  V  865:  [q.]  candidato). 

VIIL  Unter  Caracalla: 
C.  Caerellius  Fufidius  Annius  Ravu.s  (CIL  VI    1365:   quaestor,  candidato  imp. 
Caesaris  M.  Aurelli  Antonini  Pii  Felici.s  Aug.). 

")  über  ihn   Prosopogr.  imp.  Rom.  III  p  36  n.        quaestor  divi  Au;;usti  ist  offenbar   iduntiscli   mit  dem 
fei.  82.  (der   sub.  n.  82  genannte  Rubellius    Bbndus        triumvir  monet.ilis  gleichen  Namens  unter  n.  81.1 


Die  Grundsätze  I>ei   der  Commendation   der  Plebejer  67 

B.   Von  den   inschriftlich  bekannten  decemviri  stlitibiis    iudicandis  sind 
zu  kaiserlichen  Quästoren  befördert  worden: 

I.  Unter  Augfustus; 

1.  L.  Aquillius  P'lorus  'J'urcianus  (Tallus  (CIA  III  578:  quaestor.  imp.  Caesar  Aug.). 

2.  C.  Umidius    Durmius    Quadratus    (CIL   X   51S0:    q.    di\'i    Auq^.    et    Ti.   Caesaris 

Aug.). 

II.  Unter  Claudius: 

Tebanus  Gavidius   Latiaris  (CIL  IX  3602:   c[uaestor  divi   Claudii   cf.   4518). 

III.   Unter  Nero: 
Cn.  Domitius  Tullus  (CIL  XI   5211:   quaest.  Caesar.   Aug.). 

IV.   Unter  Vespasian: 
O.  Cxlitius  Atilius  Agricola  (CIL  V  6974:   q.  divi  Vespasiani    —   CIL  V  6975: 

[q.]   divi   Ve.spasiani). 

V.   Unter  Titus: 

C.  Plinius  Secundus  (CIL  V  5262:  quaestor  imp.  CIL  V  5667:   [q.]  imp.). 

\'\.   Unter  Domitian: 
L.  Roscius   Aelianus  Maecius  Celer  (CIL  XIY   3612:   quaest.   Aug-.). 

\'II.  Unter  Trajan : 
P.   Aelius  Hadrianus  (CIL   III   530:   quaestor  imperatoris  Traiani). 

VIII.   Unter  Hadrian: 

1.  T.  Caesernius  .Statins  Quinctius  (CIL  VIII  7036  quaest.  candidato  divi  Hadriani). 

2.  C.  Popilius  Carus  Pedo  (CIL  XIV   3610:  q.  divi  Hadriani   Aug.). 

3.  -Salvius  Julianus  (Rev.  arch.  XXXV  p.  489  n.  125:  quaestori  imp.  Hadriani....). 

IX.  Unter  Hadrian   oder  Antoninus  Pius: 
L.   Aemilius  Carus  (CIL  VI   1333:  quae.st.  Aug.). 

X.   Unter  Antoninus  Pius: 
C.  Julius  Severus  (CIG  4029:  Ta[i;av  -/.avotSatov). 

XI.   Unter  Marc  Aurel: 
L.   Pullaienus  (iargilius   Antiquus  (CIL  III    7304:  quaest.  cand.  Aug.). 


68 


XU.    rntcr  ("omniodus  (?): 
M.   Kahius  Magnus  VaUM-ianus  (C"ll.   XI    jidIk   (|.  oaiul.). 

XIII.  Im   zwoiU'ii  JalirhumU'rl   i^nach    lladriaii^l: 

1.  .M.   VakM-ius  Ouadratus  ^(11,   \"1    13,^1:   i|.   Au,u.  l'U.   \'lll    iiSn 

2.  .  .  .  viiis  ....  tiis  .Sabimis  (CIL  \'I   .StM.S-   [quaej.stori   Auy.). 

_^  Unbfkannto  Por.söiilicliki'it   (("IL   X   S202:   [»]ua(>stori]   i-andidat.') 


A[ug.]). 


Xl\'.    Im    Aiilaiis.;-   des   drittiMi    ]alirlumd('rt("s: 

C.   Oota\ius   .Xiipius  Suctrius    ^l'll.    X    ,S3<)S:   quafstori   caiulidat.)    ct.   i'W,    \' I 

1477:  5i7'*^- 

X\'.    Unter  oder   vav  Soveru.s  Alexander: 

1.   (.".   .\o\ius   Rustious  (('11.   III   S.   tiSi  )    (|uaes[t(>ri]   fand.). 
2 [l'Jrisciis  [C\\.   X    1705:   q.   eandidato  Aug.). 

Dil-  niiatluorviri  viaruni  curandarum  inul  die  trium\-iri  caiiitales,  welche  d(Mi 
plebejischen  cursus  honorum  absolvieren,  sind  bis  aul  Sevenis  Alexander  nie- 
mals zur  Wünle  eines  quaestor  imperatoris  gelangt.  In  den  verhältnismäßig  zahl- 
reichen Inschriften  dieser  Beamten  findet  .sich  kein  einziges  Beispiel  eines  quaestor 
Augusti:  sie  fungieren  der  Regel  nach  als  städtische")  und  Provinzialquästoren '"') 
und  nur  äul3erst  selten  kommt  es  vor,  daü  ein  gewesener  c|nattu(ir\  ir  \iarum 
curandarum  einem  Mitgliede  des  Kaiserhauses  als  (juaestor  consulis  zur  Dienst- 
leistung zugewiesen  wird.  •''). 


")  qiiattunrviri  viarum  cur.Tnd.irum:  als  städtische 
Quäsloren  CIL  III  1458.  10336;  V  531 ;  VI  1467. 
1517.  1540.  1550  (=  XIV  155)  31706;  VIII  2390. 
6706;  IX  1126.  3666;  X  3722;  XI  1835.  6053; 
Ephcm.  epigr.  IV  223  —  Iriumviri  capitales:  als 
quaestores  urbani  CIL  II  4120;  III  1455.  (=  7972); 
VI  1455.  (1456).  1463;   VIII  7050.  (7934);  X  3852. 

'*)  quattuorviri  viarum  curandarum  quaestores 
provinciae:  Acbaiae:  CIL  II  41 17;  III  6154;  VI 
1444;  XIV  2609.  Africae:  II  12S3.  (1371);  X 
1254;  XI  5210.  Cretae  et  Cyrenaicae:  X  135. 
Lyciae  et  Pamphiliae:  Ephem.  cpigr.  IV  223. 
.Maccdoniae:  CIL  VIII  2747.  (18273);  IX  4965: 
Rev.  arch.  XXI  396  n.  88.  Ponti  et  Bithyniae: 
VI  1402;  1549;  .Sitzber.  Akad.  Berlin  1889  S.  373.  in- 
certae  provinciae:  II  6145  (VI  31739;;  XII  3169  ; 
CIG  2639.  (?).  —  triumviri  capitales  quaestores  pro- 
rinciae  Africae:    CIL  II   1262;    XIV    2831.     llis- 


paniae:  XI  3097.  Macedoniae:  V  877.  Galliae 
Narbonensis:  V  6419.  XIV  3900.  Ponti  et 
Bithyniae:  II  6813;  X  6006;  XII  3164.  Siciliae: 
VIII  5350;  XI  6334.  incertae  provinciae;  VI 
1364a;  X    5911. 

'^)  Sex.  [Appius]  Sevcrus  war  nach  CIL  VT 
1348  zunächst  quattuorvir  viarum  curandarum  und 
wurde  hierauf  zum  quaestor  |Titi  Caes.  imjp.  Augusti 
f.  befördert.  Mommsen  (a.  a.  O.  p.  570  n.  21  bemerkt 
zu  dieser  Inschrift:  „man  könne  liier  unraö^licli  an 
den  consulaiischen  Quästor  denken,  da  diese  ihren 
Principal  immer  mit  dem  Amtstitel  bezeichnen";  daß 
bei  Titus  schon  zu  Lebzeiten  seines  Vaters  quaesto- 
res Caesaris  vorkommen,  erkläre  sich  daraus,  daß  die 
letzteren  dem  Kaiser  als  Proconsul  und  demgemäß 
auch  jedem  Inhaber  der  secundären  Proconsular- 
gewalt  zustehen.  Indes  ist  es  wohl  richtiger  die  Insti- 
tution  der  quaestores  princijjis   auf   die   consularische 


Die  Grundsätze  bei  der  Cümmendation   der  Plebejer  Ö9 

Auf  Grund  der  vorstehend  vorgeführten  inschriftlichen  Zeugnisse  gelangen 
wir  zu  der  Erkenntnis  eines  neuen  staatsrechtlichen  Grundsatzes,  der  vermutlich 
ebenso  wie  die  übrigen  Commendationsgesetze  schon  von  dem  Begründer  des 
Principates  aufgestellt  wurde:  Die  Plebejer,  welche  die  Ämterlaufbahn  in  der 
von  Augustus  festgesetzten  Ordnung  zurücklegen,  können  nur  dann  zu  quaestores 
principis  befördert  werden,  wenn  sie  vor  der  Bewerbung  um  die  Ouästur  das 
Münzmeisteramt  oder  die  Stellung  eines  decemvir  stlitibus  iudicandis  innegehabt 
haben. 

Keine  Ausnahme  von  der  hier  festgestellten  Regel  bildet  die  Carriere  der 
triumviri  capitales  L.  Coiedius  Candidus^')  und  Domitius  Decidius'*),  welche  von 
Claudius  zur  Quästur  commendiert  und  sohin  als  quaestores  Augusti  mit  der 
Kassenverwaltung  betraut  wurden.  Denn  die  Genannten  haben  eben  trotz  ihrer 
plebejischen  vStandesqualität  nicht  die  plebejische  Ämterlaufbahn  eingeschlagen, 
sondern  sind,  ohne  ein  Amt  der  ädilicisch-tribunicischen  Rangclasse  verwaltet 
zu  haben,  sofort  zur  Prätur  gelangt;'")  ihre  Carriere  ist  also  die  privilegiert- 
patricische.  Diese  Tatsache  erklärt  es,  daß  L.  Coiedius  Candidus  und  Domitius 
Decidius  doch  als  kaiserliche  Ouästoren  fungieren  konnten;  die  Patrizier,  welche 
die  Ämterlaufbahn  ordnungsgemäß  mit  dem  Vigintivirat  eröffnen,  sind  ja  stets 
quaestores  principis  (niemals  aber  städtische  oder  Provinzialquästoren)  gewesen. 
Wenn  Kaiser  Claudius  nun  den  Magistraten,  welchen  er  die  Kassenverwaltung 
anvertraute,  das  patricische  Privileg  verlieh,  daß  sie  nach  der  Ouästur  sofort  zur 
Prätur  gelang-en  sollten,  so  war  es  nur  consequent,  wenn  sie  auch  Rang  und 
Titel  eines  quaestor  Augusti  erhielten.  Eine  derartige  Cbereinstimmung  der 
Carriere  der  quaestores  aerarii  mit  der  der  Patrizier  konnte  um  so  leichtiT  lierbei- 
g-eführt  werden,  als  in  der  damaligen  Zeit  die  Aufnahme  in  tlen  Patriziat  die 
Verwaltung-  einer  höheren  Stellung  des  Vigintivirates  nicht  voraussetzt. 

Im  dritten  Jahrhundert  sind  die  Rangunterschiede  zwischen  den  einzelnen 
Ämtern    des  Vigintivirates    beseitigt   worden.     Das    ersehen  wir    daraus,     daß    die 

Gewalt  zurückzuführen,  da  die  Amtsbefugnis  des  Kai-  Aug(usti)  Ger(manici),   quaes(tori)    aer{arii)  .Satur(ni), 

sers  in  der  .Stadt  sich  im  allgemeinen  auf  diese,  nicht  cur(atori)  tab(ularum)  p(ublicarum).  HuncTi.Cl(audius) 

die    proconsularische  gründet.     Auf  jeden  Fall  aber  Caes(ar)    Aug(ustus)    Ger(raanicus) cum    ha- 

erscheint  die  Ausdehnung derkaiserlichenProconsular-  [be]r(et)  inter  suos    q(uaestores),    eod(em)    ann[o    e]t 

gewalt  auf  einen  kaiserlichen  Prinzen  unglaubwürdig;  a[e]r(arii)  Sat(urni)  q(uaestorem)  esse  ius(sit)  .... 
man  wird  daher  den  Se.\.  Appius  als  q.  consulis   an-  ")  CIL  VI  1403,  [T.  Dojmitio.  T.  f.  Vel.  Decidio, 

sehen  müssen.  [Illjviro     capitali,    [elec]to    a    Ti.    Claudio    Caesare 

")  CIL  XI  6163.  L.  Coiedio  L.  f.  Ani.  Candido  [Auguslto  Germanico,  qui  primus  [quaesjtor  per  trien- 

tr(ibuno)    mil(itum)   leg(ionis)    VIII    Aug(ustae),    III  niura  citra  [sortelm  praeesset  aerario  Saturni,  praetori. 
v(iro)    capitalfi),    quaest(ori)    Ti.    Claud(i)    Caes(aris)  '^)   Dio   60,    24:   dazu   Mommsen   a.  a.  O.  II  559. 


"O  St.  Brassloff,   Die  Grundsäuo  hei  lier  Comnu'iulation   der  IMcbcjor 

Patricier,  welche  \mii  \'espasian  bis  auf  Sexenis  AU-xaiulor  ausnalinislos  das  Mi'mz- 
meisteramt  als  die  raiiiyshöchste  Stcllimg-  innehaben,  in  der  Zeit  nach  Sevenis 
Alexander  auch  den  übrigen  Collegien  der  viyintiviri,  selbst  dem  der  tresviri 
oapitales  angehören.-")  Diese  Glfichstelluni;-  nnil.ito  zur  h'olm'  haben,  daß  jetzt 
auch  die  plebejischen  quattuorviri  \iaruni  curandaruni  und  triuniviri  e.ipitalcs  für 
das  Amt  eines  kaiserlichen  Ouästors  befähigt  erachti't  wurden.  I'.incti  inschrift- 
lichen Beleg  für  die  im  dritten  Jahrhundert  tatsächlich  eingetretene  Rechts- 
änderung besitzen  wir  in  der  Mhreninschrift  des  O.  Cassius  Agrianus,  welch(>  im 
Jahre  iSqS  in  Ksar  bon  l-'etha  in  .\tVika  (einige  Kilumeter  südlicli  von  Makda) 
gefunden  imd  zuerst  von  (iauckler  in  den  Comptes  rendus  de  l'Academie  des 
inscriptions  et  belles  lettres  i8g8  p.  275  fg.  publiciert  wurde.-')  Sie  hat  mit  den 
zweifellos  sicheren  Ergänzungen  des  Herausgebers  folgenden   Wortlaut: 

O.  Ciissio  Agriaiio  \  Aeliiiiin,  cihin's.-^inio)  7'(/ro),  co{ii)  s(iil!),  \  praiicri,  /ri[lvi]\iio 
caudiJato,  [q^uaestori)]  |  ''  cauJichito,  \tri\\untvir()  cap[Ha]\li.  scviro  lii\niia'^ntiit  dc- 
Jiicciiii[o]\niiii .  r//;-[rt/o]/-/|"*  i\i  p(iibli\-üc)  cohouiac)  Mactari\laiioniiii  Ziiniai\siinii 
Rcgiiioni[iii]  \ 

Cassius  Agrianus  ist  also,  wiewohl  er  von  den  Amtern  des  Vigintivirates 
da.s  eines  triumvir  capitalis  verwaltete  und  in  der  l-'olge  den  N'olkstriliunat  be- 
kleidete, doch  zu  der  Würde  eines  kaiserlichen  Ouästors  gelangt.  Aber  seine 
Laufbahn  fällt  frühestens  in  den  Beginn  di's  dritten  Jahrhunderts.  Das  zeigt  die 
in  der  Inschrift  erwähnte  Stellung  eines  curator  rei  publicae  coloniae  Mactarita- 
norum  Zamensium  Reginorum;  das  Institut  der  curatores  rei  publicae  ist  ja  in 
.\frika  erst   im    .\nfang(^  des  dritten  Jahrhun<l(^rts  eingeführt   worden.--) 

Wien.  .ST.   BRASSl.OKF 


Archaischer  Zierat  von  Erzgefäßen. 

Die  Ausführungen  von  Pernice  (Jahreshefte  VII  154)  über  die  Technik  der 
meist  in  Italien  gefundenen  gego.ssenen  Zierfiguren,  die  einst  an  getriebenen 
Erzgefäßen  angebracht  waren,  beruhen  auf  so  sorgfältigen  P>eol)achtungen,  daß 
ich  wenigstens    nichts    dagegen    einzuwenden  wüßte.     Nur    die    Zuteilung   der   in 

^")  Groag,  Arch.epigr.  Mitth.  XIX    14^  f.  Kom.-inus,  der  nach  CIL  VI   332(iuaestor  liandidatus 

";  Darnach   Rcv.  arch.  XXXIII  (1898)  p.  440.  war,    ist   daher   in    das    dritte   Jahrhundert    (Severus 

n.  107.  Alexander)  zu  setzen. 

"1  Der    quattuorvir    viarum    curandarum  Plolius 


E.   Petersen,  Archaischer  Zierat  von  Erzgefäßen  7  ' 

Fig-  73  ^b  und  74  ^7  ^  abgebildeten  Stücke  au  eine  ,ionische  Werkstatt'  muß  ich  an- 
fechten, nicht  weil  ich  überhaupt  anderer  Meinung  geworden  wäre  und  jetzt  den 
Italikern  geben  zu  müssen  glaubte,  was  ich  früher  ionischen  Griechen  gab,  sondern 
weil  ich  in  diesem  Fall  italischer  Nachbildung  das  griechische  Vorbild  gegen- 
überstellen und  damit  viel  schlagender  als  unter  den  Peruginer  Bronzen') 
Griechisches  und  Italisches  zu  scheiden  vermag.  Pernice  nennt  75  ab  , Gefaß- 
beschläge', 74  a  b  , Henkel',  ohne  damit  auf  die  zum  Verständnis  erforderlichen 
Analogien  hinzuweisen.  Ihm  sind  diese  gewiß  bekannt;  vielleicht  aber  nicht  jedem 
Leser,  und  die  Bezeichnung  , Gefäßbeschlag'  möchte  leicht  verführen,  den  Jüngling 
mit  den  beiden  Rossen  je  einer  Seite  des  Gefäßkörpers  aufgeheftet  zu  denken,-) 
anstatt  oben  henkelartig  mit  der  Fußleiste  auf  der  Schulter,  mit  der  Kopfleiste 
auf  der  Lippe  des  Gefäßes  aufsitzend.  Daß  es  so  gewesen,  beweisen  zwei  an 
weit  auseinanderliegenden  Orten  gefundene  Gefäße,  an  deren  minder  erhaltenem 
der  Sachverhalt  gleichwohl  richtig  erkannt  werden  konnte,  fast  dreißig  Jahre  ehe 
das  besser,  ja  völlig  erhaltene  bekannt  wurde.  Dies  ist  die  in  den  Annali  1880 
tav.  d'  agg.  W  abgebildete  und  S.  237  ff.  von  Helbig  besprochene  Anfcjra  der  Raccolta 
Cumana  n.  1600,  die,  als  in  Cuma  gefunden,  ein  Hauptargument  für  Helbigs 
bahnbrechenden  Nachweis  des  griechischen  Ursprungs  so  vieler  auch  in  Ober- 
italien gefundener  Bronzen  ist.  Wie  er  das  Cumaner  Gefäß  eine  Anfora  nennt, 
so  bezeichnet  er  die  beiden  Dreifigurenstücke:  hier  je  einen  bartlosen  Jüngling 
mit  Panzer  und  Beinschienen,  der  die  Hände  seitwärts  an  zwei  aufgerichtete 
Löwen  hält,  als  Henkel,  um  so  mehr  mit  Recht,  als  dies  Gefäß  keine  anderen 
Henkel  hat.  Hydria  dagegen  nennt  Heibig  das  treffend  zum  Vergleich  heran- 
gezogene Erzgefäß  von  Graechwyl,")  weil  dieses  außer  einem  solchen  figurenreichen 
Vertikalhenkel  zwischen  Lippe  und  Schulter,  der  bekannten  Gruppe  der  ,per- 
sischen  Artemis'  noch  zwei  horizontale  Henkel  hatte,  die  sich  nicht  nur  mittels 
je  zweier  Palmetten  an  den  Enden,  sondern  auch  zweier  Löwenvorderteile,  die 
nach  oben  und  unten  zwischen  den  Palmetten  heraussprangen,  dem  Gefäßkörper 
anschmiegten.  Heibig  zieht  aber  richtig  noch  Reste  eines  anderen  Gefäßes  heran, 
die  nun  räumlich  und,  wie  wir  sehen  werden,  auch  stilistisch  dem  von  Pernice 
besprochenen  Beispiel  viel  näher  kommen,  und  die,  1854  bei  Tolentino*)  gefunden, 

')  Vgl.  Rom.  Mitth.  1894S.253,  besonders.S.  315.  Taf.  III  mit  Originalbericht  zu  vergleichen.   Reinach 

-)    Vgl.    das    am   Schluß    citierte    Tongefäß    von  Rep.  de  la  stat.   II  320,   2. 

Narce,  das  gewiß  einem  erzenen  nachgeahmt  ist.  ^)  Nicht  unerwähnt  will  ich  lassen,  daß  ich  da- 

')  Von    den   bei    Heibig   a.  a.  O.    S.  238.  2    an-  selbst  ein  Stück  notierte,   das    genau  dieselbe    Form 

geführten  Abbildungen    ist   besonders   die   in  Größe  hat   wie   der   Griff   irgendeines  Gerätes   in   Olympia. 

des  Originals  gegebene  der  Rhein.  Jahrbücher  XVIII  Bronzen   1267. 


•J2  r--  rclcrsen 

von  dem  Berichterstatter,  Conte  Servanzi-Collio  (s.  M.  A.  lUill.  iS,s4  S.  55)  richtig- 
als  Schmuck  eines  Erzgefaßes  erkannt  wurden:  zweimal  ein  jünyliny-  (die  abge- 
brochenen Köpfe  erhielten  sich)  zwischen  zwei  Pferden  in  dm"  nämlichen  Haltung 
wie  bei  Pernice.  Ja.  der  erste  Bericht  erwähnt  auch  noch  zwei  andere  Henkel, 
ganz  wie  die  in  Fig.  741//'  von  Pernice  abgebildeten,  die  ich  bei  den  anderen 
Stücken  in  der  Sammlung  des  Conte  Gentiloni  in  Tolentino  sah.    Hier  also  zwei 


Fig.   22     Henkel   im  Museum  von   Pesaro  I. 


vierhenkelige  Gefäße,  was  in  archaischer  Zeit  nichts  Unerhörtes  ist.  Gemein  haben 
die  unteren  Henkel  mit  den  oberen  ja  auch  die  Formelemente:  Pferd,  Löwen, 
Palniette;  gemein  die  in  archaischer,  speciell  ostgriechischer  Kunst  waltende 
Neigung,  die  hervorragenden  Teile  des  Gefäßes,  Mündung  und  Henkel  mit  figür- 
lichem Schmuck  zu  besetzen,  eine  Neigung,  die  vom  geometrischen  Stil  über- 
kommen, auch  die  Stabdreifüße  und  allerlei  anderes  Gerät  mit  Figuren  derselben 
Art  zu  beleben  pflegt.  Als  Griffe  von  Spiegeln  und  flachen  .Schalen  z.  B.  dienten 


Archaisclier  Zierat  von   Erzgefaßen 


73 


dieselben  Jüngling'sfigfuren,  die,  um  dem  Rund  der  Schale  oder  des  Spieg^els  oben 
sich  anzupassen,  in  phantastischer  Weise  mit  ganzen  Tieren  oder  Teilen  von 
solchen  verbunden  wurden.     Dieselljen  Jünglingsfiguren   brauchten,  um,  zwischen 


l'i^-    -3      Ilenliul    im   Museum   von   l'esaro  II. 

Lippe  und  Schulter  eines  Gefäßes  eingefügt,  auch  als  Henkel  zu  dienen,  nur  mehr 
oder  weniger  gekrümmt  zu  werden  und  vor  allem  nun  auch  unter  den  Füßen  ein 
ähnlich  wie  oben  über  den  Schultern  gebildetes  Anpassungsglied  zu  bekommen. 
Sie    erhalten    damit    ein    den    unteren    Henkeln    von    Graechwyl,     Tolentino    und 

Jahreshefte  des  österr.  archiiul.  Institutes    IM,  VIU.  jq 


Foligno  ganz  aualog-es  iTriiiKlsclR'uia:  ist  dies  hior  ln'iin  Hdri/uiUalhcnkcl  liu 
stehendes  H,  so  dort  beim  verticalen  ein  liegendes  i .  Solche  Fig-iirenhenkel  finden 
sich  wohl  in  jeder  grölJeren  Sammlung  von  Bronzen.  Als  Beweis,  daß  sie  eine 
jüngere  Entwicklung  derselben  Kunstübiing  darstellen,  genügt  es,  einen  solchen 
in  Florenz,  einen  zweiten  in  Paris  und  einen  dritten  in  Karlsruhe  anzuführen.^) 
Bei  dem  ersten  liegen  auf  den  oberen  Ouerarmen  bärtige  Männer,  beim  zweiten 
und  dritten  Löwen:  auf  den  unteren  beim  ersten  \'orderti'ile  von  Flüg-elrossen, 
beim  zweiten  von  Widdern,  beim  dritten  \iin  Pferden.  Dieselbe  \'erzierung  der 
Querarme  mit  Tierfiguren  oder  Teilen  davon  bleibt  auch  dann  beliebt,  wenn  der 
Henkel  selbst  rein  tektonische  Form  annimmt,  wovon  Beispiele  noch  viel  zahl- 
reicher sind,'"")  und  selbst  wenn  das  Figürliche  ganz  g-eschwunden  scheint,  werden 
doch  noch  alte  Motive  nachwirkend  erkannt,  so  die  kleinen  Schlangen  an  Henkeln 
bei  Schumacher  X  5,  22,  23,  oder  die  lüitenköpfe  an  Schreibers  , Schnabelgerät'. 
In  Entenköpfe  gingen  die  Henkelarme  des  Cumaner  Gefä(3es  oben  wie  unten  aus; 
in  Schlangen  die  oberen  an  dem  Graechwjder,  dessen  untere  dagegen  singu- 
lare Flügel-  oder  Blattform  haben.')  Zwei  Schlangen,  eine  nach  links,  eine  nach 
rechts  gerichtet,  erwähnt  auch  der  Bericht  über  den  Fund  von  Tolentino;  sie  .sind 
aber,  dicht  mit  feinsten  Schuppen  überzogen,  zu  gut  für   die  Pferde.stück(\ 

Schlangen  bilden  nun  auch  die  Arme  an  zwei  Henkeln,  die  aus  Novilara  in 
das  Museum  des  nahen  Pe.saro  gelangt  sind.  Dort  untersuchte  ich  sie  im  Jahre  iScjg; 
die  Photographien,  die  hier  in  Fig.  22,  2^  abgebildet  werden,  verdanke  ich  der  (rüte 
Georg  Karos.  Das  eine  Stück,  II,  i.st  vollständig  und  0-205  '"  hoch;  das  andere,  I, 
jetzt  nur  o'223  '"  hoch,  war  mit  der  Palmette  und  den  Helmbüschen  (die  andere 
Form  als  in  II,  wohl  eben  solche  wie  bei  dem  (Tcfallenen  hatten)'*)  ungefähr 
ebenso  hoch  oder  etwas  höher,  ragte  mithin  über  den  Gefäßrand  etwas  mehr 
hinaus.  Wie  weit,  das  erkennt  man  daran,  daß  nur  die  obersten  Teile,  bei  I  die 
Köpfe  der  Kämpfenden,    bei  II  die  Köpfe  der  Löwen,   auf  beiden  Seiten   aus- 

')  Reinacb,  Repert.  de  la  stat.  I,  88  fl".,  wo  außer  träger  sei. 
vielen    anderen  auch   1   auf  S.  90,  3;   2  auf  .S.  8g,   8;  ')  Bei  dem  Helm  von   II  ist  es  besonders  deut- 

dagegen   3  bei  Scbumaclier,  Karlsruhe  527  .S.  7O.  lieh,  daß  der   doppelte  Busch    nicht,    wie   wohl  aus- 

'')  Nur  der  Herkunft  von  Capua  wegen  sei  das  gesprochen  wurde,  nur  der  l^erspective  wegen  doppelt 
von  Heibig  Annali  1880  tav.  d'  agg.  V  abgebildete  ist.  Der  Helm  hat,  wie  Tierohren,  offenbar  auch 
Gefäß  genannt,  dessen  Henkel  auf  den  oberen  Armen  Tierhörner  (vgl.  Hartwigs  MS.  III  3),  an  denen  un- 
Löwen, auf  den  unteren  Widder  gelagert  trägt.  organisch    ein    Busch    angebracht    ist.     Übrigens    ist 

')  Der  Goldschmuck    von   Aigina,  den  A.  Evans  diese  Form  des  Helmbusches  weit  häufiger  in  Profil- 

im  Joum.   of  hell.   stud.   1892   S.   197  und  201    ab-  ansieht  (z.B.  R.  II  106.    'E'^rjii.  dpy,.    1886   S.   121. 

bildete    und     was     er    damit    verglich,     machen     es  Mus.    Greg.  B.  II,  XLI  2,  XLII   1  b.   LXXIII   2a) 

wahrscheinlich,  daß   die  Nilbarke   die  Urform   jener  als  in  Vorderansicht,  wie   R.  I  82,  für  die  die  Dop- 

Scblangen-,    Flügel-    und    andersförmigen     Figuren-  pelung  gemacht  sein  sollte. 


Archaischer  Zierat  von  Erzgefaßen  75 

gearbeitet,  weiter  abwärts,  wie  z.  B.  die  Körper  der  Löwen  und  des  Kämpfenden, 
an  der  Rückseite  offen  sind.  Ahnlicli  wie  bei  der  geflügelten  Göttin  von 
Graechwvl  an  der  Rückseite  eine  offene  Höhlung  sich  noch  mit  Gußkern  gefüllt 
zeigte,  fand  ich  solchen  auch  in  den  beiden  Löwen  von  II,  aber  nicht  bei  den 
Kriegern  von  I.  Gegossen  ist  dieses  I  in  zwei  Stücken:  der  Krieger  links  und 
das  Bein  mit  der  jetzt  kopflosen  Schlange  darunter  bilden  das  eine;  alles  übrige 
gehört  dem  zweiten,  größeren.  Der  linke  Teil  ist  links  zu  heben,  so  daß  beide 
Krieger  gleich  hoch  sind,  und  als  drittes  Stück  ist  unten  die  Palmette  zu  er- 
gänzen. Bei  II  ist  augenscheinlich  der  Mann  mit  den  zwei  Löwen  zusammen 
gegossen,  wie  die  Pferde  mit  der  Palmette.  Auf  dieser  ist  dann  der  Mann  fest- 
gelötet und  die  Hände  des  Mannes  wurden  mit  den  Köpfen  der  Pferde  durch 
zwei  feine  Bronzebänder  als  Zügel  verbunden,  von  denen  der  die  Pferdeköpfe 
etwas  oberhalb  des  Maules  umschnürende  Teil  erhalten  blieb.  Die  Verbindung 
mit  dem  Gefäßrand  war  bei  diesem  zweiten,  II,  fester  als  bei  I,  wo,  selbst  wenn 
man  die  Helmbüsche  (deren  unteres  Ende  bei  beiden  Männern  an  der  äußeren 
.Schulter  haftet,  bei  dem  linken  an  der  Vorderseite)  und  die  Lanzen  ergänzt,  keine 
.so  durchgehende  Verbindung  möglich  war.  Denn  auch  hier  ein  paar  Schlangen 
vorauszusetzen,  ist  kaum  möglich.  Von  Nietlöchern,  wie  sie  an  den  Bronzen  von 
Graechwyl  und  Tolentino  beobachtet  sind,  habe  ich  nichts  gesehen.  Dagegen  zeigt 
sich  der  Guß  an  vielen  Stellen  durch  Ciselierung  oder  vielmehr  Gravierung  weiter 
ausgeführt:  mit  feiner  Kerbung  oder  Strichelung  die  Locken  im  Nacken  (auch 
der  Sphinxe  im  Schildzeichen),  Barte,  Brauen,  die  Ränder  an  Arm-  und  Hals- 
löchern der  Panzer  wie  auch  in  den  Schildausschnitten,  die  Helmbüsche,  die 
Federn  der  .Sphinxe:  Chiton  und  Schwertscheide  des  rechten  Kriegers  sind  kreuz- 
weis schraffiert.  Der  Schildrand  und  ebenso  die  vortretenden  Ränder  unten  an 
den  Panzern  tragen  Stabornament  und  der  Panzer  des  Roßwärters  zeigt  die  Brust- 
muskeln von  einer  Doppellinie  umrissen,  ebenso  den  Rippenrand;  und  diese 
Doppellinie  endet  unten  i-echts  und  links  in  einer  kleinen  Palmette.  Eine  Doppel- 
linie mit  feiner  Querstrich elung  zeichnet  auch  Bauch  und  Hinterbeine  der  Sphinxe. 
Geht  diese  Einzeich nung  schon  weit  hinaus  über  die  großenteils  ganz  un- 
organische, lediglich  als  bedeutungslose  Verzierung  sich  darstellende  der  beiden 
Perniceschen  Roßhalter,  die  ja  doch  denselben  Typus  wiedergeben  wie  dort  II, 
so  zeigt  sich  deren  Minderwertigkeit  erst  recht,  wenn  wir  die  Formen  im  ein- 
zelnen vergleichen.  Was  ist  hier  aus  den  Schlangen,  was  aus  der  Palmette  ge- 
worden? Die  Löwen  sind  kaum  noch  zu  erkennen;  die  Beine  der  Rosse  sind 
voneinander  und  von  den   Leibern  mangelhaft  gesondert;    sie  scheinen  je  in  einer 


Ebene  gelegen.  Dii*  Hiiiterboiiio  setzen  ilio  Pfordr  wohl  i^-i-railo  wie  dii-  \ini  Pesaro 
vor:  welches  Vorderbein  vortritt,  ist  dagegen  bei  ihnen  nicht  so  wie  bei  den 
anderen  deiitlich;  ebensowenig  das  Geschlecht.  Und  nun  gar  die  armselige  Figur 
des  Mannes,  an  dem  der  Panzer  kaum  noch  /.u  erkiMiniMi  und  dessen  Arme  mit 
den  Pferdeköpfen  eins  geworden  sind.  (.ifFeuhart  sich  nun  au  dem  cincMi  Stück 
griechisches  Werk  in  dem  eifrigen  Bemühen,  vnn  dt>r  phantastisclieu  Zutat  der 
Schlangen  und  Löwen  abgesehen,  Men.sch  luid  liero  in  der  Wirklichkiii  ent- 
sprechender Weise,  ein  jedes  wahr  und  lebendig  in  der  Bewi>guug  darzustellen, 
so  tragen  die  beiden  anderen  den  Charakter  äußerlicher  Nachahmung  zur  Schau, 
die  sich  mit  oberflächlicher  Wiedergabe  bi>gnügt  und  Jreue  auch  im  kleinen 
durch  bedeutungslosen   Putz  ersetzt. 

Das  wird  noch  klarer,  wetui  wir  nun  beiile  Heukelpaare  mitiunander  ver- 
gleichen. Dort  zweimal  dasselbe,  ohne  daß  natürlich  eines  Sinn  uiul  P>ediHitung 
des  andern  irgendwie  höbe  oder  ergänzte.  Hier  dagegen  zwei  lülder,  die  erst 
zusammen  ein  ganzes  ausmachen.  Denn,  zumal  nach  den  Ausführungen  von 
Heibig  (s.  den  Zu.satz),  kann  es  nicht  zweifelhaft  sein,  daß  der  Gewappnete  mit 
den  zwei  am  Zügel  gehaltenen  Rossen  als  Knappe  oder  (jenoß  wartet,  bis  sein 
Herr  in  der  andern  Gruppe  (ursprünglich  also  auf  der  andern  Seite  des  Gefäßes) 
den  Kampf  ausgefochten.  Ob  man  das  Recht  hat  zu  fragen,  welchem  von  beiden 
er  gehört,  dem  linken  oder  dem  rechten?  Stehen  drüben  zwei  gegen  einen,  so 
wird  man  allerdings,  um  jederseits  zwei  Genossen  zu  sehen,  geueig"t  sein,  diesem 
einen  den  Knappen  zuzuteilen.  Und  da  der  vornüber  Gefallene  dort  links  ge- 
standen zu  haben  und  an  seine  Stelle  der  andere  vorzutreten  scheint,  würde  der 
Knappe  mit  den  Rossen  demnach  dem  rechts  Stehenden  gehören.  Vielleicht  also 
schieben  wir  dem  Verfertiger  des  Gefäßes  oder  demjenigen  .seiner  Schmuckhenkel 
nichts  Fremdes  unter,  wenn  wir  zwei  Ritter,  einen  jeden  von  seinem  Knappen 
begleitet,  zum  Kampf  einander  begegnet  denken.  Der  eine  fällt,  da  tritt,  ihn  zu 
retten  oder  zu  rächen,  sein  Genosse  vor.  Daß  das  Werk  selbst  diese  Auffassung 
fordere,  kann  man  nicht  sagen:  einiges  spricht  dafür,  anderes  eher  dagegen.  Der 
Gefallene  hat,  wie  sein  siegreicher  Gegner,  einen  Chiton,  der  freilich  nur  an  dem 
die  Fuge  zu  verdecken  bestimmten  Saum  kenntlich  wird,  und  Schwert  und  Schild 
fehlen  ihm,  vielleicht  nur,  weil  es  zu  .schwer  hielt  sie  darzustellen;  seine  Lanze 
könnte  der  Knappe  ergriffen  haben.  Wahrscheinlich  aber  hat  er  sie,  weil  er  .sie 
braucht,  und  fehlt  sie  dem  andern,  weil  dieser  sie  nicht  braucht,  ja  keine  Hand 
für  sie  frei  hat.  Daß  nur  die  eine  Partei  beritten  ist,  die  andere  nicht,  und  daß 
während  des  Kampfes  auch  der  noch  untätige  Knajjpe  abgesessen  ist,    das  alles 


Archaischer  Zierat  von   Erzgefäßen  77 

ließe  sich  verstehen.  Jedenfalls  ist  die  Hauptsache  klar  und  sie  bestätigt  auf  das 
entschiedenste  die  Originalität  dieser  Henkel  und  die  Dürftigkeit  lokaler  Nach- 
ahmung der  anderen  Paare,  sowohl  dessen  von  Tolentino  als  auch  dessen  von 
Foligno,  das  trotz  geringer  Abweichungen")  (wenn  nämlich  die  im  Fundbericht 
erwähnten  Teile  richtig  hinzugezogen  werden)  doch  wohl  in  dt^rselben  Werkstatt 
gearbeitet  scheint,  an  Größe  dem  von  Pesaro  ungefähr  gleich,  vermutlich  auch 
dem  andern,  dessen   Maße  nicht  angegeben  werden. 

Zum  Schluß  noch  ein  Wort  zur  Geschichte  des  Typus  des  Rossehalters. 
Auf  älteren  geometrisch  verzierten  (Dipylon-)  Vasen  sieht  man  zwei  Rosse  gegen 
ein  zwischen  ihnen  stehendes  Futter-  oder  Trinkgeschirr  gekehrt  (Conze,  z.  Gesch. 
d.  Anf.  d.  griech.  Kunst  I,  V/iener  .Sitz. -Ben  1870  Taf.  IV;  Louvre  A.  578  (?) 
Pottier  pl.  21  von  Rhodos);  plastisch  auf  Gefäßrändern  von  Narce  (Mon.  Lincei  IV 
ig6,  198);  statt  des  Gerätes  erscheint  zwischen  den  Pferden  der  Mann  auf  jüngeren 
Dipylonvasen  (Reinach,  Repertoire  des  vases  peints  I  328,  besser  und  bewaffnet 
eben  daselbst  I  459),  plastisch  an  Vasen  von  Narce  a.  a.  O.  igg,  200  und 
reliefartig,  einen  wirklichen  ,Gefäßbeschlag'  (oben  .S.  71,  2)  imitierend  23g.  Wie  in 
jüngsten  Dipylonvasen,  auch  den  frühattischen,  dann  die  Löwen  wieder  eindringen, 
sind  am  Cumaner  Gefäß  (oben  S.  71)  zwei  aufgerichtete  Löwen  an  die  Stelle 
der  Pferde  getreten,  ohne  daß  der  Bewaffnete  zwischen  ihnen  die  Haltung  seiner 
Arme  verändert  hätte.  An  dem  Henkel  von  Graechwyl  dagegen  ist  die  ganze 
Gruppe  im  neuen  orientalisierenden  Stil  componiert.  Die  Bronze  von  Pesaro 
endlich  zeigt  in  dem  Rossehalter  und  seiner  Verbindung  mit  der  Kampfgruppe 
die  ältere  Weise  auf  dem  Wege  weiteren  Fortschrittes  zu  rein  hellenischer  Kunst. 

Zusatz.  Ritter  und  Genosse. 

Auf  griechischen  Vasen  des  VII.  bis  ^^  Jahrhunderts  sieht  man  häufig  hinter 
gewappneten  Kämpfern  berittene  Genossen  des  Ausganges  harren.  Schon  ("onze 
(Annali  1866  S.  275)  sah,  daß  das  von  dem  Genossen  gerittene  oder  ein  zweites 
von  ihm  am  Zügel  g-ehaltene  Handpferd  dem  Kämpfer  gehöre,  und  daß  der  mit 
dem  Reitpferd  haltende  Knappe  dieselbe  Aufgabe  habe  wie  in  anderen  Dar- 
stellungen der  Wagenlenker.'")    Sei  der  Gebrauch  des    Wagens  homerisch,   so  sei 

")  Die  glatte,  nicht   schlangenformige   Fußleiste,  eine  nach  rechts  gekehrt,   Rest  eines  andern  Werkes 

das  Verschwinden    der  Arme,    auch    die  bandartigen  wären.  .Sie  sind  zu  groß,  zusammen  fast  035"  lang, 

Kopfleisten  mit  den  darauf  liegenden  kleinen  Tieren  und  zu  sorgfältig  gearbeitet,  haben  den  ganzen  Körper 

scheinen  ähnlich;  doch  ist  hier  dieBeschreibung  unklar  von  feinsten  .Schuppen  bedeckt. 

und  meine  Notizen  genügen  nicht  zur  Aufhellung.  Es  ^'')  Dies  wird  am  deutlichsten,  wo,  wie  bei  Reinach 

scheint,   als   ob   die  zwei   Schlangen,   eine  nacli   links,  I  50S    (korinthisch),    hinter    dem    linken    Ritter    der 


der  andere  Brauc)i  luv  un\vegsaniori>  Gegend(Mi  ( iriiH-hmlands  geeig-iu'tfr.  Roi.ibach 
(Philolog-us  1S92  8.  7)  erkannte  danach,  dal.i  der  Wagen  als  UofT)rderungsniitt('l 
erst  in  nachhomerischer  Zeit  durch  (his  Kriiiiferd  crsi-l/t  werden  sei  und  wies 
den  Übergang  von  einem  zum  andern  l>raurl\  an  \-(>rschiedenen  Zeugnissen  nach. 
Bestimmter  als  RolJbach  sprach  es  dann  W.  Reichel  (Honierische  WafF(>n-  S.  40  t'.), 
der  die  Notwendigkeit  eines  solchen  IWförderungsmittels  besonders  aus  di-r 
Beschwerlichkeit  des  alten  Schildes  folgerte,  aus,  daf3  schon  in  der  Dolonie  Odj-sseus 
und  Dioniedes  auf  den  Rossen  des  Rhesos  ein  solches  Paar  von  leichtbewehrtem 
Genossen  und  schwergerüstetem  Ritter  darstellten. 

Auf  breiterer  Basis  schriftlicher  und  bildlicher  Zeugnisse  hat  unlängst  Heibig") 
den  Brauch,  zu  Roß  mit  einem  Genossen  zum  Kampf  auszuziehen,  als  überall  im 
alten  Hellas,  wo  man  in  schwerer  Rüstung  zu  kämpfen  gewohnt  war.  in  (Mncr 
bestimmttMi  Epoche  herr.schend  nachgewiesen  und  ihn  besond(»rs  in  Athen,  analog 
dann  auch  in  Rom.  mit  der  politischen  Verfassung  in  ZusamnKMihang  g(^bracht.'^) 
Die  einleuchtende  Klarheit  seiner  Darlegung  wäre  auch  durch  Kürze  wirksamer 
gewesen,  wenn  das  Material  etwas  anders  geordnet,  wenn  nicht  durch  vorge- 
faßte Meinungen  selbstgeschaffene  Hindernisse  entstanden  wären,  zu  deren  Be- 
seitigung oder  Erklärung  phantastisch  willkürliche  Bilderklärungen  ersonnen 
werden  mußten.  Es  heißt  Art  und  Wert  jener  bildlichen  Zeugnisse  nicht  richtig 
einschätzen,  wenn  man  auf  das  1^'fehlen  oder  Vorhandensein  einzelner  Ausrüstungs- 
gegenstände, wie  Schild  und  Beinschienen,  besonderes  Gewicht  leg-t;  und  wer  die; 
.Streitwagen  in  .solchen  Darstellungen,  die  nicht  mvthisch  sein  sollen,  für  Ana- 
chronismen und  willkürliche  Zutat  der  Vasenmaler  hält,  sollte  nicht  alles  übrige 
in  jenen  Bildern  ohne  viel  Überlegens  für  bare  Wirklichkeit  halten  und  so  po.si- 
tive  Schlüsse  daraus  ziehen,  wie  Heibig  z.  B.  S.  40  f.  tut.  Es  dürfte  nicht  unan- 
gebracht sein,  das  Wesentliche  aus  Helbigs  Nachweisen  herauszuheben  und  es 
von  dem  Verfehlten  zu  säubern.  Dabei  citiere  ich  in  einfachen  Ziffern  seine  Seiten 

Knappe  mit  dem  Handpferd,  hinter  dem  rechten  der  inscr.  et  b.-l.   1904  p.   I90:  Contribution  .'l  l'histoire 

Wagenlenker  hält  (29,  3  der  nachher  anzuführenden  de  l'equitatus  romain,  Auszug  einer  größeren  für  die 

Arbeit  von  Heibig).  Mcmoires  bestimmten   Arbeit. 

")  Vieles  findet  sich  schon  vorweggenommen  '^)  Die  Bestimmung  der  mit  zwei  l'ferdcn  Aus- 
in: Eine  Heerschau  des  Peisistralos  usw.,  Münchner  rückenden  als  der  Pentakosiomcdimnen  S.  54,  derer 
.Sitzungsber.,  philos.  phil.  u.  bist.  Classe  1 897  II  259,  die  mit  einem  als  der  Hippeis,  ist  freilich  willkür- 
die  H.auptarbeit,  Ics  mriEri;  athenicns, Mem.  de  l'acad.  lieh.  Auch  der  Versuch,  .S.  y<){f.,  die  Organisation 
d.  inscr.  et  b.-l.  lettres  XXXVII  S.  157,  hier  nach  der  athenischen  Cavallerie  durch  zwei  Vasenbilder, 
dem  Sonderdruck  ciliert.  Für  den  römischen  equitatus  zwischen  die  sie  fallen  müsse,  zu  datieren,  und 
vgl.  desselben  Verfassers  Sur  l'aes  pararium  in  Me-  zwar  alsbald  nach  dem  Jahre  477,  kann  kaum  gut- 
langes Boissier  271,  die  Castores  im  Hermes  1904  geheißen  werden.  Vgl.  Bauer,  Berliner  Philol. 
XXXIX    IUI     und     in    Comptes-rendus    de    l'Ac.    d.  Wochenschr.    I904    S.  I2;?0. 


Archaisclier  Zierat   von    Erzgefaßen  79 

und  deren  Noten  oder  Abbildungen,  dazu  namentlich  Reinachs  beijuemes  Reper- 
toire des  Vases  (R.),  und  nenne,  wo  es  angeht,  den  (icwappneten  A,  den  Ge- 
nossen B,  speciell  B'   ohne,  B-  mit  Handpferd. 

Nicht  überflüssig  ist  es  sogleich  zu  beachten,  worauf  wir  dann  zurückkommen 
werden,  daß  wir  den  Gewappneten  auch  allein  (A  ohne  B)  mit  einem  oder  zwei  Rossen 
schon  von  späten  Dipylonvasen  an  finden,  reitend,  mit  und  ohne  Handpferd,  gar  drei 
hintereinander  (95,  2  R.  I  105,  4,  Louvre  E  029,  030);  zwei  Rosse  am  Zügel 
haltend:  ebenso  marschierend  zu  zweien  und  dreien,  das  Roß  am  Zügel  führend; 
neben  zweien,  eben  abspringend,  vier  hintereinander;'')  auch  kämpfend  ebenso- 
wohl vom  Pferd  herab  als  zu  Fuß,  das  Tier  am  Zügel  führend.'^)  Weit  häufiger 
jedoch  ist  x\  mit  B  verbunden.  Letzterer  ist  meistens  unbärtig,  also  jung  neben 
dem  bärtigen  A,  mitunter  nackt  und  unbewaffnet  (102,  36  Brit.  M.  B.  59,  ionisch), 
meist  bekleidet  und  leicht  bewaffnet  mit  einem  oder  zwei  Spießen,  doch  auch  mit 
langen  Lanzen  (vielleiclit  nur  durch  Ungeschick  der  Darstellung");  daneben  führt 
B  manchmal  das  Schwert,  auf  dem  Rücken,  gertide  wie  die  Wagenlenker,'')  auch 
wohl  einen  Schild.  Anderswo  ist  der  Knappe  mit  dem  Geschoß  bewehrt  und 
dann  hat  er  mei-stens  die  Tracht  nordischer  Barbaren,  wie  Kimmerier  und  Skvthen, 
aber  auch  Amazonen  und  Asiaten.  Sind  diese  Knappen  also  Barbaren?  Sie 
müßten  dann  Sklaven  der  gewappneten  Herren  sein.  Aber  die  Genossen  haben 
doch  sonst  ein  anderes  Aussehen,  so  daß  wir  mit  Heibig  an  Hörige,  Freunde 
und  Verwandte    des  Ritters"^)    denken    dürfen    und    vor    allem    an    seinen    Sohn. 

'^)   Es  ist  klar,   daß  die  Leute  nicht  einfach  mar-  wo   der  Ritter   mit   dem    eiyenen   Sclüld    daneben    ist 

schieren.    Springen  sie  eben  ab,   so  schwebt  Helbigs  (61,  22),    wird   der  Schild   auf   dem  Rücken    von   B 

phantastische  Erklärung  (21  f  )  noch  mehr  in  der  Luft;  flugs  für  einen  Reserveschild  von  A  erklärt.     Eben- 

denn   die  andere  Hälfte  des  Bildstreifens  stellt  nicht  sowenig    wert    ist   die   aus    der   Luft   gegriffene   Er- 

die  kämpfenden  Ritter  dar,  denen  er  jene  camarades  klärung    für    das    Fehlen     eines    Schildes     bei     dem 

(vgl.  unten  S.  81)  folgend  denkt.  reitenden   Gewappneten.     Jedesmal  (z.  B.  24,  36  f.,  40) 

'*)  So  A  ohne  B  gegen  drei  Hopliten   auf  einer  wird    uns   da   wieder    gesagt,    der   Hoplit    habe    sich 

Vase  von  Kameiros  (Salzmann  55).    So  noch    besser  des  .Schildes  entledigt,  um  kampfbereit  zu  sein,  trotz- 

Gerüstete  auf  etruskischen  Cisten  Monum.  ined.  .Suppl.  dem    der    Hauptnachweis    dem    Salz    gilt,    daß     das 

XII  f.  und  ein  leicht  Bewaffneter  in  gleicher  Weise  Reiten    für  A    nur   Beförderungsmittel    ist     und    der 

auf  einer  unteritalischen  Vase  R.  II   lö,  3,    entstellt  Schild  doch  gerad  für  den  Kampf  da  ist.  Es  ist  offen- 

auch  II  352.   Vgl.  das  Paestaner  Wandgemälde  Mon.  bar    die    Technik    des    Vasenmalers,    nicht    die    des 

ined.   d.  I.  VIII  21,   2.  Ritters,  die  solche  Auslassung  verursachte.     Tragen 

''}  .So  auch  reitende  Amazonen,  z.  B.  R.  II  100,  ja    doch    auch    von    den    eigentlichen    cavaliers    des 

2.   Diese  Parallelen  allein  schon  hätten  abhalten  sollen,  Parthenonfrieses  Helm   und    Panzer   mehr   als     einer 

die    These    aufzustellen    (die    von    vornherein    wenig  und    Beinschienen,    gegen    die    Heibig    (35,  3)    eifert, 

Sinn  hat),  daß  die  ,valets',  d.  i.   B,  nie  Schutzwaffen  die  berittenen  Amazonen,  echte  Reiterinnen, 
trügen  (35,  2;  66).    Wo  immer  also  B  einen  Schild  '^)  Als  solche  sind  sie  in  den  Münchner  S.  B., 

hat,  sagt  uns  Heibig,   das  sei  der  .Schild  des  Ritters,  a.  a.  O.    öfters   bezeichnet,    so  S.  271,    273    zweimal, 

auch  wo  ein  Ritter  gar  nicht  zugegen   (52,   22);  und  280;  in   Memoires  nur  S.  46f. 


Sehen  wir  doch  auch  dio  Ivnappt'ii  von  l^ltern  Abschied  iii'hnu'n,  und  was  1  henii- 
stokles  nach  Piatos  Mcnon  1)3  D  seinen  Sohn  KUH>phantos  lehren  liel.i.  war  offen- 
bar die  Kunst  des  mit  einem  Handpferd  ausreitenden  Knappen.'')  Auch  die  junyen 
Reiter  an  den  StelenfüÜen  (4g  ff.)  werden  am  besten  als  ju^endhilder  des  \'er- 
storbenen  verstanden,  wiewohl  es  auf  eines  hinauskommt,  oh  wir  oben  den  X'ater 
und  unten  den  Sohn,  der  dem  Vater  als  Knappe  dient,  erkennen,  oder  unten 
ben  denselbene  wie  oben,  hier  den  .Mann  als  lloplit.  dort  den  F.phehi'u  mit 
seinem  Vater  auszureiten  g-erüstet.'^i  Dai.l  jeiloch  die  jun_u;-en  vornelnuen  Athener, 
die  Söhne  der  Ritter  bei  solclu-m  1  )ienst  in  Athen  selbst  liarbarenkleid  ang-e- 
zoüfen  hätten,  darf  vielleicht  bezweifelt  werden,  da  dafür  ausreichende  Beweise 
nicht  g-ecfeben  siiui,'-')  auch  die  wirklichen  Reiter  am  Parthenonfries  von  barba- 
rischer Tracht  höchstens  ilen   Uaschlik  angenommen   haben. 

Also  der  Gewappnete  A  zieht  mit  dem  Leichtbewaffneten  ins  Feld.  Sie  haben 
jeder  ein  Pferd  oder  zusammen  nur  eines,  und  beim  Abschied  sitzt  B  zuerst  auf 
(19  I).  Auf  dem  einzigen  Pferd  reitet  stets  B,  während  A  geht,^")  sowie  im  athe- 
nischen Anakeion  die  Dioskuren  stehend  neben  ihren  berittenen  Söhnen  erschienen, 
freilich  auch  sie  gewiß  nicht  schwer  gerüstet.-')  Nie  sieht  man  auf  Vasen  A  und  B 


")  Heibig  83,  der  dies  Zeugnis  für  seine  früh- 
zeitige Organisation  der  attischen  Cavalleric  ver- 
werten möchte,  widerspricht  dem  zwar,  aber  auch 
sich  selbst,  wenn  er  den  Dienst  des  berittenen  Kn.ip- 
pcn  hier  für  einen  zu  untergeordneten  hält,  um  solchen 
Andenkens  wert  zu  sein,  und  S.  46 ff  selbst  Miltindes 
in  diesem  Knappendienst  in  einem  Vasenbild  ge- 
feiert glaubt,  undDioUleides  im  nämlichen  Dienst  durch 
ein  Standbild  auf  der  Akropolis.  Piatos  sninsvs  foöv 
Iri  T(i)V  '.-T.ia'i  öpiHö;  (vgl.  die  Vase  von  Kameiros, 
Salzmann  57)  xal  rjxövcijäv  änö  tS)V  inTitov  6p3-ös, 
wo  der  Plural  statt  des  Duals  stehen  muß,  zeigt  den 
Jüngling  mit  zwei  Pferden  operierend,  also  nicht  als 
Reiter  im  späteren  Sinn.  —  Auffallend  ist,  daß  Hei- 
big die  zwei  Geschichten  von  Kimon  S.  85  nicht  in 
Einklang  zu  bringen  weiß,  obgleich  es  gerade  mit 
seiner  These  so  leicht  ist.  Im  Jahre  480  deponiert 
Kimon  seinen  Zügel  im  Tempel  zum  Zeichen,  daß 
es  jetzt  nicht  gelte,  als  gewappneter  Ritter  zu  Roß 
ins  Feld  zu  ziehen,  sondern  zu  Schiff.  Als  Hoplit 
meldet  er  sich  dann  auch  bei  Tanagra. 

'*;  Die  Stele  des  Lyseas  (51.  21  Conze  I  l)  zeigt, 
daß  der  junge  Reiter  nicht  mit  seinem  Tun  auf  den 
Mann  im  Stelenbild  bezogen  werden  darf,  und  die 
niedrige  Stele  von  Lamptrai  (52,  22;  Conze  I  11), 
auf  der   ein  männliches   Standbild,   wie  Heibig   will, 


nicht  gestanden  haben  kann,  auch  keine  Stele  mit 
Mannesbild,  beweist  durch  die  klagenden  Figuren 
der  Seiten,  die  nur  auf  den  jungen  Reiter  bezogen 
werden  können,  daß  auch  auf  den  anderen  Bildern 
der  Reiter  der  Verstorbene  ist,  wenn  da  auch  erst 
in  späterem  Alter  verstorben. 

•"j  Heibig  geht  so  weil,  daß  er  fast  überall  auf 
strengrotfigurigen  Schalen  in  der  Barbarentracht  Grie- 
chen sieht,  wegen  ilires  hellenischen  Gesichtstypus, 
so  74,  31  in  der  Mitte  den  Toxarchen,  so  73,  30  b 
nicht  weniger  als  einen  Taxiarchen,  zwei  Hipparchen 
und  einen  Phylarchcn  (84  {.),  obgleich  von  den  ver- 
meintlichen Hipparchen  der  eine  ungriechischen  Bart 
hat.  Beim  Miltiades  der  Ashmoleanschale  (47,  3) 
kommt  ja  die  Inschrift  hinzu;  aber  weder  ihn  noch 
Diokleides  (46,  2),  wenn  die  Statuenfragmente  wirklich 
zu  dessen  Inschriftbase  gehören,  ist  es  notwendig, 
so  gekleidet  in  Athen  (statt  etwa  in  Thrakien)  herum- 
reitend zu  denken. 

'^^'j  Zwei  .Schützen,  neben  reitendem  .1  hersprin- 
gend (24,  7),  haben  wir  so  wenig  für  die  Knechte 
von  A  zu  halten,  wie,  wenn  er  zwischen  zwei  Hop- 
liten  reitet,  diese. 

")  Wie  Heibig  Hermes  1904,  106  denkt.  Sic, 
die  xoOpGi,  sind  selbst  Reiter,  aber  nicht  Hopliten, 
und    wenn    die  priores   equites   des    Tarquinius   (vgl. 


Archaischer  Zierat  von  Erzgefäßen  öl 

als  äiv-TiKOi  auf  einem  Pferde  reiten  wie  in  einer  kleinen  Bronzegruppe  (23,  5). 
Wohl  aber  reiten  beide  nebeneinander  (19,  2;  ^:^,  i).  Kommen  sie  an  den  Feind, 
so  springt  A  ab  (102,  i).--)  Während  des  Kampfes  von  A  gegen  A  hält  hinter 
jedem  ruhig  der  Junker  zu  Roß,  ohne  oder  auch  mit  Handpferd.  Ganz  ebenso 
wie  Leichtbewaffnete  tun  das  aber  auch  Schwergerüstete  (20,  3).  Ob  man  diese 
dann  mit  Heibig  camarades  von  A  nennt  statt  üTcr^pETa:,  macht  nichts  aus:  sie 
spielen  die  Rolle  von  B.-')  Nicht  immer  aber  bewahren  die  Knappen  die  Ruhe: 
sie  sprengen  einzeln  oder  beide  mit  eingelegter  Lanze  an,  wie  um  teilzunehmen 
(25,  8;  26,  g).  Lustig  ist  es  einmal  zu  sehen,  wie  die  eine  Partei  Reißaus  nimmt, 
voran  B  mit  seinem  und  des  Herren  Roß,  ihm  nach  A,  verfolgt  von  A,  hinter 
dem  B  dreinsprengt  (94,  32).-^)  Der  Typus  ist  hier  erfreulich  gemodelt,  aber  zu 
wirklich  individueller  Entwicklung  des  Vorg-anges  kommt  es  natürlich  nicht.-'') 
Oft  liegt  zwischen  den  Kämpfern  ein  Gefallener,  ohne  daß  V^orangegan genes 
damit  klar  würde  (z.  B.  Louvre  E  636).  Daß  der  Fall  einträte,  für  den  der  Knappe 
mit  dem  Handpferd  bereit  steht,  kommt  kaum  vor;  es  sei  denn  auf  dem  Nolaner 
Colonettkrater  R.  II  11  i,  wo,  wie  an  den  Bronzen  von  Pesaro,  an  der  Vorder- 
seite einem  mit  Chiton  bekleideten  Hopliten  ein  chitonloser  zum  Schutze  des 
zu  seinen  Füßen  Liegenden  (der  ganz  waffenlos  scheint)  entgegentritt,  und  auf  der 
Rückseite  ebenfalls  nur  ein  Gewappneter  zu  Roß  mit  Handpferd  nach  links  hält, 
also  als  der  Genoß   des  Siegers  im  vorderen  Bilde  zu  verstehen. 

In  einem  andern  Bilde  (68,  Taf.  II  i)  könnte  man  meinen,  ilem  gefallenen 
Ritter  rechts  sprenge  sein  Knappe  zu  Hilfe.  Doch  nein,  der  Ritter  links  ist  gar 
nicht  da:  auf  hoch  springenden  Rossen  sehen  wir  vielmehr  zwei  leichte  Reiter 
einander  gegenüber,  links  einen  barbarisch,  rechts  einen  griechisch  costumierten. 
Es  ist  der  Typus,  dessen  Entwicklung  Loeschcke  (Bonner  Studien  S.  248)  in  einer 
genialen  Studie  verfolgt  hat,  und  wer  beachtet,  wie  in  dieses  Schema  die  vorher 
in  den  besprochenen  Scenen  angewandten  Figuren  mehr  oder  weniger  vollständig 

Heibig  ebenda  und  C.-R.   1904    S.   199),    die  je   mit  stehenden  Kampf  weniger  betone.   Ist  doch  auch  kein 

iwei  Pferden   ausrückten,  auf  das  Vorbild  des  Castor  Gegner   vorhanden,    da   beide  Paare  sich  in  gleicher 

in  Lacedaemon    zurückgeführt   werden,    so   kann  das  Richtung  bewegen. 

nicht  auf  die  Rüstung,    sondern   nur   auf   die   Hand-  '-')  Vgl.   die  zweitnächste  Anmerkung. 

pferde    gehen,    die   ja  auch    die    Tarentini,    ebenfalls  '•)  Nach    demselben    Schema    übrigens    ein    vor 

leichte,  nicht  schwere  Reiter  führten.  Athena   fliehender  Gigant  mit  zwei  Quadrigen  R.  11 

-'-)  Heibig   bemerkt   zu    dem    Bilde   Mus.    Greg.  52   vorn  und  hinten. 

Sil,  LXX.II   I:   il  ne  vaut  pas    la    peine  de  refuter  -^)  Ähnlich    44,    16,   wo    nur    eine    Partei    dar- 

l'opinion    soutenue   par  M.    Petersen    dans   les  Rom.  gestellt  ist  und  von   beiden  Seiten  Ritter  und  Knappen 

Mitt.  XV   1900  p.  33.     Wer  meinen  Absatz  bis  ans  (der  Abwechslung  halber  einer  leicht,    einer  schwer 

Ende  liest,  wird  mit  Erstaunen  finden,  daß  ich  nichts  bewaffnet)    zum  Lager  fliehen.    Sinnlos   Berlin    1058 

anderes    sage    als    Heibig,    nur   dal!   ich    den    bevor-  ein  A  zwischen  zwei   B  2. 

Jahreshefte  des  üsti-rr.  .irchäol.   Institutes  Hd.  VUI.  ,, 


hineingfepalit  wcrdon,  der  wird  schwerlich  den  Mut  haben,  solclic  l)('utuni.;en  zu 
acceptieren  wie  sie  Heibig-  (3,s  ff.  und  40^  dem  Münchner  N'asenbild  seiner  Tat",  r-'*^) 
und  ähnlichen  gibt,  oder  die  künstliche  Erklärung;  des  gegen  Penthesileia  reitenden 
Achilleus  1,0g,  j8),  wofür  Loeschcke  (a.  a.  O.  S.  241.))  eine  so  viel  einfachere  und 
einleuchtende  gegeben  hatte. 

Sehr  wesentlich  ist,  dal.i,  wie  wir  zuerst  Hopliten  ganz  allein  mit  Rossen 
ausgestattet  sahen,  nun  auch  die  Junker  (denen  wir  die  schwergerü.steten  eania- 
rades  ja  den  gleichen  Dienst  verrichten  sahen)  auf  ihriMi  Pferden  allein  auftreten, 
Abschied  nehmend  (48,  18,  einer  im  früln>ren.  einer  im  späteren  Moment  dar- 
gestellt), ebenso  zu  zweien.  Noch  nicht  aufgesessen,  schreiten  sie  neben  ihren 
Pferden  (R.  II  331,  ö).  Gerade  wie  an  den  Stelenfüßen  reitet  einer  dahin  ((10,  3); 
auch  zu  dreien  inid  vieren  reiten  sie,  ohne  oder  mit  Handpferd,  leicht  bewaffnet, 
g-elegentlich  auch  mit  liem  .Schild  auf  dem  Rücken.-')  Gewölmlich  reit(!n  sie  alle 
in  gleicher  Richtung:  ausnahmsweise  begfegnen  sie  sich  (in,  ,^:  drei  von  links, 
zwei  von  rechts  kommend).  Man  mag  sie  in  solcher  Dar.stellung  aU  Patrouillen 
verstehen,  wird  es  dann  jedoch  auch  begreiflich  finden,  daß  sie-  solchergestalt 
selbständig  in   Kampf  mit  dem  Feind  geraten. 

Nicht  selten  .sieht  man  sie  mit  Hopliten  im  Kampf,  Mann  gegfcn  Mann,  auch 
wohl  einmal  einen  gegen  zwei,  ohne  daß  wir  uns  über  die  Wahrscheinlichkeit 
solches  Gefechtes  zu  viel  (xedanken  machen  dürfen.  Daß  sie  für  solche  Möglich- 
keit eines  Kampfes  sich  dann  wohl  auch  mit  Helm  oder  .Schild  versahen,  ist  nur 
natürlich.-"')  Auch  gegen  andere  Reiter  kämpfen  sie  (Louvre  D  290,  Pottier,  pl.  37); 
endlich  auch  reihenweise  gegen  eine  Reihe  von  Hopliten  (69,  Taf  II   2). 

Als  das  Normalere  müssen  wir  indessen  die  Zugehörigkeit  der  leichten 
Reiter  zu  den  Hopliten  betrachten,  nur  daß  sich  diese  nicht  immer  nur  in  dem 
alten  einfachen  Schema  des  je  hinter  seinem  abgesessenen  A  haltenden  B  dar- 
stellt, sondern  auch  da  die  Reiter,  leichte  wie  schwere,  gruppenweise  auftreten. 
Bei  Hektors  Abschied  (zu  Wagen)  schließt  sich  eine  solche  Gruppe  an  (R.  II  243 
korinthisch),  und  wo  die  Hopliten  zu  einem  oder  mehreren  Paaren  kämpfen, 
kommen  sie  in  größerer  Zahl  dazu  (R.  I  105;  Berlin  1057;  Louvre  E  628,  Pottier 
pl.  45:  ebenda  622?).    Am    meisten  wirklichen    .Schlachtbeschreibiingen    entspricht 

^  Auch  ist  es  falsch,   daß   der  1.  B   abgefallen  ^'    Heibig   (67,   l)  erkl.irl,    seiner   Regel   zulieb, 

sei,  da  seip  Bein  ja  am  zweiten  Pferde  sichtbar  ist:  so  bewaffnete  Reiter  flugs  für  Thessaler,  ungeachtet 

zu  den  zwei  Paaren  von  AB  za  Roß   ist   unten    ein  dessen,    daß  diese   nach  seiner  eigenen,    Furtw.Hngler 

drittes  am  Bodeu  liegend  gefügt.  folgenden  Darlegung  (63  fT.)  ein  ganz  andres  Aussehen 

-';  Nach    Heibig    Oo,  4    natürlich    wieder    dem  haben,    und  daß  überdies  die  Ausrüstung  der  thessa- 

nicht  sichtbaren  Herren  zugehörig.  lischen  Reiter  bei  den  athenischen  N.ichahmung  fand. 


Archaischer  Zierat 


83 


wohl  das  Bild  R.  II  95,  wo  zwei  Reihen  von  Hopliten,  je  mit  Leichtbewaffneten 
zu  Fuß  und  Reitern  auf  dem  Flügel,  gegeneinander  vorgehen. 

Es  ist  Heibig  nicht  entgangen,  doch  hat  er  es  (z.  B.  62;  109),  weil  es  mit  seinen 
eigenen  Aufstellungen  nicht  recht  in  Einklang  steht,  nicht  genügend  hervorge- 
hoben, daß,  wo  sie  frei  und  selbständiger  auftreten,  die  leichten  Reiter  der  älteren 
Zeit  sich  schon  fast  ganz  so  darstellen  wie  die  spätere  eigentliche  Reiterei,  die 
sich  demnach  nur  als  eine  Normierung  dessen,  was  längst  bestanden  hatte,  darstellt. 

Rom.  E.  PETERSEN 


Zur  Datierung  der  Bronzegußformen  aus  Memphis. 

Im  Katalog  der  griechischen  Guß- 
formen im  Museum  zu  Kairo,  den  wir  C.  C. 
Edgar')  verdanken,  fiel  mir  ein  Stück  auf, 
das  uns  bei  genauerem  Zusehen  mehr  Auf- 
schlüsse gibt,  als  es  nach  der  genannten 
Beschreibung  scheinen  könnte. 

Das  bei  Edgar  auf  Taf.  III  n.  32014 
abgebildete,  danach  hier  (Fig.  24)  wieder- 
holte und  von  ihm  auf  S.  5  beschriebene 
Fragment  bildet  die  Form  zur  Herstellung 
der  rechten  Hälfte  einer  etwa  15  t /;/  hohen 
Bronzebüste,  welche  der  Katalog-  als  die 
eines  Hermes  erklärt,  wegen  der  ,,wings 
on  his  temples".  An  den  Schläfen  setzen 
die  Flügel  allerdings  nicht  an,  sondern  in 
den  Haaren  über  der  Stirnmitte.  Noch 
weniger  klar  als  diese  Flügel  kam  in  der 
Abbildung  ein  Ansatz  über  dem  Scheitel 
heraus,  in  welchem  die  Beschreibung  fol- 
gendes sieht:  „probably  part  of  a  vase 
Fig.  24  Guiiiunu  .n.  .\iu-,.„,n  /.u  Kairo.  ^^j^j^  hinged  Hd."'     Eine   Vase    mit  Deckel 

^)   Service  des  antiquites  de  l'Egypte.  Cataloyue        vol.  VIII.  nos.  32001 — 32367.  Greek  moulds  by  C.  C. 
general  des  antiquites  Egypliennes  du  Musee  du  Caire        Edgar.   Le  Caire    1903. 


84 


Münzen  Ptolcmaios  IV   Philopator. 


läijt  sich  nun  zwar  im  Lichtdruck  nicht  ht-raustinden,  aber  dieses  Detail  mag  aut 
sich  beruhen,  weil  es  für  die  Hauptsache,  auf  die  es  uns  allein  hier  ankommt, 
sar  nichts  zu  sagen  hat.  Zur  Verdeutlichung-  der  Reproduction  diene  auch  noch 
die  Angabe:    «a  band   round  the  back  of  his  head." 

Nicht  nur  die  individuellen  Züge  des  feisten  Gesichtes  mit  der  unbedeutenden 
Xase,  die  in  ihrem  unteren  Drittel  das  \'orspringen  noch  besonders  accentuiert, 
sondern  noch  entscheidender  die  „whiskers",  das  Bac.kenbärtchen,  das  bei  den 
Griechen  nur  bis  ins  fünfte  Jahrhundert  hinein  allgemein  Mode  war,  erweisen, 
daß  hier  ein  Porträt  vorlieot,  und  zwar  wegen  der  Flügel  über  der  Stirne  ein 
Porträt    als   Hermes.     Die   Apotheose    allein    schon    läßt   nicht   zunächst  an  einen 

g-ewöhnlichen  Menschen,  son- 
dern an  einen  Herrscher  den- 
ken, und  zwar  des  Fundortes 
Memphis  wegen  an  einen 
ägyptischen  Herrscher.  Aber 
iiuch  ganz  abgc^selicu  von 
dieser  Folgerung  hätten  wir 
wegen  der  frappanten  Ähn- 
lichkeit mit  den  Münzporträts  die  in  der  Büste  dargestellte  Persönlichkeit  als 
Ptolemaios  1\'  Philopator  erkennen  müssen.  Man  vergleiche  sein  mit  nicht  so 
starken  Varianten  als  üblich  auf  den  Münzen  festgehaltenes  Bildnis  in  dem  Brit. 
Mus.  Cat.  Ptolemies  pl.  XIV  6 — 7,  9  — 10  (Fig.  25  a  und  c)  XV  i — 2  (Fig  25  /'); 
auch  bei  Imhoof-Blumer,  Griechische  Porträtköpfe  Taf.  VIII  8  und  9  (Fig.  26  und  27); 
am  ausführlichsten  sind  jetzt  diese  Münzen  mitgeteilt  von  2j^5op(j)voc,  No|ji:a|iata 
Tö)-/  II-:o/.£|ia{(ov  I.  Taf  371;  42,  43.  Die  namentlich  auf  den  größer  aus- 
geführten Stempeln  sehr  individuellen  Züge,  die  eher  einem 
schwäbischen  Bauern  als  einem  äg'3-ptischen 
König  anstünden,  haben  etwas  für  einen  Griechen 
so  außergewöhnliches,  daß  die  Identification  als 
zweifellos  betrachtet  werden  darf  Der  einzige 
Unterschied,  der  aber  bei  der  schlagenden  Über- 
einstimmung so  vieler  anderer  Züge  nichts  zu 
bedeuten  hat,  tritt  in  der  Länge  des  Halses  hervor, 
welche  in  der  Büste  übrigens  auch  der  Natur 
gegenüber  verfehlt  sein  muß  und  nur  auf  einem  Versehen  in  den  Proportionen 
von  Seiten  des  Künstlers  beruhen  kann. 


Fig.  26     Münze 

Ptoleniaios  IV 

Philopator. 


Zur  Datierung  der  Bronzegußformen  aus  Memphis  °5 

Das  Porträt  dieses  Ptolemäers  besiegelt  geradezu  seine  von  Mahaffy,  A  history 
of  Egypt  linder  the  Ptolemaic  Dynasty  144  versuchte  Ehrenrettung.  Das  schwarze 
Bild,  welches  namentlich  das  dritte  Makkabäerbuch  von  Ptolemaios  IV  in  Umlauf 
brachte,  ist,  wie  Mahaffy  überzeugend  nachweist,  von  dem  haßerfüllten  Verfasser 
so  düster  gefärbt.  Man  braucht  ja  nur  dieses  Gesicht  anzuschauen:  dieser  König 
kann  kein  Bösewicht  gewesen  sein,  ein  schlechter  Herrscher  vielleicht,  auch  wohl 
kaum  eine  hoch  stehende  Natur,  aber  gewiß  kein  schlechter  Mensch;  wenn  er 
des  Guten  zu  viel  tat,  mag  es  wohl  eher  an  der  Tafel  als  im  Bette  geschehen  sein. 

Von  Porträts,  welche  als  Ptolemaios  IV  bezeichnet  wurden,  sind  mir  nur 
vier  weitere  bekannt.  Das  eine  auf  einem  Bronzering  im  Besitz  von  Herrn  Petrie 
findet  man  abgebildet  he\  Alahaffy  S.  130,  liier  aber  in  einem  so  unklaren  Zink- 
druck publiciert,  daß  sich  über  die  Richtigkeit  der  Attribution  nicht  urteilen 
läßt.  Ein  anderes  wollte  kürzlich  Watzinger  (Das  Relief  des 
Archelaos  von  Priene.  63.  Berliner  "Winckelmannsprogramm 
S.  18)  nachweisen,  und  zwar  in  der  Ge.stalt  des  Chronos  der 
Apotheose  Homers.  Dis  Zusammenstellung  des  Relief kopfi'^ 
mit  dem  Münzporträt  auf  S.  ig  des  Programmes  schließt  aber, 
wenigstens  für  mich,  den  Gedanken  an  Identität  beider  Per- 
sönlichkeiten aus;  allein  schon  die  absolut  verschiedene  Form 
der  Nase  würde  zu  dieser  Entscheidung  genügen.  Chronos  ist,  Fig.  28    Münze 

wie  die  Falten  vor  seinem  Hals  erweisen,  mit  den  vSchultern  in         Alexander  I.  Balas 

und   der  Kleopatra. 

Vorderansicht    gestellt;     die    Halslinie    darf   bei    ihm  also  gar 

nicht  als  Hängekinn  aufgefaßt  werden,  denn  auch  bei  ganz  magerem  Kinn  muß 
die  Halslinie,  wenn  der  Kopf  g'egen  die  Schulter  hin  gedreht  wird,  schräg  an- 
steigen. Lange  vor  dem  Erscheinen  von  Watzingers  Schrift  hatte  ich  mir  eine 
Identification  mit  Münzporträts  notiert,  welche  den  Vorzug  hat,  auf  einer  und  der- 
selben Münze  das  Porträt  des  Chronos  und  der  Oikumene  in  derselben  Anordnung 
wie  auf  dem  Relief  zu  vereinen  und  überdies  das  weibliche  Porträt  gerade  mit  den 
Attributen  der  Oikumene,  Kalathos  und  vom  Hinterkopf  herabhängendem  Schleier, 
auszustatten.  Da  bei  Doppelporträts  sonst  die  Frau  in  den  Hintergrund  gerückt 
wird,  so  besagt  die  Übereinstimmung  in  der  Anordnung  um  so  mehr.  Es  handelt 
sich  um  die  bei  Imhoof-Blumer,  Monnaies  Grecques  Tat.  H  13  abgebildete  Münze 
des  syrischen  Königs  Alexanders  I.  Balas  und  seiner  Gattin  Kleopatra  (Fig.  28),  ein 
Stempel,  den  ich  wegen  der  später  gelösten  Ehe  in  die  Jahre  150 — 148  datieren 
zu  dürfen  glaube.  Ein  erheblich  schärfer  ausgeprägtes  Exemplar  dieser  Münze 
ercheint,  während  des  Druckes,  im  Numismatic  Chronicle  Ser.  IV.  vol.  IV.  Taf  15. 


S6  F.   Hauser 

Ich  leugne  nicht,  dal3  dieses  bessert'  l-lxi-niplar  mein  /uitauin  /u  der  vorge- 
schlagenen Identification  nicht  erhöht.  Dai^egen  macht  mich  J  )r  Amching  auf 
ein  Detail  an  der  {.')ikuuKMic  aut'nicrksam,  (his  mm  w  icilcruni  aul  S\-rit'n  hinweist. 
Die  Anordnung  ihres  Schlrii-rs  und  ihres  l'ohis  nebst  ihrer  l'risur  kann  niclit 
wohl  ohne  Kenntnis  vom  Werk  des  hutychiik's  getrotVen  sein,  der  Ivche  xon 
Antiochia,  wie  ihren  Kopf  eine  Bronzenachbihhing  abg.  Moderner  Cic(>rone  1  31S 
noch  erkennen  läßt.  Selbst  wer  meine  Identification  nicht  als  schlagend  ansieht, 
wird  doch  zugeben  müssen,  daü  der  Kopf  auf  der  Alexandermünze  dem  Relief 
immer  noch  nTdier  konnnt  als  das  l'orträt  rtoK'maios  IV  und  seiner  Gemahlin 
Arsinoi"-. 

Als  l'toleniaios  1\'  wurde  ferner  ein  im  Journ.  Intern.  Numismat.  igoo  Taf.  15 
abgebildeter  Kopf  au.sg"egeben.  Für  diese  Deutung  spricht  vor  allem  die  Ähnlich- 
keit der  am  gleichen  Ort  gefundenen  Rüste  mit  der  Gattin  des  Königs,  der 
Arsinoe.  Den  Stuckzusätzen  war  an  jenem  l'orträt  sehr  große  Ausdehnung  zu- 
gestanden (hierüber  Berl.  Philolog.  Wochenschr.  1905  S.  70),  so  daÜ  nicht  mehr 
auszumachen  ist,  w-ie  der  Kopf  nach  seiner  Vollendung  ausschaute;  wie  er  jetzt 
ist,  könnte  es  sich  höchstens  um  ein  charakterloses  Jugendporträt  des  vierten 
Ptolemäers  handeln.  Ein  ägyptisches  Porträt  dieses  Pharaonen  in  einem  Kolossal- 
kopf aus  Rosengranit  bringt  soeben,  wofür  ich  den  Hinweis  Prof.  Loewy  \('r- 
danke,  das  Bulletin  tle  la  Societe  Archeologique  d'Alexandrie,  Nouv.  Ser.  1  Fig.  16. 
Die  Zinkographie  ist  w-iederum  .so  wenig  gelungen,  daß  ich  mich  mit  diesem 
lN.eferat  begnügen   muß. 

Als  sicheres  Porträt  von  griechischer  Hand  ist  uns  nun  die  Büste  in  der 
Gußform  willkommen.  Aber  selbst  wichtiger  als  der  Besitz  von  einem  IMldnis 
dieses  ägyptischen  Königs  erweisen  sich  die  chronologi.schen  h'olgerungen,  welclu> 
ein  datiertes  Stück  für  die  mitgefundenen  Formen  erlaubt.  E.s  darf  ja  als  au.s- 
geschlossen  gelten,  daß  das  Porträt  eines  so  wenig  bedeutenden  Herrsehers  auch 
nach  dessen  Tod  noch  reproduciert  worden  wäre.  Die  Büste  stellt  den  König 
ent.schieden  jünger  dar  als  die  Münzen;  es  mag  im  Anfang  seiner  Regierung, 
also  um  222  V.  Chr.  entstanden  sein;  außer  Kurs  gesetzt  war  es  spätestens  mit 
dessen  204  erfolgtem  Tod;  da  mag  die  Form  mit  einem:  le  roi  est  mort!  vive  le 
roi!  zur  Werk.statt  hinaus  geflogen  sein.  Aber  es  wurde  zugleich  mit  anderen 
abgebrauchten  Stücken  aufgeräumt  und  wir  können  eben  mit  Hilfe  des  bekannten 
Zeitpunktes  des  Hinganges  seiner  Majestät  die  Epoche  jener  Säuberung  des 
Ateliers  hinlänglich  genau  auf  das  Jahr  200  v.  Chr.  festsetzen.  Für  sämtliche  mit- 
gefundenen Formen  darf  dieses  Jahr  als  terminus  ante  quem  als  gesichert  gelten. 


Zur  Datierurif;  der  Bronzegußlormen  aus  Memphis  ö7 

Somit  trennt  eine  recht  erhebliche  Differenz,  nicht  weniger  als  drei  Jahrhunderte, 
unseren  Ansatz  von  demjenigen  Edgars,  der  lediglich  aus  stilistischen  Gründen 
auf  die  römische  Epoche  ,.nearer  to  the  Antonine  than  the  Augustan  age"  ge- 
raten hatte.  Daß  sich  Parallelen,  namentlich  für  die  Geräteteile,  in  Fundstücken 
aus  Pompeji  nachweisen  lassen,  hat  Edg-ar  richtig  beobachtet;  nur  hätten  ihn  die 
Resultate  von  Helbigs  Untersuchungen  über  die  campanische  Wandmalerei  ab- 
halten sollen,  die  ägyptischen  Stücke  nun  ohne  weiteres  nach  den  campanischen 
zu  datieren;  auch  für  diesen  Fall  lag  von  vornherein  die  WahrscheinUchkeit 
vor,  daß  das  Prius  im  Zentrum  der  damaligen  Cultur,  nämlich  Alexandria,  zu 
suchen  sei.  Immerhin  war  es  erwünscht,  diesen  naheliegenden  Schluß  durch  das 
Ptolemäerporträt  so  schlagend  bestätigt  zu  finden. 

Hier  weitere  Schlüsse  aus  den  durch  die  Formen  repräsentierten  Kunstgegen- 
ständen zu  ziehen,  ist  nicht  meine  Absicht.  Daß  manche  interessante  Fest- 
stellung mit  ihrer  Hilfe  geling(Mi  wird,  zeige  ein  Beispiel,  die  Form  mit  dem 
Nil  Taf  XXI  n.  32341,  welche  nur  einen  Auszug  aus  dem  in  der  vatikanischen 
Statue  erhaltenen  Typus  darstellt.  Auch  gewinnt  ja  an  der  Büste  Ptolemaios  IV 
allein  schon  die  Büstenform  durch  die  genaue  Datierung  ihr  Interesse. 

r>ei  der  kunstgeschichtlichen  Bedeutung,  welche  dieser  Fund  gewann,  wäre 
zu  wünschen,  daß  ein  Gelehrter  in  Kairo  aus  den  Formen  das  an  gleichem 
Ort  Gefundene  in  über.sichtlicher  Anordnung  zusammenstellt.  Denn  das  Arbeiten 
mit  Edgars  Katalog,  in  welchem  das  Zusammengehörige  wie  absichtlich  aus- 
einander gerissen  wurde  und  wo  dazu  noch  sämtliche  Stücke,  für  welche  man 
den  ganzen  Katalog  durchsuchen  muß,  mit  sage  fünfstelligen  Zahlen  bezeichnet 
sind,  dieses  Arbeiten  wird  zu  einer  Geduldprobe,   der  nicht  jeder  gewachsen  ist. 

Rom.  FR.  HAUSER 


Kalenderstudien. 

I.  Nochmals  die  Ära  von  Eleutheropolis. 

Wie  ich  in  den  Jahresheften  VI  1903  S.  50  ff.  und  Beiblatt  VI  gi  ausgeführt 
habe,  ist  durch  Inschriftfunde  in  Berosaba  die  Lage  der  Stadtepoche  von  Eleuthero- 
polis zum  Indictionencyclus  völlig  gesichert  worden.  .Strittig  blieb  das  Anfangs- 
jahr der  Ära  von  Eleutheropolis,  fraglich  das  Neujahr  und  das  Verhältnis  des 
Jahrkalenders  der  Stadt   zu    den    uns  aus  den   handschriftlichen    Hemerologien  be- 


88  \V.    Kiil.ilschek 

kannten  syromakeilonischoii  Kali'iuU'rn  bo/ichuniisweise  zum  röniisclicii  Kalcmlcr. 
Seither  ist  durch  andere  Inschriftenfuiule.  welche  P.  Abel  mei.st  mit  Jk^ifüj^iiny 
von  Abbildunüfen  nach  Photoi>Taphien  der  Abklatsche  in  der  Revue  biblique 
XII  (1903)  4^5  ff.  und  XI\'(ioo4)  jdO  veriWentlieht  hat.  sowohl  ilic  hrayc  iiac-h 
dem  Stadtkalender  gelöst  als  jeder  ZwiMt'el  ührv  den  Beginn  der  Kpoche  \-on 
Eleutheropolis  zerstreut  worden.  Vor  allem  danken  w  ir  dies  dem  genauen  und  um- 
ständlichen Datierungsverfahren  aut  dem  Grabstein  eim^s  Theodoros.  diu  Abel 
nach  einer  vom  Archidiakon  Kleophas  Koikvlides  —  dem  um  das  geographische 
Mosaik  von  Madelia  so  hochverdienten  iiihliothekar  des  Patriarchen  von  Jeru 
salem  —  angefertigten  Photographie  XIV  200,  i  veröffentlicht  hat:  das  Sterbe- 
datum wird  bezeichnet  als  jiTy^vö;)  "A-p;?,ÄioL)  xy.  xaiä  Ss  ~Apx^jOLC  ApX£|iiaiO'j  y,  ij[>.ip{x^)  5 
wpav  p.  tv5(ix-iwvo;)  c.  s-ou;  xaxi  'Jv.£'j9'£p(o-oÄi-:ac)  !)■--.  Abel  identiiiciert  dieses 
Datum  mit  dem  23.  April  588  n.  Chr.:  gewil.!  rieluig.  da  die  gleichen  Hedingun- 
gen  vor  diesem  Jahre  erst  303  und  nach  ihm  im  Jahre  633  wiederkehren;  das 
erstgenannte  Jahr  303  schliei3t  sich  \(in  selbst  aus.  schon  wegen  der  Indictions- 
rechnung:  033  würde  den  F.pochenbeginn  noch  um  45  Jahre  verspäten  (auf  245 
n.  Chr.)  und  noch  größere  Verlegenheiten  als  die  Epoche  von  200  bereiten;  Daten 
wie  Rev.  bibl.  1903  p.  427  9.  März  414  Eleuth.  würden  in  das  Jahr  (157  oder  Rev. 
bibl.  1902  p.  438  22.  März  448  Eleuth.  bis  692  n.  Chr.  führen.  Auch  würde  die 
Annahme  dieses  späten  Epochenbeginnes  von  vornherein  so  lange  nicht  ernst 
vertreten  werden  können,  als  nicht  die  I Unmöglichkeit  dargetan  i.st,  die  Ära  der 
.Stadt  mit  der  Bereisung  des  Landes  durch  Kaiser  Septimius  Severus  in  \'er- 
bindung  zu  bringen.  Diese  Verbindung  ist  aber  ganz  wohl  möglieh,  und  wenn 
sie  von  mir  früher  in  Frage  gestellt  worden  ist,  so  ist  das  geschehiMi,  weil 
ein  früherer  Zeitansatz  (der  , Freiheit'  wegen)  notwendig  oder  glaubwürdiger 
erschien. 

Der  23.  April  588  war  ein  Freitag;  seine  Gleichung  mit  dem  3.  Artemisios 
des  .arabischen'  Kalenders  wird  durch  die  beiden  handschriftlich  erhaltenen 
Hemerologien  be.stätigt.  Da(3  in  Fleutherojiolis  das  Jahr  xa-it  'Apx^oc;  geordnet 
war,  zeigen  gleicherweise  ausdrücklich  die  Grabschriften  einer  Philadelphia  Rev. 
bibl.  1904  p.  267  n.  2  und  eines  Timotheos  ebd.  2f)8  n.  4;  aulJerdem  werden  die 
Doppeldaten  iv  |xr/vt)  Zav8-tx(oO)  s  und  xc  JfapxLO'j  auf  tiem  (irabstein  (Miies  Por- 
phyrios  Rev.  bibl.  1903  p.  426  n.  2  sowie  r?,  /,  ivff/ibz)  Mai'o'j  Wp-tiv.rs'.o'j  iv^  auf  dem 
Grabstein  eines  Arztes  Abraam  bei  Lagrange  in  den  Comptes  r(;ndus  de  l'academie 
des  inscriptions  1904  p.  299  nur  unter  dieser  Voraussetzung  aus  den  Hemerologien 
verständlich. 


23- Mai        518 

-= 

3.  Desios 

310 

^ 

5.  Juni       543 

= 

16.  Desios 

344') 

1 

= 

7.  October547 

= 

20.  Hyperliereteos 

-)348 

'c 

= 

8.  Mai        564 

= 

18.  Artemisios 

365 

•5  ^ 

= 

24.  Mai         564 

= 

4.  Desios 

365') 

g.2 

0  :c3 

= 

April/ Mai    570 

= 

.  .  Artemisios 

371 

Ö  t^ 

= 

Freitag,  23.  April      588 

= 

3.  Artemisios-) 

389') 

3 

= 

II.  März      614 

= 

25.  Dystros 

414 

■s 

= 

22.  März      647 

= 

I.  Xanthikos 

448') 

= 

1904, 

267, 

2 

Iqü4, 

299 

11)04, 

26S, 

3 

— 

266, 

I 

'903, 

427. 

5 

1902, 

438 

Kalenderstudien  09 

Jm  ganzen  verfüg'eii  wir  jetzt  über  acht  Steine,  die  wohl  erhaltene  Zeugnisse 
für  die   Ära   von    Eleiitheropolis  bieten  : 

n.  Chr.  Ind. 

XI     Revue  liililicpie    11)03,   428,  >' 
VI  .,  „  -       275 

XI 

XII   Coniptes   rendus 
XII   Revue  Iiil)lic|ue 
III 
VI 

I  „  „ 

V 

Fast  alle  diese  Gleichung'eu  vertragen  sich  sehr  wohl  mit  i-ler  für  lileuthero- 
polis  vorausgesetzten  Epoche  von  200  n.  Chr.,  mit  dem,  was  wir  vom  arabischen 
Kalender  aus  den  Hemerologien  '^)  und  aus  Simpliciu.s'  Commentar  in  physica 
Aristot.  V  p.  205  a  (Diels  p.  875)  erfahren  (aus  diesem  das  Neujahr  am  22.  März 
erschlossen),  und  mit  der  als  allgemein  üblich  vorausgesetzten  Indictionszählung 
ab  I.  September  312.  Xur  das  Datum  vom  25.  Dystros  414  läßt  sich  auf  diese 
Art  nicht  in  ein  erstes  Indictionsjahr  bringen;  es  gehört,  wenn  es  mit  11.  März 
öl 4  geglichen  wird,  in  ein  zweites  Indictionsjahr.  Abel  rechnet  das  Datum  auf 
den  19.  März  (Versehen  statt  des  11.  März)  um.  „Ces  chiffres,"  sagt  er  S.  270, 
„prouvent  en  meme  temps  que  l'ere  n'a  pu  commencer  avant  le  7  octobre  19g, 
c'est-ä-dire  ä  l'automne  de  199,  ni  apres  le  9  mars  200,  c'est-ä-dire  au  printemps  de 
200.  Le  debut  de  l'automne  ou  au  printemps  etant  exclu,  il  est  assez  plausible 
de  dater  l'ere  du  premier  janvier  200,  en  atteiidant  une  donnee  plus  formelle." 
Dieser  Vorschlag,  das  Neujahr  mit  dem  römischen  zu  gleichen,  ist  unannehmbar. 
Denn,  da  es  gewiß  niemandem  beifallen  wird  anzunehmen,  daß  der  Audynaios 
(in  den  Kaiendarien  ist  der  lO.  Audynaios  mit  dem  römischen  i.  Januar  geglichen) 
durch  das  Neujahr  einfach  halbiert  und  auf  zwei  verschiedene  Jahre  verteilt 
worden    sei,    so    erübrigt    bloß    die    Voraussetzung,    daß    das   arabische  Jahr   glatt 

')  Bezeichnet  als  xaxa  'EXsu9'SpG7ioX£xa;  oder  xr;.;  er  gleicht  so  den  Tag  der  Epiphanie,  oder  wie  er 
'EXsufl'SponoXiTöv  (zu  ergänzen  etwa  jioXsojg  oder  ihn  nennt,  der  Geburt  Christi,  den  6.  Januar,  mit  dem 
inoxfj^).  2  1.  "AXsu)|i,  nach  den  Hemerologien  21.  Audynaios, 
-)  xaxä  "Äpapag.  den  Tag  der  Taufe  Christi,  den  8.  November,  mit 
■')  Auch  bei  Epiphanius  adv.  haer.  LI  24  wird  dem  22.  \'^a.X\l-a.^a,BiSi ,  nach  den  Hemerologien 
nach  dem  arabischen  Kalender  und  augenscheinlich  22.  Dies.  Es  ist  also  der  Schluß  gestattet,  daß 
nach  ganz  demselben  Typus  gerechnet;  aber  Epi-  der  von  Epiphanius  gemeinte  Kalender  naxä  'Apa- 
phanius  verwendet  statt  der  (in  den  Hemerologien  ßa;  sich  von  dem  uns  sonst  bekannten  „arabi- 
oder  in  den  Grabinschriften  genannten)  makedonischen  sehen"  Kalender  nur  in  sprachlicher  Hinsicht  unter- 
Monatsnamen andersklingende,  jedenfalls  autochthone;  scheidet. 

Jahreshefte  des  österr.  archäol.  Institutes  Bd.  VUI  12 


OO  \V.   Kubilschek 

durch  das  römische  ersetzt  wordi'U  mm  -  eine  Tatsache,  auf  die  ich  an  aiuh^rer 
Stelle  für  eine  späte  Periode  ilcr  Jahrrcchmini.;-  im  llaiiran  hiiiwciM'ii  hal)c 
können  :  aber  diese  \'(>raiissct/un)^'  bedingt  auch  ihc  X'crw  eiuluniL;'  der  n'lnii- 
schen  Monatsnamen,  fällt  also  einlach  wt\i^'.  wenn,  wie  hier,  nach  arabischen 
Monaten  srerechnet   wird. 


Für  einen  Augenblick  ma;;  der  Gedanke  erwogen 
werden,  ob  des  Simplicius  Worte*)  nicht  genügenden 
Spielraum  lassen,  um  das  Nciijalir  des  arabischen 
Kalenders  nur  approximativ  mit  dem  Krühjahrspunkt 
zu  vergleichen,  also  statt  auf  den  I.  Xanthikos  viel- 
mehr auf  den  I.  Dystros  ^^  15.  Februar  zu  legen. 
L'nter  dieser  Voraussetzung  ließe  sich  das  Datum 
vom  25.  Dystros  414  mit  dem  II.  März  613  n.  Chr. 
gleichen:  es  fiele  in  eine  erste  Indiclion,  fügte  sich 
völlig  in  die  (ür  die  übrigen  Zeugnisse  der  elcuthero- 
politanischen  Jahrzählung  gewonnene  Formel  und 
ersp.irte  uns  die  peinliche  Verlegenheit,  in  die  die 
sonst  nötige  Annahme  eines  Zählfehlers  in  di-r  G Ab- 
schrift uns  führen  müßte. 

Aber  die  Voraussetzung  eines  solchen  vor  der 
Frühjahrsgleiche  anzusetzenden  arabischen  Neujahres 
stellt  und  fallt  mit  der  Richtigkeit  des  Datums  auf 
dem  Grabstein  von  Bersabee  und  mit  der  Richtigkeit 
seiner  Lesung.  Diese  Lesung  ist  aber  nichts  weniger 
als  gesichert.  Der  Abdruck  bei  Abel  bietet  am  Schlüsse 
der  Inschrift  AAYCTP'"'i<EniÄSAETSVlSAf 
(mit  dem  Kreuzeszeichen  beginnt  und  schließt  die 
Grabschrift):  daß  VISA  414  bedeuten  soll,  ist  nicht 
unmöglich,  aber  gewiß  auch  nicht  gerade  sehr  wahr- 
scheinlich. Auch  reicht  der  charakteristische  Strich 
unter  den  Zahlzeichen  nicht  bis  zum  A.  Leider  hat 
gerade  hier  der  Her.iusgeber,  der  sonst  in  dankens- 
wertester Weise  seine  epigraphischen  Referate  mit 
Facsimilia     und     photographischen     Reproductionen 


ausstattet,    diese   Inschrift    bloß    in    Typendruck    ge- 
bracht. 

Dazu  kommt,  daß  aus  einem  Vcrgleicli  zweier 
unweit  von  Bersabee  bereits  in  dem  nach  der  arabischen 
Epoche  von  106  n.  Chr.  zählenden  Gebiet  gefundener 
Inschriften  hervorgeht,  daß  die  Epagomenen,  die  nach 
den  Hemerologien  unmittelbar  vor  dem  I.  Xanthikos 
eingereiht  sind,  am  Schluß  des  arabischen  Jahres 
standen,  der  erste  Xanthikos  aber  das  Neujahr  dar- 
stellte. In  den  Comptes  rendus  der  Pariser  Acadcmie 
des  inscriptions  et  belies  lettres  hat  Lagrange  eine 
Grabschrift  aus  Umm  'Adschue  (I904  p.  333)  mit  dem 
Datum  ijia70|i.ovo)v  3  iv8.  f  EI&U5  uaS  veröffentlicht 
und  eine  aus  Schaita  (1904  p.  334)  mit  dem  Datum 
£V  |ir/vi  Sav9-txo0  a  lv3.  i3  Ixouj  uoj^).  Das  Datum 
ua5  gibt  Lagrange  in  der  Übersetzung  mit  494  wieder: 
da  er  aber  wohl  V5A  mit  V^A  copiert  haben 
dürfte,  ist  wohl  464  zu  lesen.  Das  arabische  Jahr 
464  läuft  vom  22.  März  569  bis  21.  März  570,  die 
4.  Epagomene  arab.  464  =  20.  März  570,  sie  fällt 
also  wirklich  in  ein  drittes  Indictionsjahr.  Das 
Datum  von  Schaita:  i.  Xanthikos  arab.  476  = 
22.  März  581,  also  in  ein  vierzehntes  Indictions- 
jahr: das  arabische  Jahr  476  reicht  vom  22.  März 
581  bis  21.  März  581.  Wäre  aber  der  I.  Dystros  = 
15.  Februar  das  arab.  Neujahr  gewesen,  so  hätte  die 
4.  Epagomene  arab.  4(54  denselben  Tag  wie  der  20. 
März  569  bedeutet  und  wäre  in  ein  zweites  Indictions- 
jahr gefallen. 


*)  ä;  ik  ^(|»2-;  "V.cOjisO-a  äfx*»  svcccutoO  |i3v 
T^y.  SHf.vÄ;  -fo-i;  (ü;  'Aihjvaioi-  %  nspl  iisTOTitupivi; 
(ö;  v.  T^f\  TT,v  v'Jv  y.a/.ou]Uvr,v  'A^iav  f;  -spi  x^-l^-- 
ptvi;  ö);  "Pto|iato'.'  Ty  Tispl  iap'.vi;  öjc  "Apaßi;  xal 
Aajiaoy.T,voi.  Von  den  hier  genannten  fünf  Kalendern 
können  wir  weder  den  damaskenischen  noch  den  atti- 
schen genauer  bestimmen.  Doch  ist  nach  der  ziemlich 
übereinstimmenden  Ansicht  unserer  späten  Gewährs- 
männer in  Athen  der  Jahresanfang  (l.  Hekatombaion) 
in  den  September  zu  setzen.  Das  Neujahr  der  Damas- 
kcner  wird  aber  noch  in  einem  Zusammenhang  unter- 
sucht werden   müssen,    der   das   altsyrische   und  das 


jüdische  Jahr  mit  einbezieht  (was  Idcler  I  437,  i  — 
nach  Noris  —  darüber  sagt,  ist  meines  Erachtens  sicher 
.abzulehnen);  das  alljüdische  Jahr  wird  durch  den 
Nisan  eingeleitet,  der  später  mit  dem  Xanthikos  — 
.luch  im  arabischen  Kalender  erster  Monat  des 
Jahres  —  geglichen  wird.  Der  Kalender  der  Provinz 
Asia  ist  seit  Beginn  der  Kaiserzeit  auf  ein  Neujahr 
am  23.  September  gestellt,  somit  auf  einen  der  vier 
Jahrpunkte.  Das  römische  Neujalir  endlidi  liegt  un- 
weit eines  der  Jahrpunkte. 

'■')  Die   folgenden    Worte  sind  zu  lesen   ö  iH£6)j 
äva;iaÜ3Tj  aCiiiv  (nicht  diVovj. 


Kalenderstudien  9^ 

Es  bleibt  mir  also  nichts  übrig,  als  in  der  Gleichung  vom  25.  Dystros  414 
eleuth.  =  II.  März  Tu 4  mit  einem  ersten  Indictionsjahr  (statt  einem  zweiten) 
irgendeinen   Fehler  vorauszusetzen. 

II.  Der  arabische  Kalender  in  Eleutheropolis. 

Eleutheropolis  ist  ein  Binnenort  Palästinas.  Alle  Zeugnisse,  die  wir  von 
seiner  Stadtära  besitzen,  stammen  aus  Bersabee,  einem  Orte,  der  in  der  Luftlinie 
über  41  Kilometer  von  ihm  entfernt  ist,  auf  dem  einzigen  praktikablen  Wege, 
den  wir  kennen,")  über  Chebron  ungefähr  65  Kilometer  von  Eleutheropolis  liegt. 
Von  Bersabee  ist  Gerara  und  damit  Gaza  leichter  und  vielleicht  auch  schneller 
als  Eleutheropolis  zu  erreichen.  (xleichwohl  zählten  seine  Einwohner  xai« 
^EXeud-zpoKOA'.zxg  und  .stellten  ihren  Kalender  -/.axä  "Apajjac,  deren  Land  damals 
—  nachdem  Petra  zur  Palästina  tertia  geschlagen  worden  war  -  erheblich 
entfernt  lag,  und  sie  nennen  ihr  Kalendervorbild,  während  von  den  zahl- 
reichen Datierungen  auf  Inschriften  in  der  Provinz  Arabia  meines  Wissens  keine 
einzige  -/.xi"  "Apaßa;  enscheint:  nur  sir^  xa-c«  Bo^xpav  oder  Boaxprp/oüg  oder  sxrj  zfiq 
ETvap^eca?    (nämlich  ApajiJt'ac:)  werden  dort  gezählt.^) 

Der  Zusammenhang  der  Daten  auf  den  Stein(;n  von  Berosaba  mit  Eleuthero- 
polis und  den  Arabern  wird  aber  einigermaßen  aufg-ehellt,  wenn  wir  unser  Material 
für   Eleutheropolis  durchsehen. 

Bei  dem  vollständigen  Mangel  epigraphischer  Zeugnisse  für  die  Verwaltung 
von  Eleutheropolis  während  etwa  der  severianischen  Zeit,  in  die  nun  also  un- 
zweifelhaft der  Epochenbeginn  von  Eleutheropolis  zu  setzen  ist,  und  auch  für  die 
folgende  Zeit,  sind  uns  verstreute  Bemerkungen  im  Onomastiken  des  Eusebios 
von  Kaisareia  hier  von  besonderer  Wichtigkeit.  Da  Eleutheropolis  selb.stverständ- 
lich  in  den  Büchern  der  Heil.  Schrift  nicht  genannt  wird,  kehrt  es  auch  nicht  als 
Spitzmarke  im  Onomastikon  wieder.  Aber  der  Name  der  Stadt  begegnet  uns 
ziemlich  oft  in  verschiedenen  Lemmata  dieses  Buches,  entweder  um  die  Ent- 
fernung  irgendeiner    mehr   oder   minder  nahen  xw|irj  zu  bestimmen  oder  (in  einer 

")  Nachtrag  während  des  Druckes:  Prof.  Musil,  unzugänglicli   blieb,  habe  er  gar  nicht  gesehen, 
den  ich  über  diese  Verbindung  befragte,  antwortete,  ')  Solche    Bezeichnungen   der   Kalenderart    sind 

er   habe    eine    directe   antike   Straße   zwischen    Eleu-  im  ganzen    nur   vereinzelt.    Das    entspricht   auch    der 

theropolis     und     Berosaba    nachgewiesen     und     zwei  (oft  recht  verdrießlichen)  epigraphischen   Regel,  daß 

römische  Meilensteine  an  ihr  constatiert;    den    einen  der  Ortsname   innerhalb  des    Bereiches,    für   den    er 

in  Chirbet  es  Zak,  n.-ö.  von  en  Rimmon,  und  einen  gilt,    gewöhnlich    als    selbstverständlich    unterdrückt 

zweiten    bei   Khenchir    Abu   Mulassam.ah;    auf    dem  wird.    Im  benachbarten  Gaza  wird    ein    einziges    der 

ersteren  habe  er  von   der  Inschrift  nur  einige  Buch-  zahlreichen    Daten   xaTa   Ta.Z,(a.louz)    bestimmt,    Rev. 

Stäben  bemerkt,    die  Inschrift    des  andern,     der  ihm  biblique  I  243. 


02  W.    KuhitsclieU 

uns  auch  sonst  ähnlich  tur  andere  syrische  Orlsanyaben  «jfeläuiiyen  Formi'l)  als 
öctG'j 'EX£u9-£po~6X£(o;.  ,.im  Gebiete  von  Eleutlieropolis  geleyiMi'';  wahrscheinlich  hätte 
übrigens  Eusebius  auch  die  meisten  der  Ang'aben  der  ersten  Art  nach  der  zweiten 
Fc>rmel  g"eben  können.  Reschränken  wir  uns  auf  die  zweite  Art,  also  auf"  die  be- 
stimmten Angfaben  der  Zugehörigkeit  einer  -/.wiirj  /um  Stadtgebiete  von  l^leuthero- 
polis,  so  nennt  Eusebius : 

p.    36,    8  *)  äväß  —  —   si;  In  vOv  £v  öpioi;  "KXsu-  ]i.  156,  15  iapai,  xto|ir)  saxlv  sv  6ptot;  'E — ; 

9^pojt6Xs(Oj  p.  160,  10  ilaXasJii  —   —  ■Ma\i.r)  saxlv  sv  6p£oi;  "E — ; 

p.    78,  ;3  iounä, X(üHY)  usfia-Tj  vOv  sv  töi  Aa-  ]i.  172,    7  Xaaßt  —   —  Seixvuxai  v')v  iv  iptotg  spi^lio; 

p(on^,  SV  ipioij  'E — ;  'E — ;  TiXrjatov  'OSoXXd|i. 

p.    8(),  21   "E39-S|iu),   —  —   xal    vOv    saxi    X(0(irj    |is-  Vielleicht  gehört  auch  p.  120,  21  Adjsi^  —  — 

■,'!3X-rj  "Iou5ai(i)v  sv  xtj)  Aapton^,  4p(ou  'E  — 5  slg  sxi  v5v    x(ü|i.Yj    'E— j    änsxouoa    orjUstQi;   C;   und 

p.    92,  14  Zavaoua   —    —    vöv   sv  6p£ois  soxlv  'E — ;  X(o|i7j   sv   ßopsioi;   'E — g    ^wp^^lX  Xef^HSVTj    p.  160,  3 

p.    02,  16  Zi:f  ^  —   xiiiirj  vSv  sortv  sv  xö  Aaptoiiä  hielier,   vielleicht  auch   p.  108,  9   "Isxxäv  —   —  saxt 

SV  öpioi;  'E— s  vüv  y.t6|ir)  iis-ftaxTj  'Iou5a£(OV  (=  von  Juden  bewohntes 

p.  120,25   Asßvi    —    —   xal    v3v    saxi    xwpr,    sv    -t^  Dorf)  "E — ;  äTtö  aTi|is{o)v  t7],  obwohl  auch  nach  xioiiig 

"EXEu9«pojxoXixäv»)  Xs^oiisviij  Aoßava  'Iou5a£u)v  inlerpungiert  werden  hann,   wie  denn  auch 

p.  130,    2  Ma3^ä vOv  Maaarjßä  sv  dp£ot5  E  — ;  der  h.  Hieronymus  hier  nicht   wie  sonst  in  fiiiihtis 

p.  144,  20  ('Paßßü)9-  —  —   x(ö|irj  SV  'Poßßib  »v  6p£ots  EleutheivpoUos   übersetzt,   sondern   E.   lediglich   als 

'E — ;)  Distanzende  auffaßt. 

In  die  Frage,  ob  Eusebius  ältere  Quellen  für  die  vVbsteckung  der  Gemeinde- 
grenzen benutzt  hat  oder  ob  er  dabei  lediglich  die  Verhältnisse  seiner  Zeit  im 
Auge  hatte,  und  woher  er  sich  überhaupt  diese  Angaben  verschafft  hat,  kann 
hier  nicht  eingegangen  werden.  Ich  nehme  daher  ohne  Beweis  an,  daß  das 
Gemeindegebiet  der  Stadt  Eleutheropolis  zur  Zeit  der  Abfassung  des  Onomasti- 
ken (vor  324?)  dasselbe  war,  das  Septimius  Severus  constituierte  oder  beließ,  als 
er  199 '200  in  itincrc  Palacsliiiis  phtviiiia  iura  funchwit  (vita  c.  17,  i).  Desgleichen 
schließe  ich  ohne  Beweis  als  gleichwertig  die  wenigen  übrigen  Zeugnisse  für  die 
Ausdehnung  des  Gemeindegebietes  von  Eleutheropolis  an. 

Eusebius  selbst  nennt  in  dem  Buch  über  die  während  der  Christenverfolguiig 
des  Jahres  302  getöteten  palästinensischen  Märtyrer  c.  10,  2  'Avsx  "/.(^[irj  xtov  öpfov 
'E — s,  die  wohl  mit  Onom.  p.  26,  2  zusammenzustellen  ist  'Avaoa  sat;  "/.w|iy,  "lo'joafdiv 
\is^(l'jvri  xaXou|i£vrj  [ev  z(f]  Aapwjiä  npo;  vötov  XEJJpwv  anö  ar^i-iefiüv  9-. 

Der  h.  Epiphanios,  Bischof  von  Konstantia  auf  Kypros,  spricht  adv.  haereses 
lib.  I  tom.  3,  haeres.  XL  p.  291  von  einem  greisen  Mönche,  der  gegen  Ende 
der  Regierung  von  Constantius  II  (f  361)  xa-cw/.EO  iv  ttj  tv);  'EX£'j{)£pOTcöA£(05  'lepou- 
aa/.T)^  ivopra  ETrlxc'.va  xf^;  X£Jip(bv  ot^iieJoi?  xp'.a:-  Ka,japßap:xä  xr//  TcoXtv  xaXoOatv.  Epi- 
phanios selbst  (t  403)  stammte  aus  BrjaavSoüxr^,    einem  drei   Milien  von   Eleuthero- 

*)  Ciliert   wird    nach    der   neuen    Ausgabe  von   KUjstcrmann   111)041. 


Kaien  derstudicn 


93 


.  Diuspoli.- 


^     /         •  lainneia 

■^^      /      .Y^    OAsor  \. 

.\Mtos  Son'i:h 


i'hasalon       sAilig 


fr  Znnua 


Sa*- VeAskalo 


polis   entfernten    Durf  (vita  c.  i);  Sozomenos  sagt  VI    ^,2   (scptAoao'^y^as)  ä|.i-^:  Br;cjav- 

5oüxr|V  x(j)[-i,r^v,  o9'£v  fjV,  vo|xoö  'E — c,  {-mt^Aoivlooc,  'E — j  die  Vita), xal  'A^jxwvto?  oe 

d)a£t  Ssxa  aTaStot?  Siscjxwg  wxst  ajj,q;t  Xa^^apxo[jpäv  ^«[jir^v  Fat^atav.  dcp'  rj?  xö  ylvog  tlyv/. 
Derselbe  Sozomenos  (erste  Hälfte  des  fünften  Jahrhunderts)  IX  17  Xa-^äp  Za/apta 
x(!j|ir;  ecjxiv  sv  opwi;  "E — 5  xfjj  IlaXataxtvrjC :  ein  Garten  in  oder  Ijci  dieser  7.(j)|irj  lag 
Tiapä  xYjV  öoöv  xvjv 
£TxE  Bt9-9-£p£iitv  xrjv 
TxoXtv  ayoucjav.  Der 
Name  dieser  TcoXt; 
ist  sonst  unbekannt, 
vermutlich  ist  er 
verschrieben;  eine 
befriedigende  Ver- 
besserung und  da- 
mit eine  Localisie- 
rung     von     Xacfäp 

Za)(ap{a  scheint 
nicht  gefunden  zu 
sein.  Endlich  sagt 
der  h.  Hieronymus 
epist.  39:  monaste- 
rium  sancti  papae 
Epiphanii in 

Eleutheropolitano 
territorio  et  non  in 
Aeliensi  situm  est. 
In  negativ'em  Sinne 
ist     beachtenswert, 

Fig.  20      Das   Gebiet  von   Eleutbero|)olis. 

dai3       aus      seinem 

Commentar     zum    Abdias    vs.  19    p.   381     hervorgeht,    daß    das    Territorium     von 

Eleutheropolis    nicht    bis    an    das    Meer    reichte. 

Die  Skizze  Fig.  2g  vereinigt  die  genannten  v.(h\xoLi  von  Eleutheropolis  und  die 
der  benachbarten  Gemeinden  Gaza,  Askalon,  Diospolis  und  der  colonia  Aelia 
Capitolina,  soweit  die  trümmerhafte  Überlieferung  uns  von  dieser  Rechtsqualität 
Kunde  gibt.  Es  g-eht  aus  dieser  Skizze  deutlich  hervor,  wie  ausgedehnt  das 
Gemeindegebiet  von  Eleutheropolis  gewesen  ist  —  allem  Anschein  nach  überhaupt 


riia.sbi  + 

Alaspha         e  Gadnra 
Eleulhpropnlis 

- Chebron 

D a^       '-™      ^^■"" 

ab  +  +Asthemo 

+  Anaia 


DiBVorortesinduiiierstrLcheriiz.B-Adia   Askaion.EleulMropQUs). 
die  iiL  ihr  Gehwt  ge)wrtgefi  xöijiai  smd  durch  das  gl£u:he  Zeichen. 

wwd^r  Vorort  ausqezfichnet 


g\  \y    Kubitschck 

i:as  grölite  Statitgebiet  iiuK'rhalb  Palästinas  —  und  ilalJ  es  hüchstw  alii-sclu'iiilich 
das  Grenzgebiet  von  Palästina  geyen  jenes  Arabien  bildete,  das  d\c  trajanisclie 
^\'^\valtung  geschaffen  hat.  Von  Berosaba  sagt  das  Ünomastikon  zwar  niclit  aus- 
drücklich, dali  es  zum  Territorium  von  Hleutheropolis  gehört  habe;  aber  es  genügt 
wohl,  um  die  Annahme  zu  bekräftigen,  daß  das  Gebiet  von  l-'.leutherojjolis  bis  an 
die  Grenzen  jener  Arabia  reicht,  seine  Bemerkung  p.  50,    i    IJrjpaapse  Izi  xai 

v-Jv  Ijt:  xwtir^  [isytJTTj  iiziyio'jooi  Xsjipwv  ar^|.i£io;?  x  Tipöj  v6xov.  Denn  es  wird  wohl  nicht 
zu  bezweifeln  sein,  daß  p.  160,  21  lir,pocjo,iä:  iv  tt;  Tspaprax^  (vgl.  108,  3  und 
—  gewiß  aus  Eusebius  . —  Hieronymus  zur  Genesis  22,  3  p.  337  /;/  (icraris 
tibi  et  Bi.rsi.ibac  liOilic  oppiJimi  est)  auf  eiiu'  UnttM-ordninig  lierosabas  unter  Gorara 
nur  dem  sprechen  kann,  der  in  di-r  weltfremden  Art  nianelim-  moderner  Karto- 
graphen Glanz  und  Bedeutung,  die  (ierara  in  der  Zeit  der  Philister  beses.sen 
haben  mochte,  ungeschmälert  bis  in  die  Zeit  l'liristi  und  in  spätere  jalirluinderte 
fortführt,   in   die  sieh  kaum  der  Name  des  Ortes  erhalti^-n   hatte.'') 

Zur  Zeit  als  Kusebius  sein  Büchlein  über  die  palästinensischen  I'>lut/,eugen 
schrieb  (307),  war  der  Süden  der  Provinz  Arabia  zu  Palästina  geschlagen.  Der 
Zeitpunkt  dieser  Maßregel  ist  unbekannt;  Rululen  liat  sie  in  seiner  treflliciien 
Dissertation  De  Palaestina  et  Arabia  provinciis  Romanis  (Berlin  1885)  S.  21  auf 
Septimius  Severus  zurückführen  wollen,  hat  aber  dann  (bei  Pauly-Wissowa  11  35g) 
die.se  Vermutung  stillschweigend  zurückgezogen;  mit  Recht  zurückgezogen,  wie 
aus  den  seither  bekanntgewordenen  Meilensteinen  Arabiens  (vgl.  (TL  111  230.}) 
hervorgeht.  Rohden  hat  dann  die  Beweise  dafür  zusammengestellt,  daß  di(-se 
Vereinigung  Palästinas  mit  Südarabien,  dem  petraeischen  Arabien,  einige  Jahr- 
zehnte gedauert  hat,  bis  (etwa  358)  Südarabien  zu  einer  neuen  Provinz,  der 
Palaestina  salutaris  oder  tertia,  umgestaltet  worden  ist. 

Aus  diesen  Daten  scheint  folgender  Entwicklung.sgang  gefolgert  werden  zu 
dürfen;  Durch  Septimius  .Severus  wird  der  gesamte  .Süden  Palästinas  mit  Aus- 
nahme des  Küstenstriches  zu  einer  Verwaltungseinheit,  einem  größeren  .Stadt- 
gebiete vereinigt;  zum  IIau]jtort  wird  das  bis  dahin  ziemlich  unbedeutende  Baito- 

")  Ist  schon  das  Onom.->stikon  bezeichnend  wort-  Ask.ilon,    Diospolis    u.   a.)     eine    reich    ausgeslaUete 

karg   über   die    gleichzeitige    Bedeutung  Gcraras,    so  Stadtvignette   besitzt,    während   der    Name    Hcrosaba 

mag    der    Satz    des    Theodoretos    (erste    H.Hlfte    des  zu  einer  kleineren,  Gerara  aber   (das  —   auch   dieses 

ninftcn  Jahrhunderts)  quaest.  in  lib.  II  Paralipom.  auf-  Versehen  ist  charakteristisch  —  westlich  gleich  neben 

klären:  ÖTi  Je  xi  Täfip a  xf^;  IlaÄa'.ixivr,;  IotCv,  O'jJcva  Berosalia  angesetzt   ist)  zu   einer  sehr   geringfügigen 

(T/TSfctv    cT^af  rsp;  -fip  tr,v  -/.a/.O'jiiivTjV  'EÄsuO-öpi-  Vignette  gesetzt  ist.  Gerara  ist  auch  nicht  .ils  Bischofs- 

tSis-i  rcpapTjVÖjv  liÄTOV  |iiy,p'.  "^0  ~apö"/To;  («viiiaaiai.  sitz  nachzuweisen.  Nur  in  den  Unterschriften  der  Teil- 

Es  ist  sehr   bezeichnend,    daß   auf  der    Mos.aikkarte  nehmer  am    Concil  von  Chalkedon   417  erscheint    — 

von  Madaba  Eleuthcropolis  (so  wie  Jerusalem,  Gaza,  wenn  richtig  überliefert   —  ein  Bischof  von  Gerara. 


Kalenderstudien  95 

gabra  bestimmt,  das  (vielleicht  schon  früher)  in  j'.leutheropulis  umyenaniit  worden 
war;  das  Andenken  an  diese  SchöpfuuL;'  wird  in  der  Ära  vom  Jahre  200  festg-e- 
halten.  Diese  Festlegung  wird  sofort  vorgenommen,  wie  die  Münzen  beweisen, 
nicht  erst  später  construiert.  Für  das  Kalenderjahr,  das  nach  dem  Muster  des 
arabischen  (der  benachbarten  Provinz)  eingerichtet  worden  ist,  haben  wir  nicht 
so  weit  zurückreichende  Zeugnisse;  sie  setzen  vielmehr  erst  mit  dem  sechsten 
Jahrhundert  ein;  ihre  Verspätung  nötigt  uns  drei  Zeitpunkte  für  die  Einführung 
des  arabischen   Kalenders  in    Eleutheropolis  in   Erwägung  zu  ziehen  : 

a)  die    Vereinigung    von    Palästina    mit     dem     petraeischen    Arabien,     also     vor 
etwa   J.   307; 

b)  die  severische  Action   und  die  zugehörige  Ära,  J.  200; 

c)  eine  ältere  Entlehnung  des  in  Petra  geltenden   Kalenders. 

Nach  meiner  Meinung  ist  diese  ältere  Entlehnung  am  wahrscheinlichsten. 
Dann  wäre  sie  lange  noch  vor  Trajan  vollzogen  worden;  denn  das  verdient  be- 
merkt zu  werden,  daß  das  Kalendarium  der  Provinz  Arabia  so  sehr  sich  aii  die 
Kalender  des  südlichen  Palästina  anschließt,  daß  es  schwer,  ja  unmöglich  ist 
den  Gedanken  abzuwehren,    es  sei  zu  gleicher  Zeit  mit  jenen  entstanden. 

Unter  den  Kalendern,  deren  Kenntnis  uns  das  Florentiner  und  das  Leidener 
Kalenderbuch  in,  wie  es  scheint,  sehr  zuverlässiger  Form,  aber  in  vorläufig  nicht 
aufgeklärter  Abfolge  erhalten  haben,  nehmen  die  syrischen  eine  besondere  vStel- 
lung  ein.  Ein  Blick  auf  die  S.  96  folgende  Tafel  zeigt,  daß  der  durch  Caesar 
den  Sohn  gebundene  Schaltkalender  Ägyptens  maßgebend  für  die  Bindung  des 
Kalenders  auch  in  Askalon  und  Gaza  geworden  ist.  Die  gleiche  Kalendercon- 
struction  mit  zwölf  Monaten  zu  dreißig  Tagen  und  einer  geschlossenen  Reihe 
von  fünf  Ergänzungstagen  findet  sich  im  späteren  Arabien  wieder.  Es  müssen 
somit  die  Kalender  von  Askalon,  Gaza  und  Arabien  drei  Entwicklungsstufen 
der  nämlichen  vor  der  römischen  Kaiserzeit  im  südlichen  Syrien  entwickelten 
Jahrform  darstellen,  deren  Ausgleich  mit  dem  römischen  oder  alexandrinischen 
Kalender  unter  möglichster  Schonung  der  gerade  erreichten  Phasen  erfolgte'"): 
einer  Schonung,  die  sich  gut  in  die  augusteische  Reichspolitik  fügt  und  für  spätere 
Zeiten  eher  fremdartig  scheinen  dürfte.  Die  engen  Beziehungen  des  römischen 
Reiches  zu  den  Nabataeerfürsten,  die  Strabon  soweit  gediehen  scheinen,  daß  er  von 
den  Nabataeern  übertreibend   sagt    XVI  4,   21    p.  779  vOv   Se  xäxervot  P(i)[.iaöot5  zialy 

^"j  Der  verschiedene  Ansatz  des  Neujahrstages  ist  und    war    vielleicht    auch    ab    und   zu    durch   sacrale 

im  Grunde  genommen  von  untergeordneter  Bedeutung  Rücksichten   bedingt;    im   „arabischen"   Kalender  ist 

gegenüber    dem   Aufliau   des   Kalenders    (vgl.   für  die  (vgl.   oben    S.  90   Anm.  4)    das  alte  syrische  Neujahr 

italischen  Gemeinden  Mommsen  Staatsrecht  III  S21,  i)  erhalten. 


96 


W.    Kiibitsclick 


ÖTdJxoo:    xot;    ilüfci.    reichen    für    dii>    Annahme    eiiu>r    freiwilligen    ReijcMuni. 
Kalenders  nach  dem  Muster  der  Nachbarstädte  nii   der   l'hilisterküste  aus. 


;H>täi'i"C   Monalc   L\ukn   in 


Ägypten 

Askalon 

Gaza 

Ära 

bien") 

»b  29. 

Aug. 

Tliolb  ^ 

= 

Loos 

= 

r.orpiaios 

ab   19. 

Aug. 

Gorpiaios 

28. 

Sept. 

l'liaopbi  oder  .-\peUaios 

= 

Gorpiaios 

= 

Hyjjerberet 

18 

Sept. 

Hyperberel. 

28. 

Oct. 

Athyr 

= 

Hyperberelaios 

= 

Dios  ^ 

18. 

Oct. 

Dios 

-7- 

Nov. 

Choiak  oder  l'crilios 

= 

Dios 

= 

Apellaios 

17 

Nov. 

Apellaios 

-7- 

Dec. 

Tybi  oder  Dyslros 

= 

Apellaios 

= 

Audynaios 

•7- 

Dec. 

Audynaios 

26. 

Jan. 

Mechir  oder  XandiUos 

= 

Audynaios 

= 

Peritios 

16. 

Jan. 

Peritios 

-5- 

Febr. 

Pharacnoth 

^^ 

Peritios 

"^ 

Dystros 

15- 
>7 

Febr. 
Miirz 

Dystros 
Ergiinzungs- 
tage 

27- 

März 

IMiarmuthi  oder  Daisios 

= 

Dystros 

= 

Xantbikos 

22. 

März 

Xantbikos  ^- 

26. 

Apr. 

Pachon 

= 

Xantbikos 

= 

Artemisios 

21. 

Apr. 

Artemisios 

26. 

M.^i 

Payni 

= 

Artemisios 

= 

Daisios 

21. 

Mai 

Daisios 

-5- 

Juni 

Epiplii  oder  ltor])iaios 

= 

Daisios 

= 

Panemos 

20. 

Juni 

Panemos 

-5- 

Juli 

Mesori  oder  Hyperberetaios= 

Panemos 

= 

Loos 

20 

Juli 

Loos 

-A- 

Aug. 

fünf  ErgSnzungstage 

= 

fünf  Erg.-Tage 

= 

fünfErg.Tage 

* 

Ncuj; 

hrstag. 

Die  dem  Geltungskreise  dieser  Kalender  nächste  Stadt,  deren  Jahr  wir 
kennen,  ist  Tyros.  Ihr  Kalender  (mit  der  gleichen  Xamensabfolge)  zeigt  auch 
von  allen  uns  son.st  überlieferten  die  näch.ste  Verwandtschaft  zu  dem  Askalons; 
denn  7  Monate  haben  je  30  Tage,  und  eine  ununterbrochene  Folge  v^on  5  Monaten 
ist  zu  31  Tagen  angesetzt,  so  zwar,  dalJ,  wie  in  Askalon,  genau  vor  dem  Loos  die 
Epagomenen  voll  eingezählt  erscheinen.  Die  geographisch  nächsten  Kalender  von 
Sidon  und  von  Antiochia  am  Orontes  (den  „Hellenen")  haben  die  gleiche 
Abfolge  der  Monate,  unterscheiden  sich  aber  bereits  wesentlich  von  den  südlichen 
Kalendern  dadurch,  daÜ  ihre  Monate  mit  den  römischen  Älonaten  vollständig 
zusammenfallen,  also  auch  in  dem  mit  dem  Februar  geglichenen  Monat  (dem 
Peritios  bei  den  , Hellenen'  und  dem  Apellaios  in  Sidon)  nur  28  Tage  haben.  Der 
von  Seleukeia  in  Pierien  ist  auf  dem  gleichen  Princip  aufgebaut,  daher  im 
Peritios  gleichfalls  28  Tage  wie  im  benachbarten  Antiochia,  bietet  aber  die 
Xamen  der  Monate,  soweit  sie  überhaupt  sich  mit  den  übrigen  syrischen  decken, 
in  anderer  Abfolge.  Alle  übrigen  Kalender  weichen  .weiter  von  diesen  ab ;  nur 
der  für  das  procon.sularische  Asien,  dessen  Ordnung  wir  durch  die  Inschrift  von 
Priene    Athen.  Mitt.  XXIV  (1899)  S.  290    näher  kennen   gelernt  haben,    ist  auch 


",i   Über  den  hier  ausgelassenen  kappadokischen  Kalender  s.  .S.  97. 


K;ilenderstudien  97 

insoterii  ähnlich  wiu  der  von  Antiochia  geordnet,  als  jeder  seiner  Momite  ebenso- 
viele  Tage  erhält  als  der  seinem  Beginn  um  wenige  Tage  nachfolgende  römische. 
Ich  habe  unter  den  Kalendern  mit  durchwegs  30tägigen  Monaten  und 
5  hintereinander  folgenden  Ergänzungstagen  den  Kappadokischen  der  hand- 
schriftlichen Kalenderbücher  ausgelassen.  Die  Richtigkeit  seiner  Überlieferung 
oder  sein  Geltungsbezirk  sind  stark  angezweifelt  worden.  Meine  Zeit  erlaubt 
es  nicht,  mich  näher  mit  ihm  zu  beschäftigen.  Ist  er  richtig-  überliefert,  so 
werden  wir  diese  Neuerung  wohl  dem  letzten  kappadokischen  Könige  Archelaos, 
einem  gelehrten  und  literarisch  tätigen  Manne,  der  nach  etwa  sojähriger  Regierung 
den  Kaiser  Augustus  um  ein  geringes  überlebt  hat,  zuschreiben  dürfen.  Indes 
das  Erklärungsprincip  der  örtlichen  Nachbarschaft  zu  ähnlichen  Kalendern  kann 
kaum  geltend  gemacht  werden,  und  ein  anderes  weiß  ich  nicht  anzuführen.  Aber 
ich  hoffe,  daß  die  obigen  Ausführungen  über  die  südsyrischen  Kalender  durch 
das   Absehen    vom    kappadokischen   in    keiner  Weise   beeinträchtigt    worden    sind. 

III,  Ein  gazaeisches  Datum  in  Eleutheropolis. 

Nicht  nach  der  Ära  von  Eleutheropolis  ist  das  Sterbedatum  auf  einer  anderen 
Inschrift  von  Berosaba  berechnet,  die  Abel  Revue  biblique  1903,  427,  4  veröffentlicht 
hat:  £V  |.ir;(vt)  Awou  x,  xoö  gocp  sxous,  ivS.  {)■.  Nach  eleutheropolitanischer  Zählung 
käme  man  auf  den  8.  August  775,  also  viel  zu  weit  in  die  nachrömische  Periode 
Palästinas  und  in  ein  13.  (statt  9.)  Indictionsjahr.  Der  Herausgeber  versuchte  daher 
eine  andere  Erklärung-;  ,,la  date  est  donnee  d'apres  notre  ere,  la  9"  indiction 
correspondant  ä  l'annee  576".  Aber  Daten  nach  christlicher  Zeitrechnung  sind  auf 
syrischen  Steinen  des  6.  Jahrhunderts  wohl  wiederholt  angenommen,  aber  auch 
nicht  annähernd  erwiesen  worden,  und  g'erade  gegen  die  hier  vorausgesetzte  Form 
der  Ära  ab  incarnatione  Christi,  die  von  Dionysius  Exiguus  sei  es  zuerst  vorgetragene, 
sei  es  verteidigte,  muß  Einsprache  erhoben  werden,  da  sie  im  Westen,  noch  dazu 
nicht  viele  Decennien  früher,  aufgestellt  worden  ist.  Das  Datum  ist,  wenn  mich 
nicht  alles  täuscht,  vielmehr  nach  dem  Kalender  der  benachbarten  Großcommune 
Gaza  entstanden,  entspricht  dem  12.  August  516  jul.  und  fällt  somit  auch  in  eine 
neunte  Indiction. 

Warum  der  Verfasser  der  Grabschrift  —  wenn  er  sich  überhaupt  darüber 
Gedanken  machte  —  es  unterließ  die  Ära  zu  bezeichnen,  wird  sich  vielleicht  nie 
ermitteln  lassen.  Denkbar  scheint  es,  daß  das  Grab  in  einer  Umgebung  stand,  die 
ein  Mißverständnis  des  Datums  ausschließen  mußte;  gerade  wie  bei  den  Gräbern 
auf  dem  Fremdenfriedhof  in  Concordia   die   Ära,    nach    der  die   Jahre    angegeben 

Jahreshefte  des  österr.  archäol.  Institutes    Bd.  VIU. 


9S 


W.   Kubitsohek 


ho   Fall 
1  V.  dir 
.  Scliürer, 


sind,    durch  den   Zusammenhanj^    fraglos   erschoint.     Der    näiiilic 
in  Gaza  ein,  auf  dessen  Grabmälern  außer  der  Stadtepoche  von  6 
gleichzeitig  —  eine  andere  in  wenigstens  drei  Fällen  erscheint  i  vgl 
ber.   der  Berliner  Akademie 
1S90,  1065 ff.),  deren  Anfang 
1 5  X  -f-  9  Jahre  nach  6 1  v.  Chr.. 
jedenfalls  aber  um  wonig^steii-- 
etwa  3(10  Jahre  später  anzu 
setzen  ist;    wir  werden  wohl 
am    ehesten    in    dieser    Ära 
die    einer    Xachbarstadt    an- 
nehmen dürfen. 

IV.   Das  lyrische  Jahr 
in  der  Kaiserzeit. 

Kaum  scheint  es  nötig. 
darüber  noch  zu  sprechen. 
Wir  kennen  es  besser  als  die 
meisten  der  antiken  Local- 
kalender,  wir  erfahren  seine 
Gleichung  mit  dem  römi- 
schen Jahr  aus  den  Hemem- 
logien  und  wissen,  daß  seine 
Epoche  in  das  Jahr  126  v.Chr. 
zurückreicht,  in  welchem  ihm 
die  „Autonomie"  gewährt 
worden  war.  Die  beiden  Da- 
ten bei  Mansi  Coli,  concil. 
VII  197  und  VIII  1083 1-)  und 
das  Datum  der   Bauinschrift  ^.  ,,  , 

Flg.  30  a     Monatsbudcr  aus  dem  Mosaik  von  Kabr 
der   wenige   Kilometer  land-  Unke  Hälfte  (über  die  richtige  Abfolge  vgl.  Anm. 


tritt  auch 
—  sicher 

.  Sitzungs- 


Hiran 

16). 


")  VII  197:  (isxi  Tijv  ÜTiaTsCav  ^ÄauJo'j  Zt,v(ovoj 
xai  no3TOU[uavo'j  töv  '/.a.\i-(,ozixiiy/  7ip6  -svts  KaXavdojv 
MafTÜoy  £v  xoÄtovCif  TOpqi  >.aji-po-äT»j  (iTjTpo-i/.S'. 
'j-aT.-/.-j  l-O'jj  -e-ip-o'j  sp?oiir|X03ToO  -ev-axoiioixoO 
liT,/o;  Dep'.-io'j  izv.irrj,  v.T.zi.  'Poiiiak'jj  *£ppo'jap£ou 
nsiirrrij  xai  e'.xa?'.,  Jvjixtduvo;  -p(ütr,j.  Zeno  (im  Orient) 


und  Postumianus  (im  Occident)  sind  Consuln  im  Jahre 
448  n.  Chr.  gewesen;  es  ist  daher  die  Gleichung 
25.  Februar  449  n.  Chr.  mit  10.  Peritios  574  lyr.  in 
Ordnung,  irrig  ist  die  Indictionenbezeichnung  (deu- 
XEpas  erfordert).  VIII  1083  4v  iirjvl  xaxa  Tup£o'j; 
Aüxp  s'.xäJi  i-fdiv;  Tjxoi  XsJiTEiißpiou  sjxatSsxdxiä  TOÖ 


Kalenderstudien 


99 


einwärts  von  Tyrus  gelegenen  Kirche  des  h.  Christoph  in  Kabr  Hiram  '■')  bezeugen 

seine  Geltung    noch  während   des  V.  und  VI.  Jahrhunderts   unserer  Zeitrechnung. 

Nur  das  tyrische  Neujahr  ist  bisher  nicht  festgelegt  worden.   Ein  Versuch  dies 

nachzuholen,  erlaubt  einen 
Fortschritt  in  der  Behand- 
lung der  syro-makedonischen 
Kalender;  allerdings  zu  dem 
Ziele,  das  eigentlich  jede  Un- 
tersuchung dieser  Aren  an- 
streben müßte;  zu  einem  Über- 
blicke über  die  Ableitung  der 
einzelnen  Stadtkalender,  die 
ich  mir  wie  ein  Handschriften- 
stemma  vorstelle,  führen  sie 
noch  lange  nicht. 

Den  äußeren  Anlaß  zu 
dieser  Untersuchung  bot  mir 
eine  zufällige  Benutzung-  von 
Renans  Expeditionswerk,  aus 
dem  weder  ich  in  meinem 
Artikel  über  die  Ären  (in 
Pauly  -Wissowas  Realency- 
klopädie  I  647)  noch  andere 
Bearbeiter  des  gleichen  Stof- 
fes das  Datum  der  Christoph- 
kirche benutzt  hatten.'^)  Die 
Bauinschrift  ist  ein  Teil  jener 
wie  durch  ein  Wunder  nahezu 
unversehrt  erhaltenen  Mosai- 
ken der  Christophkirche,  wel- 
lig- 30  b     Monatsbilder  aus  dem  Mosaik  von  Kabr  Hiram, 

rechte  Hälfte  (über  die  richtige  Abfolge  vgl.  Anra,  16).  che  heute  den  Fußboden  und 


■zpixon  •üsjaapaxoaxoö  s£axoatoaxoO,  ivSixxtovoj  5o)5s- 
xctxrjj.  Der  28.  Loos  entspricht  dem  16.  September, 
und  der  16.  September  517  n.Chr.  fällt  tatsächlich 
in  ein   zwölftes  Indictionsjahr. 

'■')  Renan,   Mission   de    Ph^nicie    S.  613   £v  nY;vl 
dsaiiu   ToO  ']/a  sTouc;    ivSdxTuovo;")    ;K      Das    tyrische 


Jahryoi  entspricht  (701  — 126  :=)  575/6  n.  Chr.,  das 
Datum  der  Bauinschrift  also  dem  Monat  iq.  Juni 
bis  !().  Juli  576  n.Chr.  und  fällt  tatsächlich  in  ein 
neuntes  Indictionsjahr. 

")  Es  fällt  auch  sonst  auf,   wie  wenig  Renans 
Werk   benutzt  wird;    die   angekündigte  Gesaratpubli- 

13* 


\V.  Kuhitschck 


die    beiden    Schmalseiten    eines    der    yrölJten    Sälo    d(\s  T.ouvro  hodeckeii.    T.cidcr 

vermag    aber    auch    die    graphische    Reproduction     der    Mosaikin    aut      lal.    40 

bei   Renan,   abgesehen  von    den    Irrtümern    in    dor  Zusammensetzung  ilor    Mosaik- 

felder,    den    Fehlern    in    don    T.esungon     und    den    Willkürlichkeiten    im     Dotail 

nicht  annähernd  eine 

lebendige  Vorstellung  ,.„,.^^  ^,.,,jf,  ^^,^,l,,^.^  c;,,,,ii, 

des    Ä[osaikfu(3bodens 

EU    geben;    sehr    gut 

sind  für  ihre  Zeit  und 

charakteristisch       die 

für   Didrons    Annales 

archeologiques  a.  a.  O. 

genommenen     Co- 
pien.'"')  Es  wäre  sehr 
zu  wünschen,  da(3  gute 
und  zum  Teile  farbige 

Aufnahmen  dieser 
Mosaiken  erfolgten. 
Diese  würden  auch 
beweisen,  daß  Renan 
allen  (xrund  gehabt 
hat,  die  Gleichzeitig- 
keit    aller    Mosaiken 

der  Kirche  vorauszusetzen  und  die  \'(Tmutung  G.  B.  de  Rossis  abzulcliiien,  die 
Mehrzahl  der  Mosaiken  sei  dem  ]\".  Jahrhundert  zuzuschreiben  und  für  eine 
ältere  (heidnische)  Basilica  berechnet  zu  glauben;  es  hätten  außer  den  bei  Renan 
angeführten  Gründen  auch  die  stilistischen  Merkmale  verwendet  werden  können. 
Die  Christophkirche  ist  dreischiffig;  alle  drei  .Schiffe  sind  im  Fußboden  mit 
farbigen  Mosaiken  ausgelegt,  die  —  wie  üblich  —  von  der  Frontseite  der  Kirche 
aus  betrachtet  sein  wollen.    Im   Hauptschiff  ist  unter  anderen,  und  zwar  vor  d(Mn 

cation  der  syrischen  Inschriften  wird  wohl  erst  das 
in  jenem  enthaltene  epigraphische  Material  weiteren 
Kreisen  zugänglich  machen.  Auch  in  Fröbners  In- 
scriptions  grecques  du  Louvre  n.  269  ff.  und  in  Di- 
drons Annales  archeologiques  XXIII  1863  und 
XXrV  1864  sind  die  Mosaikinschriften  von  Kabr 
Hiram  abgedruckt,  andere  Behandlungen  des  Mosaiks 
sind   mir  nicht   bekannt.    SIrzygowski    streift    in  den 


Fisch 
Henne 
Quitte 

I'isch 
Henne 
QuiUe 

Schaf 

Schaf 

Elefant 

IClefant 

Fisch 

Fisch 

Fisch 

Fisch 

Hahn 

Hahn 

Ente 

Ente 

Antilope 

Antilope 

Granatai 

fei 

Granatapfel 

Fisch 

Fisch 

"AptsiiCaio; 

Adato; 

Panther 

Panther 

Bopiag 

navE|ios 

iÜGXfOJ 

Sav0-tx6j 

Ösptvrj 

MsO-OTip; 

'H-apx(aj 

ÜEphio; 

Aöjos 

HOYPWC 

XE'.|l£piVlj 

^spivrj 

r&pTiiEo; 

'l-Tispß^psxEo; 

AäSuvso; 

XwTOf 

Granala] 

fei 

Granatapfel 

Ato; 

'A-.tXXir,:; 

Ente 

Ente 

Panther 

Panther 

Fisch 

Fisch 

Fisch 

Fisch 

Elefant 

Elefant 

Antilope 

Antilope 

zweifiur 

ien(?) 

zweiGurken  (?) 

Hahn 

Hahn 

, 

Henne 

Henne 

Fisch 

Fisch 

Fisch 

Fisch 

Schaf 

Schaf 

F  i  n  g  a 

Schaf 
n  g  s  t  ii  r 

Schaf 

Kalenderbildern  (HI.  Frg.änzungsheft  des  Jahrbuchs 
des  kais.  deutschen  Instituts)  5  I  fg.  die  Mosaiken  von 
Kabr  Hir.am. 

'•')  Die  Brustbilder  des  Seitenschiffes  daraus 
wiederholt  bei  Bayet,  Art  byzantine  S.  33.  Die  Fig. 
30  a  b  sind  Facsimilia  nach  den  .\ufnahmen  in  Didrons 
Annalcs. 


Kalenderstudien 


Altar,  die  Bauinschrift  mit  dem  Datum  von  Sommer  576  n.  Chr.  eing-elassen.  Die 
beiden  Seitenschiffe  zeig-en  in  ungleicher  Länge  (das  längere  Mosaik  des  rechten 
Seitenschiffes  mißt  i4'42  "')  je  zwei  Reihen  von  kreisrunden  Medaillons,  jedes  in 
ein  Quadrat  eingeschlossen;  die  mittleren  Medaillons  zeigen  die  Brustbilder  der 
tyrischen  Monate,  der  vier  Jahreszeiten  und  von  vier  Winden,  alle  mit  erklärenden 
Beischriften;  die  anderen  Medaillons  bieten  je  ein  Tier  oder  eine  Frucht.  Von 
der  Türseite  aus  gesehen  folgen  die  Medaillons  einander/'')  wie  in  der  Tabelle 
auf  .S.  100  veranschaulicht  ist. 

Auf  die  Besonderheiten  der  Tiere  oder  Früchte  darstellenden  Medaillons  ein- 
zugehen, will  ich  mir  ersparen,  weil  ich  keine  innere  Beziehung  zwischen  ihnen 
und  den  Mittelfeldern  der  Mosaike  in  den  Seitenschiffen  gefunden  habe.  DalJ 
eine  gewisse  Symmetrie  in  ihrer  Anordnung  besteht  —  oder  wollen  wir  vielleicht 
richtiger  sagen:  nicht  ganz  verwischt  werden  konnte  —  hat  bereits  Renan  an- 
gedeutet. 

Lassen  wir  uns  nicht  dadurch  stören,  daß  die  Mittelfelder  mit  Inschriften 
nicht  in  gleicher  Linie  liegen^''"),  und  reihen  wir  diese  Medaillons  so  an,  wie  sie 
zueinander  gedacht  sein  sollen,  so  haben  wir  vor  uns: 


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OC 

Es    erscheinen    also    die   vier    Jahreszeiten    in    einer    Uuerreihe    vereint;    die 
Monate  beginnen  in  jedem  der  beiden  Seitenschiffe  links  unten  und  wickeln  sich 

*'')    .Sonderbarerweise     deckt     sich     l^eine     der  gefülirt,  der  seinen  Zeichner  desavouiert  und  sich  auf 

beiden  Abbildungen  der  Monatsmedaillons  in  deren  seine    bei    der   Auffindung   des   Mosaiks    gemachten 

Abfolge  mit  der  gegenw.ärtigen  Zusammensetzung  im  Aufzeichnungen  beruft. 
Louvre;   diese  ist  nach   den   Angaben  Renans  durch-  '^")  Vgl.   die  Übersicht  S.    100, 


I02  W.   Kuhilschek 

in  Ouerreihen  und  Columnen  bequem  nach  der  Abfolge  der  hier  beigesetzten 
Zahlen  i  bis  12  so  ab,  wie  es  die  Hemerologien  für  Tyros  verlangen.  Auch  dies 
hat  schon  Renan  erkannt.  Aber  er  \Yunderte  sich,  daß  die  Jahrzeiten  nicht  mit  den 
zugehörigen  Monaten  verbunden  seien,'")  und  hat  die  Winde  ohne  jede  Krürteruiig 
oder  Eingliederung  belassen.  Der  so  in  Stich  gelassene  Stoff  fordert  eine  ein- 
gehendere Untersuchung  heraus:  ich  möchte  dazu  nur  einige  Anregungen  geben  : 

1.  Die  Jahrtafel  von  KabrHiram  ist  selbstverständlich  nicht  die  erste  graphische 
Darstellung  des  tyrischen  Jahrknleiulers  gewesen,  ihr  Text  ist  aber  auch  niclit  lür 
diese  Reproduction  neu  verfaßt  worden.  Sie  ist  ein  Decorationstück,  das  ein 
älteres  Muster  in    n)  sachunkundiger  und  /')  schablonenhafter  Form  wiederholt  hat: 

ii)  Sachunkundig  zeigt  sich  der  Mosaicist  sclmn  durch  die  N'crballhoniung  der 

Xamen   HHARKIAC  statt  AHARKTIAC   (H   wohl  statt  eines  breit(>n  M).  äsfivr'j   für  sap'.VTj. 

lisfroTzpc  für  ji£TO-ti)p;Wj,  und  \(i11imu1s  das  IMonstruni  r^oupd);  konnte»  er  nur  schreiben, 

wenn   er   seine   Vorlage   nicht    verstand.     Wer   selbst    einen  Kalender    concipiert, 

informiert  sich  besser.  Man  wird  annehmen  dürfen,  daß  der  Mosaicist  die  Namen 

in   ähnlicher  Form   N'erteilt  bereits   in   seiner  \'orlage   Norfand   und   di(>   lUichstab<>n 

An      KT 
gelegentlich   falsch   verband.      I-ls  mag  ihm   z.  B.  etwa  vorgelegen    haben, 

und  er  mag  da  das  aus  irgendeinem  drunde  im  Feld  wenig  deutliche  T  übersehen 
haben.  Diese  Fehler  des  Mosaicistt-n  sind  weder  so  zahlreich  noch  irgendwie 
ärgerlicher  als  die  jenes  Zeichners,  dessen  Copie  dem  Stiche  für  Renans  Reise- 
werk  zugrunde  gelegt  worden  ist. 

b)  Schablonenhaft  ist  die  Arbeit,  da  die  Charakterisierung  der  dargestellten 
Personificationen  fast  ganz  fallen  gelassen  ist:  wenigstens  bei  den  Monatsbildern. 
Während  die  Winde  in  Form  von  Brustbildern  junger  Männer  mit  einem  Paar 
kleiner  weißer  Federflügel  über  der  Stirn,  den  nackten  Leib  in  einen  Mantel 
gehüllt,  einen  sichtbaren  Luftkeil  aus  dem  Munde  treibend,  erscheinen  und  die 
Jahrpunkte  durch  weibliche  Brustbilder  mit  lichtgrauen  Flügeln  an  den  Schultern 
dargestellt  sind,  ist  bei  den  Monatsbildern  (Brustbilder  junger  Männer)  das  wichtige 
Moment  der  Flüchtigkeit  und  V'ergänglichkeit  nicht  zum  Ausdruck  gelangt.  Die 
Winde  sind  als  .solche  genügend  charakterisiert,  untereinander  sind  sie  nur 
durch  die  Farbe  des  Mantels  und  die  Richtung  ihres  Blasens  (entweder  nach  liidvs 
oder  nach  rechts)  unterschieden.  Die  Jahrpunkte  sind  weniger  leicht  kenntlich, 
aber  schließlich  bestimmt  voneinander  geschieden,  mögen  auch  diese  Unterschiede 
für  uns  nicht  durchaus  klar  definier  bar  sein;  die  winterliche  Wende,  den  schwarzen 

'■;  .n  est  etrange  que  l'artiste  n'ait  pas  rapprocht  chaque  saison  des  raois  qui  lui  correspondent"  S.613. 


Kalendersludien  103 

Mantel  über  den  Kopf  gezogen,  trägt  einen  mit  Blättern  verkorkten  Krug;  die 
Frühjahrsgleiche,  mit  einem  graulichen  Blätterkranz  (Ölblätter?),  hält  eine  Schüssel 
mit  Früchten  vor  sich;  die  Sommersonnenwende,  mit  gelbem  Blätterkranz,  hält 
ein  gro(3es  gelbes  Blatt  (Fächer?)  vor  sich;  die  Herbstgleiche,  mit  grünem  Blätter- 
kranz, scheint  drei  große  Früchte  in  der  Rechten  zu  halten.  Für  die  beiden  Gleichen 
sprechen  die  Verschiedenheiten  der  Attribute  nicht  deutlich  genug,  aber  Sommer- 
und  Winterwende  sind  wohl  ausreichend  gekennzeichnet. 

Die  Brustbilder  der  Monate  sind  in  lichte,  ärmellose,  umsäumte  Unter- 
gewänder und  einen  über  die  Schultern  geworfenen  Mantel,  der  über  der  rechten 
Schulter  meist  nur  als  Contourstreifen  erscheint  und  also  den  rechten  Arm  frei- 
läßt, gekleidet.  Dios  und  Audyneos  haben  einen  leichten  Rundbart  (nicht  auch 
Schnurrbart),  die  übrigen  Monate  sind  bartlos.  Der  Apelleos  hat  allein  von 
allen  Monaten  ein  dunkles  Untergewand,  er  ist  in  einen  dunk(,*lbraunen  Mantel 
gehüllt;  Audyneos  aber  hat  sich  ganz  in  seinen  schwarzen  Mantel  geschlagen 
und  ihn  über  den  Kopf  gezogen.  Artemisios  hat  einen  Kranz  aus  goldenen 
Blättern  auf  das  Haupt  g-esetzt.  Desios  einen  Blüten-  oder  Fruchtkranz  an- 
gelegt; Loos  trägt  zwei  Früchte  in  der  vorgestreckten  Rechten.  Sonst  scheint 
aber  auch  gar  nichts  geschehen  zu  sein,  um  die  Monatsbilder  individuell  zu  ge- 
stalten oder  ihre  individuelle  Gestaltung  zu  erhalten. 

2.  Das  moderne  Leben  hält  Schul-,  Kasernen-,  Budget-  und  andere  Geschäfts- 
jahre auseinander;  aber  ich  zweifle  keinen  Augenblick,  daü  in  normalen  Ver- 
hältnissen jeder  Schüler,  Krieger,  Finanzmann,  Wohnung'svermieter  usf.  einer 
Aufforderung  die  Monate  aufzuzählen  in  der  Weise  nachkommen  würde,  daß 
er  mit  dem  den  bürgerlichen  Kalender  beginnenden  Januar  begänne.  Daher 
darf  man  auch  bei  dem  Mosaicisten  von  Kabr  Hiram  nicht  voraussetzen,  daß  er 
die  Monatsliste  anders  als  mit  dem  tyrischen  Neujahr  begonnen  hat.  Dann  bleibt 
aber  nichts  anderes  übrig,  als  im  Dios  den  ersten  tyrischen  Monat  zu  erkennen: 
also  eben  jenen  Monat,  der  das  alte  makedonische  Jahr  einleitete,  der  an  dieser 
Stelle  im  Kalender  der  römischen  Provinz  Macedonia  verblieb,  und  der  unter 
dem  Namen  Kaiaap  durch  den  Landtagsbeschluß  der  proconsularischen  j\sia  als 
erster  Monat  des  Jahres  neuerdings  anerkannt  worden  war.  Derselbe  Monat  war 
im  Kalender  von  Gaza  an  erster  Stelle  verblieben '**),  ebenso  in  Lvkien''')  und 
im  ägyptischen  Alexandreia,  wo  der  zum  HeßaaTog  umgenannte  Dios  mit  dem 
Thoth,  dem  Anfangsmonat  des  alexandrinischen  Jahres,  geglichen  ist. 

'^)  Marcus  im  Leben  des  Porphyrios  c.  19  (p.17,       |j,f/va>taXo6|jisvoviiov,  sxt  Sä  xal  t6v  Ssöxaf/ov  'AnBXXodov 
10    ed.    soc.    Bonn,   sodales)   xiv  Jiap'    aüxotj   TCfojxov  '")  Vyl.  unten  S.    116  ff. 


I04  \V      IvuhUscIu-l; 

Dieser  Zusammenhang  scheint  uns  zu  dem  SchlulJ  zu  berechtigen,  daß  die 
Kalender  der  syrischen  Städte,  welche  den  ganzen  Complex  und  die  Abfolge 
der  makedonischen  Monate  behalten  hatten,  in  der  Regel  auf  ein  W-ujahr  vom 
I.  Dios  gestellt  waren:  ja  noch  allgemeiner,  daiJ  das  inakeiUuiische  Jahr  auch 
in  seinen  verschiedenen  localen  Ableitungen  in  der  Regel  am  i.  Dios  be- 
gann. Eine  Ausnahme  bildet  der  arabische  Provinzkalender,  dessen  Neujahr  fünf 
Monate  später,  auf  den  i.  Xanthikos  fiel,  somit  den  alten  g'emeinsyrischon 
Jahresanfang  beibehalten  hatte,  und  eine  andere  Ausnahme  wie  es  scheint  die 
gröl3te  Stadt  Syriens,  Antiochia  am  Orontes.  Freilich  ist  es  nicht  gelungen, 
zwischen  den  für  Antiochia  aus  den  byzantinischen  Schriftstellern  erschlossenen 
Jahrantangen  (i.  (lorpiaios,  i.  Hyperberetaios.  i.  Dios)  überzeugend  zu  ver- 
mitteln oder  hat  es  jemand  versucht,  das  Nacheinander  dieser  Jahranfänge  aus 
ilen  Ouellen  zu  erweisen,  den  einzig-en  meines  Erachtens  möglichen  Ausweg. 
Doch  ist  es  klar,  dal3,  bevor  das  Indictionenjahr  (i.  Gorpiaios  =  i.  September)  iu 
dem  Kalender  von  Antiochia  eingeführt  war,  das  Octoberjahr  dort  bestand.  Ich  lege 
aber  ebensoviel  Wert,  als  auf  die  zahlreichen  literarischen  Erwähnungen  einer 
Oktoberära  und  ihre  Bestätigung  durch  eine  schlichte  Grabschrift  bei  Lebas- 
Waddington  III  ibgi  ev  (ifr^vE)  'l'~tp^(zpzTMw)  T,  £tv5(Lx-:tü)vt)  y  toO  ^x^  etou;  (J.  528 
Ant.  begann  im  Herbst  479  n.  Chr.,  der  in  ein  drittes  Indictionsjahr  fiel,  u.  zw. 
spätestens  mit  dem  Hyperberetaios)  auf.  Julians  (Misopogon  p.  361  O)  Wort:  ov/A-«) 
yap  -O'j  [ir^vi  xco  7:ap'  Ojirv  äpi8-|i.ou|i£vo).  Atoov  o;|j.ai  tgötov  0|i£r;  -pocayopsüsTc  (alst) 
1.  Dios  =  I.  Xov.  =  Neujahr).  Da(3  Julian  in  einer  so  einfachen  Sache  irren 
konnte,  will  mir  nicht  gefallen,  und  ich  rechne  mit  der  Älöglichkeit,  daß  das  Neujahr 
vom  I.  Dios  erst  nach  Julians  Tode  auf  den  i.  Hyperberetaios  verlegt  und 
somit  die  oben  aufgestellte  Regel  vom  Dios-Neujahr  aucli  nicht  in  Antiurhia 
verletzt  worden  ist.*") 

3.  Die  Monatsserie  ist  zumal  auf  Mosaiken  wiederholt  in  kreisrunder  Form 
angeordnet;  dali  dieses  Motiv  besonders  in  christlichen  Kirchen  erscheint,  hat 
Gauckler  in  seinem  trefflichen  Artikel  über  die  antike  Mosaikkunst  bei  Daremberg 
und  Saglio,  Dictionnaire  des  antiquites  III  2123  betont.  Es  ist  wohl  nicht  zu 
bezweifeln,  daß  die  so  unübersichtlich  auf  zwei  durch  Säulen  vom  Mittel- 
schiff  abgetrennte    Seitenschiffe    verteilte    und     in    diesen    durch    (,'ine    besondere 

^  Den  Kalender  von  Sidon,   in  welchem    die  gunslen  dieser  Regel  .nnzuführen,  geht  vielleicht  nicht 

römischen  Monate  mit  den   glcichgelagerten  enchori-  an,    da   auch    im    Kalender   von   Antiochia   der  dem 

sehen   gleich  viele  Tage  zählen,  der  I.  Dios  auf  den  Februar  parallel  laufende  Peritios  28  Tage  zählt,  ohne 

I.  J.^nuar  fällt,    der   nächste    Monat   (Apellaios)   also  jera.ils    die   zweite    Stelle    in    der   Monatsreihe    ein- 

nur  :8  Tage  wie  der  Februar  zählt,  ausdrücklich  zu-  genommen   zu  haben. 


Kalenderstudien  I05 

Ungeschicklichkeit  nicht  einmal  in  derselben  Geraden  g-ehaltene  Darstellung  des 
Mosaiks  von  Kabr  Hiram  keine  selbständige  Erwägung  des  Sachverhalts  durch 
den  Künstler  voraussetzen  läi3t,  sondern  daß  ein  älteres  Kreismuster  aus  ornamen- 
talen Gründen  in  zwei  Columnen  aufgelöst  worden  ist.  Zu  dieser  Annahme  eines 
kreisrunden  Vorbildes  würden  wir  wohl  auch  dann  gelangen,  wenn  kein  anderes 
Beispiel  eines  Kreismusters  uns  erhalten  wäre.  Betrachten  wir  nun  die  drei  Teile, 
aus  denen  sich  die  Kalenderhälften  in  jedem  der  beiden  .Seitenschiffe  zusammen- 
setzen!   Eine  .Skizze  (Fig.  31)  mag  darstellen,  wie  ich  mir  das  Original  denke. 

Daß  die  zwölf  Monate  in  der  richtigen  Reihenfolge  des  tyrischen  Kalenders  im 
Rlüsaik  von  Kabr  Hiram  angeordnet  sind,  hat  Renan  richtig  hervorgehoben.  Auch 
die  Jahrzeiten  sind  in  der  natürlichen  Folge  in  einer,  (wie  g-esagt,  nur  durch  die 
Ungeschicklichkeit  des  Mosaicisten  einmal  geknickten)  Linie  aufg"ezählt;  ich 
glaube,  daß  zu  den  Adjectiven  ioipiYq,  xl-eptVTj  usf.  eher  ipOCT;-')  als  wpa  zu  er- 
gänzen ist,  und  lasse  es  dahingestellt,  ob  diese  substantivierten  Adjectiva 
metonymisch  für  die  mit  den  Jahrpunkten  beginnenden  Jahrzeiten  gesetzt 
sind  oder  lediglich  diese  Jahrpunkte  iDezeichnen.  Verbindet  man  die  Mittelpunkte 
der  geg-enüberliegenden  Seiten  des  Quadrates  in  Fig.  31,  so  fällt  die  Cheimerine 
in  den  gleichen  Quadranten  mit  den  Monaten  Dios,  Apellaios  und  Audynaios. 
Dieses  Winterviertel  entspricht  zwar  nicht  den  astronomischen  Regeln,  da  es  die 
Zeit  vom  18.  November  bis  15.  Februar  (statt  21.  December  bis  22.  März)  umfaßt. 
Aber  gegen  eine  bequeme  volkstümliche  Vierteilung  des  tyrischen  Kalenderjahres 
in  der  Art,  daß  seine  ersten  drei  Monate  als  Winter  galten,  wird  kaum  viel  ein- 
gewandt werden  können,  zumal  auch  um  die  Mitte  des  Februar  in  der  Vegetation 
Syriens  das  nahende  Frühjahr  sich  dcLitlich  bemerkbar  zeigt. 

Es  bleiben  die  Winde.  Ihre  Einordnung  bereitete  mir  anfangs  große 
Schwierigkeit.  Ich  habe  als  selbstverständlich  ang'enommen,  daß  ihre  Aufzählung 
nicht  als  der  Ausdruck  irgendwelcher  meteorologischen  Beobachtungen  auf- 
zufassen sei,  sondern  lediglich  die  Weltgegenden  wie  auf  den  mittelalterlichen 
Karten  bezeichnet.  Ich  verzichte  daher  von  vornherein  darauf,  aus  den  meteoro- 
logischen Berichten  der  bedeutenderen  Zeitschriften  zur  Kenntnis  des  Heil.  Landes 
Parallelen  zu  suchen.  Die  vorausgesetzte  Windrose  ist  nur  vierstrichig;  aber  wie 
soll  man  sie  constatieren?  Notos  und  Boreas  als  Äquivalente  für  Süd  und  Nord 
sind  klar.  Der  Euros  stände  für  den  Osten;  aber  ist  auch  wirklich  E'Jpo.;  zu  lesen? 

H         O 
Das  Mo.saik  gibt  .  das  zu   weit  von  jener  Lesung  abliegt;  ich  dachte  eine 

(■?jXiou)  •EpGTtai-  sapivT),  S-sptvr),   ^jO'tvoiKüptvvj,  xs'M-2p''''j 
"')    Vgl.    Se.xtus    Empir.    adv.    mathem.    V    II        und  Nachtrag  .S.  II 8. 
Jalireshefte  des  österr.  arcliäol.  Institutes  Kd.VUI.  14 


W.   Kul.itschek 


lany  an  6  [E]'jpo;,  wußte  aber  nirht  dm  aiist"il.iiu;en  (weil  i^dlicrten)  Artikel  zu 


erklären.  Jetzt  zweifle  ich  gar  nielu. 


X6         4) 

''''■'    N/n        1  1^     oder     ;ihnli(iies     in     der     \' 
Y  P        WC 


lagfe  gfestanden  bat.  Das  6  sah  der  Ahisaii-ist  iiiehl.  \ielleirlit  weil  es  un- 
deutlich geworden  war  eder  zu  stark  an  das  Rrustliild  des  Zephyrs  ^-eriiekt,  im 
Detail  der  hocken  oder  der  ( iewanchuiL;-  sieh  verbarj^' ;  wer  j^cwisse,  dureh 
etwas  reichere  Umschriften  und  i.inieni'onii)lexe  autTalUL;i'  Münzrevcrsc  des 
3.  Jahrhunderts  n.  Chr.  kennt,  wird  erfahren  haben,  wie  leiclit  man  Ibichstaben 
im  Feld  trotz  ihrer  lauten  Mrhaltunij;'  uiul  trotz  hartnäekii^en  Suehens  üliersehen 
kann.  \\m  <p  bemerkte  der  Abisaicist  niel\t  die  senkrci'hte  Haste  und  sehrieb  O 
ab,  etwas  was  auch  manchem  geübten  modernen  Epiyraphiker  ab  und  zu  passiert. 
Wir  haben  also  N,  W,  S,  es  fehlt  noch  der  Osten,  der  somit  in  ['A]T:apy.[T][a^ 
stecken  mulJ.  Daß  diese  (xleiehuns;-  zulässii^-  ist,  zeiL;t  die  sins^uläre  .:\uffassuni.;-  bei 
Stobaeus  I  (k,8.  O70  (aus  welcher  Uuelle?)  t(ov  ys  \x'f^v  supwv  'ATiapy.xt'aj  [liv  ÄEysiai 
[c]  ccTzb  ToO  it£p;  xa?  fl-eptvaj  ävatoÄäc  torOu  fewv  av£|io?.  Aiir^Xitoxr^;  ok  [6  omb  toO  mpl 
-ij  :OT)[^i£p'.v3tc.  E'jpo;  51  6]  äto  xoO  Kzy.  xi^  /stuspiva^  —  — ,  xai  svavxuov  ^scfupiov 
'ApYESXT^S  |iT)v  usw.--)  Ich  setze  also  für  die  \'orlag"e  der  Mo.saicisten  eine  vierteilig-e 
Windrose  mit  den   Hrustbildern  von 

Boreas,   r. 


Zephjros,  1. 


.\parkli;is 


Notos,  1. 

voraus;  es  wären  somit  die  Windgottlieiten  in  dieser  \^orlaye  jedesmal  nach  innen 
gerichtet,  also  einander  zugekehrt.  Im  Mosaik  von  Kabr  Hirani  sind  die  Winde 
symmetri.sch  angeordnet,  wie  das  Diagramm  zeigt: 


Dystros 

Xantliikos 

(iurpiaius 

Hyperberetaios 

Aparktias 

Pcrilios 

I-oos 

1      Zcphyros 

Winter 

Frühjahr 

Sommer 
I'.oreas 

Herbst 

Audynaios 

Xolos 

Panemos 

Dios 

.Vijfllaiüs 

Arlcmisios 

Dcsios 

-^)  Kaibel  hat    in   seinem  fein  durchdachten  und  n;>ti<>c  Zeit    auf   die    dahin     zielende    Eryänzun^;    des 

abgerundeten    Aufsatz    über   die    antiken  Windrosen  Kaibelschen   Materials  zu  verwenden    und    den   etwa 

Hermes  XX   1885   die  späten  F'ormen  der  Windrose  dann  erlaubten  Versuch  einer  Einordnung  des  Apark- 

nicht   untersucht.     Ich    bin    nicht    in    der   Lage,    die  tias  als  Ostwind    in    die   antiken   Systeme  zu  wagen. 


Kalenderstudien 


107 


Aber,  ob  nun  Aparktias 

mit     dem     Winter     und 

das     Frühjahr    mit     dem 

Notos    oder  der  Winter 

mit  dem  Notos  und  das 

Frülijalir  mit  dem  Aparl<- 

tias    zu     verbinden     i>t: 

beide  Male  kommt  man 

zu    einer   unerträs^lichcii 

Verbinthmt;",    denn    zum 

Winter    jialjt    der  Xott)S 

ebensowenig  als  der  Bo- 

reas    zum    Herbst.     Ein 

Beweisgrund,     di-n     icl\ 

oben    S.  102  noch    nicht 

verwenden    konnte,    der 

aber  deutlich  ganz  dafür 

spricht,  dal3  die  Compo- 

sition    des   Mosaiks   von 

Kabr    Hiram     Copisten- 

arbeit    ist,    und    zwar  die  Leistung    eines    denkfaulen   Copisten.     .Suchen    wir    uns 

die    Entgleisung    des    Copisten  zu  erklären,   so  mulJ  l^etont   werden,  daß,   geordnet 

nach  der  Abfolge  der  Monatsnamen 


y^ ^ 

/^ — ^ 

/^     ^ 

Aparklras    J 

Xaiilhilios 

f     \ 

Arifiiiisiiis 

V            / 

^ 

1       Notos       1 

Dysli-os 

)— 

^l 

ll.li 

•™) 

Penlios       1 

Kar  ine 

( 

Thertne 

l'aneinos 

^       Au(l\|iiaios 

Cheimcrine 

iMetoponrin 

Loos 

\     J 

.Appllaios 

^ V 

Vv 

(■.„n 

Bon-as 

Bios 

Hyperberelaios  j 

V  J 

^^ 

1     ZephjTos 

Fiy-  3' 


Reconstruction   der   Vorlage   des  MonatsraosaiUs 
von  Kabr  Hiram 


die  Reihe 


Boreas  völlig  getreu  die  Anordnung"  der  oben  bezeichneten  Wind- 

Aparktias  rose  wiederholen  würde;  verhängnisvoll  fehlerhaft  aber  war 

Notos  es,    I.  daß  der  Anfang  dieser  Reihe  an  eine  falsche  Stelle 

Zephyros  gelegt  war;  es  hätte  vermutlich  so  geordnet  werden  müssen 


Zephyros 

AparUtias 

.   Winter 

Frühjalir 

.    .   Sommer 

Herbst 

.   Boreas 

,   .   Notos 

io8 


\V.   Kubitsclick 


.  Roroas 

.    Winter 

Fnihjal.r 

Zcpliyros 

Aparlaias 
Herbst 

•    •   Sommer 

.  •   Notos 

oder 


also  liatten  die  Winde  iles  linken  Seitenschiffes  in  das  rechte  Seitenschiff  gehört 
und  umgekehrt.  2.  daß  (ein  Blick  auf  die  Reconstruction  des  Vorbildes  in  Fig-.  31 
zeigt  in  ungezwungener  Art  die  Möglichkeit  dieser  Annahme)  der  Musaicist  die 
vier  Eckmedaillons  in  zwei  Zeilen  ausschrieb: 

3.  Aparktias  4.  Notds 

I .  Boreas  2.  Zeph yros 

statt  sie   vom   Boreas  aus  reehtshin   im   Kreis  horumzufülircMi. 


\'.   Der  pampliylischc  Kalender. 

Eine  einzige  Inschrift  aus  dem  pamphylischen  Attaleia-^)  nennt  ihn,  die 
in  etwas  auffälligem  Satzbau  concipierte  Festordnung  des  Zizyphos:  ap/sis  r; 
-avr,Y'jp".c  toO  V.Q'r^'j'j  xxtx  ti  l^^^ov  {l£ar;:c;[ia  y.-'r,  tf^;  -pö  a  Ei5(ov  Mafcov  sw;  Tvj;  -pi 
:  KaÄ.  "Iouv:'tov.  v.xzx  IIx|r^üÄ(o'j;)  iiT^{vi)  r^  Xji  £(•);  Äx.  v/yo-zx  xysÄiov  "(7)v  t  v,|i£f(ov  rj 
/.a|.i(;:po-a'aj)  'Ai-aXswv  y.oXw(vcta).  Es  ist  also  der 

14.  Mai=])ridie  Idus  ]\[aias=  22  .  VIII  jjamphyl. 

23.  Mai  ^  pridie  Kai.  Junias=  31  .  VIII  pami)hyl., 
und  die  Dauer  der  Panegyris  ist  demnach  übereinstimmend  als  zehntägig  an- 
gegeben. Der  erste  Tag  des  VIII.  pamphylisihrn  Monats  fällt  folglich  auf  den 
23.  April.  Wenn  sich  sonst  keine  Hilfsmittel  für  die  I{ruierung  des  Neujahrs,  der 
äp/Y)  -gO  I~oug,  ergäben,  so  dürften  wir  es  von  vornherein  in  den  letzten  Tagen 
des  Septembers  vermuten.  Denn  das  ist  aus  der  3itägig-en  Dauer  des  genannten 
Monats  völlig  klar,  daß  das  zugehörige  Jahr  sich  nach  Art  des  römischen  aus 
einem  28tägigen,  vier  30tägigen  und  sieben  3itägigen  Monaten  zusammengesetzt 
hat.  Wenn  also  Cagnat  den  VIII.  pamphylisclien  Monat  Dystros  nennt  und  die 
Folgerung  zieht  ^apud  Pamphylios  quoque  more  Lyciorum  Sidonio  kalendario 
usos  annuni  mense  Octobri  (Loo)  incepisse",-^)  also  Neujahr  aiil  den  i.  (^ctober 
verlegt,  so  müßte   die  Zeit    vom    i.  October    bis    zum    oben    genannten    23.  April 

*^)  Herausgegeben   von  Rarasay,    Bull,  de  corr.  wird  übrigens  schon  dadurch  hinfällig,  daß  der   VIII. 

hell.  VII  (1883)  260  D.  2  =  Cagnat,  Inscr.  Graecae  pamphylische  Monat  vom  23.  April  bis  23.  Mai,  der 

III  n.  785.  lykische  Dystros  vom  2.  bis  31.  Mai  dauert. 

-';  Die  Gleichung  mit  dem    lykischen  Kalender 


Kalenderstudien 


109 


(exclusive)  sieben  römische  Monate  füllen ;  das  sind  aber  204  (im  Schaltjahr  205) 
Tagfe,  also  unbedingt  zu  wenig"  für  sieben  Monate;  sollte  aber  Cagnat  nicht 
gerade  an  den  i.  October  als  Neujahr  g-edacht  haben,  so  wird  die  Rechnung 
wegen  der  Verringerung  dieser  Tagezahl  noch  weniger  mög"lich.  Als(j  muli  das 
Neujahr  noch  im  September  liegen,  und  zwar  je  nachdem  man  die  kürzesten  oder 
längsten  Monate  in  jenen  Spielraum  von  sieben  Monaten  zusammendrängt,  zwischen 
dem    19.  und  dem   25.  September. 

Vielmehr  darf  mit  einer  an  Gewißheit  g-renzenden  Wahrscheinlichkeit  ver- 
mutet werden,  daß  wie  der  ..achte"  pamphylische  Monat  mit  dem  gleichfalls  als 
achten  Monat  gezählten  Daisios  des  von  dem  proconsularischen  Asien  in  augu- 
steischer Zeit  g'ebildeten  Kalenders  völlig  zusammenfällt,  auch  das  asianische  Jahr 
das  der  Pamphvlier  war. 

Ist  diese  Vermutung  richtig,  so  müssen  die  Pamphylier  ihren  Kalender  zu 
einer  Zeit  ihrer  Vereinigung"  mit  dem  proconsidarischen  Asien  angenommen  haben"-"') 
und  sie  haben  ihn,  der  vom  Hause  aus  nicht  pamphylisch  war,  als  solchen  be- 
zeichnet, nachdem  sie  mit  Lykien,  das  einen  anderen  Kalender  hatte,  zu  einer 
Provinz  vereinigt  worden  waren.  Da  wir  noch  immer  zu  wenig"  über  die  älteren 
Stadien  der  Verwaltung  des  römischen  Pamphylien  unterrichtet  sind,  kann  die 
Zeit  seiner  Einführung  vorderhand  nicht  genauer  ermittelt  werden. 

Da  der  erste  Monat  des  asianischen  Jahres  der  Kaisar  oder  Dios  ist,  fällt 
auch  in  Pamphylien  das  Neujahr  auf  den  i.  Dios.  Noch  will  ich  stark  betonen, 
daß  der  pamphylische  Kalender  mit  dem  asianischen  das  Durchzählen  der  Monate 
gemein  hat:  ein  Gebrauch,  der  außerhalb  des  proconsularischen  Asiens  ganz  ver- 
einzelt ist.''') 

Sonst  habe  ich  auf  Inscliriften  aus  Pamphvlien  höchstens  zwei  Erwähnungen 
von  Monaten  gefunden.  Aus  der  einen  bull,  com  hell.  VII  261,  3  =  CG  8662  =Davis 
Anatol.  p.  214  kann,  weil  sie  zu  abrupt  ist:  |irj(v6;)  ;  cv5(ixx«ovo;)  w,  nichts  sonst  zu- 
gelernt werden,  als  daß  diese  Zählung  sich  lange  erhalten  hat;  die  andere  im 
Lanckoronskischen  Reisewerke  I  n.  63  enthält  nichts  vom  Datum  als  [tr/vö;)  At(ou); 
was  sonst  hineingelesen  worden  ist,  kann  nicht  aufrecht  erhalten  werden,  und  die 
Inschrift  bedarf  einer  andern  als  der  versuchten  Erklärungen:  zu  lesen  ist  a(o!l£aO-(o  1 
oö    T^    '^'ff-foi   I  ,aTv;  I   [-ir;(vö;)    A:(o'j);    Z.   3    ist    nämlich    statt    H    N    zu    lesen,    und  zu 

-*)   Also  vielleicht  sclion   9  v.  Chr.,    in   welches  TSpo;  XP-^'^'-^"''^»  X^f"'^''    X-/)':o'j[is-p?.7jj  üko  NaxoXiav 

Jahr    Mommsen     die    Einführung     des     asianischen  !iv](vi)  TisvTtxo  svocxr)  angibt,  so  versteht  sich  das  nicht 

Kalenders  versetzt.  von  einem  thrakischen,  sondern  von  einem  asianischen 

-^)  Wenn    auf  einer  Grabschrift   von  Selymbria  Monat,  dem  des  Heimatslandes  des  Verstorbenen. 
Arch.-epigr.  Mitt.  "VIII  (1884)  212  n.  29  Sw^ov  Ttpsaßü- 


W.   Kiibilsdu-k 


verstehen  ist  >'iii  Wuiiscli,  ich  g-laiibe  ein  Neujalirswunsch.  für  einen  Mann, 
dessen  Name  —  die  lUichstaben  als  Ziffern  -gelesen  --  die  Zalil  1,^50  (>ryilil:  '^^Yfo; 
ist  also  als  Zählsumme  zu  verstehen. 


Wenn  einmal  eine  Gcscliidile  iler  romisclicn 
Proviniialkalenilcr  gcsclirieben  werden  w  iiil,  muß  niil 
dem  asianisclien  Kalender  außer  dem  pamplivlisclien 
auch  noch  der  paphische  ^unten  S.  lll)  und  der 
kretische  sowie  der  b  i  l  h  y  n  i  s  c  h  e  eine  gemeinsame 
Behandlung  linden.  Für  Kreta  und  Bithynien  fehlen 
Zeugnisse  des  Neujahrs  in  der  römischen  Kaiserzcit. 
Daß  aber  das  Neujahr  auch  hier  mit  dem  Geburts- 
tag des  Kaisers  Augustus  zusammenfiel,  gehl  wohl 
mit  großer  Wahrscheinlichkeit  aus  der  Verbindung 
folgender  Erwägungen  hervor: 

1.  des  Zusammentreftens  eines  Monatsanfanges 
^in  Bithynien  des  Hcraios,  auf  Kreta  des  Thesmo- 
phorion)  mit  dem   23.  September. 

2.  in  Asia,  Bithynien,  Kreta  und  Kypros  ist 
der  fünfte  Monat  in  der  mit  dem  23.  September  be- 
ginnenden Reihe  der  28.  bezw.  29  Tage  zählende. 
Die  31tägigen  Monate  sind  allerdings  im  Florentiner 
Hemerologium  verschieden  geordnet,  wie  die  folgende 
Tabelle  zeigt: 

3ith\nia 
I 
III 
IV 
VII 
VIII 
X 
XII 

Aber  Bithynien  und  Kyprus  iPaphos)  stimmen 
auch  hier  vollständig  miteinander  überein,  und  Kreta 
hat  nur  einen  Monat  anders  gelegt.  Dazu  ist  der  asiani- 
sche  Kalender,  wie  ihn  die  Hemerologien  überliefern, 
bereits  etwas  umgestaltet  aus  der  älteren,  durch  die 
Inschrift  von  Priene  bezeugten  Form,  in  der  die  Mo- 
nate I,  III,  IV,  VI,  VIII,  X,  XI  sotägig  sind,  also  mit 
Ausnahme  eines  einzigen  Monates  die  gleichen  wie  im 
kj-prischen  und  bithynischenKalender.  Derbithynische 
Kalender  ist  (Ideler  I422)  bereits  für  die  Zeit  Domi- 
tians  bezeugt;  also  ist  der  Versuch,  die  ähnliche  Jahr- 
form  in    verschiedenen  Provinzen    als  Auslluß    einer 

-')  Anders  derselbe  Bull,  dell'  inst.  1874,  74,  I. 
Ebenda  80  die   richtige  Verbindung   mit   dem   asia- 


Asia 

I 

Kreta 

I 

K; 

,-pros  (Paphi 

I 

III 

III 

III 

IV 

IV 

IV 

VI 

VI 

VIT 

VIII 

VIII 

VIII 

X 

X 

X 

XI 

XII 

XII 

späteren  Nivellierung  der  l'rovin/.kalondcr  anzusehen, 
gewiß  hinHillig. 

Zu  Irrtum  muß  l'ühron,  w.is  Usener  —  sonst 
gewiß  als  der  erste  Kenner  dor  anliUen  Kaiendarien 
bewährt  —  in  den  (.'lironica  mini}ra  ed.  Mommsen 
III  (=  Monumcnta  (ierm.,  aucl.  anl.  XIII)  367 
sagt-"):  „in  mense  augusto  f.  149'  codex  Lugdunensis 
missis  temere   Asianis    ultimo    tabulae   loco    inscribit 

NEO VK AHC"'MI A.  quid  hoc  sibi  vult  prodigium? 
an  Neocacsarensium  fastos?  inspice  iam  hemerologion 
Laurentianum  f.  48'' ;  videbis  librarii  oculos  ab  Asianis 
ad  proximum  loculum  Cretensium  aberrasse,  qui  tunc 
menseni  NEX'Jatov  agitant,  ac  re  vera  ei  mcnsi  qui 
apud   illos    intra    Romanorum   mcnsem    augustum    in- 

cipit,  in  codice  Leidcnsi  nomen  dattur  BACIA€OCMIB 
h.  e.  Cretensium  mcnsis  duodecimus."  I'.in  Blick  auf 
die  Tafeln  des  Leidner  Codex,  der  mir  dank  der 
Liberalität  der  Leidner  Bibliotheksverwaltung  vor 
kurzem  nach  Wien  zugesandt  worden  ist,  lehrt,  daß 
mit  Ausnahme  des  Jänners  und  der  in  diesem  Codex 
nach  dem  Florentiner  Hemerologium  ergänzten  Mo- 
nate Juni  und  Juli  in  allen  Monaten  unter  der  Rubrik 
"Aatavtov  die  kretischen  Monatsnamen  und  die  im 
proconsularischen  Asien  gebräuchliche  Durchzählung 
vereinigt  sind: 


Überschrift 
Februar 
März 
April 
Mai 
August 
-September 
Oktober 
November 
December 


A-f'Jtou  |it;.  e 

Heo5.  iiTj.   ; 
II v/T.   |ir,.   7) 
XECijy.Äv;;  |1T;.  la 
BaoiXeo;  \vri.  tß 
Bciuo;  |iyj.  a 
'EpiiE-i;  pvj.  P 
'Hjiavij  iiifj.  "f 


mitten   im    Vcrzeiclinis 

llcv.  itvj.  r( 
Bay.tv.  nrj.  3- 
BaaiXsos  |ivj.  ip 
EüeX?o;  |iyj.  a. 
'Ep|i.  |irj.  p 
'I|jiavi;  iir,.  •; 
MexapXE  |ir,.  5 


Es  finden  sich  also  hier  mit  Ausnahme  des 
Hyi)erberet(e)us,  der  in  der  Bluttlückc  verloren  ge- 
gangen ist,  alle  kretischen  Namen'^"V  wieder,  und  die 
Eigenmächtigkeit    —    oder    die    Flüchtigkeit   —    des 

nischen,  kyprischen   und  bithynischeii   Kalender. 
"""''  Vgl.  ihr  Verzeichnis  bei  Ideler  I   42O. 


Kalendeistudien  III 

Schreibers  oder  Verfassers  besteht  darin,  daß  er  vereinigt  hat.  Jedesfalls  aber  hat  also  die  im  Leid- 
zwei voUlcomraen  gleichartige  Kalender  —  den  kre-  ner  Hemerologium  vertretene  Recension  der  Monats- 
tischen und  den  asianischen  —  in  einer  Rubrik  tafeln  die  Identität  des  kretischen  und  des  asianischen 
unter  der  nur  für  die  Asianer  eingerichteten  Columne  Jahres  vorausgesetzt. 

VI.  Der  kyprische  Kalender. 

Die  austührlicliste  untl  beste  Darstellung  des  kyprisehen  Kalenders  oiler  viel- 
mehr der  beiden  kyprisehen  Kalender  der  römischen  Kaiserzeit  hat  Ideler  Hand- 
buch I  427  ff.  gegeben;  das  Material  ist  dort  von  entlegenen  Stellen  zusammen- 
getrag-en  und  vorzüglich  behandelt.  Dann  hat  Waddington  im  Conimentar  zu 
Lebas'  Reisewerk  III  2773  und  2806  einig"e  g"ute  Bemerkung^en  hinzugefügt.  Was 
ich  sonst  von  Epigraphikern  oder  Numismatikern  über  diesen  Gegenstand  gesagt 
gefunden  habe,  ist  verfehlt  oder  schief.  Es  ist  einiges  neues  Material  zugewachsen, 
und  die  Methode  der  Behandlung  kann  unter  einem  neuen  Gesichtspunkte  erfolg- 
reicher ausgestaltet  werden.  Hauptsächlich  diesem  Grunde  entspringen  die  fol- 
genden Zeilen. 

In  der  Kaiserzeit  haben  zwei  Städte  auf  Kypros  besondere  Kalemli'r  auf- 
gestellt, Salamis  und  Paphos.  ]  )afJ  vor  der  römischen  Occupation  die  Insel  den 
ägyjjtischen  Kalender  benützt  hat,  geht  deutlich  genug  hervor  aus  den  Tatsachen, 

1.  daß  die  ägyptischen  Monate  in  Salamis  auch  während  der  Kaiserzeit  verblieben, 

2.  daß  auch  an  anderen  Stellen  der  Insel  in  römischer  Zeit  Inschriften  nach  ägyp- 
tischen Monaten  datiert  werden,  und  daß  das  Zeichen  L  für  Jahr  die  ägyptische 
Herrschaft  auf  Kypros  überdauerte,  3.  daß  auf  den  in  Paphos  geschlagenen 
Königsmünzen  und  auf  den  kyprisehen  Inschriften  der  Ptolemäerzeit  ägyptische 
Regenten- Jahre  gezählt  werden.  Die  ägyptischen  Monate  sind,  wie  g'esagt,  in  Salamis 
auch  nach  der  Loslösung  der  Insel  von  der  ägyptischen  Herrschaft  beibehalten 
worden;  in  Paphos  hat  die  Deferenz  g'egen  den  ersten  Kaiser  eine  neue  Gattung 
von  Monatsnamen  geschaffen  und  das  Jahr  von  der  ägyptischen  Rechnung  vollends 
abgelöst.  Ich  behandle  beide  Kalender  getrennt. 

I.  Paphischer  Kalender. 

Das  Menologium  im  Madrider  Codex  Gr.  XCV  (Iriarte)  gibt  die  Monats- 
reihen einiger  Völker  und  Städte  mit  Voranstellung  des  das  Jahr  beginnenden 
Monats.  Das  in  einer  Florentiner  und  einer  Leidner  Handsclirift  erhaltene 
Hemerologium  ordnet  die  Provinzialkalender  nach  dem  römischen  Reichskalender. 
Im  Madrider  Menologium  ist  der  Aphrodisios  der  erste,  Plethypatos  der  neunte 
Monat;   ebenso  zählt  der  Mönch  Alexandres  in  seinem  Enkomion  auf  den  Apostel 


I  1  .'  W.    Kubitsclick 

Barnabas*'*)  den  Plethypatos  an  iiounttM-  St(>llt\  i'iiu>  sehr   nw  üiisclui 
tur  das  Madrider  Verzoichnis.   Dio  Monatsreihe-")  ist   die  tnlocndc: 


i'>i-st;itis;un^- 


Mauritier  Handsclirift 
.     'Aq:poS(3io; 

"Anofovtxd; 
;.     Aiv.xd; 
,.     'loävto; 

Kai3apio; 

•.  AÜTOxpaiopixi; 

:.  Ar,|iapxE»a3to; 

I.  ll>,r^!>0-aTO; 

1.  'Apxispsü; 

.  "E38-ii; 


llemerologium  I-'lorciUimiiu 

'A^p^SCaio;  S'tägij;,    lie^innl 

AnoXXfO.  30  „ 

'Avvioj  i  1  .. 

"loüvioj  .^  I  _ 

Ka'.aap'.oj  28  „ 

Ss^asii?  30  „ 

Aü-oxpäx(i)p  3 1  „ 

A>Jnapxo;  3 1  „ 

nXijoö-üxato;  30  „ 

ÄpXiipio;  3>  „ 

'EoTtsoj  30  „ 

Atoo;  3 1  „ 


3- 

Sept. 

4- 

Od. 

3- 

Nov. 

■t- 

Dcc. 

■1- 

l.\.l.r 

3- 

i'  cur. 
MSrz 

3- 

April 

4- 

Mai 

3- 

Juni 

4- 

Juli 

3- 

AuHiisl 

I  Vgl.  Porphyrius  de  abslinenti.i  II  54  sv  81  -zi) 
vjv  ilx/,i|ilv.  (::piT£pov  &k  Kopwviät  övo|iaL!oii£Vr,l 
|ir,vl  x»-i  K'jnpiou;  A?po3'.3(())  iS-ÜEXü  ävS-pto-o;  xf/ 
^Yf*^''''?-  Also  wird  diese  Culthnndlung  aus  Salamis 
nicht  nach  dem  Sl.adt-,  sondern  dem  Provinzialkalen- 
der    bestimmt. 

a  Die  Inschrift  Le  Bas-Waddinjjton  III  2773  = 
Cagnat  III  933  von  Lapethus  ist  datiert  aus  der  31. 
tribunicischen  Potcstas  des  Kaisers  (=  27.  Juni 
29 — 26.  Juni  30  n.  Chr.)  -%  fsvEstni  Ti^ipiou,  sto'j; 
tj,'")  X~o-fGvixo5  x3.  Der24.  Apogonikos  gleicht  nach 
den  Hcmcrologien  dem  16.  November,  auf  den  be- 
zeuglermaßcn    das  Geburtsdatum    des   Kaisers    Tällt. 


—  Epiphanius  haer.  LI  24  fjleirlil  den  Tag  der 
Taufe  Christi,  dun  K.  Novenilicr,  mit  y.ata  lla+fou; 
X-o-pviaToä  t;.  Beide  Tagcsgleichungen,  die  des 
Epiphanius  und  die  derlnschriftjStimmenvoUig  mit  den 
Ansätzen    der  Hcmcrologien. 

3  Epiphanius  setzt  den  tielmrlstag  Clirisli  auf 
den  Tag  der  Epiphanie,  den  G.  Januar  (haer.  LI 
24.  27.  29)  und  gleicht  diesen  Tag  a.  a.  O.")  mit 
xaxi  IIa-^£ou;  "loüXou  Xcaoapasxa'.Ssxäxrj,  in  Über- 
einstimmung mit  den  Hcmcrologien. 

8  Auf  einer  Inschrift  aus  Soloi  Cagnat  III  930 
Ccsnola  Cyprus  p.  424  n.  29  [ATj|iapyJe£ou3(o')  xe  ir.l 
naü/.ou  [ävO-]uwaxou. 


.Man  verwindet  kaum  die  Geschmacklosigfkeit  in  der  Wahl  der  Monatsnamen. 
Ideler  hatte,  seinen   X'or^än^ern    folgend,    die    ganze  .Serie    als    einen   Salz    inter- 


*)  c.  46,  Acta  Sanctorum  Juni  Bd.  II  451  als: 
Festtag  des  Apostels  wird  der  II.  Juni  angesetzt, 
xzxi  luv  'P(i)|ia{ou;  zfj  -pi  xpiöjv  EiiOy/  'I^'jviwv, 
xaxi  ?E  K'j-pioy;  Kti)V3xavx'.E!;  iir/zi  MsGOjpsi  xo5  xal 
lExixo'j  la,  xxxi  8=  "Ai'.r/o-j;  r^xc.  xaxalTa'^Jcj;  |iT,vi 
n>.T,0-j-ix<j>  xoO  xal  ivvdxo'i  lO-.  Der  Mönch  schreibt 
Anfang  des  sechsten  Jahrhunderts,  sein  Bericht  betrifft 
hier  ein  um  wenige  Deccnnien  vorausliegendes  Factum. 

^)  Übergangen  sind  das  Monatsverzeichnis  des 
Moskauer  Codex  bei  Matthaei  Glossaria  Gracca 
roinora  I  S6,  für  das  eine  genauere  Untersuchung  not 
tat  und  das  Verzeichnis  bei  CramerAnecdotaOxon.III, 
das  erst  durch  Emendation  brauchbar  gemacht  wer- 
den müßte. 

"1   Die  Herausgeber  finden    in    diesem     16.  Jahr 


die  Umschreibung  des  durch  die  31.  lril)unicischc 
Gewalt  ganz  oder  teilweise  bezeichneten  Jahres.  Daß 
so  verstanden  werden  muß,  ist  ja  klar;  aber  es  muß 
betont  werden, dal!  diese  ArtderZälilung  dcrRcgentcn- 
jahre  sich  nicht  dem  —  im  ägyptischen  Alesandreia 
und  wenigstens  später  auch  auf  Kypros  üblichen  — 
Schema  anpaßt.  Augustus  stirbt  am  19.  August,  Tibers 
zweitesRegierungsjahrsoUtealso  vom  23. September  14 
ablaufen;  dann  fiele  das  16.  Rcgicrungsjahr  auf  23. 
Sept.  28  bis  22.  Sept.  29,  und  im  17.  Jahr  (=  23. 
Sept.  29  bis  22.  .Sept.  30)  Läge  richtig  der  Dcdications- 
lag,    lö.  Nov.   29  n.Chr. 

■")  Dort  durch  bloßen  Schreibfehler  5.  Januar: 
r.y^  dxxM  E'.iiöv  'lav^-japiiDv,  f,x'.;  c3xi  xaxi  'Po)|ia!ou; 
t:eH-xTj  -'A  'lavc'japio'j  |irjvij. 


Kaleiuk-rsludien 


pretiert:  Veneris  soboles  Aeneas  (et)  Julius  Caesar  Aus^ustus  Imperator  trib. 
potestatis  cos.  saepissime  poiitifex  maximus  (ex)  familia  Romanoruni  und  an- 
genommen, daß  dieser  Kalender  „unter  einem  der  ersten  römischen  Kaiser, 
vielleicht  unter  Augustus"  eingeführt  worden  sei.  Diese  Einführung  muß  selbst- 
verständlich unter  einem  Kaiser  des  julischen  Hauses  erfolgt  sein;  di(>  Inschrift 
Cagnat  III  n.  933  vom  Jahn-  2g  n.  Chr.  gibt  einen  terminus  ante  quem,  des- 
gleichen die  frühe,  der/.eit  nicht  genauer  bestimmbare  n.  930.  Die  tribunicia 
potestas  in  der  Reihe  der  Monatsnamen  verweist  sie  nach  2^  v.  Chr.,  der  pontifex 
maximus  nach  12  v.  Chr.  Der  pater  ptitriae  fehlt,  damit  ist  die;  Zeit  vor  2  v.  Chr. 
ex  silentio  wahrscheinlich  gemacht. 

Das  wichtigste  aber  ist,  daß  der  für  Paphos  und  damit  für  lvypro.s,  dessen 
Vorort  es  in  der  älteren  Kaiserzeit  ist,  eingeführte  Kalender  bis  auf  geringe 
Abweichung-en  mit  dem  etwa  9  v.  Chr.  (RIommsen,  Athen.  Mitteilungen  XXIV 
1899  S.  286)  im  proconsularischen  Asien  recipierten  Kalender  identisch  ist  (vgl. 
die   folgende  Tabelle). 


Asia 

procon; 

äularis 

P; 

>pho 

^ 

Insebiift 
Prie 

nc 

HerncrO' 
lagieil 

Aphrodisios 

31   Tage 

Kaisar 

31    T; 

Ige 

31   Tag, 

Apogonikos 

3'J 

Apellaiüs 

30 

30 

Aineios 

31 

Audynaios 

31 

31 

lulos 

3> 

Peritios 

31 

31 

Kaisarios 

28 

Dystros 

28 

28 

Sebastos 

30 

Xandikos 

31 

31 

Autokratorili 

OS 

3t 

Artemisios 

30 

30 

Demarchexusios 

31 

Daisios 

31 

31 

Plethypatos 

30 

Panemos 

30 

30 

Arcliiereus 

31 

Loos 

3' 

3' 

Hestios 

30 

Gorpiaios 

31 

31 

Romaios 

3" 

Hyperberetaiüs 

30 

30 

und  den  gleichen  Neujahrstag  hat,  den  2^.  Septembei",  den  Geburtstag-  des  Kaisers 
Aug-ustus  und  zugleich  den  herbstlichen  Äquinoctialtag.  Welchem  Kalender  die 
Priorität  gehört,  wäre  sonst  schwer  zu  sagen,  wenn  nicht  die  Urkunden  von 
Priene,  Dorylaion  u.  a.  betonten,  daß  die  Einführung  des  asianischen  Kalenders 
eine  originelle  Ehrung  des  Kaisers  sein  sollte.  Der  Zusammenhang  beider  Kalender 
war  aber  auch  noch  im  VI.  Jh.  den  Kypriern  geläufig,  und  der  Mönch  Alexander 
hat,  wenn  er  a.  a.  O.  einen  Tag  des  Monats  Plethypatos  toO  '/.od  swatou 
angibt  v.y.-x  Asoavoüc  y^toi  v.y.-y.  Wy/^mz,  zwar  insofern  unrecht,  als  das  asianische 
Jahr  einen  Plethypatos  nicht  kennt,  aber  in  der  Sache  recht,  weil  in  beiden 
Kalendern  der  ,neunte'  Monat  derselbe  ist.  Ein  Wort  noch  über  den  Loos,  den  das 

Jahreshefte  des  österr.  archäol.  Institutes   !!J.  VUl.  IC 


\V.   Kul>ilsc1u-1; 


Hemerologium  l-"loroiitiinnn  an  /\vr>irtor  Stelle  dci-  ihuvli  ilcn  Mailr'ulcr  (Oilix  ^i'.üfo- 
beneii  Serie  nennt.  Man  hat  in  ihm  ein  Residuum  des  cältercn  aul  Kypids  i^chraiuhtfii 
Kalenders  sehen  wollen  und  niül.He  dann  <ias  Neujahr  anl  den  in  .\]ilu(ulisios 
umbenannten  Gorpiaios  \erle_een.  Das  halte  ieh  lür  sehr  binlenkürh,  niehl  l)liiü 
weil  der  Gorpiaios  sich  lür  diesen  Zweck  wenij^-  zu  eni])tehlen  seheiiu.  Mindern 
weil  überhaupt  der  Gebrauch  der  makedonischen  Monatsnaniiii  in  \  orn'innselu'r 
(d.  i.  ägyptischer)  Zeit  in  Kypms  wenio-  g-hiublieh  ist.  Ich  nu'ichte  also  anneluneii. 
dalJ  der  so  vereinzelt  dastehende  l.oos  des  Ilennrolo^iinn  einem  N'erselien  ent- 
stammt. 

Noch  eine  frühe  Umnennung  eines  Monats  g-laube  ich  narliweisen  zu  k("inii(ii. 
Eine  Inschrift  aus  Palaepaphos  Cagfnat  III  op  =  (iardiuM-  und  Hoyartli,  Journal 
of  hell.  stud.  IX  (i8SS)  227  n.  0.  von  Rat  unil  .Stadt  der  .Sebaste  I'apluis  dem 
Kaiser  Tiberius  dediciert.  ist  datiert  Tipsptciou  i^sjSaa-oO  a.  Die  Herausgeber  glauben, 
es  handle  sich  um  das  erste  Jahr  des  Asyltempels  =  22  n.  Chr.;  ich  bezweifle 
aber  sehr,  daß  Analogien  für  diesen  Ausdruck  aufzutreiben  seien.  X'ielmehr  ist 
es  meines  Erachtens  ein  Monat,  gebildet  wie  .Nsptovcioc  -i,jxc;töc  Kenyim,  (ireek 
Papyri  1898  n.  147,  identisch  mit  dem  Pluirniutlii.  Uninennung  mhi  .Mnnaten  der 
römischen  Provinzialkalender  sind  häufig  geiuig,  am  häutigsten  belegbar  für 
Ägypten.  Ein  Monat  Tiberios  findet  sich  auch  sonst,  z.  B.  in  Aphrodisias  CIG  2817 
und  für  die  A.sianer  im   Hemerologium  Florentinum. 

Kür    Kaiser    Galba  (t   15.  Jan.   69    nach    neun-  sen  Zeugnissen  kann  jetzt  nur  secundärcr  Wert  ein- 

monaüiclier  Regierung!  zählen  die  Uyprischen  Mün  geräumt  werden;    sie  lehren    nur,    daß    das  Neujahr 

«n  zwei  Regierungsjahre;   der   von  Paphos    gesetzte  nach    Anfang   April    und    vor    den    10.  Dec.  fiel.  - 

Meilenstein  CIL  III  218  führt  in    der  Titulatur   des  Über  die  abweichende  Art  der  Zählung  unter  Tibe- 

SeplimiusSeverus  die  VI.  tribunicische  Gewalt  ( 10. Dec.  rius  auf  dem  .Steine  Cagnat  III  933  vgl.  oben  Anm.  2(>. 
198  bis  9.  Dec.  199)  und  ist  d.iliert  etous    i^.^j   Die- 

2.  .Salaminischer  Kalender. 
Den  Tag  der  Epiphanie  und  zugleich  nach  sein<-r  Ansicht  der  Geburt  Christi 
sowie  den  Tag  der  Taufe  Chri.sti,  bestimmt  E.piphanius  an  d.-r  mehrmals  oben 
citierten  Stelle  haeres.  LI  24  nach  verschiedeneu  Kalendern:  soweit  wir  darüber 
uns  ein  Urteil  bilden  können,  stehen  .seine  Gleichung.-n  in  CbereiiLStimmung  mit 
den  uns  anderweitig  überlieferten  Kaiendarien.  Auf  welche  Art  er  diese 
Gleichungen  zustande  gebracht,  mit  anderen  Worten,  welche  Quellen  oder  Hilfs- 
mittel er  dazu  benützt  hat,  erkenne  ich  nicht.  Aber  dem  langjährigen  I',ischof 
von  Konstantia,  wie  Salamis  damals  hieß,  ist  volle  Bekanntschaft  mit  wenigstens  den 

-    ^Ver  immer  bis  jetzt  diese  Inschrift  behandelt  hat.  rechnete  mit  ägyptischen   Jahren! 


KaleiideisUulien  I  I  5 

Kalendern  der  beiden  Hauptorte  der  Insel  ]'v3'pros  zu  seiner  Zeit  (37,=;  n.  Chr.)  unbe- 
dingt zuzutrauen.  Den  8.  November  bestimmt  er  nun  nach  paphischem  Kalender 
als  16.  Apogoni[k]os,  -/.axä  i]aXa|uvio'jc  xou;  xai  KwvatavxLatoi);  Tpizou  Xotäx  c,  nach 
äg-yptischer  Rechnung  als  12.  Athyr.  Den  6.  Januar  aber  gleicht  er  mit  dem  14.JUI0S 
paph.,  dem  11.  Tylji  ägy[it.  und  ■/.y.z7.  Kir.pio'j:  thvjv  — aXaji:v:o'j;  -.i[\.Kzo'j  tüeji-xt^. 
Daraus  geht  hervor: 

1.  Dalj  in  Salamis  die  Monate  wie  im  proconsularischen  Asien  durclige/.ählt 
und  danach  benannt  worden  sind.  Der  V.  begann  mit  dem  2.  Januar,  der  III.  mit 
dem  3.  November.  Somit  waren  der  III.  und  IV.  je  ^otägig  geordnet.  Zwei 
Monate  zu  dreißig  Tagen  hintereinander  kennen  aber  außer  Tj^ros,  wo  kein 
Monat  mit  28  Tagen  ausgestattet  worden  ist,  nur  Kalender  welche  die  Epagomenen 
in  geschlossener  Reihe  anfügen,  also  auch  der  ägyptische  Kalender,  auf  den  als 
Ursprung  die  (später  anscheinend  nahezu  verdrängten)  Monatsnamen  der  salami- 
nischen  Zeitrechnung  hinweisen.  Somit  tTdlt  das  Neujahr  auf  den  4.  September, 
somit  um  6  Tage  später  als  das  alexandrinische  luid  um  H)  Tage  vor  der 
in  Paphos  recipierten  dr,yr^  Ixou^.  Das  salaminische  Jahr  läßt  sich  damit  völlig" 
sicher  reconstruieren,  die  Epagomenen  lagen  wie  üblich  am  Jahre.sschluß,  also 
zwisclien  dem  30.  Aiig'ust  und  dem  3.  September,  und  der  zehnte  Monat  muß 
dem  Monat  Juni  völlig  gleich  gelaufen  sein.  Und  damit  ist  es  in  vollem  Einklang, 
daß  in  der  oben  S.  109  ang-eführten  Stelle  des  Enkomion  auf  den  Apostel  Barnabas 
y.y.zy.  K'jTtfiO'j;  Kwnzy.w.sli  der   i  1.  Juni   mit   dem   11.  Tage  loO  oszxxci'j  g'eglichen   ist. 

2.  Daß  trotz  der  directen  Abstammung  des  salaminischen  aus  dem  ägy|)tischen 
Kalender  nicht  bloli  die  Jahranfäng-e  auseinanderliegen,  sondern  daß  auch  die 
Monate  in  beiden  Kalendern  verschiedene  Plätze  einnehmen.  Den  , dritten'  salami- 
nischen Monat  nennt  Epiphanius  Choiak,  also  mit  dem  Namen  des  vierten 
alexaiulrinischen  Monats.  Man  miJchte  daraus  schließen,  daß  der  Thoth  von  seinem 
ersten  auf  den  zwölften  Platz  gerückt,  das  Neujahr  also  etwa  bei  der  Neuordnung 
der  Kalender  unter  den  Römern  um  einen  Monat  verlegt  worden  sei.  Aber  das 
Enkomion  auf  den  hl.  P>arnabas  nennt  den  zehnten  Monat  nicht  Epiphi,  sondern 
Mesorei,  der  doch  das  Ende  dc^r  alexandrinischen  Monatsreihe  bildet.  Das  Eocal- 
colorit  der  Darstellung  ist  so  leibhaft,  daß  wir  kein  Recht  haben,  daran  Zweifel 
zu  äußern,  daß  der  Verfasser  ■'■')  aus  Kypros  stammt  und  dessen  Kalender  gekannt 
und  zu  verwenden  verstanden  hat.  Dann  bleibt  nur  übrig'  zu  constatieren,  daß 
die  verschiedenartige  Entwicklung-,  die  der  makedonische  Kalender  in  den  ihm  seit 
Alexanders   des  Großen  Zug    gewonnenen   griechischen    oder   graecisierten  Land- 

•"j  Über    diesen    vgl.   Elirhard    in    Krumbachers  byzant.  Literaturgeschichte^   164  (71,   3) 

15* 


I  !(.>  \V.  Kiil.ilschek 

sti'icheii  ilaiik  ilironi  verschioilon  goarti'ton  politisolu'ii  l-.iUwirkluvigsii-an;^-  und 
dem  Mangfel  einer  lU-ni  Alltagsverkohr  iniponicreiuleii  ancrkaniUen  wisscnschat't- 
lichen  Autorität  i>iler  iiiercantilen  Xot\vemlig'k(Mt  gciiniiinicTi  lial.  ein  .\nali>g-(in 
in  dem  ägyptischen  Kalender  findet,  der,  trotz  der  nicht  otl  und  nicht  hinL;"c 
unterbrochenen  einheitlichen  Oberherrschaft  Ägyptens  über  K\])riis  oder  wenig- 
stens engeren  \'erbindung  beider  (iebiete,  in  diesen  eine  verschiedene  iüilwick- 
lung  eingeschlagen  hat,^')  und  dali  seilest  die  Abfolge  der  Monate  so  irritiert 
werden  konnte,  wie  wir  das  sonst  nocli  niit  dem  niak(Ml()nischen  Kalender  in 
Seleukeia  geschehen  sehen;  dort  linden  sicli  in  continuierlicher  Abfolge  die  Monate 
Apellaios,  Gorpiaios,  Panemos,  Xanthikos,  Audynaios,  denen  im  niakedimisclien 
Xormaljahre  die  Zahlen  II,  XI,  IX,  A'I  und  TU  ents])rechen.  Auch  für  diese  gründ- 
liche Umstülpung  wird  man  eine  organisclu'  l'.ntwicklung  annehmen  müssen;  sie 
nachzuweisen  vermögen  wir  nicht;  wir  sehen  hier  bloü  den  Mffect,  sowie  wir  auf 
dem  Marktplatz  die  Folgen  eines  heftigen  Windstol.ies  in  Augenschein  nelnuen. 
Mit  den  sonst  bekannten  Ueisj)ielen  ähnlicher  Reclmung'  in  Salamis  ver- 
mögen wir  nichts  zu  erreichen:  Watldingtoii  III  276(1  aus  christlicher  Z.eit  (bei 
Salamis)  |ir({vöc)  r^  w5(:y.';''(ovo;)  i  und  2763  (Hagios  Sergios-Salamis)  aus  der  Zeit  des 
Kaisers  Herakleios  mit  |i/,(vö;)  c  ivo.  ;. 

\'II.   Der  lykischc  KalcnJer. 

Es  ist  nicht  wahr,  dai3  sein  Neujahr  auf   den   i.  October  (Leos)  gefallen  ist. 

Heberdey  hat  (Opramoas  S.  56)  aus  den  zu  Kyaneai  aufgedeckten  Regesten 
der  den  Lvkiarchen  Jason  betreffenden  Acten  (Cagnat  III  704)  den  zwingenden 
SchluÜ  gezogen,  daß  der  lykische  Bundi^spriester  (dcp/tspsö;)  sein  Amt  am 
I.  Januar  angetreten  hat.  Man  wird  ihm  auch  gerne  beistimmen,  wenn  er  es  für 
wahrscheinlicher  hält,  _daß  die  in  der  Wahlversammlung  zu  I-.ndc  .September  (ie- 
wählten  erst  nach  Verlauf  einiger  Zeit  antraten,  als  daU  dies  unmittelbar  darauf  im 
October  geschah."*  Soviel  hat  er  zur  Widerlegung  der  Ansicht  l'.manuel  Loewys, 
_daß  der  Amtsantritt  der  Bundespriester  mit  dem  i.  Loos,  dem  Beginn  des  bürger- 
lichen Jahres  zusammenfalle",  beigetragen.  Wenn  er  nicht  vom  „specifisch  römischen 
Charakter •'"')  des  Amtes"  spräche,  der  dieses  Zusammenfallen  des  Bundespriester- 
jahres mit  dem  römischen  Jahre  wenig-er  auffällig  erscheinen  lasse,  so  würde  ich  fast 
meinen,  daß  er  die  Frage  nach  dem  Amtsantritte  der  übrigen  Bundesbeamten  in  d('r- 
selben   Weise  wie  für  den  Bundesprie.ster  entschieden   habe.  Imniei-hin   scheint  er 

^';  Ich  berühre    liier    gar   nicht    die  von  .Strack,       ägyptischen   Kalenders. 
Rhein.    Mus.    LIII    $<)•)  (f.    erörterten    Fragen     des  ")  den   ich  anzuerkennen  niclil  in  der  I.nge  bin. 


K:\len(lcrstu(licn  1^7 

wenigstens^;!'  den  Lykiarchen  gieich falls  den  Antritt  am  i.  Januar  14  voraus- 
zusetzen (S.  ^g  und  S.  57  Z.  7  v.  u.  „Bundesbehörden"),  unil  so  hat  auch  Gustav 
Foug-eres,  De  Lyciorum  communi  p.  94  ihn  verstehen  zu  sollen  geglaubt.  Fougeres 
selbst  hat  Heberdeys  Ansatz  für  den  Archiereus  acceptiert,  den  für  den  Lykiarchen 
aber  —  in  verfehltem  Verfahren  —  abgewiesen  und  an  Loewys  Grundsatz  fest- 
gehalten, daß  der  I.j'kiarch  am  Neujahr  des  bürg-erlichen  lykischcMi  Kalenders, 
dem   I.  Loos  =  October,  sein  Amstjahr  beginne. 

Ich  sage:  in  verfeliltem  Verfahren;  denn  I .  wenn  Amt  Besitz  ergriffen,  so   hätte  es  überhaupt  Icein  fest 

Heberdey    {S.  59)    auch   für   andere  Fälle    eine  Ver-  umgrenztes  Amtsjahr    des  Lykiarchen    gegeben,    und 

bindung  des    Lylciarchats    mit    dem    Archierat  derart  jedesfalls    hat    niemand,    der    Mitte    oder   Ende    des 

wahrscheinlich  gemacht  hat,  „daß  die  Lykiarchie  sich  ersten  Jahresmonats  diesen  Functionär  gewählt  werden 

unmittelbar   an    die   Bundespriesterschaft    anschloß,"  läßt,  das  Recht,  dessen  Amtsantritt  mit  dem  Neujahr 

50    hätte  Fougires    die  Oualification    des  Lykiarchen  in  Verbindung  zu  bringen.   —  Wenn  ich   recht   ver- 

an  die  Rechenschaftslegung  des  Archiereus  und  ein  stehe,   ist   aus  den    auf  I^icinius  Longus  bezüglichen 

neunmonatliches  Intervall  zu  knüpfen  Bedenken   tra-  Worten  bei  Cagnat  III  500   col.  III  32  irpö -^j  Auxt- 

gen  müssen.     Vermochte  schon   die  auf  die  Commu-  7.p/_£a;   tspa'EÜaa;    xo)v   SspaaTtüv   sv   ~ri    TCaTpiSl   sni 

nen  römischer  oder  latinischer  Rechtsstellung    ange-  äp/^LEpso;  KXauSio'j  Saxspdojtcs   (126   n.Chr.)    |J.r/v6; 

wandte  .Schablone  nicht  die  unmittell)ar  aufeinander-  Awo'j   äKtTsXst   -/.uvri-feaia    xal  ^■ri(,'j\xa.xi-j.-   v.rA   [lovo- 

folgende  Bekleidung   zweier   Gemeindeämter   zu  ver-  liayja;,  y.a3'(i);  Ssty.vuTai  ix  toS    Y^vo|iivGU    ']jvj:fia|ia- 

hüten,    so  werden  um  so  weniger  rigorose  Anforde-  xo;  £i;oöaEO)j  iE'.\i-fi-  kitl  äpxi3pEoj  Aooxt'ou  [O0]t[pr|]- 

rungen    an   Ämter    zu    stellen    sein,    die   anscheinend  pE[ivo'j  (127   n.  Chr.)  |i'(;vij]  Sav5r/C0'j  ij  und    n.  492 

so  ziemlich  aller  politischer  und  administrativer  Be-  (eben    dieses    im    vorausgehenden    Citat    angezogene 

deutung   entkleidet  waren  wie  diese.  Psephisraa)  ä-^aYOVca  y.!jvr,Y=aia  "/.al  |iovo;iax£a;  '^;|iE- 

2.  Die  von  Fougeres  S.  58  f.  zusammengestellten  pöjv   äüo   äpxtEpEOj  Saxipocoxoj   npö    x'^;   Au'/.tap)(ias 

Daten    für   AVahlversammlungen    bewegen    sich    zwi-  noch    zu    entnehmen,    daß    Longus    als    designierter 

sehen  einem  unbestimmten  Tage  des  Panemos  (.Sept.)  Lykiarch  im    Loos    Spiele    gegeben,    also  die  Lyki- 

und   dem    20.  oder    einem    späteren    Tage    des  Loos  arclüe    weder    am    vorgeblichen     lykischen    October- 

(Oct.),   somit  in  einem  Zeiträume  vou  wenigstens  drei  Neujahr   noch    unmittelbar   nach    seiner  Wahl    ange- 

Wochen.     Hätten    die  Gewählten    sofort    von    ihrem  treten  hat. 

Woher  stammt  nun  das  vorgebliche  lykische  October- N^eujahr?  Man  verweist 
dafür  auf  Fougeres  S.  5g.  Dort  steht  nichts  als  ein  auf  die  „Reisen"  II  125  ge- 
stützter Hinweis  auf  das  B'lorentiner  Hemerologium,  durch  das  das  lykische  mit  dem 
sidonischen  Jahre  verbunden  sei;  in  den  „Reisen''  a.-a.  O.  ein  auf  Bandini  11  40  ff 
gestützter  Hinweis  auf  die  gleiche  Handschrift.  Bandini  aber  11  40  (46  ff.  ist 
ein  irriges  Citat)  bietet  gar  nichts  als  die  Überschrift  der  Florentiner  Handschrift; 
diese  Handschrift  endlich  spricht  weder  von  einem  Neujahr  noch  verbindet  sie 
die  Kalender  von  Lykien  und  Sidon  miteinander,  ja  sie  stellt  sie  nicht  einmal 
nebeneinander   auf"'")    —    Dann   muß   diese  Angabe    wohl   aus   einem  Commentar 

^'')      Auch     sind    diese    beiden    Kalender     nicht  heißt    der    erste  Tag    in  jedem   einunddreißigtägigen 

einmal   vollständig    gleichlautend;    in    Sidon    werden  Monat    ^ögas-Vj,    und     der    2.    bis    31.    werden     als 

nämlich    die   Tage  jedes  Monates  durchgezählt,  also  i.  bis  30.  gezählt  (vgl.  das  Leydener  Kalendarium); 

in    den   3ltägigen  von   1   bis  31:  im   lykischen    aber  vgl.  darüber  Usener,  Bull.  delP  instituto  1874  p.  77  fg. 


iiS 


\V.    Kul>ilsclick.   IvalciuUistmlii-n 


2111U    Menierolog'ivim    staninirn,    ich   ylaubo    aus    IiK-Kts   llaiulhucli,    wo   1   450    ilie 
syromakedonischen  Monato  f<ilgviulormal3(Mi  yeordiift  erscheinen: 

ninkcilonisclie  N;imcn:  syiisciie:  römische: 

Hypcrbcrclacus  I.  Thiscliri  Oclobcr 


Dius 

ApcUacus 

Audvnncus 


und  I  434  gvsay:t  wird.  dal3  auch  die  Sidoiiier  di 
braucht  hätten,  „nur  daß  sie  dieseÜKMi  um  zwei  Sl( 
und  nun  —  somit  in  offenbarer  AnlehiumL;-  an  die  I 
schi-n  ^[onate  so  aufgezählt  werden: 

Luus 


II.  Tliischri  November 

I.  Kamin  nccember 

IT.  Kamm   usw.  Januar  usw., 

^vroniakedouischcn  Monati 


11   li 


'ler   ins 
>"  1    l,V 


lahr 


•liohen." 
die    sidoni- 


Gorpiaeus 

Hyperberctaeus 

Dius 


Oclobcr 

November 

Derember 

Januar  usw. 

ndscln'ift  zeii 


die  l-liiriMitiniT  I  h 

I   sidonischen    last   yanz   gleich 


,   niiTl 
Aber 


\vur( 
dal.l 


l.ykicMi    der    erste  Jahresmonat    sein   si 


ger\v(Mse 
ler  ].,,os, 
at  Ideler 


I  435  "^agt  Ideler.  dal.f,  wie 
der  lyki.sche  Kalender  den 
sei  es  in  Sidon,  sei  es  in 
gewili  nicht  sag"en   wollen. 

Wenn  nun  also  nicht  daran  gezweifelt  werden  darf,  daü  das  lykische  Neu- 
jahr auf  den  i.  Dios  =  i.  Januar  gefallen  i.st,  wird  man  umgekehrt  das  gleiche 
Xeujahrsdatuni  für  .Sidon  a  jiriori  annrlmu-n  dürfen.  Inschriftlieli  ikIct  litcrai'isch 
überlieferte  Daten  stehen  uns  zur  Krjjrobung  dieser  Behauptung  nicht  zur  \'er- 
fügung.  Von  den  Münzen  kämen  bloi.i  die  des  Jahres  ZKC  in  Betracht,  dii'  tili- 
Traian  und  für  Hadrian,  somit  im  Jaliri'  r  1 7,  geschlagen  worden  sind.  Hecken 
sich  sid.  227  und  jul.  117,  so  ist  —  vermutlich  in  augusteischer  Zeit  d<-y  .\ren- 
beginn  für  Sidon  auf  i.  Januar   i  10  v.  Chr.   umgerechnet   worden. 

Xacblräge:  Zu  S.  y4,  Z.  8:    Als  Par.nllclc  zu        Concilicn  in  bereinigter  Gestall  vorliegen,  müßte  liero- 
Euscbins  würde  der  letzte  Namen   in   dem  Bistümer-        saba  damals  (etwa  Anfang  des  VII.  Jh.)  von  Eleutliero- 


katalog  der  ersten  PaL-icstina  bei  Georgius  Cyprius 
Z.  1027  c  Nolil.  cpisc.  V  108  Partbcy  zi'/.-.uyi  Vtyx':- 
Ttxö;  TjTV.  Baf  lajuuv  hiczugefiigt  werden  können,  wenn 
nicht  —  allerdings  m.  E.  vorläufig  ohne  durchschla- 
gende Gründe  —  von  den  neuesten  Exegcten  dieser 
.Stelle  die  Ansicht  verfochten  würde,  daß  dieses  Uaf  3ä- 
[lojv  nichts  mit  Berosaba  zu  tun  habe.  Gclzer  z.  B.  will 
in  dem  zwischen  den  .Slüdten  der  dritten  Palacstina 
ZttiOfa  und  'E/.a;  (=  Allan)  Z.  1052  erscheinenden 
Kamen  Bifoiäjmv  Bir  es  —  Seba'  erkennen  und  von 
jenem  Bif  3i]i(i)V  unterscheiden.  Die  Richtigkeit  dieser 
Auffassung  vorausgesetzt,  über  die  man  sicherer  wird 
urteilen  ki^nneD,  wenn  einmal  die  Subscriplioncn  der 

Wi^n. 


polis,  das  in  der  ersten  l'alaestina  verblieben  war,  ab- 
getrennt gewesen  sein. 

Zu  S.  96:  Das  Neujalir  von  Askalon,  das 
wie  ich  voraussetzen  muß,  auf  den  I.  Dios  fiel,  lag 
später  als  der  14.  Gorpiaios,  vgl.  den  Papyrus  Hermes 
XIX  (1884)  418. 

Zu  S.  105  Anin.  21 :  Auch  in  ilein  dem  Icxle  des 
Kdsmas  Indikopleustes  IX  8  S.  308  fg.  beigefügten,  -uiv 
"/.0"/./.ov TÖ)'/  |ir,vi&v"o5  eviauToO  veranschaulichenden  Dia- 
gramm der  Jahreszeiten  und  der  ägyptischen  und  römi- 
schen Miinate  sind  die  einzelnen  Jahrviertel  bezeichnet 
als  Tf.crT,  iapivr,,  Tf.o;:)',  O-af.vrj,  tpo-r,  |i£xc;;o)f.tvr)  und 
Tji'yr.T,  Xi;]Uf;vr;(Migne,Patrol.Gracc.  LXXXVin470). 

W.  KUBITSCHEK 


119 
Ein  Straßennetz  in  Eusebius"  Ononiastikon  ? 

Peter  Thomsen  hat  diese  Frage  in  der  Zeitschrift  des  Deutschen  Palästina- 
Vereins  XX\'l(i9o3)  i4of.,  i68fF.  behandelt,  „(ianz  sicher,-'  sagt  er,  ,,ist  es,  daß 
Eusehios  lür  die  häufigen  lüitfernungsangaben  schriftliches  Material  vorgelegen 
hat.  In  Caesarea,  der  Hauptstadt  der  Provinz,,  waren  ihm  gewilJ  die  amtlichen 
Itincrarien,  sei  es  nun  in  der  Gestalt  der  uns  überlielerten  Itinerarien  oder  in 
Kartenform  zugänglich.  Es  ist  auch  nicht  glaublich,  daß  Eusebios  alle  diese  Ent- 
fernungen, die  zum  großen  Teil  ganz  genau  stimmen,  auf  seinen  Reisen  sich 
notiert  oder  gar  aus  dem  Gedächtnis  niedergeschrieben  haben  sollte.''  Eine 
Zusammenstellung  der  Distanzangaben  werde  „ein  großes  Straßennetz  für  ganz 
Palästina  ergeben,  das  natürlich  erst  seit  der  Römerzeit  existieren  konnte.  Es 
wäre  jedoch  voreilig,  wollte  man  aus  jeder  Entfernungsangabe  auf  eine  Römer- 
straße, d.  h.  auf  eine  r(")misch(?  Heerstraße  mit  Meilensteinen,  Pflasterung  usw. 
schließen."  Thomsen  gestaltet  seine  Untersuchung'  dann  so,  daß  er  die  Distanz- 
angaben des  Eusebios,  der  nirgends  einen  Straßenzug"  im  ganzen  behandelt,  nach 
einzelnen  Straßenzügen  gruppiert  und  genauere  oder  geringere  Kenntnis  des 
Eusebios  in  den  verschiedenen  Teilen  des  palä.stinensi,schen  Straßen-  oder  Weg- 
netzes nachweisen  will.  Seine  Untersuchung  ist  mit  gToßem  Fleiß  und  .Sachkenntnis 
geführt  und  erleichtert  jeder  folgenden  den  Weg.  Aber  die  (xrundsätze  seiner 
Untersuchung  sind  nicht  untereinander  vollständig  im  Einklang,  und  seine  Ab- 
handlung tritt  nicht  eigentlich  den  Nachweis  amtlicher  Quellen  bei  Eusebios  an, 
sondern  gestaltet  sich  zu  einer  Classificit^rung  der  eusebianischen  Angaben  nach 
ihrer  tatsächlichen  Richtigkeit;  was  richtig  i.st,  läßt  er  dann  für  den  römischen 
Straßenzug',   wenigstens  für  die  mit  Meilensteinen  au.sgestattete  Straße  sprechen.') 

Es  fällt  mir  selbstverständlich  nicht  bei,  den  großen  und  dominierenden 
Wert  des  Ononiastikon  tale  quäle  für  die  topographische  Erforschung  Palästinas 
zu  leugnen,  aber  in  ihm  einen  Niederschlag  eines  officiellen  —  sei  es  staatlich 
oder  kirchlich   officiellen  —  Straßenbuchs  zu  sehen  haben  wir  kein   Recht. 

Es  wird  wohl  genügen,  sich  eine  Vorstellung  von  den  praktischen  Bedürf- 
nissen und  dementsjirechend  von  der  Registratur  eines  Wegbauamtes  zu  machen, 
um  die  Annahme  abzulehnen,  Eusebius  habe  ausführlichere  oder  überhaupt  irgend- 
welche Vorstudien  in  diesen   Archiven   g'emacht.     Immerhin   ist   denkbar,    daß    er 

')   Beispielsweise   sagt  Thomsen    S.  1S2:    „rait  Angaben",  und   das  Fehlen  von  Entfernungsangaben 

Meilensteinen    mag  sie   (die   Straße  Eleutheropolis —  will  er  gelegentlich  (S.  174)  bei  Abelmea  daraus  er- 

Nikopolis)    nur    bis  'ain    schems    versehen    gewesen  klären,  daß  der  Ort  „also  wohl  nicht  am  Wege  ge- 

sein,   daher  erklären  sich  wohl  die  übrigen  ungenauen  legen   war". 


.v:, Mayen  all  das  AiiU  richtcto.  um  die  WcyokartiMi  odiT  \\'i'i>\'ln'iolu'r,  dir  im 
Publicum  cursiertt-n  oder  in  moiuimciitalcr  (ieslalt  di-m  Pulilirum  /in^iiiij^iirii 
waren,  zu  corrijiioren  —  notabene  soweit  das  Netz  öffentlicher  Stral.U'ii  in  l'.itvacht 
kam;  was  lüisebius  an  lüilferinmg-en  abseits  der  StraÜen  einseliät/.iMi  wnlltc,  laiid 
in  jenem  Material  keine  liasis.  So  lanye  aurli  nicht  entleiiit  A  nhahN]unikte  liir 
die  Kxistenz  ana^raphischer  Specialkarten  yröüerer  n'imischcr  X'erwaltimysi^i'liiete 
.yegfeben  sind,  ist  nicht  daran  zu  denken,  daÜ  in  den  Ret;■i^t^atm•en  der  We^bau- 
ämter  andere  topogTaphische  Re/.iehuni^cii  als  Am^abi'u  der  \on  der  Stral.ie 
jjeschnittenen  Fluren  und  der  An.siedlunj^en,  zu  deni-ii  odir  durch  die  sie  leitete, 
sich  fanden.  DaÜ,  was  abseits  von  der  StraUe  lag',  in  diesem  Aclemnaterial  gebucht 
gfewesen  .sei,  ist  —  weil  hier  überHüssig  —  ganz  unglaid)\\  ürdig :  hi'ichstens  ganz 
sporadisch  können  solche  Bemerkungen  darin   vorgekommen  st-in. 

Im  ganzen  bit-tet  das  (.biomastikeii  des  luisebius  etwa  145 -)  Distanzangaben. 
\'on  diesen  sind  nur  40  (samt  den  Dubletten  43)  nicht  l)lol3  durch  den  Ausgangs- 
punkt der  Messung  bestimmt,  sondern  mit  zwei  Punkten  x'erbutulen,  dem  Ausgangs- 
punkt der  Messung  und  einem  in  ihrer  Kiditiing  begenden  Stadt-,  l.andes- 
oder  Flußnamen. 

Dafür  bestellt  kein    festes  Formular.     Ks  niuKii  (ä/.wv  'Azii)  SiiaTVjxsv  — ,  —  'Ispix'-''»  "f'^'  or/nsiit;, 

sich  AVciuiungcn  wie   \i.  54,  6  xiönai  p  Hs^sa.  ä/,/.rj-  (ö;   änb    äuo    ar(|ui(OV    tcj  'lopSdvou    oder  p.  54,   12 

>.(uv    -/.T,3(cv.    Xsa;    -d/.£(oj    ir.iy^vj:jM    arjUsioi;    i^  (Br,0-3a|is;)  ä-ix^uss' 'EJ.S'j8-if o-iiXsw;  srinstoi;  i -pöj 

y.at;öv:<uv    sni    XxuO'&no/.LV    oder  p.   114,  24    Kapia-  äva-oXa;  |i5Ta5i)  Nty.o;i6Xso);  oder  p.  156,   16  iiapai 

iKaps;|i [isxaS'J  Ai/.iaj  -/.a;  A'.o;-i>.=o)j.  irl  -f,;  Y.u>\ir,    ioxiv    sv  öpCo'.s  'EXE'jfl-cp07iö?.ECu;  zpo?   popfäv 

ö?0'j    xsijiivr,,    ä-c.   crj|i£i(uv   0-  .\i/,fa;  oder  )).  8,   iS  ä-'.iv-o)v  st;  Xiy.d-oX'.v  w;  äTio  nr|Hs{cuv  t  u.  a. 

Ms  handelt  sich  hit-r  in  der  Regel  um  Orte,  denen  zur  Zeit  des  lütsebitis 
geringere  oder  gar  keine  atlministrative  oder  commerciulle  Jiedeutung  zukam, 
und  für  die  zur  leichteren  Orientierung  des  Lesers  eine  Linie  zwisclieti  bekatinte- 
ren  .Stadtnamen  gewählt  wurde.  (iew("ihnliih  trifft  es  sicli  .auch,  dal.i  tliese  Linie 
mit  einer  ReichsstraUe  zusammenfiel,  oiler  sagen  wir,  dalJ  eine  ReichsstraÜe  als 
Orientierungslinie    verwendet    wurde,    und     gelegentlich-')    Ijezieht    sich    lüi.sebius 

')  Eigentlich  155,  davon   10  doppelt.  Ai/.£a;  ä-iiO-sv  ar^iistot;  ifl  ctTttöv-tov  Ei;  N'säTtoXiv  ?egta 

^)  Dies  gcschielu  bei  den  Straßen  zwischen  und  p.  120,  8  iTZ  äpiiTEpi  Tf/;  Ö5o0  zfji  äYdiayjg  in 

ä)   Neapolis    und    Skythopolis:    p.  26,   24  A'./.iav  'j-.i,  'Saa.i  toäsoj;;  vgl.  Itin.  Hieros.  p.  SS.'Jfg. 

das  Dorf  Ascr  liegt  ev  Twniy.%'.is.Y.izip  a7,\uUi>  ;tpö;  cniitibiis  Jerusalem  in  parle  siiiislra   est   villa  ijiiae 

aÜTj    T^    /.S(o?ip<;);    vgl.    das    Itin.   Hieros.    58",    I  diciliir   lielhar  (im   Veroncnsis  lietar),   —   —    iiuic 

civilas  \S]cilliopoli     inil.  XII  Hicrtisalcm  inilia  XII.     Ferner  |).  168,   17   Goplina 

j'li<rr,«tii»//a/i///iofc>H»7.A'K/ ('der Parisinus  irrig  17;  liege  AiX£a;  oT,p£(o'.;  13  ■/.%-%  t^v  öSiv  tr^v  si;  Niav 

civilas  Keapoli  tiiil.  XV.  t.O.vj  ä-foaaav;  vgl.  die  Peutingerschc  Tafel  mit  Cofiia 

b)   Xeapolis- Ailia:    p.  6,   I    Uaithel    liege    £v  XV^Z-Jerusalem. 
/.a;cc;  tf,;  iJoü    (in  der   Richtung   Xeapolis — Ailia)  c)  Ailia-Hebron :   p.  42,    lo    Hethleem   liege 

i!i~i    -i    ',fiiiy.y.-'y/   A:/.!x;   5t,jieIov;    vgl.  p.  40,   20  Al?.!a;  äzoO-Ev  OT^jwio'.;  ;  £-;  T'/.  viT'.a  -spl  tt//  '.'äp'y'j- 


Ein   Str.ißennet/'.  in   Eusebius'  Onomastikon?  121 

ausdrücklich  auf  die  Stra(3e,  zumeist  bei  Stücken  der  von  Skythopolis  über 
Jerusalem  nach  Hebron  verlaufenden  Straße.  Hier  hiit  Eusebius  deutlich 
die  Straße  vor  Augen,  und  einige  seiner  Angaben  werden  durch  das  Wallfahrts- 
buch des  Pilgers  von  Bordeaux  bestätigt.  Man  wird  nun  gewiß  um  so  lieber 
geneigt  sein,  die  übrigen  auf  eine  Richtungslinie  bezogenen  IJistanzangaben  (also 
mit  der  Grundformel:  so  und  soviel  ar||X£ra  von  m  in  der  Richtung  gegen  n  entfernt) 
auf  Straßenstrecken  zu  beziehen,  und  wird  mit  dieser  Annahme  wahrscheinlich 
meist  das  Richtige  treffen.  Diese  Straßenstrecken  gehören  einigen  wenigen  vStraßen- 
zügen  an,  die  nahezu  sämtlich  aus  anderen  Quellen  eine  Bestätigung  erhalten 
haben,  und  die  Fassung*)  einiger  dieser  Stellen,  ich  meine  die  mit  iv  .  .  .  ay;|isu;)  oder 
k~J.  zb  .  .  crrj[i£rov  scheint  mir  auch  nur  aus  einer  directen  absichtlichen  Beziehung 
auf  eine  Straßenstrecke  erklärlich. 

Aber  so  sicher  es  ist,  daß  Eusebius  einige  .Straßenzüge  in  Palästina  (und 
Arabia),  kennt  und  nennt,  ebenso  sicher  ist  es,  daß  er  den  Lesern  seines  Onoma- 
stikon keinen  Ersatz  für  ein  Itinerar  geben  oder  sie  über  den  Straßenlauf  unter- 
richten wollte.  Er  hat  xielniehr,  wie  es  scheint,  absichtlich  den  Terminus  für 
Straßen  vermieden,  auch  wo  er  offenbar  oder  wahrscheinlich  an  .Straßen  denkt. 
Er  verwendet  nirgends  Distanzangaben  zwischen  großen  und  bedeutenden  An- 
siedlungen,    sondern    setzt    augenscheinlich    bei    seinen    Lesern    die  Kenntnis    der 

aav  ctg  Xäßptbv  6ä6v;  vgl.  Hin.  Hier.   p.  598    Hein    ab  AniwLii  erwähnt,  welclies  Grab    semitac  ad  cellulas 

Hieriisalem  etmlibus  BdUlcciii   inilia   qiialltior   (der  iioslras  c  via  publica  divertcntis  principium  est. 
Veronensis  irrig:   VI;  vgl.  Eusebius  p.  82,  lo  eSa'jjav  Über  das  von  Eusebius  beliebte  Ausmaß  hinaus 

-r;v  'Pa.'/riX   in    Ephrata,    änö    aYj|is£o)V  3    x^;    'Ispou-  scheint  er  weder  via  noch  via  publica  zu  verwenden, 

oaXvj|i)  super  slrala    in  parle   dcxtra  est  inoniimcn-  außer  p.  157,    ig,  wo  er  die  beiden  Dörfer  Sokchoth 

tum   tibi  Rachel  posila  est  lixor  Jacob,    inde  milia  auf  dem   Wege    von   Eleutheropolis    nach   Ailia    in 

II  a  parle  sinistra  est  Bethleem,   tibi  italtis  est  do-  iioito  miliario  viae  piiblicac,  iintis  in  motite  et  aller 

minus  Jesus  Christus.  in  campo  Situs  sucht;  ob  die   kleinen  Verschieden- 

d)  Ailia-Nikopolis:    p.  46,   23    zwei    Dörfer  heiten  dem  eusebianischen  Texte  gegenüber  (ävtovxtuv 

namens  Bethoron  liegen  tu;  7.7:0  ar||isiojv  AtXia;  ifi  iz.':  i.~b  'EXe'jO-epoüoXems  stg  AcXiav,  äv  T(T)  sväTti)  ay]|ji£tqj,  -^ 

xriv  eJ;  Nty.Ö7:ciXtv  656v.  H^v  ävwcEpa,  r/  äs  "/.axcoiipa)  etwa  durch  eigene  An- 

«)  Ailia-Diospolis:    p.  114,  25   Kariathiareim  schauung    des    Hieronymus    veranlaßt    worden    sind, 

£7il  xijg  63o5   y.El(i£vri    ii.v.h    ar||iEi(ov   8-   AEXia;;    ohne  laßt  sich  wohl  gar  nicht  entscheiden, 
die   Ö3Ö5    und    mit   anderer    Zählung    p.  48,    24    EOTt  '')    Z.  B.    p.    52,    2    das    Dorf    Bethsoro     liege 

XKXtdvxüiv  äTO  AEXta;  Etg    Ai6a;toXiv   yM\\t\  Kaptaiha-  ä-i6vxcov  öctiö  AiXJaj  sEg  XsßpMV   Iv  f.  or]|j.si(;),  IvS-a 

pslli  (b;  äno  ay)(iE£(üV  i.  xoci  itv^^^T)  äito  Spou;   dgioOia  oEixvjxac,   sv  \  Xe-fExat 

Endlich    /)     Tyros  —  Paneas:     p.   76,    7    das  6  eOvoOx^j;  Ivav3axy;j  gEßaTixtaO-at   Otiö  $tXt7t;iou;  vgl. 

Dorf  Dan    liege   äiio   ar||is£(ijv  5    xxxa   xT|V   i3ov   XYjv  die   teilweise   wortgleiche   Fassung    im    Itin.    Hieros. 

STil  T'jpov.  p.  598,    wo  von  Jerusalem   nach  Bethleem  6  Millien 

Hieronymus    übersetzt    bei    a)    sv  XV;    XEWCfipo)  gerechnet  werden;    inde    Belhasora    inil.    XIII,  ubi 

mit  via  publica,  sonst  gibt  er  öäö;   mit   via  wieder,  est   Jons    in    quo   PUilippiis  etinnchum    baptizavit; 

oder  erläßt  es  ganz  fort,  so  auch  bei  c),  nur  daß  er  p.  100,    13   Dorf  Thebes   sv   öpEoi;   Nsa;   toXeo);   m; 

dort   auch   noch   das   Grab  regis   cjiiondain   Jiidaeae  ä-i  Z-/.'j3-ö;toX'.v  ärttovxtov  £-1  xi  xpi;-/.ai3o-/.ax'iv  ar,|iEtov. 
Jahreshefte  des  österr.  archäol.  Institutes  Bd.  VIH.  l(i 


122  NV.    Kul.ilsclick 

wichtiq'sten  Punkte  des  Itinorars  oder  einer  ll'uuTarkarte  uiul  wohl  aiuli  deriMi 
Benutzung  voraus.  Nirgends  bringt  er  einen  StralJenzuy-  in  seiner  i^anzen  I'.nt- 
wioklung.  sondern  er  sclineidet  sich  nach  beliebiger  Wahl  Stücke  heraus,  die  sich 
nicht  ergänzen  und  nicht  lediglich  auf  Grund  des  Onomastikon  —  also  ohne  das 
Hilfsmittel  einer  Itinerarkarte  —  einreihen  lassen.  So  kehrt  z.  B.  der  ungefähr 
parallel  mit  der  Küste  verlaufende  StralJenzug  häufig  genug  in  seinen  Distanz- 
angaben  wieder,  aber  unvollständig  und  in  verschiedenen  (inipjnennigen  '): 

p.  30,  13  Ptolemais— Tyros  *p-  7=.  4  Antipatris— Jamnia 

p.  78,  9  Kaisareia— Tyros  *p-  ::,   10  Azotos— Jamnia 

*p.  108,   30  Kaisareia— Plolemais  *p.  24,    14.  *p.  24,   19  Azotos- Askalon 
p.  130,  22  Dora— Ptolemais  P-  ;o,    19   Ruphia— Ägypten. 

P.  48,  10  setzt  Kusebius  auf  etwa  7  Meilen  von  Ailia  auf  dem  Wege  nach 
Nikopolis  (das  für  uns  nicht  localisierbarc)  ßeroth  an,  p.  48,  24  =  p.  114,  25 
Kariathiareini  am  0.  unii  10.  Steine  von  Ailia  auf  dem  Wege  nach  Diospolis;  wie 
es  scheint,  liegen  beide  Orte  auf  dem  Wege  nach  Xikopulis,  uiul  es  ist  daher, 
zumal  von  Ailia  nach  Diospolis  wenigstens  zwei  Wege  geführt  haben,  einer  von 
ihnen  über  Nikopolis,  diese  Art  der  Bezeichnung  unpraktisch.  Was  alier  Nollends 
ein  nicht  ohnehin  mit  der  Topographie  des  Palästina  seiner  Zeit  völlig  vertrauter 
Leser  mit  der  Beziehung  von  Abenezer  p.  32,  25  auf  eine  Linie  Askalon-Ailia 
anfangen  sollte,"')  und  ob  Eusebius  selbst  sich  diese  Beziehung  klar  gemacht  hat, 
ist  schwer  zu  sagen. 

Die  verschlungenen  Wege  auf  dem  Felde  der  l^ililischen  Topographie  jirüfend 
zu  betreten,  ist  hier  nicht  Zeit  oder  Platz.  Aber  wenn  nur  ein  Drittel  der  modernen 
Identificationen  alttestamentlicher  Orte  richtig  ermittelt  ist,  ergiln  sich  eine  nicht 
geringe  Zahl  eusebianischer  I-emmata  inmitten  dieser  ersten  Gruppe  —  (xrund- 
form:  auf  der  Straße  von  da  bis  dahin  etwa  so  und  so  viele  (öj;  anb)  Meilcn.säulen 
entfernt  — ,  die  recht  abseits  von  der  Straße  liegen.  Denn  die  Verbindung, 
welche  Thomsen  S.  174  zwischen  dem  Fehlen  von  Distanzangaben  und  nam- 
hafterer Entfernung  von  der  römischen  .Straße  herstellen  wollte,  ist  nicht  haltbar; 
verschiedene   Orte,  die  in  unseren  Itinerarien  an  den  Straßen  erscheinen,   bringt 

'')    Da   wohl    nicht    erlaubt  ist,    jene    mit  zwei  durch  ein  *  bezeichnet. 
Punkten  bezeichneten  Linien,  an  denen  Eusebius  ein  ")    Durch    den   Zusatz   Ti/.ypiov    BaOaan'j;    wird 

Stück  bis  zu  dem  Orte   abmißt,    dessen  Lage    er   so  freilich  klar,  welchen  Weg  von  Askalon  nach  Ailia 

illustrieren  will,  von  den  gleichartigen  Angaben  ohne  Eusebius  meint.     Denselben  Ort   meint  er  wohl  mit 

Millienzahl  abzutrennen,  haben  auch  sie  in  dem  nach-  RtjO-axiiis   p.   54,    Ii,   das   er    10   Meilen   von  Eleu- 

folgenden  Verzeichnis  Aufnahme  gefunden;  sie  sind  theropolis  in  der  Richtung  gegen  Nikopolis  ansetzt. 


Ein  Straßennetz  in   Eusebius'  Onomastikon?  I23 

Eusebius  ohne  Distanzangaben/)  und  Eusebius,  dem  es  nichts  verschlägt,  dieselbe 
Relation  zweimal,  ja  dreimal  zu  bringen,  führt  andere  Orte  bald  mit,  bald  ohne 
Millienzahl  an. 

Vgl.  Jetheiia 
t  p.    88,  3  iis^ia-Yj  Ktöiir)  sv  tm  satotiptp  Aapo)n^,  7tapaxsi|isvrj  MaXaaS-oij,  ohne  Zahl 
<   p.  108,  I  x(ö|j.7j  |i£-f£aTTj  iv  TW  £30J  Aaptun^  7iXT]a£ov  MaXaS-öjv,  diesmal  mit  (bg  änö  x  crjusJcuv  'EAsuö-EpCiTioXecoj 
'    p.    110,   17  xoj|r()   £v  1(0  Aap(o;iä 

oder 
(   p.  86,   13  ÖSKOua  xa)|iri,  AEX£«;  öctiö  arjusfuv  tß  ii  AvaioXtSv,  Iv3-sv  r,v  X(ims  ö  Tipo^rjTrjj 
I   p.  98,   17  Öextoe  Tiapi  xtjv  epT)|iov  AiX£a;  —  — ,  ö9-sv  ^v  üiiwj  ö  mpocprjnQj 

oder  Aendor 

fp.  94,  23  7tXr)a£ov  Xaiv,  äv  -J  ö  Xpia-ij  liv  uiov  t»]s  X'ip"»  i^rf^'P^'''  ^^'■"f^  "^V^  Ix'ja-oTtoXiv 
p.  34,     8  TiÄvjaEov  Toä  öpouj  Saßtop  ird  vözoii  öi;  äito  aY)|jis£ü)v  3 

(vgl.  p.   140,  3  Nasiv  x(U|irj,  iv  fj  x6v  uEöv  f^;  X''iP"S  ^^  vexpwv  Tj-fstps-   xal  vjv   jjTi   -/.ata  vo-ov   Ba^rap 
ä7z6  iß  aT|H££«)v  7iXr,a£ov  'AsvStop. 

Die  zweite  größere  Gruppe  von  Distanzangaben  (etwa  105  unter  145  Distanz- 
angaben überhaupt)  umfa(3t  Entfernungen  meist  kleinerer  Orte  von  einem  P'ix- 
punkte  bezogen.  Auch  in  dieser  Zahl  gibt  es  einige,  die  sich  ohne  weiteres  von  einer 
römischen  Straßenstrecke  venstehen,  wie  z.  B.  Adraa-Bostra  p.  12,  14  oteair^xs 
ar)|i£to[s  oc£  und  p.  84,  7  oisaxw^a  Roatpr;;  ar^ixctot;  %o,  vgl.  tab.  Peut.  Adrana  XXIII 
Bostris  oder  Ailia-Chebron  p.  6,  12  otearwcsc  ari\s.do\.i  ß  TipOt;  x,  vgl.  itin.  Hieros. 
30  Millien,  Theodosius  24  Millien;  die  von  Jericho  über  Livias  nach  Esbus  in 
Arabien  führende  Stra(3e,  die  wir  nachzuweisen  vermögen,  findet  sich  bei  Eusebius 

so  wieder: 

p.  8,   18  Jericho 

äXwv  'AtoS  ^  Br^ilayAa  3  Millien 

6  'lopoa'vr^;  2         „ 

p.  84,  5  'Eaa£,iiüv  20        „      , 

und  so  mag  noch  eine  Anzahl  anderer  dieser  Distanzen  auf  der  Straße 
gemessen  oder  gemessen  gedacht  sein.  Daneben  steht  eine  vielleicht  nicht  geringere 
Zahl  derer,  die  sich  sicher  nicht  auf  römische  Kunststraßen  beziehen  lassen  werden; 
hier  mögen  die  Entfernungen  auf  kunstlosen  Wegen  und  Pfaden  nach  dem  Zeit- 
maße bestimmt  worden  sein;  natürlich  nicht  erst  von  Eusebius,  da  dieser  solche 
Erhebungen  planmäßiger  angegriffen  und  durchgeführt  hätte,  sondern  entweder 
von  seinen  Vorgängern  oder  nach  mündlich  oder  schriftlich,  z.  B.  in  Klöstern,  von 

")  Z.  B.  p.  118,  30  rj  -uza|i'.vo;  5s  äitiiv-ojv  Syciiiiüiia  A'A'/r(alj  Ptoleraais).  oder  Jamnia  p.  io6, 
e£;  n-coXe[ia£5a  ä-ö  Ka'.aapsiaj  xojuvj  näpaXoj  -/.r,a£&v  21  (tcoäij)  TtoXf/vv)  naÄacaxivrj;  nsTaj'J  iiC.j7i6X£(oj  -/.al 
-05  Kap(ir|Xo?j  oline  Millienzahl,  vgl.  itin.  Hieros.  ÄJiÖToy,  ohne  Millienzahl,  vgl.  tab.  Peut.  Liiää  XII 
p.  184,  8  maiisio  Sicaiiieiios  III  (ab  Calamon),  it.  Ant.       Jamnia  und  itin.  Ant.  p.  150  DiospoU  XII  Jcimniti. 

16* 


124  \V.   Kubilsclick 

ihm  erbetenen  Auskünften.  Im  ijanzen  sind  innerhalb  der  zweiten  (rrnppe  von 
Djstanzangfaben  bei  Eusebius  34  Orte  als  l-"i\iuinkte  tür  loj  X'erniessunijen  \er- 
wendet;  die  höchsten  Ziffern  erreichen  vier  Orte:  Ksbus  als  Basis  für  0  \'er- 
messunjjen.  Legeon  für  7.  Ailia  für  10  nnd  Eleutheropolis  g-ar  für  17.^)  Consultii'rt 
man  die  Karte  für  <lie  sicher  oder  mit  \Vahrsclieinliehkeii  ideiititieierlen  l.oealitäten, 
so  ergibt  sich  —  Irrtümer  im  Detail  nicht  ausgeschlossen  — ,  dalJ  die  auf  l'.leuthoro- 
polis  bezogenen  Orte  strahlenförmig'  um  dieses  zu  verteilen  sind  und  die  Annahme 
somit  fast  von  selbst  entfällt,  alle  die  fragliehen  Orte  seien  an  r(iniisi-hen  .Strafen 
g'eleg-en  gewesen.  Der  in  g-ering'ereni  Mal.1e  feststellbaren  (ienauig-keit  entspricht 
es  vollkommen,  dal3  in  dieser  (iruppe  die  Zählung  der  Millien  so  häufig  mit  öi;  äzö 
eingeleitet  wird. 

Lehrreich  ist  auch  ein  ('berblick  jener  \Vegrelationen,  die  zweimal  im  Ononia- 
stikon  wiederkehren.  Ks  ist  nur  billig,  dalJ  lüisebius  die  f.ntfernungen  beidemal 
g'leich  groß  einschätzt,  so 

8  Millien  zwischen  Diokais.ireia  und  Aksaph  =  Clisalus  p.  22,  4:  DioU. — Aclieseloth  =  Clisalus  p.  28,  23 
10         „  .  Kleutheropolis  und  Adolam   24,   22  oder  Eglom  =  OdoUam  84,   24 

15         ,  „  Kaisareia  und  Aneiel  =  Baitoanaia  30,   5   oder   Bethanatlia  =  Batanaia  52,  25 

q         .  „  Kaisarcia  und  Dora  78,  9,   136,   17. 

0         ,  ,  Pella  und  J.ibeis  32,  5.    HO,   II. 

12         „  ,  Ailia  und  Baitliel  6,   I   oder  Bnilliel  ^  Ulamnius  =  I,uza  40,   20. 

Dali  er  sich  dabei  auch  in  nebensächlichen  Bemerkungen  mit  den  gleichen 
Ausdrücken  bewegt,  könnte  ebensogfut  auf  ein  AusschnMben  der  nämlichen 
Quelle  wie  auf  eine  Wiederholung  des  gleichen  Passus  aus  seinen  eigenen  Aul- 
zeichnungen hinweisen. 

Daneben  finden  sich  —  in  nicht  viel  woniger  I-'ällen  -  dixergierende  Mal3e 
bei  den  gleichen  Wegrelationen  (die  Zahlen  durcli  den  hieronymianischen  Text 
gestützt): 

tlo  Millien  zwisclien  Ailia  und  Baal  =  Kariathiarcim  =  Jarciin   p.  48,   22 

l    9        ,  „  „         „     Kariathiarcim  ^  Karialhbaal  =  Jareini    114.  2 

125         .  .  Bostra  und  Adraa   12,   13 

I24         .  .  „          n     Edraci  =  Adra  84,  8 

14,  -  I.egeon  und  Thanak  98,   10 

I    3         -  .  „          „      Tha.inach    100,   7 

/    X          .  .  Philadelphia  und   Azcr    12,   3 

(lo         .  .  .                .      Jazer    104,    13. 

';   Wenn  die    erste  Gruppe  von  Dislanzani^aben        punkt  für  18  Vermessungen.  Kleutheropolis  gar  für  28. 
mit  eingerechnet  wird,  erscheint  Ailia  als  Ausgangs- 


Ein   Straßennet/,   in   Eusebius'  Onomastiken?  125 

W"  bei  diesen  Posten  die  Distanzangaben  nur  um  eine  Millie  auseinander- 
gehen, künntc  man  versucht  sein  anzunehmen,  daß  Eusebius  eine  zwischen  beiden 
Zahlen  liegende  Entfernung"  herausgerechnet  und  dann  bald  nach  oben,  bald  nach 
unten  abgerundet  habe');  von  dieser  Annahme  aus  mülJte  man  auf  detaillierte  Vor- 
lagen schließen,  am  ehesten  etwa  auf  einen  Einblick  in  amtliche  Aufzeichnungen. 
Aber  dieses  Auskunftsmittel  versagt  bei  dem  letzten  Beispiel,  wo  bei  einer  kurzen 
Strecke  die  Differenz   2   Millien  ausmacht. 

Es  wird  also  wohl  geraten  sein,  die  Arbeitsweise  des  Eusebius  sich  eher  so 
vorzustellen:  er  habe  auch  für  die  Distanzangaben  verschiedene  Hilfsmittel  benützt, 
schriftliche  und  mündliche  Mitteilungen  —  auf  letztere  weist  das  Vorwiegen  der 
von  Eleutlieropolis  berechneten  Distanzen  nach  verschiedenen  unbedeutenden 
Orten  — ,  diese  sowie  seine  übrigen  (topographischen,  historischen  und  anti- 
quarischen) Bemerkungen  in  ein  Exemplar  der  Bibel  als  Glosseme  an  den  Rand 
eingeschrieben  und  endlich  in  tlie  Niederschrift  des  Onomastikon  dieselben  Vor- 
merkungen nicht  selten  mehr  als  einmal  aufgenommen.  Diese  Wiederholungen 
—  es  ist  di(\s  übrigens  für  unseren  Zusammenhang-  recht  nebensächlich  —  dürften 
nicht  in  der  Absicht  des  Verfassers  gelegen  sein,  der  sonst  im  Selbstcitieren 
{v.eixa.i  ävto-lpw)  das  Möglichste  leistet.  Aber  die  unübersichtliche  Disposition  des 
Onomastikon  mu(3te  zu  große  Anforderungen  an  das  Gedächtnis  des  Verfassers 
stellen,  und  die  Eilfertigkeit  des  Autors  wird  das  übrige  dazu  beigetragen  haben, 
die  Zahl  der  Wiederholungen  zu  steigern."')  Daß  die  Distanzangaben  an  diesen 
Wiederholungen    nur    mit    10  Fällen  partiripieren,    darf  nicht   wundern;  denn  ihre 

'■')  Freilich    müßte    man     sich     darüber    hinweg-  Philadel])hia— Jazer  macht  Prof.  Musil  (mündlich)  die 

setzen,    daß   Eusebius    sich    dann    keine    feste   Regel  Möglichkeit  geltend,  es  habe  Eusebius  sich  an  beiden 

für   die    Abrundung  der  Millienzahl    gebildet    haben  .Stellen,   wo  er  Jazer  (Azer)  nennt,    auf  verschiedene 

dürfte.    —    Betreifs    der   Divergenz    auf    der   Strecke  Identificationen   dieses  Namens  gestützt. 

'")  Viel  liegt  .allerdings  dem  Autor  nicht  an   diesen  Schönheitsfehlern ;   ich   greife  bloß  zwei  Fälle  heraus: 

p.  88.  3  'E3-ep  ■   -/.Xripou   2y|ie«)V    zat    vOv  p.  108,  i   'Is3-ip-  cfuX-^; 'louäa,  ^oXt;  ispa-tzT],  xal  ia-ct  vOv  «(«(iv] 

ia-tv    'lE9-etpä    |is-f£aT7j    xojjirj    sv  nrfia-7]   'IsO-Eipi  wj   äjiö   ayuxsEuv  y.  'EXEu9-£po;i6?.s(o;, 

TiT)  gaojTEpo)  Aaptoii^,   j:afa-/.Ei|iEvr|  öXy)  Xpta-tavöjv,   sv  -m  sam  Aapwjia  TiXvjatov  WxXvMn. 

MaXad3-^t;.  y.=.i-a:  y.ai  ävw-apdi. 

oder  p.  g8,  10  6ava-/.  •  jioXis  viviTtoXtdp/trjcEv  p.   100    6aava)("   O'^X  siXev  Tauxy)v    vj    cpuXv)  Mavaaa^,    äii   \ir] 

'iT/acü;,  -6v  fiaaiXsa  «.üx-Tjc,  öveXüiv,  toüj  äXXo^uXou;  HE-Ea-rjasv   ä£  aüxfyj.   EViaiJi)-«  5s  xöv 

y;  -f£-fOVE  cpuX'^;  Mavaao'^,  ÄEuhai;  ilioapa  Aspd^fa  TioXsiisi'  'Iv  ik  ym'.  aii-v)  Asuizaii  äcfoj- 

äcfO)pta|Jisv(],  y.al  vijv  sa-tv  äicö  5  a-/)-  pia|i£V7).     xocl    vOv    iav.    -/Kohy,    lU-ftaTr,     ärAy^ouoa    -rj; 

[lEfoD  xrj;  As-fEMvo;.  Aeyeöjvo;  ar;HEia  -f- 

Im  ersten  Falle  eine  dem  Autor  bewußte  Wieder-        niger  Zeilen,   vielleicht  auf  derselben   Columne. 
holung.  im  zweiten   eine  Wiederholung  innerhalb  we- 


I  ro  AV.   Kuhilsdick 

Zahl  ist  wie  gesag"t  überhaupt  nicht  groll  Die  \\'ietU'rhi)hingiMi  bihhMi  i^twn  7  l'ro- 
cent  aller  Distanzangabeii. 

^Vie  Eusebius  seine  Messung'en  setzt,  und  ob  er  sie  setzt,  ist  reiner  Zufall, 
sowie  er  auch  sonst  g-anz  nach  Laune  das  Füllhorn  seiner  l^enntnisNe  über  sein  Uurh 
ausschüttet.  Darüber  mit  ihm  /u  reehten  wäre  aussichtslose  iMühe.  Aber  <lann  darl 
auch  kein  System  hineingoleyt  un<l  dürfen  keine  sysleuialisehen  \'or>tndien  aul 
dem  Gebiet  der  Itinerarien   bei   ihm   \orausgesctzt  werdi-n. 

Der  Berg  Tliabor,   der  wiederholt   als  Fixpunkt  lung  oder  einem  Kloster  auf   dem  lier-;  ausblickend 

für   Messungen    bei    Eusebius    verwendet    ist,    wird  auf  Aendor.    .Salem  und  Naein    abzuschätzen   gelernt 

p.    28,    33    zehn    Millien    östlich     von    Diokaisareia  hatle. 

angesetzt;  p.  110,20  bestimmt  er  seine  Lage  östlich  Aus    Deutcrononiion    1,   2    sind  die  „II  Tage" 

von    Legeon,    das   ungcrdhr   doppelt    soweit    .abliegt.  Distanz  genommen,  welche  p.  I14,  2  zwischen  xaxa 

Chasalus  setzt  er  22,  4  und  28,  23  an  sv  xfj  ;;s5ia5t,  ti  Xpuasa  und  dem  Berge  Horcb  liegen.  T.ige, ein  gcwilJ 

TlOfi    "6   Spo;   Haß(i>p.    8    Millien    von    Diokaisareia.  wenig  mit  genaueren  Itinerarmessungen  vereinbarlicher 

Etvra  auf  halbem   Wege  zwischen  Chasalus  und  Dio-  Maßstab,  erscheinen   noch    in    den  Distanzen   p.  8,  8 

kaisareia  liegt  Xazareth.   das  er  aber  trotzdem  nicht  zwischen    Thamara    und    Mapsis    ein  Tag    (auf   dem 

von   Diokaisareia  aus.  sondern  (15  Millien!)  von  Le-  AVege  von  Chel)ron  nach  dem  Castell  Ailam);  p.  116, 

geon  aus  bestimmt.    Aendor  liegt  p.  34,  10  im  Süden  ii)   /.wischen    Castell    Caecaria    und    Petra    ein    Tag; 

des  Berges,  4  Millien  von  ihm  entfernt,  Sulem  p.  158,  p.  lOG,    15    drei  Tage   zwischen   Pharan  und   Castell 

125  Millien  südwärts,  Naein  p.  140,4  l2Millien  süd-  Aila.    Damit  ist  zusammenzuhalten,    daß   die  Tabula 

wärts  7:/.T,3£ov  Asvitöp.  Das  sind  doch  keine  Messungen  Peutingeriana  die  Straßenzüge  bis  Ailan,  also  bis  an 

an  der  Landstraße!   Der  Thabor  (562°"  h.)  erhebt  sich  das  Rote  Meer,  führt;  freilich  fehlt  jede  andere  Be- 

450 — 400"  über  seine  nächste  Umgebung,  zum  Teil  stätigung    eines    südlich    über    Petra    reichenden    rö- 

mit    steilen    Abhängen.     Diese   Messungen    hat   Eu-  mischen   Straßenbaues, 
sebius  von  jemandem  erhalten,  der  von  einer  Ansied- 

Wenn  nur  die  Ang^aben,  die  er  bietet,  immer  einwandfrei  wären!  Selion 
Hieronj'mus  hat,  ohne  sonst  viel  zu  ändern,  die  Distanzangabeii  gelegentlich 
beanständet:  das  tut  er,  den  Hebraei  folgend,  bei  Ailom  (Aia/oii)  p.  nj,  17  und 
bei  Anob  =  Betoannaba  oder  Bethannaba,  weil  es  pleriqiic  afßrincint,  p.  21,  19. 
Auch  hat  Thomsen  die  Richtigkeit  einer  nicht  geringen  Anzahl  von  Messungen 
bestritten,  und  wenn  auch  seine  Zweifel  vielleicht  ab  und  zu  eine  andere 
Lösung  verstatten  dürften,  wird  er  wohl  in  den  meisten  l'ällen  recht  haben, 
und  es  ist  g'ut  denkbar,  daß,  wenn  wir  mehr  von  der  Lage  der  antiken  Orte 
Palästinas  wüßten,  die  Zahl  der  einer  Verbesserung  bedürftigen  Messungen  im 
Onomastikon  vor  unseren  Augen  iU)ch  anwüchse.  Thomsen  ist  übrigens  augen- 
scheinlich ab  und  zu  zu  nachsichtig  gewesen.  Er  läßt  es  z.  ]i.  passieren,  daß 
p.  60,  7  Gerara  25  Millien  südlich  von  Eleutheropolis  erscheine;  ist  dii-  von 
ihm  wiederholte  Gleichung  von  Gerara  und  dem  Chirbet  umm  dscharrar")  richtig, 

",  Prof.   Musil,   den    ich  darüber   befragt   habe,        der  bisher  üliliclien   Identification. 
Icennt  den  Ort   genau    und   leugnet   die   Zulässigkeit 


Ein  Straßennetz  in   Eusebius'  OnomastiUon?  I27 

und  hat  auch  wirklich  Eusebius  den  Namen  Gerara  auf  den  g-leichen  Ort 
bezogen,*-)  dann  mußte  Thomsen  hier  die  Abmessung-  beanständen;  Gerara 
ist  dann  in  der  ],uftlinie  über  32  Millien  von  Eleutheropolis  gegen  WSW 
gelegen. 

Ich  darf  mir  wolil  nun  erlauben,  meine  Ausführungen  zusammenzufassen.  Was 
Eusebius  in  seinem  Onomastikon  an  Ortsbestimmungen  und  Wegdistanzen  gibt, 
ist  für  uns  schon  deshalb  beachtenswert,  weil  unsere  übrige  Quellenmasse  zu 
dürftig  ist.  und  weil  Eusebius,  als  Landeskiiul  und  inmitten  der  geistigen  Bewegung 
seines  Landes  stehend,  sich  leichter  als  andere  ein  zureichendes  Bild  von  der 
Besiedlung  und  den  Geschichtsvoraussetzungen  Palästinas  bilden  konnte,  in  dem 
Interesse  für  diesen  Gegenstand  begegnete  er  sich  mit  seinen  Zeitgenossen;  die 
Periegese  des  Heil.  Landes,  die  der  Pilger  von  Bordeaux  verfal3t  hat,  deckt  sich  in 
manchem  so  mit  Eusebius,  daß  wir  vermuten  dürfen,  beide  hätten  die  gleiche 
Quelle  benützt;  der  Jude,  der  den  Hieronymus  in  der  LTrsprache  des  Alten  Testa- 
mentsunterrichtete, und  andere  (vgl.  plcriqiic  bei  Hieronymus  a.  a.  O.)  begutachteten 
einzelne  Ansätze  des  Onomastikons.  Wie  viel  Eusebius  aus  dieser  Literatur  zog, 
wie  viel  aus  den  im  Buchhandel  vertriebenen  Itinerarien  und  Straßenkarten,  wissen 
wir  nicht;  diese  literarischen  Anlehnungen  verstehen  sich  bei  einem  so  belesenen 
Mann  fast  von  selbst.  Dazu  muß  er  von  Angehörigen  einzelner  Klöster,  vor  allem 
wahrscheinlich  in  Eleutheropolis,  Jericho,  Jerusalem  und  auf  dem  Berge  Thabor 
verschiedenes  erfragt  haben.  Was  er  so  gewann,  hatte  wohl  verschiedenen  Wert. 
Eine  auf  Actenstudium  beruhende  Überprüfung  dieser  Angaben  durch  Eusebius  ist 
unglaubwürdig-.  Was  Eusebius  mit  den  Distanzangaben  und  den  topographischen 
Bestimmungen  gab,  war  für  Leser  bestimmt,  die  das  Land  kannten;  es  sind  Behelfe 
für  sie,  nicht  allzu  reich  bemessen.  Einen  Überblick  über  das  römische  Straßen- 
netz des  Palästina  seiner  Zeit  wollte  er  nicht  geben,  und  wir  dürfen  daher  auch 
aus  ihm  das  Straßennetz  niclit  zu  reconstruieren  suchen.  Wir  können  vielmehr 
seine  Angaben  nur  dort  für  die  römischen  Weganlagen  verwenden,  wo  wir  andere 
Zeugnisse  für  die  römi.schen  Straßenzüge  haben,  also  nur  in  zweiter  Linie. 

Wien.  W.  KUBITSCHEK 

^-)  Das  kann  freilich  fraglich  erscheinen,  wenn        Eusebius  zum  Mosaik  Mitt.  d.  Geogr.  Gesellschaft  in 
man  die  Lage  der  Orte  auf  dem  Mosaik  von  Madeba       AVien    1900,  S.  351  ff. 
vergleicht;    meine  Auffassung    über  die  Stellung  des 


ArztcinschriftL'ii  aus  l^phcsos. 


Ä£l  i  H  er  euDcTOYACKA? 

I  lMOYÄC»APX©yA  FXONT©  cTcasH- 


■'JN  CTNTArj^\KT©C-W©YHfOT^iS._ . 
-Ji.€NA!NfAP©C  ÄPXI-^POC'lrTlPo 
^  JXJATPOC"  oFrANU3H"l^"AlA!l 


Die  im  folgfondcn  in  Facsiniile  wioderycgebencn  Inschriften  wurdi'u  in  der 
letzten  Grabungscampagne  (Herbst  n.)04)  bei  der  Freileynng  des  westlichen  Teiles 
der  sogenannten  ,double  church'  in  den  Budrumia  gefunden,  teils  lose  im  Schutte 
liegend  (^,  i/.  /),  teils  an  verschiedenen  Stellen  der  Mauern  verbaut.  Wenn  ihre  Ver- 
öffentlichung schon 
jetzt  erfolgt,  wo  die 
Grabungen  an  der 
Doppelkirche  noch 
nicht  vollendet  sind 
und  ihre  Fortsetzung 
vielleicht  noch  wei- 
tere Steine  derselben 
Gruppe  liefern  wird, 
die  über  einzelne,  dun- 
kel gebliebene  Punk- 
te Aufschluß  geben 
können,  so  geschieht 
es  deshalb,  weil  das 
gesicherte  Hauptre- 
sultat neu  und  einzig- 
artig ist  und  auf  all- 
gemeineres Interesse 
rechnen  darf 

a)  Marmorquader, 
in  der  Ostwand  des 
Xarthex  des  westli- 
chen Teiles  der  Dop- 


TAC  ©YC  lAClHf  ASüJCfTPöd 


.1(0  i[~];  '-H.oi'o;  TOO  "A^jx/.jr^- 


[oL-z^Co-/ äyjiovoilsToOv-o;  ~iov  iisyäXfov 

Wrjvj.i^Ti'.v.w/f £]'.vo'j  äpytaipoO  tö  5'.  o'ße  svst- 

.    .  '/z:yy)y;[y.;-   lio.  A;a:o]:  Mivzvo^io:  äs/Latpö:.  -yj- 

,j/.Tj[i7.Tc: ]c  äp/ia-^od;.  öpyy.vfov   llo,  Ai'Ä'.- 

or äyxil-fj  "'V/r, 

'E-fJsatwv  -oi;  ä/:ö  xoO  Mouasiou 

pelkirche  verkehrt  ein-     ,„   rj^-^^^r- i^y,\^_  .  .]„)v  r;Ye|i.ü)v  'VaxXr^-ios 

gemauert.  Hoch  0-28'",  i-^r, -i:  il-ja:a:  r,5i"):  -po7- 

breit  o-43"')  dick  0-43"'.  ./r,|i[ ]  i-^'j\vj<x-j'.iy/fpzy 

Die   Buchstaben   sind  -,,;-  j.j^;  -,^.-j  ^-/(ovs;  yuEoz;:?]  .       i)a/./.dc  v' 

0013  "  hoch. 

Z.  I.  Den  mit  iii:  beginnenden  Datierungen  kcMuite  eine  soU-Ih-  dunli  den 
eponymen  Gemeindebeamten  (Iv  tö)  It}.  -oO  OEiva  £V'.a'j-:](').  aljer  auch  anderes  voran- 
gegangen sein. 


A  rzt ein  seil  rilten   aus   Eplies 


129 


Z.  I — 4.  Die  Datierung  scheint  durch  drei  Personen  gegeben,  wenn  auch 
nicht  ausgeschlossen  ist,  daß  der  Espsuc  Wnv.'kr^ri'.oi}  zugleich  der  Äp/wv  beziehungs- 
weise dieser  zugleich  der  Agonothet  ist:  i.  den  Asklepiospriestei-,  2.  den  Vor- 
stand, doch  wohl  der  Ärztegenossenschaft,  3.  den  Ag-onotheten  des  Festes;  weil 
letzterer  ein  Archiatros  ist,  wird  man  geneigt  sein,  den  Namen  eines  Asklepios- 
festes   zu   erg-änzen,  wenn   auch  ein  solches  für   Ephesos  bisher  nicht  bezeugt  ist. 

Z.  5.  Die  Ergänzung-  ist  durch  Heranziehung  von  bc  gesichert. 

Z.  6.  Das  Wort  y/tpoupyta;  füllt  den  Raum  nicht  ganz,  doch  reicht  dieser 
lange  nicht  aus,  nm  äpxcaxpo;  vorher  einzusetzen;  sollte  etwa  noch  v£(o)T£poc)  dage- 
standen haben  (vgl.  J)?  dann  könnte  man  in  Z.  4  TTo.  OOryStou  To'jcf£]tvoij  ergänzen, 
was  gerade  füllt. 

Z.  9  ff.  Der  Sinn  dieser  Zeilen  ist  leider  nicht  klar  zu  erkennen,  nur  soviel 
scheint  sich  zu  ergeben,  daß  den  Ärzten  vom  Museum  von  irgend  jemand  (dem 
Asklepiospriester?)  bekannntgegeben  wird,  daß  der  Gott  ihre  Opfer  gnädig  ange- 
nommen hat  (VJSIwg  7i:poi;[£5£caTO?).  Einzelne  Ergänzungen  ließen  sich  vielleicht 
wie  folgt  denken,    'ü  Ociva  (derselbe  oben  als  Askle])iospriester  genannt)  'Ec;;]£af(ov 

tot;    a.nb    TOü    Mo'jcj£(ou  |  [tatpots  yjy.i^ziv.    0   £Oii£]vT;[g    fj]|iwv    Y|'£|i(ov    AaxÄyj-'.oj  | 

xaMTCsp]    Ttp6[~£pov]    -ca;    ibatac;  ifimc,   r^^oc^^zoitaxo.    b    osbjy. .  .  xö|<.[....]     syjiivaaiap- 
yjt'jiy  i  xar^  oualv  toO  ayövo;  ijiiip'xi.c  .  .  .   tl^aX^o;  v'. 

Z.  1 3.  i>aXXo;  v' kann  doch  wohl  nur  den  Agon  selbst  als  den  fünfzigsten  bezeichnen ; 
in  dieser  Bedeutung  ist  D'aXXi;  durch  Papyri  bezeugt  z.  B.  Amherst  Papyri  ed. 
by  Grenfell  and  Hunt  1901   II  90,  9.  (a.  159  p.  Chr.);  Berliner  P.  Urkunden  538,  t,^. 

b)  Auf  der  Schmal- 
seite einer  Marmor- 
quader, deren  Lang- 
seite d  trägt.  Hoch 
0-30  '",  breit  o"4o  "', 
dick  o-8o  '".  Buch- 
stabenhöhe  0^030 '". 
Gefunden  unter  der 
Wölbung  nördlich  der 


I^OSnAIAIOS 

l/ihn-fiAihiox 


Westapsis  der  Dop- 
pelkirche im  Schutt. 
c)  Marmorqiiader, 
hoch  o-3o"',  breit  o'39"', 
dick     o'öi  '".      Buch- 


a.A  .  .  .  txo|'j 

otjos   £V£t7.rj'3[5'.v]  -6v  ä[7(T)]va  xwv 
faxpjwv,  a[u]vTä[7|-ia]To;-  Ho.  AiXioq 
r?]Äuxwv,  x£'.po[upY:](ov  Ho.  AI'a'.oj 
äp-/_La]i:pö;.   Tzpo'f/Jiixxzoi' 


J.ibresbcfte  de 


chUol.  Institut«  11,1.  VIU. 


.1.    Kril 


stabenliöhe  o"03o"'.  XoiiU'ok«'  iIt  Westapsis  der  l^oppclkirclu";  in  dir  Wand 
vermauert. 

Die  durch  äuücre  Merkmale  gfcgenwärtig  nicht  naohw  eisliari-  ZusammiMi- 
gehöriofkeit  der  beiden  Steine  ergibt  der  Inhalt. 

Z.  1.  Wenn  man  i.i  als  vollständigeres  Exemplar  heranzieht,  so  kann  das 
x/,  .  .  .  ixcu  nur  das  Ende  des  Namens  des  AgMnothcHen  sein:  den  erhaUiiuMi  Resten 
würde  z.  IV  .  .  (a  Aiovixo'j  entsprechen. 

d 


W^T^¥¥W^^KTKiöWM^M^^ 


öpYxJvwv  llo.  Ai/.;cc  3Hv[av- 

opoc]  vawTEpo;)  [xz]:  llo.   .M'Äic;  Is- 

xoOvoJoc  •j[iol]  ifevxvofO'j 

[ipX'.XTOoO ] 

5   iY'jjivscJsiäpy/jCJcV  6i  to   [|5'y 
-aü  5u3lv  i]o'j  äyiovo;  r;[i.£p[«'.; 

Lang'seite  von /'.   llocho'jo'",  breit  o'So'",  dick  i  j-p)'".  IJuchslabenhöhe  oo^o'". 

Z.  \.  In  der  später  völlig"  ausg-emeißelten  Zeilt^  kann  nur  eine  Titulatur  des 
\u:.'jz  -Mevx'/opo;  enthalten  g-ewesen  sein,  die  auch  schon  am  Ende  der  Z.  3  be- 
gonnen haben  kann;  sicher  ist  nur  äpy-.atpoO  zu  ergänzen,  aber  wahrscheinlich  be- 
kleidete der  berühmte  städtische  Arzt  damals  gerade  noch  ein  anderes  städtisches 
Amt,  das  in  der  Inschrift  hervorgehoben  wurde;  man  könnte  auch  mit  Heran- 
ziehung von  CIGr  n.  5877  (=  IG  XIV  689)  äpytatpoO  r^,;  -i'/.tf)z  zb  x,  was  gerade 
füllt,  einzusetzen  versuchen. 

Z.  56.  Nach  dem  T  sind  sichere  Reste  des  O  erkennbar,  so  dal.!  auf 
diesem  Steine  nicht  wie  .sonst  töjv  [y.zpOvy,  wofür  auch  kein  Raum  surlianden 
ist,  gefolgt  sein  kann;  vielleicht  war  die  Iteration  d'T  dymnrisiarchii'  hiTVor- 
gehoben. 


Ärzteinschriften  aus  Epliesos 


131 


üol  ADJ.O'j  Msvävopo'j  äpyita-poO, 
öpyavo'j'  llo.  ()'>/j5io; 'l'o'j-X£tvc;  äpy;:axpd; 

xoO  äytövo;  S'jaiv  yy[i£pa:;  A.  'lo'jÄi'öu 

Jl'jpwvo; 


In  dem  südöstlichen  Ziegelblocke  der  Doppelkirche  (westlicher  Teil)  ein- 
g-emauerte  Marmorquader.  Hoch  0-29 '",  breit  roy.s'",  dick  o'37 '".  Ruchstabenhöhe 
0*028 '";  die  auf  der  rechten  Stirnfläche  befindliche  Inschrift  bezieht  sich  nicht  auf 
die  ärztlichen   Agone   und  wird   hier   übergangen. 


IIo.  AiA'.o-  Jl=]77.v5po;  7.y/_:7.[zp]i;. 
öpyävo'j"  llo.  A^iAioc,  üszoOvoo: 
Y'j|ivatjiap/JoöVT:o;  -ctov  iscTpiov  xat; 
ToO  äytovoc  ojijaov  7^|ilpzL;  llo.  Br^Sfo'j 
;  ...  ]v5ovxoj 


Links  gebrochene  Marmorquader,  im  Seitenschiffe  der  Doppelkirche  südlich 
der  Westapsis  vermauert.  Hoch  0-28™,  breit  0-56"',  dick?  Buchstabenhöhe  0-028'". 

Z.  2.  Statt  öpyxvo'j  könnte  ebensowohl  opyävcov.  opyävd)  oder  öy^'ho:;;  ergänzt 
werden. 

Z.  5.  Das  Cognomen  könnte  Xnivoovco;  gewesen  sein;  dann  hätte  man  das 
Wort  nicht  mit  der  Zeile  anfangen  lassen,  sondern  in  die  Mitte  gerückt. 


13- 


J.    Keil 
g 


KMÄl'M'AF 


ai)viäY[ia[T]:-  llo.    [. 
7ipOjiXr,na-L-   llo.  .\i'[Ä'.o 
öp[7ävoi|;-  llo.  A;Ä[to; 
Aauxpüov  a'j[ 
■/£'.f.o'jpY[a. 


Rechts  gebrochene  Marniori|uador,  in  der  Ostwand  des  Xarthex  der 
Doppelkirche,  westlicher  Teil  ineheu  4;)  vermauert.  Hoch  ()•.:(>'",  breit  o- (»)'",  dick? 
Buchstabenhöhe  o"026 '". 

Z.  I.  Bei  dem  letzten  Buchstaben  ist  die  Entscheidung-  zwischen  P  und  B 
unmöglich:  bei  letzterer  Annahme  ließe  sich  iler  sonst  häufig  vorkomnunule  .\aine 
des  II.  Bt(0;o;  Toutf sfvoc  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  einsetzen. 

Z.  3  4.  bietet  der  Ergänzung  Schwierigkeiten;     entweder  hat  der  genannte 

llo.  Ar/.:[oc Axii3tp:<üv  zwei  Cognomina  besc>s.sen  oder  es  sind  zwei  nur  durch  das 

Cognomen  unterschiedene  Sieger  anzunehmen,  wie  auch  in  J  und  c  zwei  Söhne  des 
Mivavopoc  als  solche  erscheinen;  für  das  nach  Aaiiapüov  folgende  au  weiß  ich  keinen 
andern  Ergänzung.svor.schlag  als  a'JYY-'^/?  (beziehungsweise  cuyysverL:)  Msvxvopo'j; 
Parallelen  für  eine  derartige  Hervorhebung  der  Verwandtschaft  mit  berühmten 
oder  in  hohen  Stellungen  befindlichen  Personen  sind  häulig-;  für  Ephesos  bieten 
besonders  die  1904  gefundenen  Listen  der  Mitglieder  dos  Kuretencollegiums  viele 
Beispiele:  also  etwa:  öpyivoi;.  llo.  Ar/.'.[o'.  rj.'jxwv  /.a: 
Axji3cp:üJV  'j'j[Yy£V£r;  llsvavopo'j 


xpx:]a-pö;. 

Ajrxtos 

äpyj'.a-cpös 
IIo.]  Ar?.io; 
i]pX'.3:-pö,:. 

Links  gebrochene  Marmorquader,  hoch 
0-35'",  breit  0-28 '",  dick  0-38  "'•  Buchstaben- 
höhe 003 '". 


'<iM# 


Ar/.lclrlMliriltci    aus   Ephesos  133 

/ 

llo.  AtÄ:[o; 

öpyavo[u- 

y'j]!ivaa'.[af/oOv-o;   tiov  iz-pwv  tat; 
[5'jaiv  ToO  zytövoc  7,|i£p7.:{ ] 


Linkes  oberes  I'xk  einer  Marmorquader,  hoch  ciy'",  breit  0-30 '",  dick 
0-235"'.  Buchstabenhöhe  0030'".  Die  durch  den  Inhalt  g-egebene  MögHchkeit,  das 
Stück  an  /  anzuschließen,  wird  durch  die  Buchstabenhöhe  wie  die  Zeilenabstände 
ausgeschlossen. 

Die  Zusammengeliörigkeit  der  hier  geg-ebenen  Inschriften  ist  evident,  ihr 
Inhalt  durch  Vereinigung  der  sich  gegenseitig  ergänzenden  Stücke  in  der  Haupt- 
sache leicht  zu  erkennen.  Es  sind  Aufzeichnungen  von  Siegern  in  medicinischen 
Agonen,  welche  folg-ende  vier  Wettkämpfe  umfassen:  a'jvxxyiiaxoj,  7üpc,jAr(|ia-:o;. 
■/iipo'jpyta;  und  öp-'äviov.')  \'()r;ius  ging  die  Jahresdatierung  durch  die  Angabe  der 
bei  der  Feier  der  Agone  beteiligten  Functionäre,  des  Asklepiospriesters,  des  Vor- 
standes der  Arztevereinigung-  und  des  Agonotheten;  nach  Aufzählung  der  Sieger 
folgte  die  Angabe  des  Gymnasiarchen;  nur  in  a  ist  noch  ein  weiterer  Zusatz 
erhalten,  welcher  auf  die  mit  der  Festfeier  verbundenen  Opfer  an  Asklepios 
Bezug  hatte. 

Für  das  Verständnis  der  einzelnen  Wettkämpfe  empfiehlt  es  sich,  von  dem 
einfacheren  auszugehen.  Was  ein  Agon  /E'.po'jpyfa;  ist,  kann  keinem  Zweifel  unter- 
liegen, da  wir  dasselbe  Wort  heute  noch  für  denselben  Zweig  der  Medicin  ge- 
brauchen wie  die  Griechen;  auch  der  Agon  opyävo)v  ist  hinreichend  klar,  opyava 
ist  der  unzählige  Male  bei  medicinischen  Schriftstellern  vorkommende  Gesamtname 
für  die  medicinischen  Instrumente,  deren  Erfindung  und  Herstellung-  im  Altertum 
mehr  als  heute  zu  den  Obliegenheiten  des  Arztes  selbst  gehörte.  Schwieriger  ist 
die  Deutung  der  Agone  auvcscyiia-ro;  und  irpoßXrynaixo;.  Syvxocx-cew  wird  an  verschie- 
denen Stellen  vom  Arzte  gesagt,  der  dem  Kranken  ein  Heilmittel  verschreibt 
oder   sonstig-e   diätetische   Vorschriften   gibt,-)    und   auviayr^   erscheint   als   Bezeich- 

')  Dies    ist    die     im    allgemeinen      eingeiialtene  oXm-i    cfU3i;    'tOjO-i,    r]    "vifoj-jcv    vj    äTro^oXr/v    ''q    %'kXo 

Reihenfolge;  nur  in  ^ sind  die  beiden  letzten  Agone  i'.  -zöri  -oioäxtuv    -xac  ';a.p  exst  'tö   Xuvitags   xoioü-6'/ 

vertauscht.  ■zi  3rj|iaiv£i,    s-cags  TOÜTt;)   toö-o   &-  xa-aX>.r)J.ov  zpög 

-)  Plut.  mor.  II  786  (an  seni  resp.  g.  s.  4  extr.)  ir,'£stav  xa'i.  IvcafSS-a  10  au|Jißxlvov  lxaaT(p  tstax-ai 

.  .  voco'jvTi  auvsTags -/.txÄ"(jv  ö  caTpdg;  Marc.  Antoninus  ko);  aii-(^  y.a-aJXtjXm  "pöj  tri'/  £t|iapnivr(V;  Soranus 

comm.  V    8    in.    'OkoXo'/    *£  saxt   TÖ  Xe-f6[isvov,    o'i  v.  Ephesos  p.  20  B.  xaS-ra  |xev  ouvxay.-aov  gjil  y.aia- 

2uvi-:ag=  ö 'Aay.?,r/raö5 -ioö-Lii)  tTireaaiav  73   tjiuxfoXo'jotav  ;:auo|iäv-/]s   ("/caSupastu;) ;   id.  273  D:   xal  vOv  Ss  irjv 

•ij  ävurcoSr^aiav,   xoivjzi'i  ko-\.  •/.«';  zb   Xuvsxags  ■'!]   ~Syi  iT.\.\iiXzia.i    x^g    fl-£pa;t={x;    mz    irl    oTS-fv?;;    auv-a-/.- 


13  J  .1.   K.il 

ming  für  diese  Vorschrift."')  Für  jüvTayiia  winl  man  jcilcn-h  iHHh'iikcn  tragen 
müssen,  diese  specielle  Bedeutung  bei  unseren  Agxinen  ohne  weiteres  vorauszu- 
setzen und  vielmehr  die  allgemeinere  wissenschaftliche  Abhandlung  bevorzugen, 
wobei  man  immerhin  daran  denken  kann,  daß  der  medicinisch-technische  Gebrauch 
des  Wortes  ouvTa-isiv  mitgewirkt  haben  niag\  dai.i  man  einc^  medicinische  Sehrift 
kurzweg  so  bezeichnete.  Ist  dies  richtig,  so  wurde  in  einem  Ag"on  die  beste  ab- 
gelieferte medicinische  Schrift  prämiiert.  Noeli  tlunkler  ist  der  vierte  Wettkampf 
-zz-j/,i,nx-^z.  Haben  wir  darunter  einfach  die  Lösung  einer  bestimmten  von  der 
Commission  gestellten  medicinischen  Aufgabe  zu  verstehen,  wie  das  Wort  besonders 
in  iler  philosophischen  .Sprache  ganz  gewöhnlich  verwendet  wird,  oder  handelte 
es  sich  darum,  in  schwierigen  (problematischen'  Fällen  die  richtige  Diagnose  zu 
stellen?  Der  Arzt  Caelius  Aurelianus  verwei.st  auf  eine  Schrift  mit  dem  Titel 
problematica.M  Mir  ist  das  erstere  wahrscheinlicher.  Man  mül.He  dann  den  Unter- 
schied zwischen  den  beiden  Agonen  crjVTäyjia-o;  und  7i(>o,j/,T(|ixi;o;  darin  erV)licken, 
daß  im  ersteren  die  beste  eingereichte  Arbeit  über  ein  freigewähltes  Thema,  im 
letzteren  die  beste  Fosung  einer  von  der  Commission  g-estellten  Aufgabe  preis- 
gekrönt wurde.  Mit  diesen  Frwägungen  steht  auch  eine  andere  Frage  im  Zu- 
sammenhange, von  deren  Beantwortung  die  richtige  BcurteiUmg  der  Agone  ab- 
hängt. Die  medicinische  Abhandlung  (a6vTay|ia)  kann,  wenn  die  oben  vertretene 
Auffassung  richtig  ist,  nicht  an  den  zwei  Tagen  der  Prüfung  abgefaßt,  sondern 
nur  eingereicht  worden  .sein:  wie  verhielt  es  sicli  aber  mit  den  ülirigen  Agonen? 
Wurden  sie  an  den  zwei  Tagen  selbst  ausg-etragen  oder  an  diesen  nur  die  während 
des  letzten  Jahres  von  jedem  der  Bewerber  erzielten  Leistung-en  beurteilt?  Der 
Agon  -po,j/.if,[ia-o;  in  der  angegebenen  Auffassung  läßt  sich  so  wie  so  verstehen. 
Für  den  chirurgischen  Wettkampf  erscheint  es  aber  schwer  möglich,  daß  man 
gerade  zur  Zeit  des  Festes  immer  Material  zur  \'erfügung  hatte,  um  die  Geschick- 
lichkeit des  Bewerbers  praktiscli  zu  erproben,  und  was  die  Organa  betrifft,  so 
wäre  es  .sinnlos  und  praktisch  unmöglich,  ihre  J-lrfinJung  oder  Herstellung  an 
den  zwei  Agonaltagen  zu  verlangen.  (Jhne,  mangels  näherer  Nachrichten,  über  die 
Art  und  Weise  der  Wettkämpfe  eine  sichere  ]-".ntscheidung  treffen  zu  können, 
wird  man  doch  der  Annahme  geneigt  sein,  daß  an  den  Tagen  des  Festes  die 
besten  Leistungen    der  Arzte   während   des  abgc^laufenen  Jahres    mit   Pr<Msen    be- 

-ivf.    Diodor   I    70    -ri   -ty.   r/,v   iia'.TXv    i'jjjn=-f.0);  -ö-i     CTiiixy/yV     •/.».■.     oiv-y.-,'/,;     ?30ji£vo;     -xpi    toO 

z'rize.-3.-;]Uvx.  "Ac-/./.r,-toO .... 

'j  Arlemidor  II  44:  -'//j.'-yj-  övsifO-j;  äva-,'fa'],a-  *)  Cliron.    III     3,     4'>:..    sed     passionis     genus 

;ii/«'iv    y.al    |iä/.'.3Ta    suvta-.'is    xai    0-Sfa-=!a;    -i;  pliilonii    in    problemuticis    ilnliinis     nos     iturum 

6-Ö  laj;it:i?oj  ?oi>-s{ia;  idem.  V  89.  lioii  Ti;  vojmv  polliccniur. 


Ärzteinschriften  aus  Epliesc 


135 


dacht  wurden.  Damit  aber  erhebt  sich  der  Ag-on  über  eine  Art  Prüfung-  junger 
Mediciner  zu  einer  Anerkennung"  der  besten  Leistungen  aller  Ärzte  der  Stadt. 
Unsere  Agone  in  der  erstgenannten  Art  aufzufassen,  verbietet  übrigens  schon  der 
Um.stand,  daß  unter  den  Siegern  wiederholt  äp/iaxpo;,  also  öffentlich  ang-estellte 
Gemeindeärzte  sich  befinden,  die  sicher  erprobte  Arzte  sein  mußten. 

Die  \'eranstaltung-  der  Ag-one  ging  allem  Anscheine  nach  von  der  epliesi- 
schen  Arztevereinigung'  aus,  welche  sich  oi  'j.tJj  toO  .Mo'j^sto'j  tatpot  nannte.  Diese 
war  bereits  durch  eine  von  Wood  publicierte  Grabschrift  bekannt,  in  welcher 
es  am  Schluß  heißt:  (I.  from  tombs  etc.  p.  8  n.  7  Z.  6  f.)  xv];  aopoö  xTjOOvxat  xö  otvs- 
5p:ov,  ol  hl  'E'f£7(p  ä-ö  xoO  Mouactw  taxpot.  Sie  schloß  sich  also  an  ein  Museion,  von 
dem  wir  g-leichfalls  bereits  durch  eine,  aus  der  Mitte  des  zweiten  Jahrhunderts  stam- 
mende Inschrift  Kenntnis  haben,  welche  bei  dieser  Gelegenheit  veröffentlicht  sei. 
Sie  steht  auf  einem  1898  in  der  Orche.stra  des  Theaters  gefundenen  Marmor- 
blocke (Eph.  Inv.  302,  hoch  0-37'",  breit  o-6o"',  dick  0-58 '"),  der,  wie  zwei  Fuß- 
spuren auf  der  oberen  Fläche  beweisen,  bereits  früher  verwendet   war. 


OinEPlTOMOYSElO 
nAlMYTAI^n-OYhEl 


TONE/VYTßNEYEPrET  H 


0[  Tisp:  -0  Mo'jacLOV 
TtaiScDxa!  II.  ÜOr^Stov 
Avxwvstvov  (7.ato'.p/j;v 
xov  iy.-i-.üyt  E'jcpyixy// 
7.y}.  -/.-[nTi^t  -'f.:  r.y.x'jiooz 


Die  Datierung  ergibt  die  Persönlichkeit  des  bekannten  Wohltäters  von 
Fphesos  P.  Yedius  Antoninus  (Prosopogr.  Imp.   Rom.  III  390  n.  iii). 

Es  gab  also  im  zweiten  Jahrhundert  in  Ephesos  ein  JNIuseion,  dessen  Organi- 
sation, wie  die  verwandter  Anstalten,  dem  berühmten  alexaiidrinischen  Institute  '') 

^)  Ein  Arzt  fungiert  dort  im  3.  Jalirli.  als  Vor-       Xp'jsspuoy  'HpazÄsiTou  "AÄs|av5(;=a  -ov  aTffSvv)  ßotat- 
stand     des     Museums;      Bull.     hell.    III     470    n.    2:        Xiio-  JlToXsuatou,    •/.od  ä^rffVi-Tjv,    y.ai  ir.i  xräv  iaxpmv 


130  J.   Koil 

nachgeViildet  war  und  das  vorwiegfeiul  wissenschaftlichen  Zwecken  diente.  Wir 
sehen,  wie  sich  in  Ephesos  die  Vereinigfung-  der  Professoren  unil  der  Arzte  an 
das  Museion  anschliel.k  und  liahon  durch  ilie  hier  veröffenthchten  Inschriften  i-inon 
Einblick  in  die  Mittel  s^ewonuen,  durch  welche  die  Arzte  sich  für  die  Förderung' 
der  Wissenschaft  bemühten.  Professoren  und  Arzte  in  so  paralleler  Weise  organi- 
siert zu  finden,  hat  nichts  Überraschendes.  Zahlreiche  Vercu'dnungen  der  römi- 
schen Kaiser  nennen  bei  Befreiungen  von  Abg-aben  und  Erteiluny  sonstiger 
Privilegien  die  beiden  Stände  vereint/')  gehörte  es  ja  zu  den  Hauptpilichten  der 
öffentlichen  Arzte,  durch  gründliche  Unterwei.sung  eiiKni  tüchtigi'n  Nachwuchs  in 
ihrem    Fache  heranzubilden. 

Die  Arzte  speciell  aber  schlössen  sich  wie  ülierall  so  auch  in  E|)hesos  an 
ein  Heiligtum  ihres  Patrons  Asklepios,  von  dem  wir  hier  allerding-s  bisher  noch 
gar  geringe  Kunde  haben.  Außer  in  unserer  Inschrift  a  ist  ein  Priester  des  Gottes 
für  Ephe.sos  bisher  nur  durch  die  (späthellenistische)  Agonothetenliste  der  Diony.sien, 
Inv.  n.  J55  bezeug-t,  wo  es  heißt:  Z.  5  rechts:  Eußio;  no£a|:)(ovo;  tspsu;  Wr/A'/Mvoz 
IT'j\k'G'j  xx:  ispi'JC  "A3-/./.r^;:'.0'j  -f.'jTav£'j7x;  Y.y.l  äywvoilsTTjaa;  ~ä  A'-ov-jarya  (sie)  ix  xtov 
•2'wv.  Sonst  fand  sich  bisher  nur  noch  ein  Altar  mit  Weihung  an  Hygieia  (im 
Jahre  1903  vor  der  Bibliotheksfront  lautend:  'E-r.fxv£t  |  \Hy.  Tysta  (sie).  Aus  dem 
Umstände,  daß  sich  (in  der  vorigen  Camjjagne)  eine  ganze  Reihe  von  Arzte- 
inschriften, darunter  auch  kleine  Frag'niente  in  dem  älteren  westlichen  Teil  der 
Doppelkirche  vorgefunden  haben,  kann  mit  der  nötigen  Reserve  vermutet  werden, 
daß  das  Asklepiosheiligtum  in  der  Nähe  der  Doppelkirche  gelegen  hat,  vielleicht 
das  christliche  Gotteshaus  direct  an  seine  .Stelle  getreten  ist. 

Die  in  unseren  Inschriften  wiederholt  vorkommcTidc  liezcichnung  äf.y.s'.Tf/ö; 
(in  i'  äpy_:taTf.dc)  geschrieben,  die  ihrem  Wesen  nach  einen  Arzt  vor  anderen  her- 
vorhebt, erscheint  in.schriftlich  zuerst  gegen  das  Ende  des  zweiten  Jahrhunderts 
V.  Chr.  als  Titel  der  Leibärzte  hellenistischer  Fürsten,  Antiocluis  IX.  von  .Syrien') 
und  Mithridates  des  Großen*)  und  wird  in  der  literarischen  Überlieferung  zuerst 
dem  Themison  aus  Laodikeia,  dem  Begründer  der  methodischen  .Schule  (Mitte 
des  ersten  Jahrhunderts  v.  Chr.)  beigelegt.")  In  der  ersten  Kaiserzeit  wird  der 
berühmte  Leibarzt  des  Kai.sers  Claudius  C.  .Stertinius  Xenophon,'")  der  des  Nero 

Y.'xi  t-:z-.'j.-.y;i   -'A    M^'jisicj;    v;;!.   Ziebartli,  Vereins-  Orient.   Rr.  inscr.  sei.   25Ö. 

Wesen  98.  *;  Bull,  de   corr.  hell.  VII  '1SX3)  359;    Kcin.ich, 

*)  Z.  B.  Pig.  XXVir   I,  6,  2.  Dig.  I,    13,   i,  i:  Mithriflates  F.up.itor  .S.  281   der  deutschen   Übers. 
—  tnedicorum  ..  eadem  causa  est  quam  professorum  °)  Scliol.  luvenal  X    221. 

Criil.  Just.  X   52  (de  profcssoribus  et  mcdicis).  '";  )'aton,    Inscr.    of  Cos.  n.   345   (äpyjaxpog -(üv 

■)  Bull,  de  corr.  hell.  IV  fl8So)  218;  Dittenbcrgcr,  \\-zw,  ils^aa-rtV/;   vgl.  VIR  III   273  f.  n.  666. 


Ärzteinschriften  ans  Ephesos  137 

Andromachos")  sowie  vielleicht  dessen  gleichnamiger,  um  die  Heilmittellehre  ver- 
dienter Sohn  so  genannt.'-)  Dann  wird  das  Wort  in  Inschriften  und  Texten 
häufiger  und  bezeichnet  in  der  späteren  Kaiserzeit  vorzugsweise  und  technisch 
die  öffentlich  angestellten  und  besoldeten  Ärzte  des  kaiserlichen  Hofes  und  der 
städtischen  Gemeinden  (archiatri  palatini  —  archiatri  populäres),  an  die  sich  die 
archiatri  Vestalium  und  archiatri  Xysti  anschließen.'-')  Für  die  Erklärung  unserer 
Inschriften  kommen  nur  die  öffentlichen  Gemeindeärzte  in  Betracht.  Wie  die 
seit  dem  sechsten  Jahrhundert  für  uns  auf  griechischem  Boden  bekannte  und 
durch  zahlreiche  Beispiele  für  die  verschiedenen  Epochen  belegte  In.stitution 
öffentlicher  und  von  der  Gemeinde  bezahlter  städtischer  Ärzte '^)  in  der  Kaiserzeit 
sich  weiter  entwickelte  und  seit  wann  diese  Functionäre  officiell  den  Titel  Archiatri 
bekamen,  darüber  sind  wir  nur  unvollkommen  unterrichtet.  Ein  an  das  Kolvöv 
^ata;  gerichteter,  aber  für  das  ganze  Reich  bindender  Erlaß  des  Kaisers  Anto- 
ninus  Pius  erlaubte  den  Gemeinden  je  nach  ihrer  Größe  die  Gewährung  der 
Immunität  an  5,  7  beziehungsweise  lo  Ärzte,  ohne  sie  zur  Ernennung  dieser  vollen 
Anzahl  zu  verpflichten.''')  In  diesem  Erlasse,  der  für  uns  hier  deshalb  von  be- 
sonderem Interesse  ist,  weil  er,  an  das  Koinon  Asiens  gerichtet,  für  die  hohe 
Entwicklung  der  Organisation  der  Gemeindeärzte  in  dieser  Provinz  Zeugnis  ab- 
legt, wird  der  Name  archiater  weder  in  der  lateinischen  noch  in  der  griechischen 
Fassung  gebraucht.  Er  erscheint  vielmehr  in  dieser  Bedeutung  für  uns  zuerst  in 
einem  Edicte  des  Kaisers  Constantin  aus  dem  Jahre  321.'")  Ihre  Ernennung  er- 
folgte in  den  vom  Kaiser  festgesetzten  Grenzen  durch  den  Ordo,'")  welcher  auch 
die  sich  ungeeignet  erweisenden  wieder  absetzen  konnte.'"*)  Von  ihren  Amts- 
pflichten erfahren  wir,  daß  sie  die  Armen  unentgeltlich  behandeln  '■')  und  daß 
sie  medicinischen  Unterricht  erteilen  mußten.-")  Dafür  erhielten  sie  außer  der 
Immunität  auch  Gehalt.^') 

")  Galen  XIV  2 ;  über  ilin  Wellmann  hei  I'auly-  ad    Volusianum:    Medicos,    et   niaxime  archiatros  vel 

AVissowa  I  2153    f.  ex  archiatris  .  . .  una  cum    uxoribus  et  filiis  nee   non 

'-J  Erotian    praef.  wenn    anders    der    dort   ange-  et  rebus,  quas  in  civitatibus  suis  possident,  ab  omni 

redete  äpx'K"pöj  ^ivSpönaxü;   mit   Klein    i^Erotian  X  functione   Omnibus   muneribus   civilibus   vel    publicis 

2g)  und   Wellmann  (bei  Pauly-W'issowa  I  2154)  von  immunes  esse  praecipimus  . .  .  mercedes   etiam   eorum 

dem  Leibarzte  des  Nero  zu   trennen   ist.  (codd.)    et  salaria    reddi   iubemus,    quo  facilius  .... 

'')  Vgl-  I^-    Briau,    L'archiatrie  Romaine  ou    la  memoratis  artibus  multos  instituant. 
medecine  officielle  dans  l'empire  Romain.  Paris  1877.  ")  Dig.  L  g,    1 

'*)  Vgl.  Vercoutre,  La  medecine   publique    dans  '^)   Dig.  XXVII  I,  4  und  6. 

l'antiquite  Grecque.  Revue  arcli.  II  3g  (1880)  321  ff.  '')  Cod.  Just.  X  52,    9. 

'^)   Digest.  XXVII   I,  6,  2—4;  dazu  Cod.  Just.  ^O)  yg]_  p^^^    ,g    ^^  .Schluß. 

X  52,   5.  -')  Lampridius   vita    Alex.    Severi    c.    44;    Cod. 

'")  Cod.  Just.  X    52,    6:    Imp.   Constantinus    A,  Just.  X  52,  6   s.  o.  A.  15. 
Jahreshefte  des  osterr.  archUol.  Institutes  BJ.  VIH.  lg 


1^8  1.   Keil,  Anleinschriftcn  :ius  Kplicsos 

Dai3  in  unseren  Inschriften  tue  ipy.x-^ol  als  iiftentliclic  (ienieindeär/te 
zu  fassen  sind  und  ilas  Wort  nicht  etwa  nur  leiliMulc  Ar/te  in  dem  \'ereine 
bedeutet,  wird  kaum  bezweifelt  werden;  es  wird  zudem  dadurch  bewiesen, 
dalJ  der  am  häufigsten  genannte  11.  Ai/.io;  MlvavSpo;  äpyiaipö;  mit  demselben 
Titel  in  einer  der  gleichfalls  in  der  letzten  Campagne  gefundenen  Miti^liedtM- 
listen  des  KuretencoUegiums  (Ephesos  Inv.  n.  loiS  B)  erscheint,  wo  ein  Bezug 
zu  der  Organisation  der  Ärzte  nicht  besteht.  So  dürf(Mi  wir  die  Nachrichten 
unserer  Steine  für  die  Geschichte  der  Institution  der  äpy-aifo!  =  (xemeindeärzte 
verwerten.  Und  in  der  Tat  bieten  sie  hiefür  etwas  Neues.  Der  Agonothet  in  a 
wird  als  äp/iaTpö;  to  5'  bezeichnet.  Das  kann  nur  so  verstanden  werden,  daü 
das   Amt    der    Gemeindeärzte  —  in  Ephesos  wenigstens  nicht  auf  l.ebenszcit 

übertragen  wurde,  sondern  daß  nach  bestimmten  Zeiträumen  —  vielleicht  alU^ 
vier  Jahre  —  Neuwahlen  stattfanden.  So  hatte  man  die  Möglichkeit,  tüchtige 
Ärzte  durch  die  ehrende  Wiederwahl  sich  zu  erhalten,  ungeeignete  dagegen 
leicht  zu  entlassen,  wie  es  durch  kaiserlichen  Erlaß  dem  Ordo  ausdrücklich 
gestattet  war. 

Unsere  Inschriften  sind  sicher  älter  als  der  Krlali  Constantins,  indem,  wie 
wir  sahen,  die  archiatri  zuerst  als  Gemeindeärzte  in  der  Literatur  vorkommen,  aber 
ihre  Entstehungszeit  zu  fixieren,  haben  wir  gegenwärtig  imr  den  Schriftcharakter 
als  Anhaltspunkt.  Dieser  scheint  bei  /' — /  in  das  spätere  zweite  oder  Anfang  des 
dritten  Jahrhunderts  gut  zu  pas.sen;  dem  widerspricht  auch  a  nicht,  trotz  der 
runden  E  und  S  und  der  Form  der  Omega,  zumal  die  Schrift  dieses  .Steines  ja 
überhaupt  die  Cursive  auf  Stein  verwendet. -*)  Leider  läßt  das  Auftreten  des  Ailios 
Menandros  in  den  durch  Jahrhunderte  .sich  erstreckenden  Kuretenlisten  infolge 
der  lückenhaften  Beschaffenheit  des  Materiales  eine  genauere  Fixierung  dieses 
Mannes  und  damit  unserer  Siegeslisten  bisher  noch  nicht  zu;  aber  wir  haben 
allen  Grund  zu  der  Annahme,  daß  die  Fortsetzung  der  Grabungen  an  jener  Stelle 
die  Lücken  der  Listen  ausfüllen  werde,  ebenso  wie  Hoffnung  vorhanden  ist, 
daß  beim  Reinigen  und  weiteren  Ausgraben  der  Doijpelkirche  neue  Funde  von 
Ärzteinschriften  unser  Wissen  von  der  interessanten  Institution  medicinischer 
Wettkämpfe  in  Ephesos  erweitern  werden. 

Ephesos.  J-  '<EIL 

'-;  Ein  mir  augenblicklich  zugängliches  Beispiel        I  (1873—1875)  p.    100  n.   101.  Vgl.  auch    Wiegand- 
für    rundes    E   und    .S  und  oben    offenes  Omega  aus        Schrader,  Priene  S.  53. 
vespasianischer   Zeit    bietet   M&'Jietiv  v.xl  ^iß/.ioJHixr, 


139 
Die  Saveschiffahrt  in  der  Kaiserzeit. 

In  der  gemeinsam  mit  S.  Rutar  herausgegebenen  Studie  „Römische  Straßen 
und  Befestigungen  in  Krain"  glaubte  A.  v.  Premerstein  S.  ^^  f.  die  Beobachtung 
machen  zu  können,  dal3  ,.der  \'erkehr  seit  dem  Baue  der  Heerstraße  Emona- 
Siscia  in  flavischer  Zeit  die  bisher  hauptsächlich  benutzten  Wasserwege  der  Gurk 
und  Save  fast  ganz  aufgab  und  die  gebahnte  Straße  aufsuchte."  Sie  entspricht 
nicht  seiner  eigenen  Bemerkung  S.  17  Anm.,  der  zufolge  „noch  in  der  Kaiser- 
zeit die  Gewässer  wenigstens  für  den  internen  Verkehr  von  Bedeutung  blie- 
ben,- und  steht  im  Gegensatze  zu  einer  Reihe  von  Indicien,  welche  darzutun 
imstande  sind,  daß  die  Saveschiffahrt  nach  wie  vor  in  dem  pannonischen  Commerz 
eine  Rolle  spielte. 

Es  ist  vor  allem  außer  acht  gelassen  worden,  daß  in  Zeiten  des  Wagen- 
verkehrs die  Flußschiffahrt  namentlich  für  Talfahrten  und  für  den  Transport  von 
Massengütern  durch  Straßenanlagen  keine  wesentliche  Einbuße  erleidet.  Daß  dieser 
allgemeine  Erfahrungssatz  auch  für  die  römische  Kaiserzeit  gilt,  zeigt  die  damalige 
hohe  Entwicklung  der  Binnenschiffahrt.  Die  Befahrung  des  Guadalquibir,  der 
Loire,  Seine,  Mosel '),  Rhone,  Saone,  Durance,  Ardeche,  Ouveze,  des  Po,  des 
Corner-  und  des  Gardasees  sind  genügende  Belege  hiefür.-)  Von  unseren  Flüssen 
besaßen  die  Donau  ^)  und  die  Maros*)  sicher  und  wohl  auch  der  x\lt-')  .Schiffer- 
gilden. 

Ein  CoUegium  navdculariorum,  eine  Reedergenossenschaft,  bestand  nun  auch 
für  die  .Save  und  deren  Zufluß,  die  Laibach,  das  in  Emona  das  Denkmal  CIL  III 
1077 1   hinterließ.^)  .        ,' 

Emona    war    auch    gleich  Poetovio    an  der  Drave')    eine  Station   der  Classis 

')  Vgl.  jetzt  aucli  J.  B.  Keune,  Metz  in  römi-  1901,325  (mit  interessanten  Bemerkungen  über  Holz- 
scher Zeit  (XXII.  Jahresbericht  des  Vereins  für  flößerei);  Münsterberg-Oehler,  Jahreshefte  V  Bei- 
Erdkunde zu  Metz)  21.  blatt   124  f. 

")  Vgl.  W.  Liebenam,  Zur  Geschichte  und  Or-  ^)   Die  Schiffahrt  ist  auf  dem  Alutus    zwar   nur 

ganisation  des  römischen  Vereinswesens  81  ff;  J.  P.  für    das    Mittelalter   bezeugt    (K.  Wolff,    Geschichte 

Waltzing,  Etüde  historique  sur  les  corporations  pro-  der  Altschiffahrt   l8gl,  Jung,  Mitt.  des  Instituts  für 

fessionnelles     chez    les    Romains    II    2g  ff.     und     in  österr.    Geschichtsforschung    IV.  Erg.änzungsbd.    23 

Ruggieros    Dizzionario  epigrafico  u.    collegium    347;  Anm.    3),     doch    ist    ein    Rückschluß  ohne  weiteres 

E.    Korneraann,    Pauly  -  Wissowa    u.    coUegiuiu    IV  gestattet.     Ebenso    hat    Jung    a.    a.    O.    XXII     194 

397  f.  Anm.    2    gegen    H.  Nissen,    Italisclie    Landeskunde 

'1   Vgl.  die    eingehende  Untersuchung    über   die  I  306     die   .Schiffliarkeit    des    etrurisclien    Auser   er- 

Donauschiffahrt  von  C.  G.  Brandis  in  Pauly-Wissowa  mittelt. 
u.  Danuvius  IV  2123  ff.  *)  v.  Premerstein-Rutar  a.  a.  O.    17  Anm. 

*)  J.  Jung,  Römer  und  Romanen  in  den  Donau-  ')  CIL  III  4025,  vgl.  p.  1746.  AV.  Gurlitt,  Arch.- 

Ländern-    ll8f.    und    Neue  philologische  Rundschau  epigr.   Mitt.   XIX   22. 


I40 


C.   Palsch 


Pannonica.  wie  man  wohl  aus  dem  von  \\  l'rcmrrstein'*)  ik-m  ilritU'ii  lahiiunulcrt 
zugewiesenen  Grabsteine  CIL  U\  \\,\^\'':  l>.  M-  l-  .Ul.  .\ixriii<>  iiiil[ili)  cl[dssis) 
l\aiiHouicdc)  .  .  .  .  schließen  kann.  Bestimmt  führt  die  Not.  dign.  Occ.  XXXII 
36.  55.  si-  50  folgende  Stationen  auf  der  Save  selbst  an:")  Siscia,  Servitium, 
Graium  uiul  Sirmium. '")  die  ohne  Zweifel,  zum  Teil  wenigstens,  älteren 
Ursprungs    sind.") 

Für  die  mercantile  Bedeutung  der  Save  sprirlit  aueh  die  starke  \'ereliriing 
des  Gottes  Savus  längs  des  FlulJlaufes '-')  in  Wernegg,  '•')  Saudörfel  'M  und  Scilarjevo- 
Andautonia;  insbesondere  macht  die  Dedication  in  der  letztgenannten  Stadt  Cil, 
III  4009  (vgl.  p.  1746):  Savo  Äug.  Siicr.  M.  Iiivciüins  J'ritiiigiiiiiis  cl  sncii  v.  s.  I.  in. 
den  Eindruck  einer  von  Handelsbeflissenen  gemachten  .Stiftung. 

Mit  dem  .Savegotte  concurrierte  in  der  Wertschätzung  der  Fhil.ianwoliner 
Xejitun.  der  wegen  seiner  \'i'rehrung  längs  iler  Laibach  und  .Save  in 
Xauportus,'-')  Emona, '")  in  Kiempas  bei  llrastnigg'')  an  der  Save  und  in  Cate/. 
als  Gott  des  fließenden  Wassers  überhaupt  aufzufassen  sein  wird**)  und  der  mit 
dem  römischen  Namen  eine  weitverbreitete  einheimische  Gottheit  di>rkt. '■')  Daß 
man  sich  an  ihn  auch  als  den  l*"örderer  des  Handels  waiulte,  beweist  der  Votiv- 
stein  in  Catez  CIL  III  14354--:  .Mcdiis  ('.  Tro/iili  iiigoliiilür{is  .scn'iiü)  Ncplimn 
Oviauo^"),  der  auf  einem  für  die  .Schiffahrt  wichtigen  Punkte,  an  dem  Zusainmi-ii- 
flusse  der  Gurk  und  der  Save  aufgestellt  war.-') 


*)  A.  a.  O.  S.  39. 

')  über  die  Bedeutung  von  Wasserwegen  (ur 
militärische  Transporte  vgl.  G.  Wolff,  AVestd.  Zeit- 
schrift  1897,  36. 

'")  Marquardt-Domaszewski,  Rom.  Staatsverwal- 
dung II'  506  f;  O.  Fiebiger,  Pauly-Wissowa  u. 
classis  III  2647. 

"^  Über  die  Frage,  ob  die  Save  in  Trajans 
erstem  Dakerkriege  eine  Rolle  gespielt  hat,  vgl.  O. 
Benndorf,  Das  Monument  von  Adamklissi  Tropaeum 
Traiani  112  f.;  C.  Cichorius,  Die  Reliefs  der  Traians- 
säule  11.  Textbd.  l6o  ff.;  E.  Petersen,  Trajans  D.ikische 
Kriege.  I.  Der  erste  Krieg   14.  36  ff. 

")  Mommsen,  CIL  III  p.  628. 

«')  CIL  III  3896.  vgl.  p.   1736.  2328*«. 

"j  Hier  hatte  er  im  Verein  mit  Adsalluta  Ugl. 
Wissenschaftl.  Mitl.  aus  Bosnien  VIII  129)  und 
wahrscheinlich  mit  Neptun  ein  größeres  Heiligtum, 
vgl.  CIL  III  5134=11680.  5138.  11684.  5135.  5136 
'.vgl.  p.   1828.  2328  ">  5137. 

")  In  diesem  Orte   besaß  er  einen   besser  aus- 


gestatteten Tempel:  CIL  III  3778. 

1«)  CIL  III  3841.   10765,  vgl.  p.  2328i^s. 

1')  CIL  III  5137. 

")  Vgl.  A.  von  Domaszewski,  Corresp.-Blalt 
der  Westd.  Zeitschrift  1896,  235;  G.  Wissowa, 
Roschers  Mythologisches  Lexikon  u.  Neptunus  206 
und  Religion  und  Cultus  der  Römer  252  f. 

'')  Vor  der  Auffindung  der  Bindus-Neplunus- 
altäre  an  der  Privilica(|uelle  bei  Bihac  (vgl.  Wissen- 
schaftl. Mitt.  VI  154  ff.  und  VII  33  ff.)  führte  v. 
Domaszewski  a.  a.  O.  234  den  Cult  des  Neptun  in 
Nauportus  und  Kmona  auf  griechischen  Einfluß  zurück. 

^")  Der  Gott  wird  hier  wohl  nach  dem  Standorte 
zubenannt,  vgl.  CIL  XV  4585:  (V intim)  ex f{uudo) 
Oviano  n(ostro)  oder  n(ovo). 

■")  Prcmerstein-Rutar  a.  a.  O.  30.  —  Ana- 
logien zu  dieser  Widmung  bieten  Brambach  1668 
=  1678:  ....  Ncpliino  conluberniiim  naulariim; 
CIL  III  10430  (Aquincum):  /.  o.  m.  Iniioni  Nep- 
tiino  Haiti  L.  Viil.  Italus  opiimo  collcgiu  ncgolian- 
lium  d.  U.  Vgl.  V.  Domaszewski  a.  a.  O. 


Die  SaveschifTahrt  in  der  Kaiserzeit  14^ 

Einen  weiteren  Beweis  für  die  Benutzung  der  Save  liefern  die  in  Sirmium^-) 
und  Bassianae-')  gefundenen  Ziegel  aus  der  wohl  städtischen  Ziegelei  in  Siscia/'^) 
diu  man  sich  doch  niclit  neben  der  Save  auf  Wagen  verfrachtet  denken 
kann.-'') 

SchlietJlich  hebt  Arrian  unseren  FIulJ  in  der  hier  in  Rede  stehenden  Be- 
deutung besonders  hervor  Ind.  IV  15:  5  Sä  "latpog  d/.t'yo;  jjisv  mlQ'/zi  ccto  twv  TZ-q- 
yewv,  oixzzoc'.  Ss  r.olXfjbc.  Txoxanou;,  aXXä  ouoe  izAiid-eC  "fao'j;  Totaiv  'Iv5wv  Tcoxanoritv,  o'i  e? 
zb'j  'Ivoiv  xxi  -öv  räyyea  r/.ooooOai.  tiXwto'j;  5s  Stj  •/.äpta  dXt'yo'j;,  wv  to'jc  [xsv  aOtöc  iowv 
oioa,  xöv  "Evov  te  xai  xöv  iläov  .  .  .  oat'.;  5s  xa!  äaXov  oC5c  vaua:'üopov  xwv  i;  xöv  "I^xpov 
£x5'.o6vtwv,  äÄÄä  o'j  TioÄÄoü;  xod  oiSs. 

Mit  der  Save  als  Handelsstraße  dürfte  auch  die  Zollstation  in  Sirmium^'')  in 
Verbindung  zu  bringen  sein ;  ebenso  befand  sich  an  der  Marcs  in  Micia  eine 
Zollstätte.-') 

Sarajewo.  C.  PATSCH 


KtXXfßa?. 

\Yenn  die  heutige  Archäologie  das  Antiquarisch-Exegetische  auch  mit  Recht 
nicht  mehr  als  ihre  hauptsächlichste  Aufgabe  betrachtet,  so  soll  sie  doch  nicht 
vergessen,  dal3  jene  Untersuchungen  stets  einen  Teil  ihrer  Aufgabe  bilden  müssen. 

In  den  Jahresheften  V  170  ist  ein  auf  ein  Gestell  gestützter  Schild, 
einem  Vasenbild  entnommen,  abgebildet  und  der  Herausgeber  Hartwig  schlägt 
für  dieses  Gestell  die  Bezeichnung  , Schildbock'  vor;  auch  Paul  Kretschmer, 
welcher  im  Beiblatt  VI  Sp.  87  auf  den  Gegenstand  zurückkommt,  wählt  für  ihn 
die  Bezeichnung  .Schildgestell'.  Allein  diesem  Gerät  läßt  sich  auch  seine  griechi- 

-'-)  CIL  in   11377,  b.  ilire    Ziegel     auf    der    Donau,    vgl.    v.    Premerstein, 

-^)  CIL  III   11377,  a,   wo  Petrovic   in    Pelrovce  Jalireshefte  IV  Beiblatt  140 ;    Patsch,  Pauly-Wissowa 

oder   genauer   in   Petrovacka    gradina   zu    corrigieren  "■   Dierna    (dazu  CIL  III   12677).     Über   die    starke 

ist,  vgl.  S.  Ljubic,  Vjestnik  V  68.  Benutzung  des  Main  für  Ziegeltransporte  vgl.  "Wolff, 

-*)  CIL  III  4671.  Zu  den  in  Siscia  gefundenen,  Üie    röm.    Ziegeleien   in    Nied    bei    Höchst.     Archiv 

für    die    Kenntnis     des    Ziegeleibetriebes    wichtigen  für    Frankfurts    Geschichte    und    Kunst   1893,    250; 

Ziegeln    CIL    III    11378   —   I1386    vgl.    Mommsen,  O.  von  Sarwey,  "Westd.  Zeitschrift   1899,  28. 
Eph.    ep.   III    S.    112;    Liebenam,    .Städteverwaltung  -'')  v.  Domaszewski,  Arch.-epigr.  Mitt.  XIII  136. 

im  römischen  Kaiserreiche  407.  ■')  Jung,    Römer    und    Romanen    llg;    v.    Do- 

'-^)  Ebenso    vertrieben   Viminacium    und    Dierna  maszewski  a.  a.  O.   143. 


142  1-".  ll.iuscr,  K'.ÄX!ja; 

sehe  Bezeichnung  geben:  es  wird  von  Aristophanes  genannt  und  das  Vasoiibild 
illustriert  seinerseits  die  Verse  1122  und  folgende  in  den  Acharnern.  Camachos 
beordert  seine  Feldausrüstung  Stück  tiir  Stück  ans  dem  Hause  hcraiis;  nach  dein 
Speer  verlangt  er  vom  Pais: 


]')ann   weiter : 
Unil    1  1  30: 


\\x-iyz:  tj.  -%'.,  to'j/.x'.ov. 


Dieser  Schildliock  hiel3  also  ö  xiÄai^jx;  und  das  Schcilion  zu  dem  N'ers  erklärt 
tO'J;  y.ujJ.^xr.xz  genau  der  Zeichnung  jener  Vase  entsprechend:  T;p:ax£Äf;  t^ü 
r.vx  C'j/.a.  £-^'  wv  T'.O-ea^i  "i;  ä'j-ioa;  S:avx-au6|^i£Voi,  SiisiSxv  y.äjuüat  t^C/XeiioOvte;. 
Die  Aristophanesstelle  lehrt  uns  aber  d(Mi  Zweck  des  y.:AAi,Jac  noch  genauer 
kennen,  als  ihn  der  Scholiast  verstand.  Die  .Stütze  war  für  den  Schild  vor 
allem  nötig,  um  ihn  während  der  Procedur  des  Einfetteus  nicht  in  zu  nahe 
Berührung  mit  dem  Boden  zu  bringen,  wobei  der  Schmutz  sich  an  das  ein- 
gefettete Metall  angeheftet  hätte;  außerdem  war  auch  ein  rascheres  Ergreifen 
des  Schildes  ermöglicht,  wenn  derselbe  nicht  platt  auf  dem  Boden  lag.  Als 
Schildhalter  konnte  der  Killibas,  so  wie  ihn  die  Vase  zeigt,  flach  wie  ein  A 
gebildet  werden,  weil  der  dritte  Stützpunkt  vom  Schilde  selbst  geboten  war.  Als 
Tischfuß,  Modellierbock  {Blümner,  Terminologie  11  122)  und  Staffelei  (a.a.O. 
IV  430),  wofür  ebenfalls  das  Wort  v.OJI^jxc.  angewendet  wurde,  mußte  das  Gerät 
aber  notwendigerweise  auf  drei  Beinen  ruhen;  der  Schildbock  auf  der  \'ase  zeigt 
indes.sen,  wie  ähnlich  das  Gestell,  trotz  diesem  Unterschied,  einer  Statfelei  (i'annfka, 
Parodien  und  Caricaturen  Taf.  I  6)  bleiben  konnte. 

Ich  bemerke  noch,  daß  die  von  Kretschmer  vorgeschlagene,  unzweifelhaft 
richtige  Auffassung  des  A  auf  Schilden,  nämlich  als  Initial  vom  lühnikon  des 
Schildträgers,  bereits  von  mir  im  Jahrbuch  1895  S.  200  Anm.  21  als  andere 
Möglichkeit  der  Erklärung  ausgesprochen  war.  .Sobald  in  einer  und  derselben 
Darstellung  mehr  al.s  ein  Schild  das  A  als  Episema  trug,  war  iiatürlicli  tler  Ge- 
danken an  ein  Zahlzeichen  erledigt  und  die  Erklärung  als  Initial  die  einzig 
mögliche. 

Korn.  \-K.   Il.XLSKR 


A.  V.  OomaszewsUi,  Schiller  und  Tacitus  '43 

Schiller  und  Tacitus. 

Die  schönen  Verse  in  Schillers  Braut  von  IMessina  226  f. 

Wo  das  Eisen   wächst   in    der  Berge  Schacht, 

da  entspringen  der  Erde  Gebieter 
sind  eine  Umbildung  und  zugleich  die  richtige  Deutung  der  Worte  des  Tacitus 
Germ.  43 :  Cotinos  Gallica,  Osos  Pannonica  lingua  coarguit  non  esse  Germanos,  et 
quod  tributa  patiuutur:  partem  tributorum  Sarmatae,  partem  Quadi  ut  alienigenis 
imponunt.  Cotini,  ([uo  magis  pudeat,  et  ferrum  effodiunt.  Der  römische 
Historiker  findet  es  verächtlich,  dai3  die  Cotini,  tue  das  Eisen  aus  der  Berge 
Schacht  hervorholen,  die  Knechtschaft  erdulden.  Deshalb  hat  v.  Premerstein*) 
gewiß  nicht  Recht,  aus  dieser  Pointe  zu  schließen,  daß  die  Cotini  den  Römern  zu 
verächtlich   waren,  um   ein  JUiudnis   mit  ihnen   zu  schließi'n. 

Heidelberg.  A.  v.  DOAIASZI'.WSKT 

Fluchinschrift  aus  Maionien. 

Athen.  Mitteil.  VI  272  f.:  "Eiou;  C7[.i'.  |-ir/v6;)  AL)5|[v]atou,  7iapaypac(;£[t]  |  'AtioXXw- 
vcos    TÖ|v    jk[5Xrjx6-c3!    xb    r.['.]\vxy,iZ'.rjy    -/.[a]c    HP[7:a]KO]TA    xa!    CYCTOPA    tf;    |    anwlEioc. 

Die  vom  Herausgeber  Papadopoulos-Kerameus  oifen  gela.ssenen  Aporien 
erledigen  sich  durch  den  Wortverstand:  Ein  Apollonios  verflucht  —  T^apaypacpsw 
Singular  für  sonst  ständiges  xaTaypä-^eiv  oder  ypoi-^Eiw  —  einen  unbekannten  Übel- 
täter, der  sich  der  Beseitigung  eines  nivaxJoiov  schuldig  gemacht  hatte  und  ?  auvt'oxopa 
doch  wohl,  den  Mitwisser  der  Tat.  Die  Form  erklärt  sich  als  einer  der  vereinzelten 
Fälle,  in  denen  Haplologie,  die  regelrecht  sonst  nur  bei  gleich  anlautenden  Silben 
statt  hat,i)  als  gelegentlicher  individueller  .Sprech-  und  Schreibfehler  ohne  Be- 
schränkung auf  diese  Norm  auftritt.  Phonetisch  erleichternd  kommt  im  vorliegenden 
Falle  der  gerade  für  die  kleinasiatische  Koine  belegbare  Zusammenfall  des  Laut- 
wertes von  u  und  c  in  Betracht,-)  weiters  der  Umstand,  daß,  obwohl  bei  Composita  mit 

*)  Jahresliefte   VII  231.    Auch    scheint   mir    in  im    Ancyranum    gedenkt     5,    4S     et     pos[tea     tran]s 

der   von    ihm    sonst   glücklich    behandelten    Inschrift  Dan[u]vium   ductus  ex[ercitus  me]u[s  Dacorjum  gentes 

die    Ergänzung  |Ouadoru]m  et  Bastarnarum  nicht  zu-  im[peria  populi  Romani  perferre  coegit]. 

lässig,  da  die   Sitze    der  Quaden    an    der  Donau    für  ')  G.  Meyer,    Gr.  Gramm.'   302;    K.   Dieterich, 

jene  Zeit  nicht  bezeugt  sind.  Vielmehr  wird  Vinucius  Untersuch,  z.  Gesch.   d.  gr.  Spr.    I24f. 

die  Dacier   und  Bastarner  besiegt    haben,    um    dann  ^)  A.Thumb,  Gr.  Sprache  im  Zeitalt.  d  Hellenisra. 

weiter   in   jenes    Bergland    nördlich    der   Theißebene  142;    E.   Nachmanson,    Laute  u.   Formen    der   magn. 

vorzudringen.  Es  ist  eben  jener  Sieg,  dessen  Augustus  Inschr.   26;  Dieterich  a.   a.  O.   24  ff. 


144  .I-  Zinjjcrlc.  Flucliinsclirifl  :ms   Maionicn 

s-jv.  -fdc.  £Ü  gewöhnlich  zwischen  den  tilietlorii  abgesetzt  wird,  der  consoiiantische 
Auslaut  der  Präposition  zu  vocalischem  Anlaut  der  nächst(>n  Silbe  g-eschlaufen 
werden  konnte.-""")  Also:  oulvtaxiop.  ou(vf)aTü)p.  aüaxiop.  wobei  niiiglicherweise  nocli 
der  Anklang  an  Bildungen  wie  3Ü7TT,|13:  u.  ä.  mitwirkte.  Als  nächste  Entsprechung 
bietet  sich  die  Schreibung  TYMBOXIAZ  für  vj\ipMp'jyJxi  auf  einer  der  termessischen 
(irabschriften  (Bull.  corr.  hell.  XXlll.  kui  ii.  S),  aus  denen  ich  noch  noti(>rte: 
nPriTONOY  für  llpoiToydvo'j:  TOAETATOYTO  =  xb  ok  |i£xä  loüxo.  beides  auf  noch 
unveröffentlichten,  von  lleberdey  igt):  aufi^enoinnietien  Texten.  —  HPKOTA  ist 
regelrecht  von  aTpw  gebildet,  die  Ergänzung  y^p[(:a]-/.iTa  sonach  unnötig;  vgl.  auf 
einer  anderen  maionischen  Inschrift  (Ath.  Mitt.  VI  273):  STiijiojÄS'jaäv-wv  «Otcü  .  . 
y.ai  äpdvTiüv  ?vypa^a  y.xl  Ixspa  £t5r^  £■/,  rf,^  o'.v.ioi^  aOriov  /.tä. 

Gegenständlich  ist  die  Inschrift  in  eine  Reihe  von  Documimten  einzubc/.ichen, 
die  in  typischer  Formelsprache  eine  mit  tlem  maionischen  ("ulte  des  Men  und  der 
Anaitis  verbundene,  ausgebildete  sacrale  Rechtspflege  vergegenwärtigen,  in  der 
die  Gottheit  noch  in  urtümlicher  Weise  ihre  Geltung  als  oberste  Rechtsinstanz 
innehat,  der  mit  Ausschluß  der  irdischen  der  große  und  kli'iiK»  Hader  des  Tages 
zur  Entscheidung  und  Sühne  vorgetragen  wird.'^)  Dies  geschieht  mittels  einer  förm- 
lichen Klageschrift:  -itTäy.tov  eSwxev  heißt  es  von  einem  Artemidoros,  der  Sühne 
für  eine  Schmähung  heischt.'")  Daß  das  -ivaxtocov  unserer  Inschrift  gleich  zu  verstehen 
sei,  bedarf  der  Darlegung  so  wenig  wie  die  Gründe,  die  dessen  Unterschlagung 
veranlaßt  haben  werden.  Im  Wesen  ist  eine  solche  Denunciation  an  die  Gottheit 
behufs  Bestrafung  des  Schuldigen  nicht  verschieden  vom  Fluche;  so  denn  auch  im 
Falle  einer  Tatias,'')  die  der  "Vergiftung  ihres  Schwagers  bezichtigt  war,  geradezu: 
äpic  l{)-T//.£v  £v  Tö)  vato  lö;  :y.ÄVO-o:oOaa  -£pl  -oO  -£'^rj[i.t3{)-ai  xj-r^v  £v  ^j'/ziZipi  zonx'jxrj.  Es 
ist  also  hier  wie  anderwärts 'j  wohl  mit  Beitun  einer  gewiß  nicht  uninteressierten 
Priesterschaft  in  ein  System  gebracht  und  in  den  Cult  bezogen,  was  tausendfältig 
sonst  vom  Einzelnen  auf  eigene  Faust  als  Superstition  geübt  wurde.  Durch  die 
Aufstellung  im  Heiligtum  wird  auch  die,  wenn  man  von  den  Grabflüchen  absieht, 
ungewöhnliche  Fixierung  auf  Stein  verständlich,  die  auch  für  die  TiivaxtSia  voraus- 
zusetzen ist,  wiewohl  in  analogen  Fällen,  z.  B.  in  Knidos,  auch  die  üblichen  ~£-aÄa 
oder  £Äa3{jio:  aus  Blei  begegnen  (vgl.  Audollent,  Defix.  tab.  CXVI).  J.  Z. 

*)  Crönert,  Mem.  gr.  Hercul.  12  f.;  Nachmanson,  273,    n.  23;    .Smyrnacr  'Af.]iv/ia  vom   20.   u.  31.  Mai 

a.  a.  O.   118.  IqOO;    vgl.  Perdrixet,    Bull,  de  corr.   hell.  XX   58  f. 

*)  Den  Rechtsgang  geben  zum  Teile  ausführlich  '')  Wünsch,  Def.  tah.  alt.  XXIII;  Ziebarth,  Gott, 

einige    der    für  Maionicn    charakteristischen    Sühne-  Kachr.  1899  S.  I22f.  Rousc,  Grcek  vol.  offerings  339. 

inschriften.  Buresch,    Aus  Lydien    III  (f.;  Moo:.  y.ai  '')  Xp|iv/£a  vom   31.  Mai   1900  n.  5. 

^_  T.  E'j.  ^/..  iS*.'^>  1.    Xi  f.   n.  577;   Athen.  Mitt.  VI  ')  Ziebarth  a.  a.  f).  123  f. 


145 


Die  Vase  Vagnonville. 


Im  Rluseo  Nazioiuile  zu  Florenz  ist  in  einem  der  unteren  Säle  eine  Vase 
ausgestellt,  deren  interessante  Darstellung  schon  mehrfach  abgebildet  ist,  die  bis 
jetzt  aber  immer  noch  eine  zufriedenstellende  Deutung  nicht  gefunden  hat.  Ich 
meine  das  hier  (Fig.  ^2)  aus  Milani,  Museo  Topografico  dell'  lüruria  fuj  (vgl.  auch 
Milani,  Studi  e  Material!  di  Archeologia  e  Numismatica  I  65 ;  J.  Harrison  in  Journ. 
of  hell.  .stud.  iSgg  p.  22S)  wiederholte  Bild  des  aus  der  Sammlung  Vagnonville 
stammenden  Gefäßes:  Auf  einer  viereckigen  Basis,  in  der  sechs  Löcher  mit 
emporzüngelnden  Flam- 
men angegeben  sind,  er-  ^__«rt;  iül/  (illMlLL 
hebt  sich  ein  kegelförmi- 
ger Aufbau,  auf  dessen 
Spitze  eine  Sphinx  mit 
ausgebreiteten  F^lügeln 
ruhig  sitzt;  links  vom 
Kegel  sieht  man  zwei 
vSatyrn,  von  denen  der 
eine  mit  einer  Hacke 
einen  Schlag  gegen  den 
Erdhügel  führt,  während 
der  andere  mit  gesenk- 
tem Beil  nach  links  da- 
voneilt, indem  er  zu- 
gleich den  Kopf  nach  rechts  zurückwendet.  Einige  Streifen  am  Erdhügel 
scheinen  auf  vorhergehende  Axthiebe  des  Satyrs  zurückzuführen  zu  sein.  Milani 
sieht  (im  Mus.  Topogr.  dell'  Etruria  68)  hierin  „una  curiosa  scena,  inspirata 
probabilmente  ad  un  dramma  satiresco  (Sphinx):  un  Satiro  rompe  con  la  zappa 
arditamente  un  tumulo  ardente,  divenuto  quasi  rogo  e  tomba  della  Sfing^e 
tebana,  mentre  un  altro  Satiro  si  allontana  pauroso".  Dagegen  faßt  Mancini  in 
den  Stud.  e  mat.  I  65  das  Vasenbild  anders  auf;  die  Sphinx  führt  nach  ihm 
unzweifelhaft  nach  Theben,  der  Hügel,  auf  dem  sie  sitzt,  muß  demnach  für  den 
Berg  Phikion  oder  Sphingeion  gehalten  werden;  die  sechs  Löcher  in  der  Basis 
des  Berges  können  vielleicht  „la  via  sassosa  e  difficile    del  monte"  bedeuten;  die 

Jahreshefte  des  österr.  archäol.  Institutes  IJd.VIH.  jq 


32     Krater  Vagnonville,  Vord 


140 


K.   l'.n^clmami 


beiden  Satyrn  schlagfen  auf  den  Borg  oin,  ohne  tlal.i  das  Zit-l  und  dtn-  Zwnk  ilui'r 
Bemühung'  vom  ^'asenmale^  klar  zum  Ausdruck  gebracht  ist.  Dieser  Ang'ritf  ist, 
wenn  man  will,  eine  Parodie  der  Kämpfe,  welche  ilie  thebanischen  Jüngling-e 
gegen  die  Sphinx  ausführten.  Mancinis  Ansicht  hat  Milan!  (ebd.  \i.  71)  widerlegt, 
indem  er  durch  Hinweisung  auf  eine  aus  Eretria  stammende  Lekythos  des  lUnt. 
Mus.  (Murray  and  Smith.  White  athen.  VMses,  London  1896  Taf.  XIII  =  Catal.  of 
vases  in  the  Brit.  Mus.  III  D  50  p.  404),  die  hier  unter  Fig.   a  wiederholt  wird, 


fü}[u}mimJriijfoJiMfE[WImi[^00f^0BJ[^ 


nachweist,  daß  es 
sich  auf  dem  Krater 
Vagnonville  nicht 
um  einen  Berg,  son- 
dern um  einen  wirk- 
lichen Grabtuniulus 
handelt.  Man  sieht 
auf  der  Lekythos 
aus  Eretria  dieselbe 

viereckige  Basis 
mit  den  Löchern 
(mir  daß  es  hier 
nicht  sechs,  son- 
dern fünf  sind,  und 
daß  keine  Flammen 
aus  ihnen  heraus- 
schlagen). Über  der 
Basis  wölbt  sich 
der  (irabtumulus, 
hinter  dem  sich 
eine  mit  Kränzen  und  Binden  umwundene  Grabstele  erhebt;  auf  der  Basis  sind  als 
Grabgaben  Lekythen  und  andere  Gefäße,  ein  Kranz  und  eine  Lyra  aufgestellt, 
Tänien  sind  über  den  Grabhügel  gelegt,  und  auf  ihm  sitzt  neben  der  Stele  eine  Eule.') 
Von  rechts  kommt  ein  in  das  Himation  eingewickelter  Jüngling  heran,  der  sich  mit 
der  rechten  Hand  auf  seinen  Stock  stützt,  während  links,  teilweise  hinter  dem  Hügel 

';  Dieser  Vogel  könnte  ja,  wie  die  Sphinx  anf  der  H<>l)c  des  T'Jupo;,  sondern  seitwärts  angeliracht 
dem  Krater  V.-ignonville,  .-ils  Grabdenkmal  angebracht  ist.  Vgl.  Journ.  of  hell.  stud.  XIX  227  und  228; 
sein,  doch  ist  das  wenig  wahrscheinlich,  erstens,  Jahrbuch  VI  Taf.  4.  Kür  die  Darstellung  selbst  und 
weil  die  Stele  hinler  dem  Tumulus  für  diesen  Zweck  ihre  Krklärung  ist  die  Bedeutung  der  Kule  gleich- 
völlig genügt,  und  zweitens,  weil  die  Eule  nicht  auf  güllig. 


Lckvthus  aus   Eretria. 


Die  Vase  Vagnonville  I47 

verborgen,  in  langem  Gewand,  mit  dem  Petasos  im  Xacken,  ein  Jünj^ling  stellt,  der 
mit  der  rechten  Hand  in  die  Saiten  der  Lj^ra  greift.  Vielleiclit  hat  man  in  diesem 
Jüngling  den  Besitzer  des  Tunudus,  d.  h.  den  Toten  zu  sehen.  Aber  wie  dem 
auch  sein  mag,  daß  es  sich  hier  um  ein  Grabmal  handelt,  und  dal.i  der  ge- 
wölbte Bau,  der  sich  vor  der  Grabstele  auf  der  Basis  erhebt,  nichts  ist  als  einer 
der  so  zahlreich  dargestellten  Grabhügel,  ist  sicher.  Danach  wird  auch  der  kegel- 
förmige Bau  auf  dem  Krater  Vagnonville  mit  Sicherheit  als  Grabhügel  erkannt, 
und  die  darauf  thronende  Sphinx  kann  nichts  anderes  sein  als  ein  Grabdenkmal. 
Daß  die  Sphinx  ebenso  wie  die  Sirenen  als  Schmuck  der  Gräber  verwendet 
wurde  ist  bekannt,  ich  brauche  hier  nur  auf  die  Sphinx  von  Spata  hinzuweisen 
(Ath.  Mitt.  IV  OS,  Taf.  5),  an  deren  Bestimmung,  als  (irabeszeichen  zu  dienen, 
doch  kaum  gezweifelt  werden  kann.  Aber  auch  andere  Beispiele  eines  derartigen 
Grabesschmuckes  lassen  sich  nachweisen  (vgl.  Ath.  Mitth.  IV  64).  Das  geht 
übrigens  auch  schon  aus  der  ganzen  Haltung  der  Figur  hervor.  Die  Aufmerk- 
samkeit der  Satyrn  oder  wenigstens  des  am  Grabhügel  tätigen  Satyrs  ist  nicht 
auf  die  Sphinx,  sondern  nur  auf  den  Grabhüg-el  g-erichtet,  und  die  Gelassenheit, 
mit  der  die  auf  dem  Tumulus  angebrachte  Figur  das  stürmische  Vorgehen  des 
einen  Satyrs  betrachtet,  wäre  unerklärlich,  wenn  es  sich  nicht  eben  um  eine 
stumme  .steinerne  Figur  handelte,  die  dem  wilden  Treiben  der  Tiermenschen  gegen- 
über sich  natürlich  teilnahmslos  verhält.  Das  hat  auch  Milani  ganz  richtig  erkannt, 
indem  er  S.  73  sagt:  „il  confronto  con  la  lekythos  di  Eretria  motte  fuori  di  dubbio 
che  nel  cratere  Vagnonville  si  ha  la  rappresentazione  di  una  tomba  sormontata 
dalla  figura  decorativa  e  simbolica  della  Sfinge."  Aber  die  beiden  Satyrgcstalten 
führen  ihn,  als  er  schon  im  Begriff  war  die  richtige  Erklärung  zu  finden,  wieder 
auf  Abwege,  „il  tumulo,  dopo  di  essere  stato,  a  quanto  pare,  incendiato  dal 
Satiro  che  fugge,  viene  abbattuto  dal  Satiro  che  picchia"  und  nachher  ,.gli  .sforzi 
degli  imbelli  Satiri  contro  la  creduta  Sfinge  tebana  si  traducono  quindi  in  due 
azioni  sciocche  e  ridicole,  quella  dell'  incendio,  dovuto  forse  al  primo  Satiro 
pauroso,  e  quella  dell'  atterramento  del  creduto  famoso  Sfingion,  a  cui  attende  il 
secondo  Satiro  con  comica  arroganza."  Also,  wenn  ich  richtig  verstehe,  Milani  meint, 
daß  die  beiden  Satyrn  auf  ihren  Streifzügen  durch  Feld  und  Flur  auf  einen  Grab- 
hügel ge.stoßen  sind,  der  auf  seiner  Spitze  eine  Sphinx  als  Bekrönung  trug; 
indem  sie  das  Denkmal  für  lebendig  halten,  beginnen  .sie  gegen  das  gefürchtete 
Ungetüm  den  Krieg;  der  eine  zündet  den  Grabhügel  an,  ergreift  dann  aber  er- 
schreckt die  Flucht,  der  andere  dagegen  zertrümmert  mit  seiner  Axt  oder  Hacke 
den  Grabhügel,  um  dadurch  die  .Sphinx  zu  Fall  zu  bringen.  Obgleich  Milani  für 


I4S  K.   F.in;clni:inn 

diese  seine  Erkläruiiij  die  Zustiiiiniuug'  von  Miss  llarrison  yc-runili-n  hat.  die  (Jdurn. 
of.  bell.  stud.  iSoo  p.  234)  beiden  Eiklärern  sowohl  Mancini  als  IMilani  Recht  ff\\)i 
_to  niy  mind  both  interpreters  are  rig-ht:  the  mound  is  a  Sphingion.  it  is  also 
a  tuii^o;,  for  the  Sphingion  was  a  -0(1,^0;,  and  the  Sphinx  hersclf  is  jtrobably  ihc 
oraciilar  earth  g'oddess  with  the  vexatious  liabit  of  asking  qiiostions  instead  of 
answering  them".  wird  es  anderen  nicht  zweifelhaft  .sein,  daß  die  von  Milani  ange- 
nommene Verwendung  der  beiden  Satyrn  nicht  zum  Ziel  führt.  Wie  solli-n  die 
beiden  Satyrn  dazu  kommen,  durch  Anzünden  des  Tuniulus  und  dessni  /.vr- 
störung-  die  Sphinx  bekämpfen  zu  wollen?  Und  hat  denn  nicht  der  zweite  llichendc 
Satyr  an  Stelle  des  Feuerzeuges,  das  Milani,  so  könnte  man  vermuten,  bei  ihm 
voraussetzt,  g'leichfalls  dasselbe  Werkzeug  wie  sein  Gefährte,  eine  Axt,  so  dal3 
auch  dieselbe  Handlung  bei  ihm  angenommen  werden  mul.i,  und  zwar  als  eine 
vergangene,  während  sein  Gefahrte  sich  ihr  jetzt  noch  hingibt?  Das  Gefäij  aus 
sich  selbst  heraus  erklärt  sagt:  Bei  einem  kegelförmigen  Grabmal,  das  von 
einer  Sphinx  bekrönt  ist,  schlagen  aus  der  Basis  aus  mehreren  Löchern  Flammen 
heraus;  zwei  Satyrn,  durch  das  merkwürdig^e  Ereignis  erschreckt,  eilen  mit  Äxten 
herbei,  um  das  Grabmal  einzureißen  und  das  Feuer  zu  löschen;  da  (M-blickt,  so 
weit  könnte  man  Milani  ja  nachgeben,  der  eine  die  Sphinx  und  eilt  erschreckt 
von  dannen.  während  der  andere  in  seinem  Zer.störungswerk  noch  fortfährt.  Eine 
Parallele  für  die  beiden  Satyrn  bietet  das  Münchner  Vasenbild  (Figf.  34)  mit  der  Apo- 
theose des  Herakles  (O.Jahn,  Beschreibung"  d,  Va.sensammlung,  n.  384;  Mon.  d.  inst.  IV' 
Taf.  41;  Ann.  1847  p.  263;  H.  Heydemann,  Satyr-  u.  ßakchennamen  25;  Vase  Caputi 
IG  n.  26);  oben  wird  Herakles  von  Athena  zum  Olymp  emporgeführt,  untfii 
brennt  noch  der  Scheiterhaufen,  zu  dem  von  rechts  zwei  Nymphen  'Apsflo-ja  und 
ITpsuvosia  Wasser  zum  Löschen  des  Feuers  herantragen;  links  sind  zwei  Satyrn 
sichtbar,  von  denen  der  eine  (mit  einem  Speer  in  der  rechten  Hand?)  nach  links 
entflieht,  während  der  andere  sich  Mühe  gibt,  mit  einem  Knüppel  die  brennenden 
Klötze  des  Scheiterhaufens  auseinander  zu  werfen.-)  Also  eine  Handlung,  die  der 

')  Kalürlich  ist  nicht  daran  zu  denken,  daß,  wie  zu  verstehen,  hier  aber  hätte  das  Stehlen    der  Waf- 

man    gewöhnlich   erklärt,   die   -Satyrn    vom   Scheiter-  fcn  (und  was  wären  das  für  Waffen?  ein  zwcifelhaf- 

haufen    die  Waffen    des  Herakles    rauben.     Auf   der  ter  Speer  und  ein  Knüppel,  während  der  Held    mit 

einen  Vase  mit    der  Apotheose  des  Herakles  entfernt  einer    wirklichen    Keule    zum    Oljmpos    emporfährt) 

sich  Philoktet  mit  Köcher    und    Bogen    des  Helden  gar  keine  Bedeutung.    Daß  der  halbverbrannte  Kör- 

(Gerhard,  Ant.  Bildw.  XXXI),  das  hat  Sinn;   auch,  per    des  Herakles    auf    dem   .Scheiterhaufen    zurück- 

daß    auf    der    Vase    Caputi      (H.  Heydemann     Vase  bleibe,  ist  auch  nicht  richtig,  es  ist  ein   Panzer,  eine 

Capuii  Taf.  2)    die  Satyrn    die  Waffen    des  Herakles  der   gewöhnlichen    Mitgaben    für  gestorbene  Helden, 

stehlen,    während     er    das    Himmelsgewölbe    tragen  vgl.  Mon.  d.  Inst.  IX  32 — 33.  Wie  sollte  die  teilweise 

muB,  und  ihn   in  seiner  Ohnmacht  necken,  ist  leicht  Einäscherung   des  Körpers   neben   der   guten  Erhal- 


Die  Vase  Vagnonville 


149 


auf  der  Vase  Vagnonville  dargestellten  ganz  parallel  ist;  das  Feuer,  das  aus  dem 
(Trabmal  oder  aus  dem  Scheiterhaufen  hervorbricht,  wird  als  eine  Störung  im 
natürlichen  Laufe  der  Dinge  betrachtet,  darum  suchen  die  Satyrn,  die  Vertreter 
der  Natur,  das  Feuer  zu  löschen,  in  dem  einen  Falle  durch  das  Auseinanderwerfen 
des  Scheiterhaufens,  das  andere  Mal  durch  Zertrümmerung  des  Grabhügels.  Beide- 
male  weicht  der  eine  von  ihnen  erschreckt  zurück,  in  dem  einen   Falle,  weil  ihn 


Fig.  34     Apotheose  des  Herakles  auf  einer  Münchner  Vase. 


das  Steinbild  der  Sphinx  erschreckt,  auf  der  andern  Vase  wegen  der  Erscheinung 
der  beiden  wasserherbeibringenden  Nymphen,  während  der  andere  sich  in  seinem 
Beginnen  nicht  stören  läßt.  Aber  wie  kommt  das  Feuer  in  den  Tumulus?  Was 
man  beim  Scheiterhaufen  leicht  versteht,  bedarf  bei  dem  Tumulus  einer  weiteren 
Ausführung. 


tung  des  Rumpfes  erklärt  werden?  vgl.  noch  Gerhard, 
Ant.  Bildw.  31.  Nebenbei  sei  bemerkt,  daß  auf  zwei 
Vasen  des  in  der  Villa  di  Papa  Giulio  zu  Rom  auf- 
gestellten   Museums,    dessen    Katalog     immer    noch 


nicht  veröffentlicht  ist,  von  der  Apotheose  des  He- 
rakles nur  der  untere  Teil,  die  Löschung  des  Schei- 
terhaufens durch  zwei  Nymphen,  in  fast  genau  über- 
einstimmender Weise    dargestellt  ist. 


150  R.  Engclmann 

J.  de  Haye.  L'archöologie  pivhistorique  ^Paris  1SS8)  p.  i  1  j  bcrichti'l.  dal.l  häurii^- 
für  die  Toten  gleichsam  ein  Lag"er  aus  Steinplatten  gebildet  war,  die  ott  von  weit 
her  hatten  transportiert  werden  müssen:  diese  Steine  waren  mitunter  in  glühendem 
Zustand  hingelegt  worden,  wie  aus  den  Abs])litti'rung('n  sich  i>rgal),  „elles 
avaient  certainement  ete  placees  dans  la  grotte  dans  un  etat  pour  ainsi  dire  iiican- 
ilescent.  La  preuve  de  cette  conclusion  se  trouve  dans  l'empreinte  visüilc  sur  lo 
sol  nieme  de  la  grotte.  I.a  naturc^  d(>  la  craie  etait  altTri'!-,  eile  avait  sul)i  unc 
Sorte  de  calcination  et  presentait  un  aspect  pulverulent  tout  diilorent  de  la  sur- 
face  voisine  qui  n'avait  pas  ete  recouverte  par  Ics  dalles  chauffces.  —  Ces  faits 
ont  ete  constates  ä  Solutre  et  dans  d'autres  gisements  celebres  des  temps  paleo- 
lithiques."  Es  Hegt  auf  der  Hand,  daß  diese  g-lühendcn  Steine,  falls  ein  Luftzug 
in  einem  geschlossenen  Räume  die  Mammen  anfachte  und  brennbares  Material. 
Kleidungsstücke  und  anderes  derart  vorhanden  war,  leicht  einen  nacli  außen  hin 
durch  die  Zuglöcher  bemerkbaren  Brand  hervorrufen  konnten.  i\uch  an  anderen 
-Stellen  ist  eine  A'erbrennung  innerhalb  des  Grabes  nachgewiesen  worden,  vgl. 
Olshausens  Abhandlung  in  der  Zeitschrift  für  Ethnologie  1892  S.  135  u.  ff  „Die 
Verbrennung  mul3te  im  Grabe  selbst  vor  sich  gegangen  sein,  da  die  Wände  des 
letzteren  ziegelrot  gebrannt  waren,  auch  die  unmittelbar  auf  der  Leiche  liegende 
Erde  in  einer  Dicke  von  10 — 12  cm  rotgebrannt  war,  endlich  das  teilw(>ise  ganz 
verkohlte,  teilweise  stark  angebrannte  Skelett  regelrecht  im  Grabe  lag."  Auch 
aus  den  Berichten  von  E.  Cartailhac,  La  France  jjrehistorique  chap.  XV  270  ff. 
scheint  hervorzugehen,  daß  mitunter  Verbrennung  an  Ort  und  .Sti-lle  stattgefunchm 
hat,  trotzdem  er  selbst  mehr  geneigt  ist,  eine  nachherige  Übertragung  der  Asche 
anzunehmen  („que  les  hommes  de  l'äge  de  la  pierre  n'hesitaient  pas  a  brüler 
leurs  morts  et  qu'ils  recueillaient  pieusement  les  cendres  sans  avoir  adopte  pour 
cela  le  recipient  de  terre  cuite.  Turne  qui  sera  plus  tard  d'un   usage  si  gencral"). 

Ob  in  Mykene  die  Toten  in  den  Gräbern  verbrannt  worden  sind,  wie  es 
nach  Ath.  Mitt.  I  323  scheinen  könnte,  kann  hier  dahingestellt  bleiben,  ebenso 
braucht  hier  nicht  erörtert  zu  werden,  ob  in  Dimini  und  Spata  (Ath.  Mitt.  II  S4; 
XI  438;  XII  138)  oder  in  Nauplia  (Alli.  Mitt.  \'  i,=,5)  und  in  Eleusis  (Atli.  Mitt. 
XVIII  149;  'E'^T^ii.  iy/.  1889  a.  171)  die  gefundenen  I'>rands])uren  von  dem  Leichcn- 
brand  oder  von  nachmaligen  Totenopfern  herrühren. 

Aber  die  Sitten  und  Gebräuche  der  prähistorischen  \'ölkerschaften  und 
ebenso  die  der  mykeni.schen  Epoche  dürften  wohl  kaum  zur  Erklärung  einer 
griechischen  Vase  herangezogen  werden.  .Schon  näher  an  die  in  Betracht  kom- 
mende Zeit  reicht   das   heran,    was    J.  Marquardt,    Das    Privatleben    der    Riinier    j 


Die  Vase  VagtioiiviUe  I5I 

3S0  von  Rom  berichtet:  „Sollte  für  einen  einzelnen  Leichnam  ein  neues  ein- 
faches Grab  errichtet  werden,  so  grub  man  eine  Grube  von  etwa  i  iii  Tiefe, 
schichtete  in  derselben,  oder,  wenn  ihr  Umfang  dazu  nicht  ausreichte,  über  der- 
selben den  Holzstoß  auf,  dessen  verbrannte  Kohlen  schließlich  mit  den  Resten 
des  Toten  in  die  Grube  fielen,  sonderte  dann  die  Gebeine  des  Toten  aus,  legte 
sie  in  eine  Urne  und  setzte  diese  mitten  in  die  Asche,  worauf  man  die  Grube 
mit  Erde  zuwarf  und  darüber  einen  Tumulus  erhob.  Ein  solches  (irab,  in  welchem 
der  Tote  verbrannt  ist,  heißt  bustum."  Und  in  Anmerkung-  i:  „Solche  tiräber 
finden  sich  in  Vercellae  in  Gallia  Transpadana.  Sie  sind  auf  dem  Boden  g^anz  mit 
Kohlen  bedeckt,  in  welchen  zuweilen  die  Urne  steht,  zuweilen  aber  auch  nicht. 
Im  letzteren  Falle  hat  ein  Ossilegium  nicht  stattgefunden  und  liegen  die  Reste 
des  Toten  in  den  Kohlen.  Bruzza,  Iscrizioni  antiche  Vercellesi  Rom  1874,  8; 
Introduz.  p.  LI;  Not.  d.  sc.  1879  p.  182;  1880  p.  201;  1881  jj.  130."  Es  ist  gar 
nicht  unwahrscheinlich,  daß  auch  in  Rom  im  sogenannten  Sepolcreto  eine  ähn- 
liche Art  der  Beisetzung  stattgefunden  hat,  wenigstens  w'ürde  sich  so  am  besten 
der  Umstand  erklären,  daß  eine  breitere  kreisförmige  Grube  von  zirka  i  ;;/  Durch- 
messer das  für  den  Aschenbehälter  gegrabene  Loch  umgibt.  Und  doch  wird  aucli 
von  hier  aus  sich  schwer  eine  Brücke  zu  der  athenischen  Vase  in  Florenz  oder 
zu  der  Lekythos  aus  Eretria  im  British  Museum  schlagen  lassen.  Es  sind  aber 
andere  Nachrichten  vorhanden,  die  direct  zum  Ziele  führen. 

Da  haben  wir  zunächst  Jahrbuch  VI  (189 1)  auf  Taf  4  das  Bild  einer  Lekythos, 
in  dem  genau  der  weiße  Tumulus  erscheint,  den  wir  auf  dem  Krater  Vagnon- 
ville  erblicken,  und  S.  198  wird  genaueres  über  einen  Grabhügel  bei  Athen  mit- 
geteilt, der  dem  auf  der  Lekythos  dargestellten  genau  entspricht.  Es  war  ein 
Rund  von  über  2  iii  Durchmesser,  das  aus  Lehmziegeln  hergerichtet,  im  Innern 
mit  Schutt  hinterfüllt  und  außen  herum  mit  einem  hellen  Stuck  überzogen  war. 
Das  Denkmal  verjüngte  sich  nach  oben  und  war  auf  einer  Terrasse  aufgebaut. 
Noch  g-enauer  lautet  die  Beschreibung  der  athenischen  Ausgrabungen  in  den 
Ath.  Mitt.  XVIII  96.  Dort  heißt  es:  man  erkannte  ..einen  Autbau  von  der  Gestalt 
jener  bienenkorbförmigen,  hohen,  stets  weiß  dargestellten  tu|iJjo:,  welche  so  häufig 
in  den  Bildern  der  weißen  Lekythen  mit  Tänien  g-eschmückt  als  Grabmäler 
erscheinen.  Der  vorliegende  Tymbos  war  unter  seinen  städtischen  Zeitgenossen 
gewiß  von  besonders  stattlicher  Ausdehnung-  und  besonders  solider  Ausführung 
gewesen.  Er  bestand  aus  einer  losen  Erdschüttung,  welcher  im  äußeren  Umkreis 
eine  Ummantelung  von  ringförmigen  Lehmziegelschichten  vorgeblendet  ist,  die 
dem   Aufloau  Halt  und  Form  gibt.    Der  ursprünglich  etwa  3  in  hohe  Bienenkorb 


15-  ■  H.   En^ilm.mn 

crilob  sich  über  einer  weit  ausgreitciulen  oblongen  liasis,  welche  vier  Stüt/niaiu'rn 
aus  Lehmziegelii  umgaben."  Das  g-ibt  also  ein  Bild,  das  g-enau  zu  dem  Grabhügel 
auf  dem  Krater  Vagfnonville  stimmt.  Aber  man  begnüg"te  sich  in  Athen  nicht 
damit,  den  Grabhügel  festzustellen,  sondern  man  ging  auch  in  die  Tiefe.  Was 
fand  man  da?  pDie  Ränder  des  Schachtes  zeigten  ziemlich  bis  obiMihin  Spuren 
der  Verbrennung.  In  einer  Tiefe  von  4;;/  wurde  endlich  der  (iruiul  rrreichi.  l.ine 
hohe  Kohlenschicht  lag  darüber,  in  ihr  waren  die  geringfügige  Scherbe  eines 
feinen  schwarzgefirnißten  Gefäßes  und  die  Bruchstücke  eines  feinen  Alabastron 
die  einzigen  Funde."  Vgl.  auch  noch  Ath.  Mitt.  XVIII  157,  wo  die  Ergebnisse 
der  Ausgrabungen  bei  dem  Kerameikos  folgendermaßen  geschildert  wt'rdcn: 
„I.  Brandgräber,  wo  der  Tote  im  Grabe  selbst  verbrannt  worden  ist." 

Für  die  äußere  Herrichtung  des  Grabes  und  den  VcrbrcMinungsprozeß  im 
ersten  Falle  ließ  sich  nun  folgendes  feststellen:  In  die  F,rde  wurde  ein  Schacht 
gegraben,  welcher  bei  einer  durchschnittlichen  Länge  von  igo  in  und  einer  Breite 
von  80 — 100  cm  eine  Tiefe  bis  über  3  in  hat;  vgl.  bes.  Grab  27  des  Planes  auf 
Taf.  7  und  die  Gräber  von  Velanidesa  und  Vurvä.  (Ath.  Mitt.  XV  318 — 32g; 
As/.T'ic/V  1890  p.  105  und  p.  16  ff.).  Die  Tiefe  ist  indessen  nicht  immer  genau  zu 
bestimmen,  da  die  oberen  Ränder  des  Grabes  oft  durch  spätere  Gräber  zer- 
stört worden  sind.  In  den  Boden  ist  namentlich  bei  den  archaischen  Gräbern 
(vgl.  Taf.  7,  I.  92)  eine  etwa  o'io'"  breite  Rinne  eingeschnitten.  Solche  Rinnen 
wurden  besonders  häufig  in  Velanidesa  und  Vurv^i  beobachtet  und  dienten 
dazu,  zur  Erleichterung  des  Verbrennungsprozesses  dem  im  Grabe  aufgestapelten 
Holze  Luft  zuzuführen.  Denn  daß  der  Tote  wirklich  innerhalb  des  Grabes  ver- 
brannt worden  ist,  nicht  auf  einem  Brandplatze,  beweist  vor  allem  der  Umstand, 
daß  in  manchen  Fällen  die  noch  erkennbaren  Knochen  in  ihrer  richtigen  Ordnung 
lagen.  Außerdem  kann  die  auf  der  Sohle  des  Grabes  befindliche  tiefe  Aschen- 
schicht nur  durch  einen  .starken  Brand  erklärt  werden.  Sie  betrug  zuweilen  über 
20  cm  und  ist  bei  den  älteren  Gräbern  von  Vurvä  noch  bedeutend  tiefer.  Auch 
die  Wände  der  Grabschachte  tnigen  bis  obenhin  starke  Brandspuren.  Über  die 
Möglichkeit  einer  totalen  Verbrennung  der  Leiche  mit  einem  verhältnismäßig 
geringen  Aufwände  von  Holz  verdienen  die  Ausführungen  von  Olshausen  (Zeitschr. 
f.  Ethnologie  1892  S.  137)  verglichen  zu  werden.  Die  Einzelheiten  des  Ver- 
brennungsprozesses entziehen  sich  der  Beobachtung.  Nur  zeigen  die  vielfach  ge- 
fundenen Scherben  von  verbrannten  Tellern,  daß  man  während  der  Verbrennung 
spendete  und  die  Teller  sodann  in  das  Grab  warf 

In   Attika    scheint    diese   Bestattungsweise  verhältnismäßig  häufig  gewesen 


Die  Vase  Vagnonville  153 

ZU  sein.^)  In  Eretria,  dessen  Gräber  vielfach  mit  den  attischen  übereinstimmen, 
sind  Brandgräber  nicht  selten,  vgl.  Tsundas  'Ecprj|i.  ap'/.  1886  a.  39.  Es  ist  wohl 
kein  Zufall,  daß  gerade  in  Attika  und  in  Eretria,  den  Fundstätten  der  beiden 
Vasen,  auf  denen  der  xüjjiiiog  mit  den  Luftlöchern  erscheint,  die  oben  geschilderte 
Bestattungsweise  besonders  zahlreich  vertreten  ist,  und  es  darf  jetzt  wohl  mit 
Sicherheit  ausgesprochen  werden,  daß  die  fünf  oder  sechs  Löcher  nichts  anderes 
zu  bedeuten  haben,  als  die  nach  außen  geführte  Fortsetzung  der  im  Innern  des 
Grabes,  sowohl  unten  am  Boden  als  an  den  aufgehenden  Seiten  angebrachten 
Luftcanäle  (Ath.  Mitt.  XV  1890  S.  318  in  Vurvä  w;  SyjAoOxao  xa;  ex  xü)V  aijXaxwv 
atiivec  O'.ocayiQouai  xaxä  [v^xo;  tiv  tacpov,  oix  Ty,v  xuxXo'^iopLav  loO  dzpoc..  Ebd.  S.  322  otö  toö 
svi;  ci;  -b  xÄÄo  i'xpov  [i:a  o:7f/.z  tjXv.z  ä^jatlü;.  Vgl.  ebd.  XIV  32(1;  XVIII  91),  die 
natürlich  nur  den  Zweck  haben  konnten,  die  Verbrennung  der  im  Grabe  beigesetzten 
Leichen  vollständig  durchzuführen.  Wir  können  demnach  der  Schilderung,  die 
oben  nach  Ath.  ]\litt.  XVIII  157  von  der  Beisetzung  gegeben  ist,  auf  Grund 
unserer  beiden  Vasenbilder  eine  Fortsetzung  hinzufügen,  daß  in  manchen  Fällen 
auch,  ehe  der  Leichnam  ganz  verbrannt  und  das  Feuer  ganz  erloschen  war,  das 
Grab  mit  Balken  überdeckt  und  darauf  der  Grabhügel  aufgeschüttet  wurde,  indem 
man  nur  darauf  Bedacht  nahm,  durch  Anbringung  von  Luftlöchern,  welche  den 
die  Gräberwände  und  den  Grabesboden  durchziehenden  Rinnen  entsprachen,  eine 
Fortsetzung  des  Brandes  bis  zur  völligen  Einäscherung  des  Leichnames  auch  nach 
dem  Schließen  des  Grabes  zu  ermöglichen.  Wenn  dann  durch  stärkere  Zufuhr 
von  Luft,  z.  B.  bei  stärkerem  Winde,  ein  Aufflammen  der  im  Innern  noch  glim- 
menden Flammen  erfolgte,  konnte  und  mußte  häufig  der  auf  dem  Krater  Vagnon- 
ville dargestellte  Fall  eintreten,  daß  die  Flammen  aus  den  Luftlöchern  heraus- 
schlugen, zum  Erstaunen  der  die  umgebende  Natur  vertretenden  Satyrn,  die  herbei- 
eilen, um  durch  Zerstören  des  Hügels  den  Brand  zu  löschen.^)  Ob  Holzbalken 
zur  Bedeckung  der  Brandgrube  sehr  geeignet  waren,  könnte  ja  fraglich  erscheinen, 
ich  glaubte  sie  voraussetzen  zu  müs.sen,  nach  dem  Vorgange  von  Mykene  (Schuchardt, 
Schliemanns  Ausgrabungen-  191),  und  weil  Spuren  einer  anderen  Bedeckung 
bei  den   Ausgrabungen   in  Vurvä,   Velanidesa  und  Athen    nicht  g'efunden  worden 

')  Unter    186    der  Gräber,    die    am    Kerameikos  iN.   260,    abg.   Bull.  Arch.   Nap.   N.  S.  III    Taf.    14) 

von    A.  Brückner    und    E.  Pernice    beobachtet    und  hüpft  verwundert   und   erschreckt  über   den  Vorgang 

beschrieben  sind,    waren  nach  den  Ath.  Mitt.  XVIII  der  dickbäuchige  Silen  von    dannen,    hier   wie   öfter 

78,  45  Brandgräber,  in   denen  an  Ort  und  .Stelle  der  der    Repräsentant    der    umgebenden    Natur,     dessen 

Leichnam  verbrannt  worden    ist.  Gebahren    die    durch    die    stattfindende  Begebenheit 

■*)  H.  Heydemann,    Vase   Caputi    II,   28:    „Auf  hervorgebrachten  Eindrücke   wiederspiegelt." 
der   Vase    Caputi   mit   der   Apotheose   des    Herakles 

Jahreshefte  des  österr.  archäol.  Institutes  Bd.  Vm.  20 


'54 


R.  EnKclmann 


sind.  Aber  die  Älöglichkeit,  daß  die  Gräber  in  aiulorer  Weise  üherdcn-kt  waren, 
um  den  Boden  für  den  aufzutürmenden  -iiii,3o;  zu  bilden,  soll  nicht  geleug-net 
werden.  Vielleicht  liefern,  so  wie  ja  auch  in  Mykene  die  Fragen  nach  dem  üblichen 
Verschlusse  der  Gräber  erst  später  beantwortet  sind,  nachträgliche  Beobachtungen 
auch  hierin  noch  neue  Resultate:  neue  Ausgrabungen,  die  sicherlich  nicht  aus- 
bleiben ^man  kann  doch  wohl  annelimen,  dalJ  die  bisherigen  Nachforschungen 
nicht  alle  unter  der  Erde  noch  vorhandenen  (iräber  mit  t6|1|3o;  erschlossen  haben, 
sondern  daß  gelegentlich  noch  andere  neu  zutage  treten),  werden  dann  vielleicht 
auch  Spuren  der  Luftlöcher  noch  erkennen  lassen,  die  auf  dem  Krater  \"agnon- 
ville  und  auf  der  Lekythos  aus  Eretria  deutlich  genug  zum  Ausdruck  gebracht  sind. 
Daß  diese  beiden  Vasenbilder  auch  benutzt  werden  können,  um  die  Fortdauer 
dieser  Art  der  Bestattung  bis  weit  in  das  fünfte  Jahrhundert  liinein  zu  erweisen, 
sei  nur  nebenbei  mit  angeführt. 
Daß  sie  nach  oben  weit  liinauf- 
reichen,  bis  ins  sechste,  vielleicht 
sogar  das  siebente  Jahrhundert 
V.  Chr.,  ist  durch  die  Ausgra- 
bungen in  Vurvä,  Velanidesa 
und  Athen  schon  erwiesen;  es 
läßt  sich  annehmen,  daß  diese 
Bestattungsart  einfach  an  die 
Stelle  der  älteren  Weise,  die 
Toten  in  Kuppelgräbern  beizu- 
setzen (wie  in  Spata  und  Me- 
nidi)  getreten  ist,  von  der  sie 
in  Wirklichkeit  sich  gar  nicht  sehr  unterscheidet.  Wie  die  Toten  in  den  mit 
Holz  ausgefüllten  Gruben  beigesetzt  wurden,  zeigt  übrigens  ein  in  Athen  befind- 
liches Gefäß  (Mon.  d.  Inst.  VIII  Taf  4  u.  5.  Collignon  Catal.  n.  668.  S.  Reinach, 
Rep.  I.  164 — 165),  das  nach  dem  kegelförmigen  Grabhügel"*)  entschieden  dieser 
Periode  angehört,  noch  ganz  deutlich  (Fig.  35).  Der  Tote  wurde  in  einen  hölzernen 
Sarkophag   von    nur   kleinen   Verhältnissen")  eingeschlossen    und    dieser   hölzerne 


l^'S-   35     Beisetzungsscene  auf  einer  V.ise  von  Cap   Kolias. 


';  Die  geflügelten  Et?(u/.a,  die  nach  Mon.  d.  Inst. 
Vin  Taf.  5  um  den  tO|1?o;  herumfliegen,  sind  nach 
Collignon  jetzt  ganz  verschwunden;  auch  von  der 
Irschrifl  sind  nur  noch  dürftige  Spuren  vorhanden; 
sie  könnte  wohl  am  besten  ergänzt  werden  zu 
'AvSpi;   'A^f-taiv.'y   y.a/.o;    -/.ajo;    iv!>i?E    -/.Etiia'.    mit 


Rücksicht  auf  das  Gefafi,  das  den  Grabhügel  schmückt. 
Denn  dafür,  daß  das  Gef.iß  selbstredend  eingeführt 
wird,  bedarf  es  wohl    keiner  Belegstellen. 

')  Vgl.  'E-^T/(i.  äpx-  1904  3.  6:  i  vexpö;  iiK-iS^ 
ivTi;  TT;;  Äapvxy.o;  "iT.v.^i  ä/.J.a  \ü  T|VtopO-iu;iivoo;  loOg 
]ir,fO'j;  "/.al  ~.i,-  •/.vT)|iaj  /.sy.aiiiijvaj.   Diese  aus  Kreta 


Die  Vase  Vagnonville  155 

Sarkophag-  von  zwei  Jlännern,  die  in  der  Grube  auf  dem  darin  aufgeschichteten 
Holzstoß  stehen,  aufgenommen  und  auf  dem  Scheiterhaufen  im  Grabe  aufgestellt; 
nachdem  das  Holz  samt  dem  Sarkophag  in  der  Hauptsache  verbrannt  war,  konnte 
man  dann  das  Grab  oben  schließen  und  die  weitere  Verbrennung,  welche  durch 
die  nach  oben  geführten  Luftcanäle  ermöglicht  war,  ruhig  sich  selbst  überlassen. 
So  gestattet  uns  das  Vasenbild  Vagnonville  auch  die  bisher  nicht  recht  erklär- 
bare Scene  der  athenischen  Lutrophoros  zu  verstehen  und  die  Entwicklung  der 
Bestattungsweise  von  den  Kuppelgräbern  zu  der  späteren  Grabesform  zu  erkennen. 

Rom.  R.  ENGELMANN 


Altertümer  von  Notion. 

En  1880  Mr.  A.  Fontrier  de  Smyrne  publiait  une  etude  sur  Colophon,  Claros 
et  Notion')  en  signalant  les  diverses  inscriptions  eparpillees  dans  les  champs, 
ou  encastrees  dans  les  constructions  du  village.  Quelques  annees  apres  (1886) 
Mr.  C.  Schuchardt  publiait  une  tres  interessante  relation  du  voyage  qu'il  avait 
entrepris  dans  la  meme  region,  accompagne  par  M"  Wolters  et  Szanto,  en  ajou- 
tant  des  croquis  explicatifs  et  les  textes  de  quelques  inscriptions.^)  Enfin  en  1891 
M"  J.  Chamonard  et  E.  Legrand  copierent  au  cours  d'un  voyage  trois  inscriptions 
du  meme  site,  qu'ils  publierent  trois  ans  apres.^)  C'est  en  Septembre  1897,  que 
je  visitai  pour  la  premiere  fois  Notion,  et  j'y  suis  retourne  deux  mois  apres  avec 
M"^  le  Prof.  Benndorf;  nous  avons  revu  et  copie  les  inscriptions  mentionnees; 
l'edifice  rectangulaire,  dont  M"^  Schuchardt  donne  le  plan  restaure  par  M''  Wolters, 
se  trouvait  alors  recouvert  completement. 

Lorsque  je  retournai  en  automne  1904  une  troisieme  fois  ä  Notion,  l'etat 
des  choses  avait  sensiblement  change.  Le  village  de  Ghiaour-keuy  (officiellement 
Christian-keuy),  situe  ä  trois  kilometres  environ  au  N  des  ruines  de  Notion,  est  entre 
ces  dernieres  annees  dans  une  voie  de  croissance,  due  ä  la  viticulture  et  ä  la  culture 
du  tabac.     Son  eglise,  qui  suffisait  auparavant  ä  quelques   familles    de   patres,  ne 

berichtete  Tatsache  dürfte  auch   für  Attika    gegolten  ')    Moua.    nai    ßtßX.    x^;    Eüa-ff.    ZxoXfji.    IIsp. 

haben,     da    nach    dem  Vasenbild    aus    Cap    Kolias  xphy)  (1878 — 80)  a.    185. 

die  athenischen  Holzsärge  ungefähr  die  gleiche  Größe  2)  Athen.  Mitth.    1886  S.  398. 

haben,  wie  die   kretischen  Tonsärge.  ^)  Bull,  de  corr.  hell.    1894  p.  216. 


156  Th.  Macridy 

pouvait  plus  repondre  aux  exigences  de  la  populatioii  actui^llo  du  villai^e.  On 
decida  la  construction  d'une  nouvelle  etflise  sur  une  placr  sise  au  milieu 
du  village.  Le  pretre  Papadimitri  proposa  d'utiliser  les  marbro>s  et  pierres  des 
edifices  antiquos,  qui  so  trouvaient  enfouis  sous  le  sol  du  Castro.')  II  indiqua 
sp^cialement  un  de  ses  chanips  situe  k  500""  environ  au  NNO  du  mur  d'enceinte, 
d'oü  il  avait  retirö  dans  le  teinps  beaucoup  de  plaques  de  marbre.  I/endroit 
s'appelle  Damia  ä  cause  des  baraques,  qui  se  trouvent  sur  les  lieux  memes,  et  il  est 
situe  tout  pres  de  deux  lions  enormes,  qui  gristnit  h'i  depuis  plusieurs  annees.  L'avis 
du  pretre  accepte,  les  fouilles  commencertMit  aussitöt  et  fureiit  definitivement 
arret^es  deux  mois  apres  par  l'interv^ention  du  gouvernement. 

Fort  heureusement  la  construction  de  l'cglise  n'etant  pas  encore  commencde, 
toutes  les  pierres  se  trouvaient  amassees  sur  la  place  destinee  ä  son  erection, 
oü  j"ai  pu  les  examiner.  Le  pretre,  auquel  il  faut  rendre  cette  justice,  avait 
ramasse  et  soigneusement  garde.  comme  un  archeologue  de  merite,  tous  les  frag- 
ments,  de  sorte  que  rien  n'a  pu  se  perdre. 

Je  me  bornerai  ici  ä  une  description  sommaire  et  breve  des  antiquites  et 
des  inscriptions  decouvertes;  les  fouilles,  que  le  musee  Imperial  Ottoman  se  propose 
d'y  entreprendre,  donneront  naturellement  lieu  ä  des  commentaires  plus  precis 
surtout  sur  la  Situation  exacte  du  temple  et  de  l'oracle  d'  Apollon  Clarien. 


I.  L'eglise  byzantine. 

Les  fouilles  de  cet  endroit,  qui  sert  aujourd'hui  de  liou  de  pelerinage  aux 
paysans  des  alentours,  effectuees,  comme  nous  avons  dit  dans  un  but  purement 
pratique,  n'ont  pu  aboutir  qu'ä  des  r6sultats  fort  iusuffisants  au  point  de  vue 
scientifique  et  devront  etre  continuees  pour  obtenir  un  plan  complet  de  l'edifice. 
Le  croquis  Fig.  36  qui  donne  l'etat  actuel  de  la  ruine,  permet  de  voir  qu'il  s'agit 
d'une  eglise  ä  trois  nefs  et  trois  absides,  dont  la  plus  grande  au  milieu  mesure 
S'SS"  de  diam^tre.  Des  deux  laterales  seule  celle  du  Nord  est  deblayee,  celle  du 
Sud  reste  encore  sous  le  sol.  La  largeur  totale  se  calcule  :i  i4'oo"  environ,  la 
longueur  devait  surpasser  35-oo'".  Dans  le  mur  Nord  de  la  grande  abside  un 
escalier,  dont  7  marches  subsistent  encore,  menait  ä  une  piece,  dont  le  pave 
etait  plus  eleve,  que  celui  de  l'eglise,  probablement  ä  une  empöre.  Sur  ce  meme 
c6t6  trois  degres  conduisent  ä  un  petit  puits  sous  le  dallage  de  l'abside  ä  une 
profondeur  d'environ  r5o"';  il  ne  nous  semble  pas  imjjossible,  que  ce  fut  lä  un  ä.fia.aii.ot.. 

*;  C'est  de  ce  nom,  que  les  villageois  appellent  les  ruines  de  Notion. 


Altertümer  von  Notion 


157 


Fig.   36     Grundriß   der  byzantinischen  Kirche. 

Parmi  les  nombreux  fragments-  de  sculpture  byzantine,  que  les  fouilles  ont 
mis  ä  jour,  se  distinguent  d'abord  les  restes  d'un  ambon  richement  Ornamente. 
Nous  avons  reconstitue  deux  grandes  parties  des  rampes  laterales  (l'une,  1-40"  1. 
o'g5'"h.representeeFig.  37),  dontTornement  se  compose  d'un  large  corps  de  moulures, 
paralleles  aux  c6t6s,  qui  determinent  un  champ  en  forme  de  trapeze,  oü  est  sculptee 
en  faible  saillie  une  crDix."')  Les  moulures  presentent  des  traces  tres  visibles  de 
couleur  rouge.  L'estrade  de  Tambon,  en  forme  de  fer  ä  cheval,  etait  bord6e 
d'une  rampe  haute  de  072'"  et  d'une  epaisseur  de  cid"'.  La  decoration  de  la  partie 
que  nous  possedons,  (Fig.  38,  39)  se  compose 
d'une  croix  ä  six  branches,  entouree  de  moulures 


Fig-   37     Treppenwange  des  Ambon.  Fig.   38     Grundriß  des  Ambon. 

°)    Une    piece    tres    semblable    s'est  trouvee  ;\  Delphes  (Bull,    de    corr.  hell.   1899,    p.   242,  Fig.   12). 


15S 


Th.  M.xcridy 


B  circulaires  concontriquos. 

\LHMC''..7<niCRVntPM'JHi;/-lct:'<iftNftn'\l  !  Elle  est  placee  dans  im 

I  rhombe  ä   moulures  pa- 

'  ralleles,     qui    lui     mTMiie 

^  est    enferme    dans     uni> 

'  aire   rectangulaire.     I,es 

]  deux  bouts  de  la  rampe 

I  arrondie  se  terminent  par     V_ 

■''  deux  saillies  droites,  for-  Y\g.  40 

mees    de    deux    plaques        v\Me  des 
Ambon. 
d'une  ornementationsem- 


F'g-  39     Platten  des  Ambon. 


blable,  mais  plus  simple,  oü  la  croix  est  remplacee  par  un  disque  ccinvexe  (Fig.  40). 
Sur  la  moulure  superieure  de  la  rampe  courait  une  inscription,  dont  les  fragments 
suivants  nous  sont  parvenus: 


_',.^.,^^^  c^rprVi 


.]    XOV    TOÖ 


R.,.....# 


Fig.  41    Gesimsstein.  Durchschnitt. 


II  a  eti  trouve  aussi  deux  inorceaux  d'une 
espece  d'architrave.  mcsurant  chacun  i'oo'"  de  long 
sur  0'30"  de  large;  Tcpaisseur  est  de  o"2o'".  Sur 
toute  la  longueur  se  developpe  un  rinceau  de  vigne, 
le  soffite  est  orne  de  trois  mrdaillons  formes  de 
cercles   concentriques  


Y  TP  ON  +  TXHC  KAI  A^W-ClNnKCMA 

TLÜH+ 
CTorc/s 
Y ::  H 


Fig.  42     Gesimsstein.  Ansicht. 


Fig.  43     Gesimsstein.  Unterseite. 


Altertümer  von   Notion 


ISO 


enlaces  entre  eux.  Celui  du  inilieu  contient  une  croix  ornementee,  tandis  que 
dans  les  autres  on  voit  des  rosaces  (Fig.  41—43).  Sur  la  moulure  superieure  est 
gravee  une  dedicace  metrique,   ä  la  quelle  est  ajoutee  la  date: 


^^*;  -  !»J^' 


-  ^•^■:i<5i 


t  Ae^at,  OECjjroiva  -apil-iv:   ii£o:d/.c. 

t  oöjpov  Ell  [ ']  Xoü^  iniay.öno'j 

t  et;  Xuxpov  4''-'X''1?  "'^''''  a'^eaiv  Trisaiiäitov  f  "Exoug  ;u[^]r]. 

L'an  6468  de  l'ere  byzantine,  qui  correspond  ä  l'an  1060  de  notre  ere  dontie 
en  tout  cas  le  termiiius  ante  quem  pour  la  construction  de  l'eglise. 

De  plus  on  a  decouvert  deux  grands  panneaux  de  decoration  identique 
dont  Tun,  qui  nous  e.st  par- 
venu  intact,  mesure  o"g5'" 
de  haut  sur  r2o'"  de  large, 
l'autre  n'est  conserve  que 
sur  une  hauteur  de  o'8o'". 
Au  milieu  se  trouve  un 
grand  medaillon  circulaire 
ä  rosace,  ä  droite  et  ä 
gauche  deux  rectangles 
superposes,  contenant  cha- 
cun  un  losange,  dont  le 
superieur  renferme  une 
croix,  l'inferieur  une  ro- 
sace; le  tout  est  encadre 
par  une  bordure  ornemen-  ' -  ^*"- 

tee   (Fig.    44).  Fig.  44     Decorierte  Platte. 


i6o 


Th.   Macridv 


II  y  a  oncore  un  v;t;uu1  noinbre  tle  frasimeiUs  (l'unienu-nts  ä  jour,  porlant 
des  oroix,  des  monogrammes  etc..  qui,  otude  faite,  pcnneltront  de  reconstitiuT 
l'ensenible  de  lambon. 

A  la  place,  oü  se  trouve  dan,s  les  6glises  grecques  trauji»uni'luii  lo  trniic  de 
l'eveque.  on  a  deblaye.  renverse  niais  laisse  presqiie  in  situ  un  siögo  en  marbre 
bleuätre.  dont  le  dossier  est  bris6.  II  mesure  070'"  di-  lony.  003'"  de  large  et  o'öo'" 
de  hauteur.  Les  angles  de  devant  sont  decores  de  deux  griffons  ä  alles  d6ploy6es 
et  se  terminent  par  une  grande  patte.  Deux  des  ailes  ornent  les  cötes  du 
tröne,  tandis  que  les  deux  autros  viennoiit  decoror  la  partit'  concavc  du  devant. 
La  partie  inferieure  du  siege  porte  une  proeminence  carree,  sorte  d'appui-pieds. 
Une  moulure,  qui  se  trouve  sur  la  partie  superieure,  porte  l'inscription  suivante. 


-fj'jTavEuaa;  (sie!)  [AJiovuawt. 


Tres  probablement  ce  siege  provient  du  theätre  voisiii,  oü  (k'-jä  une  base  ä 
dedicace  semblable  a  ete  copiee  par  M'^  Chamonard  et  Logrand  (1.  0.  X.  i). 
M'  Benndorf  l'a  revue  brisee  en  deux  morceaux,  encastres  dans  une  hutte 
pres  du  theätre;  d'apres  sa  copie,  con- 
firmee  par  un  estampage,  ä  la  troisieme 
ligne  se  lit  distinctement:  -fj-:av£Öa[aJ; 
A'.ovjaw.. 


'\... 


Z_ 


Caupc     Cu(\    ft-c 


^*E'  45      Rechteckiger  Stufenbau. 


Altertümer  von  Notion  l6l 

Des  murs  interieurs  eiifin  de  l'eglise  on  a  tire  un  iiombre  d'iuscriptions 
(v.  eh.  III.)  dont  quelques  unes  sans  doute  appartenaient  originairement  au  temple 
d'Apollon  Clarios;  comme  alles  sont  inscrites  sur  des  plaques  de  dimensions  assez 
grandes,  il  est  tres  probable,  que  le  temple  ne  doit  pas  etre  cherche  trop  loin  de 
l'eglise,  si  toutefois  celle-ci  n'est  pas  erigee  sur  la  place  meme  du  sauctuaire. 

II.  L'edifice  ä  gradins. 

Soixante  quinze  metres  ä  l'Ouest  de  l'eglise  se  trouve  l'edifice  rectangulaire 
ä  gradins,  dont  M"  Schuchhardt  et  Wolters  ont  donne  la  descriptioii.  Ce  qu'on 
voit  aujourd'hui  est  reproduit  sur  le  croquis  Fig.  45.  Un  mur  de  basse  epoque 
byzantine  limite  l'etendue  des  gradins  ä  un  espace  de  9  metres  carres,  formant 
une  Sorte  de  bassin.  Les  fouilles  ont  mis  ä  jour  trois  architraves  de  l'ordre  dorique, 
dont  deux  portent  des  restes  d'une  inscription: 

nPYTAN    et    ZTiriNOS 

III.  Inscriptions  provenant  de  l'eglise. 

I.  La  plus  ancieune  nous  est  malheureusemeiit  parvenue  fort  mutilee;  c'est 
une  plaque  de  marbre,  h.  o'45"',  1.  o'5o"',  ep.  o-io'".  Les  lettres  tres  soignees  et 
disposees  azoiyrßiv  ont  une  grandeur  de  o'oi"';  d'apres  le  caractere  de  l'ecriture 
l'inscription  parait  dater  du  milieu  du  II.  siecle  av.  J.  Chr.  Elle  a  ete  decouverte  dans 
l'interieur  de  l'eglise  presque  ä  fleur  de  terre  et  parait  avoir  beaucoup  souffert  du 
feu  et  l'humidite. 

Decret  du  senat  et  du  peuple  (1.  10— 1 1)  —  probablement  de  la  ville  de  Notion  — 
en  l'honneur  d'un  certain  Athenaios  (1.  7),  fait  sur  la  proposition  d'une  autorite 
ephebique  (l.  5 — 6),  dont  le  titre  malheureusement  nous  echappe.  II  ordonne,  que 
chaque  annee  ä  l'anniversaire  de  la  mort  d'Athenaios  —  si  nous  avons  bien  complete 
la  lacune  1.  13  —  soient  celebres  par  le  gymnasiarque  un  sacrifice  et  une  S[a5po|iTj'') 
Töjv  viuv  7.x:  Twv  £'fTj|iwv  et  par  le  paedonome  un  äywv  TiaiSiov  aux  frais  de  l'etat 
(1.  II  — 18).  Ensuite  sont  regles  divers  details,  parmi  lesquels  le  plus  interessant 
est,  que  la  Soa5po[^iY)  et,  en  attendant,   qu'une   nx'.oiv.ri   aypXri   soit   construite,^)    aussi 

^)  Sur    la    signification    de    ce    mot    nous    nous  l'observation,  que  les  lignes  se  terminent  toujours  par 

bornons    ä    renvoyer    le    lecteur     au     savant    e.\pose  des  syllabes  entieres.   Par  consequent  |iaxpt  1.  30  ne 

donne  par  M''  E.  Preuner,    Athen.  Mitth.  XXVIII,  pouvant  pas  etre  interpret(5  comrae  preposition  suivie 

358  SS.  par  le  genitif  jcai5Lx^|[;,    il   ne    reste,    qu'  ä  le  com- 

')  Notre  restitution  de  la  1.  31  se  base  sur  prendre  comrae  conjonction  dans  le  sens  „jusqu'  ä 
Jabresbefte  des  österr.  arcbiiol.  Institutes  Bd.  VIII.  21 


I62 


riyiüv  dovait  avoir  Heu  dans  r'0|iir',p£;ov.  Colophoii  otant  uno  dos  villes,  <iui 
revondiquaient  la  naissance  d'Homere,  il  ne  peut  pas  surprendro,  qu'  un  des 
edifices  de  Notion  soit  appele  de  ce  nom.  Strabon  XIV  37,  p.  646  decrit  sommaire- 


-^TflfT 


>:^ 


^^^ 


ment    un    Homerion    a    Smyrne:     ^-Ka;    zb    '(J(ir,pc:civ.    gtox    XcXfäywvo;    iyo'j'jx    v£(ov 
'0\i.if^yj  y.zl  röavov",   ce  qui   correspondrait  assez    bien   a   l'edifice    rectangulaire   ä 

ce   que".     Cela    donni,    la    restttution    proposd-e    par       donne  un  sens  (out-ä-fait  salisfaisant,  nous  parait  si 
Dons,   ru  qu'cUe  corrcspond  priciscmcnt   au  nombre        non  reriainc,  du  moin«  prnlialile. 
de  lettre«  demand^  par  l'icriture  s-.y.yr,ii-i  et  qu'elle 


Altertümer  von  Notion 


163 


KXapt- 

]v  stxdva 

t(?)]cpoO  TiXy^atov 

]ou  xal  TT;;  P;tpös 

5 ];  xcd  sTiEtSrj  oE  [ .  ]£ 

TWV    TS    V£ÜJV]    Xat    X(T)V    SCpTjjjWV    Trj[.  .  .  . 

]  i<.\v7poi,i  'A9-V;varov,  ovta 

£ij[j,£vvi  xaE  asl  twv  xaÄA]£axwv  opsyöi-ievov  xaC; 
lauxoO  7xp«?£acv,  a;io5]6vx£s  Eicicpav^  xat  |ji,VT;[xr;; 

10  ä^tav  auxwt  x^?  £uvot]a;  ydpiv,  otc6y_d-<xi  TxepE  xotj- 
Twv  x:^t  ßouÄ^t  xaE  xwt]  5Y;!-iwr  xöv  yufxvaaEapyov 
xöv  £^ifj|3ü)v  xax'  £v:aux]6v,  iv  y;[  T^[x£pao  'AS-r^vato;  £- 
x£).£uxr;cr£,  ^uaEav  x]£X£rv  xaE  S'.a5po[xrjv  xöv  vewv 
x«!  xwv  EcpYjiSwv  'Aö'yjjvatwf  ouvxzXbIv  ok  ev  x'^t  aö- 

15  x'^t  r^i-iipa:  xaE  x]ov  7Lat5ov6|-iov  dt^^Gyia,  Tvxioiiiv,  0100- 
[lEVOu  aüxoE]{  ÖTiö  xoO  olxov6|jlou  eE'?  xe  xyjv  ■ö'uaEav 
xa!  xrjv  Staopo^rjv  xaE  xöv  aywva,  8  äv  ö  5^[J.o;  xa^r^t 
EY  KpovtwvL  [Jirjvi.  Twv  oe  tEpEtwv  xwv  xeS-evxwv,  a- 
cpatpEil-EVXwv  £i;  xa  läi^X«  xo;;  xe  veo:;  xaE  xoij  e'^Tj- 

20  ßoi5  xaE  xot;  üatcrEv,  £a|.i  [ir^  xl  xaE  a/.Ao  jjO'jÄwvxat 
xtö-Evat  xor?  vtxwai,  xä  ÄGi;:ä  Stav£|J.£xw  ö  yuiivä- 
a]tap)'_^o;  xoi;  ä),£i[']/]a[.i£Vo:;  xaE  xrf.  ßouXY;i  xaE 
xot];  ä.AA'j-.c  äp/o'jcjt  xaE  xol;  EspECiai  xaE  Tzpozoc- 
VEt  xa]E  Txpo'^TjXVj  (sie!)  xaE  [£pwo(i>  auvEOpEw;  xaE  xol; 

25  vixfjoaja:  xoüg    axEcpavoxaj  äywvas  xaE  t£po/.Tj[p'j- 
^:  xaE  ypx]n\i!X.isO<3i^j.  Ttjv  Se  3[a5po|a,rjV  cuvx£X[£r(j- 
iS-at  ÖTO  xoO  y]u|xva(jtapy^oi)  ev  xwc  '0[xripti(<)L  T[oi)i; 
51  'i\yjifiy:ixy.t  äJvayyEXXEaS'at  üixö  xwv  äpxövxojv 
aL)8'Tjjx£pov(?).  Töv  Ss]  7i;atoov6|xov  xöv  äywva  cuvxe- 

30  Aelv  xwv  TxatSwv  £V  xwt  '0]|_i,rj[p]£[E]wi,  i-iEXp^  Ti:[a]c5txyj 
<y^/p\\  xax£ax£'jacjxat{?).  'AvayopjEUEcD-ao  oi  -y]v  i^\xi- 
pav,  £v  Yjt  r^  x£  ö-uata  xaE  ig  S'.aopoiijr;  xaE  0  äyw/  cuvx 

XEcö'Yjaovxa: 'EcjErva:  oe  xaE 

a]{Jxy/t  x3cE[.  . 


gradins,  dont  nous  venons 
de  parier  eh.  II.  Aussi  re- 
marquera-t-on,  que  1'  tEpov 
mentionne  1.  3  et  I'eixwv, 
dont  etait  que.stion  1.  2, 
sont  tout-ä-fait  analogues 
au  VEw;  'OixYjpou  et  au  ^öavov 
de  l'Homerion  de  Smyrne. 
II  nous  semble  donc  tres 
probable,  que  les  deux 
'0[iYjp£ca  aient  servi  d'eeoles 
superieures  et  que  eelui 
de  Notion  soit  a  recon- 
naitre  dans  Tedifice  men- 
tionne plus  haut.  Par  cette 
supposition    on     comprend 

aiseraent,     pourquoi    les 
honneurs    sont    decretes    ä 
Athenaios    sur    la  proposi- 
tion     des     autorites    ephe- 
biques     et     celebres     dans 

r  '0[i,Yjp£WV. 

II.  Plaque  de  marbre 
rectangulaire,  h.  o'go"',  1- 
rßo"',  ep.  cig*",  eassee  en 
trois  morceaux.  C'est  une 
pierre  d'angle,  inscrite  sur 
le  cote  de  la  largeur  et  sur 
celui  d'epaisseur  ä  droite; 
ä  gauche  eile  se  joignait 
ä  une  autre.  II  ne  manque 
qu'une  petite  partie  du  haut 
ä  droite.  Facsimile  d'apres 
estampage;  malheureuse- 
ment  l'estampage  du  troi- 
sieme    fragment,    qui    s'at- 


104  T1-.  M.icridy 

tache  en  haut  ä  celui  de  droito,  s'est  perdu,  de  sorte,  quo  les  lettr(\s  qiii  v  sunt 
conservees  n"ont  pu  etre  reproduites  dans  le  facsimile.  (irandeur  des  lettres  o-o;!5"'. 
Decouverte  dans  Tinterieur  de  Teglise,  actiiellement  deposce  dans  le  niagasin 
de  la  communaute  ä  (ihiaourkeuv. 


r   AXüAlKEANJ 
EninfrTANEacKxinPo<^HTOYKPiTnNocr 

•EPÄTEYONTOC-oAPTEAXliiQPOY 
»ECnifliiOYNTOCACKAHniiiOY  TOYAH A04>lA0Y 
KOP01-TPY<}>OM\OYl<10YOnFO<J>HTHCAnOA\nNOCnYQ)C  ' 

CYNnAP0NT0CÄYTAKXlTOYnMPO[A0YK10TIOYÄAPA[ToY^.-j^XTcAhhNTH:!!uHTl. 
nAlAOWMOCEYAHAtoCoAAXYPOYBOYAEYTHC-AXAPOTA-  /    nrTovnoNToy.  "■  \ 

TPYinN  AXXPOYA-CYN'f'OPOY  AUP  OYA  ANAPONEIkOC  F  lirPYTANEOC  KAirTo{.HTOY-K  ' 

AAfOYACYNioPOY-  rMAJ-KOCCOYTIOC^IoCOE  PNAlKOLCoY    i'jy<}.OiEPATEYONTO  OvAPTEÄIao'' 
TIOYAi\)COYAUPOYAANTnN^NOC->\>J=OYA-:YAJ.i>OPOYAX,y'^,,„^fO,-eEEn)nAoyNToCA[:KAHniAp 
37ÄnaXXlAKOCA)^-OYA-CYNtOP0YMYAXlXO[:AnoAmMIOY\noÄ,rPAA\MATEnN.iäKPlTa^^ 
KOPAlAE-AnEAAiANHX^lPirEWOCTOYAnEAAAToyKMAasACcor.ß.0|prTonoi.AWTmioC" 


\ö\-ÖYEP-eAXX10YAlAlANOY  oPALYAXAznClAOYAAAMlA    PEAcANTnNioYBANAoVToYfi.E 
KAeWrHCAXi^ENOYTONYAKNONnEPAlCCONOQinnoYIEPoNEIKOY     fHAPXE/AC  ; 

lAPEAPE^ONTOCAnoXAniMlOYTOY   AAEIANAPOYAIABIOT^ 
tYNnAPOMTOCAOÄCTPANlOYPOYCnNOC 

inYeioY,c''Nnxj'ONTo'AYTnkAiToYnATPoEAoYi<ioYToyAXPAcTOY-Bo\EYToY.  ,„^ 

.kXTPOölMA-Tl-k^ACI^AHnlAAHCTlKAOWClAOy-AAoVAnioCnPEICkOCÄXOYnioyFpfr 
ENOI-AnXAPHKH-  kAI-AAXUlA-MA-AN  TANIOYAT  tAAOY   ÄT-An  TF  t  nv  m  A   r?^"^ 
bYAAUXiA2nClM0YT0Y7nclA\0Yi<AeHrHCAX\EN0VT0Nvu.,    '^^■^'^''°^ 
|^NepYBONTOC-[YNnAPoWTocAÖ.ACTPAM(?YPOV:ANoc  ^^  '1'°^ 

I.  Cöt6  de  la  largeur  ä  gauche: 

Aao5:z.EWv. 

"E-:  -f'j-aveo);  yjt).  Tipofi^^xou  KpiTwvo;  y, 

[Jspzxeüo'/To;  0('j)X('-co'j)  *)  'ApT£p.tO(j)pou, 

(♦•]£a;:'.(j)5oO'/To;  'AaxÄr,TO5ou  xoO  Ay^iiO'ftXou. 

Kipo'."  Tp'jswv  Ao'jxiO'j,  6  -pO'fTj-njc  'A-cÄÄuvoc  nu8-[o[u, 

!7jvnap6"/xo;  auxö  xa:  xoO  7:axpö;  Aouxtou  xoO  'Aopaaxou* 

;:ai5ovd[io;  Eö5r;[io;  Oajiöpo-j  ,jooÄ£'jxt,;'  Mäp(y.o?)  OuÄf;:'.oc) 

Tfj-f(!)v  Mapfxo'jj  Oö/.( -lo-j)  il-jvcfdpo-j-  Mäp(xo;)  OijXf-'.o;)  'AvSpcvs'.xo; 

Mäp^/.o•Jj  O'j/i-'lo'jj  il'jv-fdpo'j-  Fvaifo;;  Kcgovj-'.oq  Apoao;  Fvatfou)  Koaao'j- 

xt'o'j  Ipizyj-  Mäpfxocj  O'j/.f-io?)  Avxiovetvos  Map(xo'j)  0'j/.(-£ou)  Suv-popou-  lläp(xos) 

0]'jXC-'.o;j  ITw/.Ätavö;  Map(xo'j)  O'jÄ(Kto'j)  Suv-fopou-  My/.Äi/o:  'A-oÄXwvb'j  'AtwoXXwvio?. 

Kdpai  5£-  'A-e/J'.io'/T;  Xaip'.Yevo'j;  xoO  'A-eXXä  xoO  Ka/.Xwvo; 

*)  Le  sens   de  l'abbriviation   est  assure  par  III   i   1.  4. 


Altertümer  von  Notion  105 

toO  nXouxLxSou'  'ATxaX':  Xa;p:y£vouc  xoO  'Atceaäx  toO  KaÄ- 

Xwvo?  TOö  IIXouTiäoo'j"  üi)Ä(7T;ia)  'Apx£[xü}Ja  Map(xou)  ()ijX(7iwuj  iuvcpöpou' 

15  üuX(Tiio(.)  'Arfjw/k  Map(%oijj  OL)Ä(7ttou)  iluv'fopou-  O0£p( )  KXafuota)  AfXtavy) 

A]ou(xiou)  0'j£p( )  Ba/'/jOD  AtÄiavoO'  OpaauÄÄ«  Ztoaqiou  Aii[it«. 

KJaO'Tfj'r^aaixIvou  töv  u|jivov  Il£p[.uaao'j  Noö-t'^itoi)  lEpovsLxou, 
;iap£3p£6ovxo;  AtxoXXwviou  toö  AÄs^ävSpou  Siä  ßc'o'j, 
cjijvTiapovxo;  Ao(uxcou)  'Aaipavtou  'Poüotüvo?. 

2.  A  droite  de  la  precedente. 

'A5[p:av(I)]v 

N£oJy.a'.aap£WV  t^;  iir^xpoTio- 
Xe](i)5  TOÖ  növxot;. 

'E[jx]c  Txpuxavsw;  y.a.1  upocprjxou  K[X(au5tou) 
5  To]u'^o(u),  t£pax£tjovxo;  0(ii)a(7xcou)  'Apx£|ii5ü)- 

pOU,    ^■tOK'MOOÖ'nOi    'Acj7wXr;7I[5o[u, 

YpaixjxaxEwv  KX(aii5iwv)  KptxoXdou  xa: 
Baaaou  |^.  ÖEOupÖTxot  'Avxwvio; 
N£tXTjxrj;  fxxpö;  xa:  <I>Xa|jouXTjio;  Bäc;c;o[5 
10  [lUTj  i>-£vx£e  xat  £V^ax£uaavx£s 
eXpi^aavxo  öcpxovxo^  Neoxaca«- 
pet'a?  'Avxwvtou  BXäv5ou,  xoö  ^i)-  £[x]o[u;  xf/j 
eixap)(£ta?. 

3.  Au-dessous  des  precedentes;  le  commencement  des  lignes  manque. 

.  ]  Jlud-ioo,  a'jvixapövxo;  aOxiT)  xa!  xoO  Tcaxpij  Aouxt'ou  xoO  'Aopäaxou  [liouAEuxoO  • 

. .]  KÄ(ai)5wu)  Tpocpi|jiä'   TidiepLo?)  KÄ(aiioto?)  'AaxXrj7i[äor;g  Tcfßepcou)  KX(au5iou)  'Ovtj- 

c[[-iou'  M(äpxoi;)  OüATiioj  np£raxo;  Miäpxou)  Oij(XjjX[ou  'Epäaxou" 
.  Ttapö'Jsvof    'Av/_aprjVV]    xa:   'A]i[.ita    Mafpxo'j)   'Avxtovtou   'Axxä/.ou'  M(apxta)  'Av(xwvLa) 

SExoOvoa  M(äpxoi)j  'Av(xü)vtou)  Toücpoy 
.  .]ou  •  'A[_i|i£[a]  Zwao'iiou  xou  Zwa^iiou.  KaS'rjyTjaai-iEVOu  xov  Oixvov 
. .]  'Ev9-pLi|jovxoj,  auvTiapovxo;  Ao('jxtoijJ  'Aaxpavtou  Touauvo?. 

4.  C6te  d'epaisseur;  au  commencement  le  nom  de  la  ville  manque. 

'Etx!  7xpL)[xäv£ü)s  v.a.1  5  SJwpou,  9-£cj7xt[w5oOvxo; 

TxpocfTjXou  [KX.  Toucpou  'AaxXrjTit'Sou  x[oO  Ayjfiocpx'Xou, 

[]£pax£'jov-[o;  O0X(7ito'j)  'Apxeix'.-  ypai.ijiaiEwv  [KÄ(au5tojv)  KptxoXao'j 


i66 


nro^oEcni' 
rrxA-vxXTEON 
In  w-ECTPior. 

;  j-  fENNIOCA 

nMXloc^:AlCE^ 
Iri'^iwocxiXMÄ 

'      KOPOlYAXNf 

'ÄEPEWNlOLMMIk 

k  X^ECTPIOCT 

k  EPENNipCAN'i 

jNEINOL  r  EPENJ 

•ÄEPENNIOCA 
r^AIAloCAOS 

,  nXiAiocT   j 

J 


x]ai  Bäaao'j  ,5.  [(-">£o-pö-oi- 

lI(6rcXio;)  M£CJxp:o;  

lo  r(äio;)  'Epevvio;  -a[ 

ll(6-Xio;)  AtXioj  l\aia£v[ 

ll(6-Xtos)  AtÄco;  At|uX[iav6c. 

Ivopot  ö|.i,vü)[5o(  ■ 

A(oüxtoc)  'Epevv'.o:  f  A]v[x[rjXo; 
■  5  Iv(6tvxos)  ]\l£aTpw;  T[ 

K(6ivxo5)  'Epevvtoc  'Av[tw- 

vetvo?,  r(at05)  'Ep£v[vta-:'' 

vi?  NiYpetvo[?, 

M(äpxo?)  'Epevvto;  A[ 

jo  n(Ö7iXiOs)  AXhoc,  Aciv[y , 

n(6;iXio;)  ArXto?  T[ 


111.  Plaque  de  marbre  semblable  ä  la  precödente.  qu'ello  depasse  de  o-oy'" 
de  largeur,  compl^te;  des  autres  pierres  se  rattachaient  ä  droite  et  ä  g-auchu.  La 
grandeur  des  lettres  varie  de  o'02o"'  ä  o'022"'. 


7\Ä0AiKenN 

EniAN0YnATOYlOYOYENTlOVKEi\IOY 

^PYT^NEnI^E^^o^^nN02:  tota  ie 

PATEYONTOZOY/xniOYAPTEMli^npOYnPo 

cpHTElYONTOIAAEXANAFOYTO-rMHNO^'; 

AOYTDB      RAlMCirAYKONOIYlOIZEPriA 

rAYKnNAA0AIKEY2,\n0AYK0YnP04)HTEYnN 

AnOAADNJOinYGlOYKAAPIOAnO/AnNlYMW 

SAT  TON0FOMKATA  XP  H'S.WONTATONI  YNV 

MMIZ^NTTlNnAlAONKAinAPeENriNONOMA 

TAANeOHKEMtYNKAIBAlMDAVKinTnGEin 

TOTrW<fe£N"^ieEnPn  nAlixONOWOr-NTOIAAITPA 

hJlOYBhfY-VOYTDÄnAPLiJ'ETONTOXAlArENOYI 

OP(pEniTPir       EIXIMAE 

^AIXlOrrAYKnNnPoiHTHIKAiriOYAlOTIOYAOYYI 
OIKOAAEINAMAZIMO  r  K  AIMENANAPOI TPIITO  Y 
AIKAHniAAOY  KAI  AAElANiiPOrAeH'JOAOPOYroY 
AAEIANiroYAeHxKDAnPOIKAIAAeiANiiPOITPlZKAl 
AnEAAAIEPt-lEPnTOIlfAlOPiJEVITETPAKiINEOTFPOl 
AApPNHlOnAlOYOtrATH'Ang'lAKAlATTIAATTlOYin 
THIXOTBAZZA  KAlAAEIANLfAMAOmOAOPOYMOS 
XlOMCAlMOVHAIA>>)vAIOMArAlIHMnNlXlHNnNOZ 
MATKIAKH  KA'.TATlAAAtIAMiJOVi.ll   K  AeWHZ  AME 
NOYTONYMMOMX^ANTnMlOYEnAtpPA        , 
TTOITOYMDl-JOXAKOiaK  E  YI  EfPA^f  E 


AAOAlKEnN 

EniANeYnATOYAÄMIAAlAIANOY  J 

riFrTANEnCAEAlAlACAAMOYlEP^TEYONTOD 
OAPTEMlAOPOY-nPO't'HTE.  ONTOC  HYOI 
r>NOC  B  TOYAPTEAElClOY  OECniriAOYNT 
OCACKAHniAOYTOYAHMO+lAOYTPAMATE 
nNKPITOrJOCKAlÄAEZANAPOYTnt^XPITnN 
nAIAONOAOYNTODAACTPANlOYBHPYAOYTc 
nAfEAPEYONTOCAlArENOYCMHMXrOfATO 
CtAEYKOY-r       H-HEAAAENOYTONYMNON 

ncPAXiccoYTOYNoeinnoYiEPorciKOY 

©EOrPonOYA  AN  NEIKH<jOFOY  EILINAEOI 
nAPOMTECnAlAELKAI   nAPGENOI  KXTAXP 
HCA\ON  ■   TIKA-nAniAC-KAITI'KATEPAXICCd 
KAIÄ'AN'   r\£llCnt\l'KAl-A' ANEPMOrEM-E 
APTEUlAn  POC  ZnOAXOY'ME  NAM^POEACI< 

AHniAOY_nAPQENOI'AN'A\AfKIAHA.lAN-FH| 
EiNAKAl'AN-KAEOnATPAAN  BPYOYCA-Srkl' 
9EO<^lAA-TATlAXPYCinnOY 

D    ^    cArAAXccEnNAoA^noj:^ 

E_ninPYTAKiEorAnoAAnNOE   1\L-E\ 

nAiAioiMlNoYkfÄNor  zErjnN 


OPONTHEMEANOZ-AEANIAHrNE 
^/OMHAHCPOAnNOE.NEANATTAAOY 

TPniAocknKoY.i/A  k  -  ""HDr-TTii  Aoy 


Altertümer  von   Notion 


167 


1.  A  gauche: 
Aao5r/.£(ov. 

'Ett;:  dv^uT.iioD  'lououevTi'ou  Kea^o'j. 
TTpuxävEü);  ok  'AtcoXXwvo;  tö  Ca,  k- 
paTEuovxo;  OCiXiitou  'ApT£[i,:S(i)po'j,  -po- 

5   cpr^Tsiiovtoj  A),e;ävSpou  loO  Alrjvo^c- 
XouTÖ^.n6(nXiG;)Ai5.:o;,  rÄi)-/.(i)voc'jLic.XcpYix 
rXuxtov,  Aao5ix£'j;  [ä]-ö  AOxo'j,  jipo-^r^xsüwv 
'A-6Xa(i)vo;  TI'jS-io'j,  KXapö(o  'ATtoXXojvt  Ojlvtj- 
aa;  töv    9'cöv    -/.ÄTZ   ypr^anöv    "i    Ttov    a'jvj- 

10   iivr^aävTojv  -aJotov  ■/.7.1  Trap&evwv  öv6[ix- 
x«  äv£i(r^x£v  3'jv  xai  IIofTxAtü))  AtXt'w  Auxöw 

xö)  7i:£[,i'-pf>£vx;  ■ii-£(i)ptT),  ica'.oovoi-toOvxo;  Aio'jxt'&u) 

Asxpx- 
VLO'J  BrjpüÄÄO'j  xö  X,  ;iap£5p£'jovxoc  5:ä  yEVO'j; 
'Opcp£(.o5  xpi'c.  Eiaiv  Sl- 

2.  A  droite  de  la  precedente. 
AaoocxECüv. 

'EtlI  avO'UTcäxo'j  Aajii'a  AiÄoavoü. 
TxpuxavEWc  8k  AiÄt'a;  'Ajitou,  cspaxcüovxo; 
()(!j)X(^tou)    'Apx£[.u3wpoi).     -po-^rjX£['j]ovxoc 

5    wvo;  jj  xoO  'ApxsitsiaLO'j.   9-ic;;:iw5o'jvx- 
0;  'AaxÄT^-LOOu  xoO  Arj|io-^[A!/'j,  ypa|.iax£-  (sicj 
'jjv  Kpi'xwvo;  xac  'AA£;xv2poi)  xöJv  Kpt'xfovoc, 
na'.5ovo[i.oOvxo;    A(ouxöo'j)    'Aaxpavöo'j    Hr^p'j- 
Äou  (sie)  x[ö  .  , 

'°   Zeäeuxg'j  Y,  rjYrj3a|j,£vou  xov  üjivov 
ÜEpi-itcjaoö  xoO  XoS-tTiTtO'j  EspovEtV-oi), 

3.  Au-dessous  de  la  precedente. 

'E;:i  jipuxav£o^  (sie !)  ATiiÄÄwvo;  xö  C£"  tfspEÜ; )  V 
n(67iXt05)  Al'Xiog  MtvouxLavö^  Zevwv. 


T16(Tc),to;)  Al'/.to:  FÄ'jxwv  -p^'^rj-r^;  xal  r(xco;)    's 

"lo'jÄ'.o;,  i^ouioij  ul- 
6;,  KoÄÄEi'va  .MXC4.10;  xa:  Mlvavopo;  xpij  xoö 
AaxÄT^-:a5o'j  xai  AXi^avSpo;  AO-rjVOOwpou  xoö 
AÄ£:xv5po'j  Ai)-rjVÖ5(opo;  xai  AXe^avopog  xpi? 

xai 
\Ar:£ÄX«;  'E!p|(.£pwxo;  y.y.l  'Op'^EÜ;  xExpäxtg 

V£0)X£pOC. 

AÄcfr^/Tj,  lIo-Ä;'o'j  il'jyäxy^p.  A-'^i'a  xa:  'Axxia   ='° 

Wxxtou  2i]u- 
xrjpi/o'j  I!xaa7.xarAÄ£5zv5pa  Afl'r^voSwpo'j  Möa- 
yiov  xx!  AioivyjO'.ÄÄx  A;o[ix  xal  Zr^vojvic  Zr^vtovo; 
Mapxtavr]  xa!  Taxca  'AÄ£cäv5poij  5ö;.  KaÖTj- 

yr^aaiil- 
voi)  xiv  ij[ivov  M(äpxo'j)  'Avxuvio'j   'Erua'^pa. 
noaxGu[x£rvo;  AaoStxEÜ;  eypacpE.  25 

il-cOTtps-O'j    A(o'jx:o'j)    "Av('xtovfo'j)    Xeixt^-^ö- 

po'j.  Ei^iv  oe  0: 
TcapövxE;  TzaöoEC  xai  TCapfhEvo:  xxxa  yp- 
r,a[isv  ■     Tt(,5Epioj)     KA(a65to;)     llaTifaj    xa! 

TtfjJEpioc)  KX(ce.öc'.oz)  nEp|i[33i[c 
xa!  A(o'jx;oc)  'Av(xwvicj)  Neöxojv  xa!  A(g'jxioc)    's 

"Av(xwvioc)   'Ep|toy£vr^;- 
'ApxEj-tLGoipo-  Zwcj{[io'j"  ilEvavopoc  Acx- 
Äy^-i'oo'j.    Ilaptt'EvoL'    'Av(TWVia)    llapxJa    xa! 

Av(x(ov{a)    iV^y- 
Eiva    xa!    \4v(xwvia)    IvAEO-äxpa-    'Av(x())vfa) 

Bpüo'jaa'  'Av(x(j)vta) 
0£G-^'.Äa'  Taxi'a  Xpu^iujiGtj. 

'Opov-Tj?  Xewvg;-  AstoviGr^;  v£(g:)' 

A:G|irjGr;g  Tggcovg;'  Xewv  'AxxkXg'j  ■  5 

TpwtXos  Kwx[o]u"  K[aÄXtaG]rj;  y  T[p]to{Aou. 


lüS  Th. 

Ces  deux  pierres  constitiient   une 
rement  ä  la   mome  place,    dont    nous 

IV.  Plaque  de  niarbre  rectan- 
gulaire,  cassee  ä  gauche,  h.  o'03"', 
1.  r^j",  ep.  o'ij'":  la  grandeur  des 
lettres  varie  de  0-020'"  ä  0:025'". 
Decouverte.  selon  le  dire  de  Papa 
Dimitri,  au  menie  endroit,  que  les 
precedentes,  et  transportee  au  milieu 
du  villagfe.  Xous  en  donnons  le 
facsimile  d'apres  Testampage  de 
M'  Benndorf,  qui  permet  de  cor- 
riger  quelques  erreurs  de  la  pre- 
miere  publication,  faite  par  JNI''* 
Chamonard  et  Legrand  (Bull,  de 
corr.  hell.    1899,  210.  Xo.  3). 

V.  Plaque  de  marbre,  cassee 
en  haut  et  ä  droite,  compl^te  en 
bas  et  probablement  ä  gauche, 
h.    o'öo"",    1.    073'",    ep.    o-2>)"';     la 


Serie  avec  trois  autres,  trouvees  anterieu- 
avons    cru    utile    de   repeter  ici  les  copies. 


\jfT0YHP7'. 
^'7-\OVAX£NOCAno  AA. 
^-'^lOYXKTIQY  YIOIANTO.JlNÖtx 
^TOYMENANi^POYTOYkAnMOYX 
OMiANOCi^lONYClot'TOYBXACTOY   nMf- 
AlKOINTOYOTrATtPECTX-TAPIONIcAlTATlON     \ 
HNnNlt2HNnN0CTOYEPAinnOYHKA\0YM[NH< 
KAAYi,IAIk;^AYM0YAKTIOYOYrATEPECAAXAXIAKAlKA\ 
TATÄCfVCANAPOY  TOYIKECIOY 
HAPEilPEYOWTOC  >o^HNA^OPOYTOY[:E^EYKOY 

E  I K  O N  E  n  N  K_OA  n  N  A  N    E  Hin P  " . AN E  ^^i-NOi, n 
,       AnoAXAKiocf xEnPoiHTEYoNTocrW'    -^"|'^\;X 

.^>^0C    loYAlOYZOTlXOY  ■        ^  TOVMHN( 

eECniAXoYNToc  KX'ACKAHniAoYeEonpo  01 

AVXHNOCnAlTOC   noNnANIANOC  KoAPÄTO  C 
AVAHNioCK\nAITOC  AUlANoCOYAKriL-KolPOl 


L-EPriANocÄrpinEINoi;  koXPAtoC  «^povriC 
.  rv.  u-  -ioc\ 


TOYtrA> 
ArAOO 


:'\<: 


1.  A  gauche  en  haut;  le  commencement  manque. 

o'j  loO  lff:[ 

ö]  •/.[x/.]o'j[iEVo;  'A-o/./.[(i) 

K/.xj5:o'..   K/.a'j]5:o'j  ' Ay.v.O'j  uto:'.  'Av-covivoc  [xa; 

,j  ToO  Mevävopo'j  toO  KaioSJo'j- 

\.y]o/.'.[a]vö;  A'.ovjaiO'j  toO  B/.xaTO-j.  II[a]pi)[£vo'.' 

Ai/.{(?;]a'.,  KoivTO'j  iHyaTSfec.  Ta-ap-.ov  xai  Täxiov 

Z]t,v(ov'.;  ZtjVwvo;  toO  'Epn''--ou.  ij  y.aÄouiievr^  <I>[ 

KÄauOia;.  K/.a-j5:o-j  'AxtJo'j    iJ-uyaTspc;.  'A|i|t{a  xä:  K/.[ 

TxTa  iw3xv5pvj  ToO  ly.s^iO'j. 
IIacpc5p£'jov"o;  JIr//XYipo'j  toO  ili/.i'jxoo. 

2.  Au-dessous  de  la  precedente. 
E'y.ovlwv  xoÄd)vo)v.  'E-:  nf['j':}av£w: 
'A-i/J'.'jivo;  TÖ  Ei.  -prj-^rfzvjv/zoz  ra(fciy) 


ikcjn'.wSoOvTo;  KXfa'joto'j)  'A7y.) 
^  A'JÄYjVÖ;  llaiTo;'   Ilov-wv.avö;  1' 

.AO/.YjVi;  KavStTO?-  AiXcavö?  Oü: 

ilcpYoavöc'  'Ayp'Txstvo;'   Koopiz'. 

II to:. 

Les  lettres  MANOZ  ;i  gau' 
inscription  du  nirme  genre  gr; 
se  rattachait  ä  gauche,  coinm 
Revue  de  jjhilol.    i8g8,   263. 

3.  A  droite  des  preceden 

Aao]5tx£tüv  Tcpö;  tö  Aüxw. 
'E-:  äv]ih'j-äTou  B£p£V£'.x'.avoO  " 
7:p'jiäv]£(i);  0£  xai  -po-.f[Tj-0'j  I 


Altertümer  von  Notion 


i6g 


gTandeur   des  lettres  varie  de  o-oi5"'   ä  o' 
fouillait    lä    l'ancien    puits,    eile     a     cte 


^rAOHTYVH  ^ 

I^MfPorTnAYk  n  AAAlCOYEAEYeEfACKMAYXOJ 

D.APTEAlAaPor  ,    vAUNOCTZriePATEVONTOCMO 

;)CACKXHni\0-fTOY2.HÄ0{>lAo  APTENAlAHPOYeeCniWAOYNl' 
r\-KPlTOAAorKAIBACCoX_B  ^CKXHH  1 AO  VTOY  AH  NAO'I' I  K" 
irocRACcoTr    >aan  man     -ri^t^AnAPAYOCHPAkKElAwN  ' 

,1-1  \  n  nt  V  ^^r^v  Y  inr /kl  Xon  A  n  _    _    _.    .   _  . .  ^^  n^  A  lj-tc  \/r»  Kl 


inAnniAN0Yrioc4.ixonÄn    „  .-rporENiAoYnPo^HTEVoN 

lAnoAAnNOlYMmCACTATnNTOCEPAAlOYAl    1      /> 
'imAIAnNCAinAPeENnNOMOM'TEWNA-TTAKOV  B  "MOrENü, 
i)TnNATTnÄANAi<|.IMIA10YAXAEOY\0EOnPOn0  1HAOl 
;;AOYKiOYACTPANIOYBHP  ZAAoYk  piCTlOCTfYcpWNOO  K  A  W>- 
lOV-fEKAlYANOrPA^OYÄlABlo  -piriO  YniOC  KKXXlKA'-K^-^  \ 

liYmxTiAOYiEPOhEiKoY-icAinA  oiTiNEt:>^YHOCNTE  Ec  enebktey: 

inoAAnNlOYTOTXAE^ANAPoY    £Y0Y['Pzr-THCEXE  YSEPlAC 

UOCr'KAlAXOtXACATTAAoy-r- 

KTTAAOY-r.  \A10NYL\oCAlONYCIOYTOYAnoXÄhNloY 

ii'TOYAAEZANXPOY  M-AM-EPA*OrEKK:AfWA''^t^ot^ 

irEAAICTElMO£|EOY-S  TOVrEI  l<AN^O\l  / 

l)V-r€ll<oAXAxiLKAiA\APKiAAiorENOYc\    / 

|rCEniAS\yoYAAAW-lA^lO<tAlMToYTOY)/ 

IOYC't*lKOMXyi:ABAC|iANTOYTr.V/ 

'IIOY  TAT/0NA1AA0YA\E  NOY  T  OYAnLXAlXnv 

" -ITOC-  X  AETPAN  1 OYPOY  C  n Not.       '"^'^"^OY 

HPYXXOYTOYnAlKONOAXOY 


o2o'".     Decouverte  ä    Damia,    lorsqu'on 

Offerte  au  musee  de  Fecole  evange- 
lique  de  Smyrne  par  l'eveque 
de  Tchesme  Ambrosius  et  se 
trouve  maintenant  encastree  dans 
un  mur  de  l'Homerion  ä  Smyrne. 
5  Facsimile  d'apres  un  estampage, 
que  M""  Keil,  secretaire  de  l'in- 
stitut    archeoloqique    autrichien    ä 

i"        Smyrne,     a     cu     l'obligeance     de 
nous      procurer.         Publiee      par 
IM"^    Fontrier      JMo'jj.     x.     pt[jÄ.     xf^; 

ij  E'Jayys/..  —yo'/.-i^-  Iho.  xp'.vq  (1878 — 
1880)  azA.  12g.  Sa  copie  donne 
ä  gauche  et  ä  droite  quelques 
lettres  de  plus  que  l'estampage,  le 
mortier  du  mur  cachant  les  parties 
extremes  de  la  pierre;  dans  le 
facsimile  elles  sont  reproduites  en 
pointille.-') 


i&'j.  &zor.pö[-yy.' 
xxo;- 

Ko[ö]pof  Ai'(7.ws^ 
>pciOyt?  V£[o]c" 

de  la  1.  3  fönt  partie  d'une 

sur  une  autre  pierre,   qui 

i   dejä  vu  ^r  Haussoullier 


XVOpO'J. 


[cpaT£]'jov-oj  l)|'J)Ä(7;:o'j)  Wp-siitowpo'j. 
5  {)'£a;xo]w5oOvto;  'AaxÄr^vitSou  toO  Ar^jxo'^t'Äou, 
ypa|X[i]xx£(i)v  KX(auStwv)  Kpizoldou  y.a.1  Bäcraou   ji, 

xJÄetSocf'opoOvTO;  Bxaaou  y.  Mä(p%05)  'Av(tü)vio;).  M(äp/.ou)  AvfTtovt'ou) 

TTtavö;'")  BxÄ£poav6j,  ö  -po'j^-ifirfi  'AtzöäÄwvoj 
10  II'jö-öoL),  KÄapiü)  'A(x6XÄwv(o):  OiivTjCjxg  xa  töjv 

^)  Eine  Vermutung,  die  sich  mir  bereits  bei  Betrachtung  der  Abschriften 
aufgedrängt  hatte,  fand  durch  den  Vergleich  der  Abklatsche  Bestätigung.  Die 
beiden  Steine  IV  und  V  sind  aneinander  passende  Bruchstücke  einer  Platte  von 
etwa  l'Sj™  Länge.  Wenn  auch  der  Beweis  durch  unmittelbares  Aneinander- 
fügen infolge  der  getrennten  Aufbewahrung  der  .Stücke  nicht  herzustellen  ist,  so 
steht  die  Zusammengehörigkeit  doch  fest  durch  die  übereinstimmenden  Zeilen- 
abstände am  linken  Ende  der  ersten  Columne  sowie  durch  die  mit  Ausnahme 
der  letzten  Zeile  völlig  gesicherten  Ergänzungen.  Im  Faksimile  sind  daher  beide 
Bruchstücke   entsprechend  aneinandergerückt  vereinigt.     [R.   Heberdev] 

'"1  n   corrige  par  le  lapicide  meme  en   N. 


syi^xzE  -apcvTdiv  x'J-(o  M^äpxo'j)  'Av(TWvto'j)  Ai'fviot'ou 

ToO  -xipö;  xa:  Aouxtou  "Aa-pav:ou  Br^püXÄo'j 

ToO  -3f.5ovc[iO'j  -ö  £  xai  •j|j.voypa-^o'j  Stä  |i;ou 
■5  Xr^O'jfi'.avoO  xoO  Xr^Suiiou  Espovst'xou  xa:  ::«- 

pEcpo'j  Sü  (iiou  WtcoXmivAo'j  -oO  'AAsEävSpou. 

Eisiv  5s"  ''ATTa[/,]o;  y  xst!  iIo3/ä;  "Ax-i/.ou  y 

xa:  IIpo-i'vxo;  'At-xXo'j  y-  A:ovJa:o;  Aiovuaio'j  tcO  'ATxoÄÄiovtcu  ■ 

'Affr/^oSwpoj  p  xoO  'AXscavSpo'j  ■  M(äpxo;)  'Av(Tci)V[o;)  'Epiioyevr^;  Ai'^vtSiavöj. 
so  IlapS'Evof  'AyeÄxV;  'l"£'.|ioil-io'j  ,j  toO   Xstxizvcpo'j 

ToO  Mr^vo-^JXou"  Xsixojia/:;  y.ai   Mapxt'a  A'.oyevous 

ToO  E'ji-ievoy;  'E;::].i[5t]-/0'j •  'A|i|i;a")  Atocpavxou  xoO 

'Ayaö-oxXeous ■  Nsixoi-iayj;  "A|jaaxävxou  xoO 

'A-o/J.(i)v;ou"  Tixiov  Aix5o'j|tlvo'j  xoO  'A7i[£]Xä!5o'j. 
25  ^■jv-ap4vxoc  A(0'jx:'c'j)  'Aaxpavfo'j.  'l'o'j3(i)vo; 
•j:oO.  Hr^pü/.ÄCj'''  xoO  -a'.5ovö]i^'j. 

4.  A  droite  de  la  precedente. 
'Aya9-f(  xü/rj.  IIaxpo[c]ev!5o'j/-')  Tipo'^r/xeüov- 

'A[i'.3oO  SAS'jö-spxr  y.a:  ajxo-  10  xoc  'Epjit'o'j  'AxxaÄO'j,  ypamta- 
v6|io'j  xa:  6|io3-ov5o'j  'IVo-  xecov  'AxxaÄou  jj  xa:  'Epitoyevo'j? 

|ia:'cpic.  'E-:  -p'jxävEw;  \\-i/.-  AaSeou.  fc)£0-po-o:  fp.ilo[v 

5  Xwvo;  xö  Ey,   t£pax£'jovxo;  M(apxo'j)  0('J)Ä(7::'o'j)  Kp:'3-og  Tp'j'^fovoc  xa: 

'Apx£|x:5wpo-j.  {(•£37::(i)2o0vxo[;  II(Ö7:X:o;)  IIo67::o;  Ka/J,:x/.7j;, 

'AaxÄr^-Joo'j  xoO  Ar,|io-^:'/.OL'j  "5  o:x:v£;  |fjr;\)-£vx£;  £V£Jiäx£UCTav . 
X(öv  är:"  'Apojcr  'llpa/./.£:crT)v  "Kxo-j;  pcy  xf);  £Ä£i)&£p:a;. 

VI.  Plaque  de  marbre,  complete,  longue  deo'go'",  large  de  070'",  haute  deo'26"', 
grandeur  des  lettres  o'oiS'".  Elle  sert  comme  derniere  marche  ä  l'escalier  Interieur 
de  la  maison  de  Constantin  Chr.  Photion  a  (Thiaourkeuy.  L"inscription  est  gravee 
sur  la  longueur  et  l'epaisseur  du  marbn-."  1  Xous  ri'pctous  la  cojjio  de  M'^  Foutrier 

";  Le  lapicide  avait  commence  .i  gravcr  AMIA  probable,    quc   pcre    cl    fils    aiciit   reiiipli   pendant    la 

par  un   M.  crreur  qu'il  a  corrigtc  immcdiatement.  mcme  anncc  la  mCme  fonction   de  paedonome. 

'^  M'  HaussouUier  (Rcv.  de  philol.  1898,   261)  '')  Correction   de  ÄK  Haussoullier  1.  c.   259. 

distingne   A.    XcTfavtou    'Poösiovo;,    u£oO    Br,(,i)/M'i.  '*)  P'ontrier  schreibt:    „^  ^Tt'.ypa'^ij  aÜTi)   xex''- 

Mais  les  analogies  de  1.  7,  III  i  1.  6,  IV  l  1.  3,  1.  6,  paxxa:  i-i  |juäj  Tö)v  zvj  ö'liuj  y.al  y.aia  |if/XOS  nXeu- 

1.  8  semblent  prouver,  qu'il  faut  dislinguer  A.  AsTpa-  p&v".  Verstehe  ich   diese  Worte  recht,   so  steht  die 

•/io'j,  'Po'l;o)vo;   u£v3,  BijpuX/.ou.    Aussi  scrait-il   peu  Inschrift   auf  der  Schmalseite   des   Steines   (so  auch 


Altertümer  von   Notion  17  I 

(Moua.    y.at   [iipl.   mp.   tpftr^    azX.   220),    le   temps   nous   ayaiit    manr[ue    d'en   faire   un 
estampag-e. 

....  AEizEn.NEninPYTANEnrAnoAAr!.NorTorrEPßi xoy  . . 

0EOnPOnorETE(t)ANOrrHI0EOIANAPON  .  . 

KAlAOHNArOPAZOIAeHNArOPOYTOYAlOrENOYZAAPAZTOr  .  . 

YIAYPnNN0MIK05:AnAN(|)IA0YAHMHTPI0E 

'Acfpojof.'.aaov.  "Er::  -puTczvEioc  'AkÖÄÄwvo;  zb  y '■"')  [I]£p[aT£6ovto];  ( )0[ÄT[to'j  "')  .  .  . 

thoTcpöwj:;-  ilTE^avo;  7.  'HtiH'so:'  'Av2p6v[£:/-o; 

xai  'Ai)'/;vayöpa;  oi  'Aihr^vayopou  toO  Atoyevoug'  "ASpaatOL;  [.  .  .  . 

o]'j  [MJüpwv  Xu[),ixög  S  IlavcptÄoi)  Arj|iT;xptoc. 

Par  les  deux  nouvelles  pierres  le  nombre  des  inscriptions  s'aug'inente  de  ciiiq 
ä  douze.  EUes  sont  toutes  du  meine  genre  et  se  raj^portent  ä  des  deleg'ations 
envoyees  par  diverses  villes  au  sanctuaire  de  Claros. 

Les  conclusions  ä  tirer  relativement  ä  la  Constitution  de  l'oracle  et  aux 
fonctionnaires  du  teraple  etant  exposees  dejä  dans  l'cBuvre  savante  de  M'  Haussoullier 
(Rev.  de  philol.  1898  p.  257 — 273)  nous  nous  bornons  ici  k  quelques  remarques 
supplementaires. 

Sans  vouloir  eutrer  dans  les  details  de  la  question  chronologique  d'ailleurs 
assez  compliquee  notons  d'abord,  tju'une  nouvelle  date  certaine  nous  est  fournie 
par  l'inscription  de  Neocesaree  (II  2).  L'annee  6g  de  l'ere  de  la  province  correspond 
ä  l'an  132  ap.  J.  Chr.  c.  ä.  d.  que  les  deux  villes  du  Pont  ont  envoye  leur  delegation 
pendant  la  meme  annee. 

Les  noms  des  villes,  qui  ont  consulte  l'oracle  ou  participe  au  culte  de  son 
dieu,  prouvent  que  le  temple  jouissait  au  second  siecle  de  notre  ere  d'une  reputation 
tres  repandue.  Outre  Laodicea  ad  Lycum,  dont  nous  avons  cinq  inscriptions 
(II  I,  III  I,  III  2,  V  3,  l'attribution  de  II  3  etant  assuree  par  le  nom  du  pere  du 
pretre  d'Apollon  Pj'thios,  identi([ue  ä  celui  de  II  i  ),  deux  villes  du  Pont,  Neocesaree 
(II   2)  et  Amisos  (V  4),  Sag-alassos  de  Pi.sidie  (III  3),  Iconiun  de  Lycaonie  (IV  2) 

Haussoullier  a.  a.  O.   258).  Dann  handelt  es  sich  hier  -Gjf.j  ausgeführt    hat.     Dies    ist    bei    der    sonstigen 

im  Gegensatze    zu  den  übrigen  Platten,  die  deutlich  Übereinstimmung   wenig  wahrscheinlich;    vermutlich 

Crthostaten    sind,    um    einen    Stein    der   über   diesen  hat  Fontrier,  dessen  Copie  ja   auch  in  den  unmittel- 

anzuordnenden  Binderschicht  und  gibt  die  Breite  von  bar  folgenden   Buchstaben  der  Correctur   bedarf,   ein 

0"70™  die  Gesamtdicke  der  Wand.   [R.  H.]  dem  T  übergeschriebenes    O    übersehen    und   ist    zu 

'^)  Die    im   Texte    gegebene   Lesung    Fontriers,  lesen   t[ö]  o';.  [R.  H.] 
der  auch  Haussoullier  (a.  a.  O.   258/9)  folgt,    ergäbe  "')  Restitution    ä    l'aide    d'une    conjecture    tres 

ein  bedeutend  höheres  Alter  dieser  Inschrift  gegen-  probable  de   M^   Haussoullier  1.   c.    25t). 
über  allen  übrigen,  wie  bereits  Haussoullier  (a.  a.  O. 


1?: 


Th.  M.icridy 


et  tr^s  proViablement  Aphrodisias  de  Carie  sont  representi-es  dans  la  liste  (VI); 
deux  autres  noms  nous  restent  incoimus  (II  4,  IV   i). 

Ajoutons  enfin  qii"il  nous  senible  tres  probable,  quo  toutes  ces  pierres  jirdvii-mient 
du  niur  du  tem]ile  d'Apollon;  c"etait  assurcMiicnt  la  jilace  (jui  se  prötait  le  niieux 
ä  gTaver  des  textes  de  ce  g;enre.  et  les  dimensions  des  pierres  ne  peuveut  ipie 
confirmer  cette  Hypothese. 

VII.  Plaque  de  niarbre,  trouvee  dans  l'interieur  de  l'^glise  et  transportee  au 
village  de  Ghiaourkeuy;  li.  0-50'",  1.  o-8i"'  ep.  o-i.s'".  La  jjrandeur  des  lettres  varie 
de  o'02o'"  ä  0*025 '". 


'Er:!  -poTävsio;  'A-öÄ/.ojvo;  -i  oa.  "EyÄc- 
XTo;  E'jr^vo'j  Tiapa-^uÄacx;  zipr^'/'.yMZ 
irzöv.m  trjv  TioXtv. 

'E-J  Ttpuxavewg  OOXTiiac  MeÄixtvrj;,  [epiw; 
5  ra(to'j)  'lo'j'Äfo'j)  ZuTi'yo'j,  ^eaT^twSoOv-o; 
Jläyvo'j 
ToO  'Epnoylvo'j.  -:po-.fTj-:ou  «ta'jaxo'j' 
Mo-zTor/o;  B/.ä^'O'j  toO  Mr,Tpä 
nxi7.-;j/.ä5«;  ctir.v.y.ö):  ir.iv.zz 


Etc:  npuTÄvewc;  'ATrillwvon;  xö  SS.  ITo  kXw:) 

Ar?.co;  Neixwv  napacfoXa^a;  xa! 

-o-casc;  x/^v  nd/.iv  y.ai  tr//  /oipav 

sJpr/i'txö);  xat  '^tÄoxei|Jiü);. 

'Et::    TCpuxävEug    'A;i6/.Xuvos   xö    Se    (sie !) 

IIö(7iXio;)  TouxetÄtoc 
IIp6/./.o;  v£o;  Tiapa-.foÄä^a;  xa!  7i0xt'3a;  xv// 
-ö/.];v  xk;  xy//  /wpav  eipr^v'.xio;  xai  '|iÄox£t|iw;. 


Altertümer  von    Xotion  173 

Liste  des  persoiines,  qui  oiit  fourni  gratuitement  ilu  viii  :i  la  population 
pendant  le  temps  de  leur  paraphylacie,  ä  l'occasion  d'une  assembltie  ou  d'une  fete. 

Sur  les  Kocpx'^üXxY.Ec  v.  Liebenam,  Städteverwaltung-  im  römischen  Kaiserreiche 
337,  XIV.  Une  inscription  de-couverte  ä  Ephese,  qui  ni'a  ete.  communiquee  par 
M'  Heberdey  mentionne  un  eatiäaa?  töv  oylov. 

Le  pretre  Ta.  'lou.  Züxiyoi  1.  5  est  peut-etre  identique  avec  le  npry^rixsuMV  de  IV  2. 

VIII.  Plaque  de  niarbre  servant  comme  cinquieme  marche  de  l'escalier  montant 
dans  l'abside  centrale  de  l'eglise  (A  dan.s  le  plan  Fig.  1).  La  fin  de  l'inscription 
se  perd   dans  la  maconnerie. 

BVCIA  •  C  •  I  •  DION Bucia  C.  I.  Dion[ysii? 

BOYKlAfAlOYAlON Bo'jxta  ra({ou)  'Igij(Xlo'j)  Atov['jaL'o'j:-' 

Signaions  enfin  les  inscriptions  funt^-raires  trouvees  parmi  les  moellons  des 
murs  de  l'eglise: 

IX.  Stele  h.  o'57"',  1.  u'4o"'  W'jyJajmi- 

veixT;  [xrixpl 
[ivst'a;  '/y-p''i- 

X.  Fragment  d'une  stele,  h.  o'37'",  1.  o'22"'.  iIrjvoY[  .... 

rjpw;  iiv[ 


XL  Fragment  d'une  stele,  h.  o'27"',  1.  o-jo*".  Kspata; 

jS0U[.ir;VL0!J. 

XII.  Frag"ment  d'une  steli%  h.  o-2o"',  1.  0'40™.  <t>]tXrvo; 

P]]U£X9'0'J. 

XIII.  Fragment  d'une  stele,  h.  0-54™,  1.  0-35"'.  'lIpö-.fiÄoc;  iM[ 

Au  ata;  [  .  .  .  . 


Constantinople,  Janvier   1905.  TH.  MACRIDY 

Jahreshefte  des  österr.  archiiol,  Institutes    HJ.  VUI.  22 


174  •-'•    Isoliert 

Zu  dem   ICpiuranim   von  Lusoi. 

Das  richtige  \'erständnis  des  l-"])iyranims  von  Liisoi  haben  Rcichi-l  uiul 
Wilhelm  in  ilironi  lichtvollen  Bericht  iil)i>r  die  österreichischen  Ausgrabungen 
dieses  sag-euberühniten  Heilig-tums  erschlossen  (in  dieser  Zeitschrift  IV  4  ff.),  die 
Restitution  des  schwierigen  ant  Isigonos  und  N'ilruv  Ijcruhenden  Textes  ist  auch 
ihnen  nicht  gelungen.  Sie  haben  sich  dalu^r  damit  begnügt,  das  Epigramm  in  der 
Fassung-,  die  ihm  Tii.  Preger  in  seinen  Inscrii)tiones  graecae  metricae  nr.  J15 
gegeben  hat.  ab/udrucki-n.  Der  folgende  X'ersuch  b(Mns)iruclit  nicht  die  endgültige 
Lösung  zu  bringen;  er  ist  nicht  mehr  als  ein  Vorschlag  oder  richtiger  eine  Reihe 
von  Vorschlägen,  die  aber  doch  vielleicht  durch  schärfere  Formulierung  einzelner 
Fragen  das  Problem  fördern  werden. 

Ich  setze  zunächst  den  Text  hierher,  wie  er  bei  Isigonos ')  steht,  und  gebe 
von  Vitruvs-')  Varianten  nur  das,  was  kritisch  von  Wichtigkeit  ist.  Wer  sich  für 
die  irrelevanten  Schreibfehler  interessiert,  findet  diese  bei  Rose  und  IMüller- 
Strübing  oder  auch  bei  Preger  verzeichnet. 

'•\Ypo-a.  a'jv  7:o;|.iva:;  ig  ii£'jr;iiijpivöv  y]y  as  jjap6vr/i 

5t']jo;  äv'  sa/axtis  KÄsixopog  £p/6ii£vov, 
-fli  |-i£V  ääö  "/.pTjVrjs  apucjai  TOjia  xod  r^y-px  .\ü|f.fai; 

u5p:äat  af^aov  Tiäv  to   (jöv  odnöX'.'jy 
5  xÄÄa  rj'j  la-'  krJ.  /.o'j-pz  iiäÄr^:;  -/po:'.  |iyj  cjö  xai  »jpr; 

7ir(|jLT(Vr^i  -iS-^TZ'nfi  £viö^  iivc«  [ieiIy^S" 
'^£0y£  0'  EiirjV  T^r^Y'V'  |uax|i7i£Xov,  ivÜ^a  ÄUXaiiTiou; 

Äoo'ja^i£vo;  '/.'jaTi^;  lipoiTioxc  y.p-;y'/.i-iiz 
T.'h-y.  xaihapiiöv  'iy.^hvi  ir.öy.pu-^o"''  ayap  ä;:    'Apyo'j; 
■  o  oüp£Ä  zprf/dr^:;  yp.'jüov  'ApxaStr;;. 

3.  -.y.z  V.  s-  [Vf^^r/.y.:o-j'^r,  V.  —  6.  r.y^'/ypyvj;  V.  8.  apT£ii£tag  V.  -  y.  a/.o'|/£V£- 
T.xyyyW^   V.,   der  hier  abbricht. 

Nach  diesem  Wortlaut  enthält  die  Inschrift,  in  der  die  xpr^vr;  redend  ein- 
geführt ist,  eine  Einladung  und  zwei  Verbote;  die  ICinladung  aus  dem  Lauf- 
brunnen, an  dem  die  Inschrift  angebracht  war,  /.n  Irinki'n,  und  die  Verbote,  sich 
mit  dem  Wasser  zu  waschen  und   die  Quelle,    von  der    der  Laufbrunnen  gespeist 

'j  Weslermann,  Paradox,  gracci  p.  I86  nebst  den        Vitruv-Ausgabe  p.  VII   n.    I. 
Correcluren  von  MüUer-Strübing  in  seiner  und  Roses  -;  VIII   3,   2  1. 


Zu  dem  Epigramm   von  Lusoi  I  75 

wui'de,  übcrliauiit  zu  benutzen.  Dai3  in  dieser  Gegenüberstellung  von  Laufbrunnen 
y.pTjvri  und  Quelle  "v^yT^  die  Pointe  des  Epigramms  liegt,  wobei  sich  der  Verfasser 
des  Gegensatzes  zu  dem  berühmten  oOS'  «tio  xpr^vr^;  Tzhn)  des  Kallimachos  natürlich 
wohl  bewußt  war,  haben  Reichel  und  Wilhelm  erkannt,  während  Yitruv  es  nicht 
gemerkt  hat.  Aber  hierbei  .stört  die  Stellung  des  [liv  hinter  x-/^;,  das  doch  unmög- 
lich als  Demon-strativum  aufgefaßt  werden  kann;  r^?0£  [isv  oder  xpfjVr;;  [isv  würde 
man  zunächst  erwarten,  was  aber  beides  metrisch  unmöglich  ist.  Hier  hilft  Vitruvs 
Variante  xaj,  das  i.st  offenbar  <a)xäj.  „Durstiger  Hirte,  mach  halt  und  lal,i  auch 
deine  Herde  halt  machen."  Also  wird  hier  der  Gegensatz  zur  ~Yf/j  noch  nicht 
betont,  wie  man  vielleicht  erwartet  hätte;  der  Grund  wird  sich  ergeben,  wenn 
wir   uns    jetzt   zu   den  Verboten    wenden. 

Das  Verbot  der  Waschung  beziehen  Reichel  und  Wilhelm  auf  die  Tirjyrj. 
Das  ist  aber  kaum  denkbar,  da  diese  mit  der  ausführlichen  Bezeichnung  iixYjV 
Tür^yy^v  [uaifXTXsÄov,  erst  Z.  7  eingeführt  wird.  Also  bezieht  sich  das  Verbot  auf  die 
xpTjVTj:  diese  soll  nicht  dadurch  verunreinigt  werden,  daß  sicli  der  erhitzte  Wanderer 
aus  ihr  wäscht.  Somit  ist  die  Stellung  des  |i£v.  dem  das  äAÄä  der  fünften  Zeile 
entspricht,  ganz  in  der  Ordnung;  denn  es  handelt  sich  zunächst  noch  nicht  um 
den  Gegensatz  von  v.pifjvr;  und  Tir^yr],  sondern  um  den  von  Erlaubnis  und  Verbot. 

In  der  Fassung  des  ersten  Verbotes  sc/.Xa  ab  |.tyjx'  i-al  Aouxp«  |^«Xr^C5  /poE  hat 
man  [irjXc  anstößig  g'efunden,  weil  kein  Correlat  iblge,  und  daher  Heckers  Änderung- 
xXlx  ab  [iTj  hotI  Xo'jxpi  ,jxat;:;  ypoi  gebilligt,  obgleich  ini  gerade  durch  die  von 
diesem  beigebrachte  Parallelstelle  Eurip.  Orest.  303  Xouxpa  x'  STitßaXoO  ypoi  gestützt 
wird.  Das  vermißte  Correlat  aber  kann  man  in  dem  zweiten  Verbot  cfsOys  5'  ii-ir^v 
T^'fCCfi^  erkennen,  wobei  die  Änderung  in  cpsOys  xe  zwar  zu  empfehlen,  aber  nicht 
unbedingt  nötig  sein  würde;  jedesfalls  bietet,  auch  wenn  wir  an  dem  überlieferten 
Wortlaut  festhalten,  [irjxe  nicht  den  g-eringsten  An.stoß. 

Vielleicht  aber  verhält  sich  die  Sache  doch  noch  etwas  anders.  Dem  ersten 
Verbot  wird  nämlich,  wenn  die  Überlieferung  richtig  i.st,  eine  Motivierung  bei- 
gefügt: jWj  GS  xac  aöprj  ;irj[ir;vr;t  xepTxv^s  bnhc,  lovx«  \ii%-rfi.  Was  heißt  das,  und  wie  ist 
zu  construieren?  a'jprj  X£p;:v7j;  I-uOt/;,  wie  Hecker  unter  Berufung  auf  die  [xeD'rj;  sowSsss 
aöpac  des  Nonnos  Dionys.  XIV  416,  XVI  11 1  annimmt?  Das  soll,  wenn  wir  die 
Worte  evxo?  sovxa  vorläufig  beiseite  lassen,  bedeuten:  die  Waschung  hat  die 
Wirkung,  daß  dem  vom  Wasser  Benetzten  schon  der  Hauch,  soll  heißen  der 
Geruch  des  Weines  Leid  schaffe;  und  für  dies'-  Wirkung  beruft  man  sich  auf  die 
überein.stimmenden  Zeugnisse  des  Phylarch  bei  Athenaios  II  43  f.  vi  KXsixopt  siva'. 
•Ap-fi'iri'/,  a'^'  fjs  xoüg  Ttt'vovxas  oüxix'  (^ve)(£a*at  xyjv  xoO  oI'vol»  Ö0[j,rjV  und  des  Eudoxos  bei 


176  C.  Robert 

Stephanos  Byz.  v.  "A^avia:  nntürlioh  muß  dann  aber  auch  X'crs  (>  mit  Hecker  statt 
des  Aorist  -r,|ir,vrji  das  Präsens  nr^i^iaivr/  hergestellt  werden,  was  Preger  unterlassen 
hat.  Ob  nun  a'jpxi  ohne  den  Zusatz  £'j(l)5££;,  den  es  bei  Nonnos  hat,  Duft  oder  Geruch 
bedeuten  kann,  mag  dahingestellt  bleiben.  Aber  bcsagiMi  die  Worte,  wie  sie 
dastehen,  ilenn  wirklich  dasselbe  otler  wenigstens  etwas  älmliches,  wie  das  was 
Phylarch  erzählt?  Besagen  sie  nicht  vielmehr:  „wer  sich  hier  wäscht,  dem  schafft 
der  Geruch  der  sülien  Trunkenheit  Leid",  das  heißt  die  (^ilO'/j  bekommt  ihm  schlecht, 
er  verfallt  der  y.pxnziXrj.  er  verliert  die  Resistenzfähigkeit  gegen  den  Weingenuß, 
lien  er  also  keineswegs  vcrabschmien  würde?  Man  mül.!te  sich  tleiin  zu  der  Bi'- 
hauptung  versteigen,  daß  j-ieiJ-r^  hier  mit  singulärer  Kühnheit  vt)n  dem  die  |i£ilrj 
erzeugenden  Wein  gesagt  sei.  Weitei"  aber  hätte  man  nicht  übersehen  dürfen, 
daß,  alle  diese  Unwahrscheiidirhkcitcn  zugegeben,  zwischen  den  W^orten  des  Epi- 
gramms und  der  Nachricht  des  Phylarch  immer  noch  ein  starker  Widerspruch 
bestehen  bliebe.  Denn  nach  jenem  wäre  der  Abscheu  vor  dem  Weingeruch  eine 
Folge  der  Waschung,  nach  diesem  eine  Folge  des  Wassergenusses,  und  ebenso 
nach  Eudoxos  a.  O.  toü;  ys'jcjaiisvo'j;  toO  OSaxo?.  Durch  den  Zusatz  svtö;  eovxa 
wird  die  Sache  noch  complicierter;  denn  wenn  man  übersetzt:  „wähnMul  du  darin 
(also  im  Wasser)  bist",  so  tritt  erstens  eine  ganz  neue  Vorstellung  hinzu,  das  Bad, 
während  vorher  nur  von  Waschung  die  Rede  war,  und  zweitens  wird  die  Zauber- 
kraft des  Wassers  auf  die  Dauer  dieses  Bades  beschränkt  und  damit  \-öllig  illu- 
sorisch gemacht;  denn  der  badende  Ziegenhirt  wird  kaum  in  der  Lage  sein,  Wein 
zu  genießen  oder  zu  riechen.  Letztere  Schwierigkeit  hat  auch  Preger  erkannt; 
aber  was  seine  Änderung  iv-'oz  tövi«  helfen  soll,  vermag  ich  nicht  zu  verstehen: 
tövxa  kann  doch  unmöglich  ..cum  excessisset"  bedeuten,  wie  es  Preger  para- 
phrasiert,  und  svio?  läßt  sich  weder  mit  fövua  noch  mit  nr^iir^vr^t  verbinden.  Das 
Wichtigste  aber  ist,  daß  in  diesem  Di.stichon  noch  gar  nicht  von  der  ur^yr^  die 
Rede  ist,  .sondern  von  der  xpr^vr^  die.se  würde,  wenn  die  hier  discutierte  Ansicht 
recht  hat,  die  mystische  Kraft  ihrer  — Yi'Yj  wenigstens  partiell  beibehalten  haben. 
Zwar  der  Genuß  ihres  Wassers  wäre  unschädlich  gewesen,  hingegen  ihre  Be- 
nutzung zu  Bad  oder  Waschung  verhängnisvoll.  Und  die  Folge  dieses  Bades 
würde  dra.stisch  au.sgemalt  sein,  während  die  .Schädlichkeit  der  ur^yr;  nur  durch 
das  Beiwort  p,taä|i7i£?.o;  angedeutet  wäre.  Daß  dies  absurd  ist,  selbst  für  den 
Aberglauben  zu  absurd,  bedarf  keines  langen  Beweises.  Auf  diesem  Wege  al.so 
geht  es  nicht. 

Versuchen   wir  daher  zt^Tzrf,;  [liUr^z  mit  tr.bz  ii-/-y.  zu   verbinden.    Das  wollte 
Jacobs,  der  paraphrasierte:   „cave  ne,  cum  vini  calorem  visceribus   conceperis,  hac 


Zu  dem   Epigramm  von   Lusoi  177 

aqua  laveris,  iie  te  vel  sola  aura  inde  afflans  male  afficiat."  Aber  welch  seltsame 
Voraussetzung,  dai3  der  Ziegenhirt,  an  den  sich  doch  die  Warnung  richtet,  des 
süßen  Weines  voll  sei?  Und  der  nüchterne  hätte  sich  also  unbedenklich  in  dem 
Brunnen   waschen  dürfen?     Auch  das  geht  nicht. 

Welches  nun  der  Zusammenhang  immer  sein  mag,  soviel  scheint  von  vorn- 
herein klar  zu  sein,  daß  von  einer  |X£9'r;  im  eigentlichen  Sinne  an  dieser  Stelle 
des  Epigramms,  wo  noch  von  der  -/.pTjvrj  gesprochen  wird,  gar  nicht  die  Rede 
sein  kann.  Wenn  also  [^isS-r^;  nicht  verderbt  sein  sollte,  eine  Möglichkeit,  die 
ich  allerdings  offen  lassen  möchte,  so  kann  es  nur  bildlich  gemeint  sein.  Und 
wenn  man  dann  mit  Jacobs  xepTiv^;  evxö;  sövca  \iid-rii;  verbindet,  so  würde  xepnvii  |ie9-tj 
metaphorisch  von  dem  erquickenden  Bade  gesagt  sein,  wogegen  sich  kaum  etwas 
Triftiges  einwenden  ließe.  Höchstens  daß  es  vielleicht  nicht  allzu  geschickt  war, 
das  Bild  aus  demselben  Vorstellungskreis  zu  wählen,  in  den  man  auch  durch  die 
folgende  Warnung  vor  der  \i.'.^dii-K£.Aoc,  7i:r;yTj  versetzt  wird;  denn  so  kommt  der  Leser 
in  die  Versuchung  einen  pointierten  Gegensatz  zwischen  der  xspTivr)  jj-eft-r;  des  Wassers 
und  der  bösen  \i.id-rj  des  Weines,  vor  der  ein  Trunk  aus  der  Trrjyi^  für  alle  Zeiten 
schützt,  zu  construieren,  der  aber  nicht  beab.sichtigt  ist;  denn  der  Verfasser  des 
Epigramms  g'ibt  sich  keineswegs  als  Temperenzler.  Indessen  wird  man  diese 
leichte  Ungeschicklichkeit  wohl  in  den  Kaut  nehmen  können.  Unter  auprj  aber 
wären  entweder  mit  Jacobs  die  Wasserdünste  oder  einfacher  und  natürlicher  die 
Zugluft  zu  verstehen.  Der  Gedanke  würde  also  sein:  „Bade  dich  nicht,  (erhitzter 
Wanderer),  damit  du  dir  keine  Erkältung  holst."  Ein  wenig  trivial,  ein  wenig 
deplaciert  dem  abgehärteten  Ziegenhirten  gegenüber;  indessen  doch  immer  erträg- 
lich, und  vielleicht  wäre  es  vorsichtiger,  sich  hierbei  zu  beruhigen.  Indessen  tritt 
zu  der  Trivialität  der  schon  oben  hervorgehobene  leichte  Widerspruch  hinzu,  daß 
in  dem  Hauptsatz  vom  Waschen,  in  dem  Finalsatz  vom  Baden  die  Rede  ist,  und 
bei  solcher  Sachlage  ist  doch  vielleicht  die  Frage  erlaubt,  ob  nicht  eine  schwere 
Verderbnis  vorliegt.  Allerdings  ist  diese  Annahme,  da  beide  Gewährsmänner  an 
dieser  Stelle  dasselbe  bieten,  nur  unter  der  Voraussetzung  möglich,  daß  entweder 
der  Text  des  Vitruv,  wie  das  auch  nach  Roses  (Arist.  pseudep.  280)  Vorgang 
meist  angenommen  wird,  auf  den  des  Isigonos.  oder  daß  beide  auf  eine  gemein- 
schaftliche Quelle,  das  heißt  auf  dieselbe  Abschrift  des  Epigramms,  zurückgehen 
und  daß  diese  Abschrift  an  einigen  Stellen  nicht  correct  war.  Indessen  kommt 
man  um  eine  solche  x\nnahme  auch  bei  Vers  9  nicht  herum,  und  bei  diesem 
wird  sich  uns  unten  noch  eine  andere  Perspective  eröffnen,  die  ich  aber  hier 
noch    nicht    vorwegnehmen    kann.     Bei    dieser    Sachlage    liegt    die    Vermutung 


nahe,  daß  in  |.ir,  as  das  \'oii  Hocker  xciMnii.iU'.  \cin  uns  proxisoriscli  in  f^sOyE  Ss 
vermutete  Correlat  zu  \irj-'  inl  Xouipa  päÄr^i;  -/poi  steckt,  daß  es  also  aus  [Uji: 
verlesen  und  folglich  zunächst  in  Vers  0  Kr^|irjvr^L;  herzustellen  ist.  Ilicrliir 
will  ich  mich  übrigens  keineswegs  aut  tli«'  (hircli  lUichstalH'nausfall  M'rdcrbte 
Lesart  Vitruvs  -r//r,T;rj!;  berufen,  da  V.  Rose  gewil.i  recht  hat.  wenn  er  ikis 
G  tur  das  s  von  svidc  hält  und  demgemäß  den  Ausfall  so  luvcichnct:  ~i'X|iTj>vyj 
(-£p;rv^j)£Viöj.  Ich  möclili'  nun  zur  lü'wäg'ung  gelx'ii,  oli  man  nicht:  id^x'  äpijX7]pa 
7rT,|.iT^vr^:c.  xspTtvrj;  ävioc  idv-a  |-ü(l7,:  schreiben  si)ll.  Dabei  vc^rhelile  icli  mir  natürlich 
nicht,  daß  die  Änderung  von  xxi  a'jprj  in  äpuxf^pa  nicht  g-erade  leicht  untl  dati  der 
Singular  von  Ivrsa  nur  durch  die  bekannte  Archilochosstelle  zu  belegen  ist.  Auch 
soll  das  Ganze  nur  ein  Vorschlag'  sein.  Es  würde  dann  also  mit  xspTivrj  [lilh^  nicht 
das  erfrischende  Bad,  sondern  der  erfrischende  Truid'^  bezeichnet  werdtMi  und  statt 
des  einen  auf  die  "/pi^^vrj  bezüglichen  Verbotes  würden  wir  deren  zwi'i  erhalten: 
„mißbrauche  das  Wasser  nicht  zum  Waschen  und  schone  den  Becher,  da  (>r  das 
Gerät  des  lieblichen  Trankes  ist":  vgl.  Anth.  Pal.  IX  330  oaov  nod-kzic,  i.rJj  v.^jivy.z 
xat  -it  ■/.'£'.  v.oiXm  xäÄn'jv  £Ä(ov  ä'puaai.  Die  bildlichen  Belege  für  die  an  den  i^runnen 
aufg'ehäng'ten  Trinkbecher  sind  dem  archäologischen  Leser  zti  bekannt,  als  tlal.i 
ich  sie  hier  aufzuzählen  brauchte. 

Die  Warnung-  vor  der  [i'.3ä|i-£Äo:  "r^yr^  würde  dann  als  drittes  A'erbot  folgen, 
und  dieses  Verbot  wird  nun  in  der  'J'at  moti\-iert,  und  zwar  aus  dem  Mythos. 
Hier  ist  nun  das  von  beiden  (Tewährsmännern  gebotene  Ä0ij(jä|j.£V05  mit  Preger 
unbeding-t  zu  halten,  schon  deshalb,  weil  e.s,  wie  dieser  richtig  bemerkt,  das 
Etymon  von  Lusoi  enthält,  und  ebenso  ist  aus  Vitruv  äpt£[i£a;  statt  des  äp^aXfr;? 
des  Isig-onos  einzusetzen,  nicht  nur  aus  dem  von  Preger  angeführten  Grunde,  w(m1 
es  der  Paraphrase  des  \'itruv:  „restituissetque  earum  mentes  in  ])ristinam  sani- 
tatem"  entspricht,  sondern  vor  allem  deshalb,  weil  auch  äpT£|X£as  ein  Etymon  ent- 
hält, nämlich  das  der  lAptqi.'.;,  der  Göttin  von  Lusoi:  öltzo  toö  äpx£|i£rc  noi£rv.  S  laxtv 
ü'c^'.z  lautet  die  stoische,  bei  Cornutus  32,  Strab.  Xl\'  635,  Artemidoms  (Jn.  II  34, 
Et.  m.  150,  14  überlieferte  Etymologie,  und  diese  hat  der  Dichter  des  Epigramms 
gewiß  im  Auge,  nicht  die  ältere  platonische,  nach  der  Artemis  selbst  äpx£|iTj;  ist 
Z-.TL  xr)v  xf^j  -apO-£v:a;  l/ci8"j|ju'av. ^j  Die  Worte  £v8-a  ^li)A\i7Z0\iz  /.0'ja7.|i£v^;  aj-j^y^; 
IIpo:x:5a;  xpx£[i£a5  dürfen  demnach  im  wesentlichen  als  gesichert  gelten.  Wie  sie; 
aber  zu  construieren  und  mit  den  folgenden  Worten  Tiävx«  xat)'ap[iiv  ly.'j'hv/  7.7:6- 
y.p'j-fov  zu   verbinden  .sind,  darin  liegt  die  eigentliche  Schwierigkeit. 

'■■  Krstylos  40CB:  vgl.  PrcUer,  Griech.  Mylliol.  I*  .S.  296  A.  2. 


Zu   dem    Kpijjramni    von    Lusoi  179 

Auszugehen  ist  vuii  Äoicjaiisvo;.  Wäre  auch  nur  daran  zu  denkten,  dali  das 
Medium  jemals  in  activem  Sinn  stellen  könnte  und  dürfte  man  sich  äpTEjiTjC,  OyoTjC, 
wie  etwa  VMd-ocpöc,  mit  einem  Genetiv  verbunden  denken,  dann  wäre  scheinbar  der 
Weg  zur  Lösung  gefunden,  man  würde  dann  übersetzen:  „wo  Melampus  die 
Prditiden  v<_)n  ihrem  Wahnsinn  rein  gewaschen  hat."  Da  aber  jenes  nicht  angeht 
und  dieses  mindestens  zweifelhaft  ist,  hat  man  es  mit  Änderungen  wie  X^jaociiEVo;, 
puaa[.i£Vo;,  Tca'jsäj.isvo;  versucht,  Conjecturen,  die  alle  dadurch  g-erichtet  sind,  daß 
sie  das  Etymon  zerstören.  Was  dasteht,  kann  nur  bedeuten,  daß  sich  Melampus 
selbst  in  der  Quelle  gebadet  hat,  bevor  er  das  Reinigungsopfer  an  den  Proitiden 
vornahm.  Für  die  Richtigkeit  dieser  Auffassung  könnte  es  zu  sprechen  scheinen, 
daß  auch  Proitos  bei  Bakchylides  (XI  95  ff.)  sich  aus  dem  Lusos  wäscht,  ehe  er 
das  wirkungsvolle  Gebet  an  Artemis  richtet: 

öDJC  öxt  OY; 
AoOaov  nov.  y.aXXtpiav  TtaTv^p  Vxavsv 
£Vi)'£v  Xpöa  V'.'Jja|i£vog  cpoi- 
vixoy.pao£|ivoio  AaToOg 
y.r/.Äy^:ax£  O^uyaTpa:  |jOW7;lv  xxX. 

Und  doch  ist  sie  für  das  Epigramm  ab.solut  ausgeschlo.ssen.  Das  Epigramm  will 
ja  erklären,  wie  die  Ttr^yi^  zu  einer  [iiadinzBloQ  geworden  ist.  Durch  das  Bad  des 
Melampus  kann  diese  Wirkung  nicht  erzielt  worden  sein,  sondern  nur  durch 
die  hineing'eworfenen  "/.aii'äp|.ia-cx.  Ist  es  aber  denkbar,  daß  Melampus  dieselbe 
Quelle,  in  der  er  sich  zum  .Sühnact  durch  ein  Bad  vorbereitet  hat,  durch  die  y.aD-ap- 
liaxÄ  verunreinigt  und  auf  ewig  mit  einem  Fluch  belastet,  der  dem  Dionysos- 
dienst direct  zuwiderläuft;  gab  es  wirklich  keine  andere  Möglichkeit,  die  yMd-a,p\xcaa. 
aus  dem  Wege  zu  schaffen?  Aber  auch  principiell  ist  es  bedenklich,  Bakchylides 
zum  Vergleiche  heranzuziehen,  da  dieser  eine  ganz  andere  Version  befolgt,  der 
die  Vorstellung-  von  der  [ucjäiiTiEXo;  izrffq  ebenso  fremd  ist  wie  Melampus  und  sein 
Reinigungsopfer;  denn  nicht  gegen  Dionysos,  sondern  gegen  Hera  haben  die 
Proitiden  bei  Bakchylides  gefrevelt.  Daher  vollzieht  sich  bei  ihm  die  Heilung 
einfach  durch  einen  göttlichen  Gnadenact  der  Artemis,  nachdem  Hera  verziehen 
und  eing'ewilligt  hat: 

ToO  3'  £/.Äi)'  äpiaiOTiaTpa 

il'r^poaxÖTio^  £'j/_o|.i£Vou.  TiiH'oOaa  5'  "llpav 

uaOc£V  xaX'jxoaxECfävouj 
xoupa;  [xavtav  äS-Iwv. 


l8o  C     Robert 

Wenn  also  AOU3i|iSvoc  weder  arliv  g(^fal.U  norli  auf  ein  von  INIelampus  sellist 
genommenes  Bad  bezogen  werden  kann,  so  bleibt  nur  iibriji-,  dal.i  in  der  W'ort- 
form  ein  kleiner  Fehler  steckt.  Ich  schlage  vor  Xoucfajj.£vac  zu  schreiben:  die  Proitiden 
werden  nicht  von  Melampus  gebadet,  sondern  sie  baden  sich  selbst. 

Man  köivnte  nun  einen  Augenblick  daran  denken,  äpi£|i£a;  prädicativ  mit 
diesem  Xousajuvx;  zu  verbinden:  „Die  Proitiden  badeten  sich  in  dieser  Quelle 
gesund."  Aber  dieser  Einfall  hält  vor  genauerer  Prüfung  nicht  stand.  Denn  wenn 
schon  das  Bad  die  Mädchen  gesund  macht,  dann  ist  Melampus  gän/.lich  überflüssig. 
Also  steht  Aouax|^i£va;  für  sich  allein,  und  offenbar  bildet  dies  Bad  auch  keinen 
integrierenden  Teil  des  Sühnacte.s,  sondern  es  bezeichnet  die  .Situation,  in  der  sich 
die  Proitiden  befanden,  als  Melampus  seine  Ceremonie  mit  ihnen  vornahm. 

Man  wird  dies  noch  bereitwilliger  zugeben,  wenn  man  sich  die  Sachlag-e 
klar  macht.  Um  Ungeheuern  Lohn  hat  es  Melampus  übernommen,  die  Proitiden 
durch  ein  Reinigungsopfer  von  ihrem  Wahnsinn  zu  heilen,  aber  die  Schwierigkeit 
besteht  darin,  der  Mädchen,  die  in  orgiastischem  Taumel  durch  die  Gebirge  dahin- 
stürmen, überhaupt  habhaft  zu  werden.  Bei  ApoUodor  II  2,  2,  7  nimmt  sich  der  Seher 
eine  Anzahl  kräftiger  Jünglinge  zu  Hilfe  und  hetzt  gemeinsam  mit  ihnen  die 
Mädchen,  bis  sie  sich  aus  dem  Gebirge  heraus  nach  Sekyon  tUichten,  woliei  eine 
von  ihnen,  Iphinoe,  vor  Ermattung  tot  zusammenbricht.  Das  ist,  wie  der  Vergleich 
mit  Pausanias  II  7,  8  lehrt,  die  sekyonische  Legende.  Nach  der  Localsage  von 
Lusoi,  die  wir  aus  dem  Epigramm  kennen  lernen,  überrascht  Melampus  die 
Proitiden,  wie  sie  sich  nach  wildem  Lauf  in  einem  Gebirgsbach  baden,  und 
benützt  diesen  Moment,  um  den  Reinigungsact  an  ihnen  zu  vollziehen.  Was 
Pausanias  VIII  18,  7  berichtet,  ist  im  Grunde  dasselbe:  bnkp  ok  Ty;v  XwvaXwpiv  äprj  t£ 
■/.x/.oO[i£va  'Apoavia  y.y.1  aCTV.a'.ov  iativ  ev  aütorj.  £;  toO-o  äva'fui'£rv  xi  OTirjXaiov  xäg  fhuya- 
xiox;  -i;  IIpoiTO'j  [lavcbs;:  /iyo'joiv,  äc  6  'Sh'/.d\xr^'ju:  {luatai;  t£  ä7:oppT,to:s  xai  xai)'ap|ior? 
y.ot.rr,-f'X-(zy  iz  ywpJov  y.a/.o'j|i£vov  Aou3o6;.  Zwar  erwähnt  er  die  Quelle  nicht,  aber 
daß  diese  aus  einer  Höhle  hervorkam,  wissen  wir  durcli  X'itruv,  und  mit  Recht 
wird  meines  Wissens  allgemein  angenommen,  daß  Pausanias  und  Vitruv  von  der- 
selben Höhle  sprechen.  Auch  Pausanias  läßt  den  Reinigungsact  in  der  Höhle, 
also  am  Quell,  geschehen  oder  wenigstens  beginnen.  Das  Eigentümliche  seines 
Berichts  liegt  nur  darin,  daß  er  den  Proceß  der  Heilung  in  zwei  Teile  zerlegt; 
zuerst  die  Entsühnung  {h-jaia:;  zt  ä-oppT^To:;  v.a,l  7.a9-ap|jiotj  in  oder  bei  der  Höhle, 
dann  die  definitive  Heilung  im  Heiligtum  der  Artemis  a.  a.  O.  8  xat  y,7.£craxo  x^; 
(io'/ca;  £v  'Ap-£(i'.5oc  i£pöJ:-  y.xl  ir^  iv.zl-ryi  xr//  Apx£H'.v  zcMVf^'i  'H|i£paatav  y.aXoOaiv  d 
K'j^'.-zif'.^y..     Das  sieht,  namentlich  wegen  der  am  Schluß  gegebenen  Etymologie, 


Zu   dem  Epigramm   von   Lusoi  I  ö  I 

ganz  nach  Contamination  zweier  verschiedener  Versionen  aus;')  denn  wenn  Artemis 
ihre  snixXryats  der  Heilung  der  Proitiden  verdankt,  sollte  sie  von  Rechts  wegen 
diese  Heilung  auch  selbst  vollziehen,  wie  bei  Bakchylides  und  dem  im  wesent- 
lichen dieselbe  Sagenform  befolgenden  Kalli machos  Dian.  236.  Übrigens  mag  hier 
eingeschaltet  werden,  daß  auch  bei  Kallimachos  das  Einfangen  der  schwärmenden 
Mädchen  besonders  hervorgehoben  wird,  nur  besorgt  es  bei  ihm,  der  von  Me- 
lampus    nichts    weiß,    die    Göttin    selbst;    Vers  234  f.    oxi    0'.   auvsÄsqao   y.oupaf   O'jp/sa 

Doch  kehren  wir  zur  Textescoiistitution  des  Epigramms  zurück.  Durch  die 
Änderung  Xouaaneva?  hat  der  Accusativ  llpotxßas  und  das  prädicativ  dazu  gehörige 
äpT£|.iiac  das  Verbum  regens  verloren.  Die.ses  muß  also  jetzt  in  dem  Verbum 
finitum  £V.O'.|j£V  oder  was  man  immer  dafür  einsetzen  mag,  gesucht  werden:  Tiävxa 
xaö-apiiöv  £"/.0'];£v  äTioxputfOv  lautet  die  auch  bei  Vitruv  nur  wenig  verdunkelte  Über- 
lieferung. Meist  hat  man  hier  an  £y.ci!];£v  Anstoß  genommen  und  dafür  £j3a(Jj£V, 
£xpi)4'£V  oder  (rcäv  x6  xaü'apii'j  £V£/.pu'];£V  vorgeschlagen,  allgemein  aber  das  Verbum 
finitum  eng  init  £Vi)-a  verbunden.  ,.In  den  Quell",  so  erklärt  man,  „hat  Melampus 
die  icaD'apixaxa  geworfen,  naclidem  sie  ihre  Dienste  getan  hatten",  und  diese  Auf- 
fassung- scheint  bestätigt    zu    werden    durch  die  Verse  des  Ovid  Met.  XV    325  ff.: 

Amythaone  natus 
Proetidas  attonitas  postquam  per  Carmen  et  herbas 
eripuit  furiis,  purgamina  mentis  in  illas 
misit  ac[uas  odiumque  meri  permansit  in  undis. 

Indessen  sagt  Vitruv  in  seiner  Paraphrase  von  einem  Versenken  der  xaSapiiaxa 
in  den  Quell  kein  Wort,  und  daß  Ovid  einer  anderen  Version  folgt  wie  das 
Epigramm,  lehren  die  Worte  Carmen  et  herbas.  Daß  es  auch  etwas  sonderbar  wäre, 
das  Werfen  eines  Gegenstandes  in  einen  Gebirgsquell  als  ein  Verbergen  zu  be- 
zeichnen, mag  nur  nebenbei  gegen  die  oben  angeführten  Anderungsvorschläge 
bemerkt  sein.  Auch  wäre  £7.o'];£V  an  sich  gar  nicht  so  absurd,  wenn  man  xai)'ap|iov 
auf  das  Sühnopfer,  das  Ferkel,  mit  dessen  Blut  die  Proitiden  auch  auf  der  de  Witte- 
schen Gemme  (Wiener  Vorlegeblätter  B  IV  4)  benetzt  werden,  beziehen  dürfte.  Aber 
aus  einem  andern  triftigeren  Grunde  kommt  man  ohne  die  Annahme  einer  Ver- 
derbnis nicht  aus.    Wir  haben  oben  gesehen,  daß  der  Accusativ  IlpoixtSa;  nur  von 

^)  Das     hat    auch    Paul    Friedländer    in    seiner       Freundlichkeit    des    Verfassers    soeben    zugeht,     be- 
Disserlation     Argolica     p.    31,     die     mir    durch     die        merkt. 

Jahreshefte  des  österr.  archä.il.  Institutes  P.il.  VIII  23 


iXOt}/£V  oder  einem  an  dessen  Stelle  zu  setzenden  antleren  \'ril)uni  abhänj^en  kann. 
Xun  ist  aber  dieses  selbe  Verbuni  nach  diT  ('borlii-lernny-  IktoiIs  mit  einem 
andern  Accusativ  -nivzo.  xaö-apjiöv  ä-dx_o'j-^ov  \erbun(len,  und  es  ist  beinahe  undenk- 
bar, dal3  es  gelingen  wird  ein  W-rbum  zu  finden,  von  dem  diese  beiden  Aecusative 
zugleich  abhängen  können,  zumal  mit  dem  ersten  noch  das  prädicative  äpxE^iea; 
verbunden  ist.  Man  ist  daher  berechtigt  die  drei  angeführten  Worte  für  verderbt 
zu  halten.  Die  Schwierigkeit  lälJt  sich  leicht  heben,  indem  man  den  Dativ  her- 
.stellt:  -xvTt  xxt>-xp|i(ö;  ....  i-ov.^-y^w..  Das  i.st  also  dasselbe,  was  Pausanias  a.  a.  O., 
allerdings  in  etwas  anderem  Zusammenhang,  mit  &UCTtatc;  xs  äTioppTjTOt;  xai  xaS^apiiot;, 
bezeichnet  und  was  Vitru\-  mit   „sacrificiis"   wiedergibt. 

Die  unmittelbare  Consequenz  des  eben  F.rmittelten  ist  nun,  daß  sy.o'jJEV  in 
der  Tat  für  corrupt  gelten  muß;  denn  „er  schhig  mit  jedem  geheimen  .Sühnmitttsl 
die  Proitiden  gesund"  kann  man  doch  unmöglich  sagen.  Das  einfachste  wäre 
wohl  £i)-r//.£v,  aber  auch  das  nüchternste  und  paläographisch  schwierig.ste.  In  letzterer 
Hinsicht  verdient  vor  allen  Vorschläg'cn,  die  man  gemacht  hat,  Schaefers  ijia'l^ev 
den  Vorzug;  aber  Stellen  wie  Sophokles  Oed.  tyr.  1228  vt'jixo  xai)ap|xioi  ■zi^yo^  ttjV 
(TiifTf"/  und  Euripides  I.  T.  1191  iyvol^  xaf^apiiot;  uptoxa  vcv  w\>o(.i  \H)m  lehren,  daß 
eviiev  das  correcte  ist,  mit  dem  sich  auch  der  prädicative  Accusativ  api£[xia,;  nicht 
allzuschwer  verbindet:  „gesund  waschen.''  Es  ist  nun  überraschend,  wie  genau 
sich  mit  dieser  auf  dem  "Wege  der  Kritik  gefundenen  Lesung:  -avx:  xa8ap|XüK 
evi'jiäv  ä-oxp6:fW'.  die  Paraphrase  Vitruvs:  „quod  apud  eum  fontem  JMelampus  sacri- 
ficiis purgavisset  rabiem  Procti  filiarum"  deckt,  während  doch  der  von  ihm  citierte 
griechische  Text  navrz  /.xUxpiiöv  'iv.O'bv/  ä7:ö/.p'j-^ov  hat,  wie  unser  Isigonostext.  Ist  das 
nun  bloßer  Zufall  oder  stammt  die  Paraphrase,  die  Vitruv  gibt,  aus  andrer  Quelle, 
wie  der  Text  des  Epigramms?  Oder  sollte  dieser  Text,  und  dann  natürlich  auch  der 
der  beiden  folgenden  Epigramme  'HoEta  (puypoO  und  'Toaxa  xpaväevxa,  erst  nachträg- 
lich in  den  Text  des  Vitruv  interpoliert  .sein,  aus  einem  allerdings  an  zwei  .Stellen 
(xa;  und  äpx£[i£x;)  correcterem  Text  des  Isigono.s,  während  Vitruv  oder  sein  Ge- 
währsmann, wie  man  gewöhnlich  glaubt  Varro,  einen  noch  ganz  unverfälschten 
Text  vor  sich  hatte?  Unter  allen  Möglichkeiten  scheint  mir  diese  die  plausibelste; 
doch  sie  weiter  zu  verfolgen  und  v(jr  allem  das  E.xem])'-!  auf  die  beidi-n  anderen 
Epigramme  zu  machen,  würde  hier  zu  weit  führen.  I'aliren  wir  also  in  der  Inter- 
pretation des  Epigramms  weiter  fort. 

Den  Genetiv'  Xuaar^c  möchte  man,  wie  schon  nben  angedeutet,  am  liebsten 
mit  äpx£|i£a;  verbinden:  „er  wusch  .sie  vom  Wahnsinn  lieil,  des  Wahnsinnes  frei." 
Will  man  diese  Möglichkeit  nicht  gelten  lassen,  so  muß  er  von  xailapjiön  abhängen: 


Zu   dem   Epigramm   von    Lusoi  183 

„mit  jedem  geheimen  Heilmittel  des  Wahnsinnes.''  Ich  wage  das  nicht  zu  ent- 
scheiden. Was  aber  das  ganze  Distichon  besagten  will,  scheint  mir  nunmehr  klar. 
Als  Melampus  die  Proitiden  im  Bade  trifft,  gießt  er  alle  seine  Heilmittel  über  sie 
aus.  Dabei  fließt  das  Blut  und  fallen  die  sonstigen  Zaubermittel  von  dem  Körper 
der  badenden  Proitiden  in  den  Quell  und  geben  diesem  seine  verhängnisvolle 
Eigenschaft.  Dazu  .stimmt  nun  vorzüglich  das  Zeugnis  des  Eudoxos  a.  a.  O. : 
ci;  yjv  /.syouai  MsXäjATiciSa,  ot£  -ä;  IIpo'.TtSaj  r/.äfl'aipsv  (so,  nicht  ixäO'/^pEV.  ist  über- 
liefert), ii^ißaÄstv  tä  ÄTiozai)'ap[iaTa. 

Von  dem  nur  bei  Isigonos  erhaltenen  Schluß  des  Epigramms  ist  nur  noch 
das  erste  Wort  ayap  zu  verbessern;  eu"'  äp',  was  Schaefer  wollte,  ist  keine  allzu 
leichte  Änderung,  und  bei  aT  yap,  was  Ellis  und  Heringa  vorschlugen  und  Preg-er 
aufgenommen  hat,  ist  weder  die  Causalpartikel  an  ihrem  Platz  noch  ist  es  stil- 
gerecht, daß  eine  so  nebensächliche  Bemerkung  in  einem  Hauptsatz  steht.  Man 
erwartet  einen  Relativsatz,  und  dieser  ist  durch  die  kleine  Änderung"  in  al'  ^d  x' 
leicht  zu  gewinnen. 

Ich  schlage  also  vor,  das  ganze  Epigramm  folgendermaßen  zu  schreiben,  wobei 
ich,  damit  man  den  Umfang  der  Änderungen  bequemer  übersieht,  die  Überlieferung 
bei  Vitruv  und  Isigonos,  soweit  sie  in  Betracht  kommt,  nochmals  als  adnotatio 
critica  beifüge. 

'AypOTa,  auv  Tzoiiv/ai:;  xb  [xeariii^ipivbv  f]V  az  ßapuvrji 

Ottjjo?  av'  iayoaixz  KXe;-opoc  spyoiJisvov, 
Qxocg  [X£V  ÄTio  y-piivr^i  apuiai  Tidj.ia  v.m  zapä  Nuj-i'fac? 
OSptätji  axfjcjov  Ttav  xb  aov  atTidXoov. 
5  aXXx  ab  \irfi    iid  Aouzpx  [SxXrj:;  /pot  [lifZ    dpux^pa 
7:rj[j.yjVTjt$,  TepTiVYjS  evtoj  eövTa  iae&tjs" 
rfE'jye  S'  ej-iTjV  iirjyrjv  [itaai-iTieXov,  evö'a  MeXa|-i7i:oi)^ 

Äou^aiilvag  Ai'jaar^q  Upo'.x'.oy.:  äptsjxsa; 
Kmxl  xxd-ocpniM  sv'.']^£V  ä-oy.p6q;coo.  at  pa  x'  är:'  Apyo'jc 
10  oüpsa  xpr^ysirj;  yjXuÖ'OV  'ApxaotTjS. 

3.  xx;  V.  xf^;  I.  —  5  \xri  az  xai  auprj  —  6  7irj|jiY|Vr^[ ....  tno;  —  g  Tzmxoc  7.a&-ap[iöv 
£XO(j;£V  äTioxp'jcfov,  ayap. 

Der  eigentliche  Sachverhalt  ist  aber  klärlich  folgender.  Bei  Lusoi  gab  es  eine 
Quelle,  von  der  die  Sage  ging,  daß  der  Genuß  ihres  Wassers  den  Geschmack  am 
Wein  für  immer  verleide.  Das  Wasser  dieser  Quelle  wurde  nun  durch  eine  Leitung 
zur  Speisung  eines  Laufbrunnens  benutzt;  denn  wenn  Reichel  und  Wilhelm  a.a.O. 

23* 


l3i  C.  Roberl.   Zu  dem   Kpigramm  von   Lusoi 

S.  5  sagen:  „Xeben  der  Höhle  mit  der  Quelle  mul3  eine  Leitung  anderswoher 
Wasser  gebracht  haben,  an  dem  die  Nachrede  der  Verunreinigung  nicht  haftete," 
so  setzen  sie  sich  in  offenbaren  Widerspruch  mit  dem  Epigramme,  wo  die  redend 
eingeführte  v.pii'vri  den  verzauberten  Bach  ausdrücklich  als  ihre  eigene  Quelle 
bezeichnet:  ysOys  S'  £[iy,v  "tjTjV  icjäii-EAOv.  Xun  lälJt  ja  alh^rdings  \'itruv  dic^ 
Inschrift  in  der  Höhle  selbst  neben  der  Quelle  angebracht  sein,  woraus  folgen 
würde,  daß  Quelle  und  Laufbrunnen  sich  in  unmittelbarer  Nachbarschaft  befunden 
hätten,  eine  ganz  unglaubliche  Vorstellung.  Indessen  verliert  dieses  Zeugnis 
sehr  an  Gewicht  durch  den  Umstand,  daß  dieser  Schriftsteller  gar  nicht  gemerkt 
hat,  daß  in  dem  Epigramme  v.pijyrj  und  "r^yT^  scharf  voneinander  unterschieden 
werden.  Der  Bach  gehört  zur  Höhle,  das  Epigramm  aber  an  den  Laufbrunnen. 
Da  nun  die  österreichischen  Ausgrabungen  des  Artemislieiligtums  dort  ein  archi- 
tektonisch sorgfältig  ausgestaltetes  Brunnenhaus  aufgedeckt  haben  (a.  O.  S.  i6  ff. 
Fig.  6  B.  Fig.  7 — 8),  so  liegt  die  Vermutung  ungemein  nahe,  daß  dies  die  xprivr} 
des  Epigramms  ist.  Auch  Reichel  und  Wilhelm  scheinen  dasselbe  zu  glauben, 
wenn  sie  a.  a.  O.  S.  17  sagen:  „Die  Vermutung,  daß  das  Wasser  von  der  nicht  auf- 
gefundenen Quelle  des  Heiligtums  in  Holz-  oder  Bleiröhren  hergeleitet  war,  liegt 
nahe",  nur  vermag  ich  diese  Worte  mit  der  oben  angeführten  Äußerung  auf  S.  5 
nicht  wohl  in  Einklang  zu  bringen. 

Wenn  diese  Annahme  richtig  ist,  so  bezog  also  der  Brunnen  des  Tempel- 
bezirkes sein  Wasser  aus  dem  verhängnisvollen  Quell,  und  es  war  zu  befürchten, 
daß  sich  der  an  diesem  haftende  Aberglaube  auch  auf  jenen  übertragen  würde. 
Diesen  Aberglauben  im  Keime  zu  ersticken  ist  die  Tendenz  des  Epigramms. 
Indem  man  die  .Schädlichkeit  des  Quellwassers  uneingeschränkt  zugibt,  verlangt 
man  auch  für  die  in  Form  einer  Einladung  gekleidete  Behauptung,  daß  das 
Wasser  des  Brunnens  durchaus  zu  empfehlen  sei,  unbedingten  Glauben,  ohne  daß 
man  sich  die  Mühe  nimmt  zu  erklären,  durch  welchen  Proceß  das  Was.ser  auf  dem 
Wege  von  der  Höhle  zum  Heiligtum  seine  magische  Kraft  verloren  habe.  Man 
rechnet  eben  auf  gläubige  Gemüter.  Zugleich  benutzt  man  die  Gelegenheit,  um 
durch  freundliche  Mahnungen  den  Brunnen  vor  Verunreinigung  und,  wenn  meine 
Vermutung  zutrifft,  das  Trinkgerät  vor  Beschädigung  zu  schützen. 

Halle  a./S.  C.  ROBERT 


i85 
Die  limBiz  und  ihre  Knappen. 

Eugen  Petersen  hat  in  dieser  Zeitschrift  1905  Seite  77 — 83  unter  dem  Titel 
, Ritter  und  Genosse'  eine  Kritik  meiner  Abliandlung  ,Sur  les  ltitzzl^  atheniens' 
(Memoires  de  l'Academie  des  Inscriptions  et  Belles-Lettres  XXXVII  i  p.  157  ff.) 
veröffentlicht.  Er  erkennt  die  Hauptresultate  meiner  Untersuchung  als  richtig  an, 
bemäkelt  jedoch  zahlreiche  Einzelheiten  und  wirft  mir  im  besonderen  vor,  daß 
ich  von  den  Bildwerken  einen  unmethodischen  Gebrauch  gemacht  hätte.  Seine  ein- 
leitenden Bemerkungen  schließen  mit  folgenden  Worten  (Seite  78):  ,,Es  dürfte 
nicht  unangebracht  sein,  das  Wesentliche  aus  Helbigs  Nachweisen  herauszu- 
heben und  es  von  dem  Verfehlten  zu  säubern."  Um  den  Sachverhalt  in  das  richtige 
Licht  zu  stellen,  sei  es  mir  g'estattet,  die  Einwürfe  Petersens  einem  analogen 
Verfahren  zu  unterziehen.  Sie  werden  sich  dabei  mit  wenigen  Ausnahmen  als 
nichtig  herausstellen.  Ich  beginne  damit,  diese  Ausnahmen  hervorzuheben.') 

Einigermal3en  brauchbar  sind  die  Bemerkungen,  die  Petersen  über  die 
Ausrüstung  der  die  berittenen  Hopliten  begleitenden  Knappen  macht.  Wer  zum 
ersten  Male  einen  antiken  Gebrauch  zu  erläutern  versucht,  wird  zunächst  darauf 
ausgehen,  die  Regel  festzustellen.  In  dieser  Weise  verfuhr  ich  bei  meiner  Unter- 
suchung über  jene  Knappen.  Wenn  ich  behauptete,  daß  dieselben  der  Schutz- 
waffen entbehrt  hätten,  so  beweisen  die  Bildwerke,  daß  dies  in  der  Tat  die 
Regel  war.  Doch  habe  ich  meine  Behauptung-  vielleicht  etwas  zu  absolut  formu- 
liert. Da  die  Equipierung  der  Knappen  keiner  staatlichen  Aufsicht  unterlag,  konnte 
es  wohl  geschehen,  daß  einer  oder  der  andere  tTTiTieu?  seinen  Knappen  in  voll- 
ständigerer Weise  ausrüstete,  als  es  gewöhnlich  der  Fall  war,  wie  ich  dies  übrigens 
Seite  35 — 36  Anm.  3  ausdrücklich  zugegeben  habe.  Petersen  kann  demnach 
Recht  haben  (Seite  79  Anm.  15),  wenn  er  den  Schild,  den  ein  Knappe  aui 
einem  schwarzfigurigen  Vasenbilde  (Pottier,  Vases  antiques  du  Louvre,  2.  serie 
pl.  64  F  12  p.  87)  auf  dem  Rücken  trägt,  dem  Knappen  vindiciert,-)  während 
ich  diesen  Schild  zu  dem  Hopliten,  den  der  Knappe  begleitete,  in  Beziehung 
setzte,  und  wenn  er  (Seite  82  Anm.  28)  in  einem  behelmten  Reiter  einer  anderen 

')  Da  Petersen    meine    Abhandlung    nicht    nacli  Ein  solcher  Knappe  konnte  am  leichtesten,  während 

den  Seitenzahlen  des  Bandes  der  Memoires,  sondern  sein  Hoplit  jenes  Pferd    ritt,    in    den  Fall    kommen, 

nach  denjenigen  des  Separatabdruckes  citiert,  schlage  zu  Fuße  fechten  zu  müssen,    und    sich    hierbei    mit 

ich  im  Folgenden   das  gleiche  "Verfahren  ein.  Nutzen   der  äoTiis  bedienen,    wahrend   dieselbe,    wie 

^)  Bekennt  man  sich  zu  dieser  Auffassung,  dann  ich    in    den   iKKsXg    Seite    18,   35 — 36,    40    (vgl.    die 

wäre    am    ersten    der  Knappe    eines    nur    über    ein  Seiten    186   u.  200    des  vorliegenden  Aufsatzes)  dar- 

Pferd    verfügenden    Hopliten    ins    Auge     zu    lassen.  gelegt,   beim  Kampfe  zu  Pferde  unbrauchbar  war. 


i86  w.  iicihig 

schwarzfig-urig-en  Vase  (Pottier.  Vasos  du  Louvre,  2.  serie  pl.  69  F  72  p.  gS),  den 
ich  (Seite  07)  für  einen  thessalisclien  Reiter  erklärte,  viclnu-hr  einen  Knappen 
erkennt.  Außerdem  verdanken  wir  meinem  (iegncr  noeli  die  lüitdeekung- 
(Seite  S2  Anm.  6),  daß  ich  auf  dem  \'asenbilde.  welches  ihireh  die  Taf.  1  m(>iner 
Abhandlung  reproduciert  wird,  in  der  links  dargestellten  Gruppe  an  di>ni  Bauche 
des  hinteren  Pferdes  das  rechte  Bein  des  darauf  sitzenden  Reiters  übersehen 
habe.  Es  ergibt  sich  hiermit,  daß  dieses  Pferd  nicht,  wie  ich  annalun.  li^lii^-  war 
und  dem  darunter  liegenden,  skythischen  Bogenschützen  gehörte,  .sondern  dai.f  es 
noch  einen  Reiter  trug.  Doch  werden  die  Resultate  meiner  Untersuchung  durch 
die  Petersensche  Beobachtung  keineswegs  modificiert.  Es  kam  mir  einenseits 
darauf  an,  die  im  Grunde  selbstverständliche  Tatsache  zu  belegen,  daß  sich  die 
Hopliten,  die  über  Pferde  verfügten,  ihrer  umfangreichen  Rundsehilde  inn-  be- 
dienen konnten,  wenn  sie,  wie  sie  es  gewöhnlich  taten,  zu  Fuße  fochten,  daß  sie 
hingegen  diese  Schilde  ablegen  mußten,  falls  .sie  darauf  angewiesen  waren,  zu 
Pferde  zu  kämpfen,  wie  es  manchmal  bei  der  Verfolgung  und  während  der 
Flucht  geschah  (s.  S.  18,  35).  Andererseits  legte  ich  dar,  daß  die  berittenen  Hopliten 
bisweilen  skythische  oder  skythisch  gekleidete  Bogenschützen  als  Knapjien 
annahmen  (Seite  ■\o)').  Beide  Auffassungen  werden  durch  das  auf  meiner  iaf.  1 
veröffentlichte  Vasenbild  bestätigt.  Man  sieht  darauf  zwei  Hopliten,  die,  ohne 
einen  Schild  zu  führen,  zu  Pferde  gegeneinander  kämpfen  und  von  denen 
mindestens  der  eine  von  einem  skythischen  Hippotoxoten  begleitet  ist.  Ferner 
dürfte  die  Weise,  in  welcher  sich  Petersen  (Seite  82  Anm.  28)  über  das 
von  mir  auf  Taf  II  Fig.  2  publicierte  Gefäßbild  äußert,  zum  mindesten  discu- 
tierbar  sein.  Man  sieht  darauf  vier  Reiter  im  Begriffe,  fünf  gegen  sie  vor- 
rückende Hopliten  anzugreifen.  Da  die  Darstellung  den  Eindruck  erweckt,  daß 
die  Reiter  eine  förmliche  Charge  unternehmen,  und  die  Überlieferung  über  eine 
derartige  Action  der  berittenen  Knappen  schweigt,  vermutete  ich,  daß  der  Maler 
durch  die  Kampfweise  der  damaligen,  thessalischen  Cavalleristen  inspiriert 
worden  sei,  von  denen  es  bezeugt  ist,  daß  sie  im  Jahre  510  das  spartanische 
Fußvolk,    welches,    um    die    Peisistratiden    zu    vertreiben,    in    Attika    eingefallen 

^j  Auf  attischen  Vasen  sind  unendlich    oft  sky-  (Reinach,  Röp.  II  p.  100).     Wenn   ich    demnach  auf 

thische    Bogenschützen    als   Knappen    von   Hopliten  einem  Vasenbilde  (£--£t;  S.  24  Fig.  71,  auf  dem  zwei 

dargestellt,  (z.  B.  iT.r.tZ-  S.  38  Fig.  13,  S.  67  Fig.  27,  skythische  Bogenschützen  neben  einem  berittenen  Ho- 

Taf.  I  S.  192.    Reinach,  Repertoire  des  vases  peints  plitcn  herlaufen,  den  einen  derselben  für  den  Knappen 

II  p.  109  n.  8,  p.  131    n.  4,8,  10;  Potticr,  Vases  ant.  des  Hopliten  erklärte,  so  liegt  kein  Grund  vor,  diese 

du  Louvre,  2.  Serie  pl.  75  F  151,  pl.  87  F  388).  Eben-  Auffassung   zu   verdammen,   wie   es   Petersen   .S.   80 

50  begegnen  wir  skythischen  Hippotoxoten  ,ils  Knappen  Anm.   20  tut. 
von  Amazonen,  die  als  berittene  Hoplitinncn  ausrücken 


Die  iJtTisTs   und  ihre  Knappen  187 

war,  einmal  mit  (iliick,  das  zweite  Mal  erfolglos  chargierten.'')  Hingegen  erklärt 
Petersen  jene  Reiter  für  berittene  Knappen.  Eine  endgültige  Entscheidung- 
zwischen  den  beiden  Auffassungen  dürfte  sich  schwerlich  erzielen  lassen.  Endlich 
bringt  Petersen  (Seite  81 — 82)  hinsichtlich  des  schwarzfigurigen,  attischen 
Vasenbildes,  welches  in  meinen  [--sr?  Seite  6g  Fig.  28  reproduciert  ist,  mit 
Recht  einen  Nachweis  Loeschckes  in  Erinnerung.  Dieses  Bild,  dessen  .Stil  auf 
die  zweite  Hälfte  des  .sechsten  Jahrhunderts  deutet,  stellt  Achill  und  Penthesileiadar, 
wie  sie  zu  Pferde  gegeneinander  kämpfen.  Ich  versuchte  die  der  Überlieferung 
widersprechende  Charakteristik  des  Achill  als  Reiter  daraus  zu  erklären,  daß  der 
Maler  den  phthiotischen  Königssohn  den  aus  derselben  Landschaft  stammenden 
thessalischen  Cavalleristen  assimiliert  hätte,  die  den  Athenern  während  der 
zweiten  Hälfte  des  sechsten  Jahrhunderts  wohlbekannt  waren,  da  sie  damals  häufig-  als 
Hilfstruppen  in  den  Heeren  des  Peisistratos  und  der  Peisistratiden  fochten.'*) 
Loeschcke")  hat  in  schlagender  Weise  nachgewiesen,  daß  die  Gruppe  des  Achill 
und  der  Penthesileia  auf  Grundlage  eines  alt-ionischen  Schemas  entworfen  ist, 
welches  ursprünglich  aus  zwei  sich  gegeneinander  aufbäumenden  Tierfiguren  be- 
.stand  und  im  Laufe  der  Zeit  zur  Darstellung  von  Zweikämpfen  und  anderen 
Scenen  verwendet  wurde,  die  eine  ähnliche,  zwiefache  Gliederung  nahelegten. 
Doch  schließt  dieser  Nachweis  keineswegs  die  Möglichkeit  aus,  daß  der  attische 
Maler,  als  er  den  Kampf  zwischen  Achill  und  der  Amazonenkönigin  dem  ioni- 
schen »Schema  anpaßte  und  dem  entsprechend  den  thessalischen  Helden  beritten 
dar.stellte,  den  Verstoß,  den  er  hiermit  gegen  die  Überlieferung  beging,  in  pec- 
tore  durch  einen  ähnlichen  Gedankengang  rechtfertigte,  wie  ich  ihn  ang-edeutet. 
Außer  den  im  bisherigen  angeführten  Bemerkungen  enthält  die  Polemik  Petersens 
nur  entschieden  falsche  oder  ganz  unzureichend  begründete  Behauptungen. 

Bei  ihrer  Widerlegung-  beobachte  ich  die  Reihenfolge,  die  ihnen  mein 
Gegner  in  seinem  Aufsatze  g-eg'eben. 

Seite  78  Anm.  12:  „Die  Bestimmung  der  mit  zwei  Pferden  ausrückenden 
(Hopliten)  als  der  Pentakosiomedimnen  ,S.  54,  derer  die  mit  einem  als  der 
Hippeis,  ist  freilich  willkürlich.  Auch  der  Versuch,  S.  yg  ff.,  die  Org-anisation 
der  athenischen  Cavallerie  durch  zwei  Vasenbilder,  zwischen  die  sie  fallen  müsse, 
zu  datieren,  und  zwar  alsbald  nach  dem  Jahre  477,  kann  kaum  gutgeheißen  werden." 

Die  Bezeichnung  der  mit  zwei  und  der  mit  nur  einem  Pferde  ausrückenden 

■')  Herodot.  V  63;  Aristot.  "ABr/A   r.c/X.    19.   He-       Wissenscli.iften   II    1897  S-  3i8. 
rodot.  V   64;  Arislot.  'AO-r,v.  noX.   19.  ^)  Bonner  Studien   24.S   ff. 

^)  Vgl.    Sllzungsber.    der    bayr.    Akademie    der 


iSS  \V.   Hclhig 

Hopliten  als  -£v:ay.oa'.0|Ji£5:|tvo:  und  als  [--$:;  ist  keineswegs  willkürlich.  \'ielmehr 
findet  die  von  mir  angenommene  Uiitorschoidung  eine  Stütze  in  einer  .Stelle  des 
Granius  Licinianus  (ed.  Bonnensis  p.  4,  5):  Verum  de  equitibus  non  omittam 
quos  Tarquinius  duplicavit  ita  ut  priores  equites  binos  equos  in  proelium  ducerent. 
Diese  Stelle  nötigt  zu  der  Annahme,  daß  es  neben  den  über  zwei  Pferde  ver- 
fügenden equites  priores  im  römischen  Heere  equites  gab,  von  denen  jeder  nur 
ein  Pferd  zu  unterhalten  hatte  und  die  offenbar  die  equites  posteriores  waren. 
Der  equitatus  wurde  zunächst  nach  dem  Muster  der  berittenen  Hopliten  org-ani- 
siert,  die  in  den  Heeren  der  unteritalischen  Griechenstädte  die  Kerntruppe  bil- 
deten. Die  Bildwerke  beweisen,  daß  diese  Hopliten  in  dieselben  beiden  Gattungen 
zerfielen,  wie  die  römischen  Equites,  das  heißt  in  Hopliten,  die  mit  zwei,  und 
solche,  die  nur  mit  einem  Pferde  zu  Felde  zogen.  Dieses  Zusammentreffen  kann 
unmöglich  zufiillig"  sein,  sondern  berechtigt  zu  dem  Schlüsse,  daß  die  Römer,  als 
sie  den  equitatus  organisierten,  zugleich  die  Einteilung  dieser  Truppe  in  zwei 
verschiedene  Schwadronen  von  den  Hellenen  entlehnten.  Nach  allem,  was  wir 
von  der  damaligen  Entwicklung  des  römischen  Heerwesens  wissen,  dürfen  wir 
mit  Sicherheit  annehmen,  daß  die  Entscheidung,  ob  ein  Bürger  in  der  einen  oder 
der  anderen  Schwadron  zu  dienen  habe,  von  der  staatsrechtlichen  Stellung  des 
Bürgers  abhing,  mochte  dieselbe  auf  der  Geburt  oder  auf  dem  Census  beruhen. 
Offenbar  haben  wir  denselben  Sachverhalt  für  die  hellenischen  Inmlg  vorauszu- 
setzen. Da  Solon  die  Zulassung  der  Bürger  in  die  drei  oberen  Classen  nach 
dem  Ertrage  ihres  Grundbesitzes  regelte,  lag  es  ihm  nahe  genug,  den  Höchst- 
begüterten, also  den  -ivzy.-/.0'j'.o\iio:\vjo'.,  den  kostspieligsten  Dienst  vorzuschreiben, 
der  den  Unterhalt  von  zwei  Pferden  erforderte.  Wie  es  scheint,  hießen  die  Mit- 
glieder der  obersten  Bürgerclasse  wie  in  anderen  hellenischen  Staaten  so  auch 
in  Athen  ursprünglich  '.T.r.t'iz  und  wurden  die  7:£VTaxoato|J.£5t|iVoi  enst  von  Solon 
aus  dieser  Classe  ausgeschieden  und  aus  ihnen  eine  neue,  die  höchstbegüterten 
Bürger  umfassende  Classe  gebildet.  Ihr  Name,  welcher  einen  ausschließlich  ökono- 
mischen Gesichtspunkt  hervorhobt,  erweckt  den  Eindruck,  daß  es  sich  um  eine 
verhältnismäßig  junge  Institution  handelt,  und  bringt  das  Princip,  auf  dem  die 
solonische  Classeneinteilung  beruhte,  in  der  schärfsten  Weise  zum  Ausdruck. 

Es  ist  mir  nicht  eingefallen,  die  Organisation  der  athenischen  Cavallerie 
durch  zwei  Vasenbilder,  zwischen  die  sie  fallen  müsse,  zu  datieren.  Vielmehr 
habe  ich  für  diese  Untersuchung  auch  die  Tatsache  herangezogen,  daß  die 
Athener  im  Jahre  478  zum  erstenmale  mit  einem  Reitervolke,  den  Thrakern,  in 
enge    und    dauernde  Beziehung  traten,    und    die  Berichte    über    die  Schlacht  Ix'i 


Die  171;:=?;  und  ihre  Knappen  löy 

Tanagra,  wie  Aischylos  Septem  c.  Thebas  392  —  394  und  Plato  Meno  32  p.  93  D 
benutzt. 

Seite  79  Anm.  13  kritisiert  Petersen  die  Erlvlärung,  die  ich  von  dem 
Bilde  einer  altattischen  Scliale  gegeben  (Fig.  4  meiner  Abhandlung).  Auf  der 
einen  Seite  dieser  Schale  sieht  man  Perseu.s,  Hermes  und  Athena,  wie  sie  von 
den  Gorgonen  verfolgt  werden.  Das  Bild  der  andern  Seite  wurde  von  mir  auf 
Hopliten  gedeutet,  die  ihre  eigenen  Pferde  und  diejenigen  ihrer  abgesessenen 
Kameraden  vorwärts  führen,  und  angenommen,  daß  man  sich  die  abgesessenen 
Hopliten  hinzuzudenken  habe,  sei  es  zum  AngTiife  übergehend,  sei  es  bereits  im 
Kampfe  beg-riffeti.  Petersen  behauptet,  daß  die  Hopliten  nicht  neben  den  Pferden 
hermarschieren,  sondern  von  den  Pferden  abspringen  —  was  bei  der  unklaren 
Zeichnung  recht  wolil  möglich  scheint  —  und  daß  unter  dieser  Voraussetzung 
die  phantastische  Erklärung,  die  ich  von  dem  Bilde  gegeben,  um  so  mehr  in  der 
Luft  schwebe,  da  auf  der  anderen  Seite  der  Schale  nicht  die  kämpfenden  Hopliten 
dargestellt  seien,  denen  nach  meiner  Ansicht  die  deren  Pferde  führenden  Hopliten 
folgen.  Ich  muß  gestehen,  daß  mir  Petersens  Gedankengang  unverständlich 
ist.  Nehmen  wir  auch  an,  daß  die  Hopliten  von  den  Pferden  abspringen,  so 
wird  hiermit  kein  befriedigender  Zusammenhang  zwischi'n  ihnen  und  der  auf  der 
andern  Seite  angebrachten  Verfolgungsscene  erzielt.  Glaubt  etwa  Petersen, 
daß  die  Hopliten  abspringen,  um  dem  Perseus  und  den  beiden  Göttern  gegen  die 
Gorgonen  beizustehen?  Es  dürfte  schwer  fallen,  ein  archaisches  Bildwerk  nach- 
zuweisen, auf  welchem  Sterbliche  in  solcher  Weise  in  eine  mythische  Scene  ein- 
greifen. Außerdem  würden  die  Hopliten,  wenn  sie  absaßen,  um  zum  AngTiffe 
vorzugehen,  ihre  Rosse  ohne  Aufsicht  belassen  haben,  während  doch  zahlreiche 
Denkmäler  beweisen,  daß  die  Rosse  in  diesen  Fällen  entweder  von  Kameraden 
der  abgesessenen  Hopliten  oder  von  Knappen  behütet  wurden. 

Petersen  scheint  vergessen  zu  haben,  daß  die  auf  den  beiden  Seiten  der 
schwarzfigurigen  Schalen  angebrachten  Bilder  vielfach,  was  den  Inhalt  betrifft, 
nichts  miteinander  zu  tun  haben.  Um  ihm  diese  Tatsache  ins  Gedächtnis 
zurückzurufen,  werden  vier  P)eispiele  genügen :  i .  Die  Würzburger  Phineus- 
schale  (hier  Fries  im  Innern).  Phineus  und  die  Boreaden.  )(  Dionysos,  Satyrn 
Nymphen.  Mon.  dell'  Inst.  X  8;  Reinach,  Repertoire  des  vases  peints  I  p.  202. 
—  2.  Castellanische  Schale  im  British  Museum  (B  426).  Kämpfe  des  Herakles. 
)(  Dionysos  und  Satyrn.  Mon.  dell'  Inst.  IX  10;  Reinach  I  p.  183.  —  3.  Schale 
früher  Basseggio.  Dionysos  und  Gefolge.  )(  Parabates  und  Wagenlenker  auf  Vier- 
gespann, umgeben  von  zwei  Fi'auen.  Arch.  Zeitung  XLIII  (1885)  Taf.  16:  Reinach  I 

J.ihreshefte  des  o.terr.  .irchSol.  Institutes  P.d.  VUI.  24 


p.  4(i-\  --  4.  Schale  des  Archikles  uuil  ( ilaukxti's.  l\al  vilonisclu'  Jai^d.  )[  rhcsous 
und   Minotauros.      (.lerhard.    Auseil.   \'as(Mih.    II    Fat".    _\^5;    Reiiiach    II    \>.    1  k». 

Kin  Zug;  von  Kriesjvrii.  die  im  UegTitTe  siii<l.  Pl'erde  vor\\;ii-ts  zu  tühreu,  eii^ucti! 
sich,  ähtdich  wie  (Mn  Tierstreitcn,  xortrefflieh  zur  j-ülluno- imiut  Sclialeuwaiul.  Deshalb 
brachte  ihn  der  Maler  der  Schale,  von  der  wir  ausgingen,  zur  Darstdluiijif,  ebne 
Rücksicht  auf  die  sich  daran  anschliei3ende  Sccne,  l(>jj-te  jedoch  dem  Uetrachter 
den  Gedanken  an  zu  l-"ul.i  kämpfende  llnjiliten  dadurcli  uab(;,  daü  er  die  I''iu;-nr 
eines  solchen  Hopliten  in   das  mittlere  Rund  der  Schale   einsetzte. 

Die  erste  Hälfte  der  Anmerkung"  15  auf  Seite  yq  enthält  die  im  <)liiL;en 
(Seite  185)  berührten  Bemerkuns^en  über  die  f!iiui]iieruiie  der  Kiia|)[)en.  llieraut 
fahrt  Petersen  folg-endermaüen  fort:  .,  i'.beiixiwMMiii;  wert  i^t  die  aus  der 
Luft  gegriffene  Erklärung-  für  das  fehlen  eiiu-s  Schildes  bei  den  reitenden  Ge- 
wappneten. Jedesmal  (z.  B.  Seite  24,  36  ff.,  40)  wird  uns  da  wieder  i^esa^t,  der 
Hoplit  habe  .sich  des  Schildes  entledigt,  um  kampfbereit  zu  sein,  trotzd<'m  der 
Hauptnachweis  dem  .Satze  gilt,  dal3  das  Reiten  für  A  (so  bezeichnet  Petersen  den 
Hopliten)  nur  Beförderungsmittel  ist  und  der  .Schild  doch  gerade  für  den  Kampf 
da  ist.  Es  ist  offenbar  die  Technik  des  Vasenmalers,  nicht  die  des  Ritters,  die 
solche  Ausla.ssung  verursachte.  Tratten  ja  doch  auch  \on  den  eigentlichen  cava- 
liers  des  Parthenonfrieses  Helm  und  l\inzer  mehr  als  (nner  und  Beinschienen, 
gegen  die  Heibig  (Seite  35,  Anm.  3)  eifert,  die  berittenen  Amazonen,  echte 
Reiterinnen.'' 

Wie  bereits  im  vorhergehenden  (Seite  186)  bemerkt  wurde,  lautote  meinte 
Thesis  dahin,  datJ  der  berittene  Hoplit,  wenn  er  ausnahmsweise  darauf  angewiesen 
war,  zu  Pferde  zu  kämpfen,  seinen  großen  Rundschild  ablegte,  da  ein  .solcher 
hierbei  eine  durchaus  unbrauchbare  .Schutzwaffe  gewesen  sein  würde.  Eine  Reihe 
von  schwarzfigurigen  Vasenbildern  stellt  Hopliten  dar,  die  zu  Pferde  aneinander 
geraten  sind.  Keiner  von  ihnen  erscheint  mit  einem  Schilde  au.sgestattet. ')  Es 
wäre  ein  merkwürdiger  Zufall,  wenn  die  Maler  aller  dieser  Gefäße  den  .Schild 
nur  aus  technischen  Gründen  ausgelassen  hätten.  Jedenfalls  würde  die  Wei.se, 
in  welcher  Petersen  diese  Auslassung-  erklärt,  nur  dann  einen  .Sinn  haben,  wenn 
er  meine  Ansicht  widerlegt  hätte,  daß  die  y.-;-'.;  beim  Kampfe  zu  Pferde  unpraktisch 
war.    Diese  Widerlegung  ist  er  aber  schuldig  geblieben. 

Weßhalb  Petersen  auf  die  Helme  und  Panzer  der  Parthenonsreiter  verweist, 
i.st  mir  unerfindlich.  Ich  habe  den  hellenischen  Cavalleristeii  nicht  Helm  und 
Panzer,  wohl  aber  die   ä^Ttt;    und    die  Beinschienen    abgesprochen    und    diese  Be- 

■'i    Heibig,  .Sur  les  'Ir.TMt;  athfniens    18,  3.S  — 3^,  40. 


Die   CTiTlEi;   und   ilux-   Kii.v|i|ifn  IQI 

hauiUung  wird  durcli  die  Tatsache  bestätigt,  dalj  keiner  jener  Reiter  weder  mit 
der  ersteren  noch  mit  der  letzteren  SchutzwafFe  versehen  ist.  Ebenso  verhält  es 
sich  mit  den  Amazonen,  die  P.  als  Beweis  anführt,  daß  die  Beinschienen  zur 
h~r|uipi(>rung-  der  Cavalleristen  gehört  hätten.  In  seinem  Eifer,  zu  beleliren,  hat 
er  vergessen,  daß  die  Amazonen  ursprünglich  gar  nicht  als  ,.echte  Reiterinnen" 
aufgefaßt  wurden.  Die  älte.ste  hellenische  Kunst  stellte  sie  mit  mehr  oder  minder 
vollständiger  Panhoplie  und  fast  durchweg  zu  Fuße  fechtend  dar;  sie  ließ  sie  zu  Pferde 
nur  kämpfen  unter  den  gdeichen  Bedingungen,  unter  denen  dies  von  Seiten  der  berit- 
tenen Hopliten  geschah.  Erst,  als  die  lonier  angefangen  hatten,  die  Küsten  des  Pontos 
zu  colonisieren,  konnten  sie  darauf  verfallen,  die  Amazonen  den  in  den  dortigen 
Steppen  hausenden  Reitervölkern  zu  assimilieren,  eine  Assimilierung-,  durcli  die, 
wie  es  scheint,  die  Cliarakteristik  der  kriegerischen  Jungfrauen  in  der  Aethiopis 
des  Arktinos  beeinflußt  wurde. '^)  Doch  versteht  es  sich  von  selbst,  daß  hiermit 
die  Auffassung  der  Amazonen  als  berittener  Hoplitinnen  nicht  sofort  beseitig-t 
wurile,  sondern  sich  zumal  in  dem  Kunsthnndwerke  des  Mutterlandes  noch  g^e- 
raume  Zeit  erhielt.  Wir  kennen  g'egenwärtig  nur  zwei  Denkmäler,  auf  denen  eine 
zu  Pferde  kämpfende  Amazone  mit  Beinschienen  ausgerüstet  erscheint,  eine 
liocharchaische,  chalkidische  Amphora,  deren  Bilderschmuck,  wie  Loeschcke 
einleuchtend  dargelegt,  durch  ionischen  Einfluß  bestimmt  ist,'''  und  die  bereits 
im  obigen  (Seite  187)  erwähnte,  attische  Amphora  aus  der  zweiten  Hälfte  des 
sechsten  Jahrhunderts.  Auf  beiden  Gefäßen  ist  der  Kampf  zwischen  Achill  und 
Penthesileia  dargestellt  und  die  letztere  mit  Beinschienen  ausgestattet.  Das 
chalkidische  Bild  zeigt  die  Amazonenkönigin,  wie  sie  zu  Pferde  vor  dem  ihr  zu 
Fuß  nachstürmenden  Achill  flieht  und  diesem,  sich  umwendend,  mit  Pfeilschüssen 
zusetzt.  Jedesfalls  hat  der  Maler  der  von  den  loniern  ausgebildeten  \'orstellung- 
dadurch  Rechnung  getragen,  daß  er  die  Amazone  den  für  die  Söhne  der  Steppe 
bezeichnenden  Bogen  führen  ließ.  Hingegen  steht  der  Annahme  nichts  im  Wege, 
daß  für  ihn  im  allem  übrigen  die  alte  \^(irstellung  maßgebend  war,  nach  welcher 
•sich  die  Amazonen  der  Kampfesweise  der  berittenen  Hopliten  bedienten,  und 
daß  er  sich  demnach  Penthesileia  bei  der  [la/j^  a-ocSta  zu  Fuß  fechtend  dachte. 
Wie  jene  Hopliten,  trägt  die  Amazonenkönigin  Helm,  Panzer  und  Beinschienen 
und  kämjjft  sie  auf  der  Flucht  notgedrung^en  zu  Pferde;  die  Tatsache,  daß  sie 
hierbei  keine  äani;  führt,  erklärt  sich  in  ung'ezwungener  Weise  aus  dem  im  Obigen 
(Seite    i86u.  igo)  Bemerkten.    Wenn  es  demnach  zum   mindesten  ungewiß  bleilit, 

*)  Benndorf,   Das   Heroon    von   (_TJölliaschi-Trysa  '■')    Bonner   .Studien    256   Fig.  6. 

142;  Loeschcke  in   den  Bonner  Studien   255  ff. 


192  W.   Hclhij; 

of  PeiuliesiU'ia  in  jeder  Hinsicht  als  eine  „echte  Reiteriir'  aut'!L;et';il.U  ist,  so  ilürlen 
die  Beinschienen,  die  sie  trägt,  nicht  als  ein  sicherer  Beweis,  tlal.i  dii^'se  Schiitz- 
wafFe  der  Cavallerie  zukam,  g^eltemi  gemacht  werden,  l'.in  voUständii.;-  klarer 
Sachverhalt  ergibt  sich  aus  dem  attischem  Vasenbilde.  Achill  und  I'enthesili-ia 
kämpfen  hier,  beide  schildlos,  gegeneinander  zu  Rol.i,  während  sich  eine  gestürzte 
Amazone,  die  unter  den  Pferden  liegt,  mit  der  vorgvstreckten  äa^fj  vor  den 
Tritten  der  letzteren  zu  schützen  sucht.  Wenn  cliese  Amazone  durch  die  Scluitz- 
waffe.  ilie  sie  führt,  deutlich  als  eine  Hojilitin  erkennbar  ist,  so  haben  wir  auch 
die  Führerin  des  Amazorn^nheeres  in  derselben  Weise  aufzufassen  und  demnach 
anzunehmen,  da(3  ihr  der  Maler  die  Beinschienen  gegeben  hat  nicht  weil  sie  zu 
der  Equipierung  der  Cavalleristen.  sondern  zu  derjenigen  der  berittenen  Ilopliten 
gehörten.  Dürfen  wir  annehmen,  daß  der  attische  Vasenmaler  mit  iler  Handlung, 
die  er  darstellte,  eine  deutliche  Vorstellung  verband,  so  kann  er  sich  diese  Hand- 
lung etwa  folgendermaßen  gedacht  haben:  Die  Xiederlage  der  Amazonen  ist 
entschieden  und  ihr  Heer  auf  der  Flucht  bogriffi'u,  ein  Vorgang,  welcher  durch 
die  unter  der  Reitergruppe  liegi-nde  Amazone  \'eranschaulicht  wird;  Penthesileia 
hat  Kehrt  gemacht,  um  ihre  gestürzte  Gefährtin  gegen  den  Angriff  des  Achill 
zu  beschützen. 

In  Athen  wurden  die  Amazonen  erst  von  Mikon,  dem  (ienossen  des  aus 
dem  ionischen  Thasos  stammenden  Polygnoto.s,  als  „echte  Reiterinnen"  dar- 
ge.stellt  auf  Bildern,  welche  den  Sieg  des  Theseus  über  die  kriegerüschen  Jung- 
frauen verherrlichten.'")  Wir  dürfen  als  obere  Zeitgrenze  für  die  Ausführung 
dieser  Bilder  unbedenklich  das  Jahr  47O  annehmen,  in  welchem  Kinion  die 
Gebeine  des  Theseus  aus  Skyros  nach  Athen  brachte.")  Um  dieselbe  Zeit,  zwischen 
477  und  472,  hob  die  athenische  Regierung  zum  ersten  Male  eine  Reitertru])pe 
unter  der  Bürgerschaft  aus.'-)  Das  Aufsehen,  welches  hierdurch  hervorgerufen 
wurde,  und  die  .Sympathie,  mit  welcher  die  Athener  die  neugeschaffene  Truppe 
aufnahmen,  trugen  ohne  Zweifel  dazu  bei,  den  Genossen  des  Polygnot  zu  jener, 
in  Attika  neuen  Charakteristik  der  Amazonen  zu  bestimmen.  Mikon  war  au(3er 
Stande,  Theseus  und  die  von  ihm  geführten  Athener  zu  Cavalleristen  zu  machen, 
da  dies  allzusehr  der  volkstümlichen  Überlieferung  widers]iroclien  haben  würde. 
Hingegen  durfte  er  dies  mit  den  Amazonen  wagen,  da  di(;  Athener  infolge  der 
engen  I'>eziehungen,  die  sie  seit  mehreren  Generationen   mit  lonien    unterhielten, 

**;  Vgl.  hierüber  und  über  das  Folgende  Klug-  ")  Clinton,  Kasti  hellenici   34. 

mann.  Die  Amazonen   in   der  attischen  Literatur  und  '-;   I  leibig,  Sur  Ics  '.--€>.-  atheniens  84. 

Kunst  45  ff. 


Die  iTiKEi;  uiul   ilirc   KiKippcn  193 

mit  der  hier  inaügebenden  Auffassung'  der  krieg'erischen  Juiij^frau<'ii  Noraussichtlicli 
mehr  odr-r  minder  \'ertraut  waren.  Auf  rotfigurigen  Vasenbildern,  die.  wie  es 
sclieint,  durcli  Gruppen  a\is  den  (iemälden  des  Mikon  beeinflußt  sind,'")  spielen 
die  Amazonen  eine  sehr  edle  Rolle  und  erscheinen  vielfach  den  gegen  sie 
kämpfenden  Athenern  überlegnen.  Eine  derartige  Darstellungsweise  ist  wie  die 
Tatsache,  daß  auf  dem  Parthenonsfriese  das  athenische  Heer  lediglich  durch  die 
Cavallerie  vertreten  wird,  offenbar  aus  der  Vorliebe  zu  erklären,  welche  die 
gleichzeitigen  Athener  für  diese  Truppengattung  hegten.  Nachdem  die  Auffassung 
der  Amazonen  als  kühner  Reiterinnen  in  die  attische  Kunst  Eingang  gefunden 
hatte,  wurde  sie  bald  hellenisches  Gemeingut.  Seitdem  wurden  die  kriegerischen 
Jungfrauen,  wenn  sie  zu  Pferde  kämpfen,  .stets  ohne  Beinschienen  dargestellt  — 
ein  deutliches  Zeichen,  daß  man  diese  Schutzwaffe  nicht  als  zur  Equipierung  der 
Cavallerie  gehörig  betrachtete.  Um  sich  von  der  Richtigkeit  meiner  Behauptung 
zu  überzeugen,  braucht  Petersen  nur  die  Nummern  nachzuschlagen,  die  Reinach 
in  seinem  Repertoire  des  vases  peints  II  p.  38g  u.  d.  W.  Amazones  verzeichnet  hat. 

Einen  weiteren  Angriff  richtet  Petersen  (Seite  80)  gegen  meine  Ansicht, 
daß  Themistokles  seinen  Sohn  Kleophantos  für  den  Dienst  in  der  damals 
eingeführten  Bürgerreitert'i  habe  einüben  lassen.  Mein  Gegner  nimmt  an,  dalj  es 
sich  vielmehr  um  die  Kunst  des  mit  einem  Handpferde  ausreitenden  Knappen 
handele,  und  begründet  seine  Ansicht  folgendermat^en  (Seite  80  Anm.  17): 
„Heibig  Seite  83,  der  dies  Zeugnis  —  d.  h.  die  Stelle  in  Piatons  Menon  32 
p.  93  D  —  für  seine  frühzeitig-e  Organisation  der  attischen  Cavallerie  verwerten 
möchte,  widerspricht  dem  zwar,  aber  auch  sich  selbst,  wenn  er  den  Dienst  des 
berittenen  Knappen  hier  für  einen  zu  untergeordneten  hält,  um  solchen  Andenkens 
wert  zu  sein,  und  S.  46  ff.  selbst  Miltiades  in  diesem  Knappendienst  in  einem 
Vasenbilde  gefeiert  glaubt,  und  Diokleides  im  nämlichen  Dienst  durch  ein  Stand- 
bild auf  der  Akropolis.  Flatus  £-£[icV£  yoOv  ird  ttov  iktzmv  öptl'ö;  (vgl.  die  Vase  von 
Kameiros,  Salzmann  57)  xa:  ■if/.ivxiC.Ey  dnb  itov  Vrcnwv  optIo;,  wo  der  Plural  statt  des 
Duals  stehen  muß,  zeigt  den  Jüngling  mit  zwei  Pferden  operierend,  also  nicht 
als  Reiter  im  späteren  Sinn." 

Der  Widerspruch,  den  mir  P.  vorwirft,  ist  nicht  vorhanden.  Der  Vasen- 
maler   brachte    den    Knappen   Miltiades   zur  Darstellung,    weil    derselbe,    wenn    er 

'')    Die  Exemplare,    die    sich    mit    der    größten  309  zusammengestellt.     Es  gehört  dazu  auch   der  in 

Wahrscheinlichkeit  zu  den   Gemälden    des  Milcon  in  demselben  Journal  XXIV  Taf.  VIII  (S.  307  S.)  pub- 

Beziehung    setzen    lassen,    sind    von    P.  Gardner    in  licierte  Stamnos. 
dem    Journal    of    hcUenic    stndies  XXIV  (1904)    S. 


IQ4  \V.    llilUi- 

in  iUt  bunten  Traclit  eines  skylluM'lu'n  1  üpimldM  ili'ii  cinluTriu.  durcli  .seine 
selimucke  Erscheinung  wie  als  Mitt^lied  eines  der  eiiauehlesieii.  allKMiiselien  (ie- 
sohlechter  die  AufmerksamktMt  des  l'uhlieunis  aul' sicli  /o^^.  Die  aul' der  Akropulis 
g-eweihte  Statue  zeigte  den  Knai>i)en  l)ii>kleides  in  dersellien  l'raelit  (dtenlKir 
deshalb,  weil  ihre  Weiluing  durch  einen  mit  dem  Knappendienste  des  Jüng'lings 
zusammeidiängendeii  \'organg  veranlaßt  war.  Das  \'nsenhikl  und  die  Statue  sind 
durch  vorüberg-ehende  Umstände  ganz.  iudi\idueller  Art  bestiiiimt  und  beweisen 
demnach  keineswegs,  daß  die  Athener  dem  l\  na])iit  ndii'nsle  als  soleiien  eine 
hervorragendere  Bedeutung  zuerkannten.  Wenn  hin5.^rgi'n  die  Überliefennig  das 
Andenken  daran  bewahrt  hat,  dal.i  ein  großer  Staatsmann  wie  Themistokles  seinen 
Sohn  zu  einem  au.sgezeichneten  Reiter  ausbilden  lii'ß,  so  berechtigt  dies  zu  dem 
Schlüsse,  daß  damals  die  Reitkunst  ein  b(»sondcres  Interesse  erregte  und  dal.)  die 
Fürsorge  des  Themistokles  durch  ein  Ereignis  bestimmt  wurde,  welches  seinem 
Sohne  in  hervorstechender  Weise  Gelegenheit  gab,  diese  Kunst  zu  bewähren.  lün 
solches  Ereignis  war  die  damals  vorgenomnu'uc,  erste*  )rganisati()n  einer  atlieiiiselien 
Bürgerreiterei.")  Die  Stelle  des  Menon  als  .solche  gewährt  keinen  Aulscldul.i 
darüber,  ob  der  Sohn  des  Themistokles  als  Cavalleri.st  oder  als  berittener  Knajipi' 
diente:  denn  die  Angabe,  daß  der  Jüngling  imstande  war,  auf  dem  Pferde  stehend 
seinen  Wurfspieß  zu  schleudern,  bezeichnet  nur  ein  Kunststück,  welches  sowohl 
ein  Cavallerist  wie  ein  berittener  Knappe  lernen  und  zum  l.esten  geben  konnte 
und  das  Piaton  nur  anführt,  um  zu  beweisen,  wie  heimisch  sich  Kleophantos  auf 
dem  Pferde  lühlte.  Nichtsdestoweniger  macht  Petersen  den  Versuch,  den  Jüng- 
ling auf  diese  Angabe  hin  zum  Knapjien  zu  stemijeln,  ein  Versuch,  der  sc'hr 
unglücklich  ausgefallen  ist.  Die  Annahme,  daß  die  Athener  des  \ierten  Jahr- 
hunderts noch  etwas  davon  wußten,  daß  ihre  tTü-efs  während  des  ältesten  Ab- 
schnittes der  Perserkriege  als  berittene  Hopliten  und  von  Knajipen  begleitet  zu 
Felde  gezogen  waren,  ist  an  und  für  sich  unwahrscheinlich.  Wenn  eiti  exacter 
Forscher  wie  Aristoteles '•'')  die  hellenischen  I-tisl;  von  Anfang  an  irrtümlich  für 
Cavalleristen  hielt,  dann  dürfen  wir  das  Gleiche  auch  für  den  Philosophen  Piaton 
voraussetzen.  Wollen   wir  aber  selbst  zugeben,  daß  der  letztere  noch  eine  Ahnung 

'*)  Helbig,   Sur  Ics  i-rsi;  alhcnicns  84.  y.ai  -iU-i  =■''  "^•;  »f/,«'-^-;  i'Jv-  0-vjfXOV,  ihi-'  vi  Toi? 

")  Pol.  IV  13  (II  p.  1297'!,  17  ed.  BekUcr):  'H  E--söaiv  stvai  -tjv  It/J)-/.    Wenn  hier  Aristoteles  die 

r-ftirTT)  iz  T:w.:-i'.%  iv  toJ;  "E>./.r,5i  i-;itizo  ]uxi.  -a;  ra-st;,   denen   nach   dem  Sturze   des  Köni(;tums   die 

'f7.7j£loLZ  iv.  -.&•)  T.'S/^tyJynuri,  7,  [liv  is  iy/Jn  iy-  "öjv  Regierung  der  hellenischen  .Sl.iaten  zufiel,  dein  i-Xi- 

•--i»ov.     Tt,v   -,'af  '.3Z'jv    y.ai    tt,-/    'jnspoyj,-/    iv    toIj  v.v.vt  gegenüberstellt,  so  beweist  dies,  da({  er  nichts 

inTUVT.v  i  nd/.=|io:  cty_EV  ävsu  [ilv -fif  ay/^ajew;  äy,fT|-  davon  wufite,  daß  jene  i;i-sl;  als  berittene  Hopliten 

•y.'yi  -i  inXiT'.y.iv,   ai  H  Tuy.  zöri  zv.O'')-uri   iji-U'.pia'.  ins  Feld  rückten. 


Die  t~:i£tj   und   ihre  Knappen  ^95 

von  dem  ursprünjyliclien  Cliarakter  jener  Truppengattung-  gehabt  haben  könne, 
(kuin  schließt  die  Weise,  in  der  er  sich  ausdrückt,  die  Beziehung  seiner  Angabe 
auf  den  Knappendienst  entschieden  aus.  Der  Nebensatz,  den  Petersen  auf  die  von 
ihm  ausgeschriebene  Stelle  des  Menon  folgen  läßt  ,.\vo  der  Plural  statt  des  Duals 
stehen  muß",  hat  mir  vieles  Kopfzerbrechen  verursacht.  Es  dauerte  lange,  bis  ich 
begriff,  was  P.  damit  meint:  er  will  besagen,  daß  sich  Piaton  statt  des  Duals 
des  Plurals  bedient  hat.  Aber  Friedrich  Spiro,  der  den  Sprachg-ebrauch  des  großen 
Philosophen  besser  kennt  als  ich  und  vielleicht  selbst  besser  als  Petersen,  teilt 
mir  mit,  daß  Piaton  stets  den  Dual  gebraucht,  wenn  es  die  Zweiheit  hervorzuheben 
gilt,  und  dies  war  an  der  in  Rede  stehenden  .Stelle  unumgänglich  notwendig, 
wenn  die  Leser  verstehen  .sollten,  daß  es  sich  um  einen  mit  einem  Handpferde 
ausreitenden  Knappen  handelte.  Außerdem  würde  Piaton,  da  sein  Publikum  solche 
Knappen  nicht  mehr  aus  eigener  Anschauung  kannte,  gewiß  die  Handlung  etwas 
weiter  ausgemalt  und  etwa  ä-.p'  svö;  xotv  i'7üT:o'.v  £-:  töv  aÄAov  xkX6\i.evoz  oder  ähnlich 
geschrieben  haben:  denn  er  dürfte  schwerlich  seinen  I.esern  den  hohen  (rrad  von 
Divnnationsvermögen  zugemutet  haben,  den  Petersen  bei  den  seinigen  voraussetzt. 
Der  Plural  xwv  I'tctoüv  wird  durch  die  naheliegende  Annahme  gerechtfertigt,  daß 
Kleophantos  sein  Kunststück  nicht  immer  auf  demselben  sondern  auf  verschiedenen 
Pferden  ausführte.  Doch  hätte  Plato  auch  schreiben  können  e^'  ircäO'j. 

Petersens  Anm.  17,  deren  erster  Teil  im  vorhergehenden  widerlegt  wurde, 
schließt  mit  folgenden  Worten:  „Auffallend  ist,  daß  Heibig  die  zwei  Geschichten 
von  Kimon  Seite  85  nicht  in  Einklang  zu  bringen  weiß,  obgleich  es  gerade  mit 
seiner  These  so  leicht  ist.  Im  Jahre  480  deponiert  Kimon  seinen  Zügel  im  Tempel 
zum  Zeichen,  daß  es  jetzt  nicht  gelte,  als  gewappneter  Ritter  zu  Roß  ins  Feld  zu 
ziehen,  sondern  zu  Schiff.  Als  Hoplit  meldet  er  sich  dann  auch  bei  Tanagra."'  Man 
ersieht  hieraus,  daß  Petersen  weder  die  Stelle  in  Plutarchs  Kimon  (Cap.  V)  noch 
meine  darauf  bezüglichen  Bemerkungen  genau  durchgelesen  hat.  Hätte  sich 
Kimon  darauf  beschränkt,  der  Burggöttin  seinen  Zügel  darzubringen,  dann  würde 
diese  Handlung  vortrefflich  zu  der  von  mir  festgestellten  Tatsache  .stimmen, 
daß  das  athenische  Heer  im  Jahre  480  noch  keine  Cavallerie,  wohl  aber 
berittene  Hopliten  enthielt.  Kimon  hätte  dann  der  letzteren  Truppe  angehört 
und  sich  des  Zügels  entäußert,  um  zu  symbolisieren,  daß  er  während  des  bevor- 
stehenden Feldzuges  seinen  Hoplitendienst  zu  Fuß  als  sTTtßäxr;;  leisten  werde.  Aber 
nach  dem  Berichte  Plutarchs  deponierte  Kimon  nicht  nur  seinen  Zügel,  sondern 
nahm  auch  eine  der  äaraSs;  mit  sich,  die  an  den  Wänden  des  Athenatempels 
aufgehängt  waren.  Wenn  er  bisher  als  berittener  Hoplit  gedient  hätte,  wäre  die 


196  \V.  ]lell.ig 

letztere  Handlung  durchaus  ülu'rtlüssiy  gewesen:  denn  es  versteht  sich,  dal.i  ein 
Hoplit  über  einen  solchen  Scliild  xertiiii-te  uiul  i1in  denmaeh  nicht  aus  dem 
Athenatenipel  zu  entlehnen  lirauchte.  Kimon  würde  hiermit  die  Uedeutung,  die 
der  von  ihm  vollzogene  Act  haben  sollte,  vollständig  verdunkelt  haben.  Hieraus 
folgt,  dat3  ihn  Plutarch  oder  dtn-  Schriftsteller,  aus  dem  derselbe  schöpfte,  als  einen 
Cavalleristen  auffaßte.  Ein  Cavallerist  führte  keine  i'jizlz  und  mußte  sich  dem- 
nach mit  einer  solchen  versehen,  wenn  er  als  Hoplit  zu  kämpfen  hatte.  Die 
Anekdote,  wie  sie  von  Plutarch  überliefert  ist,  widerspricht  also  meiner  A\nsicht, 
daß  die  erste  Organisation  einer  athenischen  Bürgerreiterei  erst  nach  dem  Jahre 
4S0  erfolgte.  Deshalb  war  es  durchaus  gerechtfertigt,  wenn  ich  nachzuweisen  ver- 
suchte, daß  jene  Anekdote  von  der  oligarchischen  Partei,  etwa  wäln-end  der 
Zeit  des  Peloponnesischen  Krieges,  erfunden  wurde,  um  Kimon  der  atheni- 
schen Cavallerie  zu  vindicieren,  die  damals  größtenteils  aus  Anhängern  dieser 
Partei  bestand. 

Seite  80:  „Auch  die  jung"en  Reiter  an  den  Stelenfüßen  (.Seite  49  ff.)  werden 
am  besten  als  Jugendbilder  des  Verstorbenen  verstanden,  wiewohl  es  auf  eines 
hinauskommt,  ob  wir  oben  den  Vater  und  unten  den  Sohn,  der  dem  Vater  als 
Knappe  dient,  erkennen,  oder  unten  denselben  wie  oben,  hier  den  Mann  als 
Hoplit,  dort  den  Epheben  mit  seinem  Vater  auszureiten  gerüstet."  Dazu  Anm.  18: 
„Die  Stele  des  Ly.seas  (j.tzkzIi;  Seite  51  Fig-.  21;  Conze.  I  i)  zeigt,  daß  der  junge 
Reiter  nicht  mit  seinem  Tun  auf  den  Mann  im  Stelenbilde  bezogen  werden  darf, 
und  die  niedrige  Stele  von  Lamptrai  (ET^Ttsr;  Seite  52  Fig.  22;  Conze.  I  1 1 ),  auf 
der  ein  männliches  Standbild,  wie  Heibig  will,  nicht  gestanden  haben  kann,  auch 
keine  Stele  mit  Mannesbild,  beweist  durch  die  klagenden  Figuren  der  Seiten,  die 
nur  auf  den  jungen  Reiter  bezogen  werden  können,  daß  auch  auf  den  anderen 
Bildern  der  Reiter  der  Verstorbene  ist,  wenn  da  auch  erst  in  si>äterem  Alter 
verstorben." 

Über  das  Verdict,  das  Peter.sen  über  die  Lyseasstele  abgibt,  dürfte 
ich  zur  Tagesordnung  übergehen,  da  es  jeglicher  Begründung  entbehrt.  Doch  sei 
hier  bemerkt,  daß,  wenn  Lyseas  nach  vollendeter  Dienstpflicht  eine  priesterliche 
Würde  bekleidete,  nichts  im  Wege  stand,  ihn  in  der  Hauptfig"ur  als  Priester 
darzustellen  und  darunter  den  Knappen  beizufügen,  der  darauf  hinwies,  daß  der 
\'erstorbene  während  seines  wehrjjflichtigen  Alters  als  berittener  Hoplit  gedient 
hatte.  Was  die  Stele  von  Lamptrai  betrifft,  so  zeigt  sie  auf  der  oberen  Fläche  eine 
o'465  ™  lange  und  o'i6  '"  breite  Eintiefung,  die  zu  der  Annahme  nötigt,  daß 
die  Plinthe  der  darin   eingelassenen  Marmorfigur  eine  beträchtlich«;  Ausdehnung 


Die  iTZTiBic,  und   ihre  Knappen  197 

hatte."'')  Deshalb  vermutet  Winter,")  daß  auf  die  Basis  eine  liegende  Tierfigur, 
etwa  eine  Sphinx,  aufgesetzt  war.  Doch  dürften  noch  andere  Möglichkeiten  in 
Betracht  zu  ziehen  sein.  Allerdings  ist  jene  Eintiefung  für  die  Plinthe  einer 
ruhig  stehenden  Hoplitenfigur,  wie  sie  in  der  Regel  die  auf  den  oberen  Teilen 
der  Stelen  angebrachten  Reliefs  zeigen,  zu  lang.  Hingegen  würde  sie  durchaus 
geeignet  gewesen  sein,  die  Plinthe  einer  ausschreitenden  oder  ausfallenden 
Hoplitenstatue  aufzunehmen.  Wie  dem  aber  auch  sei,  jedesfalls  läßt  der  Schluß,  den 
Petersen  aus  der  Stele  von  Lamptrai  zieht,  daß  auch  auf  den  anderen  Stelen 
der  Reiter  der  Verstorbene  sein  müsse,  an  Kühnheit  nichts  zu  wünschen  übrig, 
und  steht  er  in  seltsamen  Widerspruche  mit  dem  unmittelbar  vorher  über  die 
Lyseasstele  Bemerkten.  Petersen  wird  doch  nicht  leugnen,  daß  hier  die 
priesterliche  Figur  den  Verstorbenen  darstellt.  Nach  der  Auffassung,  die  er  auf 
die  Reliefs  der  Stele  von  Lamptrai  gründet,  würde  das  Gleiche  für  den  auf  dem 
Sockel  der  Lyseasstele  angebrachten  Reiter  gelten,  während  doch  Petersen 
im  vorhergehenden  das  Urteil  gefällt  hat,  daß  die  beiden  auf  dem  letzteren 
Denkmale  dargestellten  Figuren  nichts  miteinander  zu  tun  hätten. 

Seite  80  äußert  sich  Petersen  folgendermaßen:  „Daß  jedoch  die  jung-en 
vornehmen  Athener,  die  Söhne  der  Ritter,  bei  solchem  Dienst  (das  heißt  bei  dem 
Knappendienst)  in  Athen  selb.st  Barbarenkleid  angezogen  hätten,  darf  vielleicht 
bezweifelt  werden,  da  dafür  ausreichende  Beweise  nicht  gegeben  sind,  auch  die 
wirklichen  Reiter  am  Parthenonfries  von  barbarischer  Tracht  höchstens  den 
Baschlik  angenommen  haben."  Hierzu  die  Anm.  19:  „Heibig  geht  so  weit,  daß 
er  fast  überall  auf  .strengrotfigurigen  Schalen  in  der  Barbarentracht  Griechen 
sieht,  wegen  ihres  hellenischen  Gesichtstypus,  so  Seite  74  Fig.  31  in  der  Mitte 
den  Toxarchen,  so  Seite  73  Fig.  30  b  nicht  weniger  als  einen  Taxiarchen,  zwei 
Hipparchen  und  einen  Phylarchen  (Seite  84  ff.),  obgleich  von  den  vermeintlichen 
Hipparchen  der  eine  ungriechischen  Bart  hat.  Beim  Miltiades  der  Ashmolean- 
schale  (Seite  47  Anm.  3)  kommt  ja  die  Inschrift  hinzu;  aber  weder  ihn  noch 
Diokleides  (Seite  46  Anm.  2),  wenn  die  Statuenfragmente  wirklich  zu  dessen  In- 
schriftenbasis gehören,  ist  es  notwendig,  so  gekleidet  in  Athen  (statt  etwa  in  Thra- 
kien) herumreitend  zu  denken." 

Leider  gibt  Petersen  nicht  an,  welcher  der  beiden  vollständig-  thrakisch 
gekleideten  und  von  mir  für  Hipparchen  erklärten  Krieger  auf  der  Schale 
Fig.  30  b  einen  ungriechischen  Bart  zeigt.  Ich  richtete  an  die  Herren  Hauser  und 
Koerte  die  Anfrage,  ob  sie  an  einer  dieser  Figuren  einen  Barbarenbart  erkennen, 

'^)   Conze,  Die  attischen  Grabreliefs  I  S.   9.  ''')  Athenische  Mitteilungen  XII  (1887)  S.  Iiof. 

Jahreshefte  des  österr.  archäol.  Institutes   Bd.  Vnl.  2<; 


I^S  W.  Heibig 

und  erhielt  von  dem  ersteren  wie  von  dem  letzteren  eine  verneinende  Antwort. 
Wenn  in  der  Mitte  derselben  Schale  ein  Reiter  in  vollständig  thrakischer  Tracht, 
aber  wiederum  mit  hellenischem  Gesichtstypus  dargestellt  ist,  so  g-ilt  für  ihn 
natürlich  dasselbe  wie  für  die  ähnlichen,  auf  der  Außenseite  angebrachten  Figuren. 
Auf  der  Schale  des  Onesimos  (Irc-sr;  Seite  17  Fig.  2g)  trägt  die  vornehmste  Person, 
offenbar  der  Führer  der  darauf  dargestellten  athenischen  Reiter,  die  «XwTiey.i;. 
Wollen  wir  ihn  für  einen  Thraker  erklären,  dann  müssen  wir  uns  zu  der  An- 
nahme entschließen,  daß  die  Athener  unter  Umständen  Reiterofticiere  aus  Thrakien 
beriefen.  Die  Rückseite  eines  rotfigurigen  Stamnos,  welcher  einer  etwas  si)äteren 
Zeit  angehört  als  die  beiden  im  bisherigen  besprochenen  Schalen,  zeigt  einen 
Mann  in  vollständig  thrakischer  Tracht  (auch  mit  der  ^B-.pa,),  der  die  Rechte  auf 
eine  Tanze  stützt,  zwischen  zwei  hellenisch  gekleideten  Frauen;  die  vor  ihm  ste- 
hende Frau  erhebt  im  Gespräche  mit  ihm  die  Rechte;  die  andere  hält  auf  der 
Linken  eine  Schale.")  Glaubt  etwa  Petersen,  daß  der  attische  Maler  einen 
Thraker  dargestellt  hat,  dem  athenische  Damen  den  Hof  machen?  Zahlreiche 
Parthenonsreiter  tragen  die  äXwirexcs.'")  Wenn  keiner  von  ihnen  mit  der  '•^eipd  be- 
kleidet ist,  so  erklärt  sich  dies  daraus,  daß  die  Wiedergabe  dieses  steif  herab- 
fallenden Mantels  in  der  Plastik  einen  unästhetischen  Eindruck  gemacht  haben 
würde.  Die  attischen  Vasenmaler  haben  Bestandteile  der  in  Rede  stehenden 
Tracht  sogar  auf  mj^thische  Personen  übertragen,  die  sich  des  Reitens  beflissen, 
obwohl  dieselben  keineswegs  in  Thrakien  localisiert  waren.  Auf  einer  Amphora 
strengrotfigurigen  Stiles  trägt  Troilos  die  ^stpa, -")  auf  einer  andern  Amphora 
etwas  freieren  Stiles  eine  Amazone  die  "^t'.pi  wie  die  äÄWTcexc's.**)  Hiermit  sind, 
wie  mir  scheint,  ausreichende  Belege  geliefert,  daß  sich  athenische  Cavalleristen, 
wir  dürfen  bestimmter  sagen  athenische  Cavallerieofficiere,  auch  auf  attischem 
Boden  thrakisch  kleideten.  Ich  könnte  diesen  Belegen  noch  zahlreiche  andere 
beifügen,  verzichte  aber  hierauf,  da  der  Zweifel,  den  Petersen  gegen  die 
hellenische  Nationalität  der  in  thrakischer  Tracht  dargestellten  und  von  mir 
für  athenische  Hipparchen  erklärten  Reiter  äußert,  in  schlagender  Weise  durch 
die  wohl  bezeugte  Tatsache  widerlegt  ward,  daß  die  Athener  bereits  während 
des  5.  Jahrhunderts  mit  großer  Geringschätzung  auf  die  Tliraker  herabblickten. 
Aristophanes    schildert   in    den   Acharnern--)   die   vor    der    athenischen  Volksver- 

")    Gerhard,    Auserl.    Vasenbilder    Tal.     164;  108,  XXXVIII   117,  XXXIX   120. 

Rclnach,  Ripertoire  des  vases  peints  IF  p.  82  n.  9,  10.  ^°)  Mon.  dell'  Inst.  X  22;  Reinach,  Rcp.  I  p  203. 

")  Michaelis,  Der  Parthenon  Taf.  q  IV  5,  VIII  ")  Mon.  dell' Inst   X  9;  Reinach,  Kip.  Ip.  201. 

15.  X  19;  Taf.  10I2— 4,  XIII  36;   Taf.  13  XXXV  ";  V.   155   ff. 


Die  [ti-sE;  und   ihre  Ivnn|i|ien  199 

sammluii.t;-  auftretenden  Odomanten  als  barbarisches  Dieb.sgesindel.  1  )al3  der  Ruf 
der  Thraker  als  Trunkenbolde  bis  in  das  5.  Jahrhundert  hinaufreicht,  ergibt  sich 
aus  des  Euripides  Rhesos. °^)  Hektor  wirft  hier  dem  thrakischen  Könige  vor, 
daß  derselbe  beim  Becher  die  ihm  gegenüber  den  Troern  obliegenden  Pflichten 
versäumt  habe.  Wenn  damals  in  Athen  eine  derartig^e  Anschauung-  maßgebend  war, 
konnten  die  dortig-en  Gefaßmaler  unmöglich  Thraker  in  intimen  Beziehungen  zu 
athenischen  Kriegern  und  athenischen  Frauen  darstellen. 

Petersen  behauptet  Seite  80,  daß  die  Dioskuren  im  athenischen  Anakeion 
nicht  als  Hopliten  aufgefaßt  gewesen  seien,  und  äußert  sich  in  der  dazu  gehörigen 
Anm.  21  folgendermaßen:  „Sie,  die  y.oOpot,  sind  selbst  Reiter,  aber  nicht  Hopliten 
und,  wenn  die  priores  equites  des  Tarquinius  (vgl.  Heibig  in  Hermes  XXXIX 
iyo4  S.  106  und  in  den  Comptes-rendus  de  l'Acad.  des  Inscriptions  1904  p.  199), 
die  ja  mit  zwei  Pferden  ausrückten,  auf  das  Vorbild  des  Castor  in  Lacedaemon 
zurückgeführt  werden,  so  kann  das  nicht  auf  die  Rüstung,  sondern  nur  auf  die 
Handpferde  g'ehen,  die  ja  auch  die  Tarentini,  ebenfalls  leichte,  nicht  schwere 
Reiter  führten." 

Man  muß  über  die  Virtuosität  staunen,  mit  der  Petersen  es  fertig  gebracht 
hat,  in  so  wenigen  Zeilen  eine  solche  Fülle  von  Irrtümern  zu  concentrieren. 
Der  Bildhauer  der  im  Anakeion  aufgestellten  Statuen  würde  einen  unglaublichen 
Mißgriff  begangen  haben,  wenn  er  die  Dioskuren  als  Cavalleristen  betrachtete, 
sie  aber  nichtsdestoweniger  zu  Fuß,  ihre  Söhne  hingegen  beritten  darstellte. 
Erst  seitdem  die  hellenischen  Staaten  über  Cavallerie  verfügten,  konnten  die 
Dioskuren  zu  einer  solchen  Truppe  in  Beziehung  gesetzt  werden.  Ursprünglich 
waren  sie  die  göttlichen  Vertreter  der  Wagenkämpfer,  die  im  Epos  iTCTi'^es  heißen. 
Als  der  Streitwagen  abgekommen  war  und  sich  die  vornehmen,  schwerbewaff- 
neten Krieger  des  Reitpferdes  als  Transportmittels  bedienten,  sprang  das  Sub- 
stantiv t-Tisr;  und  mit  ihm  das  Patronat  der  Dioskuren  auf  die  berittenen 
Hopliten  über.  Die  ältesten  und  berühmtesten  Cultusstätten  des  göttlichen  Brüder- 
paares lagen  in  Lakonien  und  Messenien.  Daß  zu  dem  spartanischen  Heere  eine 
Elitetruppe  von  dreihundert  tTiTcsrg  gehörte,  die  zu  Fuß  als  Hopliten  kämpften, 
habe  ich  in  meiner  Abhandlung  über  die  Imieic,  p.  30  ff.  nachgewiesen.  Erst  im 
Jahre  424  v.  Chr.  organisierten  die  Spartaner  eine  Reitertruppe, ^*)  während  die 
Athener  dies  bereits  in  den  siebziger  Jahren  desselben  Jahrhunderts  getan 
hatten."'"')     Erst   als  es  in  Sparta  und  in  Athen   eine  solche  Truppe  gab,  konnten 

^')  V.  419,   438.  Weiteres   hierüber  in  den  Ann.  ^*)  Thucyd.  IV  55,   3. 

dell'  Inst.  1867  p.  172  ff.  ^■')  Heibig,  Sur  les  Imislg  atheniens  70  fl. 


die  Dioskuren  hier  wie  dort  als  die  Schutzherreu  ilerselbcn  und  somit  als  Ca- 
valleristen  aufgefaßt  werden.  Auch  hat  die  i'herliefening  deutliche  Spuren  be- 
wahrt, daß  man  sich  die  göttlichen  Brüder  während  der  früheren  Zeit  nach  der 
Weise  der  Parabaten  und  lierittenen  Hopliten  schwer  bewaffnet  und  in  der  Regel 
zu  Fuß  kämpfend  dachte.  Der  Xonios,  unter  welchem  die  spartanische  Phalanx 
zum  Angriff  überging-,  lüeß  xxatopsiov. -")  Dieser  Name  läl.U  sicli  niclil  anders 
erklären  als  daraus,  daß  dereinst  die  Schutzbefohlenen  der  Dioskuren.  die  be- 
rittenen Hopliten,  nachdem  sie  abgesessen  waren,  entweder  allein  die  Phalanx 
bildeten  oder  in  ihr  ein  besonders  gewichtiges  Element  darstellten.  Die  Dioskuren 
galten  für  die  I->finder  der  svö/w/.io?  opyjpi^f')  in  den  Musen  des  Kpicharmos-") 
spielte  ihnen  Athena  mit  der  Flöte  auf,  während  sie  diesen  Tanz  aufführten. 
Piaton-')  gedenkt  der  Ivd-Ä'.a  iza.ifY.x  xa-a  Aaxeoaijiciva  Aioaxdpwv.  Pindar'")  preist  die 
Dioskuren  als  Sieger  iv  iaTZ'.oo^oüno'.GiV  ÖTiXt-cai;  5pö|^io'.c.  Wenn  man  sie  demnach 
Agone  vornehmen  ließ,  welche  durch  die  Action  des  schwerbewaffneten  I-'uÜ- 
volkes  bedingt  waren,  so  vensteht  es  sich,  daß  man  ihnen  auch  im  Felde  die 
Equipierung  und  die  Kampfesweise  dieser  Truppe  zuschrieb.  Gibt  doch  Pindar^') 
dem  Kastor  das  Epitheton  •/_xAv.o\dxpoiz,  stattet  ihn  also  mit  dem  breiten,  bronzenen 
Gürtel  aus,  durch  welchen  die  schwer  bewaffneten  Krieger  während  der  myke- 
nischen  Periode  und  bisweilen  auch  noch  später,  bis  der  aus  Metallplatten  bestehende 
Panzer  eingeführt  wurde,  den  Unterleib  schützten.  Endlich  lassen  auch  die  Mythen, 
welche  über  die  Kampfesweise  der  Brüder  deutlichen  Aufschluß  geben,  die  letz- 
teren nicht  zu  Pferde,  sondern  zu  Fuß  fechten.  Xach  alledem  haben  wir  anzu- 
nehmen, daß  der  Beiname  /avaxoi,  den  die  Dioskuren  in  der  Peloponnes,  oder 
avaxe;,  den  sie  in  Attika  führten,-'-)  dieselben  ursprünglich  als  die  Oberbefehls- 
haber eines  Heeres  bezeichnete,  welches  noch  keine  Cavallerie  enthielt,  wie  im 
homerischen  Epos  Agamemnon  das  Epitheton  avxc  ävcptTjv  erhält  als  Oberbefehlshaber 
der  entweder  auf  Streitwagen  oder  zu  Fuß  ausrückenden  Achaier.  Endlich  ver- 
dient es  auch  Beachtung,  daß  während  der  älteren  Zeit  in  der  Auffassung  der 
göttlichen  Brüder  das  jünglingshafte  Element  nicht  so  scharf  betont  wurde,  wie 
es  später  geschah,  seitdem  die  Cavallerie  eingeführt  worden  und  das  Patronat 
dieser  Truppe,    in    der   vorwiegend   junge    Leute    aus    den   vornehmen    Familien 

^)  Plutarcb,  De  tnusica  26;   Lycurg.  22.    Alles  ";  De  leg.  VJI  p.  79O   B. 

Weitere  bei  O.  Müller,   Die  Doricr  II'  327—329.  '")  Isthm.  I  31. 

^)  Schol.  zu  Pindar.  Pyth.  II   127.  ^';  Nem.  X   170. 

^'j  BeiAthen.IV  p.  184  F.Vgl.  Arislid.  II14  (vol.  ^^)  Röscher,  Lexikon   d.  griecli.  u.  röm.  Mytlio- 

I  p.  24    ed.    Dindorf;:    A".&3y.vjfo;   5'   kr.'  oi.i-%    fder  logie  I  1165. 
Athena)  rupftxfJouKV. 


Die  imzsX^  und   ihre  Knajipen  20I 

dienten,  den  Dioskuren  zugefallen  war.  Wir  dürfen  dies  daraus  erschliel3en,  daß 
die  Dioskuren  im  athenischen  Anakeion  mit  ihren  Söhnen, •'■')  in  ihrem  Tempel 
zu  Arg-OS  von  Dipoinos  und  Skyllis  mit  ihren  Frauen  und  Söhnen  dargestellt 
waren,'*)  wie  daß  die  Reliefs  des  Kypseloskastens  den  einen  Bruder  bärtig 
zeigten.-'''')  Sie  erschienen  in  diesen  Bildwerken  in  einem  reiferen  Alter,  entsprechend 
demjenigen,  welches  wir  für  die  Mehrzahl  der  wehrpflichtigen  Bürger  voraussetzen 
dürfen.  Vielleicht  wird  Petersen  hiergeg-en  die  Erklärung  geltend  machen, 
die  Blinkenberg  von  dem  Bilde  einer  gewiß  hoch  in  das  7.  Jahrhundert  hinauf- 
i-eichenden,  protokorinthischen  Lekythos  gegeben.'")  Man  sieht  darauf  eine  Frau, 
die  von  zwei  Kriegern  bedroht  wird  und  erschrocken  die  Rechte  erhebt.  Der 
eine  Krieger,  der  in  der  Linken  eine  Lanze  hält,  erfaßt  mit  der  Rechten  ihren 
linken  Unterarm;  der  andere  schreitet  mit  gezücktem  Schwerte  hinter  seinem 
Genossen  her.  Links  von  dieser  Gruppe  sind  zwei  Reiter  darg-estellt,  die  einen 
sehr  jugendlichen  Eindruck  machen;  ihre  Haltung  erscheint  durchaus  ruhig  und 
gelassen;  die  Pferde  stehen  still.  Blinkenberg  hat  dieses  Bild  ohne  Zweifel  richtig 
auf  eine  Entführung  und  mit  großer  Wahrscheinlichkeit  auf  die  Entführung  der 
Helena  durch  Theseus  und  Peirithoos  bezog'en.  Wenn  er  jedoch  in  den  beiden 
Reitern  die  Brüder  der  Helena,  die  Dioskuren,  erkennt,  so  widerspricht  dem  die 
Teilnahmslosigkeit,  mit  der  dieselben  der  Handlung-  beiwohnen.  Man  hätte  zu 
gewärtigen,  daß  die  Gebärden  der  Brüder  angesichts  der  Vergewaltig-ung-,  die 
ihre  .Schwester  erfährt,  irgendwelche  Erregung  bekunden  würden.  Da  hiervon 
keine  .Spur  wahrnehmbar  ist,  möchte  ich  vorschlagen,  die  beiden  Reiter  vielmehr 
für   die  Knappen  der  die  Frau  überfallenden  Krieger  zu  erklären. 

Aus  alledem  ergibt  sich,  daß  die  Auffassung  der  Dioskuren  einerseits  als 
iTz-Eic,  und  andererseits  als  schwerbewaffneter  Krieger,  die  zu  Fuß  fochten,  aus 
der  Zeit  datiert,  welche  der  Einführung  der  Cavallerie  voranging,  aus  der  Zeit, 
während  derer  die  tTiTisr;  zunächst  als  Parabaten  und  hierauf  als  berittene  Hopli- 
ten  ins  Feld  rückten.  Die  Parabaten  mußten  mit  den  Rossen  vertraut  sein,  weil 
diese  den  Streitwagen  zogen,  jene  Hopliten,  weil  sie  die  Märsche  beritten  zurück- 
legten. Doch  kämpften  die  einen  wie  die  andern  schwer  bewaffnet  und  in  der 
Regel  zu  Fuß.  Zu  Cavalleristen  konnten  die  Dio.skuren  erst  werden,  seitdem  eine 
derartige  Truppe  in  den  hellenischen  Heeren  vorhanden  war.  Hätte  sich 
Petersen   die  Mühe  gegeben,  den  Artikel   „Dioskuren"  in  Roschers  Lexikon    der 

^')  Pausan.  I   l8,    I.  '*)  Revue    archeologique  XXXIII     1893  II    p. 

^^)  Pausan.  II  22,   5.  399—400. 

'=)  P.iusan.  V   19,  2. 


202  \V.   llelhi};.   Die   tnirsi;  iiiul  ilirc   Kii;i|)|hmi 

griechisclKMi  uiul  römisclioii  jNlylhulogio  1  ii,S4  rt-  ilurcli/ulosen,  ihinn  würde 
er  uns  voraussichtlich  mit  dem  Trugorakol  verschont  haben,  das  er  übi'r  die 
xoOpoi  erlassen. 

Was  die  equites  priores  betrifft,  so  brauche  ich  niicli  über  dieselben  hier 
nicht  zu  äußern.  \Vie  ich  ausführlich  in  einem  Aufsätze  dargelegt  habe,  der 
demnächst  in  den  Abhandlungen  der  bayrischen  Akatleniie  der  Wis.senschaften, 
Bd.  XXIII,  Abth.  II,  erscheinen  wird,  waren  sie  nach  dem  X'orbilde  der  mit 
zwei  Pferden  ausrückenden  Hopliten  organisiert,  die  zu  den  Heeren  der  unteritali- 
schen Griechenstädte  gehörten,  und  wurden  demnach  auch  ihre  Patrone,  die 
Castores,  von  den  gleichzeitigen  Römern  als  lierittene  lh)j)liten  aufgcfaLU. 

Seite  Si  Anm.  22  schreibt  Petersen:  „Helbig  bemerkt  zu  dem  Bilde  Mus. 
Greg.  Bd.  II  Taf  LXXII  i:  II  ne  vaut  pas  la  peine  de  refuter  l'opinion  sou- 
tenue  par  M.  Petersen  dans  Ics  Rom.  Mitt.  XV  1900  p.  i;^.  Wer  meinen  Absatz 
bis  zum  Ende  liest,  wird  mit  Erstaunen  finden,  daß  ich  nichts  anderes  sage  als 
Helbig,  nur  daß  ich  den  bevorstehenden  Kampf  weniger  betone.  Ist  doch  auch 
kein   Gegner  vorhanden,  da  beide  Paare    sich    in    gleicher   Richtung  bewegen." 

Petersen  hatte  die  beiden  Hopliten  für  Apobaten  erklärt,  was  eine  bare  Un- 
möglichkeit ist.  Der  Apobat  sprang  vom  Pferde  ab  und  hinauf,  während  dasselbe  in 
vollem  Laufe  dahinstürmte.  Hingegen  gleiten  die  beiden  Hopliten  gemächlich 
von  ihren  Pferden  herab,  während  die  letzteren  ganz  langsam  vorwärtsschreiten  oder 
im  Begriffe  sind,  stille  zu  stehen.  Außerdem  begreift  man  nicht,  was  die  beiden 
Hippotoxoten,  deren  einer  neben  jedem  der  Hopliten  liält,  neben  Apobaten  zu 
tun  haben  könnten.  Sie  sind  vielmehr  für  die  Knajipen  dieser  Hopliten  zu 
erklären.  Das  Vasenbild  stellt  nicht,  wie  Petersen  anninmit,  einen  agonistischen, 
sondern  einen  rein  militärischen  Vorgang  dar. 

Hiermit  wäre  der  .Sichtungsproceß,  dessen  die  Kritik  meines  Gegners  be- 
durfte, endlich  zum  Abschluß  gebracht.  Vielleicht  wird  man  mir  vorwerfen,  daß 
ich  dabei  allzugründlich  zu  Werke  gegangen  bin.  Aber  einer  oder  der  andere 
Leser  könnte,  verblüfft  durch  den  apodiktischen  Ton,  unter  welchem  Peter.sen 
seine  haltlosen  Behauptungen  vorträgt,  geneigt  sein,  dieselben  für  wissen.schaft- 
liche  Wahrheiten  zu  halten.  Deshalb  mußte  ich  meine  Entgegnung  ausführlich 
und  in  einer  Weise  abfassen,  welche  es  den  Fachgenossen  möglich  macht,  die  von 
mir  angeführten  Gründe  genau  zu  controllieren. 

Rom,  Villa  Lante.  \V.  IIF.L  IIIG 


203 

Theaterdarstellung  und  Tragödienscene. 

Tonrelief  des  P.  Numitorius  Hilarus. 

Talel    V. 

I.  (ondizioni  della  scoperta  —  Cronologia  del  rilievo. 

Dovendosi  aprire  in  Roma  una  nuova  strada  denominata  Corso  dl  Porta 
Pinciana,  si  intraprese  lo  sterro  della  grande  area  giä  occuiaata  dal  moderno 
„Velodromo",  fuori  Porta  Salaria.  Si  attraverso,  quindi,  la  vasta  necropoli,  cono- 
sciuta  per  molte  altre  scoperte  anteriori,  che  si  stendeva  in  quel  punto,  lungo 
l'antica  Via  Salaria,  a  cominciare  dalla  Porta  Collina.') 

Lo  scavo  tagliö  alcuni  columbari  ed  ipogei  sepolcrali,  gfeneralmente  poveri 
e  di  piccole  dimensioni,  dentro  i  quali  furono  trovate  molte  inscrizioni  funerarie.-) 
Continuandosi  gli  sterri,  tornö  in  luce,  in  seguito  ad  un  franamento  del  terreno,  una 
cameretta  sepolcrale,  abbastanza  ben  conservata,  che  trovavasi  sotto  il  pavimento 
di  un  columbario  precedentemente  esplorato,  e  ne  co^^tituiva,  naturalmente,  il  piano 
inferiore.  Di  questa  nuova  scoperta  ha  giä  riferito  il  prof.  G.  Gatti,  nelle  Notizie 
degli  scavi  del  1905,  pag.  13  ss.,  presentando  una  i)ianta  e  una  sezione  della 
cameretta  sepolcrale,  e  pubblicando  le  inscrizioni  in  essa  rinv'enute,  alcune  delle 
quali  ancora  al  loro  posto  d'  origine.  A  questa  relazione  del  Gatti  mi  attengo 
fedelmente,  dichiarando  di  avere  anch'io  visitato  piü  volte  i  luoghi  della  scoperta 
ed  esaminato  gli   oggetti  ivi  rinvenuti. 

II  piccolo  ipogeo  misurava  m.  2,50X1,75,  ed  era  tutto  costruito  in  opera 
reticolata  di  tufo.  La  parete  principale,  di  fronte  all'  ingresso,  era  adornata  di 
un'  edicoletta,  il  cui  basamento  era  formato  di  una  lastra  di  pietra  albana,  la 
quäle  stava  sopra  il  sepolcro  contenente  un'  olla  di  terracotta,  tuttora  chiusa  dal 
suo  coperchio,  e  ripiena  di  ossa  combuste  e  di  ceneri.  Su  questo  sepolcro  era 
murato  il  rilievo  fittile  con  rappresentanza  teatrale.  Ai  lati  dell'  edicola  erano 
costruite  due  grandi  nicchie,  ciascuna  delle  quali  conteneva  quattro  olle  cinerarie 
fittili.')  II  franamento  del  muro  fece  cadere  a  terra  i  vari  pezzi  dell'  edicola, 
ma  il  rilievo  dipinto  rimase  al  suo  posto,  e  fu  asportato  dagli  operai,  depo  aperto 
il  sepolcro  di  cui  sopra  ho  parlato.  Si  rese  quindi  impossibile  fotografare  il 
piccolo    monumento    funerario    sul    luogo   e    nell'   intero  complesso  delle  sue  varie 

'■)  Cfr.    Richter,    Topogr.   der    Stadt  Rom'  351.  Gennaio  1905,  p.  19  ss.   Questa  breve  relazione,  scritta 

^)  Su  queste  scoperte  ha  giä  riferito  il  eh.  prof.  subito  dope  avvenuta  la  scoperta,  i,  in  qualche  punto, 

G.   Gatti  nelle  Notizie,  degli  scavi    1904,    p.   436   ss.  raodificata  dalla  presente  piü  ampia  e  piü  ponderata 

Una    relazione    preliminare    e    sommaria    sul    rilievo  illustrazione. 

scenico    tu    da    me    data     nelle    stesse    Notizie     del  ^1  Cfr.  le  citate  Notizie,   p.  14,   fig.  2. 


Fig.  46     RecoDstructioQ  der  Grabaedicula. 


parli.  Ma  da  ijueste,  raccolte  e  misu- 
rati'  ililigentemeiite,  si  ])ote  eseguire 
r  accurato  disog-iio  ricostruttivo,  che 
qui  si  ripriiiluco  nclla  iig\  .[().  I  vari 
pezzi  deir  edicola,  ricomposti  insieme 
alla  meglio,  teneiido  esatto  conto  dogli 
attacchi,  sicuri  per  Ic  tracce  lasciate 
dallo  stuccü,  fiirono  fotografati,  come 
risulta  dalla  fig.  47. 

Sopra  il  basamento,  era  poggiata 
la  lastra  fittile,  fortemente  trattenuta 
ai  lati  dal  dento  di  due  robusti  tego- 
loiii,  infissi  nel  muro  reticolato  di 
tulo.  Su  di  essi,  superiormente  alla 
lastra,  stava  uii  listello  di  marmo 
bianco,  che  fronteggiava  il  piano 
deir  edicola,  la  cui  nicchia,  rivestita 
di  stucco,  era  in  gran  parte  ruvinata. 
Le  due  piccole  colonne  sono  di  terra- 
cotta  rossastra;  le  basi  e  i  capitelli 
di  argilla  biancastra  bene  epurata,  la- 
vorati  a  mano  libera  e  a  stecca  con 
sufficiente  franchezza.  Si  noti  1'  Orna- 
mente dei  capitelli  con  ovuli,  interes- 
sante per  chi  voglia  studiare  le 
forme  architettoniche  di  questo  pic- 
colo   ma  singolare   monumento    fune- 

rario.  L'  architrave,  il  frontone 
^^,  e    la  tabella  anepigrafe,    che 

stava  nel  mezzo  del  timpano, 

sono   di  marmo,    scolpiti    con 

poca  cura.'') 

*j  Ecco  alcune  misure  dell' edicola: 

alt.  totale,  dal  basamento   di  pietra    al- 

^  "'"''''  bana    al  sommo  del    timpano,  m.  1,59; 

alt.     del     basamento     m.   0,25;     dclla 

laslni    dipinta    m.  ü,3'j;    del  listello  di 


Theaterdarstellung  und  Tragödienscene 


205 


Neil'  ipogeo  si  rinvennero,  tuttora  affissi  al  proprio  loculo,  due  titoletti 
sepolcrali,  e  da  essi  risulta  che  il  columbario  era  proprietä  di  P.  Numitorius 
Hilarus,  il  quäle  vi  aveva  conceduto  luogo  di  sepoltura  a  suoi  clienti  e  liberti. 
Altre  numerose  iiiscrizinni  furono  raccolte  fra  la  terra  acciimulata  nell'  ipogeo 
rovinato;  e  sono  State  pubblicate,  come  le  due  prime,  dal  prof.  Gatti,  nelle 
Notizie  degli  scavi  (1.  c.  p.  15  ss.).^) 

Quantunque  fosse  gia  iiota  1'  etä  di  questo  tipo  di  tonibe  dell'  antico  sepol- 
creto  che  si  stendeva  lungo  la  via  Salaria  (cfr.  anche  Richter,  1.  c),  pure  converrä 
qui  insistervi,  per  determinare,  con  la  maggior  possibile  approssimazione,  la 
cronologia  del  rilievo  che  forma  principale  oggetto  di  questo  studio. 

La  costruzione  in  opera  reticolata  di  tufo,  il  basamento  di  pietra  albana,  le 
stesse  forme  tectoniche  dell'  edi- 
cola,  la  cui  semplicitä  non  e  sol- 
tanto  dovuta  alla  povertä  del  se- 
polcro,  ci  parlano  di  uu'  etä  an- 
cora  abbastanza  autica, 

Questa  supposizione  e  assai 
bene  confermata  dall'  esame  delle 
inscrizioni,  gran  parte  delle  quali 
devono  essere  attribuite  alla  fine 
della  repubblica,  non  solo  per  la 
forma  tipica  dei  caratteri  e  per 
altri  indizi  ejjigrafici  esterni,  ma 
anche  per  i  nomi  delle  famiglie 
che  in   esse  ricorrono.     In  sepolcri 

marmo  m.   0,043;    ^"-  delle  colonne  m.  0,57; 
largh.  del  piano  dell'  edicola  m.  0,50. 

^)  Trascrivo  la  prima  di  queste  inscrizioni, 

dalla  quäle  ho  tratto  il    nome  del  rilievo: 

EPICONO  •  VOLVSIANO 

OPE  Rl   •   EXACTORI 

AB  •  LVCO  ■  FERONI  AE 

P-    NVMITORIVS 

H  I  LA  R  V  S 

CLI  E  NTI     •    LOCVAA 
OLL^E    •    DONAVIT 

Anche  nella  seconda  ricorre  lo  stesso 
nome  del  proprietario  del  columbario,  P.  Nu- 
mitorius Hilarus. 

Jahreshefte  des  osterr.  archri..!.  Institutes  Hil.  VUI 


Fig.  47     Fragmente  der  Aedicula. 


2o6  G.  Rizzo 

assai  vicini  a  quelle  di  P.  Nmiiitoiius  llilarus  si  sono  trowiti  titoli  tuncrari  dci 
liberti  di  C  Sallustius  e  di  Acmilius  raullus:  r  ludlo  stesso  ipogco  di  Nuniitnrius 
fii  raccolta  un'  ejiigrafe.  col  minu>  di  I.icinia  Saturnina,  lil)eita  „diunum 
Liciniorum"  (?).'')  Ouiiuli  il  riliovo  tittilo  dipiiitd,  trnvato  ancora  al  siui  posto 
ori^inario,  appartiene  sicuramente  agli  ultinii  tenipi  rcpuhliliraui,  o,  al  piii  tardi, 
ai  primissimi  anni  dell'  impcro. 

L'  uso  di  questi  \rcgi  „Canipana"  ]u>r  adornare  i  coluinbari  non  r  mioNO. 
com'  io  prima  credevo.  Altri  sc  ne  coiioscono  provenienti  dal  columbario  dei 
liberti  di  Livia,  da  due  sepolcri  del  secolo  di  Augusto,  da'  columbari  fuori  Porta 
Maggiore').  K  quindi  assai  dubbio  che  la  destinazione  dol  nostr<i  riliino  nel- 
r  edicola  sepolcrale  risponda  ad  un  concetto  simbolico  —  secondo  in  princijjio  avevo 
supposto  —  piuttosto  che  ad  un  semplice  fine  decorativo;  e  congettura  auch'  essa 
difficile,  se  non  assolutamente  da  escludere,  mi  scmbra  qui'lla  che  la  scelta  del 
soggetto  drammatico  alluda  all'  arte  dell'  estinto. 


II.  II   rilievo  e  la   questione  archi  tettonica  della  sciMia. 

Per  le  misure  e  per  la  tecnica,  il  nostro  rilievo  non  differisce  dagli  altri 
fregi  di  tipo  Campana  (misura  m.  0,42  di  larghezza,  per  m.  0,39  di  altezza,  per 
m.  0,025  di  spessore).  La  conservazione  puo  dirsi  ottima;  la  policromia  —  cosa 
non  molto  frequente  —  e  ancora  fresca;  e  quando  il  rilievo  fu  tolto  dal  suo 
posto  originario  e  ripulito  da  uno  strato  denso  di  fumo  grasso  che  lo  ricopriva, 
i  colori  apparivano  vivaci.  AI  contatto  dell'  aria,  conio  suole  avvcnirc  in  simili 
casi,  il  tono  di  essi  si  e  notevolmente  abbassato. 

*)  Questi    cd    altri    nomi    di    raolti    personaggi  p.   283;     1S88    p.  2S2;     iSi/j    p.  3:8;     l8i)ij    p.  il; 

storici  bcn  conosciuti,  le  date  consolari  incise  sopra  I904  p.  442. 

alcuni   titoletti    sono  il   documento   piü  esplicito  del-  ")  Gori   A.  J.,    Mnnum.    sivc    columb.   libcrt.    et 

l'eti  del  sepolcreto.    Basla   percorrere  le  circa   1500  servor.  Liviac  Augustae,  Tav.  XIII,  D;  XVII,  D,E; 

inscrizioni    tomate    in    luce    da    quel    terreno,    per  XIX,   A,  B;  p.  34  s.:    nonnuUa   elegantiora   figlina 

riconoscere  le  piü  celebri  famiglie  dcU'  ultimo  secolo  anaglypha  observemus,  quibus  totara  liuius  columbarii 

della    rcpublica    o    del    primo    secolo    dell'   Impero.  camcram    ornatam    fuisse    compcrtum    est.    —    Cfr. 

C.  Sallustio  Crispo,   L.  Livineio  Rcgulo   (contempo-  Piranesi,    Anlicb.    rom.    III,    tav.   XXVIII,    E,   L; 

raneo    di   Cicerone),    i    Licinii,    Cecilia    Mctclla,    la  XXIX,  c.    —    Campana,    Di    due    sepolcri    romani 

famiglia   di  Ottavia,    sorella   di  Augusto  (720—730),  del  secolo  d'Augusto,  tav.  VIII,  B.  I  fregi  provenienti 

Livineio  Gallo  (cos.  752),  i  Norbani  Flacco  e  Balbo  dai  columbari  prcsso  Porta  Maggiore  si  conser%'ano, 

(coss.   708e   772)    cd    altri.    I    titoletti    datati    sono  inediti,    ncl    Museo    Kirchcriano    di    Roma:    num. 

degli  anni  750,  752  e  762.  Devo  queste  informazioni  d' Invent.   800,  439,    840,  870,  924 — 26,  929,    1090, 

alla   cortesia   e   alla  dottrina   del  prof.  Gatti.  Alcune  1096  etc  ;  c  sono  quasi  tutti  ornati  di  scmplici  rilievi 

delle   inscrizioni    da   me   citatc   sono   ancora   inedite.  decorativi  o  architcttonici. 
Cfr.   Notizie    degli   .Sc.avi   1886    p.  328,   364;     1887 


Theaterdarslellung  und  Tragödienscene  207 

II  rilievo  deriva  da  una  matrice  stanca,  e  fu  molto  ritoccato  con  colpi  fretto- 
losi  e  duri  di  stecca,  che  hanno  talvolta  sciupato  i  coiitorni  delle  figure,  scavato 
pieghe  troppo  rigide,  alterato  o  addirittura  rifatto  alcune  parti  delle  facce  dei 
personaggi.  Manca,  insomma,  quella  precisione  di  linee  e  quella  morbidezza  nel 
modellato,  che  rendon  si  cari  all'occhio  molti  dei  rilievi  Campana;  e  vi  si  sente 
la  mano  inesperta  dei  figulo  romano,  che  non  aveva  troppo  tempo  da  perdere 
nel  lavoro  di  fregi  d'  uso  tanto  comune.  Inoltre,  durante  la  cottura,  la  lastra  si  sarä 
inclinata  verso  sinistra,  di  modo  che  le  linee  della  base  e  dei  lati  non  s'  incon- 
trano  ad  ang-olo  retto. 

Oltre  questi  difetti  di  tecnica,  il  rilievo  ne  presenta  altri  nella  prospet- 
tiva  e  nelle  proporzioni :  e  su  di  essi  non  insisto.  Si  sa  che  noi  siamo 
dinanzi  ad  un  oggetto  d'  arte  industriale,  la  cni  importanza  non  puö  certa- 
mente  derivare  dalla  eleg-anza  e  dalla  precisione  delle  linee,  che  qui  disgraziata- 
mente  manca. 

Per  qnanto  liguarda  i  colori,  le  attente  e  ripetute  mie  osservazioni,  con- 
fermate  da  nn  esame  dei  pittore  E.  Traversari,  che  ha  eseg'uito  1'  acquarello 
per  la  tavola  V,  mi  hanno  indotto  a  ritenere  che  il  rilievo  fu  dipinto  due  volte, 
in  tempi  diversi.  I  due  strati  sovrapposti  sono  evidenti  in  piü  punti;  ne 
r  inferiore  puü  dirsi  „preparazione"'  dell'  altro,  opponendosi  a  ciö  ragioni  di 
tecnica,  anche  per  la  scelta  degli  stessi  colori.  Come  si  puö  vedere  dalla 
tavola  V,  i  colori  principali  della  parte  architettonica  sono  il  bianco  e  il  turchino; 
ma  sotto  il  bianco  c'  e  talvolta  un  leggero  strato  di  altro  colore.  Nel  fregio 
superiore  di  palmette  con  bucrani,  si  vedono  alternati,  fra  un  bucranio  e 
r  altro,  un  campo  turchino  ed  un  altro  rosso-bruno;  ma  sopra  questi  colori 
fu  data  una  densa  velatura  di  bianco,  e  sul  bianco  furono  dipinti  i  nodi  delle 
palmette  in  lacca  rossa.  Le  scrostature  dello  strato  bianco  lascian,  qua  e  lä, 
vedere  i  colori  sottostanti.  Nella  porta  a  sinistra,  p.  es.,  la  stratificazione  dei 
vari  colori  e  visibilissima;  e  cosi  in  qualche  piccola  parte  dell'  abito  dei 
personaggi,  per  i  quali  perö  la  .seconda  dipintura  confermö  quasi  sempre  il 
colore  precedentemente  adoperato. 

SojDra  un  dente,  che  serviva  per  1'  inserzione  dei  freg'io  nel  pezzo  architet- 
tonico  sottostante,  e  che  e  comune  in  quasi  tutti  i  rilievi  Campana,  un  listello 
aggettante  a  forte  rilievo  forma  il  piano  sul  quäle  stanno  gli  attori,  dinanzi  alla 
facciata  della  scena,  riccamente  ornata  e  decorata.  Questa  facciata  e  costituita 
da  un  unico  jjrospetto  architettonico,  che  si  sarebbe  riconosciuto  come  perti- 
nente     alla     scena,    anche    se    nel    rilievo     fossero    mancati    gli    attori    col    loro 

2Ö* 


carattcristico  costuiuo  loatnilc.  Abbiaino.  inlaUi.  Ic  in-  imhIc  lipichc  ilraiinc  che 
ne'  piii  anticlii  prosconii'l :  la  „rc^ia".  piii  t^randc,  nd  nir/zo.  <■  a'  lati  If  tlw 
porte  „hosphali's".  tutto  o  tro  chiu>c  dai  loro  batlenti  di  Icyiio.  dci  (luali 
sono  indicati  i  jiartioolari  coii  molta  oura.  Accantd  alla  jiorta  ri>L;ia,  soina  un 
unioo  zoccolo,  s'  innalzano,  pei"  ciascun  talo,  due  coloniie  ioniche,  che  innuaiKi 
due    corpi    architettonici   avanzati,    sormontati    da   frontoni   con  acroteri.     Ai  lati 


üdüHHyHdidHbyHütr  b~h^  b~h~  u~ 


Fig.  48 

Arcliitektonisclier  Prospect  des  Reliefs  des   1'.  Nuniitorius  Hihirus. 

(Oa  un   (liscgno  ricostrultivo  deU'  arcliit.  G.  (iiovannoni.) 


estremi,  accanto  all«  due  porte  hf)spitales,  stanno  diH'  ])ilastri  d'  ordine  corintio, 
sopra  uno  zoccolo  disposto  prospetticamente  in  angolo,  come  si  potra  vodere 
dalla  esattissima  pianta  del  rilievo.  Dalla  cornice,  che  e  sorrotta  da  i|uesti 
pilastri,  si  svolgono,  sulle  porte,  due  arclii,  cIk;  vaniio  a  finirc.  dall'  altro  latn, 
accanto    alle    due  edicole.  (Fig.  48.) 

Assai  notevoli  sono  le  decorazioni  di  questo  pro.spctto  architfttonico;  ed 
anch'  esse,  da  sole,  ci  parlano  del  teatro;  due  tripodi,  che  si  suppongono 
di    bronzo    dorato    dal    colore    giallo   con    cui    sono    dipiiiti,    stanno    in   corrispon- 


Theatenlarslflluii^;   uml   Tiufjöilii-nscenc  209 

(lenza  dei  pilastri  (Tan^i^-olo;  e  sug-lj  archi,  due  erme  di  iiianno.  Sulla  i>()rta 
centrale,  un  yruppo  broiizeo  di  un  Ippoctimpo  cavalcato  da  una  Nereide,  la 
quäle  reggeva,  forse,  nella  sinistra  un  elmo  (le  armi  di  Acliille),  o  un  lembö 
del  panneg-gio  svolazzante :  cio  ch(>  nrni  nii  jKir  [lOHsibile  determinare,  a  causa 
della  cattiva  conservazione  di  cpirsto  puntn  del  rilievo.  Sojira  le  tre  porte 
sono  sospesi  festoni  di  foglic  didla  ..ditmisiaca"  ellera,  dipinte  di  un  bei 
verde  chiaro. 

Costretto  dai  limiti  di  misura  assegnati  a  qucsto  ;genere  di  rilicvi,  il  figulo 
addenso  sui  frontoni,  senza  tener  conto  delle  proporzioni  architettoniche,  la  cornice 
terminale  del  prospetto,  la  quäle  poggia  su  mensole  di  profilo  curvilineo.  Su 
questa  cornice  schematica,  corre  un  fregio  di  bucrani,  sormontati  da  pal- 
mette,  e  1'  uno  all'  altro  riunito  da  ghirlande  o  vitte  di  perle,  dipinte  di  giallo. 
Parmi  assai  dubbio  che  questo  fregio,  quantunque  abbia  elementi  simbolici  di 
decorazione  riferibili  al  teatro  (i  bucrani),  faccia  parte  integrale  del  prosjjetto 
architettonico;  anche  perche  la  medesima  decorazione  si  ritrova  in  altri  rilievi 
Campana  con  diverse  rappresentanze  (cfr.,  j).  es.,  Campana,  Ant.  opere  in  plastica, 
tavv.   55   e  84). 

Altri  esemplari  di  questo  rilievo  scenico  non  mi  sono  noti;  ed  io  non  so 
precisamente  se  i  due  piccolissimi  frammenti  ricordati  dal  Reisch,-)  siano  parti  di 
un  rilievo  uguale  al  nostro.  II  frammento,  che  dovrebbe  essere  nel  Casino  di 
Pio  IV  nel  Vaticano,  non  ho  potuto  vederlo;  ma,  a  giudicarne  dalla  cattiva 
riproduzione  datane  dal  vSerroux  d'Agincourt,  Recueil  de  fragments  de  sculpt. 
antique  (Paris  1814),  tav.  XXIX  n.  5,  esso  deriva  da  una  matrice  diversa,  poiche 
r  unica  testa  che  in  esso  si  conservi,  lia  la  maschera  \'irile  barbata,  cinta  di 
tenia.  Dell'  altro  frammento  del  JNIuseo  di  (xotha,  il  Reisch  assicura  che  la 
maschera  e  muliebre,  ma  non  so  se  uguale  a  quella  del  nostro  rilievo.  Del  resto, 
non  era  possibile  da  questi  minuscoli  frammenti  comprendere  1'  architettura  della 
facciata  e  il  significato  della  scena  rapi)resentata,  perche  essi  non  contengonri 
che  una  piccola  parte  della  trabeazione  centrale  col  gruppo  della  Nereide,  e  la 
sola  testa  del  secondo  personaggio. 

Perö  il  rilievo  ch'  io  pubblico  va  direttamente  a  ricollcgarsi  all'  altro  dello 
stesso  tipo  Campana,  cono.sciuto  per  jiarecchi  esemplari  simili,  tutti  frammentari, 
e  per  l'esemplare  giä  della  Collezione  Campana,  capricciosamente  restaurato  e  com- 

')  Dörpfeld  und  Reiscli ,  Das  griech.  Theater  dei  fregi  Campana,  di  farmi  c|ueslo  confronto.  Non 
332.  Non  ho  fatto  a  tempo,  per  pregare  il  prof.  von  mi  fu  possibile  ottenere  una  fotografia  del  frammentino 
Rohden,  che  —   come  si  sa   —  attende  al  „Corpus"        conservalo  nel  Museo  di  Gotha. 


G.   Rizio 


f      -/ 


/ 


r- 


^flf^  |ilcl.ito.  "I    Ma   la   rU-o- 

stni/.ioiu-      sicura      di 

i|ut'sl'   altro  rilicvd  si 

|ui(')      riti'ncfi^     ijnclla 

prima      imlicata      dal 

Rcisch,     e     tradotta, 

ilii]i(),    in   dis('j;'n()    dal 

Puchstcin,    mcrcr    la 

combiiiazione    di    duo    franimeiiti:    qucllo    del  Miisoo 

Kircheriaiio     di     Roma     e     un     altn»     di'l     Kc^stiuT- 

niuseum     di     Hannover.'")       Di     i|iicll(;     dd     Rluseo 

Kircheriano    si    da    qui.    per    ragnone    di    confronto, 

una    riproduzione,    ch'    io    credo    la    prima    che    ris- 

ponda  al  vero    (fig.  49).     Questo    fregio    rapprcscnta, 

com'    e     noto,    una    scena     indeterminata,     probabil- 

mente     della     commedia    nuova;     e     per     la     parte 

architettonica    e    abbastanza    diverso    e    certamente 

assai    meno    importante    di     questo    di    Via  Salaria. 

II  quäle,  nella  non   ricca   serie   di    queste    rappresen- 

tanze    fig-urate,")    occuperä    d'  ora    iniianzi    un    ]X)sto 

cospicuo,    anche    per    la    scena    della    tragedia    perduta    che    esso    ci    riproduce, 

quantunque  con  arte  assai  mediocre. 

La  questione,  agitatasi  in  questi  ultinii  aniii  a  proi)osito  di  questi  rilievi, 
puö  esser  formulata  cosi:  se  essi  rappresentiiio  il  proskenion  del  tcatro  ellenistico, 
o  la  „scenae  frons"*  del  teatro  romano,  secondo  Vitruvio  e  secondo  i  monumenti 
superstiti.  Questi,  almeno,  i  termini  della  discussione,  come  si  e  svolta  finora,  princi- 
palmente  fra  il  Dörpfeld  e  il  Reisch,  da  una  parte,  sostenitori  della  prima  opinione, 
e  il  Puchstein  e  il  Bethe,  dall'  altra,  risoluti  oppositori,  che  nulla  concedono  agli 
avversari,  ne  per  il  quesito  j^ropriamente   architettonico,  ne  per  il  cronologico. 

Io  credo,  perö,  che  tenendo  anche  conto  delle  congetture  esposte  dal  Betlie, 
nel  SUD  articolo  sulla  scena  ellenistica,'-j  la  questione  possa  avere  aocora  un  terzo 


Fi^ ■tlarclicf 

des   Mu-c>'    Kircheriano. 


';  Campana,  op.  c.  tav.  XCVIII;  Annali  dell' In-  ")  Cfr.   questi    monumenti    in    DR.  p.  327   ss.; 

stituto,   1859,  tav.  O;  Baumeister,  Dcnkm.Hler  III,  fig.  figg.  81  ss.:    e  per  la  discussione  in  proposito,  oltre 

1831 ;  Schreiber,  Culturhist.  Bilderatlas  T.  III  4;  e  piii  il  citato  libro  del  Puchstcin  (pag.  24  ss.),  cfr.  gli  arlicoli 

Tolte  altrove.  del  Dörpfeld  e  del  Bethe,  che  andrö  citando,  nel  corso 

^)  Cfr.   Dörpfeld    und    Reisch,   op.    cit.   p.  330,  di  questo  lavoro. 

fig.  83:  Puchstein,  Die  griech.  Bühne,  p.  26  s.  fig.  4.  '^)  Bethe,  Die  hellenist.  Bühnen  und  ilire  Dcko- 


Thcaterd;irstellung  und  Tragödienscene  211 

termine,  esclusivamente  cronologico :  dato,  cioe,  che  il  nostro  rilievo  non  rappre- 
senti  il  proskenion,  se  qiiesto  prospetto  architettonico  della  scena  debba  riferirsi 
al  teatro  ellenistico  o  al  romano.  E  poiche  nella  graduale  evoluzione  da  quello 
a  questo,  e  impossibile  segnare  una  linea  netta  di  divisione,  si  comprende  come 
la  questione  del  ,,posto"  che  neU'  architettura  dal  teatro  avrebbe  occupato  il  pro- 
spetto effigiato  nel  rilievo,  sia  assai  piü  imi^ortante  e  decisiva  che  la  questione 
cronologica. 

Premetto  ch'  io  comprendo  bene  di  trovarmi  dinanzi  ad  un  lavoro  d'  arte 
industriale,  il  cui  valore  per  le  questioni  architettoniche  non  e  assoluto;  di  modo 
che  bisogni  avvalersene  con  giudizio  molto  circospetto  e  discreto.  Per  ciö  appunto, 
io  vorrei  esaminare,  fin  dove  e  possibile,  quäle  fede  meritino  questi  rilievi,  e 
Stabilire,  diro  cosi,  il  limite  di  confidenza  in  essi,  tutte  le  volte  che  ci  rap- 
presentano  prospetti  architettonici,  specialmente  se  di  edifici  conosciuti  per  monu- 
menti  superstiti. 

Le  attinenze  stilistiche  dei  rilievi  Campana,  con  quelli  troppo  generica- 
mente  denominati  ellenistici  dallo  Schreiber,  la  loro  predilezione  per  un  genere 
di  soggetti  che  appunto  in  quel  ciclo  d'  arte  ci  e  dato  di  riscontrare,")  rendono 
indiscutibile  la  derivazione  artistica  di  questa  numerosa  classe  di  fregi  fittili,  la 
cui  applicazione  decorativa  trovo  cosi  larga  difFusione  nell'  architettura  romana 
dalla  fine  della  repubblica  sino  all'  eta  imperiale  inoltrata.  A  tal  punto,  che  la 
loro  prima  fabbricazione,  fatta,  com'  io  credo,  su  modelli  ellenistici  o,  torse  anche, 
da  matrici  direttamente  importate  dall'  Oriente,  determinö,  col  crescere  dell'  uso, 
prodotti  d'  imitazione  romana,  qualche  volta  con  soggetti  che  non  potevano 
esser  copiati  o  altrimenti  derivati  da  modelli  ellenistici,  ma  eran  creazione  del 
iigulo  romano,  che  copiava  direttamente  dal  vero. 

Sono  noti  i  nomi  di  alcune  fabbriche  romane  di  questi  rilievi;")  ed  e 
anche  utile  esaminare  alcuni  dei  rilievi  Campana  con  rappresentanza  di  edifici 
architettonici.'-'^)  La  fedeltä  al  vero  e  la  precisione  dei  particolari  decorativi  sono 
veramente  notevoli,  come  e  facile  vedere,  p.  es.,  nel  rilievo  di  Annia  Arescusa, 
citato    in   nota,    in   cui   e    rappresentata    la   meta   del  Circo   romano,    e    nell'    altro 

rationell;    Jahrbuch    d.    k.    deutsch,    arch.    Inst.  XV  '^)  Cfr.  CIL   XV    I,    n.  2538    ss.  I    nomi    noti 

(1900),  p.  59  SS.  sono:  Annia  Arescusa  (Cfr.  anche  Catal.  ofthe  Terrae. 

1^)    Non   intendo,    perö,    che   le   fonti   artistiche  in  the  Brit.  Mus.  D,  627;  tav.XLIV,  3)  —  M.  Antonius 

siano    da  ricercare   esclusivamente  nell'  arte  alessan-  Epaphrus  —  C.  Calpetanus  Favor  —  Octavius   (Ctr. 

drina,  come    pare    che  voglia   Io  Schreiber,   cedendo  Jahreshefte  VI  25  s.,  tav.  3)  —  ed  altri  nomi  incerti, 

al  miraggio  della  sua  nota  teoria.    Cfr.  Schreiber,  in  da  frammenti. 

Verhandl.    der    40.    Philologcnversamml.    in     Görlitz  '^)  Campana,  op.  cit.  tav.  89   e  tavv.   91— 97- 

1889,  p.  310. 


vCanipaiia,  o.  c,  tav.  Sq*,  in  cui  r  rapproscntato  uu  arco  trionfaU'.  Cosi  nci  rilievi 
con  prospetti  di  palestre,  nci  i|uali  tu  possibile  constatare  rlu'  lliio  Ic  staluc 
ilecorative  delle  nicchie  o  doyli  intiTcolunni  risponddno  osattanicntc  a  lipi  che 
ci  ö  dato  di  riconoscere  nell(>  opere  suporstiti  dclla  scultura  aiitica.'")  Ouesto  io 
dico,  per  conchiudere  che,  se  nell'  esame  di  questi  riUevi  architettonici  convieue 
certamente  esscr  cauti  e  circospotti,  non  bisogna  perö  essere  ne  diffidenti,  ne 
scettici  addirittura. 

Or  io  credo  oho  il  piccolo  monumento  scenico  di  P.  Numitorius  Hilarus 
aggiungerä  quakin'  non  isi)regevole  elemento  alla  „vexata  quaestio"  del  teatro, 
se  esso  sarä  esarainato  senza  preconcetti.  Trahiscio  di  insisterc  nel  fatto,  ehe  inai 
apparve,  in  altre  congeneri  rappresentanz(>,  il  jjrospetto  dclla  scena  (chiamiatnolo 
cosi.  per  ora)  tanto  vario,  completo  c  riccamente  ornato;  nia  1'  esainc  dclla  pianta 
(fig.  50)  da  molto  a  pensare,  e  confcrma,  in  uii  scnso  o  nell'  altro,  congctture 
'•"iä   fatte  da   altri   archeoloüi. 


Fiy.    50     Grundriß  des  seenisclien   Reliefs  des  P.  Numitorius   Hihvrus. 

Ouestione  preliminaro  e,  dirö  cosi,  pregiudiziale  per  1'  esamc  architettonico, 
e  questa:  se  il  listello  del  rilicvo  sul  (|uale  stanno  gli  attori  indichi  il  ])iano  del- 
l'orchestra,  dinanzi  al  proskenion,  o  il  piano  supcriore  del  proskcnion  stesso,  dinanzi 
alla  parete  di  fondo  della  scena.  Per  ammettere  questa  seconda  ipotesi,  bisogne- 
rebbe  necessariamente  supporre  che  1'  artista  avesse  intenzionalmente  tralasciato  la 
parte  inferiore  del  prospetto  architettonico;  e  la  ragione  di  ciö  potrcbbe  anche  tro- 
varsi,  comoda  e  facile :  la  ragione  dello  spazio,  che  avrcbbc  ohbligato  1'  artista 
ad  accorciare  la  rappresentanza,  riducendola  alle  parti  essenziali.  ]\la  per  quanto 
comoda,  questa  ragione  apparirä  altrettanto  capricciosa;  specialmente  se  si  con- 
sideri  che  nei  vasi  fliacici  con  rappresentanza  della  scena,'")  il  pndio  alto  e  o 
completamente  effigiato,  o  acccnnato  con  le  colonne  disegnat(;  solo  in   parle. 

Invece,  nelle  dimensioni  obbligatorie  della  larghezza,  l'artista  ha  incluso  tutte 
le  parti  essenziali,  riducendo  gli  intercolunni  al  minor  numero  possibile.  Infatti, 
poiche  vi  sono  comprese  tutte  e  tre  le  porte  di  rito,  gl'  intercolunni  non  potevano 

''    Cfr.  Hartwig,  Jahreshcfle  VI    16  ss.  Jahrb.   d.  Insl.    VIII  (1^931,  p.  86ss.;   Bctlie,  l'role- 

'')  Cfr.  Heydemann,   Jahrbuch  d.  Inst.  I   18S6,       gomena    278  ss.;      Rizzo,  Vaso  campano  con  scena 
p.  2605s.;  Baumeister,  Denkm.  III 1750  S5.;  A.  Körte,       fliacica,   Rom.  Mittheil.  XV  (1900),  p.  261  ss. 


Tlie;iterdarstellung  und   Tragiidienscene  213 

esser  meno  di  cinque.  Da  questo  fiitto  si  comprende  come  le  ragioni  dello  spazio 
e  i  limiti  assegnati  a  questi  rilievi,  che  sono  tutti  delle  stesse  misure,  abbiano 
obbligato  il  figulo  a  compendiare,  non  giä  a  tralasciare,  le  parti  essenziali  dello 
edifizio  ch'  egli  voleva  riprodurre. 

Come  neir  altro  rilievo  Campana  con  la  sceiia  comica,  anche  nel  nostro 
la  liuea  della  facciata  si  svolge  con  due  corpi  architettonici  avanzati,  accanto  alla 
porta  regia.  Pero  la  trabeazione  e  molto  piü  regolare  e  piii  conforme  alle  leggi 
architettoniche  e  ai  monumenti  esistenti,  in  quanto  che  i  frontoni  sormontano  i 
due  corpi  avanzati,  laddove  nel  rilievo  del  Kircheriano  staiino  sopra  le  parti 
rientranti  della  trabeazione.  Or  e  noto  che  1'  esistenza  di  questi  corpi  avanzati  e  delle 
colonne  appaiate  e  uno  degli  argomenti  piü  volte  messi  innanzi  dal  Puchstein  e  dal 
Bethe,'*)  contro  il  Reisch  e  il  Dörpfeld,  per  negare  la  proposta  identificazione  di 
questi  rilievi  col  proscenio  ellenistico,  in  quanto  che  non  si  conosce  ancora  un  pro- 
scenio  di  tale  etä,  con  la  medesima  linea  nel  piano  o  nella  forma  della  trabeazione. 

Pero  non  parmi  che  siano  da  dirsi  esclusivamente  romani  gli  elementi 
architettonici  di  questi  rilievi.  Anche  il  Puchstein  pare  che  voglia  ammettere 
(p.  25)  per  queste  facciate  un  „ordine  di  evoluzione",  diverso,  secondo  lui,  che  per 
i  proscenii  greci,  ma  certamente  derivato  dall'  architettura  ellenistica.  Ed  io 
soggiungo :  chi  puö  stabilire  dove  que.sta  finisca  e  dove  cominci  la  romana,  nel- 
r  evoluzione  necessariamente  graduale  dall'  una  all'  altra?  Quantunque  manchino 
ancora  esaurienti  ricerche  e  studi  particolari  e  manchi,  forse,  qualche  anello 
intermedio  nello  sviluppo  di  singoli  edifici  o  di  special!  forme  architettoniche, 
pure  e  treppe  noto  —  come  fatto  generale,  che  tutti  ammettiamo  per  vero  — 
che  dalle  rieche  cittä  ellenistiche  dell'  Asia  Minore  e  dell'  Egitto  deriva  la 
fastosa  architettura  romana,  allo  stesso  modo  che  tante  altre  „forme"  nel  campo 
deir  arte  e  della  letteratura. 

Io  mi  contenterö  di  ripetere  che  ti-a  i  caratteri  noti  dell'  architettura  elle- 
nistica c'  e  quello  di  ravvivare  i  lunghi  prospetti  a  colonne,  con  colonne  raggruppate 
e  con  frontoni  avanzati;  ne  puö  sorprendere  che  questa  architettura  sia  stata 
adoperata  nelle  facciate  dei  teatri  dell'  Asia  Minore  e,  dopo,  in  quelli  romani. 
Noi  conosciamo  ancora  pochi  prosceni  di  etä  ellenistica;  ma  pare  anche  a  me 
probabile  che  questo  sistema  di  linea  architettonica  fosse  giä  stato  seguito  nel 
proscenio  del  teatro  di  Delos;  e  che  i  due  parasceni  avanzati  del  teatro  di  Epi- 
dauros  accennino  al  medesimo  principio. 

^^)    Puchstein,    op.    cit.    p.    27  ss.     Bethe,    Das       p.  313  ss.     Cfr.    Dörpfeld,   Athen.    Mittheil.    XXIII 
griech.  Theater    Vltruvs,    Hermes    XXXIII    (l8g8)       (1898)   p.   354  s. 

Jahreshcfte  des  österr.  archSol.  Institutes  Bd.  VIH.  27 


;i4  G.  Riizo 

Hlemeiiti  siniili  a  qiioUi  dol  nostro  rilievo  nun  (!•  diflicile  trovarne  noi  pro- 
spetti  della  pittura  pompeiana,  tra  il  secondo  e  terzo  periodo  o  stile  del  suo 
svolgimento,  specialmonte  nella  disposizione  delle  edicole  e  delle  parti  decorative. 
Ora  le  relazioni  della  j)ittura  pompeiana  non  solo  con  la  scenogratia,  nia  anche 
con  la  costruzione  della  scena  ellenistica  sono  State  tanto  studiate  in  questi  Ultimi 
anni,  che  credo  soverchio  di  insistervi  qui,  per  il  mio  fine. '■')  K  noto  il  luogo  di 
Vitruvio  (VII  5,  2),  che  ci  afferma  appunto  come  in  questc  pitture  si  riproducessero 
^scenarum  frontes  tragfico  niore  aut  comico  seu  satyrico"  —  ed  il  nostro  rilievo,  che 
rappresenta  una  facciata  costruita  con  pietre,  la  scena  tragica  stabile,  riconla  assai 
da  vicino  la  pittura  pompeiana,  anche  per  la  tonalitä  e  vivacitä  dei  colori. 

Peru,  quantunque  nelle  rovine  superstiti  dei  teatri  giä  esplorati  e  studiati 
non  ci  sia  dato  di  trovar  nulla  di  periettamente  simile  alle  linee  architettoniche 
del  nostro  rilievo,  pure  non  solo,  come  vedremo,  i  singoli  elementi  di  esso  non 
disconvengono  all'  architettura  dei  tardi  tempi  ellenistici,  ma  1'  insieme  della  co- 
struzione put)  essere  utilmente  paragonato  con  edifizi  conosciuli  di  (juella  etä. 

La  fastosa  costruzione  con  una  porta  ad  architrave  piano  nel  mezzo  e  con 
due  porte  laterali  arcuate,  sulla  fine  della  strada  che  conduceva  al  porto  di  Efeso, 
si  discosta  dal  comune  Schema  dei  propilei  greci  e  ricorda  gli  archi  trionfali 
romani.-")  Essa  appartiene  ai  primi  tempi  ellenistici,  ed  io  la  ricordo,  soltanto 
per  far  notare  che  in  questa  costruzione  la  facciata  preseiita  i  corpi  avanzati 
accanto  alla  porta  centrale,  con  due  colonne  ioniche  appaiate  riposanti  sopra  un 
unico  zoccolo;  ed  ha,  nel  suo  insieme,  quegli  elementi  di  ricca  decorazione,  che 
sono  tanto  prediletti  e,  posteriormente,  sempre  piü  svolti  m-ll'  architettura  romana 
imperiale. 

E  rimanendo  nel  medesimo  conetto,  di  confronti  generali,  non  posso  fare  a 
meno  di  ricordare  rapidamente  la  faciata  di  una  tomba  (o  di  un  tempio?)  a  Petra 
neir  Arabia,  specialmente  dopo  gli  studi  recentissimi.-')  Se  pure  essa  non  e  di 
etä  ellenistica,  come  giä  credeva  il  Duca  di  Luynes,  ed  ora  anche  lo  Studniczka, 
e  deve   invece  attribuirsi   all'   etä  di   Adriano,  i   recenti  diligentissimi  editori  dei 

")  D.  R.  p.  337  SS.  Non  acceUo,  in  proposito,  di  Efeso.  Jahreshefle  VII  (1904)  Beibl.  Sp.  46  s.,  (ig.  9. 

alcane  idee  del  Puclistcin  e  del  Bethe,  espresse  negli  ")  Due    de   Luynes,  Voy,ige  ä  la   Mer    inorte, 

scritti  piü  volle  citati,    specialmente   per   ciö   che   ri-  tav.  44;  Studniczka,  Tropaeum  Traiani  (Leipzig  1 904), 

guarda  la  disposizione  degli  attori   nei   diversi  piani  p.  67  s.,  fig.  33;  Durm,  Baukunst  d.  Etrusk.  u.  Rom.' 

dei  prospetti,  fra  le  .gallerie',  le  edicole  e  i  corridoi.  p.  758,    fig.  828;    e  principalmcnte,    Brünnow    und 

**)  Jahreshefte  III  Mgoo;  Beibl.  Sp.  89;  R.  von  Domaszewski,  Die  Provincia  Arabia  (Straßburg  1904), 

Schneider,  Ausstell,  von  Fundstücken   aus  Ephesos,  pag.  186,  223  ss.,  25753.,  tav.  del  frontisp.  e  tav.  II. 

p.  V  (disegno  ricosiruttivo  del  Niemanni.  Cfr.  anche  [A.  Michaelis,  Petra,  Deutsche    Rundschau,  August 

nna  costruzione  di  lipo  simile  nella  porta  dell' Agora  I905  p.  225  ss.] 


Theaterdarstellung  und  Tragödienscenc  215 

nioniimenti  classic!  (U.'lla  Provincia  Arabia  non  poterono  discoiioscere  le  origini 
egiziane  di  questa  architettura,  e  chiamare  questo  monumento  „der  einzige  Ver- 
treter des  ägyptisch-hellenistischen  Tempeltaaues".  Le  grandissime  simiglianze 
di  questa  facciata  con  i  prospetti  della  pittura  ijompeiana  saltano  agli  occhi  di 
tutti,  ed  io  trovo  assai  opportune  il  confronto,  giä  da  altri  tatto,  con  la  famosa 
„scaena"   di  Apaturios  di  Alabanda  (Vitruv.  VII  5,  5). 

Venendo,  piü  da  vicino,  alla  pianta  del  rilievo,  il  fatto  che  a  prima  vista 
richiamerä  1'  attenzione  degli  studiosi,  e  che  i  due  pilastri  corinti  che  limitano 
la  facciata  sono  disposti  in  angolo,  con  lo  spigolo,  cioe,  normale  alla  fronte  del 
prospetto.  Poiche  questo  fatto  innegabile  non  puö  esser  casuale,  deve  avere  la 
sua  spiegazione:  e  questa  puö  esser  doppia. 


Fig.  51 
Grundriß  des  scenischen  Reliefs  des 
P.  Numitorius  Hilarus  mit  ergänzten 

Paradoi. 


<  / 


Chiunque  ricordi  la  pianta  del  teatro  di  Delos,--)  sa  che  le  parodoi,  disi^oste 
trasversalmente  alla  fronte  del  proskenion,  hanno  uno  dei  pilastri  ricoUegato  ad 
angolo  col  pilastro  che  limita  il  proskenion.  Se  nel  nostro  caso  si  supponessero  le 
parodoi  disposte  alla  stessa  maniera,  la  funzione  del  pilastro  angolare  si  potrebbe 
spiegare,  ricollegandolo  direttamente  all'  altro  pilastro  della  parodos,  come 
dallo  schizzo  nella  fig.  51.  E  se  questa  congettura  sembrasse  soverchiamente 
ardita,  io  non  saprei  trovare  del  fatto  che  un'  altra  sola  spiegazione:  si  osservi  la 
sezione,  fatta  sull'  eiDistilio  del  rilievo  (fig.  52),  e  si  vedrä  che  la  linea  F,  che 
taglia  il  timpano  sulla  porta  hospitalis  e  sotto  1'  arco,  segue  una  direzione  tras- 
versale  e  ferse  anche  leggermente  in  curva.  Questo  non  trascurabile  elemento, 
insieme  con  1'  altro  del  pilastro  disposto  in  ang'olo,  potrebbe,  forse,  far  supporre 
una  facciata  leggermente  ricurva. 

^-)  Dörpfeld  u.  Reiscli,  op.  cit.   p.  145,   Fig.  59;  Puchstein,  op.  cit.  p.  50,  fig.  7. 


r™-" 


IUI  iiwniininiMli  I  III  III  IUI 


Fig.   53     .Schnitt  liurcli   das  Epistyl. 
A.  Linea  d'  aggclto  dcl  pilastro  angolare,  sezion.  allo   stacco  del  capitello;   B,   C.    Profili  delle  colonne,  al- 
1'  .tltezza  del    coltarino;    D,  E.  Profili  della  cornice  dell'  arco,    sull'  epistilio;    F.   l'roiczione   della    massima 

sporgenza   del   limpano. 

E  poiche  e  onesto  in  una  discus.sione  tanto  importante  e.sporre  anche  i  fatti 
che  pos.san  sembrare  contfari  alla  propria  teoria,  soji-giungo  subito  che  que.sto 
fatto  della  linca  obliqua  della  tfabeazione  .si  ripeto,  in  maniera  assai  .simile,  nel 
frammento  del  Kircheriano  (fig.  4g),  e  fu  giä  fatto  os.servare  dal  Piichstein  (op.  cit. 
p.  27),  quantunque  egli  ne  abbia  voliito  dedurre  conseguenze  ch'  io  stimo  esageratc. 
Perö  nel  frammento  del  Kircheriano  non  .solo  non  abbiamo  il  pilastro  angolare, 
ma  la  mezza  colonna  e  assai  male  dispo.sta,  anzi  incomprensibile,  accanto  a  quelle 

linee    della   trabeazione.     E    que.sto  e 


•".'/"//'yM'///i'A'/A'W/M. 


■■^.s 


un  altro  indizio  (oltre  quello,  giä 
notato,  dei  frontoni),  che  ci  fa  rite- 
nere    il    nostro    rilievo    piü    accurato 

Fig.   53      Schnill   durch   das   Terracottarelief  g      pjf,      vicino      al      Voro,      nella      parte 

des  Jluseo  Kircheriano. 

architettonica. 

Ma  io  non  mi  crederei  nel  diritto,  per  questo  semplice  fatto,  di  collocare  la 
parete  con  le  porte  ospitali  assai  piüi  indietro  che  quella  con  la  porta  regia, 
come  pretende  il  Puchstein;  e  pur  riconoscendo  la  mancanza  o  1'  ig-noranza  delle 
leggi  prospettiche,  in  questo  genere  di  rilievi,  faccio  osservare  che  il  pilastro 
dal  quäle  si  .suppone  che  sorga  1'  arco,  accanto  alle  due  edicole  con  frontoni, 
non    si    vede,  forse  in  conseguenza  dell'   inciirvatura  della  facciata. 

Se  si  ritenesse  piü  accettabile  la  seconda  spiegazione  qui  propo.sta  per  la 
sezione  dell'  epistilio,  sarebbe  quasi  impossibile  ammettere  un  proskenion  che 
avesse  una  tale  linea  nella  sua  pianta.  Le  nicchie,  cosi  frequenti  come  elemento 
di  decorazione  nelle  facciate  romane,  rappresentano  certo  1'  ultimo  stadio  in 
questa  evoluzione  architettonica  dei  pro.spetti,  che  va  dalla  linea  diritta  alla 
ricurva  e  spezzata;  ma  non  e  possibile  ammettere  nel  nostro  rilievo  simili  iiit-chic, 
per  quanto  si  possa  concedere  all'  errore  o  alla  mancanza  di  prospettiva. 

Procedendo  nel  mio  esame,  io  nou  trovo  estranci  all'  architettura  elleni.stica 
anche  altri  elementi  del  no.stro  rilievo,  quantunque  essi  abliian  jitituto  subire 
qualche   alterazione,   in   terra   ed   in   etä   romane.     Le   colonne    appaiate   sopra    un 


Theaterdarstellung   und  Trayödienscene  217 

unicü  zoccolo  non  tanto  alto  e  molto  semplice  (nessuna  traccia  in  esso  tli  modi- 
nature  o  profili),  sono  State  constatate  nel  proskenion,  ancora  ineclito,  del  teatro 
di  Ephesos.^^)  Ne  puö  sorprendere  che  le  colonne  siano  scanellate  soltanto  ne'  due 
terzi  siiperiori,  perclie  colonne  di  simil  genere  sono  frequenti  a  Pergamo  e  nel 
Portico  di  Attalos  ad  Atene.  Quanto  agli  archi,  e  ben  noto  che  essi  sono  un 
elemento  comune  nell'  architettura  ellenistica;  ed  e  soltanto  un  vecchio  pregiu- 
dizio  che  essi  siano  esclusivamente  romani.  A  Pergamo,  nella  porta  della  cittä, 
nella  porta  della  terrazza  del  teatro  e  del  Ginnasio  (II  secolo),  ed  altrove;  ad 
Atene  nei  Portici  di  Eumene  e  di  Attalo,  gli  archi  si  ritrovano  con  frequenza. 
E  dopo  questi  esempi  monumentali,  e  soverchio  aggiungere,  che  anche  negli  edi- 
fizi  scolpiti  sui  rilievi  ellenistici  non  e  rare  riscontrare  1'  arco. 

Sia  detto  in  fine  —  come  fu  giä  da  altri  osservato  nel  rilievo  con  la  scena 
comica  —  che  non  deve  sfuggire  il  fatto  che  il  prospetto  architettonico  e  conce- 
pito  come  se  in  realtä  fosse  di  altezza  assai  modesta. -^)  Per  quanto  si  possa 
pensare  alle  sforzo  dell'  artista  di  voler  rappresentare  lo  sfondo  prospettico,  per 
la  distanza  tra  i  personaggi  e  la  parete  del  proskenion,  pure  conv^errä  credere, 
badando  alla  proporzione  fra  questi  personag-gi  e  le  porte  o  la  trabeazione, 
che  r  altezza  della  facciata  sia  di  circa  m.  3.  E  poiche  noi  sappiamo  che  il  pro- 
skenion del  teatro  ellenistico  aveva  un'  altezza  di  m.  3  a  4,  questo  converrebbe  alla 
teoria  propugnata  dal  Dörpfeld. 

Fra  le  decorazioni  scultorie,  attraggono  maggiormente  la  nostra  attenzione 
i  due  tripodi,  che  per  la  prima  volta  noi  vediamo  nei  pochi  monumenti  conosciuti 
con  la  rappresentanza  della  scena.  Che  non  siano  da  intendere  come  tripodi  dedi- 
cati  dai  coreghi  vincitori  del  coro  nella  cpuXrj,  e  fuor  di  dubbio,  essendo  destinati 
ai  cori  scenici  premi  d'  altra  natura,  almeno  tra  il  V  e  il  IV  secolo.-^)  Si  osservi, 
ad  ogni  modo,  la  forma  di  questi  tripodi,  che  nuUa  ha  da  fare  con  quelli  di  ori- 
gine  ionico-etrusca.  Le  aste  assai  semplici  con  zampa  leonina,  la  caratteristica 
forma  della  casseruola;  persino  la  sagoma  della  base,  ci  richiamano  al  tipo  classico 
del  tripode  ieratico  e  votivo,  che  si  mantiene  immutato  anche  nei  monumenti  di 


-•')    Questo     io     apprendo,     durante    la     stampa  presenti    il    proskenion    del     teatro     ellenistico.      Di 

del    mio    articolo,    da    una    comunicazione    scritta    di  qualche   utile    ed    acuta    osservazione  che  egli,    auto- 

W.   Dörpfeld,  in  risposta  all'  omaggio  ch'io  gli  feci  revole    specialista,    rai    fece   per   la   questione   archi- 

di  una  copia  del  mio   breve  cenno,  pubblicato  nelle  tettonica,  io  gli  rendo    qui   pubbliche  grazie. 
Notizie    degli    Scavi.     II    Dörpfeld    crede   ellenistico  ^*)  Dörpfeld  u.  Reisch,  op.  cit.  p.  331  s. 

questo  proskenion    del  teatro  di  Ephesos.    Egli   non  ^^)    Cfr.  Reisch,    Griech.  Weihgesch.   63;   Rizzo, 

solo  riconosce    la  notevole  iinportanza  del  rilievo  di  Studi  archeol.  suUa  tragedia    e   sul  ditirambo,  38  ss. 

Via    Salaria,    ma   crede    sicuramente    che  esso   rap-  (Riv.  di  filol.  XXX  [1902]). 


2l8  G.   Rizzo 

etä  ellenistica.-'")  Questo  imlizio  stilistico  e  cronologico  noii  nii  parcva  dovesse 
trascurarsi,  per  1"  esame  del  nostro  rilicvo.  nel  quäle  i  tripodi  hanno  una  desti- 
nazione  simbolica,  relativa  al  culto  di  Dioniso. 

Queste  decorazioni  scultorie  rendono  inevitabile  il  ricorda  di  P()lluc(>  sullo 
hyposkenion  „ornato  di  colonne  e  di  Statuette,  rivolte  verso  il  teatro".-')  Senza 
volore  entrare  nella  scabrosa  questione  relativa  all'  identificazione  dello  hyposkenion 
di  Polluce,  le  cui  notizie  teatrali  derivano  certo  da  una  bu(ina  fönte  ellenistica 
spesso  male  compresa,  e  certo  che  questa  parte  del  teatro  ellenistico  e  costituita 
da  una  facciata,  ornata  precisamente  come  quella  del  nostro  rilievo,  nel  quäle 
perö  gli  attori  agiscono  dinanzi  ad  essa,  non  su  di  essa. 

Cosi,  per  la  parte  architettonica,  io  credo  di  aver  fornito,  ubicttivamento, 
tutti  i  dati  di  fatto  ch'  era  possibile  mettere  in  luce.  Ma  non  ho  soverchie  illusioni 
che  essi  debbano  bastare  per  far  credere  ad  alcuni  che  questo  rilicvo  raflig-uri  il 
proskenion  del  teatro  ellenistico. 


ni.  I  singoli  personaggi  e  il  costume  scenico. 

Fra  i  personaggi,  che  certamente  recitano  una  scena  di  tragedia,  e  facilissimo 
riconoscere  due  dei  tre  attori  principali.  II  primo  incede  a  gran  passo  verso  sinistra, 
con  movimento  concitato,  stendendo  la  mann  destra  verso  il  secondo  personaggio, 
e  stringendo  con  la  sinistra  la  spada,  sotto  l'impugnatura,  presse  il  fianco.  II 
costume  scenico,  sia  di  questo  che  dell'  altro  attore,  h  degno  di  attenta  osser- 
vazione,  poiche  sembra  in  pieno  accordo  con  le  fonti  letterarie  e  con  altri  monu- 
menti  figurati,  che  noi  conosciamo.  Gli  abiti  sono  di  colori  svariati  e  vivaci, 
quantunque  per  il  genere  del  lavoro  poco  fine  ed  industriale,  manchino  la  -o'.v.OJ.c. 
ed  altri  caratteristici  ornamenti  policromi  (Poll.  IV  115;  VII  53.  Hesych.  s.v. 
-o:-/.v.ov  etc.). 

Questo  primo  attore  e  vestito  di  un  chitone  giallo,  lungo  fino  al  collo  del 
piede.  Che  il  chitone  tragico,  per  quanto  -oSr^pr^j  (Luc,  lup.  trag.  41),  potesse 
lasciare  scoperti  i  piedi  per  intero,  lo  sapevamo  giä,  p.  es.,  da  alcuni  degli  affreschi 
scenici  di  Pompei.**)  II  chitone  ha  le  maniche  lunghe  fino  ai  polsi,  ed  e  stretto, 
in  alto  sopra  la  vita,  da  una  cintura  larga  (Strab.  XI  530:  o'ov  xou;  '{jyAh'.c  y/.xwvac, 

^j  Reisch,  op.  eil.  p.  70  ss.  Eetlic,    Prolegomena,    238;    e  Jahrb.    d.  Inst.    XV, 

^,  Polluce  IV  124:   T6  8i  ö;:or/.r,v;ov  ■/.'.■■^z:  ■/.■xl  6y  etc. 

ä-,'a>.;ia-iv.;  x£x4j}irjto  -p4j -ö  S-iatpov  -üSTpa|i}iivo'.;,  '*)  Monum.  d.  Inst.  XI,    lav.  30 — 32:  Ann;ili, 

O-ö  xi  'i.v{%ivi  ■/.ii;iävov.  Cfr.  D.  R.  op.  cit.  p.  300  s.;  1881,  p.  109  ss.  [Maass]. 


Theaterdarstellung  und  Tragödienscene  219 

O'j;  7,aÄo03:  d-i--(XA'.y.'jbz  Iv  TZt;  xpayMSiai;  y.a:  i^wvvj&ua'.  TiSp!  "Ä  GTr^ÖTj),-'-')  di  un  color 
g'iallo  alquanto  piü  denso  che  il  chitone.  Una  chlamys  di  color  rosso-pavonazzo, 
affibbiata  sulla  spalla  destra,  scende  lungo  il  fianco  sinistro;  certamente  la  cpowixt? 
di  Polluce  IV  ii6.^"j  La  maschera  era  di  color  carneo,  ora  tendente  al  bianca- 
stro;  ed  ha  1'  öyxos  di  perfetto  Schema  Xci.\iooe'.oii  (Poll.  lY  133):  V  alta  maschera 
di  etä  ellenistica  per  eccellenza.  Dai  lati  sfuggono  ricchi  cincinni  di  color  biondo 
rossiccio,  lunghi  fiiio  al  collo.  La  maschera,  quantunque  giä  assai  ritoccata  dal 
figulo,  ed  ora  corrosa,  non  manca  di  carattere  e  di  espressione. 

Segue  un  altro  attore:  una  donna,  certamente  una  avaaca,  vestita  di  chitone 
manicato  e  caudato,  di  colore  roseo:  pi"ecisamente  il  cupTÖj  TiOp'^upoO;,  che  era 
proprio  delle  donne  (Poll.  IV  ii8),  nel  quäle  e  notevole  il  taglio  della  parte 
posteriore  col  longo  strascico.-")  Una  larga  cintui-a,  posta  assai  in  alto,  stringe  il 
chitone,  quasi  sul  petto.  Un'  altra  parte  interessante  del  vestimento  e  una  corta 
tunica,  certamente  una  specie  di  £Ä:t'ßArj[ia,  che  non  arriva  alle  ginocchia,  ed  e  stretta 
sui  fianchi  da  un  grosso  cercine  della  stessa  stoffa.  Una  parte  di  esso,  ripiegata, 
ricopre  il  lato  sinistro  del  petto,  scende  poi  dietro  la  spalla,  e  si  avvolge  sul- 
r  avambraccio  sinistro,  dal  quäle  ricade  il  lembo  esterno.  Nelle  fonti  letterarie 
non  e  descritta  una  parte  del  costume  scenico  che  possa  essere  identificata  con 
questa;  ed  unico  e  solo  confronto  monumentale  si  pu6  trovare  nell'  abito  di 
Fedra  e  della  Corifea  (Robert),  nella  pittura  su  marmo  di  Ercolano  che  rappre- 
senta  una  scena  di  tragedia.^-)  II  secondo,  specialmente,  di  que.sti  personaggi  ha 
un  abito  simile,  sia  nella  disposizione  quasi  identica,  che  nel  taglio,  salvo  che 
nella  parte  inferiore  l'abito  della  Corifea  e  rotondeggiante.  Ma  la  stessa  parte 
deir  abito  di  Fedra  ri.sponde  nel  taglio  inferiore  a  quello  del  personaggio  del 
nostro  rilievo.  II  confronto,  evidente,  non  e  privo  d'  importanza;  ma  l'identifi- 
cazione  tentata  dal  Robert  col  TzxpxTzrf/o  Xer/.iv  di  Polluce  IV  ii8  (cfr.  VII  53) 
e,  per  lo  meno,  assai  dubbia. 

La  maschera  di  questo  secondo  personaggio  ha  1'  öyzo^  jjoco  alto,  e  i  cajDelli 
rossicci  scendenti  in  treccioline  fin  sulle  spalle.     Quantunque  la  superficie  sia  un 

^')    Cfr.    Wieseler,    Theatergeb.    und    Denk.    d.  tivo  di  ^Xanu;. 
Bühn.  VIII,   12;  IX,  2;  XIII,  2;  e  p.  53.   Polluce  ")  Cfr.  Suid.  ad  voc.  dp9-oaxä5ia •  o£  oxaTol  x'twvs; 

la  chiama  iisca/aXtcxr^p.  Non  e  esatto  quanto  osserva  dpS-oaxaäiot ,  oi  6s  aupönsvoi.  aupxoC.  Wieseler,  op.  c. 

lo  Schone,   De   person.  in  Eurip.  Bacch.  hab.  scaen.  XI,  j  e  p.  51,   86.   —  Monum.   d.  Inst.    (Maass)  XI, 

p.    26,     che    solo    gli    attori    principali     avessero    la  tav.  30,  n.  3,  6;  31,  n.  11;  32,  n.  17  —  Dierks,  op.  cit. 

cintura.  p.  37  etc. 

ä")  Credo  col  Dierks,  De  tragic.  histr.  hab.  scaen.  •*-)  C.  Robert,  Kentaurcnkarapf  und   Tragödien- 

apd.  Graecos    38,     che   le    parole     di   Polluce   (1.  c.)  scene  l^XXII  Hall.  Winckelraannsprogramra),  Tav.  II. 

siano  da  intendere  in  modo  che  cpov'.xig  sia  un'  apposi-  Cfr.  p.  34. 


po'  gniasta.  pure  e  lecito  discernore  1'  inclinazione  angolare  dolle  sopracciglia  : 
fatto,  conie  e  noto,  assai  oonmnc  m^gli  exaxsua  TzpöoiOTix.  c\n^  ritracvano  i  carat- 
teri  di   quel   „pathos",  a  cui   1'  arte'  ellenistica  era  informata. 

Entrambi  questi  personaggi  sono  calzati  di  „coturni",  tinti  di  rosso-pavu- 
nazzo.  Ouesto  coturno  ha  la  forma  di  uno  zoccolo  non  molto  alto,  che  si  puö 
suppoiTe  fatto  di  varie  suole  sovrapposte  o  di  legno.  Questa  e  la  parte  piü  interes- 
sante —  e  certamrnte  la  piü  controversa'^)  —  del  costume  scenico  de!  iiostri  perso- 
naggi: nia  la  dotta  discussione  fatta  dal  Robert  sui  diversi  tipi  della  calzatura 
degli  attori  tragici,  sulla  loro  evoluzione  c  sul  loro  uso,  diverso  nei  diversi 
tempi,''')  se  da  un  canto  mi  dispensa  da  una  nuova  riccrca,  mi  senibra  ora  assai 
piü  congetturale  di  quello  che  in  principio  non  la  credessi. 

Certo  e  che.  sino  alla  fine  del  quinto  secolo  (cfr.  il  noto  e  giä  discusso  luogo 
di  Aesch.  Agam.  v.  935  ss.)  o  al  principio  del  quarto,  gli  attori  non  avevano  calza- 
ture  alte,  come  si  dimostra  dai  personaggi  effigiati  nel  celebre  vaso  di  Napoli  col 
coro  del  drama  satirico,-'"')  e  nel  rilievo  del  Pireo.*")  Certo  e  anche  che  in  monu- 
menti  scenici  seriori,  ma  derivati  senza  dubbio  da  originali  piü  antichi  {IV  secolo), 
gli  attori  non  portano  il  coturno:  ne  convince  quanto  suppone  il  Leo,  che  essi 
siano  stati  tralasciati  per  ragione  pittorica.  Di  nionumenti  figurati,  in  cui  si 
possa  sicuramente  riconoscere  la  forma  del  coturno,  non  c'  e  davvero  una  grande 
abbondanza:  per  coturno  alto  e  generalmente  ritenuto  quel  sostegno,  molto 
problematico  nella  sua  forma,  che  hanno  sotto  i  piedi  gli  attori  dei  musaici 
del  Vaticano;^^)  e  forse  anche  con  minor  ragione  quelli  della  statuetta  di 
avorio  dipinto,  pubblicata  dal  Robert,^*)  che,  ad  ogni  modo,  riproduce  il  costume 
tragico  di  tempi  assai  tardi.  Nella  pittura  su  marmo  di  Ercolano,  ricordata  sopra, 
non  e  riconoscibile  la  forma  del  coturno,  che  sarebbe  occultato  dal  lungo  chitone. 

Un  utile  termine  di  confronto  col  nostro  rilievo,  per  questa  parte  del 
costume    teatrale,  noi  possiamo  trovarlo  soltanto   nel    rilievo  Pourtales,^^)  oramai 

■")    A.  Müller,    Griech.   Bühnenall.    238   ss.    —        Piraeus,   Melanges  l'errot  307  ss.  (ivi  la  ricca    biblio- 
Dierks,  op.  cit.  p.  17,  48  ss.;  Maass,  1.  cit.  p.  114  s. 
Leo,  Rhein.  Mus.  XXXVIII  343  ss.  etc. 

")  Robert,  op.  cit.  p.  22 — 33  (ivi,  tutta  la  prece 
dente  bibliografia  e  discussione).  —  Cfr.  la  rccensio 
ne  di  A.  Körte,  Deutsche  Litteraturzeitung  1899, 
p.    1688. 

^)  Monum.  d.  Inst.  III  31 ;  Heydcmann,  n.  3240 


grafia  rclativa). 

^';  Wicseler,  op.  eil.  tav.  VII — VIII.  Baumeisler, 
Denkmäler  III,  lav.  LXXVIII  s.,  figg.  1950—53, 
p.  1853  s. 

^')  Monum.  d.  Insl.  XI    13,  c    iiiii   volle    allrove. 
Cfr.  Robert,   Kentaurenkampf  u.  Tragödienscene  22. 
Un  illustre  conoscilore  del  teatro  anlico  mi  fa  riflettcre 
Baumeister,   Denkmäler  I,  tav.  V  fig.  422;  e  piü  volle       che  i  pretesi  coturni  di  questa  slaluetta  non  possano 


altrove. 

")  Athen.  Mittheil.  VII  (1882),  tav.  14,  p.  389  ss. 


essere  invece  che  semplici  caviglie,  per  1'  inserzione 
di  cssa  nella  base:   e  il  dubbio  mi  pare  assai  fondato. 


Sludniczka,     Über    das    Schauspielerrelief    aus    dem  -^''j  Panofka,  Cabinet  Pourtalcs,  tav.  XXXVIII; 


Theaterdarstellung  und  Tnigödienscene  221 

genei'almente  riconosciuto  come  derivante  da  un  anathema,  in  cui  1'  attore  era 
rappresentato  iiel  costume  caratteristico  di  Dioniso.  Egli  porta  calzari  identici 
a  quelli  degli  attori  del  nosti'o  rilievo,  alti,  cioe,  in  proporzione  delle  figure,  da 
sei  ad  otto  centimetri.  Che  questa  fosse  la  foi-ma  tipica  dello  siipäirj;  od  öxpiiiag,  che 
dir  si  voglia/")  almeno  nel  costume  teatrale  greco,  lo  dimostra  anche  1'  opportuno 
confronto,  giä  fatto  dal  Robert,  c«n  la  Musa  della  Tragedia,  scolpita  sulla  Base 
di  Alicarnasso,**)  e  con  la  personificazione  della  stessa  Tragedia  nel  rilievo  di 
Archelaos.'-)  Entrambe  queste  figure  sono  calzate  di  un  simile  coturno  poco 
alto,  che,  come  e  noto,  richiama  al  pensiero  gli  alti  sandali  della  Parthenos  di 
Fidia  e  di  altre  statue  colossali  di  divinitä.*^) 

Piuttosto  che  di  suole  sovrapposte,  io  credo  ora  che  questo  coturno  fosse 
di  legno,  leggero,  di  Schema  rettilineo,  adattabile  all'  uno  e  all'  altro  piede,  quasi 
simile  agli  alti  zoccoli  che  usano  ancora  le  donne  del  popolo  nell'  Italia  meridio- 
nale  e  nella  Sicilia;  e  credo  che  a  questa  tijjica  forma  di  calzatura  scenica 
debbano  riferirsi  le  parole  di  alcuni  scrittori,  piuttosto  che  all'  alto  coturno,  come 
il  Robert  suppone  (Schol.  ad  Luc.  Epist.  Saturn,  c.  ig:  ^i-ißätai-  xä  ^6Äx,  «  sjjtßaX- 
Xouatv  U71Ö  xou;  jioSa;,  lv<x  cpavtöai  ixazpöxspot).''*) 

Che  esso  fosse  giä  in  uso  intorno  alla  metä  del  IV  secolo,  possiamo  dedurlo 
dal  noto  luogo  della  Vita  Aeschinis  (p.  296  W.),  in  cui  si  narra  che  Eschine 
rappresentando  come  attore  la  parte  di  Oinomaos,  nel  teatro  di  Kollytos,  cadde, 
e  non  si  sarebbe  potuto  rialzare,  senza  1'  aiuto  del  chorodidaskalos  Sannion. 
Posso  anche  animettere  che  1'  altezza  del  coturno  sia  andata  crescendo,  dopo 
che  il  posto  degli  attori  dall'  orchestra  dinanzi  al  proskenion  si  era  innal- 
zato  sul  ÄOYEiov  o  j^ulpitum  :  e  ciö  per  una  ragione  di  visuale  facile  a  compren- 
dersi,  se  si  pensa  che  gli  spettatori  piü  distinti  occupavano  i  sedili  piü  bassi. 
Ma  ritengo  che  1'  uso  del  coturno,  una  volta  introdotto,  sia  stato  continuativo 
fino  all'  etä  imperiale  romana;  e  non  ammetto  perciö  la  congettura  del  RIaass, 
che  neir  etä  ellenistica  il  coturno  sia  caduto  in  disuso,  in  conseguenza  del  diverso 

.Schreiber,  Hellen.  Reliefbild.,  tav.  LXXXVI-t  --  Cfr.  riconosciuti    anche    nella     ,Pudicitia"     del     Vaticano. 

Robert,  op.  cit.  p.  29.  Cfr.  Amelung,  Die  Sculpt.  d.Vatic.  Mus.  1,35;  Rizzo, 

■"')  Non   mi  soffermo  sulla   piccola    ma    intricata  Scult.  ant.  del  Palazzo   Giustiniani  73. 
questione    dei   nomi.    Cfr.  Müller,   Bühnenalt.   238  s.;  ^*)    Si   noti    che  lo    ,scapus'    superiore   non    era 

e  principalmente  Robert,  1.  c.  p.  30  s.  y-KTOc  X6'(ow  xo'j  tioS&j  (Luc.   .Somn.   c.   26),    in  modo 

■")    Trendelenburg,    Der    Musenchor    (XXXVI  che     gli     attori     potessero    rapidamente     cambiar    la 

Berl.  Winck.  Progr.);  Bie,   Die  Musen  45.  calzatura.    Cfr.,    poi,    1'  Etym.  Magn.  ad  voc.  KoO-op- 

*^)  Friederichs-Wolters,   Gipsabgüsse,  n.  1629;  voj'  .  .  .    X£Xpä"fovov   zb   a)(f;[j,a,   äpp.ö^ov    6i(icpoTcp&ts 

Brunn-Bruckmann,  Denkmäler,  n.  50;   etc.  toij  ti^oEv.  (Xenoph.  Hell.  II,  3,  31;  Schol.  Aristoph. 

*^)    Ricordano    i    cosi    detti    ,sandali    Tirrenici'  Ran.  47   etc.). 
Jahreshefte  des  Hsterr.  archäol.  Institutes    P.d.  VIII.  28 


spirito  e  del  diverso  carattere,  a  cui  erano  informati  i  personag-gi  dclla  trag-edia 
curipidea.  Questa  mi  e  parsa  sempre  una  sottig-liezza;  ed  assai  problematiche  mi 
sembrano  anche  le  congetture  del  Robert  sul  iliverso  uso,  in  diverse  etä,  ora  di 
una  forma  del  coturno,  ora  di  un'  altra. 

Certo  si  puci  —  e  si  deve,  anzi,  consentire  col  Robert,  dope  la  pubblica- 
zione  del  rilievo  di  P.  Numitorius  Ililarus  —  che  iiell'  eta  ellenistica  era  in  uso 
il  coturno  come  nel  rilievo  Pourtales  e  nel  nostro.  A  quell'  etä,  appunto,  devono 
riferirsi,  per  diverse  vie,  questi  due  nioiuimenti  scenici;  a  quell' etä  appartengono 
la  Musa  della  Tragedia  della  Base  di  Alicarnasso  e  la  Tragedia  del  rilievo 
di  Archelaos.  La  sua  modesta  altezza  e  sufficiente,  Iva  [ot  unov.pixoci]  cpavwat 
[laxpö-epo:. 

Meno  da  fare  e  da  dire  ci  darä  il  piccolo  personaggio,  il  quäle,  nella  distri- 
buzione  delle  varie  „parti"  sceniche,  deve  essere  considerato,  senza  dubbio,  come  un 
7:apxyopr.Yr;|ia.'*''')  Breve  tunica  rosea  con  maniche  gialle,  ricinta  intorno  alla  vita, 
sotto  cui  forma  un  piccolo  y.6/.-C/:.  anassiridi  lunghe  fino  al  malleolo,  berretto 
frigio  di  cuoio,  ripiegato  in  punta  con  paragnatidi,  ce  lo  danno  subito  a 
conoscere  per  un  Troiano :  ed  esso  e  come  il  punto  sicuro  che  ci  guiderä 
alla  retta  interpretazione  della  scena  rappresentata.  Si  osservi  poi  che  nel 
gruppo  dei  due  personaggi,  che  stanno  sulla  sinistra,  il  giovine  si  appoggia 
dolcemente  sulla  spalla  e  sul  fianco  della  fanciuUa;  e  —  malgrado  1'  arte  non 
fine  —  la  sua  azione  appare  manifesta:  egli  e  in  attitudine  dolorosa,  egli  gerne 
o  compiange,  come  si  puö  vedere  dalla  mossa  del  coUo,  reclinato  indietro,  dal- 
r  espressione  della  faccia,  e  dalle  stesse  membra  che  sembrano  in  abbandono.  Piü 
calma  appare,  invece,  la  giovinetta.  Questa  e  vestita  di  un  chitone  roseo  e  di  un 
himation  giallo;  il  giovine,  di  una  tunica  ricinta  ai  fianchi,  che  lascia  nude  le 
gambe  dalle  ginocchia  in  giü.  Ne  1' una,  ne  1' altro  ha  maschere,  ne  coturni: 
il  giovine,  anzi,  sembra  scalzo. 

L'  idea  che  prima  si  affaccia  al  pensiero  e  di  assegnare  questi  due  perso- 
naggi alla  classe  di  quelli  forniti  al  di  lä  dell'  obbligo  legale  che  spettava  al 
corego  (-apayopr^YT^naxa) :  alla  stessa  classe,  cioe,  del  piccolo  Frigio;  ma  dato 
r  ufficio  che  noi  conosciamo  proprio  dei  Tzoi.py.yoprjYTj\xoiTOi,^''')  essi  non  potrebbero 
esser    coreuti    di    un    coro    accessorio,^']    ne    attori    sopra    numero :    poichc    del 

"/  Per   quanlo   Ic   notizie   a   noi   pervenute    sui  cosi  sono  classificatc  le   fiylie  di  Tryfjaios. 
napa7.opv,'r,(iaTa  possano  dirsi  incomplele  (Cfr.  Mül-  *'')  Cfr.  Müller,  op.  cit.  p.  178. 

1er,  Bühnenalt.  177  s.),  pure  nel  caso  nostro  il  dubbio  *')  Cfr.  Schol.  Aristoph.  Ran.  v.  209. 

non  fe  possibile.  Cfr.  Schol.  Aristoph.  Pac.  1 14,  dovc 


Theaterdarstellung  und  Tragödienscene  223 

primo  caso  non  e  possibile  parlare  in  una  tragedia;  e  che  i  due  personaggi  non 
siano  attori,  lo  dimostra  la  mancanza  assoluta  del  costume  scenico. 

Sarebbero  allora  da  considerare  come  xw^a  Tipiawna,  il  cui  allestimento 
rientrava  negli  obblighi  legali  del  corego.  Ma  i  xw^a  TcpocjcoTia  (in  italiano  „com- 
parse")  del  genere  del  personaggio  di  Bta  nel  Prometeo  di  Eschilo,  o  di  Hermes 
nelle  Eumenidi,  o  di  Pilade  in  varie  tragedie,  avevano,  naturalmente,  tutti  gli 
attributi  esterni  degli  attori.  Lo  stesso  per  quelle  „comparse"  che  sostenevan  le 
parti  mute  degli  attori  principali,  quando  questi  erano  occupati  a  sostenere  un'  altra 
parte  nella  tragedia.  Ne  si  puö  dire  che  possano  essere  di  quelle  „comparse 
del  seguito",  che  dal  loro  costante  attributo  eran  chiamati  oopu'.fOpr^|.iaxa,  e  che 
avevano  auch'  essi  la  maschera.***)  Sedotto  da  queste  considerazioni,  inclinai  a 
riconoscere  nei  due  personaggi  il  coro,  che  mi  pareva  richiesto  dalla  situazione 
della  scena  di  questa  tragedia.  Le  „Notizie  degli  scavi"  non  eran  luogo  adatto, 
perche  io  potessi  dar  ragione  di  questa  mia  congettura  che  sembrerä  certamente 
audace.  La  difficoltä  principale  e  quella  de' due  sessi  dei  coreuti:  poiche  bisognerebbe 
ammettere  la  dicoria.  Si  sa,  infatti,  che  il  coro  dramatico  era  formato,  di  regola,  da  una 
pluralitä  di  persone  uguali  per  il  sesso,  per  l'etä,  per  le  condizioni  social! ;  i^erö 
l'eccezione,  piuttosto  frequente  nella  commedia,  appare  assai  rara,  ma  non  impossibile, 
nella  tragedia.'*'')  La  dicoria  e  generalmente  ammessa  nelle  Supplici  di  Eschilo 
e  nelle  Supplici  di  Euripide;  ma  ad  ogni  modo,  trattasi  di  persone  di  ugual 
sesso;  laddove  in  nessuna  delle  tragedie  a  noi  pervenute  esiste  il  coro  composto 
di  persone  di  sesso  diverse.  Perö,  per  una  felice  congettura  di  K.  O.  Müller,  che 
ebbe  1'  assentimento  del  Welcker,  dello  Schultze,  di  A.  Müller  e  di  altri,  noi 
possiamo  supporre  che  un  tal  genere  di  dicoria  esistesse  nelle  Fenicie  di  Phry- 
nichos;  e  secondo  il  Welcker,  che  estese  e  confermö  le  congetture  del  Müller,  nel 
Prometeo  liberato  e  nella  Niobe  di  Eschilo.''") 

Ma  anche  non  potendo  ammettere  la  presenza  del  coro  nel  nostro  rilievo, 
le  conseguenze  per  la  questione  teatrale  non  carabiano,  poiche  io  non  credo 
oramai  possibile  il  dubbio  sulla  permanenza  del  coro  nell'  etä  ellenistica,  sia  per 
le  nuove  rappresentazioni  delle  vecchie  tragedie,   che  per  le  tragedie  nuove.'*) 

■"j  Vedi  i  luoglii  degli  scrittori  riportati  in  Müller,  *')   Conlro  le    arJite   teorie    del  Bethe,   Prolego- 

op.  cit.  p.  179,  n.  4.  raena    243   ss.     hanno     reagito     non    solo    lo     stesso 

*^)  Vedi,  principalmente,  l'artic.  ,Chor'  del  Reisch,  Reisch  (nel  citato  art.  presso  Pauly-Wissowa  III  2401 

in  Pauly-Wissowa,  Real-Encycl.  III,   2395  ss.  ss.1,    raa   parecchi  altri.  Cfr.  principalmente   1'  ottirao 

^'')  K.  O.  Müller,  De  Phrynichi  Phoenissis  (Göt-  articolo  di  A.  Körte,  Das  Fortleb.  d.  Cliors  im  griech. 

ting.   1835)  —  Welcker,    Die  griech.  Tragöd.  I  25  s.  Drama,  Neue  Jahrbücher  (1900)  I  81  ss. 
e  28.   Cfr.  Müller  A.,  op.  cit.  p.  220. 

28* 


IV.   11  sogg'otto   dolla  tra^edia  rai)preseiUata. 

Ho  giä  fatto  osservare  sopra,  che  il  punto  di  partenza  per  la  retta  inter- 
petrazione  del  sosjgetto  e  il  piccolo  Frigio.  L'  attore  che  si  avanza  dalla  destra  e 
certamente  in  attitudine  di  annunziar  qualche  cosa  alla  doiiiia,  come  si  vede  principal- 
mente  dal  gesto  della  iiiano  destra,  il  quäle  ci  lascia  facilmente  supporre  che  1'  attore 
sia  rappreseiitato  nel  momento  in  cui  egli  parla.  Sappiamo  infatti  da  Quintiliaiu), 
che  era  precetto  dell'  arte  antica  che  il  gesto  della  mano  cominciasse  e  finisse 
con  la  voce.''-)  E  che  le  cose  da  lui  annunziate  non  siano  liete,  si  arguisce  non 
solo  dalla  mossa  nervosa,  quasi  concitata,  con  cui  1'  altro  attore,  la  donna,  atferra 
per  il  braccio  il  piccolo  Frigio,  certamente  suo  figlio;  ma  anche  dal  dolore  che 
indiscutibilmente  esprimono  i  due  personaggi  secondari,  qualunque  essi  siano.  II 
primo  attore  non  puö  essere  un  Nunzio,  perche  manca  del  costume  caratteristico ; 
e  la  spada  ch'  egli  cinge  ce  lo  da  a  conoscere  per  un  guerriero.^')  Or  nelle 
pTroades"  di  Euripide  (v.  704 — 794)  abbiamo  una  scena,  in  cui  Taltibio  vien(^  ad 
annunziare  ad  Andromaca  la  decisione  dei  Greci  di  uccidere  Astianatto,  il 
piccolo  figlio  che  la  sventurata  sposa  di  Ettore  stringe  al  suo  seno,  gemcndo 
suUa  Sorte  di  lui,  alla  presenza  del  Coro  (che  compiange  la  madrc  e  il  triste;  fato 
dei  Priamidi)  e  di  Ecuba. 

II  piccolo  Frigio  del  nostro  rilievo  e  certamente  Astianatte;''')  chi  annunzia 
la  fatale  decisione  non  puö  esser  Taltibio,  per  le  ragioni  sopra  addotte,  ma  e 
lo  stesso  Odisseo:  dunque  uguali  sono  il  momento  e  la  situazione;  di  poco  cambiati 
i  personaggi.  Un  momento  appena  posteriore  e  rappresentato  nel  rilievo  di  un 
sarcofago  di  Efeso,*"')  in  cui  Odisseo  trascina  via  Astianatte,  alla  presenza  di 
Andromaca,  seduta  in  atteggiamento  assai  doloroso,  e  di  un'  ancella  auch'  essa 
triste.  La  figura  di  Astianatte,  per  1'  etä  e  pol  costume,  ha  notevoli  ])unti  tli 
contatto  con  quella  del  nostro  rilievo;  ne  molto  diversa  dalla  mossa  di  Aiuhomaca 
e  quella  di  Odisseo,  che  afTerra  pel  braccio  Astianatte. 

")  Quint.  Inst.  orat.  XI    lo6:    Hie    veteres    illi  Orest.  v.  1504;   Mcnclao  in   Helen,  v.  371    etc. 

artißces  iHud   recte  adiecenint,  ut  tnanus  cum  sensu  ")  Avevo  anche  pensato  alla  possibiliti  di  una 

et  inciperetur  et  deponcretur.  Alioquin  enim  .-lut  ante  scena  di  tragedia,   riferibilc  alla  'IXtou  TiipGi;   e   allo 

vocem  erit  gestus  aut  post  vocem,  quod  est  utrumque  ä-6-Xoug,  in  cui  fossero  rapprescntati  Creusa,  Ascanio, 

defonnc.  —  E  noto  quanla  importanza  avessc  ncU'  arte  Ancliise:    ma   la   mancanza    di    Enea,    e    lo    schema 

scenica    degli    antichi    il    convcnzionale,    immulabile  divcrso  della  situazione  —  anclie  per  cio  che  noi  cono- 

linguaggio  della  gesticolazione,  che   forraava   oggetto  sciamo  dai  vasi  dipinti  —  rendono  imjiossibile  qucsta 

di  special!  dottrine  l'jT.yAfiZ'.y.i.  {hsojfr^jiaTai.  inlerpctrazione. 

**)  Nella  scena,  gli  eroi  comparivano,  per  lo  piii,  "j    Robert,  Sarkophajjrcl.   II,  tav.  XXII,  47  c; 

armati  di  spada:  cosi  Odisseo  nel  Philoctetcs  di  So-  p.  60  s. 
focle    v.  1253);  Oreste  in  F.urip.  Elecir.  v.  225,  e  in 


Thcaterdarstellun^   und  Tragiklieiisccne  225 

Una  delle  ragioni  per  cui  ]a  scena  del  nostro  rilievo  noii  puü  derivare  dalle 
Troades  di  Euripide,  v  V  etä  diversa  del  piccolo  Astianatte.  Nella  maggior  parte 
delle  fonti  poetiche  a  noi  pervenute,  il  figlio  di  Andromaca  e  un  bambino  ancora 
lattante,"'")  strappato  dal  seno  della  madre  o  della  nutrice  dalla  ferocia  dei  vincitori 
greci.  —  Ouesta  tradizione  e  g-iä  ben  chiara  nel  frammeiito  della  Ilias  Parva  di 
Lasches  (Kinkel,  E.  (i.  F.  1,  pag.  46),  e  con  essa  concordano  perfettamente  Stesi- 
coro,  Polignoto,  nella  sua  grande  pittura  della  Iliupersis,  Euripide,  la  Tabula  iliaca 
ed  altri  monumenti^").  Perö,  accanto  a  questa  tradizione  certamente  piü  diffusa,  ne 
esiste  nell'  antichitä  un'  altra  che  ci  rappresenta  Astianatte  come  un  fanciuUo, 
quasi  come  un  giovinetto.  (cfr.  il  citato  sarcofago  di  Efeso.)  Le  fonti  piü  autiche,  o 
per  tali  riconoscibili  a  prima  vista,  di  questa  seconda  tradizione,  sono  alcune 
note  pitture  vascolari  con  rappresentanze  della  Iliupersis,  specialmente  la  celebre 
tazza  di  Brygos,  che  deve  attribuirsi  ai  primi  decenni  del  sec.  V.^*)  Che  in  questi 
vasi  Astianatte  sia  rappresentato  maggiore  della  sua  eta,  solo  perche  1'  arte 
greca  di  quel  tempo  non  sapeva  esprimere  al  vero  i  bambini,  e  un'  obiezione  che 
non  mette  conto  discutere,  anche  perche  ci  trascinerebbe  in  altre  intricate  questioni, 
specialmente  per  la  figura  del  giovinetto  fuggente  nel  vaso  di  Brygos,  figura  che, 
malgrado  il  nome  sciitto  accanto,  ha  suscitato  non  poche  discussioni.'''')  A  noi 
preme   osservare   che   il   figlio   di    Andromaca,    non   piü    infante,    ma    fanciuUo,   lo 

^^)  AUa  stessa  tradizione,  come    e   notissimo,   si  Iliaca    quaest.    selectae    58  ss.     Per   altri    raonumenti 

attiene  Omero,  Z  399  s:   a|ia  3"  ä|j.cfi7ioXo;  v.tsv  auT^  I  con    analoga    rappresentanza,    Overbeck,    Gall.    her. 

7;at5' =7il  •/.öÄit(p  Ij^oua"  äTaXacfpova,  vvj;nov  aÜTMj  X. T. X.  Bildw.  I,  404 — 6;  Ahliand.   d.  I.  CI.  d.  Kgl.  Akad. 

^'')  Stesicoro  aveva  parlato  nella  , Iliupersis'  della  d.  Wissensch.  zu  München  V,  2  (=  Tazza  di  argento, 

morte  di  Astianatte  (fr.  20  Bergk);   e  nel  fr.  76  B.  ri-  ora  a  Monaco). 

corrono  le  parole  ävt'jiaJ.ov  itatSa,  che  con  ogni  pro-  ^^)  Su  tali  vasi  cfr.  Robert,  Bild  u.  Lied  59  ss. 

babiliti   devono    riferirsi   al   piccolo   nato    di  Audro-  (ivi  la  bibliogr.  anter.);  Röscher,  Lexik,  d.  griech.  u. 

maca.    La  congettura  i    confermata    dal   fatto    che   la  röm.  Myth.  III   I,    173   s.  Ducati,  Brevi  osservazioni 

'IXtou  itspatj  della   Tabula  Iliaca  e  effigiata,  come  6  sul    ceramista   attico    Brigo    (Bologna,    1904),    53   ss. 

noto,    naxä   S-crjaEx^pov :    ed    in    questo    monumento  —     Cfr.    pure     Tosi,     Nuove     rappresentanze     della 

Astianatte  era  rappresentato  come  bambino   lattante.  Iliupersis,  Studi  e  materiali  III  (1905),  p.  159  ss.,   in 

Ha   poi  una  mediocre   importanza   1'    espressione    si-  cui  sono  da  lamentare  le    frettolose,    insufficienti   ri- 

mile  al  piccolo  frammento  stesicoreo  in  Eurip.  Troad.  produzioni    dei    due   importantissimi   vasi   del  Museo 

V.    765    (Cfr.     Mayer,    de    Eurip.    mythop.    53).     Da  di  Villa  Giulia,  che  devono  ancora  considerarsi  come 

Polignoto,  secondo  Pausania  X  25,  9:  -fs-fpaTCTai  |j.iv  inediti, 

!4.v5po|iax.ri   xal   ö   TtaEg    oc   itpO£axr]X£v    §X6|iEvog    tgO  ''')  Cfr.  Robert,  Bild  u.  Lied  65  s.  (ivi  la  bibiio- 

liaaxoO  [Cfr.   Noack,  Iliupersis  30  ss.;    Robert,    Die  grafia  anteriore).  Alle  precedenti  opinioni  del  Brunn, 

Iliupersis  des  Polygnot  (XVII  Hall.  Winck.-Progr.),  del  Luckenbach,    del  Robert,    ha   cercato  di  reagire, 

77    etc.]    —    Eurip.   Troad.    v.   570:    Tcapa   5'  sJpsatqf  con  ingiustificato  scetticismo,  il  Furtwängler,  Griech. 

[iaa-üv   iTtsxat  |  CflXo;    kaxuavaj   v..  z.  X.  e    cfr.  i  vv.  Vasenmal.   119  s.   —  Cfr.  anche,    su    tale   questione, 

750  ss.,  761  SS.,  782  s.  —  Per   il  gruppo    di  Andre-  Romagnoli,    Proclo    e    il    ciclo    epico    (Studi   ital.    di 

maca   che   stringe  al  seno  il  tenero  Astianatte   nella  filol.    classica,    1901),    32   s.;    e  gli    scritti   prcceden- 

Tabula   Iliaca,    cfr.,    da   ultimo,  Paulke,    de   Tabula  temente  citati  del  Ducati  e  del  Tosi. 


tro\namo  nello  .Astyanax'  di  Accius,  c  nelle  .Troades'  di  Seneca"''):  nc  1'  uii  poeta 
ne  r  altro  avrä  certamente  inventato  da  se  quosto  particolare,  tanto  piü  che  la 
medesima  tradizioiie,  oltre  che  dai  poeti  tragici,  la  troviamo  accolta  da  Ovidio 
(Metam.  XIII  415  ss).  Sono,  d'altro  canto,  assai  note  Ic  relazioni  fra  le  trag'edie 
di  Sofocle  e  quelle  del  suo  quasi  costante  iniitatore  Accius;  e  tralasciando  di 
discutere  ■ —  a  noi  non  preme  —  se  le  .Troades'  e  lo  ,Astyanax'  del  poeta  latino 
siano  state  due  separate  tragedie,  o  una  tragetlia  sola  con  un  secondo  titolo 
aggiunto,  i  frammenti  superstiti  dell'  uno  e  dell'  altro  poeta  ci  dimostrano  che  la 
jPolyxena'  e  le  .Prigioniere'  (Ai/iiaXwciSsc)  di  Sofocle  furono  Imitate  da  Accius 
nelle  , Troades' e  nello  ,Astyanax."'')  —  Dunque  la  tradizione  sull'  otä  di  Astianatte, 
accolta  da  Accius  e  dopo  da  Seneca,  risale,  quanto  al  teatro,  a  Sofocle;  e  poiche 
nella  scena  rappresentata  dal  nostro  rilievo  ci  sono  altri  punti  di  contatto  con  i 
frammenti  di  Accius  e  la  tragedia  di  Seneca,  e  chiaro  che  la  rappresentanza 
figurata  deriva  da  una  tragedia  greca,  che  servi  di  modello  ad  Accius,  ma  che  non 
puo  essere  quella  di  Euripide. 

Dagli  scarsi  e  slegati  frammenti  rimasti,"'-)  nuUa  c'  e  da  ricavare,  per  ricostruire 
r  argomento  della  tragedia  perduta  di  Sofocle;  ed  assai  poco  dai  frammenti 
deir  iniitatore  Accius.'^^)  E  comune  sentenza  che  del  contenuto  di  questa  tragedia 
sia  rimasta  traccia  nella  narrazione  di  Servio,  nella  quäle  c  conservata  una  tradizione 
che  risale  al  ciclo  epico,  e  propriamente  alla  Iliupersis  di  Arktinos,  secondo 
r  estratto  di  Proclo.''*)  Euripide  avrebbe,  invece,  seguito  la  narrazione  di  Lesches, 
e  ferse  anche  quella  di  Stesicoro:  e  queste  due  tradizioni  appaiono  diverse,  non 
solo  quanto  al  modo  della  ricerca  e  della  consegna  di  Astianatte  ai  Greci,  e  quanto 
alla  persona  che  lo  uccide  (Odisseo-Neottolemo),  ma  anche  quanto  all'  etä  del 
piccolo  figlio  di  Andromaca.  Dai  frammenti  IX — XI  di  Accius  e  lecito  dedurre 
che  il  fanciuUo  abbia  trovato  momentaneo  scampo  e  rifugio  sui  monti  („occultatum 

")  Cfr.  il  fr.  XI  Ribb.  dello  Astyanax  di  Accius;        si  volge  a  lei,  invocandola. 
e  Senec.  Troad.  vv.  461  ss.;  e  specialmente  i  vv.  50353:  '')  Ribbeck,  Rom.  Tragödie  p.  41G  ss.;  Leo,  D» 


Senec.  trag,  observat.  critic.  172  —  Cfr.  Mayer,  De 
Euripidis  mylhop.  52  s. 

•2;  Nauck,  T.  G.  F.^  p.  138—143. 

''■'')   Ribbeck,  op.  cit.  412  ss. 

•"V  Kinkel,  E.  G.  F.  I  p.  50:  y.ai  'OJuaaitos  'Ao-uä- 
vay.xa  äveXdv-o;,  Neo-^oXeiio;  Xvipoiiäxv)''  'fifas 
Äa|ißäve'.  y..  t.  /..  —  .Serv.  ad  Aen.  III,  489  narra  il 
fatto  sino  al  %'aticinio  di  Calcante  contro  Astianatte,  e 
soggiunge:  „hunc  Uli.\es  occultatum  a  matre  cum  in- 
Nella  conünuazione  della  stessa  scena,  V.  791  s.,  Astia-  venisset,  praecipitavit  e  muro,  et  ita  Graeci  Troia 
naite,  nel  momento  di  essere  distaccato  dalla  madre,       profecli  sunt". 


,succede  tumulo,  nate  —  quid  retro  fugis? 
tnrpisne  latebras  spemis?  agnosco  indolcm: 
pudet  timere.  Spiritus  magnos  fuga 
animosque  veteres,  sume  quos  casus  dedit. 
en  intaere,  turba  quae  simus  super: 
tumulus,  puer,  captiva:  cedendum  est  malis. 
sanctas  parentis  condili  scdes  age 
aude  subire."  etc. 


Tlicalerdarstellwn^   und   Trngödienscene  227 

a  matre",  nella  narrazione  di  Servio);  laddove  Seneca  ricorre  all'  espediente,  che 
sembra  retorico,  di  far  nascondere  il  fanciuUo  dietro  la  tomba  del  padre;  ma, 
checche  sia  di  ciö,  a  me  preme  fare  osservare  che,  appunto  per  questi  frammenti 
di  Accius,  si  puo  esser  sicuri  che  nella  tragedia  di  lui,  il  fig"lio  di  Androniaca  noii 
era  rappreseutato  come  infante  strappato  dal  seno  materno.  E  che  cosi  fosse  anche 
nella  tragedia  di  Sofocle,  e  assai  probabile,  per  tutto  quanto  e  lecito  dedurre  dalle 
precedenti  osservazioni."'') 

Ne  si  puü  dubitare  che  Odisseo  avesse  una  parte  assai  notevole  in  questa 
tragedia,  laddove  egli  non  compare  nelle  Troades  di  Euripide;  ed  e  Taltibio  che 
annunzia  alla  principessa  troiana  la  decisione  dei  Greci.  Una  scena  fra  Odisseo  ed 
Andromaca  non  mancö  certamente  nella  tragedia  di  Accius  (Ribbeck,  op.  cit. 
p.  414);  e  la  stessa  situazione  altamente  drammatica  fra  i  due  personaggi  e  am- 
piamente  svolta  nelle  Troades  di  Seneca,  vv.  524 — 813.  Anche  nella  maniera 
artificiosa  del  retore  filosofo  —  osserva  il  Ribbeck  —  questa  scena  ha  un'  efficacia 
drammatica  rilevaute. 

Le  analogie,  vorrei  quasi  dire  le  concordanze,  fra  questa  scena  e  la  rappre- 
sentanza  figurata  del  nostro  rilievo  .sono  evidentissime.  Ora,  poiche  e  assolutamente 
da  escludere,  per  molte  ragioni,  la  derivazione  dalla  tragedia  di  Seneca,  che  non 
fu  mai  rappresentata,  e  che,  ad  ogni  modo,  e  posteriore  all'  etä  del  rilievo;  —  e 
poiche  sembra  anche  difficilissimo  pensare  che  fönte  d'  inspirazione  artistica  possa 
essere  stata  la  tragedia  di  Accius,  bisogna  ammettere  per  conseguenza  una  situa- 
zione analoga  ed  una  scena  simile  in  una  tragedia  greca,  assai  probabilmente 
nelle  Afxt-iaXwxtosj  di  Sofocle. 

Dai  frammenti  e  dalle  menzioni  dei  grammatici  e  dei  lessicografi,  noi  non 
sappiamo  che  altri  poeti  greci,  oltre  Sofocle  ed  Euripide,  avessero  composto  tra- 
gedie  sullo  stesso  soggetto:  ciö  non  vuol  dire,  perö,  che  trag-edie  simili  non  potessero 
essere  state  realmente  scritte,  o  da  altri  poeti  di  etä  classica,  o,  per  esempio, 
anche  da  quelli  della  Pleiade.  Ma  e  noto  che  questi  ultimi  non  lasciaron  traccia 
neir  arte  figurata. 

Quanto  al  modello  artistico,  da  cui  deriva,  piii  o  meno  indirettamente,  la 
no.stra  rappresentanza  figurata,  dobbiamo  crederlo  abbastanza  antico.  Certamente 
non  e  possibile  ammettere  che  il  plasia  —  e  non  parlo  del  romano,  ma  di  quello 
deir  originaria   officina    di   tardi   tempi  ellenistici  —  abbia  effigiato  questa  scena, 

ä^j  Che   il   fr.  38    N.:    £t    iiixpi;    ü)v    xa    cpaOXa       mythop.   53,  ch'  io  non  ammetto,    quantunque  vorrei 
\iv.riaoci  Ix«)  debba  mettersi  in  bocca  ad  Astianatte,  e       prestarvi  fede,  nel  vantaggio  della  mia  ricerca. 
una    temeraria    affermazione    del   Mayer,    de    Eurip. 


22S  G.   Ri7ito 

ricordando  direttameiite  il  voro:  cioe  por  aviTo  ogli  stcsst)  assistito  a  quclla  data 
rappreseiitazione  teatrale.  Egli  ha  copiato.  coii  iiiaLig'idro  o  minore  fedeltä  e  con 
r  arte  di  cui  era  capace,  un'  opera  piü  autioa:  nia  che  questa  jiotesse  essere, 
nella  sua  forma  orig'inaria,  vorroi  dire  nell"  archetipo,  un  rJ.vxl  votivo,  io  non  lo 
credo  ed  ho  giä  avuto  occasione  di  csprimero  tutto  il  mio  scctticismo  a  proposito 
delle  pretese  derivazioni  da  questi  -t'vaxs;. '"') 

Tenendo  conto  di  quanto  si  ö  detto  sullo  attinenze  tra  1'  arte  ellenistica  e 
la  classe  di  riUevi  a  cui  il  uostro  ajipartiene,  tenendo  anche  j)resonti  tutte  le  altre 
mie  osservazioni  sull'  architettura  c  sul  costume  scenico,  1'  originale  e  da  ricer- 
carsi  nel  tempo,  in  cui  1'  influenza  diretta  del  teatro  suU'  arte  figurata  arrivö  alla 
piü  grande  efficacia,  non  solo  nelle  j)iii  nobili  manifestazioni  dell'  arte,  ma  nell'  arte 
decorativa  e  nella  piccola  arte  iiidustriale.  La  predilezione  dei  pittori  elleni.stici  pei 
soggetti  teatrali  e  cosi  nota,  ch'  io  non  devo  qui  insistervi  con  troppe  parole: 
Aetion,  Apelle,  Protogene,  Cratino,  Eudoro,  Serapione,  Calates,  Aristide,  Timante 
dipingono  soggetti  scenici.*')  Ed  i  riflessi  di  questa  loro  arte  sono  numerosi 
e  chiarissimi  nella  pittura  murale  campana. 

Ma   un'  altra   importantissima    fönte   d"  inspirazione    potevano    essere    le    edi- 

zioni  illustrate  dei  poeti  tragici,  della  cui  esistenza  nell'  etä  ellenistica  non  v'  ha 

motivo    di    dubitare.      Se    la    rappresentazione    teatrale    delle    tragedie   „antiche" 

andava  diminuendo,  al  confronto  delle  novitä  dei  poeti  alk)ra  viventi,''*)  1'  amore 

e   lo    studio  per  i   capolavori  del   teatro  classico   —  come  per  ogni  altra  forma 

deir  antica  arte  —  era  vivissimo   nelle  rieche   e  colte  cittä  dell'  Ellenismo.    Di 

questa  luce,  che  ancora  ci  si  cela,  qualche  sprazzo  e  a  noi  giunto,  merce  1'  acuto 

esame    dei    fregi    di    maschere    nella    pittura    pompeiana/''')    confrontati    con    i 

fregi   iniziali   del  celebre   manoscritto   miniato   di  Terenzio.     Giä   il  Leo  ilimostrü 

che   tanto   questo   manoscritto,   quanto  i  frammenti    di   quello   di   Virgilio   ed   altri 

devono   necessariamente    derivare   da     codici    piü    antichi;    e   1'  amore    per   queste 

edizif»ni    illustrate,    di   cui    abbiamo    sicure    notizie    letterarie   nell'  etä    romana, '") 

deriva  senza  dubbio  dalla  diffusione   di    esemplari  ellenistici    e  dall'  imitazionc;    di 

essi,  che  continua  fino  ai  primi  secoli  del  medioevo. 

•*)  II  Reiscb,  Griech.  Wcihgesch.   142  menziona  °")  Cfr.  Ovcrbeck    Schriftquellen  (ad  voces). 

la    terracotta   Campana    con    la   scena    comica    nella  '^j  Cfr.  Bctlie,   Prolcgomena  245  ss. 

classe    dei    rilievi    anatematici     della    commedia.   —  '"}  Robert,  Arcliäol.  Zeit.  XXXVI  (l 878),  p.  24. 

Quanto  alle  congetture  sui  r.lvxv.si,  cfr.  Rizzo,  Studi  Fregi  di  maschere  non  sono  infrequenti  nelle  terrecotte 

archeolog.   15  ss.,  e  le  confutazioni  del  Robert  contro  Campana,  come  in    tanti  altri  oggctti  dell' arte  deco- 

il   mio   scetticismo,    in  ,Niobe,    ein  Marmorbild    aus  rativa  roraana. 

Pompei'    (Postumes    XXIV"    H.-1II.    Winck.-Progr.  '")  Rhein.  Mus.   XXXVIII  (l«83),  p.  345  «-.  e 

1903),  9  SS.  gli  scrittori  ivi  citati. 


Theaterdarstcllung  und   Tragödienscene  229 

Lo  stesso  modci  in  cui  era  dipinta  la  terracotta  iion  ri'nde  improbabile 
la  sua  derivazione  da  una  pittura,  che  non  puö  esser  certamente  opera  originale 
del  iigulo  romano,  a  cui  si  devo  1'  iimilc,  ma  interessante  rilievo  di  P.  Numitorius 
Hilarus. 

Roma,  giugno   1905.  &.  RIZZO 


Eur\dikeia. 


In  allen  gTÖl3eren  öffentlichen  und  privaten  Sammlungen  ist  die  folgende 
Münze  vertreten  : 

Fig.   54      Münze   von    Euiydikcia. 

Br.  18     Kopf  der  Eurydike  mit  Schleier      EYPYAlKEnN  links.    Dreiful3. 
recht.shin. 

Der  Durchmesser  anderer  etwas  seltener  Stücke  variiert  zu  1 5  und  8  Milli- 
metern.   Ein  Exemplar  zeigt  als  Beizeichen  die  Biene.') 

Die  Frage  nach  der  Stadt,  die  im  Beginne  des  dritten  Jahrhunderts  v.  Chr. 
Eurydikeia  umgenannt  wunle,  ist  als  eine  noch  ungelöste  zu  betrachten.  Mit 
einiger  Wahrscheinlichkeit  wurde  dafür  Kassandreia  vorgeschlagen,  dann  in 
neuerer  Zeit  auf  Grund  des  bei  Ephesos  gefundenen  Stückes  mit  der  Biene  die 
letztere  Stadt  oder  ein  in  ihrer  Nähe  gelegener  Ort. 

Wegen  der  ionischen  Herkunft  der  Münzen  von  Eurydikeia  fällt  Kassan- 
dreia außer  Betracht.  Aber  auch  Ephesos  ist  keine  einleuchtende  Zuteilung,  weil 
erstens  es  nicht  wahr.scheinlich  ist,  daß  diese  Stadt  kurz  nacheinander  die  Namens- 
änderungen Arsinoeia  -)  und  Eurydikeia,  oder  umgekehrt,  erfahren  habe,  ferner 
der  Dreifuß  kein  ephesisches  Münzbild  ist  und  schließlich  das  Beizeichen  Biene 
nur  in  dem  Falle  nach  Ephesos  weisen  könnte,  wenn  es  regelmäßig  als  Symbol 
vorkäme,  nicht  aber  wie   hier   bloß   ausnahmsweise   auf  einem  der  vielen   Exem- 

•)  A.    von    vSallet,    Beschr.    der   anl.   Münzen    II  -)  'Apaivosia   in    der    Insclir.   Atli.   Mitlh.   XXV 

88,  4  Abb.  (1900)  S.  100  ff. 

JaliresheftB  des  üsterr.  arcliUüL  Instiliites  H.I.  VIU.  29 


^3*3  F.  Imluiof-niumer,   I-.uiycliUcia 

plare.     Wir  iniisseii   uns  daher  nacli   imiht  aiuUnt'ii   ioniscluMi  Stailt    umschrii    und 
diese  ist.   wie  ich  glaube,  in  Sniyrna  /u  linden. 

Zu  den  ältesten  Münzen,  ilie  in  dem  wieder  erbauten  Smyrna  geprägt 
wurden,  zeitlich  den  '0|irjpsia  vorangfingeii  und  in  die  Zeit  des  Lysimachos  hinauf- 
reichen, ji-ehören  nänilieh  die  mit  dem  Dreifüße. •')  wovon  hier  (Mnes  tler  ältest<>n 
Beispiele: 


P 


I''S-   55      Münze  von  Smyrn.i. 

Br.  iS     Kopf  des  Apollon  mit  Lorbeer      ^MYPNAinN    links.    APIAEIKH[€]    rechts. 
rechtshin.  Dreiful.i,    der,    wie  auf  den   i\Iünzen 

von  Kurydikeia,  zwischen  den  Hen- 
kelringen gekreuzte  Stäbe  zeigt. 

Auf  einig'en  der  zahlreichen,  etwas  jüngeren  Varietäten  kommt  als  Bei- 
zeichen zufällig  auch  die  Biene  vor;')  diese  ist,  wie  auf  der  Münze  von  Eurydi- 
keia,  als  Zeichen  des  Münzbeamten  aufzufassen. 

Die  Verwandtschaft  dieser  Smyrnaischen  Münzen  mit  denen  von  lüirvdikeia 
ist  so  augenscheinlich,  daß  daraus  unbedenklich  auf  die  Gleichung  .Smyrna 
Eurydikeia  ge.schlossen  werden  darf.  Diese  liegt  auch  deshalb  nahe,  wiil  wir 
wissen,  daß  Ey.simachos  in  Asien  nicht  nur  Ephcsos  au.sgezeichnet,  sondern  auch 
der  von  Antigonos  neu  gegründeten  Stadt  .Smyrna  durch  Erweiterung  und  Ver- 
schönerung besondere  Gunst  erwiesen  hatte.  Und  wie  er  Ephesos  den  Namen 
seiner  Gemahlin  Arsinoe  gab,  so  scheint  er  nach  seiner  Tochter  Eurydike  .Smyrna 
umgenannt  zu  haben.  Diese  Namensänderung  mußte  dann,  wie  manche  andere 
der  Diadochenzeit,'')  bald  wieder  dem  alten  Stadtnamen  weichen,  vermutlich 
gleich  nach  dem  Tode  des  Lysimachos.  Bekannt  i.st  sie  mu-  durch  die  hier  er- 
wähnte kleine  Gruppe  Kujjfermünzen.'') 

Winterthur.  F.  IMHOOF- BLUMER 

')  Mionnet  III   200,   1046 — 1055;    204,   I0f)2 —  gunjjen    des   ersten  Jahrhunderts   n.Chr.    Brit.  Mus. 

1095;  .Suppl.  VI318,  1481  — 1485;  311,1498—1514;  a.a.O.  249,   130;   252,    141   Taf.  XXVI  0  u.   13. 
Cat.   Brit.   Mus.   lonia    238,   9  — 13,     lO — 19;     Inv.  ')  Kehren    Antiocheia,    Alabanda    Antiocheia, 

Waddington  n.  1942/3,  1946;  Macdonald,  Mus.  Hun-  Tralleis  Sclcukeia,  Lebedos  Ploleraais  usw. 
ter  II  3<'3>  5^ — *'7-  ')  Vielleicht  gehören  hicher  auch  die  Lysimachos- 

*;  Inv.  Waddington  n.  1942;  Macdonald  a.a.O.  münzen    mit    Dreifuß,    L.  Müller,    Die   Münzen    des 

n. ',3.   Als  Münzlypus  erscheint  die  Biene  auf  Pr.i-  thraliischen  Königs  Lysimachus  n.  333 — 336. 


231 

Die  Proconsules  Asiae  unter  Traian. 

Den  igV-)  Reyierungsjahren  des  Kaisers  Traian  (Anfanq"  Januar  98  n.  dir. 
bis  Anfang  August  117  n.  Chr.)  entsprechen,  da  seit  Claudius  die  Abreise  des 
Proconsuls  von  Rom  auf  die  Iden  des  April  festgesetzt  ist  (Dio  LX  17,  3;  vgl. 
V.  Chapot,  La  province  Romaine  proconsulaire  d'Asie,  292),  der  Amtsantritt  in 
Asien  also  etwa  Ende  Mai  fällt,  die  21  Proconsulatsjahre  Mai  97  n.  Chr.  bis 
Mai  118  n.  Chr.  Die  gToße  Zahl  von  Statthaltern,  welche  mit  ISestimmtheit 
dieser  Epoche  zugewiesen  werden  können  — •  schon  Waddington,  Fastes  des 
provinces  asiatiques  de  l'empire  Romain  n.  109  ff.  führt  deren  14  auf,  neuere 
Funde  erhöhen  die  Zahl  auf  18  —  läßt  den  Versuch  nicht  aussichtslos  erscheinen, 
die  Reihenfolge  der  einzelnen  zu  ermitteln  und  ihnen  bestimmte  Jahre  zuzuweisen. 

Wenigstens  für  drei  ergeben  inschriftliche  Aufzeichnungen  während  ihrer 
Amtsführung  eine  unmittelbare  Datierung. 

Q.  lulius  Baibus  (PIR  II  170,  n.  128;  Waddington  n.  loq;  D.  Vaglieri 
Art.  Asia  in  Ruggiero  Diz.  epigr.  719;  Chapot  311).  Die  Inschrift  vom  Stadttor 
in  Milet  (Berl.  Sitzungsber.  1900,  107)  beweist,  daß  seine  Amtszeit  einen  Teil  des 
Jahres  100  n.  Chr.  in  sich  beg-riff,  läßt  also  nur  die  Wahl  zwischen  99/100  n.  Chr. 
und   100/ 1   n.  Chr.  off.^n. 

C.  Aquillius  Proculus  (PIR  I  123,  n.  812;  Waddington  n.  113;  Vaglieri  718; 
Chapot  307,  Add.  563)   war  Proconsul   103/4   i^-  Chr.   Vgl.  Waddington  a.  a.  O. 

C.  Fulvius  Gillo  Bittius  Proculus  (PIR  II  93,  n.  309;  Waddington 
n.  118  und  Bull.  corr.  hell.  VI  288;  Vaglieri  718;  Chapot  310)  bekleidete  den 
Statthalterposten   115/6  n.  Chr.  Vgl.  Legrand-Radet  Bull.  corr.  hell.  XII  63  ff. 

Für  eine  weitere  Anzahl  von  Statthaltern  ermöglichen  die  auf  ihren  Münzen 
und  Inschriften  erscheinenden  Kaisertitel  zunächst  eine  Aufteilung  auf  die  be- 
kannten vier  Perioden: 

Periode  Kaisertitel  Kalenderjahre  n.  Chr.       Proconsulatsjahre 

I.       Aug.  Germ.  Jan.    98 — 102  97/8    — 102/3 

IL       Aug.  Germ.  Dac.  103 — 113^)  102/3 -) — 113/4 

III.       Opt.  Aug.  Germ.  Dac.  114 — 115^)  11 3/4    — 115/6 

I\\       Opt.  Aug.  Germ.  Dac.  Parth.  116  —  Aug.   117  115/0    — 11 7/8 

')  Nach    CIL    VIII     10117    müßte    Trajan    den  -|   Das  Proconsulatsjahr   102/3  n.  Chr.  fällt  zum 

Titel  Optimus  schon  112  n.  Chr.  angenommen  haben;  Teile  in   die  erste,  zum  Teile  in  die   zweite  Periode 

doch    steht    die  Inschrift   in  Widerspruch    mit    allen  und    muß    daher    theoretisch    für    beide    in  Betracht 

übrigen  Zeugnissen  und  ist  für  sich  allein  wohl  kaum  gezogen   werden;     ein    gleiches    gilt    von   113/4  und 

beweiskräftig.  Vgl.  Klein,  Fasti  consulares  57-   A.  6  115/6  n.  Chr. 

mit  den  Gegenbemerkungen  Wilmanns  CIL  a.  a.  O.  ^)  Vgl.  Legrand-Radet,  Bull.  corr.  hell.  XII  63  ff. 

29* 


R.   Hel.cr.ley 

Hionach  sind  zu   vcrw eisen: 

In  die  erste  Periode  aulier  O.  Julius  Baibus: 

Pedanius  Fuscus  Salinator  (PIR  III  lo.  n.  13):  Waililiiij^tdii  n.  111  uiul 
liuU.  corr.  hell.  VI  287:  \'ni;lieri  720;  Chapot  ^lö^i.  I'-in  tjonaucres  Datum  ist  nicht 
zu  ermitteln,  doch  darf  man  aus  dem  Fehlen  des  Titels  Germanicus  auf  der 
Münze  von  Smyrna  (Brit.  Afus.  Cat.  270,  n.  ^2=,)  vielleicht  erschließen,  daß  sein 
Proconsulat  gfanz  zu  Begfinn  dt^r  Ret;ierung-  Traians  anzusetzen  sei. 

Secundus  (PIR  III  iSS.  n.  jjS  :  Wadding-ton  n.  110;  Vaglieri  720; 
Chapot  317.)  Auch  hier  fehlt  auf  der  c'inzigen  Münze  (Attaia  jNIionnet  IV  240 
n.  275),  die  seinen  Namen  überliefert,  der  Beiname  Germanicus;  indes  hat  schon 
Waddington  darauf  hingewiesen,  daß  auf  Münzen  kleinen  Modulus  Traian  häufig 
ohne  Beinamen  erscheine,  so  daß  nicht  einmal  die  iMureihung  in  diese  Periode; 
völlig  gesichert  i.st. 

In  die  zweite  Periode  außer  C.   Aquillius  Proculus: 

Albius  Pullaienus  Pollio  (PIR  I  43,  n.  350;  Chapot  306). 

M.  Lollius  Paullinus  Valerius  Asiaticus  Saturninus  (PIR  II  299, 
n.   233;  Waddington  n.   127;  Vaglieri  721;  Chapot  313).') 

C.  Antius  A.  lulius  Quadratus  (PIR  II  209,  n.  ^38;  Waddingtim  n.  114; 
Vaglieri  718;  Chapot  306). 

Fabius  Postuminus  (PIR  II  50,  n.  45;  Waddington  n.  ii.s:  Vaglieri  719; 
Chapot  310). 

L.  Baebius  Tullus  (den  Xamen  las  zuerst  richtig  Imhoof-Iilumer,  Kleinasiat. 
Münzen  184  n.  4;  danach  zu  corrigieren  PIR  I  225  n.  23;  III  1(17,  n.  7S0;  Wad- 
dington n.    116;  Vaglieri   718;  Chapot  308,  316;  Addenda  563. 

Hadrianus  (PIR  II  124,  n.  2a;  Waddington  n.  117;  Vaglieri  719; 
Chapot  3 1 1 ).  Pick's  Zweifel  (PIR  a.  a.  O.)  an  der  Existenz  eines  Proconsuls  dieses 
Xamens  schienen  mir  schon  gegenüber  Waddingtons  Angabe  zu  der  Münze  von 
Thyateira  n.  i  „je  donne  cette  medaille  d'apres  la  description  et  l'empreinte, 
que  Mr.  Henri  Brunn  a  bien  voulu  m'  envoyer"  kaum  gerechtfertigt;  eine  Nach- 
prüfung der  Münchener  Stücke  am  Siegelabdruck,  den  ich  der  Liebenswürdigkeit 
H.  Riggauers  verdanke,  hat  mich  von  der  Zuverlässigkeit  der  Lesung  Wadding- 
ton.s,  was  n.  i  betrifft,  überzeugt.  Bei  n.  3  vermag  ich  allerdings  außer  €niAN0[Y 
nichts  Sicheres  zu  lesen. 

*)  Die  Bemerkung  „succida  k  Albius  Pullaienus  II  Beibl.  50.  Aus  dem  AufstcUungsplatze  der  beiden 

PoUio  (quoique  consul  trois  ans  plus  tard,  en93i,  car  Inschriften    ist   ein   clironologisches    Argument   nicht 

l'inscription  qui  Ic  nomme,  fait  Suite  ä  celle  d'Albius"  zu  gewinnen, 
beruht  auf  einem  Mißverständnis  meinerWorteJahrcsh. 


Die   l^roconsules  Asiae  unter  Tiaiuii  -33 

l'.i  die  dritte   Periode: 

M.  Scajjula  (PIR  III  180,  n.  i8g;  vgl.  II  423,  n.  8;  Waddington  n.  121; 
Vaglieri  721;  Chapot  310,  wo  die  richtige  Namensform  gegen  Imhoof-Blumer 
Griech.  Münzen   734  festgestellt  ist). 

In  die  vierte  Periode: 

Ti.  lulius  Ferox  (PIR  II  u^d,  n.  202;  Waddington  n.  122;  Vaglieri  720; 
Chapot  312). 

In  dieselbe  Periode  gehört,  obwohl  die  stark  verstümmelte  Inschrift  CIG 
2876  eine  Zuweisung  nach  der  Kaisertitulatur  nicht  zuIälJt: 

L.  Dasumius  (PIR  II  3,  n.  9;  Waddingtou  n.  122;  Vaglieri  71g;  Chapot  309), 
wie  in  weiterer  Ausführung  von  Waddingtons  Darlegungen  E.  (iroag  bei  Pauly- 
Wissowa  Real-Encyclop.  IV  2223,  n.  3  gezeigt  hat.'')  Da  115/6  n.  Chr.  bereits 
durch  Bittius  Proculus  (s.  o.)  besetzt  ist,  haben  sich  Ferox  und  Dasumius  in  die 
noch  erübrigenden  Jahre  11 6/7  und  11 7/8  n.  Chr.  zu  teilen,  wobei  ihre  Abfolge 
untereinander  vorläufig  unbekannt  bleibt.'') 

Von  den  bisher  aufgezählten  Proconsuln  bekleidete  O.  Julius  Baibus  den 
Consulat  im  Jahre  85  n.  Chr.,  Ti.  lulius  Ferox  im  Jahre  99  n.  Chr.  Da  in  dieser 
Epoche  die  Regel  der  Anciennetät  strenge  innegehalten  wurde  (Waddington 
p.  183),  folgt  hieraus,  da(3  jene  Proconsuln,  die  nach  Baibus  und  vor  Ferox  zum 
Consulate  gelangten,  auch  in  der  Statthalterreihe  zwischen  jene  beiden  einzu- 
schalten sind.  Dies  trifft  zu  bei  den  folgenden: 

M.    Eppuleius    Proculus    Ti.    Caepio    Hispo    (PIR    II    37,   n.    62;    Wad- 

■')  Mit  Unrecht  hält  er  an  der  Borghesischen  n.  123;  Vaglieri  720;  Chapot  3 12);  aber  einerseits 
Datierung  des  Consulates  des  Bittius  Proculus  auf  gestattet  sein  Consulatsdatura  lOO  n.  Chr.  sehr  wohl, 
97  n.  Chr.  fest.  Da  der  Proconsulat  des  Caepio  (s.  o),  seinen  Proconsulat  kurz  nach  Trajan  zu  verlegen,  an- 
für  dessen  Consulat  g8  n.  Chr.  den  frühesten  Termin  derseits  kann  in  der  Inschrift  CIL  XIV  2925  eben- 
bildet, vor  dem  des  Bittius  Proculus  angesetzt  werden  sogut  Africae  als  Asiae  ergänzt  werden,  worauf  schon 
muß,  involviert  die  Abfolge  Caepio  (cos.  98),  Bittius  Chapot  a.  a.  O.  hinweist. 

Proculus  (cos.  97)  eine  Verletzung  des  Anciennetäts-  Auch    für    Mettius    Modestus    [PIR.   II   370 

gesetzes.    Dies  beweist,   daß  Mommsen  (Hermes  III  n.  404;    Waddington  n.  124;    Vaglieri  720;    Chapot 

38,  A.  5)  mit  Recht   den  Consulat   des  Bittius  Pro-  313)  läßt  Waddington  a.  a.  O.  die  Zuteilung  an  eines 

culus  in    die   letzten  Monate  98   n.  Chr.   verlegt   hat.  der  letzten  Jahre  des  Trajan  offen;   aber  der Zusammen- 

bei  welchem  Ansätze  alle  Schwierigkeiten  entfallen.  hang   der   Inschrift,    die    ihn    erwähnt   (Hicks,   Anc. 

Auf  das  Endresultat  der  Erörterung  hat  diese  Correc-  greek  inscr.  in   the  Brit.  Mus.  III  486),  spricht  ent- 

tur  keinen  Einfluß,  da  auch  so    der  Proconsulat    des  schieden  dafür,  in  ihm  den  unmittelbaren  Vorgänger 

Dasumius  nur  nach    dem    des  Bittius  Proculus  Platz  des    Cornelius    Priscus,  procos.  120/1     zu    erkennen. 

findet.  War   TertuUus   wirklich    Proconsul    von    Asien,    so 

'')  In    das   Jahr    117/8    n.   Chr.    setzt    allerdings  erübrigt   für   ihn   das    Amtsjahr   IiS'9    n.   Chr.,  was 

Waddington  den  Proconsulat  des  C.  lulius  Cornu-  der  Anciennetätsregel  bestens  entspricht, 
tus  TertuUus  (PIR  II    188,  n.   187;    Waddington 


^34  '^-   lloberdcy 

ding-ton  n.  no:  Vayiiori  710:  Chapot  310).  Nach  Dig-.  XL  3,  jO,  7  war  er  Consul 
unter  Traian.  und  zwar  dem  ^'erhältnisse  des  S.  C.  Rubriaiuun  /um  S.  C. 
Dasumianum  entsprechend  vor  L.  Dasumius  (s.  o.).  Da  dieser  noch  unter  Traian 
den  Proconsulat  von  Asien  erhielt,  folgt  ein  Gleiches  auch  für  L'aepio.  Ander- 
seits muß  sein  Proconsulat,  da  er  frühestens  98  Consul  gewesen  sein  kann, 
möcfHchst  nahe  an  das  Ende  der  Regierung  Traians  gerückt  werden,  also,  da 
die  vierte  Periode  bereits  besetzt  ist,  in  das  spätere  der  beiden  Jahre  der  dritten 
Periode. 

P.  Cornelius  Tacitus,  der  bekannte  Schriftsteller  iPIR  J  4(17  n.  ijoo; 
Vaglieri  719;  Chapot  309)  cos.  97  n.  Chr.;  vgl.  zuletzt  L.  Schwabe  bei  Pauly- 
Wissowa,  Real-Encyclop.  IV   1566  n.  395. 

Ti.  lulius  Celsus  Polemaeanus  (PIR  II  1S6,  n.  176;  III  496,  Inc.  n.  9; 
Jahresh.  1904  Beibl.  56)  cos.  92  n.  Chr.  Zwar  hat  Fr.  Cumont  (Bull,  de  l'Aca- 
demie  royale  de  Belgique  1905,  p.  197  ff.)  seinen  Proconsulat  auf  spätestens  95  n.  Chr. 
ansetzen  zu  müssen  geglaubt,  sich  aber  selbst  nicht  verhehlt  (a.  a.  O.  19S  f  A.  6), 
dal3  diese  Datierung  eine  starke  Verletzung  der  Anciennetätsregel  in  sich  schlielJe. 
Aber  die  Voraussetzung,  von  der  er  ausgeht,  daß  die  beiden  Inschriften  vor  der 
Bibliothek  in  Ephesus  noch  zu  Domitians  Lebzeiten  eingegraben  .seien,  läßt  sich 
leicht  als  irrig  erweisen.  Die  beiden  Porträtstatuen  des  Celsus  sind  von  seinem 
Sohne  Aquila  im  Zusammenhange  mit  der  Bibliothek,  zu  deren  Schmuck  sie 
gehörten,  gestiftet,  gelangten  aber,  wie  der  Schlußpassus  beider  Dedications- 
inschriften  ,consummaverunt  heredes  Aquilae'  und  ,ä;i3!p-C'javTü)v  xwv  'AxüXa  y.Xrjpovö|t(i)v, 
deutlich  besagt,  erst  durch  des  letzteren  Erben  zur  Aufstellung,  wie  diese  ja  auch 
(s.  u.  Beibl.  Sp.  67  f )  den  Bibliotheksbau  vollendeten.  Selbst  wenn  man  Celsus'  Pro- 
consulat noch  vor  95  n.  Chr.  hinaufschieben  wollte,  wäre  die  Frist  bis  Sep- 
tember 96  n.  Chr.  zu  kurz,  um  die  Stiftung  und  Bautätigkeit  des  Sohnes,  dessen 
Tod  und  die  Vollendung  des  Werkes  durch  die  Erben  glaublich  unterbringen  zu 
können.  Aber  wollte  man  auch  diese  Unwahrscheinlichkeit  in  den  Kauf  nehmen, 
.so  verböte  doch  die  Stilisierung  der  Inschriften,  sie  noch  zu  Domitians  Lebzeiten 
anzusetzen.  Vespasian  wie  Titus  werden,  ordnungsgemäß  als  divi  bezeichnet,  mit 
Namen  genannt,  Domitian  erscheint  in  der  farblosen,  auf  den  ersten  Blick  sogar 
irreführenden  Umschreibung  AOTOxpa-wp  Kafaap  Ze^aa-ö;  (im  Lat.  bloß  Aug.).  Eine 
solche  Titulatur  ist  undenkbar,  solange  Domitian  regierte,  erklärt  sich  dagegen 
ohne  weiteres  als  Folge  der  damnatio  memoriae  in  einer  Inschrift,  die  seiner  nach 
seinem  Tode  Erwähnung  tun  mußte;  da  man  doch  nicht  gut  die  volle  Titulatur 
ausschreiben  konnte,  um  sodann  die  charakteristischen  Bestandteile  sofort  wieder 


Die  Proconsules  Asiae  unter  Traian  235 

ZU  eradieren,  half  man  sich  damit,  daß  man  von  vornherein  die  der  Tilgung  ver- 
fallenen  Namen    wegließ.') 

Damit  gewinnen  wir  volle  Freiheit,  den  Proconsulat  des  Celsus  in  traianische 
Zeit  zu  versetzen  und  den  auf  der  Münze  der  Cilbiani  Superiores  (Imhoof-Blumer 
Lyd.  Stadtm.  55;  Cat.  Brit.  Mus.  Lj'dia  p.  XLVI;  hier  und  bei  Chapot  312 
zweifelnd  auf  Ti.  lulius  Candidus  Marius  Celsus  bezogen)  genannten  ocvil-'jTiato; 
KeXio?  mit  ihm  zu  identificieren. 

Als  letzten  können  wir  der  Reihe  angliedern: 

L.  Nonius  Asprenas  Torquatus,  unter  dem  die  Jahresh.  iSgg  Beibl.  45  an- 
gezogenen Inschriftbasen  des  C.  Vibius  Salutaris  gesetzt  sind.  Zwar  wird  in  ihnen 
ein  Kaiser  nicht  genannt,  doch  führt  der  Inhalt  darauf,  daß  sie  unter  Traian 
abgefaßt  sind.  Der  durch  seine  Diataxis  (Hicks,  Anc.  greek  Insc.  in  the  Brit. 
Mus.  III  481)  bekannte  Stifter  weiht  aus  einem  Teile  der  in  der  Diataxis  für 
jährliche  Verteilung  gewidmeten  Gelder  im  Einverständnis  mit  den  vsojTiooa:  und 
auf  Grund  eines  Volksbeschlusses  zwanzig  „a7t£iyvOvta[.iaTa  9-£ö)V  ticcvtcüv  twv  ev  -y.l; 
ExxXrjOTa'.i;  avayop£uo[X£Vtov  bnb  xoö  kpoxi^puy.o;".  Daß  bei  diesem  Anlasse  Hadrian  und 
Sabina  nicht  ebenso,  wie  bei  der  ersten  Schenkung  Traian  und  Plotina  dy.övzc, 
erhalten,  beweist,  daß  ensterer  noch  nicht  zur  Regierung  gelangt  war.**)  Dazu 
stimmt  auch,  daß  Ephesus  noch  nicht  den  Titel  S!;  vetav.öpoi  führt;  vgl.  Büchner 
de  neocoria  5g  und  gS;  H.  Gabler,  Num.  Zeitschr.  XXIV  2Ü5.  Da  sich  unter 
den  Trägern  dieses  Namens  gerade  ein  Consul  des  Jahres  g4  n.  Chr.  findet 
(PIR  III  414,  n.  213)  wird  man  ihn  mit  Zuversicht  mit  dem  Proconsul  identifi- 
cieren dürfen. 

Damit  ist  die  Zahl  der  nachweisbar  unter  Traian  fungierenden  proconsules 
Asiae  erschöpft.'')  Vollständig  besetzt  sind  die  Jahre  der  dritten  und  vierten  Periode; 
für  die  vorangehenden   ist,  wenn   wir  diejenigen  Proconsuln,  deren  Consulatsjahre 

')  Ein  verwandter  .Sachverhalt  liegt  der  Inschrift  *)  Keine  Gegeninstanz  bildet  die  Widmung  an 
Jahresh.  1898  Beibl.  76  zugrunde;  wie  die  Datierung  den  olxo;  Ttöv  Sspaoiröv;  vgl.  A.  Schulten,  Rhein, 
nach  dem  Proconsul  P.  Calvisius  Ruso  (Waddington  Mus.  1901  S.  122  und  die  von  ihm  angefiihrte  Literatur. 
106;  Vaglieri  718;  Chapot  308;  Jahresh.  a.a.O.  ")  Die  Vermutung  E.  Groags  bei  Pauly-Wissowa 
ist  das  Druckversehen  84—87  n.  Chr.  zu  84—97  n-  Real-Encyclop.  Suppl.  I  330,  n.  279  nach  Vorgang 
Chr.  zu  corrigieren)  beweist,  hat  Cl.  Trophime  ihr  Ana-  Fröhners  Philolog.  Suppl.  V  70,  daß  A.  Cornelius 
them  der  Artemis,  dem  Kaiser  Doraitian  und  dem  Palma  gegen  Ende  der  Regierung  Trajans  Asien  als 
Demos  von  Ephesos  geweiht;  nach  des  Kaisers  Tod  Proconsul  verwaltet  habe,  ist,  wie  schon  Chapot 
kam  es  zu  einer  —  sei  es  durch  Beschädigung,  sei  es  Add.  364  hervorhob,  völlig  unsicher, 
durch  andere  Umstände  veranlaßten  Neuaufstellung  Ganz  zu  entfallen  hat  Vitellius  Proculus,  den 
laTtoxccTia-crjasv),  offenbar  auf  einer  neuen  Basis,  wo-  Chapot  319  aufführt;  die  Münze  von  Hyrkanoi  (Ba- 
bel der  damnatio  memoriae  in  derselben  Weise  wie  belon  5042)  ist  schon  von  Waddingtou  Bull.  hell, 
in   den   Celsusinschriften    Rechnung  getragen  wurde.  VI  288  richtig  auf  Bittius  Proculus   bezogen. 


bekannt    sind,    nach    dorn     AiuMi-niKniitsprincipc    anordneii,     vurläulii;-   \V(Miii>-stens 

eine  relative  Datierung;-  niöylieli.  w.'lchr    nachstehende  Liste  zeigt: 

O.  lulius  Baibus  cos.  85,  procos.gg/ioood.  loo/i 

Albius  Pullaienus   Pollio  cos.  90, 

Ti.  lulius  Celsus  Polemacanus  cos.  q2, 

M.  LoUius  Paullinus  Valerius  Asialicus  .Saturninus        cos.  93, 

r.   Antius  A.  lulius  Ouadratus  cos.  93, 

L.  Nonius  Asprenas  Torquatus  cos.  94, 

P.  Cornelius  Tacitus  co.s.  97, 

M.  Scapula  cos.  97?,   procos.    11 3/4 

M.  Eppuleius  Pn.culus  Ti.   Caepici   ilisix)  cos.  98,     procos.    114/5 

C.  Fulvius  Gillo    r.iitius   l'mcuhis  cos.  98,     procos.    1 1 5/6 

Ti.  lulius  Ferox  cos.  99,  |  ,  ,       ,         10 

procos.  I  1 6/7  od.  1 1  7/8 
L.  Dasumius  cos.    .^    | 

Die  Proconsidn  der  17  (ih)  Jahre  99/100  (loo/i)  — 1 15  ö  n.Chr.  sind  also  den 
Consuln  von  bloß  14  Jahren  85  -  98  n.  Clin  entnommen,  so  daß  das  Intervall  zwischen 
Consulats-  und  Proconsulatsjahr  von  14  (15)  Jahren  hei  I'>all)Us  auf  17  Jahre  bei 
Bittius  Proculus  anwächst.  Zwei-,  vermutlich  dreimal  also  gelangte  von  den 
Consuln  eines  Jahres  mehr  als  einer  zum  Proconsulate  von  Asien,  wie  dies  tat- 
sächlich für  93  und  98  n.  Chr.  bezeugt,  für  97  n.  Cln".  mindestens  wahrscheinlich 
ist.  Dieses  Überwiegen  der  Proconsulatsjahre  über  die  Consulatsjahre  berechtigt 
uns,  einem  Versuche  zu  absoluten  Daten  zu  gelangen,  die  Annahme  zugrunde 
zu  legen,  daß  aus  "den  Consuln  jeden  Jahres  mindestens  einer  den  Proconsulat 
von  Asien  verwaltet  habe.  Demgemäß  sind  zwischen  Torquatus  und  Tacitus  zwei, 
zwischen  Celsus  und  Valerius  Asiaticus  und  zwischen  Pullaienus  und  Celsus  je 
ein  Proconsul  einzuschieben,  so  daß  Pullaienus  104/5  zu  stehen  kommt  und  zum  un- 
mittelbaren Nachfolger  des  Aquillius  Proculus  103/4  wird.  Nun  entscheidet  sich  auch 
die  oben  offen  gelassene  Frage  nach  dem  Proconsulatsjahre  des  Baibus  zugunsten 
von  99/100;  nur  unter  dieser  Vorau.s.setzung  bleibt  zwischen  ihm  Tind  Pullaienus 
Platz  für  die  durch  die  Differenz  der  Con.sulatsjahre  gefdrdertc'  Zahl  von  Pro- 
consuln. 

Das  Resultat  unserer  Mrörterung  faßt  die  nachstehende  List«-  zusammen,  in 
welche  der  Übersicht  halber  auch  Carminius  Vetus,  Proconsul  unter  Xerva, 
(Jahresh.  Beibl.  II  74;  Groag  bei  Pauly-Wissowa  Real-Encyclop.  Suppl.  I  276, 
no.  5  a;  Chapot  308)  und  die  oben  .S.  233  A.  6  besprochenen  Proconsuln  aus  dem 
Anfange  der  hadrianischen  Zeit  aufgenommen  sind: 


Die  Procünsules  Asiae  unter  Tr 


'-il 


procos. 

cos. 

96/7 

Carminius  Vetus 

? 

97/8 

98/9 

99/100 

loo/i 

101/2 

1  j  Secundus 

1  1  Pedanius  Fuscus  Salinator 
Q.  lulius  Baibus 

? 
? 

? 
p 

85 

[80] 
[87] 

102/3 

103/4 

104/5 

105/6 

106/7 

107/8 

108/9 

109/10 

I  lo/i 

.  1 1/2 

II 2/3 

? 
C.  Aquillius  Proculus 
Albius  PuUaienus  PoUio 

p 

Ti.  lulius  Celsus  Polemaeanus 

M.  Lollius  Paullinus  Valerius  Asiaticus  Saturninus 

C.  Antius  A.  lulius  Quadratus 

L.  Nonius  Asprenas  Torquatus 

P.  Cornelius  Tacitus 

[88] 

[8g] 

90 

[91] 
92 

9J 

93 

94 
[95] 
[96] 

97 

II 3/4 
II 4/5 

M.  Scapula 

M.  Eppuleius  Proculus  Ti.  Gaepio  Hispo 

97? 
98 

II5/Ö 
II6/7 

II 7/8 

C.  Fulvius  Gillo  Bittius  Proculus 
1  (  Ti.  lulius  Ferox 
J  1  L.  Dasumius 

98 

99 

? 

11 8/9 
I 19/20 

120/1 

C.  lulius  Cornutus  Tertullus? 
Mettius  Modestus 
Cornelius  Priscus 

p 
p 

p 

In  den  vier  freien  Jahren  102/3,  io5/ö>  iio/ii  und  111/12  müssen  die  drei 
•sicher  der  zweiten  Periode  angehörigen  Proconsuln  Fabius  Postuminus,  L.  Baebius 
TuUus  und  Hadrianus  untergebracht  werden.  Unsicher  bleibt  die  Einreihung  des 
Secundus.  Darf  man  auf  die  Kaisertitulatur  Gewicht  legen,  so  wäre  er  mit  Pe- 
danius den  Jahren  97/8  und  98/g  zuzuteilen  und  Carminius  Vetus  in  96/7  n.  Chr. 
zu  verweisen,  was  mit  allem  Vorbehalte  in  obiger  Liste  geschehen  ist;  andern- 
falls stünden  loo/i  und  101/2  oder  eines  der  freien  Jahre  der  zweiten  Periode  zur 
Verfügung. 


Jabreshefte  des  österr.  archäol.  Institut) 


R.  HEBERDEY 
30 


23S  A.    \Vil)K-lm 

Zu  .loscphus. 

Die  Untersucluinj4'.  iliToii  die  von  Jusophus  in  siMiio  jüdische  (ieschiclUo 
oiiigelogten  Urkunden  norh  ininirr  hcdüiicn,  wird  sich  dii'  Nach\v<-isiinL;'  der  in 
ihnen  genannten  Persönlichkeiten  in  sonstiger  Uberlieferunii",  \  (irnchnilich  in  den 
Inschriften  der  Zeit,  zur  nächsti-n  Aufgabe  stellen  müssen.  Dali  dahii  mit  starker 
Entstellung"  der  Namen  in  den  Handschriften  zu  rechnen  ist,  lehren  die  IxMeits 
vorgenommenen  Identificationen,  die  zumeist  Römern  gelten,  jet/t  am  l)esten  zu 
übersehen  in  P.  Vierecks  Preisschrift,  Sermo  graecus  91  flf.  und  in  Annu>rkung-en 
von  E.  Schürers  Geschichte  des  jüdischen  \'olkes  ''III  08  u.  s.  Um  die  in  den 
Urkunden  genannten  (iriechen  hat  man  sieh  viel  weniger  gekümmert.  Vür  die 
Lesung  und  Zeitbestimmung  einer  der  ansehnlichsten  Urkunden,  des  I'jesehlusses 
der  Athener  aus  dem  Jahre  des  Ai-chon  Agathokles  XIV  149,  ist  der  Fund  der 
Inschrift  IG  11  470  natürlich  längst  ausgenützt  worden;  wir  verdanken  ihr  die 
Erkenntnis,  dal3  der  .Schreiber  des  Jahres  nicht  ]•»/./.■/);  MsvxvSpoi»  'AXt|iou3toi;  hie(3, 
sondern  nach  Z.  i  und  31  des  Steines  EOy.>.f;;  Zevxvopou  Aib-aÄtor;;.  und  daß  statt 
A'.ovj3io;  oder  Hsoooaioc  Bsoowpou  ^o'jy.büq,  den  dieser  Beschluß  t;  152  in  einem 
Zusammenhange  erwähnt,  den  ich  Philol.  LX  487  zu  ermitteln  versuchte,  vielmehr 
öcdooTo;  Aioowpou  — ouvisüc  zu  lesen  ist  (Ath.  Mitt.  XXI  439,  Pro-sopogr.  Att.  6803). 
Ferner  ist  bemerkt  worden,  dal3  der  Prytane  KpaxOTTtos,  nach  dem  der  Beschluß 
der  Pergamener  XIV  247  datiert,  auch  in  dem  Festkalender  Inschriften  von 
Pergaraon  247  (H.  von  Prott,  Fasti  .sacri  ji.  37)  und  in  der  Ephebenli.ste  Ath.  Mitt. 
XXVII  126  begegnet,  mag  auch  dieGleichlieit  der  Jahre  nicht  gesichert,  mindestens 
für  den  Festkalender  unwahrscheinlich  sein.  .Sonst  ist,  soviel  ich  sehe,  nach  den 
in  den  Urkunden  genannten  Griechen  nicht  gesucht  worden.  Für  den  Beschluß 
der  Halikarnassier  XIV  256:  ir.l  kpsw;  .M£|ivovoc  xoO  '.\p:7-£i2o'j  (II.  .Swoboda, 
Griechische  Volksbe.schlüsse  S.  78  druckt:  'OpEsiet'Souj,  xaxä  oi  Tiot'r^stv  EOwvuiiou, 
war  aber  der  richtige  Name  des  Eponymos  längst  aus  Inschriften  zu  gewinnen. 
Im  Bull,  de  corr.  hell.  IV  401  und  in  E.  Loewys  In.schriften  griechischer  Bildhauer 
365  ist  ein  Stein  aus  Halikarnassos  veröflfentlicht: 

(izöooz[o]g  $avia  Nstova  ApiiTcfSou  xa{)-'[0-] 

oi)-£'j'!a[v]  oz  Jlevü/.Äo'j  xöv  ol'jzo'j  ä[5]£/.-f['.-] 

2oOv  ispaTc'jovxa  'A-dÄÄwv.  ^Apyri-fiviil'..] 
Aa'.|i£vr^;  Aai|i£VO'j  'üpoavv£Ü:  i-.ir^rjz. 
Eine   zweite   Inschrift   aus  Halikarnassos   Bull,  de   corr.  hell.  I\'   31)7,    Loewy 
300  a  ist   auf  Grund  dieser  und   einer  anderen  Weihung  ebendaher  liull.  de  corr. 


Zu  Joseplius  23g 

hell.    XIV    102   in  Z.   5,  0  und  S    vollständige!-   als   in    der   ersten   Veröffentlichung- 
zu  lesen: 

[Xewvja  'ApiaxeöSo'j 
[y.aO'  u:o]i)-£CJiav  oi  MsvüÄÄO'j 
[i£pa-£ij]ovxa  xo'j  'A-iÄÄojvo;  xö   kEvüxov 
5     [xciO  r/jc]  TxoXsw;  ['^-IpxhlT^'^'^'J 
[yp'jcjwi]  azz'^mw.  xxl  sly.öv. 
[äpsxfj;]  £V£7.Ev  7.X1  cOvofa; 
[xal  -.f'.ÄooJo^tag  xv];  zig  aOxdv. 

[ — ]o;    £7X0tTjCJ£V. 

Derselbe  Mann  wird  in  einer  dritten  Inschrift  aus  Halikarnassos  erwähnt 
Bull,  de  corr.  hell.  IV  402,  denn  sicherlich  ist  sein  Name  zu  ergänzen: 

['()  Cizl'/x  — ]wvo;  %7,\f  ulod-£aiy.y  Ss  6paau|.iz7_c<'j 

[xov  0£rva  $]avta  uixoyuiivaatapyj^aavxa. 

BeöSoxo?  $avia  •c[u|ivaa:xp-/(ov  ?  —    — 
'ATxöXXtovt  'Ap7_r;Y[£xrjt  —  — ] 
0riOY'j[tvaatap7_o[0vxo{  xoO  äoely.ooO  Xewvo^] 
xoO  'Api^x£t5oii  y.xih"  ['j:oi>£acav  S£  JhviXXo'j]. 

Da  der  Block  vom  Herausgeber  als  vollständig  bezeichnet  wird,  scheint  die 
Basis  an  ihrer  Vorderseite  aus  drei  oder  vier  Steinen  bestanden  zu  haben;  An- 
gaben über  die  Beschaffenheit  der  Oberseite  fehlen  und  wären  für  die  Beurteilung 
des  Denkmales  auch  nur  dann  von  Wert,  wenn  das  oder  die  vorauszusetzenden 
Standbilder  nicht  in  verlorene  Deckplatten,  sondern  unmittelbar  in  diese  Steine 
eingelassen  waren.  Waren  ihrer  vier,  so  hat  vermutlich  eine  dritte  Inschrift 
an  entsprechender  Stelle  links  gestanden  und  in  ähnlicher  Form  andere  Ange- 
hörige des  Hauses  genannt,  dann  würde  der  Sohn  des  Phanias  rechts  und  links 
Verwandte  oder  wenigstens  Weihungen  von  Verwandten  neben  sich  gehabt  haben- 
Die  verschiedene  Fassung  der  Hauptinschrift  in  der  Mitte  und  der  räumlich  unter- 
geordneten rechts  läßt  annehmen,  daß  diese  letztere  entweder  als  Unterschrift 
eines  zweiten  Standbildes  oder,  weil  in  einer  bloßen  Unterschrift  der  Zusatz  dno- 
yuj-ivaaLap-/_oOvxo;  y.xÄ.  sehr  auffällig  wäre,  vielmehr  als  Weihinschrift  zu  gelten  hat. 
0£65oxo;  ^mix  würde  demnach  selbst  sein  Standbild  oder  ein  anderes  Bildwerk 
neben  dem  Standbilde  seines  Bruders  oder  neben  seinem  eigenen  Standbilde 
geweiht,  oder  nach  dem  Tode  des  Stifters  an  dessen  Stelle  die  von  diesem  beab- 


240 


sichtigte,  aber  nicht  vollzoo-oiie  Wcihimi;-  soinos  <.'i_u;<'ni-ii  Staiulhilih-s  ausgeführt 
haben.  Denn  der  gewe.sene  O-oyDiivaaiaf/Xo:,  dem  die  Ilaiiptin.schrift  gilt,  kann 
freihcli  ein  Bruder  des  HecSotoc  'l'-xvix.  aber  auch  die.ser  selbst  sein.  Leider  erlaubt 
angesichts  dieser  Zweifel  die  zweite  Inschrift  keine  sicliere  iler.stclhnig.  öni 
ungefiihr  gleich  lange  Zeilen  zu  gewinnen,  mag  man  versucht  sein,  nach  Y[u|ivaat- 
apywv  noch:  xa:  [spa-EÜwvJ,  nach  WkqDmy.  ' A^'/rffli-r,:  eine  Zahl,  zh  —  ovj,  und  vor 
[Xewvoc]  ioO  'ApiaxstSou  die  Bezeichnung  di-r  \'erwan(ltscliaft,  [toO  äoeXcptooO].  einzu- 
setzen. Aber  der  Zu.satz  \)Tzo-{'j[iyoi.'j:xpyo'')'^zo;  -/.r)..  dmitet  auf  eine  Weihinschrift: 
ist  der  O-OYUjivaatapxOi;  der  Hauptinschrift  w  iil<lich  Hsöooto;  <]>avia,  su  würde  er 
also  als  p|ivxa;apx^?  ^''"^^  Denkmal  durch  Hinzufügung  eines  andei-en  Bildwerkes 
vervollständigt  oder,  wie  bereits  angedeutet,  die  von  dem  eigentlichen  Stifter  zur 
Zeit,  da  er  selbst  0-oyjiivx3cap-/oc  war,  beabsichtigte  und  niclit  vollzogene  Weihung 
an  seiner  Stelle,  vielleicht  y.xxx  iixd-if/.y,'/,  wie  es  nicht  selten  in  Priene  ge.schah 
(Th.  Wiegand  und  H.  .Schrader,  Priene  S.  207  u.  s.),  ausgeführt  haben.  Da  beide 
Inschriften  auch  in  dem  Falle  späterer  V<'rv()llständigung  des  Denkmals  xon  der- 
selben Hand  herrühren  können,  entscheidet  die  Gleichheit  der  Schrift,  die  das 
Schweigen  des  Herausgebers  vorauszusetzen  erlaubt,  nicht  gegen  diese  Auffassung. 
Klarheit  kann  wohl  nur  der  Fund  der  zugehörigen  Blöcke  bringen,  ich  versuche 
daher  keine  Ergänzung.  Die  Nennung  des  Neffen  als  OTioyuiivaatapyo?;  kann  ledig- 
lich durch  den  Wunsch  \-eranlaßt  sein,  diesen  durch  ('int'  lü-wähnung  in  seiner 
amtlichen  Eigenschaft  auf  dem  Denkmal  zu  ehren.  Es  liegt  nahe,  auch  in  dem 
Stifter  des  Denkmales  einen  Angehörigen  des  Hauses  zu  vermuten  und  in  der 
ersten  Zeile  Nejiovoc  zu  ergänzen.  Doch  wird  damit  höchstens  eine  MöglichkcMt 
getroffen.     Der  Stammbaum  ist: 


Unbekannter 

Bruder  ? 
Bull,  de  corr 
hell.  IV  402 


Hsdoo-o; 


wirklicher  Vater       Adoptivvater 


Unbekannte 

.Schwester 

entweder  des 

HcdooTo:  und  mit  MevoÄXo; 

oder  'Ap'.7T£;or;c  ver- 
heiratet, oder  Schwe.ster 
des  'Ap'.7T£'!5ry;  oder 
Msv'j/./.o;  und  mit 
0£&5oTo;  verheiratet. 
Der  Name    Xs'ov  findet  sich   übrigens  in   Halikarnassos  in   einem   Hause,   das 


Neo)v 


Zu  Josephus  241 

sich  von  den  xTi'arx".  y.yX  lupavvoxTovo:  r^;  7:6Xeo);  herleitete  (Le  Bas-Waddiiigton 
505;  Bull,  de  corr.  hell.   Xl\'   107). 

Einem  'ApoaxsEorj;  N£Ci)vo;.  ohne  Zusatz,  ösayyEXsö;  gilt  der  von  E.  L.  Hicks 
Classical  Review  III  234  herausg"eg"ebene  Ehreiibeschluß;  wie  diese  Inschrift,  jetzt 
in  der  Sammlung-  W.  Froehners  zu  Paris,  schließt:  'A  ßouÄx  dv.z.  AtpsO-sv  ol  tüevts, 
ETii  xäv  cxäÄav  -äv  sv  ösayyEÄO'.;  'Apicj-SLor^;,  so  heißt  es  am  Ende  eines  unveröffent- 
lichten Beschlusses,  der  vor  kurzem  dem  Nationalmuseum  zu  Athen  einverleiht 
worden  ist:  A  jiouXa  stTxev.  AtpiO-ev  hCi  xä  ev  ÖeayyeXois  'ApiaistS/j?  Xaovog,  UO^^tdor;; 
'locaovog'  ETLixapoEao  toüs  a-ecfävou?  xat  -x;  axäXac  crxäaat  xa!  716  i)-oSo|_i  7;oT|'jaa6-at  £?;  xov 
'AjxsAÄarov  |^if;va  oö  -evxe.  Da  dieser  Stein  nicht  jünger  scheint  als  die  Mitte  des  zweiten 
Jahrhunderts  v.  Chr.,  wird  'ApiaxsiSr^;  Xewvo;  y.aO-'  uEo8'£'j''av  Ss  MevuXXo'j  wohl  der 
Enkel  dieses  'Aptc^xEtSr^;  Neiovo;  HEayyEJvEu;  sein. 

Wiederum  als  Priester  wird  derselbe  Neon  in  einer  unveröffentlichten 
Inschrift  genannt,  die  ich  nach  den  im  Schedenapparat  der  Wiener  Akademie 
aufbewahrten  Abschriften  dreier  im  Hofe  der  Festung  zu  Budrum  gefundener 
Bruchstücke  folgendermaßen  zu  lesen  versuche: 

Nstöva  'Aptax£to[ou  xa^^'  utoS-Eijiav  Se] 
MevüXXou  E£pax[£6aavxa  Zahlwort] 
xo'j   'AriiÄ/.tovo;  xoO  xy,[;  -6äewc] 
Äpyj^yEXO'j,  XEXpdx:;  Se  X7y[s  'Ail7jVäg?] 

xf,s    AAfM  MT- 

Neons  fünfte  Priesterschaft  im  Dienste  des  Apollon  erwähnt  die  an  zweiter 
Stelle  bespi-ochene  Inschrift.  Der  Beiname  der  zweiten  Gottheit  ist  in  der  Abschrift 
entstellt;  'Ap/^Eyr/XtSo^  entspräche  wenigstens  einigermaßen  den  verzeichneten  Resten. 

Die  vier  Weihungen,  in  denen  'ApiaxEtSvjs  Newvo;  xa8''  uloil'Eatav  Se  MevuXXou 
begegnet,  fünfmal  Eponymos  der  Stadt  Halikarnassos  als  Priester  des  Apollon, 
sicherlich  seinerzeit  einer  ihrer  hervorragend.sten  Bürger,  gehören,  soweit  sich 
nach  den  Abschriften  urteilen  läßt,  dem  zweiten  oder  ersten  Jahrhundert  v.  Chr. 
an.  Sicherlich  ist  also  in  dem  von  Josephus  überlieferten  Beschlüsse,  dessen  Zeit 
ich  so  wenig  näher  zu  bestimmen  versuche  wie  die  der  Inschriften,  statt  iiO.  tEpEto; 
M€MNONOC  xoO  ApiaxEtSo'j,  xaxä  II  TMip'M  €YUJNYMOY  zu  lesen:  N6UUN0C  xoO 
Ap'.axE'So'j.  xaxa  iz'J.rp'.-i  Se  M6NYAAOY. 

Das  Schreiben  an  die  Milesier  XIV  244  beginnt:  Ilpöxavts  'Ep[ioO  uEö;  TxoAtxr;? 
u[iEX£po;  (so  lese  ich  auch  Bull,  de  corr.  hell.  XXIX  576  in  dem  Beschlüsse  aus 
Argos    Bull,  de  con-.  hell.  XXVIII   422    Z.  6  statt   [y,5y;  Txps^ßiiJxEpo^,   und    in    der 


A.   Wilhelm,  Zu  Josepluis 

Inschritt  aus  Delplii  Syllogc  718  7..  2  statt  fAOv^a'o;]  -o/.i'ta;  violnu-hr:  [Otiixspo;]) 
-poSiXO-töv  (^10:  £V  TpaXÄsaiv  xtX.  Der  Vaternamo  ist  mir  Kinyst  verdächtig-  gewesen. 
Nun  ist  auf  Tliera  ein  Stück  einer  Liste  von  Proxenui  ^-cfunden  worden  IG  XII 
3-  .vvv  Suiipl.  p.  2S5,  i2C)8  (GDI  4697),  die  in  Z.  3  verzeichnet:  llfkavi;  ^.\\.rjx> 
M-^.T,3:o;.  Diese  Liste  hat  J.  Kircliner  der  in  ihr  genannten  Athener  wegen  in  dii' 
Zeit  um  70  v.Chr.  gesetzt  (Prosopogr.  Att.  121,  1542^  während  Hiller  von  Gärtriiigi-ii 
-sie  für  älter  hält  und  mit  ihr.  auch  neuerlicher  brieflicher  Äu(3erung  tiarh,  inu" 
ungern  in  das  erste  Jahrhundert  v.  Chr.  herabginge.  Den  Brief  an  die  Mile.sier 
hat  der  handschriftlichen  Überlieferung  nach  IIoiiÄto;  ^zi^v^iX'.o;,  HoTrXto'j  uli;  räXßa; 
geschrieben;  man  setzt  ihn,  wie  die  übrigen  Urkunden,  die  Josephus  XIV  241  bis 
2H4  überliefert,  in  die  Zeit  Cäsars.  Doch  gehört  aus  dieser  Reihe  mindestens  der 
Beschluß  der  Pergamener  247  in  das  Ende  des  zweit(Mi  Jahrhunderts  v.  C"hr. 
(P.  Viereck,  .Sermo  graecus  p.  06;  lob;  U.  Wilcken,  Realencyclopädie  I  2484  gegen 
L.  Mendelssohn,  dem  E.  Schürer  III  i  1  folgt).  Eine  Prüfung  der  Änderungen,  die 
für  den  Namen  rä/.,ia;  vorgeschlagen  worden  sind,  ist  nicht  meine  Absicht;  daß 
der  Milesier,  der  vor  diesem  Proconsul  in  Tralleis  die  Beschwerden  der  Juden 
von  Milet  vertrat,  IIpü-av;c  GIMOY  und  nicht  6PMOY  hieß,  halte  ich.  mögen  auch 
die  Zeitverhältnisse  genauere  Untersuchung  verlangen,  für  einleuchtend. 

Athen.  A.  WILHELM 


Hunderassen  im  Altct"tum. 

Tafel  IV. 

Die  Alten  besaßen  eine  Masse  verschiedener  Hundearten.  I^twa  jo  Local- 
natnen  sind  auf  uns  gekommen,  aber  nur  bei  den  allerwenigsten  gelingt  es  herau.s- 
zubringen,  wie  die  betreffenden  Rassen  ausgesehen  haben.  Die  Beschreibung  der 
Schriftsteller  ist  immer  ungenügend  und  oft  widersprechend;  man  mu(3  sich  an 
die  archäologi.schen  Denkmäler  halten.  Da  man  nun  gemeiniglich  nicht  von  den 
Kunstdenkmälern,  sondern  von  den  Beschreibungen  der  Autoren  auszugehen 
pflegt,  ist  auch  bis  jetzt  nicht  viel   Richtiges  erzielt  worden. 

Am  häufig.sten  erwähnt  werden  Molosser,  Lakoner,  Kreter  und  Melitäer. 
Diese  vier  Rassen  Ijxssen  sich  mit  mehr  oder  weniger  Sicherheit  auch  ihrer 
Gestalt  nach  ermitteln,  und  sie  sind  auch  für  den  Leser  der  antiken  Schriftsteller 


ü.   Keller,   Hunderassen   im   Altertum 


243 


die  interessantesten.  Ich  will  \-om  Sichersten  zum  weniger  Sicheren  übergehen 
und  beginne  daher  mit  der  melitäischen,  der  kleinsten  unter  den  aufgezählten  vier 
Rassen.  Dankbar  bekenne  ich  mich  Dr  Imhoof-ßlumer,  der  auch  hier  die  Güte 
hatte,  mich  zu  unterstützen,  indem  er  eine  Auswahl  von  Münzen  aur  Taf.  IV 
zusammenstellte   und   ihre   Herstellung  besorgte. 


I.  Der  Melitäer. 

Glücklicherweise  wissen  wir  bestimmt,  wie  die  vielerwähnten  Malteser 
Hündchen,  catuli  JMelitaei,  -/.i)v;'5ta  oder  xuväpca  MsXoiaia,  ausgesehen  haben,  die 
beliebten  und  oft  sehr  \erwöhnten 
Schoßhündchen  nicht  bloß  von 
Kindern,  Matronen  und  Hetären, 
sondern  auch  von  Männern  wie 
Epaminondas ')  und  Kaiser  Clau- 
dius. Es  war  ein  langhaariger,- 1 
weißer  Spitzer  mit  stehenden  klei- 
nen Ohren,  wolligem  gerolltem 
Schwanz  und  ziemlich  spitziger 
Schnauze.  Sehr  häufig  begegnet  er 
auf  attischen  Grabreliefs  und  auf 
Vasenbildern,  hier  einmal  mit  aus- 
drücklich beigeschriebenem  Namen  ^^S-   i^     Melitäer  auf  roinguri-er  Amphora  aus   Vulci. 

MsÄi-uais   (f-isa'.-ats),    einer   rotfigurigen   Amphora  aus  \^ulci  (Fig.  56),  angefertigt   zu 
Athen  um  die  Wende  des  sechsten  und  fünften  Jahrhunderts  v.  Chr.-^). 

Dieses  authentische  Bild  beweist  aufs  deutlichste  die  Spitzernatur  des  Melitäers 
und  zeigt  hinsichtlich  der  Höhe  der  Beine, 
namentlich  aber  in  der  ganzen  Kopfbildung 
einen  bedeutenden  Unterschied  vom  Bolog- 
neser, mit  dem  ihn  moderne  Kynologen  zu 
identificieren  pflegen  (Fig.  57).  Schon  die  für 
den  Bologneser  mit  Fug  und  Recht  angenom- 
mene Abstammung  vom  Pudel  hätte  Bedenken 

1,   Aelian  var.  hist.  XIII  42. 

-)  AVahrscheinlich  war  er  seidenhaarig,  obgleich  das  natür- 
lich nicht  mit  aller  Bestimmtheit  behauptet  werden  kann. 
57     Bologneser  nach  Fitzinger,   Der  ^)  Annali    1852    tav.   d'agg.  T    (Reinach    R.   \^.    II    294); 

Hund  und  seine  Racen  Taf.  4.  Kretschmer,  Griech.  Vaseninschriften  88. 


2-14 


Fig.  58     Tonstatuette  im 

Louvre  (nach  Daremberg- 

Saglio  I  883). 


erwecken  sollen;  ^leini  die  Alten  haben  t)ffi'nlKif  ki'inen  riulel  gekannt.  Mein- 
dem  Bolog'neser  nähert  sich  eine  Tonstatuette  des  Louvre.  in  der  E.  COugiiy  l)ei 
Daremberg-Saglio  I  8S3,  Fig.  1113,  ein  Malteser  Hündlein  erkennt;')  doch  die 
Gesichtsbilduny  und  die  aufrechten  Ohren  unterscheiden  sie  von  unserem  modernen 
Bologneser,  der  sich  \or  Orcagna  (1350)  kaum  nachwei.sen  lassen  dürfte  (Fig.  58). 
Audi  eine  vorzügliclu»  .Stoschischc  Paste  der  Berliner 
.SamniUiiig  mag-  erwähnt  werden,'')  die  in  h'urtwänglers 
neuestem  \'erzeichnis  unter  die  „modernen  Pasten,  meist 
nach  antiken  Steinen"  als  n.  9712  eingereiht  ist.  Der- 
art wird  das  weißliche  Schoßhündchen  ausgesehen  haben, 
lias  dem  Kaiser  Claudius  gehörte;  Seneca  lud.  de  morte 
C].  13:  Subalbam  canem  in  deliciis  habere  consueverat. 
Wegen  des  Namens  stritt  man  sicli  übrigens,  ob 
er  \'On  der  bekannten  Insel  Malta  oder  von  einer 
kleinen  Insel  im  Adriatischen  Meere  herkomme.  Dieses 
letztere  Melite,  jetzt  Meleda,  lag  an  der  epirotischen  Küste,  200  Stadien  nord- 
westlich von  Epidamnus;  nach  Kallimachos  (Fr.  393  Seh.)  bei  Plinius  n.  h.  III  152 
und  Stephanus  Byzantinus  p.  443  sollten  die  melitäischen  Hündchen  von  daher 
.stammen,  eine  Idee,  die  vielleicht  von  irgendeinem  mit  geographischen  oder 
naturgeschichtlichen  Dingen  beschäftigten  .Stubengelehrten  der  alexandrinischen 
Zeit  ausgeheckt  worden  ist,  weil  man  eben  die  epirotischen  Molosser  gut  kannte. 
Aber  auch  die  sehr  berühmten  und  v-erbreiteten  vestes  Melitenses,  Melitensia, 
kamen  aus  unserem  jetzigen  industriereichen  Malta,  während  Melitc-Meleda 
sicherlich  ein  armseliger,  unbedeutender  Platz  gewesen  ist.  Am  meisten  fällt  aber 
bei  dieser  Frage  der  Umstand  ins  Gewicht,  daß  in  den  äsopischen  Fabeln  (363  H.) 
die  Schiffer  MEÄiiaia  xuvöS'.a  und  Affen  zusammen  auf  ihren  Schiffen  exportieren, 
was  auf  südlichere  Regionen  schließen  läßt,  also  gleichfalls  auf  das  gowöliiiliche, 
einst  phönikisch-punische  Malta,  für  das  sich  .schon  .Stral:)()  (VI  p.  277)  und  das 
Etymologicum  Magnum*^)  au.sgesprochcn  haben.  Dorthin  kam  die  Zucht  wahr- 
scheinlich aus  dem  karthagischen  Afrika,  wie  auch  die  kretischen  Windhunde 
(s.  unten)  aus  Afrika  gekommen  sind. 


')  Vgl.  damit  Biardot,  Tcrres  cuites  pl.  if^; 
Brüßler  Sammlang  n.  1338:  Bronzefigur.  Auch  in 
Wien  befindet  sich  eine  offenbar  naturgetreue  der- 
artige Statuette,  deren  Photographie  mir  durch  die 
Güte  Professor  v.  Schneiders  zugekommen  ist.  Das 
Malteserhündchen  ist  sitzend  dargestellt. 


'j  Abgebildet  in  den  von  Imhoof-Blumcr  und 
mir  herausgegebenen  Tier-  und  Pflanzenbildern  Taf. 
XV  33,  vergrößert  bei  Conrad  Keller,  Die  Ahslani- 
mung  der  ältesten   Haustiere  44  Fig.  13. 

")  S.  E.  Miller,  Melanges  de  littcirature  Grecque 
contenant   un  grand  nombre  de   textcs  inidits  (Paris 


Hunderassen   im   Altertum  245 

Es  ist  also  irretuhrend,  wenn  Carus  in  seiner  Geschiclite  der  Zuoloj^ie  S.  37 
behauptet,  es  gebe  nicht  einmal  eine  Besclireibung  eines  Malteser  Hundes,  und 
wenn  Fitzinger,  ,,üer  Hund  und  seine  Racen-'  S.  159,  sagt:  „Der  Bologneser 
Hund,  welclier  schon  den  alten  Griechen  und  Römern  bekannt  war  und  von 
Aristoteles  und  Strabo  unter  dem  Namen  Melitäischer  Hund  (Melitaeus  catellus) 
und  von  Plinius  unter  dem  Namen  Catulus  melitaeus  beschrieben  wurde,  .  .  .  hat 
seinen  Ruf  bis  in  die  allerneueste  Zeit  sich  erhalten."  Eine  Beschreibung  des 
JMelitäer  Hündchens  findet  sich  bei  Aristoteles  nicht,  ja  nicht  einmal  eine  Er- 
wähnung: denn  die  einzige  Stelle,  wo  im  Vorbeigehen  gesagt  wird,  der  Iktis  sei 
so  groß  wie  ein  Hündchen  von  Melile,  befindet  sich  im  nacliaristotelischen  neunten 
Buche  der  Tiergeschichte  (IX  7,  5).  Sprachlich  unhaltbar  ist  ferner  die  Hypothese 
von  Aubert  und  Wimmer  in  ihrer  groi3en  Aristotelesausgabe  1  S.  72,  ixeXoxaro? 
bedeute  honigg'elb  und  gehe  auf  die  Farbe  von  Canis  zerda,  mit  welcher  das 
Malteser  Hündchen  identisch  sei.  Ganz  schlecht  begründet  ist  endlich  die  Auf- 
stellung Pöppigs,  Naturg-eschichte  des  Tierreiches  I  78:  „Die  Römer  hatten  .  .  . 
wahrscheinlich  auch  eine  Art  von  Wachtelhunden,  den  Canis  Tuscus  nämlich, 
der  nach  ihrer  Angabe  aus  Spanien  stammte."  Allerdings  war  der  „Canis  Tuscus-' 
nach  Nemcsianus  cyn.  231  ff.')  an  Gestalt  ganz  verschieden  von  den  übrigen  Jagd- 
hunden und  überhaupt  nicht  recht  zur  eigentlichen  Jagd  zu  gebrauchen:  aber 
warum  soll  dies  deswegen  gerade  ein  Wachtelhund  .sein,  und  woher  ist  bekannt, 
daß  er  aus  Spanien  stammt?  Dieser  tuskische  Hund  kann  ebensogut  ein  derber  Spitz 
gewesen  sein,  wie  er  uns  in  recht  naturgetreuer  Ausführung-  auf  der  etrurischen 
Münze  unserer  Tafel  (n.  15)  entgegentritt.  Zwischen  diesem  unil  dem  niedlichen 
feinhaarigen  weißen  Malteser  Spitz  ist  ein  greifbarer  Unterschied,  und  doch,  nament- 
lich in  der  Kopfbildung,  wieder  so  viel  Ähnlichkeit,  daß  an  der  Abzweigung  des 
verfeinerten  Maltesers  von  dem  derberen  Spitz,  dessen  Urahn  der  Torfspitz  der  Pfahl- 
bauten ist,  nicht  gezw-eifelt  werden  kann.  Man  braucht  deshalb  noch  keine  specifisch 
europäische  Herkunft  des  Maltesers  anzunehmen:  denn  auch  das  älteste  Troja  besaß 
einen  torfspitzartigen  Hund^)  und  auch  im  alten  Ägypten  hat  es  wenigstens  zur 
Zeit  der  Pharaonen,'')  also  in  einer  sehr  frühen  Epoche,  Spitzhunde  gegeben. 

1868)  p.  213:  MsXlxaia  xuvtSta  Äi-fovxat  ö<^X/t  rO^-ffimi  N.imque  et  odoratu  noscunt  vestigia  pralo 

"iTxXia;  vr,aos  ho'i  MsXi-r;,  ic,  y^j  s'.ai  MsXtTata  xuviSta.  Atque  etiam  leporum  secreta  cubilia  monstrant. 

')  Quin  et  Tuscorura  non   est   extrema   voluptas  *)   Vgl.  Schliemanns  Troja    354.  Virchow,    Alt- 

Saepe  canum:  sit  forma  illis  licet  obsita  villo  trojanische    Gräber    und    Schädel  61,    der    sich    auf 

Dissimilisque  habeant  catulis  velocibus  (d.  h.  den  Rütimeyer  beruft. 

Jagdwindhunden)  artus,  '')  Vgl.  C.  Keller,  Abstammung  der  ältesten  Haus- 

Haud  tarnen  iniucunda  dabunt  tibi  munerapraedae.  liere  50. 

Jahreshefte  des  üsterr.  archUol.  Institutes  Bd.  VUI.  3I 


246 


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Grabrelief,  Conze  n.  978. 


AulkMMriU'ntlichcf  Urlirbtlioit  hat  sich  der  zier- 
hcho  Malteser  SeiiU>nspil/  in  Athen  erfreut,  und  zwar 
zur  Zeit  der  höchsten  culturellen  Blüte  Attikas.  llie- 
t'iir  legt  eine  Masse  von  (xrabsteinen  Zeugnis  ab,  die 
von  Conze  in  seinen  attischen  (irabreliefs  veröffent- 
licht worden  sind.  Meistens  -spring-t  das  Hündchen 
an  der  Frau  oder  einem  Knaben  hinauf,  die  in  ganzer 
Figur  auf  dem  Marmor  dargesti'llt  sind.  Unter  der 
sitzenden  Herrin  (Euphrosyne)  steht  er  Taf.  XCV. 
.Sehr  charakteristisch  ist  der  Melitäer  auf  Conzes 
Taf.  CXCIV  n.  978  dargestellt  (Fig.  59)  ähnlich 
laf.  CLXI  n.   827. 

II.  Kreter. 

Sicher  ist  zweitens  das  Aussehen  des  kretischen 
Hundes,"')  der  sich  uns  auf  Münzen  von  Kydonia 
und  Phaistos  als  großer  starker  Jagdwindhund  mit 
feingebautem  Kopf  und  langer  Schnauze,  stehenden  mittellangen  Ohren,  glattem 
kurzhaarigen  Fell  und  langem  glatten  Schwänze  präsentiert  (Taf.  IV  n.  8  u.  9). 
Claudian  spricht  ihm  (cons.  Stil.  III  300)  ein  struppiges  Fell  zu  (,hirsutas  Cressas'); 
auch  heutzutage  gibt  es  struppige  Windhunde  (Ctmr.  Keller  a.  a.  O.  S.  59);  die 
isolierte  Notiz  kann  daher  auf  Wahrheit  beruhen,  aber  häufig  waren  derartige 
Hunde  gewil3  nicht.  Auch  eine  interessante  kretische  Bronzestatuette  zeigt  ihn 
als  glatthaarigen   und   hochbeinigen  Windhund  (Perrot -Chipiez,   Histoire   de   l'art 

vm  422). 

In  Kreta  selbst  hauptsächlich  zur  Wildziegenjagd  gi^braucht,  zeichnete  er 
sich  durch  Winde.s.schnelligkeit  aus.  Jener  mythische  Hund,  den  Artemis  selbst 
auf  Kreta  (Hygin.  Fab.  189)  der  Prokris  schenkte,  dem  kein  Wild  entgehen 
konnte  ('quem  nulla  fera  effugere  posset'j,  hieß  geradezu  .Sturmwind,  Aav.a'^ 
Sogar  die  keltischen  (egu.sischen)  Hunde,  die  sonst  als  beste  Läufer  berühmt 
waren,  übertraf  der  Kreter  an  Schnelligkeit  (Arrian.  cyn.  3,  4).  Nicht  Flüsse, 
nicht  steile  Berghöhen  halten  ihn  von  der  Verfolgung  ab,  sagt  Varius  bei  I\Iacrob. 
sat.  VI  2;  somit  war  er  der  geborene  Hund  für  die  Wildziegen,  die  zugleich 
mit   den    Hasen    das    einzige   vierfüßige    Jagdwild    in    Kreta   ausmachten:    denn 

•'')  Ein  Synonymen    ist    knosischcr   Hund,    von        Hygin.  Fab.  18 r. 
der    Hauptstadt    Knosos,    Alkiphron   III   47,   2   vgl. 


Hunderassen  im  Alterlum  247 

schon  in  der  Sag;enzeit  hatte  Herakles,  worunter  wir  die  Pliöniker  mit  ilireni 
Melkart  verstehen,  die  wilden  Tiere  auf  der  Insel  ausgerottet.  So  ist  es  denn 
auffallend,  daß  der  so  zuverlässige  Xenophon  die  kretischen  Hunde  ausdrücklich 
auch  für  die  Wildschweinjagd  empfiehlt,  die  doch  in  Kreta,  wenn  sie  überhaupt 
vorkam,  gewiß  nur  unbedeutend  gewesen  ist.  Cyneg.  lo,  i  rühmt  er  für  diesen 
Zweck  indische,  kretische,  lokrische  und  lakonische  Hunde.  Man  muß  aber  be- 
denken, daß  der  kretische  Hund  überallhin  exportiert  und  gewiß  auch  in  anderen 
Gegenden  als  in  seinem  Stammlande  gezüchtet  wurde,")  sowie  daß  das  Wild- 
schwein mit  vielen  und  verschiedenartigen  Hunden  gejagt  zu  werden  pflegte. 
Ganz   richtig-  sagt  Horaz  (epod.   2,  31.  32): 

Aut  trudit  acris  hinc  et  hinc  multa  cane 
Apros  in  obstantis  piagas. 

Dieses  Hetzen  des  Ebers,  bis  er  in  den  Netzen  sich  verfing,  konnten  die 
Kreter  Hunde  wohl  besorgen,  desgleichen  das  Erspüren  des  Lagers,  wenn  auch 
zum  eigentlichen  Kampfe  mit  dem  wütenden  Keiler  noch  stärkere,  doggenartige 
Hunde,  eigentliche  „Saupacker",  zweckmäßiger  waren.  Man  betrachte  z.  B.  die 
beiden  römischen  Reliefs  mit  Eberjagd  bei  Daremberg-Saglio  I,  Fig.  1 1 1 5  und  1 1 1 6. 

Außerdem  ist  wohl  zu  beachten:  so  oft  auch  der  kretische  Hund  gelobt 
wird,  seine  Teilnahme  an  der  Eberjagd  wird  nur  in  der  besagten  Xenophonstelle 
und  in  deren  wörtlichem  Citat  bei  Philostratos  (imag.  I  28  p.  55  ed.  Vind.)  er- 
wähnt,'-) und  daß  auch  zu  Xenophons  Zeit  die  Lakoner  Hunde  beliebter  waren, 
läßt  sich  aus  dem  Umstände  schließen,  weil  im  weiteren  Verlauf  des  Capitels 
nur  noch   des  Lakoners  gedacht  wird  (g  4). 

Ein  schönes  attisches  Vasenbild  vom  Tod  der  Prokris  zeigt  uns  den  Hund, 
von  Kephalos  an  der  Leine  geführt,  als  echten  großen  Jagdwindhund  und  ganz 
entsjDrechend  den  Münzen  von  Kydonia  und  Phai.stos  (Taf  IV,  n.  8  u.  9)  und  der 
kretischen  Bronzestatuette. 

Am  feinsten  ist  das  Münzbild  von  Kydonia,  wo  das  Zeuskind,  nach  anderen 
der  Heros  Eponymos  von  Kydonia,  an  der  Hündin  trinkt.'^)  Auch  Nestors  Sohn 
Antilochos  soll  auf  dem  Idagebirge  —  vermutlich   ist    das   kretische   gemeint   — 

"■)  Man    vergleiche    was    Arrian  cyn.    3,    4  von  '-;  Cougny  bei  Dareniberg-.Saglio  s.  v.  Canis  p. 

den  keltischen  (egusischen)  Jagdhunden  sagt:  KaXouv-  S80    citiert   allerdings   noch  Poet.  min.  Bibl.  Panck. 

■coct  5i  'E-fOuaiat  ailSs  al  xuvs;,  äjiö  IS^oug  KeXtlKoO  p.  276,  welches  Buch   uns  nicht  vorliegt, 
-•ijv  £T:(ovu|iiav  sxouaat,  ou  Ttpöjxov,  rö;  -f'  l|iol  Soxst,  ^'i   Taf.  IV  n.  9;   dazu  eine  sehr   hübsche  Vari- 

s^uaäv   TS   y.al   sü5oy.£|iY)aav.     Demnach   wurden  ante:  Gemme  in  den  Tier-  und  Pflanzenbildern  XV  47. 
auch  außerhalb  Galliens  solche  Hunde  gezüchtet. 

31* 


^4^  O.   Koller 

von  einer  Ilüiulin  gvsäug-t  worden  sinn  (Hvgin.  l-"ah.  2^2).  Irre  ich  nicht,  so 
haben  wir  in  dem  Münzbihle  die  Idpie  eines  Knnstwerkes  von  bedinitendem 
Kangfe.  das  in  einem  Heiligtum  aufg"estellt  war,  und  man  darf  vielleicht  nicht 
ohne  Fug  an  jenen  sagfenhaften  g-oldenen  Hund  im  Tomenos  des  Zeus  auf  Kreta 
(Antonin.  l.ili.  30,  vgl.  schol.  l'ind.  Ol.  i,  00)  erinnern.  Die  INIüiize  von  IMiaistos 
(Taf.  IV  n.  8)  bietet  leider  kein  so  ideales  Bild,  zeigt  aber  den  kretischen  Jagd- 
hund als  Spürer,  am  Hoden  .schnüffelnd,  und  eben  diese  Eigenschaft  hat  ihn  be- 
sonders beliebt  gemacht. 

Etwas  zu  klein  ist  der  kretische  Jagdhund  g(>zeichnet  auf  einer  zweiten 
Münze  von  Kydonia  (in  den  Tier-  und  Pflanzenbildeni.  Taf.  I  .41),  wo  vor  einem 
bogenspannenden  Mann  ein  Hund  steht,  dem  man  ansieht,  dalJ  er  den  Jagd- 
beginn kaum  erwarten  kann.  Er  bellt  seinen  Herrn  freudig  an,  sagt  die  Be- 
schreibung Imhoofs.  ]^s  ist  ein  starker,  nicht  schmächtiger  Windhund  mit  glatter 
Schnauze.  Die   Ungeduld  des  Hundes  ist  vortrefflich  zum   Ausdruck  gebracht. 

Xoch  viel  älter  als  diese  Münzen  und  die  Bronzestatuette  ist  wohl  joner 
kretische  Insel.stein,  den  wir  in  den  Tier-  und  Pflanzenbildern,  Taf  XV  35,  ab- 
gebildet haben.  Die  Manier  weist  auf  eine  sehr  frühe  ("ultur.stufe.  Der  .Stein  ist 
aus  der  Triphylisschen  Sammlung  auf  Kreta.  Der  Hund  hat  einen  auffallend 
starken  Hals  und,  wie  es  scheint,  einen  buschigen  Schweif  und  ist  von  mir  in  der 
Beschreibung  als  Wolfshund  bezeichnet  worden.  Er  stimmt  mit  dem  altägyptischen 
Jagdhunde  von  Sakkarah  (3500  v.  Chr.,  Wandbild  vom  Ti-Grab,  fünfte  Dynastie), 
von  der  Canis-Simensis-Form  (vgl.  Conr.  Keller  a.  a.  O.  S.  64,  Fig.  17).  deren  Her- 
kunft vom  abessj'nischen  Wolfe,  Canis  simen.sis,  außer  Zweifel  steht. 

Aristoteles  hist.  an.  VIII  28,  i;  167  sagt,  daß  sich  in  Kyrene  die  Wölfe 
mit  Hündinnen  paaren  und  Nachkommenschaft  erzeugen.  Und  ein  ägyptischer 
Xame  der  Jagdhunde  war  unsu  oder  unsau,  d.  i.  Wölfe.'^) 

Auch  der  gemeine  kretische  Jagdwindhund,  wie  er  auf  den  Älünzen  erscheint, 
stammt  sicher  aus  dem  östlichen  Xordafrika,  des.sen  cultureller  Zusammenhang 
mit  Kreta  außer  Zweifel  steht.  Der  altägyptische  Jagdhund,  der  da  und  dnrt 
heilig  gehalten  wurde,  war  eine  große  stattliche  Windhundrasse  mit  starken  und 
hohen  Läufen  und  hoch.stehenden  langen  Ohren.  In  Nordafrika  hetzte  man  mit 
ihnen  Gazellen  und  Strauße.  Ihr  Äußeres  ist  in  vielen  (irabwandbildern  auf  uns 
gekommen  und  ihren  Knochenbau  hat  man  aus  einbalsamierten  E.\.emplaren  in 
musterhafter  Weise  wieder  hergestellt.'') 

"}  Birch,  Bib.  arch.  Irans,  citierl  bei  Houijhton,  ")  S.    die    vortreffliche    Abhandlung    und    Ab- 

Natural  history  of  tbe  aocients  29.  bildung  bei  Lortel   et   Guillard,  La  Faune   momin^e 


Hunderassen    im   AUt-rtiim  249 

Es  v'ersteht  sich,  daß  eine  so  vorzügliche  Hunderasse  nicht  auf  ihre  insuhire 
Heimat  beschränkt  geblieben  ist,  sondern  weithinaiis  in  die  griechisch-römische 
Welt  exportiert  und  an  manchen  Orten  auch  selbständig  weitergezüchtet  wurde. 
So  finden  wir  denn  zufällig  den  kretischen  Jagdhund  für  Thessalien  bezeugt  durch 
ein  Epigramm  Pisanders,"')  in  welchem  uns  erzählt  wird,  daß  neben  einem  Manne 
aus  Magnesia  —  ohne  Zweifel  ist  die  thessalische  Landschaft  dieses  Namens  ge- 
meint • —  sein  Pferd,  sein  kretischer  Hund  und  sein  Diener  im  Grabe  vereinigt 
liegen.  Nach  einer  Version  hieß  der  Hund  Theragros,  Wildjäger,  nach  der  andern 
Duckmäuser,  Lethargos  oder  Laithargos.  Wahrscheinlich  hat  er  bei  den  Hirsch- 
jagden gedient:  denn  Simonides  (Fr.  30)  bringt  ein  Gleichnis  von  dem  Jagdhund, 
der  auf  der  dotischen  Ebene,  wo  der  thessalische  Adel  seine  Parforcehetzen  ab- 
hielt, den  gehörnten  Hirsch  aufspürt  und  zu  töten  trachtet.  Pollux  (V  40  f),  der 
unter  Commodus  schrieb,  unterscheidet  bei  den  kretischen  Hunden  zwei  Arten: 
otaTzovGO  und  TiapiTiTioi.  Erstere  waren  außerordentlich  ausdauernd  bei  der  Jagd  und 
.scheuten  vor  keiner  Anstrengung-  zurück,  die  anderen  liefen  „neben  dem  Pferde" 
her;i')  da  aber  die  übrigen  Autoren^**)  von  einer  solchen  Zweiteilung  der  kre- 
tischen Rasse  nichts  wissen,  so  dürfte  die  Aufstellung  von  zwei  ganz  verschiedenen 
Arten  auf  einer  Mißdeutung  beruhen;  denn  sicher  waren  die  kretischen  Jagd- 
hunde sowohl  außerordentlich  geschwind,  daß  sie  mit  einem  Pferd  um  die  Wette 
rennen  konnten  (Ttäp'.TiTüO'.),  als  auch  sehr  ausdauernd  und  vor  keiner  .Strapaze 
zurückschreckend:  solche  Eigenschaften  waren  bei  der  Hochgebirgsjagd  auf  die 
kretischen  Wildziegen  ein  selbstverständliches   Erfordernis. 

Auch  in  Italien  sind  die  kretischen  Hunde  wohl  bekannt  gewesen,  sonst 
würden  sie  von  den  römischen  Autoren  nicht  so  häufig  erwähnt.   Es  ist  eine  an- 

(ie  l'ancienne  Egypte,  Lyon  1903,  besonders  p.  14.  oOspTpafoi  y.6ve;  '^:ojvf;  mjv  KsXxtTjv,  cCivt  aKo  eü-vouj 
'^)  Pisander,  epigr.  p.  12  ed.  Did.  antli.  Pal.  o05sv6g  xa9-a7:sp  cä  Kp/y)xt>iat  r;  Kapty.ai  rj  Aaxaivai, 
VII  304.  äXX'  6>Q  T(ov  Kpr)Tixwv  a.1  ätcciiovoi  äjtö  zoS 
'■')  Tmv  ii  "f£  Kpyj-Lixcov  v.uvcöv  o'£  |i£v  ättzTiovoi,  cptXoTtovEtv  xal  a.i  lTa|j.al  Anii  xoS  ö^eu»;  xai 
oX  5s  ndpiKTZoi  naXoüvcott,  äiaitovot  |isv  ou;  ^aat  v.oA  ac  |j.iXTai  i.n  äiitfotv,  oüxw  Sri  ''•°''  «äxat  &Kb  Trjg 
■tä;  vuxxag  xatj  -^[ispats  ev  xatg  Tipög  xdc  8-i»)p£a  liaxat;  ü)XÜx7)xo;.  Hier  stellt  also  Arrian  den  cftXoTiovot  der 
^7itXa|iPavEiv,  xal  TTsXXäxts  TiapsuvaaS-ivxag  xot?  3-r/p£ots  Kreter  die  „scharfen"  und  die  „gemischten"  gegen- 
(isS-'  ■^[lEpav  äpxsaS'a'.  xi^j  H^X'IS'  '^^  ^s  Tidp'.TZ-rji  xot;  über.  Die  TtäptTiiroi  erscheinen  durch  die  Schlußworte 
ÜTtTtots  auv3-so'ja'.v,  c'jxs  -p^O-äovx»;  C'jxs  iivjv  d-oXsL-  «'jxai  äTtö  x^;  (uxüxYjxog  geradezu  ausgeschlossen,  da 
7iö|i£voi.  hier  ein  Gegensatz  zwischen  den  Kretern  und  den 
'^)  Auf  den  ersten  Blick  scheint  allerdings  Arrian,  gallischen  vertragi  (Windhunde)  statuiert  ist.  Immer- 
der  um  weniges  ältere  Zeitgenosse  des  Pollux,  eine  hin  erhellt,  daß  die  Behauptung  des  Pollux  von  den 
Parallele  zu  bieten;  bei  näherer  Betrachtung  aber  sogenannten  cf.XoTiovoi  und  die  Beziehung  dieses  Aus- 
stimmt die  Stelle  sehr  wenig.  Er  schreibt  cyneg.  3,  6:  druckes  auf  kretische  Hunde  nicht  ohne  eine  reelle 
AE    Ss    5to3(OJtstg    xüve;    ai    KsXxty.al    naXoüvxai    [lev  Basis  sein  kann. 


>Ci  ^ 


250  O.  KcUcr 

sprechende  \'enmitiing-  CougMiys,'"^  tlaü  die  von  X'arro  (r.  r.  11  u)  gerüliintcii 
Salentiner  Hunde  in  Itnlien  kretisches  IMut  in  den  Adern  hatten,  weil  die  früh 
zerstörte  Stadt  Salentum  in  Calabrien  nach  Strabo  (VI  p.  277—278)  eine  kretische 
Colonie  gewesen  sein  soll.  Diese  Hunde  werden  nur  ein  einzigesmal  erwähnt, 
müssen  aber  zu  Varros  Zeit  —  gegen  Ende  der  römischen  Republik  -  renom- 
miert gewesen  sein,  denn  sie  werden  neben  den  jMolossern  und  Lakonern  ge- 
nannt-")   Aber  über  allen  Zweifel  ist   Cougnys 

Vermutung  keineswegs    erhaben,    da  man,    wie  °^      ." 

er  selbst    anfuhrt,    ebensogut    die  Sallentini    an  ^/  ■  '  ■%, 

einem   andern    Orte    suchen    kann,    nändich    in  ^ 

oder  bei  Umbrien:  hierher  verlegt  Plinius  n.  h.  i    /'       '  A 

III  1 13  die  „Uolates  cognomine  Sallentini".  Dann       y  '%  J  k' 

hätte  man  den  umbrisch-picenischen  Hund       \  .- 

beizuziehen,    dessen    Bild    uns    eine    Aes-grave- 
Münze  von  Hatria  aufbewahrt  hat  (Fig.  60). 

Damit  stimmen  Münzen  von  Tuder  in  Um-  ^    .'•*'' 

brien  und  von  V^enusia  in  Apulien.    Vergil  lobt 

Fij^.   iHi      Ai-   yraxL-    von   Jlalri.n. 

die  umbrischen  Hunde  wegen  ihres  Feuers;  -'') 

Grattius,*-)  Seneca-^)  und  Silius  Italicus'''*)   preisen    ihren  Geruchsinn,    doch   seien 

sie  zu  wenig  mutig  im  Kampfe  mit  wilden  Tieren  meint  Grattius. 

Noch  gewagter  erscheint  die  andere  Vermutung  des  französischen  Gelehrten, 
dal3  der  von  ihm  p.  880,  Fig.  1106,  abgebildete  grimmige  stumpfschnauzige  Hund 
mit  Wolfsschwanz  einen  kretischen  repräsentieren  soll.  Namentlich  die  Kopf- 
bildung spricht  entschieden  dagegen;-'')  aber  auch  die  buschige  Rute  stimmt 
nicht  mit  dem  Kreter  der  Münzen;  außerdem  ist  der  kretische  Inselstein  mit  dem 
buschigge.schwänzten,  dabei  aber  sehr  spitzköpfigen  Hunde  sicherHch  viel  älter 
als  der  angebliche  Kreter  des  von  Cougny  wiederholten  Vasenbildes.  Endlich 
kann  niemand  beweisen,  daß  Oppian  cyn.  401  if.  bei  seiner  Hundebeschreibung 
.speciell  einen  Kreter  im  Auge  hat.    Ich  möchte  daher  nicht  wagen,  diese  Stelle 

'*)    Bei    Daremberg-Saglio   s.  v.    canis    I   884.  ^^)  Acn.  XII  753. 

*")  Varro  r.  r.  11  9,  5  Videndura  ut  boni  seinini<(s)>  '')  Cyn.  171    f.  194   f.  Er  empfiehlt   I'aaruny  mit 

sint.    Itaque    et    a    regionibus    appellantur    Lacones,  einem  gallischen  Hunde. 
Epirotici,  Sallentini.    Leider  beruht  sogar  das  Wort  '''j  Thyest.  497. 

Salenlini   (Cougny;   oder   Sallentini  (Keil)   auf  einer  ")  III  295. 

allerdings  allgemein  recipierten  Conjectur  von  Victo-  ")  Mit    mehr    Wahrscheinlichkeit    kcinntc    man 

rius.    Die  handschriftliche  Lesart    ist    salamantini,  s.  an  einen   Lakoner  denken,  s.  unten   S.  253. 
Keils  Anmerkung. 


Hunderassen   im   Altertum  25  1 

mit  Cougny  (a.  a.  O.  p.  88ü)  als  Basis  für  die  ganze  Autfassung  des  kretischen 
Hundes  zu  benutzen.  Ich  glaube  auch,  daß  er  auf  das  isolierte  Epitheton  hirsutus 
bei  dem  späten  Dichter  Claudian  zu  viel  Gewicht  legte. 

Wenn  dann  endlich  O.  Manns,  Griech.  Jagd  II  2^  (a.  1889)  die  Behaup- 
tung aufstellt,  dal3  wir  über  den  Körperbau  des  Kreters  nichts  wissen,  so  ist 
dieselbe  hoffentlich  durch  unsere  eben  gegebene  Ausführung  hinfällig  geworden. 
Sehr  bezeichnend  aber  ist  es,  daf3  der  gleiche  Forscher  a.  a.  O.  S.  25  nach  Er- 
wägung von  allerlei  Einzelheiten,  die  ihm  besonders  bei  Arrian  aufg^estoßen  sind, 
zu  dem  Schlüsse  kommt:  ,,Eine  solche  Rennhetze  (Hasenjagd  zu  Pferd  mit  dem 
Hunde)  würde  freilich  für  dir  Windhundnatur  des  kretischen  Hundes 
sprechen,  da  sie  mit  dem  stimmt,  was  Arrian  bei  der  Verwendung  des  Vertragus 
berichtet."  Unser  Hauptresultat  harmoniert  somit  vollständig  mit  dem,  was  Manns 
hier  zu  ahnen  scheint.  Gerade  diese  Windhundnatur  des  Kreters,  an  welche 
Manns  aus  ganz  anderen  Gründen  zu  denken  .sich  gezwungen  sieht,  i.st  durch  die 
Münzbilder  und  auch  durch  die  citierte  Statuette  außer  allen  Zweifel  gerückt. 

III.  Lakoner. 

Weit  größere  Schwierigkeiten  stellen  sich  uns  in  den  Weg,  wenn  wir  ein 
zuverläs.siges  Bild  des  Lakoner  Hundes  gewinnen  wollen,  und  gerade  er  wird  am 
häufigsten  als  guter  Hund  genannt,  und  zwar  fast  immer  als  guter  Jagdhund. 
Man  kann  sagen:  er  ist  der  Jagdhund  y.xt'  i^oytiV  von  König  Lykurgos ^''')  an  bis 
in  die  späteste  römische  Kaiserzeit,  aus  der  uns  Ammianus  noch  ein  bezeichnendes 
Factum  berichtet  (XXIX  3,  3).  Ihre  Pflege  und  Abrichtung  war  Aufgabe  der 
kaiserlichen  Pagen,  paedagogiani,  und  wir  erfahren,  daß  der  jähzornige  und  grau- 
same Valentinian  I  einen  seiner  Edelknaben  wegen  eines  geringen  Versehens 
bei  der  Dressur  zu  Tode  prügeln  und  am  gleichen  Tage  begraben  ließ.  Und  nach 
Claudian  (cons.  Stil.  III  300)  müssen  die  Lakoner  Hunde  noch  zu  Beginn  des 
fünften  christlichen  Jahrhunderts  beliebt  gewesen  sein.  L^m  so  verdrießlicher  ist 
es,  daß  keine  einzige  Münze,  ja  kaum  ein  Relief  uns  authentische  Kunde  davon 
gibt,  wie  die  Hunde  in  Lakonien  selbst  tatsächlich  au.sgesehen  haben.  Das 
eigentlich  allein  in  Betracht  kommende  Relief  von  Chrysajjha  —  das  aus  Sparta 
ist  am  Kopf  und  Schwanz  ganz  abgestoßen  —  zeigt  einen  mittelgroßen,  durchaus 
glatthaarigen,  schlanken  Hund  mit  länglichem  Kopfe,  mittelgroßen  stehenden 
Ohren  und  langem  glatten  Schwänze.     Er  springt  an  einer  Frau   hinauf   und   ist 

^^)  Nach  Plutarch  apophth.  Lacon.  p.  225  F  und       giöseMythus,  der  den  Herakles  mit  den  bissigen  sparta- 
Fab.  Aesop.  390  H.  Noch  weiter  zurück  geht  der  reli-       nischen  Hunden  in  Verbindung  brachte,  Alkman  fr.  14. 


offenbar  nielir  Ilausfrouiul  und  I-'aiiiilienlii'hliuL;'  als  jaiiclocfahrti'  (V\'^.  oi).  Sowoit 
man  es  iiooli  sehon  kann,  war  der  Hund  dc>s  Ridii-Is  aus  Sparta  vom  ylcirluMi  Schlafe. 
Wir  wollen  aber  zunächst  einer  anderen  Rasse  von  Lakoner  Hunden  unsere 
Aufmerksamkeit  zuwenden.    Denn  der  specifische  Lakoner  Hund  des  Aristoteles 

muß  g-anz  anders  ausgest^hcn  haben:  seine 
Kleinheit  und  Ähnlichkeit  mit  einem  Fuchs 
hat  ihm  di-n  Xamcn  1-üehslein,  y./A>)r.v/.'.;,  und 
den  Mythus  seiner  Abstammung;  vom  Fuchs 
und  Hund  cing'etragen.  Bei  Aristoteles  bist. 
an.  \  111  j8  lesen  wir:  'Kc  äÄüj^cXo;  v.y.1  xuvö, 
o;  Axy.MV'.y.oi.  Damit  stimmen  andere  Autoren, 
z.  B.  .schob  Callim.  hymn.  in  Dian.  1)4:  Kuvo- 
couptSa;]  Täc  0~ö  x'jvtov  y.xl  äÄ(o~£"/.wv  xr/.xo- 
[iEvac  x'jva;,  r^  Tä;  Aaxwvixa^.  Kuvoaoupii  yäp 
tö-o:  Aax(0V'.x/,;.  He.sych.  p.  937:  KwoOmuyjI  .  .  . 
65  ä./MTzv/.oi  xod  xuvö;  Aaxiovixou?  xüvag  cpaat 
ytv£ai)-a'..  Poll.  V  38:  Adyo'jsi  oi  xä;  |t£v  Aaxac- 
vz;  £;  ä/.wnexwv  xc.  äf/atov  xa:  xuvtov  y£vo|i£V3C5 
x/.r^it-fjva:  ä/.oi-sxiSxc.  Auch  Xenophon  cyn.  3,  i  verlegt  die  angebliche  Kreuzung  von 
Hund  und  Fuchs  in  das  graue  Altertum;  von  den  Jagdhunden  sprechend  bemerkt 
er:  Tä  ok  "{vn^  xwt  x'jviov  £3T'.  Si-cxa,  al  i^iev  KaaTÖpiai,  al  ?£  äXcoTicxwe;.  "Ejfouac  5'  aE  [jiiv 
KaTcdp'.xL  xTjV  ETtwvufiiav  -auxrjV  Sxc  Käctojp  r^sSsi?  xw  £^7';'  jiäÄtsxa  aöxä.c  3i£CfüJ.at£V  a£ 
5'  x/.ti)-ex:5£;  Z-.ix:  iv.  xavöv  x£  xat  älwTüExwv  iyEVGvxc-  iv  tioaXö)  0£  xP^"";'  «juyxExpixat 
aOxöJV  T^  'fJ3'.?.  Von  fuchsähnlichen  Hunden  spricht  auch  der  Scholiast  zu  Theokrit 
8,  65,  wo  er  den  Hundsnamen  Lampuros  erklärt:  üapa  xo  Xaii-o'jpl;  law;  Eivat, 
iriiir;  xüvi:  £::;lv  ä/.w:;r,;:v  ö[ioro'..  Ay-ii-o'jp;;  yxp  v^  y'/.ü)-y^.  Lampuros  oder  l.anipuris 
bedeutet  eigentlich  den  mit  einer  weißen  Schwanzspitze  versehenen  Brandfuchs. 
Auch  Grattius  cyn.  258  f  spricht  von  Hunden  mit  Fuchsgestalt;  es  sollen  Misch- 
linge von   Hund  und  .Schakal  (thos)  sein: 

Xam  genus  exiguum   et,  pudeat  quam   informe  fateri, 
Vulpina  specie. 


Lakonerhund  des  Reliefs 
von  Chrysaplia. 


Die  Abstammung  jener  lakonischen  Fuch.shunde  von  Fuchs  und  llnnd  wurde 
im  Altertum  zwar  allgemein  geglaubt,  heute  aber  ist  ihre  Unmöglichkeit  auf  das 
bestimmteste  erwie.sen,  und  zwar  durch  die  Verschiedenheit  der  Pupille  und  der 
Zahl  der  Zähne.  Diese  Kluft  trennt  den  Hund  absolut  vom  Fuchse,  während  der 


Ilunder.issen   im    Altertum 


253 


Theorie  einer  Herlcunft  des  Hundes  vom  Scliakal  oder  Wolf  iceine  solche  Differenz 
im   Wege  stellt. 

Manns  glaubt  (a.  a.  O.  II  9),  daß  die  lakonischen  Fuchshunde  vielmehr  von 
ihrer  roten  Farbe  benannt  worden  seien,  als  von  ihrer  Gestalt.  Er  legt  Xeno- 
phons  obige  Worte  iv  -olXm  Xfov(;)  etc.  .so  aus,  als  ob  er  meine,  „daß  von  dem 
Äußeren  des  Fuchses  nicht  viel  mehr  an  ihnen  wahrzunehmen  sei  .  .  .  Die  ganze 
Ähnlichkeit",  fährt  er  fort. 


MOT)4>M 


„wird  sich  auf  die  wohl 
am  häufigsten  beobachtete 
fuchsige  Färbung  (-0  /_pw|ia 
nuppoy),  die  Xenophon  unter 
die  zulässigen  Hundefarben 
rechnet,  und  den  buschigen 
Schwanz  beschränkt  haben. 
Horaz  nennt  die  lakoni- 
schen Hunde,  denen  die 
aXwTiext'osg  zugehören,  rot- 
gelb (fulvus).  Wir  müssen  annehmen,  daß  die  Liebhaberei  an  der  roten  Färbung  die 
griechischen  Jäger  mit  ganz  besonderer  Vorliebe  von  Hunden  und  Hündinnen  dieser 
Farbe  züchten  ließ,  so  daß  diese  die  vorherrschende  wurde."  Hiegegen  ist  zu  be- 
merken, daß  den  Worten  des  Xenophon  nur  mit  größter  Gewaltsamkeit  der  Sinn 
unterschoben  werden  kann,  als  handle  es  sich  vorzugsweise  oder  g"ar  allein  um 
die  Farbe.  Ferner  ist  die  rot-  oder  gelbbraune  Farbe  keineswegs  etwas  künstlich 
Angezüchtetes,  sondern  die  natürliche  Grundfarbe  der  vom  Schakal  oder  Wolf 
abstammenden  Hunde  überhaupt;  es  ist  die  Farbe,  die  der  Hund  bei  der  Ver- 
wilderung ganz  von  selbst  wieder  bekommt,  wie  jedem  bekannt  ist,  der  sich  im 
mohammedanischen  Orient  einmal  umgesehen  hat.  Allerdings  scheinen  die  Lakoner 
Hunde  im  allgemeinen  hellbraunes  Fell  gehabt  zu  haben,-')  aber  deswegen  sind 
sie  gewiß  nicht  Fuchshunde  genannt  worden,  sondern  wegen  ihrer  Ge.stalt,  weg-en 
ihres  ganzen  Aussehens  (vulpina  species);  wir  müssen  also  annehmen,  daß  die  äaw- 
TiextSe;  einen  Fuchskopf  und  Fuchsschwanz  gehabt  haben.  Warum  auch  nicht?  Be- 
sitzen wir  doch  Vasenbilder,  wo  der  am  Sophafuße  angebundene  Fuchshund  dem  im 
Tellereisen  gefangenen  wirklichen  Fuchse  zum  Verwechseln  ähnlich  sieht.  Auf  der 
hier  (Fig.  62)  abgebildeten  korinthischen  Vase  (vgl.  Daremberg-SagHo  I  698  Fig.  839) 
erblicken   wir  zwei  an  Gestalt    völlig    fuchsartige,    nicht   große   Hunde   mit  breit- 

-'')  Wenigstens  gibt  ihnen  Horaz  epod.  6,  5   das  Epitheton  fulvus. 
Jabreshefte  des  üsterr.  archäol.  Institutes    1:!J.  VIII.  ,, 


:!Ö4  O.  Keller 

buschigem  Schweif  und  fuchsartigem  Kopfo.  Sie  haben  die  laiii;-e  Rüss(>lschnauze,-'') 
wie  sie  Aristoteles  den  kleinen  lakonischen  Hunden'-"')  ausihn'ieklieh  zuschreibt, 
und  sitzen  unter  den  mit  KlJwaren  und  (ietfiinken  bedeckten  rischen,  hinter 
welchen  Männer  auf  dem  Sjieisesofa  liegen.  An  dem  FulJ  je  eines  Sofas  ist 
ein  Hund    angebunden,    vermntlicli    um    eine   Rauferei    der  Tiere    zu    verhindern. 

Das  Vasenbild  mit  dem  im  Tellereisen  gefang"enen  Fuchse  ist  in  meinen 
Thieren  des  classischen   Altertums   179  nach  Panofka  wiedergegeben. 

Xun  sinil  aber,  wie  ich  schon  oben  berührt  habe,  keineswegs  sämtliche 
Lakoner  Hunde  Fuchshunde  gewesen.  Denn  daß  es  mehrere  Arten  und  wohl 
sehr  verschiedene  Lakoner  Hunde  g-egeben  hat,  ist  sonnenklar,  wenn  wir  die 
Notizen  bei  den  Schriftstellern  überschauen.  Da  lesen  wir  von  spartanischen, 
kynosurischen,  amykläischen,  kastorischcn  und  menelaischen  Hunden,  die  sämtlich 
zu  den  Lakonern  zählten.  Das  uralte  Amj'klae  lag  eine  Stunde  von  Sparta, 
Kynosura  hieü  ein  Stadtteil  von  Sparta,  vi(;Ileicht  der,  in  dem  die  großen  staat- 
lichen Hundezwinger  sich  befanden.  Kynosurisch  und  amykläisch  dürften  somit 
einfach  als  Synonyma  von  spartanisch  und  lakonisch  aufzufassen  sein.  Anders 
verhält  es  sich  mit  dem  kastorischen  und  menelaischen.  Kastor,  nach  altlakonischer 
Sage  (Alkman  Fr.  13)  am  wildreichen  Waldgebirge  Taygetos  geboren,  war  wie 
Sanct  Hubertus  das  Idealbild  des  Jägers,  er  hatte-'*")  die  Jagd  zu  Pferd  mit  dem 
Wurfspeer  erfunden  und  die  Zucht  der  edelsten  Jagdhunde,  die  nach  ihm  Kaoto- 
pJoE;  oder  Ka7-dp:o'.  genannt  wurden.  Diesen  und  nicht  den  Fuchshundon  werden 
es  die  Lakoner  (Ax/.aiva!.)  zu  danken  haben,  daß  Pollux  5,  37  sie  an  erster  Stelle 
unter  den  Hunden  edler  Rasse  (yr/vara:  x'jvsj)  aufzählt. 

Außer  Kastor  und  dem  obenerwähnten  Lykurg  soll  sieh  auch  der  Seinvager 
Kastors,  König  Menelaos,  durch  Hundezucht  verdient  gemacht  haljcn.  ])ii'  mene- 
laische  Rasse  erklärte  Nikander  für  identisch  mit  der  psyllisehen  (I'oll.  5,  40), 
die  ihren  Namen  von  einer  alten  achäi.schen  Stadt  führte  (Poll.  5,  37).  Menelaos 
habe  die  Hunde  aus  Psylla  bezogen  (Poll.  5,  40).  Näheres  über  die  menelaischen 
Hunde  wissen  wir  nicht.  Öfter  dagegen  wird  von  den  kastorischen  Hunden  ge- 
.sprochen  (Xen.  cyn.  3,  i,  Oppian.  cyn.  II  14  if.,  Poll.  V  37;  3g:  Kaaiopioss  Kaatopo; 
0-p£|i[ia-a.  Hesych,  Kaoröp'.«'."  ElZic  v.  -/.'jvöjv).  Bei  der  bekannten  Vorliebe  Xenophons 
für  Lakonisches  und  dem  Umstände,  daß  er  cyn.    lo,  4   im  Capitel  von   der  Eber- 

**)  Arist.  de    gen.  an.  V  32:    M'j'/.Tf^psj    iiaxpoi.  ^)    Töv/   Ay.yMY.v.iir/    ■/.•r/'.Zitn-/    Arist.   Aristoteles 

Rössclschnauzc    übersetzen    Aubert     und     Wimmer.  sagt    auch,    daß    diese    kleinen     Lakoner    besonders 

In  der  Tiergeschichte    steht  p.'r/.zr,f,    vom  Elefanten,  scharf  riechen. 
Affen,   Schwein,   Esel.  '■"')  Oppian.  cyn.  II    14  fi. 


Jagd,  nachdem  er  ("§  i)  von  verschiedenen  Hunderassen  gesprochen,  einfach  fort- 
fährt, ohne  die  anderen  zu  erwähnen,  als  ob  sichs  bloß  von  Lakoner  Hunden 
handelte,  wird  man  kaum  fehlgehen,  wenn  man  in  der  Zeichnung,  die  Xenophon 
vom  idealen  Jagdhunde  entwirft,  einen  Lakoner  edelster  Rasse,  also  einen  Kastor- 
hund  vermutet.^')  Indem  ich  niicli  zumeist  an  die  sorgfältige  und  scharfsinnige 
Ausführung  von  Manns  (a.  a.  O.  II  lo  ff.)  anschlie(3e,  will  ich  die  Hauptmerkmale 
aufzählen. 

Nach  Xenophon  (cyn.  3,  i — 3.  4,  i — 8),  mit  dem  PoUux  ^"  57  —  5g  grofSenteils 
wörtlich  übereinstimmt,  soll  der  Jagdhund  folgende  Eigenschaften  besitzen:  er  sei 
groß  iiilya?)  —  d.  h.  langgestreckt  ([laxpoc)  vom  Kopf  nach  der  Rute  hin,  wie 
Arrian  genauer  sagt  —  kräftig,  wohlproportioniert;  Gesichtsausdruck  freundlich; 
der  Kopf  leicht  und  gegliedert;  die  .Stirne  lang  und  breit  mit  tiefer  .Scheide- 
linie, der  untere  Teil  der  .Stirn  sehnig;  Nasenrücken  gerade;  die  .Schnauze  abge- 
stumpft {xz-^xlrj  aij-iTj);  Gebiß  kräftig  (£'jaTO|io;  4,  2  PoU.  V  60).  Die  Ohren  klein,^'^) 
dünn  und  hinten  kurzjiaarig.  Die  Augen  vorstehend,  schwarz  und  glänzend.  Der 
Hals  lang,  weich  und  rund.  Die  Brust  breit  und  nicht  zu  mager.  Der  RijDpen- 
korb  nicht  überall  gleichweit  ausladend,  sondern  nach  den  Weichen  hin  sich  ver- 
jüngend. Nicht  auffallend  aufgezogene  Weichen.  Die  untere  Partie  des  Bauches 
und  der  Bauch  überhaupt  schmächtig.^-^)  Lenden  fleischig-,  mäßig  lang  und  weder 
zu  bieg'sam,  noch  zu  steif  Die  Rute  lang,  g-erade  und  sehr  beweglich  (/vtyupa, 
vgl.  4,  3).^'')  Vorderläufe  (gy.sÄr;)  kurz,  gerade,  rund,  gedrungen.  Schulterblätter 
locker  mit  dem  Rumpf  verbunden.  Ellenbogen  gerade.  Hüften  hinten  fleischig, 
oben  nicht  zusammenstoßend,  nach  den  Lenden  zu  ohne  Hautfalten.  Unterschenkel 
mager;  der  untere  Teil  des  Hinterlaufes  lang,  rund  und  fest;  die  Hinterläufe 
viel  gTÖßer  als  die  Vorderläufe  und  etwas  gekrümmt.  Der  Fuß  rund  {mpi'^epr^c). 
Das  Haar  fein,  dicht  und  weich:  hinten  an   den  Schenkeln  gerade  abstehend  und 


^')  Man  beachte  namentlich   die  Worte  3,  I:  Ti  er  sofort  mit  den  Anfangsworten,   indem    er    Größe 

5s  fivTj  -MV  y.uvojv  sa"'.  5'.-id,    ac   |j.sv  Kaaxöfi'.ai,    a[  verlangt. 

Se  äXtO/L£Vi£5ö;.  Für  Xenophon  kämen  nur    die   zwei  ^-)  Die  Handschriften,  auch   die  von    mir    colla- 

lakonischen  Jagdhundrassen    in  Betracht,    ohne    daß  tionierten,  haben  alle  \i.'.y.yj..  Ebenso  PoUux.  Neuere 

er  sie   an    dieser  .Stelle   ausdrücklich    als   lakonische  Herausgeber   lesen    ohne   genügenden   Grund    |iazpa, 

bezeichnet:   die  kastorischen  und  die   ganz  specifisch  wogegen  Manns  mit  Recht    auftritt, 
lakonischen,   für  die  Hasenjagd  gut  zu   brauchenden  '")   „Xenophon  verlangt    also,    daß    der  Rumpf 

Fuchshunde.     Seine  Beschreibung    des    besten  Jagd-  sich  im  Brustkorb   ein   wenig,  hinter  dem  Brustkorb 

hundes  aber  bezieht  sich  offenkundig  nicht   auf  den  in   den  Weichen  stärker  verjünge."  Manns, 
kleinen,    nur    zur    Hasenjagd    ausreichenden    Fuchs-  '^)  Manns  übersetzt  dünn.     Allein  auch   Arrian 

hund,  sondern    auf  die   größeren   Kastorier.  Daß    er  verlangt  einen  biegsamen  Schwanz,  oüpöcv  EÜy.a|ji7;f;, 

nicht  die  kleinen  Fuchshunde  beschreiben  will,  zeigt  was  freilich  Manns  mit  „gekrümmt"   übersetzt. 


32* 


dicht,'-'^)  dcsyleiclien  an  den  l-oiulcn  und  der  KuU-  unicn,-"')  oIhmi  .iIht  nur  w  cnis;-.''") 
Farbe  fuchsrot  (;rjp^6;),  schwarz  odor  wiMl.i  tind  /war  llmulc  der  rrstt-n  hcidi-n 
l-"arlien  mit  weil3en,  die  der  letzten  mit  roten  Abzeiclim  um  das  (iesicht  herum. 
Nach  dieser  Beschreibungf  hat  AFanns  eine  sehr  instruelive  Zeichnung  des 
Xenophontischen  Musterhundes  (Lakoners,  Kastoriersi  cntwcirlcii,  welche  im  L;aiizcn 
das  Richtige  treffen  dürfte,  nur  die  dicke  Halsmähnc  und  dir  fuch^artig-c  lang'- 
haarigfe  Schwanz  scheinen  mir  in  den  Werten  Xennjitums  nielit  begründet;  auch 
ist  vielleicht  die  Schnauze  unseren  heutigen  Jagdhunden  etwas  zu  ähnlich  ausge- 
fallen: sicherlich  harmoniert  sie  selir  wenig  mit  den  antiken  Ilundebildern,  die 
Manns  auf  Taf.  I  zusammengestellt  hat  und  im  allgemeinen  auf  Lakoner  be- 
ziehen möchte.  Bloß  der  in  Fig.  4  gegebene,  aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  gefälschte  Hund  stimmt  hin- 
sichtlich der  Schnauze.  Übrigens  wer  sagt  uns,  daß 
die  angeblichen  Lakoner  nicht  vielmehr  Kreter  sind? 
Zu  den  besten  antiken  Danstellungen  dieser  Art 
Hunde  zählt  wohl  die  berühmte  Aktaionmetope  aus 
.Selinunt,  die  auf  eine  dorische  oder  peloponnesische 
Schule  zurückgeführt  wird.  Nach  Hyginus  (Fab.  181) 
hieß  ein  Hund  Aktaions  Lacon,  ein  anderer  Lacaena 
Wenn  wir  schon  annehmen,  daß  diese  andere, 
hervorragende  Lakoner  Rasse  mit  der  kastori  sehen 
identisch  ist,  so  drängt  sich  von  selbst  der  Gedanke 
auf,  ob  sich  nicht  Dioskurendenkmäler  mit  Gewinn 
zur  Illustration  beiziehen  ließen.  Leider  aber  ist  das 
berühmte,  aus  der  tiburtinischen  Hadriansvilla  stammende  Relief  „Kastor  als 
Rossebändiger" '")  als  jedenfalls  zum  großen  Teil  gefälscht  erkannt  worden.  Auf 
anderen  Bildern  ist  statt  des  Lakoners  ein  evidenter  kretischer  Windhund  ange- 
bracht.'-') Ein  richtiger  Lakoner  (Kastorier,  conö?)  steht  neben  dem  Jäger  Zethns  auf 
dem  schönen  Relief  des  Palazzo  Spada  (Fig.  63),  Braun,  Zwölf  antik«'  r.asri'l.  Taf  3. 


Fig.  63    Lakonischer  Jagdhund 
vom  Am])hiün-Zelhos-]<.clief. 


")  Manns   übersetzt  ßaS-'J;   mit    ^lang",  Weislic  '^)    .Manns    übersetzt    i->.   Ta!;    oOf.al;    zätoj    mit 

„dicht",   vgl.  Arrian,    cyn.  5,    9  (Jaj'j;).   Pollux   läßt  „an  der  Unterseite    der  Rute"    und    fügt    l>ci:   „aber 

die  ganze  Stelle  weg  V  §  59.  Die  Übersetzung  „dicht"  sicher  nur  bei  dem  Fuchshund  " 

wird  richtig  sein  wegen  Phrasen  wie  (Ja^'j;  -oi>-fO)v  =  '")  'E-l   ti  Tat;  |ir,pia!a'.;   ä-/.f.at;  -.'/.y,<x.i  dp9-a;, 

starker,  dichter  Bart,  ^aSVsta  Ttöjiifl  u.  a.     Die  andere  {w{)-£(a;,  y.al   inl  Tat{  ös-^öat   y.al  -at;  oOi^al;  -/.a-o), 

Übersetzung  „lang"   ist   nicht   ohne  Einfluß  auf  die  äv(i)9-£v  3e  |iSTf£a;  Xen.  cyn.  4,  8. 

Zeichnung     des    Xenophonhundcs     bei     Manns    ge-  ■")  Combe,  Marblcs  ofthe  british  Museum  II  |>!.  fj. 

wesen.  '')  ^'o"-  ""«l.  d   Inst-  H  Taf  22 


Hunderassen   im   Altertum  257 

Ihm  ziemlich  ähnlich  ist  der  sicher  echt  lakonische  Hund  von  Chrysapha  (Fig.  6i), 
der  mit  dem  lakonisclien  Fuchshund  absolut  nichts  gfemein  hat. 

Als  Hauptresultate  haben  sich  somit  ergeben:  erstens  waren  berühmt  die 
kleinen  lakonischen  Fuchshunde,  UmtzeyJ.oz:;,  mit  Rüsselschnauze  und  Fuchsschwanz, 
ausgezeichnet  durch  ihren  Geruchsinn.  Dies  sind  die  Lakoner  xax'  i\o'/j^v  des 
Aristoteles.  Sie  waren  hervorragende  Spürhunde  (dacppavTiVwa).  Die  Männchen 
wurden  lo,  die  Weibchen  12  Jahre  alt,  während  die  übrigen  Hunde  14,  auch 
sogar  20  Jahre  leben  konnten  (bist.  an.  VI  20).  Die  fabelhafte  Schnelligkeit  der 
lakonischen  Hunde  rühmen  Simonides, "')  Kallimachos,")  Vergib'-)  u.  a.  und  diese 
Eig-enschaft  kam  ohne  Zweifel  auch  den  äXwKcXtSe;  zu. 

Da  nun  aber  diese  Fuchshunde  auf  Denkmälern  selten  vorkommen, 
W'ährend  der  Lakoner  Hund  so  außerordentlich  häufig  in  der  Literatur  auftritt, 
daß  er  offenbar  über  alle  Länder  der  griechisch-römischen  Welt  und  fast  zu  allen 
Zeiten  verbreitet  und  bekannt  war,*')  und  da  eine  ganze  Auswahl  verschiedener 
Namen,  also  wohl  für  verschiedene  Rassen  oder  Varietäten,  überliefert  ist,  da 
endlich  die  in  Lakonien  selbst  gefundenen  Denkmäler  einen  ganz  andern 
Hund  darstellen,  als  der  äÄMTicZi;  des  Aristoteles  gewesen  sein  muß,  so  ist  mau 
genötigt,  mindestens  noch  eine  zweite  Rasse  Lakoner  zu  statuieren.  Als  solche 
bieten  sich  in  natürlichster  Weise  die  vom  spartanischen  Nationalheros  Kastor 
benannten  Rastorjagdhunde  dar,  \-iin  ilenen  uns  eine  ebenso  zuverlässige  als  aus- 
führliche Schilderung  in  dem  Idealjagdhunde  Xenophons  vorzuliegen  scheint. 
Diese  Hunde,  welche  dem  Aristoteles  offenbar  nicht  als  specifisch  lakonisch  galten, 
wurden  wahrscheinlich  nur  der  Sage  nach  zuerst  in  Lakedämon  gezüchtet,  aber 
schon  von  der  Blütezeit  Griechenlands  an  war  ihre  Aufzucht  keineswegs  auf  ihr 
wirkliches  oder  angebliches  Stammland  beschränkt,  so  wenig  als  dies  einst  bei 
dem  Malteser  Hündchen  der  Fall  war  oder  als  heutzutage  von  einem  Neufund- 
länder jemand  verlangt,  daß  er  in  Neufundland  das  Licht  der  Welt  erblickt  habe. 
Das  enorme  Renommee  der  lakonischen  Jagdhunde  aber  beruht  ganz  wesentlich 
eben  auf  dieser  Rasse  —  der  kastorischen,  wie  wir  sie  vielleicht  am  zweck- 
mäßigsten nennen.  Gewiß  gab  es  solche  Hunde  auch  in  Sparta,  aber  w'ie  gesagt, 
und  das  wird  sich  bei  den  Molossern  wiederholen,  sie  sind  keineswegs  bloß  in 
Sparta,  sondern  auch  an  einer  Menge  anderer  Plätze  sorgfältigst  gezüchtet  und 
auch    zur   Erzeugung   von    Mischling'en    verwendet    worden.     Kreuzte    man    doch 

^")  Fr.  29.  ■'^)  In  Rom    wird    er    schon    bei  Plautus   Epid. 

■")  In   Dian.  94  f.:   „schneller  als  die  I,üflc".  235   erwähnt. 

''-)   Verg.  georg.  III  405. 


25S  O.  Keller 

notorisch  die  Lakoner  i.  B.  mit  krctischi^n  (Ovid.  nu't.  111  223),  rtruskischen  (Oppian 
cyn.  I  300)  und  molossischen   HinuliMi  ([Aristut.]  li.  a.  IX  3). 

Die  unvermischte  Rasse  war  i;rol.i.  d.  h.  h\  nagest  reckt,  L;lattliaari}if,  niclit 
spitzschnauzigf  wie  die  Kreter,  noch  rüssclschnau/iy  wie  die  l'üchslintfe,  mit 
leichtem  Kopf,  kleinen  stehenden  Ohren,  langem,  (linmcin.  j^cradcm  Schwanz. 
Langhaarigfe  Jagdhunde  waren  in  vorrinnischer  Zeit  nicht  iMode,  i-bensowenig 
solche  mit  Hängeohren. 

AVenn  nun  der  authentisch  lakcdämonisclie  Hund  von  Chrysapha  dem  oben 
geschilderten  ..Kastorhunde-'  in  Bezug-  auf  Stärke  und  Stattliclikeit  nicht  ganz 
entspricht,  während  er  anderseits  vom  I'uchshundc  himmelweit  verschieden  ist, 
so  bleibt  nichts  übrig  als  anzunehmen,  dalJ  tue  l'iyur  des  (irabsteines  entweder 
ein  junges  oder  eben  ein  kleiner  g'eratenes  Exemplar  Kastoricr  repräsentiert,  oder 
auch  daß  es  vielleiclit  gar  kein  rein  kastorischer  Xenophontischer  Idealjagdhund 
sein  .soll,  sondern  dal3  die  Rassenreinheit  des  dortigen  Tieres  (beziehungsweise 
.seines  Modells)  durch  irgendeine  Mesalliance  eines  seiner  Vorfahren  —  vielleicht 
mit  einem  Pariahunde  —  beeinträchtigt  w'orden  ist.  Derartige  Hunde  kann  es  in 
Massen  in  Lakedämon  gegeben  haben;  wenn  sie  auch  als  Jagdhunde  weniger 
geschätzt  waren  als  Exemplare  reinster  Rasse  —  denn  auf  Rasseiu-einheit  legte 
man  vielfach  großen  Wert  —  so  können  sie  als  Haus-  und  .Spielgenossen  doch 
sehr  beliebt  gewesen  sein. 

IV.  Molosser. 

Der  gleiche  Fall,  daß  zwei  grundverschiedene  echte  Typen  und  sicher  auch 
noch  Bastardformen  in  Betracht  kommen,  sowie  daß  die  Angaben  der  .Schrift- 
steller an  Deutlichkeit  und  Genauigkeit  .sehr  viel  zu  wünschen  übrig  lassen,  liegt 
vor  bei  den  Molossern.  Einige  Münzen  mit  widersprechenden  und  zum  Teil  offen- 
bar .schlechten  oder  verstümmelten  Bildern  und  eine  Hauptstelh;  in  einem  unter- 
schobenen Stück  des  Aristoteles  ist  eigentlich  alles,  worauf  wir  mit  inniger  .Sicher- 
heit fußen  können.  Man  kann  sich  daher  auch  nicht  wundern,  daß  allerlei  Un- 
richtiges über  den  Molosser  Hund  aufgestellt  worden  ist.  So  ist  z.  B.  der  neueste 
Gelehrte,  der  über  den  Molosser  geschrieben  hat,  der  Zoologe  Conrad  Keller 
(Abstammung  der  ältesten  Haustiere,  Zürich  1902),  gewiß  nicht  methodisch  vor- 
gegangen, indem  er  S.  72  behauptet,  der  Molosser  werde  von  Columella  folgender- 
maßen recht  gut  charakterisiert:  amplissimi  corporis,  vasti  latratus  canorique, 
niger;  capite  tarn  magno,  ut  corporis  videatur  pars  ma-xima,  deiectis  et  propen- 
denfibus  auribus,  nigris  vel  glaucis  oculis,  acri  lumine  radiantibus,  amplo  villosoque 


Hunderassen  im  Altertum  259 

pectore,  latis  armis,  cruribus  crassis  et  hirtis.  Diese  Beschreibung,  fährt  er  fort, 
stimme  vortreffhch  mit  einer  Vindonissaer  Tonlampe,  auf  welcher  eine  zottige 
Dogge  dargestellt  sei,  die  an  einen  Neufundländer  oder  Bernhardiner  erinnere. 
Das  Bild  ist  in  Photographiedruck  beigegeben  und  von  C.  Keller  als  „Molosser 
Hund"  bezeichnet.  Weiter  sagt  er:  ,,Den  ältesten  Schädel,  dessen  Doggencharakter 
sichergestellt  ist,  erhielt  ich  aus  der  römisch-helveti.schen  Niederlassung  Vindo- 
nissa.  Es  ist  offenbar  der  antike   Molosser  Hund.'' 

Mit  je  größerer  Sicherheit  hier  ein  ganz  neues  Resultat  vorgetragen  wird, 
um  so  mehr  sind  wir  genötigt,  scharf  zu  prüfen  und  zu  betonen,  daß  Columella 
mit  keiner  Silbe  von  einem  Molosser,  sondern  vielmehr  von  einem  Meierhofhunde, 
canis  villaticus,  redet:  zweitens,  daß  nach  anderen  ausdrücklichen  Angaben  der 
Autoren  der  JNIolosser  nicht  schwarz,  .sondern  hellbraun  auszusehen  pflegte;*^) 
drittens,  daß  keines  der  authentischen  Molosserbilder  der  Münzen,  die  C.  Keller 
wohl  hätte  in  Zürich  einsehen  können,  einen  Typus  zeigt,  der  mit  seinem  Vindo- 
nissaer „Molosser"   harmoniert. 

Ein  zweiter  Weg,  den  antiken  Alolosser  zu  finden,  ohne  die  Münzen  zu  berück- 
siclitigen,  ist  von  Cougny  bei  Daremberg-Saglio  s.  v.  canis  eingeschlagen  worden. 
Er  behauptet,  daß  Oppian  cyn.  I  414 — 424  „sans  aucun  doute"  den  Molosser  be- 
schreibe, während  doch  Oppian  selber  davon  nichts  sagt,  im  Gegenteil  offenbar 
gar  keinen  Wert  auf  Rassenreinheit  legt,  sondern  die  ausgedehnteste  Rassen- 
vermengung  unmittelbar  vor  seiner  Schilderung  des  vorgeblichen  Molossers  an- 
empfiehlt. Er  sagt  V.   395  ff.: 

'ApxäSoc;  'ID.sooic  £~'.[iEay£0,  Hafocit  Kpf^iaj, 
Käpa^  0pr/txtoi;,  Tupar^va  yive%-Xci  AdvMai, 
2ap|iatt7viv  TS  Tiöavi  'fo^ioi^  T^pia^  'I|j7jpt5a  VL»[icprjv. 

Namentlich  ein  Punkt  in  Oppians  angeblicher  Molosserbeschreibung  stimmt 
durchaus  nicht  mit  dem,  was  uns  sonst  bildlich  und  schriftlich  vom  Molosser 
überliefert  ist,  die  Langhaarigkeit  des  ganzen  Körpers,  V.  422:  ptvo;  änxc,  Haio^. 
Auch  bezüglich  des  anderen  Musterjagdhundes  von  Oppian,  des  raschfüßigen 
Hasenfängers,  steht  es  nicht  entfernt  fest,  daß  damit,  wie  Cougny  behauptet 
(a.  a.  O.  881),  ein  Kreter  oder  Lakoner  g'emeint  ist.  Mir  scheint  eher  ein  Misch- 
ling, mit  starkem  Einschlag  von  Fuchshund  und  kretischem  Windspiel,  vorzu- 
liegen, doch  läßt  sich  eben  einfach  nichts  Sicheres  behaupten. 

Eine  zweite  Hauptbasis  für  Cougnys  Ansicht  vom  Molosser  bildet  die 
herrliche    allbekannte    antike    Statue    einer    sitzenden    Dog'ge,    von    welcher    ich 

'''')  Schol.   Oppian.  cyn.  I  374   ed.  Bussem.:  MoXoaaoi"  gavS-oi. 


fünf  Exemplare  kenne :  zwei  im  Vatican,  zwei  in  Florenz  und  eines  in 
England.*^) 

Der  Hund  ist  eine  Dogge,  braucht  aber  deswegen  noch  kein  Molosser  zu 
sein  und  stimmt  auch  tatsächlich  weder  mit  dem  ganz  langhaarigen  angeblichen 
Molosser  Oppians  noch  mit  den  echten  epirotischen  Alünzbildcrn.  Nichtsdesto- 
weniger wird  allgemein  gelehrt,  und  so  tut  es  z.  B.  auch  Baumeister  u.  d.  W. 
Hund,  da(3  jene  sitzende  Hundestatue  den  wahren  Molosser  repräsentiere.  Bau- 
meister beruft  sich  auf  Cougny  und  reproduciert  die  erwähnte  Doggenstatue. 

Ganz  unverständlich  ist  mir  auch  in  diesem  Capitel  ein  dritter  Mitforscher, 
L.  J.  Fitzinger,  geblieben,  der  in  seinem  Buche  übi-r  den  ,,Hund  und  seine  Racen" 
(Tüb.  1876)  S.  240  behauptet,  der  groi3e  Jagdwindhund,  Canis  leporarius  maior, 
sei  „ohne  Zweifel  der  Canis  moloticus  [sie]  des  Aristoteles,  der  ("anis  venaticus 
des  Varro  und  Columella,  der  Canis  Molossus  des  Virgilius  Maro,  Huraz,  Oppian 
und  Xemesianus,  der  Canis  Veltraha  des  Gratius  Faliscus  und  der  Canis  Vertagus 
des  lulius  Firmicus."  Mit  einer  solchen  Identification  des  Molossers  des  Aristoteles 
und  des  gallischen  Windhundes  (Vertragus)  der  Römerzeit  scheint  mir  der  höchst- 
mögliche Grad  von  Confusion  erreicht;  es  ist  eigentlich  nebensächlich,  daß  auch 
die  S.  241  aufgezählten  Eigentümlichkeiten  des  großen  Jagdwindliundes  mit  denen 
des  Molossers  nicht  entfernt  stimmen.  Während  beim  Molosser  oft  sein  fürchter- 
liches Gebell  bezeugt  wird,  bellt  der  Windhund  selten  „und  seine  Stimme  besteht 
mehr  in  einem  Kläffen  als  in  einem  eigentlichen  Gebelle."  Und  während  der 
Molosser  als  sehr  treu  gepriesen  wird,  ist  die  „Treue  und  Anhänglichkeit  des 
(von  Fitzinger  mit  ihm  identificierten)  Jagdwindhundes  im  Vergleich  mit  jener 
anderer  Hundearten  nur  gering." 

Jede  methodische  Untersuchung  über  die  antiken  Molosser  hat  auszugehen 
von  den  molossischen  Münzen.  Dieses  V'On  uns  schon  in  den  Tier-  und  Pflanzen- 
bildern S.  8  ausgesprochene  Princip  läßt  sich  heute  noch  besser  ausbeuten,  da 
Imhoof  die  Güte  hatte,  auf  Taf.  IV  außer  den  dort  gelieferten  drei  Münzen  noch 
drei  weitere  zum  Abdrucke  zu  bringen.  Man  erkennt  auf  den  ersten  Blick  zwei 
ver.schiedene  Rassen,  was  merkwürdig  stimmt  mit  der  literarischrn  Hauptstelle 
[Aristot.]  hist.  anim.  IX  3:  Tö  5'  Iv  if/  JIoaoxtJ«  'fhoc  xjviov  -ö  |iev  ö'r/peu-ty.iv  oOöiv 
oix'f lp£i  TZfbz  zb  Tzapi  Tof;  i/'/.o'.q,  xö  5'  ^xoÄouS'Ov  -or;  ~po,iäToc?  tw  [isysilsi  xa:  xf|  «vopi'a 
— (,  ~pbt  ~x  ihjpta.  l:x-^ipvjo:  5'  ol  ic  v.\iYÄv  xio^lrt.  xxc  '.pL/.o-ovta,  ol  xz  £x  twv  bt  xvj 
MoÄC"'!?.  •(•:;'i''j\ii'Hi)'i  ■/.•yiwt  xa:  iv.  zwi  Aax(j)V'.xwv.    Aubert  und    W'immer   übersetzen: 

*';  In    Duncombe    Park,   Yorkshire,    aus   Korn,       (1874)  S.  17.    Vyl.  unten  S.  267  f.  und  Ki),'.  '17. 
nbgeb.  bei  Cavaceppi  racc.  I  6,  s.  arch.  Zeil.  XXXII 


Hunderassen  im  Altertum  26 1 

„Die  Jag-dhuiide  in  Molottieii  zeichnen  sich  vor  den  Jagdhunden  an  anderen  Orten 
nicht  aus,  aber  die  Schäferliunde  daselbst  sind  an  Größe  und  an  Mut  im  Kampfe 
mit  wilden  Tieren  den  anderen  Hunden  überlegnen.  Bastarde  von  beiden,  von  der 
molottischen  und  lakonischen  Rasse,  zeichnen  sicli  aus  durch  Mut  und  Ausdauer." 
Demnach  haben  wir  die  Existenz  von  zwei  ganz  verschiedentm  Molossern  und 
von  molossisclien   Bastardbildungen  anzuerkennen. 

A.  Echte  Molosser  erster  Classe  (epirotische  Bullenbeißer). 

Wenn  wir  nun  die  Münztafel  ansehen,  so  liaben  wir  auf  den  epirotisch- 
molossischen  Münzen  teils  einen  Bullenbeißertypus,  teils  einen  Typus,  der  vom 
gewöhnlichen  griechischen  Jagdwindhunde  sich  nur  durch  plumpere  Formen, 
starken  dicken  Hals  und  großen,  schweren,  dabei  aber  spitzig  zulaufenden  1-vopf 
unterscheidet.  Dieser  letztgenannte  Typus  betrifft  ohne  Zweifel  den  epirotischen 
Jagdhund,  von  welchem  der  obenerwähnte  Aristoteliker  nicht  besonders  erbaut 
ist.  Und  in  der  Tat  dürfte  diese  Rasse  wegen  ihrer  Schwerfälligkeit  in  den  Augen 
der  meisten  Jäger  hinter  dem  Lakoner  oder  Kreter  gar  sehr  zurückg'estanden 
sein,  auch  läßt  sie  sich  nicht  für  besonders  schön  erklären.  Anders  steht  es  mit 
der  erstgenannten  Rasse,  dem  Bullenbeißertypus.  Diese  wird  noch  weniger  zum 
eigentlichen  Waidwerk  brauchbar  gewesen  sein.  Die  Jagd.schriftsteller  betonen 
immer  wieder,  daß  die  groß-  und  schwerköpfigen  Hunde  zur  Jagd  unbrauchbar 
seien,  aber  dafür  können  sie  als  Hof-,  Haus-  und  Hirtenhunde  tauglich  gewesen 
sein.  Nach  Pseudaristoteles  pflegten  sie  das  Kleinvieh  (Tzpo^xia.) ,  also  die  Schafe 
—  denn  die  Ziegenhirten  brauchten  in  der  Regel  keine  Hunde  —  zusammen- 
zuhalten und  gewährten  ihnen  durch  ihre  Größe  und  Tapferkeit  Schutz  gegen 
die  reißenden  Tiere.  Außer  W^ölfen  und  Bären  werden  sie  auch  räuberische 
Menschen  abgewehrt  haben  und  sicher  ist  ihnen  auch  das  in  Epirus  besonders 
große  Rindvieh  zur  Beschützung  anvertraut  worden:  wenigstens  spricht  der  echte 
Aristoteles  in  einem  Atem  von  den  überaus  großen  Rindern  und  Hunden  in 
Epirus:  Msytaxot  S'  oS  pöez  ^^at  ol  xiive?  (bist.  an.  III  21,  106  A.  et  W.).  Im  Zusammen- 
halten der  gewaltigen  epirotischen  Rinder  wird  wohl  ihre  Hauptaufgabe  in  der 
Heimat  bestanden  sein;  diesem  Zweck  verdankte  die  Zucht  der  eigentlichen 
Molosser  ihren  Ursprung. 

Weitaus  am  deutlichsten  ist  der  Bullenbeißerkopf  auf  der  Münze  n.  3  von 
Argos  Amphilochikon  in  Epirus  aus  dem  Anfang  des  dritten  Jahrhunderts  v.  Chr. 
Mit  ihm  scheinen  zu  harmonieren   die   beiden  liegenden  ganzen  Doggen  auf  der 

Jahreshefte  des  österr.  archäol.  Institutes   BJ.  VUI.  33 


Silberinünze  von  Argfos  Amphilochikon  ans  iloui  vierten  Jahrliuiulert  (n.  i)  und 
auf  der  Bronzemünze  von  Epirus  aus  dem  dritten  Jahrhundert  in.  ;);  lauter 
entschieden  stumpfschnauzige,  bullenbeil3erartige  Dog-gen.  Dies  siiul  die  allge- 
mein hochg'eschätzten  echten  molossischen  Doggen,  die  als  Ilaus-  und  Hof- 
beschützer, aber  auch  als  Leibwächter  ersten  Ranges  bei  Königen  und  reielien 
Privaten  beliebt  waren;  sie  sind  es  zunächst,  denen  die  Molossereigenschaften: 
gewaltige  Gröl3e,  Schönheit,  Mut,  Treue,  aber  auch  iUssigkeit  und  fürchterliches 
Bellen  zugeschrieben  werden,  während  sie  an  Schncllig'keit  und  Spürkrafl,  somit 
an    den    hauptsächlichsten    ]agdhundtug(Miden,    von    anderen    Rassen    übertruifen 


■wHi»- 


Ülympiasstaluc. 


wurden.  Darum  i.st  es  auch  nicht  verwunderlich,  da(3  Xenophon  unter  den  guten 
Jagdhundrassen  die  Molosser  gar  nicht  erwähnt,  obgleich  si<\  wie  wir  aus  Ari- 
stophanes  wi.ssen,  in  Athen   wohl  bekannt  waren. 

Der  breite,  an  die  Bulldogge  erinnernde  Doggenkopf  der  Münze  n.  3  stimmt 
vortrefflich  zu  dem  Bronzerelief  aus  Paramythia  in  Epirus,''*')  wo  die  breitmäulige 
Dogge  mit  kleinen  abwärts  gebogenen  Ohren  zu  den  Füßen  des  Anchises  liegt. 

Zu  Anchisos  in  Epirus  —  mit  dem  Anchise.shafen  bei  Dionysios  I  51  iden- 
tisch —  sollte  der  Gatte  der  Aphrodite  einst  spurlos  vrrschwunden  sein.  Wenn 
nun    auch    keineswegs    feststeht,    daß    dieses  Relief  in   Epirus   selber  angefertigt 

**;  MüUer-Wicseler,  Denkmäler  der  alten  Kunst  II   293. 


Hunderassen   im   Altertum  -f^3 

wurde,  so  ist  es  doch  auf  der  andern  Seite  durchaus  nicht  unwahrscheinhch,  dalj 
der  Verfertiger  einen  JMohjsser  als  Modell  für  den  Hund  des  Anchises  gewählt 
hat,  nicht  irgendeinen  andersrassigen  Hund.  Da  nun  der  Anchiseshund  einen 
ausgesprochenen  Bullenbeißertypus  zeigt  und  mit  dem  sicheren  Molosser  der 
Münze  n.  3  ausgezeichnet  übereinstimmt,  so  glaulje  ich  mich  berechtigt,  das 
Paramythiarelief  hier  beizuziehen. 

Große  Ähnlichkeit  mit  dem  Molosser  des  Paramythiareliefs  hat  ferner  die 
trefflich  gemachte  g'ewaltige  Dogge,  die  unter  dem  Stuhle  der  Königin  Olympias, 
zeitweiliger  Regentin  von  Epirus,  ruht.  Diese  Statue,  im  Besitz  des  Fürsten  Torlonia 
zu  Rom,  gibt  uns  ein  offenbar  naturgetreues  Bild  des  echten  Molossers  im  vierten 
bis  dritten  Jahrhundert  vor  Christus.  (Fig.  64.) 

Wenn  wir  von  diesen  mehr  oder  weniger  sicheren  Bildern  ausgehen,  so 
ergibt  sich  ein  zwischen  der  heutigen  dänischen  Dogge  und  der  Bulldogge  in 
der  Mitte  stehender,  etwas  mehr  an  die  letztere  streifender  Dogg^encharakter,  der 
an  die  assyrische  Dogge  anklingt  und  sich  auch  sonst  auf  classischen  Denkmälern 
findet,  so  auf  der  Gemme  unserer  Tier-  und  Pflanzenbilder,  Taf.  XV  39,  als  Schild- 
zeichen x\chills  auf  einer  Vase  mit  griechischer  Inschrift  aus  Capua  (Monumenti 
X  Taf.  IX    I,  Reinach  R.  V.  II  p.   201)  usw. 

Da  schon  von  Aristophanes  die  molossischen  Hunde  als  eine  offenbar  sehr 
bekannte  und  beliebte  Rasse  erwähnt  werden,  können  sie  natürlich  nicht  von 
Alexanders  pei'sisch-indischem  Feldzuge  herstammen;  und  warum  sollten  nicht 
bereits  alte  macedonische  Könige  wie  Am3'ntas .  doggenartige  Jagdhunde  aus 
Persien  bezogen  haben,  die  dann  nach  dem  Westen  weiter  sich  verbreiteten  und 
zur  Veredlung  des  einheimischen  großen  Hundes,  zur  Entstehung  der  molossischen 
Rasse  führten? 

Die  Tapferkeit  des  Molossers  wird  oft  g-erühmt,  und  die  Physiognomiker 
lehrten  unter  Berufung-  auf  Löwen  und  Hunde,  daß  überhaupt  abgestuinpfte  runde 
Nasen  „tapfer  und  heldenmäßig''  bedeuten.")  Ptolemaeus  hatte  einen,  der  in  der 
Schlacht  an  seiner  Seite  kämpfte.  Er  führte  bezeichnenderweise  den  Giganten- 
namen Brlareus,  war  also  gewiß  von  riesiger  Kraft  und  Größe.  Nach  seinem 
Tode  entdeckte  man,  wie  die  Legende  sagt,  daß  sein  Herz  dicht  mit  Haaren  be- 
wachsen war  (Phot.  p.  148  a  26)  wie  die  Brust  des  Herakles.  Jener  Ptolemaeus 
war  wohl  einer  der  ägj^ptischen  Könige;  im  alten  Ägypten  gab  es  keine  Bullen- 
beißer: erst  um  Christi  (ielourt  findet  man  sie  auch  im  Nillande.  Die  Geschichte 
von  dem  Hunde,    der  bei  einer  Musterung    des  Heeres   von  Pyrrhos  in  Epirus*') 

^')  Physiogn.  I  proleg.   p.  CLXIII.  *^)  Plinius  u.  b.  VIII  142.  Plutarch  de  soll.  an.  p.  96g   C.  D. 

33* 


204 


l'ig.  65     Assyrische  Doggen  AVildpferde  jagend  (Brit.  Mus.). 


die  Mörder  seines  erschlagenen  Herrn  dem  Könige  anzeigte,  indem  er  unter 
wütendem  Gebell  auf  die  schuldigen  Soldaten  losstürzte,  betrifft  ohne  Frage 
einen  Molosser. 

Nach  allgemeiner  Ansicht  stammt  die  antike  edle  Dogge  von  den  Doggen 
des  Zweistromlandes,  wo  uns  unter  den  Trümmern  der  assyrisch-babylonischen 
-Städte  prächtige  Bullenbeißer  mit  und  ohne  jMähne  als  Steinreliefs,  Tonmodelle 
usw.  begegnen.  Meist  sind  sie  mähn(>nlns,  immer  kurzhaarig;  der  .Schwanz  ist  nicht 
buschig,  sondern  drehrund  und  relativ  dünn  gezeichnet  (Conrad  Keller  a.  a.  O. 
S.  73).  So  auf  den  Reliefs  aus  Kujundschik  (Fig.  65  und  66)  vom  Palaste 
Assurbanipals  (668  v.  Chr.).  Die  Kurzhaarigkeit  unterscheidet  diese  Zweistrom- 
landdoggen in  auffälliger  Weise  von  dem  langhaarigen  Tibethund  und  Tibet- 
wolf,'")  welche  nach  den  modernen  Kynologen  die  Stammväter  dieser  mesopo- 
tamischen  Hunde  waren.  Man  nimmt  nun  an,  daß  die  ursprünglich  zottig  be- 
haarten Hunde  in  dem  warmen 
Mesopotamien  ziemlicli  rasch  die 
langen  Haare  verloren,  wie  dies 
lieute  noch  in  den  heißen  Ebenen 
Indiens  mit  den  aus  dem  Hima- 
lajagebiote  eingt-führten  Dciggen 
geschieht.'''')  Daß  die  Hängeohren 
der  mesopotamischen  Dogge  kein 
entscheidendes  Hindernis  tur  die 
Verwandtschaft   derselben    mit   dem 


1-1-.  CO 
Assyrische  Doggen  zur  Jagd  geführt  (Bril.  Mus.). 


*')  Der  Tibetwolf,  Canis  niger,   abgebildet 
bei  C.  Keller  a.  a.  O.  S.  75. 
=•";  C.  Keller  a.  a.  O.  .S.  73. 


Hunderassen  im  Altertum  265 

Tibetwolfe  einerseits  und  mit  dem  Molosser  anderseits  sind,  ist  sicher;  auch 
die  Ägypter  hatten  ausnahmsweise  Jagdwindhunde  mit  Hängeohren. 

Es  ist  die  gemeinsame  Ansicht  aller  ernsthaften  Kynologen,  gleichviel  wie 
sie  sich  den  Molosser  vorstellen,  daf3  diese  asiatischen  Hunde  bei  der  Erzeugung 
der  berühmten  molossischen  Rasse  den  Löwenanteil  hatten,  und  Kenner  der 
hellenischen  Culturgeschichte  werden  dagegen  nichts  einzuwenden  haben.  Wissen 
wir  doch,  daß  die  Alten  eine  Menge  asiatischer  Hunderassen,  gewiß  lauter  oder 
fast  lauter  doggenartige,  kannten,  und  daß  etliche  davon  zu  den  trefflichsten  Hunden 
gerechnet  wurden,  wie  ja  gleich  der  Hauptschriftsteller  über  die  antike  Jagd, 
Xenophon,  bei  der  einzigen  Aufzählung,  gelegentlich  der  Eberjagd,  vor  allen 
anderen  Hunden  —  den  kretischen,  lokrischen,  lakonischen  —  die  indischen  nennt, 
cyn.  lo,  I,  während  er  cyn.  9,  i  für  die  Hirsch-  und  Rehjagd  sogar  einzig  und 
allein  die  indischen  Hunde  empfiehlt.  Auch  hören  wir  von  der  Einführung  von 
Rassehunden  aus  weiter  Ferne  durch  Polykrates  auf  Samos  aus  Lakonien,  dann 
vom  Schenken  einheimischer  Doggen  seitens  albanischer  und  indischer  Könige 
an  Alexander  den  Großen,  gerade  wie  den  ägyptischen  Königen  unter  anderem 
edle  Jagdhunde  auf  den  Grabwandreliefs  entgegengebracht  werden;  daß  noch 
Kaiser  Valentinian  lakonische  Jagdhunde  an  seinem  Hofe  züchten  und  dressieren 
ließ,  haben  wir  oben  gefunden. 

Die  Tibetdoggen  werden  unter  dem  Namen  von  serischen,  d.  h.  chinesischen 
Hunden  erwähnt  und  galten  für  äußerst  wild:  genus  intractabilis  irae  sagt  der 
Jagddichter  Grattius.  Aus  China  stammten  sie  keineswegs,  sondern  umgekehrt  lesen 
wir  in  chinesischen  Chroniken,  daß  im  Jalire  1121  v.  Chr.  ein  Tibethund  auf 
Menschenjagd  dressiert  dem  dortigen  Kaiser  als  Geschenk  g-ebracht  worden  sei. 
Marco  Polo  erzählt  von  Tibetdoggen,  die  an  Größe  dem  Esel  gleichkamen  und  zur 
Jag'd  auf  den  gewaltigen  Bergstier,  den  Yak,  verwendet  wurdt-n.  Auch  die  Assyrer 
kannten  den  Tibethund  und  sprachen  von  ihm  als  dem  „Hund  des  Hochlandes" 
(altasjyrisches  Syllabar).-''')  Vielleicht  haben  sie  zuerst  ihn  gezähmt  und  als  regel- 
rechten Jagdhund  für  großes  und  gefährliches  Wild  gebraucht. 

Die  indische  Dogge,  die  man  allgemein  mit  der  tibetanischen  für  identisch 
hält,  stand  in  der  höchsten  Wertschätzung.  Im  Rämäyana  II,  70,  21  ff.  schenkt  der 
Großvater  Agvapati  (d.  h.  Pferdebesitzer)  dem  Bruder  des  Räma,  Bharata,  schnelle 
Esel  und  Hunde,  „im  Palast  großgezogene,  mit  der  Stärke  des  Tigers  begabte, 
mit  den  Zähnen  kämpfende,  von  gewaltigem  Köri^er".  Man  erzählte,  daß  sie  aus 
einer  Vermengung  von  Tiger  und  Hündin  entstehen;    die  Hündin   werde  in  den 

■*')   O.  Albrecht,    Alteste  Gesch.   des  Hundes  29. 


DsohuMg"i-ln  imyobiimlen,  ilaiiiit  iler  Tiger  .sich  luil  ihr  paare;  iVi'ilich  wenn  der 
Tiger  nicht  brünstig'  sei,  habe  er  häufig'  die  armen  lluiulc  zerrissen  und  aufg'e- 
zehrt.  Beim  Alexanderzug'e  erlang-ten  die  Hunde  der  indisclien  Ivönigfc  Sopeithes 
und  Porös  große  Berühmtheit.  Diiidur  X\'I1  qj  erzählt  \(>n  ch-ni  ersteren  eine 
nicht  unmögliche  Ge.schichte,  wonach  sie  bei  Löwenhatzen  auiSerordenthchen  Mut 
und  Todesverachtung  an  den  Tag  legten.  In  Persien  waren  diese  indischen  Doggen 
so  beliebt,  daß  nach  Herodot  (I  192)  der  Satrap  von  Babyh)n  die  liinkünfte  von 
vier  großen  Dörfern  der  fruchtbaren  mesopotaniischen  Ebene  bloß  auf  den  Unter- 
halt der  indischen  Meute  des  Großkönigs  verwendete.  Nach  Xenophon  waren  sie 
groß,  stark  und  schnell,  kamen  nicht  außi'r  Atem  und  gaben  \'orzügliche  Sau- 
rüden (cyneg.  g,   i;    10,   1). 

Die  öfters  hervorgehobenen  hvrkanischen  liunde  aus  1 1  vrkanicm,  d.  i.  dem 
„Wolfslande",  am  Kaspischen  Meer,  waren  wohl  gleicher  Art  wie  die  von  .\li)a- 
nien  und  Iberien,  zwei  ebenfalls  kaspischen  Ländern.  Die  iberischen  erwähnt 
Nemesian  (cyn.  228)  unter  den  trefflichsten  Jagdlumden;  iler  albanischen  g'cdenkt 
Plinius  (n.  h.  VIII  149  f.)  als  ungewöhnlich  groß,  tapfer  und  brauchbar  gegen 
Löw^n  und  Elephanten;  .Solinus  nennt  .sie  die  richtigen  Hunde  für  Löwen  und  Tiger. 

Wegen  ihres  allzu  grimmigen  Wesens  waren  aber  diese  hyrkanisch-tibelani- 
schen  Doggen  mehr  gefürchtet  als  beliebt.  Man  sagte,  die  Hyrkaner  seien  aus 
der  Paarung  von  Löwen  und  Hunden  hervorgegangen,  daher  hießen  sie  löwen- 
gemischte, /,£0ViO|j,'.-('cf;.'''-)  Vielleicht  glichen  sie  jenen  Bullenbeißern  a.ssyrischer 
Denkmälei-,  die  mit  ihrer  Halsmähne  und  sonst  bei  oberflächlicher  Betrachtung 
den  Löwen  zum  Verwechseln  ähnlich  sehen. 


B.  Echte  Molosser  zweiter  Classe  (epirotische  Jagdhunde). 

Über  die  zweite  geringere  Classe  echter  Molosser  i.st  wenig  zu  sagen.  Wir 
erblicken  sie  auf  den  drei  Münzbildern  un.serer  Tafel  n.  2,  5,  6.  Namentlich  auf 
dem  wenig  gelungenen  .Stück  n.  5,  Silbermünze  aus  Argos  Amphilochikon  vom 
vierten  Jahrhundert,  ergibt  sich,  daß  diese  Hunde  etwas  zugesjjitzte  Ko])ffr)rm 
hatten,  aus  n.  2  und  6,  einer  Silbermünze  der  Molos.soi  vom  vierten  Jahrhundert, 
und  einer  Bronzemünze  von  Argos  Amphilochikfm  gleichfalls  aus  dem  vierten  Jahr- 
hundert, daß  es  eine  sehr  starke  glatthaarige,  glatt.schwänzige,  etwas  bemähnte 
Rasse  war  mit  kleinen  .stehcndi-n  Ohren.  Der  Hund  von  n.  5  zeigt  auffallciide 
Ähnlichkeit    mit    dem    thrakischen    Hunde    von  Madytos    n.  7    aus    dem     vierten 

'"^j  Nicht  '/£n-/-v,i=.'i'.i,  löwcngroße,  wie  ü.  Albrecht,  Älteste  Gesch.  des  Hundes  20  und  andere  .schreiben. 


Huii'ierasscn   im   Altorlu 


267 


Jahrhundert.  j\[an  wird  nicht  fehlgehen,  wenn  man  Verwandtschaft  dieser  Balkan- 
hunde annimmt.  Diese  grof3en,  schönen,  schlanken,  starken  Windhunde  mit  mittel- 
gToßen  stehenden  Ohren,  wie  sie  die  Münze  vr)n  Madytos  zeigt,  dürft(!n  zur  Jagd 
und  vielleicht  auch  zum  Krieg-e  recht  brauchbar  gewesen  sein.  Thrakische  Hunde 
erwähnt  Babrios  (fab.  85);  die  päonischen  Herodots  (V  1).  die  zur  Schlacht  mit- 
genommen wurden,  mögen  zur  gleichen  Rasse  gehört  haben.  June  Halsmähne 
i.st  weder  an  n.  7  noch  an  n.  5  wahrzunehmen.  Besondere  Schönhi-it  kann  man 
gewiß  weder  n.  5  noch  11.  6  nachrühmen;  bei  n.  2  ist  leider  der  Kopf  so  ver- 
stümmelt, daß  man  sich  kein  zuverlässiges  vollständiges  Bild  machen  kann. 

Als  Resultat  bleibt  somit  stehen,  daß  wir  in  dieser  zweiten  Classe  von 
echten  Molosserhunden  keine  Bullenbeißer,  sondern  Verwandte  des  großen  thra- 
kischen  Windhundes  vor  uns  haben ;  und 
niemand  wird  es  einfallen,  gerade  diesen 
Hund  für  den  vornehmsten  und  schön- 
sten und  größten  des  Altertums  zu  er- 
klären, während  wohl  die  in  n.  1,3  und 
4  gezeichneten  schöngewachsenen  breit- 
köpfigen  Doggen  ein  solches  Urteil  her- 
vorrufen mochten,  wenn  man  sie  mit 
den  kleinen  lakonischen  Fuchshunden, 
den  mageren  kreti.schen  Windspielen, 
den  oft  winzig-en  melitäischen  Schoß- 
hündchen verglich. 

C.  Pseudomolosser 

(sicilisch-attische  Dogge). 

Außer  den  echten  Molossern  muß 
noch  in  Kürze  der  unechten  gedacht 
werden,  d.  h.  derjenigen  Doggen,  deren 
Abstammung  aus  Molossien  bis  jetzt 
allgemein  angenommen  wird,  ohne  daß  diese  Annahme  auf  irgendwelcher 
sicheren  Basis  begründet  wäre.  Ich  meine  hauptsächlich  die  schon  oben  S.  260 
gestreiften  prachtvollen  sitzenden  sogenannten  Molosser  (überlebensgroße  Statuen) 
in  Rom,  Florenz   (Fig.  67)  und  England. 

Gleiche  Rasse  mit  diesen  vielbewunderten  Wächterhunden  zeigt  der  liegende, 
als  Grabwächter  gedachte  Hund   aus  hymettischem  Marmor  von  einem  Grabmal 


Fig.   67      Dogge  in    den    Ullizien   zi\   Flo: 


268  O.   Koller 

in  Athen  aus  dein  vierten  Jahiluindcrt,  ahg-obildet  bei  Collii^non,  Si"ul])t.  (ir.  1  383. 
Auch  er  ist  eine  schöne,  kurzohrigfe.  breitniaulig'e,  scdu"  nuiskidilso  Dogfge  mit 
Halsmäline.  v<nn  gleichen  l'vpus  wie  die  sitzenden  l)ogg-en  vom  \^itican  und 
den  Uffizien. 

Eine  g-ravierte  Copie  des  offenbar  sehr  berühmten  und  beliebten  hockenden 
Pseudomolossers  ist  in  unsere  Tier-  und  Pflanzenbildcrn,  Gcmmentafel  XV  31, 
wiedergegeben. 

Das  Modell  dieser  Darstellungfen  muß  ein  ganz  vorzüglicher  Hund  gewesen 
sein,  den  man  wohl  als  eine  durch  Schönheit,  Kraft  und  Größe  und  g'ewiß  auch 
andere  Eigenschatten  liervorragende  Dogge  wird  ansehen  dürfen.  Dafür  aber, 
daß  es  ein  echter  Molosser  war,  liegt  kein  Schatten  eines  Beweises  vor;  denn 
die  zottige  Mähne,  der  buschige  Schwanz,  das  nicht  buUbeißerartige  Gesicht  harmo- 
nieren absolut  nicht  mit  dem  Bilde,  das  wir  von  dem  wirklichen  Molosser  erster 
Classe  bekommen  haben.  Wenn  wir  aber  unsere  Münztafel  betrachten,  so  gibt 
uns  n.  14  einen  Schlüssel  zur  Lösung  des  Rätsels.  Es  i.st  eine  Bronzemünze  der 
Mamertiner  zu  Messana  vom  dritten  Jahrhundert  v.  Chr.  Der  T3'pus  dieses  derb- 
kräftigen breitmäuligen,  kurzohrigen  Hundes  mit  zottigem  Hals  und  buschiger 
Rute  weicht  völlig  ab  von  den  anderen  schönen  sicilischen  Jagdwiiidhunden 
n.  13  Segesta  und  n.  1 1  Panormos,  um  so  besser  stimmt  er  mit  den  Pseudo- 
molossern  des  Vatican  und  der  Uffizien.  Früher  hat  man  die  Münze  dem  Ort 
Adranon  zugeschrieben  und  in  dem  Hund  das  heilige  Tier  des  sicilischen  Gottes 
Adranos  gefunden.  Ich  vermute,  daß  man  mit  letzterer  Idee  das  Richtige  getroffen 
hat.  Nach  Aelian  (aus  Xymphodoros)  nat.  an.  XI  2o''-')  übertrafen  die  tausend 
prächtigen  Hunde,  welche  das  berühmte  Heiligtum  des  Gottes  behüteten,  selbst 
die  Molosser  an  Größe  und  Schönheit.  Bei  Tage,  wenn  gute  Menschen,  gleichviel 
ob  Fremde  oder  Eingeborene,  sich  dem  Tempel  und  Haine  näherten,  begrüßten 
die  mächtigen  Tiere  sie  mit  Schwänzeln  und  Springen.  Wer  aber  mit  blutbefleckten 
Händen  kam,  der  wurde  angefallen  und  in  Stücke  gerissen,  während  Leute  un- 
lauteren Lebens  zwar  nicht  zerrissen,  aber  vom  Heiligtum  verjagt  wurden.  Bei 
Nacht  zerfleischten  sie  als  treue  Tempelvvächter  jeden,  der  den  Versuch  machte, 
zu  stehlen.  Dagegen  geleiteten  sie  als  gefällige  Führer  die,  welche  vom  richtigen 
Wege  ab  sich  verirrt  hatten.  Auch  verschmähten  sie  nicht,  harmlosen  Be- 
trunkenen denselben  Dienst  zu  lei.sten,  jedoch  pflegten  sie  vorher  gegen  solche 
Leute    anzuspringen    und    ihnen    die  Kleider    zu    zerreißen,     damit    sie    durch   den 

")  Ganz  Gleichartiges  erzählt  Aelian  n.  a.   XI  3        Hepliaislos  zu  Aitne    in   Sicilicn 
von  den  heiligen  Hunden    am  Ätna  im   Tempel   des 


Hunderassen   im  Altertum  26c) 

Schrecken  zur  Besinnung-  kämen  und  zugleich  einen  wohlgemeinten  Denkzettel 
erhielten. 

Die  Schilderung  erinnert  stark  an  die  modernen  Hunde  von  S.  Bernhard, 
und  es  ist  das  wahrscheinlichste,  daß  sich  ihre  tatsächliche  Kunst  eben  auf  gleich- 
artige barmherzige  Hilfeleistung-  einerseits  und  daneben  auf  kräftige  Abwehr 
aller  verdächtigen  Elemente  anderseits  beschränkt  hat.  Was  darüber  hinaus  erzählt 
wurde,  ist  legendarisch. 

Wo  die.se  Dogge  herstammt,  kann  nicht  gesagt  werden,  vielleicht  aus  athe- 
nischer Zucht  —  es  gab  „Hannodier"  wie  es  kastorische  und  menelaische  Hunde 
gab.  Die  vielfachen  Berührungen  der  Athener  und  Perser  zur  Zeit  der  Perser- 
kriege und  die  große  Hundeliebhaberei  der  vornehmen  Athener  (Glaukon,  Al- 
kibiades  u.  a.)  macht  es  sehr  glaublich,  daß  dort  im  vierten  und  fünften  Jahr- 
hundert persische  Doggen  eingeführt  und  zur  Veredlungszucht  benutzt  wurden. 
Xach  dem  Tyrannenmörder,  der  ja  sehr  volkstümlich  war,  können  sie  Harmodier 
genannt  worden  sein.  Cougny  (a.  a.  O.  S.  884 1  erklärt  den  Mamertiner  Hund  für 
einen  Kreter.  Mir  aber  scheint  es,  daß  wir  mit  mehr  Recht  jene  Pseudomolosser- 
statuen  und  den  Mamertinerhund  als  Doggen,  die  Kreter  aber  als  Windhunde 
ansehen;  eine  Hauptstätte  der  Zucht  für  jene  Doggen  bildeten  die  Heiligtümer 
des  Adranos  in  Sicilien. 

Prag.  O.  KELLER 


Athlet  oder  Apollon? 

Es  ist  nicht  Befangenheit  im  Herg-ebrachten,  was  mich  zu  einigen  Be- 
merkungen geg'en  Hausers  oben  S.  42  ff.  abgedruckte  Darlegungen  über  den 
polykletischen  und  in  zweiter  Linie  auch  den  pheidiasischen  Diadumenos  ver- 
anlaßt. Im  Gegenteil:  Hausers  Auffassimg,  wonach  die  beiden  von  mir  stets 
besonders  hochgehaltenen  Schöpfungen  aus  der  menschlichen  in  die  göttliche 
Sphäre  zu  erheben  wären,  führte,  nach  einem  nur  vorübergehenden  Befremden, 
in  mir  durch  einige  Zeit  einen  recht  ernsthaften  Kampf  gegen  eine  langgehegte 
andere,  welche  diesen  Werken  eine  bedeutungsvolle  Stelle  in  der  Entwicklung 
der  Athletendarstellung  zuweist.  Und  ich  darf  sagen,  daß  dieser  letztere  Umstand 
mir  fast  einen  stärkeren  Anstoß  zur  Nachprüfung  bot  als  die  \'erteidigung  einer 
Zusammenstellung,')    die,    als    Pflichterfüllung    gegenüber    einem    neugewonnenen 

•)  Wiener   Studien    XXIV   1902  (Bormannheft)  S.  lG6ff. 
J.ihreshefte  des  osterr.  archiinl.   Institutes   B.r  VUI.  3^. 


Erkenntnismittel,  schlielJlicli  iiiclit  über  ihre  \'orauRsetzunrr  hinaus  (icltunr*-  be- 
anspruchte. 

Ausg'anyfspunkt  für  Hausers  Erörterungen  sind  die  Attriliute  am  Baumstamm 
der  delischen  Diadumenosreplik.  Docli  stützt  er  sich  nicht  auf  diese  allein. 
Wesentlich  mitbestimnuMid  für  seine  Ansicht  sintl  vii^lmehr:  erstens  die  Erwägung-, 
daß  ^gerade  für  die  Zeit,  in  welcher  Polyklet  seinen  Diadumenos  schuf,  und 
gerade  für  die  künstlerische  Richtung-  Polyklets  ein  Apollon  mit  kurzen  Haaren 
durchaus  angemessen"  ist,  und  zweitens  der  Hinblick  auf  eine  andere,  nach 
Hau.ser  mindestens  im  Motiv   identische  Apollonstatue. 

Ich  meine  nun  zunächst,  daß  die  angegebene  Begrenzung-  des  kurzhaarigen 
(richtiger  wäre  vielleicht:  nicht  langhaarigen)  ApoUonideals  eine  zu  enge  ist  Es 
reicht  vielmehr  wie  nach  unten,  so  auch  nach  oben  beträchtlich  über  die  Ent- 
stehungszeit des  Diadumenos,  das  ist  auch  nach  Hauser  (S.  47;  49)  etwa  425  v.  Chr., 
hinaus.  Schon  Wernicke'-)  hat  einiges  angeführt,  was  der  ersten  Hälfte  des 
fünften  Jahrhunderts  angehört;  mir  liegt  es  nahe,  dazu  auf  das  Vasenbild  des 
Museo  Gregoriano  mit  Apollons  Meerfahrt ^)  zu  verweisen,  das  Reisch,  doch  wohl 
richtig,  um  480  ansetzt.  Man  wird  den  Sachverhalt  wohl  so  ansehen  dürfen,  daß, 
wie  vom  Anbeginn  an  das  Apollonideal  mit  dem  des  Athleten  zusammenfiel,  es 
auch  eine  Zeitlang  an  der  kurzhaarigen  Bildung  des  letzteren  Anteil  nahm,  bis 
dann  vom  vierten  Jahrhundert  weiter  der  langhaarige  Apollontypus  tdleinige 
Geltung  erhielt.  Aus  dem  Auftreten  typengeschichtlicher  Neuheiten  auf  Münzen 
Schlüs.se  für  die  allgemeine  Kunstchronologie  zu  ziehen,  bleibt  bedenklich  und 
die  von  Hauser')  citierte  makedonische  Serie,  bei  der  der  kurzhaarige  Apollon 
erst  von  392  zu  beobachten  ist,  schränkt  den  Reweiswert  der  anderen  Serien 
ein,  welche  den  Übergang  des  archaischen  Typus  in  den  kurzhaarigen  in  der 
zweiten  Hälfte  des  fünften  Jahrhunderts  vornehmen.  Den  kolophonischen  Typus'') 
dürfte  übrigens  auch  Furtwängler  heute  nicht  unter  die  erste  Hälfte  des  fünften 
Jahrhunderts  herabsetzen.  Es  leuchtet  ein,  daß,  je  weiter  die  Grenzen  der  Herr- 
schaft des  kurzhaarigen  Typus  zu  ziehen  sind,  um  so  mehr  die  speciell  polykleti.sche 
Anknüpfung  sich  lockert.  Wir  können  nur  höchstens  folgern,  daß,  falls  Polyklet 
einen  Apollon  schuf,  wir  ihn  uns  kurzhaarig  vorstellen  dürfen. 

Die  tatsächliche  Existenz  eines  polykletischen  Apcilhm  zu  erweisen  sind 
aber    die    von    Hauser,    gewiß    nicht    in    so    weitgehender    Absicht,    beigebrachten 

^)  Bei  P.-iuly-Wissowa  II   I  Sp.  tjj.  *)  S.  43,   Anm.  2. 

';  Monum.    d.    Ist.    I    Taf.   XLVI:    Kcisch    bei  ')  P.  Gardner,    Types  IV   35:    v<;l.   Fiirtw;in;;ler 

Hclbig,  ]-ührer'  Xr.   I22y.  bei  Röscher,   Lex.  I   I   Sp.  45g. 


Atlilct  oder  Ap.illon?  27  I 

Apollonköpfe  auf  den  Münzen  des  chalkidischen  Bundes  und  der  epikncniidi- 
schen  Lokrer'')  eine  zu  scliwache  Grundlage.  Selbst  den  polykletischen  Charakter 
dieser  Köpfe  zugegeben,  für  den  mindestens  die  Löckchen  und  bei  den  ersteren 
doch  auch  die  Schädelform  mir  so  nicht  specifisch  scheinen,  vermöchte  ich  mir 
eine  Vorstellung  nicht  anzueignen,  welche  für  die  auf  Münzen  erscheinenden 
Kopftypen  jedesmalig-e  Abhängigkeit  von  statuarischen  Vorbildern  postulierte. 
Eben  die  Fig.  12  g-egebene  Nebeneinanderstellung  der  zwei  meines  Erachtens 
nur  durch  das  verschiedene  Formempfinden  der  Verfertiger  abweichenden  Stempel 
von  Chalkidike  kann  das  Mißliche  einer  solchen  Annahme,  das  durch  den  ört- 
lichen und  zeitlichen  Abstand  des  vorausgesetzten  Orig-in;ds  sich  steig'ert,  beleuchten. 

Aller  auch  daß  der  Apoll  beim  Arestempel  in  Athen  nicht  bloß  in  der  An- 
legung der  Tänie,  sondern  auch  in  dem  Mangel  positiver  apollinischer  Abzeichen 
unserem  Diadumenos  geglichen  haben  müsse,  läßt  sich  aus  seiner  einzigen  Er- 
wähnung, Paus.  I  8,  4,  nicht  erschließen.  Hauser  selbst  berüln-f  die  Möglichkeit 
eines  umgehäng-ten  Köchers  und  mit  diesem  mochte  der  von  der  Hand  nicht 
gehaltene  Bogen  verbunden  sein.  Und  wenn  dies  als  unwahrscheinlich  gilt: 
konnte  der  Gott  nicht  durch  ein  neben  ihm  befindliches  Attribut,  wie  Dreifuß 
und  Schlange,  Greif  oder  dergleichen,  oder  auch  nur  durch  die  von  Hauser  so 
drastisch  geschilderte  weibliche  Bildung  —  wir  wissen  ja  von  der  l^ntstehungs- 
zeit  des  Werkes  gar  nichts  —  g-ekennzeichnet  sein? 

Es  bleiben  der  an  der  Stütze  des  delischen  Exemplares  angebrachte  Bogen 
und  Köcher,  und  wie  bereit  auch  ich  von  vornherein  bin,  in  solchen  von  den 
Copisten  beig-efügten  (jegenständen  Zeugnisse  ihrer  Interpretation  und  damit 
wertvolle  Beiträge  zur  Deutung  der  Originale  zu  erblicken,  mag  die  Tatsache 
belegen,  daß  ich  vor  vielen  Jahren  schon  eine  damals  leider  nicht  durchgeführte 
Bearbeitung  des  Materieds  auf  diesen  Gesichtspunkt,  die  allerdings  auch  das 
Zutreffen  der  Voraussetzung  selbst  zu  umgrenzen  gehabt  hätte,  empfahl. 
Nehmen  wir  sie  aber  für  einen  Augenblick  bei  unserem  Exemplar  als  gesichert, 
dieses  darnach  im  Sinne  seines  Verfertigers  als  ApoUon  an,  so  stehen  doch 
diesem  einzelnen  eine  Anzahl  anderer  g-egenüber,  deren  Interpretation  als  Athleten 
nicht  minder  gesichert  ist.")  Gegen  den  Palmstamm  freilich,  den  drei  Repliken 
zur  Seite  haben, ^)  wendet  Hauser  ein,   daß  derselbe  für  Apollou  ebensog'ut  passe 

"j  Der   zu    diesen  Münzen    von  Hauser   a.  a.   O.  raente  ein.  Daß  ich  überhaupt  den  Gegensatz  zwischen 
gegebene  Hinweis  auf  den  Diadumenos  schließt,  wie  polykletischem  und  attischem  Schädel  niclit  ganz  er- 
leb   mit    Furtwängler,     Meisterw.    443     glaube     (da-  fasse,  sei  hier  nur  nebenbei  eingestanden, 
gegen    freilich  Couve,    Mon.  Piot   III    149  iT.,    Paris  ')  Hauser  S.   46. 
ebenda     IV    70),     das    Zugeständnis     attischer   Ele-                ^)    Das    sind    außer   der  Torloniaschen    (Hauser 

34* 


wie  tür  i-iiU'ii  .Vthlclcn.  !•>  konmU  alicr  iiirhl  sowohl  auf  die  Möylirhki-it  a  priori. 
als  auf  den  tatsächlichen  lielirauch  an.  und  dieser  ergibt  /.um  mindesten  das  X'or- 
wiegfen  der  Verwendung-  des  Palmstammes  oder  eines  an  den  Tronk  angelegten 
Palmzweiges  bei  Statuen  von  Athleten  oder  sonst  in  Verbindung;  mit  der  Idee 
des  Sieges,  wogegen  er  sich  umgcki'lu't  neben  Apollonfiguren  gar  nicht  belegen 
zu  lassen  scheint.'')  Man  kann  auch  fragen,  ob  der  Zeit  der  C'opisten  die  aiiolli- 
nische  Beziehung  der  Pahne  noch  geläufig  und  nicht  vielmehr  liurcli  die  übliche 
Bedeutung  als  Siegesemblem  verdrängt  gewesen  sei. '")  Dazu  kommen  übrigens 
bei  der  Torloniaschen  Replik  die  Sprunggewichte,  die  gleicli  dem  Palmstamm 
als  in  der  Hauptsache  antik  unil  zur  Statue  gehörig  Hauser  und  ich  bei  gemein- 
samer Besichtigung  erhärten  konnten.")  PIs  stellt  sich  also  eine  Verbreitung-,  um 
nicht  zu  sagen  Allgemeinheit  der  Auffassung  als  Sieger  heraus,  der  gegenüber, 
das  Bedeutungsvolle  der  Tronkmotive  immer  vorausg-esetzt,  sich  die  Frage  gerade 
im  umgekehrten  Sinne  erhebt:  ob  nicht  das  vereinzelte  delische  Exemplar  eine 
Umdeutung  vergegenwärtige.  Umwandlung-en  von  Athletenstatuen  zu  Göttern 
sind  ja  nicht  ganz  unerhört, '-)  und  welch  weitgehende  Anpassungen  sich  gerade 
die  polj'kletischen  Typen  in  römischer  Zeit  gefallen  lassen  mui3ten,  lehrt  jedes 
größere  Museum. 

Aber  ich  muß  auch  auf  das  durchaus  Bedingte  der  Voraussetzung  zurück- 
kommen. Wir  beobachten  es  ja  hundertfach  in  der  griechischen  Kunst,  und  nicht 
bloli  da,  wie  ursprünglich  Sinn-  und  Beziehungsvolles  durch  Routine  zur  gleich- 
gültigen Formel  wird,  und  wenn  wir  die  für  das  Beiwerk  der  Baumstämme  ver- 
wendeten Elemente  überblicken,  so  heben  sich  von  einer  gewissen  Mannigfaltig- 
keit seltenerer  eine  Anzahl  ziemlich  häufig  wiederholter  ab,  zu  denen  Köcher 
und  Bogen  gehören.  Kann  es  verwundern,  wenn  bei  diesen  auch  gelegentlich 
gedankenlose  Anwendung  unterlief  und  wenn  dies  mit  den  apollinischen  Attri- 
buten gerade  bei  einer  für,  vielleicht  auf  Delos  gearbeiteten  Statue  geschah? 
Mir  scheint  diese  Annahme  die  einfachste  und  ansprechendste. 

S.  45)    die    des   Palazzo   Valentini    (Matz-Duhn    II06,  ")    Vyl-    auch    Uenndorf,     Rom.   .Mitteil.  I    1886 

Petersen,    Ball.    Comun.    XVIII    1890    p.    190)    und  S.    118. 

des    stadtrömischen    Antiquariums   (Petersen    ebenda  '-)  Ich  hatte  die  Tatsache,  aber  Ueinen  sicheren 

Taf.   XI.  XII  S.  187  f.  .  Beleg    (der    Neapler    Doryphoros     kann    nach    Mau, 

'(  Ein    Hörer,    Herr   Dr.    ü.    Colasanti,    machte  Strcna     Helbigiana      184    ff.     nicht    mehr    angeführt 

auf   meinen    Vorschlag    die    Frage    zum    Gegenstand  werden)    in  Erinnerung.     Arndt    frischte   die   an  die 

einer   sententia    controversa.    Seine   Nachforschungen  Fußflügel    des    Dresdener   Salbers    (vgl.   auch    Arch. 

hatten  das  oben  angedeutete  Ergebnis.  Anz.  1899  S.  22  n.  105)  und  den  HerinesDiskobolos 

'")  Ebenso    urteilt  P.  Arndt,    mit    dem    ich  die  auf  Münzen   von  Amastris  (Habich,  Jahrb.  d.  dtsch. 

Frage  kurz  besprach.  Inst.  XIII   1898  S.  58)  auf. 


Athlet   oder   ApoUon?  273 

Und  das  führt  auf  die  Frage  nach  der  Zeit  und  Verwenchuit;'  der  delischen 
Copie.  Couve'-')  nahm  als  lüitstehung-szeit  das  zweite,  spätestens  den  Beginn  des 
ersten  vorchristlichen  Jahrhunderts  an,  und  das  wäre  für  die  Copie  an  sich,'*) 
und  nach  anderen  Studien  auch  für  die  Zusätze,  allerdings  recht  früh.  Aber  der 
eingehendere  Bericht  über  die  Ausgrabung-*'')  zeigt,  wie  diese  Datierung  sich 
eigentlich  auf  den  übrigen  Complex  von  Gebäuden  bezieht,"')  neben  denen  das 
den  Diaduinenos  beherbergende  eine  Sonderstellung  einnahm.")  Die  für  dieses 
sich  erg'ebenden,  vielleicht  mehrmaligen  Herrichtungen  und  Ausbesserungen  '**) 
nötigen  jedenfalls,  die  Dauer  seiner  Benutzung  auf  einen  beträchtlichen  Zeitraum 
auszudehnen.  War  das  Ganze  nun,  wie  Couve  annehmen  möchte,  eine  Bildhauer- 
werkstatt,''■')  dann  wäre  die  .Statue  als  auf  Delos  selbst  gearbeitet  erwiesen  und 
die  obige  Annahme  stereotyper  Gedankenlosigkeit  erhielte  einen  Vorschub.  Auch 
wäre  die  Figur,  falls  man  sie  nicht  als  ehrwürdigen  Ladenhüter  ansehen  wollte, 
in  die  Spätzeit  der  Benutzung  des  Gebäudes,^")  also  in  die  Kaiserzeit,  zu  setzen. 
Nach  der  Gestalt  des  Baues  und  einzelneu  Funden-')  ist  es  aber  auch  nicht  ab- 
zuweisen, daß  er  als  Gymnasion  diente  oder  doch  mit  dem  Gymnasion  in  Zu- 
sammenhang stand,  und  das  wäre  für  die  athletische  Bedeutung  auch  der  delischen 
Replik  gewiß   nicht  unwesentlich. 

Die  Bezeichnung  des  Werkes  in  unseren  Quellen  mit  dem  bloßen  Namen 
Diadumenos  bedarf  zu  ihrer  Begründung  nicht  des  Wandels  des  Apollon- 
ideales.''-) Man  könnte  auch  im  (Tegenteih'  behaupten,  daß  die  enge  Verbindung, 
in  welcher  der  diadumenus  bei  Plinius  mit  dem  doryphorus  erscheint,  beide  in 
die  gdeiche  .Sphäre  weist.  Und  mustern  wir  die  verwandten  griechischen  (und 
auch  lateinischen)  Benennungen  in  Plinius'  XXXIV.  Buche,  so  werden  wir  gewahr, 
wie  sie  weitaus  überwiegend  menschlichen,  namentlich  athletischen  Darstellungen 
zukommen. 

")   Mor.   Piot   III    152  f.;  vyl.   Hauser  ,S.  44.  hell.   XXIX    1905    p.    255    und   dazu   hoffenllich    bald 

'■')    Vgl.    Furtwängler,    Statuenkopien    I    (Aldi.  XXVI  p.  490. 

bayr.   Akad.   XX.  Bd.  III.   Abt.)   544.  -'-  Vgl.  die  Paidotribeninschrift  Bull.  d.  Corre.sp. 

'^)  Couve,  Bull,  de  Corr.  hell.  XIX  1895  p.  -l'io  IT.  hell,   XIX    1895    p.  5I0f.,    wo   Couve  selbst   die  Er- 

■"j  Ebenda  p.  461.  463.  klärung   als  Gymnasion    streift,    die    er   aber   .S.  513 

1')  Ebenda  p.  509  ff.   Taf.  IV;   vgl.   .S.  516.  aus    vielleicht    nicht   zwingenden    Gründen    (konnten 

")  Ebenda  p.  510.  516.  die   Wasseranlagen   nicht  später  sein?)  ablehnt.     Da- 

■■ä)  Ebenda  p.  515  f.  selbst    p.  481  f.    Fig.  12    eine    von    Couve.  a.    a.    O., 

-")  Daß  Delos  nach   dem  raithridatischen  Kriege  Mon.  Piot  III  138    als    Athlet    gedeutete   Statue   mit 

ganz  verödet  gewesen  sei,  wird  selbst  durch  die  von  römischem  Porträtkopf,  von  Hauser  .S.  42  als  Porträt 

v.  Schöffer  bei  Pauly-Wissowa  IV  .Sp.  2500  in  gegen-  als   Hermes  gefaßt.   Unter  den  Funden  auch  (p.  509) 

teiliger    Tendenz     mitgeteilten    Tatsachen     widerlegt.  eine  bärtige  Herme. 

Vgl.   jetzt    auch    Dürrbach-Jarde,    Bull,    de   Corresp.  --)  Hauser  S.  46  f 


2  74  !■:•  l-invy 

lüullich  lue  von  Häuser,  alliTiliiiiiS  mit  tMiiii^rni  \'(irhclia!t,  licrani^e/.ov^i-nc 
Parallele  des  pheidiassohen  Anaduiiu-nos,  di'sseii  XarhbildiuiL;"  irh  i^lcichraUs  iu 
der  farnesischen  Statue  erkenne.  Auch  hier  /.ii'ht  meines  l'.raehteus  lIaiis(M-.  mit 
Gurlitt,-')  den  Kreis  des  Möglidien  zu  eni^',  wenn  ei-  aus  der  lehlciuleii  Xcnnuni^- 
des  Dargestellten  bei  Pausanias  die  Unmöglichkeit  ableitet,  die  Statue  aul  einen 
Sieger  zu  beziehen.  Wir  besitzen  ja  in  Olympia  eine  Anzahl  von  Siegerbasen 
des  fünften  Jahrhunderts,  iHe  durch  spätere  Wiederluilung  das  \^erlöschen  aller 
oder  eines  Teiles  ihrer  ursprünglichen  Aufschriften  dartun.'-')  Diese  Erneuerungen 
alle  gleichzeitig  und  in  frührömischer  Zeit  vorgenommen  zu  deidviMi,  sehe  ich  in 
den  Schriftformen  keine  Nötigung.  Nehmen  wir  nun  an,  dalJ  bei  dem  pheiihas- 
schen  Anadumenos  ein  solches  Verschwinden  des  Namens  des  Dargestellten  vor- 
lag, ohne  daß,  zu  Pausanias'  Zeit  wenigsttnis,  die  Mrneuerung-  stattgefunden 
hätte,  so  erklärt  sich  der  Sachverhalt  vollkommen.  Der  Name  des  Künstlers 
konnte  dabei  leserlich  oder,  wenn  auch  erloschen,  tlurch  Tradition  erhalten  ge- 
blieben sein.-'')  Das  relativ  lange  Haar  bei  einem  Jüngling  ist  in  gleichzeitigi-n 
attischen  Werken  nicht  ohne  Analogien.-'') 

Aber  auch  wenn  wir  \on  der  Beziehung  dii-ser  beiden  .Statuen  auf  Athleten 
absehen  müßten  und  ihniMi  selbst  den  Petworthschi'ii  Ko]jf-')  anreihen  wollten, 
was  Hauser  ja  nicht  tut  und  was  auch  nicht  leicht  zu  begründen  wäre,  so  ist 
darum  das  Element  der  l'iinde  bei  agonistischen  Figuren  nicht  aus  der  Welt 
geschafft.  Und  zwar  führen  auch  die  erübrigenden  statuarischen  Beispiele^'') 
merkwürdig  genau  in  die  Zeit  der  obgenannten  Werke.-'')  Es  scheint  also  das 
Diadumenosniotiv    —    seinerseits    eine  Variation    des   .Sichkränzens,    wie   bei    dimi 


")   W.   Gurlilt,   Pausnni.is   jyn  f. 

-')  ^  yl-  Inschriften  vun  Olympia  n.  158  und  die 
daselbst  angeführten  anderen  l-'älle:  n.  147 — 148.  155. 
156.   162 — 163. 

")  Ein  dem  oben  vorausgesetzten  paralleler  Kall 
ist  Inschr.  v.  Olympia  n.  158,  wo  die  Inschrift  des 
Siegernamens  erneuert  ist,  die  ursprüngliche  also  ver- 
schwunden war.  Daneben  ist  die  ursprüngliche 
Künstlerinschrift  erhalten. 

"j  Vgl.  im  Parthenonfries  (von  Stuartschen 
Zeichnungen  abgesehen)  West  II  2  f Michaelis  Text 
S.  229),  Süd  XLII  125,  oder  das  Berliner  Thescus- 
fragment  (Heibig,   Führer^  II  zu  n.  870). 

")  Furtwänglcr,  Meisicrw.  Taf.  XVI  S.  332  ff. 
Maselbst  die  Repliken).    Zur  Chronologie  S.  337. 

^)  Es  sind  dies  (nach  Jüthner,  Jahresh.  I  1898 


S.  48)  die  Figur  am  vorderen  (Jucrriegel  des  Zeus- 
thrones, Paus.  V  II,  3,  und  die  .Statue  des  Wagen- 
siegers l'olyltles,  ib.  VI  I,  7,  welcher  die  Täniu  in 
der  Hand  hielt.  Für  des  letzleren  Sieg  hat  Robert, 
Hermes  XXXV  1900  S.  176  f.  eine  der  Olympiaden 
88  oder  89(428 — 424)  wahrscheinlich  gemacht;  vgl. 
Hyde,  De  Olympionicarum  statuis  4  <(„01. 89  (?)">. 
Die  von  Robert  noch  offen  gehaltene  Möglichkeit, 
daß  er  erst  nach  Ol.  90  falle,  wird  nach  dem  in  der 
folgenden  Anmerkung  Krw.ähnlcn  um  so  unwalir- 
scheinlicher,  je  mehr  man  sirli  von  diesem  Datum 
entfernen   würde. 

'■';  Fs  ist  beachtenswert,  dali  nach  Jüthner  a.  a.  O. 
in  den  Darstellungen  die  Tänie  schon  in  der  ersten 
Hälfte  des  vierten  Jahrhunderts  verscliwunden   ist. 


Atlilcl  oder  Apollon?  2^5 

Epheben  Westmacott ^'')  —  elji-n  damals  in  der  Atliletendarstellung  modern  ge- 
wesen zu  sein,  und  Polyklet  und  Pheidias  hätten,  wenn  Hausers  Erklärung  zuträfe, 
gerade  dieses  für  geeignet  gefunden,  es  ohne  jede  unterscheidende  Charakteristik 
auch  für  Apollon  anzuwenden,  und  das,  wenigstens  in  dem  Falle  des  Pheidias, 
in  Olympia,   in  der  Umgebung  von  Siegerstatuen. 

Hausers  Beweise  für  Apollon  sind  also  nirgends  einspruchsfrei,  vielmehr 
läßt  sich  aus  dem  VorgebrachtiMi  manche  Bestätigung  für  die  übliche  Erklärung 
des  Diadumenos  entnehmen. 

Die  von  mir  vermutete  Gleichsetzung  der  .Statue  mit  dem  Fünfkämpfer 
Pythokles-")  hat  hiebei  keine  Rolle  gespielt.  Auf  die,  von  Hauser  nicht  zu 
sehr  betonten,  chronologischen  Einwendungen  hatte  ich  schon  von  vornherein 
Bedacht  genommen.  ^2)  Wohl  aber  erfordern  die  technischen  Bedenken  einige 
Worte.  Hauser ''ä)  hält  es  für  undenkbar,  dati  der  Fuß  des  Spielbeines  mit  zwei 
Zapfen  verankert  war,  während  der  des  Standbeines  nur  einen  und  dazu  noch 
einen  schwächeren  Zapfen  hatte.  Ich  meine  nun  freilich,  daß  nur  praktische  Er- 
fahrungen über  die  antike  Aufstellungsweise  hier  entscheiden  könnten.  Und  bei 
Erwägung  der  statischen  Verhältnisse  unserer  Figur  scheint  es  mir,  daß  sie,  nur 
mit  der  nötigen  Versicherung  gegen  Erschütterung-,  nahezu  von  selbst  auf  der 
Basis  .stehen  könnte,  wenn  nicht  ein  gewis.ser  Gewichtsüberschuß  nach  der  linken 
Körperseite  drängte.  Ich  könnte  mir  denken,  daß  diesem  Umkippen  nach  links 
der  Künstler  nach  Kräften  vorbeugen  und  zugleich  die  Kleinheit  der  Berührungs- 
fläche am  linken  Ballen  durch  möglichst  starke  Verzapfung  compensieren  wollte, 
und  würde  es  begreifen,  wenn  er,  zumal  in  einer  Zeit  noch  relativ  junger  Ver- 
wendung des  Standmotivs,  hiebei  nach  griechischer  Art  über  das  Notwendige 
hinau.sgegangen  wäre.  Aber  sei  dem  wie  immer:  wie  will  man  darum  herum- 
kommen, daß  nach  den  Bettungen  auf  der  olympischen  Basis  •'^)  der  vorgesetzte 
rechte  Fuß  mit  ganzer  Sohle  aufruhte,  also  dem  Standbein  angehörte,  das  linke 
sonach  Spielbein  war?  Und  wäre  es  auch  voll  aufgetreten,  so  wäre  die  zwei- 
fache Art  der  Befestigung  erst  recht  verwunderlich.  Von  dieser  .Seite  her  bleibt 
also  die  Pythoklesconjectur  geschützt,  und  aus  den  seitherigen  Erörterungen 
ergeben  sich  noch   zwei  weitere  Voraussetzungen   zu  ihren   Gunsten:   die  Halteren 

^^)  Man  vergleiche  auch,  neben   der  oft  mit  dem  ■'^)  Oben  S.  47. 

farnesischen     Diadumenos     verglichenen     Figur     des  '■■)  .S.    das    Facsimile  Inschr.  v.  Olympia  n.  162 

Parthenonfrieses    Nord   XLII    131,    den    sich  Kran-  —    163,    wiederholt    Wien.    .Stud.    a.    a.    O.    S.    167 

zenden  Süd  XLII  121   (dazu  Michaelis  Text  ,S.  240;.  (dazu    die    Ausführungen;    das    oben    Bemerkte    trifft 

")  S.   Anm.  I.  übrigens   bei   welclier  Wahl  immer  zu). 

'2)  A.   a.  O.  S.  172  f. 


K.  l.üwy,    Alhk-l  oiliM    AiH.llon: 


am  Palmstamin  ilor  Torloniaschon  Ki'iilik  und  dii'  uni^i^srhwdllciu'n  ( )hri'n,-''') 
\vas  boides.  wonn  nicht  ycdankiMilcis,-'")  di'in  I'i'iilatldonsii'^cr  und  in  seiner  Ver- 
bindung' nur  diesem  g'emäü  ist.  Uli  möchte  aber  das  damals  ausg'esprochene 
Malj  von  ZuversiclU  niclit  iiberschn'it<>n.  da  mir  Prüfung  des  delischen  Kxemplares 
am   Original   nach   wie   vor  niclit   nn")L;licli    war.''") 


Rom. 


K.   l.OWY 


Inschrift  aus  Hycttos. 

In  H.  (t.  Ldllings  XachlalJ  haben  sich  zwei  BiigiMi  mit  AulzeiclHUins;(Mi  ge- 
funden, die  von  der  Hand  Professor  Gustav  Körtes  herrühren  und  Inschriften 
betreffen,  die  diesem  bei  seiner  im  Auftrage  des  deutschen  archäologischen  Insti- 
tutes im  Jahre  1878  ausgeführten  Vereisung  P>oiotiens  bekannt  geworden  waren. 
Da  Körtes  Mitteilungen  von  Lolling  für  die  Sammlung  der  nordgriechischen 
Inschriften  nicht  verwertet  worden  sind,  veröffentliche  ich  mit  freundlicher  Er- 
laubnis des  P'inders  nachstehend  zwei  Beschlüsse  der  Hyettier,  die  unter  den  in 
Dittenbergers  Ausgabe  fehlenden  Stücken  allein  von  Bedeutung  sind. 

_Pavlo.  Block  von  grauem  Marmor,  lang  cöS '",  breit  0-28 '",  dick  0-24"',  an 
beiden  Seiten  gebrochen.  Die  Oberfläche  zeigt  an  der  linken  Kant(>  (>in  Klammer- 
loch. Der  Block  stammt  aus  Hyettos  (Dendra),  von  wo  er  zum  Bau  der  Kirche 
in   Pavlo  geholt  ist." 


")  S.  oben  S.  272.  Vgl.  auch  den  Wiener  Dis- 
kobol,  Jüthncr,  Turngeräte  10.  Zu  den  Obren  auch 
Furtwängler,  Mcisterw.  333. 

•")  Für  eine  solche  Verwendung  der  Halteren 
bei  einem  Faustkämpfer  s.  Jüthner  a.  a.  O.  Bei  den 
Ohren  wäre  allerdings  die  Gedankenlosigkeit  eher 
in  der  umgekehrten  Richtung  vorauszusetzen,  nämlich 
in  der  Übertragung  auf  Sieger,  deren  Kampfart  nichts 
mit  Faustschlägen  zu  tun  hatte.  Aufklärung  brächte 
wohl  nur  eine  umfassende  Nachprüfung  in  den  Original- 
museen. 

=•")  Vgl.  Wien.  Stud.  XXIV  1 72.  Seither  hatte  Six 
die  Zuvorkommenheit,  eine  Papierdurchzeichnung  des 
Grundrisses  des  delischen  Exemplarcs  nach  dem 
Abguß  für  mich  herstellen  zu  lassen.  Das  Auftragen 


auf  ilic  F.inlaßvorrichtungcn  der  olymjiischen  Basis 
ergal)  auch  hier  für  den  r.  Fufi  und  den  rückwär- 
tigen Teil  des  1.  vollständige,  axiale  Deckung;  da- 
gegen bleiben  von  dem  vorderen  Zapfenloche  des  1. 
Fußes  bis  l'/2Cm  nach  der  Innenseite  zu  unbedeckt. 
Ich  vermag  ohne  Prüfung  der  Origin.alc  nicht  zu 
beurteilen,  worauf  dieser,  an  sich  ja  nicht  unge- 
wöhnliche Maßunterschied  zwischen  den  zwei  Re- 
pliken (Vaison  und  Delos),  deren  1.  Beine  beide  aus 
Stücken  zusammengefügt  sind  (vgl.  für  die  delische 
Bull.  d.  Corresp.  hell.  XIX  1895  Taf.  VIII),  zurück- 
geht. Von  vornherein  kann  natürlich  das  delische 
F.xemplar  („nicht  allzu  stilgetrcu"  nennt  es  Ilauser 
S.  42)  die  größere  Genauigkeit  nicht  in  Anspruch 
nehmen. 


A.  Wilhelm,  Inschrift  aus  Hyettos  277 

,.Ib.  Block  von  grauem  Marmor,  an  allen  Seiten  gebrochen.  Mit  dem 
vorigen  zusammen  von  Dendra  (Hyettos)  geholt." 

\'on  beiden  Bruchstücken  liegen  außer  G.  Körtes  Abschriften  auch  etwas 
vollständigere  Abschriften  Lollings  vor,  die  augenscheinlich  auf  Entzifferung  der 
Abklatsche    beruhen,    die   Körte   LoUing    laut   einem  Vermerke    übergeben    hatte. 

/AOAnixoz2;nKKA\i 

lOzENTniZYNEAPiniKAITniAHMni 
:nZ    EFEIAHriNOMENnN  A  A  I  KHM 
THNXnPANAIATOFAPAn  NOM  E  NOK 
iKA   1  APFArHITnNAAAOTPinN 
5      TEINKAI+ONOYrEFITEAEIZ 
nMATnNTEKAl0PEMMATn^ 
ZTINENTOIZTOIOYTOIZI 
AlMAAlZTATnN   AYNAM 
THinOAEIKAlANAZ   nZEIh 
..-  T  A  K  A  I  F  A  P  A  tY  A  A  T  T  E  1  N  ;<  / 
TOYZ~AAAlKHMATAZYN~ 
TYr#ANOYZI  NAEKAIFOAI 
A  P  X  (Mmr\  I  A  f  i  /\   Z  F  O  A  E  M  A  I 
FAPXONTEZANAPEZEf/ 
15EIME      OIFPOZTHNHMETE 
rEIAEFAPEXOMENOlMETA/ 
INOMENOIZFPOZAYTOYZ 
OYTn^       lANIi^llTHK/" 
AZMENr    KKAI  A^mjKT   Z  n  N  , 
20  1  A  N  4>  I  A  O  Z  O  N  1  A  ~  I  N  A  O.  ^    N  K 
-  n  N  T  A  I  ^-^  I  M  n  r-  T  E  Z  T  O  Y  Z  '> 
A  n.1  iK  AIX  AP  I  N  /s  FO  A  I  ^ 


^'  0 1 H  z  r 

ZTHZFO 

EAOZEN' 

ZONnNKATA 

FEPI+YA/ 

~ni  AHZTE 

NOMENriN 

_T  E  E   K   KO 

THNXnPA 

A  I  A  P  F   A  TA  Z 

EF, AHZTE 

ATKAI ONAE 

AYAAZTEK 

Z  A-^Y^T  E  XEZ 

OAIKAIAPF 

B   0    H  0   E    1    N 

TriN      ANA^ 

T  0  A  A  YME 

TO  IZKAIP 

Y    E    1    N 

NA    M  E  r 

MENO YZ 

Z  E  1  N- 

OZ  AIKA 

K  A  1  M 

A  T  A  1  0  1 

ZE 

0  Y  5" 

N  K  A^ 

A  P"^ 

W/S/\  Z  T  H  M 

-£  F  0  Y      /\     \  -  1  K 

EZ^IFPO 

'^  0  1   M  S       01^       IN/ 

X  PEI  '^N 

ir                T     / 

\       m  A         M 

AI  X  0  1  1 

A     A                       YZ 

A 

T  1  1 

Y  ~  0  YT 

Da  diese  Abklatsche  sich  in  Lollings  Xachlaß,    der  im   deutschen    archäologischen 
Institute  zu  Athen  verwahrt  wird,  nicht  mehr  vorfinden  und  die  Steine  selbst,  zum 

Jahresheftc  des  osterr.  archäoL  Institutes  P.il.  VIO.  35 


278  A.   WiUiclm 

Hau  iler  Kirche  j^t»br;u-ht.  aller  Wahrsiiu'iiilichkiMt  nach  für  inmirr  Ni'rlorcn  sind. 
kommt  diesen  Abschriften  Lollinj>s  besontlerer  Wert  zu.  Ich  wiederhole  sie  auf 
vorstehender  Seite  und  füge  in  d(Mi  l-'rläuterungen  die  wesentlichsten  Abweichungen 
von  ("f.  K Ortes  Abschrift  bei. 

Über  den  Urkunden  steht  in  größeren  Buchstaben,  aber  ansclieincMid  sehr 
ähnlichen   Zügen  die  Künstlerinschrift : 

fDJlio/.öu/.o:  I(o-/.päiou  [—  £]-oir^a[£v]. 

Seinem  Namen  nach  vermutlich  Boioter,  ist  der  Künstler,  so  viel  ich  sehe, 
sonst  nicht  nachzuweisen;  den  ^'aternamen  gibt  Körtes  Abschrift  vollständig  er- 
halten. F.in  'OjioXwVyo;  Iw-z-patsu  erscheint  in  der  von  J.  G.  C".  Anderson,  Annual 
of  the  British  School  1897  p.  to6  herau.sgegebenen  Liste,  die  unter  der  Über.schrift 
CTJvd-jTa:  Ol  xa-a3X£'jaaxvT£;  zb  yjpxaiov  All  Kepat'wi  xai  'Avfl-ai  über  hundert  Männer 
einer  unbekannten  boiotischen  Stadt  nennt.  Der  Herausgeber  betrarhtit  dm 
Stein,  der  zu  Athen  im  Viertel  Plaka,  aber  nicht  gerade,  wie  F..  Betlio,  Real- 
encj'clopädie  Suppl.  I  88  angibt,  bei  dem  Bogen  des  Hadrian,  gefunden  sein  soll, 
unbedenklich  als  attisch,  obgleich  die  mei.sten  ayv8ü-at,  wie  er  selbst  hervorhebt, 
boiotische  Namen  tragen.  Es  sind  ihrer  zu  viele,  als  da(3  ich  mich  mit  Anderson 
bei  der  Annahme,  der  J.  Oehler,  Zum  griechischen  Vereinswesen,  Wien  1905  S.  6 
zustimmt,  beruhigen  könnte:  'that  the  original  nucleus  of  the  guild  consisted,  not 
of  native  Athenians,  but  of  foreigners  resident  in  Athens,  and  that  these  foreigners 
were  Boeotians'.  Die  Inschrift  wird  vielmehr  aus  Boiotien  nach  Athen  verschlepi)t 
sein,  wie  umgekehrt  auch  Steine  von  Athen  nach  Boiotien  gewandert  sind  ('EcpY^|i. 
ipy.  1902  a.  142).  Leider  läßt  sich  von  den  vorliegenden  Namenverbindungen, 
soviel  ich  sehe,  nur  eine  in  IG  VII  sonst  nachweisen:  ein  Aiovj^öSwpo^  Xor/pa-ou[s 
begegnet  unter  den  cuvö-UTa:  Sp.  II  Z.  5  und  in  einer  Liste  aus  Theben  IG  VII  2445, 
die  Dittenberger  eher  dem  zweiten  als  dem  ersten  Jahrhundert  n.  Chr.  zuweisen 
möchte,  Z.  21.  Daß  es  sich  um  Ahn  und  Nachfahr  handelt,  kann  als  sicher,  dal.i 
auch  ersterer  Thebaner  war,  nur  als  wahrscheinlich  betrachtet  werden,  weil  der 
angeblich  athenische  Stein  rund  200  Jahre  älter  ist  und  die  Familie  im  Laufe  .so 
langer  Zeit  ihren  Wohnsitz  im  Lande  gewechselt  haben  kann.  Ob  in  den  zahl- 
reichen nach  dem  Abschluß  von  Dittenbergers  Sammlung  gefundenen  boiotischen 
und  anderen  auf  Boioter  bezüglichen  Inschriften  Namen  der  Liste  wiederkehren, 
weiß  ich  nicht  zu  sagen.  In  dem  ZsO;  Kcfaio;  oder  Kcfxidc,  dem  die  auvtlutai  das 
Gymnasion  widmen,  hat  Anderson  den  nach  Pausanias  IX   1  0  in  Theben  verehrten 


Inschrift  aus   Hyc-ttos  279 

Zeus  Amnion  erkannt,  aber  nicht  an  den  Beinamen  Kapa;ö;  oder  Kapaio;  er'.nnert,  den 
Zeus  nach  Hesych  bei  den  Boiotern  führte  (s.  auch  E.  Capps,  Harvard  Studies 
in  Classical  philology  XV  68)  und  den  die  Inschrift  IG  VII  3208  aus  Orchomenos 
und  längst  richtig  gedeutete  boiotische  Namen  (Kapxcoylvr^c,  Kapäl/_o;,  Kapatwv, 
Kapal'g)  bezeugten.  Ich  vermute,  da(3  Kapaiöj  und  Kspaiö;  nur  in  der  .Schreibung" 
verschieden  sind  (vgl.  J.  .Schmidt,  Kuhns  Zeitschrift  XXXII- 355)  und  dat3  der  Name 
Kspaow,  der  kürzlich  in  einer  Inschrift  aus  Akraiphiai  Bull,  de  corr.  hell.  XXII  253 
zutage  gekommen  ist,  zu  letzterer  Form  zu  stellen  ist.  So  verbreitete  Verehrung 
wie  für  diesen  Zeus  wird  für  'AvS'a;  in  Boiotien  nicht  vorauszusetzen  sein;  seine 
Nennung  weist  zunächst  nach  Anthedon.  ^'j-yS^'j-at  sind  durch  die  .Steine  aus 
Tanagra  IG  VII  553.  685;  Thespiai  1785.  1789  (ein  unveröffentlichter  Beschluß 
römischer  Zeit  wird  Bull,  de  corr.  hell.  XV  660  erwähnt);  Theben  1463  bekannt. 
Das  Alter  der  Inschrift  scheint  der  Herausgeber  unterschätzt  zu  haben,  wenn  er 
bemerkt:  'The  spelling  Asöxioq  generally  indicates  a  date  prior  to  the  middle  of 
the  fir.st  Century  of  our  era,  after  which  Aouxioj  is  used;  but  in  Athens  the  older 
form  persists  as  late  as  a.  d.  160.  This  inscription,  however,  is  not  so  late  as  that.' 
Schon  die  Schrift  weist  aber  meines  Erachtens  nicht  nur  vor  die  Kaiserzeit,  sondern 
wohl  noch  in  das  zweite  Jahrhundert  vor  Chr.;  zu  ihrer  Beurteilung  sei  die 
Überschrift  der  Liste  nach  meinem  Abklatsch  abgebildet. 


Dazu  kommt,  allein  entscheidend,  daß  sich  unter  über  hundert  nur  zwei 
römische  Namen,  Aeüx^oj  Z.  42,  Uö-l'.oq  IIoTTAtou  Z.  46  finden.  Ich  glaube  nicht 
fehl  zu  gehen,  wenn  ich  die  Liste  spätestens  der  Zeit  um  das  Jahr  125  v.  Chr. 
zuteile  und  in  Ew/ipa-cTjS  '0\ioX(Dtyjou  den  Sohn  des  Künstlers  'Oj.io?.()Kxo;  Swxpaxou 
des  Steines  aus  Hyettos  erblicke,  den  ich  noch  in  die  erste  Hälfte  oder  die  Mitte  des 
zweiten  Jahrhunderts  zu  setzen  geneigt  bin.  Daß  Theben  die  Heimat  des  Künstlers 
ist,  wird,  solange  die  Herkunft  der  Liste  der  auvtl-j-ao  nicht  genauer  bestimmt  ist, 
als  wahrscheinlich  gelten  dürfen.  Der  Name  Sokrates  ist  für  einen  Künstler  aus 
Theben  schon  durch  Pausanias  bekannt,  der  IX  25,  i  ein  Weihgeschenk  Pindars 
erwähnt,  das  ein  Werk  der  Thebaner  Aristomedes  und  Sokrates  war  (vgl.  F.  Stud- 
niczka,  Neue  Jahrbücher  IX  681;  Berl.  philol.  Wochenschr.  1893  .S.  094).  Daß  die 
Bildwerke,    deren   Basis   das  Bruchstück   angehört,    die  Männer   darstellten,    deiaen 

35* 


28o  A.   Willulm 

die  Ehrenbeschlüsso  yalten,  ist  die  näolistlio^iMulc  Aniiahmi';  dorh  kann  diosu 
Ba.sis  ebenso  wie  nachwtMslioh  so  xicle  andcri'  auch  zur  Aiif/eirhininu;  \<in  l'r- 
kimden  benutzt  wordi'n  sein,  die  mit  dem  W'cihi^cschcnkc  selbst  in  keiner  1  ieziehuni;- 
standen. 

Die  beiden  Resohlüsse,  die.  wie  der  erste  liliek  zeiyt,  in  den  <'iideitenden 
Kornieln  und  .Sätzen  wörtlich  übereinstinunen,  L;laul)e  ich  loli^H'ndernial.ien  lesen 
und  ergänzen  zu  sollen  ; 

I.      'E]oo^£v  -Or.  ouvEOfüot  y.xl  xü:  5tj|Ui>:-  [-spl  cf'jÄaxvJ;  tr,;  -6- 

X]£(o;-    £/i£:5r)  y'vojiEVwv  a5txrj|x[äxwv  |i£t]^6vwv  xaTsc 

vr^w  ywpav  C'.x  xb  7iapay:vd|i£VOV  [ZyXo'j  i]T:i  Xr^axi- 

a]i  y.xl  ip-.OLffii  twv  äXXoiptwv  [aOXäc]  xe  iy.v.i- 
5   7:]-£iv  V.Ol}.  'j;4vo'j;  iK'.xe\si'3[d-oc'.  x]a!  ap-ay«; 

aJwiixTiov  ■U£  xat  {>p£iinäT(i)V,  [ävjayxatov  ck 

£]3Ttv  £V  Tol;  xotO'Jto'.;  [xxcpol]^  ä[v]T£-/£a- 

Ö-]ai  |iä/.'.:;-:a  xtov  5'jva|i[£V0)v]   ßorji)'£iv 

xf^t  tiöXe;  xai  ävaaü);^£iv  [xx  d]7xoXX'j|i£- 
lo  v]a  xai  7i:apa'.j;uXaTX£tv  x[at  x(j)X]u£tv 

xo'j;  [x]a  ä2;xT(|jixxa  auvx[£Xou][-i£vo'JC" 

x'jy[yJavo'jaiv  Si  xa:  lloX[£|iap-/Jo;  Atxa- 

apX[o'j   x]a'.  'Ayia:  IIoX£ji3c[p/o'j  'l'-Jaxaio: 

'j]7:apxovx£;  äv5p£;  [sövoixw;  o'.x  xsXJou;  <oia-) 
.5   x]£{|.i£[v]o:  -pö;  XT;V  f;H£X£[pav  raX^v  x«li 

Xp]£t«;  ;:ap£7.ö|i£vo;  ]'.£yä[Xac  xoi;  7L]ap[a- 

y];vo|i£VOL;  ~pö;  aOxo'J;  [xtov  f^HEXEpwv 

-]o[X'.]xö)v  ?  [xa]i  av£^r/xr(X[aaiv  Orsp  xtov  y,p- 

;x]za^i£vwv  xal  ä[v]aa[£]a())[xa3'.v  oix  xy;;  i- 
"  [5]ix[;]  -^tXo[-]ov;o!;-  "va  o[-j]v  x[al  'iVjXXto;  v«^" 

v]ü)'/xx'.  [x]'.[iü)vx£;  xo'j;  [äyaiioöc  xöjv 

ä[v5p]cöv  xal  y.äpiv  ä-o5:[5ovxc;  x-Tj;  eO- 

v[oijx:  xT,v  [x£]  'j;io'j[2rjV  .  .  . 

t]£;  oi  -^0  .  .  .  o:    |i£  .  .  .  .  '.V  .  .  . 
.5   .  .  .  xp£:xv  .  .  . 

....  otZiyßy.:  x](oi  2[y,]['.[o);  iraiviia:  IIoXe- 

|i]ap/ov  [xai]  'A[y':]ÄV? 


Inschrift  aus   Hyettos 

11.      "ESoqev  z[6):  auvEcpöwo  v.a:  xwo  ov^i-iwr 

vo[i£VCüv  [ä3r/.r;iiaxwv  jxei^ovojv  y.axx 
XY|V  7.wpa[v  Slx  xö  Tiapayivöi-iEVOv  oyXov 
1    £7::  Arjax£[ao  y.ai  ap-ayf/.  x(ov  äX/otptVov 
aüÄä;  xe  [exxoTixeov  za:  cpovou?  iTLixeXsta- 
ö-ai  7.aL  äp<r[ayag  awi-iaxwv  x£  xal  d-pmud- 
xwv,  (Äva[Y7.arov  Se  eaxLV  sv  xot;  xo;o'j- 
xoi?  7.aip[ors  ävxr/ssS'ai  [ixX'.axa  xör/   5'j- 
10  vaii£[v(i)V  ßor^ö'Stv  xf^i  7t:oX£'.  y.ao  ävaaw- 
I^£tv  x[ä  äTioÄÄ'Ji-iEvx  -/.a:  T^apacp^jXaxxELV 
xac .  .  . 


Die  Formel  "E5o|£V  xöv.  auvEOpcwi  (oder  xois  auvISpo;?)  /.ac  X(Tu  57'j[iwl  ist  in  boio- 
tischen  Beschlüssen  gewöhnlich.  Dagegen  hat  sich,  dem  Antrag  vorangestellt, 
der  Vermerk  Tcept  «^uXax^;  iffi  yüpxq  meines  Wissens  in  griechischen  Beschlüssen 
bisher  nicht  gefunden.  Wohl  aber  uspl  tEpwv,  nämlich  in  den  Beschlüssen  aus 
Oropos  IG  VII  303,  aus  Tanagra  Revue  des  etudes  grecques  1899  p.  71  I  Z.  2: 
'YzXzaia.^  ©apaouiia/w  eXe^e"  TXEpc  tapw'  7ipoߣßwX£U[j.£VOV  £t[.i£V  xxl.,  und  in  der  Inschrift 
aus  Larisa  Michel  41  Z.  40  äyopavoiiEVxoj  'AAE^tTX-oi-  -£p  tEpoOv,  besprochen  von 
Br.  Keil,  Hermes  XXXIV  196;  die  Erklärung  gibt  das  Programm  athenischer 
Volksversammlungen,  nach  Aristoteles  7:0/..  'A9-.  43,  6:  al  ok  060  (Ez^Xr^atac  außer 
der  xupc'a  und  der  den  txExrjptac  bestimmten)  Tiepl  xwv  «AXwv  sfaiv  ev  a,Ic,  y.sXEUouatv  ot 
v6|iot  xpoa  [XEV  lEpiöv  ypr^\x7.z'.L,B'.'j,  xpta  Sl  >tT;pu^LV  xal  7:p£aߣtatc.  xpt'a  Se  oat'wv,  und  nach 
Aischines  g'eg-en  Timarchos  23:  npo/E'.poxovELV  —  xoü;  -poEopo'JC  Trspi  lepCn  xöjv  viaxptwv 
xat  XTjpu^t  xxX.  Da(3  xä  tEpa  in  der  Formel  Ttpöcooo;  upwxq)  [JiExä  xa  tEpa  ebenso  von 
der  Verhandlung  über  tEpa  zu  verstehen  ist,  habe  ich  nach  W.  ven  Hartel,  Studien 
S.  i73ff.  und  J.  G.  Schubert,  De  proxenia  Attica  36  gegen  P.  Monceaux' Erklärung: 
,les  ceremonies  religieuses'  mit  Verweis  auf  die  Formel  [XExä  xä  tspa  xat  xä  pocQÜ^v/M 
(ßaai'XEta)  in  Beschlüssen  der  Samier,  Ephesier  und  Bargylieten,  auf  Diodors  Bericht 
XVII  113,3  über  die  Reihenfolge,  in  der  Alexandros  die  in  Babylon  erschienenen 
Gesandtschaften  zu  Worte  kommen  ließ  (Ttpwxot;  expyjjiaxtae  xoXq  UTXEp  xcöv  tspwv 
7xapay£y£vrj[j,£vo:;),  CIG  3640  und  die  eben  erwähnte  Inschrift  aus  Oropos  zur  Erklärung 
der  Formel  [jle9-'  tepä  [xai  xä  TwJiiaiwv  in  dem  Beschlüsse  aus  Chalkis  Bull,  de  com 
hell.  XVI 100  bemerkt;  wie  die  Angelegenheiten  der  Könige  in  Samos  (um  300  v.  Chr. 


jS;:  A.   \Vi\l,olm 

Syllogv  tSr).  F.phosos,  Bargylia  nach  ilen  [spä,  in  T.arissa  geradezu  unter  den  isfa 
verhandelt  werden,  so  -a  Tw|ia{wv,  seit  di(^  Römer  mnßg-ebenden  Einllul.S  auf 
Griechenland  gewinnen.  Einen  neuen  Beleg  für  die  bevorzugende  Behandlung 
der  Römer  gibt  der  von  C.  Fredrich,  Berliner  Sitzungsberichte  1905  S.  6g  ver- 
öffentlichte Beschluß  der  Peparethier,  der  dem  Athener  Philoxenos  und  seinen 
Nachkommen  Z.  26  ;ip6aoSov  Tipö;  xr//  ßo'jXr/,'  xa:  -öv  Sviiiov  -pwiot;  \xtxa.  t«  ispx  y.ai 
Tco|ixtO'J5  verleiht:  in  Epidauros  werden  l'.uanthes  und  seine  Nachkommen  [istä 
TÖ  ävax/.Tjit-Yjiisv  ~0'j;  vjtpyi-otc  "wv  Twj^iaiwv  zur  Proedrie  eingeladen  IG  IV  932  Z.  63 
(vgl.  Urk.  dram.  Auff.  .S.  236).  Als  Titel  einer  regelmä(3igen  Verhandlung,  und 
zwar  in  der  tY.y.'/j^j'.T.  x'jpia  der  Athener,  ist  -sp:  '^'jXxxv);  ty,:  "/'''P'^'  (Kirch  Aristoteles 
bekannt  (43,  4):  ;:poypx-.fO'j3'.  5s  xa;  tx;  rz-xÄr^ata;  ouxoi  (die  Prytanen)  |u'av  jisv  xupt'av 
£v  9,  ctl  xic  ^pyßi  £~:y£:po-ov£Cv  ei  SoxoOat  xa/.iT)?  ap/eiv,  xac  T^spJ  ahou  xal  TiepE  cpuXaxvji; 
Tf,c  X^"*?*?  Xfd^*"'»»^"'»  "''■*'  ''•*>  e'-sa^ysAta;  sv  xau-q)  x^,  i^li^p*  toü;  ßouXojA£vou;  TcoteraOai  xxX.; 
die  Einreihung'  unter  diese  Verhandlungsgegenstände  bezweckt  die  am  Ende  von 
Anträgen  nicht  selten  begegnende  Formel  xö  51  i\)Yj:Q\i.!x,  zöot  efvat  ÄTiav  eig,  cfuXaxTjv 
xf^S  yßpxg  (so  IG  II  80g  und  sonst  ähnlich),  die  bisher,  soviel  ich  sehe,  nur  von 
U.  V.  Wilamowitz,  Aristoteles  und  Athen  II  253  flf.,  sonst  aber  nicht  richtig-  be- 
urteilt worden  ist;  ein  Verweis  auf  die  Bemerkungen  H.  Swoljodas,  Die  griechi- 
.schen  Volksbeschlüsse  6,  Dittenbergers  zu  Sylloge  153  und  553,  E.  L.  Hicks 
Inscr.  Brit.  Mus.  III  i  p.  35,  zuletzt  H.  Francottes  Abhandlung,  Loi  et  decret  dans 
le  droit  public  des  Grecs  (Musee  Beige  VIII  12)  mag  genügen.  Daß  in  dem  in 
Delphi  gefundenen  Psephisma  der  Chier  Sylloge  206  Z.  37  nicht,  wie  bisht;r,  [xä 
eic  XT,v  ävaYp]a^r)v  eiva:  s:;  '.fj/.axTjV  zu  ergänzen  ist,  sondern  [xr^v  5^  äpoypjacprjV,  ver- 
suche ich  in  einer  besonderen  Erörterung  der  -pofpoc'^ri  zu  zeigen. 

Zwischen  ;;apaY"/oii£vov  und  i-l  Är^axlat  bleibt  eine  Lücke  von  höchstens  sechs 
Buchstaben,  die  ich  durch  5//.ov  zu  füllen  versucht  habe.  Da  Körte  und  Lolling 
übereinstimmend  zu  Ende  der  Zeile  Är^3X£-,  ohne  Iota,  verzeichnen,  ebenso  Z.  12 
zu  Ende  Atxa-,  wird  die  Schreibung  mit  e  statt  et,  a  statt  at  anzunehmen  sein,  für 
die  Meisterhans-Schwyzer,  Grammatik'  40,  aus  attischen  Inschriftin  und  J.  \'ala<)ri, 
Der  delphische  Dialect  23  aus  delphischen  Beispiele  bringen.  Zu  aj/.z;  i/./.i- 
Tixeiv  vergleiche  ich  Diodor  XX  83,  4  xai^erXs  xä;  e-a-iXei?;  Polybios  IV'  3,  10  eve/et- 
fr^^jT^  xa'.  xic  i-.l  xöjv  äypör/  otxcas  exx5::x£;v;  IV  4,  i  e;£xo']/av  xö  X'jpoivos  xxÄcJiievov 
i-xj/,:ov  (ob  Xoipwvo;?;  der  Name  ist  aus  Thasos  bezeug^t,  F.  Bechtel,  Thasische 
Inschriften  ionischen  Dialects  im  Louvre,  Götting-,  Abh.  1884  .S.  9  Z.  10);  Dion. 
Hai.  A.  R.  VUI  87,  5  'iao'.q  |a£V  xo)p''a  ^i-J^y/zv,  exxÖTixovxc;  xaOxa  x«i  xx?  aOÄx;  xa^^at- 
p'yOvx£;.  vgl.  Sylloge  510  Z.  68   xör/  ina6X£wv  xaihr,prjH£v(i)v;   Strabon  XIV  665  xx;  5£ 


Inschrift  aus  Hyettos  283 

xa-cotxias  ixxö'jjxvroc.  Beispiele  für  Ss  hinter  einem  verkürzten  Vordersätze  in  der 
Form  eines  Particips  wie  Z.  6  gibt  Kühner-Gerth,  Ausführliche  Grammatik  11  2 
S.  277  Anm.  Für  avKaw^sov  Z.  g  habe  ich  in  den  Urk.  dram.  Auff.  S.  7t)  und  246 
Belege  beigebracht.  Zu  auvxsÄsraa'ai  Z.  1 1  vgl.  H.  Anz,  Dissert.  Halens.  XII  361.  Z.  15 
zu  Ende  lesen  Körte  und  Lolling  übereinstimmend  OYZ;  erwartet  wird,  da  zu 
Anfang  der  nächsten  Zeile  -y.]zi[i.e^oi  sicher  steht,  2:a-  und  vorher  ein  oder  zwei 
Adverbien ;  die  Präposition  könnte  nur  bei  ungewöhnlicher  Ausdehnung  der 
Zeile,  nach  o-jj  gestanden  haben;  aber  wie  kann  diese  Silbe  Endigung  eines  Ad- 
verbiums sein  ?  Auch  die  von  Lolling  allein  nach  d'vops;  als  unsicher  verzeich- 
neten Reste  bleiben  unverständlich,  wenn  nirlit  in  dem  dritten  Buchstaben  ein 
Ny  erkannt  werden  darf.  Die  einzige  mögliche  Lesung  scheint  mir  unter  diesen 
L^mständen  [eOvoixök  o:x  tsäJou;;  statt  5:ax£t|.isvot  hat  der  .Steinmetz,  vielleicht  durch 
die  unmittelbar  vorhergehende  Präposition  beirrt,  nur  x£C|.i£vot  eingetragen.  Von 
Z.  18  an  mehren  sich  die  Schwierigkeiten.  Nicht  nur  fehlen  die  Enden  der  Zeilen, 
die  Lesung  an  sich  wird  durch  die  augenscheinlich  schlechte  Erhaltung  des  Steines 
unsicher.  In  dieser  Zeile  bietet  Körte:  ^ONTnN  .  .  lAX  .  ZHTHN  .  .;  durch  Lolling 
ist  avst^r;T:rjxac[tv]  gesichert;  davor  bleibt  für  xai  nur  wenig  Raum,  doch  ist  ok  weder 
der  Stellung  noch  den  Abschriften  nach  wahrscheinlich,  die  vor  avSk^r^TTjxaatv  kein 
E,  sondern  I  verzeichnen;  gegen  5[av£CrjXT;xaaLV  2£  spricht,  daß  die  Znsammen- 
setzung sonst  nicht  bezeugt  ist.  In  Körtes  ^  ONTnN,  LoUings  O -'TriN  hal)e  ich 
TioAtTöJV  ge.sucht;  weniger  g-efällig-  wäre:  tote  napayivojüvo:?  twv  TroXtxwv  TispJ  toükov 
(nämlich  den  vorher  geschilderten  ä5txy||.iat:a).  In  der  nächsten  Zeile  ist  das  Wort 
ävaaEOTO-  g-esichert,  nur  die  Form  zweifelhaft,  da  Körte  A  .  .  AT  .  mw.  Lolling 
AlillllAT'ZnHi  gibt.  Der  Rest  nach  dem  angeblichen  N  ist  aber  mit  äva!j£aw[vxat 
nicht  zu  vereinig-en  und  überdies  schafft  diese  Lesung  durch  den  Wechsel  des 
Subjects  Schwierigkeit ;  ich  bin  daher  geneigt  N  für  verlesen  zu  halten  statt  K 
und,  äv£^rjTT;Xaa'.v  entsprechend,  äva3£aw[xacj:v  einzusetzen.  In  Z.  21  las  Körte 
PA  .  $1  lOrON  lAZ  I  lAO^  NK,  Lolling  zu  Anfang  1  (verbessert  aus  P)  AN;  die  einzige 
mögliche  Ergänzung  ist  äv5ca£aw[xac:v  5;ä  tfj5  fo][a[s]  cpdo[Ti]c/Voa;  (vgd.  z.  B.  Inschriften 
von  Magnesia  gi  c  Z.  7;  Meisterhans-Schwyzer,  Grammatik^  235).  Die  Rettung 
der  entführten  Menschen,  Tiere  und  Gegenstände  wird  somit  geradezu  den  Be- 
mühungen der  beiden  Hypataier  zugeschrieben;  augenscheinlich  hatten  sich  die 
Räuber  mit  ihrer  Beute,  wie  die  in  Lukians  Aouxlo?  y)  Ivoq,  von  Hypata,  in  die 
Berge  des  Oita  zurückgezogen.  \un  Z.  24  an  ist  mit  Ausnahme  der  den  eigent- 
lichen Beschluß  einleitenden  Formel  und  dem  von  Lolling  erkannten  Ende  des 
Namens  APXON   Z.  28   alles  unsicher.     Körte  las  Z.  24:   N  .  .  AZTHN  .  .  XFoy ; 


:S4  A.  Wilhelm 

Z.  25  :  .  EZOINOZ.  .OIME  ....  EIN.  Ich  dnohlo  an  Ol  -p6[?£v]or.  dann  würden  aurh 
Polemarchos  und  Agia.s,  obgleich  .sie  der  Beschluß  nicht  ausdriickhch  als  Proxeiioi 
bezeichnet,  als  mit  dieser  Würde  bekleidet  zu  g-elten  haben.  Den  wesentlichsten 
Resten,  die  Körte  und  Lolliny  verzeichnen,  würde  die  Ergänzung:  TV  ['']  ^"fi'J- 
[2^(V  yJTwv  friwpoOvj-s;  o[  -pö[E£v]ot  |i£[v(Oj]iv  [ird  ty;;  siJvota?  xal]  XP^'''''  [-ap£x<i>v]t:[at 
tf^:  -6/.£'.-  äyatJ-fjt  vj/r^'.  5£COx8'at  x](ot  5[T(]|i[(o;  Rechnung  tragen,  als  befriedigend 
vermag  ich  sie  aber  nicht  auszugeben  (vgl.  1(t  II  115b  Z.  14). 
Z.  ;;7ff.  erkannte  Körte: 

.  .  .  .  nEP niA  .  M  .  . 

MAKEnNZ  ,   .   .  .  AX 

.AP 

OYrZYN  {t]ouc  a'jv[£2poy; ?) 

In  den  beiden  letzten  Zeilen  des  zweiten,  durch  eine  sonst  wörtlich  überein- 
stimmende Begründung  eingeleiteten  Beschlusses  entspricht  weder  Lollings  noch 
Körtes  Abschrift  der  zu  erwartenden   Ergänzung: 

xa:  [vMA'JEiy  toü;  xä  äSiXT^ita-x  ctjv- 
t]£[Xoi)i^ievou;, 

aber  augenscheinlich  ist  weder  der  vierte  Buchstabe  der  vorletzten  Zeile,  M  nach 
LoUing,  ein  zerstörtes  A  nach  Körte,  noch  der  erste  der  letzten,  Z  nach  Lolling, 
doch  zeichnet  Körte  nur  die  oberste  Linie  als  deutlich,  mit  Sicherheit  gelesen. 
Die  -Schrift  scheint  beide  Beschlüsse,  die  offenbar  gleichzeitig  gefaßt  wurden, 
in  das  zweite  Jahrhundert  v.  Chr.  zu  weisen;  die  Form  Z  begegnet  schon  in  der 
Inschrift  aus  Oropos  IG  VII  3498,  die  in  die  Zeit  um  200  gesetzt  wird  (Br.  Keil, 
Hermes  XXV  598).  Der  in  der  Inschrift  genannten  Männer  wegen  wird  in 
Ermangelung  anderer  entscheidender  Gründe  eher  an  die  Mitte  oder  die  erste 
Hälfte  des  Jahrhunderts  als  an  dessen  Ende  zu  denken  sein.  Über  den  Künstler 
ist  bereits  S.  279  gesprochen.  Wie  ich  zu  einer  Inschrift  aus  Hypata  zeige, 
die  ich  nachstehend  behandle,  sind  Träger  des  Namens  iloÄli-iy.px'^?  und  AixatapX'^S 
in  H)-pata  gerade  aus  der  ersten  Hälfte  des  zweiten  Jahrhunderts  nachzuweisen; 
ein  'A^lxi  ist  als  Vater  des  Hieromnemon  Nix6-f:/.o:  'Ayia  TTta-xro;  durch  die 
Inschrift  aus  Delphi  Bull,  de  corr.  hell.  XXVII  106  A  Z.  33  bekannt,  die  aus 
dem  Jahre  116  v.  Chr.  stammt,  ein  Ainiarch  '^Ay:?  To}.|jiaio'j  durch  die  Urkunden 
Bull,  de  corr.  hell.  XV  327  und  GDI   1431. 


Inschrift  aus   Hyeltos  285 

Wenn  gelesiontlich  auch  sonst,  früher  und  später,  bewaffnete  Banden  das  Land 
heimgesucht  und  (Kirch  Gewalttaten  Schrecken  und  Schaden  verbreitet  haben 
mög-en,  so  paßt  doch  gerade  zu  diesen  Zeiten,  in  der  Begründung  der  beiden  Ehren- 
Ijeschlüsse  mit  lebendiger  Sprache  bezeugt,  das  Herrschen  hervorragender  Unsicher- 
heit auf  dem  Lande  infolge  der  Zusammenrottung  verarmten  Gesindels  besonders 
gut.  Die  völlige  Zerrüttung  der  Rechtsverhältnisse  in  ganz  Boiotien,  die  solche 
Zustände  begünstigen  mußte,  ist  für  den  Anfang  des  Jahrhunderts  durch  Polybios 
XX  6,  XXIII  2  bekannt;  die  Gewalttätigkeit  und  Gesetzlosigkeit  der  Thebaner, 
auch  die  auf  vielen  griechischen  Straßen  herrschende  Unsicherheit  wird  schon 
in  den  nach  E.  Fabricius  Darlegungen  (Bonner  Studien  60  ff.)  auf  ältere  Zeit, 
nämlich  die  ISIitte  des  dritten  Jahrhunderts,  bezüglichen  Schilderungen  des  Hera- 
kleides (FHG  II  258,  14  ff.)  nachdrücklich  hervorgehoben.  Über  den  wirtschaftlichen 
Niedergang  der  Zeit  und  seine  Folgeerscheinungen  spricht  Eduard  Meyer,  Die 
wirtschaftliche   Entwicklung  des   Altertums  44. 

Athen.  A.   WlLHl^LM 


Inschrift  aus  Hypata. 

In  den  Ath.  Mitt.  IV  209  hat  H.  (t.  LolHng  nach  seiner  und  R.  Weils 
Abschrift  eine  auf  Gebietsstreitigkeiten  zwischen  Hypata  und  lirythrai  bezügliche 
Urkunde  aus  Hypata  veröffentlicht.  Da  die  Lesung  vom  Herausgeber  selbst  als 
,.an  vielen  Stellen  schwierig"  bezeichnet  wird  und  eine  einleuchtende  Herstellung 
ihm  nicht  gelungen  ist,  habe  ich  mir  im  Jahre  1890  bei  einem  Besuche  der  Stadt 
die  erdenklichste  Mühe  gegeben  den  .Stein  aufzufinden.  Leider  war  meine  Suche 
umsonst,  und  auch  Otto  Kerns  spätere  Nachforschungen  sind,  wie  er  mitteilt, 
erfolglos  geblieben.  Indessen  glaube  ich,  so  wünschenswert  eine  neue  Abschrift 
des  Steines  wäre,  doch  auch  ohne  sie  in  einem  wesentlichen  Punkte  Lollings 
Lesung  und  Auffassung  berichtigen  zu  können.  An  zwei  Stellen  der  Inschrift  hat 
LoUing,  an  einer  allerdings  nur  mit  gewaltsamer  iVnderung  der  i\bschrift,  den  Namen 
der  von  Strabon  X  448  und  Stephanos  von  Byzantion  iv  Tpay/vt  erwähnten  Stadt 
Oichalia  ergänzt  und  das  monimentum  Euryti,  welches  die  Urkunde  CIL  III  585, 
Suppl.  12306  an  der  Grenze  zwischen  Lamia  und  Hypata  nennt,  in  dem  Gebiete 
von  Oichalia   gesucht.     Ich  gehe  auf  die  Lage  dieser  Ortschaft  und  des  Eurytos- 

J.ihreshefte  des  österr.  archäol.  Institutes  Kd.  VIII.  36 


rSO  A.   Willulm 

donkmalos  niolit  ein.  da  dio  Rohandluny  i\cr  Fraise  fiiu-  toin)iu;raphisclu'  l'nter- 
suchuny  der  gfanzen  Gebend  voraussetzt,  die  ich  auf  Ciruiul  der  ]'>niittlunt;-  des 
Fundortes  dieser  g-rolJeu  lateinischen  Urkunde,  des  zwischen  Laniia  und  Hypata  si;e- 
lejjenen  Dorfes  Mixiates,  betj-onnen  habe.  Xach  LoUincfs  Lesunt;,  der  A.  l-"ick  GDI 
143J.  F.  Sonne.  De  arbitris  externis  etc.  15  unti  \\  Berard.  D(>  arbitrio  iiiter  libcras 
Graecoruni  civitates^i  folgen,  sind  in  dem  Streite  zwischen  Hypata  und  Krythrai, 
von  dem  die  Inschrift  meldet,  Bürger  von  Oichalia  Richter  gewesen.  Daß  zu  diesem 
Amte  Angehörige  eines  dem  strittigen  Gebiete  unmittelbar  benachbarten  Städtchens 
berufen  worden  seien,  ist  eine  Annahme,  die  an  sich  die  schwersten  Bedenken 
herausfordert.  Es  läßt  sich  denn  auch  zeigen,  daß  sie  irrig  ist.  Lolling  hat  auf 
der  Vorderseite  des  Steines  Z.  5  ff.,  allerilings  zweifelnd,  weil  die  Abschrift  vor 
C'.y.XTZxl  ein  Z  bietet,  gelesen: 

y.y.[ix-x  ä  r/.pivav  ( l'.'/oü.:- 

[r/üv  o:?]  c:/.x7-y.l  .Wxo/.at):   ilo/.ix- 

[pyCJ.]  i^waTiX'o;  Mo:pt/_o-j.  ■.\|ie- 

[ivox/.fy];  'Avopo^ö-Evo'j.  Fopyiac 

[FopY-So'j  ?.]  'Ap'.T:d5a|io;  "ApisTtovo;. 

Der  Xame  des  ersten  Richters,  richtig  ergänzt,  bisher  IloX'.a[py(i'j].  entschei- 
det. Gegen  IIoÄ:x  [pX^'-^]  kann  eingewendet  werden,  daß  dieser  Abteilung  nach 
die  Zeile  nicht  mit  voller  .Silbe  schlösse.  Allerdings  zeigt  nur  die  Inschrift  der 
anderen  .Seite  in  den  Anfangen  der  Zeilen  die  Teilung  nach  Silben  durchweg 
beobachtet;  die  Inschrift  der  Vorderseite  scheint  nach  Weils  Abschrift  mehrfach, 
Z.  4:  Axji-.  Z.  5:  Xa/,1  (wie  sich  zeigen  wird:  XaA[x:-],  Z.  7:  'A|i£-,  Z.  12:  llpac-, 
Z.  2\:  A'jz-,  gegen  sie  zu  verstoßen,  doch  ist  mir  wahrscheinlich,  daß  am  Ende 
aller  dieser  Zeilen  ein  Buchstabe  verloren  gegangen  ist.  Es  gibt  nur  wenige 
Xamen,  die  mit  llo/.:a-  beginnen;  unter  ihnen  ist  IIo/.''a[-j'poc]  mehrfach  aus  Chalkis 
bezeugt,  z.  B.  IG  U  551  Z.  68,  BCH  XXIV  86  Z.  28  'A'/tv.ewv  IloX'.aypo-j.  Eine 
Suche  in  den  chalkidischen  oder  auf  Chalkidier  bezügliclien  Inschriften  findet  bald 
den  Mann  selbst:  ein  Xr/.ox/.f^;  no/.iaypoj  XaXx'.oeü;  wird  durch  den  von  P.  Perdrizet, 
Bull,  de  corr.  hell.  XXIII  90  veröffentlichten  Beschluß  zum  Pro.xenos  von  .\krai- 
phiai  ernannt.  Den  Archon  Bion,  aus  des.sen  Jahr  der  Beschluß  stammt,  glaubt 
Perdrizet  _vers  Fan  200  av.  J.  Chr."  setzen  zu  können.  Die  Inschrift  aus  Hyjjata 
setzt  Lolling  _etwa  in  die  erste  Hälfte  des  zweiten  vorchristlichru  lalirlumdrrts," 
hauptsächlich  der  -durchgehenden  Anwendung  des  A  mit  gebrochenem  .Mittel- 
strich-  wegen;    _wäre  dieser  liuchstabe  mit  geradem  Mittelstrich  geschrieben,    so 


Inschrilt  aus   J[y|i;»ta  287 

könnte  man  die  Inschrift  unbedenklich  in  das  dritte  Jahrhundert  setzen."  An  der 
Gleichzeitigkeit  beider  Inschriften  ist  somit  nicht  zu  zweifeln.  Ist  es  nun  nicht 
auch  wahrscheinlich,  daß,  falls  ich  diesen  Namen  richtig  herstelle,  'A^£[ivo7.Äf,;] 
der  f)'fs\m'/  ist,  den  die  Urkunde  aus  Chalkis  Bull,  de  com  hell.  XVI  loo  nennt? 
Jedesfalls  hat  der  Xame  der  Stadt  Oichalia  zu  verschwinden  und  an  seine  Stelle 
der  der  Chalkidier   zu  treten.     Ich  lese; 

Aiv:apy_£6v-wv  Asx/.xniäoa  \m- 
to'j  Ayciiäyo'j  Ap:c>-ovoou  AÄ£- 
[£'.]|ixy_0'j,  Iv  ok  'l'-i-y.:  äp/ivtwv 
[.  .  .  .  Aihjxvxoa  no/,c[iäpyo'j  Aa|i.[L'- 
5   [(övjocy-  y.pfjiXTX  a  £7.p'.vav  ol  Xa/.[-/.'.-] 
[oci]:  Z'.y.ocazxl  Xi7.oy.Ä/,;  IIo/.:ä- 
[ypo'j].  ^ü)3-pato;  Jlo'.piyoy.  A[ic[i- 
[voxXf;];  AvSpo'JiHvou,  Fopytag 
[ ]  Apia-öoajxo;  Ap:a-iwvG[s] 

.0    7.tÄ. 

Den  Namen  des  zweiten  Ainiarchen  habe  ich  belas.sen,  wie  ihn  Weils  Ab- 
schrift bietet,  und  nicht  mit  Lolling  A;a)[voc]  gelesen.  Wenn  auch  sonst  nicht  be- 
zeugt, wird  der  Name  doch  nicht  zu  beanstanden  sein,  da  er  sich  zu  Aüri;;;  und 
den  zugehörigen  Vollnamen  so  verhält  wie  'A/.cCo;  zu  'AÄst;;  usw.  Die  Ergänzung 
des  Namens  des  ersten  der  Archonten  von  Hypata  läßt  zu  Anfang  der  vierten 
Zeile  eine  auffallige  Lücke  von  höchstens  vier  Buchstaben,  in  der  ein  ganz  kurzer 
Name  gestanden  haben  muß;  vier  Archonten  nennt  auch  der  Beschluß  GDI  1435. 
Als  sypo;  bei  Verleihungen  der  Proxenie  ist  ein  llGÄ£[.iapyoc  <I>ei5:a  in  den  Be- 
schlüssen aus  Hypata  Bull,  de  corr.  hell.  XV  332  Z.  22;  327  Z.  4  erwähnt;  sicher 
ist  sein  Name  in  der  Urkunde  GDI  1435  Z.  3  f.  zu  ergänzen;  -po3"aT£u6vT(ov  ta; 
£y.7./.r,a{a;  IlGÄ£[|ixpyo'j  tsj]  'l^E.'.o'.y.  -/.-'/..;  ein  Ilo/iiiapyo;  Ai7.z:xpyo'j  wird  mit  seinem 
Bruder  Ayiac  von  den  Hyettiern  durch  den  von  mir  S.  280  veröffentlichten  Be- 
schluß geehrt.  Da  diese  Beschlüsse  derselben  Zeit  anzugehören  scheinen  wie 
unsere  Inschrift,  dürfte  der  in  dieser  als  Archon  genannte  no/.qiapyo;  vermutlich 
entweder  IlG/.ifjLapyo;  $£:5{a  oder  IloXIjtapyo;  liy.7.:y.pyo'j  sein.  Gewagter  ist  es  in 
dem  Zeugen,  dessen  Name  in  der  letzten  Zeile  des  Beschlusses  Bull,  de  corr. 
hell.  XV  332  von  P.  Jamot  und  G.  Deschamps  folgendermaßen  abgeschrieben  ist: 
A<t>ANnZAZ,  den  AOANAAAZ  wiederzuerkennen. 

36* 


In   ilcn   tolyoiuii'ii,    iiu'lir  iiiul   nn'hr  /.(.Tstörtt'ii   ZuiliMi   sind   narh   /.  lo   uuil  i  i 

[ ]  (ov  v.y}.  lo:;  Ix3;xa^&|i£- 

[vo:; ]  (')v  H)vojiäp/(i)'.  xa:  toi;  a- 

dif  ich  antuhro.  ohne  die  nn'iyliehen  Mri^änzunyen  /.ii  crrirtcrn.  Xanicn  im  l)ativ 
mit  zuyehörii;en  \"aternaineii  im  (icneti\-  zu  crki'nncn.  Der  /.  i  )  j^iMianiitc  Scihii 
eines  lloXqiap/o;  kann  dem  Räume  luuii  srlir  wuhl  '.\-;ly.z.  lickaiuit  durch  den 
Reschluli  der  Hyettier  S.  2S0,  gewesen  sein:  denn  dem  /u  I-.ndc  der  voran- 
yfehenden  Zeile  stehenden  Namen  folcft  in  Z.  14  noch  das  Patronyniikon,  /..  I>.  Ntx£[[ai 
N:x£ou].  so  dal3  vor  [A]'.xa:äpy_o'j  nur  wenige  lUichstaben  fehlen.  Vau  \'.v.iy.z  be- 
ijeg-net  noch  Bull,  de  com  hell.  X\'  332,  gefolgt  von  einem  Aa[i6-.f;aviog  (in  der 
Urkunde  über  den  Streit  mit  den  Erythraiern  Z.  14  Aa|ici-);  aber  .selbstvenständlich 
sind  Identificationen,  wo  nicht  der  \'atername  vorliegt,  äu(3erst  gewagt. 
Die  Inschrift  der  anderen  Seite  des  .Steines  lese  und  ergänze  irli  : 

IIöXe:  'Epufrpxi'wv  v.t}.  tS:  ä-C/[5]ixo):  r.i- 

/.£'.  'r-XTXi'iov  T.zy.  ziz  oixa;  ä;  £C£- 

iiv.tpxi  öp£o;  ToO  £x  -y.z  \'/.7.z  £;:[• 

riv  clpav ANAEKABIAT  £- 

5    xp'.vav  v.  Z:y.7.z~.y}.  xatt'ö);  0!  "ooo'.xi- 

ovte;  Onäp  £x[a]T£pav  xäv  7:i/.L(i)[v 

TJH^iovo:   Y£v6|i£vo'.    £X£z,£ua[xv 

xa-aYpa'.}^a'.  tö  xprjia-  ä;:oX£Xu|i[£vav 

£:ji£v  Till  -o/.'.v  T(öv  'X-7nyiij){'i  toO 
10  £vx/.r,|".7.Tc;  xa:  tö  cpo;  li£v[.  .  .  .  zt.I- 

x/.r//  Täc  -ö/.:o;  T(T)v  'r;TaT[ÄCO)v  £:|i£v 

xa:  03a  £x  toO  [EvxÄrjiiaTo;  to'jto-j  '(i- 

YOVcV  äo:xT,|ia[Ta  '\'-y-yJ.v.z  y.y). 

'Efji)-f.a:o:;  7:o[t'  ä/./.y.o'j;  /,£Ä'ja{)-a: ? 
IS   -a  -£  0-OYpa'.f[£v-a  xp:|iaTa  äva- 

Ypa'H-]-''  £[- 

Die  Mitteilung  dieser  Herstellung  mag  genügen  und  weitere  Erläuterung 
einer  künftigen  .Sammlung  der  auf  Rechtsprechung  durch  fremde  Richter  bezüg- 
lichen Urkunden  vorbehalten  bleiben.  Eine  solche  ist  Bedürfnis,  da  die  Zahl  dieser 
Urkunden  seit  E.  Sonnes  wertvoller  Zusammenstellung  sich  sehr  vermehrt  hat 
und  V.  Berards  These  die  Texte   vielfach  in  unzuverlässiger  Gestalt  bietet.     Da.s 


Insclirifl  aus   Ilypata  28y 

Wiirt  änco'.y.o;,  bc^n.'its  von  l,i)llini;-  rirhtiq-  H'edoutet :  äTT:oÄ£Xij|i£va  toO  iy/.ÄTjiiaxo;, 
findet  sich  auch  in  dem  Riclitcrspruchc  aus  Korkyra  I(t  IX  i,  (jg2  in  dem  Satze 
Z.  3:  [txv  |J.£]v  5r/.av  crjiev  ä-oSr/ov,  den  Dittenberger  einleuchtend  erklärt:  sine  dubio 
hoc  siqnificat  arbitros  secundum  reum  sententiam  pronuntiasse  (äTzooo/.aaai,  äno- 
'^ir^Y.rjy.ixYy.'.).  Wie  H.  van  Herwerden  in  seinem  Lex.  g'r.  suppl.  p.  94  behaupten 
kann,  zu  ä~o5;7.o;  bilde  ävunöor/.öv  in  Z.  7  der  Inschrift  den  (iegensatz,  und  V.  Berard, 
De  arbitrio  83.  93,  anoSixo;  bezeichne  den  angeklagten  Teil,  ist  mir  unverständ- 
lich. Den  Hergang  der  Dinge  in  einem  ähnlichen  Fall  erzählt  austührlich  eine  in 
Paros  gefundene  Inschrift  I(j  XII  5,  12S:  — ]o;  v-v).  Kf(:[~c'a;?  —  —  cpepovxsi;  xv. 
Ypä](i|.iaTa  TtpoarjXO-oaxv  "po;  "y//  ijouäYjV  xa;  iy//  r/.x/.Yjat'av  ai-oü|i£voi  t6  5:y.aaTYjptov  v.o'.rTy 
dir)Cp:cra|i£VO'j  §£  toO  0Y;1.iou  xAY;poOv  Stxaaxäi;  xptaxoaiou;  xac  Eva,  ggou;  auvE/^wpY^aav  Tipöj 
aOtoiic  oö  E^  ä|.icpot£p(i)v  iwv  -oÄewv  etiyjXooi.  EÖcj/jyoVTO  al  St'xai  xai  £y£V£xo  sv  xwt  otxacjTr;- 
p:coi  aOXX'j'j'.j  E'JooxYjCjävTOJv  xtov  Tiapovtojv  sc  Exaxspa;  irj;  TiiXswc.  Die  Erwähnung  der 
znif/.ooi  kehrt  in  der  jetzt  in  Leeds  befindlichen  Inschrift  CIG  2265  wieder,  die 
sich  auf  einen  Rechtsstreit  zwischen  Paros  und  Naxos  bezieht,  den  Richter  aus 
Eretria  schlichteten,  Z.  2g  nach  E.  L.  Hicks'  Ergänzung  Journ.  of  hell.  stud.  XI  260: 
xo|-U(j]aL  ok  ■/.%'.  "zrAiz  iiff^/.ivj;.  Exaxsfpwv  xwv  txöXecov  xy/vos  xY(]v  ■j'jÄÄ'jg^v:  es  wird 
xoii.{aaa8-]ai  und  £xxxi[pa;  x/jc  7:öa£(o;  zu  lesen  sein:  die  P'rgänzung  der  Z.  25  xo'j;  os 
7xpo[axäxa;?  (vielmehr:  ;xpo[[jC/ÜAGuc)  xai  xoü;  cxpaxY^Jyoüs  xoüs  'Ep£xp;£or/  habe  ich  'EcpYj[x. 
ap7_.  1892  G.  132  Anm.  4  berichtigt.  Meine  \'ermutung-,  daß  IG  XII  5.  128  ein  Stück 
derselben  Stele  sei,  hat  sich  be.stätigt.  Links  und  oben  gebrochen,  zeigt  das  die  letzten 
30  Zeilen  der  Urkunde  umfassende  Bruchstück  in  Leeds,  von  dem  ich  durch  die 
gütige  Vermittlung  Herrn  Cecil  Smiths  und  des  British  Museum  Abklatsche  erhielt, 
eine  Breite  von  o'325  '",  die  auf  Grund  gesicherter  Ergänzung'en  für  die  .Stele  eine 
ursprüngliche  Breite  von  o-56  '"  zu  berechnen  erlaubt:  das  in  Paros  befindliche 
Bruchstück,  von  dem  mir  Hiller  von  Gärtringen  freundlichst  einen  Abklatsch 
gesendet  hat,  besitzt,  rechts  imd  links  mit  Rand,  schon  dem  Inhalt  nach  dem 
oberen  Teile  der  .Stele  angehörig,  eine  etwas  geringere  Breite,  o'54  '"•  Die  Schrift 
ist  dieselbe.  Auf  die  Urkunde  des  näheren  einzugehen  ist  hier  nicht  der  Ort; 
ich  begnüge  mich  mit  der  Bemerkung,  daß  IG  XII  5,  128  von  Delos  nach  Paros 
verschleppt  sein  muß,  wie  so  manche  andere  Steine,  denn  CIG  II  2265  ist  auf 
Delos  gefunden  und  das  Heiligtum  des  Apollon  hat  als  urs[)rünglicher  Aufstellungs- 
ort der  Stele  zu  gelten.  Von  den  7i:po5:x£ovx£;  OrcEp  Exaxlpav  xäv  -oÄiojv  werden  die 
Hypataier  in  der  Inschrift  der  andern  .Seite  des  .Steines  als  £x5txa;^6(i£voi  angeführt; 
solche  Eyor/.oi  belobt  der  Beschluß  der  Magneten  Inschriften  von  Magnesia  93  Z.  15: 
i■K■|;^Yfp^•a.•.  x&ü;  x£  Ey&r/.o'js  xat  xoüs  .  £  —  —  inl  xwt  7ipo{W|iws  Txpoacjxfjva:  ü-£p  xöiv  xf;; 


.-.1  ^  A.    WillK-lm.   Il)^^■luil■l   ;uis   lly|.,it;. 

-x-z.i'.;  o.y.xww.  llpoS;xx3Tai  der  Städto  Milctos  viiul  Myus  orwälml  die  Inscluit't 
Sitzungsber.  Akad.  Borlin  moo  S.  lu  /..  13:  iliosclhc  Siclhm^  als  -[>o5;/.ac-:at, 
£y5:xo:  oder  iTd/.oo:  wird  den  MämuTii  zugekommen  sein,  <li<',  \  iTunitlirli  ji'  sechs 
an  Zahl,  in  den  Urkunden  über  den  (nenzstr.'it  zwischen  Samus  und  l'riene 
Inscr.  Brit.  Mus.  403  ab  Z.  13  ff.  genannt  sind:  oixa'.oAoyr^aaiJievwv  -(ov  ai[>si)£V-(ov 
Orö  ji£v  ISa^iiiov  xxÄ..  Z.  14  [O-ö  Si  llpu^vstüv].  "A-ooixsto  begegnet  aueli  in  der  "K-.fy^|i. 
äf/.  U101  3.  1:17  veröffentlichten,  leider  verstümmelten  Urkunde  aus  l.arisa  über 
einen  merkwüriligen  Rechtsstreit  Z.  jq;  daß  Z.  21  ff.  eine  Klageschrift:  JvJ'.JiTtCis 
AiT/ivo'j  iIü)3-px-ov  IvJ3-:pa[>,  erhalten  und  Z.  22  (.ir^vjl  T(oi  Hü(ot,  Z.  23  \\pxvfi'jnz6]leioi, 
Z.  25  statt  £C£'/T(]vox£v  [lljioutov  zu  lesen  ist  i;Evrj]vox£v[a]t  [aJCitöv,  ist  dem  Herau.s- 
geber  entgangen.  Xdz  als  ürtsbezeichnung  ist  deshalb  bivichtensw  ert.  weil  .Sirabun 
VllI  34S  eine  alte  Stadt  dieses  Xamens  in  der  Gegend  von  lA'preon  kennt;  nach 
der  Ansicht  einiger  Krklärer  war  sie  Gegenstand  des  .Streites  zwischen  Arkadern 
und  Pyliern,  der  in  der  llias  VII  135  erwähnt  ist,  und  war  in  diesem  \'erse  Xaaj 
(nicht  'IiEiä:)  -if  -zb/tGai-i  zu  le.sen.  Der  Accusativ  nach  0-sp  Z.  6  ist  nicht  zu  ändern. 

Zu  £-•  Tiv  oipav  vergleiche  ich  ■/.%-%  Sipav  in  der  Inschrift  aus  Messene  liull. 
de  corr.  hell.  V  150  (GDI  4646)  nach  der  von  mir  Ath.  Milt.  X\'J  345  berichtigten 
Lesung;  über  das  auch  als  Ortsname  verwandte  Wort  W.  Schulze,  Quaest.  ep.  95; 
Dittenberger  zu  Sylloge  514  Z.  14;  Dürrbach,  Bull,  de  curr.  hell.  XXIX  131.  135. 
Vor  Ixp'.vav  scheint  der  Name  dieser  Sepa  ge.standen  zu  haben;  vielleicht  ist 
[■/.x/»0'JiJi£]vav  AEKABIAZ  zu  lesen;  LoUing  hat  wiederum  ()i/aÄ]ia^  erkennen  wollen. 
Der  Name  des  Berges  selbst,  dem  der  ganze  Streit  gilt,  war  in  Z.  10  genannt. 
Zu  Z.  12  verweise  ich  auf  die  eben  besprochene  Urkunde  über  die  a'jXÄ'jai;  der 
Streitigkeiten  zwischen  Faros  und  Naxos  durch  Richter  aus  Kretria  C'IG  2265, 
Journ.  of  hell.  stud.  XI  260  Z.  4  ff.,  die  \'crträge  zwischen  Olympos  und  Aigai 
Michel  13:  -X  i-(y'/.i,\ix-x  izx  eov  AiyaEa;;'.  ■/.%:  "OÄuii-r^vcic  äpdaö'e  rä;  Ö[ic//.oyi5:;  -xvra 
5'.a/.£/.•Jal^a'.,  und  zwischen  Lato  und  Olus  Bull,  de  corr.  hell.  III  290  Z.  27,  XXIX  204 
Z.  13  (vgl.  Bull,  de  corr.  hell.  XXIX  576)  -y.  5i  xpiiliv'a  xa!  «vaYpa'.f£vta  biib  t:6)V 
Kvüjafwv  'ji^jx:x  v.x:  •/.'v/.y.  f^juv  i;  töv  cinTny.  /pövov  xxi  j.ir,x£-:'.  •j-oAB.'.TZB'j'&y.:  aO-roi;  E^xÄr^ia 
[ir,il-£|i  -af£-jpi'£'.  jir,5£|i'.ä:.  In  der  letzten  Zeile  der  Inschrift  aus  Hypata  bietet  Lollings 
Abschrift  TPAYATE/».  die  Umschrift  gleich  unver.ständlich  y^x'-fx  i£[|i  — :  .so  bleibt 
Lesung  und  Ergänzung  unsicher.  Mein  Vorschlag  sieht  in  der  leider  .so  verstüm- 
melten Urkunde  der  einen  Seite  der  Stele  (nach  LoUing  der  Vorderseite)  eben  die 
Aufzeichnung  der  xp{[ia-a,  welche  das  auf  der  anderen  .Seite  eingetragene  .Schrift- 
stück als  O-OYpa-fcVTX  (nicht  auf  dem  Steine)  erwähnt. 

Athen.  A.  WILHKLM 


291 

Römisches  Grabmal  aus  Oberitalien. 

Tafel   11,    Iir. 

Durch  die  allseits  spendende  Freigebig-keit  Seiner  Durchlaucht  des  regieren- 
den Fürsten  von  Liechtenstein  gelangte  im  Jahre  1896  das  auf  der  Doppeltafel 
II,  III  in  vier  Ansichten  abgebildete  Grabdenkmal  in  die  kaiserliche  Antiken- 
sammlung, wo  es  im  zehnten  Saale  aufgestellt  ist.')  Einige  Jahre  früher  erwarb 
es  der  Fürst  bei  dem  Kunsthändler  Ricchetti  in  Venedig.  Es  kam  aus  dem 
Palazzo  Grimani  bei  Santa  Maria  Formosa  und  war  auf  dem  Markte  wohl  eines 
der  letzten  Stücke  einer  Sammlung  von  Antiken,  die  im  dritten  und  vierten 
Decennium  des  vorigen  Jahrhunderts  unter  den  venezianischen  Privatsammlungen 
die  erste  war  und  nebst  der  Colossalstatue  des  Agrippa  und  manch  anderem 
kostbaren  als  ihr  bestes  die  beiden  von  demselben  hochsinnigen  Kunstfreunde 
nach  Wien  gebrachten  und  dem  kunsthistorischen  Museum  gewidmeten  berühmten 
Brunnenreliefs  enthielt.  Unter  den  Piesuchern  des  Palastes,  die  die  Sammlung 
noch  vollständig  sahen  und  über  ihre  Eindrücke  berichteten,  spricht  nur  W.  F. 
Rinck  von  dem  seiner  tektonischen  Form  nach,  wie  es  scheint,  einzigen,  in  seinen 
bildlichen  Darstellungen  ungewöhnlichen  Monumente.  Seine  Beschreibung  gilt 
aber  nur  den  Nebenseiten  und  der  einen  Längsseite  und  ist  von  Verkehrtheiten 
und  Irrtümern  voll.-)  Schon  bei  Ricchetti  fand  es  im  Frühjahre  1877  Heinrich 
Heydemann,  der  in  einer  kurzen,  doch  lehrreichen  Mitteilung  dem  eigenartigen 
Interesse,  das  das  kleine  Denkmal  bietet,  gerecht  wird.^)  In  folgenden  Zeilen  soll 
nur  einiges  berichtigt,  anderes  hinzugefügt  und  aus  dem  von  dem  emsigen 
Archäologen  bereits   herbeigebrachten  Material  Naheliegendes   g'efolgert  werden. 

vSeltsamerweise  wagt  Heydemann  über  die  Bestimmung  des  Monumentes 
nicht  zu  entscheiden  und  stellt  in  Frage,  ob  es  ein  „Blumenkasten"  oder  ein 
..Kindersarkophag"  war.  Aus  Kalkstein*)  gearbeitet,  von  schmaler  rechteckiger 
Grundform,  an  den  Langseiten  bekrönt  von  einem  sanft  ansteigenden  Giebel, 
mißt  es  0-524'"  in  der  Höhe  und  ist  an  den  Langseiten  o-6i  ™,  an  den  .Schmal- 
seiten o'235™  breit.   Der  obere  Teil  ist  bis  zu  einer  Tiefe  von  021 — oio"'')  regel- 

')  Übersicht  der  kunstbist.  Samml.  (1904)  S.  80.  Verscliwiegenheit  schwur.)  Ein  Sack  häii};!  an  der 
^)  Kunst-Blatt  182S  n.  42  S.  166:  „Eine  vier-  Wand.  Auf  der  einen  Nebenseite  trägt  eine  Ge- 
eckige Todtenkiste  mit  Vorstellungen  aus  dem  Kreis  stall  etwas  auf  dem  Kopf,  und  auf  der  andern  hält 
der  Mysterien.  Auf  der  Vorderseite  halten  zwey  ein  Mann  in  jeder  Hand  einen  Korb." 
sitzende  Personen  ein  Tuch,  worein  eine  andere  ^)  Drittes  hallisches  Winckelmannsprogramm: 
etwas  zu  legen  scheint,  welche  dabey  den  rechten  Mitteilungen  aus  den  Antikensammlungen  in  Ober- 
Zeigefinger  zum  Zeichen  der  geheimnißvollen  Hand-  und  Mittelitalien  (187g)  S.  18  f. 

lung  auf  den  Mund  legt.  (Man  wird  an  die  Nach-  ■*)  Nicht  aus  Marmor,  wie  Heydemann  angibt, 
rieht  des  Clemens  von  Alexandria  protrept.  p.  18  *)  Unter  der  Giebelspitze  und  an  den  Eck- 
erinnert,    daß    der    Einzuweihende    auf    einem     Fell  akroterien   gemessen. 


2g2  K.  V.  Sclinci.lcr 

mäßic:"  »"ni  sorgfältig;  mit  dein  Spit/.eisen  ausot>lu")liU.  (Iml.i  j^i-niig,  um  dii'  Koste 
einer  verbrannten  Leiche  mit  einigen  LiebesgabtMi  in  sich  aur/mii-hmcn.  war  der 
Hohlraum  nach  oben,  wie  es  die  einwärts  abgeschrägten  Kanten  der  (liebel  be- 
weisen, rechts  und  hnks  durch  eingepaßte  liölzerne  Kri'ttrhe-n  oder,  was  wahr- 
scheinlicher, durch  eigens  hiefür  bereitete  Ziegelplatten  bedeckt,  während  ein  dem 
wagrecht  verlaufenden  Ansätze  über  den  (iiebelspit/.en  angefügter,  aus  Kalk>tein 
gearbeiteter  Mittelakmter  d(^n  \'(M-schlu1.i  vervollständigte  und  das  (ianze  bekrönte. 
Er  mag  so  massig  gestaltet  gewesen  sein  wie  die  Eckakroterien  und  war  viel- 
leicht gleich  diesen  mit  Blättchen  verziert.  Die  Bildfelder  der  Langseiten  begrenzen 
korinthische  Pila.ster,  deren  Schäfte  die  an  spätrömischen  Monumenten  so  luliebte 
stilisierte  Weinranke  schmückt.  Die  in  mäßigem  Relief  ausladenden  (iruppen 
innerhalb  der  Pilaster  stehen  auf  schemelartigen  Untersätzen.  .Sie  verengen  das 
Bildfeld  fast  um  ein  Drittel  .seiner  Höhe,  so  dal3  die  in  wohlerwogencMi  Gröl3en- 
verhältnissen  gebildeten  Figuren  im  Sinne  antiker  Raumfüllung  die  Höhe  des 
Gebälkes  bequem  erreichen,  und  sie  lassen  in  anmutiger  Weise  den  stuf^n- 
förmigen  Unterbau  ausklingen,  auf  dem  wir  uns  die  Aschenkiste  —  nur  als  solche 
kann  das  Denkmal  gedient  haben  —  innerhalb  einer  Grabkammer,  xon  allen 
Seiten  .sichtbar,  frei  aufgestellt  drnkc^i.  I)ii>  Arbeit  des  l'ildwerkes  mit  Hevd(>- 
mann  „roh^  zu  nennen,  geht  nicht  an.  X'ielmehr  zeigt  sich  durch  die  Verwitterung 
hindurch  die  geübte  Hand  eines  tüchtigen  .Steinmetzes,  der,  des  Zweckes  und 
der  Wirkung  .seines  Werkes  sich  voll  bewußt,  überlieferte  Typen  dem  gegebenen 
Räume  geschickt  anzupassen  und  sie  in  einer  dem  Materiale  naturgemäßen  Derb- 
heit charakteristisch  auszuführen  verstand. 

Der  sepulcralen  Bestimmung  des  Denkmales  entsprechen  die  Dar.stellungen. 

Auf  der  einen  Breitseite,  die  als  die  Vorderseite  der  Aschenkiste  gelten 
muß,  sehen  wir  Bacchus,  wie  er  berauscht  in  die  Arme  dir  Ariadne  oder  einer 
Mänade  sinkt.  Beide  Gestalten  sitzen  auf  gepolsterten  .Stühlen  voneinander  ab- 
gekehrt, ihre  Köpfe  aber  einander  nähernd;  beide  sind  nackten  Oberkörpers  und 
nur  mit  einem  um  die  Beine  gewickelten  Mantel  bekleidet.  Bacchus  legt  die 
rechte  Hand  auf  den  Hinterkopf  und  streckt  den  linken  Arm  weit  aus.  Indem 
diesen  Ariadne  mit  ihrer  Linken  erfaßt,  .stützt  sie  den  sinkenden  Körper  des 
Gottes,  und  ihre  Rechte  auf  dessen  Schulter  legend,  scheint  sie  den  .Schlummer- 
bedürftigen sanft  niederdrücken  und  sein  wein.schweres  Haupt  in  ihrem  Schöße 
betten  zu  wollen.  T5eide  Figuren  bilden  eine  durch  Contraste  und  Verschiebungen 
mannigfaltig  belebte  Gruppe,  die  der  Anmut  nicht  entbehrt  und  kün.stleri.sch  das 
beste  im  Bildschmucke  des  kleinen  Denkmales  ist.  Links  lehnt  der  Thyrsos,  falls 


Römisclies  Grabmal  aus  Oberitalien  293 

er  nicht  als  der  Hand  des  Gottes  entfallen  zur  Erde  gleitend  gedacht  ist.  Auf 
seinem  Stocke  läuft  ein  winziger  Panther  hinauf.  Im  Hintergrunde  und  deshalb 
in  schwächerem  Relief  ausgeführt  steht  jederseits  auf  hoher  Mauer  an  die  Kante 
vorgerückt  eine  Statuette:  rechts  die  eines  tänzelnden  Satyrs  mit  geschultertem 
Pedum,  links,  größer  und  etwas  tiefer  gestellt  als  ihr  Gegenstück,  eine  schrei- 
tende Diana  als  Jägerin  in  kurzem  Kleide  mit  Köcher  und  Bogen,  von  Hirschen 
begleitet.  Ahnlich  hoch  pflegte  man  in  Priene  Tonfiguren  auf  den  Zahnschnitt- 
gesimsen der  Wohnhäuser  aufzustellen,'')  doch  der  Felsgrund  unter  den  Füi3en 
der  Ariadne  weist  uns  ins  Freie  und  gestattet  nicht,  hier  einen  geschlossenen 
Wohnraum  anzunehmen. 

Es  ist  als  antike  Sitte  nachzuweisen,  Verstorbene  im  Bilde  einer  Gottheit 
auf  ihr  Grab  zu  setzen.  Jünglingen  gab  man  die  Gestalt  des  Hermes,')  Knaben 
die  des  ,,x\pollino"  *)  oder  des  schlangenwürgenden  Herakles,")  Mädchen  die  der 
Artemis.'")  Auf  einem  makedonischen  Grabsteine  erscheint  ein  Geschwisterpaar 
als  Apollon  Kitharoidos  und  Artemis.")  Diese  Costumierung  der  Verstorbenen 
legte  den  Interpreten  den  Gedanken  an  deren  Heroisierung  und  Divinisierung 
nahe.'-)  Gewii3  häufig  mit  Recht.  Aber  oft  dürfte  sie  kaum  anders  zu  verstehen 
sein,  als  wenn  Damen  der  Kaiserzeit  in  der  Stellung  berühmter  Aphrodite.statuen 
gebildet  wurden  und  in  den  Zeiten  der  italienischen  iKunstblüte  die  Lucchesin 
Lucrezia  Buonvisi  sich  als  heilige  Ursula  malen  ließ ''')  oder  Florentiner  Künstler 
Knabenbildnisse  mit  dem  Tierfelle  und  dem  Rohrkreuze  des  heiligen  Johannes 
ausstatteten.  Und  wie  zu  letzterem  die  wirkliche  Costumierung  von  Knaben  bei 
der  jährlichen  Johannisfeier  aufforderte,  war  auch  ähnliches  im  Altertume  der 
P^all.  So  erfahren  wir  aus  dem  Romane  des  Ephesiers  Xenophon,  daß  bei  der 
Prozession  der  großen  Göttin  junge  Mädchen  in  der  Tracht  der  jagenden  Artemis 
einherschritten.'^)  Das  Beispiel  der  Claudia  Semnes,  die  in  ihrem  Columbarium 
in   dreifacher  Gestalt,  als  Fortuna,    als  Spes  und  als  Venus  stand,'-^)  erläutert  dies 

'')   Arch.  Anzeiger  1897  S.  182.   Vgl.  auch  Clarac  dem    Sarkophage    in    Belluno,    J-i'n'l'-    der   kunsthist. 

124;    153.  Samml.  XII  77   Anm.  6. 

')  Ath.  Mitt.  III  97  ff.  (G.  Kürte).  ")  Heuzey,  Mission  archeologique  de  Macedoine 

äj  Amelung,  Führer  durch  die  Antiken   in  Flo-  236  ff.     Die  Mutter  darunter  ist  schwerlich  als   Leto 

renz  57  f.  Sculpt.  des  Vatic.  Mus.  I   228   n.  83c.  zu  fassen. 

'j  Journ.  of  hell.  stud.  XII  319;  im  Texte  S.  318  '')  B.   Schröder     in     den     Bonner    Jalirbüchern 

ist  das  Motiv  nicht  erkannt.  Vgl.  Matz-Duhn  n.  341 1.  108/109  S.  55  ff. 

'")  CIL  VI  2,   10,958;    vgl.  dagegen  den  Grab-  ")   Salv.    Bongi,    Storia    di    Lucrezia    Buonvisi 

stein  in    Ivonstantinopel,    Gazette  arch.  1878  Taf.  3,  Lucchese  (Lucca   1864)  p.  114. 
wo  Artemis  auch   auf  dem   Grabsteine  eines  Mannes  '')  Ephes.  I  2   ed.  Locella. 

erscheint.     Eine  Frau  auf    der    Jagd    als  Diana  auf  '^i  CIL  VI    I55''3i   '55'54' 

Jahreshefte  des  österr.  archäol.  Institutes  Bd.  Vin.  3y 


U.   V.   Schnciilcr 


Fi".   Ih"*      Von   einem   (iralislcin  aus   Turin. 


Spii'l  in  l''iirnii'ii  auf  ilas  ilcullirlistt». 
liiliKn  man  aber  den  1  Oli-n  als  Dio- 
nysos, so  scliliel.it  (iifs  die  lilcc  an 
dosson  Vcrjvöttliohuni;-  wohl  in  sich. 
„.\(1  liabitnm  Di'i  LihiM'i"  vori'hrt 
liri  Apulrjus  "'1  dii'  traucrnilc  Clia- 
riii-  ilircn  iVcxontlifli  crniordotiMi 
(ialUMi.  .Vuf  di'in  Dcckol  eines 
rc'iiiii.schen  Sarkopha,L;es  ruht  der 
darin  beigesetzte  Saturninus  aut 
einer  Klinc,  nackten  Oberleibes, 
das  Haupt  mit  Weinlaub  bekränzt, 
einc^  Trinkschale  in  der  Linken. 
F.in  darunter  geschriebenes  h'.pi- 
gramni  in  griechischer  Sprache  bek(Mint  offen  dii'  Absieht  der  l-dleru,  den  früh 
verstorbenen  Sohn  als  Dionv.sos  darzustellen.'^)  Danach  dürfte  es  keine  müßige 
Fra'j'e    sein,   oh    nicht    auch   auf  unserer  Aschenkiste    der  Tote,   dessen   Reste   sie 

birgt,  im  Bilde  des  trunkenen  l>acchus  ge- 
meint sei,  obgleich  nicht  bestritten  werden 
soll,  daß  er  hier  auch  in  dem  allgemeine- 
ren   .Sinne    wie    auf    den    .Sarkophagen    der 

indische  Triumph    des   Gottes  oder   die  Auf- 

y    ^1^^  B^k         züge  seines  Thiasos  eine  befriedigende  Deu- 

j  .'    ^^*^^fc  'm^M        tu";?  fände. 

\,  '  i         ,^ftU '  Die    Figuren    auf    di^n   .Schmalseiten   der 

*         ^1»  .7J  ^K  Ki.ste     sind      der     Wirklichkeit    c-ntnomnien  : 

/       J^m     *-^  j  ■*       -^m  junge   Feldarbeiter    in    geschürztem    und    ge- 

■  ^^F        £    •_i^M^^        gürtetem  Kleide    mit    kurzen    Armein,    wohl 
^  ^Kv  44^^^K  ^^^^^^I        ^^^  vSklaven  des  Toten  zu  fassen,  die  die  Er- 
trägnisse des  Bodens  heimbringen.    .Sie  sind 
zueinander  in  Gegensatz  gestellt,    indem  der 
liy.  69    Von  einem  Grabcippus  .lus  Turin.        eine  die   Arme   erhebt,    um    auf  dem   Kopfe 

")  Mctam.  VIII  7  cd.  van  der  Vlicl.   Vgl.  Carm.  späteren  Editoren   seit  fast  achtzig  Jahren   ilim  nacli- 

lal.  epigr.  ed.  Buechclcr   II09  v.  351.  schrieben],  IG  XIV  I99O,  Epigr.  Anlh.  Palat.  vol.  II t 

">  Abgebildet  in  BoUaris   und    Foggini    Musco  Ced.  Cougnyj    cap.  II   700.      Ich   folge    mit    Foggini, 

Capilolino  IV  301.     Das  Epigramm  ebd.  p.  302  [und  Roß  u.  a.  dessen   schlichtem  Wortsinne, 
nicht  .S.  237,  wie  Welcker  einst  irrig  .-ingab  und  die 


Römistlics   (iralimnl   nus   OI)crit;ilie 


295 


einen  gefüllten  Korb  zli  stützen,  der  tmdere  die  Armi'  senkt,  um  in  jeder  Hand 
einzeln  ein  Gerät,  in  der  Linken  ein  Körbchen  mit  Früchten,  in  der  Rechten 
ein  eigentümlich  geflochtenes  Deckelgefäß,  an  seinem  Bügelhenkel  zu  tragen. 
Hiemit  verwandte  Gestalten  sind  nicht  selten  auf  spätantiken  Grabsteinen,  wo- 
gegen sich  nur  wenig  Analoges  für  die  Darstellung  auf  der  zweiten  Breitseite 
beibringen  läßt. 

Wir  sehen  zwei  Männer  beim  Brettspiel.  Mit  der  Tunica  und  einem  nach 
griechischer  Art  um  die  Beine  geschlungenen  Mantel  bekleidet,  sitzen  sie  auf  ge- 
polsterten lehnlosen  Stühlen  einander  gegen- 
über. Ihre  Füße  setzen  sie  auf  eine  ge- 
meinsame Fußbank  und  ein  Spielbrett 
liegt  auf  ihren  Knien.  Es  zeigt  keine 
Einteilung  in  Felder.  Zehn  runde  .Steinchen 
lieg"en  darauf.  Der  Mann  rechts  schiebt 
mit  der  i^echten  Hand  ein  Steinchen  voi", 
dawider  sein  Mitspieler  links,  den  Zeige- 
finger der  rechten  Hand  ausstreckend, 
etwas  einzuwenden  scheint.  .Schwerlich  ge- 
nügen diese  wenigen  Anhaltspunkte,  um 
die  Art  des  Brettspieles,  das  die  beiden 
Männer  beschäftigt,  zu  bestimmen.  Dem 
Spieler  links  steht  als  „Kibitz''  eine  Frau 
zur  Seite,  als  solche  durch  den  Haarschopf 
im  Nacken  kenntlich.  In  der  Linken  hält 
sie  einen  Spielstein  und  ein  Geldbeutelchen, 
die  Rechte  legt  sie  nachsinnend  an  das 
Kinn.  Links  oben  hängt  an  der  Wand  an 
einem  großen  runden  Nagel  ein  Sack,  der  vielleicht  zum  Aul  bewahren  der  Spiel- 
steine dient/*)  an  seinen  Zugschnüren.  Als  Ort  der  Scene  ist  ein  gedeckter 
Wohnraum  anzunehmen. 

Die  Darstellung  reiht  sich  der  kleinen  Anzahl  ähnlicher  an,  die  aus  dem 
Altertume  uns  g-eblieben  sind:  in  einer  athenischen  Terracottagruppe,'")  auf  einem 
Fresco  aus  Pompeji,-")  auf  einem  nur  in  einer  kurzen  Beschreibung  bekannt  ge- 

")  Nach   den  Zipfeln  an  seinen  Enden  und  den  '')   Winter,  Typen  der  figürl.  Terracotten  II  4654. 

Fältclien    oben   am  Zuge   kann    der  Sack  aus  Leder,  Schreiber,  Culturhist.  Bilderatlas  80,  4b. 

Linnen  oder  sonst  einem  weichen  StoiTe  sein;  er  ist  ^'')  Sogliano,  Pitture  murali  in  „Porapei  e  la  re- 

demnach  kein  cpop|i£axoj  wie  Heydemann  a.a.O.  wollte.  gione  sott,  dal  Vesuvio"  (1879)  no.  657 >  Notizie  degli 


V^ou    einem    Grabsteine  aus  Acqui. 


rOO  R.  V.  Sclmciiicr,   Römisches   C.r:ü>m:il   aus   OUcrilalicii 

wordenen  römisclien  Sarkophage-')  und  aut  cim-r  (u'iiinii\-"-')  Näher  und  bedeut- 
samer ist  die  Verwandtschaft  unseres  Ri-liefs  mit  Reliefhihlern  auf  drei  (irabsteiiien 
im  könighclien  Museum  zu  Turin.--')  Der  eine  (Fig.  08),  1802  an  der  Porta  Pa- 
lazzo  in  Turin  selbst  gefunden,  zeigt  unter  dem  Inschriftfelde  zwei  Spieler  auf 
l.ehnstühlen  an  einem  vicreckig"en  Tische  sitzend.  T^rei  Zuschauer,  einer  zwiscluMi 
beiden  stehend,  die  zwei  anderen  hinter  dem  .Stuhle,  bezeugen  ihren  Anteil  durch 
sprechende  Ge.sten  und  Bewegungen.-')  Auf  der  Nebenseite  eines  Grabcippus  {Fig.69), 
der  achtundzwanzig  Jahre  später  an  derselben  Stelle  zum  Vor.schein  kam,  sehen 
wir  ein  Ehepaar  allein  beim  Spiele.-''')  Hohe  Korbstühle  bieten  ilim  bequemen 
Sitz,  eine  Abacusplatte  liegt  auf  den  Knien  der  Spielenden.  Der  dritte  Grabstein 
(Fig.  70)  stammt  aus  Acqui.-"^  Wiederum  finden  wir  auf  ihm  zwei  sitzende  Männer 
mit  dem  Spielbrett  im  Schöße  und  zwischen  ihnen  einen  zuschauenden  Knaben 
in  kurzem  Kleide,  auf  einem  Schemel  stehend.-')  Bei  der  Seltenheit  der  Dar- 
stellungen von  Brettspielern  auf  antiken  Monumenten  mul.l  ihr  Vorkommen 
auf  drei  ziemlich  gleichzeitigen  Denkmälern  aus  einander  so  nahen  Orten,  wie 
Acqui  und  Turin  es  sind,  überraschen,  und  da  auch  sonst  unsere  Aschenkiste  in 
Material  und  Arbeit  den  drei  Grabsteinen  gleicht,  wenn  sie  sie  auch  an  künst- 
lerischem Werte  übertrifft,  so  darf  man  daraus  ihre  Herkunft  aus  T.igurien  oder 
dem  Piemont,  jedenfalls  aber  aus  Oberitalien,  folgern.  Hier  in  den  gesegneten 
Ebenen  mochten  die  wohlhabenden  Grundbesitzer  des  Spieles  um  so  mehr  sich 
erfreuen,  als  die  hoch  entwickelte  Cultur  der  Landschaft  das  Jagdgebiet  immer 
mehr  zu  verengen  begann.  Und  Jagen  wie  Spielen  galt  doch  damals  vielleicht 
noch  mehr  als  sonst  als  Lebensgenuß,  wie  denn  eine  noch  erhaltene  Spieltafel  '^'*) 
in   ihrer  Inschrift  verkündigt: 

vctiari.  lavari.  liiJcrc,  vielen- :  hoc  est  viverc. 

November  1905.  R.  v.  SCHXl.lDI.R 

scavi  T876  Taf.  C;  Presuhn,  Pompeji  Abt.  V  Taf.  7;  '"•)  CIL  V  7510;  Dütschke  IV  n.  23. 

Schreiber,    Culturh.    Atlas  78,  6;    Gusman,    Pompei  ")  Dütschke    hält    ihn    für   einen    Sklaven,    der 

S.  251   [vielleicht  nur  ein   Würfelspiel].  (las  Brett    hält,    eine  Deutung,    der   der  hohe  .Stand- 

")  Matz-Duhn,    Antike   Bildwerke    in    Rom    II  punkt  der  Figur  und  ihre  Armhaltung  entgegen  ist. 

n.  305C  (zwei  Kinder).  ''*)  M.  Ihm,  Römische  .Spicltafeln  in  den  Bonner 

"j  Amethyst    der   Sammlung    des    Herzogs    von  Studien,  R.  Kckule  gewidmet  S.  238  n.  48.   —  Der 

Luynes,  Bullet.  Napol.  N.  S.  I  8,  5.  vorstehende    Aufsalz    war   bereits   gedruckt,    als    mir 

'^  Hier  abgebildet  nach  Photographien,  die  der  das  neue  Buch    W.  Allmanns   „Die  römischen  Grab- 

Güte   des  Directors   der  S.immlung,    Herrn   Dr  Kran-  steine  der  Kaiscrzeit"  (Berlin  1905)  zukam,  wo  unter 

cesco  Ballerini,  verdankt  werden.  n.  20'j  die  Abbildung  der  V'orderseitc  unserer  Aschen- 

**;  CIL  V7046;  Dütschke,  Ant.  Bildw.  in  Ober-  kiste  und  ihre  Beschreibung  gegeben   ist.     Der  Text 

Italien  IV  n.  43.  regt  zu  keiner  nachträglichen   Bemerkung  an. 

^)  CIL  V  7109;   Dütschke  IV  n.  31. 


BEIBLATT 


Antike  Denkmäler  in  Serbien. 


Im  nachstehenden  Berichte  leyt  der  Unterzeich- 
nete die  Ergebnisse  der  im  Jahre  1904  von  ihm  unter- 
nommenen archäologischen  Excursionen  in  Serbien  vor. 

Moesia  superior. 
I.  Praovo. 

Sculpturen. 

1.  (Nach  brieflicher  MiUeilung  des  Herrn  K. 
Milutinovic,  Gymnasiallehrers  in  Ncgotin;  ebenso  n.2 
u.  3.)  Weibliche  Gewandstatue  aus  weißem  Marmor, 
ohne  Kopf,  h.  I'36™,  mit  der  Plinthe  r5o'".  R.  Stand- 
bein, r.  Arm  abgebogen  (der  Ellbogen  abgeschlagen) 
und  auf  die  Brust  gelegt;  1.  Arm  nach  abwärts  an 
den  Oberschenkel  gelegt.  Die  Kleidung  besteht  aus 
einer  faltenreichen  Tunica,  unter  welcher  die  Füße 
hervorkommen,  und  einer  ebensolchen  Palla,  die  bis 
unter  die  Knie  reicht  und  den  rechten  Arm  bis  auf 
den  Ellbogen  sowie  den  ganzen  linken  Arm  verhüllt. 
Auf  der  unteren  Fläche  der  Plintlie  ein  Dübelloch, 
t.  O'Oj".  Gefunden  im  westlichen  Teile  des  Dorfes 
Praovo;  jetzt  ebendort. 

2.  Weibliche  Gewandstutue  aus  weißem  Mar- 
mor, ohne  Kopf,  h.  l'jS"",  mit  der  Plinthe  l"58"'. 
L.  .Standbein;  der  r.  Arm  abgebogen  auf  die  Brust 
gelegt;  der  1.  Arm  hing  längs  des  Oberschenkels 
herab,  ist  aber  nur  bis  unter  dem  Ellbogen  erhalten. 
Die  Kleidung  besteht  aus  einer  faltenreichen,  bis 
zum  Boden  reichenden  Stola  und  aus  einer  eben- 
solchen, bis  nahe  an  die  Knöchel  reichenden  Palla, 
die  den  ganzen  r.  Arm  und  das,  was  von  dem  linken 
erhalten  ist,  einhüllt.  R.  unten  sitzt  auf  einer  Er- 
höhung ein  kleiner  Knabe,  dessen  Kopf,  1.  Arm  und 
1.  Bein  abgeschlagen  sind.  Auf  der  oberen  Fläche  der 
Plinthe  eine  wohl  von  unberufener  Hand  roh  ein- 
gekratzte Inschrift;  die  Buchstaben  h.  0'033  bis  0'02"'. 
Fund-  und   Standort  wie  bei  n.  I. 


/jJ[cvSS£i=^    p' 


Ichra  stwiliia)': 


Architektur. 

3.  Runder  .Säulenschaft  aus  Granit,  1.  4'8o'°, 
Durchmesser  in  der  Mitte  O'öS",  an  den  verdickten 
Enden  072 "'.  In  der  oberen  und  unteren  Fläche 
befindet  sich  je  ein  Dübelloch.  Gefunden  in  Praovo 
an  einer  Stelle,  wo  auch  viele  große  Steinplatten 
zum  Vorschein   gekommen   sind;   liegt  ebenda. 

Mosaik. 

4.  (Nach  Angaben  des  Herrn  K.  Milutinovic.) 
Mosaik  aus  weißen  und  schwarzen  .Steinwürfeln,  die 
0'0I5 — O'OlS"  1.  und  br.,  und,  wie  es  scheint,  ab- 
wechselnd ungefähr  o'o8™  und  0"04™  d.  sind.  Ge- 
funden in  Praovo;  jetzt   ebenda. 

Gegenstände  aus  Ton. 

5.  Rundes  Rohr  aus  schwärzlichem  Ton,  lang 
O'OQ™,  äußerer  Durchmesser  an  dem  einen  Ende  0'05°, 
an  dem  anderen  0'04".  Der  innere  Durchmesser  ist 
beiderseits  der  gleiche,  weil  die  Dicke  der  Wand  auf 
der  einen  Seite  O'OI"'  und  auf  der  anderen  O'OS"" 
beträgt.  Nahe  am  engeren  Ende  läuft  ringsum  eine 
Rinne.  Um  das  Rohr  geht  in  fünf  oder  sechs  Win- 
dungen eine  erhabene  Spirale.  Gefunden  in  Praovo; 
jetzt  im  Nationalmuseum  zu  Belgrad. 

6.  Stark  fragmentierte  Lampe  aus  rotem  Ton 
mit  einem  Henkel  in  der  Form  eines  roh  gebildeten 
Kopfes.   Fund-  und  Standort  wie  bei  n.  5. 

Münzen. 
Für  das  Belgrader  Museum   bestimmt. 

Imp.    C.  \M.    A']iir.    Pi-üb[us   Aug.   R.    Viiiiis  Aug. 
Bronze.  Cohen  803. 

D.  n.Vakiitinianus pi. f.  Aug.  K.GlorLi Roiiuiiioi'[ttiii]. 
Bronze.  Cohen   12. 

FL  lul.  Deliimliiis  iiob.  C.  R.  Gl\oi-ia  ....  Abschn. 
SMNR.  Bronze.  Cohen  4. 


Jahreshefte  des  Usteri 


chiiul.  Institutes  IM.  VIII  Beiblatt. 


11.  Curr:'*-'. 

7,  Platlfiuiegcl:  Slcnipcllläche  li.  0'03'",  br. 
Ol 55"".  Im  Nalionalrauscuni  in  Belgrad. 

ITEGiniFFCVPP] 

Ug\io)  IUI  FylavUi)  ßiniia)  Ciiyf(is). 

III.  Viminacium. 

Nach  genauen  Erkundigungen  fanden  sich  anliUe 
Grabsteine  mit  Inschriften  bisher  nur  außerhalb  des 
^Cajir",  d.  h.  des  Raumes,  über  den  die  Stadt  Vimi- 
nacium sich  erstreckte,  während  Votivsteine  in  der 
Regel  innerhalb  desselben  zutage  treten;  als  Bau- 
material verwendete  Sculpluren  und  Inschriftsteinc 
wurden  in  den  Ruinen  von  Yinünacium  nicht  aus- 
gegraben. Danach  enlfallt  das  Jahreshefte  III  Beibl. 
107  Abs.  3  Bemerkte  und  die  Jahreshefte  IV  Beibl. 
131  aufgestellte  Vermutung,  daß  die  —  Functionäre 
des  Municipium  Aelium  Viminacium  nennenden  —  im 
Cajir  gefundenen  Inschriften  vielleicht  von  den  Byzan- 
tinern aus  dem  heutigen  Kaliste  zu  ihren  Bauten 
dorthin  gebracht  wurden. 

Inschriften. 
X.  Vierscuiger  Block  aus  weißem  Marmor,  unten 
1. etwas  abgeschlagen,  h.0'87'",  br.o'Sj^.d.o'JS"".  Auf 
der  Vorderseite  in  dreifacher  profilierter  Umrahmung 
das  Inschriftfeld,  h.0045",  br.  0'025'°;  schöne  Buch- 
staben des  2.  Jahrhunderts,  h.  O'OjJ— 0-025".  Auf  der 
r.  und  1.  Nebenseite  in  ebensolcher  Umrahmung  je 
ein  auf  das  Pedum  gestützter  trauernder  Attis  (auf 
derl.  Nebenseite  unten  abgeschlagen).  Demnach  diente 
der  Stein  sepulcr.ilcm  Zwecke.  Gefunden  im  Cajir  bei 
_^  Kostolac;  jetzt  in  der 

MANTONI  Weifertschen    .Samm- 

lung  in    Kostolac. 
MFFABIA  M.yU,lom(o) 

FABIANOPROC  ^r/.j--abia 

XLGALLIARVM  '•■"'•""-■  ^'-^^-- 

ETPORTVSITEM  XL  GalUarum 

A  K  C  E  N  TA  k  A  R        '" '"'"'"".  ''""■ 

argenlaruinum) 
PA  N  N  ON  1  C  A  K  l\,„,w„icarlum), 

CPORTOk  1  L  LYPja  {co,iducl.,ri)porlori 

PATRONOBONO  ^ "-'""' 

^FPCATORLIB  J^^rcalor  ,.bierlus) 


Wie  bereits  C.  Patsch,  Rom.  Min.  VIU  Iii7f. 
dargetan  hat  (dazu  M.  Roslowzew,  Arch.-epigr. 
Mitt.  XIX  137,  10),  waren  im  2.  Jahrhunderte  die 
Pachtanteile  des  illyrischen  Zolles  im  erblichen  Be- 
sitze zweier  Kamillen,  der  Antonii  und  lulii.  Der 
ersteren  Kamilie  gehörte  wahrscheinlich  auch  Antonius 
Fabianus  an;  vgl.  auch  den  Antonius  Gabinus  einer 
Pettauer  Inschrift  (CIL  III  S  14354'-).  Zur  staat- 
lichen Carriere  des  Kabianus  kann  man  die  eines 
anderen  Pachters  des  illyrischen  Zolles  (Dessau 
n.   T382.    13S3  mit  Anmerkung)  vergleichen. 

Hier  wird  anscheinend  zum  ersten  Male  eine 
Procuratur  der  argentariae  Pannonicae  allein  (ohne  die 
Dalmaticac)   erwähnt;    vgl.    CIL   III  7127;    12733(1. 

9.  Profilierte  Ära  aus  Kalkstein,  h.  o-GS",  br. 
O'SI™,  d.  0'28"'.  An  dem  Kopfgesimse  auf  einem 
Streifen  1.  ein  Delphin  (?),  darunter  auf  einem  zweiten 
.Streifen  die  Z.  I  der  Inschrift.  Der  .Schaft  mit  Z.  2  fr. 
ist  h.  o'38°',  br.  0'235'".  Buchstaben  des  endenden 
2.  Jahrh.,  h.  o'032 — o'02°'.  Auf  der  oberen  Fläche 
quadratförmige  Eintiefung,     (.iefunden    im    Cajir    bei 

_ Kostolac;  jetzt  bei  Weifert. 

TEAVG-         p,.^^  „„,„,|^.  ^iiig^usii) 

<:  V<il{friiis)   Vi- 

l'ittllllS, 

ihinlay  iiiii) 
s  (j(uin)i](ucnnalis)  sif^- 
(iiiim)  Ma- 
Iris  ticiiiii  cl 
ad  rcslilii- 
liiiiiem  Icm- 
pli  Xcf'liiiii 
os(cslt:rliiiiiij    liiiü   [iiii- 
lia)  u(nmmum) 
d(onnm)    d{al). 

10.  Profilierte  Ära  aus  K.ilkslein,  h.  oT)7™, 
br.  o  325'",  d.  o'30°';  in  der  oberen  Fläche  ein  rundes 
Loch,  oio"  Im  Durchmesser.  Über  und  unter  dem 
.Schafte  (h.  0-375  "■,  '"■-  0'-95'".  '^-  0-27"")  je  ein  fünf- 
fach gegliedertes  Gesimse.  Buchstaben  des  2.  Jahrb., 
h.  O-Qö".  Gefunden  bei  Kostolac;  jetzt  bei    Weifert. 


GVAL-VI 
BIANV5 
NAVTAR 
^  CXQlSIQWk 
TKISDEVME 
ADRE5TJTV 
TIONEMTM 


-ROE" 

EREE 
VRl 

VS" 


Lit>\i-n>  et 
L\H'']crc  e[f> 
Mcrcu]ri\o? 
v(olum  I  >,(n/t'il) 


Antike  Dcnkmfiler  in   Serbien 


II.  Profilierte  Ära  aus  weißem  Kalkstein,  oben 
abgeschlagen,  h.  0'46™,  br.  025™,  d.  014"'.  Buch- 
staben aus  dem  endenden  2.  oder  beginnenden  3.  Jahr- 
hundert, h.  0"043 — 0"029°'.  Gefunden  bei  Kostokic: 
jetzt  bei   Weifert. 


DI  15"  AM 
CF,L15 

mavrce: 

SVSVO 
TVMP05V 
IT   LM 


Diis  an- 
gdis 

M.  AiirUliiis)  Cd. 
siis  vo- 
s    llllll  posii- 

it  Kihens)  iii(a-ilo). 


Über  die  jüdisch-hellenistischen  ä-p.'eXot  und  ihren 
Cult  vgl.  A.  Boltz,  Der  Apollomythus  (1894): 
F.  Hiller  v.  Gaertringen,  Beiträge  zur  allen  Ge- 
schichte I  225;  227,  4;  Thera  I  24;  181 ;  A.Wilhelm, 
Jahreshefte  IV  Beibl.  10;  18,  4;  E.  Maass,  Die 
Tagesgötter  in  Rom  und  den  Provinzen  244 f.;  der- 
selbe, Indogerman.  Forschungen  I  157 ff.;  A.  Diete- 
rich, Eine  Mithrasliturgie  (1903)  49  mit  A.  2;  Reitzen- 
stein,  Poimandres   17,   5;  30,   I. 

12.  Profilierte  Ära  aus  Sandstein,  h.  0-39™, 
br.  0'30'",  d.  0"30°".  Auf  der  Vorder-  und  auf  den 
Nebenseiten  besteht  das  Kopfgesimse  aus  fünf,  der 
Ablauf  aus  vier  horizontalen  Streifen.  Das  Inschrift- 
feld h.  O'lö",  br.  0'22™;  Buchstaben  aus  dem  An- 
fang des  3.  Jahrhunderts,  h.  0'027°'. 


DHAB\/5?JLV 
ES  TR  IS  Ae  IL 
LEV^EXV 
OTOLPOS- 


Dcabiis  silf- 

c'slris  Achil- 

Iciis  ex  V- 

olo  l{ibc>is)  posiiiii). 


Auf  dieser  in  ruhender  Stellung  zwei  nackte  m.änn- 
liche  Oberkörper  mit  auf  die  .Schultern  herabfallendem 
langen  Haare,  auf  den  1.  Ellbogen  (über  welchen  bei 
dem  r.  Mann  ein  Tuch  gelegt  ist)  aufgestützt,  die 
Rechte  etwas  nach  seitwärts  gestreckt.  ]..  neben  der 
Nische  der  Kopf  und  das  vorgestreckte  Vorderbein 
eines  liegenden  Tieres.  Gefunden  bei  Kostolac;  jetzt 
bei   Weifert.      Inschrift: 

MHhrae  Soli  iii]rido  ex  vo[lo 

Dieses  Relief  erinnert  an  die  Mittelscene  auf 
der  Rückseite  einer  Reliefplatte  aus  Konjica  in  Bos- 
nien (K.  Patsch,  Wiss.  Mitt.  aus  Bosnien  VI  194 ff. 
mit  Tf.  XII),  welche  ein  Cultmahl  der  Mithras- 
gläubigen  darstellt. 

14.  Nach  Abklatschen  und  Briefen  der  Herren 
Pilz  und  Mächa  Urnenliehälter  aus  gelbem  Muschel- 
kalk (oder  grobkörnigem  Sandstein?),  h.  0'58 ", 
1.  rio™.  Auf  der  einen  Langseite  in  viereckiger 
Umrahmung  das  Inschriftfeld,  h.  0'265™,  br.  0'52°'; 
Buchstaben  aus  der  ersten  H<älfte  des  3.  Jahrhunderts, 
h.  0'04".  Gefunden  am  31.  August  1904  in  Kostolac 
am  Ufer  des  Flusses  Mlava,  nahe  der  antiken  Brücke. 

VALERJAEHILARAE 
M-ÄVflELTlMOM> 
LEGIII-G/\LL-SA-CON 
IVGIPIISSIMEPOS 

Valeriiie  Hilarne 
M.  Aurd{ius)   Tt'moit   (cetitiirio) 
legiiniiix)  HI  Gall{icae)    S{eve- 
rianac)  A{lexandrianae)  coii- 
iiigi  piissiitte  pos(iiil). 


Die  Deae  silvestres  sind  wohl  identisch  mit  den 
Silvanae  silvestres. 

13.  Platte  aus  weißem  Marmor  mit  Relief  und 
Inschrift,  r.,  1.  und  oben  abgeschlagen,  gr.  H.  0'I2°', 
gr.  Br.  0-12"',  d.  o-oös"  (unten)  —  O-Oj™  (oben).  Die 
Inschrift  auf  einem  schmalen  Streifen  (h.  0-03  "");  Buch- 
staben aus  dem  Ende  des  2.  Jahrhunderts,  h.  0-0I2"'. 
Darüber  das  Relief.  In  einer  oben  gewölbten  Nische 
(Andeutung  der  Mithrashöhle)  ein  Speisetischchen 
mit  drei    geschweiften    Beinen,    dahinter   eine  Kline. 


15.  Marmorplatte,  h.  0'36™,  br.  O'Sö",  d.  o'02™, 
mitten  senkrecht  entzweigebrochen.  Unregelmäßige 
Buchstaben  aus  dem  4.  Jahrhundert,  h.  0'06 — 0'023". 
Gefunden  bei   Viminacium;  jetzt  bei   Weifert. 

Dlqwxi/O'AV/Rc/ 

Mio/\/oA^xx>cf//QAi 


8 


ifariiiJ,  hones- 
1,1  ftmina,  cullrix 
,ii  (=dfi),  q(unc)  vixit   cum  virgi- 
nio  suo  aM(Mis)  A'.VA'.  P.  [L](V»h(io) 
5   Co[,n)s(l)ciHCiolo.  Sita  es{l). 

l6.  Platte  aus  weißem  Marmor,  1.  abgcsclilagcii, 
h.O"6o",  br.  rjj",  d.  O'JO".  Das  Inschriflfeld  in  drei- 
facher Umrahmung,  1.  abgeschlagen,  h.  o-4ä™,  l)r. 
(soweit  erhaltcnt  l^ö".  Ein  großer  Teil  der  Inschrift 
abgemeißelt.  Buchstaben  aus  dem  ;.  Jahrb.,  h.  0'04l  ™. 
L.,  halb  auf  dem  Inschriftfelde,  halb  auf  dem  Rahmen, 
ein  modernes  Loch.  Gefunden  bei  Kostolac;  jetzt 
bei  Weifert.  (.Kacsimilc  nach  Tcilabklatsch  des  in 
der  Lesung  Gesicherten.) 


\DIEBVSXXII 
rSIB[V[VlfEC' 


]  diduis  XXII 

...<■/]  sihi  vivi  /ec(eriinl). 
H{oc)  mfoiiuineHlum) 

h{ercdes)  <((o»/)]  s(^- 

queliir).  (?) 

17.  Profilierte  Ära  aus  Kalkstein,  oben  und  unten 
abgebrochen,  h.  OsO"",  br.  O'SG",  d.  o'aj"".  Uer 
Schaft  mit  der  Inschrift  (soweit  erhalten)  h.  O'ai™; 
Buchstaben  aus  dem  2.  Jahrhundert,  h.  coys"".  Ge- 
funden bei  Kostolac;  jetzt  bei  Weifert. 


1  OM 
MV  LP 


liovi")  o{pliiiio)  m{aximo) 
M.  Ulp{ius) 


l8.  Fragment  einer  Platte  aus  weißem  Marmor, 
oben,  1.  und  unten  abgebrochen,  gr.  H.  0^24 ",  gr.  Br. 
0'14"',  d.  O'OIJ".  Buchstaben  aus  dem  2.  Jahrhundert, 
h.  o'OJI — 0'023°'.  Gefunden  bei  Kostolac;  jetzt  bei 
Weifert. 


co{n)sl,ularis) 

vixit ]  XV  et 

tiiit]il{avil') 


7.\ci:c\. 

Ziegel   mit   1  n  s  c  h  r  i  f  U- 11 . 

Die    nachfolgend    beschriebenen  Ziegel    wurden 

sämtlich    in    Kostolac    gefunden    und    sind   mit    Aus- 

nalmu-    von    n.   :i     in    der    dortigen    .Sammlung    des 

H.   Weifert   vorwalirt. 

I<).  Plattenziegel,  h.  0'27'",  br.  üW>"'.  '1-  006'"; 
Stempelfliichc  h.  0035™,  br.  0083'". 

L.  St.  .  .  .  (ein  Genlile,  wie  z.  H.  Stalins) 
Ur  .  .  .  (ein    Cognomcn,   wie  z.  1$.  Urso). 

20.   l'laltcnzicgcl.   li.  ü-2S"',   l>r.  (ri^'";   Sleiniiel- 
nUchc  li.  0'03"',   l>r.  0M12'". 


2  1.    l'latlenziegel;    Stempelfläclie    h.  0^04 "',    br. 
o'll".  Jetzt  im  Belgrader  Museum. 

HCVIIQ       '''i^'")  ''•^^  "(""./'■")• 

22.  Plattenziegel,  h.  o  V)'".  br.  0-27; '",  d.  o'o;"; 
Stemiielfläche  h.  0-027'".   br.  oii|™. 

legiwt  IUI  s{iil>)  c{ura)  Hfnii{ae  oder  llcimcn'i) 
pri{ncipis). 

23.  Plattenziegel,  gr.  H.  O^C™,  gr.  Br.  0-22"'; 
Stempelfläche  0-I38'",  h.  o-OZS"". 

, ^--    1  ki'iio)VII  Cllaudia}  oj'ificiiia'i) 

ÜiMP'^  .1///,  !'...<:-) 

24.  Plattenziegel,  gr.  H.  o^f^S"",  gr.  Hr.  0-245"', 
d.  0-028"';    Stempeln:;,  lu-  l..  oolf,"',    l.r.  o-l6l">. 

hg{io)  VII  Cl{audia)  sn{b)  c(ui-ä)  Viclori  (?;  tirae)- 
p(ositi). 

25.  Plattenziegel,  gr.  H.  0-23",  br.  0-255,  d. 
0-04"';  Stempelfläche  (links  abgebrochen)  h.  0021'°, 
br.  0-I52'". 

.  s(ul>)  c{ura)    Victo- 
riiii  p(rac)posili'i) 


WV  IC-VICTOiiNi^ 


Antike  Denkmäler  in   Serbien 


26.  Plattenziegel;    Stempelfläclie    li.  O'os"",    lir. 
0-145". 

legiio)   VII  C{hiiidia',. 

27.  Plattenziegel,  h.0'39™,  gr.Br.O'ig™,  fl.  Oo,"": 
Stempelfläche  h.  0'023™,  br.  0'236". 


l{egio)  VII  C{laudia)  s{ub  ciira)  Vicorini  (so) 
p{rae)p{ositi)  F{laviiis)  Vi[lali]anus.  Vgl.  Jahres- 
hefte VI  Beibl.  54  n.  76. 

28.  Plattenziegel,  gr.H.  o^o",  br.0'42'",  d.  007'"; 
Stem]iclfl;iche  h.  0'04I'",   br.  0-21  ". 

COMBFPy]         ^°''""--')   ^'^^  Braiiconim). 

29.  Plattenziegel,  h.  und  br.  o'äg™,  d.  0'o65". 
Stempelfl.äche  h.  0025°",  br.  0'I5";  über  den  Stem- 
pel sind  zwei  sich  kreuzende  gewellte  Linien  gezogen; 
beiderseits  eingekratzte  Schrift. 


30.  Plattenziegel,  gr.H.0'36",  br.028"',  d.004' 
.Stempel  li.  0'3i™,  br.  0"26'". 


LE 


31.    Plattenziegel;    kursive   .Schrift    des    2.  Jahr- 
hunderts, roh  eingekratzt,  h.  o"04; — 0'027  ■",  br.  o'  1 62  ". 


Eiiyho:in[s]. 


Ziegel  mit  gemalten  Darstellungen. 

32.  Plattenziegel  mit  gemaltem  Brustbilde, 
h.  0'37",  br.  0'26™,  d.  0'035™.  Das  Brustbild  (Por- 
trät einer  Frau?)  ist  in  den  zwei  Farben  rot  und  weiß 
gehalten,  wie  es  scheint,  mit  Rötel  und  mit  weißer 
Kreide  aufgetragen.  Über  die  Brust  und  längs  dem 
rechten  Contour  des  Gesichtes  gehen  zwei  mit  den 
Fingern  gezogene  krumme  Linien.  Gefunden  bei  Ko- 
stolac;  jetzt  in  Pancsova  in  der  Sammlung  des  Herrn 
I.  Weifert. 

33.  Plattenziegel  mit  Zeichnung,  h.  0'40™,  br. 
0'29"',  d.  0'045°'.  Darauf  mit  einer  schwarzen  Farbe 
(schwarzer  Kreide  oder  Kohle.-)  eine  weibliche  Ge- 
stalt in  Umriß  gezeichnet,  h.  O'205°',  im  Profil,  mit 
einem  tunicaartigen  Gewand  bekleidet,  das  bis  unter 
die  Knie  reicht  und  anscheinend  eine  Tasche  hat; 
der  eine  allein  sichtbare  Arm  ist  umgebogen  und  vor 
das  Gesicht  erhoben.  Fund-  und  Standort  wie  bei 
n.  32. 

Primitive  Arbeit. 

34.  Plattenziegel  mit  primitiver  Umrißzeichnung, 
h.  0'30™,  br.  o^I",  d.O'045'°.  Die  Zeichnung  stellt 
ein  Pferd  dar,  das  über  einen  sehr  beschädigten  Del- 
phin schreitet,  darunter  ein  Tier  mit  Eulenkopf,  zwei 
Vorderbeineii  und  langem  runden  Körper,  gleichfalls 
über  einem  Delphin.  Sie  ist,  wie  die  vorhergehende, 
mit  einem  schwarzen  Farbstoffe  hergestellt  und  nimmt 
einen  0'26°'  h.,  0*30"'  br.  Raum  ein.  Fund-  und 
Standort  wie  bei  n.  32. 

Ziegel  ohne  Inschrift   und  Zeiclmung. 

35.  Heizkachel,  h.  o"39"',  br.  o'24'",  d.  0'i6™. 
Fund-  und  Standort  wie  bei  n.  32. 

Bei  Kostolac  wurden,  so  weit  uns  bekannt,  bis- 
her derartige  Ziegel  in  so  großen  Dimensionen  nicht 
gefunden. 

Tessera  plumbea. 

36.  Blei-Tessera,  im  Durchmesser  0'0I9™,  schwer 
14  gr.  Die  Vorderseite  trägt  in  erhabener  Umrandung 
die  Inschrift: 

Aitgvusti)  ti{oslri\. 

Rückseite  leer.  Aus  Kostolac;  Eigentum  des 
Unterzeichneten  Wohl  Verschlußplombe  für  einen 
Gegenstand  des  kaiserlichen   Fiscus. 

Sculpturen. 

37.  Sarkophag  mit  Deckel  aus  weißem  Marmor, 
h.  rSo™  (Kasten    r2o"',  Deckel  0'6o™),  lang  2"53", 


br.  r20°  ^Fig.  iV  Alle  vier  Seiten  des  Knstens  und 
die  obere  Fläche  des  Deckels  tragen  Reliefs.  Die 
iwci  Langseiten  leigcn  in  der  Hauptsache  dieselbe 
Decoration.  Auf  beiden  je  ein  dreiteiliges  Gewinde, 
welches  iwei  nackte,  geflügelte  Knaben,  einander 
lugekchrt  auf  araartigcn  Postamenten  stehend,  auf  der 
."^chuller  tragen  und  dabei  mit  den  H.'indcn  nachhelfen, 
während  die  äußeren  Enden  des  Gewindes  an  der 
Spitze  zweier  auf  .ähnlichen  Postamenten  stehender 
Säulen  .in  den  Ecken  des  Kastens  befestigt  sind.  Auf 
beiden  bildet  femer  die  Guirlande  je  drei  große 
Bogen,  die  nach  oben  geöfl^nel,  mit  Bändern,  deren 
Enden  herabfallen,  umwunden  sind  und  in  der  Mitte 
je  eine  nach  abwärts  hängende  mächtige  Tr.aubc 
tragen.  Verschieden  sind  dagegen  auf  den  zwei  Seiten 
die  Geijenst.i'i.'-.-     .1..    -..1.    in   den   je   drei  Hall.rnn.lrn 


Hg     ■     >.,rko,,l,.,K  :."»  Viraina,  ium. 

Über  den  Guiriaoden  belinden.  Auf  einer  Seite  sehen 
wir  über  dem  1.  und  r.  Drittel  des  Gewindes  je  einen 
Medusenkopf  mit  Flügeln  im  Haare  und  zwei  ver- 
knoteten Schlangen  unter  dem  Kinne,  während  in 
dem  mittleren  Halbrund  eine  kleine  rechteckige  Tafel 
angebracht  ist.  Diese  Tafel  hat  wahrscheinlich  die 
mit  Farbe  aufgemalte  Inschrift  getragen;  danach  war 
diese  Seite  wahrscheinlich  die  Vorderseite,  wofür 
wohl  auch  die  Orientierung  der  Reliefs  auf  den  Schmal- 
seiten des  Kastens  spricht.  Auf  der  anderen  Lang- 
seite befindet  sich  im  Halbrunde  über  der  mitt- 
leren Guirlande  ein  Medusenkopf,  wie  jener  der 
Vorderseite  gearbeitet,  während  über  den  zwei  seit- 
lichen Gewinden  je  eine  Rosette  zu  sehen  ist. 

Auf  der  r.  Schmalseite  eine  Frau  nach  links, 
auf  einem  Stuhl  mit  sägebockförmigcn  Beinen  und 
Sitzkissen   sitzend,    die  Füße   auf  einen   vierl>einigen 


Schemel  gesetzt,  bekleidet  mit  einem  langen  Chiton 
und  einem  Obcrgewandc,  welches  über  den  Kop( 
gezogen  ist;  die  R.  hält  das  Kleid  auf  der  Brust, 
die  L.  liegt  .auf  dem  Kissen.  Die  Gestall  ist  in  trau- 
ernder Haltung  vorgeneigt.  Auf  der  1.  Schmalseite 
ein  Mann  auf  einem  ungcsattclten  Pferde  nach  rechts, 
im  kurzen  Chiton,  eine  nach  abwärts  weisende  Lanze 
in  der  erhobenen  R.;  hinter  dem  Reiter  läuft  ein 
Hund;  vor  ihm  ein  flüchtender  Hase. 

Der  Deckel  hat  die  Form  des  Oberteils  einer 
Kline  mit  einer  geschweiften  Lehne  am  Kopfende; 
Matratze  mit  deutlichen  Gurten  versehen;  am  Kopf- 
ende ein  breites,  flaches  Kissen.  Auf  diesem  Bette 
liegt  auf  dem  Rücken,  ganz  ausgestreckt,  eine  l)e- 
kleidele  Frauengestalt,  welcher  der  Kopf  und  dicArme 
fehlen.  Neben  ihrem  1.  Fuße  sitzt,  mit  angezogenem 
1.  Beine,  ein  ganz  kleines  nacktes  Kind  (Knäblein?), 
dessen  Kopf  und  Arme  abgeschlagen  sind.  Der 
Deckel  war  mit  dem  Kasten  auf  beiden  Schmal- 
seiten durch  je  einen  starken  Eisendübel  verbunden, 
von  welchem  Reste  in  den  betreffenden  Löchern  noch 
sichtbar  sind. 

Der  Sarkophag  ist  außerhalb  des  Cajir  gefunden: 
jetzt  im  Hofe  des  Gymnasiums  zu  Poiarevac. 

Zu  den  Sarkophagen  in  der  Form  einer  Kline, 
auf  der  eine  menschliche  Gestalt  liegt,  s.  W.  Altmann, 
Architektur  und  Ornamentik  der  antiken  .Sarkophage 
(Berlin  1902)  31  ff.  Ebenda,  S.  61,  ist  die  Langscite 
eines  .Sarkophages  aus  Alexandrien  mit  durchaus  ähn- 
lichem Reliefschmuck  abgebildet. 

38.  Kleine  Platte  mit  Relief  aus  weißem  Mar- 
mor, oben  und  1.  abgebrochen,  gr.  H.  O'lj"",  gr.  Br. 
oiGj",  d.  0023"'.  In  der  Mitte  auf  einem  Thron 
eine  weibliche  Gestalt  von  vorn;  der  Kopf  fehlt  bis 
auf  den  untersten  Teil  des  Gesichtes  und  die  Enden 
des  Haares,  die  auf  die  Schulter  fallen  und  hinaul- 
gedreht  sind.  Sie  ist  bekleidet  mit  einer  unter  der 
Brust  gegürteten  Tunica,  unter  welcher  die  Füße 
sichtbar  werden,  und  einer  Palla,  die  bis  unter  die 
Knie  reicht.  Beiderseits  ihr  zugewendet  Pferde, 
r.  zwei,  von  welchen  das  hintere  mit  dem  Kopfe 
über  den  Rücken  des  vorderen  hervorsieht,  1.  eines 
(das  vordere)  erhalten,  während  das  entsprechende 
hintere  durch  den  Bruch  verloren  ist.  Das  Reliel 
stellt  ohne  Zweifel  die  Pferdegöttin  Epona  dar.  Für 
deren  Stellung,  Kleidung  und  Haartracht  vgl.  den 
geschnittenen  Stein  des  Museums  Bocchi  in  Adria, 
abgeb.  Röscher,   Lexikon  der  Myth.   I  1290. 

39.  Grabdenkmal  aus  Kalkstein  in  Form  einer 
Ära  mit  in  der  Mitte  der  oberen  Fläche  angearbeitetem 


13 


Antike   Denkmäler  in   Serl)ien 


14 


Pinienzapfen,  li.  I'39™,  br.  O'SO™,  d.  0'44"'  (Pinien- 
zapfen h.  0"38°';  sein  Umfang  unten  gemessen  l'io™; 
Schaft  h.  0'52™).  Auf  der  Vorderseite  des  Schaftes 
zweihenkeliges  Gefäß,  aus  dem  1.  und  r.  je  eine 
Rebe  mit  einer  Traube  (und  Blättern?)  hervorkommt; 
zwischen  den  Reben  oben  ein  großes  Blatt.  Am 
vorderen  oberen  Rande  des  Schaftes  eine  Reihe  mit 
der  Spitze  nach  unten  gekehrter  Dreiecke  (Blätter?). 
Die  Rückseite  des  Schaftes  ist  von  ähnlichen  Drei- 
ecken bedeckt,  die  hier  in  vier  horizontalen  Reihen 
je  vier  oder  fiinf  untereinander  stehen.  Gefunden  bei 
Kostolac;  jetzt  im  Weingarten  des  Ljuba  Seftii  bei 
Drmno. 

Über  ähnliche  Monumente  z.  B.  B.  Schröder, 
Bonner  Jahrbücher  CVIII/IX  70  ff. 

40.  Säulenstamm  aus  Kalkstein,  oben  und  unten 
abgebrochen,  gegen  die  Mitte  zu  sich  verdickend, 
h.  0'4I™;  Umfang  in  der  Mitte  gemessen  0'53™. 
Unter  dem  oberen  Ende  ein  Kopf  im  Relief;  r.  da- 
von verlaufen  nach  unten  drei  S förmig  geschwungene 
Linien  (die  mittlere  sehr  dick).  Gefunden  bei  Ko- 
stolac; jetzt  bei  Herrn  Weifert  in  Kostolac. 

41.  Torso  einer  Statue  mit  Schuppenpanzer,  über 
den  ein  breiter  Gurt  von  der  1.  Schulter  zur  r.  Lende 
läuft.  Fund-  und  Standort   wie  bei  n.  40. 

42.  Vorderteil  des  nackten  Rumpfes  einer 
menschlichen  Gestalt;  auf  dem  Unterleibe  die  1.  Hand 
erhalten.  Aus  weißem  Marmor,  der  an  der  Ober- 
fläche rötlich  gefärbt  (bemalt?)  Ist.  Sehr  beschädigt; 
gr.  H.  0'25"',  gr.  Br.  0'26°',  gr.  D.  o'l4™.  Fund-  und 
Standort  wie  bei  n.  40. 

43.  Kopf  einer  .Statue  oder  Büste  des  Apollon, 
mit  Ansatz  der  Brust,  aus  rötlichem  Marmor,  h. 
0'22™.  Das  Haar  fällt  beiderseits  in  reichen  Locken 
auf  die  .Schultern  und  ist  über  der  Stirn  in  einen 
Knoten  gebunden.  Fund-  und  Standort  wie  bei 
n.  40. 

44.  Kopf  eines  .Stieres  aus  Marmor,  rückwärts 
und  von  den  Augen  ab  sehr  beschädigt.  Fund-  und 
Standort  wie  bei  n.  40. 

Bronzerelief. 

45.  Rundes  Reliefplättchen  aus  Bronze,  im 
Durchmesser  O'O.S"",  d.  0'002'".  In  der  Mitte  weib- 
liche Gestalt  von  vorn  in  langem  Gewände,  das 
Haar  beiderseits  bis  zur  Mitte  der  Wange  herab- 
fallend, die  Arme  vor  dem  Körper  abwärts  gestreckt; 
sie  hält  ein  wohl  beladenes  Tuch,  dessen  Enden 
hinunter  hängen.  R.  und  1.  von  dieser  Figur  reitet 
je  ein   Reiter   auf   sie    zu;    beide   haben    einen  Arm 


adorierend  erhoben.  Hinter  ihnen  steht  je  ein 
liauchiges  Gefäß  mit  Henkel,  unter  ihnen  kriecht  je 
eine  menschliche  Gestalt  nackt  auf  allen  vieren 
gegen  die  Mitte  zu.  Über  den  erwähnten  Gefäßen 
auf  der  r.  Seite  ein  Hahn,  auf  der  1.  Seite  eine 
Schnecke.  Über  der  weiblichen  Gestalt  in  der  Mitte 
eine  verticale  .Scheidewand  (?).  R.  davon  eine  weib- 
liche (?)  Büste,  darüber  ein  Halbmond;  hinter  dem- 
selben, etwas  höher,  ein  Vogel.  L.  von  der  .Scheide- 
wand die  Büste  des  Helios  mit  Strahlenkrone;  da- 
rüber runde  .Scheibe  (die  Sonne?),  1.  von  dem  Brust- 
bilde auf  gleicher  Höhe  ein  Vogel.  Unter  der  weib- 
lichen Gestalt  in  der  Mitte  wieder  eine  verticale 
Scheidewand,  längs  welcher  1.  eine  Rinne  derselben 
Breite  verläuft.  Links  von  der  .Scheide  eine  mensch- 
liche Gestalt  nach  r.  mit  vorwärts  gestreckten  Armen; 
1.  von  derselben  ein  Gefäß,  das  aus  einer  Basis  mit 
zwei  erkennbaren  Beinen,  einem  langen  mittleren  Teile 
und  einem  oberen  breiteren  Teile  besteht.  R.  von 
ihm,  etwas  höher,  ein  vierfüßiges  Tier,  das  zum 
Gefäße  gekommen  ist  und,  wie  es  scheint,  daraus 
trinken  will.  L.  von  der  unteren  Scheidewand  ein 
Löwe  nach  r.  mit  sehr  langem  Schwanz.  —  Rings 
um  die  gauze  Darstellung  zwei  punktierte  Kreise,  die 
längs  des  Randes  laufen.  Gefunden  bei  Kostolac;  jetzt 
in  der  Sammlung  des  Gymnasiums  in  Pozarevac. 

Ein  ähnliches  Plättchen  wurde  herausgegeben 
von  E.Nowotny,  Wiss.  Mitth.  aus  Bosnien  IV  (1896) 
296  ff. 

Gegenstände  aus   Blei. 

46.  Sarkophag  aus  Blei  mit  dachförmigem  Deckel, 
1.  rSo",  br.  0'46™,  h.  0'57°';  die  Schmalseiten  des 
Kastens  erheben  sich  giebelartig  bis  zur  Höhe  des 
Deckels,  so  daß  beiderseits  der  Verschluß  hergestellt 
ist;  die  Langseiten  sind  h.  o'34°'.  Fund-  und  Stand- 
ort wie  bei  n.  40. 

47.  Sarkophag  aus  Blei  mit  dachförmigem  Deckel, 
1.  i'47™,  Ijr.  0'42™,  h.  0'50™;  die  Schmalseiten  wie 
bei  n.  46  geformt.  Die  Langseiten  (h.  0"35")  or- 
namentiert. Auf  der  einen  Schmalseite  ein  Medusen- 
kopf und  einige  lineare  Ornamente,  auf  der  anderen 
zwei  Medusenköpfe  und  zwei  Masken.  Fund-  und 
.Standort  wie  bei  n.   45. 

48.  Bleierne,  vierkantige  Stange,  von  welcher 
das  eine  Ende  fehlt,  1.  0'57™,  d.  O'oö"";  dazu  zwei 
Bronzehülsen,  die  wahrscheinlich  zugehören,  da  sie 
in  das  runde  zapfenartige  Ende  der  Stange  einpassen. 
Gefunden  in  der  Umfassungsmauer  des  Lagers  Vimi- 
nacium,   jetzt    bei  Radowan   Djordjevic    in  Kostolac. 


15 


Münzen.  /<"/'.  C.    Vibio.  [Tichoii.  1   /'.  .U.  [s.  co]\l.   Vim.  mi. 

,       ,....„,  ,     „  -  X  '"'/I/o  -l'K?)-  «.-B-  -V-^/-  Tvp-  A. 

ücmnden  beim  Dorfe  Brclane  (nahe  l'o/.arcvacl 

an  einer   und  derselben   Stelle:    jetzt    in    der  Samm-  ,,,  ,,.   ^^^^   _,.,  ,^j^,,_^   ^^^.^,.    -^n,,,,^.,,   „„^  „„,   cOL. 

lung  des  Gymnasiums  iu  Poiarcvac. 

Im/'.  C.     \'ibio    Tirhoii.  |   l'.  M.  s.  col.ij)  Viiii.aii. 

.,.  Geprägt  in  Viminacium.  «"""  -l"^-  ^-B-  I       A7/.  Typ.  A. 

7m^.     ra«.     M.    A[ni\.    I   R  .V.  5.  co\l.  Vim.  .„,   -I-  ^,  ^._,^^^^  .,^.  ^,    _^^  ^  .^.^^^    ^,, 

GlonfM«».«!      AvG.  Typus  A   (nacl.  l'ic-UV  '  ' 

,1/1.     ll.-D.  -Vi    l    .      1  >  p.    A- 

G.-B. 

Im/'.  C.    a.i/liis   [....)  I   /'.  M.  s.  c\ol.    V[iiii.]  an. 

Imp.Caes.  M.Aiil.  Gor-       P.  Af.  s.   c\ol.    Vim.  at:.  (\.-\\.  \       [A/Z/y].  Typ.  A. 

ifi.iMiJX  .4»^  (überall  A  Tri  Typ.  A. 

statt  Ai  G.-B.  /;»;..   C.  G.illiix  }'.]  fcli.x  1  I'.M.s.c\ol.Vim.  an.  .\IV 


Iiiif.  M.  Iiil.   l'hiliypiis    I   /'.  .\/.  s.   c\ol.    Vim.  an. 
Aug.  G.-B.  I        r.  Typ.  A. 


Aug.  G.-B.  I       (oder  X//).  Typ.  A. 

Imy.r.  C.   Vit'.  Voliis\i\-    j   /'.  M.  v.  c\ol.    Vim.  AN 
A;/Hi.   .iK^f.   G.-B.  i        XIII.   Typ.  A. 


.iHi.'.  G.-B.                         1        r//.  Typ.  A.                           s;.i«o/l//^. (überall  A).    j  A7//.  Typ.  A. 

G.-B.  1 

Imp.  M.  Iiil.   Philippiis    I  P.  M.  s.   c\ol.    Vim.   an. 

AVG    so)    G.-B.             I        VII(?).  Typ.  A.                 /,„;,.  Cac.  (".  Vih.  [Volti-    |  /'.  M.  s.  c\o/.    Vim.  an. 

sianlo  [Aug.]  G.-B.         |  XII'.  Typ.  A. 

undeutlich   G.-B.                    I  P.  M.  s.  c\ol.    Vim.  an.? 

I  Typ.  A. 

undeutlirh   G.-B.                     1  P.  M.  s.   co\l.    Vim.   an. '' 

I  Typ.  A. 


Imp.     Traiainis  Deciiis    1  /'.  M.  s.    c\ol.   Vim.  an. 

Aug.  (i.-B.  I       XI.  Typ.  A. 

Imp.     Traianus  Tkciiis    \  /'.  M.  s.  c  ol.    Vim.    an. 

Au(?).  G.-B.  I       A7/.  Typ.  B. 


Imp.  C.  St.  Q.  Traianus    1  P.  M.  S.    c\ol.   Vim.  an.       j,„p_  C  .  .  .  G.-B.  I   /'.  M.  s.    C(t\l.    Vim.   an. 

[Decius  Aug.]  G.-B.        |       XII.  Typ.  A.  |       AVK.  Typ.  A. 

Beide  Seilen  ganz  undeullidi.  G.-B. 

[Her.]     Elruscilla     Aug.    I   /'.  M.  s.  c\ol.   Vim.  [a]n.       Beide  Seiten   ganz  undcullicli.   G.-B. 

G.-B.  I       XII.  Typ.  A. 

b.  Geprägt  in   Dacia. 

(//<•;-.]     Elruscilla    .Aug.    \  P.M.s.  c\ol.  Vim. [an?].  i    n      i-  i  i  a     7. 

X  .       \  ^'"f-     T^i'«"""^     Ik-cnis       Prf'vlni]t\iA    Hacia    an. 


G  -B.  I       Typ.  A. 


,Ulg.   G.-B.  i  ////.   Typ.  B. 


Her.     Elruscilla.     Aug.    1   P.  M.  s.  coli.  [Vim].  an.  ,     .             ,,  ,     .  n          •   ■     r,                 .• 

*              ..,r  ,              .  /"'/'.   (■  '■  Vib.    Voluu-  Prnvin,cta  Dacia  an.   l. 

G.-B.                                         \I  r?]  Typ.  A.  .   ,   1    ,.    ,.  -I-        T^ 

'             i  J      -'  onus  Au\g].  (i.-ü.  Typ.  D. 

CVAT.  Hosl.  M.  Quin-    1  P.M.s.c\ol.  \^Jm].  an[?]. 

tut  C.  G.-B.                      I       Typ.  A.  '"•  ^"""''ß'^  ^'"""'="- 

Imp.  Gordianus  pius  fcl.  .Marlcm  prnpngnalorem. 

Imp.  C.     Vibio    IR[<fro«.    I  P.  il.  s.  c\ol.[Vim.  an]  Aug.  G.-B.  SC  zu  beiden  Seiten  einer 

GaVlo.  [Aug.]  G.-B.        |       XI[I].  Typ.  A.  I  Säule. 


17 


Antike  Denkmäler  in   Serbien 


IV.  Municipium   (Kalistf). 

Der  „Grr\dac'  bei  Kaliste  mit  den  Ruinen  der 
Ansiedlung  Municipium  (vgl.  Jabresliefte  IV  Beibl. 
130fr.)  nimmt  einen  Raum  von  ungefähr  250  Schritten 
im   Gevierte  ein. 

4g.  Oberer  Teil  eines  vierseitigen  Blockes  aus 
Sandstein,  oben  abgerundet,  h.  0"38",  br.  0'44", 
<!•  0'35"-  Auf  der  Vorderseite  in  einer  nischenartigen 
Vertiefung  zwei  Köpfe,  auf  der  r.  Nebenseite  ein 
Brustbild  unter  einer  doppelten  Bogenstellung,  die, 
wie  es  scheint,  beiderseits  auf  je  einer  Säule  ruhte. 
Gefunden  im  „Gradac";  jetzt  im  Hofe  des  Milic  Milo- 
savljevic  in  Kaliste. 

50.  Daumen  von  der  Statue  einer  erwachsenen 
Person  aus  Bronze,  hohl,  Lebensgröße.  Gefunden  im 
„Gradac";  jetzt  im  Belgrader  Museum. 

51.  Gewicht  aus  Bronze  in  der  Form  eines  gegen 
die  Mitte  zu  wulstig  verdickten  Zylinders.  H.  0'0l6", 
Umfang  in  der  Mitte  gemessen  o'o84™,  Durchmesser 
der  oberen  und  unteren  kreisrunden  Fläche  0'0I5". 
Gewicht  79  gr.  Auf  der  oberen  Fläche  Inschrift;  die 
Buchstaben  sind  graviert  und  mit  Silber  ausgefüllt. 
Gefunden  im  „Gradac";  jetzt  in  der  Sammlung  des 
Gymnasiums  zu  Pozarevac. 

oü(-f/.£ail  •;'. 
Da  das  normale  Gewicht  des  römischen  Pfunds 
327'4Ö  oder,  wie  die  neueren  Funde  beweisen,  325  gr. 
beträgt,  ist  vorliegendes  Gewichtsstück  etwas  zu  leicht 
geraten. 

52.  Jagdpfeife  aus  Hirschgeweih,  1.  0'17"'.  Durch- 
messeram dickeren  EndeO'25'".  Gefunden  im  „Gra- 
dac" ;  jetzt  im  Belgrader  Museum. 

Eine  ähnliche  Jagdpfeife  wurde  bei  den  Aus- 
grabungen in  Carnuntum  gefunden;  vgl.  Der  römische 
Limes   in    Österreich  I  46    (dazu  Taf  IV,  Abb.  31). 

53.  Ein  Antefix  aus  Ton,  einen  Kopf  dar- 
stellend. Gefunden  im  „Gradac";  jetzt  im  Belgrader 
Museum. 

54.  Eine  gewöhnliche  römische  Fibula  aus 
Bronze. 

Münzen. 

Bestimmt  für  das   Belgrader  Museum. 

Iiiip.   Traiano  Aug.  Ger.  Dac.  P.  M.  Tr.  ['.  R.  Cos. 
V.  P.  P.  5PQR   Ojylimo  Piiuc.  Silber.    Cohen   74. 

A[n\rcliHS   Cacs.  Anion[.  .  .  R.  Ti:  pot  .  .  .  cos.  II. 
Silber. 

Fl.   lul.    Coiistantius   nob.    C.    R.   Gloria    excrriliis. 
Abschn.  Coiiss.  Kupfer.    Cohen  92. 
Jatreshefte  des  österr  archäol.  Institutes  Bd.  VIII  Beiblatt. 


Fl.  V'al.  Coiislaiiliiis  tiob.  C.  R.  Providentiac  Caess. 
Abschn.  Ka.  Kupfer.  Bei  Cohen,  soviel  ich  sehe, 
mit   CAESS   im   Revers  nicht  beschrieben. 

Fl.  Hiiaui  .\iigiisla.K.  Scciirilas  rei pnblicae.  Abschn. 
SMNB.  Kupfer.  Cohen  12  (in  Abschnitt  verschieden). 

Iiiip.  C.  Val.  Licin.  Licinitis p.f.  Aug.  R.  lovi  conser- 
vatori.  Im  Felde  r.  A  (V).  Absch.  SMN.  Kupfer. 
Cohen  70  (identisch,  aber  ohne  die  Schrift  im 
Felde  und  Abschnitte). 

V.   Margum   (Orasjc  bei   Dubravica). 

In  der  Inschrift  Jahreshefte  VI  Beibl.  23  n.  30 
ist  Z.  I  nicht  c{nrator)  c{ivitim)  R{oinanortim)  Ma[i-- 
cius  .  .  .,  sondern  wahrscheinlich  c{uraior)  c{iviuni) 
Riomaiwniui)  Ma[rgi  cov.siiskiitium)']  zu  ergänzen. 
Sie  stammt  demnach  aus  der  Zeit,  als  Margum  noch 
nicht  eine  römische  Bürgergemeinde  (municipium  Au- 
reliura  Augustuni),  sondern  ein  nichtstädtischer  Con- 
ventus   war. 

VI.   Kamenac. 

55.  Fragment  einer  Platte,  h.  o'32'",  br.  0'30'", 
d.  0'I7°';  rohe  Buchstaben  des  3.  Jahrhunderts 
zwischen  vorgerissenen  Linien.  Liegt  seit  langer  Zeit 
auf  der  ersten  kleinen  Brücke  bei  der  Kirche  zu 
Kamenac    (südlich    von    Kragujevac). 


f05V 


arde  .  . 
aug  .  . 
posii  ■  . 
ne   Ver 


VII.   Svilajnac. 

56.  Profilierte  Ära  aus  sehr  brüchigem  Muscbel- 
sandstein,  mit  dem  oberen  Teile  im  Boden  steckend, 
h.  (soweit  sichtbar)  0'97"  (unter  der  Erde  noch  etwa 
0'20'").  br.  0'57'",  d.  0'52";  Schaft  h.  0-57™,  br. 
0'445";  Buchstaben  h.  0'07".  Gefunden  vor  1885 
nahe  bei  Svilajnac,  r.  vom  Wege  zu  den  "Weingärten, 
wo  sich  die  Ziegeleien  befinden;  jetzt  im  Weingarten 
des  Herrn  Apothekers  Drasköczy. 

I{ovi)  o(ptimo)]  mia.xiiiio)? 

et  g[cnio]  su  .  .  . 

Unter  diesen  Resten  ist  noch  Raum  für  etwa 
3    Zeilen. 


VUl.    Timacum  minus  (Ruvna). 

•;7.  CIL  111  S  S:02.  l'laile  aus  weißem  Marmor, 
millen  »agrccht  entiweigebrochcn,  h.  I'oo"",  br.  o^l"", 
d.  O'öo".  Im  oberen  Felde  in  einer  bogenförmigen 
profilierten  Umrahmung  ein  Kranz,  der  eine  Rosetlc 
umschließt.  Das  Inschriftfeld  in  dreifacher  Umrahmung. 
h.  1"44'°,  br.  o"44"';  Buchstaben  des  endenden  2.  Jahr- 
hunderts, h.  0"045— O'Oj™.  Im  Felde  darunter  ein  iwci- 
henkeliges  liefäß,  aus  dem  r.  und  1.  je  eine  Rebe 
mit  iwei  Blättern  und  einer  Traube  hervorkommt. 
Kam  neuerdings  im  J.  I903  im  antiken  Castell  hei 
Ravna  in  der  Mitte  der  dem  Timok  zugekehrten 
Front  zum  Vorschein;  liegt  ebenda. 

D       9      M 

VETCOHtm/VC 
SYIlEKE,aH5- 

vivosE^r'' 

BM  Poi 
J£FA/  NO 

D(is)  mianibus). 
Q.  Serg(ius)  Paiil(us) 
vcl  eianus)     cuMortis)  I  T/irac(iiin) 
Syr[iaca()  ex  eq(uiU)  h(ic)  s{ilus) 
5   (e(s/)l;    v(ixit)    aii(nis)  LXX; 
vivo  se  si[bi] 
ei  I'upae  con{iugi) 
bUne)  micrenti)  pijs(uii) 
Serv(ate)  uep(oles). 

58.  Platte  aus  weißem  Marmor,  oben  abgebrochen, 
gr.  H.  rag",  br.  ovs",  d.  o^ij".  Das  Inschriftfcld 
(oben  abgeschlagen)  in  dreifacher  Umrahmung,  gr.  H. 
O-jö",  br.  0'42°;  Buchstaben  aus  der  Mitte  des 
3.  Jahrhunderts,  h.  Z.  I  —  lo:  0'045 — O'OSä",  Z.  )  I  bis 
12:0-025— 0-028"'.  Die  Endbuchstaben  Z.  5.  8.9.  10 
stehen  auf  der  r.  Randleiste.  Fund-  und  Standort 
wie  bei  n.  57. 


^\/ll7/XITl\NN 
XLV  MILITANT 
'  AINX14S1M-RFEC 
T^iMEXEDlTIO 

Mf^TlCK£TARVl 
LE[\nKrS(M^^CTi/^ 

'DlACoCCElAA^.l^[]o 

B  M'P  AVE  INGFKFBeI 


.  .  .U-g{io)iis)V\n 

i/»(  vixil  aiin(is) 
XIA',  mililavil 
..iiiii{is)    XVI    s(e- 
iinssc).iiilcr/cc- 
Ins  in  expCiiitioiie 
( l')aitica  et  Aiiinc- 

ithicci),  Va- 
IciiliitiiSijui  clOcla- 
viiis  filins,    eres  el 

Claii- 
)  diii    Cocceia   maier 

filio 
l>(eiic)  m{erenti)  p(o- 

stiil).    Ave, 

Iuvenile. Be- 
lle vale.is,  viiilor. 


Wegen  des  Schriftcharakters  dürfte  sich  Z.  5  fr. 
nicht  auf  den  Partherkrieg  des  Verus,  an  dem  viel- 
leicht auch  eine  Abordnung  der  legio  VII  Claudia 
teilnahm  (Jahreshefte  IV  Beibl.  93),  sondern  auf  eine 
der  parthischen  Expeditionen  in  der  ersten  Hälfte 
des  3.  Jahrhunderts  beziehen. 

Sculptur. 

59.  Kleine  Statue  der  Aphrodite  aus  feinkörnigem 
weißen  Marmor,  Oberkörper  über  dem  Nabel  ab- 
geschlagen; h.  ciSl"",    mit   der 

angearbeiteten  Plinthe  0'2I7°'. 
I-.  .Standbein,  r.  Spielbein.  Be- 
kleidet bloß  mit  einem  Gewand- 
stück, welches  rückwärts  unter- 
halb der  Hüften  die  Beine  be- 
deckend bis  auf  den  Boden 
herabfällt,  vorne  mit  zwei  Enden 
von  der  r.  Hand  über  der  Scham 
festgehalten  wird.  Die  1.  Hand 
ist  auf  einen  abgeschnittenen 
Baumstamm  (?)  gelegt,  neben 
welchem  r.  am  Boden  ein  Ge- 
fäß steht.  Gefunden  im  Castell 
bei  Ravna;  jetzt  im  Belgrader 
Nationalmuseum. 

IX.  Cocev  Kamen  (Altserbien). 

60.  Kleine  Reliefplatle,  oben  sich  verschmälernd 
und  abgerundet,  h.  O'lj'",  br.  unten  o'l2°',  dick  ocö". 


Antike  Denkmäler  in  Serbien 


Hermes  von  vorne,  r.  Standbein,  mit  Petasos  und 
Chlamys,  die  auf  der  r.  Schulter  befestigt  ist,  die 
1.  Schulter  bedeckt  und  über  den  1.  Arm  hinab- 
fällt, sonst  nackt.  In  der  R.  hält  der  Gott  einen 
Beutel  über  einen  kleinen  Altar,  in  der  L.  das 
Kerykeion.  Zu  seinen  Füßen  r.  ein  zu  ihm  zurück- 
sehender Hund,  1.  anscheinend  ein  Vogel.  Stammt 
aus  Cocev  Kamen  in  Altserbien;  gegenwiirlig  im 
Belgrader  Nationalmuseum. 

Dalmatia. 

5 

X.  Stojnik  und  Umgebung. 

Jahreshefte  IHBeibl.,! 56 unter 3  wurde  nicht  g;inz 
genau  gesagt:  „Auf  der  Anhöhe  Gradiste  („Burgstall") 
bei  Guberevci  stehen  die  Ruinen  eines  größeren  Ca- 
stells."  Vielmehr  hätte  es  heißen  sollen:  Nördlich 
von  Stojnik  befinden  sich  die  Ruinen  eines  größeren 
Castells  unter  dem  Namen  „Grad"  (,Burg').  Hier 
sieht  man  noch  die  Wälle  in  der  Form  zweier 
concentrischer  Kreise,  von  denen  einer  im  Umfange 
etwa  900,  der  andere  300  .Schritte  mißt.  Rings  um 
den  inneren  Kreis  ist  ein  tiefer  Graben  erkennbar. 
Der  äußere  Kreis  hat  südlich  eine  Öffnung  (wohl  ein 
Tor).  In  und  außerhalb  des  „Grad"  stößt  man  überall 
auf  römische  Ziegel. 

Ferner  soll  a.  a.  O.  unter  4  statt  „Guniste" 
„Gumnista"   stehen. 

61.  Profilierte  Ära  aus  Kalkstein,  unten  ab- 
gebrochen, h.  036™,  br.  O'ag",  d.  0"26'",  Inschrift- 
feld h.  0'24'°;  Buchst.aben  aus  dem  Ende  des  2.  Jahr- 
hunderts, Z.  I  h.  0"07",  Z.  2 — 3  O'OS™.  Gefunden 
im  „Gradiäte"  bei  Stojnik;  jetzt  in  Stojnik  vor  der 
Schule. 


O'OS"".     Seit    mehreren  Jahren    auf   einem   Grabe 
Friedhofe  von  Guberevac. 


I 

ORMF 

IV 

0     IVLIA 
i  ECVNDA 
CONiVCI 

El-     \.0 


I(0Vf)  olpliiiio]  ii:lcn 
j         pi-]o  saliile 

Ciie$'\ar(is:)  u(oslri) 


62.  Grabstele  aus  weißem  Kalkstein,  h.  17 1™, 
br.  0'73",  d.  (soweit  sichtbar)  0"08°.  Im  oberen 
Felde  Giebel;  darin  Kopf  in  Vordersicht;  in  den 
Zwickeln  je  eine  Palmette  angedeutet;  Geison  leer. 
Darunter  in  profilierter  Umrahmung  das  vertiefte  In- 
schriftfeld, h.  i'27™,  br.  O'jSs"';  zu  oberst  ein  mo- 
dernes Kreuz ;  stark  verwitterte  Buchstaben  des 
2.  Jahrhunderts   Z.  I    h.  O'oS",    Z.  2 — 6  O'OÖ"",    Z.  7 


[Dds)  in(nnibus)  et  inc-] 

iiioi'liiic]  M.  F  . .  . 

.   .   .  .  in   .  . 

.   .  0  Itiliii 

Seciiuiiii 

cnuingi 

piciilissimo 

/'(■[«((•)]  ni(ercnli)  [pjo- 


63.  Grabstele  aus  grauem  Kalkstein,  h.  r26™, 
br.  0'54'",  d.  0'215™.  Im  Felde  über  der  Inschrift 
Giebel;  darin  eine  Rosette;  in  den  Zwickeln  je  eine 
Halbpalmette;  auf  dem  Geison  Rankenmotiv.  Das 
vertiefte  Inschriftfeld  zwischen  zwei  geriefelten  Halb- 
säulen, h.  o'8o™,  br.  0'35";  unregelmäßige  Buch- 
staben aus  dem  Beginn  des  3.  Jahrhunderts,  h.  OO42 
bis  0'038'".  In  einem  Felde  darunter  (h.  0'I43™) 
Ranke  mit  Blättern  und  Trauben.  In  der  oberen 
Schmalfläche  ein  kleines  Loch,  ungewiß  ob  antik; 
in  der  unteren  Schmalfläche  nächst  der  1.  Ecke  (an 
der  entsprechenden  Stelle  r.  ist  der  Stein  beschädigt) 
ein  größeres  viereckiges  Eoch  (0'075  X  0'095™:  "^f 
0065°).  Gefunden  in  einem  Walde  in  Glavcine  (bei 
Gubernac);  jetzt  seit  mehreren  Jahren  auf  einem 
Grabe  im  Friedhofe  von  Gubernac. 


[^YK\cj)lAlA 
OYAAeNTl 

HATfLuNI 
ANeöHKA 
MNlAC><A 
FIN 


NuvcptSta 

OüaXsvxt 

Ttaxpwvt 

ävs9-r)xa 

|j.v£a;  5(a- 

ptv. 


.S  c  u  1  p  t  u  r  e  n . 
64.   Oberer  Teil   eines  Grabdenkmals  aus  Kalk- 
stein,  r.  abgebrochen,   h.  0'6g'",   br.  0"2S",   d.  0'27'" 


N.  VuliiJ,  Aiuilic    DcnUmliler  in   Scili: 


Im  oberen  Felde  1.  Hälfte  eines  Giebels;  im  ZwicUcl 
Dclpliin  nach  unten.  Darunter  ornamentiertes  Geison, 
unter  diesem  wieder  eiu  unten  abgebrochenes  Feld, 
1.  durch  eine  Säule  begrenzt,  geschmückt  mit  Blättern 
und  Tr.mben.  Gefunden  im  «Gradistc"  bei  Stojnik; 
jetit  in  einem  Steinh.iufcn  im  Hofe  der  Schule  zu 
Stojnik. 

65.  Quadratische  Platte  aus  K.alksliin,  deren 
obere  Fläche  kreisrund  ausgehöhlt  ist,  h.  und  l)r. 
O'Jö"",  d.  o'i7'".  Der  Durchmesser  der  Vertiefung 
0"30°',  die  Tiefe  O'Oj — O'Oi".  Durch  den  Boden 
derselben  geht  ein  Loch.  Fund-  und  Standort  wie 
bei  n.  64. 

Klein  fundc. 

66.  Achtscitige  oben  .ibgestumpfte  Pyramide 
aus  Blei,  h.  oOj™,  br.  unten  0'048'",  die  obere 
Fläche  br.  O'Olö".  Seit  langem  bei  Herrn  Milosnv- 
Ijevid,  Lehrer  zu  Stojnik. 

67.  Kleine  Stange  aus  Eisen;  das  eine  Ende 
wulstig  gestaltet;  an  dem  anderen  Ende  ist  ein 
bronzener  Gegenstand  in  der  Form  eines  Halbmondes 
angesetzt;  zwischen  den  beiden  Enden  läuft  ein  ver- 
schiebbarer Bronzering.  L.  008'°,  br.  am  dickeren 
Ende  O'oia".    Seil  mehreren  Jahren  dort  wo  n.  66. 

68.  Kopf  eines  schlangcnähnlichen  Tieres,  welclier 
am  Halse  in  ein  viereckiges  Plättchen  ausläuft,  das 
horizontal  in  zwei  Teile  geteilt  ist.  L.  o"033™,  br. 
O'OI"",  d.  0"03 — O'OI™.  Standort  seit  langem  wie 
bei  n.  66. 

Münzen. 

D.H.  V^alciis  p.  f.  Aug.  \  R.  Victoria  Aiigg.  \  Trobc. 
Gold.  Cohen  53.  Gefunden  in  Bogovica  bei  Stojnik; 
jetzt  in  der  Sammlung  des  Belgrader  Professors 
Mijalko  Ciri<i. 


linp.  Caes.  Vesp.  Aug.  ...  |  K.  Aiigii\i\  tri.  po[l 

Silber.  Cohen   43.    In    der  Sammlung    des   Lehrers 
Milosavljcvit'. 

XL  Antiken  unbekannter  Herkunft. 

69.  Kleine  Statuette  der  Aphrodite  (?)  aus  Mar- 
mor, mit  einer  griechischen  Inschrift  auf  der  Plintlie. 
Idi  sah  das  .Stück  1901  bei  dem  Belgrader  Antiquar 
Radovan  Paskovic;  als  ich  es  nacli  kurzer  Zeit  wieder 
besichtigen  wollte,  war  es  Iiercils  an  einen  Un- 
bekannten verkauft. 


X  AP€  OC  A  K.  vrp 
yOrC  Ui  K  YGCPI  A 


Xa|i]pe  Oex  KuTtp- 
OYSvf,  Ku3sp(a 
äEiac.|iaL. 

Der    Verdaclit    einer    Fälschung    ist    niclit   aus- 
geschlossen. 

70.  Tonlampe,  nach  J.  Fink,  Formen  und  Stem- 
pel römischer  Tonlampen  i.Sitzungsber.  Akad.  Mün- 
chen, phil.-hist.  Cl.  1900  685  ff.)  dem  Typus  III  an- 
gehörend, 1.  009",  oberer  Durchmesser  o'o6™.  Auf 
der  unteren  Fläche  (im  Durchmesser  0'045'")  der 
Name  des  bekannten  Töpfers  Cassius. 
CASSI  Cassi. 
Belgr.id.  N.   VULIÖ 


Brände  des  ephesischen  Artemisions. 


Eine  durch  erfahrenen  Widerspruch  veranlalite 
und  von  Herrn  Geheimrat  A.  Schöne  gütig  geförderte 
Überprüfung  eines  vor  Jahresfrist  in  der  Zeitschr.  f. 
d.  österr.  Gymn.  1904,  I  ff.  publicierten  kleinen  Auf- 
satzes bewog  mich,  einige  dort  herangezogene 
Nachrichten  ephesischcr  Schriftquellen  genauer  zu 
untersuchen,  als  es  mir  wohl  damals  für  meinen 
nächsten  Zweck  nötig  erschienen  war.  Zu  diesen 
Nachrichten  zählt  vor  allen  anderen  die  in  hohem 
Grade   .luffallige  Notiz    des    Eusebius    ad    ann.  Abr. 


871  (1146  v.  Chr.)  =  Sync.  334,  18  Auiai  [sc.  a£ 
'Aiiajöve;]  xal  xi  i'i  'E'^laip  tspiv  7:pO£v£7iprjaav 
(vgl.  Euseb.  Chron.  ed.  Schöne  II  54),  eine  Notiz,  die 
offenbar  nur  in  direktem  Bezüge  auf  ann.  Abr.  1619X 
(395  V.  Chr.)  =  Sync.  491,  7  '0  iv  'R-^icif  'iolo;,  auO-ij 
dvsiipTjaihj  (Schöne  II  1 10)  niedergeschrieben  sein 
kann.  Der  bekannten  Tradition  von  der  Gründung  des 
Artemisions  durch  die  Amazonen  (z.  B.  Pind.  frg.  174, 
Callim.  h.  Dian.  237,  vgl.  (juhl,  Ephes.  132,  Clinton, 
F.  Hell.  I    116  not.  x,   Pauly-AVissowa,  Realencycl.  I^ 


25 


R.  C.  Kukula,  Brände  iles  epliesischen  Artemisions 


1757'')  steht  jene  widersprechende  Behauptung  des 
Eusebius  und  seiner  Ausschreiber,  daß  der  Tempel 
durch  die  Amazonen  verbrannt  worden  sei,  ganz  und 
gar  vereinzelt  gegenüber.  Unmöglich  wäre  es  nicht, 
daß  etwa  das  spätere  Epos  ira  Zusammenhange  mit 
der  historischen  Forschung,  von  der  alsbald  die 
Araazonengründungen  ins  Gebiet  der  Fabel  verwiesen 
wurden,  auf  diesen  Einfall  hätte  geraten  liönnen;  vgl. 
.Strabo  XII  550  •co'j;  r.sfl  DÖY^Xa  Xs-fovxas  Täj 
X|iajöva;  iiSTaj'j  'Ecpiao'j  xal  Ma-fvY]ata;  y.al  npir;v7;; 
cfXuapstv  cfrjoiv  ö  AriHijxptog  und  Paus.  VII  2,  7  &ü 
HTjV  räv-ca  '[S  xä  I;  xtjv  fl-eov  |7lÜ9-sto  snol  äozetv 
IlfvSapos,   S;  X|iaCiövaj  xö  iapov  l^r)  xotJ-o  tSp'JoasS-oct 

axpaxEuo|iivag  STii  ^O-vjva;    xs   xal  6r/aia   oO 

|irjv  ÜTZÖ  ä.|iajöv(i)v  -fs  £5pu9-if].  Aber  nur  um  so 
befremdlicher  bliebe  es,  daß  unter  solchen  Umständen 
die  angebliche  Verbrennung  des  Heiligtums  durch 
die  Amazonen  nicht  mehrfache  Erwähnung  gefunden 
hätte.  Schon  Scaliger  Thes.  Temp.  1058  Animadv. 
p.  55  B  ad  DCCCLXX  hat  das  wahrgenommen  und 
zugleich  auf  die  einzige  Stelle  hingewiesen,  aus  der 
Eusebius  seine  Nachricht  geschöpft  haben  wird;  sie 
steht  bei  Clem.  Alex.  Protrept.  IV  53  Dind. :  oloa, 
-'ip  7;0p  iXeyxxtxöv  v.al  SEtai8a'.|j,ov£as  iaxtxov  Et 
ßüuXsi  TtauaaaS-at  x^;  dvotaj,  cptoxa'füj-frpEi  oe  xö 
jiüp.  xoüxo  xö  Tiijp  xal  xöv  §v  'Ap"fEi  veöjv  ai)V  xai  -^ 
EEpsiqt  xaxEcpJ.sgsv  XpuaiSt  xal  xöv  sv  'EcfEatp  xf;s 
l4px£|iiSc/S  äEÜxspov  (lExa  Afia^övaj  xal  x6  sv 
'Pwjiy)  KaTcixcuX'.ov  §ii'.VEvi|irjxat  -oXXdxt;  •  oiix  aTiioxExo 
8e  oü5s  xoü  sv  XXsäavSpstuv  toXei  2apa7ii5o;  EspoO. 
Wenn  Scaliger  hiezu  bemerkt:  „e.x  duabus  incendiis 
templi  Ephesini  prius  illatum  est  ab  Amazonibus,  ut 
coUigimus  ex  illis  Clementis  verbis",  so  verbindet  er 
offenbar  xaxs-.fXs;EV  mit  äEÜxspov  |j.sxa  Xjiajova;  („zum 
zweiten  Male  nach  den  Amazonen")  und  imputiert 
auf  diese  Weise  Clemens  den  monströsen  Parallelis- 
mus, daß  der  Artemistempel  zum  ersten  Male  von  den 
Amazonen,  zum  zweiten  Male  (nämlich  „nach  den 
Amazonen")  nicht  etwa  von  Herostratos,  sondern 
vom  Feuer  verbrannt  worden  sei.  Die  ganze  Schwie- 
rigkeit löst  sich  aber  sofort,  wenn  man  Ssuxspov  viel- 
mehr als  Adjectiv  zu  vscüv  zieht  und  eng  mit  ]iExa 
^lia^öva;  verbindet:  „Das  Feuer  zerstörte  den  zwei- 
ten Tempel  nach  den  Amazonen",  d.  h.  den  zweiten 
Tempel  nach  dem  von  den  Amazonen  gebauten. 
Bemerkenswert  bleibt  hier  vor  allem,  daß  bereits 
Eusebius,  der  zweifellos  den  Clemens  Alexandrinus 
stark  benutzte,  die  Stelle  ebenso  irrig  interpretiert 
hat  wie  später  Scaliger,  und  daß  ihnen  alle  Neueren 
mit    einziger    Ausnahme    der   Mauriner    folgten,    die 


richtig  übersetzt  haben :  „Hie  (sc.  ignis)  Ephesiae 
Dianae  templum  quod  post  Amazonum  tempora 
secundum  erat  .  .  .  depopulatus  est"  (vgl.  Migne, 
Patr.  Lat.  XXVII,  col.  280,  not.  d  und  col.  462, 
not.  i). 

Mit  der  richtigen  Deutung  des  Clementinischen 
.Satzes  ist  somit  nicht  bloß  die  befremdliche  Nach- 
richt des  Eusebius  zu  ann.  Abr.  871  von  einer  Ver- 
brennung des  Tempels  durch  die  Amazonen,  die 
sich  sowohl  bei  Hieronymus  und  in  der  vers.  Armen, 
wie  bei  Dionysius  Telmaharensis  (ed.  Siegfried  et 
Geizer  1884  p.  I3)  und  im  Syncellus  weiterpflanzt,  als 
beseitigt  anzusehen,  sondern  auch  das  Eusebische 
a53".;  zu  ann.  Abr.  l6lg  x  als  offenbarer  Irrtum  nach- 
gewiesen: denn  es  unterliegt  wohl  keinem  Zweifel, 
daß  Eusebius  dieses  aüO-tj  infolge  der  Mißdeutung 
jener  Cleraens-.Stelle  und  in  bewußtem  Zusammen- 
hange mit  dem  bei  ann.  Abr.  871  gebrauchten  TiposvE- 
7:pT|3av  geschrieben  haben  wird.  Noch  merkwürdiger 
aber  muß  uns  sein  Mißverständnis  dadurch  erscheinen, 
daß  er  die  interessante  .Stelle,  die  docli  jedesfalls 
auf  den  herostratischen  Brand  anspielt,  zu  allem 
Überflusse  nicht  auf  diese  bekannte  Katastrophe  des 
Jahres  356,  sondern  vielmehr  auf  einen  sonst  un- 
bezeugten  Brand  des  Jahres  395   bezogen  hat. 

Daß  trotz  alledem  aus  dieser  Erkenntnis  noch 
keineswegs  die  Berechtigung  abgeleitet  werden  darf, 
nunmehr  das  ganze  Eusebische  Lemma  vom  „zweiten" 
Brande  und  die  Fixierung  dieses  Brandes  auf  ann. 
Abr.  16 ig  x  ^  395  v.  Chr.  außer  Geltung  zu  setzen, 
bedarf  in  Anbetracht  der  Genesis  und  des  Charakters 
solcher  synchronistischer  Compilationen  keines  be- 
sonderen Nachweises.  Zwar  ein  gewichtiges  Bedenken 
gegen  die  Maßgeblichkeit  des  Ansatzes  liegt  ja  aller- 
dings in  dem  Umstände,  daß  Eusebius,  wie  man 
sieht,  eine  vermeintliche  Einäscherung  des  Artemisions 
durch  die  Amazonen  ira  Jahre  II46  sowie  einen 
Brand  um  das  Jahr  395  erwähnt,  dagegen  jene  zweifel- 
los bekannteste  Feuersbrunst  vom  Jahre  356  (Hero- 
stratos) mit  Stillschweigen  übergeht,  obwohl  er  doch 
just  zu  356  (Ol.  106,  i)  ebenso  wie  der  Armenier 
und  Hieronymus  die  von  der  Tradition  mit  dem 
herostratischen  Brande  so  bestimmt  verknüpfte  Ge- 
burt Alexanders  d.  Gr.  ganz  richtig  verzeichnet  hat: 
„Alexander  Filippi  et  Olympiadis  filius  nascitur". 
Aber  gerade  die  Tatsache,  daß  die  Erforschung  des 
Eusebischen  Quellenwirrsals  nicht  selten  zu  ganz 
unvermuteten  Überraschungen  geführt  hat,  mahnt 
wohl  auch  hier  zu  größter  Vorsicht  und  verlangt  zu- 
nächst eine  Voruntersuchung  nach  dreierlei  Richtun- 


R.  C.  Kukuln 


gen:  liegt  an  unserer  Stelle  etwa  eine  Verderbnis 
in  der  handschriftlichen  Überlieferung  der  Kuse- 
bischen  Canoncs  vor.  oder  hat  sich  allenfalls  schon 
Eusebius  selbst  geirrt,  indem  er  das  Lemma  aus 
seiner  Vorlage  an  unrechter  Stelle  (bei  305  statt  zu 
55Ö)  eintrug,  oder  mulJ  man  fiiglich  annehmen,  daß 
bereits  in  seiner  (luellc  wohl  ein  Hrand  des  J.  395 
notiert,  der  hcroslratische  Brand  von  356  aber  trotz 
des  berühmten  Synchronismus  mit  der  Geburt  Ale- 
x.anders  nicht  verzeichnet  gewesen  sei?  So  intricat 
die  Untersuchung  dieser  Fragen  auf  den  ersten  Blick 
erscheinen  mag,  so  werden  sich  doch  bei  näherem 
Zusehen  fiir  die  an  letzter  Stelle  erwähnte  Vermutung 
und  damit  für  meine  a.  O.  (Zcilschr.  f.  d.  österr.  Gymn. 
1004  S.  5)  ausgesprochene  Überzeugung,  daß  das  von 
M.icrobius  Sat.  V  22,  4  bezeugte  Weihefest  des 
Artemisions  in  der  Tat  um  395  durch  eincFeuersbrunst 
größeren  oder  kleineren  Umfangs  veranlaßt  worden 
sein  dürfte,  mehrfache  und,  wie  ich  gl.aubc,  unverächl- 
liche  Beweisgründe  gewinnen  lassen. 

Das  Lemma  vom  fraglichen  Terapclbrande  des 
J.  395  ist  uns  nämlich,  wie  schon  erwähnt,  auch  bei 
Syncellus  491,  7  erhalten,  freilich  ohne  hinzugefügtes 
Datum.  Doch  kann  man  dasselbe  mit  einiger  Sicher- 
heit aus  seiner  Umgebung  erschließen.  Denn  wenn 
man  die  Lemmen,  die  bei  Syncellus  dem  Artemision- 
Lemma  vorangehen  und  ihm  nachfolgen,  mit  denen 
vergleicht,  die  bei  dem  Armenierund  bei  Hieronymus 
das  gleiche  Lemma  einrahmen,  so  sieht  man,  daß 
sie  im  wesentlichen  übereinstimmen  und  d.aß  mithin 
Syncellus  den  Tempelbrand  annähernd  ebenso  datiert 
hat  wie  Eusebius  und  Hieronymus,  d.  h.  ungefähr 
in  die  Jahre  398 — 39;.  Es  ist  also,  wie  mir  Schöne 
zu  bestätigen  die  Güte  hat,  ,.als  völlig  sicher  anzu- 
sehen, daß  diese  Datierung  die  originelle  Eusebischc 
ist  und  nicht  auf  irgendeinem  Versehen  eines  nach- 
cosebischen  Copisten  beruht."  Dazu  fügt  es  sich 
gut,  daß  gerade  für  denjenigen  Abschnitt  der  Euse- 
biscben  Canones,  innerhalb  dessen  das  Artemision- 
Lemma  zum  Jahre  395  steht,  auch  eine  verläßliche 
Quellenangabe  vorliegt,  indem  bei  Sj-ncellus  p.  489. 
I — 491,  22  die  Bezeichnung  'A'^f.xavoO  überschrieben 
steht  und  in  der  Tat  kein  Zweifel  entstehen  kann,  daß 
alles,  was  .Syncellus  auf  den  genannten  drei  Seiten 
mitteilt,  wirklich  dem  Africanus  angehört  (vgl.  Gclzer, 
Sex.  Julius  Africanus  I  180);  ja  diese  Beobachtung 
gilt  nicht  nur  für  den  Wortlaut   der   einzelnen  Lem- 

')  Leider  sind  im  weiteren  Verlaufe  die  Olym- 
piadenangaben   von  den  Copisten   vernachlässigt  wor- 


men,  sondern  auch  für  ihre  Aufeinanderfolge,  die  — 
von  den  auf  den  Ausschreiber  Syncellus  oder  die 
librarii  zurückzuführenden  Trübungen  abgesehen  — 
genau  chronologisch  sein  will,  wie  sich  schon  daraus 
ergibt,  daß  am  Anfange  (.Sync.  489,  2  undC)  wenigstens 
zweimal  die  Olympiaden  (87  und  88)  angegeben 
sind.'i  Haben  wir  also  für  das  Lemma  vom  Amazonen- 
brand  des  J.  1146  zwar  nicht  in  Bezug  auf  seine 
Datierung,  aber  doch  in  Bezug  auf  seinen  Inhalt  und 
seine  Verquickung  mit  dem  „zweiten"  Brande 
(npOEvdjipyjaav,  aaO'ij)  eine  seit  alters  mißdeutete 
Clemens-Stelle  als  Quelle  gefunden,  so  können  wir 
nun  die  Notiz  vom  „zweiten"  Tempelbrande  des 
Jahres  395  nicht  bloß  nach  ihrem  Wortlaute  —  ab- 
gesehen natürlich  von  jenem  illegitimen  a53-i;  — 
sondern  auch  bezüglich  ihrer  approximativen  fiatierung 
mit  voller  Sicherheit  auf  Africanus  zurückführen. 
Diese  Tatsache  aber  bedeutet  jcdesfalls  eher  eine 
Verstärkung,  als  eine  Minderung  der  Autorität,  die 
dem  Eusebischen  Ansätze  zukommt,  und  legt  den 
Gedanken  n.ahe,  daß  Eusebius  in  der  Tat  den  Brand 
des  Herostratos  (356)  bei  seiner  Arbeit  übersehen 
hat  oder  diesbezüglich  von  der  Quelle,  die  er  aus- 
schrieb, im  Stiche  gelassen  wurde.  An  analogen 
Beispielen  für  solche  Mangelhaftigkeit  des  Apparates, 
Unwissenheit  oder  Vergeßlichkeit,  die  nicht  selten 
durch  nachträgliche  Eintragungen  eorrigicrt  wurden, 
fehlt  es  nicht,  sind  doch  von  Eusebius  gerade  zum 
Ale.\ander-Lemma  Ol.  106,  I  =  356  v.  Chr.  außer 
dem  berühmten  Schulbeispiele  herostrati scher  Ruhm- 
sucht auch  noch  drei  andere  bedeutsame  Gleich- 
zeitigkeiten, die  Einnahme  von  Potidaea  (Plut.  .\lex. 
3),  Philipps  Sieg  in  Olympia  (Plut.  Consol.  ad  Apollon. 
p.  105  A,  0)  und  die  Besiegung  der  lUyrier  durch 
Parmenio  (lustin.  XII  16),  gleichfalls  mit  Stillschwei- 
gen übergangen  worden.  Wollte  man  anderseits 
den  Versuch  machen ,  die  Differenz  auf  kurzem 
Wege  dadurch  zu  beseitigen,  daß  man  die  Notiz  vom 
Tempelbrande  aus  den  Jahren  398 — 395  (Templum 
rursus  Efcsi  incensum)  auf  das  Jahr  356  versetzt,  so 
spr.äche  dagegen  zunächst  die  Tatsache,  daß  ja  Eu- 
sebius, wie  schon  erwähnt,  zu  356  die  Geburt  Ale- 
xanders richtig  vermerkt  hat  (Alexander  Eilippi  et 
Olympiadis  filius  nascitur)  und  für  den  Fall,  daß 
seine  Quelle  jenen  Brand  nicht  auf  398 — 395,  sondern 
vielmehr  auf  356  fixiert  hätte,  den  berühmten  provi- 
denliellen    Synchronismus     gewiß    dort    vorgefunden 


den  (Geizer  a.  a.  O.  180  a.  E.). 


2Q 


Brande  des  ephesischen  Artemisions 


oder  doch  selbst  bemerkt  und  dann  aucb  sicherlich 
angemerkt  haben  würde,  indem  er  beide  Notizen  durch 
et  zu  einem  Lemma  verbunden  hätte.  Endlich  unter- 
läge die  Annahme  einer  irrtümlichen  Transposition 
auch  deshalb  ernstlichen  Bedenken,  weil  sich  nicht 
das  geringste  Anzeichen  vorfindet,  das  uns  erklären 
könnte,  durch  welche  Gründe  oder  Umstände  sie  im 
vorliegenden  Falle  hervorgerufen  worden  sein  sollte-). 
Methodisch  scheint  also  unter  solchen  Umständen 
wohl  nur  die  eine  Vermutung  zulässig,  daß  das 
Lemma  vom  Artemision-Brande  des  J.  395  keines- 
wegs auf  einer  späteren  (nach-eusebischen)  Trübung 
der  Tradition  beruhen  kann,  sondern  sich  zweifellos 
schon  in  den  authentischen  Exemplaren  der  Euse- 
bischen  Canones  vorfand,  daß  aber  auch  Euseblus 
selbst  bei  Benützung  seiner  Quelle  keinen  Irrtum 
begangen,  sondern  vielmehr  sowohl  den  Inhalt  des 
Lemmas,  das  er  lediglich  durch  Hinzufügung  von 
au6-t5  mit  der  Notiz  vom  Amazonenbrande  in  Ein- 
klang brachte,  als  auch  seine  Datierung  getreu  aus 
Africanus  übernommen  haben  wird. 

Günstigerweise  findet  diese  Schlußfolgerung  in 
der  schon  erwähnten  Stelle  des  Macrobius  Sat. 
V  22,  4  auch  von  außen  her  eine  unverdächtige,  von 
Eusebius  und  seiner  Quelle  allem  Anscheine  nach 
ganz  unabhängige  Unterstützung  (vgl.  meinen  Aufsatz 
Zeitschr.  (.  d.  österr.  Gymn.  1904  S.  i    ff.): 

„Alexander  Aetolus  poeta  egregius  in  libro  qui 
inscribitur  Musae  refert,  quanto  studio  populus  Ephe- 
sius  dedicato  templo  curauerit  praemiis  propositis,  ut 
qui  tunc  erant  poetae  ingeniosissimi  in  deam  carraina 
diuersa  componerent.  In  his  uersibus  Opis  non  comes 
Dianae,  sed  Diana  ipsa  uocata  est.  Loquitur  autem, 
ut  dixi,  de  populo  Ephesio: 


Tii-toS-sov  xii)-dp.aj  i5|iova  xai  |iEÄio)V 
u£öv  6spaav5fOio,  xöv  litvEaev  ä.ii^a.  o£-fXo)v 

Xpuasdov  EPHN-')  5t)  töte  x''*-"^5a 
üfiv^aai,  TaXEtüv  'Srav  pXYJTECpav  öVaToiv, 

ri  t'  i.TX  Ksf  xpsftut  tIhiov  rXy.rj^  ix^i, 
et  mox: 

Mv)5e  9-sf;;  7ipoX(itr|t  AT|Tü)t5o;  äxXsa  ep'fa. 
Apparuit,  ni  fallor,  Opin   Dianam  dictam  usw." 

Es  liegt  nämlich,  wie  ich  glaube,  nicht  der  ge- 
ringste Anlaß  vor,  an  Bergks  Meinung  (Lit. -Gesch. 
II  53g,  Anra.  53)  zu  rütteln,  daß  auch  die  historische 
Einleitung  zu  dem  Fragmente,  wie  ja  Macrobius 
selbst  ausdrücklich  hervorhebt,  wirklich  auf  Alexander 
Aetolus  zurückgehe.  Und  mag  immerhin  Macrobius 
Citat  und  Vorbemerkung  nicht  aus  Alexander  Aetolus 
direct  geschöpft,  sondern  vielmehr  aus  Didymos,  viel- 
leicht aus  Plutarch  oder  Varro,  übernommen  haben, 
jedesfalls  hat  die  Nachricht,  daß  sich  Timotheos  bei 
einer  Einweihung  des  Artemisions  (dedicato  templo) 
als  officieller  Festdichter  oder  als  Concurrent  in 
einem  musischen  Agon  beteiligt  habe,  nichts  an  sich, 
das  sie  unglaubwürdig  oder  verdächtig  erscheinen 
ließe  (sieh  meine  Ausführungen  a.  a.  O.  S.  4 ff.). 
Schwieriger  freilich  scheint  sich  die  Frage  zu  ent- 
scheiden, wann  und  aus  welchem  Anlasse  jenes 
Weihefest  stattgefunden  haben  könnte.  Aber  da  wir 
wissen,  d.aß  Timotheos  um  360  in  Makedonien  neunzig- 
jährig gestorben  ist  (v.  Wilamowitz,  Die  Perser,  kleine 
Ausgabe  67),  so  ist  ja  zunächst  wohl  klar,  daß  es  sich 
nicht  um  die  Einweihung  des  hellenistischen,  an- 
geblich durch  den  Brand  des  Herostratos  veranlaßten 
Neubaues,  der  erst  etwa  323  fertiggestellt  wurde 
(Plin.    N.    H.    XVI    213,     sieh    meine    Emendation 


-)  „Verwechslungen  von  Archonten-,  Königs-  und 
Consulnamen,  Vertauschung  von  Olympiadenziffern, 
Doppel-Lemmen  und  Doppeldatierungen,  Wider- 
sprüche und  Vergeßlichkeiten",  schreibt  mir  Schöne, 
„kommen  oft  genug  vor  und  sind  gewiß  vielfach  noch 
nicht  erkannt  worden.  Aber  fast  überall  läßt  sich  als- 
bald wenigstens  eine  Erklärung  des  Irrtums  gewinnen, 
während  alle  meine  Versuche,  an  der  vorliegenden 
Stelle  etwas  dergleichen  als  Anhaltspunkt  zu  ent- 
decken, erfolglos  geblieben  sind.  Das  ist,  als  argumen- 
tum e  silentio,  allerdings  nicht  concludent,  aber  doch 
immerhin  ein  ansehnliches  Argument  gegen  die  Wahr- 
scheinlichkeit einer  in  den  Eusebischen  Canones  ge- 
schehenen Transposition." 


^)  V.  Wilamowitz  (Hermes  XXXVII  303)  liest 
atptuv.  Ich  selbst  dachte  a.  a.  O.  S.  3  f.  an  xp-'wv  im 
Sinne  von  „bewilligend".  Diels  erklärt  sich  in  einer 
schriftlichen  Mitteilung  für  die  LA  tspöjv  des  Camera- 
rius:  „Das  Volk  von  Ephesos  forderte  den  Timotheos 
zum  Singen  auf,  indem  es  1000  Shekel  opferte  (weihte, 
zum  heiligen  Dienst  für  die  Göttin  bestimmte)".  Da- 
gegen gibt  mir  Schöne  zu  bedenken,  ob  nicht  Mei- 
nekes  Espvjv  'fCk.iZoL . . .  .t'  *Qiiiv  pX»)T£tpa7  festzuhalten 
sei;  denn  da  es  sich  um  Cultuszwecke  handle,  könne 
die  X'^'^'S  ol'j'kiä-i  ohneweiters  eine  EEpi^  X'^-'^s  genannt 
werden,  auch  scheine  es  nicht  anstößig,  '2mv  mit 
dem  von  6|ivr;aat  abhängigen  Accusativ  xt^taäa  durch 
t'  als  weiteres  Object  zu  verbinden. 


31 


K.  l".  IviiUul.i,   Briinile  des  cpliesisclien  Artemisions 


32 


a,  a.  O.  S.  7  Anni.  :),  sonciern  nur  um  ein  Wcilu- 
fest  im  .alten"  Tcnnicl  handeln  kann,  der  sclion  im 
sechsten  Jahrhundert  vollendet  worden  war.  Hallen 
wir  ferner  mit  dieser  Erkenntnis  die  oben  besprochene 
Notii  bei  Eusebius-Hieronymus,  daß  etwa  398 — 39; 
V.  Chr.  der  Dianatempel  gebrannt  habe,  dann  die 
Nachricht  des  Macrobius, beziehungsweise  Alexanders, 
daß  Timotheos  an  einem  Weihefeste  des  Arlemisions 
mitgewirkt  habe,  und  endlich  die  von  Wilamowitz 
a.  a.  O.  S.  63  festgelegte  Tatsache  zusammen,  daß  just 
um  308 — 396  Timotheos,  der  gerade  damals  (39S1  auf 
der  Höhe  seines  Ruhmes  stand  (vgl.  Diod.  XIV  46 
und  die  zwei  ersten  Verse  des  Alexanderfragments), 
in  nächster  Nähe  von  Ephcsos  geweilt  und  an  den 
beim  Bundestempel  des  Poseidon  an  der  Mykale  ge- 
feierten Panionien  seine  „Perser"  vorgetragen  habe: 
so  wird  man  sich,  wie  ich  glaube,  bei  dem  glatten  In- 
einandergreifen von  so  verschiedenen,  sowohl  ihrem 
Inhalte  als  ihrer  Herkunft  nach  ganz  unabhängigen 
Nachrichten  und  besonders  in  Anbetracht  der  über- 
raschenden Coincidenz  dieser  Mitteilungen  auf  die 
Zeit  zwischen  398  und  395  v.  Chr.  kaum  mehr  der 
hohen  Wahrscheinlichkeit  des  Schlusses  entziehen 
dürfen,  daß  in  der  Tat  um  395  v.  Chr.  der  Tempel 
durch  einen  Brandschaden  exauguriert  worden  sein  mag 
(Euscbius  ad  ann.  Abr.  lölgy.)  und  somit  nach  er- 
folgter Wiederherstellung  von  neuem  „geweiht"  wer- 
den mußte  (Macrob.  Sat.  V  22,  4).  Denn  solche 
Brände  sind  ja  gewiß  nicht  bloß  durch  Frevler-  oder 
Eeindeshand,  wie  im  siebenten  Jahrhundert  durch 
den  Kimmerierfürsten  Lygdamis,')  356  v.  Chr.  durch 
Herostratos,  262  n.  Chr.  durch  die  Goten  und  circa 
400  durch  lohannes  Chrysostomus  gelegt  worden,  son- 


dern dürften  bei  der  feuergefiihrliiluii  Art  der  Opfcr- 
handlungen  wie  anderwärts  (vgl.  z.  H.  .Sucl.  Aug.  30; 
Hör.  carm.lll  6,4,Mon.  Anc.IV  17)  so  auch  in  Ephcsos 
verhältnismäßig  oft  entstanden  sein  und  besonders  in 
den  reichen  und  kostbaren  Ilolzbestandteilcn  des 
Tempels  größeren  oder  kleineren  Schaden  angerichtet 
haben.  Nicht  anders  als  durch  den  Hinweis  auf  derlei 
mehr  oder  weniger  umfassende,  durch  Feuer,  Wasser, 
Abnützung  beim  Gebrauche  und  dergleichen  Be- 
schädigungen veranlaßte  „häufige  Wiederherstellungen" 
scheint  mir  auch  der  Ausdruck  scpties  restituto 
templo  bei  Plin.  N.  H.  XVI  79  seine  einfache  Er- 
klärung zu  finden.  Gewiß  nicht  an  einen  „sieben- 
maligen Neubau"  des  Artemisions,  wie  noch  F..Curtius 
,Ephesos'  1874  S.  30  und  38,  Aimi.  ig,  und  ti.  A. 
Zimmermann,  Ephesos  im  I.  christl.  Jahrh.  1874  S.  149 
meinten  (vgl.  auch  Falkener,  Ephesus  1862  S.  2I0(f.), 
oder  gar  an  die  Siebenzahl  der  am  Artemision  be- 
teiligten Architekten  (Theodoros,  Chersiphron,  Meta- 
gcnes,  Demetrios,  Paionios,  Deinokrates,  Thrason), 
wie  E.  Guhl  .Ephcsiaca'  1843,  p.  167  vermutet  hat, 
auch  nicht  etwa  an  eine  uns  unbekannte  ephesische 
Cultlegende,  wie  sie  z.  B.  Pausanias  X  5,  9  vom 
delphischen  Tempel  erzählt,  wird  man  denken  dürfen, 
sondern  vielmehr  septies  als  „hyperbolisches"  Zahl- 
adverb (Arch.  f.  lat.  Lexik,  und  Gramm.  IX  342  11; 
Diels  in  der  Festschrift  f  Gomperz  1902  S.  10  f.; 
Maass,  Die  Tagesgötter  1902  S.  289)  im  Sinne  von 
saepius  (vgl.  kr.-ä.-/.ii  z.  B.  bei  Aristoph.  Lys.  698 
oder  Lucian.  Piscat.  2)  nur  ganz  allgemein  auf  „wieder- 
holte" Renovierungen  des  Tempels  und  seiner  cult- 
lichen    Einriclitungsstücke  beiiehcn  müssen. 

Wien.  K.  C.  KL'IvULA 


Archä()lo>,'ische  Unter.suchun^'cn  in    Norddaliiiaticn. 


1.   Grabungen   auf  der   ,Cvijina  j^radin^i'  bei 
Obrovazzo. 

Die  dalmatinische  Küste  gibt  sich  geologisch  als 
richtige,  in  einen  Schärensaum  aufgelöste  Fjordküste 
zu  erkennen:  eine  Reihe  langgestreckter  Inseln,  die  in 
gleicher  Richtung  mit  der  Gebirgsformation  des  Fest- 
landes sireichend,  schmale  Meeresarme  zwischen  sich 


♦)  Vgl.  Hesychius  s.  v.  AO-fSaju;;  die  Nachricht 
■rnn  sich  jedesfalls  nicht  auf  den  Marmorbau,  dessen 
i:c;;ir.n  erst  in  das  Ende  des  VII.  Jahrhunderts  fällt. 


lassen.  Ein  solcher  zwängt  sirli  als  Fortsetzung  des 
von  den  Inseln  des  Quarnero  und  dem  kroatischen 
Festlande  gebildeten  Canalc  della  Morlacca  weiterhin 
in  das  dalmatinische  Binnenland  ein,  um  sich  nach 
einer  Einschnürung  zum  Felsengolfe  von  Novigrad 
zu  weiten,  der  den  Küstenstrom  Zrmanja  aufnimmt. 
.Seine  Talfurche  bildet  die  Scheide  zwischen  dem 
vielgipfeligen  Dolomitkamme  des  Vclebitgebirges,  das 

sondern  nur  auf  ein  früheres  templum  oder  sacellum 
beziehen,  über  dessen  Geschichte  nähere  Angaben 
fehlen. 


33 


A.  Colnayo   und  J.  Keil,  Archäologische   Untersuchungen   in   NorikUilnialien 


34 


Fig.   3     Ansicht  der  Cvijina  gradina 


in  kahlen  Steilstürzen  zum  Meere  abfallend,  land- 
schaftlich dominiert  und  dem  südlich  anschließenden 
Massive  der  Dinarischen  Alpen.  Etwa  eine  halbe 
Stunde  talaufwärts  liegt,  von  einer  Ruine  malerisch 
überragt,  das  Städtchen  Obrovazzo,  nach  der  Gunst 
der  Lage  der  wichtigste  Stapelplatz  des  nördlichen 
Dalmatiens,  an  dessen  für  Küstendampfer  eben  noch 
erreichbarem  Flußhafen  zwei  große  Verkehrsadern 
zusammenlaufen:  eine  Straße,  die  über  öde  Karst- 
haide  nach  Karin  und  Zara  führt,  während  die  zweite 
in  kunstvoller  Serpentinenanlage  dieHänge  des  Velebit 
erklimmt  und  den  kürzesten  Übergang  in  das  kroatische 
Binnenland  vermittelt. 

Die  Cvijina  gradina,  von  Obrovazzo  in  steilem 
Anstiege  in  einer  .Stunde  erreichbar,  ist  die  am 
weitesten  nach  Westen  vorgeschobene  bedeutende 
Erhebung  (356  ")  südlich  der  Zrmanja.  Die  Aussicht 
von  ihr  überrascht  durch  ihre  Weite  und  den  Reich- 
tum gegensätzlicher  Formen;  sie  umfaßt  gegen  Nord 
und  Nordost  Land  und  Meer  bis  an  den  Velebit- 
kamm,  vom  Canal  von  Pago  bis  nach  Bosnien, 
gegen  Westen  unmittelbar  in  der  Tiefe  das  Meer 
von  Novigrad,  darüber  einen  großen  Teil  Norddal- 
matiens,  den  Canal  von  Zara  und  die  vorgelagerten 
Inseln.  Die  circa  20 "  unter  dem  Gipfel  senkrecht 
abstürzenden,  stark  zerklüfteten  Felswände  verleihen 
Jahreshefte  des  österr.  arcbäol.  Institutes  Bd.  VIII  Beiblatt 


dem  Massive  das  Aussehen  einer  natürlichen  Festung 
(Fig.  3).  Daß  diese  beherrschende  Position,  die  alle 
für  antike  Siedelungen  typischen  Bedingungen  darbot, 
in  der  Tat  hierfür  genutzt  ward,  bewiesen  sichtbare 
Mauerreste,  wie  gelegentliche  Funde,  darunter  die  aller- 
dings stark  verscheuerten  Fragmente  einer  überlebens- 
großen Marmorstatue  (1902),  die  eine  genauere  Er- 
forschung der  Stätte  wünschenswert  erscheinen  ließen. 
Die  Arbeiten  setzten  bei  dem  wichtigsten  Ge- 
bäude im  Westen  ein,  das  seinem  Grundrisse  und 
seiner  weithin  die  Gegend  beherrschenden  Lage 
nach  als  Tempel  erkannt  wurde. 

A.  Der  Tempel. 

Erhalten  sind  die  Mauern  in  O'yo — 0'8o"  Höhe, 
während  das  Innere  nach  Schätzen  durchwühlt  und 
auf  Baumateriale  ausgebeutet  wurde,  so  daß  selbst 
von  dem  Fußboden  keine  Spur  übrig  blieb.  Grund- 
riß und  Maße  des  Tempels  gibt  Fig.  4.  Der 
Stylobat  des  Tempels,  der  fast  genau  nach  Ost 
orientiert  ist,  erhob  sich  mindestens  O'go  ""  über  den 
Boden  und  war  nur  von  der  Ostseite  —  an  den 
anderen  Wänden  konnte  außen  der  Verputz  noch 
constatiert  werden  —  durch  eine  Treppe  zugänglich, 
von  welcher  allerdings  bis  auf  wenige  unsichere 
Spuren  im  Felsboden  nichts  erhalten  ist.  Eine  Quer- 

3 


00 


A.  Colnago  um!  J.  Keil 


36 


I  wand     gliederte     den 

I  Tempel  in  einen  yso'° 

•  >■'  tiefen     Pronaos    und 

die  ööo™  tiefe  Cella. 
Für  die  Anordnung 
di'rSäulen  im  Pronaos 
felilt  heute  jeder  äuße- 
re Anhalt,  doch  kann 
aus  den  Maßen  der 
einen  erhaltenen  Basis 
(.vgl.  Fig.  5)  wie  denen 
des  Tempels  selbst  ge- 
schlossen werden,  daß 
er  vier  Säulen  in  der 
Front  besaß.  Mangels 
an  Architekturfundcn 
ist  die  Keconstruction 

des  Aufgehenden 
nicht  zu  sichern.  Nur 
ist  aus  zahlreichen 
Stücken  starken  gelb- 
lichen Mauerputzes, 
die  an  einer  oder  zwei 
"  im  Winkel  sich  tref- 
fenden Seiten  abge- 
schrägt sind,  zu  er- 
schließen, daß  die  Außenmauern  des  Tempels  Quader- 
bau imitierten  (vgl.  Fig.  6).  An  einem  besonders  um- 
fangreichen Putzslücke  konnte  die  auffallend  große 
Breite  des  zwischen  den  Schrägen  der  Quadern 
laufenden  Saumschlages  (O'Oöy  "')  constatiert  werden. 
Die  Innenwände  der  Cella  dagegen  waren  mit  feine- 
rem Stuck  verkleidet  und  mit  pompeianischem  Kot 
bemalt,  das  sich  an  den  Bruchstücken  ausgezeichnet 
erhalten  hat.') 


I 

y 

4uix.t 


Fig. 


undHO  Ar 


rcmpt-ls 


c 


A 

^ 


k: 


lirwähncnswert  ist  noch  der  im  Innern  des 
Tempels  gefundene,  also  der  Cellatür  zuzuweisende 
halbe  .Schwellstcin  (Fig.  7),  der  ergänzt  eine  lichte 
Türofl'nung  von  f40"'  ergibt.  Die  metallene,  in  der 
Mitte  rundlich  ver- 
tiefte Pfanne  für  den 
cardo  muß  des  An- 
schlages wegen  in  der 
flachen    Eintiefung  i7 

gesessen  haben,'-) 
während  das  in  Flä- 
che y  stark  vertiefte 
und  wohl  gerundete 
Loch  b  wohl  der  Ue- 
festigung  des  Türrah- 
menpfostens diente. 

Für  die  Bestim- 
mung des  Tempels 
geben  die  Reste  des 
Cultbildes  einen  An- 
halt. Zwei  größere 
aufeinander  passende  Bruchstücke  vom  Uiilerkörpcr, 
ein  .Stück  der  linken  .Schulter  mit  Dül)ellücherii  für 
den  Arm  und  ein  linker,  anscheinend  etwas  zurück- 
gesetzter Fuß  waren  schon  vordem  gefunden  und 
nach  Obrovazzo  gebracht  worden.  Unsere  Grabungen 
fügten  ein  Stück  der  rechten  Schulter  mit  aufliegen- 
dem Gewandzipfel  und  eine  rechte  Hand  hinzu, 
deren  Fingerhaltung  bewies,  daß  die  Statue  einen 
runden  Gegenstand  —  ein  .Scepter  oder  eine  Lanze, 
eventuell  einen  Blitz  —  umfaßte.   Eindeutig  bestimmt 


ViTiiulz  lies   Tempels 


Flg.  5    Säulcnbasis  des  Tempels 


Fig.  7    Scfawellstein  der  Tempelcclla. 


')  Es  ließe  sich  auch  denken,  daß  das  Stuck- 
quadennanerwerk  im  Innern  eine  Art  Wandsockel 
bildete;  aber  die  grobe  Qualität  des  Stuckes,  dann 
die  große  Menge  der  auch  in  ziemlicher  Entfernung 
von    den   Außenmauem    gefundenen    Stücke  schließt 


diese  Annahme  aus.  Über  die  beliebte  Schatten- 
wirkung des  Fugenschnittes  vgl.  Vitniv  IV  4,  4: 
circum  coagmenta  et  cubilia  eminentes  expressiones 
graphicoteran   efficient  in   aspeclu  delectationem. 

^1  Vgl.  Wiegand-Schrader,  Priene3o6  u.  Abb.  324. 


37 


Archäologisclie  Untersuchungen   in  Norddalmatien 


38 


wurde  indes  das 
Cultbild  erst  durch 
den  im  Mauer- 
scliutte  gefunde- 
nen Adler  (Fig.  8). 
Kopf  und  Schna- 
bel waren  abgebro- 
chen, fanden  sich 
aber  in  der  Nähe, 
so  daß  nur  ein 
kleines  Stück  des 

rechten  Flügels 
und  die  Enden 
des  Donnerkeiles 'j 
fehlen,  den  er  in 
den   Fängen    hält. 

Die    charakteri- 
stische   Wendung 
des    Kopfes    nach 

Fl«.    ^      A.lk-r.  ,  ... 

oben  scheint  zu 
beweisen,  daß  er  in  Verbindung  zu  einer  Jupiter- 
statue  zu  setzen  ist,  womit  wir  einen  der  römischen 
Kunst  überaus  geläufigen  Typus  gewännen.^)  Für 
eine  Reconstruction  der  Statue  selbst  reichen  die 
Bruchstücke,  deren  Zusammengehörigkeit 
sich  in  directera  Anschluß  nicht  beweisen 
läßt,  nicht  aus.  Nach  allen  Indicien  war 
der  Gott  überlebensgroß,  aufrecht  stehend, 
in  weitem  Himation,  dessen  Zipfel  ül>er 
die  rechte  .Schuller  fällt,  dargestellt,  die 
erhobene  Rechte  auf  das  Scepter  gestützt; 
zu  seinen  Füßen  der  Adler.  Das  Ganze  war 
aus  Marmor  in  ziemlich  sorgfältiger  Pro- 
vinzarbeit hergestellt,  zum  Teil  mit  verscliie- 
denera  Material  gestückt. 

B.  Das  Bad. 

Das  zweite  Gebäude,  von  dem  Mauern, 
Bruchstücke  von  Säulen  und  die  Reste 
eines  Mosaikbodens  sichtliar  waren,  liegt 
an  dem  Südabhange  der  Gradina,  circa 
100  Schritt  vom  Tempel  entfernt,  und  ist 
nach  seinem  Grundrisse  sowie  nach  den 
Einzelfunden  als  Bad  erkannt  worden. 


Es  umfaßt,  wie  der  Grundriß  zeigt  (Fig.  9). 
vier  Gemächer  von  charakteristischer  Form,  deren 
Maße  aus  Fig.  9  zu  entnehmen  sind.  Man  betrat 
das  Gebäude  im  Osten,  wo  in  der  Mauer  das  Lager 
für  die  l'40'°  breite  Türschwelle  noch  deutlich  sicht- 
bar ist,  und  befand  sich  in  dem  langgestreckten 
Räume  .1,  dessen  Fußboden,  wenn  nicht  in  seiner 
ganzen  Ausdehnung,  so  sicher  zum  größeren  Teil 
mit  weißem  Mosaik  verkleidet  war,  dessen  einzige 
erkennbare  Verzierung  ein  in  Blau  eingelegtes  Recht- 
eck bildete.  Ob  die  bei  b  in  situ  befindliche  Säulen- 
basis einer  Deckstütze  angehörte  oder  einem  andern 
Zwecke  diente,  ist  ungewiß.  Als  besondere  Eigen- 
tümlichkeit dieses  Raumes  muß  noch  angeführt 
werden,  daß  er  ursprünglich  in  der  Nordwand  eine 
Tür  mit  Stufe  besaß,  deren  Öffnung,  in  der  hier 
mannshoch  erhaltenen  Wand  deutlich  erkennbar, 
nachträglich  vermauert  wurde,  ohne  daß  die  Stufe 
entfernt  worden  wäre.  Von  A  aus  müssen  die  Räume 
B  und  C  zugänglich  gewesen  sein.  Der  aus  ge- 
stampftem Kalk  und  Lehm  bestehende  Fußboden 
liegt  circa  o-8o  "  tiefer  als  der  Mosaikboden  in  A. 
Darauf  erhob  sich  in  B  wie  in  C  eine  regelmäßige 
Stellung  von  Säulchen,  die  sich  aus  gebrannten  Ton- 


Fig.  9     Grundriß  des  Bades. 


■')  Der  Donnerkeil  ist  in  seiner  Form  undeut- 
lich, doch  lassen  sich  die  Windungen  der  in  römi- 
scher Zeit  beliebten  Form  des  Blitzes  erkennen.  Die 
Flügel  des  Ali;  7iTspocfopovßsXo;(Aristoph. Vögel  1714) 
haften   in  wenig  sinnvoller  Weise  an  einem  den  Blitz 


umwindenden  Doppelbande.  Eine  kurze  Übersicht 
über  die  verschiedene  Stilisierung  des  Donnerkeils 
gibt    Fougeres     bei    Daremberg-Saglio,    Dictionnaire 

IV,  1357  ff- 

*)  Vgl.    K.  Sittl,    Der  Adler    und   die  Weltkugel 

3* 


A.  Colnagü  und  J.  Keil 


40 


trommeln  von  o'io""  Durchmesser  bei  009 "  DicUe 
rnsammcnseUen.')  Per  Boden  war  unten  fast  überall 
mit  einer  bis  OIO"  hohen  Aschenschicht  bedeckt. 
Der  eigentliche  Fußboden  dieser  Räume  lag  dem- 
nach oflenbar  über  den  Säulen  —  auf  Suspensur  — 
und  wurde  durch  Unterheizung  erwärmt.  In  der 
Tat  fanden  sich  auch,  trotz  der  weitgehenden  Zcr- 
störun-;,  zahlreiche  Bruchstücke  von  OMO™  starken, 
aus  demselben  gebr.\nnten  Ton  wie  die  Trommeln 
hergestellten  Platten.  Es  gel.ang  uns,  aus  kleinen 
Stücken  wenigstens  eine  volle  Seite  zusammen- 
zusetzen und  auf  O'OO  "  zu  bestimmen,  ein  Maß,  das 
mit  dem  Abstände  von  Säulcnmitte  zu  Mitte,  welcher 
gleichfalls  0"6o  ^  ^  2  röm.  Fuß  beträgt,  überein- 
stimmt. Der  Versuch,  dieses  Plattenpflaster  in  den 
Grundriß  einzuzeichnen,  ergab  —  was  auch  aus  der 
Stellung  der  nel)cn  der  AVand  stehenden  Säulenreihe 
zu  erschließen  war  — ,  dall  sie  nicht  zum  Belage 
des  ganzen  Raumes  ausreichten,  vielmehr  an  den 
Wänden  einen  etwa  0"I5""  breiten  Sp.alt  offen  ließen, 
über  dem  längs  der  Wände  die  Heizziegel  — 
tubuli  —  standen,  welche  die  Heizluft  an  den  Wänden 
emporleiteten  und  so  zugleich  den  nötigen  Zug  be- 
wirkten. Wir  fanden  zwar  keinen  einzigen  solchen  Heiz- 
ziegel in  situ  vor,  doch  lagen  zahlreiche  Bruchstücke  mit 
zickzackförmiger  Riefelung,  an  denen  noch  der  Mauer- 
putz haftete,  in  den  Räumen  B  und  C.  Die  Deutung  auf 
ein  Badehaus  wurde  gesichert  durch  die  charakteri- 
stische Apsis  in  C.  femer  durch  ein  bei  d  gefundenes, 
stark  verbogenes  und  zerschlagenes,  circa  3  kg' 
schweres  Bleistück,  welches  von  einem  größeren 
Gefäße  herrühren  muß.  Dieses  Bleigef-iß  muß  im 
Räume  D  aufgestellt  gewesen  sein,  welcher  nicht  zu 
den  dem  Publikum  zugänglichen  Zimmern  gehört 
haben  kann,  vielmehr  der  Heiz-  und  Manipulations- 
raum gewesen  sein  wird.  Sein  Fußboden  lag  tief 
unter  dem  von  A;    durch    eine  Tür    stieg    man    auf 


einer  ziemlich  schlechten  Treppe,  von  der  noch  drei 
.Stufen  erhalten  sind,  hinunter.  Leider  ist  auch  hier 
vieles  zerstört  und  es  läßt  sich  nur  vermuten,  daß 
bei  ti  sich  das  Praefurnium  befand,  durch  welches 
einerseits  die  Luftheizung  besorgt,  anderseits  der 
oder  die  darüber  stehenden  Bleikessel ")  erhitzt 
wurden,  aus  welchen  das  heiße  oder  erwärmte 
Wasser  in   die  verschiedenen   Wannen  lief. 

Es  erübrigt  noch,  die  Räume  unserer  mit  den 
Vorschriften  Vitruvs  übereinstimmenden  Anlage  nach 
ihrer  Bestimmung  zu  analysieren.  In  dem  Raum  mit  der 
-\psis  ist  mitSicherheit  dasCaldarium  zu  erkennen,  das 
natürlicherweise  der  Heizanlage  am  nächsten  war.  Das 
Halbrund,  die  schola  labri,  enthielt  das  runde  Wasch- 
becken (labrum),  während  in  dem  östlichen  Flügel 
das  große  Badebecken  (alveus)  aufgestellt  war.  Von 
dem  Caldarium  war  vermutlich  durch  vier  Säulen  — 
ein  Schaft  fand  .sich  vor  —  der  Raum  ß  geschieden, 
den  man  wohl  als  Tepidarium  bezeichnen  darf.  In 
ihm  mag  auch  eine  Kaltwasserw.mne  gestanden  haben, 
so  daß  er  gleichzeitig  als  Frigidarium  diente.  Der 
große  Saal  A  war  der  Ausklcideraum  (Apodyterium), 
zugleich  Promenade  und  Conversationsraum.  Ein 
eigenes  Schwitzbad  (sudatio  —  Laconicum)  fehlt. 

Für  die  Art  und  Weise,  wie  die  dürreKarstkuppe, 
.auf  die  wir  unseren  täglichen  Bedarf  aus  einem  '/, 
Stunden  entfernten  Brunnen  zuführen  mußten,  mit 
Wasser  versorgt  wurde,  waren  Anhaltspunkte  nicht 
zu  gewinnen. 

C.   Privathäuscr. 

Die  ganze  langgestreckte  Kuppe  sowie  die  süd- 
lichen Hänge  sind  von  römischen  Gebäuden,  welche 
teils  zusammengehörige  Comple.\e  bildeten,  teils  ein- 
zeln standen,  derma(icn  bedeckt,  daß  wir  auf  eine 
vollständige  Aufdeckung  von  vornherein  verzichten 
mußten.   Wir  beschränkten   uns  daher  auf  die  langge- 


als  Atlribnle  des  Zeus  in  der  griechischen  und 
römischen  Kunst.  Jahrb.  f.  class.  Phil.  -Suppl.  XIV. 
''^  In  dem  Grundrisse  ist  angegeben,  wie  viele 
Trommeln  noch  aufeinander  gefunden  wurden;  wo 
die  Ziffer  fehlt,  war  nur  die  Standspur  am  Boden 
sichtbar.  Bemerkenswert  ist  die  genaueste  Über- 
einstimmung der  Construction  (auch  in  den  Maßen) 
mit  den  Ang.aben  Vitruvs  V  10,  2:  suspensurac 
caldarinrum  ita  sunt  faciendae  . . .  laterculis  bess.alibus 
pilae  struantur  ita  dispositae  uti  bipedales  tegulae 
;  j55int  supra   esse  conlocatac  .  .  .   altitudinem  autem 


pilae  habeant  pedes  duo  .  .  supraque  conlocentur 
tegulae  bipedales,  quac  sustineant  pavimentum.  Die 
im  CIL  HI  n.  2887  (crcditur  eo  dclata  esse  a  castello 
vctuslo  . .  q.  d.  Zvijina  Gradina,  ul)i  tegul.ae  grandes 
columnaeque  latericiae  opcrisque  mussivi  coloris  varii 
reliquiae  saepe  repcriunlur)  erwähnten  columnae 
latericiae  sind  offenbar  auf  unsere  Hypokausten- 
säulen  zu  beziehen. 

";  Die  Anwendung  der  Bleikessel  und  das  .System 
der  Rohrleitungen  kennen  wir  am  besten  aus  dem 
Bade  von  Bosc<ireale  Röm.  Mitth,  IX  (1804)  S.   153. 


41 


Archäologische    Untersuchungen  in  Norddalmatien 


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STRASSE    I 

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Fig. 


Str.iOon  mit  Gr 


streckten  Häusergruppen  längs  der  Höhenlinie,  einmal 
wegen  des  eigenartigen  Charakters  der  Gebäude, 
anderseits  wegen  der  gerade  hier  infolge  des  man- 
gelnden Humus  bestehenden  Gefahr  einer  baldigen 
völligen  Zerstörung.  Was  wir  bis  zum  Abbruch  der 
Arbeiten  ermittelten,  zeigt  die  Planskizze  (Fig.  lO), 
welche  die  Gebäude  an  zwei  Straßen  vergegenwärtigt. 
Die  nördliche  Häuserinsel  besteht  aus  einer  Anzahl 
(l8)  teils  nach  Norden,  teils  nach  Süden  geölTneter 
Räume,  deren  Rückmauern  durch  einen  schmalen 
Zwischenraum  getrennt  sind;  nur  der  westlichste 
Raum  (I)  nimmt  die  ganze  Breite  der  Insel  ein. 
Die  nördlichen  und  südlichen  äußeren  Abschluß- 
mauern konnten  nur  zum  Teil  noch  constatiert  werden, 
doch  ließ  sich  feststellen,  daß  z.  B.  in  VII,  VIII 
und  XIII  Steinmauern  nie  vorhanden  waren,  die 
Räume  also  wohl  mit  Holzwänden  abschlössen.  Aul- 
fallend  ist,  daß  die  meisten  Gemächer  untereinander 
nicht  communicieren.  Es  erhebt  sich  damit  die 
Frage,  ob  wir  in  diesen  Gebäuden  überhaupt  Wohn- 
häuser und  nicht  vielmehr  dem  Verkaufe  dienende 
Läden  —  tabernae  —  zu  erkennen   haben.     Wenig 


\zi 


J 


STR/-SSE     1 


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Vu       I       '?"<»' 


wahrscheinlich  wird  indes  diese  Annahme  durch  die 
analoge  Anlage  der  südlichen  Häusergruppe  und  der 
daran  anschließenden  Häuserinsel,  deren  Räume  sich 
nur  durch  größere  Dimensionen  unterscheiden.  In 
XXVI  ist  der  Fußboden  aus  gestampftem  Lehm 
noch  gut  erhalten 

Südlich  von  der  Straße  II  wurde  ein  Gebäude 
angegraben,  das  eine  größere  Anzahl  zusammen- 
gehöriger Zimmer  enthielt.  Desgleichen  haben  wir 
an  verschiedenen  .Stellen  der  Gradina  größere  An- 
lagen constatiert  und  zum  Teil  aufgedeckt,  ohne  sie 
bei  der  Kürze  der  Zeit  völlig  klarstellen  zu  können. 
Hier  werden  spätere  Grabungen  einzusetzen  haben, 
welche,  besonders  an  den  südlichen  Hängen,  wo  ge- 
schützt vor  der  Bora,  die  besseren  Häuser  standen, 
infolge  der  conservierenden  tieferen  Humusschicht  eine 
bessere  Ausbeute  erhoffen  lassen. 

D.  Kleinfunde. 

Die  Münzen  erstrecken  sich  über  einen  Zeit- 
raum von  300  Jahren.  Die  älteste  von  uns  gefundene 
ist  eine  Mittelbronze  des  L.  Naevius  Surdinus^)  aus 


")  Babelon,  Monnaies  de   la  rcp.  Rom.  II  249;  Momrasen,  Geschichte  des  röm.  Münzw.  744,    15. 


43 


A.  Colnaj;o  uiui  J.  Keil 


44 


dem  Jahre  15  v.  Chr.,  die  jüngste  gehört  dem  Kaiser 
Marcus  Aurelius  Claudius  (269 — 270)  an.  An  Waffen 
fanden  sich  5  eiserne  Lanzen-  und  2  Pfeilspitzen; 
von  Geräten  mehrere  Sicheln,  5  Messer  verschiedener 
Korm.  Nadeln  aus  Bronze  und  Bein,  Webstuhl- 
gcxvichte,  einige  sehr  interessante  große  und  kleine 
Schlüssel,  ferner  S  stili:  von  Schmuckgegenständen 
10  lum  Teil  gebrochene  Bronzetiheln,  ein  Goldblech, 
Bronicringe  und  Kettchen ;  an  Tcrracottaware  Bruch- 
stücke von  Tongcfäßen  und  Tonlampen.  Eine  leider 
in  mehrere  Stücke  gebrochene  Steinplatte  mit  ellipsoidi- 
schen  Eintiefungen  (Fig.  11I  gehört  einem  Meßtische 


an,  wie  ein  solcher  z.  B.  in  Pompei  vollständig  er- 
halten ist.')  Da  keine  der  Maßhöhlungen  intact  ist, 
maßen  wir  I,  11  und  III  mittels  Hirse,  die  wir  in 
ein  eingelegtes  dünnes  Tuch  schütteten,  wiewohl 
Öffnungen  im  Boden  der  einzelnen  Höhlungen  wahr- 
scheinlich machen,  daß  ein  Maß  für  Flüssigkeiten 
vorliegt,  die  in  untergehaltene  Gefäße  abgelassen 
wurden.'^  I  ergab  circa  3"85  Liter,  II  circa  i'95 
Liter,  III  0'95  Liter,  so  daß  sich  ein  je  um  die 
Hälfte  absteigender  Fassungsraum  ergibt,  wobei  die 
bei  den  angegebenen  Zahlen,  die  mit  den  üblichen 
römischen  Maßen  nicht  genau  übereinstimmen,'")  re- 
sultiereuden  geringen  Divergenzen  der  nicht  exact 
durchführbaren  Nachmessung  zugute  zu  halten  sein 
werden. 

E.  Inschriften. 
Die   Grabungen   ergaben   zwar   keine   Ausbeute 
an    Inschriften,    doch    sind    einige    vermutlich    von 


dem  im  Osten  der  Ansiedelung  gelegenen  Friedhofe 
verschleppte  und  jetzt  im  Schulhause  von  Obrovazzo 
und  im  Pfarrhause  von  Knisevo  auniewahrtc  Steine 
hierher  zu  bezichen. 

a)  Fragment  einer  kleinen  steinernen  Sargkisle, 
gefunden  l<)03  auf  dem  römischen  Friedhofe  östlich 
der  Cv.  Gradina,  jetzt  im  .SchuHunise  Obrovazzo. 
h.  0"22.i;,  br.   0'2Ss.  d.  0'08  "'. 


\ 

,,                   "-\ 

l'i 

QOITIL^.. 

1 

Aii-Vlll'f:7 

m 

0.   Ostilio  ....   [0 

.»»;.    Vm  ....  [;■- 

/rv 

Lnyus   .... 

b)  Dreifach  gebrochenes  Fragment  einer  Kalk- 
steinplatte (vielleicht  von  einem  .Sarkophag),  gefunden 
1902  auf  dem  römischen  Friedhofe  östlicli  der  Cv. 
Gradina:  h.  0'325,  br.  0'25,  d.  o  11  ■". 


aiiiiirinim) .  .\  X  sl[ip{ciulioium)'^  .  . 
fralrf]i  et  s\U>i 

Der  Stein  scheint  einem  hier  bestatteten  .Soldaten, 
vielleicht  der  XI.  Legion,  anzugehören. 


*)    Vgl.    Mau.    Pompeji    in    Leben    und    Kunst, 

F'g-  35- 

•)  Vgl.  auch  die  röm.  Hohlmaße  aus  Kroatien 
(Patsch,  Die  Lika  in  römischer  Zeit.  Schriften  der 
I -'kancommission  der  kais.  Akad.  d.  Wiss.  Antiquar. 


Abt.  I.  S.  68  ff,  Fig.  19 — 22)  und  aus  Mösien  (A.  v. 
Domaszewski,  Arch.-cpigr.  Mitt.  XV  144  ff.). 

'")  Mau    vgl.   7   sestarii  =  3-82 /;    3'/2=l9l/, 
2   sestarii  =  I"092  /. 


45 


Archäologische  Untersuchungeu  in   Norddalmatieu 


46 


c)  Unterer  Teil  eines  runden  Grabsteines,  ge- 
funden 1903  auf  der  Cv.  Gradina,  jetzt  im  Pfarr- 
hause von   Krusevo;   h.  0'29,  br.  0"29,   d.  o'^™. 


C.  F. 
Oninlae. 

(i)  BruchstücU  einer  grulien  Kalksteinplatte, 
gefunden  1903  als  Decliel  eines  niodernen  Grabes 
auf  dem  Friedhofe  von  Krusevo,  vermutlich  von  der 
Gradina  stammend.  Jetzt  im  Pfarrhause  von  Krusevo: 
h.  o'Gj,  br.  0'6o,  d.  o'22™. 


.  .  .  ex  iestam- 

e\nto 
frat]ris  posiiil 
5   Valc?]rio  Celso. 

In  Zeile  4  kann  patris  und  fratris  ergänzt  wer- 
den, doch  empfiehlt  der  Raum,  welchen  man  aus 
Zeile  3  bestimmen  kann,  das  letztere;  in  Zeile  5 
würde  Vale]rio  gerade  füllen. 

e)  Bruchstücke  eines  Grabsteines  aus  Kalkstein, 
gefunden  auf  der  Cv.  Gradina,  jetzt  im  Pfarrhause 
von  Krusevo;  h.  0'45,  br.  0'43,  d.  O'IS".  Unter 
der  sehr  verwischten  Inschrift  auf  0'06  "   vertieftem 


Felde  ganz  verstoßener  männlicher  Kopf,  vielleicht 
links  davon  ursprünglich  ein  zweiter,  doch  scheint 
die  Form  des  Steines  wie  die  Inschrift  dagegen  zu 
sprechen. 


.  .1   Turninilus 
Das  ?]aiilis  f.    Verus 
p?  si]bi  el  Apio  avo. 

Die  Lesung  nicht  überall  gesichert.  Dasa  ist  ein 
in  Dalmatien  häutiger  Name,  vgl.  CIL  III  2768. 
Tabulae  ceratae  XX.  W.  Schulze,  Zur  Geschichte 
lat.  Eigennamen  38  A.  10. 

An  diese  neuen  Inschriften  schließen  wir  zwei 
bereits  bekannte  an,  deren  Lesung  berichtigt  wurde. 

/)  CIL  III  2888  soll  in  der  letzten  Zeile  am 
Anfange  der  obere  Teil  eines  O  und  eines  R  sicht- 
bar sein;    in  den   .Suppl.    p.    1634,    wird    angemerkt, 


daß  nach  v.  Domaszewski  [phal]er(is)  tor[quibus]  zu 
lesen  sei;  aber  die  erhaltenen  Reste  gehören  deut- 
lich zwei  D  an,  so  daß  wie  gewöhnlich  zu  lesen  ist 
d(onis)  d(onato)  tor[quibus  phaleris  armillis  a  .  .  .  . 
Der  .Stein  befindet  sich  an  seinem  alten  Platze,  in 
der  Wand  hinter  der  Kirche  in  Obrovazzo. 

g)  CIL  III  2884  soll  V.  6  nach  LVS  stehen 
VET'P'C.  von  VET  ist  jedoch  keine  Spur,  viel- 
mehr ist  deutlich  der  Buchstabe  H  zu  erkennen  und 
daher  zu  lesen  M,  Maesius  Pau|lus  h(eres)  p(onen- 
dum)  c(uravit),  was  zu  den  vorausgehenden  Worten 
V.  4.  sibi  t(estaraento)  p(oni)  i(ussit)  paßt.  Der  Stein 
befindet  sich  nicht  „in  ecclesia",  sondern  ist  in  der 
Außenwand  der  alten,  nicht  mehr  benutzten  Kirche 
vermauert. 


47 


A.  Colnajjo  umi  J.  Ki-il 


K.   Zicgolslcmpcl. 

I.  Ist  die  Marke  der  berülimlen  kaiserl.  Fabrik 
Kinsiana"!  in  mehreren  Kxemplaren;  in  den  Gebäuden 
der  Hölienlinie  der  Gradina  gefunden,  ergibt  sich  für 
die  Erbauung  die  Rcgierungsicit  des  Kaisers  Nero. 


^CA^^^ragii^ 


2.  fand  sich  nur  in  einem  unvollsländii;cn  I'.xem- 
plar.  er  ist  identisch  mit  CIL  III  101X3.  17a  E  X"  ©U 
"ETt-  DE-  SEDEi  oder  b  pL  TTt-  DE'  SEDE«- 

^.ultima  litlera  aut  C  aut  S'  Hirschfeld),  dessen  letaler 
Buchstabe  nunmehr  bestimmt  ist  '-) 


3.    wurde    südlicli 
Exemplaren  gefunden.''') 


fempcl 


\mwm 


4.   ist    eine    in    Dalmatia     und    (iallia    cisalpina 
verbreitete  Marke.'*/ 


WLOL 


5  Das  Bruchstück  ist  zweifellos  zu  dem  unge- 
mein häufigen  Firmentitel  Q.  Clodi  Ambrosi  zu  er- 
gänzen, dessen  Fabrik  nach  Patsch  '^)  bei  Aquileja 
gewesen  sein  dürfte. 


6.  Vermutungsweise  kann  das  Bruchstück 
der  häufigen  Marke  L.  Minici  PVDEN+S  verv 
ständigt  werden."; 


^Wfj 


7.   Dieser    in    nulircren    Kxcniplnren    licim    Hai\- 
hausc   gefundene  .Siempel   scheint    liisluT    unlicUaiinl. 

S.   Fand   sich   im  I'farrhause  von   Krusovo.'^) 


:1R»RIS£ 


II.    Forschungen   in   der   Umscbium. 

A.  Straücnzüge  (Fig.   12). 

Von  den  von  der  (Tradina  ausgclieiiden  .Strafen 
ist  diejenige  die  wichtigste,  welche  die  Ver1)indung 
mit  Pannonien  über  den  gewaltigen  Gebirgskamm 
des  Velebit  herstellte.  Ihre  Spurrillen  laufen  vom 
Ostende  der  Ansiedelung  aus,  klimmen  parallel  zum 
Nordrande  der  Gradina,  die  Höhe  hinunter  und  ver- 
schwinden nach  circa  2^1^  Kilometer  in  der  Kichtung 
gegen  die  Zrmanja.  Ihre  Fortsetzung  zu  finden  ist 
uns  trotz  angestrengtesten  Suchens  am  linken  Ufer 
nicht  gelungen.  Sie  zeigen  sich  erst  jenseits  des 
Flusses  wieder  bei  Rastic,  führen  von  den  Häusern 
Maricid  gegen  OStrelj,  passieren  .Senice  und  er- 
klimmen schließlich  über  Deminjak  und  Raslovac  in 
bedeutender  Steigung  bei  Kriz  den  Kamm,  wo  sich 
ein  tumulus  und  ein  Brunnen  vielleicht  aus  römischer 
Zeit  befinden.  Die  Fortsetzung  der  Straße  in  den 
Waldungen  der  Nordseite  des  Gebirges  zu  finden, 
gelang  uns  nicht.  Versucht  man  die  beiden  Straßen- 
stücke über  die  Zrmanja  zu  verbinden,  so  trifft  man 
auf  die  .Stelle,  wo  heute  der  Friedhof  von  Obrovazzo 
liegt.  Hier  ist  das  Flußtal,  dessen  Wände  sonst 
steil  bis  ins  Wasser  fallen,  etwas  erbreitert  und  am 
rechten  Ufer  eine  feste,  niemals  überflutete  Bank, 
welche  heute  als  Begräbnisplatz  dient.  Eine  Durch- 
suchung der  .Stelle  ergab,  daß  daselbst  römische  Ziegel 
in  Menge  herumlagen,  also  sicher  römische  Gebäude 
gestanden  haben.    Da  die  Zrmanja  —   eigentlich  ein 


">  Die  Ziegel  dieser  Fabrik  gehören  zu  den 
in  Dalmatien,  Istrieo  and  den  an  der  Adria  liegen- 
den Gebieten  Italiens  am  häufigsten  gefundenen ; 
vgl.  Bormann  CIL  XI  p.  1026. 

^^1  Die  beiden  Exemplare  stammen  aus  Nona. 

^)  CIL  III  6434,  3  (Zara),  14031  (Nona)  5  Exem- 
plare; vgL  10186,  15. 

")  CIL  III  10183,  25  (i'gl-  P-  232X  ''")  10183,  50; 


13340,  2  (alle  aus  Salona);   V  81  lo.    I4i>. 

''')   Wissenschaftl.  Mitt.  aus  Bosnien   u.  d.  Her- 
zegowina VI   235,  vgl.  CIL  III  3214,   2;    10183,  ("2 
(vgl.  p.  2328'"»;   V  81 10,  70  IX  6078,  62. 
'«)  CIL  III  10183.  35-  vgl.  151 15.  5- 
")  CIL  III  p.  2328  '»  ad  n.  3214,  7  (Nonaj;  vgl. 
3214   (Curzola)  V  8110,90. 


49 


Arcliäolopische   Unlersucliungcn   iii    Norddalinatien 


50 


Fig.   12     Antike  Straßenzüge  in  der  Gegend  von  Obrovazzo. 
Jahreshefte  des  Ssterr.  archäol.  Institutes    Bd.  VIII  Beiblatt. 


A.  Coliiajjii  iiiul   J.  Keil 


52 


(jordartiyer  Mccrcinbruch  —  bis  hierher  noch  hcu(c 
von  Dampfschiffen  befahren  wird,  so  dürfte  beim 
Friedhofe   der    Hafenplalz    für    die   Ansiedelung;    ^>-- 


Fig.  13  a— c    Funde  auf  der  Gradina  von  Mcdvidje 


F.ine  zwcilc  Slraße  biegt  nördlich  der  Gradina 
ab  und  führt  nach  Kruäevo,  wo  uns  der  trefilichc 
Pfarrer  Fra  Bonaventura  SariiS  an  mehreren  Stellen 
ihre  Spur  zeigte;  im  weiteren  Verlaufe  dürfte  sie 
nach  Corinium  geführt  haben.  In  Kruäevo  selbst 
lassen  sich  allenthalben  die  Reste  römischer  Gebäude, 
welche  bis  gegen  das  Meer  hinunter  zerstreut  sind, 
erkennen;  eine  Ideine  Grabung  bestätigte  diesen 
Augenschein,  doch  lieferte  sie  außer  einer  unleser- 
lichen Votivara  nichts  von  Belang.  Dagegen  hat 
man  auf  dem  Friedhofe  rings  um  die  alte  Kirche 
bereits  wiederholt  sculpierte  Steinplatten  (vgl.  die 
Inschrift  li)  gefunden,  die  aber  vermutlich  von  dem 
Friedhofe  der  Gradina  herrühren. 

Schwieriger  war  die  Trace  der  nach  Osten  gegen 
Medvidje  führenden  Röraerstraßc  zu  ermitteln.  Die 
Spurrillen,  welche  bei  den  H.äusern  Klanac  und 
Marie  beginnen  und  in  südlicher  Richtung  laufen, 
hatten  wir  zwar  constatiert,  allein  erst  erneuertes 
Suchen  im  Frühjahre  1904  ergab  die  Fortsetzung 
circa  2'5  Kilometer  nördlich  der  Ruine  Zelengradina 
und  dann  nahe  bei  Medvidje  östlich  der  Häuser 
Pupovac,  so  daß  der  Gesamtverlauf  bis  Medvidje  im 
wesentlichen  gesichert  ist. 

Lohnend  würde  eine  Grabung  auf  der  Gradina 
von  Medvidje  sein,  wo  man  zahlreiche  Reste  römi- 
scher Mauern,  eines  Mosaikbodens,  von  Sculptur- 
resten  u.  dgl.  gewahrt.  Eine  zweitägige  Grabung  im 
Frühjahr  1904  ergab  eine  beträchtliche  Anzahl  von 
Kinzelfunden  (vgl.  Fig.  13);  überraschend  war  auch 
die  durch  deutliche  .Spurrillen  gesicherte  Verzweigung 
von  Straßen,  welche  sich  nach  fünf  Richtungen 
mehrere  Kilometer  weit  verfolgen  ließen  (vgl.  den 
Plan).  Von  diesen  ist  der  nach  SW  laufende  Strang 
durch  den  circa  3  Kilometer  von  Medvidje  gefun- 
denen Grenzslein  (s.  u.)  sowie  seine  Richtung  als 
Straße  nach  Asseria  zu  bestimmen.  Die  Fortsetzung 
der  Route  von  der  Cvijina  Gradina  bildet  der  gegen 
Djelina  und  weiter  nach  Kistanje  (Burnumj  führende 
.Straßenweg;  die  Endziele  der  gegen  i^egar  und  Er- 
vcnik  weisenden  .Spurrillen  bleiben  noch  zu  ermitteln; 
von  Ervenik  stammt  der  Meilenstein  CILIll  10180  aus 
der  Zeit  des  Valentinian   und   Valens. 


Wesen  sein,  zugleich  aber  die  Fähre  —  Reste  einer 
Brücke  koDDlen  nicht  constatiert  werden  —  für  die 
Straße  nach  Paononien.  Einen  Grabungsversuch 
mußten  wir  wegen  Annäherung  an  die  Kirchhofs- 
maner  bald  aufgeben. 


B.  Römischer  Grenzstein  bei  Bruska. 

Dieser  Grenzstein  wurde  im  Jahre  I903  in  tinem 
künstlichen  Steinhaufen  an  dem  Reitwege  von  Medvidje 
nach  Benkovac,  circa  3  Kilometer  von  erslerem  Orte 
entfernt,   gefunden.    Er  besteht  aus  schlechtem  Con- 


53 


Archäologische   Untersuchungen   in   Norddalinalicn 


54 


glomeratkalkstein  und  ist  jetzt  rqo"  hoch.  o'b6  " 
breit,  Czo"  dick,  in  zwei  Teile  gebrochen.  Die 
flach  eingegrabene  Inschrift  ist  infolge  Verwitterung 
schwer  lesbar,  doch  ist  von  der  Zeile  3  an  jeder 
Buchstabe  gesichert. 


]Caes[a]ris  Au[g.  Genn. 
i\nter  Sidrinos  et 
Asseriates  Q.  Aebu- 
liiis  Liberalis  0  leg. 
^  XI.  definii 

Der  fehlende  Anfang  ist  nach  Umfang  und 
Wortlaut  nur  vermutungsweise  zu  ergänzen,  etwa 
—   terminos   .  .  iudex  datus  a  leg.  pr,  pr.  C.   Caesa- 


ris  .  .  .  .  (vgl.  CIL  III  2882,  wo  ein  centurio  unter 
Caligula  die  Gebietsabgrenzung  zwischen  Nedinum 
und  Corinium  durchführt). 

Aus  dem  Erhaltenen  geht  hervor,  daß  es  sich 
um  die  Grenzbestimmung  des  Gebietes  von  Asseria 
und  dem  der  Sidriner  handelt.  Daß  das  Gebiet  der 
immunen  Stadt  Asseria  (Plin.  n.  h.  III  139)  bis 
3  Kilometer  von  Medvidje  in  die  Bruska  reichte,''') 
ist  neu,  ebenso  der  in  der  Lesung  gesicherte  Name 
der  Sidrini.  .Sie  werden  zu  den  ,Liburnorum  civi- 
tates  XIIII'  bei  Plin.  a.  a.  O.  gehören,  quae 
.conventum  .Scardonitanum  petunt',  von  denen  er  aber 
nur  die  wichtigsten  aufzählt.  Eine  Schwierigkeit  ent- 
steht aus  der  großen  Nähe  der  römischen  Ansiede- 
lung auf  der  Gradina  Medvidje,  welche  man  ge- 
wöhnlich für  das  antike  Hadra  ansieht.  Zur  Zeit  der 
Grenzbestimmung  kann,  wenn  dieser  Ansatz  richtig 
ist,  Hadra  nicht  eine  selbständige  Gemeinde  gewesen 
sein,  vielmehr  nur  ein  Sitz  der  Sidriner.  Dies  führt 
uns  auf  die  Datierung.  Der  centurio  Q.  Aebutius 
r^iberalis  ist  uns  von  ähnlichen  Missionen  her  be- 
kannt. N.ach  CIL  III  2883  (zum  Teil  wiedergefunden 
und  publiciert  von  Liebl,  Jahreshefte  V  Beibl.  5) 
bestimmte  er  als  astatus  posterior  der  I.  Cohorte  der 
XI.  Legion  auf  Befehl  des  Legaten  A.  Ducenius 
Geminus  im  Verein  mit  seinem  CoUegen,  dem  prin- 
ceps  posterior  A.  Resius  derselben  Cohorte,  die 
Grenzen  zwischen  Corinium  und  Nedinum;  auf  die- 
selbe Aufgabe  bezieht  sich  auch  die  Inschrift 
CIL  III  9973,  aus  welcher  wir  erfahren,  daß  es  sich 
nicht  um  eine  erste  Festsetzung,  sondern  um  eine 
Revision  der  unter  dem  Statthalter  P.  Cornelius 
Dolabella  festgesetzten  Grenzen  handelte.  Die  Statt- 
halterschaft des  Legaten  M.  Ducenius  Geminus  ist 
bisher  noch  nicht  bestimmt;'^)  der  Umstand,  daß 
auf  der  erstangefuhrten  Inschrift  die  Legion  ohne 
ihren  im  Jahre  42  bei  dem  Aufstande  des  Scribonianus 
erhaltenen  Beinamen  Claudia  P.  F.,  auf  der  zweiten 
mit  diesem  erscheint,  würde  den  Schluß  nahelegen, 
daß  diese  Auszeichnung  während  jener  Tätigkeit 
des  Aebutius  falle;  dann  müßte  der  Legat  Ducenius 
Geminus  der  unmittelbare  Nachfolger  des  aufrühreri- 


'^)  Das  Gebiet  von  Asseria  ist  nun  bereits  nach 
zwei  Richtungen  seinem  Umfange  nach  bestimmt; 
der  Stein  CIL  III  9938,  gef.  in  Dobropoljce,  der 
das  Westende  gegen  Alveria  bezeichnete,  lag  unge- 
fähr gleich  weit  wie  der  unsere  (circa   10  K.ilometer) 


von  Asseria  entfernt. 

1')  Wir  wissen  nur,  daß  er  i.  J.  63  n.  Chr.  als 
Consular  Vorstand  der  öffentlichen  Steuergelder  (vecti- 
galibus  publicis  praepositus.  Tac.  an.  XV  18)  und 
unter  Galba  Stadtpräfect  war  (Tac.  bist.  I    14). 


55 


A.   Colnapo  iiiul  J-  Keil 


56 


sehen  Scriboni.inus  geworden  sein;  die  Erteilung  des 
ehrenden  Beinamens  an  die  Legion  erfolgte  nicht 
sofort,  sondern  nach  Abschluß  der  Acten.  Auf 
unserem  Steine  fehlt  der  Legion  gleichfalls  der 
Khrentitel;  nach  dem  Gesagten  ist  der  Schluß,  daß 
er  älter  sei  als  das  Jahr  4:,  zwar  statthaft  aber 
nicht  zwingend;  da  Aebutius  sicher  nach  4;  noch 
astatus  posterior  war,  kann  die  Inschrift  nicht  viel 
älter  sein  als  42,  unmöglich  aber  jünger  als  69,  in 
welchem  Jahre  die  Legion  Dalraatien  verließ,  um  an 
der  Unterdrückung  des  Aufstandes  des  Civilis  mit- 
zuwirken. (Tac.  bist.  IV  68.) 

C.  Bilisane. 

Einzelne  von  den  Bauern  nach  Obrovazzo  ge- 
brachte Fundstücke,  darunter  die  schwere  Bronze- 
fibel des  Provinzialstils  (Fig.  14)  sowie  mehrere 
Münzen,     veranlaßten     uns    zu    einem     Besuche    vtin 


BiliSanc. 


Bilis.ine.  Der  dortige  82  Jahre  alte  griechische  Geist- 
liche Peter  Oluii  konnte  uns  nur  mitteilen,  daß  vor 
20  Jahren  ihm  die  Bauern  die  Bruchstücke  einer 
von  ihnen  zertrümmerten  Bronzestatuette  gezeigt 
hätten.  In  seinem  Besitze  fand  sich  ein  auf  einer 
Zrmanjainsel  nördlich  des  mittelalterlichen  Turmes 
Klisina  (auf  der  österreichischen  Specialkarte  nicht 
verzeichnet),  wo  sich  Gräber  befinden  sollen,  ge- 
fundener vollgegossener  Bronzefinger  und  ein  Großerz 
Vespasians.  Bevor  wir  in  die  Talsenkung  der 
Zrmanja  hinunterstiegen,  besuchten  wir  den  heute 
Veliko  greblje,  , Großer  Friedhof  genannten  Hügel. 
Gewaltige  .Steintumuli,  welche  in  der  Mitte  einen 
tnrmartigen  Aufbau  aus  Steinen  tragen,  bedecken  die 
Kappe.  Schürfungen  am  Rande  der  Tumuli  erg.iben 
%-ier  aus  flachen  Steinen  gebaute  und  mit  solchen 
überdeckte  Gräber,  in  welchen  wohlerhaltene  mensch- 
liche Skelette  ohne  alle  Beigaben  lagen ;  erst  nach 
längerem  Suchen  fanden    sich    einige  kleine   Bronzc- 


knöpfchen  mit  Ösen,  welche  einst  das  Gewand  der 
Toten  zusammenhielten.  Zweifellos  sind  diese  Gräber 
höchstens  einige  hundert  Jahre  all,  während  nicht 
zu  sagen  ist,  in  welche  Zeit  die  mittleren  Gräber 
zurückreichen  mögen.  Die  alte  Sitte  mag  sich  in 
diesen  cullurfremden  Gegenden  lange  Zeit  erh-altcn 
h.aben,  bis  die  christliche  Religion  das  Begräbnis  in 
geweihter  Erde  durchsetzte. 

Von  der  Totenstätte  stiegen  wir  in  ein  von 
einer  Quelle  durchflossenes  kleines  fruchtbares  Tal, 
wo  uns  Münzenfunde  gemeldet  worden  waren;  sie 
rühren  von  einer  kleinen  römischen  Ansiedelung 
her,  die  an  dem  Westhange  des  Tales  bestand  (un- 
weit der  Kapelle,  wo  jetzt  der  Friedhof  von  Bilisane 
sich  befindet)  und  von  der  wir  noch  Mauerreste 
constaticren  konnten. 

D.   Starigrad  (gegenüber  Castel  Venier). 

Im  Frühjahre  1904  wurden  von  einem  Bauer 
in  der  Nähe  des  Meeres  zwei  Inschrifiplatten  aus- 
gegr-iben,  die  durch  Kauf  an  die  Antikcnsamralung 
in   Obrovazzo  gelangten. 

I.  Fragment  einer  IvalUsteinplatte:  O'455"hoch, 
o'SO"  breit,  o'i5™  dick;  ursprünglicli  Grabstein, 
dann  architektonisch  verwendet  und  mit  RanUcn- 
muster  verziert; 


^■APARhNi 


aiitis 

et  .  .  .  ]»i(J  parcn- 
les     m/]elicissimi 


Die  letzte  Zeile  ist  ausgemeiselt,  doch  sind  die  Buch- 
slaben noch  deutlich  erkennbar;  bei  dem  E  der 
zweiten   Zeile  ist  die  obere  Querhasta  vergessen. 


57 


Archäologisclie   Untersuchungen  in  XurJdalmatien 


58 


2.  Kalksteinplatte,  oben  und  unten  gebrochen, 
O'SO""  hoch,  0'32™  breit,  0'I2"  dick.  Unter  dem 
mit  einem  vertieften  Streifen  umrahmten  Inschriftfelde 
ein  beilartiger  Hammer. 


-r--vr:;  ;V'; 


C.  A/.  Se[v]cro  eq- 
iiiti  ex  singulai-ib- 
HS  ex  chor.  pr.  IX 
stip.  II  vixit  an.  JA 
5   Ael.  Maxiina  ma- 
ter  filio  infeli- 
cis.  b  ,m  .  et  sivi  (sie) 
Viva  [f]ecit. 

Der  Bestattete  gehörte  nicht  zu  den  kaiserlichen 
Ordonanzreitern  der  equites  singulares  Augusti, 
sondern  war  wohl  dem  praef,  praetorio  oder  einem 
tribunus  der  IX.  Cohorte  der  Prätorianer  zugeteilt.-") 

An  die  Stelle  von  Starigrad  setzt  die  Karte  im 
CIL  III  Argyruntum;  seitdem  durch  die  Inschrift 
Vjestnik  1898  S.  174  (Patsch  Lika  22)  Ortopla  mit 
ziemlicher  Sicherheit  bei  Stinica,  Vegia  oder  Vegium 
bei  Carlobago  festgelegt  ist,  fällt  in  der  Tat  dem  in 
südlicher  Richtung  nächstfolgenden  Römerorte  der 
Name  Argyruntum  zu,  ein  Platz,  der  nach  der  hierher 
und  nicht  nach  Clambetae  gehörenden  Inschrift 
CIL  III  9972  schon  unter  Tiberius  Stadtrecht  erhielt. 


E.  Karin. 

In  dem  Franciscanerkloster  am  südöstl.  Winkel 
des  Meeres  von  Karin  befindet  sich  außer  mehreren 
anderen  publicierten  Inschriften  aus  der  Umgebung 
in  der  Wand  des  ersten  Stockwerkes  eine  kleine 
Ära  aus  Kalkstein,  O'lg"  hoch,  0'17'"  breit: 

LIBERO  PATR 
Q  OSTI  LI  V  S 
:    ?  C  I    N  VS V  F 

In  der  letzten  Zeile  vielleicht  AJrcinus  zu  er- 
gänzen; am  Ende  scheint  nicht  v(otum)  s(olvit),  son- 
dern v(oto)  f(ecit)  zu  stehen  (vgl.  CIL  III  1031. 
1879  u.  a.).  In  demselben  Kloster  zu  Karin 
(nicht  in  Knin)  befinden  sich  auch  CIL  9971  und 
9977;  CIL  III  13263  gehört  nicht  zu  Corinium, 
sondern  zu  Burnum. 

Verglichen  wurden  ferner  CIL  III  2880; 
2881,  2887  (jetzt  im  Pfarrhause),  2891,  2892,  2894, 
2897,  997'»  9974  (jetzt  Wassertrog  im  .Schafstalle), 
9977  (kaum  mehr  lesbar),  9980,  9929  a  (stark  mo- 
dern verkratzt;  konnte  wegen  eingebrochener  Dunkel- 
heit nicht  mehr  genau  verglichen  werden,  doch  scheint 
die  Lesung  in  einzelnem  der  Berichtigung  bedürftig). 
—  CIL  III  9929  ist  jetzt  mit  der  Schriftseite  nach 
innen  in  die  Wand  des  Hauses  Milanko  eingemauert; 
auf  der  Außenseite  6  Kreuze. 


F.  Clambetae  und  Hadra. 

Seit  langem  pllegt  man  den  Namen  Clambetae, 
welcher  nur  einmal  in  der  Literatur,  nämlich  auf 
der  Tabula  Peutingeriana'-')  als  Station  der  von 
.Senia  (Zengg)  nach  Burnum  (bei  Kistanje)  führenden 
Straße,  XVI  m.  p.  von  Ausancalio  und  XIII  von 
Hadre  (Hadra)  entfernt,  erscheint,  in  der  Nähe  von 
Obrovazzo  anzusetzen.  Da  jedoch  der  Zug  dieser 
Straße,  besonders  die  Stelle,  wo  sie  den  hohen 
Bergkamm  des  Velebitgebirges  überschritt,  unbekannt 
ist,  und  ferner  die  Localisierung  von  Hadra  bei 
Medvidje  durch  kein  äußeres  Zeugnis  feststeht,  so 
war  für  eine  nähere  Bestimmung  der  Lage  von 
Clambetae  kein  genügender  Anhalt.  Wenn  man  doch 


-")   Vgl.  Cauer,    Ephera.    epigr.   IV    401     seqq. 
Cagnat  bei  Daremberg-Saglio  III  789  ff.  s.  v. 

-'1   Mit  Recht  erkennt  man    in    dem  beim  Geo 


graphus  Ravennas  211,  6  überlieferten  Namen 
Crambeis  eine  Corruptel  aus  Clambetae;  vgl.  Patsch 
bei   Pauly-Wissowa  s.  v.  (III   2625). 


50 


A.  Colnago  und   ].   Keil.   Archäolopiscbi-  ITntersuchungcn   in  Noril(l:ilni;>licn 


an  Obrovaiio  dachte,  so  lag  dabei  die  Annahme  zu- 
grunde, daß  die  antike  Straße  im  wesentlichen  die- 
selbe Route  eingehalten  habe  wie  die  moderne 
Kunststraße  von  Kroatien  nach  Dalmatien,  welche 
bei  Mali  Halan  den  über  1 000"  hohen  VelebitUamm 
in  lahlreichen  Serpentinen  übersetzt.'-)  Diese  An- 
nahme schien  sich  zu  bestätigen,  als  Patsch  unweit 
«nicrhalb  des  Posthauses  in  Mali  Halan  die  deutli- 
chen Reste  einer  5"  breiten,  gepflasterten  Straße 
fand,  die  er  ohne  Bedenken  mit  der  der  tab.  Peut. 
identificierte.  Wir  h.ibcn  diese  Stelle  gleichfalls  be- 
sucht und  die  Str.aße,  geleitet  von  dem  Postmeister 
in  H.ilan,  ein  gutes  Stück  verfolgt  und  die  Kühnheit 
bewundert,  mit  der  sie  auf  der  einen  Seite  in  den 
Fels  geh.auen,  auf  der  andern  mit  gewaltigen  Stein- 
blöcken gestützt,  den  zackigen  Kamm  des  Gebirges 
übersetzt,  jedoch  nicht  in  der  Richtung  auf  Obrovazzo, 
sondern  auf  den  schm.ilen  Meerescanal  zu,  der  das 
Meer  von  Novigrad  mit  der  Adria  verbindet.  Sie  ist 
an  ra.anchcn  Stellen  so  steil,  daß  ein  Fortkoramen 
mit  Wagen  auf  ihr  kaum  denkbar  ist.  Neben  dieser 
h.aben  unsere  Forschungen  wie  oben  gezeigt,  eine 
zweite  SpurriUenstraße  —  die  also  sicher  mit  Wagen 
befahren  wurde  —  erwiesen,  welche  bei  Kriz  den 
Kamm  erklimmt  und  in  die  Nähe  von  Obrovazzo 
zur  Zrmanja  hinabführt,  um  auf  dem  andern  Ufer 
zur  Cvijina  Gradina  aufzusteigen  und  dann  n.ach 
Med  vidje  weiterzuführen ;  durch  unsere  Nachgrabungen 
wurde  weiters  festgestellt,  daß  sich  sowohl  auf  der 
Cvijina  Gradina  bei  Obrovazzo  als  auf  der  Gradina 
von  Medvidje  bedeutendere  römische  Orte  befunden 
haben,  von  denen  Straßenzüge  nach  den  verschieden- 
sten Richtungen  ausliefen.    Schließlich  läßt  sich  die 


Knifernung,  welche  die  Peutingersche  Tafel  zwischen 
Clambctae  und  Hadra  angibt  —  XIII  m.  p.  —  sehr 
wohl  mit  der  der  beiden  Gradinen  vereinen,  so  un- 
sicher auch  die  Trace  der  verbindenden  Straße  ist. 
Ks  ist  demnach  vielleicht  nicht  mehr  zu  gewagt,  den 
Namen  Clambctae  auf  die  Stadt  der  Cvijina  Gradina, 
den  von  Hadra  auf  die  der  Gradina  von  Medvidje 
zu  beziehen.  Hier  gilt  es  noch  einen  Irrtum  zu 
corrigieren,  welcher  für  die  Ansetzung  von  ("lambetac 
und  die  Beurteilung  der  Ansiedelung  bisher  zu  fal- 
schen Annahmen  verleitete.  Bei  der  Inschrift 
CIL  III  9972  wird  als  Fundort  von  Glavinid,  der 
sie  Bull.  Dalm.  I  p.  85  zuerst  publicierte,  Starigrad 
di  Obrovazzo  angegeben,  ein  Ort,  der  nach  Patsch  u.  a. 
an  der  Zrmanja  liegen  soll  und  auf  der  Karte  des 
CIL  III  tatsächlich  flußaufwärts  von  Obrovazzo  an- 
gesetzt wird.  Aber  ein  solcher  Ort  existiert  dort 
nicht,  vielmehr  nur  eine  mittelalterliche  Burgruine 
Stari  Obrovac  und  der  Stein  stammt  wie  CIL  III  143:2 
(Bull.  Dalm.  XIX  p.  41)  vielmehr  aus  Starigrad 
gegenüber  von  Castel  Venier,  wo  auch  die  beiden 
oben  publicierten  Inschriften  gefunden  wurden  und 
wo  mit  gutem  Rechte  das  alte  Argyruntum  angesetzt 
wird.  Damit  Hillt  auch  der  Schluß  auf  das  bereits 
in  der  Zeit  des  Tiberius  an  Clambctae  erteilte 
Geraeindestatut,  welches  .aus  den  Worten  ob  dec.  ge- 
folgert worden  war;  nach  dem,  was  der  römische 
Grenzstein  der  Sidriner  und  Asseriatcn  lehrt,  sind 
wir  geneigt,  für  die  erste  Kaiserzeit  auch  Cl.imbetae 
einem  der  ,Liburnorum  civitates'  zuzuweisen,  ,quae 
conventum  Scardonitanum  petunt'. 


A.  COLNAGO 
Obrovazzo 


J.   KKIL 
Wien 


[Bei  einem  Besuche  von  Obrovazzo  im  Früh- 
jahr 1903  lernte  ich  in  einem  Zimmer  des  Schul- 
hauses  in  musterhaflem  Zustande  eine  kleine  Sammlung 
der  Altertümer  kennen,  die  der  dortige  Oberlehrer, 
Herr  Anton  Colnago,  meist  aus  einer  mit  eigenen 
Mitteln  unternommenen  Versuchsgrabung,  unterstützt 
durch  seinen  Bruder,  den  k.  u.  k.  Hauptmann  des 
43.  Infanterieregimentes,  Herrn  Ferdinand  Colnago, 
auf    der    Cvijina    gradina   gewonnen   hatte.     Hierauf 


gewährte  das  Ministerium  zur  Fortsetzung  der 
Forschungen,  die  Herr  Anton  Colnago  mit  Glück 
und  ungewohnter  .Sorgfalt  auch  auf  die  Umgebung 
von  Obrovazzo  ausgedehnt  hatte,  eine  Subvention, 
die  es  auch  ermöglichte,  Herrn  Secretär  Ur  J.  Keil 
zu  archäologischer  Mitwirkung  nach  Obrovazzo  zu 
senden.  Das  Verdienst  des  nun  veröffentlichten 
Berichtes  ist  hiernach,  inhaltlich  wie  formell,  ge- 
meinsam.    O.  B.] 


''^1  Die  Gründe  (ur  die  Ansetzung  von  Clambctae 
bei  Obrovazzo  sind  gut  zusammengefaßt  von  Cons, 
La  province  Romaine  de  D.almatie  p.   149,  wo  auch 


mit  Recht  betont  wird,  daß  die  Localisierung  von 
Clambctae  am  Meere  ausgeschlossen  ist,  weil  es 
Plinius  und  andere  sonst  nennen   würden. 


JAHRESHEFTE  DES  ÖSTERR  •  ARCHÄOL  •  INSTITUTES  VIII 


PYXIS 
DES  FINE-ARTS-MUSEUM  ZU  BOSTON 


DRUCK  VON  C.  ANGERER  fl  GÖSCHL 


JAIIKKSHKKTK  ni;S  ÖSTKKR  •  ARCllAOl.     INSTI  PIUKS   VIII 


'     _J 


KOiMISClIi: 
AUS  ÜBK 

KAISEKI.ICMKN   ANTIK 


TAFKI.  Ulli 


:.<f^-'" 


GRABMAL 

TALIEN 

SAMMLUNG  ZU   WIEN 


BEIBLATT 


Vorläufiger  Bericht  über  die  Grabungen   in  Ephesus  1904. 

VII. 
sch-historisilicn  Classc  der  kaiserlichen  Akademie  der  ■Wissenschaften 


phi1os..phi 
m  5    Juli 


X; 


ihen  Classc  der  kaiserlichen  Akade 
vgl.  Jahreshefle  VII  Beiblatt  37  ff.) 


Für  die  in  den  Monaten  September-Noyember 
1904  unternommenen  Grabungen  in  Ephesus,  während 
deren  mir  außer  der  bewährten  Unterstützung  W. 
Wilbergs  auch  der  Institutssecretär  Dr.  Josef  Keil 
zur  Seite  stand,  ergab  sich  nach  den  Resultaten 
des  Vorjahres  (vgl.  Anzeiger  der  kais.  Akademie 
der  Wissenschaften  1904  n.  IX,  Jahresh.  VII 
Beibl.  37  flf.)  als  erste  Aufgabe  die  vollständige 
Aufdeckung  der  Celsusbibliothek.  Fig.  15  zeigt,  was 
von  dem  Gebäude  in  situ  erhalten  ist,  Fig.  16  gibt 
nach  W.  Wilbergs  Aufnahme  einen  vorläufig  nur 
die  Hauptelemente  berücksichtigenden   Grundriß. 

Von  einem  kleinen  freien  Platze  im  Südosten 
der  griechischen  Agora  führt  eine  fünfstufige,  ca. 
18°"  breite,  von  zwei  Statuenbasen  flankierte  Frei- 
treppe von  Osten  her  vor  eine  reichgeschmückte 
zweistöckige  Fassade,  durch  deren  drei  Türen  man 
den  lö'SO™  breiten,  1 1  "■  tiefen  Büchersaal  betritt. 
Der  Mitteltür  gegenüber  springt  eine  4'50"'  breite 
Apsis  nach  Westen  vor,  im  übrigen  umschließen 
ihn  gerade  Wände.  An  ihrem  Fuße  verläuft  ein 
durchgehender,  ca.  I™  hoher,  l'20'°  breiter  .Sockel, 
dessen  obere  Abschlußplatten  die  Aufstandspuren 
einer  in  geringem  Abstände  von  der  Wand  ange- 
ordneten Säulenstellung  tragen,  die,  wie  eine  in 
situ  vorgefundene  Basis  beweist,  auch  der  Rundung 
der  Mittelapsis  folgte.  In  die  Wände  selbst  sind  in 
regelmäßigen  Abständen  O'^O"  tiefe,  viereckige 
Nischen  von  Z'So"  Höhe  und  I"  Breite  eingetieft, 
je  drei  an  der  Nord-  und  .Südseite,  je  zwei  zu  beiden 
Seiten  der  Apsis.  Sockel  und  Wände  waren,  wie 
der  Fußboden,  mit  verschiedenfarbigen  Marmorplatten 
belegt;  geringe  Reste  über  dem  Sockel  zeigen,  daß 
die  viereckigen  Nischen  von  einem  flachen  Gesimse 
nach  Art  eines  Türgewändes  umrahmt  waren,  während 
ihr  Inneres  einfach  verputzt  war.  Der  Bestimmung 
des  Gebäudes  entsprechend,  sind  in  den  viereckigen 
Nischen  hölzerne  Schränke  für  die  Bücherrollen  vor- 
Jahreshefte  des  Gsterr.  archäol.  Institutes  Bd.  VIII  Beiblatt. 


auszusetzen,  eine  Einrichtung,  die  aufs  beste  den 
Ausdruck  der  Digesten  XXX,  41,  9  ,bibliothecis 
parietibus  inhaerentibus'  zu  erläutern  geeignet  ist ; 
in  der  Mittel.apsis  stand  wohl  eine  Kolossalfigur, 
kaum  des  Celsus,  der  durch  die  zwei  Statuen  zu 
beiden  Seiten  der  Freitreppe  genügend  vertreten  war, 
wahrscheinlich  vielmehr  der  Athena  nach  Analogie 
der  pergamenischen  Bibliothek  (vgl.  auch  Juven.al 
III  219);  Standspuren  haben  sich  allerdings  nicht 
nachweisen  lassen. 

Die  Gesamthöhe  des  Bauwerkes  läßt  sich  nach 
der  Außenfassade  auf  ca.  16™  bestimmen;  da  ander- 
seits an  der  Westwand  die  Stockwerkhöhe  der 
Innenarchitektur  mit  ca.  5"  zu  messen  möglich  ist, 
ergibt  sich,  daß  wahrscheinlich  drei  Reihen  von 
Wandkästen  übereinander  vorhanden  waren.  Die  vor 
ihnen  angeordnete  Säulen decoration  dürfte  wohl  nur 
zwei  Stockwerke  besessen  haben,  über  denen  durch 
eine  attikaartige  Balustrade  ein  gesicherter  Umgang 
vor  der  obersten  Kastenreihe  hergestellt  war.  Be- 
stimmtes wird  sich  indes  hierfür  kaum  je  feststellen 
lassen,  da  außer  dem  Wandsockel  und  der  einen 
in  situ  liegenden  Säulcnbasis  keinerlei  Rest  der 
Innenarchitektur  erhalten  ist.  Sicher  ist  dagegen 
wieder,  daß  keine  mittlere  Stützenstellung  im  Innern 
vorhanden  war;  eine  mächtige  freie  Decken- 
construction  überdachte  den  ganzen  Saal.  In  der  G. 
Nieraann  verdankten  vorläufigen  Reconstructions- 
skizze  Fig.  17  ist  Oberlicht  in  der  Mitte  ange- 
nommen; dies  ist  zwar  von  vornherein  wahrschein- 
lich, indes  doch  insolang  nicht  gesichert,  als  die 
noch  nicht  durchgeführte  Reconstruction  der  Fassade 
die  Möglichkeit  einer  Lichtzufuhr  durch  Fenster  in 
ihrem  zweiten  Stockwerke  offen  läßt. 

Eine  auffällige  Besonderlieit  der  Anlage  bleibt 
noch  zu  erwähnen:  die  den  Saal  umschließenden 
Wände  mit  den  Bücherkästen  dienen  nicht  zugleich 
als  Außenwände  des  Gebäudes;  als  solche  sind  viel- 


^•i 


6., 


"1:         ,1 1 


J-.,iirQ      L-,i==k-J       L^crx^J 


iLJE 


Fii;.  i<;  und  i',    Aniidit  <lcr  Ruine  und  Grundrill  der  P.il>1iotlick  von  Kph 


65 


Vorläufiger  Bericht   über  die   Grabungen    in   Kpliesus    njO-t 


66 


Fig.   17     Reconstructionsversucli  der  Bibliothek  in  Ephe 


mehr  in  ca.  l""  Abstand  hinter  ihnen  besondere 
Mauern  aufgeführt,  so  daß  dazwischen  ein  schmaler 
Gang  entsteht,  der  nur  in  der  Mitte  der  Westwand 
durch  die  nach  außen  vorspringende  Apsisraauer 
unterbrochen  wird.  Zweck  dieser  Einrichtung  ist 
offenbar,  durch  die  hinter  den  Bücherwänden  frei 
circulierende  Luft  die  Bücher  vor  dem  schädlichen 
Einflüsse  der  Erdfeuchtigkeit  zu  bewahren,  der  um 
so  mehr  zu  befürchten  war,  als  die  Bibliothek  nach 
Süden  wie  nach  Westen  an  hochanstehendes  Terrain 
angebaut  war.  Eine  Parallele  hierzu  liegt  in  der 
pergamenischen  Bibliothek  vor,  in  der  gleichfalls 
der  die  Bücherregale  tragende  Steinsockel  von  der 
Außenmauer  durch  einen  schmalen  Umgang  getrennt 
ist.  (Vgl.  Altertümer  von  Pergamon  II  70.)  Daß 
man  liei  Anlage  von  Bibliotheken  diesem  Gesichts- 
punkte Rechnung    trug,    bezeugt   auch    die    übrigens 


in  Ephesus  zum  ersten  Male  nachweisbar  befolgte 
Vorschrift  Vitruvs  VI  4,  I  ,cubicula  et  byblio- 
thecae  ad  orientem  spectare  debent;  usus 
enira  matutinum  postulat  lumen,  item  in  byblio- 
thecis  libri  non  putrescent'.  Vom  Ostende 
beider  Gänge  führen  schmale  Türen,  deren  Schwellen 
noch  in  situ  liegen,  auf  die  Oberfläche  des  Sockels 
der  Innenarchitektur  und  ermöglichen  so,  zu  den 
Bücherkästen  des  untersten  Geschosses  zu  gelangen. 
Vermutlich  waren  in  diesen  Gängen  auch  durch 
Holztreppen  Aufgänge  zu  den  oberen  Stockwerken 
hergestellt;  doch  haben  sich  in  dem  bisher  allein 
völlig  freigelegten  nördlichen  Gange  sichere  Spuren 
nicht  erhalten.  Dagegen  gelangt  man  an  seinem 
AVestende  über  einige  Treppenstufen  in  eine  im 
Fundamente  unter  der  Mittelapsis  angelegte  über- 
wölbte Grablvammer,  in   der  sich   ein  wohlerhaltener 


67 


oS 


Sarkopliag  aus  wcilScm  Marmor  vorfaml.  Kr  ist  Unaiip 
an  die  AVäiulc  der  SüdwcstccUc  angerückt,  so  dal! 
Sfinc  an  allen  vier  Seiten  angehraclite  Reliefdeco- 
mtion  —  Guirlanden  von  Niken  und  Kröten  ge- 
tragen —  nur  an  je  einer  Schmal-  und  Langseite 
sichtbar  ist;  der  Deckel  ist  in  üblicher  Weise  als 
Giebeldach  gestaltet. 

Von  den  am  Gebäude  angebrachten  Inschriften 
sind  besonders  wichtig  zwei  an  der  Ostfassade  an 
hervorragender  Stelle  eingeschriebene  Texte.  Der 
eine,  rechts  von  der  Mittcltür  auf  drei  Quadern  ein- 
gemeißelt, ist  leider  in  dem  interessantesten  mittleren 
Teile  hoffnungslos  zerstört,  so  daß  hier  nur  Anfang 
und  Schluß  wiederzugeben  lohnt: 

T'.pispta")  'Io'jJ,J<o  Ky.ao)  n]o?.S|iaiavM,  ii-XTcu, 
i'id-j-i-(0  io(]a;  Tip(dp'.Gs]  "loöXio;  kxüXa; 
lIoÄsiiotjocvö;,  'j-a-oj.  4  uiö;,  Tr,v  KsXa;- 
avr,J^  ^t^X;oiH;xr,v  xa-:[E]axsOaosv  sy.  -cöv 

5    tJtMv]  oüv  -av-l  -rö  x43[n(0j  xai  äva3->)]iaai 
xai  pig/,]£ot;.  Ka-iXtr^s  Sl  x[al  £•];  iitioxsuTiV  aÜT^; 
xal  ä-,'opä]v  ß'jpX((uv  (5r,vapio)v>[|iuj/]'.ä5a;  2öo  fiiiiau, 
i»  (T)v  ''r.fY|- 

s    fTi^jOETai    aO]":f^ 

=j    ä];:ap-'.3iv:tuv  töv 

ToO  'Av.'y/.a  xJ,r,povön(ov,  tö  if'foCv  xa3-Lgp(oaa]vTo; 
xa-i  8ia9-)jxTiv 

15    TiJ(£f{!>ul  KXauSio'j  "Apiaxioivc;  -pl;  ["Aiiap]//--«- 

Dazu  kommt  die  fast  vollständig  wiedergefun- 
dene Archilravinschrift  des  ersten  Stockwerkes  der 
Tassade: 

T'/pspiov)  "Io'J[Xiov  KsXaov  noÄEnaiaviv. 

üraTiv,  äv3-ü~a-ov  ^3£aj. 

T'.(pip;o;)  'loOX-.o;  'AxöXa;,  ö  uEö; 

x[a}zg3X£6a3öv  ttjv  ßtßXtoOiixi]'^ 
5    ä-a]pT|isavT]o)v  tröv  'AxOXa 

x[Xr,]p[iv4(io>v,  xa^£pw3a]v-o; 

T'.(^p£o'j)  K>.au?(ou  ^pt3t£(ovo;  -f  "A3£apxo'j. 

Auffällig  sind  die  jeder  syntaktischen  Con- 
stmction  widerstrebenden  Accusative  im  Eingange; 
CS  ist  nicht  ausgeschlossen,  daß  die  noch  nicht  frei- 
gelegte Südaußenwand  ähnlich  wie  die  Ostfront  mit 
einer  Sänienfassade  geschmückt  war  und  uns  nur 
der  Schluß  einer  über  beide  sich  erstreckenden  In- 
schrift erhalten   ist. 

Durch  diese  Inschriften  ist  zunächst  die  Be- 
nennung des  Bauwerkes  als  Bibliothek  gesichert, 
weiterhin  aber  auch  ermöglicht,  die  Bauzeit  mit  an- 
nähernder Genauigkeit  zu  ermitteln.  Ti.  Julius  Celsus 


l'olcmaeanus.  lU-r  Vater  des  Stiltcrs.  war  t)2  n.  t'hr. 
Consul  (PIR  II  iS()  n.  17O,  Klein,  Kasti  50)  unil 
gelangte  vermutlich  106  7  n.  Chr.  zum  Proconsulate 
von  Asien,  vgl.  Jahreshefle  VIII  234.  Damit  ist 
ein  sicherer  lerminus  post  quem  gegeben.  Veran- 
lassung zur  Stiftung  gab  augenscheinlich  sein  Toil, 
der  nicht  allzulang  nach  dem  Proconsulate  anzu- 
setzen sein  dürfte,  da  der  Kopf  der  wiedergefun- 
denen Portrlitstatue  die  Züge  eines  zwar  reifen,  alier 
keineswegs  alten  Mannes  trägt.  In  der  Grabkammer 
unter  der  Apsis  hat  also  Ti.  Julius  Aquila  den 
Vater  begraben,  daher  sie  denn  auch,  wie  der 
Grundriß  lehrt,  schon  im  ursprünglichen  Plane  vor- 
gesehen war.  Ganz  ebenso  hat  Dio  von  Prusa  in  der 
von  ihm  seiner  Vaterstadt  erbauten  Bibliothek  seiner 
Frau  und  seinem  Sohne  die  letzte  Ruhestätte  bereitet 
(Plin.  Kp.  ad  Trai.  8r ,  7).  In  beiden  Fällen  schließen 
sich  die  Bibliotheken  ganz  analog  an  Heroa  an, 
wie  in  Pergamon,  Rom  und  anderwärts  an  fiötter- 
tempel.  Darnach  wird  man  Conception  und  Beginn 
des  Baues  wohl  noch  in  das  erste  Jahrzehnt  des 
zweiten  Jahrhunderts  n.  Chr.  versetzen  dürfen;  wann 
die  Vollendung  erfolgte,  ist  nicht  genauer  zit  l)c- 
stimmen,  da  weder  Consulat  oder  Tod  des  A(|iiila, 
noch  die  Lebenszeit  des  Asiarchen  Ti.  Claudius 
Aristion  chronologisch  genau  zu  fixieren  sind;  doch 
zwingt  nichts,  über  die  traianische  Zeit  herabzugehen. 
Über  die  Schicksale  des  Batves  in  den  Jahr- 
hunderten des  Niederganges  wird  erst  der  Fortgang 
der  Grabung  helleres  Licht  verbreiten;  noch  in  spät- 
antiker  Zeit  muß  er  bereits  seiner  Bestimmung  ent- 
fremdet gewesen  sein.  Von  einem  Gebäude,  das 
damals  südlich  anstoßend  im  Niveau  des  ersten  Ge- 
schosses der  Innenarchitektur  errichtet  wurde,  rührt 
die  in  den  Plan  eingetragene  Säulenstellung  sowie 
mehrfache,  erst  später  und  bisher  nur  zum  Teile  aus- 
gegrabene Mauerzüge  über  den  Südwänden  her.  Viel- 
leicht schon  damals  wurde  die  ganze  Innenausstattung 
vollständig  beseitigt,  weshalb  auch  nur  ganz  unbe- 
deutende Reste  davon  auf  uns  gekommen  sind. 
Sicherlich  geschah  dies,  als  man  in  christlicher  Zeit 
die  Türen  der  Fassade  vermauerte  und  den  Bücher- 
saal bis  zur  Höhe  des  ersten  Geschosses  mit  Hau- 
schutt auffüllte.  Zu  dieser  Zeit  diente  die  Fassade 
nur  mehr  als  decorativer  Hintergrund  eines  an  .Stelle 
der  Freitreppe  angelegten  Wasserbassins,  an  dessen 
Vorderwand  die  Reliefs  vom  Partherdenkmal  des 
Marc  Aurel  versetzt  wurden,  worüber  bereits  An- 
zeiger 1904  n.  IX  14  ff.,  Jahresh.  VII  Bcibl.  53  f. 
berichtet  ist.    Auf  diese    Umgestaltung   bezieht    sich 


69 


Vorläufiger   Bericht   über   die  Grabungen   in   Ephesus    I904 


70 


vermutlich    das    in    die    Wand    des    zweiten    Stock- 
werkes eingemeißelte   Distichon : 
t  A£px[so,  Ttc&s  •/.63|ji]T;ae  Toaoi;  xpusa'j-fiaiv  sp'fotg 
Kai  [2xcq:avos]  IlTEXiTjv ')  xai  II-£X£[yj]  Sxecf avov.  t 

Neben  der  Bibliothek  erwähnt  die  im  vorigen 
Berichte  (Anzeiger  S.  14,  Jahresh.  VII  Beibl 
52)  veröffentlichte  Inschrift  auch  ein  Auditorium, 
dessen  Lage  aus  der  Terraingestaltung  am  Nord- 
hange des  Bülbüldagh  erschließbar  schien.  Kine 
Nachgrabung  an  der  betreffenden  Stelle  bestätigte 
diese  Vermutung  nicht,  führte  aber  zur  Aufdeckung 
der  südlichen  Fortsetzung  der  Straße,  die  westlich 
unter  der  Theaterterrasse  vorbeipassiert.  Ungefähr 
östlich  gegenüber  der  Bibliothek  verläßt  sie  ihre 
bisherige  nordsüdliche  Richtung  und  wendet  sich 
in  scharfem  Bogen  nach  Osten ;  an  der  Biegung 
zweigt  eine  steile  Bergstraße  nach  Süden  ab,  während 
die  Hauptstraße  allmählich  ansteigend  im  Tale  zwi- 
schen Panajirdagh  und  Bülbüldagh  in  der  Richtung 
auf  das  raagnesische  lor  zu  verläuft. 

Die  Einmündungsstelle  der  Nebenstraße  ziert 
ein  dreitoriges  Propylon,  das  nach  den  Resten  der 
Weihinschrift  aus  dem  zweiten  nachchristlichen 
Jahrhundertestammen  dürfte.  Unter  seinen  Trümmern 
kam  eine  viereckige  Basis  zutage,  welche  nach- 
stehende Inschrift  trägt,  die  als  Document  für  den 
Kampf  zwischen  Heidentum  und  Christianismus  nicht 
des  Interesses  entbehrt. 

NoCAP 

_      AeEAo^ 

rATHAlQ 
dHMBACATPEKIHC 
AMGETOCHMATodE 
EÜcpAüNEAATHPA 
ÖEONCTAYPONTE 
TEPEFüN  NlKodx^ 
PONxPiCTOYCYN 
BOAONAeAMöJoN 

Aa£|i]ovo;  !ip[xe(i'.8!/5]  y.aS-sXMV  äTtaxr^Xtov  s'5 
Ar|p.ias  äxpexiv];  äv8-£xo  a-^|ia  xdSs, 
EEStöXiov  §Xaxf;pa  Osöv  oxaüpdv  xs  -fspepiuv, 
Ntxotföpov  Xpiaxo'3  aOvpoXov  (i9-ävaxov. 


Aus  der  Inschrift  erhellt,  daß  auf  der  Basis 
eine  Bildsäule  der  Artemis  stand,  die  ein  Christ 
Deraeas  beseitigte,  um  an  ihrer  statt  ein  Kreuz 
aufzustellen. 

Unmittelbar  östlich  schließt  an  das  Propylon 
im  Süden  der  Hauptstraße  ein  Bauwerk  an,  von 
dem  ein  Teil  des  Unterbaues  niemals  ganz  ver- 
schüttet war  und  seit  E.  Curtius  unter  der  Be- 
zeichnung , Stadtquelle'  bekannt  ist.  Auf  einem  vier- 
eckigen Kalksteinsockel  erhebt  sich  ein  massiver 
Marmoroberbau,  dessen  Wände  mit  Ausnahme  der 
glatt  gehaltenen,  dem  Berge  zugekehrten  Südseite 
eine  dorische  Halbsäulenarchitektur  schmückte.  Bei 
ihm  gefundene  ionische  Vollsäulen,  dazu  passende 
Capitelle  und  Gebälkteile  lassen  vermuten,  daß  über 
dem  dorischen  sich  noch  ein  ionisches  Geschoß  er- 
hob; .Stücke  roh  gearbeiteter  Fries-  und  Giebel- 
reliefs mit  Kampfdarstellungen  dürften  den  Fund- 
umständen nach  gleichfalls  eher  diesem  Baue  als 
dem  Propylon  zugehören.  Zeit  und  Zweck  des  Mo- 
numentes bleiben  noch  zu  ermitteln,  doch  sei  schon 
jetzt  hervorgehoben,  daß  an  keiner  Seite  Anhalts- 
punkte für  einen  Aufgang  zum  Oberstocke,  der 
allein  einen  Innenraum  besessen  haben  könnte,  sich 
haben  nachweisen  lassen. 

In  christlicher  Zeit  wurde  an  die  Südostecke 
ein  Wasserleitungsstrang  von  Osten  her  geführt, 
dessen  Wasser  etwa  5™  tief  in  ein  hinter  der  Rück- 
wand hergestelltes  schmales  Klärbassin  herabstürzte. 
Von  dort  aus  wurde  es  mittels  eines  roh  durch  das 
Massiv  gebrochenen  Canales  in  ein  gegen  die  Straße 
hin  vorgelegtes  Bassin  geleitet,  dem  die  Architektur 
der  Nordfront  großenteils  weichen  mußte.  Interessant 
ist  eine  an  der  Rückseite  angebrachte  Vorrichtung, 
die  etwa  im  Überschusse  zuströmendes  Wasser  je 
nach  der  Menge  auf  ein  bis  drei  Rohrstränge  verteilte. 

Die  charakteristischen  Züge  der  ursprünglichen 
Gestalt  dieses  Bauwerkes  kehren  wieder  bei  einem 
in  geringem  Abstände  weiter  nach  Osten  aufgedeckten 
Monumente.  Wieder  steht  auf  hohem  viereckigen 
Sockel,  von  unten  unzugänglich,  ein  tempelartiger 
Bau  ohne  Innenraum;  nur  daß  diesmal  die  Cella  als 
Octogon  ausgestaltet  ist,  das  eine  Peristasis  von 
acht  den  Ecken  des  Octogons  entsprechend  ange- 
ordneten ionischen  Säulen  umgibt.  Das  Gebälk  zeigt 
mancherlei  Besonderheiten,  als  Dach  ist  eine  acht- 
eckige Stufeupyramide  gesichelt,  deren  oberen  Ab- 
schluß eine  Kolossalkugel  bildete.    Gerne  wird  man 


'■)  RxiXif),  alter  Name  von  Ephesus,  vgl.  Steph.  Byz.  s.  v.  "E^sio;  und  II-cAsK  und  die  Belege  bei  Pape. 


72 


sie  von  einer  Nikefigur  überragt  denken  und  in  dem 
Gnnzen  ein  prächtiges  Siegesdenkmal  erblicken,  das 
in  dem  unweit  auf  der  Höhe  des  Panajirdagli  auf- 
ragenden hellenistischen  Rundbau  ebensowohl  eine 
Parallele  findet,  wie  es  der  für  ihn  vorgeschlagenen 
Deutung  (Anzeiger  1898  n.  VII— VIII  Jahrcsh.  I 
Beibl.  80)  zur  willkommenen  Stütze  dient.  Auch 
hier  wird  die  Detailuntersuchung  noch  manche  Auf- 
schlüsse, zumal  für  die  chronologische  Frage  bringen; 
ausgeschlossen  ist  schon  jetzt  die  naheliegende 
Combination  mit  den  sicherlich  von  einem  ähnlichen 
Baue  stammenden,  vor  der  Bibliothek  gefundenen 
Reliefs  (Anzeiger  1004  n.  IX,  Jahresh.  VII  Beibl. 
53  ff..  157  ff.),  da  die  Sockelverkleidung,  glatte 
Marmorplatten,  teils  in  situ,  teils  im  Schutte  liegend, 
fast  vollständig  erhalten  ist. 

Auf  der  der  Straße  zugekehrten  Xordseite  wurden 
im  vierten  nachchristlichen  Jahrhunderte  zwei  um- 
fangreiche Erlässe  der  Kaiser  Valentinian,  Valens 
und  Gratian  aufgeschrieben,  die  liier  nur  mit  einigen 
Bemerkungen  .ibgedruckt  werden  sollen,  da  ihre 
ausführliche  sachliche  Erläuterung  durch  A.  Schulten 
demnächst  bevorsteht. 

I.  An  der  Osthälfte  des  Sockels  auf  drei  Platten 
von    I'äg"    Höhe    und    l'2.8'"   -)-   O'go""    -)-    088"° 
Breite  in    etwa  O'OJ"    hohen    Buchstaben    sorgfältig 
eingegraben.') 
D.  D.   D.  n.    n.    n.]    Auggg.   Valentinia[nus,  Valens] 

Grati[an]us.    Hab(e)   Eutropi,    car(issirae)    nobis. 

[Quae  de  statu  provinciae  Asiae  nuntias,  scili- 


cet  ex  rcd|itibus  fundorum  iuris  rc[i  pribatae,  quojs 
inlra  Asiam  diversis  quil)usc|ue  civitalibus  ad 
instaurand[a  mocnia  aliosiiue  ciusmodi  suiuplus 
sus- 

tinendojs  habita  aestimatione  concensimus,  capcre  qui- 
dem  urb[e|s  singulas  beneficii  nostri  ubcrem 
fructum  et  pro  fportiime  largitionum  n]os[trar]um 
a[dhuc  e  re- 

ccntijum  squalore  ruinarum  in  untiquam  sui  faciem 
nova  reparatione  consurgere,  verum  non  integram 
gra[tiara    conjcessi    ad    [ur]bes   singulas  beneric[ii 

pcrvjenire,    siquidem,    (dum)    pro  jiartibus    praestitis    5 
reditus  civitatibus  potius,  qlua]m  ipsi  cum  reditibus 
fundi     fuerint    restitujend]!    et    ministrandi,  idem 
reditus  ab  act[oribus 

pr]ibatae  rei  nostrae  et  diu  miserabiliterque  poscantur 
et  vi.\  acgr<[a)>eque  tribuanlur,  adque  id,  quod 
amplius  e[x  i]sdem  fundis  super  statulum  canonem 

c]olliga^n)'tur,  et  isdem  civitatibus  pcreat  eorundem- 
qu^a)e  aclorum  fraudibus  devoraluni  nihil  tamen 
aerario   nostro  adiciat  augmenti  possitquc 

a  curialibus  vel  excultione  maiore  vel  propensiore 
diligentia  nonnuUus  praestitionis  cumulus  ad 
gratiam  concessionis  accedere,   igitur  cuncta 

diligenti  coram  investigatione  perspeximus.  —  Et 
primura  Efesenae  urbi,  quae  Asiae  Caput  est,  missa 
ad  nos   dudum  legatione  poscen'ti 

]>]artem    redituura,    non    fundorum    advertimus    fuisse  10 
concessam;  unde  illi   interim,   quam  esse  oninium 
maximara  nuUa  dubitatio  est,   in  parte  co[n- 


_,.,'^i";V;i:';o';',V';'-;i':l;:';;i::!;l;\ 

,<Tri>ilAu--vDESSlNCVLASBENEflt;,v. 
^,^MlNini<.ANDl!DtMREDITV5A&AC7C^^ 
crCfMFV^lI)ISWffRSUIVTVA1CAN0N£M^';?V-l 
llAWO'N0  5Tl\OAD]ClATÄVGMlNIiro5SITQVE*«.'.g| 
DCKATlAMC0NCfSS10NISACCfD£Rf/CirVflCVNCLi^ 


I.  Z.  1-8,  Ende. 


')  Die  Ergänzung  der  Lücken  Z.  i — 3  will  na- 
türlich nur  ungefähr  den  Sinn,  nicht  die  Worte 
treffen.   Die  Einschiebung  von  dum   in  Z.  5  ist  durch 


die  Syntax  gefordert,  auch  paläographisch  leicht  zu 
rechtfertigen;  es  liegt  Haplographie  si  qui  d  e  m 
(dum)     vor,     wofür    die    folgende    Inschrift    mehrere 


75 


Vorläufiger  Bericht  ühcr  die  Gral^ungen   in  Epliesus   1904 


74 


cjessa  cum  eo  fundo,  quem  Leucem  nomine  nostra 
iara  lil)eralitate  detentat,  tra[di]  centura  iuga  pro- 
mulgata  sanctione  mandavimus,  ut  eius  exemplo, 
quid   adlioc 

isla  in  reparandis  moenüjus  profecerit,  intuentis,  an 
reliquispraestandum  sitsimilia,decernaraus.  Ha(n)c 
san(e)  quia  ration[e]  plenissima,  quod  intra  Asiam 
rei  publicae 

iu[g]a    esse    videantur    cuiusque    qualitatis    quantum- 
ve    annua     praestatione     dependant,     mansuetudo 
•     nostra  instructa    [cjognovit,    offerendam  experien- 
tiae  tu[ae 

credidimus  optioncm,  ut,  si  omnera  hanc  iugationem, 
quae  est  per  oninem  diffusai(m^  provinciam,  id 
est  sex  milia  septingenta  triginta  sex  semis 
opim[a 
;  adque  idonea  iuga,  quae  praeter  vinum  solidorum  ad 
fixum  semel  canonem  trea  milia  extrinsicus  so- 
lidorum annua  praestare  referuntur,  sed  et  septin- 
genta tr[ia? 

etiam  defecta  [a]c  sterilia  iug[a],  quae  p[e]r  illa,  quae 
idonea  diximus,  sustinentur,  suscipere  propria  prae- 
statione non  abnuvis,  petitis  maiestas  nostra  con- 
sen[tiat, 

s[clili[c]et  u[t]  arbitrio  luo  per  curias  singulas  omni 
iugatione  dispersa,  retracto  eo  redituum  modo, 
quam  unicuique  civitatum  propria  largitione  con- 
cen[simus, 

rjeliquam  summam  per  officium  tuum  rei  privatae 
nostrae  inferre  festines,  ut  et   omnem  usuram   di- 


ligentia^m)>  avidis    eripiamus  actoribus  et,  siquid 

extrinsi[cus 
lucjri  est,  cedat  rationibus  civitatum.  Sane  quia  rerum 

omnium  integram   cupimus  habere  notitiam  et  ex 

industria  nobis  tuam  expertam  diligen[ti]a[m  fo- 
re   fat]emur,  plena   te  volimus   ratione    disquirere   per 

omnem  Asiam  provinciam    fundos  iugationemque 

memoratam,  qui  in  praesentem  diem  ha[bita 
licitatijone   possideant    et    quantum   per   iuga  singula 

rei  privatae  nostrae  annua  praestatione  dependant, 

qui  etiam  opirai  adque  utiles  fundi 
fisc]o  gr[ati  silngulis  quibusque  potentissirais    fuerint 

elocati  et  qui  contra  infecundi  ac  steriles    in   dara- 

num   rei  nostrae  paenes  actores 
f|uerint  d[etenti,  sjcilicet  ut   omni  per  idoneos  ratio- 
ne    discussa    a(c)    confectis    quam    diligentissime 

breviljus  mansuetudini  nostrae  veri 
fidera  nunt[i]es,  u[t  instrjucti  super  Omnibus  amplis- 

simum  efficacis  industriae  praestantiae  tuae  testi- 

moniura   deferamus. 

II.  An  der  A\^esthälfle  des  Sockels,  von  voriger 
durch  eine  unbeschriebene  Platte  getrennt,  auf  drei 
Platten  von  0'92"' -f- ''OS^M- I'I2°  Breite;  Buch- 
staben in  Z.  I  0'045"  hoch,  in  den  übrigen  von  O'Oß" 
auf  0"025™  abnehmend.^) 
D.  D.]   D.  n.  n.  n.  Auggg.    Valen[t]inianus,   Valens, 

Gratia[n]us.  [Hab(e)?]   Feste,  [car(issime)  n]ob(is). 
Honorem    Asiae    ac     totius    provinci[a]e    dignitatem, 

quae    ex    iudicantis    pendebat    arbitrio,    [exe]raplo 


II,  Z.  is-2 


Belege  bietet.  Z.  12  hat  der  Stein  HACSANIQVIA, 
Z.  23  ACONFECTIS.  Die  Ergänzungen  in  Z.  20/1 
und  Z.   22  werden   A.  Schulten   verdankt. 

')  Z.  4  ist  am  Schlüsse,  entsprechend  dem  -t/tai!)xr;v 
des  griechischenTextes  (Z.  18),  nach  edi[tio  ita  ergänzt: 
der  Raum  ist  allerdings  sehr  knapp.  Z.  7  hat  der 
Stein  CIVITE,  Z.  10  LAVDAERGO.  Z.  12  DIGNI- 


T ATEMEN;  alle  drei  Fälle  erklären  sich  durch 
Haplographie.  Z.  13  steht  auf  dem  Steine  DESE.^NT, 
Z.  16  THCYNOAOY,  Z.  17  eniM€  IC0HNAI. 
Z.  22  MHTPOnOASl,  Z.27THCCnAPXIAC, 
Z.  28  YnOKAOlCTANTA^^,  Z.  2.,  ANAALU- 
CANTeC,    Z.  30  €NTHCAYTOYMAAAON. 


/D 


R.  lleberdcv 


76 


lUyriici]    a[d]quc    [Itjahruni     url>ium    rede   pcr- 
spexi|mus 

esse  firm.iluni.  Nee  enim  utile  vidcbatur,  u[t  po]npa 
cpnvenlus  publici  unius  arbitrio  };ercrctur,  qu[a]m 
consuet[u]dinis  inslaurala  deberet  solemnilas 

exhibcre.  Kx  scntcntia  deni[q]ue  factum  est,  quod 
divisis  ofliciis  per  quattuor  civitatcs,  quae  metro- 
polis  apu[d]  Asiam  nominantur,  lustralis  cernilur 
edi[tio  ita(?) 
5  conslituta,  ut,  dum  .1  singulis  e\|bi]bitio  postulatur, 
non  desit  provinciae  coronatus  nee  gr[a]vis  cui- 
quam  erogatio  sit  futura.  cum  servatis  vicibus 
qu[in- 

to  anno  civitas  prael)eat  cdilorem.  Nam  et  [illujd 
quoque  libenter  admisimus,  «[uod  in  minoribus 
n)[u]nicipiis  generatis,  ciuos  popularis  anirai  gloria 
maior 

atlollit,  facullatem  tribui  edcndi  mu|ner]is  postulasti, 
videlicel  ut  in  metropoli  Efesena  al[ia]  c  civi- 
(ta)tc  asiarchae  sive  alytarchae  pro[ceda]n[t  acj 
s[ic 

ofliciis  melioribus  nobilitate  contendfan]!.  Undc  qui 
desideriis  sub  scculi  nostri  fclicilate  ferv[entib]us 
gaudiorum  dcbeamus  fl^om]en[t]a  [p]raes[t]are, 
c[ele- 

brandac  editionis  dedimus  potestat[e]m,  adversum  i<i 
solum  voluntatem  contrariam  ref[eren]tes,  ne  suae 
civitatis  obliti  e[i]us,  in  qua  ediderin[t 
'°  munera,  cu[ria]c  socicntur.  Feste  kar[i]ssime  ac  iucun- 
dissime.  Lauda(ta)  ergo  experientia  tua  n[ost]ri 
potius  praecepta  scquatur  arbitrii,  ut  omn[es, 

qui  ad  hos  b[on]ores  transirc  festinant,  c[u]nctas  pri- 
niitus  civitatis  suae  restituant  functiones,  u[t  p]er- 
actis  curiae  muneribus  a[d  b]onorem   totiu[s 

provinciae  debito  faborc  festinent,  p[er]cepturi  post- 
modum,si  tarnen  volucrint,  senato[r]iam  dignitatcm, 
(ita  tam)cn,  ut  satisfacien[te]s    legi  in    locis  s[uis 

altcros  dese(r)ant  Substitutes.  Celcrum  nequaquam  ad 
coromodum  crcdimus  esse  iuslitiac,  ut  expcnsis 
rebus  suis  laboribusquc  transactis 

veluti  novus  tiro  ad  curiam  transeat  alienam,  cum 
rectius  honoribus  fultus  in  sua  debeat  viverc  ci- 
vilate. 
■5  Tr,v  isijiTjV  Tf/S  'Ai'.a;  xai  i/.r,;  xfj;  inaf/.iag  -.0  ä;!co|ia, 
^T^p  y.al  iy.  -f^j  i-:-/.{.'.zzuii  T,pTr,TO  "üO'j  äpxovTo;, 
i|  'i-'ii'.';)ia.zoi  taO  'IJMy.y.v'i  y.ai  xöjv  ['}?(» 'Iia/.ia; 

-i'/^or/  6f9röj  /.sJav  y.aTsv^Tiiajuv  diay.öy.piiO-a'..  O'JTS 

T?jj  iT||i03ia;  ivi;  •,'V(i);it,  T.yl-[-.z]-j'-<y7.:. 


Ti[v]   sx   ouv»)3-(aj  enavaxpixovTEf;  oE  xpivot  öcnvjxouv. 

'Ax!/Xoö3-(i)S  xotvuv  fsfsvrjxai  dKi|is(p)i<33-fjvai  xoüj 

Xpivüuj  eJj  xij  xeoaapaj  jiiXeij,  atxivsj 
Hr,TpondXEi;  £v  Xaia   'iTj^tJovxat.  (b;  vtfi  x^;   nsvxa- 

sxrjptäoj  ixSoaiv  xoiauxTjv  sx^'-''  "^V'  J^axaaxaoiv  y.al 

Hijäsjtwnoxs  düvaaO-at  Xstestv 
x6v  x03|ioü|iEvov  ÜKi  xoO  xfj;  "Aa£a;  axe-^iavciu.     XXX' 

O'JXE   STii^opxiJsaS-at  xi;  äüvaxai  iini  xo'l   Sartavy]- 

|iaxsj,  STtiv  iidXtaxa  ä|ioipa34v  xpsxivxojv 
xöiv  xpiviov  Ixdaxrj  xöiv   |ir]xpoTtdXstov  nsxä   nsvxasx^  20 

xiv  yj^öio^i   5£5a)atv   xov    Xixoupf  >j[a]ovxa.     Katxoi 

<j?E(o;  ;ipo(3r]xdnsO-a  iiit  Ksp  xoi);  xe- 
XO-ivxaj  £v  xaJ;  iiixpat;  TioXeaiv,  snav  5T||jioxty.(oxipa; 

■fEvdusvoi    4'"X'^S   ■^'''''   ETiaivov   xöv   ix  xo'3    5r)|io'j 

cfavxajtovxs,  E^ouatav  aOxotj 
TiapsXEofl-ai  xoü  sv  xij  "Ei^Ea(tov  |irjXpo7:6(X)si  növrj  xtjv 

äjiapxiav  t;  xyjv  äXuxapxtav  aüxöv  Svüeiv  xal  xotj 

xaO-yjxoij  xol;  xaXXtoaiv  ex  xrjs  iTticfavoOs 
XE'.x&up-f£as  ^atvEaS-oci.  "09-sv,  eiieiSt)  äx  xijs  EÜ|ioip£aj 

x(T)v  xaiptov  xeöv  f;HEXEpü)v  aE  ära9-u|i£ai  aE  jtXEova 

xr,'/  iopxY)v  EX^''^'"'"  i¥'^^"°'''  a'J5Eo9-ai 
xai  -xp'  Tj|i(7)v  aüxö)V  EXEiv  xyjv  OTiouäijv,  ßouXonsvoij 

aüxotj  XE'.xoap-,'Ety  ;;apEXS|Uv  ääiav,  e'.j  xo'jxo  |iivov 

5iaa:faXiJiiiEV<;i  xo'Js  xoioOxous,  Iva  |i['»j 
xniv    £5£(t)v    7i4Xe(üv    £7:tXav3-av4|iEvoi    Jiavxv)    lauxcjj  25 

HExa7pd-.f  0'j3iv,  ^Vjoxe  xi|iuoxaxs  xal  npoo-^tXsaxaxE. 

'II  ETiatvEXTj  iv^EtpEa  aou  xoü  ^nExipou  9-[E]a- 
-£anaxc5   äxoXouiJ-rjadxü)  xv)  •fviü|iTj   xal   Tioivxaj   xoi); 

si;  xaüxrjv  xt/v  xt|i,r)v  Eraxpsxovxas  icctaa;  jtpoxEpov 

xi;  Xixoupflaj  xr)  sauxoü  jioXei  äno;iXr;poi>v 
-pooxa»axw,  TiXvjpmS-ivxtov  ik  xtöv  XixouffTjiidxwv  Elg 

xrjv  x'.|iTjv  XYjv  |i£5ova,  xouxsaxiv  oXvj;  xfjj  (£);iapx£a; 

a!i£')5o'j3iv  aOxot;  äStav  -apEXsxtu,  3uva|iEvois  |i[Exi 
xaOxa  xal  xö  xöjv  Xa|i7:poxaxiov  äS£u|ia  x[a]x[a3]EXE- 

oO-at,  oflxios  |i£vxoi,  (bj  Ttpöxspov  aüxoi»s  xä  Exavov 

5ioio'5vxaj    xöj  vo|io)   eJj  xöv    lauxtbv    xAtiov    üno- 

xaO-£oxav(xaO  xa[ls 
lauxojv  Tiaxpdatv  Exipou;.  OOxe  54  £Xcpo[3-i  XI'jitxEÄElv 

v£von£xa|i£v   aüxotj,  iva   ävaXti)o(a)vxE;  xä  Ea'jxnjv 

|i£-a  xo'j;  Ttdvouj  xöjv   XE'.xoup-fVjiiäxoJV  4:ia|x3-£l!; 
(b;  VEapö;  xEpwv  sig   IxEpov    Pou[X£ux]rl[pio]v    lauxöv  jo 

HExa-fpä-^Ei  ö-^fXiuv  iv  x^  (£)auxoü  |i.(ä)XXov   feff/lv 

X£  y.al  -.fa£vEaO-ai  jidXsi. 

Die  Nordseite  der  .Straße  nimmt  ein  spater  Ap- 
sidenbau ein,  der  nur  zum  Teile  freigelegt  ist.  .Seine 
Südmaucr  steht  auf  niedrigen  Bogenwölbungen,  als 
deren  .Stützen  uncannclierte  Säulentrommeln  aus 
weißem  Marmor  verwendet  waren.  Bis  jcl/.t  sind  deren 
zehn   gefunden,  die  im    Durchmesser   zwischen  fio™ 


77 


Vorläufiger  Bericht   über  flie  Grabungen   in   Ephesus    1904 


78 


und  I'I5™,  in  der  Höhe  zwischen  i'40'°  und  i'yO"' 
variieren.  Sie  sind  offenbar  aus  einem  Culüocale 
der  Kureten  verschleppt,  da  sie  ringsum  mit  Listen 
dieser  Körperschaft  beschrieben  sind,  und  gewähren 
einen  interessanten  Einblick  in  die  Organisation  und 
Entwicklung  dieses  CoUegiuras.  Wie  ein  Vergleich 
der  dreißig  mehr  oder  minder  vollständig  erhaltenen 
Listen  zeigt,  bestand  es  aus  sechs  jährlich  wech- 
selnden Mitgliedern  vornehmer  Abkunft,  xoüpTjTSS 
(in  zwei  Ausnahmsfallen  kommt  ein  siebentes,  einmal 
ausdrücklich  l^8o|ios  xoipvjj  genanntes  vor)  und 
einem  länger,  vielleicht  auf  Lebenszeit,  fungierenden 
Dienerpersonal,  das  den  Namen  nach  meist  aus 
Sclaven  sich  recrutierte.  Der  Bestand  desselben  ver- 
mehrte sich  im  Laufe  der  Jahre  oder  wurde  doch 
später  in  größerer  Vollständigkeit  in  die  Listen  auf- 
genommen. Die  ältesten,  etwa  der  Mitte  des  ersten 
Jahrhunderts  unserer  Zeitrechnung  angehörigen  Listen 
kennen  bloß  einen  OTiovSaüXTjj,  zu  dem  bald  ein 
Cspox-^puS  tritt.  Später  vervollständigt  sich  das  Ver- 
zeichnis durch  einen  £spoay.67io;,  Espocfavxrjs  und  ItcI 
S'UlitaTpoü;  nur  ausnahmsweise  finden  sich  ein 
a'fveapxi)?  und  [spoaaXjitxxyjg.  In  dieser  Gestalt  erhielt 
sich  die  Körperschaft  bis  gegen  Ende  des  zweiten 
nichchristlichen  Jahrhunderts;  später  scheint  eine 
durchgreifende  Neuorganisation  stattgefunden  zn  haben, 
für  die  aber  noch  zu  wenig  Belege  vorhanden  sind, 
um  klaren  Einblick  gewinnen  zu  können.  Als  Probe 
sei  eine  der  neronischen  Zeit  angehörige  Liste  ge- 
geben, die  gleichzeitig  zwei  bisher  unbelegte  Chi- 
liastyennamen kennen   lehrt: 

'Eni  TipUTdvEüJs  XapiSvii-ioi)  to5  XaptSvji-iOü  xoü 
X[a]pi5v)HOU.  KoüprjTES  süaspst;*  "Haoxos 
Xapi5r;HGU  xtfX'.aixuv)  KXaadtsOs.     'A7a3-a[v"f]£Xo5 
Xapt3r;|iou  xifXiaaTuv)  NspwvtEÖ;.  K6po5Xapt[5r/]iiot) 
5    x'(^i«°'^'J'')   KXauStsüj.     AYjiioxpäirjj   <I>iXoxu)[nou] 

Xi(XtaaTuv) 
rXaiJy.rjoj.  'Ep|jiä;  MriTpocfdvou  x" '^•"''0'^"'')  K[Xau- 

AfaS-ÖTiou;  Xap'.5r)|ioij  x'('''*^ti''')  Nspü!)v[i£6;. 
10    Mä]pxog  Espoay.&Ti'y;.  KauiTOJv  [tspoxfjpus. 
'OXu|ira>to;|  ini  fl-u|-UaxpoO.   MY;[tpcc;  qtiov- 
5oc6Xyj;. 

Nur  kurz  kann  hier  besprochen  werden,  was 
die  Grabungen  an  der  sogenannten  Uoppelkirche  im 
Norden  des  Stadtgebietes  ergeben  haben,  da  die 
Arbeiten  daselbst  noch  nicht  zum  Abschlüsse  ge- 
diehen sind.  Freigelegt  ist  bis  jetzt  das  g.anze  Innere 
Jahreshefte  des  Ssterr.  archäol.  Institutes  Bd.  VIIl. 


der  eigentlichen  Kirchenanlagc  samt  dem  westlich 
vorgelegten  Atrium  sowie  ein  Teil  des  westlich  an 
dieses  sich  anschließenden,  vermutlich  quadratischen 
Säulenhofes.  Der  bisher  voUsländigste  Grundriß  bei 
Hübsch  (Die  altchristlichen  Kirchen,  Taf.  XXXI, 
wiederholt  in  Strzygowski,  Kleinasien  ein  Neuland 
der  Kunstgeschichte  142,  Aljb.  Xlgi  erfährt  mannig- 
fache und  wichtige  Correcturcn  und  Ergänzungen, 
die  aber  noch  nicht  in  einer  Neuaufnahme  zusammen- 
gefaßt werden  konnten.  Dagegen  haben  neu  ge- 
fundene Inschriften  wertvolle  Aufschlüsse  über 
Datierung  und  Benennung  gebracht.  Der  Türsturz 
der  Mitteltür  zwischen  dem  quadratischen  .Säulenhofe 
und  dem  Atrium  trägt  in  sorgfältigen,  etwas  gezierten, 
O'oö"  hohen  Buchstaben   die  Inschrift: 

t     "Eaxrj  (sie)  vj  auvTa^tj  iv~>  TtspiO-iipou  knl  'Imd-non 

TOÜ    ä-CKOTciXÜ')    äpXtSTtiJxilTlO'j).    f 

Nach  dem  Charakter  des  Ornamentes  kann  der 
hier  genannte  Erzbischof  unter  den  fünf  von  Le  Quien, 
Oriens  christianus  aufgezählten  dieses  Namens  nur 
mit  dem  zweiten  identificiert  werden,  der  als  Ver- 
fasser einer  Kirchengeschichte  in  syrischer  Sprache 
bekannt  ist  und  in  den  Jahrzehnten  nach  52g  n.  Chr. 
in  Kleinasien  eine  eifrige  Tätigkeit  entfaltete.  Vgl. 
Krumbacher,  Gesch.  der  byz.  Literatur  404;  Geizer 
ebenda  940.  Damit  steht  fest,  daß  die  eigenartige 
Gestaltung  des  Grundrisses,  die  zu  dem  Namen 
Doppelkirche  Anlaß  gegeben  hat  und  welche  die 
Voraussetzung  für  die  Anlage  des  Atriums  bildet, 
spätestens  unter  Justinianus  ausgebildet  war.  Hiermit 
steht  in  Einklang  eine  Inschrift,  die  auf  eine  der 
Verkleidungsplatten  des  Narthex  der  Westhälfte  ein- 
gegraben  war: 

t     ToEj  yaxd  xyjv  'E'^JEattov  maxol;  f  'l'Tidxicij 
6  iXax'°i:oS  ^v  Kupto)  xa'ps-v-    Häaav 
6;:£p  Tjixräv  Ixouafojj  i)7io|isiva;  äxpsTixtoj 
v-ivcüoiv  'IrfioSi  Xpiaxd;,  ö  ö-sö;  rjnöJv,  ixa- 
5    Tistvoiasv  £[alux6v,  [u)];  cpr/atv  6  9'Sioä  äji&o- 
xoXo;,  äxpi  9-avaxou,  [9-]avdxou  Ss  axaupc/ö 
y.al  |iExä  xöv  tl,monrAbv  aüxoü  axaupöv  xal 
S-ccvaxov,  (bg  -fj  xöjv  £Üa-f-fsX{MV  üifug-fsT- 
xat  TxapaSoats,  üixsp  äcfdxou  cptXavO-ptu- 

10    ixsta;  fuiivoj  xal  äxacpoj  dmopiTixelxccL 

xal  Tipös  xoO   'Iü)a7)cp   XY)5£[6]exai  xal  ev  xrö  |j.vvj- 
|ie£w  XM  ^xEtvou  xi*£xai,  |iixP'  "coüxou  xaxa 
jtavxa  ^|itv  xot;  xaitstvols  d|iot(ö3-Els  x^P^S 
ä|jiapxias.  El  xi;  ouv  lraii£XijaEi[s]  xy]V  öafav 

6 


79 


K.  HcbcrJcv.  Vorläufiger  ncridit   iilicr  aic  Grabi 


eil    in    Kplu'sus    li)ü.( 


80 


taÜTTjv  9«pins:av  ts  xal  t.|jit,v  ItiI  tot; 
rpoavana'j3a|Uvo;;  f,\mv  ä!sX>fo!;,  f t- 
•wojxSTiii  Ta'jTi  -spl  t6v  xif.ov  ::oui)v.    Kai 
•»ip  xai  T,  ifiioTirr,  f,n(i)V  sxxXT,3£a  tfjj  ~a- 
vafCaj  sväd|o'j  9«!>-4xou  xal  äs:-ap- 
Sivo'j  t  Mapia;  xai  xf/;  -'.(liaj  aÜTÖv  sx-^opä; 
-posvÖTjisv  xa!  Toi);  st;  toüto  Siaxovoy- 
lisvouj  sOa-fsT;  Ssxävou;  xal  xä;  sxtXa- 
ßsrriTa;  xavovixi;  -apa]i6t>SLav  s/siv 
sx  xmv  sa'jtf,;  ätSfJnwjEv  -pa-,'>iaT(ov. 
lö;  nir;?svl  ::£pi?,t5:9-f,vai  cfiXap-fjpia;  "lo'J- 
JaVxfjj  rpo^ajiv.  Kai  sT  xij  ä-o  xoO  vüv 
•jrrsp  £xxo|Jii5Ji;  xi  Ädfo;  -apä  xtvo; 
f^  So)  XIV.  xcöv  ixxojiijovxmv 
^  s£p'.^povr,3oi  Tfj;  aOxtöv  X'-nia;  sxxo- 
juif,;  ^  xoio'jxd  X'.  -fs-fGvö;  |ia9<üv  |itj 
-poiaYf  siXTj,  npmxov  [üv  loxcu  xt/v  xotaO- 
xr,v  äiißsiav  slj  aüxö  xö  xoO  xup{ou  a(«|ia 
xo/.jii;3a;.  e::£'.xa  xal  f/H(i)v  xal  naamv 


-tT)v  ifiioxalxMV  r,!ui)v  sxxXr|3uTiv 
j5    äXXöxpio;  laxai  f. 

Der  Sdireilier  dieses  Hirtenbriefes  Hyp;itios  kann 
dem  ScliriftcliaraUler  nach  nur  mit  dem  älteren  der 
beiden  im  Oriens  clirislianus  gcnannton  Hischiife 
dieses  Namens  identisch  sein,  der  auf  531  datiert 
ist;  diesen  Schluß  bestätigt  ein  in  der  Doppelkirche 
gefundenes  Fragment  eines  Erlasses  Justinians  an 
einen  Erzbischof   Tiijdxioj. 

Die  Inschrift  ist  auch  darum  wiclitig,  weil  sie 
durch  Z.  18 — 20  bezeugt,  daß  die  Kirche  der  ll«va-f(a 
lv2o»Os  a-soxdxo;  xal  äsiüdpO-svo;  Mapia  geweiht  war. 
Bekanntlich  wurde  das  dritte  ökumenische  Concil  431 
in  Ephcsus  in  der  Marienkirche  abgehalten;  es  kann 
keinem  Zweifel  unterliegen,  daß  die  Doppelkirche, 
sei  es  in  ihrer  vorerst  nur  für  spätere  Zeit  ge- 
sicherten complicierteren,  sei  es  in  einer  älteren  ein- 
facheren Gestalt,  den  Schauplatz  dieses  wichtigen  Er- 
eignisses der  Kirchcngeschichte  gebildet  hat. 

Wien.  K.   IIKHI'.KDEY 


Neo-Phryf;ian   Inscriptioiis. 


This  class  of  inscriptions')  was  first  noted  by 
Mordtmann,  Münch.  Sitzungsber.  1862  p.  12.  He 
considered  ihem  to  be  Armenian;  and  he  was  foUowed 
in  ihis  opinion  by  Gosche,  Verhandl.  der  Meißner 
Philologcn-Versamml.  1864  p.  91.  The  first  real  step 
towards  tlie  understanding  of  these  texts  was  made 
by  Moriz  Schmidt,  Neue  Lykische  Studien,  1869, 
p.  132 — 136,  who  recognized  in  some  of  thcm  a 
fortnula  of  execration  in  the  Phrygian  language,  in- 
scribed  on  tombstones.  He  rightly  defined  it  as 
consisting  of  a  protasis  and  an  apodosis,  and  he 
rightly  stated   the  essential   element  in   the  apodosis 

'j  After  the  proof  of  this  article  had  been  cor- 
rected  and  scnt  back  to  Vienna,  I  receivcd  some 
valuable  suggestions  from  Professor  Kretschmcr.  He 
suggested  that  Phr.  ICNIO  (n.  XLH;  is  connected 
with  Iy.-,  iG-Ki,  in  W.Zft.  (.  Kunde  d.  Morgenl.  XIII 
359  (as  I  had  done).  He  would  prefer  A6UJC  K€ 
Z6M6AUJC  ,heavcnly  and  Chthonian  gods,"  which 
approximates  to  my  intcrpretation  „gods  and  men," 
and  is  perhaps  preferable.  I  was  wrong  in  stating 
ihat  he  cousiders  K€  to  be  „always  enklitisch  nach- 


as  the  two  words  eTITeTIKMSNOC  6ITOY,  i.  e. 
a  participle  and  the  suhstanlive  vcrb  in  Ihc  imperative 
third  person  Singular  (corresponding  to  the  Greck 
loxto  and  Y|X<o).  He  failed  however  to  analyse  correctly 
the  ]irotasis,  because  he  did  not  detect  the  verb  and 
divided  the  words  incorrectly.  Hcncc  the  form  which 
he  gave  for  the  protasis 

eiOC  Nl  C€MOYN  KNOYMAN  I  "j  KAKOYN 
was  uninlelligil)le,    and    bis    attempts  to    e.\])lain    the 
words  were  Ihcrefore  erroneous,  except  the    obvious 
KAKOYN,    which    however    he    took    as   an    active 
participle,   i.  q.   xaxöv.     He   also   rightly   perceived 

gestellt."  We  agree  in  thinking  that  it  is  a  Phrygian 
Word,  not  borrowed  from  Greek,  often  enclitic.  In 
several  othcr  points  his  remarks  would  havc  cnabied 
me  to  improve  my  paper,  if  they  had  rcached  me  sooner. 
On  my  debt  to  Professor  Saycc  see  XXXII — XXXVI. 
This  paper  is  a  Report  for  the  Wilson  Eellowship 
in   Abcrdcen   Univcrsity. 

"'     He  suggests  as  an  cipially  possiblc  division 
KNOYMA  Nl. 


W.  M.  Rams;\y,  Nco-Phryyian   Inscriplions 


that  the  language  was  closely  akin  to  GreeU;  but 
hc  erred  in  quoting  Ma|iaJct|X£Vo;  CIG  39S9-J  as  a 
name  of  sirailar  form  to  6TIT6TIKMeNOC,  for  Ulis 
is  a  pair  of  names  Maiiaj  Et|iEvo;,  Maraas  son  of 
Iman  (both  common  l'liryfjian  ])ersonal  names);  and 
he  also   regarded 

CeMOYN   I  KAKOYN 
as    two    verbal    fonns,    alternatives,   separaied    by    i, 
wbicli   he  toolc  as  equivalent  to   Greek  yj. 

But,  though  he  was  so  unlucky  as  to  wander 
from  the  right  path  at  the  outset,  M.  Schmidt  had 
indicated  the  right  entrance,  and  it  was  easy  for  his 
successors  to  proceed  some  distance  beyond  hira.  In 
Kuhn's  Zeitschrift  f.  vgl.  Sprachf.  XXVIII  381  flf 
I  coUected  29  Neo-Phrygian  inscriptions,  and 
showed  that  more  than  one  formula  occurred.  The 
following  points  have  been  accepted  by  almost  every 
subsequent  wriler')  on  the  subject:  (I  orait  some 
errors). 

1.  The  fundamental  part  of  the  commonest 
formula   is 

IOC  Nl  C€MOYN  KNOYMANI  KAKOYN 
AAAAKeX,  i€TI)TeTIKM6NOC  6ITOY, 

Varialions  of  spelling,  such  as  6IOC,  CIMOYN, 
KNOYMAN6I   may  be  neglected   for   the  prcsent. 

2.  IOC   =  Skt.  yas,  Greek  5? 

3.  Nl,    particle,    corresponding    to    äv   or  to    vu. 

4.  C6MOYN  dative  of  a  demonstrative  stem, 
occurring  also  in  the  shorter  form  C€MOY.  The 
N   is  an   added  dement  in  this  dative  case. 

5.  KNOYMANI,  „dative  of  a  noun,  masculine  a 
more  probably  neuter,  meaning  torab."^)  I  have  sub- 
sequently  explained  KNOYMAN  as  a  dialectic  variety 
of  KNIMAN  or  KNeiMAN.  It  appears  in  Old- 
Phrygian  in  the  longer  form  CI-K€N€MAN,  with 
the  Same  meaning,  f,p(oov.*) 

6.  KAKOYN,  with  dialectic  varieties  KAKIN 
an.l  KAK6N  and  KAKS,   equivalent   to  Greek  xaxov. 

7.  AAAAK6T,  once  AAKer,  and  once  AOK6T: 
AA  is  a  prefix,  Latin  ad;  AAK  corresponds  to  the 
stem  Seen  in  äS-rjxa,  %-riv.y],  facio.  The  rhythm  shows 
that  A  is  long  (see  below). 


8.  The  protasis  is  almost  literally  rendered  in 
Greek  inscriptions  of  Phrygia: 

öatlg  äv  -CO)  r;p(.u(!)  Toüxm  xaxßj;  noi-iflsi  CIG  3882  b. 
t£;  Se  xa.<n-(i  9-aXa|iEiv  xaxiv  iioajtoiriaei,  no.  I. 

g.  The  exact  sense  of  the  apodosis  remains 
uncertain.  The  fellowing  are  among  the  most  charac- 
teristic  curses  in  the  Greek  sepulchral  inscriptions 
of  the  country  : 

üTioy.axapaxo;  or  y.aTrjfjaiiivo;  saxo)  (rjXO)  is  the  form 

in  no.  I.) 
saxü)  XEXvtov  xixvoig  iiKOv.a.zdipa.i'jc, 
(£)!S  9-80ÜS  Kaxr;pa|iivos  rjXM  (Anderson:  unpublished) 
ä|iapxu)X6s  soTö)  S-eÄv  Tiavxmv 
i^xoD  Evox^s  'HXiti)  SsXyjvr; 
UTioxsiaS-o)  'HXiij)  xal  iisÄv/r/ 
ätopa  xdy.va  TipoS-oixo 

The  choice  was  left  in  my  previous  article 
between  „let  hira  be  accursed"  and  „may  he  be 
deprived  of;  some  inscriptions  perhaps  require  the 
latter,  but  most  suit  better  the  former.  It  is  possible 
that  „deprived"  is  the  original  sense,  and  „accursed" 
the  derivative  and  usual  sense  (.Sayce). 

Professor  Fick  in  Bezz.  Beitr.  XIV  50  f.  added 
some  notes  on  this  subject.'')  ümitting  the  Com- 
parative  Philological  resulls  (wliich  do  not  touch  the 
present  paper),  he  pointed  out  that  MANKA,  dative 
MAN  KAI,   was  used  in   the  sense  of  |ivyj|iEEov. 

In  Bezz.  Beitr.  XIV  308  f,  I  accepted  the 
interpretation  of  MAN  KA,  and  added  a  partial 
e.\planation  of  the  longest  Old-Phrygian  inscription 
(which   still  seems  to  rae  correct). 

Solmsen  in  Zft.  f.  vgl.  Sprachf.  N.  F.  XIV  36  ff 
has  ably  discussed  a  nuraber  of  the  forms;  but  his 
reraarks  (which  are  often  convincing)  are  philological, 
not  interpretative;  and  the  present  article  is  only 
concerned  with  the  interpretation.  In  one  respect, 
however,  I  cannot  accept  his  view.  In  my  previous 
article  two  alternatives  as  regards  the  word  KAKOYN 
were  left  open:  „either  it  is  borrowed  from  the 
Greek,  or  it  e.\isted  independently  in  both  languages" 
(p.  385).  Solmsen  has  no  doubt  that  KAKOYN,  K€, 
are  borrowed  from  Greek,  as  COPOY   0AAAM6IN, 


^)  He  only  foUowes  the  error  of  Franz  in  CIG  I.  c. 

')  Except  M.  M.  Radet  and  Ouvrfi;  see  below. 

*)  I  quote  my  exact  words,  p.  384,  as  Professor 
Fick  afterwards  blamed  me  for  having  said  that 
KNOYMAN  was   feminine    (Bezz.  Beitr.  XIV  50  f). 

=•)  CI-K€N€MAN,  where  Cl  must  be    taken  as 


the  demonstrative:  I  adopt  Solmsen's  explanation 
(Zft.  f.  vgl.  Sprachf.  N.  F.  XIV  61),  in  place  of 
my  own  Suggestion  that  the  root  contained  initial  S. 
'',1  I  have  not  access  to  a  copy  of  the  paper, 
and  my  account  of  it  is  therefore  liable  to  be  in- 
complete. 

6* 


83 


\V.   M.   Ramsuy 


84 


confessetUy  are:^  and  lie  inay  l>e  riglU;  bul  whcii  he 
maintmns  ihat  FANAKTE  I  in  01d-Pbrygi;in  also  is 
borrowcd  Ironi  the  Grcek,  I  must  ilisscnt:  (he 
common  Phrygian  personal  name  OYANAZOC  (also 
OYANAZO.N1*)  scems  to  provc  tlial  tliis  terra  is 
too  long  establislied  in  Plirygian  to  be  of  Greek 
origin.  It  seems  to  me  to  bc  neitlier  Plirygian  nor 
Grcek,  but  Anatolian,  adopted  into  lliosc  languages 
from  llic  custom  and  speech  of  Asi:\  Minor.  The 
Queen  of  Pcrga,  Vanasha  Preiya,  did  not  bear  a 
Greek  name.  Probably  ^aaiXsüg  (for  which  no  satis- 
faclory  derivation  can  be  found  in  Greek,  and  which 
has  a  characteristically  Phrygian,  or  rather  Anatolian,') 
ending)  is  .also  Anatolian,  as  i'jpavvo;  confcssedly  is. 
The  Institution  and  the  nanic  of  kingship  in  Greece 
was  non-Greek  and  Anatolian.  Kor  would  I  accept 
Solmsen's  view  ihat  6ITOY  is  bcirrowed  from  die 
Greek  iJTO). 

The  samc  philological  character  atlachcs  to  Torp's 
Phrygische  Inschriften  aus  römischer  Zeit,  a  useful 
and  suggestive  paper  (from  which  I  adopt  no.  IX, 
KINO|Y]MA[N]  and  other  ideas),  and  to  Krctschmer's 
admirahle  and  stiraulating  Dionysos  und  Semele  (in 
aus  der  Anomia^  and  Einleitung  in  die  Geschichte 
der  griech.  Sprache:  I  havc  ncver  seen  his  paper  in 
Wiener  Zft.  f.  Kunde  des  Morgenl.  XIII  p.  35(), 
but  I  cannot  accept  his  canon  that  K€  is  always 
enklitisch  nachgestellt:  the  examples  which  foUow 
prove  that  while  K6  is  sometimes  enclitic,  in  other 
cases  it  precedes  its  word  (nos.  VI,  VII,  XLVIII,") 
in  such  cases  as  no.  XXVII  it  is  no  more  enclitic 
than  xzi  in   a  similar  position). 

M  M.  Radet  and  Ouvre  essayed  an  cxplanalion 
of  the  Chief  formula  in  BCH  1896  p.  111  f;  they 
collecled  nine  examples,  and  came  to  very  differcnl 
results    from    those    which  I  had  advocated,  both  as 


')  .CO  POY  is  borrowed  from  the  Greek"  p.  397: 
©AAAM€IN  „is  probably  a  Word  borrowed  from 
the   Greek'   p.  38'.. 

'')  Joum.  of  hell.  slud.  1899  pp.  300,  304,  294 
(Andersoni,  and  CIG   3983. 

*)  Hist.  Relalions  between  Phrygia  and  Cappa- 
docia  p.  29,  (Journal  of  R.  Asiatie  Society  1883): 
cp.  Hist.  Geography  of  As.  Minor  pp.  225,  241,  439. 
Vanasha  Preiya  on  coins  of  Pcrga  was  read  and 
explained  for  the  first  timc  in  Journ.  of  hell.  stud. 
1880  p.  246.  On  the  remark.able  transformations  of 
Ihe  name  Perga,  Berga,  or  Bria,  see  Citics  and  Bish. 
of  Phrygia  11  pp.  382,  61C:    I   shall  soon  publish   in 


regards  division  of  ihc  words  and  mcaning;  bul,  as 
they  ignored  all  previous  writers  and  trealed  ihe 
subjcct  as  an  unknuwn  one,  I  shall  nol  eiUer  into  any 
discussion  of  their  diflerence  of  opiniim. 

In  ray  first  article  the  fnllowing  hislorical  in- 
ferences  were  stated;  and  subscqucnt  discovcry  con- 
firms  them. 

These  inscriptions  are  not  a  merc  survival  ol 
certain  ancient  and  sacred  formulae:  Ihey  spring  from 
a  living  and   spoken  language. 

This  language  was  spoken  by  iincducalcd  pcople 
in  rural  districts.  Whcre  education  had  sprcad,  lireek 
killed  out  the  Plirigian  language. 

The  Phrygian-speaking  rural  population  was  non- 
Christian: the  spread  of  Greek-spcaking  Christianity 
dcstroyed  Ihe  Phrygian  language. 

A  classified  list  of  the  origines  of  the  inscriptions 
of  tliis  class  is  sufficient  proof  that  they  belong  lo 
the  least  educated  regions,  and  not  to  the  great  eitles. 

1.  North  Phrygia:  country  of  the  Praipenisscis 
(tribal  Organization:  in  great  part  an  Imperial  estate), 
Metropolis  the  small  town  (striking  no  known  coins) 
bcside  the  ancient  Phrygian  monumcnts,  and  Na- 
kolcia")  II,  XIV,  XV,  XIX,  XL VIII. 

2.  The  Valley  of  Phrygia  Paroreios,  esjjecially 
rouiul  Ak-Shelicr  and  Ilghin  (near  Tyriaion): 
Ali-Slicher  was  tlie  Greek  city  Philomelion,  but 
these  inscriptions  were  probably  brought  from  the 
country  districts  eastwards:  such  importation  of  in- 
scribed  stones  to  the  modern  towns  takes  place  con- 
stanlly:  the  district  north  and  east  of  Philomelion 
was  the  Imperial  estate  Dipotamon-Mcsanakta  (Histor. 
Geogr.  p.  140).  X,  XI,  XII,  XIII,  XXX,  XXXI, 
XLI,  XLV. 

3.  The  plains  nt  Ihe  Axyl"",  especially  Ihe 
wildest  and    least  civilized  parls  on   the  east  side  ol 


Classical  Review  epigraphic  proof  that  (as  was  there 
suggested)  Ilpsi^y/VÖ;  is  the  cthnic  of  this  name;  for 
I  find  among  the  Tekmoreian  inscriptions  Astib[r]ia 
and   Ihe  ethnic  Satipreizcnos. 

'")  The  resloration  K6  .  .  .  .  [K€]  is  possible,  but 
nol  obligatory,  and  is  in  VII  very  improbable. 
V.  Kretschmer,  Alh.  Mit.  XXV  445   (v.  p.  79  n.). 

")  X.akoleia  and  Philomelion  are  the  most  im- 
portant  cities  that  furnish  this  class  of  inscriptions; 
but  both  were  close  to  great  Imperial  estatcs.  Metro- 
polis must  probably  be  placed  at  Kurabel,  where 
formerly  I  supposed  Meros  or  Miros  to  have  been 
situated. 


85 


Neo-Phrygian  Inscriptions 


86 


EmirDagh:XX,XXI,XXXII— XXXVI.XXXVII, 
XLVI,  XLVII. 

4.  The  dislricl  east  of  ApoUonia  and  round 
Antiocheia  Pisidiae:  this  was  probably  a  series  of 
large  Imperial  estates.  XXV,  XXVI,  XXVII, 
XXVIII,  XXIX,  XXXVII. 

5.  The  region  lying  between  Afiom-Kara-Hissar 
(Akroenos),  Polybotos  and  Metropolis.  Here  werc 
great  Imperial  estates.  III,  IV,  IV  bis.,  V,  VI,  VII, 
VIII,  IX,  XVII,  XVIII,  XXX,  XXXVIII,  XXXIX, 
XL,  XLII,  XLIII. 

Other  remains  show  that  these  districts  were 
araong  the  least  educated  parts  of  Phrygia.  Imperial 
estates  were  as  a  rule  organized  after  the  oriental 
and  despotic  style,  with  the  rainimum  of  Greek 
education  and  without  the  training  given  by  Greek 
free  institutions. 

It  is  suggested  to  nie  by  Professor  Sayce  that 
the  commonest  formula  was  originally  two  hexameters: 

IOC  Nl  C€MOYN   KNOYMANI  KAKrXN  AAAA- 

K6TO  Z€1PA 
Me    Z6MEAUJC    K6    A60C    K6   T6TIKM6NOC 
ATTieAA  6ITOV. 

It  is  certain  that  numerous  traccs  of  metriral  arran- 
gement  are  seen  in  the  inscriptions  (as  Sohnsen 
remarked). 

The  facts  show  that  the  late  Phrygian  inscrip- 
tions are  found  almost  exclusively  in  the  remoter 
districts,  and  not  on  the  sites  of  the  great  cities:'-) 
the  texts  are  badly  engraved  in  many  cases,  the 
spelling  is  variable,  letlers  are  confused  with  one 
another. 

No  group  of  inscriptions  knovvn  to  nie  has  suffered 
so  much  and  reached  us  with  such  a  difficult  and 
uncertain  text  as  these  late  Phrygian  epitaphs.  Mis- 
fortune  has  attended  them.  Twice,  XVIII,  XXXIX, 
I  have  found  long  inscriptions  carefully  defaeed 
throughout  by  a  mason,  and  one  XV  is  on  a  crumbling 
broken  stone.  The  solitary  bilinguis  (in  the  strict 
sense  of  the  terra),  no.  IX,  was  worn  sraooth,  and 
the    letters    originally   were   engraved    in    slight   and 


faint  style.  At  last  in  1905  it  has  fallen  to  niy  lot 
to  tind  three  j)erfect  and  jiractically  certain  epi- 
taphs, one  of  considerable  Icngth,  together  with  two 
others  of  the  usual  niutiiated  and  difficult  kind, 
nos.  XXXII — XXXVI,  all  in  one  village  near  the 
centre  ol  the  Axylon.  Besides  publishirg  these  it 
will  be  useful  to  revise  the  previously  published 
texts,  and  to  add  those  copied  by  Messrs.  Anderson, 
Hogarth,  Radet  and  Ouvre,  Legrand  and  Chamonard, 
Wilhelm  and  Heberdey,  since  niy  first  article  on  the 
subject  was  printed.  The  new  discoveries  permit 
many  improvements  in  the  old  lexts.  I  oniit  a  few 
of  the  old,  either  because  they  are  only  illustrative 
and  not  actually  Phrygian  (I,  XVI,  XXII,  XXIII) 
or  because  they  are  too  fragmenlary  to  be  of  any 
use  (VIII,  XVII). 

First,  I  shall  attempt  to  Interpret  two  important 
texts,  published  by  Dr.  Wilhelm  and  Mr.  Anderson; 
and  next  will  come  the  new  inscriptions,  found  in 
1905.  Thereafter  I  shall  give  the  inscriptions  found 
by  other  travellers  in  the  last  twenty  years.  Finally 
comes  the  revision  of  the  29  inscriptions  published 
in  my  former  article.  The  old  numbering  may  for 
convenience  be  retained. 

XXX.  The  foUowing  inscriplion  of  Philomelium 
is  published  without  comment  or  transscription  in 
Heberdey-Wilhelm's  Reisen   in   KiliUieii   |>.  1(13. 

//// AOYAAZAKAAAr  6YKI  NAPrOYE  I  B  H 

//  ■  N 

\^YCBAN6  KOCTOIAKKIOATAH  K6TAN  enn 

This  is  .in  unrccu^iiizeJ  l'lirygian  inscriplioit,  A 
partial  interpretation  suggests  itself.  There  seems 
to  be  a  lacuna  of  about  three  letters  at  the  beginning. 

AOp.]  AOYAAE  AKAAAZ  EYKIN  APFOY 
riBHOYC  BANSKOC  TOI  AKKIOATA(:-, 
HK6TAN  €[IT]NiOY:m 

Uoudas  is  a  common  Phrygian  personal  name. 
BAN£KOC  is  evidently  the  genitive  of  the  word 
meaning  „wife",  whose  accusative  appears  as  BONOK 
(for  BONOKAN)    tn   Old-Phrygian:")  the  variety  in 


'^)  Afiom-Kara-Hissar,  now  one  of  the  leading 
eitles,  was  in  the  Roman  times  a  niere  village, 
Akroenos:  the  Suggestion  ot  G.  Hirschfeld  that  Leon- 
tos-Kephalai  was  situated  there  has  been  adopted 
by  several  writers,  but  without  justification.  Leontos- 
Kephalai  lay  six  hours  N.N.E.;  the  evidence  for 
Akroenos  is  decisive.    M.  Radet  adopts  both  identi- 


fications   (En  Phrygie,  p.  118  and  map);    but  they  are 
inronsistent  with   one  another. 

")  See  my  paper  in  Bezz.  Beitr.  XIV  3 10: 
accepted  by  .Solmsen  p.  40,  and  others;  but,  whereas 
I  explained  the  case  termination  AN  as  here  dropped 
in  sound  (like  FANAK  in  Old-Phr.  6),  Solmsen  re- 
gards  both  as  instances  of  abbreviated  spelling. 


87 


\V.  M.   Runisay 


vocaliialion  is  noleworthy:  BAN€KOC  ioni-s|ioiuls 
lo  Boeotian  ßavf,xa;  f  aviixa; 0  '«■"sych.'l ;  wliiK-  BONOK 
has  tlic  vowel  similar  to  OKi-Norsc  Uoiia  and  -fiivv 
Such  variations  betwecn  forms  wilh  e,  ei,  i,  aiul 
othcrs  wilh  o,  or  ou,  are  common  in  Anatolia:  com- 
parc  also  the  double  forms  wilh  a  and  o:  c.  t;., 
Sciblia-SouMaion,  Atreus-Otreus,  Attalos -Ottalos. 
Halala-I.diilon     (riislor.  ('icni;r.  pp.  :2Ö,    240  f.,   353'' 

also  AININ  and  AINOYN,  KAKIN  and  KAKOYN. 
T€T1K-  and  T6TOYK-MeNOC.  The  same  Variation 
in  Mcssapian,  Deecke  Rhein.  Mus.  XXXVI  p.  586, 
XXXVIl  p.  jSS.  IpiDpa  and  I^r,pa  in  l'onlus,  Boruza 
and    Vcrissa   in    l'ontus   iHislor.  Geogr.  p.  329). 

APrOY  CIBHOYC  givcs  ihc  name  of  the  wife. 
l'robably  the  middle  C  should  he  connected  with 
the  second  name,  so  that  the  feminine  gcnitive  ends 
in  OY  and  the  masculine  genitive  CIBHOYC,  Ihe 
father's  name,  ends  in  OYC.  Compare  the  I'isidinn 
inscriptions  published  by  the  writer  in  Revue  des 
Universitis  du  Midi  1895  P-  35ö  f.,  whcre  Moseta 
(Mouseta)  seems  to  be  nominative,  with  Mosetas 
(Mousetas)  as  genitive,  in  some  cases:  scveral 
cxamples  occur  in  the  Tekmoreian  inscriptions  at 
Pisidian  Antiocb,  as  will  be  shown  in  a  paper  to 
be  published  in  the  Classical  Review  Nov.   1905.") 

At  first  I  tried  to  find  in  AKAAAC  a  personal 
name  (father  of  Doudas,  according  to  the  usual 
formul.a);  but  a  better  interpretation  seems  to  result 
from  the  comparison  with  no.  II  (b),  whcre  we  find 
YK€  (i.  e.  6YKIN1  AKAAA  OOY1T6  ftrihcsmen) 
TOY.  Hcre  we  have  AKAAA  C^YKIN  followcl 
after  an  interval  by  TOI  aiul  iTAjHK6TAN,  a  geni- 
tive plural  in  form.  The  general  correspondence  is 
evident,  though  the  exact  details  are  undeterrained. 
The  present  inscription  is  not  the  principal  epitaph 
on  the  sepulchral  monument,  but  a  supplementary 
one,  like  II  (b),  stating  some  fact  or  rule  about  the 
Institution  of  the  ritual  at  the  grave.  Shall  we  read 
TA-HKeTAN"iorHK€TAN:-rE]NHKITAC,no.X> 
may  be  connected  with  HK€TAN.  AKK10[A]  ^or 
AKKIO[A]TAj  is  a  prob.il.k  corrcction.  Wliether 
there  is  any  connexion  wilh  AKK60I,  no.  XXXIII, 
is  uncertain;  but  that  is  improbablc,  for  AKK60I 
forms  pari  of  the  cursc,  and  this  inscription  is  ob- 
siously  not  of  that  character. 


The  meaning  seems  to  be  „Doudas  [made?]  the 
scpulehral-ritual  of  Argous,  daughter  of  .Sibeou,  his 
wife,  [common  to?]  the  household-servants":  cp. 
nos.  II   and   X, 

XXXI.  Ilghin  (Algounia  in  llie  terrilory  of 
Tyrialonl  Anderson's  copy,  Journal  nf  llell.  sind. 
lSi)8  p.  12  1.  This  is  clearly  llie  oldesl  v\  llu-  wliole 
scries  liere  published,  and  Stands  midway  between 
the  archaic  inscriptions  and  thosc  of  the  Roman  time. 

AZrEMOYN  KNOYMAN  AAIGPEPA  K  €) 
ZEYNEOI   AAIKEI'EIAN 
MANKAN   lAN  EZTAEE  BPATEPE 
MAIMAPHAN  nOYKPOC  MANIZ- 
s  IO|Y  ENEnAPKEr  AE  TOYN- 
pv/|   EEYNA  NAIAMnZ  BPOK€in. 
.  .  .  nArE-lAEKMOYTAHEIOY 
]  nPOTOZOY|BPA- 

No  letters  are  lost  e.xcepl  wherc  indicated  by 
Square  parentheses;  but  there  may  have  been  more 
lines  after  8.  In  1.  I  ©  is  mentioned  on  the  margin 
as  indubitable.  In  1.  2  the  fifth  lettcr  frcini  tlic  end 
is  an  uprighl   stroke  wilh  a  blur  at  Ihe  lop. 

In  AZZEMOYN  I  thought  of  prolhetic  vowel, 
wilh  71  doublet!  afler  il;  Professor  Saycc  suggests 
Ar    meaning,    „I.o!    Behc.ld". 

ZEMOYN  KNOYMAN  musl  W  lumiinative 
ncuter  and  a  passive  vcrl)  is  lo  be  looked  lur  aller  il. 
This  is  confirmed  by  ZEYNEOI,  instrumental  case 
of  HEYNA,  as  AKK60I  of  AKKA:  see  no.  XXXIII. 
Die  uncertainly  about  the  rcading  of  the  foUowing 
Word  is  unfortunale;  but  Ihe  doubtful  letter  can  only 
be  I  or  T  or  r  or  P.  A  vowel  sound  raust  be  lost 
before  AA  (which  could  hardly  be  the  beginning 
of  a  Word):  probably  (A)AAIKE[TJ,  wilh  A  elidcd 
after  Ihc  preceding  Ol.  We  have  lo  lind  here  a 
passive  vcrb;  and  El  AN  musl  iherefore  corrcspond 
lo  Latin  crant,  Greck  ^oav  (as  SITOY  corresponds 
lo  Y|-0)),  and  Ihe  f'mnl  A  of  f  A)AAIK€T(A!  is  clided 
before  il,  making  lliis  a   pailicipial   form. 

The  sirangc  AAI0PEPAK  musl  conceal  a  second 
lerm  for  the  tomb:  on  the  cumulation  of  designalions 
for  Ihe  tomb,  cp.  conini.  on  no.  IV.  The  final  K 
then  is  for  K€.  The  rest  of  the  combinalion  is 
hopcless;  and  error  of  the  engraver  may  be  suspected."") 


")  In    no.  5    MOYCHTA    TAC    might    be    so 
understood:  cp.  no.  3  MOCHTA  nom. 
";  Cp.  TA-MANKAI,  no.  II. 
^''j  I    thought    of  a    correction    by  the  engraver, 


©P  correctcd  to  EP  (giving  a  text  AAIEPAK),  or 
AI©(})EPA  borrowed  from  ii-f^Hpa.;  but  both  seem 
imj>ossible. 


Neo-Plirygian   Inscriptions 


90 


0  seems  to  be  non-Phrygian;  yet  it  is  quite  certain, 
and  Uie  aspiration  is  in  place  before  P.  Professor 
Sayce  very  ingeniously  suggests  that  in  this  word 
and  AP€rPOYN  XXXIII,  a  parasitic  P  is  developed 
after  a  dental,  similar  to  Cretan  Tps  for  as.  He 
compares  also  tlie  glosses  in  Hesychius  Ssä(>oi-/.y);" 
(äslSoiy.oJs:  äpüs-ai-  KpÖTiTSTat:  äTpE-fXxo;-  äppox^S' 
ra^paüoxüjv •  !ittfa6ay.(i)v:  cfpu-fä-  '-f^'^ri:  pp^oaaf  pf/a- 
aat:  ")  also  tlie  Phrygian  r€r6IM€NAN  and  rSrPei- 
M€NAN  may  belong  here.  If  he  is  riglit,  we  might 
perliaps  take  ©P€PA  as  representing  dhvara,  S-upa, 
Latin  fores:  then  AIGPGPA  would  be  a  tomb  with 
double  doors  (a  common  type  of  stone:  an  example 
is  sliown,  Cities  and  Bislioprics  of  Phrygia  II  G28). 
But  in  tliat  case  KNOYMANA  raust  be  read.  K  for 
KE  is  here  enclitic. 

Now  foUows  a  relative  clause,  beginn  in  g  with 
lAN  (as  Mr.  Anderson  has  pointed  out),  accusative 
feminine  of  the  relative.  E5ITAEZ  is  to  be  com- 
pared  with  sdasj  in  Old-Phrygian,  already")  ex- 
plained  as  tliird  singular  from  root  dha  corresponding 
in  form  to  19-r)  (as  AAK6T  corresponds  to  eS-tjxs). 
EZ!TAE5I,  then,  correspond  in  form  to  ssxr;,  but 
in  meaning  to  saTr]3s. 

TTOYKPOH  is  evidendy  a  proper  nanie:  perhaps 
Greek  TsOy.po;:  and  MANir[IO|Y  seems  an  almost 
certain  correction.  The  name  Manes  is  one  of  the 
most  characteristic  Phrygian  personal  and  divine 
names.     For  the  genitive  cp.  -TAH5IIOY  below. 

BPATEPE  is  evidently  dative  ofaword  BPATAR 
corresponding  to  Latin  frater:  compare  MATAP  and 
MATEPEZ   in    Old-Phrygian. 

MAIMAPHAN  must  be  construed  in  agreement 
with  lAN:  it  describes  the  sepulchral  raonument, 
and  therefore  can  hardly  be  separated  frora  the  GreeU 
|iap|iapsoj.  Whether  we  should  suppose  that  MAI- 
MAPHAN is  a  false  reading  (through  fault  either  of 
engraver  or  copy)  for  MAPM  must  be  left  uncertain. 
The  correction  is  easy;  but  on  the  other  band, 
considering  the  streng  tendency  to  differentiate  re- 
duplicated  syllables,  as  in  5ai?aÄo;,  it  seems  more 
probable  that  MAIMAPHAN   is  right. 


Thus  we  have  tbe  sense  t6  nvrjiistov  to  |iap|iäpsov 
ö  Ts'jy.po;  (?)  Maviriaiou  ävsoTigaE  -m  äd^Xq: c7j. 

TOYN  might  be  taken  as  pronoun,  accusative 
masculine  or  neuter;  ENETTAPKEE  (as  Professor 
Sayce  pointed  out)  must  mcan  „she  fnrnished,  e(|uip- 
ped").  I  prefer,  however,  to  take  TOYN  as  the 
beginning  of  a  word  designating  the  grave;  this 
raust  l)e  the  Greek  xüvpo;;  but  metrical  reasons 
would  suBgest  that  is  was  taken  into  Phrygian  as 
xüvPov,")  accusative  TYNBONA.  EnAFKEST  is  a 
past  tense,  and  follows  the  usual  custom  that  51  is 
the  terniination  in  third  singular  of  past  tenses 
(EAAEE,  ErTAEZ).  HEYNA  must  be  taken  as 
nominative  to  ENEnAPKEZ:  otherwise  ZEYNAN 
foUowed  by  AlAMnZ  would  be  tempting. 

The  epitaph  seems  to  be  metrical;  and  this 
afl'ords  useful  evidence  for  both  reading  and  con- 
struction.  The  gap  at  the  end  of  1.  2  comes  at  the 
end  of  a  hexaraeter.  The  opening  with  AZ,  and 
the  Order  in  1.  3,  4,  could  hardly  occur  in  prose. 
The  elision  at  the  beginning  and  end  of  'AAIK€(T]', 
and  the  dropping  of  €  in  AieP€PAK,  are  characte- 
ristic of  verse:  and  so  also  the  rhythm  in  several 
places.  Three  verses  seem  clear:  the  proper  names 
in  11.  6,  7,  disturb  the  metre,  a  common  phenomenon 
in  the  metrical  epitaphs  of  this  region. 

AZZEMOYN  KNOYMANA  AIGPEPAK  ZEYNEOI 

•AAIKE|T)'  EIAN 
MANKAN  lAN  EZTAEZ  BPATEPE  MAI  MAPHAN 
nOYKPOEMANIZ|IOY|  ENEnAPKEZ  AETOYN- 
(BONA)  ZEYNA 

Z  final  gives  no  position-length  (as  in  early 
Latin,  down  tu  Lucretius):  hence  ETIAPKE'  AE 
is  metrical. 

NAIAMnZ  may  be  genitive  of  the  father  of 
Xeuna.  BPOKEin.[.  .  .  may  be  genitive  of  an  ctlinic. 
If  we  are  right  in  taking  nACeA€KMOYTAIC 
as  a  patronvmic  in  no.  IX,  the  genitive  is  TTACS- 
A6KMOYTAHCIOY. 

XXXII  —  XXXVI.  These  inscriptions  were 
found   at   a    small   Kurd    village,    Sinanli,    about    20 


")  M.  Schmidt  rejects  all  of  these  except  pp-^aaai 
as  spurious:  5pÜE~at  he  takes  as  a  false  quotation  from 
Homer  E  140.  Sayce  rejects  the  usual  Interpretation 
of  xps  as  tFe. 

^ä)  Historical  Relations  of  Phrygia  and  Cappa- 
docia   p.  30  (Extract    from  Journal  of  Royal   Asiatic 


Society,  1883):  where  I  have  pointed  out  that  AE 
indicates  a  long  vowel  sound  between  A  and  E,  and 
is  not  a  diphthong  but  a  way  of  representing  a  sound 
for  which  the  Greek  aiphabet  had  no  single  symbol. 
13)  In  the  Greek  inscriptions  of  Phrygia,  naturally, 
it  usually  occurs  in  accusative. 


\V.   M.   Ranisav 


92 


hours  E.  N.  K  from  Ak-Slicher,  and  14  liours  N. 
from  Kadin-Kliaii  raihvay  Station.  I  heard  by  cliancc 
from  a  Grcck  niason,  who  was  working  in  a  Yuruk 
village  Tchcslimcli-Zcbir,  9  liours  E.  S.  E.,  lliat  Si- 
nanli  was  the  niost  remarkahle  site  in  tlie  wliole  of 
fliese  plains,  nevcr  tisited  by  a  European  and  con- ' 
taining  at  Icast  500  inscriplions.  Though  rauch 
liurried.  and  unwilling  to  spcnd  time  in  tbis  region, 
I  made  a  hasty  tun  tö  Sinanli.  It  did  not  come 
up  lo  ibe  description;  it  was  merely  the  site  ot  a 
villagc  in  ancient  times;  but  it  conlained,  aniid  30 
cpitaphs  (scvcral  of  which,  beyond  any  doubt,  were 
Standing  in  their  original  position.  deeply  imbedded 
in  the  earth),  five  with  curses  in  the  Late-Phrygian 
language,  appended  to  cpitaphs  in  Grcek.  Xwo  of 
these  were  quite  complete,  and  the  letters,  which 
had  been  covered  dcep  in  the  soft  soil,  were  clear 
and  well-preserved  (nos.  XXXIII  and  XXXV).  A 
third,  used  as  a  tombstone  in  the  modern  cementery, 
was  worn,  and  the  lettering  rubbed  and  faint;  but 
it  also  is  complete  and  iwith  the  hclp  of  the  others) 
practically  certain  (no.  XXXIV).  The  other  two  are 
fragmentary  and  the  letlers  are  often  uncertain;  one 
can  be  restored  coniidently  (no.XXXII);  but  theother 
has  great  gaps  in  the  later  lines,  which  can  only 
partially  be  restored.  The  interest  and  value  ot 
these  stones  lies  in  this,  thal  Ihey  contain  hitherto 
unknown  formulae,  that  they  are  longer  than  the 
other  Late-Phrygian  texts,  and  that  four  of  them 
approximate  to  completeness  and  ccrtainty  in  the 
reading.  .Sinanli  is  calied  Sinanler  in  Kiepcrt's  map. 
The  tombslones  at  Sinanli  are  of  peculiar  shape, 
a  Union  of  two  different  Phrygian  forms  in  one 
mnnument.  The  most  characteristic  of  all  Phrygian 
forms  is  the  „Door-slonc";  cxamples  of  it  are  rc- 
produced  in  my  Cities  and  bishoprics  of  Phrj'gia  II 
628,  66 1,  701 ;  and  in  Ath.  Mitt.  XIX  1894  p.  315  f.; 
and  the  religions  conceptions  connected  with  this 
form  (callcd  9-6fa  in  sever.1l  inscriptions)  are  dis- 
cussed  in  Journ.  of  hell.  stud.  1884  p.  251  ff.  and 
Cities  and  Bishoprics  I  q<)  f.  An  extrcmely  com- 
mon lorm  in  the  south-eastern  parts  of  Phrygia, 
bordering  on  Lycaonia,  ^")  is  a  simple  stele,  with 
pointed  or  rounded  top,  the  pediment  often  containing 
sculptur.-»!  Ornament,  and  the  shaft  being  either  piain 
'cxcept    for   the    inscription),    or  having   incised    rc- 


prcscnlalion  of  domestic  implcments.  basUcl,  spiiulle, 
tables,  cooking-Hlensils,  etc.  At  Sinanli  the  stclc  is 
combined  with  the  „Door-stonc."  The  pedimcnl.vl 
top  and  the  inscription  on  the  shaft  are  combined 
with  the  representation  of  a  „üoor"  which  occupies 
the  rest  of  the  stele  under  the  inscription.  In  three 
cases  the  inscription  is  continued  on  the  „Door" 
(compare  the  „Door-stone"  in  Cities  and  Bishoprics 
II  661,  and  many  others). 

The  common  Phrygian  „Door-stone"  monuments 
have  often  a  pointed  or  rounded  top;  but  this  is 
made  to  resemble  an  architcctural  complction  of  the 
„Door".  The  Sinanli  stones  are  stelai  with  a  „Door" 
as  part  of  the  ornamentation.  They  are  sonietimes 
very  large  and  massive,  especially  XXXIII  and 
XXXV  are  more  than   5   feet  liigh. 

I  wished  to  get  photograplis  of  these  stones ; 
but,  after  much  time  and  the  combined  labour  of 
half-a-dozen  men,  my  son  found  it  impossiblc  to 
bring  any  of  those  massive  stones,  deep  in  the  earth, 
into  a  suilal)le  position.  Hoping  for  pholographs, 
I  did  not  makc  drawings  of  any  of  the  stones  (as 
I  usually  do).  Hence  the  accompanying  represen- 
tations  are  not  accurate;  but  they  give  the  general 
type  of  the  Sinanli  stones,  and  the  human  figures 
in  the  pediments  are  taken  from  my  drawings  of 
figures  on  other  stones  at  that  place.  They  possess 
some  interest,  as  showing  the  kind  of  dress  of  the 
period  and  locality. 

The  date  of  the  monuments  cannot  he  specified  in 
any  case  with  accuracy;  but  none  of  these  are  likely  to 
be  earlier  than  100  A.D.  or  much  later  than  A.D.  250; 
and  I  believe  that  120 — 240  A.  D.  isthe  probable  time. 
The  locality  is  close  to  the  Asian  provincial  frontier. 
.Sinanli  is  still  under  the  government  of  Ak-Shehei 
(Philomclion);  but  on  the  whole  I  am  disposed  to 
think  that  it  was  not  in  Asia  Provincia,  but  was 
part  of  the  Added  Territory  (r;  7:foas'.Xr/|i]iJvrj)  in- 
corporatcd  in  Galatia  about  B.C.  165  as  part  of  the 
country  of  the  Trokmoi,  in  Galatia  Provincia  25  B.  C. — 
295  A.  D.  and  probably  to  372  A.  D.  The  occurrence 
of  the  Gaulish  nanies  Bodoris  twice  and  Bella  oncc 
favours  this  view.  But,  whatever  its  condition  under 
Giilatian  and  Roman  domination,  Sinanli  and  the  entirc 
Proseilemraene  was  Phrygian  in  race  and  rcligion; 
and  the  remains  show  this  clearly.     Only  afier  372 


.1 ;.   exemple    from    Kadoi    in    northwcstcm 
Phr}-gi.i,    Ath.   Mitt,    XIX    327:     the    inscription    is 


iherc  at    the    bottom    of  the    shaf^,    in    southeastern 
Phrygia  it  is  placed  at   the  top  of  llie  sh.Tft. 


93 


Neo-Phrygian    Inscriptions 


94 


A.  D.  was  it  attached  to  Lycaonia.")  Il  was  pro- 
bably  under  the  bishopric  of  Egdamava  (not  Veri- 
nopolis-Psebila,  Psebila  being  at  Suwarek,  Verinopolis 
l'/o  liours  S.  at  the  Castle  of  Zengijek). 

My  stock  of  impression  paper  liad  been  ex- 
liausted,  and  I  depend  entirely  on  copy  from  llie 
stone,  but  very  few  letters  remain  doulitdil.  I  sent 
transcriptions     of    all    five    to    my     friend     Professor 


KAAPOCKAI  AOVAAHCYMBlOCAYTOV 
C  OYC  OYYIWWNHWHCXAPIN 


KAlAOYAAeAYTHZLJCA 


1 0  c  N I  c  e  M.OY  N  K  Kl  OY  M,  A  N  e  I 

''iiV!<OYNAAAAK-e  KrerPeiMtNA 
""""'i'"ii!i,:,:,,,,.j  I  oCO  Y  TAN 


Sayce  (providing  thus  against  possible  loss  of  the 
note-booh).  He  sent  me  various  notes  and  sug- 
gestions;  and  on  my  return  I  spent  several  days 
with  hira  discussing  them.  Besides  the  details 
which  I  quote  from  him,  I  owe  bim  help  in  many 
otlier  ways,  criticism  of  many  ideas  which  I  have 
rejected,  improvement  of  other  ideas,  etc.  Many  of 
the  following  altempts  to  explain  the  words  and  the 
sense  will  certainly  be  found  unsatisfactory;  but  they 
will,  I  hope,  pave  the  way  to  a  more  coniplete 
understanding  of  the  whole  series. 
XXXII  (R.    1905).  Sinanli. 

KÄäpos  xal  AoüSa  -fj  oüußioj  aÜToO 

ioiJaou  uEiT)  |ivvj|iT)c;  y^o-pv/, 

xai  io'j5a  jx-jtv,   "mz-x. 

IOC  Nl  CeMOVN  KNOVMAN6I 

KA|KOVN  AAAAKeK.  r6rPeiM|€]NA|N 

6r6AOV]T10C  OVTAN 

The  stone  is  broken,  and  the  letters  are  often 
very  faint  and  hardly  decipherable.  It  was  only  by  the 
analogy  of  the  following  texts  that  I  could  read  some 
of  the  letters:  Comparison  of  the  others,  however, 
makes   the  whole  text  certain. 

The  Phrygian  apodosis  reads  like  part  of  a 
bad  hexameter  line. 

The  assimilation  in  AAAAK€K  here  may  be 
conipared  with  AAAAK€M  in  no.  XXXV.  Prof. 
Sayce  pointed  out  that  the  apodosis  must  mean,  „he 
shall  be  liable  to  the  prescribed  penalty" :  and  he 
interprets  OYTAN  as  corresponding  to  AFATAN, 
äxr,v,  (aüdxav  Pindar)  and  fSTPCIMCNAN  as 
formed  from  fp^fW  'he  probable  original  present 
Stern  of  -fpdcfo),  assuming  a  series  -fpicpco,  fEfpo^a, 
E-fpa'.fOv  l^pdcfu)  being  afterwards  formed  by  analogy 
from  Bj(,!X'fm):  like  Tpscfoj,  xsxpocpa,  EXpaiyov. 

SrgAOVTlOC.  In  this  word  we  should  ex- 
pect  to  find  the  predicate.  May  we  regard  it  as  a 
future,  like  ÜTioxsiaExai,  or  shall  we  (as  Sayce)  con- 
sider  that  -TIOC  corresponds  to  the  Greek  termina- 
tion  -oiog.  and  that  the  word  corresponding  to  kozi 
is  omitted?  The  latter  seems  more  probable.  €r€- 
AOVTIOC  then  would  mean   ÜTtEÜS-uvog. 


")  The  possibility  raust,  however,  be  left  open 

that  Sinanli    was   on    Philomelian    territory:    in    that 

case  it  would  be  in  Asia  Provincia    tili    295   A.  D., 

then  in  Pisidia  Provincia  tili  the  Amorian  Province 

Jahreshefte  des  österr.  archäol.  Institutes   Hd.  VIII   Beiblatt. 


was  instituted  at  some  date  before  787,  after  which 
time  it  would  form  part  of  the  new  bishopric  Pissia. 
Certainty  is  not  yet  attainable. 


W.   M.   R.imsav 


96 


M(l  POCT«kT>^',\  ^  4i  AHMliHLVMBIOCAl  rcvTtKNMI/i 
CJMAPK6iJT£kTON|kAl2i»irPA.fwAYalPajMNHHMt.CN£ktN 

lOCHKEMOVNKNCVMANeiKAkOVNAAAAWTrtrdlMtWAlVC 
^Eiolr^CLOVTA^*"KtOlBtKOL4^^A\OiTlJiPt^POYNtlToy^7 


in  Tot  KtOYAKf  POkArifÄ 

JPifH(NOi.*iBMANmr«< 

XXXIII  (R.    1905).  Sinanli. 
'!)  Mif/.n)  TS-XTSv.  y.ai  Cojf  pä-^f»  aOojp(|)  |ivr)nT^;  svekev 

IOC  NH  C6MOYN  KNOYMAN€l  KAKOYN 
AAAAK6T,  rerglMgNAN  ۥ 

reAOYTIOC  OYTAN:  AKK60I  BSKOC  AK- 
KAAOC  Tl  APSrPOYN  6ITOY 

AYTOC  Ke  OYA  K€  POKA  reTAPITMeNOC 
ACBATAN  TSYTOYC 


riic  inscriptiiin  is  complele  and  cerlain  exccpl 
tlial  I.  tlie  lower  half  of  AK  in  1.  5  is  hrokcn  away, 
Init  tlic  k'ttcrs  are  practically  ccrtain;  2.  tlie  C  of 
ACBATAN  is  doubtful,  for  tlic  liorizontal  slrokcs 
arc  vcry  sliort,  and  it  mij;ht  be  possilile  to  take  tlie 
Ictter  as  I  liluried;  but  I  feit  fairly  confidenl  thal 
ACBATAN  is  Ihe  Word:  3.  in  1.  4  Nl  slunild  pcr- 
liaps  be  read:  there  is  a  cross-stroke  belween  N  and 
I,  but  tbis  inay  be  an  accident  or  an  error  of  tlie 
engraver.  NH  may  howevcr  liave  been  intended  by 
tlic  composer  ot  llic  epitapb;  but  it  can  be  rej;arded 
only  as  an  unimjiortant  v.iricty  of  spelling,  as  H 
is  sometimes  found  for  I  or  Gl  in  Gieek  epitapbs  of 
Ibis  region. 

Tlie  Word  B6KOC  is  cxlrcmcly  intercsting.  Ilcro- 
dotus  IT  2  mcnlions  lliat  it  was  tlie  Phrygian  namc 
for  „bread";  aud  Hipponax  (ap.  Strab.  p.  340)  per- 
haps    implics   tbat  it   was    used   by    Ihe  Cypriotes.'^) 

Though  tlie  meaning  of  B€KOC  is  certain,  yet  the 
case  is  uncertain:  what  ts  tbe  construction?  where 
is  the  verb?  Pcrhaps  APSTPOYN  or  TIAPSTPOYN 
may  be  a  participle:  „in  necd  asking  brcad,  may  be 
be  an  exile  froni  bis  tribe."  l'rofcssor  Sayce  sees 
]iarasitic  P  here  and  in  5i0-pspa:   cp.   no.  XXXI. 

AKKAAOC  resembles  AKAAA  no.II,  AKAAAC 
no  XXXVIII:  The  Variation,  KK  and  K,  is  unini- 
portant;  but  the  case  endings  arc  diflFcrent,  and  not 
so  easily  reconciled.  In  Hesychius  the  gloss  äxaXiV 
fp'jxov,  Tipäov,  naXay.ov  gives  no  apparent  hei]);  but 
another  gloss  4y.iXo'Js"  4"«>|i^üS)  T^o-f  8  %  Tpotfrj  «xöXouj 
-o;st  y.al  fy|idpou;  to'j;  cfa-fdv-aj,  arrests  attention,  in 
View  of  B€KOC  AKKAAOC  (so  .Sayce).  Can  Tl  I)e 
eijuivalent  to  is,  conjoining  B6KOC  and  AKKAAOC? 
or  iiiust  we  construe  ,.moutliful  of  brcad",  taking 
TIAPerPOYN   as   a  participle.- 

It  scenis  hardly  possible  lo  conncct   AKKAAOC 

here  with  AKAAAC  6YKIN  and  YKC  AKAAA 
(nos.  XXX,  II);  unlcss  „the  ritual  of  tlic  piece-of- 
bread"   be  the  meaning. 

OYA  also  is  a  remarkable  word :  at  the  prescnt 
day  a  subdivision  or  tribe  of  some  of  the  nomadic 
peoples  of  Asia  Minor  is  called  Oba.  Hesychius  (as 
Prof.  Sayce  pointed  out)  has  ^Oa!  '.fuXal  K'j-pm.  The 
Lacedaemonian  tijßä,  and  the  proper  names  of  villagcs 
or  demoi  Oia,  Otrj  'Oa,  "Or,,  are  dialectic  varieties; 
and  itviiT,;  is  used  by  Sophocles  in  the  sense  of 
■/.0)HT)t);j.     The  meaning  here  is  probably  y(i)|tTj,  not 


"/  Herodotus  howevcr  declares  that   ^iv-'j^  was  ouly  a  Phrygian   word. 


97 


Neo-Pliryyian   Inscriptions 


98 


Then  AYTOC  K6  OYA  K€  POKA  may  mean 
„he  himself  and  his  villaye  and  bis  (descendants  or 
familyr)"  rSrAPITMCNOC  raust  be  construed  wiUi 
€ITOY:  Sil  ipse  cum  tril>u  f.iiniliaque?  exul?  Professor 
Sayce  connects  r6rAPITM6NOC  willi  -/,f,fo;.  but 
the  rüde  hexaraeter  rliythm  suggests  tluit  TAP  is 
Short,  not  hing. 

TSYTOYC  evidently  corresponds  to  the  Italic, 
Lithuanian,  Sclavonic,  etc.  words  meaning  „people". 
Now  on  no.  XXX  it  is  argued  that  the  genitive 
ending  OYC  was  used  in  Phrygian:  and  here  perhaps 
rerAPITMgNOC  T€YT0YC  may  mean  exul  ex 
populo.  In  that  case  ACBATAN  might  be  taken  as 
genitive  plural  of  the  local  ethnic,  compare  TOTOC 
CSYnCAPNAN  in  no.  XVIII;  and  Professor  Sayce 
(who  suggested  this)  quoted  the  village-name 
'Eao'Jxy.(0|irj  (Histor.  Geogr.  p.  411).^^)  He  is  now, 
however,  disposed  to  take  another  view,  that  it 
is  genitive  plural  of  a  noun  correspond  to  extis 
(in  gen.  plural  aFsxäv,  suorum),  and  this  seems 
to  be  raost  probable:   sit  exul  ex  populo  suorum. 

But  OYA  in  no.  II  can  hardly  be  nominative, 
and  perhaps  here  it  should  rather  lie  construed 
as  genitive  with  TS  rAPlTMSNOC,  „expelled 
frora  village  änd  famüy".  Tn  that  case  ACBATAN 
T6YTOYC  would  mean  „through  the  judgment  : 
(power)  of  his  own  relatives" :  TOTO  meaning  [ 
„people"  and  T6YTOY  meaning  „authority",  | 
„judgment".  This  seems  to  be  most  probable. 

AYTOC  is  probably   native,   and    not    bor- 
rowed'-')  from  Greek:  one  of  the  ancient  Phrygian       1 
inscriptions   has   AFTAZ   MATEPEZ,   where  the 
genitive    Singular   feminine   of  the    same  word    is 
unmistakable.    In  Bezzenberger's  Beiträge  XIV  3  1 1 
I  have  compared  Pamphylian  ä\Ax6s,  Naxian  äFuxog, 
and  Lycian   äbttS,  äbättä,  äpttä. 

It  is  evident  that  a  new  sentcnce  nuist  bcgiii 
after  OYTAN;  and  apparently  AKKGOl  must  be  a 
Single  word.  In  that  case  AK60I  in  no.  XII  also 
must  be  regarded  as  a  single  word,  and  my  former 
division  Z6IPA  K€  Ol  abandoned:  the  diflFerence  as 
regards    KK     and     K    is    mere    variety    of    spelling. 


cliaracteristic  of  this  class  of  inscriptions.  The  word 
is  found  also  in  VII  and  XXXV  (q.  v.).  Now 
AKK€OI  has  the  same  case-ending  as  H6YNEOI  in 
no.  XXXI  from  H6YNA,  and  the  case  must  pro- 
bably be  instrumental.  In  no.  XXXV  an  older  form 
ANKAIOI  occurs:  we  have  therefore  the  series  of 
degenerating  forms  ANKAIOI,  AKKSOl,'^-')  AKgOl; 
and  these  probably  come  from  an  original  ANAKA 
(from  root  anak,  enek)  corresponding  to  Greek  äva-;-/.'/, 
äva-f-aia  (root  svsv.,  svs^xi,  AKK€OI  then  must 
mean  „through  need";  and  a  verb  derived  from  it 
occurs  in  no.  XVIU,  AKGOCIOI,  „raay  he  want 
any  tomb  among  the  |)Cüi)Ie  of  the  S(eugi?)sarnians". 
XXXIV  (R.  1905)  Sinanli.  Letters  faint,  but 
recoverable. 


MOYZOZAEmAPXlilEYMBlO  C  E  M  NOTATHKAI  Bf)  AOPf  I^A  INA 

rj&TEKMoirrA'rxvTArolZ  '<*>'  E  Avmzn  n 

t-\NU  MKXAPl^J 
IOC  \£  Ze  MNKNOVMANEIK/&KOV  NAÄAAVe  TfE  r  P£  i;  |  EAIAN 

E^E.^ovrloIovTA^J 


va  xixvotj  -fX'jy.'jxdxoij  y.ai  säuxi;)   Jiov    iivrinr;;  ydp'.'/ 
IOC  N€  CEMN  KNOYMANEI  KAKOYN  AAAAK6T, 

rerPEiMENAN 

ETEAOYTIOC  OYTAN 

The  text  is  complete  and  certain.  The  forms 
NS  and  C€MN  are  remarkable.  The  name  Bodoris 
seems  Galatian:  the  personal  names  Boudos,  Bouda, 


^')  The  word  Soa,  Soua  (quoted  by  Steph.  Byz. 
as  meaning  „treasure")  was  a  common  name  for 
towns.  The  Pamphylo-Pisidian  Isba,  i.  e.  Isoua,  must 
be  explained  as  the  same  name;  Hierocles  duplicates 
it,  OE|iouai«  (Srjiiou  "laßa)  and  drj|iou  üapatiuv  (Tapot'.uv, 
'laßewv):  6  "laßiuv  or  Tar/vöjv  ('laoyjvtMv)  in  Notitiae 
Episc.  See  Amer.  Journ.  of  Archaeol.    1888   p.   272. 


-*)  Solmsen  holds  that  it  is  a  borrowed  Greek 
word  in  Old-Phrygian. 

-■'')  The  spelling  6  for  AI  is  common  in  Greek 
inscriptions  of  this  period.  Assimilation  was  a  strong 
tendency  in  Phrygian:  AAAAK€M  before  M: 
AAAAKSK  before  f,  occur  in  nos.  XXXI,  XXXV. 


99 


W.   M.   Kamsav 


BoJorix,  Bodoii-,  arc  all  known  in  Cellio.  Cellic 
namrs  ocour  farther  soulli  than  Sinanli,  cvcn  at 
Laodiceia  Combusta. 

XKXV  (R.  1905).  Sinanli. 


AA62AN/^POCAA6JAN^POYMHTPIIAIArAYICV 
TATHAKIfA  MNHMHC  CNCKtM  lOCNICAlKAKO 
YnAA  A  AKf  MM  AN  KAlATANANkAi  o  I^T^^lTAI<:£NA 


iÄEjavSfo;  "A/.sfaväfO'j  HT,-:pi  i5;?  •f/.'jxj- 
TiTi  'Axy.i  |ivr;|ir,;  Ivsy.sv.     IOC   Nl   CAI   KAKO 
YN  AAAAK6M  MANKAI  AfAN  ACAN     ANKAIOI 
nANTAK6NA- 
-NNOY 

The  Icxt  is  complete  and  certain  except  tlial  T 
in  1.  3  may  possibly  be  C  It  is  not  quite  certain 
whether  the  short  crossline  at  the  foot  of  T  is  a 
mcre  fault  of  the  stone-cutter,  or  the  lower  bar  of  C 
shortencd  because  of  the  A  encroaching  on  it  Only 
a  convincing  dcrivation  and  explanation  of  the  word, 
or  the  discovery  of  a  second  example  of  the  formula, 
can  give  certainty;  but  I  thought,  aftcr  careful 
scrutiny  of  the  stone,  that  while  certainty  was  not 
attainable,  ACAN  was  morc  probable  than  APAN. 
There  is  a  gap  of  one  letter  in  1.  4  bctween  the 
two  lelters  N:  nothing  was  ever  engraved  in  Ihc 
gap;  it  may  be  a  device  for  marking  the  Separation 
between  two  words;  but  more  probably  it  is 
meaningless  and  accidental. 

CAI  MANKAI  herc  is  substiluled  for  the 
commoncr  C€MOYN  KNOYMANI:  cp.  no.  II  TA- 
MANKAI.  The  last  wonl  seems  to  be  a  Compound 
wilh  r.Oi'fZ.  Professor  Saycc  suggcsts  AU-provider 
(AK€NA  food,  Skl.asana);  and  APAN  'iyi^'i,  egenus) 
want.  On   ANKAIOI   v.  no.  XXXIII. 

XXXVI  (R.    1005).  .Sinanli. 

Aa>.cf'.s]  A)i|«o[voj!' 
4'/jJ?  0?[{ip  ivifl  xi  %. 

VC  K€  C€MÖyN  KNOYMAN- 

I  KAKOYN  AA  AA  K6T    €PA:-    Tgr- 


aaac'tahmuj' 


Aoyaaya";':  r'.'-i'iii,|i'Vi " 

AYTHHHMHCXI'  '* 

CKeceMOYNKMüYMAN 

IKAKt'YNAA'     ^vTC^ATCr 


TIOCOYTA 


(:  rc  AO 

'■.  '•:  o 
evr^Yc 


,      P€IM6N[AJN  6r,6;AOV- 

TIOC  OYTAN.  A[  |€rT-|OY 

AKOl  10 

|ACB|AT[AN|  T- 

6YT6YC 

A  new  Start  in  larger  and  more  irregulär  lettering 
begins  in  1.  6  after  OYTAN.  This  inscriplion  is 
faint  and  a  good  deal  defaced:  without  a  knowledge 
of  the  formula  it  could  not  be  read.  Lines  6 — 9  are 
irrecoverable,  and  it  is  impossible  to  estimatc  even 
approximately  the  number  of  letters  lost,  as  the  lines 
are  irregulär  and  uncertain. 

XXXVII  (R.  1905).  .Senirgent,  five  miles  cast 
of  Olu-Borlu  (ApoUonia)  (Apollonia  in  Pisidian 
Phrygia).  Letters  good  and  clear,  on  a  fragment  of 
architrave  of  a  largc  heroon :  the  inscription  was 
engraved  in  two  long  lines,  most  of  which  is  lost. 
Complete  on   ri^^lit 

fNHMHCXAPINICOCKECEMOYNKNOYMANE 
^CEITOY 

ICOC  must  be  a  mere  slip  of  the  engraver  for   IOC 
The  usual  formula  here  occurs,  in  its  shortest  form. 

XXXVIII  (R.  1884).  Innli,  four  hours  East  of 
Synnada  i'bcside  no.  VIII):  omitted  accidentally  from 
my  former  publication. 


Neo-Phrygian   Inscriptions 


IC  K€  CeMOYN  KNOYMANI  ■  KAKO  [N  AAAAKST 
[about   nine  letters]    TeTIKMSNOC   6ITOY   TITeK 
[one   niore  letter 
[about   nine   letters]    IC 

This  inscription  is  engraved  abovc  a  tombstone 
of  tlie  usual  Phrygian  „door"  type.  M€  in  1.  2  is 
exaclly  in  tlie  niiddle  of  tbe  stone;  and  one  letter  is 
lost  at  the  end  of  tbat  line.  The  concluding  fornuila 
is  a  serious  loss,  as  it  niust  have  differed  mucli  from 
the  usual  curse. 

XXXIX  (R.  i8yl).  On  the  top  of  a  lountain 
in  the  piain  below  Kara-dil-li,  between  Tchul-Ova 
(Metropolitanus  Campus)  and  Oinan  (üinia,  close  to 
Lysias).  The  stone  has  been  carefully  defaced  by 
the  mason;  and  ouly  a  few  letters  are  legible. 

IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIA 
2   lilllllllllllillllili!IAHAA&<^»Ay 

seven  lines   defaced 

10   TO    rATTlHK€AA61TOY 

CXjÄv)  ä5E[p]'.ff/  a[ü]- 

TOO] 

HK€AA  eiTOY 

The  relalion  between  ATTIHK€AA  here  and 
ATTI6AA  in  XII,  XIII,  etc.  is  uncertain.  Perhaps 
[T]ATTI   or  TATTIH  is  a  womans  name. 

XL.  At  Effe-Keui,  near  the  site  of  Palaion- 
Beudosj^^i  five  miles  NE  from  Tchifut-Cassaba 
(Synnada):  Radet  and  Ouvre  BCH  1896  p.  III: 
Anderson  JHS  1898  p.  122 :  Legrand  and  Chamonard 
BCH  1893  p.  289.  I  follow  Anderson:  Radet-Ouvre 
differ  from  him  only  in   reading  AEnE. 

IOC  Nl  c[e:moyn  KNOYMANE  KAKEN 
AAAAKET   OP  AEnC   Z6M6An.C    KsEi   ETIT- 
TETIKME[N]OC  EITOY 

Perhaps  OP  corresponds  to  GreeU  äp.a:  niore 
probably  AAAAK6TOP  is  a  Single  word,  a  part  of 
the  verb,  cp.  no.  XLVIII.  In  the  latter  case  the 
reflexive  form  is  in  place:   here  it  is  quite   unsuitable. 

XLI  Hogarth's  copy,  Journ.  of  hell.  slud.  1890 
p.  159.  Near  Kunderaz  in  the  district  of  Laodiceia 
Katakekaumene. 


IOC 

CA  TIC  K|NOYMANI 
KAKOYN  |AA|AK€TA|rr 
TeTIKM6NOC  A- 
I,    TIAA       6ITO|Y 

In  1.  12  MAK6T  with  no  indicatiun  of  a  lost 
letter  at  the  end.  In  1.  14  C  for  Y  as  final  letter 
(error  of  engraver,  doubtless).  TIC  is  obscure,  and 
CA  fem.  before  K[NOYMANI]  (masc.  or  neuteri; 
perhaps  the  restoralioii  K[NOYMANI]  is  wrong.  The 
simple  form   T€TIKM6NOC:   cp.  no.   V. 

XLII.  Felleli.  Hc.garth,  Journ.  of  hell.  stud.  189O 
p.  159.  Recopied  by  Ilogarth  in  1S9Ü,  when  a  few 
letters   were   added. 

AYTOC  KA    / 

KAI//  PONOY///T6//// 
XAPIN  IOC  NIC6  MONI    N    MANC/7////O/// 
/.AICATPA  TH 

s   M6A(JUCK6/ 6/      CM6KONNOYK6  ICNIO///// 
AinATPHC 

aüxijc,  xa['t  yj  Ssiva  loü  ästvo?  ^  "fUVT;  aütoö  ^(övtss 
y.ai  [cf]fOV'5'j[v]T£[g  sauToTg  xb  |iv»]|istov  STTo'.Tjaav  |J.vv)|ji7)g 
Xipiv.   IOC  Nl  C€MON  |K|N[ljMANe|l  KAK|0|YN 

ABBSPC- 
T]AI  [M€  Z€- 

M€AUJC  K€  [A]e[0]C  M6  KONNOY  K6  ICNIO[Y  = 

AI    nA 

The  copy,  unfortunatcly,  does  not  State  whether 
any  letters  are  lost  in  1.6;  in  general  it  indicates  the 
loss  of  letters;  but  at  the  end  of  1.  4  (where  letters 
indubitably  are  lost)  it  gives  no  sign  of  loss;  pro- 
bably therefore  letters  are  lost  in  1.  6  before  and 
after  AICATPA.  In  1.  3  the  letters  after  ON  were 
read  in  1890.  They  are  important,  as  proving  that 
the  Word  for  tomb  here  was  not  KNOYMAN,  but 
either  KNIMAN  or  KNHMAN  or  KNYMAN  (pro- 
liably  the  first.  from  the  smallness  of  the  gap).  M€ 
KONNOY  K€  ICNIO[Y,  as  Professor  Sayce  suggests) 
„in  sense  and  strength":  cp.  xovvstv  auvtEvai  Hesych., 
and  ig,  Ev=;  (but  initial  digamma  is  against  this). 
Perhaps   ICNIO    is  connected  with  Tv;;  for  iT/ij. 


^'•)  M.  Radet  En  Phrygie  pp.49, 1 16,  distinguishes  map)    nor   Aghizi-Kara    (which  I  presume   that    he 

the  ruins  at  Bei -Karadj -Euren    near  EfFe-Keui   (as  takes  from  my  reference  to  it:  he  does  not  raention 

Lysias)  from  those  at  Aghizl-Kara  (where  he  accepts  bis  authority)      The    two    ruins  are  really  only  one, 

my   placing   of  Palaion  Beudos).     He    did    not    visit  the    site   of  Beudos.     He    has  no  reason  for  placing 

Bei -Karadj -Euren    (which  he    takes    from  Kiepert's  Lysias   there  except  the  elastic  „order  of  Hierocles". 


>03 


W.    M.    K.imsay 


104 


Xl.ni.    Fcllcli:    Hogartli, 
iSoü  p.  15S. 


Journ.  of  bell.  sUul. 


.jiT'''iiiiiiiiiiiii,iiii,,j.. 

DCNICeM      OYNKNOV 
AN61KAKOYNAMAK6TAIN1A/ 


rOC  Nl  C€MOYN  KNOYfM- 

AN6I  KAKOYN  A[A  A)AK6T  AINI  AI 

Tbis  inscriplion  is  irrcgubir:  Mr.  Hogarlb  stalcs 
tb:it  thcrc  was  no  fourth  line,  yet  thcrc  is  only  onc 
letter  lost  in  1.  2,  and  much  rcmains  afler  1.  3. 

XLIV.  Dogban-Hissar  (ncar  Hadrianopolis  Pliry- 
giac):  Slerrett  E.  J.  174:  improved  by  Anderson  in 
Joum.  of  hell.  stud.   1:98  p.  118. 

I  OC  AN  C[eMOYN  KAKOIN  KNOYM- 
MAN6I  AOK€[T.  ...ATT,IAA  61T0Y 
AOK€[T.  .]:    the  vowcl   is   remarkable. 

XLV.  Mabmud-Assar  near  Dghin  (Anderson  in 
Jiiurn.  of  bell.  stud.   iSgS  p.  1:2). 

IOC  C€MOV(N  KINOVM 

AN6I   KA;k;6Y[N    AAAK6T 
TITT6TiKM€NOC  ATTI- 
€AA  eiTOV 

Tbe  reading  ATTI€AA  is  certain. 
XLVr.  Kozanli  (Drya  Lycaoniae).    Anderson  in 
Joum.  of  hell,  slud    iSoo  p    119. 

IOC  C€|MOYN  y.-.y..\ 
XI,VII.   ll.id.   Anderson   I.e.  p.  122. 

IOC  Nl  C€M[YN  or  M[IN 
KNOYM[A- 
N6I  KAKO[Y]N 
AAAAK6T     [y.-X.] 

XLVIII.  iJorylaion  (but  brought  from  the  :in- 
cienl  village  Oiouthba).  Athen.  Mitl.  XXIII  362 
from  an  Impression:  v.  Kretschmer  ibid.  XXV  445 1. 

6[.  ..|l©NIOYM6NOC 
NIOlCIOC  NAAPOTOC 
€ITOV  MITPAct)ATA 
K6  MAC  TCMPOre. 
'  IOC  K€  nOYNTAC 
BAC  K6  6NCTAPN/ 
AOYMO  KS  OIOYG- 


BAN  AAAAK€TOP  OY 

AN   ;:xf£!t-i|n,v  -i 
10  HVYJUEtOV   toij    TtpO- 

f E-fpa|i|isvois  8-6- 
otj  Kh  -rj  y.w|ii3. 
TaOfl-"  6  üÄTTjp 
'AcjxXrimi;. 

Tbe  oonncxion  of  llie  parliciplc  in  -M€NOS, 
1.  I.  witb  6ITOY,  and  the  serics  of  divinc  nanies, 
:ui-  iiulu-iied  in  tbe  two  passagcs  quoted:  also  MA 
TCMPOrSIC  is  rigbtly  interpreted  as  tbe  Goddcss- 
Motber  of  tbe  Tembrogios-valley  and  rivcr.  But 
Dr.  Kretscbmcr  takes  AOYMIO]  or  AOYMJTI.  as 
tbe  assembly  of  tbe  village  CNCTAPNA.  In  tbis  wc 
cannot  agree.  OYAN  is  tbe  „village",  v.  110.  XXXIV, 
and  is  namc  is  OIOYOBAN  (accusative).  Tlicrefore 
tbe  list  of  O-Eol  -(,o-;v;^'j.\i\iv/'A  includes  tbe  barbarous 
6NCTAPN[A]AOYM0  (indeclinable:  tbe  otbers  are 
in  ijiiiilive).  .Sayce  agrecs  witb  Kretschmer  aboul 
6NCTAPNA,  and  connects  OPOYAN  witb  öpa«), 
o'jpoj,   etc.,    „he    placed    as    guard"    over    the   grave. 

I  cannot  aceept  Dr.  Kretschmer's  vicw  Ibat  K6 
is  berc  enclitic  and  i)laced  afler  its  word.  ()n 
AAAAK6TOP  cp.  no.  XL. 

The  Strange  name  TTOYNTAC  has  sorae  reseni- 
lilance  to  tbe  village  name  l'onlana  or  l'ontanos, 
two  miles  north  of  Kumbet  (Metropolis  or  Konna). 
l'ontanos  is  marked  on  Kiepert's  map;  and  I  belicve 
that  tbe  authority  for  it  lies  in  two  inscriptions 
wbich  I  copied  in  1881,  but  have  never  publisbed 
but    mentioned    in    a    letter   to    tbe  great  geographer. 

I.     AI   Ciemütsch  ' 


MHlii 

Mr£Tpi 

nONTAN 

Ilcvtav- 

HNH 

■^v§ 

6YXHN 

söX>jv 

2.     .\t   Aghin:   huU's  bead  above  tbe  inscription. 

nONTANI  IIov-av[T,- 

.  lOlOCIC^  v|ol  'Oo£(j) 

i-rAIKn€Y  y.k]  Aixi(p  eü- 

XHN  XV'. 

I'robably  therefore  wc  should  take  Pounta  Ba  as  a 
double  name  involving  a  local  epithel:  sbc  is  Ibe 
same  as  the  more  hellenized  Meter  Ponlancne.  Tbc 
namc  Ba,  common  for  women  in  Phrygia  and  Lyca- 
onia,  herc  designates  a  goddcss,  according  to  a  well- 
known  custom. 


105 


Neo-Plirygian   Inscriptions 


106 


II  is  possible  that  tbe  list  of  deitics,  inrludes 
both  recognized  deities,  siicli  as  Ma,  and  deified 
dead,  in  which  case  both  Ba  and  Mitraphates  woiild 
belong  to  the  latter  class:  then  there  would  be  two 
of  each  class.  Sirailarly,  the  personal  name  Banba 
was  probably  that  of  the  goddess  who  gave  her 
name  to  Bambuke-Hieropolis  fsee  Jotirn.  of  Hell. 
Stud.   1882  p.    I2()). 

In  [.  .  .]l©NIOYM6NOC  NIOlCIOC  NAAPO- 
TOC  6ITOY,  and  also  in  OIOYGBAN  AAAAKS- 
TOP  OYAN  the  rüde  hexameter  rhythm  is  evident: 
Compare  no.  X.XXI.  Final  C  does  not  here  give 
Position  length  before  a  consonant:  I  twice  scanned 
as  yod.  Perhaps  NIOlCIOC  NAAPOTOC  means 
„untimely  and  unwepl"   (Saycc). 

no.  IIa.  IOC  TA-MANKAI  KAKOYN  AAAA- 
Kei  Tl,  6TITTeTIKM6NOC  6ITOY. 

b.    YKe  AKAAA  OOYIT€  TOY  OYA. 

a.  TA-MANKAI  the  demonstrative  (or  defiiiite 
article)  is  so  closely  connected  with  the  fiiUowinf; 
noun,  that  the  case-ending  falls. 

Tl  must  be  equivalent  to  the  Greek  xi  (if  not 
borrowed  from   Greek). 

b.  This  part  of  the  inscription,  was  published 
in  my  former  article  without  explanation,  and  as  yet 
no  one  has  attempted  to  solve  the  problera.  OYA 
is  now  clear  at  the  end;  and  perhaps  YK€  at  the 
beginning  is  to  be  compared  with  SYKIN  in  no. 
XXXVI  :  YK€  is  a  similar  degeneration  to  KAK€ 
no.  XXI  from   KAKIN,  KAKOYN. 

TOY  OYA  can  hardly  be  connected,  as  OYA 
must  surely  be  feminine.  TOY  is  possibly  a  par- 
ticle,  a  variant  of  Tl.  But  perhaps  we  may  take 
OYA  as  an  ungrammatical  genitive  here.  OYIT6 
or  OOYIT6  is  probably  (as  professor  Sayce  sug- 
gested)  the  ethnic  from  OYA  (cp.  the  Greek  olr]TSv 
X(ü|i7lTav,  Hesychius):  raembers  of  the  OYA  or  oTa. 
It  is  doubtful  how  the  words  should  be  divided; 
OYIT€  comes  naturally  from  OYA;  but,  as  OY  and 
B  commonly  interchange  in  these  late  inscriptions, 
it  is  possible  to  take  the  line  of  formation,  OBA 
(as  Lac.  (üßa),  OBIT6,  OOYIT6;  this  seems  more 
probable. 

There  remains  AKAAA  which  perhaps  may  be 
compared  with  AKKAAOC  in  no.  XXXIII  (q.  v.). 
Certainly  YK€  AKAAA  must  be  compared  with 
AKAAAC  6YKIN  in  no.  XXX. 

As  to  the  meaning,  if  we  ask  what  ceremony  or 
fact  connected  with  a  tomb  concerns  all  the  mem- 
bers    of  the    village    or   tribe,    the   answer    must    be 


cither  the  funeral  ceremonial  or  the  annual  feast 
and  religious  rites  in  honour  of  the  dead.  It  could 
hardly  l)e  necessary  to  engrave  on  the  tomb  any 
regulation  about  admission  of  the  tribcsmen  to  the 
mere  funeral,  and  therefore  we  conclude  that  this  re- 
gulation  applied  to  participation  in  the  annual  rites 
and  feast,  which  were  instituted  at  the  grave.  Many 
Greek  inscriptions  contain  regulations  of  this  kind, 
sometimes  very  long  and  elaborate. 

III  iR.  1881).  Afiom-Kara-Hissar.  In  1.  2. 
[AJEOC  [Z]IM6AnC  can  probably  be  detected  in 
the  broken  letters  of  1.  2 :  ZIMSA/l  as  in  no.  XXV: 
l)Ut   Z6MSAUJ   is   more   usual  .  . 

IOC  Nl  CEMON  KNOYMANEI  KAKON  A[A]AAKET 
|NAIK:- Al:|  AEOC-ZIMEAnC  |i2leiiers]    ETI  E- 
TITTSTIKM- 
ENOC  eiTOY 

IV  (R.  1881,  1884).  Surmene  (Augustopolis: 
Imperial  eslate).  IOC  Nl  C€MON  [KNOYMANI] 
KAKOYN  AAAAKeT.  AINIOI  0AAAM6I  AH 
AIOJC  ZeMSAüULC?  6TITT€TJIKMeNOC  6ITOY. 

It  is  clear  that  0AAAM€l  is  a  borrowed  word, 
and  it  must  mean  „sepulchral  Chamber".  AINIOI 
must  be  taken  as  the  instr.  case,  which  occurs  in 
ZEYNEOI  and  AKK60I.  0AAAM6I,  then,  is  in 
the  sarae  case.  The  use  of  so  many  different  names 
to  designate  the  tomb  is  indicative  of  the  importance 
attaching  to  burial  and  the  religion  of  the  grave. 
Il  is  usual  in  the  Greek  inscriptions  of  Phrygia  to 
designate  the  sepulchral  monument  by  two  (or  even 
three  or  four)  words  conjoined:  töv  Pu)|i6v  xal  tyjv 
aopiv:,  to  aövxpouaxov  aüv  im  ^m\i.(f:,  zö  f/ptöov  oüv 
TOI  auv/.po6aT(i)  v.ai  Tqi  "fpaSo)  xs  T(])  Po)|iö) : ,  tö  r/ptoov 
xal  TÖV  y.o.z'  aÖTO'j  (or  s:i'  aÜToj)  pa)|iov:  töv  ßwnöv 
ai)v  T(T)  XdovTt  xal  xy  säpa.  A  similar  interpretation 
is  certainly  correct  in  no.  XXIX,  and  may  be  applied 
also  in  XXVI;  but  it  seems  impossible  here  to 
conjoin  KNOYMANI  with  GAAAMCI,  both  because 
there  is  no  conjunctive  particle  to  connect  them  and 
because  they  are  in  different  cases.  Therefore  we 
construe  AINIOI  ©AAAM6I  6TIT6T1  KM€NOC 
6ITOY  „let  him  be  deprived  of  any  tomb"*  (Sayce). 
In  no.  XVIII  AINIKOC  must  be  translated  quicunque; 
and  it  evidently  corresponds  to  Tt;,  which  is  used 
in  several  Greek  inscriptions  (especially  the  rustic 
and  rüde  inscriptions)  of  the  district  in  the  same 
]>art  of  the  sentence:  such  as 

Ttj  äv  i:oaoiast  X^'P°'  '^^''  ßapü^^'^vov 
o(iTO)s  ämpoij  TCEpmJcoiTO  aij|i:fopaTg 


I07 


W,    M.   Ramsav 


loS 


nnd  AINIOI  may  tlicrcforc  he  undcrstood  as  „any." 
Solmscn's  trcalment  of  AINIKOC  scems  unsatisfactory. 
Yct  there  secnis  lo  bo  also  a  ilcmonstiative  |iromniii 
AINI,  nos.  XXVI. 

Tlic  rornuila  AIUUC  Z6M€AtjU  |\vitli  or  withoul 
C  at  tlie  cml  of  llie  \vor<i]  nccurs  IVciiucnlly.  It  is 
diOicuU  lo  say  whctlicr  C  sliould  be  restored  at  Itie 
cnd  of  tlic  second  word,  as  is  possiblc  licrc  and  in 
scvcral  olhcr  cascs,     Tlic  followinj;  cases  occur 

III.  AI:-  AEOC  [ZllM€AnC?  or  E? 

IV.  AH  AlOJC  Z6M€AUJ[C.- 

V.  M6  AlUUiC  Z6iM[eiAaJ€TI    ,u  AUJ|C1  TL 
VI.  M6  ZeMCACU  Kg  A60C 

VII.  AEOC  K6  Z6M  €A(jUC  ..,   LU 
XXI.  M6  Z6M6A(jUC  TI    ,.r  AUU  |6|TI 
XXV.  Nl    AEOJZ-  Z  IM€An.r  TI 

XL.  AEUJC  Z6M6AUJC  K6 
XI.II.  ZejMCAUJC  K6  |A]€[aJ]C 

Tliis  list  Shows  (hat  Z€MeAUJC  is  probably 
Ihe  correct  form;  il  is  certainly  wrillen  in  XXV, 
XXXVIII,  and  XXI  (though  it  is  easy  to  supposc 
an  error  of  ihe  engravcr  in  ihc  last  case  for  6). 
Z€M€AUL)  is  cerlain  in  VI  (but  an  Omission  by 
the  engravcr  is  possiblc),  and  in  V,  but  a  copyist's 
error  is  here  quile  possible.-') 

As  to  the  meaning,  Kretschmer  suggests 
„Heaven  and  E.arth".  The  two  naraes  are  connected 
by  KG  in  nos.  VI,  VII,  XL,  XLII;  and  probably 
by  TI  (which  is  perhaps  cquivalent  to  Greek  xe, 
see  no.  XXV)  in  nos.  V,  XXI,  and  XXV  (TI  can 
easily  be  restored  also  in  III  and  IV).  Kretschmer 
takes  M€  as  corresponding  to  the  Greek  |iä,  AH  as 
an  asscvcrative  parlicle  (Aus  der  Anomia  p.  2o). 
Solmsen  and  others  approve  this  brilliant  idenlifi- 
cation;  but,  after  having  held  it  for  a  timc,  I  am 
forced  to  adopt  a  slightly  differenl  interiiretation 
(though  practically  the  sarae  derivation).  M6  musi 
be  rendercd  „in"  or  „among",  as  scems  cicar  froni 
the  cases  in  which  it  occurs  (see  especially  no.  XVHI 
M€  TOTOC  „among  the  people").  Therefore  wc  take 

Me  AIUDC  Z€M6AUUC  TI  6TITT6TI KM6NOC 
Me  ZeMSAUU   K€  A€0C   eTITT6TIKM6NOC 

as  meaning  „accnrsed  among   gods  and  men".     The 

^)  Hamilton  has  m.ide  several  mistakes  in 
copying  this  diflicult  text. 

**)  Two  unpublishcd  inscriptions  copied  by 
Mr.  J.  G.  C.  Anderson  in  the  country  of  the  Prai- 
pcnissei«. 


lermination   UÜC  (which  is  correct,  noI-OC)  nmsl  bc 
regarded  as  dative;  and  it  is  sonictimes  used   simply 
willuiut  M€.  Similarly  in  Greek  cpitaplis  \vi'  fiiul  ;S) 
(s)ij  3-£oii{;  xaxigpa|i.Evo;  fjio) 
iVso^j  änaat  xaTYipaiiivo;  ViTim. 
The  accusativc   singuhir  ol'  tbc   wonl  iiuMnin;;  ..man" 

was  Z6M€AOYN.  becoming  Z6M6A6N.  ZeM6AlN 
(cp    KAKOYN.  KAK6N.  KAKIN,  no.  II):    it  easily 

passed   also   into   the   meaning   „slave",  as    Hcsycliius 
gives  it. 

V.:    ILtniiltnns  copy.  Kcsearclu-s  no.  ij(>:  C]l\.): 

AAI I  SNOCAMMrAYKYTATCUZUUTi  NtUM 
MNHMHCXAPINICK6C€MOYNKOYMINOC 
AAAK6NM6AIUJ  .  .  OMOA(JU6TIT6TlKM€NOC 
OCANA6KAKUUCHYHC6T6KNAAUJPA 
eNTY . .  HTON 

Tlic     text     is    ]ierliaps     tu    l)e    read     :is    lollows: 

I .Mvr)3t{)-s]a  [uWi]^')  -fXuxutdxm  7A<)V.\v.\ih  M 
uv^ir,;  y.apiv.   IC   K6  CCMOYN  K|N|OVMIN|e   K- 

AKOYN 
A|A|AK6N,  Me  AIUJ|C  Z|OMOALU|C|  TI  T6TIK- 

MeNOC  HTO|Y| 
£j  äv  ?e  xaxoi;  (-]^)vi3ö|'.|,  xiy.va  ä(nf,x 
dvxOfxotxo] 

Hamiltons  copy  unfortunatcly  Stands  alono.  and 
contanis  errors.  The  letters  werc  prolial)ly  small,  so 
that  he  has  sometimes  mistaken  K  for  N,  tX)  Inr  M, 
€  for  O,  and  N  for  M.  But  the  text  is  apparently 
complete,  cxcept  a  fcw  letters  lost  at  the  cnd  after 
€NTY.  Considering  the  locality,  we  conclude  without 
hesitation  that  the  stone  was  of  the  Hsual  Phrygian 
style,  imitating  the  form  of  a  door;  and  that  the 
first  three  lines  were  engraved  in  a  Space  at  the  top 
set  apart  for  the  inscription,  while  the  last  two  were 
engraved  separately  on  a  differcnt  part  of  the  stone, 
probably  aniid  the  ornaraent  of  the  door;  this  arran- 
geraent  is  common.  It  is  evident  from  Hamilton's 
copy  that  the  last  four  lelters,  HTON,  stood  apart 
by  themselves;  and  therefore  they  must  be  connected, 
not  with  1.  5,  but  with  1.  3.  The  main  inscription 
was  too  long  for  the  proper  Space  at  the  top,  and 
the  final  word    was  added  in  a  separate  place:    this 


^')  Understanding  that  the  beginning  was  slightly 
mutilated,  so  that  AA  was  misread  in  place  of  MN. 
It  is  also  possible  to  read  A]AA  l|MieNOC  A|UJP|a); 
but  the  simple  äoijxp  -f/.'i/.'jxaxm  witlioul  indiialion 
of  relationship   would  be  very   unusiial. 


log 


Nco-l'hrygian  Inscriptions 


also  is  common  in  such  inscriptions,  and  il  lias  often 
Icd   to  false  copies  and  misunderstanding. 

The  M  at  end  of  1.  I  is  the  beginning  of 
[iVTyiivis,  repeated  in  1.  2. 

The  end  of  1.  2  is  very  difTicuIt.  Formerly  I 
read  K(N|OYMINOC  as  genitive  of  KNOYMAN, 
Nüw  I  shüuld  prefer  to  correct  OC  to  6K  (il  is 
often  difficult  to  distinguish  between  IC  and  K):  this 
would  give  a  dative  form  K[N]OYMIN€  (compare 
no.  XXVI  etc.):  the  I  may  be  taken  as  eitlier  an 
error,  or  a  real  variant  of  A.  The  disappearance  of 
AKOYN  (or  AKIN)  may  be  explained  by  supposing 
that  the  end  of  the  line  was  illegible  to  Hamilton 
(the  solc  ro]iyist}."'i 

ZOMOAtJU[C]  may  be  either  falsely  copied  for 
Z6M€A(JUC  or  a  real  dialectic  variety,  like  Seiblia- 
Soublaion,  etc.  Here  and  in  nos.  XXI,  XXV,  AlUJC 
and  ZOMOAUJ[C]  seem  to  be  connected  by  Tl 
enclitic:  cp.  MS  Z€M6AUJ  K6  ASOC  in  VI,  VII, 
and  XL  (enclitic  K€).  It  sccms  (trobable  that  Tl 
here  is  used  like  Greck  -.B.  Tlien  in  XXVI  CSMON 
KNOYMANS  AINI  MANKA  Tl  must  be  connected 
in  the  same  way.  See  also  no.  IX. 

M.  Schmidt  has  wrongly  interpreted  this  text. 
He  takes  evcu  as  tliird  plural  imperative  of  tlic  Sub- 
stantive verb;  but  Hamilton  indicates  that  letters  are 
lost  after  €NTY,  and  the  Phrygian  Greek  loves  such 
middle  aorists  (compare  5pä\xo'.xo,  nepOTscjot-o,  XtreoiTO, 
and  my  note  in  Philologus  N.  F.  I  p.  754),  which 
are  not  used  in  good  Greek.  „May  he  obtain  children 
that  die  untimely",  is  a  Variation  of  a  common  form 
of  curse,  wishing  that  the  violator  may  lose  his 
children.  The  construction,  accusative  for  dative,  need 
not  surprise  us  in  Phrygian  Greek. 

VI  (R.   1884).  Surmene  (Augustopolis). 

lOlC  Nl  CeMOYN  KNCYMANS  K[AKIN 
ABB6P6T  ALI]NOY|N|  M| A|NK|A|N.|AY;- 
TOC  Nl  M€  Z6M6AUU  K6  A60C  . 
.  eTI  HTITT6T1KM6NOC  e|  I  |TOY 

Line  I.  AN6IC  in  my  copy  (C  being  marked  as 
uncertain);  the  text  must  be  either  AN€  K  or  AN61  K. 
There  is  not  room  for  KAKOYN;  hence  I  read  KAKIN. 


L.  2,  I  for  T  and  A  for  O'")  seem  probable  cor- 
rections.  K  liee  with  N  is  half-defaced  and  marked 
as  uncertain:  tlie  faint  traccs  of  K  were  omitted  in 
ihe  former  publication.  The  double  terms  KNOYMANS 
and  MANKAN  are  mentioncd:  compare  nos.  IV, 
XXVI,   XXIX,  etc. 

[.  .]€TI  some  adverb  must  be  restored  here.  Nl 
is  liere  used  in  the  apodosis:  8j  äv  TOÖTw  i(i>  TJptöq) 
■/.a-/.6v  Jtpoo;iotrja:()  xal  Twäö  ~i<)  |i.v>j|iaxi,  o5to;  äv  eivj 
iv  y-ioi;  y.ai  ävS-pMTtot;  xaxäpa-os.  Perhaps  [€IC]€T1 
HTITT.,  with  a  borrowedGreekword, cp.no. XXVIII. 
The  H  in  HTITT.  is  a  slip  or  a  variety  of  spelling. 
Torp  talces  TOC  as  demonstrative  pronoun  here: 
I  prefer  [AY]TOC. 

VII.  There  is  a  considerable  gap  at  the  beginning 
of  enrh   line  in   this   text  (Hamilton:   Ramsayl: 

IOCNICEMOY|N  KNOYMANI  KAKA|N 
ZEIPAN?  AAAAK|EN,  AEOC  KE  ZEM[EAUJ 

lAKEOl  EIPOIA  Tl  ETITT|E- 
T1KM6NA  EITTrjNOY 

ZEIPAN  may  be  forGreek  y^stpa:  as  in  ZGYMAN. 
T.'ifpp  (x^o))-  The  restoration  at  the  end  is  based  on 
no.  XII  q.  V.  Prof.  Sayce  suggests  for  11.  3 — 4  „may 
fodd  (cp.  no.  XXXIII)  and  clothing  be  taken  from 
him". 

The  general  construction  recalls  säv  2s  xij  toüioj 
xaxaj  X'P=S  itpfioüicsi  ■?/  xa-csaist,  0;ioy.sta8oj  'HXiw 
y.ai  ilsXyjv»):  this  Pisidian  or  South-Phrygian  in- 
scnjition  (Heberdey-Kalinka  p.  7)  undoubtedly  seems 
parallel  in  character  to  the  Neo-Phrygian  text.  The 
comparison  is  favourable  to  Kretschmer's  Interpre- 
tation „may  Heaven  and  Earth  punish  him" ;  but 
until  1.  3  is  explained,  the  translation  of  the  whole 
must  reraaiü  uncertain. 

Perhaps  ElPOl  ATI  ETITT.  cp.  no.  XXV,  and 
eTI   HTITT.  no.  VI. 

VIII.  A  second  inscription  from  the  same  village, 
accidentally  omitted  from  my  former  article,  is  added 
as  no.  XXXVIII. 

IX  iR.  1884).  Isheklar:  letters  very  faint  and 
uncertain. 

This  difficult  inscription  seems  susceptible  of  a 


■"')  I  thought  also  of  correcting  NKOYM  to 
[KA]K0Y[N],  supposing  that  C£MOY  was  used  as 
in  no.  XIX,  and  that  it  was  adverbial:  „in  this 
place",  like  C6MON  no.  XXVII;  this  gives  so  far 
au  easier  correction.  But  INOC  remains  a  difficulty; 
it  would  have  to  be  taken  with  the  final  M  of  1.  I  as 
Jahreshefte  des  österr.  archäol.  Institutes  Bd.  VIII  Beiblatt. 


the  name  of  the  father  of  Zotikos,  MI-INO[r6NOYC], 
on  the  supposition  that  it  was  engravcd  on  the  raargin 
and  connected  by  Hamilton  with  the  wrong  line. 

^^1  But,  as  dialectic  varieties  are  so  common, 
perhaps  MONK[OY]N  e.xisted  beside  MANKAN,  see 
no.   XXX. 


\V.   M.   Rnmsav 


vcr)-  simple  inlcrprcUilion,  wlien  somc  letters  wliioh 
are  niarkcd  in  ray  notcböok  as  unccrtain,  and  which 
wcre  omitled  on  tliat  accoiml  in  niy  former  pulili- 
calion,  arc  aiUlcd.  I  repcat  tlie  Pbryyian  text  in 
a  fuUer  form,  placing  a  dot  undcr  thc  Ictlcrs  indicalcd 
in  my  copy  as  specially  unccrtain 

YCAOYN6TYOYnAC€ 

AeKMOYTAICKINO 

MAYTIMNKANOTeCTAM 

NAIIAAAlTINeNYCPIA 

nAPTYCOYBPA 

The  worils  wliidi  lii-cide  t!ie  intcrpretation  are 
KINOfYJMAlNl  Tl  MNKAN  OTeCTAMNAiN]. '=i 
The  lirst  is  only  a  slijjhtly  modified  form  of  KNOY- 
MAN.  Tl  is  conimonly  used  as  enclitic,  like  ts. 
aftcr  the  word  that  it  connccts  with  a  preccding 
word:  hcrc  it  is  used  like  xai  betwecn  the  two 
■nrords.")  MNKAN  is  to  bc  corapared  with  C6MN, 
no.  XXXI V:  it  is  a  broken  down  form  of  MAN- 
KAN.  CTAMNAN]  is  for  CTAM€NAN  n.  XV  (cp. 
columna,  alumnus,  etc.  in  Latin;  aUo  MNKAN i.  ])arti- 
ciple  of  CTA,  „to  stand",  the  aorisl  €CTA6C  occurs 
in  no.  XXXI.  OT€  may  be  eilher  prefixcd  to 
CTAMNAN,  or  an  adverb,  like  o)5s,  raeaning  „here". 
Tlius  we  have  the  meaning  r,ftT)iv  y.ai  nvT||Utov  itapa- 
xECjisviv  or  iv9-i5s  y.sC|jisvov. 

Sonie  word  meaning  „wife"  must  be  looked  for, 
eilher  AAAITI  (so  Torp  and  .Sayce)  or  nAPTY- 
COYBPA.  The  usual  Phrygian  word,  BONOK  or 
BANCKOC  (no.  XXXVIII),  is  not  cmployed  here. 
I  prefer  to  t.ike  AAAITI  as  correspoiulinf;  to  Greck 
-J.9^,-z:,  -'.fyr,z:.  Then  eilher  nAPTVCOYBPA  raust 
roean  „wife",  or  ibe  idea  was  not  expressed  in  the 
Phrygian  text.  TTAPTYC  may  be  a  dialectic  variant 
of  TTPOTYC  no.  XV;  and  in  no.  XXXI  TTPOTO- 
COY[BPA]  may  perhaps  be  restored  ifollowing  a 
feminine  nominative  with  a  masculine  genitive,  so 
that  thc  meaning  „wife"   suits  well). 

Thc  first  two  words  must  be  the  Phrygian  name 
and  patronymic  of  thc  maker  of  the  tomb.  His  Grcek 
naroe  was  KoVvTo;;  but  il  does  not  foUow  that  his 
Phrygian  name  was  the  same,  or  cven  that  it  was 
similar.  The  first  name  (or  element  of  the  name) 
is  YCAOY(Nj  or  Y[€JAOY  N;  according  to  a  sim|)le 
correction.     This    is    connected    with    B€AO,    watcr. 


Is  the  name  Y[€lAOYN.  .\,|uu,ii,s.  o,  Y|€lAOY. 
N6TYOY.'  Thc  (ircck  l.-M  sluiws  that  a  iimiiina- 
tive  is  wanted;  Inil  -OY  lu.iy  li.ivc  Inen  {\\v 
Phrygian  cnding  in  tliis  ciso,  as  slunvn  liy  niany 
cxamples,   see  no.    XXX. 

Again,  cniipaiin-  nAC€A6KMOYTAIC  wilh 
[,...]A6KMOYTAHCIOY  in  no.  XXXVll.  w.-  lind 
it  probable  llial  ibe  sanu-  namo  cuiiirs  in  Ixilb  cases. 
The  name  is  pirliai-s  nACeASKMOY  and  TAIC 
is  a  patronymic  suffix. 

Thus  Ibe  meaning  is  „Hysdounctnos,  son  of 
Pasedekmos,  places  (he  nionumenl  and  mcmorial  to 
Xcnusria  his  wifc". 

As  to  the  Greck  and  the  l'brygian  name  of  Ibc 
niakcr  of  this  tomb,  it  is  quite  in  accordance  with 
analogy  that  they  sbould  difl'er.  In  his  Phrygian 
surruundings  thc  man  liad  a  Phrygian  name,  in 
Grcek  surroundings  he  bad  a  Gieck  nanic:  be  was 
Y6AOYN€TYOY  6  v.a.1  KdVvxo;.  These  namcs  were 
allcrnative.  not  curaulativc:  thc  proper  translation 
for  6  y.ai  would  be  „otherwise  called".  In  many 
cases  the  Iwo  names  rcscniblc  one  anothcr;  in  some 
lliey  are  quite  differcnt;  but  the  alternative  n.amc  is 
a  pbenomcnon  that  needs  a  detailed  study.  Here 
I  sb.all  only  quote  one  cxample  Taiou  'louMou  'Aito- 
X'.vaftou  (sie!)  axpatiünou  a::[£ipY;;  7tpwT]r);  Xnanr/zräv, 
(oj  5s  Ttpo  tfii  OTpaTsia;  xsxfll'^'C^'-ä  Nstüv?]c/S  xo5 
M-J3-0U  Berl.  Urkunden  no.  887  (d.ited  A.  D.  159—60). 
Here  [NeonrJ  son  of  Mystes  was  a  Grcek-speaking 
oriental,  who  gained  the  Roman  citizcnsliip  by  ser- 
ving  in  the  army  and  thus  l)ccarae  C.  Julius  ApoUi- 
narius.  Instcad  of  thc  longer  cxpression  wbicb  is 
cmployed  here,  it  would  have  had  practically  thc 
same  effcct  to  say  To5  %al  [Nsiov?]oj.  .Similar  de- 
signations  for  Roraanizcd  Greeks  of  Sicily  are  Cn. 
Pompcius,  Philo  qui  fuit,  Cicero  Verr.  IV  48,  Per- 
cenniorum  qui  nunc  item  Pompei  sunt,  ibid.  25;  but 
in  those  cases  Philo  and  Percennius  were  perhaps 
retained  as  cognomina. 

X(R.  1883).  Ak-Sbeher(Philomclion\  Copied 
also  by  Sterrctt  at  the  same  time. 

a>    IOC  Nl  CeWOYN  TOY  KNOY- 
MANei   KAKOYN  AAAAKST, 
6TlT|6TIKM6NOC  €ITOY 

b)    on   a   lower  pari   of  ibc  stone'"j 

l-NHKITAC 


";  Torp  and  Sayce  independently  MNKAN. 
'     Similarly  K€  varies  belween  thc  enclitic  po- 


sition  and  the  interposed. 

■**;    Omittcd    in    my    former    publication    as    un- 


113 


Neo-Phrygian  luscriptions 


114 


a)  The  use  of  tbe  article  aloiig  willi  C6MOVN 
is  due  lo   Greelc  influence. 

b)  Professor  Sayce  compares  HK€TAN  (genitive 
plural)  in  no.  XXX,  and  regards  the  word  here 
as  corresponding  to  theGreek  sv-oizetr];  (the  Compound 
is  not  preserved  in  Greek,  but  raust  have  been  used, 
as  svotxitis  occurs). 

XI  (R.  1883).  Arkut-Khan:  village  of  the 
territory  of  Philomelion.  Copied  by  Sterrett  at  the 
sarae  tirae. 

IOC  CejMON  KNOY- 
MAN61I  KAKUUN 
Z6IP:-jAN  ABBe 
P6T],  TeTIKM€- 
NOC  AlTTIAA  6- 
IJTOY 

KAKUUN  must  be  taken  here  as  feminine  accusalive, 
in  agreement  with  Z€IPAN:  cp.  nos.  VII,  XII. 
ATTIAA,  more  fully  ATTI€AA  nos.  XII,  XLV, 
must  be  an  adverb:  see  on  no.  XII. 

XII.  Ilghin:  near  Tyriaion.  Copies  by  Hamilton 
and  Seetzen.  A  good  deal  of  correction  in  each 
copy  is  needed  in  both  the  Greek  and  the  Phrygian 
text;  but  in  the  Phrygian  te.\t  one  or  other  copy 
usually  preserves  the  correct  reading. 

Eö5a[i[(«)v]  II[p]s[i- 

ßsi  x]-5  [T]uv[a]'.y.[l 

y.ai  la'jxoj  ^öv 

|iv-/jiiy]5  xccptv 
eiOC  Nl  C6MOVN  KNOVMANI   KAK|n)N 
AAAAK6TZ€IP|AN],  AK€01  n€16C  KS' €TIT- 
TeTIKM6NA  ATTI6AA  6ITTNOV. 

KAKriN,  lioth  copies  have  ON,  but  X\  is  an  easy 
and  probal)le  correction:  cp.  no.  XI.  The  terrai- 
nation  of  Z6IPAN  is  omitted,  whether  through  slip 
of  engraver  or  copyists,  or  intentionally  in  the  sarae 
way  as  BONOK  is  accusative  in  Old  l'lirygian.-'') 
AK60I  is  speit  AKKSOI  in  no.  XXXIII.  HSieC 
Hamilton,  TT€IC  Seetzen.  K  is  commonly  used  for 
Y.i  (i.  e.  y.aO  in  Greek  inscriptions  of  Phrygia. 
einNOY   Hamilton,  61HNOV  Seetzen. 

AK60I  may  beaccepted:  cp.  nos.  VII,  XXXIII, 
XXXV.  But  TT6I€CK  or  TTSICK  is  probably 
erroneous;  and,  until  some  analogous  inscription  gives 


certainty  about  this  word  and  about  €ITTNOY  or 
6l[TT]NOY,  it  seeras  hopeless  to  atterapt  anything. 

ATTI6AA  is  guaranteed  by  Mr.  Anderson's 
copy  of  no.  XLV.  Professor  Sayce  suggests  that  it 
corresponds  to  aEtCcf  in   the  sense  of  „tlierefore". 

XHI.    (R.  1883.)     Ilghin. 

IOC  C€MOYN  KNOYMANI  KjAKOYN 
ABB6P6T  AlC 

eriTTeriKMSNoc  atti€]aa  6itoy 

The  last  lelter  iil  1.  i  may  be  C  or  O  or  €. 
Perhaps  \ve  should  read  ABB6P6TA(li  IC.  taking 
IC  as  t!ie  demonstrative  pronoun,  as  in  no.  XXVIII; 
or  read 

ABB6P6TAI  6- 
TIT6TIKM€NOC  ATTie  AA  61TOY; 


or  read  Al€,  Greek  al£v  i-Sayt 
XIV.    (R.   1881,    1883). 


:  cp.  XXVIII  and  VI. 
Khosrev-Pasha-Khan. 


IOC  Nl  C6MOYN  KNO- 
YMANei   KAKIN  AAA- 
Ker  AINA  AAT6AM[Ar  ur  M 
61TIT6TIKM6NOC  A- 
5  CTIAN  [6ITOJY 

Is  AT6AM  a  fault  for  AT€AA,  a  variant  of  ATTISAA 
in  nos.  XII,  XLV.  In  1.  5  my  lirst  copy  ends  with 
N:'")  in  1883  I  observed  that  the  stone  was  injured 
and  Y  occurred  after  a  gap  of  about  four  letters. 
Should  we  read  ACTI  AN  [6ITO]Y?  For  the  pre- 
sent  the  Suggestion  of  Professor  Sayce,  „let  him  be 
deprivcd  of  any  funcral-feast"  seeras  raore  feasible 
than  anything  eise  {connecting  AAT6AMA  with 
Saxioiiat).  The  first  letter  in  1.  4  is  certainly  C, 
but  the  correction  e]TIT6TIKM6NOC  is  easy. 

XV  (R.  1881,  1883).  Seidi-Ghazi  iN.akoleia). 
Copied  also  by  Sterrett,  1883.  Letters  worn  and 
difficult.  as   the  stone  is   friable. 


TANEI  EAYMO- 


HEYNH  TANE1Z[A|Y  |K|0-  o 
AAN  nPOTYC  C|.]  CTAM- 
ENAN  MANKAN  AMI- 
AJCIANIOI  ANAP  AOPYK[A 


The  nuraber  of  lines  lost  is  quite  uncertain.  In 
1.    I   the    second   last    Symbol  may  possibly  be   M   in 


intelligible    and    not    forraing   part    of  the   main   in- 
scription. 

^■■)  See  my  paper  in   Bezz.   Beitr.  XIV  310. 


'^)    The    note  2    in    my    former    article    p.  393 
should  read  CTIAN   in  place  of  CTI. 


\V.   M.   Kiims 


Il6 


ligalurc  witli  O.  or  +  or  impcrfect  K.  l'iofcssor 
Slcrretl  and  my  copy  ol"  1881  read  +;  but  my  eopy 
of  1SS4.  which  was  made  with  cxtremest  care,'") 
rcjcctcd  +  and  read  KO.  There  is  no  ollicr  note- 
worlliy  disagrcenicnl  in  ihe  cnpies,  cxccpt  tliat  in 
1SS4  I  markcd  lOI  in  1.  4  as  qui(e  uncert:iin. 
Tlic  lirst  lellcr  of  4  can  ouly  be  iiart  of  A  or  A  01 
A  or  M.  In  a  diflicult  inscription  likc  tliis  C  ami  E. 
I  and  T,  A  and  A  niay  casily  be  mistaken  for  nnc 
anollier.  It  was  not  certain  that  there  was  a  letter 
aftcr  K   in   1.  4. 

CTAMENAN  MANKAN  scems  here  praclically 
certain,  cp.  no.  IX:  and,  if  so,  an  adverb  of  locality 
must  neccssarily  prcccde.  TTPOTYC  llien  must  be  an 
adverb,  meaning  ,in  front*.  Ni^w  ^EYNH  is  a  common 
Pbrygian  female  name.  As  to  thc  intcrmediate  words, 
at  first  one  naturally  looks  for  the  father's  name  in 
genitive,  or  tliat  of  the  buried  person  in  dativc,  or 
both.  But  TANEl  or  TANEIH[A]Y  scem  improbable 
nanies.  Moreovcr  Ibe  definitc  arlicle  or  a  demon- 
strative adjective  is  wanted  before  MANKAN.  Thcre- 
forc  I  takc  TAN  as  thc  first  Word  alter  HEYNH: 
and  in  the  foUowing  lelters  I  should  look  for  a  name 
for  the  tomb.  Considering  the  importance  ol"  the  lomb 
in  the  old  Phrygian  religion,'')  and  the  great  variety 
in  the  forms  that  it  took,  wc  must  expect  that  there 
were  many  differcnt  namcs  for  it.  A  few  cxamples 
of  the  various  Greek  naraes  used  in  this  region  are 
quoted  under  no.  IV.  Accordingly  El . .  Y.  OAAN'-') 
conceals  the  name  for  thc  sepulchre.  A  second  name 
was  connected  with  this,  and  KE  or  TE  or  Tl  ought 
to  occnr:  pcrhaps  read  TTPOTYC  [TE],  where  T 
seems  an  easy  correction  for  C,  considering  how 
wom  and  obliterated  the  letters  are  in  this  soft 
friable  volcanic  conglomcrate.'")  HsOva  "ov  'fu>\ib-i  •/.%: 
-i>  l|infO-!Hv  •/.£(|iEvov  jivT,|isTov  is  the  sense. 

With  AMICIANIOI  (r?)  compare  AKEOCIOI 
in  no.  XVIII. 

In  1.  4  AOPYK[AON]  is  probably  thc  name 
of  the  dcceascd,  the  Greek  Aip'jy.>.!/J  (which  is  con- 
nected in  several  cases  with  Asia  Minor,  e.  g.  a  son 
of  Priam  and  a  companion  of  Aeneas  bore  the  name). 
ANAP  may  be  the  Greek  ivrjp  (Torp);  but  must  be 


.\n  ol>lii[Uc  c.iso.  will)  casc-cndin^  droppcd,  as 
BONOK(AN)  and  FANAKJAN)  oaur  in  Old- 
Phrygian. 

XVIII  (R.  18S4).  liaiyat.  I  liavc  lailcd  lo  make 
anylhing  of  consequcnce  Irom  ;i  rcncwed  study  of 
the  Impression  (which  is  now  al  ibe  Arcli.  Institute 
in  Vienna).  After  being  ;i  years  in  the  damp 
i'limate  of  .Scotland,  it  has  lost  its  sharpness.  Parts 
of  the  fext,  however,  read  like  metrical  Greek, 
ö|jiad(E)ls  and  iTtl  6|io!a;  y.st|iai  'Apsui:^')  but  olher 
parls  cannot  be  by  any  process  made  to  read  as 
Greek.  The  last  threc  lines  are  less  dilTicull,  in 
so  far  ns  the  formula  is  known  : 

s    AINIKOC  CEMOYN  KNOYMANEI  K- 

AKOYN  AAAAKET  AINI  MANK.A:  AKEO 
.^>    CIOI   ME  TOTOC  CEYnCAPNAN  dniisi 

In  1.  .)  KEO  m:iy  he  NEO  or  possibly  AEO  or 
BeO.  TOTOC  is  connected  with  TEYTOYC  in  no. 
XXXIII.  The  last  Word  may  possibly  Iie  the  name 
ol  tlie  peo|ile:  the  letters  EYF  in  this  name  are 
quile  uncertain.  ME  here  must  probably  mean  „in" 
or  „among"  (Greek  nsxä,  somctimes  shortened  to  M€ 
in  inscriptions  of  the  district,  as  in  modern   (ircek). 

A  verb  is  neeilod  in  llie  apodosis,  and  can 
only  be  found  in  KEOCIOI:  if  the  letter  A  may  be 
taken  as  common  lo  MANKA  and  the  following 
word^-),  we  liave  AKEOCIOI,  which  is  similar  lo 
AK60I  (or  AKKSOIj,  no.  VII,  XII,  XXXIII.  If 
the  latter  is  a  case  of  a  noun,  this  may  be  a  verb. 
The  meaning  seems  to  be  „may  he  want  any  grave 
among  thc  people  of  the  S(eugi)sarni". 

AINIKOC  must  stand  in  the  ~ame  rclation  lo 
the  commoner  IOC  as  Ti;  doe«  to  äs  in  Ihc  same 
Position  in  Greek  inscriptions  c  ..'hrygia:  see  no.  I  V. 
Solmsen  would  divide  AI  N',  KOC,  taking  AI  as 
cquivalent  to  sl,  and   KOC   lo  Latin  quis. 

XIX  (R.  1883).  Alikel  (.Orkistos).  Pococke's 
cojjy  in   CIG  3822  c.     Copied  also  by  Sterrelt    1883. 

IOC  C€MOY  KNOY- 

t   MAN6I   KAK|   .|.  eTIT6T€IKM6NOC  6ITO|Y 

The  texl  is  indubitable,'';  except  that  the  resto- 


")  I  had  Sterrett's  copy  and  compared  it  with 
tbe  stone. 

^1  See  Cities  and  Bisboprics  of  Phrygia  I  98  f. 
and  BCH  1898  p.  236. 

^')  The  letter  after  El  is  either  Z  or  E. 

«■ ;  I  also  thought  of  C[E]CTAMENAN  as  perfect 


participle. 

"  These  readings  are  uncertain,  and  vary  much 
from  the  former  pulilication. 

*^)  Compare  K(€)  frequcntly  found. 

*'■')  Thc  last  M  was  by  a  slip  of  printcr  re- 
prescntcd  by   H  in   my   former  publication. 


117 


Xei)-Pliry<;ian   Inscriplions 


ii8 


ration  after  KAK  •  '  "   is  micertain:   apparently  a  verb 
dcrived    from  the  adjective  was  used,  Greek  •/.:t:/.om. 

XX  (R.  1883).  Piribeili  (Pissia?).  Recopied  and 
improved  by  Anderson,   1899. 

A'jf].  nov:i£Vo;  xai  Kapixij  y.ai  IIa::£a  oi  KapixoO, 

y.XyjpovdiiO'. 
aÜTO'j,  E5i[(p  Jta;x]pl  -fXuxuxäxip  xai  TocTst  ä?iXcf  f^  äojpo) 
xal  liigtpl  Taxfif  tlojav/  |ivT][ny)s  x«p"']'    'O^^  Nl 
CEM[N    KNOY|MANEI    KAKOYN   AAAKET  Tl, 

TETIKMENOC 
AACKNOY[M6NOC 

Mr.  J.  G.  C.  Anderson  lias  the  addition  TTON 
at  the  beginning;  and  he  shows  no  gap  for  a  Single 
letter  (i.  e.  E)  after  AAAKET.  I  now  omit  aÜTO'j 
from  the  gap  in  1.  2  (though  this  restoration  supplies 
rather  few  letters  in  the  lacuna;  but  there  may  have 
been  a  gap  at  the  end  of  1.  I.  There  is  not  room  for 
CEMOYN  in  füll,  and  therefore  I  now  read  CEMN 
as  in   no.   XXXII. 

AACKNOY,  foUowed  by  a  gap  large  enough 
für  hve  or  six  letters,  of  which  the  first  was  A  or 
A  or  M;  but  the  line  was  perhaps  never  filled  up; 
and  there  may  be  only  one  or  two  letters  lost.  It 
is  tempting  to  compare  Hesych.  AACKEI  •  ßXan-st, 
'^8-sipst,  and  restore  AACKNÖY[MEN0C],  with  the 
Phrygian  word  corresponding  to  iz'l  iinderstood.  It 
would  be  possible  to  divide  AAC  KNOY[N],  taking 
the  last  word  as  shortened  ior  K€NANNOYN 
no.  XXXV  (compare  CEMN  for  CCMGYN  in 
no.  XXXIV);  but  the  other  restoration  is  more 
tempting,  as  the  first  letter  in  the  lacuna  seems  to 
be  M,  not  N. 

XXI  (R.  1.SS3).   Piribeili  (Pissia?). 

IOC     CA     COPOY     KAKE 
AAAKET,  ME  ZEMEAUJC  16TITTETI- 
KMENOC  EITOY 

It  seems  beyond  doubt  that  COPOY  is  bor- 
rowed  from  the  Greek  aopöj,  and  is  not  a  native  Phry- 
gian word.  The  native  lauguage  was,  therefore,  still 
a  spoken  language,  not  a  niere  survival  in  a  few 
hieratic  formulae;  but  it  was  gradu.ally  giving  place 
to  Greek,  and  Greek  words  were  replacing  Phrygian. 
The  accusative  KAKE  for  KAKOYN,  KAK  IN  (cp. 
no.  II  (b)  YK€),    is   a   much  broken-down   form. 

Comparing  no.  XVIII  ME  TOTOC,  we  can 
hardly  doubt  that  ME  Z€MEACL)C  here  means 
„among  men." 

XXIV  (R.  1S.S3].  Piribeili.  Anderson  1899  com- 
pletes  the  last  two  lines  in  accordance  with  another 


inscription:  [iaa]  s^i  j|jiot,  5[i];i>.ä  aot  9-2[6]j  ävxa- 
7:o5otx[o. 

XXV.  Village  near  Olu-Borlu  (Apollonia).  Ha- 
millon's  copy. 

lOZ  Nl  ZIMOYN 
KNOYMANI  |K|AKOYN  AB- 
BIPETO:,  AINIM  MYPATOZ:- 
Nl  lAEOr  ZllMEAnZ  Tl  MEKA- 
T|l|    EjTITTETIKMENOr    EITOY 

AININ  is  assimilated  tn  f,.llowing  M:  cp.  AA- 
AAK€M  no.  XXXV:  AININ  is  weakened  from 
AINOYN,  no.  VI,  as  KAKIN  f..r  KAKOYN. 

XXVI.  Tch.iryk-Serai  inear  Xeapolis  of  Pisidia). 
Sterrett's  copy,  F-pigraphic  Journey  no.  175. 

IOC  Nl  CEMON  KNOYMA- 
NE  KAKON  AAK€T  AINI 
MANKA  Tl   ETITTETI- 
KMENOC  EITOY 

There  are  two  jidssible  ways  <if  construing: 

1.  CEMO[YlN  KNOYMANE  AINI  MANKA  Tl: 
Tl  =  xs,  compare  xv]'/  aopov  xai  xiv  pioniv  and 
many  siniilar  expressions  in  the  Greek  epitaphs  of 
Phrygia:  compare  also  no.  XXIX.  If  this  be  so, 
AEÖr  ZEMEAUUC  Tl  i. which  occurs  in  XXV, 
and    perhaiis  also   V,  XXI)    is   ecpiivalent  to   A60C 

K€  Z6M6AUJC,  no.  VI. 

2.  Regard  Tl  as  an   error  of  the  engraver;   then 

AINI  MANKA  ETITTETIKMENOC  EITOY  is  the 
usual  form  of  apodosis,  see  nos.  XIV,  XVIII,  „let 
him  be  deprived  of  any  memorial." 

The  simple  AAKET  is  htre  used  in  place  of 
the  Compound. 

XXVII.  Xeapolis.   Sterrett's  copy. 

IOC  K6  CSMON  TO  KAKON  OA[AAK€T? 

XXVIII  (R.  1887).  Publishcd  formerly  from 
Sterrett's  copy,  Wolfe  Expedition  no.  571.  I  now 
give  it  according  to  my  own   copy. 

IOCNIC6  IX-taced  MOYN 
KNOY  Rdief  MANe 
KAKO  YNAA 

K€TIC€TIT6TOYKM6 
NOYN6ITOY 

IOC  Nl  C6MOYN 
KNOYMAN6|l- 
KAKOYN  AAIAA 
KeT  IC  €TIT€TOYKM6- 
NOYN  €ITOY 


119 


W.  M.  K.<ms;\y,   Ni'o-l'liry(;i;\n    Insi-riptiuiis 


IC dcmonslrativc:  Latin  is.  ProfossorSaycesuggcsIs 
that  IC6TI  should  be  taken  togetlier:  GrceU  glo^Ti. 
Tlic  parliciple  is  hcre  ncuter,  instcad  of  tlie  usii;\l 
masrulinr.  The  spcUing  -TOYK-  for  -TIK-  or  -T€IK- 
is  remarkable.")  In  1.  3  tlie  syll:il)lo  AA  lias  liccn 
omitied:  an  engraver's  error.  T€TOYKM€NOYN 
is  a  false  gender,  probably  due  to   bad  composition. 

XXIX  ^R.  1887)  Sterrctl's  copy,  Wolfe  Exp. 
no.  500.  I  give  my  own  copy 

r;;.  oC  A;o-;£vouj,  inoirfluv 
i:%  xsxvt;TOl•J^  Xo'jvä  .  ir.::'  (A.D.  250). 
IOC  C€MOVN  KNOVMAN€ 
5  K(e  1  AINI  MANKA  KAKON  AAAAK- 
[6T,  €TIT€TIKMeNOC  6ITOY] 

The  double  liative  in  I  and  2  connected  by 
K\€)  means  -v'izif  zih  rjpqxj)  xe  xflis  Tf,  oopm  (see 
other  examples,  no.  IV).  In  1.  5  the  first  letter  must 
be  K   (or  K,  i.  e.  y.£,    common  in   Greek    epitaplis  of 


riirvijii.  I  wis  v.-ry  a.uil.tri.l  ..l.oiu  llu-  n-adin^  K: 
tlie  letter  is  bluned,  and  I  couUl  onlv  read  I.  Stenett 
reads  doubtfuUy  K,  which  must  be  rif;lu.  IIo  transcribes 
tbc  (ireek  in  a  very  diffcrent  way. 

The  date  B713'  is  important.  It  must  indubitalily 
be  rcckoncd  from  tbe  provincial  era,  25  B.  C.  It  has 
becn  a  common  error  (into  which  cven  so  accurate 
a  Scholar  as  Waddin};ton  feil)  to  reckon  from  thc 
Asian  era  85 — 4  B.  C.  in  thc  case  of  inscriplions  in 
this  neighbourhood.  But  this  Valley  was  in  Provincia 
Galatia  from  25  B.  C.  to  295  A.  D.  Formerly  I  at- 
templed  to  count  Lebas -Waddington  1192  from  the 
era  of  freedom  190 — 80  B.  C,  but  af\er  secing  the 
inscriptioii  in  1905,  I  havc  no  doubt  that  thc  era 
must  bc  25  B.  C.  I  was  for  a  lime  undcr  the  mistaken 
bclief  that  this  region  was  transferred  to  Provincia 
Pamphylia  in  the  second  Century;  but  I  have  now 
found  evidence  to  denionstrate  that  it  remained  at- 
tachcd  to   Galatia  during  the  third  Century. 

Addendum.  No.  XLII.  Prof.  Kretsrhnier  had 
proposcd  the  sarae  interpretalion   ul'  ICNIO. 

Aberdeen.  W.  M.  RAMSAY 


Sidrona. 


Den  Herausgebern   der  in  BruSka')   gefundenen 

Terminationsinschrift: ]Cacs[a]ris  Ati\^.  Genn. 

i]iilcr  Siärinos  et  Asseriales  Q.  Aebtiliiis  Liberalis 
(ceulurio)  leg.  XI  defiitii.  ist  Jahresh.  1905  Beibl.  54 
entgangen,  daß  die  Stadt,  deren  Ethnikon  Sidrini 
hier  zum  ersten  M.ale  erscheint,  bereits  bekannt  war. 
Ptolemaeus  nennt  II  16,  9  f.  unter  den  „i:iXs'.; 
lissd^siot  A'.ßvjpvCa;" :  Oiapouapia,  2a?.ou{a,  "ÄJpa, 
"Apa-jM'/ot,  'AijEjta,  Bvjfvov,  S'.dpwva,  B/.avtöva, 
06o~4fO'J|i,  Xr,?'.vov  und  führt  V'III  7,  8  unter  den 
Fixpunctcn  zwischen  lader  und  Salona  an:  7^  Z'z 
^'.ipmvz  TrjV  [is-,'(3TT,v  fjUipav  V/^t:  wföiv  iE  fiß'  y.al 
JtisTT^y^v  äi>.EJayipECa{  npij  56ie'.;  («psf  a  r/.  Für 
die  Identität  von  Sidrini  und  Sidrona  spricht  nicht 
nur  die  Kongruenz   der  Kamen,   sondern  auch   der 


Umstand,  daß  der  Geograph,  wie  ein  Vergleich  seiner 
Liste  mit  IL  Kieperts  Formae  orbis  antiqui  XVII 
oder  mit  R.  Kieperts  Tab.  VI  im  CIL  III  .S.  zeigt, 
die  Stadt  in  dem  Teile  Dalmatiens  namhaft  macht, 
wo  die  Sidrini  durch  die  Inschrift  localisiert  werden. 
Ihren  Vorort  suchen  ColnagoKeil  a.  a.  O.  54 
mit  Recht  in  der  nächsten  größeren  Kuinenst.ätle 
städtischen  Charakters,')  deren  Territorium  in  Bru5ka 
gegen  das  im  SW  gelegene  Asseria-Podgragje  ab- 
gegrenzt werden  konnte,  sie  verlegen  ihn  auf  die 
von  der  Fundstelle  des  Grenzsteines  einige  Meter 
über  3  Kilometer  entfernte  Gradina  von  Medvidje; 
doch  behielten  sie  a.  a.  O.  54  und  59  f.  für  ihn  den 
Namen  Hadra  bei,  der  dem  Platze  seit  -S.  Ljubic'') 
bloß  auf  Grund  der  Distanzangaben  der  Tab.  Peutin- 


";  See  on  no.  XXX. 

')  Die  Fundstelle  liegt  in  dem  zu  Bruska  ge- 
hörigen Orlsteile  .Sekes  2"  südlich  des  von  Med- 
vidje nach  Benkovac  führenden  Reitweges  auf  der 
Geineindeweide  „kod  Sekcsa"  genau  unter  di  des 
Wortes  Livadice  der  Specialkarte   (l  :  75000),    Blatt 


„Novegradi  und  Benkovac"  (Zone  29,  Col.  XIII). 
Diese  für  einen  Grenzstein  unerläßlichen  genaueren 
Daten   verdanke  ich    Herrn    Oberlehrer    A.  Colnago. 

2)  CIL  III   2844  — 284G. 

^j  Archiv  für  Kunde  österr.  Geschichlsfiucllen 
XXII   253. 


C.  Patsch,  Sidrona  —  Dusmanes. 


geriana  beigelegt  wird.')  Wie  wenig  stringent  diese 
Gleichung  war,  ersieht  man  daraus,  daß  Mommsen 
Ephem.  epigr.  II  p.  34g  nach  Anffindung  des  Grenz- 
steines CIL  III  9938  hier  Alveria  ansetzen  wollte. 
Man  wird  wohl  nun  dafür  Sidrona  einsetzen  dürfen. 
Wie  der  Name^)  und  die  Lage  des  Ortes  auf 
einer  isolierten,  steilen  Hohe'')  beweisen,  ist  die  Stadt 
aus  einer  älteren,  epichorischen  Siedlung  hervor- 
gegangen und  sie  stellt  im  Verein  mit  Clambetae, 
das  Colnago-Keil  a.  a.  O.  58  ff.  auf  der  Cvijina 
gradina  bei  Obrovac  festgelegt  haben,  mit  Corinium, 


Nedinum,  Asseria,  Arupiura,  Flanona,  Albona,  Ne- 
sactium  usw.  einen  eigenen,  besonders  Norddalmatien 
eigentümlichen  Typus,  den  „Hochstadttypus",  unter 
den  Siedlungen  unserer  Provinz  dar.') 

Durch  die  inschriftliche  Sicherung  des  Namens 
Sidrona  entfällt  die  wiederholt  vorgeschlagene')  An- 
nahme einer  Corruptel  bei  Plolemaeus,  wonach 
Sidrona  aus  Stridon  verschrieben  sein  sollte,  und  geht 
damit  eine  Stütze  für  die  Ansetzung  des  letztgenannten 
Ortes  bei  Rastello  di  Grab,  im  Grahovo  polje, 
beziehungsweise  in  Strmica  verloren. 

Sarajevo.  C.  PATSCH 


Dusmanes. 


Im  Gebiete  von  Naissus')  verzeichnet  Procopius 
de  aedificiis  284,  5  das  Castell  A(3Üo(iavs;.  W.  To- 
maschek  hält  den  Namen  für  thraUisch  und  ver- 
gleicht Die  alten  Thraker  II  2  S.  73  damit  „neupers. 
dus-man,  zd.  dusmanao,  skr.  durmanäs,  gr.  SuaiiEvvj; 
, übelgesinnt'  und  5u3|ia'.vaf  at  iv  Siiap-uatj  Xiup£- 
TtSsg,  Baxxat".  Der  Ort  ist  jedoch  identisch  mit  der 
Straßenstation  Praesidium  Dasmini  der  Tab.  Peuting. 
und  Dasmiani  beim  Geogr.  Rav,  192,  2,^)  und  zwar 
um  so  sicherer,  als  auch  die  von  Naissus  noch  nord- 


licher liegende  Mutatio  Sarmatorum  des  Itin.  Hiero- 
sol.  564  bei  Procopius  283,  37  in  der  nämlichen 
Region  als  2ap|Jia-iEs  vorkommt.  Daß  die  Forti- 
ficatlonen  Justinians  im  Binnenlande  vorwiegend  der 
Straßensicherung  galten,  ist  von  vornherein  klar  und 
wird  auch  durch  die  Identität  von  Procopius  284,  15: 
Ms5iava  mit  dem  gleichnamigen  Vororte  von  Naissus 
bei  Ammian  XXVI  5,  I  ^)  und  von  Procopius  284,  19: 
"Epy.ouÄa  mit  der  Station  Ad  Herculem  der  Straße 
Naissus-Ulpiana  auf  der  Tab.  Peuting. ••)  erhärtet. 
Sarajevo.  C.  PATSCH 


*)  Mommsen,  CIL  III  p.  369;  H.  Kiepert,  CIL 
III  tab.  III  und  Formae  orbis  antiqui  XVII; 
W.  Tomaschek,  Mitteilungen  der  Geographischen 
Gesellschaft  in  Wien  1880  501;  R.  Kiepert,  CIL 
III  S.  tab.  VI;  L.  Jelic,  Wissenschaftl.  Mitt.  1900 
S.   194. 

^)  ^  g^'  gleich  in  der  nächsten  Nähe  Aenona, 
Blandona,  Scardona,  Promona  usw.  P.  Kretschmer, 
Einleitung  in  die  Geschichte  der  griechischen 
Sprache  256. 

*)  Über  die  Position  römischer  Neuanlagen  vgl. 
Patsch,  Wissensch.  Mitt.  IX   172  f. 

')  Über  andere  Typen  vgl.  mein  „Sandschak 
Berat  in  Albanien"   3  f. 

')  Vgl.  F.  Bulic,  Festschrift  für  O.  Benndorf 
276  ff.;  Jelic  a.   a.   O.   S.  194  f. 

^)  Vgl.  C.  Jirecek,  Die  Heerstraße  von   Belgrad 


nach  Constantinopel  62  und  Die  Romanen  in  den 
Städten  Dalmatiens  während  des  Mittelalters  I  15. 

-)  Die  Inschrift  Vjesnik  hrvatsk.  arheolosk. 
dru.stva  1901  S.  88  (vgl.  A.  von  Preraerstein-N.  Vulic, 
Jahreshefte  1901  Beibl.  I34f.)  bedarf  noch  der  Nach- 
prüfung. Vgl.  dagegen  CIL  III  10212  (Bassiana): 
Dasmenus;  D.  LXI:  Dasmeno  Festi  f.  Azalo;  D.  CI: 
Dasenti  Dasmeni  f.  Cornae(ati).  Nach  dem  Ver- 
breitungsbezirke ist  der  Name  illyrisch. 

')  Percursis  Thraciis  Naessum  advenerunt,  ubi 
in  suburbano,  quod  appellatum  Mediana  a  civitate 
tertio  lapide  disparatur,  quasi  mox  separandi  partiti 
sunt  comites.     Jirecek,  Die  Heerstraße  22;  62. 

^)  Vgl-  Jordanes  131,26;  Mommsen,  Inde.\  158 
und  CIL  III  p.  268;  A.  von  Domaszewski,  Arch.- 
epigr.  Mitt.  XIII  150;  F.  Kanitz,  Römische  Studien 
in   Serbien    1 14  f. 


A.  \Vilhclm.  Tnsrlirift  aus   ni-l|>l)i 


\2.\ 


Inschrift  aus   Delphi. 


In  seiner  Sclirilt  De  rebus  Delplücis  impc- 
raloriae  .letalis  \^Montpellicr  1905)  teilt  K.  Bour- 
guet  p.  14  folgenden  Beschluß  der  Stadt  Delphi  mit: 

[■E-£;?r,...  M6n|u]o;  XsCxaväpG;  "A::o  (oder"A(fpo1  — 

[ ]  uü;  |äv  tcO  [spstuj  Me|iii!ou  E'J[ft-u5iiiou 

[xal  Ms]n|i!a;  E'j9'u8an£).X»i;,  Ix-fsvo;  5s  SI[£]i|u]ag 
[Aoür.ot];  Tf^;   i(,yr,iio;.  ttjv  -4>,iv  r^ntov  v.xi  t[öv 

ä]';ftüva 
5  [t]öiv  llu9-iu)v  SV  TS   -fpaiina-sJais  xal  au3T[r,nati- 

x]a'.; 
xai    -al;    i/j.T.;    v''-^"^'-l '■'''•»    X03nrj3a;    si;    [-äv 

t]ö  xp£- 
t'ov  svv^/.ajsv,  s5o;sv  -f,  -i/.si  -si|iäj  [aO-iTi  xi; 
f,p(uVxi;   i'i?^"'^*'''-  [""•  xa]-:£'JX£39-a'.  aO[-tT) .... 
. .  SV  Ttf'j-x-n'M  xa['.  ävo(YOps03]ai  a0t[o5  -i;  xs'.n- 
lo  ij  SV  -a!;  £ni3ri|i0Ta[-aij  ;:öXeoiv  ztX. 

Der  Herausgeber  bezeichnet  die  Ivntzifferung 
der   drei    Bruchstücke,   durch    deren    Vereinigung   er 


uns  die  Urkunde  gewonnen  hat,  ausdrücklich  als 
schwierig.  F.s  wird  daher  gestattet  sein,  in  /..  5 
mit  leichter  .\nderung.  da  sich  die  Zeichen  i;  und  Z 
in  schlecht  erhaltenen  Inschriften  römischer  Zeil  zum 
Verwechseln  ähneln  kiinnen,  statt  des  unverständ- 
lichen ouaT[r(|iaTix]aTj  zu  lesen:  gi>3T[apx(]a'.{.  So- 
mit ist  auch  in  der  nächsten  Zeile  die  Lücke  etwas 
kleiner  anzusetzen  und  einfach  sis  [xjb  Xf^'"''  evVjX- 
Xafsv  (nicht  |is-yiXXa5sv ?)  zu  ergänzen;  HEidstr)  sl? 
■zb  xpswv  heißt  es  in  einer  Grabschrift  aus  Galatien 
Jiiurn.  of  hell.  stud.  XIX  92  N.  72  c  (Inscr.  graec. 
ad  res  roni.  pert.  III  220).  Nach  xaxsüxssSai.  aü[T(y> 
ist  vor  SV  -p'JTavs!(|)  sicherlich  xiv  Espvj  zu  lesen; 
Bourguct  gibt  richtig  an:  v.  9  initio  desunt  duae 
litterae  quarum  priorem  P  fuisse  not.ivi  sane  dubi- 
t.-tnter.  Z.  8  ist  Tag  entljehrlich.  Eine  vollständige 
S.aramlung  aller  ähnlichen  Beschlüsse,  für  die  K.  Bu- 
resch  in  seiner  Abhandlung  Rhein.  Mus.  XLIX  424 
den  Grund  gelegt  hat,  ist  längst  erwünscht. 

AVicn.  A.   WILIIKLM 


Zu  einem  Papyrus  der  Sammlung  Flinders  Petrie. 


In  dem  neuen  Bande  On  tlie  l-linders  Petrie 
Papyri  iRoy.il  Irish  -'Vcademy,  Cunninghara  Mcmoirs 
XI,  Dublin  1905)  wird  p.  334  ein  neues  Bruchstück 
des  seinerzeit  von  Ulrich  Köhler,  Sitzungsber.  Akad. 
Berlin  1894  S.  445  behandelten  Berichtes  über  den 
dritten  syrischen  Krieg  veröffentlicht,  der,  wie  sich 
nun  herausstellt,  im  Namen  des  Königs  Ptolemaios 
Euergetes  selbst  verfaßt  ist.  Zwölf  Linien  werden 
als  verloren  bezeichnet,  dreizehn  sind  erhalten,  doch 
nach  der  Annahme  der  Herausgeber  sehr  unvoll- 
ständig. 'Assuming  this  column  to  have  been  the 
samt  width  as  the  others,  not  more  than  about  sixteen 
letters  in  lines  20—23,  and  about  twenty  in  the  others, 
have  been  lost  at  the  end;  but,  owing  to  the  irre- 
gularity  of  Ihe  righthand  margins,  there  may  have 
been  fewer  letters  in  some  of  the  lines.'  Es  ist 
augenscheinlich  übersehen  worden,  daß  die  Zeilen 
mit  Ausfall  weniger  Buchstaben  oder  sogar  unmittel- 
bar aneinander  schließen.     Ich  lese  Z.  17  fr.: 

rap"  lxä3T/,v  ^ix£a[v 

VJi  -O'.O'JjlSVO'.  2t£-i/.£3a[. 

15 ro/j.räv  f^jitv  SvTOjv  xöiv 


[z-fii  .  . .]  t[c.6]-ü)v  sx-svsiat"  l-sl  5'  &5v  <ai>  [xä 
7:apa3iaO'ivxa  ftOiiaxa  Tiapa  -s  x[(«v]  T,[7]s[ndv(uv 
xa[i]  xtöv  tiltoxöjv  xax£aT:E{3a|).EV,  yfir, 
20  f,>.iou  nspl  xaxa-^opav  övxo{  ElasJ.O-o|isv  eOi)-£o)[s 
Tipbz  "')''  ä?£?.ifT|V  xal  [lExä  -aOxa  i:pi;  tS)[i 
-päa3Eiv  X'.  Ttöv  y^(,r,Gi\wfi  s-ftviiisO-a  -zril^ 
Y,-,'£|iistv  xal  x^l;  oxpaxtojxa'.;  xal  xo'.g  äXy.oi;  [xot; 
xaxä  xr,v  yjibf.m  xp'll''^''-»^"'"-;  ''■"^  '^-p'  [.'■''>''  '■'- 
2sXwi  ßoij?.(Eu)6iuvci-  npö;  xoüxoi;  2s  v^liEpaj  X'.v[ä; 
xxX. 
Auch  in  den  früher  bekannten  drei  Bruchstücken 
Flinders    Petrie    Papyri  11    p.  145    (Appendix   p.  l) 
sind   die   Zeilen  Normalzeilcn  (Jahreshefte  III  165). 
Ich  versuche  keine  Ergänzung  des  ersten  Satzes  und 
gehe  auf  eine  Erörterung  des  Zusammenhanges  nicht 
ein;   das  Erhaltene   ist   im   wesentlichen  unmittelbar 
verständlich.     Z.  17   zu  Ende,   wo   ich  xä  lese,   ver- 
zeichnen   die   Herausgeber   "L  Z.  18  statt  napa  xftv 
y,vEiicvo)v:     -apa-s-p[. JrjiisL;     in    Z.   19     xa     ^^^^,^ 

.j    tüj-iov         j^  jgj,  jg,2,jn  xeile  halte  ich  ^ow.iaffA 

<a .  xiov> 
für  verschrieben   statt  pViXsuijtsvot. 

Wien.  A.    \VI1.HKI..\1 


125 


E.Petersen,    NaclUrag  zu   S.  185  ff.    —   F:mil   Sz.uitd,    Willielm   (nirliU,    ."Mois    lliej;! 


Zu  Helbigs  ,,Die  :r,r.ziz  und  ihre  Knappen"  (.S.  185  ff.) 


Die  streitigen  Punkte  scheinen  mir  liinlänglicli 
erörtert  ?,u  sein,  um  dem  unparteiischen  Leser  das 
Urteil  überlassen  zu  können;  so  über  die  Schutz- 
waffen der  Knappen ,  Amazonen  (die  ich  .echte 
l<.eiterinnen'  natürlich  im  Sinne  der  späteren  tTlTiStj 
nannte,  niclit  von  Ursprung  her),  so  über  die  .Stelen- 
reiter; so  auch  ob  Kleo|)hantos  mehrere  Pferde 
gleichzeitig  oder  nacheinander  brauchte;  ob  Kimons 
ostensible   Handhing    (Plut.   Kim.    5),    als    es  galt   äv 


"atg  va'joi  tä  in/. a  i)-i-!l-a'..  dahin  zu  verstehen, 
daß  er  nur  einen  Zügel  und  keinen  Schild  besaß; 
ob  man  sich  über  die  thrakisch  Gekleideten  auf 
attisclu-n  Vasen  minder  vorsichtig  ausdrücken  darf 
als  ich  getan.  Den  ungriechischen  Bart  fand  ich  an 
dem  Manne  oben  rechts  in  Helbigs  Fig.  30  b  (natür- 
lich auf  Hartwigs  Tafel).  Daß  mein  Satz  über  die 
Dioskuren  (.S.  80,  21)  unrichtig  gefaßt  war,  gebe 
ich   zu. 

Berlin.  E.    PETERSEN 


Kmil  Szanto,  Wilhelm  Gurlitt,  Aloi.s   Riegl. 


Binnen  Jahresfrist  wurden  dem  Institute  drei 
seiner  hervorragendsten  Mitglieder  entrissen.  Un- 
vermutet nahm  ein  sanfter  Tod  Emil  Szanto  hinweg. 
Längeres  Siechtum  bereitete  bei  Wilhelm  Gurlitt, 
schwere  schmerzvolle  Krankheit  bei  Alois  Riegl 
auf  das  Unvermeidliche  vor.  Keiner  von  ihnen  er- 
reichte ein  hohes  .\lter.  Gurlitt  starb  einundsechzig- 
jährig.  Das  siebenundvierzigste  Lebensjahr  halte 
Szanto  nur  um  wenige  Wochen,  Riegl  um  einige 
Monate  überschritten. 

Wilhelm  Gurlitt,  gelioren  am  7.  März  1844  zu 
Rom,  gestorben  am  13.  Februar  1905  zu  Graz, 
kam  aus  einem  Künstlerhause,  und  diesen  seinen 
Ursprung  verleugnete  er  nicht  in  seinem  Wesen  und 
Wirken.  Für  die  Richtung  seiner  archäologischen 
Studien  war  Sauppes  strenge  philologische  Schulung 
entscheidend,  der  er  sich  in  Göttingen  unterzog,  und 
Ernst  Curtius'  Vorbild  und  Lehre  führte  ihn,  fast 
im  Widerspruche  zu  seiner  römischen  Geburt,  in 
jungen  Jahren  nach  Griechenland.  In  einer  Schule 
zu  Athen  wirkte  er  eine  Zeitlang  als  Lehrer  der 
deutschen  Sprache.  Als  die  späte,  aber  reife  Frucht 
seines  griechischen  Aufenthalts  stellt  sich  sein  Buch 
über  Pausanias  (1890),  ein  Muster  besonnener  Kritik, 
dar.  Mehr  aber  als  in  der  gelehrten  Forschung  griff 
er  als  Lehrer  aus,  und  über  seinen  akademischen 
Wirkungskreis  hinaus  war  er  seit  seiner  Berufung 
nach  Graz,  durch  die  Anmut  seiner  Umgangsformen 
hierin  wesentlich  unterstützt,  unermüdlich  und  mit 
Erfolg  tätig,  das  künstlerische  Leben  der  .Stadt  auf- 
zufrischen  und  durch  neue  Impulse  zu  stärken. 

lahrcslieft.-  des  österr.  a.rhäol.   Institutes  Bd    VIII  Heilil.att. 


Emil  .Szanto,  geboren  am  22.  November  1857 
zu  Wien,  gestorben  am  14.  Dezember  1904,  ging 
aus  dem  archäologisch-epigraphischen  .Seminare  der 
hiesigen  Universität  hervor.  Er  blieb  diesem  In- 
stitute zeitlebens  getreu,  in  seiner  wahrhaft  humanen 
Persönlichkeit  ein  freundlicher  Berater  und  bereit- 
williger Helfer  für  Jung  und  Alt.  .Sein  scharfer 
lilarer  Geist  fand  in  dem  Studium  der  hellenischen 
Rechtsverhältnisse  die  liebste  Nahrung  und  wie  zum 
Abschlüsse  seiner  Lebensarbeit  plante  er  wohl,  trotz- 
dem er  sich  des  .Schwierigen  der  Aufgabe  voll  be- 
wußt war,  eine  umfassende  systematische  Darstellung 
des  griechischen  Staatsrechtes.  Nur  als  Vorarbeiten 
liiezu  sollten  seine  Untersuchungen  über  das  grie- 
chische- Bürgerrecht  (1892)  und  über  die  Phylen 
(I901)  gelten.  Unser  Institut  hat  mit  besonderem 
Danke  seiner  Mitwirkung  bei  dem  Corpus  der  klein- 
asiatischen Inschriften  zu  gedenken,  für  das  er  mit 
dem  frühverstorbenen  Eduard  Hula  gemeinsam  Karlen 
liereisle.  Seine  Arbeiten  hiezu  liegen  bei  uns  und 
harren  noch  ihrer  Verwertung. 

Indem  Alois  Riegl  (geb.  am  14.  Jänner  185S 
in  Linz,  gestorben  am  ig.  Juni  I905  in  Wien)  in 
das  Institut  für  österreichische  Geschichtsforschung 
trat,  entschied  er  sich  in  jungen  Jahren  für  das 
Studium  der  mittelalterlichen  und  neueren  Kunst. 
Aber  schon  seine  ersten  selbständigen  Arbeiten 
führten  ihn  in  das  classische  Altertum.  Eine  ernste, 
tiefe  B'orschernatur,  die  unverdrossen  den  Ursprüngen 
nachspürte,  fand  er  im  Wechsel  der  Erscheinungen 
auf  dem  Grunde  der  Dinge  allenthalben  die  die  Welt 

9 


Kmil  St;>nti>.   Willu-lm  GiMliit.   Alu 


Rie«! 


128 


befruchtende  hellenische  Kunst  und  wurde  so  zum 
Verkündiger  ihres  ewigen  Kuhnu-s.  Auch  die  clas- 
sische  Archäologie  kennt  Riegls  Entwicklungs- 
geschichle  der  griechischen  Ranke  als  bleibenden 
Gewinn  an.  Seine  über  kaum  zwaniig  Jahre  sich 
erstreckende  ProductivitSl  ist  um  so  erstaunlicher, 
als  sein  Leben  nicht  ohne  schwere  Hemmnisse,  die 
nur  iura  Teil  durch  physische  Leiden  bedingt  waren, 
dahinfloß.  Sie  versagten  ihm  und  uns  die  Vollen- 
dung   seines    Buches    über  die  spät  römische  Kunst- 


indiistrio  (liioi),  das  ihn  nul  iinscifni  InsliUiU-  aufdas 
engste  verknüpfte.  Kin  Werk  von  ungewöhnlicher 
Geisteskraft,  das  fruchtbar  fortwirken  wird  auch  in 
dem  Widerspruche,  den  es  erjcugl,  bleibt  es  in 
seiner  nur  halbfertigen  Gestalt  /.ugU'iili  ein  Denkmal 
von   Riegls   Uncrsetzlichkcii. 

Die  wenigen  Zeilen,  rlie  wir  lUni  Gedächtnisse 
dieser  drei  Forscher  widmen  können,  werden  ihrem 
Verdienste  nicht  gereclil,  un<l  auch  niclU  dem  Kum- 
mer,  den    wir  ob   ilires    X'erlusie-^   emplinden. 


.i.MiKi:sm;i-TE   ui-.s    östkr.  akchaol.  institu  iks   ntii 


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ARGOS    AMPh 


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SYRAKOSAl 


JAHRESHEF'TE  des  ÖSTERR'ARCHÄOL- INSTITUTES  VIII 


SCENISCHES  TONRELIEF 

DES  P.   NVMITORIVS  HILARVS 


Cliromolitliograpliie  u.  Druck   von  C.  Angerer  (l  Güsclil.   \M 


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1 


CC  österreichisches  Archäolo- 

27  gisches  Institut,  Vienna 
036      J&hreshefte 
Bd. 8 


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