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HARVARD UNIVERSITY.
LIBRARY
OF THE
MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY.
M4
JAHRESHEFTE
des
Vereins für vaterländische Naturkunde
Württemberg.
Im Auftrag der Redaktionskommission:
Prof. Dr. Eb. Fraas, Prof. Dr. C, Hell, Prof. Dr. 0. Kirchner,
Oberstudienrat Dr. K. Lampert, Prof. Dr. A. Schmidt
herausgegeben von
Kustos J. Eichler.
EINUNDSECHZIGSTER JAHRGANG.
Mit 9 Tafeln, 4 TabeUen und 1 Beilage.
-h-*-^-
Stuttgart.
Carl Grüninger, K. Hofbuchdruckerei Zu Gutenberg (Klett & Hartmann)
1905.
Mitteilungen.
Die verebrlichen Mitglieder und Tauschgesellschaften werden
behufs Vermeidung von Irrtümern dringend gebeten, sich für ihre
Sendungen an den Verein folgender Adresse zu bedienen:
Verein für vaterländisclie Naturkunde in lürtteniberg
Stuttgart (Württemberg)
Königl. Naturalien-Kabinett
Die diesjährige Hauptversammlung findet am 24. Juni in
Tuttlingen statt.
Manuskript für diese Jahreshefte ist in druckfertigem Zustand
jeweils bis spätestens zum 1. März an die Redaktion abzuliefern.
Den Verfassern stehen auf Wunsch 50 Sonderabzüge, weitere
Exemplare gegen Erstattung der Herstellungskosten zur Verfügung,
Umschläge mit Titeln werden besonders berechnet.
Ältere Jahrgänge dieser Jahreshefte können, soweit die Vor-
räte reichen, in neuen Exemplaren gegen Nachzahlung eines Jahres-
beitrags von 5 Mk. netto für den Jahrgang vom Verein bezogen
werden. Von einigen Jahrgängen stehen leicht beschädigte Exem-
plare zu billigeren Preisen zur Verfügung.
Jahrgänge 1901 und 1904 sind vergriffen; Mitglieder,
welche dieselben entbehren können, werden gebeten, sie dem Verein
zuzuwenden. ,
Mitglieder, welche die Jahreshefte in Originalleinwandeinband
gebunden zum Preis von 6 Mk. zu beziehen wünschen, wollen dies
dem Vereinskassier Dr. C. Beck, Stuttgart, Wagenburgstrasse 10,
mitteilen.
lim rechtzeitige Mitteilung eines etwaigen Wohnorts- und
Adressenwechsels wird dringend ersucht; insbesondere werden die
nach Stuttgart verziehenden Mitglieder gebeten, hiervon der oben
bezeichneten Geschäftsstelle Mitteilung zu machen, damit ihnen die
Einladungen zu den jeweils am 2. Montag eines Monats stattKndenden
wissenschaftlichen Abenden zugestellt werden können.
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JAHRESHEFTE
Vereins für vaterländische Naturkund«
Württemberg.
Im Auftrag der Redaktionskommission:
Prof. Dr. Eb. Fraas, Prof. Dr. C. Hell, Prof. Dr. 0. Kirchner,
Oberstudienrat Dr. K. Lampert, Prof. Dr. A. Schmidt
herausgegeben von
Kustos J. Eichler.
EINUNDSECHZIGSTER JAHRGANG.
Mit 9 Tafeln, 4 Tabellen und 1 Beilage.
Stuttgart.
Carl Grüninger, K. Hofbuchdruckerei Zu Gutenberg (Klett & Hartmann).
1905.
^
Inhalt.
I. Bericht über die geschäftlichen Angelegenheiten und
die Sammlungen des Vereins.
Bericht über die 59. Hauptversammlung am 24. Juni 1904 zu Öhringen. S. VII.
Wahl des Vorstandes und des Ausschusses. S. VIII.
Verzeichnis der Zugänge zu den Vereinssammlungen. Mit Bemerkungen der
Konservatoren.
A. Zoologische Sammlung. S. XIII.
B. Botanische Sammlung. S. XIV.
C. Mineralogisch-paläontologische Sammlung. S. XVIII.
D. Bibliothek. S. XIX.
Eechnungsabschluß für das Vereinsjahr 1. Juli 1903/1904. S. XXXI.
Veränderungen im Mitgliederbestand. S. XXXII.
Nekrologe :
Engel: Kämmerer Dr. J. P r o b s t f in Biberach a. R. 9. März 1905. S. XXXVII.
Klunzinger, C. B.: Zu Erinnerung an E. v. Martens. S. XLVl.
II. Sitzungsberichte.
Wissenschaftliche Abende in Stuttgart.
Ausflug nach Eßlingen. S. LH.
Oberschwäbischer Zvi^eigverein für vaterländische Naturkunde. S. LXV.
Hauptversammlung am 2. Februar 1905 in Aulendorf. S. LXXII.
Schwarzwälder Zweigverein für vaterländische Naturkunde. S. LXXVI.
Bürker: Zur Physiologie des Bluts. S. LXXXI.
Elektrische Ströme des Herzens. S. LXXXI.
Dittus: Über fossile Korallen, insbesondere über die im oberschwäbischen Er-
ratikum gefundenen. S. LXXI.
Fitting: Über die WurzelknöUchenbakterien als Vermittler der Stickstoff-
ernährung bei Leguminosen. S. LXXVIII.
Fr aas, E. : Die neuentdeckte Thermalquelle in Wildbad. S. LIX.
Diluviale Torfschichten in der Neckarstraße zu Stuttgart. S. LIX.
Von der Alb zu den Alpen. S. LXXIV.
Zur Stammesgeschichte der Waltiere. S. LXII.
Grützner: Vorzeigung eines Hämometers. S. LXXXI.
IV Inhalt.
Hacker, V. : Die biologische Bedeutung der Kuustformen des Eadiolarien-
skeletts. S. LXXX.
Hacker, V.: Zoologische Beiträge zur Kenntnis der bösartigen Neubildungen,
S. LV.
[Dazu Eosenfeld und Walz. S. LVI.]
Hesse: Sind die Spechte nützlich oder schädlich? S. LXXVII,
Hü eher: Über Blattwespen (Tenthrediniden). S. LXVIII.
Kauffmann, H. : Kadiumforschung und Alchimie. S. LI.
Kirchner: Parthenogenesis bei Blütenpflanzen. S. LIII.
K 1 u n z i n g e r : Befruchtung und Liebesspiele unserer Wassersalamander. S. LXIV.
— — Über den Krammetsvogelfang als Gegenstand der Jagd- und Yogel-
schutzgesetzgebung. S, XI.
— — Zur Biologie des Schlammkäfers Heterocerus laevigatus Kiesenw. S. LV.
Koken: Ist der Buntsandstein eine Wüstenbildung? S. LXXVI.
K r a u ß : Entstehung der kristallinischen Schiefer der Urgneis-Formation. S. LXIX.
Müller (Biberach): Windrichtungen in Biberach. S. LXYIII.
Müller (Engerazhofen) : Geologischer Ausblick vom Schwarzen Grat. S. LXXII.
Nötling: Über glaziale Ablagerungen bei Schramberg im Schwarzwald.
S. LXXXI.
Probst: Über die paläontologische Sammlung des städtischen Museums in
Biberach a. R. und die historische Entwickelung der geognostischen Er-
forschung Oberschwabens. S. LXV.
Regelmann, K. : Geologische Untersuchungen im Gebiet der Hornisgrinde.
S. LVII.
[Dazu Sauer und Gran er. S. LVIII— LIX.]
Sauer: Über die geologische Zusammensetzung von Deutsch-Ostafrika mit be-
sonderer Berücksichtigung montanistisch wichtiger Mineralien und Ge-
steine. (Titel.) S. LVIL
Über Ortsteinbildung im württembergischen Schwarzwald. S. X.
Schmidt, A.: Zur Physik der Sonne. (Titel.) S. LXIV.
Sußdorf: Die respiratorische Oberfläche der Lunge. S. LXII.
Wink 1er: Die großblütigen Schmarotzergewächse des javanischen Waldes.
S. LXXX.
III. Original-Abhandlungen und Mitteilungen.
Dieter ich, H. : Ein botanischer Streifzug über die Grenzen. S. 387.
Fr aas, E. : Reptilien und Säugetiere in ihren Anpassungserscheinungen an das
marine Leben. ]\[it 5 Textfiguren. S. 347.
Gaiser, Eugen: Basalte und Basalttuffe der Schwäbischen Alb. Mit Taf. II
und 10 Textfiguren. S. 41.
Geyer, D. : Beiträge zur Vitrellenfauna Wüittembergs IL Mit Taf. IV— VII.
S. 289.
Hü eher, Theodor: Deutschlands Wasserwanzen. S, 91.
Klunzinger, G. B. : Schlußwort auf obenstehende „letzte Erwiderung- Prof.
Nüsslin's in dieser Zeitschi-ift , die Gangfisch-Blaufelchenfrage betreffend.
S. 307.
Koch, K. R. : Relative Schweremessungen in Württemberg. IV. Anschluß-
messungen in Karlsruhe. Mit 4 Tabellen. S. 82.
Inhalt. V
Kranz, W. : Geologische Geschichte der weiteren Umgebung von Ulm a. D.
Mit 1 Kartenskizze. S. 176,
Nüßlin, 0.: Letzte Erwiderung in dieser Zeitschrift auf Prof. Dr. Klunzinger's
Ausführungen in der Gangfisch - Blaufelchenfrage vom März 1904. Mit
2 Textfiguren. S. 302.
Oberndorfer, Richard: Die vulkanischen Tuffe des Ries bei Nördlingen.
Mit Taf. I. S. 1.
Schmidt, A.: Zur Physik der Sonne. S. 310.
Schwarz, Hugo: Über die Auswürflinge von kristallinen Schiefern und Tiefen-
gesteinen in den Vulkanembryonen der Schwäbischen Alb. Mit Taf. III
und 6 Textfiguren. S. 227.
Sie her, G. : Fossile Süßwasser-Ostrakoden aus Württemberg. Mit 16 Text-
figuren und Taf. VIII. IX. S. 321.
Stettner, G. : Beiträge zur Kenntnis des oberen Hauptmuschelkalks und Be-
merkungen über die Tektonik von Kochendorf. S. 204.
Bücheranzeige. S. 397.
Beilage.
Ergebnisse der pflanzengeographischen Durchforschung Württembergs. I. Mit
2 Karten. Bearbeitet von J. Eichler, R. Gradmann und W. Meigen.
Bericht über die geschäftlichen Angelegenheiten und
die Sammlungen des Vereins.
Bericht über die neunundfünfzigste Hauptversammlung
am 24. Juni 1904 in Öhringen.
Der schon vor mehreren Jahren im Verein aufgetauchte, infolge
besonderer Umstände aber zurückgestellte Wunsch, die Hauptversamm-
lung einmal in Öhringen abzuhalten, konnte heuer dank der freund-
hchen Einladung der Herren Stadtschultheiß Schaufele und Ober-
reallehrer Renkenberger, denen sich eine größere Anzahl Öhringer
Naturfreunde angeschlossen hatte, in schönster Weise in Erfüllung
gehen. Das prächtige, vielverheißende Sommerwetter hatte zahlreiche
Vereinsmitglieder besonders aus dem Unterland nach dem Ohrngau
gelockt, und während ein Teil der Besucher schon tags zuvor häm-
mernd und klopfend von Hall her über die Waidenburg dem Ver-
sammlungsort zugepilgert war, trafen die übrigen am Morgen des
Johannestags mit der Bahn zeitig genug ein, um sich noch an der
bereits in vollem Gange befindlichen Frühmesse beteiligen zu können.
Bald nach 11 Uhr füllte sich der geräumige Saal des Gasthofs
zur „Eisenbahn" , dessen Hintergrund in eine anmutige Waldland-
schaft umgewandelt war und an dessen Seitenwänden verschiedene
Naturaliensammlungen Aufstellung gefunden hUten, die erkennen
ließen, daß auch in den hohenloheschen Landen die Neigung zu
naturkundlicher Beschäftigung Boden gefaßt hat. Eine Sammlung
von Muschelkalkpetrefakten, von mehreren Findern zusammengestellt,
heß die geologische Beschaffenheit des Gebiets erkennen; hierzu
kamen eine Reihe von Versteinerungen aus dem Hauptmuschelkalk
und dem Lettenkohlesandstein, die vom Historischen Verein für
Franken in Hall ausgestellt waren, und eine von der Salinen-
— VIII —
Verwaltung in Friedrichshall gesandte Kollektion von Bohrzapfen
und Gesteinsproben aus dem Bohrloch von Offenau und dem Schacht
König Wilhelm II. Eine von M. Binder ausgestellte Schmetterling-
sammlung und eine vom Verein der Öhr ing er Vogelfreunde an-
gelegte Sammlung von Eiern der einheimischen Vögel zeigten, daß
auch die Insekten- und Vogelwelt neben der jagdbaren Tierwelt ihre
Freunde in Öhringen finden. Besondere Aufmerksamkeit erregte die
von Oberreallehrer Renkenberge r in Verbindung mit Elementar-
lehrer Kleinert und Lehrer Hafner mit großem Fleiß zusammen-
gebrachte Sammlung lebender Pflanzen.
Der Vereinsvorstand Dir. Dr. Sußdorf eröffnete die Versamm-
lung mit einer Begrüßungsrede und mit Worten des Dankes an den
geschäftsführenden Ortsausschuß. Er gedachte sodann der während
des abgelaufenen Vereinsjahrs durch Tod ausgeschiedenen Mitglieder,
deren Andenken die Versammelten durch Erheben von ihren Sitzen
ehrten. Nach weiteren Ansprachen von Oberreallehrer Renken-
berger und Stadtschultheiß Schaufele, die die Versammlung im
Namen des Ortsausschusses und der flaggengeschmückten Stadt
Öhringen willkommen hießen, erstattete Oberstudienrat Dr. Lampert
den Geschäftsbericht für das abgelaufene Vereinsjahr. Mit Befriedi-
gung konnte festgestellt werden, daß während desselben die Arbeit
des Vereins einen ruhigen und gesicherten Fortgang genommen habe
und daß in zahlreichen Versammlungen der Stuttgarter, Oberschwäbi-
schen und Schwarzwälder Gruppe ein reges Vereinsleben zum Aus-
druck gekommen sei. Mit gleicher Befriedigung wurde der vom
Kassier Dr. C. Beck vorgetragenen Rechnungsablage entnommen,
daß die Finanzlage des nun bald 900 Mitglieder zählenden Vereins
trotz der wachsenden Anforderungen an die Kasse keine Verschlechte-
rung erfahren habe.
Bei der
Wahl des Vorstands und des Ausschusses
wurden wiedergewählt :
als erster Vorstand:
Direktor Dr. M. Sußdorf- Stuttgart,
als zweiter Vorstand:
Oberstudienrat Dr. K. Lampert- Stuttgart.
Im Ausschuß verbleiben die für die Vereinsjahre 1903/1905
gewählten Herren:
- IX —
Prof. Dr. P. V. Gr ützner-Tübingen,
Prof. Dr. C. Heil-Stuttgart,
Prof. Dr. 0. Kirchner-Hohenheim,
Prof. Dr. C. B. Klunzinger-Stuttgart.
Für das Vereinsjahr 1904/1905 wurden in den Ausschuß neu
gewählt die Herren:
Prof. Dr. W. G m e 1 i n - Stuttgart,
Prof. Dr. E. M ü 1 1 e r - Stuttgart.
Für die Vereinsjahre 1904/1906 wurden in den Ausschuß wie-
der- resp. neugewählt die Herren:
Dr. C. Beck- Stuttgart,
Forstdirektor Dr. F. v. G r a n e r - Stuttgart,
Prof. Dr. C. B. Klunzinger-Stuttgart,
Prof. Dr. A. Sauer- Stuttgart,
Prof. Dr. A. S c h m i d t - Stuttgart.
Außerdem gehören dem Ausschuß an
als Konservator der zoologischen Sammlung:
Oberstudienrat Dr. K. Lampert,
als Konservator der botanischen Sammlung:
Kustos J. Eichler,
als Konservator der mineralogisch-paläontologischen Sammlung :
Prof. Dr. E. Fraas,
als Vorstand des Schwarzwälder Zweigvereins :
Prof. Dr. F. Blochmann-Tübingen,
als Vorstand des Oberschwäbischen Zweigvereins :
Fabrikant Fr. Krauß -Ravensburg.
Vom Ausschuß wurden wiedergewählt :
als Schriftführer: Prof. Dr. A. Schmidt, Prof. Dr. E. Fraas;
als Bibliothekar: Kustos J. Eichler,
als Rechnungsführer: Dr. C. Beck;
als Rechnungsprüfer: Hofrat Ch. Gl eßl er- Stuttgart.
Die am 17. Mai 1901 auf 5 Jahre wiedergewählte Redaktions-
kommission besteht aus den Herren :
Prof. Dr. E. Fraas (Mineralogie, Geologie und Palä-
ontologie),
Prof. Dr. C. Hell (Chemie und Verwandtes),
Prof. Dr. 0. Kirchner (Botanik),
Oberstudienrat Dr. K. Lampert (Zoologie),
Prof. Dr. A. Schmidt (Physik, Astronomie u. Verw..
Die nächste Jahresversammlung soll am 24. Juni 1905 in
Tuttlingen gehalten werden.
Der wissenschaftliche Teil der Versammlung wurde mit einem
Vortrag von Prof. Dr. Sauer über Ortsteinbildung im württ.
Schwarzwald, deren bodenkundliche Bedeutung und Kartierung er-
öffnet. Einleitend schilderte der Redner die hohe Bedeutung der
wissenschaftlichen Bodenkunde für die Land- und Forstwirtschaft,
die jedoch — da sich die Bodenkunde seit ihrer Begründung durch
J. V. Lieb ig vorwiegend auf chemischer Grundlage entwickelt habe
— längere Zeit nicht recht zur Geltung gekommen sei. Erst in
neuerer Zeit habe sie die ihr gebührende Beachtung gefunden, seit-
dem auch die Geologie die bisher so stiefmütterlich behandelten Ver-
witterungsschichten in den Kreis ihrer Betrachtungen gezogen habe.
Heute bilden bodenkundliche Untersuchungen eine Hauptaufgabe der
geologischen Landesanstalten und werden auch von der jungen würt-
tembergischen Anstalt eifrigst betrieben. Ein hierbei aufgetauchtes,
wissenschaftlich wie wirtschaftlich sehr wichtiges Problem bietet die
Ortsteinfrage. Ortstein ist eine auf Böden von sandiger Beschaffen-
heit beschränkte, in gewisser Tiefe des Bodens sich bildende wasser-
undurchlässige Verdichtung des letzteren. Die Lagerung der Boden-
schichten ist dabei derart, daß auf die oberflächliche Rohhumusschicht
eine ausgelaugte und an Nährsalzen höchst arme festgepackte Sand-
schicht, der sog. Bleisand, und dann der scharf abgegrenzte, sehr
harte, braunrote Ortstein folgt. Unter ihm liegt dann erst die eigent-
liche Bodenverwitterungsschicht. Die für die Forstwirtschaft ver-
hängnisvolle Bedeutung des Ortsteins liegt darin, daß er den Baum-
wuchs beeinträchtigt oder gar unmögHch macht. Die Wurzeln der
Bäume vermögen den harten zähen Stein nicht zu durchdringen und
biegen auf ihm um. In dem sterilen Bleisand finden sie nicht genügende
Nahrung, so daß der Bestand verkümmert. Die Ortsteinbildung hat
eine weite Verbreitung. Sie ist namentlich aus den torfigen Heide-
gebieten Norddeutschlands bekannt, während man bisher annahm,
daß sie in Süddeutschland nicht auftrete. Demgegenüber konnte
Redner auf Grund seiner seit 6 Jahren gemachten Beobachtungen
feststellen, daß sie auch hier in großer Ausdehnung, sowohl im
Schwarzwald wie in den Keupergebieten vorkommt und daß sie bei
etwa 10"/o aller Buntsandsteinböden im württ. Schwarzwald zu finden
sei. Charakteristisch für ihr Auftreten im Schwarzwald ist, daß sie
sich nicht etwa in sumpfigen Lagen, sondern in den besten trockenen
Böden an warmen südhchen Hängen zeigt, und zwar ausschließlich
— XI —
in solchen Böden, die dem Hauptbuntsandstein angehören. Die Ent-
stehung beruht im allgemeinen wohl darauf, daß die von den atmo-
sphärischen Niederschlägen gelösten Humussäuren der oberen humösen
Schicht bei ihrem Eindringen in den Boden die löslichen Mineralsalze
mit in die Tiefe nehmen, daß aber die entstehenden Verbindungen
schon in geringer Tiefe durch Verdunstung des Lösungswassers in
einer für Wasser weiterhin unlöslichen Form zur Ausscheidung kom-
men, die Sandkörner miteinander verkitten und dadurch zur Bildung
der Ortsteinschicht Veranlassung geben. Ist die obere Sandschicht
reich an Kalk und Ton, so findet die Ortsteinbildung nicht statt, und
dies ist der Grund, weshalb sie sich nicht in den dem oberen und
unteren Bundsandstein sowie dem Stubensandstein angehörigen Böden
findet. Ebenso erklärt sich daraus das Fehlen des Ortsteins in den ge-
mischten Waldbeständen des Schwarzwalds, da das kalkreiche Buchen-
laub dem Boden wieder stets genügende Kalkmengen zuführt, um die
Ortsteinbildung zu verhindern. Anderseits werden durch dies Ver-
halten die Mittel und Wege angedeutet, durch welche man die Ort-
steinbildung verhüten und bekämpfen kann, indem man den ge-
fährdeten Böden tonige und kalkige Erden zuführt.
Als zweiter Redner sprach Prof. Dr. Klunzinger über den
Krammetsvogelfang als Gegenstand der Jagd- und Vogel-
schutzgesetzung. Redner schilderte die Entstehung des deutschen
Vogelschutzgesetzes, das an dem Paragraphen krankt, wonach der
Krammetsvogelfang nicht strafbar sein soll. Er hat in weiten Kreisen
unseres Volkes Widerspruch erfahren und zahlreiche Petitionen um
Revision des Gesetzes hervorgerufen. Während nun neuerdings die
deutsche Reichsregierung auf vieles Drängen ihre Geneigtheit er-
klärte, das Gesetz von 1888 zu ändern, und Umfragen ergehen ließ
über die Wirkung des Krammetsvogelfangs, sprach sich in alier-
neuester Zeit das preußische Abgeordnetenhaus für Beibehaltung des
bekämpften Paragraphen aus ; es dürfte daher für die Freunde der
Vogelwelt an der Zeit sein, hiergegen Einsprache zu erheben. Redner
wies namentlich darauf hin, daß mit den allerdings wenig nützlichen
Krammetsvögeln noch eine Unzahl anderer nützlicher Singvögel, dar-
unter allein 60 — 80 "/o Singdrosseln in den Schlingen gefangen und
einer verhängnisvollen Feinschmeckerei geopfert werden. Um der
schon durch die veränderten Kulturverhältnisse herbeigeführten, durch
den Massenfang in Italien bedenklich geförderten Verringerung unserer
nützlichen Singvögel wirksam entgegentreten zu können, hält es der
Redner für nötig, daß zunächst bei uns der Krammetsvogelfang ein-
— XII —
geschränkt und wenigstens der Fang mittels Schlingen verboten
werde. Dann ist zu hoffen, daß auch die jetzt noch abseits stehen-
den Staaten auf dem Gebiet des Vogelschutzes uns folgen werden. —
Im gleichen Sinn sprach sich die Vorsitzende des württembergischen
Bundes für Vogelschutz, Frau Kommerzienrat Hähnle (Stuttgart),
aus, auf deren Antrag die Generalversammlung ihre Zustimmung zu
einer in dieser Sache vom Bund für Vogelschutz geplanten Eingabe
an das preußische Abgeordnetenhaus beschloß. — Sodann sprach
Mittelschullehrer Geyer (Stuttgart) über die Fauna der unterirdischen
Gewässer des fränkischen Muschelkalks. Er erklärte die Entstehung
und die Natur dieser Wasserläufe und schilderte, in welcher Weise
sich die beiden Bewohner derselben, eine Schnecke und ein Floh-
krebs, den eigenartigen, durch Lichtmangel und konstante Temperatur
(9° C.) ausgezeichneten Verhältnissen angepaßt haben. — Weiterhin
gab Stadtpfarrer Sc hui er (Neuenstein) in gedrängter Form eine
klare Übersicht über die geognostischen Verhältnisse des hohen-
loheschen Gebiets, wobei er Gelegenheit fand, seine eigenen Beob-
achtungen und Anschauungen über einige lokale Fragen im Muschel-
kalk und im Diluvium mitzuteilen. — Es folgten nun noch einige
kleinere Mitteilungen von Pfarrer Dr. Engel (Eislingen), der einige
tertiäre und diluviale Versteinerungen aus China vorlegte, die dort
ebenso wie bei uns früher die Belemniten- und Cidaritenstacheln
eine Rolle in der Heilkunde spielen, und von Lehrer Mack (Ober-
söllbach), der einige bewundernswerte und merkwürdige Erscheinungen
im Bienenstaat besprach und insbesondere die Fragen, wie die Bienen
den Nektar finden (Geruch und Gesicht), ob sie eine Sprache haben
(Königinnenkonzert), und inwieweit sie Wetterpropheten sind, einer
eingehenden Prüfung unterzog. Einige weitere zum Vortrag an-
gemeldete Redner mußten wegen vorgerückter Zeit auf das Wort
verzichten. Ein während der Sitzung eingetroffenes, von Sr. Durch-
laucht dem Fürsten Christian Kraft zu Hohenlohe-Öhringen,
Herzog zu Ujest, aus Potsdam an die Versammlung gerichtetes Be-
grüßungstelegramm wurde noch während der Verhandlungen vom
Vorsitzenden unter allseitiger freudiger Zustimmung dankend er-
widert. Um 3\'4 Uhr schloß der Vorsitzende die Versammlung mit
Worten des Dankes an alle , die zu ihrem anregenden Verlauf mit-
gewirkt hatten. Ein durch ernste und heitere Ansprachen gewürztes
gemeinsames Mittagsmahl schloß sich an die Verhandlungen an;
gegen Abend vereinigte man sich wieder im Garten des „Würt-
tembergischen Hofs" zu fröhlicher Geselligkeit, wobei der Öhringer
— XIII —
Liederkranz die Gesellschaft durch einige gediegene Liedervorträge
erfreute. Der für den folgenden Tag geplante Ausflug nach Schöntal
konnte infolge eingetretenen heftigen Regens nicht zur Ausführung
kommen; doch war es den Zurückgebliebenen vergönnt, im Verein
mit ihren liebenswürdigen Gastgebern dem prächtigen Schloßpark in
Friedrichsruhe und der interessanten Altertumssammlung im Schloß
Neuenstein einen Besuch abzustatten.
Verzeichnis der Zugänge zu den Vereinssammlungen.
A. Zoologische Sammlung.
(Konservator: Oberstudienrat Dr. Lampert.)
Säugetiere.
Feldhase, Lepus europaeus Fall (X. timidus Schrkb. nee L.), Aidlingen,
von Präparator H. Keller.
Hausratte, Mus rattus L., Grob bei Sulzbach a. M.,
von Dr. 0. St oll (durch Prof. Dr. Hacker).
Vögel.
Löffelente, Spatnla chjpeata L., Winzingen,
von Forstmeister Moosmayer. 26. März 1905.
Die Löffelente bewohnt die nördliche Halbkugel und geht im
Winter in Afrika bis Somaliland, in Asien bis Arabien, Persien,
Indien, Ceylon, Formosa, Südchina und Japan, in Amerika bis
Columbien und Westindien. In Württemberg ist der Vogel ge-
legentlich als Irr gast beobachtet worden. Das eingeschickte
Exemplar ist ein völlig ausgefärbtes Männchen.
Sperbeieule , Surnia ulula L. , bei Waldrems geschossen von Herrn
Bücheier. Neu für Württemberg,
von Professor Zwiesel e.
Die Sperbereule bewohnt Nordeuropa und das nördlichste Asien,
durch Sibirien bis Kamtschatka gehend und kommt gelegentlich
nach Mitteleuropa. In Württemberg ist sie hiermit zum ersten-
mal als Irrgast nachgewiesen.
Mehlschwalbe, weißliche Abart, Chelidon urbica L., var. albescens, Beiz-
kofen b. Saulgau,
von Schultheiß Sommer.
Die beiden Exemplare sind durch vorwiegend weißliches Gefieder
ausgezeichnet.
Reptilien.
Kreuzotter, schwarze Varietät, Pelias herus L. var. prester Cuv., $, Neid-
lingen auf der Alb,
von Hausvater Thumm in Kirchheim u. T.
Das Vorkommen der schwarzen Varietät der Kreuzotter auf
der Alb dürfte im ganzen als selten zu bezeichnen sein.
— XIV —
Kreuzotter, schwarze Varietät, Pelias herus L. var. xjrester Cuv., S, Reichen-
bächle, Seitental des Forbach bei Friedrichstal bei Freudenstadt,
von Lehrer L. Scheible, Friedrichstal (durch Prof. Dr. Klunzinger).
Männchen der schwarzen Varietät sind seltener als die Weibchen.
Mollusken.
Eine Sammlung von 43 Arten von Land- und Süßwassermollusken
aus zahlreichen Funden des schwäbischen Albgebietes
von Mittelschullehrer D. Geyer von Stuttgart.
Die Sammlung ist besonders ausgezeichnet durch ihre Reichhaltig-
keit an Vitrella-kviQw. Dieselben bilden die Originale zu der von Geyer
in diesen Jahresheften Jahrg. 60 veröffentlichten Arbeit »Beiträge zur
Vitrellenfauna Württembergs« und umfassen 9 neue Arten.
Unio pictorum L., Unio batavus Lk. und Anoäonta (mutabilis Gl.) cygnea L.,
var. piscnialis Nils, aus dem Schiffahrtskanal des Neckars bei
Besigheim in zahlreichen Exemplaren
von Mittelschullehrer D. Geyer und Präparator Heinrich Fischer
in Stuttgart.
13 Spezies Landmollusken von verschiedenen Fundorten der schwäbischen
Alb;
Unio batavus Lk. aus der Donauversickerung bei Tuttlingen,
beides von Oberstudienrat Dr. Lampert.
Planorbis alhus Müll, und
Calyculina lacustris Cless. vom Ebnisee in zahlreichen Exemplaren,
von Mittelschullehrer D. Geyer.
B. Botanische Sammlung.
(Konservator: Kustos J. Eich 1er.)
Verzeichnis der Einsender :
Ascherson, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. P., Berlin.
Binder, Dr. A., prakt. Arzt in Neuffen.
Fahrbach, K., Schullehrer in Eningen OA. Reutlingen.
Halm, Dr. med., Augenarzt in Crailsheim.
Haug, A., Oberreallehrer in Ulm.
Krauß, Dr. H., prakt. Arzt in Tübingen.
Mayer, Ad., Apotheker in Rosenfeld.
Obermeyer, W., Schullehrer in Stuttgart-Gablenberg.
Salzmann, Frl. Lina, Eßlingen.
Scholl, Hilfslehrer in Eßlingen.
I. Fungi.
Pdlyporus Evonymi Kalchbr., Stuttgart-Gablenberg (Obermeyer).
IL Pteridophyta.
Aspidium montanum Aschkrson, Metzingen 1895 (Fahrbach).
„ spinulosum Smith. Metzingen. ,,
Blechnum spicant Withehinü, Friedrichshafen. ,,
— XV -
III. Phanerogamae.
JPotaniogeton Zlzii Hertens u. Koch. Schmiechener See bei Schelk-
lingen 1904 (Krauß).
Diese dem Poiamogeton lucens L. nahestehende und mit ihm,
wie auch mit P. gramineiis L. vermutlich öfters verwechselte
Art unterscheidet sich von jener durch ihren in allen Teilen
kleineren und zarteren Bau ; ihre oberen Blätter sind meist etwas
länger gestielt als die unteren und schwimmen öfters, während
die untergetauchten öfters bis halbkreisförmig zurückgebogen
sind. Die Ähren sind kürzer, ihre Stiele dagegen meist länger
und dünner als bei P. hicens, und ihre Früchtchen sind meist fast
halbkreisförmig mit oft fast gerader Bauchkante, während sie bei
jener fast kreisrund und am Grunde der Kante etwas eingebuchtet
sind. — Die für die württembergische Flora neue Art wurde erst-
mals von Dr. H. Krauß (Tübingen) am 24. Juli 1904 gesammelt
und bestimmt; bald darauf konnte ich sie unter einer Anzahl von
Pflanzen feststellen, die Apotheker Th. Bauer an derselben Lokalität
gesammelt und zur Bestimmung eingesandt hatte. E.
Panicum Orus galli ß, longisetmn Döll., Friedrichshafen (Fahrbach).
Älopecurus geniculatus L., Berg OA. Tettnang (Fahrbach).
Fesfuca süvaüca Villaks, Pfullingen 1904 (Fahrbach).
Carex flava ß. lepklocarpa Tausch, Pfullingen 1900 (Fahrbach).
Juncus tenuis WiiiLDENOw, Moos bei Eriskirch 1900 (Fahrbach).
Junciis sqiiarrosus f. laxiflora Ascheeson, am Weg von Kaltenbronn
nach Enzklösterle bei Wildbad 1904 (Ascherson).
Liizula angiistifolia ß. rubella Hoppe, Eningen 1897 (Fahrbach).
„ multiflora Lejeune, Metzingen 1901 (Fahrbach).
Colchicum autumnale var. vermtni Willdenow mit grünem Perigon, Ober-
tal bei Eßlingen 1904 (Scholl).
Colchicum autumnale var. ■yemnrn Willdenow, Jushof Mkg. Neuffen 1904
(Binder).
Allium Schönoprasum ß. sihincimi Willdenow, Eningen 1901 (Fahrbach).
Rumex conglomeratus Mukkay, Eningen 1897 (Fahrbach).
Chenopodium urbicum L., auf Schutt bei Ulm 1904 (Haug).
Atriplex roseum L., auf Schutt bei Ulm 1904 (Haug).
„ laciniatum L., auf Schutt bei Ulm 1904 (Haug).
Amarantus BJitum L., auf Schutt bei Friedrichshafen 1901 (Fahrbach).
Saponaria ocymoides L. , verschleppt am Drakenberg bei Eningen
1904 (Fahrbach).
Stellaria glaiica Witheeing, Eningen 1894 (Fahrbach).
Bammcid'us Lingua L., Friedrichshafen 1899 (Fahrbach).
Lepidium riiderale L., Reutlingen 1900 (Fahrbach).
Bubus thyrsoideus Wimmee, Pfullingen 1899 (Fahrbach).
Bosa glauca Villaes, Eningen 1900 (Fahrbach).
Polygala amara y. austriaca Koch, Eningen 1902 (Fahrbach).
„ comosa Schkuhe, Pfullingen 1902 (Fahrbach).
Chaerophißum hirsutum L., Wildbad 1901 (Fahrbach).
— XVI —
Chaerophyllum aureuni L., Ulm 1904 (Haug).
Peucedamim pahistre Mönch, Friedrichshafen 1900 (Fahrbach).
Pastinaca opaca Beknhakdi, an Wegrändern b. Hirsau 1 904 (Aschers.)-
Stuttgart (Eichler).
Diese in Deutschland bisher nur an wenigen Stellen im Nahetal,
bei Kreuznach und Münster a. Stein, von Oberlehrer Geisen-
heyner beobachtete Pastinake wurde am 7. August 1904 von
demselben Herrn auch am Hohenneuffen , bei Urach und bei
Tübingen und bald darauf von Geh. -Rat Asche rson und Prof.
Lehmann (Würzburg) an mehreren Stellen im Enz- und Nagold-
tal, z. B. bei Wildbad und Hirsau (sowie auch bei Dill -Weißen-
stein , Pforzheim und Birkenfeld im Badischen) festgestellt. Ich
selbst habe sie dann mehrfach in der Umgebung von Stuttgart
gefunden, wo sie häufiger zu sein scheint als P. sativa, und es
ist sehr wahrscheinlich, daß sie im Lande eine noch weit größere
Verbreitung besitzt. Von der letztgenannten ist sie hauptsächlich
dadurch unterschieden, daß ihre gleichgroßen Doppeldolden
bloß 5 — 7 kurze Doldenstrahlen von gleicher Länge besitzen,
während P. sativa meist eine große Enddolde mit 8 — 20 un-
gleich-langen Strahlen und zahlreiche kleinere Seiten-
dolden hat. Außerdem ist bei P. ojjaca der Stengel meist
stumpfkantig bis stielrund, gestreift, und die Blattober-
seiten sind mattgrün, meist kurzhaarig, während bei P. sativa
die Stengel scharfkantig und mehr oder weniger tief ge-
furcht und die Blätter oberseits glänzend dunkelgrün, kurzhaarig
oder kahl sind. Es ist jedoch fraglich , ob diese Unterschiede
tatsächlich so durchgreifend sind, daß sie die Trennung der beiden
Formen als Arten rechtfertigen, oder ob dieselben nicht vielmehr
als Unterarten einer Gesamtart anzusehen sind. Das allerdings
nicht sehr reiche Material im Vereinsherbarium und im Herbarium
der Landwirtschaftlichen Hochschule in Hohenheim scheint dafür
zu sprechen, daß die beiden Formen durch Zwischenformen mit-
einander verbunden sind. Es ist daher wünschenswert, daß die
Herren Botaniker des Vereins den Pastinaken ihres Beobachtungs-
gebiets einige Aufmerksamkeit zuwenden und durch Beobachtung
(ev. auch Kultur) der verschiedenen Formen und durch Einsendung
derselben an das Vereinsherbarium zur Kenntnis ihrer Verbreitung
und zur Lösung der angedeuteten Frage beitragen. E.
Gentiana asclepiadea L., Eriskirch 1900 (Fahrbach).
Galeopsis angiistifolia Ehkhaet, Form mit drüsenhaarigen Stengeln und
Kelchen, Eningen häufig (Fahrbach).
Thymus ovatus Miller, Eningen 1903 (Fahrbach).
„ Chamacdrys Feies, Eningen 1903 (Fahrbach).
„ lanuginosus Schkuhr. Mägerkingen (Fahrbach).
Mentha nemorosa Willdenow, Eningen 1902 (Fahrbach).
Matricaria discoidea DC. , Tübingen 1902 und Friedrichshafen 1902
(Fahrbach).
Lappa nemorosa Körnicke, Sonderbuch OA. Blaubeuren 1904 (Haug).
— XVII -
Scorzonera hiimilis L., f. laflfrons Neilk. (mit Blättern von 6 cm Breite),
Maulach (Gmde. Roßfeld) OA. Crailsheim 1904 (Halm).
Bildung sab weichungen.
Kätzchen eines weiblichen Exemplars von Populus tremula L. mit weib-
lichen und zwitterigen Blüten. Crailsheim (Halm).
Das Vorkommen zweigeschlechtlicher Blüten bei den Salicaceen
— bei denen androgyne Blütenstände bekanntlich nicht gerade
selten auftreten — wurde bisher nur sehr vereinzelt beobachtet
und dürfte sich auf die beiden von Bail in den Schriften der
naturforschenden Gesellschaft in Danzig. N. F. Bd. II Heft 2.
1869 (Über androgyne Blütenstände etc.) und in Schriften der
physikalisch-ökonomischen Gesellschaft in Königsberg. 18. Jahrg.
1877. S. 94 beschriebenen und abgebildeten Fälle, die sich wie
der vorliegende Fall auf Popiäus tremula beziehen, und einen von
Heinricher in den Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss. in Wien
(Math.-naturw. Klasse). Bd. 87. 1883. S. 129 beschriebenen Fall
von Zwitterblütigkeit bei Salix Caprea L. beschränken. Wie in
dem von Bail an der zweiten angegebenen Stelle mitgeteilten
Fall zeigen auch die vorliegenden Kätzchen außer den normalen
weiblichen Blüten, namentlich im unteren Teil zahlreiche Blüten,
in denen 1 — 3 wohlentwickelte Staubgefäße im Becher neben dem
Stempel stehen. Es bildet dies Vorkommen eine Stütze für die
Ableitung der Salicaceenblüte von einem hermaphroditen Grund-
plan. — Das Bäumchen, von welchem unsere Kätzchen stammen,
wurde vor einiger Zeit aus dem Wald in den Garten des Herrn
Einsenders versetzt und zeigt, wie derselbe mitteilt, fast aus-
schließlich gemischtblütige Kätzchen. E.
Schaft von Plantago lanceolata L. mit 3teiliger Blütenähre , Cannstatt
(Ad. Maier).
Digitalis purpurea L. mit großer pelorienähnlicher Endblüte , Eßlingen
(Frl. L. Salzmann).
Das eingesandte Exemplar zeigte ebenso wie zwei andere mit
ihm an derselben Stelle eines Privatgartens erwachsene Pflanzen
eine prächtige, etwa 9 cm im Durchmesser haltende flach-glockige
Korollenbildung, die im wesentlichen mit der von R. Caspary
in Schriften der k. phys.-ökon. Ges. zu Königsberg. 1. Jahrg.
1860. S. 65 f. beschriebenen Monstrosität übereinstimmt, und die
wohl auch, wie es dort geschieht, am richtigsten als eine peta-
loidische Umbildung der obersten Hochblätter zu deuten ist.
(Weitere Literatur zu ersehen aus De Vries, Die Mutations-
theorie. Bd. I S. 568.) Es sei noch bemerkt, daß — wie Ein-
senderin mitteilte — die Bildung von ähnlichen aber kleineren
Scheinpelorien auch an 3 oder 4 Seitentrieben auftrat, und weiter,
daß ähnliche Anomalien an Digitalis purpurea gleichzeitig (Juni
1904) noch in mehreren anderen Gärten bei Stuttgart und Eß-
lingen beobachtet wurden. E.
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. b
— XVIII -
C. Mineralogiscli-paläontologische Sammlung.
(Konservator: Prof. Dr. E. Fr aas.)
Als Geschenke:
a) Mineralien:
Pseudomorphosen von Brauneisenstein nach Schwefelkies aus dem Schilf-
sandstein der Mönchshalde bei Stuttgart (altes Vorkommnis),
von Herrn Lehrer A. Klopfer in Stuttgart.
b) Petrefakten:
Ceratodus n. sp. als C. priscus E. Fkaas in den Berichten des Oberrhein,
geol. Ver. 1904 beschrieben und abgebildet; aus dem Hauptbunt-
sandstein von Höfen bei Wildbad,
von Herrn Prof. K. Vogel in Stuttgart.
Xothosaurus aduncldens, Os pubis.
„ Ändnani, Schädel.
Simosaurus GaiUardoti, Schädel (von Prof. Dr. 0. Jäkel in Berlin prä-
pariert und in den Schriften der Gesellschaft der Freunde für
Naturkunde 1905 beschrieben und abgebildet) aus dem oberen
Muschelkalk von Neidenfels bei Crailsheim,
von Herrn Hofrat R. Blezinger in Crailsheim.
Spiriferina fragilis und Litlwgaster sp. (der letztere wird von Dr. E. Wüst
in Halle beschrieben) aus dem Muschelkalk von Kocherstetten,
von Herrn Lehrer Hermann in Kocherstetten.
Ceratites nodosus var. laevis aus dem Muschelkalk von Künzelsau,
von Herrn Gymnasiast Rescher in Stuttgart.
Bactrijllmm canaUadatum, Lettenkohle, Seebronn und Eglosheim,
von Herrn Dr. Schuster in Stuttgart.
Danaeopsis maranthacea mit wohlerhaltener Fruktifikation, Lettenkohlen-
sandstein von Bibersfeld,
von Herrn Bergrat a. D. Schüz in Calw.
Zähne von Ceratodus concüinus, Knochenfragmente von Labyrinthodonten,
Nothosauriern, Belodon und Fischen aus der Lehrbergstufe des
mittleren Keupers von der roten Wand bei Stuttgart.
Rliynchoteuthis sp. , Asterias sp. (Augentafeln) aus Lias d von Weidach
bei Echterdingen,
von Herrn Gymnasiast A. Finckh in Stuttgart.
Ämnionites raricostatus, armatus, densinotus und Bavidsoni aus Lias ß von
Nürtingen,
von Herrn Fabrikdirektor Schott in Nürtingen.
Opliiura sp., Brachialstücke etc., Ästerias sp., Ambulacralien, Augentafeln,
Asseln aus Lias d von Erzingen, Eageiiiacrhnis iiidaiis (vollständiges
Exemplar), SoJanocrinKS scrobicidafus aus Weiß-Jura a der Lochen,
von Herrn Lehrer Waidelich in Baiereck.
Ammondes centaurus aus Lias ;', ScnJaria nudidata aus Lias d, Amm.
fissüobatits aus Braun-Jura ;', Cidnris coronata (mit Oralschild), Amm.
lüamdacinctus aus Weiß-Jura ;' — ö der Umgebung von Kirchheim,
von Herrn Hausvater Thumm in Kirchheim u. T.
— XIX -
Ammonites Baphaeli, gigas, Ulmensis und Pipiiä aus Weiß- Jura C von
Riedlingen,
von Herrn Verwaltungsaktuar John er in Riedlingen.
Palaeospinax sp. aus Weiß- Jura 'C von Nusplingen,
von Herrn Pfarrer Gußmann in Eningen.
Zähne von Palaeomeryx eniinens und Listriodon splendens aus dem Miozän
von Steinheini,
von Herrn Hauptmann Drausnig in Weingarten.
Müstodon sp. (Radius), Amphkyon major (Molar H), AnipMcyon giganteus
(Scaphoid) aus dem Tertiär von Oggenhausen,
von Herrn Hüttenverwalter Knapp in Königsbronn.
D. Bibliothek.
(Bibliothekar: Kustos J. Eich 1er.)
Zuwachs vom 1. Januar bis 31. Dezember 1904.
a. Durch Geschenk und Kauf.
Durch Schenkung von Büchern etc. haben sich folgende Mitglieder
und Freunde des Vereins um denselben verdient gemacht :
Cranz, Prof. Dr. C, Berlin,
v. Dorrer, Staatsrat a. D. Dr. A., Stuttgart.
Fr aas, Prof. Dr. E., Stuttgart.
Hamlyn-Harris, Dr. Ronald, Toowoomba (Queensland).
Hesse, Hofrat Dr. 0., Feuerbach.
Klunzinger, Prof. Dr. C. B., Stuttgart.
Lampert, Oberstudienrat Dr. K., Stuttgart.
Lutz, Dr. K. G., Stuttgart.
Regelmann, C, Rechnungsrat, Stuttgart.
Sieberg, Dr. Aug., Ass. a. seismolog. Institut in Straßburg i. E.
Wundt, G., Baurat, Stuttgart.
Wundt, Dr. W., Assistent a. K. preuß. meteor. Institut in Potsdam.
Wurm, Hofrat Dr. W., Teinach.
I. Zeitschriften, Gesellschaftsschriften etc.
,Aus der Heimat." Organ des Deutschen Lehrervereins für Naturkunde.
Herausgegeben von Dr. K. G. Lutz. 17. Jahrg. 1904. (Lutz.)
Baselland. Naturforschende Gesellschaft. B. : Tätigkeitsbericht 1902
und 1903.
Belgique. Observatoire royal: Annuaire astronomique pour 1901, 1902,
1903, 1904, 1905.
Brooklyn. Institute of Arts and Sciences : Gold Spring Harbor Mono-
graphs I u. II (1903). — Memoirs of Natural Sciences Vol. I, 1
(1904).
Chicago. John Crerar library : Annual report for 1903.
Der zoologische Garten. 45. Jahrg. 1904.
Dresden. Genossenschaft ,, Flora", Gesellschaft für Botanik und Garten-
bau: Sitzungsber. u. Abhandl. N. F. 7. Jahrg. 1902 — 1903.
b*
— XX —
Eclogae geologicae Helvetiae. Mitteilungen der schweizerischen geo-
logischen Gesellschaft Vol. VIII, 2—3 (1904).
Kyoto. College of Science and Engineering: Mem. Vol. I, 1.
Oberrheinischer geologischer Verein : Bericht über die 37. Versamm-
lung zu Offenbach a. M. (1904).
Paris. Societe de speleologie : Spelunca T. V, 35 — 37.
Peru. Cuerpo de Ingenieros de Minas del P. (Lima) : Boletins No. 3,
4, 6—9, 11 — 14 (1903/4).
Versch. ältere Jahrg. dieser Jahreshefte. (Cranz, v. Dorrer.)
IL Schriften allgemein naturwissenschaftlichen Inhalts.
Natur und Staat, Beiträge zur naturwissenschaftlichen Gesellschafts-
lehre. Eine Sammlung von Preisschriften. Herausgegeben von
Prof. Dr. H. E. Ziegler in Verbindung mit Prof. Dr. Conrad und
Prof. Dr. Häckel.
Teil IV. Hesse, Albert, Natur und Gesellschaft. Jena 1904.
,, V. Michaelis, Kurt, Prinzipien der natürlichen und
sozialen Entwickelungsgeschichte des Menschen. Jena
1904.
,, VI. Eleutheropulos, A., Soziologie. Jena 1904.
(Fraas i. A. der Preiskommission.)
III. Zoologie, Anatomie.
Haack, Wilhelm, Über Mundhöhlendrüsen bei Petromyzonten. (Tübinger
Inaug.-Diss. 1903.)
Hamlyn-Harris, Ronald, Die Statocysteu der Cephalopoden. (Sep.-
Abdr. Zool. Jahrb. Bd. 18, 1903.) (Verf.)
Klunzinger, C. B. , Über die Samenträger der Tritonen und ihre
Beziehungen zum Kloakenwulst nach E. Zeller's hinterlassenen
Schriften. (Sep.-Abdr. Verh. Deutsche Zool. Ges. 1904.) (Verf.)
Kunsemüller, Friedr. , Zur Kenntnis der polycephalen Blasenwürmer,
insbesondere des Coemirus cerebralis Rudülphi und des Coenurus
serialis Gekvais. (Tübinger Inaug.-Diss. 1903.)
Schaefer, Heinrich, Über die Stirn waffen der zweihufigen Wiederkäuer
oder Artiodactylen. (Sep.-Abdr. ,,Der deutsche Jäger". München
1903.) (Ges. Pollichia, Dürkheim.)
Seibold, Wilh., Anatomie von F/^rt'^/a ^««e^si'ec//// (Wieüersheim) Clessin.
(Tübinger Inaug.-Diss. 1904.)
IV. Botanik.
Hesse, 0. , Beitrag zur Kenntnis der Flechten und ihrer charakte-
ristischen Bestandteile. 9. Mitteilung. (Sep.-Abdr. 1904.) (Verf.)
Müller, 0., Bacillariaceen aus dem Uyassaland und einigen benach-
barten Gebieten. (Sep.-Abdr. Engler's Bot. Jahrbücher XXXIV,
1903.) (Wundt.)
1
— XXI —
Müller, 0., Sprungweise Mutation bei Melosireen. (Sep.-Abdr. Ber.
Deutsche Bot. Ges., Jahrg. 1903.) (Wundt.)
Sturm 's Flora von Deutschland in Abbildungen nach der Natur.
2. umgearb. Aufl. Bd. 11 u. 12. (Lutz.)
V. Mineralogie, Geologie, Paläontologie.
Bräuhäuser, Manfred, Die Diluvialbildungen der Kirchheimer Gegend
(Württemberg). (Tübinger Inaug.-Diss. 1904.)
Dietrich, Wilh. , Älteste Donauschotter auf der vStrecke Immen-
dingen— Ulm. (Tübinger Inaug.-Diss. 1904.)
Fraas, E. , Neue Zeuglodonten aus dem unteren Mitteleozän vom
Mokattam bei Kairo. (Sep.-Abdr. Geol. u. paläont. Abh. N. F.
Bd. VI. Jena 1904.) (Verf.)
Sieberg, August, Handbuch der Erdbebenkunde. Braunschweig 1904.
8^ (Verf.)
Stutzer, Otto, Geologie der Umgegend von Gundelsheim a. Neckar.
(Tübinger Inaug.-Diss. 1904.)
VII. Chemie, Physik, Mathematik, Astronomie und
Meteorologie.
Hafner, B. , Einige Beiträge zur Kenntnis des Invertins der Hefe.
(Tübinger Inaug.-Diss. 1903.)
Wundt, W. , Barometrische Teildepressionen und ihre wellenförmige
Aufeinanderfolge, (Sep.-Abdr. Abh. K. preuß. meteorolog. Inst.
Bd. II No. 5, Berlin 1904.) (Verf.)
VIII. Heilquellen und -Brunnen.
Wurm, W. , Das Schwarzwaldbad Teinach (Mineralbad und Wasser-
heilanstalt). 8. umgearb. Aufl. Stuttgart 1904. (Verf.)
IX. Schriften verschiedenen Inhalts.
Conwentz, H. , Die Gefährdung der Naturdenkmäler und Vorschläge
zu ihrer Erhaltung. Denkschrift. Berlin 1904, (K, preuß. Mini-
sterium der geistlichen usw. Angelegenheiten.)
Klunzinger, C. B., Zum Andenken an f Di*- med. Wilhelm Steudel,
Sanitätsrat in Stuttgart. (Sep.-Abdr. 1904.) (Verf.)
— Die kaiserlich Leopoldinisch-Karolinische deutsche Akademie der
Naturforscher und der Anteil der Württemberger an ihr. (Sep.-
Abdr. 1904.) (Verf.)
— Der Krammetsvogelfang oder der deutsche Vogelmassenmord. (Sep.-
Abdr. 1904.) (Verf.)
Lampert, K., Die naturhistorischen Museen. (Sep.-Abdr. 1904.) (Verf.)
— - Museen als Stätten der Volksbildung. (Sep.-Abdr. 1904.) (Verf.)
Regelmann, C, Normalnullhöhen in Württemberg. Donaukreis. Heft 1 :
Oberamt Biberach. (Verf.)
— XXII —
b. Durch Austausch unserer Jahreshefte':
American Academy of arts and sciences (Boston): Memoirs Vol. lö
No. 1. — Proc. Vol. XXXIX, 5—24; Vol. XL, 1—9.
American geographica! society (New York): Bulletins Vol. XXXVI (1904).
Amiens. Societe Linneenne du nord de la France.
Amsterdam. K. Akademie van wetenschappen : Jaarboek voor 1903.
— Verhandelingen (Natuurkunde) 1. sectie : deel VIII No. 6 — 7;
2. sectie: deel X No. 1 — 6. — Verslagen van de gewone Ver-
gaderingen deel XII (1903 — 1904).
Asiatic society of Bengal (Calcutta): Journal, N. Ser. Voll. LXVIII,
1899 — LXXIIT, 1904. — Proceedings 1899, 1900, 1902, 1903,
1904 No. 1 — 5.
Augsburg. Naturwiss. Verein für Schwaben und Neuburg: 36.Ber. (1904).
Australasian association for the advancement of science (Sydney).
Badischer botanischer Verein (Freiburg): Mitteilungen No. 191 — 200.
Baltimore. Johns Hopkins üniversity.
— s. Maryland.
Bamberg. Naturforschender Verein.
Basel. Naturforschende Gesellschaft: Verhandlungen Bd. XV, 2 u. 3 (1904).
Batavia s. Nederlandsch-Indie.
Bayerische bot. Ges. zur Erforschung der heimischen Flora (München):
Berichte Bd. IX, 1904. — Mitteilungen No. 29 — 33.
Bayerisches K. Oberbergamt in München, geognostische Abteilung.
Bayern. Ornithologische Gesellschaft in B. s. München.
Belgique. Academie R. des sciences, des lettres et des beaux-arts
de Belgique (Brüssel): Bull, de la classe des sciences 1903, 11 — 12;
1904: Annuaires 70 annee (1904).
— Societe entomologique (Brüssel): Annales T. XLVII (1903). — ■
Memoires T. X (1903) u. XI (1903).
— Societe geologique (Liege): Annales Tome XXX, 2; Tome XXXI,
1 — 3. — Memoires Tome II, 1 (1904.)
— Societe R. de Botanique (Brüssel): Bull. T. XL (1904).
• — Societe R. malacologique (Brüssel): Annales T. XXXVI (1901) u.
XXXVII (1902).
Bergen's Museum: Aarbog for 1903, Heft 3; for 1904, Heft 1 u. 2.
— Aarsberetning for 1903. — Sars, G. 0., An account of the
Crustacea of Norway, Vol. V, 1 — 6.
Berlin. K. Akademie der Wissenschaften: Mathematische Abhandlungen
aus dem Jahre 1903. — Physikalische Abhandlungen aus dem
Jahre 1903. — Sitzungsberichte 1904.
— Entomologischer Verein: Berliner entomolog. Zeitschr. Bd. 48, 1902,
Heft 4; Bd. 49, 1904, Heft 1—2.
— K. geologische Landesanstalt und Bergakademie: Jahrbuch für 1901,
Bd. XXn, Heft 4.
' In dem Verzeichnis sind sämtliche Gesellschaften usw. angeführt, mit
denen der Verein Schriftenaustausch unterhält. Von den Gesellschaften, liinter
deren Namen sich keine Angaben finden , sind dem Verein während des Jahres
1904 keine Tausclischriften zugegangen.
— XXTII —
Berlin. Gesellschaft naturforschender Freunde: Sitzungsber. Jahrg. 1903.
— s. auch Brandenburg und Deutsche geol. Gesellschaft.
Bern. Naturforschende Gesellschaft: Mitteilungen aus dem Jahre 1902
u. 1903 (No. 1519 — 1564).
— s. auch Schweiz.
Besancon. Institut Botanique: Archives de la flore Jurassienne,
annee IV, 40; annee V, 41 — 48.
Bodensee. Verein für Geschichte des Bodensees u. seiner Umgebung
(Lindau): Schriften, Heft 32 (1903) u. Heft 33 (1904).
Bologna. R. Accad. d. scienze dell' Istituto dl Bologna.
Bonn. Naturhistorischer Verein d. preuss. Rheinlande etc.: Verhand-
lungen Jahrg. 60, 1903.
— Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde : Sitzungs-
berichte Jahrg. 1903, 2. Hälfte.
Bordeaux. Soc. des sciences physiques et naturelles: Memoires Ser. 6,
Tome III. — Observations pluviometriques 1902/1903. — Proces
verbaux des seances 1902/1903.
Boston s. American Academy of arts and sciences.
— Society of natural history.
Brandenburg. Botanischer Verein für die Provinz B. (Berlin): Ver-
handlungen Jahrg. 45, 1903.
Braunschweig. Verein für Naturwissenschaft: Jahresber. 9 für 1893
bis 1895; 13 für 1901 — 1903.
Bremen. Naturwissenschaftlicher Verein: Abh. Bd. XVII, 3 (1903).
Breslau s. Schlesische Ges. f. vaterl. Kultur.
Brunn. Naturforschender Verein: Verhandlungen Bd. XLI, 1902. —
Ber. d. meteorolog. Komm. XXI für das Jahr 1901.
Brüssel s. Belgique.
Budapest s. Ungarische geol. Ges.
Buenos Aires. Museo nacional : Anales ser. 3. T. II (1903) u. T. III
(1904).
Buffalo Society of natural sciences: Bull. Vol. VIII, 1 — 3 (1903).
Caen s. Normandie.
Calcutta s. Asiatic Soc. of Bengal.
California Academy of sciences (San Francisco).
Cambridge. Museum of coraparative zoology at Harvard College:
Annual reports for 1903/1904. — Bulletins Vol. XXXIX, 9;
XLI, 2; XLH, 5; XLin, 1—3; XLIV; XLV, 1—4; XLVI, 1—3. —
Memoirs Vol. XXIX (1903); XXX, 1.(1904).
Canada. The Canadian Institute (Toronto): Trans. No. 15 (Vol. VII, 3).
— Proc. No. 12 (Vol. II, 6).
— Geological survey (Ottawa): Annual report XIII, 1900. — John
Macoun, Catalogue of Canadian birds III (1904). — Geol. sheets
No. 42—48, 56 — 58 Nova Scotia. — James White, Altitudes
in the Dominion of Canada (1901). — Ders., Dictionary of Alti-
tudes in the Dom. of Canada (1903). — Rep. on the great lands-
lide at Frank, Alta 1908. — Appendix to the Rep. of the
Superior intendent of mines 1902.
— XXIV —
Canada. Royal Society (Ottawa): Proc. and Trans, for 1903 (2 ser.
Vol. IX).
Cape of Good Hope. Geological commission of the colony of the
C. 0. G. H. (Cape Town) : Annual reports for 1903. — Annais of
the S. African Museum Vol. IV, 1—6 (1903/4).
Cape Town s. Cape of Good Hope.
Catania. Accademia Gioenia di sc. nat. : Bulletino, nuova ser. fasc.
79—82.
Chemnitz. Naturwissenschaftliche Gesellschaft: 15. Bericht 1899/1903.
Cherbourg. Societe nationale des sciences nat. et math. : Memoires
tome XXXIII (4 ser. Vol. 3), 2 (190.3).
Chicago. Field Columbian Museum: Publications No. 75, 77 — 92.
Christiania. K. Universität.
Chur 8. Graubünden.
Cincinnati. Soc. of natural history : Journals Vol. XX, 4 (1904).
Colmar. Naturhistorische Gesellschaft.
Cordoba. Academia nacional de ciencias: Boletin tomo XVII, 2 — 3.
Costa Rica. Museo nacional.
Danzig. Naturforschende Gesellschaft.
Darmstadt. Grossh. Hess. Geolog. Landesanstalt.
— Verein für Erdkunde etc.: Notizblatt 4. F. H. 24 (1903).
Davenport (Iowa). Academy of natural sciences.
Deutsche geologische Gesellschaft (Berlin): Zeitschrift Bd. LV, 1903,
Heft 3—4; Bd. LVI, 1904, Heft 1 — 2. — Register der Zeitschr.
d. D. geol. Ges. für die Bde. I— L, 1848—1898.
Dijon. Acad. des sciences, arts et belies lettres.
Donauesc hingen. Verein für Gesch. und Naturgesch. der Baar :
Schriften Heft XI, 1904.
Dorpat (Jurjew). Naturforscher-Gesellschaft b. d. Universität: Schriften
No. XII (1903). — Sitzungsber. Bd. XIII, 1901, Heft 2.
Dresden. Naturwissenschaftliche Gesellschaft Isis: Sitzungsber. und
Abhandl. Jahrg. 1903; Jahrg. 1904, Heft 1.
Dublin. Royal Dublin Society: Scientific Proceedings Vol. X, 1 (1903).
— Scientific Transactions ser. 2. Vol. VIII, 2—5 (1903). — Eco-
nomic Proceedings Vol. I, 4 (1903).
Dürkheim a. d. H. Pollichia, ein naturwiss. Verein der Rheinpfalz:
Mitteilungen No. 18, 19 (LX. Jahrg. 1903).
Edinburgh. Botanical sogiety: Trans, a. Proc. Vol. XXII, 3.
— Geological society.
— R. physical society: Proceedings Vol. XV, 2, 1902 — 1904,
— Royal Society.
Elberfeld. Naturwissenschaftlicher Verein.
Erlangen. Physikalisch-medizinische Societät: Sitzungsber. H. 35, 1903.
Firenze s. Italia.
France. Societe geologique (Paris): Bull. ser. 4. Vol. II, 1902 No. 5;
Vol. III, 1903 No. 5—6; Vol. IV, 1904 No. 1 — 3.
— Societe zoologique (Paris): Bull. Vol XXVIII, 1903.
— XXV —
Frankfurt a. M. Senckenbergische naturforschende Gesellschaft: Be-
richt von 1904.
Freiburg i. Br. Naturforschende Gesellschaft: Berichte Bd. XIV (1904).
— s. auch Badischer botan. Verein.
Geneve. Conservatoire et Jardin Botaniques (Herbier Delessert).
— Soc. de physique et d'hist. naturelle : Memoires fcome XXXIV, 4
(1904).
Genova. Museo civico di storia naturale.
Giessen. Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde.
Glasgow. Natural history society.
Görlitz. Naturforschende Gesellschaft: Abhandlungen Bd. 24 (1904).
Graubünden. Naturforschende Gesellschaft (Chur): Jahresberichte N. F.
Jahrg. XLV, 1901/1902; Jahrg. XLVI, 1902/1904.
Greifswald. Naturw. Verein von Neu-Vorpommern und Rügen: Mit-
teilungen 33.-35. Jahrg., 1901 — 1903.
Halifax. Nova Scotian Institute of Science.
Halle. Verein für Erdkunde: Mitteilungen Jahrg. 1904.
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— Naturw. Verein für Sachsen und Thüringen : Zeitschrift für Natur-
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Hamburg. Naturw. Verein: Verhandlungen 3. Folge, Bd. XI, 1903.
— Verein für naturw. Unterhaltung: Verhandlungen Bd. XII, 1900—1903.
— Wissenschaftl. Anstalten: Jahrbuch Jahrg. XX, 1902, mit Beil. 1 — 3;
Jahrg. XXI, 1903, mit Beil. 1—3.
Hanau. Wetterauische Gesellschaft für die gesamte Naturkunde: Be-
richt 1. April 1899 — 30. Sept. 1903.
Hannover. Naturhistorische Gesellschaft.
Harlem. Fondation de P. Teyler van der Hülst: Archives du Musee
Teyler, Ser. 2 Vol. VIII, 5 (1904). — Catalogue de la Biblio-
theque Tome III, 1889—1903.
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Heidelberg. Naturhist.-medizin. Verein: Verhandlungen N. F. Bd. VII,
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Helgoland. Biologische Anstalt (s. Kiel-Helgoland).
Helsingfors. Societas pro fauna et flora Fennica: Acta Vol. 21 — 23
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Hermannstadt. Siebenbürgischer Verein für Naturwissenschaften :
Verhandlungen u. Mitteilungen 52. Bd. 1902. — Abhandlungen
Bd. I (1902) und Bd. H (1901).
Hohenheim. Kgl. Württ. landwirtschaftliche Akademie: Festschrift
zur 86. Jahresfeier (1904). — Jahresbericht für die Zeit 1. April
1903 bis 31. März 1904. — Springer, E., Geschichte der Grün-
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Kassel. Verein für Naturkunde: XLVIII. Bericht über 1902/03.
Kiel s. Schleswig-Holstein.
Kiel-Helgoland. Kommission zur wissenschaftl. Untersuchung der
deutschen Meere und Biologische Anstalt auf Helgoland: Wissen-
schaftl. Meeresuntersuchungen, N. F. Bd. V Abt. Helgoland Heft 2
(1904); Bd. VI Abt. Helgoland Heft 1 u. 2 (1904).
Königsberg. Physikalisch-ökonomische Gesellschaft: Schriften Jahr-
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Landshut. Botanischer Verein: Bericht 17, 1900—1903.
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Liege. Societe Royale des Sciences.
— Societe geologique de Belgique, s. Belgique.
Lindau s. Bodensee.
Linz. Museum Francisco-Carolinum : Jahresber. 62 nebst Beiträgen zur
Landeskunde Lfg. 56 (1904).
— Verein für Naturkunde in Österreich ob Enns: Jber. XXXIII (1904).
Lisboa s. Portugal.
London. Geological Society: Quarterly Journal Vol. LX 1904. —
Geological Literature added to the G. S. library during 1903.
— Linnean Society: Journal, a) Botany Vol. XXXV, 248; Vol. XXXVI,
253 — 254; Vol. XXXVII, 257. b) Zoology Vol. XXIX, 189 — 190.
— Proceedings Jahrg. 1903/1904.
— Zoological Society: Proceedings for 1903 Vol. II, 2; for 1901.
Vol. I, 1.
Lübeck. Geographische Gesellschaft und Naturhistorisches Museum:
Mitteilungen 2. Reihe Hefte 16 — 19 (1902—1904).
Lund. Universitas Lundensis: Lunds Universitets Arsskrift XXXVIIl,
(1902), 2. Abt. (K. Fysiografiska Sällskapets Handlingar 1902,
N. F. Bd. 13.)
— XXVIl —
Luxemburg. Institut R. grand-ducal (Section des sciences naturelles
et mathematiques) : Publications tome XXVII (B) (1904).
— Societe de Botanique du Grand-duche de L.
— Verein Luxemburger Naturfreunde vorm. „Fauna" : Mitteilungen aus
den Vereinssitzungen Jahrg. XIII, 1903.
Lyon. Academie des sciences, belies lettres et arts: Memoires (Sciences
et lettres) ser. 3 Tome VII (1903).
— Museum d'histoire naturelle.
— Societe d'Agriculture, Sciences et Industrie : Annales ser. 7 Tome IX,
1901 und Tome X, 1902; ser. 8 Tome I, 1903.
— Societe Linneenne de Lyon: Annales annee 1902, nouv. ser.
Tome 49.
Magdeburg. Naturwissenschaftlicher Verein : Jahresber. u. Abh. 1902
bis 1904.
Mannheim. Verein für Naturkunde.
Marburg. Gesellschaft zur Beförderung der gesamten Naturwissen-
schaften.
Marseille. Faculte des Sciences: Annales Tome XIV (1904).
Maryland. Geological survey (Baltimore).
Mecklenburg. Verein der Freunde der Naturgeschichte (Rostock):
Archiv 57. Jahrg. 1903, Abt. II; 58. Jahrg. 1904, Abt. L
Melbourne s. Victoria.
Metz. Societe d'histoire naturelle: Bulletin 23 (1904) {= 2 ser.
Heft 11).
Mexico. Institute geologico de M.: Parergones Tomo I, 1 — 5 (1903/4).
— Sociedad Mexicana de historia natural: La Naturaleza ser. 2 Tomo
III, 5 — 10 (1900/3).
Milan 0. R. Istituto Lombardo di scienze e lettere : Rendiconti,
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Missouri. Botanical garden (St. Louis).: 14 u. 15 annual Rep.,
1903 u. 1904.
Montevideo. Museo nacional: Anales Serie II entrega 1 (1904). —
Anales: Seccion historico filosofica Tomo I (1904).
Moskau. Societe imperiale des naturalistes : Bulletins 1903 No. 2 — 4;
1904 No. 1.
München s. Bayerische botan. Ges.
— s. Bayerisches K. Oberbergamt.
— Ornithologische Gesellschaft in Bayern: Verhandlungen 1903, Bd. IV
(N. F. Bd. I).
Münster s. Westfälischer Provinzialverein.
Napoli. R. Accad. delle scienze fisiche e mat. : Rendiconti serie 3
Vol. X, 1904, fasc. 1—7.
— Zoologische Station: Mitteilungen Bd. XVI, 3—4 (1903/4); Bd. XVII,
1 — 2 (1904).
Nassauischer Verein f. Naturkunde (Wiesbaden): Jahrbücher Jg. 57
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Nederlandsch Indie. Natuurkundige Vereeniging i. N. I. (Batavia) :
Natuurkundige Tijdschrift deel LXIII (10. Ser. Deel VII) (1904).
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Neuchätel. Societe des sciences naturelles: Bull. T. XXVIII, 1899
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New York Academy of sciences: Annais Vol. XIV, 3 — 4 (1903);
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Normandie. Societe Linneenne de N. (Caen).
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Nürnberg. Naturhistorische Gesellschaft.
Offen b ach. Verein für Naturkunde.
Ottawa s. Canada.
Padova. Accademia scientifica Veneto-Trentino-Istriana , Cl. di Sc.
nat., fis. e mat. : N. Ser. Anno I fasc. 1 (1904).
Paris s. France.
Pas sau. Naturhistorischer Verein.
Philadelphia. Academy of natural sciences: Proceedings Vol. LV,
1903, 2—3; Vol. LVI, 1904, 1.
— American philosophical society for promoting usefui knowledge :
Proceedings Vol. XLII No. 174; Vol. XLIII No. 175 — 176.
— Wagner Free Institute of Science : Transactions Vol. III, 4 — 6 ; Vol. VI.
Pisa. Societä Toscana di scienze naturali residente in P. : Memorie
Vol. XX (1904). — Processi verbali Vol. XIV No. 1 — 5.
Pollichia s. Dürkheim a. d. H.
Portugal. Direction des travaux geologiques du Portugal (Lisboa) :
Communicacdes. T. V, 1—2 (1903/4).
Posen. Naturwissenschaftlicher Verein der Provinz Posen: Zeitschr.
der Sektion für Botanik 10. Jahrg. 1903, Heft 2—6; 11. Jahrg.
1904, Heft 1.
Pozsony s. Presburg.
Prag. Deutscher naturwiss.-medizin. Verein für Böhmen „Lotos" :
Sitzber. Jahrg. 1903. N. F. Bd. XXIII. (Ganze Reihe Bd. 51.)
— Lese- und Redehalle der Deutschen Studenten in Prag : Bericht über
das Jahr 1903.
Presburg (Pozsony). Verein für Natur- und Heilkunde: Verhandlungen
N. F. Bd. XV, 1903.
Regensburg. Kgl. botanische Gesellschaft: Denkschriften Bd. VIII.
(= N. F. Bd. 2) (1903).
— Naturwissenschaftlicher Verein.
Renn es. Universite: Travaux scientifiques t. II, 1 — 3 (1903).
Riga. Naturforscher-Verein: Korrespondenzblatt Jahrg. XLVII (1904).
Rio de Janeiro. Museu nacional.
Roma. Accademia Pontificia dei nuovi Lincei : Atti anno LVII, 1903 4
— XXIX —
Roma. R. Accademia dei Lincei: Atti anno CCC, 1904, Sei*. 5, Rendiconti
Vol. XII.
— s. auch Italia.
Rostock s. Mecklenburg.
Rovereto. Museo civico.
Saint Louis. Academy of science: Transactions Vol. XII, 9 — 10
(1902); Vol. XIII (1903/4); Vol. XIV, 1—6 (1904).
San Francisco s. California.
Sankt Gallische naturwissenschaftl. Gesellschaft: Jahrbuch für das
Vereinsjahr 1901/1902.
Sankt Petersburg. Comite geologique : Bulletins 1903 t. XXII.
— Memoires Vol. XIII, 4; XV, 1; XIX, 2; nouv. serie Lfgn. 5
bis 13 (1903/4).
— Russisch-kaiserl. mineralogische Gesellschaft: Verh. 2. ser. Bd. 41
(1903/4). — Materialien zur Geologie Rußlands Bd. 21 Lfg. 2
(1904); Bd. 22 Lfg. 1 (1904).
— Kais. Akademie der Wissenschaften: Bulletins ser. 5 Vol. XVII, 1 u. 5 ;
Vol. XIX, 3 ; Vol. XX, 2 — 3. — Memoires Vol. XV, 2, 5, 8, 9.
— Physikalisches Central-Observatorium: Annalen Jahrg. 1900 Suppl.;
Jahrg. 1902 und Suppl.
Santiago de Chile. Deutscher wissenschaftlicher Verein: Verhand-
lungen Bd. IV, 6 (1902); Bd. V, 1 (1904).
Schlesische Gesellschaft für vaterländische Kultur: 81. Jahresber.
1903 mit Beilagen: ,,Die Schlesische Gesellschaft für vaterl.
Kultur" (Breslau 1904); Schübe, Theodor, Die Verbreitung der
Gefäßpfl. in Schlesien preußischen und österreichischen Anteils.
(Festgabe.) (Breslau 1903.)
Schleswig-Holstein. Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig-
Holstein (Kiel).
Schweiz. Allgemeine Schweizer Gesellschaft für die gesamten Natur-
wissenschaften (Bern): Neue Denkschriften Bd. 39 (1903/4).
— Geologische Kommission der schw. natf. Ges. : Beiträge zur Geo-
logischen Karte der Schweiz. N. F. Lfg. XIV (= Ganze Serie
Lfg. 44) (1904); Dass. Geotechnische Serie Lfg. III (1904).
— Schweizerische botanische Gesellschaft (Zürich): Berichte Heft 13
(1903).
— Schweizerische entomologische Gesellschaft (Bern).
— Schweizerische naturforschende Gesellschaft (Bern) : Verhandlungen
der 84. Jahresvers. 1901 zu Zofingen, der 85. Jahresvers. 1902
zu Genf, der 86. Jahresvers. 1903 zu Locarno.
Stanford University. Leland Stanford junior University: Storsy, Th. A.,
Studies in voluntary muscular contraction (1904).
Steiermark. Natarw. Verein (Graz): Mitteilungen 1903, Heft 40.
Stockholm K. Svenska Vetenskaps Akademien: Handlingar Bd. 37
No. 3 — 8, Bd. 38 No. 1 — 5. — Arkiv for matematik, astronomi
och fysik I, 3 — 4; Arkiv for kemi , mineralogi och geologi I,
3 — 4; Arkiv for botanik I, 4, II und III; Arkiv for zoologi I, 3 — 4,
II, 1 — 2. — Arsbok for 1904. — Meteorol. Jakttagelser Bd. 43
— XXX —
bis 45, 1901 — 1903. — Accessionskatalog af Sveriges offentliga
Bibliotek No. 17, 1902. — Le prix Nobel en 1901.
Straßburg. Kais, üniversitäts- und Landesbibliothek.
Stuttgart. Ärztlicher Verein: Medizinisch-statistischer Jahresbericht
über die Stadt Stuttgart. 31. Jahrg. 1903.
— s. auch Württemberg.
Sydney s. Australasian ass. for the advancement of sciences.
— s. New South Wales.
Tokio. College of science, Imperial University, Japan: Journal XVIII,
5—8; XIX, 2—4, 9, 11—20; XX, 1—2. — Calendar for
1903/1904.
Torino. R. Accademia delle scienze : Atti Vol. XXXIX, 1903/1904.
— Osservatorio della Regia üniversitä : Osservazioni meteor. 1903.
Toronto s. Canada.
Tromsö Museum.
Tübingen. K. Universitätsbibliothek: Universitätsschriften a. d. J.
1903/1904. — 23 Dissertationen der naturwissenschaftl. Fakultät.
Tufts College (Mass. U. S. A.) : Tufts College Studies No. 8 (1904).
Ulm. Verein für Mathematik und Naturwissenschaften: Jahreshefte
Jahrg. 11 (1903).
Ungarische geologische Gesellschaft und k. ungarische geologische An-
stalt (Budapest): Földtani Közlöny Bd. XXXIII, 1903, 10—12;
Bd. XXXIV, 1904, 1 — 10. — Jahresbericht der k. ung. geol.
Anstalt für 1901. — Agrogeologische Spezialkarte der Länder
der Ungar. Krone 1:75 000, Sektionsblatt Zone 14 Col. XIX u.
Erläuterungen. — Gyula Halavats: Allg. u. paläontol. Literatur
der pontischen Stufe Ungarns (1904).
— Ungarischer Karpathen-Verein (Iglö) : Jahrbuch (Deutsche Ausgabe),
Jahrg. XXXI, 1904.
United States of N. Am. Commission of Fish and Fisheries
(Washington): Commissioners Rep. for 1902, part XXVIII. —
Bulletins Vol. XXII, 1902.
— Department of Agriculture (Washington): Yearbook 1903.
— Department of the Inferior (Geological survey) (Washington): Annual
report Vol. XXIV, 1902—1903. — Bulletins No. 209—233, 241.
— Monographs Vol. XLIV, XLV and Atlas, XLVI. — Professional
papers No. 9 — 28. — Water supply and irrigation papers No. 80
bis 98, 101, 102, 104. — Mineral resources of the U. S.,
Calendar year 1902.
Upsala. The Geological Institution of the university: Results of the
Swedish Zoological Expedition to Egypt and the White Nile 1901
under the direction of L. A. Jägerskiöld. Part I (1904).
— Regia Societas scientiarum Upsaliensis: Nova Acta ser. 3 Vol. XX, 2.
1904.
Victoria. Public library, Museums and National Gallery (Melbourne).
Waadtland (Pays de Vaud) s. Lausanne.
Washington. Sniithsonian Institution: Annual report of the Board
of Regents for 1902. — Rep. of the National Museum 1901 u.
— XXXI -
1902. — Special Bull. IV, 2. — Proceedings of the U. S. National
Museum Vol. 27 (1904). — Smithsonian contributions to know-
ledge Vol. XXIX No. 1413; Vol. XXXIII; Vol. XXXIV No. 1438.
— Smithsonian miscellaneous coUections Vol. 44 No. 1374 u.
1440; Vol. 45 (= Quarterly Issue Vol. I); Vol. 46 No. 1417,
1441, 1477; Vol. 47 No. 1467 (= Qu. Iss. Vol. II, l).
Washington s. auch United States.
Wellington s. New Zealand Institute.
Westfälischer Provinzial-Verein für Wissenschaft und Kunst (Münster).
Wien. Kaiserl. Akademie der Wissenschaften, math.-naturw. Klasse:
Sitzungsberichte Bd. CXI, 1902: Abt. 1 Heft 10; Bd. CXII, 1902:
Abt. 1 Heft 1—3; Abt. 2a Heft 1 — 6; Abt. 2 b Heft 1—6. —
Mitteilungen der Erdbeben-Kommission No. XIV — XXI.
— K. K. geologische Reichsanstalt: Jahrbuch 53, 1902, Heft 2 — 4;
Jg. 54, 1904, Heft 1. — Verhandlungen 1904 No. 1 — 12. —
Abhandlungen Bd. XVH, 6 (1903); Bd. XIX, 2—3 (1904).
— K. K. naturhistorisches Hofmuseum: Annalen Bd. XVIII, 4; Bd. XIX, 1
(1904).
— K. K. zoologisch-botanische Gesellschaft: Verh. Jg. 1904 Bd. 54.
— Verein zur Verbreitung naturw. Kenntnisse.
Wiesbaden s. Nassauischer Verein für Naturkunde.
Winterthur. Naturwiss. Gesellschaft: Mitteilungen Heft V, 1903 u. 1904.
Württemberg. K. statistisches Landesamt (Stuttgart): Württ. Jahr-
bücher für Statistik und Landeskunde Jg. 1903 Heft 2, Jg. 1904
Heft 1. — Statistisches Handbuch für das Kgrch. Württemberg
Jg. 1902 u. 1903.
— Württembergischer Schwarzwaldverein (Stuttgart) : ,,Aus dem Schwarz-
wald" Jahrg. Xn (1904).
Würzburg. Physikalisch-medizinische Gesellschaft: Sitzungsberichte
Jg. 1903. — Verhandlungen N. F. Bd. XXXVI (1904).
Zürich. Naturforschende Gesellschaft: Vierteljahresschrift Jahrg. 48,
1903, Heft 3—4; Jahrg. 49, 1903, Heft 1 — 2.
— s. auch Schweiz.
Zwickau. Verein für Naturkunde.
Der
Rechnuiigs- Abschluß
für das Vereinsjahr 1. Juli 1903/1904 stellt sich folgendermaßen:
Einnahmen:
Kassenstand am 1. Juli 1903 600 M. 77 Pf.
Zins aus den Kapitalien 710 ,, 81
Beiträge von 899 Mitgliedern ä 5 M 4495 ,, —
Für 146 Originaleinbände von Jahresheften ä 1 M. 146 ,, —
,, im Buchhandel verkaufte Jahieshefte 183 ,, 80
,, gelieferte Separatabzüge 170 ,, 78
Ortszuschlag von 335 Stuttgarter Mitgliedern . . . 167 ,, 50
6474 M. 66 Pf.
— XXXII —
Ausgaben:
Beitrag an die Schweizerische geol. Gesellschaft
4 M. 26 Pf.
Buchdrucker- und Buchbinderkosten 4713
Porti, Expedition der Jahreshefte 518
Honorare, Saalmiete, Inserate 746
Unkosten der Pflanzengeographischen Kommission , 74
,, ,, Zweigvereine 129
Steuer, Bankierkosten 48
Feuerversicherung der Bibliothek 129
47
36
51
50
80
56
56
6365 M. 02 Pf.
Einnahmen 6474 M. 66 Pf.
Ausgaben 6365 „ 02 „
Kassenstand am I.Juli 1904 109 M. 64 Pf.
Vermögensberechnung.
Kapitalien nach Nennwert 19 600 M. — Pf.
Kassenbestand 109 ,, 64 ,,
19 709 M. 64 Pf.
... 20 200 „ 77 „
Das Vermögen betrug am 1. Juli 1903 . . .
somit Abnahme gegen das letzte Jahr
491 M. 13 Pf,
Der Rechner: Dr. C. Beck.
Der vorstehende Rechnungsabschluß wurde geprüft und für richtig
erfunden von
Hofrat Cleßler.
Veränderungen im Mitgliederbestand.
Vom 1. Januar 1904 bis 31. März 1905 traten dem Verein fol-
gende 90 Mitglieder bei :
Angele, Oberförster, Heggbach.
Bach, Heinrich, stud. rer. nat., Tübingen.
V. Baehr, W., Privatgelehrter, Tübingen.
Beck, Max, Ingenieur hier.
Bender, Karl, Landgerichtsrat, Öhringen.
Benz, Eugen, stud. rer. nat., Tübingen.
Blezinger, Dr., Apotheker, Hall,
Blümer, Gustav, Stadtbauinspektor, Eßlingen.
Brinzinger, Adolf, Stadtpfarrer, Oberndorf.
Game rer, Dr. Wilh., prakt. Arzt, Stuttgart.
Cammerer, Dr. med., Freudenstadt.
Dieter ich, Viktor, Forstamtmann, Schussenried.
D u 1 k , Max, Bauinspektor, Ravensburg.
- XXXIII -
Duttenhofer, Dr. Max, Rottweil.
Eisele, Hermann, cand. rer. nat., Stuttgart.
Fitting, Dr. phil., Privatdozent, Tübingen.
Fleck, Schulinspektor, Rottweil.
Frank, Hermann, Assistent am technolog. Institut Hohenheim.
G 1 e m s e r , Julius, Vikar, Reutlingen.
Gönner, Friedr., Oberförster, Oberndorf.
Goppelt, Professor, Öhringen.
Haag, Dr. A., Oberamtsarzt, Wangen i. A.
Haber m aas, Oberförster, Mössingen.
H ähnle, L., Kommerzienratsgattin, Stuttgart.
Hall er, Albert, Oberreallehrer, Eßlingen.
Henninger, Gustav, stud. rer. nat., Tübingen.
Heynold, Kurt, Gasinspektor, Eßlingen.
Hug, Dr. Otto, Privatgelehrter, Tübingen.
Ißler, A., cand. rer. nat., Tübingen.
Käfer, Dr., Forstamtmann, Schussenried.
Keller, Walter, Verlagsbuchhändler, Stuttgart.
Klumpp, Major und Bezirkskommandeur, Oberndorf.
Knapp, A., cand. rer. nat., Tübingen.
Kranz, W., Oberleutnant, Neubreisach.
Kumpf, Dr. Georg, Apotheker, Neckarsulm.
Lamprecht, Kaplan, Kißlegg.
Lang, Dr. Wilh., Assistent am bot. Institut Hohenheim.
Lutz, Apotheker, Öhringen.
Megenhart, Amtsrichter, Öhringen.
Müller, Dr. med., Oberamtsarzt, Oberndorf.
Nötling, Hofrat Dr. Fritz, Tübingen.
0 p p e-1 , Prof. Dr. Albert, prakt. Arzt, Stuttgart.
Ott, Oberpräzeptor, Biberach a. R.
Pf äff, J., Kaplan, Schussenried.
Pfeffer, Dr. Wilh., Oberreallehrer, Wildbad.
Philipp, Dr. Hans, Ass. a. d. geol. Inst. d. k. techn. Hoch-
schule Stuttgart.
Piedade, A. J., Santa Cruz, Goa (Indien).
Realgymnasium Stuttgart.
Regelmann, Dr. Karl, Geologe bei der geol. Landesaufnahme,
Stuttgart.
Reich, R., Stuttgart (Hospitant).
Rettich, Karl, Apotheker, Pfalzgrafenweiler.
Riegel, Wilhelm, Apotheker, Eßlingen.
Rosenfeld, Dr. Fritz, prakt. Arzt, Stuttgart.
Rothfritz, Eduard, Oberamtstierarzt, Eßlingen.
Salzmann, Stadtpfarrer, Biberach a. R.
S a p p e r , Richard, Konsul, Stuttgart.
Schiedt, Oberförster, Altshausen.
Schilling, Richard, Versicherungsdirektor, Stuttgart.
Schloz, Bezirksgeometer, Schorndorf.
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. C
— XXXIV —
Schmid, Edwin, Kameralverwalter, Öhringen.
Schmid, Oberreallehrer, Künzelsau.
Schmidt, Dr. Julius, Privatdozent, Stuttgart.
Schneiderhan, Dr. E., Oberndorf.
Schreiber, Ferdinand, Verlagsbuchhändler, Eßlingen.
Schreiber, Robert, Verlagsbuchhändler, Eßlingen.
Schwarz, Richard, Dr. med., Stuttgart.
Schwenk, E., Professoratskandidat, Reutlingen.
Seiberer, K., cand. rar. nat., Tübingen.
Seitz, Professor, Ravensburg.
Sigel, Karl, K. Regierungsbaumeister, Stuttgart.
Speidel, Oberamtstierarzt, Oberndorf.
Springer, M., Bautechniker, Flein.
Steinhauser, Dr., prakt. Arzt, Öhringen.
Stephan, Domänendirektor, Öhringen.
Stumpp, Hilfslehrer, Eßlingen.
Sulzmann, Stadtschultheiß, Oberndorf.
V. Süßkind, Freiherr, Oberförster, Dornstetten.
Teuffei, Emil, Privatier, Stattgart.
Völter, Karl, Hofkammerrat, Stuttgart,
V ö 1 1 e r , Staatsanwalt, Ravensburg.
Völter, Theodor, Apotheker, Metzingen.
Wagner, Professor, Tübingen,
Walz, Dr. Karl, Medizinalrat, Stuttgart.
Wällnitz, Dr. med., prakt. Arzt, Schussenried.
W ei gelin, Alwin, Bauinspektor, Plochingen.
Weyler, Robert, Kaufmann, Öhringen.
Wolf, Dr. jur,, Oberndorf,
Wolf, Eugen, cand. rer. nat., Tübingen.
Ziesel, Pfarrer und Schulinspektor, Kißlegg,
Zipperlen, Dr. med., prakt. Arzt, Tübingen.
Durch Tod und Austrittserklärung schieden bis zum 31. März 190;
aus dem Verein 92 Mitglieder.
AI brecht, Mittelschullehrer, Schramberg.
Bleil, A., Buchhändler, Stuttgart.
Bon hoff er, Prof. Dr. A., Bibliothekar, Stuttgart.
Bosch, Dr. H., Stuttgart, f
Bruder, Karl, Rektor, Biberach.
Bücheier, Dr. Karl, Oberschulrat, Stuttgart.
Burckhardt, Paul, Architekt, Stuttgart.
Casper, Th., Finanzamtmann, Freudenstadt.
Cranz, Prof. Dr. C, Berlin.
v. Dorrer, A., Staatsrat a. D., Stuttgart.
Durretsch, Professor, Reutlingen, f
V. Duttenhofer, Geh. Kommerzienrat, Rottweil, f
Elsaß er, Chr., Tierarzt, Bremen.
Faber, Karl, Privatier, Stuttgart, f
— XXXV -
Faber, Dr. Karl, prakt. Arzt, Stuttgart, f
Faiß, Theodor, Bauinspektor, Aulendorf.
Frick, Seminaroberlehrer, Nürtingen.
Fritzweiler, Dr. Rieh., Berlin.
Gansser, Rud., Hauptmann, Deutsch-SW. -Afrika, f
Georgii, A., Apotheker, Stuttgart.
Gerschel, 0., Buchhändler, Stuttgart.
Geßler, G., Apotheker, Wurzach. f
Geßler, Gebh., Professor, Cannstatt.
Gottschalk, Dr. Ed., Stuttgart.
Grauer, E., Direktor, Lauffen. j
Hahn, Gust., Rechnungsrat a. D., Stuttgart, f
Hainlen, Dr. Ad., Chemiker, Geislingen.
V. Hartmann, Dr. Jul., Oberstudienrat a. D., Stuttgart.
Herb, Hermann, Kaufmann, Ravensburg.
Hildenbrand, Geognost, Ohmenhausen, f
Hiller, Stadtpfarrer, Rottweil.
Hoffmann, Dr. Julius, Verlagsbuchhändler, Stuttgart, f
Holzer, E. C, Professor, Ulm.
Höring, Oberstaatsanwalt, Rottweil.
Hugger, Dr. med., prakt. Arzt, Gmünd.
Imhof, Jos., Oberförster, Wolf egg.
Katzmaie r, Oberreallehrer, Cannstatt.
Keppler, Ernst, stud. rer. nat , München.
Kifer, Jos., Handelsgärtner, Biberach. f
Kirn, Oberförster a. D., Blankenburg a. H. f
Klaiber, Dr. E., Hohenheim.
Köstlin, Dr. Karl, prakt. Arzt, Cannstatt.
Krauß, Karl, Chemiker in Ulm. f
V. Lang, Landgerichtspräsident a. D., Cannstatt. f
Langes, Dr. H., prakt. Arzt, Gmünd.
V. Leutrum, N., Freiherr, Nippenburg.
Mayer-Bläß, Aug., Fabrikant, Heilbronn, f
Mayer, F. R., Kaufmann, Heilbronn.
Metzger, Ad., Kaufmann, Ravensburg.
Müller, K. A., Professor, Cannstatt. f
Öchsle, Dr. med., prakt. Arzt, Gmünd.
Örtel, Dr. E., Assistent, Stuttgart.
Paradeis, Dr. med., Rottenburg.
Pfäfflin, Ad., Apotheker, Stuttgart.
Pfeilsticker, Dr. med., Oberamtsarzt, Gmünd.
Probst, Viktor, Major z. D., Waldsee. f
V. Probst, Walter, Oberforstrat a. D., Stuttgart, f
Rau, Forstreferendar, Tübingen.
Rauscher, Friedr., Prof. a. D., Stuttgart.
Rauther, Dr. Max, Berlin.
Reichert, Bergrat, Ludwigstal.
Reiff, Karl, Rektor, Biberach.
— x;^xvi -
Riecker, Oberförster, Guudelsheim. f
Romberg, E., Professor, Hohenheim. f
Rosenfeld, Dr. Gust., prakt. Arzt, Stuttgart, f
Schaffe r, Dr. 0., prakt. Arzt, Freudenstadt.
Schau ff eleu, Karl, Fabrikant, Heilbronn.
Seh eif feie, Wilh., Pfarrer, Reichenbach a. F. f
V. Schlierholz, Präsident a. D., Stuttgart.
Schmidt, Geh. Hofrat Dr. 0., Stuttgart, f
Schneider, H., Professor, Hall.
Schneiderhan, Professor, Gmünd.
V. Sc hüb 1er, Geh. Reg.-Rat a. D., Stuttgart, f
Schwarz, Albert, Bankier, Stuttgart.
Schweitzer, Werkmeister, Stuttgart, j-
V. Seible, Oberst, Heilbronn.
Speidel, Landgerichtsrat, Heilbronn.
Steudel, Dr. W., Sanitätsrat, Stuttgart.
Stockmayer, Ökonomierat, Lichtenberg.
Straub, St., Oberlehrer, Gmünd.
Süßkind, Dr., Oberamtsarzt, Heidenheim.
Vötter, Domänendirektor, Waidenburg.
W a i b e 1 , Finanzamtmann, Stuttgart.
Wald raff, E., Domänendirektor, Wurzach.
Wandel, Ferd., Oberlehrer a. D., Stuttgart, f
Wink 1er, E., Hauptlehrer, Schwenningen.
Wolf, Dr. H., Nürnberg.
Wolf, E., Professor, Ravensburg.
Wolfarth, Ökonomieverwalter, Schussenried.
Wunderlich, Korpsintendant, Stuttgart.
Zeller, Rud., Vikar, Grüntal.
Zimmermann, Dr. C, prakt. Arzt, Haiterbach.
Der Verein zählte am 1. April 1905 893 Mitglieder.
Kämmerer Dr. Joseph Probst,
t in Biberach a. R. 9. März 1905.
Von Pfarrer Dr. Engel in Eislingen.
Am 12. März d. J., einem milden, sonnigen Frühlingssonntag,
wurde die sterbliche Hülle des Obgenannten auf dem schön gelegenen
Friedhof der alten Reichsstadt zur letzten Ruhe gebettet. Ein überaus
zahlreiches Trauergefolge hatte den Entschlafenen zu diesem ernsten
Gange begleitet. Neben mir stand Professor Dr. E. Fraas aus Stutt-
gart , der namens des Vereins für vaterländische Naturkunde dem
langjährigen Mitghed desselben und dem ehrwürdigen Freund unter
trefflichen Worten den wohlverdienten Lorbeer aufs Grab legte. Beim
Blick auf die große Versammlung und die dem Entschlafenen durch
viele Jahre verbundenen Freunde kam mir das Wort des Dichters
in den Sinn: „Sie haben einen guten Mann begraben, uns aber war
er mehr." Sei es mir denn gestattet, das Lebensbild des schlichten
Mannes, der in seiner Bescheidenheit von einer Rede an seinem Sarg
ausdrücklich Abstand genommen wissen wollte, in ebenfalls schlichten
Worten zu zeichnen, wie dies einem Freund nun eben gelingen mag,
der nahezu 40 Jahre aufs innigste sich mit ihm verbunden wußte.
Der äußere Rahmen dieses Bildes ist freihch ebenso einfach und
schmucklos wie das Leben des Verstorbenen, das sich in den denkbar
einfachsten Verhältnissen bewegte. Ist doch der Mann während der
82 Jahre seines Daseins kaum je über die schwarzroten Grenzpfähle
hinausgekommen und hat drei Viertel davon auf stillen Pfarrsitzen
in der Gegend von Biberach zugebracht.
Dr. Joseph Probst war den 23. Februar 1823 in Ehingen a. D.
geboren ak der Sohn des dortigen Bären wirts Christoph Probst und
der Anna Maria, geb. Wilhelm. Nach der Tradition der Familie und
den Wünschen der Eltern entsprechend war er nebst einem Bruder von
Anfang an dazu prädestiniert, „geistlich zu studieren". Er durchlief
zu diesem Behuf, den hergebrachten Bahnen folgend, die beiden
Landesanstalten für künftige katholische Priester, das niedere Kon-
vikt in Ehingen und das höhere auf der Landesuniversität Tübingen.
— XXXYIII —
Bezeichnend genug für ihn ist ein Ereignis aus dieser Zeit, das er
noch in späteren Jahren gern scherzend erzählte. Er hatte die
Maturitätsprüfung für die Hochschule schon im 17. Lebensjahr er-
standen, fand aber zu seinem Schrecken seinen Namen unter der
Liste der Examinierten im Staatsanzeiger nicht vor. In großer Be-
klemmung, durchgefallen zu sein, brachte er etliche Wochen in seiner
Vaterstadt zu, bis sich endlich das Rätsel höchst einfach und zu-
gleich höchst ehrenvoll für ihn löste. Da er die Altersreife zum
Studium, das 18. Lebensjahr, noch nicht erreicht hatte, mußte zuvor
beim Ministerium ein diesbezüghcher Dispens eingeholt werden, und
erst als dieser erteilt war, konnte auch sein Name der Liste der-
jenigen nachträglich beigefügt werden, die als „bestanden" ins Tü-
binger Konvikt Aufnahme erhalten hatten. Dabei stellte sich heraus,
daß er jenes Examen rigorosum unter den Vordersten abgeschlossen,
also trotz seinen erst 17 Jahren ein glänzendes Zeugnis für seine
geistige Reife hatte.
Schon auf der Gymnasialanstalt in Ehingen zeigte er Neigung
für naturwissenschaftliche Dinge, und zwar regte ein Gang durchs
Blautal den 16jährigen Grübler erstmals zu gründlicherem Nachdenken
über die Frage an, wie doch die seltsamen Felsengebilde entstanden
seien, die in jenem Tale noch heute jedes Wanderers Auge entzücken.
Dies war wohl der Ausgangspunkt für seine späteren geologischen
Studien. Doch gab er sich zunächst nicht weiter damit ab und blieb
auch während seiner akademischen Laufbahn dem Hörsaal des Alt-
meisters schwäbischer Geologie, des Professors Quenstedt fern, der
nicht lange zuvor in Tübingen sich habilitiert und eben mit seinen
bahnbrechenden Arbeiten über den Jura unseres Landes sich glänzend
eingeführt hatte. Probst wandte damals seine Kraft ausschließlich
dem Fachstudium zu, gleich seinem Bruder, der, eine ganz ähnhche
Gelehrtennatur, während langjährigem Dienst im Pfarramt durch
wissenschaftliche Arbeiten sich einen solchen Ruf erworben hatte,
daß er von seinem einsamen oberschwäbischen Pfarrsitz hinweg später
zum Professor der Theologie an die Universität Breslau berufen ward.
Für ein anderes Wissensgebiet fing sich dagegen unser Verstorbener
bald an zu interessieren: für das Studium der Geologie. Dazu bot
ihm wohl in erster Linie die Umgebung von Biberach Veranlassung,
wohin er bald nach Absolvierung der Universität versetzt ward, um
dann sein Leben lang auf dieser Scholle schwäbischen Bodens haften
zu bleiben. Im Jahre 1846 kam er als Pfarrverweser nach Schemmer-
berg, wo er volle 12 Jahre zubrachte, im Jahre 1858 erstmals ständig
- XXXIX —
als Pfarrer in das benachbarte Mettenberg, 10 Jahre später auf seine
zv/eite und zugleich letzte Stelle nach Unteressendorf, wo er volle
30 Jahre hindurch seines Amtes waltete, bis er sich im 75. Lebens-
jahre nach Biberach in den Ruhestand zurückzog. Schon in Schemmer-
berg hatte er die Gepflogenheit, sich die benachbarten Sandgruben
und Steinbrüche auf ihren Inhalt anzusehen. In wissenschaftlichem
Sinn sich mit Geologie zu beschäftigen, fing er seiner eigenen An-
gabe gemäß im Jahre 1852 an. Sein Leben lang aber ging er mit
diesen Studien, d. h. mit der Durchforschung des Geländes, nicht
über seine nächste Umgebung hinaus. Und darin gerade lag und
liegt seine Stärke: sein Oberschwaben, zumal die Gegend zwischen
Ulm und Ravensburg, kannte er „wie seine Westentasche" ; so fand
auf ihn insonderheit das Wort des Dichters seine Anwendung, daß
„in der Beschränkung zeigt sich erst der Meister". Und ein Meister
war er in der Tat und wurde es immer mehr in diesen Dingen ;
seine wissenschaftlichen Arbeiten wirkten geradezu bahnbrechend für
die Klarstellung der geologischen Verhältnisse dieser Gegend, was
auch bald die Anerkennung und Bestätigung seitens der tüchtigsten
Fachgelehrten fand. Allerdings wandte er um dieselbe Zeit sein
wissenschaftliches Interesse auch noch einem andern Gebiet zu, so-
fern er sich eingehend mit der christlichen Kunst und Kunstgeschichte
beschäftigte, und auch hier wieder mit der ganz bestimmten Be-
schränkung auf Oberschwaben und dessen Schulen vom 14. — 17. Jahr-
hundert. Ein günstiger Fund in der Gegend hatte seine Aufmerk-
samkeit auf diese schöne Wissenschaft gelenkt, und merkwürdig: zu
ihr kehrte der Greis in den letzten Jahren seines Lebens dann wieder
mit besonderer Vorliebe zurück. Wir müssen natürlich davon ab-
sehen, diese Seite seiner Tätigkeit hier näher zu besprechen, über
die wohl an einem andern Ort referiert werden wird. In diesen
Blättern haben wir es lediglich mit seinen naturwissenschaftlichen
Forschungen zu tun, die ja wohl auch die meiste Zeit seines Lebens
ausfüllten und auf die er die Hauptkraft seines geistigen Arbeitens
konzentrierte. Es kommen dabei hauptsächlich drei geologische
Disziplinen in Betracht, die er kultivierte, dazu als Anhang noch
ein Stückchen Botanik.
In ersterer Hinsicht unterscheiden wir am besten seine Arbeiten
auf dem Gebiet der Geologie, Paläontologie und Geophysik,
die aber, wie gesagt, sich alle auf den Boden beschränkten oder in
demselben wurzelten, auf dem Probst leibte und lebte und —
forschte : Oberschwaben.
— XL ~
Die Geologie Oberschwabens lag um die Mitte des vorigen
Jahrhunderts noch sehr im argen. Was darüber bekannt oder publi-
ziert war, hatte so gut wie keine Bedeutung und erwies sich später
vielfach als falsch. Noch 1852 versetzte Rogg die sämtlichen Ge-
steinsschichten dieses Gebiets ins Diluvium, und 1859 wollte Schill
für das jetzt davon getrennte und als solches richtig erkannte Tertiär
nur eine Zweiteilung zulassen, indem er die marinen Gebilde nicht
als selbständigen Schichtenkomplex gelten ließ, sondern als besondere
Fazies dem oberen Süßwasserkalk einfügte. Unserem Probst erst
gebührt das Verdienst, für die jetzt allgemein anerkannte Dreiteilung
des oberschwäbischen Miozän den Grund gelegt zu haben. Durch
unablässiges Begehen dieses Gebiets, durch genaue Untersuchung der
Lagerungsverhältnisse und Aufeinanderfolge der einzelnen Schichten,
sowie durch gründliches Aufsammeln und Vergleichen der Petrefakten
kam er nach und nach zu der Überzeugung, daß die Molasse Ober-
schwabens der Reihe nach sich zusammensetze aus unteren und
oberen Süßwasserschichten, die durch eine dazwischengelagerte Meeres-
formation getrennt werde. Die Einreihung dieser drei Stufen in das
gesamte geologische System, d. h. die Eruierung der Tatsache, daß
dieselben sämtlich dem mittleren Tertiär (Miozän) angehören und
demgemäß als Unter-, Mittel- und Obermiozän zu betrachten seien,
gelang unserem Forscher teils auf Grund seiner paläontologischen
Studien, teils mit Hilfe befreundeter Gelehrter, die nach und nach
auf ihn aufmerksam geworden waren und die er selbst wieder bei
der Bestimmung seiner Petrefaktenfunde benötigte. Wir nennen
unter ihnen in erster Linie H. v. Meyer in Frankfurt a. M., den vor-
züghchen Kenner der Wirbeltiere, und Oswald Heer in Zürich, den
genialen Erforscher und Beschreiber der „Urwelt der Schweiz", von
dem hauptsächlich die tertiäre Flora in Betracht gezogen ward.
Beiden Männern bewahrte Probst bis an seinen Tod das treueste
and ehrenvollste Andenken. Später trat er dann noch mit manch
anderem Gelehrten in wissenschaftliche und freundschaftliche Be-
ziehung, wie z. B. mit Sandberger in Würzburg, Wittich in Darm-
stadt, Jäkel in Berlin, Christ in Basel, Abel in Wien und anderen
Herren. Oft und viel haben Männer von europäischem Ruf die stille
Studierstube in Essendorf aufgesucht und dort mit dem bescheidenen
schwäbischen Pfarrherrn gelehrte Z wiesprach gehalten.
In erster Linie aber suchte und nahm Proust natürlich Fühlung
mit den Geologen seiner Heimat, soweit dieselben sich mit den For-
mationen Oberschwabens beschäftigten. Wir nennen unter ihnen
XLI —
hauptsächlich die württembergischen Landesgeologen Quenstedt,
0. Fraas und Bach, sodann außerhalb der schwarzroten Grenzpfähle
wohnend, aber durch Sammlungen und Arbeiten aus der und über
die Molasse eines berechtigten Rufs sich erfreuend : Schill (Stockach),
Rehmann (Donaueschingen) und Wetzler (Günzburg). In C. Miller,
jetzt Professor in Stuttgart, hatte Probst jahrelang einen Kollegen
im doppelten Sinn des Worts in seiner nächsten Nähe. Köstlich ist
die Geschichte, wie der alte Fraas (0. Fraas) erstmals mit ihm be-
kannt wurde. Auf einer geologischen Exkursion anfangs der 50er
Jahre in der Nähe von Laupheim sah Fraas eines Abends einen
hageren Mann in langem schwarzen Rock, aber über und über mit
Schmutz bedeckt, auf dem Felde daherkommen und redete ihn so-
fort mit den Worten an: „Sie sind niemand anders als der Pfarrer
Probst. Grüß Gott." Von dieser Stunde war der Freundschaftsbund
zwischen den beiden Gelehrten geschlossen, und Probst trug später
diese Freundschaft auch auf den Sohn, den jüngeren (Eberhard) Fraas,
über. Ich selbst hatte das Glück und die Freude, erstmals im Jahre
1867 mit dem trefflichen Mann in Berührung zu kommen und, in
seiner nächsten Nähe angestellt, IV2 Jahre mit ihm das Gelände
um Biberach zu durchwandeln. Manchen Tag haben wir damals zu-
sammen in den Holzstöcken (Heggbach, Hüttisheim) oder an der Hier
(Ober- und ünterkirchberg), in Baltringen und Warthausen verbracht,
und manchen Tropfen reiner und edler Freude in den Sandgruben
und Steinbrüchen jener Gegend genossen.
Die Ergebnisse seiner geologischen Studien, bei denen Probst,
wie gesagt, nur seine nächste Umgebung ins Auge gefaßt hatte,
wurden bald auch in den benachbarten Ländern berücksichtigt und
gaben den Anstoß zu eingehenderen Untersuchungen über das Miozän-
gebiet zwischen Alpen und Jura in der Schweiz (0. Heer), Bayern
(Gotibel) und Österreich (Suess). Sandbergep (Würzburg) legte dann
die gewonnenen Resultate seinem Werk über das Mainzer Becken
zugrunde, nachdem längst die württembergischen Geologen den
■PROBST'schen Anschauungen über die Schichtenfolge des oberschwä-
bischen Tertiärs zugestimmt und dies auch in den geognostischen
Atlasblättern dargetan hatten. Die von Probst erstmals aufgestellte
Dreiteilung dieser Schichten galt nun als unbestrittene wissenschaft-
liche Wahrheit; in jüngster Zeit (1900) suchte zwar Rollier in
Zürich daran zu rütteln , stieß aber auf bedeutenden Widerspruch.
Das Verdienst muß jedenfalls unserem Probst gelassen werden, daß
er bahnbrechend in diesen Dingen gewirkt hat. Seine Arbeiten dar-
- XLII —
über sind sämtlich in diesen Jahresheften niedergelegt (Geognostische
Skizze der Umgegend von Biberach 1866; Tertiäre Pflanzen nebst
Nachweis der Lagerungsverhältnisse 1868 ; Fossile Meeres- und Brack-
wasserkonchylien nebst Vergleichung der Schichtenfolge 1871 ; Das
Hochgelände 1873 : Bedeutung der Versteinerungen der oberschwä-
bischen Meeresmolasse 1895).
Bahnbrechend in gewissem Sinn waren auch seine geologischen
Arbeiten über die oberschwäbische Gletscherformation,
die er 1858 begann und ebenfalls in diesen Jahresheften veröffent-
lichte (Topographie der Gletscherlandschaft in Oberschwaben 1874;
Früherer und jetziger Stand der Geologie von Oberschwaben 1894).
Zeitlebens hielt er an seiner dort ausgesprochenen Ansicht fest, daß
wenigstens für Oberschwaben und den Rheintalgletscher nur eine
Eiszeit anzunehmen sei , weil sich von einer interglazialen Periode
in jenem Gebiet nichts nachweisen lasse. Der Landesgeologe Bach.
der viel mit Probst in diesen Dingen arbeitete, entschied sich für
zwei Eiszeiten , was dann auch in den geognostischen Atlasblättern
seinen Ausdruck fand; die Wiener (Pexck und Forster) und Schweizer
Geologen (Mühlberg) redeten von drei, später von vier und wohl
gar noch mehr Glazialperioden. Merkwürdigerweise aber neigt sich
heutzutage ein großer Teil der Gelehrten in Amerika, Schweden und
Norddeutschland wieder mehr der PROBST'schen Anschauung von der
Einheitlichkeit der Eiszeit zu.
Bedeutsamer noch als seine geologischen waren vielleicht seine
paläontologischen Studien, obwohl oder vielmehr gerade weil
er auch hier sich auf zwei ganz spezielle Gebiete beschränkte : die
Fisch- und Cetaceenreste von Baltringen und die Pflanzen von Hegg-
bach. Letztere hatte er Mitte der 60er Jahre des vorigen Jahr-
hunderts entdeckt und bald als Äquivalente des berühmten „Öningeu"
am Bodensee und der obermiozänen Stufe zugehörig erkannt. Bei
der Bestimmung ging ihm zuerst sein Freund 0. Heer hilfreich an
die Hand, später mußte er allein sich der keineswegs leichten Arbeit
unterziehen. Sein Hauptstudium aber konzentrierte sich auf Bal-
tringen; ja man wird sagen können, die paläontologische Unter-
suchung der Fisch- und Cetaceenreste aus der Meeres-
molasse des genannten Fundorts ist so recht Probst's Le-
benswerk gewesen. Jahrzehnte hindurch hatte er die dortigen
Sandsteinbrüche von dem nahen Mettenberg und nachher von Essen-
dorf aus sozusagen unter seine spezielle Protektion genommen . so
daß alles dort Gefundene in seine Hände gelangte. „Baltringen"
- XLIII —
war und blieb denn auch der Glanzpunkt seiner Sammlung und die
^ Haifischzähne" von dort standen allezeit im Vordergrund seines
wissenschaftlichen Interesses. Nicht daß er die übrigen Lokalitäten
für schwäbisches Tertiär (Hochsträß, Deutschbuch, Ulm, Steinheim etc.)
nicht auch gekannt und gelegentlich besucht hätte. Das „Verzeichnis
der Flora und Fauna der oberschwäbischen Molasse", das er 1879
in diesen Jahresheften erscheinen ließ, zeigt deutlich, welch um-
fassende Kenntnis Probst bezüglich der tertiären Vorkommnisse in
ganz Württemberg besaß, und gibt eine nach dem damaligen Stand
des Wissens durchaus zutreffende Übersicht über dieselben. Aber
eigentlich wissenschaftlich hat er sich doch nur mit „Heggbach" und
„Baltringen" beschäftigt, indem er über ersteres zwei, über letzteres
nicht weniger als acht monographische Abhandlungen (sämtlich in
diesen Jahresheften von 1859 — 1888) veröffentlichte. Nur als eine
Art Anhang hierzu ist anzusehen, was er in zwei weiteren Arbeiten
in derselben Zeitschrift „über quartäre Wirbeltiere aus Oberschwaben"
(1881) und insonderheit über „Halsbandlemming und Murmeltierreste
von da" (1882) vorlegte.
Neben der Geologie im engeren Sinn des Worts und neben
seinen paläontologischen Studien beschäftigte sich Probst mit For-
schungen auf dem Gebiet der Geophysik, der einzigen Disziplin,
die ihn über den engen Kreis seines heimatlichen Bodens hinaus-
führte. Und doch dieser gerade hat ihn dazu veranlaßt, Jahrzehnte
hindurch sich auch mit den genannten Problemen abzugeben. Die
Tatsache, die ihm auf Schritt und Tritt bei seinen Exkursionen in
Oberschwaben aufstieß, daß unmittelbar über der Molasse die Gletscher-
schotter sich abgelagert finden, diese Tatsache Heß dem grübelnden
Denker keine Ruhe ; er mußte den Schlüssel suchen zur Lösung des
Rätsels, was wohl die Ursachen seien, die nach dem warmen, sub-
tropischen Klima der Miozänzeit (mit 18° C. mittlerer Jahrestempe-
ratur) scheinbar plötzlich den Eintritt eines Klimas hervorriefen, wie
wir es heute in der Nähe des Polarkreises finden. Als echte Gelehrten-
natur begnügte er sich nicht mit oberflächlichen Behauptungen oder
mit Aufstellung vager Hypothesen ; er studierte vielmehr mit riesigem
Fleiß die gesamte einschlägige Literatur und hatte auch schließlich
die Genugtuung, wie er selbst sagt, bei dieser exakten Forschung
zu „ziffermäßig, tabellarisch vergleichbaren Werten zu gelangen, die
miteinander im Einklang standen". Er hatte bei diesen Unter-
suchungen über die Atmosphäre, Hydrosphäre und Lithosphäre des
Erdballs in erster Linie deren Wechselbeziehungen zu- und Wechsel-
— XLIV —
Wirkungen aufeinander ins Auge gefaßt und sich auf die Ergebnisse
der Klimatologen und Meteorologen einerseits sowie der Geologen
und Paläophytologen anderseits gestützt. Das Resultat seiner eigenen
Forschung faßt er in folgende Sätze zusammen: „Der Zusammen-
bruch der Lithosphäre erfolgte nicht ins Leere , sondern ins Volle.
Den Senkungen einzelner Teile der Erdkruste entsprechen stets
Hebungen anderer Schollen. Das nicht unnachgiebige Magma des
Erdinnern besitzt in seiner hohen spezifischen Schwere und in seiner
sehr hohen Temperatur eine lebendige Kraft, die dasselbe zu den
höchsten Leistungen befähigt." Es war ihm dabei eine besondere
Freude, konstatieren zu dürfen, daß Branco und Fraas bei ihren
Untersuchungen über die Entstehung des Rieskessels von Nördlingen
zu ganz ähnlichen Gedanken über die gegenseitigen Bewegungen des
Magma und der Erdkruste gekommen waren. Auch diese seine geo-
physikalischen Studien hat Probst in einer größeren Anzahl von
Monographien niedergelegt, die zum Teil in unseren Jahresheften,
zum Teil in der MüNSTER'schen Zeitschrift „Natur und Offenbarung"
in den Jahren 1875—1899 erschienen sind.
Endlich hat sich der heimgegangene Forscher auch mit Botanik
beschäftigt, aber seine wissenschaftliche Tätigkeit auch hier seinem
Grundsatz getreu sowohl bezüglich des Gebiets, in welchem er sam-
melte, als auch hinsichtlich des Pflanzenkreises, dem er sich widmete,
auf einen ganz kleinen Ausschnitt beschränkt, indem er nur die in
Oberschwaben wild wachsenden Rosen bearbeitete. Bei der Auf-
sammlung des Materials ging ihm dabei der frühverstorbene Lehrer
L. Herter, bei der Bestimmung desselben der hervorragende Rosen-
kenner Christ in Basel an die Hand. Die Ergebnisse dieser Unter-
suchungen hat er in einer trefflichen Arbeit ebenfalls in unseren
Jahresheften (1887) veröffentlicht und sich auch auf diesem Gebiet
als einen Lokalforscher ersten Ranges erwiesen.
Nun ist er aus dem Kreis der Lebenden geschieden. Still und
sanft, wie er gewandelt hatte, ging er in der Nacht des neunten
März anscheinend ohne Todeskampf hinüber, nachdem er noch am
Abend zuvor sich wissens'chaftlich beschäftigt hatte ; eine Herzlähmung
setzte seinem irdischen Wirken das Ziel. Bis in sein höchstes Greisen-
alter körperlich und insbesondere geistig mit einer beneidenswerten
Frische und Arbeitsfreudigkeit ausgestattet, hat er die Mußezeit des
Lebensabends unter anderem dazu benützt, genaue Aufzeichnungen
über seine Sammlungen und seine Bibliothek zu machen, die er der
Stadt Biberach als Vermächtnis zueignete. Dieselbe hatte ihm zum
- XLV —
Dank dafür schon etliche Jahre zuvor das Ehrenbürgerrecht verliehen,
wie er schon im Jahre 1877 aus Anlaß des vierhundertjährigen Jubi-
läums der Landesuniversität von der naturwissenschaftlichen Fakultät
in Tübingen zum Ehrendoktor promoviert worden war. Besonders
schätzenswert sind die Mitteilungen, die er wenige Wochen vor seinem
Ende bezüglich all seiner wissenschaftlichen Arbeiten und Erwerbungen
in einer kurzen Monographie noch zusammenstellte und im Druck
erscheinen ließ.
Ein trefflicher Forscher, ein treuer Freund, ein edler Mensch
ist mit ihm in die Ewigkeit gegangen, dessen Andenken noch lange
im Segen und in Ehren bleiben wird, und über dessen Grab der alte
römische Nachruf seine volle Berechtigung hat : Have , pia anima.
Sei es dem Freunde gewährt, jenen lateinischen auch ein paar
deutsche Worte hinzuzufügen, die ihm bei der Kunde vom Hingang
des Freundes aus der Feder geflossen :
Lang, lang ist's her, daß wir zusammen streiften
Durch Feld und Wald im lieben Tal der Riß,
Und Schätze schwer und wuchtig heimwärts schleiften
Aus Sandsteinbrüchen und Moränenkies;
Damals noch beide in der Kraft der Jahre,
Gar leichtbeschwingt und fröhlich, frisch und frei,
Nun altgeworden, silberweiß die Haare:
— Es ging vorbei.
Dich trafs zuerst; du schiedest von der Erde,
Auf der so wacker du, so lang geschafft,
Schier ungebeugt von leiblicher Beschwerde
Und noch als Greis in voller Geisteskraft.
Ein schönes Los hat dir dein Gott beschieden,
Und du, verachtend stets, was seicht und hohl,
Hast ausgenützt die Stunden ohn' Ermüden:
— Mein Freund, leb' wohl!
Dem Dienst der echten Wissenschaft dein Leben
Hast du, ein treuer Jünger, voll geweiht;
Dem Wahren nur und Edlen galt dein Streben,
Gehörte ganz dein Herz und deine Zeit.
Du hast dich ausgewirkt; nun ist's vorüber,
Nun heißt für uns es : Auseinandergehn,
Doch bald, wenn auch mein Weg wird trüb und trüber,
— Auf Wiedersehn !
Zum Andenken an E. v. Martens.
Von Prof. Dr. C. B. Klunzinger.
Am 14. August 1904 starb zu Berlin im 73. Lebensjahre
Dr. Eduard v. Martens, Geheimer Regierungsrat, 2. Direktor am
Museum für Naturkunde und Universitätsprofessor daselbst. Wenn
auch der Schwerpunkt seines segensreichen Wirkens außerhalb unseres
engeren Vaterlandes fiel, so gehörte er dem letzteren doch durch
Geburt, Familie, Erziehung und mancherlei dauernde Beziehungen
und, man darf wohl sagen, durch sein innerstes Wesen an. Ins-
besondere hat er auch unserem Verein eine Anzahl seiner wertvollen
Erstlingsarbeiten (s. u.) gewidmet, die in Verbindung mit Schen-
kungen zahlreicher Mollusken, besonders aus dem Mittelmeer und
Süßwasserformen aus Südeuropa, an das K. Naturalienkabinett in
Stuttgart 1865, so hoch eingeschätzt wurden, daß er schon 1864
(s. unsere Jahreshefte 1865) zum korrespondierenden Mitglied
unseres Vereins ernannt wurde und seitdem in den Listen , welche
sonst nur wenige Namen verzeichnen , als solches aufgeführt wird.
Schon durch seine Familienbeziehungen fast jedes Jahr in seine
Heimat geführt, hat er auch dadurch seinen Heimatsinn bewährt,
daß sein gastliches Haus, wie für Fachgenossen überhaupt, so ins-
besondere für solche aus Schwaben und für an ihn empfohlene Stu-
dierende ebendaher stets offen stand, und daß er ihnen mit Rat und
Tat an die Hand ging.
Eduard v. Marxens ist am 18. April 1831 zu Stuttgart ge-
boren als einziger Sohn des in naturwissenschaftlichen Kreisen einst
hochgeschätzten Kanzleirats beim Obertribunal Georg v. Marxens,
der, in Venedig geboren, aus einer alten (geadelten) hamburgischen
Familie stammte, aber früh schon durch Familienbeziehungen (dessen
Mutter, geb. v. Scheuer, und später die Frau, geb. Graf, waren
Württembergerinnen) ins Schwabenland kam. Von seinen 3 Schwestern
stand ihm die bekannte Malerin Luise, f 1894, besonders nah; sie
hat ihm viele Zeichnungen zu seinen Werken geliefert. Der Sohn
— XLVII —
Eduard hat von diesem seinem Vater in unseren Jahresheften
1873 ein aulkrordenthch anschauliches und eingehendes Lebens-
bild entworfen (s. u.)-
So brachte Eduard seine Jugend bis zu seinem 24. Lebensjahr
in unserem Lande zu, in Stuttgart im Gymnasium 1839 — 49 und in
Tübingen auf der Universität* als stud. med. 1849 — 53, machte hier
auch sein Doktorat als Dr. med., sowie sein Staatsexamen als Arzt.
Schon früh regte ihn aber seines Vaters Vorgang zu naturgeschicht-
licher Forschung mächtig an , und schon zeitig wählte er sich als
spezielles Gebiet die Konchyliologie aus, wie seine erste Arbeit, mit
der er zugleich als Dr. med. unter W. v. Rapp promovierte, wie
das damals anging, zeigt: „Über die Verbreitung der europäischen
Land- und Süßwasser-Gastropoden", welche er zugleich in unseren
Jahresheften 1855 veröffentlichte (s. u.). 1855 wanderte er, wie
damals gar viele junge Naturforscher, nach Berlin, um den be-
rühmten Zoologen, Anatomen und Physiologen Johannes Müller zu
hören , woselbst sich auch andere Landsleute und Studiengenossen,
wie D. Fr. Weinland und E. Zeller, einfanden. In Berlin aber
hielt man ihn fest, der Direktor des Berliner Zoologischen Museums,
Prof. Lightenstein , erteilte ihm, als einem gewiegten Kenner der
Konchyhologie, den Auftrag, die dortige Konchyliensammlung zu
ordnen. Bald (1856) wurde er Assistent und 1859 Kustos an
derselben Anstalt, wo er auch alle wirbellosen Tiere (mit Ausnahme
der Insekten) in seine Obhut bekam. Nun erhielt er den ehrenvollen
Auftrag, als Zoologe die damalige preußische Expedition nach Ost-
asien zu begleiten. Die wissenschafthchen Hauptresultate dieser
Reise, die im ganzen 5 Jahre dauerte, 1859 — 1864, da er, mit einem
kleinen Beitrag von 1000 Talern versehen und mit den Ersparnissen
aus seinem bisherigen Gehalte, auf dem Heimweg noch selbständig
Niederländisch-Indien besuchte, sind in einem besonderen Band des
amthchen Werkes (1876) niedergelegt : „Allgemeines und Wirbeltiere" ;
man ersieht daraus, wie bewandert der Verfasser in allen Teilen des
Tierreichs war. Die Land-, Süß- und Brackwassermollusken wurden
später besonders von ihm bearbeitet (1891 und 1897), die Echino-
dermen schon 1865 — 67.
1873 habilitierte er sich an der philosophischen Fakultät
der Universität Berlin als Privatdozent der Zoologie, nachdem ihm
zuvor der Titel als Dr. philo s. honoris causa von der Universität
Rostock verheben worden war. 1874 wurde er außerordentlicher
Professor, nachdem er einen ehrenvollen Ruf als Vorstand der zoo-
— XLVIII —
logischen hessischen Staatssammlung in Darmstadt mit Lehrauftrag
an der Technischen Hochschule daselbst ausgeschlagen hatte.
1872 verheiratete er sich mit Camilla Wagner, der Tochter
des Stadtpfarrers Wagxer in Schwäbisch-Gmünd, aus welcher glück-
lichen Ehe eine Tochter, Emma, entsproß. Dadurch wurden seine
Familienbeziehungen zu Schwaben erneut und noch enger.
Nach dem Tode des Professors Peters, der von 1856 — ^1883
Vorstand des zoologischen Museums in Berlin war, wurde ihm die
interimistische Leitung dieser Anstalt anvertraut, jene aber 1887 auf
seinen Freund Möbiüs übertragen, da ihm die Last zu schwer er-
schien , zumal jetzt auch das große Geschäft der Überführung der
Sammlung in ein neues Gebäude bevorstand. Mit dem Titel eines
2. Direktors und später eines Geheimrats führte er sein Amt als
Kustos wie als Universitätslehrer bis zu seinem Tode fort. 1901
feierte er seinen 70. Geburtstag, den feierlich zu begehen seine zahl-
reichen Freunde, Schüler, Fachgenossen und Verehrer sich nicht
nehmen ließen; am meisten aber erfreute ihn eine von seinen Mit-
arbeitern am K. Zoologischen Museum ihm bei dieser Gelegenheit
gewidmete Festschrift', als Beiheft zum „Archiv für Natur-
geschichte" herausgegeben.
Und er hatte das wohl verdient. Wer mit ihm zu tun hatte,
der war des Ruhmes voll von seiner Liebenswürdigkeit und Bereit-
willigkeit, aus seinen durch ein mächtiges Gedächtnis unterstützten
großartigen Kenntnissen in seinem Fach und besonders auch in der
Literatur und Philologie, zumal in den alten naturwissenschaftlichen
Klassikern, mündlich und schriftlich Auskunft zu erteilen. Das war
ihm eine wahre Wonne , und wurde auch in umfassendster Weise,
sozusagen von der ganzen Welt, aus nah und fern benutzt. Auch
der Verfasser dieses, der jahrelang zusammen mit ihm, im engsten,
mönchszellenähnlichen Zimmerchen des alten zoologischen Museums
in Berlin, arbeitete und in engster freundschaftlicher Verbindung mit
ihm und seiner Familie bis zu seinem Tode blieb, bewahrt ihm dafür
^ Der derselben voranstehenden „Biographischen Skizze" von M. Meißner
und einem Nekrolog von E. W. (E. Wagner in Karlsruhe) im „Schwäbischen
Merkur" vom 21. Dez. 1904, sowie den von E. Metzger zusammengestellten
biographischen und literarischen Notizen im VII. und VIII. Jahresbericht des
Württ. Vereins für Handelsgeographie, 1890, nach eigenen Mitteilungen
von E. V. Martens, S. 138 — 141, mit Angabe seiner hauptsächlich zoogeogra-
phischen u. dergl. Schriften, entnehme ich einen Teil meiner Angaben über das
Leben und Wirken des Dahinereschiedenen.
- XLIX —
das dankbarste Andenken ^ Dabei war der nun Dahingeschiedene
von einer rührenden Anspruchslosigkeit, Bescheidenheit, Einfachheit
und Harmlosigkeit, das Original eines deutschen Gelehrten nach
seinen guten und manchmal auch schwachen Seiten. Seine Wissen-
schaft, besonders seine Schnecken, waren ihm alles, auf Äußerlich-
keiten gab er wenig; dabei aber war er der beste Sohn, Bruder,
Gatte, Vater und Freund.
Hochbedeutend und umfassend waren seine wissenschaft-
lichen Leistungen. In der Malakologie galt er als erste oder
wenigstens als eine der ersten Autoritäten. Aber auch in der übrigen
Zoologie, zumal der systematischen, war er bewandert. Davon zeugen
seine äußerst zahlreichen größeren und kleineren Schriften , wie sie
in der oben genannten Festschrift S. V — VÜI aufgeführt sind: 60 an
der Zahl. In vielen Reisewerken bearbeitete er die Mollusken, z. B. in
der Reise v. d. Decken's 1869, der Gazelle 1877, Semon's 1894, und
aus den letzten Jahren auch die der deutschen Tiefsee-Expedition von
Chün. Dazu kommen noch eine Menge kleinerer Artikel in ver-
schiedenen Zeitschriften, besonders malakologischen , zumal auch in
den Sitzungsberichten der naturforschenden Freunde in Berlin, wo seit
1860 nicht weniger als 190 solcher Artikel von ihm geschrieben sind.
Viele dieser sind Früchte seiner kleineren und größeren Reisen (Nor-
wegen, Italien), von denen er nie leer zurückkam. Auch verschmähte
er nicht, sein Wissen in gemeinverständlicher Weise dann und wann
nutzbar zu machen, wie in der Abteilung Mollusken im „Hausschatz
des Wissens" 1893, und in seinem bekannten Buch „Die Weich- und
Schaltiere, gemeinfaßlich dargestellt", 1883, sowie durch mancherlei
populäre Vorträge, die er auf Verlangen in Vereinen hielt, und zwar
fast immer über Mollusken. Zahlreich sind seine anthropologischen
Arbeiten, meist aus dem Gebiet der Anwendung der Mollusken.
Es ist hier nicht möglich, alle seine Arbeiten aufzuführen. Die
wichtigsten sind in obiger Festschrift verzeichnet. Dagegen gehört
es sich, an dieser Stelle die, welche er in unseren Jahresheften
veröffentlicht hat, namhaft zu machen, zumal sie auch in jener Fest-
* Unter anderem bestimmte und ordnete E. v. Märten s bei einem Ferien-
aufenthalt in Stuttgart 1894 unsere bis dahin etwas im argen liegende Secken-
dorff'sche Molluskensammlung der Technischen Hochschule (s. meinen Führer
1903, S. 20). Hierüber s. besonders die von E. v. Martens selbst gemachten
Literaturangaben im VII. und VIII. Jahresbericht des Württ. Vereins für
Handelsgeographie, 1880, welche die in der „Festschrift" 1901 wesentlich er-
gänzen.
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1906. d
Schrift nicht alle aufgezählt sind. Erwähnt sind oben von denselben
bereits: seine Inauguraldissertation „über die Verbreitung der
europäischen Land- und Süßwasser-Gastropoden" 1855,
S. 129 — 272, und das „Lebensbild des Kanzleirats Dr. Georg
V. Martens, nach dessen Aufzeichnungen und mündlichen Mitteilungen
entworfen von seinem Sohne, Dr. Eduard v. Marxens", ebenda 1873,
S. 66 — 88. Ferner erschien von ihm ebenda 1860, S. 175 — 264:
„Die klassischen Kon chyliennamen" , 1865, S. 178 — 217:
eine „Molluskenfauna von Württemberg" und 1869, S. 223
bis 224: „Einige seltenere Konchylien aus Württemberg."
Als Universitätslehrer war er von seinen Zuhörern geschätzt
und verehrt. Sehr lehrreich waren seine Kolloquien und Exkursionen,
die beide auch der Verfasser dieses mitgenießen durfte. In der Zeit
zwischen der Erkrankung des Prof. Peters und dessen Ersetzung
durch Fr. Eilhard Schulze hatte er im Lehrauftrag die ganze Zoo-
logie für eine große Zuhörerschaft zu geben.
So bedeutet sein Tod, der nach kurzer Krankheit erfolgte,
einen schweren Verlust für die Wissenschaft und für die Anstalten,
an denen er wirkte, eine Lücke, die nicht leicht jemals wird wieder
ersetzt werden können.
IL Sitzungsberichte.
(über die auf der Hauptversammlung in Öhringen am 24. Juni 1904
gehaltenen Vorträge s. oben S. X — XII.)
1. Wissenschaftliche Abende des Vereins in Stuttgart.
Sitzung am 19. Mai 1904.
Im Hörsaal des chemischen Laboratoriums der Kgl. Technischen
Hochschule sprach Privatdozent Dr. H. KaufPmanii über „Radium-
forschung und Alchimie".
Seit der Entdeckung des Eadiums sind große Kreise der wissen-
schaftlichen Welt in einen wahren Taumel versetzt worden. Und nicht
mit Unrecht! Bietet doch die Erforschung des Radiums so viel des
Neuen, Unerwarteten und Wunderbaren, daß selbst die kühnsten Phan-
tasien noch vielfach übertroffen worden sind. Besitzen wir doch im
Radium eine anscheinend nie versiegende Quelle von Energien aller Art.
Licht, Wärme und Elektrizität werden uns ungefordert und ununter-
brochen auf unabsehbare Zeiten geschenkt. Rätselhafte chemische Vor-
gänge, für die wir bis jetzt keinerlei Analogien aufweisen können, spielen
sich vor unseren Augen ab. Den Erfahrungen vergangener Jahrhunderte
zum Trotz sollen sich beim Radium chemische Elemente ineinander um-
wandeln können. Alchimistische Probleme sollten sich verwirklichen.
Um Einblick in alle diese so merkwürdigen Erscheinungen zu ge-
winnen, muß man sich zunächst mit den Eigenschaften und dem Verhalten
von 3 Substanzen vertraut machen. Zwei derselben, nämlich das Helium
und das Radium, werden jetzt ganz allgemein als Elemente angesehen;
über die dritte , die Emanation , ist die Wissenschaft noch keineswegs
im klaren.
Das Helium ist ein von Ramsay erstmals hergestellter gasförmiger
Stoff, der sich chemisch durch den Mangel jeglicher Verwandtschaftskräfte
auszeichnet und nur durch sein Spektrum nachgewiesen werden kann.
Es ist erst seit wenigen Jahren bekannt , aber schon vor seiner Auf-
findung auf unserer Erde wurde sein Vorhandensein auf der Sonne ver-
mutet. Man gewinnt es aus einigen seltenen Mineralien, wie etwa
Cleveit oder Bröggerit, durch Erhitzen derselben auf hohe Temperatur.
Die Luft enthält neben Argon stets Spuren von Helium; etwas größere
Mengen werden in manchen Quellen angetroffen , so z. B. in Wildbad.
d*
- LII —
Das von Frau Curie entdeckte Radium, das bis jetzt mangels
größerer Mengen noch nicht als freies Element abgeschieden und unter-
sucht werden konnte, ist ein Erdalkalimetall und zeigt daher in seinen
Verbindungen ähnliche Eigenschaften wie das Baryum. Es kommt in
uranhaltigen Mineralien vor, vorzugsweise in den Pechblenden von Johann-
georgenstadt und Joachimstal. Am leichtesten ist sein Bromid herzustellen
und daher werden mit diesem Salz die meisten Untersuchungen ausgeführt.
Die Radiumsalze geben fortwährend Licht und Wärme ab und senden
verschiedenartige Strahlen aus, welche die Umgebung teils positiv elek-
trisch teils negativ laden.
Die Emanation ist ein geheimnisvolles, unbekanntes, gasförmiges
Etwas, das ununterbrochen den Radiumverbindungen in kaum meßbaren
Spuren entströmt und .allen Stoffen, denen sie begegnet, die Eigenschaft
der induzierten Radioaktivität verleiht, d. h. die Eigenschaft, ähnlich
wie das Radium selbst zu wirken. Glasgefäße, die Emanation enthalten,
leuchten im Dunkeln. Die Emanation ist keineswegs etwas Beständiges;
sie verliert allmählich das Vermögen , induzierte Radioaktivität zu er-
regen, und zwar schwächt sich ihr Wirkungsgrad in ungefähr 4 Tagen
auf die Hälfte. Gleichzeitig hat sich eine chemische Änderung vollzogen:
die Emanation ist, wenigstens teilweise, in Helium übergegangen. Nacli
SoDDY beträgt die Erzeugung von Helium aus einem Gramm Radium-
bromid innerhalb eines Jahres 0,0022 mg. Das Vorkommen der Ema-
nation in der Natur scheint ein ziemlich häufiges zu sein; allerdings
ist sie dann nur in äußerster Verdünnung vorhanden, wie etwa in einer
Anzahl von Schwarzwaldquellen.
Der Nachweis des Heliums in der Emanation hat zur Aufstellung
der kühnen Hypothese geführt , daß das Element Radium sich in das
Element Helium verwandle. Die Radiumatome sollten im Laufe der
Zeit zerbrechen, die Bruchstücke oder ein Teil derselben wären die
Atome der Emanation, aus denen sich dann die Atome des Heliums
bildeten. Vor unseren Augen vollzöge sich also nicht nur ein Vergehen,
sondern auch ein Werden eines Elements. Derartige, sehr alchimistisch
klingende Auffassungen können, da sie weit über den durch die Tat-
sachen festgelegten Rahmen hinausgehen , nicht scharf genug kritisiert
werden. Solange man nicht weiß , ob die Radiumpräparate völlig frei
von Helium sind, wie lange sie Emanation abgeben, was die Emanation
ist und ob man dem Radium seine Radioaktivität nehmen kann, sind alle
Schlüsse darüber Vermessenheit. Viel walirscheinlicher ist, daß die
Radioaktivität nur das Merkmal eines besonderen Zustandes ähnlich wie
die Elektrizität oder der Magnetismus vorstellt , und daß im Zustande
der Radioaktivität eine uns noch unbekannte, überall verbreitete Energie-
art in uns besser bekannte P^nergien verwandelt wird.
Der Vortrag wurde durch eine Anzahl Versuche mit radioaktiver
Pechblende , mit Radiumbromid und mit ultraviolettem Quecksilberlicht
unterstüzt. (Kauffmann.)
Am Nachmittag des 9. Juni machten zahlreiche Teilnehmer an den
wissenschaftlichen Abenden mit ihren Familienangehörigen einen Aus-
— LIII —
fing- nach Eßling-en. Um 5 Uhr versammelte man sich in der
lithographischen Knnstanstalt von J. F. Schreiber, die unter
Führung des Chefs der Firma, Herrn Kommerzienrat Ferd. Schreiber,
und mehreren Angestellten des Hauses eingehend besichtigt wurde. Ein
künstlerisch ausgeführtes Gedenkblatt wurde den von dem Gesehenen
hochbefriedigten Besuchern beim Verlassen der Anstalt überreicht. —
Hieran schloß sich ein Spaziergang auf die Burg, wo man im Saal des
dicken Turms in fröhlicher Laune einen Imbiß einnahm. Die Rückkehr
zur Stadt erfolgte über die Panoramastraße an dem vor kurzem er-
richteten Lenaudenkmal vorbei, dessen Besichtigung allerdings unter dem
inzwischen eingetretenen heftigen Regen etwas notlitt. Gegen 8 Uhr
vereinigten sich die Besucher und die Eßlinger Freunde wieder im
Gartensaal des „Deutschen Hauses", wo sich eine zwanglose, heitere
Geselligkeit entwickelte, bei welcher nach einer Begrüßungsansprache
des Herrn Seminaroberlelirers Kohl er der Vorstand Direktor Dr. Suß-
dorf Gelegenheit nahm, den freundlichen Gastgebern den Dank der
Gesellschaft in warmen Worten zum Ausdruck zu bringen.
Sitzung am 13. Oktober 1904.
Prof. Dr. Kirchner (Hohenheim) sprach über „Parthenogenesis
bei Blütenpflanzen". Unter echter Parthenogenesis hat man die Ent-
wickelung eines Embryo (und, in der Folge, eines Samens) aus einer
unbefruchteten Eizelle zu verstehen. Eine solche Parthenogenesis, die
in der Tierwelt bei Insekten und Krustern nicht selten vorkommt und
auch bei einigen niederen Pflanzen schon länger bekannt ist, war bis
zum Jahre 1898 bei den Blütenpflanzen noch unbekannt und wurde auch
theoretisch für unmöglich gehalten. In jenem Jahre wurde sie von Juel
bei Antennaria alpina Rchb. , einer nahen Verwandten des bekannten
Himmelfahrtsblümchens, und bald darauf von Muebeck bei verschiedenen
AI Chi milla- Arten festgestellt, worüber Redner in seinem Vortrag am
9. Jan. 1902 berichtet hat. Seither haben eingehende Untersuchungen
eine weit größere Verbreitung der Parthenogenesis bei den Blütenpflanzen
nachgewiesen und wahrscheinlich gemacht. Zunächst wurde sie von
OvEKTON bei Thalkirum pur^jurascens L. , einer nordamerikanischen
Ranunculacee festgestellt, wo sie jedoch im Gegensatz zu den vor-
. benannten Fällen keine ausschließlich stattfindende Erscheinung ist,
sondern neben normaler Befruchtung und nur bei Ausbleiben der Be-
stäubung auftritt. Höchst überraschend sind die Ergebnisse der däni-
schen Botaniker C. Raunkiaek und C. H. Ostenfeld bei ihren Unter-
suchungen über Taraxaciim und Hieracium. Sie machen es im hohen
Grade wahrscheinlich, daß sämtliche Arten dieser beiden allgemein
verbreiteten Pflanzengattungen ihre Samen immer und ausschließlich
auf parthenogenetischem Weg bilden. An verschiedenen Präparaten
zeigte Redner , daß , wenn man an den noch geschlossenen Köpfen,
z. B. des Löwenzahns, etwa durch einen in halber Höhe geführten
Schnitt die oberen Teile der Blüten mit den Staubbeuteln und Narben
- LIV —
entfernt, sich gleichwolil normale und keimfähige Früchte entwickeln.
Durch mikroskopische Untersuchung der Vorgänge bei dieser Frucht-
bildung konnte Eedner nachweisen, daß diese auf echter Parthenogenesis
beruht. Außer diesen Fällen unzweifelhafter Parthenogenesis konnte bis
jetzt noch eine Reihe von solchen ermittelt werden, bei denen Partheno-
genesis sehr wahrscheinlich stattfindet. Dies ist der Fall bei der tropischen
Ficus hirta Vahl, der neuseeländischen Gunnera Hamütonii T. Kirk und
des einheimischen Eupliorhia dulcts Jacq. Die letztere Pflanze bildet
nach den Untersuchungen von Prof. Hegelmaier in Tübingen ihre
Embryonen vielleicht immer auf parthenogen. Wege, oder ist sie wenig-
stens, ähnlich wie das erwähnte Thalidrum purpurascens, bei Ausbleiben
der Bestäubung dazu befähigt. Nach den noch nicht abgeschlossenen
Untersuchungen des Vortragenden sind wahrscheinlich auch die Gurken
der Parthenogenesis fähig, deren sogen. Fruchtuugsvermögen , d. i. die
Fähigkeit , bei unvollkommener oder mangelnder Befruchtung s a m e n -
lose „Früchte" auszubilden, den Gärtnern ja schon länger bekannt ist.
Weiter ist es nicht ausgeschlossen, daß die schon früher beim Hanf,
Hopfen, Spinat und einjährigen Bingelkraut beobachtete Samenbildung ohne
nachweisbare Befruchtung zum Teil auf Parthenogenesis beruht. Das
neuerdings als wahrscheinlich hingestellte Auftreten von Parthenogenesis
bei der Erbse bedarf noch gründlicherer Untersuchung. — Was nun die
Rückwirkung der parthenogen. Samenerzeugung auf die Organisation der
damit ausgestatteten Pflanzen anbetrifft, so treffen wir bei den aus-
schließlich parthenogen. Blütenpflanzen eine Stufenleiter an von an-
scheinend normalen, aber keimungsunfähigen und von keimungsfähigen,
aber spärlich vorhandenen Pollenkörnern bis zum völligen Fehlschlagen
derselben oder sogar bis zur fast vollkommenen Unterdrückung der männ-
lichen Organe. Anderseits zeigt es sich, daß die zu parthenogen. Ent-
wickelung befähigten Eizellen nebst den sich selbständig weiterentwickeln-
den Embryosackkernen die auch allen übrigen Zellen der betr. Pflanze
zukommende Anzahl von Chromosomen besitzen, daß ihnen also ein sehr
wesentliches, in der Halbierung der Chroraosoraenzahl beruhendes Merk-
mal der Geschlechtszelle abgeht. Auf unsere Anschauungen über Varia-
bilität und Artenbildung dürften die neuen Erfahrungen, besonders bei
Taraxacnm und Hierachim, von großem Einfluß sein, da der Formenreichtum
dieser beiden Gattungen wahrscheinlich erst entstand, nachdem die Gat-
tungen bereits parthenogenetisch geworden waren. — Die ökologische
Bedeutung der Parthenogenesis erkennt Redner darin, daß durch sie die
Ausbildung von keimfähigen Samen in solchen Fällen sicher gestellt wird,
wo aus irgend einem Grund der Eintritt der Befruchtung ungewiß oder
schwierig geworden ist. (E.)
Sodann legte Oberstudienrat Dr. L a m p e r t noch eine Probe des
aus einem Gefllz von Fadenalgen bestehenden sogen. Meteor- oder
Wiesenpapiers vor, dessen Entstehung kurz erläutert wurde. —
Einem zu Beginn der Sitzung gefaßten Beschluß der Versammlung zu-
folge sollen die wissenschaftlichen Abende künftighin nicht .mehr am
2. Donnerstag, sondern jeweils am 2. Montag eines Monats stattfinden.
— LV —
Sitzung- am 14. November 1904.
Zunächst machte Prof. Klimzinger Mitteilung von einer wohl
für die Wissenschaft neuen Beobachtung- über die Biologie eines
Schlammkäfers, Heierocerus laevigatus Kiesenw. (s. Kiesenwettek, Bei-
träge zur Monographie der Gattung Heterocerus in Geemar's Zeitschr.
f. d. Entomologie 1841). Ein junger Freund, Rob. Bosch, vom Real-
gjnnnasium in Stuttgart brachte dem Vortragenden am 2. Oktober 1904
unter anderem ein rundliches Gebilde aus Schlamm mit einem Loch, von
auffallender Ähnlichkeit mit einer Terebrafula, von der Größe eines halben
Pfennigs ; es entstammte einem Tümpel im Feuerbacher Tal bei Botnang.
Vortragender fand bei dem Besuch des Tümpels die eingetrocknete Ober-
fläche um den Tümpel bedeckt mit Hunderten solcher Gebilde, die im
ganz trockenen Boden leer waren, sich aber im feuchten bewohnt von
obigen Käferchen oder dessen Larven oder Puppen, die sich alle lebhaft
bewegten, zeigten. Am Boden des Tümpels selbst fanden sich oberfläch-
liche wurmförmig-e Gänge, in welchen sich auch zuweilen obiger Käfer fand.
Den ganzen Lebensgang des Käfers vom Ei an konnte Vortragender
trotz Anlegung einer Schlammkultur bis jetzt noch nicht verfolgen , er
verzichtet daher vorderhand auf genauere Beschreibung und Abbildungen.
(Klunzinger.)
Ferner legte Oberlehrer Schlenker (Cannstatt) eine größere
Anzahl der gegenwärtig zur Reife gelangenden , mirabellenähnlichen
Früchte eines im Garten der K. Wilhelma stehenden Gingkobaumes vor.
Sodann teilte Prof. Dr. \. Hacker „Zoologische Beiträge
zur Kenntnis der bösartigen Neubildungen" mit.
Redner will zeigen, in welcher Weise einerseits die Zoologie, ins-
besondere ihre drei modernsten Zweige, die Entwickelungsmechanik, die
Protozoenkunde und die Zellenlehre, anderseits die pathologische Forschung
in beständiger Fühlung miteinander geblieben sind und wie die Zoologie
zu wiederholten Malen, speziell auf dem Gebiete der Krebsforschung, in
der Lage gewesen ist, den Pathologen Anregungen praktischer oder
theoretischer Natur zu geben. Wenn er dabei zum Teil auf eigene
Untersuchungen zurückgreife, so solle dies ohne die Prätension geschehen,
als ob durch dieselben unsere Kenntnis auf diesem wichtigen Gebiet in
entscheidender Weise beeinflußt werde. Vielmehr wolle er dieselben nur
anführen, weil sie in den Rahmen hereingehören und weil sie vielleicht
die Angaben des einen oder anderen Forschers von einer neuen Seite
beleuchten. Nachdem Redner die CoHNHEiM'sche Theorie, nach welcher
die Geschwülste von „versprengten" Embryonalzellengruppen ihren Aus-
gang nehmen, besprochen und die Beziehungen dieser Lehre zu den Be-
strebungen der Entwickelungsmechanik angedeutet hatte, ging er etwas
näher auf die Ergebnisse der Protozoenforschung ein. Die letzten Jahre
haben uns mit der außerordentlich wichtigen pathogenen Bedeutung vieler
einzelliger Tiere, der Sporozoen und der ihnen nahestehenden Flagellaten
oder Geißeltierchen, bekannt gemacht. Nachdem vor wenigen Jahren
die ganze Lebensgeschichte und Entwickelung des Erregers der Malaria
aufgeklärt worden war und diese Kenntnis bereits wichtige prophylaktische
- LVI -
Maßnahmen gezeitigt liat, wurden für eine ganze Reihe von Krankheiten
der Haustiere und des Menschen einzellige Blutparasiten als Erreger fest-
gestellt. Teils mit Sicherheit, teils mit großer Wahrscheinlichkeit konnten
das gelbe Fieber, das Schwarzwasserlieber, die Beriberikrankheit, ferner
das Texasfieber, die Tsetsefliegenseuche und andere Rinderseuchen auf
die Infektion durch Sporozoen oder Flagellaten zurückgeführt werden.
Als Überträger der Parasiten wurden teils Stechmücken, teils Zecken
ei'kannt. Es lag aus verschiedenen Gründen nahe, auch bei den bös-
artigen Neubildungen nach solchen einzelligen Wesen zu suchen, jedoch
ist man noch zu keinen einwandfreien Ergebnissen gelangt. In ein-
gehender Weise behandelte Redner sodann die Beziehungen seines eigenen
Arbeitsgebietes, der Zellenlehre, zur Krebsforschung. Nachdem einige
besondere Kernteilungsformen mit Unrecht als charakteristisch für bös-
artige Geschwülste beschrieben worden w^aren, hat neuerdings das Auf-
treten der sogenannten heterotypen Kernteilungsbilder in den Karzinomen
zu lebhafter Diskussion geführt. Diese besonderen Bilder waren bisher
nur aus unreifen Ei- und Samenzellen und aus jugendlichen Embr3^onal-
zellen bekannt. Dir Vorkommen in Krebsgeschwüren läßt sich also sehr
gut mit der Anschauung vereinigen, daß bei der Entstehung der Neu-
bildungen die Zellen gewissermaßen zurückdififerenziert werden , d. h.
einen embryonalen Charakter erhalten. In ätiologischer Hinsicht ist aber
das Vorkommen jener Teilungsformen in Geschwüren vielleicht deshalb
von Interesse, weil es nach eigenen Untersuchungen des Redners möglich
ist, dieselben Teilungsbilder und einige andere charakteristische Merk-
male der Geschwüre durch Einwirkung von Äther auf tierische Eier
künstlich zu erzeugen. Nach einigen Ausblicken auf das neu eröffnete
Gebiet schließt Redner mit dem Hinweis darauf, daß allerdings in den
biologischen Wissenschaften, wie ein landläufiger, gewöhnlich in tadeln-
dem Sinne gemeinter Vorwurf besagt, viel SpezialStudium getrieben, daß
aber gerade auf den Grenzgebieten besonders eifrig gearbeitet werde
und daß gerade hier die getrennten Marschrouten der Spezialisten sich
immer häufiger treffen und schneiden , je sicherer im allgemeinen der
Boden für die Forschung werde. (Hacker.)
In der sich anschließenden Erörterung demonstrierte zuerst
Dr. Fritz Rosenfeld einige Abbildungen von Krebsparasiten und
zwar die sogenannten Vogelaugen , die E. v. Leyden beschrieben und
als Erreger des Krebses angesprochen hat. Er besprach sodann die
Übertragungsversuche die mit Karzinomgewebsteilen ausgeführt worden
sind. Auf Grund der in der Literatur niedergelegten Mitteilungen, so-
wie auf Grund eigener Versuche und Beobachtungen kam Redner zu
dem Schluß, daß ssich das Karzinom von einem Tier des einen Genus
nur auf ein anderes Tier des gleichen Genus übertragen lasse. Wenn
diese und ähnliche Versuche auch noch nicht völlig beweisend seien, so
machen sie es doch wenigstens in hohem Grade wahrscheinlich, daß die
Entstehung der bösartigen Geschwülste auf parasitäre Ursachen zurück-
zuführen ist.
Demgegenüber bemerkte Medizinalrat Dr. Walz, daß die inter-
essanten Beobachtungen des Vortragenden weniger als Beweis für die
- LVII —
parasitäre Natur aufzufassen sind, als vielmehr eine neue und wichtige
Stütze für die mit Unrecht in neuerer Zeit in den Hintergrund gedrängte
CoHNHEiM'sche Theorie der embryonalen Keimverlagerung bilden, da die
heterotype Teilung der Krebszellen ein morphologischer Ausdruck ihrer
embryonalen Natur ist. Vom pathologisch-anatomischen Standpunkt aus
scheinen die Aussichten, einen Parasiten als Erreger der bösartigen Ge-
schwülste aufzufinden, gering zu sein. Die Krebsstatistik liefert noch
zu unsichere Resultate, der Zufall und der Mangel einer genauen Diagnose
spielt dabei eine große Eolle, Die Übertragungsversuche, wenn sie auch
teilweise gelungen sind, sind nur als Transplantationen aufzufassen; sie
könnten nur als Beweis gelten, wenn die Parasiten in Reinkultur, ohne
Epithelzellen, übertragen worden wären. Da die Metastasen der Krebse
stets denselben Zellcharakter wie die ursprüngliche Geschwulst zeigen,
müßte man geradezu annehmen, daß die Krebszellen selbst die gesuchten
Parasiten wären. Beweise sind jedoch hierfür nicht die geringsten vor-
handen. Wenn auch die CoHNHEiivi'sche Theorie nicht die letzte Ursache
der Geschw'ülste erklärt, ist sie doch diejenige, welche am meisten für
sich hat, zumal eine gewisse Vereinigung derselben mit anderen Theorien,
insbesondere der Reiztheorie Viechow's, möglich ist und sich wohl auch
annehmen ließe, daß neben anderen Reizen gelegentlich auch Parasiten
einen Reiz ausüben, der den Anstoß zur Entwickelung der embryonalen
Zellproliferation im Sinne Cohnheim's gibt.
Sitzung am 12. Dezember 1904.
Zu Beginn der Sitzung feierte der Vorsitzende Direktor Dr. Suß-
dorf mit herzlichen Worten das anwesende Mitglied Prof. Dr. Klun-
zinger, der vor kurzem (am 18. Nov.) sein 70stes Lebensjahr zurück-
gelegt hatte. Er hob die Verdienste hervor, die der Jubilar sich um
die Wissenschaft im allgemeinen und um das geistige Leben im Verein
f. vaterl. Naturk. , insbesondere um die wissenschaftlichen Abende , zu
deren Begründern er gehört , erworben hat , und brachte ihm die herz-
lichsten Wünsche des Vereins für das kommende Dezennium dar.
Nach kurzen Dankesworten des Gefeierten machte Prof. Dr. Sauer
eingehende Mitteilungen über die „geologische Zusammensetzung
von Deut seh- Ostafrika mit besonderer Berücksichtigung
montanistisch wichtiger Mineralien und Gesteine." (Ein
Bericht über diesen Vortrag liegt nicht vor.)
Sitzung am 9. Januar 1905.
Dr. K. Regelmaiin sprach über „geologische Untersuchungen
im Gebiet der Hornisg rinde". Die geologische Kartierung des
Blattes 91, „Obertal", der neuen topographischen Karte von Württem-
berg 1:25 000 lieferte dem Vortragenden die Gelegenheit, dem Aufbau
des Hornisgrindegebiets Ergebnisse von allgemeinerem Interesse abzu-
gewinnen. Es sei bemerkt, daß die Aufnahme dieses Blattes eine der
— LVIII -
ersten ist, die von der geolog. Abteilung- des K. Württ. Statist. Landesamts
in Angriff genommen wurde, und daß als Ergebnis dieser Aufnahme die
geolog. Karte im Original fertig vorlag. Das Grundgebirge des bis zur
Höhe von 1163 m aufstrebenden Gebirgsstocks baut sich der Hauptsache
nach aus Graniten, im geringeren Maße aus Gneisen und zwar aus
Sedimentär- oder Eencli- und Eruptiv- oder Schapbachgneisen auf. Die
Hauptmasse der Granite, welche im Langenbach-, Schönmünz- und See-
bachtale , sowie im Gebiet von Allerheiligen zutage treten , bilden ein
zusammenhängendes Massiv und sind nun petrographisch als Zweiglimmer-
granite erkannt w^orden. Redner erbringt den Beweis, daß das granitische
Magma bei der Intrusion große Mengen des älteren Gneises aufgenommen
und zum Teil aufgelöst hat. Nach einigen Worten über Ganggesteine
und deren technische Verwertung geht er zu den Gebilden aus der Zeit
des Eotliegenden und des Buntsandsteins über. Von den Arkosen, Por-
phyren und Tuffen des ersteren bieten die ausgedehnten Porphja-vorkomra-
nisse (Gottschläz, Rotenkopf usw.) das größte wissenschaftliche Interesse.
Ihnen ist ausgezeichnete Fluidalstruktur eigen. Die nähere Untersuchung
ergab, daß sie nicht als Decken, sondern als Stiele aufzufassen sind.
Aus dem Buntsandstein wurden gut erhaltene Sandsteinpseudomorphosen
(2 R) vorgezeigt , wie überhaupt die Ausführungen durch eine Auswahl
guter Belegstücke erhärtet wurden. Weiterhin führt Redner aus, daß
das Gebiet der Hornisgrinde von den Eisdecken der Diluvialzeit mächtig
bearbeitet worden sei und noch heute diese Einwirkung an den aus-
gedehnten Karbildungen (Mummelsee, Wildsee usw.) erkennen lasse. Auf
Blatt Obertal sind mehr als 50 oft perlschnurartig aneinandergereihte,
zum Teil sehr gut erhaltene Kare nachzuweisen, die möglicherweise erst
während der letzten Eiszeit entstanden sind. — Die aus den Karen
herausgeschobenen Schuttmassen, sowie die im Hornisgrindegebiet über-
aus reichlichen Gehängeschuttmassen führten Redner zur Besprechung
seiner bodenkundlichen Aufgaben, wobei er die Bildung des gefürchteten
„Ortsteins" berührte: die Humussäuren des im Schwarzwald häutigen
Rohhuraus laugen die Nährsalze aus den oberen 20 — 80 cm des Bodens
(Bleisand) aus und bilden Huraate, die als Zement, Sandkörner und Ge-
steinsbrocken der nächsten 20 — 50 cm zu einer steinharten, wasser-
undurchlässigen Schicht (Ortstein) verkitten. Eine Kartenskizze zeigt
die ziemlich große Verbreitung dieser Ortsteinbildung , die verhältnis-
mäßig unabhängig von der Exposition ist. Als ortsteingefährdete Böden
sind besonders die losen Schuttmassen sowohl des Granits wie des Sand-
steins zu betrachten. An der Hand chemischer Analysen zeigte der Redner
zum Schluß, wie arm an mineralischen Nährsalzen, vor allem an Kalk, die
Böden der von der Bevölkerung bebauten Gebiete sind, und bezeichnete
die Beschaifung billiger Meliorationsmittel, z. B. durch Anlage von Kalk-
werken in der Nachbarschaft, als eine wichtige volkswirtschaftliche
Aufgabe. (Regelniann )
An den Vortrag schloß zunächst Prof. Dr. Sauer einige Be-
merkungen, indem er als Leiter der geolog. Landesaufnahme seiner
Genugtuung darüber Ausdruck gab , daß der erste öffentliche Bericht
über die Tätigkeit der vor kaum 2 Jahren gegründeten geolog. Landes-
- LIX —
anstalt im Verein für vaterländ. Naturkunde erstattet werde , der das
Recht und Interesse für sich in Anspruch nehmen dürfe, über den Stand
dieser Arbeiten auf dem Laufenden erhalten zu werden. Redner schilderte
in kurzen Zügen die Entwickelung der geolog-. Landesaufnahme in Württem-
berg und bezeichnete die Aufgaben dei- neuen Aufnahme näher, wobei
er besonders die Bedeutung der neuen Karten für die Bodenkultur und
die Volkswirtschaft hervorhob. Das gesamte Land, alle Schichten der
Bevölkerung müssen daher ein Interesse daran haben, daß diese allgemein
Nutzen schaffende , für einen modernen Kulturstaat unentbehrliche Ein-
richtung der geolog. Landesaufnahme mit ausreichenden Mitteln versehen
werde, damit sie an der Lösung ihrer hohen Aufgaben in flottem Tempo
arbeiten und dieselbe in nicht allzuferner Zeit zu Ende führen könne.
— Sodann sprach Forstdirektor Dr. v. Graner, der die Einbeziehung
der vom Vorredner geschilderten Aufgaben in das Arbeitsgebiet der
geolog. Landesaufnahme als höchst dankenswert und für die praktischen
Zwecke der Forst- und Landwirtschaft äußerst wertvoll bezeichnete.
Unter Hinweis auf Preußen, wo derzeit 53 Landesgeologen an .der
Landesaufnahme tätig seien, gibt auch er der Hoffnung Ausdruck, daß
auch in Württemberg, wo zurzeit nur 2 Landesgeologen bestellt seien,
das wichtige Unternehmen eine baldige weitere gedeihliche Ausgestaltung
erfahren werde. Zum eigentlichen Vortrag bemerkt Redner, daß für
die Erklärung des Auftretens schädlicher Rohhumusmassen und in der
Folge des Ortsteins wohl auch klimatische Verhältnisse heranzuziehen
sein dürften. Jene unerfreulichen Erscheinungen finden sich vorzugs-
weise in kühlen und sehr niederschlagsreichen Gebieten , in denen die
Zersetzung des Humus durch niedrige Temperatur und durch den bei
einem Übermaß von Feuchtigkeit eintretenden Abschluß des atmosphäri-
schen Sauerstoffs gehemmt sei, vor allem in den nordischen Ländern,
dann aber auch in dem noch unter dem Einfluß des Seeklimas stehenden
nordwestlichen Deutschland und in den höheren Lagen der deutschen
Mittelgebirge. — Nach weiteren Bemerkungen von Dr. Schmidt und
Prof. Dr. Fr aas schloß der Vorsitzende die Versammlung mit Dank an
die Redner.
Sitzung am 13. Februar 1905.
Da der für den Abend in Aussicht genommene Vortrag von
Dr. Obermüller nicht stattfinden konnte, wurde der Abend durch „kleinere
Mitteilungen" ausgefüllt. Zunächst berichtete Prof. Dr. E. Fraas in
Kürze über ein in der Neckarstraße erschlossenes Profil, in dem diluviale
Torfschichten aufgeschlossen wurden, die wohl im Zusammenhang mit
den schon früher bei der Zuckerfabrik beobachteten gleichartigen Schich-
ten stehen. 8odann besprach derselbe Redner die neuentdeckte Thermal-
quelle in Wildbad, über die Redner im Mittagsblatt des „Schwab.
Merkur" No. 59 vom 6. Febr. folgendes mitgeteilt hatte: „Die Unter-
suchungen und Grabungen, die im Laufe dieses Winters von selten der
Kgl. Domänendirektion in W i 1 d b a d gemacht wurden , haben zu dem
- LX —
unerwarteten Ergebnis der Bloßlegung einer uralten, bis in das früheste
Mittelalter zurückreichenden Badeanlage mit der darin noch sprudeln-
den Therme geführt und dürften sowohl aus historischen wie aus
praktischen Gründen ein weitgehendes Interesse beanspruchen. Es war
schon früher bei Anlage eines städtischen Abzugskanals die Beobachtung
gemacht w^orden, daß bei den Grabarbeiten vor der König-Karlshalle
inmitten der Straße Thermalwasser aufdrang, das in dem durchLässigen
Gerolle und noch mehr in dem Abzugskanal selbst abfloß und auf diese
Weise verloren ging. AVohl hatte man diese Erscheinung von selten
der Badeverwaltung längst ins Auge gefaßt, aber erst in diesem Winter
konnte man an eine eingehende Untersuchung herantreten. Der im De-
zember 1904 geöffnete Versuchsschacht ergab nicht nur das Aufdringen
einer heißen Quelle, sondern ließ auch eine alte Fassung dieser Therme
erkennen und der Fund von zahlreichen charakteristischen Gefäßen wies
auf ein hohes Alter dieser Arbeiten hin. Der als Sachverständiger be-
rufene Prof. E. Fbaas wies auf die hohe historische und prächtige Be-
deutung dieses Befundes hin und es wurden nun von selten der Domänen-
direktion keine Opfer gescheut, um vollständige Klarheit in die Frage
zu bringen, indem unter der Leitung von Oberbaurat Gsell die ganze
aus dem anstehenden Gestein herausgemeißelte Badeanlage bloßgelegt wurde.
Das Bild, das sich jetzt bietet, ist ein überraschendes. In einer
Mächtigkeit von 4 m hatte man zunächst die Anschwemmungen der Enz
abzuräumen, die aus grobem Geröll und Schuttgebirge bestanden, das
in seinem unteren Teil geradezu durchspickt war von morschen Holz-
stämmen, Wurzelwerk und verfaulten Blättern, was alles auf eine ge-
waltsame Hochwasserkatastrophe hinwies. In der Tiefe von 4 m er-
reichte man nun das anstehende Gestein in Gestalt der Schichten des
Rotliegenden, einer Formation, welche bei Wildbad zwischen dem Granit
und dem Buntsandstein eingelagert ist und aus tiefrotem Ton mit zahl-
losen Bruchstücken und Gerollen des Granits besteht. In diesem festen
Gestein war nun eine rundliche Grube von 5 m Weite mit senkrechten
Wänden ausgearbeitet. Bei weiteren 2 m Tiefe zeigte sich auf der
Westseite ein bankartiger Absatz und bei weiteren 2,5 m ein rings um-
laufender zweiter Absatz. Seitlich in das Gestein hineingetriebene Löcher
mögen entweder auf das Suchen nach Wasser zurückgeführt werden oder
haben sie zum Einsetzen von Balken gedient, die hier einen Holzboden
zu tragen hatten. Unter diesem zweiten Absatz beginnt die eigentliche
Quellfassung in Gestalt einer weiteren Vertiefung des Raumes um o,5 m
mit einer lichten Weite von 2,25 m. Um aber das Ausschöpfen des
Wassers zu erleichtern , ließ man auf der Ostseite einen kanzelartigen
Vorsprung mit seiner wannenförmigen Aushöhlung stehen, alles frei aus
dem anstehenden Gestein herausgemeißelt. Endlich bei 12 m Tiefe unter
der Straße stieß man auf die Sohle der Grube und damit auf den festen
Granit und den natüi'lichen Ausfluß der Therme, die mit einer Tem-
peratur von 34^ Celsius auf der Grenze zwischen Rotliegendem und
Granit heraussprudelt. Mit aufrichtiger Bewunderung sehen wir nicht
nur die sorgfältige, sondern auch durchaus zweckmäßige Anlage dieser
Fassung, die sich um so schwieriger gestaltet haben muß, als der An-
— LXl -
drang des warmen Wassers nicht wie jetzt durch Pumpen, sondern durch
einfaches Ausschöpfen mit Gefäßen bezwungen werden mulite. Der ganze
große Hohlraum war mit Schuttmassen erfüllt und die zahlreichen, zum
Teil gut gearbeiteten Bretter, Dielen, Balken etc. , die in dem Schutt-
gebirge staken, zeugen davon, daß in der Grube sich ein hölzerner Ein-
bau befand und daß wahrscheinlich auch noch über dem Bad ein hölzerner
Bau errichtet war. Das Ganze muß einem gewaltigen Hochwasser zum
Opfer gefallen und so A^ollständig vernichtet und überschüttet worden
sein, daß selbst die Stelle des einstigen Bades verloren gegangen ist
und bis auf unsere Tage verborgen blieb.
Einen Anhaltspunkt über die Zeit dieser Vernichtung bekommen
wir aus den zahlreichen Funden von Gefäßen, die alle eine sehr charak-
teristische Form aufweisen und auf das frühe Mittelalter, etwa die
H oben s tauf enzeit, schließen lassen. Auch eine eiserne Axt, die mit-
gefunden wurde, spricht für dieses, wenn nicht noch höheres Alter, denn
sie zeigt in ihrer Form die größte Ähnlichkeit mit römischen und ale-
mannisch-fränkischen Stücken. Daß in jener Zeit schon derartige tech-
nische Schwierigkeiten überwunden wurden, ist nicht allzusehr erstaun-
lich , wenn wir daran denken , daß damals auch auf den Ritterburgen
sehr tiefe Brunnen und lange unterirdische Gänge aus dem Gestein her-
ausgemeißelt wurden. Für Wildbad hat der Befund eine außerordent-
liche historische Bedeutung, da er weit über die historischen Überliefe-
rungen zurückgreift, deren älteste bekanntlich der von Uhland besungene
Überfall des Grafen Eberhard im Jahre 1367 ist, wobei freilich Wild-
bad schon als Naturbad und Stadt genannt wird. Wir haben nun die
Sicherheit, daß die Quellen schon Jahrhunderte früher bekannt und durch
sorgfältige Anlage eines Bades benutzbar gemacht waren. Dem Geologen
ist durch die Ausgrabung der seltene Anblick der frei aus dem Gestein
aussprudelnden Therme geboten und ein schönes Profil des Untergrundes
erschlossen und auch die praktische Seite ist nicht zu vergessen, indem
nun durch zweckmäßige Fassung das früher im Gerolle versickernde
W^asser dem Bade zukommt. Leider ist es nicht möglich, diese originelle
alte Badeanlage in natura offen zu halten und etwa den Badegästen zur
Verfügung zu stellen, denn erstens liegt die Stelle inmitten der Straße
und zweitens so tief unter dem Wasserstand unserer Bäder, daß dieser eine
Senkung erfahren würde und damit die Bäder trocken gelegt würden. Durch
genaue Aufnahmen, ein nach der Natur hergestelltes Modell, ja, durch Natur-
abguß eines Teils des Bades und selbstverständlich durch Aufbewahrung
aller Fundstücke wird aber das Möglichste getan, um die Ergebnisse der
Untersuchung bleibend zu gestalten. Die wichtigsten Stücke sollen später
in passender Weise in Wildbad selbst zur Aufstellung kommen."
Redner ergänzte diesen Bericht durch Ausführungen über die
geologischen Verhältnisse an der alten Quellfassung selbst und im Ther-
malgebiet von Wildbad überhaupt. Das engbegrenzte Gebiet , in dem
die Thermen dort aufsteigen, scheint bedingt durch eine Bruchzone, die
sich zwischen die beiden größeren Granitmassive im Norden und Süden
von Wildbad als kleinen Keil einschaltet. Dieses Bruchgebiet ist selbst
wieder durch eine Längsspalte in 2 Schollen getrennt, wodurch sich die
— LXII -
Zusamiueiigehörigkeit einerseits der Thermen ai;f der rechten Enzseite
(großes Badegebäude) und anderseits derjenigen auf der linken Enzseite
(König-Ivarls-Bad) erklärt. Beide Quellgruppen haben jedoch sicherlich
in größerer Tiefe Verbindung miteinander, aus der sich ihre gegenseitige
Beeinflussung erklären läßt. — An diese Ausführungen schloß Prof.
Dr. Sauer Mitteilungen über die petrographische Beschaffenheit des
Granits von Wildbad. Redner unterscheidet einen porphj'rartigen Granit,
der durch Druck eine gewisse Parallelstruktur erhalten hat , die an
Gneis erinnert, und den eigentlichen Wildbadgranit, Zweiglimmergranit,
mit prächtigen Pressungserscheinungen. An der Ansbruchstelle der neu-
erschlossenen Therme wurde außerdem ein seltenes Vorkommnis in Ge-
stalt von Luxulianit (in Turmalinquarzfels umgewandelter Granit) fest-
gestellt, das in seiner mikroskopischen Struktur sehr schön ausgebildete
Pressungserscheinungen in Form von Zerreißung und Verbiegung der
feinen Turmalinnadeln erkennen läßt. — In der lebhaften Erörterung
des Vorgetragenen wies Prof. Dr. A. Schmidt darauf hin, von welchem
Wert Beobachtungen über die Schwankungen des Thermalwasserstands
in Verbindung mit Barometerbeobachtungen sein würden. Hofrat Dr.
Weizsäcker- Wildbad gab Aufschlüsse über den Betrieb der Bäder
und den Zusammenhang der Bohrlöcher. Dr. K. E egelmann zeigte eine
photügraphische Platte vor, die die Einwirkung der radioaktiven Strahlen
erkennen ließ, die von den Verwitterungsprodukten des Granits im Thermal-
wasser herrühren, für deren Erklärung dann Prof. Dr. Kauffmann noch
weitere Erklärungen gab. (E.)
Sitzung am 9. März 1905.
Zu Beginn der Sitzung gedachte der Vorsitzende, Direktor Dr. Suß-
dorf, mit warmen Worten des am 9. ds. in Biberach aus dem Leben
geschiedenen, um die vaterländische Naturkunde wie überhaupt um die
Wissenschaft hochverdienten , langjährigen Vereiusmitglieds , Kämmerer
Dr. Jos. Probst, zu dessen Ehrung sich die Versammlung von ihren
Sitzen erhob (Nekrolog s. oben S. XXXVII). — Sodann sprach Dr. Suß-
dorf über „Die respiratorische Oberflä che der Lunge". Nach
kurzem Hinweis auf die in der Hauptsache der Lunge zukommende Auf-
gabe der letzteren, dem Blut Sauerstoff zu- und Kohlensäure auszuführen,
machte Redner einige Angaben über die Größe dieses Gasaustausches,
der durch die Überfläche der Lunge erfolgt. Es macht sich hier natur-
gemäß ein gewaltiger Unterschied zwischen Tieren mit geringer und
solchen mit hoher Blutwärme bezw. Lebensenergie bemerkbar. Während
bei ersteren die kleine Innenfläche einer sackartigen Ausstülpung des
Verdauungskanals genügt , um den relativ schwachen Gasaustausch zu
vermitteln, macht sich bei gesteigerten Ansprüchen an diese Vermittelung
das Bestreben geltend, die Atmungsoberfläche innerhalb des sozusagen
gleichbleibenden Raumes durch Leistenbildung von immer höherem Grad
mehr und mehr zu vergrößern, was schließlich bei den hochorganisierten
Warmblütlern zu jenen außerordentlich reichgekammerten Lungen führt,
in denen gewissermaßen die Aufgabe gelöst ist, in einem gegebenen
i
— LXIII —
Raum die denkbar größte funktionsfähige Atmungsfläche zu entwickeln.
Eedner schildert die verschiedenen Versuche, diese Atmungsflächen der
Lungen einzelner Tiere ihrer Größe nach zu bestimmen , die bis jetzt
zu recht widersprechenden Ergebnissen geführt haben , und zeigt zum
Schluß einige in der K. Tierärztl. Hochschule hergestellte Metallausgüsse
von Lungen, welche den reich verästelten Bau der letzteren in schönster
Weise erkennen lassen. (E.)
Nach kurzer Erörterung des Vorgetragenen, an der sich besonders
Prof. Dr. 0 p p e 1 beteiligte , machte Prof. Dr. E. Fraas interessante
Mitteilungen zur Stammesgeschichte der Waltiere. Ausgehend von
den beiden heute lebenden Hauptgruppen der Seesäugetiere, den Robben
und Walen, wies Redner zunächst auf die beiden Gruppen gemeinsamen
Körperveränderungen infolge der Anpassung an das Wasserleben hin.
Diese bestehen hauptsächlich in der Ausbildung von Flossen, von denen
die hintere nach dem Prinzip der Schifl"sschraube die Vorwärtsbewegung
übernimmt. Der Hauptuuterschied zwischen Robben und Walen besteht
hierbei darin, daß bei ersteren die Hinterflosse durch die Füße gebildet
wird, während bei den Walen eine selbständige Schwanzflosse am Ende
der Wirbelsäule sich entwickelt hat, und infolgedessen hier die Hinter-
extremitäten verschwunden sind. Auch im Schädelbau zeigt sich ein
sehr verschiedener Aufbau ; bei den Robben ist der Charakter des Raub-
tierschädels so unverkennbar, daß ihre Abstammung von Landraubtieren
ohne w^eiteres in die Augen springt. Bei den Walen dagegen ist durch
die mächtige Entwickelung der Gesichtsteile die Schädelkapsel so zurück-
gedrängt, daß sich dadurch ein durchaus neuer Charakter ausgebildet
hat, den wir mit keinem Landsäugetier in Verbindung bringen können.
Man glaubte nun in der alttertiären Gruppe der Zeuglodonten das ge-
suchte Übergangsglied zwischen den Waltieren und alten Landsäugetieren
gefunden zu haben. Die neuesten Untersuchungen des Redners an dem
aus Ägypten stammenden reichhaltigen Material des K. Naturalien-
kabinetts führen jedoch zu dem Ergebnis , daß die Zeuglodonten keine
wirklichen Urw'ale sind , sondern nur eine Anpassungsform der aus-
gestorbenen Gruppe der Creodontier oder ürraubtiere an das Wasser-
leben darstellen. Redner betrachtet sie demnach als einen bereits im
Eozän erloschenen Stamm , an welchem infolge gleichgerichteter Ent-
Avickelung (Konvergenz) zwar Ähnlichkeiten sowohl mit den Robben, wie
mit den Walen auftreten, ohne daß diese jedoch entwickelungsgeschicht-
lich für den Stammbaum der einen oder der anderen Gruppe verwertet
werden dürfen. (Fraas.)
Sitzung am 10. April 1905.
Zu Beginn der Sitzung machte der Vorsitzende der Versammlung
Mitteilung von dem am 3. d. M. erfolgten Hinscheiden des Vereins-
mitglieds Dr. P. B ehrend, ehemals Professor der Chemie und Vorstand
des Technologischen Instituts der K. Landwirtschaftlichen Hochschule
Hohenheim , seit 1 Jahr Professor der Chemie an der K. Technischen
Hochschule in Danzig, der sich als Vorsitzender der „Wissenschaftlichen
" LXIV —
Abende" im Winter 1902/3 wie namentlich auch bei den Ausflügen nach
Hohenheim stets als Freund und Förderer der Vereinssache erwiesen hat.
Sodann hielt Prof. Dr. A, Schmidt einen Vortrag: „Zur Physik
der Sonne". (Den ausführlichen Vortrag s. unten S. 310.)
Sitzung am 15. Mai 1905.
Prof. Dr. Kluiiziiiger sprach über die „Befruchtung und Liebes-
spiele unserer Wassersalamander". Während dieselbe bei den
meisten Wirbeltieren wohl bekannt ist und teils in einer inneren, teils
in einer cäußeren Befruchtung besteht mit mehr oder weniger innigem Zu-
sammentreten der Geschlechter, war sie bei den geschwänzten Amphibien
bis vor kurzem noch ein Rätsel. Zur Lösung desselben trugen bei im
18. Jahrhundert Spallanzani, im 19. Rusconi, Siebold und Gasco. Es
findet eine innere Befruchtung statt, aber keine Begattung. Der
Vorgang ist der, daß das Männchen seinen Samen als milchweiße Masse
ins Wasser absetzt, welche dann bald das Weibchen sich holt und aktiv
einverleibt. Den letzten wichtigen Beitrag brachte unser 1902 ver-
storbener Landsmann Obermedizinalrat Dr. Ebnst Zeller , früher in
Winnental. Er hinterließ darüber eine ausgezeichnete, vom Vortragenden
herausgegebene, in der „Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie" eben
erscheinende Arbeit, auf der hauptsächlich das vom Redner Vorgetragene
beruht. Die Beobachtungen können nur im Frühjahr gemacht werden
zur Zeit der völligen Entwicklung. Der Befruchtung gehen eigentüm-
liche, der Versammlung vorgeführte ,. Liebesspiele" voraus, wie sie Rus-
coni beschrieben und abgebildet hat. Zeller's eigenste Entdeckung ist
dabei die eines außerordentlich durchsichtigen, daher den bisherigen Be-
obachtern entgangenen Trägers für jene Samenmasse, welcher bei den
meisten Wassersalamandern becherförmig und hohl, bei andern, wie beim
Axolotl und unserem Landsalamander, aber kegelförmig und solid ist. Die
äußerst zierliche Form dieser Träger wurde an Präparaten gezeigt und
an zahlreichen Wandtafeln vorgeführt; sie können mit vollem Recht
unter die „Kunstformen der Natur" Häckel's eingereiht Avei'den; sie sind
freilich nur 8^ — 12 mm groß, nicht ganz leicht aus dem Wasser heraus-
zuholen und müssen sofort in eine Konservierungsflüssigkeit gebracht
werden , wie Formol oder Pikrinsäure. Sie werden erzeugt durch eine
im sogen. Kloakenwulst der Männchen befindliche Drüse, die eine Höh-
lung besitzt, worin sie gewissermaßen gegossen wird, wie ein Gips- oder
Eisenguß in einer „Form", wie ein Positiv im Negativ: daher die bis
ins einzelnste übereinstimmende Oberfläche der Höhlenwandung mit der
der Kelchwandungen usw. , was aus anatomischen Präparaten und bei
Vergleichung der Abbildungen klar hervorgeht. Eine in die Drüsenhühle
hinabragende und sie großenteils ausfüllende „pilzförmige Papille" bildet
den Kern der Gußform und erzeugt die Höhlung des Kelchs ; sie fehlt
bei den soliden Gallertkegeln. Außerdem wurden noch zwei Nebendrüsen
besprochen, über der ersteren liegend, von denen die eine wahrscheinlich
einen Riechstotf liefert, die andere einen Kitt zur Verbindung der ein-
- LXV —
zeliien Spermatozoen zu einer zusammenhängenden „Samenmasse" (sogen.
Spermatoplior) und zum Ankleben des Samenträgers auf den Boden. So
wird die Samenmasse an einer bestimmten Stelle scliwebend und fest-
gestellt erhalten, bis das Weibchen sie holt. Vortragender schließt mit
der Aufforderung an die Anwesenden , diese Versuche an den so leicht
erhältlichen Tieren nachzumachen und die gewonnenen „Träger" der
Vereinssammlung zu übersenden, (Klunzinger.)
Oberschwäbischer Zweigverein für vaterländische
Naturkunde.
Versammlung zu Biberach am 18. Mai 1904.
Nach Empfang der von auswärts eingetroffenen Vereinsmitglieder
auf dem Bahnhof durch die hiesigen Mitglieder begab man sich in die
städtische Sammlung im alten Spital zur Besichtigung der von dem
Ehrenmitglied und Gründer Kämmerer Dr. Probst der Stadt geschenkten
und von Rektor Bruder neu geordneten paläontologischen Samm-
lung. Der Stifter war selbst anwesend , um über dieselbe und die
historische Entwickelung der geognostisch en Erforschung
von Oberschwaben Erläuterungen zu geben , welche von Rektor
Bruder vorgetragen wurden und im Wortlaut hier folgen.
Die in diesem Lokal untergebrachte Sammlung von Versteinerungen
entstammt aus der Molasseformation, die den Untergrund von Ober-
schwaben bildet. Unsere Gegend ist jedoch nur ein schmaler Ausschnitt
aus dem großen europäischen Molassebecken , das , im südlichen Frank-
reich anfangend, in der Richtung von SW. nach NO. vom Genfer See
zum Bodensee und dem Donautal entlang durch Bayern und Österreich
(Wiener Becken) bis an den äußersten Osten Europas sich erstreckt.
Der Abschnitt, der als „unsere Gegend" ohne Rücksicht auf die
politischen Grenzen bezeichnet werden kann, erstreckt sich ungefähr
zwischen dem Bodensee und dem Oberlauf der Donau bis in die Gegend
von Ulm und Günzburg. An der Zugehörigkeit dieses Abschnittes zu
dem großen Molassebecken besteht kein Zweifel; aber es ist selbst-
verständlich, daß ein Becken von so großer Ausdehnung nicht in allen
seinen Teilen gleichmäßig und eintönig entwickelt sein kann, sondern in
den einzelnen Abschnitten mannigfaltigem Wechsel unterworfen ist, so
daß jeder Abschnitt für sich spezielle Lokalforschungen verlangt.
Unsere Gegend bietet einen Komplex von Schichten dar, die teils
im Meer Wasser gebildet wurden (Meeresmolasse), teils im Brackwasser,
teils im süßen Wasser (untere imd obere Süßwassermolasse). Weit
verbreitet sind sodann die Strandbildungen, die außer den Fossil-
resten des Wassers auch noch die des benachbarten festen Landes , so-
wohl aus dem Tierreich als Pflanzenreich , in sich aufgenommen und
aufbewahrt haben. Im äußersten Südwest greift dann auch noch die
vulkanische Bildung des Hegaues mit dem Hohentwiel etc. herein.
Die Erforschung dieses langgestreckten Beckens in seinen einzelnen
Teilen nahm die zweite Hälfte des verflossenen Jahrhunderts in Anspruch.
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. e
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Es bandelte sich um die Feststellung der Lagerungsverhältnisse und be-
sonders um die Auffindung von Leitfossilien, die in den älteren
Formationen sehr gute Dienste leisten, in den jüngeren, beckenförmigen
Formationen aber zu versagen schienen; doch gelang es auch hier, ge-
eignete Leitschnecken , besonders auch für die untere und obere Süß-
wassermolasse, aufzustellen, die nach und nach in weiten Kreisen An-
erkennung fanden. Die Gegend um Überlingen am Bodensee machte am
meisten Schwierigkeiten. Doch gelang es mit dem Beginn des laufenden
Jahrhunderts auch dort übereinstimmende Beobachtungen zu machen. Nur
von Zürich aus wurden Beanstandungen erhoben, die wohl auch ihre Er-
ledigung finden werden.
Was nun die Fundorte dieses Beckens anbelangt nebst ihren
organischen Einschlüssen , so muß ich mich hier auf den ältesten und
berühmtesten Platz beschränken; das sind die Steinbrüche von Öningen.
Die irrtümliche Meinung ist vielfach verbreitet, als ob der Fundort
Öningen in der Schweiz sich befinde und wer das große Werk von
Oswald Hbek, „Tertiärflora der Schweiz", nur oberflächlich liest, wird
in diesem Irrtum bestärkt werden. Allein diese gut badische Lokalität
gehört in den Ausschnitt zwischen Bodensee und der oberen Donau. Ihr
Reichtum an fossilen Pflanzenresten und Insekten ist durch Oswald Heek
zu großem Euhm gelangt und auch ihre Wirbeltierreste sind von einem
anderen hochverdienten Fachmann, Hermann v. Meyer in Frankfurt a. M.,
bearbeitet worden, nachdem vorher schon Gelehrte wie Cuvier einzelne
Fossilien untersucht hatte (Ändrias Scheuchzeri). Ein günstiger Umstand
war nun, daß Oswald Heer und Hermann y. Meyer auch jenen Fossilien,
die in unserer nächsten Nähe gefunden wurden , ihre Aufmerksamkeit
zuwandten. Die Vermittelung geschah durch August W^etzler, Apo-
theker in Günzburg.
Wetzler war der erste beharrlichste paläontologische Sammler in
den Sand- und Mergelschichten von Oberschwaben, dessen Erfolge be-
sonders dadurch noch wertvoller wurden, daß er, in Verbindung mit
seinen Freunden in Ulm, schon 1840 ungefähr, die Beziehungen sowohl
zu Oswald Heer als zu Hermann v. Meyer, Sandberger etc. anknüpfte
und lange Zeit fortsetzte. Da der Zutritt zu seinen Sammlungen in
liebenswürdigster Weise gewährt wurde, so wurde die Sammlungstätigkeit
in der ganzen Gegend teils ganz neu angeregt, teils wenigstens befördert
und gelangte später auch dieses Material in die Hände der genannten
Fachmänner.
Das war ein günstiger Aufschwung für die Paläontologie in Ober-
schwaben, um so wertvoller, als bald darauf ein Stillstand eintrat, der
freilich in den Verhältnissen selbst gegeben war und in absehbarer Zeit
nicht wird beseitigt werden können. Die Zementfabrikation verdrängte
den Steinbruchbetrieb in der ganzen Gegend; auch die Bohnerzgruben
wurden verlassen und die Hoffnung auf Gewinnung von Bi-aunkohlen
schwand mehr und mehr. Wenn so das Arbeitsfeld für den Paläonto-
logen wesentlich eingeengt worden ist, so ist dafür Sorge zu tragen,
daß das früher gesammelte Material wenigstens gut aufgehoben werde.
Es ist ja selbstverständlich , daß nach Verfluß von einigen Jahrzehnten
— LXVII —
eine Revision stattfinden muß, welche auch das ältere Material zur
Grundlage erheben muß. Außer in den öffentlichen Sammlungen in
Stuttgart und Tübingen findet sich nun auch hier Material untergebracht,
wozu noch einige Erläuterungen zu geben sein werden.
1. In der vorderen Lade sind die Landtierreste der Meeres-
mol asse in der relativen Vollständigkeit untergebracht, die durch eine
langjährige Sammeltätigkeit erworben wurden. Es ist selbstverständlich,
daß die Reste der Landtiere in der Meeresmolasse nur spärlich
vertreten sein können. Aber sie sind interessant, weil durch sie eine
Lücke ausgefüllt wird, die zwischen den Landtieren der unteren und
oberen Süßwassermolasse besteht. Die Landtiere der unteren und der
oberen Süßwassermolasse sind M'ohl im großen und ganzen ziemlich gleich-
Artig,' a/ber keineswegs identisch. Aus- der Familie der Dickhäuter fehlen
in der unteren Süßwassermolasse noch die Mastodonten. Während das
Meer unsere Gegend zum größten Teil einnahm , müssen dieselben von
irgendwoher eingewandert sein ; sie kommen jetzt vor und in der oberen
Süßwassermolasse breiten sie sich dann mächtig aus. Die hirschartigen
Wiederkäuer der unteren Süßwassermolasse besitzen noch keine Geweihe;
während das Molassewasser die Gegend zum größten Teil bedeckte,
müssen dieselben von irgendwoher eingewandert sein, oder auch diese Waffe
erst erworben haben, denn hier findet man zum erstenmal kleine gabiige
Geweihe; in der oberen Süßwassermolasse breiten sich dieselben aus.
2. Sodann wird hinzuweisen sein auf die zweite Lade mit den
Haifisch Zähnen aus der Meeresmolasse. Die Haifische sind piela-
gische Tiere mit außerordentlicher Fähigkeit zur weiten Verbreitung
in allen Meeren ausgestattet. Ihre Reste, die Zähne hauptsächlich, finden
sich in großer Zahl nicht bloß in Europa, sondern auch in Amerika und
anderwärts. Wenn man einmal daran gehen wird, die geologisch-palä-
ontologischen Parallelen zwischen diesen beiden Erdteilen (und wohl auch
anderen Kontinenten) schärfer zu ziehen, so wird man die Haifischzähne
in erster Linie berücksichtigen müssen , um die geologischen Perioden
und Horizonte zu gliedern. Dies ist nicht bei allen Meeresfischen in
gleicher Weise zutreffend. Die Zähne der Meerbrassen (Haroiden) und
Rochen sind in Baltringen etc. häufig zu finden; aber schon am Bodensee
bei Bodman , Überlingen , dann Schaff hausen , fehlen sie fast ganz. Die
Reste von Meeressäugetieren (in einer anderen Lade) besitzen wohl
auch eine sehr weite Verbreitung , aber sie sind viel spärlicher als die
Haie und ihre einzeln gefundene Zähne sind nicht so scharf charakte-
risiert wie diese.
3. Die Landtier reste der oberen Süßwassermolasse (haupt-
sächlich von Heggbach) geben sodann ein gutes Bild von der Landtier-
welt zu dieser Zeitperiode; aber besonders hervorragende Eigentümlich-
keiten scheinen nicht vorhanden zu sein.
4. Was dann noch die fossilen Pflanzenabdrücke anbelangt
(hauptsächlich von Heggbach OA. Biberach) , so harmonieren dieselben
gut, wenn auch nicht genau, mit jenen von Öningen ; unterscheiden sich
aber ziemlich stark von den Pflanzenabdrücken in Günzburg, die von
Wetzlee und Rühl dort zahlreich gefunden wurden.
c*
— LXVIII -
Es wäre aber wohl verfrüht, sich auf genauere Vergleichuiigen
einzulassen ; das wird vielmehr eine Aufgabe sein, der sich die jüngere
Generation zu unterziehen hat. (Probst )
Nach diesem Vortrag wurden auch die im Saale nebenan befind-
lichen kunsthistorischen, archäologischen und ethnologischen Sammlungen
besichtigt. Besonderes Interesse wendete sich auch der von dem j Ober-
förster Gönner -Buchau gestifteten reichhaltigen und schönen Sammlung
von Wasservögeln vom Federsee zu. Ein inzwischen niedergegangenes
Gewitter veranlaßte einen längeren Aufenthalt im Museum als vorgesehen,
was zu wiederholter Besichtigung der Sammlungen benützt wurde. Der
anschließende Spaziergang auf den Gigeiberg mit seinen zur Maienzeit
besonders schönen Anlagen und seinem AuslDlick auf das Eißtal und das
Hochgelände des Schachen, sowie die im Oaisental in instruktiver Weise
aufgestellten 34 erratischen Blöcke, zu welchen in letzter Zeit mehrere
neuausgegrabene und eine Nagelfluhgrotte dank der Unermüdlichkeit
des Stadtvorstandes gekommen waren, befriedigte allgemein. Die in be-
sonderen , den Mitgliedern eingehändigten Verzeichnissen enthaltenen
petrographischen und Herstammungs-Bestimmungen riefen lebhafte Dis-
kussion hervor.
Um 6 Uhr endlich war man im Versammlungslokal (goldenen
Löwen) angelangt, wo nach Begrüßung durch den Vorsitzenden, Fabrikant
K r au ß -Ravensburg, Oberstabsarzt Dr. Hüeber-Ulm das Wort zu einem
Vortrage über die B 1 a 1 1 w e s p e n oder Tenthrediniden nahm. Redner
berührte zuerst den Gang der entomologischen Forschung von der Mitte
des 18. Jahrhunderts an, wobei hauptsächlich Skandinavien an der Spitze
stand und schilderte dann an der Hand einer reichhaltigen, von dem als
Autorität geltenden Pfarrer Konow (Mecklenburg) bestimmten eigenen
Sammlung, die zu den Hymenopteren (Ader- bezw. Hautliüglern) ge-
hörenden Blatt- und Holzwespen im allgemeinen und im einzelnen. Diese
Wespen, denen im weiteren Sinne noch die Bienen, Ameisen und Schlupf-
wespen sich anschließen, machen eine vollständige Verwandlung durch.
Die verwandten Schlupfwespen nützen im Haushalt der Natur (z. B.
durch Einschränkung des Nonnenfraßes), während unsere Holz- und Blatt-
wespen durch ihre vegetabilische Lebensw^eise vielfach schaden. Der
Redner ging dann unter Vorzeigen seiner Sammlung auf die bedeutenderen
Familien dieser Art Wespen ein, wie Silex (große Holzwespe), auf frischem
Holz , Cephus oder Halmwespen auf Roggen , Li/da schadet den jungen
Kiefern, Hjilofoma auf Rosen, Nematus auf Stachelbeeren, Lophf/rus, in
Kiefernwaldungen oft großen Schaden anrichtend, Doleruä, Seiandria auf
Kirschen und Pflaumen, Athalia, den Rüben schadend, Toithrvdo (echte
Blattwespen), lebhafte gewandte Tiere, auch andere aussaugend. Schließ-
lich wird noch die Literatur sowie die Fangweise und Präparierung-
dieser Insekten besprochen.
Im zweiten Vortrag sprach Stadtschultheiß 3Iiillei'-Biberach über
die Windrichtungen in Biber ach. Ein genauer Aufschrieb hier-
über wird auf der meteorologischen Station Biberach seit 4 Jahren ge-
führt, seitdem eine neue genau gehende, 25 kg schwere Wetterfahne an
Stelle der früheren ungenügenden, auf dem Gigelbergturm angebracht ist.
— LXIX —
Die Beobachtungen erfolgen stündlich nach acht Himmelsrichtungen. Als
Eesultat hat sich für Monat März d. J. ergeben bei 744 Notierungen:
Nordwinde 102 = 13,7%, Nordostwinde 229 = 30,8%, Ostwinde 62
= 8,3 "/o, Südostwinde 12 = 1,6 7o, Südwinde 29 = 3,9 «/o, Südwest-
winde 165 = 22,2%, Westwinde 76 = 10,2 <^/o, Nordwestwinde 67
= 3,9 7o, Windstillen 2 = 0,3 7o. Als Jahresmittel ergaben sich Süd-
westwinde 35 — 38 7o, Nordostwinde 19 — 28 7o, als die häufigsten, so-
dann Ost mit 6 7o, Süd mit 6 °/o , Nord mit 5— 9 7o, West mit 6 bis
11 °/o , Windstillen 1 — 2 "/o. Graphische Darstellungen der W nde er-
gänzten den Vortrag.
Nun folgten Mitteilungen von Kaplan Vogt -Biberach über einen
an der Sonne am 16. Mai vormittags 10 — 11 Uhr in Biberach in öst-
licher Eichtung beobachteten, auffallenden Nebenbogen, von Baron König-
Wart hausen in Sommershausen über ein auffallend starkes und gleich-
mäßiges Hirschgeweih aus Ostungarn unter Vorzeigung desselben. Sodann
regte Stadtschultheiß Müll er- Biberach die Anbringung von Marken an
der europäischen Wasserscheide zwischen Donau und Rhein bei Winter-
stettenstadt (bei Gebrazhofen ist diese auch vorhanden) an der Bahn-
linie durch die Kgl. Generaldirektion an. Nach Erledigung von ge-
schäftlichen Mitteilungen wurde die Versammlung um 7^/^ Uhr vor
Abgang der Züge geschlossen. (Dittus.)
Versammlung am ciO. November 1904 in Aulendorf.
Die im „Löwen" stattfindende Versammlung wurde um b^/2 Uhr
nachmittags durch den Vorsitzenden Fabrikant K r a u ß - Ravensburg er-
öffnet. Zunächst gedachte der Schriftführer Baurat Dittus des am
8. November unerwartet rasch gestorbenen Med.-Rats. Dr. Holler-
Memmingen, der auf den heutigen Tag einen Vortrag über „Die Moose"
übernommen hatte. Dr. Holler, welcher schon einmal im Jahre 1900
im Verein einen Vortrag über die Verbreitung der alpinen Pflanzen und
deren Herkunft gehalten, war bekannt als Botaniker und galt als Autori-
tät in der Mooskunde. Er hinterläßt eine sehr reichhaltige und voll-
ständige Sammlung von Pflanzen aller Art. Dieselbe sollte womöglich
seinem engeren Vaterlande erhalten bleiben und nichts ins Ausland ver-
kauft werden, wie es leider schon manchmal der Fall war.
Sodann sprach Herr Fr. Kranß-Ravensburg über „Entstehung
der kristallinischen Schiefer der Ur gneis-Formation", Die
Urgneis- xmi Urschiefer-Formation (auch archaische genannt) bildet das
Grundgebirge der Erde; man nennt sie azoisch = versteinerungslos,
da organische Reste darin nicht nachgewiesen sind. Plutonisch-
vulkanisches Gestein ist vielfältig damit verbunden. Die Gesteine
der archaischen Formation bestehen zu 40 — 80 *^/o aus Silikaten, näm-
lich Quarz, Glimmer und Orthoklas. Gneis und Granit haben die-
selbe Zusammensetzung, nur ist bei ersterem parallele bis schiefrige
Struktur vorhanden, bei letzterem eine massige. Die Glimmerschiefer
gehen in Urtonschiefer oder Phyllite über. Als Einlagerungen kommen
— LXX —
Hornblende, Kalk und Chlorit vor; Quarzite und kristallinischer Kalk
treten oft als Begleiter auf. Um die Entstehung der archaischen Schiefer
erklären zu können, ist es notwendig, den Ursprung der Minerale dieser
Schichten nachzuweisen. Quarz , Feldspat, Hornblende, Augit, Glimmer
können unmittelbar aus Schmelzfluß auskristallisieren, ebenso können sie
durch Sublimation aus heißen Dämpfen entstehen. Daubree zeigte durch
Erhitzung von Wasser auf 400° C. in geschlossenen, schmiedeeisernen
Röhren, wie sich Quarzkristalle bilden können. Das Vorhandensein von
Flüssigkeitseinschlüssen in Quarz und anderen Mineralien läßt auch auf
Bildung in überhitztem Wasser schließen. Der körnige, kohlensaure
Kalk ist vorzugsweise als Produkt wässeriger Lösung zu betrachten.
Ein charakteristisches Beispiel archaischer Formation bietet nach Gümbel
vor allem der bis zu 1500 m Höhe ansteigende Böhmisch-bayrische
Wald mit untersten Schichten von rötlichen Gneisen, nach ihm bojischer
Gneis genannt, dieser wird von einem grauen Gneis überlagert und dieser
wieder von Glimmerschiefer und Phyllit. In allen Schichten finden sich
Granitgänge. Diese Urformation ist überlagert vom Kambrium und Silur
mit den ersten deutlich erkennbaren Resten fossiler Fauna, welche
wegen ihres zahlreichen Auftretens und verhältnismäßig hoher Entwicke-
lung dem Zoologen die Frage aufdrängen, ob nicht die vorgehende
archaische Formation schon von Organismen belebt war. Spuren solcher
will man in den in letzterer Formation vorkommenden Grap hiten und
Kalken gefunden haben Auch in den hierher gehörigen laurentinischen
Gneisen in Kanada wie in anderen Gegenden, will man in den 60er
Jahren im sogen. Eozoon das erste organische Wesen entdeckt haben.
Allein auch diese Entdeckung ist durch viele Untersuchungen sehr zweifel-
haft geworden. Dagegen ist beim Graphit sehr wahrscheinlich, daß
er als älteste Bildungsstufe der Kohle anzusehen ist. Graphit bildet
sich auch beim Schmelzprozeß in Hochöfen. Bei den Kalken glaubt
man, weil sie in den jüngeren Formationen als organischen Ursprungs
nachgewiesen sind, dies auch für die in der archaischen Formation sich
vorfindenden annehmen zu müssen , um so mehr als in Südnorwegen in
Urkalken bituminöse Substanzen entdeckt wurden. Durch Reusch wurde
nachgewiesen , daß kristallinische Schiefer auch kambrischen und siluri-
schen Alters sein können. Später fand man auch im Taunus, Thüringer
Wald, Sudeten kristallinische Schiefer von jüngerem Alter. Solche mit
Pflanzen- und Tiereinschlüssen finden sich in den Ostalpen , in dem
Bündnerschiefer, im karrarischen Marmor, in den umgewandelten Kreide-
schichten Griechenlands. Wie läßt sich nun die Entstehung solcher
kristallinischen Schiefer erklären? Hierfür haben wir als älteste
Theorie die von Weenek, welcher sie als kristallinische P^rstarrungs-
produkte aus dem vorausgehenden Schmelzflüsse bezeichnete , durch die
Wirkung aus der Atmosphäre niederstürzenden Wassers. Allein diese
Hypothese ist schon lange verlassen und durch Metamorphose ersetzt
worden, zunächst durch Kontaktmetamorphose. Wie bei Berührung
glühender blassen mit sedimentären Schichten die letzteren verändert und
in hochkristallinische umgewandelt werden können , so mögen auch in
der Urzeit ähnliche Vorgänge in großartigstem Maßstabe mitgewirkt
— LXXI —
haben unter Mitwirkung überhitzter Dämpfe. Diese Theorie konnte den
weiteren Forschungen auch nicht standlialten. Ebenso erging es der
Theorie des Chemikers Bischof, welcher die Metamorphose der Wirkung
des Wassers von gewöhnlicher Temperatur zuschrieb und als Beweis
die Afterkristallbildungen anführte. Nun wurde in neuerer Zeit durch
LossEN in jüngeren Schichten nachgewiesen, daß da, wo eine starke
Schichtenstörung durch Druck vorliegt, kristallinische Schiefe rung
deutlich auftritt, und umgekehrt, da wo kein Druck gewirkt hat, die
ursprüngliche Schichtenbildung noch vorhanden ist. So wird z. B. bei
intensiver Gebirgsfaltung auf der Spitze der Jungfrau der Kalk in solchen
mit kristallinischer Beschaffenheit umgewandelt. Mittels Dynamometa-
morphismus, wie es Lossp:n nannte, werden Sandsteine in Gneis,
Glimmerschiefer, Phyllit, Kalkstein in körnigen Marmor, Kohlenflöze in
Graphit umgewandelt. Auch bei den plutonisch-vulkanischen Massen
finden ähnliche Metamorphosen statt. Versuche in dieser Richtung mit
einem Drucke von 20 000 Atm. wurden von W. Spking angestellt,
welcher mineralische Gemenge mit oder ohne Wasser in schiefrige
Massen umwandelte. Zwar gibt es immer noch Fälle, die durch die
Hypothese der Dynamometamorphose nicht erklärt werden. Wir
dürfen aber mit Sicherheit annehmen, daß die Urschieferformation als
das wahrscheinliche Produkt der Umbildung der ursprünglichen Er-
starrungsrinde zu betrachten ist.
In der anschließenden Diskussion macht Prof. Hof acker-Ravens-
burg auf die nahgelegene archaische Formation im Schwarzwald auf-
merksam, die Prof. Dr. Sauer-Stuttgart schon seit 25 Jahren unter-
sucht und beschrieben hat, wobei er auf die darin vorkommenden sedi-
mentären Gneiskongloraerate und Renchgranite aufmerksam gemacht
hat. Graphitlager von unzweifelhaft eruptiver Entstehung sind in Ceylon
aufgedeckt worden. — Weiter beteiligen sich der Vorsitzende und Prof.
S e i z - Ravensburg an der Erörterung.
Im zweiten Vortrage sprach Baurat Dittus-Kißlegg über „fossile
Korallen, insbesondere über die im ober schwäbischen
Erratikum gefundenen". In letzterem ergeben sich in Kiesgruben
bei Wangen, Kißlegg, Leutkirch 5 verschiedene Arten: Cifatliophyllum,
mehrere Asträen, LäJiodendron. Weiter waren Korallen aus den Alpen
— Jura und Trias — - sowie aus dem böhmischen Silur und Devon, aus
Italien, aus dem Tertiär von Amerika, sowie rezente ausgestellt. In
längerer Rede kam nun die Einteilung und nähere Beschreibung der
Korallen , des einzelnen Tieres (Polypen) , sowie die Verbreitung der
Korallen seit dem Devon zur Sprache unter Vorzeigung der aufgelegten
Fundstücke. Auch auf die für die Gebirgsbildung wichtigen Korallenriffe
in und außer den Alpen wurde hingewiesen.
Nach 8 Uhr wurde die Versammlung geschlossen unter Einladung
zum zahlreichen Besuche der am 2. Februar 1905 in Aulendorf statt-
findenden Hauptversammlung. (Dittus.)
— LXXII —
Haupt- Versammlung am 2. Februar 1905 in Aulendorf.
Der Vorsitzende, Fabrikant Fr. Krau ß- Ravensburg, eröffnete um
5V2 Uhr die Versammlung, indem er zuerst der im letzten Jahre ge-
storbenen Mitglieder Major Prob st- Waldsee und Fabrikant v. Schmids-
feld in Schmidsfelden gedachte und sodann die von Stuttgart ge-
kommenen Mitglieder: Sußdorf, Fr aas, Beck und Schmid freundlichst
begrüßte. Direktor Dr. Sußdorf, der Vorstand des Hauptvereins für
Naturkunde, erwiderte die Begrüßung, indem er seiner Freude über die
trotz Schnee und Regen so zahlreiche Beteiligung Ausdruck gab und
dem Zweigverein auch künftig ein gutes Wachsen, Gedeihen und Blühen
wünschte. Weiterhin gedachte Dr. Le übe- Ulm des Ehrenvorstandes,
Freiherrn Dr. Richard v. König- Wart hausen, der in den nächsten
Tagen seinen 75. Geburtstag feiere, indem er dem um den Oberschwäb.
Zweigverein so hochverdienten Jubilar die herzlichsten Glückwünsche des
Vereins zum Ausdruck brachte.
Bei den später erfolgenden Walilen des Vorstandes und des Aus-
schusses wurde der bisherige Vorsitzende, dem der Verein für seine
Mühewaltung zu großem Danke verpflichtet ist, auf weitere 3 Jahre für
dieses Amt wiedergewählt. Ebenso werden der Schriftführer und der
Ausschuß in seiner bisherigen Zusammensetzung wiedergewählt. Als
Ersatz werden in den Ausschuß neugewählt die Herren Forstmeister
Zimmerle- Wolfegg und Baurat Hiller-Leutkirch.
Den ersten Vortrag hielt Pfarrer 3Iüller-Engerazhofen übei- den
„Geologischen Ausblick vom Seh warzen Grat". Wem es bei
dunstfreiem Wetter vergönnt ist, auf dem Gipfel des Schwarzen Grats
zu weilen, dem bietet sich ein Anblick von seltener Schönheit, besonders
alpenwärts. Im Südosten liegt das Wettersteingebirge mit der Zugspitze,
aus Wettersteinkalk mit Partnachschichten , zum Muschelkalk gehörig,
bestehend, etwas näher das Trauchgebirge bei Oberammergau, zum Flj-sch
gehörig, dann die Lechtalerberge, wie Taneller, Säuling, dem Rhät an-
gehörend, weiter Aggenstein, Rote Fluh, aus Liaskalk bestehend. Nun
folgen die Hauptdolomitberge (Keuperformation) Gaishorn bis Hochvogel
der ersten Überschiebung und Großer und Kleiner Daumen bis Nebelhorn
der zweiten Überschiebung. Südlich steht wie ein Eckzahn der Grünten,
ein Kreidegewölbe, über dem Illertal südwestlich die oberoligozänen
Berge, wie Stuiben, Rindalphoru, Hochgrat, hinter diesen die Kreideberge
Hochiffer, Canisfluhe , letztere auch Liaskalke führend. Links von dem
nicht als Spaltental aufzufassenden Rheintal zeigen sich Dreischwestern,
Scesaplana — zur Trias zu rechnen und durch die rhätische Über-
schiebung entstanden , rechts erheben sich Altmann und Säntis , zur
Kreide gehörig , und weiter zurück die zur Glarner Falte zählenden
Glärnisch und Tödi.
Östlich, nördlich und westlich breitet sich die bayrische und ober-
schwäbische Hochebene aus, nördlich begrenzt von der schwäbischen Alb
mit ihren weißen Juraschichten. Auch der Bussen, dessen Fuß zur
Meeresmolasse und dessen oberer Teil zur Süßwassermolasse gehört,
ist sichtbar. Gegen Westen bilden Höchster und Gehrenberg den Ab-
— LXXIII —
Schluß, welche mit Moräneschutt der jüngsten Vergletscherung- be-
deckt sind.
Die Aussicht vom Schwarzen Grat in die nähere Umgebung ist durch
die vorgelagerte Adelegg sehr eingeschränkt, vor welcher sich das Friesen-
hofer Trockental ausbreitet. Der Schwarze Grat selbst besteht aus an-
nähernd horizontal gelagerten Miozänschichten mit abwechselnden Nagel-
fluhbäuken. In unmittelbarer Nähe im Süden, an der Kugel, sind die
Schichten bis zu 45*^ aufgerichtet.
Die Oberflächengestaltung von Oberschwaben und des Gebiets des
Schwarzen Grats ist durch den Untergrund bedingt. Der Untergrund
besteht aus weichen Mergeln und Sauden, welche von Geröllschutt be-
deckt sind. Letzterer wurde durch die Gletscher aus den damals um
ca. Vs höheren Alpen hertransportiert. Für Oberschwaben besorgte dies
der Rheingletscher, der seinen Siegeszug nach Penck mindestens viermal
unter Hinterlassung von beträchtlichen Spuren angetreten hat. In seiner
tiefsten Depression hat sich der Bodensee gebildet.
Die Gletscherspuren lassen sich bei den Dreischwesteru bis auf
eine Höhe von 1400 m, beim Schwarzen Grat bis auf 800 m nachweisen,
im Rheintal finden sich vielfach von Gletschern abgeschliffene Felsliächen.
Die erste Vergletscherung breitete auf einem großen Teile der ober-
schwäbischen Hochebene, bis Laupheim, in erster Linie den sogen. Decken-
schotter aus, der abgeschliffene und gerundete Gerolle enthält, die
späteren Vergletscherungen liefern dann gekritzte Gesteine, hauptsäch-
lich in den Moränen der letzten Vergletscherung, deren Endmoränen sich
von Leutkirch über Schussenried nach Pfulleudorf hinziehen.
An Gesteinsarten finden sich in den Gerollen : Sandsteine aus ver-
schiedenen Formationen, zum Teil mit Blätterspuren und Nummuliten,
letztere von Wildhaus-Appenzell stammend, Flysche kalkig und sandig,
oft mit Chrondriten, Schrattenkalke aus der Kreide, Fleckenmergel, weiße
und rote Kalke , aus dem Lias , Arlberg- und Virgloriakalke aus dem
Muschelkalk, Verrucano aus der Glarner Falte, Granite vom Julier,
Gotthard, grüne Schiefer, Diorite, Gneise vom Bündnerland, Glimmer-
schiefer, Hornblendefels etc
Auch iuterglaziale Perioden, in denen sich die Gletscher zurück-
zogen, lassen sich nachweisen, z. B. bei Ottmannshofen, wo ein altes
Torflager unter einer 1 m dicken Lehmschichte begraben ist. Ein ähn-
liches Vorkommen war beim Ausschachten des sogen. Millionenloches bei
Kißlegg zu beobachten, ebenso am Imberger Hörn bei Sonthofen, wo auf
einer 10 m dicken Schichte Altmoräne eine 2 m starke Kohlenschichte,
überlagert von 50 m Jungmoräne ansteht. Auch die Höttinger Breccie
"bei Innsbruck mit ihren Pflanzenabdrücken, ist ein sicheres Beispiel der
Interglazialzeit.
Das zu Füßen des Schwarzen Grats gelegene Isny bietet das
Musterbild einer Altmoräne. Diese ist auf einer miozänen Nagelfluh-
schicht gelagert, welche, weil undurchlässig und ein Sammelbecken für
von mehreren Seiten herströmende Zuflüsse bildend, den großen Wasser-
i-eichtum Isnys bedingt. Vielleicht hat sich die unterhalb Isny fließende
Argen zwischen den Tertiärschichten bei Rengers und denen der Adelegg
— LXXIV -
durchgenagt und ist dann gegen Menelzliofen geflossen. Die untere und
obere Argen entspringen beide in den Molassebergen, südlich vom
Schwarzen Grat, wenden sich nach anfänglichem nördlichen Flußlaui
wieder nach Süden, dem Bodensee zu.
Wohl zu beachten ist die am Schwarzen Grat und in weiterem
Umfange anstehende Nagelfluhe, die oft eine steile Felsstirne zeigt,
weil die unterlagernden weichen Schichten abgerutscht sind. Am
Schwarzen Grat ist es die nahezu horizontal liegende miozäne (ältere)
Nagelfluhe, die, wie oben schon bemerkt, an den südlichen Vorbergen
an der Hebung teilgenommen hat, aber von der diluvialen oder
löcherigen Nagelfluhe des nördlichen Gebiets sich wesentlich unter-
scheidet. Letztere ist stets horizontal vom Gletscher abgelagert, wie
z. B. bei Menelzhofen auf einer Stelle, wo seltene Farnkräuter wachsen,
bei Zeil u. a. Orten. Über ihr befindet sich meist Blocklehm, sie auch
öfters ersetzend. Die immer abgerollten Gesteine beider Arten von
Nagelfluhen stammen sämtlich aus den Alpen, welche bei der löcherigen
Nagelfluhe durch Kalksinter zusammengebacken sind. In der miozänen
Nagelfluhe, an deren Entstehung ohne Zweifel Meereswogen mitgewirkt
haben, finden sich öfters fremdartige Gesteine, wie zuckerkörniger Kalk,
rötliche Granite etc. Ihr nördlichstes Vorkommen läßt sich im Eschach-
bach bei Schmidsfelden konstatieren. Der Wechsel von harten Nagel-
fluhschichten, weichem Sand und Mergellagen wäre am 16. /l 7. Juni 1876
fast gar dem Schloß Zeil verhängnisvoll geworden, indem sich gegen
den Brunnentobel beträchtliche Erdmassen lösten , so daß längere Zeit
36 Pioniere durch Stollen den Wasserabfluß regeln mußten, um das
Gleichgewicht der Schichten wieder herzustellen.
Wie im Massiv des Schwarzen Grats Kohlenschmitzen in den weichen
Schichten vorkommen, so wurde schon Ende des 18. Jahrhunderts im
Menelzhofer Berg ein 1 — 2 m mächtiges Braunkohlenflöz entdeckt und
dasselbe eine Zeitlang bergmännisch abgetrieben. Bei den damaligen
geringen Holzpreisen und den großen Transportkosten wurde der Betrieb
aber nicht lange fortgesetzt. Jetzt ist hiervon kaum noch eine Spur zu
sehen. So sind, wie der Eedner schließt, in der Aussicht vom Schwarzen
Grat alle geognostischen Formationen zu sehen.
Nach kurzer Pause folgte Prof. Dr. Fraas-Stuttgart mit einem
Vortrage: „Von der Alb zu den Alpen", wobei sich der Vortragende
in vielem auf seinen Vorredner berufen kann. Die Alb und die Alpen
sind zwei grundverschiedene Gebiete. Während erstere als ein Plateau-
gebirge mit leichter Schichtensenkung nach Süden und steil erodiertem
Nordabfall anzusehen ist, sind die Alpen ein wirkliches Ketten- und
Faltengebirge, durch innere Spannungen mit Aufwölbungen und Faltungen
entstanden. Ihre Verschiedenheit zeigt sich nicht nur in der Lagerung,
sondern auch in dem Materiale selbst, das diese Gebirge aufbaut. Während
die Alb in ihrem aus Tonen, Mergeln und Schiefern mit dazwischen ge-
lagerten Kalkbänken bestehenden Aufbau und auch in den Petrefakten
einen einheitlichen Charakter zeigt, finden wir in den Alpen «in wirres
Gemenge der verschiedenartigsten Gesteine und Formationen. Die Jura-
schichten der Alb beginnen mit einer weitausgreifenden Transgression
- LXXV —
über die Triasschichten und sind echte Meeresablagerungen , wie auch
die reiche Fauna beweist. Der Wechsel der einzelnen Schichten ist
zart und fein , oft bis ins kleinste gehend. Es ist dies darauf zurück-
zuführen, daß unser Jura eine Küstenbildung ist, in w^elcher alle kleinen
Schwankungen des Meeres zum Ausdruck kommen. Mit der wechselnden
Tiefe und wahrscheinlich auch mit dem Salzgehalt wechselten auch die
Meerestiere, die sich sehr subtil gegen den Wasserdruck verhalten. So
kommen in der unteren Schichte des Lias , im Arietenkalk, große
Ammoniten bis zu 70 cm Durchmesser vor, in der folgenden tonigen
Schichte dagegen nur ganz kleine Arten mit leichtem Gehäuse. Diese
wechselseitigen Beziehungen zwischen Gesteinsart und Tierwelt lassen
sich durch den ganzen Jura hindurch verfolgen. Bei Kalkuntergrund
rinden w'ir große dickschalige Formen (Austern) , bei Schlickuntergrund
nur leichtschalige Gehäuse. Im weißen Jura ändert sich dies insofern,
als nach oben andere Tiere auftreten. Spongiten, Korallen, welche an
den Ufern sich aufhalten, erzeugen Riffe oft 100 — 200 m hoch, welche
sich als eine schützende Decke gegenüber der späteren Abwaschung
darstellt.
Anders bei den Alpen. Nirgends allgemeine Horizonte, sondern
nur solche von kleiner Ausdehnung , und alle Schichten durcheinander-
geworfen. Auch die Gesteinsarten derselben Formationen sind wesentlich
verschieden von denen außerhalb der Alpen. Im schwäbischen Jura sind
z. B. die AmaUheus-ScMchten mit Ämmonifes margarifafus graue, dunkle
Tone, in den x'^lpen bei Füssen, in den gleichaltrigen Algäuerschichten
hellgraue Kalke, in den Hierlatzschichten bei Innsbruck weißrötliche,
in den Adneterkalken bei Salzburg dunkelrote Marmorkalke. Dem
entsprechend haben wir anzunehmen, daß auch die Bildung dieser Schich-
ten eine andere , und zwar eine Riff bildung sei. Aber nicht nur die
Schichten selbst, sondern auch die in ihnen vorkommenden Tiere und
Pflanzen sind ganz erheblich von denen in den gleichaltrigen außer-
alpinen Schichten verschieden. Nach der Theorie von Neumayr wäre
dies auf klimatische Unterschiede zurückzuführen, doch ist diese Theorie
nach den neueren Untersuchungen kaum haltbar.
Dagegen muß eine vollständige Trennung zwischen Alb und Alpen
vorhanden gewesen sein, nämlich ein zwischen beiden betindliches Ge-
birge, welches jetzt verschwunden ist. Es ist dies das sogen, vinde-
li zische Gebirge, das sich zwischen Schwarzwald und dem Böhmischen
Wald ausgedehnt hat. Direkte Beweise für die Existenz dieses Gebirges
zu rinden ist schwer. Die Tiefbohrungen zur Messung der Schichten-
auskeilungen gehen nicht tief genug. Dagegen haben die in den letzten
Jahren ausgeführten Untersuchungen der vulkanischen Erscheinungen auf
der Alb bei Urach und im Ries bei Nördlingen gewichtige Anhaltspunkte
für das vindelizische Gebirge ergeben. So lagert im Ries über dem
Granituntergrund nur noch eine Keuperschichte von 2 m Mächtigkeit,
der bunte Sandstein und Muschelkalk fehlt ganz. In den Auswürfen
der vulkanischen Maare bei Urach haben sich nur granitische Gesteine,
nicht aber Muschelkalk gefunden. Auch der im Ries vorkommende Lias
zeigt sich verändert, geröllartig, d. h. einem Ufer nahe, wie die Riff-
— LXXVI -
bildungen des weißen Jura und das Vorkommen des dickschaligen
Mijtilus amphis in den Schlickablagerungen des Randes des weißen Juras
die Nähe eines Ufers andeuten.
Das mit großer Wahrscheinlichkeit als vorhanden anzunehmende
vindelizische Gebirge dürfen wir uns nicht alpenartig denken , sondern
nur als flachen Rücken ; das Gestein war tiefgründig verwittert und tiel
schließlich der Brandung des alpinen Meeres zum Opfer, wodurch dort
eine mächtige Meeresbildung, der Fl3'sch, angehäuft wurde. Die in
letzterem gefundenen exotischen Blöcke von fremdartiger Gesteins-
beschaffenheit sind wieder ein Beweis für jenes hypothetische Gebirge,
dessen Material aus Urgebirgsgesteinen bestand. (Dittus-Fraas.)
3. Schwär zwälder Zweigverein für vaterländische Naturkunde.
Versammlung in Oberndorf a. N. am 7. Juni 1904.
Die Versammlung erfreute sich zahlreichen Besuchs aus der Stadt
selbst und dem benachbarten Rottweil , aus Freudenstadt , Stuttgart,
Tübingen u. a. , so daß der Rathaussaal bis auf den letzten Platz ge-
füllt war.
Die Reihe der Redner erötfnete Prof. Dr. Kokeii-Tübingen mit
dem Vortrag: „Ist der Bunt Sandstein eine Wüstenbildung?''
Der Buntsandstein verbreitet sich als ein im ganzen gleichförmiges Ge-
bilde über Deutschland; der äußerste Punkt, den er im Osten erreicht,
ist Schlesien ; Reste finden sich auf dem Thüringer Wald, den rheinischen
Gebirgen und der Eifel, im Norden ist er meist von jüngeren Bildungen
überlagert; wir finden ihn in Helgoland; er reicht bis England und ist
durch einen Teil Frankreichs zu verfolgen. Früher wurde die Formation
stets für ein Flachmeersediraent gehalten ; neuerdings wurde jedoch
(Bornemann , E. Fkaas , Walthek) die Anschauung vertreten , daß
mindestens der Hauptbuntsandstein eine Wüstenbildung sei und der An-
häufung durch Wind seine Entstehung verdanke. Gegen seine marine
Natur macht Philippi geltend, daß so ausgedehnte Landstriche (von
200 km Breite) an Küsten nirgends bekannt seien. Die Rotfärbung
wurde auf lateritisierte Gesteine zurückgeführt , die in benachbarten
Gneisgebirgen durch deren Zersetzung entstanden und in die Senke hinab-
geführt worden seien. Die Kreuzschichtung des Buntsandsteins verglich
man mit den Dünen ; die spärlich vorhandenen Dreikantner deuten auf
Windwirkung, die Fährten {Chirotherium) und Trockenrisse auf Wüsten-
regionen, in denen heftige Regengüsse dünne Schlammdecken zusammen-
spülten, die bald wieder, samt ihren Sprüngen und Fährten, von Flug-
sand eingedeckt wurden. Für das Vorkommen von Meeresmuscheln im
Hauptbuntsandstein wurde in dem Vorhandensein von Steppenseen mit
verschleppter oder Reliktenfauna eine Erklärung gesucht. Alle übrigen
Organismenreste weisen auf Landtiere und Landpflanzen. Erst ganz zum
Schluß dringt das Meer der Muschelkalkzeit in die Depression ein : es
entsteht das Röt mit seinen marinen Versteinerungen. — Geaen diese
— LXXVII —
Auffassung ist aber folgendes geltend zu machen : Diagonalschichtung
wird nicht nur in Dünen, sondern in allen Sandlagern beobachtet, möge
sie durch Flüsse , Gletscher oder Meere gebildet sein ; ganz charakte-
ristisch ist sie für Sandbänke, die an den Küsten sich beständig ver-
schieben. Der Sandstein hat oft reichen Tongehalt (z. B. Kaolin im
mittleren Buntsandstein Thüringens) , während bei Dünenbildungen der
zerreibliche Ton vom Wind herausgeblasen wird. Dreikantner sind auch
aus zweifellos marinen Flachmeersedimenten bekannt; schon auf schmalem
Sandstrande können solche Flugsandwirkungen entstehen (z. B. kurische
Nehrung). Die große Ausdehnung des Buntsandsteins spricht nicht gegen
marinen Ursprung; denn man kennt marine Sandsteine, die noch größere
Flächen bedecken, so der oberkambrische Potsdamsandstein in Nord-
amerika, der im Osten und Westen transgredierend auftritt und stellen-
weise reich an Meeresversteinerungen ist, an anderen ganz steril. Wenn
die Eotfärbung überhaupt piümär ist (wir kennen viele Gresteine, die sich
erst sekundär mit rotem Eisenoxyd angereichert haben) , so beweist sie
noch nichts für kontinentale Entstehung.; denn z. B. an der Ostküste
Indiens bilden sich durch Umlagerung des sogenannten High level-Laterits
noch gegenwärtig rote marine Sedimente. Daß die Fauna und Flora
des Buntsandsteins viele Landorganismen enthält , ist bei einer Strand-
bildung wohl verständlich. Die Fische können auf Süßwasser und auf
Meer bezogen werden ; jedoch ist z. B. Gyrolepis (Buntsandstein des nord-
westlichen Deutschland) überall für marine Triasablagerungen charakte-
ristisch und muß wohl als Meereslisch aufgefaßt werden. Gervillia ist
. nur aus Meeressedimenten bekannt ; sie als Eelikt aufzufassen, geht kaum
an , da die einzige bekannte Art , G. Murchisoni , mit keiner Art des
Perms nähere Beziehung hat. Daß im oberen Buntsandstein eine marine
Fauna auftritt , ist unbestritten ; es ist die Fauna des eindringenden
Muschelkalkmeeres; aber auch die wenigen aus dem Hauptbuntsandstein
bekannten Arten gehören schon zur triasischen , nicht zur permischen
Fauna. Die Schichten des obersten Buntsandsteins (Rots) sind aber an
vielen Stellen nach Material und Struktur vom Hauptbuntsandstein ganz
ununterscheidbar, so daß schon deswegen aus solchen Charakteren keine
Beweise für die Wüstentheorie zu entnehmen sind. Wichtig wie die
vertikale Verknüpfung mit dem marinen Muschelkalk ist auch die hori-
zontale mit den marinen Buntsandsteinschichten der Alpen. Schließlich,
und nicht am wenigsten , ist Nachdruck zu legen auf die deutlichen
Zeichen, die für eine Transgression des Buntsandsteins sprechen, auf die
fast überall verbreiteten Gerölllagen , auf den Gegensatz zwischen den
ebengeschichteten Sandanhäufungen und der abgehobelten älteren Unter-
lage, die mit allen Zeichen einer Abrasionsfläche sowohl in der Eifel
wie im Schwarzwald unter dem Buntsandstein hervortritt. Ein langsam
vordringendes flaches Meer vermag alle Eigentümlichkeiten des Bunt-
sandsteins zu erklären, auch die enorme Ausbreitung der Sande und der
Armut der Fauna, die auf großen Sandflächen meist kärglich ent-
wickelt ist.
Darauf sprach Prof. Dr. Hesse (Tübingen) über die Frage: „Sind
die Spechte nützlich oder schädlich?" Während zu Ende des
- LXXVIII -
18. Jahrhunderts die Spechte für schädlich gehalten und für ihre Tötung
Prämien gezahlt wurden , brach sich mehr und mehr die gegenteilige
Ansicht Bahn. Beckstein , Naumann , der alte Bkehm u. a. erklärten
sie für nützliche Vögel, ja für „die wahren Erhalter unserer AVälder".
Diesen Lobpreisungen gegenüber kam Altlm in den siebziger Jahren zu
dem Ergebnis , daß die wirtschaftlich schädlichen Arbeiten der Spechte
die nützlichen bei weitem überwiegen ; wenn auch seine Anklagen hier
und da zu weit gehen , so ist doch viel Eichtiges dai-in. Die Spechte
linden ihre Insektennahrung teils am Boden, teils auf den Bäumen. Vom
Boden nehmen sie besonders die forstnützlichen Ameisen auf, die die
Lieblingsnahrung von Grün- und Schwarzspecht bilden. Von den Bäumen
lesen sie die Kerfe teils äußerlich ab , teils finden sie dieselben unter
der Rinde und im Holz; sie allein unter den Vögeln können diesen ver-
steckten Feinden beikommen. So erbeuten sie manche Schädlinge (Holz-
raupen, Larven von Holzwespen und vom Fichtenbock), aber bei weitem
mehr indifferente Insekten , vor allem Bockkäferlarven aus trockenem
Holz und alten Stöcken. Gegen das verderbliche Heer der Rüssel- und
Borkenkäfer bedeutet ihre Tätigkeit wenig; sie suchen sie nur selten
auf und leisten auch dann nur sehr unvollständige Arbeit. Sie finden
ihre Beute mit dem Gesicht, nicht mit dem Geruch. Austretendes Bohr-
mehl , Fluglöcher , kränkliches Aussehen der Bäume veranlaßt sie zu
weiterem Suchen durch Anklopfen mit dem Schnabel ; die Larvengänge
der Borkenkäfer aber sind mit Fraßmehl erfüllt und deshalb nicht auf
diese Weise zu entdecken. Das Auge mißleitet den Specht zuweilen,
so daß er gesunde, insektenfreie Stämme anschlägt: es sind das be-
sonders frisch gepflanzte Stämmchen oder einzeln eingesprengte Hölzer
in gleichartigen Beständen (einzelne Birken im Kiefernwald) , oder be-
sonders auffällige Stämme , wie fremde Holzarten ; nicht selten werden
solche Stämme so zerhackt, daß sie absterben. In Telegraphenstangen
hacken Spechte , besonders in waldreichen Gegenden , tiefe und weite
Löcher, die deren Festigkeit beeinträchtigen. Nicht der Insektensuche
dürfte das Ringeln der Bäume gelten, wobei der Specht mit dichtstehenden
Hieben die Rinde verletzt ; zuweilen werden solche Wunden , wenn sie
zu überwallen beginnen, wiederholt angeschlagen, so daß schließlich vor-
springende Ringwülste entstehen können , an denen man zuweilen durch
80 Jahresringe die Spui-en der Spechteinschläge erkennt. Wahrscheinlich
wird diese Ringelung, die nur im Frühjahr stattfindet, wegen des aus
der Wunde austretenden Saftes ausgeführt; wenigstens wurde beim großen
Buntspecht beobachtet, daß er die frischangeschlagenen Stellen beleckte.
Ringelbäume mit Wülsten sind technisch entwertet. Zum Meißeln ihrer
Höhlen Avählen die Spechte kernkranke Stämme ; aber das Fortschreiten
der Fäulnis wird durch das Spechtloch befördert ; da im Jahre nicht
nur eine, sondern bis 12 solcher Höhlen angelegt werden, wird immerhin
merklich Schaden geschaffen. Im ganzen dürften sich Nutzen und Schaden
die AVage halten : als Wohltäter unserer Wälder aber dürfen wir die
Spechte nicht preisen.
Den Schluß bildete der Vortrag von Dr. Fitf injc: (Tübingen) :
.,Über die Wurzelk n ö 1 1 c h enba k t e r i e n als Vermittler der
- LXXIX —
Stickstoffer nähru 11 g bei Leguminosen." Schon lange sind
Knöllclieiibildungen an den Wurzeln unserer Hülsenfrüchte bekannt, und
ihre stäbchenartigen Inhaltskörper wurden von Woronin schon in den
fünfziger Jahren für Bakterien erklärt. In der Tat fehlen diese Knöllchen
an Leguminosen, die man in sterilisierten Boden ausgesät hat; die Bak-
terienstäbchen kann man in Reinkultur ziehen; fügt man davon zu der
sterilisierten Erde, so treten sofort wieder Knöllchen auf. Diese Knöll-
chen nehmen einen hervorragenden und wichtigen Platz im Naturhaushalt
ein: die grüne Pflanze kann nämlich den Stickstoff, der einen wichtigen
Bestandteil des Eiweißes bildet, nicht direkt aus der Luft, sondern nur
in Form von Stickstoffverbiudungen aus dem Boden aufnehmen. Ver-
armung des Bodens beruht fast stets auf Stickstoffmangel; dem arbeitet
der Landwirt durch Düngung mit Mist oder mit Kalisalpeter entgegen.
Nur Leguminosen bedürfen keiner Düngung, sondern gedeihen auch auf
Sandboden, der durch ihre Kultur gebessert, d. h. stickstoffreicher wird.
Sie müssen also imstande sein, den Stickstoff der Luft zu binden. Wenn
im Quarzsand, dem alle Nährstoffe der Pflanze außer stickstoffhaltigen
zugefügt waren , eine Keimpflanze der Erbse (mit Knöllchen) und eine
solche des Hafers erzogen wurden, so gedieh die erstere, letztere aber
nicht. Pflanzte man in ebensolchen Boden Samen von Erbse und Hafer
ein, so wuchs die Erbse nicht besser als der Hafer, gedieh aber, sobald
sie mit einem Aufguß von Kulturboden begossen wairde und bildete
Knöllchen ; wurde der Aufguß zuvor sterilisiert, so blieb er so unwirk-
sam wie beim Hafer. Die KnöUchenbakterien fördern also das Wachstum
der Erbse. Daß dies durch Aufnahme von Stickstoff aus der Luft ge-
schieht , ist durch direkten Versuch bewiesen : die Pflanze verbrauchte
aus einer bestimmten Luftmenge eine nachweisbare Menge Stickstoff.
Daß die Knöllchen es sind , die den Stickstoff aufnehmen , geht aus
folgendem Versuch hervor: eine in stickstofffreier Nährlösung erzogene
Leguminose mit Bakterien bildet Knöllchen, die aber nutzlos sind, solang
die Wurzeln im Wasser hängen , weil dann der Luftstickstoff nicht zu
ihnen treten kann. Das gleiche ergibt sich noch zweifelloser dadurch,
daß eine Reinkultur der Bakterien, die nur in eiweißhaltiger Nährlösung
gedeiht, Stickstoff aus der Luft aufnimmt. Die Beziehungen zwischen
Bakterium und Leguminose sind nun folgende : das Bakterium dringt in
die Pflanzenwurzel ein und sein Wachstum reizt die Pflanze zur Knöll-
chenbildung (etwa wie der Stich eines Gallinsekts zur Gallenbildung) ;
hier findet das Bakterium den eiweißhaltigen Nährboden, den es braucht,
es nimmt Luftstickstoff auf und scheidet einen stickstoffhaltigen Schleim
aus, der von der Pflanze als Nahrung aufgebraucht wird; die Pflanze
ihrerseits liefert viel Zucker , so daß die Bakterien sich reichlich ver-
mehren : sie züchtet die Bakterienkultur. Die meisten Bakterien werden
in der Pflanze verdaut, ein Teil geht wieder in den Boden über. Mit
den im Boden bleibenden Wurzeln verwesen auch die Knöllchen und der
Stickstoffgehalt des Bodens wird dadurch vermehrt. 1 ha Leguminosen
gibt einen Gewinn von 150 kg atmosphärischen Stickstoffs, was dem
Stickstoffgehalt von 10 dz Chilisalpeter gleichkommt; 1 ha Getreide
entreißt dem Boden 100 kg gebundenen Stickstoff. 1 ha Hülsenfrüchte,
- LXXX —
als Gründüngung untergepflügt, kann also lV'2 ha Getreide zu einer
Mittelernte reifen lassen. Außer Leguminosen haben nur noch die Erle
und Elaeagnns solche Bakterienknöllchen. Ob auch gewisse Pilzbildungen
an Pflanzenwurzeln {Mycorliiza) den Luftstickstoff zu assimilieren ver-
mögen, ist zweifelhaft.
Den Vorträgen folgte ein gemeinsames Mittagessen unter reicher
Beteiligung, woran sich ein Spaziergang in die Umgebung Oberndorfs
schloß. 10 neue Mitglieder sind dem Verein beigetreten.
(Schwab. Merkur.)
Versammlung in Tübingen am 21. Dezember 1904.
Die Versammlung fand im Hörsaal des Zoologischen Instituts statt.
Prof. Häcker-Stuttgart hielt einen Vortrag über „Die biologische
Bedeutung der Kunstformen des Radiolarienskeletts". Redner
konnte an dem reichen und vorzüglich erhaltenen Material der deutschen
Tiefsee-Expedition und der deutschen Südpolar-Expedition nachweisen,
daß die zierlichen und formenreichen Endapparate des Radiolarienskeletts
noch im Weichkörper des Tiers eingeschlossen sind und nicht frei her-
vorragen, wie bisher angenommen worden war. Das Kieselskelett dient
zur Stütze des Sarkodekörpers, und speziell die Endapparate haben teil-
weise die Aufgabe, das passiv schwebende Tier vor Zerstörung durch
Kollision mit anderen, aktiv schwimmenden Lebewesen zu schützen, und
zeigen dementsprechend eine Form und Anordnung, die vielfach an
Konstruktionsarten unserer Ingenieurkunst erinnern. So gibt es z. B.
Formen, die einen mittleren Schaft und an beiden Enden kronenartige
Verzweigungen besitzen; die äußere Krone nimmt den Druck auf, der
Schaft leitet ihn weiter, und durch die innere Krone wird er gleich-
mäßig im Körper verteilt, wodurch eine lokale Zerstörung vermieden
wird. Auch für die Schwebefähigkeit des Tiers hat die Art und An-
ordnung der Skelettelemente eine große Bedeutung, insofern, als für das
Schwebevermögen , das nach einer mathematischen Formel berechnet
werden kann, der sogen. Formwiderstand des Tiers einen Hauptfaktor
abgibt. Redner wies noch kurz darauf hin, daß auch die Skelett-
einrichtungen anderer Tiere, vor allem die der Kieselschwämme, nach
biologischen Gesichtspunkten betrachtet werden müssen. Der Vortrag
schloß mit der Demonstration einiger besonders interessanten Radiolarien-
formen mit Hilfe des Projektionsmikroskops.
Dr. Wiiikler-Tübingen sprach über „Die großblütigen Schma-
rotzergewächse des javanischen Waldes", von denen Redner bei
seiner Studienreise auf Java und einigen benachbarten Inseln mehrere
Arten gesammelt hatte und heute zur Betrachtung aufstellte. In den
meist auf C/ssms- Wurzeln schmarotzenden Balanophoraceen und Rafflesia-
ceen sehen wir die durch das Schmarotzerleben am weitesten umgebil-
deten Pflanzen. Während bei den Balanophoraceen noch ein deutlich
differenzierter Gewebekörper nacligewiesen werden kann, so sind dagegen
bei den Rafflesiaceen die vegetativen Organe fast vollständig verscliwun-
den. Die Blüte ist nur eine halbe Stunde geöffnet, dann zerfällt sie, und
— LXXXI —
es ist deshalb schwierig, von den ohnehin seltenen Pflanzen eine oflfene
Blüte 7A\ erhalten.
Prof. Bürker-Tübingen berichtete über Beobachtungen „Zur
Physiologie des Bluts". Schon früher wurde festgestellt, daß sich
beim Aufenthalt in höheren Regionen im Blut die Zahl der roten Blut-
körperchen vermehrt. Es trat nun die Frage auf, wie diese Vermehrung
stattfindet und vor allem, woher das zur Bildung des roten Blutfarbstoffs
(Hämoglobins) nötige Eisen geliefert werde. Eedner machte darauf be-
zügliche Untersuchungen an Tieren, die er von Tübingen in eine Höhe von
1864 m brachte. Durch chemische Analyse des Bluts, sowie der Milz und
Leber der Versuchstiere kam Redner zu folgendem Ergebnis. Das Blut
nahm nach eingetretener Höhenveränderung das zur Vermehrung der roten
Blutkörperchen erforderliche Eisen aus den Reservebehältern (Milz und
Leber). War deren Vorrat mehr oder weniger erschöpft, so war auch
im Blut eine Abnahme des Eisengehalts zu konstatieren. Sobald sich
der Organismus an die gesteigerten Anforderungen gewöhnt hatte, konnte
in den Reservebehältern (Milz und Leber) und im Blut selbst eine Be-
reicherung an Eisen nachgewiesen werden. — Daran schloß derselbe Redner
eine Demonstration über Elektrische Ströme des Herzens am Frosch-
herzen; er zeigte mit Hilfe eines Kapillarmikrometers, wie in dem nor-
malen, tätigen Herzmuskel elektrische Ströme vorhanden sind, die sich
bei Verletzungen des Herzmuskels steigern und eigenartig modifizieren.
Sodann sprach Hofrat Nötling-Tübingen „Über glaziale Ab-
lagerungen bei Schramberg im Schwarzwald" , wo Redner
eine ziemlich mächtige, an Gerollen reiche Lehmschicht auffand. Das
Vorhandensein einer solchen Geröllschicht und die an ein Hochgebirgskar
erinnernde Beschaffenheit des Hinterlands scheint zu der Ansicht zu
berechtigen, daß man es bei der Geröllschicht mit einer Ablagerung
durch einen Gletscher zu tun habe und daß das Hinterland als großes
Firnfeld zu betrachten sei.
Prof. V. Grützner-Tübingen zeigte ein einfaches Hämometer vor,
durch welches man auf kolorimetrischem Weg den Hämoglobingehalt von
Blut bestimmen kann. Ein Schieber mit Ausschnitten, der auf einer
Langseite des Keils gleitet, gestattet sehr genau, diejenige Schichtdicke
des Bluts auszuwählen, welche mit der Vergleichsfarbe der Leimplatte
übereinstimmt. Je größer diese Schichtdicke ist, um so geringer ist
natürlich nach bestimmten Gesetzen der Hämoglobingehalt des unter-
suchten Bluts.
Nach Besichtigung der von Hofrat Nötling dem zoologischen
Institut geschenkten und dort aufgestellten Sammlung von 144 Geweihen,
Gehörnen und Schädeln aus dem Himalaja und aus Burma vereinigte ein
gemeinschaftliches Mittagessen die Teilnehmer im „Gasthof zum Lamm".
(Schwab. Merkur.)
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ 1905.
III. Original-Abhandlungen und Mitteilungen.
Die vulkanischen Tuffe des Ries bei Nördlingen.
Von Rieh. Oberdörfer aus Ludwigsburg.
Mit Tafel I.
Allgemeiner geologischer Überblick.
Der Tafel-Jura der schwäbischen Alb ist während der Tertiär-
zeit an drei verschiedenen Stellen von vulkanischen Eruptionen durch-
brochen worden.
Im ersten Gebiet, im Hegau, wurden gewaltige Massen von
Basalt und Phonolith zutage gefördert, verbunden mit beträchtlicher
Tuffbildung. Im zweiten Gebiet, in der Gegend von Urach, wurde
die Alb von über 125 vulkanischen Röhren durchstoßen , deren
richtige Deutung und eingehende Beschreibung wir Branco ver-
danken \ In diesem Gebiete handelt es sich ausschließlich um
basische Gesteinsmassen. Während jedoch hier der anstehende
Schmelzfluß mehr zurücktritt, sind diese Röhren vorwiegend mit
Tuffen, bestehend aus zertrümmerten Juragesteinen und zerblasenem
Magma, ausgefüllt. Der Basalt ist meist in den Kanälen stecken ge-
blieben und zuweilen durch Erosion erst jetzt aufgeschlossen worden.
Im dritten Gebiet endlich, im Ries, ist nirgends mehr an-
stehender Schmelzfluß zu beobachten (über abweichende Angaben
hierüber vergl. S. 37) ; die vulkanische Tätigkeit hat sich lediglich
geäußert in der Produktion von Tuffen.
Ein weiterer tiefgehender Unterschied zwischen dem Ries und
den beiden anderen Vulkangebieten besteht darin , daß hier keine
so basischen Gesteine wie im Hegau und bei Urach , sondern an-
scheinend stark saure Gesteine an die Oberfläche befördert wurden,
aber nur in Form von Auswürflingen.
^ Branco, Schwabens 125 Vulkanembryonen usw. Diese Jahresh. 50. Jg.,
Stuttgart 1894.
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. 1
— 2 —
Wir haben also, worauf Beanco und E. Fraas^ schon hin-
gewiesen haben, „vom Ries bis zum Hegau, von NO. nach SW., eine
Abnahme der explosiblen Seite vulkanischer Tätigkeit bezw. Zunahme
der Beteiligung zusammenhängender Schmelzflußmassen in derselben
Richtung. "
Seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts ist das vulkanische
Ries bei Nördlingen wiederholt Gegenstand genauer Untersuchung
geworden.
Näher befassen sich zuerst Deffner und 0. Fraas" mit dem
Riesproblem und beschreiben eingehend die Riestuffe. Nach ihnen
sind diese nichts anderes „als durch die Hitze der vulkanischen
Agentien umgewandelte granitische Gebirgsarten , welche durch die
Eruption losgerissen und mit an die Oberfläche gebracht wurden".
Die beiden Forscher nennen diese Produkte trotzdem nicht ganz
korrekt Trachyttuffe.
V. GüMBEL^ stellt sich den Rieskessel als einen einzigen großen
Vulkan vor, der nach vollendeter Tätigkeit in sich zusammengesunken
ist, „wobei durch Nachbrüche der zerspaltenen und unterhöhlten
Randgesteine die Eintiefung des Rieskessels sich vervollständigte."
Einige Tuffvorkommnisse beschreibt er ziemlich eingehend und ver-
öffentlicht drei Analysen von vulkanischen Bomben, die von Schaf-
HÄUTL und LoRETZ ausgeführt wurden. Ihrer chemischen Zusammen-
setzung nach stellt v. Gümbel die Gesteine zu den Liparitgläsern
und nennt danach auch die Tuffe Liparittuff e. Inwieweit diese
Bezeichnung zutreffend ist, werden wir später noch zu erörtern haben.
Branco und E. Fraas*, die sich zuletzt erfolgreich mit dem
Ries beschäftigt haben , nehmen zur Erklärung der Riesphänomene
einen Lakkolith an, der in das altkristalline Grundgebirge eindrang.
Dadurch wurden der darüber lagernde Granit, die Keuper- und Jura-
schichten in Form eines gewaltigen Pfropfens in die Höhe gepreßt
und weiterhin seitliche Überschiebungen und Abgleitungen ganz
großer Schollen hervorgerufen. Später folgte eine allmähliche Senkung
' Branco imd E. Fraas, Das vulkanische Eies bei Nördlingen in seiner
Bedeutung für Fragen der allgemeinen Geologie. Abh. d. k. preuß. Akad. d. Wiss.
1901. S. 4.
'^ Deffner und 0. Fraas, Begleitworte zu Blatt Bopfingen der geo-
logischen Karte von Württemberg. Stuttgart 1877. S. 12.
3 V. Gümbel, Geognostische Beschreibung des Kgr. Bayern. Bd. 4. 1890.
S. 202-235.
* Branco und E. Fraas, Das vulkanische Kies. 1. c. S. 11.
des gehobenen Gebietes, deren Ursache vielleicht darin zu suchen
sei, daß das Magma des Lakkoliths teilweise wieder in die Tiefe
zurückgeflossen ist. Die Hebung, sowie die Senkung des Riesgebietes
waren begleitet von vulkanischen Eruptionen an zahlreichen Punkten.
Verschiedene derselben werden nach ihrem mutmaßlichen Verlaufe
eingehend beschrieben \ ohne daß jedoch hierbei auf die chemische
und petrographische Seite des Gegenstandes näher eingegangen würde.
Außerdem ist noch anzuführen , daß verschiedene Arbeiten
KoKENS sich mit dem Ries befassen ; doch muß auf diese mit dem
Bemerken verwiesen werden, daß sie rein tektonische Erscheinungen
behandeln.
Endlich hat auch A. Sauer sich petrographisch mit den Aus-
würflingen des Ries beschäftigt und einen kurzen Bericht darüber
in den Jahresheften'- gegeben. Er ist zu der Überzeugung gelangt,
daß das Gestein der Auswürflinge keine ursprüngliche Zusammen-
setzung darbietet, sondern vermutlich von einem ziemhch basischen
Glas abzuleiten sei, das lediglich durch Einschmelzung von grani-
tischen Einschlüssen seine jetzige saure Beschaffenheit erlangt habe.
Ein Verzeichnis der gesaraten für das Ries in Betracht kom-
menden geologischen Literatur gibt folgende Zusammenstellung:
CoTTA , B. , Geog-nostisclie Beobachtungen im Eiesgau und dessen Umgebungen.
N. .Jahrb. f. Min. etc. 1834. S. 307—318.
VoiTH , V. , Nachträge zu Herrn Dr. Cotta's geognostischen Beobachtungen im
Riesgau. Ebenda. 1835. S. 169—180.
ScHAFHÄuTL, Chemische Analyse des sogen. Trasses aus dem Riese (Riesgau) bei
Xördlingen in Bayern nebst Andeutungen über die künstliche Bildung feld-
spatartiger und trachytischer Gesteine. X. Jahrb. f. Mir. etc. 1849.
S. 641-670.
Delksse, A. (Briefliche Mitteilung.) X. Jahrb. f. Min. etc. 1850. S. 314—317.
GüMBEL , C. W. . über den Riesvulkan und über vulkanische Erscheinungen im
Rieskessel. Sitz. d. k, bayr. Akad. d. Vviss. München 1870.
Deffner, C, Der Buchberg bei Bopfingen. Diese Jahresh. XXVI. 1870. S. 95.
Deffner, C. u. Fraa.s, 0., Begleitworte zum geognostischen Atlasblatt Bopfingen
1877.
GüMBEL, C. W., I. Erläuterungen zum Blatte Xördlingen der geognostischen Karte
Bayerns 1889.
Geognostische Beschreibung des Ivgr, Bayern. Bd. 4. 1890.
Koken, E., Geologische Studien im fränkischen Eies. N. Jahrb. f. Min. etc.
Beil.-Bd. XII. 1899. S. 477.
^ B ran CO und E. Fr aas, Ebenda S. 120—127.
^ Bd. 57. 1901. S. LXXXVIII; vergl. dagegen v. Knebel (Weitere Be-
obachtungen am vulkanischen Ries. Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. 55.
1903. S. 44), dem diese Mitteilung entgangen zu sein scheint.
1*
Koken , E. , Beiträge zur Kenntnis des schwäbischen Dihiviums. X. Jahrb. f.
Min. etc. Beil.-Bd. XIV. 1901. S. 120.
Die Schliffflächen und das geologische Problem im Eies. IS'. Jahrb. f.
mn. etc. 1901. II. Bd. S. 67.
Branco, W. u. Fraas, E. , Das vulkanische Eies bei Nördlingen in seiner Be-
deutung filr Fragen der allgemeinen Geologie. Abh. d. k. preuß. Akad.
d. Wiss. 1901.
— — Beweis für die Eichtigkeit unserer Erklärung des vulkanischen Eieses bei
Nördlingen. Sitzungsber. d. k. preuß. Akad. d. Wiss. XXII. 1901. S. 501.
Koken, E. , Eine Nachschrift zu dem Aufsatz „Die Schliffflächen und das geo-
logische Problem im Eies^ N. Jahrb. f. Min. etc. 1901. II. Bd. S. 128.
Sauer , A. , Petrographische Studien an den Lavabomben aus dem Eies. Diese
Jahresh. Bd. 57. 1901. S. LXXXVIII.
Knebel , W. v. , Beiträge zur Kenntnis der Überschiebungen am vulkanischen
Eies bei Nördlingen. Zeitsclu-. d. Deutsch, geol. Ges. 54. Bd. 1902. S. 56.
Koken , E. , Geologische Studien im fränkischen Eies. II. Folge. N. Jahrb. f.
Min. etc. Beil.-Bd. XV. 1902. S. 422.
Branco, W., Das vulkanische Vor-Eies und seine Beziehungen zum Amlkanischen
Eiese bei Nördlingen. Abh. d. k. preuß. Akad. d. Wiss. 1902 ; Berlin 1903.
Knebel, W. v. , Weitere geologische Beobachtungen am vulkanischen Eies bei
Nördlingen. Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. 55. 1903. S. 23.
Endriss, K., Geologische Untersuchung des vulkanischen Tuffvorkommens in der
oberen Heid bei Osterhofen auf dem Härtsfeld. Oberrh. Geologenver. 1903.
Knebel , W. v. , Studien über die vulkanischen Phänomene im Nördlinger Ries.
Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. 55. 1903. S. 236.
In vorliegender Arbeit wurde versucht, durch eine sy.stematische
chemische und petrographische Untersuchung der vulkanischen Tuffe
etwas beizutragen zur weiteren Erkenntnis der interessanten Erschei-
nungen im Ries. Die erste Anregung zu dieser Arbeit erhielt der
Verfasser durch eine Preisaufgabe, die von der Kgl. Technischen
Hochschule zu Stuttgart ausgeschrieben wurde. Auf wiederholten
Exkursionen wurde von ca. 25 der wichtigsten Tuffvorkommnisse
Material gesammelt, von dem etwa 120 Dünnschliffe angefertigt
wurden. Außerdem wurden von den besonderen Typen chemische
Analysen ausgeführt. Denn nur durch eine kombinierte petro-
graphische und chemische Untersuchung erschien es mögUch,
einen Einblick in diese äußerst komplizierten Erscheinungen zu ge-
winnen.
Ich möchte an dieser Stelle nicht versäumen, Herrn Professor
Sauer meinen herzlichsten Dank auszusprechen für die vielfache
Unterstützung, die mir von seiner Seite zuteil geworden ist; ebenso
möchte ich Herrn Dr. Meigen in Freiburg bestens danken für manchen
Wink, den ich bei meinen Analysen von ihm erhalten habe. Außer-
dem wurde mir vom Konservator des Kgl. Naturalienkabinetts, Herrn
Professor Dr. E. Fraas, in liebenswürdiger Weise die Sammlung der
Riesgesteine zur Verfügung gestellt, wofür ich auch an dieser Stelle
aufrichtigen Dank sage.
I. Tuffe im allgemeinen.
A. Petrographische Beschaffenheit.
Nirgends im Ries sind zusammenhängende Lavamassen zu
finden; die vulkanische Tätigkeit hat sich lediglich geäußert in der
Bildung von Tuffen. Zwar hält v. Knebel^ das Gestein von Ammer-
bach bei VVemding für anstehenden Schmelzfluß; doch erscheint es
noch zweifelhaft, dieses mit Sicherheit anzunehmen, v. Gümbel^
erwähnt dasselbe Gestein und betont, „daß es sich durch das massen-
hafte Vorkommen von Bomben auszeichnet, wodurch man leicht zu
der Annahme geführt werden könne, als hätten wir hier zerbrochene
Schollen eines Lavastromes vor uns." Meine Beobachtungen haben
diese Auffassung bestätigen können (vergl. S. 37).
Äußerlich sind die Tuffe sehr verschieden; meist sind sie zu
einer festen Masse verkittet, so daß das Material sich als guter
Baustein erweist, wie an der Kirche von Nördlingen zu sehen ist,
die vom Tuff der Altenbürg gebaut wurde.
Sie setzen sich zusammen :
1. aus glasigen Aus wurf smass en ,
2. aus Bruchstücken kristalliner Gesteine,
3. aus Bruchstücken von Sedimentgesteinen.
1. Glasige Auswurfsmassen.
Diese finden sich in Form von Schlacken, Bomben oder Fladen
und variieren in beträchtlichen Dimensionen von über Kopfgrcße bis
herab zu den winzigsten Lapillis und Glassplittern. Ihr äußerer
Habitus ist sehr verschieden. Bei Zipplingen finden sich schwarze
glänzende Glasbomben, porös, von beinahe bimssteinartigem Habitus ;
an der Ringle smühle haben sie eine licht grauviolette Farbe ; bei
ützmemmingen haben sie eine matt graublaue Farbe und sind
ziemlich kompakt; bei A mm erb ach und Pobsingen sind sogar
rote und grüne Farben vorherrschend. Doch können diese Unter-
schiede nicht streng aufrecht erhalten werden, da an einem und
' V. Knebel, Weitere geologische Beobachtungen am vulkanischen Kies
bei Nördlingen. Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. 55. Jahrg. 1903. S. 23—28.
* V. Gümbel, Geognostische Beschreibung des Königreichs Bayern. Bd. 4.
1891. S. 234.
- 6 —
demselben Punkt glasige Auswurfsmassen von sehr verschiedenem
äußeren Habitus auftreten. Die bezeichnendste Formentwickelung,
beträchtlichste Größe und Häufigkeit weisen sie an der bekannten
Lokalität am Heerhof auf, wo sie infolge der stark zersetzten
Grundmasse lose umherliegen. Sie haben hier jene den vulkanischen
Auswürflingen charakteristische strickartig gedrehte und gewundene
Formen, wie sie z. B. auch häufig im Gebiete der Ei fei er Maare
anzutreffen sind. Dann nehmen sie auch die Form von Fladen an,
die bisweilen eine platte Fläche aufweisen, und mit dieser den Vor-
gang des Aufschiagens in noch plastischem Zustande verkörpern.
Überall beobachtet man daran Risse und Sprünge als die Folgen
schneller Abkühlung und Erstarrung. Ähnlich gestaltete Projektile
sind jedoch auch an anderen Punkten zu finden, z. B. am benach-
barten Goldberg; doch sind sie hier meist noch in der Grundmasse
eingebacken. Am häufigsten kommen die glasigen Auswurfsmassen
jedoch als Lapillis und rundliche Bomben vor, oder auch als ganz
unregelmäßig geformte Glasfetzen mit den anderen Bestandteilen des
Tuffes zusammengebacken.
2. Kristalline Gesteine.
Außer den glasigen Massen beteiligen sich an der Zusammen-
setzung der Tuffe auch kristalline Gesteine, die bei der Eruption
mit emporgerissen wurden. Vorherrschend sind helle, ziemlich saure
Granite, fast ebenso häufig sind Gneise, doch sind auch Am-
phibolgesteine keineswegs selten. Sie liefern das fremde Material
für die Tuffe und gehören denselben kristallinen Gesteinen an, wie
sie auch anstehend im Ries in größeren Massen zu finden sind.
Ich will mich darauf beschränken, das hier anzuführen, was Gümbel '
darüber schreibt.
Als Granite kommen hauptsächlich zwei Arten vor: 1. Ein
rötlicher grobkörniger Granit, wesentlich bestehend aus hell-
rotem Orthoklas, trübem, weißlichem Plagioklas, braunem, deutlich
lithionhaltigem Glimmer und Quarzkörnern. Er gehört mithin zu
den sogen. Lithionitgraniten. 2. Ein feinkörniger Granit
von weißlicher oder rötlicher Farbe, bestehend aus gleichfalls zweierlei
Feldspaten, Quarz und kleinen Blättchen von braunem Eisen-
Magnesiaglimmer.
' V. Gümbel, Geognostische Beschreibung des Königreichs Bayern. Bd. 4.
1891. S. 206,
Die Hauptgemengteile der Ries- Gneise sind hellroter Ortho-
klas und weißlicher, meist stark zersetzter Plagioklas (Oligoklas).
Der Glimmer gehört vorwiegend dem dunkelbraunen oder grünlich-
braunen Eisen-Magnesiaglimmer an. Als akzessorische Beimengungen
findet man fast konstant Zirkon in mikroskopischen Kriställchen
und Körnchen, ferner Apatit, Magneteisen, seltener Granat und
Schüppchen von Graphit. Bei Zipplingen kommt ein Gestein vor,
welches wesentlich aus Granat, Sillimanit, braunem Glimmer und
einer grünen pinitähnlichen Masse zusammengesetzt ist.
Die Hornblendegesteine sind von sehr gleichartiger Be-
schaffenheit. Es sind vorwaltend feinkörnige, echte Diorite, welche
der Hauptsache nach aus grüner oder grünbrauner, stark pleochroi-
tischer Hornblende und triklinem Feldspat bestehen und zudem noch
häufig Apatit, Magneteisen, seltener grünen Spinell (Pleonast) und
Titanit enthalten. Zuweilen wird auch ein heller Augit in ziemlich
reichhcher Menge angetroffen. An diese Diorite schließt sich eine
Reihe von Übergangsformen zu Hornblendegneis an.
Auch mögen hier noch einige der von Gümbel mitgeteilten
Analysen dieser Gesteine, die von Röthe ausgeführt wurden, Platz
finden, deren Zusammensetzung äußerst wichtig ist für die Deutung
der später (S. 31) zu behandelnden Anschmelzungserscheinungen :
I.
IL
III.
SiO,
. . . 74,077
70,793
62,313
A1.03
. . . 15,489
15,677
17,567
Fe,0,
. . . 1,994
2,692
4,086
MgO
. . . 0,648
3,783
5,333
K3O
. . . 4,576
1,865
3,915
Na^O
. . . 3,216
2,311
5,660
H2O.
... —
2,879
1,126
100,000 100,000 100,000
I. Rötlicher Granit von Lierheim.
n. Grauer granitähnhcher Gneis von der Marienhöhe bei
Nördlingen.
HI. Hornblendegestein vom Allbuch.
Diese in den Tuffen vorkommenden Fremdgesteine haben teils
noch ein frisches Aussehen, teils sind sie aber infolge der erlittenen
Hitzeeinwirkung stark verändert worden. Sie zeigen Frittungs-
erscheinungen ; manche sind sogar völlig geschmolzen und verschlackt,
wobei eine blasige Auftreibung erfolgte, so daß es dann fast un-
möglich ist, ihre ursprüngliche Beschaffenheit und Zugehörigkeit
festzustellen.
— 8 —
3. Sedimentgesteine.
Auch von der über den kristallinen Gesteinen liegenden Sediment-
decke finden sich zahlreiche Bruchstücke. Nicht selten sind rote
Keupermergel und Keupersandsteine, besonders bei Zipplingen, auch
Braun Jura a und ß treten dort auf; doch fehlen hier merkwürdiger-
weise Stücke von Lias und Weiß Jura. Diese sind dagegen an andern
Orten anzutreffen, z. B. an der Ringlesmühle, bei Schmähingen, Hohl-
heim. Zahlreiche größere Weiß Jura-Einschlüsse sind in dem Bruch an
der Altenbürg, wo besonders einige größere vergrieste Blöcke in die
Augen fallen. Diese sind infolge der vulkanischen Hitze grau ge-
brannt. Auch im Vorries sind Weiß Jura-Stücke im Tuff eingebacken;
doch verhältnismäßig selten, obwohl diese Tuffe hier vielfach direkt
im Weißen Jura aufsetzen, sie sind zuweilen grau gebrannt oder
bei weißer Färbung vollkommen marmorisiert.
Aus Bruchstücken aller dieser Gesteinsarten, aus vulkanischem
Material, aus kristallinen Gesteinen und Sedimentgesteinen, die
wirr durcheinanderliegen, bauen sich also die Tuffe auf, indem
bald die einen, bald die andern Bestandteile mehr oder weniger
vorherrschen. Wie die glasigen Massen , so variieren auch die
Brocken der fremden Einschlüsse in ihrer Größe, die von Kopf-
größe bis zu mikroskopisch kleinen Splittern herabsinken. Die letz-
teren bestehen dann wesentlich aus den ihres Verbandes beraubten
Gemengteilen kristalliner Gesteine. Die Gesamtheit des feinen An-
teils des Tuffes bildet eine Art Grundmasse für die großen
Brocken und besteht demnach aus winzigen Glas-, Quarz-, Feldspat-,
Biotit-, Hornblende- und Kalkfragmenten, in der die größeren Ge-
steinsstücke eingebettet liegen.
Im Vorries, in den großen Tuffgebieten von Mauren, Ämer-
dingen, Aufhausen wird der Tuff ziemlich homogen; die einzelnen
Bestandteile weisen dort keine bedeutenden Größendifferenzen auf;
die Einsprengunge sind meist nußgroß ; diese Gleichmäßigkeit be-
dingt auch , daß sie überall mit Vorteil als Bausteine Verwendung
finden können.
An andern Punkten, z. B. am Kreuthof, ist das feine Material
vorherrschend, in dem sich nur wenig größere Brocken finden.
Ihre Verkittung zu einer mehr oder weniger festen kompakten
Masse verdanken die Tuffe nachträglichen chemischen Zersetzungen,
bei welchen reichlich CaCOg in Form von Kalkspat ausgeschieden
wurde. Bisweilen sind auch die blasigen Hohlräume der glasigen
Bomben mit Kalkspat ausgefüllt, wie z. B. an der Ringlesmühle,
— 9 —
an der Altenbürg, bei Bollstadt, wodurch das Gestein eine Art
Mandelsteinstruktur bekommt.
Die Grruntbnasse der Tiiife.
Was die Grundmasse der Tuffe anbelangt, so ist dieselbe
meist verwittert. Am verhältnismäßig frischesten ist sie bei Zipp-
1 in gen. Makroskopisch betrachtet ist zu bemerken, daß sie sich
als eine glasige Masse von bouteillengrüner Farbe dem unbewaff-
neten Auge darbietet. Unter dem Mikroskop ist es scheinbar eine
kontinuierliche gelbgrüne isotrope Glasmasse, in der winzige fremde
Splitter von Quarz und Feldspat Hegen. Aber in Wirklichkeit
ist sie kein zusammenhängender Glasfluß, sondern ein Mikro-
agglomerat, eine Anhäufung von kleinen Kügelchen, die einem teils
braunen, ziemlich basischen, teils farblosen, also sauren, meist jedoch
gelblichgrünen Glas angehören. Die gefärbten Kügelchen zeigen
häufig einen schmalen, farblosen Saum, der, mit Rücksicht auf den
ganzen Verband, wohl als Erstarrungszone zu deuten ist. Den Kern
bildet vielfach ein Quarz- oder Feldspatfragment (s. Taf. I Fig. 1).
Die ganze Erscheinungsweise erinnert an winzigste Lapillis mit
fremden Einschlüssen, wie sie sich makroskopisch in der Eifel, z. B.
am Dauner Maar finden, wo der Kern der Lapillis ein Splitter
devonischen Sandsteines ist, der von Magma umflossen ist. Die Um-
grenzung der einzelnen Mikro-Lapillis gegeneinander ist meist ver-
wischt durch nachfolgenden Druck und Zersetzungen, welch letztere
auch durch die grünen Farbentöne angedeutet werden. Außerdem
beteiligen sich an der Zusammensetzung dieser Tuffgrundraasse lose
Quarz- , Feldspat- , Biotit- und Hornblendefragmente ; Quarz und
Feldspat (vorwiegend Orthoklas) teils als eckige Splitter, teils als
gerundete Körner und anscheinend angeschmolzen ; der Orthoklas ist
außerdem meist getrübt. Biotit und Hornblende sind mehr oder
weniger zersetzt.
Ähnlich ist die Grundmasse des Tuffes von der Ringles-
mühle, nur daß Hornblende und Biotit mehr hervortreten und auch
Plagioklase häufiger werden.
Einen anderen Typus bietet die Grundmasse des Tuffes von
Hohlheim. Dort treten die glasigen Bestandteile zurück. Sie
sind auch selten in Form von runden Lapillis vorhanden , sondern
meist als unregelmäßige begrenzte hellbraune Glasfetzen. Weitere
Bestandteile sind Fragmente von kristallinen Gesteinen , aber auch
nicht wesentlich vorherrschend. Der Tuff hat hier offenbar Ursprung-
— 10 —
lieh eine sehr lockere Beschaffenheit gehabt; jetzt ist er sehr kompakt,
er verdankt dies dem Umstände, daß die losen vulkanischen Mikro-
Projektile ebenso wie die Quarz- und Feldspatfragmente durch
Kalkspat so reichlich verkittet vs^urden, daß dieses nunmehr den
größten Teil der Grundmasse ausmacht. Er bildet eine Art reich-
lichster Inkrustation über den Glas-, Quarz- und Feldspatkörnern
mit schalig-nierenförmigem Aufbau und einer ausgezeichnet mikro-
skopischen Bänderung durch Einschaltung verschieden gefärbter,
eisenfreier bis eisenreicher Zonen. In kleinen Hohlräumen treten
außerdem zierliche Kalkspatkriställchen auf. Auch oolithische Bil-
dungen kommen zustande, vv^obei den Kern der Oolithe nicht selten
ein kleiner Quarzsplitter bildet. Zwischen den einzelnen Kalkspat-
nieren und Oolithen zieht sich eine farblose Substanz hindurch von
faserigen und blättchenartigen Aggregaten mit ganz schwacher
Doppelbrechung und optisch negativem Charakter, vielleicht einem
zeolithischen Minerale angehörig.
Ähnlich ist der Tuff von der Altenbürg, nur daß die glasigen
Bestandteile mehr hervortreten und die verbindende Kalkspatsubstanz
nicht durch eisenhaltige Substanzen gefärbt ist.
Im Vorries, bei Mauren, Am er dingen, besteht der fein-
körnige Anteil ebenfalls aus Lapillis, tieflDraun, mit zahlreichen Ein-
schlüssen von Quarz und Feldspat. Doch ist das glasige Material
meist zersetzt ; es ist erdig, undurchsichtig geworden ; um so schärfer
heben sich aus dieser Masse die farblosen Quarze und Feldspäte ab
(s. Taf. I Fig. 4).
Die Grundmassen der andern Tuffe reihen sich an die oben
beschriebenen an, und gehen ineinander über, indem bald mehr
glasiges, bald mehr kristallines Material vorherrscht, oder indem
bald mehr kalkiges, bald mehr zeolithisches Bindemittel vorhanden ist.
Um festzustellen, ob in den Tuffen vielleicht irgendwelche seltene
schwere Gemengteile enthalten sind, wurde eine Reihe ver-
witterter Tuffe geschlämmt und mit THOULEx'scher Flüssigkeit ge-
trennt. Der Schwerrückstand enthielt bei Zipplingen grüne Hornblende
und massenhaft Körner von Granat. Es ist kein Zweifel, daß diese
Mineralien von den im Tuff eingebackenen kristaUinen Gesteinen
herrühren; denn gerade bei Zipplingen sind granathaltige Gesteine
sehr häufig. Beim Heerhof kommen außer Hornblende noch opake
Körnchen von Magnetkies vor ; bei der Ringlesmühle kommen außer-
dem noch kleine Zirkonkristalle vor; ferner noch einige Körner
eines rotbraunen glänzenden Minerals mit der Kristallform einer
11
tetragonalen Pyramide, mit hoher Licht- und Doppelbrechung. Sie
scheinen dem Anatas anzugehören. Die Schlämmrückstände von
andern Lokalitäten lieferten keine neuen Mineralien.
B. Chemische Zusammensetzung der Tuffe.
Was die chemische Zusammensetzug der Tuffe betrifft, so liegt
es in der Natur dieser Gesteine als klastischer Anhäufungen be-
gründet, daß sie stofflich sehr wechselnd zusammengesetzt sein
müssen, je nachdem mehr glasige Massen oder kristalline Gesteine
und sonstiges fremde Material sich an der Zusammensetzung be-
teiligen. Doch erschien es immerhin von Interesse, ganz besonders
mit Rücksicht auf die praktische Verwendung der Tuffe , die sich
in hydraulischer Hinsicht wie der Traß des Brohltales zu verhalten
scheinen, ihre durchschnittliche chemische Zusammensetzung kennen
zu lernen. Es wurden deshalb auch Materialien von äußerlich ziem-
lich gleichartiger Beschaffenheit ausgewählt.
Von zwei Punkten, von Zipplingen I und von Ammerbach II,
sind vom Verfasser Bauschanalysen ausgeführt worden ; von einem
dritten Punkt, von Osterhofen im Vorries III, wurde von der Zentral-
stelle für Gewerbe und Handel in Stuttgart eine Analyse gemacht,
die mir von Herrn Prof. Endriss ^ gütigst zur Verfügung gestellt
wurde. Außerdem verdanke ich dessen Freundlichkeit die Mit-
teilung einer ßeihe guter Aufschlüsse in den Tuffgebieten von Höfen
und Osterhofen, wofür ich ihm auch an dieser Stelle meinen wärm-
sten Dank aussprechen möchte.
Die drei Analysen ergaben folgende Resultate:
I.
IL
III.
SiO, .... 56,85
58,50
62,59
Tio', .
0,74
0,78
_
AI.O, .
8,96
15,05
15,15
Fe,0„ .
5,89
5,46
6,21
CaO .
8,53
6,12
3,50
MgO .
2,25
1,58
3,29
P.O, .
Spur
0,50
—
K,0 .
3,75
4,94
!■ 4,21
Na^O .
4,54
2,49
CO3. .
1,.37
0,80
0,68
H,0 .
7,71
4,37
3,69
100,59
100,59
99,32
1 Jetzt veröffentlicht im Jahresbericht des Oberrh. Geologenvereiiis. Jahrg.
1903. S. 23.
— 12 —
Vom Tuff Zipplingen I wurde zur Analyse ein Stück gewählt,
das eine möglichst gleichmäßige Verteilung von Grundmasse, glasiger
Auswurfsmasse und kristallinen Gesteinen aufwies. Von einem doppel-
faustgroßen Stück wurde eine Durchschnittsprobe genommen.
Die Analyse des Gesteins von Ammerbach II habe ich hier-
hergestellt, wobei aber bemerkt werden mag, daß noch ein Zweifel
darüber besteht, ob man dies Vorkommen als anstehenden Schmelz-
fluß oder als Tuff anzusehen hat. Das zur Analyse verwandte Ge-
steinsstück zeigt ein ziemlich kompaktes Aussehen und im Mikro-
skop eine vorwiegend glasige Grundmasse, die von kleinen fremden
Einschlüssen reichhch durchspickt ist.
Der Tuff von Osterhofen III zeigt ebenfalls ein sehr homogenes
Äußere wie alle Tuffe des Vorrieses.
Eine Diskussion dieser Bauschanalysen hat in Anbetracht dessen,
daß es sich , wie schon bemerkt , um ein mechanisches Gemenge
handelt, keinen Zweck; nur sei daraufhingewiesen, daß hauptsächlich
in bezug auf SiOg, CaO undH., 0 nicht unbeträchtliche Differenzen
auftreten.
H2O wurde als Differenz von Glühverlust und CO., berechnet.
Da aber hierbei das event. als Fe 0 enthaltene Eisen nicht in Be-
tracht gezogen ist, so entsteht in der H2 0-Bestimmung ein Fehler,
der in Analyse I, wenn alles Eisen in Form von FeO enthalten
wäre, 0,59 "/o betragen würde. Da aber auf Grund des mikroskopi-
schen Befundes teilweise das Eisen schon als Fe^ O3 nachweisbar
ist, und außerdem auch Zersetzungen stattgefunden haben, so wird
der Fehler nicht diesen Betrag erreichen. Ein Teil des Wassers
ist Bestandteil des Glases (s. S. 26 ff.).
II. Die Auswürflinge im Speziellen.
1. Ihre glasige Ausbildung.
Der wesentliche Bestandteil der Tuffe sind die in Form von
Fladen, Bomben, Lapillis oder unregelmäßigen Brocken auftretenden
glasigen Auswurfsmassen. Die Verschiedenheit des äußeren Habitus ver-
schwindet im Dünnschliff mehr oder weniger. Man trifft meist farblose
bis gelblichgrüne, bis tiefbraune Gläser, wobei alle Nuancen von gelb
bis braun vorkommen. Die rein glasige Ausbildung ist bei weitem vor-
herrschend, und so soll auch zunächst diese etwas näher beschrieben
werden. Die eigenartigen Entglasungserscheinungen aber, welche
diese Gebilde im Ries zu ganz besonderen Vorkommnissen stempeln,
sollen in einem besonderen Abschnitt behandelt werden (S. 15).
— 13 —
Die schwarzgrünen glänzenden Bomben von Zipplingen mit
schaumiger Struktur, erweisen sich als ein nahezu farbloses, etwas
ins Grünliche stechendes Glas. Es ist isotrop und zeigt zahlreiche
perlitische Sprünge, in denen meist dunkle opake Partikelchen liegen.
Ganz ähnliche Gläser zeigen Hohlheim, Schmähingen, Bollstadt, nur
daß hier teilweise dunkle tiefbraune Schlieren sich zeigen. Sie sind
ebenfalls isotrop und haben perlitische Absonderung. Hellbraune
Farben zeigen die Bomben von Utzmemmingen und manche vom
Heerhof; etwas dunkler braun die von der Ringlesmühle, vom Reiters-
buck und von der Altenbürg, und tief dunkelbraune, beinahe un-
durchsichtige die Bomben von Mauren im Vorries. Überall, mit
mit Ausnahme der Fladen vom Heerhof, sind Flüssigkeits- und Gas-
einschlüsse unregelmäßig, namentlich auch erstere reichlich und weit
im Glase verbreitet; bei Zipplingen sind sie zu gruppenförmigen
Anhäufungen angeordnet, wobei die lebhaft sich bewegenden Libellen
der Flüssigkeitseinschlüsse besonders in die Augen fallen. Nach
ihrem Verhalten beim Erwärmen hegt Wasser vor. Hiernach muß
man schließen, daß bei den Eruptionen Was s er dampf eine große
Rolle gespielt haben mag, vielleicht in noch größerem Maße wie
bei den Vulkanen von Urach.
Da, wie wiederholt bemerkt wurde, beim Ausbruch zahlreiche
Bruchstücke kristalliner G^esteine des Untergrundes zutage ge-
fördert wurden , so ist von vornherein zu erwarten , daß auch die
glasigen Projektile Bruchstücke dieser Gesteine eingeschlossen haben.
Vielfach sind solche schon makroskopisch zu erkennen. Allein außer
diesen mit dem bloßen Auge sichtbaren Einschlüssen findet sich
unter dem Mikroskop noch außerordentlich viel mehr, und zwar
sind diese winzigen Einschlüsse nicht mehr Brocken von Gesteinen,
sondern Fragmente der aufs feinste zerkleinerten Gesteine, d. h.
Fragmente der einzelnen Gemengteile dieser kiistallinen Gesteine,
die zu den allerwinzigsfen Splitterchen zertrümmert sind und zwar
vorwiegend Quarz und Feldspat. Sie treten so massenhaft auf,
daß die glasige Masse ganz durchspickt ist davon, und es unmög-
lich ist, auch nur ein erbsengroßes Stück reinen Glases zu bekommen.
Diese Einschlüsse haben, allseitig von Glas umgeben, im Glase
schwimmend naturgemäß tiefgehende Veränderungen erlitten, auf
deren Verhalten wir noch zu sprechen kommen werden. Aber auch
das Magma ist dadurch wesentlich verändert worden, indem es fremde
Substanz in sich aufgenommen hat. Erst mit Würdigung dieser
Tatsachen bekommt man ein richtiges Verständnis für die vulka-
— u —
nischen Riesgesteine, die Eigenart ihrer Zusammensetzung und Ent-
stehung.
Es mögen in diesem Zusammenhang zunächst die verschiedenen
Entwickehmgsstadien des Glasgrundes unserer Auswürfhnge be-
sprochen werden. Bei Mauren sind die glasigen Bomben im Dünn-
schliff tief braun gefärbt; wir haben hier anscheinend ein ziemlich
basisches und in seinen verschiedenen Teilen auch recht gleichartiges
Magma vor uns. Von diesem wollen wir ausgehen. In diesem liegen
zahllose Einschlüsse von Quarz und Feldspat. Unmittelbar um diese
Einschlüsse herum ist das Glas hellbraun bis farblos, also eisenarm.
Diese abweichende Zusammensetzung ist dem vorliegenden Verbands-
verhältnis zufolge wohl darauf zurückzuführen, daß an diesen Stellen
das Magma von der Quarz- und Feldspatsubstanz einen gewissen
Anteil aufgenommen hat und daher heller gefärbt wurde. Zuweilen
sieht man auch unvermittelt inmitten der braunen Glassubstanz licht
gefärbte Stellen ohne Quarz und Feldspat. Die Einschlüsse sind
hier entweder vollständig resorbiert, oder es ist im Schliff nur die
helle Randzone derselben getroffen.
Hat das Magma dagegen anscheinend schon viel fremde Sub-
stanzen resorbiert, so werden die heller gefärbten Stellen größer und
es kommt unter Mitwirkung der Bewegung des Magmas zu einer
Schlierenbildung. Lichte und dunkel gefärbte, d. h. saure und
basische Schlieren wechseln miteinander ab, wodurch eine aus-
gezeichnete Fluidalstruktur hervorgerufen wird. Diesem Stadium
gehören an die Bomben von der Ringlesmühle, vom Reitersbuck,
von der Altenbürg und manche von Hohlheim (s. Taf. I Fig. 2).
Die dunkel gefärbten basischen Schlieren legen sich wegen
ihrer Leichtfiüssigkeit um die fremden Einschlüsse herum und be-
wirken an Quarz und Feldspat weitere Einschmelzung, da basische
Magmen sehr aufnahmefähig für saure Substanzen sich erweisen.
Am Goldberg macht sich eine eigentümliche Erscheinung
bemerkbar. Zunächst sieht man auch hier, wie die basischen
Schlieren Fremdeinschlüsse umgeben und die hebte Zone zeigen.
An andern Stellen ist der gesamte Glasgrund in einen hellbraunen
und einen farblosen differenziert, und zwar so, daß der braune Anteil
sich zu ovalen oder schlauchartigen Gebilden zusammenballt.
Bei Ho hl heim und Schmähingen werden die helleren
Partien vorherrschend , die dunkleren Schlieren werden äußerst
schmal, bis sie endlich bei Zipplingen fast ganz verschwinden.
Dort ist das Glas ziemlich homogen, grünlichgelb bis nahezu färb-
— 15 —
los; enthält auch relativ weniger fremde Einschlüsse als alle übrigen,
vielleicht deswegen , weil die meisten fremden Einschlüsse schon
resorbiert sind. Nur hier und da sind noch spärliche dunkler gefärbte
Flecken zu sehen , die die letzten Reste des ursprünglichen un-
vermischten Magmas darstellen.
Wenn man also im Zusammenhang mit dem oben Gesagten
aus der Beschaffenheit des Zipplinger Glases den Schluss ziehen
kann, daß dieses seine lichte Färbung der bereits vollendeten Re-
sorption von Quarz- und Feldspateinschlüssen verdankt, so findet
dieser Schluß seine entschiedene Bestätigung in der chemischen Zu-
sammensetzung. Diese hat nämlich ergeben (s. S. 26), daß das
Glas von Zipplingen ohne fremde Einschlüsse einen
ebenso hohen SiOo-Gehalt besitzt wie andere Glas-
massen mit diesen.
Die erwähnten spärlichen, dunklen Flecken in dem lichtgefärbten
Glase können jedoch auch auf andere Weise gedeutet werden. Da
nämlich die eingeschmolzenen kristallinen Gesteine vorwiegend dem
Granit angehören , und die Einsprenglinge in den glasigen Bomben
meist nur Quarz und Feldspat sind , so muß man wohl annehmen,
daß auch gewisse Mengen von Biotit eingeschmolzen sind; denn
nie ist dieser als Einsprengling in den Bomben zu beobachten. Es
ist also nicht ausgeschlossen, daß diese dunklen Flecken von Zipp-
lingen und vielleicht auch einige von den dunklen Schlieren und
Glaseinschlüssen von andern Punkten dadurch entstanden sind, daß
an diesen Stellen Biotit eingeschmolzen ist.
2. Die Entglasiingsprodukte.
Bis jetzt haben wir die Gläser nur an sich, ohne Rücksicht
auf die Ausscheidungsprodukte, beschrieben. Solche besitzen aber
eine weite Verbreitung, und bieten in bezug auf ihre morphologischen
Verhältnisse so eigentümliche Abweichungen , wie sie meines Er-
achtens noch nicht bekannt geworden sind. Wir gehen am besten
wieder vom Zipplinger Gestein aus. Dort sind die Bomben
größtenteils als ein nahezu farbloses , isotropes Glas erstarrt , das
fast vollkommene Strukturlosigkeit aufweist. In demselben finden
sich vereinzelte Partien von etwas gelblicher Farbe, weniger licht-
durchlässig, isotrop und aus kleinsten Schüppchen und Körnchen be-
stehend , anscheinend ein Stadium beginnender kristalliner Indivi-
dualisierung darstellend. Bei Ho hl he im sind in den glasigen Partien
radiale Anhäufungen von feinen Fasern, weniger lichtdurchlässig als
— 16 —
die völlig strukturlosen Massen und aber ebenfalls noch isotrop.
Diese Bildungen, wie auch jene von Zipplingen, sind ihrer ganzen
Erscheinungsform nach wahrscheinlich dem Mikrofelsit zuzu-
rechnen. (Nach RosENBüSCH, Physiographie, S. 666.)
Bei der Ringlesmühle zeigen die helleren glasigen Partien eben-
falls Anhäufungen von kleinsten Körnchen; nur läßt sich keine be-
stimmte Anordnung derselben herauslinden, doch zeigen sie schwache
Doppelbrechung. Auch an andern Punkten , wie bei Utz-
raemmingen, Heerhof, machen sich Doppelbrechungserscheinungen
geltend, die aber nur auf Spannungen im Glase infolge raschen Er-
starrens zurückzuführen sind.
Wieder andere Glaspartien zeigen eine radiale Anordnung von
feinsten Fasern, die sich zu Sphärolithen vereinigen, welche dicht
gedrängt sind, und sich gegenseitig in ihrer Ausbildung gehemmt
haben. Sie zeigen bei gekreuzten Nikols deutliche Interferenzkreuze.
Merkwürdig ist, daß sie außer ihrem radialfaserigen Aufbau noch
konzentrische Ringe oftmals drei aufweisen und zwar so , daß die
Fasern des inneren Rings positiven , die des mittleren negativen
und die des äußeren wieder positiven optischen Charakter besitzen.
Auch einzeln im Glase treten diese wohlausgebildeten Sphärolithe
auf; zuweilen bildet deren Kern eine Anhäufung schwarzer opaker
Körnchen, die wohl als Kristallisationszentrum gedient haben. Lose
Sphärolithen dieser Art treten auch zu komplexen Aggregaten zu-
sammen.
Als Anfänge einer ausgeprägten Kristallbildung im Magma sind
individualisierte Mikrolithen anzusehen, die sich fast überall mehr
oder weniger häufig vorfinden. An der Ringlesmühle treten sie
vorwiegend in den dunklen basischen Schlieren auf; sie sind farblos,
langgestreckt, zeigen kleine Auslöschungsschiefen und graublaue
Interferenzfarben. Da, wo die basischen Schlieren sich gerne um
die Fremdeinschlüsse anlegen und diese fressen, scheiden sich haupt-
sächlich die Mikrolithen dieser Art aus. Bei Hohlheim finden wir
diese Ausscheidungen ; zwar sind manche Bomben vollkommen glasig
erstarrt, ohne irgendwelche Ausscheidungen und ohne eine andere
als Fluidalstruktur aufzuweisen, während wieder andere eine graue
bis braune Grundmasse zeigen, die anscheinend ziemlich basisch und
zugleich vollkommen entglast ist durch zahlreiche farblose Mikro-
hthen der geschilderten Art. Sie liegen regellos durcheinander, be-
sitzen dieselben optischen Eigenschaften wie bei der Ringlesmühle,
lassen aber zugleich an den größeren leistenförmigen Individuen
— 17 -
häufig Zwillingsbildung erkennen. Man wird nicht fehlgehen, diese
Ausscheidungen für Feldspat anzusehen. Ganz ähnlich liegen die
Verhältnisse bei Ammerbach. Das ganze Gestein ist vollständig
entglast durch farblose Mikrolithen von demselben Habitus wie bei
den oben beschriebenen Punkten, ebenfalls mit Zwillingsbildung.
Sie besitzen auch hier die Form schmaler Leistchen und sind häufig
in radialen Büscheln angeordnet. Es ist demnach kein Zweifel, daß
hier die gleiche oder ganz ähnliche Gesteinsmasse vorliegt wie bei
Hohlheim, mit denselben Entglasungsprodukten, nur daß der äußere
Habitus beider Gesteine etwas verschieden ist.
Außer den beschriebenen Entglasungsprodukten finden sich
auch dunkle gebogene Trichiten, einzeln oder in Bündeln zu-
sammen. Sie kommen hauptsächlich in den dunklen basischen
Schlieren vor, so bei Hohlheim; gewisse Schlieren in den Heerhofer
Fladen sind ganz entglast davon. Ähnlich ist es bei Polzingen ; doch
sind dort die Trichiten meist zersetzt und in rotes Feo O3 über-
gegangen.
Andere der glasigen Massen sind durch ganz besonders eigen-
tümliche Gebilde entglast, die bei schwacher Vergrößerung den Dünn-
schliff getrübt erscheinen lassen, und erst bei starker Vergrößerung
erkennt man, daß diese Trübung hervorgerufen wird durch zahllose
farblose, gekrümmte Mikrolithen. Sie sind teilweise sehr
lang und nur schwach gebogen, meistens aber stark gekrümmt und
machen den Eindruck von dicht sich drängenden, stark geringelten
Würmern. Manche besitzen noch kleine seitliche Anhänge. Ihre
schönste Ausbildung haben sie in den hellbraunen Schlieren von der
Ringlesmühle; außerdem sind sie überall verbreitet in den Fladen
vom Heerhof, und von Utzmemmingen. Sie bilden eine der merk-
würdigsten Entglasungserscheinungen , die meines Wissens bisher
weder aus sauren noch aus basischen Gesteinsgläsern bekannt ge-
worden sind. Möglicherweise hängen diese eigenartigen Gebilde
zusammen mit der besonderen Entstehung der Gesteine dieses vul-
kanischen Zuges. Mein Freund, H. Schwarz, der sich mit den
kristallinen Einschlüssen in den Tuffen der Uracher Gegend be-
schäftigt, hat unlängst überraschenderweise ganz identische Gebilde
in umgeschmolzenen sauren Massen der fremden Einschlüsse im
Basalt der Alb gefunden.
Als weitere Ausscheidungen aus dem Magma sind winzige Erz-
partikelchen zu beobachten, die teils unregelmäßig zerstreut, teils
in runden Anhäufungen in der glasigen Grundmasse hegen. Man
•Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ, 1905. 2
— 18 —
hat es wohl mit staubartig feinem Magneteisen zu tun. Bei Ammer-
bach werden sie größer und man kann deutliche Oktaederform nach-
weisen, die kleine Magnetitkristalle darstellen. Häufig sind sie je-
doch zersetzt und nehmen die rote Farbe des daraus hervorgegangenen
Eisenoxydhydroxyd an.
3. Die fremden Einschlüsse der Bomben und Tuffe und deren Ver-
änderungen.
Diese sind in den verschiedensten Dimensionen sowohl in den
Bomben vorhanden, wie lose in den Tuffen eingestreut. Untersuchen
wir zunächst die Vorkommen erster Art, und zwar die in Form ein-
zelner Mineralfragmente auftretenden. Unter diesen herrschen ent-
schieden Quarz und Feldspat vor, worauf auch schon hingewiesen war.
Der Quarz ist teils in scharfkantigen Splittern vorhanden,
teils in gerundeten Körnern, sofern Kanten und Ecken abgeschmolzen
wurden. Hat die Einwirkung des Magmas länger stattgefunden, so
zeigen sich die Quarze von zahlreichen, unregelmäßigen Rissen und
Sprüngen durchzogen, wobei früher vorhandene Flüssigkeits- und
Gaseinschlüsse verschwinden. In die Risse dringt Schmelzmasse
ein, erweitert jene und beginnt zugleich von innen die Korrosion.
Die Resorption wird dadurch beschleunigt, daß basische Magma-
schlieren sich um die Quarze herumlegen, die einen so sauren Ein-
sprengling sehr rasch angreifen. Viele der Quarzkörner stellen kein
einheitliches Individuum dar, sondern sind aus zwei oder mehreren
zusammengesetzt , die nach einer zackigen Linie verwachsen sind,
und deuten damit ihren Ursprung aus Granit und Gneis an. Dazu
fehlt häufig noch eine undulöse Auslöschung nicht, wie diese be-
kanntlich in diesen Gesteinen weit verbreitet ist.
Mit manchen der Einschlußquarze verbindet sich folgende eigen-
artige Erscheinung. Die Quarzkörner haben ihre optische einheit-
liche Beschaffenheit verloren , sie sind umgebildet in ein Aggregat
kleiner Schüppchen, ohne vorher eine An- oder Umschmelzung er-
fahren zu haben.
Es scheint, daß eine Umwandlung in Tridymit stattgefunden
hat, die als eine Umlagerung der Quarzmoleküle in noch festem,
höchstens plastischem Zustand anzusehen wäre.
Endlich kommt auch Quarz wahrscheinlich in amorphem Zu-
stande vor, d. h. völlig verglast. Man sieht nämlich in manchen
Bomben, z. B. an der Ringlesmühle, farblose Körner, die ich für ge-
wesene Quarzeinschlüsse halte, vollkommen isotrop, ohne Spaltrisse,
- 19 —
infolge der Bewegung im Magma aber lang ausgezogen , und all-
mählich mit diesem sich mischend ; ein Zeichen, daß hier ein wirk-
liches und vollständiges Schmelzen stattgefunden hat. Bekannter-
maßen ist es in der Technik gelungen, den Quarz zu schmelzen und
in diesem Zustande zu formen. So stellt die Firma Heraus in Hanau
gegenwärtig bei 1500° geschmolzen Gefäße aus Quarzglas dar. Und
eine solche Temperatur mag auch bei den Vorgängen im Ries ge-
herrscht haben, um die Umschmelzungserscheinungen an den Quarzen
hervorzubringen, wobei allerdings noch die besonderen Druckverhält-
nisse in Betracht zu ziehen wären, von denen wir gar nichts wissen.
Beim Feldspat treten entsprechende Erscheinungen auf wie
beim Quarz. Die Kristallfragmente sind dem unfrischen Erhaltungs-
zustände der alten durchbrochenen Granite und Gneise entsprechend
meist getrübt und haben vielfach ihre scharfen Konturen durch
Korrosion eingebüßt, besonders wenn sie von basischen Schlieren
umgeben sind. Das Magma dringt in die Spaltrisse ein , erweitert
sie und beginnt auch von innen die Anschmelzung. Häufig sieht man
fingerartige Einbuchtungen von Glas im Feldspat (s. Taf. I Fig. 3 u. 5).
Oft führen tiefe Kanäle von Magma in das Innere des Kristalls ; wird
ein solcher im Schliff quer durchschnitten, so bekommt man den
Eindruck, als habe man einen Einschluß von Glas mitten im Feld-
spat. Das Gesteinsglas wird in der Nähe der Einschlüsse durch
Aufnahme von Feldspatsubstanz stark doppelbrechend; es scheiden
sich winzige Fäserchen und Schüppchen aus, farblos mit graublauen
Interferenzfarben, die als Neubildungen von Feldspat anzusehen sind.
Als ein stärkerer Grad der Veränderung muß es bezeichnet
werden, wenn die Feldspäte ihre Trübung verlieren, sich wieder auf-
hellen und schließlich isotrop werden. Auf diese merkwürdige
physikalische Erscheinung wird später noch eingegangen werden (S. 24).
Es ist auffallend, daß gerade die großen Feldspatindividuen diese Um-
wandlung erfahren haben, während kleine Splitter oft noch doppel-
brechend sind; man sollte doch gerade das Gegenteil erwarten. Es
mag vielleicht der Umstand entscheidend sein, daß das Magma ver-
schieden lange Zeit auf die Fragmente eingewirkt hat, so daß ein
Teil schon in der Tiefe, ein Teil erst kurz vor der Eruption in das
Magma gelangt ist. Vielleicht hängt es auch von einem gewissen
lokalen höheren oder niederen Wassergehalt des Glases ab, daß die
Einschlüsse schwächer oder stärker verändert werden. Manche Feld-
späte sind, ähnhch wie Quarz, in ein Aggregat feiner Fäserchen
übergegangen. Ob diese Neubildungsprodukte von geschmolzen ge-
— 20 —
wesenen Feldspäten herrühren, oder Umwandlungen von noch fester
Feldspatsubstanz sind, wage ich nicht zu entscheiden.
Biotit und Hornblende wurden als Einschlüsse in den
glasigen Bomben nie angetroffen. Da sie leichter schmelzbar sind
als Quarz und Feldspäte, darf das nicht auffallen. Sie bieten sich
eben nur in völlig umgeschmolzenem Zustande dar und sind deshalb
in der Regel nicht mehr nachzuweisen. Wie schon oben angedeutet,
sind manche basische Schlieren in den glasigen Projektilen darauf
zurückzuführen, daß hier eine Einschmelzung von Biotit und Horn-
blende stattgefunden hat.
Apatit ist in einzelnen längeren oder kürzeren Prismen vor-
handen. Die größeren sind hier und da gebogen durch Strömung
im Magma, jedenfalls durch kleine Verschiebungen an den einzelnen
Spalt- bezw. Bruchfiächen. Sonst wurden keinerlei Veränderungen
an ihm bemerkt; er hat auch seine gewöhnliche Doppelbrechung
beibehalten. Sein Ursprung ist wohl aus den kristallinen Gesteinen
abzuleiten, da manche sehr reichliche Mengen von Apatit führen.
Zirkon ist in einzelnen kleinen Kristallen nachgewiesen als
kurzes Prisma mit zahlreichen Pyramiden. Ob er von eingeschmol-
zenen kristallinen Gesteinen herrührt, oder ob er sich aus dem Magma
ausgeschieden hat, mag unentschieden bleiben ; doch wird auch hier
wahrscheinlich sein, daß er von den kristallinen Gesteinen abstammt.
Wie eingangs bemerkt wurde, hegen auch im Tuff selbst
Bruchstücke kristalliner Gesteine, vornehmlich Granite und
Gneise verschiedener Art , daneben auch Hornblendegesteine. Eine
nähere Beschreibung und Klassifikation dieser geht jedoch über den
Rahmen unserer Aufgabe hinaus und bleibt weiteren Studien vor-
behalten; sie interessieren uns zunächst nur so weit, als sie durch
die Hitze der vulkanischen Tätigkeit umgeändert worden sind. Sie
liegen im Tuff eingebettet von Kopfgröße bis herunter zu den mikro-
skopisch kleinen Fragmenten ihrer einzelnen Bestandteile.
Ein fast unveränderter Einschluß im Tuff von Zipplingen
besteht aus Granat in erbsengroßen Körnern , Sillimanit in langen
Nadeln zu Büscheln vereinigt und Biotit, der in einer grünlichen,
pinitähnlichen Masse liegt, die sich überall, auch zwischen die Granat-
körner, einzwängt. Alle Bestandteile zeigen den gewöhnlichen Habitus,
nur der Biotit scheint ein wenig verändert.
Am Goldberg finden sich Gesteine, bestehend aus braun-
grüner Hornblende und Feldspat, vorwiegend Orthoklas, mit deut-
licher Parallelstruktur. Die Hornblende scheint wenig verändert;
— 21 —
sie besitzt starken Pleochroismus und hohe Doppelbrechung mit
kleiner Auslöschungsschiefe. Der Feldspat ist im allgemeinen ziem-
lich klar, doch zeigt er vielfach schmutzige Flecken. Die Doppel-
brechung ist sehr schwach und an manchen Stellen verschwindet
sie ganz, d. h. diese Partien verhalten sich isotrop. Ausserdem ist
die Auslöschung vielfach keine einheitliche mehr, sondern verläuft
strahlig.
Ein Einschluß im Tuff von Utzmemmingen von etwa Faust-
größe zeigt einen gefritteten Augengneis, der äußerhch ohne weiteres
als solcher zu erkennen ist. Im Dünnschliff sieht der Biotit teil-
weise noch kaum verändert aus ; er besitzt seinen charakteristischen
starken Pleochroismus und enthält zahlreiche Einschlüsse von Apatit
und Zirkon. Vorwiegend ist er jedoch ganz dunkel gefärbt, wobei
er fast undurchsichtig wird dadurch, daß sich mit beginnender Um-
schmelzung opake Körnchen von Magnetit ausscheiden. Bei noch
stärkerer Veränderung geht er randlich in ein braunes Glas über.
Der Feldspat ist meist getrübt; doch als solcher leicht zu
erkennen. Die Spaltrisse sind noch erhalten, und in diese dringt
der geschmolzene Biotit ein und erweitert sie. Dadurch wird der
Feldspat angegriffen; die basische geschmolzene Biotitmasse nimmt
Feldspatsubstanz auf, wird dadurch heller gefärbt und zeigt Doppel-
brechung. Gleichzeitig macht sich die eigentümliche Erscheinung
bemerkbar, daß manche Teile des Feldspats ihre charakteristische
Trübung mehr und mehr verlieren, also ganz wasserklar werden,
mit der Aufhellung eine durchgreifende optische Veränderung er-
fahren und sich nunmehr vollkommen isotrop erweisen. Das Merk-
würdige dabei ist, daß in diesen isotrop gewordenen Feldspäten die
charakteristischen Kohäsionsverhältnisse nach wie vor in dem Vor-
handensein der vollkommenen Spaltrisse noch in die Erscheinung
treten. Daneben liegen Feldspäte mit gleich vollkommenen Spalt-
rissen, die noch doppelbrechend sind.
Der Quarz tritt sehr zurück; es scheinen keine Veränderungen
an ihm vorgegangen zu sein; doch macht er den Eindruck, als ob
seine Doppelbrechung auch eine geringere geworden sei.
Apatit und Zirkon sind nicht selten und scheinen un-
verändert.
Bei Schmähingen wurde ein Einschluß gefunden, der äußer-
lich eine gewisse Ähnlichkeit mit feinkörnigen Am phibolgn eisen
zeigt. Auf dem Querbruch ist deuthche Parallelstruktur entwickelt,
mit einem eigentümhch glasigen Schimmer, wie ihn manche der
— 22 —
stark eingeschmolzenen Fragmente zeigen. Das Gestein besteht
wesenthch aus Diallag, brauner Hornblende und einem farblosen, iso-
tropen Mineral, welches anscheinend die Stelle von Feldspat, viel-
leicht auch die des Quarzes einnimmt (s. Taf. 1 Fig. 6). Die Horn-
blende scheint unverändert. Der Diallag ist nahezu farblos, zeigt
hohe Licht- und Doppelbrechung und die charakteristischen Spalt-
risse. Manche Kristalle sind jedoch getrübt, nur noch durch-
scheinend, vi^obei die Doppelbrechung verloren geht. Das farblose,
isotrope Mineral hat scharfe Umrisse , in seinen parallelen , gerad-
linigen Spaltrissen Kohäsionserscheinungen, derentwegen man diesen
Anteil des Gesteins trotz seines isotropen Verhaltens nicht ohne
weiteres für Glasfluß erklären kann. Er enthält zahlreiche Ein-
schlüsse von Apatit, der in langen Nadeln auftritt und an seiner
hohen Lichtbrechung und niedrigen Doppelbrechung leicht zu er-
kennen ist.
Ein anderer dioritähnlicher Einschluß aus dem Tuff der Ringles-
mühle zeigt folgende Verhältnisse: Er besteht aus einem dunkel-
grünen Mineral und einem farblosen. Beide sind vollständig isotrop.
Zwischen ihnen zwängt sich ein gelblichgrünes Glas mit deutlicher
Doppelbrechung hindurch, das entstanden ist durch Schmelzen des
grünen Minerals an seinen Rändern, unter Ausscheidung von Magnetit.
In der Mitte ist das Mineral dunkelgrün. Über seine Natur kann
nicht viel behauptet werden. Dem äußeren Habitus nach möchte
man es für Hornblende halten; allein es fehlt jeglicher Pleo-
chroismus, jegliche Doppelbrechung, sowie die für Hornblende
charakteristischen Spaltrisse. Während die Ränder tatsächlich ge-
schmolzen und in flüssigen Zustand übergeführt worden sind, ist
der dunkelgrüne Kern wohl nur plastisch geworden, wobei aber
doch die Spaltrisse sich verwischten.
Anders ist es bei dem farblosen Mineral; hier sind deutlich
zahlreiche, zum Teil nach zwei Richtungen parallel verlaufende Spalt-
risse zu sehen, die Ränder sind nicht angeschmolzen, sondern bilden
scharfkantige Konturen.
In beiden Bestandteilen des kristallinen Einschlusses sind zahl-
reiche Apatitnadeln eingeschlossen, die keinerlei Veränderungen auf-
weisen, also ihr bezeichnendes optisches Verhalten mit bezug auf
Licht und Doppelbrechung bewahrt haben.
Im Tuff von Zipplingen wurde ein graues, poröses Gestein
gefunden mit Parallelstruktur. U. d. M. erkennt man zunächst eine
schwach gelb gefärbte, glasige, isotrope Grundmasse. Das Magma
— 23 —
scheint in das Gestein eingedrungen zu sein. In dieser Grundmasse
liegen porphyrisch :
1. Biotit. Er bildet keine größeren Kristalle mehr, sondern
ist zerteilt in kleine Fragmente, selten noch unverändert, meist un-
durchsichtig geworden, ohne Pleochroismus und teilweise zu einem
gelbbraunen Glase geschmolzen unter Ausscheidung von Magnetit.
2. Ein farbloses, isotropes Mineral mit zahlreichen teils
parallelen, teils unregelmäßig verlaufenden Spaltrissen. In diese ist
Schmelzmasse eingedrungen, die das Mineral angegriffen hat, wobei
sie selbst doppelbrechend wurde. Die Konturen dieses farblosen
Minerals sind zuweilen noch scharfkantig, meist jedoch gerundet
(s. Taf. I Fig. 5).
3. Granat. Er kommt in rundlichen Körnern vor, die jedoch
in viele kleine Bruchstücke zerteilt sind, zwischen denen sich die
glasige Grundmasse hindurchzieht. Der Granat ist von vielen Rissen
durchzogen mit starkem Relief; die Farbe ist etwas schmutzig rosa.
Im allgemeinen sind an ihm keine Anschmelzungserscheinungen zu
beobachten; doch scheint auch er etwas angegriffen zu sein, da
das Glas an seiner Umrandung einen schmalen , doppelbrechenden
Saum zeigt.
Für die eben beschriebenen und zahlreiche andere ähnliche
Gesteinseinschlüsse ist das Auftreten eines farblosen, isotropen
Minerals charakteristisch; ebenso auffallend ist aber das Fehlen von
Quarz und Feldspat, trotzdem der äußere Habitus der Gesteine mit
aller Sicherheit darauf hinweist, daß hier mehr oder weniger ver-
änderte feldspat- und zum Teil auch quarzführende Gesteine aus der
Familie der Granite und Gneise vorliegen. Es liegt darum der Schluß
nahe , in der isotropen Substanz mit ihren charakteristischen , zahl-
reichen geradlinig verlaufenden Spaltrissen eigenartig veränderten
Feldspat zu vermuten. Schon v. Gümbel^ hat diese Erscheinung be-
obachtet und bereits darauf hingewiesen, „daß der feldspatige Be-
standteil, ohne sonst weiter erkennbare Veränderung durch ein wasser-
helles isotropes Mineral ersetzt werde , welches offenbar durch ge-
wisse Einflüsse aus dem Flagioklas hervorgegangen ist".
Da wegen der Isotropie die optische Untersuchung nicht zum
Ziele führt, so war zu versuchen, ob durch chemische Untersuchung
die fragliche Zugehörigkeit zu erweisen war. v. Gümbel^ führt drei
Analysen dieses Minerals an, aus einem Diorit isohert, von Schwager
^ Y. Gümbel, Geogn. Beschreibung des Königreichs Bayern. Bd. 4 S. 204.
2 V. Gümbel, ebenda. S. 204.
— 24 —
ausgeführt, wonach folgende chemische Zusammensetzung festgestellt
wurde :
Si 0^ . . .
54,62
52,64
50,38
A1203 . .
30.11
30,03
29,92
Fe3 03 . .
0,21
0,18
0,17
CaO . . .
8,57
9,38
10,10
MgO. . .
—
0,09
—
K,0 . . .
1,25
1,37
1,48
Na^O . .
3,67
3,82
4,92
H2O . . .
1,39
2,89
3,23
99,82 100,40 100.20
Hieraus ergibt sich in der Tat, daß das Mineral die Zusammen-
setzung hat wie der Plagioklas in Amphiboliten oder Dioriten. Wie
V. GüMBEL sich den Ersatz der Feldspatsubstanz durch ein isotropes
Mineral denkt, läßt sich aus seiner kurzen Bemerkung nicht ersehen.
Die von uns gemachten Beobachtungen lassen darüber aber nicht
den geringsten Zweifel aufkommen. Die Überführung des anisotropen
trüben Feldspates mit seinen charakteristischen Spaltrissen in die
wasserklare Substanz, in der sich diese Spaltrisse noch erhalten haben,
aber der optische anisotrope Charakter verloren ging, ist eine Hitze-
einwirkung, das ergibt sich aus den geschilderten Verbandverhält-
nissen klar und unzweideutig. Diese Erscheinung gewinnt dadurch
ihre große Bedeutung, daß sie in den Rieseinschlüssen außerordent
lieh weit verbreitet ist. Wir haben schon oben darauf hinzuweisen
Gelegenheit genommen, daß sich eine derartige isotrope molekulare
Umformung ohne eigentliche Umschmelzung beinahe auf alle Gemeng-
teile der fremden Einschlüsse im Ries erstreckt, nicht bloß auf die
hier analysierten Plagioklase, sondern hauptsächlich auch auf Ortho-
klase und Quarze, wie sie den wesentlichen Bestandteil der ein-
geschlossenen Granite ausmachen; denn gerade in granit- und gneis-
artigen Gesteinen treten die geschilderten Erscheinungen am häu-
figsten auf.
Für die isotrope Umlagerung der Feldspatsubstanz erscheint es
uns charakteristisch, daß ihr das Verschwinden der trüben Beschaffen-
heit der Feldspäte, also eine namhafte Aufhellung vorangeht, ohne
daß der charakteristische Verlauf und die Beschaffenheit der gerad-
linigen Spaltrisse irgendwie beeinflußt würde. Eine wirkliche Um-
schmelzung kann also nicht stattgefunden haben, höchstens kann
man eine zäh plastische Erweichung annehmen, welche die Spalt-
risse unberührt ließ.
Wie schon bemerkt unterliegt auch die Quarzsubstanz einer
- 25 —
ähnlichen isotropen ümlagemng; das ist an quarzführenden fremden
Einschlüssen stellenweise mit befriedigender Sicherheit festzustellen,
zumal wenn sich eigenartige Begrenzung der Quarze, charakteristische
Rissigkeit und andere Merkmale des allgemeinen Habitus erhalten
zeigen. Nur sind die Zonen von Flüssigkeitseinschlüssen und Gas-
einschlüssen verschwunden und an ihre Stelle entsprechend verlaufende
Risse getreten.
Selbstverständlich kommen neben den beschriebenen auch völlig
verschlackte und verglaste, bereits stark eingeschmolzene Einschlüsse
vor, meist blasig aufgetrieben, die nur noch äußerlich eine gewisse
Ähnlichkeit mit Graniten oder Gneisen aufweisen. Sie sind weit
verbreitet und können fast an allen Punkten unseres Gebietes ge-
funden werden. Das ganze Gestein ist dann in eine nahezu farb-
lose Glasmasse umgewandelt, in der wohl noch Überreste von Quarz
und Feldspat zu sehen sind, aber nicht mehr als einheitliche Körner,
sondern jene Formen der Umschmelzung, wie wir sie oben beschrieben
haben, die Aggregate feiner Schüppchen und Fasern bilden. Die
ersteren haben wir als T r i d y m i t gedeutet, die letzteren sind wohl
regeneriertem Feldspat zuzuzählen. Die farblose glasige Grundmasse
dieser eingeschmolzenen Fragmente ist häufig durch Feldspatmikro-
hthen entglast. Auch finden sich darin dunkle basische Schlieren,
die von eingeschmolzenem Biotit oder Hornblende herrühren dürften.
4. Chemische Zusammensetzung. Bauschanalysen der glasigen Bomben.
Nachdem wir die Wirkungen, die das Magma auf die fremden
Gesteinsmassen ausgeübt hat, die verschiedenen Phasen der Ein-
schmelzung fremden Materials festgestellt, seine Assimilation durch
den Schmelzfluß kennen gelernt haben, wissen wir, daß die sich
scheinbar äußerlich als gleichartige Masse der Bomben darbietende
Gesteinssubstanz der Einheitlichkeit entbehrt, ein mechanisches Ge-
menge bezw. eine Legierung von zwei heterogenen Bestandmassen
darstellt. Wir haben damit den richtigen Gesichtspunkt für die Be-
urteilung der stofflichen Zusammensetzung dieser Massen gewonnen,
v. GüMBEL^ führt 3 Analysen von Bomben an, denen zufolge er sie
zu den Liparitgläsern stellt. Die Analysen I und H sind von den
glasigen Bomben des Tuffes von Otting bei Monheim, ausgeführt
von ScHAFHÄUTL. Analyse HI von Schmähingen, ausgeführt von
LoRETz. Danach bestehen die Bomben aus:
V. Gümbel, Geogn. Beschreibung des Königreichs Bayern. Bd. 4 S. 205.
- 26
TiO^
AI2O3
Fe,03
FeO
CaO
MgO,
K,0
Na,0
I.
IL
III.
65,15
67,55
66,69
—
—
0,89
10,85
15,05
15,70
\ 5,10
4,08
5,39
2,35
1,97
3,97
7,85
0,18
1,88
5,25
6,70
1,13
1,57
2,70
4,47
1,95
1,30
0,45
100,07
99,
100,57
Auffallend sind die großen Schwankungen im MgO-Gehalt;
ebenso der relativ hohe SiOg-Gehalt.
Auch vom Verfasser sind verschiedene Analysen ausgeführt
worden; doch nie wurde ein Si02-Gehalt von 67,55 "/o gefunden.
Der höchste zeigte 65,49 "/o von einem Fladen am Heerhof, der
niedrigste 58,50 °/o von dem Ammerbacher Gestein.
Von einer schwarzgrünen, pechglänzenden Bombe von Zipp-
1 in gen von etwa Faustgröße, wurde eine Durchschnittsprobe zur
Analyse ausgewählt, welche ergab:
SiOa 63,84
TiO^ 0,80
AI2O3 13,51
^6^03 • 0,79
FeO 3,75
CaO 4,11
MgO 2,65
K^O .3,55
Na., 0 5,10
P2O5 Spur
Hj 0 Glühverlust . . 2,81
100,91
Die Bombe zeigt im Dünnschliff eine schwachgrünliche bis farb-
lose Glasgrundmasse, in der relativ wenig fremde Einschlüsse sich
finden, und nur wenige dunkle Schlieren sind vereinzelt darin zu
sehen. Bemerkenswert ist, daß das meiste Eisen in Form von FeO
darin enthalten ist, weshalb das Glas auch nahezu farblos erscheint.
An der Ringlesmühle bei Trochtelfingen bilden die Bomben
ein violettes Glas, matt, mit vielen Poren. Das Gestein sieht aus
wie ein künstliches Glas und hat äußerlich mit der grauviolett ge-
— 27 —
färbten, gefritteten Masse mancher Zinkmuffeln eine gewisse Ähn-
lichkeit. Eine Durchschnittsprobe einer solchen Bombe ergab:
SiO, 64,12
Tid^ 0,89
Al,03 14,09
Fe^Oj 5,63
CaO ...... . 4,53
MgO 3,09
K,0 1,93
Na,, 0 4,22
F.,0, 0,35
HJ 0 Glüliverlust . . 1,68
100,53
Im Dünnschliff erscheint die glasige Grundmasse licht rehbraun
mit Schlieren dunkler gefärbten Glases, die besonders die zahlreichen
fremden Einschlüsse von Quarz und Feldspat umschliessen. Die helleren
Partien sind durch die farblosen, gekrümmten Mikrolithen entglast.
Vom Heerhof wurde ein Fladen mittlerer Größe für die
Analyse gewählt von graublauer Farbe, ziemlich porös. U. d. M. er-
kennt man ebenfalls abwechselnd helle und dunkle Schlieren, die
teils durch dunkle Trichiten, teils durch farblose gekrümmte Mikro-
lithen entglast sind. Fremde Einschlüsse sind sehr zahlreich. Das
Ergebnis war:
SiOj 65,49
TiO, 0,77
Al^Oj 12,63
Fe^O« 2,68
FeO 2,64
CaO 4,63
MgO 2,51
K,0 3,18
Na^O 3,63
P2O5 Spur
H^ 0 Glühverlust . . 1,31
99,47
Außer diesen Gesamtanalysen wurde noch eine Anzahl Si Og-
Bestimmungen ausgeführt, um den durchschnittlichen Gehalt an SiO^
von verschiedenen Punkten kennen zu lernen. Eine Bombe vom
Goldberg, äußerlich mattgrün, im Schliff ein schlieriges Glas von
verschiedener Färbung, ergab 64,05 "/o Si O2 ; eine schwarzglänzende
von Hohlheim, die Ähnlichkeit mit denen von Zipplingen hat, nur
daß mehr basische Schlieren vorhanden sind, ergab 62,82 °/o; eine
von Utzmemmingen, sehr kompakt, von graublauer Farbe, im Schliff
— 28 —
licht rehbraun mit farblosen gekrümmten Mikrolithen und sehr vielen
Fremdeinschlüssen, hauptsächlich von Quarz, ergab 65,12 *^,o, und
endlich eine von Mauren, von kohleartigem Habitus, u. d. M. tief-
braun, also wohl ziemlich basisch, jedoch mit zahlreichen Quarz-
und Feldspateinschlüssen, ergab 63,75*^/0 SiOg.
Bei allen diesen Gesteinen wurden die sehr zahlreichen mikro-
skopisch kleinen Fremdeinschlüsse von Quarz und Feldspat mit-
analysiert. Nun wurde auch versucht, diese mit Hilfe von schwerer
Flüssigkeit von den rein glasigen Bestandteilen zu trennen, und zu
diesem Zweck eine Bombe von Zipplingen gewählt, die eine ziemlich
homogene, nahezu farblose, isotrope Grundmasse aufwies mit nicht
allzuvielen fremden Einschlüssen , aber nicht seltenen basischen
Schlieren. Die gleichmäßig und fein pulverisierte Masse wurde in
Thouletsche Lösung vom spez. Gew. 2,52 eingetragen, in der Vor-
aussetzung, daß hierbei der glasige Anteil vorwiegend schwimmen
werde. Es zeigte sich jedoch, daß das Glas ziemlich schwer war;
denn die ganze Substanz senkte sich zu Boden. Hierauf wurde die
Lösung auf 2,54 — 2,55 eingestellt, wobei eigentlich nur Quarz und
Feldspat fallen sollten, doch war reichlich dunkles Glas als spezifisch
schwerer Anteil der Glasmasse beigemengt. Nach mehrmaliger Tren-
nung bei dieser Konzentration erwies sich zuletzt das noch schwim-
mende Glas u. d. M. ziemlich rein und nahezu farblos. Von dieser
glasigen Substanz wurde eine SiOg- Bestimmung gemacht, welche
63,35 °/o Si Oo ergab (gegen 63,84 '^lo der bauschalen Zusammen-
setzung der nicht getrennten Substanz). Das Ergebnis ist nun in-
sofern überraschend, als der SiO^-Gehalt des nicht getrennten Ge-
misches , welches außer dem farblosen Glas noch die Quarz- und
Feldspatfragmente und einen nicht unerheblichen Anteil von dunklen
Schlieren enthält, die mitfielen, nur V2 ";o höher ist. Daraus würde
man jedenfalls schließen müssen, daß das braune Glas plus ein-
geschmolzenem Quarz und Feldspat eine Zusammensetzung liefern,
welche annähernd gleich der ist des farblosen Glases.
Ein von den übrigen Vorkommnissen einigermaßen abweichendes
Gestein ist das von Ammerbach. Dasselbe wurde bereits von
v. GüMBEL erwähnt und von v. Knebel ' neuerlich wieder beschrieben und
als Rhyolitlava bezeichnet. Es tritt in ziemlich massigen Blöcken
auf und macht den Eindruck, als habe man hier anstehenden Schmelz-
fluß vor sich, wofür es auch v. Knebel hält. Im Dünnschliff erkennt
* V. Knebel, Zeitschr. d. Deutsch, geol. Ges. Bd. 55 .Tahrg. 1903, S. 23
-25 ixnd S. 43-44.
— 29 —
man eine glasige Grundmasse, schon ziemlich stark entglast durch
Feldspatleistchen, mit zahlreichen kleinen Oktaedern von Magnetit.
Im übrigen gleicht das Gestein den übrigen Vorkommnissen, enthält
auch zahlreiche kristalline Einschlüsse, v. Knebel teilt auch eine
von ScHO WALTER ausgeführte Analyse I des Gesteins mit. Die vom
Verfasser von demselben Gestein ausgeführte Analyse II unterscheidet
sich wesentlich von jener. Beide ergaben:
I. II.
SiO^ . .
. 64,47
58,31
TiO^. .
—
0,78
Al,03 .
. 20,30
15,05
Fe,03 .
4,59
5,46
CaO . .
2,23
6,12
MgO. .
0,30
1,58
K2O . .
4,21
4,94
Na,0 .
3,34
3,08
P,0,. .
—
0,50
CO, . .
—
0,80
H,0. .
1,74
4,37
101,18 100,99
Überaus auffallend ist die hohe Si Og-Differenz von über 6 7o
in beiden Analysen , noch mehr aber der große AI., Og-Gehalt von
über 20 "/o in Analyse I, der mit der hohen Azidität des Gesteines
von 64,47 7o SiOg kaum vereinbar ist, ebenso unvereinbar mit der
Vorstellung, die v. Knebel kundgibt, daß das Gestein durch Zusammen-
schmelzung von einer Basaltlava und granitischem Material entstanden
sei. Auch ist an der Analyse I auszusetzen, daß, abgesehen von
TiOg und P2O5, keine COg gefunden wurde. Überall in dem Ge-
stein ist nämlich Kalkspat, entweder als Ausfüllung der kleinen Poren
oder in Form von Einschlüssen nachzuweisen. Beliebige Stücke des
Gesteins entwickeln, in verdünnte HCl gelegt, Kohlensäure.
Nach Abzug der 0,80% COg und des daran gebundenen CaO
ist das Bild der Analyse II folgendes :
SiO, 58,79
TiO, 0,78
Al,03 15,27
CaO.
MgO
Na^O
HjO.
5,50
5,13
1,58
4,97
3,10
0,50
4,40
100,02
30
Um einen besseren Vergleich für die Zusammensetzung der
glasigen Bomben zu bekommen, wurde versucht, für die Analysen
eine Formel nach der Methode von Osann ^ zu berechnen. Danach
gestalten sich die Analysen vom Heerhof, von der Ringlesmühle und
von Ammerbach II, indem die Molekularquotienten, auf 100 berechnet,
aufgestellt werden, folgendermassen :
Heerhof Einglesmühle
sioa
TiOj
A\(\
FeO
CaO.
MgO
Na, 0
71,76
8,07
4,57
5,39
4,18
2,21
3,82
71,88
9,20
2,34
5,38
5,15
1,36
4,53
0,16
Ammerbach II
70,13
10.54
2,44
6,51
2,83
3,75
3,55
0.26
100,00
100,00
100,01
Daraus berechnet sich als Typenformel für :
^2^12 «6,5
H e e r h 0 f : s„„ a.
Ringlesmühle: s^g^cr
Ammerbach II: s,„ a,
^3.5^10 «7.5
wobei a -{- c -{- f = 20 sein muß.
Hiernach würden sich die glasigen Auswurfsmassen , den auf-
gestellten Typenformeln zufolge, am besten an die Gruppe der Dacite
und Hornblende-Glimmer-Andesite anreihen , unter der Vor-
aussetzung, daß sie eine einheithche Eruptivmasse darstellen, als
was sie bis jetzt angesehen wurden.
Berücksichtigt man nun, daß, wie aus der ausführlichen Schilde-
rung hervorgeht, die untersuchten Gesteine reichliche Mengen von
granitischen und gneisigen Bestandteilen, teils in Form von fremden
Einsprengungen , teils in bereits völlig eingeschmolzenem Zustande
beigemengt enthalten , die das Mengenverhältnis der Bauschanalyse
in hohem Grade und in ganz bestimmter Richtung beeinflussen und
zwar durch Hinzufügung reichlich saurer fremder Bestandteile , so
kann naturgemäß das ursprüngliche Magma nicht einem Dacit oder
Hornblende- Glimmer- Andesiten entsprochen haben, sondern muß viel
basischer gewesen sein , wie das auch schon aus der Beteiligung
dunklen Glases hervorgeht, sofern dieses als primärer Bestandteil
mancher Bomben anzusehen ist.
Osann, Tschermak's Petr. Mitteil. Bd. XIX Jahrg. 1900, S. 351—375.
— 31 —
Zu der Analyse I des Gesteins von Ammerbach ist noch zu
bemerken, daß v. Knebel ebenfalls versucht hat, nach obiger Methode
die Formel aufzustellen, wobei er fand :
^(U,5 ^13,7 ^29,7 - 23,4 ^^5,7"
Die nähere Betrachtung dieser Formel lehrt, daß diese eine
Unmöglichkeit darstellt. Es erübrigt, hierauf hingewiesen zu haben.
Wenn wir die chemischen Ergebnisse mit Rücksicht auf die
Frage nach der ursprünglichen Zusammensetzung des Magma
der Riesgesteine zusammenfassen, so ergibt sich etwa folgendes:
Was den SiOg-Gehalt anbelangt, so nehmen die glasigen Aus-
wurfsmassen eine bestimmte Stellung ein. Sie enthalten 58,3 bis
65,5 ^/o SiOg (bis 67,5*^/0 nach v. Gümbel). Die eingeschmolzenen Ge-
steine bestehen vorwiegend aus hellen Graniten und Gneisen, seltener
aus Amphibolgesteinen. Die Riesgranite und -Gneise enthalten nach
V. Gümbel 70— 74''/o SiOa (s. S. 7). Es wäre demnach unmöglich,
daß durch reichliche Einschmelzung solcher Massen ein Si O^-Gehalt
von 58— eS'^/o erzielt werden könnte, wenn das Magma an sich
schon ein stark saures, ein liparitisches, wie man es bisher be-
zeichnet hat, gewesen wäre. Die Einschmelzung von den angeführten
Massen würde nur eine geringe stoffliche Veränderung, aber keine
wesentliche Herabminderung des SiOo hervorgerufen haben.
Das Magma muß demnach wohl basischer gewesen sein. Auf-
fallend ist vor allem der relativ hohe Eisengehalt, den die Bausch-
analyse angibt; er verträgt sich ebensowenig mit jener Vorstellung
und erklärt sich nicht aus der Addition granitischer Einschlüsse zu
einem liparitischen Magma ; er wird als primär, als charakteristischer
Bestandteil eines basischen Glases anzusehen sein, die eingeschmol-
zenen Granite und sauren Gneise können dem Magma nicht viel
Eisen zugeführt haben. Auch der hohe Gehalt an MgO kann aus
denselben Gründen nicht durch Einschmelzen herrühren, sondern ist
primär. Granitische und gneisige Massen haben sich dem ursprüng-
lich basischen Magma beigemengt; das jetzige Gestein stellt eine
Mischung dieser beiden dar.
Deffner und 0. Fraas ^ haben bis zu einem gewissen Grade
die Entstehung der vulkanischen Riesgesteine richtig interpretiert,
insofern als in manchen der Bomben lediglich umgeschmolzene gra-
nitische Gesteinsmasse einen sicherlich vorherrschenden Bestandteil
* Deffner und 0. Fraas, Geogn. Beschreib, des Bl. Boplingen der
geogn, Spezialk. von Württ. S. 12.
— 32 —
ausmacht. Die Auffassung genannter Autoren, welche „ihre Trachyt-
bomben" von umgeschmolzenem Granit ableiten, ist aber dahin zu
modifizieren, daß die Einschmelzung unter Hinzutreten eines ursprüng-
lichen basischen Magmas erfolgte , das sich anscheinend in äußerst
verschiedenen Mengenverhältnissen mit dem durchbrochenen, zer-
schmetterten kristallinen Gestein mischte. Schon eingangs wurde
darauf hingewiesen, daß die von Deffner und Fraas vorgeschlagene
Bezeichnung Trachyt unzulässig ist, schon im Lichte der An-
schauung dieser Autoren und jetzt auf Grund unserer Untersuchungen.
V. GüMBEL nennt die glasigen Auswurfsmassen ihrer chemischen
Zusammensetzung nach Liparitgläser. An und für sich ist es
schon auffallend, im Ries liparitische Magmen zur Eruption gelangt
zu sehen , sie würden damit die einzigen bekannten Vorkommen in
Deutschland darstellen. Unsere Untersuchungen haben nun gelehrt,
daß aber diese Gesteine eine Ausnahmestellung in dieser Hinsicht
gar nicht beanspruchen können, denn es sind tatsächlich keine
Liparite, auch das Ries hat, als der bisher für Deutschland einzig be-
kannte Fundort, keine Liparite produziert. Und doch nehmen die Ries-
gesteine eine Sonderstellung ein; diese beruht in einer beispiellos in-
nigen Verschmelzung von einem ursprünglich basischen Magma mit den
durchbrochenen alten Massen. Es ist demnach sehr wahrscheinlich, daß
das ursprüngliche Riesmagma eine ähnhche Zusammensetzung gehabt
hat, wie in dem Basaltgebiet bei Urach und im Hegau. Aber auch
abgesehen davon, daß wir in dem Riesgestein ein mechanisches
Gemenge zu erkennen haben, bleibt die Bezeichnung Liparit immer
unzutreffend, lediglich in Hinblick auf die stoffliche Zusammensetzung
der Bauschanalyse, denn ein Gestein mit 58 — 65*^/0 SiOo, mit 4 — 6^/o
Fe^O.5 und 2 — 3°/o MgO (bis 7,85 °/o nach v. Gümbel) entspricht nicht
der Zusammensetzung eines liparitischen Magmas.
III. Technische Verwendung der Tuffe.
Das Ries ist an guten Bausteinen ziemlich arm. Der Keuper
liefert hier kein brauchbares Baumaterial, die Sandsteine werden zu
losen Sandschichten. Der weiße Jura ist vielfach vergriest, in sich
zertrümmert, also auch meist unbrauchbar. Nur der Tertiärkalk
kann verwendet werden; dazu kommen noch die vulkanischen
Tuffe, die sehr gesucht sind. Besonders brauchbar sind die mit
CaCOg verfestigten Tuffe. Viele Bauernhäuser im Ries sind aus
diesen Tuffen gebaut, besonders im Vorries in der Gegend von Auf-
hausen und Amerdingen, wo heute noch reger Abbau in den großen
- 33 —
Steinbrüchen getrieben wird. Wie gesagt, zeichnen sich gerade die
Tuffe des Vorrieses durcli ihre gleichmäßige Zusammensetzung aus,
was eben bedingt, daß sie als Bausteine gute Verwendung finden
können. Tuffe, die große, blasig aufgetriebene Bomben und Fladen
enthalten , sind weniger geeignet , da diese der Verwitterung leicht
anheimfallen. Daß sich die Tuffe als Baumaterial wirklich bewähren
und nicht nur gelegentlich benutzt werden, das zeigt die Stadtkirche
von Nördlingen mit ihrem hohen Turm, zu der der vulkanische Tuff
an der Altenbürg ausschließlich das Material lieferte.
Eine weitere Verwendung sollen neuerdings die Tuffe noch
finden als Zement. Schon im Anfang des vorigen Jahrhunderts
wurde der Tuff von Otting bei Monheim in dieser Beziehung unter-
sucht, wobei nicht ungünsige Resultate erzielt wurden. Doch geriet
diese Verwendung in Vergessenheit und erst vor kurzem hat Endriss
wieder darauf hingewiesen, die Tuffe des Vorrieses in ähnlicher Weise
wie den Traß des Brohltales zu verwenden. Hierauf angestellte
Versuche ergaben günstige Resultate ; weitere Untersuchungen sind
im Gange. Nach einer mündhchen Mitteilung von Prof. A. Sauer
beruht wahrscheinlich die hydraulische Wirkung des Traß bei Ver-
mischung mit Kalk darauf, daß sich nur das noch nicht hydra-
tisierte, also ziemlich frische Gesteinsglas mit Kalk energisch che-
misch verbindet; deshalb sollten möglichst frische Tuffe dieser Art
verwendet werden, was bei weiteren praktischen Versuchen wohl
zu beachten wäre. Sind die Tuffe nicht mehr frisch, ist das glasige
Material bereits hydratisiert, dann hat das Material seine bindende
Eigenschaft verloren. Als der zu diesen Zwecken geeignetste Tuff
wäre der von Zipplingen zu empfehlen ; doch müßten darüber noch
Versuche angestellt werden. Daß auch die Tuffe des Vorrieses sich
eignen , ist nicht zu bezweifeln ; doch machen sie schon äußerlich
nicht den frischen Eindruck wie das Zipplinger Gestein ; auch ist
ihr glasiger Anteil geringer.
Spezielle Beschreibung der wichtigsten Punkte.
Da die vulkanischen Tuffe im Ries nach ihrem geologischen
Vorkommen und in ihrer Struktur große Verschiedenheiten aufweisen,
möge noch eine kurze Beschreibung einer Anzahl durch Aufschlüsse
zugänglicher Tuffvorkommnisse folgen.
Zipplingen. Im Norden des Rieses, hinter dem Dorfe Zipp-
lingen, befindet sich ein Hügel, die Zipplinger Höhe, welche vulka-
nischen Ursprungs ist. Sicherlich hat man es hier mit einem selb-
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. 3
— 34 -
ständigen Ausbruchspunkt zu tun K Am Nordabhang des Hügels ist
ein Aufschluß; aber der Tuff ist hier vollständig verwittert. In
frischem Zustand, wie er auf der Höhe im Fahrwege heraustritt, ist
er sehr glasreich. Die Grundmasse besteht aus kleinen , bouteille-
grünen Glaskügelchen , in der größere Bomben eingebettet liegen,
von porösem, beinahe bimssteinartigem Habitus. Auch dichtere,
schwarze, pechglänzende Bomben sind nicht selten. U. d. M. erkennt
man ein schwach gelblichgrün bis nahezu farblos isotropes Glas, mit
vielen perlitischen Sprüngen und zahlreichen fremden Einschlüssen
von Quarz und Feldspat, doch nicht so häufig wie an anderen Punkten.
Flüssigkeitseinschlüsse sind sehr verbreitet und zwar meist in gruppen-
förmigen Anhäufungen. Entglasungsprodukte sind spärlich ; manche
Partien sind durch Mikrofelsit, andere durch Sphärolithe entglast-
hier und da finden sich auch Feldspatmikrolithen. Über die chemische
Zusammensetzung s. S. 26. Unter den kristallinen Einschlüssen sind
helle Granite und Gneise hervorzuheben, vielfach stark verändert;
unter den letzteren ist hauptsächlich ein Gestein zu erwähnen, be-
stehend aus zersetztem Biotit, isotrop gewordenem Feldspat und
Granat; ferner ein Gestein, bestehend aus Granat, Sillimanit, Biotit,
der in einer pinitähnlichen Masse liegt , die sich auch zwischen die
Granatkörner einzwängt. Unter den Sedimentgesteinen sind rote
Keupertone, Stubensandstein, Braunjura a und ß häufig, während
die höheren Braunjuraschichten und Weißjura fehlen (Branco-Fraas,
Das vulkanische Ries, S. 121).
Kreuthof. Südlich von Zipplingen, am Kreuthof, setzt vulka-
nischer Tuff anscheinend im Granit auf. Der Tuff ist sehr fein-
körnig; Fladen und größere kristalhne Gesteinsbrocken sind sehr
selten. Er besteht vorwiegend aus verschieden gefärbten Lapillis,
aus Feldspat, hauptsächlich Orthoklas, meist getrübt, aus Quarz in
meist eckigen Splittern, aus grüner Hornblende und selten auch Biotit.
Heerhof. NördUch von Trochtelfingen, etwas östlich vom Heer-
hof, ist auf einer kleinen Anhöhe ein Tuffvorkommnis. Dort finden
sich die bekannten schönen Fladen , die aus dem zersetzten Tuff
herausgewittert sind. Sie sind teils ziemlich kompakt, teils auch
sehr porös mit den bekannten strickartig gedrehten und gewundenen
Formen. U. d. M. zeigen sie ein Gesteinsglas, aus hellen und dunklen
Schlieren bestehend, teils isotrop, teils auch schwach doppelbrechend.
Es ist entweder durch farblose, gekrümmte Mikrolithen oder durch
Vergl. Branco-Fraas S. 121.
— 35 —
dunkle gebogene Trichiten entglast. Quarz- und Peldspateinschlüsse
sind zahlreich ; dagegen fehlen meist Flüssigkeitseinschlüsse. Die
chemische Zusammensetzung s. S. 27. Die größeren kristallinen Ge-
steinseinschlüsse sind meist verschlackt und nicht sehr häufig; Sedi-
mentgesteine fehlen ganz.
Goldberg. Südöstlich davon am Goldbach ist ein großer Stein-
bruch in vulkanischem Tuff, der in massigen Blöcken gebrochen wird.
Die Bomben sind fest in den Tuff eingebacken. Das Magma ist hier
häufig in der Weise differenziert , daß sich die dunklen , basischen
Partien in kugeligen Gebilden absondern. Der SiO.^-Gehalt einer
Bombe betrug 64,05 "/o. Unter den kristallinen Einschlüssen sind
parallel struierte Gesteine hervorzuheben, bestehend aus Feldspat,
meist Orthoklas mit nur noch ganz schwachen Interferenzfarben, und
aus braungrüner Hornblende mit starkem Pleochroismus.
Ringlesmühle. An der Straße von Hertsfeldhausen nach Utz-
memmingen, im Rohrbachtal, nahe der Ringlesmühle, ist ein weiterer
vulkanischer Punkt. Matte violette Bomben sind hier charakteri-
stisch und zeigen u. d. M. abwechselnd dunkle und helle Schlieren,
welch letztere durch farblose gekrümmte Mikrolithen, die hier ihre
schönste Ausbildung haben, entglast sind; erstere enthalten* vielfach
Feldspatmikrolithen. Chemische Zusammensetzung s. S. 27. Größere
kristalline Gesteinsbrocken sind selten. Sie bestehen wesentlich aus
braungrüner Hornblende und isotrop gewordenem Feldspat mit zahl-
reichen Apatitnadeln und nicht selten auch Titanitkristallen.
Altenbürg. Südöstlich davon, an dem Hofe Altenbürg, ist
ein großer, jetzt verlassener Steinbruch' im vulkanischen Tuff, der
das Baumaterial zum Dom von Nördlingen lieferte. Die vulkanischen
Bomben sind ganz ähnlich denen der Ringlesmühle. In diesem Tuff
liegen zahlreiche vergrieste und graugebrannte Weißjurablöcke. Der
Tuff selbst ist verkittet durch Kalkspat, der auch die Hohlräume
der glasigen Bomben ausfüllt. Granitische Einschlüsse sind nicht
selten, doch meist völlig verschlackt.
Reitersbuck. Zwischen Ringlesmühle und Altenbürg ist ein
drittes vulkanisches Vorkommnis am Reitersbuck. Auch hier sind
die Bomben sowohl in ihrem äußeren Habitus als auch mikroskopisch
genau dieselben wie an diesen Punkten; auch die kristallinen Ein-
schlüsse sind dieselben wie an der Ringlesmühle. Das nahe Bei-
sammensein dieser drei Lokalitäten , sowie die Gleichartigkeit der
* unlängst wieder auf getan.
— 36 —
Bomben lassen vielleicht auf einen direkten räumlichen Zusammen-
hang derselben schließen.
Trochtelfingen. Südöstlich von Trochtelfingen findet man auf
den Feldern Brocken vulkanischen Tuffes, die ebenfalls dem Tutf der
Ringlesmühle gleichen.
Windhäu. Noch etwas weiter südlich von der Altenbürg, an
der Landstraße Neresheim — Nördlingen, ist ein weiterer Punkt, der
aber nicht aufgeschlossen ist. Die umherhegenden Brocken bilden
ein ziemlich dunkelbraunes Glas, das durch Feldspatmikrolithen ent-
glast ist. Als kristallinischer Einschluß wurde ein hellrötliches Ge-
stein gefunden, porös, vollständig verschlackt zu einem farblosen,
merkwürdigerweise stark sphärolithisch doppelbrechenden Glas.
Utzmemmingen. Hinter dem Dorfe, da wo die Straße nach
Hohlheim abbiegt, ist ein Bruch in vulkanischem Tuff. Darin stecken
viele blaugraue Bomben und Fladen, meist blasig aufgetrieben, doch
sind auch sehr kompakte darunter. U. d. M. ist das Glas hellbraun,
häufig doppelbrechend, meist durch gekrümmte Mikrolithen entglast;
an den Quarz- und Feldspateinschlüssen lassen sich die Korrosions-
erscheinungen ausgezeichnet studieren. Der SiOo- Gehalt einer
Bombe 'betrug 65,12 ^/o. Kristalline Einschlüsse sind sehr zahl-
reich, besonders viele helle Granite, feinkörnige Gneise mit aus-
geprägter Parallelstruktur , sowie dioritische Gesteine. In einem
gefritteten Augengneis waren an den isotrop gewordenen Feld-
späten Spaltrisse nach zwei Richtungen noch ausgezeichnet erhalten.
Das Bindemittel des Tuffes ist kalkig, durch Fe^, O3 vielfach rot-
braun gefärbt.
Hohlheim. Nahe am Kirchhof, an der Straße von Hohlheim
nach Neresheim, befindet sich ein vulkanischer Schlot, den Koken
eingehend beschrieben hat (Studien im fränk. Ries. N. Jahrb. f.
Min. etc. Beil.-Bd. XH. 1899, S. 505). Die Bomben sind meist
schwarzglänzend, aus abwechselnd hellen und dunklen Schlieren be-
stehend , fast ohne Entglasungsprodukte. Dann finden sich auch
matte Bomben , die aus einem einheitlichen dunklen , graubraunen
Glas bestehen, das durch Feldspatleistchen entglast ist. Die Struktur-
verhältnisse s. S. 9. Unter den kristallinen Einschlüssen sind Granite
und Diorite hervorzuheben, die meist verschlackt sind.
Schmähingen. Diese Lokalität ist dadurch sehr interessant.
daß nach Branco (Das vulkan. Vorries, S. 58) granitische Rxplosions-
produkte in Verbindung treten mit echten vulkanischen Tuft^en. Die
meist schwarzen, glänzenden Bomben haben ein ähnliches Aussehen
- 37 —
wie bei Zipplingen und zeigen u. d. M. ein schwach gelblichbraun
gefärbtes Glas. Als kristalliner Einschluß ist das schon oben be-
schriebene (S. 21) Gestein hervorzuheben , bestehend aus Diallag,
brauner Hornblende und isotrop gewordenem Feldspat.
Ammerbach. Diese Örtlichkeit, nahe dem Dorfe , ist schon
von V. Knebel beschrieben worden und nach diesem Autor die einzige,
von ihm zuerst nachgewiesene, wo im Ries anstehender Schmelzfluß
vorkommen soll. Ich habe gleich anfangs (S. 5) meine Bedenken
gegen diese Auffassung gehabt und diese oben kurz angedeutet. Auf
einer letztmaligen Exkursion an diesen Punkt ist es mir nun ge-
lungen, am Fuß der kleinen Kuppe, wo das Gestein etwas verwittert
ist, die schönsten Fladen und Bomben herauszuholen, und zwar von
einer so typischen Form, daß sie den Heer hofer Fladen zum
Verwechseln ähnlich sind. Mitten unter diesen Bomben liegen
kristalline Einschlüsse und größere Blöcke desselben Materials,
wie sie weiter oben anstehen und allerdings bei Überwachsung der
Oberfläche den Eindruck hervorrufen können, als bilden sie anstehende
Lava. Es ist danach kaum mehr zweifelhaft, daß man auch hier
nur Tuff vor sich hat, wie am Heerhof und anderen Lokalitäten.
Über mikroskopische Beschaffenheit und chemische Zusammensetzung
s. S. 17 und 29. Die kristallinen Einschlüsse scheinen vorwiegend
dem Granit anzugehören, aber sie sind meist völlig verglast.
Ein ähnliches Gestein liefert Polzingen. An der Landstraße
vor dem Dorfe ist ein kleiner Steinbruch im Tuff, von tertiären Sau-
den umgeben. Der Tuff ist sehr kompakt, massige Blöcke bildend,
von eigenartig rosarotem und grünem Aussehen. Das poröse, glas-
reiche Gestein zeigt u. d. M. eine gelblichbraune Glasbasis mit
schwacher Doppelbrechung. In dieser liegen lange, in rotes Feo Og
übergegangene Mikrolitlien, die die rote Farbe des Gesteins bedingen.
Manche Partien sind auch durch Feldspatmikrolithen entglast. Unter
den kristallinen Einschlüssen scheinen Hornblendegesteine vorzu-
herrschen, meist auch verschlackt.
Hainsfarth. Am sogen. Schinderhengst bei Hainsfarth ist eben-
falls vulkanischer Tuff aufgeschlossen. Man sieht über dem Tuff
„wechselnde Lagen von braunrotem, grünlichem, gelbbraunem und
lederbraunem Ton mit teils sandiger, teils kalkiger Beschaffenheit
und oft mit aufgewühltem Untergrunde vermengt, welcher nach oben
in den in jener Gegend mächtig entwickelten Süßwasserkalk über-
geht" (v. GüMBEL, Geogn. Beschreibg. des Königr. Bayern, S. 213). Die
Bomben sind schwarzglänzend, ähnlich den Zipplinger, auch in der
— 38 —
mikroskopischen Beschaffenheit. Ein völHg verschlackter Granit, sowie
ein Sandstein wurden gefunden, der jedoch keine Veränderung aufwies.
Bei Ottingen, nahe der Aumühle , ist ebenfalls vulkanischer
Tuff anstehend , von dem aber frisches Material sehr schwer zu
bekommen ist. Er hat große Ähnlichkeit mit dem Tuff von
Hainsfarth.
Dies sind die wichtigsten Tuffvorkommnisse des eigentlichen
Rieses; ehe wir die des sogen. Vorrieses betrachten, ist noch ein
Punkt bei Christgarten, an der Papiermühle, zu erwähnen.
Dort ist ein ansehnlicher Hügel von vulkanischem Material gebildet.
Die Bomben bilden ein dunkelbraunes, beinahe undurchsichtiges Glas,
das spärliche Feldspatmikrolithen enthält. Das Bindemittel des Tuftes
ist kalkig.
Im Vorries, südlich von Christgarten, ist zunächst das aus-
gedehnte Tuffgebiet von Aufhausen zu erwähnen ; ein schöner Bruch
befindet sich am Kesselbach. Der Tuff ist sehr gleichmäßig ; größere
Bomben und kristalline Einschlüsse sind selten. Er besteht aus ver-
schieden gefärbten Lapillis von meist gelbem und braunem Glas,
meist etwas doppelbrechend, manche durch gekrümmte Mikrolithen
entglast, ferner aus Quarz- und Feldspat-, seltener auch Biotit- und
Hornblendefragmenten. Das Bindemittel ist teils kalkig, teils zeo-
lithisch. Stücke von Weißjurakalk sind nicht selten.
Noch mehr südlich sind die Tuffgebiete von Höfen, Eglingen,
Osterhofen, die Endriss näher beschrieben hat (Ber. des oberrh.
geol. Ver. 1908, S. 20). Auf dessen Veranlassung sind in den schlecht
aufgeschlossenen Gebieten Grabungen und Schürfungen vorgenommen
worden, so daß dadurch ziemlich frisches Material gewonnen wurde.
Es besteht aus kleinen Lapillis eines hellbraunen Glases, aus un-
regelmäßig geformten Glasfetzen, aus Quarz und Feldspat, teils frisch,
häufig aber isotrop geworden, und seltener Hornblende. Weißjura-
stückchen sind überall, wenn auch spärhch, zu finden. Die Lapillis
sind häufig am Rande getrübt, welche Trübung bei starker Ver-
größerung sich in winzige Körnchen auflöst, die nach innen zu all-
mählich übergehen in farblose gekrümmte Mikrolithen, durch die das
Innere der Lapillis meist entglast ist. Bei Osterhofen wurde eine
größere graue Bombe gefunden , die ein gelbliches isotropes Glas
zeigt, das teils durch zierliche, gebogene Trichiten, teils durch kleine
Feldspatmikrolithen entglast ist.
Amerdingen. Östlich von den eben genannten Gebieten ist
bei Amerdingen vulkanischer Tuff in zwei Brüchen aufgeschlossen;
— 39 -
er gleicht so sehr dem Tuff von Auf hausen, daß eine nähere Be-
schreibung unnötig erscheint; nur daß vielleicht etwas mehr kalkiges
Material sich an der Bildung beteiligt. Hohlräume in Tuffen sind
häufig mit zierlichen Kalkspathkrystallen ausgefüllt.
Mauren. Eines der größten Tuffgebiete im Ries ist das von
Mauren. Nördlich vom Dorf am Waldrand ist ein großer Bruch.
Ein zweiter befindet sich weiter östlich davon, doch ist dieser ver-
lassen und daselbst nur noch schlechtes verwittertes Material zu
finden. Im ersten Bruch bildet er massige Blöcke; die glasigen
Bomben haben ein schwarzes, kohliges Aussehen, sind porös und
leicht zerbröckelnd, meist Nußgröße ; selten finden sich auch größere
langgestreckte. Die Hohlräume sind mit Kalkspat, teils nierenförmig,
teils als zierliche Kristalle ausgefüllt. U. d. M. erkennt man in den
Bomben ein tief braunes, sehr gleichartiges Glas, mit zahlreichen
fremden Einschlüssen, an denen man die Einschmelzung mit dem
hellen Glassaum schön studieren kann. Die kristallinen Einschlüsse
sind sehr zahlreich und teils kopfgroß. Kalkstücke sind sehr häufig
und bis 4 cm groß und hochkristallin geworden.
Bollstadt. Im Wolfental, in der Nähe von Bollstadt, befindet
sich auch ein kleiner vulkanischer Punkt. Auf den Feldern finden
sich Bomben, die große Ähnlichkeit mit den schwarzen glänzenden
von Schmähingen haben, auch mikroskopisch zeigen sie denselben
Habitus. Die Lapillis im Tuff sind häufig dunkler gefärbt, ähnhch
wie bei Mauren. Das Bindemittel ist vorwiegend Kalkspat.
Zusammenfassung.
1. Während der Tertiärzeit haben im Ries vulkanische Aus-
brüche stattgefunden. Die vulkanische Tätigkeit hat sich lediglich
geäußert in der Bildung von Tuffen , wobei Gase eine große Rolle
gespielt haben.
2. Die in Form von Fladen, Bomben, Schlacken und Lapillis
ausgeworfenen Gesteine sind relativ sauer, doch können sie weder
dem Trachyt, noch dem Liparit, wie das bisher geschehen, zu-
gezählt werden.
3. Nirgends im Ries ist zusammenhängender Schmelzfluß zu
finden ; auch das Gestein von Ammerbach hat sich als eine Anhäufung
von vulkanischen Projektilen und als Tuff erkennen lassen.
4. Das Riesmagma, wie es sich jetzt darbietet, ist nicht das
ursprünghche. Unzählige Fragmente kristalliner Gesteine des Unter-
grundes sind von dem Magma aufgenommen worden. Diese wurden
— 40 —
teilweise resorbiert, wodurch das Magma beträchtlich saurer wurde.
Es stellt eine Mischung von basischem Schmelzfluß mit granitisch-
gneisigen Fremdmassen dar. Wollte man die Bauschanalyse auf ein
einheitliches Magma beziehen , so würde es sich an die Dacite und
Hornblende-Glimmer-Andesite anreihen. Die ursprüngliche Zusammen-
setzung ist nicht mehr zu ermitteln , jedenfalls aber ist sie noch
basischer als diese Gesteine, wahrscheinlich basaltisch.
5. Das Magma ist vorwiegend glasig erstarrt. Mikrofelsit,
Sphärolithe, Trichiten , gerade und gekrümmte Mikrolithen sind die
einzigen kristallinen Ausscheidungen bei der Erstarrung.
6. Die kristallinen fremden Einschlüsse sind meist verändert.
Biotit und Hornblende sind vielfach an- und eingeschmolzen. Auf-
fallend ist das eigentümliche Verhalten des Feldspats, welcher unter
Beibehaltung der Kohäsionsmerkmale (Spaltrisse) durch molekulare
ümlagerung isotrop geworden ist. Ähnlich verhält sich vielfach auch
Quarz.
7. Die vulkanischen Tuffe finden als Bausteine Verwendung.
Ihre ähnliche technische Verwendung wie der Traß des Brohltales
beruht auf Analogien in der glasigen Ausbildung und chemischen
Bausch-Zusammensetzung.
Basalte und Basalttuffe der Schwäbischen Alb.
Von Eugen Gaiser aus Zuffenhausen (Württemberg).
Hierzu Tafel II und 10 Textfiguren.
Einleitung.
In seinem grundlegenden Werke „Schwabens Vulkanembryonen"
hat W. V. Branco * die vulkanischen Bildungen der Schwäbischen Alb
in bezug auf ihr geologisches Vorkommen und ihre Entstehungs-
weise einer ausführlichen Untersuchung unterzogen und bewiesen,
dass die daselbst auftretenden vulkanischen Gesteine röhrenförmige
Kanäle ausfüllen, und als vulkanische Durchschlagsröhren aufzufassen
seien. Während also die allgemeinen geologischen Verhältnisse der
Albvulkane von v. Branco in erschöpfender Weise gewürdigt wurden,
ist in bezug auf die petrographischen Verhältnisse der Basalte und
Basalttuffe , besonders aber der letzteren , noch manche Lücke aus-
zufüllen. Es fehlt eine zusammenhängende Bearbeitung sowohl der
Basalte als auch der Basalttuffe. Gerade die Kenntnis der Tuffe
ist von Bedeutung, da sie ja unter ganz anderen Bedingungen ge-
bildet wurden als der eigentliche Basalt und sich aus ihrer struk-
turellen Beschaffenheit manche Schlüsse auf den Zustand des Magmas
im Eruptionsschlot und die Bildungsweise der Auswurfsmassen ziehen
lassen dürften. In den folgenden Ausführungen habe ich mich be-
strebt, die vulkanischen Massen der Alb in systematischer Weise
auch mit Bezug auf diese Fragen etwas näher zu untersuchen.
Neuere Untersuchungen über einzelne Basalte der Alb verdanken
wir A. Stelzner in seiner Arbeit über „Melilith und Melilithbasalte" '^,
wobei er als erster die Basalte vom Hochbohl, Bolle bei Owen und
von einigen anderen Stellen als typische Melilithgesteine erkannte
und damit zugleich den Typus der Melilithbasalte aufstellte.
* Diese Jahresli. Jahrg. 1894, 1895.
^ >\ Jahrb. f. Min. etc. Beil.-Bd. II. 1883.
— 42 —
E. Fraas beschrieb den Basalt vom Gaisbühl bei Reutlingen ^.
Ältere Untersuchungen über verschiedene Albbasalte stammen
von Zirkel^ und von Möhl^, die die Basalte dem Stand der da-
maligen Kenntnis gemäß noch als Nephelin- und Feldspatbasalte
aufführen. Einige Untersuchungen über die Tuffe der Alb haben
ausgeführt: Anger*, der sie noch als Feldspatbasalttuffe beschrieb:
Penck^, der sie als Nephelinbasalttuffe behandelte; EndrisS^, der
hauptsächlich den Tuff vom Randecker Maar untersuchte.
Das Material zu meinen Untersuchungen wurde von mir an
Ort und Stelle gesammelt. Die chemischen Analysen wurden im
chemischen Laboratorium zu Freiburg i. Br. , die mikroskopischen
Untersuchungen teils am mineralogischen Institut zu Stuttgart, teils
am mineralogischen Institut zu Freiburg i. Br, ausgeführt.
An dieser Stelle möchte ich es nicht unterlassen, meinen ver-
ehrten Lehrern Herrn Prof. Sauer, Herrn Prof. Osann und Herrn
Dr. Meigen, die mir stets mit Rat und Tat bei der Ausführung der
vorliegenden Arbeit zur Seite standen, den wärmsten Dank aus-
zusprechen.
Endlich habe ich noch zu erwähnen , daß diese Arbeit die
Lösung einer von der Kgl. Technischen Hochschule zu Stuttgart ge-
stellten Preisaufgabe darstellt.
I. Teil. Basalte.
a) Geologische Verhältnisse.
Nur an etwa 18 vulkanischen Punkten der Alb tritt Basalt zu-
tage. Bei der großen Mehrzahl der Vulkanembryonen verharrte der
basaltische Schmelzfluß in größerer Tiefe. Meist bildet der Basalt
winzige Stöcke, Gänge und Apophysen im Tuff; an einigen Stellen
finden sich nur einzelne Basaltblöcke, die wohl die letzten Ausläufer
von Apophysen sind und darauf hindeuten , daß der Herd in nicht
allzu großer Tiefe ansteht. Solche einzelne Basaltbrocken wurden
angetroffen im obersten Tuffgange der Gutenberger Steige, am Kal-
varienbühl bei Dettingen und im Tuff von Donstetten, an den beiden
' Diese Jahresh. Jahrg. 1893.
'"* Untersuchungen über die mikroskitpische Zusammensetzung der Basalt-
gesteine. Bonn 1870.
' Diese Jahresh. Bd. XXX. Jahrg. 1874.
" Tschermak's Min. Mitteil. 1875.
^ Zeitschr. d. deutsch, geol. ües. Bd. XXI. 1879.
ß Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. Bd. XLI. 1889.
— 43 -
letzteren Stellen von Herrn Prof. Fraas in Stuttgart , dessen Güte
ich Schleifstücke zu verdanken habe.
Am Randecker Maar konnte ich trotz wiederholten Suchens
keinen Basalt entdecken, den v. Branco in seiner Arbeit aufführt.
Jedenfalls kann es sich dort nur um das Vorhandensein eines ver-
einzelten Basaltblockes gehandelt haben, der im Laufe der Zeit ver-
schwunden ist. Am Bettenhard bei Linsenhofen konnte ich ebenfalls
keinen Basalt finden. An drei Stellen, am Eisenrüttel, Dietenbühl,
Sternberg fehlen Basalttuffe ganz. Der basaltische Schmelzfluß stieg
hier sehr hoch und räumte den Eruptionskanal von dem Tuffmaterial,
das ehedem sicherlich ebenfalls vorhanden war. An diesen eben
angeführten Stellen ist die vulkanische Tätigkeit am weitesten vor-
geschritten.
Während die meisten Basalte in Schloten auftreten, haben wir
nur an einer Stelle einen Basalt, der einen auf längere Strecke sich
hinziehenden Gang ausfüllt. Dieser Gang findet sich bei Graben-
stetten, wo er an der Straße nach Urach deutlich angeschnitten ist;
seine Mächtigkeit beträgt nur etwa l^/-2 m. Wir hätten also im
bgebiet
1. Schlotbasalte und
2. nur einen Gangbasalt.
Zur Bildung von Oberflächenergüssen ist es anscheinend nirgends
gekommen. Nur bei dem eben genannten Gang von Grabenstetten
wäre dies nicht völlig ausgeschlossen. Man findet nämlich in der
Nähe des Gangs auf den Äckern in ziemlich großer Zahl blasig aus-
gebildete Basaltstücke, die einem Nephelin-Melilithbasalt angehören.
Glasige Grundmasse ist in demselben nicht vorhanden. Entweder
stammen diese Stücke von der Oberfläche des Ganges, die blasig
ausgebildet gewesen sein kann, wie v. Branco annimmt; oder aber
liegt die Möglichkeit vor, daß sie die Überreste eines kleinen Basalt-
stromes .sind, der sehr langsam erstarrte, infolgedessen keine Glas-
masse gebildet wurde. Das langsame Erstarren war wahrscheinlich
dadurch bedingt, daß die Lava mit Gasen und Flüssigkeitseinschlüssen
stark beladen war und diese erst allmählich entwichen. Endriss ^
ist der Ansicht, daß ein Lavastrom vorlag.
Die Überreste des fragUchen Stromes wären allerdings nicht be-
deutend, und bei der geringen Breite des Ganges glaube ich, daß
die Existenz eines früheren Stromes ziemlich zweifelhaft ist.
Zeitschr. d. deutsch, e-eol. Ges. Bd. XLI. 1889.
— 44 -
Die genaueren Lagerungsverhältnisse der Basalte hat v. Branco
in seinem Werk ausführlich dargelegt.
Die Basalte der Alb zeigen meist sehr schöne kugelige Ab-
sonderung, die besonders bei der Verwitterung deutlich hervortritt.
Am schönsten sind die Absonderungserscheinungen v^ohl am Hofberg
bei Metzingen und Götzenbrühl bei Dettingen u, T. zu sehen.
b) Petrographische Verhältnisse.
Die Basalte der Schv^äbischen Alb kann man einteilen in:
1. Nephelinbasalte.
2. Melilithbasalte.
3. Nosean-Melilithbasalte.
I. Nephelinbasalte.
Nur an einer Stelle in dem vulkanischen Gebiet von Urach
findet sich reiner Nephelinbasalt , nämhch am Eisenrüttel bei Dot-
tingen auf der Hochfläche der Alb. Wir haben hier zugleich die
größte Basaltmasse des ganzen Landes vor uns, die in früheren
Jahren stark abgebaut vv^urde. Der Basalt vom Eisenrüttel wurde
schon von Zirkel als Nephelinbasalt erkannt und kurz beschrieben
(Zirkel, Basaltgesteine No. 172). Schon makroskopisch unterscheidet
sich das Gestein vom Eisenrüttel von den Melilithbasalten durch
seine viel grobkörnigere Ausbildung. Die Grundmasse ist bei weitem
nicht so dicht wie in den Melilithbasalten. Das mikroskopische Bild
gliedert sich in Einsprengunge und Grundmasse. Die Struktur ist
holokristallin-porphyrisch (s. Taf. II Fig. 1). Unter den Einspreng-
ungen treffen wir in großer Zahl idiomorph begrenzte Olivinkristalle.
An Einschlüssen ist der Olivin sehr arm, hier und da begegnet man
winzigen Flüssigkeits- und Gaseinschlüssen und opaken Erzkörnchen.
Sehr häufig ist der Olivin etwas angewittert ; vom Rande und von den
Spalten aus verdrängt eine trübe serpentinöse Substanz den Olivin.
Bei weitem wird der Olivin an Menge übertroffen von Augit,
der sehr zahlreiche große und kleine Einsprengunge bildet und den
Löwenanteil an der Gesteinszusammensetzung hat. Er erscheint
ebenfalls meist in idiomorpher Begrenzung, nur die Endflächen sind
hier und da mangelhaft ausgebildet. Die Kristallformen sind die ge-
wöhnlichen des basaltischen Augits ooP . ccPoo . ooPoo . P. Zwillinge
nach cüPcx) sind zu beobachten ; häufig begegnet man auch Kristallen
mit Zwillingslamellierung. Die Augite sind schwach pleochroitisch, der
// a schwingende Strahl erscheint bräunlichgelb, der // b schwingende
— 45 —
graugrün bis graugelb, ebenso der // c schwingende. Zonarstruktur
tritt in schönster Weise zutage ; die Auslöschungsschiefe nimmt vom
Kern nach dem Rande hin zu und zwar wurden Differenzen bis zu
10° beobachtet. Die bei den Pyroxenen gerade verwandter Gesteine
so häufig ausgeprägte Sanduhrstruktur wurde nicht beobachtet. Sehr
häufig stecken in den Augitkristallen grüne Kerne, die ebenfalls pleo-
chroitisch sind. An Interpositionen führen die Augite besonders in
den zentralen Teilen Erzkriställchen, Flüssigkeits- und Glaseinschlüsse.
Der Augit beteiligt sich in einer zweiten Generation auch an der
Zusammensetzung der Grundmasse. Hier bildet er kleine , säulig
entwickelte Kriställchen , daneben auch unregelmäßig begrenzte
Aggregate.
Den Hauptanteil an der Zusammensetzung der Grundmasse
hat jedoch der Nephelin. Dieser bildet den Kitt, die Fülle, in der
die anderen Gemengteile eingebettet liegen. Öfters trifft man rekt-
anguläre Längsschnitte, auch hexagonale Querschnitte. Meist ist er
aber unregelmäßig begrenzt, da er als letzter Gemengteil auskristalli-
siert und durch die schon ausgeschiedenen Mineralien in der Kristall-
bildung gehindert wurde. Der Nephelin führt besonders Einschlüsse
von Apatitnadeln und Augitkriställchen.
Magnetit ist gleichmäßig und reichlich durch das ganze Gestein
verbreitet. Interessant ist das Vorkommen von einzelnen Nosean-
kristallen, die meist hexagonale Durchschnitte zeigen. Ihre Randzonen
sind häufig ganz dunkel, während die inneren Teile farblos bis violett
sind. Manchmal ist es auch gerade umgekehrt. Die dunklen Partien
haben ihren Grund in einem fein verteilten Pigment, das seine Lage
wechseln kann.
Von dem Nephelinbasalt Eisenrüttel wurde vom Verfasser eine
quantitative Analyse ausgeführt. Diese ergab folgendes Resultat:
SiO., 39,39
Ti 0, 3,01
Fe^jÖg 6,33
FeO 5,64
AljOs 7,55
CaO 1.3,98
MgO 13,91
K^O 1,45
Na, 0 4,88
PjOs 0,72
CO2 Spur
H3O ■ . 4,06
Summa . . 100,92
— 46 —
Die Titansäure wurde auf kolorimetrischem Wege bestimmt
mittels Wasserstoffsuperoxyd, welche Methode sehr gute Resultate
liefert.
Obige Analyse in Molekularquotienten umgerechnet ergibt :
SiOj 41,01
TiOj 2,35
Fe^Os 1,25
FeO 7,28
AI2O3 4,62
CaO 15,54
MgO 21,71
K2O 0,96
Na, 0 4,91
P2Ö5 • • 0,31
Summa . . 100,00
Danach berechnet sich folgende OsANN'sche Formel :
S43 '^^2 % ^18 %5 «-Reihe.
Es würde dieser Basalt also etwa zu dem OsANN*schen Typus
„Käsegrotte" zu stellen sein, der die Formel hat:
Der Nephelinbasalt von Meiches (Vogelsgebirge) besitzt fast
dieselbe Formel wie der Eisenrüttelbasalt
«43,5 ^2 Co fi8 »8,5 «"Reihe.
Der Basalt vom Eisenrüttel ist etwas saurer als die Melilith-
basalte, was zum Teil von dem großen Augitgehalt herrührt. Die
Titansäure besitzt einen ziemlich hohen Wert, sie kann nur im Augit
und in titanhaltigen Eisenerzen gebunden sein, da ja Perowskit voll-
ständig fehlt. Auffällig ist der geringe Gehalt an AlgOg, der nicht
einmal genügt, um die Alkalien zu binden. Ein Teil von diesen
muß deshalb an Fe^O^ gebunden sein.
Der CaO-Gehalt ist wegen des Fehlens von Melilith etwas
niedriger als bei den Melilithbasalten , aber immer noch sehr hoch ;
die Augite, in denen allein der Kalkgehalt gebunden sein kann, sind
danach zu den kalkreichen Varietäten zu stellen. Der etwas hohe
Wassergehalt hat seinen Grund in der teilweisen Serpentinisierung
des Olivins.
II. Melilithbasalte.
Zu den Melilithbasalten gehören alle Basaltvorkommnisse der
Alb mit Ausnahme desjenigen vom Eisenrüttel und von Graben-
- 47 -
stetten, Die Melilithbasalte sind alle ziemlich feinkörnig, dicht; ihre
Farben spielen ins Dunkelgrüne bis Schwarze. Bei der Verwitterung
blassen diese Basalte etwas ab, die Farben werden mehr bläulich.
Makroskopisch kann man nur die Olivineinsprenglinge , hier und da
größere Augite erkennen, die in einer äußerst feinkristallinen Grund-
masse liegen. Die Struktur ist durchweg holokristallin-porphyrisch.
Durch fluidale Anordnung der leistenförmigen Melilithkriställchen um
die Olivine entsteht oft eine schöne Fluidalstruktur.
Als Einsprengunge treten in den Melilithbasalten auf Olivin
vor allem, der stets in reichlicher Menge sich einstellt, ferner Augit,
der jedoch seltener in größeren Kristallen erscheint. Weiter gehört
ein Teil der Melilithe zu den Einsprengungen. Bezüglich des Meliliths
herrschen in der Größe alle Übergänge von den Einsprenglings- zu
den Grundmasseindividuen. Die Grundmasse bei den Melilithbasalten
bildet ein hypidiomorphes Gemenge von Melilithleisten , Augitkri-
ställchen , Magnetit und von Nephelin , der als Füllmasse fungiert.
Glasige Grundmasse konnte bei keinem der untersuchten Basalte
nachgewiesen werden. Akzessorische Bestandteile sind Perowskit,
Biotit, Apatit, Pikotit und Chromit.
1. Schilderung der einzelnen Gemengteile.
Olivin.
Olivin ist nur in einer einzigen Generation entwickelt. Seine
Dimensionen sind sehr schwankend. Die vollkommen idiomorphe
Begrenzung der Olivinkristalle ist selten, da diese letzteren sehr der
magmatischen Korrosion ausgesetzt waren , die ja besonders stark
ist bei holokristallin entwickelten Gesteinen infolge der langsameren
Erstarrung; und unsere Basalte sind eben holokristallin ausgebildet.
So kommt es, daß die Olivine vielfach nur noch Körnerform besitzen.
Die Grundmasse dringt häufig lappenartig in die Olivine ein. Eine ge-
wöhnliche Erscheinung ist, daß die Olivinkristalle, die zu den ältesten
Gemengteilen gehören, infolge magmatischer Bewegungen zerbrochen
sind. Hier und da ist der Olivin von einer Zone von Biotit um-
geben , der jedenfalls bei der Auflösung des Olivins randlich aus-
kristallisierte. Der Übergang von Olivin in Biotit ist oft ganz all-
mählich , so daß eine scharfe Grenze kaum zu ziehen ist. Solche
Olivine sehen dann wie angeätzt aus. Diese Umwandlung des Olivins
in Biotit ist besonders gut ausgeprägt im Basalt vom Hofberg bei
Metzingen.
Die kristallographischen Formen sind die gewöhnlichen für Olivin.
— 48 -
Zwillingsbildung nach Pob wurde beobachtet (Hochbohl);
Zwillingsbildung nach 2Poü, wie diese Soellner ^ an Olivinen der
Rhönbasalte feststellte, dagegen nirgends. Einschlüsse von fremden
Mineralien treten im allgemeinen wenige auf, man begegnet kleinen,
gräulichgelben, durchsichtigen Kriställchen mit oktaedrischen Formen,
welche dem Pikotit angehören , ferner Einschlüssen von Magnetit,
selten Perowskitkristallen wie z. B. im Basalt vom Hochbohl. Massen-
haft sind die Olivine oft durchschwärmt von Flüssigkeitseinschlüssen,
die reihenartig angeordnet sind und deren Formen kreisrund bis
oval sind. Auch bewegliche Libellen, wahrscheinlich aus COg be-
stehend, enthalten manche Flüssigkeitseinschlüsse.
Die Zersetzung des Olivins geschieht vom Rande und von den
Spaltrissen aus und zwar gewöhnlich zu einer grünlichen serpentinösen
Substanz. Bei stark vorangeschrittener Umwandlung bleiben nur
noch kleine Kerne von frischer Olivinsubstanz übrig, die wie Ein-
sprengunge in einer emheitlichen Grundmasse von Serpentin liegen.
Die chemische Zusammensetzung nach einer von Jul. Meyer- an
isoliertem Olivin vom Hochbohler Basalt ausgeführten Analyse ist
folgende :
SiO^ 41,90
FeO 29,16
MgO 28,48
Summa . . 99,54
Der Olivin gehört der ältesten, der intratellurischen Periode
an und ist das erste reichliche Ausscheidungsprodukt des basaltischen
Magmas.
Augit.
Der Augit tritt wie Olivin ebenfalls in größeren porphyrisch
ausgeschiedenen Kristallen auf. Sehr große Augite führt z. B. der
Basalt des Götzenbrühls.
Ziemlich selten sind jedoch gut begrenzte Kristalle. Die Farbe
der basaltischen Augite ist gewöhnlicli gelblichbraun. Zonarstruktur
ist eine häufige Erscheinung. Die Kerne sind meist heller gefärbt
als die randlichen Teile der Kristalle,
Die Auslöschungsschiefen von Kern und Rand differieren bis
* So ellner, Geognostische Beschreibung der Sclnvarzcn Berge in, der
südlichen Rhön. Jahrb. d. k. prcuss. geol. Landosanstalt und Bergakademie.
1901. Bd. XXII Heft 1.
- Siehe Stelzner, „Melilith und Melilithbasaltc''. N. Jahrb. f. Min. etc.
Beil.-Bd. II. 1883.
- 49 -
za 15", und zwar nehmen sie von innen nach außen hin zu. Pleo-
chroismus ist bei den Augiten ziemlich schwach entwickelt. Die
Randzonen zeigen hier und da auch violette Töne, was mit einem
höheren Titangehalt zusammenhängen mag. Die größeren Kri-
stalle zeigen vielfach Zwillingsbildung nach cx^Pcx); oft sind auch
mehrere Zwillingslamellen nach diesem Gesetz einem Kristall ein-
geschaltet.
An Einschlüssen führen die Einsprenglingsaugite Magneteisen,
Perowskit , Glasfetzen , Flüssigkeitseinschlüsse. Die Grundmasse-
augite erscheinen entweder in kleinen scharfbegrenzten Kriställchen
oder in unregelmäßig konturierten Körnern. Zwischen Einspreng-
lings- und Grundmasseaugiten herrschen bezüglich der Größe alle
möglichen Übergänge ; es ist deshalb schwer , in jedem einzelnen
Fall zu entscheiden, ob man einen Augit der jüngeren oder älteren
Periode vor sich hat. Die Augite der Grundmasse zeigen hellere
Farbentöne , sie sind oft nahezu farblos. An Einschlüssen sind sie
überaus arm. Die Augitsubstanz behält immer eine auffallende
Frische und tritt dank ihrer starken Licht- und Doppelbrechung
stets deutlich aus dem Gesteinsgewebe hervor.
Melilith.
Dieser bildet z. T. recht große Einsprengunge (bis zu 2 mm
lange Leisten) vor allem im Basalt vom Hochbohl und besonders
in dem von der Sulzburg. Im großen ganzen muß er trotz seiner
regelmäßigen Begrenzung zu den Bestandteilen der Grundmasse ge-
rechnet werden. In der Größe der Melilithkristalle sind alle mög-
lichen Übergänge zu verzeichnen. Am ausführlichsten sind die
Eigenschaften des Meliliths von A. Stelzner ^ behandelt worden, der
diese besonders am Melilith des Hochbohls studierte.
Die Melilithe in unseren Basalten treten immer in der charakte-
ristischen Leistenform auf, so daß sie auch bei stärkster Verwitte-
rung noch im Gesteinsbild zu erkennen sind.
Querschnitte sind selten gut erkennbar ; hier und da begegnet
man rundlichen oder unregelmäßig begrenzten Schnitten (infolge
unvollkommener Ausbildung der Kristallflächen), die isotrop sind.
Selten sind die Leistenkanten des Meliliths scharf ausgebildet,
da auch bei diesem die magmatische Korrosion stark einwirkte. Die
Kristalle sind oft geradezu eingeschnürt (s. Fig. 1 u. Taf. II Fig. 2).
^ Siehe die obenerwähnte Arbeit.
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905.
50 —
Die Enden der Leisten besitzen gerne eine skelettförmige Ent-
wickelung, wie an nebenstehender Figur zu sehen ist. Parallel zu
den längeren Leistenkanten verläuft
Fig.
1. Melilithleisten von skelettförmiger
Ausbildung.
Fig. 2.
Zwillinge von Melilith aus dem
Basalt des Hochbohls.
meist etwa in der Mitte ein
Spaltriß, selten sind mehrere
vorhanden, die dann nur einen
Teil des Kristalls durchziehen.
Zwillingsbildung wurde be-
obachtet, und zwar Durch-
kreuzungszwillinge , die ich
schön, z. B. im Hochbohler
Basalt antraf, von dem sie
auch schon Stelzner in der
angeführten Arbeit erwähnte.
Die Individuen sind wahr-
scheinlich nach einer Pyra-
midenfläche verwachsen.
Die Farbe der Melilithe
zeigt einen Stich ins Gelbliche,
was man besonders gut beim Vergleich mit dem ganz wasserklaren
Nephelin erkennt; diese Färbung rührt wohl von dem Eisengehalt
des Meliliths her. Die Interferenzfarben sind bei frischen Kristallen
indigoblau; mit zunehmender Verwitterung blassen sie etwas ab.
Meist besitzen die Mehlithe schmale Randzonen, die hellblaue Inter-
ferenzfarben aufweisen und sich deutlich vom Kern abheben. Ich
glaube, daß dies in einer abweichenden chemischen Zusammensetzung
in den randlichen Teilen seinen Grund hat. Bekanntlich stellt der
Melihth eine isomorphe Mischung des Akermanitmoleküls
Ca,Si3 0,„
und des Gehlenitmoleküls
(CaMgFe)3Al,Si,0,„
dar, und ein zonarer Aufbau wäre demnach wohl zu begreifen. Beim
Basalt des Hochbohls traf ich auch Melilithe, die abwechselnd Streifen
mit helleren und dunkleren Interferenzfarben zeigten , welche Er-
scheinung ebenfalls auf einen zonaren Bau hinweist. Auch Stelzner
erwähnte schon zonar gebaute Melilithe vom Hochbohl. Die für den
Melilith so charakteristische Pflockstruktur ist sehr verbreitet, jedoch
nicht in allen Basalten gleich gut entwickelt. Der Melilith zeigt
senkrecht zur Basis feine Risse, die bei starker Vergrößerung spitz-
konische, spieß- und spateiförmige Formen zeigen. Die nähere Be-
schreibung findet man in Stelzner\s Arbeit über „Melilith und Melilith-
— öl —
basalte". Rosenbusch hält diese Pflöcke für Glas; Stelzner erklärt
sie ebenfalls für primär, deutet sie jedoch nicht näher. Ganz Sicheres
läßt sich über die Natur der Pflöcke nicht behaupten, nur dünkt es
mir nicht wahrscheinlich , daß das Glas in so zahlreichen feinen
Ritzen in den Melilith eingedrungen sein sollte.
Vielleicht liegt in den Pflöcken nur das erste Stadium der Um-
wandlung vor, wofür die Erscheinung, daß die Pflöcke fast immer
vom Rande und hier und da auch von den Spaltrissen ausgehen,
spricht. Die Verwitterung des Meliliths führt zur Bildung von feinen
Fasern, die wie die Pflöcke ebenfalls parallel der c-Achse verlaufen
und von diesen sich oft schwer unterscheiden lassen. (Siehe auch
Stelzner, „Melilith und Melilithbasalte".)
Von fremden Einschlüssen führt der Melilith Perowskit und
Magnetitkriställchen, ferner kleine Augite und Flüssigkeitseinschlüsse.
Die chemische Zusammensetzung des Meliliths vom Hochbohl ist
nach einer Analyse von Dr. Schulze ' etwa folgende :
SiOj 44,76
AI2O3 7,90
Fe^Oj 5,16
FeO 1,39
CaO 27,47
MgO 8,60
Na^ 0 2,65
K2O 0,33
H2O 1,42
Summa . . 99,68
Da die angewandte Substanz etwas unrein war, geben diese
Zahlen nur ein angenähert richtiges Bild der Melilithzusammensetzung.
Der Gehalt an Feo O3 und an Magnesia ist wahrscheinlich etwas zu
hoch, der an Thonerde, Kalk und Natron zu klein.
Nephelin.
Der zuletzt ausgeschiedene Gemengteil der basaltischen Grund-
masse ist der Nephelin. Er füllt stets die letzten Zwickel des Ge-
steins aus und ist mit dem Wort „Füllmasse" zu charakterisieren.
In dieser Fülle liegen, wie in einem Teig, die übrigen Gemengteile.
Nur selten zeigt der Nephelin Kristallumrisse, da er an freier Aus-
kristallisierung gehindert wurde Hier und da bildet er mit Olivin
und Melilith zusammen kleine doleritische Partien im Basalt (z. B. am
' Siehe Stelzner, , Melilith und Melilithbasalte".
4*
fS2
Buckleter Teich bei Urach und bei Grabenstetten [Zeige Egelstein])
und besitzt dann kristallographische Begrenzung. Diese doleritischen
Partien sind offenbar in größerer Tiefe schon ausgeschieden worden.
Wir hätten hier also intratellurisch ausgeschiedenen Nephelin vor
uns. Der Nephelin ist stets wasserhell, von dem Melilith unter-
scheidet ihn das geübte Auge leicht durch seine geringere Licht-
brechung; seine Interferenzfarben sind hell- bis weißlichblau. Der
Verwitterung hält er viel länger stand als der Melilith. Gewöhnlich
wandelt er sich in Zeolithe um. An Einschlüssen führt der Nephelin
häufig Augitkriställchen, Magnetit und besonders Apatitnadeln.
Pei'owskit.
Der stete Begleiter des Meliliths und außerordentlich charak-
teristisch für die Melilithbasalte ist der Perowskit. Er tritt meist
in scharfflächigen Kristallen von oktaedrischem Habitus auf, hier und
da zeigt er auch nur Körnerform. Seine Farbe ist gelblichbraun
bis hellgrau. Neben relativ großen Individuen trifft man auch ganz
winzige Kriställchen , die in großer Zahl in der mikrokristallinen
Grundmasse auftreten.
Eine Analyse von Perowskit aus dem Basalt vom Hochbohl,
ausgeführt von Jul. Meyer ^ hatte folgendes Resultat :
TiO^ 39,31
CaO 35,39
FeO 25,30
Biotit.
Dieser tritt in vereinzelten unregelmäßig begrenzten Blättchen
auf mit deutlicher basaler Spaltbarkeit und starkem Dichroismus. Sein
Alter ist nicht genau festzustellen. Seine Beteiligung an den Basalten
ist sehr unbedeutend.
Maj?iietit.
Außerordentlich reichlich verbreitet in den Melilithbasalten ist
der Magnetit. Er bildet eine ältere und jüngere Generation ; neben
großen Kristallen und Körnern haben wir ganz kleine Oktaederchen
von Magnetit, Die Ausscheidung von Erz hat wohl während der
ganzen Gesteinsentwickelung angehalten.
Pikotit.
Dieser ist in einzelnen grünlich durchsichtigen Oktaeder-
kriställchen im Olivin eingeschlossen.
' Siehe Stelzner, Melilith und Melilithbasalte.
- 53 -
(-hromit.
Manchmal begegnet man in den Basalten einigen rotbraun
durchscheinenden Kristallen von oktaedrischer Form, die wohl dem
Chromit angehören.
Apatit.
Dieser findet sich sehr häufig in langen prismatischen Nädelchen,
die besonders die Melilithe und Nepheline durchschwärmen.
2. Struktur und chemische Zusammensetzung.
In der quantitativen Beteiligung der einzelnen Mineralien an
der Zusammensetzung der Melilithbasalte herrschen zum Teil be-
trächtliche Verschiedenheiten. Von den Einsprenglingen ist der Olivin
in allen Basalten in ziemlich gleicher Menge vorhanden und zwar
immer sehr reichlich.
Starken Differenzen und Schwankungen sind Augit und Melilith
unterworfen. Der Augit kann den Hauptanteil an der Grundmasse
ausmachen und den Melilith fast ganz verdrängen, wie z. B. in den
Basalten von Donstetten und vom Götzenbrühi. Umgekehrt kann
aber auch Augit sehr zurücktreten und Melilith die Oberhand ge-
winnen, wie es z. B. der Fall ist in dem Basalt von Grabenstetten.
Sogar in ein und demselben Dünnschliff treten oft abweichende Aus-
bildungen auf, wir haben Partien, die sehr reich sind an Augit mit
dazwischen geschaltetem Nephelin, dann wieder Partien, die vor-
wiegend aus Melilith bestehen.
Die basischen Magmen, zu denen besonders die Melilithbasalte
gehören, sind eben sehr mannigfaltig in ihren Kristallisationsprozessen.
Die Summe von Augit und Melilith ist im allgemeinen bei unsern
Basalten konstant. Zu den augitreichen Varietäten wären zu stellen
die Basalte von Donstetten, vom Götzenbrühi, Authmuthbachtal (bei
Kohlberg), Zittelstadttal , Jusiberg, Dietenbühl, Hofberg und von
Gutenberg.
Augitarme Varietäten sind die Basalte von der Zeige Egelstein
bei Grabenstetten, vom Kraftrain und vom Bukleter Teich bei Urach.
Der letztere Basalt ist fast ganz augitfrei. Mit der Zunahme des
Augits scheint der Perowskit etwas an Menge abzunehmen, dadurch,
daß ein Teil der Titansäure zur Bildung des Augits verbraucht wird.
Unsere Melilithbasalte sind alle nephelinführend. Meist ist der
Nephelingehalt verschwindend gegenüber den andern Gemengteilen.
Einige Basalte sind jedoch ziemlich reich an Nephelin, wie diejenigen
— 54 -
von Gutenberg, Zeige Egelstein bei Grabenstetten , vom Hofberg,
Bukleter Teich, Zittelstadttal, Götzenbrühl und Gaisbühl. Bei den
drei letzteren tritt zugleich Melilith an Menge zurück.
Man könnte diese eben angeführten Gesteine eventuell als
Nephelin-Melilithbasalte von den andern absondern. Sehr groß ist
der Unterschied gegenüber den typischen Melihthbasalten nicht, und
es ist unmöglich, eine scharfe Grenze zu ziehen. Bei den Basalten
vom Zittelstadttal und von Donstetten treten Melilith sowie Perowskit
sehr in den Hintergrund, dagegen reichert sich Augit stark an. Die
Struktur der Grundmasse derselben ist ziemlich grobkörnig. Die
Ähnlichkeit mit dem Nephelinbasalt des Eisenrütteis wird durch
diese Verhältnisse sehr groß ; bei diesem fehlen allerdings Melilith
und Perowskit vollständig, und Nephelin ist in größerer Menge vor-
handen. Jedenfalls können wir diese Basalte als Übergangsformen
zu dem reinen Nephelinbasalt auffassen.
Den Basalt vom Gaisbühl bei Reutlingen beschrieb Fräas ^ als
Nephelinbasalt. Nach meiner Untersuchung gehört derselbe jedoch
ebenfalls , wie schon erwähnt , zur Gruppe der nephelinführenden
Melilithbasalte. Trotz der starken Zersetzung kann man unter dem
Mikroskop , besonders bei gekreuzten Nikols , ganz gut die charak-
teristischen Melilithleisten hervortreten sehen. Hier und da konnte
sogar die Absonderung nach der Basis beobachtet werden. Zwischen
den Melilithen und Augiten steckt eine farblose Substanz, die in
Zeolith umgewandelte Nephelinfüllmasse. Die ganze Anordnung der
Gemengteile, das massenhafte Auftreten des Perowskits stimmen mit
den andern Melihthbasalten überein.
Außerordentlich nephelinreich ist der blasig ausgebildete Basalt
von der Zeige Egelstein bei Grabenstetten, der schon eingangs er-
wähnt wurde als etwaiger Überrest eines Lavastroms. Der Nephelin
bildet in diesem Basalt große gut begrenzte Individuen.
Von dem Basalt vom Götzenbrühl wurde vom Verfasser die
SiOj zu 37,13
CaO , 16,56
MgO „ 18,07
bestimmt. Der geringere Kalkgehalt ist bedingt durch einen ge-
ringeren Melilithgehalt in diesem Basalt.
Eine Analyse des Hochbohler Basalts hat Stelzner in seiner
Arbeit über die Melilithbasalte veröffentlicht.
Diese Jabresh. 1893.
— 56 -
Von diesem Basalt lösten sich in Salzsäure 92,81»/,, also fast
das ganze Gestein. Der unlösliche Teil besteht zum größten Ted
aus Augit. . T £• 1 j
Die analytischen Befunde dieses Basalts sind folgende:
öio 33,89
TiO : ; 0'«^
Al,03 Xt
Fe,0, • • l^'ö^
Mn,03 Spur
*^ 1^19
MgO 16^4
^^^^ ; : : : 2,86
pV: ::::::::..•• mi
' •' 1 41
g Spur
2 0 '.".'.' ". ^ 2,90
Summa TTTÖÖ^OÖ
Die Typenformel für den Basalt des Hochbohls ist nach Osann:
S38,5aiCl-fl8-
Gmelin^ hat den in Salzsäure löslichen Teil des Basalts vom
Sternberg untersucht, er betrug 87,720/o, also bedeutend weniger
als bei dem Hochbohlbasalt, was in dem größeren Augitgehalt des
Sternberger Gesteins seinen Grund hat.
Die chemische Zusammensetzung ist folgende :
F^OI' 13'f
^T A . . 0,3
'"'°" . 1104
-•.•.:::••:■■■•■•■ 1-
ll%'. '.'.'.'.'.'.'■'■'■'■'■■ siso
H,0 :_• ^
Summa ■ • 95,73
Wir sehen aus den Analysen, daß die SiO,-Mengen nicht sehr
differieren-, mit der Zunahme des Augitgehalts scheint auch der
SiO.-Gehalt etwas zu wachsen. Beim E-ngehalt schwanken d^
Zahlen beträchtlich, was zum Teil durch den wechselnden Reichtum
der Basalte an Magnetit bedingt ist.
T^e Stelzner's Arbeit «Hr „Melilitli und Uemitllbasalte^
Das \erhältnis von MgO zu CaO ist ebenfalls variabel, jedoch
betragen die Differenzen nur wenige Prozente. Hier sind die wech-
selnden Mengen von Augit und Melilith von Einfluß. Die Menden
der Alkalien differieren ebenfalls; mit zunehmendem Nephelingehalt
nehmen auch die Alkalien zu.
III. Nosean-Melilith-Basalt.
(Siehe Tat'. II Fig. 2.)
Nur in einem einzigen Melilithbasalt der Schwäbischen Alb
wurde Nosean als neuer wesentlicher Gemengteil entdeckt. Es ist
m dem Basalt von Grabenstetten, der an der neuen Straße nach
Urach deutlich aufgeschlossen ist. Dieses Vorkommen von Nosean
war bis jetzt noch nicht bekannt.
Der Nosean bildet in dem betreffenden Basalt zumeist bräun-
liche Flecken ; nur selten sieht man Kristallkonturen, ßandlich und
auch im Innern ist der Nosean oft farblos, es fehlt an diesen Stellen
das färbende Pigment. Der Nosean besitzt ein sehr junges llter
er ist zwischen die Melilithe eingeklemmt, ähnlich wie der Nephelin
und ist mit diesem wahrscheinlich gleichalterig. Das jun-e Alter
bedingt auch seinen Mangel an idiomorpher Begrenzung. Die sonstigen
Bestandteile des obigen Basalts sind dieselben wie in den anderen
Me I ithbasalten. Augit tritt an Menge etwas zurück, ebenso Nephelin,
Mehhth ist dagegen reichlich vorhanden. Das Interessante und
Neue an dem Basalt von Grabenstetten ist also das Auftreten des
ilTt ^^'^'"^^"^"^^^^^^^^"d^^^l ^^"d als jüngstes Ausscheidungs-
In allen Hauyn bezw. Nosean führenden Felsarten gehört die
Bildung der Hauyne und Noseane aus dem schmelzflüssigen Magma
der Zeit zwischen der Ausscheidung der älteren Pyroxengeneration
und der Kristallisation des Nephelin an. Der Nosean ist also unter
den eisenfreien feldspatähnlichen Gemengteilen der älteste, seine
Bildung gehört zu den ältesten Entwickelungsperioden der Gesteins-
magmen. Diese Regel erfährt bei obigem Resultat jetzt eine Aus-
nahme. Wir können demnach den Basalt von Grabenstetten als
neuen Gesteinstypus betrachten, wozu das eigentümliche Auftreten
des Noseans berechtigt. Der Basalt wäre zu charakterisieren al.
Nosean-Mehhth-Basalt.
über die chemische Zusammensetzung desselben gibt die vom
ErtZt. '"^'^"'^^^^ ^"'^'^^^ ^"f-^^'"ß- üiese hatte folgendes
— 57 —
SiO, 34,03
TiO, 2,69
Fe^Og • • • 3,13
FeO ^'^"^
Al,0, 8,41
CaO- 18,20
MgO 1^.68
K,0 1'69
Na,0 4,58
vX- 1'^'
SO3 0,94
H,0 4,02
CO, - sp^'^
Summa . . 100,14
In Molekularquotienten umgerechnet ergibt diese Analyse:
SiO, 34,88
TiO; 2,07
Fe,0, 0.58
FeO' 8,00
Al,03 5'08
CaO 20,02
MgO 22,58
K,0 1>11
Na,0 4,54
P.O, •• • • 0,47
SO3 • • Q.^2
Summa . . 100,00
Daraus ergibt sich nach der Methode von Osann folgende
Formel :
Der geringe Aluminiumgehalt weist darauf hin, daß wahr-
scheinlich im Gehlenitmolekül ein Teil desAl^Og durch Fe^Os er-
setzt ist.
Ein Teil der Alkalien muß jedenfalls an Fe, O3 gebunden sein.
Die reichliche Noseanführung des obigen Basalts findet auch
ihren Ausdruck in der chemischen Zusammensetzung desselben, die
von der der normalen Melilithbasalte etwas abweicht. Der Gehalt
an NagO ist beträchtlich höher. Der Gehalt an SO3 beträgt 0,94 «/o.
Wenn wir dem Nosean die Zusammensetzung
SiO^ 31,65
Al,03 27,05
Na,0 27,26
SO, 14,06
— 58 —
(s. Zirkel, Mineralogie) zugrunde legen, so entsprechen 0,94 "/o SO3
einem Anteil von 6,6 % Nosean. In diesen 6,6 "/o Nosean sind ent-
halten 1,08 *^/o NagO; man ersieht daraus, daß die Noseanführung
den Gehalt an Alkalien bedeutend erhöhen muß.
Anhang.
Feldspatbasalte treten auf der Alb nirgends auf. Endriss^ er-
wähnt von der Zeige Egelstein bei Grabenstetten ein Stück Feld-
spatbasalt. Ich meinerseits konnte dort jedoch trotz eifrigen Suchens
keinen solchen finden , und solange nicht weitere Funde von Feld-
spatbasalt gemacht werden, muß man wohl das von Endriss ge-
fundene einzelne Stück auf irgendeine Verschleppung zurückführen.
Kontakterscheinnngen.
a) Endogener Natur.
In dem Bruch am Jusiberg gegen Kappishäuser zu zeigt der
Basalt eine hübsche endogene Kontakterscheinung. Er dringt hier
zu beiden Seiten des Tuffs empor und ist an der Grenze gegen diesen
ganz glasig ausgebildet. In einer dunklen glasigen Grundmasse, die
oft in großer Menge Erzkörnchen ausgeschieden hat, liegen gut be-
grenzte Olivinkristalle und in großer Zahl scharf begrenzte Melilith-
leisten, die um die Olivine fluidal angeordnet sind ; vom Augit fehlt
jede Spur. In kurzer Entfernung vom Kontakt wird die Grund-
masse wieder kristalliner, es erscheinen größere Magnetite und auch
Augite.
b) Exogener Natur.
Beim Gang am Wahler bei Grabenstetten ist der weiße Jura
zu beiden Seiten des Basalts schwarz gebrannt ", indem, wie v. Branco
nachwies, durch die entstandene Hitze die organische Substanz ver-
kohlte.
Der Basalt des Buckleten-Teichs bei Urach hat den oberen
braunen Jura gehärtet -. Härtung von durchbrochenem Tuff ist zu be-
obachten am Götzenbrühl und Hochbohl -. Besonders stark war die
Einwirkung der vom Basalt erzeugten Hitze auf den Tuff des Götzen-
brühls. In mehreren Schliffen von dem dunklen Kontakttuff sieht
man, daß ein großer Teil der Olivine und Augite ganz eingeschmolzen
oder doch angeschmolzen ist. Die ursprünglichen Kristallformen sind
• Bericht über die 26. Versammlung des Oberrhein, geol. Vereins. 1893.
' Siehe v. Branco, „Vulkanembryonen Schwabens*".
— 59 —
noch zu erkennen. Die unversehrten Kerne haben rundhche Formen.
Die umgewandelten Partien der OUvine und Augite sind von dunkel-
brauner bis schwarzer Farbe infolge des hohen Eisengehalts, da
meist Magnetit aus den angeschmolzenen Partien in feinen Körnchen
wieder auskristallisierte (s. Fig. 3).
Kontaktmetamorph umgewandelte Gesteinseinschlüsse im Basalt
sind selten. Am Hofberg wurde als Einschluß ein typischer Kalk-
silikathornfels gefunden. Der Basalt selbst
wird gegen den Einschluß zu sehr dicht, be-
steht fast nur aus einem feinkörnigen Ge-
menge von Augitnadeln oder Augitkörnern.
Melihth ist sehr spärlich. Auf den Basalt
folgt eine ziemlich breite Kontaktzone mit
G e h 1 e n i t kristallen von annähernd quadra-
,., -p. II-,, 1 -xj 1 1 Fig. 3. Angeschmolzene
tischen Durchschnitten und mit den charak- ^^^.^,.^^ ^^^ ^^^ j^^^^^j.^
teristischen lavendelblauen Interferenzfarben. tuff des Götzenbrühls.
Auf diese Zone folgt eine weitere mit farb-
losen rhombischen Pyroxenen, die sich gern in faserige Produkte um-
wandeln. Die Pyroxenkristalle sind meist skelettförmig entwickelt,
wie es bei Hornfelsen häufig der Fall ist. Ferner stellen sich un-
gemein viele durch den Kontakt entstandene Spinelle ein ; diese be-
fSitzen teils oktaedrische, teils Körnerform und scharen sich oft zu
kleinen Häufchen zusammen. Ihre Farbe ist z. T. grünlich, sehr
häufig auch rauchbraun. Zwischen Pyroxenen und Spinellen lagert
ein farbloser Untergrund mit ganz schwacher Licht- und Doppel-
brechung. Die Natur dieser Substanz ist schwerlich genau festzu-
stellen. Vielleicht liegt in ihr irgendeine Modifikation der Kieselsäure
vor (Tridymit?). In einiger Entfernung vom Basalt besteht das Kon-
taktgestein aus einem Gemenge von rhombischem und einem farb-
losen monoklinen Pyroxen, der Kristallbegrenzung zeigt. Die Pyroxen-
kristalle sind äußerst winzig und lassen sich nur bei stärkster Ver-
größerung genauer studieren.
Spinelle sind gleichmäßig durch das ganze Gestein verbreitet.
Zwischen den einzelnen Gemengteilen lagert in geringer Menge wieder
jener farblose Untergrund.
Nach den auftretenden Kontaktmineralien zu urteilen , lag ur-
sprünglich jedenfalls ein dolomitischer toniger Kalk vor, der in großer
Tiefe bei starkem Druck umgewandelt wurde und vielleicht dem
Muschelkalk angehörte.
Ein weiterer fremder Gesteinseinschluß vom Hofberg zeigt in
60 -
Fig. 4. Skelettförmig aus
gebildete Pyroxene.
der Nähe des Basalts eine Zone von farblosem monoklinem Pyroxen,
der massenhaft Einschlüsse von Flüssigkeit führt und gelappte, skelett-
förmige Individuen aufweist (s. Fig. 4).
Mit dem Pyroxen treten auch wieder sehr viele winzige Kri-
ställchen auf, die oft stäbchenförmige Wachstumsformen zeigen und
ab und zu mit bräunlicher Farbe durch-
scheinend werden. Auch sie gehören nach
Isotropie und Stärke der Lichtbrechung
der Spinellgruppe an. In der Kontaktzone
stellt sich ferner Biotit in unregelmäßigen
Schuppen ein , der gern zu einer grün-
Hchen chloritischen Masse verwittert. Auch
hier lagert sich in den kleinen Zwickeln
ein farbloser Grund, der nicht näher zu
bestimmen ist. Etwas entfernt vom Basalt
besteht das Kontaktgestein aus einer Unzahl von winzigen Nädel-
chen von farblosem rhombischem Pyroxen und zahlreichen kleinen
Spinellen.
Ferner treten in dem Gestein viele kleine Hohlräume auf, die
mit Natrolith ausgefüllt sind.
Aus dem Basalt des Götzenbrühls besitze ich einen kleinen
Einschluß , der aus winzigen idiomorphen Quarzkriställchen besteht,
die in einer farblosen Grundmasse liegen. Diese zeigt tiefblaue
Interferenzfarben , wie sie für manche Mineralien der Chloritgruppe
charakteristisch sind. In Schnitten senkrecht zur Hauptachse zeigt
das Mineral deutliche Spaltbarkeit, der optische Charakter ist nega-
tiv, das Interferenzbild einachsig. Alle diese Eigenschaften lassen
darauf schheßen, daß in diesem Mineral Pennin vorliegt. (Klinochlor
ist optisch positiv und zeigt auch die tiefblauen Interferenzfarben
nicht.) Die Quarze führen eigentümliche gewundene und gebogene
Einschlüsse, die reliefartig hervortreten und bläulich gefärbt sind.
Gegen den Basalt zu ist eine schmale Zone vorhanden mit langen
Säulen von monoklinem Pyroxen, die in einer braunen erdigen Masse
liegen, welche Aggregatpolarisation zeigt. Der Basalt ist in der
Nähe des Einschlusses sehr dicht und besteht hier nur aus Augit
und Olivin.
Bis jetzt kennt man als Kontaktmineral kein Glied aus der
Chloritgruppe, und es liegt deshalb der Gedanke nahe, anzunehmen,
daß der hier auftretende Pennin aus irgendeinem anderen Mineral
(vielleicht Augit) hervorging.
61
II. Teil. Die Basalttuffe des schwäbischen Vulkangebietes.
a) Geologisches.
Die Basalttuffe der Schwäbischen Alb füllen, wie v. Branco '
darlegte, Kanäle aus von meist rundlichen bis ovalen Querschnitten.
Diese Kanäle sind bei der großen Mehrzahl bis zu sehr großer Tiefe
hinab mit Tuffbreccien angefüllt. Wir haben es mit vulkanischen
Durchschlagsröhren zu tun, erzeugt durch die Wucht der explodieren-
den Gase. Die Eruptionsstellen sind sehr zahlreich, etwa 130, und
sind auf eine ziemlich kleine Fläche beschränkt. In der gegenseitigen
Lage derselben läßt sich absolut keine Gesetzmäßigkeit feststellen,
sondern die Punkte Hegen zerstreut wie die Löcher eines Siebs und
nicht linear angeordnet. An der Hand der Spaltentheorie läßt sich
das Dasein dieser Röhren zurzeit nicht erklären , zudem man über-
haupt wenig Verwerfungen in den Juraschichten des Albgebietes
bis jetzt hat nachweisen können. Die Ansicht v. Branco's, daß
das Magma bezw. seine Gase sich selbst die Auswege gebahnt
haben, findet fortgesetzt weitere Bestätigung, so besonders in
dem Gebiet der Rhön. Hier hat Bücking auf etwa nur 9 Quadrat-
meilen Fläche mehr als 400 Durchbrüche von Basalt und Phono-
lith festgestellt und bei kaum 10 derselben Spalten aufgefunden,
an denen das Magma emporsteigen konnte. Diese vulkanischen
Röhren in der Rhön bilden sonach gewiß ein schönes Analogon zu
den Durchschlagsröhren der Alb. Auch in anderen Gebieten wie im
Vogelsberg, in der Grafschaft Fife in England wurden neuerdings
solche vulkanischen Durchschlagsröhren entdeckt, v. Branco erwähnt
alle diese neuen Resultate und würdigt sie in seiner Arbeit: „Zur
Spaltenfrage der Vulkane" ^. Die vulkanische Tätigkeit war bei
unseren Albvulkanen von kurzer Dauer, es kam jedenfalls nur zu
kleinen ümwallungen und Aufschüttungskegeln von Tuffmaterial, von
denen wir aber heutzutage nichts mehr sehen , da sie längst durch
Erosion zerstört worden sind. Zur Erzeugung von Lavaströmen kam
es nirgends. Der basaltische Schmelzfluß erstarrte meist schon in
großer Tiefe. Daß keine größeren Vulkanberge auf der Alb ent-
standen sind, läßt sich wohl begreifen, wenn wir bedenken, daß das
Magma eben an so vielen Stellen von seiner Energie entbunden wurde,
und diese sich deshalb nicht auf einige wenige Punkte konzentrieren
konnte, um größere Vulkane aufzubauen. Eine ausführliche Beschrei-
' Siehe v. Branco's „Viükanembryonen Schwabens".
2 Sitzungsber. d. k. preuß. Akad. d. Wiss. XXXVI. 1903.
— 62 —
bung der Lagerungsverhältnisse der vulkanischen Tuffe hat v. Branco
bereits gegeben und es läßt sich hier kaum etwas Neues hinzufügen.
An neuen Funden kamen noch einige hinzu , die erwähnt werden
in den Erläuterungen zu dem revidierten Blatt Kirchheim u. T. ^
b) Petrographische Verhältnisse.
Die Füllmassen der vulkanischen Kanäle sind streng zu be-
zeichnen als „Basalttuffbreccien", d. h. sie bilden ein buntes Gemenge
von ausgeworfenem Magmamaterial und eckigen Trümmern von durch-
brochenen Gesteinen, unter denen Granite, Gneise, Rothegendes,
Buntsandstein, Keuper vertreten sind, vor allem aber Gesteine, die
Schichten vom Lias an bis zum weißen Jura hinauf angehören. Die
Tuffmassen bekommen durch diese verschiedenartigen und verschieden-
farbigen fremden Gesteine häufig ein scheckiges , buntfarbiges Aus-
sehen. Die Masse und Verteilung der Fremdgesteine schwankt natür-
lich sehr an den verschiedenen Punkten ; besonders die kristallinen
Gesteine wechseln an Häufigkeit.
Typischen Muschelkalk findet man nur an zwei Stellen, an der
Sulzhalde und am Kräuterbuckel, ganz in der Nähe des Neckars.
Am häufigsten und am regelmäßigsten verteilt sind die Keuper-
und Juragesteine, die teils kalkiger, teils mergeliger oder schieferiger
Natur sind.
Auch die Größe der Gesteinstrümmer unterliegt starken Schwan-
kungen und zwar oft an ein und demselben Punkte. Wir sehen an
vielen Stellen große, oft 1 — 2 m dicke Blöcke, die zumeist dem Jura
angehören, hier und da auch den kristallinen Gesteinen. Am Florian-
berg z. B. wurden große kristalline Auswürflinge gefunden. Wenn
solche große Blöcke von fremden Steinen vorherrschen, erhalten die
Tuffmassen grobbrecciösen Habitus. Sehr häufig war die Zertrümme-
rung der durchschlagenen Gesteine überaus weitgehend, so daß feiner
und homogener aussehende Tuffbreccien resultierten, in denen die
fremden Gesteine bis zu mikroskopischer Kleinheit herabsinken. Von
kristallinen Gesteinen sind dann nur noch die einzelnen Mineralien
wie Quarz und Feldspat übrig geblieben. Diese feineren Tuffe be-
wahren natürlich auch ihre Festigkeit viel länger als die groben
Varietäten ; sie sind oft geradezu basalthart, wie z. B. am Randecker
Maar, am Engelhof, Jusiberg. Die Basalttuffe sind in den tieferen
Teilen der Kanäle fast immer massig, ungeschichtet; an manchen
* Bl. Kirchheim u. T. revid. von E. Fr aas.
— 63 —
Stellen, wie am Randecker Maar, tritt eine rohe Bankung auf, die
aber nur Absonderungserscheinung und keine Schichtung ist, wie
V. Branco schon ausgeführt hat. In den obersten Teilen der Tuff-
röhren, soweit diese noch vorhanden, sind meist geschichtete Tuffe,
deren Entstehung auf die Mitwirkung des Wassers zurückzuführen
ist, indem von den Rändern der Kratere die Tuffe allmählich durch
Regenwasser in die Vertiefungen gespült wurden.
W. V. Branco erwähnt auch subaerische Schichtung, die in
tieferen Regionen der Kanäle zutage tritt, aber sehr selten vorkommt.
Die Tuffe zeigen alle Grade der Verwitterung und Zerstörung.
Bei einer sehr großen Zahl von Tuffpunkten findet sich keine Spur
festen Tuffs mehr ; alles ist zu einer losen , lockeren , zerreiblichen
Masse zerfallen. Die Tuffe sind also wieder in denselben lockeren
Zustand zurückversetzt, den sie vor der Verkittung durch Kalzit ge-
habt haben.
Die Verwitterung hat jedenfalls schon während der Periode
der Verkittung der Tuffkomponenten eingesetzt; denn auch in den
festesten und frischesten Tuffen finden wir Veränderungen. Erst
nachdem die Verkittung vollendet war, wurde der Tuff wasser-
undurchlässig und war dadurch in seinen inneren Partien geschützt.
Zur petrographischen Untersuchung der Tuffe in Dünnschliffen konnten
selbstverständlich nur feste, gut verkittete Gesteine benützt werden,
wie wir sie noch antreffen an den Punkten: Engelhof, Conradfels,
Randecker Maar, Scharnhausen , Götzenbrühl, Dontal, Hofbrunnen,
Wittlinger Steige, Limburg, Diepoldsburg, Ruine Höfen bei Graben-
stetten, Gutenberg und noch einigen anderen.
Die mikroskopischen Bilder bei all unseren Tuffen gliedern sich
in die Auswürflinge (Aschenteile, Gesteinstrümmer) und die Kittmasse,
die zwischen denselben gelagert ist.
Beschreibung der vulkanischen Auswürflinge.
Es folge zunächst eine Schilderung der verschiedenen Mineralien,
die in den Lapilli auftreten.
Olivin
ist in den Tuffen ebenso verbreitet wie in den Melilithbasalten , er
bildet stets teils größere, teils kleinere Einsprengunge in der Grund-
masse der Lapilli, wie schon Penck ^ darlegte.
^ Penck, „Über Palagonit und Basalttuffe ". Zeitschr. d. deutsch, geol.
Ges. Bd. XXXI.
- 64 —
Die Kristallformen sind dieselben wie bei den Basalten. Zwil-
linge nach Pob kommen vor; in einem Tuff vom Dontal fand ich
auch einen Durchkreuzungszwilling.
Die frischen Olivine führen dieselben Einschlüsse wie die
Basaltolivine. Bei der Verwitterung bleiben nur die Pikotit- und
Magnetiteinschlüsse erhalten. Während nun der Olivin im Basalt
häufig sehr stark korrodiert ist und deshalb oft nur in Körnern er-
scheint, zeigen die Olivinkristalle in den Tuffen zumeist die schönste
idiomorphe Begrenzung. Die Kristallflächen sind ganz scharf
ausgebildet und ohne jede Einbuchtung. Dies rührt von der rascheren
Erstarrung der Tuffe her, von der Kürze der effusiven Periode.
Sehr gern ist der Olivin umgrenzt von Magnetitkristälichen,
die zum Teil randlich eingewachsen sind. Diese Erscheinung ist
hübsch ausgebildet im Tuff vom Conradfels.
Der Olivin unterliegt in hohem Grade der Verwitterung und
der Umwandlung; nur in wenigen Tuffen ist er noch gut erhalten,
so z. B. am Conradfels, wo kaum Spuren der Zersetzung wahr-
zunehmen sind. Teilweise frisch trifft man den Olivin in den Tuffen
der Ruine Höfen bei Grabenstetten, vom Hofbrunnen, von Donstetten.
von der Wittlinger Steige und vom Dontal.
Der frische Olivin setzt sich durch Wasseraufnahme und Ab-
gabe eines Teils der Magnesia in Serpentin um, und zwar erfolgt
die Umwandlung von den Spaltrissen und dem Ptande aus. Das
Eisen des Olivins scheidet sich als braunes Eisenoxydhydrat und als
Magnetit ab. Auf den Spalten entdeckt man öfters winzige Magnesit-
kriställchen von starker Licht- und Doppelbrechung. Die Serpentini-
sierung kann fortschreiten bis zur Bildung von vollständigen Serpentin-
pseudomorphosen, die z. B. schön im Tuff vom Jusiberg ausgebildet
sind. Viel auffälliger aber als die S er p entin bildung ist in un-
seren Tuffen die Umwandlung des Olivins in Kar-
bonate, namentlich durch die überaus große Verbreitung der so
überaus selten geltenden Umwandlung. Diese scheinen wesentlich
aus Kalzit zu bestehen, worauf die leichte Angreifbarkeit durch
schwache Säuren (Essigsäure) und das überaus heftige Einwirken
von kalter Salzsäure hinweisen. Wir treffen zum Teil vollstän-
dige Pseudomorphosen von Karbonaten, die am schönsten wohl in
den Tuffen vom Randecker Maar, von wo sie Endriss ^ schon er-
wähnt, vom Götzenbrühl und vom Engelhof. Zum Teil begegnet man
Endriß, Zeitschr. d. deutscli. geol. Ges. Bd. XLI. 1889.
— 65 -
Kalzitpseudomorphosen mit schmalen Rändern von Serpentin und
durchzogen von Serpentinschnüren ; die durch diese erzeugten Maschen
sind durch Kalzit ausgefüllt. Ferner kommen Pseudomorphosen vor,
bei denen noch frische Olivinkerne da sind und die äußeren Partien
teils aus Kalzit, teils aus Serpentin bestehen.
Woher kommt es nun, daß Karbonate hier in so großer Menge
anscheinend als Substitutionsprodukte des Serpentins bezw. Olivins
erscheinen? Dies ist leicht einzusehen, wenn wir bedenken, daß
kohlensaurer Kalk sehr reichlich den Tuffen beigemengt ist und die
Sickerwässer mit den gelösten Karbonaten sehr heftig auf die lockeren
Tuffe einwirken können. Die Überführung von Silikat in Karbonat
wäre sonach hier durch die Verhältnisse besonders begünstigt und
die Pseudomorphosen in unseren Tuffen sind gewissermaßen als
Folgen der chemischen Massenwirkung anzusehen. Es ist nicht
unwahrscheinlich, daß ein Teil der Karbonate durch Verdrängung
aus zuerst gebildetem Serpentin hervorgegangen ist.
Melilith.
Zu den charakteristischen Bestandteilen der schwäbischen Basalt-
tuffe gehört der Melilith. Er hat seine ursprüngliche Beschaffenheit
zwar verloren , aber gerade durch seine Verwitterung treten seine
typischen Leisten oft noch schöner hervor. Ein Teil der Melilithe
gehört zu den Einsprengungen und ist wahrscheinlich schon in
größerer Tiefe auskristallisiert. Diese können überaus groß werden;
im Tuff vom Randecker Maar z. B. haben die Leisten Längen bis
zu 1 mm. Die Melilithe der Grundmasse sinken bis zu mikrolithischer
Ausbildung herab. Die Melilithe in den Tuffen zeigen im allgemeinen
schärfere Kristallflächen wie in den Basalten, sehr selten sind Kor-
rosionserscheinungen. Besonders scharf sind immer die Basisflächen
entwickelt, dagegen fehlen sehr oft die Prismenflächen. Folgende
Figur veranschaulicht die häufig an den Enden skelettförmig aus-
gebildeten Melilithkristalle.
An Einschlüssen führen die t-r^""'; '\ 'i^'^
Melilithe besonders Perowskit-
und MagnetitkristäUchen. Sehr ^'S- '^- ™^f ^j,* unvollkommen aus-
" . gebildeter Prismenzone,
oft hat es den Anschein , als
ob den Melilithkristallen in den randlichen Partien Mikrolithen ein-
gelagert seien. Dies ist aber nur eine Täuschung, die davon herrührt,
daß bei schief geschnittenen Melilithen die Grundmasse, die über oder
unter den geneigten Flächen liegt, in den Kristallen selbst zu liegen
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. 5
— 66 -
scheint. Die Mikrolithen müssen der Grundmasse angehören, da sie
jünger sind als der Mehlith. Die Mehhthe trifft man in keinem Tuff
mehr frisch an, sondern sie sind gewöhnhch in eine farblose Sub-
stanz mit ganz schwachen bläulichen Interferenzfarben übergegangen.
Die neuen Produkte haben sich stets parallel der Hauptachse des
Meliliths angeordnet in feinfaseriger Ausbildung; die Auslöschung
erfolgt immer parallel zu den Leistenkanten. Wir haben es hier
mit zeolithischen Substanzen zu tun. In manchen Tuffen, wie z. B. in
denen von Scharnhausen und vom Hofbrunnen, sind die Neubildungs-
produkte gelblich gefärbt und beinahe isotrop. Durch diese Färbung
heben sich die Melilithleisten scharf von dem dunklen Untergrund
ab. Pseudomorphosen von Kalkspat wurden nicht beobachtet.
Nephelin.
Hier und da trifft man diesen in kleinen Hexagonen oder kurzen
Säulen, er ist aber von geringer Wichtigkeit. Es könnte noch ge-
fragt werden, ob nicht vielleicht die geringe in Zeolithe und Kar-
bonate umgewandelte Füllmasse zwischen den kristallinen Aus-
scheidungen in manchen Lapilli als verwitterter Nephelin zu deuten
ist. Ich halte dafür, daß auch diese Partien der Grundmasse gla-
siger Natur waren, besonders deswegen, weil in der Grundmasse
kein Augit auskristallisierte und dieser doch vor dem Nephelin sich
hätte ausscheiden müssen.
Augit.
Während Augit in den Basalten eine große Rolle spielt, ist er
dagegen in den Tuffen ein sehr seltener Gast. Gewöhnlich tritt er
nur als EinsprengHng auf und gehört zu den intratellurischen Aus-
scheidungen. Nur in einigen Tuffen, wie z. B. vom Götzenbrühl,
von der Alten Reuter bei Beuren, vom Aichelberg reichert er sich
etwas an und bildet dann öfters kleine Anhäufungen.
In der Grundmasse ist Augit höchst selten auskristallisiert;
nur in vereinzelten Lapilli, die ich in Tuffen vom Götzenbrühl, von
Scharnhausen, vom Engelhof antraf, konnte eine augitische Grund-
masse entdeckt werden.
Perowskit.
Dieser ist m den Tuffen stets anzutreffen. Seine Kristallisation
dauerte von der ältesten Zeit bis zur jüngsten. In der Grundmasse
bildet er nur ganz winzige Kriställchen. Die älteren Kristalle nehmen
jedoch große Dimensionen an, wie z. B. in dem Tuff vom Randecker
— 67 —
Maar. Gerne ist er mit großen Erzkristallen verwachsen. Seine
Farbe ist gelbbraun. Schwache Doppelbrechung ist zu beobachten.
3[agnetit.
Magnetit spielt in den Tuffen eine große Rolle. Seine Formen
sind meist ziemlich scharf. Neben großen sehr alten Erzausschei-
dungen haben wir in vielen Lapilli einen feinen Erzstaub , der bei
starker Vergrößerung immerhin oktaedrische Formen erkennen läßt.
Wir müssen in den Lapilli zwei getrennte Magnetitkristallisationen
annehmen. Die Hauptmasse des Magnetits hat sich bei der durch
die schnelle Eruption bedingten raschen Erstarrung ausgeschieden.
Der Magnetit hält der Verwitterung sehr langen Widerstand ent-
gegen. In den in Kalkspat umgewandelten Olivinen sind die Magne-
tite immer noch in ursprünglicher Frische erhalten geblieben.
Biotit
findet sich öfters in den Tuffen in großen intratellurisch ausgeschie-
denen Individuen, besonders reichlich ist er in dem Tuff vom Bürzlen-
berg bei Eningen. Als Bestandteil der Grundmasse wie in den
Basalten wurde er nirgends entdeckt.
Hornblende
wird in festen Tuffen sehr selten angetroffen, nur in einem Tuffstück
vom Randecker Maar und im Tuff des Bürzlenberges fanden sich
einzelne große Kristalle. In den Schlämmprodukten der verwitterten
Tuffe läßt sie sich jedoch beinahe immer ;iachweisen, wie später
noch ausgeführt wird.
Spinell.
Hier und da werden in den Lapilli bräunlich durchsichtige Kri-
stalle bemerkt, die dem Chromit angehören.
Glas.
Die kristallinen Ausscheidungen liegen in einer Grundmasse
von Glas. Dieses ist von tief dunkelbrauner bis ganz dunkler Farbe,
wenn wenig kristalline Ausscheidungen vorhanden sind. In Lapilli,
die in der Grundmasse sehr viel Melilith, Perowskit und besonders
Magnetit ausgeschieden haben , nimmt das Glas hellere Färbungen
an , weil die färbenden Stoffe zum größten Teil entzogen und ver-
wendet wurden zum Aufbau der Mineralien. (Siehe dazu auch die
späteren Ausführungen.)
— 68 -
Strukturelle Verhältnisse.
Anger ^ hat zuerst einige Tuffe unseres Gebiets mikroskopisch
untersucht, dieselben aber noch als Feldspatbasalttuffe aufgefaßt.
Penck ^ beschrieb die Tuffe von Owen, von Dettingen bei Urach
und vom Calwerbühl. Er hielt die Melilithe in den Lapilli noch für
Nepheline.
Endlich führt Endriss^ an, daß nach seinen Untersuchungen
ein Teil der Tuffe zum Melilith-, ein anderer Teil zum Nephelinbasalt
gehöre. Zu den Melilithbasalttuffen rechnet er die Tuffe von Aichel-
berg, von der Limburg, von Randeck, Diepoldsburg, Schopfloch,
Hochbohl, Owen, Jusi, Dettinger Weinberg. Dagegen als einen
Nephelinbasalttuff' erkannte er den Tuff vom Rangenbergle. Nach
einer mündlichen Mitteilung von Herrn Prof. Endriss war ihm bei
der Ortsangabe des Nephelinbasalts eine Verwechselung unterlaufen,
anstatt Rangenbergle sollte es heißen Bürzlenberg bei Eningen.
Nach meiner Untersuchung jedoch gehört auch der Tuff vom
Bürzlenberg zu dem Melilithbasaltmagma. Es wurden von mir unter-
sucht und als Melihthbasalttuffe erkannt folgende Tuffe :
Die schon von Endriss angegebenen der Punkte Aichelberg,
Limburg, Randeck, Diepoldsburg, Schopfloch, Hochbohl, Bolle bei
Owen, Jusi, Hofbrunnen bei Seeburg,
ferner
Zittelstadttal (Urach),
Urach (Punkt 59 nach Branco),
Seeburg-Rietheim (Punkt 64),
Böttingen,
Grabenstatten,
Calwerbühl bei Dettingen,
Metzinger Weinberg,
Grafenberg,
Bettenhardt-Linsenhofen,
Alte Reuter-Beuren,
Conradfels,
Gutenberg,
Engelhof bei Unter- Lenningen,
Götzenbrühl, Hahnenkamm-Bissingen, Egelsberg-Weilheim,
Dontal,
' Tscher mak's Min. Mitteil. 1875, S. 169.
2 Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. Bd. XXI. 1879. S. 540.
» Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. Bd. XLT. 1889.
— 69 -
Ruine Hofen-Grabenstetten,
Kraftrain-Kirchheim,
Scharnhausen.
Es ist überaus wahrscheinhch, daß auch die übrigen Tuffe alle
dem Melilithbasaltmagma entstammten.
Die vulkanischen Lapilli in den Basalttuffen setzen sich im all-
gemeinen zusammen aus Einsprenglingen von Olivin , Melilith und
manchmal Augit und einer Grundmasse, die aus Melilith, Magnetit,
Perowskit und Glas, höchst selten aus Augit besteht. Das Vorkommen
von Glas erwähnt schon Penck * von dem Tuffe bei Owen. Die
Struktur der Lapilli ist als hypokristallin -porphyrisch zu bezeichnen,
und zwar kommt sowohl der hyalopilitische Typus als auch der
intersertale vor. Ja manche kleine Lapilli sind sogar vollständig
vitroporphyrisch entwickelt. Es herrscht eine große Mannigfaltigkeit
in der Ausbildung der Lapilli, besonders in bezug auf die Mengen-
verhältnisse der kristallinen Ausscheidungen und des Glases, sogar
in ein und demselben Tuff.
Ausbildung der Lapilli.
1. Hyalopilitischer Typus.
In vielen Tuffen begegnen wir Lapilli, die nur wenige Ein-
sprenglinge von Olivin und Melilith führen. Diese schwimmen in
einer Grundmasse von Glas, das fast ganz homogen ist und gewöhn-
lich eine tief dunkelbraune Färbung hat. Die tief dunkle Farbe ist
wohl zu verstehen , denn fast der ganze Reichtum an Eisen und
Titan, der sonst zur Bildung von Magnetit, Augit und Perowskit
nötig ist, vereinigt sich in dem Glas. Dieses vor allem Eisen und
magnesiareiche Glas hält der Verwitterung ziemlich großen Wider-
stand entgegen. Die Menge des Glases
überwiegt oft bei weitem die kristal-
linen Produkte, wie z. B. in dem Tuff
vom Hofbrunnen. Hier hängt sich meist
ein fast schwarzes Basaltglas mit nur
wenigen Erzausscheidungen um die Kri-
stalle an (s. Fig. 6 u. Taf. II Fig. 4). Fig. 6. Sehr glasreiche Lapilli
Die Glasmasse ist hier und da mit Olivin- und Melilithkristallen.
n ... -,. , .. 1, • . 1 T, Ung. Vergr. 60 : 1.
vollständig gekornelt, wie ich es z. B.
schön an einem Tuff vom Engelhof beobachtete. Zwischen Olivin
und Melilithkristallen lagern sich eine Unmasse rundlicher, bräunlich
' Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1879. S. 542.
— 70 —
gefärbter Körner, die als Entglasungsprodukte (Kumuliten) zu deuten
sind. Beim Heben und Senken des Tubus sieht man, daß die Körner
vielfach selbst wieder aus noch kleineren Körnern sich zusammen-
setzen. Sehr häufig finden wir in dem Glase auch Mikrolithen.
In den Fällen also, wo die Kristalle sozusagen in der glasigen
Grandmasse schwimmen und diese in den Vordergrund tritt, können
wir die LapilU der betreffenden Tuffe als zu dem hyalopilitischen
Typus gehörend abscheiden. Zu diesem kann man etwa stellen die
Tuffe vom Hofbrunnen, Engelhof, Götzenbrühl, Aichelberg, Hochbohl,
Dontal und von Scharnhausen. Jedoch noch in vielen andern Tuffen
treten ab und zu glasreiche Auswürflinge auf.
2. Intersertaler Typus.
Bei vielen Tuffen wachsen in den Lapilli die Melilithleisten zu
ungeheurer Zahl an, wobei sie dann gewöhnlich ganz kleine Dimen-
sionen besitzen. Die Leisten legen sich mit Vorliebe zu ihrer Längs-
richtung parallel, so daß die Struktur ähnlich der trachytischen
wird. Die Glasmasse nimmt beträchtlich an Menge ab. In dem Glas
kommen massenhaft mikrolithische Ausscheidungen zum Vorschein.
Die Mikrolithen sind von gelblichbrauner Farbe , haben ovale,
gebogene, länghche, an den Enden meist zugespitzte Gestalten und
gruppieren sich gerne zu stern- und gewebförmigen Gebilden (s. Fig. 7).
Sie werden oft so zahlreich,
daß die eigentliche Glasmasse fast
verschwindet. (Besonders an den
Rändern der Melilithkristalle häufen
Fig. 7. Mikrolithenformen. »ie sich und sind diesen auch massen-
haft eingewachsen.) Wo die Mikro-
lithen reichlich sind, hellt sich die Glasmasse auf, sie wird hellgelb
bis hellbraun, indem die Mikrolithen einen Teil der färbenden Stoffe
wegnehmen. Doppelbrechung konnte an ihnen nicht wahrgenommen
werden, was von ihrer Winzigkeit herkommen mag. Ich fasse diese
Mikrolithen als Augitkristalliten auf, als den Anfang der Augit-
ausscheidung.
Die ungleich größere Zahl an Melilithindividuen in den Lapilli
im Vergleich zu den Basalten erklärt sich wohl aus der rascheren
Erstarrung der basaltischen Masse der Tuffe. Die Melilithsubstanz,
die durch die schnelle Abkühlung an vielen Stellen momentan aus-
kristallisierte, hatte keine Zeit oder Gelegenheit mehr, sich zu etwas
größeren Kristallen aufzuschwingen.
- 71 —
Eine weitere Modifikation der Struktur tritt ein, wenn die Kri-
stallisation der Grundmasse fortschreitet zu einer zweiten Magnetit-
ausscheidung.
In den Basalten läßt sich nur schwer eine jüngere Magnetit-
generation von einer älteren abscheiden. Wir haben im allgemeinen
bei den Basalten weniger Magnetite, dafür aber größere, abgesehen
von der ganz alten Erzabscheidung. In den Lapilli der Tuffe spielt
der Magnetit mehr die Rolle von mikrolithischen Ausscheidungen des
Glases, also Entglasungsprodukten ; er ist auch meist in unregel-
mäßigen Körnchen ohne Kristallbegrenzung entwickelt. Die Grund-
masse ist sehr oft von unzähligen solcher Erzkörnchen und Erz-
stäbchen besät. Der feine Erzstaub verdeckt dann oft die ganze
Grnndmasse. Wir treffen diese reichliche Erzabscheidung bei sehr
vielen Tuffen; es seien angeführt die Tuffe von Scharnhausen,
Conradfels, Randeck, Limburg, Metzinger Weinberg, Gutenberg u. s. f.
Diese führen alle sehr viele kristalline Produkte, die Glasmasse tritt
sehr in den Hintergrund und ist zur Mesostasis geworden, wodurch
der intersertale Typus gekennzeichnet ist. In den erzreichen Lapilli
verliert das Glas durch das Abscheiden des Eisens in Form von
Magnetit noch mehr seine dunkle Farbe. Das hell gefärbte Glas
verwittert sehr leicht; es ist in vielen Lapilli ersetzt durch fein-
faserige zeolithische Aggregate oder durch Karbonate (Kalzit).
In vielen Tuffen treffen wir Lapilli von hyalopilitischem und
intersertalem Typus nebeneinander, sogar in ein und demselben Schhff.
Die etwas größeren Lapilli zeigen gewöhnlich einen etwas
höheren Grad von kristalliner Entwickelung infolge etwas langsamerer
Erstarrung. Jedoch herrscht absolut keine Gesetzmäßigkeit und Regel.
Die hyalopilitischen Typen und die intersertalen lassen sich
nicht scharf trennen , es herrschen immer Übergänge. Man könnte
höchstens scheiden in Tuffe mit vorwiegend hyalopilitisch ausgebil-
deten und Tuffe mit vorwiegend intersertal ausgebildeten Lapilli.
Doch die Einteilung kann hier nie vollkommen sein. HinderHch ist
vor allem auch die starke Verwitterung der Tuffe. Die Hauptunter-
schiede des vulkanischen Materials in den Tuffen gegenüber den
Basalten sind nach den vorhergehenden Ausführungen vor allem die
glasige Ausbildung der Grundmasse und das Fehlen des Augits in den-
selben. Die vulkanischen Auswürflinge sind petrographisch
eine glasige Fazies der Basalte. Man muß sie zu den Magma-
basalten stellen , die als glasige Ausbildungen des Basalttypus auf-
zufassen sind. Von dem eigentlichen Limburgit unterscheiden sich die
- 72 —
Lapilli durch das starke Zurücktreten des Augits und das reichliche
Eintreten des MehUths. Dieser Unterschied tritt aber in den Hinter-
grund , wenn man den MehUth gewissermaßen als Vertreter des
Augits auffaßt. Für dieses Vertreten spricht ja sehr das starke
Schwanken dieser beiden Mineralien in den Melilithbasalten. Der
Augit verdrängt hier oft den Melilith bis auf wenige Individuen,
während anderseits wieder Melilith die vorherrschende Stelle ein-
nimmt, und dabei sind die chemischen Differenzen der augitreichen
und melilithreichen Varietäten verhältnismäßig doch sehr gering.
Schulte^ erwähnt unter den Schlackenbomben des Schalken-
mehrener Maars in der Eifel unsern Auswürflingen ganz ähnliche
Gesteinstj^pen. Es sind dort Bomben, die als wesentHche Bestand-
teile Augit und Melilith führen, die in einer dunklen glasigen Grund-
masse liegen. Auch Schulte stellt diese Bomben den Magmabasalten
bezw. Limburgiten gleich.
Betrachten wir jetzt die Formen und andere charakteristische
Erscheinungen der basaltischen Bomben. Der weitaus häufigste Fall
ist, daß die vulkanischen Auswürflinge die Lapilliform haben, also
mehr oder weniger rundliche, eiförmige Umgrenzung besitzen. Die
Lapilli sind schon makroskopisch von der Kittmasse zu unterscheiden ;
besonders wenn diese aus hellem Zeolith oder Kalzit besteht, tritt
die Struktur der Tuffe schön zutage, wie z. B. am Jusiberg, Con-
radfels usw.
Wenn viele fremde Kalkstückchen, die ferner schwarz gebrannt
sind, dem Tuff beigemengt sind, sieht dieser etwas homogener aus,
indem dann Lapilli und Kalkstücke sich sehr ähneln. Die Dimen-
sionen der Lapilli schwanken sehr ; neben den winzigsten nur mikro-
skopisch wahrzunehmenden Kügelchen haben wir solche, die Durch-
messer bis zu 1 cm haben. In manchen Tuffen werden sie etwas
größer und lassen sich, besonders wenn das Tuffgefüge nicht mehr
so fest ist, leicht aus diesem herauslösen. Am schönsten sind die
Lapilli wohl am Metzinger Weinberg, wo sie in Menge umherliegen.
Die Durchmesser betragen ca. 1 — 2 cm. Bei Scharnhausen fand ich
eine sehr große Bombe von ca. 7 cm Durchmesser. Eine sehr
charakteristische Erscheinung ist, daß die Lapilli gewöhnlich einen
größeren Kristall als Kern haben. Meist ist es ein Olivinkristall,
hier und da auch ein Augit, Melilith oder Biotit. Um diese Kristalle
legt sich dann die Grundmasse als Saum, der sehr schmal werden
^ Geol. und petrograph. Untersuchung der Dauner Maare. Sep.-Alnlr. aus
den Verhandl. des Naturh. Vereins. XLVIII. Jahrg.
— 78 —
kann. Diese Kristallkerne waren schon in der Tiefe ausgeschieden
worden ; beim Ausbruch und Zerspratzen des noch flüssigen Magmas
in allerkleinste Teile hängte sich die glasige Masse an die Kristalle
an und erstarrte tropfenförmig in der Luft. Eine natürliche Folge
der runden oder ovalen Gestalt der Lapilli ist die Erscheinung, daß
an den Kristallecken die Säume von Grundmasse häufig viel schmäler
sind als an den Kristallflächen ; die Ecken liegen oft auf dem Rand
der Lapilli , so daß sozusagen die Kanten der Kristalldurchschnitte
Sehnen der Umgrenzungskurven bilden (s. Fig. 8).
Vielfach finden sich in den Tuffen Olivinkristalle und auch
Melilithe, an deren Rändern nur Spuren von Glas-
substanz sich anhängen. Die Zerspratzung des Mag-
mas war in diesem Fall eine ganz heftige. Besonders
gut konnte ich es an dem Tuff vom Hofbrunnen
feststellen, wie die Zerlegung des flüssigen Magmas
sich offenbar in der heftigsten Weise vollzogen
haben mußte. Man findet dort massenhaft die
winzigsten Melilithkriställchen mit Spuren von Glas
an den Rändern. Das Magma ist also in die aller- Yig. 8. Vulkanische
feinsten Teile zerlegt worden. Aber nicht nur die Bombe mit Glas-
Kristalle des basaltischen Magmas, sondern auch ^^^^'^' go°^{ ^^^^'
die Trümmer der durchschlagenen Gesteine , wie
Kalk , Schieferbröckchen , einzelne Quarze , Feldspäte können Glas-
säume besitzen.
Wenn man die größeren Bomben auseinanderbricht, so zeigen
sich in vielen eckige Gesteinsfragmente. Diese sind sozusagen ein-
gewickelt in die basaltische Masse. Diese Einrollungen von fremden
Gesteinen sind analog denen bei vielen vulkanischen Bomben in der
Eifel. Auch da findet sich öfters im Innern irgendein Schiefer- oder
Kalkfragment des Devons, das durchbrochen wurde.
Eine sehr schöne Erscheinung in den Lapilli sind die Fluidal-
phänomene, die dadurch entstehen, daß die Melilithleisten sich immer
den Rändern der Lapilli parallel legen und anschmiegen; nie sieht man,
daß Kristalle zerbrochen sind oder die Randlinien der Lapilli quer
durch die Melilithe gehen. In ausserordentlich vielen Fällen sind die
Lapilli also schön konzentrisch aufgebaut. Die obige Tatsache ist
ebenfalls ein Beweis , daß das Magma in flüssigem Zustande zer-
stoben wurde und die Kristalle bei der Eruption sich noch beliebig
verschieben konnten. Wären die Lapilli etwa durch Zertrümmerung
und Zerschmetterung von schon verfestigter Lava erzeugt, so würden
74 —
die Randlinien derselben überall quer durch Melilithe und Olivine
laufen müssen. Solche regelmäßige unverletzte Lapilli mit idio-
morphen Kristallen in der Mitte und schön konzentrisch angeord-
neten Melilithleisten wären dann unmöglich. Zwar treten zerbrochene
Lapilli und Kristalle in den Tuffen auch auf; aber diese Zerbrechungen
sind erst entstanden beim Niederfallen der verfestigten Bomben aus
der Luft. Gut erhaltene typische Lapilli mit schöner Fluidalstruktur
führen besonders die Tuffe vom Conradfels, bei dem auch die Olivine
noch vollständig frisch sind, vom Engelhof, Randecker Maar, von
der Limburg . . . ; entzückend schön sind sie im Tuff von Scharn-
hausen (Taf. I Fig. 5). Die rundlichen bis ovalen Bomben heben
sich scharf ab von der hellen Kalzitkittmasse. Um meist vollkommen
idiomorphe Olivine lagern sich fluidal scharf begrenzte zu einer gelb-
lichgrünen Substanz verwitterte Melilithe, welche ebenfalls scharf
von der tiefdunklen glasigen Grundmasse abstechen.
Die Auswürflinge haben natürlich nicht immer diese idealen
Formen, man trifft auch anregelmäßige Lapilli mit allen möglichen
Einbuchtungen und Fortsätzen, wofür der
Tuff vom Hofberg ein schönes Beispiel
liefert; aber auch hier beobachtet man
keine Zerberstung von Kristallen. Die
Melilithe werden stets , auch wenn sie
in schmalen Ausbuchtungen liegen, von
der Grundmasse umflossen; die Kristalle
bilden gewissermaßen das Skelett des
Auswürflings ; je nach ihrer zufälligen
Lage fiel die äußere Begrenzung aus. An
nebenstehender Figur sei ein solches La-
pilli dargestellt.
Die Zerstiebung des basaltischen Schmelzflusses in unendlich
viele kleinste Teile weist auf die Mitwirkung von
enormen G a s in a s s e n bei der Eruption hin.
Fig. 9. Vulkanische Bombe,
Hofberg. Ung. Vergr. 80 : 1.
Abkühlungsränder an den Lapilli.
Bei dem Hinausschleudern in die Luft mußten die randlichen
Partien der Auswürflinge rascher erstarren als die ninern. Man be-
obachtet in der Tat auch an den gut ausgebildeten und etwas höher
kristallisierten Lapilli Verdichtungen ihrer Struktur gegen die
randlichen Zonen. Die Melilith- und Erzausscheidung wird etwas
spärlicher, und die Ränder selbst sind ganz glasig ausgebildet. Die
— 75 —
Glassäume sind meist sehr schmal, treten aber sehr deutlich hervor.
Daß es sich hier wirklich um Abkühlungsränder handelt und nicht
etwa um randhche Verwitterungserscheinungen , beweist das Fehlen
der Glassäume an den Bruchrändern der Lapilli. Man kann obige
Erscheinung sehr gut studieren an den Tuffen vom Conradfels, Engel-
hof, Egelsberg, Randecker Maar, von der Limburg, von Rietheim.
Auch dieses Phänomen beweist zur Genüge, daß unsere Tuffe nicht
etwa Reibungsbreccien von Basalt sind oder durch Zertrümmerung
von Lava entstanden, sondern dem Zerblasen von flüssigem Schmelz-
fluß ihr Dasein verdanken.
Zement der Tuffe.
Die vulkanischen Lapilli sind nachträglich fest verkittet worden
und zwar in den meisten Fällen durch fein oder grobkörnigen Kalzit.
An der Kittmasse beteiligt sich fast immer etwas Magnesit, der gern
in stark lichtbrechenden Körnern erscheint. Um die Lapilli herum
legt sich oft eine Zone von rhomboedrischen Magnesitkriställchen,
die zum Teil dachziegelartig angeordnet sind und ihre spitzen Enden
in die Kittmasse hineinragen lassen. Magnesit ist von Kalzit schon
durch seine höhere Licht- und auch Doppelbrechung zu unterscheiden,
ferner ganz sicher durch seine Unlöslichkeit in Essigsäure oder
Weinsäure. Sehr schön sind diese Magnesitkränze der Lapilli in
dem Tuff von Randeck zu beobachten. Hier und da begegnet man
auch Natrolith in der Kittmasse. Wie oben der Magnesit, können
auch Zeolithe Kränze um die Lapilli bilden ; die Zeolithe bilden dann
rundliche, feinfaserige Aggregate, die den Rändern aufgewachsen sind.
Die Kieselsäure wurde bei der Verwitterung aus den Lapilli fort-
geführt und setzte sich randlich ab, wo sie mit kalkhaltigen Wässern
in Berührung kam und Zeolithe bildete.
Auf die Zone von Zeolith folgt wieder Kalzit als Kitt. Auch
die Zeolithkränze sind schön im Tuff vom Randecker Maar
vorhanden. Selten besteht die Kittmasse ganz aus Zeolith, wie
z. B. bei dem schönen Tuff vom Jusiberg. Der Tuff vom Bolle
bei Owen ist ebenfalls reich an Zeolith. Nicht selten ziehen
Schlieren von Eisenoxydhydrat und chloritischen Substanzen durch
die Kittmasse.
Chemische Analysen.
Zu einer Bauschanalyse wurde der feste und an fremden Ein-
schlüssen ziemlich arme Tuff vom Jusiberg (gegen Kappishäuser
— 76 —
zu) verwendet. Die Lapilli dieses Tuffes haben eine sehr feinkörnige
Grundmasse, aus braunem Glas und einer Unmasse feiner Erzkörnchen
bestehend. In ihr liegen große Olivine und Melilithe eingesprengt.
Die wenigen Grundmasseaugite sind sehr winzig. Die Quantität der
Melilithe in den Lapilli ist sehr wechselnd.
Die Analyse ergab folgendes :
SiOj 32,07
TiO, 2,30
AI2O3 6,40
FejO., 9,62
FeO 0,83
MgO 11,50
CaO 21,07
KjO 0,58
Na^O 1,77
P/O3 0,83
CO2 2,33
H2O 10,33
Summa . . 99,63
Die chemische Zusammensetzung differiert von der Zusammen-
setzung der Melilithbasalte nicht übermäßig stark. Die Kittmasse
hat eben keinen sehr großen Anteil an dem obigen Tuff, und die
Verwitterung ist nicht sehr tiefgreifend. Die Olivine sind teilweise
noch frisch, teilweise bloß serpentinisiert, weshalb auch der Magnesia-
gehalt noch sehr hoch ist.
Der Kalkgehalt (CaO) ist höher als bei den Basalten infolge
der Anwesenheit von Kalkzeolithen und etwas Kalzit in der Kitt-
masse. Der geringe CO^-Gehalt kommt davon her, daß die Kitt-
masse fast ganz aus Zeolithen besteht, und auch sonst keine Pseudo-
morphosen nach Kalzit in den Lapilli auftreten. Das Wasser ist in
den Zeolithen und dem Serpentin gebunden. Von den Alkalien ist
ein Teil fortgeführt.
Von dem Tuff am Schaf berg, der ebenfalls zur Josigruppe
gehört, wurde eine weitere Analyse ausgeführt. Der Tuff hat in-
folge der Verwitterung seine Festigkeit verloren und besitzt ein
ganz loses Gefüge. Von einer größeren Menge des Tuffs mit-
samt den fremden Gesteinsfragmenten (Kalke, Keupertone) wurde
eine Durchschnittsprobe hergestellt und zur Analyse verwendet.
Diese ergab :
— 77 —
SiO, 23,65
Alj O3 + Ti 0, 6,68
Fe^Og 6,34
MgO 6,74
CaO 25,41
K,0 0,87
Na,0. 1,03
CO2 19,46
P, O5 0,28
H,0 9,89
Summa . . 100,35
Der Kalkgehalt ist hier sehr hoch infolge der massenhaft
dem Tuff beigemengten Kalkstückchen. Diese Analyse gibt etwa
die Durchschnittszusammensetzung der vulkanischen Böden der
Alb. Aus diesen geht dann durch Verlehraung der Ackerkrume
hervor.
Der feste Tuff vom Randecker Maar, anstehend an der Steige
nach Hepsisau wurde fernerhin analysiert. Der Tuff ist sehr hart
und hat frisches Aussehen; die Pseudomorphosierung hat jedoch
große Fortschritte gemacht. Besonders sind die Olivine alle in
Kalkspat umgewandelt. Dem Tuff sind ferner zahlreiche winzige,
meist dunkelgefärbte Kalkstückchen eingesprengt. Die Zusammen-
setzung ist folgende :
SiOa . • 20,70
TiO, 1,20
Al,03 5,20
Fe^Og 8,08
MgO 2,93
CaO 30,49
K 0 \
„* „ / nicht bestimmt.
]Sa.j 0 j
CO, 22,60
F2 0, 0,70
H^O 7,10
Summa . . 98,00
Wir sehen, daß dieser Tuff seiner Zusammensetzung nach von
dem festen Jusituff ziemlich abweicht. Auffallend ist der riesige Ge-
halt an kohlensaurem Kalk. Dieser steckt zum größten Teil
1. in der Kittmasse,
2. in den fremden Kalkfragmenten,
3. in den pseudomorphosierten Ohvinen.
- 78 -
Die Magnesia, die ihren Sitz vorwiegend im Olivin hatte, ist
zum Hauptteil fortgeführt, daher auch ihre geringe Menge.
Schweranteile der verwitterten Basalttuffe.
Eine größere Anzahl von verwitterten Tuffen wurde mit Wasser
geschlämmt; die Rückstände wurden mit Salzsäure gekocht, um
Magnetit und andere Verbindungen in Lösung zu bringen und zu
entfernen , und die Schweranteile mittels Kalium-Quecksilberjodid-
lösung von den leichteren getrennt.
An den Schweranteilen beteiligen sich mehr oder weniger
ein opakes oktaedrisches Erz, das als titanhaltiges Magneteisen ge-
deutet wurde, ferner Spinell, Augit in grobprismatischen Individuen,
Perowskit mit scharfen Kristallformen, Zirkon, der schöne idiomorphe
Kristalle bildet, aber an den Ecken immer etwas abgerundet und
abgeschliffen ist. Hier und da begegnet man einigen braungelben
Kristallen von säuliger Entwickelung und hoher Lichtbrechung , die
dem Rutil angehören. Zirkon und Rutil stammen natürlich aus
fremden kristallinen Gesteinen, deren Bestandteile sich dem Tuff bei-
gemischt haben.
Reichlich tritt aber besonders Hornblende auf, namentlich
in den Tuffen vom Randecker Maar, Dontal, Altenberg, Burrisbuckel,
Bürzlenberg, von der Limburg, von der Ruine Höfen bei Graben-
stetten, von der Alten Reuter bei Beuren, von dem Tuffpunkt an der
Straße von Beuren nach Erkenbrechtsweiler. Die Hornblendekristalle
sind von unregelmäßiger Form, besitzen eine grünlichbraune Farbe
und starken Pleochroismus. Die Hornblende stammt aus dem basal-
tischen Magma selbst und gehört zu den ältesten Ausscheidungen
desselben. In der Effusionsperiode wurde sie aber existenzunfähig
und man trifft sie deshalb nie in den Basalten. Nur in den Tuffen,
deren vulkanisches Material ja ungleich viel rascher zutage gefördert
wurde und deren Effusionsperiode sehr kurz war, hat sich die Horn-
blende vor völliger Resorption bewahren können , weil das Magma
viel rascher erstarrte als bei den Basalten. Bei den festen Tuffen
bekommt man höchst selten einen Hornblendekristall in den Dünn-
schliff; man muß wie gesagt schon größere Mengen Tuff schlämmen,
um Hornblende nachzuweisen.
Interessant ist das reichhche Vorkommen von Granat in den
Schlämmrückständen. Dieser zeigt gewöhnlich Körnerform, doch
wurden auch Kristallumrisse beobachtet. Er ist vollständig farblos
und gehört zur Grossulargruppe. Massenhaft findet man ihn an den
— 79 —
Punkten: Altenberg, Burrisbuckel, Ruine Höfen, Alte Reuter, Straße
Beuren nach Erkenbrechtsweiler. Bei der Häufigkeit, die er in
manchen Tuifen erlangt, kann sein Ursprung kaum in fremden Ge-
steinen (Gneisen) gesucht werden. Außerdem tritt der farblose Kalk-
tongranat nur in Kontaktgesteinen, also besonders in Kalksilikathorn-
felsen auf. Man muß deshalb den hier vorkommenden Granat als
Kontaktprodukt auffassen , entstanden bei dem Zusammenkommen
des basaltischen Schmelzflusses mit Kalkgesteinen ^ In Dünnschliffen
von festen Tuffen habe ich nie Granat entdecken können, ebenso
nie Zirkon und Titanit. Die Dünnschliffe erschließen eben nur ein
sehr kleines Stück des Gesteins, und es wäre Zufall, wenn man in
ihnen diese im großen ganzen doch sehr spärlichen Mineralien zu
Gesicht bekäme.
Urausscheidungen des basaltischen Magmas.
Infolge der besonderen Erstarrungsverhältnisse des ausgewor-
fenen Materials finden wir in den Tuffen öfters alte basische Mineral-
ausscheidungen, die im Basalt nie auftreten, weil sie in dessen längerer
effusiven Periode wieder resorbiert wurden. Zu diesen Ausschei-
dungen gehört einmal Biotit, den wir vereinzelt in großen Kristallen
in manchen Tuffen antreffen. An ihm zeigen sich auch Korrosions-
erscheinungen ; die äußeren Teile sind eingeschmolzen , wobei sich
reichlich Magnetit in winzigen Körnchen
wieder ausschied. Im Innern des Biotits sind
noch frische Kerne ; die ursprüngliche Form
ist noch zu erkennen.
^- _ ^ 1 1 o Fi»- 10- Resorbierter Biotit
ferner findet man manchmal große (Conradfels).
Hornblendekristalle in den festen Tuffen,
ebenfalls mit starken Resorptionserscheinungen, so z. B. in dem
Tuff der Alten Reuter bei Beuren. Außerdem tritt Hornblende
reichlich in den Schlämmrückständen der Tuffe auf, wie schon er-
wähnt.
Die alten Ausscheidungen des Magmas bilden an manchen
Punkten faustgroße Bomben im Tuff, so vor allem am Bürzlenberg
bei Eningen, wo sie massenweise herumliegen. Schon makroskopisch
erkennt man in ihnen große Augit-, Hornblende- und GUmmerkristalle.
Unter dem Mikroskop zeigen die Bomben eine körnige Struktur.
^ Über ein analoges Vorkommen von Grossular als Kontaktprodukt in
Basalttuffen vergl. Erläut. zu Bl. Sinsheim. Geol. Spezialk. d. Gr. Baden 1898.
— 80 —
Der Hauptmasse nach setzen sie sich zusammen aus großen Augit-
und Hornblendepartien. Die Hornblende ist dunkelbraun und meist
stark resorbiert; an den resorbierten Stellen befindet sich ein feiner
Erzstaub. Die auftretenden großen Erzausscheidungen gehören dem
Magnetit an. Im Augit und in der Hornblende liegen zahlreiche
Apatite, die teils prismatische, teils hexagonale Schnitte aufweisen.
Die Apatite sind oft bläulich oder braun gefärbt und führen an Ein-
schlüssen Erz, Flüssigkeit und Glas.
In beträchtlicher Menge beteiligt sich an den Bomben ferner
Titanit, der gut entwickelte Kristalle bildet. Ähnliche Bomben fanden
sich an der Limburg; hier führen sie vor allem sehr viel Augit und
Magneteisen, ferner Hornblende und Apatit; die Struktur ist ebenfalls
körnig. In einem Schliff fanden sich auch große Olivinkristalle. Die
Bomben besitzen miarolithische Hohlräume, die sekundär mit Kalzit
ausgefüllt w^urden.
Am Metzinger Weinberg fand sich im Tuif ein Einschluß, der
aus Olivin und Magneteisen besteht, ferner ein miarolithisch ent-
wickeltes Gestein, das wesentlich aus Augitkristallen mit etwas Biotit
und Magneteisen zusammengesetzt ist. Die miarolithischen Hohl-
räume sind auch wieder durch grobkristaUinen Kalzit ausgefüllt.
Die Basalttuffe in bodenkundlicher Beziehung.
Unsere Tuffe, die zuerst ganz loses Gefüge besaßen, wurden
im Lauf der Zeit verkittet durch Kalk, sie erhielten dadurch die
Eigenschaften eines festen Gesteins und wurden vor allem undurch-
lässig für das Wasser. Die wassersammelnde Kraft der Tuffe ist von
großer kultureller Bedeutung für die wasserarme Hochfläche der
Schwäbischen Alb. Instinktiv bauten die Bewohner ihre Wohnorte
fast nur auf die vulkanischen Punkte, die als Oasen der Kauhen Alb
angesehen werden können. Im Vorlande der Alb, wo die tonigen
Juraböden selbst sehr wasserhaltend sind, wird natürlich obige Eigen-
schaft der Tufte nicht mehr geschätzt.
Für die Beurteilung des Wertes der Tuffböden kommt es vor
allem auf den Gehalt derselben an Kalium und Phosphorsäure an.
Die Zahlen dafür sind aus den schon erwähnten Analysen zu ersehen.
Es sei hier noch eine Analyse angeführt von verlehmtem Tuff des
Jusiberges aus ca. 0,5 m Tiefe. In Salzsäure lösten sich 49,27 *'/o,
durch Kochen des Rückstandes mit Natronlauge gingen noch 49,75 "/o
Kieselsäure in Lösung.
- 81 —
Die Zusammensetzung ist folgende :
SiO, 29,75
AI2O3 9,68
Fe^O,, 10,16
MgO 5,44
CaO 3,66
K^O 0,5
Na^ 0 1,09
CO2 Spuren
P.,0. 0,65
H.O best, bei 110" 13,89
Unlöslich in HCl 21,09
Die Karbonate sind hier fast gänzlich fortgeführt. Ton und
Eisenoxyd haben sich angereichert.
Die Gehalte der Tuffe an Phosphorsäure sind ziemlich hoch,
was zweifellos eine schätzenswerte Eigenschaft derselben ist. Da-
gegen sind die Zahlen für Kalium gering, weil eben unsere Tuffe
keinem feldspathaltigen Magma entstammen.
Die erfahrungsgemäß sehr günstigen Erträge an Wein auf den
basaltischen Böden am Rande der Alb sind demnach wohl weniger
der chemischen Beschaffenheit derselben, als der günstigen topo-
graphischen Lage der Böden, vielleicht auch der physikalischen Be-
schaffenheit zu verdanken. Die vulkanischen Punkte ragen meist in
Form von frei dastehenden Bergen (sogen. Bölleform) aus der übrigen
Landschaft hervor, denken wir nur an den Metzinger Weinberg,
Grafenberg, Florian, Georgenberg; dadurch ist die Sonnenbestrahlung
und Erwärmung der Böden eine ausgezeichnete.
Als natürliche Dungmittel darf man die Tuffe auf keinen Fall
einschätzen, wenn sie auch etwas Phosphorsäure führen, denn gerade
in der Umgebung der Tuffpunkte, wo in erster Linie ihre düngende
Wirkung in Frage kommen würde, sind die da auftretenden Schichten,
wie Liastone, brauner Jura, zum Teil selbst reichlich mit Phosphor-
säure ausgestattet und an sich schon mineralkräftig.
-Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905.
Relative Sehweremessungen in Württemberg.
IV. Anschlußmessuugen in Karlsruhe.
Von K. R. Koch.
Mit 4 Tabellen.
Durch die sehr umfangreichen und sorgfältigen Messungen des
Herrn Haid, durch welche er Karlsruhe an die mitteleuropäischen
Hauptstationen Straßburg, Leiden, Paris, Padua, Wien und München
angeschlossen hat \ ist der Wert der Schwere für Karlsruhe in aulkr-
ordentlich guter Weise festgelegt und als gut versichert anzusehen.
Ich beschloß deshalb nach Absolvierung meiner ersten Messungsreihe
auf dem Tübinger Meridian die württembergischen Messungen nach
Karlsruhe hin anzuschließen.
Diese Anschlußmessungen sind zweimal ausgeführt; erstmals
im Juni des Jahres 1900, ein zweites Mal im März 1904.
Die Methode war die seither von mir angewandte, bei der die
Fehler des ührgangs und des Mitschwingens eliminiert sind ; ersterer
durch synchrone Beobachtung auf beiden Stationen, beide Koinzidenz-
apparate betrieben von derselben Uhr (Normaluhr des physikalischen
Instituts, Pendeluhr Kutter, No. 50 mit RiEFLER'schem Pendel) \
letzterer dadurch unschädlich gemacht , daß er durch möglichste
Stabilität der Pendelaufhängung unmerklich wurde. Ebenso fallen
die Fehler, die aus verschiedener Trägheit des Pendels und des Ther-
mometers gegen Temperaturschwankungen stammen , dadurch fort,
daß in Räumen von nahezu konstanter Temperatur beobachtet
wurde und dabei dem Thermometer durch geeignete Umhüllungen
nahezu die gleiche Trägheit gegen Temperaturänderungen gegeben
war wie dem Pendel. Da außerdem die Temperaturen in den beiden
Pendelkellern (in Karlsruhe und in Stuttgart) ungefähr die gleichen
waren, ebenso die Barometerstände sich nicht wesentlich voneinander
(um ca. 10 mm) unterschieden, so werden sogar merkliche Ungenauig-
■ Vergl. Verhandl. der 13. Generalkoiiferenz in Paris 1900. p. 386 ff.
— 83 —
keiten in den Reduktionsfaktoren für Temperatur und Dichtigkeit
keine nennenswerten Fehler hervorrufen '. Eine Untersuchung über
die erreichten Genauigkeiten der Resultate wird weiter unten ihre
Stelle finden.
Unterstützt wurde ich bei diesen Messungen durch Herrn
C. Klopfer, Mechaniker des physikalischen Instituts, der wie auch
sonst die Aufstellung der Apparate mit mir besorgte , sowie mir bei
den Beobachtungen hilfreich zu Hand ging. Auf der Station Stutt-
gart hatte im Jahre 1900 Herr Dr. Hauser, im Jahre 1904 Herr
Assistent Weller die Güte, die synchronen Beobachtungen auszuführen.
Die Beobachtungen in Karlsruhe, sowie die Vergleichung der mitgenom-
menen Pendel vor und nach der Reise in Stuttgart führte ich selbst
aus. Durch Entgegenkommen der K. Oberpostdirektion in Karlsruhe
und der K. württ. Generaldirektion der Posten und Telegraphen,
sowie der K. Telegrapheninspektion in Stuttgart waren während vier
Nächten die Telephondoppelleitungen Karlsruhe — Stuttgart von 9 Uhr
abends ab zur Verfügung gestellt.
Den hohen Behörden für ihr großes Entgegenkommen, Herrn
Geh.-Rat. Prof. Dr. Haid in Karlsruhe für seine freundliche Unter-
stützung, sowie die erteilte Erlaubnis im Pendelkeller des geodätischen
Instituts die Messungen auszuführen, sowie meinen Mitarbeitern für
ihre tatkräftige Hilfe möchte ich auch an dieser Stelle meinen be-
sonderen Dank auszusprechen, nicht ermangeln.
A. Messungen im Jahre 1900.
Benutzt wurden die , wie 1. c. I. p. 376 ff. beschrieben , um-
geänderten ScHNEiDER'schen Pendel No. I, HI, IV (auf die Verwen-
dung von Pendel No. II war von vornherein verzichtet worden, weil
dasselbe als nicht vollkommen unveränderlich verdächtig war^).
Pendel No. III blieb als Referenzpendel in Stuttgart, während
Pendel I und IV nach Karlsruhe genommen und in beschriebener
Weise mit Pendel III verghchen wurden ; selbstverständlich wurden
sie vor und nach der Reise in Stuttgart mit Pendel III zusammen
beobachtet, um das Verhältnis ihrer Pendellängen festzulegen (1. c).
Die Beschreibung der Räume, in denen in Stuttgart die Be-
obachtungen stattfanden, sind 1. c. I. p. 387 ff. näher beschrieben ;
^ Selbst wenn der Reduktionsfak.tor für die Dichtigkeit um 25 Ein-
heiten (ca. 5 °/o) unrichtig wäre, würde sich das Korrektionsglied erst um ca. 0,25
Einheiten der 7. Dez. der Schwingungsdauer ändern.
2 Vergl. 1. c. I. p. 391 ff.
— 84 -
die geographischen Koordinaten für den Ort der Stuttgarter Mes-
sungen sind
(p = 48" 46,9' NB.
A = 9° 10,5' ö. Gr.
Höhe der Pendelhnse über NN. == 250,5 m.
Der Pendelraum des geodätischen Instituts in Karlsruhe ist im
Kellergeschoß des sogenannten Aulabaues gelegen. Seine geogra-
phischen Koordinaten sind nach freundlicher Mitteilung des Herrn Häid
(f = 4:9' 0,65' NB.
l = 8« 24,8' ö. Gr.
Höhe der Pendellinse über NN. = 114,3 m.
Der durch die sorgfältigen, vielfachen Anschlußmessungen von
Herrn Haid für Karlsruhe ermittelte Wert von „g" beträgt
980,982 cm.
Der Pendelraum selbst ist sehr geräumig, mithin die durch An-
wesenheit des Beobachters , der Beleuchtungskörper etc. hervor-
gerufene Temperatursteigerung unbedeutend; außerdem kann durch
passendes Öffnen der Ventilationsklappen, sofern die äußere Luft-
temperatur unter der des Beobachtungsraums liegt, leicht nachgeholfen
werden ; die Temperatursteigerung im Pendelkasten betrug deshalb
während einer ganzen Beobachtungsnacht nur bis zu 0,13". Die
Verhältnisse lagen mithin gerade so günstig wie in Stuttgart, wo
dadurch, daß der an sich kleine Pendelraum durch eine Wand und
Tür in zwei Hälften geteilt war^, in deren äußerer sich der Be-
obachter und deren innerer sich das Pendel befand , es ebenfalls
gelang, die mittlere Temperaturschwankung während einer Beobach-
tungsnacht unter 0,12" zu halten.
In bezug auf die Beobachtungsmethode der Koinzidenzen mag
erwähnt sein, daß dieselbe im Jahre 1900 durch Koinzidenzbeobach-
tungen erfolgte, bei denen die Koinzidenzen, wie 1. c. I. p. 385 f.
beschrieben, symmetrisch zu (von mir sogenannten) „wahren" Koin-
zidenzen lagen ; entsprechend den von mir 1. c. II. p. 12 angestellten
Überlegungen habe ich diese Methode später wieder verlassen —
hauptsächlich auch deshalb, weil alsdann genau synchrone Messungen
auf den beiden zu vergleichenden Stationen wegen fehlender Verstän-
digung über den jeweiligen Beginn der Beobachtungsreihe nicht gut
mögUch sind (vergl. auch unten)' — und sie im Jahre 1904 dadurch
' 1. f. IL p, 5 ff.
— ÖO —
ersetzt, daß am Anfang und am Ende einer Reihe nicht 10, sondern
20 Koinzidenzen beobachtet wurden , wodurch der mittlere Fehler
auf die Hälfte reduziert wird. Besonderer Umstände wegen fanden
die Beobachtungen im Jahre 1900 im Juni statt. Wie mehrfach
von mir erwähnt (1. c. I. p. 374 f., II. p. 6, III. p. 20) ist das keine
für diese Beobachtungen günstige Jahreszeit. In der Tat waren in
der ersten Beobachtungsnacht in der Telephonleitung Stuttgart— -
Karlsruhe derartige Strömungen vorhanden (durch Gewitter ver-
anlaßt) , daß die Beobachtungen nach einer Stunde abgebrochen
wurden.
B. Die Messungen im Jahre 1904.
Während auf der Station Karlsruhe im Pendelkeller des geo-
dätischen Instituts wesentHche Änderungen in Lage und Einrichtung
nicht eingetreten waren, war auf der Station Stuttgart eine Ver-
legung des ganzen Pendelraumes vorgenommen. Der alte Pendel-
raum befand sich an einer wenig passenden Stelle unmittelbar unter
der Treppe des Treppenhauses des alten Gebäudes der Technischen
Hochschule ; durch die Aufführung eines neuen Flügelanbaus waren
Keilerräume gewonnen , die bedeutend tiefer in der Erde und des-
halb in bezug auf Konstanz der Temperatur wesentlich günstiger
gelegen waren. In diesen wurde durch Entgegenkommen des Senats
der Technischen Hochschule der neue Raum für die Schweremessungen
eingerichtet. Wie 1. c. II. p. 6 erwähnt, befand sich der neue Raum
ca. 5 m nördlicher und 50 m östlicher als der alte und die Mitte
der Pendellinse 3,175 m tiefer als früher. Während offenbar in-
folge der horizontalen Verschiebung die Änderung der Schwere-
beschleunigung unmerklich sein wird, wird durch die geringere Höhe
eine Zunahme von g um ca. 1 Einheit der 3. Dez. (genauer 9 Ein-
heiten der 4. Dez.) (g in cm gemessen) eintreten und in Rechnung
zu ziehen sein.
Resultate.
Die Ergebnisse der beiden Anschlußmessungsreihen sind in den
beigegebenen Tabellen enthalten.
Zu diesen mögen folgende Bemerkungen hier ihre Stelle finden.
Im Jahre 1900 verfuhr ich bei den synchronen Messungen in
Karlsruhe und Stuttgart so, daß während einer Beobachtungsnacht
nur jeweils ein einziges Pendel beobachtet wurde, um die störende
Nähe des Beobachters am Pendelkasten auf das Notwendigste zu
beschränken. Im Jahre 1904 kehrte ich jedoch zu der bisher von
mir befolgten Methode zurück, beide Pendel in derselben Nacht
zu beobachten, indem in der Mitte der Nacht die Auswechselung
vorgenommen wurde ; es zeigte sich nämlich , daß auf letztere
Art besser übereinstimmende Werte gefunden wurden. In diesem
Jahre wurde auch auf möglichsten Isochronismus der Beobach-
tungen gesehen, indem im Anfang jeder Beobachtungsnacht genau
die Zeiten des Beginns jeder Reihe festgesetzt wurden , um irgend-
welche Fehler aus geringen Schwankungen des Übergangs von vorn-
herein zu eliminieren. Bei den Beobachtungen im Jahre 1900
war dies selbstverständlich nicht möghch , da jeder Beobachter zu-
nächst auf das Eintreten einer sogenannten „wahren" Koinzidenz zu
v^^arten hatte.
Während ich bisher bei der Berechnung der Schwerkräfte für
die Stationen des württembergischen Beobachtungsnetzes von der
Berechnung eines mittleren Fehlers und damit von der Ermittelung
der Genauigkeit der Resultate Abstand genommen habe , da sich
dieselben auf, meines Erachtens nach, zu wenig Beobachtungen (für
jedes Pendelpaar je 3 — 4 voneinander unabhängige Beobachtungs-
reihen) stützen , standen bei diesen Übertragungsmessungen so viel
Beobachtungen zur Verfügung, daß füglich Fehlerberechnungen in
herkömmlicher Weise angestellt werden konnten.
Es mögen hierbei zugleich einige allgemeinere Bemerkungen
ihre Stelle finden.
Die in der sonst gebräuchlichen Weise ausgeführten relativen
Schweremessungen sind bekanntlich folgenden Fehlerquellen unter-
worfen ^ :
1. Der Fehler (Schätzungsfehler der Zehntelsekunden), mit dem
die Bestimmung der Koinzidenzdauer behaftet ist.
2. Der Fehler des Uhrgangs.
3. Der aus ungenauer Bestimmung der Korrektion für das
Mitschwingen sich ergebende Fehler.
4. Der Fehler, der aus der gegen Temperaturänderungen un-
gleichen Trägheit des Pendels und des Thermometers entspringt.
5. Der Fehler, mit dem die Koeffizienten für die Reduktion
auf den leeren Raum und die Temperatur von O*' behaftet sind.
' Siehe hierüber die interessanten und sorgfältigen rntersiichungcu der
Herren Helmert, Haasemann, Borraß, Schumann. Vergl. Veröffentl.
des königl. preuß. geodät. Instituts : Bestimmung der Polhölie und Intensität der
Schwerkraft etc. 1896, 1899, 1902; F. R. Helmert, Theorie des Reversions-
pendels 1898.
- 87 -
6. Der Fehler, der auf der unvollkommenen Unveränderlichkeit
der Pendel beruht.
Bei der von mir benutzten Methode fällt der Fehler No. 3
(der durch das Mitschwingen resultiert) heraus, ebenso der Fehler
No. 2 (des Uhrgangs) sofern vollkommener Isochronismus gev^ahrt
und die benutzte Uhr selbst (wie bei meinen Beobachtungen) einen
vorzüglichen Gang besitzt. Geht die Uhr unregelmäßig, so können im
Resultat, d. h. in dem Quotienten des Verhältnisses der Schwingungs-
dauern recht bedeutende Abweichungen und Fehler trotz Isochronis-
mus auftreten \
Der unter No. 6 erwähnte Fehler ist zahlenmäßig nicht faßbar
und jedenfalls wird seiner ziffernmäßigen Feststellung immer eine
große Willkürlichkeit anhaften ; ich habe mich deshalb entschlossen,
Messungen , bei denen sich im Mittel Änderungen des Verhältnisses
der Schwingungsdauern (zu einem invariabel gebliebenen Pendel)
ergeben, durch die der Wert von g sich um 1 Einheit der 3. Dezi-
male (also um ± 0,001 cm) ändern würde, zu verwerfen. Dadurch
scheidet für die Beobachtungen des Jahres 1900 das Pendel I, für
die des Jahres 1904 das Pendel VI zum Teil aus; ein Teil der Be-
obachtungen bleibt brauchbar, da sich für das Pendel VI nachweisen
läßt, daß die Änderung bei der Rückfahrt von Karlsruhe nach
Stuttgart eingetreten ist.
Es bleiben mithin nur die Fehler unter No. 1 , 4 und 5 bei
der von mir benutzten Beobachtungsmethode übrig. Von diesen
glaube ich, die aus unrichtiger Temperaturbestimmung resultierenden
innerhalb der gewünschten Genauigkeitsgrenzen beseitigt zu haben
(vergl. die 1. c. III. Anhang gegebene Methode). Ebenso wird ein
Fehler in den Reduktionskoeffizienten für Temperatur und Dichtig-
keit für die Messungen in Stuttgart und Karlsruhe nicht in Be-
tracht kommen, da Temperatur und Dichtigkeit der Luft nicht wesent-
lich verschieden waren. Somit bleibt nur der Fehler bestehen, der
auf der Ungenauigkeit der Koinzidenzbeobachtungen beruht, d. h. in
bezug auf die von mir benutzte Methode, der, mit welchem die Ver-
hältnisse der beobachteten Schwingungsdauern behaftet sind. Die
' Z. B. am 17. /V. 04 war es durch ein Versehen vergessen die Normaluhr
aufzuziehen, sie blieb während der Beobachtung stehen. Bekanntlich ist der
Gang einer Uhr im Anfang nach dem Ingangsetzen unregelmäßig, zumal wenn
die erteilte Amplitude zu groß ist. Das Verhältnis der Schwingungsdauern der
Pendel V und VI, das vorher und nachher = 1,0000097 ist, hatte sich dabei
auf 1,0000067 verkleinert.
— 88 —
Genauigkeit der Resultate wird mithin — vorausgesetzt, daß die
Anzahl der unabhängigen Beobachtungsreihen groß genug ist —
durch den mittleren Fehler dieser aus allen Beobachtungsreihen ge-
wonnenen Verhältnisse der Schwingungsdauern gegeben sein.
Die Beobachtungen ergeben folgendes:
Beobachtungen 1900. Juni.
1. Beobachtungen in Stuttgart tg/t, ^ = 0,9994265 + 0,000000225
2. Beobachtungen in Stuttgart No. III und in
Karlsruhe No. IV ~t^ ^ 1,0005392 + 0,00000024
Daraus würde sich unter Zugrundelegung des von Herrn Haid
ermittelten Wertes von g für Karlsruhe von 980,982 cm für Stutt-
gart ergeben
g^^ = 980,914(08 1 + 0,00064 cm.
Pendel I hatte seine Schwingungsdauer gegen Pendel III und IV
nach der Rückkehr von Karlsruhe nicht unbeträchtlich geändert, be-
rechnet man aus dem Mittel aller in Stuttgart erhaltenen Werte tg/t,
den Wert von g für Stuttgart aus diesen Beobachtungen von Pendel I
und III, so erhält man nahe denselben Wert ^.
Beobachtungen 1904. März.
Für diese Beobachtungen ist zunächst zu wiederholen, daß auch
hier eines der (neuen) Pendel No. VI seine Schwingungsdauer nach
der Rückkehr nach Stuttgart gegen die der übrigen Pendel geändert
hatte, so daß ich es nicht weiter berücksichtigt hätte, wenn sich
nicht ergeben hätte , daß diese Veränderung erst auf dem Rück-
transport von Karlsruhe nach Stuttgart stattgefunden hat. Es sind
deshalb für die Ermittelung des Verhältnisses der Schwingungsdauern
in Stuttgart nur die Beobachtungen vor der Abreise nach Karlsruhe
benutzt worden.
Es ergab sich folgendes:
^ tg bedeutet die reduzierte Schwingungsdauer des Pendels No. III etc.
■•* Andere Forscher haben für Fehler unbekannter Ursachen angenommen,
daß die ermittelte Schwingungsdauer des einzelnen Pendels noch um 2 Einheiten
der 7, Dezimale unsicher wäre ; da es sich bei mir um die Verhältnisse der Schwin-
gungsdauern bei meiner Methode handelt, so wird ein mittlerer Fehler von
+ y 8^ = + 2,83 in Einheiten der 7. Dezimale resultieren ; berechnet nian hier-
aus die Unsicherheit, die dem oben gegebenen Wert von g = 980,914(08) an-
haftet, so rindet man + 0,00107.
— 89 —
Messung durch Pendel V und VI.
(No. V blieb in Stuttgart, No. VI wurde nach Karlsruhe gebracht.)
1. Beobachtungen in Stuttgart y% = 0,9999575(6 i + 0,000000131
2. Beobaclitungen in Stuttgart No. V und
in Karlsruhe No. VI t^'/t^' = 1,0000097 +0,000000193
Daraus würde unter den obigen Voraussetzungen für die Schwer-
kraft in Stuttgart folgen
g^^ = 980,917(77) + 0,00046.
Messung durch Pendel VII und VIII.
(No. VII blieb in Stuttgart, No. VIII kam nach Karlsruhe.)
Pendel VIII hatte nach der Rückkehr nach Stuttgart seine
Schwingungsdauer gegen VII und V nicht geändert. Es ergaben :
1. Beobachtungen in Stuttgart t^/tg = 1,0000825(98) + 0.000000099
2. Beobachtungen in Stuttgart No. VII
und in Karlsruhe Xo. VIII t^'/t/ = 0,9998848 + 0,00000029
Daraus folgt wiederum unter Benutzung des Wertes von g für
Karlsruhe = 980,982
g^j = 980,917(96) + 0,00061 \
Wie erwähnt, war der Pendelraum unter der Zeit von 1900
bis 1904 in einen anderen Raum des Hochschulgebäudes verlegt, so
daß die Messungen von 1904 in diesem anderen Raum stattfanden,
der, wie schon oben mitgeteilt, 5 m nördhcher, 50 m östhcher und
3,175 m tiefer lag; daraus ergibt sich eine -|- Korrektion von 0,0009 cm
für gst für die Messungen im Jahr 1900.
Es ergeben sich mithin folgende Resultate :
Messungen (März) 1904.
Messungen (Juni) 1900
(übertragen auf den neuen Pendelraum).
Höhe der Pendellinse 247,3 m NN.
g^t = 980,914(98) + 0,0008
(aus Beobachtungen mit Pendel No. III
und No. IV).
Höhe der Pendellinsen 247,3 m NN.
g^^ = 980.917(96) + 0,00061
(aus Pendel VII und VIII).
g^^ = 980,917(77) + 0,00046
(aus Pendel V und VI).
Mittel: 980,917(86).
^ Macht man auch hier wieder die willkürliche Annahme, daß eine un-
bekannte Fehlerquelle in der Bestimmung der Schwingungsdauer noch außerdem
eine Unsicherheit von 2 Einheiten der 7. Dezimale verursachte, so würde sich für
ggt aus den Messungen von Pendel V und VI eine Unsicherheit von + 0,00090 cm,
aus den Messungen mit Pendel VII und VIII eine solche von + 0,00099 cm
ero-eben.
- 90 —
Es ergibt sich mithin eine Änderung der Schwere in Stuttgart
(unter Voraussetzung der Konstanz derselben in Karlsruhe) von
rund + 0,0029 cm.
Dieser Betrag ist rund fünfmal so groß als der mittlere zu
erwartende Fehler und immer noch beinahe dreimal so groß als die
Unsicherheit der Werte von g, wenn man willkürlich aus unbekannten
Gründen noch einen weiteren Fehler in der Bestimmung des Ver-
hältnisses der Schwingungsdauer von 2,83 Einheiten der 7. Dezimale
einführt.
Ich glaube deshalb an der Realität dieser Änderungen nicht
zweifeln zu sollen. Es sind demgemäß Messungen in Vorbereitung,
um diese Frage systematisch zu untersuchen. In Stuttgart und
synchron an einer möglichst östlich und an einer möglichst südhch
gelegenen Station (Aalen und Tuttlingen sind in Aussicht genommen)
werden mehrmals im Laufe der kommenden Jahre Vergleichungen
der Schwerkraft ausgeführt werden, über deren Resultate später be-
richtet werden wird.
Stuttgart, im August 1904.
Phys. Institut d. Kgl. techn. Hochschule.
Deutsehlands Wasserwanzen \
Neu bearbeitet von Dr. Theodor Hüeber, Oberstabsarzt a. D. in Ulm.
Die Wasserwanzen, Hydrocorisae Latr. (Hydrocores Burm.,
Occulticornes Am. Serv. , Cryptocerata Fieb.), sind gekennzeichnet
durch sehr kurze, aus 3 — 4 einfachen, meist dicken (häufig be-
haarten, mitunter seitliche Verlängerungen tragenden) Gliedern zu-
sammengesetzte Fühler, die an der Unterseite des Kopfes, in einer
Vertiefung (Furche, Rinne, Grübchen) unter, bezw. hinter den Augen
eingelenkt sind und im Ruhezustand daselbst verborgen liegen (daher:
Cryptocerata). Der Kopf ist (mit Ausnahme der Gattungen Nepa
und Itanatra) sehr groß und hat große, stark hervorragende Augen;
der Scheitel ist von der größeren Stirne nie deutlich abgesetzt; das
Kopfschild ist klein; Wangen und Schläfen sind versteckt, ebenso
meist die Kehle, wegen der mehr senkrechten Kopfstellung; nur bei
den Nepini findet sich die wagerechte Kopfstellung und bei diesen
tritt auch die schmale Kehle wulstförmig hervor. Der Schnabel ist
* Seit Fieb er 's Veröffentlichungen sind die „deutschen Wasserwanzen"
nicht mehr bearbeitet worden ; in diesen rund 50 Jahren hat sich aber gar manches
geändert. Da nun die einschlägigen fremdsprachigen neueren Werke nur wenigen
zur Verfügung stehen, anderseits aber die Erforschung unserer heimischen Süß-
Avasserbecken. die Limnologie, in den letzten Jahrzehnten größeren Umfang an-
genommen hat und mit Vorliebe betrieben wird, so hoffe ich mit dieser zusammen-
stellenden Neubearbeitung einem mehrfach empfundenen und vielfach geäußerten
Bedürfnis Rechnung zu tragen ; auch für die Hemipteren-Freunde war es bisher
schwierig, sich in dem Wirrwarr der Cor*srt-Arten zurecht zu finden, — Für
weniger Orientierte sei hier noch bemerkt, daß die auf der AVasseroberfläche sich
tummelnden „Wasserläufer", die Gerrididen (und Hebriden) nicht zu den Wasser-
wanzen zählen, sondern im System vor den Schreitwanzen stehen; dieselben sind
schon in meiner Fauna Germanica, Hemiptera heteroptera (3. Heft. Ulm 1893.
p. 377—400) des näheren behandelt. H.
92 —
bei den Wasserwanzen überall kurz und hat eine dicke dreigliedrige
Scheide (welche bei Nepa aus einem Ausschnitt des Kopfschilds
hervorragt). Nebenaugen finden sich nur bei den (in Deutsch-
land fehlenden) Uferwanzen; den eigentlichen Wasserwanzen fehlen
sie. Das Schildchen ist, wo es vorkommt, sehr groß. Die Brust-
stücke sind zusammengesetzt, bezw. seitUch durch tiefere
Linien in mehrere Abschnitte geteilt; die Vorderbrust ist immer
groß ; die Mittelbrust (Mesosternum) sondert die Schultern (Scapulae),
die Hinterbrust (Metasternum) die Pleuren (Pleurae) ab; bei den
Corisiden finden sich auch noch Nebenpleuren (Parapleurae). Die
Halbdecken (Flügeldecken, Elytra) bestehen aus Corium, Clavus und
Membran; das Randfeld des Corium ist öfters scharf abgegrenzt
und anders gefärbt und trägt dann ein durch vertiefte Linien be-
grenztes Einsatzstück (am Grunde des Randfeldes der Überflügel)
von wechselnder Größe, das Emboli um; dieses Embolium ist
jedoch nicht vollständig analog dem Keil (Cuneus) der Capsiden,
welcher zwischen Corium und Membran eingeschaltet ist, während
das Embolium dem äußeren Coriumrand parallel läuft. Die Hinter-
flügel sind klar, wasserhell und zeigen nur wenige Längsadern. Die
Beine sind nicht nur bei den einzelnen Familien, sondern vielfach
sogar bei ein und demselben Individuum sehr verschieden gestaltet:
Die vorderen sind meist zu Raubbeinen (mit stark verdickten Schenkeln),
die hinteren zu Schwimmbeinen umgebildet (und an den Schienbein-
rändern mit Borsten besetzt). Der Hinterleib trägt öfters ein längeres
oder kürzeres Atemrohr. Der Körper selbst, d. h. die äußere Ge-
stalt bietet die größte Mannigfaltigkeit; der Rumpf ist flach, oder
dachförmig usw. ; der Brustkasten ist immer groß. Die Wasser-
wanzen sind insgesamt auf tierische Nahrung angewiesen (Fleisch-
fresser, Raubtiere), und leben, mit Ausnahme der an Ufern sich
findenden Pelegoniden, im (süßen) W^asser selbst. Durch Stechen mit
ihrem Schnabel vermögen sie, auch gefangen, schmerzhaft zu ver-
letzen. Zum Atmen kommen sie an die Wasseroberfläche, manche
häufiger, manche seltener; einzelne schwimmen mit nach oben ge-
wendetem Bauch, weil an ihm die Luftlöcher liegen. Einige Arten
verlassen abends das Wasser und fliegen in der Dämmerung umher.
um auch in der Luft auf Beute auszugehen oder andere Wasser-
behälter aufzusuchen. Durch ihre kurzen Fühler und durch die
nach unten gebogene Stirne bilden die Wasserwanzen den Übergang
von den Heteropteren (Landwanzen) zu den Homopteren (Zirpen,
Cicadinen).
93
Übersichtstabelle der Familien (nach Puton und Saundeks).
1. (2.) Mit Nebenangen. Leben am Ufer der Gewässer.
Peleg'onides'.
2. (1.) Ohne Nebenangen. Leben im Wasser: die sämtlichen Übrigen.
3. (6.) Vorderbeine auf der Fläche oder dem vorderen Rande der Vorder-
brust eingefügt.
4. (5.) Fühler mit 4 einfachen Gliedern. Die Tarsen der mittleren
und hinteren Beine zweigliedrig. Ohne röhrenförmigen Hinter-
leibsanhang. Naucorides.
5. (4.) Fühler dreigliedrig, das zweite Glied mit seitlicher Verlänge-
rung. Sämtliche Tarsen eingliedrig. Am Hinterleib ein langer
röhrenförmiger Anhang. Nepides.
n. (3.) Vorderbeine am hintern ßand der Vorderbrust eingefügt.
7. (8.) Schnabel frei, mit 3 oder 4 Gliedern; Rückenschwimmer.
Notonectides.
8. (7.) Schnabel verborgen, scheinbar ungegliedert. . . . Corixides.
Fam. Nepides (Wasserskorpionwanzen).
Von sehr verschiedener Körpergestalt, entweder flachgedrückt
elliptisch oder sehr langgestreckt zylindrisch. Der kleine, platte,
dreieckige, fast horizontal gestellte Kopf ist kleiner und schmaler
als das anstoßende Pronotum ; die halbkugeligen Augen sind gewölbt
und vorragend ; der kurze, kleine, dreigliedrige Schnabel be-
findet sich an der Spitze des Kopfes, steht frei ab und ist gegen
die Brust zu leicht gebogen und allmählich zugespitzt; sein erstes
Glied ist am Grunde verengt, das zweite und dritte seitlich erweitert.
Die dreigliedrigen Fühler sind sehr kurz. Decken und Flügel
sind ausgebildet und bedecken den Hinterleib ; die Decken (Elytra)
bestehen aus Clavus, Corium und Membran, das Embolium ist un-
deutlich. Die Unterseite des Hinterleibs ist in ihrer Mitte längs-
gekielt bezw. dachförmig erhaben ; an der Spitze des Hinterleibs
befinden sich zwei lange, schmale, biegsame Fortsätze, welche
innen ausgehöhlt sind und aneinander gelegt die Atem röhre bilden.
^ Die Pelegoniden (denen sich die amerikanischen Galgulini, die Ufer-
skorpionswanzen anschließen) besitzen nur 2 paläarktische Arten und sind auf
deutschem Gebiete nicht vertreten; sie zählen zu den mit Nebenaugen (Ocelli)
versehenen Uferwanzen, Litoralia, im Gegensatz zu den nebenaugenlosen, nur im
Wasser lebenden Aquatilia. Die Pelegoniden sind kleine, kurz-eiförmige flache
Tiere von sammtartiger Oberfläche, in Form und Ansehen den Saldas ähnlich;
sie besitzen gleichförmig gebildete Laufbeine, leben am Ufer von Bächen und
springen wie fliegen gleich gewandt. Im südlichen Frankreich lebt der 6 mm
lange Pelegonus maritimus Latr.
— 94 —
Die klappenförmigen Vorderbeine sind zum Ergreifen der Beute als
Raubbeine umgebildet, während die schlanken Mittel- und Hinter-
beine zum Gehen unter Wasser, allenfalls noch zum Rudern (weniger
fürs Schwimmen) geeignete Gangbeine sind; die gebogene Vorder-
schiene bildet mit dem Vorderschenkel eine Klemme (Schere); der
zylindrische , fingerähnliche Vorderfuß ist gebogen und klauenlos ;
alle Füße (Tarsen) sind eingliedrig, die der Mittel- und Hinterbeine
tragen je 2 Klauen. Äußere Geschlechtsunterschiede fehlen.
Bei uns in Deutschland kommen nur 2 Gattungen dieser Familie
(mit je einer Art) vor, im allgemeinen träge Tiere, die (wegen mangel-
hafter Eignung der Hinterbeine) nur langsam schwimmen, aber gut
fliegen ; ihre Flüge unternehmen sie zur Nachtzeit. Sie leben auf
dem Grunde flacher, schlammiger oder solcher stehender Gewässer,
die viele Wasserpflanzen enthalten, woselbst sie langsam umher
kriechen ; man findet sie aber auch auf dem Lande, doch immer an
feuchten Stellen in der Nähe des Wassers. Sie sind sehr räuberisch
und bekämpfen sich sogar untereinander. Die Eier werden an Wasser-
pflanzen befestigt; sie tragen an ihrem einen Ende lange Fäden
oder Zipfel (7 bei Nepa, 2 bei Ranatra).
Übersicht der Gattungen.
Leib von oben nach unten flachgedrückt, eiförmig; an den
Vorderbeinen sind die Hüften kürzer, die Schienen fast so lang wie
die Schenkel Xepa Lix.
Leib sehr lang gestreckt, fast zylindrisch ; an den Vorderbeinen
die Hüften so lang, die Schienen aber viel kürzer als die Schenkel.
Ranatra Fab.
Nepa LiN.
Leib länglich eiförmig, von oben nach unten sehr flachgedrückt,
hinter der Mitte der Decken am breitesten ; der kleine, fast horizontale
Kopf ist bis zu den Augen in das Pronotum eingesenkt; die kleinen,
kugelig gewölbten Augen sind nach unten und vorne in eine Spitze
ausgezogen, an welcher, an der Unterseite des Kopfes, die Fühler
eingelenkt sind. Der kurze , dicke , an seinem Grunde zusammen-
geschnürte Schnabel ist abwärts gerichtet. Die kleinen, dreigliedrigen
Fühler sind in der Ruhe versteckt am Hinterrand der Augen hinauf-
geschlagen ; ihr zweites Glied ist größer als das erste und in einen
seitlichen Fortsatz verlängert; das dritte und längste Glied ist zu-
gespitzt. Das trapezoide Pronotum hat scharfkantige , fast gerade
Seitenränder, einen tiefen Ausschnitt im vorderen Rand (zur Auf-
— 95 -
nähme des Kopfes) und eine unebene höckerige Fläche. Das drei-
eckige spitzige Schildchen ist sehr groß. Die ersten beiden Hinter-
leibsglieder sind vollkommen miteinander verwachsen ; an der Unter-
seite des Hinterleibs finden sich jederseits 2 vertiefte Längslinien.
Das einzig äußerlich sichtbare Genitalsegment ist in beiden Ge-
schlechtern gleich gebildet. Am Hinterleib findet sich eine lange
hornige Atemröhre, deren zwei Teile nach dem Tode auseinander-
weichen. An den Halbdecken ist das Randfeld des Coriums. sehr
schmal, ohne besondere Färbung; das Embolium fehlt; die Membran
ist nur wenig dünner als das Corium, undeutlich abgesetzt, mit einem
Netzwerk von Nerven. Die Beine sind mäßig lang ; die Hüften der
Vorderbeine sind kurz und sehr dick, die Vorderschenkel verdickt
mit tiefer Rinne an der Unterseite zur Aufnahme der gebogenen, an
ihrer Innenseite gefurchten Schiene ; Mittel- und Hinterbeine sind
gleich gebildet und haben kleine Hüften ; die Füße (Tarsen) sind
eingliedrig; an den Vorderfüßen findet sich eine kleine, einfache
Klaue, an den Hinterfüßen 2 sehr große Klauen.
Näheres über den inneren Bau dieser Gattung findet sich
(außer in L. Dufoür's Recherches anatomiques et physiologiques sur
las Hemipteres. Paris 1833) in Bürmeister's Handbuch der Entomo-
logie, n. Berlin 1835 (p. 196—198) und in Flor's Rhynchoten Liv-
lands, Dorpat, I, 1860 (p. 758 — 762).
1 (619)^ cinerea Lin.
Aschgrau oder matt graubraun (nur selten schwarz), die Brust
graugelblich, der Hinterleib auf der Oberseite größtenteils gelbrot
(beim Weibchen einfarbig, bei Männchen mit mehr oder weniger
Schwarz), Unterseite rötlich mit vier schwärzlichen Seitenflecken,
wechselnd ; Oberfläche fein gekörnt ; das Pronotum runzelig, höckerig,
im hinteren Drittel eine Querrille. Die gleichfalls gerunzelten, den
ganzen Hinterleib umfassenden Halbdecken mit netzförmig verbundenen
Adern ; die rauchbraunen Unterflügel am Grunde mit blutroten Nerven ;
die gelbhchen Atemröhren nicht so lang als der Hinterleib. Die grau-
gelblichen Beine unregelmäßig braun gefleckt und geringelt ; Schienen
und Tarsen der Hinterbeine inseits mit feinen langen weißen Haaren
besetzt. Die Männchen im allgemeinen kleiner als die Weibchen.
Länge 17 — 22 mm, der Schwanzanhang etwa 11 mm.
' Die eingeklammerte Zahl ist die laufende Nummer meines Katalogs der
deutschen Wanzen (Berlin. R. Friedländer. 1902).
— 96 —
Nepa cinerea Linne, Syst. Nat. Ed. X, 1758, 440, 5. — Faun.
Suec. 1761, 245, 906. — Sülzer, Kennzeichn. 1761, 25, tab. X.
flg. 68. — ScoPOLi, Entom. Carn. 1763, 119, 350. — Houttüin, Nat.
Hist. 1765, I, X, 310, 5, tab. 81, fig. 7. — P. Müller, Linn. Nat.
1774, V, 472, 5, tab. XI, fig. 7. — Fischer, Nat. Livl. 1778, 141,
303. — Schrank, Enum. Ins. Austr. 1781, 281, 504. — Rossi, Faun.
Etrusc. 1790, II, 221, 1275. — Donovan, Nat. Hist. 1792, I, 41,
tab. 18. — Fabricius, Entom. Syst. 1794, IV, 63, 7. — Syst. Rhyng.
1803, 107, 8. — Cederhielm, Faun. Ingr. 1798, 267, 841. — Schellex-
berg, Land- und Wasserwanzen, 1800, 32, tab. 14. — Lamarck, Syst.
1801, 295, 48. — Hist. Nat. 1816, 517, 1. — Schrank, Faun. Boic.
1801, H, 61, 1081. — Walkenaer, Faun. Paris. 1802, 334, 1. —
DiviGüBSKY, Faun. Mosqu. 1802, 122, 328. — Panzer, Faun. Ins.
Germ. 1805, 95, 14. — Latreille, Hist. Nat. 1802, HI, 255. —
1804, XH, 284, 2. — Gen. Crust. et Ins. 1807, 148, 1. — Shaw,
Gen. Zool. 1806, 157, tab. 55. — Zetterstedt, Faun. Läpp. 1828,
506, 1. — Ins. Läpp. 1840, 283, 1, — Fallen, Hem. Suec. 1829,
170, 1. — Laporte, Ess. class. syst. 1832, p. 18. — L. Dufoür,
Rech. 1833, 209, 1. — Herrich-Schäffer, Nom. entom. 1835, p. 63. —
Wanz. Ins. VIII, 1848, p. 21, fig. 796. — Wanz. Ins. IX, 1853, 29.
— Burmeister, Handb. d. Entom. 1835, II, 196, 2. — Brülle, Hist.
d. Ins. 1835, p. 265, tab. 22, fig. 5. — Spinola, Ess. 1837, p. 52.
— Costa, Cim. reg. Neap. Cent. 1838, I. 10, 1. — Cürtis, Brit.
Entom. 1839, XVI, 700. — Westwood, Introduct. 1840, II, Syn.
p. 119. — Blanchard, Hist. d. Ins. 1840, 90, 1. — Amyot et Serville,
Hist. d. Hem. 1843, 440, 3. — Fieber, Gen. Hydrocor. 1851, 23. —
Eur. Hem. 1861, 102. - Flor, Rhynch. Livl. 1860, I, 762, 1. —
Douglas and Scott, Brit. Hem. 1865, 584, 1. — J. Sahlberg, Syn.
Amph. et Hydr. Fenn. 1875, 271, 1. — Saunders, Synops. 1876.
642, 1. — Hem. Het. of the brit. isl. 1892, p. 327, pl. 30, fig. 10.
— PüTON, Synops. 1880, I, 214. — Cat. 1899, p. 80. — Reüter,
Revis. synon. 1888, II, p. 370, No. 345.
Nepa scorpio aqitaticus Degeer, Mem. 1773, III, 361, 1, tab. 18,
fig. 1—15.
Hß2)a cinerea Geoffroy in Fourcroy, Entom. Paris. 1785, 222, 2.
Nepa Amyot, Entom. fr. Rhynch. 1848, p. 322, No. 361.
Bayern : Bei Regensburg und Nürnberg gemein. Kittel. —
Bei Bamberg. Funk. — Württemberg. Roser. — In der Ulmer
Gegend in stehenden Gewässern, nicht selten. Hüeber. — Baden;
— 97 —
Eggenstein. 8. Meess. — Elsaß-Lothringen: Partout au fond des
mares. Reiber-Puton. — Westfalen : Überall in großen Tümpeln und
Gräben, sowie auch in stagnierendem Flußwasser gemein ; im Sommer
auch die Larven ; im Winter im Geniste. Westhoff. — Thüringen :
Überall häufig. Kellner-Breddin. — Schleswig-Holstein : Das unter
dem Namen „Wasserskorpion" bekannte Tier ist überall in stehenden
Gewässern häufig. Wüstnei. — N. S. Insel Borkum : Nicht oft, doch
auch Larven gefischt. Schneider. — Mecklenburg: In allen Ge-
wässern gemein. Raddatz. — Schlesien: Am Ufer stehender Ge-
wässer zwischen Steinen und Wasserpflanzen sehr gemein. Scholz.
— In der Ebene und im Gebirge, in stehenden Gewässern, in der
Nähe des Ufers, das ganze Jahr hindurch, häufig . . . Assmann. —
Provinz Preußen. Brischke.
Überall gemein in stehenden Gewässern, am Ufer zwischen
Steinen und Wasserpflanzen, denen das Weibchen die ovalen Eier
anheftet. Die Larven sind kürzer und breiter, als die vollendeten
Insekten, haben eine hellere Farbe, dickere kürzere Beine, eingliedrige
Füße und viel kürzere, dickere Atemröhren. Sie sind sehr gefräßig
und nähren sich von kleineren Wasserinsekten. Bürmeistek.
Überall gemein in und auf dem Schlamm in stehenden Ge-
wässern, Bächen usw. Fieber.
[Schweiz: Bekannt unter dem Namen Wasserskorpion, findet
sich überall in der ganzen Schweiz in allen Sorten stillstehender und
langsam fließender Gewässer zwischen Steinen und Wasserpflanzen
das ganze Jahr hindurch; schwimmt mit dem Rücken nach oben,
bedeutend langsamer als alle bis jetzt bekannten Wasserwanzen
(Corisa, Notoneda, Plea), da die dünnen Laufbeine nicht so zum
Schwimmen geformt sind, wie diejenigen der genannten Familien.
Man trifft daher die Nepae überhaupt mehr auf dem seichten Grunde
der Ufer und an den Bördern der Gewässer an, wovon sie sich dann
bei der Annäherung menschlicher Tritte schwerfällig nach der Tiefe
ziehen. Frey-Gessner. — Tirol : Auf dem Schlamme in den Alt-
wassern der Taltiefen, anscheinlich durch ganz Tirol . . . Bozen,
besonders im großen Abzugskanale . . . Gredler. — Steiermark : In
schlammigen Stellen an der Mur, St. Josef usw. 6. Eberstaller. —
Um Admont nicht selten. Strobl. — Nieder-Österreich : Bei Gresten
in schlammigen Gewässern. Schleicher. — Böhmen : In stehenden,
schlammigen Gewässern überall gemein. Düda. — Frankreich: Com-
mune aux environs de Paris et dans toute l'Europe. — Cet insecte
n'a aucune vivacite et se traine lentement au fond des eaux dans
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. 7
- 98 —
la vase, oü il se laisse prendre sans chercher ä s'ecbapper. II est
essentiellement carnassier ; il vit d'autres insectes aquatiques qu'il
saisit avec ses pattes anterieures entre la cuisse et la jambe ; les
quatre autres pattes seules lui servent ä nager. II attaque meme
sa propre espece. Amyot. — Toute la France, commune dans les
mares. Püton. — England : Common in mud at the bottom of
ponds etc. and generally distributed. Saunders.]
Manatra Fab.
Für diese Gattung gelten die meisten Kennzeicben der vorher-
gehenden {Nepa L.), nur daß ein gestreckterer Bau aller Organe
vorwaltet: der Leib ist lang und zylindrisch, das in seiner Mitte
verschmälerte drehrunde Pronotum ist besonders lang, sein vorderer
Rand nur so breit wie der Kopf zwischen den Augen, sein Grund
tiefwinkelig ausgeschnitten , der Kopf also selbst breiter als der
Pronotumvorderrand, die Augen stark hervortretend, das Schildchen
rautenförmig ; die Halbdecken sind nicht ganz so lang wie der Hinter-
leib, die Membran ist deutlich und durch eine Naht vom Corium
geschieden. Die Hinterleibsanhänge sind länger als der Hinterleib
selbst. Die Beine sind sehr lang, die Vorderhüften (zum Unterschied
von der Gattung Nepa) vielfach (6mal und mehr) länger als die
Schenkelhälse, fast länger als die leicht gekrümmten, mit scharfem
Zahn am ünterrande versehenen Schenkel, welche auch noch eine
Rinne zur Aufnahme von Tibia und Tarsus im Ruhezustand auf-
weisen; die beiden letzteren reichen an den Vorderbeinen nur bis
zur Mitte der Schenkel ; die Schienbeine sind (wie bei Nepa) deut-
lich gewimpert; die Tarsen sind kurz und vorne ohne Kralle. An
den Fühlern ist der Fortsatz des zweiten Glieds länger und stärker,
das dritte Glied kürzer, dabei aber dicker als bei Nepn. — Auf
dem Leib dieser (sowie ausländischer) Arten bemerkt man kleine
rote birnförmige Körper verschiedener Größe , welche die Hülsen
schmarotzender in die Gattung Ihjärarachna gehöriger Wasser-
milben sind.
2 (620) linearis Linn.
Schmutzigbräunlichgelb oder graugelb, der Hinterleib oben
orangerot, an den Seiten gelblich, Ende der Schienen und Klauen
schwärzlich. Der Vorderrand des in seiner Mitte verengten Pronotum
winklig ausgeschnitten, die Seiten geschweift, der Grund zweimal so
breit wie der Vorderrand. Atemröhren so lang wie der ganze Leib.
— 99 —
Unterfiügel milchig durchscheinend, etwas irisierend, die gelbhchen
Adern am Grunde bräunhch. Länge 30 — 35 mm.
Nepa linearis Linne, Syst. Nat. Ed. X, 1758, 441, 7. — Faun.
Suec. 1761, 245, 908. — Houttuin, Nat. Hist. 1765, I, X, 317, 7,
tab. 81, fig. 9. — De Geer, Mem. 1773, III, 369, 2, tab. 19, fig. 1
bis 7. — P. Müller, Linn. Nat. 1774, V, 473, 7, tab. 11, fig. 9. —
Sulzer, Abgek. Gesch. d. Ins. 1776, 93, tab. 10, fig. 4. — Schrank,
En. Ins. Austr. 1781, 262, 505. — Faun. Boic. 1801, II, 61, 1082.
— Roemer, Gen. Ins. 1789, p. 79. — Villers, En. auct. 1789,
tab. 3, fig. 16. — Rossi, Faun. Etrusc. 1790, 222, 1276. — Donovan,
Brit. Ins. 1794, III, 87, tab. 105. — Lamarck, Syst. 1801, 295, 48.
— Shaw, Gen. Zool. 1806, 159, tab. 56.
Hepa linearis Geoffroy in Fourcroy, Entom. Paris. 1785,
222, 1.
Hanatra Amyot, Entom. fr. Rhynch. 1848, p. 325, No. 362.
Banatra linearis Fabricius, Nov. Ins. Gen. 1791, 1. — Entom.
Syst. 1794, IV, 64, 2. — Syst. Rhyng. 1803, 109, 2. — Cederhielm,
Faun. Ingr. 1798, 268, 842. — Schellenberg, Land- und Wasser-
wanzen. 1800, 31, tab. 13. — Walkenaer, Faun. Paris. 1802, 335, 1.
— Latreille, Hist. Nat. 1802, IH, 252. — Hist. Nat. 1804, XH,
282, 1. — Gen. Crust. et Ins. 1807, 149, 1. — Lamarck, Hist. Nat.
1816, 516, 1. — Le Peletier et Serville, Enc. meth. 1822, X,
267, 1. — Panzer, Faun. Ins. Germ. 1805, 95, 15. — Fallen, Hem.
Suec. 1829, 169, 1. — Curtis, Brit. Entom. 1829, VI, tab. 281. —
Laporte, Ess. class. syst. 1832, p. 17. — Dufoür, Rech. 1833, 207, 1.
— Hahn, Wanz. Ins. II, 1834, 30, fig. 131. — Herrich-Schäffer,
Nom. entom. 1835, p. 63. — Wanz. Ins. IX, 1853, p. 31. — Bur-
meister, Handb. d. Entom. 1835, II, 199, 1. — Brülle, Hist. d. Ins.
1835, p. 263, tab. 22, fig. 4. — Spinola, Essai, 1837, p. 52. —
Costa, Cim. Reg. Neap. 1838, I, 9, 1. — Westwood, Introduct. 1840,
II, Syn. p. 119. — Blanchard, Hist. d. Ins. 1840, 90, 1, tab. 1,
fig. 3. — Amyot et Serville, Hist. d. Hem. 1843, 443, 2. — Fieber,
Gen. Hydrocor. 1851, 24. — Eur. Hem. 1861, 102. — Flor, Rhynch.
Livl. 1860, I, 765, 1. — Douglas and Scott, Brit. Hem. 1865, 582, 1.
— J. Sahlberg, Syn. Amph. et Hydr. Fenn. 1877, 272, 1. — .Kolenati,
Mel. entom. VI, p. 62, 268. — Saunders, Synops. 1876, 642, 1. —
Hem. Het. of the brit. isl. 1892, p. 328, pl. 31, fig. 1. — Puton,
Synops. 1880, I, p. 214, 1. — Cat. 1899, p. 80. — Reuter, Revis.
synon. 1888, H, p. 370, No. 346.
7*
— 100 -
Bayern: Bei Regensburg nicht selten; desgleichen bei Nürn-
berg (Duzenteich). Kittel. — Bei Bamberg. Funk. — Württemberg.
Roser. — Bei Ulm in stehenden Gewässern (Einsinger Ried usw.),
nicht häufig. Hüeber. — Baden: Leopoldshafen, Karlsruhe, 3; Beiert-
heim, 8. Meess. — Elsaß-Lothringen: Au fond des mares, comme
Nepa cinerea, mais moins abondant. Reiber-Pdton. — Westfalen : In
größeren, besonders mergeligen Tümpeln, jedoch nicht überall. Bei
Münster . . . : im Sommer auch die Larven. Westhoff. — Thüringen :
Cumbacher und Siebleber Teich, selten. Kellner-Breddin. — Schleswig-
Holstein : In tieferen Mergelgruben und Teichen, verbreitet, aber selten.
Wüstnei. — Mecklenburg: Ich fing nur 1 Stück in einem Teiche in
der Nähe von Schwerin. Raddatz. — Schlesien: In stehenden Wässern
mit schlammigem Grunde, in Fischteichen, häufig ; hält sich auf dem
Grunde auf. Scholz. — Sowohl in der Ebene als im Gebirge, auf
dem schlammigem Grunde stehender Gewässer, besonders in Fisch-
teichen, vorzüglich im Frühjahr, jedoch nicht gerade häufig . . .
Assmann. — Provinz Preußen. Brischke.
Häufig auf dem Grunde stehender Gewässer : Larve ebenda,
dem ausgebildeten Insekt ähnhch, aber ungeflügelt oder mit Flügel-
ansätzen und kürzerem Atemrohr. Auf dem Leibe . . . Bürmeister.
Auf dem Schlamm stehender Gewässer, durch das ganze Ge-
biet (Europa). Fieber.
[Schweiz : Nicht überall ; auf dem Boden stehender Gewässer,
in Sümpfen, Wiesentümpeln, Torfgraben, schwimmt trotz seiner
schlanken Gestalt fast ebenso bedächtig wie Nepa cinerea und scheint
ebenfalls mehr auf das Gehen angewiesen zu sein. Bei Morsee
ziemlich häufig in tiefen Gewässern . . .; um Aarau im März und
September selten. Frey-Gessner (1864). — Tirol: Südtirol, Bozen,
im Kühbacher Weiher ; Sigmundskron, im Bozener Abzugskanal häufig
und im Winter an daselbst einmündenden Quellen versammelt; in
Welschtirol, wie namentlich um Roveredo, in stillfließenden, schilf-
reichen Wassern. Gredler. — Steiermark: Teich bei Maria-Grün im
Frühling, nach Dorfmeister. Eberstaller (1864). — Mir aus Steier-
mark noch nicht bekannt. Strobl (1899). — Böhmen: Mit Neim
cinerea, aber nur einzeln. Duda. — Frankreich: Commune partout
dans les eaux stagnantes, au commencement du printemps; quelquefois
aussi dans les rivieres. Les Ranätres sont tres voraces et fönt con-
tinuellement la chasse aux autres insectes. Elles volent tres bien
et se trarsportent, principalement le soir ou dans la nuit, d"une mare
a Fautre, surtout quand celle oü elles sont commence a se dessecher.
— 101 —
La larve a les filets abclominanx moins longs que l'insecte parfait.
Amyot. — England: Rarer than Nepa, in ponds, on the bottom.
Saünders.J
Farn. Naiicorides.
Körper breit-eiförmig, flach gewölbt, mit scharfen Rändern.
Kopf mit den Augen tief in den vorderen Pronotumausschnitt ein-
gesenkt. Die dreieckige Oberlippe bedeckt das erste Schnabelglied.
Der kurze starke Schnabel ist dreigliedrig. Die Fühler bestehen aus
4 einfachen Gliedern und sind unter den Augen verborgen. Das
Schildchen ist dreieckig, groß; das Pronotum in die Quere gezogen;
der Bauch gekielt; Hinterleibsanhänge fehlen. Die ausgebildeten
Halbdecken zeigen Corium, Clavus, Embolium und Membran, letztere
vom Corium wenig verschieden und ohne Nerven (Adern). Die Vorder-
beine sind zum Rauben, die Hinterbeine zum Schwimmen eingerichtet;
die Hüftpfannen der Vorderbeine sind ausgeschnitten und ins Prono-
tum eingegraben ; die Vorderschenkel verbreitert und verflacht ; die
Tarsen der vorderen Beine sind ein- oder zweigliedrig, jene der
mittleren und hinteren Beine zweigliedrig mit je 2 Klauen.
Übersicht der Gattungen.
Kopf dreieckig; Stirne von oben sichtbar; viertes Fühlerglied
das längste ; der lange , pfriemenförmige Schnabel reicht über die
Vorderhüften hinaus; Vorderschenkel an ihrem Grunde nur wenig
erweitert ; alle Füße zweigliedrig und mit 2 Klauen ; Flügelzelle un-
geteilt AphelocJieirus Westw.
Kopf in die Quere gezogen ; Stirne von oben nicht sichtbar ;
drittes Fühlerglied das längste ; der kurze, konische Schnabel reicht
kaum bis zu den Vorderhüften ; Vorderschenkel stark verbreitert und
am Grunde zusammengedrückt; die gebogene Vorderschiene bildet
mit dem Schenkel eine Klemme (Schere) ; Vorderfüße einghedrig und
ohne Klaue, hingegen Mittel- und Hinterfüße zweigliedrig und mit
2 Klauen bewehrt; Flügelzelle zweiteihg . . . Nmicoris Geoffr.
NB. ! Die Famihe der Belostomiden mit 5 paläarktischen Arten,
jedoch ohne Vertretung in Deutschland, wird von der neueren Syste-
matik von den Naucoriden abgetrennt. Belostomum grande L. in
Südamerika, 4" lang, ist der größte Kerf dieser Ordnung.
Aphelocheiriis Westw.
Kurz-eiförmig und sehr flach; Kopf schmal, dreieckig; die
großen schwarzen Augen etwas länglich ; Schnabel lang, dünn, leicht
— 102 —
gebogen, scheinbar dreigliedrig, dem Körper anliegend; das halb-
kreisförmige Pronotiim an seinem Grunde zweimal so lang als die
Entfernung seiner Vorderwinkel beträgt: Schulterecken vorstehend;
Schildchen ziemlich groß mit erhabenem Grund; Connexivum (d. h.
der von der Bauchseite auf den Rücken umgeschlagene Verbindungs-
randstreif) in den hinteren Ecken bei beiden Geschlechtern dorn-
artig verlängert. Die etwa augenlangen Fühler, frei unter ersteren
eingelenkt, haben 4 Glieder, deren erstes sehr kurz, das zweite etwas
länger, das dritte zweimal länger als dieses, das vierte gleich lang
dem dritten ist; sie enden in eine scharfe Spitze etwas über der
Augenseitenlinie. Das letzte Hinterleibssegment ist beim Männchen
verlängert, dreieckig und bedeckt fast ganz die Genitalsegmente,
während beim Weibchen alle Hinterleibssegmente scharf abgegrenzt
sind und der letzte, hinten breit ausgerandete Hinterleibsabschnitt
die Genitalsegmente vortreten läßt. Die Flügel sind meist ver-
kümmert, nicht ausgebildet, nur durch eine quere Schuppe (die zwei-
mal so lang wie das Schildchen) angedeutet ; sind sie , was sehr
selten der Fall, entwickelt, so zeigen sie eine deutliche Membran.
Die zusammengedrückten Schenkel sind ziemlich gleichförmig, die
vorderen etwas breiter, die hinteren etwas länger; die Schienen der
Vorder- und Mittelbeine sind fast stielrund, jene der Hinterbeine
zusammengedrückt; die Vorderfüße bestehen aus 2 Gliedern und
besitzen 2 Klauen.
3 (621) aestivalis Fab.
Breit- eiförmig, flachgewölbt, oberseits von mattem, dunklem
Graubraun, dabei fein lederartig gerunzelt; Kopf, Schnabel. Hüften
und Beine gelbbräunlich (lehmgelb). Das halbkreisförmige, flache,
vorne tief ausgeschnittene Pronotum hat einen runden, scharfen,
breitgelben Rand (besonders hinten), einen geradlinigen Grund und ist
(nebst Schildchen und Decken) fein gerunzelt, während der Kopf mehr
punktiert ist. Die lederartigen braunen Halbdecken sind sehr kurz,
schmäler als der Hinterleib, schuppenartig abgerundet, einwärts nicht
zusammenstoßend und kaum bis zum Hinterrand des ersten Hinter-
leibssegments reichend ; am Grund ihrer äußeren Seite zeigen sie
kurz einen erhöhten, rinnenförmigen gelben Rand. Der abgerundete
flache Hinterleib ist oben braun, die hinteren Seitenwinkel jeden
Abschnitts sind breitgelb und laufen in eine lange scharfe Spitze
aus; Brust und Bauch sind dunkel. Von den hellgelben, ziemlich
gleichartigen Beinen sind die vorderen kürzer, die hinteren merklich
I
- 108 —
länger, die Schenkel mit seidenartigen Haaren besetzt, die Vorder-
schenkel am Grunde etwas verdickt, gegen ihre Spitze allmählich
enger werdend. Die Geschlechtsunterschiede sind schon oben (bei
den Gattungscharakteren) angegeben. Länge 9 — 10 mm. — Die
makroptere Form, mit ausgebildeten Halbdecken, ist außerordentlich
selten ; Fieber kannte nur ein Exemplar aus den Karpathen (in der
Sammlung des Dr. Frydvaldsky) und Püton kennt gleichfalls nur ein
einziges, aus der Gegend von Fassy (in der FAiRMAiRE'schen Samm-
lung); ein dritte-« hatte Westwood (England). Die Halbdecken sind
hier so lang wie der Hinterleib, aber nicht so breit wie dieser, die
dunkle Membran ist fast so lang wie das Corium und hat einen
lichten Fleck am Grunde.
Naucoris aestivalis Fabriciüs, Entom. Syst. 1794, IV, 67, 2. —
Syst. Rhyng. 1863, 111, 3. — Coquebert, Illustr. Icon. Ins. 1804,
I, 38, tab. X, fig. 4. — Walkenaer, Faun. Paris. 1802, 336, 2. —
Latreille, Hist. Nat. 1804, XII, 286, 3. — Lamarck, Hist. Nat. 1816,
520, 3. — Laporte, Ess. class. syst. 1832, p. 19. — Spinola, Ess.
1837, p. 54, 3.
Ap/ielocheints aestivalis Westwood, Introduct. 1840, II, Syn.
p. 119. — Douglas and Scott, Brit. Hern. 1865, 578, 1. — Stal,
En. Hem. 1876, V, 147, 1.— Saunders, Synops. 1875, 643, 1.
— Reüter, Revis. synon. 1888, II, p. 369, No. 344. — Puton, Cat.
1899, p. 80, 1.
ÄphelocJnra aestivalis Fieber, Gen. Hydroc. 1851, 16. — Eur.
Hem. 1861, 103.
Äphelochirus aestivalis Puton, Synops. 1880, I, 210, 1. —
Saunders, Hem. Het. of the brit. isl. 1892, p. 325 und pl. 30, fig. 9.
Äplielochira KerviUei Kuhlgatz, Wissenschftl. Meer, üntschg.
1898, HI, p. 144, tab. 3, fig. 1-3.
Äphelochirus x4myot, Entom. Fr. Rhynch. Meth. mon. 1848,
p. 316, No. 358.
Württemberg : Soll im Federsee (Oberschwaben) vorkommen. H.
— Elsaß-Lothringen : Metz ; se trouve ä la racine des potamogetons
oü eile devore probablement les larves de VHaemonia equiseti (B.);
Remiremont ; un exemplaire adherent a un goujon destine ä une
friture. Reiber-Puton. — Preußen : Bei Schwentine. Kuhlgatz.
Aus dem südhchen Frankreich und den Karpathen. Fieber (1861).
[Schweiz: Von diesem höchst seltenen Hemipteron fand ich
2 Exemplare im Nymphenzustand im Mai in einem Torfgraben bei
— 104 -
Walisellen. Das ausgebildete Tier muß daher im Juni und Juli vor-
handen sein. Geflügelte Exemplare gehören jedoch zu den größten
Seltenheiten. Frey-Gessner (1864). — Diese seltene Wanze lebt in
Torf- und fließendem Wasser, auf dem Grunde der Gewässer in
dichten Pflanzenrasen von Charen, Ranunkeln und dergleichen fein-
blätterigen Kräutern. In Aabach bei Lenzburg fand ich im Juni
und August Larven und Imagines in allen Stadien, d. h. ganz ent-
wickelte Stücke trotz allem sorgfältigen Suchen kein einziges, sondern
nur solche mit verkürzten Decken, hingegen sehr wechselnd von ganz
schwarz bis mit viel gelb an Kopf, Brustschild, Deckenrudimenten und
den Leibessegmenten. F. G. (1871). — Frankreich: Nord, Paris, Vosges,
Metz, Toulouse. Püton. — Gadeau de Kerville (Le Naturaliste, 1888,
IX, p. 199, fig.) hat die brachyptere Form in der Seine in großer
Zahl beobachtet, dabei aber, trotz aller erdenklichen Mühe, stets
erfolglos nach der makropteren Form gesucht.]
Dr. G. HoRVATH in Budapest hat 1899 in „Termeszetrajzi Füzetek,
XXII, p. 256 — 267" eine Monographie der Gattung Aphelocheirus
(in lateinischer Sprache, mit schematischen Abbildungen) veröffent-
licht, worin er 7 Arten dieser Gattung, darunter 4 neue beschreibt :
A. pallens (Neu-Guinea), Ä. lugubris (Madagaskar), A. nigrita (Ungarn
und Finnland) und die für diese meine Zusammenstellung in Betracht
kommende A. Montandoni, als deren Heimat (außer England, Ruß-
land, Rumänien, Schweiz, Frankreich) auch Deutschland: „Metz"
(Collect. PüTON et Mus. Vienn.) dortselbst angegeben wird. Ich persön-
lich bin zwar kein Freund der neuerdings so beliebten Gattungs-
zersplitterung und Schaffung neuer Arten, allein die Autorität des
Verfassers zwingt, im Interesse der erstrebten Vollständigkeit hier
des näheren zu berichten :
Horvath's Beschreibung lautet (ins Deutsche übertragen):
Aphelocheirus Montandoni no\. spec: Kurz-eiförmig, nach vorne
rascher sich verschmälernd als nach hinten, oben flachgedrückt, dicht
und ganz verschwommen runzelig punktiert, fast glanzlos, schwarz
oder schwarzbraun mit mehr oder weniger gelber Zeichnung ; stroh-
gelb sind : der Kopf, die Fühler, der Schnabel, die Beine, die Spitze
des Schildchens, der Hinterrücken, die Rückenseite des ersten Hinter-
leibsabschnitts sowie, meist nur schmal, die Seitenränder von Prono-
tum. Halbdecken und Hinterleib; der Kopf ist oberseits dicht und
fein punktiert, vorne wie glänzend, fast '/i länger als zwischen seinen
vorderen Augenwinkeln breit, der hintere Augenabstand so groß wie
das Auge lang; die Augen schwarz, von oben gesehen dreimal so
I
- 105 -
lang als breit; die Kehle hinten aufgebläht, das Pronotum ungefähr
^4 kürzer als der Kopf, seine Mitte leicht quer gerunzelt, seine
Seitenränder stark ausgebreitet, leicht gebogen, sein Hinterrand nicht
ganz viermal so breit als in der Mitte lang und wenig mehr als
noch einmal so breit wie der Abstand der vorderen Winkel, die
hinteren rechtwinklig und frei hervorragend ; das Schildchen fein
quer gerunzelt ; die Halbdecken rudimentär, breit abgerundet, manch-
mal schmal blaß gesäumt, das Embolium breit entfaltet, der äußere
vordere Winkel spitz und deutlich über den Seitenrand des Hinter-
leibs vorspringend; Hinterleib, Hinterrücken und Schildchen zusammen
deuthch kürzer als die größte Hinterleibsbreite; die Vorderwinkel
der 4 hinteren Abdominalsegmente verlängert und zugespitzt; di&
Mittelbrust der Länge nach gekielt. Länge 8V2 — 9, Breite 6^/4 bi&
7 mm.
Beim Männchen ist der vorletzte Hinterleibsabschnitt oben an
seinem hinteren Rande ziemlich breit und gerundet vorspringend ;
das Genitalsegment ist blaß.
Beim Weibchen ist der letzte Hinterleibsabschnitt oben quer
runzelig, die 2 oberen Genitalplatten der Länge nach gestreift, nach
hinten über die Hinterwinkel des letzten Hinterleibabschnitts nur
wenig vorspringend, ihr innerer Rand so lang als die Hälfte des
geraden mittleren Teils des Hinterrands des letzten Hinterleibs-
abschnitts am Rücken.
Diese Art ist durch ihren stark zusammengepreßten , kurz-
eilörmigen , nach rückwärts weniger verschmälerten Leib von derk
verwandten Arten leicht zu unterscheiden; von J,. aestivalis F., mit
welcher sie immer verwechselt wird, unterscheidet sie sich außerdem
noch durch ihre schwarze oder schwarzbraune Leibe.sfarbe , durch
die strohgelbe Färbung von Kopf und Mittelrücken, durch den breitere»
Hinterleib, durch das beim Männchen hinten breiter rund ausgezogene
vorletzte obere Hinterleibssegment und durch die 2 kürzeren und
weniger vorstehenden oberen Genitalplatten des Weibchens.
HoRVATH zitiert als synonym zu seiner A. Montandoni die oben
aufgeführten Beschreibungen Puton's und Saunders' (sowie eine Ver-
öffentUchung des letzteren in den Trans. Entom. Soc. London. 1876^
p. 643, 1).
Naucoris Fab.
Breit-länglich-eiförmig, flach, oben etwas gewölbt, glatt, kahl
und glänzend mit scharfen Seitenrändern, makropter (d. h. mit aus-
gebildeten Decken), durch den großen Kopf und die Bildung der
— 106 —
Vorderbeine von den nächststehenden Gattungen unterschieden. Der
quere Kopf ist zweimal so breit wie lang, fast so breit wie das
Bruststück, ins Pronotum eingelassen, so daß dessen Seiten und die
Augen mit dem vorderen Kopfrand eine ununterbrochene Kurve bilden.
Die Stirne klein, der Kopfschild (Clypeus) deutlich abgesetzt; der
Schnabel sehr kurz, konisch, dreigliedrig, fast dreieckig, sein erstes
Glied von der großen Oberlippe bedeckt. Die kurzen, knotigen, vier-
ghedrigen Fühler sind in einer Grube unter und hinter den Augen
versteckt ; ihr erstes Glied ist ringförmig, die andern etwas verdickt
(besonders 2 und 3) und mehr oder weniger zylindrisch, Glied 4
sehr klein. Das quere Pronotum ist vorne (zur Aufnahme des Kopfes)
tief ausgeschnitten, seine Seiten sind etwas geschweift, sein Grund
nur wenig breiter als der Vorderrand, seine vorderen Winkel spitzig
vorspringend. Das große Schildchen ist gleichmäßig dreieckig. Der
Hinterleib ist breit, flach, unbehaart und hat abwärts stehende Seiten-
ränder ; der Bauch ist in der Länge scharf gekielt ; das Connexivum
ist seitlich mit langen Haaren besetzt, die Hinterecken der Abschnitte
sind verlängert. Die lederartigen, fein punktierten Halbdecken (deren
•Grund schmäler als der Vorderrücken) bedecken nahezu die Hinter-
leibsspitze, Clavus und Membran sind durch Nähte vom Corium ge-
trennt, doch sind die beiden letzteren kaum voneinander verschieden
und fehlen die Membran-Adern. Das Embolium ist deutlich. Die
Vorderbeine sind zum Rauben eingerichtet und haben deshalb sehr
:große , stark erweiterte Schenkel , kleinere zylindrische gebogene
Schienen und einen einfachen eingliedrigen klauenlosen Fuß (Tarsus),
"der gleichsam nur eine Fortsetzung der Schiene ist. Die Mittel-
beine sind zusammengedrückt, an der äußeren Kante bewimpert, die
Tarsen zweigliedrig mit zwei langen Klauen ; Hinterbeine ähnlich,
mit langen Schwimmhaaren besetzt, nur sind hier die Krallen etwas
kürzer.
Die Naucoris schwimmen rasch, machen nächtliche Ausflüge
aufs feste Land, sind sehr räuberisch. (Flor.)
4 (622) cimicoldes Lin.
Grünlichbraun , glänzend ; am Kopf braune Tüpfel , in 2 läng-
liche Streifen geordnet und um jedes Auge eine vertiefte Punktreihe.
Das (gleich dem Kopf) gelblichgrünlich glänzende Pronotum ist (mit
Ausnahme der Seitenränder und eines breiten Randes am Grunde)
mit kleinen, braunen, zusammenfließenden Pünktchen bedeckt. Das
schwärzliche Schildchen ist an den Giund winkeln heller oder auch
— 107 —
gelb gesäumt. Rücken und Bauchmitte sind bräunlich. Das Con-
nexivum ist gelblichgrün , die Spitzen der Abschnitte dunkler. Die
dunkelolivfarbenen (grünbraunen) lederartigen Halbdecken sind dicht
fein punktiert, Clavus und Rand sind heller, die Membran ist fast
so groß wie das Corium ; die milchweißen Flügel sind breiter als
die Halbdecken. An den grünlichen Beinen sind die Vorderschenkel
birnförmig verdickt, die Schienen der Mittel- und Hinterbeine mit
starken braunen Dornen besetzt. — Die Eier sind länglich, zylindrisch,
etwas gekrümmt, weißlich, sehr glatt und an ihrem vorderen Ende
schief abgestutzt ; die Eischale (bei Vergrößerung) ohne Netzwerk.
Länge 12 — 16 mm.
Neya cimicoides Linne, Syst. Nat. Ed. X, 1758, 440, 6. ~
Faun. Suec. 1761, 245, 907. ~ Poda, Ins. Mus. Graec. 1761, 54, 1.
— HouTTUiN, Nat. Hist. 1765, I, X, 315, 6, tab. 81, fig. 8. -^
P. Müller, Linn. Syst. 1774, V, 473, 6, tab. XI, fig. 8. — Sulzer,
Abgek. Gesch. d. Inskt. 1776, 93, tab. X, fig. 3. — Schrank, En.
Ins. Austr. 1781, 262, 506. — Shaw, Gen. Zool. 1806, 158, tab. 56.
Ncpa naiicoris De Geer, Mem. 1773, 375, 3, tab. XIX, fig. 8
bis 13.
Nauptera Amyot, Entom. fr. Rhynch. 1848, p. 320, No. 359.
Ilyocoris Stal, Öf. Vet. Ak. Förh. 1861, p. 201. — II cimicoides
Stal, En. Hem. 1876, 144, 1.
Naucoris cimicoides Fabricius, Syst. Entom. 1775, 693, 1. — •
Entom. Syst. 1794, IV, 66, 1. — Syst. Rhyng. 1803, 120, 1. —
Geoffroy in Fourcroy, Entom. Paris. 1785, 219, 1. — Roemer, Gen.
Ins. 1789, p. 79. — Rossi, Faun. Etrusc. 1790, II, 222, 1277. —
Cederhielm, Faun. Ingr. 1798, 268, 843. — Schellenberg, Land- und
Wasserwanzen. 1800, 30, tab. XII, fig. 1 u. 2. — Panzer, Faun.
Ins. Germ. 1805, 95, 16. — Lamarck, Syst. 1801, 296, 160. —
Hist. Nat. 1816, 520, 1. — Schrank, Faun. ßoic. 1801, II, 62, 1083.
— Walkenaer, Faun. Paris. 1802, 336, 1. — Latreille, Hist. Nat.
1802, III, 254. — 1804, XII, 285, 1. — Gen. Crust. et Ins. 1807,
146, 1. — Donovan, Nat. Hist. of brit. Ins. 1806, XI, 61, tab. 381.
— Fallen, Hem. Suec. 1829, 176, 1. — Laporte, Ess. class. syst.
1832, p. 19. — Dufour, Rech. 1833, 207, 2. — Herrich-Schäffer,
Nom. entom. 1835, p. 63. — Wanz. Ins. IX, 1853, 38. — Kolenati,
Mel. entom. VI, 1846, p. 64, 270. — Burmeister, Handb. d. Entom.
1835, II, 193, 1. — Brülle, Hist. d. Ins. 1835, 271. — Spinola,
Essai s. 1. genr. d. Ins. Hem. 1837, 53, 1. — Costa, Cim. Reg.
— 108 —
Neap. 1838. I, 10, 1. — Westwood, Introduct. 1840, II, Syn. 119.
— Blanchard, Hist. d. Ins. 1840, 92, 1. — Amyot et Serville, Hist.
d. Hern. 1843, 433, 1. — Fieber, Gen. Hydroc. 1851, 17. — Eur.
Hern. 1861, 102, 1. — Flor, Rhynch. Livl. 1860, I, 753, 1. —
Douglas and Scott, Brit. Hem. 1865. 580, 1. — Saunders, Synops.
of Brit. Hem. Het. 1876, 643, 1. — Hem. Het. of the brit. isl. 1892,
325, pl. 30, fig. 8. — PüTON, Synops. d. Hem. Het. d. Fr. 1880, I,
211, 1. — Cat. 1899, p. 80, 1. — Reuter, Rev. synon. 1888, H,
p. 368, No. 342.
Bayern: Bei Regensburg, Nürnberg, Aschaffenburg gemein.
Kittel. — Bei Bamberg. Funk. — Württemberg. Roser. — Bei
Ulm in stehenden Gewässern häufig. Hüeber. — Baden : Leopolds-
hafen, Neureuth, 4; Maxau, 8. Meess. — Elsaß-Lothringen: Dans
les mares; souvent commun. Reiber-Püton. — Westfalen: Sowohl
in Lachen, Gräben und Tümpeln, als auch in langsam fließenden
Bächen und Flüssen gemein. Im Sommer die Larven. Im Winter
nicht selten mit Nepa und Notonecta im Genist übergetretener Ge-
wässer. Westhoff. — Thüringen: Überall häufig. Kellner-Breddin.
— Schleswig-Holstein : In stehenden Gewässern , Teichen , Mergel-
gruben, im allgemeinen nicht häufig, wenn auch überall vorkommend.
Wüstnei. — N. S. Insel Borkum : Selten. Schneider. — Mecklenburg:
Überall in Gewässern häufig. An den ersten warmen Frühlingstagen
habe ich das Tierchen öfter im Fluge gefangen. Raddatz. — Schlesien:
Zwischen Wasserpflanzen in allen stehenden Gewässern sehr gemein.
Scholz. — In der Ebene und im Gebirge, in stehenden Gewässern
an Pflanzen, das ganze Jahr hindurch, jedoch nur stellenweise häufig . . .
Assmann. — Provinz Preußen. Brischke.
In allen stehenden Gewässern zwischen Wassergewächsen. Bur-
meister.
In stehenden Gewässern durch das ganze Gebiet (Europa).
Fieber.
[Schweiz : Überall in der ganzen Schweiz in beinahe allen
stehenden Gewässern bis in die Alpen hinauf; nicht sowohl in Ge-
sellschaften beisammen wie die Corisen und Verwandte, als vielmehr
den ganzen Wasserkomplex zerstreut besetzt haltend ; man tut selten
einen Zug mit dem Hamen über den Grund , ohne wenigstens ein
Stück zu erhaschen ; sie stechen übrigens empfindlich , wenn man
zufällig im Wasser an sie tritt, oder sie ungeschickt mit den Fingern
faßt. Frey-Gessner. — Tirol : In stehenden Gewässern einzeln bis
~ 109 —
an die Alpen; nährt sich, wie ich im Aquarium öfter zu beobachten
Gelegenheit hatte, hauptsächlich von kleinen Schnecken (Physa etc.);
Innsbruck, Salurn, am Wasserfalle auf dem Lande unter Steinen
lebend getroffen; in Gräben bei Tramin, an Konferven massenhaft;
auch im Loppio-See. Gredler. — Böhmen : In Teichen und Tümpeln,
überall verbreitet, doch nicht gemein. Düda. — Frankreich: Tres
commune dans les marais et les herbages aquatiques, dans toute la
France ; cet insecte nage avec une grande vitesse ; il sort aussi de
l'eau souvent, pendant la nuit, dit De Geer, pour voler dans la
campagne ; il est tres vorace et se nourrit de toute sorte de petits
animaux aquatiques qu'il saisit en nageant; il attaque tous ceux
qu'il rencontre avec un courage remarquable: c'est un de ceux qui
fönt le plus de carnage dans les eaux, soit ä l'etat de larve ou de
nymphe, soit ä l'etat parfait. Amyot. — Commune dans toute la
France. Puton. — England : In ponds not rare , and apparentlj-
widely distributed. Saünders.]
* niaculatus Fab.
Grünlich-gelbbraun, braun gefleckt, unterseits bleich. Kopf mit
braunen Längsstreifen ; am inneren Augenrand eine längliche grob
punktierte Vertiefung. Pronotum fein gerunzelt mit braunen Streifen,
welche die Gestalt eines W annehmen; Mittelbrust hinten kantig
erhöht und vorstehend ; Schildchen und Halbdecken mit zusammen-
fließenden verschwommenen grünbraunen Flecken. Membran der
Halbdecken bei beiden Geschlechtern viel kürzer als das Corium ;
unter den Halbdecken keine Flügel! Vorderschenkel fast drei-
eckig ; Schienen länger, weniger kräftig und weniger bedornt als bei
cimico'ides. Länge 10 mm. — Im südlichen Frankreich findet sich
manchmal auch die makroptere Form, bei welcher Clavus und
Membran deutlich durch Nähte vom Corium getrennt sind. — Die
Eier dieser Art sind stumpf-eiförmig, nicht abgestutzt und die Eischale
zeigt (bei Vergrößerung) ein rundmaschiges Netzwerk ; das Weibchen
klebt seine Eier Ende April an die Stengel von Wasserpflanzen. —
Amyot unterscheidet (1848) 2 Spielarten : maculata Fab.: Schildchen
und Halbdecken von ziemlich gleichfarbenem Dunkelbraun — und
subniaculata: Kopf und Vorderrücken ungefähr wie bei var. maculata
gefleckt, aber die Halbdecken (in beiden Geschlechtern) in gleicher
Weise wie Kopf und Vorderrücken gefleckt und nicht dunkelbraun.
Naucoris maculata Fabriciüs, Entom. Syst. Suppl. 1794, p. 525.
— Syst. Rhyng. 1803, 110, 2. — Latreille, Hist. Nat. 1804, XII,
— 110 —
285, 2. — Lamarck, Hist. Nat. 1816, III, 520, 2. — Burmeister,
Handb. d. Entom. 1835, II, 194, 2. - Brülle, Hist. d. Ins. 1835,
p. 272, 2. — Spinola, Essai, 1837, p. 54, 2. — Blanchard, Hist.
d. Ins. 1840, 92, 2, tab. I, fig. 4. — Amyot et Serville, Hist. d.
Hem. 1843, 434, 3. — Fieber, Gen. Hydroc. 1851, 17. - Eur.
Hern. 1861, 103, 2. — Reuter, Revis. synon. 1888, II, p. 369,
No. 343.
(Naucoris aptera Dufour, Rech. 1833, 77, 1.)
Naucoris Amyot, Entom. fr. Rhynch. 1848, p. 321, No. 360.
Naucoris maculatus Stal, En. Hem. 1876, 144, 1. — Puton,
Synops. 1880, I, 212, 2. — Cat. 1899, p. 80, 2.
[Elsaß-Lothringen : Remiremont \ rare. Reiber-Putox.]
In Frankreich, Italien und Sizilien, in Sümpfen und Morästen.
Fieber.
(Toute la France, assez commun, surtout dans le midi, mais
se trouve aussi dans le Nord. Puton.)
Das Verbreitungsgebiet dieser mehr südeuropäischen Art scheint
in den Vogesen seine östliche Grenze zu haben.
Farn. Notonectides (Rückenschwimmer).
Leib oberseits kielförmig längsgewölbt, seitlich etwas zusammen-
gedrückt. Kopf kurz, breiter als das Pronotum, an welches sein
Hinterrand stößt. Augen groß, rundlich, Stirne schief nach unten
gerichtet. Gesicht senkrecht gewölbt ; Schnabel sehr kurz , kegel-
förmig, mit starkem Grund (bei Notoneda mit 4, bei Flea mit 3 Glie-
dern). Fühler einfach, viergliedrig, unter den Augen eingelenkt.
Halbdecken so lang wie der Hinterleib, dachförmig, mit oder ohne
(nervenlose) Membran. Beine ziemlich gleichartig, die Hinterbeine
zum Rudern eingerichtet ; Pfannenhöhle der Vorderbeine im hinteren
Rand der Vorderbrust eingeschnitten ; Vorderschenkel an ihrem Grunde
leicht verdickt; Schienen der Hinterbeine fast dreikantig; Tarsen
zweigliedrig, abweichend von den Schienen gestaltet, beweglich ver-
bunden mit je 2 Klauen, die vorderen Tarsen nicht anders als die
übrigen.
Die Notonectae Fieb. sind Fleischfresser, kräftige Ruderer,
Rückenschwimmer und sehr mordlustige Tiere; mehrere zusammen-
lebend in einem Glas voll Wasser beginnen über Nacht einen Ver-
■ Remiremont liegt auf der westlichen, französischen Abdachung der
Vogesen. H.
— 111 —
tilgungskrieg, bei welchem nur eine als Siegerin übrig bleibt ; schließt
man das Glas nicht, so fliegen sie fort. Da die Stigmen auf der
Unterseite liegen, so müssen die Tiere, um zu atmen, unter die
Oberfläche des Wassers auf dem Rücken liegen, sie schwimmen dann
auch in der Lage lebhaft im Wasser herum. Auf dem Trocknen
schnellen sie , wie die Corisen , mehrere Zoll weit und entschlüpfen
einem leicht; auch stechen sie empfindlich. Frey-Gessner. — • Die
Eigentümlichkeit, auf dem Rücken zu schwimmen, hat dieser Familie
ihren Namen gegeben. Flor.
Übersicht der Gattungen.
Halbdecken hornartig, gleichförmig, lederartig, tief punktiert,
mit Clavus, aber ohne Membran; Unterflügel vielfach gefaltet, mit
ungeteilter Zelle. Schnabel dreighedrig. Embolium klein, schief,
dreieckig. Figur zierlich. Körper hinten schief gestutzt. Beine
gleichförmig, die hinteren etwas länger. Bauch längs gewölbt. Drei
Fußglieder Flea Leach.
Halbdecken pergamentartig, farbig, samtartig, mit Clavus und
großer, aber nervenloser Membran, hinten ausgeschnitten, dach-
förmig und die andere Halbdecke teilweise übergreifend (sattelförmig
gekreuzt). Zelle der Unterflügel zweiteilig. Schnabel viergliedrig.
Embolium groß, linear, den ganzen Außenrand der Halbdecke ein-
nehmend. Vorderschienen etwas breitgedrückt und gebogen. Bauch-
mitte kantig. Zwei Fußglieder Notoncda Lm.
J^otonecta Lin.
Körper so hoch wie breit, länglich eiförmig, oben stark ge-
wölbt bezw. kahnförmig zugeschärft ; die Bauchseite flach und stark
behaart. Kopf groß, kurz, breit; Scheitel unter halber Augenbreite;
Stirn nach vorn und unten gerichtet; Kopfschild fehlt, hingegen
sondert eine vertiefte gebogene Linie jederseits von der Stirne einen
Lappen ab : die Zügel, lorae. Augen groß, länglich aber nicht vor-
springend. Der viergliedrige kräftige Schnabel steht weit ab und
reicht bis zur Mittelbrust. Die kurzen Fühler sind viergliedrig.
Das transversale, stark gewölbte Pronotum ist zweimal so breit wie
lang, nach vorne zu stark verschmälert, seine Seiten gerade und
scharfkantig, sein Hinterrand fast gerade. Das große, fast gleich-
seitige Schildchen ist so breit wie das Pronotum am Grande. Der
an Seiten und Ende bewimperte Hinterleib ist oben dachförmig mit
herabgebogenen Seiten , weshalb der Bauch an den Seiten tief ge-
— 112 —
rinnt erscheint; in der Bauchmitte ein niedriger behaarter Längs-
kiel. Decken und Flügel sind ausgebildet und bedecken den ganzen
Hinterleib ; die Halbdecken sind mehr als zweimal so lang wie breit,
getüpfelt, mit deuthcher nervenloser Membran ; die Unterflügel sind
so groß wie die Decken. Embolium fehlt. Die Beine sind von
mittlerer Größe : die 2 Paar Vorderbeine ziemlich gleichgebildet und
gleich lang, die hinteren verlängert, ruderartig abgeplattet, lang be-
wimpert, ohne Krallen ; die Schenkel sind leicht zusammengedrückt
und kaum kürzer als die Schienen , die mittleren Schenkel zeigen
einen scharfen Zahn nahe ihrem Ende; alle Tarsen (Füße) sind
zweigliedrig. Die äußeren Genitalsegmente zeigen bei Männchen
und Weibchen äußerlich viel Übereinstimmendes.
Die Notonecten schwimmen sehr rasch und gewandt, während
sie auf dem Lande höchst unbeholfen sind ; sie unternehmen auch
nächtliche Ausflüge, verlassen dabei das Wasser, um sich auf das
Land zu begeben oder einen andern Tümpel aufzusuchen. Die
Hinterbeine dienen nur zum Schwimmen und können deshalb über
die vorderen hinweg sehr weit nach vorne gebracht werden ; wenn
«ie auf Wasserpflanzen oder außerhalb des Wassers, am Boden, sich
bewegen, so werden die Hinterbeine nur nachgeschleppt, während
sie sich beim Schwimmen allein bewegen und wie Ruder gebraucht
werden, die mit großer Schnelligkeit zurückgestoßen und wieder
vorwärts bewegt werden ; die Vorder- und Mittelbeine werden beim
Schwimmen nie gebraucht. Diese Tiere (welche in der alten wie
neuen Welt vorkommen) sind alle große Räuber, die selbst größere
und stärkere Tiere angreifen; die von ihnen gestochenen Tiere
sterben fast augenblicklich, wie man annimmt, infolge eines in die
Wunde gebrachten Giftes; sie bekämpfen und verzehren sich sogar
gegenseitig; auch für den Menschen ist ihr Stich sehr schmerzhaft,
doch dauert der Schmerz nicht lange an , ebenso wie die unbedeu-
tende Geschwulst bald schwindet ; beim Fangen muß man deshalb
diese Tiere von der Rückseite her fassen, um ihrem Schnabel zu
entgehen. Bei der Begattung, welche gegen Mitte Juli stattfindet,
steigt das Männchen nicht auf das Weibchen, sondern beide stellen
sich nebeneinander, das Männchen etwas tiefer als das Weibchen, und
schwimmen so, durch die Geschlechtsorgane miteinander verbunden,
gerade so schnell im Wasser umher, wie allein. Weiterhin legt
das Weibchen eine große Anzahl weißhcher, länglicher Eier, gewöhn-
lich auf Stengel und Blätter der Wasserpflanzen ; zu Beginn oder
gegen Mitte des Frühlings schlüpfen die Eier aus und die Jungen
— 113 —
schwimmen alsbald wie ihre Mutter umher, den Bauch nach oben;
erst im Laufe des Sommers entwickeln sie sich vollständig; nur
selten leben sie bis zum nächsten Frühjahr. Amyot. — Nach Rösel
müßte man allerdings wenigsten 2 Eiablagen annehmen, eine, deren
Eier nach zwei Wochen ausschlüpfen , und eine zweite, deren Eier
überwintern.
5 (623) ylauca Lin.
Länghch, schwarz, Kopf und Pronotum glänzend gelblichweiß,
glatt, mit einigen vertieften Punkten (oder lehmgelb und dann ge-
wöhnlich mit einem dunkeln Bande quer über den Grund); Pro-
notum vor seiner Mitte quer eingedrückt, seine Seiten umgeschlagen,
sein Hinterrand scharf und fast gerade. Schildchen samtartig, matt
schwarz, Hinterleib gewölbt, schwarz; Bauch braun. Halbdecken
samtartig matt, von wechselnder Färbung und Zeichnung; bei der
Stammform {glaiica) lehmgelblich mit einer Reihe schwarzer Flecke
entlang dem Rand und einem weiteren am inneren Winkel ; bei var.
furcata sind die Halbdecken bläulich schwarz mit 2 länglichen,
etwas auseinander streichenden gelben Streifen am Grunde (deren
einer fast den ganzen Clavus einnimmt, während der zweite sich auf
der Mitte des Coriumgrundes findet) [nach Amyot sind bei var. fourchue
(furcata) die Halbdecken schwarz mit 2 länghchen blassen gabel-
förmigen Flecken am Grund]. Bei var. marmorea (oder maculata)
[Amyot unterscheidet var. marbree {marmorata F.) mit rostroten,
schwarzgefleckten Halbdecken von var. tachee {maculata F.): mit
schwarzen, am Ende rostroten Halbdecken, sowie überdies noch eine
var. pale (pallida): blaß weißgrünhch, ohne schwarze Flecken auf
den Halbdecken, die mutmaßlich identisch mit N. lutea Müll, ist]
sind die Decken mehr rötlichgelb, mit zahlreichen braunen oder
schwarzen Tüpfeln besprengelt. Die Membran ist braun. Die Beine
sind hellgelbhch oder grünHch. Länge 14 — 16 mm.
(Eine weitere Varietät: N. iimbrina Germ, (variegata Risso)
ist nur aus Itahen bekannt ; .sie hat gelbrötliche bis bräunliche Halb-
decken, die zerstreut, unregelmäßig schwärzlich quer gestrichelt und
gefleckt sind ; die Membran ist rauchbraun, der ganze Rücken ocker-
gelb und auf den Schienen finden sich große dreieckige, schwarze,
zuweilen verfließende Flecken.)
Meyer-Dür und Frey-Gessner (Mitt. d. Schweiz. Entom. Ges.
1871, p. 319. Vol. m Heft 7) vertreten lebhaft, im Gegensatz zu
anderen, das Auseinanderhalten der 3 Formen marmorea, glauca und
Jahi-eshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. 8
— 114 —
furcata Fab. (nach Aufspannen der betr. Tiere) und geben folgenden
Schlüssel:
A. Hinterrand des Pronotum merklich eingebuchtet:
a) kleinere Art mit dunklem Rücken und hellen Decken
(llauca.
l)) größere Art mit dunklem Rücken und dunkeln Flügeklecken
fnrcata.
B. Hinterrand des Pronotum gerade oder auswärts gerundet. Hinter-
leib vorn und die 3 letzten Segmente rotgelb . . marmorea.
Überdies findet sich noch ein Unterschied zwischen marmorea
und den andern beiden (exkl. lutea Müll.) in den Hinterflügeln. Der
Grund der Flügel bei marmorea zeigt konstant lehmgelbe Färbung
auf den Adern und teilweise zwischen denselben, die Flügel von
glauca und marmorea sind glashell ohne die mindeste gelbe Färbung.
— Furcata unterscheidet sich von glauca außerdem noch durch
die konstant samtschwarzen oder mindestens braunschwarzen Decken
mit den bekannten 2 weißen schiefen Längsflecken über den Clavus
und an der Basis des Coriums (ohne Übergänge!).
Notonecta glauca Lin., Syst. Nat. Ed. X, 1758, 439, 1. —
Faun. Suec. 1761, 244, 903. — Poda, Ins. Mus. Graec. 1761, 54, 1. —
ScopoLi, Entom. Garn. 1763, 118, 348. — Houttüin, Nat. Eist. 1765,
I, X, 301, 1, tab. 81, fig. 5. — F. Müller, Linn. Syst. 1774, V,
468^ 1. _ Fischer, Nat. Livl. 1778, 141, 302. — Schrank, En.
Ins.'Austr. 1781, 260, 502. — Faun. Boic. 1801, II, 59, 1077. —
Geoffroy in Fourcroy, Entom. Paris 1785, 220, 1. — Razoumowsky,
Eist. Nat. du Jorat. 1789, 180, 119. — Rossi, Faun. Etrusc. 1790,
n, 220, 1273. — Donovan, 1794, Brit. Ins. IE, 7, tab. 75. —
Fabriciüs, Entom. Syst. 1794, IV, 57, 1. — Syst. Rhyng. 1803, 102, 1.
— Cederhielm, Faun. Ingr. 1798, 266, 838. — Schellenbrrg, Land-
und Wasserwanz. 1800, 27, tab. 10. — Lamarck, Syst. 1801, 296,
159. — Eist. Nat. 1816, IE, 318, 1. — Walckenaer , Faun. Paris
1802, 332, 1. — DiviGUBSKY, Faun. Mosqu. 1802, 121, 325. —
Latreille, Ei.st. Nat. 1802, IE, 255.— 1804, XE, 291, 1. — Gen.
Crust. et Ins. 1807, 150, 1. — Shaw, Gen. Zool. 1806, 155, tab. 54.
— Fallen, Eydr. et Nauc. Suec. 1814, 5, 1. — Eem. Suec. 1829,
177, 1. — Leach, Classif. of Ins. 1818, 13, 1. — C. Sahlberg, Obs.
hist. Noton. 1819, 7, 1. - Zetterstedt, Faun. Läpp. 1828, 509, 1.
— Ins. Läpp. 1840, 284, 1. — Laporte, Ess. class. syst. 1832, p. 20.
— DuFOUR, Rech. 1833, 216, 1. — Eerrich-Schäffer , Nom. ent.
1835, p. 63. — Burmeister, Handb. d. Entom. 1835, II, 190, 1. —
— 115 —
Brülle, Hist. d. Ins. 1835, p. 255, tab. 22, fig. 2. — Spinola, Essai,
1837, 59. — Costa, Cim. Reg. Neap. Cent. 1838, 8, 1. — West-
wood, Introduct. 1840, II, Syn. p. 119. — Blanchärd, Hist. d. Ins.
1840, 88, 1, tab. I, fig. 2. — Amyot et Serville , Hist. de Hem.
1843, 432, 1. — Flor, Rhynch. Livlds. 1860, I, p. 772, 1. —
Douglas and Scott, Brit. Hem. 1865, 587, 1. — J. Sahlberg, Syn.
Amph. et Hydr. Fenn. 1875, 273, 1. — Saunders, Synops. 1876,
643, 1. — Hem. Het. of the brit. isl. 1892, p. 329, pl. 31, fig. 2.
— Puton, Synops. 1880, I, 217, 1. — Cat. 1899, p. 81. — Reuter,
Revis. synon. 1888, II, p. 371, No. 347.
Nepa Notoiteda de Geer, Mem. 1773, III, 382, 5, tab. 18,
fig. 16—28.
Notonecta Amyot, Entom. fran^. Rhynch. 1848, p. 337, No. 369.
Notoneda Fabricü var. a glauca Fieber, Rhynch. 1851, 50.
— Eur. Hem. 1861, 101, 2.
Bayern : Bei Regensburg und Nürnberg gemein. Kittel. — Bei
Bamberg. Funk. — Württemberg: N. glauca mit var. furcata F.
und var. marmorea F. Roser. — Bei Ulm, in Gräben und Tümpeln,
bis tief in den Herbst, gemein, Hüeber. — Baden: Umgebung von
Karlsruhe, 4 und 8. Meess. — Elsaß-Lothringen : Commune dans
toutes les eaux stagnantes. Var. marmorea Fab. Remiremont, Rhin,
Metz. Var.' furcata Fab. commune ä Remiremont. Reiber- Puton.
— Westfalen : Überall in Gräben und Tümpeln, sowie auch in stag-
nierendem Flußwasser (z. B. Aa bei Münster), verbreitet und gemein.
Sehr variabel; die typische Form ist die wahre glauca Lin. „elytris
griseis margine fusco punctatis apice bifidis". — Thüringen: Überall
häufig. Kellner- Breddin. — N. S. Insel Borkum: Nicht selten in
den Süßwassergräben : var. furcata F. etwas seltener. Schneider. —
Schleswig-Holstein : N. glauca L. nebst furcata F. als Abänderung
überall sehr häufig. Wüstnei. — Mecklenburg : Überall in Teichen
sehr häufig, und in zahlreichen Farbenabänderungen. Raddatz. —
Schlesien: Überall, auch um Breslau, gemein in stehenden Wässern.
Scholz. - In der Ebene und im Gebirge, in stehenden Gewässern,
das ganze Jahr hindurch häufig ; bei Warmbrunn auch die Var. mar-
morea Fab. mit der Stammart vermischt. Assmann, — Provinz
Preußen. Brischke.
Überall gemein in stehenden Gewässern. Burmeister.
Durch ganz Europa, doch nicht in allen Abänderungen. Fieber.
[Schweiz : Unter N. Fabricü vereinigt Fieber alle die ver-
— 116 —
schiedenen Abänderungen , welche von früheren Autoren als beson-
dere Arten aufgeführt, nur Varietäten ein und derselben Art sind.
In der Schweiz kommen die Varietäten glauca L. und marmorea F.
vor mit einer ganzen Reihe Zwischenstufen. Wo immer ein stilles
Wässerchen dem Raubtier für einige Zeit etwas Nahrung zu bieten
vermag, ist Möglichkeit vorhanden, dasselbe zu finden , vom frühen
Frühling bis zum späten Herbst in der ganzen Schweiz und bis über
3000' hoch, sowohl in Quell- als in Torfwasser. Frey-Gessner. —
Tirol : N. Fabricii Fieb. in kleineren Gräben und Teichen vom Vor-
Frühling bis in den Spätherbst, und zwar in den 4 Varietäten n-m-
brina Ger., marmorea F., furcata F. und glauca L., bei Innsbruck,
Bozen . . . Gredler. — Steiermark : Allenthalben in Teichen und
Lachen gemein. Eberstaller. — In Lachen bei Admons häufig.
Strobl. — Nieder-Österreich : Bei Gresten in Teichen und Lachen.
Schleicher. — Böhmen : Überall gemein. Duda. — Frankreich :
Commune dans toute la France. Puton. — England : Common and
generally distributed, the ordinary „water boatman" of our ponds ;
var. maculata rarer. Saünders.]
In der einschlägigen Literatur, den beschreibenden Werken,
wie den verschiedenen Lokalfaunen, werden die N. glai(ca-\siv[etä,ten
wie folgt auseinander gehalten :
1. Var. marmorea Fab.
Notoneda marmorea Fabricius, Syst. Rhyng. 1803, 103, 3. —
Herrioh-Schäffer, Nom. entom. 1835, p. 63.
Notonecta glauca var. b. Bürmeister, Handb. d. Entom. 1835,
II, p. 191, 1.
Notonecta glauca var. Brülle, Hist. d. Ins. 1835, p. 255.
Notonecta glauca var. B marmorea Blanchard , Hist. d. Ins.
1840, 89.
Notonecta Fahricü var. y, marmorea Fieber, Rhynch. 1851, 50.
Notonecta Fabricii var. umbrimi Fieber, Rhynch. 1854, 49.
Notonecta Fabricii ß var., marmorea Fieber, Eur. Hern. 1861,
101, 2.
Notonecta 3" — marbree {marmorea F.) Amyot, Entom. franc.
Rhynch. 1848, p. 337, No. 369.
Notonecta glauca var. marmorea Stal, Hem. Fabr. 1868, I,
136, 1. — Puton, Synops. 1880, I, p. 217. — Cat. 1899, p. 81. —
Reuter, Revis. synon. 1888. II, p. 372, No. 348.
Elsaß-Lothringen: Remiremont, Rhin, Metz. Reiber-Puton. —
I
— 117 —
Westfalen : (Bei Münster) häufiger unter der Stammform (als macii-
lata) und verbreitet. Westhoff.
Aus Italien und Sizilien. Fieber.
[Schweiz : Siehe vorne unter glauca L. F. Gr. — Tirol : In
Südtirol und auch seltener. Gredler.J
2. Var. m aculata Fah .
Notonecta maculata Fabricius, Entom. Syst. 1794, IV, 58, 3.
— Syst. Rhyng. 1803, 103, 4. — Coquebert, Illustr. Icon. 1799,
I, 38, tab. 10, flg. 1. — Walckenaer, Faun. Paris, 1802, 332, 3.
— DoNOVAN, Brit. Ins. 1813, XVI, p. 57, tab. 560, fig. 1. — Herrich-
Schäffer, Wanz. Ins. VIII, 1842, p. 23, fig. 797. — Douglas and
Scott, Brit. Hern. 1865, p. 588, 2.
Notonecta glauca var. b Latreille, Hist. Nat. 1804, XII, 291.
Notonecta glauca var. c maculata Blanchard , Hist. d. Ins.
1840, 89.
Notonecta b^ — tachee {maculata F.) ' Amyot , Entom. fran9.
Rhynch. 1848, p. 338, No. 369.
Notonecta umbrina Germar (Collect.).
Notonecta Fabricii var. umbrina Fieber, Eur. Hera. 1861, 101.
Notonecta glauca var. umbrina Puton, Synops. 1880, I, p. 218.
Notonecta variegata Risso, Hist. p. 216.
Notonecta glauca var. maculata Saünders, Hem. Het. of the
brit. isl. 1892, p. 329. — Reuter, Rev. syn. 1888, H, p. 373,
No. 349. — Puton, Cat. 1899, p. 81.
Westfalen : Var. umbrina Germ, selten ; von mir 10. 1877 auf
der Cörheide gefangen, von Kolbe aus dem Kanal erhalten. Westhoff.
Aus Italien und Sizilien. Fieber.
[Tirol : Um Bozen am häufigsten ; auch auf dem Mt. Macao
in Judikarien. Gredler.]
3. Var. für c ata Fab.
Notonecta glauca var. 3 Scopoli, Entom. Carniol. 1763, 118, 349.
Notonecta furcata Fabricius, Entom. Syst. 1794, IV, 58, 2. —
Syst. Rhyng. 1803, 102, 2. — Coquebert, Illustr. Icon. 1799, I, 38.
tab. 10, fig. 2. — Walckenaer, Faun. Paris, 1802, 332, 2. — La-
treille, Hist. Nat. 1804, XII, 292, 2. — Donovan, Brit. Ins. 1813,
XVI, 58, tab. 560, fig. 2. — Fallen, Hem. Suec. 1829, 178, 2. —
Herrich-Schäffer, Nom. Entom. 1835, p. 63. — Guerin, Icon. 1835,
tab. 57, fig. 10. — Costa, Cim. Reg. Neap. 1838, I, 8, 2.
— 118 —
Notoneda glaiica var. a Burmeister, Handb. d. Entom. 1835,
II, 190, 1.
Notoneda glauca var. Brülle. Hist. d. Ins. 1835, p. 255.
Notoneda glauca var. A furcafn Blanchard , Hist. d. Ins.
1840, 89.
Notoneda 4" — fourchue (furcata F.) Amyot, Entom. franr.
Rhynch. 1848, p. 337, No. 369.
Notonecta FahricH d furcata Fieber, Rhynch. 1851, 50.
Notoneda Fabricii var. / Fieber, Eur. Hem. 1861, 101, 2.
Notonecta glauca var. furcata Puton, Synops. 1880, I, 217. —
Reuter, Rev. synon. 1888, II, p. 373, No. 350. — Saunders, Hem.
Het. of the brit. isl. 1892, p. 329.
Notonecta glauca var. variegata Müll. Puton, Cat. 1899, p. 81.
Notoneda ohliqua Thbg.
Notonecta melanota Risso.
Elsaß-Lothringen : Commune ä Remiremont, Reiber-Puton. —
Westfalen: Selten; 18". 5. 1879 bei Greven, 12. 5. 79 bei Groß-
Juckfeld, 7. 5. 79 in Gievenbeck gefangen. Westhoff. ■ — Schleswig-
Holstein : Siehe vorne unter glauca L. Wüstnei.
Aus Deutschland, Italien und dem südlichen Frankreich. Fieber.
[Schweiz: Auch diese Form wird von Dr. Fieber als Varietät
zu N. Fabricii gezogen, womit ich mich aber einstweilen noch nicht
befreunden kann. Furcata ist selten, ganz konstant ein Stück ge-
färbt wie das andere, ohne den mindesten Übergang auch zu den
dunkelsten Varietäten von Fabricii; stets um wenigstens eine Linie
länger als die größte Fabricii und im Vorkommen, wenn auch in
den nämlichen Torfgraben wie Fabricii, doch nur auf einige Stellen
des Gewässers beschränkt, wo dann ein Trüppchen lauter furcata
beisammensteckt ; . . 8. Frey-Gessner. — Tirol : In Südtirol (spe-
cies pro2Jria?l), auch im Unterinntale. Gredler. — Steiermark:
Mit glauca Fieb., aber selten. Strobl.]
() (624) lutea Müell.
Körperbau etwas gedrungener als bei N. glauca , sonst aber
ihr sehr ähnlich; bleichgelb (oder helllehmgelb), und zwar an Kopf,
ganzer Oberseite und Seiten der Vorderbrust. Kopf und Pronotum
glänzend, während Schildchen und Decken glanzlos und kurz fein
anliegend gelb behaart sind. Rücken bräunlichgelb mit schwärz-
lichem Mittelfleck, manchmal aber auch ganz braunrötlich, dabei
gelblich behaart; Bauch gelblichbraun. — Stirne lang, in der Mitte
— 119 —
etwas kantig; Augen schwarzbraun; Hinterkopf punktiert; Schnabel
bräunlichgelb, sein viertes Glied schwarz. Pronotum fein quer-
runzelig, Seiten eingedrückt, an den Schultern etwas erhöht. Schild-
chen rötlichgelb, bisweilen schwärzlich. Randfeld der Halbdecken
mit schwärzlichen Flecken. Die in der Ruhe auf die andere Halb-
decke hinübergeschlagene Membran erreicht mit ihrem Rande lange
nicht den äußeren Rand der letzteren. Connexivum mit dunkler
Längsnaht und desgleichen Querschnitten. Vorderbeine bräunhchgelb,
Hinterbeine (gleich den herabgebogenen Seitenrändern des Hinter-
leibs) gelbbraun; Unterschenkel unten sowie die Schienbeine braun
bestachelt. Länge 13 — 14 mm (Männchen wie Weibchen).
Notonecta lutea Mueller, Zool. Dan. 1776, 103. 1175. — Weber
et Mohr, Naturh. Reise d. Schwed. 1804, p. 66. — Fallen, Hern.
Suec. 1820, 178, 3. - Fieber, Rhynch. 1851, 49, 2. — Eur. Hern.
1861, 100, 1. — Flor, Rhynch. Livl. 1860, I, p. 774, 2. — J. Sahl-
BERG, Syn. Amph. et Hydr. Fenn. 1875, 274, 2. — Reuter, Revis.
synon. 1888, II, p. 374. No. 351. — Puton, Cat. 1899, p. 81.
Notonecta unicolor Herrich-Schäffer, Nom. entom. 1835, p. 63.
? Notonecta 2^ — pale (panida) Amyot, Entom. franc. Rhynch.
1848, p. 337, No. 369.
Notonecta tumida Germar (in Collect.).
Notonecta scutellarls Sahlberg = var.
Bayern : Bei Aschaffenburg, nicht selten. Kittel. — Württem-
berg: Bei Ulm (Arnegg) 8. 1889 ein Exemplar gefangen. Hüeber. —
Schleswig-Holstein: Bisher mir nur aus Holstein bekannt. Wüstnei.
— Mecklenburg: Nur ein Stück fing ich in dem jetzt abgelassenen
Vögenteiche. Raddatz. — Provinz Preußen. Brischke.
Aus Schweden, Böhmen, Österreich (und Sibirien). Fieber.
[Schweiz: Bis 1871 in der Schweiz von F. G. noch nicht ge-
funden. — Im Tarasper See. Killias (1879). — Böhmen : Bisher
nur wenig beobachtet; ich habe sie aus Wittingau und Chodau
(R. V. Stein). Duda. — Livland : Selten , in Teichen und Seen,
7, 9, 10. Flor. — Frankreich: Bis jetzt noch nicht gefunden. Puton.]
Der Rhein scheint die östlichste Grenze des Verbreitungsgebiets
dieses immerhin auch bei uns seltenen Insekts zu bilden.
Plea Leach.
Von kleiner, länglicher, zusammengedrückter, hochgewölbter,
hinten steil abgedachter Gestalt, nicht ganz zweimal so lang wie
— 120 —
breit. Kopf groß und breit ; die schwarzen Augen groß , aber nicht
vorspringend ; Scheitel von doppelter Augenbreite ; der kurze , wohl
sichtbare Schnabel dreigliedrig; Fühler mit 3 keuligen Gliedern.
Das hochgewölbte Pronotum so breit wie der Kopf, parallelrandig,
die Seiten kurz , vorn abgerundet , sein Grund rundlich verlängert.
Das dreikantige Schildchen verhältnismäßig groß. Bauch glatt und
flach. Halbdecken kurz , hinten stark abfallend , lederartig , stark
punktiert, mit Clavus, aber ohne deutliche Membran, am Grund mit
einer beweglichen Schuppe; an jeder Decke ist durch eine im äußeren
Winkel endigende Naht ein Teil abgetrennt (Embolium). Unterflügel
vielfach gefaltet mit einteiliger Zelle. Beine einfach , Vorderbeine
verhältnismäßig groß , ohne Wimperhaare. Hniterbeine nur wenig
länger, an Fuß und Schienen bewimpert, aber nicht zu Schwimm-
beinen umgestaltet wie bei Notoneda ; die langen Füße (Tarsen)
deutlich dreigliedrig mit großen doppelten Klauen. — Diese Gattung
unterscheidet sich von allen verwandten leicht durch ihren auffallend
kurzen, hochgewölbten, breiten, hinten abgestutzten Leib, von der
nahe stehenden Gattung Notoneda durch die doppelten Krallen der
Hinterfüße, von Corisa (und Sigara) durch die überall dreigliedrigen
Füße; sie lebt in stehenden Gewässern und schwimmt, wie Noto-
neda, auf dem Rücken.
7 (625) mimdissima Fab.
Länglich, oben kahnförmig, vorne abgestutzt, weißgrau oder
weißgelblich , Unterseite braun. Scheitel mit einem rostbraunen
Längsstrich. Pronotum und Halbdecken mit großen, vertieften, eng-
stehenden Punkten bedeckt; Schildchen etwas weniger punktiert,
von wechselnder Färbung und Zeichnung. Decken bald ganz hell-
gelb, bald mit einem schiefen, nicht ganz scharfen, am Rande etwas
dunkleren Band. Beine gelblich. Länge 2^2 — 3 mm.
Notoneda minutissima Fuessly, Verz. Schweiz. Ins. 1775, 24,
470. — Fabricius, Syst. Entom. 1776, 690, 4. — Spec. Ins. 1781,
332, 4. — Mant. Ins. 1787, 275, 4. - Entom. Syst. 1794, IV, 59, 6.
— Syst. Rhyng. 1803, 104, 10. — Walckenaer, Faun. Paris. 1802.
332, 4. - Latreille, Hist. Nat. 1804, XII, 298, 3. — Gen. Crust.
et Ins. 1807, 150. — Lamarck, Hist. Nat. 1816, HI, 591, 2. —
Panzer, Faun. Germ. 1793, 2, 20.
Sigara mimdissima Herrich-Schäffer, Nom. entom. 1835, p. 63.
Ploa mimdissima Stephens, C. Gen. 51, 1, 1829, II, 354, 9783.
— Burmeister, Handb. d. Entom. 1835, II, 189, 1. — Brülle, Hist.
— 121 —
d. Ins. 1835, p. 255, tab. 22, fig. 8. — Costa, Cim. Neap. 1838, I,
9, 1. — Westwood, Introduct. 1840, II, Syn. p. 119. — Blanchard,
Hist. d. Ins. 1840, 89. — Amyot et Serville, Hist. d. Hern. 1843,
449, 1. — Fieber, Entom. Mon. 1844, 17, 1, tab. I, fig. 27—35.
— Herrich-Schäffer, Wanz. Ins. IX, 1853, 45.
Flea minutissmn Leace, Classif. of Noton. 1818, 14, 1. — Laporte,
Ess. class. syst. 1832, p. 21. — Spinola, Ess. 1837, p. 59. — Fieber,
Gen. Hydr. 1851, 27. — Eur. Hem. 1861, p 101. - Douglas and
Scott, Brit. Hem. 1865, 591, 1. — Saunders, Synops. 1876, 644, 1.
— Hem. Het. of the brit. isl. 1892, p. 330, pl. 31, fig. 3. — Püton,
Synops. 1880, I, 216, 1. — Cat. 1899, p. 81. — Reuter, Rev. syn.
1888, H, p. 374, No. 352.
Ploa Amyot, Entom. franr;. Rhynch. 1848, p. 334, No. 368.
Bayern : Bei Regensburg selten ; bei Nürnberg (Duzenteich) ge-
mein. Kittel. — Bei Bamberg ziemlich verbreitet in Teichen und
Altwässern, besonders unter Lemna. Funk. — Württemberg. Roser.
— Baden : Graben, 8 ; Weingarten, 5. Meess. — Elsaß-Lothringen :.
Dans les mares herbeuses ; souvent tres commun. Reiber-Puton. —
Westfalen : In mergeligen , bewachsenen Heidetümpeln von Herbst
bis Frühsommer (8—6) verbreitet und häufig; bei Münster usw.
Westhoff. — Thüringen: Am Cumbacher Teich, selten. Kellner-
Breddin. — Von Dr. Schmiedeknecht (Blankenburg) gefangen. Fokker.
— Schleswig-Holstein : In stehenden Gewässern verbreitet , jedoch
nicht häufig im allgemeinen. Wüstnei. — Mecklenburg : Bei Ratze-
burg (nach KoNOw's handschriftl. Vermerk). — Schlesien: In Teichen
und Lachen um Breslau nicht selten; hält sich besonders gern unter
Lemna^ Callitriche und anderen Wasserpflanzen auf. Scholz. — In
der Ebene stellenweise sehr häufig, im Gebirge sehr selten; unter
Wasserpflanzen in stehenden Gewässern . . . Assmann.
Überall gemein in stehenden Gewässern. Burmeister.
In Teichen, Seen und Tümpeln unter Lemna, Callitriche und
Zanichellia ; ziemlich durch das ganze Gebiet (Europa) verbreitet.
Fieber.
[Schweiz : Auf dem Grunde von schlammigen Tümpeln zwischen
Steinen und Wasserpflanzen ; bei Burgdorf nicht häufig . . . um Aarau
häufig das ganze Jahr hindurch, überwintert auf dem Grunde der
Sümpfe im Schlamme oder unter Steinen . . . Frey-Gessner. — Tirol :
Unter schwimmenden Wasserpflanzen, auch auf schlammigem Grunde
zwischen Steinen. Gnadenwald bei Hall; Ende August die Puppe
— 122 —
gesammelt; aus Roveredo von Zeni mitgeteilt. Gredler. — Böhmen:
In stehenden Gewässern, wohl überall verbreitet, aber hie und da
selten ; um Prag und an der Elbe ziemlich häufig. Düda. — Frank-
reich : Toute la France et la Corse, commune dans les mares. Pütox.
— England : Generally distributed. Saunders.]
Farn. Corixides.
Von länglicher Gestalt mit ziemlich parallelen Seiten, oberseits
nur wenig gewölbt, glänzend. Der dünne, schüsseiförmige Kopf liegt
■dem Pronotum vorne auf; von vorne gesehen erscheint er nahezu
dreieckig mit schneidend scharfen Rändern , von oben stark in die
Quere gezogen , breiter als das Pronotum , nach hinten zu stark
konkav (um den Vorderraud des Pronotum zu umfassen). Die Stirne
ist, wie bei den Cicadinen, nach vorne und unten gebogen ; das Ge-
sicht selbst ist länglich dreieckig ausgezogen und vorne senkrecht
gestellt, so daß Ende der Oberlippe und Schnabel zwischen den
Hüften liegen. Der von der dreieckigen, quergerillten Oberlippe be-
deckte Schnabel ist kurz und ungegliedert. Die flachen, dreieckigen
Augen sind groß, ragen jedoch nur wenig über das Kopfniveau vor
und stoßen mit ihren geraden, fast parallelen Hinterrändern an den
hinteren Rand des Kopfes; von oben gesehen, bilden die vorderen
Augenränder mit der Stirne eine fortlaufende, ununterbrochene
Krümmung. Die einfachen Fühler haben bei Sigara 3, bei Corisa 4
Glieder. Decken und Flügel sind fast immer ausgebildet, voll ent-
wickelt und überragen noch etwas den Hinterleib. Die pergament-
artigen Halbdecken erscheinen gleichartig; sie bestehen aus Corium,
Clavus, einem linearen Embolium und einer nervenlosen Membran;
die Flügel sind sehr zart und weiß. Das kaum gewölbte Pronotum
ist in die Quere gezogen und vorne abgerundet; im allgemeinen er-
scheint es mehr oder weniger dreieckig, da seine Seiten ungewöhn-
lich kurz sind und sein Grund gewöhnlich winklig ausgezogen ist
Schildchen bald vorhanden {Sigara), bald fehlend (Corisa). An der
Mittelbrust (Mesosternum) finden sich, seitlich abgesetzt, die Schultern
(Scapulae), an der Hinterbrust (Metasternum) die Pleuren und oft^
noch die Metapleuren (oder Parapleurae). Der Hinterrand der Hinter-
brust läuft in einen zwischen den Hüften durchgehenden spitzen
Fortsatz aus, den Xyphns. Am Afterende finden sich 2 Klappen.
Die Hinterleibsabschnitte (Abdominalsegmente) sind bei den Männchen,
oben wie unten , unregelmäßig (asymmetrisch) ausgeschnitten und
zeigen auf der Oberseite des 0. Abschnitts einen Striegel (während
■
i
— 123 - -
sie beim Weibchen regelmäßig gebildet und an ihrem hinteren Rande
geradlinig sind). Von den Beinen hat jedes Paar einen andern Bau
und dementsprechend eine andere Verwendung: die Vorderbeine
sind kurz, ihre Schenkel kurz und kräftig, die Schienen dick und
sehr kurz, der eingliedrige Fuß (Tarsus) schaufeiförmig oder spatel-
artig verbreitert, länger und breiter als die Schiene; er wird „Pala"
genannt und ist an seinem scharfen vorderen Rand bewimpert :
mittelst der Vorderbeine wird die Beute festgehalten und an die in
der Mitte gespaltene Oberlippe angedrückt. Die Mittelbeine sind
lang und dünn ; mit ihnen hängt sich das Tier an die Wasserpflanzen,
steht auf denselben im Wasser; die Schenkel sind hier sehr lang,
die Schienen kürzer; am eingliedrigen Fuß befinden sich 2 lange,
nahe beieinanderstehende Klauen. Mit den Hinterbeinen rudert das
Insekt, sie sind deshalb zum Schwimmen eingerichtet, flach gedrückt,
besonders der zweigliedrige Fuß ist breit, an den Seiten langhaarig
bewimpert und hat nur eine einfache Klaue (Kralle) ; die Hüften
sind sehr groß; flächenartig, zum Hin- und Hergleiten der Schenkel,
welch letztere gleiche Länge wie die Schienen haben. Bei den
Männchen der Gattung Corlsa findet sich außerdem noch eine für
die Art-Unterscheidung sehr wichtige und charakteristische Vertiefung
auf der Stirne, welche, gleichwie die schon erwähnte Pala, bei den
Männchen der verschiedenen Arten wieder verschieden und sehr
wechselnd gestaltet ist. — Durch den zwar nicht deutlich ab-
gegrenzten Zügel (Lora) und ganz besonders durch die Stellung des
Schnabels bilden die Corisiden den Übergang von den Heteropteren
zu den Homopteren (den Gulaeorostria oder Cicadinen). — Die Cori-
siden leben meist gesellschaftlich in stillstehenden Gewässern , wo
sich Wasserpflanzen und Wassertiere in Menge finden. (F. G.)
Gattungsübersicht (nach Puton). -
Schildchen fehlt. Fühler viergliedrig. Zelle der ünterflügel
durch eine schiefe Ader zweiteilig. Hinterbrust mit Pleuren und
Parapl euren Corisa Geoffr.
Schildchen deutlich. Fühler dreigliedrig. Flügelzelle nicht ge-
teilt. Hinterbrust ohne Parapleuren. Stirne bei beiden Geschlechtern
gewölbt. Sehr kleine, mehr elliptische Tierchen . . Sigara Fab.
Corixa Geoffr.
Körper oben längsgewölbt; Kopf gerundet, groß, quer, nach
unten geneigt und verlängert; Stirne bei den Männchen im unteren
~ 124 —
Teil flach oder ausgehöhlt (bei den Weibchen meist gewölbt). Der
unter dem verlängerten Kopf verborgene Schnabel besteht aus drei
zarten, fast häutigen Gliedern. Die dreieckigen Augen umfassen
das Pronotum, welches selbst breiter als lang ist und mit seinem
kurzen stumpfwinkeligen Fortsatz das unsichtbare Schildchen be-
deckt, während seine abgerundeten Seitenränder ohne Grenzen in
den Vorderrand übergehen, mit dem Hinterrand jedoch einen Winkel
bilden. Pronotum und Decken sind in der Regel quer gestreift
(durch wechselnde dunkle und helle Querlinien) und entweder glatt
oder fein punktiert, meist aber durch feine, kurze, dicht aneinander
liegende Strichelchen geritzt und werden deshalb (nach Fieber) rastriert
genannt (weil die betreffende Oberfläche mit einem frisch geharkten
Wege Ähnlichkeit hat). An der Hinterbrust finden sich hier Pleuren
und Parapleuren. Der Hinterleib ist länglich-eiförmig, ziemlich ab-
geplattet ; sein zweiter Abschnitt unterseits beim Weibchen tief aus-
geschnitten. An den viergliedrigen Fühlern sind die 2 Grundglieder
kurz, das gegen seine Spitze zu kegelförmig verdickte dritte GHed
ist das längste, das sehr dünne vierte Glied ist kürzer als das dritte.
Decken und Flügel sind meist vollständig entwickelt; die Membran
ist vom Corium nicht deutlich abgegrenzt und ihr dem Rande parallel
laufender Nerv ist nur schwer zu erkennen ; die Unterflügel sind
durch einen schief verlaufenden Nerv zweigeteilt; wenn diese Flügel
fehlen (wie z. B. bei C. coleoptrata), so fehlt auch die Membran.
Am Außenrande des Corium ist durch eine scharfe Kante ein anders
gefärbtes, glanzloses, rinnenförmiges ausgehöhltes Feld abgesetzt,
von Fieber das Randfeld, area marginalis, genannt, welches vorne
ein durch eine feine Linie abgegrenztes Stück, das Einsatzstück oder
Embolium trägt; ein weiteres ähnliches Feld findet sich noch am
Grunde des Clavus, längs dessen Außenrand. Die Mittel- und Hinter-
beine sind mit langen feinen Schwimmhaaren und kurzen kleinen
Dornen besetzt. Der meist schaufeiförmig erweiterte Tarsus der
Vorderbeine, die Pala Fieber's, ohne Klaue, ist fast bei jeder Art
anders gebildet und bietet besonders bei den Männchen gute Unter-
scheidungsmerkmale ; bei einzelnen Arten ist dieser Fuß jedoch auch
dünn und drehrund und trägt dann (bei den Männchen) eine Klaue.
Der Fuß der Mittelbeine ist (für die ganze Gattung charakteristisch)
kürzer als die betreffende Schiene.
Um das Wesentliche nochmals kurz zu wiederholen , . so ist,
abgesehen von den schon geschilderten Familienmerkmalen, für
die artenreiche Gattung Corixa charakteristisch: Das Fehlen des
I
— 125 —
Schilclchens, der in seiner Mitte winkelig ausgeschnittene Pronotiim-
grund (mit Ausnahme von C. cohoptrata, bezw. der U.-G. Cymatia),
die viergliedrigen Fühler und, bei den Männchen, die Stirneindrücke
sowie die wechselnd gestalteten Vorderfußglieder (während bei den
betreffenden Weibchen die Stirne meist gewölbt erscheint und die
Faßglieder mehr gleichförmig sind).
PuTON zählt in seinem neuesten (1899) Katalog 57 paläarktische
Corixa-kxiQn auf, von denen 20 sicher in Deutschland vorkommen.
Von neueren Autoren wird deshalb diese ungewöhnlich große Gattung
in mehrere Untergattungen zerlegt und zwar in : Macrocorixa Thoms.,
Corixa Buch., Wh. (=^ Basileocorixa Kirk.), Callicorixa Buch., Wh.,
Glaenocorixa Thoms. (= Oreinocorixa Buch., Wh.), Gymatia Flor.
Die Corisen sind Fleischfresser, wie schon aus dem Bau ihrer
Beine hervorgeht. L. Dufour sagt, daß ihre Vorderfüße, ineinander
arbeitend, gleichzeitig umfassen und packen, und zwar um so erfolg-
reicher, als sie kurz und ziemlich kräftig sind. Die Larve hat die-
selben Gewohnheiten, wie das ausgebildete Insekt. Beim Schwimmen
glänzt ihre Unterseite wie Silber, welche Wirkung durch kleine an-
hängende Luftblasen erzielt wird. Begegnen sie auf ihrer Fahrt
einem Grashalm oder sonstigen leichten Gegenstand, so klammern
sie sich mit ihren vier vorderen Füßen daran fest und steigen damit
an die Wasseroberfläche. Oft hängen sie sich an Pflanzen am Boden
des Gewässers und verharren dort lange Zeit unbewegHch. Beim
Anfassen geben sie einen kräftigen, unangenehmen Geruch von sich,
gleich jenem der stinkendsten Landwanzen. Amyot. — Die Corisen
sind sehr lebhaft sich bewegende Wanzen und meist in großen Ge-
sellschaften beisammen, doch stets nur in stillstehenden Gewässern
(Lachen und schlammigen, tier- und pflanzenreichen Pfützen. Gredler)
lebend; sie scheinen wanderlustig zu sein, man findet die Gesell-
schaft bald da, bald dort an den Ufern der Teiche versammelt,
einzelne zuweden in Brunnentrögen oder in Regenpfützen, die kaum
tagelang ihr Wasser besitzen. Frey-Gessner. — Die Corisa-kiiQw
schwimmen und fliegen sehr rasch, können sich aber auf dem Lande
kaum forthelfen. Sie finden sich in fließenden sowohl, als stehenden
Gewässern, Pfützen, Gräben usw.; aber immer nur da, wo der Grund
schlammig, moorig ist und kommen meist, mehrere Arten beisammen,
in großen Scharen vor. Bei Sonnenschein und klarem, ruhigem
Wasser sieht man sie gesellig auf dem schlammigen Grunde sitzen
oder sich an Wasserpflanzen hängen, wobei sie ihre Hinterbeine wie
die Notonecten weit nach vorn hin gerichtet tragen, so daß sie bei
— 12G —
der geringsten Alarmierung gleich fortschießen können. — Besondere
Eigentümlichkeit dieser Tiere ist das Schwärmen in der Dämmerung
und in der Nacht, bei welcher Gelegenheit sie sich oft sehr weit
von ihrem Aufenthaltsorte entfernen, ja sogar in Städten bei ge-
öffneten Fenstern in die Wohnungen fliegen. Eine andere (von
Fieber und Kolenati) beobachtete Eigentümlichkeit derselben ist das
schwirrende Geräusch, welches die Corisa- und Sigara-Arten bei
heiterem Himmel im Sommer und Herbst hören lassen. So be-
obachtete Dr. Kolenati im Petersburger botanischen Garten wie
Corisa Geoffroi/i, auf Pflanzen in einem Wasserbassin sitzend, ihre
Decken schnell bewegend, ein solches Geräusch hören ließ. (Fieber.)
Nach Zetterstedt ist der C'ori^a-Flug ein „volatus diurnus", wie sie
auch Flor (im Frühjahr) bei Tage fliegen sah, wobei sie schräg auf
die Wasserfläche losschießend in einem Augenbhck unter derselben
verschwunden waren. Flor.
Übersichtstabellen der Gattung Corisa.
Lethierry gibt in seinem Hemipteren-Katalog der nordöstlichen
Ecke Frankreichs (Dep. du Nord ; Lille 1869) folgenden Schlüssel
(Auszug aus Fieber mit starker Kürzung und mit Beschränkung auf
die leichtesten Kennzeichen) zur Bestimmung der bei uns häufigsten
Corisa- Arten :
1. Pronotum ohne Linien C. coleoptrata Fab.
— - Pronotum mit queren, weißlichen oder schwarzen, fast parallelen ein-
fachen oder unregelmäßigen oder abgekürzten Linien (Stricheln). 2.
2. Pronotum und Halbdecken überall punktiert. Die queren Strichel
auf dem Pronotum sind wellenförmig, nach hinten unregelmäßig,
da und dort wechselweise verbimden . . C. Geqfroi/i Leach.
— Pronotum und Clavus rastriert; Corium punktiert, fast runzelig, sein
Grund kaum rastriert 3.
— Pronotum, Clavus und Corium rastriert 4.
3. Halbdecken von dunkler Färbung mit gelblichen oder blassen Linien.
Pronotum mit 7 — 8 schwarzen Querlinien . . C. hujuhris Fieb.
— Halbdecken graulichweiß oder gelblich mit schwarzen Linien.
C. Jiieroijh/phka Duf.
4. Corium und Clavus mit vollständigen, parallelen, leicht gewellten,
selten nach außen gegabelten Linien 5.
— Corium mit queren, fast parallelen, kurzen, abgebrochenen, nur selten
wirren, manclnnal durch 1, 2 oder 3 schwarze Streifen unter-
brochenen, gewellten oder gezähnten Stricheln . . . , . , H.
5. Pronotum etwas verlängert, mit 8 — 9 ganz gelben Linien.
C. Salilbeni'i Fieb.
— Pronotum kurz mit (3 vollständigen gelben Querlinien. C. Liiutci Fieb.
I
127
6. Clavus vollständig von queren, parallelen, auseinanderstehenden Linien
ausgefüllt. Die Linien auf dem Corium sind kurz, wellig oder
gabelig, fast parallel, engstehend oder fast zusammenfließend, von
1 — '6 schwarzen Streifen durchkreuzt. Oberseite des Hinterleibs
schwarz. Corium fein und unregelmäßig rastiiert.
C. semistriafa Fieb.
— Clavus nur an seiner Grundhälfte mit spärlichen, queren, parallelen
oder ungleich breiten gelben oder schwarzen Linien. Corium und
Endhälfte des Clavus mit queren, mehr oder weniger abgebrochenen,
welligen oder gabeligen Stricheln ausgefüllt 7.
7. Oberseits gelblich weiß oder weißlichgrau mit schwarz liniiert.
C. nigroiineata Fieb.
— Oberseits dunkel mit kleinen gelblichen Linien 8.
8. Pronotum mit 8 — 9 schwarzen (oder gelben) gleich breiten Linien.
C. striata Fab.
■ — Pronotum mit nur 6^ — 7 gelben Linien 9.
9. Braun mit hellen Linien. Halbdecken mit spärlichen, queren, welligen,
gekrümmten, abgesetzten, manchmal gabeligen, dem Clavusgrund
parallelen Stricheln. Pronotum mit 6 Querlinien. C. moesta Fieb.
— Schwarz oder schwarzbraun, mit blassen Linien. Grundhälfte des
Clavus mit queren, fast parallelen, welligen, da und dort ab-
gebrochenen Linien. Corium fast schwarz mit kaum sichtbarer
Liniierung. Pronotum mit 7 Querlinien . . C. FahricU Fieb.
Eine weitere Übersichtstabelle von 10 Corisa-Avten findet sich
in Flor's Rhynchoten Livlands, Dorpat 1860, p. 784 — 786. — Hier sei
nur noch (verdeutscht) Saunders' (Hern. Het. of the brit. isl. London
1892, p. 331/32) 25 Corisa-Arten (darunter 7 bis jetzt außerdeutsche ')
umfassende analytische Tabelle angeführt:
1. (46.) Pronotum mit hellen Querlinien.
2. (5.) Große Tiere, Pronotum und Halbdecken nicht rastriert^, die
Männchen linkerseits unsymmetrisch (U.-G. Macrocorisa Thoms.).
3. (4.) Von großer Gestalt, Pronotum mit 16 hellen Linien oder mehr^
Geoffroyi Leach.
4. (3.) Von kleiner Figur, Pronotum mit 12 — 14 Linien.
atomaria Fieb.
5. (2.) Kleinere Arten, Pronotum und Halbdecken mehr oder weniger
rastriert, die Männchen rechterseits unsymmetrisch.
6. (43.) Eückenkiel des Pronotum, wenn vorhanden, nur nahe dem
Vorderrand sichtbar.
^ C. venusta, Scotti, Boldi, sodalis, cognata, carinata, cavifrons.
^ Rastriert, rastratus, reihenweise, kurze, vertiefte Striche und Kielchen,.
neben- und hintereinander, wie auf einem besandeten geharkten Gartenweg.
(Fieber, Eur. Hem. p. 90.)
- 128 —
7. (34.) Grundglied der hinteren Tarsen an seinem Ende blaß. Männchen
mit Striegel^ (U.-G. Corixa Geoff.).
S. (11.) Corium nicht rastriert.
9. (10.) Pronotum dnnkel mit hellen Linien, die dunklen Linien so
breit wie die hellen luguhris Fieb.
10. (9.) Pronotum blaß mit schmäleren dunkleren Linien.
liier oglyplüca Duf.
11. (8.) Corium rastriert.
12. (21.) Größere Arten, 7 — 8 mm lang.
13. (16.) Clavus und Corium stark rastriert, dunkel, die hellen Quer-
linien sehr schmal und ununterbrochen.
14. (15.) Pronotum mit 6 blassen Linien, Ende des Corium nicht blaß.
Linnei Fieb.
15. (14.) Pronotum mit 7 — 8 blassen Linien, Coriumeude breit blaß.
Sahlhergi Fieb.
16. (13.) Clavus und Corium nicht so tief rastriert, weniger dunkel,
die hellen Querlinien breiter, vielfach gekürzt und abgebrochen.
17. (18.) Pronotum mit 6 blassen Linien, die blassen Linien auf dem
Clavus nach einwärts stark erweitert striata Lin.
18. (17.) Pronotum mit 8 — 9 blassen Linien.
19. (20.) Pronotumwinkel stumpf distincta Fieb
20. (19.) Pronotumwinkel spitz FaUenii Fieb.
21. (12.) Kleinere Arten, 5 — 6 mm lang.
22. (23.) Schienen der Mittelbeine kaum länger als die Tarsen, letztere
fast gleich lang wie die Klauen moesta Fieb.
23. (22.) Schienen der Mittelbeine viel länger als die Tarsen, letztere
viel kürzer als die Klauen.
24. (31.) Pronotum viel länger als der Scheitel des Kopfes, von 7
bis 10 blassen Linien durchkreuzt.
25. (30.) Gesicht des Männchens mit breiter Vertiefung, die sich auf-
wärts zwischen den Augen fortsetzt, die Querzeichnung des Corium
durch dunkle Längslinien in Eeihen geteilt.
26. (27.) Gesichtseindruck beim Männchen sehr tief und stark gerandet,
oben in einen tiefen runden Bogen auslaufend, beim Weibchen
2 schwarze Längslinien auf dem Corium . . . Vnnitata Fieb.
27. (26.) Gesichtseindruck des Männchen oben fast abgestutzt, beim
Weibchen 3 oder 4 schw-arze Längslinien auf dem Corium,
28. (29.) Gesichtseindruck des Männchen sehr tief und konkav. Schienen
' Striegel, strigil, benannte Dr. Buch an an White (Entern. ]\[ontl).
Mag. X, p. 60) ein eigenartiges Organ, das sich am Hinterrand der Oberseit»
•des 6. Abdominalsegments der Corisiden findet und mutmaßlich in einer gewissen
Beziehung zu den Geschlechtsorganen steht; dasselbe besteht aus einem chitinösen
Plättchen, das auf einem kurzen Stiel befestigt und mit Reihen dicht, stehender
Zähne besetzt ist ; Gestalt des Plättchens und Zahl der Zähne wechseln bei den
verschiedenen Arten.
— 129 —
der Vorderbeine stark verdickt, beim Weibchen melir verlängert,
seine Palae ' kurz, nicht zweimal so lang als breit.
semistriafa Fieb.
29. (28.) Gesichtseindruck beim Männchen nicht sonderlich tief, Schienen
der Vorderbeine kaum verdickt, beim Weibchen breiter und die
Palae mehr als zweimal so lang wie breit . venusta Dgl. Sc.
30. (25.) Gesichtseindruck beim Männchen sehr schwach (seicht), nach
aufwärts nicht zwischen die Augen reichend, die Querzeichnung
des Corium durch dunkle Längslinien nicht in Reihen geteilt.
Fahricii Fieb.
31. (24.) Pronotum kürzer als der Scheitel des Kopfes oder höchstens
so lang wie dieser, von 5 — 6 blassen Linien durchkreuzt.
32. (33.) Groß, Pronotum mit 6 blassen Linien, Gesichtseindruck des
Männchen deutlich, oben plötzlich endigend . fossaricm Leach.
33. (32.) Kleiner von Figur, Pronotum mit 5 blassen Linien, Männchen
ohne deutlichen Gesichtseindruck Scotti (Fieb.) Sc.
34. (7.) Grundglied der Tarsen der Hinterbeine mit schwarzem Ende,
Männchen ohne Striegel (U.-G. CalUcorixa B. White).
35. (36.) Clavus mit länglicher Zeichnung .... Bolcll Dgl. Sc.
36. (35.) Clavus mit querer Zeichnung.
37. (42.) Pronotum Winkel stumpf, Corium mit querer Zeichnung.
38. (41.) Pronotum mit 8 — 9 blassen Linien.
39. (40.) Klauen der Mittelbeine so lang wie die Tarsen.
praensta Fieb.
40. (39.) Klauen der Mittelbeine nicht ganz so lang wie die Tarsen.
sodalis Dgl. Sc.
41. (38.) Pronotum mit 7 blassen Linien . , . cognata Dgl. Sc.
42. (37.) Pronotumwinkel spitz, Zeichnung auf dem Corium tropfen-
ähnlich oder wurmförmig concinna Fieb.
43. (6.) Pronotum mit deutlichem Kiel in der Mitte.
44. (45.) Tarsen der Mittelbeine kürzer als die Schienen (U.-G. Glaeno-
corisa Thoms.) carinata Sahlb.
45. (44.) Tarsen der Mittelbeine so lang wie die Schienen (U.-G. Oreino-
corixa B. White) cavifrons Thoms.
46. (1.) Pronotum ohne Querzeichnung (U.-G. Cymatia Floh).
47. (48.) Pronotum fast so lang wie der Kopf . Bonsdorffi Sahlb.
48. (47.) Pronotum ungefähr ^s so lang wie der Kopf.
coleoptrata Fab.
Was nun die Einzelbeschreibung der hier unmittelbar an-
schließenden verwirrenden Arten der Gattung Corisa betrifft, so habe
ich mich, abweichend von meinem bisherigen Muster, nach einigem
Bedenken doch für die diesbezügliche Art und Weise Puton's (Synopsis
^ Pala heißt (nach Fieber) der spatelartig oder schauf eiförmig verbreiterte
eingliedrige Tarsus der Cor/sa- Vorderbeine.
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. 9
— 130 —
des Hemipteres-Heteropteres de France, Paris 1878, p. 220 ff.) ent-
schieden, und zwar, was die analytisch-dichotomische Gliederung (nicht
jedoch die einzehie Artbeschreibung selbst) betrifft, im Wortlaut des
französischen Originals. Allerdings leidet dadurch etwas die bis-
herige selbständige abgeschlossene Behandlung der einzelnen Art,
dafür aber erhält der Interessent einen klaren und verlässigen Führer
auf diesem schwierigen und verworrenen Gebiet und da diese ganze
Arbeit den Zweck einer zusammenfassenden Klarstellung verfolgt, so
dürfte dieses Ziel auf dem eingeschlagenen Wege wohl am ehesten
erreicht werden.
Dichotomische Analyse der Corisa-Arten nach Puton.
1. (50.) Pronotum mit gelbenund braunen Querlinien. Pal a des Männchen
verbreitert, weder zylindrisch, noch besonders lang; Schiene von
der Pala stets gut unterschieden.
2. (43.) Pala beim Männchen ohne Kralle oder Sporn an ihrem Ende.
Pronotum mäßig verlängert; sein Mittelkiel kurz, vorne nur den
Abstand von 2 oder 3 Querlinien einnehmend.
3. (10.) Asymmetrie beim Männchen linksseitig. Vordere Schiene beim
Männchen mit Sporn. Pronotum und Halbdecken nicht rastriert
(d. h. nicht mit feinen, kurzen, parallelen Stricheln bedeckt).
(Augen reichen ungefähr bis zum hinteren Kopfrand.) U.-G. Macro-
corisa Thoms.
4. (7.) Pronotum mit 16 — 20 hellen Querlinien.
5. (6.) Schienen der Mittelbeine bei beiden Geschlechtern am Grunde
ungezahnt. Schenkel der Mittelbeine des Männchen nahe der Spitze
nicht gezahnt.
8 (626) Geoffroyi Leach. Fieb.
Schwarzgrünlich oder schwarzbraun, gelb gestrichelt, überall
glatt und glänzend; Unterseite gelblich, während schwarz sind: die
Brustmitte, Flecke auf den Hüften und die ersten 2 oder 3 Hinter-
leibsabschnitte. Beim Männchen ist die Stirngrube sehr seicht und
schmal und reicht nur bis zum vorderen Augenrand. Auf dem Prono-
tum finden sich 16 — 20 unregelmäßige, abgesetzte, blasse Quer-
linien. Halbdecken (einschl. Clavus und Membran) mit kleinen hellen
Flecken gleichmäßig besät; Membran vom Corium nicht durch eine
helle Linie geschieden. Beine lehmfarben ; Vorderschieneh beim
Männchen am Ende mit Dorn; Pala verlängert, ihr oberer und
unterer Rand parallelseitig, ihre Spitze plötzlich stumpf abgerundet;
Schienen der Mittelbeine einfach, Tarsen kürzer als die Schienen,
Klauen kaum kürzer als die Tarsen. Länge 13—15 mm.
— 131 —
Notoneda striata Scopoli, Entom. Carn. 1763, 119, 349. —
De Geer, Mem. 1773, 389—396, tab. XX, fig. — Villers, Entom.
auct. 1789, tab. 3, fig. 15 (nee Linne!). — Donovan, Engl. Ins. 1796,
V, 101, tab. 176 (partim).
Gorisa striata Geoffroy in Fourcroy, Entom. Paris, 1785,
221, 4 (nee Linne!) — ? Herrich-Schäffer , Nom. entom. 1835,
p. 63 (forte).
Sigara striata Fabricius, Entom. Syst. 1794, IV, 60, 2 (partim).
— Syst. Rhyng. 1803, 104, 2 (partim). — Schrank, Faun. Boie. 1801,
50, 1078. — Fallen, Hydr. et Nauc. Siiec. 1814, p. 6 (forte).
Corixa striata Latreille, Hist. Nat. 1804, XII, 289, 1. —
Lamarck, Hist. Nat. 1816, 521, 1. — Düfour, Rech. anat. 1833,
111, 1. — Costa, Cim. Regn. Neap. 1838, I, 6, 1.
Corixa punctata Bürmeister, Handb. d. Entom. 1835, II, 186, 1.
— Brülle, Hist. d. Ins. 1835, p. 251, tab. 22, fig. 1. — Blanchard,
Hist. d. Ins. 1840, 87, 1, tab. I, fig. 1.
'^ Corixa Amyot, Entom. fr. Rhyneh. 1848, p. 330, No. 363.
Corixa Geoffroyi Leach, Classif. of Not. 1818, 17, 7. — C. Sahl-
berg, Obs. Hist. Nat. 1819, 12, 6. — Zetterstedt, Faun. Läpp. 1828,
510, 1. — Ins. Läpp. 1840, 284, 1. — Fallen, Hem. Suec. 1829,
181, 1 (verisim.). — Herrich-Schäffer, Wanz. Ins. IX, 1853, p. 52,
14 u. 62, fig. 914.
Corisa Geoffroyi Amyot et Serville, Hist. d. Hem. 1843,
447, 1. — Fieber, Spee. Cor. 1851, 14, 1. — Eur. Hem. 1861,
91, 3. — Costa, Cim. Reg. Neap. 1852, IH, 5, 1 (partim). —
Douglas and Scott, Brit. Hem. 1865, 593, 1, tab. 20, fig. 5. —
Thomson, Op. entom. 1869, 28, 1. — Saunders, Synops. 1876, 646, 1.
— Hem. Het. of the brit. isl. 1892, p. 333, pl. 31, fig. 4. — Puton,
Synops. 1880, I, p. 220, 1. — Cat. 1899, p. 81, 1. — Reuter, Rev.
syn. 1880, II, p. 375, No. 353.
Bayern : Bei Bamberg in stehenden Wässern. Funk. — Württem-
berg. Roser. — Bei Ulm, von 4 ab; nicht gerade häufig. Hüeber.
— Baden: Graben, 9; Ruppur, 4. Meess. — Elsaß-Lothringen:
Remiremont, Metz; assez-commune. Reiber-Puton. — Westfalen: In
Lachen, Tümpeln und bewachsenen Wassergräben häufig und ver-
breitet; von mir wiederholt bei Münster gefangen, desgleichen auch
von Kraus, Koch und Wilms ; dann bei Greven und Paderborn von
mir, bei Öding von Kolbe gefunden. Die Larven findet man bis
in den September hinein, die Imago von Herbst bis Frühsommer.
— 132 —
Westhoff. — Thüringen : Überall häufig. Kellner-Breddix. — Schles-
wig-Holstein: Nicht selten. Wüstnei. — N. S. Insel Borkum : Gemein.
Schneider. — Mecklenburg : In allen Gewässern gemein. Raddatz.
— Schlesien : Wie auch alle übrigen Corixa-kvten in allerhand
stehenden Gewässern; um Breslau sehr gemein. Scholz. — In stehen-
den Gewässern, in der Ebene und im Gebirge, durchs ganze Jahr,
häufig . , . Assmann. — Provinz Preußen. Brischke.
Durch ganz Europa ziemlich gemein. Fieber.
^ [Schweiz : Die größte Art, weit verbreitet und soll stellenweise
häufig sein, z. B. um Bern, . . . um Aarau sehr selten, im März und
Mai. Frey-Gessner. — Nachtrag: Ist in einem der 4 — 5 Teiche um
Lenzburg sehr zahlreich, aber auch nur in diesem einzigen, der sich
in nichts anderem als durch seine Kleinheit und seine Unbeständig-
keit im Wasserstand von den übrigen auszeichnet. F. G. — Tirol :
Um Bozen, z. B. im Weiher von Kühlbach, 5, 6. Gredler. — Böhmen:
Überall verbreitet, in Teichen, Tümpeln und Wassergräben, besonders
in solchen mit klarem Wasser. Düda. — Frankreich : Commune dans
toute le France. Puton. — England : Common and generally distri-
buted. Saunders.]
6. (5.) Schienen der Mittelbeine zusammengedrückt und am Grunde ge-
gezähnt, in beiden Geschlechtern. Schenkel der Mittelbeine beim
Männchen einwärts, etwas vor der Spitze mit Zahn.
9 (627) dentipes Thoms.
Der C. Geoffroyi sehr ähnlich, unterscheidet sich von ihr, außer
den oben [6. (5.)] angegebenen Merkmalen an den Mittelbeinen nur
noch dadurch, daß bei ihr der dunkle Raum am Clavus etwas länger
ist. Länge 13 — 15 mm.
Corixa dentipes Thomson, Op. entom. 1869. — Puton. Synops.
1880, I, p. 221, 2. — Cat. 1899, p. 81, 2.
Corisa Geoffroyi Flor, Rhynch. Livl. 1860, I, p. 786, 1. —
J. Sahlberg.
Corisa Mrcipes Schiödte, Fortegnelse ov. d. i. Daum. lev. Taeger.
1870, p. 228.
Elsaß-Lothringen : Remiremont [französische , westliche Ab-
dachung der Vogesen ! H. | confondue avec C. Geoff'royi Lfach ; eile
en differe par les tibias intermediaires qui sont comprimes-dentos pres
de la base dans les deux sexes, et par les femurs intermediaires qui
dans le male sont dentes pres du sommet. Reiber-Puton. — Mecklen-
burg: Ich habe nur ein Männchen in hiesiger Gegend gefangen.
— 133 —
Raddatz. — [Böhmen: Ich kenne diese Art bisher nur von Sobieslau
und Neuhaus, wo sie unter anderen einzeln vorkommt; doch glaube
ich, daß sie auch anderswo verbreitet ist, aber wegen großer Ähn-
lichkeit mit C. Geofroyi Leach oft verwechselt wird. Düda. — Liv-
land : Sehr selten ; 5 und 6. Flor.]
7. (4.) Pronotum mit 12 — 14 hellen Querlinien.
10 (628) affinis Leach.
Oben braun oder schwarzbraun, glatt, glänzend; unterseits
größtenteils gelb, nur Brustmitte und Hinterleibsgrund schwarz. Das
Pronotum zeigt 12 — 13 feine, gelbe, nicht zusammenfließende Qaer-
linien, die ersten 4 oder 5 meist ganz, die hinteren öfter geschlitzt
und gabelig miteinander verbunden. Connexivum mit 3 — -4 schwarzen
Flecken; Halbdecken mit welligen, aus der Verbindung kleiner Flecken
entstandenen Querlinien ; Membran vom Corium nicht durch eine
gelbliche Linie getrennt; auf dem Corium sehr feine, lange, zer-
streute, halbliegende, gelbe Härchen. Beine gelb. Beim Männchen
ist die Stirngrube länglich und geht über den vorderen Augenrand
hinaus. Die Pala ist messerklingenartig, allmählich breiter werdend
und an ihrem Ende plötzlich rund abgestutzt. (Nach Fieber: Beim
6 rebmesserförmig, zum Ende oben bogig erweitert und abgedacht,
beim $ schmal mondsichelförmig spitz.) Länge 9 — 11 mm. — Diese
Art ist der C. Geofroyi ziemlich ähnlich, aber etwas kleiner, ihr
Pronotum ist kürzer und hat regelmäßig nicht über 14 helle Linien ;
auch ist die Pala beim Männchen hier kürzer, am oberen Rand mehr
abgerundet und stets weniger parallelseitig, beim Weibchen kürzer
und krümmer.
Corisa affinis Leach, Classific. of Ins. Not. 1818. — Douglas
and Scott, Brit. Hem. 1865, p. 595, 3. — Saünders, Synops. of brit.
Hern. Het. 1876, p. 646, 2. — Puton, Cat. 1899, p. 81, 7.
Sigara striata Panzer, Faun. Germ. 1798, 50, tab. 23, nee Lin.
— Herrich-Schäffer.
Corisa Paniert Fieber, Spec. Cor. 1851, 15, 3, tab. 1, fig. 3.
— Eur. Hem. 1861, 92, 7. — Syn. Cor. No. 3. — Douglas and
Scott, Brit. Hem. 1865, 594, 2. — Saünders, Synops. 1876, 646, 3.
— Reuter, Revis. synon. 1888, II, p. 376, No. 354.
Corisa atomaria (Illiger) Fieber, Syn. Cor. 1848, No. 4. —
Spec. Cor. 1851, No. 4, tab. 1, fig. 5. — Eur. Hem. 1861, p. 92, 8
— PuTON, Synops. 1880, I, p. 221, 3. — Saünders, Hem. Het. of
the brit. isl. 1892, p. 333.
— 134 —
Corisa graphiptera Rambur., Faun. And. 1842.
Corisa salina Thomson,
Corisa conglomerata Rey, 1890 = var.
Thüringen : Am Culmbacher Teich (bei Gotha) und den kleinen
Teichen bei Rödchen und zwischen Gotha und Siebleben , selten.
Kellner-Breddin. — Schleswig-Holstein : Im brackigen Wasser der
Marschgräben am Außendeiche bei Husum selten, an andern Orten
habe ich das Tier noch nicht auffinden können. Wüstnei. — Schlesien :
C. atomaria Ger. ein Exemplar durch Schneider erhalten; scheint
selten zu sein. Scholz. — Von dieser südeuropäischen Art wurde
1 Exemplar von Herrn Dr. Schneider in Schlesien aufgefunden.
Assmann. — N. S. Insel Borkum : Sehr selten. Schneider.
(In den Küstenländern des Mittelmeers. Fieber. France meri-
dionale ; Landes, Var, Lyon etc., ne manque pas tout-ä-fait dans le
nord, car j'en ai vu un exemplaire de Saint-Valery (Somme) de la
collection Signoret. Puton.
England : Not so common as C. Geoffroy, but generally distri-
buted, although not recorded from Ireland. Saunders.)
8. (3.) Asymmetrie (der Bauchringe unten) beim Männchen rechter-
seits. Schienen der Vorderbeine in beiden Geschlechtern ohne
Sporn, Pronotum und Halbdecken mehr oder weniger rastriert.
(Die Augen reichen fast bis zum hinteren Kopfrand.)
9. (40.) Erstes Glied der hinteren Tarsen unterseits nicht schwarz
gezeichnet. (U.-G. Corisa.)
10. (13.) Pronotum und Clavus mehr oder weniger, oft kaum, rastriert,
Corium punktiert, nicht rastriert.
1 1. (12.) Oberseite schwarz mit gelben Linien. Pronotum kaum rastriert,
Stirngrube des Männchen über den Scheitel verlängert und am
Übergang von Stirn zum Scheitel von einem queren Kiel unter-
brochen : hierdurch wird die Stirngrube in 2 nicht in derselben
Ebene gelegene Partien geteilt.
11 (629) Ingithris Fieb.
Schwarzbraun , oberseits fast ganz glatt , glänzend ; Rücken
schwarz; Unterseite bald dunkler (lugiihris), bald heller (Sfali):
Connexivum schmutzigweiß. Kopf etwas verdickt: Stirngrube beim
Männchen kurz, erstreckt sich nicht zwischen die Augen. Pronotum
mit stumpfen Winkeln und 7 gelben, sehr regelmässigen Querlinien,
dabei nebst Clavus sehr oberflächlich rastriert (feilenartig gestrichelt).
Halbdecken mit gelben Querlinien, die am Grunde breiter und regel-
mäßiger, gegen die Spitze zu enger und abgebrochener sind; Mem-
— 135 —
bran vom Corium durch eine gelbe Linie getrennt. Tarsen der
Mittelbeine mit schwarzem Ende. Beim Männchen ist der Schenkel
der Vorderbeine stark verdickt und einwärts winkelig, die Pala ziem-
lich kurz, am Grunde stark erweitert und von da gegen ihr Ende
zu sich allmählich verengernd. Länge 6—672 mm. — Ist nach
HoRVATii in salzigem und halbsalzigem Wasser beinahe an allen
Meeresküsten Europas zu Hause.
Corixa luguhris Fieber, Syn. Coris. 1848, No. 6. — Spec.
Coris. 1851, p. 18, 10, tab. 1, fig. 10. - Eur. Hern. 1861, 92, 9.
— Douglas and Scott, Brit. Hem. 1865, p. 596, 4. — Saunders,
Synops. of brit. Hem. Het. 1876, p. 648, IL — Hem. Het. of the
brit. isl. 1892, p. 334. — Puton, Synops. d. Hem. Het. d. Fr. 1880,
I, p. 222, 4. — Cat. 1899, p. 81, 8.
Corixa Stall Douglas and Scott, Brit. Hem. 1865, p. 597, 5.
— Saunders, Synops. of brit. Hem. Het. 1876, p. 648, 12 = var.
(mit hellerer Unterseite als Ingtibris).
Corixa salina Puton.
Corixa laevis Thomson.
NB. i Corixa coxalis Fieber , Wien. Entom. Monatschr. VIH,
1864, p. 3, 2, nach einem einzigen aus Norddeutschland erhaltenen
Weibchen (was nicht genügt! Puton) = var.?!
Thüringen : Von Dr. Schmiedeknecht (Blankenburg) gefunden.
FoKKER. — Schleswig-Holstein: C. Stall Fieb. {laevis Thoms.) häufig
im Brackwasser der Marschgräben bei Husum und in brackigen
Wasserlöchern bei Sonderburg. Wüstnei. — N. S. Insel Borkum :
Sehr häufig. Schneider. — Mecklenburg : C. coxalis Fieb. , nur ein
Weibchen fing ich in hiesiger Gegend, nach welchem Fieber seine
Beschreibung angefertigt hat. Raddatz.
(Frankreich : Cette espece parait affectionnes les eaux salees.
Se trouve aussi en Algerie , Sicile, Espagne , Angleterre et Suede.
Puton. — England : Common and generally distributed , offen in
brackisch water. Saunders.)
12. (11.) Oberseite gelb mit schwarzen Linien. Pronotum rastriert.
Stirngrube beim Männchen länglich, tief mid bis zur Mitte der
Augen verlängert, wo sie in Form einer Halbellipse (und nicht
durch einen queren Kiel geteilt) endigt.
12 (630) Jiieroglyphica Duf.
Länglich, schmal, in der Quere mäßig gewölbt, blußgrünlich
oder gelblichweiß mit sehr feiner schwarzer Zeichnung; Unterseite
— 136 —
gelb, Brust und Hinterleib mehr oder weniger schwärzlich. Pronotum
nach hinten verlängert mit stumpfen Seitenwinkeln und 7 — 9 schmalen
schwarzen Querlinien. Halbdecken haarig, punktiert, mit feinen,
sehr unregelmäßigen, eckigen, oft abgebrochenen schwarzen Quer-
linien , die in mehrere Längsreihen gestellt sind ; Clavus rastriert,
an seinem äußeren Grunde blaß, sonst ebenso gezeichnet; Membran
mit kleinen, schwarzen, sehr unregelmäßigen, am Rande zusammen-
fliessenden Stricheln. Beine ganz blaß; letztes Glied der hinteren
Tarsen auf seiner Unterseite meist schwärzlich. — Beim Männchen
ist der Kopf nach vorne merklich winkehg verlängert und die Stirn-
grube sehr tief und zwischen den Augen in einem scharf umschrie-
benen Bogen nach aufwärts reichend. Die verlängerte messerklingen-
artige Pala ist an ihrem vorderen Rand gerade, am hinteren regel-
mäßig gekrümmt. Länge 5^2 — 672 mm.
Corixa hieroglyphica Leon Düfoue, Rech. anat. Hem. 1838,
p. 86, 2, fig. 85-87. — Bürmeister, Handb. d. Entom. 1835, H,
p. 188, 3. — Fieber, Syn. Coris. 1848, No. 8. — Spec. Coris. 1851,
22, 21, tab. 1, fig. 20. — Eur. Hem. 1861, p. 93, 13. — Douglas
and Scott, Brit. Hem. 1865, p. 598, 6. — Saunders, Synops. of
brit. Hem. Het. 1876 , p. 648, 10. — Hem. Het. of the brit. isl.
1892, p. 334. — PuTON, Synops. d. Hem. Het. d. Fr. 1880, I,
p. 223, 5. — Cat. 1899, p. 82, 14.
Corixa Fieheri et G. vaga Wallengreen, Scand. Coris. 1854, 144.
'> Hieroglyphica Amyot, Entom. fr. Rhynch. 1848, p. 332, No. 365.
Bayern: Bei Bamberg in stehenden Wässern. Funk. — Baden:
Hohenwettersbach , 4. Meess. — Elsaß-Lothringen : Metz , Vosges ;
rare; commune pres de Strasbourg dans les routoirs d"Eckbolsheim,
et au Rhin. Reiber-Puton. — Westfalen : Ein Weibchen von mir
im Juni 1879 bei Münster gefunden. Westhoff. — Thüringen: Um
Gotha an verschiedenen Orten. Kellner-Breddin. — Schleswig-
Holstein : Nicht gerade häufig in Mergelgruben, auch mit Stall Dgl.
in salzigem Wasser. Wüstnei. — N. S. Insel Borkum : Nicht so
häufig wie liiguhris Fieb. ScHNEmER. — Mecklenburg: In Mergel-
gruben und Teichen sehr häufig. Raddatz. — Schlesien : Nicht selten
bei Breslau. Scholz. — Bisher nur bei Breslau gefunden. Assmann.
Ziemlich häufig in stehenden Gewässern. Burmeister.
Im mittleren und südlichen Europa. Fieber.
[Schweiz : Bei Basel im September (Imhoff). Frey-Gessner. —
Nieder-Österreich : Bei Gresten in Lachen. Schleicher. — Böhmen :
— 137 —
Um Prag nicht selten, auch m den Elbetümpeln bei Brandeis und
Kostelau. Duda. — Frankreich : Probablement toute la France ; assez
commune. Puton. — England: Common, often with C. lugubris
FiEB., generally distributed. Saunders.]
NB.! Corisa selecta Fieber, Syn. Cor. 1848, No. 7. — Spec.
Coris. 1851, p. 22, 18, tab. 1, fig. 19. - Eur. Hem. 1861, p. 93, 11
— Wien. Entom. Mon. 1864, p. 3, 4. — Puton, Synops. 1880, I,
p. 224. — Cat. 1899, p. 82, 12 (nach Fieber in Österreich und
Portugal) hält Puton für eine fragliche Art; er selbst kennt nur ein
von Fieber erhaltenes Weibchen, das ja, gerade bei den Corisiden,
zu wenig feste Art-Charaktere aufweist ; dieses eine Exemplar hält
er für eine G. hierogJypliica^ deren schwarze Zeichnung mehr aus-
gebildet und mehr zusammenfließend ist. Fieber's etwas wider-
sprechende Beschreibung möge a. a. 0. nachgelesen werden.
13. (10.) Pronotuni, Clavus und Corium stark rastriert.
14. (15.) Pronotum mit einer gelben Längslinie (Einfassung nnd Naht
der Halbdecken gelb. Von , im Verhältnis der Art , kleinerem
Wuchs).
13 (631) Hellensi Sahlb.
Braun, oberseits stark rastriert; Mitte der Brust und Grund
des Hinterleibs (meist auch der Rücken) schwarz ; Xyphus und Con-
nexivum gelblichweiß. Pronotum kurz, mit 4 — 5 gelben Querlinien
(und, nach Fieber, gelbweißlichem Mittelstrich). Alle Nähte und
Ränder der Halbdecken gelb. Clavus mit 8 — 9 schiefen , vollstän-
digen gelblichen Linien ; Corium mit 15 — 18 auseinanderstehenden,
etwas unterbrochenen Querlinien. — Beim Männchen ist die Stirn-
grube nicht vertieft, sondern flach, von rechteckiger Form, reicht
bis zu den Augen und endigt hier mit einem kleinen stumpfen
Höcker. Die Pala gleicht einer ovalen, ziemlich kurzen, am Grunde
breiten, am Ende zugespitzten Klinge. Länge 4^/2 — 5 mm.
Corixa Hellensi C. R> Sahlberg, Hist. Not. Fenn. 1819, p. 11, 3.
— Fallen, Hem. Suec. 1828, p. 183, 4. — Fieber, Syn. Cor. 1848,
No. 13. — Spec. Coris. 1851, 27, tab. 2, fig. 6. — Eur. Hem. 1861,
p. 94, 15. — Wallengreen, Scand. Cor. 1854, 146. — Puton,
Synops. d. Hem. Het. d. Fr. 1880, I, p. 224, 6. — Cat. 1899
p. 82, 17.
Bayern : Bei Regensburg selten. Kittel. — Württemberg : Bei
Ulm (Wiblingen), 8. Hüeber. — Westfalen : Ein einzelnes Weibchen
— 138 —
erhielt ich von Kolbe, derselbe fand es Mitte Juni 1878 bei Öding.
Westhoff. — Schlesien: Bisher nur in einem Exemplar bei Warra-
brunn , im Schloßwallgraben, 22. 9. 1852. Assmann. — Provinz
Preußen. Brischke.
Aus Schweden: Lappland, Finnland, Böhmen. Fieber.
[Schweiz : Selten bei Bern in Torfgraben, auf Algen, in Buchten
von Quellbächen und in Teichen um Aarau, das ganze Jahr häufig
und in großen Gesellschaften beisammen. Frey-Gessner. — Böhmen :
Um Prag einzeln, nach Fieber. Duda. — Frankreich: Tres rare en
France. Puton.]
15. (14.) Pronotum ohne mittlere gelbe Längslinie.
16. (21.) Corium vollständig und stark rastriert, die gelben Querlinien
sind parallel, wellig, vollständig nnd sehr regelmäßig. Membran
vom Corium durch eine gelbe Linie undeutlich getrennt.
17. (20.) Pala in beiden Geschlechtern vollständig gelb; die Pala des
Männchens ist an ihrem Ende (woselbst sie plötzlich abgestumpft
ist) am breitesten.
18. (19.) Pronotum nach hinten verlängert, fast zweimal so lang wie
der Scheitel, mit 8 — 9 gelben Linien. Hinterer Coriurawinkel
gelb ohne braune Linien.
14 (632) SaJtlhergi Fieb.
Schwarzbraun oder schwarz, dunkel, matt, ziemlich breit, wenig
gewölbt; Kopf, Unterseite und Beine hellgelb oder bräunhchgelb ;
Scheitel und Schnabel gewöhnhch dunkler, rotbraun; Brustmitte,
Hüften und Hinterleibsgrund mehr oder weniger schwarz; beim
Männchen die ersten 4, beim Weibchen nur die ersten 2 Hinterleibs-
abschnitte (mit Ausnahme der Seiten- und Hinterränder) schwarz.
Der horizontale, an den Seiten schwach herabgebogene Xyphus hat
eine gelbe (nicht aufgebogene) Spitze. Das verlängerte Pronotum
zeigt 7 — 9 feine, gelbe, ganze, regelmäßige Querlinien und einen ab-
gerundeten Seitenwinkel. Die Halbdecken besitzen auseinander-
stehende, sehr schmale, feine, wellige, parallele, durchlaufende, regel-
mäßige gelbe Linien, das Ende des Corium ist blaß, die Querhnien
daselbst verschwommen; die braune, glatte, verschwommen ge-
zeichnete Membran ist vom Corium durch einen sehr schmalen gelben
Streif abgegrenzt. Die Randlinie des Pronotum ist gelblich, der
Randkanal der Halbdecken gewöhnlich braun. An den gelblichen
Beinen zeigen die Vorderschenkel an ihrem Grunde außen meist
einen dunkeln Fleck ; die Klauen der Mittelbeine sind merklich kürzer
als ihre Tarsen, letztere so lang wie ihre Schienen. Die Pala der
— 139 —
Männchen ist von Grund an bis zur Spitze hin ganz allmählich ver-
breitert und dort plötzlich, schräg gerundet, abgestutzt; bei den
Weibchen ist die Pala messerförmig, in der Mitte am breitesten, an
ihrem oberen Rande gleichmäßig gebogen. Beim Männchen ist die
Stirngrube sehr flach und reicht kaum über die Augen (d. h. die
untere Augenecke) hinaus, ihre Form ist verkehrt eirund. Länge
7 — 8 mm (die Weibchen etwas länger als die Männchen). — Diese
Art hat mit C. Linnei große Ähnlichkeit.
Corixa striata Sahlberg, Not. Fenn, (observat. quaed. bist.)
1819, p. 9, 1 (exclus. synon.).
? Corisa regularis Herrich-Schäffer, Wanz. Ins. IX, 1850, p. 52
und 57, fig. 910.
Corisa Sahlbergi Fieber, Syn. Cor. 1848, No. 10. — Spec. Cor.
1851, p. 25, 24, tab. 2, fig. 3. — Eur. Hern. 1861, p. 94, 16. —
Wallengreen, Scand. Cor. (Öfv. XI), 1855, p. 144, 5. — Flor,
Rhynch. Livlds. 1860, I, p. 790, 4. — Douglas and Scott, Brit.
Hem. 1865, p. 600, 7. — Saunders, Synops. of brit. Hem. Het.
1876, p. 649, 14. — Hem. Het. of the brit. isl. 1892, p. 335. —
PuTON, Synops. d. Hem. Het. d. Fr. 1880, I, p. 225, 7. — Cat.
1899, p. 82, 18.
Bayern : Bei Bamberg in stehenden Wässern. Funk. — Würt-
temberg: Bei Ulm, 4. Hüeber. — Baden: Park, 7; Allerheiligen, 8.
Meess. — Elsaß-Lothringen : Commune au printemps et en automne,
en compagnie de C. Linnei Fieb., dans les mares des environs de
Strasbourg et les tourbieres de Vottoncourt, Remiremont, Metz;
assez rare. Reiber-Puton. — Westfalen : Wie Li^inei Fieb. im Früh-
ling und Herbst als Imago überall verbreitet, aber mehr in mit Algen
und Lemna überwucherten Weide- und Wiesentümpeln. Von mir
bei Münster (bes. zahlreich mit Rade im März 1878 gegenüber der
Gievenbecker Schule), Greven und Paderborn, von Kolbe bei Dorsten
und Öding gefangen. Westhoff. — Thüringen : Um Gotha überall
nicht selten. Kellner-Breddin. — Schleswig-Holstein : Überall häufig.
Wüstnei. — N. S. Insel Borkum : Häufig. Schneider. — Mecklen-
burg : Überall , namentlich in Mergelgruben häufig. Raddatz. —
Schlesien : Um Breslau, nicht gemein. Scholz. — In der Ebene und
im Gebirge in stehenden Gewässern, ziemhch häufig. . . . Assmann.
— Provinz Preußen. Brischke.
Durch ganz Europa verbreitet. Fieber.
[Schweiz : Einzeln um Bern , . . . in Sümpfen und Torfmooren
— 140 —
eine der häufigsten Arten. . . . Das ganze Jahr hindurch gesellsehaft-
Uch. Frey-Gessner. — Tirol: Bei Sigmundskron im Juli gesammelt;
wahrscheinlich aber das ganze Jahr hindurch vorhanden. Gredler.
— Böhmen : In Böhmen verbreitet nach Fieber ; mir bisher nicht
vorgekommen. Düda. — Livland : Sehr häufig, von 5 — 9. Flor. —
Frankreich: Toute la France, assez commune. Puton. — England:
Common and generally distributed. Saunders.]
19. (18.) Pronotum nach hinten kaum verlängert, kaum etwas länger
als der Scheitel , mit 6 gelben Linien. Hinterer Winkel des
Corium braun mit gelben Linien, wie auch sonst auf der Scheibe.
15 (633) Linnei Fieb.
Schwarzbraun oder schwärzlich, Kopf, Beine und Unterseite
hellgelb, Mittel- und Hinterbrust, Rücken und die Unterseite der 4
ersten Hinterleibsabschnitte schwarz (mit Ausnahme des gelben Hinter-
rands der letzteren), Connexivum und Xyphus gelbrandig; im all-
gemeinen der C. Sahlhergi Fieb. in Gestalt und äußerer Erscheinung
sehr ähnlich, von der sie sich, außer den oben [18 (19)] angegebenen
Merkmalen durch ihre etwas kleinere Gestalt, durch die geringere
Länge und andere Färbung des Pronotum, den ganz blassen Scheitel
und dadurch unterscheidet, daß die Membrannaht nirgends durch
eine gelbe Linie bezeichnet wird. — Pronotum und Halbdecken (mit
Ausnahme der Membran) stark rastriert; Pronotum mit 6 schmalen,
geradlinigen gelben Querstreifen und gelber Randlinie. Zeichnung
von Clavus und Corium sehr eng, wellig und bis zur Spitze durch-
laufend (nur am Grund des Clavus etwas breiter und schräg ge-
stellt und weniger gewellt) ; Corium von der Membran durch einen
schmalen schwarzen Streif getrennt; Membran schwarz mit queren,
zarten, gelben Stricheln. Beine blaß, Tarsus der Mittelbeine kürzer
als die Schiene. — Die Charaktere des Männchen sind so ziemlich
die gleichen wie bei Sahlbergi; von einer Stirngrube kann eigentlich
nicht mehr wohl gesprochen werden, es ist nur mehr eine über den
untern Augenwinkel hinaufreichende Abflachung; die Pala ist vorn
gebogen, dann erweitert, ihr Ende stumpf. Länge 7—8 mm.
Corisa Linnei Fieber, Syn. Coris. 1848, No. 11. — Spec. Coris.
1851, p. 25, 28, tab. 2, fig. 4. — Eur. Hem. 18Ü1 , p. 94, 17. —
Flor, Rhynch. Livlds. 1860, I, p. 791, 5. — Wallengreen, Scand.
Cor. 1855, p. 145. — Douglas and Scott, Brit. Hem. 1865, p. 601, 8.
— Saunders, Synops. of brit. Hem. Het. 1876, p. 648, 13. — Hem.
— 141 —
Het. of the brit. isl. 1892, p. 335. — Püton, Synops. d. Hera. Het.
d. Fr. 1880, I, p. 226, 8. — Cat. 1899, p. 82, 19.
Bayern: Bei Bamberg in stehenden Wässern. Funk. — Elsaß-
Lothringen: Strasbourg, commun ; Remiremont, Metz, assez commun.
Reiber-Puton. — Westfalen: C. regularis H.-Sch. = C. Limiei Fieb. (?!)
im Frühling (bis Juni) und im Herbst (von August an) in bewach-
senen Heidetümpeln und Mergelgruben verbreitet und häufig. Von
mir bei Münster und Greven gefangen. Sehr zahlreich erhielt ich
mit KoLBE die Art auf der Coerheide am 3. X. 1879. Die Larven
bis gegen Anfang September zu finden. Westhoff. — Thüringen :
Um Gotha nicht selten. Kellner-Breddix. — Schleswig-Holstein:
Überall häufig. Wüstnei. — N. S. Insel Borkum: Häufig. Schneider.
— Mecklenburg : Mit C. SaJdbergi Fieb. und ebenso häufig. Raddatz.
— Schlesien : Sehr häufig um Breslau. Scholz. — In der Ebene
und im Gebirge, in stehenden Gewässern, nicht häufig; bei Breslau
in Straßengräben . . . Assmann. — Provinz Preußen. Brischke.
Durch das ganze Gebiet (d. h. Europa) mit der ähnlichen
C. Sahlbergi Fieb. Fieber.
[Schweiz : Seltener als C. Sahlbergi Fieb. und bis jetzt nur im
August in den Torfgraben des Meienmoos bei Burgdorf und im Wallis
gefunden. Frey-Gessner. — Böhmen: Überall verbreitet, doch nicht
häufig. Duda. — Livland: Bei Dorpat, Ende 9. Flor. — Frank-
reich, Dep. du Nord: Tres-commune dans les eaux stagnantes. avec
C. Sahlbergi; c'est l'espece la plus commune du genre dans nos
environs. Lethierry. - — Toute la France, assez commune. Püton.
— England : Common and generally distributed. Saunders.J
20. (17.) Pala in beiden Geschlechtern mit schwarzem Ende; die Pala
des Männchen hat vor ihrer Mitte ihre größte Breite imd spitzt
sich von da an gegen das Ende zu (Pronotum mit 7 gelben Linien ;
hinterer Corinmwinkel gelb ohne braune Linien).
* transversa Fieb.
In Spanien, Portugal, Frankreich, Rußland und Algier heimisch,
in unserm westHchen Nachbarland selbst jedoch sehr selten (Püton,
1878, kennt nur 2 Fundorte, Lyon und Charente, beide südlicher
als unsere südlichsten deutschen Gegenden); sie gleicht in Gestalt
und äußerer Erscheinung den C. Sahlbergi und Linnei ^ nur daß sie
noch etwas kleiner ist. Pronotum etwas kürzer als bei Sahlbergi
und etwas länger als bei Linnei; Randkanal der Halbdecken mit
schwarzem Grunde und einem schwarzen Querfleck etwas vor seinem
— 142 —
Ende. Hinterer Coriumwinkel gelb ohne Flecken, ebenso das hin-
tere Drittel der Membrabnaht. Der gebogene Rand der Membran
breit schwarz, ihre Fläche mit wenig hervortretender gelber Zeich-
nung. Unterseite größtenteils schwarz. Manchmal sind die gelben
Querlinien der Halbdecken mehr entwickelt und fast so breit wie
die braunen , nur am Ende des Corium bleibt das Braun stets vor-
herrschend. Pala wie oben [20 (17)]; statt der Stirngrube nur
eine leichte Abflachung. Länge 6^2—7 mm.
Corisa transversa (Illiger) Fieber, Synops. d. europ. Coris. 1848,
No. 12. — Spec. Coris. 1851, No. 26, tab. 2, fig. 5. — Eur. Hem,
1861, p. 94, 18. — PuTON, Synops. 1880, I, p. 226, 9. — Cat. 1899,
p. 82, 20.
21. (16.) Corium mit gelben Querlinien, die weniger parallel, mehr oder
weniger abgebrochen sind.
22. (23.) Zeichnung der Halbdecken sehr verworren, kaum sichtbar,
wodurcli Corium und Membran fast ganz braun erscheinen. Corium
von der Membran nicht durch eine gelbe Linie geschieden.
16 bezw. 21^ (639) moesta Fieb.
Oben braun mit verblichenen Linien, Brustmitte und Rücken
(stets der Hinterleibsgrund) schwarz; Xyphus schwarz mit hellen
Rändern ; Randlinie des Hinterleibs und die Einschnitte braun. Pro-
notum mit 6 — 7 gelben, sehr schmalen Querlinien; seine Seiten-
winkel stumpf. Halbdecken fein und vollständig rastriert mit lichten
Querlinien, die mehrmals unterbrochen, stark verwischt und kaum
sichtbar sind , weil sie mit der Grundfarbe verschmelzen (nur am
Grunde des Clavus sind sie etwas breiter und mehr sichtbar) ;
Membran fast ganz braun. — Beim Männchen ist die Stirngrube
klein, seicht, oben gerundet, die Augen nicht erreichend; die Pala
fast parallelseitig, an ihrer Spitze abgestutzt, am ünterrand (der
Basis nahe) ganz leicht winkelig. Länge 6 mm. — Diese kleine,
kürzere Art ist besonders kennthch durch ihre dunkle, undeutliche
Zeichnung, welche gegen die Coriumspitze zu allmählich abnimmt,
sowie durch die Form ihrer Mittelbeine, deren Tarsen fast so lang
wie die Schienen und deren Klauen wieder gut so lang als die
Tarsen sind.
' Die Reihenfolge in Puten 's Synopsis ist nicht immer die gleiche, wie
in seinem Katalog der paläarkt. Fauna, wodurch hier eine doppelte Numerierung
nötig wird.
— 143 —
Corisa moesta Fieber, Syn. Cor. 1848, No. 23. — Spec. Cor.
1851, p. 34, No. 39, tab. 2, fig. 17. — Eur. Hern. 1861, p. 98, 30.
— Douglas and Scott, Brit. Hem. 1865, p. 610, 16. — Saunders,
Synops. of brit. Hem. Het. 1876, p. 650, 19. — Hem. Het. of the
brit. isl. 1892, p. 336. — Puton, Synops. d. Hem. Het. d. Fr. 1886,
I, p. 226, 10. — Cat. 1899, p. 82, 33.
Württemberg : Bei Ulm , 4. Hüeber. — Elsaß-Lothringen :
Region vosgienne , souvent commune. Reiber-Puton. — Westfalen :
Bei Münster in Gräben und Tümpeln überall gemein , besonders in
seichten Lachen, welche mit Sphag mim- Arten und Gras bewachsen
sind. Von Kolbe auch bei Öding, von mir bei Telgte , Albersloh,
Paderborn und oben auf der Spitze des kahlen Astenberges (2700'
hoch) gesammelt. An letztgenanntem Orte in einem sehr kleinen
Tümpel , welcher durch Quellwasser gebildet wurde , 2 Exemplare.
Die Art findet sich als Imago sowohl im Frühling bis in den Juni
hinein und im Herbst von August begonnen, als Larve im Juli und
August. Westhoff. — Thüringen : Bei Gotha in den Tongruben am
Berloch, sehr selten. Kellner-Breddin. — Schleswig-Holstein : Bei
Sonderburg selten. Wüstnei. — N. S. Insel Borkum : Sehr selten.
Schneider. — Mecklenburg: In Torfgräben nicht selten. Raddatz.
— Schlesien : Selten ; zuerst von Letzner bei Scheitnig, später auch
von mir daselbst gefunden. Scholz. — Nur um Breslau, bei Morgenau
und Scheitnig, selten. Assmann.
Aus Preußen, Schlesien, Sachsen, Sardinien. Fieber.
[Schweiz: Unsäglich häufig durchs ganze Jahr in den Torf-
graben des Meienmoos und Kapensee, in den Tümpeln der Schaaren-
wiese und im Wydlerweiher bei Schaffhausen. Frey-Gessner. — Tn-ol :
Bei Bozen und Sigmundskron vom Juli bis Oktober. Gredler. —
Böhmen : Diese Art, welche selbst Fieber aus Böhmen nicht kannte,
habe ich bisher nur in 2 Exemplaren bei Neuhaus gefunden. Duda.
— Frankreich : Toute la France et la Corse, assez commune. Püton.
— England : Common and generally distributed. Saunders.]
23. (22.) Zeichnung der Halbdecken deutlich; Membran vom Corium
durch eine gut sichtbare gelbe Linie getrennt.
24. (29.) Größe von 772 — 8 mm. Stirngrube des Männchen sehr ober-
flächlich.
25. (26.) Pronotum mit 6 gelben Querlinien. Die gelben Linien am
Grund des Clavus mehr erweitert als die andern. Pala des
Männchen nahe ihrem Ende am breitesten. (Seitenwinkel des Pro-
notum stumpf.)
— 144 —
17 bezw. 18 (636) striata Lin.
Länglich, schmal, quer gewölbt, schwärzlich ; Oberseite glänzend
braun ; Kopf, Unterseite und Beine gelb, Brustmitte schmal schwarz.
Pronotum kurz mit 6 gelben Querlinien, die fast so breit sind wie
die braunen. Der an seinem Grunde schwarze Xyphus hat auf-
gebogene Spitze und etwas zurückgebogene Seitenränder. Auf den
Decken überwiegt bald die gelbe, bald die schwarze Färbung. Der
Clavus zeigt feine, zickzackartige, manchmal abgebrochene gelbe
Linien, deren ersten 4 am Grunde (bes. auf der inneren Seite) merk-
lich breiter sind. Das Corium zeigt feine , zahlreiche , wellige und
winklige gelbe Linien, die besonders am inneren Rand unterbrochen
sind (manchmal auch am äußeren) , wobei dann , durch Zusammen-
fließen der schwarzen Linien, 2 Längsstriche entstehen. Die Membran
ist durch einen schmalen hellgelben Streifen (der unten von einer
schwarzen Linie eingefaßt wird) vom Corium abgesetzt, ihre Fläche
zeigt eine enge, sehr unregelmäßige, hieroglyphenartige Zeichnung,
ihr gebogener Außenrand ist schmal schwarz. Der Randkanal ist
fast ganz gelb. An den hellen Beinen sind die Klauen der Mittel-
beine kürzer als die betreffenden Tarsen. Die Pala der Männchen
ist ziemlich regelmäßig und ziemlich breit, am breitesten vor der Mitte,
der innere Rand gerade, also kurz-messerförmig (während die Pala des
Weibchen lang-messerförmig mit gleichmäßig konvexem oberen Rand
ist). Die Stirngrube des Männchen ist sehr schwach, kurz, gleich breit.
Länge 7 — 8 mm. — Diese Art ist leicht zu unterscheiden durch die 6
blassen Pronotumlinien, durch dessen stumpfen Winkel, durch die nach
innen stark erweiterten blassen Linien am Clavusgrunde und durch
die hiervon durch eine breite dunkle Linie geschiedene Zeichnung der
Coriumfläche. Von der ähnlichen C. Fallenü unterscheidet sich
striata leicht durch den stumpfen Winkel , welchen Hinterrand und
Seitenrand des Pronotum miteinander bilden, sowie durch die anders
geformte Pala des Männchen.
Notonecta striata Linne, Syst. Nat. Ed. X, 1758, 439, 2. —
Faun. Suec. 1761. 244, 904. — Poda, Ins. Graec. 1761, 54, 2. —
HouTTüiN, Nat. Bist. 1766, 304, 2. — ?P. Mueller, Linn. Nat. 1774,
V, 469, 2, forte. — Razoumowsky, Bist. Jorat. 1789, 181, 120. —
? Schrank, En. Ins. Austr. 1781, 261, 503 veris. — Divigursky, Faun.
Mosqu. 1802, 121, 327.
Nepa striata de Geer, pars, Mem. 1773, III, 395 — 398.
Sigara striata Fabricius, Spec. Ins. 1781, II, 332, 1 pars. —
— 145 —
Entom. Syst. 1794, IV, 60, 2 partim. — Syst. Rhyng. 1803, 104,
2 partim. — ?Roemer, Gen. Ins. 1789, p. 79, tab. 36, fig. 9 forte.
— Rossi, Faun. Etrusc. 1790, II, 221, 1274. — Cederhielm, Faun.
Ingr. 1789, 267, 840. — Schellenberg, Land- und Wasserwanzen,
1800, 29, T. XI forte. — Walckenaer, Faun. Paris. 1802, 333, 1
partim. — Illiger, Faun. Etr. 1807, p. 354.
Sigara undulata Fallen, Hydr. et Nauc. 1814, 7, 2.
Corixa striata Lamarck, Syst. 1801, 297, 161. — Latreille,
Hist. Nat. 1802, III, 255. — Westwood, Introduct. 1840, II, Syn.
p. 119. — ?Blanchard, Hist. d. Ins. 1840, 87, 2 forte!
Corisa undulata Fallen, Hern. Suec. 1829, 182, 2 veris.
Corixa hasalis Costa, Cim. Reg. Neap. 1838, I, 7, 2, fig. 1.
— 1843, II, 6, 2.
?Hexarahdus Amyot, Entom. fr. Rhynch. 1848, p. 331, No. 364.
Corisa striata Laporte, Ess. class. syst. 1832, p. 20. — Brülle,
Hist. d. Ins. 1835, p. 251. — Kirby, Faun. Bor. Amer. 1837, 283, 1.
— Fieber, Spec. Coris. 1851, 30, 33, tab. 2, fig. 11. — Eur. Hern.
1861, p. 97, 27. — Wallengreen, Öfv. (Scand. Cor.) 1854, 147. —
Flor, Rhynch. Livld. 1860, I, p. 793, 7. — Douglas and Scott.
Brit. Hem. 1865, 606, 13. — Thomson, Opusc. entom. 1869, 34, 14.
— J. Sahlberg, Syn. Amph. et Hydr. Fenn. 1875, 286, 10. —
Saunders, Synops. 1875, 649, 15. — Hem. Het. of the brit. isl. 1892,
p. 335, plate 31, fig. 6. — Puton, Synops. 1880, I, 227, 1. —
Cat. 1899, p. 82, 29. — Reuter, Rev. syn. 1888, II, p. 376, No. 335.
Bayern: Bei Regensburg und Aschaffenburg, gemein. Kittel.
— Württemberg. Roser. — Bei Ulm (warmes Wässerle), 3. Hüeber.
— Baden: Leopoldshafen, 3; Beiertheim , 8. Meess. — Elsaß-
Lothringen : Commune partout. Reiber- Puton. — Westfalen : In be-
wachsenen Gräben und Tümpeln sehr selten ; ein sehr großes $ fing
ich 7. 5. 1879 in der Toppheide, ein eben reifes Pärchen 13. 8. 1879
in Gievenbeck; auch ein altes, von Prof. Landois herstammendes
Stück ($) gehört hierher. Westhoff. — Thüringen : Überall , nicht
selten. Kellner-Breddin. — Schleswig-Holstein : Sowohl in süßem,
wie in salzigem Wasser häufig. Wüstnei. — Nordseeinsel Borkum :
Häufig. Schneider. — Mecklenburg: Ebenfalls in Teichen häufig.
Raddatz. — Schlesien : Ziemlich häufig um Breslau. Scholz. — In
der Ebene häufiger als im Gebirge, in stehenden Gewässern. . . .
Assmann.
Durch das ganze Gebiet (Europa), auch in Sibirien. Fieber.
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. 10
— 146 —
[Schweiz: Fast überall verbreitet, doch mehr in den Teichen
der nördlichen als der südwestlichen Schweiz und weniger in Torf-
ais in Quellwasser. Das ganze Jahr hindurch in den Teichen um
Aarau . . . doch nicht massenhaft. Frey-Gessner. — Tirol : Bei
Bozen ; auch fast im ganzen Trentino. Gredler. — Nieder- Öster-
reich: Bei Gresten in schlammigen Teichen. Schleicher. — Böhmen:
Wohl überall verbreitet, doch nur einzeln in den Sammlungen, ge-
wöhnlich falsch bestimmt. Düda. — Livland : Nicht häufig, 8, 9, 10.
Flor. — Frankreich : Cette espece parait propre ä toutes les parties
du monde ; nous en voyons des individus venant de Bombay et
d'Amerique: eile se trouve en abondance dans les eaux douces.
Elle se tient ordinairement suspendue a la superficie de Teau, mais
au moindre mouvement qu'elle aper9oit, eile se precipite vivement
au fond , oü eile reste quelque temps en s'accrochant au sol ou ä
une plante pour revenir bientöt ensuite ä la surface. Elle marche
mal et lentement sur la terre, ne faisant alors que des sauts ; eile
est au contraire d'une vivacite surprenante dans l'eau , qu"elle par-
court avec la rapidite d"un trait. Quand eile s'y tient tranquille,
eile dirige ses pattes posterieures en avant, les faisant passer sur
les intermediaires, de maniere qu'elles semblent etre les pattes
anterieurs. Amyot. — Toute la France, tres commune. Futon. —
England : Very common and generally distributed. Saunders.]
26. (25.) Pronotum mit 8 — 9 gelben Linien. Die gelben Linien am
Grund des Clavus nicht erweitert. Die Pala des Männchen ist am
Grunde oder nahe am Grunde am breitesten.
27. (28.) Seitenwinkel des Pronotum spitz.
18 bezw. 19 (637) Fallenü Fieb.
Schwarzbraun oder schwarz, Kopf, Unterseite und Beine hell-
gelb, Mitte der Brust, Grund des Xyphus (und beim Männchen die
Mitte der 2 ersten Hinterleibsabschnitte) schwarz. Pronotum mit
7 — 9 gelben Querlinien. Halbdecken mit schmalen, welligen, selten
ganz durchlaufenden gelben Querlinien ; Membran wie bei der vorher-
gehenden Art. — Beim Männchen ist die Stirngrube sehr seicht ; die
Pala hat die Form eines gleichschenkligen Dreiecks, das von dem stark
verbreiterten Grund sich allmählich gegen die Spitze zu verschmälert,
die obere Seite ist rechtwinkelig, die untere etwas vor dem Grund
stumpfwinkelig ausgezogen. Die Pala der Weibchen ist viel schmäler
und an ihrem oberen Rand gleichmäßig schwach konvex. Länge
7—8 mm, die Weibchen im allgemeinen etwas länger als die Mann-
— 147 —
chen. — C. Fallenii ist der C. striata sehr ähnlich, unterscheidet sich
jedoch von ihr leicht durch die oben angegebenen Merkmale, sowie
dadurch, daß die Klauen ihrer Mittelbeine weit länger als die be-
treffenden Tarsen sind; von der gleichfalls sehr ähnlichen distinda
unterscheidet sich Fallenii durch die spitzen Seitenwinkel des Pro-
notum.
Corisa Fallenii Fieber, Syn. Cor. 1848, No. 18. — Spec. Cor.
1851, p. 31, 34, tab. 2, fig. 12 (palae). — Eur. Hern. 1861, p. 97, 28.
— Wallengreen, Öfv. XI (Scand. Cor.) 1855, p. 147, 12. — Flor,
Rhynch. Livlds. I, 1860, p. 789, 3 (excl. syn.). — Douglas and
Scott, Brit. Hern. 1865, p. 607, 14. — Saunders, Synops. of brit.
Hern. Het. 1876, 649, 17. _ Hern. Het. of the brit. isl. 1892,
p. 336. — PuTON, Synops. d. Hern. Het. d. Fr. 1880, I, p. 228, 12.
— Cat. 1899, p. 82, 30.
Bayern : Bei Regensburg nicht selten. Kittel. — Bei Bamberg
in stehenden Wässern. Funk. — Baden: ... 8. Meess. — Elsaß-
Lothringen : Assez commune partout ; par essaims dans les canaux
lateraux d'IU, ä Strasbourg. Reiber-Püton. — Westfalen : Ein ein-
ziges Männchen dieser Art fand ich 3. 10. 1879 in einer Mergel-
grube auf der Coerheide. Westhoff. — Thüringen : Um Gotha in
den Tongruben vor dem Berloch, selten. Kellner-Breddin. — Von
B. Schmiedeknecht (Blankenburg) gefunden. Fokker. — Schleswig-
Holstein : Seltener als striata L. Wüstnei. — N. S. Insel Borkum :
Häufig. Schneider. — Mecklenburg : In Teichen mitunter sehr häufig.
Raddatz. — Schlesien : Sehr gemein um Breslau. Scholz. — In der
Ebene und im Gebirge in stehenden Gewässern, besonders im Herbst
häufig . . . Assmann. — Provinz Preußen : Brischke.
Im ganzen Gebiete (Europa). Fieber.
[Schweiz : Wie C. striata L. , an den nämlichen Orten und
durchs ganze Jahr, aber in größerer Zahl vorhanden . . . Frey-Gessner.
— Böhmen: Überall häufig, die gemeinste von allen Arten dieser
Gattung. DuDA. — Livland : Sehr zahlreich, von Anfang Mai bis in
den Oktober. Flor. — Frankreich: Commune dans toute la France.
PüTON. — England : Common and generally distributed. Saunders.]
28. (27.) Seitenwinkel des Pronotum stumpf.
19 bezw. 20 (638) distincta Fieb.
Diese Art hat Form, Aussehen und Färbung der C. Fallenii,
von der sie sich, abgesehen von den stumpfen Seitenwinkeln des
10*
— 148 —
Pronotum, dadurch unterscheidet, daß die Klauen ihrer Mittelbeine
kaum länger als die betreffenden Tarsen, ihre Gestalt etwas breiter
und weniger gewölbt und die Pala des Männchen anders (breit-
messerförmig) gestaltet ist; die Pala ist hier nicht plötzlich am
Grunde rechtwinklig erweitert, sondern ihr oberer Rand ist halb-
eiförmig, im untern Drittel ist sie am breitesten, ihr unterer Rand
ist leicht gebogen und bildet nahe dem Grunde einen stark stumpfen
Winkel. Von C. striata unterscheidet sich distinda durch die 7 — 9
blassen Querlinien des Pronotum, durch die schmalen, wenig oder gar
nicht erweiterten Clavuslinien , durch die langen Klauen der Mittel-
beine (länger oder doch so lang wie die Tarsen) und durch die feineren
Querlinien des Corium. Die Stirngrube des Männchen ist seicht, etwas
herzförmig und reicht nicht zwischen die Augen. Länge 7 — 8 mm.
C. vernicasa Wallengreen, Öfv. Scand. Cor. 1854, in Skan-
dinavien und Finnland (Saünders, Synops. 1876, p. 649, 16), ist der
C. striata sehr ähnlich, nur daß ihr Thorax tiefer rastriert, seine
dunklen Querlinien etwas eingedrückt und die blasse Zeichnung am
Grunde des Clavus nach innen nicht so stark verbreitert ist : Var. !
C. DoiKjlasi Fieber (in litteris), Douglas and Scott, Brit. Hem.
1865, p. 612, 18, ist der C. fossarum sehr ähnlich gezeichnet, hat
aber andern Xyphus und andere Pala; letztere ist jener von distinda
sehr ähnlich. Diese Art wurde wieder nach einem einzigen in
England gefundenen und an Fieber zur Beschreibung gesandten
Männchen aufgestellt! und ist mutmaßlich nur eine stärker gefärbte
Varietät von distinda mit braunem Außenrand der hinteren Schienen.
Corisa distinda Fieber, Syn. Cor. 1848, No. 19. — Spec. Cor.
1851, p. 32, 35, tab. 2. fig. 13. — Eur. Hem. 1861, p. 97, 29. —
Flor, Rhynch. Livlds., I, 1860, p. 792, 6. — Douglas and Scott,
Brit. Hem. 1865, p. 608, 15. — Saünders, Synops. of brit. Hem.
Het. 1876, p. 649, 18. — Hem. Het. of the brit. isl. 1892, p. 335. —
PuTON, Synops. d. Hem. Het. d. Fr. 1880, I, p. 228, 13. — Cat. 1899,
p. 82, 31.
Corisa Fieberi Kolenati, Mel. ent. 1857, VI, p. 72, sp. 280.
Corisa vernicosa Wallengreen, Öfv. (Scand. Cor.) 1854
(Saünders, Synops. 1876, p. 649, 16) = var.
Corisa Douglasi (Fieber), Douglas and Scott, Brit. Hem. 1865,
p. 612, 18 = var.
Bayern : Bei Bamberg (Teiche bei Aurach). Funk. — Württem-
berg : Bei Ulm (Arnegger Torfstiche), 5. Hüeber. — Elsaß-Lothringen :
— 149 —
Remiremont, Metz; rare. Reiber-Püton. — Westfalen: Vier Stücke
(1 6, 3 $) dieser schönen Art fing Kolbe in der Schlinge bei Öding,
zwei im Juni 1878, zwei im Oktober 1879. Westhoff. — Thüringen:
Zwischen Gotha und Siebleben in Tongruben, selten. Kellner- Breddin.
— Schleswig-Holstein : Nur selten gefunden. Wüstnel — N. S. Insel
Borkum : Selten. Schneider. — Mecklenburg : Mit C. Fallenii Fieb.
zusammen und gleich häufig. Raddatz. — Schlesien : Ich fing bisher
nur wenige Exemplare, und zwar bei Breslau, Scholz.
Aus Lappland, Rußland, Preußen, Böhmen, Sachsen und Öster-
reich. Fieber.
[Schweiz : Ein Stück vom Battwyler Bergweiher bei Burg-
dorf. Frey-Gessnek. — Tirol: Im See am Langen im oberen Nons-
berge, über der Holzgrenze. Gredler. — Steiermark: In Lachen
bei Admont. Strobl. — Böhmen : Mit C. Fallenii Fieb., doch nicht
so häufig. DüDA. — Livland: Sehr selten; 7 und 8. Flor. — Frank-
reich: Probablement toute la France, mais souvent confondue avec
les precedentes. Puton. — England. Not rare. Saünders.]
29. (24.) Größe von 5— 6V2 mm.
30. (39.) Pronotum mit 6 — 8 gelben Linien.
31. (36.) Stirngrube des Männchen tief ausgehöhlt und vorne mit einer
halb eiförmigen Krümmung endigend, die bis zur Augenmitte reicht.
Die gelben Linien am Clavus sind parallel, kaum abgebrochen
oder gekürzt.
32. (33.) Pronotum mit 8 gelben Linien; die gelben Querlinien des
Corium werden von 2 schwarzen Längslinien unterbrochen.
20 bezw. 16 (634) limitata Fieb.
Länglich, schmal, oben braun, unten gelb, Mitte der Brust und
Grund des Hinterleibs mehr oder weniger breit schwarz, dabei hell
und scharf gezeichnet. Pronotum mit 7 — 8 gelben Linien, die etwas
breiter als ihre braunen Zwischenräume sind; seine Seitenwinkel
stumpf. Die Linien am Clavus sind schief, parallel , fast alle voll-
ständig (ganz) und so breit wie die braunen Zwischenräume, jene
am Grunde noch etwas breiter. Die gelben Querlinien des Corium
sind ungleich, unregelmäßig und durch 2 schwarze Längslinien (deren
eine nahe dem Seitenrand, die andere nahe der Clavusnaht verläuft)
in 3 Reihen geteilt. Die Membran ist vom Corium durch eine feine
gelbe Linie getrennt. An den hellen Beinen sind die Vorderschienen
sehr verdickt, fast so breit wie die Pala und die Klauen der Mittel-
beine länger als die betreffenden Tarsen. — Beim Männchen ist die
Pala breit-messerförmig — (beim Weibchen schmal- messerförmig)
— 150 —
— kurz, breit, 2mal so lang wie breit (am Grunde schmal, die
größte Breite im ersten Drittel von der Spitze ab , der obere Rand
wie ein eingedrückter Bogen, der untere Rand mit sehr stumpfem
Winkel nahe am Grunde). Die umgekehrt-eiförmige Stirngrube ist
tief ausgehöhlt, erstreckt sich nach oben zwischen die Augen und
endigt in einen tief gerundeten Bogen. Länge 6 — 6V2 mm.
Corisa Umitata Fieber, Syn. Cor. 1848, No. 25. — Spec. Coris.
1851, 35, 42, tab. 2, fig. 20. — Eur. Hem. 1861, p. 95, 19. —
Saünders, Synops. of brit. Hem. Het. 1876, p. 650, 21. — Hem. Het.
of the brit. isl. 1892, p. 336. — Püton, Synops. d. Hem. Het. d. Fr.
1880, I, p. 229, 14. — Cat. 1899, p. 82, 23.
? Corisa stagnalis Leach, Classif. of Ins. Not. (Linn. Trans. 12),
1817, p. 17, 5.
Bayern : Bei Bamberg in stehenden Wässern. Funk. — Baden :
Karlsruhe. Meess. — Elsaß-Lothringen : Strasbourg, foret de Venden-
heim, Rhin, Metz. Reibek-Pdton. — Westfalen : Wie semistriata Fieb.
in der Umgegend Münsters verbreitet, doch seltener als jene. Sie
lebt in bewachsenen Tümpeln und Gräben, sowie in langsam fließen-
den Bächen. Ich fing sie 1879 am 4. und 12. Mai bei Nimberge,
am 5. auf der Gasseisheide bei Kinderhaus, am 7. auf der Toppheide,
am 3. X. auf der Coerheide und am 23. auf der Loddenheide. Kolbe
fand ein Stück bei Öding, 19. X. 1879. Westhoff. — Thüringen:
Um Gotha überall nicht selten. Kellner-Breddin. — Von Dr.
Schmiedeknecht (Blankenburg) gesammelt. Fokker. — Schleswig-
Holstein : Selten bei Sonderburg. Wüstnei. — Mecklenburg : In
Mergelgruben nicht selten. Raddatz. — Schlesien: Sehr gemein um
Breslau. Scholz.
Durch das ganze Gebiet (Europa). Fieber.
[Schweiz : Scheint in den Torf tümpeln des Binzen-Mooses nicht
selten zu sein. Frey-Gessner. (1871.) — Ob Sedrun, 1400 m.
KiLLiAS. (1879.) — Böhmen : Um Sobieslan und Königgrätz ziemlich
selten. Ddda. — Frankreich: Une grande partie de la France; assez
rare; Nord, Yosges, Tonne, Lyon, Tarbes. Puton. — England.
Saünders.]
33 (32) Pronotum mit 7 gelben Linien. Die gelben Querlinien des
Corium von 3 schwarzen Längslinien durchbrochen.
34 (35) Grösse 6 — 6V2 mm. Vorder-Schienen beim Männchen sehr ver-
dickt.
— 151 —
21 bezw. 17 (635) semistriata Fieb.
Schwarz oder schwarzbraun, der limitata Fieb. sehr nahestehend,
etwas dunkler und kürzer als diese, dabei stark rastriert; Unterseite
viel breiter schwarz , selbst auf den Brustseiten. Kopf und Beine
hellgelb, auf dem Scheitel häufig ein brauner Fleck. Pronotum mit
6 — 8 gelben Querlinien, die ungefähr so breit sind wie die braunen
Zwischenräume. Xyphus horizontal, ohne aufgebogene Spitze. Die
welligen, gelben Querlinien an Clavus und Corium weniger breit,
jene am Corium von 3 schwarzen Längslinien durchbrochen und hier-
durch in 4 Reihen geteilt. Randkanal der Halbdecken teilweise
schwarz. Beim Männchen ist die Stirngrube, wie bei limitata, tief
ausgehöhlt, zwischen die Augen hinaufreichend und in einer fast ab-
gestutzten Kurve endigend; Vorderschienen gleichfalls aufgetrieben;
Pala kürzer, halbkreisförmig, an ihrem Grunde am breitesten, ihr
oberer Rand einen regelmäßigen Halbkreis bildend, ihr unterer Rand
gerade und an seinem Grunde nicht merkhch winkelig. (Die Pala
der Weibchen ist lang-messerförmig mit gleichmäßig konvexem Ober-
rand; die Vorderschienen sind hier nicht angeschwollen.) Länge
6 — 6V4 mm.
Corisa semistriata Fieber, Syn. Cor. 1848, No. 26. — Spec. Coris.
1851, p. 36, 43, tab. 2, fig. 21 (fig. 2: palae). — Eur. Hern. 1861,
p. 95, 20. — Wallengreen, Öfv. (Scand. Cor.) 1854, p. 150, 18.
— Flor, Rhynch. Livl., I, 1860, p. 797, 10. — Douglas and Scott,
Brit. Hem. 1865, p. 602, 9. — Saunders, Synops. of brit. Hem. Hei
1876, p. 651, 22. — Hem. Het. of the brit. isl. 1892, p. 337. —
PuTON, Synops. d. Hem. Het. d. Fr. 1880, I, p. 230, 15. — Cat. 1899,
p. 82, 25.
Corisa striata Zetterstedt, Ins. Läpp. 1840, p. 284, 2.
Corisa undulata (Costa) Herrich-Schäffer, Wanz. Ins. IX, 1850,
p. 57, fig. 919.
Bayern : Bei Nürnberg selten. Kittel. — Bei Bamberg (Breitenau,
Teiche bei Seehof). Funk. — Elsaß-Lothringen : Remiremont, Gerard-
mer, Metz. Reiber-Puton. — Westfalen: Überall um Münster ver-
breitet , aber nirgends gerade häufig. Sie lebt in bewachsenen
Tümpeln und Gräben und findet sich als Imago im Frühling und
Herbst. Ich fing sie 1879 am 1. Mai auf der Mauritzheide , am 5.
bei Rumphorst nicht selten, am 7. ziemlich häufig in der Toppheide,
am 12. bei Nienberge; dann am 13. August in Gievenbeck und am
3. Oktober wiederholt auf der Coerheide. V^on Kolbe 19. X. 1879 auch
— 152 —
zahlreich bei Öding in fließendem Wasser gefangen. Die Stücke
meistens dunkel, solche von heller Grundfarbe selten. Var. histriata
(„hneolis corii approximatis interdum junctis, striis duabus nigris
dissectis") sehr selten, einzelne Stücke von mir bei Münster ge-
fangen. C. semistriata unterscheidet sich von der verwandten limitata
FiEB. durch die schwarz gefärbten Prosternalloben und die Bildung
der männlichen und weibhchen Palae. Westhoff. — Thüringen: Um
Gotha in den Tongruben vor dem Berloch , sehr selten. Kellner-
Breddin. — Schleswig-Holstein: Bei Sonderburg selten. Wüstnei. —
N. S. Insel Borkum: Selten. Schneider. — Mecklenburg:. In Torf-
gräben ziemlich verbreitet. Raddatz. — Schlesien: Nicht gerade
häufig um Breslau. Scholz. — In der Ebene und im Gebirge,
selten. . . . Assmann.
Aus Lappland, Schweden, Preußen. Schlesien, Sachsen. Böhmen,
Österreich und dem Küstenland. Fieber.
[Schweiz: Bis jetzt nur in einzelnen Exemplaren aus dem
Wauwyler Torfgraben; im Mai und August sehr selten. Frey- Gessner.
— Böhmen: Überall gemein. Düda. -- Livland: Häufig, vom Mai
bis in den Oktober. Flor. — Frankreich: Nord, Vosges, Lyon,
Landes, Hautes Pyrenees. Puton. — Dep, du Nord (Lille): assez
commune dans les mares d'eau douce des dunes de Dunkerque, au
printemps. Lethierry. — England. Saünders.]
35 (34) Größe von 4^2 — 5 mm. Vorder-Schienen des Männchen nicht
merklich angeschwollen.
*ve)iusta Dgl. Sc.
C. venusta Douglas and Scott, 1869. — Saünders, Synops. of
brit. Hem. Het. 1876, p. 651, 23. — Hem. Het. of the brit. isl. 1892,
p. 337. — PuTON, Synops. d. Hem. Het. d. Fr. 1880, I, p. 230. 16.
— Cat. 1899, p. 82, 26.
Bis jetzt nur in England (Großbritannien) und Frankreich ge-
funden; in letzterem Lande sehr selten (Püton kannte, 1878. nur
2 Exemplare aus Avignon), der C. semistriata sehr ähnlich, nur kürzer
und dementsprechend breiter, die ganze Oberfläche stark rastriert,
die Unterseite weniger breit schwarz; das Pronotum etwas kürzer
als bei semistriata mit 7 blaßen Linien, die breiter als ihre braunen
Zwischenräume sind; am Clavus sind die ganzen (d. h. durchlaufen-
den), parallelen, schrägen gelben Linien so breit wie die Zwischen-
räume; außer den 3 braunen Längslinien ist bei vennsta überdies
noch der innere Coriumwinkel selbst braun. Die Stirngrube des
— 153 —
Männchen ist etwas weniger tief und mehr parallelseitig als bei den
2 vorhergehenden Arten, die Vorderschiene des Männchen ist hier
nicht verdickt, die Pala kurz und breit, halbherzförmig, ihr oberer
Rand mit seiner größten Breite gegen das Grund-Drittel zu gebogen,
der untere Rand gerade (während die Pala beim Weibchen länger
und schmaler, zweimal oder mehr als zweimal so lang wie breit ist).
Länge 5 — 6 mm.
36 (31) Stirngrube des Männchen sehr seicht, vorne nicht in einer
halbeiförmigen Krümmung endigend. Die gelben Linien des Clavus
fast parallel , gegen das Ende zu mehr oder weniger unter-
brochen.
37 (38) Pronotum mit 6 gelben Linien und einem rechten Seitenwinkel.
Stirngrube des Männchen vorne nicht durch einen queren geraden
Kiel abgeschlossen.
22 (640) fossarum Leach.
Schwarzbraun; Kopf, Beine und Unterseite hellgelb, Brustmitte
und Hinterleibsgrund schwarz , etwas schmaler als die folgende
(C Fabricii). Das kurze Pronotum hat 6 helle gelbe Querlinien,
die etwas schmaler sind als die dunklen Zwischenräume; die Seiten-
winkel sind stumpf. Der Xyphus ist schwarz mit stark aufwärts
gebogener gelber Spitze. Das Connexivum ist bleich , ungefleckt.
Die gelben Linien des Clavus sind nahezu parallel, regelmäßig, durch-
laufend, jene am inneren Rand etwas breiter; die Linien des Corium
sind gewellt, häufig und unregelmäßig abgesetzt, oft sogar in kleine
Flecken aufgelöst, die wieder zu Längsstreifen angeordnet sind (oder
von 2 dunklen Längslinien durchschnitten). Die Membran ist vom
Corium durch einen schmalen gelben Streif, auf welchen ein schwarzer
folgt, geschieden. Die Klauen der Mittelbeine sind länger als die
Tarsen. Beim Männchen ist die Stirngrube sehr seicht, flach, recht-
eckig, kaum über die vordere Augenecke hinausreichend. Die Pala
des Männchen ist am Grunde breit, kaum schmäler als in der Mitte,
2V2mal so lang wie breit, von der Form eines etwas krummlinigen
Dreiecks, während die Pala der Weibchen schmal-messerförmig ist
mit gleichmäßigem und schwach konvexem Oberrand (breit halb-
mondförmig und etwas gebogen nach Fieber). Länge 6 mm. —
Diese Art unterscheidet sich von der ähnlichen semistriata durch
den Winkel, welchen Seiten und Hinterrand des Pronotum bilden,
durch das unbehaarte Corium und durch die ganz anders geformte
Pala des Männchen.
— 154 —
Corisa fossaruni Leach, Classif. Not. (in Trans. Linn. Soc.) 1817,
XII, p. 17, 4. — C. R. Sahlberg, Hist. Not. Fenn. 1819, 10. —
Fieber, Syn. Cor. 1848, No. 21. — Spec. Cor. 1851, p. 32, No. 37,
tab. 2, fig. 15. — Eur.Hem. 1861, p. 98, 32. — Wallengreen, Öfv.
(Scand. Cor.) 1854, p. 149, 15. — Flor, Rhynch. LivL, I, 1860,
p. 795, 8. — Douglas and Scott, Brit. Hem. 1865, p. 611, 17. —
Saunders, Synops. of brit. Hem. Het. 1876, p. 651, 24. — Hem. Het.
of the brit. isl. 1892, p. 338. — Puton, Synops. d. Hem. Het. d. Fr.
1880, I, p. 231, 17. — Cat. 1899, p. 82, 35.
NB.! C. prominula Thomson, 1869, in Skandinavien und Finn-
land, auch von Douglas im Eni Month. Mag. XH, p. 224 beschrieben,
ist der ('. Scotti Fieb. sehr ähnlich, nur breiter und dunkler. Stirn-
grube und Form der Pala des Männchen stehen in der Mitte zwischen
fossarwn Leach und Scotti Fieb. Länge 5^2 mm. = Var.
Bayern : Bei Regensburg und Nürnberg nicht selten. Kittel.
— Bei Bamberg in stehenden Wässern. Funk. — Baden : Wildsee,
7. (F.) Meess. — Elsaß-Lothringen : Remiremont, Strasbourg. Reiber-
Puton. — Westfalen: In bewachsenen Tümpeln und Gräben im Früh-
ling und Herbst verbreitet, aber selten. Besonders von mir im Mai
bei Münster gefangen; 18. V. 1879 sammelte ich sie bei Greven;
VL 78 und 9. X. 79 Kolbe bei Öding; unter den letzteren Stücken
befinden sich 2 Weibchen, welche über 3'" messen. Westhoff. —
Thüringen: Um Gotha nicht selten. Kellner-Breddin. — Schleswig-
Holstein : Etwas häufiger als C. moesta Fieb. Wüstnei. — Mecklenburg:
Mit C. semistriata Fieb. ebenfalls in Torfgräben, aber nicht häufig.
Raddatz. — Schlesien : Sehr häufig um Breslau. Scholz. — In der
Ebene und im Gebirge, in stehenden Gewässern, häufig; um Breslau
in Straßengräben vor dem Schweidnitzer Tor . . . Assmann. — Pro-
vinz Preußen. Brischke.
Im ganzen Gebiet (Europa). Fieber.
[Schweiz : Ebenso häufig wie C. moesta Fieb. überall und durchs
ganze Jahr, doch wie striata und Falleni mehr im Quell- als Torf-
wasser; um Aarau, Zürich. . . Frey-Gessner. — Böhmen: Im ganzen
Gebiete nicht selten. Duda. — Livland : Häufig vom Mai bis Ende
Oktober. Flor. — Frankreich : Nord . Vosges , Yonne , Lyon etc.
Puton. — England: Generally distributed. Saunders.]
38 (37) Pronotura mit 7 p^elben Linien nnd breit abg-erundetem Seiten-
winkel. Die Stirngrube des Männchen endigt in der Höhe der
Augen mit einem queren, geradlinigen Kiel.
— 155 —
23 (641) nigrolineata Fieb. ^
Schwarzbraun oder schwarz mit gelben Querlinien auf Pronotum
und Decken, von Gestalt und Form der C. fossarmn Leach., wechselt
diese Art sehr stark in Färbung und Zeichnung, ist bald braun mit
feinen gelben Linien , bald gelb mit feinen schwarzen Linien , ja,
PüTON kennt ein fast ganz gelbes Exemplar (aus den Pyrenäen), das
nur am Corium-Ende einige schwärzliche, kaum wahrnehmbare Striche!
aufweist. Pronotum kurz mit sehr kurzen, breit abgerundeten Seiten-
winkeln, stark einwärts vom Schulterwinkel der Halbdecken gelegen;
der Mittelkiel kurz, von Form eines vorragenden Höckers ; auf der
Pronotum -Fläche 7 — 9 blasse Linien auf schwarzem Grund oder
ebensoviele schwarze Linien auf gelbem Grunde, je nachdem die
einen oder die andern breiter sind. Xyphus fast horizontal mit nur
wenig aufgebogener Spitze. Unterseite bei den dunkeln Spielarten
größtenteils schwarz, manchmal nimmt jedoch, besonders bei den
Weibchen, die gelbe Färbung so zu , daß nur die Mitte der Mittel-
brust schwarz bleibt. i\uf Clavus und Corium ist die schwarze und
gelbe Färbung ziemlich gleich verteilt oder es überwiegt die Schwarz-
färbung. Die welligen Querlinien des Corium werden von einer (dem
inneren Rande entlang laufenden) schwarzen Längslinie unterbrochen;
der innere Winkel ist gewöhnlich schwarz. Die Membrann ist durch
einen sehr schmalen gelben Strich (auf welchen ein ebenso schmaler
schwarzer folgt) gegen das Corium abgegrenzt; auf ihrer Fläche
überwiegt die Gelbfärbung, der Außenrand ist schwarz. Der Rand-
kanal der Halbdecken ist bei den braunen Spielarten ganz schwarz,
bei den blassen Varietäten meist nur teilweise schwarz. — Beim
Männchen ist die messerförmige , ziemhch kleine Pala 2V2mal so
lang wie breit, nahe der Mitte am breitesten, ihr oberer Rand regel-
mäßig gebogen, der untere Rand gerade. (Die Pala des Weibchen
ist ähnlich , nur nicht ganz so hoch und etwas länger.) Die Stirn-
grube (des Männchen) ist ganz oberflächlich, schmal, rechteckig, am
vorderen Augenrande plötzlich mit einer geraden, querstehenden,
vorspringenden Kante endigend. Länge 5V2 — 6 mm.
Douglas und Scott (England)^ haben unter den Namen C. mi-
cans, dubia, perplexa, decora, Whitei und horealis mehr oder weniger
gefärbte Varietäten der C. nigrolineata Fieb. beschrieben; Fieber selbst
' Lief bisher als C. Fahricii Fieb., welcher Name neuerdings als Tar.
der Stammform C. nigrolineata Fieb. gilt.
^ Die englische Hemipteren- Fauna deckt sich fast vollständig mit der
deutschen, nur daß letztere noch etwas artenreicher ist.
— 156 —
beschrieb diese (fast gleichzeitig auch von Herrich -Schäffer als
C. lineolata beschriebene und abgebildete) Art unter 3 verschiedenen
Namen, d. h. als 3 verschiedene Arten {abdominalis, nigrolineata
und Fahricii). — Bei dem großen Farbenwechsel bietet die (schmale,
seichte, nicht zwischen die Augen verlängerte, sondern oben mit einem
queren Kiel endigende) Stirngrube des Männchen das leichteste und
sicherste Erkennungszeichen; weiterhin sind bei dieser 'Art (zum
Unterschied von den ähnlichen limitata, semistriata und venusta)
die Strichel des Corium nicht durch Längshnien in Reihen geteilt;
sodann springt hier der Höcker auf dem Pronotum stark vor und
sind des letzteren Seitenwinkel abgerundet.
Corisa nigrolineata Fieber, Syn. Cor. 1848, No. 24. — Spec.
Cor. 1851, p. 34, 40, tab. 2, fig. 18 (pake). — Eur. Hem. 1861,
p. 96, 24. — Wallengreen, Öfv. (Scand. Cor.) 1854, p. 149, 16.
— Douglas and Scott, Brit. Hem. 1865, p. 605, 12. — Puton,
Cat. 1899, p. 82, 38.
Corisa lineolata Herrich-Schäffer, Wanz. Ins. IX, 1850, p. 55,
fig. 911.
Corisa lineata Rambur, Faune d'Andalus, 1838.
? Corisa lateralis Leach, Class. of Ins. Not. (Linn. Trans. 12), 1817.
Corisa Fahricii Fieber, Spec. Cor. 1851, p. 33, No. 38, tab. 2,
fig. 16, — Eur. Hem. 1861, p. 98, 31. — Flor, Rhynch. Livids. I.
1860, p. 796, 9. — Wallengreen, Scand. Cor. 149. — Saünders,
Synops. of brit. Hem. Het. 1876, p. 650, 20. — Hem. Het. of the
brit. isl. 1892, p. 337. — Puton, Synops. d. Hem. Het. d. Fr. 1880,
I, p. 231, 18 = var.
Corisa abdominalis Fieber, Syn. Cor. 1848, No. 22.
Corisa borealis, decora, dubia, micans, perplexa, Whitei Douglas
et Scott = var. (vid. Entom. Month. Mag. 1875, Nov.).
Bayern : Bei Bamberg in stehenden Wässern. C. Fabricli Fieb.
(= var.) in Tümpeln am Hauptsmoor. Funk. — Württemberg: Bei
Ulm (Einsinger Ried), 9. Hüeber. — Elsaß-Lothringen : v. nigrolineata
Fieb. communes dans les petites mares des bois, ä Metz (B). C.
Fabricii Fieb. : mares boueuses des carrieres de Rouffach, commune
en juin. Reiber-Puton. — Westfalen: Sigrolineafa Fieb. (lineolata
H.-ScH.) im Frühling und Herbst in Gräben, Tümpeln und langsam
fließenden Bächen an kahlen, unbewachsenen, warm gelegenen und
senkeligen Stellen, welche auch von Hydroporiis halensis F. mit Vor-
hebe bewohnt werden, verbreitet und geselhg. Von mir auf der
— 157 —
Coerheide, bei Nienberge, Albersloh, Venne usw. gefangen, unreife
Stücke erhielt ich noch gegen Ende September. Die Zahl der
schwarzen Querstreifen variiert mehr, als Fieber angibt (E. H. 1861,
96), nämhch von 6 — 10, beim Männchen sind sodann die Prosternal-
loben meistens bleich, nicht dunkel, wie beim Weibchen. Exemplare
bei denen die schwarze und gelbliche Färbung sich das Gleich-
gewicht halten, kommen ebenfalls vor . . . 6*. Fabricii Fieb. (abdo-
minalis FiEB.) : Einige Exemplare, welche ich anders nicht zu deuten
vermag, beziehe ich auf diese Art; dieselben stammen hier von
Münster. Westhoff. — N. S. Insel Borkum : Fabricii Fieb. gemein.
Schneider. — Thüringen : C. nigrolineata um Gotha an verschiedenen
Orten, selten. C. Fabricii Fieb. zwischen Gotha und Siebleben in
Tongruben, selten. Kellner-Breddin. — Schleswig-Holstein: C. Fa-
bricii Fieb. nebst der var. nigrolineata Fieb. selten bei Sanderburg.
WCSTNEi. — Mecklenburg: In Teichen nicht häufig. Fabricii Fieb.:
nur wenige Stücke fing ich gleichfalls in Torfgräben. Raddatz. —
Schlesien: Um Breslau nicht minder gemein als C. limitata Fieb.
Scholz. — Bisher nur bei Breslau gefunden ; C. Fabricii Fieb. bis-
her nur im Gebirge, selten . . . Assmann.
C. nigrolineata Fieb. durch das ganze Gebiet (Europa). C.
Fabricii Fieb. aus Deutschland, Schweden und Rußland. Fieber.
[Schweiz: Nyon , St. Prex häufig. Von H. Meier früher im
Meienmoos und in den Tümpeln am Batwylerberg bei Burgdorf als
die häufigste Art gefunden, ebenso von Bremi und Menzel in den
Torfgraben um Dübendorf und am Katzensee. In den letzten Jahren
an den gleichen Orten kein Stück erhältlich, dafür andere Arten,
die früher fehlten. — Tirol: Im Gebiete von Boz.en; auch aus Welsch-
tirol von Dr. Bertolini ; lebt auch im Quellwasser. Gredler. — Steier-
mark: In stehendem Wasser an sonnigen Stellen den ganzen Sommer
hindurch ; Kroisbach. Eberstaller. — Fabricii Fieb. var. nigrolineata
Fieb. : 2 Exemplare aus Unter-Steiermark. Strobl. — Nieder-Öster-
reich : C. nigrolineata Fieb. bei Gresten im Quellwasser , häufig.
Schleicher. — Böhmen : Die typische Form C. Fabricii Fieb. kenne
ich bisher nur von Neuhaus ; die bleiche var. nigrolineata Fieb. ist
dagegen mehr verbreitet, um Prag sogar gemein. Düda. — Livland :
C. Fabricii Fieb. ziemUch häufig, im Juni, Juli, September. Flor.
— Frankreich : Toute la France, commune ; Nord, Vosges . . . Puton.
Dep. du Nord (Lille) : C. nigrolineata rencontree une seule fois en
abondance dans une mare du Mont Noir, pres d'une sabhere, au
printemps. C. Fabricii Fieb. tres-rare; un seul exemplaire pris dans
— 158 —
une mare des dunes de Dunkerque. Lethierry. — England: C.
Fabricii Fieb. (nigrolmeata Fieb. micans Dgl. Sc. etc.) common and
generally distributed. Saunders.)
39 (30) Pronotum mit 5 gelben Linien. Kleine Gestalt. Stirngrube des
Männchen sehr oberflächlich oder vielmehr die Stirne ist überhaupt
flach, nicht vertieft.
*ScoUi (Fieb.) Scott. 68.
Nur in England und Frankreich vorkommend (in letzterem
Lande selten, von M. Düverger bei Dax gefunden) , der C. venusta
ziemlich ähnlich, jedoch durch die Stirngrube leicht zu unterscheiden:
Oberseits braun, unten fast ganz gelb, der C. fossarum sehr ähnlich,
nur kleiner, der Kopf oben mehr eingedrückt, der Scheitel stark
verlängert und hinten zugespitzt; der hintere Augenwinkel reicht
fast zum vorderen Thoraxwinkel; dabei ist das Pronotum kürzer und
hat nur 5 gelbe, regelmäßige Querhnien, die etwas schmäler als ihre
Zwischenräume sind (manchmal findet sich auch noch ein blasser,
querer Fleck am Grundwinkel); die Pronotum- Seiten winkel sind
stumpf und liegen im gleichen Niveau wie die Schulterecken der
Halbdeclien. Die gelben Linien am Clavus sind schief und durch-
laufend (die am Grunde innerseits erweitert), jene am Corium ge-
rade, kurz, von 2 braunen Längslinien unterbrochen. Membran wie
bei den geschilderten, verwandten Arten. Randkanal gelb. Klauen
der Mittelbeine um ein Drittel länger als die Tarsen. Pala der
Männchen 2V2mal länger als breit, ihr oberer Rand ein gedrückter
Bogen, vom untern Drittel an allmählich zugespitzt, im allgemeinen
kurz-messerförmig , am Grunde am breitesten , doch nicht so ab-
gestutzt wie bei fossarum. Die Stirngrube des Männchen sehr flach,
kaum bis zum vorderen Augenwinkel reichend, woselbst sie nicht
schroff abbricht, eigentlich nur eine Art hufeisenförmiger, punktierter
Delle. Länge 5 mm.
Corisa Scotti (Fieber in litteris) Scott, 1868. — Saunders,
Synops. of brit. Hem. Het. 1876, p. 651, 25. — Hem. Het. of the
brit. isl. 1892, p. 338. — Püton, Synops. d. Hem. Het. d. Fr. 1880,
I, p. 232, 19. — Cat. 1899, p. 82, 36.
40 (9) Erstes Glied der Hinter-Tarsen mit einem schwarzen Fleck an
der Spitze (ü.-G. CalUcorisa Buch).
41 (42) Die gelbe Coriumzeichmmg in quere Linien angeordnet. Prono-
tum mit 7 — 8 schwarzen Linien. Yorderschiene und Pala oben
schwarz gezeichnet. Pala des Männchen um ihre Achse gedreht,
gegen ihr Ende erweitert (verbreitert).
— 159 —
24 (642) praeusta Fieb.
Oben braun oder schwarzbraun, Unterseite größtenteils schwarz;
Hinterleib oben schwarz, an den Seiten schmutzig-gelb; Kopf hell-
gelb, öfters mit rotbraunem Anflug. Das nach hinten ziemlich ver-
längerte Pronotum zeigt 7 — 10 gelbe Linien, die fast so breit sind
wie ihre Zwischenräume; die Querhnien der Halbdecken sind schmal,
gewellt, durchlaufend, wenig unterbrochen; die Membran ist durch
einen schmalen undeutlichen gelben Streif abgegrenzt und zeigt auf
ihrer Scheibe wirre c[uere Strichel; der Randkanal der Halbdecken
ist meist dunkel. Der Xyphus ist horizontal mit abwärts gebogenen
Seitenrändern. Die Beine sind hellgelb, oft leicht gebräunt; die
Klaue an den Mittelbeinen etwas kürzer als der Tarsus; auf dem
ersten Glied der hinteren Tarsen unten ein großer viereckiger Fleck,
der das ganze End-Drittel einnimmt. — Beim Männchen ist die
Fala verlängert, dann (ungefähr in ihrer halben Länge vom Grund
ab) plötzlich löffelartig erweitert, vorwärts gekrümmt und an der
Spitze abgestumpft (rebmesserförmig, vorne halbrund erweitert und
oben überbogen nach Fieber), während die Fala des Weibchen spitz-
messerförmig und am oberen Rand gleichmäßig schwach konvex ist;
Vorderrand der Fala und der Vorderschiene (manchmal auch das
hintere Knie) schwarz gefleckt. Die Stirngrube des Männchen ist
wenig ausgehöhlt, ohne scharfe Begrenzung und endigt jenseits der
Augen mit einem nicht besonders schroffen Bogen. Länge 7 mm.
— Diese Art gleicht in Form, Färbung und Zeichnung der distincta^
ist jedoch durch den großen Fleck am Ende des ersten Gheds des
hinteren Tarsus (der am besten von unten zu sehen) leicht und
sicher zu unterscheiden.
C. socia Dgl. Sc. (England), C. producta Reut. 80 (Finnland)
und C. Wollastoni Dgl. Sc. (England) sind lediglich etwas anders
gefärbte und anders gezeichnete, einmal gefundene Varietäten der
G. praeusta Fieb. — Die Gattung Corisa ist doch gewiß genügend
aufgelöst und zersplittert, so daß es wohl nicht nötig wäre, daß
(selbst anerkannte Autoritäten, die sich an andern Orten mißbilligend
über die leidige Artmacherei äußern) auf Grund einer einmal ge-
fundenen abweichenden Form sofort eine nov. spec. beschreiben und
so den literarischen Ballast in unverantwortlicher Weise vermehren.
Corisa praeusta Fieber, Syn. Cor. 1848, No. 15. — Spec. Cor.
1851, p. 28, 30, tab. 1, 17, flg. 1 — 18. — Eur. Hem. 1861, p. 95,
21. — Wallengreen, Öfv. (Scand. Cor.) 1854, p. 146, 9. — Flor,
— 160 —
Ehynch. Livlds. I, 1860, p. 787, 20. — Kolenäti, Mel. ent. VI,
p. 70, 276. — Saünders, Synops. of brit. Hem. Het. 1876, p. 647, 5.
— Hem. Het. of the brit. isl. 1892, p. 339. — Püton, Synops.
d. Hem. Het. d. Fr. 1880, I, p. 233. — Cat. 1899. p. 82, 42.
Corisa horealis Dalmann, An. ent. 1824.
Gorisa Wollastoni'Do\SGi.k?> and Scott, Brit. Hem. 1865, p. 603, 10.
— Saünders, Synops. 1876, p. 648, 9 (et C. socia Dgl. Sc.)
= var. (Britannia).
0
Bayern: Bei Bamberg (Breitenau, Teiche bei Seehof). Funk.
— Elsaß-Lothringen: Remiremont; tres-rare. Reiber-Püton. — West-
falen: In Gräben und Tümpeln, sehr selten. Ein eben gereiftes
Männchen fing Kolbe bei Öding im Laufe des Sommers, ein zweites
ich hier bei Münster, 3. X. 1879, auf der Coerheide. Westhoff. —
Thüringen : In den Tongruben vor dem Berloch, nicht selten. Kellner-
Breddin. — Schleswig-Holstein: Selten in Holstein. Wüstnei. —
N. S. Insel Borkum: Sehr selten. Schneider. — Mecklenburg: In
Mergelgruben selten. RäddatZ: — Schlesien: Um Breslau nicht ge-
mein. Scholz. — In der Ebene und im Gebirge, in stehenden Ge-
wässern, selten; um Breslau einzeln . . . Assmann.
Aus Böhmen, Preußen, Sachsen, Schlesien, Groß-Rußland und
Lappland. Fieber.
[Böhmen: Wie es scheint, ziemlich verbreitet, doch nicht gemein:
ich kenne sie von Sobieslau, Neuhaus und Prag. Duda. — Livland: Sehr
selten ; 7, 8, 9. Flor. — Frankreich : Espece du Nord de l'Europe
dont je n'ai vu qa'un exemplaire de France, que j'ai pris ä Gerardmer
(Haut-Vosges). Puton. — England : Not rare and generally distributed.
Saünders.]
Nach PuTON und Horvath ist praeusta eine „nordische Art" '
Den abweichenden Angaben der verschiedenen Lokal-Faunen etc.
dürfte demnach wohl eine Verwechslung (falsche Bestimmung) zu-
grunde liegen.
Hierher zählen noch einige (bis jetzt nur) englische Arten :
* sodalis Dgl. Sc.
Sie unterscheidet sich nach Saünders (Hem. Het. 1892, p. 339),
der diese (von Bold bei Gosforth in England gefundene) Art wiederum
von Douglas erhielt, von C. praeusta Fieb. nur durch die kürzeren
Klauen der Tarsen der Mittelbeine , welche (bei Männchen wie
Weibchen) nur etwa zwei Drittel so lang sind wie der Tarsus. Der
— 161 —
Fleck auf den hinteren Tarsen findet sich hier nur über dem inneren
Endwinkel. Länge Q^ii mm (3'").
Die andere, gleichfalls bis jetzt nur in England gefundene Art:
* cognata Dgl. Sc. 70,
neuerdings caledonica Kirkaldy 97 genannt, nicht zu verwechseln mit
cognata Fieb. (Eur. Hern. p. 99, 36, aus der Schweiz von Meyer-Dür
als C. carinata erhalten), ist nach Saunders (Hern. Het. 1892, p. 340)
den vorstehenden Arten sehr nahe verwandt, unterscheidet sich von
ihnen aber durch ihre gelbe Farbe , durch die 7 reinen , breiten
Pronotumstreifen und durch die breitere, hellere, mehr fragmen-
tarische Zeichnung der Halbdecken. Beim Männchen ist die Pala
an ihrem Ende nicht so plötzlich erweitert j die vorderen Schienen
sind nicht schwarz gezeichnet, hingegen haben die hinteren Tarsen
einen großen dreieckigen Fleck. Länge 6^2 mm. — Saunders führt
mehrere englische Fundorte und bekannte Gewährsmänner für diese
Art an.
*BoMi Dgl. Sc. 70,
von Douglas and Scott 1870 nach einem einzigen, bei Gosforth (Eng-
land) gefundenen Weibchen beschrieben, charakterisiert durch die
längliche Zeichnung auf der Mitte des Clavus (welche wohl zufällig
sein dürfte): Oberseite fein rastriert; Pronotum mit 7 — 8 feinen
schwarzen Linien; Halbdecken mit heller Querzeichnung auf dem
Corium ; Clavus mit länglichen Zickzack-Stricheln die Mitte
hinab und Querstricheln an den Seiten. Beine lehmfarben; der Fleck
auf dem hinteren Tarsus groß , vollständig quer über das Glied
reichend. 6^/2 mm (3'")- — Auch Saunders, der diese Art (Synops.
1876, p. 646, 4 u. Hem. Het. 1892, p. 339) beschreibt, hat sie selbst
nie zu Gesicht bekommen. Dürfte demnach wohl zu streichen sein!
42 (41) Gelbe Zeichnung' des Corium sehr unregehnäßig, tröpfchen-
artig, nicht in Querreihen angeordnet. Pronotum mit 9 — 10
schwarzen Linien. Pala des Männchen gleicht einer regelmäßigen
Messerklinge, die nicht um ihre Achse gekrümmt ist.
25 (643) concinna Fieb.
Oberseite schwarz mit dichten, glänzenden, gelben Querlinien ;
Brust dunkelgelb mit schwarzer Mitte; Xyphus gelb; Hinterleib oben
schwarz, beim Weibchen an den Seiten rötlich, unten dunkelgelb,
die ersten Abschnitte (beim Männchen 4, beim Weibchen 2) schwarz :
Genitalsegmente bräunlich mit gelben Piändern. Pronotum ver-
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. 11
— 162 —
längert, hinten abgerundet, mit 9 — 10 engen, krummen, schmalen,
in der Mitte abgekürzten, schwarzen QuerHnien auf gelbem Grunde
und fast spitzen Seitenwinkeln; die Halbdecken zeigen enge, kurze,
stark wellige gelbe Linien, die am Clavusgrund gerade und breit
(manchmal auch gabelig) werden, die Strichel sind hier weniger
quer, als vielmehr tröpfchenartig, wurmähnlich. Die Membrannaht
ist schwach und dunkel ; die Membran selbst mit gelber, nach außen
etwas gegabelter Zeichnung, die am inneren Rand fein und fast
parallel wird ; ihr Vorderrand ist schwarz. An den blaßgelben Beinen
ist die Pala des Männchen schmal-messerförmig, gleich breit, oben
allmählich bis^zur Spitze gekrümmt, länger und einfacher als bei
praeusta und vorne spitz (bei den Weibchen ist die Pala schmal-
messerförmig, vorne etwas gekrümmt, zugespitzt); am zweiten
Beinpaar sind die Schienen am Ende braun; am dritten Beinpaar
sind die Tarsen unten schwarz (am ersten Glied hinten , zu beiden
Seiten des Endrands, am zweiten nur am Grund). Länge 7 mm
C. concinna unterscheidet sich von der ihr sehr nahe stehen-
den praeusta (außer den schon oben, unter 42 (41) angegebenen
Merkmalen) noch dadurch, daß bei ihr die Gelbzeichnung breiter ist
als die braunen Zwischenräume, auch die Unterseite und der Rand-
kanal der Halbdecken sind bei ihr mehr gelb, die Palae sind viel
länger als bei praeusta, Pala und Vorderschiene zeigen keinen
schwarzen Fleck und die Stirngrube des Männchen ist etwas tiefer
und seitlich besser abgegrenzt ; das Hauptkennzeichen ist der kleine
schwarze Fleck auf dem hinteren Tarsus (welcher den inneren End-
• Winkel des ersten Glieds und den inneren Grundwinkel des zweiten
ausfüllt). Immerhin wird diese Art von den verschiedenen Autoren,
ja selbst von ein und demselben zu verschiedenen Zeiten (Saunders,
1876, bezw. 1892) so abweichend beschrieben, daß sich die Frage
aufdrängt, ob auch immer die gleiche Art gemeint ist, bezw. ob
concinna Fieb. und concinna Dgl. Sc. so ganz identisch sind.
Gorisa concinna Fieber, Syn. Cor. 1848, No. 15. — Spec. Cor.
1851, p. 29, 31, tab. 2, fig. 9 (palae). — Eur. Hem. 1861, p. 96, 22.
— Wallengreen, Öfv. (Scand. Cor.) 1854, p. 146. — Douglas and
Scott, Brit. Hem. 1865, p. 604, 11. — Saunders, Synops. of brit.
Hem. Het. 1876, p. 647, 6. — Hem. Het. of the brit. isl. 1892,
p. 340. — PuTON, Synops. d. Hem. Het. d. Fr. 1880, I, p. 233, 21.
— Cat. 1899, p. 82, 46.
— 163 —
Schleswig-Holstein : Bei Sonderburg selten. Wüstnei. — N. S.
Insel Borkum : Selten. Schneider. — Schlesien : Sehr selten bei
Breslau. Scholz. — Bisher nur in einigen Exemplaren bei Breslau.
Assmann.
Aus Böhmen, Österreich, Preußen. Fieber,
[Böhmen : Bei Neuhaus in einem Torfteiche 1 Exemplar ge-
funden; auch Fieber hatte diese Art aus Böhmen. Duda. — Frankreich :
Je n'en connais pas d'exemplaires trouves en France, mais eile se
trouve en Belgique tout pres de notre frontiere. Puton (1880). — Eng-
land : (Zahlreiche Fundorte nebst Gewährsmännern, H.) Saunders.]
Nach HoRVAiH ist diese Art: „im Westen unseres Erdteils selten,
in Ost-Europa häufiger".
43. (2.) Pala des Männchen an ihrem Ende mit langer, feiner, am Grunde
nur wenig verdickter Kralle (Klaue oder Sporn). Pronotum stark
verlängert, sein Mittelkiel vollständig (oder fast vollständig) durch-
laufend (U.-Gr. Glaenocorisa Thoms.),
44. (47.) Augen wenig vorspringend, wie bei den bisher beschriebenen,
vorangehenden Arten , fast bis zum hinteren Kopfrand reichend.
•45. (46.) Brust mit ihren Seiten größtenteils schwarz, ebenso auch die
Hüften und die 4 ersten Bauchabschnitte. Pronotum mit 10 — 12
schwarzen Querlinien.
* carinata Sahlb.
Braun, länglich, von Größe und Gestalt der C. Fallenii. Scheitel
oft verdunkelt. Pronotum nach hinten sehr verlängert, mit 9 — 12
gelben Linien, fast stumpfen Seitenwinkeln und einem fast voll-
ständig durchlaufenden mittleren Kiel. Zeichnung der Halbdecken
dunkel und schwach, sehr fragmentarisch, wurmförmig, oft kaum zu
verfolgen; die unregelmäßigen gelben Linien auf dem Clavus sind
am Grunde etwas breiter und mehr parallel; jene auf dem Corium
sehr kurz und in unregelmäßige Längsreihen gestellt; das Corium
selbst glänzend, nur an seinem Grunde rastriert und mit langen,
sparsamen Härchen bedeckt; Membrannaht mit einer gelben, sehr
unbestimmten Linie. Randkanal teilweise schwarz. Beine dunkel ;
Klauen der Mittelbeine so lang wie die an ihrem Ende schwarzen
Tarsen, Bei den Männchen ist die Pala verlängert, messerförmig,
mit starker seitlicher Biegung (d, h. am Grunde über ihre Fläche
gebogen); die Vorderschiene ist erweitert, breiter als die Pala, einem
dreieckigen Prisma ähnlich. Die Stirngrube des Männchen ist läng-
üch breit , stark ausgehöhlt , über den vorderen Augenrand hinaus
verlängert. Länge 8 — 10 mm (4'")-
11*
— 164 —
Corisa carinata Sahlberg, Noton. Fenn. 1819, p. 12, 4. ^
Fallen, Hern. Suec. 1829, p. 184, 5. ■ — Saünders, Synops. of brit.
Hern. Het. 1876, p. 651, 26. — Hern. Hei of the brit. isl. 1892,
p. 340. — PuTON, Synops. d. Hern. Het. d. Fr. 1880, I, p. 234, 22.
- Cat. 1899, p. 82, 49.
Corisa cognata Fieber, Eur. Hern. 1861, p. 99, 36.
Corisa Sharpi Douglas et Scott.
Aus den Schweizer Alpen. Fieber.
[Schweiz : C. carinata Sahlb. , in Tümpeln auf der großen
Scheidegg im Berner Oberland im September von H. Meyer-Dür ge-
funden. — C. cognata Fieb. gleichfalls eine rein alpine Art, im Juni
und August in Tümpeln bis in die Gletscherregion hinauf; am Rhone-
gletscher, Bernina... Frey-Gessner. — Steiermark: Im kleinen
Reitersee des Hochschwung, etwa 1600 m, am 20. August 1 Weib-
chen. Strobl. — Frankreich : Espece alpine, Hautes-Pyrenees, 2200 m ;
assez commune dans les Hautes-Alpes suisses . . . Les exemplaires
des Hautes-Pyrenees , trouves par M. Paxdelle , sont un peu plus
petits (8 mm) que ceux de la Suisse, mais me n"ont pas presente
d'autres differences. Puton. ■ — England : Strathglass and Braemar.
3000 ft, B. White; Shetlands, Reuter; Ireland, Haliday Coli... .
Saünders.]
NB.! Diese Art wird von Kittel für Regensburg (nicht selten)
und von Brischke für die Provinz Preußen angegeben, zweifellos
irrtümlich , denn diese hochalpine Art kann sich vielleicht noch im
bayrischen Hochgebirg finden lassen, nimmermehr jedoch an ge-
nannten Orten.
46. (45.) Seiten der Brust und Xyphus größtenteils gelb; die 2 ersten
Bauchabschnitte braun. Pronotum mit 9 — 10 schwarzen Quer-
linien.
* Germari Fieb.
Der C. carinata sehr nahestehend , so daß sie , nach Puton,
eigentlich nur eine anders gefärbte Spielart derselben ist. zumal sie
dieselben Geschlechtsmerkmale aufweist. Ihr einziger Unterschied
ist, neben den oben [46. (45.)] schon angegebenen Merkmalen , die
mehr entwickelte Gelbzeichnung. Länge 9 — 10 mm (3^6 — 4'").
Fieber erhielt seine C. Germari aus Sachsen (ob dort ge-
funden? H.) ; nach Puton kommt diese Art nur im nördlichen Europa
und in den österreichischen Alpen vor. — C. Bohrni, von Fieber
nach einem einzelnen weiblichen Exemplar aus den östlichen
— 165 —
Pyrenäen (Vernet) beschrieben , dürfte (Puton) auch hierher zählen,
zumal gerade bei den Corisen das weibUche Geschlecht zu wenig
charakterisiert ist, um eine Artbeschreibung darauf zu gründen
(Fieber selbst beschreibt C. JDohrni und C. Germari als zwei ver-
schiedene Arten).
Corisa Germari Fieber, Syn. Cor. 1848, No. 29. — Spec. Cor.
1851, No. 48, tab. 2, fig. 26 (palae). — Eur. Hern. 1861, p. 99, 37.
— Puton, Synops. d. Hern. Het. d. Fr. 1880, I, p. 234, 23. — Cat.
1899, p. 82, 50.
Corisa variegata Wallengreen , Öfv. (Scand. Cor.) 1854, 148,
Corisa intricata Douglas et Scott.
? Corisa Dohrni Fieber, Syn. Cor. 1848, No. 27. — Spec. Cor.
1851, No. 46, tab. 2, fig. 25. — Eur. Hem. 1861, p. 99, 34.
Espece du Nord de l'Europe et des Alpes d'Autriche, dont je
n'ai pas vu d'exemplaires de France (excp. Dohrni Fieb. siehe oben!).
Puton (1880).
47. (44.) Aug-en stark vorspringend, nicht bis zum hinteren Rand des
Kopfes reichend, welcher frei bleibt und ein erhöhtes Band bildet.
Schiene der Mittelbeine nicht merklich länger als die Tarse; Stirne
beim Weibchen eingedrückt.
48. (49.) Oberseite schwarz mit sehr schmalen (dicht stehenden) gelben
Querlinien. Scheitel und äußere Kante der hinteren Schienen
schwarz. Pronotum-Kiel vollständig (d. h. von vorn bis hinten
durchlaufend).
* cavifrons Thoms.
Fast schwarz; Kopf groß, kugelig, seine Seiten nach rückwärts
beiderseits in einen feinen, dornartigen Fortsatz verlängert; Nacken
zwischen und hinter den Augen furchig; Scheitelende und Hinter-
rand des Kopfes rotbraun ; Gesicht mit gelben Härchen bedeckt ;
Stirneindruck beim Männchen konkav (beim Weibchen ganz flach).
Augen sehr groß und gerundet, weit über die Pronotumseiten hinaus-
reichend. Das lange, gleichschenkelige, dreieckige Pronotum stark
rastriert, schmal und kurz, mit deutlich erhabenem vorderen Kiel,
hinter der Mitte erlöschend; Pronotumwinkel nahezu spitz; Pronotum-
fläche mit 7 — 10 etwas blasseren Linien. Halbdecken sehr dunkel,
gebrochen gezeichnet mit zerstreuten, langen, blassen Haaren ; Clavus
regelmäßig rastriert, Corium sparsam rastriert (bezw. sehr fein un-
deutlich c{uerrunzelig). Rücken und Brustmitte schwarz. Connexivum
bleich. Beine dunkel; Vorderschenkel verlängert, verflacht, unten
rundlich erweitert (bes. beim Männchen). Pala des Männchen fast
— 166 —
dreieckig mit gelandeter konkaver Verbreiterung am oberen Rand
(beim Weibchen schmal mondsichelförmig) ; die Tarsen der Mittel-
beine so lang wie die betreffenden Schienen. Länge 8 — 9 mm
(3V2— 4'").
Corisa cavifrons Thomson. — Saunders, Synops. of brit. Hem.
Het. 1876, p. 652, 28. — Hem. Het. of the brit. isl. 1892, p. 341.
— PuTON (Synops. 1880, I, p. 235, Notes). — Cat. 1899, p. 82, 51.
Corisa carinata (Sahlb.) Fieber, Syn. Cor. 1848, No. 28. —
Spec. Cor. 1851, No. 47, tab. 2, fig. 24. — Eur. Hem. 1861, p. 99, 33.
Corisa alpestris Douglas et Scott.
In Böhmen, Finnland und Lappland. Fieber.
[Böhmen : Diese alpine Art lebt in einigen Seen des Böhmer-
waldes, wo sie schon von Kolenati beobachtet wurde. Düda. - —
Espece alpestre du nord de l'Europe et des Alpes de Hongrie. Püton.
— England: Ben Chearan, Strathglass, F. B. White. Saunders.]
49. (48.) Oberseite gelb mit schwarzer Zeichnung. Kopf und hintere
Schienen gelb. Kiel des Pronotum nicht über dessen Mitte hinaus
verlängert.
*propinqua Fieb.
Wurde 1861 (Eur. Hem. 99, 35) von Fieber (und sonst in der
ganzen einschlägigen Literatur von niemanden weiter) nach einem
von Dr. G. Mayr bei Jauerling in Österreich einmal gefundenen
Männchen beschrieben und dürfte wohl auch zweckmäßig als „selb-
ständige Art" gestrichen werden ! Der Vollständigkeit halber sei hier
ein Auszug von Fieber's Beschreibung gegeben: „Stirn grübe bis zur
Augenmitte reichend. Pronotum lang, gleichschenkelig-dreieckig,
gelblichweiß , mit 8 — 9 feinen schwarzen Querlinien ; sein mittlerer
Längskiel ist kurz und reicht nicht ganz bis zur Mitte. Clavus
(wie Pronotum) regelmäßig rastriert, Corium sehr fein, oft undeut-
lich, querrunzelig; (das Nähere lese man a. a. 0. nach!). Brustmitte,
Xyplms, Rücken und Schenkelköpfe schwarz. Connexivum bleich.
Schenkel oben einseitig erweitert. Pala gleichschenkelig-dreieckig,
zugespitzt, oben am Grund in ein zugerundetes Eck erweitert, außen
in der Mitte längskantig. 4'"."
50. (1.) Pronotum ohne gelbe und braune Querlinien. Scheitel stark
vorspringend , mit der Stirne einen scharfen (spitzen) Winkel
bildend. Vorderschienen außerordentlich kurz , kaum geschieden,
mit der Pala fast zusammenfallend ; letztere sehr lang, fast zylin-
driscli und beim llännchen in eine sehr lange , am Grunde ver-
— 167 —
dickte Klaue endigend. Die gewölbten Augen reichen nicht bis
zum erhöhten hintern Kopfrand. Oberseite nicht rastriert. Stirne
beim Weibchen flach , beim Männchen ausgehöhlt. Asymmetrie
rechtseitig (U.-G. C//matia Flor).
51. (52.) Pronotum nach hinten sehr verlängert, fast so lang wie breit,
sein mittlerer Kiel fast durchlaufend. Oberseite gelb mit sehr
feiner brauner netzartiger Sprenkelung.
* Rogenhoferi Fieb.
Länglich , schmal , blaßgelb (nach Fieber : schmutzig gelblich-
weiß) , ganz glatt , glänzend , sehr fein zerstreut weißlich behaart.
Kopf dick, zwischen den Augen gewölbt vorstehend, sein Hinterrand
braun. Das (nach Fieber lange, gleichschenkelige , dreieckige) Pro-
notum hat einen langen Kiel, braunen Hinterrand, eine Spitze ohne
Zeichnung, breite abgerundete etwas gerandete Seitenwinkel und ist,
mit den Halbdecken, oben sehr fein braun gesprenkelt, so daß ein
feines und enges Netzwerk entsteht (das Fieber a. a. 0. eingehend
beschreibt) ; der Grund des Clavus ist gelb , ohne braune Sprenke-
lung, die Seiten und Ränder der Halbdecken schmal schwarz, die
Membran von gleicher Zeichnung wie das Corium, ihre Naht mit
einer sehr feinen schwarzen Linie. Die Unterseite ist gelb , in der
Mitte der Brust ein gut begrenzter schwarzer Fleck; die ersten
Hinterleibsabschnitte sind beim Männchen schwarz ; der letzte Bauch-
abschnitt beim Weibchen in der Mitte seines hinteren Randes mit
tiefem runden Ausschnitt; die Genitalklappen in beiden Geschlechtern
schwarz. Die Pala ist bei Männchen und Weibchen gleichförmig,
lang, pfriemHch, etwas gebogen, beiderseits lang beborstet, mit
langer Klaue beim Weibchen, mit kurzer beim Männchen ; die Tarsen
der Mittelbeine haben eine schwarze Spitze und sind erheblich kürzer
als die betreffende Schiene, so lang wie die Klaue. Länge 7 mm (3'")-
— Nach Fieber reiht sich diese (südeuropäische) Art wegen der in
beiden Geschlechtern platt gedrückten Stirne, dem langen Pronotum-
kiel und den langen Vorderfußgliedern (pake) an C. carinata an.
Corisa Eogenhoferi Fieber, Wien. Entom. Monatschr. VHI,
No. 7 (Neuere Entdeckungen in europ. Hemipt.), 1864, p. 4, 6. —
PuTON, Synops. d. Hem. Het. d. Fr. 1880, I, p. 235, 24. — Cat.
1899, p. 83, 53.
Corisa Frivaldskyi 1874.
Aus Österreich (bei Brunn am Gebirge von Adjunkt Rogenhofer
entdeckt). Fieber.
— 168 —
(Espece qui se tiouve dans une grande partie de l'Europe
meridionale, le Caucase, rAutriche, Tltalie, l'Algerie ; je ne doute pas
qu'on ne la rencontrera un jour en Corse et dans le midi de la
France. Püton.)
52, (51,) Pronotum kurz, 2- bis 4mal so breit wie lang, sein Kiel
kurz, von Gestalt eines länglichen Höckers.
53. (54.) Pronotum 2mal so breit wie lang; Flügel stets vorhanden;
die Halbdecken mit Membran , welche braune , verschwommene
Querlinien zeigt.
26 (644) Bousdorffi Sahlbg.
Oben bräunlichgelb, glatt, nicht rastriert, Unterseite lehmfarben
(bei den Weibchen hellgelb), Hinterleibsgrund schwärzlich. Kopf
gerundet, vorstehend, viel breiter als das Pronotum; Scheitel vorne
zwischen die Augen verlängert, länger als das Pronotum, sein Hinter-
rand schmal dunkelbraun ; Gesicht beim Männchen ausgehöhlt, beim
Weibchen eingedrückt , mit gelben Härchen bedeckt. Augen vom
erhöhten hintern Rand entfernt. Das braune Pronotum ohne Quer-
linien, zw^eimal so breit wie lang, seine Seiten und sein Grundrand
leicht erhöht, der scharfe mittlere Längskiel reicht vom Vorderrand
bis gut zur Mitte (auf der Fläche vorn ein deutlicher Höcker), die
Seitenwinkel sind stumpf und gerandet. Der Xyphus ist gelb mit
schwarzem Grunde ; das Connexivum gelblichweiß. Beim Männchen
sind die 4 bis 5 ersten Hinterleibsabschnitte schwarz mit gelben
Hinterrändern ; beim Weibchen ist das letzte Bauchsegment nicht
ausgeschnitten; die Genitalklappen sind schwarz. Die bräunlichen
.Halbdecken zeigen unbestimmte, verschwommene, unregelmäßige,
gelbbraune Querlinien und vereinzelte lange feine Haare ; der Innen-
rand des Clavus ist am Grunde gelb ; die Membran ist entwickelt,
aber undeutlich vom Corium abgegrenzt (und zwar nur im äußern
Teil durch einen gelben Streif, der von einem schmalen schwarzen
begleitet wird) ; ihre Fläche ist gelbgrau mit zackigen schwarzen Längs-
und Querstricheln. Die Beine sind hellgelb oder bräunlichgelb; an
den Vorderbeinen sind die Palae verlängert , fast gerade , sehr lang
bewimpert, die Tarsen der Mittelbeine sind etwas kürzer als die
Schienen, ihre Klauen nur halb so lang wie die Tarsen. Länge 6 mm.
Corixa Bonsdorffi Saiilberg, Hist. Not. Fenn. 1819, 13, 6. —
Fallen, Hem. Suec. 1829, 184, 6. — Herrich-Schäffer, Wanz. Ins.
IX, 1850, p. 51 u. 53, flg. 916 u. 917. — Fieber, Syn. Coris. (Bul.
Mose.) 1848, No. 30. — Spec. Coris. 1851, p. 39, 50, tab. 2, hg. 28.
- 169 —
- Enr. Hem. 1861, p. 90, 2. — Walleng reen , Scand. Cor. 1854,
1.50, 20. — Flor, Rhynch. Livlds. 1860, I, p. 801, 2. — Douglas
and Scott, Brit. Hem. 1865, p. 613 u. plate XXI, fig. 6. — Saunders,
Synops. of brit. Hem. Het. 1876, p. 652, 1. — Hem. Het. of tbe
brit. isl. 1892, p. 341. — Püton, Synops. d. Hem. Het. d. Fr. 1880,
I, p. 236, 25. — Cat. 1899, p. 83, 54.
Bayern : Bei Regensburg nicht selten. Kittel. — Bei Bamberg
(Breitenau, Altwasser bei Strallendorf). Funk. — Elsaß-Lothringen:
Remiremont; tres-rare. Reiber- Puton. — Westfalen: Ist hier bei
Münster auf der Coerheide in den bewachsenen Mergelgruben sowohl
im Frühling (22. 4. 1878), als auch im Herbst (22. 9; 3. 10. 1879)
nicht gerade selten. In den Sommermonaten Juli und August bis
stellenweise im Oktober findet man die Larvenstadien. Westhoff.
— Thüringen : In den Lehmgruben bei dem Berloch , sehr selten.
Kellner-Breddin. — Schleswig-Holstein : Mit C. coleoptrata F. ge-
sellschaftlich. Wüstnel — Schlesien : Nur 1 Exemplar im August
1852 im Schloßwallgraben bei Warmbrunn. Assmann. — Provinz
Preußen. Brischke.
In Schweden, Lappland, Rußland, Böhmen und Österreich.
Fieber.
[Schweiz: Im August in den Tümpeln der Winteregg auf der
Gemmi, bei 4000' s. m. Frey-Gessner. — Böhmen : Nach Fieber in
Böhmen selten, mir bisher nicht bekannt. Duda. — Livland: Nicht
gerade selten, namentlich im Oktober, doch auch schon im Juni
und September. Flor. — Frankreich : Espece du nord de l'Europe
dont j'ai vu deux exemplaires de France , Tun des Vosges , l'autre
de Dax. Puton. — England : . . . Saunders.]
54. (53.) Pronotum sehr kurz, viermal so breit wie lang, nach hinten
nicht verlängert. Halbdecken braun mit 2 helleren verschwom-
menen Längsbändern. Flügel und Membran fehlen meist.
27 (645) coleoptrata Fab.
Oben braun und glatt, Rücken und Bauch beim Männchen
schwarz, beim Weibchen gelb. Der blasse Kopf ist dick, groß,
breiter als das Pronotum und dreimal so lang wie dieses. Das
bräunliche Pronotum ist sehr kurz, vielfach breiter als lang, vorn und
hinten ausgeschweift und zeigt vorne einen kleinen Höcker. Der
Xyphus ist gelblichweiß mit dunklem Grunde; das Connexivum ist
bleich; die Afterklappen sind in beiden Geschlechtern schwarz. Die
braunen Halbdecken sind ohne Querzeichnung, etwas länger als der
- 170 -
Hinterleib, mit breiten Seitenrändern, gegen die Spitze zu ver-
schmälert; der braune Clavus ist an seinem Grunde etwas heller;
<3as braune Corium hat 2 hellere, unbestimmte Längsstreifen und
braunen Endrand ; die Membran ist nicht deutlich. Flügel fehlen.
An den gelben Beinen sind die Vorderbeine schmal, rundlich, ver-
hältnismäßig sehr lang mit deutlicher einfacher, schwarzer Kralle.
Länge 3 — 4 mm. — Diese kleinste Corisa-Avt ist ausgezeichnet
durch die Größe des Kopfes und durch die zwischen den Augen
hervorgetretene Stirne ; sie ist noch kleiner als Bonsdorffi^ aber sonst
dieser sehr ähnhch.
Unter dem Namen C. fasclolata haben Mulsant und Rey ein
«inmal bei Cluny gefundenes, 4^2 mm langes Weibchen beschrieben,
das nach Püton (Synops. 1880, p. 237) wohl die makroptere Form
der C. coleoptrata ist: Das Pronotum ist hier merklich länger als
bei der brachypteren Form, die Unterseite (einschl. Genitalklappen)
ist vollständig gelb, an den Halbdecken ist die Membran wohl ge-
bildet, gleichmäßig rauchbraun, ohne Flecken, vom Corium durch
eine unbestimmte, kaum etwas dunklere Linie getrennt; die Flügel
sind so lang wie die Halbdecken.
Sigara coleoptrata Fabricius, Gen. Ins. 1776, 298, 2. — Ent.
Syst. 1794, IV, 60, 4. - Syst. Rhyng. 1803, 105, 4. — Walckenaer,
Faun. Paris. 1802, 333, 3. — Fallen?, Hydr. et Nauc. Suec. 1814, 7, 3.
? Notonecta 7narginata Müeller, Zool. Dan. 1776, 298, 2 forte!
Corixa coleoptrata Latreille, Hist. Nat. 1804, XII, 289, 2, —
Lamarck, Hist. Nat. 1816, III, 522, 2. — Leach, Classif. of Noton.
1818, 16, 1. — C. Sahlberü, Obs. hist. Noton. 1819, 14, 7. —
Fallen, Hem. Suec. 1829, 185, 7. — Burmeister, Handb. d. Entom.
1835, II, p. 188, 4. — Wallengreen, Öfv. (Scand. Cor.) 1855,
p. 151, 21. — Herrich-Schäffer, Nom. entom. 1835, p. 63. — Wanz.
Ins. IX, 1853, p. 51 u. 53, fig. 915. — Brülle, Hist. d. Ins. 1835,
p. 252. — Amyot et Serville, Hist. d. Hem. 1843, 448, 3. — Stal,
Hem. Fabr. 1868, I, 138, 1. — Panzer, Faun. Ins. Germ. 50, 24.
— Saunders, Hem. Het. of the brit. isl. 1892, p. 342 u. plate 31,
fig. 9.
Apliorogrammus Amyot, Ent. fr. Rhynch. 1848, p. 332, No. 366.
Corixa fasciolata Mulsant et Rey, Opusc. Entom. 1852, p. 160
= forma macroptera!
Cymatia^ co^eo/j^mto Douglas and Scott, Brit. Hem. 1865, 614, 2.
Cymatia Flor ist zurzeit Unter-Gattung (Sub-Genus).
— 171 —
— Saunders, Synops. 1875, 652, 2. — J. Sahlberg, Syn. Amph. et
Hydr. Fenn. 1875, 297, 2. — Reüter, Revis. synon. 1888, II, p. 377,
No. 358.
Corisa coleoptrata Flor, Rhynch. Livlds. 1860, I, 800, 1. —
Fieber, Syn. Cor. 1848, No. 31. — Spec. Cor. 1851, No. 51, tab. 2,
fig. 29 (Pala). — Kur. Hem. 1861, p. 90, 1. — Puton, Synops. d.
Hern. Het. d. Fr. 1880, I, p. 236, 26. — Cat. 1899, p. 83, 55.
Bayern: Bei Regensburg, nicht gemein. Kittel. — Bei Bam-
berg in stehenden Wässern. Funk. — Württemberg: Bei Ulm
(Arnegger Moor, Lautertal usw.), nicht selten; 8. und 9. Hüeber.
— Baden: Leopoldshafen, März. Meess. — Elsaß-Lothringen: Re-
miremont; fosses des fortifications de Metz, commune; rare ä Stras-
bourg. Reiber-Püton. — Westfalen : In Mergelgruben , welche mit
Characeen , ütricularia u. dergl. bewachsen sind; hier bei Münster
auf der Coerheide und bei Rumphorst im Graben an der Eisenbahn
zahlreich; einzeln in der Mauritzheide. Das vollkommen ausgebildete
Insekt findet sich im Frühling bis Ende Mai und im Herbst von
Ende August an. Westhoff. — Thüringen : In den Lehmgruben beim
Berloch und bei Cumbach, selten. Kellner-Breddin. — Von Dr.
Schmiedeknecht (Blankenburg) gesammelt. Fokker. — Schleswig-
Holstein: Hin und wieder in Holstein bei Kiel und Elmshorn ge-
fangen ; bei Sonderburg noch nicht beobachtet. Wüstnei. — Mecklen-
burg: In einem Graben der Toitenwinkler Wiese (bei Rostock) häufig;
sonst habe ich die Art auch in Pfützen auf der Rethwischer Wiese
beim Heiligen Damm gefunden , 7. und 8. Raddatz. — Schlesien :
Sehr gemein um Breslau. Scholz. — In der Ebene in stehenden
Gewässern, nicht selten ; um Breslau in Straßengräben . . . Assmann.
— Provinz Preußen. Brischke.
In kleinen Teichen, aber nicht häufig. Burmeister.
Durch ganz Europa verbreitet. Fieber.
[Schweiz : Ohne Zweifel die verbreitetste und am zahlreichsten
vorkommende Art. In Teichen und Tümpeln um Bern . . . , in un-
zähliger Menge in den mit Pflanzen bewachsenen Tümpeln um Aarau . . . ,
in den Torfgraben bei Wauwyl das ganze Jahr hindurch. Über den
Winter kriechen sie wie viele andere Arten auch in den Schlamm.
Frey-Gessner. — Böhmen: Wohl überall, doch nicht gemein. Düda.
— ^Livland: Häufig, im Juni, September. Flor. — Frankreich:
Commune dans toute la France. Puton. — Dep. du Nord (Lille) :
Cette petite espece ne parait pas habiter indistinctement toutes les
— 172 —
eaux; eile est assez commune au printemps dans les fosses et etangs
du marais d'Emmerin. Lethierry. — England : . . . Saunderp.]
3Iicronecta Kirkaldy 1897 (Sif/ara Leach et auct.).
Sehr kleine Tiere mit flacher, länglich-eiförmiger (elliptischer)
Körperform , nach hinten zu breiter werdend. Der Kopf ist groß,
mit den dreieckigen Augen zusammen etwas breiter als das Prono-
tum. Der Schnabel ist nicht sichtbar. Die Stirne ist, bei Männchen
wie Weibchen, gewölbt. Die dreigliedrigen Fühler sind sehr kurz;
die zwei ersten Glieder sind zylindrisch, das dritte, längste, ver-
breitert und an einer Fläche ausgehöhlt. Das flache Pronotum ist
breit, aber sehr kurz, mit leicht konvexem Vorder- und Hinterrand,
einem Kreissegment ähnlich, seine Seiten von den Augen umfaßt.
Der Brust fehlen die Parapleuren. Das Schildchen ist klein, aber
deutlich, einem etwas stumpfen Dreieck ähnhch. Die Decken und
Flügel sind entwickelt; die Halbdecken lederartig, kaum länger als
der Hinterleib; die Membran ist nur undeutlich vom Corium ge-
schieden; die Flügelzelle ist nicht geteilt; das Randfeld ist kaum zu
unterscheiden ; das Erabolium fehlt. Die Beine sind wie bei der
Gattung Gorisa gebildet: die Vorderbeine mit breitgedrücktem Fuß-
gHed, doch ist hier die Pala klein, nur wenig länger als die Schiene ;
die Kralle einfach (nach Flor: nur eine etwas stärkere Borste); die
Mittelbeine sind sehr lang, besonders der Fuß mit den Klauen, welch
letztere so lang wie die Schienen sind; die Hinterbeine sind zwei-
gliedrig, etwas kürzer, inwendig mit Wimpern und unten mit einer
Kralle. — Diese kleine Gattung unterscheidet sich von der Gattung
Corisa besonders durch die Sichtbarkeit des kleinen Schildchens,
weiterhin durch die nur dreigliedrigen Fühler, durch das (in beiden
Geschlechtern) nicht ausgehöhlte Gesicht und durch das Fehlen der
Parapleuren.
Übersicht der Gattungen.
Pronotum fast so lang wie der Kopf; Halbdecken dunkel (matt\
kaum wahrnehmbar punktiert; Länge VI2 mm S. »liuutisshna Lix.
Pronotum viel kürzer als der Kopf; Halbdecken glänzend, deut-
lich punktiert; etwas größer: 2\'4 mm . . . S. Scholzii Fieb.
28 (646) minuÜssima Lin.
Einer der kleinsten Halbflügler, elliptisch, hellgelb (auch unten,
nur der Bauchgrund öfters mehr oder weniger schwärzlich) ; Kopf
blaß mit rotbraunem Scheitel; Stirne in beiden Geschlechtern ge-
— 173 —
wölbt. Das kurze, dunkle Pronotum ist mehr als dreimal so breit
wie lang, ebenso lang wie der Scheitel, vorne und hinten gebogen,
von gelbgrauer Farbe mit gelben Rändern; Schildchen braun, manch-
mal auch gelb. Die fein chagrinartigen Halbdecken sind dunkel,
graubraun, sehr wechselnd in Färbung wie Zeichnung, manchmal
mit dunklen , unbestimmten Flecken , manchmal ohne solche , ihr
Schildrand und Außenrand meist gelb; die Membran ist undeutlich
vom Corium geschieden , ohne Auszeichnung in der Färbung. Die
Beine sind hellgelb. Länge l'/2— 2 mm.
Douglas and Scott haben 1869 eine var. Poweri beschrieben,
bei der die Flecke auf dem Pronotum und den Halbdecken dunkler
und mehr in die Augen fallend sind. Ähnlich gezeichnete Arten
finden sich nach Püton auch in den Pyrenäen.
Notoneda mimäissima Linne, Syst. Nat. Ed. X, 1758, 439, 3.
— Faun. Suec. 1761, 244, 905. — Poda, Ins. Graec. 1761, 54, 3.
— Hoüttuin, Nat. Hist. 1765, I, X, 306, 3. — P. Müller, Linn. Nat.
1774, V, 469, 3. — Geoffroy in Fourcroy, Entom. Paris. 1785,
220, 2. — Rossi, Mant. Ins. 1794, H, 53, 505. — Cederhielm,
Faun. Ingr. 1798, 266, 839.
Corixa minuta Latreille, Hist. Nat. 1804, XII, 289, 3. —
Brülle, Hist. d. Ins. 1835, p. 252. — Blanchard, Hist. d. Ins.
1840, 88, 4.
Corixa mimäissima Herrich-Schäffer, Nom. ent. 1835, p. 63.
Sigara Amyot, Entom. fr. Rhynch 1848, p. 333, No. 367.
Sigara minuta Fabricius, Entom. Syst. 1794, IV, 60, 4. —
Syst. Rhyng. 1803, 105, 6. — Coquebert, Illustr. Icon. 1799, I, 38,
tab. X, fig. 3. — Walckenaer, Faun. Paris. 1802, 333, 3. — Bur-
meister, Handb. d. Entom. 1835, II, 188, 1. — Fieber, Gen. Hydroc.
1851, 30. — Ent. Mon. 1843, p. 13, 1, tab. I, fig. 11. — Herrich-
Schäffer, Wanz. Ins. IX, 1853, 46. — Costa, Cim. Reg. Neap. 1852,
III, 61. — Bärensprung, Cat. 1860, p, 25.
Sigara mimäissima Leach, Classif. of Not. 1818, 14, 1. —
C. Sahlberg, Obs. Hist. Not. 1819, 8, 1. — Fallen, Hem. Suec. 1829,
179, 1. — Laporte, Es^s. class. syst. 1832, p. 20. — Spinola, Essai,
1837, p. 59. — Westwood, Introduct. 1840, H, Syn.p. 119. — Flor,
Rhynch. Livlds. 1860, I, 803, 1. — Fieber, Eur. Hem. 1861, 89, 2.
— Douglas and Scott, Brit. Hem. 1865, 616, 1, pl. 20, fig. 6. —
J. Sahlberg, Syn. Amph. et Hydr. Fenn. 1875, 299, 1. — Saunders,
Synops. of brit. Hem. Het. 1876, 653, 1. - Hem. Het. of the brit.
— 174 —
isl. 1892, p. 342. — Pdton, Synops. d. Hem. Het. d. Fr. 1880, I,
237. 1. — Reuter, Revis. synon. 1888, II, p. 378, No. 359.
Sigara lemana Fieber, Eur. Hem. 1861, p. 89, 3 = var.
Sigara Potveri Douglas et Scott, Ent. Mon. Mag. V, 1869,
296, 2 = var.
Micronecta minutissima Puton, Cat. 4. edit. 1899, p. 83, 11.
Bayern : Bei Bamberg in manchen Jahren zwischen Steinen im
Wasser am Regnitzufer zwischen Bug und Pettstadt oft in Massen.
Trotz der Kleinheit der Tiere hört man schon ziemhch entfernt ihr
eigentümliches Schwirren. Funk. — Württemberg. Roser. — Elsaß-
Lothringen : Tres-commune dans le lac de Gerardmer ; assez com-
mune dans les marais de Jouy et entre les herbes des bords
de la Moselle. Reiber-Puton. — Westfalen : Von Kolbe bei Öding
in der Schlinge im Sommer 1878 und 79 mehrfach gefangen.
Sie schwirren laut Angabe meines Freundes in seichten Ein-
buchtungen des mergeligen Uferrandes, wo das Wasser fast
stagniert, munter und gesellig umher. Die 1878 gefangenen
Stücke sind größer und lebhafter von Farbe als die vom Jahre 1879,
doch vermag ich beide Formen nur auf diese Art zu deuten , be-
trachte daher die größeren nur als Varietät, sie führe den Namen
elegantula. Westhoff. — Schlesien: Lebt mehr im klaren Wasser
der Flüsse und zwar unter Steinen am Ufer und läßt ein deutlich
wahrnehmbares Schwirren hören. Scholz.
S. minuta F. an flachen Ufern der Moldau bei Kuchelbad und
Königsaal unweit Prag (Böhmen) zwischen kleinen vom Wasser be-
spülten oder bedeckten Steinen, wo sie durch ein leises Schwirren,
ähnlich jenem der kleinen Arten Chirononms und Culex^ ihre An-
wesenheit mit großer Behendigkeit zu erkennen gibt. Entom, Mono-
graph. 1843, p. 13, 1 — bisher nur aus Schweden und Böhmen
bekannt. Eur. Hem. 1861. — S. lemana Mey., aus der Schweiz
und Böhmen, an Flußufern zwischen kleinen Steinchen, schwirrend,
in Bächen mit klarem Wasser und feinem Grundsand. Fieber.
[Schweiz : S. minutiss. um Zürich in Pfützen häufig. S. le-
mana Mey. sehr häufig in dem Bach au Boiron und in der Morge;
die Larve im März, April, August, September, November ; das aus-
gebildete Insekt im Juni und Juli. Frey-Gessner. (1864.) — Böhmen:
In Bächen und Flüssen, an seichten Ufern, überall verbreitet, stellen-
weise sehr häufig, wird aber wegen ihrer Kleinheit sehr leicht über-
Schnaken, Gelsen, Stechmücken.
I
- 175 —
sehen ; die var. lemana Fieb. ist mir noch nicht vorgekommen. Duda.
(1886.) ■ — Livland: Häufig in Teichen und schlammigen Flüssen, im
Mai, Juni. Flor. — Frankreich: Environs de Paris et dans toute
l'Europe; on la trouve aussi dans les etangs sales. Amyot. —
Probablement toute la France, dans les lacs et etangs, mais^il echappa
aux recherches par sa petitesse: Vosges, Metz, Landes, Hautes-
Pyrenees, Puton. ■ — England . . . Saunders.]
29 (647) meridionalis Costa.
Etwas breiter als S. mimdissinm, sonst aber ihr sehr ähnlich;
schwärzlich; Kopf länger als das Pronotum; Scheitel mit 3 deut-
lichen, rötlichen Längsstricheln. Pronotum viel kürzer als der Kopf,
sehr fein quernadelrissig. Halbdecken glänzend, deutlich und voll-
ständig punktiert, mit sehr wechselnden schwarzen Stricheln; auch
die Membran ist schwärzlich. Länge 2Y4 mm (IVs'")-
Nach Saunderr (Hem. Het. 1892, p. 343) unterscheidet sich
S. Scholtzii von der vorhergehenden Art durch ihren längeren Scheitel,^
der länger ist als seine Breite zwischen den Augen, vorn mehr eckig
und fast zweimal so lang wie das sehr kurze Pronotum; auch ist
diese Art heller, glänzender und sind bei ihr die Flecken auf den
Halbdecken zwar kleiner, aber zahlreicher.
Sigara Scholtzii Fieber, Gen. Hydroc. 1851, p. 30. — Eur. Hem.
1861, p. 90, 4. — ScHOLTz, Arbt. u. Verändrg. d. Schi. Ges. f. v.
Kultur (Aufzhlg. d. Schles. Land- u. Wasserwanz.) 1846, p. 2. —
Puton, Synops. d. Hem. Het. d. Fr. 1880, I, p. 238, 2. — ? Saun-
ders, Hem. Het. of the brit. isl. 1892, p. 343 u. plate 31, fig. 10.
Sigara meridionalis Costa, 1860.
Microneda meridionalis Costa, Puton, Cat. 4. ed. 1899,.
p. 83, 18.
Elsaß-Lothringen : Remiremont, etang de Hennois. Reiber-Puton.
— Thüringen: Bei Dietendorf an der Apfelstedt in Tümpeln, sehr
selten. Kellner-Breddin. — Schlesien: Bei Breslau häufig in Lachen
an der Rosenthaler Straße und im Kratzbusch (in stehenden Wässern
mit schlammigem Grunde). Scholtz. Assmann.
Um Breslau in Schlesien, in Lachen mit schlammigem Grunde;
in Spanien nach Meyer-Dür. Fieber.
[Böhmen: Bei Neuhaus im Abflüsse eines Teiches, selten. Duda.
— Frankreich : Probablement une grande partie de la France . . . Puton.
— England . . . Saunders.]
Geologische Geschichte der weiteren Umgebung von
Ulm a. D.
Paläo-geographische und orogenetische Studie.
Von "W. Kranz,
Oberleutnant in der 3. Ingenieur-Inspektion.
Mit einer Kartenskizze.
Eine sichere Darstellung der geologischen Geschichte irgend
einer Gegend der Erde zu geben, ist heute wegen der großen Jugend
dieser Wissenschaft noch nicht möglich. Bei einem derartigen Unter-
nehmen kann vorläufig lediglich versucht werden, die widerstreitenden
Meinungen auf ihre Möglichkeit und größte Wahrscheinlichkeit zu
prüfen und in Einklang zu bringen. Die folgende Abhandlung macht
also keineswegs Anspruch auf absolute Richtigkeit, sondern will nur
den augenblicklichen Stand der Wissenschaft festlegen.
Aus dem Archaikum haben uns die Gesteine der weiteren Um-
gebung von Ulm keine sicheren Daten hinterlassen. Wir dürfen
aber mit aller Wahrscheinlichkeit annehmen, daß im Paläozoikum
hier ein Gebirge vorhanden war, von Gümbel das „vindelizische"
genannt, dessen Kammlinie ungefähr in der Linie Passau — Bodensee
lag \ und dessen Nordfuß sich mindestens bis an den Oberlauf des
Neckar und der Rednitz erstreckte (s. die Kartenskizze S. 177).
Dies Gebirge bestand vermutlich größtenteils aus alten kristallinischen
Gesteinen, Granit, Gneis, Diorit, deren letzte Reste heute in der
Umgebung des Rieskessels , sowie in Auswürflingen der tertiären
Vulkane des Hegau und der Alb zutage treten. Stellenweise war
der Nordrand des Gebirges von Rotliegendem bedeckt. Im Westen
ging es in den heutigen südlichen Schwarzwald und die Südvogesen
über, zwischen denen eine gleichartig gebaute Brücke bestand, im
' Gümbel, Geol. v. Bayern, 1894, II, S. 19, 266, 401, 582. — Ders..
Geogn. Beschr. d. fränk. Alb (Frankenjura), 1891, S. ;?. — Ders.. Geogn. Durch-
forschung Bayerns, 1877, S. 25.
177
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1903.
12
- 178 —
Osten in den Böhmerwald ^ Die nähere Umgebung von Ulm war
also damals trockenes Land auf dem Nordabhang des vindelizischen
Gebirgs ; Donau und Rhein existierten noch nicht.
Nördlich der Wasserscheide bereitete sich während der Zeit
des mittleren Rotliegenden durch Senkungen weiter Landmassen ein
großes Depressionsgebiet vor, das sich bei einem trockenen Wüsten-
klima ähnlich dem der heutigen Sahara allmählich nach Süden hin
bis auf den Rand des vindelizischen Gebirgs ausbreitete ^. Südlich
des letzteren, im Gebiet der jetzigen Ostalpen, lag offenes Meer^.
In der Buntsandsteinzeit bildete sich nördlich des Gebirgs ein ge-
waltiges Wüstengebiet aus, mit den charakteristischen zeitweiligen tro-
pischen Regengüssen und periodisch trockenen oder hoch angeschwol-
lenen breiten Flußbetten , den gewaltigen trockenen Sandstürmen,
den wellenartig sich fortbewegenden hohen Sanddünen, den eben-
flächig über weite Strecken ausgebreiteten, horizontal oder diagonal
geschichteten Ablagerungen von «buntem , hauptsächlich roten Sand
und wassergerundeten Gerollen. Erneute Senkungen gegen Schluß
der Wüstenperiode gestalteten das w^eite, durch ungeheure Sand-
massen eingeebnete Gebiet aufs neue zu einer Depressionsmulde,
welcher die Wasser von den Randgebieten mit gesteigerter Gewalt
zuströmten. Gegen Schluß der Buntsandsteinzeit, im Röt, bildete
sich dann ein großer, anfangs sehr flacher Binnensee aus, bald
sumpfig, bald gänzlich ausgetrocknet, und dann von neuen Sand-
massen erfüllt ■*. Der Südrand des Buntsandsteingebiets, dessen obere
GHeder im heutigen Schwarzwald und den Vogesen nach Süden bis
in die Schweiz hinein an Ausdehnung gewannen, mag entsprechend
der Verbreitung des Muschelkalks ungefähr in der Linie Parkstein —
Dinkelsbühl — Münsingen — Schaffhausen gelegen haben, da im Vulkan-
gebiet von Urach Buntsandstein mit Sicherheit nachgewiesen wurde
und im Rieskessel der Keuper direkt auf Granit zu liegen scheint;
im Hegau steht das Vorhandensein von Buntsandsteinauswürflingen
' Pompeckj, Juraablagerungen zwischen Regensburg und Eegenstauf,
Geogn. Jahresh. München 1901, S. 172. — Thürach, Beitr. z. Kenntnis d.
Keupers in Siiddeutschland , Geogn. Jahresh. München 1900, S. 43, 51. —
E. Fr aas, Bildung d. german. Trias, Mitt. a. d. Nat.-Kabinett Stuttgart (diese
Jahresh.) 1899, S. 10 f. — Ders., Die geol. Verh. i. Ries, 1903, S. 2. — Branco,
Schwabens 125 Vulkanenibr^-onen etc., diese Jahresh. 1894, S. 565—568.
2 E. Fr aas, Bild. d. germ. Trias, S. 7, 8, 12.
* Gümbel, Geol. v. Bayern, II, S. 21.
* E. Fraas, 1. c. S. 10. — Branco, 1. c. — Lapparent, Traite de
Geol. 1900, p. 1004.
— 179 -
nicht mit Sicherheit fest. Die Grenze wurde durchweg von der
vindelizischen Wasserscheide gebildet ^ (vergl. die Kartenskizze).
Mit Beginn der Muschelkalkzeit ermöglichten die andauernden
Senkungen nördlich des vindelizischen Rückens, die im Osten am
stärksten waren , eine • Verbindung des offenen Ozeans mit dem
Depressionsgebiet, das sich nun zum Binnenmeer umgestaltete. Eine
Abschnürung dieser Verbindung im Osten verwandelte das Becken
während der mittleren Muschelkalkzeit in einen großen Salzsee,
und erneute Senkungen im Südwesten führten mit Beginn des
Hauptmuschelkalks zu einer neuen schmalen Verbindung mit dem
offenen Ozean, welche dem süddeutschen Gebiet abermals den Typus
eines Meeres gab ; dasselbe wurde gegen Schluß des Hauptmuschel-
kalks allmählich immer flacher. Während dieser ganzen Periode
scheint das gleiche heiße Klima, wie in der Buntsandsteinzeit ge-
herrscht zu haben ^.
Die Südküste des deutschen Muschelkalkmeers lag ungefähr
in der Linie Parkstein — Sulzbach — Dinkelsbühl — südHches Neckar-
ufer bei Metzingen — Waldshut. Der Norden des schweizerischen
Juragebirgs gehörte ganz zum Gebiet dieses Meeres, ebenso mit ziem-
licher Sicherheit der ganze Schwarzwald und die Vogesen, Hardt,
Odenwald und Spessart. Der vindehzische Rücken dagegen und
damit die nähere Umgebung von Ulm ragte als trennende Wasser-
scheide nach wie vor zwischen dem süddeutschen Becken und dem
alpinen Meer empor, vom böhmisch-mährischen Festland quer über
das Bodenseegebiet nach Südwesten streichend^ (vergl. die Karten-
skizze).
Flache See mit schwankendem Wasserstand und Untergrund,
mit dem typischen Wechsel von lagunenartigen Strandbildungen,
mit Flußläufen, die sich ihr Bett weit hinaus in die zeitweilig zum
1 E. Fr aas, 1. c. S. 8—24. — Kranz, Geol. Führer Nagold, S. 1 f.
— Walt her, Lithogenesis d. Gegenwart, 1894, S. 776—779 und 792—795.
Die Ansicht, daß die Ablagerungen des mittleren Buntsandsteins (Haupt-
kongloraerat) hauptsächlich auf fluviatilem Wege oder gar in einem Meeres-
becken entstanden, dürfte nach den überzeugenden Ausführungen von E. Fr aas
abgetan sein.
^ E. Fraas, 1. c. S. 24—44. — W. Kranz, 1. c. S. 2—4.
* Thürach, 1. c. S, 43. — Gümbel, Die geogn. Verhältn. d. schwäb.
Alb, Bavaria III, 2, S. 763. — E. F r a as, 1. c. S. 25 f. — Steinmann u.
Graeff, Geol. Führer Freiburg, 1890, S. 74, 136. — Steinmann, Neu-
aufschließung des Alpersbacher Stollens, Ber. oberrhein. geol. Ver. 1902, S. 11.
— Lapparent, 1. c. p. 1019. — Branco, 1, c. — Pompeckj, 1. c. S. 172.
12*
— 180 —
Sumpf werdende oder gänzlich austrocknende See eingruben, mit
Dünen, Salz- oder Gipsablagerungen sehen wir von der Lettenkohlen-
zeit an bis in den oberen Keuper das süddeutsche Binnengebiet er-
füllen und gegen Süden über die Muschelkalkzone hinaus übergreifen.
Die Grenze der Verbreitung des süddeutschen Keupers folgte im all-
gemeinen dem Westrand des Fichtelgebirgs und des bayrisch-
böhmischen Gebirgs bis zur „Bodenwöhrer Bucht", bog hier nach
Westen und Südwesten um gegen den Südrand des Rieses und gegen
die Münsinger Alb zu, um sich weiterhin der Buntsandsteingrenze
anzuschließen. Von dem böhmisch-mährischen Festland und der
vindelizischen Wasserscheide floß der größere Teil der Tagwasser
in die fränkisch-schwäbische Keuperbucht ab , in der sich deutlich
nach der Natur der Sedimente eine randliche, mittlere und äußere
Zone beobachten läßt\ Ob das Flacherwerden des Seebeckens einer
langsamen und gleichmäßigen kontinentalen Hebung des Meeres-
bodens oder aber einem Rückzug des Meeres in einbrechende Ge-
biete der Erdoberfläche zuzuschreiben ist, mag noch dahingestellt
sein. Die Transgression der Keupersee über den Nordrand des
vindelizischen Landes trotz Flacherwerdens des Meeresgebiets seit
der Muschelkalkzeit läßt sich jedenfalls nur durch ein, wenn auch
nur lokales Absinken des Nordrandes dieser Wasserscheide erklären.
Die Deutung hierfür, „daß durch die Ausfüllung des vom Ozean
abgeschlossenen Keupersees mit Sedimenten der Wasserspiegel sich
ebenfalls allmählich am Gebirgsrande heben mußte und so weitere
Teile desselben überflutet wurden" ^, erscheint mir in Anbetracht
der riesigen Transgressionen des Keupers nicht genügend. Welche
Veränderungen sonst auf dem vindelizischen Rücken und damit in
der näheren Umgebung von Ulm vor sich gingen, darüber lassen
sich z. Z. nicht einmal Vermutungen anstellen. Nur so viel ist sicher,
daß die vindelizischen Berge allmählich durch fließendes Wasser,
Wind und Meereswellen abgetragen wurden, vielleicht an einzelnen
Stellen bis zum Niveau des Südmeeres.
Mit der Zeit des Rhät bereitete sich der Einbruch des Lias-
meeres in das Binnenseegebiet der germanischen Trias vor. Ver-
1 E. Fraas, 1. c. S. 44—61. — W. Kranz, 1. c. S. 4—6. — Thürach.
Übersicht über d. Gliederung d. Keupers im nördl. Franken etc., Geogn. Jahresli.
München 1888, S. 75—162 und 1889, S. 1—90. — Ders., Beitr. z. K. d. Keupers
in Süddeutschi., S. 42. — Lapparent, 1. c. p. 1033. — Walt her, Bionomie
des Meeres, 1893, S. 11 ff. (Litoral.) — Branco, 1. c.
■■* Thürach, Keuper in Süddeutschland, S. 50.
— 181 —
mutlich lag der Wasserspiegel des alpinen Ozeans etwas höher als
derjenige der süddeutschen Flachsee ; durch Landsenkungen , viel-
leicht in Verbindung mit Sturmfluten und Erdbebenwellen, entstanden
nunmehr an den schwächsten Punkten der vindelizischen Wasser-
scheide offene Wasserwege zwischen beiden Gebieten , wahrschein-
lich zunächst in der heutigen Schweiz. Wenn auch die Niveau-
unterschiede der beiden Wasserflächen keine bedeutenden gewesen
sein mögen , so weisen doch die Knochenbetten des Rhät und das
rasche Absterben der triassischen Wirbeltierwelt auf ein stellenweise
gewaltsames Vordringen des Jurameeres in die süddeutsche Trias-
provinz hin ^ Dabei mögen zeitweise größere Strecken des schwä-
bisch-fränkischen Bezirks trocken gelegen haben und nur von Sturm-
fluten überspült worden sein. Die Küste des süddeutschen Rhät
dürfte ungefähr dieselbe gewesen sein, wie die des Keupers im all-
gemeinen ^.
Der Einbruch des Liasmeeres bezeichnet für den größten Teil
Süddeutschlands, nördlich der Donaulinie, den Beginn einer langen
Bedeckung durch nicht sehr tiefes Meer mit schwankendem Stand
der Wassertiefen ^. Zunächst bestand eine Verbindung zwischen
diesem und dem alpinen Meer aller Wahrscheinhchkeit nach nur in
der Schweiz. Es scheinen sich aber nach und nach während der
Jurazeit auch noch andere Wasserwege quer durch den vindelizischen
Rücken hindurch ausgebildet zu haben, wie sich das mit Sicherheit
vom Bathonien an für eine Straße von Regensburg im Süden um
die böhmische Masse herum zum polnischen Doggermeer nachweisen
läßt. Damit wurde die vindelizische Halbinsel zu einer von dem
böhmischen Festland getrennten Insel oder Inselgruppe. Allmählich
verschwanden weitere Teile der vindelizischen Insel unter der Wasser-
bedeckung, und im Malm dürfte nur ein langgestreckter Archipel
die ehemalige Kammlinie des vindelizischen Gebirgs angedeutet
habend Der Bayrische und Böhmerwald scheinen während dieser
ganzen Zeit das Ostufer des süddeutschen Jurameers gebildet zu
^ E. Fraas, 1. c. S. 61—65. — Thürach, 1. c. S. 52. — Gümbel,
Geol. V. Bayern, II, S. 22.
' 0. Fraas, Geogn. Beschr. v. Württ. etc., 1882, S. 71 u. 150. — Gümbel,
I. c. S. 745. — Pompeckj, 1. c. S. 173. — Neumayr, Geogr. Verbreitung
d. Juraformation, 1885, S. 16.
^ Steinmann u. Graeff, Geol. Führer Freiburg, S. 124.
* Pompeckj, 1. c. S. 203, 208. — Gümbel, Geol. v. Bayern, II, S. 24.
— Neumayr, Über unvermittelt auftretende Cephalopodentypen im Jura
Mitteleuropas, Jahrb. geol. Reichsanst, 1878,'^S. 78.
- 182 —
haben, während der Schwarzwald wahrscheinlich gänzlich über-
flutet war^
Zu Beginn der Liaszeit wird zunächst nur eine lange und enge
Verbindung zwischen alpinem und schwäbisch-fränkischem Jurameer
bestanden haben, da die Einwanderung der alpinen Fauna in das süd-
deutsche Becken mit Schwierigkeiten verknüpft gewesen und lang-
sam erfolgt zu sein scheint^. Die Südküste des deutschen Lias-
meeres lag etwa in der Linie Roding — Südrand des Rieskessels—
Schaffhausen ; jedenfalls wurde nördlich dieser Linie Lias z. B. aus
den Gebieten vom Ries, Urach und Hegau nachgewiesen, z. T. als
Uferbildung ^ Bei Regensburg und Bodenwöhr bildeten sich zwei
Buchten aus, welche durch die Regenstaufer Halbinsel getrennt
wurden (vergl. die Kartenskizze)*. Der Nordrand der heutigen Alb
in Schwaben und Franken gehört während der Angulatenstufe dem
Litoral an. Li der Arietenstufe herrscht in Schwaben tieferes Meer,
in Franken Flachsee, die Regensburger Bucht lag von da an bis
zur Mitte des mittleren Lias trocken. In der Amaltheenstufe war
tiefere See in Schwaben und Franken, Flachsee in der erweiterten
Regensburger Bucht. In der Posidotiomya-Stnfe hatte das ganze
Gebiet den Charakter einer Flachsee, ähnlich dem heutigen schwarzen
Meer, mit schwankenden Tiefen des Meeresbodens, reichhcher Süß-
wasserzufuhr und schmaler Verbindung mit den andern Meeren der
Liaszeit, namentlich vermutlich in der Schweiz. An ihrem Nordrand
war die Regensburger Bucht etwas verkleinert. Die Turensis- und
AalensisStufe zeigen ein erneutes Vordringen des Meeres an, aber
noch als Flachsee ^. Die Südküste dieses Meeres bildete die große
vindelizische Halbinsel, als Ausläufer des böhmischen Festlands.
Die ältere Braunjurazeit weist in der Opalhius-Stnh am Alb-
rand ungefähr dieselben Verhältnisse auf, wie im oberen Lias, in
Schwaben und Franken ein Meer von mittlerer Tiefe. Während der
lltirchisonae-Stnfe wurde das Gebiet zeitweise trocken gelegt ; die
* Th Urach, Beitr. z. Kenntn. d. Keupers etc., S. 51, — St ein mann
u. Graeff, 1. c. S. 74. — Steinmann, Alpersbacher Stollen, Ber. obcrrh.
geol. Ver. 1902, S. 10 f.
^ Neumayr, Geogr. Verbr. d. Juraform., 1885, S. 16. — Ders., unver-
mittelt auftretende Cepbalopodentypen. — Walther, Bionomie d. Meeres,
S. 189 f.
2 Thürach, Beitr. z. Kenntn. etc., S. 43. — Branco, 1. c. — E. Fraas,
Geol. Verb, im Ries.
* Pompeckj, 1. c. 8. 175.
" Pompeckj, 1. c. S. 174—189.
— 183 —
Nordküste der vindelizischen Halbinsel schob sich in das süddeutsche
Doggermeer vor und die Regensburger Bucht blieb wahrscheinlich
bis zum Beginn des Bathonien ein fiachhügehges Sandsteinplateau.
Aus den Graniten und Gneisen der vindelizischen Halbinsel und
Böhmens führten Wasserläufe reichlich eisenhaltigen Sand in das
süddeutsche Becken. Bis zur ParlcinsoniStnfe blieb in Franken
flaches, verschiedentlich trocken liegendes Meeresgebiet, während
Schwaben durch das reichlichere Auftreten von Kalken und Tonen
einen allmählichen Übergang zu etwas tieferer See anzeigt. Im
Bathonien drang das Meer auch in Franken wieder vor, bedeckte
die Regensburger Niederung, sowie die Regenstaufer Halbinsel mit
Seichtwasser und durchbrach , vermutlich einem alten Wasserlauf
folgend , die Landenge zwischen böhmischem Festland und vinde-
lizischer Halbinsel durch eine „Regensburger Straße" mit Meeres-
strömungen in der Linie Regensburg — Passau. Damit wurde eine
Verbindung des fränkischen Doggermeeres nach Niederbayern hin und
um den Südrand der böhmischen Masse herum zum polnischen
Doggermeer, vielleicht auch schon zur alpinen mediterranen Provinz
geschaffen und die vindelizische Halbinsel als vindelizische Insel
abgetrennt K Entsprechende Verhältnisse zeigte das schwäbisch-
fränkische Meer auch noch während der Macrocephalus Stufe. Zur
Zeit der Ornatentone erreichte es dagegen auch in Franken Tiefen
von etwa 100 Faden und schob seine Ostküste weiter gegen das
böhmische Land vor. Die Südküste des älteren Doggermeeres mag
ungefähr in der Linie Regensburg — Bopfingen — Ehingen gelegen
haben, schob sich aber bald wieder in Schwaben, etwas später auch
in Franken auf den Nordrand des vindelizischen Landes vor und
gewann demselben mehr und mehr Terrain ab (vergl. die Karten-
skizze) ^. Ob damals auch schon andere Wasserstraßen außer der
von Regensburg quer durch den vindelizischen Rücken geöffnet
wurden, etwa den heutigen größeren Flußläufen, bezw. dem Bodensee
folgend, das entzieht sich vorläufig jeder Beurteilung. Mit Sicher-
heit läßt sich indessen annehmen, daß die nähere Umgebung von
Ulm bereits zur Zeit des Bathonien im Küstengebiet des schwäbischen
Jurameeres lag.
Während der Zeit des untern weißen Jura setzte sich das
langsame Tieferwerden des jüngsten süddeutschen Doggermeeres fort.
' Pompeckj, 1. c. S. 189—204. — Neumayr, Geogr. Verbr. d. Juraform.
S. 6 u. 8. — V. Ammon, Die Juraablagerungen zwischen Regensburg u. Passau.
^ Pompeckj, 1. c. S. 201.
— 184 —
Im obern weißen Jura nahm dagegen die Meerestiefe allmählich ab.
Schließlich findet sich in unserm Gebiet seichtes Wasser eines mehr
und mehr eingeengten Beckens, das seiner Trockenlegung entgegen-
geht ^ Ungefähr gleichzeitig wurden anderwärts weite Festländer
auf der nördlichen Halbkugel vom Meer überflutet^, worin wohl der
Hauptgrund für den Rückzug des Meeres aus Süddeutschland zu
suchen ist. In diese einsinkenden Ländergebiete mußte eben das
Meer nach dem Gesetz der Schwere abziehen.
Aus dieser Zeit stammen die ältesten Gesteine der näheren Um-
gebung von Ulm. „Unzählige Massen von Spongien entwickelten sich
auf dem Meeresgrunde und bauten mächtige Riffe auf, die zugleich
die Heimat zierlicher Seelilien und Seeigel, Brachiopoden, Muscheln
und Schnecken wurden Als das Wasser schheßlich immer
seichter wurde, gesellten sich zu den mehr die Tiefe liebenden
Spongien noch Korallen, die an den Riffbauten sich beteiligten und
so den Reichtum der Fauna vermehrten. Natürlich war aber nicht
der ganze Meeresboden gleich einem unterseeischen Rasen von
Korallen und Spongien bedeckt, sondern diese wucherten an ein-
zelnen Stellen mehr, an andern weniger, so daß lokale Anhäufungen
oder Riffe entstanden, zwischen welchen tiefere Mulden (Lagunen)
oder atollartige Tümpel frei blieben. Auch diese Mulden füllten sich
mit Meeresschlamm aus, in welchen hier und da die im Wasser
herumschwimmenden Ammoniten und Fische oder die im Schlamm
lebenden Muscheln und Schnecken eingebettet wurden^." Hiernach
wären Weiß-Jura-g und -C gleichaltrige Bildungen verschiedener
Facies, s, der ungeschichtete Marmor, Zuckerkorn und Dolomit,
• zoogen; C, der in Atollen oder Lagunen abgelagerte geschichtete
Meeresschlamm: Krebsscherenkalk, lithographische Schiefer und
wilde Portländer*. Unter dem Druck darauflagernder Schichten er-
härtete dieser tonige Kalkschlamm allmählich zu Kalkplatten oder
Zementton. — In neuerer Zeit hat Herr Th. Schmierer^ gegen diese
' Pompeckj, 1, c. S. 205. — Neumayr, 1. c. S. 12 u. 17.
2 Neumayr, 1. c. S. 28 u. 71.
^ E. Fr aas, Beschreibung d. Oberamts Ulm, 1897, I, Geogn. Verhält-
nisse, S. 276.
♦ Vergl. auch Waagen, Der Jura in Franken, Schwaben u. d. Schweiz.
— Engel, Geogn. Wegw. v. Württ., 1896. — Ders. , Der weiße Jura in
Schwaben, diese Jahresh. 1877. — Ders., Lagerungsverh. d. obern weißen Jura
in Württ., diese Jahresh. 1893.
^ Schmierer, Das Altersverhältnis der Stufen t u. C des weißen Jura.
Zeitschr. deutsch, geol. Ges. 1902, S. 525 if.
— 185 —
Auffassung Stellung genommen und beide Bildungen für ungleich-
altrig erklärt. Zunächst wären alle e-Kalke entstanden, größtenteils
aufgebaut aus Schwämmen oder massenhaft auftretenden Echino-
dermen. Nach Abschluß der £-Zeit hätten die Meereswellen aus-
diesen Kalken Mulden herausgefressen, die nunmehr erst vom Kalk-
schlamm einer späteren u-Zeit erfüllt wurden. Diese Streitfrage
scheint mir noch nicht genügend geklärt. Eine solche Auskolkung
der C-Mulden durch Meereswellen könnte nur in Form von Fjorden
entstanden sein, denn die Abrasion des Meeres wirkt nur regional
in der Strandlinie. Ferner müßten die nördlichen C-Mulden des
schwäbisch-fränkischen Gebiets im Vergleich mit den südlichen ver-
schiedenes Alter ihrer Fauna zeigen, wenn auch nur in geringem
Maße, denn die Abrasion schreitet vom Meer zum Strand hin all-
mählich fort, und zwar liegen die älteren Teile da, wo das Meer
seine transgredierende Bewegung begann, also hier wahrschein-
lich im Nordend Fjordbildung oder Verschiedenheiten im Alter der
C-Mulden wurden aber bis jetzt noch nicht nachgewiesen. Die Petre-
faktenhsten ferner, welche Herr Schmierer gibt^, scheinen eher für
eine ungefähre Gleichaltrigkeit von s und C zu sprechen, da von
135 Arten 87 in jüngeren Schichten vorkommen , 50 in älteren,
28 in jüngeren und älteren, 52 nur in ^, ganz abgesehen von der
Lückenhaftigkeit unseres paläontologischen Wissens. Die Seltenheit
der Ammoniten erklärt sich leicht aus der Bildung in seichtem
Wasser, die Faciesunterschiede zwischen s und C aas der verschie-
denen Lebensweise mancher Riff- und Lagunenbewohner '. Die außer-
ordentliche Seltenheit von Korallen in den «-Kalken darf nicht dazu
führen, deren Aufbau durch Korallen wenigstens in ihren oberen
Teilen abzuleugnen, denn schon an absterbenden rezenten Korallen-
stöcken ist selbst an der Außenseite kaum zu erkennen, daß es sich
um ein Korallenriff handelt, so zerrieben und zerstört ist alles. „In.
dieser Form werden die Korallenstöcke meist fossil, und da darf es-
nicht wundernehmen, wenn wir fossile Riffkalke so oft vergeblich
nach erhaltenen Kelchen durchsuchen. . . . Von allen Tierresten
dürften wenige für die geologische Erhaltung so ungünstig sein, wie
gerade Riffkorallen*." Wenn auch heute hauptsächlich nur Madre-
poren Riffe bauen, so schheßt das nicht aus, daß in so weit ent-
^ Walther, Lithogenesis d. Gegenwart, 1894, S. 612.
* I. c. S. 571 ff.
3 Walt her, Bionomie d. Meeres, 1893, S. 30 f.
* Walt her, Lebensweise der Meerestiere, 1893/94, S. 276—278.
— 186 —
legenen Zeiten andere Gattungen dies Amt besorgten. Daß den
meisten Spitzen der £-Massenkalke die typischen Korallenkalke fehlen,
erklärt sich am ungezwungensten durch Denudation. Breccien zwischen
den Massen- und Korallenkalken könnten als Anfänge von Riffstein
aufgefaßt werden, die später wieder überflutet und von neuen
Korallenbauten oder Schlammfacies überlagert wurden. Das massen-
hafte Vorkommen von Spongien an einzelnen Stellen der e-Kalke
findet sein Analogon in rezenten Korallenriffen \ Zweifellos sind
auch Korallenriffe keine lokalen Bildungen", denn an der nordöst-
lichen Küste von Australien liegt ein ungefähr 1100 engl. Meilen
langes Wallriff, das Riff von Neukaledonien ist ca. 400 engl. Meilen
lang etc. ^ Wenn ferner die Möglichkeit eines Gedeihens von Korallen
in gewaltigen Riffen bei Nusplingen wegen Spuren süßen Wassers
bezweifelt wird, so muß entgegnet werden, daß am Roten Meer oft
nur eine 10 m breite Lücke im Riff zum Durchlaß süßen Wassers
genügt^. Auch ist ein allmählicher Übergang zwischen den Wänden
eines zoogenen Massenkalks und dem nach und nach sich an-
lagernden Kalkschlamm ^ durchaus nicht erforderlich. Die ausnahms-
weise Ausbildung von s als Quaderkalk bei Grabenstetten ist da-
gegen dort am Rand der Alb, also an der wahrscheinlichen Grenze
zwischen Riff und offenem Meer, ganz natürlich. Nach alledem
dürfte sich vorläufig bis zur Beibringung zwingender Gegenbeweise
keine bessere Erklärung für die t-Massenkalke und die ^'-Platten etc.
finden, als ihre ungefähr gleichzeitige Bildung in Schwammstotzen,
Echinodermenanhäufungen und Korallenriffen (e), bezw. in Lagunen
oder Atollen (C) anzunehmen, bei einer Meerestiefe von höchstens
100 m zur Zeit der Korallenbildung ".
Eine weitere Frage ist, ob zur Zeit des obern Jura noch vinde-
lizisches Land existiert hat oder nicht. Neumayr' erklärt die Unter-
schiede zwischen alpinem und süddeutschem Jura^ lediglich durch
klimatische Verhältnisse bezw. Facies, und führt als Beweis an, daß
die Faunen beider Becken seit dem Lias nicht auseinandergehen.
' Walther, 1. c. S. 246 f.
^ Schmierer, 1. c. S. 543.
" Neumayr, Erdgeschichte, 1887, I, S. 566.
* Neumayr, 1. c. S. 564 (nach 0. Fraas).
* Schmierer, 1. c. S. 535.
6 Walther, Lebensw. d. :ai.eerestiere, S. 272, 277.
' Neumayr, Geogr. Vcrbr. d. Juraformation, S. 43. — Ders.. Erdgesch.,
S. 332.
« Gümbel, Geol. v. Bayern, II, S. 25.
— 187 —
Das ist aber auch gar nicht erforderhch , da bereits seit dem Rhät
ständig Wasserverbindungen zwischen beiden Meeren bestanden.
Neumayr sucht den Ursprungsort der Tone des süddeutschen untern
und mittlem Lias, sowie der Allgäuschiefer im Norden, beim Ardennen-
massiv, und erklärt die Unterschiede zwischen der Ausbildung in
Schwaben und der in Franken durch Wechsel von Meeresströmungen ^
Einfacher läßt sich die Herkunft jenes Materials aus der böhmischen
Masse und dem vindelizischen Land herleiten; die Unterschiede in
Schwaben und Franken entstanden aber lediglich dadurch, daß
Franken den innern Teil der großen süddeutschen Bucht bildet,
während Schwaben mehr nach dem offenen Meer zu lag. Die große
Ähnhchkeit zwischen dem Jura in Schwaben und den ostschweizer
Alpen endlich ^ ist nur eine Folge davon, daß wahrscheinlich in der
Schweiz die erste und Hauptverbindung zwischen schwäbischem und
alpinem Meer bestand. Ein ganz offener Zusammenhang zwischen
beiden Meeren braucht somit nicht notwendig angenommen zu werden^.
Die Natur macht keine Sprünge. Selbst die großartigsten
Phänomene der Erdgeschichte bereiten sich ganz allmählich vor. Die
Erhebung der Alpen z. B. begann bereits in der Kreidezeit und
fand erst im Obermiocän ihren vielleicht nur vorläufigen Abschluß.
Wenn man nun bedenkt, daß die ganze Jurazeit allein mindestens
10 — lömal so lang gedauert hat, als ein Teil des Diluviums und
die Jetztzeit zusammengenommen*, so kann man in dem ganz all-
mählichen Vorrücken der Südküste des deutschen Beckens seit der
Buntsandsteinzeit gewiß nichts Sprunghaftes erkennen. Im untern
Dogger lag dieselbe ungefähr in der Linie Regensburg — Bopfingen—
Ebingen. Wollte man nunmehr annehmen, daß bereits im weißen
Jura das ganze vindelizische Land verschwunden war, so würde
damit ein gewaltiger Sprung der natürlichen Entwicklung künstlich
konstruiert sein. „Sicherlich wurde auch der insulare Rest des
vindelizischen Gebirgs im Malm mehr und mehr überflutet ....
Daß die seit dem Bathonien existierende , Regensburger Straße' tiefer
und breiter wurde, ist ebenso selbstverständlich, als es unsicher ist,
* Neumayr, Geogr. Verbr. d. Juraformation, S. 27, 43, 44.
* Neumayr, 1. c. S. 44.
^ Das Verschwinden des vindelizischen Landes auf den Kartenskizzen bei
Lapparent, Traite de Geol., 1900(8.1100, 1141,1158, 1170, 1198, 1204), seit
dem Lias scheint nur eine Folge von Ungenauigkeit der Zeichnung zu sein, da
nahe südlich im Alpengebiet Land eingezeichnet ist.
" Neumayr, Erdgesch., 1887, II, S. 309.
- 188 —
eine geographische Begrenzung dieser Straße vorzunehmen ^" Die
Ostküste des jungem deutschen Jurameeres lag vermuthch nahe dem
Südwestrand des Böhmerwalds ^. Das Fehlen von Malm in der
Bodenwöhrer Bucht ^ und am Südwestrand des Böhmerwalds würde
sich leicht durch Denudation in der Zeit der Trockenlegung zwischen
Malm und oberer Kreide, bezw. bis in die Jetztzeit erklären, ebenso
wie das Fehlen der Juraablagerungen am Ostrand des Schwarzwalds.
Für die Südgrenze des deutschen Weißjurameeres aber darf ein lang-
gestreckter vindelizischer Archipel in der alten Kammlinie Passau —
Bodensee angenommen werden, an dessen steilen felsigen Küsten
sich nahe aneinandergerückt die Bedingungen von Land, Litoral,
Flachsee und offenem Meer fanden"*. Von diesen lassen sich heute
nur noch die Gebiete der einstigen Flachsee, bezw. des offenen
Meeres im jetzigen schwäbisch-fränkischen Weißjura-Gebirge be-
obachten, alles übrige ist unter den tertiären und quartären Massen
südlich der Donaulinie begraben. Sonach erscheint die Ablagerung
der Kalkgebilde der Zonen des Peltoceras himammatum und der
Oppelia tenuüobata in Meerestiefen von wenigstens 500 Faden ^
durchaus nicht als ein Beweis gegen das Vorhandensein von vinde-
lizischen Landresten. Auch weist die Zunahme an Tongehalt in den
C-Plattenkalken von Norden nach Süden auf vindelizisches Land im
heutigen Oberschwaben hin*'. Daß anderseits das obere Weißjura-
meer die Donauhnie überschritt, beweist das Vorhandensein von 'Q
im Untergrund der Donau bei Ulm und die Vorkommen südlich der
Donau zwischen Schaffhausen und Scheer, bei Riedlingen , Munder-
kingen, Neuburg, Kelheim und Regensburg.
Die letzte Phase des abziehenden schwäbisch-fränkischen Weiß-
jurameeres bezeichnen Strand- und Trümmerbildungen, die hier und
da dünenartig aus Oolithsand und Muschelresten zusammengespült
wurden, sowie wahrscheinlich auch Gips- und Salztonablagerungen
aus übersättigten, abgeschnürten Lagunen. Die ersteren blieben uns
stellenweise erhalten, so die Oolithe ^ vom Brenztal, von Wippingen
1 Pompeckj, I. c. S. 207.
^ Bruder, Neue Beitr. z. Kenntn. d. Juraabi. im nördl. Böhmen, II,
Sitzungsber. d. Wiener Akad. 1886, I, Taf. II.
8 Gümbel, Geol. v. Bayern, II, S. 499.
* Walther, Bionomie des Meeres, 1898, S. 11 ff.
^ Neumayr, Geogr. Verbr. d. Juraformation, S. 12.
« E. Fraas, Oberamt Ulm, S. 279.
• Walther, Lithogen. d. Gegenw., S. 699, 797, 849, 850, 884.
— 189 —
und Oberstotzingen. Die leicht zerstörbaren Tone, Gipse und Salze
dagegen wurden in der nun folgenden langen Periode der Trocken-
legung durch Denudation spurlos entfernt^. Das ganze Gebiet blieb
trocken bis zum Beginn des Miocän, mit Ausnahme eines Landstrichs
bei Regensburg und der Bodenwöhrer Bucht, der im Cenoman vom
jüngeren Kreidemeer überflutet wurde ^. Im übrigen fehlen Ablage-
rungen aus der Kreide vollständig, es begann vielmehr die allmähliche
Abtragung der in den früheren Epochen gebildeten Sedimente durch
Verwitterung, fließendes Wasser und Wind. Nach Entfernung der
wenig widerstandsfähigen Bildungen des abziehenden Jurameeres grub
bezw. erweiterte fließendes Wasser Spalten in den e-Massenkalken
und füllte dieselben wieder mit Detritus, Bohnerzlehm und Kalk-
trümmern oder mit Süßwasserkalk aus. Dabei wurden Knochen und
Zähne von Landtieren , sowie Land- und Süßwasserschnecken der
Eocän- bezw. Oligocänzeit eingeschwemmt; solche fanden sich z. B.
in den Bohnerzspalten des städtischen Steinbruchs am Eselsberg
nordwestlich Ulm, in Lehmgruben bei Neuhausen ob Eck und bei
Frohnstetten bezw. in den Stro2)Jiostoma-Ka\ken von Arnegg und in
den Spalten von Rammingen und Sachsenhausen (bei Giengen) ^.
Am Nordrand der Alpen dehnte sich während dieser Zeiten
das Kreide-, Nummuliten- und Flyschmeer aus. Es ist bis jetzt
nicht mit Sicherheit bekannt, ob dies Meer bis an das süddeutsche
Tafelgebirge heranreichte, oder ob seine Ufer durch Reste vinde-
lizischen Landes gebildet wurden. Doch sprechen eine Anzahl von
Gründen dafür, daß solches Land mindestens bis nach Ablagerung
der unterohgocänen Flyschschichten in der alten Kammhnie bruch-
stückweise existierte, dann erst mit den beiderseits angeschlossenen
jüngeren Schichtenablagerungen in die Tiefe sank und einer breiten,
langgestreckten Niederung Platz machte, in welche nun die Fluten
des mitteloligocänen Meeres eindrangen, wahrscheinlich gleich-
zeitig und im Zusammenhang mit der ersten Hauptfaltung der
Alpen und mit dem Haupteinbruch des Rheintals*. Um so mehr
1 E. Traas, Oberamt Ulm, S. 276 ff. — Engel, Geogn. Wegw. Württ.,
S. 348.
^ Pompeckj, 1. c. S. 207. — Gümbel, 1. c. S. 27, — Steinmann u.
Graeff, Geol. Führer Freiburg, S. 124. — 0. Fraas, Geogn. Beschr. Württ. etc.,
S. 151. — Kranz, Geol. Führer Nagold, S. 6.
' Engel, 1. c. S. 360 f. — Sandberger, Land- u. Süßwasserkonch. d.
Vorwelt, 1875, S. 357.
* Gümbel, 1. c. II, S. 31. — Ders., Die geogn. Verhältn. d. fränk. Alb,
1864, Bav. III, Buch 9, Sonderabdruck S. 15. — Ders., Frankenjura, 1891, S. 3.
— 190 -
kann die Existenz solcher Landreste im weißen Jura angenommen
werden.
Schon vor der oberen Kreidezeit fanden im Gebiet der süd-
deutschen Juraablagerungen hier und da dislozierende tektonische
Bewegungen statt ^ , ebenso wie sich bereits während der Kreide
lokale Hebungen in den Alpen nachweisen lassen ^. Nun begann
gegen das mittlere Oligocän die erste Hauptperiode der Emporfaltung
des Alpengebirgs infolge ungeheurer Spannungen in der Gesteins-
kruste der Erdoberfläche, unter der sich jedenfalls bei der Erkaltung
und Zusammenziehung des glühenden Erdkerns gewaltige Hohlräume
gebildet hatten. Zweifellos setzten sich diese Spannungen auch in
die Umgebung der Alpen fort, so durch die Lücken zwischen den
Resten des vindelizischen Landes hindurch in das schwäbisch-fränkische
Tafelland hinein. Das beweisen die tektonischen Bewegungen im süd-
deutschen Jura zur Kreidezeit. Ebenso sicher wurden nach der
Emporfaltung der Alpen diese Spannungen in den Nachbargebieten
vermindert, die nächstgelegenen Landesteile, also vermutlich Reste
des vindelizischen Rückens, sanken allmählich und stellenweise viel-
leicht auch plötzlich in die Tiefe, und die entfernteren Gebiete, unter
denen gleichfalls ungeheure Hohlräume existierten, verloren ihr süd-
liches Widerlager und brachen ihrerseits ein. So entstand der Ein-
bruch der ganzen Tafel zwischen Schwarzwald und Böhmerwald, im
Süden und in der Mitte stärker als im Norden und an den Rändern,
im allgemeinen als eine nach Südost geneigte Platte, teilweise mit
Rissen und Sprüngen^. Wenn auch kein unmittelbarer Zusammen-
hang zwischen der Absenkung des Trias- und Juragebiets in Franken
und Schwaben und zwischen den Alpen besteht*, so kann man beide
Phänomene doch nicht als unabhängig voneinander betrachten. Für
die Tektonik bleibt ohne Belang, ob zur Zeit der Alpenfaltungen
vindelizisches Land die jüngeren Sedimente überragte oder nicht.
Wer überhaupt die Existenz alter Massen im Untergrund der ober-
schwäbischen und oberbayrischen Hochebene zugibt, muß diese ebenso
— Reis, Erläut. z. d. geol. Karte d. Vorderalpenzone, Geogn. Jahresh. München
1895. — Ders., Z. Geol. d. Eisenoolithe führenden fränk. Eocänschichten am
Kressenberg, dieselben Jahresh. 1897. — Rühl, Beitr. z. Kenntn, d. tert. u. quart.
Abi. i. Bayrisch-Schwaben , XXXII. Ber. nat. Ver. Augsb. 1896, S. 331, 339,
361, 423.
' Pompcckj, 1. c. S. 209.
2 Mündliche Mitt. v. Prof. H. Rothpletz.
•■' Pompeckj, 1. c. S. 209. — Kranz, 1. c. S. 6.
* Suess, Antlitz der Erde, 1883. I, S. 278.
— 191 -
wie die alte böhmische Masse als die Pfeiler anerkennen, an denen
sich die Gewalt der Alpenfaltungen brach. Mit der Auslösung dieser
Spannungen waren aber auch die Hauptspannungen im Tafel jura-
und Triasgebirge beseitigt, und alle Bedingungen zum Nachbrechen
des nördlichen Alpenvorlands im weitesten Sinne waren gegeben. Daher
der Umstand, daß in diesem Vorlande nichts vorhanden ist, „was sich
nur annähernd den großen tangentialen Bewegungen des Alpenvor-
lands vergleichen ließe," und daß „die Zerlegung der Spannung . . .
in diesem Gebiet eine sehr ausgesprochene" ist*. Wäre das Gegen-
teil der Fall, so würde die oben ausgesprochene Theorie zur Un-
möglichkeit.
Einer anderen Theorie, daß der Ozean früherer Zeiten niemals
die Höhe der heutigen Alb erreicht haben soll, daß vielmehr der
Boden des alten Jurameeres, z. B. der Schwabenalb, in späterer Zeit
langsam in die Höhe gehoben und zunächst zu einem Gewölbe auf-
gebogen wurde \ vermag ich ebensowenig zu folgen. Damit sind
die Höhenunterschiede zwischen den Vorkommen von Buntsandstein
auf den Gipfeln des Schwarzwalds und denen im tiefen Untergrund
der Alb unvereinbar; beide bildeten die Unterlage des Trias- bezw.
Jurameeres, und die Höhenunterschiede sind keine ursprünglichen,
sondern entstanden durch Dislokation, wobei die Alb gegenüber dem
Schwarzwald absank, nicht gehoben wurde. Der Wasserspiegel des
Meeres muß also noch um ein bedeutendes über dem heutigen
Niveau der Alb gelegen haben.
An den in höherer absoluter Lage stehen gebliebenen Teilen
der süddeutschen Trias- und Juraplatte , im Norden von Württem-
berg etc., arbeitete die Denudation am stärksten ^nd griff durch die
oberen Schichten hinab, je nach der Lage bis auf den mittleren
Jura, Lias, Keuper, Muschelkalk oder Buntsandstein, und auf den
stehen gebliebenen Horsten des Schwarzwalds etc. sogar bis auf
die alten kristallinischen Gesteine hinab ^. Das fließende Wasser,
u. a. das heutige Flußgebiet des Neckar, führte ungeheure Gesteins-
massen nordwärts ab , legte terrassenförmig Braunjura , Lias und
Trias bloß und fraß sich allmählich von Nordwesten nach Süd-
osten bis zum heutigen Steilrand des schwäbisch-fränkischen Jura-
gebirgs zurück ^
Im südlichen Teil von Oberschwaben bespülte schon von der
' Engel, 1. c. S. 125.
' Neumayr, Erdgeschichte, 1887, S. 682.
^ Engel, 1. c. S. 125. — Neumayr, Geogr. Verbreit. d. Juraform., S. 11.
— 192 -
-mittleren Oligocänzeit an tertiäres Meer und Brackwasser ^ den Fuß
der jungen Alpen, die als mäßig hohes Faltengebirge wohl dem
heutigen Schweizer Kettenjura ähnlich gewesen sein mögen ^. Auf
<lem jetzigen Südrand der Alb dagegen, namenthch in der Umgebung
von Ulm, entstanden nach der langen Zeit der Trockenlegung im
Untermiocän ^ infolge von Ungleichmäßigkeiten im Einbruch der
Juraplatte Mulden, in denen sich das von der Alb herabströmende
Wasser zu Tümpeln und Süßwasserseen sammelte *. Durch die mit-
geführten Kalke und Tone mit Landschnecken, Pflanzen- und ver-
einzelten Säugetierresten bildeten sich hier unter subtropischem
Klima ^ die untermiocänen Bamondi-Ksiike und „Pisolithe", letztere
wahrscheinlich aus Algen ^, dann die jRugidosa- und zuletzt die
CrejndostoniaSchichteT], wobei die oberen Glieder am weitesten auf
die immer tiefer einsinkende Alb hinauf transgredierten ^ Ein großer
Teil der Ulmer Höhenfront liegt auf diesen Ablagerungen, so Böfingen,
Haslach, Jungingen, Fort Albeck, Prittwitz, Eselsberg und Kuhberg.
Auch der Talfinger Kugelberg mit seinen sogenannten Kreidegruben
gehört in diesen Horizont.
Die Fortsetzung der Senkungen in der Umgebung der Donau-
linie ließen das tertiäre Meer Oberschwabens und Oberbayerns zu
Beginn der mittleren Miocänzeit rasch, wenn auch nicht katastrophen-
artig bis über den Südrand der Alb vordringen und nunmehr das
ganze nördliche Alpenvorland überdecken. Sollten damals noch
Reste des vindelizischen Landes bestanden haben , so wurden sie
•nun endgültig unter marinen Bildungen begraben^. Zunächst stand
dies mittelmiocäne Meer mit dem mediterranen Becken in offener
Verbindung, errei(^ite hier und da Tiefen ähnlich denen des heutigen
Ptoten und Mittelmeeres ^, und erhielt seine Sedimente hauptsächlich
' Gümbel, Geol. v. Bayern, II, S. 33. — Rühl, 1. c. S. 342 ff.
^ Gümbel (1. c. S. 31) vergleicht sie mit dem Schwarzvvald.
" Kranz, Stratigraphie und Alter der Ablagerungen bei Unter- u. Ober-
kirchberg südlich Ulm a. D., Centralbl. f. Min. etc. 1904, Sonderabdruck S. 55.
Die Gründe, weshalb ich an der älteren Einteilung des schwäbischen Tertiär?
festhalte und mich der von Dr. Rollier angeregten Aufeinanderfolge nicht an-
schließen kann, sind in dieser Arbeit ausführlich dargelegt.
* Rühl, 1. c. S. 358.
^ Gümbel, I. c. S. 33. — Heer, Urwelt d. Schweiz, 1864, S. 480. —
<0. Fraas, Geogn. Beschr. Württ., S. 179.
« E. Fraas, Oberamt Ulm, S. 282.
' E. Fraas, 1. c. S. 283.
8 Gümbel, 1. c. S. 34. — Rühl, 1. c. S. 360.
^ Rühl, 1. c. S. 364.
- 193 -
von Süden, wahrscheinlich aus den bereits aufgerichteten Flysch-
und Kalkgebieten der jungen Alpen. Aus dem Schwarzwald konnte
das Material schwerlich stammen , da dessen kristalline Gesteine
damals vermutlich noch von einem dicken Mantel triassischer und
jurassischer Schichten verhüllt war'; der Böhmerwald dagegen ist
als Ursprungsort eines Teils der Muschelsandsteine etc. nicht aus-
geschlossen ; nur kann ich mir eine Sedimentzufuhr aus vindehzischem
Land " nicht denken, da dasselbe zum mindesten unter dem Wasser-
spiegel, wenn nicht unter älteren Sedimenten verschwunden war.
Daß das Neogenmeer nicht von kurzer Dauer war, geht aus
der Mächtigkeit seiner Ablagerungen hervor. Ob aber die bisher
gültige Einteilung nach Phasen ^ überall das Richtige getroffen und
nicht vielleicht manche Faciesunterschiede für selbständige Zeit-
abschnitte genommen hat, kann nur durch eingehende Lokalforschung
mit Profilaufnahmen entschieden werden. Litoral und Flachsee, zu
deren Bezirk das mittelmiocäne süddeutsche Meer gehört, zeigen ganz
erhebliche Faciesunterschiede auf verhältnismäßig kleinem Raum ver-
einigt"^, und das Litoral kann durch geringfügige geologische Ver-
änderungen gründlich umgestaltet werden ''.
An zahlreichen Stellen der näheren Umgebung von Ulm finden
sich die Ablagerungen des Neogenmeeres , z. T. voll von dick- und
dünnschaligen Austern, Peden, Cardmm, Gastropoden, Balanen,
Bryozoen, Haifisch-, Krokodil-, Bhinoceros-Zähnen etc., meist sub-
tropischen Formen ; so bei Ermingen auf dem Hochsträß, Jungingen,
Haslach, Öllingen, Rammingen, Asselfingen, Niederstotzingen , Det-
tingen etc. Bisweilen sind die Uferbildungen in Gestalt von Weiß-
juraklippen mitPholadenlöchern, von Meeresablagerungen mit zwischen-
gelagerten Süßwasserkalken usw. deutlich erkennbar^. Das Meer
reichte nicht weit auf die Alb hinauf; Meeresbuchten befanden sich
u. a. bei Altheim und Heldenfingen, und die Juranagelfluh von Ettlen-
schieß, Bräunisheim, Gerstetten etc. bezeichnet die Geröllablage-
rungen von Gewässern, welche von der damals noch weit nach
Norden reichenden Hochfläche herab dem miocänen Meer zuströmten
' Steinmann, Alpersbacher Stollen, Ber. oberrh. geol. Ver. 1902, S. 10.
•^ Rühl, 1. c. S. 363.
^ Eühl, 1. c. S. 362 ff . — Miller, Das Molassemeer in der Boclenseegegend,
Sehr. d. Ver. -f. Gesch. d. Bodensees, 1876.
* Walther, Lithogen. d. Gegenwart, S. 869 ff.
^ Ders., Bionomie d. Meeres, S. 11 ff.
<5 Engel, 1. c. S. 376 ff. — 0. Fraas, 1. c. S. 154 u. 160.
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. 13
— 194 —
und einen Teil des Kalkmaterials der Muschelsandsteine etc. mit-
führten. An Stellen mit reißenden Meeresströmungen endlich bildeten
sich die „Graupensande", deren kreuzgeschichtete, versteinerungs-
arme Kiese und Sande in zahlreichen Gruben am Hochsträß zwischen
Hausen und Grimmelfingen aufgeschlossen sind ^
In der zweiten Hälfte des Mittelmiocän zog sich das Meer
langsam nach Süden bezw. Osten zurück^. Das Wasser der ver-
bleibenden, in mehreren Buchten oder selbständigen Becken am
Alpenrande , bei Schaff hausen , Engen , Mößkirch , Ulm , sowie in
Niederbayern ^ abgeschnürten Meeresreste wurde durch einmündende
Flüsse brackisch. Die Fauna dieser Becken war vom Salzgehalt des
Wassers wenig beeinflußt*. Nach und nach süßte sich das Wasser
mehrerer dieser Buchten vollständig aus , die sich dann ganz mit
Süßwasserfaunen besiedelten. Das Ulmer Becken hatte sein süd-
liches Ufer unweit südlich Laupheim^, das westliche bei Ehingen.
Zu seinem Bezirk gehörte die Gegend von Ober- und ünterkirch-
berg, Hochsträß, Leipheim, Günzburg und Dillingen. Wie weit das
Brackwasser auf die Alb hinauf und nach Osten reichte , ist noch
unbekannt.
Vom Beginn der brackischen Bildungen bis zum Beginn der
obermiocänen >S«//m«a-Schichten erfolgte die Hauptmaterialzufuhr im
ganzen Ulmer Becken von Süden her. Flüsse, deren Quellgebiet
vermutlich in Flysch und kretazischem Alpengestein lag, und die
vielleicht dislozierten marinen Muschelsandstein berührten'', führten
zur trockenen Sommerzeit leichte Tonteilchen , bei Hochwasser im
Frühjahr hauptsächlich gröberen Sand in die Bucht '. Dabei wurden
die flachsten Teile der Gegend von Kirchberg während der Ablage-
' Miller, Molassemeer etc., 8. 192. — Ders., Das Tertiär am Hochsträß.
Sonderabdrnck 8.9. — Kranz, Abi. v. Unter- u. Oberkirchberg, Sonderabdruck
S. 56. — Walt her, Lithogen. d. Gegenwart, S. 586. — Agassiz, Thrce Oruises
of the Blake, I, S. 277 u. 279.
- E. Fr aas, Oberamt Ulm, S. 285.
" Rühl, 1. c. S. 383. — Schalch, N. .Tahrb. f. Min. etc., 1881, 2. S. 42 ff.
— Ders., Mitt. d. bad. geol. Landesanst. 3. 2. Heft. 1895, S. 200 ff. — Gümbel,
Sitzungsber. Ak. Wiss. München, 2. 7. 1887, S. 305 ff. — v. Ammon, Geogn.
.Jahresh. München 1888, S. 1—22. — Lcpsius, Geol. v. Dentschl.. I, S. 589. —
Kranz, 1. c. S. 53—55. — Engel, Geogn. Wegvv. Württ., 8. 383 ff.
■• Walther, Bionomie d. Meeres, 8. 11 ff.: Ästuarien.
'•' Kranz, 1. c. S. 23.
'• Ders., 1. c. S. 35.
" Walther. Lithogen. d. Gegenwart, S. 631.
— 195 -
rung der Paludinenschichten ^ vielfach von Flußläufen durchfurcht
und mit kreuzgeschichteten Sauden erfüllt. Vor den Deltas dieser
Flüsse schlugen sich in ruhigerem Wasser nahezu ungeschichtete
Sande nieder, z. B. die Paludinensande von Kirchberg, während
gleichzeitig die leichteren Tonteilchen weiter hinaus nach Norden
verfrachtet und z. B. wechsellagernd mit Sauden in den unteren
Cardienschichten am Hochsträß abgelagert wurden. Mit Beginn der
Dreissenenschichten traten bei Kirchberg und wahrscheinlich auch
bei Günzburg Senkungen ein , welche die ehemalige Flußmündung
in eine schlammige Untiefe des Brackwassersees verwandelten.
Weitere Niveauänderungen in der nördlichen Umgebung des Beckens
ließen zeitweise kalkhaltige Gewässer von Norden vom Gebiet der
Alb herab zuströmen , während immer noch die Hauptzufuhr von
Material durch die von Süden einmündenden Flüsse erfolgte. Infolge-
dessen gruben sich bei Kirchberg und Günzburg auch in die Bythinia-
Schichten Flußbetten ein, und die einmündenden Flußwasser süßten
zunächst diesen Teil des Beckens, dann auch die entfernteren
Gegenden z. B. am Hochsträß aus'-. Gümbel^ nimmt einen von
Norden, etwa aus der Riesöffnung hervorbrechenden Fluß an, der
den Sand aus Keupergebiet in die Ulmer Bucht verfrachtet haben
soll. Abgesehen davon , daß die Riesöffnung erst im Obermiocän
entstand, die Weißjuratafel damals noch viel weiter nach Norden
reichte, als jetzt, und andere Keupergebiete keine Wasserverbindung
mit der Ulmer Bucht haben konnten, so hätte ein Keuperfluß auch
reichlich Kalkmaterial von der Alb her mitführen müssen. Kalk
fehlt aber bis zum Beginn der Dreissenenschichten fast gänzlich und
tritt von da an bis zum Beginn der ^'^/Zt^awa-Schichten nur sehr
spärlich auf. Bei Kirchberg, Günzburg und am Hochsträß weist da-
gegen vieles auf direkt südliche Zufuhr hin , vor allem das Vor-
kommen der mächtigen Flußsande im südhchen, der gleichaltrigen
^ Die Ablagerungen der Ulmer Bucht sind von oben nach unten :
/S'v/(;rt«ft-Schichten Obermiocän
Bythin ia- Schichten
if?/r?)-o/v Jrt-Schichten Oberes
Fisch- bezw. obere Dreissenenschichten Mittelmiocän
Haupt-Dreissenenschichten
Obere Cardienschichten
Paludinen- bezw. untere Cardienschichten
Marine Molasse. Unteres Mittelmiocän
Kranz, 1. c. S. 35.
Sitzungsber. Akad. Wiss. München, 2. 7. 1887, S. 307 f.
13*
— 196 —
nahezu ungeschichteten Paludinensande im nördhchen Teil des Ge-
biets von Oberkirchberg ' , sowie das Vorhandensein eines in die
BythiniaSchichten eingegrabenen gleichaltrigen Flußbetts im süd-
lichsten Teil der Gegend von Oberkirchberg'.
In der Obermiocänzeit bildeten sich in Erosions- oder Dis-
lokationsmulden des ehemaligen Meeresbodens von Oberschwaben
und Oberbayern, sowie in den ausgesüßten brackischen Buchten
zahllose Süßwasserseen und Tümpel, die ihre Hauptzuflüsse aus dem
Alpengebiet erhielten^ und Abflüsse, vermutlich nach Osten in der
Abzugsrichtung des Neogenmeeres, haben mußten, da ihre Zuflüsse
aus marinen , salzhaltigen Gesteinen stammten und trotzdem keine
Übersättigung mit Salz stattfand^. Ein solcher See lag in der
Gegend des heutigen Hochsträß bei Hausen, Blienshofen, Schwörz-
kirch, Pfraunstetten und Altheim, und erhielt seit der St/lvana-Stnfe
seine Sedimente ausschließlich von Norden durch Bäche von den
Kalkflächen der Alb herab, während die Gegend von Ober- und ünter-
kirchberg und Günzburg nach Einstürzen und Überschwemmungen
als seichtes, von Flußläufen durchzogenes Seegebiet vom Becken des
Hochsträß abgetrennt wurde. Es erhielt seine Wasser- und Material-
zufuhr hauptsächlich aus dem damals laubwaldreichen und stellen-
weise sumpfigen Ton- und Sandboden Oberschwabens, so daß hier
Tone, Kohlenletten, Pfoh-, Zapfen- und Dinotheriensande mit Säuge-
tier- und Pflanzenresten zur Ablagerung kamen. Dem Becken des
Hochsträß dagegen führten die Albbäche die konchylienreichen Syl-
vana-liai\ke^ Planorbis-Schichten und IlaUeolata-Ksdke zu. Wahr-
scheinlich bezeichnen die über letzteren lagernden Kohlen- und Sand-
schichten den Anbruch einer neuen Ära (Pliocän) mit neuen Boden-
schwankungen ^. Nach und nach füllte sich durch solche Ablage-
rungen die breite Vertiefung zwischen Alpen und Alb fast gänzlich
aus^. Die enorme Mächtigkeit des Tertiärs in Oberschwaben hat
das Bohrloch von Ochsenhausen gezeigt, daß bei einer Tiefe von
543 m noch keine Anzeichen von Jura oder kristallinischem Gebirge
erreichte '.
/ Kranz, 1. c. S. 25.
' Ders., 1. c. S. 5—7.
' G um bei, Geol. v. Bayern. II, S. 35.
* Walther, Lithogen. d. Gegenwart, S. 784.
" Kranz, 1. c. S. 3fi.
« G ü m b e 1 , 1. c. S. 35.
■ 0. Fraas, Geogn. Beschr. Württ. etc.. S. 168. — Engel. 1. c. S. 358.
— li)7 —
Gegen Anfang der Obermiocänzeit begann die zweite Haupt-
periode der Alpenfaltung, welche dem Kettengebirge im großen und
ganzen seine heutige Gestalt verlieh. Auch durch sie wurden
Spannungen im weiteren nördlichen Vorland ausgelöst, so daß neue
Dislokationen mit Rissen und Sprüngen , ähnlich wie im Oligocän,
entstanden. Wo mehrere^ Systeme von Bruchlinien der Senkungs-
gebiete aufeinandertrafen ' , erfolgten unter vulkanischen Erschei-
nungen Einbrüche größerer Erdschollen, so im Rieskessel und bei
Steinheim unfern Heidenheim ^; hier sammelten sich dann die Tag-
wasser in Seebecken. Auf der Alb bei Urach, Neuffen , Kirchheim,
Laichingen etc. führten einmalige Explosionen feuerflüssigen Magmas
zur Entstehung von Vulkanembryonen oder Maaren ^, und im Hegau
sowie im Kaiserstuhl entstanden an Zentren von Bruchlinien phono-
lithische und basaltische Vulkane^. Das obermiocäne Alter dieser
Bildungen gibt sich dadurch kund, daß Hegauasche in die Öninger
Süßwassermolasse eingestreut wurde ^, daß sämtliche tertiären Kon-
chylien aus den Maaren der Alb, von Steinheim und dem Rieskessel
obermiocän sind ''.
Ich kann auch hier als erste und Hauptursache dieser Er-
scheinungen nur eine Verminderung neuer Spannungen im süd-
deutschen Tafelgebirge im Gefolge der Aufrichtung der Alpenkette
erkennen. Unter den so entstehenden Spaltensystemen verminderte
sich auch lokal der Schichtendruck auf glühende Massen in der
Tiefe , die nun in Gestalt von Magma empordringen und ihrerseits
lokale Spannungen hervorrufen konnten. Eine weitere Folge dieser
Auslösung von Spannungen an der Stelle, wo das W^iderlager nach-
gab, war der Abbruch des Tafelgebirgs in der Donaulinie. An einem
System von Spalten, die im allgemeinen dem heutigen Nordufer der
Donau folgen, sanken die südlich davon gelegenen Erdschollen treppen-
artig in die Tiefe. Solche Verwerfungen setzen z. B. durch das
Ulmer Hochsträß bei Grimmelfingen, Schaffelklingen und Eggingen.
' Steinmann u. Graeff, Geol. Führer Freiburg. S. 135.
2 E. Fr aas, Die geol. Verh. im Ries. — Engel, 1. c. S. 403 f.
^ Branco, Schwabens 125 Vulkanembryonen. — Engel, 1. c. S. 20 ff.
* Steinmann u. Graeff, I.e. S. 136. — Steinmann, Alpersbacher
Stollen, S. 10.
^ Suess. Antl. d. Erde, I, S. 264.
^ Miller, Schneckenfanna d. Steinheimer Obermiocäns , diese Jahresh.
1900, S. 393. — Ders., Z. Alter d. Sylvana-Ka,\ks, Centralbl. f. Min. etc. 1901,
S. 133. — Ders., Miscellanea, Centralbl. f. Min. etc., 1901, No. 7. — Engel.
I. c. S. 404.
— 198 —
Hier sanken die Graupensande und die überlagernden brackischen
Schichten ca. 120 m tief ein , während auf dem Hochsträß nörd-
hch dieser Verwerfungen die erhebhch älteren Crepidostoma-KaXke
in höherem Niveau anstehend Gümbel - und Suess^ verlegen die
Entstehung der Donauspalte anscheinend in die Zeit der ersten
Alpenerhebung, also etwa ins mittlere Oligocän. Dem widerspricht
aber, wenigstens für die Ulmer Gegend, daß mit Sicherheit die mittel-
raiocäne Meeres- und Brackwassermolasse am Hochsträß und wahr-
scheinlich auch die obermiocäne Süßwassermolasse bei Kirchberg
und Günzburg an den betreffenden Verwerfungen disloziert wurden;
anders läßt sich der 30—110 m betragende Höhenunterschied zwischen
den horizontal gelagerten obermiocänen Schichten von Kirchberg*
und denen vom Hochsträß kaum erklären. Ich muß daher für die
Donauspalte in der Ulmer Gegend vorläufig höchstens obermiocänes,
wenn nicht pliocänes Alter in Anspruch nehmen^.
Wir sehen also in der Kreidezeit lokale Hebungen in den Alpen,
tektonische Bewegungen im süddeutschen Jura ; im Oligocän die erste
Hauptfaltung der Alpen , den Einbruch der süddeutschen Tafel ; im
Obermiocän endlich die zweite Hauptperiode der Alpenfaltung, vul-
kanische Erscheinungen im nördlichen Alpenvorland, die Entstehung
der Donauspalte. Auf jede Hebung der Alpen reagiert die süd-
deutsche Tafel mit entsprechenden Bewegungen. Damit dürfte der
genetische Zusammenhang beider Erscheinungen mehr als wahr-
scheinlich sein".
Gegen Schluß der Obermiocänzeit fand sich vermutlich nur
noch an wenigen Stellen der näheren Umgebung von Ulm stehendes
Wasser , so bei Altheim auf dem heutigen Hochsträß , wo sich in
dem bis dahin von der Alb her gespeisten Süßwasserbecken über
den Malleolata-Kalken noch Kohlen- und Sandschichten nieder-
schlugen. Dies deutet auf eine Zufuhr vom Süden hin, also auch
auf eine Entstehung der Ulmer Donauspalte nach Ablagerung der
betreffenden Bildungen. Die oberen Pflanzenmergel von Reisensburg
ferner zeigen die Versumpfung und schließliche Vertorfung dieses
letzten Restes eines Süßwassersees an'. Während des Pliocäns lag
' Kranz, 1. c. S. 51.
2 Geol. V. Bayern, IL S. 32.
^ Antl. d. Erde, I, S. 278.
* Kranz, I. c. S. 28.
"> Yergl. auch Rühl, 1. c. S. 361 u. 4()6.
" Entgegen Suess, 1. c.
' Rühl, 1. c. S. 423 f.
— 199 —
die ülmer Gegend trocken, von einzelnen Flußläufen und Bächen
abgesehen. Spuren solcher Flußläufe finden sich vielleicht in Ge-
stalt der Quarzgerölle etc. auf den Höhen bei Klingenstein, Sonder-
buch, Pappelau, Gleißenburg, am obern Eselsberg, auf dem Schöne-
berg bei Haslach. Dieselben würden dann aus den Alpen stammen
und dem Belvedereschotter der bayrischen Hochebene äquivalent
sein ^ Ihre Ablagerung zu einer Zeit, als die Donauspalte erst in
ihren Anfängen bestand, erklärt sich jedenfalls leichter als eine
fluvio-glaziale Entstehung während einer Interglazialzeit nach Aus-
bildung des Donauabbruchs. Nach anderer Auffassung handelt es
sich hierbei um Überreste einstiger größerer Ablagerungen und Strand-
bildungen des alten Molassemeeres ^.
Zu Beginn des Diluviums war jener Klimawechsel beendet, der
für unsere Breiten die Eiszeit hervorrief und der sich, abgesehen
von großen kosmischen Ereignissen , vermutlich im Gefolge immer
größerer Entwicklung der nördlichen Kontinente, sowüe der Empor-
faltung der Alpen über die Schneegrenze in Süddeutschland langsam
durch Mittel- , Obermiocän und Pliocän hindurch vollzogen hatte '^.
Die deutschen Mittelgebirge bedeckten sich wahrscheinlich schon
zur Pliocänzeit großenteils mit Gletschern*, und die Gletscher der
Alpen schwollen gewaltig an und drangen in drei oder vier Perioden
aus den Hochtälern ins Alpenvorland hinaus. Hier schmolzen u. a.
Rhein- und Illergletscher zu einer einzigen starken Eisdecke zu-
samraen, bedeckten fast ganz Oberschwaben und das angrenzende
Bayern und drangen stellenweise bis über die Donaulinie vor, wo
der Abbruch am Südrand der Alb Halt gebot. Dabei wurden un-
geheure Gesteinsmassen aus den Alpen heraustransportiert und in
Moränen über das Alpenvorland zerstreut. Die nördhchste Endmoräne
lagerte sich südlich Ulm, ungefähr in der Linie Kaufbeuren— Obergünz-
burg — Ochsenhausen — Herrhshöfen nördlich Biberach — Zell a. D. —
Wilfingen ab ^. Während der Interglazialzeiten zwischen den ein-
zelnen Perioden des Vordringens der Gletscher und nach Abschluß
der letzten Vergletscherung entführten die Schmelzwasser den Moränen-
schutt als feinen und groben Sand, Kies und Verwitterungslehm mit
groben Blöcken weiter hinaus nach Norden, u. a. auch bis vor Ulm,
' Gümbel, 1. c. S. 37.
2 Branco, Vulkanembryonen, S. 574. — Engel, 1. o. S. 375.
3 Rühl, 1. c. S. 423. 443. — Gümbel, 1. c. S. 37.
" Geol. Führer d. d. Elsaß, 1900, S. 49. — Engel, 1. c. S. 425.
5 Regelmann, Geogn. Übersichtskarte AVürtt. 1 : 600000.
— 200 —
wo sich z. B. bei Wiblingen Kiesgruben in diesem fluvio-glazialen
Material befinden ^ Polare Winde entführten während der Inter-
glazialzeiten von den ausgedehnten Grundmoränen des nördlichen
Europas , südliche Winde aus dem Alpenvorland große Massen von
gelbem , kalkreichem Staub herbei , der sich in Mulden der süd-
deutschen Steppen als Löß ablagerte , z. B. in der Ulmer Gegend
bei Kirchberg und Günzburg. Durch atmosphärische Niederschläge
wurde später viel davon entkalkt und in Lehm verwandelt, soweit
diese Bildungen nicht gänzlich der Denudation zum Opfer fielen-.
Beim Rückzug der Gletscher gruben sich die Schmelzwasser
tief in die Tertiärlandschaft ein , beim Vorschreiten der Gletscher
wurden die Talfurchen mit Schottermassen wieder teilweise zu-
geschüttet und später in einer Interglazialzeit durch gesteigerte
Wassermengen von neuem angeschnitten. So entstanden terrassen-
förmige Absätze längs der Flußtäler, wie man sie z. B. im Rißtal
stundenweit verfolgen kann. Aus der Interglazialzeit nach der ersten
Vergletscherung stammen die Deckenschotter, nach der zweiten die
Hochterrassenschotter, aus der Zeit nach Abschluß der Vereisung
die Niederterrassenschotter. Letztere bilden größtenteils den kiesigen
Untergrund der Donautalebene bei Ulm, des Hier- und Rißtals ^ Am
Südabbruch der Alb sammelten sich die Gletscherflüsse und -bäche
und folgten demselben im Talbett der Donau.
Schon in der Kreidezeit hatte auf der Alb die Denudation be-
gonnen und sich, mit Unterbrechungen während der Überflutungen
im Tertiär, fortgesetzt. Die harten und widerstandsfähigen e- und
> -Kalke wurden aber weniger von den Atmosphärilien angegriffen,
als die weichen tertiären Mergel, Tone, Sande etc., die zudem noch
vielfach eine schützende Decke über den Juraablagerungen bildeten.
Deshalb sehen wir die tertiären Schichten in viel größerem Maße
abgetragen , ihre ursprünglich meist zusammenhängende Decke zer-
stückelt, die obermiocänen Süßwasserschichfcen und die mittelmiocänen
Meeres- und Brackwasserbildungen bei Ulm bis auf die wenigen noch
vorhandenen Reste entfernt und die untermiocänen Süßwasser-
schichten, z. B. auf der Ulmer Höhenfront, bloßgelegt. Wo heute
die tertiären Schichten zutage treten , findet sich meist fruchtbares
' E. Fr aas, Überamt Ulm, S. 286.
* Steinmann u. Graeff, Geol. Führer Freiburg. S. 138 f. — Walther,
Lithogen. d. Gegenwart, S. 773.
^ Regel mann, 1. c. — Gümbel, 1. c. S. 38 u. Übersichtskarte. —
Engel, 1. c. S. 430 ff.
— 201 —
Ackerland, das größtenteils aus dem Verwitterungsrest besteht, aus
Lehm. Die Weißjurakalke verwittern allerdings auch vielfach zu
fruchtbarem, schwerem Lehmboden, daneben finden sich aber häufig
kalksteinbesäte Buhle mit spärlicher Humusdecke , die dem Hoch-
plateau dann den bekannten öden Charakter verleihen. Wo sich an
den Gehängen der Verwitterungslehm nicht halten konnte, wurde er
abgeschwemmt und am Fuß der Berge neu angelagert. So entstand,
bei Ulm hauptsächlich im Diluvium, der Gehängelehm, der z. B. am
Fuß des Kuhbergs bei Söflingen in großen Lehmgruben als Ziegel-
material abgebaut wird ^
Die tonreichen Tertiärschichten sind viel wasserreicher als die
Weißjurakalke. e-Massenkalk ist als Riffbildung an sich schon von
zahlreichen Rifflücken durchsetzt, die z. T. durch Tropfsteinrinden
allmähhch verengt werden , wo kein strömendes Wasser an ihrer
Erweiterung arbeitet -. Andere solcher Lücken dagegen, sowie kreuz
und quer verlaufende Zerklüftungsspalten nehmen die atmosphärischen
Niederschläge als unterirdische Bäche auf und leiten sie bis auf un-
durchlässige Schichten hinab, wobei allmählich die Höhlungen erwei-
tert werden. So entstanden große Höhlen, wie z. B. in der Umgebung
von Ulm die Charlottenhöhle, der Hohlenstein und die Bocksteinhöhle
im Lonetal, der Hohlefels im Blautal etc., vielfach geschmückt mit
schönen Tropfsteinbildungen. Dort waren die Schlupfwinkel diluvialer
Höhlenbären, Höhlenlöwen, Höhlenhyänen, Wölfe, Füchse, Polarfüchse,
Iltisse etc., sowie auch, wahrscheinlich seit der zweiten Interglazialzeit,
die Zufluchtsorte der ersten Menschen der Ulmer Gegend während der
Steinzeit, in den reichen Jagdgründen mit dem Mammut, JRhinoceros ^
Pferd, Auerochs, Elch, Renntier, Riesenhirsch, Edelhirsch etc. ^
Bäche und Flüsse, die vor Zeiten tiefe Täler in das Albplateau
einrissen, fanden später durch Spalten einen Weg ins Erdinnere.
Daher stammen die vielen heutigen Trockentäler, wie z. B. ein Teil
des Lonetals , das Lehrertal , die Schluchten beim Lerchenfeld etc.
Die Wassermassen arbeiteten sich meist im Innern des Gebirgs bis
auf tonige Schichten herab, bei Ulm auf Weiß- Jura-/, sammelten
sich dort vielfach zu größeren Adern und drangen als wasserreiche
Quelltöpfe zu Tag, wie z. B. der Blautopf bei Blaubeuren , und die
Urspringquellen der Schelklinger Aach. Häufig entstanden dabei durch
Auslaugungen im Berginnern Einstürze der Höhlendecken, was an der
' E. Fr aas, Oberamt Ulm, S. 288. — Kranz, Geol. Führer Nagold, S. 24.
^ Walther, Lithogen. d. Gegenvvart, S. 561.
3 E. Fraas, 1. c. S. 286 f. — Engel, 1. c. S. 426 ff., 431.
— 202 -
Erdoberfläche Erdfälle, grubenartige Einsenkungen oderDolinen hervor-
rief. Auf dem Münsinger Truppenübungsplatz z. B. lassen sich zahl-
reiche solche Einstürze beobachten. Wo das Albplateau aus e-Kalken
und plattigen ^'-Mulden besteht, haben Brunnenbohrungen wenig Zweck.
Dem Wassermangel dort hat die Albwasserversorgung abgeholfen.
Im Gebiet der wasserreichsten Flüsse fand schließlich eine
noch ergiebigere Abtragung von Gesteinsmassen statt. So grub sich
die Donau ungefähr im Pliocän ihr ehemaliges Bett im heutigen
Schmiech- und Blautal durch die 'S-, e- und J-Kalke hindurch bis auf
die Weiß-Jura-7-Schichten hinab. Die widerstandsfähigsten e-Felsen
trotzen indes noch heute in malerischen Gruppen der Verwitterung.
Der jetzige Lauf der Donau bei Nasgenstadt — Opfingen ergab sich
erst etwas später, jedenfalls in Verbindung mit einem Einbruch großer
Gesteinsmassen entlang der Donauspalte.
Teilweise noch im Diluvium und hauptsächlich im Alluvium,
in dem ein letzter allmählicher Klimawechsel die heutige Verteilung
der Niederschläge herbeiführte, bildeten sich in Mulden zwischen den
Moränenwällen Oberschwabens, sowie in Niederungen des Donautals
und untern Illertals seichte Seen, die z. T. noch jetzt bestehen, z. T.
allmählich versumpften und zu Torfmooren wurden ; so der Federsee
bei Buchau, das Gögglinger, Finninger und Langenauer Ried^ Auf
einigen der Seen bauten sich während der Steinzeit die Pfahlbauern
ihre Zufluchtsorte, deren Spuren sich z. B. bei Schussenried fanden".
Die Fauna und Flora der jüngeren Torfmoore nähert sich schon
stark der jetzigen bezw. stimmt mit derselben überein ^. Die Haupt-
flüsse aus den Alpen endlich, ursprünglich stark gewunden zwischen
den Moränenwällen, bohrten sich nach und nach, vielleicht in Ver-
bindung mit Einstürzen und Terrainschwankungen, ziemlich gerade
Talbetten von Süden nach Norden aus. Wie die Donau , so grub
sich auch die Hier ihr Bett allmählich immer tiefer: sie ebnete dabei
das Tal langsam mit Alpenkies ein. Die Wassermassen verminderten
sich seit der Eiszeit beträchtlich und wurden in jüngster geschicht-
licher Zeit vielfach durch Flußkorrektion an ihr jetziges Bett ge-
bunden. So floß z. B. die Blau noch in historischer Zeit zwischen
den Hängen der Wilhelmsburg und dem Donauufer bald hier, bald
dort durch die Stadt Ulm. Jetzt sind Blau. Hier und Donau durch
Menschenhand großenteils korrigiert.
' E. Fraas, 1. c. S. 289.
•'' Engel, 1. c. S. 424.
•' E. Fraas. 1. c. S. 289.
— 203 —
Wir stehen damit an der Schwelle der Jetztzeit. Ein wechsel-
volles Bild hat sich vor dem geistigen Auge entrollt. Gewaltige
Umwälzungen in der Verteilung von Wasser und Land haben ihre
Spuren in der weiteren Umgebung von Ulm hinterlassen. Aber
nirgends läßt sich ein plötzlicher Wechsel erkennen, überall zeigt
sich eine ganz allmähliche Entwicklung selbst der großartigsten
Phänomene in der geologischen Geschichte unserer Gegend, und der
Grundgedanke bleibt zweifellos seit dem Rotliegenden der allmähliche
Einbruch der Erdscholle zwischen Schwarzwald, Böhmerwald und
Alpen im Gefolge der Erkaltung und Zusammenziehung der Erde.
Daß die Entwicklung auch heute nicht abgeschlossen ist, daß sie
nach ewigen Gesetzen weitergeht, braucht wohl kaum erwähnt zu
werden. Sicherlich muß das Hügelland längs der Donau allmählich
immer mehr eingeebnet werden, um so rascher, je weicher die
Schichten sind, die sich der Zerstörung durch die Denudation bieten.
So werden die Brack- und Süßwasserbildungen von Günzburg und
Oberkirchberg, die an sich zu steiler Gehängebildung neigen, viel
rascher abgetragen werden, als die harten Massenkalke bei der
Stadt Ulm und im Blautal; das beweisen schon die großen Erd-
schhpfe bei Oberkirchberg ^ Die Seen im Moränengebiet Ober-
schwabens, wie z. B. der Federsee, werden in verhältnismäßig kurzer
Zeit vertorfen und zu Rieden umgestaltet sein. Ebenso sicher wird
auch der nördliche Steilrand der Alb langsam nach Süden vorrücken,
bis einst das ganze Albplateau abgetragen i.st^ Ob indessen der
Abbruch in der Donaulinie auf absehbare Zeit beendet ist, läßt sich
vorerst nicht sagen. Das Vorkommen von Weiß-Jura-C im Unter-
grund der Donau, ebenso wie hoch über dem Talbett bei Ulm könnte
zu dem Schluß berechtigen, daß die Stadt Ulm auf einem der
Treppenabsätze jener Verwerfungen liegt und bei Fortsetzung dieser
Bewegungen in Mitleidenschaft gezogen würde. Über solche Fragen
kann nur ein genaues Studium aller Verwerfungen im Verlauf der
Donauspalte und die Erdbebenforschung Klarheit verschaffen. Der
Geologe muß sich vorläufig damit bescheiden, einen Blick in den
Bau seines Gebiets zu tun und dessen Entstehungsgeschichte zu ent-
ziffern. Ein Ausblick in die weitere Zukunft ist ihm bei der Jugend
seiner Wissenschaft versagt.
Februar 1905.
1 Kranz, 1. c S. 15.
- Engel, 1. c. S. 125.
Beiträge zur Kenntnis des oberen Hauptmusehelkalks
und Bemerkungen über die Tektonik von Koehendorf.
Von G. Stettner in Heilbronn.
Im Laufe des Sommers 1904 habe ich eine Reihe von Ex-
kursionen in das Gebiet des Kartenblattes Kochendorf unternommen
und dabei auch die geologische Literatur des Gebietes, die uns die
letzten Jahre gebracht oder wenigstens wieder in besondere Erinne-
rung gebracht haben, zu Rate gezogen. Es sind viel sorgfältige und
mühsame Beobachtungen in dieser Literatur niedergelegt, und man
folgt gerne den Spuren der Forscher, denen wir sie verdanken. Dann
und wann stößt man freilich auch auf Neues, das den früheren Be-
obachtern entgangen zu sein scheint, und bekommt dadurch wohl
auch einen Anreiz, seine Beobachtungen weiter auszudehnen und
allgemeine Betrachtungen, z. B. über die Tektonik, anzustellen. Das
Literesse für diese allgemeinen Fragen wächst dabei schon deshalb
besonders, weil es in diesem mit Diluvialablagerungen so stark über-
deckten Gebiet an genügenden Aufschlüssen mangelt und darum jede
neue Beobachtung nur zu leicht geeignet erscheint, gesicherte Re-
sultate auf Grund früherer Beobachtungen ins Wanken zu bringen.
Natürlich wird man unter diesen Umständen mit weitgehenden
Schlüssen jederzeit zurückhalten müssen; doch darf diese Zurück-
haltung auch nicht allzuweit getrieben werden. Man wird vielmehr
nur alle diese auf Grund ziemlich mangelhaften Materials gewonnenen
Resultate mehr unter dem Gesichtspunkt von Hypothesen zu be-
trachten haben, die Fingerzeige für künftige Untersuchungen bieten
sollen. Auch die nachfolgenden Ausführungen mögen in diesem
Sinne als Ergänzungen zu den bisherigen und als Anregungen zu
späteren Untersuchungen aufgefaßt werden.
Das Gebiet von Kochendorf ist, wie sich aus den reichen
Literaturangaben in Koken's Begleitworten zu seinem Blatt Kochen-
dorf ersehen läßt, schon vielfach Gegenstand der Untersuchung ge-
— 205 —
wesen. Besonders in den letzten Jahren haben E. Fraas \ Koken -
und Stutzer^ eine Reihe von Profilen aus dem oberen Hauptmuschel-
kalk der Gegend veröffentlicht, die zur Kenntnis dieser Schichten
wesentlich beigetragen haben; und man könnte zunächst auch ver-
sucht sein anzunehmen , daß dieses reichhaltige Material von zum
größten Teil sehr sorgfältigen Beobachtungen zur Beurteilung der
Tektonik hinreichen müßte. Indes zeigt sich bald, das E. Fraas,
dessen Beobachtungen im einzelnen sehr genau und sehr zuverlässig
sind und dem wir die erste genaue Kenntnis über die Lagerung der
Semipartiten im Lande verdanken , ein und denselben geologischen
Horizont zweimal beschrieben und dabei die eine fazielle Ausbildung
als das geologisch höhere Glied der andern dargestellt hat. Er unter-
scheidet nämlich von oben nach unten : Grenzbänke zwischen Haupt-
muschelkalk und Lettenkohle oder Horizont der Glaukonitkalke und
Estherientone; Horizont des Ceratites semipartitus (dünne Varietät) ;
Terehrahila-Horizont; Horizont des C. semipartitus (dicke Varietät,
dorsojylanus) ; Horizont des C. nodosus. Tatsächlich aber sind die
genannten Grenzbänke in der Hauptsache eben der Horizont des
C. semipartitus, und die Hauptmasse seines Horizonts von C. semi-
partitus gehört zum Horizont des dicken C. nodosus, zum Horizont des
C. intermedius Phil., der bei ihm übrigens auch schon in seinem Hori-
zont des G. nodosus mit inbegriffen ist. Solche Irrtümer sind bei dem
endlosen Fazieswechsel im oberen Muschelkalk sehr leicht möglich,
und jeder, der die Schwierigkeiten kennt oder der auch nur die
nachfolgenden Profile genauer betrachtet, wird sie darum auch sehr
leicht begreiflich finden.
Koken gliedert in dem Textheft zu Blatt Kochendorf den oberen
Muschelkalk der Kochendorfer Gegend in:
r., C1 ■ i-s l^) Stufe des glaukonitischen Kalkes („poröser
(Jbere bcmqmrtdus- I t-_ n " \ T
[ b) Stufe der Bairdien führenden Letten und Mergel.
Untere Semipartitus- ( \ r,. ^ ;, o • ^-^ -n- i
^ , . , :t < c) htute der Se)mpartitus-a-Ans.&.
' E. Fraas, Begleitworte zu den geogn. Atlasblättern Neckarsulm,
Öhringen und Oberkessach. Herausgeg. v. K. Stat. Landesamt. 1892. Ober-
amtsbeschreibung von Heilbronn II. Teil. 1901.
^ Koken, Geol. Spezialkarte der Umgegend von Kochendorf. Herausgeg.
V. K. Stat. Landesamt. 1900.
^ 0. Stutzer, Geologie der Umgegend von Gundelsheim. Inauguraldisser-
tation. Königsberg 1904.
— 206 —
Zu den unteren SemipartÜKS-Schichten rechnet Koken den ge-
samten in der Gegend seines Blattes Kochendorf unter den Bairdien-
letten zu Tage gehenden Muschelkalk; dieser aber gehört zu einem
nicht geringen Teil noch zu den Nodosiis-Kalken und führt nament-
lich noch in einer Mächtigkeit von ca. 8 m den C. intermedms Phil.
Daher kommt es auch , daß die Profile (die nur schätzungsweise
Zahlen geben) nicht überall zum Text stimmen oder wenigstens zu
stimmen scheinen; daher erklärt sich auch die Bemerkung (S. 10):
„Einen sehr gut erhaltenen breitrückigen und mit starken Stachel-
knoten besetzten Ceratites nodosus fand ich in diesen Kalken bei
Hagenbach, so daß über das Zusammenvorkommen der beiden (setni-
partitus und nodosus) kein Zweifel herrschen kann. Ihre Wichtig-
keit als Leitfossilien wird dadurch nicht beeinträchtigt, nur darf
man Einzelfunde nicht mehr als ausschlaggebend betrachten." Ich
werde später zeigen, daß dieser Ceratitenfund nichts Abnormes dar-
stellt , daß vielmehr in der betreffenden Schicht C. nodosus mit
großer Regelmäßigkeit gefunden wird; diese Schicht ist nämlich die
Grenzbank zwischen Nodosen und Semipartiten.
Stutzer hat in seiner Inauguraldissertation zu einer besseren
Kenntnis des oberen Hauptmuschelkalks, als sie uns Koken's Arbeit
vermittelt, nichts beigetragen; er übernimmt die KoKEN'sche Gliede-
rung, dazu aach kleinere Irrtümer Koken s , selbst eine unrichtige
Zahlenangabe (S. 10), obwohl er in seinem eigenen Profil (S. 58)
eine richtige Angabe auf Grund eigener Messung znr Verfügung hatte.
Einige Ceratitenfunde (in durchaus normaler Lage, nur von ihm
verkannt) veranlaßten ihn zu Bemerkungen, die, wenn sie zutreffend
wären, den Glauben erwecken könnten, als ob eine richtige Orientie-
rung im Muschelkalk nach den bisherigen Leitfossilien unmöglich
wäre. Er sagt nämlich (S. 10): „Eine auf Ceratiten gestützte, genaue
paläontologische Gliederung ist hier nicht möglich. Sie muß daher
mehr nach petrographischen Gesichtspunkten erfolgen" ; ferner S. 37:
„Es schwankt das Vorkommen der einzelnen Ceratitenarten im
Muschelkalk ganz bedeutend. Als Leitform für einzelne Horizonte
des Muschelkalkes sind sie schlecht zu gebrauchen. Wir lassen uns
lieber von Bairdia Firus und dem Gekrösekalk führen." Es kann,
ganz abgesehen von der irrigen Auffassung, nicht erwünscht sein,
daß eine solche Ansicht Platz greift und dadurch das Interesse für
den an sich schon etwas stiefmütterlich betrachteten Muschelkalk
noch geringer wird als bisher.
Angesichts solcher Äußerungen, die überdies einen für die Be-
— 207 —
urteilung der Tektonik von Kochendoif wichtigen Punkt betreffen,
war es nötig, der vertikalen und horizontalen Verbreitung der Cera-
titen und Bairdien, aber auch den „Gekrösekalken" genauere Auf-
merksamkeit zu schenken , das Beobachtungsgebiet weiter auszu-
dehnen und eine Anzahl genauer Profile aufzuzeichnen.
Was zunächst die Bairdien anlangt, denen Koken und nach
ihm Stutzer eine so große Bedeutung als Leitfossilien zumißt, so
haben meine Beobachtungen ergeben, daß Bairdia Pirus, die über-
dies auch noch in der Lettenkohle vorkommt, nicht als Leitfossil
für eine bestimmte Schicht angesprochen werden kann , ja, daß sie
sogar in dem Horizont, für welchen sie Koken als in besonderem
Sinne leitend bezeichnet, weit seltener ist als in anderen, tieferen.
Am massenhaftesten ist sie (und andere Bairdienarten) nämlich nicht
in den Tonen und Letten, welche in der Gegend von Kochendorf,
Wimpfen, Hagenbach, Duttenberg die Unterregion des Ceratites semi-
partitiis v. Buch-Phil. (= acutus) bilden und von Koken als Bairdien-
letten bezeichnet werden, sondern in der Unterregion des Ceratites
interniedius Phil., wie diese z. B. in den Steinbrüchen beim Rauhen
Stich zwischen Sontheim und Talheim (Heilbronn) und in der Kies-
grube südlich von der Sägmühle bei Offenau aufgeschlossen ist. In
den Talheimer Brüchen findet man auch die Baktryllien, die Koken
z. B, aus den oberen Bairdien(= Semi2Mrtitt(S-)Sch\chiQn gegen-
über der Kochermündung erwähnt. Im übrigen trifft man die Bairdien
noch ganz hinauf im oberen Hauptmuschelkalk bis unmittelbar unter
die glaukonitische Grenzbank zur Lettenkohle, insbesondere im unteren
Horizont der großen Terebrateln (= Grenzbank zwischen Nodösen
und Semipartiten), in Koken's Bairdientonen und in Koken's Horizont
des glaukonitischen Kalkes. Überall da, und zwar nur da, wo in
den Steinbrüchen die gewöhnlich gelblichgrau gefärbten Tonbänke
Wasser austreten lassen, sind auch diese Tone schwarz gefärbt
und zeigen dann , besonders verwitternd , oft die Millionen weißer
Pünktchen der Bairdien ^
* Es ist vielleicht von Wert , darauf aufmerksam zu machen , daß schon
V. Seebach (v. Seebach, Entomostraceen aus der Trias Thüringens, Zeitschr.
d. deutsch, geolog. Ges. 1857, IX, S. 198 ff. und Taf. VIII) bei der Aufstellung-
seiner Ostracodenspezies f Bairdia Pirus, procera, teres, Cythere dii^par) auf-
fährt, daß Bairdia Pirus außer mit Myophoria transversa besonders in einem
Mergel über und unter der oberen Terebratelbank des Muschelkalks liege, ferner
zusammen mit Gervillia socialis 50 Fuß tiefer als die Lettenkohlengruppe; und
zwar sagt er über die tieferen Ostracoden des oberen Muschelkalks : „Am häufigsten
scheint eine der Bairdia Pirus ähnliche Form gewesen zu sein. Es ist sogar
— 208 -
Eine äußerst charakteristische Erscheinung, die Koken a. a. 0.
treffend beschrieben hat, sind in den oberen 2 m des Sem i pari itus-KaXks,
unmittelbar unter der glaukonitischen Grenzbank, sogenannte Ge-
krösekalke; und ich möchte an dieser Stelle nur noch ergänzend
darauf hinweisen, daß sich in der Heilbronner Gegend an einzelnen
Stellen, besonders in 2 Brüchen zwischen Sontheim und dem Halte-
punkt Rauher Stich, die Oberflächenformen dieser Kalke wohl noch
genauer studieren lassen als in der Gegend von Kochendorf und
Wimpfen. Der ^Horizont der glaukonitischen Kalke" ist nämlich
in der Kochendorfer Gegend meist massig-kalkig entwickelt, so daß
stellenweise der Gekrösekalk nur an der Schlichtung der Feisten als
solcher erkenntlich ist; bei Talheim dagegen ist dieser Horizont stark
tonig entwickelt, hat stellenweise sogar fast ganz das Aussehen der
^Bairdientone" der Kochendorfer Gegend, und man hat dann beim
Abräumen der Letten in manchen Steinbrüchen oft größere Flächen
dieser merkwürdig wellig gebogenen Kalke zur Beobachtung freigelegt.
Trotzdem nun aber diese Gekrösekalke außerordentlich charak-
teristisch für den obersten Semi2)artiti{S-HoTizont sind, möchte ich
doch nicht soweit gehen wie Stutzer und ihnen für das Erkennen
der Schichten eine größere Bedeutung beimessen als z. B. den Cera-
titen. Man kann durch dieses Merkmal auch erheblich irre geleitet
werden. Koken und Stützer erwähnen nämlich aus der Offenauer Kies-
grube Gekrösekalke ; diese im Verein mit Bairdien sind ihnen, trotzdem
Stutzer selber den Ceratites intennedins aus den schwarzen Bairdien-
führenden Schiefertonen gezogen und noch weitere Exemplare von
Arbeitern erhalten hat, ein Beweis für die Zugehörigkeit der in der
Offenauer Kiesgrube anstehenden Schichten zum obersten Semipar-
tihiS-Ka\k. Es finden sich indes gekröseartig gebogene Kalke auch
wahrscheinlich, daß sie die Bairdia Firns selbst sei." Sehr interessant sind
sodann die Ostracodenfunde, die Thürach auf Blatt Sinsheim (Geol. Spez. -Karte
von Baden. Erläuterungen zu Blatt Sinsheim. Heidelberg 1896) verzeichnet. Er
führt die kleinen Ostracodenschälchen nicht bloß aus den ^Bairdientonen" des
unteren Semijjartitus-facutusJ-Roiizonts an (und zwar B. Pirus. B. teres und
C. dis2)(tr; zweifelhaft B. procera), sondern auch aus dem „glaukonitischen Kalk",
den er geradezu „Bairdienkalk" nennt; aus dem untern Intermedius-Roxizowt.
(Profil S. 19 No. 17 und 18) erwähnt er allerdings keine Bairdien. dagegen noch
sehr viel tiefer aus dem (unteren) iN^or/o.s(/.s-Horizont (S. 2ü) und aus dem unteren
Emrinus-'KsiWi (S. 15). Aus alledem scheint klar hervorzugehen, daß die Ostra-
coden in den Jlergeln des oberen Muschelkalks gar nicht selten sind und sich
namentlich in den mächtigeren Mergellagern in Menge vorfinden, daß sie also
als Leitfossile für eine bestimmte Muschelkalkschicht nicht zu gebrauchen sind.
— 209 -
sonst noch im oberen Muschelkalk. Schon Koken ' hat darauf auf-
merksam gemacht: „Geringere Biegungen wiederholen sich im ganzen
oberen Muschelkalke, sobald geschichtete „Blaukalke" (d. h. ziemlich
tonreiche Kalke) auftreten; niemals erreichen sie aber auch nur an-
nähernd die Intensität wie in der Gekröseschicht." Der letzte Satz
wird sich freihch nicht ganz halten lassen; so kommen z. B. bei
Talheim in dem dort kalkig entwickelten „Horizont der Bairdien-
tone" noch dieselben Gekrösekalke vor wie etwas höher in dem
„Horizont der Glaukonitkalke" ; vor allem aber treten in dem
bairdienreichen untern Intermedius-}iovizont bei Offenau (ziemlich
schwach) und bei Talheim (viel stärker ausgebildet) Biegungen auf.
die dem Gekrösekalk so sehr gleichen , daß selbst Fachmänner zu
Verwechslungen verleitet werden können.
Darin allerdings wird man Stutzer einigermaßen beipflichten
müssen, daß die Ceratiten leider an nur zu vielen Orten als Leit-
fossilien ebenfalls schlecht zu gebrauchen sind , zwar nicht deshalb,
weil sie, wie er meint, nicht richtig leiten, sondern nur, weil sie
meist viel zu selten sind. Die Semipartiten z. B. sind in ganz
Württemberg südhch von Talheim- Heilbronn so selten, daß man
kaum zu wenig sagt, wenn man behauptet, sie fehlen vollständig/,
und selbst nördlich von Heilbronn sind sie stellenweise nicht so
häufig, daß man sich , ohne lokalkundig zu sein , sofort einfach an
einer hinreichenden Zahl von Fundstücken allein sicher orientieren
könnte. An manchen Orten allerdings, z. B. bei Hagenbach, be-
kommt man Bruchstücke davon, meist jedoch ohne Schale, in großer
Menge. Im allgemeinen aber wird man sagen müssen, daß es schon
einer größeren Zahl von Beobachtungen und einer gewissen Aus-
dauer oder Lokalkenntnis bedarf, um sich überall im oberen Muschel-
kalk zurecht zufinden ; ich wenigstens muß bekennen , daß mir das
unten gegebene Profil der zahlreichen Talheimer Brüche im Vergleich
zu den recht einfach liegenden Profilen der Kochendorfer Gegend
ziemUch viel Mühe verursacht hat.
Der obere Muschelkalk zwischen Sontheim und dem Kauhen
Stich und in der Gegend von Kochendorf, Wimpfen , Hagenbach.
Duttenberg umfaßt den Horizont des Ceratites semipartitus
V. Buch (= acutus)^ des C. dorsoplanus Phil, und des C. inter-
medius Phil., und zwar entfallen auf die Kalke (bezw. dolomitischen
Kalke) und Tone bezw. Schiefertone mit C. semijxirtüus (== acutus)
im Mittel sowohl bei Talheim als bei Kochendorf- Wimpfen 3,8 — 4 m,
' a. a. 0. S. 9.
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. 14
- 210 —
auf die mit C. dorsoplanus ebenfalls etwa 4 m, auf die mit G. intermedius
(nach einer ca. 1,7 m messenden Grenzschicht mit großen Terebrateln,
C. dorsoplanus , intermedius und nodosus) ca. 7 m: wahrscheinhch
geht aber C. intermedius noch 1—2 m tiefer.
In der Unterregion des Ceratites intermedius treffen wir
beim Rauhen Stich , ferner bei Wimpfen im Liegenden des Stein-
bruchs gleich westlich von der Saline und in der schon mehrfach
erwähnten Kiesgrube von Offenau südlich von der Sägmülile viele
Tone bezw. Schiefertone und tonig-brockelige Kalke. Meist sind sie
ein Horizont des Wasseraustritts, und dann rieseln beständig die
Wasser herab an den dunkeln Schiefern , die mit Millionen weißer
Pünktchen von Bairdien besetzt sind. Linsenförmig an- und ab-
schwellende Kalkknollen sind häufig in diesen Tonen ; ebenso stellen
sich darüber und dazwischen krummflächige, nach Art des Gekröse-
kalks gebogene Kalke ein. Beim Rauhen Stich sind sie auch reich
an Fischresten; ebenso findet man dort Baktryllien auf den Kalkknollen.
Ich füge zur Vergleichung mit dem Profil von Talheim das von
der Offen au er Kiesgrube^ hier ein:
Kies und Sand.
0,20 m (nur an einzelnen Stellen) stark verwitterte Splitterkalke.
1,20 „ Brockelkalke (teilweise auch noch verwittert und mit Schotter
vermischt) , uneben geschichtet , mit C. intermedius, Gervillia,
Lima, 3Ii/opJioria.
0,20 , Splitterkalk.
0,10 „ Brockelkalk.
0,10 „ Mergel (nach Stutzer mit Pflanzenresten).
0,50 „ dünngeschichtete kristalline Kalke.
0,57 — 0,65 m schwarze Schieferletten mit Kalkeinlagerungen, Bairäia
Pirus und C. intermedius; Pflanzenreste.
0,35 m feste dunkle Kalkbänke.
X „ Splitterkalk.
Über dieser tonigen Unterregion treten zunächst ziemlich feste
blaue Kalke und Splitterkalke auf, die oft löcherig sind und dann
sogar mit Alberti's „porösem Kalk" aus dem KoKEN'schen Glaukonit-
horizont verwechselt werden können; so gehören z. B. die ca. 20 cm
Kalke im Hangenden des Kalks der Offenauer Kiesgrube, die Koken
als Glaukonitkalk bezeichnet, hierher.
Die nun folgenden Brockelkalke sind das Hauptlager des
C. intermedius. Bei Talheim z. B. kann man aus ihnen eine Menge
roher Steinkerne bekommen. Darüber wechseln Splitterkalke und
Vergl. Koken a. a. 0. S. 62. Stutzer a. a. 0. S. 58.
— 211 -
blaue bezw. tonige Kalke und Tone miteinander ab. Hier trifft man
auch häufig die sogenannten Hebräer.
Darüber kommen Kalkknauer und Tone und über diesen stellen-
weise auch noch eine feste Kalkbank, die alle mit ungezählten
großen Tereb ratein gefüllt sind (manchmal sind auch die Tone
leer und nur die Kalkbank darüber führt Coenothyris vulgaris). Es
ist eine für das ganze Gebiet außerordentlich wichtige leitende
Schicht; nur bei Hagenbach und bei Wimpfen am Winterberg ist
sie nicht ganz so gut entwickelt, wie in fast allen sonstigen Brüchen.
In diesen Knauerbänken traf ich immer den ersten Semipartiten
{(lorsojüanus) , sowohl bei Talheim als auch in der Kochendorfer
Gegend^. Man findet in diesen Bänken aber auch noch den C. inter-
inedius und sogar noch bei Talheim und Hagenbach (an letzterem
Ort führt ihn auch Koken a. a. 0. S. 10 und 65 aus dieser Tere-
bratelbank an) den kleinen, deutlich stachelknotigen C. nodosus.
Die Semipartitus-Ka\ke bieten in jeder Gegend ein anderes
Bild dar. Die von der Kochendorfer Gegend zeigen ein ganz anderes
Gepräge, als die von Talheim und vollends als die im Enztal. Bei
Kochendorf, Jagstfeid, Hagenbach, Duttenberg, Wimpfen sind es
zunächst lauter regelmäßig und dünn geschichtete Splitterkalke mit
vielen Lumachellenbänken. Dies ist das Lager des C. dorsoplatius.
Hier ist oft ein geradezu erstaunlicher Reichtum an Fossilien an-
zutreffen, wenn diese auch selten gut erhalten sind; bemerkenswert
sind insbesondere die Brüche an dem Kocherkanal zwischen Kochen-
dorf und Hagenbach.
In einzelnen Bänken häufen sich Terebrateln ; namentlich trifft
man in der Oberregion dieser Kalke mit großer Regelmäßigkeit einen
Terebratelhorizont, den man als Grenze zwischen C. dorsoplanus
und C. semipartitus (acutus) bezeichnen kann. Im nördlichen Teil des
Gebiets (z. B. an der Ziegelhütte gegen Duttenberg) zeigt der Horizont
des C. dorsoplanus in seiner Oberregion stärkere Toneinlagerungen
zwischen den dünner werdenden Kalkbänkchen, so daß diese Region
bereits dasselbe Aussehen hat, wie weiter südlich (z. B. an der
Kocherhalde) die ünterregion des C. semi2:)artitus-(acutus)-]:lonzonts.
' E. Fr aas nennt (Begleitw. zu Blatt Neckarsulm S. 13) C. dorsoplamis
schon aus den Schiefertonen des C. intermedius. Da indes dort C. intermedius
häufig so abgewittert oder abgeschiefert ist, daß man keine Knoten mehr sieht,
hält man diese Formen, zumal ja auch sonst schon C. intermedius alle möglichen
Übergänge zu G. dorsoplanus aufweist, leicht für Semipartiten. Ich vermute,
daß an der genannten Stelle solche ^Formen gemeint sind.
14*
— 212 —
C. semipartitus (acutus) findet man in den ca. 3,8 — 4 m Schiefer-
tonen und Kalken über dem eben genannten (oberen) Terebratelhorizont.
In der Kochendorfer Gegend liegen über der Terebratelbank zunächst
1,75 m „Bairdientone" (Koken) oder „Estherientone" (E. Fraas».
Ein Schwanken der Mächtigkeit , von dem Koken und Stützer be-
richten, konnte ich nicht beobachten; ich habe in allen Brüchen nie
weniger als 1,70 und nie mehr als 1,80 m gemessen; nur die schon
erwähnte Verwechslung mit den Bairdientonen aus dem C. intermedius-
Horizont können die irrigen Angaben veranlaßt haben. Im übrigen
gibt Koken (a. a. 0. S. 9 f.) eine sehr gute Beschreibung dieser Tone
und ihrer Fossileinschlüsse, so daß ich darauf verweisen kann.
Am Wimpfener Winterberg und an der Jagstfelder Zügelhütte
gegen Duttenberg sind in diese Tone außer Kalkknollen nur dünne
(höchstens einzelne bis 5 cm messende) Kalkbänkchen eingelagert :
weiter südlich, schon am Bahnwärterhaus über Wimpfen im Tal, ist
die Unterregion stark kalkig, und es stellt sich gegen die Mitte
eine festere Kalkbank ein ; noch mehr ist dies der Fall bei Kochen-
dorf und gegen Hagenbach , wo die unteren 42 — 45 cm aus dünn-
geschichteten Kalken mit Tonzwischenlagen bestehen, worauf eine
16 — 17 cm mächtige feste Kalkbank folgt; aber auch in den Schiefer-
tonen der Oberregion werden die Kalkplättchen bis 6 cm dick ; solche
Plättchen sind manchmal auch reich an Fischresten ; stellenweise
trifft man auch Lumachellenbänke, besonders mit Trigonodus Sand-
bergeri. Noch weiter im Süden (Talheim) ist der Schieferton ganz
verschwunden, und der ganze Horizont ist kalkig entwickelt.
Die „Stufe des glaukonitischen Kalkes" , die in den Ge-
krösekalken (besonders am Wimpfener Winterberg) ebenfalls C. senii-
partikis führt, ist in der Kochendorfer Gegend massigkalkig ent-
wickelt und hat eine Mächtigkeit von 2 bis höchstens 2,20 m. Der
Beschreibung Koken"s ist nichts weiter beizufügen.
Ich gebe nun noch einige Profile zur Ergänzung derjenigen
Koken's.
An der K o c h e r h a 1 d e bei Kochendorf :
3,79 m Horizont des Ccratites semipartitus (acutus):
2,05 m „glaukonitische Kalke", bestehend aus:
U,3G m glaukonitführende, löcherige, dolomitische, feste
Kalke.
0,1G „ weniger feste, oft gekröseartig gebogene Kalke.
0,24 „ feste Splitterkalke.
0,48 „ weniger feste Splitterkalke.
0,40 „ Gekrösekalk.
0,38 „ Splitterkalk.
213 —
1,74 m „Bairdienletten", bestehend aus:
1,15 m dunkle Schiefertone mit Kalkplättchen (bis 6 cm).
0,16 „ feste Kalkbank.
0,43 „ dünngescliichtete Brockelkalke und Kalklinsen
in dunkeln Tonen.
X m: Horizont des Ceratites dorsoplanus:
1,18 m ziemlich dickbankige Kalke.
0,16 „ dunkle Tone.
X „ Kalke.
In den alten Steinbrüchen zwischen Kochendorf und Hagen-
bach, nahe bei Hagenbach, stehen im Abraum noch
ca. 1 m verwitterte Glaukonitkalke an, darunter:
1,75 „ „Bairdienletten" mit reichlich C. semijjartitus :
1,16 m dunkle Tone mit dünnen Kalkbänkchen,
0,17 „ feste Kalkbank,
0,42 „ Kalkknollen und dünngeschichtete Kalke in
dunkeln Tonen.
1,20 m ziemlich dickplattige Splitterkalke, oben mit Muschel-
breccien, zuoberst Terebratelbank; C. dorsoxüanus,
0,15 „ Letten,
0,86 „ blaue Kalke mit muscheligem Bruch,
0,12 „ Brockelkalke,
0,15 „ festere Kalke, teilweise bröckelig,
0,18 „ teilweise schwarze Letten,
0,65 „ massige Splitterkalke mit Muschelbreccien und Tere-
b r a t e 1 n ,
0,15 „ Letten,
0,35 „ dünn geschichtete feste Kalke,
0,20 „ Letten und dünne Kalke,
0,25 „ feste Kalke, Terebratelbank.
0,62 „ Brockelkalk (Horiz. des C. intermedius).
Im Jagsttal hinter der Zügelhütte bei Jagstfeid stehen noch
ca. 1,63 m „Glaukonitkalk" an, und zwar unler zerfallenem Glau-
konitkalk
0,26 m Splitterkalk,
0,37 „ Gekrösekalk,
0,40 „ Splitterkalk mit Lumachellen;
ca. 1,80 „ etwas ausgewaschene „Bairdienletten"; im unteren Teil
sehr unebene mit Ton durchsetzte Kalkplättchen (bis 5 cm
dick) mit Fisch- und Saurierresten; C. semiparütus;
3,88 „ Horizont des C. dorsoplanus:
1,60 m kristalline, schwach gebogene, nach oben dünner
werdende, teilweise löcherige Kalkbänkchen mit
Lumachellen, gegen oben eine Lumachelle von
Coenoth // r l s vulgaris.
1,20 „ feste Kalkbänke, besonders unten mit Lumachellen:
Ostrea complicata, Lima, Coenothyris.
— 214 —
0,18 m Letten- und Brockelkalk.
0,90 „ blauer, toniger Kalk, ziemlicli dünn geschichtet mit
C. dorsoplanus.
0,70 m Terebratelbänke: Kalkknauer, Ton und oben feste Kalk-
bänke.
Bei Talheim ist der Horizont des Ceratites semipartitus
und dorsoplanus ganz anders entwickelt , und seine Ausbildung er-
innert schon stark an diejenige in der Mitte Württembergs: die regel-
mäßig geschichteten Kalke sind meist immer von einer mächtigeren
Lettenbank bis zur andern zu einer schwach geschichteten Masse
zusammengewachsen, und es stellen sich dann schon massige Felsen
ein nach Art des „Wilden" und des ^Trigonodiis-YiQAomiis'' . Nur
die Mächtigkeit der einzelnen Horizonte stimmt genau mit der in
der Kochendorfer Gegend ; die einzige Bank, die erheblichen Mäch-
tigkeitsschwankungen, selbst auf ganz kurzen Entfernungen, unter-
worfen ist, ist die glaukonitische Grenzbank zwischen Muschelkalk
und Lettenkohle, die bei Kochendorf ca. 40 cm mächtig ist, während
sie bei Talheim zwischen 27 — 40 — 50 — 80 und noch mehr Zenti-
meter, in ein und demselben Steinbruch zwischen 27 und 50 cm
schwankt.
Die „Stufe des glaukonitischen Kalks" (Koken) ist etwa nach Art
der Kochendorfer „Bairdienletten" ausgebildet, führt auch Bairdien
und vereinzelt C. semipartitus ; charakteristisch ist hier ebenfalls der
Gekrösekalk. An die Stelle der „Bairdienletten" (Koken) sind massige
Kalke getreten , stellenweise auch dünn geschichtete Splitterkalke.
Unter diesem Horizont, in dem man natürlich vergeblich nach Cera-
.titen sucht, tritt eine feste Bank mit großen Terebrateln auf; dar-
unter kommen die massigen Splitterkalke des C. dorsoplanus , der
hier noch seltener als C. semipartitus ist. Ein ungewöhnlich reich-
haltiger Terebratelhorizont schließt die Semipartitus-Ka\ke nach
unten ab.
Es liegt nahe, hier eine Parallele zu ziehen mit der Entwicke-
lung des oberen Hauptmuschelkalks in der Gegend des Enztals
und Strohgäus, wo bis jetzt eine Gliederung noch gar nicht gelingen
wollte. In Ermangelung gut leitender Fossilien habe ich seinerzeit
vorgeschlagen ^ , die Kalke und Dolomite über dem Horizont des
großen C. nodosus = C. intermedius Phil, nach der berühmten Fund-
stelle im Schwieberdinger Hühnerfeld einstweilen als „Schwieber-
' Diese Jahreshefte 1898, S. 303— 321 : Ein Profil durch den Ilauptmuschel-
kalk bei Vaihingen a. d. Enz.
— 215 —
dinger Horizont" zu bezeichnen und von dem Trigonodus-Dolomit
und den über demselben folgenden Grenzbänken gegen die Letten-
kohle zu trennen. E. Fraas hat in den Begleitworten zu Blatt
Besigheim wohl aus dem gleichen Grunde diese Bezeichnung bei-
behalten. Diese Gliederung geht von der noch jetzt vertretenen '
Annahme oder Ansicht aus, daß der Trigonodus-J)o\omit die Semi-
jxirtüns-Schichten überlagere, einen Grenzhorizont gegen die Letten-
kohle von schwankender Mächtigkeit darstelle, sogar eine besondere
Auszeichnung auf der Karte nahelege und vielleicht sogar richtiger
der Lettenkohle zugerechnet werden sollte. Diese Ansicht ist jedoch
ebenso irrig, wie die von mir ausgesprochene Vermutung, es werden
wohl die „Schwieberdinger Schichten" im wesentlichen dem Semi-
partitus-Borizont entsprechen.
Auch Philippi hat sich in seiner Arbeit^ über die Fauna des
Schwieberdinger Hühnerfelds eingehend über die geologische Stellung
des Schwieberdinger Fossilhorizonts (S. 147 und 201 — 205) geäußert.
Ihm zufolge gehören die Schwieberdinger Fossilschichten zum unteren
Trigonodus-Dolomit; darunter käme nach einer 30 cm mächtigen
Dolomitbank das Semi2)ai'titus-Wivea.u. Diese Bestimmung geht, wie
sich schon aus meinem in den Jahresheften von 1898 veröffentlichten
Profil ergibt, noch mehr fehl als die von mir gegebene, die wenig-
stens für die Oberregion des Schwieberdinger Horizonts noch einiger-
maßen zutreffend ist.
Ich glaube nun in der Lage zu sein , auch die Schichten des
oberen Hauptmuschelkalks im Enz- und Strohgäugebiet durch Paralle-
lisierung mit denen am unteren Neckar nach Ceratitenhorizonten
gliedern und die geologische Stellung der Schwieberdinger Fossil-
schichten genau bestimmen zu können.
Wie das weiter unten folgende Profil von Talheim zeigt, dem
zur Vergleichung das von Vaihingen — Schwieberdingen kurz beigefügt
ist, entspricht der sogenannte „Wilde" . ein massiger ca. 3,4 m
mächtiger Fels unter dem Tr igonodus-Fels, zusammen mit dem 2,8 bis
2,9 m messenden Trigonodus-'Do\om\t und den ca. 2,7 m dolomitischen
' Vergl. z. B. E. Fraas, Begleitworte zu Atlasblatt Besigheim. 2. Aufl.
S. 13. — Oberamtsbeschreibung von Heilbronn. II. T. S. 7 ff. 1901.
^ Diese Jahreshefte 1898: ,Die Fauna des unteren Trigonodus-Bolomits
vom Hühnerfeld bei Schwieberdingen und des sogen. Cannstatter Kreidemergels/
Bei dieser Gelegenheit möchte ich nur noch ergänzend bemerken, daß die An-
gabe auf S. 148 und 202, wonach Brachiopoden ganz fehlen, nicht zutrifft.
Offenbar stand ihm für die Bearbeitung nicht das ganze Material (und also auch
nicht die gut und zwar mit Armgerüst erhaltenen Terebrateln) zur Verfügung.
216
und kalkigen Grenzbänken in der Vaihinger Gegend dem Semipar-
^^^^^t5-Niveau der Heilbronn — Kochendorfer Gegend. Gleich in den rauh-
plattigen dolomitischen Kalken unter dem „Wilden" habe ich in-
zwischen auch bei Vaihingen den C. intermediiis gefunden. In der
ünterregion des „Wilden" trifft man außerdem, wenn auch etwas
undeutlich , die glänzenden Schalenreste von Terebrateln (untere
Terebratelbank). Daß man im „Wilden" und in dem massigen Tri-
go}W(h(s-F eis bis jetzt noch keinen Semipartitus (dorsoplann.'i) ge-
funden hat (und wohl auch kaum finden wird), kann bei dem (fast)
vollständigen Mangel einer Schichtung nicht überraschen. Dagegen
stimmt die Höhenlage der T>-iJ^o«oc?z<5-Steinkerne genau mit der-
jenigen, in welcher bei Heilbronn und Kochendorf die Kalkplatten
liegen, welche mit Trigonodus Sandbcrgeri bedeckt sind. Auch der
Terebratelhorizont , der das Dorsoplaniis-Nivesiu vom Semipartitus-
Niveau trennt, wird sich bei einiger Sorgfalt im Enzgebiet nach-
weisen lassen; er muß in der Mitte des TW^o)?oc?«s-Dolomitfelsen
sich finden. Zum Beweis erwähne ich, daß schon Paulus und Bäch^
in diesem Dolomit eine reiche Terebratelbank in einem kleinen längst
verlassenen Bruch nordwestlich von Ottmarsheim im Tälchen be-
obachtet haben. Auch C. semipartitus (acutus) wird wohl mit Sicher-
heit gefunden werden, wenn man einmal in den meist dünngeschich-
teten Grenzbänken zwischen Trigonodus-D o\om\i und Lettenkohle
gründlich sucht, was bis jetzt sicher noch nicht genügend geschehen
ist; leider sind aber gute Aufschlüsse hier selten.
Ich füge noch eine Parallelisierung der Scmipartitus-^chÄchiQw
der Kochendorfer Gegend mit denen der Vaihinger Gegend ein. weil
.hier der Zusammenhang w^ohl deutlicher hervortritt, als in dem Profil
von Tallieim.
Kochendorf Vaihingen a. E.
2 — 2,20 m „Stufe des glaukoni- 1 2,1 m Grenzbonebed, Schiefer-
tisclien Kalkes" Kokkn's, tone und feste dolomitische
Glaukonitbank mit Bonebed, I Kalke.
Gekröse- und Splitterkalke. ;
«1
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1,15 m dunkle Schiefer-
tone mit dünnen Kalk-
plättchen.
0,16 m feste Kalkbank.
0,43 „ dünn geschich-
tete Kalke (rr//7o>iO(??<s)
und Schiefertone.
0,55 m weiche dolomitische
Platten.
2,80 m massiger Trigonodus-
Dolomit, im oberen Teil weich
Vergl. Begleitworte zu Ätlasblatt Besigheim. 2. Aufl. 1903, S. 13.
217
K 0 c h e n d 0 r f
1,60 m kristallinische Kalke
mit Terebratelbank im Han-
genden.
Vaihingen a. E.
und zerreiblich, unten fester,
1,20 m feste Kalkbänke.
0,18 „ Letten.
0,90 „ blaue Kalke.
0,70 ., Terebratelbänke.
3,40 m der „wilde Fels".
Die Schichten unter dem „Wilden" gehören zum Horizont des
Ceratites mtermedius. In demselben kommen im Enzgebiet die kleinen
Nodosen noch ebenso vor wie am unteren Neckar, wie das z. B.
auch der Fund des C. nodosus var. densinodosus und vielleicht eines
Ceratiten, von dem Philippi^ annimmt, daß er wohl aus tieferen
Lagen stamme und nur zufällig unter die „Schwieberdinger Fossilien"
gekommen sein könnte, beweist. Die eigentliche Schwieber-
dinger Fossilschicht von annähernd 1 m Mächtigkeit gehört
der Mittelregion des C. intermedius an und entspricht den
oben auf S. 210 erwähnten häufig löcherigen festen Kalken und
Splitterkalken in der unteren Neckargegend. Unter der Schwieber-
dinger Fossilschicht trifft man eine reichliche Tonentwickelung
ebenso wie bei Talheim und Offenau — Wimpfen, und es ist vielleicht
der Erwähnung wert, wenn an sich vielleicht auch vollständig
belanglos, daß in diesen Schichten bei Offenau ebenfalls Pflanzen
reste gefunden werden, wie ich sie^ aus der Vaihinger Gegend an-
geführt habe.
Nach alledem sind die Schichtenbezeichnungen „Schwieber-
dinger Schichten" und ^Trigonodus-Dolomit'' nur lokal, wo die sonst
leitenden Ceratiten fehlen, zu gebrauchen. Will man den Ausdruck
„Schwieberdinger Schichten" künftighin noch weiter in Anwendung
bringen, so kann man damit im mittleren Württemberg etwa den
Horizont des Ceratites intermedius bezeichnen. Unter ^Trigonodus-
Schichten" könnte man dann die gesamte Semipartitus-Zone, in deren
Mitte besonders und auch im Hangenden Trigonodus Sandbergeri
leitend ist, in allen den Gegenden, wo die Semipartiten nicht zu
finden sind, verstehen.
Als bemerkenswert füge ich noch bei, daß die Stylolithen,
Diese Jahreshefte 1898, S. 201.
Diese Jahreshefte 1898, S. 312 u. 315.
218
die im ganzen oberen Muschelkalk des Enzgebiets so häufig sind, in
der Heilbronn — Kochendorfer Gegend vollständig fehlen.
Es wäre wohl auch nicht uninteressant, die tieferen Schichten
des Muschelkalks im Enzgebiet mit denen des Neckargebiets bei
Wimpfen — Gundelsheim zu vergleichen; doch genügt wohl schon die
Vergleichung der in den Begleitworten zum Atlasblatt Neckarsulm
gegebenen Profile mit dem in den Jahresheften von 1898, um eine
.große Übereinstimmung zu konstatieren. Ich hebe nur noch hervor,
daß auch am Michelsberg bei Gundelsheim Ceratites noäosiis var.
compressus bereits in der Oberregion des Encrimis -Kalkes ge-
funden wird.
Ich lasse nun das Profil von Talheim (Sontheim — Halte-
stelle Rauher Stich) folgen und füge zur Vergleichung das von
Vaihingen a. E. — Schwieberdingen auszugsweise bei.
^
C
J2
^
TS
'&ß„
S
f. "j/j
C
« .^
It
-^ lö
=2 ^
S
CO
«
cß
g^
z;
2
w
Ui
CO
o
S
M
Talheim
^0,40 m Glaukonitkalk
mit Grenzbonebed.
0,37 m graue Letten, stellen-
weise mit Bairdien und
eingelagerten , sehr un-
ebenen Kalkplättchen ;
Saurierreste.
0,30 m Gekrösekalk.
0,34 „ meist feste, unebene
Splitterkalke mit Luma-
chellen und Bonebed.
0,25 m Gekrösekalk mit
Ceratites semipar-
titu s.
.0,34 m Splitterkalk.
Vaihingen a. E.
0,2 m spätiger Kalk mit
Grenzbonebed.
0,3 m Schieferletten und ein-
gelagerte Dolomitbäuke.
Myoplioria Goldfussi.
0,5 m blauer Kalk mit Ton-
zwischenlagen.
1,1 m grauer dolomitischer
Kalk.
0,88 m meist massige Splitter-
0,55 m lichtgelbe dolomitische
kalke, stellenweise dolomitisiert
Platten.
und verkieselt.
0,13 m feste, gekröseartig ge-
schichtete Kalke.
0,22 m Gekrösekalk.
0,22 „ blaue Kalke.
0,07 „ Letten.
0,52 „ blaue Kalke.
2,8 m Trigonodus-K?i\k.
0,18 „ Letten und toniger Kalk.
Ceratites semipartitus.
219
Talheim
Vaihingen a. E.
1-. QJ
0,21 m Splitterkalk mit
= Dolomit (Malbstein).
£ St
großen Terebrateln.
^1
0,24 m Letten und Ge-
23
krösekalk.
^ 2
0,32 m Splitterkalke mit
o -^
1 Coenothi/ris vulgaris.
0,38 m Kalkknauer und Brockel-
kalke, nach oben fester werdend
2
und in Splitterkalke übergehend.
J
Einzelne Coenothi/ris vulgaris.
^
s"
0,39 m Splitterkalk.
f
M
0,08 „ Letten.
'-0
0,88 m sehr harte, hellblaue
^
Splitterkalke. Coenotliyris vul-
-^
garis.
O
0,77 m massige Kalke, nach oben
mit Tonschmitzen.
'^
0,35 m feste Kalkbänke, tonig
"=
durchsetzt. Terebrateln.
.H
CD
0,45 m weniger feste, blaue
3,4 m der „wilde Fels".
o
:ci
Kalke mit Ton und Kalk-
.^
%
knauern. Terebrateln.
-u
g
0,51 m Tone und dünne Kalk-
1 <
plättchen, stellenweise mas-
s
H
sige Tonbank.
0,40 m Kalkknauer, Ton,
Brockelkalk und Kalkplätt-
■^
chen. Hauptterebratel-
»-^
schicht. Ceratites nodosus,
!
intermedius und dorsoplanus.
0,29 m Splitterkalk mit GervilUa
■i
socialis und Lima.
^
0,37 m dünngeschichtete blaue
2,55 m rauhplattige dolomi-
Kalke mit Lettenzwischenlagen.
tische Kalke, im Hangenden
-"1
0,15 m Splitterkalk.
und Liegenden und in der
Z
0,40 „ graue Letten, bei Wasser-
Mitte mit ausgelaugten Do-
führung schwarze Schiefer-
lomitschichten und dolomiti-
1.
letten mit Bairdien und einge-
sierten Fossilien. C. infer-
^
lagerten Kalkbänkchen ; stellen-
medius.
^
weise Brockelkalke oder auch
i
TS
dickplattiger blauer Kalk mit
Letten.
§
0,16 m Splitterkalk mit sehr un-
o
ebenen Flächen , viele weiße
S
luschelschalen im Querschnitt.
— 220
Talheim Vaihingen a. E.
1,35 m dunkelblaue Kalke mit!
muscheligem Binich , oben und |
unten oft tonig , stellenweise |
schwarze Schieferletten. Haupt- 0,5 m tonige Platten oder plat-
IsLger des Ceratitesinte7-meditis.\ tige Dolomite.
0,20 m Splitterkalk.
0,92 „ feste blaue Kalke, oft
löcherig, teitweise Splitterkalk.
1,0 m dolomitische Kalke.
Schwieb erdinger Haupt-
fossilschichten.
0,63 m schwarze wasserführende
Schieferletten mit Kalkknollen,
Bairdien, Baktryllien, Fisch-
resten; unten stellenweise 24 cm
dünngeschichtete dunkelblaue,
gekröseartig gebogene Kalke.
Gerat 'des i n ter m edius, ab-
geschieferte , schwachrippige
Exemplare. Kristalle von Eisen-
kies.
0,40 m blaue Kalkbank oben und
unten oft bröckelig, gegen den
Schieferton mit sehr unebenen
Flächen; im Querschnitt spä-
tige Muschelschalen.
0,36 m dunkle Schiefertone, be-
sonders unten mit linsenförmig
an- und abschwellenden Kalk-
knollen. Pecfen, GerviUia, Lima.
0,80 m dunkelblaue Kalke, gegen
unten bröckelig; weiße Muschel-
schalen im Querschnitt.
0,18 ra dunkler Schieferton mit
Brockelkalk. Ceratites nodosus.
1,05 m dunkelblauer Brockelkalk,
stellenweise in Schieferton zer-
fallen; mit Kalkknauern und
Gekrösekalke.
1,6 m 3 Lettenbänke mit ein-
gelagerten Brockelkalken.
0,3 m feste blaue oder dolo-
mitische Kalke.
0,9 m blaue Brockelkalke.
0,3 m Tone und Brockelkalke
mit C. intennedius.
1,3 m blaue Brockelkalke mit
C. interniedius.
0,3 m Ton und Brockelkalke.
1,21 m Splitterkalk, untere 0,30 m
sehr feste massige Bank, löche-
rig, mit Drusen.
1,0 m blaue, teilweise splitterige, j jVbrfos?<s-Kalke.
dünngeschichtete unebene Kalke. '\
1,18 m blaue Brockelkalke mit
vielen Tonzwischenlagen. Cera-
tites nodosus.
221
Bemerkungen über die Tektonik von Kochendorf.
über diese Tektonik ist bekanntlich vor einigen Jahren ein
sehr lebhafter Streit^ entstanden. 1895 war das Friedrichshaller
Bergwerk ersoffen, und in den neuen Schacht von Kochendorf
drangen im Februar 1897 solch ungeheure Wassermassen ein, daß
man beinahe genötigt war, diesen aufzugeben. Einige einheimische
Geologen warnten damals mit dem Hinweis auf tektonische Störungen
in der Gegend vor dem Weiterarbeiten und verlangten eine genaue
geologische Untersuchung. Von anderer Seite wurden tektonische
Spalten in Abrede gezogen; eine nochmalige geologische Unter-
suchung sei unnötig, und man solle die Arbeit getrost fortsetzen
Theoretisch ist dieser Streit durch die schon mehrfach erwähnte
Arbeit Koken's zum Abschluß gebracht, praktisch ist er durch den
glücklichen Verlauf der Arbeiten in Kochendorf geschlichtet worden.
Das Gebiet von Kochendorf ist demnach nicht frei von Störungen,
und man wird gut tun, beim Abbau des Salzes die Nähe der Spalten
zu meiden, die das gefürchtete Wasser zu bringen vermögen.
Die tektonischen Störungen der Kochendorfer Gegend sind je-
doch nicht alle zweifelsfrei festgestellt ; die weitverbreitete mächtige
Decke diluvialer Gebilde und der Gipskeuper werden der Unter-
suchung stets die größten Schwierigkeiten entgegensetzen, und jeder
neue größere Aufschluß kann neues Licht auf die Tektonik der
Gegend werfen.
Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, steht in
der Offenauer Kiesgrube (ebenso auch am Kanal unterhalb der Ziegel-
hütte) nicht oberster Seniipartüus-K?L\k an ; die Kiesgrube liegt viel-
mehr im unteren Intermedius-}lonzoni, und die Muschelkalk-Letten-
kohlengrenze (Glaukonitbank) liegt demnach dort nicht in 147 m,
sondern in 147 -f- 11 = 158 m, woraus sich, da ein schwaches
Einfallen der Schichten gegen den Offenauer Einbruch anzunehmen
ist, ein ununterbrochener Zusammenhang zwischen dem Muschelkalk
hinter der Ziegelhütte (Gl. K. 160,5 m), am Kanal und in der Kies-
grube südlich von der Offenauer Sägmühle (Entfernung 1,2 km) klar
ergeben dürfte (vgl. die Bruchlinie auf Koken's Karte).
Bezüglich der auf Koken's Karte im Kochertal aufwärts bis
Odheim eingetragenen Bruchlinien verweise ich auf die Arbeit
* Vergl. hierüber insbesondere diese Jahreshefte 1899 und die Literatur-
angaben in Koken's Blatt Kochendorf.
— 222 —
Stdtzer's\ deren Resultate ich bestätigen möchte (Gl. K. rechts bei
157,5 m, links bei 155,5 m, bei N.-S. Fallen der Schichten); ich
bemerke nur noch, daß die an der Biegung des Kanals gegen NNO.
(aufwärts) deutlich anstehenden Semipartitus-Ka\ke auf der Karte
nicht eingetragen sind.
Zur Beurteilung der in der Nähe des Salzwerks Kochendorf
im Neckarbett verlaufend eingetragenen Spalte füge ich folgende
Zahlen bei: Gl. K. im Steinbruch gegenüber der Kochermündung
bei 152 m, beim Bahnhof Kochendorf 153 m, im Schacht 148 m.
Im Merzenbachtal nimmt Koken ebenfalls eine kleinere Ver-
werfung an , die er aber als zu unbedeutend auf der Karte nicht
eingetragen hat ; er weist ^ insbesondere darauf hin, daß auf der
rechten Seite des Merzenbachs die Zellendolomite der Lettenkohle
bis in 183 oder 185 m hinaufgehen, auf der linken Seite aber, un-
weit des sogenannten „Sees", in 173 m anstehen. Diese Differenz
von 10 m wird sich kaum bestätigen lassen. Allerdings liegen auf
der linken Seite des Merzenbachs an dem östlichsten Punkte , wo
Koken Lettenkohle eingetragen hat und wo die Terrainkante der
Lettenkohle deutlich markiert ist, eine Menge Zellendolomite bei
170 — 173 m; geht man aber 50 — 60 Schritte weiter bergaufwärts,
so trifft man bis hinauf in ca. 182,5 m Höhe Zellendolomitbrocken
an , die durch den Pflug an die Oberfläche geschafft worden sind.
Ich habe diesen Herbst die frischgepflügten Felder begangen, und
es kann soweit kein Zweifel sein, daß die Lettenkohle auf beiden
Seiten des Merzenbachs ungefähr gleich hoch gelegen ist.
Meiner Auffassung nach wird die Gegend von zwei großen
dem Neckar entlang gehend en Spalten beherrscht, die bei
Offenau von einer West-Ost-Spalte gekreuzt werden. Ein
unanfechtbarer Nachweis ist freiHch auch hierfür nicht zu erbringen,
weil die ungeheure Lößbedeckung und weiter südHch der Gipskeuper
eine so genaue Verfolgung der Spalten, wie man wünschen möchte,
nicht gestattet. Man kann nur eine Anzahl von Punkten verbinden,
die mit größter Wahrscheinlichkeit auf derselben Bruchlinie liegen.
Die östliche der dem Neckar entlang verlaufenden Spalten ist
vermutlich von sehr bedeutender Länge, aber von geringer Sprung-
höhe, und erstreckt sich wohl von Höpfigheim bis unterhalb
Gundelsheim. Bis in die Gegend von Heilbronn hat bereits E. Feaas^
a. a. 0. S. 45.
a. a. 0. S. 37.
Begleitworte zu Atlasblatt Besigheim. 2. Aufl. 1903. S. 5.
— 223 —
auf den wahrscheinlichen Zusammenhang folgender Punkte hin-
gewiesen: Tal von der Beutenmühle nach Höpligheim (Lettenkohle:
Keuper), Seebachtal südöstlich von Mundeisheim und Schelmenäcker
nördlich der Straße Mundeisheim — Großbottwar (mit in die Bruchlinie
eingeklemmtem Schilfsandstein), Solitude bei Talheim (zwischen Haigern
und Kuhdazen), Verwerfung zwischen Hagelsberg und Staufenberg.
Ich füge noch bei, daß diese Verwerfung sich auch im Schotzachtal
bemerklich macht. „Topographisch prägt sich die Verwerfung," sagt
E. Fraas, „in dieser Gegend sehr hübsch durch die Ausbildung vor-
gelagerter Keuperberge vor dem eigentlichen Plateau aus."
Dieser topographische Charakter läßt sich auch im weiteren
Verlauf der Bruchlinie nachweisen (die beiden von dem Plateau der
Löwensteiner Berge getrennten Tafelberge Wartberg und Scheuer-
berg). Die Bruchhnie setzt zunächst durch den Lerchenberg östlich
von Heilbronn , an 3 Stellen von einem Seen- und Sumpfgebiet auf
der Scholle im Liegenden begrenzt. Ein deutlicher Aufschluß im
Lerchenberg fehlt; die Bruchlinie muß in der Nähe des Tunnels
durchgehen, wo wir auf der Höhe des Lerchenbergs ein rasches
Einfallen der Steinmergelschichten gegen die (vermutliche^ Bruch-
linie beobachten. Im Weinsberger Paß zwischen Wartberg und
Galgenberg (Bürg) beobachten wir ungefähr dieselbe Sprunghöhe wie
am Staufenberg und an der Solitude bei Talheim. Nach den An-
gaben Regelmann's in der Oberamtsbeschreibung von Heilbronn
(2. Aufl. 1901, Anhang S. 7) liegt die Platte des Schilfsandsteins
auf dem Wartberg in der Höhe von 308 m, in der Paßhöhe gegen
Weinsberg 291 m, auf der Bürg 302 m; das Liegende des Schilf-
sandsteins am Wartberg ( K. a, ß) gibt er bei 295 m an ; am Galgen-
berg können wir es unmittelbar unter dem Aussichtspunkt (nach der
Höhenkurvenkarte) bei etwa 280 m bestimmen.
Ein ungefähr gleich starkes Absinken der östlichen Scholle an
der westlichen beobachten wir am Scheuerberg (im Scheuerberg selbst
vermag auch ich keine Verwerfung zu entdecken) , wo vermutlich
die Verwerfung im Gewand Spetzberg oder Tiergarten hindurchgeht;
es ändert sich dort auch plötzlich das Einfallen der Schichten (Weg
am Waldrand). Auf der Höhe des Scheuerbergs ist die Gipskeuper-
Schilfsandstein- Grenze bei etwa 305 m; am Wacholderrain (Linker
Backen) trifft man von ca. 255 m an den Schilfsandstein bis hinauf
zu dem Steinbruch; der Schilfsandstein ist offenbar abgerutscht, die
tatsächliche Grenze liegt jedenfalls nicht tiefer als 280 m ; weiter
östlich im Mönchswald finden wir die Grenze gut aufgeschlossen in
- 224 —
ca. 290 m Höhe: die Schichten fallen also, wie auch schon in der
Heilbronner Gegend, auf der abgesunkenen Scholle ziemlich stark
gegen die Bruchlinie ein.
Die Linie läuft dann vermutlich über den Fernlesbrunnen und
durchschneidet wohl das Merzenbachtal an der oben erwähnten Stelle,
wo auf der linken Talseite die Zellendolomite gegen Osten aufhören:
auch die deutliche Terrainkante bricht dort plötzlich ab.
Einen sehr guten Aufschluß haben wir erst wieder in der
Kocherhalde bei Kochendorf, wo die Sprunghöhe deuthch 5 m
beträgt und die Schichten der Lettenkohle und des Setnipartittis-
Kalks trefflich aufgeschlossen sind. Im unteren Teil der Halde haben
wir folgendes Profil:
Osten: Westen:
Lettenkohle.
2,05 m glaukonitische Kalke, Ge-
kröse- und Splitterkalk.
1,75 m Bairdienletten.
1,18 „ dickbankige Splitterkalke.
0,16 „ dunkle Tone.
Tone und Dolomite der Letten-
kohle.
Glaukonitbank.
Gekr(3sekalke.
Splitterkalke.
X m Kalke.
Jenseits des Kochers und des Kanals sehe ich die Fortsetzung
ein klein wenig östlich von dem größeren Steinbruch durch eine
Stelle mit Wasseraustritt (Graben) bezeichnet. Landschaftlich tritt
sodann die Linie deutlich gegen Duttenberg hin hervor, von wo sie
sich (Grenze zwischen Lettenkohle und Diluvium) gegen den Gundels-
heimer Einbruch^ und den Grabenbruch des Michelbergs hinzieht.
Auf der ganzen Linie ist die östliche Scholle an der westlichen
in die Tiefe gesunken; die Sprunghöhe ist verschieden; sie beträgt
bei Gundelsheim ca. 40 m, im „Rücken" (Sattel) in der Kocher-
halde (Merzenbach) 5 m, beim Scheuerberg 15 — 20 m, im Weins-
berger Paß (Wartberg) ca. 15 m, beim Staufenberg ca. 15 m, an
der Solitude bei Talheim 10 m.
Bemerkenswert ist, daß die Bohrungen in der Nähe der Bruch-
linie am Kocher oberhalb Kochendorf — Jagstfeid kein Salz ergeben haben.
Die zweite Linie , schon durch die Untersuchungen von Platz
bei Heinsheim bekannt, ist von Koken und Stüt;^er weiter ver-
1 Vergl. Stutzer, a. a. 0. S. 28—30.
— 225 —
folgt worden. Ich vermute, daß die Linie gegen Norden mit un-
bedeutender Sprunghöhe noch weiter fortsetzt und westlich vom
Hühnerberg bei Haßmersheim durchsetzt (Quelle!). In ihrem Ver-
lauf von Heinsheim gegen Süden geht sie vermutlich nicht direkt
nach Wimpfen am Berg, wie dies Koken einzeichnet, sondern biegt
allmählich ein wenig stärker gegen Osten, in der Richtung gegen
Wimpfen im Tal zu , ab. Man trifft nämlich beim untersten Bohr-
haus am Kanal steil einfallende Schichten, und außerdem dürfte der
Muschelkalk in der Grube bei diesem Bohrhaus (leider fehlen gute
Aufschlüsse und Leitfossilien) tieferen Schichten angehören als der,
welcher östlich davon im Kanal ansteht. Die Sprunghöhe nimmt
gegen Süden zu: Gäßnerklinge 11 m. Lehnsteige 15 m, Wimpfen
16 m (Glaukonitbank: am Bahnhof Wimpfen 174 m, in der Offenauer
Kiesgrube 147 + 11 = 158 m).
Bei Wimpfen scheint sich die Linie zu teilen; Glaukonitbank
am Bahnhof 174 m, Steinbruch im Moschbachtal, südlich der Bahn-
linie 174 m, Steinbruch westlich von der Saline, unter der Bahn-
linie (im Hangenden die untere Terebratelbank) ca. 174 m; Bahn-
wärterhaus 33 oberhalb Wimpfen im Tal, östlich von der Saline,
161 m; Steinbruch gegenüber der Kochermündung 152 m. Danach
scheint ein Ast zwischen Altenberg und Mittelberg durchzugehen;
den anderen ziehe ich zu dem Brunnen nördlich vom Mittelberg
(Einfallen der Lettenkohle). Der weitere Verlauf einer Linie ent-
spricht wohl der von Koken (Ergebnis der Differenzen in den Bohr-
löchern und Lagerung der Schotter) eingezeichneten Linie. Ob die
Quellen und Kalktuffe (auf Koken's Karte nicht eingetragen) nörd-
lich von Untereisisheim auf Störungen zurückzuführen sind, welche
mit dieser Linie zusammenhängen, wird sich kaum entscheiden lassen.
Zwischen den beiden im Vorstehenden beschriebenen Treppen-
abbrüchen liegt der Offenauer Einbruch, gegen den sich von allen
Seiten die Schichten hinunterbiegen. Der Muschelkalk liegt in
Offenau auffallend tief: die Glaukonitbank liegt nach dem Bohr-
register wie nach Koken's Berechnung im Salinenhof Clemenshall
bei 133 m. Der Einbruch ist vermutlich erfolgt entlang einer west-
östlich verlaufenden Bruchlinie; Auslaugungen des Salzes in der
Tiefe haben dann wohl noch ein tieferes Einsinken und lokale Ver-
werfungen, wie Stützer eine auf seiner Kartenskizze 5 einzeichnet,
veranlaßt. Ich ziehe die Linie vom Huckenbachtal gegen Duttenberg.
Schon Stutzer^ erwähnt die Störungen im Huckenbachtal links
1 a. a. 0. S. 34.
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1005. 15
— 226 —
vom Neckar: die nördliche Scholle ist an der südlichen um ca. 10 m
abgesunken. Rechts vom Neckar befindet sich die südhche Scholle
im Liegenden : noch bei der Station Heinsheim Ci/cloides-F\atten in
ca. 180 m Höhe, in Offenau die Glaukonitbank in 133 m. Die Linie
läßt sich sowohl landschaftlich (Tälchen entlang der Straße, etwas
nördlich von derselben) als auch nach dem Gestein auf den Feldern
ziemlich gut bis gegen Duttenberg verfolgen, wo sie gleich südlich
am Ort durchstreicht und das Jagsttal schneidet ; Sprunghöhe bei
Duttenberg ca. 15 m: Glaukonitbank bei der St. Annenkapelle (im
SW. von Duttenberg) in 170 m, in Duttenberg 185 m.
Auch diese Verwerfung darf man wohl mit andern Störungen
im Osten in Verbindung bringen, wie dies bereits Stutzer^, der bei
Duttenberg die Verwerfung in anderer Richtung einträgt, getan hat;
die „Störungen im Jagsttal" setzt er in Beziehung zu denen bei
Buchhof, Stein und Kochertürn und weiterhin zu denen bei Jagst-
hausen — Sindringen (Pfitzhöfej. Gegen Westen läßt sie sich vielleicht
bis zu den auf Blatt Sinsheim (S. 50) verzeichneten Lagerungs-
störungen bei Adersbach und Ehrstädt verfolgen.
a. a. 0. S. 45.
Ueber die Auswürflinge von kristallinen Schiefern
und Tiefengesteinen in den Vulkanembryonen der
Sehwäbisehen Alb.
Von Hugo Schwarz aus Tuttlingen.
Mit Tafel III und 6 Textfiguren.
A. Allgemeines.
Vorbemerkungen. Durch die Untersuchungen von Branco ^
wurde das Interesse vieler Geologen von neuem auf die vulkanischen
Erscheinungen der Schwäbischen Alb gelenkt. Es mag als eine Er-
gänzung zu jenen Untersuchungen aufgefaßt werden, wenn ich es ver-
suche, die mit den tertiären Eruptivmassen der Alb geförderten Teile
des alten Grundgebirges , die bislang noch unvollkommen bekannt
sind, nach neueren Methoden der petrographischen Forschung mög-
lichst eingehend auf ihre geologische Abstammung und petrographische
Zugehörigkeit zu untersuchen.
Die Anregung zu dieser Arbeit verdanke ich Herrn Professor
Dr. Sauer.
Herr Professor Dr. E. Fraas stellte mir in freundlicher Weise
die von Deffner, 0. Fraas und ihm gesammelten kristallinen Ge-
steinstücke der Alb samt ca. 60 Dünnschliffen dieser Gesteine aus
dem K. Naturalienkabinett in Stuttgart zur Verfügung, wofür ich
Herrn Professor Dr. E. Fraas großen Dank schulde.
Vorliegende Untersuchungen wurden im geologischen Institute
der Technischen Hochschule zu Stuttgart ausgeführt, woselbst auch
die Mikrophotographien aufgenommen wurden.
Es ist mir eine angenehme Pflicht, an dieser Stelle meinem
hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. A. Sauer, meinen herz-
lichsten Dank auszusprechen für das mir erwiesene Wohlwollen und
die hebenswürdige Unterstützung bei der Ausführung meiner Arbeit.
Branco, Schwabens 125 Vulkanembryonen.
15*
— 228 —
Zugleich sei es mir gestattet, Herrn Professor Dr. E. Kokex zu
danken für die Erlaubnis, die BRANCo'sche Sammlung im geologischen
Institut zu Tübingen zur Untersuchung mit benützen zu dürfen.
Für einige Mitteilungen und die Überlassung etlicher Dünn-
schliffe fühle ich mich Herrn Professor Dr. Endriss zu Dank verpflichtet.
Zwecks näherer Erforschung unseres Vulkangebietes mit Bezug
auf diese Frage führte ich wiederholt größere Exkursionen aus, wobei
ich reichliches Material sammeln konnte, so daß mir zuletzt eine
Sammlung von weit über 400 Handstücken zur Verfügung stand.
Um Anhaltspunkte zu gewinnen für vorliegende Untersuchung, habe
ich mich bestrebt, auf verschiedenen geologischen Exkursionen, die
ich unter der Leitung von Herrn Professor Dr. Sauee im Laufe dreier
Sommersemester auszuführen die Gelegenheit hatte, sowohl das west-
liche , an die Alb anstoßende Grundgebirge , den Schwarzwald , als
auch die östlich angrenzende Masse des bayrisch-böhmischen Waldes
kennen zu lernen, wo Analogien mit unseren aus der Tiefe der Alb
herauf beförderten Gesteinen zu erwarten waren. Das letztere Gebiet
namentlich, das bayrisch-böhmische Grenzgebirge, studierte ich in
Begleitung von Herrn Professor Dr. Sauer auf einer dreiwöchentlichen
Exkursion,
Historischer Überblick.
Die älteste Kunde von dem Granitvorkommen auf der Alb er-
halten wir durch Weckherlin's Schrift ^ aus dem Jahre 1790, worin
über den zu jener Zeit der Universität Tübingen zugehörenden St. Flo-
riansberg und die Berge an Eningen berichtet wird (S. 23/24 a. a. 0.) :
„Bei meinem Besuche dieser Berge fielen mir am Fuße derselben, und je
mehr ich die Erde wegscharrte, abgerundete Granitstücke von ungleicher Größe
in die Augen. Die größeren von 1 — 1'/2 Fuß im Durchmesser haben noch die
ganze Härte des Granits, die kleineren zerbröckeln leicht, wovon das Übermaß
an Glimmer, das sich in ihrer Mischung befindet, der Grund sein mag. Der
Stein selbst hat ein ziemlich feines Korn und besteht dem äußeren Ansehen nach
aus weißem undurchsichtigem Feldspat, schwarzgrauera Quarz, gelbglänzenden
und schwarzen Glimmerblättchen."
Im gleichen Jahre (1790) kommt Professor Rösler^ ebenfalls
auf das „sich äußernde Grundgebirge" zu sprechen und fügt bei,
daß Weckherlin nun auch abgerundete Granitblöcke am Rangenbergle
bei Eningen gefunden habe, mit der Anmerkung (S. 272 a. a. 0.) :
^Weckherlin, „Achalm und Mezingen unter Urach."
^ „Beiträge zur Naturgeschichte des Herzogtums Wirtcmberg'" von Pro-
fessor Rösler, II. Heft.
— 229 -
„Seit dem Abdruck des bisherigen sind durch Weckherlin am Florians-
berg bei Metzingen wenigstens 6—8 der merkwürdigsten Varietäten von Granit,
sogar mit Speckstein- und Serpentinpartien und insteckenden Eisengranaten usw.
entdeckt worden. Es sind lauter Geschiebe, die wahrscheinlich vom Mutterfelsen
bei einer alten Bergarbeit hier ausgefördert und wieder eingestürzt wurden."
In den Württembergißchen Jahrbüchern von 1824 ^ verbreitet
sich Professor Schübler eingehend über die Albhöhlen und ihre Bil-
dung, im Zusammenhange mit dem Basaltvorkommen. Er führt
einzelne Fundorte für Basalt auf, so z. B. Eisenrüttel (Basalt mit
basaltischer Hornblende und Hyalit), Bürzlenberg bei Eningen (Basalt
mit reichlichem Augit und basaltischer Hornblende) , jedoch über
Funde von Granit und Gneis teilt er nichts mit.
Interessant ist die Bemerkung von Professor Memminger (1824 ^,
S. 124 a. a. 0.), daß der St. Georgenberg, „Jörgenberg", „frei und
kegelförmig wie ein Vulkan" „zwischen Pfullingen und Reutlingen"
stehe.
Wichtiger sind die Aufzeichnungen von Memminger über das
Oberamt Urach ^ (S. 40/41 a. a. 0.}:
,Die Gerolle von Urgebirgsarten , welche sich in einigen Gegenden des
Oberamts finden, verdienen hier noch einer näheren Erwähnung; sie wurden bis
jetzt auf dem Rangenberg bei Eningen und auf dem Weinberg (Metzinger) und
Floriansberg bei Metzingen gefunden. In den beiden letzteren Gegenden, ins-
besondere auf dem St. Floriansberg, bestehen sie vorzüglich aus Granit, Gneis
und Glimmerschiefer. Der Gneis enthält hier und da unedle Granaten eingesprengt ;
sie sind gewöhnlich stark abgerollt, ihre Oberfläche hat meist durch Verwitterung
stark gelitten , sie liegen zuweilen dicht im Trapptuff dieser Berge , woraus es
sehr wahrscheinlich wird , daß sie mit diesem aus der Tiefe gehoben wurden ;
weniger läßt sich dieses von den Gerollen des Rangenbergs nachweisen , auf
welchem bis jetzt kein Basalttuff gefunden wurde ; die GeröUe bestehen hier außer
Granit und Gneis aus rotem Sandstein, welcher mit dem des Schwarzwaldes die
größte Ähnlichkeit hat, aus Muschelkalk, Dolomit, Liaskalk, .Jurakalk, Juradolomit,
Keupersandstein, lauter Gebirgsarten, welche durch Wasserfluten aus benachbarten
Gegenden hierher versetzt worden sein können."
Eingehender beschäftigt sich Graf von Mandelslohe ^ mit der
Frage der Herkunft dieser Gesteine. In seinem Vortrag auf dem
deutschen Naturforschertag zu Stuttgart 1834 gibt er Funde an von
Gerollen von Granit, Gneis, Glimmerschiefer, Porphyr, Phyllit und
Rotliegendem vom Grafenberg, Florian, Jusi, Rangenbergle und auch
* Memminger, Württemb. Jahrbücher für vaterl. Geschichte, 1824.
^ Memminger, Beschreibung des Oberamts Reutlingen, 1824.
^ Memminger, Beschreibung des Oberamts Urach, 1831.
* Memoire sur la Constitution geologique de l'Albe du Wurtemberg par
M. le Comte de M a n d e 1 s 1 o h e.
— 230 —
von der Limburg bei Weilheim. Weil man diese Gerolle meistens
im Basalttuff eingeschlossen gefunden hat , so nahm man an , daß
sie durch die vulkanischen Massen von unten herauf befördert wurden.
Allein Mandelslohe leuchtet diese Deutung nicht ein, denn er hält
diese Findlinge für echte abgerundete Gerolle von der Größe unserer
Flußschotter; ferner sagt er, wenn diese Gesteine Bruchstücke des
älteren Gebirges wären, dem der Jura aufgelagert ist, so müßten sie
doch Kanten und alle Größenformen besitzen ; außerdem müßten
sich auch Muschelkalk- und Keuperbruchstücke finden lassen unter
den Gerollen, was er aber noch nicht beobachtet hatte. Nein, sagt
er, man findet nur eckige Bruchstücke von Jurakalk. Er sucht
deshalb nach Gegenden, aus denen diese Gerolle stammen könnten
(S. 38 a. a. 0.):
jSi Ton admet que ces cailloux proviennent du grand depöt de gravier
de la Haute-Souabe, situe ä Pextremite SO. de TAlbe, ou bien des plaines de la
Baviere, cette hypothese tres-vraisembable n'explique pourtant pas comment ils
ont pu arriver d'une si grande distance sur la partie NO. de l'Albe, dont l'ele-
vation est de 1000 pieds environs au-dessus de ces contrees ; et l'on ne voit pas
non plus pourquoi ces cailloux ne se montrent qu'en des points isoles, sans avoir
laisse ailleurs de trace de leur passage. II est bien moins probable encore qu'ils
viennent du NO., car on ne connait aucun depot semblable de ce cöte, excepte
celui de la vallee du Ehin et de ces embrancbements. Le sol de la contree etait
peut-etre recouvert de graviers avant le soulevement de l'Albe.
II serait important, non seulement de comparer ces galets ä ceux des de-
pöts diluviens de la Baviere et de la Haute-Souabe, mais surtout de comparer
les roches qui les constituent aux roches de la Foret-Noire et des diverses regions
des Alpes.''
Die aus dem Jahre 1842 stammende Oberamtsbeschreibung
von Kirchheim ^ bringt uns wohl neue Fundorte für Basalttuflf,
aber nichts für Granit und Gneis. Dagegen bietet uns die geologische
Beschreibung von Nürtingen durch Professor Dr. Kurr ^ einiges Inter-
essante. KuRR beschreibt das Vorkommen von Tuff am Jusi ein-
gehend (S. 30/31 a. a. 0.) und fügt bei, daß „Körner von olivinreichem
Basalt, halbverglaste Granit-, Gneis-, Hornblendeschiefer-. Sandstein-
und Porphyrbrocken neben körnigem Kalkstein, Liasmergel u. dergl.
liegen."
Endlich interessiert es uns, nun auch noch zu erfahren, welche
Ansichten der Altmeister der schwäbischen Geologie, Professor Qüen-
STEDT, über diese Gesteine und ihren Ursprung hatte ; allein wir ver-
' Beschreibung des Oberamts Kirchbeim von ]\[oser, 1842.
^ Beschreibung des Oberarats Nürtingen. 1848.
— 231 —
missen eine bestimmte Äußerung hierüber. Im Jahre 1861 spricht
er sich folgendermaßen ^ aus (S. 180 a. a. 0.) :
„Anderseits liegen wieder vielerlei dem Tuff fremdartige Gesteine darin,
die man gern als von innen durch Bergglut hervorgehoben ansehen möchte :
Brauner Jura und Lias, durch Muscheln bestimmbar, Gesteine des Keupers,
Muschelkalk, Buntsandstein, 'Totliegendes und sogar mehrerlei kristallinische Ur-
gebirge wickelt die Breccie ein."
Und im Jahre 1864 schreibt er noch' (S. 88 a. a. 0.):
„Als ganz unerwartete Fremdlinge erscheinen jedoch Stücke von Granit
und Gneis Einige wollen sie für losgerissene Stücke aus dem Erdinnern
halten, doch scheint dem die geschiebeartige Natur zu widersprechen."
Über weitere Funde von kristalhnen Gesteinen auf der Alb
berichten die geognostischen Begleit worte von Urach und Blaubeuren.
Im ersteren teilt Quenstedt folgendes mit^ (S. 12 a. a. 0.):
„Auf der Hiihe [des Eisenrüttel) fanden wir eine Gneisscholle mit weißem
Feldspat und schwarzem Glimmer, worin kleine Rostflecke deutlich roten Granat
verraten. Genau dasselbe prächtige Gestein lag auf den Feldern südöstlich vom
Übersberge westlich Würtingen. Ob es verschleppte Stücke sind?"
In den Becken von Groß- und Klein-Engstingen fanden sich
neben Tuffbrocken auch zersetzte Granite (S. 14 a. a. 0.) und gra-
nitischer Quarz. Weiter führt Quenstedt in den Begleitworten zu
Blaubeuren* außer den Tuffstücken von Laichingen noch an (S. 18
a. a. 0.):
„Nachdem ich einige Quarzkörner entdeckt hatte, kamen noch eingewickelte
Granitstücke zum Vorschein mit weißem Feldspat, aber schon so verwittert, daß
der Blätterbruch kaum noch glänzt."
Und von Feldstetten (S. 19 a. a. 0.):
„Jedenfalls verraten kleine Granit-, Gneis- und Glimmerschieferstücke, die
beim Häuserbau und Brunnenschutt zum Vorschein kamen, absonderliche Ge-
steine in der Tiefe."
Nach Quenstedt war es Deffner, der mit der bekannten Gründ-
lichkeit gerade auch für diese Frage wertvolle Beiträge lieferte, wie
wir später sehen werden, und seine Ansichten in zwei Schriften
niederlegte ^, •", auf die wir weiter einzugehen haben.
In den Begleitworten zu Kirchheim "" erwähnt Deffner vom Jusi
„stark gefritteten Granit und Gneis, Buntsandstein und Rotliegendes".
Den in der Oberamtsbeschreibung von Nürtingen aufgeführten
^ Quenstedt, Epochen der Natur, 1861.
2 Quenstedt, Ausflüge in Schwaben, 1864.
^ Begleitworte zum Atlasblatt Urach, 1869.
* Begleitworte zum Atlasblatt Blaubeuren, 1872.
* Begleitworte zum Atlasblatt Kirchheim. 1872.
ß Diese Jahreshefte Jahrg. 1873.
— 232 —
Hornblendeschiefer und Porphyr (vergl. S. 230 oben) konnte Deffner
nirgends finden, er hält deren Bestimmung auf einer Verwechslung
beruhend mit den Metamorphosen anderer Gesteine (S. 22 a. a. 0.).
Vom Florian (S. 26 a. a. 0.) stammt außer faustgroßen Graniten
„der größte bis jetzt vorgekommene Klotz, ein sehr pinitreicher Granit
im Gewicht von 7 Zentnern". Es ist wohl derselbe Block, auf den
E. Fraas^ (S. 11 a. a. 0.) mit den Worten hinweist: „Zu diesen (Aus-
würflingen aus den Vulkanen der Alb) gehört auch der mächtige,
3V2 Ztr. schwere Block Florianit vom Florian bei Metzingen, der in der
Saalecke am Eingang in den Nebensaal steht." Es mag hier gleich
bemerkt werden, daß die alten württembergischen Geologen, nicht in
der Lage , die gefundenen Fremdlinge von kristallinen Gesteinen in
das petrographische System einzureihen, gewisse Granite und Gneise
mit dem Namen „Florianit" belegt haben nach ihrem Vorkommen,
im Basalttuff" des Florianberges bei Metzingen.
Auch von der Limburg bei Weilheim, dem Engelberg und Alten-
berg bei Beuren werden Granite erwähnt (S. 27 a. a. 0.). Vom
Grafenberg schreibt Deffner (S. 28 a. a. 0.):
„Nimmt man hinzu, daß auch die hier vorkommenden Granite sich durch
ihre Gesteinsbeschafifenheit auszeichnen, indem sie teils dem echten weißen Granit,
teils den hellen Pegmatiten, andernteils aber solchen Arten angehören, welche
statt des Glimmers neben Graphit reiche Ausscheidungen von Pinit oder dessen
Verwandte, z. B. den seltenen Pyrargillit, enthalten, so gehört der Grafenberg
gewiß zu den merkwürdigsten vulkanischen Punkten Württembergs."
Unter den Funden des Metzinger Weinbergs fiel Deffner be-
sonders die große Zahl von metamorph umgewandelten Gesteinen
auf; dasselbe gilt für den Hof buhl bei Metzingen. Vom Geigersbühl
wird berichtet (S. 29 a. a. 0.), daß am nordöstlichen Abhänge weiße
Granite und grüne Pinitgneise in kleinen Stücken zutage kamen;
ähnlich heißt es vom Bolle bei Reudern und vom Höslinsbühl bei
Nürtingen. In den Herbstwiesen am nordwestlichen Fuße des Beu-
rener Felsens (Alte Reuter) beobachtete Deffner (S. 32 a. a. 0.)
„merkwürdige Umwandlungen der eingeschlossenen Granite durch
hohe Temperatur".
Zuletzt hebt Deffner unter den Nachträgen den Fund eines
Stücks Diorit vom Aichelberg bei Boll hervor und vom Rangenberge
bei Eningen einen hornblendehaltigen Granit.
Die Anschauung Deffner's über den Abstammungsort der kri-
' Führer durch das K. Naturalienkabinett zu Stuttgart. 1. Die geogno-
stische Sammlung Württembergs von E. Fr aas. PJÜ3.
— 233 —
stallinen Gesteine wollen wir mit seinen eigenen Worten wieder-
geben ' (S. 128 a. a. 0.) :
„Man kann als Heimat eines gemeinsamen Ursprungsgebiets nur an den
Schwarzwald oder die Alpen denken. Was die Gesteine des ersteren anbelangt,
so besteht mit ihnen höchstens in einem einzigen, dem grauen Gneis, eine Ver-
wandtschaft ; alle übrigen fehlen dort durchaus. Und bezüglich der Abstammung
aus den Alpen hat Herr B. Studeu in Bern , dem eine möglichst vollständige
Sammlung dieser Gesteine vorlag, ausgesprochen, daß er und seine Freunde kein
einziges der Stücke für unbedingt alpin anerkennen möchten , daß aber viele
darunter entschieden nicht alpinen Ursprungs seien, Avie auch der allgemeine
Typus der Musterstücke hiergegen spreche. Wir erhalten demnach auch von der
Seite der mineralogischen Konstitution dieser Granitgerölle die Bestätigung ihrer
autochthonen Bildung, welche wiederum nicht anders gedacht werden kann, als
daß die Stücke dem Grunde des Kraterkanals entstammen und durch die vul-
kanische Eruption an ihre heutige Lagerstätte gebracht wurden."
Wenn im bisherigen die Fundberichte zum Teil ziemlich ein-
gehende Berücksichtigung fanden, so geschah dies einmal deshalb,
um eine möglichst vollständige Aufzählung aller Fundorte zu geben,
auch jener, die zurzeit kein Material mehr liefern, und um zugleich
daran die Ansichten früherer Forscher über die Herkunft dieser Find-
linge darlegen zu können. Auch in dem BKANCo'schen Werke finden
sich verstreute Notizen über diesbezügliche Funde.
Die folgende Tabelle (S. 234) stellt die Fundorte zusammen,
an denen kristalline Gesteine bisher gesammelt wurden, und zwar
in der Reihenfolge , in der Branco die Tuffröhren in seiner Karte ^
eingezeichnet hat.
Unter all diesen Fundstellen zeichnen sich einige durch ganz
besonders großen Reichtum an kristallinen Auswürflingen aus, und
zwar der Reichhaltigkeit nach geordnet:
1. Florian 1
2. Jusi > bei Metzingen,
3. Grafenberg j
4. Rangenberg bei Eningen,
5. Hofbühl bei Metzingen,
6. Sonnenhalde bei Weilheim,
7. Metzinger Weinberg,
8. Höslinsbühl bei Nürtingen.
Der Buckleter Teich bei Urach nimmt eine besondere Stellung
ein, wie wir später sehen werden.
1 Diese Jahreshefte Jahrg. 29, 1873.
'^ Branco, Schwabens 125 Vulkanembryonen.
— 234
Zusammenstellung sämtlicher (34) Fundorte der untersuchten Auswürflinge.
No.
Fundort.
Gesteinsart.
Finder, bezw. Literaturangabe.
Laichingen.
Böttingen.
Feldstetten.
5y^.^' 1 Engstingen.
Klein- / & ö
Eisenrüttel.
Bolle bei Owen.
Alte Eeuter
= Herbstwiesen.
.Tusi.
Zittelstadttal.
Bürzlenberg.
Sonnenhalde.
Aichelberg.
Limburg.
Kräuterbühl.
Altenberg.
Engelberg.
Burrisbuckel.
Häldele —Kohlberg.
Florian.
Metzinger Weinberg.
Hofbühl.
Grafenberg.
Geigersbühl.
Authmuthbülle.
Kräuterbuckel.
Höslinsbülil.
Schafbuckel.
Rangenbergle.
Buckleter Teich.
129 I Schuttkegel b.Beuren
103
108
bis 111
113
Granit,
Glimmerschiefer.
Granit, Gneis, Glim-
merschiefer.
Granit.
Gneis.
Glimmerperidotit.
Granit.
Granit, Gneis.
Gneis.
Granit, Augithorn-
blendegestein.
Diorit.
Diorit.
Granit, Augithorn-
blendegestein mit
Magneteisen,
Granit.
Granit, Gneis.
Granit, Kersantit,
Diorit,
Gneis,
Granit.
Granit, Aplit, Gneis,
Granit, Kersanit,
Diorit, Gneis,
Granit, Gneis,
Granit, Aplit, Kersan-
tit, Serpentin, Gneis,
Granit, Gneis.
Granit.
Granit.
Granit. Gneis.
Granit.
Granit, Kersantit,
Gabbro, Hornblendit,
Gneis.
Eingeschmolzene kri-
stalline Gesteine.
Granit,
QüENSTEDT : Begleitworte ZU Blau-
beuren, S, 18,
Branco: Schwabens 125 Vulkan-
embryonen, S, 191,
QuENSTEUT : Begleitworte zu Blau-
beuren, S. 19,
Schübler: Branco S. 214.
QuENSTEDT : Bcgleitwortc zu Ur-
ach, S, 12.
Sammlung Naturalienkabinett.
Branco S. 277. — Verfasser.
. « 299.
Sammlung Tübingen,
Bkanco S. 332. — „
Verfasser.
Deffner: Begloitworte zu Kirch-
heim, S. 69.
Mandelslohe S. 37. — Verfasser.
Branco S. 382.
Deffner : Begleitworte zu Kirch-
heim, S. 27. — Verfasser.
Deffner : Begleitworte zu Kirch-
heim, S, 27. — Verfasser.
Branco S. 389.
„ 396.
„ „ 405/406, — Verfasser.
„ „ 412. — Verfasser.
« . 414,
, 420, 424, 425, — Ver-
Deffner : Begleitworte zu Kirch-
heim, S. 29. — Verfasser.
Branco S. 433.
„ 435.
r 439. —
. 442.
. , 443. -
Verfasser.
Branco S. 466.
- 235 -
B. Verbreitung und äussere Merkmale der kristallinen
Auswürflinge.
Fassen wir die Gesamtheit von allen bekannten Auswürflingen
älterer kristalliner Gesteine der Alb ins Auge, so fällt zunächst der
große Reichtum an Gneis auf, dem gegenüber Gesteine vom Habitus
der Tiefengesteine an Zahl etwas zurücktreten. Man versteht diese
Erscheinung, wenn man bedenkt, daß am Hauptfundort der Aus-
v^^ürflinge, am Florian, sich vorherrschend Gneis sammeln läßt. Vor-
wiegend nur an den Hauptfundstellen, am Florian, Jusi, Grafenberg
und Metzinger Weinberg finden sich Gneis und Granit am gleichen
Ausbruchspunkt beisammen (vergl. Tab. S. 234). Hierbei spielt- am
Grafenberg Granit die vorherrschende Rolle. An der Sonnenhalde
bei Neidlingen und am Aichelberg bei Boll fand sich weder Gneis
noch Granit, sondern nur Diorit und besonders am ersteren Punkt
sehr reichlich. Der Rangenberg bei Eningen wiederum fällt auf
durch die Führung von Pyroxengesteinen , neben denen allerdings
auch noch Granite und Graphitgneis vertreten sind.
1. Verbreitung der Fundstellen.
Was zunächst die Verbreitung der Fundstätten anbelangt, so
geht aus der Tabelle ganz deuthch hervor, daß in erster Linie die Vor-
berge der Albhochfläche die kristallinen Auswürflinge geliefert haben
(vergl. S. 234). Was wir an Findlingen von der Albhochebene
besitzen , das ist sehr wenig und zwar sind es lauter Funde , die
mehr zufällig gemacht wurden, z. B. bei Häuserbauten oder beim
Brunnengraben. Die Albvorberge selbst unterscheiden sich nun
wieder bezüghch der Reichhaltigkeit an solchen Gesteinen ; schon
Deffner fiel dies auf. Er stellte folgendes fest^: (S. 123 a. a. 0.) „Die
Hauptgranitführung findet in einer Linie statt, welche den Höslinsbühl
bei Nürtingen mit dem Rangenbergle bei Eningen verbindet und die
Mitte dieser Linie zeigt in den Eruptionspunkten der Metzinger Gegend,
dem Florian, Grafenberg, Metzinger Weinberg und Hof bühl zugleich
die Kulmination dieses geologischen Phänomens." Deffner spricht
dann ferner aus , daß diese Linie die Verwerfung bei Deizisau ver-
ursacht und in ihrem ferneren Verlauf die große Verwerfungsspalte
des südlichen Schurwaldes abschneidet und begrenzt. Er ist also
geneigt, diese Erscheinung mit einer Verwerfung oder einer Spalte
hier in Zusammenhang zu bringen. Dagegen ist zu konstatieren,
Diese Jahreshefte 1873.
- 236 —
(laß sich bis jetzt eine Verwerfung, die über diese Punkte geht,
nicht hat finden lassen, wenigstens i?! in der 2. Auflage der Karte
von Kircheim von 1898 eine solche Verwerfung nicht eingetragen.
Auch Branco wendet sich gegen Deffner's Auffassung und weist
darauf hin ^ (S. 509 a. a. 0.), daß wir zwischen Finden, Sammeln und
Vorkommen genau unterscheiden müssen und daß wir in ersterem sehr
abgängig sind von den jeweiligen künstlichen und natürlichen Auf-
schlüssen. Ferner dürfen wir auch nicht annehmen, daß in den tief
in die Erdrinde hinabreichenden Tuffröhren überall sich dieselbe
Durchschnittszusammensetzung findet.
Daß in dem Gebiet der Voralb sich die meisten Fundstellen
dieser Auswürflinge befinden, liegt darin begründet, daß eben hier
die Tuffröhren am weitesten entblößt sind. Infolge der verschiedenen
Widerstandskraft gegen die Verwitterung ist es nicht verwunderhch,
wenn an solchen Punkten, die gute Aufschlüsse darbieten, sich all-
mählich die harten kristallinischen Gesteine relativ anreichern , so
z. B. am Florian und Grafenberg, wo ferner noch hinzukommt, daß
an diesen Punkten durch die Umarbeitung des Bodens am Gehänge
für die Weinberge immer neue Stellen entblößt und die harten Ge-
steine herausgeworfen werden in den Weg und an die Raine, wo
diese Findlinge sich dann massenhaft sammeln lassen.
Wieviel künstliche und natürliche Aufschlüsse uns nützen können^
das zeigt der Jusi am besten. Man sucht auf seiner Südost- und
Nordseite vergeblich nach Granit- und Gneisblöcken , denn hier ist
der Tuff durch Graswasen gut bedeckt. Anders auf der Westseite!
So oft man nach stärkeren Regenzeiten in dem auf die Straße
Metzingen — Kohlberg herausgehenden sog. Raupental in den Tuff-
rinnen aufsteigt, so wird man nicht lange vergeblich suchen müssen,
um Granit, Gneis, meist stark verwittert, aber in faust-, selten
auch bis kopfgroßen Stücken, ferner Buntsandstein und namentlich
viel Keupersandsteine zu finden.
Wenn daher an den Ausbruchspunkten auf der Hochebene der
Alb noch sehr wenig kristalline Gesteine gefunden wurden, so ist
daran das Fehlen guter Aufschlüsse schuld, denn daß sich in jeder
Tuffröhre solche Gesteine finden müssen, ergibt sich aus der Bildung
dieser Durchschlagskanäle.
Und tatsächHch stieß man auch auf dem Albplateau, sobald
man etwas in die Tiefe grub, auf einzelne Granite und Gneise, so
Branco, Schwabens 125 Vulkanembryonen.
— 237 —
z.B. in Laichingen, ßöttingen, Feldstetten, Groß- und Klein-Engstingen.
Eines hat man beim Sammeln ferner noch zu bedenken, nämhch
daß diese AuswürfUnge sich nicht in allen Tuffschichten gleich zer-
streut finden werden. Insbesondere werden wir in den obersten
Schichten der Tuffröhren wohl vergebens nach diesen kristallinen Ge-
steinen suchen, da im wesentlichen dieser Teil der Röhre nach der
Eruptionstätigkeit durch Gesteine von oben her ausgefüllt wurde,
namentlich durch die die Wände des Kanals bildenden Juragesteine.
Auffallend ist, daß bis jetzt von Scharnhausen, wo ein gut
zugänglicher nahe der Straßenkreuzung am Gestütshof liegender Auf-
schluß im Tuff vorhanden ist, gar nichts an kristallinen Auswürf-
lingen gefunden wurde. Branco weist ausdrücklich auf dieses Fehlen
hin (S. 455 a. a. 0.). Ebensowenig wie Branco gelang es Herrn
Professor Sauer und mir, altkristalline Gesteine dort im Tuff' nach-
zuweisen \ was wohl darauf hinweisen dürfte, daß hier das Grund-
gebirge viel tiefer liegt, als direkt unter der Alb.
2. Art de.s Vorkommens kristalliner Auswürflinge.
Die Auswürflinge finden sich in der Regel zerstreut, von Nuß-
größe bis zu Kopfgröße , jedoch herrscht das Vorkommen in faust-
großen Stücken vor. Der größte, 7 Zentner schwere Block stammt
vom Florian.
Bezüghch der Form der Auswurf finge fand ich, daß die Gneise
meist abgerundet sind; ganz besonders abgerundete Formen, häufig
mit schaliger Struktur, fallen am Florian auf. Die Granite dagegen
sind vorwiegend unregelmäßig eckig, was zum Teil vielleicht daraus
erklärt werden mag, daß die Granite beim Liegen an der Oberfläche
nachträgfich diese äußere Begrenzung erhalten haben (vergl. S. 238/9).
Unter den gerundeten Graniten und Gneisen erregen einige be-
sondere Aufmerksamkeit durch eine glasige fettglänzende Be-
schaffenheit der Oberfläche. Durch Salzsäure erfolgt kein Auf-
brausen; auch greifen Salpetersäure und Schwefelsäure diese Rinde
nicht an. Dieselbe würde, da sie auch an Auswürflingen anderer
Vulkangebiete beobachtet wurde ^, auf eine Beeinflussung des mag-
matischen Schmelzflusses auf die fremden Einschlüsse zurückzuführen
sein , wobei es bemerkenswert ist , daß sich diese Einwirkung nur
auf eine äußerst dünne Schicht geltend gemacht hat und, wie be-
^ Ein von Dr. Finckh gesammeltes Stück Granit von dieser Lokalität
hefindet sich in dem Kgl. Nat.-Kabinett. D. R.
^ Zirkel, Lehrbuch der Petrographie. III. Band.
— 238 —
merkt, sich nur bei einem Teil der Einschlüsse findet. Außer den
abgerundeten Auswürflingen treffen wir namentlich Granite an von
unregelmäßiger Begrenzung, einige von ganz eigenartiger Gestalt,
die Deffner^ (S. 123/124 a. a. 0.) folgendermaßen charakterisiert:
„Am auffallendsten aber sind die kantigen glattgeschliffenen und glatt
gedrückten polyedrischen Formen. Man trifft derartige Formen,
welche beinahe die Regelmäßigkeit von Kristallen zeigen bis zu
solchen, bei welchen nur eine Seite eben geschliffen, die andere
noch kugelförmig abgerundet ist. Ja, es kommen Stücke mit ein-
wärts gerichteten Ecken oder anderen Vertiefungen vor, deren kon-
kave Flächen gleichfalls geglättet sind."
Hierzu mag bemerkt werden, daß diese gekanteten Bruchstücke
hauptsächlich aus sehr hartem Granit bestehen, wie wir ihn am
Grafenberg, Höslinsbühl und Rangenbergle gefunden haben. Dieser
Granit zeichnet sich durch seine kleine Korngröße, seine hellrötliche
Farbe und durch ganz geringen Gehalt an Gl.mmer aus. Erfahrungs-
gemäß liefern nun gerade solche Granite gern Bruchstücke von der
Form, wie sie Deffner aufgefallen sind.
Deffner gliedert diese polyedrisch gestalteten Stücke in solche
mit „glatter deutlich geschliffener Oberfläche" und solche mit „zwar
auch geebneter, aber rauherer, wie Kokes die Haut leicht ritzender
Außenseite".
Erstere Gruppe erklärt er auf rein mechanischem Wege ent-
standen durch die Reibungen beim Auf- und Absteigen der Gesteine im
Kraterkanal, während er für die zweite Gruppe folgende Entstehung
annimmt (S. 123/124 a. a. 0.): „Die äußere Form all dieser Stücke
.läßt nun deutlich erkennen, daß sie in einem durch hohe Temperatur
etwas verweichten Zustande einem starken seitlichen Druck aus-
gesetzt waren, der sie in die Formen ihrer Umhüllung preßte und
so jene kantigen ebenfiächigen Stücke mit Hohlecken und rauher
Oberfläche hervorbrachte."
Diesen Erklärungsversuchen Deffner's ist folgendes hinzuzufügen :
nach meinen Erfahrungen bieten gewisse Schwierigkeiten in der Er-
klärung nur die runden Gerolle, da die eckige Form dieser fremden
Bruchstücke eine bekannte charakteristische Erscheinung der Tuff-
massen ist, die fremdes Materal aus dem Untergrund beigemengt
enthalten.
Ich erachte es, was die Ursache der Abrundung betrifft, nicht
für unwahrscheinlich, daß dieselbe beim Transport der Massen von
' Diese Jahreshefte 1873.
— 239 —
unten nach oben durch gegenseitige Reibung an solchem Material
sich wesentlich vollzog, welches, wie die Gneise, nicht die Tendenz zu
eckigsplitteriger Absonderung zeigt. Daher finden wir die Abrundung
vorwiegend bei gneisartigen Gesteinen. Auch ist hierbei gleich zu be-
merken, daß diese Abrundung mehr nur eine Kantenbestoßung ist
und demgemäß Deffner zweifellos zu weit geht, wenn er glaubt, einen
„verweichten Zustand" dieser Gesteine annehmen zu müssen; denn
ein solcher müßte sich auch bei der mikroskopischen Untersuchung an
seinen Wirkungen noch erkennen lassen, was aber nicht der Fall ist.
3. Einschlüsse der älteren Sedimentgesteine.
Als Anhang zum Vorstehenden mögen noch einige Bemerkungen
über andersartige Auswürflinge folgen.
Aus der Reihe der paläozoischen Formationen finden sich nur
wenige Vertreter ; einige Stücke Rotliegendes , insbesondere vom
Jusi sind mir bekannt. Schon Deffner erwähnte solche. Ein Stück
enthält viel Feldspatkristalle. Große rundliche Hohlräume weisen
darauf hin , daß durch Hitze das Gestein stark aufgetrieben wurde
und einige Gemengteile geradezu eine Aufblähung erfuhren. Bei
manchen Stücken jedoch ist es fraglich , ob sie dem Rotliegenden
zugerechnet werden dürfen. Umso häufiger sind die Einschlüsse der
mesozoischen Formationen, natürlich von den vorherrschenden Jura-
kalken ganz abgesehen. Stücke von Buntsandstein lassen sich im
Raupentäle des Jusi sammeln, sowie im Tuff des Metzinger Weinbergs
und des Hofbühls. Besonders zahlreich sind Keupergesteine. Am
Jusi und am Metzinger Weinberg sammelte ich verschiedene Schilf-
sandsteinstücke , sowie Keupermergel und Stubensandstein. Bezüg-
lich der Verbreitung des Stubensandsteins ist zu betonen , daß er
sich fast überall aufheben läßt, am Jusi, Rangenberg, Metzinger
Weinberg, Grafenberg u. s. f., ferner daß er sich besonders reichlich
am Geigersbühl findet, während Granit hier selten vorkommt. Jedoch
wird man sich hüten müssen, bei der großen technischen Verbreitung
des Stubensandsteins alle über die Oberfläche verbreiteten Stücke
desselben ohne weiteres für Einschlüsse des Tuffs zu erklären.
C. Petrographische Untersuchung.
Wie eingangs bemerkt nehmen unter allen Auswürflingen
kristalliner Gesteine der Alb Gneis und Granit die Vorherrschaft ein.
Daneben finden sich noch Amphibolgesteine in untergeordnetem Maße.
Eine besondere Gruppe bilden gewisse Pyroxengesteine.
— 240 -
Gleich von vornherein mag bemerkt werden , daß es schwer
ist , besonders bei kleinen Bruchstücken , auf Grund des äußeren
Habitus zu entscheiden, ob ein Granit oder Gneis vorliegt. Nur wo
ein Schliff ausgeführt wurde, war die Bestimmung einigermaßen sicher,
wenn es sich um Unterscheidung zwischen Granit und Sedimentgneis,
nicht aber wenn es sich um eine solche von Granit und Eruptivgneis
handelte.
Den kontaktmetamorphen Erscheinungen, welche diese Gesteine
erfahren haben , wurde selbstverständlich eine ganz besondere Auf-
merksamkeit geschenkt, insbesondere auch in der Hoffnung, weitere
Gesichtspunkte zu gewinnen für die bei der Eruption stattgehabten
Vorgänge.
Um Wiederholungen zu vermeiden, mögen die untersuchten
Einschlüsse zunächst nach rein petrographischen Gesichtspunkten im
nachfolgenden beschrieben werden.
Es sind vertreten:
I. Kristalline Schiefer (Gneise); zum Teil fragliche
Amphibolgneise (siehe bei Diorit).
II. Granite.
HI. Ganggesteine der Granitformation: Aplit. Kersantit.
IV. Diorit.
V. Gabbro.
VI. Jüngere kristalline Einschlüsse als Tiefenfazies der Alb-
basalte.
Die unter VI. zusammengefaßten Gesteine gehören nicht zu den
altkristallinen Fremdmassen der Tuffe . sondern sind als endogene
Einschlüsse des zerspratzten Basaltmagmas zu denken.
I. Kristalline Schiefer. Gneise.
Neben den Hauptgemengteilen Feldspat, Quarz und Glimmer
führt der größte Teil aller untersuchten Gneise als charakte-
ristische Übergemengteile teils Pinit, Graphit, Silli-
manit und Granat. Da, wie gezeigt werden soll, der Pinit als
ein ümwandlungsprodukt ausschließlich des Cordierits auftritt, so
würden diese Gneise als Cordierit-Gneise , Cordierit- Graphitgneise,
granatführende Cordierit-Sillimanitgneise zu bezeichnen sein.
1. Graphitführende Cordieritgneise. Außer den Haupt-
gemengteilen Feldspat, Quarz und Glimmer beteiligen sich an der
Zusammensetzung dieser Gneise stets noch Pinit, Graphit und meist
auch Granat.
- 241 —
Das Gestein ist in der Regel von grünweißer Farbe, infolge
seines Pinit- und Feldspatgehaltes. Tritt Glimmer in reichlicher Menge
hinzu, so geht, wenn derselbe gleichzeitig stark verwittert ist, die Farbe
des Gesteins in eine dunkelgrüne über und es macht sich dann eine
streifige, bald mehr, bald weniger stark ausgeprägte Parallelstruktur
geltend. Tritt dagegen der Gehalt an Glimmer zurück, so besitzt das
Gestein ein mehr körniges Aussehen und gewinnt dadurch große Ähn-
lichkeit mit dem Pinitgranit, den wir später kennen lernen werden.
Der Feldspat zeigt unregelmäßige körnige Begrenzung und
ist meist vergesellschaftet mit Pinit, während der Pinitgranit sich
dadurch auszeichnet, daß seine Bestandteile Feldspat und Pinit mehr
oder weniger scharf idiomorphe Kristallform besitzen. Bezüglich der
Häufigkeit schwankt der Feldspatgehalt sehr; wir finden bald feld-
spatarme, bald feldspatreichere Gneise. Die größeren porphyri-
schen Feldspatkörner sind vorwiegend Orthoklas, dagegen
nehmen an der Grundmasse sowohl Orthoklas als auch Plagioklas
teil und zwar letzterer als Albit und Oligoklasalbit, wie sich
aus der mikroskopisch -optischen Untersuchung und aus der Be-
stimmung des spezifischen Gewichts mittels der WESTPHAL'schen Wage
und der THOULEi'schen Flüssigkeit ergeben hat. Aus verschiedenen
Cordieritgneisen sorgfältig ausgewählte kleine reine Feldspatkörner
ergaben folgende Werte für das spezifische Gewicht:
a) Porphyrischer Feldspat in großen grünlich-gelben Kristallen
mit deutlich ausgesprochener Spaltbarkeit, vom Florian stammend:
2,570
2,577 = Orthoklas.
2,590
b) Feldspatkristall aus dem Gneis vom Florian:
2,572 = Orthoklas
2,628 Plagioklos: Ohgoklasalbit.
Orthoklas
c) wie b:
2,564
2,596
2,634 (Albit) Oligoklasalbit.
d) Feldspatspaltstücke aus dem Gneis vom Grafenberg
2^540 „ ,.■ .
2,571 = ^'^^''^^^'
2,608 ^,. ,, „.,
2 629 ^ Oligoklasalbit.
•Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. 16
— 242 -
U. d. M. findet man, daß der Feldspat selten ganz frisch er-
halten ist. Vorwiegend bildet er eine trübgraue Substanz von äußerst
feinkörnigem Aussehen, die bei starker Vergrößerung sich auflöst in
ein feines Aggregat von Muskovit und Quarz. Der Muskovit ist
dabei fast durchweg in rosettenartiger Anordnung ausgebildet.
Zwischen den einzelnen radialstrahligen Aggregaten von Muskovit
verteilt sich der neugebildete Quarz. Neben dem sekundär gebildeten
Muskovit scheint sich auch, nach dem optischen Verhalten zu schließen,
Kaolin gebildet zu haben.
Die bei der Zersetzung des Feldspats freigewordene Kieselsäure
scheidet sich, die Glimmerrosetten durchtränkend, ohne Kristallform
aus, zuweilen mit gleicher optischer Orientierung auf angrenzendem
primären Quarz.
Die Quarze schwanken in ihrer Häufigkeit sehr. Die unregel-
mäßig begrenzten Körner sind teilweise in verzahnten Nähten mit-
einander verwachsen. Die überwiegende Mehrheit der Kristalle be-
sitzt undulöse Auslöschung (Taf. III Fig. 1) und sonstige
Pressungserscheinungen, die sich darin äußern, daß manche Quarze
entweder nur am Rand oder auch vollständig in lauter eckige
Bruchstücke sich auflösen, wodurch die bekannte Mörtelstruktur er-
zeugt wird. In Reihen angeordnete Flüssigkeits- und starkkonturierte
Gaseinschlüsse sind in diesen Gneisquarzen reichlich vorhanden. Die
Gaseinschlüsse sind gegenüber den Flüssigkeitseinschlüssen relativ
groß und überragen letztere auch an Zahl.
Der Glimmer besitzt, wenn er noch frisch ist, eine glän-
zendschwarze Farbe und erweist sich bei genauer Untersuchung
als Biotit. Sein Gehalt schwankt beträchtlich und steht in
einem gewissen Verhältnis zum beigemengten Granat, der bei
reichlichem Glimmer auch meistens in größerer Anzahl sich ein-
stellt. In der Regel unterliegt der Biotit einer ziemlich starken
Zersetzung. Es gibt sich dies schon an der gelbbraunen bis
grünlichen Farbe des Glimmers kund. U. d. M. beobachten wir
bald einzeln zerstreute, bald in Gruppen beisammen liegende Biotit-
blättchen.
Da die Ver witterungsv orgänge am Glimmer sich in
diesen Gneisen ausnehmend gut verfolgen lassen und sie geradezu
zur Charakteristik dieser Gesteine gehören, so wollen wir sie näher
beschreiben. Zum Teil beruht die Zersetzung auf einer Bleichung,
d. h. einer Auslangung des Eisengehaltes, wobei zuletzt Chlorit ejit-
steht und muskovitähnliche Schüppchen, die aber, nach einer Unter-
— 243
suchung von Zschimmer ^ , niemals identisch sind mit KaHgHmmer,
wie früher angenommen wurde. Dazu kommt nun noch die Bildung
und Ausscheidung der Brookitnädelchen und Kriställchen,
die vollkommen übereinstimmen mit den von Thürach'- näher be-
schriebenen und abgebildeten sekundären Bildungen im Glimmer.
Was Thürach mit Bezug hierauf sagt: Der braune Glimmer im Gneis
nimmt bei der Zersetzung „lichtere Färbung an und bleicht zuletzt
völHg aus, indem er sich in eine blaßgrünliche bis grünlichbraune,
schwach doppelbrechende und schwach pleochroitische , chloritische
Substanz umwandelt. Dabei scheiden sich in großer Menge sehr
kleine, stark lichtbrechende Nädelchen und Täfelchen aus, welche
sich als ein Titansäuremineral und zwar als Brookit erweisen," gilt
genau auch für unsere Vorkommnisse. Die große Menge solcher
Kristalle könnte zur Vermutung führen, daß dies primäre Einschlüsse
und nicht sekundäre Ausscheidungen sind ; allein dem widerspricht
die Beobachtung, daß sie dem unzersetzten Glimmer fehlen. Hierzu
sei noch bemerkt, daß ähnliche weitverbreitete Zersetzungserschei-
nungen auch in den Cordieritgneisen des Bayrischen Waldes sich finden,
wie sich das aus den Mitteilungen von Weinschenk ^ ergibt, der aller-
dings diese Neubildungen , wie das früher allgemein geschehen ist,
ledighch als Rutil bezeichnet.
Daß diese Brookitausscheidungen in den graphithaltigen Cordierit-
gneisen sich reichlich finden, scheint mit der Graphitführung insofern
zusammen zu hängen, als die graphitführenden
Gesteine meist recht stark zersetzt sind , wie
dies Weinschenk für diese Gesteine im Bay-
rischen Wald und meine Untersuchungen von
den Gneisen der Alb gezeigt haben.
Außer diesen sekundären Neubildungs-
produkten schließen die Biotite auch zum Teil
reichhche Titanitkristalle ein , die meist pris-
matischen Habitus zeigen. Öfters sieht man,
wie die Kristallform Lücken aufweist (s. Fig. 1).
Zur Prüfung dieser Kristalle auf ihren Titangehalt wurden sie aus
dem Gestein isoliert mit Hilfe der Kaliumquecksilberjodidlösung. Die
Phosphorsalzperle gab in der Reduktionsflamme die charakteristische
Titansäurereaktion.
Fig. 1.
' E. Zscliimmer, Die Verwitterungsprodukte des Magnesiaglimmers.
^ H. Thürach, Über ein Vorkommen von körnigem Kalk.
' E. Weinschenk, Zur Kenntnis der Graphitlagerstätten S. 37.
16*
— 244 —
Außer primärem Zirkon stellt man im Biotit noch Blättchen
von Eisenglanz fest. Dieser , bei großer Dicke undurchsichtig,
schwarz, zeigt beim Abblenden meist einen roten Rand und wird
mit zunehmender Dünne der Blättchen bei dunkelroter bis blutroter
Farbe durchsichtig.
Eine andere Eigentümlichkeit des Biotits dieser zum Teil schon
sehr stark verwitterten Albgneise ist das Vorkommen zahlreicher
pleochroitischer Höfe. Da diese interessante Erscheinung meine
Aufmerksamkeit besonders erregte , so führte ich zahlreiche Be-
stimmungen der Einschlußmineralien pleochroitischer Höfe aus. Meine
Beobachtungen hierüber sind folgende : die pleochroitischen Höfe
scheinen nur in eisenhaltigen , insbesondere eisenreichen Mineralien
aufzutreten. Die die pleochroitischen Höfe verursachenden Mineral-
einschlüsse scheinen ebenfalls stets eisenhaltige Mineralien zu sein,
insbesondere Zirkon und Rutil, während Rosenbusch ^ auch noch
Apatit erwähnt.
Zu den 3 bisher beschriebenen Mineralien, Feldspat, Quarz und
Glimmer, gesellt sich als konstanter und charakteristischer Gemengteil
Pinit hinzu. Er verleiht all diesen Gneisen eine grüne Farbe, und
nimmt in hervorragendem Maße an der Zusammensetzung dieser
Gneise teil. Einige vorliegende Gesteinsstücke sind geradezu als
Finitknollen zu bezeichnen, die wohl als Anreicherungen im Gneis
zu deuten sind. Auf die Umwandlung aus Cordierit kommen wir
erst später zu sprechen (vergl. S. 247 u. f.). U. d. M. zeigen die
Pinite unregelmäßige, meist abgerundete Form und setzen sich im
wesentlichen zusammen aus einem feinkörnigen Aggregat von stark
doppelbrechenden Muskovitschüppchen und schwach doppelbrechenden,
fast isotropen Chloritblättchen. Frische unveränderte Cordieritsubstanz
zeigen diese Gneise nicht, weshalb man sie auch mit einer gewissen
Berechtigung als „Pinitgneise" bezeichnen kann.
Hand in Hand mit dem reichen Pinitgehalt geht der Reichtum
an Granat (Almandin), der mit seinem stark roten Glänze dem
grünlichen Gestein eine schöne lebhafte Farbe verleiht. Seine Größe
schwankt zwischen mikroskopischer Kleinheit und Erbsengröße.
U. d. M. erscheint er von rundlicher Form und ist in den größeren
Kristallen meist schon teilweise der Zersetzung anheimgefallen (Taf. HI
Fig. 2). Diese verläuft auf teils geraden, teils unregelmäßigen Bahnen.
Zwischen der noch stark lichtbrechenden Granatsubstanz liegen die
' Rosenbusch, Pliysiographie der Mineralien. Bd. I S. 209/210. 3. Auf-
lache 1892.
— 245 —
Verwittemngsbahnen, die aus einer grünen bis grüngelben, schwach
doppelbrechenden Substanz bestehen, die der Chloritgruppe zugerechnet
werden muß. Zwischen der vorwiegenden Chloritmasse sind einzelne
Muskovitschüppchen zerstreut.
Manche Granaten enthalten massenhaft mikrolithische Emspreng-
linge die sie förmlich trüben. Bei 540facher linearer Vergrößerung
löst sich die staubartige Masse auf in ein Gemisch von kleinen hellen
bis hellgelben Kristallblättchen und Nadeln, die vielleicht analog den
mikrolithischen Einschlüssen in manchen Granaten des Kmzigits dem
Rutil angehören dürften, wie sie Sauer ^ (S. 21 a. a. 0.) beschreibt.
Einschlüsse von Quarz und Biotit im Granat, ferner von Titamt,
finden sich auch in diesen Gesteinen. Nicht selten ist dabei der
Biotit schon in Verwitterung begriffen.
Als Bestandteil des Gneises lange nicht die Bedeutung des
Pinits erreichend, aber als ein beständiger Begleiter dieser Cordierit-
gneise ist der Graphit zu nennen. Stets tritt er in emzelnen
Schuppen auf mit schwarzer Farbe und metallähnlichem Glänze.
'Nie zeigt er sich in größeren Ansammlungen, etwa Nester bildend.
Ein Hauptkennzeichen außer seinem Metallglanz gegenüber dem Biotit,
der übrigens meist infolge der Verwitterung ein mehr bräunlich-
schwarzes Aussehen besitzt, ist seine Weichheit. Der Graphit ist
mit den anderen Gemengteilen nur lose verwachsen. Beim gelindesten
Berühren mit dem Messer gibt er nach und löst sich vom Gestein
ab. Seine Weichheit bewirkt auch, daß er im Dünnschliff wemg
hervortritt und dann verzerrte Formen aufweist. Mit Hilfe des
Stereoskopmikroskopes dagegen lassen sich die einzelnen Schuppen,
dünne Blättchen von rändern bisweilen auch deutlich 6eckigem Um-
riß, recht gut beobachten. Es läßt sich auch feststellen, daß in
der Nähe der biotitreichen Lagen die einzelnen Graphitblättchen sich
reicher einzustehen pflegen. Gewöhnhch hegen sie zwischen den
aneinander grenzenden Gemengteilen, während Einschlüsse von Gra-
phitblättchen in Feldspat und Quarz nur sehr selten angetroffen werden.
Akzessorische Beimengungen in diesem Cordieritgneis sind:
Zirkon, Rutil, seltener Apatit und Titanit.
Fundorte: Florian, Grafenberg, Altenberg und Höslinsbühl
bei Nürtingen.
2. Pinit-Glimmergneis: Tritt der Quarz-Feldspatgehalt mehr
und mehr zurück und besteht das Gestein dann aus einem innigen
Sauer, Erläuterungen zu Blatt Oberwolfach-Schenkenzell.
— 246 —
Gewebe von Pinit und Glimmer mit neu hinzutretendem spär-
lichen Sillimanit sowie roten Granaten (Almandin) mit akzessorischen
Beimengungen von Graphit, so erhält man einen Gneistypus, der nur
am Neuhäuser Weinberg oder Hof buhl bei Metzingen gefunden
wurde und den man als „Pinit- Glimmergneis" bezeichnen könnte.
3. Graphitgneis. Andere Abarten des Cordieritgneises hefert
der Grafenberg : der normale Pinitgneis wird zugleich pinit-, glimmer-
und graphitreich und bildet damit Übergänge vom normalen Pinitgneis
zu graphitreichem , stark verglimmertem Pinitgneis , der schließlich
zu einem Gestein führt, wie wir es vom Rangenberg beiEningen
kennen, das wegen seines außerordentlich hohen Graphitgehaltes ge-
radezu als „Graphitgneis" bezeichnet werden muß.
Die Graphitblättchen liegen hier nicht, wie bei den bisher be-
sprochenen Gneisen, nur als einzelne Schuppen im Gestein, sondern
sie ordnen sich schon mehr zu Lagen zusammen und durchsetzen
das ganze Gestein.
Eine sehr charakteristische Gneisgruppe läßt sich durch alle
möghchen Übergänge vom normalen Cordierit-(Pinit-)Gneis ableiten,
die wir als Cordierit-Sillimanitgneisgruppe zusammenfassen
wollen.
Mehr noch als durch den Hinzutritt von Sillimanit zu den
bisher bekannten Mineralien ist dieser Gneis charakterisiert durch
eine grobkörnige Struktur und eine selten grünliche, sondern
mehr graue Farbe, infolge der Abnahme an Pinit.
4. Den Übergang bilden gewisse äußerst granatreiche
Cordieritgneise mit hinzutretendem Sillimanit, der zusammen
mit dem Cordierit (bezw. Pinit) ein strangartiges Gefüge annimmt.
Die petrographische Zusammensetzung dieser Gneise ist folgende.
Feldspat tritt als Gemengteil wesentUch zurück: einzelne
Körner lassen sich als dem Orthoklas, andere als dem Plagioklas
(Oligoklasalbit) zugehörig bestimmen.
Quarz ist ebenfalls untergeordneter Bestandteil. Auch der
Glimmer (Biotit) kann nicht zu den vorherrschenden Mineralien ge-
zählt werden, dagegen kommt dem Cordierit (bezw. Pinit) der
Hauptanteil an der Zusammensetzung zu , zwar nicht in der Form
von Kristallen und Körnern, sondern in Anreicherung mit dem Silli-
manit verwoben durch das Gestein sich hindurchziehend. Auch hier
lehrt die mikroskopische Untersuchung, daß der Pinit vollständig in
Muskovit und Chlorit umgewandelt ist.
- 247
Ganz besonders hervortretend an Zahl smd die roten Granaten
(Almandin) in diesem den Obergang bildenden Gneis, trnrge Hand-
ILke sind gerade.« voll gesprcUt nrit rundlichen Körnern von A W
din U d. M. stößt man auch hier auf jene oben (s. S. 244) schon
beschriebenen chloritisehen Verwitterungsbahnen die ihrem optischen
Verhalten nach - bald sehr geringe Doppelbrechung, bald charakte-
ristische lavendelblaue Interferen.farben niederer Ordnung - zum
Pennin zu rechnen wären. . -, ,. • i
Graphit fehlt auch hier nicht ganz, doch smd die emzelnen
Schünpchen recht zerstreut.
5 Betrachten wir nun die eigentliche Gruppe der Cor dien t-
Sillimanitgneise, so ist ein auffälliges Zurücktreten von Pinit
Tm Hinblick auf die obeu geschilderten reinen Pinitgne.se und von
Granat festzustellen. . ,
Die Hauptbestandteile Feldspat, Quarz, Ghmmer und Pimt sind
ungefähr in gleichem Mengenverhältnis vorhanden und geben da-
durch dem Gneis ein mehr körmges und zwar vorwiegend grob-
körniges Aussehen. Glimmer in reichlicher Menge verleiht dem Ge-
stein wieder einen mehr parallelstruierten Habitus.
Besonders muß hervorgehoben werden das Auftreten eines por-
phyrischen Feldspats von grüner Farbe, ganz ähnlich w-^olche
'ich auch im Cordieritgneis des Bayrischen Waldes, mbesondere bei
Bodenmais findet. Nach seinem optischen Verha ten »"d >,^ch Be-
It°lungen des spezifischen Gewichtes (2,570; 2pll 2,590) gehört
dieser charakteristische grüne Feldspat dem Orthok as an.
Der Feldspat der Grundmasse besitzt ebenfalls mehr oder weinger
grüngelbe Farbe und liefert für das spezifische Gewicht die Werte:
^ 2,554 und 2,570
2,555 2,572
2,557 2,628
Somit scheint Orthoklas vorherrschend zu sein. Der Quarz
ist von normaler Ausbildung, und fällt bisweilen durch einen aus-
«^^^'treuIterlBrott) zeigt in frischem Zustand eine glänzend
rabenschwarze Farbe, die bei der Verwitterung einer hellgelben bis
'"™Der'ctrcre*\, der in frischem Zustande makroskopisch nicht
immer ganz leicht von Quarz zu unterscheiden ist zumal er hn.r
sXn ine bläuliche Färbung besitzt, erleichtert sein Erkennen bei
getretener Zersetzung durch die grüne Farbe. ,Die Korner smd
— 248 —
in der Regel auf ihrer Außenfläche mit einer mehr oder weniger
dicken Rinde eines grünlichgrauen weichen Minerals, bisweilen auch
mit weißen glimmerartigen Schüppchen überkleidet. Diese grüne
Substanz nimmt zuweilen den größeren Teil der Ausscheidungen in
der Weise ein, daß oft nur ein kleiner Kern von Cordierit im Innern
übrig geblieben ist, von dem aus die Masse des Cordierits nach
außen ganz allmähhch in die der grünen weichen Substanz über-
geht. Endlich findet man auch Stücke, in welchen die grüne Sub-
stanz unzweifelhaft die Stelle, die der Dichroit (Cordierit) sonst ein-
nimmt, vollständig ersetzt und bei denen von letzterem keine Spur
mehr zu erkennen ist. So ergibt sich unzweideutig, daß dieses grüne
weiche Mineral lediglich ein ümwandlungsprodukt des Dichroits
(Cordierits) sei." Diese Beschreibung, die Gümbel ^ von dem Dichroit
seines Dichroitgneises anführt, stimmt ganz genau überein mit dem
Verhalten des Cordierits in diesen Albgneisen, wie ja auch diese
ganze Gneisgruppe der Alb im wesentlichen mit Gümbel"s Dichroit-
gneisen die größte Ähnlichkeit hat.
Die Zersetzungsprodukte des Cordierits wurden vielfach
näher untersucht und erhielten eine Unmenge von Namen.
Während Haidinger und Blüm diese weiche grünliche Substanz
als Fahlunit ansprechen, weist sie Gümbel in die Gruppe der Pinite,
bezeichnet sie nach dem Hauptfundort als Bodenmaiser Pinit und
gibt ihr folgende Definition, die im allgemeinen auch für die Pinite
in diesen Albgneisen gilt ^ (S. 242 a. a. 0.) : „Das grünliche Mineral
von Bodenmais besitzt ein spezifisches Gewicht von 2,67 ; eine Härte
von 3,5; ist nach der basischen Fläche der säulenförmigen Kristalle in
parallele Lamellen teilbar, im Bruch flachmuschelig, grünlichweiß bis
schmutziggrün, wenig glänzend, schwach kantendurchscheinend."
GüMBEL fand die folgende Zusammensetzung möglichst reiner
Stückchen Bodenmaiser Pinit:
Kieselerde 45.95
Tonerde 29,30
Manganoxydul Spuren
Eisenoxydul 6,48
Bittererde • . . 0.74
Kalkerde 2.30
Natron 0,64
Kali 0,19
Wasser 14,83
100,43
' Gümbel, Ostbayrisches Grenzgebirge. S. 241.
- Gümbel, Ostbayrisches Grenzgebirge.
249
Betrachten wir nun die Cordierite und ihre Umwandlungs-
produkte näher u. d. M. (Taf. III Fig. 5, 6, 7, 8), so finden wir in
erster Linie, daß die meisten Durchschnitte rundUche Körnerform
mit Annäherung an quadratische, selten hexagonale Umrisse besitzen.
Vereinzelt zeigen die noch frischeren Cordierite eine Art poly-
synthetische Zwillingslamellierung. Auch beobachtet man Drillings-
bildung. Bei einem Kristall, dessen Umrandung annähernd hexa-
gonal ist, ist sie schon äußerlich daran gut zu erkennen, daß die
Verwitterung in 3 verschiedenen Richtungen nach dem Innern zu
vorschreitet.
Die Verwitterungsvorgänge in ihrem einzelnen Verlauf genau
zu beschreiben fällt schwer, da wir fast bei jedem Kristall eigent-
lich mehr oder weniger Besonderheiten erkennen können. Jedoch
läßt sich allgemein folgendes sagen :
Was die Anordnung der Verwitterungsbahnen betrifft,
so läßt sich eine Gesetzmäßigkeit, wonach sie ausschließlich kri-
stallographischen Richtungen folgten,
nicht finden , wenn auch zugegeben
werden kann, daß eine Richtung, wahr-
scheinlich die des vertikalen Prismas,
und eine zweite, die der basischen End-
fläche, bevorzugt sind. Aber zwischen
diesen Bahnen ziehen sich auch un-
regelmäßige, bald gerade, bald krumm-
linige Kanäle hin.
Die stoffliche Veränderung
äußert sich in verschiedenen Stadien.
Zunächst stellt man fest, daß der ur-
sprünglich wasserhelle, quarzähnliche Kristall stellenweise eine gelb-
liche Färbung annimmt, die mit der Stärke der Zersetzung an In-
tensität wächst. Untersuchen wir nun diese gelbgefärbten Partien
des Cordierits bei parallelpolarisiertem Licht, so sehen wir, daß die
Mitte der Bahnen von einer nahezu isotropen Substanz eingenommen
wird (s. Fig. 2). Von jhr aus schreitet die Umv/andlung weiter vor.
Zu beiden Seiten und senkrecht zur Längsrichtung dieses Kanals
stehen unzählige kleine, mittel- bis stark doppelbrechende Blättchen,
auf Grund vergleichsweiser Bestimmung zum Muskovit gehörig, in
der Richtung ihrer feinlamellaren Ausbildung, also senkrecht zum
Kanal auslöschend.
Neben diesem verbreitetsten Umwandlungsprozeß geht noch ein
Fig. 2.
— 250 —
anderer nebenher. Hierbei entwickeln sich nicht erst Kanäle , wie
die oben geschilderten, sondern die Zersetzung findet an allen Stellen
zugleich statt, wobei größere muskovitähnliche einheitliche Gebilde,
bezw. feinschuppige Aggregate kleinster Blättchen desselben Minerals
gleichzeitig entstehen.
Gareiss ^ schließt sich in seiner Arbeit, die die einzelnen Stadien
der Pseudomorphosen einer näheren Untersuchung unterzieht, der
Anschauung Wichmanns an, der alle diese Pseudomorphosen, Aspa-
siolit, Bonsdorffit, Chlorophyllit, Esmarkit, Fahlunit, Gigantolit, Pinit,
Prasiolit, Pyrargillit, Weissit usw. als Glieder eines Alterations-
prozesses vom Chlorophyllit bis zu dem Pinit auffaßt.
Ähnliche Verwitterungsvorgänge, wie wir sie oben kennen ge-
lernt haben , beschreibt Gareiss von einem Pinit aus dem Fichtel-
gebirge. Er hebt ausdrücklich hervor: „Wie in keinem anderen
Falle ist hier von der Spalte aus eine Gelb- oder Grünfärbung und
mit dieser eine bis zur Isotropie verringerte Doppelbrechung des
Cordierits eingetreten."
Als Endprodukte der Umwandlung ließen sich in unseren Ge-
steinen, wie oben betont, ebenfalls Muskovit und Chlorit bestimmen.
Von neu gebildetem Biotit, wie ihn Gareiss an einer Stelle aufführt,
konnte ich dagegen nichts finden. Durch die zu verschiedenen
Zeiten ausgeführten Analysen wurde mit Bezug auf die stoffliche
Veränderung bei diesen Pseudomorphosen, wie noch kurz erwähnt
werden mag, nachgewiesen, daß der MgO-Gehalt des Cordierits
bedeutend verringert wird oder fast gänzlich verschwindet und
.dafür Wasser, Alkalien und Eisen eintreten, was mit den
mikroskopischen Feststellungen in vollem Einklänge stehen würde.
Der Sillimanit bildet weiße seidenglänzende Faserbündel
von gewundener, gestauchter Form , die besonders deutlich an der
Oberfläche dieser Gneise zu sehen sind. U. d. M. setzen sich diese
Bündel aus einer Unzahl von langen Kriställchen zusammen , die
sich um die anderen Bestandteile gleichsam herumwinden. Es ge-
währt einen ganz eigenartigen Anblick, wenn die Kristalle senkrecht
zur Längsrichtung getroffen werden. Ein H^er kleiner stark licht-
brechender Viereckchen reiht sich einem Pflaster gleich nebeneinander.
Der Graphit kommt auch in diesen Gneisen als konstanter
Begleiter der Gemengteile vor: nirgends jedoch bildet er große
Anhäufungen.
A. Gareiss, t'ber Pseudomorpliosen nach Cordierit.
— 251
An akzessorischen Mineralien sind zu nennen: Titanit,
Magneteisen, Zirkon.
Während die granat-graphitreichen GUeder mehr den Kinzigit-
gneisen des Schwarzwaldes gleichen, zeigen die zuletzt beschriebenen
Gneise sehr große Ähnlichkeit mit den Dichroitgneisen des Bayrischen
Waldes , wie ich sie besonders in der Umgebung von Bodenmais
kennen lernte. Ja, manche Handstücke sind geradezu zum Ver-
wechseln ähnlich. Nicht allein auf der Gleichheit der einzelnen
Bestandteile beruht diese Verwandtschaft, sondern auf dem Gesamt-
habitus, insbesondere auf der körnig-streifigen Struktur mit por-
phyrischen Peldspatkrystallen.
Vorkommen: Vorzüglich am Florian, aber auch am Jusi und
Grafenberg, Geigersbühl.
6. Biotit reich er Kontaktgneis. An diese Gneise läßt
sich am besten noch ein Glimmergestein anreihen, das fast nur aus
schwarzem Biotit sich aufbaut. Die einzelnen Blättchen stehen kreuz
und quer durcheinander. Sehr selten beobachtet man einen grün-
lichen Feldspat dazwischen.
Am Silberberg bei Bodenmais fand ich ein ganz ähnliches Ge-
stein, das eine basische Einlagerung im granatreichen Cordieritgneis
darstellt.
U. d. M. zeigt unser Auswürfling wie die zahlreichen großen
und kleinen bunt durch- und nebeneinander liegenden Biotite , die
vielfach Stauchungen aufweisen , zwischen Feldspatkristallen ein-
gebettet sind, die eine außerordentliche Frische besitzen. Orthoklas
und Plagioklas grenzen polygonal aneinander; alles weist auf eine
Annäherung an die Hornfelsstruktur hin. Nicht nur die Biotite,
sondern auch die Feldspäte, insbesondere deutlich sichtbar an den
Plagioklasen, sind gepreßt und umgebogen.
Außer den Hauptbestandteilen Feldspat, Biotit nehmen an der
Zusammensetzung dieses Gesteines noch teil : Quarz , reichlich
Granat, Pleonast, Sillimanit, Magneteisen, daneben noch Apatit
und Zoisit.
Der Feldspat, meist ohne bestimmte kristallographische Be-
grenzung , gehört vorwiegend dem Plagioklas an. Einige größere
Kristalle schließen massenhaft Sillimanitnadeln ein , die meist alle
nach einer Richtung hin sich erstrecken. Eine ganz eigenartige
Plagioklasstruktur (Taf. HI Fig. 3) sollte hier noch Erwähnung finden.
Im Kristall liegen gezackte Stäbe in paralleler Anordnung, daneben
tafelartige Gebilde, wie wir am besten aus der Photographie ersehen.
— 252 —
Eine genauere optische Untersuchung läßt erkennen , daß wir
es wohl mit einer perthitartigen Verwachsung zweier Feldspäte zu
tun haben, sie deckt sich mit der von F. Suess ^ als Antiperthit be-
zeichneten Verwachsung.
Die Biotite sind teils noch recht frisch und zeichnen sich
dann durch sehr starken Pleochroismus aus , teils sind sie schon
mehr oder weniger weit in der Zersetzung vorgeschritten. Biegungen
und Stauchungen sind nicht selten zu beobachten. Auffallend ist,
daß zahlreiche Biotite eine runde Form haben, gleichsam als seien
sie angeschmolzen worden.
Als charakteristischer farbiger Gemengteil tritt grüner Spinell
(Pleonast) hinzu. Er durchschwärmt das Gestein in kleinen scharf
begrenzten Kristallen, deren Form hauptsächlich auf Oktaeder hinweist.
Zahlreiche, große, lange Nadeln, die sich teilweise radialstrahlig
anordnen, lassen sich nach den optischen Bestimmungen dem Silli-
manit zuweisen, daneben sind noch kleine unzählige Nädelchen im
Gestein, besonders im Feldspat, eingeschlossen, die meist zu Strängen
geordnet, alle möghchen Drehungen beschreiben; auch sie dürften
dem Sillimanit angehören.
Die Granatkristalle (Almandin) sind ziemlich häufig , in ihrer
Nähe sammeln sich meist die Spinelle an.
Vorkommen : Grafenberg.
7. An die bisher beschriebenen Gneise schließt sich durch Über-
gänge verbunden eine Gneisart an, die wir als „Körnelgneis" bezeich-
nen wollen und deren Definition von Gümbel für Gesteine des Bayri-
schen Waldes mit folgenden Worten gegeben wurde ^ (S. 231 a. a. 0.) :
„Derselbe ist ein körnig-streifiges Gestein, in welchem meist ab-
wechselnde Schichtenlagen von fein- und grobkörnigen Gemengen,
letztere oft granitähnlich, sich bemerkbar machen. Seltener sind die
Feldspatteile groß und in länglichen runden Knollen ausgeschieden."
Die mineralogische Zusammensetzung ist vorwiegend : Feldspat,
Glimmer, geringe Menge Quarz ; daneben treten noch als akzessorische
Beimengungen hinzu : Pinit, Graphit.
Einer der wesentlichen Gemengteile des Körnelgneises ist der
Orthoklas von weißer bis graulicher Farbe. Die Kristalle sind in
manchen Varietäten ziemlich groß , Karlsbader Zwillinge sind ge-
legenthch vorhanden. Neben Orthoklas erkennt man Mikroklin
' F. E. Suess: Über die Perthitfeldspäte aus kristallinen Scliiefergestciuen.
Jalub. k. k. Reichsanstalt 1904. p. 426.
^ Gümbel, Ostbayrisches Grenzgebirge.
— 253 —
an seiner charakteristischen Gitterung und einfacli verzwilHngten
Plagioklas in nicht unbeträchtUcher Menge, allein er fällt wegen
seiner Kleinheit lange nicht so auf wie Orthoklas.
Die Untersuchungen auf das spezifische Gewicht ergaben folgende
Resultate :
2,540 2,570 und 2,623 2,647
2,561 2,572 2,628 2,648
2,566 2,574 2,639 2,648
2,569 2,587 2,640
wobei aber noch zu berücksichtigen ist, daß die großen Schwankungen
im spezifischen Gewicht in der ersten Reihe durch einen verschiedenen
Erhaltungszustand zu erklären sind. Die Hälfte des Feldspats gehört
somit, wie aus dieser Tabelle ersichtlich und wie auch die mikro-
skopisch optischen Untersuchungen ergeben haben, dem Orthoklas an.
Die Feldspäte sind stets schon ziemlich starker Verwitterung
anheimgefallen ; die u. d. M. trübdurchsichtige Substanz löst sich bei
starker Vergrößerung in ein Aggregat von kleinsten Körnchen und
Blättchen auf, die sich als neugebildeter Quarz und Muskovit be-
stimmen ließen. An Einschlüssen treten auf im Feldspat: Quarz,
Biotit, Zirkon und Apatit.
Der Biotitgehalt dieses Gneises schwankt ganz beträchtlich.
Bald bildet er größere Anhäufungen im Gneis zwischen dem Feldspat,
bald tritt er mehr zurück und verleiht dadurch dem sonst ziemlich
dunklen Gneis eine hellere Farbe. Bald sind die einzelnen Biotitblättchen
regellos verteilt, bald scheint eine gewisse Gesetzmäßigkeit bezüglich
der Anordnung um den Feldspat herum sich beobachten zu lassen,
derart, daß sich die Biotite mit ihrer Längsrichtung an den Feldspat
anlegen. Die einigermaßen frischen Biotite besitzen bei tief brauner
Farbe einen starken Pleochroismus ; meist jedoch sind die Blättchen
schon ausgelaugt und mit den Neubildungsprodukten, insbesondere den
Brookit-Nadeln und Kriställchen erfüllt. Viele der zersetzten Biotite,
die oft wie angefressen aussehen, enthalten pleochroitische Höfe um
eingeschlossenen Zirkon oder Rutil herum. Wo anscheinend kein
Mineraleinschluß im pleochroitischen Hof zu finden war, da zeigte
sich bei stärkster Vergrößerung doch ein winziges hochlichtbrechendes
Kriställchen. An Einschlüssen enthält der Biotit auch noch Apatit.
Den Quarzindividuen, die zahnartig ineinandergreifen, ist meist
die Erscheinung der undulösen Auslöschung eigen. Ganz besonders
hervorzuheben sind die massenhaften Gas- und Flüssigkeitseinschlüsse,
die sich in Reihen anordnen. Mit starker Vergrößerung (540 fache
— 254 —
lineare) lassen manche Quarzkörner in ihren Flüssigkeitseinschlüssen
tanzende Libellen beobachten. Lokal häuft sich ein schwarzer Staub
von opaken Mineralkörnchen an.
Akzessorisch beigemengt sind dem Gneis kleine runde Körner
von Almandin. Pinit findet sich nur ganz vereinzelt. Apatit durch-
setzt in langgestreckten Kristallen , die deutliche Querabsonderung
aufweisen, die ganze Gesteinsmasse, insbesondere aber die Quarze.
Zirkon tritt in rundlichen Körnern auf. Graphit ist ziemlich selten.
Da, wie schon bemerkt, diese Gneise eine nicht zu verkennende
Ähnlichkeit in Struktur und Zusammensetzung mit den von Gümbel
als Körnelgneise bezeichneten Gesteinen haben, so wurde der Name
„Körnelgneis" auch für diese Gneise der Alb beibehalten.
Hauptfundorte sind : Florian und Rangenbergle.
8. Werden einzelne Feldspatkristalle groß, bilden sie geradezu
Augen im Gestein, so haben wir den Typus des „Augengneises",
wie ihn Qüenstedt am Eisenrüttel fand. Es ist ein ausgesprochener
Zweiglimmergneis. Biotit und Muskovit bilden Lagen zwischen
der weißen Quarz-Feldspatmasse.
Die Feldspataugen sind Orthoklas, dagegen weisen die Feld-
spatkristalle der Grundmasse mikroperthitische Verwachsung auf von
Orthoklas und Albit. Manchmal nähert sich diese Struktur der
rechtwinkligen Durchkreuzung, die für Mikroklin so charakteristisch ist.
Feldspat und Quarz verwachsen bald unregelmäßig, bald ge-
setzmäßig miteinander. Der Quarz zeigt, wie bei allen bisher be-
kannten Gneisen, undulöse Auslöschung. Der Biotit besitzt starken
Pleochroismus und pleochroitische Höfe um Zirkoneinschlüsse. Der
Muskovit ist recht häufig und gibt dem Gneis einen wunderhübschen
Silberglanz.
An akzessorischen Bestandteilen sind Granat, Zirkon und Magnet-
eisen zu erwähnen. Dieser Typus findet sich, wie mir Herr Prof.
Sauer versicherte, nirgends im Schwarzwald, wohl aber kennen wir
ähnliche Gesteine aus dem Bayrischen Wald.
Fundort : Eisenrüttel.
9. Wie Gümbel im Bayrischen Walde an die Körnelgneise
granitähnliche angliedert, so wollen wir auch gewisse Gneise der
Alb hier einreihen mit dem Namen Granitgneis, deren Struktur
körnig, granitähnlich ist, die aber auch durch Zwischenstufen mit
dem Körnelgneis in Zusammenhang stehen. Ihnen eigen ist die Ver-
wachsung von Quarz und Feldspat nach Art der „Structure vermiculee".
Fundort: Florian und Metzinger Weinberg.
— 255 —
10. Endlich ist noch ein Gneis zu erwähnen, den ich infolge
seiner feinkörnigen Beschaffenheit und seiner Parallelstruktur als
Streifengneis bezeichnen will. Zwischen den eng mitein-
ander verbundenen Quarz-Feldspatkörnern lagert sich
in parallelen Zügen der Glimmer, der in eine chloritische
Substanz umgewandelt ist. Der Feldspat besitzt als Orthoklas eine
röthche Farbe; der Plagioklas dagegen eine weißlichgraue. Der
Biotit ist fast vollständig umgewandelt in eine schmutziggrüne
chloritische Substanz und in muskovitähnliche Schuppen. Daneben
findet sich auch noch primärer Muskovit. Der Quarz löscht, bei
unregelmäßiger Begrenzung, undulös aus. Als akzessorische Minera-
lien sind zu erwähnen Granat mit reichlich eingesprengten Mikro-
lithen, Zirkon, Pinit, stellenweise etwas angehäuft und Graphit.
Das Vorkommen dieses Gneises scheint auf Grafenberg be-
schränkt zu sein.
II. Granite.
Analog der Einteilung der Gneise unterscheiden wir pinitreiche
bezw. pinitarme Glieder. Mit Bezug auf die Unterscheidbarkeit von
pinitführenden Graniten und Gneisen mag auf das S. 240 Gesagte
verwiesen werden.
1. Pinitgranit.
(Zweiglimmergranit mit Pinit.)
Darunter läßt sich eine durch ihre reiche Pinitführung aus-
gezeichnete Gesteinsart der Auswürflinge zusammenfassen, die bei
richtungslos körniger Struktur aus einem Mineralgemenge
besteht von Feldspat, Quarz, Pinit, Biotit und Muskovit.
An akzessorischen Bestandteilen sind zu nennen Granat, Zirkon,
Titanit, Magneteisen und , wenn auch selten , so doch sicher nach-
gewiesen, Graphit.
Charakterisiert wird dieser Typus durch eine hypidiomorph-
körnige Struktur, durch einen großen Reichtum an idiomorph aus-
gebildeten Pinitkristallen und das Hinzutreten von primärem hellen
Kaliglimmer. Infolge der Armut an Biotit besitzt das Gestein eine
grünweiße Farbe.
Über die angeführten Gemengteile ist noch folgendes hinzu-
zufügen :
Für die Feldspäte ergaben die Bestimmungen des spezi-
fischen Gewichts folgende Werte :
2,555
2.612
2.564
2,634
2,594
2,671
2,596
2,694
256
mit Zwillingslamellierung,
die sich einerseits auf Orthoklas, anderseits auf Plagioklas (OHgoklas)
zurückführen lassen. Die hohen Werte in beiden Reihen erklären
sich aus der teilweise tiefgreifenden Veränderung, Sericitisierung, der
Feldspatsubstanz. Vorhanden sind Einlagerungen von Albitschnüren
im Orthoklas. Ganz frischer Feldspat ist selten u. d. M. zu finden.
Meist ist er, beginnend mit einer leichten Trübung, zu einem Ge-
menge von Muskovit, Quarz und Kaolin verwittert.
Der Quarz erscheint u. d. M. bei unregelmäßiger Begrenzung
gerne in großen gelappten Kristallen. Meistens löschen die Quarze
undulös aus. Sehr reich sind sie an Einschlüssen von staubartigen
opaken Körnchen , die sich stellenweise anhäufen. Die einzelnen
Quarzindividuen greifen zahnartig ineinander. In Reihen angeordnete
Gas- und Flüssigkeitseinschlüsse fehlen auch hier nicht. Zirkon,
Granat, Magnetit sind öfters in Quarz eingeschlossen.
An Glimmer sind diese Granite verhältnismäßig arm. ins-
besondere an Biotit, der sich bei starker Verwitterung vielfach in
lavendelblaue chloritische und muskovitähnliche Blättchen auflöst ;
in einzelnen Biotitblättchen liegen die Auslaugungsprodukte : Brookit,
Titanit, Hämatit; ferner pleochroitische Höfe um Zirkon und Rutil.
Bemerkenswert ist der Gehalt an Kali gl immer. Die farb-
losen Rosetten des Muskovits fallen leicht in die Augen und sind
'hier sicher primärer Entstehung, wie in den bekannten Miarolit-
graniten, die auch unter den Einschlüssen vertreten sind. Allein es
fehlt den hier in Betracht kommenden Graniten die bei jenen ent-
wickelte mikropegmatitische Struktur.
Der Pinit, als vorherrschender Gemengteil, drückt dem Granit
die charakteristische grüne Farbe auf. Er ist. wie bei frischem
Material leicht konstatiert werden kann, in recht guter Kristall-
form ausgebildet, ein Hauptmerkmal dieser Granite gegenüber den
Pinitgneisen. Die Kristalle sind kurz säulenförmig, erscheinen fast wie
hexagonale Prismen und entsprechen der Kombination ccP . cx)Pob . OP,
eine für Cordierit charakteristische Form. Hieraus sowohl wie aus
dem Umstände, daß die Verwitterungserscheinungen dieser Pinite
sich vollständig mit jenen der bekannten Pseudomorphosen von Pinit
nach Cordierit decken . wie wir sie auch oben schon geschildert
— 257 —
haben (S. 247 u. f.) , dürfen wir sicher schHeßen , daß auch diese
Finita dem Cordierit angehörten.
Die meisten Pinite sind schon vollständig in Muskovit und
Chlorit umgewandelt.
An akzessorischen Beimengungen stellen sich ein: Almandin,
besonders in pinitreichen Stücken ; einige stecken im Pinit drin ;
Rutil, größtenteils im Glimmer eingeschlossen, bald in länglich ab-
gerundeten Kristallen, bald in den bekannten Kniekristallen; Titanit.
als Einschluß des stark zersetzten Biotits, dürfte, wie auch in den
oben (S. 243) beschriebenen Gneisen, sekundärer Entstehung sein;
Magneteisen mit scharfen Umrißlinien , die auf Oktaederform hin-
deuten, zusammen mit bei abgeblendetem Lichte speisgelb glänzen-
dem Magnetkies. Zirkon und sehr selten Graphit.
An diese Granite schließen sich eng ebenfalls Pinitgranite an,
die sogenannten „Florianite" Deffner's, die sich von den bis-
herigen durch Hinzutreten eines roten Feldspats unterscheiden, wo-
durch das Gestein eine grün-weiß-rote Farbe erhält. Die
sonstigen Bestandteile sind dieselben wie beim vorhergehenden Pinit-
granit ; ebenso ist die Struktur die gleiche.
Sehr reine Feldspatkörner ergaben als Werte des spezifischen
Gewichts :
[ 2 540 1
weißer Feldspat ohne Zwillingsstreifung { ^V 71 \ Orthoklas,
2,571
f 2 608 i
roter Feldspat mit Zwillingslamellen | c,\oq Albit, Oligoklas.
Mit Bezug auf die DEFFNER'sche Bezeichnung s. S. 286.
Eine mehr grobkörnige Ausbildung dieses Granits mit großen
Feldspateinsprenglingen und reichlicherem Biotit stammt vom Grafen-
berg, desgleichen ein anderes Stück von pegmatitischer Ausbildung,
von Deffner als „Pinitpegmatit" bezeichnet, läßt u. d. M. eine ge-
setzmäßige Verwachsung von Quarz und Feldspat an einzelnen Stellen
beobachten. Die Pinite sind bis zu 1 cm Größe ausgebildet.
Fundorte : Grafenberg, Rangenberg, Florian, Höslinsbühl, Engel-
berg.
2. Miarolitgranit.
Ein durch seine rötliche Färbung auffallendes Gestein mit fein-
bis mittelkörniger Struktur besitzt große Ähnlichkeit mit dem Granit
bei Schenkenzell im Kinzigtal und ist am besten infolge seiner dru-
sigen Ausbildung auch als Miarolitgranit zu benennen.
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. 17
— 258 —
Der wesentlich vorherrschende Gemengteil ist rötlicher Feld-
spat, ein Plagioklas von saurem Charakter; daneben findet sich noch
wenig Orthoklas. Die gut ausgebildeten Kristalle sind durch zurück-
tretenden Quarz verbunden. Von Glimmer ist nur wenig zu finden ;
etwas Biotit, der aber meist schon der Zersetzung anheimgefallen ist ;
daneben heller Kaliglimmer, der an die Hohlräume gebunden ist.
Besonders hervorgehoben zu werden verdient, daß die Drusen-
räume dieses Granits sekundär mit glasglänzenden Kalkspatrhombo-
edern ausgefüllt sind.
Da gerade dieser Granit sich in einem sehr fortgeschrittenen
Zustande der Zersetzung befindet, so war eine weitere Untersuchung
nicht möglich.
Fundorte: Grafenberg, Höslinsbühl, Geigersbühl und Engelberg.
3. Granit it.
Als Übergangsglieder zu den hier zu besprechenden Granititen
finden sich Bruchstücke von Gesteinen, welche eine allmähliche Ab-
nahme sowohl des Pinits als auch des Kaliglimmers erkennen lassen,
während der uns vorliegende normale Granitit sich zusammensetzt
aus Feldspat (Orthoklas und Plagioklas), Quarz, Biotit, mit fein- bis
mittelkörniger hypidiomorph-körniger Struktur.
Der Feldspat ist mehr oder weniger idiomorph begrenzt und
gehört in erster Linie dem Orthoklas an, dem sich aber auch noch
Oligoklas hinzugesellt. Dafür sprechen auch die gefundenen spezi-
fischen Gewichte:
2,568
2,641
2,646.
Die Verwitterung des Feldspats hat schon beträchtlich eingesetzt.
Der Quarz zeigt fast durchweg undulöse Auslöschung, etliche
Kristalle besitzen die bekannte Mörtelstruktur. Einige dieser stark
undulös auslöschenden Quarze ergaben neben Durchschnitten, die
bei -f Nicols ein deutlich einachsiges Interferenzkreuz lieferten, auch
noch solche, deren schwarzes Kreuz bei der Drehung sich in zwei
auseinandergehende Hyperbeläste auflöste.
Der Glimmer, Biotit, tritt gegenüber dem Feldspat und Quarz
etwas zurück als Bestandteil. Seine Zersetzungsprodukte sind denen
ähnlich, die wir schon kennen gelernt haben. Akzessorische Minera-
lien sind Pinit, Magnetit, Zirkon. Fundorte: Rangenberg, Hof buhl
und Florian.
— 259 —
III. Ganggesteine der Granitformation.
Aus dieser Gruppe ließen sich nur ganz wenige Vertreter auf-
finden, die sich durch ihre mineralogische Zusammensetzung und
Struktur als hierher gehörig erwiesen.
Mir liegen zwei Vertreter der Ganggefolgschaft der Granite vor,
Vertreter des sauren Typus — Aplite, und des basischen — Kersantite.
1. Aplite.
Die Aplite stellen ein äußerst feinkörniges, infolge des Mangels
an farbigen Gemengteilen hellgraues Gestein dar von der normalen
Zusammensetzung. Der Feldspat gehört vorwiegend dem Orthoklas
an, daneben jedoch sind auch saure Plagioklase zu beobachten.
Zwillingsbildungen nach dem Karlsbader Gesetz sind nicht selten.
Der vorherrschende Quarz scheint zwei verschiedenen Bil-
dungsperioden anzugehören, denn einmal neigen die kleinen Indivi-
duen, die auch mitten im Feldspat drin stecken, zu idiomorpher
Begrenzung, dagegen treten die großen Quarze als Lückenausfüller
auf und sind stellenweise schwach gepreßt.
Als untergeordneter Gemengteil muß Biotit Erwähnung finden.
Er führt Zirkone mit pleochroitischen Höfen. In Quarz und Feld-
spat ist Biotit nicht selten eingewachsen.
Ein sehr interessantes Fundstück vom Grafenberg zeigt, wie
der oben beschriebene Cordieritgneis von einem Aplitgang durch-
setzt wird.
Fundorte : Florian und Grafenberg.
2. Kersantite.
Im Gegensatz zu den eben beschriebenen sauren Ganggesteinen
stehen dunkle, äußerst feinkörnige bis dichte Gesteine, deren Struktur
und mineralogische Zusammensetzung sie zur Minette-Kersantit-Reihe
verweisen.
Es liegen mir 8 Stücke dieses Typus vor. Sie haben durchweg
eine dunkelbraune bis schwarze Farbe. Makroskopisch läßt sich
wesentlich nur der starkglänzende reichliche Biotit erkennen. Mit
fortschreitender Verwitterung geht die Farbe dieser Gesteine in eine
mehr graubraune über infolge der Bleichung des Biotits.
Vorwiegend ist der reine Kersantittypus, charakterisiert u. d. M.
durch lange Plagioklaskristalle ; einigen Findlingen jedoch dürfte eine
Mittelstellung zwischen Kersantit und Minette zukommen.
ü. d. M. beobachten wir eine panidiomorph- bis hypidio-
17*
— 260 —
morphkörnige Struktur der Mineralkombination Plagio-
klas-Biotit. Als untergeordnete Gemengteile finden sich Quarz
und Orthoklas.
Der Glimmer, Biotit, bildet bei frischer Erhaltung gut aus-
kristallisierte idiomorphe hexagonale Blättchen , die häufig einen
helleren Kern und eine dunklere, eisenreichere Randzone unterscheiden
lassen. Die Absorption ist meist recht stark. Demgemäß sind auch
um Zirkon und Rutil die pleochroitischen Höfe gut entwickelt.
Der Feldspat ist ein basischer Plagioklas, dessen Kristalle
eine ausgesprochene Neigung zu Längsformen besitzen. Deutlich
tritt die Bildung einer Zonarstruktur dadurch vor Augen, daß der
mehr basische Kern schon in Umwandlung begriffen ist, während
die saure Randzone sich noch völlig frisch erweist.
Bei den zu den Zwischengliedern zu rechnenden Vorkommen
tritt Orthoklas in kurz leistenförmiger Gestalt in das Gestein ein.
Einlagerungen von opaken Körnern und Nädelchen sind vielfach im
Feldspat gesetzmäßig so angeordnet, daß sie parallel den Kristall-
flächen verlaufen.
Quarz tritt nur untergeordnet auf und füllt die Lücken zwi-
schen Biotit und Feldspat aus. Undulöse Auslöschung beobachtet
man auch hier. Ganz besonders auffallend ist in allen diesen Ge-
steinen ein außerordentlich hoher Gehalt an Apatit. Er zeigt sich
u. d. M. in allen Bestandteilen des Kersantits zerstreut, jedoch scheint
er insbesondere in den farblosen Gemengteilen Feldspat und Quarz
reich zu sein. Regellos verbreiten sich die Nadeln, die oft von ganz
beträchtlicher Länge und zugleich quer gegliedert sind. Beachtens-
wert ist die Erscheinung, daß in diesen Kersantiten manche Apatite
gebogen, gebrochen, geknickt sind, und zwar nicht nur in einer, son-
dern in verschiedenen Richtungen. Noch bemerkenswerter sind die
Erscheinungen der Anschmelzung bezw. der Korrosion. Man erkennt,
daß die Apatite kreisförmig gebogen wurden und nun infolge der
jedenfalls sehr bald nach der Ausscheidung erfolgten Anschmelzung
rundliche, schlauchähnliche, traubig- nierige Gebilde darstellen.
Ebenfalls bemerkenswert ist, daß nicht allein Apatite, sondern
auch Zirkonkristalle Anschmelzungen erkennen lassen, die aber bei
weitem nicht so typisch sind wie die des Apatits.
An akzessorischen MineraUen sind außer den schon er-
wähnten Apatiten und Zirkonen noch anzuführen: Magneteisen,
Hämatit und Pyrit.
Auffallend ist die relativ große Verbreitung dieses Gesteins,
— 261 —
denn es wurden Stücke gefunden in den Tuffen vom Rangenbergle,
Metzinger Weinberg und Grafenberg. Von all diesen Vorkommen
wurden Dünnschliffe hergestellt. Ein weiteres Vorkommen vom Engel-
berg , von dem kein Dünnschliff gemacht wurde , gehört auf Grund
seiner makroskopischen Beschaffenheit auch hierher.
Es muß hier darauf hingewiesen werden, daß in den Grund-
gebirgsmassen des Rieses ein ähnliches Ganggestein beobachtet wurde.
Es ist das der sogen. Wennebergit, welches auf Grund der Unter-
suchungen von GüBiBEL und Thürach', obwohl es vorübergehend für
Basalt oder Liparit gehalten wurde , sich als ein altes Ganggestein
herausgestellt hat, welches zum Typus Kersantit, speziell Aschaffit,
zu rechnen sein dürfte.
IV. Diorite.
Die Diorite sind unter den Einschlüssen reichlich vertreten.
Geradezu massenhaft lassen sie sich an der Sonnenhalde bei Neid-
lingen sammeln. Es mag gleich eingangs nochmals darauf hin-
gewiesen werden, daß es oftmals schwer ist, körnige Feldspatamphibo-
lite und Diorite zu unterscheiden, denn wie einerseits manche der
.Amphibolite eine richtungsloskörnige Struktur anstreben, so stellt
sich anderseits in manchen der dioritartigen Gesteine eine bald ver-
steckte, bald deutliche Parallelstruktur ein. Man muß es aufgeben,
eine scharfe Grenze zwischen diesen beiden Gesteinstypen zu ziehen,
besonders wo man nicht die Lagerungsverhältnisse entscheiden lassen
kann, sondern nur lose Bruchstücke vorliegen.
Es ist hervorzuheben, daß wir nur eine Ausbildungsform dieser
Gesteine besitzen, nämlich die Gruppe der normalen Amphibol-
diorite. Deren Hauptgemengteile sind Plagioklas und Hornblende ;
Über gemengteile stellen dar Biotit, Apatit, Zirkon, Titanit und Mag-
neteisen. Der Feldspat als vorherrschender Gemengteil äußert stets
seine Neigung zu idiomorpher Begrenzung, die um so mehr hervor-
tritt, als der Feldspat eine außerordentliche Frische aufweist. Fast
ausnahmslos besitzen alle Feldspatkristalle Zwillingsstreifung. Makro-
skopisch besitzt der Feldspat die dunkelgraue Farbe eines sehr ba-
sischen Plagioklases, bezw. des Labradors , was im Einklänge steht
mit den mikroskopischen Beobachtungen über die Auslöschungsschiefe.
Neben den nach dem Albitgesetz vorwiegend ausgebildeten Zwillingen
treten gern noch Kristalle auf, in denen Albit- und Perikhngesetz
gleichzeitig zur Ausbildung gelangt sind.
' Gümbel, Fränkische Alb. S. 205/206 u. 232.
— 262 —
Der Amphibo] ist durchweg die gemeine grüne Hornblende.
Da die Kristalle meist mehr oder weniger stark verwittert sind,
so sind die Begrenzungen nicht scharf. Der Pleochroismus ist:
a = hellgelb ; b = hellgrün bis gelbbraun ; c = dunkelbläulich bis
grün; c > 6 > a. Verschiedene Messungen der Auslöschungsschiefe
ergaben c : C = 15 — 17°. Zwillingsbildungen konnten nirgends be-
obachtet werden. In manchen Dünnschliffen treten die Yerwitte-
rungserscheinungen der Hornblende stark hervor. Zunächst fällt
auf, daß die Verwitterung bald da, bald dort in einem und dem-
selben Individuum beginnt, somit nicht gesetzmäßig gewissen Rich-
tungen folgt. Die Verblassung der grünen Farbe bildet den An-
fang der Zersetzung und bald verschwindet die grüne Farbe über-
haupt und macht einer gelben Platz. Hand in Hand damit geht das
Verschwinden der Spaltrisse. Das gelbbräunliche Zersetzungsprodukt
erscheint homogen ; vielfach besitzt dasselbe auch eine intensiv
dunkelbraune Färbung. Diese braune Färbung ist wohl lediglich auf
eine Ausscheidung bezw. Anreicherung von Eisenhydroxyd zurück-
zuführen.
In gewissem Zusammenhang mit den geschilderten Verände-
rungen scheint sich auch ein Zerfall der Hornblendesubstanz in
Chlorit, Epidot, Calcit und Quarz zu vollziehen.
Endlich wäre noch zu bemerken , daß Hornblende als sekun-
därer Bestandteil mikroskopisch feine Spältchen ausfüllend auftritt.
Die Länge der Spältchen ist verschieden, gemessen wurde eines mit
11,2 mm Länge, ein anderes mit nur 2,4 mm. Die Hornblende dieser
Art zeichnet sich durch eine frische Beschaffenheit aus und heilt
die anscheinend durch Gebirgsdruck im Gestein entstandenen Spalten
geradezu aus. Dieselbe tritt nicht in der Form des feinfaserigen
Uralites auf, sondern in kompakt blätterigen Kristallen.
Im Gemenge mit dieser Hornblende befindet sich noch ein
gelblichweißes, stark lichtbrechendes Mineral, dessen Bestimmung
nicht ganz sicher gelang. Vielleicht ist es Titanit.
Als Nebenge mengteile dieser Diorite kommen vor: in ganz
geringer Menge Enstatit , selten ferner gemeiner monokliner Augit :
Titanit in größeren Kristallen in reichlicher Menge, manchmal ähnelt
die Form derselben der Brief kuvertgestalt ; Biotit in einem grob-
körnigen Diorit von der Sonnenhalde in kleinen Blättchen von starkem
Pleochroismus. Dieser Biotit ist sehr stark eisenhaltig, denn bei
seiner Verwitterung scheiden sich viele Körner von blutrotem Hämatit
aus unter Zurücklassung eines chloritischen Verwitterungsproduktes.
— 263 —
Magneteisen ist recht häufig. Quarz ist höchst selten, Apatit da-
gegen häufiger.
Fundorte : Sonnenhalde bei NeidUngen reichhch ; Aichelberg bei
BoU und Metzinger Weinberg; Engelberg.
V. Gabbro.
Gegenüber den häufigen Dioriten ist ein einziges Vorkommen
von Gabbro zu erwähnen. Das Gestein fällt durch seine Frische
und relative Schwere auf, besitzt mittlere Korngröße und ein grau-
blaues Aussehen, ü. d. M. läßt es sich bestimmen als ein hypidio-
morph-körniges Gestein von der Zusammensetzung Labrador it und
Diallag. Übergemengteilesind: Magnetit, Rutil, Pyrit, Hämatit
und Apatit.
Der Feldspat zeigt teilweise Zwilhngslamellen, die sehr eng
beisammen stehen und sich öfters auskeilen. In der Regel folgen
die Zwillingsverwachsungen dem Albitgesetz, doch nicht selten sind
auch Kristalle, an denen das Albit- und das Periklingesetz zusammen
ausgebildet sind. Eine eigentümliche verschränkte Verwachsung
kommt in einfachen Feldspatkrystallen vor, die sich als eine Kom-
bination von einem sauren Feldspat mit dem Labradorit deuten läßt.
Zur optischen Untersuchung des basischen Plagioklases stellte ich
Spaltblättchen her und bestimmte die Auslöschungsschiefen auf M
und P. Auf der Fläche M mit Spaltrissen nach OP beobachtete ich
als Mittel aus 12 Ablesungen eine Auslöschungsschiefe von 16°,
gemessen an der Kante OP, der Basis. Die Spaltblättchen nach
der Basis ergaben als Mittel von ebenfalls 12 Beobachtungen für
die Auslöschungsschiefe einen Wert von 10**. Die Bestimmungen
des spez. Gewichtes mit Hilfe der TnouLET'schen Flüssigkeit lieferten
wegen Verwachsung des Feldspates mit Diallag etwas zu hohe Werte,
dagegen beweist die optische Untersuchung die Zugehörigkeit des
Feldspats nahezu zum Labradorit. Die Feldspate enthalten die aus
dem Gabbro vielfach bekannt gewordenen äußerst feinen, nadeiförmigen
Interpositionen , auf deren Habitus und Anordnung die von Rosen-
BüSCH ^ (S. 280 a. a. 0.) gegebene Schilderung wörtlich Anwendung
finden kann: „Labrador zeichnet sich aus durch Interpositionen,
welche trotz aller Verschiedenheit in der Form wesentlich den Eisen-
und Titaneisenerzen anzugehören scheinen." Und ferner: „Diese
Interpositionen liegen , wo sie nicht allzu winzige Dimensionen be-
Rosenbusch, Physiographie der Gesteine. IL
— 264 -
sitzen, deutlich erkennbar auf Kristallfiächen und zwar am häufigsten
wohl auf den beiden vertikalen Pinakoiden , seltener auf Prismen-
fiäche oder auf der Basis." Meine Beobachtungen ergänzen diese
Angaben in folgender "Weise : die Nädelchen sind stark lichtbrechend ;
die Doppelbrechung ist nicht immer feststellbar; wo sie sich je-
doch erkennen läßt, ist sie ebenfalls hoch. Interessant ist das Auf-
treten von schön ausgebildeten Kniekristallen. Mit großer Wahr-
scheinlichkeit weist dieses Verhalten auf Rutil hin. Noch sind zu
erwähnen bei dem Feldspat die äußerst reichlichen Flüssigkeits- und
Gaseinschlüsse, erstere gelegentlich mit Libellen.
Der Diallag, der mit Labradorit das Gestein im wesentlichen
zusammensetzt, besitzt bald kristallographische Umgrenzung, bald
rundliche Form. Seine ausgesprochenen , in Querschnitten nahezu
senkrecht verlaufenden Spaltrisse, außer denen noch weniger hervor-
tretende nach der Querfläche vorkommen , charakterisieren ihn gut
neben der hohen Licht- und Doppelbrechung. Auch im Diallag finden
sich wie im Feldspat Nädelchen eingelagert, die ebenfalls in be-
stimmten Richtungen angeordnet sind , daneben sich aber gern zu
Gruppen vereinigen, wobei die einzelnen Nädelchen unter einem
Winkel von annähernd 60*^ zusammenstoßen.
In stark zurücktretendem Maße nimmt an der Zusammensetzung
des Gabbros auch rhombischer Pyroxen, Enstatit bezw. Bronzit teil.
Über gemengteile sind: Magnetit in runden Körnern, bisweilen
mit rötlichgelber Verwitterungsrinde von Eisenhydroxyd ; Apatit; Pyrit;
sekundär gebildet Hämatit.
Vorkommen : Rangenbergle.
Als Anhang zu den beschriebenen Gesteinen lassen sich hier
wohl am besten zwei Gesteine einreihen.
1. Hornblendit (Hornblendefels). Dieser Gesteinstypus be-
steht vorwiegend aus einem hypidiomorphkörnigen Gemenge
von Hornblende und Biotit. Es entspricht wohl dieses Gestein
dem Hornblendit Rosenbusch's ^ : „Hornblendit oder Hornblendefels
besteht wesentlich aus Hornblende mit untergeordnetem Biotit, Pyro-
xen, Olivin und gelegentlich auch mit Pyrop.''
Da das Gestein, wenn auch nur wenig, Quarz enthält, wäre es als
quarz haltiger Hornblendit zu bezeichnen. Das Gestein be-
sitzt ein hohes spez. Gewicht und eine feinkörnige Beschaffenheit.
Die Hornblende, von brauner Farbe u. d. M. , hat mittel-
Rosenbuscb, Elemente der Gesteinslehre. 1901. S. 175.
— 2ü5 "-
starken Pleochroismus (a = hellgelblich ; b =^ braun = C ; C = b > a).
Die Auslöschungsschiefe c : c hegt zwischen 16*^ und 20*^. Die Ver-
witterung der Hornblende führt zur Bildung von Epidot , Chlorit,
Muskovit und Quarz.
Der Biotit hat z. T. durch die Bleichung und Auslaugung
die charakteristischen lavendelblauen Interferenzfarben angenommen.
Zu den Neubildungsprodukten zählen vor allem Chlorit und mus-
kovitähnliche Schüppchen und die stark licht- und doppelbrechenden
Titanmineralien. Reich ist das Gestein an Magneteisen in unregel-
mäßig begrenzter Form ; um die Körner hat sich häufig ein gelbroter
Rand von Eisenhydroxyd gebildet. Häufig ist auch das Vorkommen
von Apatit. Quarz findet sich akzessorisch als primärer Gemengteil
in kleinen Körnern; daneben noch sekundär als Zersetzungsprodukt.
Fundort : Rangenbergle.
2. Serpentin. Makroskopisch von rötlichem Aussehen mit bläu-
lichem Schimmer, setzt er sich zusammen aus einer weichen Serpentin-
substanz mit grünen Flecken von schilfriger Hornblende. Stellen-
weise drückt sich noch eine körnige Struktur aus, die wohl auf den
Ursprung aus einem körnigen Grundgebirgsgestein hindeutet, ü. d. M.
erscheint die schwach rötliche Substanz als ein äußerst feinschuppiges
Aggregat von nieder bis mittelstark lichtbrechenden Blättchen (Taf. HI.
Fig. 4), die vorwiegend sehr hohe Polarisationsfarben aufweisen und
wohl dem Talk angehören dürften. Dieser kommt auch noch in ähn-
lichen, aber größeren, zusammenhängenden Partien vor, in Blättchen,
die noch eine Andeutung an Spaltrisse erkennen lassen, nach denen sie
auslöschen. In diesem Blätteraggregat liegen bald größere rundliche,
undurchsichtige schwarze Körner von Magneteisen, bald kleine, zahl-
reiche, staubartige opake Körner.
Die grünen Partien sind u. d. M. farblos, stark licht- und doppel-
brechend und dürften dem Aktin olith angehören, teils stenglige
Individuen bildend, teils mit den Spaltrissen einen Winkel von 124*^
einschließend, ohne scharfe kristallographische Begrenzung, sondern
umringt von einem feinschuppigen Serpentinaggregat.
Vielfach ist blutroter Hämatit sekundär zur Ausscheidung
gelangt.
Aus dem Umstände, daß die Hornblende frisch ist, d. h. keinerlei
Andeutungen an Serpentinisierung zeigt, möchte ich schließen, daß
sie zusammen mit dem Serpentin als Neubildungsprodukt zu be-
trachten ist.
Fundort: Grafenberg.
— 266 —
VI. Tiefenfazies der Albbasalte.
An die Gabbros mag eine zu den kristallinen Einschlüssen zu
rechnende Gruppe von Gesteinen angeschlossen werden, welche sich
einmal mit Bezug auf den außergewöhnlich frischen Erhaltungszustand
der Gemengteile , anderseits auf Grund gewisser charakteristischer
Übergemengteile, die gelegentlich in ihnen auftreten, mit Sicherheit
von den bisher betrachteten altkristallinen Gesteinen abtrennen lassen.
Sie können im Hinbhck auf den allgemeinen geologischen Zusammen-
hang und Verband, in dem sie auftreten, nur als grobkristalline
Urausscheidungen des basaltischen Magmas, mit anderen
Vierten als eine Tiefen fazies desselben angesehen werden.
Berücksichtigt man, daß die basaltischen Gesteine der Alb sich durch
eine hohe Basizität, einen hohen Eisengehalt, durch das Zurücktreten
der Alkalien auszeichnen, so darf es nicht wundernehmen, daß man
in diesen Urausscheidungen Mineralkombinationen vertreten findet,
welche der Gruppe der Peridotite und Pyroxenite unter den alten
Tiefengesteinen entsprechen würden. Unter dieser Bezeichnung sollen
sie auch hier eingereiht werden. Man konnte ihnen den Zusatz
„Neo" geben: Mit Bezug auf das Vorkommen des Perowskits in
ihnen ist es von großer Bedeutung, daß auch die Melilithbasalte
der Alb dieses Mineral als weitverbreiteten charakteristischen Be-
standteil führen.
1. Peridotite.
Makroskopisch lassen sich an dem frischen Gestein kleine,
schwarzglänzende Blättchen von Glimmer und honiggelbe Kristalle
von Olivin unterscheiden. Bei mikroskopischer Untersuchung ergibt
sich, daß in einer kristallinen Grundmasse von Biotit und
kleinen, aber kristallographisch scharf begrenzten Augiten
größere Olivine liegen von unregelmäßig begrenzter Form.
Nebengemengteile sind Hornblende, Magneteisen, Pe-
rowskit, Chromit und Apatit.
Der Glimmer, Biotit, dessen Gehalt im Gestein sehr beträcht-
lich ist, charakterisiert diesen Peridotit näher als Glimm er per idotit
(Olivinglimmerfels). Der Biotit ist von außerordentlicher Frische,
besitzt starke Licht- und hohe Doppelbrechung, dagegen geringen
Pleochroismus. Die Enden der langgestreckten Blättchen sind ge-
zackt, gefranst. Es kommen auch Stauchungserscheinungen vor,
Biegungen der Kristalle. Der Achsenwinkel des Glimmers ist sehr klein.
Der Olivin erlangte meist beträchtHche Größe gegenüber den
- 267 —
anderen Gemengteilen; er erscheint als frühe Ausscheidung und zeigt
Korrosionserscheinungen. Der Olivin neigt stark zur Serpentinisierung.
Eine besonders charakteristische Verwitterungsform des Olivins ist
die, daß im Kristall spindelförmige Reste unzersetzt bleiben, während
die umgebenden Partien in eine anscheinend isotrope hellgelbe bis
grünliche Masse umgewandelt werden. Die meisten Olivinkristalle
zeigen Spaltbarkeit. Außerordentlich reich ist mancher Olivin an
Einschlüssen (Gas- und Flüssigkeitseinschlüsse), die teilweise in Reihen
angeordnet sind.
Erwähnenswert ist die Erscheinung, daß die Biotite mit ihrer
Längsseite sich an das Olivinindividuum anlehnen , ja es geradezu
umrahmen.
Der dritte wesentliche Gemengteil ist der Augit, u. d. M. von
hellgelblicher Farbe, in kleinen aber kristallographisch scharf-
begrenzten Formen. Er setzt im wesentlichen die feinkörnigen Teile
des Gesteins zusammen , häuft sich auch lokal zu radialstrahligen
Aggregaten an. Überwiegend sind die nach der Orthoachse tafelig
gestreckten Kristalle. Zwillingsbildungen sind nicht sehr selten, vor-
herrschend nach dem Orthopinakoid.
Unter den Neb engem engt eilen ist in erster Linie die
Hornblende zu nennen ; dann insbesondere Magneteisen in kleinen
Körnern. Neben wenig Chromit von dunkelbrauner Farbe u. d. M.
findet sich Perowskit äußerst reichhch in kleinen Körnern, bisweilen
mit Annäherung an Oktaedergestalt, mit starker Lichtbrechung und
braunroter Farbe. Apatite sind selten.
Als eingewandertes Mineral bei der Zersetzung des Olivins läßt
sich Calcit bestimmen.
Vorkommen : Owen.
2. Pyroxenite.
Der Glimmerpyroxenit besteht im wesentlichen aus Biotit
und Augit; daneben beteiligen sich, wenn auch recht untergeord-
net, an der Zusammensetzung Hornblende, Olivin, Magnet-
eisen; akzessorisch Titanmineralien und Apatit. Die Struktur ist
die hypidiomorphkör nige. An einigen Stellen liegt um die
Augit- und Biotitkristalle ein Haufwerk kleiner Körner von Augiten.
Der Biotit neigt gerne zu idiomorpher Ausbildung. Er besitzt
starken Pleochroismus; die Lichtbrechung wie die Doppelbrechung
sind hoch. An Einschlüssen beherbergt er selten Apatit und Zir-
kon. Der Augit, von unregelmäßiger Gestaltung, läßt besonders
- 268 —
an den größeren Kristallen magmatische Korrosionen beobachten.
Er ist u. d. M. von hellgelblicher Farbe , bisweilen mit violettem
Schimmer behaftet. Häufig enthält er Einschlüsse von Biotit und
Hornblende, insbesondere aber fallen die reichlichen Gas- und Glas-
einschlüsse auf, die oft lokal gehäuft, oft auch in unregelmäßigen
Zügen angeordnet sind.
Als Nebenge in engteile treten Hornblende auf mit den
Achsenfarben a = hellgelb, h = gelbbraun, c = dunkelbraun, somit
C ^ ö ^ a; ferner Magneteisen in rundlichen Körnern, daneben noch
Zirkon und Apatit, letztere meist als Einschlüsse im Biotit.
Vorkommen : Grafenberg.
3. Hornblende-Augitgestein.
Ein Gestein, welches sich dem Glimmerpyroxenit anscheinend
anschließt, mag hier noch Erwähnung finden. Es besteht aus einem
körnigkristallinen Gefüge von Augit und Hornblende-
Der Augit überwiegt reichlich an Menge die Hornblende; er
ist u. d. M. mit blaßgelblicher Farbe durchsichtig, hin und wieder
mit einem violetten Schimmer versehen. Er ist selten idiomorph
ausgebildet, besitzt parallel c ausgezeichnete Spaltbarkeit, ist voll-
ständig erfüllt von Glaseinschlüssen, die in behebigen Reihen sich
durch den Augit hindurchziehen und sich auch lokal anhäufen. Die
Zonarstruktur fehlt hier.
Die Hornblende zeigt die Beschaffenheit der basaltischen
Hornblende, erscheint vielfach in größeren Kristallen mit brauner
Farbe, ist ausgezeichnet durch eine Spaltbarkeit parallel c. Die
Achsenfarben sind a =: hellgelblich; b = c =: dunkelbraun. Die
Auslöschungsschiefe ist etwas hoch (12°). Auch die Hornblende ist
ganz erfüllt von Einschlüssen, zum großen Teil aus Glas bestehend.
Außer diesen beiden Bestandteilen findet sich nur ganz selten
etwas dunkler Glimmer, ein Nest im Gestein bildend. — Einige
Zwischenräume zwischen Augit und Hornblende sind mit einem
hellen nadelartigen Aggregat von unbestimmbaren Kriställchen erfüllt.
Fundort : Rangenbergle.
4. Fernere Urausscheidungen des basaltischen Magmas.
a) Weiter fand sich ein Gestein am Metzin ger Weinberg,
das Deffner laut beiliegender Etikette eigentümlicherweise „zwi-
schen Trachyt und Diorit" stellte.
Eine schwarze Grundmasse aus Augitkristallen enthält sehr viel
- 269 —
Einsprengunge von Magnettitaneisen. Etliche Zwischenräume sind
durch Infiltrationen ausgefüllt.
Der Augit, u. d. M. von gelblicher Farbe mit einem Stich
ins Violette , der den hellgefärbten titanreichen Augiten eigen ist,
läßt wohl Neigung zu idiomorpher Ausbildung erkennen, allein viele
Kristalle konnten sie nicht erlangen durch gegenseitige Hemmung
beim Wachstum. Charakteristisch ist die radialstr ahlige Anord-
nung der Augite. Die Zonarstruktur ist äußerst häufig, ja beinahe
die Regel. Insbesondere häufig sind die Sanduhrformen, oft von ziem-
lich scharfen Linien eingehüllt. Glas- und Gaseinschlüsse sind über-
aus reichlich in diesen Augiten vorhanden.
Außer Augit beteiligt sich an der Zusammensetzung des Ge-
steins nur noch Magnettitaneisen in großen unregelmäßig geformten
Körnern. Höchst selten ist ein Biotit im Dünnschiff zu beobachten.
Die Hohlräume des porösen Gesteins sind durch Infiltrationen
vort Calcit und besonders Dolomit ausgefüllt.
b) Wird nun der Gehalt an Magnettitaneisen noch reicher, so
bekommen wir Gesteine, wie wir sie nur an der Limburg bei
W e i 1 h e i m und an der Sonne nhalde beiNeidlingen sammeln
konnten. Es sind spezifisch schwere Auswürflinge infolge des sehr
hohen Gehaltes an Ilmenit, verbunden meistens allein mit geringer
Menge Augit, selten noch mit Hornblende. Makroskopisch sehen die
Gesteine schlackenähnlich aus, sie sind von poröser Beschaffenheit,
mit metallischem Glänze.
Der Augit besitzt gelbliche Farbe mit einem Stich ins Violette.
Aus ganz frischen Handstücken verfertigte Präparate lassen mehr
oder weniger gut ausgebildete idiomorphe Gestalt wahrnehmen. Be-
sonders charakteristisch ist für diesen Augit die ausgezeichnete Spalt-
barkeit, die in Schnitten J_ c jener bei Diallag bekannten ähnhch
wird. In den sehr frischen Gesteinen von der Limburg weisen fast
alle Augite zonare Struktur auf. Sehr häufig sind Zwillingskristalle.
Gas- und Glaseinschlüsse fehlen auch hier nicht.
Neben Augit findet sich nur ganz selten eine braune Horn-
blende mit einer Auslöschungsschiefe von 16°.
Dagegen nimmt das schwarze undurchsichtige Magnettitan-
eisen (Ilmenit) neben Augit den größten Teil an der Zusammen-
setzung ein. Meist sind es unregelmäßige Körner, selten kristallo-
graphisch begrenzte Durchschnitte. Bei der Verwitterung liefern
diese opaken Körner gern einen Kranz von gelbrotem Eisenhydroxyd.
Die Phosphorsalzperle zeigte die Titanreaktion.
— 270 —
Zur Bestimmung der hellen Bestandteile, die in den Hohlräumen
ausgeschieden sind, wurde eine Trennung mit Hilfe der TnouLET'schen
Lösung vorgenommen. Nach Abscheidung des zufällig beigemengten
Schweranteiles von Erzen und Augiten ergab eine Trennung des
Hellgefärbten nach genauer optischer und chemischer Untersuchung,
daß Calcit, Dolomit und Aragonit an der Ausfüllung der Hohlräume
teilnehmen, wobei Calcit zum Teil schon an der ausgesprochenen
Zwillingslamellierung kenntlich war, während Aragonit gern radial-
strahlige Aggregate bildete. Die chemische Untersuchung nach der
Methode von Meigen bestätigte diese Feststellungen.
In einzelnen Präparaten nimmt außer Augit und Ilmenit noch
Apatit untergeordnet an der Zusammensetzung teil, bisweilen in
ziemlich großen Kristallen.
Fundorte: Limburg bei Weilheim und Sonnenhalde bei Neid-
lingen.
Einige Bemerkungen über ähnliche Funde im Basalttuff der
Alb finden sich in der Abhandlung meines Freundes E. Gaiser ^
(S. 39 a. u. 0.).
D. Metamorphosen der älteren kristallinen Auswürflinge.
Nachdem Deffner bereits auf die verschiedenen Erscheinungen
hingewiesen hat, die sich als Einwirkung des feurigen Flusses auf
die eingeschlossenen FremdHnge deuten lassen, wurde bei vorliegen-
der Untersuchung ganz besondere Aufmerksamkeit auch darauf ver-
wendet, die Umwandlungserscheinungen dieser Art näher festzustellen.
Im nachfolgenden sollen die Veränderungen der im Tuff liegenden
Einschlüsse und jener im Basalte getrennt für sich behandelt werden.
1. Veränderungen der im Tuff eingeschlossenen kristallinen Gesteine.
Während sich die Einwirkung der vulkanischen Kräfte auf die
Jurakalke im wesentlichen nur auf die Färbung, meist Rötung, und
Härtung beschränkt, so ist, wie an manchen Stellen nachgewiesen
werden kann , die Veränderung der kristallinen Gesteine zum Teil
weit größer, „offenbar weil dieselben einer stärkeren Temperatur
ausgesetzt waren als jene (Kalke und Sandsteine). Zwar liegen jetzt
beide gleichmäßig im Tuffe. Aber die Granite sind aus großer Tiefe
heraufgeholt und haben die hohen Temperaturgrade, welche der dort
befindliche basaltische Schmelzfluß ausstrahlte , erlitten. Wenn sie
E. Gaiser: Basalte und Basalttuffe der schwäbischen Alb. 1904.
— 271 —
daher verändert wurden, so geschah das bereits in großer Tiefe."
(Branco S. 544.)
Jedoch ist von vornherein zu konstatieren , daß die um-
gewandelten Gesteine ziemUch selten sind, zumal die angeschmolze-
nen, gegenüber den unversehrt gebliebenen Auswürflingen. Deffner
bezeichnete die Umwandlungen dieser Art als „Pyromorphose".
Unter den 34 bekannten Fundstellen, wo wir kristalline Silikat-
gesteine als fremde Einschlüsse nachgewiesen haben (s. Tab. S. 234),
sind nur 5 vorhanden, wo sich deutliche Anschmelzungserscheinungen
wahrnehmen lassen; es sind dies die Punkte: Metzinger Weinberg,
Hofbühl, Jusi, Alter Reuter und Buckleter Teich.
Deffner äußert sich über diese Umwandlungen sowohl in den
Begleitworten zum Blatt Kirchheim (S. 29 a. a. 0.) als auch in
seiner Abhandlung „über die Granite der Alb" ^ An letzterer Stelle
(S. 130) bemerkt er: „Was die Pyromorphosen der Granite anbelangt,
so können aus den Tuffen des Metzinger Weinbergs, des Hofbühls,
des Jusi und weniger anderer Punkte alle Übergänge von kaum
gefrittetem, noch deuthch bestimmbarem Granit bis zum vollständigen
blasigen Bimsstein-Trachyt (!?) hinüber gesammelt werden. . . . Sehr
bemerkenswert sind die gänzlich von den übrigen abweichenden
Pyromorphosen des grauschwarzen Gneisgranites" (zum Teil unsere
Cordierit- und Körnelgneise), „welche sich bis jetzt nur auf dem
Rangenbergle und dem Höslinsbühl gefunden haben , und eine Um-
wandlung des schwarzen Glimmers in basaltische Hornblende er-
kennen lassen." Diese Umwandlung des schwarzen Glimmers in
basaltische Hornblende konnte ich an keinem der zahlreichen Ein-
schlüsse, die mir durch die Hand gegangen sind , beobachten. Sie
beruht sicherhch auf einem Irrtum. In auffallender Weise zeichnen
sich gewisse grobkörnige bis porphyrische Granite und Gneise vom
Jusi und Florian aas. Es ist ihnen ein zackig poröses Aussehen
eigen; der Glimmer ist gebläht worden zum Teil, der Feldspat ist
milchweiß gefärbt und von splitteriger Beschaffenheit. Das poröse
Aussehen dieser Gesteine mag zum Teil daraus sich erklären, daß
der aufgeblähte Glimmer leichter zersetzt wurde oder das durch Ein-
schmelzen des Glimmers entstandene Glas herausgelöst wurde. Der
Quarz zeigt vielfach auffallenden Fettglanz. Wohl am weitgehendsten
ist die Einwirkung des Magmas auf die kristallinen Gesteine im Tuff
des Metzinger Weinbergs. Leider sind jedoch die kontaktmetamorph
Diese Jahreshefte 1873.
— 272 —
umgewandelten Einsprengunge hier meist so weich und so stark der
Verwitterung anheimgefallen, daß es nicht möglich war, die einzelnen
Bestandteile genau zu bestimmen. Veränderungen der Auswürflinge
stärkerer Art sind mir von 5 Punkten bis jetzt bekannt geworden.
Die stärksten Umwandlungen haben natürlich die Gesteine erlitten,
die in das Basaltmagma hineingerieten und längere Zeit darin ver-
harrten. Solche Veränderungen stärkerer Art , die infolge ihres
günstigen Erhaltungszustandes sich für die Untersuchung besonders
eignen, kennen wir vom Hofbühl und vom
Alten Reuter bei Beuren. Fassen wir zunächst das Gestein
des letzteren Punktes näher ins Auge:
1. Es hat bei grauer Farbe eine körnige poröse Beschaffenheit
mit durchziehenden braunen Schlieren von Glas, die etwa wie die
Glimmerlagen in einem Gneis angeordnet sind. Der Feldspat zeigt
eine schlackige poröse Beschaffenheit bei weißer Farbe, ü. d. M.
erkennt man in einer glasigen Grundmasse Glimmer, unzersetzten
Feldspat und ganz selten Quarz. Da die Glimmer in Schlieren an-
geordnet sind , so dürfte das vorliegende Gestein einen verglasten
Gneis darstellen.
Von Biotit, der stets von dunkelbrauner Farbe, soweit er
nicht ausgelaugt ist, blieb ein Teil fast unversehrt erhalten; dieser hat
nur eine auffallend tiefkastanienbraune Farbe, zeigt aber noch normal
die Interferenzfarben und starken Pleochroismus. Ein anderer Teil
des Biotits ist verglast. Infolgedessen erscheint er optisch isotrop.
Er hat jedoch seine ursprüngliche Form beibehalten. Als eine Be-
gleiterscheinung dieser Umschmelzung darf die reichhche Ausschei-
dung von opakem Magneteisen angesehen werden.
Der Feldspat, vorwiegend Plagioklas, tritt teilweise in sehr
guter kristallographischer Begrenzung auf. Andere Kristalle dagegen
sind mehr abgerundet. Vielfach ist die Substanz u. d. M. trübe
durchsichtig infolge feinster dicht beieinander liegender, nicht näher
bestimmbarer Einschlüsse (über die Deutung s. S. 275).
Der Quarz ist nur in kleinen runden Körnern und selten an-
zutreffen.
Zwischen diesen noch mehr oder weniger gut erhaltenen Be-
standteilen zieht sich die Glasbasis hin, die an manchen Stellen
ganz klar durchsichtig, isotrop ist und Spannungsrisse zeigt, an
anderen Stellen wieder stark getrübt erscheint infolge staubartiger
Einsprenglinge und kleiner Körnchen von Magneteisen. Häufig ist
auch das Glas in der Nähe von Biotit gelbrot gefärbt. Ganz selten
— 273 —
liegen kleine starklichtbrechende Kriställchen im Glas, die wohl nach
Analogie mit den unten folgenden Feststellungen als ausgeschiedene
Augitkriställchen angesehen werden dürfen.
In einzelne Hohlräume drang Calcit ein und schied sich aus.
Es beschränkt sich sonach in dem betrachteten Gestein, das
wahrscheinlich einen quarzarmen Gneis darstellte , die Umwandlung
auf teilweise Verglasung des braunen Glimmers und auf Eindringen
von braunem Glas des Melilithbasaltmagraas in das Gestein.
2. In einem Stadium weiterer Verglasung befinden sich Auswürf-
linge vom Neuhäuser Weinberg oder HofbühP. Makroskopisch
lassen diese Gesteine folgendes erkennen.
a) Das eine Stück, das wohl einem Cordieritgranatgneis an-
gehört haben mag, läßt in einer braungrünen schlierigen Masse nur
noch dunkle glasglänzende Stellen unterscheiden, die verglasten Feld-
spat darzustellen scheinen. Der Quarz besitzt auffallenden Fettglanz;
eine lebhafte Färbung erhält das Gestein durch den großen Reichtum
an glänzendroten Granaten (Almandin). Vielfach erreichen dieselben
Erbskorngröße. Mit Hilfe des Stereoskopmikroskopes ließ sich auch
Graphit bestimmen. Die stark grün gefärbten Stellen dürften wohl
von verglastem Pinit herrühren. Der Feldspat, soweit er noch nicht
verglast ist, besitzt braune Farbe infolge massenhafter Einschlüsse
von Mikrolithen.
b) Ein anderes Handstück enthält größere schwarze pech-
glänzende Knollen , anscheinend mit Spaltflächen ; vielleicht sind es
verglaste Augite oder Hornblendekristalle. Der Feldspat scheint
eben in Verglasung begriffen zu sein. Der Quarz zeigt keine Ver-
änderung. Mit Hilfe des Stereoskopmikroskopes ließen sich auch in
diesem Stück, namentlich in der Rinde, Blättchen von Graphit er-
kennen.
c) Einen dritten Typus dieses Fundortes, bei dem die Ver-
änderung am weitesten vor sich gegangen ist, stellt ein dunkles
Gestein dar, dessen äußere Rinde porös ist. In ihr sind noch Kristalle
sichtbar von Feldspat mit Spaltflächen, daneben glasglänzende Körner.
Mehr nach der Mitte des Gesteins zu wird die dunkelgraue Masse
immer homogener mit einzelnen glasglänzenden Stellen darin und
ethchen ausgefüllten Blasenräumen. In der Rinde beobachtet man
Blättchen von Graphit.
' Am Hof buhl fand aiich Gaiser ein kontaktmetamorph umgewandeltes
Gestein, s. E. Gaiser: Basalte und Basalttuife der Schwab. Alb, S. 19.
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. 18
— 274 —
Interessanter gestaltet sich das mikroskopische Bild: In
einer abwechselnd hellen und dunklen Glasgrundmasse liegen Quarz,
Feldspat und im erstbeschriebenen Gestein (a) noch erkennbare
Glimmerfetzen sowie Granatkörner.
Die Glasgrundmasse setzt sich zusammen aus bald hellen
durchsichtigen, bald trüben, oft ganz dunkelgefärbten Partien. Der
helle Anteil hat ein blasiges Aussehen und besteht aus rundlichen,
eiförmigen Partien , die radiale Spannungsrisse und ein anisotropes
Verhalten (schwarzes Kreuz zwischen gekreuzten Nicols) zeigen,
sowie aus einer durch Mikrolithen getrübten Grundmasse, welche bei
700facher Vergrößerung sich in einen glashellen Grund auflöst, in
welchem zu Tausenden kleine starklichtbrechende, bald stabförmige,
bald sternartige Mikrolithen liegen, die an einigen Stellen sich größer
entwickelt haben and hier genau als Augitkristalle bestimmt werden
konnten. Außer diesen Augitnädelchen liegen in der Grundmasse
noch kleine gelblichrote Körner mit hohen, orangeroten Interferenz-
farben ; sie treten besonders gern als Kranz um die ganz lichten
Glasstellen auf.
Die dunkelgefärbte Glasmasse verhält sich annähernd
isotrop ; sie läßt sich nicht weiter auflösen ; man sieht nur viele
schwarze Körner, wahrscheinlich solche von Magneteisen in ihr liegen,
die gern von einem Rand roten Eisenhydroxyds umgeben sind. Ferner
sind in der Glasbasis unzählige Augitmikrolithen erkennbar. Die
dunkle Färbung stammt einesteils wohl von der Einschmelzung des
Glimmers , zum andern scheint aber auch eingeschmolzener Augit
oder Hornblende sie bewirkt zu haben.
Der Glimmer ist beim ersten Gestein (a) noch gut zu er-
kennen; zum Teil schon verglast. In den zwei anderen Gesteinen
(b) und (c) ist er nicht mehr erhalten , sondern vollständig um-
geschmolzen in ein dunkelbraunes Glas.
Der Quarz in unregelmäßig begrenzten Körnern ist fast un-
verändert; stellenweise besitzt er undulöse Auslöschung. Die einzige
Veränderung, die an ihm zu beobachten ist. sind große Glaseinschlüsse,
bald von runder, bald von eigentümlich geschwänzter Form. Manch-
mal lassen diese gestreckten Einschlüsse am Ende noch ein Glas-
bläschen erkennen. Es durchziehen den Quarz auffallend viele Risse,
die oft ganz angefüllt sind mit Glas.
Interessante Beobachtungen lassen sich am Feldspat anstellen.
Vielfach idiomorph begrenzt, gehört er vorwiegend zum Plagioklas.
Einzelne Kristalle sind gar nicht umgewandelt und führen nur wie
275
Quarz große Glaseinschlüsse. Andere dagegen lassen eine eigen-
tümliche Umwandlung verfolgen (s. Fig. 3). Zunächst wird der Umriß
von feinsten Partikelchen einer noch schwach doppelbrechenden Sub-
stanz durchsetzt, die vermöge ihrer Massenhaftigkeit dem Rand des
Kristalls das Aussehen einer köineligen Trübung
verleihen. Eine genaue Bestimmung dieser Parti-
kelchen ist unmöglich, jedoch hängen sie mit Ver-
glasungserscheinungen zusammen; sie scheinen
selbst nichts anderes als eine Art nicht völlig
isotropen Glases zu sein. Da aber nicht die ganze
Feldspatsubstanz am Rand von diesen Körnchen
vollständig ersetzt wird, so läßt sich noch immer
im konvergenten Licht der Schatten eines über
das Gesichtsfeld huschenden Achsenbalkens be-
obachten. Die weitere Umwandlung findet in der
Weise statt, daß von Längsseite zu Längsseite
parallel den oberen Kristallflächen diese Parti-
kelchen auftreten ; bisweilen nehmen sie hier
Längsformen an. Im Innern des Feldspats ist
ein noch unveränderter Kern. Andere Feldspäte
wieder sind vollständig erfüllt mit diesen kleinsten Körnchen und
dennoch schimmert bei TOOfacher Vergrößerung die Zwillingsstreifung
hindurch. Selten sind vollständige Einschmelzungen des Feldspats ;
nur wenige sind gebuchtet und gelappt.
Unversehrt blieben an Einschlüssen Zirkon , der in beträcht-
licher Menge sich vorfindet; Granat in großer Zahl bei Gestein (a),
ferner SiUimanitbündel.
2, Verän(lernnj2:en der im Ba.salt eingeschlossenen kristallinen
Gesteine.
Diese sind äußerst selten zu beobachten, unsere Kenntnis be-
schränkt sich bis jetzt auf zwei Punkte , von denen der eine (Jusi)
Deffner schon bekannt war, während der andere (Buckleter Teich
bei Urach) von mir bei der systematischen Absuchung der Vulkan-
punkte aufgefunden wurde.
Von vornherein ist zu erwarten, daß die im Basalt ein-
geschlossenen fremden Gesteine die Hitzeeinwirkungen noch viel
intensiver zeigen werden als die im Tuff liegenden ; das hat sich
auch durchweg bestätigt gefunden.
a) Deffner beschreibt und deutet die metamorphosierten Ein-
18*
— 276 —
Schlüsse des Basaltes vom Jusi in folgender Weise ^ (S. 23 a. a. 0.) :
„Hin und wieder zeigen sich im Basalt dunklere ölfleckenartige
Partien von Taler- bis Faustgröße mit einem bröckeligen, schwammig
aufgeblähten trachytischen Kern , in dem sich noch unveränderte
Quarzkörner und an den Kanten rundgeschmolzene Feldspatkristalle
erkennen lassen. Letztere sind an der Grenze zum Basalt häufig
bis zur Kugelform abgerundet und liegen in einem grüngelben email-
artigen Glase, das gegen das Innere dieser Einschlüsse in eine gelb-
lichgraue , sehr stark aufgeblähte Masse übergeht. Während die
Feldspatkristalle häufig noch an ihrem Blätterbruch erkennbar sind
und an Härte nichts verloren haben, so kommen doch auch Stücke
vor, an welchen dieselben unter Beibehaltung ihrer Kristallform
vollständig in Kaolin verwandelt sind. Unzweifelhaft sind diese Ein-
schlüsse vom Grund losgerissene und in flüssigem Basalt mit empor-
gestiegene Feldspatgesteine, teilweise nachweisbar der Granitfamilie
angehörig, welche diese Abschmelzung und Umwandlung in trachy-
tische und perlsteinartige Gebilde durch die Umhüllung des feurig-
flüssigen Basaltes erfahren haben."
Hierzu habe ich zu bemerken, daß es mir trotz eifriger
Nachforschungen nicht gelang, ähnliche Einschlüsse am Jusi auf-
zufinden ; deshalb glaubte ich, Deffner's Beschreibung hierher setzen
zu sollen.
b) Wenden wir uns nun zu den Einschlüssen im Basalt des
Buckleter Teichs (No. 127 auf Branco's Karte). Infolge früheren
Abbaues des Basaltes ist der Bruch noch ordentlich erschlossen. Er
liegt mitten im Wald unweit der Straße von Urach nach Dettingen.
Im Basalt stecken zahlreiche Einschlüsse, die durch ihre hellere
Farbe auffallen. Sie sind von mehr oder weniger poröser, körniger
Beschaffenheit. Graue Schlieren ziehen sich durch das körnige Ge-
menge hindurch, das teilweise einen eigentümlich bläulichen Schimmer
besitzt. Verschiedene Hohlräume sind sekundär mit Calcit ausgefüllt
worden. Die Oberfläche dieser Einschüsse , besonders wenn sie
angewittert ist, hat ein blasig schlackiges Aussehen, da die Blasen-
räume dann recht zum Vorschein kommen.
Interessant sind in erster Linie diejenigen Stücke , an denen
die Einschmelzung auch schon makroskopisch gut zu beobachten ist.
An den dunklen Basalt schließt sich eine heller gefärbtere Zone an
von eingeschmolzenem Gestein, die den Einsprengung scharf abtrennt
Begleitworte zuna Atlasblatt Kirchheim 1872.
- 277 —
vom Basalt und nach der auch diese Einschlüsse gern abspringen
und abwittern. Auf diese Art Salband, das ringsherum das Fremd-
gestein einhüllt, folgt durch einige Übergänge verbunden das körnige
Gesteinsstück, das zahlreiche Blasenräume erkennen läßt, die mit
einer weißen Substanz ausgefüllt sind und dadurch den Einsprengling
im Basalt sehr hervortreten lassen.
Das Auffälligste an diesen Einschlüssen ist , daß sie schon
äußerlich eine ungemein große Ähnlichkeit mit manchen der
Einschlüsse im Ries erkennen lassen, besonders mit denjenigen
der Ringlesmühle und des Goldberges. Die Übereinstimmung äußert
sich auch hauptsächlich darin , daß die magmatische Korrosion und
die Resorption der eingeschlossenen Fragmente durch das ein-
schließende Magma ganz ähnlich gefärbte grauviolette Mischungs-
produkte erzeugt hat.
Es mag ferner noch erwähnt werden , daß in diesem Basalt
wie in dem vom Jusi klastisch sedimentäre, anscheinend auf Schiefer-
tone, vielleicht auf Keuper und Jura zurückzuführende Einschlüsse,
die mikroskopisch die intensivsten Umkristallisationen erfahren haben,
nachgewiesen wurden. Doch sollen diese letzteren Erscheinungen
einer späteren Untersuchung vorbehalten bleiben.
Was nun die mikroskopische Untersuchung der an-
geführten verglasten kristallinen Gesteine betrifft, so liefern uns die
eigenartigen Einschlüsse vom Buckleter Teich folgende
Resultate :
Wir unterscheiden drei verschiedene Bestandteile. Glas, Ent-
glasungsprodukte und rückständige, der Einschmelzung ent-
gangene Bestandteile.
Gleich von vornherein mag bemerkt werden, daß aus dem
Verbandsverhältnisse und hauptsächlich aus dem gelegentlich starken
Überwiegen des Glases der Schluß gezogen werden muß, daß hier
in diesen Bruchstücken nicht bloß eine Umschmelzung des Materials
in situ vorliegt, sondern daß basaltisches Magma von außen her ein-
gedrungen ist.
U. d. M. beobachten wir Schlieren von Glas, die bald,
infolge der Anreicherung von Mikrolithen, dunkelbraun gefärbt er-
scheinen , bald aber ganz lichtbraun , ja vollständig glashell durch-
sichtig sind. Dieses völlig helle, isotrope Glas stellt sich mit Vor-
liebe in der Form von Eiern ein, die meistens gruppenweise bei-
sammen liegen. Spannungsrisse sind höchst selten darin wahr-
zunehmen.
Ein anderer Teil des Glases hat lichtbräunliche Färbung
und enthält vereinzelte Mikrolithen eingeschlossen. Bei + Nicols
löst sich dieses scheinbar ganz einheitlich gebildete Glas auf in un-
regelmäßig begrenzte Teilstücke , die nicht vollständig isotrop sind,
sondern schwachgrauliche Interferenzfarben besitzen und ein schwarzes
Interferenzkreuz noch erkennen lassen, das auf mehr oder weniger gut
entwickelten strahligen Aufbau hindeutet.
An anderen Stellen, und das sind die häufigsten und charakte-
ristischen für diese Einschlüsse , häufen sich im bräunhchen Glas
unzählige farblose Mikrolithen an , so daß ein undurchsichtiger Filz
entsteht. Manchmal rührt die dunkelbraune bis schwärzliche Fär-
bung des Glases wohl von eingeschmolzenen eisenhaltigen Mineralien
her , so namentlich von Biotit. An
solchen Stellen scheidet sich dann
das Eisen auch wieder in Form von
schwarzen Magneteisenkörnern aus.
Ganz besondere Aufmerksamkeit
beanspruchen die Mikrolithen
(s. Fig. 4). Sie sind farblos, bald
lang gestreckt, stabförmig oder nur
schwach gekrümmt, häufiger jedoch
gewunden, spiralig, korkzieherähn-
lich aufgerollt mit zahnartigen Fortsätzen. Gewöhnhch liegen die
Mikrolithen ganz beliebig im Glas angeordnet, nur selten kommen
strahlige Gebilde zustande, die in einem Punkt zusammenhängen
.und an gewisse Formen der Schleuderfrüchte bei Pflanzen erinnern.
Manchmal beobachtet man auch in einem Knäuel von Mikrolithen
einen schwarzen Punkt, von dem sehr lange geradgestreckte
Arme ausgehen nach allen Richtungen hin, die den umliegenden
Mikrolithen gegenüber verhältnismäßig nur wenig dicker sind, zum
Teil dafür aber um so stärker entwickelte Zähnchen besitzen. Meist
scharen sich diese Mikrolithen in unzähligen Exemplaren zusammen
zu einem undurchsichtigen Gewirr mit einem eigentümlichen metallisch
bläulichen Schimmer. Diese gekrümmten Mikrolithen gewinnen nun
dadurch noch einen ganz besonderen Wert, daß sie, obwohl im all-
gemeinen selten bei Verglasungen, sich ganz ebenso im Ries finden, und
zwar in weitester Verbreitung K Ja Schliffe von Gesteinen der Ringles-
Fig. 4.
' Oberdorf er,
1904. S. 17.
K., Die vulkanischen Tuffe des Ries bei Nordlingen
— 279 —
mühle und des Goldberges, die mir mein Freund Oberdorfer zum
Vergleich gab, sind zum Verwechseln ähnlich mit diesen. Nehmen
wir noch die Tatsache hinzu, daß Beyer ^ ähnliche Mikrolithen fand
bei Untersuchung granitischer Einschlüsse im Basalt des Bubenick
in der Oberlausitz, so dürfte der Schluß gerechtfertigt sein, daß hier
ähnliche und übereinstimmende Wirkungen ähnlichen Ursachen ent-
sprechen , und was für die Lausitz und die Alb gilt, wo durch die
Einschmelzung von granitischen Massen in Basalt die Entwicklung
derartiger charakteristischer Mikrolithen hervorgerufen wurde, auch
für das Ries anzunehmen wäre, nämlich die Einwirkung eines
basaltischen Magmas auf granitische Einschlüsse, was
wiederum der Annahme zur Stütze dienen würde, daß auch im Ries
ein basaltisches Magma eine Rolle spielte (vergl. Oberdorfer,
S. 32). In der Glasmasse Hegen viele rundliche Hohlräume, die
sekundär mit Kalkspat ausgefüllt wurden.
Betrachten wir das Gestein weiter von der Einschmelzungszone
entfernt, so stoßen wir auf ein buntes Gewirr von kleinen Körnchen.
Diese bestehen sowohl aus Glas als auch aus Quarz, Feldspat, Horn-
blende und Glimmer.
Am Quarz bemerken wir wenig Veränderung; er enthält ver-
einzelte, nicht einmal besonders große Glaseinschlüsse. Einige Bruch-
stücke sind scharfkantig umgrenzt, andere dagegen sind sehr auf-
fallend abgerundet, so daß man glauben möchte, ein Teil desselben
Kristalls sei schon eingeschmolzen worden.
Der Feldspat ist stets mehr oder weniger gerundet, besitzt
noch Zwillingslamellen; in der Regel ist er getrübt durch winzige
staubartige, unbestimmbare Einschlüsse. Die Hornblende findet
sich nur in ganz kleinen Bruchstücken zerstreut im Schliff, mit den
Achsenfarben a = hellgelblich, b = gelbgrün, c = gelbbraun.
Am entferntesten vom Basaltrand liegen auch kleine Fetzen
von einem tief dunkelbraunen pleochroitischen Glimmer.
Der hier beschriebene Einschluß mag einem Amphibolgneis an-
gehört haben.
Eine zweite Art der Veränderung dieser Einschlüsse
ist am folgenden zu beobachten:
Das Handstück, das aus dem Basalt herausgeschlagen wurde,
setzt sich aus einer dunkelgrünen Grundmasse zusammen ; darin
liegen viele milchweißgefärbte Körner, die man zunächst für Kalk-
' Beyer, 0., Der Basalt des Großdehsaer Berges
280
spat halten möchte, die aber mit Salzsäure nur schwach aufbrausen
und u. d. M. diesen auch nur gelegentlich erkennen lassen.
Das mikroskopische Bild ist dies : Um große und kleine glas-
hell durchsichtige Kügelchen zieht sich eine nicht ganz so helle,
durch staubähnliche Einschlüsse etwas getrübte Substanz. In dieser
liegen gelbliche Körner, die insbesondere um jeden Einschluß herum
einen mehr oder minder breiten Saum bilden. Eingestreut sind noch
dunkle Körner, wahrscheinlich von Magneteisen.
Bei + Nicols zerfällt jedes dieser mit einer farblosen Substanz
erfüllten Kügelchen in ein unregelmäßig zahnartig ineinandergreifendes
/
r
Fig. 5.
Gewebe von Stängeln (s. Fig. 5 Querschnitt u. Fig. 6 Längsschnitt).
Zuweilen zeigt diese farblose Substanz mit verzahnt blättriger Struk-
tur eine Neigung zu radialer Anordnung, besitzt die Licht- und
Doppelbrechung von Quarz bezw. frischer Feldspatsubstanz und ge-
hört einem vorwiegend zweiachsigen Mineral an ; dazwischen scheint
auch optisch einachsige Mineralsubstanz aber von annähernd gleicher
Lichtbrechung mit verwachsen zu sein.
Es hat den Anschein, als liege hier eine aus der Umschmelzung
der granitischen Einschlüsse hervorgegangene, durch Auskristallisa-
tion regenerierte blättrige Feldspatsubstanz vor, die mit Quarzsub-
stanz vermischt sein mag. Bei der innigen Verwachsung und Ver-
zahnung dieser kristallinen Aggregate ist eine sichere Unterscheidung
nicht möglich. Diese Aggregate setzen gleichfalls die durch körnige
Ausscheidungen getrübte Substanz zwischen den einzelnen Kügelchen
zusammen und nur verhältnismäßig selten liegen in dieser Substanz
— 281 —
gruppenweise beisammen kleine runde Körner von Glas, auf die sich
in diesem Gestein dessen Vorkommen zu beschränken scheint.
Auf Rissen und Spalten dringt Calcit ein und scheidet sich in
vorhandenen Hohlräumen aus.
In anderen Präparaten finden wir ähnliche Verhältnisse, nur
daß in diesen Fällen das Glas als Grundmasse überwiegt. Darin
liegen zahllose prismatische Kriställchen von hell gefärbtem Augit
und unbestimmbare feinste Nädelchen. Das Glas selbst ist nicht
völlig isotrop, sondern zeigt Anfänge der Doppelbrechung.
Werfen wir noch einen Blick auf das mikroskopische Bild des
Salbandes, d. h. derjenigen Zone des Einschlusses, die direkt an
den Basalt angrenzt, so finden wir, daß der Basalt, in dessen Grund-
masse von Glas große porphyrische Kristalle von Olivin, kleine
Augite, Perowskite und Körner von Magneteisen eingebettet sind,
von einer schmalen , makroskopisch dichten braungefärbten Zone
begrenzt wird , die sich u. d. M. auflöst in zahllose kleine Augit-
kriställchen, die in einer glasigen Grundmasse liegen. Diese hellgefärbten
Augite der Kontaktzone erstrecken sich auch noch in den Basalt hin-
ein und sind wesentlich kleiner als die zum Bestand des Basaltes ge-
hörenden Augite. In dieser Zone Hegt in der Regel auch ein schwach
doppelbrechendes, stark lichtbrechendes, tief dunkelbraunes Mineral
ausgeschieden, dessen Identifizierung nicht gelang. Es ist unregel-
mäßig zackig skelettförmig ausgebildet, besitzt keine charakte-
ristischen Spaltrisse und starke Absorption in einer Richtung. Darauf
folgt eine breitere Zone, die neben größeren Augitkriställchen bereits
die farblosen kristallinen Ausscheidungen der oben beschriebenen Art
enthält, die von dichten Augitkränzen umgeben sind.
E. Zusammenfassung und Vergleichung.
1. Uber.sicht über die gefundenen Gesteinsarten und deren Ver-
breitung.
Unsere bisherigen Feststellungen haben ergeben, daß unter den
Auswürflingen des Grundgebirges in den Albvulkanen als Vertreter
der kristallinen Schiefer lediglich Gneise vorkommen.
Mit Bezug auf das Vorkommen von Glimmerschiefer, das Mem-
MiNGER (s. S. 229 vorn) vom Florian, Mandelslohe (S. 229), Quenstedt
(S. 231) von Feldstetten , Branco (in Schwabens Vulkanembryonen
S. 191) von Böttingen erwähnen, haben unsere Untersuchungen keine
Bestätigung geliefert.
— 282 —
Eine mannigfaltigere Serie bilden die Tief engest eine, unter
denen auch Ganggesteine nicht fehlen.
Eine Zusammenstellung der von uns nachgewiesenen Ein-
schlüsse gestaltet sich folgendermaßen:
I. Gneise.
a) Durch charakteristische Gemengteile ausgezeichnete
Gneise :
1. Graphitführende Cordierit-(Pinit-)Gneise vom Flo-
rian; Grafenberg, Altenberg, Höslinsbühl bei Nürtingen.
2. Pinitglimmergneis: Hofbühl bei Metzingen.
3. Graphitgneis: Rangenberg bei Eningen.
4. Granat reiche Cordieritgneise^= Übergangsgneise von
No. 1 zu
5. Cordierit-Sillimanitgneise : Florian, Jusi. Grafenberg,
Geigersbühl.
6. Biotitreicher Kontaktgneis mit Spinell: Grafenberg.
b) Strukturell bemerkenswerte Gneise:
7. Körnelgneise: Florian, Rangenbergle.
8. Augengneis: Eisenrüttel bei Urach.
9. Granitgneise: Florian, Metzinger Weinberg.
10. Streifengneis: Grafenberg.
Ältere Tiefengesteine sind vertreten durch
II. Granite.
1. Pinitgranit (Zweiglimmergranit mit Pinit) (Florianit
Deffner's) : Grafenberg, Rangenberg, Florian, Höslinsbühl,
Engelberg.
2. Miarolitgranit: Grafenberg, Höslinsbühl, Geigersbühl und
Engelberg.
3. Granitit: Rangenberg, Hofbühl, Florian.
III. Ganggesteine der Granitformation.
1. Aplit: Florian, Grafenberg.
2. Kersantit: Rangenberg, Metzinger Weinberg. Grafenberg,
Engelberg.
IV. Diorite.
Amphiboldiorite : Sonnenhalde bei Neidlingen , Engelberg,
Aichelberg, Metzinger Weinberg.
V. Gabbro.
Rangenbergle bei Eningen.
Anhang:
1. Hornblendit (Hornblendefels): Rangenbergle.
2. Serpentin: Grafenberg.
— 283 —
VI. Tiefenfazies der Albbasalte.
Mineralkombinationen, die ungefähr entsprechen unter den be-
kannten Tiefengesteinstypen den Peridotiten und Pyroxeniten:
1. Glimmerperidotit : Owen.
2. Glimmerpyroxenite: Grafenberg.
3. Hornblendeaugitgestein: Rangenberg.
4. Fernere Urausscheidungen des basaltischenMagmas:
Gesteine aus Augit und Magnettitaneisen : Metzinger Wein-
berg, Limburg, Sonnenhalde.
Aus der Verbreitung der einzelnen Gesteinsarten ge-
winnen wir manche interessante Gesichtspunkte. Wenn es auch von
vornherein als wahrscheinhch gelten muß, daß überall im tiefsten
Untergrunde der Sedimente ein gneisartiges Grundgebirge verbreitet
sein wird, so ist es doch bemerkenswert, daß in unserem Albgebiet
gerade einer besonderen Art von Gneisen, nämlich den Cordierit-
gneisen eine besonders weite Verbreitung zukommt. Wir treffen
diese Gesteine übrigens auch im Ries wieder (vergl. S. 286). Jeden-
falls dürfen wir annehmen, daß Gesteine dieser Art in dem den
Schwarzwald und Bayrischen Wald verbindenden unterirdischen Ge-
birgsriegel vom alten Grundgebirge, den man das vindelizische Gebirge
nennt, eine große Rolle spielen. Insbesondere muß auf die große Ähn-
lichkeit dieser Gneise, wie ich sie im westlichen Teile des Bayrischen
Waldes studieren konnte, mit unseren Albgneisen hingewiesen werden.
Einer besonders großen Verbreitung erfreuen sich die Graphit
als Nebengemengteil führenden Gneise, während die besonders gra-
phitreichen Abänderungen, die etwa schon an die Vorkommnisse von
Pfaffenreut anklingen, selten sind ; sie sind ja auch im Bayrischen
Wald auf ein relativ kleines Gebiet beschränkt. Auch strukturell
stimmen die genannten Gesteine bis in alle Einzelheiten mit denen
des Bayrischen Waldes überein. Es gehört nicht hierher auf die
Genesis dieser Gesteine einzugehen und Stellung zu nehmen zu den
von Weinschenk ^ ausgesprochenen Ansichten über die Entstehung
des Graphites.
Bezüglich der mutmaßlichen Verbandsverhältnisse der
angeführten Gneise könnte man noch folgendes aussagen: Den Pinit-
glimmergneis und den Graphitgneis dürfen wir, infolge der vor-
handenen Übergänge , als Abänderungen des normalen Cordierit-
gneises auffassen, in dem sie wohl Einlagerungen darstellten.
^ E. Weinschenk, Zur Kenntnis der Graphitlagerstätten.
- 284 —
Ferner geht der Cordieritgneis allmählich über in den Cor-
dierit-Sillimanitgneis, der wieder eine größere Verbreitung ein-
nimmt. Da am Florian und Grafenberg beide Typen gefunden
wurden, so findet vielleicht eine enge räumliche Verknüpfung beider
Gneise statt.
Der vom Grafenberg bekannte biotitreiche Kontaktgneis ver-
tritt ein analoges Vorkommen von Bodenmais als Einlagerung im
granatreichen Cordieritgneis. Es ist ein altes Kontaktgestein, worauf
die Hornfelsstruktur und die Führung von Pleonast hinweisen.
Weiter schließt sich an die betrachteten Gesteine der Körn ei-
gneis an, der nur eine besondere Ausbildungsform des von uns
bisher kennen gelernten großen Gneiskomplexes darzustellen scheint,
indem nämlich der Cordierit (Pinit) als Gemengteil zurücktritt und
damit die Struktur sich auch einigermaßen ändert. Der Typus
Augengneis ist nur ganz untergeordnet vertreten.
Die Granitgneise schließen wir an die Körnelgneise an, wie
ja auch das Vorkommen beider Gneise teilweise zusammenfällt
(Florian). Auch im Bayrischen Walde kommen ähnliche Typen nahe
beieinander vor; das gleiche gilt vom Streifengneis.
Von den uns bekannten Auswürflingen der Tiefengesteine
hat nur der Zweiglimmergranit ein größeres Verbreitungsgebiet
inne. Wir dürfen daher als ziemlich sicher annehmen , daß dieser
Pinitgranit (pinitführender Zweiglimmergranit) einen mächtigen
Eruptivstock im Untergrunde unseres Gebietes darstellt, der un-
mittelbar an das Gneisterrain angrenzt und wahrscheinlich vielfach
in dieses eingreift. Im südöstlichen Verbreitungsgebiete der Aus-
würflinge kommt auch Granitit häufiger vor, hier mag in der
Tiefe ein Granitstock anstehen, der gelegentlich miarolitische
Massen einschließt, worauf wiederum einige Einschlüsse deuten.
Auch A p 1 i t und andere Ganggesteine fehlen diesen Massiven
nicht. In Anbetracht ihrer Verbreitung gelangt man zu der Vor-
stellung, daß Gänge in der Tiefe des Florian gegen den Grafenberg hin
aufsetzen in den Cordieritgneis hinein, wie ein Handstück deutlich er-
kennen läßt. Als besonders bemerkenswert mag angeführt werden, daß
Kersantite nicht selten sind. Ihre Verbreitung erstreckt sich wesent-
lich vom Rangenberg über den Metzinger Weinberg zum Grafenberg.
Die Reichhaltigkeit der Diorite an der Sonnenhalde bei Neid-
lingen und das benachbarte Vorkommen am Aichelberg bei Boll
deuten auf einen großen Dioritstock in der Tiefe, während das ver-
einzelte Vorkommen von Gabbro am Rangenberg auf keine große
— 285 —
Verbreitung dieser Gesteine im Untergründe des Vulkangebietes
schließen läßt.
Bezüglich der jüngeren kristallinen Einschlüsse ist es auf-
fallend, daß sie bei verhältnismäßig geringer Zahl in so verschiedener
Ausbildung vertreten sind. Wie schon ausgesprochen wurde, liegt
es nahe, in ihnen die Tiefenfazies der Melilithbasalte zu ver-
muten. Ihre Zusammensetzung würde dem nicht widersprechen; es
wurde oben festgestellt, daß die Bestandteile beider Gesteine in der
Hauptsache dieselben sind ; gemeinsam sind : Olivin, Augit, Perowskit,
Magneteisen, Apatit, Chromit; dazu kommen im Basalt noch Melilith
und die Glasbasis; in den grobkristallinen Pyroxengesteinen noch
braune Hornblende und Biotit. Letztere beiden Bestandteile sind
charakteristisch für Tiefengesteine und überdies in den Tuffen als
lose Auswürflinge verbreitet. Es läßt sich sehr wohl annehmen,
daß die effusive Form dieses grobkristallinen Gemenges einen Melilith-
basalt liefern könnte, doch bedürfte dies noch der quantitativ-chemi-
schen Bestätigung.
Was endlich die Auswürflinge anlangt, die nur aus Augit und
Magnettitaneisen sich zusammensetzen, so haben wir diese ebenfalls
als Ausscheidungen im Magma anzusehen, die mit dessen Eruption
an die Oberfläche befördert wurden. Zuletzt hat F. Zirkel^ auf
ürausscheidungen ähnlicher Zusammensetzung in den rheinischen
Basalten hingewiesen.
2. Vergleich der kristallinen Grundgebirgsgesteine der Alb und
des Schwarzwakles.
Nachdem wiederholt auf die sehr große Verwandtschaft der
kristallinen Auswürflinge der Alb mit Gesteinen des Bayrischen Waldes
hingewiesen wurde, dürfte es noch von Interesse sein, den Vergleich
auf das nächstliegende Grundgebirgsgebiet , den Schwarzwald,
auszudehnen. AuffälHgerweise finden wir hier weit geringere Ähn-
lichkeit; diese beschränkt sich im wesentlichen auf einige Granit-
typen, den normalen Granitit und den Miarolitgranit , also auf Ge-
steine , die überhaupt weit verbreitet und deshalb für Vergleiche
dieser Art nicht beweiskräftig sind.
Für den unter den Einschlüssen häufigsten Granit, den pinit-
reichen Zweiglimmergranit (Pinitgranit), fehlt ein vollkommen über-
einstimmendes Gestein in den nächstgelegenen Teilen des Schwarz-
waldes. Deffner bezeichnete bekanntlich dieses Gestein als „Florianit".
Zirkel, Ürausscheidungen im rheinisclien Basalt.
— 286 —
Da später alle anderen altkristallinen Auswürflinge von den schwäbi-
schen Geologen mit diesem Namen belegt wurden, so hat derselbe
seine ursprüngliche Bedeutung ganz verloren und ist einzuziehen.
3. Vergleich der kristallinen Auswüi'flinge der Alb mit solchen
nahegelegener Viilkangebiete.
Nachdem wir die kristallinen Auswürflinge des Vulkangebietes
um Urach kennen gelernt haben, liegt es nahe, zu fragen, ob die-
selben Ähnlichkeiten mit entsprechenden Auswürflingen im Hegau
und Ries erkennen lassen.
Schon Deffner und 0. Fraas\ insbesondere aber Gümbel^,
welche die Auswürflinge des Riesgebietes beschrieben, hoben her-
vor, daß ganz ähnliche Granite und alle die verschiedenen Gneis-
abänderungen des Rieskessels (S. 209 a. a. 0.) sich in den Aus-
würflingen der Uracher Gegend wiederholen, insbesondere der Pinit-
granit und der Cordierit- oder Dichroitgneis.
Über die altkristallinen Gesteine des Vulkangebietes im Hegau
berichtet 0. Fraas^. Er weist auf die Ähnlichkeit mancher Granite
mit solchen des Schwarzwaldes hin; weiteres ist aus seinen Angaben
nicht zu schließen.
In neuerer Zeit erwähnt Erb"^ (S. 54 u. 55 a. a. 0.) fremde
kristalline Einschlüsse in den Auswurfsmassen des Hegaus, ins-
besondere solche der Granitfamilie und hebt hervor, daß die ge-
fundenen Eruptivgesteine granitodioritischer Natur sind, ähnlich wie
sie im Schwarzwald vorkommen.
Nach einer mündlichen Mitteilung des Herrn Prof. Dr. A. Sauer
-gleichen die in den Phonolithtuifen des Hegau reichlich vorhandenen
Gneisgesteine und Granite vollkommen den im benachbarten Schwarz-
walde verbreiteten Haupttypen. Das hier in der Tiefe befindliche
alte Grundgebirge entspricht also noch dem Schwarzwalde in seiner
Zusammensetzung. —
Bezüglich des Erhaltungszustandes der kristallinen Aus-
wurf hnge im Ries und im Albgebiet gilt als Regel, daß die Aus-
würflinge des Uracher Gebietes bei weitem frischer, unzersetzter
sind als diejenigen des Rieses. Es kann dies nicht auf einer ver-
' Deffner u. O. Fraas, Begleitworte zum Atlasblatt Bopfingen-Ellen-
berg (S. 9).
2 G um bei, Fränkische Alb (S. 208 u. f.).
■^ 0. Fraas, Begleitworte zu Atlasblatt Hohentwiel (S. 4).
* Erb, J., Die vulkanischen Auswurfsmassen des Hegaus, Vierteljahres-
schrift (1. naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1900.
— 287 —
schiedenen Widerstandsfähigkeit gegenüber der Verwitterung beruhen,
da ja zum Teil ganz ähnHche Gesteine an beiden Punkten sich
sammeln lassen, sondern dieser Unterschied läßt sich nur erklären
durch die in den 2 Gebieten verschieden wirkende vul-
kanische Kraft. Anscheinend wurden die Gesteine im Ries durch das
aufsteigende Magma viel mehr verändert als dies im Uracher Gebiet
der Fall ist und es muß das Magma im Ries im Verein mit überhitzten
Dämpfen viel länger und wohl auch stärker eingewirkt haben, denn An-
und Einschmelzungen sind im Ries viel häufiger als im Albgebiet und
von einem derartigen Umfange, daß das Magma dadurch in seiner Zu-
sammensetzung geradezu verändert wurde (vergl. Oberdorfer), während
sich derartige Vorgänge auf der Alb auf nur wenige Einschlüsse be-
schränkten und die Einwirkung der vulkanischen Hitze auf die fremden
Einschlüsse sich in der Regel auf eine dünne Oberflächenschicht er-
streckte oder mit Aufblähungen verbundene Anschmelzungen hervorrief.
Ein interessantes Ergebnis lieferte die mikroskopische Unter-
suchung der kristallinen Einschlüsse im Basalt des Buckleter
Teichs, wobei sich zeigte, daß hier durch die Einschmelzung grani-
tischer Gesteine in den Basalt genau dieselben Entglasungsprodukte
(gekrümmte Mikrolithen) , das gleiche Glasgemisch entstanden, wie
sie für das Ries mein Freund Oberdorfer in großer Verbreitung nach-
gewiesen hat. Diese Erscheinung gestattet wohl den Schluß, daß
die bei der Einschmelzung gleicher Gesteine solche übereinstimmen-
den charakteristischen Entglasungen hervorrufenden Magmen eine
ähnliche Zusammensetzung besessen haben müssen und so erhalten
wir damit eine weitere Bestätigung für die von Oberdorfer auf
anderem Wege gewonnenen Schlüsse bezüglich der ursprünglichen
basaltischen Zusammensetzung des Riesmagmas.
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Jahrb. k. k. Reichsanstalt. 1904.
Beiträge zur Vitrellenfauna Württembergs IL
Von Mittelschullehrer Geyer in Stuttgart,
Mit Taf. IV— VII.
I. Einleitung.
Die nachfolgende Darstellung bildet die Fortsetzung einer gleich-
namigen Arbeit in den Jahresheften des Vorjahres ^ Die dort näher
beschriebene Sammelarbeit habe ich während der Ferien des Jahres
1904 fortgesetzt.
Anschließend an das früher besuchte Gebiet der mittleren Alb
zwischen Erms und Fils wandte ich mich an Ostern zunächst dem
Nordosten zu und durchsuchte die Quellgebiete der oberen Fils von
Wiesensteig bis Geislingen, ferner diejenigen von Degenfeld, Heubach,
Essingen und endlich die des Kochers und der Eger. Während der
Sommerferien widmete ich mich dann der südwestlichen Alb von der
Echaz bis zur Elta bei Tuttlingen und dem Südrand bei Schelk-
lingen, Blaubeuren, Ulm, Langenau, ohne jedoch an den zuletzt ge-
nannten Punkten Vitrellen zu erbeuten. Es steht mir nun heute
die Ausbeute eines zum mindesten einmahgen Besuches der Quell-
gebiete aller von der Alb zum Neckar ziehenden Flüßchen von der
Prim bei Spaichingen bis zur Eger bei Bopfingen und ebenso der zur
Donau fließenden Gewässer von der Elta bei Tuttlingen bis zur Nau
bei Langenau zur Verfügung, soweit sich eine solche überhaupt ergab.
Vom Jura zog ich zum Muschelkalk und untersuchte die tief-
liegenden Quellen links des oberen Neckars von Rottweil über Horb
bis Rottenburg und Herrenberg.
SelbstverständUch wurden, wie es die Umstände mit sich
brachten, einzelne Winkel schärfer durchsucht als andere; doch be-
strebte ich mich, eine gleichmäßige Kenntnis der Verhältnisse zu
gewinnen, und wenn ich aus manchen quellenreichen Talabschlüssen
' No. I der Beiträge s. diese Jahresh. Jahrg. 1904, S. 298; in vorliegender
Arbeit zitiert als „1904'-'.
•Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. 19
— 290 —
keine Vitrellenfunde anzugeben vermag, so darf daraus nicht auf eine
oberflächliche Untersuchung geschlossen werden. Im Gegenteil ! Ge-
rade die Hoffnungen, die ich für ein quellenreiches Tal mitbrachte,
veranlaßten mich zu eifrigem Suchen, und manchmal mußte ein
unbedeutendes, auf keiner Karte verzeichnetes Löchlein durch seine
unerwartet gespendete Beute den Glauben an den Erfolg der Arbeit
wieder beleben.
Wenn ich nun auch die Mehrzahl der Albquellen besucht habe,
habe ich doch noch keine Unterlage für ein abschließendes Urteil
über die Verbreitung der Vitrellen in den Albhöhlen und -Spalten
gewonnen. Wiederholte Besuche an Vitrellen fördernden Quellen
haben den Beweis geliefert, wie sehr das Sammelergebnis von Zu-
fälligkeiten abhängig ist: Jahreszeit, Niederschläge, Verstopfungen
und Veränderungen der Quellen, Mitführung von Geröll, Sand, Lehm,
Menge des Wassers usw. Es ist daher ganz selbstverständlich, daß
das Verbreitungsbild, das ich zu zeichnen versuche, bei öfteren Be-
suchen und längeren Beobachtungen sich in einzelnen Zügen ver-
ändern und um neue sich bereichern wird.
Ein Teil meiner vorjährigen Sammelarbeit fiel ins wasserreiche
Frühjahr, der andere in den trockenen Sommer und Herbst. Jede
Zeit hat ihre Vorzüge und Nachteile.
Im Frühling sind alle unterirdischen Spalten und Wasserrinnen
in Verbindung mit der Oberfläche gesetzt, und die treibenden und
ausspülenden Kräfte erreichen den höchsten Grad ; aber „wenn alle
Brünnlein fließen" , ist nicht nur die Arbeit eine umfangreichere
sondern auch der Prozentsatz der leeren Quellen ein höherer, weil
viele periodische und sekundäre Sprudel geöffnet sind, welche das
Überwasser der Höhlungen abführen. Die Quellen im Kalkland verfügen
gewöhnhch über 2, zuweilen 3 Öffnungen , auf übereinanderliegende
Stufen verteilt. Die unterste ist die Dauerquelle und zugleich die
stärkste ; die höher liegenden sind Sicherheitsventile, die sich in wasser-
reichen Zeiten öffnen, die tiefer liegenden Ausmündungen überfluten und
eine Untersuchung derselben erschweren und unmöglich machen.
Der trockene Sommer, zumal der vorjährige, ließ manche Quelle
versiegen , und wo sonst fortwährend Vitrellen ausgeführt wurden,
mußte ich mich damit begnügen , wenige mürb gewordene Stücke
aus dem trockenen Sand und Schlamm zu graben. Lebende Beute
habe ich diesmal nicht gemacht, vielleicht eine Folge des trockenen
Sommers, zugleich aber auch ein Beweis für die Seltenheit der
lebenden Vitrellen in Quellen.
— 291 —
Die Kosten des Unternehmens übernahm Herr Oberstudienrat
Dr. Lampert wieder auf das Kgl. Naturahenkabinett, und Herr Hein-
rich Fischer hat als Mikrophotograph seine Kunst in selbstloser
Weise in den Dienst der Sache gestellt. Ich schulde beiden Herren
großen Dank für ihr meinem Plane treu gebliebenes Wohlwollen.
II. Allgemeine Gesichtspunkte.
Die Methode des Sammeins und Bearbeitens blieb dieselbe wie
im Vorjahre. Für die bildliche Darstellung wählte ich — vorurteils-
und voraussetzungslos — von den meisten selbständigen Quellen die
besterhaltenen Vertreter der Formen- und Größenstufen mit der Lupe
aus. Die Photographien stelle ich dann in geographischer Ordnung,
wie ich die Objekte ersammelt, zusammen.
Eine vergleichende Betrachtung der Abbildungen auf Taf. IV — VII
läßt in der langen Reihe der aus denselben Elementen sich auf-
bauenden und wechselnden Gestalten zweierlei erkennen :
1. Eigenartige, kräftig modellierte, an bestimmte
Ortlichkeiten gebundene Gestalten treten klar hervor
aus der Linie schwankender Formen,
2. Benachbarte Ortlichkeiten liefern gerne ähnliche
Gestalten. Es entstehen gewissermaßen Landsmannschaften.
Man vergleiche z. B. aus gegenwärtiger Darstellung die Vitrellen der
6 Degenfelder Quellen, der Quellen von Lautern und Essingen, von
Unterhausen, Erpfingen und Hausen a. d. Lauchart, des südlichen
Heubergs, von Aistaig; aus der vorjährigen Darstellung verweise ich
auf die Funde des Uracher und Lenninger Tales, von Bettenfeld und
Ober-Rimbach, des Brettachtales.
So werden mir die Wege zur Aufstellung und Abgrenzung be-
nannter Formen gewiesen , und ich betrete sie in der Überzeugung,
daß sie mich zum Ziele führen , weil ich bei der Auswahl der ab-
zubildenden Exemplare nichts getan habe, die Wege künstlich her-
zustellen, da ich gewöhnlich auf diesem Punkte noch nicht ahnen
konnte, wie sie sich öffnen und wohin sie sich bewegen werden.
Decken sich Formenkreise mit geographischen Bezirken, so ist eine
systematische Einreihung der Funde von selbst gegeben.
Wenn ich nun aber die klar geprägten Formen und die sich
etwa anschließenden Landsmannschaften herausgenommen habe, bleibt
immerhin noch ein Rest, der Schwierigkeiten bietet. Einigen sieht
man ihre Zwischenform an ; sie haben als Übergänge ihre Stellung
gefunden. Wohin sollen aber die übrigen gestellt werden , die un-
i: *
— 292 -
sicheren Formen, die charakterschwachen Durchschnittsgestalten, die
da und dort selbständig auftreten und an anderen Orten als ver-
kümmerte Brüder kräftig entwickelter, den Typus der Familie fest-
haltender Glieder sich erweisen? Das ist im Jura die Form, die
ich 1904 mit forma acuta oder pellucida der QuenstedU bezeichnete.
Zwar die pellucida erweist sich auch in der hier zur Darstellung
kommenden Vitrellenserie als Endghed der Verkümmerungsreihe und
kommt sowohl im Jura als im Muschelkalk vor, und so lange acuta
mit QuenstedU tijpica verbunden ist, stellt auch sie nichts anderes
als eine Kümmerform dar. Aber acuta zeigt sich auch als führende
Form so ziemlich am ganzen Nordwestrand der Alb ausgebreitet.
Damit verhält sie sich wesentlich anders als die zu Landsmann-
schaften vereinigten Arten und Varietäten. Ihre Bildung ist demnach
von anderen Momenten beeinflußt als die der übrigen Formen. Ich
versuche es, dieselben darzulegen.
Bei gebirgsbewohnenden Tieren könnte man an Einflüsse der
Höhenlage oder der Gesteinsschichten denken. Die Höhenunterschiede
an der Alb sind aber zu unbedeutend, als daß sie an Schnecken,
zumal an höhlenbewohnenden, dem Witterungs- und Klimawechsel
entzogenen, zum Ausdruck kämen. Eher wäre eine Einwirkung der
Schichten zu erwarten. Wenn es sich aber überall um Jurakalk,
um Schichten von ähnlicher chemischer Zusammensetzung handelt,
so dürfte ein differenzierender Einfluß derselben auf die Vitrellen
durch das Wasser nicht anzunehmen sein. Dagegen ist die Neigung
der Schichten, die Lagerung, die Festigkeit und das Verhalten gegen
.das Wasser von bestimmendem Einfluß auf die Quellhorizonte und
die Spaltenbildung und damit auf die Verteilung der Wasserbewohner,
wie andererseits die Menge des W^assers, sein Gefäll, die Temperatur
und der in die Höhlungen eingeschwemmte Detritus, der den Vitrellen
die Nahrung zuführt und das W^asser chemisch zu verändern im-
stande ist, gestaltend auf das Tierleben einwirken.
Es wäre aber durchaus irrig, wollten wir annehmen, daß sich
Klüfte und Spalten, von Wasser durchströmt, wie sie die Vitrellen
bedürfen, nur im ursprünglich gelagerten Grundgestein bilden könnten.
Auch die diluvialen Ablagerungen auf Kalkformationen können von
unterirdischen Wasseradern durchzogen sein , welche Vitrellen be-
herbergen. So kommt es, daß bei Degenfeld lebende Vitrellen in
Quellen angetroffen werden, die, aus verschütteten Gesteinstrümmern
aufsteigend, durch die Vegetationsschicht der Wiesen sich zwängen.
Es ist aber einleuchtend, daß Queiladern im Gerolle, weil der Ober-
— 293 —
fläche nahe, ebenso wie solche in den höchstgelegenen Formations-
gliedern viel mehr von der Außenwelt beeinflußt werden als die tiefer
liegenden im Grundgestein. Je mehr insbesondere Zersetzungsprodukte
in das Wasser gelangen können, desto mehr verkümmern darin die
Schaltiere, wie sich aus den Beobachtungen der Muscheln in stehen-
den Gewässern ergibt, und je höher eine Quellader liegt, desto mehr
ist sie Schwankungen in Beziehung auf Temperatur und Wassermenge
ausgesetzt, von welcher das Tierleben ungünstig beeinflußt wird.
Die äußeren Lebensbedingungen, unter welchen eine Schnecke
lebt, treten uns in ihrer Schale plastisch dargestellt vor Augen,
ein Parallelismus zwischen den Daseinsbedingungen und Schalen-
charakteren ist nicht zu verkennen. Darum prägt jede Ürtlichkeit
ihren Formen auch die eigenen Kennzeichen auf, und die Gesetze,
nach welchen die Ausprägung erfolgt, lassen sich wenigstens in
2 Grundzügen wahrnehmen und durch das ganze Gebiet verfolgen :
1. Aus Gewässern, welche aus Felsenspalten des tief
bedeckten Grundgesteins kommen, stammen der Haupt-
masse nach große, feste, volle Formen (Kegel- oder Turm-
form); wahrzunehmen a) für die Alb am Falkenstein und Eckis bei
Urach, am Kächelesloch bei Schlattstall , bei Drackenstein , an der
Lochquelle von Unterdigisheim, an der Lippachquelle und am Wulf,
b) für den Muschelkalk an der Surrenbachquelle bei Aistaig, bei
Bettenfeld und Ober-Rimbach (s. 1904).
2. Nahe der Oberfläche sich sammelnde, dürftige
Quellen bringen kleine, spitze bis zylindrische, zarte
Gehäuse; wahrzunehmen an der Alb bei Degenfeld und im Rand-
ecker Maar, im Muschelkalk an den Quellen des Brettachtales.
An all den genannten Punkten liegen die Verhältnisse offen
zutage. Im ersten Fall handelt es sich zugleich um starke Quellen;
nur die dritte Quelle von Bettenfeld (1904, S. 324) ist wasserarm.
Im weißen Jura gehören sie der Grenze yld an '.
' Leider habe ich nicht von Anfang an darauf Bedacht genommen , beim
Sammeln auch alle in Betracht kommenden Verhältnisse zu berücksichtigen, weil
ich zu Beginn der Arbeit unmöglich wissen konnte , welche Umstände alle für
die richtige Erkenntnis der Vitrellenfauna von Wichtigkeit sein könnten. Zudem
ist es mir mit meinen Hilfsmitteln auch nur in den seltensten Fällen möglich,
Sicheres über Herkunft, Verlauf und Beschaffenheit eines Quellwassers zu er-
mitteln. Aber die beiden Wahrnehmungen , die sich mir durch ihre Wieder-
holungen von selbst aufdrängten, lassen dadurch, daß sie direkt an offen vor
Augen liegenden Verhältnissen gewonnen wurden , keinen Zweifel an ihrer Ver-
läßlichkeit aufkommen.
— 294 —
Für große, feste und volle Vitrellen, wie Quenstedti einschließ-
lich var. Weinlandi, saxigena, suevka var. Ahnobae. franconia var.
scalaris , sind demnach Quellen im Felsgestein von einer gewissen
Mächtigkeit , erforderlich ; sie sind also in ihrer Verbreitung an die
entsprechenden Schichten gebunden ; die kleinen, schlanken Gestalten
dagegen genießen einen weiteren Verbreitungsraum, weil die Mög-
Hchkeiten für eine Bildung von Quellen ihrer Ansprüche in größerem
Umfange gegeben sind.
Damit ist hinsichtlich der forma aada als einer schlanken,
spitzen Form die Ausbreitung über den Nordwestabhang der Alb
erklärt. Sie entstammt nämlich , wo sie als führende Form auf-
tritt, kleinen, meist am Fuß der Berge oder in der Talsohle
liegenden Quellen, und ich bin der Ansicht, daß sie überall als eine
Kümmerform , als ein Produkt ungenügender Existenzbedingungen
aufzufassen ist.
Ähnlich verhält es sich wahrscheinlich auch mit var. Zoller iana,
die von ebensolchen kleinen , zum Teil auch hochliegenden Quellen
zutage gefördert wird. Ich stelle sie daher unter V^orbehalt auf.
III. Die Vitrellen im Jura.
1. Vitrella Quenstedti Wiedersheim.
a) forma t i/pica.
Schlattstall: rechte Seitenquelle des Gebhardsbaches.
Drackenstein: Quelle rechts der Straße von Unter- nach
Ober-Drackenstein, spärlich.
Überkingen: Quelle im Steig, spärlich.
Wiesensteig: großer Quelltopf im Wiesengrunde oberhalb
der Stadt.
b) forma acuta, Taf. IV Fig. 3— LS.
Als führende Form, nicht mit der typica verbunden :
Mössingen: Taf. IV Fig. 5. In einer dürftigen, im Sommer
trockenen Quelle hoch am Südostabhang des Dreifürstensteins.
Gönningen: Taf. IV Fig. 6. 7. Quelle im Ramstel.
Geislingen: Taf. IV Fig. 3. 4. Kleine Quelle am Fuß der
Tierhalde, des westlichen Abhanges des von Amstetten kommenden
Baches.
Heubach: kleine Wiesenquelle im Gutenbachtal.
Lautern bei Gmünd: Taf. IV Fig. 8. Zwei Quellen an der
Straße nach Lauterburg.
— 295 —
Essingen: a) Quelle in den Gerwiesen unterhalb des Rems-
ursprunges, Taf. IV Fig. 9. 10, b) Quelle in der Geißhalde, Taf. IV
Fig. 11, c) Maier's Brunnen am Fußweg nach Aalen, Taf. IV Fig. 12. 18.
(Erreicht nahezu den Typus, vergl. 1904, Taf. XI Fig. 18, 19.)
Lauchheim: kleine Quelle in den Wiesen südlich der Bahn-
linie, Richtung Nördlingen.
2. Vitrena Quenstedti var. Weinlandi (1904, S. 316).
Wiesensteig: Seitalbrunnen, Taf. IV Fig. 1. 2. Etwas kleiner
als die vom Eckis, sonst aber gleich gebaut.
3. Vitrella Quenstedti var. Turhinella n. var.
Taf. IV Fig. 14—16.
Tier unbekannt.
Gehäuse : kleiner als Quenstedti typica , kegelförmig bis spitz
kegelförmig, gedrungen, festschalig; Gewinde rasch und gleich-
mäßig zunehmend; Umgänge rund gewölbt; Naht tief; Mündung
nahezu kreisförmig, oben rundlich gewinkelt; Nabel offen.
Höhe 3 mm, bis höchstens 3,4 mm ansteigend, 5 Windungen.
Vorkommen: Auf hausen bei Bopfingen a) in der schönen
Quelle der Eger in großer Zahl, leer ausgespült, in der Form nur
wenig voneinander abweichend ; b) in einem Brunnen am Wege zur
Egerquelle, spärlich.
Von der forma acuta und pellucida ist Turhinella durch die
kegelförmige Gestalt mit der breiten Basis getrennt; von der var.
Weinlandi, welcher sie im Umriß gleicht, scheidet sie der Mangel
der spitzen Mündungsecke , die sonst alle Varietäten der Quenstedti
auszeichnet.
4. Vitrella Quenstedti var. Ära n. var.
Taf. V Fig. 1—10. 13 und Taf. IV Fig. 17. 19—21.
Tier unbekannt.
Gehäuse: kleiner als Quenstedti typica, eikegelförmig, spitz;
Umgänge flach gewölbt, Naht seicht aber deutlich abgestuft;
Mündung oben gewinkelt; Nabel schlitzförmig, vom Mundsaum
wenig verdeckt.
Höhe 3 mm, 5 Windungen.
Vorkommen: Auf der Reutlinger Alb : ünterhausen bei Reut-
lingen: Quelle des Reißenbaches, Taf. IV Fig. 19—21 und Taf. V
Fig. 1 — 3; Mössingen: kleine, einem Felsen entströmende Quelle
in der Schlucht zwischen Farrenberg und Dreifürstenstein, Taf. V
— 296 —
Fig. 6—8 und Taf. IV Fig. 17; Erpfingen: Eselbrunnen, Taf. V
Fig. 9. 10; Hausen a. d. Lauchart: a) Broiler und b) Michels-
brunnen zwischen Hausen und Mariaberg, Taf. V Fig. 4. 5; Gen-
kingen: Quelle der Wiesaz, Taf. V Fig. 13; auch die Vitrellen von
Güterstein (1904, Taf. VHIFig. 16 — 18) dürften hierher zu stellen sein.
Die Reißenbachquelle liefert die reichste Ausbeute. Taf. V
Fig. 1—3 und Taf. IV Fig. 19—21 habe ich die Formenreihe dar-
gestellt. Die Größe bewegt sich bei gleichbleibender Windungszahl
von 3,2 bis 2 mm. Bei den kleinen Stufen, die noch unter pellucida,
die Endstufe der Quenstedti typica aus der Elsachquelle (1904, Taf. IX)
heruntergehen, wölben sich die Windungen wieder mehr, eine Er-
scheinung, die bei allen kleinen Formen im Kreise der Quenstedti
auffällt. Die großen Formen sind in der Mehrzahl. Der Fteißenbach
führt die Niederschläge des Nebelhöhlegebietes ab , und die vor-
liegende Varietät ist nach dem schönen Nallimädchen Ära in Wein-
land's Rulaman ^ benannt , das aus der Nebel-(Nalli-)Höhle stammt.
Um etwaigen Mißverständnissen vorzubeugen , möchte ich übrigens
nicht unterlassen zu betonen , daß V. Ära nicht in der Nebelhöhle
selbst lebt, die bekanntlich „trocken" ist, sondern in den Klüften,
die auch das Tropfwasser der Nebelhöhle ableiten.
In der Mössinger Quelle nehmen die Nebenformen schließlich
eine zylindrisch turmförmige Gestalt an, wie sie an der Alb eine
Seltenheit ist.
5. Vitrella Quenstedti var. Zolleriana n. var.
Taf. VI Fig. 1-5.
Tier unbekannt.
Gehäuse: spitz kegel- bis turmförmig; Gewinde ziemlich
rasch und regelmäßig zunehmend ; Umgänge ziemlich stark gewölbt ;
Naht tief ; Mündung rundlich dreieckig, unten breit, oben stumpf
gewinkelt; Mundsaum scharf, zusammenhängend, am Spindelrand
nahezu geradlinig verlaufend, umgelegt; Nabel verdeckt.
Höhe 3 mm, 5 Windungen.
Vorkommen: In der Zollerngegend : Killer bei Hechingen :
Quelle im Seeheimer Tal bei der ehemaligen Mühle, Taf. VI Fig. 1 — 3;
Maria Zell: kleine Quelle am Weg vom Hohenzollern zum Zeller
Hörn; Pfeffingen OA. Balingen: kleine Quelle im Buchenbachtal,
Taf. VI Fig. 4. 5.
* Rulaman, Erzählung aus der Zeit des Hühlenmenschon und des Höhlen-
bären von Dr. D. F. Weiuland.
— 297 —
Var. Zolleriana steht auf etwas schwachen Füßen. Ich stelle
sie vorläufig auf und behalte mir vor, später auf sie zurückzukommen,
wenn es mir gehngen sollte, über die Frage ins klare zu kommen,
wie sich die örtlichen Zustände eines Spaltengewässers im Bau der
Vitrellen äußern.
6. Vitrella saxigena n. sp.
Taf. VI Fig. 6—28.
Tier unbekannt.
Gehäuse: kegelförmig, kurz zugespitzt, festschalig, in
frischem Zustande trüb gelblichweiß und schwach durchscheinend,
alsbald milchweiß werdend mit starkem Glanz; Gewinde zuerst
langsam, vom S.Umgang an aber rasch zunehmend ; Umgänge auf-
geblasen, stark und rund gewölbt; Naht tief; Mündung breit,
vorgezogen, nahezu kreisrund, oben in eine ausgerundete Ecke
sich ausbuchtend ; Mundsaum scharf, zusammenhängend, am Spindel-
rand umgeschlagen; Nabel weit offen, perspektivisch.
Höhe 3,5 mm, 5 Windungen, selten 6.
Vorkommen: In den Quellen des südlichen Heubergs: Mahl-
stetten: Lippachquelle, Taf. VI Fig. 6. 7 und linke Seitenquelle der
Lippach bei der zweiten Mühle („Eschenquelle" nennt sie der Müller
nach einer nun verschwundenen Esche) , unmittelbar neben dem
Mühlkanal, Taf. VI Fig. 17. 23—28; Mühlheim a. Donau: Wulf-
quellen bei der Altstadt, Taf. VI Fig. 8—10. 16; Oberdigisheim:
linke Quelle des Kohlstattbaches, Taf. VL Fig. 11 — 13; Unterdigis-
heim: Quelle im Loch.
Von V. saxigena typica trenne ich
7. Vitrella saxigena var. tenuis n. var.
Taf. VI Fig. 14. 15. 18—22 und Taf. V Fig. 11. 12.
Tier unbekannt.
Gehäuse: turmförmig, zart; Gewinde langsam zunehmend;
Umgänge stark und rund gewölbt; Naht tief; Mündung schmäler als
bei saxigena typica, Mündungsecke deutlicher; Nabel offen.
Vorkommen : In kleinen Quellen des Heubergs und der Mün-
singer Alb: Egesheim: Quelle im Seetal, Taf. VI Fig. 21. 22; Ober-
digisheim: a) rechte Quelle des Kohlstattbaches, Taf, VI Fig. 14. 15;
b) Quelle im Sennental; Tieringen: Weiblequelle im Vohbachtal,
Taf. VI Fig. 18— 20; Sondernach: unterste Quelle des Baches; Gun-
dershofen: Wiesenquelle bei der Pumpstation, Taf. V Fig. 11, 12.
— 298 —
Vitrella saxigena stellt sich der Quenstedti zur Seite und
nimmt zu ihr eine Stellung ein wie Valvata alpestris zu piscinalis.
Die stark gewölbten Umgänge , die runde Mündung und der große,
deutliche Nabel unterscheiden sie. Der Glanz der Schale machte
sich beim Photographieren unangenehm bemerkbar ; er ließ eine
kontrastreiche Darstellung nicht aufkommen.
Die Art ist demselben Wechsel unterworfen wie Quenstedti.
Ich habe ihren Verbreitungskreis so weit gezogen, als die auf-
geblasenen Umgänge mit dem weiten , offenen Nabel vereint sind.
Innerhalb dieses Kreises wechselt hauptsächlich die Gestalt der
Schale, die bis zur Turmform abändert, wobei auch die Mündung
schmäler wird (var. temiis).
Die schärfste Ausprägung erfährt saxigena in der Lippachquelle
und im Wulf. Die kleinen Kümmerformen treten hier zurück. Freilich
konnte ich an beiden Orten auch nur zusammen 150 Exemplare
erbeuten, da die starken Quellen von den Müllern des Wassermangels
wegen rein von Steinen und Sand gehalten wurden. Um so größer
dagegen war die Ausbeute in der „Eschenquelle". Einen solchen
Reichtum von Schalen innerhalb einer kleinen Quelle traf ich sonst
nirgends an. Tausende und aber Tausende leerer Schalen konnten
gesammelt werden; denn das Loch schien unergründlich zu sein.
Phryganeenlarven hatten sich den Überfluß an Vitrellenschalen zu-
nutze gemacht und sie zum Bau ihrer „Köcher" verwendet, mit
welchen sie die Steine beklebten. In Taf. IV Fig. 23 — 28 und 17
sind die Entwicklungsstufen dieser etwas klein bleibenden saxigena
dargestellt. Fig. 25 zeigt den reinen Typus, die übrigen Formen
stimmen zum Teil mit den Nebenformen vom Wulf überein , zum
Teil decken sie sich mit var. tenuis. Diese erinnert durch ihr Vor-
kommen in kleinen Quellen und ihr Verhalten zur typica an Quen-
stedti forma acuta des Nordwestrandes. Die Dürftigkeit der Verhält-
nisse, unter welchen sie leben muß, ist wohl auch hier die Ursache
ihrer Schmächtigkeit.
8. Vitrella lahiata (1904, S. 320 f.).
An der Berechtigung dieser von mir voriges Jahr aufgestellten
Art kann ich nun nicht mehr zweifeln, nachdem ich sie in 2 weiteren
Degenfelder Quellen gefunden und mich von der Übereinstimmung
der Exemplare aller 4 Quellen unter sich und ihrer Verschiedenheit
von den übrigen Vitrellen überzeugt habe. Der Bau des Gehäuses
ist keinen großen Schwankungen unterworfen; nur in einer Quelle
- 299 -
erbeutete ich einige große Exemplare (Taf. IV Fig. 18. 22. 23), welche
sich als Riesenindividuen der labiata ausweisen.
9. Vitrella yonostoma n. sp.
Taf. V Fig. 14—19.
Tier unbekannt
Gehäuse: spitz kegelförmig, festschalig, weiß bis hornfarben
und gelbbräunlich, glänzend, durchscheinend ; Gewinde von der ersten
Windung an langsam und gleichmäßig zunehmend; Umgänge kaum
gewölbt; Naht seicht; Mündung nahezu kreisförmig, oben in
einen scharfen Winkel ausgezogen (der zuweilen eine besondere
Nische bildet); Mundsaum scharf, leicht nach außen gebogen, innen
mit einer deutlichen weißen Lippe verstärkt, am Spindelrande
umgelegt, zusammenhängend; Nabel offen.
Höhe 4—4,5 mm, 6 Windungen.
Vorkommen: Degenfeld, Quellen der Lauter.
Ich traf diese Vitrella schon bei meinem ersten Besuch in
Degenfeld an, wage aber ihre Aufstellung erst heute, nachdem ich
weiteres Material in Händen und mich überzeugt habe, daß sie nicht
übergangen werden kann. Sie ist in ihrem Verhalten der labiata
ähnlich: unter sich fest geschlossen und einheitlich gebaut, scharf
von den übrigen Formen getrennt (keine Übergänge), auf die Degen-
felder Quellen beschränkt.
Größe, Gestalt und Mündungsform stellen sie neben Qnensfedti,
die Lippe weist auf lahiata. Gehört sie nicht zu einer der beiden
als lokale Erscheinungsform? Das Nächstliegende scheint es zu sein,
sie an Quenstedti anzugliedern ; aber die flachen Umgänge sind der
Quenstedti fremd, die in allen Größenstufen durch stark gewölbte
Umgänge sich kennzeichnet, und die Lippe verbietet den Anschluß
an die Falkensteinerin. Freihch kann die Lippe wie bei labiata auch
zuweilen undeutlich werden und in einzelnen Fällen verschwinden.
Aber auch in den kleinen und kleinsten Formen (Taf. V Fig. 14. 15)
bleibt neben der Lippe der spitz kegelförmige Umriß bestehen und
trennt sie scharf von labiata^ die von Anfang an auf einen zylindrisch-
turmförmigen, langsam und gleichmäßig sich entwickelnden Bau bei
stärker gewölbten Umgängen angelegt ist.
Die eigenartigen Boden- und Quellenverhältnisse des Degen-
felder Talkessels, auf welche ich noch einmal zurückzukommen ge-
denke, erklären es, warum hier, inselartig, die lange, über die ganze
Jurakette sich fortziehende Entwicklung der F. Quenstedti unter-
— 300 —
brechend, gesonderte Formen auftreten, die auf diese Mulde be-
schränkt sind. Ein zweites, ganz äbnUches Vorkommnis, auch ein
fremdes Element im Gebiet der Quenstedti, ist das der V. exigua
(1904, S. 320) im Randecker Maar, wo auch die äußeren Umstände
des Wassers, die Boden- und Höhlenbildung von den übrigen der
Alb abweichen und besondere Gestalten erzeugt haben.
IV. Die Vitrellen im Muschelkalk.
10. Vitrella suevica n. sp.
Taf. VII Fig. 1—20.
Tier unbekannt.
Gehäuse: turmförmig, festschalig, gelblichweiß, durchscheinend,
stark glänzend, zart gestreift; Gewinde langsam und regelmäßig
zunehmend; Umgänge flach gewölbt; Naht scharf eingesenkt; Mün-
dung breit eiförmig, oben deuthch, aber stumpf gewinkelt; Mundsaum
scharf, am Spindelrand umgelegt, zusammenhängend; Nabel offen.
Höhe 3,5 mm, 6 Windungen.
Vorkommen: Diessen in Hohenzollern (hnks des oberen
Neckars): 3 Quellen des Diessener Baches oberhalb der Haugen-
steinmühle, in großer Zahl; Herrenberg: in einem der Quelltöpfe
der Ammer , sehr zahlreich , aufgewirbelt und vielfach zerrieben :
Tailfingen bei Herrenberg: kleine Quelle unterhalb der Molkerei,
sehr spärlich.
Von V. suevica typica trenne ich:
11. Vitrella suevica var. Ähnobae n. var.
Taf. VII Fig. 9. 10. 16—20.
Tier unbekannt.
Gehäuse: kegelförmig, gedrungen, Umgänge rasch zunehmend,
etwas stärker gewölbt; Mündung rundhch ; Nabel weit offen.
Höhe 3 mm, 5 Windungen.
Vorkommen: In 3 Quellen des Schwarzwälder ^ Muschelkalks:
Aistaig a. Neckar: Quelle des Lauterbaches und Quelle des Surren-
baches; Diessen: Quelle oberhalb der Haugensteinmühle s. oben.
Mit V. suevica sollen als Gegenstück zu F. franconia (1904,
S. 323 ff.) die Muschelkalkvitrellen links des Neckars bezeichnet
werden. Sie verlegen wie franconia den Schwerpunkt der Ent-
wicklung in die spitzen Formen und bilden dabei in den führenden
Abnoba, Name des Schwarzwalds bei den Römern.
— 301 -
Gestalten die regelmäßige Turmform aus, ohne die gewölbten Um-
gänge und die tiefe Naht der großen /Vafjcom'«-Varietäten. Als neues
Element nimmt unsere suevica neben der Streifung ^ die gedrungenen
Kegelformen auf (var. Abnohae), die sie dem benachbarten Jura nach-
zuahmen scheint.
Die Varietät tritt nicht nur als führende Form in den Aistaiger
Quellen auf, was mich veranlaßt, sie auszuscheiden, sondern sie
findet sich auch, aber in den Hintergrund gedrängt, am Haugenstein,
woraus sich ihre Angliederung an suevica ergibt. In den kleinen
Formenstufen decken sich Typus und Varietät wieder.
Die leider in den Abbildungen der Tafeln nicht zum Ausdruck kommt.
Letzte Erwiderung in dieser Zeitschrift auf Prof.
Dr. Klunzinger's Ausführungen in der Gangfiseh-Blau-
felehen-Frage vom März 1904.
Von Prof. Dr. O. Nüsslin in Karlsruhe.
Mit 2 Textfiguren.
Nach meinen letztjährigen Entgegnungen auf meines Gegners
Artikel in der Gangfischfrage glaubte ich das Ende dieser
Streitfrage erreicht zu haben. In bezug auf Klunzinger ist dies
leider nicht der Fall gewesen. Seine neueste Erwiderung wendet
sich zum größeren Teil persönlich, zum Teil sachlich gegen mich.
Auf das persönliche Gebiet möchte ich Klunzinger nicht mehr folgen.
Für diese meine letzte Entgegnung in dieser Zeitschrift ge-
nügen rein sachliche Berichtigungen zu meiner Rechtfertigung voll-
ständig. Ich folge Klunzinger in der Reihenfolge seiner Ausführungen
und beschränke mich auf besonders gravierende Stellen.
I. Die Augengröße von ßlaufelchen und Gangfisch.
In seiner Arbeit „Gangfisch und Blaufelchen" (diese Jahresh.
1903, S. 259) hatte Klunzinger für die auch jetzt S. 337 wieder
benützten Objekte seiner Messungen auch die Körperlängen mitgeteilt.
Ich hatte nun (s. diesen Jahrgang S. 190) die Augengröße in Pro-
zenten der Körperlänge für diese IvLUNziNGER'schen Originale um-
gerechnet und folgende Resultate erhalten:
I. für die Blaufelchen 4,1, 4,4, 3,9, 4,0, 4,5, 4,3, 3,9, 4,8, 4,6,
II. „ „ Gangfische 5,7, 5,3, 5,2, 5,5, 5,4, 5,0, 5,8, 5,9,
5,0 und 5,2.
DieseZahlen nennt Klunzinger heute „scheinbar bestechend"
(S. 338) und verwirft meine Methode der prozentischen Umrechnung
auf die Körperlänge, weil sie zu große Ausschläge gäbe. Er kehrt
zu seiner Methode der Berechnung des Bruchverhältnisses: „Augen-
größe zu Kopflänge" zurück. In unserer speziellen Streitfrage ver-
gißt Klunzinger, daß die direkte Verhältnisangabe der „Augen-
größe zur Kopflänge" nicht anwendbar ist und irreführen muß.
Er verschweigt hierbei vollständig den Grund der Nichtanwend-
barkeit jenes Bruchverhältnisses, der darin liegt, daß der Gangtisch-
kopf viel größer ist als der Blaufelchenkopf (etwa im Verhältnisse
303
von 21 zu 19) \ obgleich er diese Tatsache in früheren Pubhkationen zu-
gegeben hat. Es ist doch gewiß auch für jeden Laien einleuchtend, daß
ein Bruchverhältnis „Augengröße zu Kopflänge" für zwei Fische von
ganz verschiedener relativer Kopflänge niemals Aufschluß über
die relative Augen große derselben geben konnte und daß hier allein
die prozentische Umrechnung auf die Körperlänge berechtigt sein kann.
1903 hatte Klünzinger (S. 260) zugegeben, daß selbst die
jungen Blaufelchen (No. 8 und 9) ein kleineres Auge' hätten als
die gleichgroßen Gangfische.
Photographische Reproduktion der KLUNziNGER'schen Figuren 2 auf Tal IX und X
in etwa halber Größe ohne Retusche. (Oben Blaufelchen, unten Gangfisch.)
Nur ^ ein Pärchen Blaufelchen und Gangfisch erwachsen war
ihm damals ultima ratio gewesen, dasjenige seiner Taf. IX Fig. 2 und
Taf. X Fig. 2. Ich lasse nun diese beiden Fische heute in etwa halber
Größe der KLUNziNGER'schen Figuren (völlig unretuschiert) in photo-
graphischer Reproduktion folgen.
' Genauer 20,9 durchschnittlich (Max. 22, Min. 19,8) für Gangfisch und
18,8 (20,2 , 17,5) für Blaufelchen , wobei junge und alte Individuen inbegriffen
sind, während streng genommen nur erwachsene zu berücksichtigen wären. (Siehe
Zoolog. Anz. 1903, S. 405 und 406.)
^ Neuerdings (S. 337) hat Klünzinger noch einen sehr kleinen Blaufelchen
von 16 cm Länge aus früherer Zeit gemessen und findet bei ihm 0,8 cm Augen-
größe, also 5°/o der Körperlänge. Seine zum Vergleich angeführten Gangfische
von 19 cm Länge haben 1,00 cm Augengröße, also 5,26 °/o, daher ebenfalls größeres
Gangfischauge,
— 304 -
Obgleich das Gangfischauge auf den ersten Bhck deutlich größer
erscheint als das Blaufelchenauge (nach Messung im Verhältnis von
4,28 zu 3,8 ''/o der Körperlänge), fand doch Klunzinger 1903 nicht
den geringsten Unterschied und basierte allein auf dieses Paar
sein vernichtendes Schlußurteil: „Das Merkmal des , größeren Auges'
des Gangfisches erweist sich also auch nach dieser Methode (d. h. der
Photographie in gleicher Größe) als unsicher, nicht in allen Fällen
zutreffend: quod erat demonstrandum."
Und was sagt Klunzinger heute hierzu?
Er gibt seinen Irrtum zu (S. 339), fügt jedoch sogleich wieder
abschwächend hinzu: „Freilich ist die Messung mit Zirkel und Maß-
stab bei der Punktierungsmethode im Lichtdruck mißlich, zumal bei
Vergrößerung mit einer Lupe, wobei die Umrisse noch undeutlicher
werden. Ein Teil des Eindrucks des größeren Auges von Fig. 2 auf
Taf. X gegenüber von Fig. 2 auf Taf. IX ist auch auf Irradiation
zu setzen. Das hellere Auge (Iris) des betreffenden Gangfischbildes
erscheint größer als das umdunkelte ^ des Blaufelchen." Ich
will diese Sätze ohne Kommentar der Beurteilung des Lesers über-
lassen.
2. Größe der Eier.
Obgleich Klunzinger 1903 (S. 264) ohne Einschränkung sagte :
„Ich bestätige hierin die Angaben Nüsslins: die Gangfischeier sind
durchsichtiger und größer, die Blaufelchen kleiner und trüber", hat
er sich „jetzt wieder die seinerzeit (1882) erhaltenen Eier von Gang-
fisch und Blaufelchen" angesehen, welche sich in der Sammlung des
Vereins für vaterländische Naturkunde befinden. „Sie unterscheiden
sich wirklich nicht in der Größe , eher könnten die Blaufelcheneier
größer^ erscheinen." Fußnote 2 S. 339!
Nun , ich will auf diesen allerneuesten Widerruf Klunzinger's
* Als ob ich in den Korrektionen in meiner Entgegnung (diese JaLresh.
1904, S. 191) die Augengrößen vom Schattenrand an gemessen hätte!
'^. Jeder Fischereiaufseher am Bodensee muß den bedeutenden
Größenunterschied zwischen Blaufelchen- und Ganglischeiern alljährlich bei der
Füllung der Coregonengläser berücksichtigen. In ein Coregonenglas {i 1) gehen
etwa 280000 Blaufelchen- und 170000 Gangfischcicr. Eine einfache Anfrage am
Bodensee würde Klunzinger hierin belehren und belehren müssen. Ebenso
würde jeder dieser einfachen , jedoch scharfsichtigen Leute die Trübheit der
Blaufeicheneischale gegenüber dem klar durchsichtigen Gangtischei bestätigen
können. Wie ich 1891 (Allgem. Fischerei-Ztg. No. 4) gezeigt hatte, sind Blau-
felchen- und Ganglischei durch 10 Differentialcharaktere zu unterscheiden , von
denen die meisten für jedes $ Individuum beider Arten Geltung besitzen.
— 305 —
nicht näher eingehen , kann ich mich doch am Schlüsse dieser Er-
widerungj auf einen neuen Autor in dieser Sache berufen.
3. Wechsel in der Benennung.
Klunzinger hat zuerst (1881) den Gangfisch als jungen Blau-
felchen, dann (1884), bald nach demErscheinen meiner ^Coregonus-
Arten" , als besondere Spezies (= Coreg. exiguus Klunzinger),
dann (1892) nur als sogen, „biologische Art", endlich 1900 nur
noch als eine Zwerg rasse des Blaufelchen (= Coreg. Wartinanni
Bloch var. exigua Klunzinger) aufgefaßt und dargestellt.
In seiner neuesten Veröffentlichung (S. 341) rühmt sich Klun-
zinger noch besonders dieses Wechsels seiner Auffassungen. Es „ist
das eben das Schöne in der Wissenschaft gegenüber dem Dogma,
daß man nicht starr an Annahmen festhält," . . . .!
Es umhüllt dieser Satz Klunzinger's den stillen Vorwurf, daß
ich an dem „Dogma" der spezifischen Differenz von Blaufelchen
und Gangfisch von 1882 bis heute unverändert festgehalten habe.
Ich möchte hierbei Klunzinger fragen, welches denn „die neuen
Gesichtspunkte" aus Tatsachen und Beobachtungen gewesen sind,
welche ihn bestimmt haben, den Gangfisch heute nicht mehr, wie
1884, als Spezies, sondern als Rasse aufzufassen. Seit 1882
habe ich das Beweismaterial für die spezifische Verschiedenheit beider
Fische teils sicherer gestaltet, teils bedeutend erweitert. Klunzinger
selbst hat ja 1903 offen zugegeben, daß das größere Gangfisch-
auge bei 18 unter 19 Gangfischen und 10 unter 11 Blaufelchen
zweifellos bestehe, und heute mußte er diese Tatsache auch für das
letzte jener Vergleichspaare zugeben. Auch die Unterschiede in den
Eiern, 1884 bezweifelt, wurden 1903 von Klunzinger klar und be-
stimmt zugegeben. Und anderseits gesteht Klunzinger selbst, kein
Beweismittel für die Auffassung der Gangfische als Zwergrasse zu
haben. Und hat nicht V. Fatio aus dem exiguus Klunzinger einen
noch weit über den Gangfisch des Bodensees hinausgehenden und
Coregonen mehrerer Schweizerseen umfassenden Speziestyp geschaffen!
Das alles wären doch zwingende Beweisgründe für Klunzinger ge-
wesen, seine 1884 angenommene Spezies exiguus als solche zu halten,
ja zu befestigen.
Und nun kommt sogar noch ein neuer Autor, bestätigt meine
Angaben von 1882 an und betont die spezifische Differenz ^
Muß jetzt nicht Klunzinger abermals seine Auffassung ändern
und den Rückweg zur Spezies und zu 1884 (oder besser 1882) antreten,
^ Siehe den Schluß dieser Entgegnung.
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. 20
— 306 —
sind die Gründe hierzu nicht zwingend, und wo bleibt jetzt das Schöne
in der Wissenschaft, daß man nicht starr an Annahmen festhält?
4. Messungsmethode mit Band.
Hierzu sagt Kluxzinger jetzt (S. 342):
„Bei meinen Maßen auf S. 259 handelt es sich überall um Augen-
und Körperlänge, die Körperhöhe habe ich nur nebenbei angegeben.
Die Körperlänge habe ich mit Band gemessen, die Körperhöhe
dagegen ist mit Ansetzen des Zirkels zu messen."
Ein Jahr früher (S. 258) hatte er jedoch gesagt:
„Außerdem habe ich im folgenden die Körperhöhe gemessen,
von der Basis der Bauchflosse zu der Rückenflosse. Zum Messen
gebrauche ich ein Band, das sich an die Wölbungen anschmiegt."
Diese Methode eben hatte ich beanstandet. Auch hier lasse
ich Klünzinger's neuesten Widerruf ohne Kommentar, er zeigt von
selbst, mit welchem Gegner ich zu kämpfen habe.
5. Klunzinger schließt:
„Die Entscheidung über die Sache selbst, ob Art oder Rasse,
und über die im obigen noch als offen erklärten Fragen überlasse
ich dem Urteil anderer Forscher "
Auch ich will zum Schlüsse einem anderen Autor das Wort
erteilen :
„Ich stimme auf Grund eigener Anschauung vollkommen mit
den Ansichten Nüsslins überein, daß der Gangfisch eine besondere
Art sei, und benenne ihn im Gegensatz zu Klunzinger und Fatio
Coregonus macrophthalmus Nüssl. Allein schon durch den Vergleich
der Eier dieses Fisches mit denen des Blaufelchen muß man zu der
Überzeugung gelangen, daß man es mit zwei verschiedenen Tieren
zu tun hat." .... „Hierzu kommen dann noch deutliche Unter-
schiede in der Größe der Augen und der Zahl der Reusenzähne, so
daß es eigentlich unbegreiflich erscheint, daß immer noch Nüsslin's
genaue und langjährige Untersuchungen und Erfahrungen angegriffen
werden." „Unumstößliche Tatsache ist es, daß sowohl embryo-
logisch, anatomisch und biologisch Gangfisch und Blaufelchen stark
voneinander abweichen und wohl beide Anspruch auf eine besondere
Art machen könnend"
Karlsruhe, Anfang Juni 1904.
^ Auerbach, Dr. Max, Die Dotteruinwachsuiig uml Eiiibryonalaiilage von
Gangfisch und Äsche. Habilitationssclirift. Verhandl. d. naturw. Vereins zu
Karlsruhe 1904.
Sehlusswort auf obenstehende „letzte Erwiderung"
Professor Nüsslin's in dieser Zeitschrift, die Gangfiseh-
Blauf eichen -Frage betreffend.
Von Prof. Dr. C. B. Klunzinger in Stuttgart.
Da mir noch vor Erscheinen des diesjährigen Bandes unserer
Jahreshefte das Wort zu einer nochmahgen Erwiderung auf Nüsslin's
obenstehende „letzte Erwiderung" gegeben wurde, womit die fernere
Erörterung dieser Sache an dieser Stelle abgeschnitten werden soll,
so möchte ich mich auf folgende, hauptsächlich auf Zahlen ge-
gründete, rein sachliche kurze Bemerkungen beschränken.
1. Nach NüssLiN ist der Gangfischkopf viel größer als der
Blaufelchenkopf.
Zur nochmaligen Prüfung habe ich die von mir in meiner Arbeit
1903 S. 259 und 1904 S. 337 angegebenen absoluten Maße zugrunde
gelegt und rechne sie jetzt in einfache Verhältniszahlen um.
Verhältnis der Kopflänge zur Gesamtlänge (ohne
Schwanzflosse).
A. Blaufelchen:
I 6,5 und 5,5. II 4,8 und 4,5. III 5,1. IV 5,2. V 5,18. VI 5,5.
VII 5,6. VIII und IX 5. X 4,84. XI 4,9. XII 4,5. XIII 4,8.
B. Gangfisch:
I 4,85. II 4,3. III 4,7. IV 4,8. V 4,6. VI 5,0. VII 4,8. VIII 4,4.
IX— XII 4,7. XIII 4,5. XIV 4,3. XV— XVI 4,6. XVII 4,3. XVIII 4,4.
Ergebnis : auffallend viele gleiche Werte für beiderlei Formen,
so daß es mit dem großen Gangfischkopf als Unterscheidungsmerkmal
ziemhch schlecht bestellt ist; nur bei einigen großen Blaufelchen
erscheint der Kopf kleiner (Zahl 5 und darüber).
2. Verhältnis des Auges zur Kopflänge.
Diese Maße habe ich schon 1903 S. 337 gegeben, wobei ich
selbst schon bemerkte, daß diese Berechnung nicht einwandfrei sei
wegen „wenn auch nicht bedeutender Veränderung der Kopflänge
mit dem Alter". Der Fehler ist aber, nach meinen obigen relativen
Kopflängemaßen, lange nicht so bedeutend, als Nüsslin es in seiner
obigen Erwiderung betont. Daher sind die mehrfach übereinstim-
menden Grenzwerte nicht zu mißachten.
20*
— 308 —
3. Verhältnis der Augengröße zur Körperlänge
(ohne Schwanzflosse).
NüssLiN berechnet dies in Prozenten. Ich sehe nicht ein, warum
man hier nicht auch, wie sonst, einfache Verhältniszahlen gebrauchen
soll. Solche sind :
A. Blaufelchen:
I 24. II 22,5. III 25,6. IV 24,6. V 21,09. VI 22,89. VII 25,4.
VIII 24,5. IX 22,5 und 24,5. X 20. XI 21,6. XII 22,5 und 20,7.
XIII 22,6.
B. Gangfisch:
I 17,53. II ebenso. III 18,75. IV 18,99. V-VII 18,1. VIII 19.
IX-XII 19,9. XIII 17,1. XIV 17. XV 19,8. XVI 19.8. XVII 19.
XVIII (1904 S. 337) 19.
Nach dieser Berechnung erreicht das Gangfischauge allerdings
nie ganz die Zahl des Blaufelchenauges , wenn auch oft nahezu,
so bei dem Blaufelchen No. X (dem von mir besonders erwähnten
jungen Blaufelchen von 1881/83). Wenn diese Meßart einwandfrei
wäre, was ich aus den 1903 S. 258 und 1904 S. 338 angeführten
Gründen bezweifeln muß, so würde sie für das größere Gangfisch-
auge sprechen ; aber auch hier sind die gleichen Grenzwerte nahezu
erreicht und die Unterschiede oft minimal: so selbst bei den mittel-
großen Blaufelchen XI und XII und noch mehr bei dem jungen No. X.
Nur bei erwachsenen Exemplaren beider Formen tritt dieses Merkmal
mehr hervor, aber auch mit bedeutender individueller Variabilität.
3. G r ö ß e d e r E i e r.
Daß die frischen Eier, die ich im Dezember 1902 von beiden
Arten erhielt, sich durch ihre Größe unterscheiden (die vom Gang-
fisch größer), habe ich 1903 S. 264 zugegeben, zugleich aber be-
merkt, daß die Sicherheit dieses Merkmals noch nicht über alle
Zweifel erhaben sei, da bei gewissen Salmoniden, wie Salmo quhtat,
bei derselben Art die Eier unter Umständen bedeutende Größen-
unterschiede zeigen. Nun führt Herr Dr. M. Auerbach in der oben
in Nüsslin's Erwiderung von 1903 angeführten Habilitationsschrift
1904 S. 5 einen andern ähnlichen Fall an: „Die Eier der Aschen
aus dem Bodensee sind deutlich kleiner wie die der im Rhein bei
Stein laichenden, und ferner haben die Olkugeln der Rheineier eine
schön tief orangerote Färbung, während die aus dem See mehr gelb-
lich sind. Es sind daher auch beim Gangfisch und Blaufelchen weitere
Untersuchungen nötig, zumal auch die Eier, die ich 1882 erhalten
hatte (s. meine Entgegnung 1903 S. 339 Anmerkung 2) und jedermann
— 309 —
zur Ansicht and Untersuchung zu Gebote stehen, bei beiden Arten
gleich groß sind, ja die Blaufelcheneier sind sogar etwas größer ^
Zu der ganzen Auslassung Nüsslin's No. 3 über „Wechsel in
der Benennung" finde ich unnötig, hier noch einmal darüber mich
zu ergehen, meine Anschauungen hierüber sind klar in meinen Ar-
beiten von 1903 und 1904 gegeben, die jeder nachlesen kann. Nur
möchte ich bemerken, daß ich Nüsslin in keiner Weise einen auch
nur „stillen Vorwurf" gemacht hätte, als halte er an einem Dogma
fest. Ich habe nur wissenschafthche Forschung und Dogma im all-
gemeinen einander gegenübergestellt.
Auch über die Meßmethode mit Band oder Zirkel habe ich
1904 S. 343 das Nötige angegeben, es handelt sich hier nur um
Längenmaße, also auch nicht um einen Widerruf, sondern höchstens
eine Ungenauigkeit im Ausdruck , was für Nüsslin die Gelegenheit
bietet, auszurufen: „es zeigt von selbst, mit welchem Gegner ich
zu kämpfen habe."
Zum Schluß will ich meine Anschauung und Überzeugung noch
einmal dahin zusammenfassen : Kein Unterscheidungsmerkmal zwischen
Gangfisch und Blaufelchen ist so scharf, daß es bei jedem Individuum
sicher und ohne allen Zweifel festzustellen ist, wenn auch bei der Mehr-
zahl der Individuen eine Reihe von Unterscheidungsmerkmalen, eine
Neigung, solche besonders auszubilden, vorhanden ist. Selbst in der
Größe des Auges findet sich große individuelle Variabilität bis zu
Grenzwerten, die bei beiden Formen einander nahezu gleichkommen
(19,8. 20. 20,7) und nur durch eine Messungsmethode bestimmt
werden, wo die kleinsten Messungsfehler vervielfältigt werden. Der
Unterschied in der Größe der Eier ist nach No. 3 meiner obigen
Ausführungen auch noch gar nicht über allen Zweifel erhaben und
bedarf noch weiterer Forschungen. Somit ist es eben doch begreifhch,
was Herr Dr. M. Auerbach unbegreiflich findet, daß „Nüsslin's ge-
naue und langjährige Untersuchungen und Erfahrungen immer noch
angegriffen werden". Zur Aufstellung einer „guten" Art verlange
ich mit DöDERLEiN (s. meine Schrift 1903 S. 341), d*aß die Unter-
scheidungsmerkmale bei jedem Individuum deutlich festzustellen sind.
Stuttgart, im März 1905.
^ Ich habe nun neuerdings an diesen Schnitte mit Färbung gemacht,
aiis denen klar ersichtlich ist, daß sie nicht angebrütet sind: man sieht nur
Dotterkugeln, keine Kerne. Die Eier stammen aus Langenargen, wo es keine
Gangfische gibt.
Zur Physik der Sonne.
Vortrag im Verein für vaterl. Naturkunde am 10. April 1905^.
Von Prof. Dr. Aug. Schmidt in Stuttgart.
Der Anfang physikalischer Untersuchung der Sonne fällt in den
Beginn des 17. Jahrhunderts. Im Jahre 1611 hat der Jesuitenpater
Scheiner die erste Beobachtung eines Sonnenflecks gemacht. Die
dunkeln Flecken der Sonne und die sie begleitenden hellen Fackeln
sind die deutlichen Anzeichen dafür, daß die Sonne keine Scheibe,
kein Rad am Wagen des Sonnengotts, sondern eine um ihre Achse
rotierende Kugel ist, anscheinend eine flüssige oder gasige Kugel,
denn die Zeit der Achsendrehung ist nicht, wie bei einem festen
Körper, in allen Teilen gleich, sondern ist am kleinsten (25 Tage)
am Äquator und wächst mit zunehmender Entfernung von diesem,
so daß sie z. B. in der Breite 75^ 39 Tage beträgt.
Die Möglichkeit der neuen Entdeckung bot das soeben er-
fundene Fernrohr. Alle weiteren Fortschritte der Sonnenphysik
sind im wesentlichen an die Erfindung neuer Beobachtungsinstrumente
und an deren wachsende Vervollkommnung gebunden. Das heutige
^ Die wissenschaftliche Begründung der Theorie des Verfassers enthalten
folgende Veröffentlichungen : 1. Die Strahlenbrechung auf der Sonne , Stuttgart
1891. 2. Erklärung der Sonnenprotuberanzen als AVirkungen der Refraktion,
Zeitschr. Sirius, Mai 1885, Verteidigung gegen E. v. Oppolzer. ebenda Oktober
1895. 3. Ein Bild des Sonnenballs, Deutsche Revue, Juli 1899. 4. Das Wärme-
gleichgewicht der Atmosphäre nach den Vorstellungen der kinetischen Gastheorie,
Gerland, Beitr. zur Geophj'sik IV, 1. 1899. Labile Gleichgewichtszustände der
Atmosphäre, ebenda V, 3. 1902. Die Wärmeleitung der Atmosphären, ebenda
VI, 1. 1903. 5. Über die Doppellinien im Spektrum der Cln-omosphärc, Physika!.
Zeitschr. 3. S. 259, 1902. Lichtbrechung und Farbenzerstreuung in der Chromo-
sphäre, ebenda 4. S. 282 und 4. S. 341, 1903. Konsequenzen des Lambert'schen
Strahlungsgesetzes, ebenda 4. S. 453. Die Helligkeit astigmatischer Bilder und
das Bild der Sonne, ebenda 4. S, 476, 1903. Beobachtung der Helligkeitsabnahme
durch Brechung, ebenda 5. S. 67, 1904. Beschränkung und Erweiterung meines
Helligkeitsgesetzes, ebenda 5. S. 528, 1904.
— 311 —
Fernrohr fügt zu den Flecken und Fackeln die Granulation der
Scheibe und die Erscheinungen am Rande, nämlich die den Rand
umgebende Chromosphäre, das Anzeichen einer den weißleuchtenden
Ball umhüllenden glühenden Atmosphäre von weniger hoher Tem-
peratur, dazu wechselnde, bald rascher, bald langsamer ausbrechende
und wieder verschwindende Hervorragungen, die Protuberanzen und
einen bei totalen Finsternissen die dunkle Scheibe umhüllenden Hof
in mattem Silberglanz, die Korona, welche das Bild weit in den Welt-
raum hinausragender unregelmäßig verteilter Strahlenkegel darbietet.
Das Spektroskop enthüllt uns die chemische Beschaffenheit
jener inneren und teilweise der äußeren Atmosphäre in den dunkeln
FRAUNHOFER'schen Linien, die das Spektrum des weißen Sonnen-
lichtes durchziehen und in dem hellen, die dunkeln Linien umkehren-
den Emissionsspektrum der Chromosphäre, es gibt uns zugleich Auf-
schluß über gewaltige Sturmbewegungen mit einigen Hunderten von
Kilometern Geschwindigkeit innerhalb der Gebiete der Flecken und
der Protuberanzen.
Die verschiedenen Strahlungsmesser, Aktinometer, besonders
das Photometer und das Bolometer in Verbindung mit dem
Spektralapparat geben eine Analyse des Sonnenlichtes je nach der
Stärke, welche nicht nur den verschiedenen im weißen Lichte ge-
mischten Farben , sondern auch der unsichtbaren Wärmestrahlung
und der chemischen Strahlung zukommt. Sie lassen heute die früher
in weiten Grenzen schwankenden Temperaturschätzungen der Sonne
auf die engeren Grenzen von etwa öYo — 772 Tausend Grad ein-
schliessen.
Ganz besondere Enthüllungen liefern uns ferner die Magneto-
meter, die Instrumente, welche zur Beobachtung des magnetischen
Zustandes der Erde dienen. Die fortschreitende Verfeinerung dieser
Beobachtungen und ihre statistische Vergleichung mit dem Auftreten
der Sonnenfiecken haben nicht nur die Übereinstimmung emer lljäh-
rigen Periode in der Zu- und Abnahme der beiderlei Erscheinungen,
sondern eine ganz besondere Art von innigster Wechselwirkung kennen
gelehrt zwischen den Flecken oder vielleicht besser den die Flecken
begleitenden Fackeln der Sonnenscheibe und gewissen Veränderungen
des Erdmagnetismus. Man hat nämlich zweierlei solcher Verände-
rungen zu unterscheiden, solche, die an allen Orten der Erde gleich-
zeitig und gleichartig auftreten, und solche, die eine Wanderung von
Ort zu Ort zeigen oder die an verschiedenen Orten verschiedener
Art sind. Die ersteren sind es, welche mit den Sonnenerscheinungen
— 312 —
in Zusammenhang stehen. Merkwürdigerweise tritt der magnetische
Einfluß einer Fackel nur dann zutage, wenn diese dem der Erde
zugekehrten Meridian der Sonne nahekommt. Man bekommt das
Bild eines gewaltig ausgedehnten magnetischen Feldes , in welches
die Sonne mit den Planeten eingetaucht ist und welches stets auf
derjenigen Seite der Sonne Veränderungen erfährt, auf welcher die
Störungen in der Sonnenatmosphäre auftreten. Nach Riccü brauchen
diese Störungen, um von der Sonne zur Erde zu gelangen, etwa
2 Tage Zeit.
Indessen, nicht bloß die Vermehrung und Vervollkommnung
der Beobachtungen mit Fernrohr, Spektroskop, Aktinometern und
Magnetometern bereichern unsere Erkenntnis. Alle beobachteten Er-
scheinungen müssen an der Hand der allgemeinen physikalischen
Gesetze gewürdigt, voreilige Hypothesen müssen kritisch geprüft und
anderen möglichen Hypothesen gegenübergestellt werden.
Der Astronom, welcher die Entfernung (150 Millionen Kilometer)
und Größe (Durchmesser gleich 108 Erddurchmessern) der Sonne
berechnet, wendet die Gesetze der Geometrie auf die Beobachtungen
an. Die Kenntnis der Masse der Sonne, welche die unserer Erde
324000mal übertrifft, verdanken wir der Anwendung der Gesetze
der Mechanik auf die Bahnbewegungen der Erde und der Planeten.
Die Abweisung der früheren Temperaturschätzungen, die bis zu
Hunderttausenden von Graden reichten, Werte, welche nur noch den
tief liegenden inneren Massen zugeschrieben werden können, wurde
möglich durch das in neuester Zeit entdeckte allgemeine Gesetz über
Temperatur und Wellenlängen des ausgestrahlten Lichtes, ein Gesetz,
welches das Verfahren der Feuerarbeiter, aus der Farbe der Glut
die Temperatur zu schätzen, auf den exakten mathematischen Aus-
druck bringt. Jede beobachtete Erscheinung ist nur dann befriedigend
erklärt, wenn wir sie als Ausfluß der aus den irdischen Naturvorgängen
gefolgerten Gesetze erkennen.
Zu den Versuchen, die physikalischen Gesetze auf die Erschei-
nungen an der Sonne anzuwenden, rechne ich auch die Folgerungen,
welche sich mir aus dem Gesetze der Lichtbrechung für die Deutung
der am Sonnenrande beobachteten Erscheinungen ergeben haben. Li
der Zeit von 14 Jahren seit meinen ersten Veröffentlichungen haben
meine Vorstellungen sich wachsender Anerkennung erfreut. Die
zögernde Anerkennung besonders von selten der Astronomen von
Fach werden Sie verstehen, wenn ich Ihnen durch eine, so gut ich
es machen kann, populäre Auseinandersetzung der Hauptpunkte der
— 313 —
Theorie zeige, zu welch folgenschweren weiteren Annahmen die zu-
nächst rein geometrisch optischen Ergebnisse uns drängen, Annahmen,
die vorerst den Eindruck gewagter neuer Hypothesen zu machen
geeignet sind.
Ausgehend von dem sogenannten Sinusgesetz der Brechung
erinnere ich zunächst an einen bekannten Versuch, dem ich nachher
eine wichtige Erweiterung zu geben beabsichtige. Bringe ich eine
Münze auf den Boden einer Schüssel und stelle mich so auf, daß
der Rand der Schüssel meinem Auge die Münze verdeckt, so kann
ich dieselbe sichtbar machen, wenn ich in die Schüssel bis zu ge-
nügender Höhe Wasser eingieße. Der ganze Grund der Schüssel
erfährt eine scheinbare, eine optische Erhebung. Jeder von einem
dichteren in ein dünneres Mittel übertretende Lichtstrahl, mit Aus-
nahme des genau zur Trennungsfläche senkrechten , erfährt beim
Übertritt eine Richtungsänderung, die um so größer wird, je weiter
ein Strahl von der senkrechten Richtung abweicht. Zwischen dem
Sinus des Winkels der ersten und zweiten Strahlrichtung besteht ein
festes Verhältnis, das für jedes Paar von Mitteln seinen besonderen
Wert hat, je nach der Wellenlänge des Lichts einen etwas verschie-
denen Wert, für den Übergang von Luft in Wasser z. B. den ungefähren
Wert ^/g. Die Wirkungen der Lichtbrechung begleiten uns bei all-
täglichen Erscheinungen. Die Sonne und die Gestirne gehen alle
einige Minuten früher auf und einige Minuten später unter, als sie
bei geradliniger Fortpflanzung ihres Lichtes tun würden , denn die
Atmosphäre der Erde bildet ein unten dichteres , oben dünneres
Mittel, in welchem die Lichtstrahlen unendlich oft, unendlich wenig
gebrochen nach unten schwach konkave Linien darstellen. Jeder
Blick durch eine Fensterscheibe zeigt uns infolge der Unregelmäßig-
keiten des Glases verzerrte Bilder der Außenwelt. Unsere Thermo-
meter und Barometer täuschen uns 172^^1 so dicke Quecksilber-
säulen vor, als sie enthalten, das dickwandige Bierglas, wenn gefüllt,
scheint gar keine Wandstärke mehr zu haben. Eine Hohlkugel aus
Glas, in zwei Halbkugeln zerlegbar, deren innerer zum äußeren Radius
sich wie 2:3 verhält, auf den Innenflächen vergoldet, zeigt zu-
sammengelegt das Bild einer vollen Goldkugel. Besonders sind es
viele farbige Naturerscheinungen, welche, wie der Regenbogen, der
Brechung des Lichts entspringen.
Aus dem unmittelbaren Bilde der Sonne unter Berücksichtigung
der Entfernung von der Erde ergibt sich als Radius der weißleuchten-
den Oberfläche des Sonnenballs, der Photosphäre, der lOSfache
- 314 -
Erdradius, als Höhe der im Purpurlicht glühenden Atmosphäre un-
gefähr der einfache Erdradius, als größte Höhen zeitweilig auftreten-
der Koronastrahlen der mehrfache Sonnenradius. Sollten nicht auch
diese Abmessungen durch die Lichtbrechung beeinflußt sein? Ich
habe dem Brechungsgesetz entsprechend gezeigt, daß die Maße für
die Photosphäre und für die Chromosphäre , ja, daß die ganze dem
Anblick entsprechende Trennung dieser zwei Teile auf nichts als
einer ungerechtfertigten Verwechslung von Schein und Wirklichkeit
beruhen. Man schreibt der Photosphäre und der Chromosphäre
zweierlei Aggregatzustände zu, ersterer den flüssigen oder gar festen,
etwa in Form glühenden Staubes, entgegen allen der Wärmelehre
und dem Barometergesetz entsprechenden Erwartungen, nach welchen
eine Masse von 6000 Grad Temperatur in keinem andern als im
Gaszustand mit nach außen stetig und allmählich abnehmender Dichte
existieren kann. Erst in den höheren Schichten der Chromosphäre
und der Korona kann an Kondensationen gedacht werden.
Die Geometrie der Lichtbrechung zeigt unwiderleglich, daß ein
glühender Gasball uns gar kein anderes Bild geben kann , als eine
scheinbare scharfe Begrenzung zwischen einem undurchsichtigen weiß-
glühenden und einem durchstrahlten rotglühenden bis unsichtbaren
Teile. Fassen wir, um das zu begreifen, die zu unserem Auge kommen-
den Lichtstrahlen in ihrer umgekehrten Richtung auf als Sehstrahlen,
welche vom Auge ausgehen. Der am Rande den Gasball durchschnei-
dende Sehstrahl krümmt sich infolge der Brechung in einen gegen die
Mitte des Gasballs konkaven Bogen. Um so stärker wird die Krüm-
mung , je näher der Strahl den dichteren Schichten kommt. Nur
schwach gekrümmte Strahlen gehen daher unter kleiner Ablenkung
durch die äußersten Schichten hindurch bis zu einem Grenzstrahl,
unterhalb dessen alle anderen durch die zu starke Krümmung nach
innen, nach den weißleuchtenden Schichten abgelenkt werden. Es
ist ein ähnliches Verhalten, wie bei den der Erdanziehung verfallen-
den Meteorsteinen. Die einen, höheren, durchschneiden die Erd-
atmosphäre und gehen wieder fort auf Nimmerwiedersehen , die
anderen, zu nahe kommenden, bekommen Bahnen, welche die Erd-
oberfläche treffen und dringen in dieselbe ein. Ein solcher Unter-
schied der Strahlenablenkung bedingt für das Aussehen der Sonne
die scharfe Begrenzung zwischen Photosphäre und Chromosphäre.
Dabei begreift sich zugleich, daß der gegen die Sonne konkave
Grenzstrahl uns auch den Ort, in welchem er die Grenzschichte er-
reicht, ich nannte diesen Ort die kritische Sphäre, uns weiter
— 315 —
von der Sonnenmitte entfernt erscheinen läßt, als er sich befindet.
Der weißglühende Kern von uns unbekannter Ausdehnung scheint
sich bis zur kritischen Sphäre zu erheben und wird noch mit dieser
Sphäre optisch vergrößert unserem Auge dargestellt. Der Versuch,
die Dichte des Gases am Ort der kritischen Sphäre der Sonne zu
berechnen, führte unter der beispielsweisen Annahme, daß das Gas
sich in Beziehung auf die Lichtbrechung wie die Luft der Erde ver-
halte, auf eine 25 mal kleinere Dichte als diejenige der Luft an der
Erdoberfläche.
Mit dieser Grundanschauung über die nur scheinbare, nur
optische Existenz des sichtbaren Sonnenrandes verbindet sich nun
folgerichtig auch die optische Deutung der an diesem Rande be-
obachteten außerordentlichen Erscheinungen, nicht bloß des Auf-
tretens kleiner Ausbuchtungen und Einkerbungen des Randes der
weißen Scheibe, sondern auch außerordentlicher Lichterscheinungen
außerhalb des Randes, der sogenannten Protuberanzen, von welchen
ich zeigte, daß mindestens ein Teil derselben sich einfach als eine
Art von Luftspiegelungen erklären lasse infolge unregelmäßiger und
veränderlicher Dichteverhältnisse der durchstrahlten Atmosphäre. Die
Frage, wie weit mein Erklärungsgrund für die Protuberanzerschei-
nungen zureiche, muß natürlich offen bleiben. Ein Haupteinwand
gegen diese Erklärungsweise war der: die hochaufsteigenden Pro-
tuberanzen zeigen bei der spektroskopischen Prüfung ihres Lichtes
eine manchmal auf sehr große Geschwindigkeit der leuchtenden Sub-
stanz hinweisende Linienverschiebung, Geschwindigkeiten der glühen-
den Gase bis zu 400 und mehr Kilometer in der Sekunde. Es sei
viel wahrscheinlicher, daß so große Geschwindigkeiten in den oberen
Gebieten herrschen, wo wir die Protuberanzen sehen, als in den
tieferen, aus welchen das Licht herstammen würde, wenn die Pro-
tuberanzen Luftspiegelungen wären. Allein dieser Einwand , den
z. B. noch Arrhenius in seiner im Jahre 1903 erscliienenen kos-
mischen Physik geltend macht, ist seit mehreren Jahren hinfällig.
Schon im Jahre 1895 hat Deslandres gezeigt, daß nicht nur
durch die Bewegungen der Lichtquellen , sondern auch durch die-
jenigen der das Licht zurückwerfenden Körper Verschiebungen der
Spektrallinien erzeugt werden, und in den Jahren 1901 und 1904
haben Michelson und Fenyi dasselbe von den das Licht brechenden
Substanzen nachgewiesen. Bei genügend kleinem Winkel der Strahlen
mit der Richtung, in welcher die brechenden Massen geschichtet sind,
kann die Linienverschiebung sogar so groß werden , daß wir nach
— 316 —
der gewöhnlichen Erklärungsart auf eine größere Geschwindigkeit
der leuchtenden Massen schließen müssen, als sie die lichtbrechenden
Substanzen tatsächhch besitzen. Hochaufsteigende Wirbel und Wellen-
bewegungen in den leichten und dünnen Koronagasen sind geeignet,
Schlieren zu bilden, innerhalb deren die aufgewühlten sturmerregten
Chromosphärengase der Tiefe uns hoch schwebende Luftspiegelungen
erzeugen mit Linienverschiebungen , die uns noch viel größere Ge-
schwindigkeiten vortäuschen.
Infolge der Blendung unseres Auges durch das direkte Sonnen-
licht erscheint uns die Sonnenscheibe in durchaus gleichem Glänze
in allen ihren Teilen. Erst die Anwendung von Blenden bei der
Beobachtung oder auch die Projektion eines Sonnenbildes auf einen
Schirm läßt neben den Flecken, Fackeln und Körnern auch noch
eine gleichmäßige Abnahme der Helligkeit der Scheibe von der Mitte
nach dem Rande zu erkennen. Diese Verschiedenheit der Strahlungs-
stärke der Sonne je nach der Entfernung von der Scheibenmitte
hat nicht bloß für die Lichtstrahlen verschiedener Wellenlänge,
sondern auch für die unsichtbare Wärmestrahlung und die unsicht-
bare chemische Strahlung eingehende Untersuchungen erfahren. Die
Wärmestrahlung stuft sich ab von 100 "/o in der Mitte auf 43 am
Rande, die Lichtstrahlung im ganzen von 100 auf 37% und die
chemische Strahlung von 100 auf 13°/o. Innerhalb der Lichtstrahlung
hat H. C. Vogel noch 6 einzelne Spektralgebiete, jedes auf einen
kleinen Umfang der Lichtwellenlängen beschränkt, aufs sorgfältigste
untersucht. Es zeigt sich mit der Ausnahme eines einzigen der
Gebiete derselbe Charakter; die Lichtabnahme ist größer für die
Strahlen kleiner, als für die größerer Wellenlänge, das Licht aus der
Mitte der Scheibe enthält verhältnismäßig am meisten Violett, das
vom Rande verhältnismäßig am meisten Rot.
Nach dem Gesetze der Strahlung von Lambert und nach Ver-
suchen mit glühenden Metallkugeln ist die nach allen Richtungen
von jedem Teil der Oberfläche ausgesandte Lichtmenge derart gleich,
daß eine glühende Kugel aussieht wie eine gleichmäßig glühende
Scheibe. Warum macht nun die Sonne eine so auffallende Aus-
nahme von dem Lambert sehen Gesetz?
Nach der nächstliegenden Erklärung zeigt die Atmosphäre der
Sonne ein übereinstimmendes Verhalten mit der Erdatmosphäre. Wie
diese von dem Licht der Sonne um so mehr absorbiert, wie sie die
Sonne um so rötlicher, ihre Wärmewirkung um so schwächer er-
scheinen läßt, je tiefer die Sonne steht, je schiefer und damit länger
— 317 —
die Wege der Strahlen durch unsere Atmosphäre sind, so absorbiert
nach der allgemein verbreiteten Annahme die über der Photosphäre
schwebende gasige Hülle der Sonne von der senkrecht austretenden
Strahlung weniger, als von der schief austretenden. Entsprechend
der starken Abnahme der Strahlung nach dem Rande zu nimmt man
mit dem um diese Messungen hochverdienten Amerikaner Langley
an, daß mindestens die Hälfte der Sonnenstrahlung von der eigenen
Atmosphäre der Sonne verschluckt werde.
Ein einfaches Experiment aber , das ich beschreiben will , ist
wohl geeignet, einen zweiten und wohl den hauptsächlichsten Grund
der allgemeinen Strahlungsabnahme nach dem Sonnenrande erkennen
zu lassen. Setzen Sie auf einen etwa durch eine Lampe von oben
erleuchteten Tisch einen flachen Teller mit nicht zu glänzender Glasur.
Aus jeder Richtung, nach welcher nicht direkt gespiegeltes Licht
des Tellerbodens zum Auge kommt, erscheint dieser Boden annähernd
gleich hell, auch beim Betrachten in möglichst horizontaler Richtung.
Gießen wir aber eine Schicht Wasser in den Teller, am besten bis
zum Rande, so ändert sich die Erscheinung. Der Grund des Tellers
erscheint nicht nur gehoben, sondern auch um so dunkler, je schiefer
die Sehrichtung gewählt wird, besonders deutlich, wenn der Winkel
der Sehrichtung mit dem Wasserspiegel kleiner als 30^ wird. Bei
fortschreitender Abnahme des Winkels nähert sich die Helligkeit zu-
sehends der Grenze Null. Eine Wirkung der Absorption des Lichts
durchs Wasser kann das nicht sein. Dazu müßten die Strahlen im
Wasser meterlange Wege zurücklegen. In der Tat ist der Versuch,
wenn man ihn mit dem Wasser am Ufer eines Sees anstellt, noch
anffallender bei tieferem Wasser, weil die Absorptionswirkung die
Erscheinung verstärkt. Die Erscheinung ist eine um so reinere Folge
des Brechungsgesetzes, je geringer die Wassertiefe ist.
Das Licht nämlich, welches von einem Punkte des Wasser-
grundes ausgeht und unter verschiedenen Richtungen die Oberfläche
erreicht , teilt sich in 3 Gruppen von Strahlen. Die erste Gruppe
umfaßt alle Strahlen, welche von der senkrechten Richtung um mehr
als 49*^ abweichen , sie treten gar nicht über die Wasseroberfläche,
sie werden total reflektiert nach dem Gesetz der Spiegelung. Ferner,
in dem ganzen Kegel von Strahlen innerhalb des Grenzwinkels der
Totalreflexion spaltet sich jeder einzelne Strahl in einen austretenden
und einen nach unten reflektierten, und zwar ist der abgespaltene
reflektierte Teil um so stärker, je näher der Strahl der Grenzrichtung
ist. Endlich der austretende Lichtkegel zerstreut sich in ein sich
— 318 ~
bis zur horizontalen Richtung erweiterndes Büschel und zwar wird
auch hier das Gebiet der nahezu senkrechten Strahlen weniger, das
der der Grenze nahen Strahlen am stärksten von der Zerstreuung
betroffen. Die ganze Erscheinung folgt mathematisch aus dem Ge-
setze der Lichtbrechung, womit sich noch die allgemeinen Energie-
gesetze verbinden, und da je nach der Farbe bezw. der Wellenlänge
des Lichts die Brechungsverhältnisse sich ändern, so muß auch der
beschriebene Versuch mit Wasser eine Abstufung rascherer oder lang-
samerer Helligkeitsänderung je nach der Wellenlänge ergeben.
Wenn die Sonnenatmosphäre, besonders die Chromosphäre, ein
lichtbrechendes Mittel ist, so muß sie einen Teil des Photosphären-
lichtes total nach innen reflektieren, nicht in geknickten, sondern in
gebogenen Strahlen (tatsächlich tritt an die Stelle der Reflexion die
Refraktion) , sie muß auch von den die Sonnenatmosphäre durch-
setzenden Strahlen einen im Bogen gleichsam reflektierten Teil ab-
spalten, derart, daß die Helligkeit der senkrecht die Atmosphären-
schichten durchschneidenden Strahlen am größten, die Helligkeit der
Randstrahlen des Sonnenbildes am kleinsten wird.
In der Tat, wollen wir die Helligkeitsabnahme ganz der Ab-
sorption zuschreiben, so kommen wir zu dem Rätsel einer ungeheuren
fortlaufend von der kälteren Sonnenhülle aufgenommenen Energie-
menge, ohne über den Verbleib dieser Energie eine vernünftige An-
nahme machen zu können.
Daß die Sonnenhülle auf das sie durchsetzende weiße Licht
absorbierend wirkt, soll nicht bestritten werden. Die Spektralanalyse
zeigt uns eine Wirkung dieser Absorption in den tausenden dunkler
FRAUNHOFER'scher Linien, welche das Spektrum des Sonnenhchtes
durchsetzen. Wir finden dieses Licht wieder in dem Eigenlicht,
welches die Chromosphäre am Rande der Sonnenscheibe ausstrahlt.
Es ist aber so schwach, daß es nur bei totalen Finsternissen ge-
sehen, sonst aber vom Glanz der Sonnenscheibe weit überstrahlt wird.
Wenn die Strahlenbrechung in der Sonnenatmosphäre die Haupt-
ursache des Helligkeitsunterschieds zwischen Mitte und Rand der
Scheibe ist, so sind die exakten und reichlichen Messungen Vogel's
mit dem Spektralphotometer ein wichtiges wertvolles Material , um
die lichtbrechenden Eigenschaften und damit die chemische Natur
der die Sonnenhülle bildenden Gase zu ergründen. Ich erwähne in
Kürze das Ergebnis der von mir angestellten Berechnungen. Das
auf dem weißleuchtenden inneren Teile der Sonne auflagernde Gas,
dem wir schon mit Rücksicht auf das Barometergesetz eine alle uns
— 319 -
bekannten Gase überbietende Feinheit und Leichtigkeit zuzuschreiben
geneigt sind, besitzt ein ganz eigentümhches, für ein Gas großes
Lichtbrechungsvermögen, im Violett demjenigen des Wassers ver-
gleichbar, und besonders eine große Verschiedenheit dieses Vermögens
je nach der Wellenlänge, d. h. ein großes Farbenzerstreuungsvermögen.
Es zeigt ferner eine Besonderheit in der Abstufung seines Brechungs-
vermögens, eine sogenannte anomale Dispersion, welche darauf hin-
deutet, daß dem Gas als Eigenlinie seines Spektrums eine Linie im
Grün zukommt. Längst kennt man in der Sonnenatmosphäre einen
sich durch eine grüne Spektrallinie verratenden Stoff, dem man
wegen seiner Gegenwart in der Sonnenkorona den Namen Koronium
gegeben hat. Auf der Erde ist ein Gas mit dieser Spektrallinie noch
nicht sicher nachgewiesen. Daß aber auch unter den Körpern der
Erde der Wasserstoff nicht das leichteste Element ist, wissen wir
aus den Versuchen über elektrische Entladungen in GEissLERschen
Röhren. Die rechnende Physik erkennt bei diesen Versuchen einen
gasartigen Körper von 2000mal kleinerem Molekulargewicht als das-
jenige des Wasserstoffs. Eine derartige Substanz müßte das Koro-
nium sein, welches den überwiegenden Hauptbestandtteil der Sonnen-
atmosphäre zu bilden scheint bis herab zu den weißglühenden
Schichten. Alle anderen in der Chromosphäre nachgewiesenen Ele-
mente, Wasserstoff, Helium, Leichtmetalle und Schwermetalle, wären
nur in sehr verdünnter Lösung darin enthalten.
Gegenüber den sonst verbreiteten Theorien, nach welchen ent-
weder die Sonne ein flüssiger Körper ist, mit einer die Lichtbrechung
so gut wie entbehrenden Atmosphäre von glühenden Metalldämpfen
und Wasserstoff 3000 km hoch bedeckt, oder nach welchen die von
einer solchen Atmosphäre überlagerte Photosphäre ähnlich unseren
Wolken aus schwebenden Kondensationen von mindestens 6000 Grad
Temperatur besteht, schwebenden Metalltropfen, getragen von Gasen
größter Verdünnung, Theorien, nach welchen die Protuberanzen
vulkanische Ausbrüche und Springbrunnen glühender Gase sind, die
sich mit Hunderten von Kilometern Geschwindigkeit in den Korona-
raum ergießen, — gegenüber solchen Vorstellungen führt meine
Theorie zu sehr abweichenden Folgerungen, w^elche besonders solchen
Gelehrten sehr gewagt erscheinen müssen, die für die anderen Vor-
stellungen in ihren Veröffentlichungen bereits Partei genommen haben.
Die Physik der Sonne wird wohl nie aufhören, der Forschung
neue ungelöste Probleme aufzugeben. Der Stand des physikalischen
Wissens jedes Zeitalters spiegelt sich in den Hypothesen über die
— 320 —
Natur der Sonne wieder. Das größte dieser Probleme ist wohl der
Wärmehaushalt der Sonne. Die von der modernen Wissenschaft ge-
gebene Lösung läßt den Energieverlust durch Strahlung ersetzt
werden durch Gravitationsenergie, die sich in neue Wärme um-
wandelt, nach R. Mayer durch das Hereinstürzen kosmischer Massen
auf die Sonne, nach H. von Helmholtz und Lord Kelvin durch Zu-
sammenziehung der Sonnenmasse selbst. Beiderlei Vorstellungen sind
berechtigt und ergänzen sich. Soweit ein anderweitiger Ersatz des
Verlustes ausbleibt, muß der erkaltende Gasball unter Volumverminde-
rung sich wieder erwärmen. Aber beide Vorstellungen setzen dem
Wärmeersatz ein wenn auch noch so fernes Ziel, die Zeit, wo die
kleinen Massen des Weltraums von den großen verschlungen sind
und wo die großen Massen die Grenze der Schrumpfung erreicht
haben. Dieses Ziel ist Lord Kelvin's Wärmetod.
Aber diese ganze Anschauung von einem solchen Ziele der Welt-
entwicklung beruht auf einem vor bald 30 Jahren von dem Wiener
Physiker Boltzmann gemachten Fehlschluß, durch welchen ein allge-
meiner Naturvorgang geleugnet wurde. Die Atmosphären der Himmels-
körper erfüllen alle die Aufgabe, unter der Wirkung der Schwere
Wärme von ihren kälteren oberen Teilen nach den wärmeren tieferen
zu leiten durch die auf- und absteigende Bewegung der kleinsten
Teile der Gase. Ich habe in einem früheren Vortrage diese meteoro-
logischen Vorgänge näher besprochen. Die in ihrer Höhe begrenzten
Atmosphären werden diese Aufgabe der Wärmerückleitung nur sehr
unvollständig erfüllen. Sollte es aber eine allgemeine Weltraum-
atmosphäre geben, noch vielmal leichter als das Koronium, deren
A.tome, wenn auch noch so klein, der Schwere der Massenanziehung
nicht ganz entzogen sind, so ist diese Atmosphäre geeignet, alle von
den Sonnen des Weltraums ausgestrahlte Energie aufzunehmen und
zu den Zentralkörpern zurückzuleiten, von welchen sie stammt.
Fossile Süsswasser-Ostrakoden aus Württemberg.
Von Pfarrer Sieber in Rottenburg a. N.
Mit Tafel VIII. IX und 16 Textfiguren.
I. Allgemeiner Teil.
1. Sammeln und Untersuchen der fossilen Muschelkrebse.
Die Muschelkrebse (Ostracoda) bilden eine uralte geschlossene
Gruppe der niederen Krustaceen (Entomostraca). Ihr undeutlich ge-
gliederter Leib besitzt sieben Extremitätenpaare und ist mit diesen
in einer zweiklappigen Schale verborgen, welche an den Seiten zu-
sammengedrückt ist und Ähnlichkeit mit gewissen Muscheln besitzt.
Diese Schalen werden fossil in vielen Formationen gefunden, bereits
in den paläozoischen und mesozoischen, besonders zahlreich aber im
Tertiär und Diluvium. Während nun die fossilen Meeresostrakoden
in zahlreichen Gattungen und Arten beschrieben sind, ist die Zahl
der bis jetzt bekannt gewordenen Süßwasserostrakoden gering. Unsere
schwäbischen Formen dürften daher eine nicht unwesentliche Be-
reicherung dieser Zahl bedeuten.
Die Untersuchung fossiler Muschelkrebse bietet mehrfache
Schwierigkeiten. Die Systematik dieser kleinen Kruster ist eben
nicht in erster Linie auf ihr Exoskelett, sondern auf ihre innere
Organisation aufgebaut, welche sich leider an den Schalen nicht mit
der wünschenswerten Deutlichkeit manifestiert. Dazu kommt der
Umstand , daß die Schalen der Süßwasserostrakoden von vielen
Zoologen und Paläontologen unbefriedigend beschrieben und ab-
gebildet wurden. Man kannte eben eine Reihe von anatomischen
Details dieser Schalen ungenügend oder gar nicht. Erst die Zeich-
nungen G. W. Müller's befriedigen voll und ganz und lassen ein-
gehende Vergleichungen zu. Bei fossilen Süßwasserostrakoden ist
ferner eine nähere Bestimmung und Vergleichung nur dann möglich,
wenn man genügend und dazu vorzüglich erhaltenes Material hat.
.Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. 21
— 822 —
Schalen, welche die feineren Details nicht mehr erkennen lassen,
ermöglichen naturgemäß eine vollständige Beschreibung und Ab-
bildung nicht mehr. Zusammengedrückte oder mit Kalkspat in-
krustierte Schalen lassen die Zugehörigkeit zu einem bestimmten
Genus oder einer bestimmten Spezies meist nur ahnen.
Doch möchte ich raten, auch diese Vorkommnisse zu sammeln,
weil die Möglichkeit nie ausgeschlossen ist, daß unter sehr vielem
Material doch das eine oder andere Exemplar nähere Erkenntnisse
zuläßt. Zum Studium der Ostrakoden gehört endlich außer einem
guten Mikroskop ein für minutiöse Unterschiede sehr ähnlicher
Formen geübtes Auge. Man studiere keine Schale, ohne das Ge-
sehene zu zeichnen und die charakteristischen Züge durch ein-
gehenden Beschrieb zu markieren.
Bevor ich auf die Anatomie der Schalen der Süßwasserostra-
koden näher eingehe, muß ich auf drei notwendige Unterscheidungen
aufmerksam machen. Man beachte den Unterschied zwischen den
jungen Tieren und den alten; die Formen der letzteren sind in den
ersteren vielfach kaum angedeutet. Bemerkenswert ist der Unter-
schied zwischen d und 5. Von großer Bedeutung endlich ist für
viele Arten der Unterschied zwischen der rechten und linken Schale.
Die morphologische Betrachtung der Ostrakodenschalen geht
immer vom Umriß der Schalen aus, gesehen von der Seite und von
oben. Um die Ansicht von oben zu erhalten, muß man die Schalen
auf die untere Kante stellen , meist ein schwieriges Unternehmen,
eine genaue Vertikalstelking ist nicht leicht zu erreichen. Ebenso
schwierig ist es, ein richtiges Bild von dieser Ansicht herzustellen.
"Die Ansichten von oben sind daher nie so zuverlässig als die Seiten-
ansichten. Allein auch für die Beobachtung und Abbildung dieser
sind gewisse Vorsichtsmaßregeln dringend notwendig. Mit Recht
legt G. W. Müller den größten Wert darauf, daß die Seitenansichten
nie von ganzen Tieren, sondern nur von isolierten Schalen abstammen
dürfen. Ganze Tiere lassen sich eben wegen der Krümmung der
Schale kaum in eine genaue Profillage bringen und geben daher ein
verzerrtes Bild. Die einzelne Schale gibt auch genauere und schärfere
Konturen. Doch kann man bei einigen Spezies der Seitenansicht
des ganzen Tieres deshalb nicht entbehren , weil bei ihnen der Zu-
sammenhang der Schalen wichtig ist.
Der obere Rand der Seitenansicht ist nicht immer mit dem
Schloßrand der Schale identisch, sondern überragt diesen öfters; ich
nenne ihn daher im Gegensatz zum Schloßrand den Dorsalrand.
— 323 —
Die Seitenansicht der Schalen läßt noch eine Reihe von ana-
tomischen Einzelheiten erkennen. Die Ostrakodenpanzer bestehen
aus zwei Schichten. Die innere wird vom Epithel gebildet, welches
an den äußeren Flächen seiner hohen Zellen eine Chitinmembran
bildet, an der sich kohlensaurer und phosphorsaurer Kalk in Form
von kurzen Stäbchen ablagert, welche sternförmig angeordnet der
Schale in der Jugend ein retikuliertes Aussehen geben. Später
ändert sich dieses. Bei vielen Arten treten dafür andere Struktur-
verhältnisse der Schalen auf, die oft recht charakteristisch sind und
die betreffende Spezies auf den ersten Bhck erkennen lassen ; einige
wenige behalten das retikulierte Aussehen der Jugend auch im
späteren Alter. Außer dieser feineren Struktur bieten die Schalen
in ihrer Seitenansicht (von außen gesehen) noch eine Menge von
Details : Bald sind es Grübchen oder tiefe Versenkungen, bald kleine
Pusteln, Dörnchen, Leisten, Höcker, bald ein Netz von Kanäl-
chen u. dergl. Die ganze Schalenoberfläche ist von Porenkanälchen
durchbohrt, welche bei den fossilen Arten als größere oder kleinere
Punkte erscheinen. Endlich finden sich auf der ganzen Schale
Muskelabdrttcke , deren Bedeutung leider noch nicht genügend er-
forscht ist. Die Ostrakodenschalen dienen nämlich zugleich als
Skelett, an welchem manche Muskeln befestigt sind. Diese Stellen
erscheinen auch bei den fossilen Formen als lichte Mackeln. Am
auffallendsten sind die in der Mitte der Schale stehenden Abdrücke
des 4 — 6fach geteilten Schließmuskels; unter ihnen können meist
die Abdrücke zweier Mandibelmuskeln wahrgenommen werden.
Die Ostrakodenschalen besitzen wie die Bivalven an ihrem
Schloß ein Ligament, das die beiden Klappen öffnet, während der
Schließmuskel die Schale schheßt. Das Schloß hat bei den meisten
Muschelkrebsen des süßen Wassers keinen besonderen Apparat von
Zähnen, Leisten und Gruben. Die Schalen sind nie gleich groß, die
eine umschließt die andere ganz oder teilweise.
Von größter Wichtigkeit für die Morphologie ist die Innenseite
der Schalen. Diese sind nämlich nicht wie die Schalen der Bivalven
einfach tellerförmig ausgehöhlt, sondern jede Schalenhälfte bildet,
richtig orientiert, sozusagen eine Tasche. Das Exoskelett unserer
kleinen Kruster stellt, wie G. W. Müller sagt, eine Hautduplikatur
dar, an der eine innere und eine äußere Lamelle unterschieden
werden kann. Die äußere Lamelle ist verkalkt und bildet den
größten Teil der Schale : die Außenschale (mit Schloß etc.) , deren
Rand meistens auch mit dem Umriß der von der Seite gesehenen
21*
— 324 —
Schale identisch ist (Außenrand, AB). Die innere Lamelle ist nur in
der Nähe des Außenrandes verkalkt und bildet hier ein mehr oder
weniger breites Plättchen, die Innenschale oder Innenlamelle. Nur sie
ist bei den fossilen Schalen erhalten. Die Grenze dieser Lamelle
nennt man den Innenrand (IR). Die Außen- und Innenschale sind in
der Nähe des Außenrands mehr oder weniger verschmolzen oder ver-
wachsen. Die innere Grenze dieser Verwachsungszone bildet die Ver-
wachsungslinie (VL oder VR). Die Verwachsungszone ist durch
Porenkanäle, welche zu randständigen Borsten führen, durchbrochen.
LiENENKLAüS nennt sie „randständige Porenkanäle" und hat sie für die
Systematik der fossilen Seewasserostrakoden glücklich verwertet.
Für die Süßwasserostrakoden haben sie keine so große Bedeutung ;
immerhin sind sie bei einigen, Arten recht charakteristisch und. geben
ungefähr die Verwachsungszone an, auch wenn die Verwachsungslinie
nicht mehr sichtbar ist.
Auf der Innenlamelle, meist nahe dem Außenrand, gewöhnlich
auf der Verwachsungszone, entspringt ein Anhang, den G. W. Müller
als Saum (S) bezeichnet, den Ursprung nennt er Saumlinie (ä*!/). Der
Saumrand kann den Schalenrand überragen oder nicht. Der Saum
hat eine große systematische Bedeutung. Für die fossilen Ostra-
koden kann er leider nicht nach Wunsch ausgenützt werden, da er
meist schwer wahrzunehmen ist oder gänzlich fehlt. G. W. Müller
empfiehlt, um die Lage des Saums festzustellen, die Schale in
Glyzerin von innen zu beobachten.
2. Fundorte und Erhaltungszustand.
a) Miozän.
1. Das Stein heimer Becken ist der interessanteste und er-
giebigste Fundplatz für tertiäre Süßwasserostrakoden. Es finden sich
dort folgende Arten:
Candona Steinlicimensis n. sp.
Candonopsis arida n. sp.
Cypria suborbiadaris n. sp.
Cyclocypris nitida n. sp. ^
Cypris inaeqiudis n. sp.
Cypridopsis gracilis n. sp.
Iliocypris binocidaris n. sp.
Limmcythere cspliigmota n. sp.
Wer Jugendformen, <S und $, rechte und linke Schalen als
eigene Spezies beschreibt, wird allerdings bedeutend mehr Arten
finden. Gleichwohl bin ich überzeugt, daß in Steinheim noch mehr
— 325 —
Ostrakoden zum Vorschein kommen werden, wenn einmal die Auf-
merksamkeit der Sammler darauf gerichtet ist. Es fehlen auffallender-
weise die großen Cyjms- Arten. Vereinzelte Schalen, welche zur Auf-
stellung einer neuen Art nicht hinreichen, befestigen in mir diese
Hoffnung.
Die Ostrakoden finden sich in allen Schichten , welche die
Car'mifex führen, am häufigsten zusammen mit den Säugetierresten;
in der oberen P«j?a-Schicht und in den untersten Schichten sind sie
allerdings sehr selten. Der Erhaltungszustand ist befriedigend. Doch
wird man öfters sammeln müssen , bis man sehr gut erhaltene
Exemplare findet, welche alle anatomischen Merkmale aufweisen. Man
sammelt die Ostrakoden am besten durch Schlämmen, am einfachsten,
wenn man den cypridenhaltigen Sand in ein Gefäß mit Wasser wirft.
Die schönsten Sachen schwimmen oben und lassen sich leicht abschöpfen.
Steinheim birgt eine Reihe sehr interessanter und origineller
Formen , welche Anklänge an nordamerikanische rezente Formen
erkennen lassen.
2. Die Cypris-^c\i\ch.ien des Ries beiNördlingen enthalten
wahrscheinlich nur Eine Art. Der Erhaltungszustand ist unbefriedigend.
Die Schalen sind gewöhnlich stark mit Kalk inkrustiert, lassen keine
Details erkennen und sitzen auf einem Steinkern. Es gibt jedoch
auch Ausnahmen, welche eine Innenlamelle, Schalenstruktur und
Muskelabdrücke erkennen lassen. So fand ich an einem Handstück
der Sammlung des mineralogischen Instituts in Tübingen eine morsche
Stelle, welche einige ziemlich gute Schalen abgab. Sicherlich lassen
sich im Ries noch Stellen auffinden, welche eine bessere Ausbeute,
vielleicht auch an anderen Ostrakoden, gewähren. Je schöner weiß
der Cypris-KdW. von Nördlingen ist, desto weniger Wert hat er für
den Paläontologen. Die mürben und morschen Stellen sind die besten.
3. Im obermiozänen Sand des Scharbens bei ünteressen-
dorf, OA. Waldsee, kommen sehr selten C^pW^-Schalen vor, welche
nur der unermüdHche Sammeleifer und scharfe Blick des Dr. Probst
finden konnte. Der Erhaltungszustand ermöglicht keine eingehende
Analyse; allein der ziemlich deutlich sichtbare Schalenumriß von der
Seite gesehen macht es höchst wahrscheinlich, daß diese Spezies
nichts anders als die Cypris Bisgoviensis ist.
4. In den papierdünnen Brandschiefern des Randecker Maars
finden sich Ostrakoden, leider in einem sehr schlechten Zustand.
Unter ihnen läßt sich sicher eine große Cypris (1,6 mm lang), eine
kleinere Cypris, welche mit der Cypris des Ries große Ähnlichkeit
— 320 —
hat, und etwa noch eine Candona erkennen. Auch hier kann man
die Möghchkeit nicht von der Hand weisen, daß sich noch besser
erhaltene Exemplare finden lassen. Hochinteressant wäre der Nach-
weis, daß die Cypris Risgovlensis sowohl am Scharben als im Rand-
ecker Maar vorkommt; leider läßt sich dieser Nachweis für das
letztere noch nicht führen.
b) Pleistozän.
5. Das Cannstatter Mammutfeld wurde durch den Bau der
ümgehungsbahn üntertürkheim — Kornwestheim angeschnitten. Hierbei
wurden Ostrakoden gefunden, welche aus lauter rezenten Arten sich
zusammensetzen. Das Mammutfeld ist nach E. Fräas^ eine große
Mure oder Schuttlawine, welche an ihren Rändern Wasser anstaute
und die Ablagerung eines feinen Schlammes veranlaßte, welcher zahl-
reiche Schnecken und Muschelkrebse in sich birgt. Es wurden
folgende Arten gefunden:
Candona rostrata
„ fahaeformis
Cyprinotus salina
lUocypris Bradi/i.
Die Cannstatter Ostrakoden sind gut erhalten. Eine mehr als
2 mm große Cypris konnte wegen geringen und mangelhaften Ma-
terials nicht bestimmt werden.
Literatur.
1. Ueuss, f. A. Die fossilen Entomostraceen des österreichischen Tertiärbeckens.
Haidinger's Natui-w. Abh." IIT, 1, 1850.
2. BosQUET, J. Description des Entomostraces fossiles des terrains tertiaires de
la France et de la Belgique. Mem. des sav. etr. de l'Acad. Roy. de Bel-
gique vol. XXIV, 1852.
3. GoBANz, J. Die fossilen Land- und Süßwasser-Mollusken des Beckens von
Reon in Steiermark. Sitzber. der Akad. d. V. in AVien. Blat. naturw. Classe
13. Bd. 1854.
4. Jones, Rupert. A Monograph of the tertiary Entomostraca of England.
Palaeontograph. Society 1856.
5. Speyer, Osk. Die Ostrakoden der Casseler Tertiärbildungen. Cassel 1863«
6. Brady, G. St. A Monograph of the recent British Ostracoda. Trans, of
the Linnean Soc. XXVT, 1868.
7. Brady, G. St., Crosskey, H. W. and Robertson, D- A Monograph of the
Post-tertiary Entomostraca of Scotland. Palaeont. Soc. 1874.
8. Brady, G. St. and A. M. Norman. A monograph of the marine and fresh-
water Ostracoda of the North Atlantic and of North AVestern Europe. Roy.
Dublin Soc. vol IV, 1889.
' s. Zeitschrift d. Deutsch. Geolog. Gesellschaft XLVIII. S. 696. 1896.
— 327 ~^-
9. Vavra, W. Monographie der Ostrakoden Böhmens. Arch. d. naturw. Landes-
durchforsch. v. Böhmen. VIII. Band, No. 3. Prag 1891.
10. LiENENKLAUs, E. Monographie der Ostrakoden des Nordwestdeutschen Tertiärs.
Zeitschr. d. deutsch, geol. Gesellschaft 1894.
11. Sharpe, R, W. Contribution to a Knowledge of the North American Fresh-
water Ostracoda incl. the Fam. Cytheridea and Cyprididae.
12. Müller, G. W. , Deutschlands Süßwasser- Ostrakoden. Zoologica 12. Bd.
Heft 30 u. 31. Stuttgart 1900.
II. Spezieller Teil.
Von den drei Familien der Ostrakoden, welche jetzt das süße
Wasser bewohnen, haben zwei, die Cypridae und Cytheridae, ihre Ver-
treter unter den fossilen Muschelkrebsen Schwabens. In der Schale
unterscheiden sich diese beiden Familien hauptsächlich dadurch, daß die
Panzer der Cytheridae im allgemeinen schwer und mit Höckern ver-
sehen sind und der Schloßrand bezahnt ist, während die Cypriden ein-
fache glatte Schalen {lliocypris ausgenommen) und glatte Schloßränder
haben.
I. Familie. Cypridae.
G. W. Müller teilt die Cypriden nach ihrer natürlichen Ver-
wandtschaft in drei Unterfamilien ein, welche auch nach ihren
Schalen sich als solche unschwer erkennen lassen:
1. Unterfamihe Candoninae umfaßt die Gattungen Cydocypris,
Cypria und Candona.
2. Unterfamihe Cyprinae, die Gattungen Notodromas, Cyprois
und Cypris umfassend.
3. Unterfamihe Iliocyprinae mit der einzigen Gattung lliocypris.
Alle drei Unterfamilien sind in Schwaben fossil vertreten.
1. Unterfamilie Candoninae.
Candona.
Schale nierenförmig, hinten höher als vorn, höchste Erhöhung
über dem letzten Drittel, Bauchrand gerade. „Die Verwachsungs-
linie entfernt sich niemals weit vom Rand, ebenso die Saumlinie;
der Saum überragt den Schalenrand nicht oder nur unbedeutend."
(G. W. Müller)
Linke Schale größer als die rechte.
Candona Steinheiniensis n. sp. Taf. VIII, Fig. 1 — 7.
S: 1 = 1,08; h = 0,68; b = 0,48 mm.
Linke Schale des c? von der Seite: größte Höhe auf -js der
Länge. Von dem höchsten Punkt fällt der Dorsalrand nach vorne
328
in einer schwach gekrümmten, nicht selten fast geraden Linie sanft
ab, indem er auf Vs der Länge eine mehr oder weniger deuthche
Ecke bildet, von welcher er steil abfallend in den abwärts gerundeten,
schmalen Vorderrand übergeht. Im letzten Drittel fällt der Schloß-
rand steil zum Ventralrand ab. Bauchrand fast gerade, vor der Mitte
leicht eingebuchtet, nach der Mitte wieder leicht auswärts, im letzten
Fünftel wieder leicht einwärts gebogen (was an den Zeichnungen
nicht recht sichtbar ist). Innenschale in der vorderen Hälfte breit,
2. 3.
Fig. 1. Candona SteinJieimensis (J. 1. Rechte, 2. linke Schale von innen {AR,
VL, JR) 53 X- ^- Innenlamelle der linken Schale am Vorderrand ; 4. dieselbe
am Hinterrand, je 145 X-
Innenrand gegen den Schloßrand hin nicht allmählich auslaufend,
sondern mit einer konvexen Kurve plötzlich abbrechend; in der
hinteren Hälfte ist die Innenlamelle ziemlich schmal. Verwachsungs-
zone vorne auffallend breit, wird von zwei bis drei konzentrischen Reihen
von Porenkanälen durchbrochen. Saumlinie ungefähr in der Mitte zwi-
schen dem Verwachsungsrand und Außenrand, welcher nur wenig vom
Saum überragt wird. Auf der Ventral- und Hinterseite ist die Verwach-
sungszone schmäler, Saumlinie und Verwachsungslinie fallen so ziem-
- 329 —
lieh zusammen. Rechte Schale der linken sehr ähnlich, Dorsalrand
im ersten Viertel deutlich konkav. Dem Innenrand fehlt die charakte-
ristische konvexe Kurve an der Stelle, wo Dorsalrand und Innenrand
zusammenstoßen.
Von oben gesehen ist die linke Schale größer als die rechte.
Die Schalen sind vorne in eine Spitze ausgezogen, größte Breite in
der Mitte, hinteres Ende weniger spitz. Der Dorsalrand der linken
Schale greift vorne leicht über die rechte.
Die ganze Oberfläche der Schale ist mit zahlreichen Poren-
kanälchen besetzt. Im späteren Alter zeigt sie eine Struktur ähnhch
wie die jungen Candona. Muskelabdrücke sechs (vier in einer Linie
und hinter diesen zwei; vor dem obersten erscheint bei den meisten
Schalen ein siebenter). Auch zwei Mandibelmuskeln sind sichtbar;
ebenso deutliche hufeisenförmige Eindrücke der Hoden.
Schalen des $ bedeutend niedriger als die des 6, Dorsalrand
der rechten Schale namentlich zwei deutliche Ecken bildend, im
letzten Drittel tief eingebuchtet. Innenlamelle, Verwachsungszone,
Porenkanäle wie bei 6.
Die Jugendform ist stark mit rundlichen Grübchen bedeckt,
den erwachsenen Tieren ziemlich unähnhch.
Diese Spezies gehört zweifellos zum Typus C. puhescens. Reiche
Behaarung, Schalenumriß und -Struktur weisen sie dorthin, auch hat
sie mit C. puhescens Koch und G. fallax G. W. Müller, wie letzterer
sie zeichnet, vieles in den Verhältnissen der Innenschale, namentlich
die oben bezeichnete Krümmung des Innenrands an der hnken
Schale gemeinsam. Doch konnte ich sie mit keiner mir bekannt
gewordenen Spezies des C. puhescens-Typus identifizieren.
Jones beschreibt unter dem Namen Cypris setigera eine sehr
ähnliche Form, welche Brady, Grosskey und Robertson als Candona
compressa Koch, Vavra als C. puhescens Koch bezeichnen. Allein
schon deren ungenügende Zeichnungen lassen erkennen, daß Candona
Steinheimensis mit ihnen nicht identisch ist.
Candona ro st rata Brady u. Norman. Taf. VIII, Fig. 8 — 11.
?: 1 = 0,96; h = 0,58; b = 0,38 mm.
RechteSchale: Die größte Höhe hegt etwas hinter ^/^ der Länge.
Hier bildet der Dorsalrand eine scharfe Ecke, von welcher er nach
vorn etwa Vs der Schalenlänge sanft fast geradhnig abfällt, um mit
einer stumpfen Ecke in den zunächst konkaven , dann aber stark
konvexen, breit abgerundeten Vorderrand überzugehen. Nach hinten
330
fällt der Uorsalrand steil ab, bei vielen Exemplaren ebenfalls mit
einer konkaven Kurve in den Hinterrand übergehend. Ventralrand
eingebuchtet.
Innenlamelle vorne sehr breit, hinten schmäler; Vervvachsungs-
zone schmal, von zahlreichen, kurzen und breiten Porenkanälen durch-
brochen. Saum schmal, den Außenrand überragend.
Jft JL AK
2. . 1. 3.
Fig. 2. Candona rosfrata. 1. Rechte Schale von innen 42 X- 2. Innenlamelle
der rechten Schale 145 X- 3. Innenlamelle der linken Schale 145 X-
Linke Schale der rechten im allgemeinen ähnlich, nur ist der
Dorsalrand mehr gleichmäßig gewölbt. Innenlamelle breiter als bei
der rechten Schale, bedeutend breiter sind die Verwachsungszone
und der Saum. Verwachsungslinie unregelmäßig, bald innerhalb, bald
außerhalb der Saumlinie. Randständige Porenkanäle lang, auffallend
unregelmäßig. Der Saum überragt ebenfalls etwas den Außenrand.
Von oben gesehen ist die Schale lanzettlich, vorne in eine Spitze
ausgezogen, an den Seiten etwas zusammengedrückt.
Die ganze Schale ist mit zahlreichen Porenkanälchen bedeckt.
An den männlichen Tieren, welche etwas höher sind als die $, sind
die Eindrücke der Hoden sichtbar.
Innenlamelle, Saum, Porenkanäle und namentlich die Ansicht
von oben stellen diese Cannstatter Form zu C. rostrata, obwohl die
Seitenansicht nicht in allem stimmt, übrigens scheint eben der Seiten-
umriß im Verlauf des Dorsalrandes zu variieren.
Candona f ahaeformis Fischer. Taf. VIII, Fig. 12 — 14.
1 = 1,04; b = 0,31; h = 0,47 mm.
Linke Schale: Größte Höhe, kleiner als die Hälfte der Länge,
liegt auf ^3 der Schale. Von dort fällt der Dorsalrand in einer
zuerst fast geraden, dann leicht gebogenen Linie sanft nach vorne
— 8^1 —
ab. Auf dem ersten Viertel bildet er eine schwach wahrnehmbare
sehr stumpfe Ecke und fällt dann nach dem breit abgerundeten
Vorderende ab. Nach hinten fällt der Dorsalrand in einer meist
einwärts gekrümmten Linie ab, welche über dem Hinterende eine
scharfe Ecke bildet, von welcher sie dann jäh in einem rechten
Winkel zum Ventralrand abstürzt. Dieser ist vor der Mitte ein-
gebuchtet.
Von innen gesehen: Die Innenschale ist vorne sehr breit, am
Hinterende dagegen schmäler, an der Stelle, an welcher der Hinter-
rand in den Ventralrand übergeht, besonders schmal, in der hinteren
Hälfte der Ventralseite wieder breiter. Es entsteht so ein sehr
charakteristisches Bild. Verwachsungszone schmal, vorne sehr schmal
mit zahlreichen randständigen Porenkanälchen, am Ventralrand und
hinten breiter aber mit bedeutend weniger Porenkanälchen. Der
Ventralrand ist in der Einbuchtung umgeschlagen, ebenso der Dorsal-
rand in seinem letzten Drittel. Die Schale zeigt nur wenig Poren-
kanälchen, dabei deutlich sechs Mus-
kelabdrücke , außerdem nahe dem
Hinterrand eine Felderung.
Rechte Schale der linken sehr
ähnlich. Dorsalrand im letzten Drittel
noch tiefer eingebuchtet.
Schale von oben stark kom- Fig. 3. Candona fabaefonnis.
primiert, linke Schale größer als die Rechte Schale von innen. 39 X-
rechte; im hinteren Drittel legt sich
die linke Schale mit einem Lappen von der Form eines Kreissegments
über die rechte. Auch im vorderen Viertel greift die linke Schale
mit einem kleinen Teile über die rechte.
Die Cannstatter Form gehört sicher zu C. fahaeformis, wie sie
G. W. Müller und Brady und Norman 1889 beschrieben. Ich habe
nur Schalen von weibhchen Tieren gefunden und auch diese sind
verhältnismäßig selten. Es lassen sich allerdings gewisse Unterschiede
konstatieren. Die Innenschale ist bei unserer Form etwas breiter,
die endständigen Porenkanäle zahlreicher als bei der Form, welche
G. W. Müller zeichnet. Letztere zeigt zudem eine stumpfere Ecke
im höchsten Punkt des Dorsalrandes als erstere ; doch sind diese
Unterschiede zu gering, um die Identität beider in Frage zu stellen.
Namentlich die Felderung in der Nähe des Hinterrandes, die geringe
Zahl der Porenkanäle, sowie die übrigen Eigenschaften fordern ge-
bieterisch, unsere fossile Form zu fahaeformis zu stellen.
— 332 —
Candonopsis arida n. sp. Taf. VIII, Fig. 15 — 19.
1 = 0,75; h = 0,34; b = 0,22 mm.
Linke Schale von der Seite gesehen: Höchste Höhe, kleiner
als die Hälfte der Länge, auf ^/^ der Schale, dort eine breit ab-
gerundete Ecke bildend. Von dieser fällt der Dorsalrand nach vorne
mit einer schwach und stetig gekrümmten Kurve sanft ab, um ohne
eine Ecke zu bilden in den breit abgerundeten Vorderrand über-
zugehen. Nach hinten fällt der Dorsalrand steiler ab; der Hinter-
rand ist schmäler als der Vorderrand, gleichmäßig abgerundet, in eine
sehr stumpfe Spitze ausgezogen. Ventralrand vor der Mitte ein-
gebuchtet. Von innen gesehen: Innenlamelle je nach dem Alter des
Tieres mehr oder weniger breit, sehr breit im vorderen Viertel, nur
wenig breit am Hinterrand, verhältnismäßig breiter an der hinteren
Hälfte des Ventralrandes. Verwachsungszone schmal mit zahlreichen
breiten, kurzen Porenkanälen, Saum kaum sichtbar, sehr schmal,
reicht nicht über den Außenrand hinaus. An der Ventralseite ist
die Schale eingeschlagen, Dorsalrand ebenfalls höher als Schloßrand.
Rechte Schale der hnken in allen Dingen sehr ähnlich.
1. '^•
Fig. 4. Candonopsis arida. 1. $ rechte Schale von innen 60 X- 2. $ linke
Schale von innen 60 X-
Die beiden, sehr zarten Schalen sind mit wenigen, ungleich-
mäßig zerstreuten Porenkanälchen bedeckt. Muskelabdrücke sechs,
ein großer etwas abseits näher dem Dorsalrand, 5 kleine darunter,
in einem Kreis angeordnet, alle polygonal.
Von oben gesehen sehr schmal, vorn und hinten fast gleich-
mäßig zugespitzt, linke Schale größer als die rechte. Schloßrand
verläuft gerade.
Diese Form ist in Steinheim sehr häufig und zwar ist es höchst
wahrscheinlich das $. Daneben habe ich noch zwei Schalen ge-
funden , welche nach Analogie der anderen Canäona das zu-
gehörige S sein dürfte.
Die höchste Höhe der rechten Schale ist fast in der Mitte. Von
333
dort fällt der Schloßrand nach vorne und hinten fast gleichmäfiig ab.
Hintere Hälfte nur wenig stärker als vordere, Ventralrand eingebuchtet.
Die Innenschale hat in allen Einzelheiten große Ähnlichkeit mit dem $.
Die große Ähnlichkeit mit Candonopsis Kingsleyi (bei G. W.
Müller), namentlich in dem so charakteristischen Verlauf des Innen-
randes und in der Ansicht von oben, bestimmten mich, diese Form
zu Candonopsis zu stellen. Bei unserer Steinheimer Form ist übrigens
im Verlauf der Innenlamelle eine gewisse Mannigfaltigkeit je nach
Alter und individueller Variation zu konstatieren.
Cyclocypris Bbady u. Norman.
Schale stets kurz und hoch, von oben gesehen breit, der Rücken
stark gewölbt; kleine, kugehge Formen.
Cyclocypris nitida n. sp.
1 = 0,43; h = 0,31; b = 0,24 mm.
Rechte Schale: nierenförmig, größte Höhe in der Mitte, eine
mehr oder weniger deutliche Ecke bildend. Dorsalrand fällt von
hier nach vorne etwas steiler als nach hinten mit einer gleichmäßig
gekrümmten Kurve ab. Nach hinten ist der Dorsalrand stärker ge-
krümmt und bildet nicht selten noch über ^/^ der Schalenlänge eine
weitere stumpfe Ecke. Die vordere Hälfte ist weniger hoch als die
hintere, auch mehr zugespitzt. Ventralrand fast gerade.
Fig. 5. Cyclocifpris nitida. 1. Rechte Schale von außen 42 X- 2. Schale von
oben 42 X- 3. Inneulamelle der rechten Schale am Vorderrand (von innen) 145 X-
Die Innenlamelle ist breit, vorne breiter als hinten, Verwachsungs-
zone schmal, von breiten Porenkanälchen durchsetzt; nahe dem Innen-
rande ist eine Leiste. Der Saum, welcher vorne und hinten den Außen-
rand überragt, ist meist abgebrochen und nicht mehr sichtbar. Linke
— 334 —
Schale der rechten sehr ähnhch. Beide Schalen sind mit sehr zahl-
reichen kleinen schwarzen Pünktchen und wenigen größeren Poren-
kanälchen bedeckt. Der Schließmuskel hat auf der rechten Schale vier,
auf der linken fünf Abdrücke; darunter sind noch zwei Abdrücke der
Mandibelmuskeln zu sehen. Von oben gesehen : Rechte Schale größer
als die linke; größte Breite auf "/s der Länge. Hintere Hälfte stärker
als vordere. C. nitida ist sehr nahe verwandt mit C. pycjmaea Crone-
BERG ; letztere ist viel breiter. C. nitida ist in Steinheim sehr zahlreich.
Cjin'ia Zenker.
Die Gattung steht der Gattung Gydocypris sehr nahe. Der
Unterschied drückt sich jedoch auch in der Schale deutlich aus,
welche im Gegensatz zu letzterer stark komprimiert ist. Es sind
beide Geschlechter bekannt, welche sich sehr ähnlich sind. Cijpria
hat vier Muskelabdrücke: drei übereinander und ein vierter hinter
ihnen. Die Gattung umfaßt nur kleine Formen.
Cypria suborbi ciliar ts n. sp. Taf. VÜI, Fig. 20 — 22.
1 = 0,56; h = 0,40; b = 0,25 mm.
Die Schalen sind sehr ungleich. Rechte Schale hoch gewölbt,
größte Höhe in der Mitte, einen stumpfen Winkel bildend, nach vorne
und hinten gleichmäßig abfallend, welche im unteren Quadranten
ziemlich gleichmäßig abgerundet sind. Ventralrand nahezu gerade.
Innenlamelle schmal. Schloßrand nicht
so hoch als Dorsalrand. Ventralrand ein-
wärts umgebogen.
Linke Schale nicht so hoch als die
rechte. Ventralrand stark konvex, Vorder-
und Hinterrand gleichmäßig abgerundet,
etwas in eine Spitze ausgezogen, zum
,,. 'a ,, , I ■ 1 ■ Dorsalrand gleichmäßig aufsteigend. Dieser
Jbig. b. ( ypna siihorhicularts. ° o o
Rechte Schale von innen. 63 X. bildet nicht etwa wie bei der rechten
Schale eine stark gewölbte Linie, sondern
ungefähr über dem ersten und zweiten Drittel der Länge je eine
stumpfe Ecke, im mittleren Drittel eine schwach gekrümmte, fast
gerade Linie. Wenn man beide Schalen beisammen von links be-
trachtet , so sieht man , wie der Dorsalrand der rechten Schale
die linke überragt; von der rechten Seite aus ist der Schloß-
rand der linken Schale verdeckt, während der ausgebuchtete Ventral-
teil der linken Schale unter der rechten zum Vorschein kommt. Die
— 335 —
linke Schale hat ebenfalls eine sehr schmale , dünne Innenlamelle,
welche meist abgebrochen ist. Beide Schalen sind mit zerstreuten
Porenkanälchen, die linke mit kleinen Grübchen bedeckt, die rechte
ist glatt. Letztere hat vorne und hinten im unteren Quadranten
stumpfe, weitstehende Zähnchen am Außenrand. Randständige Poren-
kanäle habe ich nicht gesehen.
Von oben gesehen ist die Schale länglich oval, vorne und hinten
zugespitzt, größte Breite auf dem letzten Drittel. Linke Schale
länger als die rechte.
Cypria suborbicularis ist in Steinheim ziemlich selten; gut er-
haltene Exemplare sehr selten. Sie zeigt Anklänge an Cypria pustulosa
R. W. Sharpe (Nordamerika).
2. Unterfamilie Cyprinae.
Dieser Unterfamilie sind vier unserer schwäbischen fossilen
Ostrakoden zuzuzählen, welche alle dem Genus Cypris angehören.
Die Systematik der unter diesem Namen zusammengefaßten Gruppen
ist noch sehr unsicher. Ich folge den Ausführungen G. W. Müller's
mit der Bemerkung, daß sich von unseren vier Gypris-Axian nur
drei mit annähernder Sicherheit den vorhandenen Subgenera von
Cypris beizählen lassen. Die Nördlinger Cypris ist noch zu wenig
bekannt, um sie näher deuten zu können. Ich will mit eben dieser
Art beginnen.
Cypris Risgoviensis n. sp. Taf. VIII, Fig. 23 u. 24.
1 = 1,30; h =^ 0,68; b = ca. 0,62 mm.
Rechte Schale: Länglich nierenförmig ; größte Höhe, kleiner
als die Hälfte der Länge, liegt im hinteren Drittel der Schale. Dorsal-
rand ziemlich gleichmäßig ge-
krümmt, fällt nach hinten
etwas steiler ab als nach vorne ;
Hinterende in der Mitte in.
eine stumpfe Spitze ausgezogen,
Vorderrand dagegen stumpf,
Bauchrand leicht eingebuchtet.
Innenrand schmal , im vor-
deren Drittel etwas breiter;
Verwachsungszone die Hälfte
der Innenlamelle. Der Saum überragt um weniges den Außenrand.
Linke Schale von der Seite gesehen der rechten sehr ähn-
Fig. 7. Ci/pris Bisgoviensia. Rechte
Schale von innen. 48 X-
336
lieh, etwas höher. Innenlamelle bedeutend breiter. Ventralrand ohne
Einbuchtung.
Schale von oben gesehen nicht so breit als hoch, höchste
Breite hinter der Mitte, nach vorne spitzer als hinten, rechte Schale
größer als die linke.
Es sind sechs Schließmuskel- und zwei Mandibelmuskelabdrücke
sichtbar; die Schale ist sehr spärlich mit Porenkanälchen durchsetzt.
Das ungenügende Material, das mir zur Verfügung stand, ließ
nähere Vergleiche nicht zu.
Cypris (Cyprinotiis) salina Brady. Taf. VIII, Fig. 25 — 27.
1 = 1,12 ; h = 0,72 : b = 0,50 mm.
Linke Schale: Größte Höhe wenig vor der Mitte, mehr als die
Hälfte der Länge, bildet einen sehr abgestumpften Winkel. Vom
höchsten Punkt fällt der Dorsalrand nach hinten mit einer sehr flach
Fig. 8. Cypris salina. 1. Rechte Schale von innen 47 X- 2- l-^inke Schale von
innen 47 X. 3. Teil der innenlamelle der linken Schale am Vorderrand 120 X-
gekrümmten, eine Strecke weit fast geraden Linie sanft ab, welche
vor ihrem Übergang in den sehr steil abfallenden, flach gekrünmiten
Hinterrand noch im letzten Zehntel der Schale eine sehr stiimpfe
Ecke bildet. Nach vorne fällt der Dorsalrand mit einer stark ge-
— 337 —
kiümmten Linie steil ab, ohne eine Ecke zu bilden. Ventralrand
eingebuchtet. Von innen gesehen sind Dorsal- und Ventralrand ein-
wärtsgebogen, Innenschale stark entwickelt. Verwachsungszone ^4
der Innenlamelle ; zwischen Verwachsungszone und Außenrand erhebt
sich ein Saum, der den letzteren weit überragt.
Rechte Schale weniger hoch als die linke. Der höchste, in
der Mitte sich befindende Punkt bildet eine deutliche Ecke, von
welcher der Dorsalrand nach hinten mit einer fast geraden Linie
sanft abfällt, um über 'Vi 2 der Länge mit einer mehr oder weniger
deutlichen Ecke gegen den Hinterrand abzusetzen. Von dieser fällt
der nicht selten in seinem obersten Drittel einwärts gekrümmte
Hinterrand steil zu dem eingebuchteten Ventralrand ab. Die vor-
dere Hälfte des Dorsalrandes verläuft ähnlich, jedoch mit stetiger
Krümmung und ohne Ecke. Die Innenlamelle zeigt ähnliche Ver-
hältnisse wie die linke Schale ; der Außenrand ist vorne und hinten
gezahnt.
Schale von oben gesehen länglich eirund, vorne verschmälert
und zugespitzt, hinten abgerundet, größte Breite in der Mitte. Die
Schalen sind dicht mit Porenkanälchen bedeckt. Muskelabdrücke
vier große längliche und zwei kleine runde. Bei stärkerer Ver-
größerung erscheint die Schale punktiert. In Cannstatt sehr häufig.
Cypris inaeqtialis n. sp. Taf. IX, Fig. 1 — 4.
1 = 1,17; h = 0,78-0,83; b = 0,72 mm.
Linke Schale: Ventralrand ziemlich gerade; größte Höhe vor
der Mitte. Vom höchsten Punkt fällt der Dorsalrand steil in einer
sehr schwach gekrümmten Kurve zum schmalen, spitz abgerundeten
Vorderrand ab, nach hinten in einer fast geraden Linie mit sanfter
Neigung bis ^/lo der Länge, wo er eine stumpfe Ecke bildet. Der
breit gerundete Hinterrand sehr steil. Von innen gesehen sind Schloß-
und Ventralrand umgeschlagen. Innenlamelle breit, der Saum über-
ragt den Außenrand, innerhalb des Saumes die mit reichlichen Poren-
kanälen durchsetzte Verwachsungszone.
Rechte Schale größer und bedeutend höher als die linke. Dor-
salrand hoch gewölbt, größte Höhe etwas hinter der Mitte, nach
vorne sanft in einer teilweise einwärts gekrümmten Kurve, nach
hinten steil in einer stark gebogenen Linie abfallend. Ventralrand
tief eingebuchtet. Von innen gesehen sind Ventral- und Dorsalrand
einwärtsgebogen. Innenschale vorne bedeutend stärker als hinten
entwickelt. Verwachsungszone ^/a der Innenlamelle; innerhalb der
Jahi-eshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. 22
338
Verwachsungszone setzt der Saum an, erreicht jedoch am Vorderrand
nicht wie bei der hnken Schale den Außenrand. Der letztere ist
vorne und hinten gezahnt.
Die Schale ist mit zerstreuten Porenkanälchen bedeckt und
zeigt eine polygonale Felderung. Eindrücke des Schließmuskels,
sechs , drei große , langgestreckte und drei kleine , rundliche. Von
S M
Fig. 9. Cypris inaequalis. 1. Linke, 2. rechte Schale von innen. 35 X- 3. Innen-
lamelle der linken Schale. 4. Dieselbe der rechten Schale je am Vorderrand. 120 X-
oben gesehen ist die Schale sehr breit, vorne in eine Spitze aus-
gezogen, hinten abgerundet. Die rechte Schale ist größer als die
linke und greift im vorderen Sechstel über diese über.
Diese Spezies gehört höchst wahrscheinlich zu dem Subgenus
Cyprinotus ; die Saumverhältnisse, Bezahnung des Außenrands sowie
die Muskelabdrücke weisen sie dorthin.
Leider ist die durch ihre sonderbaren Schalenverhältnisse so
interessante C. maequalls in Steinheim sehr selten.
Subgenus Cypridopsis Brady.
Dorsalrand stark geknickt oder gebogen , Vorderrand schmal
gerundet. Ventralrand meist deutlich eingebuchtet. Vier Muskel-
abdrücke. S unbekannt. Tiere von geringer Größe. Am Vordei-
und Hinterrand gewöhnlich eine breite verschmolzene Zone.
339
Ci/pridops is gracilis n. sp. Taf. IX, Fig. 5 — 11.
1 r^ 0,54 ; h = 0,33 ; b = 0,20 mm.
' Linke Schale: Größte Höhe etwas vor der Mitte, größer als
die Hälfte der Länge. Dorsah-and nach vorne in einer sanft ge-
krümmten Kurve abfallend, nach hinten mit einer fast geraden
Linie , welche im letzten Zehntel der Schale ein stumpfes Knie
bildend in den steil abfallenden, abwärts gerundeten Hinterrand über-
geht. Bauchrand ziemlich gerade, mit einer starken Einbuchtung in
der Mitte und einer sehr kleinen in der Nähe des Vorderrandes.
Innenrand vorne und hinten ziemlich weit vom Außenrand ent-
fernt, Verwachsungszone namentlich vorne sehr breit, erscheint von
der Seite gesehen als ein hyalines Plättchen , mit geraden Poren-
kanälchen durchsetzt, welche von der Mitte an nach außen sich
verbreitern. Saum schwer zu sehen, überragt nur an wenigen Stellen
den Außenrand, in dessen Nähe er entspringt. Unweit, zum Teil auf
der Verwachsungslinie, ist eine breite auffallende Leiste angebracht.
Die Schale ist von zahlreichen dünnen
Porenkanälchen durchbohrt. Der Schließ-
muskel hat vier Abdrücke, unter welchen
zwei Mandibelmuskeln sichtbar sind.
Rechte Schale höher als die hnke,
höchste Höhe in der Mitte, von wo der ^. ,^ ^
l'ig.lO. Lypridopsis gracihs.
Schloßrand fast gleichmäßig nach vorne Linke Schale von innen 60 X-
und hinten abfällt, vordere Hälfte etwas
stärker als die hintere , der Vorderrand stärker gekrümmt als der
Hinterrand. Ventralrand wenig eingebuchtet. Die Schale ist dicht
mit sehr dünnen Porenkanälchen bedeckt; Muskeleindrücke wie die
rechte Schale, nur undeutlich sichtbar. Innenlamelle kaum sicht-
bar , sehr dünn und zerbrechlich, am Hinterrand nicht nachweisbar,
am Vorderrand sehr schmal, mit kurzen randständigen Porenkanälen,
welche von innen nach außen sich verdicken , jedoch den Außen-
rand nicht erreichen. Der Schloßrand liegt tiefer als der Dorsalrand,
da die Schale aufwärts gewölbt ist; Ventralrand leicht einwärts-
geschlagen.
Betrachtet man die beiden Schalen miteinander verbunden bei
durchgehendem Licht von der Seite, z. B. von rechts, so hat man
ein sehr charakteristisches Bild. Die oben liegende rechte Schale
überragt mit ihrem Dorsalrand die linke, welche ihrerseits mit ihrem
Vorder- und Hinterrand über die rechte bedeutend herausreicht. Auch
22*
340 —
die Ventralränder decken sich nicht immer und bilden ein ganzes
Bündel von Linien. Durch die rechte Schale hindurch sieht man
deutlich die breite Innenlamelle der linken.
Von oben gesehen ist die Schale länglich oval , vorne in eine
Spitze ausgezogen, hinten abgerundet. Die linke Schale ist länger
als die rechte.
C. gracüis ist in Steinheim sehr zahlreich vertreten.
3. Unterfamilie Iliocyprinae
mit der einzigen Gattung Iliocypris.
Iliocypri.s Brady u. Norman.
Schale dicht mit deutlichen Gruben bedeckt und mit Höckern
sowie Einschnürungen versehen . erinnert an die Meeresostrakoden.
d größer als $ ; rechte Schale der linken sehr ähnlich.
Iliocypris Bradyi G. 0. Sars. Taf. IX, Fig. 10.
1 = 0,92 ; h = 0,48 ; b = 0,36 mm.
Linke Schale von außen: Dorsalrand gerade, mit zwei ganz
geringen Einbuchtungen, gegen vorne und hinten eine Ecke bildend.
Der Vorderrand ist zunächst einwärtsgekrümmt,
um dann mit einem schön gerundeten, weit
vorspringenden Bogen in den eingebuchteten
Ventralrand überzugehen. Von der hinteren
Ecke des Dorsalrandes fällt der Hinterrand,
der zunächst ebenfalls ein wenig eingebuchtet
Fig. 11. lUoajprk Bradyi. 1. Linke Schale von innen. 70 X- 2- Schale von
oben. 70 X-
ist, sehr steil, fast mit einem rechten Winkel und schwach gebogener
Kurve zum Ventralrand ab. Von innen gesehen : Schloßrand breit, wird
. — 341 —
ein wenig von der Schalenwölbung überragt, bildet in seinem hinteren
Drittel eine breite Lamelle. Innenlamelle mäßig breit, Verwachsungs-
zone Vs — V2 derselben, von vielen langen und breiten Porenkanälchen
durchsetzt, welche nach größeren oder kleineren Zähnchen am Außen-
rand münden. Saum nicht sicher, sehr undeutlich.
Rechte Schale der linken sehr ähnlich ; doch ist der Dorsalrand
nicht gerade, sondern gebogen. Von oben gesehen ist die Schale an
den Seiten zusammengedrückt, vorne zugespitzt, hinten abgerundet,
. linke Schale größer als die rechte, von V4 — "'3 der Länge im Schloß-
rand über dieselbe übergreifend.
Die Schalen sind mit rundlichen Grübchen bedeckt. Die /. gibha
charakterisierenden Buckeln und Hörner fehlen ; es führen nur zwei
Einschnürungen von breitem Grund ausgehend von der Dorsalseite
auf die Höhe der Schalen. Die in der Mitte liegende Vertiefung
trägt die vier Schließmuskelansätze. Die Cannstatter Form zeigt
große Übereinstimmung mit der von G. W. Müller abgebildeten
Iliomjpris. Doch sind einige Unterschiede vorhanden; unsere diluviale
Form z. B. ist nicht so breit wie letztere. Allein ich möchte hierauf
kein zu großes Gewicht legen, da ich nur wenige vereinzelte Schalen
von wohl noch nicht ganz ausgewachsenen Tieren besitze.
Iliocijpris hinocularis n. sp. Taf. IX, Fig. 11, 18 u. 19.
1 = 1,00 ; h = 0,56 ; b = 0,44 mm.
Linke Schale: Schloßrand fast gerade, zweimal ganz leicht
eingebuchtet, setzt gegen den Hinterrand und Vorderrand mit einer
deutlichen Ecke ab. Der Hinterrand fällt mit einer schwach ge-
bogenen Kurve fast rechtwinklig zum tief eingebuchteten Ventral-
rand ab, Vorderrand etwas weniger steil, zunächst leicht eingebuchtet,
stärker gekrümmt. Vordere Hälfte der Schale bedeutend höher als
die hintere. Innenlamelle breit, Verwachsungszone V's — V2 der Tnnen-
lamelle, Saum auch auf den besten Exemplaren kaum sichtbar, er-
reicht den Außenrand nicht. Zahlreiche endständige Porenkanäle.
Der Außenrand ist mit größeren und kleineren Zähnchen besetzt,
wie auch seine Nachbarschaft. Zu den größeren Zähnchen führen
Porenkanäle.
Rechte Schale der linken sehr ähnhch. Die vorderen zwei
Drittel des Dorsalrandes zweimal leicht eingebogen, das letzte Drittel
fällt sanft gegen den Hinterrand ab.
Beide Schalen sind reichlich mit rundlichen Grübchen und mit
je fünf ziemlich hohen Höckern besetzt; drei derselben stehen in
342
einer geraden Linie parallel dem Dorsalrand, zwei näher dem Ventral-
rand. Von oben gesehen ist die Schale lanzettlich, größte Breite im
hinteren Drittel. Von der Mitte des Schloßrandes führen zwei Ein-
4. 6.
Fig. 12. Iliocypris binocularis. 1. 2. 3. 4. Rechte Schalen von außen im Umriß
variierend. 48 X- 5. Rechte Schale von innen mit Innenlamelle. Verwachsungs-
zone und randständigen Porenkanälchen. 48 X- 6. Jugendform. 48 X-
schnürungen zwischen den drei oberen Höckern zu mehreren Ver-
tiefungen, deren eine die vier Schließmuskelabdrücke trägt.
Iliocypris binocularis ist die häufigste aller Steinheimer Ostra-
koden. Sie zeigt eine individuelle Variation in der Höhe (schwankt
um ca. 9 ^jo der Normalhöhe), in der Einbuchtung des Ventralrandes
und im Verhältnis von der Höhe der ersten Hälfte zur zweiten.
II. Familie. Cytheridae.
Ijimnicythore Brady.
„Schale dünn, zerbrechlich, mit breiter verschmolzener Zone,
welche von einzelnen schlanken unverzweigten Porenkanälen durch-
343
bohrt wird. Der Innenrand fällt, wo er überhaupt zu erkennen ist,
mit der Verwachsungslinie zusammen , meist sind aber beide Linien
überhaupt verwischt, nicht aufzufinden. Der Saum ist häutig, fein
zerschlitzt. Schloßzähne der rechten Schale schwach oder fehlend."
(G. W. Müller).
S bei einigen Arten unbekannt, die beiden Schalen sind meist
ungleich. Der Schließmuskel hat vier senkrecht übereinanderstehende
Abdrücke hinterlassen.
Limnicytliere esphigmena n. sp. Taf. IX, Fig. 12 — 17.
$: 1 = 0,72; h = 0,40; b = 0.22 mm.
Es finden sich in Steinheim zwei Formen: Die weniger hohe,
längere möchte ich nach Analogie von L. relicta Liljeborg als das 6
beanspruchen.
Rechte Schale des $: Höchster Punkt auf Ve der Länge. Der
Schloßrand ist ungefähr in der Mitte tief eingebuchtet, setzt vorne
2. 3.
Fig. IB. Lininicythere esphigmena. 1. $ Rechte Schale von innen mit Verwach-
sungszone und randständigen Porenkanälen. 52 X- 2. Linke Schale von innen.
52 X. 3- Schloß des J. 90 X'
und hinten mit einer deutlichen Ecke ab, fällt von da nach hinten
mit einer zunächst eingebuchteten, sodann stark gekrümmten Linie
fast in einem rechten Winkel nach dem tief eingebuchteten Bauch-
rand ab. Der Vorderrand ist ebenfalls auf eine kurze Strecke ein-
wärtsgebogen, weniger steil und schön abgerundet. Vordere Hälfte
— 344 —
viel stärker als die hintere. Von innen sieht man eine breite Ver-
wachsungszone ohne deutliche Grenze , der Innenrand ist völlig un-
sichtbar, der Saum unsicher. Es sind mäßig viele, lange und schlanke
endständige Porenkanäle sichtbar. Parallel mit dem Schloßrand läuft
eine gewellte Linie, in deren Einkerbungen die Zähnchen des Schloß-
randes der linken Schale eingreifen.
Die linke Schale des $ ist weniger hoch als die rechte, wird
von ihr an der Dorsal- und Ventralseite umfaßt, ragt aber selbst
über die rechte am Vorder- und Hinterrand hervor. Der Schloßrand
ist ebenfalls in der Mitte eingebuchtet, setzt vorne und hinten mit
einer deutlichen Ecke ab. Vor und nach der vorderen Ecke ist der
Rand auf kurze Strecke deutlich eingebuchtet und fällt nach vorne
sehr steil mit schwach und unschön gekrümmter Kurve ab. Vor
der hinteren Ecke des Schloßrandes ist dieser eine kurze Strecke
gerade, nach ihr findet sich ebenfalls eine kleine Einbuchtung, die
übrigens bei manchen Exemplaren kaum sichtbar ist. Ventralrand
tief eingebuchtet. Der Schloßrand ist mit Zähnchen versehen. Ver-
wachsungszone wie bei der rechten Schale.
Beide Schalen sind mit mehreren Höckern und Buckeln ge-
schmückt. Von der Mitte des Schloßrandes führt eine Einschnürung
zu mehreren tiefen Einsenkungen in der Mitte der Schale, deren eine
die vier in einer Reihe stehenden Schließmuskelabdrücke trägt.
Die Schalen sind mit einem polygonalen Netzwerk von Stäb-
chen bedeckt, Porenkanäle sehr vereinzelt.
Von oben gesehen ist die Schale sehr kompliziert. In der
Nähe des Dorsalrandes sind drei niedrige, flache Höcker, vorne ein
spitzer Höcker, in der Tiefe eine breitrückige Ausbauchung. Vorder-
ende und Hinterende sind in eine Spitze ausgezogen ; linke Schale
etwas länger als die rechte.
Die Schalen des S sind weniger hoch, der Unterschied der
Höhe zwischen der vorderen und der hinteren Hälfte ist gering, die
Einbuchtungen des Dorsal- und des Ventralrandes sind vor der Mitte.
Der Dorsalrand setzt bei beiden Schalen vorne und hinten mit einer
deutlichen Ecke ab. Diese wird bei der rechten Schale nicht durch
eine Einbuchtung, sondern durch einen einspringenden Winkel des
Vorderrandes gebildet. Bei der rechten Schale bildet der Vorderrand
vor der Einbuchtung des Ventralrandes eine Ecke. Dieser wird in
der Mitte durch eine Ausbauchung der Schale überragt.
Struktur , Muskelabdrücke , Porenkanäle und Innenschale wie
beim ^.
— 345 —
Die Ansicht von oben ist von der des $ vor allem durch eine
geringere Breite unterschieden, übrigens sind die Elemente derselben
ähnlich.
Interessant ist das Schloß unserer L. esphiymena. Die rechte
Schale liegt in der Zeichnung auf der linken. An einer Stelle ist von
der ersteren ein Stück ausgebrochen, so daß die Zähnchen des Schloß-
randes der letzteren zum Vorschein kommen. Oben und unten kommt der
Vorder- und Hinterrand der linken Schale unter der rechten hervor.
L. esphigmena ist in Steinheim häufig, in einzelnen Schichten
sogar sehr zahlreich vertreten.
Anhang.
Der Vollständigkeit v^-egen und um die Aufmerksamkeit der
Sammler auf diese äußerst seltenen Sachen hinzuwenden, seien noch
einige Ostrakoden aus Steinheim und vom Scharben angefügt.
1. Eine Cypris. 1 = 0,96 ; h = 0,52 mm. In dem sehr reich-
haltigen Material , das ich genau durchsuchte , fand ich nur diese
einzige Schale. Es ist die rechte Schale , mit ziemlich gleichmäßig
gewölbtem Dorsal- und eingebuchtetem Ventralrand. Die Innen-
/f
2. 1.
Fig. 14. Cypris? 1. Eechte Schale von außen. 45 X- 2. Innenschale am
Vorderrand von innen. 145 X-
lamelle ist vorne und hinten gut entwickelt, Verwachsungszone schmal
mit zahlreichen breiten und kurzen Porenkanälchen. Der Saum über-
ragt den Außenrand bedeutend. Muskelabdrücke nicht deutlich sicht-
bar. Über die ganze Schale sind zahlreiche Porenkanälchen zerstreut,
welche sich vorne und hinten anhäufen. Vielleicht steht sie der
C. Risgovieiisis nahe.
2. Die rechte Schale einer Cypridopsis (?). 1 = 0,72 ; h = 0,40 mm.
Die größte Höhe ist vor der Mitte. Nach vorne fällt der Dorsalrand
in einer nahezu konkaven Linie ab und geht unter Bildung einer
Ecke in den fast senkrecht abfallenden, schwach gekrümmten, hohen
Vorderrand über. Nach hinten fällt er etwas weniger steil mit einer
fast geraden Linie ab, um ebenso nach Bildung einer Ecke in den
346
stark gekrümmten, weniger hohen Hinterrand überzugehen, Innen-
schale mäßig breit, Außenrand vom Saum überragt. Vervvachsungs-
zone und randständige Porenkanälchen sind nicht sichtbar. Die Schale
zeigt eine polygonale Felderung und ist mäßig mit Porenkanälchen
bedeckt.
m jj^
Fig. 15. Cyjiridojhsis? 1. Rechte Schale von außen. 45 X- 2. Innenschale am
am Vorderrand. 145 X-
3. Eine nicht gerade seltene Jugendform , vielleicht zu Cyclo-
cypris gehörend. Die Oberfläche zeigt die typische Struktur der
Jugendstadien. Verwachsungszone und Porenkanäle konnte ich nicht
wahrnehmen, der Saum überragt den Außenrand.
Fig. 16. 1. Ci/clocypris? Jung, rechte Schale von außen. 2. Innenlamelle der-
selben Form von innen. 3. Cypris Risgoriensiff vom Scharben.
4. Cypris Bisyoviensis vom Scharben bei ünteressendorf gibt
nur die Ansicht von der Seite und auch diese nicht ganz genau,
wie die beigefügte Zeichnung einer rechten Schale zeigt, sind es
dieselben Formen wie bei der Ries- Cypris. Dorsalrand gleichmäßig
gewölbt, Vorderende schwach, Hinterende stärker gekrümmt. Dorsal-
rand leicht eingebogen. Das gezeichnete Exemplar lag nicht ganz
horizontal, die Höhe ist deshalb etwas zu klein. Länge 1,3: Höhe
0,64 mm. Ein jüngeres Exemplar mißt 1 = 1,24; h = 0,64 mm.
Ich glaube, daß trotz des mangelhaften Erhaltungszustandes die
Identität der obermiozänen (Ujpris von Unteressendorf mit der Cypris
Risgoviensis nahezu als sicher angenommen werden muß.
Rottenburg a. N.. im März 1905.
Reptilien und Säugetiere in ihren Anpassungs-
erseheinungen an das marine Leben.
Von Prof. Dr. E. Fraas.
Kgl. Naturalienkabinett, Stuttgart.
Mit 5 Figuren.
1. Die Entwickelung der Tierwelt im Wasser und auf dem Lande.
„Omne vivum ex mare" der bekannte alte Fundamentalsatz
wird in seinen Grundzügen auch heute noch aufrecht erhalten und
scheint nicht zum wenigsten durch die Forschungen in der Geologie
und Paläontologie gestützt. Wir können allerdings beobachten,
daß die echt marinen Ablagerungen immer mehr das Übergewicht
bekommen, je weiter wir in den geologischen Perioden zurück-
greifen und daß sich deshalb auch unsere Kenntnis der Tier-
formen aus den Primärformationen fast ausschließlich auf Meerestiere
bezieht. Es ist aber anderseits auch kaum zu bestreiten, daß sich
hierin nur die Lückenhaftigkeit unseres Wissens widerspiegelt, denn
eine einfache Überlegung muß uns ja schon davon überzeugen, daß
auch in den ältesten Perioden bereits eine Gliederung von Festland
und Meer vorhanden war. Woher sollten denn sonst die Sedimente
in diesen Formationen stammen? Auf dem Meeresgrunde, etwa
durch Strömungen oder tiefgreifenden Wellenschlag, können sie doch
wohl kaum entstanden sein , sondern diese dienten nur zur Ver-
schleppung und Ausebnung des in das Meer eingeführten Schlammes.
Dieser selbst aber muß seinen Ursprung, abgesehen vielleicht von
lokalen Anhäufungen vulkanischer mariner Eruptivmassen, auf dem
Lande gehabt haben. Denn nur auf dem Festlande kommt die
chemische und mechanische Tätigkeit des Wassers zur Geltung und
führt zu jenem ununterbrochenen Wechsel und der Umlagerung des
Materiales , welche sich in dem Aufbau der Formationen wider-
spiegelt. Wo Sedimente entwickelt sind, war auch ein Festland und
— 348 —
wenn wir aus den älteren Perioden fast nur marine Gebilde kennen,
so liegt dies nur daran, daß uns diejenigen des Festlandes nicht er-
halten blieben. Solche sogenannte terrestrische Ablagerungen, wie
die Anschwemmungen in Tälern und Binnenseen , die äolischen Ge-
bilde der Wüste und der Niederungen u. dergl. waren selbstver-
ständlich immer sehr stark der Zerstörung ausgesetzt, denn gerade
bei diesen konnte am meisten die zerstörende und transportierende
Arbeit der fließenden Wasser einsetzen.
Wir stehen also vor einem vollständigen Trugschluß, wenn wir
behaupten wollten , daß in den alten Perioden das Land und die
Landbewohner weit hinter denen des Meeres zurücktreten. Statt
dessen müssen wir uns bewußt sein, daß dies nur an den geologischen
Bedingungen der Sedimentbildung liegt, und daß gerade hierin der
Grund zu suchen ist, warum unsere paläontologische Forschung bis
heute noch so lückenhaft ist und leider auch in Zukunft bleiben wird.
Wohl werfen in dieses Dunkel hier und du einzelne wichtige Funde
von Landformen, die durch zufällige Einschwemmung in marine oder
lakustre Sedimente uns erhalten sind, gewissermaßen Blitzlichter und
was wir dabei erkennen können, zeugt stets von einer außerordent-
lich vorgeschrittenen Entwickelung der Landformen , welche hinter
jener des Meeres nicht zurücksteht.
Suchen wir nach den Ursachen und Bedingungen der
Veränderung der Tierwelt und der damit verbundenen Entwicke-
lung, so werden diese in der Hauptsache stets mit einer Ver-
änderung des Milieu, d. h. der umgebenden Welt in Verbindung
zu bringen sein. Es ist nun gar kein Zweifel, daß diese Änderungen
stets auf dem Lande viel rascher und einschneidender vor sich gingen
als im Meere. Das letztere wird zwar in seinen Tiefen, in der
Temperatur des Wassers, in Strömungen und Salzgehalt etc. stets
kleinen Schwankungen ausgesetzt sein , dieselben gehen aber doch
so langsam vor sich, daß sie nur wenig auf die Tierwelt einwirken,
denn diese hat immer Zeit und Gelegenheit auszuwandern und sich
an geeigneter Stelle wieder niederzulassen. Natürlich bringt auch
dies gewisse Formenveränderungen mit sich und wir haben ja Bei-
spiele genug von lokaler Anpassung , vom Aussterben selbst großer
Tiergruppen und von entwickelungsgeschichtlich wichtigen Form-
veränderungen ; aber wenn wir alles zusammenfassen, so müssen wir
doch erstaunt sein über die Gleichartigkeit des Gesamtcharakters
der marinen Tierwelt von dem Paläozoikum bis zur Jetztzeit. Ganz
anders auf dem Lande. Hier machen sich klimatische Schwankungen
— 349 —
und Störungen, hervorgerufen durch kosmische, tektonische oder vul-
kanische Ursachen, viel energischer geltend, indem sie in kurzer Zeit
eine Änderung der Flora einleiten und damit vollständig veränderte
Existenzbedingungen für die Tierwelt mit sich bringen. Dasselbe
wird durch Hebungen und Senkungen innerhalb des Festlandes, durch
Verlegung von Flußgebieten, durch Eindringen von Küstenbildungen,
Dünen, Löß etc. oder gar durch Abschnürung von Inseln oder um-
gekehrt durch Verbindung früher getrennter Gebiete hervorgerufen.
Kurz, es gibt auf dem Lande eine Menge einschneidender Ver-
änderungen und ein sorgfältiges Studium der Formationen zeigt uns,
wie rasch und häufig sie im Laufe der geologischen Perioden ein-
traten, denn gerade die unendliche Mannigfaltigkeit der Sedimente
zeugt am besten von den Veränderungen auf dem Festlande, welchem
sie entstammen.
Es steht damit die Beobachtung der Geologen und Paläonto-
logen in vollem Einklang, daß uns die Landfauna vergangener
Perioden viel fremdartiger entgegentritt als die des
Wassers. Man führe sich nur z. B. die Fauna etwa des marinen
Eozänes vor Augen, in welcher wir zwar noch keine mit der Jetzt-
zeit identische Spezies vorfinden, aber doch so ziemlich alle Arten
in die Ordnungen und Untergruppen der heutigen Fauna einreihen
können. Gegenüber der vorangegangenen Kreidefauna bemerken wir
eine relativ geringe Entwickelung in der Richtung der heutigen
Fauna und der Unterschied ist mehr in dem Aussterben vieler
zum Teil sehr wichtiger Arten und selbst Gruppen wie der Am-
moniten , Belemniten , Ichthyosaurier , Plesiosaurier , Mosasaurier zu
finden. Im Vergleich hierzu bietet die Landfauna aus den gleich-
altrigen Schichten ein ganz anderes Bild, denn hier gesellen sich zu
den von der Kreidezeit übernommenen Tiergruppen vor allem die
Säugetiere als dominierendes Geschlecht. Die erstaunliche Entwicke-
lung dieser Gruppe bedeutet einen ganz wesentlichen Fortschritt
gegenüber der vorangegangenen Periode, aber ihre Formenreihen sind
noch mit der Jetztzeit verglichen durchaus fremdartig und nur ganz
wenige persistieren als Reliktenformen. Betrachten wir die beiden
Faunen von unserem Standpunkte aus, so müssen wir zugeben, daß
die Entwickelung der Landfauna eine ausgesprochen vor-
wärtsschreitende ist, während die marine Tierwelt mehr
durch Verlust vieler Arten und Gruppen als durch Ent-
wickelung neuer Formen sich der Jetztzeit anschließt.
Man könnte nun freilich einwenden, daß das Tertiär in dieser
— 350 -
Hinsicht eine Ausnahme bildet und daß in der mesozoischen Periode
mit ihren gewaltigen marinen Reptilien das Schwergewicht in dem
Meere lag, aber ich lasse dies nicht gelten und führe es, wie bereits
erwähnt , nur darauf zurück , daß wir aus dieser Periode eben un-
verhältnismäßig bessere Kenntnis von den Meeresbewohnern als von
den Landbewohnern haben. Dasselbe, und zwar noch in erhöhtem
Maße, gilt von den paläozoischen Perioden.
Freilich wäre es nun durchaus verfehlt, wenn wir bei der Ent-
wickelung unserer Tierwelt überhaupt vom Meere absehen und die-
selbe ganz auf das Land verlegen wollten. Davon kann gar keine
Rede sein, aber ich glaube, daß wir zwischen beiden trennen müssen
und daß jede für sich zu behandeln ist.
Die Lebensbedingungen zwischen Land und Meer waren
von Anfang an so grundverschieden, daß sich notwendig
schon in den frühesten Erdperioden zwei vollständig ge-
trennte Entwickelungsreihen ergeben mußten. Wohl können
dieselben zuweilen ineinander eingreifen und einzelne Formen von
dem einen Element in das andere hinüberwandern, aber diese Formen
sind keineswegs immer entwickelungsgeschichtlich von so durch-
schlagender Bedeutung als man denken könnte. Es liegt mir ferne,
irgendwelche Stammbäume der Land- und Meeresfauna zu kon-
struieren , denn gerade als Paläontologe bin ich mir am meisten
bewußt, wie verfrüht dies bei dem derzeitigen Stande unserer Kennt-
nisse wäre und wie wenig man dabei über mehr oder minder geist-
reiche Spekulation hinauskommt. So viel läßt sich aber doch auch
schon heute vertreten, daß die echt marine Fauna im wesent-
lichen die wirbellosen Tiere umfaßt und ich stehe nicht an,
deren Entwickelung im Meere zu suchen. Ebenso dürfen wir mit
einiger Sicherheit die Entwickelung der lungenatmenden
Wirbeltiere, also Reptilien, Vögel und Säugetiere auf
das Land verlegen. Wenn von letzteren einige ihren Aufenthalt
in das Meer verlegt haben, so sind diese Fälle fast immer mit größter
Wahrscheinlichkeit als Anpassungserscheinungen nachzuweisen; da-
gegen beobachten wir viel häufiger ein Übergreifen von ursprünglich
marinen Evertebraten in die Süßwasser- und Landfauna, und ich
möchte sogar die ganze niedere Tierwelt auf derartige Einwanderung
zurückführen.
Letzteres im einzelnen nachzuweisen ist nicht nur sehr schwierig,
sondern entzieht sich aus dem bereits angeführten Mangel an alten
terrestrischen Ablagerungen vollständig unserer Beobachtung. Immer-
— 351 —
hin gewinnen wir aber aus dem heutigen Leben der Tiere, sei es im
Wasser oder auf dem Lande, verglichen mit dem was uns Paläonto-
logie und Geologie lehrt und unter Beiziehung der Entwickelung der
einzelnen Formen, d. h. der Larvenzustände derselben, so viel Über-
blick, daß wir wenigstens im allgemeinen auf die marine oder
terrestrische Entwickelung uns Rückschlüsse erlauben dürfen.
Werfen wir einen Blick auf die unendlich reich differenzierte
Welt der Evertebraten, so wird uns zunächst die Beobachtung
auffallen, daß die Zahl der Landformen im allgemeinen mit der
höheren Entwickelung der einzelnen Tiergruppen zunimmt und daß
außerdem die landlebenden Arten stets die obere Stufe behaupten.
Am reinsten als marine Bewohner haben sich die Echino-
dermen oder Stachelhäuter erhalten, dagegen kennen wir unter
den Protozoen, Korallen und Spongien zahlreiche Süßwasser-
bewohner, welche aber wohl sicher nur als junge Anpassungsformen
aufzufassen sind. Die reichgestaltete Gruppe der Würmer ist für
den Paläontologen nicht zu beurteilen, da es fast gänzlich an fossilen
Überresten fehlt und möchte ich mir über deren Stammesgeschichte
kein Urteil erlauben , obgleich ich nicht zweifle , daß diese in das
Wasser zu verlegen ist. Dagegen scheint mir die Entwickelung der
Mollusken wiederum eine echt marine, obgleich es sowohl unter
den Bryozoen wie unter den Muscheln und Schnecken nicht an Süß-
wasserbewohnern fehlt und unter letzteren sogar die große Gruppe
der lungenatmenden Landschnecken sich entwickelt hat. Es ist
charakteristisch, daß gerade diese geologisch ungemein weit zurück-
zuverfolgen sind, indem bereits in der Kohlenformation Helix (Zonites
priscus) und Pupa (Bendropupa vetiista) nachgewiesen ist, und es
ist deshalb auch nicht erstaunlich, daß die Landschnecken einen so
großen Formenreichtum (über 6000 lebende und 700 fossile Spezies)
aufweisen. Einen ausschließlich marinen Charakter haben sowohl
die Tunikaten und Brachiopoden wie die hochentwickelte Gruppe
der Cephalopoden bewahrt.
Schwieriger gestaltet sich die Frage bei den Arthropoden
oder Gliedertieren. Betrachten wir die fertigen, d. h. voll entwickelten
Tiere, so möchten wir für den größten Teil derselben, vor allem die
Insekten, keinen Augenblick daran zweifeln, daß dieselben zum Land-
leben prädestiniert sind und vom ersten Gange ihrer Entwickelung
an waren. Hierfür könnte sowohl die vorwiegende Atmung durch
Tracheen wie die Gliederung des Leibes und der Extremitäten, die
mehr für eine Bewegung auf dem Lande als im Wasser geeignet
- 352 -
erscheinen muß, sprechen. Hierzu tritt noch das Übertreten bei
zahlreichen Formen in das dritte Element, die Luft, durch Ent-
wickelung geeigneter Flugorgane , ein Umstand , den wir uns doch
wohl nur von der Erde nicht vom Wasser aus denken können. Es
wäre aber durchaus verfehlt, hierbei von dem fertigen Tiere aus-
zugehen, sondern wir müssen die Entwickelung beiziehen und diese
zeigt uns , daß die Larvenzustände zum mindesten aller niederen
Arthropoden an das Wasser gebunden sind oder sich wenigstens dem
Aufenthalt in demselben histologisch wie morphologisch nähern. Auch
von den landlebenden oder fliegenden Insekten scheinen im Paläo-
zoikum mehr solche Formen aufzutreten, deren Larvenzustand an das
Wasser gebunden ist, während diejenigen, deren volle Entwickelung,
nach den heute lebenden Arten zu schließen, auf das Land verlegt
werden kann, erst in der mesozoischen Periode auftreten. Es wäre
gewiß eine überaus dankenswerte und interessante Aufgabe, wenn
ein Entomologe den Versuch machen würde, die fossile Insektenwelt
unter diesem Gesichtspunkte zu beleuchten. Jedenfalls dürfen wir
sicher annehmen, daß die Anpassung der Insekten an das Landleben
in die ältesten geologischen Perioden zurückgreift und dementsprechend
finden wir gerade in dieser Gruppe der Gliedertiere den größten
Formenreichtum und die höchste Differenzierung. Daß die Tracheen-
atmung der Insekten auf die ursprüngliche Hautatmung zurück-
zuführen ist, kann wohl gewiß angenommen werden und spricht
dafür, daß die Abtrennung der Landformen noch in eine Zeit zurück-
reicht, als auch bei den marinen Arten noch keine Kiemenatmung,
sondern nur Hautatmung entwickelt war. Die Krebstiere treten
uns als typische Wasserbewohner gegenüber und es ist sehr charak-
teristisch, daß wichtige Entwickelungszentren der marinen Ver-
treter wie die der Trilobiten und Merostomata schon in paläo-
zoische Perioden fallen, während die lang- und kurzschwänzigen
Dekapoden mit ihren zahlreichen Süßwasserformen jüngerer Natur
sind. Ohne irgendwie auf Einzelheiten einzugehen, können wir auch
in dieser großen und formenreichen Gruppe beobachten, daß zwar
der ursprüngliche Stamm wohl sicher auf wasserlebende marine
Formen zurückgreift, die mit denjenigen der Würmer verwandt sein
dürften , daß aber die eigentliche Entwickelung zu den höchst ent-
wickelten Gliedern der Insekten der Anpassung an das Landleben
zuzuschreiben ist.
Noch viel mehr als bei allen wirbellosen Tieren tritt die Prä-
valenz der landlebenden Arten bei den Vertebraten zum Vorschein.
— 353 —
Es ist ja wohl nicht zu bestreiten, daß wir in den Fischen ent-
wickelungsgeschichtlich die niederste Stufe der heute lebenden Wirbel-
tiere zu sehen haben, aber ganz anders stellt sich die Frage, ob wir
die Fische als die eigentliche Stammform der Vertebratenreihe be-
trachten dürfen. Dagegen sprechen, wie dies besonders H. Simroth
und 0. Jäkel angeführt haben, gewichtige Momente, welche sich
sowohl aus dem Skelettbau wie aus der phylogenetischen Reihe er-
geben. So weist das Skelett der Fische Unzweckmäßigkeiten auf,
wie die ventrale Lage der Mundöffnung bei den Selachiern, die Ent-
wickelung eines hinteren Extremitätenpaares, dessen Funktion als
Bewegungsorgan durch den Schwanz aufgehoben ist, die Bepanzerung
der paläozoischen Panzerganoiden u. dergl. Phylogenetisch aber ist
zu beobachten , daß gerade diese Unzweckmäßigkeiten des Körper-
baues zunehmen , je niederer und auch je geologisch älter die be-
treffende Gruppe steht. So sehen wir allerdings den Bau der meisten
Knochenfische speziell der Edelfische als geradezu ideal für das
Wasserleben ausgebildet, aber gerade diese Gruppe ist die geologisch
jüngste. Stellen wir ihnen gegenüber die geologisch alten Ge-
schlechter der Haie besonders der Notidaniden , ferner der Panzer-
ganoiden und der Lurchfische oder Dipnoer, so sehen wir bei diesen
eine Reihe von Merkmalen , welche uns bei einem echten W^asser-
vertebraten befremden müssen, und welche alle darauf hinweisen,
daß diese ürfische keine eigentlichen Schwimmer waren, sondern
Küstenbewohner, welche mehr oder minder ausschließlich auf dem
Meeresboden herumkrochen. Auf eine kriechende Bewegungsart weist
sowohl die Entwickelung des doppelten Extremitätenpaares hin, das
als Stütze für den Körper diente, ebenso wie die ventrale Lage der
Mundöffnung für dieses Leben geeignet war. Mit Recht faßt Jäkel
auch die seltsame und schwerfällige Bepanzerung der alten Panzer-
ganoiden und Ostrakodermen als eine Vererbung der von den Arthro-
poden (z. B. Gigantostraca) übernommenen Panzerdecke auf. Kurz
zusammengefaßt darf man wohl sich dahin schlüssig werden, daß der
Fisch in seiner vollkommensten Form nur ein Produkt langdauernder
Anpassung an das Wasserleben ist und daß er von einer Urform
abstammt , welche diese Vollendung noch nicht besaß , sondern ein
schwerfälhges , mit der Schwimmbewegung nur wenig vertrautes
Küstentier darstellte, das sich auf dem Boden mit Hilfe gegliederter
Extremitäten vorwärtsbewegte und in seiner Bepanzerung am meisten
an die Krustaceen erinnert.
Es ist nicht anzunehmen, daß krustaceenartige Arthropoden die
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1903. 23
~ 354 —
direkten Vorläufer der Panzerganoiden waren, sondern daß dazwischen
noch eine lange Reihe von Zwischenformen liegt, bei welchen sich
allmählich die für die Vertebraten so wichtige Chorda dorsalis ent-
wickelte , die Sonderung der Muskulatur in Metameren und die
Reduktion der Extremitäten auf zwei Paare vollzog, ob aber diese
„Protochordaten" Land- oder Wasserbewohner waren, ist eine Frage,
die von Simroth zugunsten des Landes, von Jäkel zugunsten des
Wassers entschieden wird. Ich möchte mich hierin Jäkel anschließen
und seinen hierfür geltend gemachten Gründen noch einen weiteren
gewichtigen beifügen, nämlich die ausgesprochene Kiemenatmung aller
Fische. Diese kann sich nach allen unseren Erfahrungen nur im
Wasser bewähren und ausbilden und wurde wohl sicher auch von
den Arthropoden , wenn wir solche als die Ahnen einsetzen , über-
nommen. Wir beobachten nun zwar vielfach, daß sich die Kiemen-
atmung in Lungenatmung umwandelt, aber niemals das Umgekehrte.
Es scheint dies aus bestimmten histologischen Gründen ausgeschlossen
und dementsprechend behalten auch alle an das Wasser angepaßte
Landtiere ihre frühere Lungenatmung bei, auch wenn die Anpassung
so weit vorgeschritten ist wie bei den Meersauriern und Waltieren,
daß eine vollständige Umwandlung ihres Körperskelettes Platz ge-
griffen hat.
Haben wir demgemäß in den Fischen eine dem Wasser-
leben entsprechende Ausbildung und Umformung der
Urvertebraten zu sehen, so können wir ebenso eine dem Land-
leben angepaßte Parallelreihe beobachten. Diese zweigt schon un-
gemein früh ab und weist nach den Untersuchungen von Jäkel
auf gemeinsame Stammeltern der Panzerganoiden resp.
Plakodermen und der ältesten Stegocephal en hin. Bei
diesen wie bei den Amphibien überhaupt bleibt noch die Doppelnatur
in der Entwickelung gewahrt, aber bald schlägt die Natur des echten
Landbewohners durch und führt nun zu der herrlichen Yorwärts-
entwickelung, die keinen Halt mehr kennt und in den Säugetieren
einerseits und den Vögeln anderseits ihren Höhepunkt hndet.
Ziehen wir aus allem zusammen den Schluß, so dürfen wir
zwar an dem alten Satze „omne vivum ex mare" in dem Sinne fest-
halten, als die eigentlichen Wurzeln unserer großen Tierstämme aller-
dings bei den Wasserbewohnern zu suchen sind, daß aber die Ent-
wickelung im Wasser eine langsame und schleichende ist. Dem-
gegenüber beobachten wir bei allen zum Landleben übergetretenen
Formen eine überraschende Entwickelung , die sich nicht nur in
— 355 -
größerer Mannigfaltigkeit der Form, sondern auch in einem gewissen
Drängen nach fortschreitender Entwickelung kundgibt. So kommt
es , daß im Wasser Dauertypen sich entwickeln und die Gesamt-
entwickelung in gewissen Grenzen beschränkt bleibt , während auf
dem Lande sowohl innerhalb der Tiergruppen selbst die vollendetsten
Typen entstehen , als auch die Entwickelung der Lebewesen im
ganzen ihrem Höhepunkt zustrebt.
II. Die Grundprinzipien der Anpassung von Landtieren an das
Wasserleben.
Wir haben in dem vorangegangenen Abschnitt das Prinzip auf-
gestellt, daß zwar die Urstämme des Tierreiches im Meere wurzeln,
daß aber die energische Vorwärtsentwickelung auf das Land verlegt
werden muß und daß insbesondere alle lungenatmenden Tiere ent-
wickelungsgeschichtlich als echte Landbewohner zu betrachten sind.
Nun kennen wir bekanntlich eine große Anzahl teils rezenter, teils
fossiler Tiergruppen aus dem Reiche der Reptilien und Säugetiere,
welche ausgesprochene Meeresbewohner sind und es kann die Frage
aufgeworfen werden, ob diese Lebensweise als atavistischer Anklang
an frühere Urzustände oder als Neuerwerbung in Form von Anpassung
an das Wasserleben aufzufassen ist. Im einen Falle würden die
marinen Bewohner z. B. die Ichthyosaurier und Plesiosaurier unter
den Reptilien, die Waltiere, Sirenen und Robben unter den Säuge-
tieren gewissermaßen Stammformen darstellen, auf die sich die land-
lebenden Reptilien resp. Säuger beziehen lassen müßten, im anderen
Falle würden wir darin vorgeschrittene Tiergruppen zu erblicken
haben, welche nur eine neue Richtung der Entwickelung eingeschla-
gen haben. Es herrscht wohl unter den Zoologen wie unter den
Paläontologen heutzutage Übereinstimmung darüber, daß wir nicht
das erstere, sondern das letztere anzunehmen haben, und daß
Beobachtungen dafür sprechen, daß alle marinen Rep-
tilien und Säugetiere auf Landformen zurückzuführen sind.
Nicht so einig, ja zum Teil völlig im Dunkeln ist man dagegen über
die verwandtschaftlichen und stammesgeschichtlichen Beziehungen, und
vielfach begegnet man dem Fehler, daß die aus der Anpassung an
das Wasserleben sich ergebende Konvergenz in dem anatomischen
Bau des Körpers entwickelungsgeschichtlich verwertet wird, was natür-
lich stets zu Irrtümern führen muß. Man kann niemals, um ein
drastisches Beispiel herauszugreifen, einen Schwertfisch, Ichthyosaurier
und einen Delphin in eine phylogenetische Reihe bringen , obgleich
23*
- 356 —
sie im Körperbau große Analogien aufweisen , ebensowenig wie wir
in einem Pterodaktylen den Ahnen einer Fiedermaus sehen dürfen.
Wohl ist man sich hierbei im Prinzip vollständig klar, aber vielfach
fehlt es, wie wir sehen werden, an der exakten Durchführung.
Um uns die vielfachen Veränderungen bei der Anpassung von
Landformen an das Wasserleben klar zu machen, müssen wir vor
allem die Grundzüge und Gesetze kennen lernen, nach welchen
diese vor sich geht. Sie wiederholen sich mehr oder minder klar
in allen neueren Arbeiten , welche einzelne an das Wasserleben an-
gepaßte Gruppen behandeln und was in jedem einzelnen Falle zum
Ausdruck kommt, darf wohl auch auf das Ganze übertragen werden.
Es ist eine harmonische Verbindung der Theorien unserer beiden
größten Forscher auf diesem Gebiete — Lamarck und Darwin, wozu
noch ein weiteres wichtiges Grundgesetz tritt, das von Th. Edier
aufgestellt und durchgeführt wurde. Lamarck lehrt uns die Um-
bildungen, welche das Skelett durch den Gebrauch resp. Nicht-
gebrauch seiner einzelnen Teile erfahren hat, nach Darwin's
Lehre befestigen sich diese Anpassungserscheinungen durch die Ver-
erbung erworbener Eigenschaften und Eimer fügt als wich-
tigen Faktor für die Gestaltung des Skelettes das Gesetz des
Gleichgewichtsoderder Kompensation hinzu. Diese drei ent-
wickelungsgeschichtlichen Fundamentalgesetze finden kaum irgendwie
schönere Anwendung als bei der vorliegenden Studie und auf sie
lassen sich, wie wir sehen werden, alle die dabei zutage tretenden
Erscheinungen beziehen.
Ausgehend von dem LAMARCK'schen Zw^eckmäßigkeitsprinzip
•stehen wir zunächst vor der Frage , was überhaupt von Landtieren
bei dem Übergang in das wässerige Element anzustreben ist, um
dort Vorteile gegenüber dem Landleben zu erlangen. Diese Frage
ist leicht zu beantworten, denn in erster Linie mußte es die Fertig-
keit der raschen Vorwärtsbewegung im Wasser, d. h. das Schwimmen
sein. Das Ideal dieser Bewegungsart sehen wir in dem Fische mit
schlankem, vorne und hinten zugespitztem Körper, glatter Oberfläche
und mit Flossen an Stelle der Extremitäten. Diese Gestalt hat sich,
wie wir bereits erwähnt haben, im Laufe langer geologischer Perioden
langsam aus der marinen Abteilung der Wirbeltiere, d. h. der Fische
herausgebildet und entspricht allen Anforderungen der Zweckmäßigkeit
eines Wasserbewohners. Es verkörpert gewissermaßen das Prinzip
eines modernen Schraubendampfers, indem auch beim Fische
die Schwanzflosse gleich einer Schraube die Vorwärtsbewegung über-
357
nimmt, während die Seitenflossen den Schlingerkielen unserer Schnell-
dampfer und zugleich dem Steuer entsprechen und mehr zur Gleich-
gewichtshaltung und zum Drehen und Wenden dienen. Ebenso wie
wir aber auch bei unserem modernen Schiffsbau neben den lediglich
auf rasche Vorwärtsbewegung berechneten Schraubendampfern Schiffe
mit möglichst großer Stabilität konstruieren , so finden wir auch in
der wasserbewohnenden Tierwelt noch das Prinzip des Flach-
Fig. 1. Schema einer Anpassungsform nach dem Prinzip der Schraubenbewegung.
Fig. 2. Schema einer Anpassungsform nach dem Prinzip der Piuderbewegung.
b 0 0 1 e s mit weit ausladenden Rudern verkörpert , und wir werden
sehen, daß auch diese Form sich in gewissen Fällen äußerst zweck-
mäßig bewährt hat. Mit diesen beiden Schiffstypen sind gewisser-
maßen die beiden Idealformen gekennzeichnet, welche das Leben im
Wasser anzustreben hat, aber dieselben verlangen so gewaltige und
durchgreifende Änderungen in dem Körperbaue eines Landbewohners,
daß dieselben nur sehr langsam erreicht werden, denn sie sind nicht
nur mit einer Umformung der Extremitäten und des Körperbaues,
sondern auch mit einem Schwinden vieler auf dem Lande vorteil-
— 358 —
hafter, im Wasser aber unnützer, ja selbst hinderlicher Organe ver-
bunden.
Der Körperbau des Landtieres strebt einerseits eine
rasche Bewegung und Kraft zur Erreichung der Beute und ander-
seits Schutz gegen äußere Feinde und klimatische Einflüsse an. Die
Bewegungsfähigkeit wird dadurch erreicht, daß der Rumpf vom Boden
abrückt, um die Reibung zu vermindern und so sehen wir den Körper
gewissermaßen auf 4 Säulen gestellt, die als Vorder- und Hinter-
Extremitäten die Bewegung vermitteln. Die Verbindung der Extremi-
täten mit dem Körper muß eine möglichst innige sein und wird ver-
mittelt durch den Brust- und Beckengürtel, aber auch der übrige
Bau des Rumpfes verlangt eine feste, v^^enn auch bewegliche Stütze,
und dementsprechend ist die Wirbelsäule kräftig aber äußerst ge-
lenkig gebaut. Das Übergewicht gegenüber anderen Tieren wird
entweder durch Schnelligkeit oder durch Kraft des Gebisses erreicht
und demgemäß ist das Schwergewicht der Muskulatur teils auf die
Extremitäten, teils auf das Gebiß verlegt, letzteres besonders bei den
aggressiven fleischfressenden Landbewohnern. Zum Schutze gegen
Feinde dienen außerdem besondere Entwickelungen der Cutis- und
Epidermisgebilde, wie Knochenpanzer, Hornplatten, Stacheln u. dergl.,
während die klimatischen Einflüsse bei den warmblütigen Säugetieren
durch den Schutz der Haare ausgeglichen werden. Ein Blick auf
die Tierwelt zeigt wie unendlich mannigfach die Mittel und Wege
sind, welche die Natur eingeschlagen hat, um den einzelnen Formen
eine Sicherheit und Lebensfähigkeit zu gewähren. Daß dabei eine
Hauptrolle die verschiedenartige Nahrung bildet, welche in jedem
einzelnen Falle wieder eine besondere Anpassung mit sich bringt,
ist ja selbstverständlich und es würde ins Endlose führen , dieses
Thema auch nur einigermaßen erschöpfend zu behandeln.
Stellen wir demgegenüber die Anforderungen, welche das Leben
im Wasser an den Körper stellt, so überzeugen wir uns leicht,
daß hier ganz andere Faktoren maßgebend sind. Es muß dabei
vorausgeschickt werden, daß für die Anpassung an das Wasserleben im
allgemeinen die fleischfressenden Tiere in Betracht kommen, da
natürlich die Verhältnisse für Pflanzennahrung auf dem Lande günstiger
liegen als im Wasser. Es gibt freilich auch einige Ausnahmefälle,
die wir später kennen lernen werden , aber diese sind nicht maß-
gebend für die Zusammenstellung der Grundgesetze. Dagegen ist
von Wichtigkeit, daß wir als Anpassungsformen stets kräftigen und
relativ großen Tieren begegnen, welche dem Kampfe im neuen
— 359 —
Elemente gewachsen sind, während kleine schwache Tierarten gewiß
bald den zahlreichen und ungewohnten Feinden hätten erliegen müssen.
Es ist deshalb kein Zufall, daß fast alle diese Wasserbewohner eine
stattliche Größe aufweisen und sich in ihren Endgliedern zu Riesen-
formen entwickeln. Der Aufenthalt im Wasser ist zunächst mit einer
nahezu vollständigen Aufhebung des Körpergewichtes als
eme von dem Tiere zu tragende Last verbunden, da der Körper im all-
gemeinen dem spezifischen Gewichte des Wassers fast gleichkommt.
Ich habe selbst einmal im Golfe von Neapel im Taucheranzug einige
Zeit auf dem Meeresboden zugebracht und das ganz eigenartige Gefühl
kennen gelernt, welches die Aufhebung des Eigengewichtes mit sich
bringt. Das Aufschnellen mehrere Meter über den Meeresboden bei
ganz geringem Abstoß , das langsame Absinken , das Hingleiten am
Boden bei nur geringer Ruderbewegung mit den Händen erzeugt ein
Gefühl der Körperlosigkeit und gibt uns einen Begriff von der geringen
Muskeltätigkeit der Wassertiere bei der Vorwärtsbewegung. Es ist
natürlich, daß das Tier in dem neuen Medium eines viel ge-
ringeren Stützapparates bedarf und dementsprechend ist auch
der Knochenbau ein weniger fester als bei den Landtieren. Dies
macht sich ganz besonders bei den Meersäugern gegenüber den Land-
säugern geltend.
Dazu kommt nun die Umformung des Körpers in dem
bereits erwähnten Sinne der Schrauben- oder Ruderbewegung. Diese
Umformung macht sich zunächst am meisten an den Extremitäten
bemerkbar, deren Funktion als Stützen des Körpers gänzlich auf-
gehoben wird, während zugleich die Gehbewegung in eine Ruder-
bewegung sich umwandelt. Dies bringt zweierlei mit sich, einer-
seits eine Verkürzung der als Stützen dienenden Teile der Extremität,
d. h. des Armes und Beines verbunden mit einem Schwund der Auf-
hängeapparate am Rumpf, d. h. des Schulter- und Beckengürtels, ander-
seits eine Verbreiterung und Verstärkung des als Ruder brauchbaren
distalen Teiles der Extremität, d. h. der Hand und des Fußes. Bei
den meisten der Wasserbewohner, bei welchen der Typus der
S c h r a u b e n b e w e g u n g sich entwickelt , wird aber die Funktion
der Schraube nicht wie z. B. bei den Robben von der Hinter-
extremität übernommen , sondern es entwickelt sich die terminale
Endigung der Wirbelsäule za einer eigentlichen Schwanzflosse.
Li diesem Falle wird die Hinter ext remität vollständig
außer Dienst gestellt und verkümmert gemeinsam mit
dem Be cken.
— 360 —
Nach dem Gesetze der Ausgleichung oder Kompensation wird
aber nun der Überschuß an Materie anderweitig im Körper verwendet
und kommt der Wirbelsäule zugute, welche eine Streckung
unter Vermehrung der Wirbelkörper erfährt, und zwar be-
trifft dies hauptsächlich den Schwanz mit seiner wichtigen neuerwor-
benen Funktion, aber auch häufig den Rumpf selbst. Dagegen wird
der Hals bei diesem Typus gedrungen und mehr oder minder
starr wie bei den Fischen. Der Schädel dagegen, mit welchem
das Tier das Wasser durchschneidet, ist groß und nach vorne
zugespitzt, was durch eine mächtige Entwickelung der Gesichts-
teile erreicht wird. Der auf diese Weise gebildete große Rachen ist
natürlich für die Ergreifung der Nahrung von Vorteil, da das Tier
genötigt ist, gleich den Raubfischen auf die Beute loszuschießen und
diese zu erfassen. Auf diese Weise entstehen Typen, welche dem
Fische am meisten gleichen und uns von den Ichthyosauriern, Mosa-
sauriern, Thalattosuchiern und den Walen am meisten bekannt sind.
Der andere Typus, dessen Bewegungsart ich mit
der Ruder bewegun g an einem Flachboote verglichen
habe, erreicht seine Vorteile beim Wasserleben auf andere Weise.
Hier wird die Vorwärtsbewegung nicht durch eine Schwanzflosse,
sondern durch die Extremitäten übernommen, und demgemäß finden
wir bei diesen beide Extremitätenpaare als lange Ruderflossen
entwickelt. Der Rumpf dieser Typen ist nicht gestreckt, sondern
gedrungen und breit und die Bauchseite wird geschützt durch ein
Plastron, das teils aus dem Brust- und Beckengürtel, teils aus
Knocheneinlagerung in der Brust- und Bauchmuskulatur in Form
von sogen, falschen Rippen oder Abdominalrippen oder auch von
Hautverknöcherungen gebildet ist. Da diese Tiere weniger dazu ge-
eignet sind, das Wasser wie ein Fisch zu durchschneiden, so ist
auch der Kopf und Hals in ganz anderer Weise entwickelt. Der
Schädel ist klein und ragt auf langem beweglichen Halse
aus dem Rumpfe hervor, wodurch das Tier befähigt ist, in weitem
Umkreise seine Beute zu erhaschen. Eine Korrelation zwischen
Kopf und Hals ist insofern zu beobachten, als wir mit der Größen-
zunahme des Schädels eine Verkürzung des Halses Hand in Hand
gehen sehen, wofür die Plesiosauriden treffliche Beispiele bieten.
Dieser Typus der Ruderbewegung ist am besten vertreten durch die
Gruppen der Plesiosaurier und der Seeschildkröten.
Während uns bisher im wesentlichen die Umformung des
Skelettes und der damit zusammenhängende Bau des Körpers be-
— 361 —
schäftigt hat, müssen wir unser Augenmerk auch noch auf die Um-
gestaltung einzelner Organe bei der Anpassung an das Wasser-
leben richten. Es sind dies die bei den Landtieren so verschieden-
fach entwickelten Cutis- und Epidermisgebilde, welche zum
Schutze gegen Feinde und äußere Einflüsse dienen. Sie verkümmern
fast durchgehend im Wasser oder verschwinden sogar bei durch-
greifender Anpassung vollständig. So verkümmert bei den Seeschild-
kröten der geschlossene Panzer, die jurassischen Meerkrokodilier
(Thalattosuchier) haben die Cutisverknöcherungen gänzlich eingebüßt,
den Waltieren fehlt die Behaarung etc. Auch die Bezahnung er-
leidet bei vielen Arten eine Umwandlung, denn die Seeraubtiere
beanspruchen als Gebiß lediglich einen Rechen, der die erfaßte Beute
zurückhält; dementsprechend finden wir meist sehr viele aber einfach
spitzkonische Zähne und wo vorher bei der Landform eine differenzierte
Bezahnung vorhanden war, wandelt es sich rasch in ein einfaches
homodontes Gebiß um. Wir werden hierfür in den Zeuglodonten
und Waltieren treffende Beispiele kennen lernen und dabei noch
manche andere Momente von Schwund oder Umwandlung einzelner
Organe zu beobachten haben, doch möge das hier Angeführte zur
Festlegung der Grundprinzipien der Anpassungserscheinungen ge-
nügen, um darauf später zurückgreifen zu können.
in. Die Meer-Reptilien*
Es war durchaus natürlich, daß die Systematik der Rep-
tilien dem lebenden Materiale angepaßt wurde und von der Formen-
kenntnis dieser Arten ausging ; es schien auch zunächst sehr leicht,
die fossilen Vertreter in die Gruppen der rezenten Arten einzureihen,
oder half man sich im schlimmsten Falle mit der Aufstellung einiger
neuer Ordnungen. Je mehr aber das paläontologische Material an-
wuchs und je mehr man sich bemühte, durch vergleichend anatomische
Studien einen Zusammenhang zwischen den rezenten und fossilen
Vertretern herauszufinden , desto unzulänglicher erwies sich die alte
Systematik. Von Jahr zu Jahr mehrt sich die Summe der fossilen
Reptilien, von denen insbesondere diejenigen der paläozoischen und
mesozoischen Periode vielfach Vertreter aufweisen, die als vollständig
ausgestorben gelten können und an die lebenden Arten so gut wie
keinen direkten Anschluß zeigen. Wie überwiegend das paläonto-
logische Material über das rezente ist, lehrt uns ein Blick auf die
systematische Übersicht, z. B. in Zittel's Handbuch, der 9 Ordnungen
der Reptilien aufstellt , welche sämtlich bereits im Mesozoikum ver-
— 362 -
treten sind , von denen aber nur 4 in die Jetztzeit herübergreifen.
In neuester Zeit hat nun der amerikanische Forscher H. F. OsboknV
der als ein vorzüghcher Kenner sowohl des fossilen wie des rezenten
Materiales gelten darf, den Versuch einer neuen Systematik gemacht,
die einen ganz wesentlichen Fortschritt bedeutet, da sie alles bis
jetzt bekannte Material berücksichtigt. Mag diese neue Gliederung
auch im einzelnen noch vielfach ausgebaut werden, so darf sie doch
Notliosaurns.
Fig. 3. Typus eines langgestreckten Synapsiden-Scliädels mit einem einzigen
Schläfendurchbruch.
Hattcria.
Fig. 4, Typus eines gedrungenen Diapsiden-Scliädels mit doppeltem Schläfen-
durclibruch.
vorläufig als eine Grundlage angesehen werden, die eine Fülle neuer
Gesichtspunkte liefert. Osborn geht von dem Bau des Schädels aus
und unterscheidet 2 Hauptgruppen, welche er als Synapsiden und
Diapsiden bezeichnet.
Von diesen stellen die Synapsiden zweifellos den älteren
Typus dar; maßgebend ist, daß bei diesen die Knochenbrücke, welche
' H. F. Osborn, The Reptilian subclasses Diapsida and Synapsida etc.
Memoirs of the American Museum of nat. Hist. Vol. I Part VIII. 1903.
- 363 —
vom Gesichtsteil des Schädels nach der eigentlichen Schädelkapsel
führt, einfach angelegt und daß demgemäß nur ein einziger Schläfen-
durchbruch am Schädel ausgebildet ist. Alle diese Formen, als deren
bekanntester Vertreter der Schildkrötenschädel angesehen werden
kann, zeigen kurze gedrungene Köpfe, in welchen der Gesichtsteil
zurücktritt und bei denen auch der Rumpf, insbesondere im Brust-
und Beckengürtel, eine gedrungene kräftig angelegte Form aufweist.
Die Diapsiden, deren Hauptmerkmal in der doppelten Anlage der
nach hinten führenden Knochenbrücken und demgemäß in 2 Schläfen-
durchbrüchen zu suchen ist, sind als die jüngere Gruppe der Rep-
tilien anzusehen. Bei diesen finden wir vielfach langgestreckte
Schädel mit mächtiger Entwickelung der Gesichtsteile und ebenso
langgestreckte Körper mit schwachen, zur Reduktion geneigten Brust-
und Beckengürteln.
Ich würde nicht dieses Gewicht auf die OsBORN'sche Systematik
der Reptilien gelegt haben, wenn sie nicht zugleich auch eine voll-
ständige Übereinstimmung mit den Beobachtungen über die Anpassung
an das Wasserleben zeigen würde, was nicht zum wenigsten die
Richtigkeit dieser neuen Gliederung bestätigt. Es zeigt sich nämlich,
daß, alle An passungs formen aus der Gruppe der Syn-
apsiden nach dem Prinzip der Ruderbewegung, wie ich
es im vorigen Abschnitte geschildert habe, gebaut sind, wäh-
rend wir bei den Diapsiden durchgehend das Prinzip
der Schraubenbewegung ausgebildet finden. Wenn ein
derartig fundamentaler Unterschied in der Art der Anpassung sich
mit der Systematik in Einklang bringen läßt, so können wir im vor-
aus versichert sein, daß diese in ihren Grundzügen das Richtige ge-
troffen hat. Ich schließe mich deshalb der OsBORN'schen Gliederung
der Reptilien an und wir betrachten deshalb
A. Die Synapsida mit Anpassung an das Wasserleben nach dem Prinzip
der Ruderbewegung.
Von dieser großen und formenreichen Abteilung der Reptilien,
die entwickelungsgeschichtlich um so wichtiger und interessanter ist,
als wir einzelne Stämme derselben als die Vorläufer der Säugetiere
anzusehen haben, ist nur eine einzige Gruppe auf die Jetztzeit über-
gegangen, und zwar die der Schildkröten.
1. Die Schildkröten (Testudinata) sind gewiß ein uralter
Stamm der Reptilien , aber leider liegt die Stammesgeschichte der-
selben vollständig in Dunkel gehüllt. Wie ich schon früher (diese
— 364 —
Jahresh. 1903. S. 94) ausgeführt habe, können wir uns die Ur-
se hildkröten als landlebende grabende Reptilien vor-
stellen, bei welchen sich in konvergenter Entwickelung wie bei ein-
zelnen grabenden Edentaten, z. B. den^Gürteltieren, ein schützender
Panzer ausbildete , in welchen sich das Tier zurückziehen konnte.
Entsprechend der Arbeitsleistung wurden die Extremitäten zu aus-
gesprochenen Grabfüßen mit den charakteristischen Verkürzungen
und Verkrümmungen der Skelettteile. Damit war im wesentlichen
schon der Typus der Landschildkröte gegeben und in der Tat finden
wir auch bereits in der Trias im Stubensandstein eine echte Land-
schildkröte — Proganochelys Quenstedti — , die sich vollständig dem
Typus der heute lebenden Pleurodiren, d. h. Formen, bei welchen
das Becken mit dem Panzer verwachsen ist, anreihen lassen. Diese
Pleurodiren treten demnach bereits in der Trias als ein „perfekter
Typus" (Rütimeyer) auf, erhalten sich bis zur Jetztzeit als Land-
bewohner und zeigen nur noch geringe Formenveränderung. Ihnen
gegenüber lernen wir in den Kryptodiren, bei welchen das Becken
nicht mit dem Panzer verwachsen ist, einen mehr „plastischen Typus"
(E. Fkaas) kennen, der sich im Laufe der geologischen Perioden auf
das mannigfaltigste verändert. Der wesentlichste Faktor dabei ist
die Anpassung an das Wasserleben. Auf dem Wege vom
Lande (Chersidae) zum Sumpfe (Emydae), und Flusse (Trionychidae),
dann zur Küste (Chelydridae) und schließlich ins offene Meer (Chelo-
nidae) entstand die Fülle neuer Typen, die zum größten Teile auch
in der Jetztzeit noch vertreten sind und deren Übergangsglieder wir
zuweilen in trefflicher Weise durch paläontologische Funde belegt
finden. Insbesondere sind uns die Übergangsformen vom Süßwasser
zu Meerformen als die Thalassemyden des oberen Jura gut be-
kannt, welche eine ausgesprochene Zwischenstellung zwischen den
Emyden und Cheloniden einnehmen. Den vollkommensten Grad der
Anpassung an das Meer zeigen die Lederschildkröten oder Dermo-
chelyden, bei welchen nicht nur die Extremitäten vollständig zu
Flossen umgewandelt erscheinen, sondern bei welchen auch der starre
Knochenpanzer geschwunden und nur noch eine weiche Lederhaut
übrig geblieben ist.
In den Seeschildkröten lernen wir, wie schon verschiedenfach
hervorgehoben , den Typus derjenigen wasserbewohnenden Reptilien
kennen, deren Bau dem Prinzip der Ruderbewegung entspricht. Zu-
gleich sehen wir auch bei diesen, welche Vollendung auch bei dieser
Bewegungsart im Wasser erreicht werden kann. Wer je Gelegenheit
t — 365 —
gehabt hat, Meerschildkröten in ihrem Elemente sich tummeln zu
sehen, der wird gewiß zugeben, daß man sich kaum etwas Schöneres
und Eleganteres denken kann. Das ist mehr ein Schweben im Wasser,
als ein Schwimmen, und die ruhigen sicheren Bewegungen sind am
meisten vergleichbar dem Fluge eines Raubvogels ; scheinbar ohne
alle Anstrengung durchschneiden sie das Wasser, verharren dann
wieder in größter Ruhe in jeder Wasserschicht, um dann plötzlich
wieder mit scharfem Rucke und größter Sicherheit auf eine Beute
loszuschießen.
2. Die Saiiropterygier (Plesiosaurier z. T.). Während die Schild-
kröten einen uralten Dauertypus darstellen , der wohl im Haushalte
der Natur auch heute noch fast dieselbe Rolle spielt, wie er sie
durch die ganze Tertiärzeit und im wesentlichen auch in der
mesozoischen Periode gespielt hat, zeigen die Sauropterygier, wenig-
stens soweit bis jetzt bekannt, eine Beschränkung auf die mesozoische
Periode. Wohl mögen die Stammformen derselben weit in das Paläo-
zoikum zurückreichen und nächste Stammesverwandtschaft mit den
hypothetischen Urschildkröten aufzuweisen haben, aber wir kennen
die einen so wenig wie die andern, und ebensowenig sind uns Ver-
treter dieser Gruppe aus der Tertiärzeit bekannt. Dagegen besitzen
wir eine große Anzahl von Überresten aus Trias, Jura und Kreide,
welche sich in vortrefflicher Weise ergänzen und entwickelungs-
geschichtlich ein hohes Interesse beanspruchen, da sie sich zu einer
geschlossenen Reihe gruppieren lassen, in welcher die Anpassung
eines ursprünglichen Landreptiles an das Meer zum Ausdruck kommt.
Die ältesten bekannteren Vertreter finden sich in der Trias und
zwar hauptsächlich im Muschelkalk und werden als Gruppe der
Nothosauriden zusammengefaßt. Von besonderer Bedeutung für
unsere Studien sind unter diesen die zierlichen, ziemlich schlank
gebauten Arten, wie Pachypleura, Bactylosaurus und Neusticosaurus,
welche alle nur ganz geringe Größe (selten mehr als 0,5 m) erreichen
und ausgesprochene Landbewohner waren. Hierfür spricht
der schlanke eidechsenartige Körperbau mit kleinem Kopf, mäßig
langem Hals, gestrecktem Rumpf, langem Schwanz und wohlaus-
gebildeten Gehfüßen. An diese Formen reihen sich solche an , wie
Lariosaurus und Simosaurits, bei welchen der Körperbau gedrungener
erscheint und zwar besonders durah breitere Anlage des Rumpfes.
Die kräftigen Rippen legen weit aus und die Bauchseite wird durch
Entwickelung von Bauchrippen und Verbreiterung des ventralen Teiles
von Brust- und Beckengürtel geschützt. Dem breiten und gedrungenen
- 366 - ♦
Rumpfe entsprechen die Extremitäten nicht , denn diese erscheinen
im Verhältnis zum Körper schwach und waren zur Bewegung auf
dem Lande ungeeignet. Wir erkennen hierin bereits die Anpas-
sung an das Wasserleben, welche hei Nothosaurus seihst noch.
mehr hervortritt und sich in der Verbreiterung des Rumpfes, der
Verstärkung der ventralen Teile desselben und Versteifung des vor-
deren Schwanzteiles, und der Umwandlung der Extremitäten in
Schwimmfüße kundgibt. Immerhin sind die Nothosaurier noch nicht
als echte Meeresbewohner aufzufassen, sondern als Küstentiere, die
ihre Beute bald im Meere, bald im Süßwasser und wohl zuweilen
auch auf dem Lande suchten.
Echte Meeresbewohner dagegen waren die Plesiosaurier,
welche sich stammesgeschichtlich an die Nothosaurier anschließen,
aber nun alle die zum Wasserleben nötigen Organe in der be-
sprochenen Weise umgewandelt haben. Die Verkürzung des Rumpfes,
die bereits bei Lariosaurus und Nothoscmriis angebahnt ist, kommt
bei den Plesiosauriern in verstärktem Maße zum Ausdruck. Die
Bauchseite wird durch Bauchrippen und besonders durch eine Ver-
breiterung des ventral verschobenen Brust- und Beckengürtels wie
durch ein Plastron oder Bauchschild geschützt. Die Extremitäten
sind vollständig dem Wasserleben angepaßt und als Paddeln ent-
wickelt, welche weniger breit als lang auslegen. Dementsprechend
sind zwar die Skelettelemente des Unterarmes und Beines (ülna und
Radius, sowie Tibia und Fibula) verkürzt, die Elemente von Hand
und Fuß dagegen voll und gestreckt entwickelt, ja es tritt sogar,
wie z. B. bei einzelnen Walen, eine Hyperphalangie ein, d. h. es
ZBigen sich mehr Phalangen als die landlebende Stammform hatte,
eine Erscheinung, die von Kükenthal auf Hemmungserscheinungen
des Verknöcherungsprozesses heim Wasserleben zurückgeführt wird.
Bekanntlich ist bei allen Plesiosauriden der Schädel relativ klein,
der Hals und auch der Schwanz lang, so daß man die Körperform
des Tieres mit einer durch eine Meerschildkröte gezogenen Schlange
verglichen hat. Ganz eigenartig und ein trefflicher Beleg für das
EiMER'sche Gesetz der Kompensation oder des Gleichgewichts (vergl.
S. 356) ist das Verhältnis von Kopf und Hals. Man ist versucht
anzunehmen, daß hierbei gewissermaßen stets mit derselben Masse
gewirtschaftet wird und daß nur durch eine Verschiebung zugunsten
des einen oder anderen Organes die Proportionen geändert sind. So
können wir für den Normaltypus der Plesiosaurier etwa ein Verhältnis
von Kopf zu Hals wie 1 : 2 annehmen, während die Länge des Halses
- 867 —
der des Rumpfes gleichkommt. Nun finden wir aber auf der einen
Seite extreme Formen, wie z. B. Plesiosaurus homalospondylus aus
dem oberen Lias von England mit sehr kleinem Kopf und ungemein
verlängertem Halse, so daß die Proportionen von Kopf und Hals sich
wie 1 : 9 verhalten, wobei der Hals mehr als die doppelte Länge des
Rumpfes erreicht: auf der andern Seite sehen wir z. B. bei Flio-
satiruß einen mächtigen Schädel und dafür einen sehr kurzen Hals
entwickelt, so daß der Kopf doppelt so lang als der Hals ist. Zwi-
schen diesen Extremen liegen alle möglichen Übergänge.
Die Plesiosaurier sind ausschließlich große Tiere, deren Länge
bei ausgewachsenen Tieren nicht unter 2 m herunterging, dagegen
nicht selten 5 und mehr Meter erreicht. Insbesondere treten in den
jüngeren Formationen riesige Formen auf, die zugleich auch als End-
glieder der Entwickelungsreihen anzusehen sind.
Im allgemeinen dürfen wir annehmen, daß die Bewegungs-
art der Plesiosaurier ganz ähnlich derjenigen der See-
schildkröten war, und daß sie sich wohl mit derselben Leichtig-
keit und Eleganz im Wasser tummelten. Die Geschwindigkeit war
vielleicht eine geringere , wurde aber ausgeglichen durch die Be-
weglichkeit des Schädels auf dem langen gelenkigen Halse, "indem
hierdurch die Beute aus weiterer Entfernung nach allen Richtungen
hin ergriffen werden konnte. Zweifellos waren alle Plesiosaurier aus-
gesprochene Fleischfresser, deren Nahrung im wesentlichen ans
Fischen bestand und der Fang derselben mußte ihnen um so leichter
werden, als viele der damaligen Formen, nach ihrem plumpen Körper-
bau zu schließen, nur mäßige Schwimmer waren.
3. Die Aiioiuodontia bilden zwar eine der formenreichsten und
interessantesten Gruppen der Synapsiden, denn bei ihnen finden wir
am meisten Anklänge an die späteren Säugetiere , so daß die An-
nahme gerechtfertigt erscheint, daß diese stammesgeschichtlich ver-
wandt sind. Für unsere Studie jedoch sind diese merkwürdigen und
häufig recht fremdartigen Reptilien von untergeordnetem Interesse,
da sie fast ausschließlich Landbewohner waren und während der
ganzen Zeit ihrer Herrschaft, welche in die paläozoische und den
Anfang der mesozoischen Periode fällt, blieben. Nur eine Gruppe
derselben hat für uns Interesse, nämlich die Plakodontier, bekannt
durch ihre großen Pflasterzähne im Ober- und Unterkiefer, welche
auf die Ernährung durch Muscheln und Krebstiere hinweist. Es
waren dies sicherlich Anpassungsformen an das Wasserleben, aber
leider sind sie uns in ihrem Skelett noch recht wenig bekannt. Es ist
— 368 —
nicht unwahrscheinlich, daß hierher auch die von Jäkel beschriebene
interessante Flacochelys aus der oberen Trias vom Plattensee ge-
hört, ein Tier mit den Pflasterzähnen der Plakodontier , auch im
Schädelbau an diese erinnernd, aber mit einem kräftigen Panzer be-
deckt. Jäkel hält Flacochelys zwar für eine bezahnte Urschildkröte,
aber ich kann mich ihm hierin nicht anschließen, da ich deren Ent-
wickelung auf das Land verlege und da bereits in der schwäbischen
oberen Trias vollkommen ausgebildete Landschildkröten gefunden
sind. Ich glaube mehr, daß die ganze Gruppe der Plakodontier,
Flacochelys eingeschlossen , eine kleine spezialisierte Familie ge-
panzerter Anomodontier darstellt, die durch Anpassung an das Wasser-
leben und Muschelnahrung im Gebiß sich verändert hat und daß
auch die isoliert gefundenen Schilder und Panzerstücke von Fsepho-
sannis und Fsephoderma hierher gehören ^
B. Die Diapsida mit Anpassung an das Wasserleben nach dem Prinzip
der Schraubenbewegung.
Ebenso wie ich bei der Besprechung der Anpassungsformen
unter den Synapsiden von der systematischen Anordnung Osborxs
etwas abgewichen bin, so erlaube ich mir dies auch bei der reich-
gegliederten Ordnung der Diapsiden und greife zunächst diejenige
Familie heraus, welche weitaus die schönste und vollkommenste
Form wasserlebender Reptihen darstellt und an welcher das neue Prinzip
dieser Anpassungsart am besten vor Augen geführt werden kann.
1. Die Ichthyosauria. In ihnen verkörpert sich ge wisser-
maßer alles das, was wir als Ideal einer Anpassung nach dem Prinzip
der Schraubenbewegung von dem Körper eines Reptiles verlangen
können. Die Umwandlung ist so weit vorgeschritten, daß nahezu
alle Anklänge an die ursprüngliche landlebende Stammform verloren
gegangen sind und daß ein neues Wesen entstanden ist, das in seiner
äußeren Form den Typus des Fisches trägt und nur in seiner Ana-
tomie noch das Reptil erkennen läßt. Der Körperbau zeigt eine
spindelförmige vorn und hinten zugespitzte Gestalt. Der Schädel
verläuft in eine spitzige weit nach vorne verlängerte Schnauze, in
welcher die Zähne infolge der schon einmal erwähnten Hemmung
des Verknöcherungsprozesses beim Wasserleben nicht mehr in ge-
^ Will man die Plakodontier an die Schildkrüten anschließen , so müßte
man jedenfalls an eine frühe Abzweigung von dem Hauptstanime und an eine
Differenzierung infolge eigenartiger Ernährung und ihrer marinen Lebensweise
denken.
— 369 -
sonderten Alveolen, sondern in einer gemeinsamen Alveolarrinne
stecken , die eigentliche Schädelkapsel ist klein und schwach ver-
knöchert, so daß das Hinterhaupt viele offene Stellen aufweist, das
Auge ist groß und gegen den wechselnden Druck durch einen ver-
knöcherten Skleroticaring geschützt. Der große gestreckte Schädel
setzt fast ohne Hals an den Rumpf an, der seinerseits weit auf-
gewölbt und von rundlichem Querschnitt ist und in einen langen
Ruderschwanz ausläuft. Die Bauchseite ist sowohl durch einen kräf-
tigen ventral verschobenen Brustgürtel wie durch Bauchrippen ge-
schützt. Zur Vorwärtsbewegung dienen ausschließlich Flossen, und
zwar haben wir eine häutige Rückenflosse , eine große nach oben
gestellte gleichfalls häutige Schwanzflosse und 2 seitliche Flossen-
paare, welche den Extremitäten entsprechen. Von diesen sind die
vorderen kräftig, die hinteren funktionslosen rudimentär entwickelt
und namentUch hat das Becken eine starke Reduktion erfahren. Bei
beiden Extremitätenpaaren macht .sich aber die Umwandlung in dem-
selben Sinne geltend, indem die ursprünglichen gestreckten Knochen
verkürzt und in charakterlose Polygonalplatten umgewandelt werden.
Dabei erfährt nicht nur die Zahl der Phalangen, wie wir dies schon
bei den Plesiosauriern kennen gelernt haben, eine Vermehrung, son-
dern es tritt sogar bei einzelnen Arten eine Vermehrung der Finger-
strahlen bis zu 12 auf, um die Paddel möglichst breit zu gestalten.
Die Haut der Ichthyosaurier war vermutlich ganz glatt und nur an
der Rückenflosse und an dem Vorderrande der vorderen Paddeln
wurden noch Versteifungen und hornige Schuppen beobachtet. Auch
die Entwickelung der Brut hatte sich dem Wasserleben angeschlossen,
indem die Eier nicht mehr am Lande abgelegt, sondern im Mutter-
leibe entwickelt wurden, so daß die Ichthyosaurier als vivipar gelten
dürfen.
Das Skelett der Ichthyosaurier, sowie ihre Körperform und ihre
Lebensweise ist uns sehr gut bekannt, denn im Jura sind ihre Über-
reste sehr häufig und insbesondere liefert unsere berühmte ober-
liassische Lokalität Holzmaden bei Kirchheim eine solche Fülle pracht-
voller, zum Teil vollständig mit Haut bekleideter Überreste, daß deren
Osteologie nur wenig zu wünschen übrig läßt. Sehr selten dagegen
sind Vertreter der Ichthyosaurier außerhalb der Juraformation. Es
war offenbar ein kurzlebiges Geschlecht, das in der Kreide bereits
wieder ausstarb und über dessen Entwickelung in der Trias und
älteren Formationen wir nur sehr wenig wissen. Die Funde aus
der Trias von Oberitalien und Kalifornien, w^elche am meisten Auf-
•Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ." 1905. 24
— 370 -
Schluß geben, lassen erkennen, daß auch damals schon der Typus
des Ichthyosaurus im wesentlichen fertig war, daß aber doch Einzel-
heiten insbesondere im Extremitätenskelett darauf hinweisen, daß
auch diese ausgebildeten W asser reptilien auf Land-
formen als Grundstamm zurückzuführen sind, wenn wir
auch diese selbst noch nicht kennen. Nach der primitiven Gestalt
der Wirbel zu schheßen, müssen die landlebenden Urformen der
Ichthyosaurier sehr weit zurückliegen und einen sehr alten, vielleicht
den ältesten Typus der diapsiden Reptilien darstellen.
2. Diaptosauria. Osborn faßt unter dieser Unterordnung seiner
Diapsiden die Reptilienklassen zusammen , welche alle einen primi-
tiven Charakter des Skelettbaues aufweisen, der unter den lebenden
Arten nur noch durch die Reliktenform Hattena auf New Zealand
vertreten ist. Die Diaptosauria decken sich ungefähr mit der von
ZiTTEL aufgestellten Unterordnung der Rhynchocephalia und
umfassen zumeist jung paläozoische und altmesozoische Arten, wor-
aus wir schließen dürfen , daß die Blütezeit ihrer Entwickelung in
die Dyas und Trias fällt. Was wir von diesen alten Formen kennen,
scheinen fast ausschließlich Landreptilien gewesen zu sein , eine
Ausnahme machte vielleicht nur der eigenartige Hyperodapeton
aus dem Keuper von Schottland, dessen Gebiß Anpassung an
Muschelnahrung zeigt und in ähnlicher Weise wie bei Placodus
differenziert ist.
Erst in den Plattenkalken des obersten Weiß- Jura findet sich
eine Art, Pleiirosaurus, welcher sich zwar im allgemeinen voll-
ständig an den landlebenden Honiöosauriis aus derselben Formation
anschließt, aber mit seinem schlangenartig gestreckten Körper, dem
unverhältnismäßig langen Schwänze und den kurzen Extremitäten
ausgesprochene Anpassung an das Wasserleben zeigt.
3. Die Phytosauria , am besten bekannt und vertreten durch
unsere Belodonten und Äctosaiirus , bilden eine triasische Unter-
ordnung, die in ihrem äußeren Habitus am meisten den Krokodilen
gleicht, aber in ihrem Skelettbau so große Verschiedenheiten auf-
weist, daß eine Vereinigung mit dieser Gruppe nicht zweckmäßig
erscheint. Es ist interessant, daß sich in dieser Gruppe wie bei
den Krokodiliern langschnauzige {Mystriosuchus) und kurzschnauzige
(Belodon, Äätosaurus) Arten in vollständiger Konvergenz mit den
Krokodiliern entwickelt haben und es läßt dies auf ein ähnliches
Leben schließen. Es waren wohl wasserliebende Reptilien, bei
welchen es jedoch nicht zu einer Anpassung an das Meerleben kam.
— 371 -
4. Die Krokodilier sind durchgehend wasserhebende Reptihen
und mehr oder minder in ihren Lebensbedingungen an das nasse
Element gebunden und diese Lebensweise der heutigen Krokodiher
ist keine neu erworbene , sondern offenbar eine uralte. Auffallend
ist nur, daß wir heutzutage die Krokodile stets nur im Süß-
wasser, niemals im Meere finden, während wir aus früheren Perioden,
insbesondere aus der Juraformation eine Reihe echt mariner Formen
kennen. Für das Studium der Stammesgeschichte dieser Reptilien-
gruppe macht sich aber ganz besonders mißlich der Umstand geltend,
daß wir aus den älteren Perioden zwar häufig marine, selten aber
terrestrische Ablagerungen erhalten haben. So erklärt es sich, daß
die Krokodilier gewissermaßen als vollständig fertiger Typus und zwar
mit einer marinen Form, dem Teleosaurus des oberen Lias, auftreten
und daß man verleitet wurde, diese marinen Formen als die Stamm-
formen anzusehen, d. h. eine Wanderung vom Meer auf das Fest-
land und Süßwasser anzunehmen. Ich halte dies für unrichtig und
führe es lediglich auf die Unzulänglichkeit unserer paläontologischen
Kenntnisse zurück und bin überzeugt, daß die eigentlichen
Stammformen der heutigen Krokodilier in den terrestri-
schen resp. limnischen Ablagerungen des Jura und der
Trias zu suchen sind. Ich habe dies gelegentlich meiner Unter-
suchungen über die Meerkrokodilier (PalaeontographicaBd. XLIX. 1902.
S. 70) ausgeführt und hebe nur hervor, daß sich nur durch eine Ent-
wickelung auf dem Lande resp. Süßwasser der Umstand erklären läßt,
daß wir in der ersten typisch limnischen Ablagerung, dem Wealden,.
sofort alle Hauptgruppen der heutigen Krokodilier vorfinden und daß
auch die kleinen alligatorähnlichen Atoposauriden aus den litho-
graphischen Schiefern ebensogut Land- wie Meeresreptilien gewesen
sein konnten.
Die Krokodilier waren zweifellos schon in der Trias, jedenfalls
im Jura ein ungemein konsolidierter Typus, der auch bis
zu der Jetztzeit nur geringen Veränderungen unterlag, wobei mehr
nur einzelne Organe wie die Wirbel eine Vervollkommnung erfuhren,
während die Gesamtform gewahrt blieb. Auch die Teleosauriden
der Juraformation schließen sich voll dem heutigen Typus der lang-
schnauzigen Krokodile oder Gaviale an und zeigen trotz ihres marinen
Lebens nur ganz untergeordnete Anpassungserscheinungen.
Dagegen lernen wir in einer anderen gleichfalls jurassischen
Gruppe der Krokodilier, welche ich Thalattosuchia oder Meer-
krokodile nannte (vergl. diese Jahresh. 1901, S. 409), eine Famihe
24*
— 372 —
kennen, an welcher sich in ausgezeichneter Weise die ürawandkingen
des Skelettes und der Körperform nach dem Prinzip der Schrauben-
bewegung nachweisen läßt. Bei diesen zeigt sich der Schnauzen-
teil des Schädels gestreckt und vorne zugespitzt, der Hals verkürzt,
der Rumpf verlängert und in einen mächtigen Ruderschwanz endigend.
Daß dieser eine große Schwanzflosse wie IcMliyosaurus trug , ist
gleichfalls festzustellen. Besonders interessant ist die Umwandlung
der Vorderextremität in eine Paddel, während die Hinterextremität
als funktionslos nur geringe Veränderung zeigt. Dazu kommt noch,
daß der für die Krokodile so charakteristische Panzer geschwunden
ist und daß die Augen durch einen Skleroticaring versteift sind. Wir
erkennen in dieser Umwandlung eine vollständig konvergente Er-
scheinung, wie bei Ichthyosmirus, d. h. es wiederholt sich hier das
bereits anfangs aufgestellte Gesetz der Umformung eines meer-
bewohnenden Diapsiden.
5. Die Dinosaurier, welche bekannthch die größten Landtiere
der Erde umfassen, kommen für unsere Studie nicht in Betracht, da
wir bis jetzt noch keine wasserlebenden oder gar marinen Vertreter
dieser mesozoischen Reptiliengruppe kennen.
6. Squainata oder Schuppensaurier. Es ist dies diejenige Unter-
ordnung der Reptilien, welche mit Ausnahme der Krokodile, Schild-
kröten und der vereinzelten Hatteria alle anderen lebenden Rep-
tilien, also die Eidechsen (Lacertilia) und Schlangen (Ophidia) um-
faßt, wozu sich noch die ausgestorbene Gruppe der Pythonomorphen
oder Mosasaurier gesellt. Bei den Eidechsen und Schlangen
fällt offenbar der Höhepunkt der Entwickelung in die Jetztzeit, aber
beide sind ausgesprochene Landbewohner und liefern nur wenig Bei-
trag für die Anpassung an das Wasserleben. Nur eine kleine Ab-
teilung der Schlangen, die Hydrini oder Seeschlangen, machen
eine Ausnahme, die aber insofern von Interesse ist, als diese See-
schlangen die einzigen Reptilien der Jetztzeit sind, welche eine ma-
rine Lebensweise angenommen haben. Dabei haben sie durch Ver-
breiterung des Schwanzteiles, d. h. durch Ausbildung eines Ruder-
schwanzes eine Umwandlung des Körpers erfahren, welche ihnen im
Wasser außerordentlich zu statten kommt und sie befähigt, ebenso
leicht wie ein Aal sich im nassen Elemente zu bewegen. Es ist
interessant, daß die Anpassung an das Meer eine so ausgesprochene
ist, daß diese Tiere sich auf dem Lande überhaupt nicht mehr fort-
bewegen können, und daß sie deshalb auch keine Eier auf dem Lande
ablegen, sondern diese im eigenen Körper zur Entwickelung kommen
— 373 -
lassen, also wie die Ichthyosaurier vivipar sind. Bekanntlich gehören
die Seeschlangen zu den Giftnattern und werden wohl mit Recht nur
als eine Anpassungsform dieser formenreichen Gruppe an das Meer-
leben angesehen.
Eine sehr schöne Anpassungsreihe liefern die Mosasaurier
oder Pythonomorphen, deren Entfaltung in die obere Kreide
fällt. Die berühmten Lokalitäten von Maestricht in Belgien und
Legan in Kansas haben uns ein herrliches Material geliefert, unter
welchen der gewaltige Mosasaurus (Maassaurier) am meisten be-
kannt ist. Ein 9 m langes vollständiges Skelett von einer ver-
wandten Art, Tylosaurus^ aus der oberen Kreide von Kansas ist im
American Museum in New York aufgestellt und gibt uns am besten
Aufschluß über die Körperverhältnisse und die dadurch bedingte
Gestalt und Lebensweise dieser Tiere. Es kann keinem Zweifel unter-
liegen, daß wir es mit echten Seereptilien zu tun haben, deren
Körper eine weitgehende Anpassung an das Wasserleben erfahren
hat. Diese Umwandlung weist eine vollständige Konvergenz mit
Iclithyosmirns und den Thalattosuchiern auf und in der äußeren Er-
scheinung mögen die Mosasaurier auch viel Ähnlichkeit mit jenen
gehabt haben. Der Schädel war nach vorne verlängert und zu-
gespitzt durch Entwickelung einer kräftigen langen Schnauze, der
Hals kurz , der Körper langgestreckt mit mehr als 100 Wirbeln,
und in einem kräftigen Ruderschwanze endigend, der bei einzelnen
Arten eine Schwanzflosse trug. Die Extremitäten waren als echte
Paddeln entwickelt und zwar sowohl die hinteren wie die vorderen
Gliedmaßen, das Schwergewicht lag aber auch hier auf der vorderen
Extremität und dementsprechend ist der Brustgürtel kräftig aus-
gebildet, während der Beckengürtel verkümmerte. Die Verbreiterung
der Flossen wurde dadurch erzielt, daß die einzelnen Finger durch
Schwimmhäute verbunden waren.
Wenn wir das Skelett vergleichend anatomisch betrachten, so
erkennen wir leicht, daß dasselbe trotz der äußeren Ähnlichkeit mit
den Ichthyosauriern oder Meerkrokodiliern keinerlei Verwandtschaft
hat, sondern sich vollständig an die Lacertilier und zwar speziell an
die Familie der Varaniden anschließt. Dies spricht sich ganz be-
sonders im Schädel aus , der seiner Spezialisierung als Meersaurier
entkleidet vollkommen mit dem von Varcmus übereinstimmt, ebenso
wie wir auch im Skelettbau denjenigen der Varaniden gleichsam
durchschimmern sehen.
Es ist nun sehr interessant , daß die Gruppe dieser echt
— 374 —
marinen Saurier keineswegs unvermittelt dasteht, sondern daß wir
auch Mittelglieder kennen, welche dieselbe mit den landlebenden Arten
verbinden. Es sind dies große Varanus-Sivtige Echsen, die in der
unteren Kreide von Istrien gefunden wurden und unter diesen hat
Baron NopcsA in der Familie der Aigialosauriden ganz richtig
die Vorläufer der Mosasaurier erkannt. Bei diesen ist zwar der
Charakter der landlebenden Leguan-artigen Eidechsen noch viel mehr
gewahrt, aber bereits sehen wir in der Ausbildung des Schädels, der
Extremitäten und deren Aufhängeapparaten, die Anpassungserschei-
nungen an aquatische Lebensweise und damit die Annäherung an
die späteren Mosasaurier. Wir finden demnach auch hier in der
Gruppe der Squamata eine konvergente Entwickelung nach dem-
selben Gesetze, d. h. nach dem Prinzip der Schraubenbewegung.
7. Es bleibt zum Schlüsse unter den Diapsiden noch die Gruppe
der Pterosaui'iei' oder Flugsaurier, welche aber für uns nicht
in Betracht kommt, da diese Tiere sich in ganz anderer Richtung
hin entwickelt haben und eine Anpassung an die Bewegung in der
Luft durch Entwickelung von Flugorganen zeigen.
Dieser gedrängte Überblick über die Reptilien gibt uns ein Bild
von der Vielseitigkeit der Anpassungen an das Wasserleben , zeigt
uns aber auch zugleich, wie in den beiden Hauptgruppen je eine
vollständig konvergente Entwickelung durchgreift, die zwar zu ähn-
licher Ausgestaltung des Körpers führt , ohne daß wir deshalb an
verwandtschaftliche Beziehungen denken dürfen. Die beistehende
Zusammenstellung und graphische Darstellung möge dies vor Augen
führen.
IV. Die Meer-Säugetiere.
Anpassungen an das Wasser leben finden wir fast bei
allen Ordnungen der Säugetiere, obgleich wir als deren eigentliches
Element mit Sicherheit das Land annehmen dürfen. Solche Beispiele
bilden unter den Kloakentieren das Schnabeltier, unter den Beutlern
Chironectes, von den Nagern sind zu n6nnen : die Biberratte, Wasser-
ratte, Zibetmaus, der Biber und das Wasserschwein, unter den In-
sektivoren sind die Wasserspitzmaus und der Bisamrüßler, von den
Huftieren das Nilpferd und von den Raubtieren die Fischotter und
Seeotter anzuführen. Bei allen diesen Arten mit Ausnahme der See-
otter handelt es sich aber nur um Anpassungen an den gelegent-
lichen Aufenthalt im Süßwasser, aber auch dieses hat schon
bei den meisten Arten mehr oder minder durchgreifende Umände-
— 375
— 376 —
nmgen des Körperbaues hervorgerufen, welche nach den zu Anfang
erwähnten Gesetzen verlaufen. So sehen wir bald den Schwanz,,
bald die Extremitäten als Ruderorgane differenziert, und häufig tritt
auch ein Schwund der Haare ein. Für unsere Betrachtungen kommen
diese Süßwassersäuger weniger in Betracht und mögen nur als Bei-
spiele einer konvergenten Abänderung der Organe beim Wasserleben
genannt sein, wie dies W. Kükenthal (Zool. Jahrb. Abt. f. Syste-
matik etc. V. Bd. 1891. p. 373) eingehend ausgeführt hat.
Als Anpassungsformen für das Meerleben kommen, abgesehen'
von der Seeotter, die Seehunde, Sirenen und Waltiere und die aus-
gestorbene Gruppe der Zeuglodonten in Betracht; bei allen 4 Ord-
nungen ist die Anpassung eine viel tiefgreifendere und umfaßt nicht
nur einzelne Vertreter, sondern die ganze Ordnung, wodurch auch
der Anschluß an die landlebenden Grundformen verschwommen , ja
sogar gänzlich verloren gegangen ist, soweit uns nicht die Paläonto-
logie durch bedeutsame Funde etwas aufklärt. Dies ist aber leider
nicht in dem Maße der Fall, als wir wünschen oder mit Recht zu
erwarten glauben. Ich habe wohl zu Anfang ausgeführt, daß di&
Lückenhaftigkeit unserer Kenntnis der landlebenden Urformen haupt-
sächlich darauf zurückzuführen ist, daß wir aus den früheren Perioden
mehr marine als terrestrische Sedimente erhalten haben. Dement-
sprechend sollten wir gerade von den marinen Formen wenigstens
häufigere Funde erwarten dürfen, aber leider trifft dies nicht zu und
zwar wesentlich aus dem Grunde, weil sich seit der Tertiärzeit das-
Verhältnis zwischen marinen und terrestrischen Bildungen gerade
umgekehrt verhält. Seit der Tertiärzeit bahnt sich die heutige Ober-
flächengestaltung der Erde an und mehr und mehr wird das Meer
in die heutigen Becken gedrängt. So kommt es, daß wir zwar noch
tertiäre Küstengebilde mit unendlichem Petrefaktenreichtum vorfinden^
aber doch nur selten Sedimente der Hochsee. Immerhin ist es auf-
fallend, daß wir auch in diesen marinen Gebilden, insbesondere denen
des älteren Tertiärs, nur äußerst selten Spuren mariner Säugetiere
finden und es ist wohl dieser bedauerliche Umstand dadurch zu er-
klären, daß diese Tiere im älteren Tertiär überhaupt sehr sparsam
vertreten waren und daß der Höhepunkt ihrer Entwickelung in die
Jetztzeit fällt.
1. Die Robben oder Piiinipedia (Flossenfüßler). Ich stelle diese
Ordnung voran, da sie uns noch am meisten Anschluß an land-
lebende Urformen bietet. Bekannthch sind die Robben echte Fleisch-
fresser oder Carnivora mit flossenartigen fünffingerigen Extremitäten,
- 377 -
kleinem rundlichem Schädel, meist rückgebildetem Gebiß und rudi-
mentärem Schwanz.
Bei den Ohren robben oder Otariidae , deren bekannteste
Vertreter der Seelöwe , Seebär und die Mähnenrobbe sind , finden
wir noch die meisten Anklänge an das ursprüngliche terrestrische
Leben. Die Extremitäten sind zwar schon als weitausgreifende Ruder-
organe entwickelt, aber sind noch gelenkig im Ellenbogen resp. Knie
und können deshalb auch auf dem Lande, wenn auch etwas mühselig,
benützt werden, insbesondere wird der Hinterfuß noch nach vorne
unter den Leib gebracht, um als Stütze für diesen zu dienen. Sie
weisen auch noch reichliche Behaarung auf, haben kurze äußere
Ohren und zum Teil auch noch eine wohl differenzierte Bezahnung
und entsprechend der wohlentwickelten Kaumuskulatur einen Sagittal-
kamm. Infolge veränderter Lebensweise haben sich zwar die Wal-
rosse (TrichecJms) im Gebiß und Schädelbau differenziert, schließen
sich aber im übrigen Skelett den Ohrenrobben an.
Bei den Seehunden oder Phocidae ist die Anpassung an das
Meerleben bereits viel weiter vorgeschritten. Die Hinterextremitäten
sind nach hinten gestreckt und ersetzen beim Schwimmen gewisser-
maßen eine Schwanzflosse nach dem Prinzip der Schiffsschraube,
während sie zur Fortbewegung auf dem Lande untauglich sind. Diese
wird durch schnellende Bewegung des ganzen Hinterkörpers aus-
geführt. Der Körper ist gestreckter, der Hals gedrungener als bei
den Ohrenrobben. Das äußere Ohr fehlt gänzlich, ebenso wie der
Sagittalkamm und die Bezahnung ist eine indifferente geworden.
Desungeachtet sind aber doch die Beziehungen zwischen
Otariiden und Phociden so innige, daß wir nicht anstehen, dieselben
in direkte stammesgeschichthche Verwandtschaft zu bringen, und ich
sehe in den Phociden nur eine höhere Anpassungsform an das marine
Leben, welche bei den in diesem Sinne primitiveren Otariiden noch
nicht erreicht ist.
Die Pinnipedier sind zweifellos eine relativ junge Anpassungs-
reihe der Carnivoren und man sollte denken, daß es nicht allzuschwer
fallen könnte, deren Stammformen ausfindig zu machen, um so mehr
als deren Überreste als Küstenbewohner gerade in den Ablagerungen
zu erwarten wären, die uns im Tertiär am häufigsten erhalten sind.
Auffallenderweise läßt uns aber hier die Paläontologie vollständig im
Stiche, denn was uns von fossilen Funden bekannt ist, ist kaum der
Rede wert und beschränkt sich auf einige Überreste pleistozäner und
jungtertiärer Arten, die sich vollkommen an die rezenten Gattungen
— 378 -
anschließen. Wir sind also ganz auf die heutigen Arten angewiesen
und durch die vergleichende Anatomie des Skelettes zwischen diesen
und den amerikanischen Creodontiern oder ürfleischfressern aus dem
Eozän und Oligozän glaubte Wortmanx (Bull, of the American Museum
of nat. Hist. Vol. 6. 1894. Art. 5) sich zu dem Schlüsse berechtigt,
in Fatrio felis, einem gewaltigen katzenartigen Creodontier, eine Stamm-
form der Pinnipedier zu sehen. Demgegenüber macht M. Weber (Die
Säugetiere. 1904. S. 551) mit Recht auf die vielfachen Überein-
stimmungen mit den Ursiden oder bärenähnlichen Raubtieren auf-
merksam, und schließt daraus auf eine Blutsverwandtschaft mit diesen.
Dementsprechend hätten wir die Stammformen der Pinnipedier ent-
weder in den bärenartigen Creodontiern, etwa den Oxycläniden oder
Artocyoniden, oder erst in den späteren Ämphicyon-'dri'i^en direkten
Vorläufern der Bären zu suchen. Immerhin dürfen wir aber ziemlich
sicher annehmen, daß das Schwergewicht der Entwickelung und der
Höhepunkt ihrer Entfaltung bei den Pinnipedier n erst in die Neu-
zeit fällt.
2. Die Sirenen (Sirenia) bilden in der rezenten Tierwelt
eine kleine Abteilung mit dem Dugong (Halkore) und dem Lamantin
(Manatus), wozu wir noch das Ende des 18. Jahrhunderts ausgerottete
Borkentier (Bhytina Stelleri) anreihen können. Vom wissenschaft-
lichen Standpunkte aus und speziell bei unseren Betrachtungen hat
diese Gruppe eine erhöhte Bedeutung, denn wir erkennen in deren
Vertretern den seltenen Fall einer Anpassungs form von Pflanzen-
fressern an das Wasser- und Meerleben. Die Umgestaltung
des Körpers ist so weit vorgeschritten, daß man früher in ihnen nur
eine herbivore Abteilung der Waltiere sah, doch weist die ganze Ana-
tomie des Tieres und vor allem der Schädelbau auf einen gänzlich
verschiedenen ürstamm , und mit Recht sieht man jetzt in der
äußeren Ähnlichkeit der Körperform und der Bewegungsorgane nur
eine Konvergenz der Anpassungsform zwischen den Waltieren und
Sirenen.
Die Sirenen sind bekanntlich große plumpe Wassertiere, welche
in den Flüssen und an der Küste ihre aus Pflanzen bestehende Nah-
rung suchen. Der Körper hat eine weitgehende Umformung nach
dem Prinzip der Schiffsschraube, d. h. Bewegung mittels der
Schwanzflosse erfahren. Dementsprechend endigt der zylindrisch ge-
formte Körper in einer breiten, horizontal stehenden Schwanzflosse,
während die Hinterextremitäten vollständig geschwunden sind und
das Becken rudimentär geworden ist. Die Vorderextremitäten sind
— 379 —
als flossenartige Paddeln entwickelt, der Hals gedrungen, der Schädel
vorn in eigentümlicher Weise abgestutzt, indem die Zwischen- und
Unterkiefer nach unten abgebogen erscheinen. Die Haut ist sehr dick
mit stark reduziertem Haarkleid , das nur bei ganz jungen Tieren
noch etwas reichlich ausgebildet ist, bei alten aber nur noch aus
einzeln stehenden Haaren, die am Schnauzenteil zu Borsten entwickelt
sind , besteht. Das Gebiß zeigt bei Manatus zahlreiche Molaren
mit Doppeljoch, welche sich fortwährend ergänzen, indem die hinteren
nach vorne schieben , während die vorderen abgenützten ausfallen.
Bei Halicore ist eine Verkümmerung des Gebisses zu beobachten,
welche bei Rhytina bis zum vollständigen Schwund der Bezahnung
vorgeschritten ist.
Fossil kennt man eine große Anzahl von Sirenen, welche sich
im Tertiär finden und mit geringer Ausnahme zu der fla^icore- Gruppe
gehören. Nach den neuesten Untersuchungen von 0. Abel (Ab-
handig. d. K. K. geolog. Reichsanstalt in Wien, Bd. XIX Heft 2.
1904) haben wir die Entwickelung der Halicoriden an den
tertiären Mittelmeerküsten zu suchen und speziell Halicore
vom Eotherium aus dem ägyptischen Eozän abzuleiten, während
die zahlreichen oligozänen und miozänen Arten wie Felsinothermm,
Metaxüherium und Halithermm einen selbständigen Seitenast ebenso
wie die Manatus-l^eihe bilden.
Für unsere Betrachtung von Interesse ist die Beobachtung,
daß die alten tertiären Formen in ihrer Anpassung an
das Wasserleben weniger vorgeschritten sind, also Land-
säugern näher stehen als die rezenten Arten. So hat Eotherium
noch ein gutentwickeltes Becken, in welchem, nach dem Acetabulum
zu schließen, auch noch eine Hinterextremität funktionierte. Bei
Metaxitherium ist das Becken bereits funktionslos, bei Halitherkfm
noch mehr geschwunden , bis wir es schließlich bei Halicore als
kleinen rudimentären Knochen wieder finden. In analoger Wgise ist
das Gebiß bei Eotherium noch ein vollständiges mit 3 Incisiven,
1 Canin, 6 Prämolaren und 3 Molaren und erleidet allmählich einen
Schwund bis zu Halicore, wo wir nur noch 2 als Stoßzähne ent-
wickelte Incisiven und 5 Molaren in der Form von rudimentären
Stiftzähnen finden, welch letztere bei Rhytina vollends gänzlich ge-
schwunden sind.
Wir werden also durch paläontologische Funde den landlebenden
Stammformen etwas näher gerückt, müssen aber doch gestehen, daß
bis zu diesen selbst noch ein weiter Schritt ist und es ist mehr als
— 380 —
wahrscheinlich, daß die uns unbekannten Urformen in vortertiärer
Zeit lebten. Um uns ein Bild von diesen zu machen, muß wiederum
die vergleichende Anatomie einsetzen, indem wir zunächst das Tier
alles dessen entkleiden, was wir als Anpassung an das Wasserleben
aufzufassen haben. Der noch bleibende Rest , wie Gehirn , Gebiß,
Schädel, Larynx, der männliche Genitalapparat, die an den Tapir er-
innernde Nasenhöhle und die Haut weisen zweifellos auf eine Ab-
stammung von LJngulaten oder Huftieren hin, und ganz be-
sonders unter Beiziehung der bei Eotherium und Eosiren zu be-
obachtenden Anklänge an die Urformen möchte ich entschieden für
eine Proboscidier-ähnliche Stammform eintreten. Wir haben
dabei natürlich nicht etwa an einen Elephantiden der Jetztzeit zu
denken, sondern an die Vorläufer derselben, auf welche gleichfalls
die eozänen Funde aus Ägypten wie Palaeomastodon und Moeri-
ther ium hinweisen. Ganz speziell das letztere Tier, von welchem
sich vorzügliche Überreste im Kgl. Naturalienkabinett in Stuttgart
befinden \ weist sowohl im Schädelbau wie im Gebiß einerseits viele
Analogien mit den Manatus-öhwWchQn Sirenen, z. B, Prorastomus^
wie anderseits mit dem Halicor e-'ahn\ichen Eotherium mit seiner
bunodonten Bezahnung auf. Man könnte sogar in Hinsicht auf
letztere an Analogien mit dem Zahnbau von Palaeomastodon denken.
In diesem Falle hätten wir sowohl unter den Land- wie unter
den Wasserformen zwei parallel verlaufende Entwickelungsreihen,
wobei die Prorastomus-Manatus-Lmie der Entwickelungsreihe Moeri-
therium — Dmotherium entsprechen würde, während die Formenreihe
der Halitherien derjenigen der Mastodonten gleich zu setzen wäre.
Es ist hier nicht der Platz, diese vergleichend anatomischen Studien
in ihren Einzelheiten auszuführen, so interessant und reizvoll es
wäre, denn es würde weit den mir gesetzten Rahmen überschreiten.
3. Die Waltiere (Cetacea). „Keine zweite Ordnung von
Säugetieren zeigt so deutlich wie die Walfische den umformenden
Einfluß der Umgebung auf den Körper und daneben das konservative
Prinzip, das dem Körper das Ererbte erhalten will, sei es auch nur
in Gestalt rudimentärer Organe, die dem Körper tatsächlich nutzlos
geworden sind. Zahlreicher als bei anderen Säugetieren treten uns
' Es sind dies überaus wichtige und reichhaltige Aut'sammhmgen von
eozänen Wirbeltieren, welche in Ägypten von dem unermüdlichen Sammler
R. Markgraf im Laufe der letzten Jahre gemacht und dank der Vermittelung
und Unterstützung von Kaufmann G. Mez in Kairo und Th. Warin er in.
Stuttgart an unser Museum kamen.
— 381 —
hier solche rudimentäre Organe entgegen, die Einsicht geben in die
Vorgeschichte dieser Tiere, die durch das ausschheßhche Leben im
Wasser tiefgreifend verändert sind in ihrem äußeren und inneren Bau.
Alle Veränderungen zielen darauf ab, sie zum Schwimmen und
Tauchen zu befähigen und selbst solchen Verrichtungen unter Wasser
obzuliegen, wie das Werfen von Jungen und deren erste Ernährung
nach Art der Säugetiere." Mit diesen Worten führt uns M. Weber
(Die Säugetiere, 1904, S. 552) in den Abschnitt über die Cetaceen
ein und spricht darin alles Wesentliche aus, was wir bei unseren
Betrachtungen dieser Gruppe zu beachten haben.
Wir sehen bei der Gruppe der Wale die Anpassung an das
Wasserleben nach dem Prinzip der Schraubenbewegung in voll-
kommenster Weise ausgebildet und dementsprechende Umformungen
des Körpers entwickelt. Der Körper ist gestreckt, von spindel-
förmiger Gestalt, ohne eigentlichen Hals, mit mächtiger Schwanz-
flosse und zuweilen auch mit einer Rückenflosse. Die Vorderextremi-
täten sind typische Paddeln und haben jede Funktion der Geh-
bewegung auf dem Lagde verloren, die Hinterextremitäten und selbst
das Becken sind bis auf wenige funktionslose Rudimente verschwunden.
Der Schädel ist in ganz eigenartiger Weise dadurch verändert, daß
die mächtig entwickelten Kieferstücke nicht nur nach vorne ver-
längert sind, sondern sich auch nach hinten drängen und schuppen-
förmig über den eigentlichen Schädel herlegen. Die Bezahnung ist
in der Weise rudimentär, daß keine Differenzierung des Gebisses
eintritt , so daß dieses , wenn überhaupt entwickelt, einen einfachen
Rechen von gleichartig gestalteten Zähnen (homodont) bildet. Bei
anderen Arten sind nur einzelne Zähne oder hornartige Barten ent-
wickelt. Die Wirbel sind ohne Gelenkverbindung. Die Behaarung
ist gänzlich geschwunden und nur noch embryonal bei einzelnen
Arten nachweisbar.
Man unterscheidet unter den Waltieren zwei Unterordnungen,
die der Mystacoceti oder Barten wale, bei welchen die Zahnanlage
bereits fötal resorbiert und durch zwei Reihen von Bartenplatten er-
setzt wird, und die Odontoceti oder Zahn wale mit zahlreichen
homodonten Zähnen oder seltener mit einzelnen eigenartig differen-
zierten Zähnen.
Es ist außerordentlich schwierig, sich ein klares Bild über die
systematische Stellung der Stammformen derCetaceazu machen,
denn bei der weitgehenden Umformung des Körpers sind alle die-
jenigen Organe, welche noch von der Stammform übrig geblieben
— 382 —
sind, derartig rudimentär geworden, daß sie uns nur geringen An-
haltspunkt bieten. Darin aber stimmen alle neueren Forscher wie
KüKENTHÄL, Flower, M, Weber u. a, überein, daß die Wale auf
landlebende Säugetiere zurückzuführen sind und daß wir nicht
etwa an eine Entwickelung aus marinen Reptilien (Enaliosaurier)
denken dürfen. Das häufig nur embryonale Auftreten von Haaren
am Kopfe läßt darauf schließen , daß die Vorfahren behaart waren ;
der rudimentäre Hautpanzer, den Kükenthal (Anatom. Anzeiger 1890,
No. 8, S. 237) bei einzelnen Delphinen nachgewiesen hat, läßt
uns erkennen, daß die Ahnen derselben Verknöcherungen der Cutis
hatten und das Auftreten gerade der primitivsten Delphine in den
Flüssen spricht dafür, daß die Wanderung vom Lande ins Meer ein
Zwischenstadium in den Flüssen hatte. Der Milchdrüsenapparat ist
trotz aller Spezialisierung der eines Monodelphen und nach Weber
weisen ebenso wie der Bau der Milchdrüsen und Zitzen auch der
männliche und weibliche Geschlechtsapparat, das Gehirn, der Larynx
und die Placenta den Stammformen der Cetaceen nicht nur eine
Stellung unter den Monodelphia an, sondern diese sprechen auch
dafür, daß sie von Säugetieren sich herleiten, die bereits
Monodelphia waren.
Sehr frühzeitig muß aber bereits eine Spaltung und Differen-
zierung eingetreten sein, denn die Unterschiede im Bau der Mystaco-
ceten und Odontoceten sind so durchgreifend, daß Kükenthal (Zoolog.
Jahrb. von W. Spengler, Abt. für Systematik etc., Bd. V, 1891,
S. 373) diese beiden Gruppen überhaupt phylogenetisch trennt und
nur als konvergente Entwickelungsreihen ansieht, von welchen die
der Mystacoceten als die jüngere, die der Odontoceten als die ältere
zu betrachten wäre.
Damit stimmen nun im wesentlichen auch die paläontologischen
Funde überein, denn die ersten echten Cetaceen, welche wir leider
erst aus dem Miozän kennen, obgleich der Stamm offenbar viel
weiter zurückgreift, gehören den Odontoceten an. Unter diesen zeigt
die Formengruppe der Squalodonten, wenigstens in der Be-
zahnung, einen ausgesprochen primitiveren Charakter, indem sich die
einwurzeligen vorderen Hakenzähne (Incisiven, Canin und Prämolaren)
von den zweiwurzeligen Backzähnen unterscheiden. Die letzteren
sind in der Krone seitlich zusammengedrückt und am Vorder- und
Hinterrande gezackt. Das Skelett dieser interessanten Form ist
leider wenig bekannt, scheint sich aber im wesentlichen und nament-
lich im Schädelbau an die echten Odontoceten anzuschheßen. Alle
— 383 —
übrigen fossilen Arten der Cetaceen , von welchen wir eine große
Anzahl wohlerhaltener Überreste aus dem Miozän und noch mehr
aus dem Pliozän kennen, schließen sich an die heute lebenden Arten
an und geben uns entwickelungsgeschichtlich so gut wie keinen
Aufschluß. Es ist nur im allgemeinen das Prinzip zu erkennen, daß
sich bei den geologisch zurückliegenden Arten diejenigen Merkmale
mehren, welche auf eine Abstammung von Landsäugern hinweisen,
ohne daß sich jedoch eine direkte phylogenetische Reihe erkennen läßt.
^. Die Zeug:lo{loiiten (Archaeoceti oder ürwale). Ich habe es
vermieden , bei der Stammesgeschichte der Cetaceen die Zeuglo-
donten beizuziehen, wie dies wohl in allen Lehrbüchern heute noch
geschieht, da diese Gruppe meiner Überzeugung nach eine selb-
ständige Ordnung bildet, welche bisher nur infolge mangelnder
Kenntnis mit deny Cetaceen in eine Linie gestellt wurde , während
sie entwickelungsgeschichtlich mit diesen nichts zu tun hat, und die
Ähnlichkeiten nur einer konvergenten Entwickelung bei der An-
passung ans Wasserleben entsprungen sind. Diese Anschauung be-
gründet sich auf das Studium eines reichlichen Materiales aus dem
Eozän von Ägypten, das in neuester Zeit gesammelt wurde und sich
im Stuttgarter Naturalienkabinett und der paläontologischen Samm-
lung in München befindet. Ich habe bereits 1904 (Geolog, u. palä-
ontolog. Abhandlungen N. F., Bd. VI Heft 3, 1904) einen kleinen
Teil dieses Materiales bearbeitet , während die weiteren Publika-
tionen von E. Y. Stromer und mir bevorstehen ^
Die Zeuglodonten bilden eine Gruppe ausgestorbener Seesäuger,
welche in den Schichten des älteren Tertiärs , insbesondere von
Alabama (N. -Amerika) und von Ägypten , gefunden wurden. Die
früheren Funde stammen aus dem Oligozän von Alabama und weisen
auf Tiere von bedeutender Größe hin, die noch durch fälschliche
Zusammenstellung der Wirbel mehrerer Individuen zu einem un-
geheuren Meerdrachen (HyärarcJios) ausgestaltet wurden. Trotz des
nicht unbedeutenden Materiales von diesen amerikanischen Riesen-
formen, für welche wir am besten den alten Namen Basilosaurus
wieder einsetzen , blieb doch die Diagnose des ganzen Tieres eine
unsichere. Die Funde, welche von Schweinfurth und Stromer im
Eozän von Ägypten gemacht wurden, stammen von kleineren Arten
her, für welche der auf sie angewendete Name Z euglodon bestehen
* Auch dieses Material verdanken wir R. Markgraf in Kairo, der es teils
am Mokattam, teils in dem Wüstengebiet des Fajum sammelte und das mir durch
Vermittelung der Herren Mez und Wann er zukam.
— 384 —
bleiben kann. Sie haben namentlich die Kenntnis der Anatomie des
Schädels wesentlich gefördert. Ziehen wir hierzu die Ergebnisse der
Untersuchung des neuesten Materiales, so bekommen wir schon ein
recht annehmbares Gesamtbild dieser Gruppe und insbesondere Auf-
schluß über deren Abstammung.
Die Zeuglodonten stellen sich uns dar als typische Meersäuger,
bei welchen die Umwandlung des Skelettes nach dem Prinzip der
Vorwärtsbewegung mittels Schraube schon stark ausgebildet war.
Dementsprechend ist der Körper, wie bei den Waltieren, lang und
spindelförmig. Der Schädel vorne in einer langen zugespitzten
Schnauze auslaufend, der Hals gedrungen, die Wirbel bei Basilo-
saurus groß, plump und ohne Gelenkverbindung, der Schwanz lang
und in einer großen Schwanzflosse endigend. Die Vorderflosse ist zwar
zu einer Paddel umgestaltet, aber nicht wie bei d^n Walen, sondern
ganz wie bei den Robben ; die leider wenig bekannte Hinterextremität
war, nach dem Becken zu schließen, jedenfalls bei Basilosaurus
funktionslos und verkümmert.
Das größte Interesse beansprucht der Schädel , welcher lang-
gestreckt ist, aber nach einem von den Cetaceen vollständig ver-
schiedenen Prinzip. Während bei diesen die übermächtig entwickelten
Kieferteile gewissermaßen nach rückwärts drängen und den eigent-
lichen Schädel gleichsam zusammenschieben, ist bei den Zeuglodonten
die entgegengesetzte Tendenz einer allgemeinen Streckung des ge-
samten Schädels zu beachten. Wir können ihn am besten mit einem
übermäßig langgestreckten Robbenschädel vergleichen, mit welchem
auch die Lagerung der einzelnen Skelettelemente am besten in Ein-
klang zu bringen ist. Die Lage der Nasenöffnung ist infolge der
hervorragenden Zwischenkiefer etwas nach hinten verschoben, ebenso
liegen die Choanen , wie bei allen Wasserbewohnern , weit zurück.
Die Bezahnung ist differenziert und ergibt 3 Incisiven, 1 Canin,
4 Prämolaren und 2 — 3 Molaren in jeder Kieferhälfte ; von diesen sind
die vorderen 5 Zähne als einwurzelige Kegelzähne ausgebildet, wäh-
rend die übrigen zweiwurzelig, seitlich zusammengedrückt und am
Vorder- und Hinterrand gezackt erscheinen. Die Analogie des Ge-
bisses mit dem von Squalodon hat ganz besonders dazu beigetragen,
diese beiden in eine phylogenetische Reihe zu bringen, während ich
hierin nur eine konvergente Umformung durch das Wasserleben sehe,
wie wir ja auch dieselbe Tendenz der Entwickelung von Zacken-
zähnen bei vielen Ohrenrobben finden.
Vergleichend anatomisch betrachtet, haben wir in den Zeuglo-
— 385 —
donten eine eigentümliche Mischung von Charakteren der Pinnipedier
und der Wale und zwar schließt sich der Schädel und der
vordere Teil des Rumpfes inklusive der Vord er extr emi-
tät mehr an die Pinnipedier an, während der hintere
Rumpfteil an den Bau der Wale erinnert. Man möchte
schon hieraus schheßen, daß wir es mit einer Formenreihe zu tun
haben, die von ähnhchen Urformen, wie die Pinnipedier, abstammt,
die aber bei ihrer Anpassung an das Wasser eine Umformung im
Sinne der Cetaceen erfahren hat.
Diese Auffassung wird in glänzender Weise durch die paläonto-
logischen Funde bestätigt. Als das Endghed der Reihe, soweit be-
kannt, dürfen wir Basilosaurus ansehen, welcher mit seinen un-
geheuren plumpen Wirbeln auf eine Form mit relativ kleinem Schädel
und langgestrecktem walfischartigen Rumpfe hinweist. Zugleich mit
diesem tritt aber sowohl im Oligozän von Alabama wie im oberen
Mitteleozän von Ägypten eine weitere große Art auf, deren kurze
Wirbel (Doniodon = Zeuglodon hrachyspondylus) auf Tiere mit ge-
drungenem Körper hinweisen. An diese schließt nun rückwärts das
Zeuglodon im engeren Sinne aus dem oberen Mitteleozän von
Ägypten (Typus Z. Osiris Dames und Z. Zitteli Stromer) an , bei
welchem wir zwar noch einen großen Schädel vollständig vom Typus
des Basilosaurus und Doruodon finden, bei welchem aber die Wirbel-
säule einen vollständig verschiedenen Charakter trägt, indem an
Stelle der gelenklosen plumpen Wirbel nun normal gebaute Wirbel
mit wohlausgebildeter Gelenkverbindung etwa wie bei den Robben
auftreten. Der Schädel erscheint hier im Verhältnis zum Rumpfe
ungemein groß und das Gleichgewicht des Tieres konnte nur durch
die Entwickelung eines sehr großen und kräftigen Schwanzes auf-
recht erhalten werden.
Es ist wohl kein Zweifel, daß wir in dieser Entwickelung der
Wirbelsäule bereits eine Annäherung an die landlebende Stammform
zu sehen haben , aber trotzdem ist die Bezahnung noch eine aus-
gesprochen zeuglodonte , wie bei Basilosaurus. In dieser Hinsicht
tritt eine Änderung erst bei den Arten aus dem unteren Mitteleozän
ein, welche überhaupt die bis jetzt ältesten Vertreter dieser Gruppe
darstellen und die ich (1. c.) als Protocetus afavus und Eocetus'^
Schweinfurthi beschrieben habe. Bei diesen Arten ist das Gebiß
noch kein zeuglodontes , sondern erinnert viel mehr an das eines
^ Eocetus ist für den von mir gebrauchten aber bereits vergebenen Namen
Mesoceius einzusetzen.
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. 25
— 386 —
Fleischfressers und läßt zweifellos den Typus desCreodontier-
gebisses erkennen, ebenso wie der Schädel von Protocetus sich
ganz ungezwungen mit dem der Creodontier vergleichen läßt. Damit
ist nun die Brücke zu den landbewohnenden Stammformen, welche
ich unter den Proviverriden suche, gefunden und wir haben
demnach in den Zeuglodonten eine einzig dastehende
vollständig geschlossene Anpassungsreihe, bei welcher
wir auch die landlebende Stammform genau kennen.
Aus den nahen verwandtschaftlichen Beziehungen der Stamm-
formen erklären sich die tatsächlichen Ähnlichkeiten im
Skelettbau zwischen den Pinnipediern und Zeuglodonten,
aus der teilweise konvergenten Entwickelung im Wasser die schein-
baren Ähnlichkeiten zwischen ihnen und den Cetaceen.
In charakteristischer Weise beginnen die Zeuglodonten mit kleinen
Arten und endigen mit Riesenformen und es würde jeglichem Gesetze
der Entwickelungsgeschichte widersprechen, wenn wir annehmen woll-
ten, daß aus diesen gewaltigen Riesen wieder die kleinen Squalo-
donten hervorgegangen wären.
Wir sind damit am Schluß unserer Betrachtungen und haben
gesehen , daß auch bei den Anpassungsformen der Säugetiere die-
selben Prinzipien und Gesetze zur Geltung kommen, wie wir sie bei
den Reptilien kennen gelernt haben. Es sind die Gesetze der Mechanik,
welche natürlich bei allen Tiergruppen gleichartig wirken müssen, um
sie zum Aufenthalt und Leben in dem neuen Elemente tauglich zu
machen.
Stuttgart, Ostern 1905.
Ein botanischer Streifzug über die Grenze.
Von H. Dieterich, Pfarrer in Wittlingen.
Ein mehrwöchentlicher Aufenthalt in Königsfeld in Baden (Ende
Juni bis Mitte Juli) gab mir Gelegenheit und Anlaß, die'Flora dieser
Gegend aufzunehmen. Das Gebiet, früher württembergisch, liegt
noch jetzt dicht an der württembergischen Grenze, welche auf der
Nordseite Königsfeld bis auf eine halbe Stunde nahe rückt, von da
nördlich dem Bernecktal entlang nach Schramberg zieht, östlich aber
gegen Schwenningen in der Entfernung von 2 — 3 Stunden hinstreicht.
So liegt's dem württembergischen Botaniker nahe genug, um zu einer
prüfenden Vergleichung mit der württembergischen Flora zu reizen.
Es kommt dazu die interessante geognostische Lage. Ostlich zieht
dem Neckartal entlang das Muschelkalkgebiet von Oberndorf bis
Donaueschingen; dasselbe schiebt nach der Karte eine Zunge west-
lich dem Glas- oder Vorderbachtal entlang eben bis Königsfeld vor.
Daran schheßt sich westUch, ebenfalls von Süd nach Nord streichend,
der bunte Sandstein : er herrscht in der Königsfelder Umgebung vor.
Wieder westlich davon zieht sich das Granitgebiet südnördhch von
Furtwangen über Triberg nach Hornberg. Im bunten Sandstein liegt
die Wasserscheide zwischen Donau und Rhein ; die Quellen Königs-
feld gehen dem Neckar zu, während südlich von Königsfeld auf drei-
viertel Stunden Entfernung die Donauquelle Brigach gegen Villingen
hinzieht, in Granit gebettet. Das alles macht gespannt, ob und wie
weit der Wechsel der Formation in der Flora sich geltend macht.
Was ist der eigentliche Bestand der Sandsteinflora? Läßt sich ein
Hinübergreifen der Kalkflora feststellen? Wie weit macht sich in
der Granitformation eine Veränderung bemerklich? Für diese Fragen
suchte ich die Lösung zu finden , und was ich feststellen konnte,
will ich im folgenden geben. Nicht auf die „Markung" von Königs-
feld beziehen sich die folgenden Angaben ; diese ist erst vor ca.
100 Jahren aus den umgebenden Markungen herausgeschnitten worden
— 388 —
und sehr klein , gäbe also ein unzureichendes Bild von der durch-
schnittlichen Flora einer Schwarzwaldmarkung. Es ist für die fol-
gende Feststellung das Gebiet anzunehmen, das mit einem Radius
von zirka einer Stunde um Königsfeld sich abgrenzt.
Den ganzen Abstand zwischen Kalk- und Sandsteinflora hat
man 2 Stunden östlich von Königsfeld auf der Nordstetter Höhe vor
Augen. Diese, im Königsfelder „Führer" als geognostisch und bota-
nisch interessant bezeichnet, erweckte Erwartungen, die auch nicht
betrogen wurden : mit einem Schlag scheint man da vom Schwarz-
wald auf die Alb versetzt zu sein, ein total anderes Florabild steht
vor Augen, das sich charakterisiert durch das Auftreten folgender
Arten : Cichorium Intyhus, Senecio Jacobaea, Carlina vulgaris, Pni-
nella grandiflora, Salvia pratensis, Stachys reda, St. alpina, Ori-
ganum vulgare, Betonica ofßcinalis, Ononis repens , Melilotus offi-
cinalis, Convolvulus arvensis, Thlaspi arvense, Melampyrum arvense,
Galium verum, JDaiicus Carota, Ägrimonia Eupatoria, Rubus caesius
nebst einem Bastard davon, Lithospermum arvense, Euphorbia exigua,
Carex glauca, Gymnadenia conopsea, Epipactis latifolia, Lilium
Martagon, Gentiana lutea. "Was der Laie von den geognostischen
Verhältnissen sieht, ist, daß hier statt des Sandbodens sandiger
Lehmboden ansteht, mit Kalksteinen untermischt. Der Einfluß der
Bodenbeschaffenheit auf die Flora ist frappierend. In kleinerem
Maßstab, aber nicht weniger auffällig tritt derselbe dicht bei Königs-
feld zutage. Einige Minuten südlich vom Ort, wo echter Schwarz-
waldtannenwald mit Heidelbeergrund das Wiesental umsäumt, stößt
man mit einmal auf eine Strecke von einigen Ar mit üppiger Kalk-
waldvegetation ; da stehen in Menge die Gymnadenia conopsea,
Cirsium arvense, Cirsium rivulare samt dem Bastard C. rivuJare-
palustre, Angelica silvestris, Silaus pratensis, Koeleria cristata und
selbst Scorsonera humilis; zum Teil in ungewöhnlicher Üppigkeit
{Plantago media z. B. mit bis 25 cm langen aufgerichteten Blättern).
Die Ursache sieht man an einer angehauenen Stelle , an der blauer
Lehm, Muschelkalklehm wohl, zutage tritt. Wenn zwei Kilometer
davon entfernt auf reinem Sandstein- , resp. Heidekrautboden die
Scor Sonera humilis noch einmal auftritt, neben Ärnica montana, so
ist anzunehmen, daß der Same den Flug vom Muschelkalk auf den
Sandboden gemacht hat. Die badische Flora bezeichnet Scorsonera
humilis als sehr selten, in der Baar.
Einen gleich starken Wechsel der Erscheinungen findet man
beim Übergang vom bunten Sandstein auf das Granitgebiet nicht;
— 389 —
wohl schon um deswillen nicht, weil hier die oberste Bodenschicht
eben auch Sandboden ist. Doch stößt man hier auf Stellen , die
wieder mehr Ähnlichkeit mit der Kalksteinflora aufweisen. So trifft
man an der Brigach dicht beieinander die für die Albflora so cha-
rakteristischen Bwnex scutatus, Festuca glaiica, Ladiica muralis,
Fimpinella saxifraga, neben echten Schwarzwäldern, wie Hypericum
Immifusum. Und auf den Bergen über dem Ursprung der Donau-
quellen (Kesselberg, bis 1050 m) kommt man über Strecken junger
Waldpflanzungen, die recht älblerisch anmuten und nur durch ein-
zelne Erscheinungen, wie Centaurea phrygia, Jasione montana den
richtigen Schwarzwald anzeigen. Dieser tritt natürlich auf allen
Hochmooren und Sümpfen unverfälscht zutage. Auf Schloß Horn-
berg ist man umgeben von Echium vulgare^ Sedum alhtcm, Sedimi
holoniense^ ChaerophyUum temulum, Polypodium vulgare, während
unten im Städtchen schon unterländische Flora sich zeigt (Solamim
nigruni, Panicum sanguinale). Hier am Schloßberg fand ich übrigens
auch die einzige Art, welche in der württembergischen Flora nicht
verzeichnet ist: Galeopsis ochroleuca L.
Die Königsfelder Umgebung liegt 700 — 850 m über dem Meer,
also ungefähr entsprechend der mittleren Alb. Der Wald herrscht
vor, Wiesen sind reichlich, Fruchtfelder weniger vertreten. Sumpf-
stellen mit Torfmoos sind ziemlich zahlreich vorhanden ; aus ihnen
entspringen die kleinen Wasserläufe , welche meist dem Neckar zu-
ziehen.
Das folgende Verzeichnis kann auf Lückenlosigkeit natürlich
nicht Anspruch machen ; macht man doch auf einem Gebiet , mit
dem man durch vieljähriges Begehen vertraut ist, immer noch neue
Entdeckungen ^ Doch wird das Bild, das sich aus der nachfolgenden
Zusammenstellung ergibt, im wesentlichen richtig sein. Die Häufig-
keit des Vorkommens, resp. der Fundstellen, ist durch die Ziffern 1
(einzelne Fandstellen), 2 (mehrfache Fundstellen), 3 (vielfach-) und
4 (in Menge vorkommend) bezeichnet. In ( — ?) gesetzt habe ich
Arten , deren Vorkommen ich nicht feststellen konnte , wiewohl ich
danach suchte. (0.) bezeichnet einen Standort gegen Osten , dem
Muschelkalk zu, (W.) einen solchen gegen Westen, dem Granitgebiet
zu. In [ — ] gestellt sind gepflanzte irrten. Das Charakteristische
1 So habe ich zu der Flora von Wittlingen (diese Jährest. 1904) nach-
zutragen als neu gefunden: Arahis sagittata Dec. , Parnassia palustris, Fal-
caria Bivini, Valeriana montana L., Hieracimn murorum — Jacquini, Pyrola
secunda, Lappa macrosperma, Carex Ampullacea, Stachys annua.
— 390 -
der Flora liegt nicht bloß in dem, was sie hat, sondern ebenso, fast
noch mehr, in dem, was ihr fehlt.
1. Ranunculaceae: [ÄJiemone süvestris?), Bairachium aqiia-
tile Mey. 2 , i>. divaricatmn Wimm. 1 , Ranunculus aconitifolius 2,
R. Flammula 2, B. acris 3, B. reyens 3, B. arvensis 1 (0.), (Fi-
caria venia?), Caltha palustris 3, TroUnis europaeus 2. (Schon bei
dieser Familie, die in der Albflora mit so vielen und schönen Arten
vertreten ist, tritt die verhältnismäßige Dürftigkeit der Schwarzwald-
flora zutage. Die Alb hat ca. 3mal mehr Arten.)
2. Berberideae — .
3. Nymphaeaceae — .
4. Papaveraceae: Papaver Bhoeas 1, P. somniferum 1, {Che-
lidonium majus ?).
5. Fumariaecae — .
6. Cruciferae: {Cardamine pratensis? ohne Zweifell), (/Si^i/m-
brium AUiaria ?) , Erysimum cheirantJioides 1 (W. nur in wenigen
kümmerlichen Exemplaren) , Slnapis arvensis 2 , [Brassica oleracea,
Lejndium saiivum], Capsella Bursa pastoris 4, [Baphanus sativus\
B. Baphanistrum 4.
7. Cistineae: Helianthemum vulgare 1.
8. Violarieae: (Viola odorata?), V. silvestris 1, V. canina 1,
V. tricolor 3.
9. Resedeae — .
10. Droseraceae: Drosera rotundifolia 1, Parnassia pa-
lustris 1 (W., bis zu 30 cm hohe Exempl.).
11. Polygaleae: Bolijgala vidgaris 2, P. depressa We^derotüI.
12. Sileneae: Dianthus Garthusianorum 2, Silene inßata Sm. 1,
Coronaria Flos ciicidi 4, Melandrium vespertinum Mart. 1, il/. sil-
vestre Roehl. 1, Agrostemma Githago 2.
13. Alsineae: Sagina procumbens 1, Spergida arvensis 3,
(Spergidaria rubra W. 1), Möhringia trinervia 1, Stellaria media 2,
St. graminea 4, St. tdiginosa 2, Cerastium triviale 3.
14. Elatineae — .
15. Lineae: Lintim catliarticum 2, [L. Hsitatissimum].
.16. Malvaceae: Malva moschata 1 (auch weiß).
17. Tiliaceae: [Tilia grandifolia].
18. Hypericineae: Hypericum perforatum 4, H. quadran-
gulum 1, IL pulckrum 1, //. Immifusum 1, {H. tetrapterum?).
19. Acerineae: [Acer pscudoplatanus, A. platanoides]-.
20. Ampelideae: [Ampelo2ysis quinquefoUa].
— 391 —
21. Geraniaceae: Geranium sanguineum \ (in einem Garten),
G. Bohertianum 3, G. silvaticum 1 (0.), {G. pratense'^).
22. Balsamineae: Impatiens Noli längere 1.
23. Oxalideae: Oxalis Acetosella 2.
24. Rutaceae — .
25. Celastrineae : (Evonymus europaeus'?)
26. Rhamneae: Bhanmus Frangula 2.
27. Papilionaceae: Sarothamniis vulgaris 3, Genist a sagif-
talis 4 , G. pilosa 1 , Ononis repens 1 (0.) , Anthyllis vidneraria 3,
Medicago lupulina 3, M. sativa 1, (ilf. faleaia?), MeWotus offi-
cinulis 1 (0.), Trifolium pratense 3, T. medium 2, T. repens 4,
T. hyhridum 2 , T. spadiceum 1 , T. incarnatum 1 , T. aureum 2,
T. campestre 3, io^w5 cornic^datus 2, Z. idiginosus 1, [Rolnnia Pseud-
acacia] , Onohrychis sativa 1 (0.) , F-icia sativa 1 , F. sepium 3,
F. cracca 4, i^a6a vulgaris 1 (0.), Zcns esculenta 2, Fisum arvense 1
(0.), [P. sativum] , Orobus pratensis 2 , Lathyrus silvestris 1 , Za^A.
tuberosus 1 (0.), [Phaseolus midtiflorus].
28. Amygdaleae: Prunus spinosa 2.
29. Rosaceae: Spiraea Ulmaria 3, G^ettm riüa7e 3, G. ?<r-
hanum 1 , Buhus Idaeus 3 , 7?. fruticosus 3 ^ , Fragaria vesca 3,
(Comarum palustre oberhalb Triberg 1), Potentilla verna 1, (P. a«-
serina?), P. reptans 2, P. tormentilla 4, Posa canina 1, P. dume-
tornm 1 (auch P. Beuferi 1 und P. coriifolia 1).
30. Sanguisorbeae: Alchemilla vidgaris 3, J.. arvensis 1,
Sanguisorha ofßcinalis 3, (Poterium sanguisorba?).
31. Pomaceae: Crataegus Oxyacantha 2, P«rM5 communis 1,
P. Malus 1, Sorbus Aucuparia 3.
32. Onagrarieae: Epilobimn spicatum 3 (an feuchten Stellen
über mannshoch), P. montanum 3, P. tetragonum 1, P. palustre 1.
33. Halorageae — .
34. Hippurideae — .
35. Callitrichineae: (Callitriche verna?).
36. Ceratophylleae — .
37. Lythrarieae — .
38. Tamariscineae — .
^ Zwei Arten, die ich für E. Köhleri und i?. sulcatus halte, haben die
Alleinherrschaft. Erst in Hornberg und Schramberg fand ich wieder weitere
Formen. Auch in dieser Gegend fand ich also wieder bestätigt, daß der Formen-
reichtum, wie er in Wittlingen (und auch in Herrenalb) vorliegt, ein ungewöhn-
licher ist.
— 392 —
39. Cucurbitaceae — .
40. Portulacaceae: Montia rivularis 1.
41. Paronychieae — .
42. Sclerantheae: Sderanthiis annuus 1.
43. Crassulaceae: Sedum purpiirascens 1, S. alhiim 1,
S. acre 1 (0.).
44. Grossularieae : [liibes Uva crispi, R. mhnim].
45. Saxifrageae: (Chrysopleniiim oppositifoUum? wahr-
scheinlich).
46. Umbelliferae : Äcgojwdiwn Podagraria 4t, Carum Carvi S
(wird auf Granitboden von Meiim athanianticum abgelöst, welches
zunächst bei Kirnach auftritt), Pimpinella magna 2, P. saxifraga 1,
{Berula angustifoUa ?) , Äethusa Cynapium 1 , Silaus pratensis 1
(s. oben), Angelica silvestris 1, Pastinaca sativa 1 (0.), Heracleum
Sphondilium 3, Daucus Carota 1 (0.), Anthriscus silvestris 3, Chaero-
phyllum hirsutwn 2, Ch. aureum 2.
47. Araliaceae: {Hcdera Helix?, jedenfalls gepflanzt).
48. Corneae: Cornus sanguinea 1 (0.).
49. Loranthaceae — .
50. Caprifoliaceae: Samhucus nigra 1 , S. racemosa 2,
Vihurmtm Lantana 1 (0.), Lonicera Xylosteum 1 (0.), L. nigra 1.
51. Stellatae: Galiwn Äparine 1, G.tricorne 1, G.palustre^^
G. Mollugo 3, G. uliginosum 1.
52. Valerianeae: Valeriana officinalis 1 (0.), F. dioica 3,
Valerianella olitoria 1.
53. Dipsaceae: Knautia silvatica 2, -^. arvewsis 3 {Scabiosa
cohimbaria?, Succisa pratensis?).
54. Compositae: Adenostyles albifrons 1 (außerordentlich
üppig), Tussilago Farfara 2, Petasites officinalis 1, Bellis perennis 2,
Solidago Virgaurea 1, [Helianthus annuus], Gnaphalium uliginosum 1,
6r. dioicum 1, (r. silvaticum 1 (W.), Achillca Millcfolium 3, .1. Pfar-
wica 1, Anthemis arvensis 2, Tanacetum vulgare 1 (Kirnach), Chrys-
anthemum Leucantliemum 4, Arnica montana 2 (ungewöhnlich üppig
auf Sumpfstellen des Granitgebiets, mit bis zu 8 Blütenköpfen),
Senecio vulgaris 3, /S. silvaticus 1, /?. crucifolius 1, -S. Fuchsii 1,
Cirsium lanceolatum 1, C palustre 4, 0. rividare 2, C arvense 1,
C. rividare-palustre 1 , Carlina acaidis 1 (auch bis auf die Granit-
höhen von 1000 m), Centaurea phrygia Koch 2, (C Jacea?), C. Cya-
nus 1, C. Scabiosa 1. (Auffallend ist die Armut an Distelarten.
Nur C palustre ist gemein. Die Kletten fehlen ganz.) Lapsana
— 398 —
communis 3, Leontodon profeiformis 1, L. aidumnalis 1 (diese beiden,
auf der Alb zu den gemeinsten Arten zählend, werden abgelöst von
HypocJioeris radicata) , Picris hieraciouJes 1 (0.) , Tragopogon x>ra-
tensis 2, Scorsonera humüis 1, Hypochoeris radicata 4, Taraxacum
officinale 3, Lactuca muralis 1, Prenanthes purpurea 3 (sehr üppig),
Sonchns arvensis 1, S. asper 1, Crepis virens 3, {C. biennis?)^
C. succisaefolia 2, C. paludosa 2, Hieracium Püosella 4, H. Auri-
cida 3, //. miirorum 2 (auch Pallidum Bivon), H. vulgatum 1,
H. boreale 1, Ä umheUatttm 1.
55. Ambrosiaceae — .
56. Campanulaceae: Jasione montann 2, Pkyteuma orhi-
culare 2, Pä. spicatum 2 (0.), Gampamda rotundifoUa 3, (C. piisüla)^
an einem Granitblock ober Triberg, übrigens in etwas abweichender
Form : Glocke breit, Kelchzipfel eilanzettlich bis lineal, C. pafida 3,
C. persicifolia 2 (bläulichweiß), (C. rapunculoidesY).
57. Vaccineae: Vaccinium MyrtiUus 4, V. nliginosiim 2,
V. Vitis Idaea 2, Oxycoccos palustris 1 (W.).
58. Ericineae: Callima vidgaris 4.
59. Pyrolaceae: Pyrola secunda 1.
60. Monotropeae — .
61. Aquifoliaceae: Hex Äquifolium. 1 (VV.).
62. Oleaceae: Ligustrum vulgare 1 (0.), [Fraxinus excelsior,
Syringa vidgaris].
63. Asclepiadeae — .
64. Apocineae: [Vinca minor].
65. Gentianeae: Menyantlies trifoliata.
66. Polemoniaceae — .
67. Convolvulaceae — .
68. Boragineae: [Borago officinalis\ Symphytum officinale 1,
Myosotis palustris 3, M. silvatica 2, M. intermedia 2.
69. Solanaceae: [Solanum tuberosum].
70. Scrophulariaceae: Verbascum Thapsus 1 , V. Lychnitis 1 ,
V. nigrum 1, ScropJmlaria nodosa 2, S. Ehrharti 1, {Digitalis
purpurea Schramberg), Linaria vulgaris 2, Veronica Chamae-
drys 2, V. latifolia 1 (0.), V. officinalis 4, F. Beccabunya 2,
F. scutellata 1, F. serpyllifolia 1. (Auffallend ist das Fehlen der
Fero>iica-Arten, welche anderwärts das gemeinste Ackerunkraut
bilden, wie F. Tourtiefortii^ V. hederaefolia ; nur auf der Höhe des
Kesselbergs fand ich ein verkümmertes Exemplar von F. agrestis L.)
Melampyrum pratense 3, Jf. sihaticum 2, Pedicularis silvatica 2,
2.Ö*
— 394 —
(P. palustris W.) , RhinantJms minor 3 , Bh. major 1 , (Euphrasia
officinalis W.).
71. Orobancheae — .
72. Labiatae: Mentha arvensis 1, M. acpiatica 1, Thymus
Serpylhim 3, (Salvia pratensis?), Priinella vulgaris 3, {Glechoma
hederaceum?), (Lamium-ATten?), Galeopsis Tetrahit 3, {Äjuga-Avien?)y.
{Teuer ium Scorodonia W.)-
73. Verbenaceae — .
74. Lentibularieae: {Pinguicula vulgaris W.).
75. Primulaceae : Lysimachia vidgaris 1, Anagallis arvensis 1^
(Primula elatior ?).
76. Globularieae — .
77. Plumbagineae — .
78. Plantagineae: Plantago major 3, P. media 2, P. ?an-
ceolata 2.
79. Amarantaceae — .
80. Chenopodiaceae: Chenopodium albiim 2 (C//. ?^o»?<5 Hen-
ricus?), {Ätrijjlex-Aiten ?).
81. Polygonoceae: Bumex ohtusifoUus 3 , B. crispus 1 ,
P. scutatus 1, P. Äcetosa 2 (auch arifolius), P. Acetosella 4^
Polygonum lapathifoliiwi 2 , P. avicidare 3 , P. convolvidus 2,
(P. Bistorta?).
82. Thymelaeaceae — .
83. Santalaceae: Thesium pratense 1.
84. Elaeagneae — .
85. Aristolochieae — .
86. Empetreae — .
87. Euphorbiaceae: Euphorbia verrucosa 1, P?^ Cy-
parissias 2.
88. Urticaceae: Urtica dioica \, [Humulus LnpuJus], [Ulmus
campestris].
89. Juglandeae — .
90. Copuliferae: Fagus silvatica 1, Qucrcus scssilißora 1,
Corylus Avellana 1.
91. Betulaceae : Betida alba 3, Älnus glutinosa 2, ^. viridis 1.
92. Salicineae: Populus tremula 1, [P. a?6a, P. »«V/ra], Ä'aZiir
Caprea 3, 5. a2/rito 2, (5. ?zyi(^a W.).
93. Hydrocharideae — .
94. Alismaceae — .
95. Butomeae — .
— 395 —
96. Juncagineae — .
97. Potameae: Potamogeton natans 1.
98. Lemnaceae: Lenma minor 2.
99. Thyphaceae: Sparganium ramosum 1.
100. Aroideae — .
101. Orchideae: Lister a ovata 1, Orchis maculata 1, (0. lati-
folia W.), Gijmnadea conopsea 1 (s. oben), Piatanthera bifoUa 2
(auf sumpfigen Stellen).
102. Irideae — .
103. Amaryllideae — .
104. Liliaceae: Convallaria majalis 1 (auf sumpfiger Stelle
neben Lonicera nigra und Polypodium alpestre) , Majanthemum bi-
folium 2.
105. Colchicaceae: (Colchicum autumnale?).
106. Juncaceae: Junciis conglomeratus 3, J. effusus 1,
J. glaucus 1 (0.), J. supinus 1, J. lamprocarpus 2, J. silvaticus 1,
J. compressus 2 , J. squarrosus 2 , Luzula pilosa 2 , L. alhida 2,
L. midtiflora 2.
107. Cyperaceae: Heleocharis palustris 2, Scirpus silvaticus 1^
Eriophorum vaginatum 1, (JE', gracile W.), E. latifolium 1, JS'. an-
gustifolium 1, Carex ^ stellulata 3, C vulgaris 2, C. montana 1,
C leporina 3, C. pallescens 2, C. panicea 2, 0. j^ava 2 (auch lepido-
carpa), C. ampullacea 2, C vesicaria 2.
108. Gramineae: Molinia caendea 1, Glyceria fluitans 2,
Cynosurus cristatus 3, Festuca rubra 3, (F. ovina?), F. duriuscida 2,
F. pratensis 3, Bromus mollis 2, ji5. erectus 1, (5. sterilis?), Brisa
media 3, Poa annwa 2, P. compressa 1, (P. nenioralis?) , P. ^ra-
^ewsis 4, P. trivialis 3, Bactylis glomerata 4, Koeleria cristata 1,
Holcus lanatus 3, {Arrhenatherum elatius?), [Ävena sativa], A. fla-
vescens 3, J.ira caespitosa 3, A. flexuosa 4, Triodia decumbens 1,
[SecaZe cerea/e] , [Triticum Sp)elta], T. repens 2, Lolium perenne 3
(auch ramosum), [Hordeum distichum] , Nardus stricta 1, (Calama-
grostis epigeios in Schramberg) , Agrostis alba 2 , J.. vulgaris 4,
Phlewn pratense 3, Alopecuriis pratensis 2, Antoxanthiim odoratum 4
(zum Teil mit 10 cm langer rispiger Ähre), Phalaris arundinacea 2.
109. Coniferae: Pinus silvestris 3, P. Larix 2, [P. Strobus 1],
P. Picea 3 , P Abies 3 , Juniperus communis 2 (auf sumpfiger
Heide).
110. Rhizocarpae — .
111. Lycopodiaceae: Lycopodium clavatum 1.
— 396 —
112. Equisetaceae: Equisetum arvense 2, E. silvaticum 2,
E. limosum 2.
113. Ophioglosseae — .
114. Osmundaceae — .
115. Polypodiaceae: Polypodimn alpcstre 1, (P. Phegopteris
Triberg), {Cystopteris fragilis'?)^ Aspidium Filix mas 3, (^4. lobatum
Hornberg), A. spimdosum 2, A. Filix femina 3, Asplenium Buta
muraria 2, {A. Trichomanes Triberg), Blechnuni Spicant 1, Pteris
aqiiilina 2.
Bücheranzeige.
Normalnullhöheu in Württemberg. Trigonometrische und
barometrische Höhenbestimmungen. Nach Oberamtsbezirken.
Neckarkreis: Heft 5 Cannstatt, 7 Heilbronn; Schwarzwaldkreis :
Heft 10 Reuthngen, 11 Rottenburg; Donaukreis: Heft 1 Biberach,
3 Ehingen, 14 Ulm. Preis für 1 Heft: 50 Pf. Herausgegeben
vom K. Württ. statistischen Landesamt.
Eine überaus handliche Sammlung von Normalnullhöhen ist
uns in dieser neueren Publikation des Stat. Landesamts gegeben. Um
nur von dem neuesten Heft 1 des Donaukreises, Oberamt
Biberach, zu sprechen, so erhält damit ein Stück Oberschwaben,
502 qm groß, etwa 700 Höhenangaben, ausreichend für allgemeine
geographische Zwecke, wie für den Techniker zu Anschlüssen von
Nivellements und für die wissenschaftliche Forschung. Die geognosti-
schen Atlasblätter Biberach und Ochsenhausen haben fast gar keine
Höhenangaben; die neuen Messungen lagen bei Ausgabe der Blätter
noch nicht vor. Über das Bohrloch bei Ochsenhausen sind hier zum
erstenmal einige zuverlässige Angaben publiziert. Besonders aber
den Glazialgeologen wird das Heft interessieren, weil hier erstmals
die vier PENCK'schen Eiszeiten konkret bei einem größeren Gebiet
durch die Bezeichnungen 90 — 96 nachgewiesen werden. Wie dieses
für Oberschwaben so werden auch die anderen Hefte für das übrige
Württemberg den Geographen, Technikern, Geologen, Botanikern in
und außerhalb des Landes in ihrer handlichen Fassung und un-
bedingten Zuverlässigkeit und außerordentlich niedrigen Preis hoch
willkommen sein und seien zur fleißigen Benützung in allen Kreisen
angelegentlich empfohlen. Wundt.
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Erklärung der Tafel I.
Fig. 1. Tuff' von Zipplingen, bestehend aus winzigen Lapillis eines grünlichen
Glases; darunter ist ein größeres mit einem Quarzkern in der Mitte.
, 2. Glasige Bombe von Hohl he im. Abwechselnd helle und dunkle, d. h.
saure und basische Schlieren, mit Resten von Fremdeinschlüssen.
„ 3. Isotrop gewordener F e 1 d s p a t in einer glasigen Bombe vom Tuff' der
Ringlesmühle, stark korrodiert , mit noch erhaltenen Spaltrissen :
oben fingerartiges Eingreifen von Glasmasse in Feldspat. Außerdem ist
Schlierenbildung zu beobachten.
„ 4. Tuff' von Mauren: dunkle verwitterte Glasgrundmasse, in der massen-
haft fremde Einschlüsse , hauptsächlich Quarz- und Feldspatfragmente,
liegen.
„ 5. Isotrop gewordener Feldspat aus einem kristallinen Einschluß des
Tuffs von Zipplingen, In die Spaltrisse dringt das Magma ein und
resorbiert ihn.
„ 6. Kristalliner Einschluß vom Tuff" von Schm<ähingen, bestehend aus
brauner Hornblende, Diallag und isotrop gewordenem Feldspat mit er-
haltenen Spaltrissen. Diallag und Hornblende sind infolge der Ein-
wirkung der vulkanischen Hitze getrübt und fast undurchsichtig ge-
worden; daher erscheinen sie im Bild so dunkel und sind nicht von-
einander zu unterscheiden.
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905, Taf. I.
Fig. 1.
Flo-, 2.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. <i.
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Erklärung der Tafel II.
Fig. 1. Nephelinbasalt vom Eisenrüttel. In einer Grundmasse von Nephelin,
Augit und Magnetit liegen große Einsprengunge von Olivin und Augit.
, 2. Nosean-Melilith-Basalt von Grabenstetten. Struktur holokristallin-por-
pliyrisch. Olivineinsprenglinge liegen in einer Grundmasse von Melilith,
Nosean. Nephelin und Magnetit. An den Melilithleisten sind sehr gut
die Einwirkungen der magmatischen Korrosion zu beobachten.
„ 3. Melilithbasalttuff vom Conradfels bei Unterlenningen. Typische Tuff-
struktur. Man sieht hier sehr .schön die rundlichen Formen der vul-
kanischen Lapilli, die große Olivinkristalle in sich bergen. Diese letzteren
liegen in einer glasigen Grundmasse, in der zahlreiche Melilithleisten
und Erzkriställchen eingebettet sind. Die vulkanischen Bomben sind
durch hellen Kalzit verkittet. (Intersertaler Typus.)
, 4. Melilithbasalttuff vom Hof brunnen bei Seeburg. Hyalopilitischer Typus.
Die Lapilli führen hier reichlich ein dunkles Glas mit Olivinkristallen
und scharf ausgebildeten typischen Melilithleisten.
„ 5. Melilithbasalttuff von Scharnhausen. Vulkanische Bombe mit Olivin in
der Mitte und Melilithleisten, die zum Teil parallel der äußeren Be-
grenzung der Bombe angeordnet sind. Die Grundmasse ist ein dunkles
Glas. (Hyalopilitischer Typus.)
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905.
Taf. II.
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Fig. 2. Vergr
Fig. 5. Vcrgr. 80 ; 1.
III IßT 19b ßfliriäWia
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Erklärung der Taf. III.
1. Undulöse Auslöschung von Quarz. Bei -|- Nicols. Vergr. 110. Cordieritgneis
Grafenberg.
2. ChloritLsclie Verwitterungsbahnen des Granats (Almandin) mit Biotiteinschluß
in der Mitte. Rechts unten staubartig-mikrolithische Einsprenglinge. Granat-
reicher Cordieritgneis Florian. Vergr. 110.
3. Feldspatkristalle in perthitartiger Verwachsung. Biotitreicher Ktmtaktgneis
(Trafenberg. Vergr. 270.
4. Serpentinschnüre. Serpentin Grafenberg. Vergr. 110. Bei -|- Xicol.'*.
o. Cordieritkristall in Umwandlung begriffen. Bei -\- Nicols. Vergr. 270. Cor-
dierit-Sillimanitgneis Geigersbühl,
n. Cordierit in Umwandlung begriffen. Anfangsstadium. Vergr. 110. Cordierit-
Silliraanitgneis Florian.
7. Oordierit-Umwandlung in stark doppelbrechende Substanz und Bahnenbildung.
Bei -|- Nicols. Vergr. 110. Vorgeschritteneres Stadium. C'ordierit-Sillimanit-
gneis Florian.
8. Cordierit in Zersetzung begriffen: Umwandlungsbahnen mit zentralem Kanal.
Bei -)- Nicols Vergr. 270. Cordierit-Sillimanitgneis Geigersbühl.
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. Taf. III.
Fig. 1.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 6.
Fig. 7.
Fig. 8.
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Erklärung der Tafel IV.
Vergrößerung- 11 X ^•
Fig. 1. 2. VHrclId Qucnstedti var. Weiiihindi (ieyer, Seltalbrnnneii Wiesensteig.
„ 3. 4. V. (^Henf^tedti forma acuta, Tierlialde Geislingen.
„ 5. Dieselbe. Mössin gen, Abhang des Dreifiirstensteins.
„ 6. 7. Dieselbe, im Eamstel bei Gönningen.
„ 8. Dieselbe, Lautern OA. Gmünd.
„ 9. 10. Dieselbe. Gerwiesen bei Essingen.
„ 11. Dieselbe, Geißhalde bei Essingen.
„ 12. 13. Dieselbe, Maier's Brunnen bei Essingen.
„ 14—16. 1'. Quensfedti var. Turbiiiella n. var., Egerquelle bei Auf hausen.
„ 17. V. Qnenstedti var. Ära n. var., kleinste Stufe von Mössingen, zwischen
Farrenberg und Dreifürstenstein.
„ 18. 22. F. labiata Geyer, Degenfeld, Wilhelmstal.
„ 19—21. V. Quenfitedti var. Ära n. var. , kleinste Stufen von der Reißen-
bachquelle bei Fnterhausen.
„ 215. r. I(dii((1a Geyer, außergewöhnlich große Form von Degenfeld.
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Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. Taf. IV.
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Erklärung der Tafel V.
Vergrößerung 11 X 1-
Fig. l — 'ii. VifrelJa Quensfedti var. Ära n. var., Reißenbachquelle Unterhausen,
1. 2 normale Form.
„ 4. 5. Dieselbe, Michelsbrunnen bei Hausen a. L.
„ 6—8. Dieselbe, Mössingen, zwischen Farrenberg und Dreifürstenstein.
7 normal.
,. 9. 10. Dieselbe, Eselbrunnen, Erpfingen.
„ 11. 12. 1". saxigena var. lemds n. var., Gundershofen.
,. 13. V. Quensteäti var. An( n. var., Wiesazquelle üenkingen. grüßte Aus-
bildung.
,, 14. 15. V. gomMoma n. sp., Degenfeld, kleinste Ausbildung.
,, 16—19. V. f/oiiostonia n. sp . Degenfeld, aus verschiedenen (Quellen.
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905.
Taf. V.
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Erklärung der Tafel VI.
Vergrößerung 11 X ^■
Fig. 1 — 3. Vitrella Quetistedti var. ZoUeriana n. var. , Seeheimer Tal bei
Killer (Hohenzollern).
,, 4. 5. Dieselbe, im Buch bei Pfel'fingen.
^ G. 7. V. sa.cigena n. sp., Lippachquelle bei ]\Iahlstetten.
„ 8—10 u. 16. Dieselbe, Wulf bei Mühlheim a. D.
,, 11—13. Dieselbe, linke Kohlstattquelle bei Oberdigisheim.
. 14—15. V. saxigena var. tenuh n. var., rechte Kohlstattqnelle bei Dber-
digisheim.
„ 18—20. Dieselbe, Weiblequelle, Tieringen.
„ 21, 22. Dieselbe, Seetal, Egesheim.
,, 17. 23 — 28. V. saxigeva n. sp. , Seitenquelle im Lippachtal . Formenreihe.
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905. Taf. VI.
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Erklärung der Tafel VII.
Vergrößerung 11 X 1.
Fig. 1-8. Vitrelld snerlra n. sp.. Haugensteinmühle bei Diessen (Hohenzollern),
Formenreihe.
„ 9. 10. V. suevicn v. Ahnnbae n. var., ebendaher.
„ 11—15. T'. suerica n. sp., Ammerqiielle bei Herrenberg, Formenreihe.
„ Ifi. 17. 20. V. suerica var. Ahiwhae n. var., Surrenbachquelle, Aisteig.
,. 18. 19. T". siieriid var. AJuKilme n. var.. Lauterbachquelle, Aisteig.
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ.
1905. Taf. VII.
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Erklärung der Tafeln.
Die Bilder sind fast alle so „nentiert, «.^^ ^as Vovderende „ach oben, .las
-rt -\na?r/Teir*:r"jrd':a!. i„: d.
Ventralrand nach unten gerichtet.
Tafel VIU.
Fig. 1-7. Cnndona Stemheimeims.
1 cS Linke Schale. 39 X.
2. ? „ . 39 X.
3. r^ Schale von oben. 39 X-
4. Jugendform. 39 X-
5. Schalenstruktur. 92 X-
B. Muskelabdrücke der linken Schale. 92 X-
7. Innenlamelle der linken Schale. lU) X-
8—11. Gandona rostrata.
8. S Linke Schale. 39 X-
9. Rechte Schale. 39 X-
10. Schale von oben. 39 X-
11. Muskelabdrücke. 92 X-
12—14. Candona fahaeformis.
12. Rechte Schale. 39 X-
13. Schale von oben. 39 X- ion\/
14. Schalenstruktur über dem Hinterrande. 1^0 X-
|5_19. Candotiopsis arida.
15. ? Linke Schale. 43 X-
16 rT Rechte Schale. 47 X- ■, r. :ff..i mU Vprwach-
17: Innenlamelle der linken Schale ? im vorderen D.ittel mit ^ erwach
sungslinie und randständigen Porenkanalen. U)ü X-
18. Schale von oben. 43 X-
19. Muskelabdrücke der linken Schale ?. 90 X-
20—22. Cypria suborhiculari-'<.
20. Schale von links. 63 X-
21. „ V rechts. 63 X- ;■
22. „ „ o^en. 68 X- ■
23 u. 24. Ci/pri^ KiesyovienRi.'i. »T
23. Rechte Schale. 39 X-
24. Schale von oben. 39 X-
25-27. C'v/j>ns salina.
25. Rechte Schale. 40 X-
26. Linke Schale. 40 X-
27. Schale von oben. 40 X-
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905.
Taf. Vm.
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Tafel IX.
Fig. 1 — 4. (■i/pris iiiaeijiKdis.
1. Rechte Schale. Hf) X-
2. Linke Schale. 35 X-
3. Schale von oben, 35 X-
4. Muskelabdrücke und Schalenstruktur der rechten Schale. 120 X-
„ 5—11. Cypridopsis (jracilis.
5. Rechte Schale. 60 X-
6. Linke Schale. (iO X-
7. Schale von oben. 60 X-
8. Muskelabdrücke der rechten Schale. 180 X.
9. Innenlamelle der linken Schale im vorderen Drittel (Außenrand , die
ihm zunächst liegende gewellte Linie ist aus den Mündungen der rand-
ständigen Porenkan.äle entstanden. Hierauf folgen Vervvachsungs-
linie, Saum, Innenrand). 147 X-
„ 10. Iliocypris Bradyi, linke Schale. 48 X-
„ 11. Ilioci/prü binoculuris, linke Schale. 44 X-
„ 12 — 17. Limnicythere esphigmena.
12. 13. Rechte, linke Schale des ?. (i0 X-
14. $ Schale von oben. 60 X-
15. 16. Rechte, linke Schale des S- ^'0 X-
17. S Schale von oben. 60 X-
„ 18 u. 19. lUocypris hinociilaris.
18. Schale von oben. 44 X-
19. Innenlamelle der linken Schale mit Verwachsungslinie {VJi) und kaum
angedeutetem Saum. 80 X-
Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württ. 1905.
Taf. IX.
^^
^
^
w
R. Koch: Relative Schweremessungen IV.
Tabelle I.
Vergleichungen in Stuttgart. (Pendelraum.)
^T
Am-
6 =
pltade
Minuten
Tem-
peratm-
•C.
Schwingungs- I
lauer in Stern-
zeit-Sekunden 1
Korrektion wegen
Korrigierte
Scliwingungs-
dauer in Stern-
zeit-Sekunden
plitude Tem-
Korrektion wegen
Stuttgart (Pendelraum).
14,30"
731,75
14,325
731,8
'4,33
731,9
14,33
732,1
14,33
732,45
14,33
732,7
m
8,5'
13.965
III
9,7
13,99
9,35
14,015
111
8.7
14,04
iii
8,7
14.055
0,5081067
- 1,7 ; — 722,6
- 526,3
0,5081065
- 1,9 -723,9
- 526,1
0,5081067
-2,1 -724,1
-526,.
0,5081065
- 1,8 -724,1
-526,4
0,5081065
— 2,1 —724,1
- 526,6
0,5081065
— 2,4 —724,1
-526,7
732,8 I 37,7154 I 0,5081048
733,1 1 37,7155 0,5081050
733,35 I 37,7143 0,5081052
733,6 I 37,7134 I 0,5081054
744,1 j 37,7166 0,508104s
743,9 37,7166 0,5081048
743,6 37,7173 0,5081046
743,25 37,7171 0.5081046
742,85 I 37,7162 0,508104-
u» —715,7—527,5
1,8 -716,5-527,6
1,7 1-717,71-527.7
-1,8
-705,7;
j — 2,4
— 707,0
- 708,3
' - 1.9
-7C9,6
--710,2
-535,3 \
-534,8)
- 534,6 I
Mittel :
),5079Si6
>,50798i3
1,5079815
',5079813
1,5079812
),5079Si2
»,5079813(5
3,5079808
3.5079805
3,5079806
3,5079807
1,5079806 (5)
0,5079800
0,5079800
,5079801 (6)
Mai 14 (Maschinenraum).
IV ; 12,5' 14.35»
IV 13,8 1 14,34
IV 13,8 ! 14,36
IV 13,2 14,285
731,7 i
731,75 1
731,9 1
732,1 i
IV 12,9 1 14,22
IV 13,6 , 14,21
l^^ 1
1900
Mai 15.
i
;^;^ i
732,85 1
733,1
733,35
733,65 I
1900 Mai 2
I 9,1' 12.5'
i?-375°
744,1
743,9
I 10,6 12,5
13.555
743,75
1.1,3 .2,1
.3.68
743,5
.3,61
743,2
36,1675
36,1702
36,1702
36,1724
36,1685
36,1692
36,2463
36,2436
36,2375
36,2340
36,2492
36.244S
36,2438
36,24.2
0,5083967
0,5083967
0,5083964
0,5083972
0,5083970
0,5083818
0,5083822
0,5083834
0,5083842
083810
083811
083820
083822
083S27
Stuttgart.
-7.7,5 -526,0:0,5082725
-717,0 —526,010,5082719
-718,0 — 526,1 '0,5082718
■714,3 —526,5 10,5082719
-711,0 -526,71,0,5082730
-710,5 -527,0^0,5082727
Mittel: 0,5082723(0)
-672,8 I — 528,1 ] 0,5082613 I
-680,6 | — 528,1 '0,5082609
-689,0 —527,8 0,5082613
-693,6 1-528,0 10,5082616 I
Mittel: 0,5082613 [0,99944782
- 659,3 1 — 536,7 ' 0,5082610
-664,5 —536,4,0,5082606
• 668,2 1 — 536.2 0,5082611
-674,4 ' — 535,8 10,5082608
-671,0 —536,7 '0,5082615
Mittel: 0,508261010) [0,99944745]
m
9,53'
14,065°
741,6
m
8,35
.4,085
741,4
9.4
14,105
740,95
9.3
14,13
740,55
9,1
14,15
740,05 1
0,5081055
-2,4 1-710,7
-533,7
0,5081052
— 1,7 —7.1,9
-533,6
0,5081053
-2,4 -712,8
— 533,2
0,5081056
— 2,2 —7.4,0
-532,8
0,5081054
-2,1 1-715,1
- 532,5
3,5079808
3,5079805
3,5079805
3,5079807
3,5079804
1,5079805 (S)
13,385°
13,375
13,485
13,52
13.56
740,95
740,55
7-10.05
36,2414
36,2417
36,2421
36,2422
36,2411
1,5083827 I —4,5 1 — 659,81 — 534,9:0,5082628
1,5083827 j —4,3 —659,3 —534,9 0,5082628
1,5083827 1 —4,3 1—664,7—534,310,5082624
1.5083827 — 4,6 — 666,6 ! — 534,0 ' 0,5082622
1.5083828 ' —4,0 —663,31 — 5 33,6 10,5082622
Mittel: 0,5082624(8) [0,99944537]
UI
6,9'
14,385°
738,5
m
7,5
14,425
738,7
III
8,4
14,445
738,8
7,6
1 14,45
738,8
37,7072 j 0,5081065
37,7042 0,5081071
37,7030 I 0,508.072
37,7041 I 0,5081071
- 530,8
0,5079806
IV
729,0
-531,0
0,50798.0
IV
730,0
— 530,9
0,5079809
IV
730.3
— 530.9
0,5079809
0,5079808(5)
,58»
738,5 1
,60
738,7
,62
738,8
.635
738,8
,66
738,8
36,1865
36,1844
36,1839
36,1826
36,1834
0,5083935
0,5083940
0,5083941
0,5083943
0,5083942
— 67S,.,
-4,6
— 680/
-4,6
-681,
-5,7
— 68i,b
-5.4
-6S3.0 --v^-.,,
9,3"
m
6,9'
14,44°
740,85
37,7020
0,5081074
10,3
UI
7,6
1 14,465
740,8
37,7028
0,5081073
Ul
8,3
14,475
741,05
37,7023
0,5081074
0,2
Ul
8,2
14,49
741,1
37,7044
0,508.068
III 9,7'
17,83°
740,6
III 10,8
17,845
740,1
17,855
740,.
17,845
739,85
III 1 11,2
17,83
739,6
17,83
739,6
III 1 11,2
17,84
739,6
UI
io,6'
■7,77°
740,15
.0,6
.7,785
740,15
17,785
740,2
11,0
17,79
740,25
11,0
17,805
740,45
Ul
11,2
.7,825
740,85
37,6085
37,6071
37,6065
37,6035
37,6043
37,6037
37,6co8
37,6086
37,6057
37,6074
37,6026
37,6042
- 729,8
0,507981.
0,5079809
0,5079808
1900 Mai 26.
IV j .4,4' 1.3,565»
IV .4,2 ;. 3,595
IV 14,2 [13,6.5
IV ! .4,2 [13,645
740,85
740,8
741,05
741,15
508 124,^
-2,4
— 900,71 — 526,1
5081247
-3,1
-901,8 -525,;
,5081247
— 3,0
,508i253j
— 3,3
,508125^
-3,4
-■-:.-' -■--;]
,508.253
- 3,3
- . ,1 ' 1 , j ■ ; - ; , .1
,5081259
— 3.4
— yol.O —525,4
Mittel :
Nach der Reise: 1900 August g.
0.5079815
0,50798.6
0,5079816
0,5079822
0,5079822
0.5079823
0,5079829
0,5079820(4
I 2,6''
14,6'
.7,285°
740,7
13,4
.3,8
.7.335
740,4
.3,8
17,385
740,1
1 5,1
.3,8
17,405
739,85
13,8
739,6
leis
13.8
17,43
739,6
I 7,6
13.8
17,445
739,6
37,6
5081244
-3,0
- 858,0
- 525.9
508.249
-3,0
-898,9
5081246
— 3,3
- 898,9
-525,8
5081254
-3,3
- 899,1
— 525,9
5081251
— 3-3
- 899,7
-526,0
508.254
- 3,3 - SCO.?
- 526,3
Mittel: 0
1900 August 10.
740,15
IV 12.7 .7, ioi
740,15
740,2
-40,25
IV .3,0 17,44
740,45
IV .2,9 : 17,445
740,85
36,1816
36,1830
36,1841
36,1830
36,1368
36,1340
36,1345
36,1330
36,1300
36,1327
36.1297
36,0832
36,0826
36,0837
36,0834
36,0820
36,0802
0,5083946
0,5083942
0,5083941
0,5083942
',5084034
),So84038
1,5084038
), 508404.
,,5084048
),5o84042
1,5084049
1,5084139
1,5084141
',5084139
1,5084138
1,5084141
1.5084146
678,3
— 534,1 [0,5082728
679,8, — 534,0 '0,5082723 1
680,81 — 534,1 0,5082721
682,3
-5:4,2 10,5082720, 1
Mittel: 0,5082723
852,1 1-527,110,5082649
854.5
-526,7,0,5082652
857,0
— 526,5 0,5082649
858,0
— 526,3 0,5082652
858,4
— 526,1 0,508265s
859,2
— 526,1 ,0,5082652
860,0
— 526,0 0,508265s
Mittel: 0,5082653 [0,99944269]
868,5
— 526,6 1 0,5082740
- 869,8
-526,5 ,0,5082741
-870,5
— 526,6 |0,^OS27-,S
-871,0
-526,6 0.50,S27,7
-872,0
— 526,6 |Ü,^0S2-,S
-872,0
-526,9! 0,5082742
Mittel: 0,5082739(3)
und der mittlere Fehler vai
■ der Reise und ebenso ;
; denen nach der Reis
Generalmittel '
R. Koch: Relative Schweremessungen IV.
Tabelle II.
igoo. Stuttgart — Karlsruhe.
Am-
plitude
Tem-
Luft-
peratur
druck
Minuten
" C.
mm
Korrektion wegen
Am- I Tem-
plitude [ peratui
Korrigierte
Scliwingungs-
zeit-Sekunden
Korrektion wegen
Karlsruhe
1900 Nacht Mai
3i./Juni
I.
10 0''
12,6'
■5,30°
75-,o
36,2685
0.50S3774
— 4,3
- 754,1
- 53S.9
0,5082477
III ' 10,5'
14,645°
740.0
37,6840
lüg
15,40
751,8
36,2640
0,5083783
-5,3
— 759,1
- 538,5
0,5082480
III
12,4
14,67
739,9
37,68.0
11^
14,9
15,43
751,6
36,2654
0,5083780
-5,9
- 760,7
- 53S.4
0.5082475
III
11,5
14,70
739,8
37,6806
0,5
13,9
15,435
751,5
36,2642
0,5083783
-5,2
- 760,9
-538,1
0,5082479
III
14,74
739,6
37,6796
1.4
14,1
15,45
751,4
36,2644
0,5083781
-5,3
- 761,6
-538,1
0,5082476
III
l2;6
■4,76
739,5
37,6786
14,0
15,465
751,3
36,2641
0,5083783
— 5,2
- 762,5
- 538,0
0,5082477
III
13,5
14,77
739,4
37,6770
i,'
13,9
15,465
751,3
36,2642
0,5083783
— 5,2
— 762,4
— 538,0
0,5082477
m 13,5
14,7s
739,3
37,6778
3,8
15,46
751,3
36,2639
0,5083783
— 5,4
- 762,1
— 538,0
0,5082477
III ! i2,s
14,79
739,3
37,6789
Mittel
0,5082477(2)
Karlsruhe
1900 Nacht Juni 2-/3.
III 1 11,1'
14,79"
737,1
37,6460
gö'
IV
12,2'
15,275"
748,9
36,1889
0,5083930
-4,0
- 763,7
- 536,7
0,5082626 ni 11,7
14,825
737,1
37,6463
IV
13,6
15,345
748,9
36,1849
0,5083939
— 5,0
- 767,3
- 536,5
0,5082630 III 12,2
14,85
737,1
37,6459
11.3
IV
14,0
15,40
748,8
36,1831
0,5083942
— 5,3
— 770,0
— 536,4
0,5082630 III 12,3
■4,875
737,1
37,6443
IV
■ 5,43
748,7
36,1834
0.5083942
-5,8
-771.5
- 336.3
Mittel
0,5082628 III ' 11,7
0,5082628(5)
14,88
736,9
37,6470
Signale 1 Sekundenschlag) bleiben aus; andere
Mormaluhr des Instituts eing
3,'"
IV
14,2'
15,46»
747,8
36,2105
0,5083888
— 5,4
— 773,0
-535,6
0,5082574 1 III ! 12,2'
14,885°
736,4
37,6784
4,o
IV
15,465
36,2109
0.5083S87
-5,3
— 773,2
— 535,6
Mittel
0,5082573 1 m 12,7
0,50825-3(5)
14,90
736,3
37,6748
Karlsruhe
1900 Nacht Juni 9./10.
9.4"
IV
13,8'
16,86»
754,7
36,1777
0,5083955
— 5,1
- 843,0
- 537,9
0,5082569
III ! 13,8'
15,435°
743,15
37,6658
0.9
IV
11,3
16,86
754,85
36,177s
0,5083953
-3,4
- 843,0
- 538,0
0,5082569
UI
15,8
15,47
743,3
37,6607
IV
13,9
16,86
754,9
36,1780
0,5083953
-5,2
- 843,0
- 538,0
0,5082567
III
14,6
15,495
743,4
37,66oS
0^4
IV
■3,8
16,88
754,9
36,1772
0,5083954
-5,1
- 844,0
- 538,0
0,5082567
m
14,6
■5,515
743,4
37,6609
1,1
IV
14,1
16,89
754.9
36,1751
0,5083958
— 5,3
- 844,5
— 538,0
0,5082570
ni
15,5
■5,525
743,25
37,6633
1.9
IV
14,3
16,88
754,8
36,1738
0,5083960
— 5,5
-844,0
- 537,9
0,5082573
III
15,9
■5,525
743,1
37,6600
2.S
IV
14,0
I6,S8
754,65
36,1772
0,5083954
-844,0
- 537,8
0,5082567
ni
15,7
15,515
743,1
37,6600
3,6
IV
14,1
16,885
754.55
36,1774
0,5083953
-~S.3
- 844,3
- 537,8
0,5082566
III
15,6
■5,525
743,0
37,6608
Mittel
0,5082568(5)
Karlsruhe
1900 Nacht Jun
11./12.
9,4"
13,7'
16,96»
751,75
36,22-2
0,5083859
- 5,0
- 836,0
-535,7
0,5082482
m 14,25'
15,60»
740,1
37,6585
0,3
15,3
16,97
751,75
36,2275
0,5083855
— 6,2
- 836,8
- 535,6
0,5082476
m 15,3
15,64
740,1
37,6571
13,6
17,035
751,75
36,2249
0,5083860
-5,0
- 839,7
— 535,4
0,5082480
m ! 15,1
15,67
740,1
37,6564
0,0
i3,e
17,055
751,85
36,2251
0,5083860
-5,0
- 840,6
— 535,4
0,5082479
m .5,5
15,69
740,15
37,6554
o,8
I
13,6
17,08
751,9
36,2228
0,5083865
-5,0
- 842,0
— 535,5
0,5082482
III 15,1
15,73
740,2
37,6565
1,7
13,7
17,095
751,9
36,2239
0,5083861
-5,0
- 842,8
- 535,4
0,508247s
m 15,1
15,75
740.3
37,6560
2.5
13,6
17,115
751,95
36,2224
0,5083866
-5,0
- 843,7
- 535,4
0,5082482
m 14,8
15,74
740,35
37,6547
3,3
l
13.9
17,13
752,0
36,2233
0,5083862
- 5,2
- 844,5
- 535,4
0,5082477
111 16,1
15,77
740,3
37,6530
Mitte
: 0,5082479(5
-2,9
— 740,1
- 531,4
1 — 4,1
- 741,3
-531.4
-3,6
- 742,8
-531,3
-3,9
- 744,9
— 530,9
-4,3
- 745,9
— 530,9
— 4,9
- 746,5
- 530,9
- 4,9
- 747,0
- 530,6
1 —4,4
— 747,3
— 530,6
0,5081174
0,5081174
0,5081176
0,5081179
0,5081174
0,5079833
0,5079835
0,5079835
0,5079835
0.5079835
0,5079838
0,5079835
0,5079834
0,50798350 1,00052012
747,i|— 529.^i 0,5079894
749,2 — 529,1 1 0,5079892
750,4 - 528,9 0,5079893
751,6 — 528,9[ 0,5079894
752,0 ] — 528,8 I 0,5079890
Mittel: 0,5079892(6)
528,51 0,5079831 I
528,5 s 0,5079838 I
Mittel: 0,5079834(5)
0,5081140
-5,1
— 780,0
- 532,2
0,5081149
-6,6
-781,8
- 532,4
0,5081149
-5,6
- 783,1
- 532.2
0,5081149
-5,6
— 784.0
— 532,2
0,5081144
-6,3
- 784.5
— 532,1
-6,7
- 784.5
- 532,1
0,5081150
-6,5
— 784.0
- 532,1
0,5081149
-6,4
- 784,5
- 532,0
0,5079823
0,5079828
0,507982s
0,5079821
0,5079827
0,5079827
0,5079826
Mittel: 0,5079825(9)
0,5081153
- 5,4
- 788,5
- 529,8
0,5081156
-6,2
- 790,3
- 529,7
0,5081157
-6,0
- 791,6
- 529,7
0,5081159
-6,0
— 792,9
- 529,7
0,5081157
-6,0
— 794,9
- 529,7
0,5081158
-6,0
- 796.0
— 529,7
0,5081159
-5,8
— 795,4
— 529,7
0,5081163
-6,9
- 796.9
- S2P.S
0,5079829
0,5079830
0,5079830
0,5079830
0,5079826
0,5079826
0,5079828
0,5079830
0,5079828(6) 1,00052185
Mittel: 1,0005392:
K. R. Koch: Rela
'^^lil -"r
Schweremessungen
Tabelle III.
1904, Vergleichungen in Stuttgart (Pendelraun
1904 Februar 19.
I 36,3683 I 0,5083580 1 -
36,3649 0,5083586 ■
I 36.3638 I 0,5083587 I •
736,95
737,0s
737.25
737,4 I
36,7367
36,7396
0,5082869
0,5082864
0,5082865
I 740,85 I 7,2 I 36,7463 I 0,5082850 I
740,90 7,2 36,7464 0,5082850
i 740,90 I 7,2 I 36.744s I 0,5082854 I
6,7
13.275
742,5
742.3
6,7
742,35
6,7
36.3799
15,5
'3,34
742,4
6.7
4,2» 1 vn
5,1 vn
6,0 1 vu
6,8 1 vn
3.6-
3.0
■2.97°
■3.00
13,02s
1 733,8s
733.9
1 734!o
1904 März .
6,5- 1 vn
3,9'
12,85»
1 734.2
1904 März 2
S 1 ^ i
3,7'
1.9
12,855°
nf.f^
0,5082805
0,5082806
0,5082819
^,7696 1 0,5082806
I li 1
739,9
739.65
I 739,55 I
I —4,9 1-645,8
-4.5 -647.3
-4,8 -648.7
36.3899 I 0,5083538
36.3900 0,5083538
36,3862 0,508354s
36,3872 0.5083543
36,3880 1 0,5083541
36,7484 I 0,5082846
36,7483 0,5082846
36,7466 I 0,5082850
-4,7 1—650,1 |-
- 553,2 0,5082325 VI 12,9' 14,29« 1742,8 I 7,7 136,21
-551,4 0,5082330(5) VI 13,8 14,37 740,8 8,3 36,2.
■5Si,4 1 0,5082330 I VI I 13,6 I 14,415 1740,8 I 8,3 136,2,
36,25045 0,508381
— 4,4 1-710,9 1—552.610,5082543 I
-5>o -71S.0 -550,8 0,508254a
I -4,9 1-717,1 I- 550,7! 0,5082545 I
-547.5 10,5081614
- 546,9 0,8081607
-548,0 0,5081606
-548,8 0,5081588
- 548,4 I 0,5081602
I vin I ,
I villi 13.75 ,1 14,64
-551,710,5081597 I vni I 14,6' I 14,34° 1740,851 7,
-551,6 0,508159s VIU .3,9 14,355 740,9 7.
-551,8 1 0,5081599 I VIU I 13.8 I 14.385 [740,9 I 7,
-555,4 10,5082325
-554,2 0,508232s
- 554,4 0,508232a
- 554,2 0,5082332
-548,5 10,5081605
-548,5 0,5081607
-548,4 0,5081604
-548,5 I 0,5081617
vin
14,6'
13,325°
vni
13,8
■3,355
■3,39
I VI I 13,8' I
I VI I 13,4 I ■
550,8 10,5082332
550,8 0,5082331
■SSO,3 0,5082336
- 550,3 0,5082333
-550,3 10,5082331
10,5081605 I VIUI 1
0,5081602 VIU 1
I 0,5081603(5) I VIU I .
Nach der Reise.
0,5083678
0,5083677
0,5082945
36,6972 ! 0,5082945
I 36,3217 I 015083671
36,3226 0,5083671
36,7004 0,5082938
I 36,7005 I 0J5082938
688,0
- 550,9
690,1
-550.9
- SS0.7
- 5S0.7
0,5082425 VI
0,5081692(5) vni
0,5081693 |vin|
739,85
8,1
36,3264
t^'Sl
— 4,9
-676,1
_ 551,4
0,5082433
0,5082429(5)
36,7039
0,5082931
0,5081697
36,703 s
0,5082932
-5,1
- 549.5
0,508.696
W)
737,0
737.2
737,4
8,9
8,9
1%
8,9
36,9432(5
36,9476
36,9491
36,9535
36,9485
1 0,5082477
0,5082469
0,5082466
-7.0 1-721.8
— 5)2 1— 730)5
-5,5 -732.1
-5,0 !- 733,2
-S47f w 3
-547 4
-5479 o,uSiiSu
740,85
7,2
136,9553
36,9553
1 36,9539
! 0:1^^2:1^(6]
' 0,5082457
-5.6 |-7tS.3
-5.2 -719.0
-5.1 |-72o,S
-551,1 10,5081179
-551,2 0,508117«
-S5^.^io.508liSo
743.4
1
z
IS
36,2624
36,2612
0,5083769
0,5083782
0,5083782
0,5083786
0,5083788
z« Eli
- 554.8 0,5082536
-553,8 0,5082548
- 553,6 0,50825+4
-553.6 0.5082548
-553.7 0,5082548
0,9999585
0,9999567
0.999957S
0,999957s
733,85
734)0
7fi
^.50824.3
0is0S2410
0,508241s
~S,i -669,9
-5,2 -6?o,7
- 547,4 j 0,5081192
-547,9 0,5081183
- 547,9 1 0.5081 187
-547.9,0,5081191
738.9
739.1
1%
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0,5083760
0,5083756
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8.2
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36,2718
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0,5083767(5)
0,5083770
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0,5083769
0,5083771
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36,9581
36,9575
36,957 ■
0,5082450
0,5082450
0,5082451
743,45
743,7
743,6
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36,9069
36,9072
36,9058
S:l^^ir-2
0,5082545
o;1o82h1
739,8
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8,6
36,1988
0,5083912
0,5083910
0,5082536(5)
0,5082536(5)
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11
8)3
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i6.9'7^
36,9^S4
0,5083892
0,5083895
0,5082526
0,5082530
:|-^li
1-655.0 1
-666,7
-668,5
- 708,0 1-
-711,2 I-
551,7
551,7
0,5082548 1
1 0,5082542 1
o.9999;69
0,999958s
550,2
550,2
549.8
0,5082547(5)
0,5082548
0,5082551
0,5082545
0,5082546
0,9999576
0,9999573
0,9999577
0,9999583
0.9999577
S49.r
549.
10,5081187
0,S0SllS4
1 0,5081 183
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•553.010,5082650 t 0,9999565 I I
- S53,l 0,5082648 0,9999565 I
-552,9 0,5081274
0,5082663
0,5081275
0,5081274
0,5091277
ro,9999575 1
0,9999561 -
,' 0,9999541
■3,6-
■3,54°
739,7
S.r. ' - - - .
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V
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8,5 , .._,-,.:.
ro,9999S32 I
0,9999543
0,9999573
1 o,ij99957i '
740,4 8,9 36,7092 0,5082922 -5,1 1-673,0 -551,7 10,5081692 VII 15,0'
740,6 8,9 36,7111 0,5082918 -4,9-674.1 -55'.8 io,508.6S7 V 14,9.
1740,8 I 8,9 I 36,7099 I 0,5082920 1—4,91-676,1 1—552,1 10,5081687 |VU1| 14,25 I
j 8,9 136,9207 10,5082520 I -5,9 |_ 689,2 -
8,9 36,9235 0,5082513 I — 5,8 I - 690,4 U
I 8,9 136,9227 10,5082516 1—5,41-692,51-
r,s| 0,5081
551,6' 0,5081265
i,48" I 741.95
I;;: In;:^
10,5081689 n
0,508,690 \\
1 0,5081686 1 1
R. Koch: Relative Schweremessungen IV.
Tabelle IV.
1904. Karlsruhe — Stuttgart.
Mitüere
Beobach-
öl
Am-
plitude
Tem-
peratur
Luft-
druck
Dunst-
druck
"^1
Minuten
»C.
mm
mm
Korrektion wegen
Am- j Tem- 1 qj^^,^
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Schwingungs-
Koinzidenz-
dauer m. Z.
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Schwingungs-
dauer in Stern-
zeit-Sekunden
Korrektion wegen
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Schwingimgs-
dauer in Stem-
zeit-Sekunden
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10,3
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= 4,45'
11,75°
749,3
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ii,8i5
749,1
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6,9
VI
14,0
11,93
748,25
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6,8
vm
14,0
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11,915
747,7
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14,7
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vm
10,5'
11,185»
750,3
6,8
Vlll
14,5
11,255
750,4
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750,6
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14,35
11,305
750,9
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VI
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j
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6,9
VUl
12,0
11,04
749,8
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vm
11,9'
10,865°
759,0
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vm
11,8
10,92
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7,4
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11,4
10,94
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vm
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VI
u 2
10,925
759,0
6,8
.1,35
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6,8
VI
10,7
10,885
759,4
6,8
36,3429
36,3402
36,3380
36,3394
37.0464
37,0473
37,0455
37,0450
37,0662
37,0620
37,0607
37,0598
36,3501
36,3489
36,3494
36,3504
36,3484
36,3537
37,0671
37,0697
37,0752
0,5083630
0,5083634
0,5083636
0,5082282
0,5082280
0,5082284
0,5082285
0,5082244
0,5082254
0,5082255
0,5082258
0,5083614
0,5083618
0,5083616(5)
0,5083614
0,5083618
0,5083607
0,5082243(5)
0,5082239
0,5082228
-5,6
- 584,6
- 562,5
o,';
-3,8
- 587,8
— 562,3
0,5c
-5,6
- 591,6
— 562,0
0,5c
— 5,2
— 593,5
-561,5
0,5
— 5,3
— 598,3
-561,2
0,5c
— 5,2
— 598,3
-561,1
0,5c
— 5,3
- 596,8
— 561,1
0,5c
— 5,7
— 595,0
- 561,0
0,5c
1
37,0773 1 0,5082225
37,0767 0,5082226
37,0771 0,5082225
37,0771 0,5082225
36,3647 0,5083586
36,3634 0,5083588
36,3634 0,5083588
36,3639 '0,5083587
1904. Nacht vom 13./14. März.
082477]
0824S0 I
082479 I
082476 J
V
13,6'
737,4
8,6
13,83°
V
737,25
8,6
13,84
V
737,09
8,6
13,86
V
13,5
736,79
8,6
13,905
VII
13,8
736,3
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'3,945
vu
13,9
736,1
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13,7
735,9
8,6
13,945
VII
■3,9
735,75
8,6
13,945
15./16. März.
-3,0
— 560,2
- 564,5
0,5
— 5,5
- 563,7
- 564,6
0,5c
— 5,4
- 566,0
- 564,5
0,5c
- 5,4
- 566,3
- 564,6
0,5c
-5,6
- 562,8
- 564,8
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-5,4
— 562,0
- 565,2
0,5
— 5,2
- 560,2
- 565,4
0,5
— 5,2
- 559,3
— 565,5
0,5c
082485
082486
082484
VII
13,8'
738,35
13,55°
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738,40
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738,55
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V
13,6
738,65
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V
13,4
738,7
13,755
V
12,9
738,72
13,755
V
13,4
738,75
7,7
13,75
Nacht vom 17. /18. März.
- 3,9
— 3,7
— 552,7
- 551,2
- 563,7
- 564,0
- 3,9
- 3,9
- 3,9
— 554,7
— 554,0
— 553,0
- 564,:
- 564,3
- 564,3
0,5082498
0,5082488
1
V
V
13,4'
13,4
736,3
736,6
8,2
13,795°
'3,82
0,5081121
0,5081117
0,5081107
%
vn
vn
vn
13,6
13,4
13,3
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737,15
737,25
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8,2
8,2
13,885
13,91
'3,91
Nacht vom 19. /2
-3,8
— 544,2
- 57',5
-3,8
— 546,9
— 571,4
— 3,5
— 547,9
- 571,4
-3,6
- 547,7
- 57',4
— 3,4
- 543,5
- 571,7
— 3,5
- 543,3
— 571,7
— 3,1
- 542,6
- 571,8
- 3,1
- 54',5
— 572,'
0,5081 105 ] b
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13,3
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vu
13,6
746,72
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'3,2
746,77
9,0
13,925
V
'3,4
746,72
9,0
13,985
V
'3,0
746,72
9,0
13,995
V
12,7
'3,1
746,77
9,0
13,975
746,85
9,0
'3,975
36,3 '70
36,3 '97
36,3172
36,3 1 70
36,6897
36,6892
36,6882
36,7013
36,7013
36,7003
36,6996
36,3211
36,3192
36,3191
36,3196
36,3108
36,3'55
36,6971
36,6977
36,7028
36,6996
36,6993
36,7004
36,6996
36,3 '85
36,3183
36,3'87
36,3181
083680
083675
083680
083680
082959
082960
082961
082961
Stuttgart.
— 690,
0,5082935
0,5082935
0,5082938
0,5082939
- 5,0
-5,'
- 5,'
-4,9
- 674,7
-677,2
- 679,5
- 680,5
— 550,5
— 550,5
— 550,4
— 550,5
0,5083672
0,5083675
0,5083675
0,5083674
-4,9
— 4,7
— 4,4
— 4,7
— 686,1
- 686,9
- 686,9
- 686,6
— 550,3
— 550,3
— 550,3
— 550,3
ung: Uhr war
stehen
geblieben
]
5 — 549,01 0,5082435
D — 548,9 I 0,5082430
15!— 548,7 0,5082435
5,9 : 548,4 j 0,5082433
1,9 I - 548,0 I 0,5081711
547,8 0,5081712
-694,4 !— 547,7 0,5081714
-694,2 ,- 547,5 0,5081714
0,5081702
0,5081703
0,5081703
0,5082431
0,5082433
0,5082433
0,5082432
0,5083692
0,5083682
0,5081700
0,5082944
0,5082933
0,5082939
0,5082940
0,5082938
0,5082939
-4,8
-4,8
- 688,8
-690,1
- 548,3
- 548,5
-4,7
- 691,4
- 692,6
- 692,6
- 548,9
- 548,7
- 548,8
- 689,4
-691,5
- 693,0
• 693,4
0,5083677
0,5083677 — 4,4 I- 698,9
0,5083676 ' —4,3 —697,9
0,5083677 1 —4,5 1—697,9
-556,2
-555,8
- 555,8
- 555,8
0,5082450
0,5082439
0,5081700
0,5081698
0,5081687
0,5081684
0,5081685
— 555,7 0,5082418
— 555,6 0,5082418
— 555,8 0,5082418
— 555,91 0,5082417
1
1 ,0000098
1,0000102
1,0000104
1,0000102
Mittel: Mittel:
1 ,0000097 0,9998848
10,00000019 +0,00000029
Inhaltsübersich t.
Seite
Inhalt III
I. Bericht über die geschäftlichen Aiigelegenheiteu und die
Sammlangen des Vereins VIT
Nekrologe: Kämmerer Dr. T. Probst. Von Pfarrer Engel . . - XXXVII
Zur Erinnerung an E. v. Martens. Von C. B. Klunzinger . XLVI
II. Sitzungsberichte LI
III. Original-Abhandlungen und Mitteilungen.
Dietericb, H. : Ein botanischer Streifzug über die Grenzen 3^7
Fraas. E. : Eeptilien imd Säugetiere in ihren Anpassungserscheinitngen an
das marine Leben 347
G aiser, Eugen: Basalte und Basalttuffe der Schwäbischen Alb. Mit
Taf. 11^ 4-
Geyer. D.: Beiträge zur Vitrellenfauna Württembergs II. Mit Taf. IV — VU 2~
Hü eher, Theodor: Deutschlands Wasserwanzen i^
Klunzinger. C. B. : Schlußwort auf obenstehende ^letzte Erwiderung-
Prof. ytjSSLix's in dieser Zeitschi-ift . die Ganglisch-Blauf eichenfrage
betreffend S^^
Koch. K.P.: Relative Schweremessungen in Württemberg. IV. Anschluß-
messungen in Karlsruhe. Mit 4 Tabellen Si'
Kranz. W. : Geologische Geschichte der weiteren Umgebung von Ulm a. D.
Mit 1 Kartenskizze 17-
N ü ß 1 i n , 0. : Letzte Erwiderung in dieser Zeitschrift auf Prof. Dr. Klux-
zinger"s Ausführungen in der Gangfisch-Blauf eichenfrage vom März
1904 S'-2
Oberndorf er. Richard: Die vulkanischen Tuffe des Eies bei Xörd-
lingen. Mit Taf. I 1
Schmidt, A. : Zur Physik der Sonne 310
Schwarz, Hugo: Über die Auswürflinge von kristallinen Schiefern und
Tiefengesteinen in den Vulkanembryonen der Schwäbischen Alb. Mit
Taf. m 227
Sieber. G.: Fossile Süßwasser-Ostrakoden aus Württemberg. MitTaf. Vin
bis IX ^ 3_.
Stettner, G.: Beiträge zur Kenntnis des oberen Hauptmuschelkalks und
Bemerkungen über die Tektonik von Kochendorf 204
Bücheranzeige oi'7
Beilage : Ergebnisse der pfianzengeographischen Durchforschung Württembergs. I.
Mit 2 Karten. Bearbeitet von J. Eichler. ß. Gradmann und
W. M ei gen.
Beilage
JAHRESHEFTE DES VEREINS FÜR VATERLANDISCHE
NATURKÜNDE IN WÜRTTEMBERG,
61. Jahrg. 1905,
und
MITTEILUNGEN DES BADISCHEN BOTANISCHEN VEREINS.
Ergebnisse
der
pflanzengeographischen Durchforschung
von
Württemberg, Baden und Hohenzollern.
I.
Mit 2 Karten.
Bearbeitet von
J. Eichler, R. Gradmann und W. Meigen.
tuttgart.
1905.
Literatur und Abkürzungen,
BiNZ, Flora von Basel. 1901.
Brünner , Flora der Quellenbezirke der Donau und Wutach (Schrift, d. Frei-
burger Ver. f. Naturk. 1851).
De Bary, Bericht über neue Entdeckungen im Gebiete der Freiburger Flora (Ber.
d. naturf. Ges. z. Freiburg i. Br. Bd. 3, S. 18) 1865,
DFl. = von Schreckenstein, von Engelberg und Eenn, Flora der Gegend um
den Ursprung der Donau und des Neckars usw. 1804—14.
DiEFFENBACH, Flora der Kantone Schaffhausen und Thurgau (Flora od. Bot. Ztg.
1826, Bd. 2, 465).
DöLL, BadFl. , Flora des Großherzogtums Baden. 1855—62.
DöLL, Jbr. = DöLL, Beiträge zur Ptianzenkunde (Jahresber. d. Mannheimer
Ver. f. Naturkunde 1862—68).
DöLL, Rh Fl. ^ DöLL, Eheinische Flora, 1843.
Engesser, Flora des südöstlichen Schwarzwaldes. 1852.
Frank, Rastatts Flora. 1830.
Gmelin, Flora Badensis, Alsatica etc. 1806 — 26.
Gr. = Gradmann, Das Pflanzenleben der Schwäbischen Alb. Tübingen 1898;
2. Aufl. Tübingen 1900.
Hagenbach, Tentamen Florae Basileensis. 1821 — 43.
HBBV. = Herbarium des Badischen Botanischen Vereins.
Hegelmaier, Ber. = Bericht der Kommission für die Flora von Deutschland.
Abt. Württemberg mit Hohenzollern (Referent: F. Hegelmaier). In Be-
richten der Deutschen Botanischen Gesellschaft. Jahrg. 1887 — 1891.
Hegetschweiler. Kritische Aufzählung der Schweizerpflanzen. 1831.
HH. = Herbarium der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim.
Hiller, Alp. = Hiller, Botanische Exkursionen auf einen Theil der wirtem-
bergischen Alpen. Im neuen bot, Taschenbuch etc., herausg. von David
Hoppe, Nürnberg 1805 (S, 13-33).
HöFLE, Flora der Bodenseegegend. 1850.
HTüb. = Herbarium der Universität Tübingen.
HV. = Herbarium des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg.
Jack, Flora des Kreises Konstanz. 1900.
Jh. = Jahreshefte des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg,
Stuttgart 1845 ff.
KE. = Kirchner u. Eighler, Exkursionsflora für Württemberg und Hohen-
zollern. Stuttgart 1900.
Kirschleger, Flore d'Alsace, 1852—58.
Klein = Seubert's Exkursionsflora für das Großherzogtum Baden. 5. Aufl.,
bearb. von Dr. Ludwig Klein. Stuttgart 1891,
Lauterer, Exkursionsflora für Freiburg. 1874.
Lechler, Supplement zur Flora von Württemberg. Stuttgart 1844.
Lechler u. Troll, Nachträge zu Schühler's und v. Marxens' Flora von Württem-
berg, (In , Flora" od. Allg. bot. Ztg. 1844. S, 159 u. 160.)
Beilage
JAHRESHEFTE DES VEREINS FÜR VATERLÄNDISCHE
NATURKUNDE IN WÜRTTEMBERG,
61. Jahrg. 1905,
und
MITTEILUNGEN DES BADISCHEN BOTANISCHEN VEREINS.
Ergebnisse
der
pflanzengeographischen Durchforschung
von
Württemberg, Baden und HohenzoUern.
I.
Mit 2 Karten.
Bearbeitet von
J. Eichler, R. Gradmann und W. Meigen.
Stuttgart.
1905.
Druck von Carl Grüninger, K. Hofbuchdruckerei Zu Gutenberg (Klett & Hartmann), Stuttgart.
Einleitung.
Von R. Qradmann.
Ziele des Unternehmens. Die Arbeiten, deren Ergebnis wir
hier vorzulegen beginnen, bedeuten die Ausführung eines Plans \
der im Jahre 1899 dem Ausschuß des Vereins für vaterländische
Naturkunde in Württemberg vorgelegt, von diesem gutgeheißen und
später auch von dem Badischen Botanischen Verein und der Bayri-
schen Botanischen Gesellschaft mit geringen Änderungen aufgenommen
wurde. Es wird sich empfehlen, hier die Grundzüge des Unternehmens
zunächst noch einmal zusammenzufassen.
Von dem Wunsche ausgehend, die botanische Vereinstätigkeit, die
sich fast überall auf rein floristische Ziele beschränkt, möglichst unmittel-
bar auch für die Pflanzengeographie nutzbar zu machen, haben
wir uns die Aufgabe gestellt, durch organisiertes Zusammen-
wirken einer größeren Zahl von Mitarbeitern die Verbrei-
tungsverhältnisse gewisser Pflanzenarten genauer zu be-
stimmen, um dadurch die Pflanzengeographie, in erster
Linie die botanische Kartographie zu fördern. Für dieses
ziemlich eng umgrenzte Unternehmen haben wir den Titel einer
pflanzengeographischen Landesdurchforschung gewählt,
lediglich der Kürze wegen und ohne uns im geringsten der Täuschung
hinzugeben, als ob damit der Gesamtumfang pflanzengeographischer
Forschung für unsere Vereinsgebiete erschöpft wäre. Sehr viele
wichtige Aufgaben, wie etwa die Aufnahme der natürlichen Pflanzen-
bestände, die Feststellung von Höhengrenzen, die Bearbeitung
schwieriger, bisher vernachlässigter Formenkreise, die Torfforschung,
ferner Untersuchungen phänologischer und klimatologischer Art lassen
wir nur deshalb beiseite, weil wir uns hier auf solche Ziele be-
* Gradmann, Vorschläge zu einer planmäßigen pflanzengeographischen
Durchforschung Württembergs. Jahresh. des Ver. f. vaterl. Naturk. in Württ.
55. 1899. S. XXIX— XLVIII
1*
— 4 —
schränken müssen, die im gegenwärtigen Augenblick durch Vereins-
tätigkeit praktisch erreichbar erscheinen.
Dazu rechnen wir in erster Linie die Ergänzung der flori-
stischen Literatur in Hinsicht auf die Genauigkeit der
Yerbreitungsangaben. Daß in dieser Richtung ein Bedürfnis be-
steht, wurde bei früherer Gelegenheit ^ entwickelt ; hier können wir
uns auf äußere Zeugnisse berufen, nämlich auf neuere Erscheinungen
von Florenwerken , wie die von der Niederländischen Botanischen
Vereinigung herausgegebene Flora Batava oder die groß angelegte
Flora Tirols von Sarnthein und Dalla Torre, die beide in der Auf-
zählung von Einzelfundorten das bisher in den Florenwerken, nament-
lich auch in unseren Landesfloren übliche Maß weit überschreiten.
Man sollte meinen, es könne nicht allzu schwer sein, bei zahlreichen
Arten die unbestimmten Verbreitungsangaben unserer Floren (wie „zer-
streut" , „nicht selten", „nicht überall" u. dergl.) durch konkrete
Aufzählung der wirklichen Fundorte zu ersetzen. Denn an den er-
forderlichen Beobachtungen und auch an entsprechenden Belegen in
den Sammlungen fehlt es nicht ; sie sind nur noch nicht gesammelt
und veröffentlicht.
Auf der andern Seite scheint für eine gleichmäßige Vervoll-
ständigung, für eine durchaus breitere Anlage der Verbreitungs-
angaben der gesamten Landesflora weder die Möglichkeit noch auch
ein dringendes Bedürfnis vorzuliegen. Nicht die Möglichkeit, weil die
gleichmäßige Beherrschung aller, auch der schwierigeren Formen ein
viel höheres Maß von Sachkunde und Hingebung voraussetzt, als
.von den zahlreichen über das Land zerstreuten Beobachtern billiger-
weise erwartet werden kann; aber auch kein Bedürfnis, denn bei
vielen Arten ist das Vorkommen ein so gleichmäßig über das ganze
Land zerstreutes, oder auch infolge von Verschleppung wandelbares
und dem Zufall unterworfenes, daß eine genaue Kenntnis aller Einzel-
fundorte kaum wünschenswert erscheint. So sind wir auf den x\us-
weg verfallen, eine beschränkte Anzahl von Pflanzenarten zu-
sammenzustellen , nämlich nur solche , die erstens von besonderer
pfianzengeographischer Bedeutung und zweitens leicht erkennbar sind,
und haben die Einladung dazu ergehen lassen , durch gemeinsame
Arbeit deren Verbreitungsverhältnisse möglichst genau zu erkunden.
Bei der Auswahl der in Betracht zu ziehenden Arten machte der
an zweiter Stelle genannte Gesichtspunkt der leichten Erkennbarkeit
a. 0. und in Mitteil, doi- Baj-r. Botan. Gesellsch. 1900. Scp.-Abd. S. 5.
— 5 —
am wenigsten Schwierigkeit. Die Beschränkung auf Phanerogamen
und Pteridophyten ergab sich von selbst; ebenso zweifellos war es,
daß die sogen, kritischen Formenkreise, so sehr sie einer vertieften
Behandlung durch die Floristik bedürfen, sich für eine Umfrage von
vornherein nicht eignen. Überdies lassen sie sich auch pflanzen-
geographisch schon deshalb schwer verwerten, weil deren Verbreitungs-
verhältnisse fast nirgends sicher feststehen und daher für Ver-
gleichungen geographischer Gebiete wenigstens vorläufig keine rechte
Grundlage abgeben können. Ebenso war es durch unsern Grund-
plan unmittelbar gegeben, daß die eigentlich seltenen Arten, die
schon bisher in den Florenvverken mit vollständigen Verzeichnissen
der Einzelfundorte vertreten waren , für unsere Auswahl nicht in
Betracht kommen. Diese beiden Gruppen eignen sich nur für den
floristischen Betrieb, wie er schon bisher üblich war, durch unsere
Zeitschriften jederzeit gepflegt worden ist und auch in Zukunft gepflegt
werden wird. Auch unsererseits haben wir diese Forschungsrichtung
zu fördern gesucht, indem wir unsere Mitarbeiter einluden, flo-
ristische Mitteilungen jeder Art , selbstverständlich unter Anschluß
von Belegexemplaren , ihren Einsendungen beizufügen , eine Auffor-
derung, der auch vielfach entsprochen worden ist. Aber zu unserer
spezifischen Aufgabe gehörten diese wesentlich floristischen Unter-
suchungen nicht.
Um aus der immer noch ziemlich bedeutenden Anzahl für uns
in Frage kommender Arten, also durchweg solcher, die in den Floren-
werken nur mit unbestimmten Verbreitungsangaben versehen sind,
die pflanzengeographisch wichtigen herauszufinden, wurden
verschiedenartige Gesichtspunkte zur Anwendung gebracht. Vor
allem waren die Arten zu berücksichtigen, deren Verbreitungsgebiet
innerhalb Süddeutschlands eine absolute Grenze findet. Solche Grenz-
linien (Vegetationslinien) sind oft dargestellt worden ; sie sollten mög-
lichst lückenlos verfolgt werden können , und dazu wollen wir für
unsere Forschungsgebiete ein vollständiges Material liefern. Sodann
kamen solche Arten in Betracht, von denen nach ihrer Gesamtverbrei-
tung oder aus irgendwelchen andern Gründen zu erwarten war, daß
ihr Vorkommen größere charakteristische Lücken aufweisen wird, z. B.
Arten, von denen bekannt ist, daß sie sich in einem oder mehreren
der Nachbargebiete auf die höheren Lagen beschränken, ohne daß
bei uns bis jetzt umfassende Beobachtungen in dieser Richtung an-
gestellt wären. Ganz besonders haben wir auf die Pflanzenarten ge-
achtet, die als charakteristisch für gewisse Genossenschaften an-
— 6 -
gesehen werden können ; denn hier schien uns die empfindhchste
Lücke und ebendeshalb auch die fruchtbarste Gelegenheit zur För-
derung der Pflanzengeographie vorhanden zu sein. Wie weit dies zu-
trifft, muß sich aus unsern künftigen Veröffentlichungen ergeben,
wie wir auch bezüglich der Auswahl der Arten im einzelnen und
der Gründe , die von Fall zu Fall maßgebend waren , auf unsere
späteren Ausführungen verweisen müssen.
Mit alledem wünschen wir, wie gleich anfangs ausgesprochen,
in erster Linie die botanische Kartographie zu fördern. Auch in
dieser Beziehung ist die Bedürfnisfrage bereits erledigt. Die Aufgabe ist
jetzt allgemein erkannt und an den verschiedensten Punkten in Angriff
genommen worden, zuerst in Frankreich von dem um die Sache hoch-
verdienten Ch. Flähault\ dann in Schottland", Irland^, England*, den
Niederlanden^; in Osterreich ist ebenfalls der Plan einer systematischen
botanischen Landesaufnahme gefaßt und mit trefflichen Proben ins
Leben getreten''. Ähnliche Blätter von kleineren Gebieten in großem
Maßstab sind auch sonst erschienen ', während für große Ländergebiete
die pflanzengeographische Kartographie längst geübt worden ist, in
mustergültiger Weise von Drude in Berghaus" Physikalischem Atlas.
Dküde hat sich aber auch seit Jahren schon mit der Anwendung der
Kartographie auf kleinere Gebiete in speziellerer Ausführung beschäftigt,
über die einschlägigen Arbeiten im Geographischen Jahrbuch fort-
laufend berichtet (ebenso auf dem Geographenkongreß zu Berlin 1899).
^ Vergl, Flahault, Au sujet de la carte botanique, forestiere et agricole
de France. (Annales de geogr. 1896. p. 449.) — Id., Essai dune carte botanique
"et forestiere de la France. (Ibid. 1897. p. 289, mit Karte, Bl. Perpignan 1 : 200 000.)
— Id., La Flore et la Vegetation de la France. 1901. (S.-A. aus H. Coste.
Flore de la France, mit pflanzengeographischer Karte von Frankreich 1 : 3 Mill.)
2 Kob. Smith, Botanical Survey of Scotland. (Scott. Geogr. Magaz. 1900.)
^ Lloyd Praeger, On types of distribution in the Irish Flora. (Proceed.
of the Koy. Irish Acad. 24. Sect. B. 1902/4.) ~ Id., Geographica! distribution
of plantgroups in Ireland. (Geogr. Journ. 21. 1903.)
* Wll. G. Smith, Geographical distribution of Vegetation in Yorkshire.
(Geogr. Journ. 21, 1903.)
^ J W. C. Goethart en W. J. Jongmans, Plantenkaartjes voor Neder-
land. Leiden 1901 ff.
'^ Vorarbeiten zu einer pflanzengeographischen Karte Österreichs. 1. 2. (Ab-
handl. d. k. k. Zool.-Bot. Ges. in Wien. II. 1904. III. 1905.)
' Z. B. in der Flora von Hernstein von Günther Beck v. :\lan na-
ge tta 1884; Karte vom St. Antöniertal von Schröter im Landwirtschaftl
Jahrb. d. Schweiz. 9. 1895; Karte des Sihltales in der Monographie von Düggeli.
1903.
hat Methoden dafür ausgearbeitet ' und Proben von Übersichtskarten
gegeben ^.
Das Ziel, auf das hingearbeitet werden muß und dem auch
die genannten Unternehmungen mit geringen Ausnahmen alle mittel-
bar oder unmittelbar dienen, ist die Spezialkarte großen Maß-
stabs nach dem Vorbild der geologischen Landesaufnahmen. Eine
solche Spezialkarte hat die vorhandenen Pflanzenbestände in rationeller
Gliederung mit topographischer Genauigkeit wiederzugeben ; sie stellt
zugleich alle sonst für die betreffende Fläche in Betracht kommen-
den Einzelheiten auf einem und demselben Blatte dar und liefert so
die feste Grundlage für alle Karten beliebig kleinen Maßstabs.
Dieses Ziel steht auch uns vor Augen. Nur geben wir uns nicht
der Hoffnung hin, es gleich mit dem ersten Sprung erreichen zu
können. Daß für eine genaue botanische Landesaufnahme im an-
gedeuteten Sinne weder die Arbeitskräfte noch die nötigen Mittel
zur Verfügung stehen, ist leider vollkommen sicher. Aber auch aus
anderem Grunde schien uns ein solches Unternehmen jetzt verfrüht.
Ehe man an die geologischen Landesaufnahmen ging, war die Gliede-
rung der geologischen Formationen in den Grundzügen längst aus-
gearbeitet und Gemeingut geworden ; es gab auch längst geologische
Übersichtskarten kleinen Maßstabs, die jetzt freilich sehr unvoll-
kommen erscheinen im Vergleich mit den modernen, auf Grund der
Spezialkarten ausgeführten Blättern gleichen Umfangs, die aber doch
einen Überblick gewährten und für die Spezialaufnahmen das Wich-
tige vom Unwichtigen von vornherein scheiden lehrten.
Auf dem Gebiete der Pflanzengeographie sind wir 'noch nicht
so weit. Aber gerade durch unsere gegenwärtige Arbeit soll der vor-
bereitende Schritt vollzogen werden. Indem wir die Verbreitung
einzelner Arten und wichtiger Genossenschaften auf einer Reihe von
Karten mittleren Maßstabs zur Darstellung bringen, hoffen wir nicht
bloß für umfassendere Studien über einzelne pflanzengeographische
Elemente, z. B. Vegetationslinien, Abgrenzung pflanzengeographischer
Gebiete, einen Beitrag zu liefern, sondern glauben damit einer alle
Elemente umfassenden einheitlichen Karte großen Maßstabs unmittel-
bar vorzuarbeiten.
Unmittelbar — wiewohl die topographischen Einzelheiten in
' 0. Drude. Vorläufige Bemerkungen über floristische Kartographie von
Sachsen. (Sitzungsber. n. Abhandl. d. Isis. Dresden 1900. S. 20.)
2 0. Drude, Deutschlands Pflanzengeographie. Bd. 1. 1896. — Ders,,
Der herzynische Florenbezirk. 1902 (= Vegetation der Erde. Bd. VI).
unsern Karten keine Berücksichtigung finden können ; denn diese
bilden gar nicht , wie es scheinen könnte, die Hauptaufgabe bei der
Herstellung einer pflanzengeographischen Karte großen Maßstabs.
Die Scheidung der Pflanzenbestände in Laubwald, Nadelwald,
Wiese , Moor , Acker- und Gartenland , Weinberg u. s. f. ist auf
unsern modernen topographischen Karten im Maßstab 1:25 000
bereits mit aller wünschenswerten Genauigkeit durchgeführt; was
noch hinzugefügt werden muß, ist nur die feinere botanische
Gliederung, z. B. Unterscheidung von Hochmoor und Wiesenmoor,
Auszeichnung der Wälder mit montanen und subalpinen Beimengungen
u. s. f. Für diese feinere Gliederung die richtigen Grundlinien zu
finden, die Gegensätze aufzuzeigen, die nicht etwa bloß von lokaler
Bedeutung sind, sondern das ganze Land durchziehen und ebendes-
halb kartographische Berücksichtigung verdienen, das ist ein Haupt-
zweck des gegenwärtigen Unternehmens. Wir hoffen aber zugleich
eine Fülle von Beobachtungstatsachen zu liefern , die sich bei der
Herstellung von einheitlichen Karten großen Maßstabs unmittelbar
verwerten lassen.
Sammlung der Beobachtungen \ Für die Sammlung der
Beobachtungen haben wir die Vermittlung einer größeren Anzahl von
Vertrauensmännern in Anspruch genommen, die uns teils schon
vorher persönlich bekannt, teils von anderer Seite empfohlen waren.
Ohne deren Hilfe wäre es uns nicht möglich gewesen, eine so große
Zahl von Hilfskräften aus allen Teilen des Landes für die Sache dienst-
bar zu machen, wie es tatsächlich gelungen ist ; zugleich leitete uns bei
der Wahl dieser Organisation der Gedanke , daß die einzelnen Ver-
trauensmänner viel besser in der Lage sein müßten, die Zuverlässigkeit
der in ihrer Nähe wohnenden und ihnen persönlich bekannten Beobachter
zu beurteilen und deren Angaben wenn nötig an Ort und Stelle
nachzuprüfen , als es bei unmittelbarem Verkehr mit einzelnen, nur
durch planlosen Aufruf gewonnenen Mitarbeitern der Fall sein kann.
Es haben sich uns im ganzen über 60 Herren zur Verfügung ge-
stellt, von denen jeder in der Regel einen Oberamtsbezirk, zum Teil
auch zwei übernommen hat; einzelne Bezirke wurden unter je zwei
Vertrauensmänner verteilt, einzelne blieben auch ganz ohne Ver-
tretung, doch ist es in diesen Fällen gelungen , durch Beiträge von
' Die folgenden Ausführungen gelten zuucächst für die Arbeiten des Ver-
eins für vaterländische Naturkunde in Württemberg. Die Organisation seitens
des Badischen Botanischen Vereins wird in einem besonderen Abschnitt (S. 14)
zum Ausdruck gebracht.
— 9
Mitarbeitern aus benachbarten Bezirken, durch Angaben in der
Literatur und durch eigens dahin unternommene Reisen die Lücken
wenigstens bis zu einem gewissen Grad auszufüllen. Die Namen
unserer Vertrauensmänner wie der Mitarbeiter überhaupt werden wir
am Schlüsse veröffentlichen.
Wir haben nun zunächst eine Liste von 57 Arten ausgegeben,
nämlich:
Amelanchier vulgaris
Änthemis tindoria
Anthericus ramosus
Arnica montana
Arimcus Silvester
Aster amellus
Astrmitia major
BelUcliastrum Michelii
Buphtlialmum saUcifoliuni
Bupleurum falcaium
Carduus clefloratus
Carlina acaulis
Centaurea montana
Cephalanthera rubra
Coronilla montana
,, varia
Corydällis cava
Dianthus Carthusianorum
Digitalis purpurea
Euphorbia cyparissias
Gentiana ciliata
,, cruciata
„ lutea
„ verna
Geranium sanguineum
Helleborus foetidus
Hippocrepis comosa
Hex aquifolium
Inula salicina
Laserpitium latifolium
Lihanotis montana
Peucedanum cervaria
Phyteuma orbiculare
Polygonatum ofßcinale
„ verticillatum
Polygonum bistorta
Prenanthes purpurea
Pulsatilla vulgaris
Eosa Gallica
Rubus saxatilis -
Sarothammis scoparius
Saxifraga aizoon
Scilla bifolia
StacJiys rectus
Tanacetum corymbosum
Teucrium botrys
„ chamaedrys
,, montanum
Thlaspi montanum
Trifolium montanum
„ rubens
Trollius Europaeus
Vaccinium oxycoccos
„ vitis Idaea
Valeriana tripteris
Veronica teucrium
Vincetoxicum officinale.
Dazu folgende Anweisung:
1. Die Vertrauensmänner übernehmen die Aufgabe, von den als
pflanzengeographisch wichtig bezeichneten Pflanzenarten die
Fundorte innerhalb ihres Bezirks möglichst vollständig zu er-
kunden , dabei aber ebenso sorgfältig alle irrtümlichen oder
zweifelhaften Angaben auszuschließen.
2. Als Mittel dient neben der eigenen unmittelbaren Beobachtung
die Durchsicht der im Bezirk vorhandenen Pflanzensammlungen
10
sowie die Beiziehmig möglichst aller pflanzenkundigen Kräfte ;
jedoch sind Mitteilungen von dritter Seite in der Regel nur
dann aufzunehmen, wenn mindestens von einem der an-
gezeigten Fundorte ein Belegstück beigebracht wird.
3. Beim Eintrag in die Listen ist für jede Pflanzenart ein be-
sonderes Blatt zu verwenden. Die Fundorte werden nach der
alphabetischen Reihenfolge der Ortsmarkungen aufgeführt.
Außerhalb des Bezirks gelegene Fundorte, welche dem Ver-
trauensmann bekannt geworden sind, können anhangsweise
beigefügt werden. Jeder Fundort, von dem der Vertrauens-
mann ein Belegstück gesehen , wird mit einem ! . wenn der
Vertrauensmann die Pflanze an Ort und Stelle gesehen, mit I I
bezeichnet.
4. Mitteilungen über Vorkommnisse sonstiger seltener Arten sind
willkommen, müssen aber in der Regel mit Belegstücken ver-
sehen sein, die je nach Wunsch zurückgegeben oder der Ver-
einssammlung einverleibt werden.
5. Strenge Einhaltung dieser Vorschriften ist dringend erforderlich,
weil nur bei ganz gleichmäßiger Behandlung das Ziel erreicht
werden kann.
Außerdem wurde den Vertrauensmännern je ein Sonderabdruck
der „Vorschläge" (vergl. oben S. 3), soweit der Vorrat reichte, zur
näheren Orientierung übergeben. v^
Das Schema für den Eintrag der gesammelten Beobachtungen
wurde im wesentlichen demjenigen nachgebildet, das für die Er-
hebungen der forstlichen Versuchsstationen über die Verbreitung der
Waldbäume benützt wird :
Bezirk
Pflanzenart:
Ortsmarkung
Nähere
Bezeichnung
des Fundorts
Bemerkungen (unverbindlich) :
Standortsverhältnisse, Boden,
Meereshöhe, Exposition, Blütezeit,
Häufigkeitsgrad
Name
des
Beobachters
— ir —
Außerdem wurde später auf besonderen Wunsch noch ein
weiteres Forinular in etwas anderer Anordnung zur Benützung durch
die einzelnen Mitarbeiter hinausgegeben.
Die Einsendungen sind von den meisten unserer Vertrauens-
männer schon im Laufe der ersten zwei Beobachtungsjahre erfolgt
und später durch Nachträge ergänzt worden. Für einzelne Bezirke
gelang es aber erst später, Vertreter zu finden; außerdem hatten
uns mehrere Herren die unmittelbare Einsendung von Beiträgen in
Aussicht gestellt, so daß wir bis in die letzten Monate hinein noch
immer Zusätze zu erwarten hatten und auch für später noch zu er-
warten haben. Der Zeitpunkt für die erste Veröffentlichung konnte
daher keinenfalls früher gewählt werden.
Daß der Erfolg kein ganz gleichmäßiger sein werde, w-ar von
vornherein zu erwarten. Im allgemeinen sind gerade diejenigen
Landesteile, die schon bisher botanisch am besten bekannt waren,
auch jetzt wieder am gründlichsten durchsucht worden, w^ährend
daneben große Gebiete nach wie vor vernachlässigt blieben. Die
Erklärung für solche stiefmütterliche Behandlung liegt nicht etwa in
der schwierigen Zugänglichkeit der betreffenden Gebiete, denn es
gehören zum Teil die bevölkertsten Striche des Landes dazu, viel-
mehr in deren geringer Ergiebigkeit. Der psychologische Zusammen-
hang ist leicht zu verstehen. Der Sammeleifer wendet sich immer
den Gebieten zu, wo viel zu holen ist, und pflegt umgekehrt bei rein
negativen Ergebnissen, so wichtig diese für den Pflanzengeographen
sind, rasch zu erlahmen ; und im allgemeinen haben wir es natürlich
doch mehr mit Sammlern als mit Pflanzengeographen zu tun. Dieser
selbstverständHche und nicht zu ändernde umstand erwies sich auch
sonst als störend, und es zeigte sich, wie schwer es für den an die
floristische Betrachtungsweise Gewöhnten ist, auch einmal unter
anderem Gesichtspunkte seine Beobachtungen anzustellen. So wurde
für die Verbreitungsangaben öfters wieder eine unbestimmte Form
gewählt und z. B. mitgeteilt, daß eine bestimmte Art innerhalb des
betreffenden Verwaltungsbezirks häufig oder ziemlich häufig sei.
eine Angabe, die sich auf unseren Karten schlechterdings nicht aus-
drücken und daher überhaupt nicht verwerten läßt. In der Mehr-
zahl der Fälle haben wir aber durchaus wertvolle , zum Teil vor-
zügliche, alle Erwartung übertreffende Arbeiten erhalten, und wir
können es uns nicht versagen, schon jetzt für die Fülle von ebenso
hingebender wie verständnisvoller Tätigkeit, die der Sache gewidmet
worden ist. unsern wärmsten Dank auszusprechen.
- 12 —
Die Aufgabe der Herausgeber war es, die eingelaufenen An-
gaben unter Vergleichung der in großer Zahl mitgesandten Beleg-
exemplare zu prüfen und zu ordnen. Eine sehr wesentliche Er-
gänzung erfuhren diese Zusammenstellungen durch die Fundorts-
angaben, die den großen Sammlungen (Herbarien des Vereins für
vaterländische Naturkunde . der Universität Tübingen und der land-
wirtschaftlichen Hochschule in Hohenheim) und einer weit zerstreuten
Literatur entnommen werden konnten, endlich durch die eigenen
Beobachtungen, die auf Reisen nach allen Teilen des Landes ge-
sammelt worden sind. Von jeder einzelnen Art wird nunmehr durch
Eintragung der einzelnen Fundorte eine handschriftliche Verbreitungs-
karte hergestellt (Maßstab 1:400000); ergeben sich dabei isoherte,
sich nicht in das Kartenbild einfügende oder sonst auffallende An-
gaben von Vorkommnissen, so werden diese einer erneuten Prüfung
unterzogen und nur, wenn sie ganz gut bezeugt sind, in der Regel
nur nach Einsicht von besonders eingeforderten Belegexemplaren, als
gesichert angesehen und definitiv aufgenommen.
Für die kritische Bewertung unserer Ergebnisse liefern die mit-
geteilten methodischen Grundsätze noch keinen ausreichenden Maß-
stab. Wären wir vorwiegend oder auch nur für größere Landesteile
auf die Mitteilungen gänzlich unbekannter Persönhchkeiten angewiesen,
so hätte ohne Zweifel die Forderung recht, daß grundsätzlich nur
belegte Fundortsangaben aufgenommen werden sollen; daran müßte
aber das ganze unternehmen scheitern. Denn die Forderung ist
unerfüllbar; man darf sich nur daran erinnern, daß es sich um weit
mehr als 100000 Einzelangaben handelt, die durch ebenso viele Be-
legexemplare gestützt werden sollen ! Die Forderung ist aber auch
überflüssig; tatsächhch kommt alles auf das Mischungsverhältnis
an zwischen wohlverbürgten, durch erprobte Beobachter gemachten
und durch die Herbarien belegten Fundorten einerseits und ander-
seits solchen, für die nur eine einfache Mitteilung vorliegt. Um in
dieser Beziehung jedermann ein selbständiges urteil zu ermöglichen,
fügen wir den einzelnen Angaben jedesmal die Quelle bei. Man wird
bei unserer ersten Probe ( Saxifraga aizoon) finden, daß es im ganzen
von uns gezeichneten Verbreitungsgebiet der Pflanze keine Fläche
auch nur von einer Quadratmeile gibt, wo das Vorkommen nicht
ganz unanfechtbar durch namhafte Beobachter und Herbarbelege
bezeugt wäre. Die Grundzüge der Verbreitung sind daher voll-
kommen sichergestellt. Was einzelne nur einfach bezeugte Angaben
noch hinzubringen , ist lediglich die Ausfüllung von Lücken, die bei
— 13 —
einer Darstellung in Flächenkolorit jedermann ohne weiteres hypo-
thetisch ausgefüllt hätte. Dabei wird aber eine positive Angabe,
auch wenn sie nur einfach bezeugt ist, immerhin noch höher zu be-
werten sein als eine bloße Interpolation.
Form der Veröffentlichung. Wir erachten es als einen hohen
Gewinn für die Sache, daß der Badische Botanische Verein
in der Veröffentlichung vollständig mit uns Hand in Hand gehen
will. Die Kartenbilder erhalten dadurch eine Abrundung, die
schmerzlich zu vermissen gewesen wäre, hätte man mit den
Landesgrenzen jedesmal die Darstellung abschneiden müssen. In
die Bearbeitung der Hohenzollernschen Lande haben wir uns so
geteilt, daß der Bezirk Sigmaringen von dem Badischen Botanischen
Verein . die übrigen Bezirke von uns übernommen wurden. Die
Bayrische Botanische Gesellschaft wdrd zwar mit der Ver-
öffentlichung selbständig vorgehen, wird aber genau die gleiche Karte
als Grundlage benützen, so daß ein vollständiger Anschluß der Ver-
breitungsbilder gesichert ist ^
Das Bedürfnis, unseren Mitarbeitern möglichst bald etwas zu
bieten und zugleich die Arbeit und den Aufwand auf mehrere Jahre
zu verteilen, brachte es natürlicherweise mit sich, daß die Veröffent-
lichung stückweise erfolgt. Damit wäre an und für sich eine
systematische, rein nach inneren Gründen erfolgende Anordnung des
Stoffs wohl vereinbar gewesen. Allein die Sammlungsarbeiten sind
keineswegs in allen Teilen gleichmäßig vorgeschritten ; manches ist
zur Veröffentlichung entschieden noch nicht reif und wird es erst
im Laufe der nächsten Jahre werden. Wir hätten de.shalb, um eine
systematische Ordnung einhalten zu können, den Beginn der Ver-
öffentlichung noch weiter hinausrücken müssen. Statt dessen haben
wir es vorgezogen, in mehr zwangloser Weise zu verfahren und dort
zu beginnen, wo am ehesten ein Abschluß zu erzielen ist.
Für diesmal bieten wir die Verbreitungsverhältnisse der beiden
alpinen " Arten , die in unsere Listen aufgenommen worden sind :
Saxifraga aizoon und auf badischer Seite außerdem Silene
rupestris. Es sind dies die einzigen Arten der alpinen Gruppe,
deren Verbreitung bisher ungenügend bekannt war. Es bietet sich
' Inzwischen ist in den Berichten der Bayer. Botan. Gesellsch. Bd. X 1905
bereits eine Veröffentlichung erschienen: Gust. Hegi. Beiträge zur Pflanzen-
geographie der bayerischen Alpenflora i^auch als Habilitationsschrift 1905). Wir
konnten dieselbe teilweise noch benützen.
- Unsere Abgrenzung dieses Begriffs 3. unten.
14
daher jetzt die Möglichkeit . die Verbreitung der gesamten
Gruppe auf der Karte darzustellen, und um sofort zu veranschau-
lichen, wie unser Plan, durch geeignete Ergänzung der schon bisher
bekannten Yerbreitungsdaten eine pflanzengeographische Kartiermig
unter größeren Gesichtspunkten vorzubereiten . gedacht ist . haben
wir von dieser Möghchkeit auch jetzt schon Gebrauch gemacht.
Eine Keihe weiterer Karten, die Verbreimngsverhältnisse ein-
zelner Arten und ganzer Genossenschaften rmd geographischer Gruppen
darstellend, im ganzen etwa 30. werden %vir in etwas rascherem
Zeitmaß innerhalb der nächsten Jahre folgen lassen. Wenn möglich,
soll zuletzt noch eine zusammenfassende Karte größeren Maßstabs
(etwa 1 : 5C>0000) iu mehrfarbiger Ausführung herausgegeben werden.
Die Arbeiten des Badischen Botanischen Vereins \ Da
Zweck und Ziel unserer Bestrebungen im vorstehenden austührhch
dargelegt sind . kann ich mich hier auf die Erwähnung derjenigen
Punkte beschränken , die für die Durchforschung des Großherzog-
tums Baden besonders in Betracht kommen. Die zunächst (^1900)
ausgegebene Pflanzenhste umfaßte 54 Arten, luid zwar :
Aceras antliropoplwra
AcMJlea »obilis
Adenostvies albifroiis
Ali/ssum montanum
Anacamptis pyramidalis
Andromeda polifdia
Artemisia campesths
Asper ida glauca
Aster amdlus
^ Unosyris
AMrantia major
BeTlidiasfrum JUchdii
JBuphthahmüii sälicifdium
Carduus deßoratus
Cirsium riadare
Coronüla emerus
„ montana
Crepis succisifolia
Cf/tisus nigricans
Dentaria digifafa
pinnata
Digitalis lutea
„ purpurea
Gentiana lutea
Gentiana utriculosa
verna
Helleborus foetidus
Lactuca perennis
Laserpitium latifdium
Leontodon Pyrenaicus
Libanotis montana
Linum tenuifdium
Melampjyrum sihaticum
Jleum athamanticum
muten ina
Mulgedium alpinum
Feucedanum cervaria
Phyteuma orbiculare
Pölygonatum vetiiciUatum
Prim ula fa rinosa
Salvia glutinosa
Sarothamnus scoparius
Saxifraga aizoon
steäaris
Scilla bifdia
Silene rupestris
Sweertia peramis
Sfachys alpinus
Verfasser: Dr. M eigen.
15
Teucrium montanum
Trifolium spadiceum
Trollius Europaeus
Vaccinium oxycoccos
Valeriana tripteris
Veronica urticifolia.
Als ich im Frühjahr 1901 die Leitung der pflanzengeographischen
Arbeiten übernahm , ergänzte ich diese Liste durch eine Anzahl
weiterer Arten, nicht nur um eine bessere Übereinstimmung mit der
württembergischen Liste zu erzielen, sondern auch um ein noch voll-
ständigeres Bild über die Verbreitung der einzelnen Genossenschaften
zu ermöglichen. Die neuaufgenommenen Arten waren folgende :
Amelancli ier vulgaris
Eiqjhorbia Gerardiana
Andropogon ischaemon
verrucosa
Anemone narcissiflora
Eiqjhrasia lutea
„ silvestris
Gagea pratensis
AntJiemis tinctoria
Galiuni rotundifolium
Anfhericus liliago
saxatile
„ ramosus
Gentiana ciliata
Arnica montana
cruciata
Aruncus Silvester
Geranium sanguineum
Asperida cynanchica
Globularia Willkommii
Asplenum ceterach
Gymnadenia albida
Athyrium alpeslre
Heliclirysum arenarium
Avena pratensis
Himantoglossum hircimim
Brunella grandiflora
Eippocrepis comosa
Bupleurum falcatum
Hex aquifolium
Campamda cervicaria
Imda Mrta
„ pusida
salicina
Carduus personata
Listera cordata
Carlina acaidis
Litliospermum purpureocaeruleum
Centaurea montana
Lonicera alpigena
nigra
nigra
,. Bhenana
periclymemim
Cephalanthera rubra
Liinaria rediviva
ChaeropliyJlum hirsidum
Lycopjodium sdago
Cliondrilla juncea
Melittis mdlissopliyllum
Circaea alpina
Orchis globosus
Cirsium acaide
Petasites albus
Coronilla varia
Peucedanum officinale
Corydalis cava
,. oreoselinum
Cynodon dactylon
Pinus montana
JJapline cneorum
Pirus aria
Dianthus CartJiusianorum
Polygala chamaebuxus
Bictamnus albus
comosa
Empetrum nigrum
Polygonatum officinale
Eriophorum alpinum
Polygon um bistotia
vaginatum
Prtnantlies purpurea
— 16 —
PulsatiUa vulgaris Teucrium cliamaedrys
Banunculus aconitifoUus ,, scorodonia
„ montanus TliJaspi montanum
Jxosa alpina Thi/melaea passerina
JRumex älpinus Trientalis Europaea
„ arifolius Trifolium alpestre
Bubus saxatilis „ montanum
Sedum annuum „ ruhens
Seseli annuum Vaccinium läiginosiim
Silene nutans „ vitis idaea
„ otites Veronica spicata
Stachi/s redus „ teucrium
Stupa capillata „ urticifolia
„ pennata Vicia 'pisiformis
Tamus communis Vincetoxicum officinale
Tanacetum corynibosum Wcingaertneria canescens.
Teucrium totrijs
In allen übrigen Punkten haben wir uns dem Vorgehen in
Württemberg angeschlossen und gilt das früher Gesagte, namenthch
auch bezüglich der ungleichmäßigen Durchforschung der einzelnen
Landesteile, auch für Baden. Die Zahl unserer ständigen oder
gelegentlichen Mitarbeiter beträgt jetzt etwa 40, denen ich auch an
dieser Stelle den herzlichsten Dank für ihre vielfach sehr wertvolle
Hilfe aussprechen möchte.
Wie schon früher erwähnt, ist der Bezirk Sigmaringen der
HohenzoUernschen Lande bei den badischen Fundorten zu suchen.
Daß wir auch im Süden nicht an der politischen Grenze Halt ge-
macht, sondern den Kanton Schaffhausen und die sonstigen auf dem
rechten Rheinufer liegenden Teile der Schweiz mitaufgenommen haben,
bedarf wohl keiner besonderen Rechtfertigung.
L Die alpine Gruppe '.
Alle diejenigen Arten, die innerhalb Süddeutschlands die tiefsten
und wärmsten Striche , im allgemeinen die Weinregion , meiden,
fassen wir zusammen unter der großen Abteilung der Gebirgs-
pflanzen. Es werden dazu nur solche Arten gerechnet, für die
sich auch anderwärts unter ähnlichen Breiten das gleiche Verhalten
' Zu diesem Abschnitt ist die Zusammenstellung der wiirttembergischen
Fundorte von E i c h 1 e r und G r a d m a n n gemeinsam , diejenige der badischen
von M e i g e n besorgt worden ; der übrige Text ist von G r a d m a n n.
— 17 —
nachweisen läßt^ Dagegen soll ein vereinzeltes Vorkommen an einem
tieferen Punkte kein Grund für den Ausschluß sein"^.
Innerhalb dieser großen Abteilung unterscheiden wir mehrere
einzelne Gruppen. Pflanzen, die ohne erkennbare Vorliebe für die
höheren Regionen bis gegen die untere Grenze der Bergregion herab
vorkommen, bezeichnen wir schlechtweg als montane. Ein Teil
von diesen montanen Arten hält sich auffällig an die Nähe der Alpen-
kette, geht aber daselbst, wie dies schon in unserer Umgrenzung
des Begriffes liegt, ebenso tief und in gleicher Häufigkeit herab wie die
anderen montanen auch; wir nennen sie präalpine.
Im Gegensatz zu den montanen Arten beschränken sich viele
Gebirgspflanzen vorwiegend oder ausschließhch auf die höheren Re-
gionen. Eine große Zahl hält sich in auffälhger Weise an den
Krummholzgürtel (Bestände der Legföhre, Pinus montana, und
der Alpenerle, Alnus viridis). Dieser beginnt noch innerhalb des
subalpinen Koniferengürtels und erstreckt sich bis über die Baum-
grenze, also bis in die alpine Region hinauf, in den nördhchen Hoch-
alpen im allgemeinen von etwa 1500 — 2000 m. Arten, die diesem
Höhengürtel vorzugsweise eigen sind, bezeichnen wir als subalpine.
Endlich gibt es eine große Zahl von Gebirgspflanzen, die, wenn
nicht ihre ausschließliche Verbreitung, so doch das Maximum ihres
Vorkommens in der Alpenkette über der Zone des Waldwuchses,
also in der eigentlich alpinen Region haben. Für diese haben wir
ganz im Sinne von H. Christ^ den Namen von alpinen Pflanzen
vorbehalten.
Die Gliederung wäre demnach folgende:
Gebirgspflanzen
1. montane,
Unterabteilung: präalpine,
2. subalpine,
3. alpine.
1 Wir vermeiden damit den schon von Hugo v. Mohl (Jahresh. des Vereins
f. Vaterland. Naturk. i, Württ. , 1. Jahrg. 1845, S. 77) gerügten Fehler, solche
Pflanzen, die nur an wenig Punkten und zufällig an lauter höher gelegenen vor-
kommen, als Charakterpflanzen der Bergregion zu bezeichnen.
^ Solche Ausnahmen sind bei pflanzengeographischen Gruppierungen immer
zuzulassen, wenn man nicht einem starren Prinzip zuliebe die bezeichnendsten
in der Natur gegebenen Gegensätze verwischen will.
* Über die Verbreitung der Pflanzen der alpinen Region der europäischen
Alpenkette (N. Denkschr. der Allg. Schweiz. Ges. f. d. ges. Naturw. Bd. 22.
1867. S. 4).
2
— 18 —
Die Bemerkung ist wohl nicht überflüssig, daß es sich hier
ganz und gar nicht darum handelt, für die Ausdrücke montan, prä-
alpin, subalpin usw. eine allgemein gültige Definition zu geben. Die
Begriffe, wie wir sie hier fassen, sind unmittelbar den Tatsachen der
Pflanzenverbreitung entnommen und ihre Berechtigung muß sich aus
der späteren Darstellung von selbst ergeben. Passende Namen da-
für zu finden, war erst die zweite, durchaus untergeordnete Aufgabe.
Wir haben die Namen gewählt, die uns am bezeichnendsten schienen,
wiewohl die von uns gegebene Fassung sich mit der ziemlich all-
gemein angenommenen Gliederung der Höhengürtel nicht durchaus
deckt , wie auch bereits angedeutet wurde. SelbstverständHch
brauchen wir die Ausdrücke fortan immer genau im Sinn unserer
Definitionen, bestreiten damit aber niemand das Recht, dieselben
Ausdrücke in irgendwelchem anderen Sinne anzuwenden.
Mit der alpinen Gruppe haben wir es für diesmal allein zu
tun , und zwar zunächst mit zwei der hervorragendsten Vertreter
derselben, Saxifraga aisoon und Silene rupestris. Wir geben von
jeder einzelnen Art zuerst die Gesamtverbreitung, dann etwas genauer
die Verbreitung innerhalb der Nachbarländer, namentlich des Alpen-
gebiets, schließlich die Verbreitung im Beobachtungsgebiet selbst,
wobei der Aufzählung der einzelnen Fundorte jedesmal eine kurze
Charakteristik des Verbreitungsbildes vorangeschickt wird.
Als Quellen für die Darstellung der Gesamt Verbreitung dienten
uns neben den Landesfloren und zahlreichen aus der Literatur ge-
sammelten Einzelnotizen , besonders die Zusammenstellungen von
H. Christ, M. Jerosch (Geschichte u. Herkunft der schweizer. Alpen-
flora 1903), Nyman (Conspectus), Ledebour (Flora Rossica) und Boissier
(Flora Orientalis), für die Vertikalverbreitung besonders 0. Sendtner
(Vegetationsverh. Südbayerns 1854 und des Bayrischen Waldes 1860),
Hr. Jaccard (Catalogue de la Flore valaisanne. N. Denkschr. der
Allg. Schweiz. Ges. f. d. ges. Naturw. Bd. 34. 1895) und Wartmann u.
ScHLATTER (Kritische Übersicht über die Gefäßpflanzen der Kantone
St. Gallen u. Appenzell. Ber. über d. Tätigk. der St. Gallischen
naturw. Ges. 1879—87).
a) Die Verbreitung der einzelnen Arten.
Saxifraga aizoon Jacq.
(Karte 1.)
Arktisches Nordamerika, Grönland, arktisches Norwegen, zentral-
und südeuropäische Gebirge vom kantabrischen Gebirge und den
— 19 —
Pyrenäen bis zu den Karpathen und zur Balkanhalbinsel, südwärts
bis Korsika, Apenninen, Peloponnes, Armenien.
Im Alpengebiet auf Felsen, besonders Kalkfelsen, vorzugsweise
von 1200—2500 m (Wallis 800—2750 m, Bayrische Alpen 1660
— 2570 m), alpin \ aber nicht selten in tiefere Regionen herabsteigend,
so im St. Galler Rheintal bis zu 425 m; auch in Südbayern, Ober- und
Niederösterreich, Serbien an vielen Stellen der Bergregion (bis 500 m
herab), selbst im Wallis bei Martigny von 375—450 m. Sonst in
den Cevennen, der Auvergne, dem Jura (bis zur Schafmatt bei Aarau
und zur Lägern) , den Vogesen , den schlesischen , mährischen und
böhmischen Gebirgen; merkwürdigerweise auch an den Felsen des
Nahetals von Oberstein bis zum Rheingrafenstein bei Münster und
ebenso in der Umgebung von Prag.
Im Beobachtungsgebiet ausschließlich auf Felsen im südlichen
Schwarzwald (auf Granit, Gneis, Porphyr, Grauwacke, von 550
— 1350 m), auf der Alb (häufig vom Heuberg bis zum Aalbuch und
bis zur ülmer Alb, nur auf den Schwammkalken des Weißen Jura,
von 550—1000 m) und auf dem Hohentwiel (Phonolith, 500—650 m).
Verzeichnis der Fundorte ^ :
Württemberg :
OA. Balingen (Link!): Burgfelden [Böllat Walz*]. — Dürr-
wangen**. — Ehingen [HTüb.!; Schnecklesfels **; 7 Kreuze**;
Meßstetter Steige ** ; Schloßfels **; Mühlefels **; Malerfels **].
— Hossingen [Leiter **]. —Laufen [HV.!; Mr. 1904 „Schalks-
burg" ; Schalksburg **]. — Lautlingen [Heersberg **]. —
^ Die Bezeichnung alpin oder hoch alpin ist bei sämtlichen hier auf-
gezählten Arten durchweg aus Christ (Über die Verbr. der Pfl. der alp. Eeg.)
entnommen.
^ Die Aufzählung der Fundorte erfolgt nach Oherämtern. Letztere sind
in der üblichen Weise nach den 4 politischen Kreisen (Neckarkreis, Schwarz-
waldkreis , Jagstkreis , Donaukreis) geordnet , und es schließen sich daran die
hohenzollerischen Oberämter Gammertingen , Haigerloch und Hechingen. Der
neben der Oberaratsbezeichnung stehende eingeklammerte Namen gibt den Ver-
trauensmann des Bezirks an ; ein beigefügtes ! zeigt an, daß Belegexemplare von
ihm eingesandt und von Kommissionsmitgliedern eingesehen wurden. — Die
gesperrt gedruckten Namen bezeichnen die Markungen, auf welchen die
Pflanzen beobachtet wurden. Genauere Standortsangaben finden sich zusammen
mit Herbar- und Literaturnachweisen in Klammern beigesetzt. — Bezüglich weiterer
Abkürzungen und Quellen sei auf den Umschlag verwiesen ; e i n e Z u -
sammenstellung sämtlicher Quellen wird am Schluß der Ver-
öffentlichung erfolgen.
2*
- 20 —
Margrethausen [Heersberg**]. — Oberdigisheira [Baien-
berg Strohmaier *]. — Streichen [Hundsrück Scheible *]. —
Thailfingen [Schloßberg Mütschler *; Burg Gradmann 1902!].
. — Tieringen [Hörnle Beck*; Lochen **]. — Weilheim
[Lochen **].
OA. Nürtingen (Geyer): Beuren [Beurener Fels Losch]. — Erken-
brechtsweiler [Brucker Fels Losch, Wilhelmsfels GradmannI].
— Neuffen [„Felsen gegen Bulben" HTüb. 1845!; ,,Hohen-
neuffen" OAB. ; Mr. 1904].
OA. Reutlingen (Kühner): Bronnen [„Mariaberg" DFL; v. Marxens;
Gradmann!]. — Eningen [Eisenbachfelsen Fahrbach*]. —
Holz elf in gen [Marxens in HTüb. 1829!; Greifenstein Bossler*;
Zellertalfelsen Thym]. — Honau [Hiller, Alp 1805; Schübler
Tüb. ; Mr. 1904; Traifelbergfelsen Rüger, Vöhringer*; Dobel-
kapffelsen Bossler *]. — Oberhausen [„b. d. Nebelhöhle"
Memminger Württ. I ; Gießstein, Steighau, Brunnenstein Bossler *.]
— Pfullingen (Wackerstein Bossler, Fahrbach*, Grädmann !,
Mr. 1904; ürsulahochberg Bossler*]. — Unterhausen [ür-
sulahochberg, Eckfelsen Bossler *].
OA. Rottweil (Eggler): Hausen am Tann [„Lochen" HTüb.
1843!, Berxsch, Gradmann ! ; Wenzelstein Gradmann!; Schafberg
(hoher Felsen und gespaltener Felsen) Berxsch, ^GradmannI].
OA. Spaichingen (Eyxel !): Böttingen [Lippachtal **]. — E g e s -
heim [Beilsteinhöhle**]. — Mahlstetten [Felsen ob Bären-
tal **; Aggenhausen Beer]. — Nusplingen [Steigfelsen; Buch-
felsen Beer **].
OA. Tuttlingen (Beer!): Hohentwiel [HTüb.!; HBBY. 1891!;
DFL HI; ScH. M. 1834; ca. 500—650 m Grädmann! 1894, 1903].
— Fridingen [„Bronnen" DFL IH ; Jack, Mitteil, des Bad. Bot.
Ver. 1892 ; Felsen des Donautales Gradmann I ; Eichler ! ; oberes
Hintelestal **]. — Irrendorf [Aichfelsen ** ; Felsen am Rande
des Donautales P. Michael Bertsch]. — Kol hingen [Walter-
stein **; KE. 1900]. —Mühlheim [Verz. 1799; Obere Beißen-
bahn **].
OA. Urach (Dieterich): Urach [HV. !; Rösler, Beiträge z. Natur-
gesch. des Herzogt. Wirtemberg II, 1790; Marxens Alp 1826;
Mr. 1904; „Falkenstein" Herb. Finckh *; Festung Breit*;
Felsen des Brühltales, Eppenzillfelsen Gradmann !]. — Dettingen
[Stetxner ; Roßberg Gradmaxx !; Mr. 1904]. — Donnstetten
[HH.]. — Glems [Rosler, Beyträge IL 1790; Grüner Felsen
— 21 —
Schübler, Löckle, Bossler, Grädmann I]. — Seeburg [Kirch-
hofmauer**]. — Sirchingen [Kopp *]. — üpfingen [Kopp*].
— Witt lin gen [Rösler, Beyträge II, 1790; Felsen über
dem Erms- und Fischburgtal **]. '
OA. Blaubeuren (Bauer!): Blaubeuren [Schübler, Tüb. 1822;
Ruckenschloß **, Hörnle ** ca. 670 m. Weilerhalde **, Metzger-
felsen **]. — B ollin gen [Kiesental. auf c-Felsen, 600 m Hacg].
— Gerhausen [Rusenschloß **, Altental ** etc. an allen
sonnigen Felsen]. — Herrlingen [Lauter-Felsen Mahler, Über-
sicht über die in der Umgebung von Ulm wildwachsenden Pha-
nerogamen 1898]. — Klingenstein [Leopold, Dehciae syl-
vestres Florae ülmensis 1728; Schloßfels Haüg]. — Schel Il-
lingen [Hacg; Felsen beim Bahnhof Schmidt *]. — Seißen
[Tiefental, Jungfernstein Pöhler]. — Weiler [Felsen im Kühnen-
buch**].
ÜA. Ehingen (Rieber): Lauterach [Felsen am Eingang ins Lauter-
tal **]. — Obermarchtal [HY. !].
OA. Geislingen (Fetscher") : Geislingen [Felsental ** 550—750 m].
— Aufhausen [HH.]. — Eybach [Felsental Holder**]. —
Kuchen [Ramsfelsen Grädmann!]. — Überklugen [Kahlen-
stein **]. — ■ ünterböhringen [Hausener Felsen Wörz *]. —
Wiesensteig [Reußenstein HH.!, Gradmann!].
OA. Göppingen (Engel): Auendorf [Rottelsteinfelsen der Fuchs-
eck '^*1. — Gruibingen [auf Felsen der umhegenden Berge **].
— Schlat [Felsen auf der Fuchseck und Nordalb **].
OA. Kirchheim (Hölzle): Gutenberg [HH.] — Ochsenwang
[am Breitenstein häufig Simon]. - Owen [Teck Schübler
b. Schwab. Neckarseite der Schwab. Alb 1823, HTüb. 1829!;
HH.]. — Unterlenningen [HH.].
OA. Münsingen: A n h a u s e n [Marxens Alp] . — Erbstetten [Mar-
xens; Lautertal Rieber]. — Gundelfingen [Marxens]. —
Hayingen [Marxens; Glastal Bossler].
' Xach Prof. V o 1 1 m a n n in München (bei H e g i , Beiträge zur Pflanzen-
geograpMe der bayerischen Alpenflora. 1905 S. 73 u. mündl. Ititteil.' kommt
S. a. auch im "Wendtal bei Steinheim, OA. Heidenheim. vor. Die Xordostgrenze
wäre damit noch etwas weiter hinausgerückt. Die sehr genauen Kenner des
Wendtals. Prof. Gaus und Oberlehrer Müller in Heidenheim und Prof. Rieber
in Ludwigsburg haben die Pflanze jedoch nie dort gesehen; auch ich habe bei
wiederholter Begehung nur Saxifraga decijj'tens finden können und vermag unter
diesen Umständen das Torkommen noch nicht als endgültig gesichert zu betrachten.
Gradmann.
_ 22
OA. Ulm (Haug!): Bernstadt [Salzbühl Ziegler*]. — Urspring
[Engel *].
0 A. Gammertingen (Frh. v. Fürstenberg) : H e r m e n t i n g e n
[Laucherttal 640 m Gradmann]. — Kaise ringen [Schmiechatal
Fiek]. — Storzingen [Felsen des Schmiechatals bis zur Talsohle
herab 6 . . m Gradmann]. — Tr ochtelfingen [DFL III]. —
Veringendorf [DFL III; Felsen bei der Ruine Apfelstetten
620 — 650 m Gradmann I].
OA. Hechingen (Lörch): Zimmern [Zellerhorn Lörch].
Baden. An sonnigen Felsen des höchsten Schwarzwaldes (Feld-
berg, Beleben), geht aber im Höllental bis 550 m herab. Häufig an
den Kalkfelsen des Donautals bis 580 m herabgehend (Sigmaringen).
Das Vorkommen an Molassefelsen der Kargegg bei Bodman (450 m,
HöPLE 1837) bedarf noch der Nachprüfung L
104a: Laucherttal b. Jungnau, 610 m, Gradmann. — Hornstein,
600 m, Gradmann. — Hitzkofen, Bretzler.
112: Bronnen, Weißjurafelsen, 700—800 m, 'Is, Meigen [DFL
1807; Jack; Gradmann]. — Bärental, Beer. — Beuron,
Weißjurafelsen, 630— 700 m, -/2, Meigen [Mezler'. Verz. 1799;
DFL; Jack].
' Bei der Angabe der einzelnen Fundorte wurden nicht die Ortsmarkungen,
sondern die Blätter der topographischen Karte 1 : 25 000 zugrunde gelegt. Die
den Standortsangaben vorgesetzten Zahlen bedeuten die Nummer des Karten-
blattes, auf dem der Standort zu finden ist; das beigegebene Übersichtsnetz der
Kartenblätter soll die Auffindung erleichtern. Der auf den badischen Karten
nicht enthaltene Teil des Bezirks Sigmaringen wurde in sechs Blätter von dem
Umfang der badischen Karten geteilt und diese mit 89 a und b, 95 a und b,
104 a und b bezeichnet. Der gesperrt gedruckte Name bedeutet den Fundort
selbst, dem in den meisten Fällen eine kurze Bemerkung über Höhenlage und Be-
schaffenheit beigefügt wurde. Die Häuligkeit und Verbreitung der Pflanze an dem
angegebenen Standort ist in Form eines Bruches ausgedrückt; es bedeutet hierliei
im Zähler: im Nenner:
1 nur an einer Stelle in einzelnen (1—5) Exemplaren
2 an wenigen Stellen in mehreren (bis etwa 50) Exemplaren
3 an vielen Stellen in vielen Exemplaren.
Hierauf folgt der Name des jetzigen Beobachters und sudann in Klammern
Herbar- und Literaturnachweise. Wofern dies möglich war, ist der Name des
ersten Entdeckers und das Jahr der Auffindung in Sperrdruck angegeben. So-
weit es sich hierbei nicht um noch lebende Yereinsmitglieder handelt, wurde
womöglich eine kurze biographische Anmerkung beigefügt. Ließ sich das Ent-
deckungsjahr nicht mehr feststellen, so wurde bei dem ältesten Literaturnachweis
das Druckjalir angegeben.
■•■' Hofrat in Sigmaringen, Ciewährsmann der Donauflora IHOl — 14.
— 23 -
113: Wildenstein, V2, Bert.sch [Jack, Mitt. 3, 18; Jack.] -
Finstertal, Va, Bertsch [Vulpius' 1865. Mitt. 1, 381; Jack].
— Werenwag, Weißjurafelsen, 75U m, V2, Meigen. — Tier-
garten [Rennl DFL 1807]. — Gutenstein, Keppler [Jack].
114: Inzigkofen, 640 m, Bertsch [Vulpius 1865. Mitt. 1, 379;
Jack]. — Mühlberg b. Sigmaringen, Felsen, 580 m, V2»
Meigen [Jack].
118: Hirsch Sprung, Gneisfelsen, 550 m, '/2, Meigen [HBBV.
LoüDET, Schlatterer 1883, Maus 1888. v. Ittner^ DFl. 1807
Spenner; Döll, BadFl.; Schildknecht, FlFr. ; Lauterer; Klein
Neuberger].
128: Beleben, Granitfelsen, 1350 m, -/s, Müller [HBBV.: Döll.
J. Vulpius*. Gmelin 1806; DFL; Hagenbach; Spenner; Döll,
RhFl. u. BadFl, ; Kirschleger; Schildknecht, FlFr.; Lauterer;
Schneider; Klein; Neuberger].
129: Utzenfeld, Grauwackenfelsen, 600 m, Va, Neuberger [Herzog
1903. Neuberger].
130: Feldberg, Gneisfelsen, 1250 m, V^^ Himmelseher [Spenner
1829; Döll, RhFl. u. BadFl.; Kirschleger; Schildknecht,
FlFr. ; Lauterer ; Schneider ; Klein ; Neuberger] .
131: Hörnle b. Rötenbach, Himmelseher. — Räuberschlößle
im Wutachtal, Porphyrfelsen, 810 m, ^/a, Himmelseher.
146: Hohentwiel, Phonolithfelsen , 600 m, 2/2, Meigen [HBBV.:
Appel1891. — Amtsbühler\ DFL 1807; Dieffenbach; Hegetsch-
weiler; Schübler u. Martens; Döll, RhFl. u. BadFl.; Höfle;
Meister; Klein; Jack; Kirchner u. Eichler].
^ Friedrich Wilhelm Vulpius, geboren 17. Dezember 1801 in Pforz-
heim, gest. 17. Nov. 1892 in Kreuzungen bei Konstanz. 1827 (?) Apotheker
in Müllheim, 1833—40 in Illinois, lebte dann in Müllheim, seit 1877 in Kreuz-
ungen. (Mitt. 3, 41 u. 89.)
^ Johann Nepomuk Eenn, geb. 1783, gest. 23. April 1807 in Donau-
eschingen. Fürstl. Fürstenberg. Hofkammerakzessist. Mitverfasser des dritten
Bandes der Donauflora 1807.
^ Josef Albrecht von Ittner, geb. 2. März 1754 bei Bingen, gest.
9. März 1825 in Konstanz. 1778 Hofrat bei der hohenzollern-hechingischen Re-
gierung, 1786 Kapitelskanzler des Großpriors des Malteserordens in Heitersheim,
1812 großherz, badischer Staatsrat und Direktor des Seekreises.
■* Josua Vulpius, Apotheker in Müllheim. Gewährsmann des Verzeich-
nisses von 1799 und der Donauflora 1804 — 14.
^ Johann Baptist Amtsbühler, geb. 6. Sept. 1763 in Schlettstadt,
gest. 1831 in Immendingen. Seit 1801 Pfarrer in Immendingen, vorher in Ducht-
lingen im Hegau angestellt. (Mitt. 3, 259.)
— 24 —
Silene rupestris L.
(Karte 1.)
Skandinavische Halbinsel. Zentral- und südeuropäische Gebirge,
von den Pyrenäen bis zu den Ostalpen und Siebenbürgen, südlich
bis zur Sierra Nevada, Korsika, Apenninen.
Im Alpengebiet an felsigen Standorten, vorzugsweise auf kalk-
armem Gestein von 800-2800 m (Wallis 800—2800 m, St. Galler
und Appenzeller Alpen 1500—2500 m, Bayrische Alpen 1550 bis
2100 m), vorzugsweise hochalpin, aber nicht selten in tiefere Re-
gionen herabsteigend, so im Wallis (bis 460 m), im Oberrheingebiet,
in Südtirol. Sonst noch in den Cevennen, der Auvergne, den Vogesen
und im Jura (Paßwang).
Im Beobachtungsgebiet nur auf Granit- und Gneisfelsen im
südlichen und viel seltener im mittleren Schwarzwald, von 500 bis
1400 m (ausnahmsweise in den Tälern bis 300 m herab), nördlich
bis zur Berneck bei Schramberg.
Württemberg.
OA. Oberndorf: Schramberg („auf Granitfelsen des Bernecker
Tals bei Schramberg", Hegelmaier in HV. 1851 ; dsgl. Finckh
in Jh. 1854. S. 196; MK. 1865).
Baden. An sonnigen, trockenen Felsen des südlichen Schwarz-
waldes häufig, weit in die Täler hinabsteigend (Dreisamtal 300 m).
Nördlich des Dreisam-Höllentals seltener.
99: Hörnleberg, Gneisfelsen, 800—900 m, Götz.
108: Kandel, Gneisfelsen, 800—1000 m Götz. [Döll, RhFl.
1843]. — Grießbach, Gneisfelsen, Götz.
117: Karthaus b. Freiburg, Gneis, 300 m, Thelluxg. — Burg,
Gneis [Sickenberger^ Schildknecht, Nchtr. 1862]. — Kyb-
felsen, Gneis, 800m, Thellung. — Schauinsland, Gneisfelsen,
1150 m, ^/2, Neümann [Lauterer 1874]. — Oberried, Gneis
[Sickenberger. Schildknecht, Nchtr. 1862]. — ZastlerTal,
Gneis, 600—800 m, Müller [Spenner 1829].
118: Wagensteig, Gneis | Schildknecht, FlFrbg. 1863]. —
Höllental, Gneis, 550 — 800 m, felsige und trockene Stellen,
3/2, Meigen [Spenner 1829; Döll, RhFl.; Schildknecht, FlFrbg].
--Hirschsprung, Gneisfelsen, 2/2, Meigen. — [HBBV.: Maus
1888, 1890. Spenner 1829; Döll, BadFl.] — Ravenna-
Apotheker in Freibnrg i. Br.
— 25 -
Schlucht: bei Hö 11s teig, Gneisfelsen, 72, Meigen [HBBV. :
Baümgartner 1885]. — Löffel tal, Gneis, Himmelseher.
128: Beleben, Gneisfelsen, 700—1400 m, ^'2 , Meigen [HBBV.:
Frank, Vulpius 1859. v. Ittner, J. Vulpius. Gmelin 1806;
DFL; Hagenbach; Spenner; Döll. RhFl. u. BadFl.; Schild-
knecht, FlFrbg. ; Lauterer; Schneider; Klein]. — Sirnitz
[Spenner 1829]. — Baden weile r, Granit, 450 m, Scheid.
[HBBV.: Döll. LacbenaP. Gmelin 1806; DFL; Hagenbach;
Spenner; Döll, RhFl. u. BadFl. ; Schildknecht, FlFrbg. ; Kirsch-
leger] .
129: Steinwasen, Gneisfelsen, 800m, ^/2, Meigen. — Muggen-
brunn, 1000 m, Meigen. — Aftersteg, Gneisfelsen, 850 bis
900 m, 2/2, Meigen. — Fahl, 850 m [Spenner 1829]. —
Brandenberg, 800 m [Spenner 1829]. — Todtnau,
Gneisfelsen, 700 m, Meigen [Hagenbach 1821; Spenner;
Schneider]. — Geschwend, Gneisfelsen, 600 m, Meigen.
130: Feldberg, Gneis- und Granitfelsen, 1100—1400 m, ^2, Meigen
[Amtsbühler. DFL 1807; Hagenbach; Spenner; Döll, BadFL;
Schildknecht, FlFrbg.; Lauterer; Schneider; Klein]. —
Bruderhalde bei Titisee, Gneisfelsen, 900—1000 m,
Himmelseher.
131: Seebrugg am Schluchsee [Amtsbühler. DFL 1807].
140: Blauen [v. Ittner, J. Vulpius. Gmelin 1806; DFL; Hagen-
bach; Döll, RhFl. u. BadFL; Schildknecht, FlFrbg.; Lauterer;
Klein]. — Nonnenmattweiher, Gneisfelsen, 910m, Meigen
[Spenner 1829]. — Neuenweg, Gneisfelsen, 750 m, Meigen
[P. Merian^ Hagenbach 1821; Spenner].
141: Zw. Entenschwand und Bollen, Felsen, ^2 , Müller.
— Schönau, Felsen, 530 m, Meigen [Hagenbach 1821;
Spenner; Schneider]. — Tiergrüble bei Präg, Geröll, 1050 m,
V2, Müller. — Wembach, Felsen, 520 m, Meigen. — Itten-
schwand, 500 m, Meigen. — Hepschingen, 490 m, Meigen.
— Zw. Todtmoos und Zell [Steigert Schneider 1880].
143: Schwarzabruck bei Häusern, Granitfelsen, 900 m, ^h,
1 Werner de la Chenal, geb. 28. Okt. 1736, gest. 1800 in Basel.
1776 Professor der Anatomie und Botanik in Basel.
* Peter Merian, geb. 22. Dez. 1795, gest. 8. Febr. 1883 in Basel.
1821—35 Professor der Physik, dann Professor der Geologie und Paläontologie
in Basel.
^ Pharmazeut in Basel.
- 26 —
Meigen. — Schwarzatal bei Höchen seh wand, Granit-
felsen, 500—600 m, 2/2, Meigen [Klein 1891].
153: Brombach, 300 m [Labram ^ Hagenbach 1821].
154: Wehratal, Gneis und Granit, 400 — 650 m, Linder [Döll,
BadFl. 1862].
155: Tiefen st ein, Granit, 500 m, Thellung [Fries^ Schneider
1880].
156: Lein egg im Schwarzatal, Granitfelsen, 510 ra, Meigen.
— Witznauer Mühle, 480 m, Meigen [Preuß, Mitt. 1, 227
(1885), Klein]. — Schlucht tal, Granit, 430—500 m, Linder.
164: An der Wiese bei Basel, 250 m [Christ^. Schneider
1880].
166: Säckingen, Granit, 350 m, Linder.
167: Albbruck, Granit, 350 m, Wetterhan.
Adenostyles alpifia Bl. et Fing.
Nur in den zentraleuropäischen Gebirgen von den Pyrenäen
bis zu den siebenbürgischen Karpathen.
Durch die ganze Alpenkette; im Wallis von 1700 (ausnahms-
weise 460) bis 2500 m, in den bayrischen Alpen von 1420 — 2250 ra
an schattigen Waldplätzen wie auf freien Bergwiesen auf Kalkboden
gemein ; mit den Bächen auch in die Täler gehend. Alpin. Auch
im Jura.
Einziges Vorkommen im Beobachtungsgebiet:
OA. Wangen: Rohrdorf. (Lingg 1832; „auf der Adelegg".
ScH. M. 1834. ,.Im Wald auf der Adelegg bei Isny, 975 m
ü. d. M. (Nick)" MK.)
Alcliiniilla tdpina L.
Arktische Länder von Nordamerika, Grönland. Island bis West-
sibirien. Nord-, mittel- und südeuropäische Gebirge von der Pyrenäen-
halbinsel bis zum Kaukasus.
Durch die ganze Alpenkette an grasigen Abhängen, auf Felsen
und Geröll von 1300—2600 m (Wallis bis 2600 m, in den bayrischen
Alpen von 1300 — 2270 m), alpin, selten in tieferen Regionen, so im
^ Botaniker und Maler in Basel.
^ Arzt in Sissach.
^ Dr. Hermann Christ, geb. 12. Dez. 1833 in Basel. Eeclitsanwalt
daselbst.
— 27 —
Wallis bis 400 m , in Südbayern bis zum Eibsee und Lechbruck.
Außerdem im Jura und den Vogesen.
Im Gebiet nur:
130: Feldberg, Gneisfelsen, 1160 — 1400 m, Vs , Sciilatterer.
[HBBV. : Schildknecht 1861, Vulpius 1864. Spanner ^ Düll
RhFl. 1843 u. BadFl.; Kirschleger ; Schildknecht Nachtr. u.
FlFrbg. ; Lauterer; Klein; Neuberger; Binz.]
Allosorus crispns Bernh.
Britische Inseln, Skandinavien, Nordrußland; europäische und
westasiatische Gebirge von den Pyrenäen und der Sierra Nevada bis
Afghanistan und zum Himalaja.
In den Alpen im Steingeröll , seltener an Felsen oder auf be-
grastem Boden der subalpinen und alpinen Region, stets auf kalk-
armem Gestein, bis 2400 m auf-, selten unter 1000 m herabsteigend;
im Wallis von 900 — 2400 m. Vorzugsweise hochalpin. Sonst in den
Ardennen, Vogesen, Harz, Bayr. Wald, Riesengebirge ; fehlt den Kalk-
alpen und dem Jura.
Im Schwarzwald nur an einer einzigen Stelle bei Hofsgrund.
Der Standort bei Oberspitzenbach (Götz Mitt. 1 , 266) wird von
manchen nicht für ursprünglich gehalten.
117: Hofsgrund, Gneisfelsen, 850 m, V/2, Müller [HBBV.: Vul-
pius 1861, Baumgartner 1882, Frommherz 1888, Liehl 1899.
Thomann^ u. Zähringer^ Spenner 1825; Döll RhFl. u.
BadFl.; Kirschleger; Schildknecht FlFrbg.; Lauterer; Klein;
Neuberger].
jhidi'osaces iacteuni L.
In den zentraleuropäischen Gebirgen von den Westalpen und
dem Jura bis zum Balkan und zu den Karpathen. Im Alpengebiet
mit eigentümlich zerstücktem Areal : Dauphine ; Stockhornkette in
den Berner Alpen ; Ostalpen vom Kugelhorn und Zeiger im Algäu
und dem Monte Baldo bis Steiermark und Niederösterreich, auf Kalk-
felsen und Felsenschutt, in den bayrischen Alpen von 1520 — 2260 m,
selten tiefer , bis 700 m ; im mittleren und nördlichen Jura von
Saint-Claude bis zur Bölchenfluh bei Ölten. Alpin.
' Fridolin Karl Leopold Spenner, geb. 25. Sept. 1798 in Säckingen,
gest. 5. Juli 1841 in Freiburg i. Br. 1829 Privatdozent, 1832 Professor der
Botanik in Freiburg. 1825—1829 Flora Friburgensis. Nachruf von P erleb.
Flora 1842, S. 160.
^ Stud. med. in Freiburg i. Br.
— 28 -
Im Gebiet nur an einem Punkte :
OA. Tuttlingen: Fridingen [An den Kalkfelsen des Ramspel
RöSLER in HV. 1834!; Felsen bei Bronnen ders. in HH. ; Felsen
am linken Ufer der Donau zwischen Bronnen und Beuron
BöHRiNGER 1842 HTüb. ! Haist in HV. ; im Ramspei , W. Jura,
725 m, Vs, P. Bertsch in HBBV. 1900; Sch. M. 1834, Nach-
träge; DöLL, Jbr. 1865; Klein; Jack; Gradmann; Kirchner u.
Eichler 1900].
Anemone narcissißora L.
Rocky Mountains, Alaska, Unalaschka; asiatische Gebirge von
Japan , Kamtschatka und Nordchina bis zum Ural , Kaukasus und
Armenien, auch in den sibirischen und südrussischen Steppen; zentral-
europäische Gebirge von der Balkanhalbinsel und den Karpathen bis
zu den Pyrenäen.
Im Alpengebiet an felsigen und kräuterreichen Stellen der Alpen-
region von 1500 — 2600 m, in den bayrischen Alpen von 1580 — 2180 m.
Alpin. Sonst im Riesengebirge und mährischen Gesenke, in den
Vogesen, auch in Südbayern ausnahmsweise tiefer herabsteigend, mit
Pedicularis foliosa auf der Heide zwischen Krünn und Wallgau an
der Isar 800 m ü. d. M., im Jura nordostwärts bis Delemont.
Im Beobachtungsgebiet nur auf der südwestlichen Alb und
ganz wenig auf die mittlere Alb übergreifend , von der Länge und
dem Kriegertal bis zum Filsenberg bei Oschingen, auf lichten Wald-
stellen und einmähdigen Wiesen des Weißen Jura, von 600 — 1000 m.
OA. Balingen: Ehingen [Eiberle in HV. 1852!; auf einer Wald-
wiese des Heubergs, hinter der sogen. Aucht 1840. Staib HTüb.!
Memminger, Beschreibung von Württ. 1841; Mr. 1904]. — Mar-
grethausen [Mr. 1904]. — Meßstetten [Fischer in HV. 1852;
MK. 1865]. — Onstmettingen [Fischer in HV. 1857; MK
1865]. — Pfeffingen [„Irrenberg" Mr. 1904]. — Streichen
[auf dem Hundsrück Gradmann!; KE. 1900]. — Tie ringen
[„amHörnle" MK. 1882; „Lochenhorn" Gradm. 1898 !, Mr. 1904].
Truchtelfingen [„Hüttenkirch" Mr. 1904]. — Zillhausen
[Mr. 1904].
OA. Reutlingen: Erpfingen, Willmandingen [„Willman-
dingen— Erpfingen" Mr. 1904].
OA. Rottenburg: Oschingen [„Filsenberg" Mr. 1904].
OA. Spaichingen: Böttingen [Scheuerle in HV. 1869 u. 1893.
Ders. in HH. ; MK. 1882]. — Denkingen, Gosheim
— 29 —
[Scheuerle, Jh. 43. 1887 S. 222]. — Spaichingen, Wehingen
[Dreifaltigkeitsberg — Wehingen Sciieuerle briefl.].
OA. Tuttlingen: Tuttlingen [auf dem Erbsberg v. Stapf
HTüb.!?] Fridingen [HBBV. 1877 u. 1901; im Ramspel,
W.Jura, 720— 730 m, Vi, P. Bertsch]. — Irrendorf [Hardt
W. Jura, 860 m, V2, P- Bertsch]. — Wurmlingen [Eiberle
in HV. 1882; MK. 1882].
OA. Hechingen: Bisingen [„Hundsrück auf preußischer Seite"
Fischer in HH. ; dsgl. MK. 1882]. — Thanheim [Lechler
in HV. 1852; „Abhang des Hundsrück gegen Thanheim" Fiek
in HH.]. — Zimmern [„Zellerhorn" Lörch 1890].
In Baden an Waldrändern und in lichten Gebüschen des Jura-
gebietes (Baar, Donautal, Kriegertal).
121: Talhof b. Geisingen, Eckstein [Zahn 1887. Zahn; Grad-
mann]. — Länge b. Gutmatingen, ^/s, Eckstein [HBBV.:
Vdlpius 1877, Schatz 1884. Albicker^ 1847. Brunner; En-
gesser; DöLL BadFl. ; Zahn; Klein; Gradmann]. — Maien-
bühl zw. Öffingen und Geisingen [Verz. 1799; DFL;
DöLL RhFl. u. BadFl.; Höfle; Engesser; Klein; Gradmann].
In neuerer Zeit nicht mehr beobachtet.
122: Flachshans b. Ippingen, 800 m [HBBV.: Schatz 1886.
Schatz. Klein; Gradmann.] — Bachzimmern [DFL 1814;
DöLL DFL; Zahn; Klein; Gradmann].
133: Eichberg b. Blumberg, W. Jura, 900 m, Eckstein.
134: Kriegertal b. Talmüle, Waldränder, 600 m, 7-2 [HBBV.:
Gmelin 1806, 1810, 1814, Schatz 1886. Gmelin^. Gmelin;
DöLL BadFl. ; Meister; Zahn; Klein; Jack; Gradmann].
Arahis alpina L.
Arktisches Gebiet (Labrador, Grönland, Island, Skandinavien,
Spitzbergen, Novaja Semlja, Lappland, arktisches Sibirien). Zentral-
europäische Hochgebirge von den Pyrenäen und der Sierra Nevada
bis zu den Karpathen und Ostserbien, auch in den Apenninen.
Durch die ganze Alpenkette häufig auf Felsen und Geröll von
^ Unterlehrer in Mariahof b. Neudingen, später Schulverwalter in Hüfingen.
- Karl Christian Gmelin, geb. 18. März 1762 in Badenweiler, gest.
26. Juni 1837 in Karlsruhe. 1784 Professor der Naturgeschichte am Lyceum zu
Karlsruhe, 1786 Inspektor der Gärten und Museen, 1825 Direktor des Naturalien-
kabinetts daselbst. 1805—1826 Flora Badensis Alsatica etc.
— 30 -
1000—3200 m (Wallis 1000-3200 m, Bayrische Alpen 1140-2620 m),
alpin, aber mit dem Geröll in das Tiefland herabsteigend, mit der Isar
bis Landshut (400 m), im St. Galler Rheintal bis 450 m, hier auch an
Felswänden und Mauern (ebenso bei Stuttgart nach Koch's Synopsis,
3. Aufl., von E. Hallier 1892, S. 84). Sonst in Zentralfrankreich,
im Jura, auf der Fränkischen Alb zerstreut von Treuchtlingen bis
zum Staffelstein, im Riesengebirge, an den Gipsbergen bei Ellrich
am Harz und in Westfalen bei Brilon.
Auf Felsen und Felstrümmern nur an wenigen Punkten der
mittleren und östlichen Alb; außerdem im lUergeröll.
OA. Heidenheim: Königsbronn [Valet in HV.!; am Fuß des
kleinen Herwartsteins 1846. Rüsler HTüb. I ; Lechler, Jh. 1847,
S. 147 ; ScHNizLEiN u. Frickhinger, Vegetationsverhältnisse . . . 1848].
OA. Geislingen: Geislingen [KE. 1900, nach Mitt. von Oberlehrer
Lauffer]. — Wiesensteig [Kohler in HV. 1862; Burkhardt
in HH.].
OA. Leutkirch: Aitrach [„Ob Förthofen noch auf württ. Boden leg.
Ducke 1836" nach v. Marxens' Zettelkatalog; „an der Hier ober
Ferthofen", Memminger, Beschr. von Württemberg 1841, S. 291 ;
„Illerkies bei Fürthofen", Lechler u. Troll, Flora 1844; „Iller-
kies bei Ferthofen", Lechler, Suppl. 1844]. — Tannheim [Egel-
see im Illerkies 1840 Ducke HTüb. !]
OA. Riedlingen: Ittenhausen [„Hof Ensmad", MK. 1882].
OA. Hechingen: Hausen a. d. Starzel [MK. 1882].
Atha/inanta Cretensis L.
In den zentraleuropäischen Gebirgen von Südfrankreich bis
Kroatien und Siebenbürgen endemisch.
Im Alpengebiet auf Kalkfelsen, Geröll, Grasbändern von 1300
bis 2600 m (Wallis 1500—2600 m, Bayrische Alpen 1400—2200 m),
alpin, aber im Alpengebiet einzeln auch tiefer herabsteigend. Sonst
nur noch im Jura.
Nur an wenigen Punkten der Balinger Alb auf den Schwamm-
felsen des Weißen Jura zwischen 900 und 1000 m.
OA. Balingen: Laufen [„am Grat", Mr. 1904]. — Tieringen
[„Hörnle", Kaui'P in HTüb. 1847; desgl. Hegelmaier, Ber. 1887;
desgl. Mr. 1904].
OA. Rottweil: Hausen a.T. [„an den Lochen", v. Entress-Fürsteneck
in HV. 1855; desgl. Herter 1878; desgl. Lechler u. Troll,
— 81 —
Flora 1844; desgl. Lechler, Snppl. 1844; „am Schaf berg",
Beschr. d. OA. Rottweil 1875 ; auf dem Lochenstein 960 m
Gradjiann!; desgl. Mr. 1904].
Bavtsia alinaa L.
Arktisches Gebiet (Nordamerika , Grönland , Island , Lappland,
arktisches Sibirien) ; europäische Gebirge ; Altai.
Im Alpengebiet von 1100-2680 m (Walhs 1100—2680 m,
Bayrische Alpen bis 2470 m), vorzugsweise hochalpin, aber in Mooren
auch tiefer hinabsteigend, so häufig im bayrischen Alpenvorland (bis
520 m). Sonst im Riesengebirge und mährischen Gesenke, im Jura
und den Vogesen.
Nur auf sumpfigen Wiesen des Feldberggebietes von 800 m
an aufwärts, hier aber häufig.
118: Eisten b. Hinterzarten, sumpfige Stellen, 800 m, Linder
[HBBV.: Neuberger 1887. Spenner 1826; Schildknecht, FlFrbg.;
Lauterer; Neuberger] .
130: Feldberg, sumpfige Stellen, 1000—1400 m, V^^ , Meigen
[HBBV.: VuLPiüS 1857, 1864, Maus 1888, Meigen 1896. J. Vul-
pius. Verz. 1799; Gmelin; Spenner; Döll, RhFl. u. BadFl. ;
Schildknecht, FlFrbg. ; Lauterer; Schneider; Neuberger; Binz].
Canipanula harhata L.
Alpen, Karpathen, südliches Norwegen.
Im Alpengebiet auf Matten und Weiden von 800—2700 m
(Wallis 900—2700 m, Ostschweiz bis 2400 m, Bayr. Alpen 900 bis
2100 m), vorzugsweise Hochalpen, aber auch in den Voralpen und
bis in die Täler herab. Auch in den Sudeten.
Im Gebiet nur:
OA. Wangen: Rohrdorf [Adelegg Kolb nach Schübe, u. Mart.
1834, Ducke nach MK. 1882).
Ccunpanida pusilla Hänke.
Endemisch in den zentraleuropäischen Gebirgen von den Pyre-
näen und der Auvergne bis zu den Ostalpen und Karpathen.
Im Jlpengebiet auf Felsen und Geröll von 1350—2430 m, vor-
zugsweise hochalpin, aber mit dem Flußgeröll oft tief herabsteigend,
in Südbayern bis Augsburg und Landshut (390 m). Auch im Jura
und auf den Vogesen.
— 32 —
Auf der Alb an schattigen Kalkfelsen und auf Felsenschutt des
Weißen Jura vom Donautal bis zum Ermstal, 600 — 800 m. Im
Schwarzwald auf dem Feldberg, 1200 — 1350 m, an feuchten Gneis-
und Granitfelsen und von da ins Wutach- und Gauchachtal an
Muschelkalkfelsen bis 450 m herab. Außerdem im Algäu und mit
dem Kies der Alpenfiüsse an der Hier bis Ulm, am Rhein bis Neuen-
burg, 220 m, und wenigstens vorübergehend bis Neufreistett und
Keimlingen.
OA. Reutlingen: Honau [„Lichtenstein" Schübler, Tüb. 1822; desgl.
Lechler u. Troll, Flora 1844; desgl. Lechler, Suppl. 1844].
OA. Tübingen: Gönningen [Mr. 1904].
OA. Tuttlingen: Tuttlingen [Döll, FlBad. 1855/62; MK. 1865].
— Fridingen [„Bronnen" v. Martens in HH. ; desgl. Lechler
u. Troll, Flora 1844; desgl. Lechler, Suppl. 1844; Felsen im
Donautal, Gradmann!].
OA. Urach: Urach [MK. 1882].
OA. Leutkirch: Aitrach [Ducke in HV. 1836; Gessler in HV. ;
„im lllerkies von Aitrach bis Ulm", Lechler, Suppl. 1844]. —
Tannheim [„Egelsee", Lechler u. Troll, Flora 1844].
OA. Ulm: Ulm [Valet in HV. ; Leopold, Dehciae sylv. florae Ulmensis
1728 als Camp, minor rotundifolia alpina; Lechler u. Troll in
Flora 1844].
OA. Waldsee: Hochdorf [Probst in HH. ; MK. 1882, Nachtr.].
OA. Wangen: Wangen [MK. 1865]. — Isny [MK. 1865]. —
Leupolz [„an der Argen" u. bei der Prasberger Brücke, MK. 1865].
— Rohrdorf [Eisenbach, Gmelin in HH.; desgl. MK. 1865],
OA. Hechingen: Zimmern [„am Zellerhorn", MK. 1882].
In Baden vom Feldberg abwärts im Wutachtal und seinen Neben-
tälern bis etwa 450 m herab, besonders an Kalkfelsen. Ebenso im
Donautal von Tuttlingen bis Sigmaringen (DFL 1805). Durch den Rhein
herabgeschwemmt an verschiedenen Stellen , überall aber wohl nur
vorübergehend. Nach Gmelin soll sie auch auf dem Beleben vor-
kommen , wurde hier aber von und seit Spenner nicht mehr be-
obachtet. Ebenso sind die Angaben über das Vorkommen am Boden-
seeufer (Verz. 1799; Jack) sehr zweifelhaft.
71: Zw. Neufreistett u. Helmlingen [Döll, BacfFl. 1859;
Klein]. In neuerer Zeit nicht beobachtet.
85: Rheininsel b. Ottenheim, Rheinkies, 155 m [HBBV].
In neuerer Zeit nicht beobachtet.
— 33 -
90: Weisweil [Sickenbei-ger. Schill 1877; Klein; Neuberger].
Wahrscheinlich verschwunden.
112: Beuron, Weißer Jura, schattige Felsen rechts der Donau,
600 — 800 m, ^/2, Bertsch [Jack; Gradmann; Kirchner u. Eichler].
— Bronnen, 7^ Bertsch, [Vulpius, Mitt. 1,371; Gradmann;
Kirchner u. Eichler].
113: Wildenstein, ^/s Bertsch, [Jack, Mitt. 3,18; Jack; Grad-
mann]. — Finstertal, ^k Bertsch, [Jack]. — Langen-
brunn [Gradmann]. — Hausen i. T., Bertsch [Gradmann].
— Gutenstein [Gradmann].
114: Sigmaringen [Jack].
127: Rheininsel b. Neuenburg, Rheinkies, 220 m, V2, Schlatterer
[HBBV.: 1885. Lang^ 1830. Hagenbach; Döll, RhFl. u. BadFl.;
Schildknecht, Nchtr. u. FlFrbg. ; Lauterer; Klein; Neuberger;
BiNz]. — Zw. Neuenburg u. Zienken, Rheinkies [Lang.
Schildknecht, Nchtr. 1862]. Wahrscheinlich nicht mehr vor-
handen.
130: Feldberg, feuchte Gneisfelsen, 1200—1350 m, V2, Meigen
[HBBV.: 1864. Franko Schildknecht^ Schildknecht, Nchtr.
1862 u. FlFrbg.; Döll, Jbr. 1864; Lauterer; Schneider; Klein;
Neuberger; Binz].
131: Lotenbachschlucht, Granitfelsen, Himmelseher.
132: Gauchachtal, Muschelkalk, 600—650 m, Himmelseher
[Brunner 1851; Döll, BadFl.; Zahn; Klein]. — Reis el-
fin gen, Muschelkalk, 700 m, Himmelseher [Döll, BadFl.
1859; Zahn]. — Bad B oll, feuchte Muschelkalkfelsen, 700 m,
2/3, Meigen [HBBV.: 1874. Döll, BadFl. 1859; Zahn]. —
Aselfingen, Muschelkalk, 550 m, Eckstein.
133: Wutachtal b. Blumberg, Muschelkalk, 500—550 m, Eck-
stein [Brunner 1851; Döll, BadFl.; Zahn; Klein]. — Ach-
dorf, Probst, — Blum egg. Probst.
139: Rheinweiler, Rheinkies, 230 m [Vulpius 1863. De Bary;
Lauterer; Schneider; Klein; Neuberger; Binz]. — Steinen-
stadt, Rheinkies, 230m [HBBV.: 1863, 1867. Vulpius 1863.
' Karl Heinrich Lang, geb. 24. Aug. 1800 in Singen, gest. 16. Okt.
1843 in Müllheim. 1827 Stadtpfarrer in Müllheim.
^ Verfasser der Flora von Rastatt 1830.
3 Josef Schildknecht, gest. 11. Sept. 1863 in Konstanz, Reallehrer
in Ettenheim, seit 1854 in Freiburg i. Br., 1862 Nachtrag zu S penn er 's Flora
Friburgensis, 1863 Flora von Freiburg i. Br.
3
— 34 —
De Bary; Lauterer; Schneider; Klein; Neuberger; Binz].
Nicht mehr vorhanden.
144: Grimmelshofen, Muschelkalk, 500m, Probst. — Weizen,
Probst. — Wutachtal b. Schieitheim, Muschelkalk, 450 m,
Probst [HBBV. Meister 1887]. — Stühlingen, Prob.st
[Stehle^ 1884. Zahn].
145: Beggingen, Probst.
152: Kleinkems, Rheinkies, 235 m [Sterk^. Winter, Mitt. 2.60;
Klein; Neuberger; Binz].
166: Rheinbrücke b. Säckingen, Brückenpfeiler, 285 m, 7i>
Meigen [Binz 1901; Linder, Mitt. 4,307].
Carex sempervwens Vill.
Endemisch in den süd- und mitteleuropäischen Gebirgen von
den Pj'^renäen und Apenninen bis zum Balkan und den Karpathen.
Im Alpengebiet an steinigen Abhängen , von 1000 — 2900 m
(Wallis 1400-2900 m, Bayr. Alpen bis 2370 m), alpin. Einzeln
auch tiefer, im bayrischen Alpenvorland an vielen Stellen ; auch im
Jura, bis zur Bölchenfluh bei Ölten.
Auf steinigen Abhängen und trockenen Wiesen im südwest-
lichen Albgebiet (Länge und Baaralb), in der Baar und im lUertal.
OA. Biberach: Unterdettingen [„Grasplätze an der Hier von Egel-
see bis Dettingen" Memminger, Beschreibung von Württ. 1841,
S. 291].
OA. Leutkirch: Kirchdorf [„Unteropfingen" Ducke in HV.; Mem-
minger 1. c.]. — Oberopfingen [Memminger 1. c.]. — Tann-
heim [„Egelsee" Memminger 1. c; Lechler u. Troll Flora 1844;
Lechler Suppl. 1844].
In Baden nur in der Baar ; hier an trocknen, sonnigen Wald-
rändern, sehr verbreitet.
111: Hirschhalde b. Dürrheim [Winter. Zahn 1889].
121: Öfingen [v. Stengel^ Döll, RhFl. 1843]. — Osterberg
b. Geisingen [v. Stengel. Döll, Bad Fl. 1855; Gradmann]. —
1 Josef Stehle, gest. 27. Febr. 1900 in Freiburg i. Br. (Mitt. 4,201).
2 Konrad Sterk, geb. 11. März 1851 in Mauenheim. gest. 16. Juni 1889
in Rheinweiler. 18ß9 Lehrer in Breitnau, 1873 in Krotzingen, 1874 Schul-
verwalter in Niederhof, 1875 Hauptlehrer in Rheinweiler. (Mitt. 2,113.)
■' Jakob V. Stengel, gestorben 7. Juli 1879 in Kenchen, Forstmeister
in Villingen, später in Stockach.
— 35 —
Talhof b. Geisingen [Zahn 1888. Zahn; Gradmann]. —
Roßberg b. Geisingen, 750 m [HBBV.: Schatz 1889J. —
Länge b. Gutmadingen u. Geisingen, ^/s [HBBV.: Schatz
1884, 1885, Hall 1889. Engesser^ Brunner 1851; Döll,
BadFL; Neüberger, PflB.; Zahn; Gradmann].
122: Mühliberg b. Möhringen [Döll, BadFL 1862].
133: Schacher b. Fürstenberg [Stehle 1869. Zahn]. — Gna-
dental b. Neudingen [Engesser. Zahn 1889].
Cochlearia saxcitUis Lmk.
Endemisch in den zentraleuropäischen Gebirgen von den Pyre-
näen , Cevennen und Apenninen bis zu den Karpathen und zum
thessalischen Olymp.
In der Alpenkette anscheinend überall nur auf Kalkfelsen und
deren Trümmern, meist zwischen 1300 u. 2200 m (Wallis bis 2200 m,
bayr. Alpen 1280—2080 m), alpin, aber öfters auch tiefer herabsteigend,
so mit dem Lech bis Augsburg, mit der Isar bis Landshut (400 m),
im Wallis bis 450 m (Porte du Sex). Sonst nur noch im Jura
und ganz vereinzelt im Gebiet der Fränkischen Alb (Schambachtal
Bez. Kipfenberg).
Nur auf den Weiß- Jura-Felsen der Alb vom Donautal bis zum
Hohenneuffen 600—800 m.
OA. Nürtingen: Neuffen [„Hohenneuffen" Mörike u. Fleischer
in HH.; desgl. Schübler Tüb. Nachtr. 1823; desgl. Lechler,
Steudel 1825 HTüb.! desgl. KE.! 1900; desgl. Mr. 1904].
OA. Spaichingen: Nusplingen [ühufels Riede briefl.].
OA. Tuttlingen: Tuttlingen [Gr. 1898]. — Fridingen [„Fri-
dingen-Bronnen" Gradmann 1898!; KE. 1900!; P. Bertsch]. —
Irrendorf [Sch. M. 1834 unter Eernera saxaUlis Rchb.].
OA. Urach: Dettingen [„Roßfelsen" Lechler in HV. 1852;
„Dettinger-Roßberg" Sch.M. 1834, Gradmänn 780 m!; Mr. 1904].
— Glems [FiNCKH in HV.; Grüner Felsen Kirchner in HH.;
desgl. Sch. M. 1834; HTüb.!; K. E. 1900!].
In Baden nur an den Felsen des Donautals.
112: Bärental, weißer Jura, 800 m, Beer. — Beuron, Weiß-
1 TZ.
Karl Engesser, geb. 1814 in Hüflngen (Löffingen?), gest. 25. Okt. 1892
in Hüfingen. Tierarzt daselbst. 1852 Flora des südöstlichen Schwarzwaldes mit
Einschluß der Baar. (Mitt. 3.33.)
3*
— 36 —
Jurafelsen, 600—700 m, 'I2, Bertsch [Jack, Mitt. 3, 18 (1892);
Jack; Gradmann; Kirchner u. Eichler].
113: Wildenstein, Weißjurafelsen , 800 m, ^i, Bertsch [HBBV.:
LiEHL 1895. Oltmanns, Mitt. 3, 320 (1895)]. — Werenwag
[Gmelin 1814. Gmelin; Döll BadFl. ; Klein; Jack; Grad-
mann]. — Schaufels b. Stetten a. k. M. [Gmelin 1814.
Gmelin].
Crepis blattarioüles Vill.
Pyrenäen, Alpen (steinige Grasplätze, von 1200 — 2200 m, alpin,
selten tiefer), Karpathen, Jura, Vogesen.
Im Gebiet nur:
130: Feldberg, Gebüsch 1300 m, Vs , Meigen [HBBV.: Yulpiüs
1864, Schlatterer 1884. Spenner. Spenner 1826; Hagenbach:
Döll, RhFl. u. BadFl.; Kirschleger, Schildknecht FlFrbg.;
Lauterer; Schneider: Klein; Neüberger; Binz].
Cystojyteris tnontana Link.
Nordamerika, Schottland, Skandinavien, Nordrußland, Sibirien,
Kamtschatka; zentraleuropäische Gebirge von den Pyrenäen und
Apenninen bis zu den Karpathen.
In der Alpenkette an schattigen Stellen, in bemoosten Wäldern
und an Felsen, fast immer auf Kalk, von 975 — 2240 m, alpin, nur
ausnahmsw^eise tiefer. Im Jura bis zum Weißenstein.
An Felsen in Gebirgswäldern der südwestlichen Alb.
OA. Rottweil: Dotternhausen [„am Plettenberg" Saütermeister
in HV. 1868!; „bei Hausen am Thann" MK. 1882].
OA. Spaichingen: Deilingen [„am Deilinger Berg" Hegelmaier
MK. 1882].
JDvaha aiuouJes L.
Labrador; süd- und mitteleuropäische Gebirge von den Pyrenäen
und Cevennen bis zu den Karpathen und zur Balkanhalbinsel und
von Sizilien bis Belgien und Südengland.
Im Alpengebiet vorzugsweise auf Kalkfelsen von 1600—3400 m
(Wallis 1800—3400 m, Bayr. Alpen 1720—2300 m). Vorzugsweise
hochalpin, doch wohl nur in der Unterart alpina. Die Unterart affinis
bewohnt besonders die Voralpen und den Jura, die Unterart montana
die tiefere Bergregion ; letztere Form ist auch auf der Fränkischen
Alb häufig; bei Regensburg in einer Höhe von 350 m ü. d. M.
— 37 —
Auf sonnigen Jurakalkfelsen der Schwäbischen Alb von 550
bis 960 m vom Durchbruchstal der Donau bis zum Wendtal bei
Steinheim. Außerdem auf dem Hohentwiel.
OA. Balingen: Ehingen [subsp. montana HTüb. !]
OA. Reutlingen: Eningen [„Mädlesfels" Valet in HH. , ebda.
Fahrbaeh: „Reutlingen a. d. Mädlesfelsen" MK. 1882; Gradm.
770 m!; KE. 1900!; Mr. 1904]. — Honau [Lichtenstein HH.].
— Pfullingen [„am Wackerstein" Mr. 1904].
OA. Rottweil: Hausen a. Thann [Fischer in HV. 1885; am
Lochenstein Kirchner in HH. , 960 m Gradmann!; „an den
Lochen" MK. 1865; Mr. 1904]. Bei Rottweil nur infolge von
Anpflanzung.
OA. Tübingen: Gönningen [KE. 1900 nach Mitt. von Schullehrer
Stumpf].
OA. Tuttlingen: Tuttlingen (?)• [„auf Felsen des Jurakalkes bei
Tuttlingen" Sch. M. 1834]. — Fridingen [„Bronnen" MK.
1865; desgl. Jack in Mitt. 1892 S. 16; „Bei der Ruine Kallen-
berg" Beer in Jh. 1901 S. XXV]. — Hohentwiel [Gmelin
Fl. bad. IV. 1826; Sch. M. 1834].
OA. Urach: Urach [Finckh in HV. 1853; „auf der Glemserstaig"
RÖ.SLER n, 1790; Schübler Tüb. 1822; Sch. M. 1834]. —
Dettingen [subsp. montana Finckh in HV. 1852; Roßberg,
Olgafels 780 m Gradmann!; Mr. 1904]. — Glems [Fischer,
Kirchner in HH.; subsp. montana HTüb.!; OAB. 1831; Sch. M.
1834, Wolfsfels 780 m Gradm. !].
OA. Heidenheim: Steinheim [„Im Wental" Rieber in Blätter d.
Schwab. Albvereins 1893].
OA. Blaubeuren: Blaubeuren [HH.; Marxens Alp 1826; M. Sch.
1834; subsp. montana^ bis 550m herab Gradmann!]. — Ger-
hausen [Th. Bauer!]. — Klingenstein [Gmelin in HV.] —
Schelklingen [Aachtal Mahler, Ulm 1898; „Schelklingen —
Ringingen" Gr. 1900]. — Schmiechen [Luithlen briefl.]. —
Weiler [v. Marxens in HV. 1819; „Blaubeuren im Tiefental"
MK. 1865; Kähnenbuch, am Geisenklösterle , Sirgenstein Th.
Bauer!].
OA. Ehingen: Ehingen [subsp. montana „am Kohlerberg bei
Ehingen" Fuchs in HV.; HH.; MK. 1865]. — Obermarchtal
[Pfeilsticker nach v. Marxens' Zettelkatalog].
OA. Geislingen: Geislingen [Lechler in HV. ; MK. 1865; KE.
1900!]. — Deggingen [Valet in HH.]. — Ditzenbach
— 38 —
[MK. 1882]. — Eybach [KE. 1900 nach Mitt. von Oberl.
Laüffer]. — Kuchen [subsp. montana Gradmanx in HV. 1888;
Michelsberg Gr.; KE. 1900]. — Überkingen [Laüffer briefl.].
— ünterböhringen [„Oberböhringer Höhe" Gradmaxn ! in
Jh. 1892 S. 103].
OA. Münsingen: Erbstetten | subsp. montana „ Unterwitzingen "
Troll in HV.].
OA. Hechingen: Beuren [Lörch 1890]. — Zimmern [„Zeller-
horn" Lörch 1890].
In Baden nur an Felsen des Donautals und am Hohentwiel.
112: Bronnen, weißer Jura, 750 m, Y2, Bertsch [Jack Mitt. 3,16
(1892); Jack; Gradmann; Kirchner u. Eichler], — Beuron,
Weißjurafelsen, 700—800 m, 2/2, Bertsch [HBBV. : Vulpius
1865. Verz. 1799; Jack; Gradmann; Kirchner u. Eichler].
113: Wilden st ein [Oltmanns, Mitt. 3,320 (1895)]. — W^e ren-
wag, weißer Jura, 750 m, Bertsch [Gmelin 1814. Gmelin;
Döll BadFl.; Klein; Jack; Gradmann]. — Finstertal, weißer
Jura, 72: Bertsch [Jack]. — Schaufels b. Stetten a. k. M.
[HBBV.: Vulpius 1865. Gmelin 1814. Gmelin; Jack; Grad-
mann].
114: Sigmaringen [Kirchner u. Eichler]. Hörnst ein, an Felsen
des Bittelschießer Tälchens |Saüerland 1888], subsp. affinis
Gradmann 1904, Jungmann subsp. affinis Gradmann 1904!
146: Hohentwiel, PhonoHth [HBBV.: v. StenCxEl 1840. Gmelin
1814. Gmelin; Schübler u. Martens; Döll, RhFl. u. BadFl.;
Höfle; Klein; Jack; Kirchner u. Eichler].
Gentiana excisa Presl (6r. acaulis L.).
Endemisch in den zentraleuropäischen Hochgebirgen von den
Pyrenäen bis zu den Ostalpen und den Karpathen.
Im Alpengebiet auf grasigen Plätzen und Felsen von 900 bis
2700 m, Bayr. Alpen 1360—2280 m, Wallis 900—2700 m ; vorzugs-
weise hochalpin, aber zuweilen tief herabsteigend, in Sttdtirol bis in
die Weinregion. Außerdem im Jura.
Im Gebiet nur :
130: Windgefällweiher b. Aha, Matten, 980 m, Meicex [HBBV.:
Liehl 1902. Wolfi 1884, Mitt. 1, 107; Kleix: Neuberger].
Gymnasiast in Freiburg.
— 39 —
Gnaphaliuin Kovvefficuui Gi nn.
Arktisches und hochnordisches Gebiet : Grönland, Island, Schott-
land, nördliches Skandinavien und Rußland, arktisches Sibirien und
Altai. Zentraleuropäische Gebirgskette von den Pyrenäen bis zi;
den Karpathen und zur Balkanhalbinsel ; Kaukasus und armenisches
Hochland.
Durch das ganze Alpengebiet, auf Alpenwiesen von 1300—2400 m
(Bayr. Alpen von 1690 — 2200 m). Sonst in den Vogesen, im Riesen-
gebirge und mährischen Gesenke, Erzgebirge, Bayr. Wald (980 bis
1460 m) ; fehlt dem Jura.
In Wäldern des höchsten Schwarzwaldes.
108: Kandel, Gneis, 1240m [Spenner 1826; Schildknecht FlFrbg.].
117: Schauinsland, Gneis, 1250m [Spenner 1826; Schildknecht
FlFrbg.; Lauterer; Klein; Neubercier].
128: Beleben, 1400 m [Spenner 1826; Kirschleger; Schild-
knecht FlFrbg.].
130: Rinken, 1200 m, Neuberger. — Feldberg, 1200— 1400 m,
72, Meigen [HBBV.: Fromherz 1885, Goetz 1894. Spenner
1826; Kirschleger; Döll BadFl.; Schildkneght FlFrbg. ; Lau-
terer; Klein; Neuberger; Binz]. — Zw. dem Bärental u.
dem Feldberg [Zahn, Mitt. 2,268 (1890)].
140: Blauen [Spenner 1826; Döll BadFl.; Schildknecht FlFrbg.;
Klein; Neuberger; Binz].
Gna2)halhini supinuni L.
Arktisches und hochnordisches Gebiet vom arktischen Amerika,
Grönland, Island, Schottland , nördl. Skandinavien und Rußland bis
zum Ural. Zentraleuropäische Gebirgskette von den Pyrenäen bis
zu den Karpathen, zum Kaukasus und armenischen Hochland.
Im Alpengebiet auf steinigen Plätzen und Alpweiden, besonders
in Schneemulden, von 1500—3000 m (Wallis 1750—3000 m, Bayr.
Alpen von 1690 — 2050 m), vorzugsweise hochalpin. Sonst im Riesen-
gebirge und mährischen Gesenke, im Jura auf dem Reculet.
Im Gebiet nur:
130: Feldberg, Matten, 1400-1500 m, ^/2, Meigen [HBBV.:
Vulpius 1857, 1864, Thiry. Alexander Bräunt Gmelin1826;
1 Alexander Braun, geb. 10. Mai 1805 in Eegensburg, gest. 29. März
1877 in Berlin. 1833 Professor der Botanik und Zoologie in Karlsruhe, 1S46
Professor der Botanik in Freiburg i. Br., 1850 in Gießen, 1851 in Berlin.
- 40 —
Spenner; Döll, RhFI. u. BadFl.; Kirschleger; Schildknecht,
FlFrbg. ; Lauterer; Schneider; Klein; Neuberger; Binz].
Gyi}SophUa vepens L.
Zentrale und südeuropäische Gebirge von den Pyrenäen und
der Auvergne bis zu den Karpathen und von den Apenninen bis
zum Harz.
Im Alpengebiet an felsigen Abhängen, auf Schutthalden, von
etwa 400—2700 m (Wallis 380-2700 m, Bayr. Alpen 490—2240 m),
alpin, aber oft im Geröll der Bäche herabsteigend, so im St. Galler
Rheintal bis Rheineck, im bayrischen Alpenverband bis zum Lech-
feld, mit der Isar bis Freising, früher bis Landshut und Landau.
Auch im Jura (Dole und Reculet), auf Gipshügeln am Harz und am
Vogelsberg in Hessen.
Nur an der Hier und am Rhein.
OA. Leutkirch: Aitrach [an der Hier Martens 1832, Gessler
1861 nach MK. 1882].
139: Rheinweiler angeschwemmt.
Herniaria alpina L., nach MK. 1865 von Apotheker Etti
in Wangen als im Bett der Argen gefunden eingesandt, sonst nicht
wieder beobachtet, fehlt den angrenzenden Algäuer und Vorarlberger
\lpen und bleibt in seinem Vorkommen daher etwas rätselhaft.
meracium aurantiacuni L.
Europäische Gebirge von Kantabrien, den Pyrenäen und der
Auvergne bis zu den Karpathen und zur Balkanhalbinsel und von
den Apenninen bis Norwegen.
Im Alpengebiet auf Wiesen von 1300 bis über 2600 m (Wallis
1400—2600, Bayr. Alpen 1400—2070 m), alpin. Sonst im Riesen-
gebirge und mährischen Gesenke, Beskiden, Böhmerwald (610 bis
1100 m), Harz (ob ursprünglich ?}, Jura (ob ursprünglich ?), Vogesen.
Auch als Zierpflanze und häufig verwildert.
130: Feldberg, Gebüsch, 1400 m, Vs, Schlatterer [HBBV.:
Liehl 1899. Spenner 1820. Spenner; Döll, RhFI. u. BadFl.;
Kirschleger; Lauterer; Klein; Neuberger; Binz]. Der jetzige
Standort ist nicht der von Spenner entdeckte ; an diesem wurde
die Pflanze seit 1820 nicht mehr aufgefunden.
149: Beitzenhardt b. Weildorf, 500 m [Jehle' 1891. Jack,
Pfarrer in Bcuren bei Heiligenberg.
— 41 —
Mitt. 2,376; Jack]. — Moos b. Andelshofen, 460 m [Böhm'
1884. Mitt. 1,122; Jack]. Wohl nur vorübergehend.
Hieracium, Jacquinil Vill.
Endemisch in den zentral- und südeuropäischen Gebirgen von
den Pyrenäen und Apenninen bis zu den Ostalpen und Karpathen.
Im Alpengebiet auf Kalkfelsen von 1130 — 2200 m, nicht selten
auch tiefer, bis zu 400 m herab. Außerdem nur im Jura.
Auf den Jurakalkfelsen der Schwäbischen Alb vom Donautal
bis ins Filsgebiet (Eybach). Hohentwiel.
OA. Balingen: Laufen [„Schalksburg" v. Entress-Fürsteneck in
HV. 1860].
OA. Nürtingen: Neuffen [„Hohenneuffen" Lechler in HV.; desgl.
in HH.; desgl. Sch. M. 1834].
OA. Rottweil: Hausen am Thann [„Lochen" v. Entress-Fürsten-
eck in HV. 1855; Schaf berg, MK. 1882J.
OA. Tuttlingen: Tuttlingen [Sch. M. 1834]. — Fridingen
[„Bronnen" in EH.; desgl. MK. 1865; desgl. Gradmann, 780m!].
— Hohentwiel [Karrer in HH. ; MK. 1865; Gradmanm!].
OA. Urach: Urach [Sch. M. 1834]. — Dettingen [MK. 1882]. —
Donnstetten [Kemmler in HV. u. in HH.; MK. 1865]. —
Seeburg [HH. ; Hiller, Alp 1805; Sohübler, Tüb. 1822]. —
Wittlingen [MK. 1865; Dieterich in Jh. 1904]. — Wür-
tingen [„St. Johann", Sch. M. 1834].
OA. Blaubeuren: Blaubeuren [Schübler, Tüb. 1822; Wilhelms-
felsen ca. 650 m , Gradmann ! ; Seißener Steige , Metzgerfelsen,
Th. Bauer!]. — B ollin gen [„im Kiesental ", Mahler, Ulm 1898].
— Herrlingen [„im Lautertal", Mahler, Ulm 1898]. —
Klingenstein [W. Gmelin in HV. ; HH.; Sch. M. 1834]. -
Schelklingen [Mahler, Ulm 1898]. —Weiler [„im Tiefental"
Sch. M. 1834]. — Wippingen [„im Lautertal", Mahler,
Ulm 1898].
OA. Ehingen: Lauterach [„im Wolfstal", Sch. M. 1834].
OA. Geislingen: Geislingen [KM. 1865; KE. 1900!]. — Auf-
hausen [HH.; MK. 1882]. -- Eybach [HV. ! ; Schübler, Tüb.
1822]. — Wiesensteig [,.am Reußenstein" HH.; desgl. MK.
1865].
Institutsvorsteher in Hornberg.
— 42 —
OA. Kirchheira: Owen [„Teck" HV. ! ; KE. 1900 nach Mitt. von
Dieterich].
OA. Münsingen: Erbstetten [„Unterv/ilzingen", Troll in HV. !;
„im Lautertal" aut.]. — Hayingen [„im Glastal", Sch. M. 1834].
In Baden nur im Donautal und auf dem Hohentwiel.
112: Bronnen [Rösler^ 1838. Vülpius, Mitt. 1,371; Jack; Grad-
mann; Kirchner u. Eichler]. — Beuron, Weißjurafelsen, 610
bis 680 m, 2/2, Bertsch [Vulpius, Mitt. 1.372; Jack; Grad-
mann; Kirchner u. Eichler].
113: Werenwag [v. Stengel, DölP. Döll, BadFI. 1859; Klein;
Jack; Gradmann], — Schloß Hausen [v. Stengel. Döll,
RhFl. 1843 u. BadFI.; Klein; Jack; Gradmann]. — Zw. Tier-
garten u. Gutenstein [Jack^. Jack; Gradmann; Kirchner
u. Eichler]. — Wilden st ein, Vi, Bertsch.
114: Inzigkofen [Vulpius 1865. Mitt. 1,379; Jack; Gradmann;
Kirchner u. Eichler].
146: Hohentwiel, Phonolith [HBBV. : Apfel 1889. HöfleM836.
Höfle; Döll, BadFI.; Merklein; Meister; Klein; Jack;
Kirchner u. Eichler].
Hoiiiof/i/ne alpina Cass.
Endemisch in den zentraleuropäischen Gebirgen von den Pyrenäen
bis zu den Karpathen und zum Balkan.
Im Alpengebiet besonders an moosigen Stellen in Wäldern,
im Knieholz und auf Alpenmatten von 1000—2870 m (Bayrische
Alpen von 1120— 2300 m); alpin, selten tiefer, so in Südbayern bis
München. Sonst noch im Riesengebirge, Erzgebirge, Fichtelgebirge,
Böhmerwald (im Bayrischen Wald von 630 — 1470 m), im südlichen
und mittleren Jura.
^ Karl August Eösler, Hüttenamtsbuchhalter in Ludwigstal. 1839
Flora von Tuttlingen (in Köhler: Tuttlingen . Beschr. u. Gesch. dieser Stadt
und ihres Oberamtsbezirks. Tuttl. 1839).
2 Johann ChristofDöll, geb. 21. Juli 18Ü8 in Mannheim, gest. 10. März
1885 in Karlsruhe. 1840 Lehrer an der höheren Bürgerschule in Mannheim. 1843
Oberbibliothekar in Karlsruhe, 1858 Oberstudienrat. 1843 Rheinische Flora,
1855—1862 Flora des Großherzogtums Baden. (Mitt. 1,183.)
3 JosephBernhardJack, geb. 19. März 1818 in Stefansfeld bei S aleni.
gest. 24. August 1901 in Konstanz. 1848—1874 Apotheker in Salem, lebte dann
in Konstanz. 1900 Flora des Kreises Konstanz. (Mitt. 4,245.)
* M. A. Höfle, geb. 2. April 1818 in Markdorf, gest. 4. Februar 1855 in
Heidelberg. 1850 Flora der Bodenseegegend.
— 43 —
Auf der Adelegg (Waldwiesen) und im Feldberggebiet 1000
bis 1450 m.
OA. Wangen: Gro lUiolzleut e [„Auf dem Schwarzen Grat" Ducke
in HV. 1830]. — Rohrdorf [Lingg1832; „auf der Adelegg"
ScH. M. 1834, 1100 m MK. 1882].
130: Feldberg, Matten, 1450 m, V2, Meigen [HBBV.: Döll, Stehle
1886, ScHLATTERER 1903. Spanner 1824. Spenner; Hagen-
bach; Döll, RhFl. und BadFl.; Kirschleger, Schildknecht
FlFrbg. ; Lauterer; Schneider; Klein; Neuberg er; Binz]. —
Bärental, 1000 m [Zahn, Mitt. 1,397 (1888)].
Hutcliinsia alpina R. Br.
Zentral- und südeuropäische Gebirge von Asturien, den Pyre-
näen und Apenninen bis zu den Karpathen,
Im Alpengebiet auf Schutthalden und Geröll, vorzugsweise auf
Kalk, von 1500—3000 m (Wallis von 1500 und besonders von 2000
bis 3000 m, Bayr. Alpen 1720—2670 m), vorzugsweise Hochalpen,
aber häufig mit den Flüssen herabsteigend, so am Lech bei Augs-
burg, an der Isar bis Landshut.
Nur an der Hier.
OA. Laupheim: Wiblingen [auf dem lllergeschiebe 1878 Herter
nach MK. 1882].
OA. Leutkirch: Aitrach [auf den Geschiebebänken der Hier
1832; Martens u. Fleischer nach MK. 1882].
Leontodon Pyrenaicus Gouan.
Zentral- und südeuropäische Gebirge: Asturien, Pyrenäen,
Cevennen, Auvergne, Dauphine, Alpen und Apenninen.
Im Alpengebiet auf Alpenmatten von 1200—2870 m (Wallis
1600—2870, Bayrische Alpen 1720—2350 m), vorzugsweise hoch-
alpin ; sonst nur noch in den Vogesen , hier von 1000 — 1400 m
häufig.
Auf Bergwiesen durch den ganzen Schwarzwald vom Belchen
und Feldberg bis Gernsbach 700—1400 m; fehlt nur dem östlichen
Schwarzwald.
OA. Freudenstadt : Baiersbronn [„am Mummelsee" Haist in HV.;
„auf dem Katzenkopf," „auf dem Kniebis" Sch. M. 1834 unter
Apargia alpina Host.; 860 m Rösler bei MK. 1882; „am
Mummelsee" M. K. 1865; „vom Kniebis bis zum Katzenkopf"
K. E. 1900].
— 44 —
In Baden auf Voralpenwiesen des ganzen Schwarzwaldes bis
gegen Gernsbach [Düll].
68: Gernsbach [Döll, RhFl. 1843 und BadFl.].
73: Hornisgrinde, Buntsandstein, 1160 m, Meier [HBBV.: Jung,
Thiry 1852. Feaxk 1830]. — Hauersköpfe, 950 m [Frank].
— Hundsbach, 710 m [Frank].
83: Knie bis, Buntsandstein, 950 m [HBBV.: Döll. Frank 1830:
Kirchner u. Eichler].
92: Hühnersedel, Buntsandstein, 740 m, Götz.
108: Kandel, Gneis, 1240 m, Götz [Gmelin 1814. Gmelin].
117: Schauinsland, Matten, 1280 m, Linder [HBBV. : Thiry 1850.
Spenner 1826; Lauterer; Klein; Neuberger].
128: Beleben, Matten, 1300—1400 ra, ^h, Fr. Meigen [HBBV.:
Döll, Vulpius 1860. Gmelin 1814. Gmelin; Spenner; Hagen-
bach; Lauterer; Klein; Neuberger].
129: Zw. Halde und Wiedener Eck, Matten und lichte Stellen,
^/2, Fr. Meigen.
130: Feldberg, Matten, 1200-1400 m, ^2, Meigen [HBBV.: Thiry
1861, Döll. Verz. 1799; Gmelin; Spenner; Lauterer; Klein;
Neuberger]. — Herzogenhorn, Matten, 1400 m, Linder.
Linnria alpina Mill.
Endemisch in den zentral- und südeuropäischen Gebirgen, von
den Pyrenäen bis zu den Karpathen und auf allen drei südlichen
Halbinseln.
Im Alpengebiet auf Geröll von 1500 — 3400 m (Bayrische Alpen
von 1790 — 2570 m); vorzugsweise hochalpin, aber öfters mit den
Flüssen herabsteigend, in Südbayern mit dem Lech bis Augsburg,
mit der Isar bis Landshut (400 m) , mit der Hier zur Donau und
hier bis Dillingen; auch am Bodenseeufer bis Wasserburg. Sonst
nur noch im Jura.
Im Geschiebe der Hier bis Ulm , ehemals auch am Rhein bis
Neuenburg.
OA. Laupheim: Wiblingen [v. Martens, Bemerkungen auf einer
Reise von Stuttgart nach Ulm. 1822; Sch. M. 1834].
OA. Leutkirch: Aitrach [Gessler in HV. 1861; „Hier bei Aitrach"
in HH.; Lingg 1822; Sch. M. 1834]. Tann heim [Illerkies
bei Egelsee 1843 HTüb.!]
OA. Ulm: Ulm [Valet in HV.! HTüb.!: M. K. 1865].
In Baden nur vorübergehend vom Rhein herabgeschwemmt.
— 45 —
127: Neuenburg, Rheinkies, 220 m [Lang 1830. Hagexbach].
Nicht mehr vorhanden.
139: Stein enstadt, Rheinkies, 230 m [HBBV.: Vulpius 1863.
Vulpius 1863. De Bary; Döll, Jbr. 1866; Lauterer;
Schneider; Klein; Neuberger; Binz]. Nicht mehr vorhanden.
Lti^ula spadicea DC.
Arktisches Gebiet (Labrador, Grönland, Lappland, Sibirien).
Zentraleuropäische Gebirge von den Pyrenäen und nördlichen Apenninen
bis zu den Ostalpen und Karpathen.
Im Alpengebiet auf Weiden, grasigen Abhängen, in Felsspalten,
vorzugsweise auf kalkarmem Gestein, besonders Granit, von 1320
bis 3100 m (Wallis 1700—3100 m, St. Gallen und Appenzeller
Alpen, 1700—2600 m. Bayrische Alpen 1790—2270 m, Tirol 1320
— 2840 m), vorzugsweise hochalpin. Sonst nur noch in den Hoch-
vogesen (1150 — '1300 m); fehlt dem Jura.
Nur im südlichen Schwarz wald.
128: Beleben, bewachsene Felsbänder, 1350 m, Vs, Müller [HBBV. :
Schildknecht 1858, Vulpius 1866, 1868. v. Schauenburg
1810 \ Spenner; Hagenbagh, Spl.; Döll, BadFl.; Schildknecht
FlFrbg. ; Lauterer; Schneider; Klein; Neuberger; Binz].
130: Feldberg, Christ [Gmelin 1818. Gmelin; Hagenbach Spl;
Kirschleger; Neuberger; Binz]. In neuerer Zeit nicht be-
obachtet.
Lycopodimn alpinrnn L.
Nördliches Europa (Großbritannien, Skandinavien, nördliches
Rußland), Asien und Nordamerika. Mittel- und südeuropäische Ge-
birge von den Pyrenäen bis zu den Karpathen und zur Herzegowina
und von den Apenninen bis zu den Ardennen und zum Harz.
Im Alpengebiet auf grasigen und steinigen Triften von 1300
— 2500 m (Bayrische Alpen von 1460 — 2100 m), vorzugsweise hoch-
alpin, selten in die Waldregion herabsteigend. Außerdem auf den
höchsten waldfreien Gipfeln mancher Mittelgebirge : Ardennen, Jura,
Vogesen, Sauerland, Rhön, Harz, Erzgebirge, Riesengebirge und
mährisches Gesenke, Böhmerwald und Bayr. Wald (940 — 1460 m).
Matten und Triften auf der Adelegg und im Schwarzwald vom
Beleben und Feldberg bis zur Hornisgrinde 1000--1500 m.
^ Sebastian von Schauenburg, geb. 1780 in Herrlisheim , gest.
14, Juli 1813 (Kirschleger, Flore d'Alsace Bd. 2. XL VIII).
— 46 —
OA. Freudenstadt: Baiersbronn [„Hornisgrinde" Hegelmaier
in HV. 1865; „Hinterlangenbach etwa 1040 m" M. K. 1882]. —
Reinerzau [„Reinerzau — Alpirsbach" K. E. 1900 nach Mit-
teilungen von Lehrer Walde].
OA. Wangen: Großholzleute [„am Schwarzen Grat" v. Degen-
feld in HV. 1874; M. K. 1882].
In Baden auf den Matten des höchsten Schwarzwaldes. Das
Vorkommen im Jungholzer Moor bei Säckingen (Binz) ist sehr fraglich.
101: Stockwald bei St. Georgen [Stehle 1887, Mitt. 1,303;
Klein].
117: Schauinsland [Thiry\ Schill 1877]. — Hofsgrund
[Götz 1882. Mitt. 1,13; Klein; Neüberger].
128: Beleben [HBBV.: Vülpiüs 1861, 1862. Vulpius 1861. Schild-
knecht, Nchtr. u. FlFrbg. ; Lauterer ; Schneider ; Klein ; Neü-
berger; Binz].
130: Feld barg, Matten, 1000— 1500 m, ^'2, Meigen [HBBV.: Vül-
piüs 1857, 1867, ScHNEYDER 1882. Hall er 1740 -. Spentser;
Döll, RhFl. u. BadFl.; Kirschleger; Schildknecht, FlFrbg.;
Lauterer; Schneider; Klein; Neüberger; Binz]. — Herzogen-
horn, Matten 1360 m, V2, Müller.
142: Todtmoos [Binz].
Meuni miitellina Gärtn.
Mittel- und südeuropäische Gebirge von den Pyrenäen und
Korsika bis zu den Karpathen und zur Balkanhalbinsel.
Im Alpengebiet auf Triften verbreitet von 1300 — 2800 m
(Wallis 1600—2800 m, Bayrische Alpen 1570—2340 m), vorzugs-
weise hochalpin. Sonst im Riesengebirge und mährischen Gesenke,
im Böhmerwald (Bayrischer Wald 1070 — 1460 m) ; fehlt im Jura.
Auf Voralpentriften des höchsten Schwarzwaldes, häufig nur
auf dem Feldberg. Gmelin gibt an, die Pflanze auch auf dem Beleben
gesehen zu haben, wo sie jedoch schon von Spenner wie auch später
stets vergeblich gesucht wurde.
> Prakt. Arzt in Freiburg- i. Br., gest. 1892.
^AlbrechtvonHallcr, geb. 16. Okt. 1708 in Bern, gest. 12. Dez.
1777 in Bern. 1729 prakt. Arzt in Bern, 1735 Stadtarzt und Stadtbibliothekar,
1736 Professor der Medizin, Anatomie, Botanik und Chirurgie in Ööttingen.
Gründer und erster Präsident der Göttinger Akademie der Wissenschaften. Lebt
von 1753 an als Rathausammann wieder in Bern.
— 47 —
100: Schonach, Matten, 900 m, -/i, Guabendörfer [San db erger ^
DöLL, Jbr. 1863; Lauterer; Klein; Neuberger]. — Zw.
Schonach und Oberprechtal [Sandberger. Döll, Jbr,
1863].
109: Vöhrenbach [Stöhrl DFl. 1805].
130: Feldberg, 1100—1450 m, V2, Meigen [HBBV. : Frank, Mozer
1844, VuLPius 1857. J. Vulpius. Verz. 1799; DFL; Gmelin;
Döll, RhFl. u. BadFl.; Spenner; Kirschleger; Schildknecht,
FlFrbg. ; Lauterer; Schneider; Klein; Neuberger].
JV^igritella angustifolia Rick.
Nördliches Skandinavien. Zentral- und südeuropäische Gebirge
von den Pyrenäen und Apenninen bis zu den Karpathen und der
Balkanhalbinsel.
Im Alpengebiet auf Wiesen und Weiden von 1200 — 2550 m
(Wallis 1400—2550 m, St. Galler und Appenzeller Alpen 1250 bis
2200 m. Bayrische Alpen 1690—2280 m). Vorzugsweise hochalpin.
Sonst nur noch im Jura, vom Reculet bis zum Weißenstein.
131: Kohlhalden bei Bonndorf, Wiese, 800 m, Vi, Neuberger
[HBBV.: Nägele 1868, Neuberger 1892. Nägele 1865, Mitt. 3,
183; Seubert, Verh. 1866; Döll, Jbr. 1866; Zahn; Klein;
Neuberger].
Orchls (jlobosHS L.
Zentral- und südeuropäische Gebirge von den Pyrenäen und
Apenninen bis zu den Karpathen und zur Balkanhalbinsel ; Kaukasus.
In Podolien, Südwestrußland und der Moldau auch im Tiefland.
Im Alpengebiet auf Wiesen und Triften von 900 — 2400 m
(Wallis 1000—2400 m, St. Galler und Appenzeller Alpen 1100 bis
2300 m, Bayr. Alpen 900—2110 m), alpin, aber nicht selten auch
tiefer, im bayrischen Alpenvorland an vielen Orten, bis 620 m herab.
Sonst im Riesengebirge und mährischen Gesenke , Erzgebirge bis
530 m herab und böhmischen Mittelgebirge, im Jura und den Vogesen.
Auf Berg- und Waldwiesen des Feldberggebiets (800— 1050 m)
und von hier bis nach Thingen herab (500 m). Auf der Alb vom
' Fr idolin Sandberger, geb. 22. Nov. 1826 in Dillenburg, gest.
11. April 1898 in Würzburg. 1854 Professor der Mineralogie und Geologie in
Karlsruhe, 1863 in Würzburg.
■■* A d a m S t ö h r , Landschaftstierarzt (in Donaueschingen ?). Gewährsmann
der Donauflora 1804—14.
— 48 —
Randen bis ins Filsgebiet und bis zum südlichen Härtsfeld, 550 bis
900 m.
OA. Balingen: Onstmettingen [Hegelmaier, Ber. 1890].
OA. Nürtingen: Neuffen [Sch. M. 1834; Mr. 1904].
OA. Reutlingen: Eningen [Beschr. d. OA. Urach 1831; Sch. M.
1834]. — PfuUingen [MK. 1865; KE. 1900!; Mr. 1904]. -
Willmandingen [„Bolberg" Mr. 1904].
OA. Rottenburg: Mössingen [„Dreifürstenstein" MK. 1865]. —
Öschingen [Mr. 1904].
OA. Rottweil: Hausen am Thann [„an den Lochen" KE. 1900,
nach Mitt. von Oberlehrer Lauffer; Mr. 1904].
OA. Spaichingen: Schörzingen [„am Oberhohenberg" Saüter-
MEisTER bei MK. 1882].
OA. Tübingen: Gönningen [Mr. 1904].
OA. Urach: Urach [Finckh in HV. 1853; OAB. 1831; „Hohen-
urach« Sch. M. 1834]. — Dettingen [OAB. 1831]. — Glems
[Lechler in HV. 1852; HH.; „Wolfsfelsen, Glems" Sch. M.
1834; Hochwiesen 550 m, Gradmann!; Mr. 1904]. — Bulben
[„Zw. Urach u. Neuffen^' Schübler, Tüb. 1822; „Bulben", ^Buk-
leter" Sch. M. 1834].
OA. Neresheim: Dischingen [Fuß des Orbergs MK. 1865].
OA. Ehingen: Ehingen [Eichler in OAB. 1893. nach Aufzeichnung
von Oberreallehrer Gauss].
OA. Geislingen: Gingen [„Grüner Berg" MK. 1882].
OA. Göppingen: Du mau [„Alb der Dürnauer Gegend" MK. 1865;
„am Kornberg bei Dürnau" KE. 1900].
OA. Kirchheim: Owen [„Teck" Sch. M. 1834]. — Weilheim
[„am Bosler" KE. 1900, nach Mitt. von Pfarrer Hochstetter].
OA. Leutkirch: Aitrach [„Rot bei Dreherz" MK. 1865].
OA. Hechingen: Zimmern [„am Zellerhorn" MK. 1865; desgl.
Mr. 1904].
In Baden auf Gebirgswiesen des höheren Schwarzwaldes, be-
sonders in der näheren und weiteren Umgebung des Feldbergs, und
auf dem Randen.
118: Löffeltal, 800 m, Himmelsehkr. — Alpersbach, Wiesen.
1000 m, V2, Himmelseher [HBBV. Neuberger 190L Spenner
1825; DöLL, BadFL; Schildknecht, Nchtr. u. FlFrbg.; Neu-
berger].
— 49 —
119: Schollach, Wiesen, 950 m, Himmelskher [Neuberger 1898].
— Schwärzenbach, 1050 m, Himmelseher. — Langen-
ord nach, 900 m, Himmelseher. — Reichenbachtal b.
Rudenberg, 900 m, Himmelseher.
129: St. Wilhelm, 800 m, Neuberger [Spenner 1825; Döll,
BadFl.; Schildknecht, FlFrbg. ; Neuberger].
130: Feldberg [HBBV. : Frank. Hagenbach 1834; Döll, RhFl.;
Kirschleger; Schneider; Klein]. — Rinken, Wiesen, 1200 m,
V2, Neumann [HBBV.: Baumgartner 1889. Schildknecht, Nchtr.
1862; Neuberger]. — Bärental, Wiesen, 900 m, V2, Neu-
mann [HBBV.: Fromherz, Döll, Vulpius 1861. Fromherz^
Gmelin 1826; Spenner; Döll, BadFl.; Schildknecht, Nchtr.
u. FlFrbg.; Neuberger]. — T i t i s e e , Wiesen, 850 m, Himmel-
seher [HBBV.: Vulpius 1861].
131: Saig, 1000 m, Himmelseher [Spenner 1825; Döll, BadFl.;
Sohildknecht, FlFrbg.].
132: Blum egg [Klein]. Nicht mehr vorhanden.
133: Zw. Behla u. Fürstenberg [Engesser 1850. Brunner;
Engesser; Döll, BadFl.; Zahn; Klein; Gradmann]. — Gnaden-
tal [Engesser 1852; Stehle; Zahn; Gradmann].
144: Schloßranden b. Schleitheim, 750 m, V2, Probst.
156: Hüllerwald b. Thiengen, Muschelkalk, 500 m [Welz,
Mitt. 1,149 (1884); Klein].
I^ediculat'is foliosa L.
Endemisch in den zentral- und südeuropäischen Gebirgen von
Katalonien, den Pyrenäen und der Auvergne bis zu den Apenninen
und den Ostalpen.
Im Alpengebiet auf steinigen Grasplätzen von 1400 — 2400 m
(Wallis 1400—2400 m , St. Galler und Appenzeller Alpen 1500 bis
2000 m, Bayr. Alpen 1500—2100 m) , alpin, selten tiefer, so auf
der Heide zwischen Wallgau und Krünn an der Isar (800 m) mit
Anemone narcissiflora. Sonst im Jura (bis zum Chasseral) und in
den Hochvogesen.
Nur im südwestlichen Albgebiet auf dem Hundsrück und Blasen-
berg ca. 650—880 m.
^ Karl Fromherz, geb. 10. Dezember 1797 in Konstanz, gest. 27. Januar
1854 in Freiburg i. Br. 1823 Professor der Chemie, 1836 auch der Mineralogie
in Freiburg i. Br.
4
— 50 —
OA. Balingen: Onstmettingen [Blasenberg. Pjempp!: Mr. 1904].
— Streichen [Vaihinger in HV. 1852 u. 1863'; „auf dem
Hundsrück bei Streichen an einem grasigen Abhang gegen
Bisingen auf der Grenze gegen Hohenzollern zwischen Gebüsch,
über 650 m hoch, in Gesellschaft mit Anemone narcissißora"
MK. 1882; Mr. 1904].
OA. Hechingen: Bisingen [Lechler in HV. 1852!: v. Extress-
FüRSTENECK. ebenda 1853: „auf dem Hundsrück auf Hohen-
zollernschem Gebiet bei Streichen" MK. 1865].
JPinguicula aljyina L.
Arktisches Sibirien; Baikalgebiet; europäische Gebirge, in den
nordischen Ländern auch im Tiefland.
Im Alpengebiet auf feuchten Felsen und moorigen Plätzen von
800-2350 m (Wallis 900—2350 m, Bayr. Alpen bis 2200 m),
alpin , aber öfters auch in die vorgelagerten Ebenen herabsteigend,
so in den Wiesenmooren des bayrischen Alpenvorlandes bis 480 m.
Sonst nur noch im südlichen Jura.
Auf Torfboden und nassen Felsen im Algäu und im westlichen
Bodenseegebiet, bis 400 m herab.
OA. Leutkirch: Wurzach [Ducke in HV. ! ; „Wurzacher Ried''
MK. 1865].
OA. Wald see: Aulendorf [Lechler in HV. !: MK. 1865]. —
Schussenried [Valet in HV. ! ; MK. 1865]. — Wolfegg [HV.!:
MK. 1882].
OA. Wangen: Isny [Sch. M. 1834].
Nur im Bodenseegebiet.
136/37: Ruhstetter Ried, Torfboden [Sautermeister \ Jack].
137: Frickinger Ried, Torfboden, 450 m [Fr. X. Baur-. Döll.
RhFl. 1843 u. BadFl. ; Höfle; Klein; Jack]. —Finkenhausen.
500m [Fr. X. Baur. Höfle 1850; Döll, BadFl.: Jack]. —
Beuren, 520 m [Jack].
148: Kargegg, nasse Molassefelsen, 450 m, Schmidle.
' Heinrich Joseph Sautermeister, geb. 2. Febrnar 1812 in Eotten-
burg a. N., gest. 18. September 1874 in Wald (Klosterwald). Apotheker
in Wald.
^ P>anz Xaver Baur, geb. 8. Dezember 1798 in Meßkirch, gest. 25. Mai
1891 in Ichenheim. 1822 Apotheker in Salem, 1845 in Ichenheim.
— 51 —
149: Gegenüber der Mainau, 400 m [X. Leiner ^ Düll, BadFl.
1859; Jack].
161: Wollmatinger Ried, 400 m |X. Leiner. Düll, BadFl. 1859;
Jack].
162: Rosenau b. Konstanz, 400 m [Jack]. — Staad, 400 m,
ScHJiiDLE [DöLL, BadFl. 1859; Klein; Jack]. — Zw. Egg u.
Mainau, 400 m [Jack, Mitt. 2,347].
Poa alpina L.
Arktisches Gebiet von Nordamerika, Europa und Asien. Euro-
päische, zentralasiatische und nordamerikanische Gebirge.
In der Alpenkette auf Wiesen und Triften, meist zwischen
1600 und 3600 m (Wallis 1600—3600 m, Ostschweiz von 1500 m
an, Bayr. Alpen 1330 — 2580 m), vorzugsweise hochalpin, aber öfters
auch in tiefere Regionen herabsteigend, in Südbayern bis Landshut
und Augsburg und bis zum Bodensee. Sonst noch im mährischen
Gesenke, Bayr. Wald, Hochvogesen und Jura.
Im südhchen Oberschwaben (Algäu, Hier, Bodensee).
OA. Leutkirch: Kirchdorf [„Unteropfingen" Ducke in HV.!; „ander
Hier bei Opfingen" Memminger, Beschr. v. Württ. 1841, S. 291].
— Tannheim [„Egelsee" Ducke in HV. ! ; Lechler u. Troll in
Flora 1844; Lechler, Suppl. 1844].
OA. Tettnang: Schnetzenhausen [„am Bodensee gegen Fisch-
bach" Herter in Jh. 1888, S. 199].
OA. Wangen: Wangen [Zengerle in HV. !; Lechler u. Troll 1. c. ;
Lechler 1. c.].
jPoff Cenisia All.
Arktisches Gebiet: Grönland, Lappland, arktisches Sibirien,
Kamtschatka. Europäische , vorder- und zentralasiatische Gebirge
von den Pyrenäen bis zum Himalaja und von Korsika bis Skan-
dinavien.
Im Alpengebiet auf steinigen Abhängen und Geröll, besonders
auf Kalk, von 1200—3200 m (WalHs 1800—3200 m, Bayr. Alpen
1300 — 2050 m) , vorzugsweise hochalpin, selten von den Flüssen
herabgeschwemmt , so von der Isar bis München (520 m). Sonst
nur noch im Jura.
^ Xaver Leiner, geb. 17. August 1801 in Konstanz, gest. 6. März 1846
in Konstanz. Apotheker daselbst.
— 52 —
Im Kies der Hier.
OA. Leutkirch: Oberopfingen [Ducke in HY. 1834!; MK. 1865].
— Tannheim [„Egelsee" Ducke in HV. 1839!; Lechler u.
Troll in Flora 1844; Lechler. Suppl. 1844].
Poa laxa Hänke. Die Angabe Gmelin's (1806), daß Foa laxa
auf dem Beleben vorkomme , ist sehr zweifelhaft. Die Pflanze ist
später nur ein einzigesmal gefunden worden (Frey, Mitt. 1,279) und
auch bei diesem Fund ist die Bestimmung nicht zweifellos.
JPolygoniuti vivijiaruni L.
Arktisch-alpine Pflanze von weitester Verbreitung. Durch das
ganze arktische Gebiet von Nordamerika, Europa. Asien , Grönland,
Island, Grinnell-Land, Spitzbergen, Novaja Semlja, Inseln des Berings-
meers. Auf den Hochgebirgen aller drei Erdteile : Rocky Mountains :
europäische Gebirge von den Pyrenäen und Abruzzen bis Schottland
und Skandinavien und zum Ural; Kaukasus, Himalaja, Altai, ost-
asiatische Gebirge. Am Altai auch in den niederen Steppen.
Im Alpengebiet auf Weiden und Matten von 1300—2850 m
(Wallis 1300—2850 m, Ostschweiz von 1400 m an aufwärts, Bayr.
Alpen bis 2570 m), vorzugsweise hochalpin, aber nicht selten auch
in tiefere Regionen herabsteigend, so besonders in Südbayern bis
München und Augsburg (490 m). Sonst nur noch im mittleren und
südlichen Jura.
Auf Bergwiesen der südwestlichen und mittleren Alb vom Heu-
berg bis ins Gebiet der Kirchheimer und der Ulmer Lauter (Schopf-
loch— Donnstetten — Feldstetten — Bermaringen). Außerdem an meh-
reren Punkten Oberschwabens, nördlich bis Laupheim.
OA. Balingen: Ehingen [Hegelmaier in HH. 1882; Mr. 1904].
— Meßstetten [„Hardtplateau zwischen Ehingen u. Hein-
stetten MK. 1882]. — Onstmettingen [Hegelmaier Ber. 1887].
— Streichen [„Hundsrück-Zitterhof KE. 1900 nach Mitt.
von Ad. Mayer]. — Tieringen [„von den Lochen bis gegen
Blaubeuren" MK. 1862].
OA. Reutlingen: Erpfingen [Kemmler in HV. 1834! : Ders. in HH.;
„Zwischen Lichtenstein und Erptingen" MK. 1865].
OA. Spaichingen: Böttingen [„auf dem Heuberg" MK. 1885;
„zwischen Dreifaltigkeitsberg u. Wehingen" Scheuerle briefl.].
OA. Urach: Böhringen [„Zwischen Feldstetten und Böhringen"
Moser in HV. 1825!; MK. 1865]. — Donnstetten [Kemmler
— 53 —
in HH. — MK. 1882]. — Zainingen [KE. 1900 nach Mitt.
von Dieteru'h].
OA. Blaubeuren: Bermaringen [„Im hinteren Ulmer Lautertal"
MK. 1865; ob noch vorhanden?].
OA. Kirchheim: Schopf loch [Kemmler in HH.].
OA. Laupheim: Laupheim [„Schemmerberger Halde" Eiberle in
HV. 1876!; Hegelmaier Der. 1887].
OA. Leutkirch: Oberopfingen [Ducke in HV. 1837!; „auf Iller-
wiesen bei Opfingen" MK. 1865].
OA. Münsingen: Feldstetten [Moser in HV. 1825!; Kemmler in
HH.; MK. 1865].
OA. Waldsee: Wolf egg [Herter in Jh. 1888].
OA. Wangen: Isny [VH.!; Sch. M. 1834].
OA. Hechingen: Zimmern [„am Zellerhorn" Lörch 1891].
Potentillci aurea L.
Endemisch in den zentral- und südeuropäischen Gebirgen von
den Pyrenäen und der Auvergne bis zu den Karpathen und der
Balkanhalbinsel.
Im Alpengebiet auf Wiesen und Triften, auch auf steinigem
Boden, von 1120—2800 m (Wallis 1350—2800 m, Bayr. Alpen
1120 — 2270 m), vorzugsweise hochalpin, aber einzeln auch in tiefere
Regionen herabsteigend, in Südbayern bis Kempten (1070 m). Sonst
im Riesengebirge, mährischen Gesenke, im mittleren und südlichen Jura.
Auf Voralpentriften des südlichen Schwarzwaldes.
109 : Vöhrenbach [v. Engelberg'. DFL 1814; Döll RhFl. u. BadFl.;
Brunner; Kirschleger; Schildknecht FlFrbg. ; Zahn; Klein].
117: Schauinsland, Matten, 1280 m, Neuberger [Neuberger].
129: Stübenwasen, Matten, 1380 m, ^/2, Schlatterer [Winter
Mitt. 1,311 (1887)]. — Trubelsmattkopf, Fr. Meigen. —
Wi edener Eck, Matten, 1130 m, Claussen.
130: Zw. Rinken u. Alpersbach, Fr. Meigen. — Feldberg;
Matten, 1400-1500 m, ^/2, Meigen [HBBV.: Jung, Döll,
'Joseph Meinrad Anton Engelberge r von Engelberg, geb.
27. Aug. 1764 in Donaueschingen, gest. 16. Okt. 1826 in Donaueschingen. Groß-
herzogl. badischer Medizinalrat und Anitsphysikus, fürstl. fürstenbergischer Leib-
arzt. 1804—1814 Flora der Gegend um den Ursprung der Donau und des Neckars
(DFL). (Fickler, Kurze Geschichte der Häuser Fürstenberg, Geroldseck und
von der Leyen, 1844, S. 58.)
— 54 —
VüLPiüs 1861, 1867,1876, Wetterhax 1877. Aberle^ DFL
1814; Gmelin; Spenner; Hagenbach; Döll RhFI. u. BadFl. ;
Kirschleger; Schildknecht FlFrbg.; Lauterer; Schneider;
Klein; Neüberger; Binz].
142: Todtmoos [Döll BadFl. 1862; Schildknecht FlFrbg.]. —
Mutterslehen [Döll BadFl. 1862; 'Schildknticht FlFrbg.].
— St. Blasien [Döll BadFl. 1862; Sildknecht FlFrbg.;
Lauterer; Binz].
Priniula auricula L.
Endemisch in den zentral- und südeuropäischen Gebirgen vom
Dauphine und den Apenninen bis zu den Karpathen und zur Balkan-
halbinsel.
Im Alpengebiet vorzugsweise an Kalkfelsen von 1000 — 2500 m
(WaHis 1500—2500 m, Bayr. Alpen 1360—2400 m), alpin, aber nicht
selten in, tiefere Regionen hinabsteigend ; sehr häufig auf den Wiesen-
mooren des Isargebiets in der Umgebung von München zwischen
450 und 600 m. Sonst nur noch im Jura.
Die Donauflora, sowie Spenner, Döll u. a. geben auch den
F'eldberg als Standort für Pritnula auricula an. In neuerer Zeit ist
sie hier niemals gefunden worden. Die Angaben über das Vor-
kommen im Donautal (Gmelin) und auf dem Blauen (DFL) beruhen
jedenfalls auf Verwechslungen.
118: Hirschsprung, Gneisfelsen, 600 m, V2, Schlatterer [HBBV.:
VuLPius 1844, Thiry 1851, Schlatterer 1882. Gmelin 1826;
Spenner; Döll RhFI. u. BadFl. ; Schildknecht FlFrbg.; Lau-
terer; Klein; Neüberger].
128: Beleben, Gneisfelsen, 1350 m, 'U, Müller [J. Vulpius. DFL
1805; Gmelin; Spenner; Hagenbach; Kirschleger; Neüberger;
Binz].
Manunciilus fnontamis Willd.
Zentral- und südeuropäische Gebirge von den Pyrenäen und
Apenninen bis zu den Karpathen und zum Kaukasus.
Im Alpengebiet auf Wiesen, Triften, in Schneetälchen von 900
bis 2900 m (Wallis 1000—2700 m, St. Galler und Appenzeller Alpen
900 — 2400 m, Bayr. Alpen bis 2500 m), alpin, aber nicht selten
auch tiefer herabsteigend, in den südbayrischen Mooren bis München
Chirurg, Gewährsmann der Donauflora 1804—1814.
— 55 —
und Augsburg (510 m). Sonst nur noch im mittleren und süd-
lichen Jura.
An sonnigen Abhängen der Alb vom Kriegertal bei Engen bis
zur Münsinger und ßlaubeurer Alb, etwa 000—900 m, in der Baar
und auf dem Feldberg.
OA. Balingen: Streichen [Mr. 1904].
OA. Reutlingen: Eningen [Fahrbach in HV. 1896!: KE. 1900;
Mr. 1904]. — Kleinengstingen [Mr. 1904].
OA. Rottenburg: Mössingen [„Am nördl. Abhang des Drei-
fürstensteins" MK. 1882; „am Farrenberg" HTüb. 1841!; KE.
1900; Mk. 1904]. — Tal heim [HH.; Mr. 1904].
OA. Rottweil: Hausen a. Thann [„An den Lochen bei Balingen"
MK. 1865; Mr. 1904].
OA. Spaichingen: Spaichingen [„Am Dreifaltigkeitsberg" MK.
1882].
OA. Tübingen: Gönningen [KE. 1900 nach Mitt. von Apoth.
Stein].
OA. Tuttligen: Tuttlingen [„In den Tuttlinger Bergen" Rösler
in HV.!; Sch. M. 1834].
OA. Urach: Urach [Finckh in HV. 1850!; „Hohenurach" in HH. ;
MK. 1865]. — Dettingen [MK. 1865]. — Seeburg [HH.;
HTüb.! Mr. 1904]. — Wittlingen [KE. 1900 nach Mitt. von
Dieterich; Dieterich in Jh. 1904].
OA. Blaubeuren: Schmiechen [„Zwischen Teuringshofen und
Schmiechen" MK. 1882],
OA. Ehingen: Ennahofen [„Zwischen Teuringshofen u. Schmie-
chen" MK. 1882].
OA. Kirchheim: Gutenberg [Mr. 1904].
OA. Leutkirch: Tann he im [an der Hier bei Egelsee HTüb.!].
OA. Münsingen: Böttingen [Dieterich in Jh. 1904]. — Bre-
melau [Troll in HV.!; 1844 Troll HTüb.!; MK. 1865].
OA. Gammertingen: Salmendingen [HH.; Sch. M. 1834;
„Kornbühl" Lörch 1890; Mr. 1904].
OA. Hechingen: Hausen [HH.]. — Zimmern [„Zellerhorn"
Lörch 1890].
In Baden im Juragebiet, besonders in der Baar. Sonst nur
noch auf dem Feldberg.
120: Grüningen, 750 m [Stehle 1858. Zahn; Stehle; Klein].
— Buchberg b. Donaueschingen [Renn. DFL 1814; Döll
— 56 —
RhFl. u. BadFl.; Brünner; Engesser; Neubeeger PflB.; Zahn;
Klein].
121: Osterb erg b. Geisingen [Winter Mitt. 1,43 (1882); Zahn;
Klein; Gradmann]. — Länge b. Gutmadingen u. Geisingen,
600—700 m, 'h [HBBV.: Schatz 1884. Brunner^ 1847.
Brunner; Engesser; Döll BadFl.; Zahn; Klein; Gradmann]. —
Pfaffental b. Geisingen [Schatz. Zahn 1889; Klein].
122: Immendingen [v. Schreckenstein ^ Verz. 1799; DFL; Döll
RhFl. u. BadFl. ; Brunner; Engesser; Zahn; Klein; Gradmann].
— Möhringen [Eitenbenzl DFL 1814 ; Döll RhFl. u. BadFl. ;
Zahn; Klein; Gradmann].
130: Feldberg, lichte Wälder, 1300—1400 m, ^1-2, Himmelseher
[HBfeV,: Frank, Maus 1889. Spenner. Spentjer 1829; Döll
RhFl. u. BadFl. ; Kirsghleger; Schildknecht FlFrbg. ; Lauterer;
Schneider; Klein; Neuberger].
134: Kriegertal b. Talmühle, Gebüsch, 600m, Meigen [HBBV.:
Jack 1854. Döll BadFl.; Zahn; Klein; Jack; Gradmann].
Saxifraga cil^omi
s. oben S. 18.
Sagina Linnaei Presl.
Arktisches Europa, Asien und Nordamerika. Europäische Ge-
birge von der Sierra Nevada bis Schottland und Skandinavien und
von den Pyrenäen und der Auvergne bis zum Ural und zum Kau-
kasus; Altai; Atlas.
Im Alpengebiet an feuchten, quelligen Stellen, in Felsspalten von
1230—2600 m (Wallis 1400—2600 m, Bayr. Alpen 1230—2360 m),
alpin. Sonst im Riesengebirge, mährischen Gesenke, Böhmerwald
(Bayr. Wald 750—1460 m), im Jura und vereinzelt im bayrischen
Alpenvorland.
» Fidel B r u n n e r , geb. 11. April 1809 in Neustadt i. Schw., gest. 28. Sept.
1890 in Ballrechten b. Staufen. 1832 Vikar in St. Trudpert, 1837 Kaplan in
Mundelfingen , 1847 Pfarrer in Pfohren, 1867 in Ballrechten. 1851 Flora der
Quellbezirke der Donau und Wutach. (Mitt. 2,149.)
* Friedrich Freiherr Rot von Schreckenstein, geb. 12. Okt.
1752 in Eichstädt, gest. 13. Juni 1808 in Dunaueschingen. Lebte 1785—1805
auf seinen Besitzungen Immendingen und Bilafingen , dann in Donaueschingen.
Mitverfasser des Verz. 1799 und der drei ersten Bände der Donauflora 1804 — 7.
^ Professor (in Donaueschingen?). Gewährsmann der Donauflora 1804 — 14.
— 57 —
All Felsen und auf kurzgrasigen Weideplätzen des südlichen
und mittleren Schwarzwalds 450 — 1400 m.
OA. Freudenstadt: Reinerzau [Sch. M. 1834 S. 286; 480 m
ü. d. M. HocHSTETTER bei MK. 1882].
OA. Wangen: Großholzleute [„Am Schwarzen Grat" Herter in
Jh. 1888]. — Rohrdorf [„Auf der Adelegg" Fleischer in HV.
1832!; desgl. in HH.; desgl. Lingg 1832; desgl. Sch. M. 1834;
Weideplätze der Adelegg 970 m Fleischer b. MK. 1882].
In Baden an Felsen des höheren Schwarzwaldes, doch ziemlich
tief (Bohrer 450 m) hinabsteigend. Ohne Zweifel weiter verbreitet
und nur häufig übersehen.
117: Schauinsland [de Bary^ Schildknecht Nchtr. 1862 u.
FlFrbg. ; Lauterer; Klein]. — Hofsgrund [Goetz 1884,
Mitt. 1,108]. — Bohrer b. Freiburg, 450 m [Lauterer
1874; Klein].
128: Beleben [S penner. Spenner 1829; Döll ; RliFl. u. BadFl.
Schildknecht FlFrbg.; Schneider; Klein; Binz].
130: Feldberg, Gneis, 1100— 1400 m. Fr. Meigen [HBBV.: Thiry
1857; VuLPius 1864. J. Vulpius. Gmelin 1806; DFL; Spenner;
Döll, RhFl. u. BadFI. ; Kirschleger; Schildknecht FlFrbg.;
Lauterer ; Schneider ; Klein ; Binz] . — Menzenschwand,
Fr. Meigen.
130/31: Schluchsee [Lauterer 1874; Klein; Binz].
Saxlfraga oju^ositifolia L.
Glazialpflanze von weitester Verbreitung. Arktisches Gebiet
(Nordamerika, Grönland, Island, Spitzbergen, Novaja Semlja, Lapp-
land , arktisches Rußland uud Sibirien) ; Rocky Mountains bis zum
52. Grad; Schottland, nördliches Irland, Wales, nördliches Skan-
dinavien, Ural; zentral- und südeuropäische Gebirge von der Sierra
Nevada, den Pyrenäen und der Auvergne bis zu den Karpathen,
Ostalpen und Apenninen.
Im Alpengebiet auf Felsen und Geröll von 1650 — 3540 m
(WalHs 2000—3540 m, Bayrische Alpen 1650—2680 m), hochalpin,
selten tiefer, z. B. am Walchensee, am Bodensee bei Wasserburg.
Sonst nur noch im Jura (Reculet, Colombier) und im Riesengebirge.
1 Heinrich Anton de Bary, geb. 26. Januar 1831 in Frankfurt a. M.,
gest. 19. Januar 1888 in Straßburg. 1855 Professor der Botanik in Freiburg i. Br.,
1867 in Halle, 1872 in Straßburg (Mitt. 1,437).
— 58 —
Nur im Kies des Bodenseestrands (vgl. C. Schröter u. 0. Kirchner,
Die Vegetation des Bodensees (Bodensee-Forschung IX) 2. T. 1902
S. 57—60).
OA. Tettnang: Friedrichshafen [Lanz in HV. 1881]. —
Schnetzen hausen [Immenstaad — Kirchberg" Valet in HV. ;
„Fischbach — Immenstaad" Gmelin in HV. 1854; „Fischbach '^
Memminger, Beschr. v. Württ. 1841 S. 291; MK. 1865].
Nur am Ufer des Bodensees.
149: Überlingen [Klein; Jack]. — Nußdorf, 400 m [Böhm 1884.
Mitt. 1,122]. — Mau räch gegen Überlingen, 400 m
[HöFLE 1850].
156: Gegenüber der Aaremündung, 310 m [Welz, Mitt. 1,207
(1885)].
161: Reichenau, Seeufer, 400 m, V2, Meigen [Höfle 1836. Höfle;
Jack]. — Wollmatinger Ried, 400 m [Jack].
162: Hörn b. Staad, Seeufer ,^ 400 m, Vs, Meigen [HBBV.:
Al. Braun 1842, Vülpius 1878. Cardeur^ Verz. 1799; DFL;
DöLL, RhFl. u. BadFL; Höfle; Klein; Jack].— Zw. Meers-
burg und Hagnau, Seeufer, 400 m, Schmidle. — Zw.
Hagnau und Kirchberg [Höfle 1850].
163: Kirchberg, 400 m [Jack]. — Immenstaad [Jack].
Saxifraga stellaris L.
Arktisches Gebiet (Nordamerika, Grönland, Island, Spitzbergen,
Novaja Semlja, arktisches Norwegen, Lappland, arktisches Rußland
und Sibirien) ; britische Inseln ; zentral- und südeuropäische Gebirge
von den Pyrenäen bis zu den Karpathen und zur Balkanhalbinsel,
südwärts bis zur Sierra Nevada, Korsika und den nördlichen Apenninen ;
Ural; Altai; Himalaya; Baikalgebiet; Rocky Mountains.
Im Alpengebiet an Bächen, nassen Abhängen und Felsen von
1440—3100 m (Wallis 1600—3100 m, Bayrische Alpen 1620 bis
2460 m) , vorzugsweise hochalpin. Sonst in der Auvergne und in
den Vogesen.
Im Schwarzwald an nassen Stellen , besonders Felsen , vom
Feldberg und Beleben bis zur Hornisgrinde, 630 — 1400 m; fehlt nur
dem östlichen Schwarzwald.
OA. Freudenstadt: Baiersbronn [„am Elbachsee, an der Hornis-
grinde" KE. 1900! Nach Mitt. von Lehrer Walde].
' Abbe, lebte in Konstanz. Gewährsmann der Donauflora 1804— 14.
- 59 -
73: Biberkessel b. d. Hornisgrinde, Buntsandstein, 1000 m
[Winter 1892. Mitt. 3,86J.
83: Kniebis, Buntsandstein , 950 m [Kirschleger 1852; Döll,
BadFl. ; Klein]. — Rippoldsau [Döll, RhFl. 1843 u. BadFl.;
Klein] .
84: Burgbacher Wasserfall b. Rippoldsau, 630 m [Schild-
knecht. Döll, BadFl. 1862; Klein].
100: Triberger Wasserfall, nasse Granitfelsen, Vs, Grabendörfer
[S an db erger. Döll, Jbr. 1863 u. 1865; de Bary; Lauterer;
Klein ; Neuberger].
117: Schauinsland [Wieland^ Spenner 1829; Döll, BadFl.;
Schildknecht FlFrbg. ; Lauterer ; Klein] . — Hofsgrund,
feuchte Stellen, 1000 m, Neuberger [Wieland. Spenner 1829;
Döll, BadFl.; Schildknecht FlFrbg.; Neuberger].
128: Beleben, feuchte Felsen, 1300— 1400m, 2/3, Müller [HBBV. :
Frank, Döll, Vülpius 1857, 1859, 1869. Thomas Platerus",
J. Vulpius. Gmelin1806; DFL; Hagenbach; Spenner; Kirsch-
leger; Döll, BadFl.; Schildknecht FlFrbg.; Lauterer; Schneider;
Klein ; Neuberger].
130: Feldberg, feuchte Felsen, 1300 m, Vs, Meigen [HBBV.: Döll,
Vulpius 1857, 1859, Schildknecht 1861, Schlatterer 1882.
Aberle. DFL 1807; Spenner; Kirschleger; Döll, BadFl.;
Schildknecht, FlFrbg.; Lauterer; Schneider; Klein; Neuberger].
Silefie rupestris
s. oben S. 24.
Soldan ella alpinci L.
Endemisch in den zentral- und südeuropäischen Gebirgen von
den Pyrenäen bis zu den Karpathen, südwärts bis zu den Abruzzen
und bis Montenegro.
Im Alpengebiet auf Triften, besonders am Rande der Schnee-
felder von 900—3000 m (Wallis 900—3000 m, Ostschweiz 1400 bis
2200 m, Bayr. Alpen 1000—2880 m), vorzugsweise hochalpin, aber
in schattigen Schluchten oft tief herabgehend, so im Wallis bis
460 m, bei Pfäfers bis 600 m. Sonst in der Auvergne und im Jura,
nordwärts bis zum Suchet.
^ Fr. Wieland, prakt. Arzt in Scheftland im Aargau.
2 Zeitgenosse Bauliin's.
— 60 —
130: Feldberg, feuchte Matten, unmittelbar nach der Schnee-
schmelze, 1200— 1400 m, 2/3, Meigen [HBBV.: Vulpius 1861,
1867, 1876, Neuberger 1887. Eckert DFL 1805; Gmelin;
Spenner; Döll, RhFl. u. BadFl. ; Kirschleger; Schildkneght,
FlFrbg. ; Lauterer; Schneider; Klein; Neuberger; Binz].
Trifolium baclium Schr. wurde von Ducke 1832 oder 1833
bei Rot OA. Leutkirch gefunden (MK. 1982), seither nicht wieder
beobachtet.
Veronica saxatilis Jacq.
Grönland, Island, nördliches Skandinavien und Rußland, Schott-
land. Zentral- und südeuropäische Gebirge von den Pyrenäen bis
Siebenbürgen, südwärts bis Korsika, Apenninen, Bosnien.
Im Alpengebiet an felsigen, sonnigen Stellen von 900 — 2800 m
(Walhs 900—2800 m, Südbayern 1560—2390 m), vorzugsweise hoch-
alpin, selten tiefer herabsteigend. Sonst noch im Jura und in den
Vogesen.
An Felsen und steinigen Orten des höchsten Schwarzwaldes.
Das Vorkommen bei Hüfingen (Döll, RhFl.) ist sehr unwahrschein-
lich; die Angaben Hinterwaldkopf (N^^uberger) und Blauen (DFL 1804)
sind noch der Nachprüfung bedürftig.
128: Beleben, Grasbänder an Granitfelsen, 1300 m, ^/s, Müller
[HBBV.: Thiry 1852, Vulpius 1858. v. Ittner. DFL 1804;
Gmelin; Hagenbach; Spenner; Döll, RhFl. u. BadFl. ; Kirsch-
leger ; Schildknecht , FlFrbg. ; Lauterer ; Schneider ; Klein ;
Neuberger].
130: Feldberg, Grasbänder an Gneisfelsen, 1150 — 1200 m, ^'2,
Müller [Reberl Spenner 1826; Döll, RhFl. u. BadFL;
Schildknecht, Nchtr. u. FlFrbg. ; Lauterer; Schneider; Klein;
Neuberger; Binz].
Viola hißora L.
Arktisches Gebiet (Nordamerika , Novaja Semlja , Lappland,
arktisches Rußland und Sibirien bis Kamtschatka) , Skandinavien,
Ural, Altai. Zentral- und südeuropäische Gebirge von den Pyrenäen
' Alexander Joli. Ecker, geb. 26. Februar 1766 in Teinitz (Böhmen),
gest. 5. August 1829 in Freiburg i. ßr. 1797 Professor der Wund-, und Heb-
arzneikunde in Freiburg i. Br.
-' Cand. med. (in Freiburg i. Br.?).
- 61 -
bis Siebenbürgen, südwärts bis zur Sierra Nevada, Montenegro und
Serbien. Kaukasus.
Im Alpengebiet an schattigen Felsen und auf feuchtem Geröll
von 800—3000 m (Walhs 800—3000 m, Bayr. Alpen 1300—2280 m),
vorzugsweise hochalpin, in schattigen Wäldern oft auch tiefer, so im
Säntisgebiet bis 650 m, am Kochelsee (Südbayern) bis 600 m. Sonst
noch im Jura und auf den Vogesen, in der Sächsischen Schweiz,
Lausitz, Schlesien, Ramsbeck in Westfalen.
In den Fichtenwäldern des südlichen Algäus, besonders der
Adelegg, von etwa 700—1100 m.
OA. Wangen: Wangen [Etti in HV. 1832!; Valet in HV.!; HH.;
LiNGG 1832; ScH. M. 1834]. — Eglofs [Sch. M. 1834; Herter
in Jh. 1888]. — Großholzleute [„am Schwarzen Grat" KE.
1900, nach Mitt. von Reallehrer Seefried]. — Isny [W. Gmelin,
nach V. Marten's Zettelkatalog; KE. 1900, nach Mitt. von
Prof. Fünfstück]. — Neutrauchburg [Sch. M. 1834; Herter
in Jh. 1888 — .] Rohrdorf [„auf der Adelegg" Gradmann in
HV. 1890!; HH.; Lingg 1832; Gradmann in Jh. 1892],
b) Das Verbreitungsgebiet der gesamten alpinen Gruppe.
(Karte 2.)
OA. Balingen. Burgfelden: S. a.^ Dürrwangen: S. a. Ehingen:
S. a., Anemone narcissißora (Hardt und Hochbühl), Draha myoides,
Folygonum viviparum (Hardt). Hossingen: S. a. Laufen: S. a.,
Atliamanta Cretensis (Hörnle), Hieracium Jacquini. Lautlingen:
S. a. Margrethausen: S. a. , Anemone narcissiflora. Meß-
stetten: Anemone narcissiflora, Polygonum viviparum. Ober-
digisheim:S.a. Onstmettingen:J-t2 emone narcissißora., Fedi-
cularis foliosa., Orchis glohosiis, Polygonum viviparum. Pfef-
fingen: Anemone narcissiflora. Streichen (Hundsrück) : S.a.,
Anemone narcissiflora, Pedicularis foliosa, Polygonum viviparum,
Banunculus montanus. Tailfingen: S.a. Tieringen (Hörnle):
S. a., Anemone narcissiflora, Athamanta Cretensis, Polygonum
viviparum. Truchtelfingen: Anemone narcissiflora. Weil-
heim: S. a. Zillhausen: Anemone narcissiflora.
OA. Freudenstadt. Baiersbronn: Leontodon Pyrenaicus (vom Kniebis
bis zum Katzenkopf), Saxifraga stellaris (Elbachsee, Hornis-
1 S. a. = Saxifraga aizoon.
— 62 —
grinde), Lt/copodiwu aJpinum (Hinterlangenbach). Reinerzau:
Lycopoäium alpinnm, Sagina Linnaei.
OA. Nürtingen. Beuren: S. a. Erkenbrechtsweiler: S. a.
Neuffen: S. a., CocMearia saxatilis, Hieracium Jacqiäni, Orchis
globosus.
OA. Oberndorf. Alpirsbach: Lycopodiiim alpinum. Schramberg:
Silene rupestris (Bernecktal).
OA. Reutlingen. Bronnen: S.a. Eningen: S.a., Draha aizoides,
Orchis globosus, Banunciäus montanus. Erpfingen: Anemone
narcissiflora, Polygonum viviparum. Holzelfingen: S. a.
Honau: S.a., Campamda pusilla {lÄQhieiiS,iQm). Draha aisoides,
Polygonutn viviparum (Lichtenstein — Erpfingen). Kl einen g-
stingen: Banunciäus montanus. Oberhausen: S. a. Pful-
lingen: S.a.. Dräba aizoides, Orchis glohosus. Unterhausen:
S. a. Will man dingen: Anemone narcissiflora, Orchis gJohosus.
OA. Rottenburg. Mössingen: Ramincidus montanus (Farrenberg,
Dreifürstenstein). Orchis glohosus (Dreifürstenstein). Oschingen:
Anemone narcissiflora, Orchis globosus. Talheim: Banunculus
montanus.
OA. Rottweil. Dotternhausen: Cystopteris montana (Plettenberg).
Hausen am Thann: S. a. , Athamanta Cretensis (Schafberg,
Lochenstein), Draha aisoides (Lochen), Hieracium Jacquini
(Schaf berg, Lochen), Orchis glohosus (Lochen), Banunculus
montanus (Lochen).
OA. Spaicliingen. Spaichingen (Dreifaltigkeitsberg): Anemone nar-
cissiflora, Banunculus montanus. Böttingen: S. a., Anemone
narcissiflora, Polygonum viviparum. Deilingen: Cystopteris
montana (Deilinger Berg). Denkingen: Anemone narcissiflora.
Egesheim: S. a. Gosheim: Anemone narcissifiora. Mahl-
stetten: S. a. Nusplingen: S. a., Cochlearia saxatilis. Schör-
zingen: Orchis glohosus (Oberhohenberg). Wehingen: Ane-
mone narcissiflora.
OA. Tübingen. Gönningen: Campanula pusilla, Draha aizoides,
Orchis glohosus, Banunculus montanus.
OA. Tuttlingen. Tuttlingen: Anemone narcissiflora, Campanula
pusill(( , Cochlearia saxatilis, Hieracium Jacquini, Banunculus
montanus. Fridingen: S. a., Androsaces lacteum (Ramspel),
Cawpanula pusilla, Cochlearia saxatilis, Draha aisoides, Hiera-
cium Jacquini. Hohentvviel: S.a., Draha aizoides, Hieracium
— 63 —
Jacquini. Irrendorf: S. a., Cochlearia saxatiJis. Kolbingen:
S. a. Mühlheim: S. a. Wurmlingen: Anemone narcissißora.
( )A. Urach. Urach: S. a. , Campamda pusilla , JDraha myoides,
Hicracium Jacquini, Orchis glohosus, JRanunculus montanus.
Böhringen: Polygonum viviparum. Dettingen (Roßberg): S.a.,
Cochlearia saxatilis, Draha aisoides, Rieracium Jacquini. Orchis
glohosus, Banunculus montanus. Donnstetten: S. a., Hicracium
Jacquini, ToJygonum viviparum. Glems: S. a., Cochlearia saxo-
tiJis. Drata aizoides, Orchis glohosus. Hülben: Orchis glohosus.
Seeburg: Hicracium Jacquini, Banunculus montanus. Sir-
chingen: S. a. Upfingen: S. a. Wittlingen: S. a., Hiera-
cium Jacquini, BanuncuJus montanus. Würtingen: S. a.,
Hieracium Jacquini (St. Johann). Zainingen: Polygonum vivi-
parum.
OA. Heidenheim: Königsbronn: Arahis alptina. Steinheim:
Braha aisoides (Wendtal).
OA. Xeresheim: Dischingen (Orberg): Orchis glohosus.
OA. Biberach: Unterdettingen (Illertal) : Carex sempervirens.
0 A . ßlaubeni'en : Blaubeuren: S. a. , Braha aisoides , Hieracium
Jacquini. Bermaringen: Polygonum viviparum [ob noch?].
Bollingen: S. a., Hieracium Jacquini. Gerhausen: S. a.,
Braha ai^oides. Herrlingen: S. a. , Hicracium Jacquini.
Klingenstein: S. a. , Braha aizoides , Hieracium Jacquini.
Schelklingen: S. a. , Braha aizoides, Hieracium Jacquini.
Schmiechen: Braha aizoides, Panunculus montanus. Beißen:
S. a. Weiler: S. a. , Braha aizoides, Hieracium Jacquini.
Wi p p i n g e n : Hieracium Jacquini.
OA. Ehing:en: Ehingen: Braha aizoides, Orchis glohosus. Enna-
hofen: Panunculus montanus. Lauterach: S. a., Hicracium
Jacquini. Obermarchtal: S. a., Braha aizoides.
OA. Geisilingen: Geislingen: S.a.. Arahis al2yina, Braha aizoides,
Hieracium Jacquini. Aufhausen: S. a., Hieracium Jacquini.
Ditzenbach: Braha aizoides. Eybach: S. a., Braha aizoides
(Felsental), Hieracium Jacquini. Gingen (Grüner Berg): Orchis
glohosus. Kuchen: S. a. , Braha aizoides. Überkingen:
Braha aizoides. Unter höh ringen: Braha aizoides. Wiesen-
steig: S. a., Arahis alpiina, Hieracium Jacquini.
OA. Göi)pino:en: Auendorf: S. a. Dürnau (Kornberg): Orchis
alohosus. Gruibingen: S. a. Schlaf: S. a.
— 64 —
CA. Kirchlieiiu: Gutenberg: S. a., Ilanuncidus montamis. Ochsen-
wang: S. a. Owen (Teck) : S. a., Hieracium Jacqicini, Orchis
glohosus. Schopfloch: Pohjgonuni viviparum. Unter-
lenningen: S. a. Weil heim (Bosler) : Orchis glohosus.
CA. Laupheim: Laupheim: Polygonum viviparum. Wiblingen:
Hutchinsia alpina^ Linaria alpina (Illergeröll).
OA. Leiitkirch: Aitrach: Ar abis alpina, Campanula pusilla, Gypso-
pJiila repens , Hutchinsia alpina, Linaria alxnna (Illergeröll),
Orchis glohosus. Kirchdorf: Carex sempervirens , Poa alpina.
Oberop fingen (lUertal) : Carex sempervirens, Poa cenisia,
Polygonum viviparum. Tann heim (Egelsee a. d. Hier): Arahis
alpina, Campanula pusilla, Carex sempervirens, Linaria alpina,
Poa alpina, Poa Cenisia, Ranunculus montamis. Würz ach
(Ried) : Pinguicula alpina.
OA. Münsingen: Anhausen: S. a. Böttingen: Pianuncultis
montanus. Bremelau: RammcuJus montanus. Erbstetten:
S. a. , Draha ai^oides , Hieracium Jacqu ini. F e 1 d s t e 1 1 e n :
Polygonum viviparum. Gundelfingen: S. a. Hayingen:
S. a., Hieracium Jacquini.
OA. Riedlingen: Ittenhausen (Hof Ensmad) : Arahis alpina.
OA. Tettnang : Friedrichshafen: Saxifraga oppositifolia.
Seh netzenhausen: Poa alpina, Saxifraga oppositifolia.
OA. Ulm: Ulm (Illergeröll): Campanida pusilla, Linaria alpina.
Bernstadt: S. a. Urspring: S. a.
OA. Waldsee: Aulendorf: PinguiciUa alpina. Hochdorf: Cam-
panula pusilla. Schussenried: Pinguicula alpina. Wolf egg:
Pinguicula alpina, Polygonum viviparum.
OA. Wangen: Wangen: Campanida pusilla, Poa alpina (an der
A rgen) , Viola hißora . E g l o f s : Viola hiflora. Großholz-
leute (Schwarzer Grat): Homogyne cdpina, Lycopodium alpinum.
Sagina Linnaei, Viola hißora. Isny: Campanida pusilla, Pin-
guicida alpina, Polygonum viviparum, Viola hiflora. Leupolz:
Campamda pnisilla. Neutra uchburg: Viola hiflora. Rohr-
dorf (Adelegg): Adenostyles alpina, Campanida harhata, C. pu-
silla, Homogyne cdpina, Sagina Linnaei, Viola hiflora.
OA. Gammertingen : Hermentingen: S. a. Kaiseringen: S. a.
Salmendingen: Ranunculus montanus. Storzingen: S. a.
Trochtelfingen: S. a. Veringendorf : S. a.
OA. Hechingen: Beuren: Draha aisoides. Bisingen: Anemone
narcissifolia, Pedicularis foliosa. Hausen: Arahis cdpina.
- 65 —
Zimmern (Zellerhorn) : S.a., Anemone narcissiflora, Cami)anula
piisilla^ Draba myoides, Orchis glohosus, Poli/gomini viviparum,
Ranunculus montanus.
68: Hemsbach. Gernsbach: Leontodon Pyrenakns.
71: Neiifi'eistett. Zw. Neufreistett u. Helmlingen: Canipamda
pusilla.
73: Bülilertal. Hör nisg rinde: Leontodon Pyrenaictis, Saxifraga
stellar is. — Hauersköpfe; Leontodon Pgrenaicus. — Hunds-
bach: Leontodon Pyrenaicus.
83: Peterstal. Kniebis: Leontodon Pyrenaicus, Saxifraga stellar is.
— Rippoldsau: Saxifraga stellar is.
84: Reichenbach. Burgbacher WasserfaH: Saxifraga stellaris.
85: Ottenheim. Ottenheim: Canipamda pusilla.
90: Weisweil. Weis weil: Campanula pusilla.
92: Schweighauseii. Hühnersedel: Leontodon Pyrenaicus.
99 : Elzach. Hörnleberg: Silene rupestris.
100: Triberg. Schonach: Meuni mutellina. — Triberg: Saxi-
fraga stellaris.
101: St. Georgen. Stockwald: Lycopodium alpinmn.
104 a: Laucherttal: Saxifraga ai^oon.
108 : St. Peter. K a n d e 1 : Gnaphaliiim Norvegicum, Leontodon Pyre-
naicus, Silene rupestris. — Griesbach: Silene rupestris.
109: Furtwangen. Vöhrenbach: Me um mutellina, Potentilla aurea.
111: Dürrheim. Hirschhalde: Carex sempervirens.
112: ßuchlieim. Bärental: Cochlearia saxatilis, Saxifraga ai^oon.
— Bronnen: Canipamda pusilla, Draba aisoides, Hieracium
Jacquini, Saxifraga aisoon. — Beuron: Campanula pusilla,
Cochlearia saxatilis, Draba aisoides , Hieracium Jacquini,
Saxifraga aizoon.
113: Leibertingen. Wildenstein: Campanula pusilla, Cochlearia
saxatilis, Draba aisoides, Hieracium Jacquini, Saxifraga aisoon.
— Finstertal: Campanida pusilla , Draba aizoides , Saxi-
fraga aisoon. — Wer en wag: Cochlearia saxatilis, Draba
aizoides, Hieracium Jacquini, Saxifraga aizoon. — Langen-
brunn: Campamda pusilla. — Schloß Hausen: Hieracium
Jacquini. — Hausen i. T.: Campanula pusilla. — Schau-
fels: Cochlearia saxatilis, Draba aizoides. — Tiergarten:
Saxifraga aizoon. — Gutenstein: Campanula pusilla, Hiera-
cium Jacquini, Saxifraga aizoon.
5
— 66 —
114: Göggingeii. Inzigkofen: Hieracium Jacquini, Saxifraga
aisoon. — Sigmaringen: Campamda imsüla, Draha aizoideSy
Saxifraga aisoon.
117: Freiburg i. Br. Kart haus: Silene rupestris. — Burg: Silene
rupestris. — Kybfelsen: Silene rupestris. — Bohrer: Sagina
Linnaei. — Schauinsland: Gnaphaliuni Norvegicum, Leon-
todon Pgrenaicus, Lycopodimn alprinum, Potentilla aurea, Sagina
Linnaei, Saxifraga stellaris, Silene rupestris. — Hofsgrund:
Ällosorus crispus, Lycopodium alpinum, Sagina Linnaei, Saxi-
fraga stellaris. — Oberried: Silene rupestris. — Zastler-
tal: Silene rupestris.
118: Höllsteig. Wagensteig: Silene rupestris. — Hirschsprungr
Prinmla auricula, Saxifraga aizoon, Silene rtipestris. — Ra-
vennaschlucht: Silene rupestris. — Löffeltal: Orchis glo-
hosus, Silene rupestris. — Alpersbach: Orchis glohosus. —
Eisten: Bartscliia alpina.
119: Neustadt. Langenordnach: Orchis glohosus. — Schollach:
Orchis glohosus. — Schwärzenbach: Orchis glohosus. —
— Rudenberg: Orchis glohosus.
120: Doiiaueschingen. Donauesc hingen: Eanunctdus montanus.
— G r ü n i n g e n : Banuncidus montanus.
121: Geisingen. Ö f i n g e n : Garex sempervirens. — Osterberg:
Carex sempervirens, Ranunculus montanus. — Talhof: Ane-
mone narcissißora , Garex sempervirens. — Länge b. Gut-
m a d i n g e n : Anemone narcissißora, Carex sempervirens , Ra-
mmcidus montanus. — Roßberg b. Geisingen: Carex semper-
virens. — Länge b. Geisingen: Carex sempervirens, Eanun-
ctdus montanus. — Pfaffental: Eanunctdus montanus.
1 22 : Möhringeii. I p p i n g e n : Anemone narcissißora. — B a c h -
zimmern: Anemone narcissißora. — I m m e n d i n g e n : Ea-
nunculus montanus. — Möhringen: Carex sempervirens,
Eanunculus montanus.
127: Müllheim. Neuenburg: Campamda pusilla, Linaria alpina.
128: Staui'en. Beleben: Gnaphalium Norvegicum, Leontodon Pgre-
naiciis, Luzula spadicea, Lycopodium alpinum, Primula auri-
cula, Sagina Linnaei, Saxifraga aisoon und stellaris, Silene
rupestris, Veronica saxatilis. — Sirnitz: Silene rupestris. —
Badenweiler: Silene rupestris.
129: Todtnau. St. Wilhelm: Orchis glohosus. — Stuben wasen:
Potentilla aurea. — Steinwasen: Silene rupestris. — Muggen-
— 67 —
brunn: Silene rupestris. — After steg; Silene nipestrls. —
Todtnau: Silene rupestris. — Fahl: Silene rupestris. —
Brandenberg: Silene rupestris. — Utzenfeld: Saxifraya
aizoon. — Geschwend: — Silene rupestris. — Wie den er
Eck: Leontodon Pi/renaicus, Potentilla aurea. — Trubels-
mattkopf: Potentilla aurea.
130: Feldberg:. Rinken: GnaphaVmm Norvegicum, Orchis globosiis,
Potentilla aurea. — Feldberg: Älchimilla alpina, Bartschia
alpina, Campanula pusilla, Crepis blattarioides , Gnaphalium
Norvegicum und supinum, Hieracium aurantiacum^ Homogyne
alpina., Leontodon Pyrenaicus, Liizula spadicea, Lycopodium
alpinum, Meum mutellina, Potentilla aurea, Ranuncuhis mon-
tanus, Sagina Linnaei, Saxifraga aizoon und stellaris, Silene
rupestris., Soldanella alpina, Veronica saxatilis. — Bärental:
Gnaphalium Norvegicum, Homogyne alpina, Orchis glohosus.
— Bruderhalde: Silene rupestris. — T i t i s e e : Orchis glo-
hosus. — Her zogen hörn: Leontodon Pyrenaicus, Lycopodium
alpinum. — Aha: Gentiana excisa. — Schluchsee: Sagina
Linnaei. — Menzenschwand: Sagina Linnaei.
131: Lenzkirch. Saig: Orchis glohosus. — Hörnle: Saxifraga
aisoon. — Lotenbachschlucht: Campanula pusilla. —
Räuberschlößle : Saxifraga aisoon. — Seebrugg: Silene
rupestris. — Kohlhalden: Nigritella angustifolia.
132: Boundorf. Bad Boll: Campanula pusilla. — Reis el fingen:
Campanula pusilla. — Gauchach tal: Campanula pusilla.
— Aselfingen: Campanula pusilla. — B 1 u ra e g g : Orchis
glohosus.
133: Bliimberg. Behla: Orchis glohosus. — Schacher: Carex
scuipervirens. — Gnadental: Carex sempervirens , Orchis
glohosus. — Eichberg: Anemone nar eis siflora. — Wutach-
tal: Campanida pusilla.
134: Engen. Krieg er tal: Anemone narcissiflora, Banunctdus mon-
tanus.
1 36 : Stockach. Ruhstetter Ried: Pinguicula alpina.
137: Heiligenberg. Frickinger Ried: Pinguicula alpina. —
F i n k e n h a u s e n : Pinguicula alpina. — B e u r e n : Pinguicula
alpina.
139: Kandern. Rheinweiler: Campjanula pusilla, Gypsophila repens.
— Steinenstadt: Campantda pusilla, Linaria alpina.
140: Wies. Blauen: Gnaphalium Norvegicum, Silene rupestris. —
— 68 —
Nonnenmattweihev: Silene ntpestris. — Neuenvveg: Silene
rupestris.
141: Schöiiau. Zw, Enten seh wand und Bollen: Silene mpestrifi.
— Schön au: Silene rupestris. — ^Präg: Silene rupestris. —
Wembach: Silene rupestris. — Ittenschwand: Silene
rupestris. — Hepsc hingen: Silene rupestris. — Zw. Todt-
ni o o s und Zell: Silene rupestris.
142: St. Blasien. Todtmoos: Lycopodium alpinum, PotentiUa aurea.
— Mutterslehen: Potentilla aurea. — St. Blasien: Po-
tentilla aurea.
143: Grafenliausen : S c h w ar z ab ru c k : Silene rupestris. —
Schwarzatal: Silene rupestris.
144: Stühlingen. Wutachtal von Griramelshofen bis Stüh-
lingen: Campanula pusilla. — Schieitheim: Orchis glo-
hosus.
145: Wiechs. Beggingen: Campanula pusilla.
146: Hilzingen. Hohentwiel: Braha aizoides, Hieracium Jae-
quini, Saxifraga aisoon.
148 : Überlingen. K a r g e g g : Pinguicula alpina.
149: Malnan. Main au: Pinguicula alpina. — Moos b. Andels-
h 0 f e n : Hieracium aurantiacum. — Beitzenhardtb. Weil-
dorf: Hieracium aurantiacum. — Nußdorf: Saxifraga oppo-
sitifolia. — Maurach: Saxifraga oppositifolia.
152 : Lörrach. K 1 e i n k e m s : Campanula pusilla.
153: Schopfheim. Brombach: Silene riipestris.
154: Wehr. Wehratal: Silene rupestris.
1 55 : Görwihl. Tiefenstein: Silene rupestris.
156: AVaUlshut. Schwarzatal: Silene rupestris. — Schlucht-
tal: Silene rupestris. — Thiengen: Orchis globosus. —
Aaremündung: Saxifraga oppositifolia.
161: Reichenall. Wollmatinger Ried: Pinguicula alpina, Saxi-
fraga oppositifolia. — Reichen au: Saxifraga oppositifolia.
162: Konstanz. Konstanz: Pinguictda alpina. — Staad: Pin-
guicida alpina, Saxifraga oppositifolia. — Egg: Pinguicula
alpina. — Hagnau: Saxifraga oppositifolia. — Kirchberg:
Saxifraga oppositifolia. — Immen staad: Saxifraga oppo-
sitifolia.
164: AVeil. Basel: Silene rupestris.
166 : Säckingen. Säckingen: Campanula pusilla, Silene rupestris.
167: Albbruck. Albbruck: Silene rupestris.
— 69 —
Ergebnisse, überblickt man die südwestdeutsclie Verbreitung
der alpinen Artengruppe im ganzen, so stellen sich vier Verbreitungs-
bezirke heraus : Schvvarzwald, Alb mit der Baar, Oberschwaben mit
der Hier und dem Bodensee, Rhein.
Die reichste Alpenflora besitzt der Schwarz wald, wie das
bei seiner bedeutenden Höhenentwicklung (Feldberg 1493 m, Her-
zogenhorn 1415 m, Beleben 1414 m) nicht anders zu erwarten ist.
Im ganzen sind 25 alpine Arten hier nachgewiesen, worunter 9 vor-
wiegende Felsbewohner: Saxifraya aizoon, Silene rupestris, Älchi-
milla alpina, Allosoms crispus, Campamda xmsilla, Luzula spadicea,
Frimula aiiricula, Sagina Linnaei, Veronica saxatüis; 2 halten sich
besonders an nasse Standorte: Bartsia alpina, Saxlfraga stellaris ;
die übrigen 14 sind Matten- und Gebüschpflanzen : Crepis blattari-
oides, Gcntiana excisa, Gnaphalium Norvegicum, G. stipinum, Hiera-
cium aiirantiacum , Homogyne alpina, Leontodon Pyrenaicus, Lyco-
podium alpinum, Meum mtdellina, Nigritella angustifolia, Orchis
glohosus, Potentilla aurea, Ranunculus tnontanus, Soldanella alpina.
Diese sämtlichen Arten sind im südlichen Schwarzwald, dem Ge-
birgsabschnitt südlich von Dreisam und Gutach, vertreten, besonders
reichlich im Feldberggebiet, wo eine eigentliche alpine Region mit
typischer Waldgrenze entwickelt ist, aber auch bis tief in die Täler
herab. Überraschend ist die starke Abnahme gegen Norden; der
mittlere Schwarzwald, bis zum Kinzigtal, hat nur 7 Arten: Silene
rupestris, Leontodon Pyrenaicus, Lycopodiuni alpinum, Meum mutel-
lina, Potentilla aurea, Sagina Linnaei, Saxifraga stellaris; der nörd-
liche Schwarzwald, zwischen Kinzigtal und Murgtal, nur 3: Leon-
todon Pyrenaicus, Lycopodium alpinum, Saxifraga stellaris. Das
Gebiet östlich und nordöstlich von der Murg, der östliche Schwarz-
wald, ist ganz leer. Dies rasche Erlöschen der Alpenflora gegen
Norden hin muß um so mehr befremden, als die Höhenverhältnisse
deren Vorkommen offenbar keineswegs verbieten würden; im mittleren
Schwarzwald hat der Kandel 1243 m, im nördlichen die Hornis-
grinde 1164 m, und auch im östlichen Schwarzwald erreicht der
Hohloh noch 989 m. Das sind Höhen, die für die Mehrzahl der
im südhchen Gebirgsabschnitt vorkommenden Arten vollkommen
genügen würden; denn hier gehen sie meist viel tiefer herab.
Daß es im Norden an geeigneten Standorten fehlen sollte , läßt
sich ebenfalls in keiner Weise erkennen; hochgelegene Matten,
Granit- und Gneisfelsen sind bis ins Murgtal reichlich vertreten.
Auffallend ist besonders die auf der Karte deutlich hervortretende
— 70 —
breite Lücke , die durch den Einschnitt des Kinziggebiets hervor-
gerufen wird.
Auf der Schwäbischen Alb, dem Gebiet des Braunen und
Weißen Jura vom Randen bis zum Ries, ist trotz der geringeren Er-
hebung (Gipfelpunkt: Lemberg 1015 m) ebenfalls eine reiche Alpen-
flora vorhanden. Hier sind es vor allem die hochragenden Kalk-
felsen, die den Alpenpflanzen eine Heimat bieten. Von den 15 alpinen
Arten der Alb sind 9 mehr oder weniger ausschheßhche Felspflanzen :
Saxifraga aü'oon, Androsaces ladeum, Athamanta Cretensis, Coch-
Icaria saxatiUs, JDraha aizoides^ Hieracium Jacqiiinii, Arahis alpiua,
CampamtJa pusilla, Cystopteris montana. Die 3 letztgenannten leben
vorzugsweise an beschatteten Felsen, während die 5 zuerst auf-
gezählten sonnige Standorte lieben ; Hieracmm Jacquinii erträgt
beides. Die übrigen 6 Arten sind Mattenpflanzen : Anemone nar-
cissißora, Carex semjjervirens , Orchis (jlohosus , Peämäaris foUosa,
Folygonum viviparum, Ranunculus montanus ; auf der Alb bewohnen
sie die einmähdigen Wiesen und sonnige, buschige Abhänge. Der
Schwerpunkt der Verbreitung fällt auch auf der Alb mit den Gipfel-
höhen annähernd zusammen : Heuberg , Hardt und Hohenzollernalb
mit den nördlichen Vorbergen und dem Donautal besitzen die reichste
Flora ; bis auf Arabis alpina, die sich auch sonst in das gewöhnliche
Verbreitungsbild nicht recht fügen will, sind hier alle Arten vertreten.
Von hier aus nimmt die Artenzahl auch nach Süden ab, was schon
durch den Mangel an geeigneten Standorten bedingt ist; südlich vom
Donautal und schon in der Baaralb fehlt es an Felsen und damit auch
an Felsenpflanzen. Die Südwestgrenze von Saxifraga aizoon (Karte 1)
ist in dieser Beziehung ganz charakteristisch. Die Mattenpflanzen
Anemone narcissiflora, Carex sempervirens , Ranuncidus montanus
kommen auch im Süden noch vor; dagegen fehlt Folygonum vivi-
Xmrum und die überhaupt nur auf einem sehr beschränkten Gebiet
vorkommende Pedicularis foUosa. Auffallend ist die Armut des
Randengebiets: nur Orchis globosus ist vertreten; Gompamda pusiUa
von Beggingen ist kaum mehr hierher zu zählen. Gegen Nordosten
hin, auf der mittleren Alb, dem Gebirgsabschnitt zwischen Lauchert
und Starzel einerseits und einer vom Filstal nach Ulm ziehenden
Linie andererseits, nimmt die Artenzahl ebenfalls ab. Vertreten sind
noch Saxifraga ai^oon, Anemone narcissiflora, Arabis alpina, Cam-
panida pusilla, Cochlcaria saxatilis, Draba aizoides , Hieracium
Jacquinii, Orchis globosus, Folygonum ririparum, Eanunculus mon-
tanus (10 Arten). Von diesen erreicht Anemone narcissiflora eben
noch den Sttdvvestrand (Erpfingen, Filsenberg) ; Campamda imsilJa
geht bis ins Ermstal, Cochlearia saxatilis bis zum Hohenneuffen,
Folygonum viripantm bis zur Kirchheimer und zur Ulmer Lauter,
Ilaniüiculus montanus etwa ebensoweit; Saxifraga ai^oon und Ilkra-
ciimi Jacquinii erreichen die Nordostgrenze der mittleren Alb (Fils-
gebiet, Ulmer Alb). Nur Braba aisoides , Arabis alpina, Orchis
glohosus gehen noch weiter und sind im nordöstlichen Albgebiet je
mit einem Fundort vertreten.
Mit dem Schwarzwald hat die Alb nur wenige Arten gemein:
Saxifraga ai^oon, Campamda pusilla, Orchis glohosus, Bammctdus
montanus. Die übrigen 21 alpinen Schwarzwaldpflanzen fehlen der
Alb, Es sind nur zum kleinsten Teil solche, die den Kalkboden
meiden (Süene rupestris , Allosoms crispus , Lusula spadicea); alle
übrigen werden auf Kalkgestein ungefähr ebenso oft, zum Teil sogar
noch häufiger beobachtet als auf kalkarmem Boden. Daß sie der
Alb fehlen, hat bei deren viel geringerer Höhenentwicklung trotzdem
nichts Befremdliches. Auf der andern Seite besitzt die Alb 11 alpine
Arten, die dem Schwarzwald fehlen , meist mehr oder weniger aus-
gesprochene Kalkpflanzen : Androsaces ladeiim, Arabis alpina, Atha-
manta Cretensis, Cochlearia saxatilis, Cystopteris montana, Braba
myoides, Hieraciimi Jacquinii, aber auch solche, die sonst einen
kalkarmen Boden keineswegs meiden, wie Carex sempervirens, Foly-
gonum viviparum, Anemone narcissiflora, Pedicularis foliosa; die
beiden letztgenannten kommen z. B. auch in den Vogesen vor.
In deutlicher Abhängigkeit von der Alb sowohl wie vom Schwarz-
wald befindet sich das zwischen beiden Gebirgen eingeschobene
Muschelkalk-, Keuper- und Liasgebiet der B a a r mit dem Klettgau.
Pianunculus montanus hat dieses Gebiet mit beiden benachbarten
Gebirgen gemein; Carex sempervirens steht im Zusammenhang mit
den nahen Albvorkommnissen; Campamda pusilla kommt hier wie
dort vor, stammt aber zweifellos aus dem Schwarzwald, von wo die
Pflanze mit der Wutach bis tief ins Klettgau herabgeführt worden ist.
In Oberschwaben sind mehrere verschiedene Gruppen zu
unterscheiden. Im Algäu gehört das Gebiet der Adel egg mit
dem Schwarzen Grat (1119 m) noch zu den Voralpen und teilt deren
alpine Flora (vertreten durch Adenostyles alpina, Campanula harbata,
C. pusilla, Homogyne alpina, Lycopodium alpinum, Sagina Linnaei,
Viola biflora). Auffallender ist die alpine Felsflora des Hohentwiel
(689 m): Saxifraga aisoon, Braba aizoides , Hieracium Jacquinii:
er teilt diese Flora mit der Alb und schlägt so die Brücke von ihr
- 72 -
zum Schweizer Jura. Eine eigentümliche alpine Flora beherbergt
der Kiesstrand des Bodensees: Saxifraga oppositifolia, Poa alpina.
Ob sie durch bloße Anschwemmung zu erklären ist, bleibt noch
fraglich. Dagegen ist dies ganz unzweifelhaft bei der Flora des
liiert als (Ärabis alpina , Campanula pusilla, Carex sempervirens^
Gypsoplüla repens, Hidcliinsia alpina, Linaria alpina, Orchis glo-
hosus, Poa alpina, P. Cenisia, Bammculus montamis) und wohl auch
des Argentais bei Wangen (Campanula pusilla, Poa alpina, Viola
hißora) , das aber auch von der nahen Adelegg her besiedelt sein
kann. Es bleiben als alpine Arten von etwas weiterer Verbreitung
in Oberschwaben nur Pinguicula alpina und Polygonum viviparum.
Auch diese halten sich im allgemeinen an das Gebiet der Jungmoräne
(Moränen der letzten Vergletscherung) und nur mit einem einzigen
Vorkommnis (Laupheim) greift Polygonum vivipantm darüber hinaus.
Die oberschwäbische Alpenflora steht wie natürlich in einem
unmittelbaren Abhängigkeitsverhältnis zum benachbarten Alpengebiet
selbst; dagegen sind ihre Beziehungen zur Alb nur gering. Sie be-
schränken sich auf die alpine Flora des Hohentwiel. Als eine Ver-
mittlung zwischen Alpen und Alb lassen sich höchstens noch die Vor-
kommnisse von Polygonum viviparum im Alpenvorland auffassen.
Mit der Flora des Illertals steht die alpine Flora der Alb sicher
in keinem Zusammenhang; soweit die Arten identisch sind (Arahis
alpina, Campanula pusilla, Carex sempervirens , Orchis glohosuSy.
Paminculus montanus) , treten sie auf der Alb erst in sehr bedeuten-
den Entfernungen von der lUermündung auf und weisen in ihrem
Vorkommen vielmehr nach Südwesten.
Einfach liegt die Sache bei den alpinen Pflanzen des Rliein-
tals (Campanula pusilla, Gypsophila repens, Linaria alpina). Es
besteht kein Zweifel, daß sie von den Alpen herabgeschwemmt sind,
wie denn ihr Auftreten zum Teil auch nur ein vorübergehendes ist.
Wiewohl mit einer übersichtlichen Darstellung der Verbreitungs-
tatsachen unsere Aufgabe hier erschöpft ist und eine ausführliche
Erörterung der Kausalitätsfragen nicht in unserem Plane liegt, soll
doch die pflanzengeographische Bedeutung dieser Tatsachen nebst
den Hauptfragen, die sich daran knüpfen, kurz hervorgehoben werden ^
^ Näheres findet man darüber in meinem Pflanzenleben der Schwab. Alb
1898. I. S. 251, 307, 352 2. Aufl. 19ÜÜ. S. 270, 329, 376 und in dem Aufsatz :
Über einige Probleme der Pflanzengeographie Süddeutschlands (Engler's Botan.
Jahrb. 34. 1904). Zu einer Änderung der früher gezogenen Schlüsse gibt das
jetzt vorliegende viel reichere Material keine Veranlassung.
— 73 —
Die Vorkommnisse an den Alpenfiüssen können wir als erledigt
betrachten, ebenso die alpine Flora der Adelegg mit ihrer unmittel-
baren Umgebung. Saxifraga oppositifolia am Bodensee erklären
Kirchner und Schröter (Vegetation des Bodensees II. 1902. S. 57 ff.)
bestimmt für ein Eiszeitrelikt, während Hegi a. a. 0. S. 138 die
Möglichkeit einer Anschwemmung offen halten möchte. Anders ver-
hält es sich mit den übrigen Vorkommnissen des Alpenvorlands, des
Schwarzwalds und der Schwäbischen Alb. Hier ist eine alpine Flora
vertreten, an der von den deutschen Mittelgebirgen nur noch die
Vogesen und der Böhmerwald einen ähnlichen Anteil nehmen; weiter
nördlich treten nur ganz wenige von diesen Alpenpflanzen im Harz,
eine etwas größere Zahl in den Sudeten, in Skandinavien oder auch
erst in der Arktis wieder auf. Der Schluß auf ein besonders rauhes
Klima unserer süddeutschen Mittelgebirge, eine lokale Depression der
Höhengürtel liegt vielleicht nahe, wird jedoch durch anderweitige
Beobachtungen meteorologischer und pflanzengeographischer Art so-
fort widerlegt und wäre überdies nur dann zulässig, wenn das Vor-
kommen der fraglichen Pflanzenarten in so tiefen Regionen wirklich
ganz einzig dastände. Das ist aber, wie unsere Zusammenstellungen
zeigen, keineswegs der Fall. Um alpine Pflanzen im engsten Sinne
des Worts handelt es sich ja nicht; nur um solche, die zwar vor-
zugsweise den Höhengürtel oberhalb der Waldgrenze bewohnen,
die aber im Alpengebiet selbst gar nicht so selten auch tiefer herab-
steigen und innerhalb des Waldgürtels ganz wohl lebensfähig sind,
wofern ihnen nur vor dem übermächtigen Wettbewerb der Wald-
und Wiesenpflanzen der nötige Schutz gewährt wird, wie z. B. auf
Felsen, steilen Schutthalden, Kiesbänken, Mooren. Schwarzwald und
Alb täuschen daher durch ihren Besitz an Alpenpflanzen keineswegs
eine bedeutendere Höhe , wohl aber eine andere Lage vor : sie ver-
halten sich genau wie Bestandteile des Alpengebiets selbst, von dem
sie doch durch erhebliche Zwischenräume getrennt sind.
Das Problem, wie die Alpenpflanzen auf unseren Mittelgebirgen
bei so geringer Meereshöhe leben können , ist damit ausgeschaltet,
und zwei andere treten an dessen Stelle , nämlich erstens : wie
kommen die Pflanzen hierher? und zweitens: warum sind sie gerade
nur bis hierher und nicht noch weiter vorgedrungen?
Vor der Einwanderungsgeschichte ist die Vorfrage der Her-
kunft zu erledigen. Fast die Hälfte von den 46 alpinen Arten der
württembergischen und badischen Flora (22) ist in den zentral- und
südeuropäischen Gebirgsketten von den Pyrenäen bis zum Balkan
~ 74 —
und zum Kaukasus endemisch; über deren Ursprung kann nicht wohl
ein Zweifel bestehen. Drei weitere (Silene rupestris , Campanula
barhata, Nigritella angiistifolia) kommen zwar auch im Norden vor.
aber nur in Skandinavien, und sind dort zweifellos von den Alpen
her eingewandert. Der Rest ist arktisch-alpin, sowohl im Alpengebiet
wie in der Arktis verbreitet ; das ürsprungsgebiet läßt sich in diesen
Fällen, auch bei der Voraussetzung allgemein monotoper Entstehung
der Arten, nicht immer sicher bestimmen.
Aber auch wenn unter Berücksichtigung der Verwandtschafts-
verhältnisse die Heimat mehr oder weniger sicher angegeben werden
kann, so ist damit über die Richtung, in der die Pflanzen bei uns
eingewandert sind, noch nichts entschieden. Eine arktische Pflanze
kann ebensowohl unmittelbar von Norden her wie auf dem Umweg
über das Alpengebiet auf den Schwarzwald oder auf die Alb gelangt
sein, während umgekehrt die Einwanderung einer Art, die im Alpen-
gebiet ihren Ursprung genommen hat, auf dem Umweg über den
Norden immerhin äußerst unwahrscheinlich ist. Die tatsächlichen
Verbreitungsverhältnisse sprechen bei sämtlichen Arten durchaus nur
für die Wanderungsrichtung von Süd , Südost oder Südwest \ Von
einer Etappenlinie, die auf eine unmittelbare Einwanderung ark-
tisch-alpiner Pflanzen von Norden her deuten könnte , findet sich
keine Spur. Dagegen kommen sämtliche 46 alpinen Arten unserer
Flora in den nördlichen Schweizer Alpen, den Bayrischen und Vorarl-
berger Alpen vor, weitaus die Mehrzahl auch im Schweizer Jura.
Namentlich die Alpenpflanzen der Schwäbischen Alb sind sämtlich
auch im Schweizer Jura vertreten ; da sie ebenso ausnahmslos in
den Bayrischen Alpen vorkommen , so läßt es sich nicht von vorn-
herein entscheiden, ob sie von dort her über das Alpenvorland weg
oder aber vom Jura eingewandert sind. Das letztere ist angesichts
der nur sehr schwachen Beziehungen zur alpinen Flora des Alpen-
vorlandes (S. 72) entschieden wahrscheinlicher: auch das allmäh-
liche Erlöschen in nordöstlicher Richtung spricht dafür. Von den
25 alpinen Arten des Schwarzwaldes kommen ebenfalls nicht weniger
als 19 im Jura vor, was angesichts des sonstigen fundamentalen
Florengegensatzes sehr bemerkenswert ist ; nur Allosorus crispus.
■ Gnnphalium Norvegicmn, Leontodon Pyrenakus, LuzuJa simdicea,
Meum mutellina, Saxifraga steUaris fehlen dem Jura und müssen
wohl auf anderem Wege eingewandert sein.
' Anders verhält es sich bei der subalpinen Gruppe, von der hier noch
nicht die Rede ist.
— 75 —
Es fragt sicli nun, wie diese Alpenpflanzen die jetzt vorhandenen
Zwischenräume zwischen ihrem Wohngebiet in den Alpen und dem
Jura einerseits und den Standorten im Schwarzwald und auf der
Alb andererseits übersprungen haben. Es handelt sich zwischen den
nächsten Standorten im Hochgebirge und der Schwäbischen Alb
immerhin um Entfernungen von über 100 km. Werden die Keime
durch den Wind oder durch Vögel herübergetragen? oder haben
wir Relikte vor uns, Überreste einer älteren Vegetation, die unter
anderen klimatischen Verhältnissen einst weiter verbreitet war und
nur an verhältnismäßig wenigen Punkten unter besonders günstigen
Bedingungen sich bis in unsere Zeit herüberretten konnte? Die
erstere Erklärung entspricht der älteren Auffassung, wie sie für die
süddeutschen Verhältnisse, z. B. von den Verfassern der Flora von
Württemberg ^ und prinzipiell für alle derartigen erratischen Vor-
kommnisse durch Grisebach vertreten wurde. Den Gedanken an
Relikte, und zwar Eiszeitrelikte hat zuerst Heer" für die ent-
sprechenden Vorkommnisse des schweizerischen Alpenvorlandes aus-
gesprochen ; er wurde dann von Ducke ^ auf Oberschwaben , von
Engler* auf die Alpenflora der Schwäbischen Alb übertragen und
auch von mir vertreten und weiter begründet^.
Gegen die ältere Erklärung kann der Einwand der Unmöglich-
keit von Pflanzen Wanderungen über weite Strecken hinweg, be-
sonders angesichts der Untersuchungen von Vogler '' , nicht wohl
aufrechterhalten werden. Ebensowenig kann auf der anderen Seite
die Möglichkeit einer lokalen Erhaltung von Glazialpflanzen von der
Eiszeit her gerade in dem fraglichen Verbreitungsgebiet bezweifelt
werden. Die Ausbreitung der Moränen, die Funde von subfossilen
Glazialpflanzen in den Mooren des Alpenvorlandes'', von Überresten
' Schübler und Martens 1834. Martens und Kern ml er 1865, 1882.
■' Urwelt der Schweiz 1865, S. 537.
* Über die Alpenflora Oberschwabens (diese Jahreshefte 1874).
*■ Versuch einer Entwickelungsgeschichte der Pflanzenwelt 1879, I, 167.
5 Pflanzenleben der Schwäbischen Alb 1898, I, S. 307 ff. 2. Aufl. 1900,
I, S. 329 ff. Auch Aug. Schulz (Grundzüge einer Entwickelungsgeschichte
der Pflanzenwelt Mitteleuropas 1894. Entwickelungsgeschichte der Flora und
Pflanzendecke der Schwäbischen Alb. Engler's Bot. Jahrb. 32, 1903) vertritt die-
selbe Ansicht, ebenso Hegi a. a. ().
'^ Über die Verbreitungsmittel der schweizerischen Alpenpflanzen (Flora
89. Erg.-Bd. 1901. Auch Dissert.).
' Vergl. Schröter, Die Flora der Eiszeit. Neujahrsbl. der Xaturforsch.
Ges. Zürich 1883.
— 76 —
arktischer Tiere in den Höhlen der Alb lassen keinen Zweifel dar-
über, daß die Waldgrenzen auch im Gebiet des Schwarzwaldes und
der Alb tief herabgerückt gewesen sein müssen, daß hier eine alpine
Region mit der entsprechenden Flora entwickelt war.
Welcher von beiden Erklärungen der Vorzug gebührt, das kann
wohl nur von Fall zu Fall je nach der Art des Vorkommens ent-
schieden werden. Tritt eine Pflanze nur vereinzelt an einem Punkte
inmitten einer sonst fremdartigen Flora auf, so wird man geneigt
sein, an eine Verschleppung der Keime durch die Luft zu glauben,
und zwar um so eher, je mehr sonstige Umstände für eine solche
Möglichkeit sprechen: offener, der Besiedlung leicht zugänglicher
Boden (z. B. Kiesbänke, Ufer, Schutt, Ackerland, Waldblößen) , be-
sonders wirksame Verbreitungsausrüstungen , nur vorübergehendes
Auftreten. Leben dagegen ganze Genossenschaften in derselben
Gruppierung wie in der ursprünglichen Heimat an einem und dem-
selben Punkte beisammen , so wird es fast unmöglich , an einen
bloßen Zufall zu glauben, der die Pflanzengesellschaft hier zusammen-
geweht oder -getragen hätte, und die einzig befriedigende Annahme
bleibt die, daß wir es hier mit tlberresten einer früher weiter ver-
breiteten Vegetation zu tun haben ^
Das letztere Merkmal trifft nun auf die weit überwiegende Zahl
der Vorkommnisse alpiner Pflanzen im Schwarzwald und auf der Alb
durchaus zu. Es ist geradezu eine Ausnahme, wenn eine solche
Pflanze allein auftritt; wo man eine trifft, darf man fast immer auch
noch andere Arten erwarten. Unsere Zusammenstellungen S. 61 ff.
■ sind nichts als eine Kette von Beispielen für diese Tatsache. Be-
sonders auffallend ist das Zusammengehen von Pedicularis foliosa
mit Anemone narcissi/iora, von Hieracium Jacquinii mit Saxifraga
aizoon^ Draha aizoides und anderen Felsenpttanzen. Sonstige Um-
stände treten noch hinzu : die Eigenart der Standorte , die eine
äußerst beständige Flora zeigen und sich für eine Neubesiedlung
durch Adventivpflanzen gar nicht eignen ; die Zähigkeit, mit der die
erratischen Alpenpflanzen selbst an ihren Standorten festhalten ; das
geschlossene Verbreitungsbild, in das sich die einzelnen, wenn auch
noch so zerstreuten Vorkommnisse einfügen. Das alles spricht für
die Vorstellung , daß die einzelnen Arten zusammen mit ihren Ge-
nossen, zu geschlossenen Formationen vereinigt, eingewandert sind.
* Kern er, Studien über die Flora der Dihivialzeit in den östlichen Alpen
(Sitz.-Ber. der Kais. Akad. der Wiss. 97, 1888, I, S. 7 f.).
eine Wanderung, die sich nur schrittweise vollziehen kann und ein
anderes, kälteres Klima als das gegenwärtige voraussetzt.
Ausnahmen gibt es immerhin, Ausnahmen von Arten, die ihre
eigenen Wege gehen, und Ausnahmen von Örthchkeiten , die aus
dem sonstigen Verbreitungsbild herausfallen. Solche Arten sind
Arabis alpina, Nigrüella angustifolia , in etwas geringerem Grade
Polygonum vivipantm, Pinguicula alpina. Sie scheinen ihre eigene
Besiedlungsgeschichte zu haben, die mit der Einwanderungszeit der
übrigen alpinen Findlinge nicht notwendig zusammenfällt, sondern
ebensogut der Neuzeit angehören kann. Und das gleiche gilt von
gewissen geographischen Punkten, die sich in den sonstigen Rahmen
nicht fügen und nur vereinzelte Vorkommnisse aufweisen. Dahin
rechne ich die Fundorte des nördlichen Schwarzwaldes (mit Leon-
todon Pprenaicus, Lycopoäium alpinum, Saxifraga stellaris), der öst-
lichen Alb (mit Arabis alpina, Braba ai^oides , Orchis globosus , je
nur an einem Punkte nachgewiesen) und des nördlichen Ober-
schwabens (nur Polygontim viviparum bei Laupheim). Unter den in
Frage kommenden Arten sind solche , die sich auch sonst durch
sprungweise Verbreitung über weite Strecken hinweg auszeichnen
{Arabis alpiua , Polggotmm viviparum) , ferner Arten mit besonders
wirksamen Verbreitungsausrüstungen (besonders leichte, staubförmige
Samen : Lycopodium alpinum und die Orchideen Nigritella und Orchis
globosus \ Flugschirme: Leontodon Pyrenaicus ; Verschleppung durch
Vögel ist nachgewiesen für Polygonum viviparum). Draba aizoides
fügt sich auch sonst nicht in das gewöhnliche Verbreitungsbild; sie
tritt auf die Fränkische Alb über und bildet, dort zusammen mit
Saxifraga decipiens, Alsine verna und Arabis petraea die charakte-
ristische Genossenschaft der Juradoiomite , eine Genossenschaft, die
von den alpinen Genossenschaften der südwestlichen und mittleren
Alb sicher zu unterscheiden ist und wahrscheinlich eine ganz andere
Einwanderungsgeschichte hinter sich hat ^ Mit dem Verbreitungs-
gebiet dieser Genossenschaft wird das Vorkommen von Braba aisoldes
im Wendtal am natürlichsten in Verbindung gebracht, da ein anderes
Ghed derselben Genossenschaft, die auf der mittleren Alb sehr selten^,
der südwestlichen Alb, dem Schweizer Jura und dem ganzen Alpen-
gebiet vollständig fehlende Saxifraga decipiens auf allen Dolomit-
felsen daselbst eine Massenvegetation erzeugt.
Es bleibt noch die Frage nach der Ursache der eigentümlichen
Hetji a. a. 0., S. 141 ff.
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Umgrenzung der erratischen Alpenflora in Südwestdeutschland. Die
Mehrzahl der hier vorkommenden Arten geht innerhalb ihres Ver-
breitungsgebietes, wie durch zahlreiche Belege nachgewiesen ist, bis
zu 500 m u. d. M. und oft noch viel tiefer herab. Die Höhen-
verhältnisse allein könnten daher ihr Vorkommen auf der Fränkischen
Alb, auf den schwäbisch-fränkischen Keuperhöhen, im Odenwald und
Spessart offenbar nicht verbieten, ebensowenig als es an geeigneten
Standorten daselbst fehlt. Bei der Annahme einer sprunghaften Ver-
breitung bleiben auch diese Verhältnisse unverständlich. Dagegen
lassen sie sich wohl erklären, wenn man sich vorstellt, daß während
einer bestimmten Periode der Eiszeit im südlichen und mittleren
Schwarzwald, auf der südwestlichen und mittleren Alb der Wald
zurückgedrängt war und einer alpinen Flora vom Jura und Hegau
her das Vordringen erlaubte, daß aber weiterhin die in den tiefer
gelegenen Landesteilen fortbestehende Waldvegetation der Verbreitung
dieser Genossenschaften ein Ziel setzte, eine Vorstellung, die sich
mit den anderweitig erschlossenen Verhältnissen der letzten großen
Vergletscherung , der Wurm - Eiszeit Penck's , wohl in Einklang
bringen läßt ^
Die Verbreitung der subalpinen Gruppe, die sich in wesent-
lichen Punkten unterscheidet, weiterhin die montane Gruppe mit der
Unterabteilung der präalpinen Arten, werden wir in den folgenden
Abschnitten behandeln.
^ Grad mann, Pflanzenleben der Schwäbischen Alb, 2. Aufl. 1900, S. 333.
Derselbe, Über einige Probleme der Pflanzengeographie Süddeutschlands (Engler' s
Bot. Jahrb. 34. 1904, S. 196). Hegi a. a. 0. S. 142 schließt sich dieser Er-
klärung an; anders Aug. Schulz in Engler's Bot. .Jahrb. 32. 1903.
Beilage zu Jahreshefte des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg
und Mitteilungen des Badischen Botanischen Vereins.
Uebersicht
dfirtopoar. Karle
Badeiv.
ERGEBNISSE DER PFLANZENGEOGRAPHISCHEN DURCHFORSCHITNG VON
WÜRTTEMBERG, BADEN und HOHENZOLLERN
ERGEBNISSE DER PFLANZENGEOGRAPHISCHEN DÜRCHFORSCIIITNG VON
WÜRTTEMBERG BADEN und HOHENZOLLERN
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tation).
LöRCH, Die Flora des Hohenzollcrs und seiner nächsten Umgebung. I— III. Teil.
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Memminger, Beschreibung usw. von Württemberg. I. Ausg. 1820; II. Ausg. 1823;
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Donaueschingen (Verh. d. naturw. Ver. in Karlsruhe 3 Heft S. 101) 1869.
Verz. 1799 = v. Schreckenstein. Verzeichnis sichtbar blühender Gewächse,
welche um den Ursprung der Donau und des Neckars , dann um den un-
teren Teil des Bodensees vorkommen. 1799.
Zahn, Flora der Baar. 1889.
! bedeutet, daß Belegstücke von einem der Herausgeber eingesehen wurden.
Beobachtungen , die durch den Vertrauensmann des betreffenden Bezirks mit-
geteilt wurden, sind mit einem Stern * bezeichnet. Ein doppelter Stern **
bezeichnet die Beobachtungen des Vertrauensmannes selbst.
Druck von Call Giüningei-, Stuttgart.
3 2044 106 260 474
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