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Full text of "Jahreshefte des Vereins f©r vaterl©Þndische Naturkunde in W©rttemberg"

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HARVARD     UNIVERSITY. 


LIBRARY 

OF  THE 


MUSEUM   OF  COMPARATIVE  ZOÖLOGY. 


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JAHRESHEFTE 


des 


Vereins  für  vaterländische  Naturkunde 


Württemberg. 


Im  Auftrag  der  Redaktionskommission: 

Prof.  Dr.  Eb.  Fraas,  Prof.  Dr.  C,  Hell,  Prof.  Dr.  0.  Kirchner, 
Oberstudienrat  Dr.  K.  Lampert,  Prof.  Dr.  A.  Schmidt 

herausgegeben  von 

Kustos  J.  Eichler. 


EINUNDSECHZIGSTER  JAHRGANG. 

Mit  9  Tafeln,  4  TabeUen  und  1  Beilage. 


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Stuttgart. 

Carl  Grüninger,  K.  Hofbuchdruckerei  Zu  Gutenberg  (Klett  &  Hartmann) 
1905. 


Mitteilungen. 


Die  verebrlichen  Mitglieder  und  Tauschgesellschaften  werden 
behufs  Vermeidung  von  Irrtümern  dringend  gebeten,  sich  für  ihre 
Sendungen  an  den  Verein  folgender  Adresse  zu  bedienen: 

Verein  für  vaterländisclie  Naturkunde  in  lürtteniberg 

Stuttgart  (Württemberg) 
Königl.  Naturalien-Kabinett 


Die  diesjährige  Hauptversammlung  findet  am  24.  Juni  in 
Tuttlingen  statt. 

Manuskript  für  diese  Jahreshefte  ist  in  druckfertigem  Zustand 
jeweils  bis  spätestens  zum  1.  März  an  die  Redaktion  abzuliefern. 

Den  Verfassern  stehen  auf  Wunsch  50  Sonderabzüge,  weitere 
Exemplare  gegen  Erstattung  der  Herstellungskosten  zur  Verfügung, 
Umschläge  mit  Titeln  werden  besonders  berechnet. 


Ältere  Jahrgänge  dieser  Jahreshefte  können,  soweit  die  Vor- 
räte reichen,  in  neuen  Exemplaren  gegen  Nachzahlung  eines  Jahres- 
beitrags von  5  Mk.  netto  für  den  Jahrgang  vom  Verein  bezogen 
werden.  Von  einigen  Jahrgängen  stehen  leicht  beschädigte  Exem- 
plare zu  billigeren  Preisen  zur  Verfügung. 

Jahrgänge  1901  und  1904  sind  vergriffen;  Mitglieder, 
welche  dieselben  entbehren  können,  werden  gebeten,  sie  dem  Verein 
zuzuwenden.  , 

Mitglieder,  welche  die  Jahreshefte  in  Originalleinwandeinband 
gebunden  zum  Preis  von  6  Mk.  zu  beziehen  wünschen,  wollen  dies 
dem  Vereinskassier  Dr.  C.  Beck,  Stuttgart,  Wagenburgstrasse  10, 
mitteilen. 

lim  rechtzeitige  Mitteilung  eines  etwaigen  Wohnorts-  und 
Adressenwechsels  wird  dringend  ersucht;  insbesondere  werden  die 
nach  Stuttgart  verziehenden  Mitglieder  gebeten,  hiervon  der  oben 
bezeichneten  Geschäftsstelle  Mitteilung  zu  machen,  damit  ihnen  die 
Einladungen  zu  den  jeweils  am  2.  Montag  eines  Monats  stattKndenden 
wissenschaftlichen  Abenden  zugestellt  werden  können. 


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JAHRESHEFTE 


Vereins    für  vaterländische   Naturkund« 


Württemberg. 


Im  Auftrag  der  Redaktionskommission: 

Prof.  Dr.  Eb.  Fraas,  Prof.  Dr.  C.  Hell,  Prof.  Dr.  0.  Kirchner, 
Oberstudienrat  Dr.  K.  Lampert,  Prof.  Dr.  A.  Schmidt 

herausgegeben  von 

Kustos  J.  Eichler. 


EINUNDSECHZIGSTER  JAHRGANG. 

Mit  9  Tafeln,  4  Tabellen  und  1  Beilage. 


Stuttgart. 

Carl  Grüninger,  K.  Hofbuchdruckerei  Zu  Gutenberg  (Klett  &  Hartmann). 
1905. 


^ 


Inhalt. 


I.  Bericht  über   die   geschäftlichen  Angelegenheiten  und 
die  Sammlungen  des  Vereins. 

Bericht  über  die  59.  Hauptversammlung  am  24.  Juni  1904  zu  Öhringen.    S.  VII. 

Wahl  des  Vorstandes  und  des  Ausschusses.     S.  VIII. 
Verzeichnis  der  Zugänge  zu  den  Vereinssammlungen.     Mit  Bemerkungen  der 
Konservatoren. 

A.  Zoologische  Sammlung.     S.  XIII. 

B.  Botanische  Sammlung.     S.  XIV. 

C.  Mineralogisch-paläontologische  Sammlung.     S.  XVIII. 

D.  Bibliothek.     S.  XIX. 

Eechnungsabschluß  für  das  Vereinsjahr  1.  Juli  1903/1904.     S.  XXXI. 
Veränderungen  im  Mitgliederbestand.     S.  XXXII. 

Nekrologe : 

Engel:  Kämmerer  Dr.  J.  P  r  o  b  s  t  f  in  Biberach  a.  R.  9.  März  1905.    S.  XXXVII. 
Klunzinger,  C.  B.:  Zu  Erinnerung  an  E.  v.  Martens.     S.  XLVl. 

II.  Sitzungsberichte. 

Wissenschaftliche  Abende  in  Stuttgart. 

Ausflug  nach  Eßlingen.     S.  LH. 
Oberschwäbischer  Zvi^eigverein  für  vaterländische  Naturkunde.     S.  LXV. 

Hauptversammlung  am  2.  Februar  1905  in  Aulendorf.     S.  LXXII. 
Schwarzwälder  Zweigverein  für  vaterländische  Naturkunde.     S.  LXXVI. 

Bürker:  Zur  Physiologie  des  Bluts.     S.  LXXXI. 

Elektrische  Ströme  des  Herzens.     S.  LXXXI. 

Dittus:  Über  fossile  Korallen,  insbesondere  über  die  im  oberschwäbischen  Er- 
ratikum  gefundenen.     S.  LXXI. 

Fitting:  Über  die  WurzelknöUchenbakterien  als  Vermittler  der  Stickstoff- 
ernährung bei  Leguminosen.     S.  LXXVIII. 

Fr  aas,  E. :  Die  neuentdeckte  Thermalquelle  in  Wildbad.     S.  LIX. 

Diluviale  Torfschichten  in  der  Neckarstraße  zu  Stuttgart.     S.  LIX. 

Von  der  Alb  zu  den  Alpen.     S.  LXXIV. 

Zur  Stammesgeschichte  der  Waltiere.     S.  LXII. 

Grützner:  Vorzeigung  eines  Hämometers.     S.  LXXXI. 


IV  Inhalt. 

Hacker,  V. :     Die    biologische  Bedeutung    der    Kuustformen    des    Eadiolarien- 

skeletts.     S.  LXXX. 
Hacker,  V.:    Zoologische  Beiträge  zur  Kenntnis  der  bösartigen  Neubildungen, 

S.  LV. 

[Dazu  Eosenfeld  und  Walz.     S.  LVI.] 
Hesse:  Sind  die  Spechte  nützlich  oder  schädlich?     S.  LXXVII, 
Hü  eher:  Über  Blattwespen  (Tenthrediniden).     S.  LXVIII. 
Kauffmann,  H. :  Kadiumforschung  und  Alchimie.     S.  LI. 
Kirchner:  Parthenogenesis  bei  Blütenpflanzen.     S.  LIII. 
K 1  u  n  z  i  n  g  e  r :  Befruchtung  und  Liebesspiele  unserer  Wassersalamander.  S.  LXIV. 

—  —  Über    den   Krammetsvogelfang    als    Gegenstand    der    Jagd-    und   Yogel- 

schutzgesetzgebung.     S,  XI. 

—  —  Zur  Biologie  des  Schlammkäfers  Heterocerus  laevigatus  Kiesenw.    S.  LV. 
Koken:  Ist  der  Buntsandstein  eine  Wüstenbildung?     S.  LXXVI. 

K  r  a  u  ß :  Entstehung  der  kristallinischen  Schiefer  der  Urgneis-Formation.   S.  LXIX. 

Müller  (Biberach):  Windrichtungen  in  Biberach.     S.  LXYIII. 

Müller  (Engerazhofen) :  Geologischer  Ausblick  vom  Schwarzen  Grat.    S.  LXXII. 

Nötling:  Über  glaziale  Ablagerungen  bei  Schramberg  im  Schwarzwald. 
S.  LXXXI. 

Probst:  Über  die  paläontologische  Sammlung  des  städtischen  Museums  in 
Biberach  a.  R.  und  die  historische  Entwickelung  der  geognostischen  Er- 
forschung Oberschwabens.     S.  LXV. 

Regelmann,  K. :  Geologische  Untersuchungen  im  Gebiet  der  Hornisgrinde. 
S.  LVII. 

[Dazu  Sauer  und  Gran  er.     S.  LVIII— LIX.] 

Sauer:  Über  die  geologische  Zusammensetzung  von  Deutsch-Ostafrika  mit  be- 
sonderer Berücksichtigung  montanistisch  wichtiger  Mineralien  und  Ge- 
steine.    (Titel.)    S.  LVIL 

Über  Ortsteinbildung  im  württembergischen  Schwarzwald.     S.  X. 

Schmidt,  A.:  Zur  Physik  der  Sonne.     (Titel.)     S.  LXIV. 

Sußdorf:  Die  respiratorische  Oberfläche  der  Lunge.     S.  LXII. 

Wink  1er:  Die  großblütigen  Schmarotzergewächse  des  javanischen  Waldes. 
S.  LXXX. 

III.  Original-Abhandlungen  und  Mitteilungen. 

Dieter  ich,  H. :  Ein  botanischer  Streifzug  über  die  Grenzen.     S.  387. 

Fr  aas,  E. :  Reptilien  und  Säugetiere  in  ihren  Anpassungserscheinungen  an  das 
marine  Leben.     ]\[it  5  Textfiguren.     S.  347. 

Gaiser,  Eugen:  Basalte  und  Basalttuffe  der  Schwäbischen  Alb.  Mit  Taf.  II 
und  10  Textfiguren.     S.  41. 

Geyer,  D. :  Beiträge  zur  Vitrellenfauna  Wüittembergs  IL  Mit  Taf.  IV— VII. 
S.  289. 

Hü  eher,  Theodor:  Deutschlands  Wasserwanzen.     S,  91. 

Klunzinger,  G.  B. :  Schlußwort  auf  obenstehende  „letzte  Erwiderung-  Prof. 
Nüsslin's  in  dieser  Zeitschi-ift ,  die  Gangfisch-Blaufelchenfrage  betreffend. 
S.  307. 

Koch,  K.  R. :  Relative  Schweremessungen  in  Württemberg.  IV.  Anschluß- 
messungen in  Karlsruhe.     Mit  4  Tabellen.     S.  82. 


Inhalt.  V 

Kranz,  W. :  Geologische  Geschichte  der  weiteren  Umgebung  von  Ulm  a.  D. 
Mit  1  Kartenskizze.     S.  176, 

Nüßlin,  0.:  Letzte  Erwiderung  in  dieser  Zeitschrift  auf  Prof.  Dr.  Klunzinger's 
Ausführungen  in  der  Gangfisch  -  Blaufelchenfrage  vom  März  1904.  Mit 
2  Textfiguren.    S.  302. 

Oberndorfer,  Richard:  Die  vulkanischen  Tuffe  des  Ries  bei  Nördlingen. 
Mit  Taf.  I.     S.  1. 

Schmidt,  A.:  Zur  Physik  der  Sonne.     S.  310. 

Schwarz,  Hugo:  Über  die  Auswürflinge  von  kristallinen  Schiefern  und  Tiefen- 
gesteinen in  den  Vulkanembryonen  der  Schwäbischen  Alb.  Mit  Taf.  III 
und  6  Textfiguren.    S.  227. 

Sie  her,  G. :  Fossile  Süßwasser-Ostrakoden  aus  Württemberg.  Mit  16  Text- 
figuren und  Taf.  VIII.  IX.     S.  321. 

Stettner,  G. :  Beiträge  zur  Kenntnis  des  oberen  Hauptmuschelkalks  und  Be- 
merkungen über  die  Tektonik  von  Kochendorf.     S.  204. 

Bücheranzeige.    S.  397. 

Beilage. 

Ergebnisse  der  pflanzengeographischen  Durchforschung  Württembergs.  I.  Mit 
2  Karten.    Bearbeitet  von  J.  Eichler,  R.  Gradmann  und  W.  Meigen. 


Bericht  über  die  geschäftlichen  Angelegenheiten  und 
die  Sammlungen  des  Vereins. 


Bericht  über  die  neunundfünfzigste  Hauptversammlung 

am  24.  Juni  1904  in  Öhringen. 

Der  schon  vor  mehreren  Jahren  im  Verein  aufgetauchte,  infolge 
besonderer  Umstände  aber  zurückgestellte  Wunsch,  die  Hauptversamm- 
lung einmal  in  Öhringen  abzuhalten,  konnte  heuer  dank  der  freund- 
hchen  Einladung  der  Herren  Stadtschultheiß  Schaufele  und  Ober- 
reallehrer Renkenberger,  denen  sich  eine  größere  Anzahl  Öhringer 
Naturfreunde  angeschlossen  hatte,  in  schönster  Weise  in  Erfüllung 
gehen.  Das  prächtige,  vielverheißende  Sommerwetter  hatte  zahlreiche 
Vereinsmitglieder  besonders  aus  dem  Unterland  nach  dem  Ohrngau 
gelockt,  und  während  ein  Teil  der  Besucher  schon  tags  zuvor  häm- 
mernd und  klopfend  von  Hall  her  über  die  Waidenburg  dem  Ver- 
sammlungsort zugepilgert  war,  trafen  die  übrigen  am  Morgen  des 
Johannestags  mit  der  Bahn  zeitig  genug  ein,  um  sich  noch  an  der 
bereits  in  vollem  Gange  befindlichen  Frühmesse  beteiligen  zu  können. 

Bald  nach  11  Uhr  füllte  sich  der  geräumige  Saal  des  Gasthofs 
zur  „Eisenbahn"  ,  dessen  Hintergrund  in  eine  anmutige  Waldland- 
schaft umgewandelt  war  und  an  dessen  Seitenwänden  verschiedene 
Naturaliensammlungen  Aufstellung  gefunden  hUten,  die  erkennen 
ließen,  daß  auch  in  den  hohenloheschen  Landen  die  Neigung  zu 
naturkundlicher  Beschäftigung  Boden  gefaßt  hat.  Eine  Sammlung 
von  Muschelkalkpetrefakten,  von  mehreren  Findern  zusammengestellt, 
heß  die  geologische  Beschaffenheit  des  Gebiets  erkennen;  hierzu 
kamen  eine  Reihe  von  Versteinerungen  aus  dem  Hauptmuschelkalk 
und  dem  Lettenkohlesandstein,  die  vom  Historischen  Verein  für 
Franken  in  Hall  ausgestellt  waren,  und  eine  von  der  Salinen- 


—     VIII     — 

Verwaltung  in  Friedrichshall  gesandte  Kollektion  von  Bohrzapfen 
und  Gesteinsproben  aus  dem  Bohrloch  von  Offenau  und  dem  Schacht 
König  Wilhelm  II.  Eine  von  M.  Binder  ausgestellte  Schmetterling- 
sammlung und  eine  vom  Verein  der  Öhr ing er  Vogelfreunde  an- 
gelegte Sammlung  von  Eiern  der  einheimischen  Vögel  zeigten,  daß 
auch  die  Insekten-  und  Vogelwelt  neben  der  jagdbaren  Tierwelt  ihre 
Freunde  in  Öhringen  finden.  Besondere  Aufmerksamkeit  erregte  die 
von  Oberreallehrer  Renkenberge r  in  Verbindung  mit  Elementar- 
lehrer Kleinert  und  Lehrer  Hafner  mit  großem  Fleiß  zusammen- 
gebrachte Sammlung  lebender  Pflanzen. 

Der  Vereinsvorstand  Dir.  Dr.  Sußdorf  eröffnete  die  Versamm- 
lung mit  einer  Begrüßungsrede  und  mit  Worten  des  Dankes  an  den 
geschäftsführenden  Ortsausschuß.  Er  gedachte  sodann  der  während 
des  abgelaufenen  Vereinsjahrs  durch  Tod  ausgeschiedenen  Mitglieder, 
deren  Andenken  die  Versammelten  durch  Erheben  von  ihren  Sitzen 
ehrten.  Nach  weiteren  Ansprachen  von  Oberreallehrer  Renken- 
berger  und  Stadtschultheiß  Schaufele,  die  die  Versammlung  im 
Namen  des  Ortsausschusses  und  der  flaggengeschmückten  Stadt 
Öhringen  willkommen  hießen,  erstattete  Oberstudienrat  Dr.  Lampert 
den  Geschäftsbericht  für  das  abgelaufene  Vereinsjahr.  Mit  Befriedi- 
gung konnte  festgestellt  werden,  daß  während  desselben  die  Arbeit 
des  Vereins  einen  ruhigen  und  gesicherten  Fortgang  genommen  habe 
und  daß  in  zahlreichen  Versammlungen  der  Stuttgarter,  Oberschwäbi- 
schen und  Schwarzwälder  Gruppe  ein  reges  Vereinsleben  zum  Aus- 
druck gekommen  sei.  Mit  gleicher  Befriedigung  wurde  der  vom 
Kassier  Dr.  C.  Beck  vorgetragenen  Rechnungsablage  entnommen, 
daß  die  Finanzlage  des  nun  bald  900  Mitglieder  zählenden  Vereins 
trotz  der  wachsenden  Anforderungen  an  die  Kasse  keine  Verschlechte- 
rung erfahren  habe. 

Bei  der 

Wahl  des  Vorstands  und  des  Ausschusses 

wurden  wiedergewählt : 

als  erster  Vorstand: 

Direktor  Dr.  M.  Sußdorf- Stuttgart, 
als  zweiter  Vorstand: 

Oberstudienrat  Dr.   K.  Lampert- Stuttgart. 

Im  Ausschuß  verbleiben  die  für  die  Vereinsjahre  1903/1905 
gewählten  Herren: 


-     IX     — 

Prof.  Dr.  P.  V.  Gr  ützner-Tübingen, 
Prof.  Dr.  C.  Heil-Stuttgart, 
Prof.  Dr.  0.  Kirchner-Hohenheim, 
Prof.  Dr.  C.  B.  Klunzinger-Stuttgart. 
Für  das  Vereinsjahr  1904/1905   wurden   in   den  Ausschuß  neu 
gewählt  die  Herren: 

Prof.  Dr.  W.  G  m  e  1  i  n  -  Stuttgart, 
Prof.  Dr.  E.  M  ü  1 1  e  r  -  Stuttgart. 
Für  die  Vereinsjahre  1904/1906  wurden  in  den  Ausschuß  wie- 
der- resp.  neugewählt  die  Herren: 
Dr.  C.  Beck- Stuttgart, 
Forstdirektor  Dr.  F.  v.  G  r  a  n  e  r  -  Stuttgart, 
Prof.  Dr.  C.  B.  Klunzinger-Stuttgart, 
Prof.  Dr.  A.  Sauer-  Stuttgart, 
Prof.  Dr.  A.  S  c  h  m  i  d  t  -  Stuttgart. 
Außerdem  gehören  dem  Ausschuß  an 
als  Konservator  der  zoologischen  Sammlung: 

Oberstudienrat  Dr.  K.  Lampert, 
als  Konservator  der  botanischen  Sammlung: 

Kustos  J.  Eichler, 
als  Konservator  der  mineralogisch-paläontologischen  Sammlung : 

Prof.  Dr.  E.  Fraas, 
als  Vorstand  des  Schwarzwälder  Zweigvereins : 

Prof.  Dr.  F.  Blochmann-Tübingen, 
als  Vorstand  des  Oberschwäbischen  Zweigvereins : 

Fabrikant  Fr.  Krauß -Ravensburg. 
Vom  Ausschuß  wurden  wiedergewählt : 

als  Schriftführer:  Prof.  Dr.  A.  Schmidt,  Prof.  Dr.  E.  Fraas; 
als  Bibliothekar:   Kustos  J.  Eichler, 
als  Rechnungsführer:   Dr.  C.  Beck; 
als  Rechnungsprüfer:    Hofrat  Ch.  Gl  eßl  er- Stuttgart. 
Die  am  17.  Mai  1901  auf  5  Jahre  wiedergewählte  Redaktions- 
kommission besteht  aus  den  Herren : 

Prof.    Dr.    E.  Fraas    (Mineralogie,    Geologie    und   Palä- 
ontologie), 
Prof.  Dr.  C.  Hell  (Chemie  und  Verwandtes), 
Prof.  Dr.  0.  Kirchner  (Botanik), 
Oberstudienrat  Dr.  K.  Lampert  (Zoologie), 
Prof.  Dr.  A.  Schmidt  (Physik,  Astronomie  u.  Verw.. 


Die  nächste  Jahresversammlung  soll  am  24.  Juni  1905  in 
Tuttlingen  gehalten  werden. 

Der  wissenschaftliche  Teil  der  Versammlung  wurde  mit  einem 
Vortrag  von  Prof.  Dr.  Sauer  über  Ortsteinbildung  im  württ. 
Schwarzwald,  deren  bodenkundliche  Bedeutung  und  Kartierung  er- 
öffnet. Einleitend  schilderte  der  Redner  die  hohe  Bedeutung  der 
wissenschaftlichen  Bodenkunde  für  die  Land-  und  Forstwirtschaft, 
die  jedoch  —  da  sich  die  Bodenkunde  seit  ihrer  Begründung  durch 
J.  V.  Lieb  ig  vorwiegend  auf  chemischer  Grundlage  entwickelt  habe 
—  längere  Zeit  nicht  recht  zur  Geltung  gekommen  sei.  Erst  in 
neuerer  Zeit  habe  sie  die  ihr  gebührende  Beachtung  gefunden,  seit- 
dem auch  die  Geologie  die  bisher  so  stiefmütterlich  behandelten  Ver- 
witterungsschichten in  den  Kreis  ihrer  Betrachtungen  gezogen  habe. 
Heute  bilden  bodenkundliche  Untersuchungen  eine  Hauptaufgabe  der 
geologischen  Landesanstalten  und  werden  auch  von  der  jungen  würt- 
tembergischen Anstalt  eifrigst  betrieben.  Ein  hierbei  aufgetauchtes, 
wissenschaftlich  wie  wirtschaftlich  sehr  wichtiges  Problem  bietet  die 
Ortsteinfrage.  Ortstein  ist  eine  auf  Böden  von  sandiger  Beschaffen- 
heit beschränkte,  in  gewisser  Tiefe  des  Bodens  sich  bildende  wasser- 
undurchlässige Verdichtung  des  letzteren.  Die  Lagerung  der  Boden- 
schichten ist  dabei  derart,  daß  auf  die  oberflächliche  Rohhumusschicht 
eine  ausgelaugte  und  an  Nährsalzen  höchst  arme  festgepackte  Sand- 
schicht, der  sog.  Bleisand,  und  dann  der  scharf  abgegrenzte,  sehr 
harte,  braunrote  Ortstein  folgt.  Unter  ihm  liegt  dann  erst  die  eigent- 
liche Bodenverwitterungsschicht.  Die  für  die  Forstwirtschaft  ver- 
hängnisvolle Bedeutung  des  Ortsteins  liegt  darin,  daß  er  den  Baum- 
wuchs beeinträchtigt  oder  gar  unmögHch  macht.  Die  Wurzeln  der 
Bäume  vermögen  den  harten  zähen  Stein  nicht  zu  durchdringen  und 
biegen  auf  ihm  um.  In  dem  sterilen  Bleisand  finden  sie  nicht  genügende 
Nahrung,  so  daß  der  Bestand  verkümmert.  Die  Ortsteinbildung  hat 
eine  weite  Verbreitung.  Sie  ist  namentlich  aus  den  torfigen  Heide- 
gebieten Norddeutschlands  bekannt,  während  man  bisher  annahm, 
daß  sie  in  Süddeutschland  nicht  auftrete.  Demgegenüber  konnte 
Redner  auf  Grund  seiner  seit  6  Jahren  gemachten  Beobachtungen 
feststellen,  daß  sie  auch  hier  in  großer  Ausdehnung,  sowohl  im 
Schwarzwald  wie  in  den  Keupergebieten  vorkommt  und  daß  sie  bei 
etwa  10"/o  aller  Buntsandsteinböden  im  württ.  Schwarzwald  zu  finden 
sei.  Charakteristisch  für  ihr  Auftreten  im  Schwarzwald  ist,  daß  sie 
sich  nicht  etwa  in  sumpfigen  Lagen,  sondern  in  den  besten  trockenen 
Böden  an  warmen  südhchen  Hängen  zeigt,  und  zwar  ausschließlich 


—     XI     — 

in  solchen  Böden,  die  dem  Hauptbuntsandstein  angehören.  Die  Ent- 
stehung beruht  im  allgemeinen  wohl  darauf,  daß  die  von  den  atmo- 
sphärischen Niederschlägen  gelösten  Humussäuren  der  oberen  humösen 
Schicht  bei  ihrem  Eindringen  in  den  Boden  die  löslichen  Mineralsalze 
mit  in  die  Tiefe  nehmen,  daß  aber  die  entstehenden  Verbindungen 
schon  in  geringer  Tiefe  durch  Verdunstung  des  Lösungswassers  in 
einer  für  Wasser  weiterhin  unlöslichen  Form  zur  Ausscheidung  kom- 
men, die  Sandkörner  miteinander  verkitten  und  dadurch  zur  Bildung 
der  Ortsteinschicht  Veranlassung  geben.  Ist  die  obere  Sandschicht 
reich  an  Kalk  und  Ton,  so  findet  die  Ortsteinbildung  nicht  statt,  und 
dies  ist  der  Grund,  weshalb  sie  sich  nicht  in  den  dem  oberen  und 
unteren  Bundsandstein  sowie  dem  Stubensandstein  angehörigen  Böden 
findet.  Ebenso  erklärt  sich  daraus  das  Fehlen  des  Ortsteins  in  den  ge- 
mischten Waldbeständen  des  Schwarzwalds,  da  das  kalkreiche  Buchen- 
laub dem  Boden  wieder  stets  genügende  Kalkmengen  zuführt,  um  die 
Ortsteinbildung  zu  verhindern.  Anderseits  werden  durch  dies  Ver- 
halten die  Mittel  und  Wege  angedeutet,  durch  welche  man  die  Ort- 
steinbildung verhüten  und  bekämpfen  kann,  indem  man  den  ge- 
fährdeten Böden  tonige  und  kalkige  Erden  zuführt. 

Als  zweiter  Redner  sprach  Prof.  Dr.  Klunzinger  über  den 
Krammetsvogelfang  als  Gegenstand  der  Jagd-  und  Vogel- 
schutzgesetzung.  Redner  schilderte  die  Entstehung  des  deutschen 
Vogelschutzgesetzes,  das  an  dem  Paragraphen  krankt,  wonach  der 
Krammetsvogelfang  nicht  strafbar  sein  soll.  Er  hat  in  weiten  Kreisen 
unseres  Volkes  Widerspruch  erfahren  und  zahlreiche  Petitionen  um 
Revision  des  Gesetzes  hervorgerufen.  Während  nun  neuerdings  die 
deutsche  Reichsregierung  auf  vieles  Drängen  ihre  Geneigtheit  er- 
klärte, das  Gesetz  von  1888  zu  ändern,  und  Umfragen  ergehen  ließ 
über  die  Wirkung  des  Krammetsvogelfangs,  sprach  sich  in  alier- 
neuester  Zeit  das  preußische  Abgeordnetenhaus  für  Beibehaltung  des 
bekämpften  Paragraphen  aus ;  es  dürfte  daher  für  die  Freunde  der 
Vogelwelt  an  der  Zeit  sein,  hiergegen  Einsprache  zu  erheben.  Redner 
wies  namentlich  darauf  hin,  daß  mit  den  allerdings  wenig  nützlichen 
Krammetsvögeln  noch  eine  Unzahl  anderer  nützlicher  Singvögel,  dar- 
unter allein  60 — 80  "/o  Singdrosseln  in  den  Schlingen  gefangen  und 
einer  verhängnisvollen  Feinschmeckerei  geopfert  werden.  Um  der 
schon  durch  die  veränderten  Kulturverhältnisse  herbeigeführten,  durch 
den  Massenfang  in  Italien  bedenklich  geförderten  Verringerung  unserer 
nützlichen  Singvögel  wirksam  entgegentreten  zu  können,  hält  es  der 
Redner  für  nötig,  daß  zunächst  bei  uns  der  Krammetsvogelfang  ein- 


—     XII    — 

geschränkt  und  wenigstens  der  Fang  mittels  Schlingen  verboten 
werde.  Dann  ist  zu  hoffen,  daß  auch  die  jetzt  noch  abseits  stehen- 
den Staaten  auf  dem  Gebiet  des  Vogelschutzes  uns  folgen  werden.  — 
Im  gleichen  Sinn  sprach  sich  die  Vorsitzende  des  württembergischen 
Bundes  für  Vogelschutz,  Frau  Kommerzienrat  Hähnle  (Stuttgart), 
aus,  auf  deren  Antrag  die  Generalversammlung  ihre  Zustimmung  zu 
einer  in  dieser  Sache  vom  Bund  für  Vogelschutz  geplanten  Eingabe 
an  das  preußische  Abgeordnetenhaus  beschloß.  —  Sodann  sprach 
Mittelschullehrer  Geyer  (Stuttgart)  über  die  Fauna  der  unterirdischen 
Gewässer  des  fränkischen  Muschelkalks.  Er  erklärte  die  Entstehung 
und  die  Natur  dieser  Wasserläufe  und  schilderte,  in  welcher  Weise 
sich  die  beiden  Bewohner  derselben,  eine  Schnecke  und  ein  Floh- 
krebs, den  eigenartigen,  durch  Lichtmangel  und  konstante  Temperatur 
(9°  C.)  ausgezeichneten  Verhältnissen  angepaßt  haben.  —  Weiterhin 
gab  Stadtpfarrer  Sc  hui  er  (Neuenstein)  in  gedrängter  Form  eine 
klare  Übersicht  über  die  geognostischen  Verhältnisse  des  hohen- 
loheschen  Gebiets,  wobei  er  Gelegenheit  fand,  seine  eigenen  Beob- 
achtungen und  Anschauungen  über  einige  lokale  Fragen  im  Muschel- 
kalk und  im  Diluvium  mitzuteilen.  —  Es  folgten  nun  noch  einige 
kleinere  Mitteilungen  von  Pfarrer  Dr.  Engel  (Eislingen),  der  einige 
tertiäre  und  diluviale  Versteinerungen  aus  China  vorlegte,  die  dort 
ebenso  wie  bei  uns  früher  die  Belemniten-  und  Cidaritenstacheln 
eine  Rolle  in  der  Heilkunde  spielen,  und  von  Lehrer  Mack  (Ober- 
söllbach),  der  einige  bewundernswerte  und  merkwürdige  Erscheinungen 
im  Bienenstaat  besprach  und  insbesondere  die  Fragen,  wie  die  Bienen 
den  Nektar  finden  (Geruch  und  Gesicht),  ob  sie  eine  Sprache  haben 
(Königinnenkonzert),  und  inwieweit  sie  Wetterpropheten  sind,  einer 
eingehenden  Prüfung  unterzog.  Einige  weitere  zum  Vortrag  an- 
gemeldete Redner  mußten  wegen  vorgerückter  Zeit  auf  das  Wort 
verzichten.  Ein  während  der  Sitzung  eingetroffenes,  von  Sr.  Durch- 
laucht dem  Fürsten  Christian  Kraft  zu  Hohenlohe-Öhringen, 
Herzog  zu  Ujest,  aus  Potsdam  an  die  Versammlung  gerichtetes  Be- 
grüßungstelegramm wurde  noch  während  der  Verhandlungen  vom 
Vorsitzenden  unter  allseitiger  freudiger  Zustimmung  dankend  er- 
widert. Um  3\'4  Uhr  schloß  der  Vorsitzende  die  Versammlung  mit 
Worten  des  Dankes  an  alle ,  die  zu  ihrem  anregenden  Verlauf  mit- 
gewirkt hatten.  Ein  durch  ernste  und  heitere  Ansprachen  gewürztes 
gemeinsames  Mittagsmahl  schloß  sich  an  die  Verhandlungen  an; 
gegen  Abend  vereinigte  man  sich  wieder  im  Garten  des  „Würt- 
tembergischen Hofs"  zu  fröhlicher  Geselligkeit,   wobei  der  Öhringer 


—     XIII     — 

Liederkranz  die  Gesellschaft  durch  einige  gediegene  Liedervorträge 
erfreute.  Der  für  den  folgenden  Tag  geplante  Ausflug  nach  Schöntal 
konnte  infolge  eingetretenen  heftigen  Regens  nicht  zur  Ausführung 
kommen;  doch  war  es  den  Zurückgebliebenen  vergönnt,  im  Verein 
mit  ihren  liebenswürdigen  Gastgebern  dem  prächtigen  Schloßpark  in 
Friedrichsruhe  und  der  interessanten  Altertumssammlung  im  Schloß 
Neuenstein  einen  Besuch  abzustatten. 


Verzeichnis  der  Zugänge  zu  den  Vereinssammlungen. 
A.  Zoologische  Sammlung. 

(Konservator:    Oberstudienrat  Dr.  Lampert.) 

Säugetiere. 

Feldhase,  Lepus  europaeus  Fall  (X.  timidus  Schrkb.  nee  L.),  Aidlingen, 

von  Präparator  H.   Keller. 
Hausratte,  Mus  rattus  L.,  Grob  bei  Sulzbach  a.  M., 

von  Dr.   0.   St  oll  (durch  Prof.  Dr.  Hacker). 

Vögel. 

Löffelente,  Spatnla  chjpeata  L.,  Winzingen, 

von  Forstmeister  Moosmayer.      26.   März   1905. 
Die  Löffelente  bewohnt  die  nördliche  Halbkugel  und    geht    im 
Winter  in  Afrika  bis  Somaliland,  in  Asien  bis  Arabien,   Persien, 
Indien,   Ceylon,  Formosa,   Südchina  und  Japan,    in  Amerika  bis 
Columbien  und  Westindien.      In  Württemberg  ist    der  Vogel    ge- 
legentlich   als    Irr  gast    beobachtet    worden.      Das    eingeschickte 
Exemplar  ist  ein  völlig  ausgefärbtes  Männchen. 
Sperbeieule ,    Surnia   ulula   L. ,    bei    Waldrems    geschossen    von    Herrn 
Bücheier.     Neu   für  Württemberg, 
von  Professor  Zwiesel e. 
Die  Sperbereule  bewohnt  Nordeuropa  und  das  nördlichste  Asien, 
durch  Sibirien  bis  Kamtschatka  gehend  und    kommt    gelegentlich 
nach  Mitteleuropa.     In  Württemberg  ist  sie  hiermit  zum   ersten- 
mal als  Irrgast  nachgewiesen. 
Mehlschwalbe,  weißliche  Abart,   Chelidon  urbica  L.,  var.  albescens,  Beiz- 
kofen  b.   Saulgau, 

von  Schultheiß  Sommer. 
Die  beiden  Exemplare  sind  durch  vorwiegend  weißliches  Gefieder 
ausgezeichnet. 

Reptilien. 
Kreuzotter,  schwarze  Varietät,  Pelias  herus  L.  var.  prester  Cuv.,  $,  Neid- 
lingen  auf  der  Alb, 

von  Hausvater  Thumm  in  Kirchheim  u.   T. 
Das    Vorkommen    der    schwarzen  Varietät    der    Kreuzotter    auf 
der  Alb  dürfte  im  ganzen  als  selten  zu  bezeichnen  sein. 


—    XIV     — 

Kreuzotter,  schwarze  Varietät,  Pelias  herus  L.  var.  xjrester  Cuv.,  S,  Reichen- 

bächle,  Seitental  des  Forbach  bei  Friedrichstal  bei  Freudenstadt, 

von  Lehrer  L.  Scheible,  Friedrichstal  (durch  Prof.  Dr.  Klunzinger). 

Männchen  der  schwarzen  Varietät  sind  seltener  als  die  Weibchen. 

Mollusken. 

Eine  Sammlung  von  43  Arten  von  Land-  und  Süßwassermollusken 
aus  zahlreichen  Funden  des  schwäbischen  Albgebietes 

von  Mittelschullehrer  D.   Geyer  von  Stuttgart. 
Die  Sammlung  ist  besonders  ausgezeichnet  durch  ihre  Reichhaltig- 
keit an  Vitrella-kviQw.    Dieselben  bilden  die  Originale  zu  der  von  Geyer 
in  diesen  Jahresheften  Jahrg.   60    veröffentlichten  Arbeit   »Beiträge  zur 
Vitrellenfauna  Württembergs«   und  umfassen   9   neue  Arten. 
Unio  pictorum  L.,    Unio  batavus  Lk.  und  Anoäonta  (mutabilis  Gl.)  cygnea  L., 
var.  piscnialis   Nils,    aus    dem    Schiffahrtskanal    des    Neckars    bei 
Besigheim  in  zahlreichen  Exemplaren 
von  Mittelschullehrer  D.  Geyer  und  Präparator  Heinrich  Fischer 

in  Stuttgart. 
13  Spezies  Landmollusken  von  verschiedenen  Fundorten  der  schwäbischen 

Alb; 
Unio  batavus  Lk.   aus  der  Donauversickerung  bei  Tuttlingen, 

beides  von  Oberstudienrat  Dr.  Lampert. 
Planorbis  alhus  Müll,  und 

Calyculina  lacustris  Cless.  vom  Ebnisee  in  zahlreichen  Exemplaren, 
von  Mittelschullehrer  D.   Geyer. 

B.  Botanische  Sammlung. 

(Konservator:   Kustos  J.   Eich  1er.) 

Verzeichnis  der  Einsender : 

Ascherson,   Geh.  Reg.-Rat  Prof.   Dr.  P.,  Berlin. 

Binder,   Dr.   A.,  prakt.   Arzt  in  Neuffen. 

Fahrbach,  K.,  Schullehrer  in  Eningen  OA.  Reutlingen. 

Halm,  Dr.  med.,  Augenarzt  in  Crailsheim. 

Haug,  A.,   Oberreallehrer  in  Ulm. 

Krauß,  Dr.  H.,  prakt.  Arzt  in  Tübingen. 

Mayer,  Ad.,  Apotheker  in  Rosenfeld. 

Obermeyer,  W.,   Schullehrer  in  Stuttgart-Gablenberg. 

Salzmann,  Frl.  Lina,   Eßlingen. 

Scholl,   Hilfslehrer  in  Eßlingen. 

I.  Fungi. 

Pdlyporus  Evonymi  Kalchbr.,  Stuttgart-Gablenberg  (Obermeyer). 

IL  Pteridophyta. 

Aspidium  montanum  Aschkrson,   Metzingen   1895   (Fahrbach). 

„  spinulosum   Smith.   Metzingen.  ,, 

Blechnum  spicant  Withehinü,  Friedrichshafen.  ,, 


—     XV    - 

III.  Phanerogamae. 

JPotaniogeton  Zlzii  Hertens  u.  Koch.    Schmiechener  See  bei  Schelk- 
lingen   1904   (Krauß). 

Diese  dem  Poiamogeton  lucens  L.  nahestehende  und  mit  ihm, 
wie  auch  mit  P.  gramineiis  L.  vermutlich  öfters  verwechselte 
Art  unterscheidet  sich  von  jener  durch  ihren  in  allen  Teilen 
kleineren  und  zarteren  Bau ;  ihre  oberen  Blätter  sind  meist  etwas 
länger  gestielt  als  die  unteren  und  schwimmen  öfters,  während 
die  untergetauchten  öfters  bis  halbkreisförmig  zurückgebogen 
sind.  Die  Ähren  sind  kürzer,  ihre  Stiele  dagegen  meist  länger 
und  dünner  als  bei  P.  hicens,  und  ihre  Früchtchen  sind  meist  fast 
halbkreisförmig  mit  oft  fast  gerader  Bauchkante,  während  sie  bei 
jener  fast  kreisrund  und  am  Grunde  der  Kante  etwas  eingebuchtet 
sind.  —  Die  für  die  württembergische  Flora  neue  Art  wurde  erst- 
mals von  Dr.  H.  Krauß  (Tübingen)  am  24.  Juli  1904  gesammelt 
und  bestimmt;  bald  darauf  konnte  ich  sie  unter  einer  Anzahl  von 
Pflanzen  feststellen,  die  Apotheker  Th.  Bauer  an  derselben  Lokalität 
gesammelt  und  zur  Bestimmung  eingesandt  hatte.  E. 

Panicum  Orus  galli  ß,  longisetmn  Döll.,  Friedrichshafen  (Fahrbach). 

Älopecurus  geniculatus  L.,  Berg  OA.  Tettnang  (Fahrbach). 

Fesfuca  süvaüca  Villaks,  Pfullingen   1904  (Fahrbach). 

Carex  flava  ß.  lepklocarpa  Tausch,  Pfullingen   1900  (Fahrbach). 

Juncus  tenuis  WiiiLDENOw,  Moos  bei  Eriskirch   1900  (Fahrbach). 

Junciis  sqiiarrosus  f.  laxiflora  Ascheeson,  am  Weg  von  Kaltenbronn 
nach  Enzklösterle  bei  Wildbad   1904   (Ascherson). 

Liizula  angiistifolia  ß.  rubella  Hoppe,  Eningen   1897  (Fahrbach). 
„        multiflora  Lejeune,  Metzingen   1901   (Fahrbach). 

Colchicum  autumnale  var.  vermtni  Willdenow  mit  grünem  Perigon,  Ober- 
tal bei  Eßlingen   1904   (Scholl). 

Colchicum  autumnale  var.  ■yemnrn  Willdenow,  Jushof  Mkg.  Neuffen  1904 
(Binder). 

Allium  Schönoprasum  ß.  sihincimi  Willdenow,  Eningen  1901  (Fahrbach). 

Rumex  conglomeratus  Mukkay,  Eningen   1897   (Fahrbach). 

Chenopodium  urbicum  L.,  auf  Schutt  bei  Ulm   1904  (Haug). 

Atriplex  roseum  L.,  auf  Schutt  bei  Ulm   1904  (Haug). 
„         laciniatum  L.,   auf  Schutt  bei  Ulm   1904   (Haug). 

Amarantus  BJitum  L.,   auf  Schutt  bei  Friedrichshafen   1901   (Fahrbach). 

Saponaria    ocymoides   L. ,    verschleppt    am    Drakenberg    bei   Eningen 
1904  (Fahrbach). 

Stellaria  glaiica  Witheeing,  Eningen   1894  (Fahrbach). 

Bammcid'us  Lingua  L.,  Friedrichshafen   1899   (Fahrbach). 

Lepidium  riiderale  L.,  Reutlingen   1900  (Fahrbach). 

Bubus  thyrsoideus  Wimmee,   Pfullingen   1899   (Fahrbach). 

Bosa  glauca  Villaes,  Eningen   1900  (Fahrbach). 

Polygala  amara  y.  austriaca  Koch,  Eningen   1902   (Fahrbach). 
„  comosa  Schkuhe,  Pfullingen   1902   (Fahrbach). 

Chaerophißum  hirsutum  L.,   Wildbad   1901    (Fahrbach). 


—     XVI     — 

Chaerophyllum  aureuni  L.,  Ulm   1904  (Haug). 

Peucedamim  pahistre  Mönch,  Friedrichshafen   1900   (Fahrbach). 

Pastinaca  opaca  Beknhakdi,  an  Wegrändern  b.  Hirsau  1 904  (Aschers.)- 

Stuttgart  (Eichler). 
Diese  in  Deutschland  bisher  nur  an  wenigen  Stellen  im  Nahetal, 
bei  Kreuznach  und  Münster  a.  Stein,  von  Oberlehrer  Geisen- 
heyner  beobachtete  Pastinake  wurde  am  7.  August  1904  von 
demselben  Herrn  auch  am  Hohenneuffen ,  bei  Urach  und  bei 
Tübingen  und  bald  darauf  von  Geh. -Rat  Asche rson  und  Prof. 
Lehmann  (Würzburg)  an  mehreren  Stellen  im  Enz-  und  Nagold- 
tal,  z.  B.  bei  Wildbad  und  Hirsau  (sowie  auch  bei  Dill -Weißen- 
stein ,  Pforzheim  und  Birkenfeld  im  Badischen)  festgestellt.  Ich 
selbst  habe  sie  dann  mehrfach  in  der  Umgebung  von  Stuttgart 
gefunden,  wo  sie  häufiger  zu  sein  scheint  als  P.  sativa,  und  es 
ist  sehr  wahrscheinlich,  daß  sie  im  Lande  eine  noch  weit  größere 
Verbreitung  besitzt.  Von  der  letztgenannten  ist  sie  hauptsächlich 
dadurch  unterschieden,  daß  ihre  gleichgroßen  Doppeldolden 
bloß  5 — 7  kurze  Doldenstrahlen  von  gleicher  Länge  besitzen, 
während  P.  sativa  meist  eine  große  Enddolde  mit  8  —  20  un- 
gleich-langen Strahlen  und  zahlreiche  kleinere  Seiten- 
dolden hat.  Außerdem  ist  bei  P.  ojjaca  der  Stengel  meist 
stumpfkantig  bis  stielrund,  gestreift,  und  die  Blattober- 
seiten sind  mattgrün,  meist  kurzhaarig,  während  bei  P.  sativa 
die  Stengel  scharfkantig  und  mehr  oder  weniger  tief  ge- 
furcht und  die  Blätter  oberseits  glänzend  dunkelgrün,  kurzhaarig 
oder  kahl  sind.  Es  ist  jedoch  fraglich ,  ob  diese  Unterschiede 
tatsächlich  so  durchgreifend  sind,  daß  sie  die  Trennung  der  beiden 
Formen  als  Arten  rechtfertigen,  oder  ob  dieselben  nicht  vielmehr 
als  Unterarten  einer  Gesamtart  anzusehen  sind.  Das  allerdings 
nicht  sehr  reiche  Material  im  Vereinsherbarium  und  im  Herbarium 
der  Landwirtschaftlichen  Hochschule  in  Hohenheim  scheint  dafür 
zu  sprechen,  daß  die  beiden  Formen  durch  Zwischenformen  mit- 
einander verbunden  sind.  Es  ist  daher  wünschenswert,  daß  die 
Herren  Botaniker  des  Vereins  den  Pastinaken  ihres  Beobachtungs- 
gebiets einige  Aufmerksamkeit  zuwenden  und  durch  Beobachtung 
(ev.  auch  Kultur)  der  verschiedenen  Formen  und  durch  Einsendung 
derselben  an  das  Vereinsherbarium  zur  Kenntnis  ihrer  Verbreitung 
und  zur  Lösung  der  angedeuteten  Frage  beitragen.  E. 

Gentiana  asclepiadea  L.,   Eriskirch   1900  (Fahrbach). 

Galeopsis  angiistifolia  Ehkhaet,  Form  mit  drüsenhaarigen  Stengeln  und 
Kelchen,  Eningen  häufig  (Fahrbach). 

Thymus  ovatus  Miller,  Eningen   1903   (Fahrbach). 
„         Chamacdrys  Feies,  Eningen   1903   (Fahrbach). 
„         lanuginosus  Schkuhr.  Mägerkingen   (Fahrbach). 

Mentha  nemorosa  Willdenow,   Eningen   1902   (Fahrbach). 

Matricaria    discoidea    DC. ,    Tübingen    1902    und    Friedrichshafen    1902 
(Fahrbach). 

Lappa  nemorosa  Körnicke,    Sonderbuch  OA.   Blaubeuren   1904   (Haug). 


—     XVII     - 

Scorzonera  hiimilis  L.,  f.  laflfrons  Neilk.   (mit  Blättern  von  6  cm  Breite), 
Maulach  (Gmde.  Roßfeld)  OA.  Crailsheim   1904   (Halm). 

Bildung  sab  weichungen. 

Kätzchen  eines  weiblichen  Exemplars  von  Populus  tremula  L.  mit  weib- 
lichen und  zwitterigen  Blüten.      Crailsheim  (Halm). 

Das  Vorkommen  zweigeschlechtlicher  Blüten  bei  den  Salicaceen 
—  bei  denen  androgyne  Blütenstände  bekanntlich  nicht  gerade 
selten  auftreten  —  wurde  bisher  nur  sehr  vereinzelt  beobachtet 
und  dürfte  sich  auf  die  beiden  von  Bail  in  den  Schriften  der 
naturforschenden  Gesellschaft  in  Danzig.  N.  F.  Bd.  II  Heft  2. 
1869  (Über  androgyne  Blütenstände  etc.)  und  in  Schriften  der 
physikalisch-ökonomischen  Gesellschaft  in  Königsberg.  18.  Jahrg. 
1877.  S.  94  beschriebenen  und  abgebildeten  Fälle,  die  sich  wie 
der  vorliegende  Fall  auf  Popiäus  tremula  beziehen,  und  einen  von 
Heinricher  in  den  Sitzungsber.  d.  kais.  Akad.  d.  Wiss.  in  Wien 
(Math.-naturw.  Klasse).  Bd.  87.  1883.  S.  129  beschriebenen  Fall 
von  Zwitterblütigkeit  bei  Salix  Caprea  L.  beschränken.  Wie  in 
dem  von  Bail  an  der  zweiten  angegebenen  Stelle  mitgeteilten 
Fall  zeigen  auch  die  vorliegenden  Kätzchen  außer  den  normalen 
weiblichen  Blüten,  namentlich  im  unteren  Teil  zahlreiche  Blüten, 
in  denen  1 — 3  wohlentwickelte  Staubgefäße  im  Becher  neben  dem 
Stempel  stehen.  Es  bildet  dies  Vorkommen  eine  Stütze  für  die 
Ableitung  der  Salicaceenblüte  von  einem  hermaphroditen  Grund- 
plan. —  Das  Bäumchen,  von  welchem  unsere  Kätzchen  stammen, 
wurde  vor  einiger  Zeit  aus  dem  Wald  in  den  Garten  des  Herrn 
Einsenders  versetzt  und  zeigt,  wie  derselbe  mitteilt,  fast  aus- 
schließlich gemischtblütige  Kätzchen.  E. 

Schaft    von  Plantago   lanceolata  L.  mit    3teiliger  Blütenähre ,    Cannstatt 
(Ad.  Maier). 

Digitalis  purpurea  L.  mit   großer    pelorienähnlicher  Endblüte ,    Eßlingen 
(Frl.  L.   Salzmann). 

Das  eingesandte  Exemplar  zeigte  ebenso  wie  zwei  andere  mit 
ihm  an  derselben  Stelle  eines  Privatgartens  erwachsene  Pflanzen 
eine  prächtige,  etwa  9  cm  im  Durchmesser  haltende  flach-glockige 
Korollenbildung,  die  im  wesentlichen  mit  der  von  R.  Caspary 
in  Schriften  der  k.  phys.-ökon.  Ges.  zu  Königsberg.  1.  Jahrg. 
1860.  S.  65  f.  beschriebenen  Monstrosität  übereinstimmt,  und  die 
wohl  auch,  wie  es  dort  geschieht,  am  richtigsten  als  eine  peta- 
loidische  Umbildung  der  obersten  Hochblätter  zu  deuten  ist. 
(Weitere  Literatur  zu  ersehen  aus  De  Vries,  Die  Mutations- 
theorie. Bd.  I  S.  568.)  Es  sei  noch  bemerkt,  daß  —  wie  Ein- 
senderin mitteilte  —  die  Bildung  von  ähnlichen  aber  kleineren 
Scheinpelorien  auch  an  3  oder  4  Seitentrieben  auftrat,  und  weiter, 
daß  ähnliche  Anomalien  an  Digitalis  purpurea  gleichzeitig  (Juni 
1904)  noch  in  mehreren  anderen  Gärten  bei  Stuttgart  und  Eß- 
lingen beobachtet  wurden.  E. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905.  b 


—     XVIII     - 
C.  Mineralogiscli-paläontologische  Sammlung. 

(Konservator:   Prof.  Dr.   E.   Fr  aas.) 
Als    Geschenke: 

a)  Mineralien: 

Pseudomorphosen  von  Brauneisenstein  nach  Schwefelkies  aus  dem  Schilf- 
sandstein der  Mönchshalde  bei  Stuttgart  (altes  Vorkommnis), 
von  Herrn  Lehrer  A.   Klopfer  in  Stuttgart. 

b)  Petrefakten: 

Ceratodus  n.  sp.  als  C.  priscus  E.  Fkaas  in  den  Berichten  des  Oberrhein, 
geol.  Ver.  1904  beschrieben  und  abgebildet;  aus  dem  Hauptbunt- 
sandstein von  Höfen  bei  Wildbad, 

von  Herrn  Prof.   K.  Vogel  in  Stuttgart. 
Xothosaurus  aduncldens,  Os  pubis. 

„  Ändnani,  Schädel. 

Simosaurus  GaiUardoti,  Schädel  (von  Prof.  Dr.  0.  Jäkel  in  Berlin  prä- 
pariert und  in  den  Schriften  der  Gesellschaft  der  Freunde  für 
Naturkunde  1905  beschrieben  und  abgebildet)  aus  dem  oberen 
Muschelkalk  von  Neidenfels  bei  Crailsheim, 

von  Herrn  Hofrat  R.  Blezinger  in  Crailsheim. 
Spiriferina  fragilis  und  Litlwgaster  sp.  (der  letztere  wird  von  Dr.  E.  Wüst 
in    Halle    beschrieben)    aus    dem  Muschelkalk    von  Kocherstetten, 
von  Herrn  Lehrer  Hermann  in  Kocherstetten. 
Ceratites  nodosus  var.  laevis  aus  dem  Muschelkalk  von  Künzelsau, 

von  Herrn   Gymnasiast  Rescher  in  Stuttgart. 
Bactrijllmm  canaUadatum,  Lettenkohle,  Seebronn  und  Eglosheim, 

von  Herrn  Dr.  Schuster  in  Stuttgart. 
Danaeopsis  maranthacea  mit  wohlerhaltener  Fruktifikation,  Lettenkohlen- 
sandstein von  Bibersfeld, 

von  Herrn  Bergrat  a.  D.   Schüz  in  Calw. 
Zähne  von  Ceratodus  concüinus,  Knochenfragmente  von  Labyrinthodonten, 
Nothosauriern,    Belodon    und    Fischen    aus   der  Lehrbergstufe  des 
mittleren  Keupers  von  der  roten  Wand  bei  Stuttgart. 
Rliynchoteuthis  sp. ,    Asterias  sp.  (Augentafeln)   aus  Lias  d  von  Weidach 
bei  Echterdingen, 

von  Herrn  Gymnasiast  A.  Finckh  in  Stuttgart. 
Ämnionites  raricostatus,  armatus,  densinotus  und  Bavidsoni  aus  Lias  ß  von 
Nürtingen, 

von  Herrn  Fabrikdirektor  Schott  in  Nürtingen. 
Opliiura  sp.,  Brachialstücke  etc.,  Ästerias  sp.,  Ambulacralien,  Augentafeln, 
Asseln  aus  Lias  d  von  Erzingen,  Eageiiiacrhnis  iiidaiis  (vollständiges 
Exemplar),  SoJanocrinKS  scrobicidafus  aus  Weiß-Jura  a  der  Lochen, 
von  Herrn  Lehrer  Waidelich  in  Baiereck. 
Ammondes  centaurus    aus  Lias  ;',    ScnJaria  nudidata  aus  Lias  d,    Amm. 
fissüobatits  aus  Braun-Jura  ;',  Cidnris  coronata  (mit  Oralschild),  Amm. 
lüamdacinctus  aus  Weiß-Jura  ;' — ö  der  Umgebung  von  Kirchheim, 
von   Herrn   Hausvater  Thumm  in   Kirchheim  u.  T. 


—     XIX     - 

Ammonites  Baphaeli,  gigas,  Ulmensis  und  Pipiiä  aus  Weiß- Jura  C  von 
Riedlingen, 

von  Herrn  Verwaltungsaktuar  John  er  in  Riedlingen. 
Palaeospinax  sp.   aus  Weiß- Jura  'C  von  Nusplingen, 

von  Herrn  Pfarrer  Gußmann  in  Eningen. 
Zähne  von  Palaeomeryx  eniinens  und  Listriodon  splendens  aus  dem  Miozän 
von  Steinheini, 

von  Herrn  Hauptmann  Drausnig  in  Weingarten. 
Müstodon  sp.  (Radius),  Amphkyon  major  (Molar  H),  AnipMcyon  giganteus 
(Scaphoid)  aus  dem  Tertiär  von   Oggenhausen, 

von  Herrn  Hüttenverwalter  Knapp  in  Königsbronn. 

D.  Bibliothek. 

(Bibliothekar:   Kustos  J.  Eich  1er.) 

Zuwachs  vom   1.  Januar  bis   31.   Dezember   1904. 

a.  Durch  Geschenk  und  Kauf. 

Durch  Schenkung  von  Büchern  etc.  haben  sich  folgende  Mitglieder 
und  Freunde  des  Vereins  um  denselben  verdient  gemacht : 
Cranz,   Prof.  Dr.  C,  Berlin, 
v.   Dorrer,   Staatsrat  a.   D.   Dr.   A.,   Stuttgart. 
Fr  aas,  Prof.  Dr.   E.,   Stuttgart. 

Hamlyn-Harris,  Dr.  Ronald,  Toowoomba  (Queensland). 
Hesse,  Hofrat  Dr.   0.,  Feuerbach. 
Klunzinger,  Prof.  Dr.   C.   B.,  Stuttgart. 
Lampert,   Oberstudienrat  Dr.  K.,   Stuttgart. 
Lutz,  Dr.  K.   G.,  Stuttgart. 
Regelmann,   C,  Rechnungsrat,  Stuttgart. 

Sieberg,  Dr.  Aug.,  Ass.  a.  seismolog.  Institut  in  Straßburg  i.  E. 
Wundt,   G.,  Baurat,   Stuttgart. 

Wundt,  Dr.  W.,  Assistent  a.  K.  preuß.  meteor.  Institut  in  Potsdam. 
Wurm,  Hofrat  Dr.  W.,  Teinach. 

I.  Zeitschriften,  Gesellschaftsschriften  etc. 

,Aus  der  Heimat."  Organ  des  Deutschen  Lehrervereins  für  Naturkunde. 
Herausgegeben  von  Dr.   K.   G.  Lutz.     17.  Jahrg.    1904.    (Lutz.) 

Baselland.  Naturforschende  Gesellschaft.  B. :  Tätigkeitsbericht  1902 
und   1903. 

Belgique.  Observatoire  royal:  Annuaire  astronomique  pour  1901,  1902, 
1903,    1904,   1905. 

Brooklyn.  Institute  of  Arts  and  Sciences  :  Gold  Spring  Harbor  Mono- 
graphs  I  u.  II  (1903).  —  Memoirs  of  Natural  Sciences  Vol.  I,  1 
(1904). 

Chicago.     John  Crerar  library :   Annual  report  for   1903. 

Der  zoologische  Garten.      45.   Jahrg.    1904. 

Dresden.  Genossenschaft  ,, Flora",  Gesellschaft  für  Botanik  und  Garten- 
bau:  Sitzungsber.  u.  Abhandl.   N.   F.   7.  Jahrg.   1902  —  1903. 

b* 


—     XX     — 

Eclogae  geologicae  Helvetiae.  Mitteilungen  der  schweizerischen  geo- 
logischen Gesellschaft  Vol.  VIII,   2—3    (1904). 

Kyoto.     College   of  Science   and  Engineering:   Mem.  Vol.  I,    1. 

Oberrheinischer  geologischer  Verein :  Bericht  über  die  37.  Versamm- 
lung zu  Offenbach  a.   M.   (1904). 

Paris.     Societe  de  speleologie  :   Spelunca  T.  V,   35 — 37. 

Peru.  Cuerpo  de  Ingenieros  de  Minas  del  P.  (Lima) :  Boletins  No.  3, 
4,   6—9,    11  —  14   (1903/4). 

Versch.  ältere  Jahrg.  dieser  Jahreshefte.     (Cranz,  v.   Dorrer.) 

IL  Schriften  allgemein  naturwissenschaftlichen  Inhalts. 

Natur  und  Staat,  Beiträge  zur  naturwissenschaftlichen  Gesellschafts- 
lehre. Eine  Sammlung  von  Preisschriften.  Herausgegeben  von 
Prof.  Dr.  H.  E.  Ziegler  in  Verbindung  mit  Prof.  Dr.  Conrad  und 
Prof.  Dr.  Häckel. 

Teil  IV.  Hesse,  Albert,   Natur  und  Gesellschaft.     Jena   1904. 
,,       V.   Michaelis,    Kurt,    Prinzipien    der    natürlichen    und 
sozialen  Entwickelungsgeschichte  des  Menschen.     Jena 
1904. 
,,     VI.   Eleutheropulos,   A.,   Soziologie.     Jena    1904. 

(Fraas  i.  A.   der  Preiskommission.) 

III.  Zoologie,   Anatomie. 

Haack,  Wilhelm,  Über  Mundhöhlendrüsen  bei  Petromyzonten.    (Tübinger 

Inaug.-Diss.    1903.) 
Hamlyn-Harris,  Ronald,    Die  Statocysteu  der  Cephalopoden.      (Sep.- 

Abdr.  Zool.  Jahrb.   Bd.   18,    1903.)     (Verf.) 
Klunzinger,    C.    B. ,    Über    die    Samenträger    der    Tritonen    und    ihre 

Beziehungen    zum    Kloakenwulst    nach    E.  Zeller's    hinterlassenen 

Schriften.     (Sep.-Abdr.   Verh.  Deutsche  Zool.   Ges.    1904.)     (Verf.) 
Kunsemüller,   Friedr. ,  Zur  Kenntnis  der  polycephalen  Blasenwürmer, 

insbesondere    des   Coemirus  cerebralis  Rudülphi   und   des  Coenurus 

serialis  Gekvais.      (Tübinger  Inaug.-Diss.    1903.) 
Schaefer,  Heinrich,  Über  die  Stirn waffen  der  zweihufigen  Wiederkäuer 

oder  Artiodactylen.    (Sep.-Abdr.   ,,Der  deutsche  Jäger".     München 

1903.)     (Ges.   Pollichia,   Dürkheim.) 
Seibold,  Wilh.,  Anatomie  von  F/^rt'^/a  ^««e^si'ec//// (Wieüersheim)  Clessin. 

(Tübinger  Inaug.-Diss.   1904.) 

IV.  Botanik. 

Hesse,  0. ,  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Flechten  und  ihrer  charakte- 
ristischen Bestandteile.    9.  Mitteilung.     (Sep.-Abdr.  1904.)     (Verf.) 

Müller,  0.,  Bacillariaceen  aus  dem  Uyassaland  und  einigen  benach- 
barten Gebieten.  (Sep.-Abdr.  Engler's  Bot.  Jahrbücher  XXXIV, 
1903.)      (Wundt.) 


1 


—     XXI     — 

Müller,  0.,  Sprungweise    Mutation    bei    Melosireen.      (Sep.-Abdr.    Ber. 

Deutsche  Bot.   Ges.,  Jahrg.    1903.)     (Wundt.) 
Sturm 's    Flora    von    Deutschland    in    Abbildungen    nach    der    Natur. 

2.  umgearb.  Aufl.    Bd.    11   u.    12.     (Lutz.) 

V.  Mineralogie,  Geologie,  Paläontologie. 

Bräuhäuser,  Manfred,  Die  Diluvialbildungen  der  Kirchheimer  Gegend 
(Württemberg).      (Tübinger  Inaug.-Diss.   1904.) 

Dietrich,  Wilh. ,  Älteste  Donauschotter  auf  der  vStrecke  Immen- 
dingen— Ulm.      (Tübinger  Inaug.-Diss.    1904.) 

Fraas,  E. ,  Neue  Zeuglodonten  aus  dem  unteren  Mitteleozän  vom 
Mokattam  bei  Kairo.  (Sep.-Abdr.  Geol.  u.  paläont.  Abh.  N.  F. 
Bd.  VI.    Jena   1904.)      (Verf.) 

Sieberg,  August,  Handbuch  der  Erdbebenkunde.  Braunschweig  1904. 
8^      (Verf.) 

Stutzer,  Otto,  Geologie  der  Umgegend  von  Gundelsheim  a.  Neckar. 
(Tübinger  Inaug.-Diss.   1904.) 

VII.  Chemie,  Physik,  Mathematik,  Astronomie  und 
Meteorologie. 

Hafner,    B. ,    Einige    Beiträge    zur    Kenntnis    des    Invertins    der    Hefe. 

(Tübinger  Inaug.-Diss.    1903.) 
Wundt,  W. ,    Barometrische    Teildepressionen    und    ihre    wellenförmige 

Aufeinanderfolge,      (Sep.-Abdr.    Abh.    K.   preuß.    meteorolog.    Inst. 

Bd.  II  No.    5,  Berlin   1904.)     (Verf.) 

VIII.  Heilquellen  und  -Brunnen. 

Wurm,  W. ,  Das  Schwarzwaldbad  Teinach  (Mineralbad  und  Wasser- 
heilanstalt).     8.  umgearb.   Aufl.      Stuttgart   1904.      (Verf.) 

IX.  Schriften  verschiedenen  Inhalts. 

Conwentz,  H. ,  Die  Gefährdung  der  Naturdenkmäler  und  Vorschläge 
zu  ihrer  Erhaltung.  Denkschrift.  Berlin  1904,  (K,  preuß.  Mini- 
sterium der  geistlichen  usw.  Angelegenheiten.) 

Klunzinger,  C.  B.,  Zum  Andenken  an  f  Di*-  med.  Wilhelm  Steudel, 
Sanitätsrat  in  Stuttgart.      (Sep.-Abdr.   1904.)     (Verf.) 

—  Die    kaiserlich    Leopoldinisch-Karolinische    deutsche    Akademie    der 

Naturforscher  und  der  Anteil  der  Württemberger  an  ihr.     (Sep.- 
Abdr.    1904.)     (Verf.) 

—  Der  Krammetsvogelfang  oder  der  deutsche  Vogelmassenmord.    (Sep.- 

Abdr.    1904.)      (Verf.) 
Lampert,  K.,  Die  naturhistorischen  Museen.  (Sep.-Abdr.  1904.)    (Verf.) 
— -  Museen    als  Stätten    der  Volksbildung.      (Sep.-Abdr.    1904.)      (Verf.) 
Regelmann,  C,  Normalnullhöhen  in  Württemberg.  Donaukreis.  Heft  1 : 

Oberamt  Biberach.      (Verf.) 


—     XXII     — 

b.  Durch  Austausch  unserer  Jahreshefte': 

American  Academy   of   arts    and   sciences  (Boston):    Memoirs  Vol.   lö 

No.   1.  —  Proc.  Vol.  XXXIX,   5—24;  Vol.  XL,   1—9. 
American  geographica!  society  (New  York):  Bulletins  Vol.  XXXVI  (1904). 
Amiens.    Societe  Linneenne  du  nord  de  la  France. 
Amsterdam.     K.  Akademie  van  wetenschappen :  Jaarboek    voor   1903. 

—  Verhandelingen  (Natuurkunde)  1.  sectie  :  deel  VIII  No.  6  —  7; 
2.  sectie:  deel  X  No.  1 — 6.  —  Verslagen  van  de  gewone  Ver- 
gaderingen  deel  XII  (1903  —  1904). 

Asiatic  society  of  Bengal  (Calcutta):  Journal,  N.  Ser.  Voll.  LXVIII, 
1899  — LXXIIT,  1904.  —  Proceedings  1899,  1900,  1902,  1903, 
1904  No.    1  —  5. 

Augsburg.  Naturwiss.  Verein  für  Schwaben  und  Neuburg:  36.Ber.  (1904). 

Australasian    association   for  the   advancement  of  science   (Sydney). 

Badischer  botanischer  Verein   (Freiburg):   Mitteilungen  No.  191 — 200. 

Baltimore.  Johns  Hopkins  üniversity. 

—  s.  Maryland. 

Bamberg.      Naturforschender  Verein. 

Basel.  Naturforschende  Gesellschaft:  Verhandlungen  Bd.  XV,  2  u.  3  (1904). 

Batavia  s.  Nederlandsch-Indie. 

Bayerische  bot.  Ges.  zur  Erforschung  der  heimischen  Flora  (München): 

Berichte  Bd.  IX,    1904.   —  Mitteilungen  No.   29  —  33. 
Bayerisches    K.   Oberbergamt    in    München,    geognostische    Abteilung. 
Bayern.      Ornithologische  Gesellschaft  in  B.   s.  München. 
Belgique.     Academie  R.   des    sciences,    des  lettres    et  des    beaux-arts 

de  Belgique  (Brüssel):  Bull,  de  la  classe  des  sciences  1903,  11  — 12; 

1904:    Annuaires   70   annee  (1904). 

—  Societe    entomologique     (Brüssel):    Annales    T.    XLVII    (1903).    — ■ 

Memoires  T.   X  (1903)  u.  XI  (1903). 

—  Societe   geologique    (Liege):    Annales  Tome   XXX,    2;    Tome   XXXI, 

1  —  3.    —   Memoires  Tome  II,    1   (1904.) 

—  Societe  R.   de   Botanique  (Brüssel):   Bull.   T.   XL   (1904). 

• —   Societe  R.  malacologique    (Brüssel):    Annales  T.   XXXVI    (1901)  u. 

XXXVII   (1902). 
Bergen's  Museum:   Aarbog  for   1903,   Heft  3;   for   1904,  Heft   1   u.   2. 

—  Aarsberetning  for  1903.  —  Sars,  G.  0.,  An  account  of  the 
Crustacea  of  Norway,  Vol.   V,    1 — 6. 

Berlin.  K.  Akademie  der  Wissenschaften:  Mathematische  Abhandlungen 
aus  dem  Jahre  1903.  —  Physikalische  Abhandlungen  aus  dem 
Jahre    1903.   —    Sitzungsberichte    1904. 

—  Entomologischer  Verein:   Berliner  entomolog.  Zeitschr.  Bd.  48,  1902, 

Heft  4;   Bd.   49,    1904,  Heft   1—2. 

—  K.  geologische  Landesanstalt  und  Bergakademie:   Jahrbuch  für  1901, 

Bd.  XXn,  Heft  4. 


'  In  dem  Verzeichnis  sind  sämtliche  Gesellschaften  usw.  angeführt,  mit 
denen  der  Verein  Schriftenaustausch  unterhält.  Von  den  Gesellschaften,  liinter 
deren  Namen  sich  keine  Angaben  finden ,  sind  dem  Verein  während  des  Jahres 
1904  keine  Tausclischriften  zugegangen. 


—     XXTII     — 

Berlin.   Gesellschaft  naturforschender  Freunde:  Sitzungsber.  Jahrg.  1903. 

—  s.   auch  Brandenburg  und  Deutsche  geol.   Gesellschaft. 

Bern.  Naturforschende  Gesellschaft:  Mitteilungen  aus  dem  Jahre  1902 
u.    1903   (No.   1519  —  1564). 

—  s.   auch  Schweiz. 

Besancon.  Institut  Botanique:  Archives  de  la  flore  Jurassienne, 
annee  IV,   40;   annee  V,   41 — 48. 

Bodensee.  Verein  für  Geschichte  des  Bodensees  u.  seiner  Umgebung 
(Lindau):   Schriften,  Heft  32   (1903)  u.  Heft  33   (1904). 

Bologna.     R.  Accad.   d.   scienze  dell'  Istituto    dl  Bologna. 

Bonn.  Naturhistorischer  Verein  d.  preuss.  Rheinlande  etc.:  Verhand- 
lungen Jahrg.   60,    1903. 

—  Niederrheinische  Gesellschaft   für  Natur-   und   Heilkunde :    Sitzungs- 

berichte Jahrg.  1903,  2.  Hälfte. 
Bordeaux.    Soc.   des  sciences  physiques  et  naturelles:  Memoires  Ser.  6, 

Tome  III.  —  Observations  pluviometriques   1902/1903.  —  Proces 

verbaux  des  seances  1902/1903. 
Boston  s.  American  Academy  of  arts  and  sciences. 

—  Society  of  natural  history. 

Brandenburg.      Botanischer  Verein  für  die  Provinz  B.   (Berlin):   Ver- 
handlungen Jahrg.   45,    1903. 
Braunschweig.    Verein  für  Naturwissenschaft:  Jahresber.    9  für  1893 

bis    1895;    13   für    1901  —  1903. 
Bremen.     Naturwissenschaftlicher  Verein:   Abh.  Bd.  XVII,   3  (1903). 
Breslau  s.   Schlesische   Ges.  f.   vaterl.   Kultur. 
Brunn.     Naturforschender  Verein:    Verhandlungen  Bd.  XLI,    1902.   — 

Ber.   d.  meteorolog.  Komm.   XXI  für  das  Jahr  1901. 
Brüssel  s.   Belgique. 
Budapest    s.  Ungarische  geol.   Ges. 
Buenos  Aires.     Museo  nacional :   Anales  ser.   3.  T.  II  (1903)  u.  T.  III 

(1904). 
Buffalo  Society  of  natural   sciences:  Bull.  Vol.   VIII,    1 — 3   (1903). 
Caen    s.   Normandie. 
Calcutta    s.  Asiatic  Soc.   of  Bengal. 
California  Academy  of  sciences   (San  Francisco). 
Cambridge.      Museum    of   coraparative    zoology    at    Harvard    College: 

Annual    reports    for    1903/1904.    —    Bulletins   Vol.    XXXIX,    9; 

XLI,  2;  XLH,  5;  XLin,  1—3;  XLIV;  XLV,  1—4;  XLVI,  1—3.  — 

Memoirs  Vol.  XXIX  (1903);  XXX,    1.(1904). 
Canada.    The  Canadian  Institute  (Toronto):  Trans.  No.  15  (Vol.  VII,  3). 

—   Proc.   No.    12   (Vol.   II,   6). 

—  Geological    survey   (Ottawa):    Annual    report  XIII,    1900.   —  John 

Macoun,  Catalogue  of  Canadian  birds  III  (1904).  —  Geol.  sheets 
No.  42—48,  56  —  58  Nova  Scotia.  —  James  White,  Altitudes 
in  the  Dominion  of  Canada  (1901).  —  Ders.,  Dictionary  of  Alti- 
tudes in  the  Dom.  of  Canada  (1903).  —  Rep.  on  the  great  lands- 
lide  at  Frank,  Alta  1908.  —  Appendix  to  the  Rep.  of  the 
Superior  intendent  of  mines   1902. 


—     XXIV     — 

Canada.     Royal  Society  (Ottawa):    Proc.   and  Trans,  for  1903   (2  ser. 

Vol.  IX). 
Cape    of  Good  Hope.      Geological    commission  of    the  colony    of  the 

C.  0.  G.  H.   (Cape  Town) :   Annual  reports  for   1903.  —  Annais  of 

the  S.   African  Museum   Vol.  IV,   1—6   (1903/4). 
Cape  Town  s.   Cape  of  Good  Hope. 
Catania.    Accademia   Gioenia    di   sc.  nat.  :  Bulletino,    nuova  ser.  fasc. 

79—82. 
Chemnitz.    Naturwissenschaftliche  Gesellschaft:  15.  Bericht  1899/1903. 
Cherbourg.     Societe  nationale  des  sciences  nat.   et  math. :    Memoires 

tome  XXXIII  (4  ser.  Vol.   3),   2   (190.3). 
Chicago.    Field  Columbian  Museum:   Publications  No.   75,   77 — 92. 
Christiania.     K.   Universität. 
Chur   8.   Graubünden. 

Cincinnati.     Soc.   of  natural  history :    Journals  Vol.  XX,   4  (1904). 
Colmar.      Naturhistorische   Gesellschaft. 

Cordoba.     Academia  nacional  de   ciencias:    Boletin  tomo  XVII,   2 — 3. 
Costa  Rica.    Museo  nacional. 
Danzig.     Naturforschende   Gesellschaft. 
Darmstadt.      Grossh.  Hess.   Geolog.   Landesanstalt. 

—  Verein  für  Erdkunde   etc.:  Notizblatt  4.  F.   H.   24   (1903). 
Davenport   (Iowa).     Academy  of  natural   sciences. 

Deutsche  geologische  Gesellschaft  (Berlin):  Zeitschrift  Bd.  LV,  1903, 
Heft  3—4;  Bd.  LVI,  1904,  Heft  1  —  2.  —  Register  der  Zeitschr. 
d.  D.  geol.   Ges.  für  die  Bde.  I— L,    1848—1898. 

Dijon.      Acad.   des  sciences,   arts  et  belies  lettres. 

Donauesc hingen.  Verein  für  Gesch.  und  Naturgesch.  der  Baar : 
Schriften  Heft  XI,   1904. 

Dorpat  (Jurjew).  Naturforscher-Gesellschaft  b.  d.  Universität:  Schriften 
No.  XII  (1903).  —  Sitzungsber.  Bd.  XIII,   1901,   Heft  2. 

Dresden.  Naturwissenschaftliche  Gesellschaft  Isis:  Sitzungsber.  und 
Abhandl.  Jahrg.    1903;  Jahrg.    1904,  Heft   1. 

Dublin.  Royal  Dublin  Society:  Scientific  Proceedings  Vol.  X,  1  (1903). 
—  Scientific  Transactions  ser.  2.  Vol.  VIII,  2—5  (1903).  —  Eco- 
nomic  Proceedings   Vol.   I,   4  (1903). 

Dürkheim  a.  d.  H.  Pollichia,  ein  naturwiss.  Verein  der  Rheinpfalz: 
Mitteilungen  No.   18,    19   (LX.   Jahrg.    1903). 

Edinburgh.     Botanical  sogiety:  Trans,   a.   Proc.   Vol.  XXII,   3. 

—  Geological  society. 

—  R.  physical  society:   Proceedings  Vol.  XV,   2,    1902 — 1904, 

—  Royal   Society. 

Elberfeld.     Naturwissenschaftlicher  Verein. 

Erlangen.   Physikalisch-medizinische  Societät:  Sitzungsber.  H.  35,  1903. 
Firenze  s.  Italia. 

France.  Societe  geologique  (Paris):  Bull.  ser.  4.  Vol.  II,  1902  No.  5; 
Vol.  III,    1903   No.   5—6;  Vol.  IV,    1904  No.    1  —  3. 

—  Societe  zoologique  (Paris):   Bull.  Vol    XXVIII,    1903. 


—     XXV     — 

Frankfurt  a.  M.     Senckenbergische  naturforschende  Gesellschaft:  Be- 
richt von   1904. 
Freiburg  i.  Br.   Naturforschende  Gesellschaft:  Berichte  Bd.  XIV  (1904). 

—  s.   auch  Badischer  botan.  Verein. 

Geneve.     Conservatoire   et  Jardin  Botaniques  (Herbier  Delessert). 

—  Soc.    de    physique    et    d'hist.  naturelle :    Memoires    fcome  XXXIV,  4 

(1904). 

Genova.     Museo   civico  di  storia  naturale. 

Giessen.     Oberhessische   Gesellschaft  für  Natur-  und  Heilkunde. 

Glasgow.     Natural  history   society. 

Görlitz.     Naturforschende  Gesellschaft:    Abhandlungen  Bd.   24  (1904). 

Graubünden.  Naturforschende  Gesellschaft  (Chur):  Jahresberichte  N.  F. 
Jahrg.  XLV,    1901/1902;  Jahrg.   XLVI,    1902/1904. 

Greifswald.  Naturw.  Verein  von  Neu-Vorpommern  und  Rügen:  Mit- 
teilungen 33.-35.   Jahrg.,    1901  —  1903. 

Halifax.     Nova  Scotian  Institute  of  Science. 

Halle.     Verein  für  Erdkunde:   Mitteilungen  Jahrg.   1904. 
—  Kais.  Leopoldinisch-Carolinische  Akademie  d.  Naturforscher:  Leopol- 
dina Bd.  XL,    1904. 

—  Naturw.  Verein  für  Sachsen   und  Thüringen :    Zeitschrift  für  Natur- 

wissenschaften Bd.   76,   1903,   Heft   3—6. 
Hamburg.    Naturw.  Verein:  Verhandlungen  3.   Folge,   Bd.   XI,    1903. 

—  Verein  für  naturw.  Unterhaltung:  Verhandlungen  Bd.  XII,  1900—1903. 

—  Wissenschaftl.  Anstalten:  Jahrbuch  Jahrg.  XX,  1902,  mit  Beil.  1 — 3; 

Jahrg.  XXI,    1903,  mit  Beil.    1—3. 

Hanau.  Wetterauische  Gesellschaft  für  die  gesamte  Naturkunde:  Be- 
richt  1.   April   1899  —  30.   Sept.    1903. 

Hannover.     Naturhistorische   Gesellschaft. 

Harlem.  Fondation  de  P.  Teyler  van  der  Hülst:  Archives  du  Musee 
Teyler,  Ser.  2  Vol.  VIII,  5  (1904).  —  Catalogue  de  la  Biblio- 
theque  Tome  III,    1889—1903. 

—  Societe  hollandaise  des  sciences :  Archives  neerlandaises  des  sciences 

exactes  et  naturelles,  Ser.   2   Tome  IX,   1  —  5  (1904). 

Havre  s.  Normandie. 

Heidelberg.  Naturhist.-medizin.  Verein:  Verhandlungen  N.  F.  Bd.  VII, 
3—5   (1904). 

Helgoland.     Biologische  Anstalt  (s.  Kiel-Helgoland). 

Helsingfors.  Societas  pro  fauna  et  flora  Fennica:  Acta  Vol.  21 — 23 
(1901/2).   —  Meddelanden  Heft  28,    1901  —  1902. 

Hermannstadt.  Siebenbürgischer  Verein  für  Naturwissenschaften : 
Verhandlungen  u.  Mitteilungen  52.  Bd.  1902.  —  Abhandlungen 
Bd.  I  (1902)  und  Bd.  H  (1901). 

Hohenheim.  Kgl.  Württ.  landwirtschaftliche  Akademie:  Festschrift 
zur  86.  Jahresfeier  (1904).  —  Jahresbericht  für  die  Zeit  1.  April 
1903  bis  31.  März  1904.  —  Springer,  E.,  Geschichte  der  Grün- 
dung der  K.  Landw.  Akad.  Hohenheim.      (Stuttg.    1904.) 

Iglö  s.   Ungarn. 


—     XXVI     — 

Innsbruck.   Naturwissenschaftlich-medizinischer  Verein:  Bericht  XXVIII, 

1902/3. 
Italia.    R.  comitato  geologico  (Roma) :   Bollettino,   anno  XXXIV,   1903, 

Heft  3  u.   4;   anno  XXXV,    1904,  Heft   1   u.   2. 

—  Societä    entomologica    (Firenze) :    Bollettino,    anno    XXXV,    1903; 

anno  XXXVI,    1904  Trim.  I  — II. 

Jurj  e  w  s.  Dorpat. 

Kansas.  The  Kansas  University  (Lawrence):  Science  Bulletin  Vol.  II, 
1903,  No.   1  —  15. 

Karlsruhe.  Naturwissenschaftlicher  Verein:  Verhandlungen  Bd.  17 
für   1903—1904. 

Kassel.     Verein  für  Naturkunde:   XLVIII.   Bericht  über   1902/03. 

Kiel  s.   Schleswig-Holstein. 

Kiel-Helgoland.  Kommission  zur  wissenschaftl.  Untersuchung  der 
deutschen  Meere  und  Biologische  Anstalt  auf  Helgoland:  Wissen- 
schaftl. Meeresuntersuchungen,  N.  F.  Bd.  V  Abt.  Helgoland  Heft  2 
(1904);  Bd.   VI  Abt.  Helgoland  Heft   1   u.   2   (1904). 

Königsberg.  Physikalisch-ökonomische  Gesellschaft:  Schriften  Jahr- 
gang 44,    1903. 

Krefeld.      Naturwissenschaftlicher    Verein:    Jahresbericht    1903  1904. 

Landshut.      Botanischer  Verein:   Bericht   17,    1900—1903. 

Lausanne.  Societe  Vaudoise  des  sciences  naturelles :  Bulletins,  4  ser. 
Vol.  XL  No.'   149—150. 

Lawrence  s.   Kansas. 

Leiden.  Nederlandsche  Dierkundige  Vereeniging:  Tijdschrift  ser.  2, 
Deel  VIII,   1. 

Leipzig.  Naturforschende  Gesellschaft:  Sitzungsber.  28. — 29.  Jahrg., 
1901/1902. 

Liege.      Societe  Royale  des  Sciences. 

—  Societe   geologique  de  Belgique,  s.  Belgique. 
Lindau  s.   Bodensee. 

Linz.  Museum  Francisco-Carolinum :  Jahresber.  62  nebst  Beiträgen  zur 
Landeskunde  Lfg.    56   (1904). 

—  Verein  für  Naturkunde  in  Österreich  ob  Enns:  Jber.  XXXIII  (1904). 
Lisboa  s.   Portugal. 

London.  Geological  Society:  Quarterly  Journal  Vol.  LX  1904.  — 
Geological  Literature    added    to    the   G.   S.    library   during   1903. 

—  Linnean  Society:   Journal,   a)  Botany  Vol.  XXXV,  248;   Vol.  XXXVI, 

253  —  254;   Vol.  XXXVII,  257.    b)  Zoology  Vol.  XXIX,  189  —  190. 
—  Proceedings  Jahrg.    1903/1904. 

—  Zoological    Society:    Proceedings    for    1903   Vol.   II,    2;    for    1901. 

Vol.   I,    1. 
Lübeck.      Geographische    Gesellschaft    und    Naturhistorisches  Museum: 

Mitteilungen  2.  Reihe  Hefte   16  —  19   (1902—1904). 
Lund.      Universitas   Lundensis:    Lunds  Universitets  Arsskrift  XXXVIIl, 

(1902),    2.  Abt.    (K.   Fysiografiska    Sällskapets  Handlingar   1902, 

N.   F.   Bd.    13.) 


—     XXVIl     — 

Luxemburg.  Institut  R.  grand-ducal  (Section  des  sciences  naturelles 
et  mathematiques) :   Publications  tome  XXVII  (B)   (1904). 

—  Societe  de  Botanique  du  Grand-duche  de  L. 

—  Verein  Luxemburger  Naturfreunde  vorm.  „Fauna"  :   Mitteilungen  aus 

den  Vereinssitzungen  Jahrg.   XIII,    1903. 
Lyon.    Academie  des  sciences,  belies  lettres  et  arts:  Memoires  (Sciences 
et  lettres)  ser.   3   Tome   VII  (1903). 

—  Museum  d'histoire  naturelle. 

—  Societe  d'Agriculture,  Sciences  et  Industrie :   Annales  ser.  7  Tome  IX, 

1901   und  Tome  X,   1902;   ser.   8  Tome  I,    1903. 

—  Societe   Linneenne     de    Lyon:     Annales     annee     1902,     nouv.     ser. 

Tome  49. 

Magdeburg.  Naturwissenschaftlicher  Verein :  Jahresber.  u.  Abh.  1902 
bis   1904. 

Mannheim.      Verein  für  Naturkunde. 

Marburg.  Gesellschaft  zur  Beförderung  der  gesamten  Naturwissen- 
schaften. 

Marseille.     Faculte  des  Sciences:   Annales  Tome  XIV  (1904). 

Maryland.     Geological  survey  (Baltimore). 

Mecklenburg.  Verein  der  Freunde  der  Naturgeschichte  (Rostock): 
Archiv  57.   Jahrg.    1903,  Abt.  II;   58.  Jahrg.    1904,  Abt.  L 

Melbourne  s.   Victoria. 

Metz.  Societe  d'histoire  naturelle:  Bulletin  23  (1904)  {=  2  ser. 
Heft   11). 

Mexico.    Institute  geologico  de  M.:   Parergones  Tomo  I,  1 — 5  (1903/4). 

—  Sociedad  Mexicana  de  historia  natural:  La  Naturaleza  ser.  2  Tomo 

III,   5  —  10  (1900/3). 
Milan  0.     R.     Istituto     Lombardo     di     scienze    e    lettere :     Rendiconti, 

ser.  2a  Vol.   36  No.  17—20   (1904);   Vol.   37  No.  1—16   (1904). 
Missouri.     Botanical    garden    (St.    Louis).:     14    u.    15    annual    Rep., 

1903  u.    1904. 

Montevideo.     Museo  nacional:   Anales  Serie  II  entrega   1    (1904).   — 

Anales:   Seccion  historico  filosofica  Tomo  I  (1904). 
Moskau.    Societe  imperiale  des  naturalistes :   Bulletins  1903  No.  2  —  4; 

1904  No.    1. 

München  s.  Bayerische  botan.   Ges. 

—  s.  Bayerisches  K.   Oberbergamt. 

—  Ornithologische  Gesellschaft  in  Bayern:   Verhandlungen  1903,  Bd.  IV 

(N.  F.  Bd.  I). 
Münster  s.   Westfälischer  Provinzialverein. 
Napoli.     R.   Accad.    delle    scienze    fisiche    e   mat. :    Rendiconti  serie   3 

Vol.  X,    1904,  fasc.    1—7. 

—  Zoologische  Station:  Mitteilungen  Bd.  XVI,  3—4  (1903/4);  Bd.  XVII, 

1  —  2   (1904). 
Nassauischer  Verein   f.  Naturkunde    (Wiesbaden):   Jahrbücher  Jg.   57 

(1904). 
Nederlandsch  Indie.     Natuurkundige  Vereeniging  i.  N.  I.  (Batavia) : 

Natuurkundige  Tijdschrift  deel  LXIII  (10.  Ser.  Deel  VII)  (1904). 


—     XXVIII     — 

Neuchätel.      Societe  des  sciences  naturelles:   Bull.  T.   XXVIII,   1899 

bis   1900. 
New  Haven.     Connecticut  academy  of  arts  and  sciences. 
New  South  Wales.    Linnean  Society  of  N.  S.  W,  (Sydney):  Proceedings 

1903,  Vol.  XXVIII,   3—4;    1904,  Vol.  XXIX,   1—2. 

—  R.  Society  (Sydney). 

New  York    Academy    of    sciences:    Annais    Vol.    XIV,    3 — 4    (1903); 
Vol.  XV,    1—2   (1903/4). 

—  s.  American  geographica!  Society. 

New  Zealand  Institute  (Wellington):    Transactions    and   Proceedings 

Vol.  XXXVI.   1903. 
Normandie.     Societe  Linneenne  de  N.   (Caen). 

—  Societe    geologique    de  N.   (Havre) :    Bull.   Tomes   XXII,    1902    und 

XXIII,   1903. 
Nürnberg.     Naturhistorische  Gesellschaft. 
Offen  b  ach.     Verein  für  Naturkunde. 
Ottawa  s.   Canada. 
Padova.     Accademia    scientifica  Veneto-Trentino-Istriana ,    Cl.    di    Sc. 

nat.,  fis.   e  mat. :  N.   Ser.    Anno   I  fasc.    1   (1904). 
Paris  s.   France. 

Pas  sau.     Naturhistorischer  Verein. 
Philadelphia.     Academy    of  natural   sciences:    Proceedings    Vol.   LV, 

1903,  2—3;  Vol.  LVI,   1904,    1. 

—  American    philosophical    society    for    promoting    usefui    knowledge : 

Proceedings  Vol.  XLII  No.   174;  Vol.  XLIII  No.    175  —  176. 

—  Wagner  Free  Institute  of  Science  :  Transactions  Vol.  III,  4  —  6 ;  Vol.  VI. 
Pisa.      Societä  Toscana    di  scienze  naturali  residente  in   P. :    Memorie 

Vol.  XX  (1904).  —  Processi  verbali  Vol.  XIV  No.    1  —  5. 
Pollichia  s.  Dürkheim  a.   d.  H. 
Portugal.     Direction  des  travaux  geologiques  du  Portugal  (Lisboa) : 

Communicacdes.    T.   V,    1—2   (1903/4). 
Posen.      Naturwissenschaftlicher  Verein    der   Provinz  Posen:    Zeitschr. 

der  Sektion  für  Botanik    10.  Jahrg.    1903,  Heft  2—6;    11.  Jahrg. 

1904,  Heft   1. 
Pozsony  s.  Presburg. 

Prag.     Deutscher    naturwiss.-medizin.    Verein    für    Böhmen     „Lotos"  : 
Sitzber.   Jahrg.    1903.   N.  F.   Bd.  XXIII.      (Ganze  Reihe    Bd.   51.) 

—  Lese-  und  Redehalle  der  Deutschen  Studenten  in  Prag :   Bericht  über 

das  Jahr   1903. 
Presburg  (Pozsony).    Verein  für  Natur-  und  Heilkunde:   Verhandlungen 

N.  F.  Bd.  XV,    1903. 
Regensburg.      Kgl.    botanische    Gesellschaft:    Denkschriften    Bd.   VIII. 

(=  N.  F.  Bd.  2)  (1903). 

—  Naturwissenschaftlicher  Verein. 

Renn  es.      Universite:   Travaux  scientifiques  t.  II,    1  —  3   (1903). 
Riga.    Naturforscher-Verein:   Korrespondenzblatt  Jahrg.  XLVII  (1904). 
Rio  de  Janeiro.      Museu  nacional. 
Roma.     Accademia  Pontificia  dei  nuovi  Lincei :   Atti  anno  LVII,  1903  4 


—     XXIX     — 

Roma.  R.  Accademia  dei  Lincei:  Atti  anno  CCC,  1904,  Sei*.  5,  Rendiconti 
Vol.   XII. 

—  s.   auch  Italia. 
Rostock  s.  Mecklenburg. 
Rovereto.     Museo  civico. 

Saint    Louis.      Academy    of   science:    Transactions  Vol.  XII,    9 — 10 

(1902);   Vol.   XIII  (1903/4);   Vol.   XIV,    1—6    (1904). 
San  Francisco  s.   California. 
Sankt  Gallische  naturwissenschaftl.   Gesellschaft:  Jahrbuch  für  das 

Vereinsjahr   1901/1902. 
Sankt  Petersburg.      Comite    geologique :    Bulletins    1903     t.  XXII. 

—  Memoires  Vol.   XIII,   4;  XV,    1;  XIX,   2;  nouv.   serie  Lfgn.   5 

bis   13   (1903/4). 

—  Russisch-kaiserl.    mineralogische   Gesellschaft:    Verh.   2.   ser.   Bd.   41 

(1903/4).  —  Materialien  zur  Geologie  Rußlands  Bd.  21  Lfg.  2 
(1904);  Bd.   22   Lfg.    1    (1904). 

—  Kais.  Akademie  der  Wissenschaften:  Bulletins  ser.  5  Vol.  XVII,  1  u.  5 ; 

Vol.  XIX,   3  ;  Vol.   XX,   2  —  3.  —  Memoires  Vol.   XV,   2,   5,   8,   9. 

—  Physikalisches  Central-Observatorium:   Annalen  Jahrg.  1900   Suppl.; 

Jahrg.    1902   und  Suppl. 

Santiago  de  Chile.  Deutscher  wissenschaftlicher  Verein:  Verhand- 
lungen Bd.  IV,   6   (1902);  Bd.  V,    1   (1904). 

Schlesische  Gesellschaft  für  vaterländische  Kultur:  81.  Jahresber. 
1903  mit  Beilagen:  ,,Die  Schlesische  Gesellschaft  für  vaterl. 
Kultur"  (Breslau  1904);  Schübe,  Theodor,  Die  Verbreitung  der 
Gefäßpfl.  in  Schlesien  preußischen  und  österreichischen  Anteils. 
(Festgabe.)      (Breslau   1903.) 

Schleswig-Holstein.  Naturwissenschaftlicher  Verein  für  Schleswig- 
Holstein   (Kiel). 

Schweiz.  Allgemeine  Schweizer  Gesellschaft  für  die  gesamten  Natur- 
wissenschaften  (Bern):   Neue  Denkschriften  Bd.   39   (1903/4). 

—  Geologische  Kommission    der    schw.    natf.   Ges. :    Beiträge    zur  Geo- 

logischen Karte  der  Schweiz.  N.  F.  Lfg.  XIV  (=  Ganze  Serie 
Lfg.  44)  (1904);  Dass.      Geotechnische  Serie  Lfg.  III  (1904). 

—  Schweizerische    botanische    Gesellschaft  (Zürich):    Berichte    Heft   13 

(1903). 

—  Schweizerische   entomologische  Gesellschaft  (Bern). 

—  Schweizerische    naturforschende   Gesellschaft  (Bern) :    Verhandlungen 

der  84.  Jahresvers.  1901  zu  Zofingen,  der  85.  Jahresvers.  1902 
zu  Genf,   der  86.  Jahresvers.    1903   zu  Locarno. 

Stanford  University.  Leland Stanford  junior University:  Storsy,  Th.  A., 
Studies  in  voluntary  muscular  contraction  (1904). 

Steiermark.     Natarw.   Verein  (Graz):  Mitteilungen   1903,  Heft  40. 

Stockholm  K.  Svenska  Vetenskaps  Akademien:  Handlingar  Bd.  37 
No.  3 — 8,  Bd.  38  No.  1 — 5.  —  Arkiv  for  matematik,  astronomi 
och  fysik  I,  3 — 4;  Arkiv  for  kemi ,  mineralogi  och  geologi  I, 
3 — 4;  Arkiv  for  botanik  I,  4,  II  und  III;  Arkiv  for  zoologi  I,  3 — 4, 
II,   1  —  2.    —   Arsbok  for  1904.   —  Meteorol.  Jakttagelser  Bd.   43 


—     XXX     — 

bis  45,  1901  — 1903.  —  Accessionskatalog  af  Sveriges  offentliga 
Bibliotek  No.    17,    1902.   —   Le  prix  Nobel  en   1901. 

Straßburg.      Kais,   üniversitäts-  und  Landesbibliothek. 

Stuttgart.  Ärztlicher  Verein:  Medizinisch-statistischer  Jahresbericht 
über   die  Stadt  Stuttgart.      31.  Jahrg.    1903. 

—  s.   auch  Württemberg. 

Sydney   s.   Australasian   ass.   for  the   advancement  of  sciences. 

—  s.   New  South  Wales. 

Tokio.  College  of  science,  Imperial  University,  Japan:  Journal  XVIII, 
5—8;  XIX,  2—4,  9,  11—20;  XX,  1—2.  —  Calendar  for 
1903/1904. 

Torino.     R.   Accademia  delle  scienze :   Atti  Vol.  XXXIX,    1903/1904. 

—  Osservatorio   della  Regia  üniversitä :   Osservazioni  meteor.   1903. 
Toronto  s.   Canada. 

Tromsö  Museum. 

Tübingen.  K.  Universitätsbibliothek:  Universitätsschriften  a.  d.  J. 
1903/1904.  —  23  Dissertationen  der  naturwissenschaftl.  Fakultät. 

Tufts  College   (Mass.  U.  S.  A.) :    Tufts  College  Studies   No.   8   (1904). 

Ulm.  Verein  für  Mathematik  und  Naturwissenschaften:  Jahreshefte 
Jahrg.    11    (1903). 

Ungarische  geologische  Gesellschaft  und  k.  ungarische  geologische  An- 
stalt (Budapest):  Földtani  Közlöny  Bd.  XXXIII,  1903,  10—12; 
Bd.  XXXIV,  1904,  1  —  10.  —  Jahresbericht  der  k.  ung.  geol. 
Anstalt  für  1901.  —  Agrogeologische  Spezialkarte  der  Länder 
der  Ungar.  Krone  1:75  000,  Sektionsblatt  Zone  14  Col.  XIX  u. 
Erläuterungen.  —  Gyula  Halavats:  Allg.  u.  paläontol.  Literatur 
der  pontischen   Stufe  Ungarns  (1904). 

—  Ungarischer  Karpathen-Verein   (Iglö) :   Jahrbuch  (Deutsche  Ausgabe), 

Jahrg.  XXXI,    1904. 
United    States    of    N.    Am.      Commission    of    Fish    and    Fisheries 
(Washington):    Commissioners    Rep.    for    1902,    part  XXVIII.  — 
Bulletins  Vol.  XXII,    1902. 

—  Department  of  Agriculture  (Washington):   Yearbook    1903. 

—  Department  of  the  Inferior  (Geological  survey)  (Washington):  Annual 

report  Vol.  XXIV,  1902—1903.  —  Bulletins  No.  209—233,  241. 
—  Monographs  Vol.  XLIV,  XLV  and  Atlas,  XLVI.  —  Professional 
papers  No.  9 — 28.  —  Water  supply  and  irrigation  papers  No.  80 
bis  98,  101,  102,  104.  —  Mineral  resources  of  the  U.  S., 
Calendar  year  1902. 
Upsala.  The  Geological  Institution  of  the  university:  Results  of  the 
Swedish  Zoological  Expedition  to  Egypt  and  the  White  Nile  1901 
under  the  direction  of  L.   A.  Jägerskiöld.      Part  I  (1904). 

—  Regia  Societas  scientiarum  Upsaliensis:   Nova  Acta  ser.   3  Vol.  XX,  2. 

1904. 
Victoria.      Public  library,   Museums   and  National  Gallery  (Melbourne). 
Waadtland   (Pays  de  Vaud)  s.  Lausanne. 
Washington.      Sniithsonian    Institution:    Annual    report  of  the  Board 

of  Regents  for   1902.   —  Rep.   of   the  National  Museum    1901   u. 


—     XXXI     - 

1902.  —  Special  Bull.  IV,  2.  —  Proceedings  of  the  U.  S.  National 
Museum  Vol.  27  (1904).  —  Smithsonian  contributions  to  know- 
ledge  Vol.  XXIX  No.  1413;  Vol.  XXXIII;  Vol.  XXXIV  No.  1438. 
—  Smithsonian  miscellaneous  coUections  Vol.  44  No.  1374  u. 
1440;  Vol.  45  (=  Quarterly  Issue  Vol.  I);  Vol.  46  No.  1417, 
1441,    1477;  Vol.   47   No.    1467   (=  Qu.   Iss.  Vol.   II,    l). 

Washington  s.   auch  United  States. 

Wellington  s.  New  Zealand  Institute. 

Westfälischer  Provinzial-Verein  für  Wissenschaft  und  Kunst  (Münster). 

Wien.  Kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften,  math.-naturw.  Klasse: 
Sitzungsberichte  Bd.  CXI,  1902:  Abt.  1  Heft  10;  Bd.  CXII,  1902: 
Abt.  1  Heft  1—3;  Abt.  2a  Heft  1  —  6;  Abt.  2  b  Heft  1—6.  — 
Mitteilungen  der  Erdbeben-Kommission  No.  XIV — XXI. 

—  K.  K.    geologische   Reichsanstalt:    Jahrbuch   53,    1902,  Heft  2 — 4; 

Jg.  54,  1904,  Heft  1.  —  Verhandlungen  1904  No.  1  —  12.  — 
Abhandlungen  Bd.  XVH,   6   (1903);  Bd.  XIX,   2—3   (1904). 

—  K.  K.  naturhistorisches  Hofmuseum:  Annalen  Bd.  XVIII,  4;  Bd.  XIX,  1 

(1904). 

—  K.  K.   zoologisch-botanische  Gesellschaft:   Verh.  Jg.   1904  Bd.    54. 

—  Verein  zur  Verbreitung  naturw.   Kenntnisse. 

Wiesbaden  s.  Nassauischer  Verein  für  Naturkunde. 

Winterthur.  Naturwiss.  Gesellschaft:  Mitteilungen  Heft  V,  1903  u.  1904. 

Württemberg.  K.  statistisches  Landesamt  (Stuttgart):  Württ.  Jahr- 
bücher für  Statistik  und  Landeskunde  Jg.  1903  Heft  2,  Jg.  1904 
Heft  1.  —  Statistisches  Handbuch  für  das  Kgrch.  Württemberg 
Jg.    1902  u.    1903. 

—  Württembergischer  Schwarzwaldverein  (Stuttgart) :  ,,Aus  dem  Schwarz- 

wald" Jahrg.  Xn  (1904). 
Würzburg.      Physikalisch-medizinische    Gesellschaft:     Sitzungsberichte 

Jg.   1903.   —  Verhandlungen  N.  F.  Bd.  XXXVI  (1904). 
Zürich.      Naturforschende    Gesellschaft:    Vierteljahresschrift    Jahrg.   48, 

1903,  Heft  3—4;  Jahrg.   49,   1903,  Heft   1  —  2. 

—  s.   auch  Schweiz. 

Zwickau.     Verein  für  Naturkunde. 


Der 

Rechnuiigs- Abschluß 

für  das  Vereinsjahr   1.  Juli   1903/1904  stellt  sich  folgendermaßen: 
Einnahmen: 

Kassenstand   am   1.   Juli   1903 600  M.   77   Pf. 

Zins  aus  den  Kapitalien 710  ,,    81 

Beiträge  von  899   Mitgliedern  ä   5  M 4495  ,,    — 

Für   146   Originaleinbände    von  Jahresheften    ä    1   M.  146  ,,     — 

,,     im  Buchhandel  verkaufte  Jahieshefte 183  ,,    80 

,,     gelieferte   Separatabzüge 170  ,,     78 

Ortszuschlag  von  335   Stuttgarter  Mitgliedern    .     .     .  167  ,,    50 


6474  M.   66   Pf. 


—     XXXII     — 

Ausgaben: 
Beitrag  an  die  Schweizerische  geol.   Gesellschaft 


4  M.   26   Pf. 


Buchdrucker-  und  Buchbinderkosten 4713 

Porti,   Expedition  der  Jahreshefte 518 

Honorare,   Saalmiete,  Inserate 746 

Unkosten  der  Pflanzengeographischen  Kommission      ,  74 

,,             ,,     Zweigvereine 129 

Steuer,  Bankierkosten 48 

Feuerversicherung  der  Bibliothek 129 


47 
36 
51 
50 
80 
56 
56 


6365  M.  02   Pf. 


Einnahmen 6474  M.   66  Pf. 

Ausgaben 6365    „    02    „ 

Kassenstand  am   I.Juli   1904       109   M.   64  Pf. 


Vermögensberechnung. 

Kapitalien  nach  Nennwert 19  600  M.   —  Pf. 

Kassenbestand 109  ,,     64  ,, 

19  709  M.   64  Pf. 

...     20  200  „     77  „ 


Das  Vermögen  betrug  am   1.  Juli   1903    .     .     . 
somit  Abnahme  gegen  das  letzte  Jahr 


491   M.    13  Pf, 
Der  Rechner:   Dr.  C.   Beck. 


Der  vorstehende  Rechnungsabschluß  wurde  geprüft  und  für  richtig 
erfunden  von 

Hofrat  Cleßler. 


Veränderungen  im  Mitgliederbestand. 

Vom   1.  Januar   1904  bis  31.  März   1905   traten  dem  Verein  fol- 
gende  90  Mitglieder  bei : 

Angele,   Oberförster,  Heggbach. 

Bach,   Heinrich,  stud.   rer.  nat.,  Tübingen. 

V.  Baehr,  W.,  Privatgelehrter,   Tübingen. 

Beck,  Max,  Ingenieur  hier. 

Bender,   Karl,  Landgerichtsrat,   Öhringen. 

Benz,  Eugen,   stud.   rer.  nat.,  Tübingen. 

Blezinger,   Dr.,  Apotheker,   Hall, 

Blümer,   Gustav,   Stadtbauinspektor,  Eßlingen. 

Brinzinger,  Adolf,  Stadtpfarrer,  Oberndorf. 

Game  rer,  Dr.  Wilh.,  prakt.  Arzt,   Stuttgart. 

Cammerer,  Dr.  med.,  Freudenstadt. 

Dieter  ich,   Viktor,  Forstamtmann,  Schussenried. 

D  u  1  k  ,   Max,   Bauinspektor,  Ravensburg. 


-     XXXIII     - 

Duttenhofer,  Dr.  Max,  Rottweil. 

Eisele,  Hermann,  cand.  rer.  nat.,  Stuttgart. 

Fitting,  Dr.  phil.,   Privatdozent,  Tübingen. 

Fleck,   Schulinspektor,  Rottweil. 

Frank,  Hermann,  Assistent  am  technolog.  Institut  Hohenheim. 

G 1  e  m  s  e  r ,  Julius,  Vikar,  Reutlingen. 

Gönner,  Friedr.,  Oberförster,   Oberndorf. 

Goppelt,  Professor,   Öhringen. 

Haag,  Dr.   A.,   Oberamtsarzt,   Wangen  i.  A. 

Haber m aas,   Oberförster,  Mössingen. 

H ähnle,  L.,  Kommerzienratsgattin,  Stuttgart. 

Hall  er,  Albert,  Oberreallehrer,   Eßlingen. 

Henninger,   Gustav,  stud.  rer.  nat.,  Tübingen. 

Heynold,  Kurt,  Gasinspektor,  Eßlingen. 

Hug,  Dr.   Otto,  Privatgelehrter,  Tübingen. 

Ißler,  A.,  cand.  rer.  nat.,  Tübingen. 

Käfer,  Dr.,  Forstamtmann,  Schussenried. 

Keller,  Walter,  Verlagsbuchhändler,  Stuttgart. 

Klumpp,  Major  und  Bezirkskommandeur,  Oberndorf. 

Knapp,  A.,  cand.   rer.  nat.,  Tübingen. 

Kranz,   W.,   Oberleutnant,  Neubreisach. 

Kumpf,  Dr.   Georg,  Apotheker,  Neckarsulm. 

Lamprecht,  Kaplan,  Kißlegg. 

Lang,  Dr.  Wilh.,  Assistent  am  bot.  Institut  Hohenheim. 

Lutz,  Apotheker,   Öhringen. 

Megenhart,  Amtsrichter,  Öhringen. 

Müller,  Dr.  med.,  Oberamtsarzt,   Oberndorf. 

Nötling,  Hofrat  Dr.  Fritz,  Tübingen. 

0  p  p  e-1 ,  Prof.  Dr.  Albert,  prakt.  Arzt,  Stuttgart. 

Ott,  Oberpräzeptor,  Biberach  a.  R. 

Pf  äff,  J.,  Kaplan,   Schussenried. 

Pfeffer,  Dr.   Wilh.,  Oberreallehrer,  Wildbad. 

Philipp,  Dr.  Hans,  Ass.  a.  d.  geol.  Inst.  d.  k.  techn.  Hoch- 
schule Stuttgart. 

Piedade,  A.  J.,  Santa  Cruz,  Goa  (Indien). 

Realgymnasium  Stuttgart. 

Regelmann,  Dr.  Karl,  Geologe  bei  der  geol.  Landesaufnahme, 
Stuttgart. 

Reich,  R.,  Stuttgart  (Hospitant). 

Rettich,  Karl,  Apotheker,  Pfalzgrafenweiler. 

Riegel,  Wilhelm,  Apotheker,  Eßlingen. 

Rosenfeld,  Dr.  Fritz,  prakt.  Arzt,  Stuttgart. 

Rothfritz,  Eduard,   Oberamtstierarzt,  Eßlingen. 

Salzmann,  Stadtpfarrer,  Biberach  a.  R. 

S  a  p  p  e  r ,  Richard,  Konsul,  Stuttgart. 

Schiedt,  Oberförster,  Altshausen. 

Schilling,  Richard,  Versicherungsdirektor,  Stuttgart. 

Schloz,  Bezirksgeometer,  Schorndorf. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905.  C 


—     XXXIV     — 

Schmid,  Edwin,  Kameralverwalter,   Öhringen. 

Schmid,  Oberreallehrer,  Künzelsau. 

Schmidt,  Dr.  Julius,  Privatdozent,  Stuttgart. 

Schneiderhan,   Dr.  E.,   Oberndorf. 

Schreiber,  Ferdinand,   Verlagsbuchhändler,   Eßlingen. 

Schreiber,  Robert,  Verlagsbuchhändler,   Eßlingen. 

Schwarz,  Richard,  Dr.  med.,  Stuttgart. 

Schwenk,   E.,   Professoratskandidat,   Reutlingen. 

Seiberer,   K.,   cand.   rar.   nat.,   Tübingen. 

Seitz,   Professor,  Ravensburg. 

Sigel,   Karl,   K.  Regierungsbaumeister,   Stuttgart. 

Speidel,   Oberamtstierarzt,   Oberndorf. 

Springer,  M.,  Bautechniker,  Flein. 

Steinhauser,  Dr.,  prakt.   Arzt,   Öhringen. 

Stephan,  Domänendirektor,   Öhringen. 

Stumpp,  Hilfslehrer,  Eßlingen. 

Sulzmann,  Stadtschultheiß,  Oberndorf. 

V.   Süßkind,  Freiherr,   Oberförster,   Dornstetten. 

Teuffei,   Emil,  Privatier,   Stattgart. 

Völter,   Karl,   Hofkammerrat,  Stuttgart, 

V  ö  1 1  e  r ,   Staatsanwalt,  Ravensburg. 

Völter,   Theodor,  Apotheker,  Metzingen. 

Wagner,  Professor,  Tübingen, 

Walz,   Dr.   Karl,  Medizinalrat,   Stuttgart. 

Wällnitz,   Dr.  med.,   prakt.  Arzt,   Schussenried. 

W  ei  gelin,   Alwin,   Bauinspektor,   Plochingen. 

Weyler,  Robert,   Kaufmann,   Öhringen. 

Wolf,   Dr.  jur,,   Oberndorf, 

Wolf,  Eugen,   cand.   rer.   nat.,   Tübingen. 

Ziesel,   Pfarrer  und  Schulinspektor,   Kißlegg, 

Zipperlen,   Dr.  med.,  prakt.   Arzt,  Tübingen. 

Durch  Tod  und  Austrittserklärung  schieden  bis  zum  31.  März  190; 
aus  dem  Verein   92   Mitglieder. 

AI  brecht,   Mittelschullehrer,   Schramberg. 

Bleil,  A.,   Buchhändler,   Stuttgart. 

Bon  hoff  er,   Prof.  Dr.  A.,   Bibliothekar,  Stuttgart. 

Bosch,  Dr.   H.,  Stuttgart,   f 

Bruder,  Karl,  Rektor,   Biberach. 

Bücheier,  Dr.  Karl,  Oberschulrat,  Stuttgart. 

Burckhardt,   Paul,   Architekt,  Stuttgart. 

Casper,   Th.,   Finanzamtmann,  Freudenstadt. 

Cranz,   Prof.  Dr.   C,   Berlin. 

v.   Dorrer,  A.,  Staatsrat  a.   D.,   Stuttgart. 

Durretsch,  Professor,  Reutlingen,  f 

V.   Duttenhofer,  Geh.  Kommerzienrat,  Rottweil,  f 

Elsaß  er,  Chr.,  Tierarzt,  Bremen. 

Faber,   Karl,   Privatier,  Stuttgart,   f 


—     XXXV     - 

Faber,  Dr.  Karl,  prakt.  Arzt,  Stuttgart,  f 

Faiß,  Theodor,  Bauinspektor,  Aulendorf. 

Frick,  Seminaroberlehrer,  Nürtingen. 

Fritzweiler,  Dr.   Rieh.,   Berlin. 

Gansser,  Rud.,  Hauptmann,  Deutsch-SW. -Afrika,   f 

Georgii,  A.,  Apotheker,  Stuttgart. 

Gerschel,  0.,  Buchhändler,  Stuttgart. 

Geßler,  G.,  Apotheker,  Wurzach.   f 

Geßler,   Gebh.,   Professor,  Cannstatt. 

Gottschalk,  Dr.  Ed.,   Stuttgart. 

Grauer,  E.,  Direktor,  Lauffen.   j 

Hahn,  Gust.,  Rechnungsrat  a.  D.,  Stuttgart,  f 

Hainlen,  Dr.  Ad.,   Chemiker,   Geislingen. 

V.  Hartmann,   Dr.  Jul.,   Oberstudienrat  a.   D.,  Stuttgart. 

Herb,  Hermann,  Kaufmann,  Ravensburg. 

Hildenbrand,   Geognost,   Ohmenhausen,  f 

Hiller,  Stadtpfarrer,  Rottweil. 

Hoffmann,  Dr.  Julius,  Verlagsbuchhändler,  Stuttgart,  f 

Holzer,  E.   C,   Professor,  Ulm. 

Höring,   Oberstaatsanwalt,  Rottweil. 

Hugger,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt,   Gmünd. 

Imhof,  Jos.,  Oberförster,   Wolf  egg. 

Katzmaie r,   Oberreallehrer,   Cannstatt. 

Keppler,  Ernst,  stud.  rer.  nat ,  München. 

Kifer,  Jos.,  Handelsgärtner,  Biberach.  f 

Kirn,  Oberförster  a.  D.,  Blankenburg  a.   H.   f 

Klaiber,  Dr.  E.,  Hohenheim. 

Köstlin,  Dr.  Karl,  prakt.  Arzt,   Cannstatt. 

Krauß,  Karl,   Chemiker  in  Ulm.  f 

V.  Lang,  Landgerichtspräsident  a.   D.,   Cannstatt.  f 

Langes,  Dr.  H.,  prakt.  Arzt,   Gmünd. 

V.  Leutrum,  N.,  Freiherr,  Nippenburg. 

Mayer-Bläß,  Aug.,  Fabrikant,  Heilbronn,  f 

Mayer,  F.  R.,  Kaufmann,  Heilbronn. 

Metzger,  Ad.,   Kaufmann,  Ravensburg. 

Müller,  K.  A.,  Professor,  Cannstatt.  f 

Öchsle,  Dr.  med.,  prakt.  Arzt,   Gmünd. 

Örtel,  Dr.  E.,  Assistent,  Stuttgart. 

Paradeis,  Dr.  med.,  Rottenburg. 

Pfäfflin,  Ad.,  Apotheker,  Stuttgart. 

Pfeilsticker,  Dr.   med.,   Oberamtsarzt,   Gmünd. 

Probst,  Viktor,  Major  z.  D.,  Waldsee.  f 

V.  Probst,  Walter,   Oberforstrat  a.  D.,   Stuttgart,  f 

Rau,   Forstreferendar,   Tübingen. 

Rauscher,  Friedr.,   Prof.   a.  D.,   Stuttgart. 

Rauther,  Dr.   Max,  Berlin. 

Reichert,  Bergrat,  Ludwigstal. 

Reiff,  Karl,  Rektor,   Biberach. 


—   x;^xvi    - 

Riecker,   Oberförster,   Guudelsheim.  f 
Romberg,  E.,  Professor,  Hohenheim.  f 
Rosenfeld,  Dr.   Gust.,   prakt.   Arzt,  Stuttgart,  f 
Schaffe r,   Dr.   0.,  prakt.   Arzt,  Freudenstadt. 
Schau  ff  eleu,  Karl,  Fabrikant,   Heilbronn. 
Seh eif feie,   Wilh.,   Pfarrer,  Reichenbach  a.   F.  f 
V.   Schlierholz,   Präsident  a.  D.,  Stuttgart. 
Schmidt,   Geh.  Hofrat  Dr.   0.,  Stuttgart,  f 
Schneider,  H.,   Professor,  Hall. 
Schneiderhan,   Professor,   Gmünd. 
V.  Sc  hüb  1er,  Geh.  Reg.-Rat  a.   D.,   Stuttgart,   f 
Schwarz,  Albert,  Bankier,  Stuttgart. 
Schweitzer,   Werkmeister,   Stuttgart,  j- 
V.  Seible,  Oberst,  Heilbronn. 
Speidel,  Landgerichtsrat,  Heilbronn. 
Steudel,  Dr.   W.,   Sanitätsrat,  Stuttgart. 
Stockmayer,  Ökonomierat,  Lichtenberg. 
Straub,  St.,   Oberlehrer,  Gmünd. 
Süßkind,  Dr.,   Oberamtsarzt,   Heidenheim. 
Vötter,  Domänendirektor,   Waidenburg. 
W  a  i  b  e  1 ,  Finanzamtmann,  Stuttgart. 
Wald  raff,  E.,  Domänendirektor,  Wurzach. 
Wandel,  Ferd.,  Oberlehrer  a.  D.,  Stuttgart,  f 
Wink  1er,  E.,  Hauptlehrer,   Schwenningen. 
Wolf,  Dr.  H.,  Nürnberg. 
Wolf,  E.,  Professor,  Ravensburg. 
Wolfarth,   Ökonomieverwalter,  Schussenried. 
Wunderlich,  Korpsintendant,  Stuttgart. 
Zeller,  Rud.,  Vikar,   Grüntal. 
Zimmermann,   Dr.  C,  prakt.   Arzt,  Haiterbach. 

Der  Verein  zählte  am    1.  April   1905   893   Mitglieder. 


Kämmerer  Dr.  Joseph  Probst, 

t  in  Biberach  a.  R.  9.  März  1905. 
Von  Pfarrer  Dr.  Engel  in  Eislingen. 

Am  12.  März  d.  J.,  einem  milden,  sonnigen  Frühlingssonntag, 
wurde  die  sterbliche  Hülle  des  Obgenannten  auf  dem  schön  gelegenen 
Friedhof  der  alten  Reichsstadt  zur  letzten  Ruhe  gebettet.  Ein  überaus 
zahlreiches  Trauergefolge  hatte  den  Entschlafenen  zu  diesem  ernsten 
Gange  begleitet.  Neben  mir  stand  Professor  Dr.  E.  Fraas  aus  Stutt- 
gart ,  der  namens  des  Vereins  für  vaterländische  Naturkunde  dem 
langjährigen  Mitghed  desselben  und  dem  ehrwürdigen  Freund  unter 
trefflichen  Worten  den  wohlverdienten  Lorbeer  aufs  Grab  legte.  Beim 
Blick  auf  die  große  Versammlung  und  die  dem  Entschlafenen  durch 
viele  Jahre  verbundenen  Freunde  kam  mir  das  Wort  des  Dichters 
in  den  Sinn:  „Sie  haben  einen  guten  Mann  begraben,  uns  aber  war 
er  mehr."  Sei  es  mir  denn  gestattet,  das  Lebensbild  des  schlichten 
Mannes,  der  in  seiner  Bescheidenheit  von  einer  Rede  an  seinem  Sarg 
ausdrücklich  Abstand  genommen  wissen  wollte,  in  ebenfalls  schlichten 
Worten  zu  zeichnen,  wie  dies  einem  Freund  nun  eben  gelingen  mag, 
der  nahezu  40  Jahre  aufs  innigste  sich  mit  ihm  verbunden  wußte. 
Der  äußere  Rahmen  dieses  Bildes  ist  freihch  ebenso  einfach  und 
schmucklos  wie  das  Leben  des  Verstorbenen,  das  sich  in  den  denkbar 
einfachsten  Verhältnissen  bewegte.  Ist  doch  der  Mann  während  der 
82  Jahre  seines  Daseins  kaum  je  über  die  schwarzroten  Grenzpfähle 
hinausgekommen  und  hat  drei  Viertel  davon  auf  stillen  Pfarrsitzen 
in  der  Gegend  von  Biberach  zugebracht. 

Dr.  Joseph  Probst  war  den  23.  Februar  1823  in  Ehingen  a.  D. 
geboren  ak  der  Sohn  des  dortigen  Bären wirts  Christoph  Probst  und 
der  Anna  Maria,  geb.  Wilhelm.  Nach  der  Tradition  der  Familie  und 
den  Wünschen  der  Eltern  entsprechend  war  er  nebst  einem  Bruder  von 
Anfang  an  dazu  prädestiniert,  „geistlich  zu  studieren".  Er  durchlief 
zu  diesem  Behuf,  den  hergebrachten  Bahnen  folgend,  die  beiden 
Landesanstalten  für  künftige  katholische  Priester,  das  niedere  Kon- 
vikt  in  Ehingen  und  das  höhere  auf  der  Landesuniversität  Tübingen. 


—     XXXYIII     — 

Bezeichnend  genug  für  ihn  ist  ein  Ereignis  aus  dieser  Zeit,  das  er 
noch  in  späteren  Jahren  gern  scherzend  erzählte.  Er  hatte  die 
Maturitätsprüfung  für  die  Hochschule  schon  im  17.  Lebensjahr  er- 
standen, fand  aber  zu  seinem  Schrecken  seinen  Namen  unter  der 
Liste  der  Examinierten  im  Staatsanzeiger  nicht  vor.  In  großer  Be- 
klemmung, durchgefallen  zu  sein,  brachte  er  etliche  Wochen  in  seiner 
Vaterstadt  zu,  bis  sich  endlich  das  Rätsel  höchst  einfach  und  zu- 
gleich höchst  ehrenvoll  für  ihn  löste.  Da  er  die  Altersreife  zum 
Studium,  das  18.  Lebensjahr,  noch  nicht  erreicht  hatte,  mußte  zuvor 
beim  Ministerium  ein  diesbezüghcher  Dispens  eingeholt  werden,  und 
erst  als  dieser  erteilt  war,  konnte  auch  sein  Name  der  Liste  der- 
jenigen nachträglich  beigefügt  werden,  die  als  „bestanden"  ins  Tü- 
binger Konvikt  Aufnahme  erhalten  hatten.  Dabei  stellte  sich  heraus, 
daß  er  jenes  Examen  rigorosum  unter  den  Vordersten  abgeschlossen, 
also  trotz  seinen  erst  17  Jahren  ein  glänzendes  Zeugnis  für  seine 
geistige  Reife  hatte. 

Schon  auf  der  Gymnasialanstalt  in  Ehingen  zeigte  er  Neigung 
für  naturwissenschaftliche  Dinge,  und  zwar  regte  ein  Gang  durchs 
Blautal  den  16jährigen  Grübler  erstmals  zu  gründlicherem  Nachdenken 
über  die  Frage  an,  wie  doch  die  seltsamen  Felsengebilde  entstanden 
seien,  die  in  jenem  Tale  noch  heute  jedes  Wanderers  Auge  entzücken. 
Dies  war  wohl  der  Ausgangspunkt  für  seine  späteren  geologischen 
Studien.  Doch  gab  er  sich  zunächst  nicht  weiter  damit  ab  und  blieb 
auch  während  seiner  akademischen  Laufbahn  dem  Hörsaal  des  Alt- 
meisters schwäbischer  Geologie,  des  Professors  Quenstedt  fern,  der 
nicht  lange  zuvor  in  Tübingen  sich  habilitiert  und  eben  mit  seinen 
bahnbrechenden  Arbeiten  über  den  Jura  unseres  Landes  sich  glänzend 
eingeführt  hatte.  Probst  wandte  damals  seine  Kraft  ausschließlich 
dem  Fachstudium  zu,  gleich  seinem  Bruder,  der,  eine  ganz  ähnhche 
Gelehrtennatur,  während  langjährigem  Dienst  im  Pfarramt  durch 
wissenschaftliche  Arbeiten  sich  einen  solchen  Ruf  erworben  hatte, 
daß  er  von  seinem  einsamen  oberschwäbischen  Pfarrsitz  hinweg  später 
zum  Professor  der  Theologie  an  die  Universität  Breslau  berufen  ward. 
Für  ein  anderes  Wissensgebiet  fing  sich  dagegen  unser  Verstorbener 
bald  an  zu  interessieren:  für  das  Studium  der  Geologie.  Dazu  bot 
ihm  wohl  in  erster  Linie  die  Umgebung  von  Biberach  Veranlassung, 
wohin  er  bald  nach  Absolvierung  der  Universität  versetzt  ward,  um 
dann  sein  Leben  lang  auf  dieser  Scholle  schwäbischen  Bodens  haften 
zu  bleiben.  Im  Jahre  1846  kam  er  als  Pfarrverweser  nach  Schemmer- 
berg,  wo  er  volle  12  Jahre  zubrachte,  im  Jahre  1858  erstmals  ständig 


-     XXXIX     — 

als  Pfarrer  in  das  benachbarte  Mettenberg,  10  Jahre  später  auf  seine 
zv/eite  und  zugleich  letzte  Stelle  nach  Unteressendorf,  wo  er  volle 
30  Jahre  hindurch  seines  Amtes  waltete,  bis  er  sich  im  75.  Lebens- 
jahre nach  Biberach  in  den  Ruhestand  zurückzog.  Schon  in  Schemmer- 
berg  hatte  er  die  Gepflogenheit,  sich  die  benachbarten  Sandgruben 
und  Steinbrüche  auf  ihren  Inhalt  anzusehen.  In  wissenschaftlichem 
Sinn  sich  mit  Geologie  zu  beschäftigen,  fing  er  seiner  eigenen  An- 
gabe gemäß  im  Jahre  1852  an.  Sein  Leben  lang  aber  ging  er  mit 
diesen  Studien,  d.  h.  mit  der  Durchforschung  des  Geländes,  nicht 
über  seine  nächste  Umgebung  hinaus.  Und  darin  gerade  lag  und 
liegt  seine  Stärke:  sein  Oberschwaben,  zumal  die  Gegend  zwischen 
Ulm  und  Ravensburg,  kannte  er  „wie  seine  Westentasche"  ;  so  fand 
auf  ihn  insonderheit  das  Wort  des  Dichters  seine  Anwendung,  daß 
„in  der  Beschränkung  zeigt  sich  erst  der  Meister".  Und  ein  Meister 
war  er  in  der  Tat  und  wurde  es  immer  mehr  in  diesen  Dingen ; 
seine  wissenschaftlichen  Arbeiten  wirkten  geradezu  bahnbrechend  für 
die  Klarstellung  der  geologischen  Verhältnisse  dieser  Gegend,  was 
auch  bald  die  Anerkennung  und  Bestätigung  seitens  der  tüchtigsten 
Fachgelehrten  fand.  Allerdings  wandte  er  um  dieselbe  Zeit  sein 
wissenschaftliches  Interesse  auch  noch  einem  andern  Gebiet  zu,  so- 
fern er  sich  eingehend  mit  der  christlichen  Kunst  und  Kunstgeschichte 
beschäftigte,  und  auch  hier  wieder  mit  der  ganz  bestimmten  Be- 
schränkung auf  Oberschwaben  und  dessen  Schulen  vom  14.  — 17.  Jahr- 
hundert. Ein  günstiger  Fund  in  der  Gegend  hatte  seine  Aufmerk- 
samkeit auf  diese  schöne  Wissenschaft  gelenkt,  und  merkwürdig:  zu 
ihr  kehrte  der  Greis  in  den  letzten  Jahren  seines  Lebens  dann  wieder 
mit  besonderer  Vorliebe  zurück.  Wir  müssen  natürlich  davon  ab- 
sehen, diese  Seite  seiner  Tätigkeit  hier  näher  zu  besprechen,  über 
die  wohl  an  einem  andern  Ort  referiert  werden  wird.  In  diesen 
Blättern  haben  wir  es  lediglich  mit  seinen  naturwissenschaftlichen 
Forschungen  zu  tun,  die  ja  wohl  auch  die  meiste  Zeit  seines  Lebens 
ausfüllten  und  auf  die  er  die  Hauptkraft  seines  geistigen  Arbeitens 
konzentrierte.  Es  kommen  dabei  hauptsächlich  drei  geologische 
Disziplinen  in  Betracht,  die  er  kultivierte,  dazu  als  Anhang  noch 
ein  Stückchen  Botanik. 

In  ersterer  Hinsicht  unterscheiden  wir  am  besten  seine  Arbeiten 
auf  dem  Gebiet  der  Geologie,  Paläontologie  und  Geophysik, 
die  aber,  wie  gesagt,  sich  alle  auf  den  Boden  beschränkten  oder  in 
demselben  wurzelten,  auf  dem  Probst  leibte  und  lebte  und  — 
forschte :  Oberschwaben. 


—     XL    ~ 

Die  Geologie  Oberschwabens  lag  um  die  Mitte  des  vorigen 
Jahrhunderts  noch  sehr  im  argen.  Was  darüber  bekannt  oder  publi- 
ziert war,  hatte  so  gut  wie  keine  Bedeutung  und  erwies  sich  später 
vielfach  als  falsch.  Noch  1852  versetzte  Rogg  die  sämtlichen  Ge- 
steinsschichten dieses  Gebiets  ins  Diluvium,  und  1859  wollte  Schill 
für  das  jetzt  davon  getrennte  und  als  solches  richtig  erkannte  Tertiär 
nur  eine  Zweiteilung  zulassen,  indem  er  die  marinen  Gebilde  nicht 
als  selbständigen  Schichtenkomplex  gelten  ließ,  sondern  als  besondere 
Fazies  dem  oberen  Süßwasserkalk  einfügte.  Unserem  Probst  erst 
gebührt  das  Verdienst,  für  die  jetzt  allgemein  anerkannte  Dreiteilung 
des  oberschwäbischen  Miozän  den  Grund  gelegt  zu  haben.  Durch 
unablässiges  Begehen  dieses  Gebiets,  durch  genaue  Untersuchung  der 
Lagerungsverhältnisse  und  Aufeinanderfolge  der  einzelnen  Schichten, 
sowie  durch  gründliches  Aufsammeln  und  Vergleichen  der  Petrefakten 
kam  er  nach  und  nach  zu  der  Überzeugung,  daß  die  Molasse  Ober- 
schwabens der  Reihe  nach  sich  zusammensetze  aus  unteren  und 
oberen  Süßwasserschichten,  die  durch  eine  dazwischengelagerte  Meeres- 
formation getrennt  werde.  Die  Einreihung  dieser  drei  Stufen  in  das 
gesamte  geologische  System,  d.  h.  die  Eruierung  der  Tatsache,  daß 
dieselben  sämtlich  dem  mittleren  Tertiär  (Miozän)  angehören  und 
demgemäß  als  Unter-,  Mittel-  und  Obermiozän  zu  betrachten  seien, 
gelang  unserem  Forscher  teils  auf  Grund  seiner  paläontologischen 
Studien,  teils  mit  Hilfe  befreundeter  Gelehrter,  die  nach  und  nach 
auf  ihn  aufmerksam  geworden  waren  und  die  er  selbst  wieder  bei 
der  Bestimmung  seiner  Petrefaktenfunde  benötigte.  Wir  nennen 
unter  ihnen  in  erster  Linie  H.  v.  Meyer  in  Frankfurt  a.  M.,  den  vor- 
züghchen  Kenner  der  Wirbeltiere,  und  Oswald  Heer  in  Zürich,  den 
genialen  Erforscher  und  Beschreiber  der  „Urwelt  der  Schweiz",  von 
dem  hauptsächlich  die  tertiäre  Flora  in  Betracht  gezogen  ward. 
Beiden  Männern  bewahrte  Probst  bis  an  seinen  Tod  das  treueste 
and  ehrenvollste  Andenken.  Später  trat  er  dann  noch  mit  manch 
anderem  Gelehrten  in  wissenschaftliche  und  freundschaftliche  Be- 
ziehung, wie  z.  B.  mit  Sandberger  in  Würzburg,  Wittich  in  Darm- 
stadt, Jäkel  in  Berlin,  Christ  in  Basel,  Abel  in  Wien  und  anderen 
Herren.  Oft  und  viel  haben  Männer  von  europäischem  Ruf  die  stille 
Studierstube  in  Essendorf  aufgesucht  und  dort  mit  dem  bescheidenen 
schwäbischen  Pfarrherrn  gelehrte  Z wiesprach  gehalten. 

In  erster  Linie  aber  suchte  und  nahm  Proust  natürlich  Fühlung 
mit  den  Geologen  seiner  Heimat,  soweit  dieselben  sich  mit  den  For- 
mationen   Oberschwabens    beschäftigten.     Wir    nennen    unter    ihnen 


XLI     — 

hauptsächlich  die  württembergischen  Landesgeologen  Quenstedt, 
0.  Fraas  und  Bach,  sodann  außerhalb  der  schwarzroten  Grenzpfähle 
wohnend,  aber  durch  Sammlungen  und  Arbeiten  aus  der  und  über 
die  Molasse  eines  berechtigten  Rufs  sich  erfreuend :  Schill  (Stockach), 
Rehmann  (Donaueschingen)  und  Wetzler  (Günzburg).  In  C.  Miller, 
jetzt  Professor  in  Stuttgart,  hatte  Probst  jahrelang  einen  Kollegen 
im  doppelten  Sinn  des  Worts  in  seiner  nächsten  Nähe.  Köstlich  ist 
die  Geschichte,  wie  der  alte  Fraas  (0.  Fraas)  erstmals  mit  ihm  be- 
kannt wurde.  Auf  einer  geologischen  Exkursion  anfangs  der  50er 
Jahre  in  der  Nähe  von  Laupheim  sah  Fraas  eines  Abends  einen 
hageren  Mann  in  langem  schwarzen  Rock,  aber  über  und  über  mit 
Schmutz  bedeckt,  auf  dem  Felde  daherkommen  und  redete  ihn  so- 
fort mit  den  Worten  an:  „Sie  sind  niemand  anders  als  der  Pfarrer 
Probst.  Grüß  Gott."  Von  dieser  Stunde  war  der  Freundschaftsbund 
zwischen  den  beiden  Gelehrten  geschlossen,  und  Probst  trug  später 
diese  Freundschaft  auch  auf  den  Sohn,  den  jüngeren  (Eberhard)  Fraas, 
über.  Ich  selbst  hatte  das  Glück  und  die  Freude,  erstmals  im  Jahre 
1867  mit  dem  trefflichen  Mann  in  Berührung  zu  kommen  und,  in 
seiner  nächsten  Nähe  angestellt,  IV2  Jahre  mit  ihm  das  Gelände 
um  Biberach  zu  durchwandeln.  Manchen  Tag  haben  wir  damals  zu- 
sammen in  den  Holzstöcken  (Heggbach,  Hüttisheim)  oder  an  der  Hier 
(Ober-  und  ünterkirchberg),  in  Baltringen  und  Warthausen  verbracht, 
und  manchen  Tropfen  reiner  und  edler  Freude  in  den  Sandgruben 
und  Steinbrüchen  jener  Gegend  genossen. 

Die  Ergebnisse  seiner  geologischen  Studien,  bei  denen  Probst, 
wie  gesagt,  nur  seine  nächste  Umgebung  ins  Auge  gefaßt  hatte, 
wurden  bald  auch  in  den  benachbarten  Ländern  berücksichtigt  und 
gaben  den  Anstoß  zu  eingehenderen  Untersuchungen  über  das  Miozän- 
gebiet zwischen  Alpen  und  Jura  in  der  Schweiz  (0.  Heer),  Bayern 
(Gotibel)  und  Österreich  (Suess).  Sandbergep  (Würzburg)  legte  dann 
die  gewonnenen  Resultate  seinem  Werk  über  das  Mainzer  Becken 
zugrunde,  nachdem  längst  die  württembergischen  Geologen  den 
■PROBST'schen  Anschauungen  über  die  Schichtenfolge  des  oberschwä- 
bischen Tertiärs  zugestimmt  und  dies  auch  in  den  geognostischen 
Atlasblättern  dargetan  hatten.  Die  von  Probst  erstmals  aufgestellte 
Dreiteilung  dieser  Schichten  galt  nun  als  unbestrittene  wissenschaft- 
liche Wahrheit;  in  jüngster  Zeit  (1900)  suchte  zwar  Rollier  in 
Zürich  daran  zu  rütteln ,  stieß  aber  auf  bedeutenden  Widerspruch. 
Das  Verdienst  muß  jedenfalls  unserem  Probst  gelassen  werden,  daß 
er  bahnbrechend  in  diesen  Dingen  gewirkt  hat.    Seine  Arbeiten  dar- 


-     XLII     — 

über  sind  sämtlich  in  diesen  Jahresheften  niedergelegt  (Geognostische 
Skizze  der  Umgegend  von  Biberach  1866;  Tertiäre  Pflanzen  nebst 
Nachweis  der  Lagerungsverhältnisse  1868  ;  Fossile  Meeres-  und  Brack- 
wasserkonchylien  nebst  Vergleichung  der  Schichtenfolge  1871 ;  Das 
Hochgelände  1873 :  Bedeutung  der  Versteinerungen  der  oberschwä- 
bischen Meeresmolasse   1895). 

Bahnbrechend  in  gewissem  Sinn  waren  auch  seine  geologischen 
Arbeiten  über  die  oberschwäbische  Gletscherformation, 
die  er  1858  begann  und  ebenfalls  in  diesen  Jahresheften  veröffent- 
lichte (Topographie  der  Gletscherlandschaft  in  Oberschwaben  1874; 
Früherer  und  jetziger  Stand  der  Geologie  von  Oberschwaben  1894). 
Zeitlebens  hielt  er  an  seiner  dort  ausgesprochenen  Ansicht  fest,  daß 
wenigstens  für  Oberschwaben  und  den  Rheintalgletscher  nur  eine 
Eiszeit  anzunehmen  sei ,  weil  sich  von  einer  interglazialen  Periode 
in  jenem  Gebiet  nichts  nachweisen  lasse.  Der  Landesgeologe  Bach. 
der  viel  mit  Probst  in  diesen  Dingen  arbeitete,  entschied  sich  für 
zwei  Eiszeiten ,  was  dann  auch  in  den  geognostischen  Atlasblättern 
seinen  Ausdruck  fand;  die  Wiener  (Pexck  und  Forster)  und  Schweizer 
Geologen  (Mühlberg)  redeten  von  drei,  später  von  vier  und  wohl 
gar  noch  mehr  Glazialperioden.  Merkwürdigerweise  aber  neigt  sich 
heutzutage  ein  großer  Teil  der  Gelehrten  in  Amerika,  Schweden  und 
Norddeutschland  wieder  mehr  der  PROBST'schen  Anschauung  von  der 
Einheitlichkeit  der  Eiszeit  zu. 

Bedeutsamer  noch  als  seine  geologischen  waren  vielleicht  seine 
paläontologischen  Studien,  obwohl  oder  vielmehr  gerade  weil 
er  auch  hier  sich  auf  zwei  ganz  spezielle  Gebiete  beschränkte :  die 
Fisch-  und  Cetaceenreste  von  Baltringen  und  die  Pflanzen  von  Hegg- 
bach.  Letztere  hatte  er  Mitte  der  60er  Jahre  des  vorigen  Jahr- 
hunderts entdeckt  und  bald  als  Äquivalente  des  berühmten  „Öningeu" 
am  Bodensee  und  der  obermiozänen  Stufe  zugehörig  erkannt.  Bei 
der  Bestimmung  ging  ihm  zuerst  sein  Freund  0.  Heer  hilfreich  an 
die  Hand,  später  mußte  er  allein  sich  der  keineswegs  leichten  Arbeit 
unterziehen.  Sein  Hauptstudium  aber  konzentrierte  sich  auf  Bal- 
tringen; ja  man  wird  sagen  können,  die  paläontologische  Unter- 
suchung der  Fisch-  und  Cetaceenreste  aus  der  Meeres- 
molasse des  genannten  Fundorts  ist  so  recht  Probst's  Le- 
benswerk gewesen.  Jahrzehnte  hindurch  hatte  er  die  dortigen 
Sandsteinbrüche  von  dem  nahen  Mettenberg  und  nachher  von  Essen- 
dorf aus  sozusagen  unter  seine  spezielle  Protektion  genommen .  so 
daß  alles  dort  Gefundene  in  seine  Hände  gelangte.     „Baltringen" 


-     XLIII     — 

war  und  blieb  denn  auch  der  Glanzpunkt  seiner  Sammlung  und  die 
^ Haifischzähne"  von  dort  standen  allezeit  im  Vordergrund  seines 
wissenschaftlichen  Interesses.  Nicht  daß  er  die  übrigen  Lokalitäten 
für  schwäbisches  Tertiär  (Hochsträß,  Deutschbuch,  Ulm,  Steinheim  etc.) 
nicht  auch  gekannt  und  gelegentlich  besucht  hätte.  Das  „Verzeichnis 
der  Flora  und  Fauna  der  oberschwäbischen  Molasse",  das  er  1879 
in  diesen  Jahresheften  erscheinen  ließ,  zeigt  deutlich,  welch  um- 
fassende Kenntnis  Probst  bezüglich  der  tertiären  Vorkommnisse  in 
ganz  Württemberg  besaß,  und  gibt  eine  nach  dem  damaligen  Stand 
des  Wissens  durchaus  zutreffende  Übersicht  über  dieselben.  Aber 
eigentlich  wissenschaftlich  hat  er  sich  doch  nur  mit  „Heggbach"  und 
„Baltringen"  beschäftigt,  indem  er  über  ersteres  zwei,  über  letzteres 
nicht  weniger  als  acht  monographische  Abhandlungen  (sämtlich  in 
diesen  Jahresheften  von  1859  —  1888)  veröffentlichte.  Nur  als  eine 
Art  Anhang  hierzu  ist  anzusehen,  was  er  in  zwei  weiteren  Arbeiten 
in  derselben  Zeitschrift  „über  quartäre  Wirbeltiere  aus  Oberschwaben" 
(1881)  und  insonderheit  über  „Halsbandlemming  und  Murmeltierreste 
von  da"  (1882)  vorlegte. 

Neben  der  Geologie  im  engeren  Sinn  des  Worts  und  neben 
seinen  paläontologischen  Studien  beschäftigte  sich  Probst  mit  For- 
schungen auf  dem  Gebiet  der  Geophysik,  der  einzigen  Disziplin, 
die  ihn  über  den  engen  Kreis  seines  heimatlichen  Bodens  hinaus- 
führte. Und  doch  dieser  gerade  hat  ihn  dazu  veranlaßt,  Jahrzehnte 
hindurch  sich  auch  mit  den  genannten  Problemen  abzugeben.  Die 
Tatsache,  die  ihm  auf  Schritt  und  Tritt  bei  seinen  Exkursionen  in 
Oberschwaben  aufstieß,  daß  unmittelbar  über  der  Molasse  die  Gletscher- 
schotter sich  abgelagert  finden,  diese  Tatsache  Heß  dem  grübelnden 
Denker  keine  Ruhe ;  er  mußte  den  Schlüssel  suchen  zur  Lösung  des 
Rätsels,  was  wohl  die  Ursachen  seien,  die  nach  dem  warmen,  sub- 
tropischen Klima  der  Miozänzeit  (mit  18°  C.  mittlerer  Jahrestempe- 
ratur) scheinbar  plötzlich  den  Eintritt  eines  Klimas  hervorriefen,  wie 
wir  es  heute  in  der  Nähe  des  Polarkreises  finden.  Als  echte  Gelehrten- 
natur begnügte  er  sich  nicht  mit  oberflächlichen  Behauptungen  oder 
mit  Aufstellung  vager  Hypothesen ;  er  studierte  vielmehr  mit  riesigem 
Fleiß  die  gesamte  einschlägige  Literatur  und  hatte  auch  schließlich 
die  Genugtuung,  wie  er  selbst  sagt,  bei  dieser  exakten  Forschung 
zu  „ziffermäßig,  tabellarisch  vergleichbaren  Werten  zu  gelangen,  die 
miteinander  im  Einklang  standen".  Er  hatte  bei  diesen  Unter- 
suchungen über  die  Atmosphäre,  Hydrosphäre  und  Lithosphäre  des 
Erdballs  in  erster  Linie  deren  Wechselbeziehungen  zu-  und  Wechsel- 


—     XLIV     — 

Wirkungen  aufeinander  ins  Auge  gefaßt  und  sich  auf  die  Ergebnisse 
der  Klimatologen  und  Meteorologen  einerseits  sowie  der  Geologen 
und  Paläophytologen  anderseits  gestützt.  Das  Resultat  seiner  eigenen 
Forschung  faßt  er  in  folgende  Sätze  zusammen:  „Der  Zusammen- 
bruch der  Lithosphäre  erfolgte  nicht  ins  Leere ,  sondern  ins  Volle. 
Den  Senkungen  einzelner  Teile  der  Erdkruste  entsprechen  stets 
Hebungen  anderer  Schollen.  Das  nicht  unnachgiebige  Magma  des 
Erdinnern  besitzt  in  seiner  hohen  spezifischen  Schwere  und  in  seiner 
sehr  hohen  Temperatur  eine  lebendige  Kraft,  die  dasselbe  zu  den 
höchsten  Leistungen  befähigt."  Es  war  ihm  dabei  eine  besondere 
Freude,  konstatieren  zu  dürfen,  daß  Branco  und  Fraas  bei  ihren 
Untersuchungen  über  die  Entstehung  des  Rieskessels  von  Nördlingen 
zu  ganz  ähnlichen  Gedanken  über  die  gegenseitigen  Bewegungen  des 
Magma  und  der  Erdkruste  gekommen  waren.  Auch  diese  seine  geo- 
physikalischen Studien  hat  Probst  in  einer  größeren  Anzahl  von 
Monographien  niedergelegt,  die  zum  Teil  in  unseren  Jahresheften, 
zum  Teil  in  der  MüNSTER'schen  Zeitschrift  „Natur  und  Offenbarung" 
in  den  Jahren  1875—1899  erschienen  sind. 

Endlich  hat  sich  der  heimgegangene  Forscher  auch  mit  Botanik 
beschäftigt,  aber  seine  wissenschaftliche  Tätigkeit  auch  hier  seinem 
Grundsatz  getreu  sowohl  bezüglich  des  Gebiets,  in  welchem  er  sam- 
melte, als  auch  hinsichtlich  des  Pflanzenkreises,  dem  er  sich  widmete, 
auf  einen  ganz  kleinen  Ausschnitt  beschränkt,  indem  er  nur  die  in 
Oberschwaben  wild  wachsenden  Rosen  bearbeitete.  Bei  der  Auf- 
sammlung des  Materials  ging  ihm  dabei  der  frühverstorbene  Lehrer 
L.  Herter,  bei  der  Bestimmung  desselben  der  hervorragende  Rosen- 
kenner Christ  in  Basel  an  die  Hand.  Die  Ergebnisse  dieser  Unter- 
suchungen hat  er  in  einer  trefflichen  Arbeit  ebenfalls  in  unseren 
Jahresheften  (1887)  veröffentlicht  und  sich  auch  auf  diesem  Gebiet 
als  einen  Lokalforscher  ersten  Ranges  erwiesen. 

Nun  ist  er  aus  dem  Kreis  der  Lebenden  geschieden.  Still  und 
sanft,  wie  er  gewandelt  hatte,  ging  er  in  der  Nacht  des  neunten 
März  anscheinend  ohne  Todeskampf  hinüber,  nachdem  er  noch  am 
Abend  zuvor  sich  wissens'chaftlich  beschäftigt  hatte  ;  eine  Herzlähmung 
setzte  seinem  irdischen  Wirken  das  Ziel.  Bis  in  sein  höchstes  Greisen- 
alter körperlich  und  insbesondere  geistig  mit  einer  beneidenswerten 
Frische  und  Arbeitsfreudigkeit  ausgestattet,  hat  er  die  Mußezeit  des 
Lebensabends  unter  anderem  dazu  benützt,  genaue  Aufzeichnungen 
über  seine  Sammlungen  und  seine  Bibliothek  zu  machen,  die  er  der 
Stadt  Biberach  als  Vermächtnis  zueignete.    Dieselbe  hatte  ihm  zum 


-     XLV     — 

Dank  dafür  schon  etliche  Jahre  zuvor  das  Ehrenbürgerrecht  verliehen, 
wie  er  schon  im  Jahre  1877  aus  Anlaß  des  vierhundertjährigen  Jubi- 
läums der  Landesuniversität  von  der  naturwissenschaftlichen  Fakultät 
in  Tübingen  zum  Ehrendoktor  promoviert  worden  war.  Besonders 
schätzenswert  sind  die  Mitteilungen,  die  er  wenige  Wochen  vor  seinem 
Ende  bezüglich  all  seiner  wissenschaftlichen  Arbeiten  und  Erwerbungen 
in  einer  kurzen  Monographie  noch  zusammenstellte  und  im  Druck 
erscheinen  ließ. 

Ein  trefflicher  Forscher,  ein  treuer  Freund,  ein  edler  Mensch 
ist  mit  ihm  in  die  Ewigkeit  gegangen,  dessen  Andenken  noch  lange 
im  Segen  und  in  Ehren  bleiben  wird,  und  über  dessen  Grab  der  alte 
römische  Nachruf  seine    volle  Berechtigung  hat :    Have ,    pia  anima. 

Sei  es  dem  Freunde  gewährt,  jenen  lateinischen  auch  ein  paar 
deutsche  Worte  hinzuzufügen,  die  ihm  bei  der  Kunde  vom  Hingang 
des  Freundes  aus  der  Feder  geflossen : 

Lang,  lang  ist's  her,  daß  wir  zusammen  streiften 

Durch  Feld  und  Wald  im  lieben  Tal  der  Riß, 

Und  Schätze  schwer  und  wuchtig  heimwärts  schleiften 

Aus  Sandsteinbrüchen  und  Moränenkies; 

Damals  noch  beide  in  der  Kraft  der  Jahre, 

Gar  leichtbeschwingt  und  fröhlich,  frisch  und  frei, 

Nun  altgeworden,  silberweiß  die  Haare: 

—  Es  ging  vorbei. 

Dich  trafs  zuerst;  du  schiedest  von  der  Erde, 
Auf  der  so  wacker  du,  so  lang  geschafft, 
Schier  ungebeugt  von  leiblicher  Beschwerde 
Und  noch  als  Greis  in  voller  Geisteskraft. 
Ein  schönes  Los  hat  dir  dein  Gott  beschieden, 
Und  du,  verachtend  stets,  was  seicht  und  hohl, 
Hast  ausgenützt  die  Stunden  ohn'  Ermüden: 

—  Mein  Freund,  leb'  wohl! 

Dem  Dienst  der  echten  Wissenschaft  dein  Leben 

Hast  du,  ein  treuer  Jünger,  voll  geweiht; 

Dem  Wahren  nur  und  Edlen  galt  dein  Streben, 

Gehörte  ganz  dein  Herz  und  deine  Zeit. 

Du  hast  dich  ausgewirkt;  nun  ist's  vorüber, 

Nun  heißt  für  uns  es :  Auseinandergehn, 

Doch  bald,  wenn  auch  mein  Weg  wird  trüb  und  trüber, 

—  Auf  Wiedersehn ! 


Zum  Andenken  an  E.  v.  Martens. 

Von  Prof.  Dr.  C.  B.  Klunzinger. 

Am  14.  August  1904  starb  zu  Berlin  im  73.  Lebensjahre 
Dr.  Eduard  v.  Martens,  Geheimer  Regierungsrat,  2.  Direktor  am 
Museum  für  Naturkunde  und  Universitätsprofessor  daselbst.  Wenn 
auch  der  Schwerpunkt  seines  segensreichen  Wirkens  außerhalb  unseres 
engeren  Vaterlandes  fiel,  so  gehörte  er  dem  letzteren  doch  durch 
Geburt,  Familie,  Erziehung  und  mancherlei  dauernde  Beziehungen 
und,  man  darf  wohl  sagen,  durch  sein  innerstes  Wesen  an.  Ins- 
besondere hat  er  auch  unserem  Verein  eine  Anzahl  seiner  wertvollen 
Erstlingsarbeiten  (s.  u.)  gewidmet,  die  in  Verbindung  mit  Schen- 
kungen zahlreicher  Mollusken,  besonders  aus  dem  Mittelmeer  und 
Süßwasserformen  aus  Südeuropa,  an  das  K.  Naturalienkabinett  in 
Stuttgart  1865,  so  hoch  eingeschätzt  wurden,  daß  er  schon  1864 
(s.  unsere  Jahreshefte  1865)  zum  korrespondierenden  Mitglied 
unseres  Vereins  ernannt  wurde  und  seitdem  in  den  Listen ,  welche 
sonst  nur  wenige  Namen  verzeichnen ,  als  solches  aufgeführt  wird. 
Schon  durch  seine  Familienbeziehungen  fast  jedes  Jahr  in  seine 
Heimat  geführt,  hat  er  auch  dadurch  seinen  Heimatsinn  bewährt, 
daß  sein  gastliches  Haus,  wie  für  Fachgenossen  überhaupt,  so  ins- 
besondere für  solche  aus  Schwaben  und  für  an  ihn  empfohlene  Stu- 
dierende ebendaher  stets  offen  stand,  und  daß  er  ihnen  mit  Rat  und 
Tat  an  die  Hand  ging. 

Eduard  v.  Marxens  ist  am  18.  April  1831  zu  Stuttgart  ge- 
boren als  einziger  Sohn  des  in  naturwissenschaftlichen  Kreisen  einst 
hochgeschätzten  Kanzleirats  beim  Obertribunal  Georg  v.  Marxens, 
der,  in  Venedig  geboren,  aus  einer  alten  (geadelten)  hamburgischen 
Familie  stammte,  aber  früh  schon  durch  Familienbeziehungen  (dessen 
Mutter,  geb.  v.  Scheuer,  und  später  die  Frau,  geb.  Graf,  waren 
Württembergerinnen)  ins  Schwabenland  kam.  Von  seinen  3  Schwestern 
stand  ihm  die  bekannte  Malerin  Luise,  f  1894,  besonders  nah;  sie 
hat  ihm  viele  Zeichnungen    zu  seinen  Werken    geliefert.     Der  Sohn 


—     XLVII     — 

Eduard  hat  von  diesem  seinem  Vater  in  unseren  Jahresheften 
1873  ein  aulkrordenthch  anschauliches  und  eingehendes  Lebens- 
bild  entworfen  (s.  u.)- 

So  brachte  Eduard  seine  Jugend  bis  zu  seinem  24.  Lebensjahr 
in  unserem  Lande  zu,  in  Stuttgart  im  Gymnasium  1839  —  49  und  in 
Tübingen  auf  der  Universität*  als  stud.  med.  1849 — 53,  machte  hier 
auch  sein  Doktorat  als  Dr.  med.,  sowie  sein  Staatsexamen  als  Arzt. 
Schon  früh  regte  ihn  aber  seines  Vaters  Vorgang  zu  naturgeschicht- 
licher Forschung  mächtig  an ,  und  schon  zeitig  wählte  er  sich  als 
spezielles  Gebiet  die  Konchyliologie  aus,  wie  seine  erste  Arbeit,  mit 
der  er  zugleich  als  Dr.  med.  unter  W.  v.  Rapp  promovierte,  wie 
das  damals  anging,  zeigt:  „Über  die  Verbreitung  der  europäischen 
Land-  und  Süßwasser-Gastropoden",  welche  er  zugleich  in  unseren 
Jahresheften  1855  veröffentlichte  (s.  u.).  1855  wanderte  er,  wie 
damals  gar  viele  junge  Naturforscher,  nach  Berlin,  um  den  be- 
rühmten Zoologen,  Anatomen  und  Physiologen  Johannes  Müller  zu 
hören ,  woselbst  sich  auch  andere  Landsleute  und  Studiengenossen, 
wie  D.  Fr.  Weinland  und  E.  Zeller,  einfanden.  In  Berlin  aber 
hielt  man  ihn  fest,  der  Direktor  des  Berliner  Zoologischen  Museums, 
Prof.  Lightenstein ,  erteilte  ihm,  als  einem  gewiegten  Kenner  der 
Konchyhologie,  den  Auftrag,  die  dortige  Konchyliensammlung  zu 
ordnen.  Bald  (1856)  wurde  er  Assistent  und  1859  Kustos  an 
derselben  Anstalt,  wo  er  auch  alle  wirbellosen  Tiere  (mit  Ausnahme 
der  Insekten)  in  seine  Obhut  bekam.  Nun  erhielt  er  den  ehrenvollen 
Auftrag,  als  Zoologe  die  damalige  preußische  Expedition  nach  Ost- 
asien zu  begleiten.  Die  wissenschafthchen  Hauptresultate  dieser 
Reise,  die  im  ganzen  5  Jahre  dauerte,  1859 — 1864,  da  er,  mit  einem 
kleinen  Beitrag  von  1000  Talern  versehen  und  mit  den  Ersparnissen 
aus  seinem  bisherigen  Gehalte,  auf  dem  Heimweg  noch  selbständig 
Niederländisch-Indien  besuchte,  sind  in  einem  besonderen  Band  des 
amthchen  Werkes  (1876)  niedergelegt :  „Allgemeines  und  Wirbeltiere"  ; 
man  ersieht  daraus,  wie  bewandert  der  Verfasser  in  allen  Teilen  des 
Tierreichs  war.  Die  Land-,  Süß-  und  Brackwassermollusken  wurden 
später  besonders  von  ihm  bearbeitet  (1891  und  1897),  die  Echino- 
dermen  schon  1865 — 67. 

1873  habilitierte  er  sich  an  der  philosophischen  Fakultät 
der  Universität  Berlin  als  Privatdozent  der  Zoologie,  nachdem  ihm 
zuvor  der  Titel  als  Dr.  philo s.  honoris  causa  von  der  Universität 
Rostock  verheben  worden  war.  1874  wurde  er  außerordentlicher 
Professor,  nachdem  er  einen  ehrenvollen  Ruf  als  Vorstand  der  zoo- 


—     XLVIII     — 

logischen  hessischen  Staatssammlung  in  Darmstadt  mit  Lehrauftrag 
an  der  Technischen  Hochschule  daselbst  ausgeschlagen  hatte. 

1872  verheiratete  er  sich  mit  Camilla  Wagner,  der  Tochter 
des  Stadtpfarrers  Wagxer  in  Schwäbisch-Gmünd,  aus  welcher  glück- 
lichen Ehe  eine  Tochter,  Emma,  entsproß.  Dadurch  wurden  seine 
Familienbeziehungen  zu  Schwaben  erneut  und  noch  enger. 

Nach  dem  Tode  des  Professors  Peters,  der  von  1856 — ^1883 
Vorstand  des  zoologischen  Museums  in  Berlin  war,  wurde  ihm  die 
interimistische  Leitung  dieser  Anstalt  anvertraut,  jene  aber  1887  auf 
seinen  Freund  Möbiüs  übertragen,  da  ihm  die  Last  zu  schwer  er- 
schien ,  zumal  jetzt  auch  das  große  Geschäft  der  Überführung  der 
Sammlung  in  ein  neues  Gebäude  bevorstand.  Mit  dem  Titel  eines 
2.  Direktors  und  später  eines  Geheimrats  führte  er  sein  Amt  als 
Kustos  wie  als  Universitätslehrer  bis  zu  seinem  Tode  fort.  1901 
feierte  er  seinen  70.  Geburtstag,  den  feierlich  zu  begehen  seine  zahl- 
reichen Freunde,  Schüler,  Fachgenossen  und  Verehrer  sich  nicht 
nehmen  ließen;  am  meisten  aber  erfreute  ihn  eine  von  seinen  Mit- 
arbeitern am  K.  Zoologischen  Museum  ihm  bei  dieser  Gelegenheit 
gewidmete  Festschrift',  als  Beiheft  zum  „Archiv  für  Natur- 
geschichte"  herausgegeben. 

Und  er  hatte  das  wohl  verdient.  Wer  mit  ihm  zu  tun  hatte, 
der  war  des  Ruhmes  voll  von  seiner  Liebenswürdigkeit  und  Bereit- 
willigkeit, aus  seinen  durch  ein  mächtiges  Gedächtnis  unterstützten 
großartigen  Kenntnissen  in  seinem  Fach  und  besonders  auch  in  der 
Literatur  und  Philologie,  zumal  in  den  alten  naturwissenschaftlichen 
Klassikern,  mündlich  und  schriftlich  Auskunft  zu  erteilen.  Das  war 
ihm  eine  wahre  Wonne ,  und  wurde  auch  in  umfassendster  Weise, 
sozusagen  von  der  ganzen  Welt,  aus  nah  und  fern  benutzt.  Auch 
der  Verfasser  dieses,  der  jahrelang  zusammen  mit  ihm,  im  engsten, 
mönchszellenähnlichen  Zimmerchen  des  alten  zoologischen  Museums 
in  Berlin,  arbeitete  und  in  engster  freundschaftlicher  Verbindung  mit 
ihm  und  seiner  Familie  bis  zu  seinem  Tode  blieb,  bewahrt  ihm  dafür 


^  Der  derselben  voranstehenden  „Biographischen  Skizze"  von  M.  Meißner 
und  einem  Nekrolog  von  E.  W.  (E.  Wagner  in  Karlsruhe)  im  „Schwäbischen 
Merkur"  vom  21.  Dez.  1904,  sowie  den  von  E.  Metzger  zusammengestellten 
biographischen  und  literarischen  Notizen  im  VII.  und  VIII.  Jahresbericht  des 
Württ.  Vereins  für  Handelsgeographie,  1890,  nach  eigenen  Mitteilungen 
von  E.  V.  Martens,  S.  138 — 141,  mit  Angabe  seiner  hauptsächlich  zoogeogra- 
phischen u.  dergl.  Schriften,  entnehme  ich  einen  Teil  meiner  Angaben  über  das 
Leben  und  Wirken  des  Dahinereschiedenen. 


-     XLIX     — 

das  dankbarste  Andenken  ^  Dabei  war  der  nun  Dahingeschiedene 
von  einer  rührenden  Anspruchslosigkeit,  Bescheidenheit,  Einfachheit 
und  Harmlosigkeit,  das  Original  eines  deutschen  Gelehrten  nach 
seinen  guten  und  manchmal  auch  schwachen  Seiten.  Seine  Wissen- 
schaft, besonders  seine  Schnecken,  waren  ihm  alles,  auf  Äußerlich- 
keiten gab  er  wenig;  dabei  aber  war  er  der  beste  Sohn,  Bruder, 
Gatte,  Vater  und  Freund. 

Hochbedeutend  und  umfassend  waren  seine  wissenschaft- 
lichen Leistungen.  In  der  Malakologie  galt  er  als  erste  oder 
wenigstens  als  eine  der  ersten  Autoritäten.  Aber  auch  in  der  übrigen 
Zoologie,  zumal  der  systematischen,  war  er  bewandert.  Davon  zeugen 
seine  äußerst  zahlreichen  größeren  und  kleineren  Schriften ,  wie  sie 
in  der  oben  genannten  Festschrift  S.  V — VÜI  aufgeführt  sind:  60  an 
der  Zahl.  In  vielen  Reisewerken  bearbeitete  er  die  Mollusken,  z.  B.  in 
der  Reise  v.  d.  Decken's  1869,  der  Gazelle  1877,  Semon's  1894,  und 
aus  den  letzten  Jahren  auch  die  der  deutschen  Tiefsee-Expedition  von 
Chün.  Dazu  kommen  noch  eine  Menge  kleinerer  Artikel  in  ver- 
schiedenen Zeitschriften,  besonders  malakologischen ,  zumal  auch  in 
den  Sitzungsberichten  der  naturforschenden  Freunde  in  Berlin,  wo  seit 
1860  nicht  weniger  als  190  solcher  Artikel  von  ihm  geschrieben  sind. 
Viele  dieser  sind  Früchte  seiner  kleineren  und  größeren  Reisen  (Nor- 
wegen, Italien),  von  denen  er  nie  leer  zurückkam.  Auch  verschmähte 
er  nicht,  sein  Wissen  in  gemeinverständlicher  Weise  dann  und  wann 
nutzbar  zu  machen,  wie  in  der  Abteilung  Mollusken  im  „Hausschatz 
des  Wissens"  1893,  und  in  seinem  bekannten  Buch  „Die  Weich-  und 
Schaltiere,  gemeinfaßlich  dargestellt",  1883,  sowie  durch  mancherlei 
populäre  Vorträge,  die  er  auf  Verlangen  in  Vereinen  hielt,  und  zwar 
fast  immer  über  Mollusken.  Zahlreich  sind  seine  anthropologischen 
Arbeiten,  meist  aus  dem  Gebiet  der  Anwendung  der  Mollusken. 

Es  ist  hier  nicht  möglich,  alle  seine  Arbeiten  aufzuführen.  Die 
wichtigsten  sind  in  obiger  Festschrift  verzeichnet.  Dagegen  gehört 
es  sich,  an  dieser  Stelle  die,  welche  er  in  unseren  Jahresheften 
veröffentlicht  hat,  namhaft  zu  machen,  zumal  sie  auch  in  jener  Fest- 

*  Unter  anderem  bestimmte  und  ordnete  E.  v.  Märten s  bei  einem  Ferien- 
aufenthalt in  Stuttgart  1894  unsere  bis  dahin  etwas  im  argen  liegende  Secken- 
dorff'sche  Molluskensammlung  der  Technischen  Hochschule  (s.  meinen  Führer 
1903,  S.  20).  Hierüber  s.  besonders  die  von  E.  v.  Martens  selbst  gemachten 
Literaturangaben  im  VII.  und  VIII.  Jahresbericht  des  Württ.  Vereins  für 
Handelsgeographie,  1880,  welche  die  in  der  „Festschrift"  1901  wesentlich  er- 
gänzen. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1906.  d 


Schrift  nicht  alle  aufgezählt  sind.  Erwähnt  sind  oben  von  denselben 
bereits:  seine  Inauguraldissertation  „über  die  Verbreitung  der 
europäischen  Land-  und  Süßwasser-Gastropoden"  1855, 
S.  129  —  272,  und  das  „Lebensbild  des  Kanzleirats  Dr.  Georg 
V.  Martens,  nach  dessen  Aufzeichnungen  und  mündlichen  Mitteilungen 
entworfen  von  seinem  Sohne,  Dr.  Eduard  v.  Marxens",  ebenda  1873, 
S.  66 — 88.  Ferner  erschien  von  ihm  ebenda  1860,  S.  175 — 264: 
„Die  klassischen  Kon  chyliennamen"  ,  1865,  S.  178 — 217: 
eine  „Molluskenfauna  von  Württemberg"  und  1869,  S.  223 
bis  224:   „Einige  seltenere  Konchylien  aus  Württemberg." 

Als  Universitätslehrer  war  er  von  seinen  Zuhörern  geschätzt 
und  verehrt.  Sehr  lehrreich  waren  seine  Kolloquien  und  Exkursionen, 
die  beide  auch  der  Verfasser  dieses  mitgenießen  durfte.  In  der  Zeit 
zwischen  der  Erkrankung  des  Prof.  Peters  und  dessen  Ersetzung 
durch  Fr.  Eilhard  Schulze  hatte  er  im  Lehrauftrag  die  ganze  Zoo- 
logie für  eine  große  Zuhörerschaft  zu  geben. 

So  bedeutet  sein  Tod,  der  nach  kurzer  Krankheit  erfolgte, 
einen  schweren  Verlust  für  die  Wissenschaft  und  für  die  Anstalten, 
an  denen  er  wirkte,  eine  Lücke,  die  nicht  leicht  jemals  wird  wieder 
ersetzt  werden  können. 


IL  Sitzungsberichte. 


(über  die  auf  der  Hauptversammlung  in  Öhringen  am  24.  Juni  1904 
gehaltenen  Vorträge   s.   oben  S.  X — XII.) 

1.  Wissenschaftliche  Abende  des  Vereins  in  Stuttgart. 

Sitzung  am   19.  Mai   1904. 

Im  Hörsaal  des  chemischen  Laboratoriums  der  Kgl.  Technischen 
Hochschule  sprach  Privatdozent  Dr.  H.  KaufPmanii  über  „Radium- 
forschung und  Alchimie". 

Seit  der  Entdeckung  des  Eadiums  sind  große  Kreise  der  wissen- 
schaftlichen Welt  in  einen  wahren  Taumel  versetzt  worden.  Und  nicht 
mit  Unrecht!  Bietet  doch  die  Erforschung  des  Radiums  so  viel  des 
Neuen,  Unerwarteten  und  Wunderbaren,  daß  selbst  die  kühnsten  Phan- 
tasien noch  vielfach  übertroffen  worden  sind.  Besitzen  wir  doch  im 
Radium  eine  anscheinend  nie  versiegende  Quelle  von  Energien  aller  Art. 
Licht,  Wärme  und  Elektrizität  werden  uns  ungefordert  und  ununter- 
brochen auf  unabsehbare  Zeiten  geschenkt.  Rätselhafte  chemische  Vor- 
gänge, für  die  wir  bis  jetzt  keinerlei  Analogien  aufweisen  können,  spielen 
sich  vor  unseren  Augen  ab.  Den  Erfahrungen  vergangener  Jahrhunderte 
zum  Trotz  sollen  sich  beim  Radium  chemische  Elemente  ineinander  um- 
wandeln   können.      Alchimistische    Probleme    sollten    sich    verwirklichen. 

Um  Einblick  in  alle  diese  so  merkwürdigen  Erscheinungen  zu  ge- 
winnen, muß  man  sich  zunächst  mit  den  Eigenschaften  und  dem  Verhalten 
von  3  Substanzen  vertraut  machen.  Zwei  derselben,  nämlich  das  Helium 
und  das  Radium,  werden  jetzt  ganz  allgemein  als  Elemente  angesehen; 
über  die  dritte ,  die  Emanation ,  ist  die  Wissenschaft  noch  keineswegs 
im  klaren. 

Das  Helium  ist  ein  von  Ramsay  erstmals  hergestellter  gasförmiger 
Stoff,  der  sich  chemisch  durch  den  Mangel  jeglicher  Verwandtschaftskräfte 
auszeichnet  und  nur  durch  sein  Spektrum  nachgewiesen  werden  kann. 
Es  ist  erst  seit  wenigen  Jahren  bekannt ,  aber  schon  vor  seiner  Auf- 
findung auf  unserer  Erde  wurde  sein  Vorhandensein  auf  der  Sonne  ver- 
mutet. Man  gewinnt  es  aus  einigen  seltenen  Mineralien,  wie  etwa 
Cleveit  oder  Bröggerit,  durch  Erhitzen  derselben  auf  hohe  Temperatur. 
Die  Luft  enthält  neben  Argon  stets  Spuren  von  Helium;  etwas  größere 
Mengen  werden  in    manchen  Quellen  angetroffen ,    so  z.  B.   in  Wildbad. 

d* 


-     LII     — 

Das  von  Frau  Curie  entdeckte  Radium,  das  bis  jetzt  mangels 
größerer  Mengen  noch  nicht  als  freies  Element  abgeschieden  und  unter- 
sucht werden  konnte,  ist  ein  Erdalkalimetall  und  zeigt  daher  in  seinen 
Verbindungen  ähnliche  Eigenschaften  wie  das  Baryum.  Es  kommt  in 
uranhaltigen  Mineralien  vor,  vorzugsweise  in  den  Pechblenden  von  Johann- 
georgenstadt  und  Joachimstal.  Am  leichtesten  ist  sein  Bromid  herzustellen 
und  daher  werden  mit  diesem  Salz  die  meisten  Untersuchungen  ausgeführt. 
Die  Radiumsalze  geben  fortwährend  Licht  und  Wärme  ab  und  senden 
verschiedenartige  Strahlen  aus,  welche  die  Umgebung  teils  positiv  elek- 
trisch teils  negativ  laden. 

Die  Emanation  ist  ein  geheimnisvolles,  unbekanntes,  gasförmiges 
Etwas,  das  ununterbrochen  den  Radiumverbindungen  in  kaum  meßbaren 
Spuren  entströmt  und  .allen  Stoffen,  denen  sie  begegnet,  die  Eigenschaft 
der  induzierten  Radioaktivität  verleiht,  d.  h.  die  Eigenschaft,  ähnlich 
wie  das  Radium  selbst  zu  wirken.  Glasgefäße,  die  Emanation  enthalten, 
leuchten  im  Dunkeln.  Die  Emanation  ist  keineswegs  etwas  Beständiges; 
sie  verliert  allmählich  das  Vermögen ,  induzierte  Radioaktivität  zu  er- 
regen, und  zwar  schwächt  sich  ihr  Wirkungsgrad  in  ungefähr  4  Tagen 
auf  die  Hälfte.  Gleichzeitig  hat  sich  eine  chemische  Änderung  vollzogen: 
die  Emanation  ist,  wenigstens  teilweise,  in  Helium  übergegangen.  Nacli 
SoDDY  beträgt  die  Erzeugung  von  Helium  aus  einem  Gramm  Radium- 
bromid  innerhalb  eines  Jahres  0,0022  mg.  Das  Vorkommen  der  Ema- 
nation in  der  Natur  scheint  ein  ziemlich  häufiges  zu  sein;  allerdings 
ist  sie  dann  nur  in  äußerster  Verdünnung  vorhanden,  wie  etwa  in  einer 
Anzahl  von  Schwarzwaldquellen. 

Der  Nachweis  des  Heliums  in  der  Emanation  hat  zur  Aufstellung 
der  kühnen  Hypothese  geführt ,  daß  das  Element  Radium  sich  in  das 
Element  Helium  verwandle.  Die  Radiumatome  sollten  im  Laufe  der 
Zeit  zerbrechen,  die  Bruchstücke  oder  ein  Teil  derselben  wären  die 
Atome  der  Emanation,  aus  denen  sich  dann  die  Atome  des  Heliums 
bildeten.  Vor  unseren  Augen  vollzöge  sich  also  nicht  nur  ein  Vergehen, 
sondern  auch  ein  Werden  eines  Elements.  Derartige,  sehr  alchimistisch 
klingende  Auffassungen  können,  da  sie  weit  über  den  durch  die  Tat- 
sachen festgelegten  Rahmen  hinausgehen ,  nicht  scharf  genug  kritisiert 
werden.  Solange  man  nicht  weiß ,  ob  die  Radiumpräparate  völlig  frei 
von  Helium  sind,  wie  lange  sie  Emanation  abgeben,  was  die  Emanation 
ist  und  ob  man  dem  Radium  seine  Radioaktivität  nehmen  kann,  sind  alle 
Schlüsse  darüber  Vermessenheit.  Viel  walirscheinlicher  ist,  daß  die 
Radioaktivität  nur  das  Merkmal  eines  besonderen  Zustandes  ähnlich  wie 
die  Elektrizität  oder  der  Magnetismus  vorstellt ,  und  daß  im  Zustande 
der  Radioaktivität  eine  uns  noch  unbekannte,  überall  verbreitete  Energie- 
art in  uns  besser  bekannte  P^nergien  verwandelt  wird. 

Der  Vortrag  wurde  durch  eine  Anzahl  Versuche  mit  radioaktiver 
Pechblende ,  mit  Radiumbromid  und  mit  ultraviolettem  Quecksilberlicht 
unterstüzt.  (Kauffmann.) 

Am  Nachmittag  des  9.  Juni  machten  zahlreiche  Teilnehmer  an  den 
wissenschaftlichen  Abenden    mit    ihren  Familienangehörigen    einen  Aus- 


—     LIII     — 

fing-  nach  Eßling-en.  Um  5  Uhr  versammelte  man  sich  in  der 
lithographischen  Knnstanstalt  von  J.  F.  Schreiber,  die  unter 
Führung  des  Chefs  der  Firma,  Herrn  Kommerzienrat  Ferd.  Schreiber, 
und  mehreren  Angestellten  des  Hauses  eingehend  besichtigt  wurde.  Ein 
künstlerisch  ausgeführtes  Gedenkblatt  wurde  den  von  dem  Gesehenen 
hochbefriedigten  Besuchern  beim  Verlassen  der  Anstalt  überreicht.  — 
Hieran  schloß  sich  ein  Spaziergang  auf  die  Burg,  wo  man  im  Saal  des 
dicken  Turms  in  fröhlicher  Laune  einen  Imbiß  einnahm.  Die  Rückkehr 
zur  Stadt  erfolgte  über  die  Panoramastraße  an  dem  vor  kurzem  er- 
richteten Lenaudenkmal  vorbei,  dessen  Besichtigung  allerdings  unter  dem 
inzwischen  eingetretenen  heftigen  Regen  etwas  notlitt.  Gegen  8  Uhr 
vereinigten  sich  die  Besucher  und  die  Eßlinger  Freunde  wieder  im 
Gartensaal  des  „Deutschen  Hauses",  wo  sich  eine  zwanglose,  heitere 
Geselligkeit  entwickelte,  bei  welcher  nach  einer  Begrüßungsansprache 
des  Herrn  Seminaroberlelirers  Kohl  er  der  Vorstand  Direktor  Dr.  Suß- 
dorf  Gelegenheit  nahm,  den  freundlichen  Gastgebern  den  Dank  der 
Gesellschaft  in  warmen  Worten  zum  Ausdruck  zu  bringen. 


Sitzung  am   13.   Oktober   1904. 

Prof.  Dr.  Kirchner  (Hohenheim)  sprach  über  „Parthenogenesis 
bei  Blütenpflanzen".  Unter  echter  Parthenogenesis  hat  man  die  Ent- 
wickelung  eines  Embryo  (und,  in  der  Folge,  eines  Samens)  aus  einer 
unbefruchteten  Eizelle  zu  verstehen.  Eine  solche  Parthenogenesis,  die 
in  der  Tierwelt  bei  Insekten  und  Krustern  nicht  selten  vorkommt  und 
auch  bei  einigen  niederen  Pflanzen  schon  länger  bekannt  ist,  war  bis 
zum  Jahre  1898  bei  den  Blütenpflanzen  noch  unbekannt  und  wurde  auch 
theoretisch  für  unmöglich  gehalten.  In  jenem  Jahre  wurde  sie  von  Juel 
bei  Antennaria  alpina  Rchb.  ,  einer  nahen  Verwandten  des  bekannten 
Himmelfahrtsblümchens,  und  bald  darauf  von  Muebeck  bei  verschiedenen 
AI  Chi  milla- Arten  festgestellt,  worüber  Redner  in  seinem  Vortrag  am 
9.  Jan.  1902  berichtet  hat.  Seither  haben  eingehende  Untersuchungen 
eine  weit  größere  Verbreitung  der  Parthenogenesis  bei  den  Blütenpflanzen 
nachgewiesen  und  wahrscheinlich  gemacht.  Zunächst  wurde  sie  von 
OvEKTON  bei  Thalkirum  pur^jurascens  L. ,  einer  nordamerikanischen 
Ranunculacee  festgestellt,  wo  sie  jedoch  im  Gegensatz  zu  den  vor- 
. benannten  Fällen  keine  ausschließlich  stattfindende  Erscheinung  ist, 
sondern  neben  normaler  Befruchtung  und  nur  bei  Ausbleiben  der  Be- 
stäubung auftritt.  Höchst  überraschend  sind  die  Ergebnisse  der  däni- 
schen Botaniker  C.  Raunkiaek  und  C.  H.  Ostenfeld  bei  ihren  Unter- 
suchungen über  Taraxaciim  und  Hieracium.  Sie  machen  es  im  hohen 
Grade  wahrscheinlich,  daß  sämtliche  Arten  dieser  beiden  allgemein 
verbreiteten  Pflanzengattungen  ihre  Samen  immer  und  ausschließlich 
auf  parthenogenetischem  Weg  bilden.  An  verschiedenen  Präparaten 
zeigte  Redner ,  daß ,  wenn  man  an  den  noch  geschlossenen  Köpfen, 
z.  B.  des  Löwenzahns,  etwa  durch  einen  in  halber  Höhe  geführten 
Schnitt  die    oberen  Teile  der  Blüten  mit    den  Staubbeuteln   und  Narben 


-     LIV     — 

entfernt,  sich  gleichwolil  normale  und  keimfähige  Früchte  entwickeln. 
Durch  mikroskopische  Untersuchung  der  Vorgänge  bei  dieser  Frucht- 
bildung konnte  Eedner  nachweisen,  daß  diese  auf  echter  Parthenogenesis 
beruht.  Außer  diesen  Fällen  unzweifelhafter  Parthenogenesis  konnte  bis 
jetzt  noch  eine  Reihe  von  solchen  ermittelt  werden,  bei  denen  Partheno- 
genesis sehr  wahrscheinlich  stattfindet.  Dies  ist  der  Fall  bei  der  tropischen 
Ficus  hirta  Vahl,  der  neuseeländischen  Gunnera  Hamütonii  T.  Kirk  und 
des  einheimischen  Eupliorhia  dulcts  Jacq.  Die  letztere  Pflanze  bildet 
nach  den  Untersuchungen  von  Prof.  Hegelmaier  in  Tübingen  ihre 
Embryonen  vielleicht  immer  auf  parthenogen.  Wege,  oder  ist  sie  wenig- 
stens, ähnlich  wie  das  erwähnte  Thalidrum  purpurascens,  bei  Ausbleiben 
der  Bestäubung  dazu  befähigt.  Nach  den  noch  nicht  abgeschlossenen 
Untersuchungen  des  Vortragenden  sind  wahrscheinlich  auch  die  Gurken 
der  Parthenogenesis  fähig,  deren  sogen.  Fruchtuugsvermögen ,  d.  i.  die 
Fähigkeit ,  bei  unvollkommener  oder  mangelnder  Befruchtung  s  a  m  e  n  - 
lose  „Früchte"  auszubilden,  den  Gärtnern  ja  schon  länger  bekannt  ist. 
Weiter  ist  es  nicht  ausgeschlossen,  daß  die  schon  früher  beim  Hanf, 
Hopfen,  Spinat  und  einjährigen  Bingelkraut  beobachtete  Samenbildung  ohne 
nachweisbare  Befruchtung  zum  Teil  auf  Parthenogenesis  beruht.  Das 
neuerdings  als  wahrscheinlich  hingestellte  Auftreten  von  Parthenogenesis 
bei  der  Erbse  bedarf  noch  gründlicherer  Untersuchung.  —  Was  nun  die 
Rückwirkung  der  parthenogen.  Samenerzeugung  auf  die  Organisation  der 
damit  ausgestatteten  Pflanzen  anbetrifft,  so  treffen  wir  bei  den  aus- 
schließlich parthenogen.  Blütenpflanzen  eine  Stufenleiter  an  von  an- 
scheinend normalen,  aber  keimungsunfähigen  und  von  keimungsfähigen, 
aber  spärlich  vorhandenen  Pollenkörnern  bis  zum  völligen  Fehlschlagen 
derselben  oder  sogar  bis  zur  fast  vollkommenen  Unterdrückung  der  männ- 
lichen Organe.  Anderseits  zeigt  es  sich,  daß  die  zu  parthenogen.  Ent- 
wickelung  befähigten  Eizellen  nebst  den  sich  selbständig  weiterentwickeln- 
den Embryosackkernen  die  auch  allen  übrigen  Zellen  der  betr.  Pflanze 
zukommende  Anzahl  von  Chromosomen  besitzen,  daß  ihnen  also  ein  sehr 
wesentliches,  in  der  Halbierung  der  Chroraosoraenzahl  beruhendes  Merk- 
mal der  Geschlechtszelle  abgeht.  Auf  unsere  Anschauungen  über  Varia- 
bilität und  Artenbildung  dürften  die  neuen  Erfahrungen,  besonders  bei 
Taraxacnm  und  Hierachim,  von  großem  Einfluß  sein,  da  der  Formenreichtum 
dieser  beiden  Gattungen  wahrscheinlich  erst  entstand,  nachdem  die  Gat- 
tungen bereits  parthenogenetisch  geworden  waren.  —  Die  ökologische 
Bedeutung  der  Parthenogenesis  erkennt  Redner  darin,  daß  durch  sie  die 
Ausbildung  von  keimfähigen  Samen  in  solchen  Fällen  sicher  gestellt  wird, 
wo  aus  irgend  einem  Grund  der  Eintritt  der  Befruchtung  ungewiß  oder 
schwierig  geworden  ist.  (E.) 

Sodann  legte  Oberstudienrat  Dr.  L  a  m  p  e  r  t  noch  eine  Probe  des 
aus  einem  Gefllz  von  Fadenalgen  bestehenden  sogen.  Meteor-  oder 
Wiesenpapiers  vor,  dessen  Entstehung  kurz  erläutert  wurde.  — 
Einem  zu  Beginn  der  Sitzung  gefaßten  Beschluß  der  Versammlung  zu- 
folge sollen  die  wissenschaftlichen  Abende  künftighin  nicht  .mehr  am 
2.  Donnerstag,   sondern  jeweils  am  2.  Montag  eines  Monats  stattfinden. 


—     LV     — 

Sitzung-  am   14.  November   1904. 

Zunächst  machte  Prof.  Klimzinger  Mitteilung  von  einer  wohl 
für  die  Wissenschaft  neuen  Beobachtung-  über  die  Biologie  eines 
Schlammkäfers,  Heierocerus  laevigatus  Kiesenw.  (s.  Kiesenwettek,  Bei- 
träge zur  Monographie  der  Gattung  Heterocerus  in  Geemar's  Zeitschr. 
f.  d.  Entomologie  1841).  Ein  junger  Freund,  Rob.  Bosch,  vom  Real- 
gjnnnasium  in  Stuttgart  brachte  dem  Vortragenden  am  2.  Oktober  1904 
unter  anderem  ein  rundliches  Gebilde  aus  Schlamm  mit  einem  Loch,  von 
auffallender  Ähnlichkeit  mit  einer  Terebrafula,  von  der  Größe  eines  halben 
Pfennigs ;  es  entstammte  einem  Tümpel  im  Feuerbacher  Tal  bei  Botnang. 
Vortragender  fand  bei  dem  Besuch  des  Tümpels  die  eingetrocknete  Ober- 
fläche um  den  Tümpel  bedeckt  mit  Hunderten  solcher  Gebilde,  die  im 
ganz  trockenen  Boden  leer  waren,  sich  aber  im  feuchten  bewohnt  von 
obigen  Käferchen  oder  dessen  Larven  oder  Puppen,  die  sich  alle  lebhaft 
bewegten,  zeigten.  Am  Boden  des  Tümpels  selbst  fanden  sich  oberfläch- 
liche wurmförmig-e  Gänge,  in  welchen  sich  auch  zuweilen  obiger  Käfer  fand. 

Den  ganzen  Lebensgang  des  Käfers  vom  Ei  an  konnte  Vortragender 
trotz  Anlegung  einer  Schlammkultur  bis  jetzt  noch  nicht  verfolgen ,  er 
verzichtet  daher  vorderhand  auf  genauere  Beschreibung  und  Abbildungen. 

(Klunzinger.) 

Ferner  legte  Oberlehrer  Schlenker  (Cannstatt)  eine  größere 
Anzahl  der  gegenwärtig  zur  Reife  gelangenden ,  mirabellenähnlichen 
Früchte  eines  im  Garten  der  K.  Wilhelma  stehenden  Gingkobaumes  vor. 

Sodann  teilte  Prof.  Dr.  \.  Hacker  „Zoologische  Beiträge 
zur  Kenntnis  der  bösartigen  Neubildungen"   mit. 

Redner  will  zeigen,  in  welcher  Weise  einerseits  die  Zoologie,  ins- 
besondere ihre  drei  modernsten  Zweige,  die  Entwickelungsmechanik,  die 
Protozoenkunde  und  die  Zellenlehre,  anderseits  die  pathologische  Forschung 
in  beständiger  Fühlung  miteinander  geblieben  sind  und  wie  die  Zoologie 
zu  wiederholten  Malen,  speziell  auf  dem  Gebiete  der  Krebsforschung,  in 
der  Lage  gewesen  ist,  den  Pathologen  Anregungen  praktischer  oder 
theoretischer  Natur  zu  geben.  Wenn  er  dabei  zum  Teil  auf  eigene 
Untersuchungen  zurückgreife,  so  solle  dies  ohne  die  Prätension  geschehen, 
als  ob  durch  dieselben  unsere  Kenntnis  auf  diesem  wichtigen  Gebiet  in 
entscheidender  Weise  beeinflußt  werde.  Vielmehr  wolle  er  dieselben  nur 
anführen,  weil  sie  in  den  Rahmen  hereingehören  und  weil  sie  vielleicht 
die  Angaben  des  einen  oder  anderen  Forschers  von  einer  neuen  Seite 
beleuchten.  Nachdem  Redner  die  CoHNHEiM'sche  Theorie,  nach  welcher 
die  Geschwülste  von  „versprengten"  Embryonalzellengruppen  ihren  Aus- 
gang nehmen,  besprochen  und  die  Beziehungen  dieser  Lehre  zu  den  Be- 
strebungen der  Entwickelungsmechanik  angedeutet  hatte,  ging  er  etwas 
näher  auf  die  Ergebnisse  der  Protozoenforschung  ein.  Die  letzten  Jahre 
haben  uns  mit  der  außerordentlich  wichtigen  pathogenen  Bedeutung  vieler 
einzelliger  Tiere,  der  Sporozoen  und  der  ihnen  nahestehenden  Flagellaten 
oder  Geißeltierchen,  bekannt  gemacht.  Nachdem  vor  wenigen  Jahren 
die  ganze  Lebensgeschichte  und  Entwickelung  des  Erregers  der  Malaria 
aufgeklärt  worden  war  und  diese  Kenntnis  bereits  wichtige  prophylaktische 


-     LVI     - 

Maßnahmen  gezeitigt  liat,  wurden  für  eine  ganze  Reihe  von  Krankheiten 
der  Haustiere  und  des  Menschen  einzellige  Blutparasiten  als  Erreger  fest- 
gestellt. Teils  mit  Sicherheit,  teils  mit  großer  Wahrscheinlichkeit  konnten 
das  gelbe  Fieber,  das  Schwarzwasserlieber,  die  Beriberikrankheit,  ferner 
das  Texasfieber,  die  Tsetsefliegenseuche  und  andere  Rinderseuchen  auf 
die  Infektion  durch  Sporozoen  oder  Flagellaten  zurückgeführt  werden. 
Als  Überträger  der  Parasiten  wurden  teils  Stechmücken,  teils  Zecken 
ei'kannt.  Es  lag  aus  verschiedenen  Gründen  nahe,  auch  bei  den  bös- 
artigen Neubildungen  nach  solchen  einzelligen  Wesen  zu  suchen,  jedoch 
ist  man  noch  zu  keinen  einwandfreien  Ergebnissen  gelangt.  In  ein- 
gehender Weise  behandelte  Redner  sodann  die  Beziehungen  seines  eigenen 
Arbeitsgebietes,  der  Zellenlehre,  zur  Krebsforschung.  Nachdem  einige 
besondere  Kernteilungsformen  mit  Unrecht  als  charakteristisch  für  bös- 
artige Geschwülste  beschrieben  worden  w^aren,  hat  neuerdings  das  Auf- 
treten der  sogenannten  heterotypen  Kernteilungsbilder  in  den  Karzinomen 
zu  lebhafter  Diskussion  geführt.  Diese  besonderen  Bilder  waren  bisher 
nur  aus  unreifen  Ei-  und  Samenzellen  und  aus  jugendlichen  Embr3^onal- 
zellen  bekannt.  Dir  Vorkommen  in  Krebsgeschwüren  läßt  sich  also  sehr 
gut  mit  der  Anschauung  vereinigen,  daß  bei  der  Entstehung  der  Neu- 
bildungen die  Zellen  gewissermaßen  zurückdififerenziert  werden ,  d.  h. 
einen  embryonalen  Charakter  erhalten.  In  ätiologischer  Hinsicht  ist  aber 
das  Vorkommen  jener  Teilungsformen  in  Geschwüren  vielleicht  deshalb 
von  Interesse,  weil  es  nach  eigenen  Untersuchungen  des  Redners  möglich 
ist,  dieselben  Teilungsbilder  und  einige  andere  charakteristische  Merk- 
male der  Geschwüre  durch  Einwirkung  von  Äther  auf  tierische  Eier 
künstlich  zu  erzeugen.  Nach  einigen  Ausblicken  auf  das  neu  eröffnete 
Gebiet  schließt  Redner  mit  dem  Hinweis  darauf,  daß  allerdings  in  den 
biologischen  Wissenschaften,  wie  ein  landläufiger,  gewöhnlich  in  tadeln- 
dem Sinne  gemeinter  Vorwurf  besagt,  viel  SpezialStudium  getrieben,  daß 
aber  gerade  auf  den  Grenzgebieten  besonders  eifrig  gearbeitet  werde 
und  daß  gerade  hier  die  getrennten  Marschrouten  der  Spezialisten  sich 
immer  häufiger  treffen  und  schneiden ,  je  sicherer  im  allgemeinen  der 
Boden  für  die  Forschung  werde.  (Hacker.) 

In  der  sich  anschließenden  Erörterung  demonstrierte  zuerst 
Dr.  Fritz  Rosenfeld  einige  Abbildungen  von  Krebsparasiten  und 
zwar  die  sogenannten  Vogelaugen ,  die  E.  v.  Leyden  beschrieben  und 
als  Erreger  des  Krebses  angesprochen  hat.  Er  besprach  sodann  die 
Übertragungsversuche  die  mit  Karzinomgewebsteilen  ausgeführt  worden 
sind.  Auf  Grund  der  in  der  Literatur  niedergelegten  Mitteilungen,  so- 
wie auf  Grund  eigener  Versuche  und  Beobachtungen  kam  Redner  zu 
dem  Schluß,  daß  ssich  das  Karzinom  von  einem  Tier  des  einen  Genus 
nur  auf  ein  anderes  Tier  des  gleichen  Genus  übertragen  lasse.  Wenn 
diese  und  ähnliche  Versuche  auch  noch  nicht  völlig  beweisend  seien,  so 
machen  sie  es  doch  wenigstens  in  hohem  Grade  wahrscheinlich,  daß  die 
Entstehung  der  bösartigen  Geschwülste  auf  parasitäre  Ursachen  zurück- 
zuführen ist. 

Demgegenüber  bemerkte  Medizinalrat  Dr.  Walz,  daß  die  inter- 
essanten Beobachtungen   des  Vortragenden  weniger    als  Beweis    für    die 


-     LVII     — 

parasitäre  Natur  aufzufassen  sind,  als  vielmehr  eine  neue  und  wichtige 
Stütze  für  die  mit  Unrecht  in  neuerer  Zeit  in  den  Hintergrund  gedrängte 
CoHNHEiM'sche  Theorie  der  embryonalen  Keimverlagerung  bilden,  da  die 
heterotype  Teilung  der  Krebszellen  ein  morphologischer  Ausdruck  ihrer 
embryonalen  Natur  ist.  Vom  pathologisch-anatomischen  Standpunkt  aus 
scheinen  die  Aussichten,  einen  Parasiten  als  Erreger  der  bösartigen  Ge- 
schwülste aufzufinden,  gering  zu  sein.  Die  Krebsstatistik  liefert  noch 
zu  unsichere  Resultate,  der  Zufall  und  der  Mangel  einer  genauen  Diagnose 
spielt  dabei  eine  große  Eolle,  Die  Übertragungsversuche,  wenn  sie  auch 
teilweise  gelungen  sind,  sind  nur  als  Transplantationen  aufzufassen;  sie 
könnten  nur  als  Beweis  gelten,  wenn  die  Parasiten  in  Reinkultur,  ohne 
Epithelzellen,  übertragen  worden  wären.  Da  die  Metastasen  der  Krebse 
stets  denselben  Zellcharakter  wie  die  ursprüngliche  Geschwulst  zeigen, 
müßte  man  geradezu  annehmen,  daß  die  Krebszellen  selbst  die  gesuchten 
Parasiten  wären.  Beweise  sind  jedoch  hierfür  nicht  die  geringsten  vor- 
handen. Wenn  auch  die  CoHNHEiivi'sche  Theorie  nicht  die  letzte  Ursache 
der  Geschw'ülste  erklärt,  ist  sie  doch  diejenige,  welche  am  meisten  für 
sich  hat,  zumal  eine  gewisse  Vereinigung  derselben  mit  anderen  Theorien, 
insbesondere  der  Reiztheorie  Viechow's,  möglich  ist  und  sich  wohl  auch 
annehmen  ließe,  daß  neben  anderen  Reizen  gelegentlich  auch  Parasiten 
einen  Reiz  ausüben,  der  den  Anstoß  zur  Entwickelung  der  embryonalen 
Zellproliferation  im  Sinne  Cohnheim's  gibt. 


Sitzung  am   12.  Dezember   1904. 

Zu  Beginn  der  Sitzung  feierte  der  Vorsitzende  Direktor  Dr.  Suß- 
dorf  mit  herzlichen  Worten  das  anwesende  Mitglied  Prof.  Dr.  Klun- 
zinger,  der  vor  kurzem  (am  18.  Nov.)  sein  70stes  Lebensjahr  zurück- 
gelegt hatte.  Er  hob  die  Verdienste  hervor,  die  der  Jubilar  sich  um 
die  Wissenschaft  im  allgemeinen  und  um  das  geistige  Leben  im  Verein 
f.  vaterl.  Naturk. ,  insbesondere  um  die  wissenschaftlichen  Abende ,  zu 
deren  Begründern  er  gehört ,  erworben  hat ,  und  brachte  ihm  die  herz- 
lichsten Wünsche  des  Vereins  für  das  kommende  Dezennium  dar. 

Nach  kurzen  Dankesworten  des  Gefeierten  machte  Prof.  Dr.  Sauer 
eingehende  Mitteilungen  über  die  „geologische  Zusammensetzung 
von  Deut  seh- Ostafrika  mit  besonderer  Berücksichtigung 
montanistisch  wichtiger  Mineralien  und  Gesteine."  (Ein 
Bericht  über  diesen  Vortrag  liegt  nicht  vor.) 


Sitzung  am  9.  Januar   1905. 

Dr.  K.  Regelmaiin  sprach  über  „geologische  Untersuchungen 
im  Gebiet  der  Hornisg rinde".  Die  geologische  Kartierung  des 
Blattes  91,  „Obertal",  der  neuen  topographischen  Karte  von  Württem- 
berg 1:25  000  lieferte  dem  Vortragenden  die  Gelegenheit,  dem  Aufbau 
des  Hornisgrindegebiets  Ergebnisse  von  allgemeinerem  Interesse  abzu- 
gewinnen.    Es  sei  bemerkt,    daß  die  Aufnahme  dieses  Blattes  eine  der 


—     LVIII     - 

ersten  ist,  die  von  der  geolog.  Abteilung-  des  K.  Württ.  Statist.  Landesamts 
in  Angriff  genommen  wurde,  und  daß  als  Ergebnis  dieser  Aufnahme  die 
geolog.  Karte  im  Original  fertig  vorlag.  Das  Grundgebirge  des  bis  zur 
Höhe  von  1163  m  aufstrebenden  Gebirgsstocks  baut  sich  der  Hauptsache 
nach  aus  Graniten,  im  geringeren  Maße  aus  Gneisen  und  zwar  aus 
Sedimentär-  oder  Eencli-  und  Eruptiv-  oder  Schapbachgneisen  auf.  Die 
Hauptmasse  der  Granite,  welche  im  Langenbach-,  Schönmünz-  und  See- 
bachtale ,  sowie  im  Gebiet  von  Allerheiligen  zutage  treten ,  bilden  ein 
zusammenhängendes  Massiv  und  sind  nun  petrographisch  als  Zweiglimmer- 
granite erkannt  w^orden.  Redner  erbringt  den  Beweis,  daß  das  granitische 
Magma  bei  der  Intrusion  große  Mengen  des  älteren  Gneises  aufgenommen 
und  zum  Teil  aufgelöst  hat.  Nach  einigen  Worten  über  Ganggesteine 
und  deren  technische  Verwertung  geht  er  zu  den  Gebilden  aus  der  Zeit 
des  Eotliegenden  und  des  Buntsandsteins  über.  Von  den  Arkosen,  Por- 
phyren und  Tuffen  des  ersteren  bieten  die  ausgedehnten  Porphja-vorkomra- 
nisse  (Gottschläz,  Rotenkopf  usw.)  das  größte  wissenschaftliche  Interesse. 
Ihnen  ist  ausgezeichnete  Fluidalstruktur  eigen.  Die  nähere  Untersuchung 
ergab,  daß  sie  nicht  als  Decken,  sondern  als  Stiele  aufzufassen  sind. 
Aus  dem  Buntsandstein  wurden  gut  erhaltene  Sandsteinpseudomorphosen 
(2  R)  vorgezeigt ,  wie  überhaupt  die  Ausführungen  durch  eine  Auswahl 
guter  Belegstücke  erhärtet  wurden.  Weiterhin  führt  Redner  aus,  daß 
das  Gebiet  der  Hornisgrinde  von  den  Eisdecken  der  Diluvialzeit  mächtig 
bearbeitet  worden  sei  und  noch  heute  diese  Einwirkung  an  den  aus- 
gedehnten Karbildungen  (Mummelsee,  Wildsee  usw.)  erkennen  lasse.  Auf 
Blatt  Obertal  sind  mehr  als  50  oft  perlschnurartig  aneinandergereihte, 
zum  Teil  sehr  gut  erhaltene  Kare  nachzuweisen,  die  möglicherweise  erst 
während  der  letzten  Eiszeit  entstanden  sind.  —  Die  aus  den  Karen 
herausgeschobenen  Schuttmassen,  sowie  die  im  Hornisgrindegebiet  über- 
aus reichlichen  Gehängeschuttmassen  führten  Redner  zur  Besprechung 
seiner  bodenkundlichen  Aufgaben,  wobei  er  die  Bildung  des  gefürchteten 
„Ortsteins"  berührte:  die  Humussäuren  des  im  Schwarzwald  häutigen 
Rohhuraus  laugen  die  Nährsalze  aus  den  oberen  20 — 80  cm  des  Bodens 
(Bleisand)  aus  und  bilden  Huraate,  die  als  Zement,  Sandkörner  und  Ge- 
steinsbrocken der  nächsten  20 — 50  cm  zu  einer  steinharten,  wasser- 
undurchlässigen Schicht  (Ortstein)  verkitten.  Eine  Kartenskizze  zeigt 
die  ziemlich  große  Verbreitung  dieser  Ortsteinbildung ,  die  verhältnis- 
mäßig unabhängig  von  der  Exposition  ist.  Als  ortsteingefährdete  Böden 
sind  besonders  die  losen  Schuttmassen  sowohl  des  Granits  wie  des  Sand- 
steins zu  betrachten.  An  der  Hand  chemischer  Analysen  zeigte  der  Redner 
zum  Schluß,  wie  arm  an  mineralischen  Nährsalzen,  vor  allem  an  Kalk,  die 
Böden  der  von  der  Bevölkerung  bebauten  Gebiete  sind,  und  bezeichnete 
die  Beschaifung  billiger  Meliorationsmittel,  z.  B.  durch  Anlage  von  Kalk- 
werken in  der  Nachbarschaft,  als  eine  wichtige  volkswirtschaftliche 
Aufgabe.  (Regelniann ) 

An  den  Vortrag  schloß  zunächst  Prof.  Dr.  Sauer  einige  Be- 
merkungen, indem  er  als  Leiter  der  geolog.  Landesaufnahme  seiner 
Genugtuung  darüber  Ausdruck  gab ,  daß  der  erste  öffentliche  Bericht 
über  die  Tätigkeit  der  vor  kaum  2  Jahren  gegründeten  geolog.  Landes- 


-     LIX     — 

anstalt  im  Verein  für  vaterländ.  Naturkunde  erstattet  werde ,  der  das 
Recht  und  Interesse  für  sich  in  Anspruch  nehmen  dürfe,  über  den  Stand 
dieser  Arbeiten  auf  dem  Laufenden  erhalten  zu  werden.  Redner  schilderte 
in  kurzen  Zügen  die  Entwickelung  der  geolog-.  Landesaufnahme  in  Württem- 
berg und  bezeichnete  die  Aufgaben  dei-  neuen  Aufnahme  näher,  wobei 
er  besonders  die  Bedeutung  der  neuen  Karten  für  die  Bodenkultur  und 
die  Volkswirtschaft  hervorhob.  Das  gesamte  Land,  alle  Schichten  der 
Bevölkerung  müssen  daher  ein  Interesse  daran  haben,  daß  diese  allgemein 
Nutzen  schaffende ,  für  einen  modernen  Kulturstaat  unentbehrliche  Ein- 
richtung der  geolog.  Landesaufnahme  mit  ausreichenden  Mitteln  versehen 
werde,  damit  sie  an  der  Lösung  ihrer  hohen  Aufgaben  in  flottem  Tempo 
arbeiten  und  dieselbe  in  nicht  allzuferner  Zeit  zu  Ende  führen  könne. 
—  Sodann  sprach  Forstdirektor  Dr.  v.  Graner,  der  die  Einbeziehung 
der  vom  Vorredner  geschilderten  Aufgaben  in  das  Arbeitsgebiet  der 
geolog.  Landesaufnahme  als  höchst  dankenswert  und  für  die  praktischen 
Zwecke  der  Forst-  und  Landwirtschaft  äußerst  wertvoll  bezeichnete. 
Unter  Hinweis  auf  Preußen,  wo  derzeit  53  Landesgeologen  an  .der 
Landesaufnahme  tätig  seien,  gibt  auch  er  der  Hoffnung  Ausdruck,  daß 
auch  in  Württemberg,  wo  zurzeit  nur  2  Landesgeologen  bestellt  seien, 
das  wichtige  Unternehmen  eine  baldige  weitere  gedeihliche  Ausgestaltung 
erfahren  werde.  Zum  eigentlichen  Vortrag  bemerkt  Redner,  daß  für 
die  Erklärung  des  Auftretens  schädlicher  Rohhumusmassen  und  in  der 
Folge  des  Ortsteins  wohl  auch  klimatische  Verhältnisse  heranzuziehen 
sein  dürften.  Jene  unerfreulichen  Erscheinungen  finden  sich  vorzugs- 
weise in  kühlen  und  sehr  niederschlagsreichen  Gebieten ,  in  denen  die 
Zersetzung  des  Humus  durch  niedrige  Temperatur  und  durch  den  bei 
einem  Übermaß  von  Feuchtigkeit  eintretenden  Abschluß  des  atmosphäri- 
schen Sauerstoffs  gehemmt  sei,  vor  allem  in  den  nordischen  Ländern, 
dann  aber  auch  in  dem  noch  unter  dem  Einfluß  des  Seeklimas  stehenden 
nordwestlichen  Deutschland  und  in  den  höheren  Lagen  der  deutschen 
Mittelgebirge.  —  Nach  weiteren  Bemerkungen  von  Dr.  Schmidt  und 
Prof.  Dr.  Fr  aas  schloß  der  Vorsitzende  die  Versammlung  mit  Dank  an 
die  Redner. 


Sitzung  am   13.  Februar   1905. 

Da  der  für  den  Abend  in  Aussicht  genommene  Vortrag  von 
Dr.  Obermüller  nicht  stattfinden  konnte,  wurde  der  Abend  durch  „kleinere 
Mitteilungen"  ausgefüllt.  Zunächst  berichtete  Prof.  Dr.  E.  Fraas  in 
Kürze  über  ein  in  der  Neckarstraße  erschlossenes  Profil,  in  dem  diluviale 
Torfschichten  aufgeschlossen  wurden,  die  wohl  im  Zusammenhang  mit 
den  schon  früher  bei  der  Zuckerfabrik  beobachteten  gleichartigen  Schich- 
ten stehen.  8odann  besprach  derselbe  Redner  die  neuentdeckte  Thermal- 
quelle in  Wildbad,  über  die  Redner  im  Mittagsblatt  des  „Schwab. 
Merkur"  No.  59  vom  6.  Febr.  folgendes  mitgeteilt  hatte:  „Die  Unter- 
suchungen und  Grabungen,  die  im  Laufe  dieses  Winters  von  selten  der 
Kgl.  Domänendirektion  in  W  i  1  d  b  a  d   gemacht  wurden  ,    haben    zu    dem 


-     LX     — 

unerwarteten  Ergebnis  der  Bloßlegung  einer  uralten,  bis  in  das  früheste 
Mittelalter  zurückreichenden  Badeanlage  mit  der  darin  noch  sprudeln- 
den Therme  geführt  und  dürften  sowohl  aus  historischen  wie  aus 
praktischen  Gründen  ein  weitgehendes  Interesse  beanspruchen.  Es  war 
schon  früher  bei  Anlage  eines  städtischen  Abzugskanals  die  Beobachtung 
gemacht  w^orden,  daß  bei  den  Grabarbeiten  vor  der  König-Karlshalle 
inmitten  der  Straße  Thermalwasser  aufdrang,  das  in  dem  durchLässigen 
Gerolle  und  noch  mehr  in  dem  Abzugskanal  selbst  abfloß  und  auf  diese 
Weise  verloren  ging.  AVohl  hatte  man  diese  Erscheinung  von  selten 
der  Badeverwaltung  längst  ins  Auge  gefaßt,  aber  erst  in  diesem  Winter 
konnte  man  an  eine  eingehende  Untersuchung  herantreten.  Der  im  De- 
zember 1904  geöffnete  Versuchsschacht  ergab  nicht  nur  das  Aufdringen 
einer  heißen  Quelle,  sondern  ließ  auch  eine  alte  Fassung  dieser  Therme 
erkennen  und  der  Fund  von  zahlreichen  charakteristischen  Gefäßen  wies 
auf  ein  hohes  Alter  dieser  Arbeiten  hin.  Der  als  Sachverständiger  be- 
rufene Prof.  E.  Fbaas  wies  auf  die  hohe  historische  und  prächtige  Be- 
deutung dieses  Befundes  hin  und  es  wurden  nun  von  selten  der  Domänen- 
direktion keine  Opfer  gescheut,  um  vollständige  Klarheit  in  die  Frage 
zu  bringen,  indem  unter  der  Leitung  von  Oberbaurat  Gsell  die  ganze 
aus  dem  anstehenden  Gestein  herausgemeißelte  Badeanlage  bloßgelegt  wurde. 
Das  Bild,  das  sich  jetzt  bietet,  ist  ein  überraschendes.  In  einer 
Mächtigkeit  von  4  m  hatte  man  zunächst  die  Anschwemmungen  der  Enz 
abzuräumen,  die  aus  grobem  Geröll  und  Schuttgebirge  bestanden,  das 
in  seinem  unteren  Teil  geradezu  durchspickt  war  von  morschen  Holz- 
stämmen, Wurzelwerk  und  verfaulten  Blättern,  was  alles  auf  eine  ge- 
waltsame Hochwasserkatastrophe  hinwies.  In  der  Tiefe  von  4  m  er- 
reichte man  nun  das  anstehende  Gestein  in  Gestalt  der  Schichten  des 
Rotliegenden,  einer  Formation,  welche  bei  Wildbad  zwischen  dem  Granit 
und  dem  Buntsandstein  eingelagert  ist  und  aus  tiefrotem  Ton  mit  zahl- 
losen Bruchstücken  und  Gerollen  des  Granits  besteht.  In  diesem  festen 
Gestein  war  nun  eine  rundliche  Grube  von  5  m  Weite  mit  senkrechten 
Wänden  ausgearbeitet.  Bei  weiteren  2  m  Tiefe  zeigte  sich  auf  der 
Westseite  ein  bankartiger  Absatz  und  bei  weiteren  2,5  m  ein  rings  um- 
laufender zweiter  Absatz.  Seitlich  in  das  Gestein  hineingetriebene  Löcher 
mögen  entweder  auf  das  Suchen  nach  Wasser  zurückgeführt  werden  oder 
haben  sie  zum  Einsetzen  von  Balken  gedient,  die  hier  einen  Holzboden 
zu  tragen  hatten.  Unter  diesem  zweiten  Absatz  beginnt  die  eigentliche 
Quellfassung  in  Gestalt  einer  weiteren  Vertiefung  des  Raumes  um  o,5  m 
mit  einer  lichten  Weite  von  2,25  m.  Um  aber  das  Ausschöpfen  des 
Wassers  zu  erleichtern ,  ließ  man  auf  der  Ostseite  einen  kanzelartigen 
Vorsprung  mit  seiner  wannenförmigen  Aushöhlung  stehen,  alles  frei  aus 
dem  anstehenden  Gestein  herausgemeißelt.  Endlich  bei  12  m  Tiefe  unter 
der  Straße  stieß  man  auf  die  Sohle  der  Grube  und  damit  auf  den  festen 
Granit  und  den  natüi'lichen  Ausfluß  der  Therme,  die  mit  einer  Tem- 
peratur von  34^  Celsius  auf  der  Grenze  zwischen  Rotliegendem  und 
Granit  heraussprudelt.  Mit  aufrichtiger  Bewunderung  sehen  wir  nicht 
nur  die  sorgfältige,  sondern  auch  durchaus  zweckmäßige  Anlage  dieser 
Fassung,  die  sich  um  so  schwieriger  gestaltet  haben  muß,  als  der  An- 


—     LXl     - 

drang  des  warmen  Wassers  nicht  wie  jetzt  durch  Pumpen,  sondern  durch 
einfaches  Ausschöpfen  mit  Gefäßen  bezwungen  werden  mulite.  Der  ganze 
große  Hohlraum  war  mit  Schuttmassen  erfüllt  und  die  zahlreichen,  zum 
Teil  gut  gearbeiteten  Bretter,  Dielen,  Balken  etc. ,  die  in  dem  Schutt- 
gebirge staken,  zeugen  davon,  daß  in  der  Grube  sich  ein  hölzerner  Ein- 
bau befand  und  daß  wahrscheinlich  auch  noch  über  dem  Bad  ein  hölzerner 
Bau  errichtet  war.  Das  Ganze  muß  einem  gewaltigen  Hochwasser  zum 
Opfer  gefallen  und  so  A^ollständig  vernichtet  und  überschüttet  worden 
sein,  daß  selbst  die  Stelle  des  einstigen  Bades  verloren  gegangen  ist 
und  bis  auf  unsere  Tage  verborgen  blieb. 

Einen  Anhaltspunkt  über  die  Zeit  dieser  Vernichtung  bekommen 
wir  aus  den  zahlreichen  Funden  von  Gefäßen,  die  alle  eine  sehr  charak- 
teristische Form  aufweisen  und  auf  das  frühe  Mittelalter,  etwa  die 
H  oben s tauf  enzeit,  schließen  lassen.  Auch  eine  eiserne  Axt,  die  mit- 
gefunden wurde,  spricht  für  dieses,  wenn  nicht  noch  höheres  Alter,  denn 
sie  zeigt  in  ihrer  Form  die  größte  Ähnlichkeit  mit  römischen  und  ale- 
mannisch-fränkischen Stücken.  Daß  in  jener  Zeit  schon  derartige  tech- 
nische Schwierigkeiten  überwunden  wurden,  ist  nicht  allzusehr  erstaun- 
lich ,  wenn  wir  daran  denken ,  daß  damals  auch  auf  den  Ritterburgen 
sehr  tiefe  Brunnen  und  lange  unterirdische  Gänge  aus  dem  Gestein  her- 
ausgemeißelt wurden.  Für  Wildbad  hat  der  Befund  eine  außerordent- 
liche historische  Bedeutung,  da  er  weit  über  die  historischen  Überliefe- 
rungen zurückgreift,  deren  älteste  bekanntlich  der  von  Uhland  besungene 
Überfall  des  Grafen  Eberhard  im  Jahre  1367  ist,  wobei  freilich  Wild- 
bad schon  als  Naturbad  und  Stadt  genannt  wird.  Wir  haben  nun  die 
Sicherheit,  daß  die  Quellen  schon  Jahrhunderte  früher  bekannt  und  durch 
sorgfältige  Anlage  eines  Bades  benutzbar  gemacht  waren.  Dem  Geologen 
ist  durch  die  Ausgrabung  der  seltene  Anblick  der  frei  aus  dem  Gestein 
aussprudelnden  Therme  geboten  und  ein  schönes  Profil  des  Untergrundes 
erschlossen  und  auch  die  praktische  Seite  ist  nicht  zu  vergessen,  indem 
nun  durch  zweckmäßige  Fassung  das  früher  im  Gerolle  versickernde 
W^asser  dem  Bade  zukommt.  Leider  ist  es  nicht  möglich,  diese  originelle 
alte  Badeanlage  in  natura  offen  zu  halten  und  etwa  den  Badegästen  zur 
Verfügung  zu  stellen,  denn  erstens  liegt  die  Stelle  inmitten  der  Straße 
und  zweitens  so  tief  unter  dem  Wasserstand  unserer  Bäder,  daß  dieser  eine 
Senkung  erfahren  würde  und  damit  die  Bäder  trocken  gelegt  würden.  Durch 
genaue  Aufnahmen,  ein  nach  der  Natur  hergestelltes  Modell,  ja,  durch  Natur- 
abguß eines  Teils  des  Bades  und  selbstverständlich  durch  Aufbewahrung 
aller  Fundstücke  wird  aber  das  Möglichste  getan,  um  die  Ergebnisse  der 
Untersuchung  bleibend  zu  gestalten.  Die  wichtigsten  Stücke  sollen  später 
in  passender  Weise  in  Wildbad  selbst  zur  Aufstellung  kommen." 

Redner  ergänzte  diesen  Bericht  durch  Ausführungen  über  die 
geologischen  Verhältnisse  an  der  alten  Quellfassung  selbst  und  im  Ther- 
malgebiet von  Wildbad  überhaupt.  Das  engbegrenzte  Gebiet ,  in  dem 
die  Thermen  dort  aufsteigen,  scheint  bedingt  durch  eine  Bruchzone,  die 
sich  zwischen  die  beiden  größeren  Granitmassive  im  Norden  und  Süden 
von  Wildbad  als  kleinen  Keil  einschaltet.  Dieses  Bruchgebiet  ist  selbst 
wieder  durch  eine  Längsspalte  in  2  Schollen  getrennt,  wodurch  sich  die 


—     LXII     - 

Zusamiueiigehörigkeit  einerseits  der  Thermen  ai;f  der  rechten  Enzseite 
(großes  Badegebäude)  und  anderseits  derjenigen  auf  der  linken  Enzseite 
(König-Ivarls-Bad)  erklärt.  Beide  Quellgruppen  haben  jedoch  sicherlich 
in  größerer  Tiefe  Verbindung  miteinander,  aus  der  sich  ihre  gegenseitige 
Beeinflussung  erklären  läßt.  —  An  diese  Ausführungen  schloß  Prof. 
Dr.  Sauer  Mitteilungen  über  die  petrographische  Beschaffenheit  des 
Granits  von  Wildbad.  Redner  unterscheidet  einen  porphj'rartigen  Granit, 
der  durch  Druck  eine  gewisse  Parallelstruktur  erhalten  hat ,  die  an 
Gneis  erinnert,  und  den  eigentlichen  Wildbadgranit,  Zweiglimmergranit, 
mit  prächtigen  Pressungserscheinungen.  An  der  Ansbruchstelle  der  neu- 
erschlossenen Therme  wurde  außerdem  ein  seltenes  Vorkommnis  in  Ge- 
stalt von  Luxulianit  (in  Turmalinquarzfels  umgewandelter  Granit)  fest- 
gestellt, das  in  seiner  mikroskopischen  Struktur  sehr  schön  ausgebildete 
Pressungserscheinungen  in  Form  von  Zerreißung  und  Verbiegung  der 
feinen  Turmalinnadeln  erkennen  läßt.  —  In  der  lebhaften  Erörterung 
des  Vorgetragenen  wies  Prof.  Dr.  A.  Schmidt  darauf  hin,  von  welchem 
Wert  Beobachtungen  über  die  Schwankungen  des  Thermalwasserstands 
in  Verbindung  mit  Barometerbeobachtungen  sein  würden.  Hofrat  Dr. 
Weizsäcker- Wildbad  gab  Aufschlüsse  über  den  Betrieb  der  Bäder 
und  den  Zusammenhang  der  Bohrlöcher.  Dr.  K.  E  egelmann  zeigte  eine 
photügraphische  Platte  vor,  die  die  Einwirkung  der  radioaktiven  Strahlen 
erkennen  ließ,  die  von  den  Verwitterungsprodukten  des  Granits  im  Thermal- 
wasser  herrühren,  für  deren  Erklärung  dann  Prof.  Dr.  Kauffmann  noch 
weitere  Erklärungen  gab.  (E.) 

Sitzung  am  9.  März   1905. 

Zu  Beginn  der  Sitzung  gedachte  der  Vorsitzende,  Direktor  Dr.  Suß- 
dorf,  mit  warmen  Worten  des  am  9.  ds.  in  Biberach  aus  dem  Leben 
geschiedenen,  um  die  vaterländische  Naturkunde  wie  überhaupt  um  die 
Wissenschaft  hochverdienten ,  langjährigen  Vereiusmitglieds ,  Kämmerer 
Dr.  Jos.  Probst,  zu  dessen  Ehrung  sich  die  Versammlung  von  ihren 
Sitzen  erhob  (Nekrolog  s.  oben  S.  XXXVII).  —  Sodann  sprach  Dr.  Suß- 
dorf  über  „Die  respiratorische  Oberflä  che  der  Lunge".  Nach 
kurzem  Hinweis  auf  die  in  der  Hauptsache  der  Lunge  zukommende  Auf- 
gabe der  letzteren,  dem  Blut  Sauerstoff  zu-  und  Kohlensäure  auszuführen, 
machte  Redner  einige  Angaben  über  die  Größe  dieses  Gasaustausches, 
der  durch  die  Überfläche  der  Lunge  erfolgt.  Es  macht  sich  hier  natur- 
gemäß ein  gewaltiger  Unterschied  zwischen  Tieren  mit  geringer  und 
solchen  mit  hoher  Blutwärme  bezw.  Lebensenergie  bemerkbar.  Während 
bei  ersteren  die  kleine  Innenfläche  einer  sackartigen  Ausstülpung  des 
Verdauungskanals  genügt ,  um  den  relativ  schwachen  Gasaustausch  zu 
vermitteln,  macht  sich  bei  gesteigerten  Ansprüchen  an  diese  Vermittelung 
das  Bestreben  geltend,  die  Atmungsoberfläche  innerhalb  des  sozusagen 
gleichbleibenden  Raumes  durch  Leistenbildung  von  immer  höherem  Grad 
mehr  und  mehr  zu  vergrößern,  was  schließlich  bei  den  hochorganisierten 
Warmblütlern  zu  jenen  außerordentlich  reichgekammerten  Lungen  führt, 
in    denen    gewissermaßen    die  Aufgabe    gelöst  ist,    in    einem    gegebenen 


i 


—     LXIII     — 

Raum  die  denkbar  größte  funktionsfähige  Atmungsfläche  zu  entwickeln. 
Eedner  schildert  die  verschiedenen  Versuche,  diese  Atmungsflächen  der 
Lungen  einzelner  Tiere  ihrer  Größe  nach  zu  bestimmen ,  die  bis  jetzt 
zu  recht  widersprechenden  Ergebnissen  geführt  haben ,  und  zeigt  zum 
Schluß  einige  in  der  K.  Tierärztl.  Hochschule  hergestellte  Metallausgüsse 
von  Lungen,  welche  den  reich  verästelten  Bau  der  letzteren  in  schönster 
Weise  erkennen  lassen.  (E.) 

Nach  kurzer  Erörterung  des  Vorgetragenen,  an  der  sich  besonders 
Prof.  Dr.  0  p  p  e  1  beteiligte ,  machte  Prof.  Dr.  E.  Fraas  interessante 
Mitteilungen  zur  Stammesgeschichte  der  Waltiere.  Ausgehend  von 
den  beiden  heute  lebenden  Hauptgruppen  der  Seesäugetiere,  den  Robben 
und  Walen,  wies  Redner  zunächst  auf  die  beiden  Gruppen  gemeinsamen 
Körperveränderungen  infolge  der  Anpassung  an  das  Wasserleben  hin. 
Diese  bestehen  hauptsächlich  in  der  Ausbildung  von  Flossen,  von  denen 
die  hintere  nach  dem  Prinzip  der  Schifl"sschraube  die  Vorwärtsbewegung 
übernimmt.  Der  Hauptuuterschied  zwischen  Robben  und  Walen  besteht 
hierbei  darin,  daß  bei  ersteren  die  Hinterflosse  durch  die  Füße  gebildet 
wird,  während  bei  den  Walen  eine  selbständige  Schwanzflosse  am  Ende 
der  Wirbelsäule  sich  entwickelt  hat,  und  infolgedessen  hier  die  Hinter- 
extremitäten verschwunden  sind.  Auch  im  Schädelbau  zeigt  sich  ein 
sehr  verschiedener  Aufbau ;  bei  den  Robben  ist  der  Charakter  des  Raub- 
tierschädels so  unverkennbar,  daß  ihre  Abstammung  von  Landraubtieren 
ohne  w^eiteres  in  die  Augen  springt.  Bei  den  Walen  dagegen  ist  durch 
die  mächtige  Entwickelung  der  Gesichtsteile  die  Schädelkapsel  so  zurück- 
gedrängt, daß  sich  dadurch  ein  durchaus  neuer  Charakter  ausgebildet 
hat,  den  wir  mit  keinem  Landsäugetier  in  Verbindung  bringen  können. 
Man  glaubte  nun  in  der  alttertiären  Gruppe  der  Zeuglodonten  das  ge- 
suchte Übergangsglied  zwischen  den  Waltieren  und  alten  Landsäugetieren 
gefunden  zu  haben.  Die  neuesten  Untersuchungen  des  Redners  an  dem 
aus  Ägypten  stammenden  reichhaltigen  Material  des  K.  Naturalien- 
kabinetts führen  jedoch  zu  dem  Ergebnis ,  daß  die  Zeuglodonten  keine 
wirklichen  Urw'ale  sind ,  sondern  nur  eine  Anpassungsform  der  aus- 
gestorbenen Gruppe  der  Creodontier  oder  ürraubtiere  an  das  Wasser- 
leben darstellen.  Redner  betrachtet  sie  demnach  als  einen  bereits  im 
Eozän  erloschenen  Stamm ,  an  welchem  infolge  gleichgerichteter  Ent- 
Avickelung  (Konvergenz)  zwar  Ähnlichkeiten  sowohl  mit  den  Robben,  wie 
mit  den  Walen  auftreten,  ohne  daß  diese  jedoch  entwickelungsgeschicht- 
lich  für  den  Stammbaum  der  einen  oder  der  anderen  Gruppe  verwertet 
werden  dürfen.  (Fraas.) 

Sitzung   am   10.  April   1905. 

Zu  Beginn  der  Sitzung  machte  der  Vorsitzende  der  Versammlung 
Mitteilung  von  dem  am  3.  d.  M.  erfolgten  Hinscheiden  des  Vereins- 
mitglieds Dr.  P.  B  ehrend,  ehemals  Professor  der  Chemie  und  Vorstand 
des  Technologischen  Instituts  der  K.  Landwirtschaftlichen  Hochschule 
Hohenheim ,  seit  1  Jahr  Professor  der  Chemie  an  der  K.  Technischen 
Hochschule  in  Danzig,  der  sich  als  Vorsitzender  der  „Wissenschaftlichen 


"     LXIV     — 

Abende"   im  Winter  1902/3  wie  namentlich  auch  bei  den  Ausflügen  nach 
Hohenheim  stets  als  Freund  und  Förderer  der  Vereinssache  erwiesen  hat. 
Sodann  hielt  Prof.  Dr.  A,  Schmidt  einen  Vortrag:    „Zur  Physik 
der  Sonne".     (Den  ausführlichen  Vortrag  s.   unten  S.   310.) 


Sitzung   am    15.  Mai   1905. 

Prof.  Dr.  Kluiiziiiger  sprach  über  die  „Befruchtung  und  Liebes- 
spiele unserer  Wassersalamander".  Während  dieselbe  bei  den 
meisten  Wirbeltieren  wohl  bekannt  ist  und  teils  in  einer  inneren,  teils 
in  einer  cäußeren  Befruchtung  besteht  mit  mehr  oder  weniger  innigem  Zu- 
sammentreten der  Geschlechter,  war  sie  bei  den  geschwänzten  Amphibien 
bis  vor  kurzem  noch  ein  Rätsel.  Zur  Lösung  desselben  trugen  bei  im 
18.  Jahrhundert  Spallanzani,  im  19.  Rusconi,  Siebold  und  Gasco.  Es 
findet  eine  innere  Befruchtung  statt,  aber  keine  Begattung.  Der 
Vorgang  ist  der,  daß  das  Männchen  seinen  Samen  als  milchweiße  Masse 
ins  Wasser  absetzt,  welche  dann  bald  das  Weibchen  sich  holt  und  aktiv 
einverleibt.  Den  letzten  wichtigen  Beitrag  brachte  unser  1902  ver- 
storbener Landsmann  Obermedizinalrat  Dr.  Ebnst  Zeller  ,  früher  in 
Winnental.  Er  hinterließ  darüber  eine  ausgezeichnete,  vom  Vortragenden 
herausgegebene,  in  der  „Zeitschrift  für  wissenschaftliche  Zoologie"  eben 
erscheinende  Arbeit,  auf  der  hauptsächlich  das  vom  Redner  Vorgetragene 
beruht.  Die  Beobachtungen  können  nur  im  Frühjahr  gemacht  werden 
zur  Zeit  der  völligen  Entwicklung.  Der  Befruchtung  gehen  eigentüm- 
liche, der  Versammlung  vorgeführte  ,. Liebesspiele"  voraus,  wie  sie  Rus- 
coni beschrieben  und  abgebildet  hat.  Zeller's  eigenste  Entdeckung  ist 
dabei  die  eines  außerordentlich  durchsichtigen,  daher  den  bisherigen  Be- 
obachtern entgangenen  Trägers  für  jene  Samenmasse,  welcher  bei  den 
meisten  Wassersalamandern  becherförmig  und  hohl,  bei  andern,  wie  beim 
Axolotl  und  unserem  Landsalamander,  aber  kegelförmig  und  solid  ist.  Die 
äußerst  zierliche  Form  dieser  Träger  wurde  an  Präparaten  gezeigt  und 
an  zahlreichen  Wandtafeln  vorgeführt;  sie  können  mit  vollem  Recht 
unter  die  „Kunstformen  der  Natur"  Häckel's  eingereiht  Avei'den;  sie  sind 
freilich  nur  8^ — 12  mm  groß,  nicht  ganz  leicht  aus  dem  Wasser  heraus- 
zuholen und  müssen  sofort  in  eine  Konservierungsflüssigkeit  gebracht 
werden ,  wie  Formol  oder  Pikrinsäure.  Sie  werden  erzeugt  durch  eine 
im  sogen.  Kloakenwulst  der  Männchen  befindliche  Drüse,  die  eine  Höh- 
lung besitzt,  worin  sie  gewissermaßen  gegossen  wird,  wie  ein  Gips-  oder 
Eisenguß  in  einer  „Form",  wie  ein  Positiv  im  Negativ:  daher  die  bis 
ins  einzelnste  übereinstimmende  Oberfläche  der  Höhlenwandung  mit  der 
der  Kelchwandungen  usw. ,  was  aus  anatomischen  Präparaten  und  bei 
Vergleichung  der  Abbildungen  klar  hervorgeht.  Eine  in  die  Drüsenhühle 
hinabragende  und  sie  großenteils  ausfüllende  „pilzförmige  Papille"  bildet 
den  Kern  der  Gußform  und  erzeugt  die  Höhlung  des  Kelchs ;  sie  fehlt 
bei  den  soliden  Gallertkegeln.  Außerdem  wurden  noch  zwei  Nebendrüsen 
besprochen,  über  der  ersteren  liegend,  von  denen  die  eine  wahrscheinlich 
einen  Riechstotf  liefert,    die  andere  einen  Kitt  zur  Verbindung  der  ein- 


-     LXV     — 

zeliien  Spermatozoen  zu  einer  zusammenhängenden  „Samenmasse"  (sogen. 
Spermatoplior)  und  zum  Ankleben  des  Samenträgers  auf  den  Boden.  So 
wird  die  Samenmasse  an  einer  bestimmten  Stelle  scliwebend  und  fest- 
gestellt erhalten,  bis  das  Weibchen  sie  holt.  Vortragender  schließt  mit 
der  Aufforderung  an  die  Anwesenden ,  diese  Versuche  an  den  so  leicht 
erhältlichen  Tieren  nachzumachen  und  die  gewonnenen  „Träger"  der 
Vereinssammlung  zu  übersenden,  (Klunzinger.) 


Oberschwäbischer  Zweigverein  für  vaterländische 
Naturkunde. 

Versammlung   zu    Biberach    am   18.   Mai   1904. 

Nach  Empfang  der  von  auswärts  eingetroffenen  Vereinsmitglieder 
auf  dem  Bahnhof  durch  die  hiesigen  Mitglieder  begab  man  sich  in  die 
städtische  Sammlung  im  alten  Spital  zur  Besichtigung  der  von  dem 
Ehrenmitglied  und  Gründer  Kämmerer  Dr.  Probst  der  Stadt  geschenkten 
und  von  Rektor  Bruder  neu  geordneten  paläontologischen  Samm- 
lung. Der  Stifter  war  selbst  anwesend ,  um  über  dieselbe  und  die 
historische  Entwickelung  der  geognostisch  en  Erforschung 
von  Oberschwaben  Erläuterungen  zu  geben ,  welche  von  Rektor 
Bruder  vorgetragen  wurden  und  im  Wortlaut  hier  folgen. 

Die  in  diesem  Lokal  untergebrachte  Sammlung  von  Versteinerungen 
entstammt  aus  der  Molasseformation,  die  den  Untergrund  von  Ober- 
schwaben bildet.  Unsere  Gegend  ist  jedoch  nur  ein  schmaler  Ausschnitt 
aus  dem  großen  europäischen  Molassebecken ,  das ,  im  südlichen  Frank- 
reich anfangend,  in  der  Richtung  von  SW.  nach  NO.  vom  Genfer  See 
zum  Bodensee  und  dem  Donautal  entlang  durch  Bayern  und  Österreich 
(Wiener  Becken)  bis  an  den  äußersten  Osten  Europas  sich  erstreckt. 

Der  Abschnitt,  der  als  „unsere  Gegend"  ohne  Rücksicht  auf  die 
politischen  Grenzen  bezeichnet  werden  kann,  erstreckt  sich  ungefähr 
zwischen  dem  Bodensee  und  dem  Oberlauf  der  Donau  bis  in  die  Gegend 
von  Ulm  und  Günzburg.  An  der  Zugehörigkeit  dieses  Abschnittes  zu 
dem  großen  Molassebecken  besteht  kein  Zweifel;  aber  es  ist  selbst- 
verständlich, daß  ein  Becken  von  so  großer  Ausdehnung  nicht  in  allen 
seinen  Teilen  gleichmäßig  und  eintönig  entwickelt  sein  kann,  sondern  in 
den  einzelnen  Abschnitten  mannigfaltigem  Wechsel  unterworfen  ist,  so 
daß  jeder  Abschnitt  für  sich  spezielle  Lokalforschungen  verlangt. 

Unsere  Gegend  bietet  einen  Komplex  von  Schichten  dar,  die  teils 
im  Meer  Wasser  gebildet  wurden  (Meeresmolasse),  teils  im  Brackwasser, 
teils  im  süßen  Wasser  (untere  imd  obere  Süßwassermolasse).  Weit 
verbreitet  sind  sodann  die  Strandbildungen,  die  außer  den  Fossil- 
resten des  Wassers  auch  noch  die  des  benachbarten  festen  Landes ,  so- 
wohl aus  dem  Tierreich  als  Pflanzenreich ,  in  sich  aufgenommen  und 
aufbewahrt  haben.  Im  äußersten  Südwest  greift  dann  auch  noch  die 
vulkanische  Bildung  des  Hegaues  mit  dem  Hohentwiel  etc.  herein. 

Die  Erforschung  dieses  langgestreckten  Beckens  in  seinen  einzelnen 
Teilen  nahm  die  zweite  Hälfte  des  verflossenen  Jahrhunderts  in  Anspruch. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905.  e 


—     LXVI     — 

Es  bandelte  sich  um  die  Feststellung  der  Lagerungsverhältnisse  und  be- 
sonders um  die  Auffindung  von  Leitfossilien,  die  in  den  älteren 
Formationen  sehr  gute  Dienste  leisten,  in  den  jüngeren,  beckenförmigen 
Formationen  aber  zu  versagen  schienen;  doch  gelang  es  auch  hier,  ge- 
eignete Leitschnecken ,  besonders  auch  für  die  untere  und  obere  Süß- 
wassermolasse,  aufzustellen,  die  nach  und  nach  in  weiten  Kreisen  An- 
erkennung fanden.  Die  Gegend  um  Überlingen  am  Bodensee  machte  am 
meisten  Schwierigkeiten.  Doch  gelang  es  mit  dem  Beginn  des  laufenden 
Jahrhunderts  auch  dort  übereinstimmende  Beobachtungen  zu  machen.  Nur 
von  Zürich  aus  wurden  Beanstandungen  erhoben,  die  wohl  auch  ihre  Er- 
ledigung finden  werden. 

Was  nun  die  Fundorte  dieses  Beckens  anbelangt  nebst  ihren 
organischen  Einschlüssen ,  so  muß  ich  mich  hier  auf  den  ältesten  und 
berühmtesten  Platz  beschränken;  das  sind  die  Steinbrüche  von  Öningen. 
Die  irrtümliche  Meinung  ist  vielfach  verbreitet,  als  ob  der  Fundort 
Öningen  in  der  Schweiz  sich  befinde  und  wer  das  große  Werk  von 
Oswald  Hbek,  „Tertiärflora  der  Schweiz",  nur  oberflächlich  liest,  wird 
in  diesem  Irrtum  bestärkt  werden.  Allein  diese  gut  badische  Lokalität 
gehört  in  den  Ausschnitt  zwischen  Bodensee  und  der  oberen  Donau.  Ihr 
Reichtum  an  fossilen  Pflanzenresten  und  Insekten  ist  durch  Oswald  Heek 
zu  großem  Euhm  gelangt  und  auch  ihre  Wirbeltierreste  sind  von  einem 
anderen  hochverdienten  Fachmann,  Hermann  v.  Meyer  in  Frankfurt  a.  M., 
bearbeitet  worden,  nachdem  vorher  schon  Gelehrte  wie  Cuvier  einzelne 
Fossilien  untersucht  hatte  (Ändrias  Scheuchzeri).  Ein  günstiger  Umstand 
war  nun,  daß  Oswald  Heer  und  Hermann  y.  Meyer  auch  jenen  Fossilien, 
die  in  unserer  nächsten  Nähe  gefunden  wurden ,  ihre  Aufmerksamkeit 
zuwandten.  Die  Vermittelung  geschah  durch  August  W^etzler,  Apo- 
theker in  Günzburg. 

Wetzler  war  der  erste  beharrlichste  paläontologische  Sammler  in 
den  Sand-  und  Mergelschichten  von  Oberschwaben,  dessen  Erfolge  be- 
sonders dadurch  noch  wertvoller  wurden,  daß  er,  in  Verbindung  mit 
seinen  Freunden  in  Ulm,  schon  1840  ungefähr,  die  Beziehungen  sowohl 
zu  Oswald  Heer  als  zu  Hermann  v.  Meyer,  Sandberger  etc.  anknüpfte 
und  lange  Zeit  fortsetzte.  Da  der  Zutritt  zu  seinen  Sammlungen  in 
liebenswürdigster  Weise  gewährt  wurde,  so  wurde  die  Sammlungstätigkeit 
in  der  ganzen  Gegend  teils  ganz  neu  angeregt,  teils  wenigstens  befördert 
und  gelangte  später  auch  dieses  Material  in  die  Hände  der  genannten 
Fachmänner. 

Das  war  ein  günstiger  Aufschwung  für  die  Paläontologie  in  Ober- 
schwaben, um  so  wertvoller,  als  bald  darauf  ein  Stillstand  eintrat,  der 
freilich  in  den  Verhältnissen  selbst  gegeben  war  und  in  absehbarer  Zeit 
nicht  wird  beseitigt  werden  können.  Die  Zementfabrikation  verdrängte 
den  Steinbruchbetrieb  in  der  ganzen  Gegend;  auch  die  Bohnerzgruben 
wurden  verlassen  und  die  Hoffnung  auf  Gewinnung  von  Bi-aunkohlen 
schwand  mehr  und  mehr.  Wenn  so  das  Arbeitsfeld  für  den  Paläonto- 
logen wesentlich  eingeengt  worden  ist,  so  ist  dafür  Sorge  zu  tragen, 
daß  das  früher  gesammelte  Material  wenigstens  gut  aufgehoben  werde. 
Es  ist  ja  selbstverständlich ,  daß  nach  Verfluß  von  einigen  Jahrzehnten 


—     LXVII     — 

eine  Revision  stattfinden  muß,  welche  auch  das  ältere  Material  zur 
Grundlage  erheben  muß.  Außer  in  den  öffentlichen  Sammlungen  in 
Stuttgart  und  Tübingen  findet  sich  nun  auch  hier  Material  untergebracht, 
wozu  noch  einige  Erläuterungen  zu  geben  sein  werden. 

1.  In  der  vorderen  Lade  sind  die  Landtierreste  der  Meeres- 
mol asse  in  der  relativen  Vollständigkeit  untergebracht,  die  durch  eine 
langjährige  Sammeltätigkeit  erworben  wurden.  Es  ist  selbstverständlich, 
daß  die  Reste  der  Landtiere  in  der  Meeresmolasse  nur  spärlich 
vertreten  sein  können.  Aber  sie  sind  interessant,  weil  durch  sie  eine 
Lücke  ausgefüllt  wird,  die  zwischen  den  Landtieren  der  unteren  und 
oberen  Süßwassermolasse  besteht.  Die  Landtiere  der  unteren  und  der 
oberen  Süßwassermolasse  sind  M'ohl  im  großen  und  ganzen  ziemlich  gleich- 
Artig,'  a/ber  keineswegs  identisch.  Aus-  der  Familie  der  Dickhäuter  fehlen 
in  der  unteren  Süßwassermolasse  noch  die  Mastodonten.  Während  das 
Meer  unsere  Gegend  zum  größten  Teil  einnahm ,  müssen  dieselben  von 
irgendwoher  eingewandert  sein ;  sie  kommen  jetzt  vor  und  in  der  oberen 
Süßwassermolasse  breiten  sie  sich  dann  mächtig  aus.  Die  hirschartigen 
Wiederkäuer  der  unteren  Süßwassermolasse  besitzen  noch  keine  Geweihe; 
während  das  Molassewasser  die  Gegend  zum  größten  Teil  bedeckte, 
müssen  dieselben  von  irgendwoher  eingewandert  sein,  oder  auch  diese  Waffe 
erst  erworben  haben,  denn  hier  findet  man  zum  erstenmal  kleine  gabiige 
Geweihe;    in    der  oberen  Süßwassermolasse    breiten    sich    dieselben  aus. 

2.  Sodann  wird  hinzuweisen  sein  auf  die  zweite  Lade  mit  den 
Haifisch  Zähnen  aus  der  Meeresmolasse.  Die  Haifische  sind  piela- 
gische  Tiere  mit  außerordentlicher  Fähigkeit  zur  weiten  Verbreitung 
in  allen  Meeren  ausgestattet.  Ihre  Reste,  die  Zähne  hauptsächlich,  finden 
sich  in  großer  Zahl  nicht  bloß  in  Europa,  sondern  auch  in  Amerika  und 
anderwärts.  Wenn  man  einmal  daran  gehen  wird,  die  geologisch-palä- 
ontologischen Parallelen  zwischen  diesen  beiden  Erdteilen  (und  wohl  auch 
anderen  Kontinenten)  schärfer  zu  ziehen,  so  wird  man  die  Haifischzähne 
in  erster  Linie  berücksichtigen  müssen ,  um  die  geologischen  Perioden 
und  Horizonte  zu  gliedern.  Dies  ist  nicht  bei  allen  Meeresfischen  in 
gleicher  Weise  zutreffend.  Die  Zähne  der  Meerbrassen  (Haroiden)  und 
Rochen  sind  in  Baltringen  etc.  häufig  zu  finden;  aber  schon  am  Bodensee 
bei  Bodman ,  Überlingen ,  dann  Schaff  hausen ,  fehlen  sie  fast  ganz.  Die 
Reste  von  Meeressäugetieren  (in  einer  anderen  Lade)  besitzen  wohl 
auch  eine  sehr  weite  Verbreitung ,  aber  sie  sind  viel  spärlicher  als  die 
Haie  und  ihre  einzeln  gefundene  Zähne  sind  nicht  so  scharf  charakte- 
risiert wie  diese. 

3.  Die  Landtier reste  der  oberen  Süßwassermolasse  (haupt- 
sächlich von  Heggbach)  geben  sodann  ein  gutes  Bild  von  der  Landtier- 
welt zu  dieser  Zeitperiode;  aber  besonders  hervorragende  Eigentümlich- 
keiten scheinen  nicht  vorhanden  zu  sein. 

4.  Was  dann  noch  die  fossilen  Pflanzenabdrücke  anbelangt 
(hauptsächlich  von  Heggbach  OA.  Biberach) ,  so  harmonieren  dieselben 
gut,  wenn  auch  nicht  genau,  mit  jenen  von  Öningen ;  unterscheiden  sich 
aber  ziemlich  stark  von  den  Pflanzenabdrücken  in  Günzburg,  die  von 
Wetzlee  und  Rühl  dort  zahlreich  gefunden  wurden. 

c* 


—     LXVIII     - 

Es  wäre  aber  wohl  verfrüht,  sich  auf  genauere  Vergleichuiigen 
einzulassen ;  das  wird  vielmehr  eine  Aufgabe  sein,  der  sich  die  jüngere 
Generation  zu  unterziehen  hat.  (Probst ) 

Nach  diesem  Vortrag  wurden  auch  die  im  Saale  nebenan  befind- 
lichen kunsthistorischen,  archäologischen  und  ethnologischen  Sammlungen 
besichtigt.  Besonderes  Interesse  wendete  sich  auch  der  von  dem  j  Ober- 
förster Gönner -Buchau  gestifteten  reichhaltigen  und  schönen  Sammlung 
von  Wasservögeln  vom  Federsee  zu.  Ein  inzwischen  niedergegangenes 
Gewitter  veranlaßte  einen  längeren  Aufenthalt  im  Museum  als  vorgesehen, 
was  zu  wiederholter  Besichtigung  der  Sammlungen  benützt  wurde.  Der 
anschließende  Spaziergang  auf  den  Gigeiberg  mit  seinen  zur  Maienzeit 
besonders  schönen  Anlagen  und  seinem  AuslDlick  auf  das  Eißtal  und  das 
Hochgelände  des  Schachen,  sowie  die  im  Oaisental  in  instruktiver  Weise 
aufgestellten  34  erratischen  Blöcke,  zu  welchen  in  letzter  Zeit  mehrere 
neuausgegrabene  und  eine  Nagelfluhgrotte  dank  der  Unermüdlichkeit 
des  Stadtvorstandes  gekommen  waren,  befriedigte  allgemein.  Die  in  be- 
sonderen ,  den  Mitgliedern  eingehändigten  Verzeichnissen  enthaltenen 
petrographischen  und  Herstammungs-Bestimmungen  riefen  lebhafte  Dis- 
kussion  hervor. 

Um  6  Uhr  endlich  war  man  im  Versammlungslokal  (goldenen 
Löwen)  angelangt,  wo  nach  Begrüßung  durch  den  Vorsitzenden,  Fabrikant 
K r au ß -Ravensburg,  Oberstabsarzt  Dr.  Hüeber-Ulm  das  Wort  zu  einem 
Vortrage  über  die  B 1  a 1 1 w e s p e n  oder  Tenthrediniden  nahm.  Redner 
berührte  zuerst  den  Gang  der  entomologischen  Forschung  von  der  Mitte 
des  18.  Jahrhunderts  an,  wobei  hauptsächlich  Skandinavien  an  der  Spitze 
stand  und  schilderte  dann  an  der  Hand  einer  reichhaltigen,  von  dem  als 
Autorität  geltenden  Pfarrer  Konow  (Mecklenburg)  bestimmten  eigenen 
Sammlung,  die  zu  den  Hymenopteren  (Ader-  bezw.  Hautliüglern)  ge- 
hörenden Blatt-  und  Holzwespen  im  allgemeinen  und  im  einzelnen.  Diese 
Wespen,  denen  im  weiteren  Sinne  noch  die  Bienen,  Ameisen  und  Schlupf- 
wespen sich  anschließen,  machen  eine  vollständige  Verwandlung  durch. 
Die  verwandten  Schlupfwespen  nützen  im  Haushalt  der  Natur  (z.  B. 
durch  Einschränkung  des  Nonnenfraßes),  während  unsere  Holz-  und  Blatt- 
wespen durch  ihre  vegetabilische  Lebensw^eise  vielfach  schaden.  Der 
Redner  ging  dann  unter  Vorzeigen  seiner  Sammlung  auf  die  bedeutenderen 
Familien  dieser  Art  Wespen  ein,  wie  Silex  (große  Holzwespe),  auf  frischem 
Holz ,  Cephus  oder  Halmwespen  auf  Roggen ,  Li/da  schadet  den  jungen 
Kiefern,  Hjilofoma  auf  Rosen,  Nematus  auf  Stachelbeeren,  Lophf/rus,  in 
Kiefernwaldungen  oft  großen  Schaden  anrichtend,  Doleruä,  Seiandria  auf 
Kirschen  und  Pflaumen,  Athalia,  den  Rüben  schadend,  Toithrvdo  (echte 
Blattwespen),  lebhafte  gewandte  Tiere,  auch  andere  aussaugend.  Schließ- 
lich wird  noch  die  Literatur  sowie  die  Fangweise  und  Präparierung- 
dieser  Insekten  besprochen. 

Im  zweiten  Vortrag  sprach  Stadtschultheiß  3Iiillei'-Biberach  über 
die  Windrichtungen  in  Biber  ach.  Ein  genauer  Aufschrieb  hier- 
über wird  auf  der  meteorologischen  Station  Biberach  seit  4  Jahren  ge- 
führt, seitdem  eine  neue  genau  gehende,  25  kg  schwere  Wetterfahne  an 
Stelle  der  früheren  ungenügenden,  auf  dem  Gigelbergturm  angebracht  ist. 


—     LXIX     — 

Die  Beobachtungen  erfolgen  stündlich  nach  acht  Himmelsrichtungen.  Als 
Eesultat  hat  sich  für  Monat  März  d.  J.  ergeben  bei  744  Notierungen: 
Nordwinde  102  =  13,7%,  Nordostwinde  229  =  30,8%,  Ostwinde  62 
=  8,3  "/o,  Südostwinde  12  =  1,6  7o,  Südwinde  29  =  3,9  «/o,  Südwest- 
winde 165  =  22,2%,  Westwinde  76  =  10,2  <^/o,  Nordwestwinde  67 
=  3,9  7o,  Windstillen  2  =  0,3  7o.  Als  Jahresmittel  ergaben  sich  Süd- 
westwinde 35 — 38  7o,  Nordostwinde  19  — 28  7o,  als  die  häufigsten,  so- 
dann Ost  mit  6  7o,  Süd  mit  6  °/o ,  Nord  mit  5— 9  7o,  West  mit  6  bis 
11  °/o ,  Windstillen  1 — 2  "/o.  Graphische  Darstellungen  der  W  nde  er- 
gänzten den  Vortrag. 

Nun  folgten  Mitteilungen  von  Kaplan  Vogt -Biberach  über  einen 
an  der  Sonne  am  16.  Mai  vormittags  10  —  11  Uhr  in  Biberach  in  öst- 
licher Eichtung  beobachteten,  auffallenden  Nebenbogen,  von  Baron  König- 
Wart hausen  in  Sommershausen  über  ein  auffallend  starkes  und  gleich- 
mäßiges Hirschgeweih  aus  Ostungarn  unter  Vorzeigung  desselben.  Sodann 
regte  Stadtschultheiß  Müll  er- Biberach  die  Anbringung  von  Marken  an 
der  europäischen  Wasserscheide  zwischen  Donau  und  Rhein  bei  Winter- 
stettenstadt  (bei  Gebrazhofen  ist  diese  auch  vorhanden)  an  der  Bahn- 
linie durch  die  Kgl.  Generaldirektion  an.  Nach  Erledigung  von  ge- 
schäftlichen Mitteilungen  wurde  die  Versammlung  um  7^/^  Uhr  vor 
Abgang  der  Züge  geschlossen.  (Dittus.) 


Versammlung  am   ciO.   November   1904  in  Aulendorf. 

Die  im  „Löwen"  stattfindende  Versammlung  wurde  um  b^/2  Uhr 
nachmittags  durch  den  Vorsitzenden  Fabrikant  K  r  a  u  ß  -  Ravensburg  er- 
öffnet. Zunächst  gedachte  der  Schriftführer  Baurat  Dittus  des  am 
8.  November  unerwartet  rasch  gestorbenen  Med.-Rats.  Dr.  Holler- 
Memmingen,  der  auf  den  heutigen  Tag  einen  Vortrag  über  „Die  Moose" 
übernommen  hatte.  Dr.  Holler,  welcher  schon  einmal  im  Jahre  1900 
im  Verein  einen  Vortrag  über  die  Verbreitung  der  alpinen  Pflanzen  und 
deren  Herkunft  gehalten,  war  bekannt  als  Botaniker  und  galt  als  Autori- 
tät in  der  Mooskunde.  Er  hinterläßt  eine  sehr  reichhaltige  und  voll- 
ständige Sammlung  von  Pflanzen  aller  Art.  Dieselbe  sollte  womöglich 
seinem  engeren  Vaterlande  erhalten  bleiben  und  nichts  ins  Ausland  ver- 
kauft werden,   wie  es  leider  schon  manchmal   der  Fall  war. 

Sodann  sprach  Herr  Fr.  Kranß-Ravensburg  über  „Entstehung 
der  kristallinischen  Schiefer  der  Ur gneis-Formation",  Die 
Urgneis-  xmi  Urschiefer-Formation  (auch  archaische  genannt)  bildet  das 
Grundgebirge  der  Erde;  man  nennt  sie  azoisch  =  versteinerungslos, 
da  organische  Reste  darin  nicht  nachgewiesen  sind.  Plutonisch- 
vulkanisches  Gestein  ist  vielfältig  damit  verbunden.  Die  Gesteine 
der  archaischen  Formation  bestehen  zu  40 — 80  *^/o  aus  Silikaten,  näm- 
lich Quarz,  Glimmer  und  Orthoklas.  Gneis  und  Granit  haben  die- 
selbe Zusammensetzung,  nur  ist  bei  ersterem  parallele  bis  schiefrige 
Struktur  vorhanden,  bei  letzterem  eine  massige.  Die  Glimmerschiefer 
gehen  in  Urtonschiefer  oder  Phyllite  über.    Als  Einlagerungen  kommen 


—     LXX     — 

Hornblende,  Kalk  und  Chlorit  vor;  Quarzite  und  kristallinischer  Kalk 
treten  oft  als  Begleiter  auf.  Um  die  Entstehung  der  archaischen  Schiefer 
erklären  zu  können,  ist  es  notwendig,  den  Ursprung  der  Minerale  dieser 
Schichten  nachzuweisen.  Quarz ,  Feldspat,  Hornblende,  Augit,  Glimmer 
können  unmittelbar  aus  Schmelzfluß  auskristallisieren,  ebenso  können  sie 
durch  Sublimation  aus  heißen  Dämpfen  entstehen.  Daubree  zeigte  durch 
Erhitzung  von  Wasser  auf  400°  C.  in  geschlossenen,  schmiedeeisernen 
Röhren,  wie  sich  Quarzkristalle  bilden  können.  Das  Vorhandensein  von 
Flüssigkeitseinschlüssen  in  Quarz  und  anderen  Mineralien  läßt  auch  auf 
Bildung  in  überhitztem  Wasser  schließen.  Der  körnige,  kohlensaure 
Kalk  ist  vorzugsweise  als  Produkt  wässeriger  Lösung  zu  betrachten. 
Ein  charakteristisches  Beispiel  archaischer  Formation  bietet  nach  Gümbel 
vor  allem  der  bis  zu  1500  m  Höhe  ansteigende  Böhmisch-bayrische 
Wald  mit  untersten  Schichten  von  rötlichen  Gneisen,  nach  ihm  bojischer 
Gneis  genannt,  dieser  wird  von  einem  grauen  Gneis  überlagert  und  dieser 
wieder  von  Glimmerschiefer  und  Phyllit.  In  allen  Schichten  finden  sich 
Granitgänge.  Diese  Urformation  ist  überlagert  vom  Kambrium  und  Silur 
mit  den  ersten  deutlich  erkennbaren  Resten  fossiler  Fauna,  welche 
wegen  ihres  zahlreichen  Auftretens  und  verhältnismäßig  hoher  Entwicke- 
lung  dem  Zoologen  die  Frage  aufdrängen,  ob  nicht  die  vorgehende 
archaische  Formation  schon  von  Organismen  belebt  war.  Spuren  solcher 
will  man  in  den  in  letzterer  Formation  vorkommenden  Grap  hiten  und 
Kalken  gefunden  haben  Auch  in  den  hierher  gehörigen  laurentinischen 
Gneisen  in  Kanada  wie  in  anderen  Gegenden,  will  man  in  den  60er 
Jahren  im  sogen.  Eozoon  das  erste  organische  Wesen  entdeckt  haben. 
Allein  auch  diese  Entdeckung  ist  durch  viele  Untersuchungen  sehr  zweifel- 
haft geworden.  Dagegen  ist  beim  Graphit  sehr  wahrscheinlich,  daß 
er  als  älteste  Bildungsstufe  der  Kohle  anzusehen  ist.  Graphit  bildet 
sich  auch  beim  Schmelzprozeß  in  Hochöfen.  Bei  den  Kalken  glaubt 
man,  weil  sie  in  den  jüngeren  Formationen  als  organischen  Ursprungs 
nachgewiesen  sind,  dies  auch  für  die  in  der  archaischen  Formation  sich 
vorfindenden  annehmen  zu  müssen ,  um  so  mehr  als  in  Südnorwegen  in 
Urkalken  bituminöse  Substanzen  entdeckt  wurden.  Durch  Reusch  wurde 
nachgewiesen ,  daß  kristallinische  Schiefer  auch  kambrischen  und  siluri- 
schen Alters  sein  können.  Später  fand  man  auch  im  Taunus,  Thüringer 
Wald,  Sudeten  kristallinische  Schiefer  von  jüngerem  Alter.  Solche  mit 
Pflanzen-  und  Tiereinschlüssen  finden  sich  in  den  Ostalpen ,  in  dem 
Bündnerschiefer,  im  karrarischen  Marmor,  in  den  umgewandelten  Kreide- 
schichten Griechenlands.  Wie  läßt  sich  nun  die  Entstehung  solcher 
kristallinischen  Schiefer  erklären?  Hierfür  haben  wir  als  älteste 
Theorie  die  von  Weenek,  welcher  sie  als  kristallinische  P^rstarrungs- 
produkte  aus  dem  vorausgehenden  Schmelzflüsse  bezeichnete ,  durch  die 
Wirkung  aus  der  Atmosphäre  niederstürzenden  Wassers.  Allein  diese 
Hypothese  ist  schon  lange  verlassen  und  durch  Metamorphose  ersetzt 
worden,  zunächst  durch  Kontaktmetamorphose.  Wie  bei  Berührung 
glühender  blassen  mit  sedimentären  Schichten  die  letzteren  verändert  und 
in  hochkristallinische  umgewandelt  werden  können ,  so  mögen  auch  in 
der  Urzeit    ähnliche    Vorgänge    in    großartigstem    Maßstabe    mitgewirkt 


—     LXXI     — 

haben  unter  Mitwirkung  überhitzter  Dämpfe.  Diese  Theorie  konnte  den 
weiteren  Forschungen  auch  nicht  standlialten.  Ebenso  erging  es  der 
Theorie  des  Chemikers  Bischof,  welcher  die  Metamorphose  der  Wirkung 
des  Wassers  von  gewöhnlicher  Temperatur  zuschrieb  und  als  Beweis 
die  Afterkristallbildungen  anführte.  Nun  wurde  in  neuerer  Zeit  durch 
LossEN  in  jüngeren  Schichten  nachgewiesen,  daß  da,  wo  eine  starke 
Schichtenstörung  durch  Druck  vorliegt,  kristallinische  Schiefe rung 
deutlich  auftritt,  und  umgekehrt,  da  wo  kein  Druck  gewirkt  hat,  die 
ursprüngliche  Schichtenbildung  noch  vorhanden  ist.  So  wird  z.  B.  bei 
intensiver  Gebirgsfaltung  auf  der  Spitze  der  Jungfrau  der  Kalk  in  solchen 
mit  kristallinischer  Beschaffenheit  umgewandelt.  Mittels  Dynamometa- 
morphismus,  wie  es  Lossp:n  nannte,  werden  Sandsteine  in  Gneis, 
Glimmerschiefer,  Phyllit,  Kalkstein  in  körnigen  Marmor,  Kohlenflöze  in 
Graphit  umgewandelt.  Auch  bei  den  plutonisch-vulkanischen  Massen 
finden  ähnliche  Metamorphosen  statt.  Versuche  in  dieser  Richtung  mit 
einem  Drucke  von  20  000  Atm.  wurden  von  W.  Spking  angestellt, 
welcher  mineralische  Gemenge  mit  oder  ohne  Wasser  in  schiefrige 
Massen  umwandelte.  Zwar  gibt  es  immer  noch  Fälle,  die  durch  die 
Hypothese  der  Dynamometamorphose  nicht  erklärt  werden.  Wir 
dürfen  aber  mit  Sicherheit  annehmen,  daß  die  Urschieferformation  als 
das  wahrscheinliche  Produkt  der  Umbildung  der  ursprünglichen  Er- 
starrungsrinde zu  betrachten  ist. 

In  der  anschließenden  Diskussion  macht  Prof.  Hof  acker-Ravens- 
burg  auf  die  nahgelegene  archaische  Formation  im  Schwarzwald  auf- 
merksam,  die  Prof.  Dr.  Sauer-Stuttgart  schon  seit  25  Jahren  unter- 
sucht und  beschrieben  hat,  wobei  er  auf  die  darin  vorkommenden  sedi- 
mentären Gneiskongloraerate  und  Renchgranite  aufmerksam  gemacht 
hat.  Graphitlager  von  unzweifelhaft  eruptiver  Entstehung  sind  in  Ceylon 
aufgedeckt  worden.  —  Weiter  beteiligen  sich  der  Vorsitzende  und  Prof. 
S  e  i  z  -  Ravensburg  an  der  Erörterung. 

Im  zweiten  Vortrage  sprach  Baurat  Dittus-Kißlegg  über  „fossile 
Korallen,  insbesondere  über  die  im  ober  schwäbischen 
Erratikum  gefundenen".  In  letzterem  ergeben  sich  in  Kiesgruben 
bei  Wangen,  Kißlegg,  Leutkirch  5  verschiedene  Arten:  Cifatliophyllum, 
mehrere  Asträen,  LäJiodendron.  Weiter  waren  Korallen  aus  den  Alpen 
—  Jura  und  Trias  — -  sowie  aus  dem  böhmischen  Silur  und  Devon,  aus 
Italien,  aus  dem  Tertiär  von  Amerika,  sowie  rezente  ausgestellt.  In 
längerer  Rede  kam  nun  die  Einteilung  und  nähere  Beschreibung  der 
Korallen ,  des  einzelnen  Tieres  (Polypen) ,  sowie  die  Verbreitung  der 
Korallen  seit  dem  Devon  zur  Sprache  unter  Vorzeigung  der  aufgelegten 
Fundstücke.  Auch  auf  die  für  die  Gebirgsbildung  wichtigen  Korallenriffe 
in  und  außer  den  Alpen  wurde  hingewiesen. 

Nach  8  Uhr  wurde  die  Versammlung  geschlossen  unter  Einladung 
zum  zahlreichen  Besuche  der  am  2.  Februar  1905  in  Aulendorf  statt- 
findenden Hauptversammlung.  (Dittus.) 


—     LXXII     — 

Haupt- Versammlung  am  2.  Februar   1905  in  Aulendorf. 

Der  Vorsitzende,  Fabrikant  Fr.  Krau ß- Ravensburg,  eröffnete  um 
5V2  Uhr  die  Versammlung,  indem  er  zuerst  der  im  letzten  Jahre  ge- 
storbenen Mitglieder  Major  Prob  st- Waldsee  und  Fabrikant  v.  Schmids- 
feld  in  Schmidsfelden  gedachte  und  sodann  die  von  Stuttgart  ge- 
kommenen Mitglieder:  Sußdorf,  Fr  aas,  Beck  und  Schmid  freundlichst 
begrüßte.  Direktor  Dr.  Sußdorf,  der  Vorstand  des  Hauptvereins  für 
Naturkunde,  erwiderte  die  Begrüßung,  indem  er  seiner  Freude  über  die 
trotz  Schnee  und  Regen  so  zahlreiche  Beteiligung  Ausdruck  gab  und 
dem  Zweigverein  auch  künftig  ein  gutes  Wachsen,  Gedeihen  und  Blühen 
wünschte.  Weiterhin  gedachte  Dr.  Le übe- Ulm  des  Ehrenvorstandes, 
Freiherrn  Dr.  Richard  v.  König- Wart  hausen,  der  in  den  nächsten 
Tagen  seinen  75.  Geburtstag  feiere,  indem  er  dem  um  den  Oberschwäb. 
Zweigverein  so  hochverdienten  Jubilar  die  herzlichsten  Glückwünsche  des 
Vereins  zum  Ausdruck  brachte. 

Bei  den  später  erfolgenden  Walilen  des  Vorstandes  und  des  Aus- 
schusses wurde  der  bisherige  Vorsitzende,  dem  der  Verein  für  seine 
Mühewaltung  zu  großem  Danke  verpflichtet  ist,  auf  weitere  3  Jahre  für 
dieses  Amt  wiedergewählt.  Ebenso  werden  der  Schriftführer  und  der 
Ausschuß  in  seiner  bisherigen  Zusammensetzung  wiedergewählt.  Als 
Ersatz  werden  in  den  Ausschuß  neugewählt  die  Herren  Forstmeister 
Zimmerle- Wolfegg  und  Baurat  Hiller-Leutkirch. 

Den  ersten  Vortrag  hielt  Pfarrer  3Iüller-Engerazhofen  übei-  den 
„Geologischen  Ausblick  vom  Seh warzen  Grat".  Wem  es  bei 
dunstfreiem  Wetter  vergönnt  ist,  auf  dem  Gipfel  des  Schwarzen  Grats 
zu  weilen,  dem  bietet  sich  ein  Anblick  von  seltener  Schönheit,  besonders 
alpenwärts.  Im  Südosten  liegt  das  Wettersteingebirge  mit  der  Zugspitze, 
aus  Wettersteinkalk  mit  Partnachschichten ,  zum  Muschelkalk  gehörig, 
bestehend,  etwas  näher  das  Trauchgebirge  bei  Oberammergau,  zum  Flj-sch 
gehörig,  dann  die  Lechtalerberge,  wie  Taneller,  Säuling,  dem  Rhät  an- 
gehörend, weiter  Aggenstein,  Rote  Fluh,  aus  Liaskalk  bestehend.  Nun 
folgen  die  Hauptdolomitberge  (Keuperformation)  Gaishorn  bis  Hochvogel 
der  ersten  Überschiebung  und  Großer  und  Kleiner  Daumen  bis  Nebelhorn 
der  zweiten  Überschiebung.  Südlich  steht  wie  ein  Eckzahn  der  Grünten, 
ein  Kreidegewölbe,  über  dem  Illertal  südwestlich  die  oberoligozänen 
Berge,  wie  Stuiben,  Rindalphoru,  Hochgrat,  hinter  diesen  die  Kreideberge 
Hochiffer,  Canisfluhe ,  letztere  auch  Liaskalke  führend.  Links  von  dem 
nicht  als  Spaltental  aufzufassenden  Rheintal  zeigen  sich  Dreischwestern, 
Scesaplana  —  zur  Trias  zu  rechnen  und  durch  die  rhätische  Über- 
schiebung entstanden ,  rechts  erheben  sich  Altmann  und  Säntis ,  zur 
Kreide  gehörig ,  und  weiter  zurück  die  zur  Glarner  Falte  zählenden 
Glärnisch  und  Tödi. 

Östlich,  nördlich  und  westlich  breitet  sich  die  bayrische  und  ober- 
schwäbische Hochebene  aus,  nördlich  begrenzt  von  der  schwäbischen  Alb 
mit  ihren  weißen  Juraschichten.  Auch  der  Bussen,  dessen  Fuß  zur 
Meeresmolasse  und  dessen  oberer  Teil  zur  Süßwassermolasse  gehört, 
ist    sichtbar.      Gegen  Westen  bilden  Höchster    und  Gehrenberg  den  Ab- 


—     LXXIII     — 

Schluß,  welche  mit  Moräneschutt  der  jüngsten  Vergletscherung-  be- 
deckt sind. 

Die  Aussicht  vom  Schwarzen  Grat  in  die  nähere  Umgebung  ist  durch 
die  vorgelagerte  Adelegg  sehr  eingeschränkt,  vor  welcher  sich  das  Friesen- 
hofer  Trockental  ausbreitet.  Der  Schwarze  Grat  selbst  besteht  aus  an- 
nähernd horizontal  gelagerten  Miozänschichten  mit  abwechselnden  Nagel- 
fluhbäuken.  In  unmittelbarer  Nähe  im  Süden,  an  der  Kugel,  sind  die 
Schichten  bis  zu  45*^  aufgerichtet. 

Die  Oberflächengestaltung  von  Oberschwaben  und  des  Gebiets  des 
Schwarzen  Grats  ist  durch  den  Untergrund  bedingt.  Der  Untergrund 
besteht  aus  weichen  Mergeln  und  Sauden,  welche  von  Geröllschutt  be- 
deckt sind.  Letzterer  wurde  durch  die  Gletscher  aus  den  damals  um 
ca.  Vs  höheren  Alpen  hertransportiert.  Für  Oberschwaben  besorgte  dies 
der  Rheingletscher,  der  seinen  Siegeszug  nach  Penck  mindestens  viermal 
unter  Hinterlassung  von  beträchtlichen  Spuren  angetreten  hat.  In  seiner 
tiefsten  Depression  hat  sich  der  Bodensee  gebildet. 

Die  Gletscherspuren  lassen  sich  bei  den  Dreischwesteru  bis  auf 
eine  Höhe  von  1400  m,  beim  Schwarzen  Grat  bis  auf  800  m  nachweisen, 
im  Rheintal  finden  sich  vielfach  von  Gletschern  abgeschliffene  Felsliächen. 
Die  erste  Vergletscherung  breitete  auf  einem  großen  Teile  der  ober- 
schwäbischen Hochebene,  bis  Laupheim,  in  erster  Linie  den  sogen.  Decken- 
schotter aus,  der  abgeschliffene  und  gerundete  Gerolle  enthält,  die 
späteren  Vergletscherungen  liefern  dann  gekritzte  Gesteine,  hauptsäch- 
lich in  den  Moränen  der  letzten  Vergletscherung,  deren  Endmoränen  sich 
von  Leutkirch  über  Schussenried  nach  Pfulleudorf  hinziehen. 

An  Gesteinsarten  finden  sich  in  den  Gerollen :  Sandsteine  aus  ver- 
schiedenen Formationen,  zum  Teil  mit  Blätterspuren  und  Nummuliten, 
letztere  von  Wildhaus-Appenzell  stammend,  Flysche  kalkig  und  sandig, 
oft  mit  Chrondriten,  Schrattenkalke  aus  der  Kreide,  Fleckenmergel,  weiße 
und  rote  Kalke ,  aus  dem  Lias ,  Arlberg-  und  Virgloriakalke  aus  dem 
Muschelkalk,  Verrucano  aus  der  Glarner  Falte,  Granite  vom  Julier, 
Gotthard,  grüne  Schiefer,  Diorite,  Gneise  vom  Bündnerland,  Glimmer- 
schiefer,  Hornblendefels  etc 

Auch  iuterglaziale  Perioden,  in  denen  sich  die  Gletscher  zurück- 
zogen, lassen  sich  nachweisen,  z.  B.  bei  Ottmannshofen,  wo  ein  altes 
Torflager  unter  einer  1  m  dicken  Lehmschichte  begraben  ist.  Ein  ähn- 
liches Vorkommen  war  beim  Ausschachten  des  sogen.  Millionenloches  bei 
Kißlegg  zu  beobachten,  ebenso  am  Imberger  Hörn  bei  Sonthofen,  wo  auf 
einer  10  m  dicken  Schichte  Altmoräne  eine  2  m  starke  Kohlenschichte, 
überlagert  von  50  m  Jungmoräne  ansteht.  Auch  die  Höttinger  Breccie 
"bei  Innsbruck  mit  ihren  Pflanzenabdrücken,  ist  ein  sicheres  Beispiel  der 
Interglazialzeit. 

Das  zu  Füßen  des  Schwarzen  Grats  gelegene  Isny  bietet  das 
Musterbild  einer  Altmoräne.  Diese  ist  auf  einer  miozänen  Nagelfluh- 
schicht gelagert,  welche,  weil  undurchlässig  und  ein  Sammelbecken  für 
von  mehreren  Seiten  herströmende  Zuflüsse  bildend,  den  großen  Wasser- 
i-eichtum  Isnys  bedingt.  Vielleicht  hat  sich  die  unterhalb  Isny  fließende 
Argen  zwischen  den  Tertiärschichten  bei  Rengers  und  denen  der  Adelegg 


—     LXXIV     - 

durchgenagt  und  ist  dann  gegen  Menelzliofen  geflossen.  Die  untere  und 
obere  Argen  entspringen  beide  in  den  Molassebergen,  südlich  vom 
Schwarzen  Grat,  wenden  sich  nach  anfänglichem  nördlichen  Flußlaui 
wieder  nach  Süden,  dem  Bodensee  zu. 

Wohl  zu  beachten  ist  die  am  Schwarzen  Grat  und  in  weiterem 
Umfange  anstehende  Nagelfluhe,  die  oft  eine  steile  Felsstirne  zeigt, 
weil  die  unterlagernden  weichen  Schichten  abgerutscht  sind.  Am 
Schwarzen  Grat  ist  es  die  nahezu  horizontal  liegende  miozäne  (ältere) 
Nagelfluhe,  die,  wie  oben  schon  bemerkt,  an  den  südlichen  Vorbergen 
an  der  Hebung  teilgenommen  hat,  aber  von  der  diluvialen  oder 
löcherigen  Nagelfluhe  des  nördlichen  Gebiets  sich  wesentlich  unter- 
scheidet. Letztere  ist  stets  horizontal  vom  Gletscher  abgelagert,  wie 
z.  B.  bei  Menelzhofen  auf  einer  Stelle,  wo  seltene  Farnkräuter  wachsen, 
bei  Zeil  u.  a.  Orten.  Über  ihr  befindet  sich  meist  Blocklehm,  sie  auch 
öfters  ersetzend.  Die  immer  abgerollten  Gesteine  beider  Arten  von 
Nagelfluhen  stammen  sämtlich  aus  den  Alpen,  welche  bei  der  löcherigen 
Nagelfluhe  durch  Kalksinter  zusammengebacken  sind.  In  der  miozänen 
Nagelfluhe,  an  deren  Entstehung  ohne  Zweifel  Meereswogen  mitgewirkt 
haben,  finden  sich  öfters  fremdartige  Gesteine,  wie  zuckerkörniger  Kalk, 
rötliche  Granite  etc.  Ihr  nördlichstes  Vorkommen  läßt  sich  im  Eschach- 
bach bei  Schmidsfelden  konstatieren.  Der  Wechsel  von  harten  Nagel- 
fluhschichten, weichem  Sand  und  Mergellagen  wäre  am  16. /l 7.  Juni  1876 
fast  gar  dem  Schloß  Zeil  verhängnisvoll  geworden,  indem  sich  gegen 
den  Brunnentobel  beträchtliche  Erdmassen  lösten ,  so  daß  längere  Zeit 
36  Pioniere  durch  Stollen  den  Wasserabfluß  regeln  mußten,  um  das 
Gleichgewicht  der  Schichten  wieder  herzustellen. 

Wie  im  Massiv  des  Schwarzen  Grats  Kohlenschmitzen  in  den  weichen 
Schichten  vorkommen,  so  wurde  schon  Ende  des  18.  Jahrhunderts  im 
Menelzhofer  Berg  ein  1 — 2  m  mächtiges  Braunkohlenflöz  entdeckt  und 
dasselbe  eine  Zeitlang  bergmännisch  abgetrieben.  Bei  den  damaligen 
geringen  Holzpreisen  und  den  großen  Transportkosten  wurde  der  Betrieb 
aber  nicht  lange  fortgesetzt.  Jetzt  ist  hiervon  kaum  noch  eine  Spur  zu 
sehen.  So  sind,  wie  der  Eedner  schließt,  in  der  Aussicht  vom  Schwarzen 
Grat  alle  geognostischen  Formationen  zu  sehen. 

Nach  kurzer  Pause  folgte  Prof.  Dr.  Fraas-Stuttgart  mit  einem 
Vortrage:  „Von  der  Alb  zu  den  Alpen",  wobei  sich  der  Vortragende 
in  vielem  auf  seinen  Vorredner  berufen  kann.  Die  Alb  und  die  Alpen 
sind  zwei  grundverschiedene  Gebiete.  Während  erstere  als  ein  Plateau- 
gebirge mit  leichter  Schichtensenkung  nach  Süden  und  steil  erodiertem 
Nordabfall  anzusehen  ist,  sind  die  Alpen  ein  wirkliches  Ketten-  und 
Faltengebirge,  durch  innere  Spannungen  mit  Aufwölbungen  und  Faltungen 
entstanden.  Ihre  Verschiedenheit  zeigt  sich  nicht  nur  in  der  Lagerung, 
sondern  auch  in  dem  Materiale  selbst,  das  diese  Gebirge  aufbaut.  Während 
die  Alb  in  ihrem  aus  Tonen,  Mergeln  und  Schiefern  mit  dazwischen  ge- 
lagerten Kalkbänken  bestehenden  Aufbau  und  auch  in  den  Petrefakten 
einen  einheitlichen  Charakter  zeigt,  finden  wir  in  den  Alpen  «in  wirres 
Gemenge  der  verschiedenartigsten  Gesteine  und  Formationen.  Die  Jura- 
schichten der  Alb    beginnen    mit    einer    weitausgreifenden  Transgression 


-     LXXV     — 

über  die  Triasschichten  und  sind  echte  Meeresablagerungen ,  wie  auch 
die  reiche  Fauna  beweist.  Der  Wechsel  der  einzelnen  Schichten  ist 
zart  und  fein ,  oft  bis  ins  kleinste  gehend.  Es  ist  dies  darauf  zurück- 
zuführen, daß  unser  Jura  eine  Küstenbildung  ist,  in  w^elcher  alle  kleinen 
Schwankungen  des  Meeres  zum  Ausdruck  kommen.  Mit  der  wechselnden 
Tiefe  und  wahrscheinlich  auch  mit  dem  Salzgehalt  wechselten  auch  die 
Meerestiere,  die  sich  sehr  subtil  gegen  den  Wasserdruck  verhalten.  So 
kommen  in  der  unteren  Schichte  des  Lias ,  im  Arietenkalk,  große 
Ammoniten  bis  zu  70  cm  Durchmesser  vor,  in  der  folgenden  tonigen 
Schichte  dagegen  nur  ganz  kleine  Arten  mit  leichtem  Gehäuse.  Diese 
wechselseitigen  Beziehungen  zwischen  Gesteinsart  und  Tierwelt  lassen 
sich  durch  den  ganzen  Jura  hindurch  verfolgen.  Bei  Kalkuntergrund 
rinden  w'ir  große  dickschalige  Formen  (Austern) ,  bei  Schlickuntergrund 
nur  leichtschalige  Gehäuse.  Im  weißen  Jura  ändert  sich  dies  insofern, 
als  nach  oben  andere  Tiere  auftreten.  Spongiten,  Korallen,  welche  an 
den  Ufern  sich  aufhalten,  erzeugen  Riffe  oft  100 — 200  m  hoch,  welche 
sich  als  eine  schützende  Decke  gegenüber  der  späteren  Abwaschung 
darstellt. 

Anders  bei  den  Alpen.  Nirgends  allgemeine  Horizonte,  sondern 
nur  solche  von  kleiner  Ausdehnung ,  und  alle  Schichten  durcheinander- 
geworfen. Auch  die  Gesteinsarten  derselben  Formationen  sind  wesentlich 
verschieden  von  denen  außerhalb  der  Alpen.  Im  schwäbischen  Jura  sind 
z.  B.  die  AmaUheus-ScMchten  mit  Ämmonifes  margarifafus  graue,  dunkle 
Tone,  in  den  x'^lpen  bei  Füssen,  in  den  gleichaltrigen  Algäuerschichten 
hellgraue  Kalke,  in  den  Hierlatzschichten  bei  Innsbruck  weißrötliche, 
in  den  Adneterkalken  bei  Salzburg  dunkelrote  Marmorkalke.  Dem 
entsprechend  haben  wir  anzunehmen,  daß  auch  die  Bildung  dieser  Schich- 
ten eine  andere ,  und  zwar  eine  Riff bildung  sei.  Aber  nicht  nur  die 
Schichten  selbst,  sondern  auch  die  in  ihnen  vorkommenden  Tiere  und 
Pflanzen  sind  ganz  erheblich  von  denen  in  den  gleichaltrigen  außer- 
alpinen Schichten  verschieden.  Nach  der  Theorie  von  Neumayr  wäre 
dies  auf  klimatische  Unterschiede  zurückzuführen,  doch  ist  diese  Theorie 
nach  den  neueren  Untersuchungen  kaum  haltbar. 

Dagegen  muß  eine  vollständige  Trennung  zwischen  Alb  und  Alpen 
vorhanden  gewesen  sein,  nämlich  ein  zwischen  beiden  betindliches  Ge- 
birge, welches  jetzt  verschwunden  ist.  Es  ist  dies  das  sogen,  vinde- 
li zische  Gebirge,  das  sich  zwischen  Schwarzwald  und  dem  Böhmischen 
Wald  ausgedehnt  hat.  Direkte  Beweise  für  die  Existenz  dieses  Gebirges 
zu  rinden  ist  schwer.  Die  Tiefbohrungen  zur  Messung  der  Schichten- 
auskeilungen  gehen  nicht  tief  genug.  Dagegen  haben  die  in  den  letzten 
Jahren  ausgeführten  Untersuchungen  der  vulkanischen  Erscheinungen  auf 
der  Alb  bei  Urach  und  im  Ries  bei  Nördlingen  gewichtige  Anhaltspunkte 
für  das  vindelizische  Gebirge  ergeben.  So  lagert  im  Ries  über  dem 
Granituntergrund  nur  noch  eine  Keuperschichte  von  2  m  Mächtigkeit, 
der  bunte  Sandstein  und  Muschelkalk  fehlt  ganz.  In  den  Auswürfen 
der  vulkanischen  Maare  bei  Urach  haben  sich  nur  granitische  Gesteine, 
nicht  aber  Muschelkalk  gefunden.  Auch  der  im  Ries  vorkommende  Lias 
zeigt  sich  verändert,  geröllartig,  d.   h.   einem  Ufer  nahe,    wie  die  Riff- 


—     LXXVI     - 

bildungen  des  weißen  Jura  und  das  Vorkommen  des  dickschaligen 
Mijtilus  amphis  in  den  Schlickablagerungen  des  Randes  des  weißen  Juras 
die  Nähe  eines  Ufers  andeuten. 

Das  mit  großer  Wahrscheinlichkeit  als  vorhanden  anzunehmende 
vindelizische  Gebirge  dürfen  wir  uns  nicht  alpenartig  denken ,  sondern 
nur  als  flachen  Rücken ;  das  Gestein  war  tiefgründig  verwittert  und  tiel 
schließlich  der  Brandung  des  alpinen  Meeres  zum  Opfer,  wodurch  dort 
eine  mächtige  Meeresbildung,  der  Fl3'sch,  angehäuft  wurde.  Die  in 
letzterem  gefundenen  exotischen  Blöcke  von  fremdartiger  Gesteins- 
beschaffenheit sind  wieder  ein  Beweis  für  jenes  hypothetische  Gebirge, 
dessen  Material  aus  Urgebirgsgesteinen  bestand.  (Dittus-Fraas.) 


3.  Schwär zwälder  Zweigverein  für  vaterländische  Naturkunde. 

Versammlung   in    Oberndorf  a.   N.   am   7.  Juni   1904. 

Die  Versammlung  erfreute  sich  zahlreichen  Besuchs  aus  der  Stadt 
selbst  und  dem  benachbarten  Rottweil ,  aus  Freudenstadt ,  Stuttgart, 
Tübingen  u.  a. ,  so  daß  der  Rathaussaal  bis  auf  den  letzten  Platz  ge- 
füllt war. 

Die  Reihe  der  Redner  erötfnete  Prof.  Dr.  Kokeii-Tübingen  mit 
dem  Vortrag:  „Ist  der  Bunt  Sandstein  eine  Wüstenbildung?'' 
Der  Buntsandstein  verbreitet  sich  als  ein  im  ganzen  gleichförmiges  Ge- 
bilde über  Deutschland;  der  äußerste  Punkt,  den  er  im  Osten  erreicht, 
ist  Schlesien ;  Reste  finden  sich  auf  dem  Thüringer  Wald,  den  rheinischen 
Gebirgen  und  der  Eifel,  im  Norden  ist  er  meist  von  jüngeren  Bildungen 
überlagert;  wir  finden  ihn  in  Helgoland;  er  reicht  bis  England  und  ist 
durch  einen  Teil  Frankreichs  zu  verfolgen.  Früher  wurde  die  Formation 
stets  für  ein  Flachmeersediraent  gehalten ;  neuerdings  wurde  jedoch 
(Bornemann  ,  E.  Fkaas  ,  Walthek)  die  Anschauung  vertreten ,  daß 
mindestens  der  Hauptbuntsandstein  eine  Wüstenbildung  sei  und  der  An- 
häufung durch  Wind  seine  Entstehung  verdanke.  Gegen  seine  marine 
Natur  macht  Philippi  geltend,  daß  so  ausgedehnte  Landstriche  (von 
200  km  Breite)  an  Küsten  nirgends  bekannt  seien.  Die  Rotfärbung 
wurde  auf  lateritisierte  Gesteine  zurückgeführt ,  die  in  benachbarten 
Gneisgebirgen  durch  deren  Zersetzung  entstanden  und  in  die  Senke  hinab- 
geführt worden  seien.  Die  Kreuzschichtung  des  Buntsandsteins  verglich 
man  mit  den  Dünen ;  die  spärlich  vorhandenen  Dreikantner  deuten  auf 
Windwirkung,  die  Fährten  {Chirotherium)  und  Trockenrisse  auf  Wüsten- 
regionen, in  denen  heftige  Regengüsse  dünne  Schlammdecken  zusammen- 
spülten,  die  bald  wieder,  samt  ihren  Sprüngen  und  Fährten,  von  Flug- 
sand eingedeckt  wurden.  Für  das  Vorkommen  von  Meeresmuscheln  im 
Hauptbuntsandstein  wurde  in  dem  Vorhandensein  von  Steppenseen  mit 
verschleppter  oder  Reliktenfauna  eine  Erklärung  gesucht.  Alle  übrigen 
Organismenreste  weisen  auf  Landtiere  und  Landpflanzen.  Erst  ganz  zum 
Schluß  dringt  das  Meer  der  Muschelkalkzeit  in  die  Depression  ein :  es 
entsteht    das  Röt    mit    seinen   marinen  Versteinerungen.  —   Geaen  diese 


—     LXXVII     — 

Auffassung    ist    aber    folgendes    geltend    zu  machen :  Diagonalschichtung 
wird  nicht  nur  in  Dünen,  sondern  in  allen  Sandlagern  beobachtet,  möge 
sie    durch  Flüsse ,    Gletscher    oder  Meere   gebildet  sein ;    ganz  charakte- 
ristisch   ist    sie  für  Sandbänke,    die  an  den  Küsten  sich  beständig  ver- 
schieben.    Der    Sandstein    hat    oft    reichen    Tongehalt   (z.   B.  Kaolin  im 
mittleren  Buntsandstein  Thüringens) ,    während    bei  Dünenbildungen    der 
zerreibliche  Ton  vom  Wind  herausgeblasen  wird.    Dreikantner  sind  auch 
aus  zweifellos  marinen  Flachmeersedimenten  bekannt;   schon  auf  schmalem 
Sandstrande  können  solche  Flugsandwirkungen  entstehen  (z.  B.  kurische 
Nehrung).    Die  große  Ausdehnung  des  Buntsandsteins  spricht  nicht  gegen 
marinen  Ursprung;   denn  man  kennt  marine  Sandsteine,  die  noch  größere 
Flächen    bedecken,    so    der    oberkambrische    Potsdamsandstein    in    Nord- 
amerika, der  im  Osten  und  Westen  transgredierend  auftritt  und  stellen- 
weise reich  an  Meeresversteinerungen  ist,  an  anderen  ganz  steril.    Wenn 
die  Eotfärbung  überhaupt  piümär  ist  (wir  kennen  viele  Gresteine,  die  sich 
erst  sekundär  mit  rotem  Eisenoxyd  angereichert  haben) ,  so  beweist  sie 
noch    nichts    für    kontinentale  Entstehung.;    denn  z.  B.  an    der  Ostküste 
Indiens  bilden  sich  durch  Umlagerung  des  sogenannten  High  level-Laterits 
noch    gegenwärtig    rote    marine   Sedimente.      Daß    die  Fauna    und  Flora 
des  Buntsandsteins  viele  Landorganismen  enthält ,    ist  bei  einer  Strand- 
bildung   wohl    verständlich.     Die  Fische   können  auf  Süßwasser  und  auf 
Meer  bezogen  werden ;  jedoch  ist  z.  B.  Gyrolepis  (Buntsandstein  des  nord- 
westlichen Deutschland)  überall  für  marine  Triasablagerungen  charakte- 
ristisch   und    muß    wohl  als  Meereslisch  aufgefaßt  werden.      Gervillia  ist 
.  nur  aus  Meeressedimenten  bekannt ;   sie  als  Eelikt  aufzufassen,  geht  kaum 
an ,    da    die    einzige  bekannte  Art ,    G.  Murchisoni ,    mit  keiner  Art  des 
Perms  nähere  Beziehung  hat.     Daß  im  oberen  Buntsandstein  eine  marine 
Fauna    auftritt ,    ist    unbestritten ;    es    ist    die    Fauna    des    eindringenden 
Muschelkalkmeeres;  aber  auch  die  wenigen  aus  dem  Hauptbuntsandstein 
bekannten  Arten    gehören    schon    zur   triasischen ,    nicht  zur  permischen 
Fauna.     Die  Schichten  des  obersten  Buntsandsteins  (Rots)   sind  aber  an 
vielen  Stellen  nach  Material  und  Struktur  vom  Hauptbuntsandstein  ganz 
ununterscheidbar,  so  daß  schon  deswegen  aus  solchen  Charakteren  keine 
Beweise    für    die  Wüstentheorie    zu    entnehmen    sind.     Wichtig    wie   die 
vertikale  Verknüpfung  mit  dem  marinen  Muschelkalk  ist  auch  die  hori- 
zontale mit  den  marinen  Buntsandsteinschichten  der  Alpen.    Schließlich, 
und    nicht    am    wenigsten ,    ist  Nachdruck    zu    legen    auf   die   deutlichen 
Zeichen,  die  für  eine  Transgression  des  Buntsandsteins  sprechen,  auf  die 
fast    überall    verbreiteten  Gerölllagen ,    auf  den  Gegensatz  zwischen  den 
ebengeschichteten  Sandanhäufungen  und  der  abgehobelten  älteren  Unter- 
lage,   die    mit    allen  Zeichen    einer  Abrasionsfläche    sowohl  in  der  Eifel 
wie  im  Schwarzwald  unter  dem  Buntsandstein  hervortritt.     Ein  langsam 
vordringendes    flaches    Meer    vermag    alle   Eigentümlichkeiten    des  Bunt- 
sandsteins zu  erklären,  auch  die  enorme  Ausbreitung  der  Sande  und  der 
Armut    der    Fauna,    die    auf    großen    Sandflächen    meist    kärglich    ent- 
wickelt ist. 

Darauf  sprach  Prof.  Dr.  Hesse  (Tübingen)  über  die  Frage:    „Sind 
die  Spechte  nützlich  oder  schädlich?"     Während  zu  Ende  des 


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18.  Jahrhunderts  die  Spechte  für  schädlich  gehalten  und  für  ihre  Tötung 
Prämien    gezahlt    wurden ,    brach    sich    mehr    und  mehr  die  gegenteilige 
Ansicht  Bahn.      Beckstein  ,  Naumann  ,  der  alte  Bkehm  u.  a.   erklärten 
sie  für  nützliche  Vögel,   ja  für   „die  wahren  Erhalter  unserer  AVälder". 
Diesen  Lobpreisungen  gegenüber  kam  Altlm  in  den  siebziger  Jahren  zu 
dem  Ergebnis ,    daß  die  wirtschaftlich  schädlichen  Arbeiten  der  Spechte 
die    nützlichen   bei  weitem  überwiegen ;    wenn  auch  seine  Anklagen  hier 
und   da    zu  weit  gehen ,    so  ist  doch  viel  Eichtiges  dai-in.     Die  Spechte 
linden  ihre  Insektennahrung  teils  am  Boden,  teils  auf  den  Bäumen.     Vom 
Boden    nehmen    sie    besonders    die    forstnützlichen  Ameisen   auf,    die  die 
Lieblingsnahrung  von  Grün-  und  Schwarzspecht  bilden.    Von  den  Bäumen 
lesen    sie    die  Kerfe    teils    äußerlich  ab ,    teils  finden  sie  dieselben  unter 
der  Rinde  und  im  Holz;   sie  allein  unter  den  Vögeln  können  diesen  ver- 
steckten Feinden   beikommen.     So  erbeuten  sie  manche  Schädlinge  (Holz- 
raupen, Larven  von  Holzwespen  und  vom  Fichtenbock),  aber  bei  weitem 
mehr    indifferente   Insekten ,    vor    allem  Bockkäferlarven    aus    trockenem 
Holz  und  alten  Stöcken.     Gegen  das  verderbliche  Heer  der  Rüssel-  und 
Borkenkäfer   bedeutet    ihre  Tätigkeit    wenig;    sie    suchen   sie  nur  selten 
auf   und    leisten   auch  dann  nur  sehr  unvollständige  Arbeit.      Sie  finden 
ihre  Beute  mit  dem  Gesicht,  nicht  mit  dem  Geruch.     Austretendes  Bohr- 
mehl ,    Fluglöcher ,    kränkliches   Aussehen    der  Bäume    veranlaßt    sie    zu 
weiterem  Suchen    durch  Anklopfen  mit  dem  Schnabel ;    die  Larvengänge 
der  Borkenkäfer    aber    sind  mit  Fraßmehl  erfüllt  und  deshalb  nicht  auf 
diese   Weise    zu    entdecken.     Das  Auge    mißleitet    den  Specht    zuweilen, 
so    daß    er    gesunde,    insektenfreie  Stämme    anschlägt:    es    sind   das  be- 
sonders   frisch    gepflanzte  Stämmchen   oder  einzeln  eingesprengte  Hölzer 
in    gleichartigen  Beständen    (einzelne  Birken  im  Kiefernwald) ,    oder  be- 
sonders auffällige  Stämme ,    wie  fremde  Holzarten ;    nicht  selten  werden 
solche  Stämme  so  zerhackt,  daß  sie  absterben.     In  Telegraphenstangen 
hacken  Spechte ,    besonders    in    waldreichen  Gegenden ,    tiefe    und    weite 
Löcher,    die    deren  Festigkeit  beeinträchtigen.     Nicht  der  Insektensuche 
dürfte  das  Ringeln  der  Bäume  gelten,  wobei  der  Specht  mit  dichtstehenden 
Hieben    die  Rinde  verletzt ;    zuweilen  werden  solche  Wunden ,    wenn  sie 
zu  überwallen  beginnen,  wiederholt  angeschlagen,  so  daß  schließlich  vor- 
springende Ringwülste  entstehen  können ,  an  denen  man  zuweilen  durch 
80  Jahresringe  die  Spui-en  der  Spechteinschläge  erkennt.    Wahrscheinlich 
wird  diese  Ringelung,    die  nur  im  Frühjahr  stattfindet,    wegen  des  aus 
der  Wunde  austretenden  Saftes  ausgeführt;  wenigstens  wurde  beim  großen 
Buntspecht  beobachtet,  daß  er  die  frischangeschlagenen  Stellen  beleckte. 
Ringelbäume  mit  Wülsten  sind  technisch  entwertet.     Zum  Meißeln  ihrer 
Höhlen  Avählen  die  Spechte  kernkranke  Stämme ;  aber  das  Fortschreiten 
der  Fäulnis    wird    durch    das  Spechtloch    befördert ;    da    im  Jahre  nicht 
nur  eine,  sondern  bis   12  solcher  Höhlen  angelegt  werden,  wird  immerhin 
merklich  Schaden  geschaffen.    Im  ganzen  dürften  sich  Nutzen  und  Schaden 
die  AVage    halten :    als  Wohltäter    unserer  Wälder    aber  dürfen  wir  die 
Spechte  nicht  preisen. 

Den    Schluß    bildete    der   Vortrag    von    Dr.    Fitf injc:    (Tübingen) : 
.,Über   die    Wurzelk  n  ö  1 1  c  h  enba  k  t  e  r  i  e  n   als   Vermittler    der 


-     LXXIX     — 

Stickstoffer nähru  11  g  bei  Leguminosen."  Schon  lange  sind 
Knöllclieiibildungen  an  den  Wurzeln  unserer  Hülsenfrüchte  bekannt,  und 
ihre  stäbchenartigen  Inhaltskörper  wurden  von  Woronin  schon  in  den 
fünfziger  Jahren  für  Bakterien  erklärt.  In  der  Tat  fehlen  diese  Knöllchen 
an  Leguminosen,  die  man  in  sterilisierten  Boden  ausgesät  hat;  die  Bak- 
terienstäbchen kann  man  in  Reinkultur  ziehen;  fügt  man  davon  zu  der 
sterilisierten  Erde,  so  treten  sofort  wieder  Knöllchen  auf.  Diese  Knöll- 
chen nehmen  einen  hervorragenden  und  wichtigen  Platz  im  Naturhaushalt 
ein:  die  grüne  Pflanze  kann  nämlich  den  Stickstoff,  der  einen  wichtigen 
Bestandteil  des  Eiweißes  bildet,  nicht  direkt  aus  der  Luft,  sondern  nur 
in  Form  von  Stickstoffverbiudungen  aus  dem  Boden  aufnehmen.  Ver- 
armung des  Bodens  beruht  fast  stets  auf  Stickstoffmangel;  dem  arbeitet 
der  Landwirt  durch  Düngung  mit  Mist  oder  mit  Kalisalpeter  entgegen. 
Nur  Leguminosen  bedürfen  keiner  Düngung,  sondern  gedeihen  auch  auf 
Sandboden,  der  durch  ihre  Kultur  gebessert,  d.  h.  stickstoffreicher  wird. 
Sie  müssen  also  imstande  sein,  den  Stickstoff  der  Luft  zu  binden.  Wenn 
im  Quarzsand,  dem  alle  Nährstoffe  der  Pflanze  außer  stickstoffhaltigen 
zugefügt  waren ,  eine  Keimpflanze  der  Erbse  (mit  Knöllchen)  und  eine 
solche  des  Hafers  erzogen  wurden,  so  gedieh  die  erstere,  letztere  aber 
nicht.  Pflanzte  man  in  ebensolchen  Boden  Samen  von  Erbse  und  Hafer 
ein,  so  wuchs  die  Erbse  nicht  besser  als  der  Hafer,  gedieh  aber,  sobald 
sie  mit  einem  Aufguß  von  Kulturboden  begossen  wairde  und  bildete 
Knöllchen ;  wurde  der  Aufguß  zuvor  sterilisiert,  so  blieb  er  so  unwirk- 
sam wie  beim  Hafer.  Die  KnöUchenbakterien  fördern  also  das  Wachstum 
der  Erbse.  Daß  dies  durch  Aufnahme  von  Stickstoff  aus  der  Luft  ge- 
schieht ,  ist  durch  direkten  Versuch  bewiesen :  die  Pflanze  verbrauchte 
aus  einer  bestimmten  Luftmenge  eine  nachweisbare  Menge  Stickstoff. 
Daß  die  Knöllchen  es  sind ,  die  den  Stickstoff  aufnehmen ,  geht  aus 
folgendem  Versuch  hervor:  eine  in  stickstofffreier  Nährlösung  erzogene 
Leguminose  mit  Bakterien  bildet  Knöllchen,  die  aber  nutzlos  sind,  solang 
die  Wurzeln  im  Wasser  hängen ,  weil  dann  der  Luftstickstoff  nicht  zu 
ihnen  treten  kann.  Das  gleiche  ergibt  sich  noch  zweifelloser  dadurch, 
daß  eine  Reinkultur  der  Bakterien,  die  nur  in  eiweißhaltiger  Nährlösung 
gedeiht,  Stickstoff  aus  der  Luft  aufnimmt.  Die  Beziehungen  zwischen 
Bakterium  und  Leguminose  sind  nun  folgende :  das  Bakterium  dringt  in 
die  Pflanzenwurzel  ein  und  sein  Wachstum  reizt  die  Pflanze  zur  Knöll- 
chenbildung  (etwa  wie  der  Stich  eines  Gallinsekts  zur  Gallenbildung) ; 
hier  findet  das  Bakterium  den  eiweißhaltigen  Nährboden,  den  es  braucht, 
es  nimmt  Luftstickstoff  auf  und  scheidet  einen  stickstoffhaltigen  Schleim 
aus,  der  von  der  Pflanze  als  Nahrung  aufgebraucht  wird;  die  Pflanze 
ihrerseits  liefert  viel  Zucker ,  so  daß  die  Bakterien  sich  reichlich  ver- 
mehren :  sie  züchtet  die  Bakterienkultur.  Die  meisten  Bakterien  werden 
in  der  Pflanze  verdaut,  ein  Teil  geht  wieder  in  den  Boden  über.  Mit 
den  im  Boden  bleibenden  Wurzeln  verwesen  auch  die  Knöllchen  und  der 
Stickstoffgehalt  des  Bodens  wird  dadurch  vermehrt.  1  ha  Leguminosen 
gibt  einen  Gewinn  von  150  kg  atmosphärischen  Stickstoffs,  was  dem 
Stickstoffgehalt  von  10  dz  Chilisalpeter  gleichkommt;  1  ha  Getreide 
entreißt  dem  Boden   100  kg  gebundenen  Stickstoff.     1  ha  Hülsenfrüchte, 


-      LXXX     — 

als  Gründüngung  untergepflügt,  kann  also  lV'2  ha  Getreide  zu  einer 
Mittelernte  reifen  lassen.  Außer  Leguminosen  haben  nur  noch  die  Erle 
und  Elaeagnns  solche  Bakterienknöllchen.  Ob  auch  gewisse  Pilzbildungen 
an  Pflanzenwurzeln  {Mycorliiza)  den  Luftstickstoff  zu  assimilieren  ver- 
mögen, ist  zweifelhaft. 

Den  Vorträgen  folgte  ein  gemeinsames  Mittagessen  unter  reicher 
Beteiligung,  woran  sich  ein  Spaziergang  in  die  Umgebung  Oberndorfs 
schloß.      10  neue  Mitglieder  sind  dem  Verein  beigetreten. 

(Schwab.  Merkur.) 

Versammlung  in  Tübingen  am  21.   Dezember   1904. 

Die  Versammlung  fand  im  Hörsaal  des  Zoologischen  Instituts  statt. 
Prof.  Häcker-Stuttgart  hielt  einen  Vortrag  über  „Die  biologische 
Bedeutung  der  Kunstformen  des  Radiolarienskeletts".  Redner 
konnte  an  dem  reichen  und  vorzüglich  erhaltenen  Material  der  deutschen 
Tiefsee-Expedition  und  der  deutschen  Südpolar-Expedition  nachweisen, 
daß  die  zierlichen  und  formenreichen  Endapparate  des  Radiolarienskeletts 
noch  im  Weichkörper  des  Tiers  eingeschlossen  sind  und  nicht  frei  her- 
vorragen, wie  bisher  angenommen  worden  war.  Das  Kieselskelett  dient 
zur  Stütze  des  Sarkodekörpers,  und  speziell  die  Endapparate  haben  teil- 
weise die  Aufgabe,  das  passiv  schwebende  Tier  vor  Zerstörung  durch 
Kollision  mit  anderen,  aktiv  schwimmenden  Lebewesen  zu  schützen,  und 
zeigen  dementsprechend  eine  Form  und  Anordnung,  die  vielfach  an 
Konstruktionsarten  unserer  Ingenieurkunst  erinnern.  So  gibt  es  z.  B. 
Formen,  die  einen  mittleren  Schaft  und  an  beiden  Enden  kronenartige 
Verzweigungen  besitzen;  die  äußere  Krone  nimmt  den  Druck  auf,  der 
Schaft  leitet  ihn  weiter,  und  durch  die  innere  Krone  wird  er  gleich- 
mäßig im  Körper  verteilt,  wodurch  eine  lokale  Zerstörung  vermieden 
wird.  Auch  für  die  Schwebefähigkeit  des  Tiers  hat  die  Art  und  An- 
ordnung der  Skelettelemente  eine  große  Bedeutung,  insofern,  als  für  das 
Schwebevermögen ,  das  nach  einer  mathematischen  Formel  berechnet 
werden  kann,  der  sogen.  Formwiderstand  des  Tiers  einen  Hauptfaktor 
abgibt.  Redner  wies  noch  kurz  darauf  hin,  daß  auch  die  Skelett- 
einrichtungen anderer  Tiere,  vor  allem  die  der  Kieselschwämme,  nach 
biologischen  Gesichtspunkten  betrachtet  werden  müssen.  Der  Vortrag 
schloß  mit  der  Demonstration  einiger  besonders  interessanten  Radiolarien- 
formen  mit  Hilfe  des  Projektionsmikroskops. 

Dr.  Wiiikler-Tübingen  sprach  über  „Die  großblütigen  Schma- 
rotzergewächse des  javanischen  Waldes",  von  denen  Redner  bei 
seiner  Studienreise  auf  Java  und  einigen  benachbarten  Inseln  mehrere 
Arten  gesammelt  hatte  und  heute  zur  Betrachtung  aufstellte.  In  den 
meist  auf  C/ssms- Wurzeln  schmarotzenden  Balanophoraceen  und  Rafflesia- 
ceen  sehen  wir  die  durch  das  Schmarotzerleben  am  weitesten  umgebil- 
deten Pflanzen.  Während  bei  den  Balanophoraceen  noch  ein  deutlich 
differenzierter  Gewebekörper  nacligewiesen  werden  kann,  so  sind  dagegen 
bei  den  Rafflesiaceen  die  vegetativen  Organe  fast  vollständig  verscliwun- 
den.    Die  Blüte  ist  nur  eine  halbe  Stunde  geöffnet,  dann  zerfällt  sie,  und 


—     LXXXI     — 

es  ist  deshalb  schwierig,  von  den  ohnehin  seltenen  Pflanzen  eine  oflfene 
Blüte  7A\  erhalten. 

Prof.  Bürker-Tübingen  berichtete  über  Beobachtungen  „Zur 
Physiologie  des  Bluts".  Schon  früher  wurde  festgestellt,  daß  sich 
beim  Aufenthalt  in  höheren  Regionen  im  Blut  die  Zahl  der  roten  Blut- 
körperchen vermehrt.  Es  trat  nun  die  Frage  auf,  wie  diese  Vermehrung 
stattfindet  und  vor  allem,  woher  das  zur  Bildung  des  roten  Blutfarbstoffs 
(Hämoglobins)  nötige  Eisen  geliefert  werde.  Eedner  machte  darauf  be- 
zügliche Untersuchungen  an  Tieren,  die  er  von  Tübingen  in  eine  Höhe  von 
1864  m  brachte.  Durch  chemische  Analyse  des  Bluts,  sowie  der  Milz  und 
Leber  der  Versuchstiere  kam  Redner  zu  folgendem  Ergebnis.  Das  Blut 
nahm  nach  eingetretener  Höhenveränderung  das  zur  Vermehrung  der  roten 
Blutkörperchen  erforderliche  Eisen  aus  den  Reservebehältern  (Milz  und 
Leber).  War  deren  Vorrat  mehr  oder  weniger  erschöpft,  so  war  auch 
im  Blut  eine  Abnahme  des  Eisengehalts  zu  konstatieren.  Sobald  sich 
der  Organismus  an  die  gesteigerten  Anforderungen  gewöhnt  hatte,  konnte 
in  den  Reservebehältern  (Milz  und  Leber)  und  im  Blut  selbst  eine  Be- 
reicherung an  Eisen  nachgewiesen  werden.  —  Daran  schloß  derselbe  Redner 
eine  Demonstration  über  Elektrische  Ströme  des  Herzens  am  Frosch- 
herzen; er  zeigte  mit  Hilfe  eines  Kapillarmikrometers,  wie  in  dem  nor- 
malen, tätigen  Herzmuskel  elektrische  Ströme  vorhanden  sind,  die  sich 
bei  Verletzungen  des  Herzmuskels  steigern    und  eigenartig  modifizieren. 

Sodann  sprach  Hofrat  Nötling-Tübingen  „Über  glaziale  Ab- 
lagerungen bei  Schramberg  im  Schwarzwald"  ,  wo  Redner 
eine  ziemlich  mächtige,  an  Gerollen  reiche  Lehmschicht  auffand.  Das 
Vorhandensein  einer  solchen  Geröllschicht  und  die  an  ein  Hochgebirgskar 
erinnernde  Beschaffenheit  des  Hinterlands  scheint  zu  der  Ansicht  zu 
berechtigen,  daß  man  es  bei  der  Geröllschicht  mit  einer  Ablagerung 
durch  einen  Gletscher  zu  tun  habe  und  daß  das  Hinterland  als  großes 
Firnfeld  zu  betrachten  sei. 

Prof.  V.  Grützner-Tübingen  zeigte  ein  einfaches  Hämometer  vor, 
durch  welches  man  auf  kolorimetrischem  Weg  den  Hämoglobingehalt  von 
Blut  bestimmen  kann.  Ein  Schieber  mit  Ausschnitten,  der  auf  einer 
Langseite  des  Keils  gleitet,  gestattet  sehr  genau,  diejenige  Schichtdicke 
des  Bluts  auszuwählen,  welche  mit  der  Vergleichsfarbe  der  Leimplatte 
übereinstimmt.  Je  größer  diese  Schichtdicke  ist,  um  so  geringer  ist 
natürlich  nach  bestimmten  Gesetzen  der  Hämoglobingehalt  des  unter- 
suchten Bluts. 

Nach  Besichtigung  der  von  Hofrat  Nötling  dem  zoologischen 
Institut  geschenkten  und  dort  aufgestellten  Sammlung  von  144  Geweihen, 
Gehörnen  und  Schädeln  aus  dem  Himalaja  und  aus  Burma  vereinigte  ein 
gemeinschaftliches  Mittagessen  die  Teilnehmer  im   „Gasthof  zum  Lamm". 

(Schwab.  Merkur.) 


Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ  1905. 


III.  Original-Abhandlungen  und  Mitteilungen. 

Die  vulkanischen  Tuffe  des  Ries  bei  Nördlingen. 

Von  Rieh.  Oberdörfer  aus  Ludwigsburg. 
Mit  Tafel  I. 

Allgemeiner  geologischer  Überblick. 

Der  Tafel-Jura  der  schwäbischen  Alb  ist  während  der  Tertiär- 
zeit an  drei  verschiedenen  Stellen  von  vulkanischen  Eruptionen  durch- 
brochen worden. 

Im  ersten  Gebiet,  im  Hegau,  wurden  gewaltige  Massen  von 
Basalt  und  Phonolith  zutage  gefördert,  verbunden  mit  beträchtlicher 
Tuffbildung.  Im  zweiten  Gebiet,  in  der  Gegend  von  Urach,  wurde 
die  Alb  von  über  125  vulkanischen  Röhren  durchstoßen ,  deren 
richtige  Deutung  und  eingehende  Beschreibung  wir  Branco  ver- 
danken \  In  diesem  Gebiete  handelt  es  sich  ausschließlich  um 
basische  Gesteinsmassen.  Während  jedoch  hier  der  anstehende 
Schmelzfluß  mehr  zurücktritt,  sind  diese  Röhren  vorwiegend  mit 
Tuffen,  bestehend  aus  zertrümmerten  Juragesteinen  und  zerblasenem 
Magma,  ausgefüllt.  Der  Basalt  ist  meist  in  den  Kanälen  stecken  ge- 
blieben und  zuweilen  durch  Erosion  erst  jetzt  aufgeschlossen  worden. 

Im  dritten  Gebiet  endlich,  im  Ries,  ist  nirgends  mehr  an- 
stehender Schmelzfluß  zu  beobachten  (über  abweichende  Angaben 
hierüber  vergl.  S.  37) ;  die  vulkanische  Tätigkeit  hat  sich  lediglich 
geäußert  in  der  Produktion  von  Tuffen. 

Ein  weiterer  tiefgehender  Unterschied  zwischen  dem  Ries  und 
den  beiden  anderen  Vulkangebieten  besteht  darin ,  daß  hier  keine 
so  basischen  Gesteine  wie  im  Hegau  und  bei  Urach ,  sondern  an- 
scheinend stark  saure  Gesteine  an  die  Oberfläche  befördert  wurden, 
aber  nur  in  Form  von  Auswürflingen. 

^  Branco,  Schwabens  125  Vulkanembryonen  usw.  Diese  Jahresh.  50.  Jg., 
Stuttgart  1894. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905.  1 


—     2     — 

Wir  haben  also,  worauf  Beanco  und  E.  Fraas^  schon  hin- 
gewiesen haben,  „vom  Ries  bis  zum  Hegau,  von  NO.  nach  SW.,  eine 
Abnahme  der  explosiblen  Seite  vulkanischer  Tätigkeit  bezw.  Zunahme 
der  Beteiligung  zusammenhängender  Schmelzflußmassen  in  derselben 
Richtung. " 

Seit  der  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  ist  das  vulkanische 
Ries  bei  Nördlingen  wiederholt  Gegenstand  genauer  Untersuchung 
geworden. 

Näher  befassen  sich  zuerst  Deffner  und  0.  Fraas"  mit  dem 
Riesproblem  und  beschreiben  eingehend  die  Riestuffe.  Nach  ihnen 
sind  diese  nichts  anderes  „als  durch  die  Hitze  der  vulkanischen 
Agentien  umgewandelte  granitische  Gebirgsarten ,  welche  durch  die 
Eruption  losgerissen  und  mit  an  die  Oberfläche  gebracht  wurden". 
Die  beiden  Forscher  nennen  diese  Produkte  trotzdem  nicht  ganz 
korrekt  Trachyttuffe. 

V.  GüMBEL^  stellt  sich  den  Rieskessel  als  einen  einzigen  großen 
Vulkan  vor,  der  nach  vollendeter  Tätigkeit  in  sich  zusammengesunken 
ist,  „wobei  durch  Nachbrüche  der  zerspaltenen  und  unterhöhlten 
Randgesteine  die  Eintiefung  des  Rieskessels  sich  vervollständigte." 
Einige  Tuffvorkommnisse  beschreibt  er  ziemlich  eingehend  und  ver- 
öffentlicht drei  Analysen  von  vulkanischen  Bomben,  die  von  Schaf- 
HÄUTL  und  LoRETZ  ausgeführt  wurden.  Ihrer  chemischen  Zusammen- 
setzung nach  stellt  v.  Gümbel  die  Gesteine  zu  den  Liparitgläsern 
und  nennt  danach  auch  die  Tuffe  Liparittuff e.  Inwieweit  diese 
Bezeichnung  zutreffend  ist,  werden  wir  später  noch  zu  erörtern  haben. 

Branco  und  E.  Fraas*,  die  sich  zuletzt  erfolgreich  mit  dem 
Ries  beschäftigt  haben ,  nehmen  zur  Erklärung  der  Riesphänomene 
einen  Lakkolith  an,  der  in  das  altkristalline  Grundgebirge  eindrang. 
Dadurch  wurden  der  darüber  lagernde  Granit,  die  Keuper-  und  Jura- 
schichten in  Form  eines  gewaltigen  Pfropfens  in  die  Höhe  gepreßt 
und  weiterhin  seitliche  Überschiebungen  und  Abgleitungen  ganz 
großer  Schollen  hervorgerufen.    Später  folgte  eine  allmähliche  Senkung 

'  Branco  imd  E.  Fraas,  Das  vulkanische  Eies  bei  Nördlingen  in  seiner 
Bedeutung  für  Fragen  der  allgemeinen  Geologie.  Abh.  d.  k.  preuß.  Akad.  d.  Wiss. 
1901.    S.  4. 

'^  Deffner  und  0.  Fraas,  Begleitworte  zu  Blatt  Bopfingen  der  geo- 
logischen Karte  von  Württemberg.     Stuttgart  1877.    S.  12. 

3  V.  Gümbel,  Geognostische  Beschreibung  des  Kgr.  Bayern.  Bd.  4.  1890. 
S.  202-235. 

*  Branco  und  E.  Fraas,  Das  vulkanische  Kies.     1.  c.  S.  11. 


des  gehobenen  Gebietes,  deren  Ursache  vielleicht  darin  zu  suchen 
sei,  daß  das  Magma  des  Lakkoliths  teilweise  wieder  in  die  Tiefe 
zurückgeflossen  ist.  Die  Hebung,  sowie  die  Senkung  des  Riesgebietes 
waren  begleitet  von  vulkanischen  Eruptionen  an  zahlreichen  Punkten. 
Verschiedene  derselben  werden  nach  ihrem  mutmaßlichen  Verlaufe 
eingehend  beschrieben  \  ohne  daß  jedoch  hierbei  auf  die  chemische 
und  petrographische  Seite  des  Gegenstandes  näher  eingegangen  würde. 

Außerdem  ist  noch  anzuführen ,  daß  verschiedene  Arbeiten 
KoKENS  sich  mit  dem  Ries  befassen ;  doch  muß  auf  diese  mit  dem 
Bemerken  verwiesen  werden,  daß  sie  rein  tektonische  Erscheinungen 
behandeln. 

Endlich  hat  auch  A.  Sauer  sich  petrographisch  mit  den  Aus- 
würflingen des  Ries  beschäftigt  und  einen  kurzen  Bericht  darüber 
in  den  Jahresheften'-  gegeben.  Er  ist  zu  der  Überzeugung  gelangt, 
daß  das  Gestein  der  Auswürflinge  keine  ursprüngliche  Zusammen- 
setzung darbietet,  sondern  vermutlich  von  einem  ziemhch  basischen 
Glas  abzuleiten  sei,  das  lediglich  durch  Einschmelzung  von  grani- 
tischen  Einschlüssen  seine  jetzige  saure  Beschaffenheit  erlangt  habe. 

Ein  Verzeichnis  der  gesaraten  für  das  Ries  in  Betracht  kom- 
menden geologischen  Literatur  gibt  folgende  Zusammenstellung: 

CoTTA ,  B. ,  Geog-nostisclie  Beobachtungen  im  Eiesgau  und  dessen  Umgebungen. 
N.  .Jahrb.  f.  Min.  etc.  1834.  S.  307—318. 

VoiTH ,  V. ,  Nachträge  zu  Herrn  Dr.  Cotta's  geognostischen  Beobachtungen  im 
Riesgau.    Ebenda.  1835.  S.  169—180. 

ScHAFHÄuTL,  Chemische  Analyse  des  sogen.  Trasses  aus  dem  Riese  (Riesgau)  bei 
Xördlingen  in  Bayern  nebst  Andeutungen  über  die  künstliche  Bildung  feld- 
spatartiger und  trachytischer  Gesteine.  X.  Jahrb.  f.  Mir.  etc.  1849. 
S.  641-670. 

Delksse,  A.   (Briefliche  Mitteilung.)     X.  Jahrb.  f.  Min.  etc.   1850.    S.  314—317. 

GüMBEL ,  C.  W. .  über  den  Riesvulkan  und  über  vulkanische  Erscheinungen  im 
Rieskessel.     Sitz.  d.  k,  bayr.  Akad.  d.  Vviss.  München  1870. 

Deffner,  C,   Der  Buchberg  bei  Bopfingen.     Diese  Jahresh.  XXVI.  1870.  S.  95. 

Deffner,  C.  u.  Fraa.s,  0.,  Begleitworte  zum  geognostischen  Atlasblatt  Bopfingen 
1877. 

GüMBEL,  C.  W.,  I.  Erläuterungen  zum  Blatte  Xördlingen  der  geognostischen  Karte 
Bayerns  1889. 

Geognostische  Beschreibung  des  Ivgr,  Bayern.  Bd.  4.  1890. 

Koken,  E.,  Geologische  Studien  im  fränkischen  Eies.  N.  Jahrb.  f.  Min.  etc. 
Beil.-Bd.  XII.  1899.  S.  477. 


^  B  ran  CO  und  E.  Fr  aas,  Ebenda  S.  120—127. 

^  Bd.  57.  1901.  S.  LXXXVIII;  vergl.  dagegen  v.  Knebel  (Weitere  Be- 
obachtungen am  vulkanischen  Ries.  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  55. 
1903.  S.  44),  dem  diese  Mitteilung  entgangen  zu  sein  scheint. 

1* 


Koken  ,    E. ,   Beiträge   zur   Kenntnis    des  schwäbischen  Dihiviums.    X.  Jahrb.  f. 

Min.  etc.  Beil.-Bd.  XIV.  1901.  S.  120. 
Die   Schliffflächen    und   das   geologische   Problem   im   Eies.     IS'.   Jahrb.   f. 

mn.  etc.  1901.  II.  Bd.  S.  67. 
Branco,   W.  u.  Fraas,    E.  ,   Das  vulkanische  Eies  bei  Nördlingen  in  seiner  Be- 
deutung  filr  Fragen   der    allgemeinen  Geologie.     Abh.  d.  k.  preuß.  Akad. 

d.  Wiss.  1901. 
—  —  Beweis  für  die  Eichtigkeit  unserer  Erklärung  des  vulkanischen  Eieses  bei 

Nördlingen.    Sitzungsber.  d.  k.  preuß.  Akad.  d.  Wiss.  XXII.  1901.  S.  501. 
Koken,  E.  ,   Eine  Nachschrift   zu   dem  Aufsatz    „Die  Schliffflächen  und  das  geo- 
logische  Problem  im   Eies^    N.  Jahrb.  f.  Min.  etc.  1901.  II.  Bd.  S.  128. 
Sauer  ,  A. ,  Petrographische  Studien   an  den  Lavabomben  aus  dem  Eies.     Diese 

Jahresh.  Bd.  57.  1901.  S.  LXXXVIII. 
Knebel  ,   W.  v. ,   Beiträge   zur  Kenntnis    der  Überschiebungen   am  vulkanischen 

Eies  bei  Nördlingen.  Zeitsclu-.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  54.  Bd.  1902.  S.  56. 
Koken  ,   E. ,   Geologische  Studien  im  fränkischen  Eies.    II.  Folge.    N.  Jahrb.  f. 

Min.  etc.  Beil.-Bd.  XV.  1902.  S.  422. 
Branco,  W.,  Das  vulkanische  Vor-Eies  und  seine  Beziehungen  zum  Amlkanischen 

Eiese  bei  Nördlingen.  Abh.  d.  k.  preuß.  Akad.  d.  Wiss.  1902 ;  Berlin  1903. 
Knebel,   W.  v. ,   Weitere   geologische  Beobachtungen  am  vulkanischen  Eies  bei 

Nördlingen.     Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  55.  1903.  S.  23. 
Endriss,  K.,  Geologische  Untersuchung  des  vulkanischen  Tuffvorkommens  in  der 

oberen  Heid  bei  Osterhofen  auf  dem  Härtsfeld.  Oberrh.  Geologenver.  1903. 
Knebel  ,  W.  v. ,    Studien  über  die  vulkanischen  Phänomene  im  Nördlinger  Ries. 

Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  55.  1903.  S.  236. 

In  vorliegender  Arbeit  wurde  versucht,  durch  eine  sy.stematische 
chemische  und  petrographische  Untersuchung  der  vulkanischen  Tuffe 
etwas  beizutragen  zur  weiteren  Erkenntnis  der  interessanten  Erschei- 
nungen im  Ries.  Die  erste  Anregung  zu  dieser  Arbeit  erhielt  der 
Verfasser  durch  eine  Preisaufgabe,  die  von  der  Kgl.  Technischen 
Hochschule  zu  Stuttgart  ausgeschrieben  wurde.  Auf  wiederholten 
Exkursionen  wurde  von  ca.  25  der  wichtigsten  Tuffvorkommnisse 
Material  gesammelt,  von  dem  etwa  120  Dünnschliffe  angefertigt 
wurden.  Außerdem  wurden  von  den  besonderen  Typen  chemische 
Analysen  ausgeführt.  Denn  nur  durch  eine  kombinierte  petro- 
graphische und  chemische  Untersuchung  erschien  es  mögUch, 
einen  Einblick  in  diese  äußerst  komplizierten  Erscheinungen  zu  ge- 
winnen. 

Ich  möchte  an  dieser  Stelle  nicht  versäumen,  Herrn  Professor 
Sauer  meinen  herzlichsten  Dank  auszusprechen  für  die  vielfache 
Unterstützung,  die  mir  von  seiner  Seite  zuteil  geworden  ist;  ebenso 
möchte  ich  Herrn  Dr.  Meigen  in  Freiburg  bestens  danken  für  manchen 
Wink,  den  ich  bei  meinen  Analysen  von  ihm  erhalten  habe.  Außer- 
dem wurde  mir  vom  Konservator  des  Kgl.  Naturalienkabinetts,  Herrn 


Professor  Dr.  E.  Fraas,  in  liebenswürdiger  Weise  die  Sammlung  der 
Riesgesteine  zur  Verfügung  gestellt,  wofür  ich  auch  an  dieser  Stelle 
aufrichtigen  Dank  sage. 

I.  Tuffe  im  allgemeinen. 

A.  Petrographische  Beschaffenheit. 

Nirgends  im  Ries  sind  zusammenhängende  Lavamassen  zu 
finden;  die  vulkanische  Tätigkeit  hat  sich  lediglich  geäußert  in  der 
Bildung  von  Tuffen.  Zwar  hält  v.  Knebel^  das  Gestein  von  Ammer- 
bach bei  VVemding  für  anstehenden  Schmelzfluß;  doch  erscheint  es 
noch  zweifelhaft,  dieses  mit  Sicherheit  anzunehmen,  v.  Gümbel^ 
erwähnt  dasselbe  Gestein  und  betont,  „daß  es  sich  durch  das  massen- 
hafte Vorkommen  von  Bomben  auszeichnet,  wodurch  man  leicht  zu 
der  Annahme  geführt  werden  könne,  als  hätten  wir  hier  zerbrochene 
Schollen  eines  Lavastromes  vor  uns."  Meine  Beobachtungen  haben 
diese  Auffassung  bestätigen  können  (vergl.  S.  37). 

Äußerlich  sind  die  Tuffe  sehr  verschieden;  meist  sind  sie  zu 
einer  festen  Masse  verkittet,  so  daß  das  Material  sich  als  guter 
Baustein  erweist,  wie  an  der  Kirche  von  Nördlingen  zu  sehen  ist, 
die  vom  Tuff  der  Altenbürg  gebaut  wurde. 

Sie  setzen  sich  zusammen : 

1.  aus  glasigen  Aus  wurf  smass  en  , 

2.  aus  Bruchstücken  kristalliner  Gesteine, 

3.  aus  Bruchstücken  von  Sedimentgesteinen. 

1.  Glasige  Auswurfsmassen. 

Diese  finden  sich  in  Form  von  Schlacken,  Bomben  oder  Fladen 
und  variieren  in  beträchtlichen  Dimensionen  von  über  Kopfgrcße  bis 
herab  zu  den  winzigsten  Lapillis  und  Glassplittern.  Ihr  äußerer 
Habitus  ist  sehr  verschieden.  Bei  Zipplingen  finden  sich  schwarze 
glänzende  Glasbomben,  porös,  von  beinahe  bimssteinartigem  Habitus ; 
an  der  Ringle smühle  haben  sie  eine  licht  grauviolette  Farbe ;  bei 
ützmemmingen  haben  sie  eine  matt  graublaue  Farbe  und  sind 
ziemlich  kompakt;  bei  A  mm  erb  ach  und  Pobsingen  sind  sogar 
rote  und  grüne  Farben  vorherrschend.  Doch  können  diese  Unter- 
schiede  nicht   streng   aufrecht   erhalten  werden,    da    an    einem    und 


'  V.  Knebel,  Weitere  geologische  Beobachtungen  am  vulkanischen  Kies 
bei  Nördlingen.   Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.   Bd.  55.   Jahrg.  1903.   S.  23—28. 

*  V.  Gümbel,  Geognostische  Beschreibung  des  Königreichs  Bayern.  Bd.  4. 
1891.     S.  234. 


-     6     — 

demselben  Punkt  glasige  Auswurfsmassen  von  sehr  verschiedenem 
äußeren  Habitus  auftreten.  Die  bezeichnendste  Formentwickelung, 
beträchtlichste  Größe  und  Häufigkeit  weisen  sie  an  der  bekannten 
Lokalität  am  Heerhof  auf,  wo  sie  infolge  der  stark  zersetzten 
Grundmasse  lose  umherliegen.  Sie  haben  hier  jene  den  vulkanischen 
Auswürflingen  charakteristische  strickartig  gedrehte  und  gewundene 
Formen,  wie  sie  z.  B.  auch  häufig  im  Gebiete  der  Ei  fei  er  Maare 
anzutreffen  sind.  Dann  nehmen  sie  auch  die  Form  von  Fladen  an, 
die  bisweilen  eine  platte  Fläche  aufweisen,  und  mit  dieser  den  Vor- 
gang des  Aufschiagens  in  noch  plastischem  Zustande  verkörpern. 
Überall  beobachtet  man  daran  Risse  und  Sprünge  als  die  Folgen 
schneller  Abkühlung  und  Erstarrung.  Ähnlich  gestaltete  Projektile 
sind  jedoch  auch  an  anderen  Punkten  zu  finden,  z.  B.  am  benach- 
barten Goldberg;  doch  sind  sie  hier  meist  noch  in  der  Grundmasse 
eingebacken.  Am  häufigsten  kommen  die  glasigen  Auswurfsmassen 
jedoch  als  Lapillis  und  rundliche  Bomben  vor,  oder  auch  als  ganz 
unregelmäßig  geformte  Glasfetzen  mit  den  anderen  Bestandteilen  des 
Tuffes  zusammengebacken. 

2.  Kristalline  Gesteine. 

Außer  den  glasigen  Massen  beteiligen  sich  an  der  Zusammen- 
setzung der  Tuffe  auch  kristalline  Gesteine,  die  bei  der  Eruption 
mit  emporgerissen  wurden.  Vorherrschend  sind  helle,  ziemlich  saure 
Granite,  fast  ebenso  häufig  sind  Gneise,  doch  sind  auch  Am- 
phibolgesteine  keineswegs  selten.  Sie  liefern  das  fremde  Material 
für  die  Tuffe  und  gehören  denselben  kristallinen  Gesteinen  an,  wie 
sie  auch  anstehend  im  Ries  in  größeren  Massen  zu  finden  sind. 
Ich  will  mich  darauf  beschränken,  das  hier  anzuführen,  was  Gümbel  ' 
darüber  schreibt. 

Als  Granite  kommen  hauptsächlich  zwei  Arten  vor:  1.  Ein 
rötlicher  grobkörniger  Granit,  wesentlich  bestehend  aus  hell- 
rotem Orthoklas,  trübem,  weißlichem  Plagioklas,  braunem,  deutlich 
lithionhaltigem  Glimmer  und  Quarzkörnern.  Er  gehört  mithin  zu 
den  sogen.  Lithionitgraniten.  2.  Ein  feinkörniger  Granit 
von  weißlicher  oder  rötlicher  Farbe,  bestehend  aus  gleichfalls  zweierlei 
Feldspaten,  Quarz  und  kleinen  Blättchen  von  braunem  Eisen- 
Magnesiaglimmer. 


'  V.  Gümbel,  Geognostische  Beschreibung  des  Königreichs  Bayern.   Bd.  4. 
1891.     S.  206, 


Die  Hauptgemengteile  der  Ries- Gneise  sind  hellroter  Ortho- 
klas und  weißlicher,  meist  stark  zersetzter  Plagioklas  (Oligoklas). 
Der  Glimmer  gehört  vorwiegend  dem  dunkelbraunen  oder  grünlich- 
braunen Eisen-Magnesiaglimmer  an.  Als  akzessorische  Beimengungen 
findet  man  fast  konstant  Zirkon  in  mikroskopischen  Kriställchen 
und  Körnchen,  ferner  Apatit,  Magneteisen,  seltener  Granat  und 
Schüppchen  von  Graphit.  Bei  Zipplingen  kommt  ein  Gestein  vor, 
welches  wesentlich  aus  Granat,  Sillimanit,  braunem  Glimmer  und 
einer  grünen  pinitähnlichen  Masse  zusammengesetzt  ist. 

Die  Hornblendegesteine  sind  von  sehr  gleichartiger  Be- 
schaffenheit. Es  sind  vorwaltend  feinkörnige,  echte  Diorite,  welche 
der  Hauptsache  nach  aus  grüner  oder  grünbrauner,  stark  pleochroi- 
tischer  Hornblende  und  triklinem  Feldspat  bestehen  und  zudem  noch 
häufig  Apatit,  Magneteisen,  seltener  grünen  Spinell  (Pleonast)  und 
Titanit  enthalten.  Zuweilen  wird  auch  ein  heller  Augit  in  ziemlich 
reichhcher  Menge  angetroffen.  An  diese  Diorite  schließt  sich  eine 
Reihe  von  Übergangsformen  zu  Hornblendegneis  an. 

Auch  mögen  hier  noch  einige  der  von  Gümbel  mitgeteilten 
Analysen  dieser  Gesteine,  die  von  Röthe  ausgeführt  wurden,  Platz 
finden,  deren  Zusammensetzung  äußerst  wichtig  ist  für  die  Deutung 
der   später    (S.    31)    zu   behandelnden   Anschmelzungserscheinungen : 


I. 

IL 

III. 

SiO, 

.    .    .      74,077 

70,793 

62,313 

A1.03 

.    .    .      15,489 

15,677 

17,567 

Fe,0, 

.    .    .        1,994 

2,692 

4,086 

MgO 

.    .    .       0,648 

3,783 

5,333 

K3O 

.    .    .        4,576 

1,865 

3,915 

Na^O 

.    .    .        3,216 

2,311 

5,660 

H2O. 

...        — 

2,879 

1,126 

100,000  100,000  100,000 

I.  Rötlicher  Granit  von  Lierheim. 
n.  Grauer    granitähnhcher    Gneis    von    der    Marienhöhe    bei 

Nördlingen. 
HI.  Hornblendegestein  vom  Allbuch. 
Diese  in  den  Tuffen  vorkommenden  Fremdgesteine  haben  teils 
noch  ein  frisches  Aussehen,  teils  sind  sie  aber  infolge  der  erlittenen 
Hitzeeinwirkung  stark  verändert  worden.  Sie  zeigen  Frittungs- 
erscheinungen ;  manche  sind  sogar  völlig  geschmolzen  und  verschlackt, 
wobei  eine  blasige  Auftreibung  erfolgte,  so  daß  es  dann  fast  un- 
möglich ist,  ihre  ursprüngliche  Beschaffenheit  und  Zugehörigkeit 
festzustellen. 


—     8     — 

3.  Sedimentgesteine. 

Auch  von  der  über  den  kristallinen  Gesteinen  liegenden  Sediment- 
decke finden  sich  zahlreiche  Bruchstücke.  Nicht  selten  sind  rote 
Keupermergel  und  Keupersandsteine,  besonders  bei  Zipplingen,  auch 
Braun  Jura  a  und  ß  treten  dort  auf;  doch  fehlen  hier  merkwürdiger- 
weise Stücke  von  Lias  und  Weiß  Jura.  Diese  sind  dagegen  an  andern 
Orten  anzutreffen,  z.  B.  an  der  Ringlesmühle,  bei  Schmähingen,  Hohl- 
heim. Zahlreiche  größere  Weiß  Jura-Einschlüsse  sind  in  dem  Bruch  an 
der  Altenbürg,  wo  besonders  einige  größere  vergrieste  Blöcke  in  die 
Augen  fallen.  Diese  sind  infolge  der  vulkanischen  Hitze  grau  ge- 
brannt. Auch  im  Vorries  sind  Weiß  Jura-Stücke  im  Tuff  eingebacken; 
doch  verhältnismäßig  selten,  obwohl  diese  Tuffe  hier  vielfach  direkt 
im  Weißen  Jura  aufsetzen,  sie  sind  zuweilen  grau  gebrannt  oder 
bei  weißer  Färbung  vollkommen  marmorisiert. 

Aus  Bruchstücken  aller  dieser  Gesteinsarten,  aus  vulkanischem 
Material,  aus  kristallinen  Gesteinen  und  Sedimentgesteinen,  die 
wirr  durcheinanderliegen,  bauen  sich  also  die  Tuffe  auf,  indem 
bald  die  einen,  bald  die  andern  Bestandteile  mehr  oder  weniger 
vorherrschen.  Wie  die  glasigen  Massen ,  so  variieren  auch  die 
Brocken  der  fremden  Einschlüsse  in  ihrer  Größe,  die  von  Kopf- 
größe bis  zu  mikroskopisch  kleinen  Splittern  herabsinken.  Die  letz- 
teren bestehen  dann  wesentlich  aus  den  ihres  Verbandes  beraubten 
Gemengteilen  kristalliner  Gesteine.  Die  Gesamtheit  des  feinen  An- 
teils des  Tuffes  bildet  eine  Art  Grundmasse  für  die  großen 
Brocken  und  besteht  demnach  aus  winzigen  Glas-,  Quarz-,  Feldspat-, 
Biotit-,  Hornblende-  und  Kalkfragmenten,  in  der  die  größeren  Ge- 
steinsstücke eingebettet  liegen. 

Im  Vorries,  in  den  großen  Tuffgebieten  von  Mauren,  Ämer- 
dingen,  Aufhausen  wird  der  Tuff  ziemlich  homogen;  die  einzelnen 
Bestandteile  weisen  dort  keine  bedeutenden  Größendifferenzen  auf; 
die  Einsprengunge  sind  meist  nußgroß ;  diese  Gleichmäßigkeit  be- 
dingt auch ,  daß  sie  überall  mit  Vorteil  als  Bausteine  Verwendung 
finden  können. 

An  andern  Punkten,  z.  B.  am  Kreuthof,  ist  das  feine  Material 
vorherrschend,  in  dem  sich  nur  wenig  größere  Brocken  finden. 

Ihre  Verkittung  zu  einer  mehr  oder  weniger  festen  kompakten 
Masse  verdanken  die  Tuffe  nachträglichen  chemischen  Zersetzungen, 
bei  welchen  reichlich  CaCOg  in  Form  von  Kalkspat  ausgeschieden 
wurde.  Bisweilen  sind  auch  die  blasigen  Hohlräume  der  glasigen 
Bomben   mit  Kalkspat   ausgefüllt,    wie   z.  B.   an   der  Ringlesmühle, 


—     9     — 

an    der   Altenbürg,    bei    Bollstadt,    wodurch    das    Gestein    eine    Art 
Mandelsteinstruktur  bekommt. 

Die  Grruntbnasse  der  Tiiife. 

Was  die  Grundmasse  der  Tuffe  anbelangt,  so  ist  dieselbe 
meist  verwittert.  Am  verhältnismäßig  frischesten  ist  sie  bei  Zipp- 
1  in  gen.  Makroskopisch  betrachtet  ist  zu  bemerken,  daß  sie  sich 
als  eine  glasige  Masse  von  bouteillengrüner  Farbe  dem  unbewaff- 
neten Auge  darbietet.  Unter  dem  Mikroskop  ist  es  scheinbar  eine 
kontinuierliche  gelbgrüne  isotrope  Glasmasse,  in  der  winzige  fremde 
Splitter  von  Quarz  und  Feldspat  Hegen.  Aber  in  Wirklichkeit 
ist  sie  kein  zusammenhängender  Glasfluß,  sondern  ein  Mikro- 
agglomerat,  eine  Anhäufung  von  kleinen  Kügelchen,  die  einem  teils 
braunen,  ziemlich  basischen,  teils  farblosen,  also  sauren,  meist  jedoch 
gelblichgrünen  Glas  angehören.  Die  gefärbten  Kügelchen  zeigen 
häufig  einen  schmalen,  farblosen  Saum,  der,  mit  Rücksicht  auf  den 
ganzen  Verband,  wohl  als  Erstarrungszone  zu  deuten  ist.  Den  Kern 
bildet  vielfach  ein  Quarz-  oder  Feldspatfragment  (s.  Taf.  I  Fig.  1). 
Die  ganze  Erscheinungsweise  erinnert  an  winzigste  Lapillis  mit 
fremden  Einschlüssen,  wie  sie  sich  makroskopisch  in  der  Eifel,  z.  B. 
am  Dauner  Maar  finden,  wo  der  Kern  der  Lapillis  ein  Splitter 
devonischen  Sandsteines  ist,  der  von  Magma  umflossen  ist.  Die  Um- 
grenzung der  einzelnen  Mikro-Lapillis  gegeneinander  ist  meist  ver- 
wischt durch  nachfolgenden  Druck  und  Zersetzungen,  welch  letztere 
auch  durch  die  grünen  Farbentöne  angedeutet  werden.  Außerdem 
beteiligen  sich  an  der  Zusammensetzung  dieser  Tuffgrundraasse  lose 
Quarz- ,  Feldspat- ,  Biotit-  und  Hornblendefragmente ;  Quarz  und 
Feldspat  (vorwiegend  Orthoklas)  teils  als  eckige  Splitter,  teils  als 
gerundete  Körner  und  anscheinend  angeschmolzen ;  der  Orthoklas  ist 
außerdem  meist  getrübt.  Biotit  und  Hornblende  sind  mehr  oder 
weniger  zersetzt. 

Ähnlich  ist  die  Grundmasse  des  Tuffes  von  der  Ringles- 
mühle, nur  daß  Hornblende  und  Biotit  mehr  hervortreten  und  auch 
Plagioklase  häufiger  werden. 

Einen  anderen  Typus  bietet  die  Grundmasse  des  Tuffes  von 
Hohlheim.  Dort  treten  die  glasigen  Bestandteile  zurück.  Sie 
sind  auch  selten  in  Form  von  runden  Lapillis  vorhanden ,  sondern 
meist  als  unregelmäßige  begrenzte  hellbraune  Glasfetzen.  Weitere 
Bestandteile  sind  Fragmente  von  kristallinen  Gesteinen ,  aber  auch 
nicht  wesentlich  vorherrschend.    Der  Tuff  hat  hier  offenbar  Ursprung- 


—     10     — 

lieh  eine  sehr  lockere  Beschaffenheit  gehabt;  jetzt  ist  er  sehr  kompakt, 
er  verdankt  dies  dem  Umstände,  daß  die  losen  vulkanischen  Mikro- 
Projektile ebenso  wie  die  Quarz-  und  Feldspatfragmente  durch 
Kalkspat  so  reichlich  verkittet  vs^urden,  daß  dieses  nunmehr  den 
größten  Teil  der  Grundmasse  ausmacht.  Er  bildet  eine  Art  reich- 
lichster Inkrustation  über  den  Glas-,  Quarz-  und  Feldspatkörnern 
mit  schalig-nierenförmigem  Aufbau  und  einer  ausgezeichnet  mikro- 
skopischen Bänderung  durch  Einschaltung  verschieden  gefärbter, 
eisenfreier  bis  eisenreicher  Zonen.  In  kleinen  Hohlräumen  treten 
außerdem  zierliche  Kalkspatkriställchen  auf.  Auch  oolithische  Bil- 
dungen kommen  zustande,  vv^obei  den  Kern  der  Oolithe  nicht  selten 
ein  kleiner  Quarzsplitter  bildet.  Zwischen  den  einzelnen  Kalkspat- 
nieren  und  Oolithen  zieht  sich  eine  farblose  Substanz  hindurch  von 
faserigen  und  blättchenartigen  Aggregaten  mit  ganz  schwacher 
Doppelbrechung  und  optisch  negativem  Charakter,  vielleicht  einem 
zeolithischen  Minerale  angehörig. 

Ähnlich  ist  der  Tuff  von  der  Altenbürg,  nur  daß  die  glasigen 
Bestandteile  mehr  hervortreten  und  die  verbindende  Kalkspatsubstanz 
nicht  durch  eisenhaltige  Substanzen  gefärbt  ist. 

Im  Vorries,  bei  Mauren,  Am  er  dingen,  besteht  der  fein- 
körnige Anteil  ebenfalls  aus  Lapillis,  tieflDraun,  mit  zahlreichen  Ein- 
schlüssen von  Quarz  und  Feldspat.  Doch  ist  das  glasige  Material 
meist  zersetzt ;  es  ist  erdig,  undurchsichtig  geworden ;  um  so  schärfer 
heben  sich  aus  dieser  Masse  die  farblosen  Quarze  und  Feldspäte  ab 
(s.  Taf.  I  Fig.  4). 

Die  Grundmassen  der  andern  Tuffe  reihen  sich  an  die  oben 
beschriebenen  an,  und  gehen  ineinander  über,  indem  bald  mehr 
glasiges,  bald  mehr  kristallines  Material  vorherrscht,  oder  indem 
bald  mehr  kalkiges,  bald  mehr  zeolithisches  Bindemittel  vorhanden  ist. 

Um  festzustellen,  ob  in  den  Tuffen  vielleicht  irgendwelche  seltene 
schwere  Gemengteile  enthalten  sind,  wurde  eine  Reihe  ver- 
witterter Tuffe  geschlämmt  und  mit  THOULEx'scher  Flüssigkeit  ge- 
trennt. Der  Schwerrückstand  enthielt  bei  Zipplingen  grüne  Hornblende 
und  massenhaft  Körner  von  Granat.  Es  ist  kein  Zweifel,  daß  diese 
Mineralien  von  den  im  Tuff  eingebackenen  kristaUinen  Gesteinen 
herrühren;  denn  gerade  bei  Zipplingen  sind  granathaltige  Gesteine 
sehr  häufig.  Beim  Heerhof  kommen  außer  Hornblende  noch  opake 
Körnchen  von  Magnetkies  vor ;  bei  der  Ringlesmühle  kommen  außer- 
dem noch  kleine  Zirkonkristalle  vor;  ferner  noch  einige  Körner 
eines    rotbraunen    glänzenden   Minerals    mit   der    Kristallform    einer 


11 


tetragonalen  Pyramide,  mit  hoher  Licht-  und  Doppelbrechung.  Sie 
scheinen  dem  Anatas  anzugehören.  Die  Schlämmrückstände  von 
andern  Lokalitäten  lieferten  keine  neuen  Mineralien. 


B.  Chemische  Zusammensetzung  der  Tuffe. 

Was  die  chemische  Zusammensetzug  der  Tuffe  betrifft,  so  liegt 
es  in  der  Natur  dieser  Gesteine  als  klastischer  Anhäufungen  be- 
gründet, daß  sie  stofflich  sehr  wechselnd  zusammengesetzt  sein 
müssen,  je  nachdem  mehr  glasige  Massen  oder  kristalline  Gesteine 
und  sonstiges  fremde  Material  sich  an  der  Zusammensetzung  be- 
teiligen. Doch  erschien  es  immerhin  von  Interesse,  ganz  besonders 
mit  Rücksicht  auf  die  praktische  Verwendung  der  Tuffe ,  die  sich 
in  hydraulischer  Hinsicht  wie  der  Traß  des  Brohltales  zu  verhalten 
scheinen,  ihre  durchschnittliche  chemische  Zusammensetzung  kennen 
zu  lernen.  Es  wurden  deshalb  auch  Materialien  von  äußerlich  ziem- 
lich gleichartiger  Beschaffenheit  ausgewählt. 

Von  zwei  Punkten,  von  Zipplingen  I  und  von  Ammerbach  II, 
sind  vom  Verfasser  Bauschanalysen  ausgeführt  worden ;  von  einem 
dritten  Punkt,  von  Osterhofen  im  Vorries  III,  wurde  von  der  Zentral- 
stelle für  Gewerbe  und  Handel  in  Stuttgart  eine  Analyse  gemacht, 
die  mir  von  Herrn  Prof.  Endriss  ^  gütigst  zur  Verfügung  gestellt 
wurde.  Außerdem  verdanke  ich  dessen  Freundlichkeit  die  Mit- 
teilung einer  ßeihe  guter  Aufschlüsse  in  den  Tuffgebieten  von  Höfen 
und  Osterhofen,  wofür  ich  ihm  auch  an  dieser  Stelle  meinen  wärm- 
sten Dank  aussprechen  möchte. 

Die  drei  Analysen  ergaben  folgende  Resultate: 


I. 

IL 

III. 

SiO,     ....       56,85 

58,50 

62,59 

Tio',    . 

0,74 

0,78 

_ 

AI.O,  . 

8,96 

15,05 

15,15 

Fe,0„  . 

5,89 

5,46 

6,21 

CaO     . 

8,53 

6,12 

3,50 

MgO    . 

2,25 

1,58 

3,29 

P.O,     . 

Spur 

0,50 

— 

K,0     . 

3,75 

4,94 

!■     4,21 

Na^O    . 

4,54 

2,49 

CO3.    . 

1,.37 

0,80 

0,68 

H,0     . 

7,71 

4,37 

3,69 

100,59 

100,59 

99,32 

1  Jetzt  veröffentlicht  im  Jahresbericht  des  Oberrh.  Geologenvereiiis.   Jahrg. 
1903.  S.  23. 


—     12     — 

Vom  Tuff  Zipplingen  I  wurde  zur  Analyse  ein  Stück  gewählt, 
das  eine  möglichst  gleichmäßige  Verteilung  von  Grundmasse,  glasiger 
Auswurfsmasse  und  kristallinen  Gesteinen  aufwies.  Von  einem  doppel- 
faustgroßen Stück  wurde  eine  Durchschnittsprobe  genommen. 

Die  Analyse  des  Gesteins  von  Ammerbach  II  habe  ich  hier- 
hergestellt, wobei  aber  bemerkt  werden  mag,  daß  noch  ein  Zweifel 
darüber  besteht,  ob  man  dies  Vorkommen  als  anstehenden  Schmelz- 
fluß oder  als  Tuff  anzusehen  hat.  Das  zur  Analyse  verwandte  Ge- 
steinsstück zeigt  ein  ziemlich  kompaktes  Aussehen  und  im  Mikro- 
skop eine  vorwiegend  glasige  Grundmasse,  die  von  kleinen  fremden 
Einschlüssen  reichhch  durchspickt  ist. 

Der  Tuff  von  Osterhofen  III  zeigt  ebenfalls  ein  sehr  homogenes 
Äußere  wie  alle  Tuffe  des  Vorrieses. 

Eine  Diskussion  dieser  Bauschanalysen  hat  in  Anbetracht  dessen, 
daß  es  sich ,  wie  schon  bemerkt ,  um  ein  mechanisches  Gemenge 
handelt,  keinen  Zweck;  nur  sei  daraufhingewiesen,  daß  hauptsächlich 
in  bezug  auf  SiOg,  CaO  undH.,  0  nicht  unbeträchtliche  Differenzen 
auftreten. 

H2O  wurde  als  Differenz  von  Glühverlust  und  CO.,  berechnet. 
Da  aber  hierbei  das  event.  als  Fe  0  enthaltene  Eisen  nicht  in  Be- 
tracht gezogen  ist,  so  entsteht  in  der  H2  0-Bestimmung  ein  Fehler, 
der  in  Analyse  I,  wenn  alles  Eisen  in  Form  von  FeO  enthalten 
wäre,  0,59  "/o  betragen  würde.  Da  aber  auf  Grund  des  mikroskopi- 
schen Befundes  teilweise  das  Eisen  schon  als  Fe^  O3  nachweisbar 
ist,  und  außerdem  auch  Zersetzungen  stattgefunden  haben,  so  wird 
der  Fehler  nicht  diesen  Betrag  erreichen.  Ein  Teil  des  Wassers 
ist  Bestandteil  des  Glases  (s.  S.  26  ff.). 

II.  Die  Auswürflinge  im  Speziellen. 

1.  Ihre  glasige  Ausbildung. 

Der  wesentliche  Bestandteil  der  Tuffe  sind  die  in  Form  von 
Fladen,  Bomben,  Lapillis  oder  unregelmäßigen  Brocken  auftretenden 
glasigen  Auswurfsmassen.  Die  Verschiedenheit  des  äußeren  Habitus  ver- 
schwindet im  Dünnschliff  mehr  oder  weniger.  Man  trifft  meist  farblose 
bis  gelblichgrüne,  bis  tiefbraune  Gläser,  wobei  alle  Nuancen  von  gelb 
bis  braun  vorkommen.  Die  rein  glasige  Ausbildung  ist  bei  weitem  vor- 
herrschend, und  so  soll  auch  zunächst  diese  etwas  näher  beschrieben 
werden.  Die  eigenartigen  Entglasungserscheinungen  aber,  welche 
diese  Gebilde  im  Ries  zu  ganz  besonderen  Vorkommnissen  stempeln, 
sollen  in  einem  besonderen  Abschnitt  behandelt  werden  (S.  15). 


—     13     — 

Die  schwarzgrünen  glänzenden  Bomben  von  Zipplingen  mit 
schaumiger  Struktur,  erweisen  sich  als  ein  nahezu  farbloses,  etwas 
ins  Grünliche  stechendes  Glas.  Es  ist  isotrop  und  zeigt  zahlreiche 
perlitische  Sprünge,  in  denen  meist  dunkle  opake  Partikelchen  liegen. 
Ganz  ähnliche  Gläser  zeigen  Hohlheim,  Schmähingen,  Bollstadt,  nur 
daß  hier  teilweise  dunkle  tiefbraune  Schlieren  sich  zeigen.  Sie  sind 
ebenfalls  isotrop  und  haben  perlitische  Absonderung.  Hellbraune 
Farben  zeigen  die  Bomben  von  Utzmemmingen  und  manche  vom 
Heerhof;  etwas  dunkler  braun  die  von  der  Ringlesmühle,  vom  Reiters- 
buck  und  von  der  Altenbürg,  und  tief  dunkelbraune,  beinahe  un- 
durchsichtige die  Bomben  von  Mauren  im  Vorries.  Überall,  mit 
mit  Ausnahme  der  Fladen  vom  Heerhof,  sind  Flüssigkeits-  und  Gas- 
einschlüsse unregelmäßig,  namentlich  auch  erstere  reichlich  und  weit 
im  Glase  verbreitet;  bei  Zipplingen  sind  sie  zu  gruppenförmigen 
Anhäufungen  angeordnet,  wobei  die  lebhaft  sich  bewegenden  Libellen 
der  Flüssigkeitseinschlüsse  besonders  in  die  Augen  fallen.  Nach 
ihrem  Verhalten  beim  Erwärmen  hegt  Wasser  vor.  Hiernach  muß 
man  schließen,  daß  bei  den  Eruptionen  Was  s  er  dampf  eine  große 
Rolle  gespielt  haben  mag,  vielleicht  in  noch  größerem  Maße  wie 
bei  den  Vulkanen  von  Urach. 

Da,  wie  wiederholt  bemerkt  wurde,  beim  Ausbruch  zahlreiche 
Bruchstücke  kristalliner  G^esteine  des  Untergrundes  zutage  ge- 
fördert wurden ,  so  ist  von  vornherein  zu  erwarten ,  daß  auch  die 
glasigen  Projektile  Bruchstücke  dieser  Gesteine  eingeschlossen  haben. 
Vielfach  sind  solche  schon  makroskopisch  zu  erkennen.  Allein  außer 
diesen  mit  dem  bloßen  Auge  sichtbaren  Einschlüssen  findet  sich 
unter  dem  Mikroskop  noch  außerordentlich  viel  mehr,  und  zwar 
sind  diese  winzigen  Einschlüsse  nicht  mehr  Brocken  von  Gesteinen, 
sondern  Fragmente  der  aufs  feinste  zerkleinerten  Gesteine,  d.  h. 
Fragmente  der  einzelnen  Gemengteile  dieser  kiistallinen  Gesteine, 
die  zu  den  allerwinzigsfen  Splitterchen  zertrümmert  sind  und  zwar 
vorwiegend  Quarz  und  Feldspat.  Sie  treten  so  massenhaft  auf, 
daß  die  glasige  Masse  ganz  durchspickt  ist  davon,  und  es  unmög- 
lich ist,  auch  nur  ein  erbsengroßes  Stück  reinen  Glases  zu  bekommen. 

Diese  Einschlüsse  haben,  allseitig  von  Glas  umgeben,  im  Glase 
schwimmend  naturgemäß  tiefgehende  Veränderungen  erlitten,  auf 
deren  Verhalten  wir  noch  zu  sprechen  kommen  werden.  Aber  auch 
das  Magma  ist  dadurch  wesentlich  verändert  worden,  indem  es  fremde 
Substanz  in  sich  aufgenommen  hat.  Erst  mit  Würdigung  dieser 
Tatsachen    bekommt   man    ein    richtiges  Verständnis    für    die   vulka- 


—    u    — 

nischen  Riesgesteine,  die  Eigenart  ihrer  Zusammensetzung  und  Ent- 
stehung. 

Es  mögen  in  diesem  Zusammenhang  zunächst  die  verschiedenen 
Entwickehmgsstadien  des  Glasgrundes  unserer  Auswürfhnge  be- 
sprochen werden.  Bei  Mauren  sind  die  glasigen  Bomben  im  Dünn- 
schliff tief  braun  gefärbt;  wir  haben  hier  anscheinend  ein  ziemlich 
basisches  und  in  seinen  verschiedenen  Teilen  auch  recht  gleichartiges 
Magma  vor  uns.  Von  diesem  wollen  wir  ausgehen.  In  diesem  liegen 
zahllose  Einschlüsse  von  Quarz  und  Feldspat.  Unmittelbar  um  diese 
Einschlüsse  herum  ist  das  Glas  hellbraun  bis  farblos,  also  eisenarm. 
Diese  abweichende  Zusammensetzung  ist  dem  vorliegenden  Verbands- 
verhältnis zufolge  wohl  darauf  zurückzuführen,  daß  an  diesen  Stellen 
das  Magma  von  der  Quarz-  und  Feldspatsubstanz  einen  gewissen 
Anteil  aufgenommen  hat  und  daher  heller  gefärbt  wurde.  Zuweilen 
sieht  man  auch  unvermittelt  inmitten  der  braunen  Glassubstanz  licht 
gefärbte  Stellen  ohne  Quarz  und  Feldspat.  Die  Einschlüsse  sind 
hier  entweder  vollständig  resorbiert,  oder  es  ist  im  Schliff  nur  die 
helle  Randzone  derselben  getroffen. 

Hat  das  Magma  dagegen  anscheinend  schon  viel  fremde  Sub- 
stanzen resorbiert,  so  werden  die  heller  gefärbten  Stellen  größer  und 
es  kommt  unter  Mitwirkung  der  Bewegung  des  Magmas  zu  einer 
Schlierenbildung.  Lichte  und  dunkel  gefärbte,  d.  h.  saure  und 
basische  Schlieren  wechseln  miteinander  ab,  wodurch  eine  aus- 
gezeichnete Fluidalstruktur  hervorgerufen  wird.  Diesem  Stadium 
gehören  an  die  Bomben  von  der  Ringlesmühle,  vom  Reitersbuck, 
von  der  Altenbürg  und  manche  von  Hohlheim  (s.  Taf.  I  Fig.  2). 

Die  dunkel  gefärbten  basischen  Schlieren  legen  sich  wegen 
ihrer  Leichtfiüssigkeit  um  die  fremden  Einschlüsse  herum  und  be- 
wirken an  Quarz  und  Feldspat  weitere  Einschmelzung,  da  basische 
Magmen    sehr    aufnahmefähig    für   saure   Substanzen    sich    erweisen. 

Am  Goldberg  macht  sich  eine  eigentümliche  Erscheinung 
bemerkbar.  Zunächst  sieht  man  auch  hier,  wie  die  basischen 
Schlieren  Fremdeinschlüsse  umgeben  und  die  hebte  Zone  zeigen. 
An  andern  Stellen  ist  der  gesamte  Glasgrund  in  einen  hellbraunen 
und  einen  farblosen  differenziert,  und  zwar  so,  daß  der  braune  Anteil 
sich  zu  ovalen  oder  schlauchartigen  Gebilden  zusammenballt. 

Bei  Ho  hl  heim  und  Schmähingen  werden  die  helleren 
Partien  vorherrschend ,  die  dunkleren  Schlieren  werden  äußerst 
schmal,  bis  sie  endlich  bei  Zipplingen  fast  ganz  verschwinden. 
Dort   ist  das  Glas  ziemlich  homogen,   grünlichgelb  bis  nahezu  färb- 


—     15     — 

los;  enthält  auch  relativ  weniger  fremde  Einschlüsse  als  alle  übrigen, 
vielleicht  deswegen ,  weil  die  meisten  fremden  Einschlüsse  schon 
resorbiert  sind.  Nur  hier  und  da  sind  noch  spärliche  dunkler  gefärbte 
Flecken  zu  sehen ,  die  die  letzten  Reste  des  ursprünglichen  un- 
vermischten  Magmas  darstellen. 

Wenn  man  also  im  Zusammenhang  mit  dem  oben  Gesagten 
aus  der  Beschaffenheit  des  Zipplinger  Glases  den  Schluss  ziehen 
kann,  daß  dieses  seine  lichte  Färbung  der  bereits  vollendeten  Re- 
sorption von  Quarz-  und  Feldspateinschlüssen  verdankt,  so  findet 
dieser  Schluß  seine  entschiedene  Bestätigung  in  der  chemischen  Zu- 
sammensetzung. Diese  hat  nämlich  ergeben  (s.  S.  26),  daß  das 
Glas  von  Zipplingen  ohne  fremde  Einschlüsse  einen 
ebenso  hohen  SiOo-Gehalt  besitzt  wie  andere  Glas- 
massen mit  diesen. 

Die  erwähnten  spärlichen,  dunklen  Flecken  in  dem  lichtgefärbten 
Glase  können  jedoch  auch  auf  andere  Weise  gedeutet  werden.  Da 
nämlich  die  eingeschmolzenen  kristallinen  Gesteine  vorwiegend  dem 
Granit  angehören ,  und  die  Einsprenglinge  in  den  glasigen  Bomben 
meist  nur  Quarz  und  Feldspat  sind ,  so  muß  man  wohl  annehmen, 
daß  auch  gewisse  Mengen  von  Biotit  eingeschmolzen  sind;  denn 
nie  ist  dieser  als  Einsprengling  in  den  Bomben  zu  beobachten.  Es 
ist  also  nicht  ausgeschlossen,  daß  diese  dunklen  Flecken  von  Zipp- 
lingen und  vielleicht  auch  einige  von  den  dunklen  Schlieren  und 
Glaseinschlüssen  von  andern  Punkten  dadurch  entstanden  sind,  daß 
an  diesen  Stellen  Biotit  eingeschmolzen  ist. 

2.  Die  Entglasiingsprodukte. 

Bis  jetzt  haben  wir  die  Gläser  nur  an  sich,  ohne  Rücksicht 
auf  die  Ausscheidungsprodukte,  beschrieben.  Solche  besitzen  aber 
eine  weite  Verbreitung,  und  bieten  in  bezug  auf  ihre  morphologischen 
Verhältnisse  so  eigentümliche  Abweichungen ,  wie  sie  meines  Er- 
achtens  noch  nicht  bekannt  geworden  sind.  Wir  gehen  am  besten 
wieder  vom  Zipplinger  Gestein  aus.  Dort  sind  die  Bomben 
größtenteils  als  ein  nahezu  farbloses ,  isotropes  Glas  erstarrt ,  das 
fast  vollkommene  Strukturlosigkeit  aufweist.  In  demselben  finden 
sich  vereinzelte  Partien  von  etwas  gelblicher  Farbe,  weniger  licht- 
durchlässig, isotrop  und  aus  kleinsten  Schüppchen  und  Körnchen  be- 
stehend ,  anscheinend  ein  Stadium  beginnender  kristalliner  Indivi- 
dualisierung darstellend.  Bei  Ho  hl  he  im  sind  in  den  glasigen  Partien 
radiale  Anhäufungen  von  feinen  Fasern,  weniger  lichtdurchlässig  als 


—     16     — 

die  völlig  strukturlosen  Massen  und  aber  ebenfalls  noch  isotrop. 
Diese  Bildungen,  wie  auch  jene  von  Zipplingen,  sind  ihrer  ganzen 
Erscheinungsform  nach  wahrscheinlich  dem  Mikrofelsit  zuzu- 
rechnen.    (Nach  RosENBüSCH,  Physiographie,  S.  666.) 

Bei  der  Ringlesmühle  zeigen  die  helleren  glasigen  Partien  eben- 
falls Anhäufungen  von  kleinsten  Körnchen;  nur  läßt  sich  keine  be- 
stimmte Anordnung  derselben  herauslinden,  doch  zeigen  sie  schwache 
Doppelbrechung.  Auch  an  andern  Punkten ,  wie  bei  Utz- 
raemmingen,  Heerhof,  machen  sich  Doppelbrechungserscheinungen 
geltend,  die  aber  nur  auf  Spannungen  im  Glase  infolge  raschen  Er- 
starrens  zurückzuführen  sind. 

Wieder  andere  Glaspartien  zeigen  eine  radiale  Anordnung  von 
feinsten  Fasern,  die  sich  zu  Sphärolithen  vereinigen,  welche  dicht 
gedrängt  sind,  und  sich  gegenseitig  in  ihrer  Ausbildung  gehemmt 
haben.  Sie  zeigen  bei  gekreuzten  Nikols  deutliche  Interferenzkreuze. 
Merkwürdig  ist,  daß  sie  außer  ihrem  radialfaserigen  Aufbau  noch 
konzentrische  Ringe  oftmals  drei  aufweisen  und  zwar  so ,  daß  die 
Fasern  des  inneren  Rings  positiven ,  die  des  mittleren  negativen 
und  die  des  äußeren  wieder  positiven  optischen  Charakter  besitzen. 
Auch  einzeln  im  Glase  treten  diese  wohlausgebildeten  Sphärolithe 
auf;  zuweilen  bildet  deren  Kern  eine  Anhäufung  schwarzer  opaker 
Körnchen,  die  wohl  als  Kristallisationszentrum  gedient  haben.  Lose 
Sphärolithen  dieser  Art  treten  auch  zu  komplexen  Aggregaten  zu- 
sammen. 

Als  Anfänge  einer  ausgeprägten  Kristallbildung  im  Magma  sind 
individualisierte  Mikrolithen  anzusehen,  die  sich  fast  überall  mehr 
oder  weniger  häufig  vorfinden.  An  der  Ringlesmühle  treten  sie 
vorwiegend  in  den  dunklen  basischen  Schlieren  auf;  sie  sind  farblos, 
langgestreckt,  zeigen  kleine  Auslöschungsschiefen  und  graublaue 
Interferenzfarben.  Da,  wo  die  basischen  Schlieren  sich  gerne  um 
die  Fremdeinschlüsse  anlegen  und  diese  fressen,  scheiden  sich  haupt- 
sächlich die  Mikrolithen  dieser  Art  aus.  Bei  Hohlheim  finden  wir 
diese  Ausscheidungen ;  zwar  sind  manche  Bomben  vollkommen  glasig 
erstarrt,  ohne  irgendwelche  Ausscheidungen  und  ohne  eine  andere 
als  Fluidalstruktur  aufzuweisen,  während  wieder  andere  eine  graue 
bis  braune  Grundmasse  zeigen,  die  anscheinend  ziemlich  basisch  und 
zugleich  vollkommen  entglast  ist  durch  zahlreiche  farblose  Mikro- 
hthen  der  geschilderten  Art.  Sie  liegen  regellos  durcheinander,  be- 
sitzen dieselben  optischen  Eigenschaften  wie  bei  der  Ringlesmühle, 
lassen    aber    zugleich    an    den   größeren    leistenförmigen    Individuen 


—     17     - 

häufig  Zwillingsbildung  erkennen.  Man  wird  nicht  fehlgehen,  diese 
Ausscheidungen  für  Feldspat  anzusehen.  Ganz  ähnlich  liegen  die 
Verhältnisse  bei  Ammerbach.  Das  ganze  Gestein  ist  vollständig 
entglast  durch  farblose  Mikrolithen  von  demselben  Habitus  wie  bei 
den  oben  beschriebenen  Punkten,  ebenfalls  mit  Zwillingsbildung. 
Sie  besitzen  auch  hier  die  Form  schmaler  Leistchen  und  sind  häufig 
in  radialen  Büscheln  angeordnet.  Es  ist  demnach  kein  Zweifel,  daß 
hier  die  gleiche  oder  ganz  ähnliche  Gesteinsmasse  vorliegt  wie  bei 
Hohlheim,  mit  denselben  Entglasungsprodukten,  nur  daß  der  äußere 
Habitus  beider  Gesteine  etwas  verschieden  ist. 

Außer  den  beschriebenen  Entglasungsprodukten  finden  sich 
auch  dunkle  gebogene  Trichiten,  einzeln  oder  in  Bündeln  zu- 
sammen. Sie  kommen  hauptsächlich  in  den  dunklen  basischen 
Schlieren  vor,  so  bei  Hohlheim;  gewisse  Schlieren  in  den  Heerhofer 
Fladen  sind  ganz  entglast  davon.  Ähnlich  ist  es  bei  Polzingen ;  doch 
sind  dort  die  Trichiten  meist  zersetzt  und  in  rotes  Feo  O3  über- 
gegangen. 

Andere  der  glasigen  Massen  sind  durch  ganz  besonders  eigen- 
tümliche Gebilde  entglast,  die  bei  schwacher  Vergrößerung  den  Dünn- 
schliff getrübt  erscheinen  lassen,  und  erst  bei  starker  Vergrößerung 
erkennt  man,  daß  diese  Trübung  hervorgerufen  wird  durch  zahllose 
farblose,  gekrümmte  Mikrolithen.  Sie  sind  teilweise  sehr 
lang  und  nur  schwach  gebogen,  meistens  aber  stark  gekrümmt  und 
machen  den  Eindruck  von  dicht  sich  drängenden,  stark  geringelten 
Würmern.  Manche  besitzen  noch  kleine  seitliche  Anhänge.  Ihre 
schönste  Ausbildung  haben  sie  in  den  hellbraunen  Schlieren  von  der 
Ringlesmühle;  außerdem  sind  sie  überall  verbreitet  in  den  Fladen 
vom  Heerhof,  und  von  Utzmemmingen.  Sie  bilden  eine  der  merk- 
würdigsten Entglasungserscheinungen ,  die  meines  Wissens  bisher 
weder  aus  sauren  noch  aus  basischen  Gesteinsgläsern  bekannt  ge- 
worden sind.  Möglicherweise  hängen  diese  eigenartigen  Gebilde 
zusammen  mit  der  besonderen  Entstehung  der  Gesteine  dieses  vul- 
kanischen Zuges.  Mein  Freund,  H.  Schwarz,  der  sich  mit  den 
kristallinen  Einschlüssen  in  den  Tuffen  der  Uracher  Gegend  be- 
schäftigt, hat  unlängst  überraschenderweise  ganz  identische  Gebilde 
in  umgeschmolzenen  sauren  Massen  der  fremden  Einschlüsse  im 
Basalt  der  Alb  gefunden. 

Als  weitere  Ausscheidungen  aus  dem  Magma  sind  winzige  Erz- 
partikelchen zu  beobachten,  die  teils  unregelmäßig  zerstreut,  teils 
in    runden  Anhäufungen    in    der   glasigen  Grundmasse   hegen.     Man 

•Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ,  1905.  2 


—     18     — 

hat  es  wohl  mit  staubartig  feinem  Magneteisen  zu  tun.  Bei  Ammer- 
bach werden  sie  größer  und  man  kann  deutliche  Oktaederform  nach- 
weisen, die  kleine  Magnetitkristalle  darstellen.  Häufig  sind  sie  je- 
doch zersetzt  und  nehmen  die  rote  Farbe  des  daraus  hervorgegangenen 
Eisenoxydhydroxyd   an. 

3.    Die  fremden  Einschlüsse   der  Bomben   und  Tuffe   und  deren  Ver- 
änderungen. 

Diese  sind  in  den  verschiedensten  Dimensionen  sowohl  in  den 
Bomben  vorhanden,  wie  lose  in  den  Tuffen  eingestreut.  Untersuchen 
wir  zunächst  die  Vorkommen  erster  Art,  und  zwar  die  in  Form  ein- 
zelner Mineralfragmente  auftretenden.  Unter  diesen  herrschen  ent- 
schieden Quarz  und  Feldspat  vor,  worauf  auch  schon  hingewiesen  war. 

Der  Quarz  ist  teils  in  scharfkantigen  Splittern  vorhanden, 
teils  in  gerundeten  Körnern,  sofern  Kanten  und  Ecken  abgeschmolzen 
wurden.  Hat  die  Einwirkung  des  Magmas  länger  stattgefunden,  so 
zeigen  sich  die  Quarze  von  zahlreichen,  unregelmäßigen  Rissen  und 
Sprüngen  durchzogen,  wobei  früher  vorhandene  Flüssigkeits-  und 
Gaseinschlüsse  verschwinden.  In  die  Risse  dringt  Schmelzmasse 
ein,  erweitert  jene  und  beginnt  zugleich  von  innen  die  Korrosion. 
Die  Resorption  wird  dadurch  beschleunigt,  daß  basische  Magma- 
schlieren sich  um  die  Quarze  herumlegen,  die  einen  so  sauren  Ein- 
sprengling  sehr  rasch  angreifen.  Viele  der  Quarzkörner  stellen  kein 
einheitliches  Individuum  dar,  sondern  sind  aus  zwei  oder  mehreren 
zusammengesetzt ,  die  nach  einer  zackigen  Linie  verwachsen  sind, 
und  deuten  damit  ihren  Ursprung  aus  Granit  und  Gneis  an.  Dazu 
fehlt  häufig  noch  eine  undulöse  Auslöschung  nicht,  wie  diese  be- 
kanntlich in  diesen  Gesteinen  weit  verbreitet  ist. 

Mit  manchen  der  Einschlußquarze  verbindet  sich  folgende  eigen- 
artige Erscheinung.  Die  Quarzkörner  haben  ihre  optische  einheit- 
liche Beschaffenheit  verloren ,  sie  sind  umgebildet  in  ein  Aggregat 
kleiner  Schüppchen,  ohne  vorher  eine  An-  oder  Umschmelzung  er- 
fahren zu  haben. 

Es  scheint,  daß  eine  Umwandlung  in  Tridymit  stattgefunden 
hat,  die  als  eine  Umlagerung  der  Quarzmoleküle  in  noch  festem, 
höchstens  plastischem  Zustand  anzusehen  wäre. 

Endlich  kommt  auch  Quarz  wahrscheinlich  in  amorphem  Zu- 
stande vor,  d.  h.  völlig  verglast.  Man  sieht  nämlich  in  manchen 
Bomben,  z.  B.  an  der  Ringlesmühle,  farblose  Körner,  die  ich  für  ge- 
wesene Quarzeinschlüsse  halte,  vollkommen  isotrop,  ohne  Spaltrisse, 


-     19     — 

infolge  der  Bewegung  im  Magma  aber  lang  ausgezogen ,  und  all- 
mählich mit  diesem  sich  mischend ;  ein  Zeichen,  daß  hier  ein  wirk- 
liches und  vollständiges  Schmelzen  stattgefunden  hat.  Bekannter- 
maßen ist  es  in  der  Technik  gelungen,  den  Quarz  zu  schmelzen  und 
in  diesem  Zustande  zu  formen.  So  stellt  die  Firma  Heraus  in  Hanau 
gegenwärtig  bei  1500°  geschmolzen  Gefäße  aus  Quarzglas  dar.  Und 
eine  solche  Temperatur  mag  auch  bei  den  Vorgängen  im  Ries  ge- 
herrscht haben,  um  die  Umschmelzungserscheinungen  an  den  Quarzen 
hervorzubringen,  wobei  allerdings  noch  die  besonderen  Druckverhält- 
nisse in  Betracht  zu  ziehen  wären,  von  denen  wir  gar  nichts  wissen. 

Beim  Feldspat  treten  entsprechende  Erscheinungen  auf  wie 
beim  Quarz.  Die  Kristallfragmente  sind  dem  unfrischen  Erhaltungs- 
zustände der  alten  durchbrochenen  Granite  und  Gneise  entsprechend 
meist  getrübt  und  haben  vielfach  ihre  scharfen  Konturen  durch 
Korrosion  eingebüßt,  besonders  wenn  sie  von  basischen  Schlieren 
umgeben  sind.  Das  Magma  dringt  in  die  Spaltrisse  ein ,  erweitert 
sie  und  beginnt  auch  von  innen  die  Anschmelzung.  Häufig  sieht  man 
fingerartige  Einbuchtungen  von  Glas  im  Feldspat  (s.  Taf.  I  Fig.  3  u.  5). 
Oft  führen  tiefe  Kanäle  von  Magma  in  das  Innere  des  Kristalls ;  wird 
ein  solcher  im  Schliff  quer  durchschnitten,  so  bekommt  man  den 
Eindruck,  als  habe  man  einen  Einschluß  von  Glas  mitten  im  Feld- 
spat. Das  Gesteinsglas  wird  in  der  Nähe  der  Einschlüsse  durch 
Aufnahme  von  Feldspatsubstanz  stark  doppelbrechend;  es  scheiden 
sich  winzige  Fäserchen  und  Schüppchen  aus,  farblos  mit  graublauen 
Interferenzfarben,  die  als  Neubildungen  von  Feldspat  anzusehen  sind. 

Als  ein  stärkerer  Grad  der  Veränderung  muß  es  bezeichnet 
werden,  wenn  die  Feldspäte  ihre  Trübung  verlieren,  sich  wieder  auf- 
hellen und  schließlich  isotrop  werden.  Auf  diese  merkwürdige 
physikalische  Erscheinung  wird  später  noch  eingegangen  werden  (S.  24). 
Es  ist  auffallend,  daß  gerade  die  großen  Feldspatindividuen  diese  Um- 
wandlung erfahren  haben,  während  kleine  Splitter  oft  noch  doppel- 
brechend sind;  man  sollte  doch  gerade  das  Gegenteil  erwarten.  Es 
mag  vielleicht  der  Umstand  entscheidend  sein,  daß  das  Magma  ver- 
schieden lange  Zeit  auf  die  Fragmente  eingewirkt  hat,  so  daß  ein 
Teil  schon  in  der  Tiefe,  ein  Teil  erst  kurz  vor  der  Eruption  in  das 
Magma  gelangt  ist.  Vielleicht  hängt  es  auch  von  einem  gewissen 
lokalen  höheren  oder  niederen  Wassergehalt  des  Glases  ab,  daß  die 
Einschlüsse  schwächer  oder  stärker  verändert  werden.  Manche  Feld- 
späte sind,  ähnhch  wie  Quarz,  in  ein  Aggregat  feiner  Fäserchen 
übergegangen.     Ob  diese  Neubildungsprodukte  von  geschmolzen  ge- 


—     20     — 

wesenen  Feldspäten  herrühren,  oder  Umwandlungen  von  noch  fester 
Feldspatsubstanz  sind,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden. 

Biotit  und  Hornblende  wurden  als  Einschlüsse  in  den 
glasigen  Bomben  nie  angetroffen.  Da  sie  leichter  schmelzbar  sind 
als  Quarz  und  Feldspäte,  darf  das  nicht  auffallen.  Sie  bieten  sich 
eben  nur  in  völlig  umgeschmolzenem  Zustande  dar  und  sind  deshalb 
in  der  Regel  nicht  mehr  nachzuweisen.  Wie  schon  oben  angedeutet, 
sind  manche  basische  Schlieren  in  den  glasigen  Projektilen  darauf 
zurückzuführen,  daß  hier  eine  Einschmelzung  von  Biotit  und  Horn- 
blende stattgefunden  hat. 

Apatit  ist  in  einzelnen  längeren  oder  kürzeren  Prismen  vor- 
handen. Die  größeren  sind  hier  und  da  gebogen  durch  Strömung 
im  Magma,  jedenfalls  durch  kleine  Verschiebungen  an  den  einzelnen 
Spalt-  bezw.  Bruchfiächen.  Sonst  wurden  keinerlei  Veränderungen 
an  ihm  bemerkt;  er  hat  auch  seine  gewöhnliche  Doppelbrechung 
beibehalten.  Sein  Ursprung  ist  wohl  aus  den  kristallinen  Gesteinen 
abzuleiten,  da  manche  sehr  reichliche  Mengen  von  Apatit  führen. 

Zirkon  ist  in  einzelnen  kleinen  Kristallen  nachgewiesen  als 
kurzes  Prisma  mit  zahlreichen  Pyramiden.  Ob  er  von  eingeschmol- 
zenen kristallinen  Gesteinen  herrührt,  oder  ob  er  sich  aus  dem  Magma 
ausgeschieden  hat,  mag  unentschieden  bleiben ;  doch  wird  auch  hier 
wahrscheinlich  sein,  daß  er  von  den  kristallinen  Gesteinen  abstammt. 

Wie  eingangs  bemerkt  wurde,  hegen  auch  im  Tuff  selbst 
Bruchstücke  kristalliner  Gesteine,  vornehmlich  Granite  und 
Gneise  verschiedener  Art ,  daneben  auch  Hornblendegesteine.  Eine 
nähere  Beschreibung  und  Klassifikation  dieser  geht  jedoch  über  den 
Rahmen  unserer  Aufgabe  hinaus  und  bleibt  weiteren  Studien  vor- 
behalten; sie  interessieren  uns  zunächst  nur  so  weit,  als  sie  durch 
die  Hitze  der  vulkanischen  Tätigkeit  umgeändert  worden  sind.  Sie 
liegen  im  Tuff  eingebettet  von  Kopfgröße  bis  herunter  zu  den  mikro- 
skopisch kleinen  Fragmenten  ihrer  einzelnen  Bestandteile. 

Ein  fast  unveränderter  Einschluß  im  Tuff  von  Zipplingen 
besteht  aus  Granat  in  erbsengroßen  Körnern ,  Sillimanit  in  langen 
Nadeln  zu  Büscheln  vereinigt  und  Biotit,  der  in  einer  grünlichen, 
pinitähnlichen  Masse  liegt,  die  sich  überall,  auch  zwischen  die  Granat- 
körner, einzwängt.  Alle  Bestandteile  zeigen  den  gewöhnlichen  Habitus, 
nur  der  Biotit  scheint  ein  wenig  verändert. 

Am  Goldberg  finden  sich  Gesteine,  bestehend  aus  braun- 
grüner  Hornblende  und  Feldspat,  vorwiegend  Orthoklas,  mit  deut- 
licher  Parallelstruktur.      Die    Hornblende    scheint    wenig    verändert; 


—     21     — 

sie  besitzt  starken  Pleochroismus  und  hohe  Doppelbrechung  mit 
kleiner  Auslöschungsschiefe.  Der  Feldspat  ist  im  allgemeinen  ziem- 
lich klar,  doch  zeigt  er  vielfach  schmutzige  Flecken.  Die  Doppel- 
brechung ist  sehr  schwach  und  an  manchen  Stellen  verschwindet 
sie  ganz,  d.  h.  diese  Partien  verhalten  sich  isotrop.  Ausserdem  ist 
die  Auslöschung  vielfach  keine  einheitliche  mehr,  sondern  verläuft 
strahlig. 

Ein  Einschluß  im  Tuff  von  Utzmemmingen  von  etwa  Faust- 
größe zeigt  einen  gefritteten  Augengneis,  der  äußerhch  ohne  weiteres 
als  solcher  zu  erkennen  ist.  Im  Dünnschliff  sieht  der  Biotit  teil- 
weise noch  kaum  verändert  aus ;  er  besitzt  seinen  charakteristischen 
starken  Pleochroismus  und  enthält  zahlreiche  Einschlüsse  von  Apatit 
und  Zirkon.  Vorwiegend  ist  er  jedoch  ganz  dunkel  gefärbt,  wobei 
er  fast  undurchsichtig  wird  dadurch,  daß  sich  mit  beginnender  Um- 
schmelzung  opake  Körnchen  von  Magnetit  ausscheiden.  Bei  noch 
stärkerer  Veränderung    geht   er   randlich    in    ein  braunes  Glas  über. 

Der  Feldspat  ist  meist  getrübt;  doch  als  solcher  leicht  zu 
erkennen.  Die  Spaltrisse  sind  noch  erhalten,  und  in  diese  dringt 
der  geschmolzene  Biotit  ein  und  erweitert  sie.  Dadurch  wird  der 
Feldspat  angegriffen;  die  basische  geschmolzene  Biotitmasse  nimmt 
Feldspatsubstanz  auf,  wird  dadurch  heller  gefärbt  und  zeigt  Doppel- 
brechung. Gleichzeitig  macht  sich  die  eigentümliche  Erscheinung 
bemerkbar,  daß  manche  Teile  des  Feldspats  ihre  charakteristische 
Trübung  mehr  und  mehr  verlieren,  also  ganz  wasserklar  werden, 
mit  der  Aufhellung  eine  durchgreifende  optische  Veränderung  er- 
fahren und  sich  nunmehr  vollkommen  isotrop  erweisen.  Das  Merk- 
würdige dabei  ist,  daß  in  diesen  isotrop  gewordenen  Feldspäten  die 
charakteristischen  Kohäsionsverhältnisse  nach  wie  vor  in  dem  Vor- 
handensein der  vollkommenen  Spaltrisse  noch  in  die  Erscheinung 
treten.  Daneben  liegen  Feldspäte  mit  gleich  vollkommenen  Spalt- 
rissen, die  noch  doppelbrechend  sind. 

Der  Quarz  tritt  sehr  zurück;  es  scheinen  keine  Veränderungen 
an  ihm  vorgegangen  zu  sein;  doch  macht  er  den  Eindruck,  als  ob 
seine  Doppelbrechung  auch  eine  geringere  geworden  sei. 

Apatit  und  Zirkon  sind  nicht  selten  und  scheinen  un- 
verändert. 

Bei  Schmähingen  wurde  ein  Einschluß  gefunden,  der  äußer- 
lich eine  gewisse  Ähnlichkeit  mit  feinkörnigen  Am phibolgn eisen 
zeigt.  Auf  dem  Querbruch  ist  deuthche  Parallelstruktur  entwickelt, 
mit    einem    eigentümhch    glasigen   Schimmer,    wie    ihn   manche    der 


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stark  eingeschmolzenen  Fragmente  zeigen.  Das  Gestein  besteht 
wesenthch  aus  Diallag,  brauner  Hornblende  und  einem  farblosen,  iso- 
tropen Mineral,  welches  anscheinend  die  Stelle  von  Feldspat,  viel- 
leicht auch  die  des  Quarzes  einnimmt  (s.  Taf.  1  Fig.  6).  Die  Horn- 
blende  scheint  unverändert.  Der  Diallag  ist  nahezu  farblos,  zeigt 
hohe  Licht-  und  Doppelbrechung  und  die  charakteristischen  Spalt- 
risse. Manche  Kristalle  sind  jedoch  getrübt,  nur  noch  durch- 
scheinend, vi^obei  die  Doppelbrechung  verloren  geht.  Das  farblose, 
isotrope  Mineral  hat  scharfe  Umrisse ,  in  seinen  parallelen ,  gerad- 
linigen Spaltrissen  Kohäsionserscheinungen,  derentwegen  man  diesen 
Anteil  des  Gesteins  trotz  seines  isotropen  Verhaltens  nicht  ohne 
weiteres  für  Glasfluß  erklären  kann.  Er  enthält  zahlreiche  Ein- 
schlüsse von  Apatit,  der  in  langen  Nadeln  auftritt  und  an  seiner 
hohen  Lichtbrechung  und  niedrigen  Doppelbrechung  leicht  zu  er- 
kennen ist. 

Ein  anderer  dioritähnlicher  Einschluß  aus  dem  Tuff  der  Ringles- 
mühle  zeigt  folgende  Verhältnisse:  Er  besteht  aus  einem  dunkel- 
grünen Mineral  und  einem  farblosen.  Beide  sind  vollständig  isotrop. 
Zwischen  ihnen  zwängt  sich  ein  gelblichgrünes  Glas  mit  deutlicher 
Doppelbrechung  hindurch,  das  entstanden  ist  durch  Schmelzen  des 
grünen  Minerals  an  seinen  Rändern,  unter  Ausscheidung  von  Magnetit. 
In  der  Mitte  ist  das  Mineral  dunkelgrün.  Über  seine  Natur  kann 
nicht  viel  behauptet  werden.  Dem  äußeren  Habitus  nach  möchte 
man  es  für  Hornblende  halten;  allein  es  fehlt  jeglicher  Pleo- 
chroismus,  jegliche  Doppelbrechung,  sowie  die  für  Hornblende 
charakteristischen  Spaltrisse.  Während  die  Ränder  tatsächlich  ge- 
schmolzen und  in  flüssigen  Zustand  übergeführt  worden  sind,  ist 
der  dunkelgrüne  Kern  wohl  nur  plastisch  geworden,  wobei  aber 
doch   die  Spaltrisse   sich   verwischten. 

Anders  ist  es  bei  dem  farblosen  Mineral;  hier  sind  deutlich 
zahlreiche,  zum  Teil  nach  zwei  Richtungen  parallel  verlaufende  Spalt- 
risse zu  sehen,  die  Ränder  sind  nicht  angeschmolzen,  sondern  bilden 
scharfkantige  Konturen. 

In  beiden  Bestandteilen  des  kristallinen  Einschlusses  sind  zahl- 
reiche Apatitnadeln  eingeschlossen,  die  keinerlei  Veränderungen  auf- 
weisen, also  ihr  bezeichnendes  optisches  Verhalten  mit  bezug  auf 
Licht  und  Doppelbrechung  bewahrt  haben. 

Im  Tuff  von  Zipplingen  wurde  ein  graues,  poröses  Gestein 
gefunden  mit  Parallelstruktur.  U.  d.  M.  erkennt  man  zunächst  eine 
schwach  gelb  gefärbte,  glasige,   isotrope  Grundmasse.     Das  Magma 


—     23     — 

scheint  in  das  Gestein  eingedrungen  zu  sein.    In  dieser  Grundmasse 
liegen  porphyrisch : 

1.  Biotit.  Er  bildet  keine  größeren  Kristalle  mehr,  sondern 
ist  zerteilt  in  kleine  Fragmente,  selten  noch  unverändert,  meist  un- 
durchsichtig geworden,  ohne  Pleochroismus  und  teilweise  zu  einem 
gelbbraunen   Glase   geschmolzen    unter  Ausscheidung   von   Magnetit. 

2.  Ein  farbloses,  isotropes  Mineral  mit  zahlreichen  teils 
parallelen,  teils  unregelmäßig  verlaufenden  Spaltrissen.  In  diese  ist 
Schmelzmasse  eingedrungen,  die  das  Mineral  angegriffen  hat,  wobei 
sie  selbst  doppelbrechend  wurde.  Die  Konturen  dieses  farblosen 
Minerals  sind  zuweilen  noch  scharfkantig,  meist  jedoch  gerundet 
(s.  Taf.  I  Fig.  5). 

3.  Granat.  Er  kommt  in  rundlichen  Körnern  vor,  die  jedoch 
in  viele  kleine  Bruchstücke  zerteilt  sind,  zwischen  denen  sich  die 
glasige  Grundmasse  hindurchzieht.  Der  Granat  ist  von  vielen  Rissen 
durchzogen  mit  starkem  Relief;  die  Farbe  ist  etwas  schmutzig  rosa. 
Im  allgemeinen  sind  an  ihm  keine  Anschmelzungserscheinungen  zu 
beobachten;  doch  scheint  auch  er  etwas  angegriffen  zu  sein,  da 
das  Glas  an  seiner  Umrandung  einen  schmalen ,  doppelbrechenden 
Saum  zeigt. 

Für  die  eben  beschriebenen  und  zahlreiche  andere  ähnliche 
Gesteinseinschlüsse  ist  das  Auftreten  eines  farblosen,  isotropen 
Minerals  charakteristisch;  ebenso  auffallend  ist  aber  das  Fehlen  von 
Quarz  und  Feldspat,  trotzdem  der  äußere  Habitus  der  Gesteine  mit 
aller  Sicherheit  darauf  hinweist,  daß  hier  mehr  oder  weniger  ver- 
änderte feldspat-  und  zum  Teil  auch  quarzführende  Gesteine  aus  der 
Familie  der  Granite  und  Gneise  vorliegen.  Es  liegt  darum  der  Schluß 
nahe ,  in  der  isotropen  Substanz  mit  ihren  charakteristischen ,  zahl- 
reichen geradlinig  verlaufenden  Spaltrissen  eigenartig  veränderten 
Feldspat  zu  vermuten.  Schon  v.  Gümbel^  hat  diese  Erscheinung  be- 
obachtet und  bereits  darauf  hingewiesen,  „daß  der  feldspatige  Be- 
standteil, ohne  sonst  weiter  erkennbare  Veränderung  durch  ein  wasser- 
helles isotropes  Mineral  ersetzt  werde ,  welches  offenbar  durch  ge- 
wisse Einflüsse  aus  dem  Flagioklas  hervorgegangen  ist". 

Da  wegen  der  Isotropie  die  optische  Untersuchung  nicht  zum 
Ziele  führt,  so  war  zu  versuchen,  ob  durch  chemische  Untersuchung 
die  fragliche  Zugehörigkeit  zu  erweisen  war.  v.  Gümbel^  führt  drei 
Analysen  dieses  Minerals  an,  aus  einem  Diorit  isohert,  von  Schwager 

^  Y.  Gümbel,  Geogn.  Beschreibung  des  Königreichs  Bayern.  Bd.  4  S.  204. 
2  V.  Gümbel,  ebenda.  S.  204. 


—     24     — 

ausgeführt,  wonach  folgende  chemische  Zusammensetzung  festgestellt 
wurde : 


Si  0^  .  .  . 

54,62 

52,64 

50,38 

A1203  .  . 

30.11 

30,03 

29,92 

Fe3  03    .    . 

0,21 

0,18 

0,17 

CaO  .    .    . 

8,57 

9,38 

10,10 

MgO.   .    . 

— 

0,09 

— 

K,0  .    .    . 

1,25 

1,37 

1,48 

Na^O     .    . 

3,67 

3,82 

4,92 

H2O  .    .    . 

1,39 

2,89 

3,23 

99,82  100,40  100.20 

Hieraus  ergibt  sich  in  der  Tat,  daß  das  Mineral  die  Zusammen- 
setzung hat  wie  der  Plagioklas  in  Amphiboliten  oder  Dioriten.  Wie 
V.  GüMBEL  sich  den  Ersatz  der  Feldspatsubstanz  durch  ein  isotropes 
Mineral  denkt,  läßt  sich  aus  seiner  kurzen  Bemerkung  nicht  ersehen. 
Die  von  uns  gemachten  Beobachtungen  lassen  darüber  aber  nicht 
den  geringsten  Zweifel  aufkommen.  Die  Überführung  des  anisotropen 
trüben  Feldspates  mit  seinen  charakteristischen  Spaltrissen  in  die 
wasserklare  Substanz,  in  der  sich  diese  Spaltrisse  noch  erhalten  haben, 
aber  der  optische  anisotrope  Charakter  verloren  ging,  ist  eine  Hitze- 
einwirkung, das  ergibt  sich  aus  den  geschilderten  Verbandverhält- 
nissen klar  und  unzweideutig.  Diese  Erscheinung  gewinnt  dadurch 
ihre  große  Bedeutung,  daß  sie  in  den  Rieseinschlüssen  außerordent 
lieh  weit  verbreitet  ist.  Wir  haben  schon  oben  darauf  hinzuweisen 
Gelegenheit  genommen,  daß  sich  eine  derartige  isotrope  molekulare 
Umformung  ohne  eigentliche  Umschmelzung  beinahe  auf  alle  Gemeng- 
teile der  fremden  Einschlüsse  im  Ries  erstreckt,  nicht  bloß  auf  die 
hier  analysierten  Plagioklase,  sondern  hauptsächlich  auch  auf  Ortho- 
klase und  Quarze,  wie  sie  den  wesentlichen  Bestandteil  der  ein- 
geschlossenen Granite  ausmachen;  denn  gerade  in  granit-  und  gneis- 
artigen Gesteinen  treten  die  geschilderten  Erscheinungen  am  häu- 
figsten auf. 

Für  die  isotrope  Umlagerung  der  Feldspatsubstanz  erscheint  es 
uns  charakteristisch,  daß  ihr  das  Verschwinden  der  trüben  Beschaffen- 
heit der  Feldspäte,  also  eine  namhafte  Aufhellung  vorangeht,  ohne 
daß  der  charakteristische  Verlauf  und  die  Beschaffenheit  der  gerad- 
linigen Spaltrisse  irgendwie  beeinflußt  würde.  Eine  wirkliche  Um- 
schmelzung kann  also  nicht  stattgefunden  haben,  höchstens  kann 
man  eine  zäh  plastische  Erweichung  annehmen,  welche  die  Spalt- 
risse unberührt  ließ. 

Wie    schon   bemerkt   unterliegt    auch    die  Quarzsubstanz  einer 


-     25     — 

ähnlichen  isotropen  ümlagemng;  das  ist  an  quarzführenden  fremden 
Einschlüssen  stellenweise  mit  befriedigender  Sicherheit  festzustellen, 
zumal  wenn  sich  eigenartige  Begrenzung  der  Quarze,  charakteristische 
Rissigkeit  und  andere  Merkmale  des  allgemeinen  Habitus  erhalten 
zeigen.  Nur  sind  die  Zonen  von  Flüssigkeitseinschlüssen  und  Gas- 
einschlüssen verschwunden  und  an  ihre  Stelle  entsprechend  verlaufende 
Risse  getreten. 

Selbstverständlich  kommen  neben  den  beschriebenen  auch  völlig 
verschlackte  und  verglaste,  bereits  stark  eingeschmolzene  Einschlüsse 
vor,  meist  blasig  aufgetrieben,  die  nur  noch  äußerlich  eine  gewisse 
Ähnlichkeit  mit  Graniten  oder  Gneisen  aufweisen.  Sie  sind  weit 
verbreitet  und  können  fast  an  allen  Punkten  unseres  Gebietes  ge- 
funden werden.  Das  ganze  Gestein  ist  dann  in  eine  nahezu  farb- 
lose Glasmasse  umgewandelt,  in  der  wohl  noch  Überreste  von  Quarz 
und  Feldspat  zu  sehen  sind,  aber  nicht  mehr  als  einheitliche  Körner, 
sondern  jene  Formen  der  Umschmelzung,  wie  wir  sie  oben  beschrieben 
haben,  die  Aggregate  feiner  Schüppchen  und  Fasern  bilden.  Die 
ersteren  haben  wir  als  T  r  i  d  y  m  i  t  gedeutet,  die  letzteren  sind  wohl 
regeneriertem  Feldspat  zuzuzählen.  Die  farblose  glasige  Grundmasse 
dieser  eingeschmolzenen  Fragmente  ist  häufig  durch  Feldspatmikro- 
hthen  entglast.  Auch  finden  sich  darin  dunkle  basische  Schlieren, 
die  von  eingeschmolzenem  Biotit  oder  Hornblende  herrühren  dürften. 

4.  Chemische  Zusammensetzung.   Bauschanalysen  der  glasigen  Bomben. 

Nachdem  wir  die  Wirkungen,  die  das  Magma  auf  die  fremden 
Gesteinsmassen  ausgeübt  hat,  die  verschiedenen  Phasen  der  Ein- 
schmelzung  fremden  Materials  festgestellt,  seine  Assimilation  durch 
den  Schmelzfluß  kennen  gelernt  haben,  wissen  wir,  daß  die  sich 
scheinbar  äußerlich  als  gleichartige  Masse  der  Bomben  darbietende 
Gesteinssubstanz  der  Einheitlichkeit  entbehrt,  ein  mechanisches  Ge- 
menge bezw.  eine  Legierung  von  zwei  heterogenen  Bestandmassen 
darstellt.  Wir  haben  damit  den  richtigen  Gesichtspunkt  für  die  Be- 
urteilung der  stofflichen  Zusammensetzung  dieser  Massen  gewonnen, 
v.  GüMBEL^  führt  3  Analysen  von  Bomben  an,  denen  zufolge  er  sie 
zu  den  Liparitgläsern  stellt.  Die  Analysen  I  und  H  sind  von  den 
glasigen  Bomben  des  Tuffes  von  Otting  bei  Monheim,  ausgeführt 
von  ScHAFHÄUTL.  Analyse  HI  von  Schmähingen,  ausgeführt  von 
LoRETz.     Danach  bestehen  die  Bomben  aus: 


V.  Gümbel,  Geogn.  Beschreibung  des  Königreichs  Bayern.  Bd.  4  S.  205. 


-     26 


TiO^ 

AI2O3 

Fe,03 

FeO 

CaO 

MgO, 

K,0 

Na,0 


I. 

IL 

III. 

65,15 

67,55 

66,69 

— 

— 

0,89 

10,85 

15,05 

15,70 

\   5,10 

4,08 

5,39 

2,35 

1,97 

3,97 

7,85 

0,18 

1,88 

5,25 

6,70 

1,13 

1,57 

2,70 

4,47 

1,95 

1,30 

0,45 

100,07 


99, 


100,57 


Auffallend  sind  die  großen  Schwankungen  im  MgO-Gehalt; 
ebenso  der  relativ  hohe  SiOg-Gehalt. 

Auch  vom  Verfasser  sind  verschiedene  Analysen  ausgeführt 
worden;  doch  nie  wurde  ein  Si02-Gehalt  von  67,55 "/o  gefunden. 
Der  höchste  zeigte  65,49  "/o  von  einem  Fladen  am  Heerhof,  der 
niedrigste  58,50  °/o  von  dem  Ammerbacher  Gestein. 

Von  einer  schwarzgrünen,  pechglänzenden  Bombe  von  Zipp- 
1  in  gen  von  etwa  Faustgröße,  wurde  eine  Durchschnittsprobe  zur 
Analyse  ausgewählt,  welche  ergab: 

SiOa 63,84 

TiO^ 0,80 

AI2O3 13,51 

^6^03     • 0,79 

FeO 3,75 

CaO 4,11 

MgO 2,65 

K^O .3,55 

Na.,  0 5,10 

P2O5 Spur 

Hj  0  Glühverlust  .    .  2,81 
100,91 


Die  Bombe  zeigt  im  Dünnschliff  eine  schwachgrünliche  bis  farb- 
lose Glasgrundmasse,  in  der  relativ  wenig  fremde  Einschlüsse  sich 
finden,  und  nur  wenige  dunkle  Schlieren  sind  vereinzelt  darin  zu 
sehen.  Bemerkenswert  ist,  daß  das  meiste  Eisen  in  Form  von  FeO 
darin  enthalten  ist,  weshalb  das  Glas  auch  nahezu  farblos  erscheint. 

An  der  Ringlesmühle  bei  Trochtelfingen  bilden  die  Bomben 
ein  violettes  Glas,  matt,  mit  vielen  Poren.  Das  Gestein  sieht  aus 
wie  ein  künstliches  Glas  und   hat  äußerlich  mit  der  grauviolett  ge- 


—     27     — 

färbten,    gefritteten   Masse   mancher  Zinkmuffeln    eine   gewisse  Ähn- 
lichkeit.    Eine  Durchschnittsprobe  einer  solchen  Bombe  ergab: 

SiO, 64,12 

Tid^ 0,89 

Al,03 14,09 

Fe^Oj 5,63 

CaO   ......    .      4,53 

MgO 3,09 

K,0 1,93 

Na,,  0 4,22 

F.,0, 0,35 

HJ  0  Glüliverlust  .    .      1,68 
100,53 
Im  Dünnschliff  erscheint  die  glasige  Grundmasse  licht  rehbraun 
mit  Schlieren  dunkler  gefärbten  Glases,  die  besonders  die  zahlreichen 
fremden  Einschlüsse  von  Quarz  und  Feldspat  umschliessen.  Die  helleren 
Partien   sind  durch  die  farblosen,   gekrümmten  Mikrolithen  entglast. 
Vom    Heerhof    wurde    ein    Fladen    mittlerer    Größe    für    die 
Analyse  gewählt  von  graublauer  Farbe,  ziemlich  porös.    U.  d.  M.  er- 
kennt  man    ebenfalls  abwechselnd    helle    und    dunkle  Schlieren,    die 
teils  durch  dunkle  Trichiten,  teils  durch  farblose  gekrümmte  Mikro- 
lithen entglast  sind.     Fremde  Einschlüsse  sind  sehr  zahlreich.     Das 

Ergebnis  war: 

SiOj 65,49 

TiO, 0,77 

Al^Oj 12,63 

Fe^O« 2,68 

FeO 2,64 

CaO 4,63 

MgO 2,51 

K,0 3,18 

Na^O 3,63 

P2O5 Spur 

H^  0  Glühverlust  .    .  1,31 
99,47 

Außer  diesen  Gesamtanalysen  wurde  noch  eine  Anzahl  Si  Og- 
Bestimmungen  ausgeführt,  um  den  durchschnittlichen  Gehalt  an  SiO^ 
von  verschiedenen  Punkten  kennen  zu  lernen.  Eine  Bombe  vom 
Goldberg,  äußerlich  mattgrün,  im  Schliff  ein  schlieriges  Glas  von 
verschiedener  Färbung,  ergab  64,05  "/o  Si  O2 ;  eine  schwarzglänzende 
von  Hohlheim,  die  Ähnlichkeit  mit  denen  von  Zipplingen  hat,  nur 
daß  mehr  basische  Schlieren  vorhanden  sind,  ergab  62,82 °/o;  eine 
von  Utzmemmingen,  sehr  kompakt,  von  graublauer  Farbe,  im  Schliff 


—     28     — 

licht  rehbraun  mit  farblosen  gekrümmten  Mikrolithen  und  sehr  vielen 
Fremdeinschlüssen,  hauptsächlich  von  Quarz,  ergab  65,12  *^,o,  und 
endlich  eine  von  Mauren,  von  kohleartigem  Habitus,  u.  d.  M.  tief- 
braun, also  wohl  ziemlich  basisch,  jedoch  mit  zahlreichen  Quarz- 
und  Feldspateinschlüssen,  ergab  63,75*^/0  SiOg. 

Bei  allen  diesen  Gesteinen  wurden  die  sehr  zahlreichen  mikro- 
skopisch kleinen  Fremdeinschlüsse  von  Quarz  und  Feldspat  mit- 
analysiert. Nun  wurde  auch  versucht,  diese  mit  Hilfe  von  schwerer 
Flüssigkeit  von  den  rein  glasigen  Bestandteilen  zu  trennen,  und  zu 
diesem  Zweck  eine  Bombe  von  Zipplingen  gewählt,  die  eine  ziemlich 
homogene,  nahezu  farblose,  isotrope  Grundmasse  aufwies  mit  nicht 
allzuvielen  fremden  Einschlüssen ,  aber  nicht  seltenen  basischen 
Schlieren.  Die  gleichmäßig  und  fein  pulverisierte  Masse  wurde  in 
Thouletsche  Lösung  vom  spez.  Gew.  2,52  eingetragen,  in  der  Vor- 
aussetzung, daß  hierbei  der  glasige  Anteil  vorwiegend  schwimmen 
werde.  Es  zeigte  sich  jedoch,  daß  das  Glas  ziemlich  schwer  war; 
denn  die  ganze  Substanz  senkte  sich  zu  Boden.  Hierauf  wurde  die 
Lösung  auf  2,54 — 2,55  eingestellt,  wobei  eigentlich  nur  Quarz  und 
Feldspat  fallen  sollten,  doch  war  reichlich  dunkles  Glas  als  spezifisch 
schwerer  Anteil  der  Glasmasse  beigemengt.  Nach  mehrmaliger  Tren- 
nung bei  dieser  Konzentration  erwies  sich  zuletzt  das  noch  schwim- 
mende Glas  u.  d.  M.  ziemlich  rein  und  nahezu  farblos.  Von  dieser 
glasigen  Substanz  wurde  eine  SiOg- Bestimmung  gemacht,  welche 
63,35  °/o  Si  Oo  ergab  (gegen  63,84  '^lo  der  bauschalen  Zusammen- 
setzung der  nicht  getrennten  Substanz).  Das  Ergebnis  ist  nun  in- 
sofern überraschend,  als  der  SiO^-Gehalt  des  nicht  getrennten  Ge- 
misches ,  welches  außer  dem  farblosen  Glas  noch  die  Quarz-  und 
Feldspatfragmente  und  einen  nicht  unerheblichen  Anteil  von  dunklen 
Schlieren  enthält,  die  mitfielen,  nur  V2  ";o  höher  ist.  Daraus  würde 
man  jedenfalls  schließen  müssen,  daß  das  braune  Glas  plus  ein- 
geschmolzenem Quarz  und  Feldspat  eine  Zusammensetzung  liefern, 
welche  annähernd  gleich  der  ist  des  farblosen  Glases. 

Ein  von  den  übrigen  Vorkommnissen  einigermaßen  abweichendes 
Gestein  ist  das  von  Ammerbach.  Dasselbe  wurde  bereits  von 
v.  GüMBEL  erwähnt  und  von  v.  Knebel  '  neuerlich  wieder  beschrieben  und 
als  Rhyolitlava  bezeichnet.  Es  tritt  in  ziemlich  massigen  Blöcken 
auf  und  macht  den  Eindruck,  als  habe  man  hier  anstehenden  Schmelz- 
fluß vor  sich,  wofür  es  auch  v.  Knebel  hält.     Im  Dünnschliff  erkennt 


*  V.  Knebel,  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  55  .Tahrg.  1903,  S.  23 
-25  ixnd  S.  43-44. 


—     29     — 


man  eine  glasige  Grundmasse,  schon  ziemlich  stark  entglast  durch 
Feldspatleistchen,  mit  zahlreichen  kleinen  Oktaedern  von  Magnetit. 
Im  übrigen  gleicht  das  Gestein  den  übrigen  Vorkommnissen,  enthält 
auch  zahlreiche  kristalline  Einschlüsse,  v.  Knebel  teilt  auch  eine 
von  ScHO WALTER  ausgeführte  Analyse  I  des  Gesteins  mit.  Die  vom 
Verfasser  von  demselben  Gestein  ausgeführte  Analyse  II  unterscheidet 
sich  wesentlich  von  jener.     Beide  ergaben: 

I.  II. 


SiO^  .  . 

.      64,47 

58,31 

TiO^.   . 

— 

0,78 

Al,03    . 

.      20,30 

15,05 

Fe,03    . 

4,59 

5,46 

CaO  .    . 

2,23 

6,12 

MgO.   . 

0,30 

1,58 

K2O  .   . 

4,21 

4,94 

Na,0    . 

3,34 

3,08 

P,0,.   . 

— 

0,50 

CO,  .    . 

— 

0,80 

H,0.   . 

1,74 

4,37 

101,18  100,99 

Überaus  auffallend  ist  die  hohe  Si Og-Differenz  von  über  6  7o 
in  beiden  Analysen ,  noch  mehr  aber  der  große  AI.,  Og-Gehalt  von 
über  20  "/o  in  Analyse  I,  der  mit  der  hohen  Azidität  des  Gesteines 
von  64,47 7o  SiOg  kaum  vereinbar  ist,  ebenso  unvereinbar  mit  der 
Vorstellung,  die  v.  Knebel  kundgibt,  daß  das  Gestein  durch  Zusammen- 
schmelzung von  einer  Basaltlava  und  granitischem  Material  entstanden 
sei.  Auch  ist  an  der  Analyse  I  auszusetzen,  daß,  abgesehen  von 
TiOg  und  P2O5,  keine  COg  gefunden  wurde.  Überall  in  dem  Ge- 
stein ist  nämlich  Kalkspat,  entweder  als  Ausfüllung  der  kleinen  Poren 
oder  in  Form  von  Einschlüssen  nachzuweisen.  Beliebige  Stücke  des 
Gesteins  entwickeln,  in  verdünnte  HCl  gelegt,  Kohlensäure. 

Nach  Abzug  der  0,80%  COg  und  des  daran  gebundenen  CaO 
ist  das  Bild  der  Analyse  II  folgendes : 

SiO, 58,79 

TiO, 0,78 

Al,03 15,27 


CaO. 
MgO 


Na^O 
HjO. 


5,50 
5,13 
1,58 
4,97 
3,10 
0,50 
4,40 


100,02 


30 


Um  einen  besseren  Vergleich  für  die  Zusammensetzung  der 
glasigen  Bomben  zu  bekommen,  wurde  versucht,  für  die  Analysen 
eine  Formel  nach  der  Methode  von  Osann  ^  zu  berechnen.  Danach 
gestalten  sich  die  Analysen  vom  Heerhof,  von  der  Ringlesmühle  und 
von  Ammerbach  II,  indem  die  Molekularquotienten,  auf  100  berechnet, 
aufgestellt  werden,  folgendermassen : 

Heerhof  Einglesmühle 


sioa 

TiOj 

A\(\ 

FeO 

CaO. 

MgO 

Na,  0 


71,76 

8,07 
4,57 
5,39 
4,18 
2,21 
3,82 


71,88 

9,20 
2,34 
5,38 
5,15 
1,36 
4,53 
0,16 


Ammerbach  II 

70,13 

10.54 
2,44 
6,51 
2,83 
3,75 
3,55 
0.26 


100,00 


100,00 


100,01 


Daraus  berechnet  sich  als  Typenformel  für : 


^2^12  «6,5 


H  e  e  r  h  0  f :    s„„  a. 


Ringlesmühle:    s^g^cr 
Ammerbach  II:    s,„ a, 


^3.5^10  «7.5 


wobei  a  -{-  c  -{-  f  =  20  sein  muß. 

Hiernach  würden  sich  die  glasigen  Auswurfsmassen ,  den  auf- 
gestellten Typenformeln  zufolge,  am  besten  an  die  Gruppe  der  Dacite 
und  Hornblende-Glimmer-Andesite  anreihen ,  unter  der  Vor- 
aussetzung, daß  sie  eine  einheithche  Eruptivmasse  darstellen,  als 
was  sie  bis  jetzt  angesehen  wurden. 

Berücksichtigt  man  nun,  daß,  wie  aus  der  ausführlichen  Schilde- 
rung hervorgeht,  die  untersuchten  Gesteine  reichliche  Mengen  von 
granitischen  und  gneisigen  Bestandteilen,  teils  in  Form  von  fremden 
Einsprengungen ,  teils  in  bereits  völlig  eingeschmolzenem  Zustande 
beigemengt  enthalten ,  die  das  Mengenverhältnis  der  Bauschanalyse 
in  hohem  Grade  und  in  ganz  bestimmter  Richtung  beeinflussen  und 
zwar  durch  Hinzufügung  reichlich  saurer  fremder  Bestandteile ,  so 
kann  naturgemäß  das  ursprüngliche  Magma  nicht  einem  Dacit  oder 
Hornblende- Glimmer- Andesiten  entsprochen  haben,  sondern  muß  viel 
basischer  gewesen  sein ,  wie  das  auch  schon  aus  der  Beteiligung 
dunklen  Glases  hervorgeht,  sofern  dieses  als  primärer  Bestandteil 
mancher  Bomben  anzusehen  ist. 


Osann,  Tschermak's  Petr.  Mitteil.  Bd.  XIX  Jahrg.  1900,  S.  351—375. 


—     31     — 

Zu  der  Analyse  I  des  Gesteins  von  Ammerbach  ist  noch  zu 
bemerken,  daß  v.  Knebel  ebenfalls  versucht  hat,  nach  obiger  Methode 
die  Formel  aufzustellen,  wobei  er  fand : 

^(U,5  ^13,7  ^29,7      -  23,4  ^^5,7" 

Die  nähere  Betrachtung  dieser  Formel  lehrt,  daß  diese  eine 
Unmöglichkeit  darstellt.    Es  erübrigt,  hierauf  hingewiesen  zu  haben. 

Wenn  wir  die  chemischen  Ergebnisse  mit  Rücksicht  auf  die 
Frage  nach  der  ursprünglichen  Zusammensetzung  des  Magma 
der  Riesgesteine  zusammenfassen,  so  ergibt  sich  etwa  folgendes: 

Was  den  SiOg-Gehalt  anbelangt,  so  nehmen  die  glasigen  Aus- 
wurfsmassen eine  bestimmte  Stellung  ein.  Sie  enthalten  58,3  bis 
65,5  ^/o  SiOg  (bis  67,5*^/0  nach  v.  Gümbel).  Die  eingeschmolzenen  Ge- 
steine bestehen  vorwiegend  aus  hellen  Graniten  und  Gneisen,  seltener 
aus  Amphibolgesteinen.  Die  Riesgranite  und  -Gneise  enthalten  nach 
V.  Gümbel  70— 74''/o  SiOa  (s.  S.  7).  Es  wäre  demnach  unmöglich, 
daß  durch  reichliche  Einschmelzung  solcher  Massen  ein  Si  O^-Gehalt 
von  58— eS'^/o  erzielt  werden  könnte,  wenn  das  Magma  an  sich 
schon  ein  stark  saures,  ein  liparitisches,  wie  man  es  bisher  be- 
zeichnet hat,  gewesen  wäre.  Die  Einschmelzung  von  den  angeführten 
Massen  würde  nur  eine  geringe  stoffliche  Veränderung,  aber  keine 
wesentliche  Herabminderung  des  SiOo  hervorgerufen  haben. 

Das  Magma  muß  demnach  wohl  basischer  gewesen  sein.  Auf- 
fallend ist  vor  allem  der  relativ  hohe  Eisengehalt,  den  die  Bausch- 
analyse angibt;  er  verträgt  sich  ebensowenig  mit  jener  Vorstellung 
und  erklärt  sich  nicht  aus  der  Addition  granitischer  Einschlüsse  zu 
einem  liparitischen  Magma ;  er  wird  als  primär,  als  charakteristischer 
Bestandteil  eines  basischen  Glases  anzusehen  sein,  die  eingeschmol- 
zenen Granite  und  sauren  Gneise  können  dem  Magma  nicht  viel 
Eisen  zugeführt  haben.  Auch  der  hohe  Gehalt  an  MgO  kann  aus 
denselben  Gründen  nicht  durch  Einschmelzen  herrühren,  sondern  ist 
primär.  Granitische  und  gneisige  Massen  haben  sich  dem  ursprüng- 
lich basischen  Magma  beigemengt;  das  jetzige  Gestein  stellt  eine 
Mischung  dieser  beiden  dar. 

Deffner  und  0.  Fraas  ^  haben  bis  zu  einem  gewissen  Grade 
die  Entstehung  der  vulkanischen  Riesgesteine  richtig  interpretiert, 
insofern  als  in  manchen  der  Bomben  lediglich  umgeschmolzene  gra- 
nitische Gesteinsmasse  einen    sicherlich   vorherrschenden  Bestandteil 


*  Deffner    und   0.   Fraas,    Geogn.   Beschreib,   des   Bl.    Boplingen    der 
geogn,  Spezialk.  von  Württ.     S.  12. 


—     32     — 

ausmacht.  Die  Auffassung  genannter  Autoren,  welche  „ihre  Trachyt- 
bomben"  von  umgeschmolzenem  Granit  ableiten,  ist  aber  dahin  zu 
modifizieren,  daß  die  Einschmelzung  unter  Hinzutreten  eines  ursprüng- 
lichen basischen  Magmas  erfolgte ,  das  sich  anscheinend  in  äußerst 
verschiedenen  Mengenverhältnissen  mit  dem  durchbrochenen,  zer- 
schmetterten kristallinen  Gestein  mischte.  Schon  eingangs  wurde 
darauf  hingewiesen,  daß  die  von  Deffner  und  Fraas  vorgeschlagene 
Bezeichnung  Trachyt  unzulässig  ist,  schon  im  Lichte  der  An- 
schauung dieser  Autoren  und  jetzt  auf  Grund  unserer  Untersuchungen. 
V.  GüMBEL  nennt  die  glasigen  Auswurfsmassen  ihrer  chemischen 
Zusammensetzung  nach  Liparitgläser.  An  und  für  sich  ist  es 
schon  auffallend,  im  Ries  liparitische  Magmen  zur  Eruption  gelangt 
zu  sehen ,  sie  würden  damit  die  einzigen  bekannten  Vorkommen  in 
Deutschland  darstellen.  Unsere  Untersuchungen  haben  nun  gelehrt, 
daß  aber  diese  Gesteine  eine  Ausnahmestellung  in  dieser  Hinsicht 
gar  nicht  beanspruchen  können,  denn  es  sind  tatsächlich  keine 
Liparite,  auch  das  Ries  hat,  als  der  bisher  für  Deutschland  einzig  be- 
kannte Fundort,  keine  Liparite  produziert.  Und  doch  nehmen  die  Ries- 
gesteine eine  Sonderstellung  ein;  diese  beruht  in  einer  beispiellos  in- 
nigen Verschmelzung  von  einem  ursprünglich  basischen  Magma  mit  den 
durchbrochenen  alten  Massen.  Es  ist  demnach  sehr  wahrscheinlich,  daß 
das  ursprüngliche  Riesmagma  eine  ähnhche  Zusammensetzung  gehabt 
hat,  wie  in  dem  Basaltgebiet  bei  Urach  und  im  Hegau.  Aber  auch 
abgesehen  davon,  daß  wir  in  dem  Riesgestein  ein  mechanisches 
Gemenge  zu  erkennen  haben,  bleibt  die  Bezeichnung  Liparit  immer 
unzutreffend,  lediglich  in  Hinblick  auf  die  stoffliche  Zusammensetzung 
der  Bauschanalyse,  denn  ein  Gestein  mit  58 — 65*^/0  SiOo,  mit  4 — 6^/o 
Fe^O.5  und  2 — 3°/o  MgO  (bis  7,85  °/o  nach  v.  Gümbel)  entspricht  nicht 
der  Zusammensetzung  eines  liparitischen  Magmas. 

III.  Technische  Verwendung  der  Tuffe. 

Das  Ries  ist  an  guten  Bausteinen  ziemlich  arm.  Der  Keuper 
liefert  hier  kein  brauchbares  Baumaterial,  die  Sandsteine  werden  zu 
losen  Sandschichten.  Der  weiße  Jura  ist  vielfach  vergriest,  in  sich 
zertrümmert,  also  auch  meist  unbrauchbar.  Nur  der  Tertiärkalk 
kann  verwendet  werden;  dazu  kommen  noch  die  vulkanischen 
Tuffe,  die  sehr  gesucht  sind.  Besonders  brauchbar  sind  die  mit 
CaCOg  verfestigten  Tuffe.  Viele  Bauernhäuser  im  Ries  sind  aus 
diesen  Tuffen  gebaut,  besonders  im  Vorries  in  der  Gegend  von  Auf- 
hausen und  Amerdingen,  wo  heute  noch  reger  Abbau  in  den  großen 


-     33     — 

Steinbrüchen  getrieben  wird.  Wie  gesagt,  zeichnen  sich  gerade  die 
Tuffe  des  Vorrieses  durcli  ihre  gleichmäßige  Zusammensetzung  aus, 
was  eben  bedingt,  daß  sie  als  Bausteine  gute  Verwendung  finden 
können.  Tuffe,  die  große,  blasig  aufgetriebene  Bomben  und  Fladen 
enthalten ,  sind  weniger  geeignet ,  da  diese  der  Verwitterung  leicht 
anheimfallen.  Daß  sich  die  Tuffe  als  Baumaterial  wirklich  bewähren 
und  nicht  nur  gelegentlich  benutzt  werden,  das  zeigt  die  Stadtkirche 
von  Nördlingen  mit  ihrem  hohen  Turm,  zu  der  der  vulkanische  Tuff 
an  der  Altenbürg  ausschließlich  das  Material  lieferte. 

Eine  weitere  Verwendung  sollen  neuerdings  die  Tuffe  noch 
finden  als  Zement.  Schon  im  Anfang  des  vorigen  Jahrhunderts 
wurde  der  Tuff  von  Otting  bei  Monheim  in  dieser  Beziehung  unter- 
sucht, wobei  nicht  ungünsige  Resultate  erzielt  wurden.  Doch  geriet 
diese  Verwendung  in  Vergessenheit  und  erst  vor  kurzem  hat  Endriss 
wieder  darauf  hingewiesen,  die  Tuffe  des  Vorrieses  in  ähnlicher  Weise 
wie  den  Traß  des  Brohltales  zu  verwenden.  Hierauf  angestellte 
Versuche  ergaben  günstige  Resultate ;  weitere  Untersuchungen  sind 
im  Gange.  Nach  einer  mündhchen  Mitteilung  von  Prof.  A.  Sauer 
beruht  wahrscheinlich  die  hydraulische  Wirkung  des  Traß  bei  Ver- 
mischung mit  Kalk  darauf,  daß  sich  nur  das  noch  nicht  hydra- 
tisierte,  also  ziemlich  frische  Gesteinsglas  mit  Kalk  energisch  che- 
misch verbindet;  deshalb  sollten  möglichst  frische  Tuffe  dieser  Art 
verwendet  werden,  was  bei  weiteren  praktischen  Versuchen  wohl 
zu  beachten  wäre.  Sind  die  Tuffe  nicht  mehr  frisch,  ist  das  glasige 
Material  bereits  hydratisiert,  dann  hat  das  Material  seine  bindende 
Eigenschaft  verloren.  Als  der  zu  diesen  Zwecken  geeignetste  Tuff 
wäre  der  von  Zipplingen  zu  empfehlen ;  doch  müßten  darüber  noch 
Versuche  angestellt  werden.  Daß  auch  die  Tuffe  des  Vorrieses  sich 
eignen ,  ist  nicht  zu  bezweifeln ;  doch  machen  sie  schon  äußerlich 
nicht  den  frischen  Eindruck  wie  das  Zipplinger  Gestein ;  auch  ist 
ihr  glasiger  Anteil  geringer. 

Spezielle  Beschreibung  der  wichtigsten  Punkte. 

Da  die  vulkanischen  Tuffe  im  Ries  nach  ihrem  geologischen 
Vorkommen  und  in  ihrer  Struktur  große  Verschiedenheiten  aufweisen, 
möge  noch  eine  kurze  Beschreibung  einer  Anzahl  durch  Aufschlüsse 
zugänglicher  Tuffvorkommnisse  folgen. 

Zipplingen.  Im  Norden  des  Rieses,  hinter  dem  Dorfe  Zipp- 
lingen, befindet  sich  ein  Hügel,  die  Zipplinger  Höhe,  welche  vulka- 
nischen Ursprungs  ist.     Sicherlich  hat  man  es  hier  mit  einem  selb- 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905.  3 


—     34     - 

ständigen  Ausbruchspunkt  zu  tun  K  Am  Nordabhang  des  Hügels  ist 
ein  Aufschluß;  aber  der  Tuff  ist  hier  vollständig  verwittert.  In 
frischem  Zustand,  wie  er  auf  der  Höhe  im  Fahrwege  heraustritt,  ist 
er  sehr  glasreich.  Die  Grundmasse  besteht  aus  kleinen ,  bouteille- 
grünen  Glaskügelchen ,  in  der  größere  Bomben  eingebettet  liegen, 
von  porösem,  beinahe  bimssteinartigem  Habitus.  Auch  dichtere, 
schwarze,  pechglänzende  Bomben  sind  nicht  selten.  U.  d.  M.  erkennt 
man  ein  schwach  gelblichgrün  bis  nahezu  farblos  isotropes  Glas,  mit 
vielen  perlitischen  Sprüngen  und  zahlreichen  fremden  Einschlüssen 
von  Quarz  und  Feldspat,  doch  nicht  so  häufig  wie  an  anderen  Punkten. 
Flüssigkeitseinschlüsse  sind  sehr  verbreitet  und  zwar  meist  in  gruppen- 
förmigen  Anhäufungen.  Entglasungsprodukte  sind  spärlich ;  manche 
Partien  sind  durch  Mikrofelsit,  andere  durch  Sphärolithe  entglast- 
hier  und  da  finden  sich  auch  Feldspatmikrolithen.  Über  die  chemische 
Zusammensetzung  s.  S.  26.  Unter  den  kristallinen  Einschlüssen  sind 
helle  Granite  und  Gneise  hervorzuheben,  vielfach  stark  verändert; 
unter  den  letzteren  ist  hauptsächlich  ein  Gestein  zu  erwähnen,  be- 
stehend aus  zersetztem  Biotit,  isotrop  gewordenem  Feldspat  und 
Granat;  ferner  ein  Gestein,  bestehend  aus  Granat,  Sillimanit,  Biotit, 
der  in  einer  pinitähnlichen  Masse  liegt ,  die  sich  auch  zwischen  die 
Granatkörner  einzwängt.  Unter  den  Sedimentgesteinen  sind  rote 
Keupertone,  Stubensandstein,  Braunjura  a  und  ß  häufig,  während 
die  höheren  Braunjuraschichten  und  Weißjura  fehlen  (Branco-Fraas, 
Das  vulkanische  Ries,  S.  121). 

Kreuthof.  Südlich  von  Zipplingen,  am  Kreuthof,  setzt  vulka- 
nischer Tuff  anscheinend  im  Granit  auf.  Der  Tuff  ist  sehr  fein- 
körnig; Fladen  und  größere  kristalhne  Gesteinsbrocken  sind  sehr 
selten.  Er  besteht  vorwiegend  aus  verschieden  gefärbten  Lapillis, 
aus  Feldspat,  hauptsächlich  Orthoklas,  meist  getrübt,  aus  Quarz  in 
meist  eckigen  Splittern,  aus  grüner  Hornblende  und  selten  auch  Biotit. 

Heerhof.  NördUch  von  Trochtelfingen,  etwas  östlich  vom  Heer- 
hof, ist  auf  einer  kleinen  Anhöhe  ein  Tuffvorkommnis.  Dort  finden 
sich  die  bekannten  schönen  Fladen ,  die  aus  dem  zersetzten  Tuff 
herausgewittert  sind.  Sie  sind  teils  ziemlich  kompakt,  teils  auch 
sehr  porös  mit  den  bekannten  strickartig  gedrehten  und  gewundenen 
Formen.  U.  d.  M.  zeigen  sie  ein  Gesteinsglas,  aus  hellen  und  dunklen 
Schlieren  bestehend,  teils  isotrop,  teils  auch  schwach  doppelbrechend. 
Es  ist  entweder  durch  farblose,  gekrümmte  Mikrolithen  oder  durch 


Vergl.  Branco-Fraas  S.  121. 


—    35    — 

dunkle  gebogene  Trichiten  entglast.  Quarz-  und  Peldspateinschlüsse 
sind  zahlreich ;  dagegen  fehlen  meist  Flüssigkeitseinschlüsse.  Die 
chemische  Zusammensetzung  s.  S.  27.  Die  größeren  kristallinen  Ge- 
steinseinschlüsse sind  meist  verschlackt  und  nicht  sehr  häufig;  Sedi- 
mentgesteine fehlen  ganz. 

Goldberg.  Südöstlich  davon  am  Goldbach  ist  ein  großer  Stein- 
bruch in  vulkanischem  Tuff,  der  in  massigen  Blöcken  gebrochen  wird. 
Die  Bomben  sind  fest  in  den  Tuff  eingebacken.  Das  Magma  ist  hier 
häufig  in  der  Weise  differenziert ,  daß  sich  die  dunklen ,  basischen 
Partien  in  kugeligen  Gebilden  absondern.  Der  SiO.^-Gehalt  einer 
Bombe  betrug  64,05  "/o.  Unter  den  kristallinen  Einschlüssen  sind 
parallel  struierte  Gesteine  hervorzuheben,  bestehend  aus  Feldspat, 
meist  Orthoklas  mit  nur  noch  ganz  schwachen  Interferenzfarben,  und 
aus  braungrüner  Hornblende  mit  starkem  Pleochroismus. 

Ringlesmühle.  An  der  Straße  von  Hertsfeldhausen  nach  Utz- 
memmingen,  im  Rohrbachtal,  nahe  der  Ringlesmühle,  ist  ein  weiterer 
vulkanischer  Punkt.  Matte  violette  Bomben  sind  hier  charakteri- 
stisch und  zeigen  u.  d.  M.  abwechselnd  dunkle  und  helle  Schlieren, 
welch  letztere  durch  farblose  gekrümmte  Mikrolithen,  die  hier  ihre 
schönste  Ausbildung  haben,  entglast  sind;  erstere  enthalten* vielfach 
Feldspatmikrolithen.  Chemische  Zusammensetzung  s.  S.  27.  Größere 
kristalline  Gesteinsbrocken  sind  selten.  Sie  bestehen  wesentlich  aus 
braungrüner  Hornblende  und  isotrop  gewordenem  Feldspat  mit  zahl- 
reichen Apatitnadeln  und  nicht  selten  auch  Titanitkristallen. 

Altenbürg.  Südöstlich  davon,  an  dem  Hofe  Altenbürg,  ist 
ein  großer,  jetzt  verlassener  Steinbruch'  im  vulkanischen  Tuff,  der 
das  Baumaterial  zum  Dom  von  Nördlingen  lieferte.  Die  vulkanischen 
Bomben  sind  ganz  ähnlich  denen  der  Ringlesmühle.  In  diesem  Tuff 
liegen  zahlreiche  vergrieste  und  graugebrannte  Weißjurablöcke.  Der 
Tuff  selbst  ist  verkittet  durch  Kalkspat,  der  auch  die  Hohlräume 
der  glasigen  Bomben  ausfüllt.  Granitische  Einschlüsse  sind  nicht 
selten,  doch  meist  völlig  verschlackt. 

Reitersbuck.  Zwischen  Ringlesmühle  und  Altenbürg  ist  ein 
drittes  vulkanisches  Vorkommnis  am  Reitersbuck.  Auch  hier  sind 
die  Bomben  sowohl  in  ihrem  äußeren  Habitus  als  auch  mikroskopisch 
genau  dieselben  wie  an  diesen  Punkten;  auch  die  kristallinen  Ein- 
schlüsse sind  dieselben  wie  an  der  Ringlesmühle.  Das  nahe  Bei- 
sammensein   dieser    drei  Lokalitäten ,    sowie    die   Gleichartigkeit    der 

*  unlängst  wieder  auf  getan. 


—     36     — 

Bomben  lassen  vielleicht  auf  einen  direkten  räumlichen  Zusammen- 
hang derselben  schließen. 

Trochtelfingen.  Südöstlich  von  Trochtelfingen  findet  man  auf 
den  Feldern  Brocken  vulkanischen  Tuffes,  die  ebenfalls  dem  Tutf  der 
Ringlesmühle   gleichen. 

Windhäu.  Noch  etwas  weiter  südlich  von  der  Altenbürg,  an 
der  Landstraße  Neresheim — Nördlingen,  ist  ein  weiterer  Punkt,  der 
aber  nicht  aufgeschlossen  ist.  Die  umherhegenden  Brocken  bilden 
ein  ziemlich  dunkelbraunes  Glas,  das  durch  Feldspatmikrolithen  ent- 
glast ist.  Als  kristallinischer  Einschluß  wurde  ein  hellrötliches  Ge- 
stein gefunden,  porös,  vollständig  verschlackt  zu  einem  farblosen, 
merkwürdigerweise  stark  sphärolithisch  doppelbrechenden  Glas. 

Utzmemmingen.  Hinter  dem  Dorfe,  da  wo  die  Straße  nach 
Hohlheim  abbiegt,  ist  ein  Bruch  in  vulkanischem  Tuff.  Darin  stecken 
viele  blaugraue  Bomben  und  Fladen,  meist  blasig  aufgetrieben,  doch 
sind  auch  sehr  kompakte  darunter.  U.  d.  M.  ist  das  Glas  hellbraun, 
häufig  doppelbrechend,  meist  durch  gekrümmte  Mikrolithen  entglast; 
an  den  Quarz-  und  Feldspateinschlüssen  lassen  sich  die  Korrosions- 
erscheinungen ausgezeichnet  studieren.  Der  SiOo- Gehalt  einer 
Bombe  'betrug  65,12  ^/o.  Kristalline  Einschlüsse  sind  sehr  zahl- 
reich, besonders  viele  helle  Granite,  feinkörnige  Gneise  mit  aus- 
geprägter Parallelstruktur ,  sowie  dioritische  Gesteine.  In  einem 
gefritteten  Augengneis  waren  an  den  isotrop  gewordenen  Feld- 
späten Spaltrisse  nach  zwei  Richtungen  noch  ausgezeichnet  erhalten. 
Das  Bindemittel  des  Tuffes  ist  kalkig,  durch  Fe^,  O3  vielfach  rot- 
braun gefärbt. 

Hohlheim.  Nahe  am  Kirchhof,  an  der  Straße  von  Hohlheim 
nach  Neresheim,  befindet  sich  ein  vulkanischer  Schlot,  den  Koken 
eingehend  beschrieben  hat  (Studien  im  fränk.  Ries.  N.  Jahrb.  f. 
Min.  etc.  Beil.-Bd.  XH.  1899,  S.  505).  Die  Bomben  sind  meist 
schwarzglänzend,  aus  abwechselnd  hellen  und  dunklen  Schlieren  be- 
stehend ,  fast  ohne  Entglasungsprodukte.  Dann  finden  sich  auch 
matte  Bomben ,  die  aus  einem  einheitlichen  dunklen ,  graubraunen 
Glas  bestehen,  das  durch  Feldspatleistchen  entglast  ist.  Die  Struktur- 
verhältnisse s.  S.  9.  Unter  den  kristallinen  Einschlüssen  sind  Granite 
und  Diorite  hervorzuheben,  die  meist  verschlackt  sind. 

Schmähingen.  Diese  Lokalität  ist  dadurch  sehr  interessant. 
daß  nach  Branco  (Das  vulkan.  Vorries,  S.  58)  granitische  Rxplosions- 
produkte  in  Verbindung  treten  mit  echten  vulkanischen  Tuft^en.  Die 
meist  schwarzen,  glänzenden  Bomben  haben  ein  ähnliches  Aussehen 


-     37     — 

wie  bei  Zipplingen  und  zeigen  u.  d.  M.  ein  schwach  gelblichbraun 
gefärbtes  Glas.  Als  kristalliner  Einschluß  ist  das  schon  oben  be- 
schriebene (S.  21)  Gestein  hervorzuheben ,  bestehend  aus  Diallag, 
brauner  Hornblende  und  isotrop  gewordenem  Feldspat. 

Ammerbach.  Diese  Örtlichkeit,  nahe  dem  Dorfe ,  ist  schon 
von  V.  Knebel  beschrieben  worden  und  nach  diesem  Autor  die  einzige, 
von  ihm  zuerst  nachgewiesene,  wo  im  Ries  anstehender  Schmelzfluß 
vorkommen  soll.  Ich  habe  gleich  anfangs  (S.  5)  meine  Bedenken 
gegen  diese  Auffassung  gehabt  und  diese  oben  kurz  angedeutet.  Auf 
einer  letztmaligen  Exkursion  an  diesen  Punkt  ist  es  mir  nun  ge- 
lungen, am  Fuß  der  kleinen  Kuppe,  wo  das  Gestein  etwas  verwittert 
ist,  die  schönsten  Fladen  und  Bomben  herauszuholen,  und  zwar  von 
einer  so  typischen  Form,  daß  sie  den  Heer  hofer  Fladen  zum 
Verwechseln  ähnlich  sind.  Mitten  unter  diesen  Bomben  liegen 
kristalline  Einschlüsse  und  größere  Blöcke  desselben  Materials, 
wie  sie  weiter  oben  anstehen  und  allerdings  bei  Überwachsung  der 
Oberfläche  den  Eindruck  hervorrufen  können,  als  bilden  sie  anstehende 
Lava.  Es  ist  danach  kaum  mehr  zweifelhaft,  daß  man  auch  hier 
nur  Tuff  vor  sich  hat,  wie  am  Heerhof  und  anderen  Lokalitäten. 
Über  mikroskopische  Beschaffenheit  und  chemische  Zusammensetzung 
s.  S.  17  und  29.  Die  kristallinen  Einschlüsse  scheinen  vorwiegend 
dem  Granit  anzugehören,  aber  sie  sind  meist  völlig  verglast. 

Ein  ähnliches  Gestein  liefert  Polzingen.  An  der  Landstraße 
vor  dem  Dorfe  ist  ein  kleiner  Steinbruch  im  Tuff,  von  tertiären  Sau- 
den umgeben.  Der  Tuff  ist  sehr  kompakt,  massige  Blöcke  bildend, 
von  eigenartig  rosarotem  und  grünem  Aussehen.  Das  poröse,  glas- 
reiche Gestein  zeigt  u.  d.  M.  eine  gelblichbraune  Glasbasis  mit 
schwacher  Doppelbrechung.  In  dieser  liegen  lange,  in  rotes  Feo  Og 
übergegangene  Mikrolitlien,  die  die  rote  Farbe  des  Gesteins  bedingen. 
Manche  Partien  sind  auch  durch  Feldspatmikrolithen  entglast.  Unter 
den  kristallinen  Einschlüssen  scheinen  Hornblendegesteine  vorzu- 
herrschen,  meist  auch  verschlackt. 

Hainsfarth.  Am  sogen.  Schinderhengst  bei  Hainsfarth  ist  eben- 
falls vulkanischer  Tuff  aufgeschlossen.  Man  sieht  über  dem  Tuff 
„wechselnde  Lagen  von  braunrotem,  grünlichem,  gelbbraunem  und 
lederbraunem  Ton  mit  teils  sandiger,  teils  kalkiger  Beschaffenheit 
und  oft  mit  aufgewühltem  Untergrunde  vermengt,  welcher  nach  oben 
in  den  in  jener  Gegend  mächtig  entwickelten  Süßwasserkalk  über- 
geht" (v.  GüMBEL,  Geogn.  Beschreibg.  des  Königr.  Bayern,  S.  213).  Die 
Bomben  sind  schwarzglänzend,  ähnlich  den  Zipplinger,  auch  in  der 


—     38     — 

mikroskopischen  Beschaffenheit.  Ein  völHg  verschlackter  Granit,  sowie 
ein  Sandstein  wurden  gefunden,  der  jedoch  keine  Veränderung  aufwies. 

Bei  Ottingen,  nahe  der  Aumühle ,  ist  ebenfalls  vulkanischer 
Tuff  anstehend ,  von  dem  aber  frisches  Material  sehr  schwer  zu 
bekommen  ist.  Er  hat  große  Ähnlichkeit  mit  dem  Tuff  von 
Hainsfarth. 

Dies  sind  die  wichtigsten  Tuffvorkommnisse  des  eigentlichen 
Rieses;  ehe  wir  die  des  sogen.  Vorrieses  betrachten,  ist  noch  ein 
Punkt  bei  Christgarten,  an  der  Papiermühle,  zu  erwähnen. 
Dort  ist  ein  ansehnlicher  Hügel  von  vulkanischem  Material  gebildet. 
Die  Bomben  bilden  ein  dunkelbraunes,  beinahe  undurchsichtiges  Glas, 
das  spärliche  Feldspatmikrolithen  enthält.  Das  Bindemittel  des  Tuftes 
ist  kalkig. 

Im  Vorries,  südlich  von  Christgarten,  ist  zunächst  das  aus- 
gedehnte Tuffgebiet  von  Aufhausen  zu  erwähnen  ;  ein  schöner  Bruch 
befindet  sich  am  Kesselbach.  Der  Tuff  ist  sehr  gleichmäßig ;  größere 
Bomben  und  kristalline  Einschlüsse  sind  selten.  Er  besteht  aus  ver- 
schieden gefärbten  Lapillis  von  meist  gelbem  und  braunem  Glas, 
meist  etwas  doppelbrechend,  manche  durch  gekrümmte  Mikrolithen 
entglast,  ferner  aus  Quarz-  und  Feldspat-,  seltener  auch  Biotit-  und 
Hornblendefragmenten.  Das  Bindemittel  ist  teils  kalkig,  teils  zeo- 
lithisch.     Stücke  von  Weißjurakalk  sind  nicht  selten. 

Noch  mehr  südlich  sind  die  Tuffgebiete  von  Höfen,  Eglingen, 
Osterhofen,  die  Endriss  näher  beschrieben  hat  (Ber.  des  oberrh. 
geol.  Ver.  1908,  S.  20).  Auf  dessen  Veranlassung  sind  in  den  schlecht 
aufgeschlossenen  Gebieten  Grabungen  und  Schürfungen  vorgenommen 
worden,  so  daß  dadurch  ziemlich  frisches  Material  gewonnen  wurde. 
Es  besteht  aus  kleinen  Lapillis  eines  hellbraunen  Glases,  aus  un- 
regelmäßig geformten  Glasfetzen,  aus  Quarz  und  Feldspat,  teils  frisch, 
häufig  aber  isotrop  geworden,  und  seltener  Hornblende.  Weißjura- 
stückchen sind  überall,  wenn  auch  spärhch,  zu  finden.  Die  Lapillis 
sind  häufig  am  Rande  getrübt,  welche  Trübung  bei  starker  Ver- 
größerung sich  in  winzige  Körnchen  auflöst,  die  nach  innen  zu  all- 
mählich übergehen  in  farblose  gekrümmte  Mikrolithen,  durch  die  das 
Innere  der  Lapillis  meist  entglast  ist.  Bei  Osterhofen  wurde  eine 
größere  graue  Bombe  gefunden ,  die  ein  gelbliches  isotropes  Glas 
zeigt,  das  teils  durch  zierliche,  gebogene  Trichiten,  teils  durch  kleine 
Feldspatmikrolithen  entglast  ist. 

Amerdingen.  Östlich  von  den  eben  genannten  Gebieten  ist 
bei  Amerdingen    vulkanischer  Tuff   in  zwei  Brüchen  aufgeschlossen; 


—     39     - 

er  gleicht  so  sehr  dem  Tuff  von  Auf  hausen,  daß  eine  nähere  Be- 
schreibung unnötig  erscheint;  nur  daß  vielleicht  etwas  mehr  kalkiges 
Material  sich  an  der  Bildung  beteiligt.  Hohlräume  in  Tuffen  sind 
häufig  mit  zierlichen  Kalkspathkrystallen  ausgefüllt. 

Mauren.  Eines  der  größten  Tuffgebiete  im  Ries  ist  das  von 
Mauren.  Nördlich  vom  Dorf  am  Waldrand  ist  ein  großer  Bruch. 
Ein  zweiter  befindet  sich  weiter  östlich  davon,  doch  ist  dieser  ver- 
lassen und  daselbst  nur  noch  schlechtes  verwittertes  Material  zu 
finden.  Im  ersten  Bruch  bildet  er  massige  Blöcke;  die  glasigen 
Bomben  haben  ein  schwarzes,  kohliges  Aussehen,  sind  porös  und 
leicht  zerbröckelnd,  meist  Nußgröße ;  selten  finden  sich  auch  größere 
langgestreckte.  Die  Hohlräume  sind  mit  Kalkspat,  teils  nierenförmig, 
teils  als  zierliche  Kristalle  ausgefüllt.  U.  d.  M.  erkennt  man  in  den 
Bomben  ein  tief  braunes,  sehr  gleichartiges  Glas,  mit  zahlreichen 
fremden  Einschlüssen,  an  denen  man  die  Einschmelzung  mit  dem 
hellen  Glassaum  schön  studieren  kann.  Die  kristallinen  Einschlüsse 
sind  sehr  zahlreich  und  teils  kopfgroß.  Kalkstücke  sind  sehr  häufig 
und  bis  4  cm  groß  und  hochkristallin  geworden. 

Bollstadt.  Im  Wolfental,  in  der  Nähe  von  Bollstadt,  befindet 
sich  auch  ein  kleiner  vulkanischer  Punkt.  Auf  den  Feldern  finden 
sich  Bomben,  die  große  Ähnlichkeit  mit  den  schwarzen  glänzenden 
von  Schmähingen  haben,  auch  mikroskopisch  zeigen  sie  denselben 
Habitus.  Die  Lapillis  im  Tuff  sind  häufig  dunkler  gefärbt,  ähnhch 
wie  bei  Mauren.     Das  Bindemittel  ist  vorwiegend  Kalkspat. 

Zusammenfassung. 

1.  Während  der  Tertiärzeit  haben  im  Ries  vulkanische  Aus- 
brüche stattgefunden.  Die  vulkanische  Tätigkeit  hat  sich  lediglich 
geäußert  in  der  Bildung  von  Tuffen ,  wobei  Gase  eine  große  Rolle 
gespielt  haben. 

2.  Die  in  Form  von  Fladen,  Bomben,  Schlacken  und  Lapillis 
ausgeworfenen  Gesteine  sind  relativ  sauer,  doch  können  sie  weder 
dem  Trachyt,  noch  dem  Liparit,  wie  das  bisher  geschehen,  zu- 
gezählt werden. 

3.  Nirgends  im  Ries  ist  zusammenhängender  Schmelzfluß  zu 
finden ;  auch  das  Gestein  von  Ammerbach  hat  sich  als  eine  Anhäufung 
von  vulkanischen  Projektilen  und  als  Tuff  erkennen  lassen. 

4.  Das  Riesmagma,  wie  es  sich  jetzt  darbietet,  ist  nicht  das 
ursprünghche.  Unzählige  Fragmente  kristalliner  Gesteine  des  Unter- 
grundes sind  von  dem  Magma  aufgenommen  worden.     Diese  wurden 


—     40     — 

teilweise  resorbiert,  wodurch  das  Magma  beträchtlich  saurer  wurde. 
Es  stellt  eine  Mischung  von  basischem  Schmelzfluß  mit  granitisch- 
gneisigen  Fremdmassen  dar.  Wollte  man  die  Bauschanalyse  auf  ein 
einheitliches  Magma  beziehen ,  so  würde  es  sich  an  die  Dacite  und 
Hornblende-Glimmer-Andesite  anreihen.  Die  ursprüngliche  Zusammen- 
setzung ist  nicht  mehr  zu  ermitteln ,  jedenfalls  aber  ist  sie  noch 
basischer  als  diese  Gesteine,  wahrscheinlich  basaltisch. 

5.  Das  Magma  ist  vorwiegend  glasig  erstarrt.  Mikrofelsit, 
Sphärolithe,  Trichiten ,  gerade  und  gekrümmte  Mikrolithen  sind  die 
einzigen  kristallinen  Ausscheidungen  bei  der  Erstarrung. 

6.  Die  kristallinen  fremden  Einschlüsse  sind  meist  verändert. 
Biotit  und  Hornblende  sind  vielfach  an-  und  eingeschmolzen.  Auf- 
fallend ist  das  eigentümliche  Verhalten  des  Feldspats,  welcher  unter 
Beibehaltung  der  Kohäsionsmerkmale  (Spaltrisse)  durch  molekulare 
ümlagerung  isotrop  geworden  ist.  Ähnlich  verhält  sich  vielfach  auch 
Quarz. 

7.  Die  vulkanischen  Tuffe  finden  als  Bausteine  Verwendung. 
Ihre  ähnliche  technische  Verwendung  wie  der  Traß  des  Brohltales 
beruht  auf  Analogien  in  der  glasigen  Ausbildung  und  chemischen 
Bausch-Zusammensetzung. 


Basalte  und  Basalttuffe  der  Schwäbischen  Alb. 

Von  Eugen  Gaiser  aus  Zuffenhausen  (Württemberg). 
Hierzu  Tafel  II  und  10  Textfiguren. 

Einleitung. 

In  seinem  grundlegenden  Werke  „Schwabens  Vulkanembryonen" 
hat  W.  V.  Branco  *  die  vulkanischen  Bildungen  der  Schwäbischen  Alb 
in  bezug  auf  ihr  geologisches  Vorkommen  und  ihre  Entstehungs- 
weise  einer  ausführlichen  Untersuchung  unterzogen  und  bewiesen, 
dass  die  daselbst  auftretenden  vulkanischen  Gesteine  röhrenförmige 
Kanäle  ausfüllen,  und  als  vulkanische  Durchschlagsröhren  aufzufassen 
seien.  Während  also  die  allgemeinen  geologischen  Verhältnisse  der 
Albvulkane  von  v.  Branco  in  erschöpfender  Weise  gewürdigt  wurden, 
ist  in  bezug  auf  die  petrographischen  Verhältnisse  der  Basalte  und 
Basalttuffe ,  besonders  aber  der  letzteren ,  noch  manche  Lücke  aus- 
zufüllen. Es  fehlt  eine  zusammenhängende  Bearbeitung  sowohl  der 
Basalte  als  auch  der  Basalttuffe.  Gerade  die  Kenntnis  der  Tuffe 
ist  von  Bedeutung,  da  sie  ja  unter  ganz  anderen  Bedingungen  ge- 
bildet wurden  als  der  eigentliche  Basalt  und  sich  aus  ihrer  struk- 
turellen Beschaffenheit  manche  Schlüsse  auf  den  Zustand  des  Magmas 
im  Eruptionsschlot  und  die  Bildungsweise  der  Auswurfsmassen  ziehen 
lassen  dürften.  In  den  folgenden  Ausführungen  habe  ich  mich  be- 
strebt, die  vulkanischen  Massen  der  Alb  in  systematischer  Weise 
auch  mit  Bezug  auf  diese  Fragen  etwas  näher  zu  untersuchen. 

Neuere  Untersuchungen  über  einzelne  Basalte  der  Alb  verdanken 
wir  A.  Stelzner  in  seiner  Arbeit  über  „Melilith  und  Melilithbasalte"  '^, 
wobei  er  als  erster  die  Basalte  vom  Hochbohl,  Bolle  bei  Owen  und 
von  einigen  anderen  Stellen  als  typische  Melilithgesteine  erkannte 
und  damit  zugleich  den  Typus  der  Melilithbasalte  aufstellte. 


*  Diese  Jahresli.  Jahrg.  1894,  1895. 

^  >\  Jahrb.  f.  Min.  etc.  Beil.-Bd.  II.  1883. 


—     42     — 

E.  Fraas   beschrieb  den  Basalt  vom  Gaisbühl  bei  Reutlingen  ^. 

Ältere  Untersuchungen  über  verschiedene  Albbasalte  stammen 
von  Zirkel^  und  von  Möhl^,  die  die  Basalte  dem  Stand  der  da- 
maligen Kenntnis  gemäß  noch  als  Nephelin-  und  Feldspatbasalte 
aufführen.  Einige  Untersuchungen  über  die  Tuffe  der  Alb  haben 
ausgeführt:  Anger*,  der  sie  noch  als  Feldspatbasalttuffe  beschrieb: 
Penck^,  der  sie  als  Nephelinbasalttuffe  behandelte;  EndrisS^,  der 
hauptsächlich  den  Tuff  vom  Randecker  Maar  untersuchte. 

Das  Material  zu  meinen  Untersuchungen  wurde  von  mir  an 
Ort  und  Stelle  gesammelt.  Die  chemischen  Analysen  wurden  im 
chemischen  Laboratorium  zu  Freiburg  i.  Br. ,  die  mikroskopischen 
Untersuchungen  teils  am  mineralogischen  Institut  zu  Stuttgart,  teils 
am  mineralogischen  Institut  zu  Freiburg  i.  Br,  ausgeführt. 

An  dieser  Stelle  möchte  ich  es  nicht  unterlassen,  meinen  ver- 
ehrten Lehrern  Herrn  Prof.  Sauer,  Herrn  Prof.  Osann  und  Herrn 
Dr.  Meigen,  die  mir  stets  mit  Rat  und  Tat  bei  der  Ausführung  der 
vorliegenden  Arbeit  zur  Seite  standen,  den  wärmsten  Dank  aus- 
zusprechen. 

Endlich  habe  ich  noch  zu  erwähnen ,  daß  diese  Arbeit  die 
Lösung  einer  von  der  Kgl.  Technischen  Hochschule  zu  Stuttgart  ge- 
stellten Preisaufgabe  darstellt. 

I.  Teil.   Basalte. 

a)  Geologische  Verhältnisse. 
Nur  an  etwa  18  vulkanischen  Punkten  der  Alb  tritt  Basalt  zu- 
tage. Bei  der  großen  Mehrzahl  der  Vulkanembryonen  verharrte  der 
basaltische  Schmelzfluß  in  größerer  Tiefe.  Meist  bildet  der  Basalt 
winzige  Stöcke,  Gänge  und  Apophysen  im  Tuff;  an  einigen  Stellen 
finden  sich  nur  einzelne  Basaltblöcke,  die  wohl  die  letzten  Ausläufer 
von  Apophysen  sind  und  darauf  hindeuten ,  daß  der  Herd  in  nicht 
allzu  großer  Tiefe  ansteht.  Solche  einzelne  Basaltbrocken  wurden 
angetroffen  im  obersten  Tuffgange  der  Gutenberger  Steige,  am  Kal- 
varienbühl  bei  Dettingen  und  im  Tuff  von  Donstetten,  an  den  beiden 


'  Diese  Jahresh.  Jahrg.  1893. 

'"*  Untersuchungen   über  die  mikroskitpische  Zusammensetzung  der  Basalt- 
gesteine.    Bonn  1870. 

'  Diese  Jahresh.  Bd.  XXX.  Jahrg.  1874. 

"  Tschermak's  Min.  Mitteil.  1875. 

^  Zeitschr.  d.  deutsch,  geol.  ües.  Bd.  XXI.  1879. 

ß  Zeitschr.  d.  deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  XLI.  1889. 


—     43      - 

letzteren  Stellen  von  Herrn  Prof.  Fraas  in  Stuttgart ,  dessen  Güte 
ich  Schleifstücke  zu  verdanken  habe. 

Am  Randecker  Maar  konnte  ich  trotz  wiederholten  Suchens 
keinen  Basalt  entdecken,  den  v.  Branco  in  seiner  Arbeit  aufführt. 
Jedenfalls  kann  es  sich  dort  nur  um  das  Vorhandensein  eines  ver- 
einzelten Basaltblockes  gehandelt  haben,  der  im  Laufe  der  Zeit  ver- 
schwunden ist.  Am  Bettenhard  bei  Linsenhofen  konnte  ich  ebenfalls 
keinen  Basalt  finden.  An  drei  Stellen,  am  Eisenrüttel,  Dietenbühl, 
Sternberg  fehlen  Basalttuffe  ganz.  Der  basaltische  Schmelzfluß  stieg 
hier  sehr  hoch  und  räumte  den  Eruptionskanal  von  dem  Tuffmaterial, 
das  ehedem  sicherlich  ebenfalls  vorhanden  war.  An  diesen  eben 
angeführten  Stellen  ist  die  vulkanische  Tätigkeit  am  weitesten  vor- 
geschritten. 

Während  die  meisten  Basalte  in  Schloten  auftreten,  haben  wir 
nur  an  einer  Stelle  einen  Basalt,  der  einen  auf  längere  Strecke  sich 
hinziehenden  Gang  ausfüllt.  Dieser  Gang  findet  sich  bei  Graben- 
stetten,  wo  er  an  der  Straße  nach  Urach  deutlich  angeschnitten  ist; 
seine  Mächtigkeit  beträgt  nur  etwa  l^/-2  m.  Wir  hätten  also  im 
bgebiet 

1.  Schlotbasalte  und 

2.  nur  einen  Gangbasalt. 

Zur  Bildung  von  Oberflächenergüssen  ist  es  anscheinend  nirgends 
gekommen.  Nur  bei  dem  eben  genannten  Gang  von  Grabenstetten 
wäre  dies  nicht  völlig  ausgeschlossen.  Man  findet  nämlich  in  der 
Nähe  des  Gangs  auf  den  Äckern  in  ziemlich  großer  Zahl  blasig  aus- 
gebildete Basaltstücke,  die  einem  Nephelin-Melilithbasalt  angehören. 
Glasige  Grundmasse  ist  in  demselben  nicht  vorhanden.  Entweder 
stammen  diese  Stücke  von  der  Oberfläche  des  Ganges,  die  blasig 
ausgebildet  gewesen  sein  kann,  wie  v.  Branco  annimmt;  oder  aber 
liegt  die  Möglichkeit  vor,  daß  sie  die  Überreste  eines  kleinen  Basalt- 
stromes .sind,  der  sehr  langsam  erstarrte,  infolgedessen  keine  Glas- 
masse gebildet  wurde.  Das  langsame  Erstarren  war  wahrscheinlich 
dadurch  bedingt,  daß  die  Lava  mit  Gasen  und  Flüssigkeitseinschlüssen 
stark  beladen  war  und  diese  erst  allmählich  entwichen.  Endriss  ^ 
ist  der  Ansicht,  daß  ein  Lavastrom  vorlag. 

Die  Überreste  des  fragUchen  Stromes  wären  allerdings  nicht  be- 
deutend, und  bei  der  geringen  Breite  des  Ganges  glaube  ich,  daß 
die  Existenz  eines  früheren  Stromes  ziemlich  zweifelhaft  ist. 


Zeitschr.  d.  deutsch,  e-eol.  Ges.  Bd.  XLI.  1889. 


—     44     - 

Die  genaueren  Lagerungsverhältnisse  der  Basalte  hat  v.  Branco 
in  seinem  Werk  ausführlich  dargelegt. 

Die  Basalte  der  Alb  zeigen  meist  sehr  schöne  kugelige  Ab- 
sonderung, die  besonders  bei  der  Verwitterung  deutlich  hervortritt. 
Am  schönsten  sind  die  Absonderungserscheinungen  v^ohl  am  Hofberg 
bei  Metzingen  und  Götzenbrühl  bei  Dettingen  u,  T.  zu  sehen. 

b)  Petrographische  Verhältnisse. 
Die  Basalte  der  Schv^äbischen   Alb  kann  man  einteilen  in: 

1.  Nephelinbasalte. 

2.  Melilithbasalte. 

3.  Nosean-Melilithbasalte. 

I.  Nephelinbasalte. 

Nur  an  einer  Stelle  in  dem  vulkanischen  Gebiet  von  Urach 
findet  sich  reiner  Nephelinbasalt ,  nämhch  am  Eisenrüttel  bei  Dot- 
tingen  auf  der  Hochfläche  der  Alb.  Wir  haben  hier  zugleich  die 
größte  Basaltmasse  des  ganzen  Landes  vor  uns,  die  in  früheren 
Jahren  stark  abgebaut  vv^urde.  Der  Basalt  vom  Eisenrüttel  wurde 
schon  von  Zirkel  als  Nephelinbasalt  erkannt  und  kurz  beschrieben 
(Zirkel,  Basaltgesteine  No.  172).  Schon  makroskopisch  unterscheidet 
sich  das  Gestein  vom  Eisenrüttel  von  den  Melilithbasalten  durch 
seine  viel  grobkörnigere  Ausbildung.  Die  Grundmasse  ist  bei  weitem 
nicht  so  dicht  wie  in  den  Melilithbasalten.  Das  mikroskopische  Bild 
gliedert  sich  in  Einsprengunge  und  Grundmasse.  Die  Struktur  ist 
holokristallin-porphyrisch  (s.  Taf.  II  Fig.  1).  Unter  den  Einspreng- 
ungen treffen  wir  in  großer  Zahl  idiomorph  begrenzte  Olivinkristalle. 
An  Einschlüssen  ist  der  Olivin  sehr  arm,  hier  und  da  begegnet  man 
winzigen  Flüssigkeits-  und  Gaseinschlüssen  und  opaken  Erzkörnchen. 
Sehr  häufig  ist  der  Olivin  etwas  angewittert ;  vom  Rande  und  von  den 
Spalten    aus  verdrängt  eine  trübe  serpentinöse  Substanz  den  Olivin. 

Bei  weitem  wird  der  Olivin  an  Menge  übertroffen  von  Augit, 
der  sehr  zahlreiche  große  und  kleine  Einsprengunge  bildet  und  den 
Löwenanteil  an  der  Gesteinszusammensetzung  hat.  Er  erscheint 
ebenfalls  meist  in  idiomorpher  Begrenzung,  nur  die  Endflächen  sind 
hier  und  da  mangelhaft  ausgebildet.  Die  Kristallformen  sind  die  ge- 
wöhnlichen des  basaltischen  Augits  ooP  .  ccPoo  .  ooPoo  .  P.  Zwillinge 
nach  cüPcx)  sind  zu  beobachten ;  häufig  begegnet  man  auch  Kristallen 
mit  Zwillingslamellierung.  Die  Augite  sind  schwach  pleochroitisch,  der 
//  a  schwingende  Strahl  erscheint  bräunlichgelb,  der  //  b  schwingende 


—     45     — 

graugrün  bis  graugelb,  ebenso  der  //  c  schwingende.  Zonarstruktur 
tritt  in  schönster  Weise  zutage ;  die  Auslöschungsschiefe  nimmt  vom 
Kern  nach  dem  Rande  hin  zu  und  zwar  wurden  Differenzen  bis  zu 
10°  beobachtet.  Die  bei  den  Pyroxenen  gerade  verwandter  Gesteine 
so  häufig  ausgeprägte  Sanduhrstruktur  wurde  nicht  beobachtet.  Sehr 
häufig  stecken  in  den  Augitkristallen  grüne  Kerne,  die  ebenfalls  pleo- 
chroitisch  sind.  An  Interpositionen  führen  die  Augite  besonders  in 
den  zentralen  Teilen  Erzkriställchen,  Flüssigkeits-  und  Glaseinschlüsse. 
Der  Augit  beteiligt  sich  in  einer  zweiten  Generation  auch  an  der 
Zusammensetzung  der  Grundmasse.  Hier  bildet  er  kleine ,  säulig 
entwickelte  Kriställchen ,  daneben  auch  unregelmäßig  begrenzte 
Aggregate. 

Den  Hauptanteil  an  der  Zusammensetzung  der  Grundmasse 
hat  jedoch  der  Nephelin.  Dieser  bildet  den  Kitt,  die  Fülle,  in  der 
die  anderen  Gemengteile  eingebettet  liegen.  Öfters  trifft  man  rekt- 
anguläre  Längsschnitte,  auch  hexagonale  Querschnitte.  Meist  ist  er 
aber  unregelmäßig  begrenzt,  da  er  als  letzter  Gemengteil  auskristalli- 
siert und  durch  die  schon  ausgeschiedenen  Mineralien  in  der  Kristall- 
bildung gehindert  wurde.  Der  Nephelin  führt  besonders  Einschlüsse 
von  Apatitnadeln  und  Augitkriställchen. 

Magnetit  ist  gleichmäßig  und  reichlich  durch  das  ganze  Gestein 
verbreitet.  Interessant  ist  das  Vorkommen  von  einzelnen  Nosean- 
kristallen,  die  meist  hexagonale  Durchschnitte  zeigen.  Ihre  Randzonen 
sind  häufig  ganz  dunkel,  während  die  inneren  Teile  farblos  bis  violett 
sind.  Manchmal  ist  es  auch  gerade  umgekehrt.  Die  dunklen  Partien 
haben  ihren  Grund  in  einem  fein  verteilten  Pigment,  das  seine  Lage 
wechseln  kann. 

Von  dem  Nephelinbasalt  Eisenrüttel  wurde  vom  Verfasser  eine 
quantitative  Analyse  ausgeführt.     Diese  ergab  folgendes  Resultat: 

SiO., 39,39 

Ti  0, 3,01 

Fe^jÖg 6,33 

FeO 5,64 

AljOs 7,55 

CaO 1.3,98 

MgO 13,91 

K^O 1,45 

Na,  0 4,88 

PjOs 0,72 

CO2 Spur 

H3O ■    .      4,06 

Summa  .    .  100,92 


—     46     — 

Die  Titansäure  wurde  auf  kolorimetrischem  Wege  bestimmt 
mittels  Wasserstoffsuperoxyd,  welche  Methode  sehr  gute  Resultate 
liefert. 

Obige  Analyse  in  Molekularquotienten  umgerechnet  ergibt : 

SiOj 41,01 

TiOj 2,35 

Fe^Os 1,25 

FeO 7,28 

AI2O3 4,62 

CaO 15,54 

MgO 21,71 

K2O 0,96 

Na,  0 4,91 

P2Ö5 •    •      0,31 

Summa  .    .  100,00 

Danach  berechnet  sich  folgende  OsANN'sche  Formel : 

S43  '^^2  %  ^18  %5  «-Reihe. 

Es  würde  dieser  Basalt  also  etwa  zu  dem  OsANN*schen  Typus 
„Käsegrotte"  zu  stellen  sein,  der  die  Formel  hat: 

Der  Nephelinbasalt  von  Meiches  (Vogelsgebirge)  besitzt  fast 
dieselbe  Formel  wie  der  Eisenrüttelbasalt 

«43,5  ^2  Co  fi8  »8,5  «"Reihe. 

Der  Basalt  vom  Eisenrüttel  ist  etwas  saurer  als  die  Melilith- 
basalte,  was  zum  Teil  von  dem  großen  Augitgehalt  herrührt.  Die 
Titansäure  besitzt  einen  ziemlich  hohen  Wert,  sie  kann  nur  im  Augit 
und  in  titanhaltigen  Eisenerzen  gebunden  sein,  da  ja  Perowskit  voll- 
ständig fehlt.  Auffällig  ist  der  geringe  Gehalt  an  AlgOg,  der  nicht 
einmal  genügt,  um  die  Alkalien  zu  binden.  Ein  Teil  von  diesen 
muß  deshalb  an  Fe^O^  gebunden  sein. 

Der  CaO-Gehalt  ist  wegen  des  Fehlens  von  Melilith  etwas 
niedriger  als  bei  den  Melilithbasalten ,  aber  immer  noch  sehr  hoch ; 
die  Augite,  in  denen  allein  der  Kalkgehalt  gebunden  sein  kann,  sind 
danach  zu  den  kalkreichen  Varietäten  zu  stellen.  Der  etwas  hohe 
Wassergehalt  hat  seinen  Grund  in  der  teilweisen  Serpentinisierung 
des  Olivins. 

II.  Melilithbasalte. 

Zu  den  Melilithbasalten  gehören  alle  Basaltvorkommnisse  der 
Alb    mit   Ausnahme    desjenigen    vom    Eisenrüttel    und    von    Graben- 


-      47     - 

stetten,  Die  Melilithbasalte  sind  alle  ziemlich  feinkörnig,  dicht;  ihre 
Farben  spielen  ins  Dunkelgrüne  bis  Schwarze.  Bei  der  Verwitterung 
blassen  diese  Basalte  etwas  ab,  die  Farben  werden  mehr  bläulich. 
Makroskopisch  kann  man  nur  die  Olivineinsprenglinge ,  hier  und  da 
größere  Augite  erkennen,  die  in  einer  äußerst  feinkristallinen  Grund- 
masse liegen.  Die  Struktur  ist  durchweg  holokristallin-porphyrisch. 
Durch  fluidale  Anordnung  der  leistenförmigen  Melilithkriställchen  um 
die  Olivine  entsteht  oft  eine  schöne  Fluidalstruktur. 

Als  Einsprengunge  treten  in  den  Melilithbasalten  auf  Olivin 
vor  allem,  der  stets  in  reichlicher  Menge  sich  einstellt,  ferner  Augit, 
der  jedoch  seltener  in  größeren  Kristallen  erscheint.  Weiter  gehört 
ein  Teil  der  Melilithe  zu  den  Einsprengungen.  Bezüglich  des  Meliliths 
herrschen  in  der  Größe  alle  Übergänge  von  den  Einsprenglings-  zu 
den  Grundmasseindividuen.  Die  Grundmasse  bei  den  Melilithbasalten 
bildet  ein  hypidiomorphes  Gemenge  von  Melilithleisten ,  Augitkri- 
ställchen ,  Magnetit  und  von  Nephelin ,  der  als  Füllmasse  fungiert. 
Glasige  Grundmasse  konnte  bei  keinem  der  untersuchten  Basalte 
nachgewiesen  werden.  Akzessorische  Bestandteile  sind  Perowskit, 
Biotit,  Apatit,  Pikotit  und  Chromit. 

1.  Schilderung  der  einzelnen  Gemengteile. 
Olivin. 

Olivin  ist  nur  in  einer  einzigen  Generation  entwickelt.  Seine 
Dimensionen  sind  sehr  schwankend.  Die  vollkommen  idiomorphe 
Begrenzung  der  Olivinkristalle  ist  selten,  da  diese  letzteren  sehr  der 
magmatischen  Korrosion  ausgesetzt  waren ,  die  ja  besonders  stark 
ist  bei  holokristallin  entwickelten  Gesteinen  infolge  der  langsameren 
Erstarrung;  und  unsere  Basalte  sind  eben  holokristallin  ausgebildet. 
So  kommt  es,  daß  die  Olivine  vielfach  nur  noch  Körnerform  besitzen. 
Die  Grundmasse  dringt  häufig  lappenartig  in  die  Olivine  ein.  Eine  ge- 
wöhnliche Erscheinung  ist,  daß  die  Olivinkristalle,  die  zu  den  ältesten 
Gemengteilen  gehören,  infolge  magmatischer  Bewegungen  zerbrochen 
sind.  Hier  und  da  ist  der  Olivin  von  einer  Zone  von  Biotit  um- 
geben ,  der  jedenfalls  bei  der  Auflösung  des  Olivins  randlich  aus- 
kristallisierte. Der  Übergang  von  Olivin  in  Biotit  ist  oft  ganz  all- 
mählich ,  so  daß  eine  scharfe  Grenze  kaum  zu  ziehen  ist.  Solche 
Olivine  sehen  dann  wie  angeätzt  aus.  Diese  Umwandlung  des  Olivins 
in  Biotit  ist  besonders  gut  ausgeprägt  im  Basalt  vom  Hofberg  bei 
Metzingen. 

Die  kristallographischen  Formen  sind  die  gewöhnlichen  für  Olivin. 


—     48     - 

Zwillingsbildung  nach  Pob  wurde  beobachtet  (Hochbohl); 
Zwillingsbildung  nach  2Poü,  wie  diese  Soellner  ^  an  Olivinen  der 
Rhönbasalte  feststellte,  dagegen  nirgends.  Einschlüsse  von  fremden 
Mineralien  treten  im  allgemeinen  wenige  auf,  man  begegnet  kleinen, 
gräulichgelben,  durchsichtigen  Kriställchen  mit  oktaedrischen  Formen, 
welche  dem  Pikotit  angehören ,  ferner  Einschlüssen  von  Magnetit, 
selten  Perowskitkristallen  wie  z.  B.  im  Basalt  vom  Hochbohl.  Massen- 
haft sind  die  Olivine  oft  durchschwärmt  von  Flüssigkeitseinschlüssen, 
die  reihenartig  angeordnet  sind  und  deren  Formen  kreisrund  bis 
oval  sind.  Auch  bewegliche  Libellen,  wahrscheinlich  aus  COg  be- 
stehend, enthalten  manche  Flüssigkeitseinschlüsse. 

Die  Zersetzung  des  Olivins  geschieht  vom  Rande  und  von  den 
Spaltrissen  aus  und  zwar  gewöhnlich  zu  einer  grünlichen  serpentinösen 
Substanz.  Bei  stark  vorangeschrittener  Umwandlung  bleiben  nur 
noch  kleine  Kerne  von  frischer  Olivinsubstanz  übrig,  die  wie  Ein- 
sprengunge in  einer  emheitlichen  Grundmasse  von  Serpentin  liegen. 
Die  chemische  Zusammensetzung  nach  einer  von  Jul.  Meyer-  an 
isoliertem  Olivin  vom  Hochbohler  Basalt  ausgeführten  Analyse  ist 
folgende : 

SiO^ 41,90 

FeO 29,16 

MgO 28,48 

Summa  .    .    99,54 

Der  Olivin  gehört  der  ältesten,  der  intratellurischen  Periode 
an  und  ist  das  erste  reichliche  Ausscheidungsprodukt  des  basaltischen 
Magmas. 

Augit. 

Der  Augit  tritt  wie  Olivin  ebenfalls  in  größeren  porphyrisch 
ausgeschiedenen  Kristallen  auf.  Sehr  große  Augite  führt  z.  B.  der 
Basalt  des  Götzenbrühls. 

Ziemlich  selten  sind  jedoch  gut  begrenzte  Kristalle.  Die  Farbe 
der  basaltischen  Augite  ist  gewöhnlicli  gelblichbraun.  Zonarstruktur 
ist  eine  häufige  Erscheinung.  Die  Kerne  sind  meist  heller  gefärbt 
als  die  randlichen  Teile  der  Kristalle, 

Die    Auslöschungsschiefen   von  Kern   und  Rand    differieren    bis 

*  So  ellner,  Geognostische  Beschreibung  der  Sclnvarzcn  Berge  in,  der 
südlichen  Rhön.  Jahrb.  d.  k.  prcuss.  geol.  Landosanstalt  und  Bergakademie. 
1901.  Bd.  XXII    Heft  1. 

-  Siehe  Stelzner,  „Melilith  und  Melilithbasaltc''.  N.  Jahrb.  f.  Min.  etc. 
Beil.-Bd.  II.  1883. 


-     49     - 

za  15",  und  zwar  nehmen  sie  von  innen  nach  außen  hin  zu.  Pleo- 
chroismus  ist  bei  den  Augiten  ziemlich  schwach  entwickelt.  Die 
Randzonen  zeigen  hier  und  da  auch  violette  Töne,  was  mit  einem 
höheren  Titangehalt  zusammenhängen  mag.  Die  größeren  Kri- 
stalle zeigen  vielfach  Zwillingsbildung  nach  cx^Pcx);  oft  sind  auch 
mehrere  Zwillingslamellen  nach  diesem  Gesetz  einem  Kristall  ein- 
geschaltet. 

An  Einschlüssen  führen  die  Einsprenglingsaugite  Magneteisen, 
Perowskit ,  Glasfetzen ,  Flüssigkeitseinschlüsse.  Die  Grundmasse- 
augite  erscheinen  entweder  in  kleinen  scharfbegrenzten  Kriställchen 
oder  in  unregelmäßig  konturierten  Körnern.  Zwischen  Einspreng- 
lings-  und  Grundmasseaugiten  herrschen  bezüglich  der  Größe  alle 
möglichen  Übergänge ;  es  ist  deshalb  schwer ,  in  jedem  einzelnen 
Fall  zu  entscheiden,  ob  man  einen  Augit  der  jüngeren  oder  älteren 
Periode  vor  sich  hat.  Die  Augite  der  Grundmasse  zeigen  hellere 
Farbentöne ,  sie  sind  oft  nahezu  farblos.  An  Einschlüssen  sind  sie 
überaus  arm.  Die  Augitsubstanz  behält  immer  eine  auffallende 
Frische  und  tritt  dank  ihrer  starken  Licht-  und  Doppelbrechung 
stets  deutlich  aus  dem  Gesteinsgewebe  hervor. 

Melilith. 

Dieser  bildet  z.  T.  recht  große  Einsprengunge  (bis  zu  2  mm 
lange  Leisten)  vor  allem  im  Basalt  vom  Hochbohl  und  besonders 
in  dem  von  der  Sulzburg.  Im  großen  ganzen  muß  er  trotz  seiner 
regelmäßigen  Begrenzung  zu  den  Bestandteilen  der  Grundmasse  ge- 
rechnet werden.  In  der  Größe  der  Melilithkristalle  sind  alle  mög- 
lichen Übergänge  zu  verzeichnen.  Am  ausführlichsten  sind  die 
Eigenschaften  des  Meliliths  von  A.  Stelzner  ^  behandelt  worden,  der 
diese  besonders  am  Melilith  des  Hochbohls  studierte. 

Die  Melilithe  in  unseren  Basalten  treten  immer  in  der  charakte- 
ristischen Leistenform  auf,  so  daß  sie  auch  bei  stärkster  Verwitte- 
rung noch  im  Gesteinsbild  zu  erkennen  sind. 

Querschnitte  sind  selten  gut  erkennbar ;  hier  und  da  begegnet 
man  rundlichen  oder  unregelmäßig  begrenzten  Schnitten  (infolge 
unvollkommener  Ausbildung  der  Kristallflächen),  die  isotrop  sind. 

Selten  sind  die  Leistenkanten  des  Meliliths  scharf  ausgebildet, 
da  auch  bei  diesem  die  magmatische  Korrosion  stark  einwirkte.  Die 
Kristalle  sind  oft  geradezu  eingeschnürt  (s.  Fig.  1   u.  Taf.  II  Fig.  2). 


^  Siehe  die  obenerwähnte  Arbeit. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905. 


50     — 


Die  Enden  der  Leisten  besitzen  gerne  eine  skelettförmige  Ent- 
wickelung,    wie  an  nebenstehender  Figur  zu  sehen  ist.     Parallel  zu 


den   längeren   Leistenkanten    verläuft 


Fig. 


1.     Melilithleisten  von  skelettförmiger 
Ausbildung. 


Fig.  2. 


Zwillinge  von  Melilith  aus  dem 
Basalt  des  Hochbohls. 


meist  etwa  in  der  Mitte  ein 
Spaltriß,  selten  sind  mehrere 
vorhanden,  die  dann  nur  einen 
Teil  des  Kristalls  durchziehen. 
Zwillingsbildung  wurde  be- 
obachtet, und  zwar  Durch- 
kreuzungszwillinge ,  die  ich 
schön,  z.  B.  im  Hochbohler 
Basalt  antraf,  von  dem  sie 
auch  schon  Stelzner  in  der 
angeführten  Arbeit  erwähnte. 
Die  Individuen  sind  wahr- 
scheinlich nach  einer  Pyra- 
midenfläche verwachsen. 

Die  Farbe  der  Melilithe 
zeigt  einen  Stich  ins  Gelbliche, 
was  man  besonders  gut  beim  Vergleich  mit  dem  ganz  wasserklaren 
Nephelin  erkennt;  diese  Färbung  rührt  wohl  von  dem  Eisengehalt 
des  Meliliths  her.  Die  Interferenzfarben  sind  bei  frischen  Kristallen 
indigoblau;  mit  zunehmender  Verwitterung  blassen  sie  etwas  ab. 
Meist  besitzen  die  Mehlithe  schmale  Randzonen,  die  hellblaue  Inter- 
ferenzfarben aufweisen  und  sich  deutlich  vom  Kern  abheben.  Ich 
glaube,  daß  dies  in  einer  abweichenden  chemischen  Zusammensetzung 
in  den  randlichen  Teilen  seinen  Grund  hat.  Bekanntlich  stellt  der 
Melihth  eine  isomorphe  Mischung  des  Akermanitmoleküls 

Ca,Si3  0,„ 
und  des  Gehlenitmoleküls 

(CaMgFe)3Al,Si,0,„ 

dar,  und  ein  zonarer  Aufbau  wäre  demnach  wohl  zu  begreifen.  Beim 
Basalt  des  Hochbohls  traf  ich  auch  Melilithe,  die  abwechselnd  Streifen 
mit  helleren  und  dunkleren  Interferenzfarben  zeigten ,  welche  Er- 
scheinung ebenfalls  auf  einen  zonaren  Bau  hinweist.  Auch  Stelzner 
erwähnte  schon  zonar  gebaute  Melilithe  vom  Hochbohl.  Die  für  den 
Melilith  so  charakteristische  Pflockstruktur  ist  sehr  verbreitet,  jedoch 
nicht  in  allen  Basalten  gleich  gut  entwickelt.  Der  Melilith  zeigt 
senkrecht  zur  Basis  feine  Risse,  die  bei  starker  Vergrößerung  spitz- 
konische, spieß-  und  spateiförmige  Formen  zeigen.  Die  nähere  Be- 
schreibung findet  man  in  Stelzner\s  Arbeit  über  „Melilith  und  Melilith- 


—     öl      — 

basalte".  Rosenbusch  hält  diese  Pflöcke  für  Glas;  Stelzner  erklärt 
sie  ebenfalls  für  primär,  deutet  sie  jedoch  nicht  näher.  Ganz  Sicheres 
läßt  sich  über  die  Natur  der  Pflöcke  nicht  behaupten,  nur  dünkt  es 
mir  nicht  wahrscheinlich ,  daß  das  Glas  in  so  zahlreichen  feinen 
Ritzen  in  den  Melilith  eingedrungen  sein  sollte. 

Vielleicht  liegt  in  den  Pflöcken  nur  das  erste  Stadium  der  Um- 
wandlung vor,  wofür  die  Erscheinung,  daß  die  Pflöcke  fast  immer 
vom  Rande  und  hier  und  da  auch  von  den  Spaltrissen  ausgehen, 
spricht.  Die  Verwitterung  des  Meliliths  führt  zur  Bildung  von  feinen 
Fasern,  die  wie  die  Pflöcke  ebenfalls  parallel  der  c-Achse  verlaufen 
und  von  diesen  sich  oft  schwer  unterscheiden  lassen.  (Siehe  auch 
Stelzner,   „Melilith  und  Melilithbasalte".) 

Von  fremden  Einschlüssen  führt  der  Melilith  Perowskit  und 
Magnetitkriställchen,  ferner  kleine  Augite  und  Flüssigkeitseinschlüsse. 
Die  chemische  Zusammensetzung  des  Meliliths  vom  Hochbohl  ist 
nach  einer  Analyse  von  Dr.  Schulze  '  etwa  folgende : 

SiOj 44,76 

AI2O3 7,90 

Fe^Oj 5,16 

FeO 1,39 

CaO 27,47 

MgO 8,60 

Na^  0 2,65 

K2O 0,33 

H2O 1,42 

Summa  .    .    99,68 

Da  die  angewandte  Substanz  etwas  unrein  war,  geben  diese 
Zahlen  nur  ein  angenähert  richtiges  Bild  der  Melilithzusammensetzung. 
Der  Gehalt  an  Feo  O3  und  an  Magnesia  ist  wahrscheinlich  etwas  zu 
hoch,  der  an  Thonerde,  Kalk  und  Natron  zu  klein. 

Nephelin. 

Der  zuletzt  ausgeschiedene  Gemengteil  der  basaltischen  Grund- 
masse ist  der  Nephelin.  Er  füllt  stets  die  letzten  Zwickel  des  Ge- 
steins aus  und  ist  mit  dem  Wort  „Füllmasse"  zu  charakterisieren. 
In  dieser  Fülle  liegen,  wie  in  einem  Teig,  die  übrigen  Gemengteile. 
Nur  selten  zeigt  der  Nephelin  Kristallumrisse,  da  er  an  freier  Aus- 
kristallisierung gehindert  wurde  Hier  und  da  bildet  er  mit  Olivin 
und  Melilith  zusammen  kleine  doleritische  Partien  im  Basalt  (z.  B.  am 


'  Siehe  Stelzner,  , Melilith  und  Melilithbasalte". 

4* 


fS2 


Buckleter  Teich  bei  Urach  und  bei  Grabenstetten  [Zeige  Egelstein]) 
und  besitzt  dann  kristallographische  Begrenzung.  Diese  doleritischen 
Partien  sind  offenbar  in  größerer  Tiefe  schon  ausgeschieden  worden. 
Wir  hätten  hier  also  intratellurisch  ausgeschiedenen  Nephelin  vor 
uns.  Der  Nephelin  ist  stets  wasserhell,  von  dem  Melilith  unter- 
scheidet ihn  das  geübte  Auge  leicht  durch  seine  geringere  Licht- 
brechung; seine  Interferenzfarben  sind  hell-  bis  weißlichblau.  Der 
Verwitterung  hält  er  viel  länger  stand  als  der  Melilith.  Gewöhnlich 
wandelt  er  sich  in  Zeolithe  um.  An  Einschlüssen  führt  der  Nephelin 
häufig  Augitkriställchen,  Magnetit  und  besonders  Apatitnadeln. 

Pei'owskit. 

Der  stete  Begleiter  des  Meliliths  und  außerordentlich  charak- 
teristisch für  die  Melilithbasalte  ist  der  Perowskit.  Er  tritt  meist 
in  scharfflächigen  Kristallen  von  oktaedrischem  Habitus  auf,  hier  und 
da  zeigt  er  auch  nur  Körnerform.  Seine  Farbe  ist  gelblichbraun 
bis  hellgrau.  Neben  relativ  großen  Individuen  trifft  man  auch  ganz 
winzige  Kriställchen ,  die  in  großer  Zahl  in  der  mikrokristallinen 
Grundmasse  auftreten. 

Eine  Analyse  von  Perowskit  aus  dem  Basalt  vom  Hochbohl, 
ausgeführt  von  Jul.  Meyer  ^  hatte  folgendes  Resultat : 

TiO^ 39,31 

CaO 35,39 

FeO 25,30 

Biotit. 

Dieser  tritt  in  vereinzelten  unregelmäßig  begrenzten  Blättchen 
auf  mit  deutlicher  basaler  Spaltbarkeit  und  starkem  Dichroismus.  Sein 
Alter  ist  nicht  genau  festzustellen.  Seine  Beteiligung  an  den  Basalten 
ist  sehr  unbedeutend. 

Maj?iietit. 

Außerordentlich  reichlich  verbreitet  in  den  Melilithbasalten  ist 
der  Magnetit.  Er  bildet  eine  ältere  und  jüngere  Generation ;  neben 
großen  Kristallen  und  Körnern  haben  wir  ganz  kleine  Oktaederchen 
von  Magnetit,  Die  Ausscheidung  von  Erz  hat  wohl  während  der 
ganzen  Gesteinsentwickelung  angehalten. 

Pikotit. 

Dieser  ist  in  einzelnen  grünlich  durchsichtigen  Oktaeder- 
kriställchen  im  Olivin  eingeschlossen. 

'  Siehe  Stelzner,  Melilith  und  Melilithbasalte. 


-    53     - 

(-hromit. 

Manchmal  begegnet  man  in  den  Basalten  einigen  rotbraun 
durchscheinenden  Kristallen  von  oktaedrischer  Form,  die  wohl  dem 
Chromit  angehören. 

Apatit. 

Dieser  findet  sich  sehr  häufig  in  langen  prismatischen  Nädelchen, 
die  besonders  die  Melilithe  und  Nepheline  durchschwärmen. 

2.   Struktur  und  chemische  Zusammensetzung. 

In  der  quantitativen  Beteiligung  der  einzelnen  Mineralien  an 
der  Zusammensetzung  der  Melilithbasalte  herrschen  zum  Teil  be- 
trächtliche Verschiedenheiten.  Von  den  Einsprenglingen  ist  der  Olivin 
in  allen  Basalten  in  ziemlich  gleicher  Menge  vorhanden  und  zwar 
immer  sehr  reichlich. 

Starken  Differenzen  und  Schwankungen  sind  Augit  und  Melilith 
unterworfen.  Der  Augit  kann  den  Hauptanteil  an  der  Grundmasse 
ausmachen  und  den  Melilith  fast  ganz  verdrängen,  wie  z.  B.  in  den 
Basalten  von  Donstetten  und  vom  Götzenbrühi.  Umgekehrt  kann 
aber  auch  Augit  sehr  zurücktreten  und  Melilith  die  Oberhand  ge- 
winnen, wie  es  z.  B.  der  Fall  ist  in  dem  Basalt  von  Grabenstetten. 
Sogar  in  ein  und  demselben  Dünnschliff  treten  oft  abweichende  Aus- 
bildungen auf,  wir  haben  Partien,  die  sehr  reich  sind  an  Augit  mit 
dazwischen  geschaltetem  Nephelin,  dann  wieder  Partien,  die  vor- 
wiegend aus  Melilith  bestehen. 

Die  basischen  Magmen,  zu  denen  besonders  die  Melilithbasalte 
gehören,  sind  eben  sehr  mannigfaltig  in  ihren  Kristallisationsprozessen. 
Die  Summe  von  Augit  und  Melilith  ist  im  allgemeinen  bei  unsern 
Basalten  konstant.  Zu  den  augitreichen  Varietäten  wären  zu  stellen 
die  Basalte  von  Donstetten,  vom  Götzenbrühi,  Authmuthbachtal  (bei 
Kohlberg),  Zittelstadttal ,  Jusiberg,  Dietenbühl,  Hofberg  und  von 
Gutenberg. 

Augitarme  Varietäten  sind  die  Basalte  von  der  Zeige  Egelstein 
bei  Grabenstetten,  vom  Kraftrain  und  vom  Bukleter  Teich  bei  Urach. 
Der  letztere  Basalt  ist  fast  ganz  augitfrei.  Mit  der  Zunahme  des 
Augits  scheint  der  Perowskit  etwas  an  Menge  abzunehmen,  dadurch, 
daß  ein  Teil  der  Titansäure  zur  Bildung  des  Augits  verbraucht  wird. 
Unsere  Melilithbasalte  sind  alle  nephelinführend.  Meist  ist  der 
Nephelingehalt  verschwindend  gegenüber  den  andern  Gemengteilen. 
Einige  Basalte  sind  jedoch  ziemlich  reich  an  Nephelin,  wie  diejenigen 


—     54     - 

von  Gutenberg,  Zeige  Egelstein  bei  Grabenstetten ,  vom  Hofberg, 
Bukleter  Teich,  Zittelstadttal,  Götzenbrühl  und  Gaisbühl.  Bei  den 
drei  letzteren  tritt  zugleich  Melilith  an  Menge  zurück. 

Man  könnte  diese  eben  angeführten  Gesteine  eventuell  als 
Nephelin-Melilithbasalte  von  den  andern  absondern.  Sehr  groß  ist 
der  Unterschied  gegenüber  den  typischen  Melihthbasalten  nicht,  und 
es  ist  unmöglich,  eine  scharfe  Grenze  zu  ziehen.  Bei  den  Basalten 
vom  Zittelstadttal  und  von  Donstetten  treten  Melilith  sowie  Perowskit 
sehr  in  den  Hintergrund,  dagegen  reichert  sich  Augit  stark  an.  Die 
Struktur  der  Grundmasse  derselben  ist  ziemlich  grobkörnig.  Die 
Ähnlichkeit  mit  dem  Nephelinbasalt  des  Eisenrütteis  wird  durch 
diese  Verhältnisse  sehr  groß ;  bei  diesem  fehlen  allerdings  Melilith 
und  Perowskit  vollständig,  und  Nephelin  ist  in  größerer  Menge  vor- 
handen. Jedenfalls  können  wir  diese  Basalte  als  Übergangsformen 
zu  dem  reinen  Nephelinbasalt  auffassen. 

Den  Basalt  vom  Gaisbühl  bei  Reutlingen  beschrieb  Fräas  ^  als 
Nephelinbasalt.  Nach  meiner  Untersuchung  gehört  derselbe  jedoch 
ebenfalls ,  wie  schon  erwähnt ,  zur  Gruppe  der  nephelinführenden 
Melilithbasalte.  Trotz  der  starken  Zersetzung  kann  man  unter  dem 
Mikroskop ,  besonders  bei  gekreuzten  Nikols ,  ganz  gut  die  charak- 
teristischen Melilithleisten  hervortreten  sehen.  Hier  und  da  konnte 
sogar  die  Absonderung  nach  der  Basis  beobachtet  werden.  Zwischen 
den  Melilithen  und  Augiten  steckt  eine  farblose  Substanz,  die  in 
Zeolith  umgewandelte  Nephelinfüllmasse.  Die  ganze  Anordnung  der 
Gemengteile,  das  massenhafte  Auftreten  des  Perowskits  stimmen  mit 
den  andern  Melihthbasalten  überein. 

Außerordentlich  nephelinreich  ist  der  blasig  ausgebildete  Basalt 
von  der  Zeige  Egelstein  bei  Grabenstetten,  der  schon  eingangs  er- 
wähnt wurde  als  etwaiger  Überrest  eines  Lavastroms.  Der  Nephelin 
bildet  in  diesem  Basalt  große  gut  begrenzte  Individuen. 

Von  dem  Basalt  vom  Götzenbrühl  wurde  vom  Verfasser  die 

SiOj  zu 37,13 

CaO    ,      16,56 

MgO   „      18,07 

bestimmt.  Der  geringere  Kalkgehalt  ist  bedingt  durch  einen  ge- 
ringeren Melilithgehalt  in  diesem  Basalt. 

Eine  Analyse  des  Hochbohler  Basalts  hat  Stelzner  in  seiner 
Arbeit  über  die  Melilithbasalte  veröffentlicht. 


Diese  Jabresh.  1893. 


—    56     - 

Von  diesem  Basalt  lösten  sich  in  Salzsäure  92,81»/,,  also  fast 
das    ganze  Gestein.     Der   unlösliche  Teil   besteht  zum  größten  Ted 

aus  Augit.  .    T  £•  1       j 

Die  analytischen  Befunde  dieses  Basalts  sind  folgende: 

öio           33,89 

TiO    :   ; 0'«^ 

Al,03 Xt 

Fe,0, •    •  l^'ö^ 

Mn,03 Spur 

*^  1^19 

MgO 16^4 

^^^^ ; : : :  2,86 

pV: ::::::::..••  mi 

'    •'  1  41 

g  Spur 

2  0  '.".'.'    ". ^      2,90 

Summa  TTTÖÖ^OÖ 
Die  Typenformel  für  den  Basalt  des  Hochbohls  ist  nach  Osann: 

S38,5aiCl-fl8- 

Gmelin^  hat  den  in  Salzsäure  löslichen  Teil  des  Basalts  vom 
Sternberg  untersucht,  er  betrug  87,720/o,  also  bedeutend  weniger 
als  bei  dem  Hochbohlbasalt,  was  in  dem  größeren  Augitgehalt  des 
Sternberger  Gesteins  seinen  Grund  hat. 

Die  chemische  Zusammensetzung  ist  folgende : 

F^OI' 13'f 

^T     A                                           .    .      0,3 
'"'°" .    1104 

-•.•.:::••:■■■•■•■  1- 

ll%'.  '.'.'.'.'.'.'■'■'■'■'■■    siso 

H,0 :_• ^ 

Summa    ■    •    95,73 

Wir  sehen  aus  den  Analysen,  daß  die  SiO,-Mengen  nicht  sehr 

differieren-,    mit   der   Zunahme    des    Augitgehalts   scheint    auch   der 

SiO.-Gehalt   etwas   zu   wachsen.     Beim  E-ngehalt   schwanken  d^ 

Zahlen  beträchtlich,  was  zum  Teil  durch  den  wechselnden  Reichtum 

der  Basalte  an  Magnetit  bedingt  ist. 

T^e  Stelzner's  Arbeit  «Hr  „Melilitli  und  Uemitllbasalte^ 


Das  \erhältnis  von  MgO  zu  CaO  ist  ebenfalls  variabel,  jedoch 
betragen  die  Differenzen  nur  wenige  Prozente.  Hier  sind  die  wech- 
selnden Mengen  von  Augit  und  Melilith  von  Einfluß.  Die  Menden 
der  Alkalien  differieren  ebenfalls;  mit  zunehmendem  Nephelingehalt 
nehmen  auch  die  Alkalien  zu. 

III.  Nosean-Melilith-Basalt. 

(Siehe  Tat'.  II  Fig.  2.) 
Nur  in  einem  einzigen  Melilithbasalt  der  Schwäbischen  Alb 
wurde  Nosean  als  neuer  wesentlicher  Gemengteil  entdeckt.  Es  ist 
m  dem  Basalt  von  Grabenstetten,  der  an  der  neuen  Straße  nach 
Urach  deutlich  aufgeschlossen  ist.  Dieses  Vorkommen  von  Nosean 
war  bis  jetzt  noch  nicht  bekannt. 

Der  Nosean  bildet  in  dem  betreffenden  Basalt  zumeist  bräun- 
liche Flecken ;  nur  selten  sieht  man  Kristallkonturen,  ßandlich  und 
auch  im  Innern  ist  der  Nosean  oft  farblos,  es  fehlt  an  diesen  Stellen 
das  färbende  Pigment.  Der  Nosean  besitzt  ein  sehr  junges  llter 
er  ist  zwischen  die  Melilithe  eingeklemmt,  ähnlich  wie  der  Nephelin 
und  ist  mit  diesem  wahrscheinlich  gleichalterig.  Das  jun-e  Alter 
bedingt  auch  seinen  Mangel  an  idiomorpher  Begrenzung.  Die  sonstigen 
Bestandteile  des  obigen  Basalts  sind  dieselben  wie  in  den  anderen 
Me  I  ithbasalten.  Augit  tritt  an  Menge  etwas  zurück,  ebenso  Nephelin, 
Mehhth  ist  dagegen  reichlich  vorhanden.  Das  Interessante  und 
Neue  an  dem  Basalt  von  Grabenstetten  ist  also  das  Auftreten  des 
ilTt  ^^'^'"^^"^"^^^^^^^^"d^^^l  ^^"d  als  jüngstes  Ausscheidungs- 

In  allen  Hauyn  bezw.  Nosean  führenden  Felsarten  gehört  die 
Bildung  der  Hauyne  und  Noseane  aus  dem  schmelzflüssigen  Magma 
der  Zeit  zwischen  der  Ausscheidung  der  älteren  Pyroxengeneration 
und  der  Kristallisation  des  Nephelin  an.  Der  Nosean  ist  also  unter 
den  eisenfreien  feldspatähnlichen  Gemengteilen  der  älteste,  seine 
Bildung  gehört  zu  den  ältesten  Entwickelungsperioden  der  Gesteins- 
magmen. Diese  Regel  erfährt  bei  obigem  Resultat  jetzt  eine  Aus- 
nahme. Wir  können  demnach  den  Basalt  von  Grabenstetten  als 
neuen  Gesteinstypus  betrachten,  wozu  das  eigentümliche  Auftreten 
des  Noseans  berechtigt.  Der  Basalt  wäre  zu  charakterisieren  al. 
Nosean-Mehhth-Basalt. 

über  die  chemische  Zusammensetzung  desselben  gibt  die  vom 
ErtZt.  '"^'^"'^^^^    ^"'^'^^^    ^"f-^^'"ß-     üiese    hatte    folgendes 


—     57     — 

SiO, 34,03 

TiO, 2,69 

Fe^Og •    •    •  3,13 

FeO ^'^"^ 

Al,0, 8,41 

CaO- 18,20 

MgO 1^.68 

K,0 1'69 

Na,0 4,58 

vX- 1'^' 

SO3 0,94 

H,0 4,02 

CO, -   sp^'^ 

Summa  .    .  100,14 
In  Molekularquotienten  umgerechnet  ergibt  diese  Analyse: 

SiO, 34,88 

TiO; 2,07 

Fe,0, 0.58 

FeO' 8,00 

Al,03 5'08 

CaO 20,02 

MgO 22,58 

K,0 1>11 

Na,0 4,54 

P.O, ••    •    •      0,47 

SO3 •  •     Q.^2 

Summa  .    .  100,00 
Daraus    ergibt    sich    nach    der   Methode    von   Osann   folgende 
Formel : 

Der  geringe  Aluminiumgehalt  weist  darauf  hin,  daß  wahr- 
scheinlich im  Gehlenitmolekül  ein  Teil  desAl^Og  durch  Fe^Os  er- 
setzt ist. 

Ein  Teil  der  Alkalien  muß  jedenfalls  an  Fe,  O3  gebunden  sein. 

Die  reichliche  Noseanführung  des  obigen  Basalts  findet  auch 
ihren  Ausdruck  in  der  chemischen  Zusammensetzung  desselben,  die 
von  der  der  normalen  Melilithbasalte  etwas  abweicht.  Der  Gehalt 
an  NagO  ist  beträchtlich  höher.  Der  Gehalt  an  SO3  beträgt  0,94  «/o. 
Wenn  wir  dem  Nosean  die  Zusammensetzung 

SiO^ 31,65 

Al,03 27,05 

Na,0 27,26 

SO, 14,06 


—     58     — 

(s.  Zirkel,  Mineralogie)  zugrunde  legen,  so  entsprechen  0,94  "/o  SO3 
einem  Anteil  von  6,6  %  Nosean.  In  diesen  6,6  "/o  Nosean  sind  ent- 
halten 1,08  *^/o  NagO;  man  ersieht  daraus,  daß  die  Noseanführung 
den  Gehalt  an  Alkalien  bedeutend  erhöhen  muß. 

Anhang. 

Feldspatbasalte  treten  auf  der  Alb  nirgends  auf.  Endriss^  er- 
wähnt von  der  Zeige  Egelstein  bei  Grabenstetten  ein  Stück  Feld- 
spatbasalt. Ich  meinerseits  konnte  dort  jedoch  trotz  eifrigen  Suchens 
keinen  solchen  finden ,  und  solange  nicht  weitere  Funde  von  Feld- 
spatbasalt gemacht  werden,  muß  man  wohl  das  von  Endriss  ge- 
fundene   einzelne  Stück  auf  irgendeine  Verschleppung  zurückführen. 

Kontakterscheinnngen. 

a)  Endogener  Natur. 

In  dem  Bruch  am  Jusiberg  gegen  Kappishäuser  zu  zeigt  der 
Basalt  eine  hübsche  endogene  Kontakterscheinung.  Er  dringt  hier 
zu  beiden  Seiten  des  Tuffs  empor  und  ist  an  der  Grenze  gegen  diesen 
ganz  glasig  ausgebildet.  In  einer  dunklen  glasigen  Grundmasse,  die 
oft  in  großer  Menge  Erzkörnchen  ausgeschieden  hat,  liegen  gut  be- 
grenzte Olivinkristalle  und  in  großer  Zahl  scharf  begrenzte  Melilith- 
leisten,  die  um  die  Olivine  fluidal  angeordnet  sind ;  vom  Augit  fehlt 
jede  Spur.  In  kurzer  Entfernung  vom  Kontakt  wird  die  Grund- 
masse wieder  kristalliner,  es  erscheinen  größere  Magnetite  und  auch 
Augite. 

b)  Exogener  Natur. 

Beim  Gang  am  Wahler  bei  Grabenstetten  ist  der  weiße  Jura 
zu  beiden  Seiten  des  Basalts  schwarz  gebrannt ",  indem,  wie  v.  Branco 
nachwies,  durch  die  entstandene  Hitze  die  organische  Substanz  ver- 
kohlte. 

Der  Basalt  des  Buckleten-Teichs  bei  Urach  hat  den  oberen 
braunen  Jura  gehärtet  -.  Härtung  von  durchbrochenem  Tuff  ist  zu  be- 
obachten am  Götzenbrühl  und  Hochbohl  -.  Besonders  stark  war  die 
Einwirkung  der  vom  Basalt  erzeugten  Hitze  auf  den  Tuff  des  Götzen- 
brühls.  In  mehreren  Schliffen  von  dem  dunklen  Kontakttuff  sieht 
man,  daß  ein  großer  Teil  der  Olivine  und  Augite  ganz  eingeschmolzen 
oder  doch  angeschmolzen  ist.    Die  ursprünglichen  Kristallformen  sind 


•  Bericht   über  die  26.  Versammlung  des  Oberrhein,  geol.  Vereins.  1893. 
'  Siehe  v.  Branco,  „Vulkanembryonen  Schwabens*". 


—     59     — 

noch  zu  erkennen.  Die  unversehrten  Kerne  haben  rundhche  Formen. 
Die  umgewandelten  Partien  der  OUvine  und  Augite  sind  von  dunkel- 
brauner bis  schwarzer  Farbe  infolge  des  hohen  Eisengehalts,  da 
meist  Magnetit  aus  den  angeschmolzenen  Partien  in  feinen  Körnchen 
wieder  auskristallisierte  (s.  Fig.  3). 

Kontaktmetamorph  umgewandelte  Gesteinseinschlüsse  im  Basalt 
sind  selten.  Am  Hofberg  wurde  als  Einschluß  ein  typischer  Kalk- 
silikathornfels  gefunden.  Der  Basalt  selbst 
wird  gegen  den  Einschluß  zu  sehr  dicht,  be- 
steht fast  nur  aus  einem  feinkörnigen  Ge- 
menge von  Augitnadeln  oder  Augitkörnern. 
Melihth  ist  sehr  spärlich.  Auf  den  Basalt 
folgt    eine   ziemlich   breite    Kontaktzone  mit 

G  e  h  1  e  n  i  t  kristallen  von  annähernd  quadra- 

,.,        -p.       II-,,  1       -xj  1        1         Fig.  3.     Angeschmolzene 

tischen  Durchschnitten  und  mit  den  charak-     ^^^.^,.^^  ^^^  ^^^  j^^^^^j.^ 

teristischen  lavendelblauen  Interferenzfarben.  tuff  des  Götzenbrühls. 
Auf  diese  Zone  folgt  eine  weitere  mit  farb- 
losen rhombischen  Pyroxenen,  die  sich  gern  in  faserige  Produkte  um- 
wandeln. Die  Pyroxenkristalle  sind  meist  skelettförmig  entwickelt, 
wie  es  bei  Hornfelsen  häufig  der  Fall  ist.  Ferner  stellen  sich  un- 
gemein viele  durch  den  Kontakt  entstandene  Spinelle  ein ;  diese  be- 
fSitzen  teils  oktaedrische,  teils  Körnerform  und  scharen  sich  oft  zu 
kleinen  Häufchen  zusammen.  Ihre  Farbe  ist  z.  T.  grünlich,  sehr 
häufig  auch  rauchbraun.  Zwischen  Pyroxenen  und  Spinellen  lagert 
ein  farbloser  Untergrund  mit  ganz  schwacher  Licht-  und  Doppel- 
brechung. Die  Natur  dieser  Substanz  ist  schwerlich  genau  festzu- 
stellen. Vielleicht  liegt  in  ihr  irgendeine  Modifikation  der  Kieselsäure 
vor  (Tridymit?).  In  einiger  Entfernung  vom  Basalt  besteht  das  Kon- 
taktgestein aus  einem  Gemenge  von  rhombischem  und  einem  farb- 
losen monoklinen  Pyroxen,  der  Kristallbegrenzung  zeigt.  Die  Pyroxen- 
kristalle sind  äußerst  winzig  und  lassen  sich  nur  bei  stärkster  Ver- 
größerung genauer  studieren. 

Spinelle  sind  gleichmäßig  durch  das  ganze  Gestein  verbreitet. 
Zwischen  den  einzelnen  Gemengteilen  lagert  in  geringer  Menge  wieder 
jener  farblose  Untergrund. 

Nach  den  auftretenden  Kontaktmineralien  zu  urteilen ,  lag  ur- 
sprünglich jedenfalls  ein  dolomitischer  toniger  Kalk  vor,  der  in  großer 
Tiefe  bei  starkem  Druck  umgewandelt  wurde  und  vielleicht  dem 
Muschelkalk  angehörte. 

Ein    weiterer   fremder  Gesteinseinschluß  vom  Hofberg  zeigt  in 


60     - 


Fig.  4.      Skelettförmig   aus 
gebildete  Pyroxene. 


der  Nähe  des  Basalts  eine  Zone  von  farblosem  monoklinem  Pyroxen, 
der  massenhaft  Einschlüsse  von  Flüssigkeit  führt  und  gelappte,  skelett- 
förmige  Individuen  aufweist  (s.  Fig.  4). 

Mit  dem  Pyroxen  treten  auch  wieder  sehr  viele  winzige  Kri- 
ställchen  auf,  die  oft  stäbchenförmige  Wachstumsformen  zeigen  und 
ab  und  zu  mit  bräunlicher  Farbe  durch- 
scheinend werden.  Auch  sie  gehören  nach 
Isotropie  und  Stärke  der  Lichtbrechung 
der  Spinellgruppe  an.  In  der  Kontaktzone 
stellt  sich  ferner  Biotit  in  unregelmäßigen 
Schuppen  ein ,  der  gern  zu  einer  grün- 
Hchen  chloritischen  Masse  verwittert.  Auch 
hier  lagert  sich  in  den  kleinen  Zwickeln 
ein  farbloser  Grund,  der  nicht  näher  zu 
bestimmen  ist.  Etwas  entfernt  vom  Basalt 
besteht  das  Kontaktgestein  aus  einer  Unzahl  von  winzigen  Nädel- 
chen  von  farblosem  rhombischem  Pyroxen  und  zahlreichen  kleinen 
Spinellen. 

Ferner  treten  in  dem  Gestein  viele  kleine  Hohlräume  auf,  die 
mit  Natrolith  ausgefüllt  sind. 

Aus  dem  Basalt  des  Götzenbrühls  besitze  ich  einen  kleinen 
Einschluß ,  der  aus  winzigen  idiomorphen  Quarzkriställchen  besteht, 
die  in  einer  farblosen  Grundmasse  liegen.  Diese  zeigt  tiefblaue 
Interferenzfarben ,  wie  sie  für  manche  Mineralien  der  Chloritgruppe 
charakteristisch  sind.  In  Schnitten  senkrecht  zur  Hauptachse  zeigt 
das  Mineral  deutliche  Spaltbarkeit,  der  optische  Charakter  ist  nega- 
tiv, das  Interferenzbild  einachsig.  Alle  diese  Eigenschaften  lassen 
darauf  schheßen,  daß  in  diesem  Mineral  Pennin  vorliegt.  (Klinochlor 
ist  optisch  positiv  und  zeigt  auch  die  tiefblauen  Interferenzfarben 
nicht.)  Die  Quarze  führen  eigentümliche  gewundene  und  gebogene 
Einschlüsse,  die  reliefartig  hervortreten  und  bläulich  gefärbt  sind. 
Gegen  den  Basalt  zu  ist  eine  schmale  Zone  vorhanden  mit  langen 
Säulen  von  monoklinem  Pyroxen,  die  in  einer  braunen  erdigen  Masse 
liegen,  welche  Aggregatpolarisation  zeigt.  Der  Basalt  ist  in  der 
Nähe  des  Einschlusses  sehr  dicht  und  besteht  hier  nur  aus  Augit 
und  Olivin. 

Bis  jetzt  kennt  man  als  Kontaktmineral  kein  Glied  aus  der 
Chloritgruppe,  und  es  liegt  deshalb  der  Gedanke  nahe,  anzunehmen, 
daß  der  hier  auftretende  Pennin  aus  irgendeinem  anderen  Mineral 
(vielleicht  Augit)  hervorging. 


61 


II.  Teil.    Die  Basalttuffe  des  schwäbischen  Vulkangebietes. 

a)  Geologisches. 
Die  Basalttuffe  der  Schwäbischen  Alb  füllen,  wie  v.  Branco  ' 
darlegte,  Kanäle  aus  von  meist  rundlichen  bis  ovalen  Querschnitten. 
Diese  Kanäle  sind  bei  der  großen  Mehrzahl  bis  zu  sehr  großer  Tiefe 
hinab  mit  Tuffbreccien  angefüllt.  Wir  haben  es  mit  vulkanischen 
Durchschlagsröhren  zu  tun,  erzeugt  durch  die  Wucht  der  explodieren- 
den Gase.  Die  Eruptionsstellen  sind  sehr  zahlreich,  etwa  130,  und 
sind  auf  eine  ziemlich  kleine  Fläche  beschränkt.  In  der  gegenseitigen 
Lage  derselben  läßt  sich  absolut  keine  Gesetzmäßigkeit  feststellen, 
sondern  die  Punkte  Hegen  zerstreut  wie  die  Löcher  eines  Siebs  und 
nicht  linear  angeordnet.  An  der  Hand  der  Spaltentheorie  läßt  sich 
das  Dasein  dieser  Röhren  zurzeit  nicht  erklären ,  zudem  man  über- 
haupt wenig  Verwerfungen  in  den  Juraschichten  des  Albgebietes 
bis  jetzt  hat  nachweisen  können.  Die  Ansicht  v.  Branco's,  daß 
das  Magma  bezw.  seine  Gase  sich  selbst  die  Auswege  gebahnt 
haben,  findet  fortgesetzt  weitere  Bestätigung,  so  besonders  in 
dem  Gebiet  der  Rhön.  Hier  hat  Bücking  auf  etwa  nur  9  Quadrat- 
meilen Fläche  mehr  als  400  Durchbrüche  von  Basalt  und  Phono- 
lith  festgestellt  und  bei  kaum  10  derselben  Spalten  aufgefunden, 
an  denen  das  Magma  emporsteigen  konnte.  Diese  vulkanischen 
Röhren  in  der  Rhön  bilden  sonach  gewiß  ein  schönes  Analogon  zu 
den  Durchschlagsröhren  der  Alb.  Auch  in  anderen  Gebieten  wie  im 
Vogelsberg,  in  der  Grafschaft  Fife  in  England  wurden  neuerdings 
solche  vulkanischen  Durchschlagsröhren  entdeckt,  v.  Branco  erwähnt 
alle  diese  neuen  Resultate  und  würdigt  sie  in  seiner  Arbeit:  „Zur 
Spaltenfrage  der  Vulkane"  ^.  Die  vulkanische  Tätigkeit  war  bei 
unseren  Albvulkanen  von  kurzer  Dauer,  es  kam  jedenfalls  nur  zu 
kleinen  ümwallungen  und  Aufschüttungskegeln  von  Tuffmaterial,  von 
denen  wir  aber  heutzutage  nichts  mehr  sehen ,  da  sie  längst  durch 
Erosion  zerstört  worden  sind.  Zur  Erzeugung  von  Lavaströmen  kam 
es  nirgends.  Der  basaltische  Schmelzfluß  erstarrte  meist  schon  in 
großer  Tiefe.  Daß  keine  größeren  Vulkanberge  auf  der  Alb  ent- 
standen sind,  läßt  sich  wohl  begreifen,  wenn  wir  bedenken,  daß  das 
Magma  eben  an  so  vielen  Stellen  von  seiner  Energie  entbunden  wurde, 
und  diese  sich  deshalb  nicht  auf  einige  wenige  Punkte  konzentrieren 
konnte,  um  größere  Vulkane  aufzubauen.    Eine  ausführliche  Beschrei- 

'  Siehe  v.  Branco's  „Viükanembryonen  Schwabens". 
2  Sitzungsber.  d.  k.  preuß.  Akad.  d.  Wiss.  XXXVI.  1903. 


—     62     — 

bung  der  Lagerungsverhältnisse  der  vulkanischen  Tuffe  hat  v.  Branco 
bereits  gegeben  und  es  läßt  sich  hier  kaum  etwas  Neues  hinzufügen. 
An  neuen  Funden  kamen  noch  einige  hinzu ,  die  erwähnt  werden 
in    den  Erläuterungen    zu    dem    revidierten    Blatt    Kirchheim   u.  T.  ^ 

b)  Petrographische  Verhältnisse. 

Die  Füllmassen  der  vulkanischen  Kanäle  sind  streng  zu  be- 
zeichnen als  „Basalttuffbreccien",  d.  h.  sie  bilden  ein  buntes  Gemenge 
von  ausgeworfenem  Magmamaterial  und  eckigen  Trümmern  von  durch- 
brochenen Gesteinen,  unter  denen  Granite,  Gneise,  Rothegendes, 
Buntsandstein,  Keuper  vertreten  sind,  vor  allem  aber  Gesteine,  die 
Schichten  vom  Lias  an  bis  zum  weißen  Jura  hinauf  angehören.  Die 
Tuffmassen  bekommen  durch  diese  verschiedenartigen  und  verschieden- 
farbigen fremden  Gesteine  häufig  ein  scheckiges ,  buntfarbiges  Aus- 
sehen. Die  Masse  und  Verteilung  der  Fremdgesteine  schwankt  natür- 
lich sehr  an  den  verschiedenen  Punkten ;  besonders  die  kristallinen 
Gesteine  wechseln  an  Häufigkeit. 

Typischen  Muschelkalk  findet  man  nur  an  zwei  Stellen,  an  der 
Sulzhalde  und  am  Kräuterbuckel,  ganz  in  der  Nähe  des  Neckars. 

Am  häufigsten  und  am  regelmäßigsten  verteilt  sind  die  Keuper- 
und  Juragesteine,  die  teils  kalkiger,  teils  mergeliger  oder  schieferiger 
Natur  sind. 

Auch  die  Größe  der  Gesteinstrümmer  unterliegt  starken  Schwan- 
kungen und  zwar  oft  an  ein  und  demselben  Punkte.  Wir  sehen  an 
vielen  Stellen  große,  oft  1 — 2  m  dicke  Blöcke,  die  zumeist  dem  Jura 
angehören,  hier  und  da  auch  den  kristallinen  Gesteinen.  Am  Florian- 
berg z.  B.  wurden  große  kristalline  Auswürflinge  gefunden.  Wenn 
solche  große  Blöcke  von  fremden  Steinen  vorherrschen,  erhalten  die 
Tuffmassen  grobbrecciösen  Habitus.  Sehr  häufig  war  die  Zertrümme- 
rung der  durchschlagenen  Gesteine  überaus  weitgehend,  so  daß  feiner 
und  homogener  aussehende  Tuffbreccien  resultierten,  in  denen  die 
fremden  Gesteine  bis  zu  mikroskopischer  Kleinheit  herabsinken.  Von 
kristallinen  Gesteinen  sind  dann  nur  noch  die  einzelnen  Mineralien 
wie  Quarz  und  Feldspat  übrig  geblieben.  Diese  feineren  Tuffe  be- 
wahren natürlich  auch  ihre  Festigkeit  viel  länger  als  die  groben 
Varietäten ;  sie  sind  oft  geradezu  basalthart,  wie  z.  B.  am  Randecker 
Maar,  am  Engelhof,  Jusiberg.  Die  Basalttuffe  sind  in  den  tieferen 
Teilen    der  Kanäle    fast  immer  massig,    ungeschichtet;    an  manchen 


*  Bl.  Kirchheim  u.  T.  revid.  von  E.  Fr  aas. 


—     63     — 

Stellen,  wie  am  Randecker  Maar,  tritt  eine  rohe  Bankung  auf,  die 
aber  nur  Absonderungserscheinung  und  keine  Schichtung  ist,  wie 
V.  Branco  schon  ausgeführt  hat.  In  den  obersten  Teilen  der  Tuff- 
röhren, soweit  diese  noch  vorhanden,  sind  meist  geschichtete  Tuffe, 
deren  Entstehung  auf  die  Mitwirkung  des  Wassers  zurückzuführen 
ist,  indem  von  den  Rändern  der  Kratere  die  Tuffe  allmählich  durch 
Regenwasser  in  die  Vertiefungen  gespült  wurden. 

W.  V.  Branco  erwähnt  auch  subaerische  Schichtung,  die  in 
tieferen  Regionen  der  Kanäle  zutage  tritt,  aber  sehr  selten  vorkommt. 

Die  Tuffe  zeigen  alle  Grade  der  Verwitterung  und  Zerstörung. 
Bei  einer  sehr  großen  Zahl  von  Tuffpunkten  findet  sich  keine  Spur 
festen  Tuffs  mehr ;  alles  ist  zu  einer  losen ,  lockeren ,  zerreiblichen 
Masse  zerfallen.  Die  Tuffe  sind  also  wieder  in  denselben  lockeren 
Zustand  zurückversetzt,  den  sie  vor  der  Verkittung  durch  Kalzit  ge- 
habt haben. 

Die  Verwitterung  hat  jedenfalls  schon  während  der  Periode 
der  Verkittung  der  Tuffkomponenten  eingesetzt;  denn  auch  in  den 
festesten  und  frischesten  Tuffen  finden  wir  Veränderungen.  Erst 
nachdem  die  Verkittung  vollendet  war,  wurde  der  Tuff  wasser- 
undurchlässig und  war  dadurch  in  seinen  inneren  Partien  geschützt. 
Zur  petrographischen  Untersuchung  der  Tuffe  in  Dünnschliffen  konnten 
selbstverständlich  nur  feste,  gut  verkittete  Gesteine  benützt  werden, 
wie  wir  sie  noch  antreffen  an  den  Punkten:  Engelhof,  Conradfels, 
Randecker  Maar,  Scharnhausen ,  Götzenbrühl,  Dontal,  Hofbrunnen, 
Wittlinger  Steige,  Limburg,  Diepoldsburg,  Ruine  Höfen  bei  Graben- 
stetten,  Gutenberg  und  noch  einigen  anderen. 

Die  mikroskopischen  Bilder  bei  all  unseren  Tuffen  gliedern  sich 
in  die  Auswürflinge  (Aschenteile,  Gesteinstrümmer)  und  die  Kittmasse, 
die  zwischen  denselben  gelagert  ist. 

Beschreibung  der  vulkanischen  Auswürflinge. 

Es  folge  zunächst  eine  Schilderung  der  verschiedenen  Mineralien, 
die  in  den  Lapilli  auftreten. 

Olivin 

ist  in  den  Tuffen  ebenso  verbreitet  wie  in  den  Melilithbasalten ,  er 
bildet  stets  teils  größere,  teils  kleinere  Einsprengunge  in  der  Grund- 
masse der  Lapilli,  wie  schon  Penck  ^  darlegte. 


^  Penck,    „Über  Palagonit  und  Basalttuffe ".     Zeitschr.  d.  deutsch,  geol. 
Ges.  Bd.  XXXI. 


-       64     — 

Die  Kristallformen  sind  dieselben  wie  bei  den  Basalten.  Zwil- 
linge nach  Pob  kommen  vor;  in  einem  Tuff  vom  Dontal  fand  ich 
auch  einen  Durchkreuzungszwilling. 

Die  frischen  Olivine  führen  dieselben  Einschlüsse  wie  die 
Basaltolivine.  Bei  der  Verwitterung  bleiben  nur  die  Pikotit-  und 
Magnetiteinschlüsse  erhalten.  Während  nun  der  Olivin  im  Basalt 
häufig  sehr  stark  korrodiert  ist  und  deshalb  oft  nur  in  Körnern  er- 
scheint, zeigen  die  Olivinkristalle  in  den  Tuffen  zumeist  die  schönste 
idiomorphe  Begrenzung.  Die  Kristallflächen  sind  ganz  scharf 
ausgebildet  und  ohne  jede  Einbuchtung.  Dies  rührt  von  der  rascheren 
Erstarrung  der  Tuffe  her,  von  der  Kürze  der  effusiven  Periode. 

Sehr  gern  ist  der  Olivin  umgrenzt  von  Magnetitkristälichen, 
die  zum  Teil  randlich  eingewachsen  sind.  Diese  Erscheinung  ist 
hübsch  ausgebildet  im  Tuff  vom  Conradfels. 

Der  Olivin  unterliegt  in  hohem  Grade  der  Verwitterung  und 
der  Umwandlung;  nur  in  wenigen  Tuffen  ist  er  noch  gut  erhalten, 
so  z.  B.  am  Conradfels,  wo  kaum  Spuren  der  Zersetzung  wahr- 
zunehmen sind.  Teilweise  frisch  trifft  man  den  Olivin  in  den  Tuffen 
der  Ruine  Höfen  bei  Grabenstetten,  vom  Hofbrunnen,  von  Donstetten. 
von  der  Wittlinger  Steige  und  vom  Dontal. 

Der  frische  Olivin  setzt  sich  durch  Wasseraufnahme  und  Ab- 
gabe eines  Teils  der  Magnesia  in  Serpentin  um,  und  zwar  erfolgt 
die  Umwandlung  von  den  Spaltrissen  und  dem  Ptande  aus.  Das 
Eisen  des  Olivins  scheidet  sich  als  braunes  Eisenoxydhydrat  und  als 
Magnetit  ab.  Auf  den  Spalten  entdeckt  man  öfters  winzige  Magnesit- 
kriställchen  von  starker  Licht-  und  Doppelbrechung.  Die  Serpentini- 
sierung  kann  fortschreiten  bis  zur  Bildung  von  vollständigen  Serpentin- 
pseudomorphosen,  die  z.  B.  schön  im  Tuff  vom  Jusiberg  ausgebildet 
sind.  Viel  auffälliger  aber  als  die  S er p entin bildung  ist  in  un- 
seren Tuffen  die  Umwandlung  des  Olivins  in  Kar- 
bonate, namentlich  durch  die  überaus  große  Verbreitung  der  so 
überaus  selten  geltenden  Umwandlung.  Diese  scheinen  wesentlich 
aus  Kalzit  zu  bestehen,  worauf  die  leichte  Angreifbarkeit  durch 
schwache  Säuren  (Essigsäure)  und  das  überaus  heftige  Einwirken 
von  kalter  Salzsäure  hinweisen.  Wir  treffen  zum  Teil  vollstän- 
dige Pseudomorphosen  von  Karbonaten,  die  am  schönsten  wohl  in 
den  Tuffen  vom  Randecker  Maar,  von  wo  sie  Endriss  ^  schon  er- 
wähnt, vom  Götzenbrühl  und  vom  Engelhof.    Zum  Teil  begegnet  man 


Endriß,  Zeitschr.  d.  deutscli.  geol.  Ges.  Bd.  XLI.  1889. 


—     65     - 

Kalzitpseudomorphosen  mit  schmalen  Rändern  von  Serpentin  und 
durchzogen  von  Serpentinschnüren ;  die  durch  diese  erzeugten  Maschen 
sind  durch  Kalzit  ausgefüllt.  Ferner  kommen  Pseudomorphosen  vor, 
bei  denen  noch  frische  Olivinkerne  da  sind  und  die  äußeren  Partien 
teils  aus  Kalzit,  teils  aus  Serpentin  bestehen. 

Woher  kommt  es  nun,  daß  Karbonate  hier  in  so  großer  Menge 
anscheinend  als  Substitutionsprodukte  des  Serpentins  bezw.  Olivins 
erscheinen?  Dies  ist  leicht  einzusehen,  wenn  wir  bedenken,  daß 
kohlensaurer  Kalk  sehr  reichlich  den  Tuffen  beigemengt  ist  und  die 
Sickerwässer  mit  den  gelösten  Karbonaten  sehr  heftig  auf  die  lockeren 
Tuffe  einwirken  können.  Die  Überführung  von  Silikat  in  Karbonat 
wäre  sonach  hier  durch  die  Verhältnisse  besonders  begünstigt  und 
die  Pseudomorphosen  in  unseren  Tuffen  sind  gewissermaßen  als 
Folgen  der  chemischen  Massenwirkung  anzusehen.  Es  ist  nicht 
unwahrscheinlich,  daß  ein  Teil  der  Karbonate  durch  Verdrängung 
aus  zuerst  gebildetem  Serpentin  hervorgegangen  ist. 

Melilith. 

Zu  den  charakteristischen  Bestandteilen  der  schwäbischen  Basalt- 
tuffe gehört  der  Melilith.  Er  hat  seine  ursprüngliche  Beschaffenheit 
zwar  verloren ,  aber  gerade  durch  seine  Verwitterung  treten  seine 
typischen  Leisten  oft  noch  schöner  hervor.  Ein  Teil  der  Melilithe 
gehört  zu  den  Einsprengungen  und  ist  wahrscheinlich  schon  in 
größerer  Tiefe  auskristallisiert.  Diese  können  überaus  groß  werden; 
im  Tuff  vom  Randecker  Maar  z.  B.  haben  die  Leisten  Längen  bis 
zu  1  mm.  Die  Melilithe  der  Grundmasse  sinken  bis  zu  mikrolithischer 
Ausbildung  herab.  Die  Melilithe  in  den  Tuffen  zeigen  im  allgemeinen 
schärfere  Kristallflächen  wie  in  den  Basalten,  sehr  selten  sind  Kor- 
rosionserscheinungen. Besonders  scharf  sind  immer  die  Basisflächen 
entwickelt,  dagegen  fehlen  sehr  oft  die  Prismenflächen.  Folgende 
Figur  veranschaulicht  die  häufig  an  den  Enden  skelettförmig  aus- 
gebildeten Melilithkristalle. 

An  Einschlüssen  führen  die        t-r^""';  '\  'i^'^ 

Melilithe    besonders   Perowskit- 

und  MagnetitkristäUchen.    Sehr    ^'S-  '^-    ™^f  ^j,*  unvollkommen  aus- 

"  .  gebildeter  Prismenzone, 

oft   hat    es    den    Anschein ,    als 

ob  den  Melilithkristallen  in  den  randlichen  Partien  Mikrolithen  ein- 
gelagert seien.  Dies  ist  aber  nur  eine  Täuschung,  die  davon  herrührt, 
daß  bei  schief  geschnittenen  Melilithen  die  Grundmasse,  die  über  oder 
unter  den  geneigten  Flächen  liegt,  in  den  Kristallen  selbst  zu  liegen 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905.  5 


—     66     - 

scheint.  Die  Mikrolithen  müssen  der  Grundmasse  angehören,  da  sie 
jünger  sind  als  der  Mehlith.  Die  Mehhthe  trifft  man  in  keinem  Tuff 
mehr  frisch  an,  sondern  sie  sind  gewöhnhch  in  eine  farblose  Sub- 
stanz mit  ganz  schwachen  bläulichen  Interferenzfarben  übergegangen. 
Die  neuen  Produkte  haben  sich  stets  parallel  der  Hauptachse  des 
Meliliths  angeordnet  in  feinfaseriger  Ausbildung;  die  Auslöschung 
erfolgt  immer  parallel  zu  den  Leistenkanten.  Wir  haben  es  hier 
mit  zeolithischen  Substanzen  zu  tun.  In  manchen  Tuffen,  wie  z.  B.  in 
denen  von  Scharnhausen  und  vom  Hofbrunnen,  sind  die  Neubildungs- 
produkte gelblich  gefärbt  und  beinahe  isotrop.  Durch  diese  Färbung 
heben  sich  die  Melilithleisten  scharf  von  dem  dunklen  Untergrund 
ab.     Pseudomorphosen  von  Kalkspat  wurden  nicht  beobachtet. 

Nephelin. 

Hier  und  da  trifft  man  diesen  in  kleinen  Hexagonen  oder  kurzen 
Säulen,  er  ist  aber  von  geringer  Wichtigkeit.  Es  könnte  noch  ge- 
fragt werden,  ob  nicht  vielleicht  die  geringe  in  Zeolithe  und  Kar- 
bonate umgewandelte  Füllmasse  zwischen  den  kristallinen  Aus- 
scheidungen in  manchen  Lapilli  als  verwitterter  Nephelin  zu  deuten 
ist.  Ich  halte  dafür,  daß  auch  diese  Partien  der  Grundmasse  gla- 
siger Natur  waren,  besonders  deswegen,  weil  in  der  Grundmasse 
kein  Augit  auskristallisierte  und  dieser  doch  vor  dem  Nephelin  sich 
hätte  ausscheiden  müssen. 

Augit. 

Während  Augit  in  den  Basalten  eine  große  Rolle  spielt,  ist  er 
dagegen  in  den  Tuffen  ein  sehr  seltener  Gast.  Gewöhnlich  tritt  er 
nur  als  EinsprengHng  auf  und  gehört  zu  den  intratellurischen  Aus- 
scheidungen. Nur  in  einigen  Tuffen,  wie  z.  B.  vom  Götzenbrühl, 
von  der  Alten  Reuter  bei  Beuren,  vom  Aichelberg  reichert  er  sich 
etwas  an  und  bildet  dann  öfters  kleine  Anhäufungen. 

In  der  Grundmasse  ist  Augit  höchst  selten  auskristallisiert; 
nur  in  vereinzelten  Lapilli,  die  ich  in  Tuffen  vom  Götzenbrühl,  von 
Scharnhausen,  vom  Engelhof  antraf,  konnte  eine  augitische  Grund- 
masse entdeckt  werden. 

Perowskit. 

Dieser  ist  m  den  Tuffen  stets  anzutreffen.  Seine  Kristallisation 
dauerte  von  der  ältesten  Zeit  bis  zur  jüngsten.  In  der  Grundmasse 
bildet  er  nur  ganz  winzige  Kriställchen.  Die  älteren  Kristalle  nehmen 
jedoch  große  Dimensionen  an,  wie  z.  B.  in  dem  Tuff  vom  Randecker 


—     67     — 

Maar.  Gerne  ist  er  mit  großen  Erzkristallen  verwachsen.  Seine 
Farbe  ist  gelbbraun.     Schwache  Doppelbrechung  ist  zu  beobachten. 

3[agnetit. 

Magnetit  spielt  in  den  Tuffen  eine  große  Rolle.  Seine  Formen 
sind  meist  ziemlich  scharf.  Neben  großen  sehr  alten  Erzausschei- 
dungen haben  wir  in  vielen  Lapilli  einen  feinen  Erzstaub ,  der  bei 
starker  Vergrößerung  immerhin  oktaedrische  Formen  erkennen  läßt. 
Wir  müssen  in  den  Lapilli  zwei  getrennte  Magnetitkristallisationen 
annehmen.  Die  Hauptmasse  des  Magnetits  hat  sich  bei  der  durch 
die  schnelle  Eruption  bedingten  raschen  Erstarrung  ausgeschieden. 
Der  Magnetit  hält  der  Verwitterung  sehr  langen  Widerstand  ent- 
gegen. In  den  in  Kalkspat  umgewandelten  Olivinen  sind  die  Magne- 
tite  immer  noch  in  ursprünglicher  Frische  erhalten  geblieben. 

Biotit 

findet  sich  öfters  in  den  Tuffen  in  großen  intratellurisch  ausgeschie- 
denen Individuen,  besonders  reichlich  ist  er  in  dem  Tuff  vom  Bürzlen- 
berg  bei  Eningen.  Als  Bestandteil  der  Grundmasse  wie  in  den 
Basalten  wurde  er  nirgends  entdeckt. 

Hornblende 

wird  in  festen  Tuffen  sehr  selten  angetroffen,  nur  in  einem  Tuffstück 
vom  Randecker  Maar  und  im  Tuff  des  Bürzlenberges  fanden  sich 
einzelne  große  Kristalle.  In  den  Schlämmprodukten  der  verwitterten 
Tuffe  läßt  sie  sich  jedoch  beinahe  immer  ;iachweisen,  wie  später 
noch  ausgeführt  wird. 

Spinell. 
Hier  und  da  werden  in  den  Lapilli  bräunlich  durchsichtige  Kri- 
stalle bemerkt,  die  dem  Chromit  angehören. 

Glas. 

Die  kristallinen  Ausscheidungen  liegen  in  einer  Grundmasse 
von  Glas.  Dieses  ist  von  tief  dunkelbrauner  bis  ganz  dunkler  Farbe, 
wenn  wenig  kristalline  Ausscheidungen  vorhanden  sind.  In  Lapilli, 
die  in  der  Grundmasse  sehr  viel  Melilith,  Perowskit  und  besonders 
Magnetit  ausgeschieden  haben ,  nimmt  das  Glas  hellere  Färbungen 
an ,  weil  die  färbenden  Stoffe  zum  größten  Teil  entzogen  und  ver- 
wendet wurden  zum  Aufbau  der  Mineralien.  (Siehe  dazu  auch  die 
späteren  Ausführungen.) 


—     68     - 

Strukturelle  Verhältnisse. 

Anger  ^  hat  zuerst  einige  Tuffe  unseres  Gebiets  mikroskopisch 
untersucht,  dieselben  aber  noch  als  Feldspatbasalttuffe  aufgefaßt. 

Penck  ^  beschrieb  die  Tuffe  von  Owen,  von  Dettingen  bei  Urach 
und  vom  Calwerbühl.  Er  hielt  die  Melilithe  in  den  Lapilli  noch  für 
Nepheline. 

Endlich  führt  Endriss^  an,  daß  nach  seinen  Untersuchungen 
ein  Teil  der  Tuffe  zum  Melilith-,  ein  anderer  Teil  zum  Nephelinbasalt 
gehöre.  Zu  den  Melilithbasalttuffen  rechnet  er  die  Tuffe  von  Aichel- 
berg,  von  der  Limburg,  von  Randeck,  Diepoldsburg,  Schopfloch, 
Hochbohl,  Owen,  Jusi,  Dettinger  Weinberg.  Dagegen  als  einen 
Nephelinbasalttuff'  erkannte  er  den  Tuff  vom  Rangenbergle.  Nach 
einer  mündlichen  Mitteilung  von  Herrn  Prof.  Endriss  war  ihm  bei 
der  Ortsangabe  des  Nephelinbasalts  eine  Verwechselung  unterlaufen, 
anstatt  Rangenbergle  sollte  es  heißen  Bürzlenberg  bei  Eningen. 

Nach  meiner  Untersuchung  jedoch  gehört  auch  der  Tuff  vom 
Bürzlenberg  zu  dem  Melilithbasaltmagma.  Es  wurden  von  mir  unter- 
sucht und  als  Melihthbasalttuffe  erkannt  folgende  Tuffe : 

Die  schon    von  Endriss    angegebenen    der   Punkte    Aichelberg, 
Limburg,  Randeck,  Diepoldsburg,   Schopfloch,   Hochbohl,  Bolle  bei 
Owen,  Jusi,  Hofbrunnen  bei  Seeburg, 
ferner 

Zittelstadttal  (Urach), 

Urach  (Punkt  59  nach  Branco), 

Seeburg-Rietheim  (Punkt  64), 

Böttingen, 

Grabenstatten, 

Calwerbühl  bei  Dettingen, 

Metzinger  Weinberg, 

Grafenberg, 

Bettenhardt-Linsenhofen, 

Alte  Reuter-Beuren, 

Conradfels, 

Gutenberg, 

Engelhof  bei  Unter- Lenningen, 

Götzenbrühl,  Hahnenkamm-Bissingen,  Egelsberg-Weilheim, 

Dontal, 

'  Tscher mak's  Min.  Mitteil.  1875,  S.  169. 

2  Zeitschr.  d.  deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  XXI.  1879.  S.  540. 

»  Zeitschr.  d.  deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  XLT.  1889. 


—     69     - 

Ruine  Hofen-Grabenstetten, 

Kraftrain-Kirchheim, 

Scharnhausen. 

Es  ist  überaus  wahrscheinhch,  daß  auch  die  übrigen  Tuffe  alle 
dem  Melilithbasaltmagma  entstammten. 

Die  vulkanischen  Lapilli  in  den  Basalttuffen  setzen  sich  im  all- 
gemeinen zusammen  aus  Einsprenglingen  von  Olivin ,  Melilith  und 
manchmal  Augit  und  einer  Grundmasse,  die  aus  Melilith,  Magnetit, 
Perowskit  und  Glas,  höchst  selten  aus  Augit  besteht.  Das  Vorkommen 
von  Glas  erwähnt  schon  Penck  *  von  dem  Tuffe  bei  Owen.  Die 
Struktur  der  Lapilli  ist  als  hypokristallin -porphyrisch  zu  bezeichnen, 
und  zwar  kommt  sowohl  der  hyalopilitische  Typus  als  auch  der 
intersertale  vor.  Ja  manche  kleine  Lapilli  sind  sogar  vollständig 
vitroporphyrisch  entwickelt.  Es  herrscht  eine  große  Mannigfaltigkeit 
in  der  Ausbildung  der  Lapilli,  besonders  in  bezug  auf  die  Mengen- 
verhältnisse der  kristallinen  Ausscheidungen  und  des  Glases,  sogar 
in  ein  und  demselben  Tuff. 

Ausbildung  der  Lapilli. 
1.  Hyalopilitischer  Typus. 

In  vielen  Tuffen  begegnen  wir  Lapilli,  die  nur  wenige  Ein- 
sprenglinge  von  Olivin  und  Melilith  führen.  Diese  schwimmen  in 
einer  Grundmasse  von  Glas,  das  fast  ganz  homogen  ist  und  gewöhn- 
lich eine  tief  dunkelbraune  Färbung  hat.  Die  tief  dunkle  Farbe  ist 
wohl  zu  verstehen ,  denn  fast  der  ganze  Reichtum  an  Eisen  und 
Titan,  der  sonst  zur  Bildung  von  Magnetit,  Augit  und  Perowskit 
nötig  ist,  vereinigt  sich  in  dem  Glas.  Dieses  vor  allem  Eisen  und 
magnesiareiche  Glas  hält  der  Verwitterung  ziemlich  großen  Wider- 
stand entgegen.  Die  Menge  des  Glases 
überwiegt  oft  bei  weitem  die  kristal- 
linen Produkte,  wie  z.  B.  in  dem  Tuff 
vom  Hofbrunnen.  Hier  hängt  sich  meist 
ein  fast  schwarzes  Basaltglas  mit  nur 
wenigen  Erzausscheidungen  um  die  Kri- 
stalle an  (s.  Fig.   6  u.    Taf.   II  Fig.   4).      Fig.  6.     Sehr  glasreiche   Lapilli 

Die    Glasmasse    ist    hier    und    da      mit  Olivin- und  Melilithkristallen. 
n    ...     -,.  ,  ..        1,         •      .  1  T,  Ung.  Vergr.  60  :  1. 

vollständig  gekornelt,  wie  ich  es  z.  B. 

schön    an    einem  Tuff  vom  Engelhof  beobachtete.     Zwischen  Olivin 

und  Melilithkristallen  lagern  sich  eine  Unmasse  rundlicher,  bräunlich 

'  Zeitschr.  d.  deutsch,  geol.  Ges.  1879.  S.  542. 


—     70     — 

gefärbter  Körner,  die  als  Entglasungsprodukte  (Kumuliten)  zu  deuten 
sind.  Beim  Heben  und  Senken  des  Tubus  sieht  man,  daß  die  Körner 
vielfach  selbst  wieder  aus  noch  kleineren  Körnern  sich  zusammen- 
setzen.    Sehr  häufig  finden  wir  in  dem  Glase  auch  Mikrolithen. 

In  den  Fällen  also,  wo  die  Kristalle  sozusagen  in  der  glasigen 
Grandmasse  schwimmen  und  diese  in  den  Vordergrund  tritt,  können 
wir  die  LapilU  der  betreffenden  Tuffe  als  zu  dem  hyalopilitischen 
Typus  gehörend  abscheiden.  Zu  diesem  kann  man  etwa  stellen  die 
Tuffe  vom  Hofbrunnen,  Engelhof,  Götzenbrühl,  Aichelberg,  Hochbohl, 
Dontal  und  von  Scharnhausen.  Jedoch  noch  in  vielen  andern  Tuffen 
treten  ab  und  zu  glasreiche  Auswürflinge  auf. 

2.  Intersertaler  Typus. 
Bei  vielen  Tuffen  wachsen  in  den  Lapilli  die  Melilithleisten  zu 
ungeheurer  Zahl  an,  wobei  sie  dann  gewöhnlich  ganz  kleine  Dimen- 
sionen besitzen.  Die  Leisten  legen  sich  mit  Vorliebe  zu  ihrer  Längs- 
richtung parallel,  so  daß  die  Struktur  ähnlich  der  trachytischen 
wird.  Die  Glasmasse  nimmt  beträchtlich  an  Menge  ab.  In  dem  Glas 
kommen  massenhaft  mikrolithische  Ausscheidungen  zum  Vorschein. 
Die  Mikrolithen  sind  von  gelblichbrauner  Farbe ,  haben  ovale, 
gebogene,  länghche,  an  den  Enden  meist  zugespitzte  Gestalten  und 
gruppieren  sich  gerne  zu  stern-  und  gewebförmigen  Gebilden  (s.  Fig.  7). 

Sie    werden    oft    so    zahlreich, 
daß    die    eigentliche  Glasmasse   fast 
verschwindet.      (Besonders    an    den 
Rändern  der  Melilithkristalle  häufen 
Fig.  7.    Mikrolithenformen.  »ie  sich  und  sind  diesen  auch  massen- 

haft eingewachsen.)  Wo  die  Mikro- 
lithen reichlich  sind,  hellt  sich  die  Glasmasse  auf,  sie  wird  hellgelb 
bis  hellbraun,  indem  die  Mikrolithen  einen  Teil  der  färbenden  Stoffe 
wegnehmen.  Doppelbrechung  konnte  an  ihnen  nicht  wahrgenommen 
werden,  was  von  ihrer  Winzigkeit  herkommen  mag.  Ich  fasse  diese 
Mikrolithen  als  Augitkristalliten  auf,  als  den  Anfang  der  Augit- 
ausscheidung. 

Die  ungleich  größere  Zahl  an  Melilithindividuen  in  den  Lapilli 
im  Vergleich  zu  den  Basalten  erklärt  sich  wohl  aus  der  rascheren 
Erstarrung  der  basaltischen  Masse  der  Tuffe.  Die  Melilithsubstanz, 
die  durch  die  schnelle  Abkühlung  an  vielen  Stellen  momentan  aus- 
kristallisierte, hatte  keine  Zeit  oder  Gelegenheit  mehr,  sich  zu  etwas 
größeren  Kristallen  aufzuschwingen. 


-     71     — 

Eine  weitere  Modifikation  der  Struktur  tritt  ein,  wenn  die  Kri- 
stallisation der  Grundmasse  fortschreitet  zu  einer  zweiten  Magnetit- 
ausscheidung. 

In  den  Basalten  läßt  sich  nur  schwer  eine  jüngere  Magnetit- 
generation von  einer  älteren  abscheiden.  Wir  haben  im  allgemeinen 
bei  den  Basalten  weniger  Magnetite,  dafür  aber  größere,  abgesehen 
von  der  ganz  alten  Erzabscheidung.  In  den  Lapilli  der  Tuffe  spielt 
der  Magnetit  mehr  die  Rolle  von  mikrolithischen  Ausscheidungen  des 
Glases,  also  Entglasungsprodukten ;  er  ist  auch  meist  in  unregel- 
mäßigen Körnchen  ohne  Kristallbegrenzung  entwickelt.  Die  Grund- 
masse ist  sehr  oft  von  unzähligen  solcher  Erzkörnchen  und  Erz- 
stäbchen besät.  Der  feine  Erzstaub  verdeckt  dann  oft  die  ganze 
Grnndmasse.  Wir  treffen  diese  reichliche  Erzabscheidung  bei  sehr 
vielen  Tuffen;  es  seien  angeführt  die  Tuffe  von  Scharnhausen, 
Conradfels,  Randeck,  Limburg,  Metzinger  Weinberg,  Gutenberg  u.  s.  f. 
Diese  führen  alle  sehr  viele  kristalline  Produkte,  die  Glasmasse  tritt 
sehr  in  den  Hintergrund  und  ist  zur  Mesostasis  geworden,  wodurch 
der  intersertale  Typus  gekennzeichnet  ist.  In  den  erzreichen  Lapilli 
verliert  das  Glas  durch  das  Abscheiden  des  Eisens  in  Form  von 
Magnetit  noch  mehr  seine  dunkle  Farbe.  Das  hell  gefärbte  Glas 
verwittert  sehr  leicht;  es  ist  in  vielen  Lapilli  ersetzt  durch  fein- 
faserige zeolithische  Aggregate  oder  durch  Karbonate  (Kalzit). 

In  vielen  Tuffen  treffen  wir  Lapilli  von  hyalopilitischem  und 
intersertalem  Typus  nebeneinander,  sogar  in  ein  und  demselben  Schhff. 

Die  etwas  größeren  Lapilli  zeigen  gewöhnlich  einen  etwas 
höheren  Grad  von  kristalliner  Entwickelung  infolge  etwas  langsamerer 
Erstarrung.  Jedoch  herrscht  absolut  keine  Gesetzmäßigkeit  und  Regel. 

Die  hyalopilitischen  Typen  und  die  intersertalen  lassen  sich 
nicht  scharf  trennen ,  es  herrschen  immer  Übergänge.  Man  könnte 
höchstens  scheiden  in  Tuffe  mit  vorwiegend  hyalopilitisch  ausgebil- 
deten und  Tuffe  mit  vorwiegend  intersertal  ausgebildeten  Lapilli. 
Doch  die  Einteilung  kann  hier  nie  vollkommen  sein.  HinderHch  ist 
vor  allem  auch  die  starke  Verwitterung  der  Tuffe.  Die  Hauptunter- 
schiede des  vulkanischen  Materials  in  den  Tuffen  gegenüber  den 
Basalten  sind  nach  den  vorhergehenden  Ausführungen  vor  allem  die 
glasige  Ausbildung  der  Grundmasse  und  das  Fehlen  des  Augits  in  den- 
selben. Die  vulkanischen  Auswürflinge  sind  petrographisch 
eine  glasige  Fazies  der  Basalte.  Man  muß  sie  zu  den  Magma- 
basalten stellen ,  die  als  glasige  Ausbildungen  des  Basalttypus  auf- 
zufassen sind.    Von  dem  eigentlichen  Limburgit  unterscheiden  sich  die 


-     72     — 

Lapilli  durch  das  starke  Zurücktreten  des  Augits  und  das  reichliche 
Eintreten  des  MehUths.  Dieser  Unterschied  tritt  aber  in  den  Hinter- 
grund ,  wenn  man  den  MehUth  gewissermaßen  als  Vertreter  des 
Augits  auffaßt.  Für  dieses  Vertreten  spricht  ja  sehr  das  starke 
Schwanken  dieser  beiden  Mineralien  in  den  Melilithbasalten.  Der 
Augit  verdrängt  hier  oft  den  Melilith  bis  auf  wenige  Individuen, 
während  anderseits  wieder  Melilith  die  vorherrschende  Stelle  ein- 
nimmt, und  dabei  sind  die  chemischen  Differenzen  der  augitreichen 
und  melilithreichen  Varietäten  verhältnismäßig  doch  sehr  gering. 

Schulte^  erwähnt  unter  den  Schlackenbomben  des  Schalken- 
mehrener  Maars  in  der  Eifel  unsern  Auswürflingen  ganz  ähnliche 
Gesteinstj^pen.  Es  sind  dort  Bomben,  die  als  wesentHche  Bestand- 
teile Augit  und  Melilith  führen,  die  in  einer  dunklen  glasigen  Grund- 
masse liegen.  Auch  Schulte  stellt  diese  Bomben  den  Magmabasalten 
bezw.  Limburgiten  gleich. 

Betrachten  wir  jetzt  die  Formen  und  andere  charakteristische 
Erscheinungen  der  basaltischen  Bomben.  Der  weitaus  häufigste  Fall 
ist,  daß  die  vulkanischen  Auswürflinge  die  Lapilliform  haben,  also 
mehr  oder  weniger  rundliche,  eiförmige  Umgrenzung  besitzen.  Die 
Lapilli  sind  schon  makroskopisch  von  der  Kittmasse  zu  unterscheiden  ; 
besonders  wenn  diese  aus  hellem  Zeolith  oder  Kalzit  besteht,  tritt 
die  Struktur  der  Tuffe  schön  zutage,  wie  z.  B.  am  Jusiberg,  Con- 
radfels usw. 

Wenn  viele  fremde  Kalkstückchen,  die  ferner  schwarz  gebrannt 
sind,  dem  Tuff  beigemengt  sind,  sieht  dieser  etwas  homogener  aus, 
indem  dann  Lapilli  und  Kalkstücke  sich  sehr  ähneln.  Die  Dimen- 
sionen der  Lapilli  schwanken  sehr ;  neben  den  winzigsten  nur  mikro- 
skopisch wahrzunehmenden  Kügelchen  haben  wir  solche,  die  Durch- 
messer bis  zu  1  cm  haben.  In  manchen  Tuffen  werden  sie  etwas 
größer  und  lassen  sich,  besonders  wenn  das  Tuffgefüge  nicht  mehr 
so  fest  ist,  leicht  aus  diesem  herauslösen.  Am  schönsten  sind  die 
Lapilli  wohl  am  Metzinger  Weinberg,  wo  sie  in  Menge  umherliegen. 
Die  Durchmesser  betragen  ca.  1 — 2  cm.  Bei  Scharnhausen  fand  ich 
eine  sehr  große  Bombe  von  ca.  7  cm  Durchmesser.  Eine  sehr 
charakteristische  Erscheinung  ist,  daß  die  Lapilli  gewöhnlich  einen 
größeren  Kristall  als  Kern  haben.  Meist  ist  es  ein  Olivinkristall, 
hier  und  da  auch  ein  Augit,  Melilith  oder  Biotit.  Um  diese  Kristalle 
legt  sich  dann  die  Grundmasse  als  Saum,    der  sehr  schmal  werden 

^  Geol.  und  petrograph.  Untersuchung  der  Dauner  Maare.  Sep.-Alnlr.  aus 
den  Verhandl.  des  Naturh.  Vereins.  XLVIII.  Jahrg. 


—     78     — 

kann.  Diese  Kristallkerne  waren  schon  in  der  Tiefe  ausgeschieden 
worden ;  beim  Ausbruch  und  Zerspratzen  des  noch  flüssigen  Magmas 
in  allerkleinste  Teile  hängte  sich  die  glasige  Masse  an  die  Kristalle 
an  und  erstarrte  tropfenförmig  in  der  Luft.  Eine  natürliche  Folge 
der  runden  oder  ovalen  Gestalt  der  Lapilli  ist  die  Erscheinung,  daß 
an  den  Kristallecken  die  Säume  von  Grundmasse  häufig  viel  schmäler 
sind  als  an  den  Kristallflächen ;  die  Ecken  liegen  oft  auf  dem  Rand 
der  Lapilli ,  so  daß  sozusagen  die  Kanten  der  Kristalldurchschnitte 
Sehnen  der  Umgrenzungskurven  bilden  (s.  Fig.  8). 

Vielfach  finden  sich  in  den  Tuffen  Olivinkristalle  und  auch 
Melilithe,  an  deren  Rändern  nur  Spuren  von  Glas- 
substanz sich  anhängen.  Die  Zerspratzung  des  Mag- 
mas war  in  diesem  Fall  eine  ganz  heftige.  Besonders 
gut  konnte  ich  es  an  dem  Tuff  vom  Hofbrunnen 
feststellen,  wie  die  Zerlegung  des  flüssigen  Magmas 
sich  offenbar  in  der  heftigsten  Weise  vollzogen 
haben  mußte.  Man  findet  dort  massenhaft  die 
winzigsten  Melilithkriställchen  mit  Spuren  von  Glas 
an  den  Rändern.  Das  Magma  ist  also  in  die  aller-  Yig.  8.  Vulkanische 
feinsten  Teile  zerlegt  worden.  Aber  nicht  nur  die  Bombe  mit  Glas- 
Kristalle  des  basaltischen  Magmas,  sondern  auch  ^^^^'^' go°^{  ^^^^' 
die  Trümmer  der  durchschlagenen  Gesteine ,  wie 
Kalk ,  Schieferbröckchen ,  einzelne  Quarze ,  Feldspäte  können  Glas- 
säume besitzen. 

Wenn  man  die  größeren  Bomben  auseinanderbricht,  so  zeigen 
sich  in  vielen  eckige  Gesteinsfragmente.  Diese  sind  sozusagen  ein- 
gewickelt in  die  basaltische  Masse.  Diese  Einrollungen  von  fremden 
Gesteinen  sind  analog  denen  bei  vielen  vulkanischen  Bomben  in  der 
Eifel.  Auch  da  findet  sich  öfters  im  Innern  irgendein  Schiefer-  oder 
Kalkfragment  des  Devons,  das  durchbrochen  wurde. 

Eine  sehr  schöne  Erscheinung  in  den  Lapilli  sind  die  Fluidal- 
phänomene,  die  dadurch  entstehen,  daß  die  Melilithleisten  sich  immer 
den  Rändern  der  Lapilli  parallel  legen  und  anschmiegen;  nie  sieht  man, 
daß  Kristalle  zerbrochen  sind  oder  die  Randlinien  der  Lapilli  quer 
durch  die  Melilithe  gehen.  In  ausserordentlich  vielen  Fällen  sind  die 
Lapilli  also  schön  konzentrisch  aufgebaut.  Die  obige  Tatsache  ist 
ebenfalls  ein  Beweis ,  daß  das  Magma  in  flüssigem  Zustande  zer- 
stoben wurde  und  die  Kristalle  bei  der  Eruption  sich  noch  beliebig 
verschieben  konnten.  Wären  die  Lapilli  etwa  durch  Zertrümmerung 
und  Zerschmetterung  von  schon  verfestigter  Lava  erzeugt,  so  würden 


74     — 


die  Randlinien  derselben  überall  quer  durch  Melilithe  und  Olivine 
laufen  müssen.  Solche  regelmäßige  unverletzte  Lapilli  mit  idio- 
morphen  Kristallen  in  der  Mitte  und  schön  konzentrisch  angeord- 
neten Melilithleisten  wären  dann  unmöglich.  Zwar  treten  zerbrochene 
Lapilli  und  Kristalle  in  den  Tuffen  auch  auf;  aber  diese  Zerbrechungen 
sind  erst  entstanden  beim  Niederfallen  der  verfestigten  Bomben  aus 
der  Luft.  Gut  erhaltene  typische  Lapilli  mit  schöner  Fluidalstruktur 
führen  besonders  die  Tuffe  vom  Conradfels,  bei  dem  auch  die  Olivine 
noch  vollständig  frisch  sind,  vom  Engelhof,  Randecker  Maar,  von 
der  Limburg  .  .  . ;  entzückend  schön  sind  sie  im  Tuff  von  Scharn- 
hausen  (Taf.  I  Fig.  5).  Die  rundlichen  bis  ovalen  Bomben  heben 
sich  scharf  ab  von  der  hellen  Kalzitkittmasse.  Um  meist  vollkommen 
idiomorphe  Olivine  lagern  sich  fluidal  scharf  begrenzte  zu  einer  gelb- 
lichgrünen Substanz  verwitterte  Melilithe,  welche  ebenfalls  scharf 
von  der  tiefdunklen    glasigen  Grundmasse  abstechen. 

Die  Auswürflinge    haben    natürlich    nicht   immer    diese  idealen 
Formen,    man  trifft  auch  anregelmäßige  Lapilli  mit  allen  möglichen 
Einbuchtungen  und  Fortsätzen,  wofür  der 
Tuff  vom    Hofberg    ein    schönes    Beispiel 
liefert;    aber    auch    hier   beobachtet  man 
keine    Zerberstung     von    Kristallen.      Die 
Melilithe    werden    stets ,    auch   wenn    sie 
in    schmalen  Ausbuchtungen    liegen,   von 
der  Grundmasse   umflossen;    die  Kristalle 
bilden    gewissermaßen    das    Skelett     des 
Auswürflings ;    je    nach    ihrer    zufälligen 
Lage  fiel  die  äußere  Begrenzung  aus.    An 
nebenstehender  Figur  sei  ein  solches  La- 
pilli dargestellt. 
Die  Zerstiebung  des  basaltischen  Schmelzflusses  in  unendlich 
viele    kleinste    Teile    weist    auf    die    Mitwirkung    von 
enormen  G a s in  a  s s e n  bei  der  Eruption  hin. 


Fig.  9.     Vulkanische  Bombe, 
Hofberg.    Ung.  Vergr.  80  :  1. 


Abkühlungsränder  an  den  Lapilli. 

Bei  dem  Hinausschleudern  in  die  Luft  mußten  die  randlichen 
Partien  der  Auswürflinge  rascher  erstarren  als  die  ninern.  Man  be- 
obachtet in  der  Tat  auch  an  den  gut  ausgebildeten  und  etwas  höher 
kristallisierten  Lapilli  Verdichtungen  ihrer  Struktur  gegen  die 
randlichen  Zonen.  Die  Melilith-  und  Erzausscheidung  wird  etwas 
spärlicher,  und  die  Ränder  selbst  sind  ganz  glasig  ausgebildet.     Die 


—     75     — 

Glassäume  sind  meist  sehr  schmal,  treten  aber  sehr  deutlich  hervor. 
Daß  es  sich  hier  wirklich  um  Abkühlungsränder  handelt  und  nicht 
etwa  um  randhche  Verwitterungserscheinungen ,  beweist  das  Fehlen 
der  Glassäume  an  den  Bruchrändern  der  Lapilli.  Man  kann  obige 
Erscheinung  sehr  gut  studieren  an  den  Tuffen  vom  Conradfels,  Engel- 
hof, Egelsberg,  Randecker  Maar,  von  der  Limburg,  von  Rietheim. 
Auch  dieses  Phänomen  beweist  zur  Genüge,  daß  unsere  Tuffe  nicht 
etwa  Reibungsbreccien  von  Basalt  sind  oder  durch  Zertrümmerung 
von  Lava  entstanden,  sondern  dem  Zerblasen  von  flüssigem  Schmelz- 
fluß ihr  Dasein  verdanken. 

Zement  der  Tuffe. 

Die  vulkanischen  Lapilli  sind  nachträglich  fest  verkittet  worden 
und  zwar  in  den  meisten  Fällen  durch  fein  oder  grobkörnigen  Kalzit. 
An  der  Kittmasse  beteiligt  sich  fast  immer  etwas  Magnesit,  der  gern 
in  stark  lichtbrechenden  Körnern  erscheint.  Um  die  Lapilli  herum 
legt  sich  oft  eine  Zone  von  rhomboedrischen  Magnesitkriställchen, 
die  zum  Teil  dachziegelartig  angeordnet  sind  und  ihre  spitzen  Enden 
in  die  Kittmasse  hineinragen  lassen.  Magnesit  ist  von  Kalzit  schon 
durch  seine  höhere  Licht-  und  auch  Doppelbrechung  zu  unterscheiden, 
ferner  ganz  sicher  durch  seine  Unlöslichkeit  in  Essigsäure  oder 
Weinsäure.  Sehr  schön  sind  diese  Magnesitkränze  der  Lapilli  in 
dem  Tuff  von  Randeck  zu  beobachten.  Hier  und  da  begegnet  man 
auch  Natrolith  in  der  Kittmasse.  Wie  oben  der  Magnesit,  können 
auch  Zeolithe  Kränze  um  die  Lapilli  bilden ;  die  Zeolithe  bilden  dann 
rundliche,  feinfaserige  Aggregate,  die  den  Rändern  aufgewachsen  sind. 
Die  Kieselsäure  wurde  bei  der  Verwitterung  aus  den  Lapilli  fort- 
geführt und  setzte  sich  randlich  ab,  wo  sie  mit  kalkhaltigen  Wässern 
in  Berührung  kam  und  Zeolithe  bildete. 

Auf  die  Zone  von  Zeolith  folgt  wieder  Kalzit  als  Kitt.  Auch 
die  Zeolithkränze  sind  schön  im  Tuff  vom  Randecker  Maar 
vorhanden.  Selten  besteht  die  Kittmasse  ganz  aus  Zeolith,  wie 
z.  B.  bei  dem  schönen  Tuff  vom  Jusiberg.  Der  Tuff  vom  Bolle 
bei  Owen  ist  ebenfalls  reich  an  Zeolith.  Nicht  selten  ziehen 
Schlieren  von  Eisenoxydhydrat  und  chloritischen  Substanzen  durch 
die  Kittmasse. 

Chemische  Analysen. 

Zu  einer  Bauschanalyse  wurde  der  feste  und  an  fremden  Ein- 
schlüssen   ziemlich    arme    Tuff    vom    Jusiberg   (gegen    Kappishäuser 


—     76     — 

zu)  verwendet.  Die  Lapilli  dieses  Tuffes  haben  eine  sehr  feinkörnige 
Grundmasse,  aus  braunem  Glas  und  einer  Unmasse  feiner  Erzkörnchen 
bestehend.  In  ihr  liegen  große  Olivine  und  Melilithe  eingesprengt. 
Die  wenigen  Grundmasseaugite  sind  sehr  winzig.  Die  Quantität  der 
Melilithe  in  den  Lapilli  ist  sehr  wechselnd. 
Die  Analyse  ergab  folgendes : 

SiOj 32,07 

TiO, 2,30 

AI2O3 6,40 

FejO., 9,62 

FeO 0,83 

MgO 11,50 

CaO 21,07 

KjO 0,58 

Na^O 1,77 

P/O3 0,83 

CO2 2,33 

H2O 10,33 


Summa    .    .    99,63 

Die  chemische  Zusammensetzung  differiert  von  der  Zusammen- 
setzung der  Melilithbasalte  nicht  übermäßig  stark.  Die  Kittmasse 
hat  eben  keinen  sehr  großen  Anteil  an  dem  obigen  Tuff,  und  die 
Verwitterung  ist  nicht  sehr  tiefgreifend.  Die  Olivine  sind  teilweise 
noch  frisch,  teilweise  bloß  serpentinisiert,  weshalb  auch  der  Magnesia- 
gehalt noch  sehr  hoch  ist. 

Der  Kalkgehalt  (CaO)  ist  höher  als  bei  den  Basalten  infolge 
der  Anwesenheit  von  Kalkzeolithen  und  etwas  Kalzit  in  der  Kitt- 
masse. Der  geringe  CO^-Gehalt  kommt  davon  her,  daß  die  Kitt- 
masse  fast  ganz  aus  Zeolithen  besteht,  und  auch  sonst  keine  Pseudo- 
morphosen  nach  Kalzit  in  den  Lapilli  auftreten.  Das  Wasser  ist  in 
den  Zeolithen  und  dem  Serpentin  gebunden.  Von  den  Alkalien  ist 
ein  Teil  fortgeführt. 

Von  dem  Tuff  am  Schaf berg,  der  ebenfalls  zur  Josigruppe 
gehört,  wurde  eine  weitere  Analyse  ausgeführt.  Der  Tuff  hat  in- 
folge der  Verwitterung  seine  Festigkeit  verloren  und  besitzt  ein 
ganz  loses  Gefüge.  Von  einer  größeren  Menge  des  Tuffs  mit- 
samt den  fremden  Gesteinsfragmenten  (Kalke,  Keupertone)  wurde 
eine  Durchschnittsprobe  hergestellt  und  zur  Analyse  verwendet. 
Diese  ergab : 


—     77     — 

SiO, 23,65 

Alj  O3  +  Ti  0, 6,68 

Fe^Og 6,34 

MgO 6,74 

CaO 25,41 

K,0 0,87 

Na,0. 1,03 

CO2 19,46 

P,  O5 0,28 

H,0 9,89 

Summa    .    .  100,35 

Der  Kalkgehalt  ist  hier  sehr  hoch  infolge  der  massenhaft 
dem  Tuff  beigemengten  Kalkstückchen.  Diese  Analyse  gibt  etwa 
die  Durchschnittszusammensetzung  der  vulkanischen  Böden  der 
Alb.  Aus  diesen  geht  dann  durch  Verlehraung  der  Ackerkrume 
hervor. 

Der  feste  Tuff  vom  Randecker  Maar,  anstehend  an  der  Steige 
nach  Hepsisau  wurde  fernerhin  analysiert.  Der  Tuff  ist  sehr  hart 
und  hat  frisches  Aussehen;  die  Pseudomorphosierung  hat  jedoch 
große  Fortschritte  gemacht.  Besonders  sind  die  Olivine  alle  in 
Kalkspat  umgewandelt.  Dem  Tuff  sind  ferner  zahlreiche  winzige, 
meist  dunkelgefärbte  Kalkstückchen  eingesprengt.  Die  Zusammen- 
setzung ist  folgende : 

SiOa  .  • 20,70 

TiO, 1,20 

Al,03 5,20 

Fe^Og 8,08 

MgO 2,93 

CaO 30,49 

K  0     \ 

„*    „   /   nicht  bestimmt. 
]Sa.j  0  j 

CO, 22,60 

F2  0, 0,70 

H^O 7,10 

Summa    .    .    98,00 

Wir  sehen,  daß  dieser  Tuff  seiner  Zusammensetzung  nach  von 
dem  festen  Jusituff  ziemlich  abweicht.  Auffallend  ist  der  riesige  Ge- 
halt an  kohlensaurem  Kalk.     Dieser  steckt  zum  größten  Teil 

1.  in  der  Kittmasse, 

2.  in  den  fremden  Kalkfragmenten, 

3.  in  den  pseudomorphosierten  Ohvinen. 


-     78     - 

Die  Magnesia,  die  ihren  Sitz  vorwiegend  im  Olivin  hatte,  ist 
zum  Hauptteil  fortgeführt,  daher  auch  ihre  geringe  Menge. 

Schweranteile  der  verwitterten  Basalttuffe. 

Eine  größere  Anzahl  von  verwitterten  Tuffen  wurde  mit  Wasser 
geschlämmt;  die  Rückstände  wurden  mit  Salzsäure  gekocht,  um 
Magnetit  und  andere  Verbindungen  in  Lösung  zu  bringen  und  zu 
entfernen ,  und  die  Schweranteile  mittels  Kalium-Quecksilberjodid- 
lösung  von  den  leichteren  getrennt. 

An  den  Schweranteilen  beteiligen  sich  mehr  oder  weniger 
ein  opakes  oktaedrisches  Erz,  das  als  titanhaltiges  Magneteisen  ge- 
deutet wurde,  ferner  Spinell,  Augit  in  grobprismatischen  Individuen, 
Perowskit  mit  scharfen  Kristallformen,  Zirkon,  der  schöne  idiomorphe 
Kristalle  bildet,  aber  an  den  Ecken  immer  etwas  abgerundet  und 
abgeschliffen  ist.  Hier  und  da  begegnet  man  einigen  braungelben 
Kristallen  von  säuliger  Entwickelung  und  hoher  Lichtbrechung ,  die 
dem  Rutil  angehören.  Zirkon  und  Rutil  stammen  natürlich  aus 
fremden  kristallinen  Gesteinen,  deren  Bestandteile  sich  dem  Tuff  bei- 
gemischt haben. 

Reichlich  tritt  aber  besonders  Hornblende  auf,  namentlich 
in  den  Tuffen  vom  Randecker  Maar,  Dontal,  Altenberg,  Burrisbuckel, 
Bürzlenberg,  von  der  Limburg,  von  der  Ruine  Höfen  bei  Graben- 
stetten,  von  der  Alten  Reuter  bei  Beuren,  von  dem  Tuffpunkt  an  der 
Straße  von  Beuren  nach  Erkenbrechtsweiler.  Die  Hornblendekristalle 
sind  von  unregelmäßiger  Form,  besitzen  eine  grünlichbraune  Farbe 
und  starken  Pleochroismus.  Die  Hornblende  stammt  aus  dem  basal- 
tischen Magma  selbst  und  gehört  zu  den  ältesten  Ausscheidungen 
desselben.  In  der  Effusionsperiode  wurde  sie  aber  existenzunfähig 
und  man  trifft  sie  deshalb  nie  in  den  Basalten.  Nur  in  den  Tuffen, 
deren  vulkanisches  Material  ja  ungleich  viel  rascher  zutage  gefördert 
wurde  und  deren  Effusionsperiode  sehr  kurz  war,  hat  sich  die  Horn- 
blende vor  völliger  Resorption  bewahren  können ,  weil  das  Magma 
viel  rascher  erstarrte  als  bei  den  Basalten.  Bei  den  festen  Tuffen 
bekommt  man  höchst  selten  einen  Hornblendekristall  in  den  Dünn- 
schliff; man  muß  wie  gesagt  schon  größere  Mengen  Tuff  schlämmen, 
um  Hornblende  nachzuweisen. 

Interessant  ist  das  reichhche  Vorkommen  von  Granat  in  den 
Schlämmrückständen.  Dieser  zeigt  gewöhnlich  Körnerform,  doch 
wurden  auch  Kristallumrisse  beobachtet.  Er  ist  vollständig  farblos 
und  gehört  zur  Grossulargruppe.    Massenhaft  findet  man  ihn  an  den 


—     79     — 

Punkten:  Altenberg,  Burrisbuckel,  Ruine  Höfen,  Alte  Reuter,  Straße 
Beuren  nach  Erkenbrechtsweiler.  Bei  der  Häufigkeit,  die  er  in 
manchen  Tuifen  erlangt,  kann  sein  Ursprung  kaum  in  fremden  Ge- 
steinen (Gneisen)  gesucht  werden.  Außerdem  tritt  der  farblose  Kalk- 
tongranat nur  in  Kontaktgesteinen,  also  besonders  in  Kalksilikathorn- 
felsen  auf.  Man  muß  deshalb  den  hier  vorkommenden  Granat  als 
Kontaktprodukt  auffassen ,  entstanden  bei  dem  Zusammenkommen 
des  basaltischen  Schmelzflusses  mit  Kalkgesteinen  ^  In  Dünnschliffen 
von  festen  Tuffen  habe  ich  nie  Granat  entdecken  können,  ebenso 
nie  Zirkon  und  Titanit.  Die  Dünnschliffe  erschließen  eben  nur  ein 
sehr  kleines  Stück  des  Gesteins,  und  es  wäre  Zufall,  wenn  man  in 
ihnen  diese  im  großen  ganzen  doch  sehr  spärlichen  Mineralien  zu 
Gesicht  bekäme. 

Urausscheidungen  des  basaltischen  Magmas. 

Infolge  der  besonderen  Erstarrungsverhältnisse  des  ausgewor- 
fenen Materials  finden  wir  in  den  Tuffen  öfters  alte  basische  Mineral- 
ausscheidungen, die  im  Basalt  nie  auftreten,  weil  sie  in  dessen  längerer 
effusiven  Periode  wieder  resorbiert  wurden.  Zu  diesen  Ausschei- 
dungen gehört  einmal  Biotit,  den  wir  vereinzelt  in  großen  Kristallen 
in  manchen  Tuffen  antreffen.  An  ihm  zeigen  sich  auch  Korrosions- 
erscheinungen ;  die  äußeren  Teile  sind  eingeschmolzen ,  wobei  sich 
reichlich  Magnetit  in  winzigen  Körnchen 
wieder  ausschied.  Im  Innern  des  Biotits  sind 
noch  frische  Kerne ;  die  ursprüngliche  Form 

ist  noch  zu  erkennen. 

^-  _    ^  1        1  o      Fi»-  10-  Resorbierter  Biotit 

ferner    findet    man    manchmal    große  (Conradfels). 

Hornblendekristalle    in    den    festen     Tuffen, 

ebenfalls  mit  starken  Resorptionserscheinungen,  so  z.  B.  in  dem 
Tuff  der  Alten  Reuter  bei  Beuren.  Außerdem  tritt  Hornblende 
reichlich  in  den  Schlämmrückständen  der  Tuffe  auf,  wie  schon  er- 
wähnt. 

Die  alten  Ausscheidungen  des  Magmas  bilden  an  manchen 
Punkten  faustgroße  Bomben  im  Tuff,  so  vor  allem  am  Bürzlenberg 
bei  Eningen,  wo  sie  massenweise  herumliegen.  Schon  makroskopisch 
erkennt  man  in  ihnen  große  Augit-,  Hornblende-  und  GUmmerkristalle. 
Unter   dem   Mikroskop    zeigen    die    Bomben    eine    körnige   Struktur. 


^  Über   ein   analoges  Vorkommen   von   Grossular    als   Kontaktprodukt  in 
Basalttuffen  vergl.  Erläut.  zu  Bl.  Sinsheim.    Geol.  Spezialk.  d.  Gr.  Baden  1898. 


—     80     — 

Der  Hauptmasse  nach  setzen  sie  sich  zusammen  aus  großen  Augit- 
und  Hornblendepartien.  Die  Hornblende  ist  dunkelbraun  und  meist 
stark  resorbiert;  an  den  resorbierten  Stellen  befindet  sich  ein  feiner 
Erzstaub.  Die  auftretenden  großen  Erzausscheidungen  gehören  dem 
Magnetit  an.  Im  Augit  und  in  der  Hornblende  liegen  zahlreiche 
Apatite,  die  teils  prismatische,  teils  hexagonale  Schnitte  aufweisen. 
Die  Apatite  sind  oft  bläulich  oder  braun  gefärbt  und  führen  an  Ein- 
schlüssen Erz,  Flüssigkeit  und  Glas. 

In  beträchtlicher  Menge  beteiligt  sich  an  den  Bomben  ferner 
Titanit,  der  gut  entwickelte  Kristalle  bildet.  Ähnliche  Bomben  fanden 
sich  an  der  Limburg;  hier  führen  sie  vor  allem  sehr  viel  Augit  und 
Magneteisen,  ferner  Hornblende  und  Apatit;  die  Struktur  ist  ebenfalls 
körnig.  In  einem  Schliff  fanden  sich  auch  große  Olivinkristalle.  Die 
Bomben  besitzen  miarolithische  Hohlräume,  die  sekundär  mit  Kalzit 
ausgefüllt  w^urden. 

Am  Metzinger  Weinberg  fand  sich  im  Tuif  ein  Einschluß,  der 
aus  Olivin  und  Magneteisen  besteht,  ferner  ein  miarolithisch  ent- 
wickeltes Gestein,  das  wesentlich  aus  Augitkristallen  mit  etwas  Biotit 
und  Magneteisen  zusammengesetzt  ist.  Die  miarolithischen  Hohl- 
räume sind  auch  wieder  durch  grobkristaUinen  Kalzit  ausgefüllt. 

Die  Basalttuffe  in  bodenkundlicher  Beziehung. 

Unsere  Tuffe,  die  zuerst  ganz  loses  Gefüge  besaßen,  wurden 
im  Lauf  der  Zeit  verkittet  durch  Kalk,  sie  erhielten  dadurch  die 
Eigenschaften  eines  festen  Gesteins  und  wurden  vor  allem  undurch- 
lässig für  das  Wasser.  Die  wassersammelnde  Kraft  der  Tuffe  ist  von 
großer  kultureller  Bedeutung  für  die  wasserarme  Hochfläche  der 
Schwäbischen  Alb.  Instinktiv  bauten  die  Bewohner  ihre  Wohnorte 
fast  nur  auf  die  vulkanischen  Punkte,  die  als  Oasen  der  Kauhen  Alb 
angesehen  werden  können.  Im  Vorlande  der  Alb,  wo  die  tonigen 
Juraböden  selbst  sehr  wasserhaltend  sind,  wird  natürlich  obige  Eigen- 
schaft der  Tufte  nicht  mehr  geschätzt. 

Für  die  Beurteilung  des  Wertes  der  Tuffböden  kommt  es  vor 
allem  auf  den  Gehalt  derselben  an  Kalium  und  Phosphorsäure  an. 
Die  Zahlen  dafür  sind  aus  den  schon  erwähnten  Analysen  zu  ersehen. 
Es  sei  hier  noch  eine  Analyse  angeführt  von  verlehmtem  Tuff  des 
Jusiberges  aus  ca.  0,5  m  Tiefe.  In  Salzsäure  lösten  sich  49,27  *'/o, 
durch  Kochen  des  Rückstandes  mit  Natronlauge  gingen  noch  49,75  "/o 
Kieselsäure  in  Lösung. 


-     81     — 

Die  Zusammensetzung  ist  folgende : 

SiO, 29,75 

AI2O3 9,68 

Fe^O,, 10,16 

MgO 5,44 

CaO 3,66 

K^O 0,5 

Na^  0 1,09 

CO2 Spuren 

P.,0. 0,65 

H.O  best,  bei  110" 13,89 

Unlöslich  in  HCl 21,09 

Die  Karbonate  sind  hier  fast  gänzlich  fortgeführt.  Ton  und 
Eisenoxyd  haben  sich  angereichert. 

Die  Gehalte  der  Tuffe  an  Phosphorsäure  sind  ziemlich  hoch, 
was  zweifellos  eine  schätzenswerte  Eigenschaft  derselben  ist.  Da- 
gegen sind  die  Zahlen  für  Kalium  gering,  weil  eben  unsere  Tuffe 
keinem  feldspathaltigen  Magma  entstammen. 

Die  erfahrungsgemäß  sehr  günstigen  Erträge  an  Wein  auf  den 
basaltischen  Böden  am  Rande  der  Alb  sind  demnach  wohl  weniger 
der  chemischen  Beschaffenheit  derselben,  als  der  günstigen  topo- 
graphischen Lage  der  Böden,  vielleicht  auch  der  physikalischen  Be- 
schaffenheit zu  verdanken.  Die  vulkanischen  Punkte  ragen  meist  in 
Form  von  frei  dastehenden  Bergen  (sogen.  Bölleform)  aus  der  übrigen 
Landschaft  hervor,  denken  wir  nur  an  den  Metzinger  Weinberg, 
Grafenberg,  Florian,  Georgenberg;  dadurch  ist  die  Sonnenbestrahlung 
und  Erwärmung  der  Böden  eine  ausgezeichnete. 

Als  natürliche  Dungmittel  darf  man  die  Tuffe  auf  keinen  Fall 
einschätzen,  wenn  sie  auch  etwas  Phosphorsäure  führen,  denn  gerade 
in  der  Umgebung  der  Tuffpunkte,  wo  in  erster  Linie  ihre  düngende 
Wirkung  in  Frage  kommen  würde,  sind  die  da  auftretenden  Schichten, 
wie  Liastone,  brauner  Jura,  zum  Teil  selbst  reichlich  mit  Phosphor- 
säure ausgestattet  und  an  sich  schon  mineralkräftig. 


-Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905. 


Relative  Sehweremessungen  in  Württemberg. 

IV.  Anschlußmessuugen  in  Karlsruhe. 

Von  K.  R.  Koch. 
Mit  4  Tabellen. 

Durch  die  sehr  umfangreichen  und  sorgfältigen  Messungen  des 
Herrn  Haid,  durch  welche  er  Karlsruhe  an  die  mitteleuropäischen 
Hauptstationen  Straßburg,  Leiden,  Paris,  Padua,  Wien  und  München 
angeschlossen  hat  \  ist  der  Wert  der  Schwere  für  Karlsruhe  in  aulkr- 
ordentlich  guter  Weise  festgelegt  und  als  gut  versichert  anzusehen. 
Ich  beschloß  deshalb  nach  Absolvierung  meiner  ersten  Messungsreihe 
auf  dem  Tübinger  Meridian  die  württembergischen  Messungen  nach 
Karlsruhe  hin  anzuschließen. 

Diese  Anschlußmessungen  sind  zweimal  ausgeführt;  erstmals 
im  Juni  des  Jahres  1900,  ein  zweites  Mal  im  März  1904. 

Die  Methode  war  die  seither  von  mir  angewandte,  bei  der  die 
Fehler  des  ührgangs  und  des  Mitschwingens  eliminiert  sind ;  ersterer 
durch  synchrone  Beobachtung  auf  beiden  Stationen,  beide  Koinzidenz- 
apparate betrieben  von  derselben  Uhr  (Normaluhr  des  physikalischen 
Instituts,  Pendeluhr  Kutter,  No.  50  mit  RiEFLER'schem  Pendel)  \ 
letzterer  dadurch  unschädlich  gemacht ,  daß  er  durch  möglichste 
Stabilität  der  Pendelaufhängung  unmerklich  wurde.  Ebenso  fallen 
die  Fehler,  die  aus  verschiedener  Trägheit  des  Pendels  und  des  Ther- 
mometers gegen  Temperaturschwankungen  stammen ,  dadurch  fort, 
daß  in  Räumen  von  nahezu  konstanter  Temperatur  beobachtet 
wurde  und  dabei  dem  Thermometer  durch  geeignete  Umhüllungen 
nahezu  die  gleiche  Trägheit  gegen  Temperaturänderungen  gegeben 
war  wie  dem  Pendel.  Da  außerdem  die  Temperaturen  in  den  beiden 
Pendelkellern  (in  Karlsruhe  und  in  Stuttgart)  ungefähr  die  gleichen 
waren,  ebenso  die  Barometerstände  sich  nicht  wesentlich  voneinander 
(um  ca.  10  mm)  unterschieden,  so  werden  sogar  merkliche  Ungenauig- 

■  Vergl.  Verhandl.  der  13.  Generalkoiiferenz  in  Paris  1900.    p.  386  ff. 


—     83     — 

keiten  in  den  Reduktionsfaktoren  für  Temperatur  und  Dichtigkeit 
keine  nennenswerten  Fehler  hervorrufen  '.  Eine  Untersuchung  über 
die  erreichten  Genauigkeiten  der  Resultate  wird  weiter  unten  ihre 
Stelle  finden. 

Unterstützt  wurde  ich  bei  diesen  Messungen  durch  Herrn 
C.  Klopfer,  Mechaniker  des  physikalischen  Instituts,  der  wie  auch 
sonst  die  Aufstellung  der  Apparate  mit  mir  besorgte ,  sowie  mir  bei 
den  Beobachtungen  hilfreich  zu  Hand  ging.  Auf  der  Station  Stutt- 
gart hatte  im  Jahre  1900  Herr  Dr.  Hauser,  im  Jahre  1904  Herr 
Assistent  Weller  die  Güte,  die  synchronen  Beobachtungen  auszuführen. 
Die  Beobachtungen  in  Karlsruhe,  sowie  die  Vergleichung  der  mitgenom- 
menen Pendel  vor  und  nach  der  Reise  in  Stuttgart  führte  ich  selbst 
aus.  Durch  Entgegenkommen  der  K.  Oberpostdirektion  in  Karlsruhe 
und  der  K.  württ.  Generaldirektion  der  Posten  und  Telegraphen, 
sowie  der  K.  Telegrapheninspektion  in  Stuttgart  waren  während  vier 
Nächten  die  Telephondoppelleitungen  Karlsruhe — Stuttgart  von  9  Uhr 
abends  ab  zur  Verfügung  gestellt. 

Den  hohen  Behörden  für  ihr  großes  Entgegenkommen,  Herrn 
Geh.-Rat.  Prof.  Dr.  Haid  in  Karlsruhe  für  seine  freundliche  Unter- 
stützung, sowie  die  erteilte  Erlaubnis  im  Pendelkeller  des  geodätischen 
Instituts  die  Messungen  auszuführen,  sowie  meinen  Mitarbeitern  für 
ihre  tatkräftige  Hilfe  möchte  ich  auch  an  dieser  Stelle  meinen  be- 
sonderen Dank  auszusprechen,  nicht  ermangeln. 

A.  Messungen  im  Jahre  1900. 

Benutzt  wurden  die ,  wie  1.  c.  I.  p.  376  ff.  beschrieben ,  um- 
geänderten ScHNEiDER'schen  Pendel  No.  I,  HI,  IV  (auf  die  Verwen- 
dung von  Pendel  No.  II  war  von  vornherein  verzichtet  worden,  weil 
dasselbe  als  nicht  vollkommen  unveränderlich  verdächtig  war^). 
Pendel  No.  III  blieb  als  Referenzpendel  in  Stuttgart,  während 
Pendel  I  und  IV  nach  Karlsruhe  genommen  und  in  beschriebener 
Weise  mit  Pendel  III  verghchen  wurden ;  selbstverständlich  wurden 
sie  vor  und  nach  der  Reise  in  Stuttgart  mit  Pendel  III  zusammen 
beobachtet,  um  das  Verhältnis  ihrer  Pendellängen  festzulegen  (1.  c). 

Die  Beschreibung  der  Räume,  in  denen  in  Stuttgart  die  Be- 
obachtungen stattfanden,   sind  1.  c.  I.  p.  387  ff.  näher  beschrieben ; 


^  Selbst  wenn  der  Reduktionsfak.tor  für  die  Dichtigkeit  um  25  Ein- 
heiten (ca.  5  °/o)  unrichtig  wäre,  würde  sich  das  Korrektionsglied  erst  um  ca.  0,25 
Einheiten  der  7.  Dez.  der  Schwingungsdauer  ändern. 

2  Vergl.  1.  c.  I.  p.  391  ff. 


—     84     - 

die    geographischen  Koordinaten    für    den  Ort   der    Stuttgarter   Mes- 
sungen sind 

(p  =  48"  46,9'  NB. 
A  =    9°  10,5'  ö.  Gr. 
Höhe  der  Pendelhnse  über  NN.  ==  250,5  m. 
Der  Pendelraum  des  geodätischen  Instituts  in  Karlsruhe  ist  im 
Kellergeschoß    des    sogenannten  Aulabaues    gelegen.     Seine    geogra- 
phischen Koordinaten  sind  nach  freundlicher  Mitteilung  des  Herrn  Häid 
(f  =  4:9'    0,65'  NB. 
l  =    8«  24,8'  ö.  Gr. 

Höhe  der  Pendellinse  über  NN.  =  114,3  m. 

Der  durch  die  sorgfältigen,  vielfachen  Anschlußmessungen  von 
Herrn  Haid  für  Karlsruhe  ermittelte  Wert  von   „g"   beträgt 
980,982  cm. 

Der  Pendelraum  selbst  ist  sehr  geräumig,  mithin  die  durch  An- 
wesenheit des  Beobachters ,  der  Beleuchtungskörper  etc.  hervor- 
gerufene Temperatursteigerung  unbedeutend;  außerdem  kann  durch 
passendes  Öffnen  der  Ventilationsklappen,  sofern  die  äußere  Luft- 
temperatur unter  der  des  Beobachtungsraums  liegt,  leicht  nachgeholfen 
werden ;  die  Temperatursteigerung  im  Pendelkasten  betrug  deshalb 
während  einer  ganzen  Beobachtungsnacht  nur  bis  zu  0,13".  Die 
Verhältnisse  lagen  mithin  gerade  so  günstig  wie  in  Stuttgart,  wo 
dadurch,  daß  der  an  sich  kleine  Pendelraum  durch  eine  Wand  und 
Tür  in  zwei  Hälften  geteilt  war^,  in  deren  äußerer  sich  der  Be- 
obachter und  deren  innerer  sich  das  Pendel  befand ,  es  ebenfalls 
gelang,  die  mittlere  Temperaturschwankung  während  einer  Beobach- 
tungsnacht unter  0,12"  zu  halten. 

In  bezug  auf  die  Beobachtungsmethode  der  Koinzidenzen  mag 
erwähnt  sein,  daß  dieselbe  im  Jahre  1900  durch  Koinzidenzbeobach- 
tungen erfolgte,  bei  denen  die  Koinzidenzen,  wie  1.  c.  I.  p.  385  f. 
beschrieben,  symmetrisch  zu  (von  mir  sogenannten)  „wahren"  Koin- 
zidenzen lagen ;  entsprechend  den  von  mir  1.  c.  II.  p.  12  angestellten 
Überlegungen  habe  ich  diese  Methode  später  wieder  verlassen  — 
hauptsächlich  auch  deshalb,  weil  alsdann  genau  synchrone  Messungen 
auf  den  beiden  zu  vergleichenden  Stationen  wegen  fehlender  Verstän- 
digung über  den  jeweiligen  Beginn  der  Beobachtungsreihe  nicht  gut 
mögUch  sind  (vergl.  auch  unten)'  —  und  sie  im  Jahre  1904  dadurch 

'  1.  f.  IL  p,  5  ff. 


—      ÖO      — 

ersetzt,  daß  am  Anfang  und  am  Ende  einer  Reihe  nicht  10,  sondern 
20  Koinzidenzen  beobachtet  wurden ,  wodurch  der  mittlere  Fehler 
auf  die  Hälfte  reduziert  wird.  Besonderer  Umstände  wegen  fanden 
die  Beobachtungen  im  Jahre  1900  im  Juni  statt.  Wie  mehrfach 
von  mir  erwähnt  (1.  c.  I.  p.  374  f.,  II.  p.  6,  III.  p.  20)  ist  das  keine 
für  diese  Beobachtungen  günstige  Jahreszeit.  In  der  Tat  waren  in 
der  ersten  Beobachtungsnacht  in  der  Telephonleitung  Stuttgart— - 
Karlsruhe  derartige  Strömungen  vorhanden  (durch  Gewitter  ver- 
anlaßt) ,  daß  die  Beobachtungen  nach  einer  Stunde  abgebrochen 
wurden. 

B.  Die  Messungen  im  Jahre  1904. 
Während  auf  der  Station  Karlsruhe  im  Pendelkeller  des  geo- 
dätischen Instituts  wesentHche  Änderungen  in  Lage  und  Einrichtung 
nicht  eingetreten  waren,  war  auf  der  Station  Stuttgart  eine  Ver- 
legung des  ganzen  Pendelraumes  vorgenommen.  Der  alte  Pendel- 
raum befand  sich  an  einer  wenig  passenden  Stelle  unmittelbar  unter 
der  Treppe  des  Treppenhauses  des  alten  Gebäudes  der  Technischen 
Hochschule ;  durch  die  Aufführung  eines  neuen  Flügelanbaus  waren 
Keilerräume  gewonnen ,  die  bedeutend  tiefer  in  der  Erde  und  des- 
halb in  bezug  auf  Konstanz  der  Temperatur  wesentlich  günstiger 
gelegen  waren.  In  diesen  wurde  durch  Entgegenkommen  des  Senats 
der  Technischen  Hochschule  der  neue  Raum  für  die  Schweremessungen 
eingerichtet.  Wie  1.  c.  II.  p.  6  erwähnt,  befand  sich  der  neue  Raum 
ca.  5  m  nördlicher  und  50  m  östlicher  als  der  alte  und  die  Mitte 
der  Pendellinse  3,175  m  tiefer  als  früher.  Während  offenbar  in- 
folge der  horizontalen  Verschiebung  die  Änderung  der  Schwere- 
beschleunigung unmerklich  sein  wird,  wird  durch  die  geringere  Höhe 
eine  Zunahme  von  g  um  ca.  1  Einheit  der  3.  Dez.  (genauer  9  Ein- 
heiten der  4.  Dez.)  (g  in  cm  gemessen)  eintreten  und  in  Rechnung 
zu  ziehen  sein. 

Resultate. 

Die  Ergebnisse  der  beiden  Anschlußmessungsreihen  sind  in  den 
beigegebenen  Tabellen  enthalten. 

Zu  diesen  mögen  folgende  Bemerkungen  hier  ihre  Stelle  finden. 

Im  Jahre  1900  verfuhr  ich  bei  den  synchronen  Messungen  in 
Karlsruhe  und  Stuttgart  so,  daß  während  einer  Beobachtungsnacht 
nur  jeweils  ein  einziges  Pendel  beobachtet  wurde,  um  die  störende 
Nähe  des  Beobachters  am  Pendelkasten  auf  das  Notwendigste  zu 
beschränken.     Im  Jahre  1904   kehrte  ich  jedoch  zu  der  bisher  von 


mir  befolgten  Methode  zurück,  beide  Pendel  in  derselben  Nacht 
zu  beobachten,  indem  in  der  Mitte  der  Nacht  die  Auswechselung 
vorgenommen  wurde ;  es  zeigte  sich  nämlich ,  daß  auf  letztere 
Art  besser  übereinstimmende  Werte  gefunden  wurden.  In  diesem 
Jahre  wurde  auch  auf  möglichsten  Isochronismus  der  Beobach- 
tungen gesehen,  indem  im  Anfang  jeder  Beobachtungsnacht  genau 
die  Zeiten  des  Beginns  jeder  Reihe  festgesetzt  wurden ,  um  irgend- 
welche Fehler  aus  geringen  Schwankungen  des  Übergangs  von  vorn- 
herein zu  eliminieren.  Bei  den  Beobachtungen  im  Jahre  1900 
war  dies  selbstverständlich  nicht  möghch ,  da  jeder  Beobachter  zu- 
nächst auf  das  Eintreten  einer  sogenannten  „wahren"  Koinzidenz  zu 
v^^arten  hatte. 

Während  ich  bisher  bei  der  Berechnung  der  Schwerkräfte  für 
die  Stationen  des  württembergischen  Beobachtungsnetzes  von  der 
Berechnung  eines  mittleren  Fehlers  und  damit  von  der  Ermittelung 
der  Genauigkeit  der  Resultate  Abstand  genommen  habe ,  da  sich 
dieselben  auf,  meines  Erachtens  nach,  zu  wenig  Beobachtungen  (für 
jedes  Pendelpaar  je  3 — 4  voneinander  unabhängige  Beobachtungs- 
reihen) stützen ,  standen  bei  diesen  Übertragungsmessungen  so  viel 
Beobachtungen  zur  Verfügung,  daß  füglich  Fehlerberechnungen  in 
herkömmlicher  Weise  angestellt  werden  konnten. 

Es  mögen  hierbei  zugleich  einige  allgemeinere  Bemerkungen 
ihre  Stelle  finden. 

Die  in  der  sonst  gebräuchlichen  Weise  ausgeführten  relativen 
Schweremessungen  sind  bekanntlich  folgenden  Fehlerquellen  unter- 
worfen ^ : 

1.  Der  Fehler  (Schätzungsfehler  der  Zehntelsekunden),  mit  dem 
die  Bestimmung  der  Koinzidenzdauer  behaftet  ist. 

2.  Der  Fehler  des  Uhrgangs. 

3.  Der  aus  ungenauer  Bestimmung  der  Korrektion  für  das 
Mitschwingen  sich  ergebende  Fehler. 

4.  Der  Fehler,  der  aus  der  gegen  Temperaturänderungen  un- 
gleichen Trägheit  des  Pendels  und  des  Thermometers  entspringt. 

5.  Der  Fehler,  mit  dem  die  Koeffizienten  für  die  Reduktion 
auf  den  leeren  Raum  und  die  Temperatur  von  O*'  behaftet  sind. 


'  Siehe  hierüber  die  interessanten  und  sorgfältigen  rntersiichungcu  der 
Herren  Helmert,  Haasemann,  Borraß,  Schumann.  Vergl.  Veröffentl. 
des  königl.  preuß.  geodät.  Instituts :  Bestimmung  der  Polhölie  und  Intensität  der 
Schwerkraft  etc.  1896,  1899,  1902;  F.  R.  Helmert,  Theorie  des  Reversions- 
pendels 1898. 


-     87     - 

6.  Der  Fehler,  der  auf  der  unvollkommenen  Unveränderlichkeit 
der  Pendel  beruht. 

Bei  der  von  mir  benutzten  Methode  fällt  der  Fehler  No.  3 
(der  durch  das  Mitschwingen  resultiert)  heraus,  ebenso  der  Fehler 
No.  2  (des  Uhrgangs)  sofern  vollkommener  Isochronismus  gev^ahrt 
und  die  benutzte  Uhr  selbst  (wie  bei  meinen  Beobachtungen)  einen 
vorzüglichen  Gang  besitzt.  Geht  die  Uhr  unregelmäßig,  so  können  im 
Resultat,  d.  h.  in  dem  Quotienten  des  Verhältnisses  der  Schwingungs- 
dauern recht  bedeutende  Abweichungen  und  Fehler  trotz  Isochronis- 
mus auftreten  \ 

Der  unter  No.  6  erwähnte  Fehler  ist  zahlenmäßig  nicht  faßbar 
und  jedenfalls  wird  seiner  ziffernmäßigen  Feststellung  immer  eine 
große  Willkürlichkeit  anhaften ;  ich  habe  mich  deshalb  entschlossen, 
Messungen ,  bei  denen  sich  im  Mittel  Änderungen  des  Verhältnisses 
der  Schwingungsdauern  (zu  einem  invariabel  gebliebenen  Pendel) 
ergeben,  durch  die  der  Wert  von  g  sich  um  1  Einheit  der  3.  Dezi- 
male (also  um  ±  0,001  cm)  ändern  würde,  zu  verwerfen.  Dadurch 
scheidet  für  die  Beobachtungen  des  Jahres  1900  das  Pendel  I,  für 
die  des  Jahres  1904  das  Pendel  VI  zum  Teil  aus;  ein  Teil  der  Be- 
obachtungen bleibt  brauchbar,  da  sich  für  das  Pendel  VI  nachweisen 
läßt,  daß  die  Änderung  bei  der  Rückfahrt  von  Karlsruhe  nach 
Stuttgart  eingetreten  ist. 

Es  bleiben  mithin  nur  die  Fehler  unter  No.  1 ,  4  und  5  bei 
der  von  mir  benutzten  Beobachtungsmethode  übrig.  Von  diesen 
glaube  ich,  die  aus  unrichtiger  Temperaturbestimmung  resultierenden 
innerhalb  der  gewünschten  Genauigkeitsgrenzen  beseitigt  zu  haben 
(vergl.  die  1.  c.  III.  Anhang  gegebene  Methode).  Ebenso  wird  ein 
Fehler  in  den  Reduktionskoeffizienten  für  Temperatur  und  Dichtig- 
keit für  die  Messungen  in  Stuttgart  und  Karlsruhe  nicht  in  Be- 
tracht kommen,  da  Temperatur  und  Dichtigkeit  der  Luft  nicht  wesent- 
lich verschieden  waren.  Somit  bleibt  nur  der  Fehler  bestehen,  der 
auf  der  Ungenauigkeit  der  Koinzidenzbeobachtungen  beruht,  d.  h.  in 
bezug  auf  die  von  mir  benutzte  Methode,  der,  mit  welchem  die  Ver- 
hältnisse   der   beobachteten  Schwingungsdauern    behaftet  sind.     Die 


'  Z.  B.  am  17. /V.  04  war  es  durch  ein  Versehen  vergessen  die  Normaluhr 
aufzuziehen,  sie  blieb  während  der  Beobachtung  stehen.  Bekanntlich  ist  der 
Gang  einer  Uhr  im  Anfang  nach  dem  Ingangsetzen  unregelmäßig,  zumal  wenn 
die  erteilte  Amplitude  zu  groß  ist.  Das  Verhältnis  der  Schwingungsdauern  der 
Pendel  V  und  VI,  das  vorher  und  nachher  =  1,0000097  ist,  hatte  sich  dabei 
auf  1,0000067  verkleinert. 


—     88     — 

Genauigkeit    der  Resultate    wird    mithin  —  vorausgesetzt,    daß    die 
Anzahl    der   unabhängigen    Beobachtungsreihen    groß    genug   ist    — 
durch  den  mittleren  Fehler  dieser  aus  allen  Beobachtungsreihen  ge- 
wonnenen Verhältnisse  der  Schwingungsdauern  gegeben  sein. 
Die  Beobachtungen  ergeben  folgendes: 

Beobachtungen  1900.    Juni. 

1.  Beobachtungen  in  Stuttgart tg/t,  ^  =  0,9994265  +  0,000000225 

2.  Beobachtungen  in  Stuttgart  No.  III  und  in 

Karlsruhe  No.  IV ~t^    ^  1,0005392  +  0,00000024 

Daraus  würde  sich  unter  Zugrundelegung  des  von  Herrn  Haid 
ermittelten  Wertes  von  g  für  Karlsruhe  von  980,982  cm  für  Stutt- 
gart ergeben 

g^^  =  980,914(08 1  +  0,00064  cm. 

Pendel  I  hatte  seine  Schwingungsdauer  gegen  Pendel  III  und  IV 
nach  der  Rückkehr  von  Karlsruhe  nicht  unbeträchtlich  geändert,  be- 
rechnet man  aus  dem  Mittel  aller  in  Stuttgart  erhaltenen  Werte  tg/t, 
den  Wert  von  g  für  Stuttgart  aus  diesen  Beobachtungen  von  Pendel  I 
und  III,  so  erhält  man  nahe  denselben  Wert  ^. 

Beobachtungen  1904.    März. 

Für  diese  Beobachtungen  ist  zunächst  zu  wiederholen,  daß  auch 
hier  eines  der  (neuen)  Pendel  No.  VI  seine  Schwingungsdauer  nach 
der  Rückkehr  nach  Stuttgart  gegen  die  der  übrigen  Pendel  geändert 
hatte,  so  daß  ich  es  nicht  weiter  berücksichtigt  hätte,  wenn  sich 
nicht  ergeben  hätte ,  daß  diese  Veränderung  erst  auf  dem  Rück- 
transport von  Karlsruhe  nach  Stuttgart  stattgefunden  hat.  Es  sind 
deshalb  für  die  Ermittelung  des  Verhältnisses  der  Schwingungsdauern 
in  Stuttgart  nur  die  Beobachtungen  vor  der  Abreise  nach  Karlsruhe 
benutzt  worden. 

Es  ergab  sich  folgendes: 


^  tg  bedeutet  die  reduzierte  Schwingungsdauer  des  Pendels  No.  III  etc. 

■•*  Andere  Forscher  haben  für  Fehler  unbekannter  Ursachen  angenommen, 
daß  die  ermittelte  Schwingungsdauer  des  einzelnen  Pendels  noch  um  2  Einheiten 
der  7,  Dezimale  unsicher  wäre ;  da  es  sich  bei  mir  um  die  Verhältnisse  der  Schwin- 
gungsdauern bei  meiner  Methode  handelt,  so  wird  ein  mittlerer  Fehler  von 
+  y  8^  =  +  2,83  in  Einheiten  der  7.  Dezimale  resultieren ;  berechnet  nian  hier- 
aus die  Unsicherheit,  die  dem  oben  gegebenen  Wert  von  g  =  980,914(08)  an- 
haftet, so  rindet  man  +  0,00107. 


—     89     — 

Messung  durch  Pendel  V  und  VI. 
(No.  V  blieb  in  Stuttgart,  No.  VI  wurde  nach  Karlsruhe  gebracht.) 

1.  Beobachtungen  in  Stuttgart y%  =  0,9999575(6  i  +  0,000000131 

2.  Beobaclitungen  in  Stuttgart  No.  V  und 

in  Karlsruhe  No.  VI t^'/t^' =  1,0000097       +0,000000193 

Daraus  würde  unter  den  obigen  Voraussetzungen  für  die  Schwer- 
kraft in  Stuttgart  folgen 

g^^  =  980,917(77)  +  0,00046. 

Messung  durch  Pendel  VII  und  VIII. 
(No.  VII  blieb  in  Stuttgart,  No.  VIII  kam  nach  Karlsruhe.) 
Pendel   VIII    hatte    nach    der   Rückkehr   nach    Stuttgart    seine 
Schwingungsdauer   gegen  VII    und  V   nicht   geändert.     Es    ergaben : 

1.  Beobachtungen  in  Stuttgart t^/tg  =  1,0000825(98)  +  0.000000099 

2.  Beobachtungen    in    Stuttgart  No.   VII 

und  in  Karlsruhe  Xo.  VIII t^'/t/  =  0,9998848         +  0,00000029 

Daraus  folgt  wiederum  unter  Benutzung  des  Wertes  von  g  für 
Karlsruhe  =  980,982 

g^j  =  980,917(96)  +  0,00061  \ 

Wie  erwähnt,  war  der  Pendelraum  unter  der  Zeit  von  1900 
bis  1904  in  einen  anderen  Raum  des  Hochschulgebäudes  verlegt,  so 
daß  die  Messungen  von  1904  in  diesem  anderen  Raum  stattfanden, 
der,  wie  schon  oben  mitgeteilt,  5  m  nördhcher,  50  m  östhcher  und 
3,175  m  tiefer  lag;  daraus  ergibt  sich  eine  -|- Korrektion  von  0,0009  cm 
für  gst  für  die  Messungen  im  Jahr  1900. 

Es  ergeben  sich  mithin  folgende  Resultate : 

Messungen  (März)  1904. 


Messungen  (Juni)  1900 

(übertragen  auf  den  neuen  Pendelraum). 

Höhe  der  Pendellinse  247,3  m  NN. 

g^t  =  980,914(98)  +  0,0008 

(aus  Beobachtungen  mit  Pendel  No.  III 

und  No.  IV). 


Höhe  der  Pendellinsen  247,3  m  NN. 

g^^  =  980.917(96)  +  0,00061 

(aus  Pendel  VII  und  VIII). 

g^^  =  980,917(77)  +  0,00046 

(aus  Pendel  V  und  VI). 

Mittel:  980,917(86). 


^  Macht  man  auch  hier  wieder  die  willkürliche  Annahme,  daß  eine  un- 
bekannte Fehlerquelle  in  der  Bestimmung  der  Schwingungsdauer  noch  außerdem 
eine  Unsicherheit  von  2  Einheiten  der  7.  Dezimale  verursachte,  so  würde  sich  für 
ggt  aus  den  Messungen  von  Pendel  V  und  VI  eine  Unsicherheit  von  +  0,00090  cm, 
aus  den  Messungen  mit  Pendel  VII  und  VIII  eine  solche  von  +  0,00099  cm 
ero-eben. 


-     90     — 

Es  ergibt  sich  mithin  eine  Änderung  der  Schwere  in  Stuttgart 
(unter  Voraussetzung  der  Konstanz  derselben  in  Karlsruhe)  von 
rund  +  0,0029  cm. 

Dieser  Betrag  ist  rund  fünfmal  so  groß  als  der  mittlere  zu 
erwartende  Fehler  und  immer  noch  beinahe  dreimal  so  groß  als  die 
Unsicherheit  der  Werte  von  g,  wenn  man  willkürlich  aus  unbekannten 
Gründen  noch  einen  weiteren  Fehler  in  der  Bestimmung  des  Ver- 
hältnisses der  Schwingungsdauer  von  2,83  Einheiten  der  7.  Dezimale 
einführt. 

Ich  glaube  deshalb  an  der  Realität  dieser  Änderungen  nicht 
zweifeln  zu  sollen.  Es  sind  demgemäß  Messungen  in  Vorbereitung, 
um  diese  Frage  systematisch  zu  untersuchen.  In  Stuttgart  und 
synchron  an  einer  möglichst  östlich  und  an  einer  möglichst  südhch 
gelegenen  Station  (Aalen  und  Tuttlingen  sind  in  Aussicht  genommen) 
werden  mehrmals  im  Laufe  der  kommenden  Jahre  Vergleichungen 
der  Schwerkraft  ausgeführt  werden,  über  deren  Resultate  später  be- 
richtet werden  wird. 

Stuttgart,  im  August  1904. 
Phys.  Institut  d.  Kgl.  techn.  Hochschule. 


Deutsehlands  Wasserwanzen  \ 

Neu  bearbeitet  von  Dr.  Theodor  Hüeber,  Oberstabsarzt  a.  D.  in  Ulm. 

Die  Wasserwanzen,  Hydrocorisae  Latr.  (Hydrocores  Burm., 
Occulticornes  Am.  Serv.  ,  Cryptocerata  Fieb.),  sind  gekennzeichnet 
durch  sehr  kurze,  aus  3 — 4  einfachen,  meist  dicken  (häufig  be- 
haarten, mitunter  seitliche  Verlängerungen  tragenden)  Gliedern  zu- 
sammengesetzte Fühler,  die  an  der  Unterseite  des  Kopfes,  in  einer 
Vertiefung  (Furche,  Rinne,  Grübchen)  unter,  bezw.  hinter  den  Augen 
eingelenkt  sind  und  im  Ruhezustand  daselbst  verborgen  liegen  (daher: 
Cryptocerata).  Der  Kopf  ist  (mit  Ausnahme  der  Gattungen  Nepa 
und  Itanatra)  sehr  groß  und  hat  große,  stark  hervorragende  Augen; 
der  Scheitel  ist  von  der  größeren  Stirne  nie  deutlich  abgesetzt;  das 
Kopfschild  ist  klein;  Wangen  und  Schläfen  sind  versteckt,  ebenso 
meist  die  Kehle,  wegen  der  mehr  senkrechten  Kopfstellung;  nur  bei 
den  Nepini  findet  sich  die  wagerechte  Kopfstellung  und  bei  diesen 
tritt  auch  die  schmale  Kehle  wulstförmig  hervor.    Der  Schnabel  ist 


*  Seit  Fieb  er 's  Veröffentlichungen  sind  die  „deutschen  Wasserwanzen" 
nicht  mehr  bearbeitet  worden  ;  in  diesen  rund  50  Jahren  hat  sich  aber  gar  manches 
geändert.  Da  nun  die  einschlägigen  fremdsprachigen  neueren  Werke  nur  wenigen 
zur  Verfügung  stehen,  anderseits  aber  die  Erforschung  unserer  heimischen  Süß- 
Avasserbecken.  die  Limnologie,  in  den  letzten  Jahrzehnten  größeren  Umfang  an- 
genommen hat  und  mit  Vorliebe  betrieben  wird,  so  hoffe  ich  mit  dieser  zusammen- 
stellenden Neubearbeitung  einem  mehrfach  empfundenen  und  vielfach  geäußerten 
Bedürfnis  Rechnung  zu  tragen ;  auch  für  die  Hemipteren-Freunde  war  es  bisher 
schwierig,  sich  in  dem  Wirrwarr  der  Cor*srt-Arten  zurecht  zu  finden,  —  Für 
weniger  Orientierte  sei  hier  noch  bemerkt,  daß  die  auf  der  AVasseroberfläche  sich 
tummelnden  „Wasserläufer",  die  Gerrididen  (und  Hebriden)  nicht  zu  den  Wasser- 
wanzen zählen,  sondern  im  System  vor  den  Schreitwanzen  stehen;  dieselben  sind 
schon  in  meiner  Fauna  Germanica,  Hemiptera  heteroptera  (3.  Heft.  Ulm  1893. 
p.  377—400)  des  näheren  behandelt.     H. 


92     — 

bei  den  Wasserwanzen  überall  kurz  und  hat  eine  dicke  dreigliedrige 
Scheide  (welche  bei  Nepa  aus  einem  Ausschnitt  des  Kopfschilds 
hervorragt).  Nebenaugen  finden  sich  nur  bei  den  (in  Deutsch- 
land fehlenden)  Uferwanzen;  den  eigentlichen  Wasserwanzen  fehlen 
sie.  Das  Schildchen  ist,  wo  es  vorkommt,  sehr  groß.  Die  Brust- 
stücke sind  zusammengesetzt,  bezw.  seitUch  durch  tiefere 
Linien  in  mehrere  Abschnitte  geteilt;  die  Vorderbrust  ist  immer 
groß ;  die  Mittelbrust  (Mesosternum)  sondert  die  Schultern  (Scapulae), 
die  Hinterbrust  (Metasternum)  die  Pleuren  (Pleurae)  ab;  bei  den 
Corisiden  finden  sich  auch  noch  Nebenpleuren  (Parapleurae).  Die 
Halbdecken  (Flügeldecken,  Elytra)  bestehen  aus  Corium,  Clavus  und 
Membran;  das  Randfeld  des  Corium  ist  öfters  scharf  abgegrenzt 
und  anders  gefärbt  und  trägt  dann  ein  durch  vertiefte  Linien  be- 
grenztes Einsatzstück  (am  Grunde  des  Randfeldes  der  Überflügel) 
von  wechselnder  Größe,  das  Emboli  um;  dieses  Embolium  ist 
jedoch  nicht  vollständig  analog  dem  Keil  (Cuneus)  der  Capsiden, 
welcher  zwischen  Corium  und  Membran  eingeschaltet  ist,  während 
das  Embolium  dem  äußeren  Coriumrand  parallel  läuft.  Die  Hinter- 
flügel sind  klar,  wasserhell  und  zeigen  nur  wenige  Längsadern.  Die 
Beine  sind  nicht  nur  bei  den  einzelnen  Familien,  sondern  vielfach 
sogar  bei  ein  und  demselben  Individuum  sehr  verschieden  gestaltet: 
Die  vorderen  sind  meist  zu  Raubbeinen  (mit  stark  verdickten  Schenkeln), 
die  hinteren  zu  Schwimmbeinen  umgebildet  (und  an  den  Schienbein- 
rändern mit  Borsten  besetzt).  Der  Hinterleib  trägt  öfters  ein  längeres 
oder  kürzeres  Atemrohr.  Der  Körper  selbst,  d.  h.  die  äußere  Ge- 
stalt bietet  die  größte  Mannigfaltigkeit;  der  Rumpf  ist  flach,  oder 
dachförmig  usw. ;  der  Brustkasten  ist  immer  groß.  Die  Wasser- 
wanzen sind  insgesamt  auf  tierische  Nahrung  angewiesen  (Fleisch- 
fresser, Raubtiere),  und  leben,  mit  Ausnahme  der  an  Ufern  sich 
findenden  Pelegoniden,  im  (süßen)  W^asser  selbst.  Durch  Stechen  mit 
ihrem  Schnabel  vermögen  sie,  auch  gefangen,  schmerzhaft  zu  ver- 
letzen. Zum  Atmen  kommen  sie  an  die  Wasseroberfläche,  manche 
häufiger,  manche  seltener;  einzelne  schwimmen  mit  nach  oben  ge- 
wendetem Bauch,  weil  an  ihm  die  Luftlöcher  liegen.  Einige  Arten 
verlassen  abends  das  Wasser  und  fliegen  in  der  Dämmerung  umher. 
um  auch  in  der  Luft  auf  Beute  auszugehen  oder  andere  Wasser- 
behälter aufzusuchen.  Durch  ihre  kurzen  Fühler  und  durch  die 
nach  unten  gebogene  Stirne  bilden  die  Wasserwanzen  den  Übergang 
von  den  Heteropteren  (Landwanzen)  zu  den  Homopteren  (Zirpen, 
Cicadinen). 


93 


Übersichtstabelle  der  Familien  (nach  Puton  und  Saundeks). 

1.  (2.)     Mit  Nebenangen.     Leben  am  Ufer  der  Gewässer. 

Peleg'onides'. 

2.  (1.)     Ohne  Nebenangen.     Leben  im  Wasser:   die  sämtlichen  Übrigen. 

3.  (6.)     Vorderbeine  auf  der  Fläche  oder  dem  vorderen  Rande  der  Vorder- 

brust eingefügt. 

4.  (5.)     Fühler    mit    4    einfachen    Gliedern.     Die  Tarsen    der    mittleren 

und    hinteren    Beine    zweigliedrig.     Ohne    röhrenförmigen    Hinter- 
leibsanhang. Naucorides. 

5.  (4.)     Fühler  dreigliedrig,    das  zweite  Glied  mit  seitlicher  Verlänge- 

rung.    Sämtliche   Tarsen    eingliedrig.     Am  Hinterleib    ein    langer 
röhrenförmiger  Anhang.  Nepides. 

n.   (3.)     Vorderbeine  am  hintern  ßand  der  Vorderbrust  eingefügt. 

7.  (8.)     Schnabel  frei,  mit  3   oder  4   Gliedern;  Rückenschwimmer. 

Notonectides. 

8.  (7.)     Schnabel  verborgen,  scheinbar  ungegliedert.  .  .  .     Corixides. 


Fam.  Nepides  (Wasserskorpionwanzen). 

Von  sehr  verschiedener  Körpergestalt,  entweder  flachgedrückt 
elliptisch  oder  sehr  langgestreckt  zylindrisch.  Der  kleine,  platte, 
dreieckige,  fast  horizontal  gestellte  Kopf  ist  kleiner  und  schmaler 
als  das  anstoßende  Pronotum ;  die  halbkugeligen  Augen  sind  gewölbt 
und  vorragend ;  der  kurze,  kleine,  dreigliedrige  Schnabel  be- 
findet sich  an  der  Spitze  des  Kopfes,  steht  frei  ab  und  ist  gegen 
die  Brust  zu  leicht  gebogen  und  allmählich  zugespitzt;  sein  erstes 
Glied  ist  am  Grunde  verengt,  das  zweite  und  dritte  seitlich  erweitert. 
Die  dreigliedrigen  Fühler  sind  sehr  kurz.  Decken  und  Flügel 
sind  ausgebildet  und  bedecken  den  Hinterleib ;  die  Decken  (Elytra) 
bestehen  aus  Clavus,  Corium  und  Membran,  das  Embolium  ist  un- 
deutlich. Die  Unterseite  des  Hinterleibs  ist  in  ihrer  Mitte  längs- 
gekielt bezw.  dachförmig  erhaben ;  an  der  Spitze  des  Hinterleibs 
befinden  sich  zwei  lange,  schmale,  biegsame  Fortsätze,  welche 
innen  ausgehöhlt  sind  und  aneinander  gelegt  die  Atem  röhre  bilden. 


^  Die  Pelegoniden  (denen  sich  die  amerikanischen  Galgulini,  die  Ufer- 
skorpionswanzen anschließen)  besitzen  nur  2  paläarktische  Arten  und  sind  auf 
deutschem  Gebiete  nicht  vertreten;  sie  zählen  zu  den  mit  Nebenaugen  (Ocelli) 
versehenen  Uferwanzen,  Litoralia,  im  Gegensatz  zu  den  nebenaugenlosen,  nur  im 
Wasser  lebenden  Aquatilia.  Die  Pelegoniden  sind  kleine,  kurz-eiförmige  flache 
Tiere  von  sammtartiger  Oberfläche,  in  Form  und  Ansehen  den  Saldas  ähnlich; 
sie  besitzen  gleichförmig  gebildete  Laufbeine,  leben  am  Ufer  von  Bächen  und 
springen  wie  fliegen  gleich  gewandt.  Im  südlichen  Frankreich  lebt  der  6  mm 
lange  Pelegonus  maritimus  Latr. 


—     94     — 

Die  klappenförmigen  Vorderbeine  sind  zum  Ergreifen  der  Beute  als 
Raubbeine  umgebildet,  während  die  schlanken  Mittel-  und  Hinter- 
beine zum  Gehen  unter  Wasser,  allenfalls  noch  zum  Rudern  (weniger 
fürs  Schwimmen)  geeignete  Gangbeine  sind;  die  gebogene  Vorder- 
schiene bildet  mit  dem  Vorderschenkel  eine  Klemme  (Schere);  der 
zylindrische ,  fingerähnliche  Vorderfuß  ist  gebogen  und  klauenlos ; 
alle  Füße  (Tarsen)  sind  eingliedrig,  die  der  Mittel-  und  Hinterbeine 
tragen  je  2  Klauen.     Äußere  Geschlechtsunterschiede  fehlen. 

Bei  uns  in  Deutschland  kommen  nur  2  Gattungen  dieser  Familie 
(mit  je  einer  Art)  vor,  im  allgemeinen  träge  Tiere,  die  (wegen  mangel- 
hafter Eignung  der  Hinterbeine)  nur  langsam  schwimmen,  aber  gut 
fliegen ;  ihre  Flüge  unternehmen  sie  zur  Nachtzeit.  Sie  leben  auf 
dem  Grunde  flacher,  schlammiger  oder  solcher  stehender  Gewässer, 
die  viele  Wasserpflanzen  enthalten,  woselbst  sie  langsam  umher 
kriechen ;  man  findet  sie  aber  auch  auf  dem  Lande,  doch  immer  an 
feuchten  Stellen  in  der  Nähe  des  Wassers.  Sie  sind  sehr  räuberisch 
und  bekämpfen  sich  sogar  untereinander.  Die  Eier  werden  an  Wasser- 
pflanzen befestigt;  sie  tragen  an  ihrem  einen  Ende  lange  Fäden 
oder  Zipfel  (7  bei  Nepa,  2  bei  Ranatra). 

Übersicht  der  Gattungen. 

Leib  von  oben  nach  unten  flachgedrückt,  eiförmig;  an  den 
Vorderbeinen  sind  die  Hüften  kürzer,  die  Schienen  fast  so  lang  wie 
die  Schenkel Xepa  Lix. 

Leib  sehr  lang  gestreckt,  fast  zylindrisch ;  an  den  Vorderbeinen 
die  Hüften  so  lang,  die  Schienen  aber  viel  kürzer  als  die  Schenkel. 

Ranatra  Fab. 
Nepa  LiN. 

Leib  länglich  eiförmig,  von  oben  nach  unten  sehr  flachgedrückt, 
hinter  der  Mitte  der  Decken  am  breitesten ;  der  kleine,  fast  horizontale 
Kopf  ist  bis  zu  den  Augen  in  das  Pronotum  eingesenkt;  die  kleinen, 
kugelig  gewölbten  Augen  sind  nach  unten  und  vorne  in  eine  Spitze 
ausgezogen,  an  welcher,  an  der  Unterseite  des  Kopfes,  die  Fühler 
eingelenkt  sind.  Der  kurze ,  dicke ,  an  seinem  Grunde  zusammen- 
geschnürte Schnabel  ist  abwärts  gerichtet.  Die  kleinen,  dreigliedrigen 
Fühler  sind  in  der  Ruhe  versteckt  am  Hinterrand  der  Augen  hinauf- 
geschlagen ;  ihr  zweites  Glied  ist  größer  als  das  erste  und  in  einen 
seitlichen  Fortsatz  verlängert;  das  dritte  und  längste  Glied  ist  zu- 
gespitzt. Das  trapezoide  Pronotum  hat  scharfkantige ,  fast  gerade 
Seitenränder,    einen    tiefen  Ausschnitt    im   vorderen  Rand  (zur  Auf- 


—     95     - 

nähme  des  Kopfes)  und  eine  unebene  höckerige  Fläche.  Das  drei- 
eckige spitzige  Schildchen  ist  sehr  groß.  Die  ersten  beiden  Hinter- 
leibsglieder sind  vollkommen  miteinander  verwachsen ;  an  der  Unter- 
seite des  Hinterleibs  finden  sich  jederseits  2  vertiefte  Längslinien. 
Das  einzig  äußerlich  sichtbare  Genitalsegment  ist  in  beiden  Ge- 
schlechtern gleich  gebildet.  Am  Hinterleib  findet  sich  eine  lange 
hornige  Atemröhre,  deren  zwei  Teile  nach  dem  Tode  auseinander- 
weichen. An  den  Halbdecken  ist  das  Randfeld  des  Coriums.  sehr 
schmal,  ohne  besondere  Färbung;  das  Embolium  fehlt;  die  Membran 
ist  nur  wenig  dünner  als  das  Corium,  undeutlich  abgesetzt,  mit  einem 
Netzwerk  von  Nerven.  Die  Beine  sind  mäßig  lang ;  die  Hüften  der 
Vorderbeine  sind  kurz  und  sehr  dick,  die  Vorderschenkel  verdickt 
mit  tiefer  Rinne  an  der  Unterseite  zur  Aufnahme  der  gebogenen,  an 
ihrer  Innenseite  gefurchten  Schiene ;  Mittel-  und  Hinterbeine  sind 
gleich  gebildet  und  haben  kleine  Hüften ;  die  Füße  (Tarsen)  sind 
eingliedrig;  an  den  Vorderfüßen  findet  sich  eine  kleine,  einfache 
Klaue,  an  den  Hinterfüßen  2  sehr  große  Klauen. 

Näheres  über  den  inneren  Bau  dieser  Gattung  findet  sich 
(außer  in  L.  Dufoür's  Recherches  anatomiques  et  physiologiques  sur 
las  Hemipteres.  Paris  1833)  in  Bürmeister's  Handbuch  der  Entomo- 
logie, n.  Berlin  1835  (p.  196—198)  und  in  Flor's  Rhynchoten  Liv- 
lands,  Dorpat,  I,  1860  (p.  758  —  762). 

1  (619)^  cinerea  Lin. 
Aschgrau  oder  matt  graubraun  (nur  selten  schwarz),  die  Brust 
graugelblich,  der  Hinterleib  auf  der  Oberseite  größtenteils  gelbrot 
(beim  Weibchen  einfarbig,  bei  Männchen  mit  mehr  oder  weniger 
Schwarz),  Unterseite  rötlich  mit  vier  schwärzlichen  Seitenflecken, 
wechselnd ;  Oberfläche  fein  gekörnt ;  das  Pronotum  runzelig,  höckerig, 
im  hinteren  Drittel  eine  Querrille.  Die  gleichfalls  gerunzelten,  den 
ganzen  Hinterleib  umfassenden  Halbdecken  mit  netzförmig  verbundenen 
Adern  ;  die  rauchbraunen  Unterflügel  am  Grunde  mit  blutroten  Nerven  ; 
die  gelbhchen  Atemröhren  nicht  so  lang  als  der  Hinterleib.  Die  grau- 
gelblichen  Beine  unregelmäßig  braun  gefleckt  und  geringelt ;  Schienen 
und  Tarsen  der  Hinterbeine  inseits  mit  feinen  langen  weißen  Haaren 
besetzt.  Die  Männchen  im  allgemeinen  kleiner  als  die  Weibchen. 
Länge  17 — 22  mm,  der  Schwanzanhang  etwa  11  mm. 


'  Die  eingeklammerte  Zahl  ist  die  laufende  Nummer  meines  Katalogs  der 
deutschen  Wanzen  (Berlin.  R.  Friedländer.  1902). 


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Nepa  cinerea  Linne,  Syst.  Nat.  Ed.  X,  1758,  440,  5.  —  Faun. 
Suec.  1761,  245,  906.  —  Sülzer,  Kennzeichn.  1761,  25,  tab.  X. 
flg.  68.  —  ScoPOLi,  Entom.  Carn.  1763,  119,  350.  —  Houttüin,  Nat. 
Hist.  1765,  I,  X,  310,  5,  tab.  81,  fig.  7.  —  P.  Müller,  Linn.  Nat. 
1774,  V,  472,  5,  tab.  XI,  fig.  7.  —  Fischer,  Nat.  Livl.  1778,  141, 
303.  —  Schrank,  Enum.  Ins.  Austr.  1781,  281,  504.  —  Rossi,  Faun. 
Etrusc.  1790,  II,  221,  1275.  —  Donovan,  Nat.  Hist.  1792,  I,  41, 
tab.   18.  —  Fabricius,  Entom.  Syst.  1794,  IV,  63,  7.  —  Syst.  Rhyng. 

1803,  107,  8.  —  Cederhielm,  Faun.  Ingr.  1798,  267,  841.  —  Schellex- 
berg,  Land-  und  Wasserwanzen,  1800,  32,  tab.  14.  —  Lamarck,  Syst. 
1801,  295,  48.  —  Hist.  Nat.  1816,  517,  1.  —  Schrank,  Faun.  Boic. 
1801,  H,  61,  1081.  —  Walkenaer,  Faun.  Paris.  1802,  334,  1.  — 
DiviGüBSKY,  Faun.  Mosqu.  1802,  122,  328.  —  Panzer,  Faun.  Ins. 
Germ.  1805,   95,    14.  —  Latreille,   Hist.  Nat.  1802,   HI,   255.  — 

1804,  XH,  284,  2.  —  Gen.  Crust.  et  Ins.  1807,  148,  1.  —  Shaw, 
Gen.  Zool.  1806,  157,  tab.  55.  —  Zetterstedt,  Faun.  Läpp.  1828, 
506,  1.  —  Ins.  Läpp.  1840,  283,  1,  —  Fallen,  Hem.  Suec.  1829, 
170,  1.  —  Laporte,  Ess.  class.  syst.  1832,  p.  18.  —  L.  Dufoür, 
Rech.  1833,  209,  1.  —  Herrich-Schäffer,  Nom.  entom.  1835,  p.  63.  — 
Wanz.  Ins.  VIII,  1848,  p.  21,  fig.  796.  —  Wanz.  Ins.  IX,  1853,  29. 

—  Burmeister,  Handb.  d.  Entom.  1835,  II,  196,  2.  —  Brülle,  Hist. 
d.  Ins.  1835,  p.  265,  tab.  22,  fig.  5.  —  Spinola,  Ess.   1837,  p.  52. 

—  Costa,  Cim.  reg.  Neap.  Cent.  1838,  I.  10,  1.  —  Cürtis,  Brit. 
Entom.  1839,  XVI,  700.  —  Westwood,  Introduct.  1840,  II,  Syn. 
p.  119.  —  Blanchard,  Hist.  d.  Ins.  1840,  90,  1.  —  Amyot  et  Serville, 
Hist.  d.  Hem.  1843,  440,  3.  —  Fieber,  Gen.  Hydrocor.  1851,  23.  — 
Eur.  Hem.  1861,  102.  -  Flor,  Rhynch.  Livl.  1860,  I,  762,  1.  — 
Douglas  and  Scott,  Brit.  Hem.  1865,  584,  1.  —  J.  Sahlberg,  Syn. 
Amph.  et  Hydr.  Fenn.  1875,  271,  1.  —  Saunders,  Synops.  1876. 
642,   1.  —  Hem.  Het.  of  the  brit.  isl.   1892,  p.  327,  pl.  30,  fig.  10. 

—  PüTON,  Synops.  1880,  I,  214.  —  Cat.  1899,  p.  80.  —  Reüter, 
Revis.  synon.  1888,  II,  p.  370,  No.  345. 

Nepa  scorpio  aqitaticus  Degeer,  Mem.  1773,  III,  361,  1,  tab.  18, 
fig.   1—15. 

Hß2)a  cinerea  Geoffroy  in  Fourcroy,  Entom.  Paris.  1785,  222,  2. 
Nepa  Amyot,  Entom.  fr.  Rhynch.   1848,  p.  322,  No.  361. 

Bayern :  Bei  Regensburg  und  Nürnberg  gemein.  Kittel.  — 
Bei  Bamberg.  Funk.  —  Württemberg.  Roser.  —  In  der  Ulmer 
Gegend  in  stehenden  Gewässern,  nicht  selten.     Hüeber.   —  Baden; 


—     97     — 

Eggenstein.  8.  Meess.  —  Elsaß-Lothringen:  Partout  au  fond  des 
mares.  Reiber-Puton.  —  Westfalen :  Überall  in  großen  Tümpeln  und 
Gräben,  sowie  auch  in  stagnierendem  Flußwasser  gemein ;  im  Sommer 
auch  die  Larven ;  im  Winter  im  Geniste.  Westhoff.  —  Thüringen : 
Überall  häufig.  Kellner-Breddin.  —  Schleswig-Holstein :  Das  unter 
dem  Namen  „Wasserskorpion"  bekannte  Tier  ist  überall  in  stehenden 
Gewässern  häufig.  Wüstnei.  —  N.  S.  Insel  Borkum :  Nicht  oft,  doch 
auch  Larven  gefischt.  Schneider.  —  Mecklenburg:  In  allen  Ge- 
wässern gemein.  Raddatz.  —  Schlesien:  Am  Ufer  stehender  Ge- 
wässer zwischen  Steinen  und  Wasserpflanzen  sehr  gemein.  Scholz. 
—  In  der  Ebene  und  im  Gebirge,  in  stehenden  Gewässern,  in  der 
Nähe  des  Ufers,  das  ganze  Jahr  hindurch,  häufig  .  .  .  Assmann.  — 
Provinz  Preußen.    Brischke. 

Überall  gemein  in  stehenden  Gewässern,  am  Ufer  zwischen 
Steinen  und  Wasserpflanzen,  denen  das  Weibchen  die  ovalen  Eier 
anheftet.  Die  Larven  sind  kürzer  und  breiter,  als  die  vollendeten 
Insekten,  haben  eine  hellere  Farbe,  dickere  kürzere  Beine,  eingliedrige 
Füße  und  viel  kürzere,  dickere  Atemröhren.  Sie  sind  sehr  gefräßig 
und  nähren  sich  von  kleineren  Wasserinsekten.     Bürmeistek. 

Überall  gemein  in  und  auf  dem  Schlamm  in  stehenden  Ge- 
wässern, Bächen  usw.     Fieber. 

[Schweiz:  Bekannt  unter  dem  Namen  Wasserskorpion,  findet 
sich  überall  in  der  ganzen  Schweiz  in  allen  Sorten  stillstehender  und 
langsam  fließender  Gewässer  zwischen  Steinen  und  Wasserpflanzen 
das  ganze  Jahr  hindurch;  schwimmt  mit  dem  Rücken  nach  oben, 
bedeutend  langsamer  als  alle  bis  jetzt  bekannten  Wasserwanzen 
(Corisa,  Notoneda,  Plea),  da  die  dünnen  Laufbeine  nicht  so  zum 
Schwimmen  geformt  sind,  wie  diejenigen  der  genannten  Familien. 
Man  trifft  daher  die  Nepae  überhaupt  mehr  auf  dem  seichten  Grunde 
der  Ufer  und  an  den  Bördern  der  Gewässer  an,  wovon  sie  sich  dann 
bei  der  Annäherung  menschlicher  Tritte  schwerfällig  nach  der  Tiefe 
ziehen.  Frey-Gessner.  —  Tirol :  Auf  dem  Schlamme  in  den  Alt- 
wassern der  Taltiefen,  anscheinlich  durch  ganz  Tirol  .  .  .  Bozen, 
besonders  im  großen  Abzugskanale  .  .  .  Gredler.  —  Steiermark :  In 
schlammigen  Stellen  an  der  Mur,  St.  Josef  usw.  6.  Eberstaller.  — 
Um  Admont  nicht  selten.  Strobl.  —  Nieder-Österreich :  Bei  Gresten 
in  schlammigen  Gewässern.  Schleicher.  —  Böhmen :  In  stehenden, 
schlammigen  Gewässern  überall  gemein.  Düda.  —  Frankreich:  Com- 
mune aux  environs  de  Paris  et  dans  toute  l'Europe.  —  Cet  insecte 
n'a  aucune  vivacite  et   se  traine  lentement   au  fond   des   eaux  dans 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905.  7 


-     98     — 

la  vase,  oü  il  se  laisse  prendre  sans  chercher  ä  s'ecbapper.  II  est 
essentiellement  carnassier ;  il  vit  d'autres  insectes  aquatiques  qu'il 
saisit  avec  ses  pattes  anterieures  entre  la  cuisse  et  la  jambe ;  les 
quatre  autres  pattes  seules  lui  servent  ä  nager.  II  attaque  meme 
sa  propre  espece.  Amyot.  —  Toute  la  France,  commune  dans  les 
mares.  Püton.  —  England :  Common  in  mud  at  the  bottom  of 
ponds  etc.  and  generally  distributed.    Saunders.] 

Manatra  Fab. 

Für  diese  Gattung  gelten  die  meisten  Kennzeicben  der  vorher- 
gehenden {Nepa  L.),  nur  daß  ein  gestreckterer  Bau  aller  Organe 
vorwaltet:  der  Leib  ist  lang  und  zylindrisch,  das  in  seiner  Mitte 
verschmälerte  drehrunde  Pronotum  ist  besonders  lang,  sein  vorderer 
Rand  nur  so  breit  wie  der  Kopf  zwischen  den  Augen,  sein  Grund 
tiefwinkelig  ausgeschnitten ,  der  Kopf  also  selbst  breiter  als  der 
Pronotumvorderrand,  die  Augen  stark  hervortretend,  das  Schildchen 
rautenförmig ;  die  Halbdecken  sind  nicht  ganz  so  lang  wie  der  Hinter- 
leib, die  Membran  ist  deutlich  und  durch  eine  Naht  vom  Corium 
geschieden.  Die  Hinterleibsanhänge  sind  länger  als  der  Hinterleib 
selbst.  Die  Beine  sind  sehr  lang,  die  Vorderhüften  (zum  Unterschied 
von  der  Gattung  Nepa)  vielfach  (6mal  und  mehr)  länger  als  die 
Schenkelhälse,  fast  länger  als  die  leicht  gekrümmten,  mit  scharfem 
Zahn  am  ünterrande  versehenen  Schenkel,  welche  auch  noch  eine 
Rinne  zur  Aufnahme  von  Tibia  und  Tarsus  im  Ruhezustand  auf- 
weisen; die  beiden  letzteren  reichen  an  den  Vorderbeinen  nur  bis 
zur  Mitte  der  Schenkel ;  die  Schienbeine  sind  (wie  bei  Nepa)  deut- 
lich gewimpert;  die  Tarsen  sind  kurz  und  vorne  ohne  Kralle.  An 
den  Fühlern  ist  der  Fortsatz  des  zweiten  Glieds  länger  und  stärker, 
das  dritte  Glied  kürzer,  dabei  aber  dicker  als  bei  Nepn.  —  Auf 
dem  Leib  dieser  (sowie  ausländischer)  Arten  bemerkt  man  kleine 
rote  birnförmige  Körper  verschiedener  Größe ,  welche  die  Hülsen 
schmarotzender  in  die  Gattung  Ihjärarachna  gehöriger  Wasser- 
milben sind. 

2  (620)  linearis  Linn. 
Schmutzigbräunlichgelb  oder  graugelb,  der  Hinterleib  oben 
orangerot,  an  den  Seiten  gelblich,  Ende  der  Schienen  und  Klauen 
schwärzlich.  Der  Vorderrand  des  in  seiner  Mitte  verengten  Pronotum 
winklig  ausgeschnitten,  die  Seiten  geschweift,  der  Grund  zweimal  so 
breit  wie  der  Vorderrand.    Atemröhren  so  lang  wie  der  ganze  Leib. 


—     99     — 

Unterfiügel  milchig  durchscheinend,  etwas  irisierend,  die  gelbhchen 
Adern  am  Grunde  bräunhch.     Länge  30 — 35  mm. 

Nepa  linearis  Linne,  Syst.  Nat.  Ed.  X,  1758,  441,  7.  —  Faun. 
Suec.  1761,  245,  908.  —  Houttuin,  Nat.  Hist.  1765,  I,  X,  317,  7, 
tab.  81,  fig.  9.  —  De  Geer,  Mem.  1773,  III,  369,  2,  tab.  19,  fig.  1 
bis  7.  —  P.  Müller,  Linn.  Nat.  1774,  V,  473,  7,  tab.  11,  fig.  9.  — 
Sulzer,  Abgek.  Gesch.  d.  Ins.  1776,  93,  tab.  10,  fig.  4.  —  Schrank, 
En.  Ins.  Austr.  1781,  262,  505.  —  Faun.  Boic.  1801,  II,  61,  1082. 

—  Roemer,  Gen.  Ins.  1789,  p.  79.  —  Villers,  En.  auct.  1789, 
tab.  3,  fig.  16.  —  Rossi,  Faun.  Etrusc.  1790,  222,  1276.  —  Donovan, 
Brit.  Ins.  1794,  III,  87,  tab.  105.  —  Lamarck,  Syst.  1801,  295,  48. 

—  Shaw,  Gen.  Zool.  1806,  159,  tab.  56. 

Hepa  linearis  Geoffroy  in  Fourcroy,  Entom.  Paris.  1785, 
222,   1. 

Hanatra  Amyot,   Entom.   fr.  Rhynch.  1848,   p.  325,   No.  362. 

Banatra  linearis  Fabricius,  Nov.  Ins.  Gen.  1791,  1.  —  Entom. 
Syst.  1794,  IV,  64,  2.  —  Syst.  Rhyng.  1803,  109,  2.  —  Cederhielm, 
Faun.  Ingr.  1798,  268,  842.  —  Schellenberg,  Land-  und  Wasser- 
wanzen. 1800,  31,  tab.  13.  —  Walkenaer,  Faun.  Paris.  1802,  335,  1. 

—  Latreille,  Hist.  Nat.  1802,  IH,  252.  —  Hist.  Nat.  1804,  XH, 
282,  1.  —  Gen.  Crust.  et  Ins.  1807,  149,  1.  —  Lamarck,  Hist.  Nat. 
1816,  516,  1.  —  Le  Peletier  et  Serville,  Enc.  meth.  1822,  X, 
267,  1.  —  Panzer,  Faun.  Ins.  Germ.  1805,  95,  15.  —  Fallen,  Hem. 
Suec.  1829,  169,  1.  —  Curtis,  Brit.  Entom.  1829,  VI,  tab.  281.  — 
Laporte,  Ess.  class.  syst.  1832,  p.  17.  —  Dufoür,  Rech.  1833,  207,  1. 

—  Hahn,  Wanz.  Ins.  II,  1834,  30,  fig.  131.  —  Herrich-Schäffer, 
Nom.  entom.  1835,  p.  63.  —  Wanz.  Ins.  IX,  1853,  p.  31.  —  Bur- 
meister, Handb.  d.  Entom.  1835,  II,  199,  1.  —  Brülle,  Hist.  d.  Ins. 
1835,  p.  263,  tab.  22,  fig.  4.  —  Spinola,  Essai,  1837,  p.  52.  — 
Costa,  Cim.  Reg.  Neap.  1838,  I,  9,  1.  —  Westwood,  Introduct.  1840, 
II,  Syn.  p.  119.  —  Blanchard,  Hist.  d.  Ins.  1840,  90,  1,  tab.  1, 
fig.  3.  —  Amyot  et  Serville,  Hist.  d.  Hem.  1843,  443,  2.  —  Fieber, 
Gen.  Hydrocor.  1851,  24.  —  Eur.  Hem.  1861,  102.  —  Flor,  Rhynch. 
Livl.  1860,  I,  765,  1.  —  Douglas  and  Scott,  Brit.  Hem.  1865,  582,  1. 

—  J.  Sahlberg,  Syn.  Amph.  et  Hydr.  Fenn.  1877,  272,  1.  — .Kolenati, 
Mel.  entom.  VI,  p.  62,  268.  —  Saunders,  Synops.  1876,  642,  1.  — 
Hem.  Het.  of  the  brit.  isl.  1892,  p.  328,  pl.  31,  fig.  1.  —  Puton, 
Synops.  1880,  I,  p.  214,  1.  —  Cat.  1899,  p.  80.   —  Reuter,  Revis. 

synon.  1888,  H,  p.  370,  No.  346. 

7* 


—     100     - 

Bayern:  Bei  Regensburg  nicht  selten;  desgleichen  bei  Nürn- 
berg (Duzenteich).  Kittel.  —  Bei  Bamberg.  Funk.  —  Württemberg. 
Roser.  —  Bei  Ulm  in  stehenden  Gewässern  (Einsinger  Ried  usw.), 
nicht  häufig.  Hüeber.  —  Baden:  Leopoldshafen,  Karlsruhe,  3;  Beiert- 
heim,  8.  Meess.  —  Elsaß-Lothringen:  Au  fond  des  mares,  comme 
Nepa  cinerea,  mais  moins  abondant.  Reiber-Pdton.  —  Westfalen :  In 
größeren,  besonders  mergeligen  Tümpeln,  jedoch  nicht  überall.  Bei 
Münster  .  .  . :  im  Sommer  auch  die  Larven.  Westhoff.  —  Thüringen : 
Cumbacher  und  Siebleber  Teich,  selten.  Kellner-Breddin.  —  Schleswig- 
Holstein  :  In  tieferen  Mergelgruben  und  Teichen,  verbreitet,  aber  selten. 
Wüstnei.  —  Mecklenburg:  Ich  fing  nur  1  Stück  in  einem  Teiche  in 
der  Nähe  von  Schwerin.  Raddatz.  —  Schlesien:  In  stehenden  Wässern 
mit  schlammigem  Grunde,  in  Fischteichen,  häufig ;  hält  sich  auf  dem 
Grunde  auf.  Scholz.  —  Sowohl  in  der  Ebene  als  im  Gebirge,  auf 
dem  schlammigem  Grunde  stehender  Gewässer,  besonders  in  Fisch- 
teichen, vorzüglich  im  Frühjahr,  jedoch  nicht  gerade  häufig  .  .  . 
Assmann.  —  Provinz  Preußen.    Brischke. 

Häufig  auf  dem  Grunde  stehender  Gewässer :  Larve  ebenda, 
dem  ausgebildeten  Insekt  ähnhch,  aber  ungeflügelt  oder  mit  Flügel- 
ansätzen und  kürzerem  Atemrohr.     Auf  dem  Leibe  .  .  .  Bürmeister. 

Auf  dem  Schlamm  stehender  Gewässer,  durch  das  ganze  Ge- 
biet (Europa).     Fieber. 

[Schweiz :  Nicht  überall ;  auf  dem  Boden  stehender  Gewässer, 
in  Sümpfen,  Wiesentümpeln,  Torfgraben,  schwimmt  trotz  seiner 
schlanken  Gestalt  fast  ebenso  bedächtig  wie  Nepa  cinerea  und  scheint 
ebenfalls  mehr  auf  das  Gehen  angewiesen  zu  sein.  Bei  Morsee 
ziemlich  häufig  in  tiefen  Gewässern  .  .  .;  um  Aarau  im  März  und 
September  selten.  Frey-Gessner  (1864).  —  Tirol:  Südtirol,  Bozen, 
im  Kühbacher  Weiher ;  Sigmundskron,  im  Bozener  Abzugskanal  häufig 
und  im  Winter  an  daselbst  einmündenden  Quellen  versammelt;  in 
Welschtirol,  wie  namentlich  um  Roveredo,  in  stillfließenden,  schilf- 
reichen Wassern.  Gredler.  —  Steiermark:  Teich  bei  Maria-Grün  im 
Frühling,  nach  Dorfmeister.  Eberstaller  (1864).  —  Mir  aus  Steier- 
mark noch  nicht  bekannt.  Strobl  (1899).  —  Böhmen:  Mit  Neim 
cinerea,  aber  nur  einzeln.  Duda.  —  Frankreich:  Commune  partout 
dans  les  eaux  stagnantes,  au  commencement  du  printemps;  quelquefois 
aussi  dans  les  rivieres.  Les  Ranätres  sont  tres  voraces  et  fönt  con- 
tinuellement  la  chasse  aux  autres  insectes.  Elles  volent  tres  bien 
et  se  trarsportent,  principalement  le  soir  ou  dans  la  nuit,  d"une  mare 
a  Fautre,  surtout  quand  celle  oü  elles  sont  commence  a  se  dessecher. 


—     101     — 

La  larve  a  les  filets  abclominanx  moins  longs  que  l'insecte  parfait. 
Amyot.  —  England:  Rarer  than  Nepa,  in  ponds,  on  the  bottom. 
Saünders.J 

Farn.  Naiicorides. 
Körper  breit-eiförmig,  flach  gewölbt,  mit  scharfen  Rändern. 
Kopf  mit  den  Augen  tief  in  den  vorderen  Pronotumausschnitt  ein- 
gesenkt. Die  dreieckige  Oberlippe  bedeckt  das  erste  Schnabelglied. 
Der  kurze  starke  Schnabel  ist  dreigliedrig.  Die  Fühler  bestehen  aus 
4  einfachen  Gliedern  und  sind  unter  den  Augen  verborgen.  Das 
Schildchen  ist  dreieckig,  groß;  das  Pronotum  in  die  Quere  gezogen; 
der  Bauch  gekielt;  Hinterleibsanhänge  fehlen.  Die  ausgebildeten 
Halbdecken  zeigen  Corium,  Clavus,  Embolium  und  Membran,  letztere 
vom  Corium  wenig  verschieden  und  ohne  Nerven  (Adern).  Die  Vorder- 
beine sind  zum  Rauben,  die  Hinterbeine  zum  Schwimmen  eingerichtet; 
die  Hüftpfannen  der  Vorderbeine  sind  ausgeschnitten  und  ins  Prono- 
tum eingegraben ;  die  Vorderschenkel  verbreitert  und  verflacht ;  die 
Tarsen  der  vorderen  Beine  sind  ein-  oder  zweigliedrig,  jene  der 
mittleren  und  hinteren  Beine  zweigliedrig  mit  je  2  Klauen. 

Übersicht  der  Gattungen. 

Kopf  dreieckig;  Stirne  von  oben  sichtbar;  viertes  Fühlerglied 
das  längste ;  der  lange ,  pfriemenförmige  Schnabel  reicht  über  die 
Vorderhüften  hinaus;  Vorderschenkel  an  ihrem  Grunde  nur  wenig 
erweitert ;  alle  Füße  zweigliedrig  und  mit  2  Klauen ;  Flügelzelle  un- 
geteilt   AphelocJieirus  Westw. 

Kopf  in  die  Quere  gezogen ;  Stirne  von  oben  nicht  sichtbar ; 
drittes  Fühlerglied  das  längste ;  der  kurze,  konische  Schnabel  reicht 
kaum  bis  zu  den  Vorderhüften ;  Vorderschenkel  stark  verbreitert  und 
am  Grunde  zusammengedrückt;  die  gebogene  Vorderschiene  bildet 
mit  dem  Schenkel  eine  Klemme  (Schere) ;  Vorderfüße  einghedrig  und 
ohne  Klaue,  hingegen  Mittel-  und  Hinterfüße  zweigliedrig  und  mit 
2  Klauen  bewehrt;  Flügelzelle  zweiteihg    .    .    .  Nmicoris  Geoffr. 

NB. !  Die  Famihe  der  Belostomiden  mit  5  paläarktischen  Arten, 
jedoch  ohne  Vertretung  in  Deutschland,  wird  von  der  neueren  Syste- 
matik von  den  Naucoriden  abgetrennt.  Belostomum  grande  L.  in 
Südamerika,  4"  lang,  ist  der  größte  Kerf  dieser  Ordnung. 

Aphelocheiriis  Westw. 

Kurz-eiförmig  und  sehr  flach;  Kopf  schmal,  dreieckig;  die 
großen  schwarzen  Augen  etwas  länglich ;  Schnabel  lang,  dünn,  leicht 


—     102     — 

gebogen,  scheinbar  dreigliedrig,  dem  Körper  anliegend;  das  halb- 
kreisförmige Pronotiim  an  seinem  Grunde  zweimal  so  lang  als  die 
Entfernung  seiner  Vorderwinkel  beträgt:  Schulterecken  vorstehend; 
Schildchen  ziemlich  groß  mit  erhabenem  Grund;  Connexivum  (d.  h. 
der  von  der  Bauchseite  auf  den  Rücken  umgeschlagene  Verbindungs- 
randstreif) in  den  hinteren  Ecken  bei  beiden  Geschlechtern  dorn- 
artig verlängert.  Die  etwa  augenlangen  Fühler,  frei  unter  ersteren 
eingelenkt,  haben  4  Glieder,  deren  erstes  sehr  kurz,  das  zweite  etwas 
länger,  das  dritte  zweimal  länger  als  dieses,  das  vierte  gleich  lang 
dem  dritten  ist;  sie  enden  in  eine  scharfe  Spitze  etwas  über  der 
Augenseitenlinie.  Das  letzte  Hinterleibssegment  ist  beim  Männchen 
verlängert,  dreieckig  und  bedeckt  fast  ganz  die  Genitalsegmente, 
während  beim  Weibchen  alle  Hinterleibssegmente  scharf  abgegrenzt 
sind  und  der  letzte,  hinten  breit  ausgerandete  Hinterleibsabschnitt 
die  Genitalsegmente  vortreten  läßt.  Die  Flügel  sind  meist  ver- 
kümmert, nicht  ausgebildet,  nur  durch  eine  quere  Schuppe  (die  zwei- 
mal so  lang  wie  das  Schildchen)  angedeutet ;  sind  sie ,  was  sehr 
selten  der  Fall,  entwickelt,  so  zeigen  sie  eine  deutliche  Membran. 
Die  zusammengedrückten  Schenkel  sind  ziemlich  gleichförmig,  die 
vorderen  etwas  breiter,  die  hinteren  etwas  länger;  die  Schienen  der 
Vorder-  und  Mittelbeine  sind  fast  stielrund,  jene  der  Hinterbeine 
zusammengedrückt;  die  Vorderfüße  bestehen  aus  2  Gliedern  und 
besitzen  2  Klauen. 

3  (621)  aestivalis  Fab. 
Breit- eiförmig,  flachgewölbt,  oberseits  von  mattem,  dunklem 
Graubraun,  dabei  fein  lederartig  gerunzelt;  Kopf,  Schnabel.  Hüften 
und  Beine  gelbbräunlich  (lehmgelb).  Das  halbkreisförmige,  flache, 
vorne  tief  ausgeschnittene  Pronotum  hat  einen  runden,  scharfen, 
breitgelben  Rand  (besonders  hinten),  einen  geradlinigen  Grund  und  ist 
(nebst  Schildchen  und  Decken)  fein  gerunzelt,  während  der  Kopf  mehr 
punktiert  ist.  Die  lederartigen  braunen  Halbdecken  sind  sehr  kurz, 
schmäler  als  der  Hinterleib,  schuppenartig  abgerundet,  einwärts  nicht 
zusammenstoßend  und  kaum  bis  zum  Hinterrand  des  ersten  Hinter- 
leibssegments reichend ;  am  Grund  ihrer  äußeren  Seite  zeigen  sie 
kurz  einen  erhöhten,  rinnenförmigen  gelben  Rand.  Der  abgerundete 
flache  Hinterleib  ist  oben  braun,  die  hinteren  Seitenwinkel  jeden 
Abschnitts  sind  breitgelb  und  laufen  in  eine  lange  scharfe  Spitze 
aus;  Brust  und  Bauch  sind  dunkel.  Von  den  hellgelben,  ziemlich 
gleichartigen  Beinen  sind  die  vorderen  kürzer,  die  hinteren  merklich 


I 


-     108     — 

länger,  die  Schenkel  mit  seidenartigen  Haaren  besetzt,  die  Vorder- 
schenkel am  Grunde  etwas  verdickt,  gegen  ihre  Spitze  allmählich 
enger  werdend.  Die  Geschlechtsunterschiede  sind  schon  oben  (bei 
den  Gattungscharakteren)  angegeben.  Länge  9 — 10  mm.  —  Die 
makroptere  Form,  mit  ausgebildeten  Halbdecken,  ist  außerordentlich 
selten ;  Fieber  kannte  nur  ein  Exemplar  aus  den  Karpathen  (in  der 
Sammlung  des  Dr.  Frydvaldsky)  und  Püton  kennt  gleichfalls  nur  ein 
einziges,  aus  der  Gegend  von  Fassy  (in  der  FAiRMAiRE'schen  Samm- 
lung); ein  dritte-«  hatte  Westwood  (England).  Die  Halbdecken  sind 
hier  so  lang  wie  der  Hinterleib,  aber  nicht  so  breit  wie  dieser,  die 
dunkle  Membran  ist  fast  so  lang  wie  das  Corium  und  hat  einen 
lichten  Fleck  am  Grunde. 

Naucoris  aestivalis  Fabriciüs,  Entom.  Syst.  1794,  IV,  67,  2.  — 
Syst.  Rhyng.  1863,  111,  3.  —  Coquebert,  Illustr.  Icon.  Ins.  1804, 
I,  38,  tab.  X,  fig.  4.  —  Walkenaer,  Faun.  Paris.  1802,  336,  2.  — 
Latreille,  Hist.  Nat.  1804,  XII,  286,  3.  —  Lamarck,  Hist.  Nat.  1816, 
520,  3.  —  Laporte,  Ess.  class.  syst.  1832,  p.  19.  —  Spinola,  Ess. 
1837,  p.  54,  3. 

Ap/ielocheints  aestivalis  Westwood,  Introduct.  1840,  II,  Syn. 
p.  119.  —  Douglas  and  Scott,  Brit.  Hern.  1865,  578,  1.  —  Stal, 
En.  Hem.  1876,    V,    147,    1.—  Saunders,    Synops.  1875,   643,   1. 

—  Reüter,  Revis.  synon.  1888,  II,  p.  369,  No.  344.  —  Puton,  Cat. 
1899,  p.  80,  1. 

ÄphelocJnra  aestivalis  Fieber,  Gen.  Hydroc.  1851,  16.  —  Eur. 
Hem.   1861,  103. 

Äphelochirus  aestivalis  Puton,  Synops.  1880,  I,  210,  1.  — 
Saunders,  Hem.  Het.  of  the  brit.  isl.  1892,  p.  325  und  pl.  30,  fig.  9. 

Äplielochira  KerviUei  Kuhlgatz,  Wissenschftl.  Meer,  üntschg. 
1898,  HI,  p.  144,  tab.  3,  fig.  1-3. 

Äphelochirus  x4myot,  Entom.  Fr.  Rhynch.  Meth.  mon.  1848, 
p.  316,  No.  358. 

Württemberg :  Soll  im  Federsee  (Oberschwaben)  vorkommen.   H. 

—  Elsaß-Lothringen :  Metz ;  se  trouve  ä  la  racine  des  potamogetons 
oü  eile  devore  probablement  les  larves  de  VHaemonia  equiseti  (B.); 
Remiremont ;  un  exemplaire  adherent  a  un  goujon  destine  ä  une 
friture.    Reiber-Puton.  —  Preußen :  Bei  Schwentine.    Kuhlgatz. 

Aus  dem  südhchen  Frankreich  und  den  Karpathen.  Fieber  (1861). 

[Schweiz:    Von    diesem    höchst   seltenen   Hemipteron   fand   ich 

2  Exemplare   im  Nymphenzustand   im  Mai   in  einem  Torfgraben  bei 


—     104     - 

Walisellen.  Das  ausgebildete  Tier  muß  daher  im  Juni  und  Juli  vor- 
handen sein.  Geflügelte  Exemplare  gehören  jedoch  zu  den  größten 
Seltenheiten.  Frey-Gessner  (1864).  —  Diese  seltene  Wanze  lebt  in 
Torf-  und  fließendem  Wasser,  auf  dem  Grunde  der  Gewässer  in 
dichten  Pflanzenrasen  von  Charen,  Ranunkeln  und  dergleichen  fein- 
blätterigen Kräutern.  In  Aabach  bei  Lenzburg  fand  ich  im  Juni 
und  August  Larven  und  Imagines  in  allen  Stadien,  d.  h.  ganz  ent- 
wickelte Stücke  trotz  allem  sorgfältigen  Suchen  kein  einziges,  sondern 
nur  solche  mit  verkürzten  Decken,  hingegen  sehr  wechselnd  von  ganz 
schwarz  bis  mit  viel  gelb  an  Kopf,  Brustschild,  Deckenrudimenten  und 
den  Leibessegmenten.  F.  G.  (1871).  —  Frankreich:  Nord,  Paris,  Vosges, 
Metz,  Toulouse.  Püton.  —  Gadeau  de  Kerville  (Le  Naturaliste,  1888, 
IX,  p.  199,  fig.)  hat  die  brachyptere  Form  in  der  Seine  in  großer 
Zahl  beobachtet,  dabei  aber,  trotz  aller  erdenklichen  Mühe,  stets 
erfolglos  nach  der  makropteren  Form  gesucht.] 

Dr.  G.  HoRVATH  in  Budapest  hat  1899  in  „Termeszetrajzi  Füzetek, 
XXII,  p.  256 — 267"  eine  Monographie  der  Gattung  Aphelocheirus 
(in  lateinischer  Sprache,  mit  schematischen  Abbildungen)  veröffent- 
licht, worin  er  7  Arten  dieser  Gattung,  darunter  4  neue  beschreibt : 
A.  pallens  (Neu-Guinea),  Ä.  lugubris  (Madagaskar),  A.  nigrita  (Ungarn 
und  Finnland)  und  die  für  diese  meine  Zusammenstellung  in  Betracht 
kommende  A.  Montandoni,  als  deren  Heimat  (außer  England,  Ruß- 
land, Rumänien,  Schweiz,  Frankreich)  auch  Deutschland:  „Metz" 
(Collect.  PüTON  et  Mus.  Vienn.)  dortselbst  angegeben  wird.  Ich  persön- 
lich bin  zwar  kein  Freund  der  neuerdings  so  beliebten  Gattungs- 
zersplitterung und  Schaffung  neuer  Arten,  allein  die  Autorität  des 
Verfassers  zwingt,  im  Interesse  der  erstrebten  Vollständigkeit  hier 
des  näheren  zu  berichten : 

Horvath's  Beschreibung  lautet  (ins  Deutsche  übertragen): 
Aphelocheirus  Montandoni  no\.  spec:  Kurz-eiförmig,  nach  vorne 
rascher  sich  verschmälernd  als  nach  hinten,  oben  flachgedrückt,  dicht 
und  ganz  verschwommen  runzelig  punktiert,  fast  glanzlos,  schwarz 
oder  schwarzbraun  mit  mehr  oder  weniger  gelber  Zeichnung ;  stroh- 
gelb sind :  der  Kopf,  die  Fühler,  der  Schnabel,  die  Beine,  die  Spitze 
des  Schildchens,  der  Hinterrücken,  die  Rückenseite  des  ersten  Hinter- 
leibsabschnitts sowie,  meist  nur  schmal,  die  Seitenränder  von  Prono- 
tum.  Halbdecken  und  Hinterleib;  der  Kopf  ist  oberseits  dicht  und 
fein  punktiert,  vorne  wie  glänzend,  fast  '/i  länger  als  zwischen  seinen 
vorderen  Augenwinkeln  breit,  der  hintere  Augenabstand  so  groß  wie 
das  Auge  lang;    die  Augen  schwarz,    von  oben   gesehen  dreimal   so 


I 


-     105     - 

lang  als  breit;  die  Kehle  hinten  aufgebläht,  das  Pronotum  ungefähr 
^4  kürzer  als  der  Kopf,  seine  Mitte  leicht  quer  gerunzelt,  seine 
Seitenränder  stark  ausgebreitet,  leicht  gebogen,  sein  Hinterrand  nicht 
ganz  viermal  so  breit  als  in  der  Mitte  lang  und  wenig  mehr  als 
noch  einmal  so  breit  wie  der  Abstand  der  vorderen  Winkel,  die 
hinteren  rechtwinklig  und  frei  hervorragend ;  das  Schildchen  fein 
quer  gerunzelt ;  die  Halbdecken  rudimentär,  breit  abgerundet,  manch- 
mal schmal  blaß  gesäumt,  das  Embolium  breit  entfaltet,  der  äußere 
vordere  Winkel  spitz  und  deutlich  über  den  Seitenrand  des  Hinter- 
leibs vorspringend;  Hinterleib,  Hinterrücken  und  Schildchen  zusammen 
deuthch  kürzer  als  die  größte  Hinterleibsbreite;  die  Vorderwinkel 
der  4  hinteren  Abdominalsegmente  verlängert  und  zugespitzt;  di& 
Mittelbrust  der  Länge  nach  gekielt.  Länge  8V2 — 9,  Breite  6^/4  bi& 
7  mm. 

Beim  Männchen  ist  der  vorletzte  Hinterleibsabschnitt  oben  an 
seinem  hinteren  Rande  ziemlich  breit  und  gerundet  vorspringend ; 
das  Genitalsegment  ist  blaß. 

Beim  Weibchen  ist  der  letzte  Hinterleibsabschnitt  oben  quer 
runzelig,  die  2  oberen  Genitalplatten  der  Länge  nach  gestreift,  nach 
hinten  über  die  Hinterwinkel  des  letzten  Hinterleibabschnitts  nur 
wenig  vorspringend,  ihr  innerer  Rand  so  lang  als  die  Hälfte  des 
geraden  mittleren  Teils  des  Hinterrands  des  letzten  Hinterleibs- 
abschnitts am  Rücken. 

Diese  Art  ist  durch  ihren  stark  zusammengepreßten ,  kurz- 
eilörmigen ,  nach  rückwärts  weniger  verschmälerten  Leib  von  derk 
verwandten  Arten  leicht  zu  unterscheiden;  von  J,.  aestivalis  F.,  mit 
welcher  sie  immer  verwechselt  wird,  unterscheidet  sie  sich  außerdem 
noch  durch  ihre  schwarze  oder  schwarzbraune  Leibe.sfarbe ,  durch 
die  strohgelbe  Färbung  von  Kopf  und  Mittelrücken,  durch  den  breitere» 
Hinterleib,  durch  das  beim  Männchen  hinten  breiter  rund  ausgezogene 
vorletzte  obere  Hinterleibssegment  und  durch  die  2  kürzeren  und 
weniger  vorstehenden  oberen  Genitalplatten  des  Weibchens. 

HoRVATH  zitiert  als  synonym  zu  seiner  A.  Montandoni  die  oben 
aufgeführten  Beschreibungen  Puton's  und  Saunders'  (sowie  eine  Ver- 
öffentUchung  des  letzteren  in  den  Trans.  Entom.  Soc.  London.  1876^ 
p.  643,  1). 

Naucoris  Fab. 

Breit-länglich-eiförmig,  flach,  oben  etwas  gewölbt,  glatt,  kahl 
und  glänzend  mit  scharfen  Seitenrändern,  makropter  (d.  h.  mit  aus- 
gebildeten Decken),    durch    den    großen  Kopf  und    die  Bildung    der 


—     106     — 

Vorderbeine  von  den  nächststehenden  Gattungen  unterschieden.  Der 
quere  Kopf  ist  zweimal  so  breit  wie  lang,  fast  so  breit  wie  das 
Bruststück,  ins  Pronotum  eingelassen,  so  daß  dessen  Seiten  und  die 
Augen  mit  dem  vorderen  Kopfrand  eine  ununterbrochene  Kurve  bilden. 
Die  Stirne  klein,  der  Kopfschild  (Clypeus)  deutlich  abgesetzt;  der 
Schnabel  sehr  kurz,  konisch,  dreigliedrig,  fast  dreieckig,  sein  erstes 
Glied  von  der  großen  Oberlippe  bedeckt.  Die  kurzen,  knotigen,  vier- 
ghedrigen  Fühler  sind  in  einer  Grube  unter  und  hinter  den  Augen 
versteckt ;  ihr  erstes  Glied  ist  ringförmig,  die  andern  etwas  verdickt 
(besonders  2  und  3)  und  mehr  oder  weniger  zylindrisch,  Glied  4 
sehr  klein.  Das  quere  Pronotum  ist  vorne  (zur  Aufnahme  des  Kopfes) 
tief  ausgeschnitten,  seine  Seiten  sind  etwas  geschweift,  sein  Grund 
nur  wenig  breiter  als  der  Vorderrand,  seine  vorderen  Winkel  spitzig 
vorspringend.  Das  große  Schildchen  ist  gleichmäßig  dreieckig.  Der 
Hinterleib  ist  breit,  flach,  unbehaart  und  hat  abwärts  stehende  Seiten- 
ränder ;  der  Bauch  ist  in  der  Länge  scharf  gekielt ;  das  Connexivum 
ist  seitlich  mit  langen  Haaren  besetzt,  die  Hinterecken  der  Abschnitte 
sind  verlängert.  Die  lederartigen,  fein  punktierten  Halbdecken  (deren 
•Grund  schmäler  als  der  Vorderrücken)  bedecken  nahezu  die  Hinter- 
leibsspitze, Clavus  und  Membran  sind  durch  Nähte  vom  Corium  ge- 
trennt, doch  sind  die  beiden  letzteren  kaum  voneinander  verschieden 
und  fehlen  die  Membran-Adern.  Das  Embolium  ist  deutlich.  Die 
Vorderbeine  sind  zum  Rauben  eingerichtet  und  haben  deshalb  sehr 
:große ,  stark  erweiterte  Schenkel ,  kleinere  zylindrische  gebogene 
Schienen  und  einen  einfachen  eingliedrigen  klauenlosen  Fuß  (Tarsus), 
"der  gleichsam  nur  eine  Fortsetzung  der  Schiene  ist.  Die  Mittel- 
beine sind  zusammengedrückt,  an  der  äußeren  Kante  bewimpert,  die 
Tarsen  zweigliedrig  mit  zwei  langen  Klauen ;  Hinterbeine  ähnlich, 
mit  langen  Schwimmhaaren  besetzt,  nur  sind  hier  die  Krallen  etwas 
kürzer. 

Die  Naucoris    schwimmen    rasch,    machen    nächtliche  Ausflüge 
aufs  feste  Land,  sind  sehr  räuberisch.    (Flor.) 

4  (622)  cimicoldes  Lin. 
Grünlichbraun ,  glänzend ;  am  Kopf  braune  Tüpfel ,  in  2  läng- 
liche Streifen  geordnet  und  um  jedes  Auge  eine  vertiefte  Punktreihe. 
Das  (gleich  dem  Kopf)  gelblichgrünlich  glänzende  Pronotum  ist  (mit 
Ausnahme  der  Seitenränder  und  eines  breiten  Randes  am  Grunde) 
mit  kleinen,  braunen,  zusammenfließenden  Pünktchen  bedeckt.  Das 
schwärzliche  Schildchen    ist    an   den   Giund winkeln  heller  oder  auch 


—     107     — 

gelb  gesäumt.  Rücken  und  Bauchmitte  sind  bräunlich.  Das  Con- 
nexivum  ist  gelblichgrün ,  die  Spitzen  der  Abschnitte  dunkler.  Die 
dunkelolivfarbenen  (grünbraunen)  lederartigen  Halbdecken  sind  dicht 
fein  punktiert,  Clavus  und  Rand  sind  heller,  die  Membran  ist  fast 
so  groß  wie  das  Corium ;  die  milchweißen  Flügel  sind  breiter  als 
die  Halbdecken.  An  den  grünlichen  Beinen  sind  die  Vorderschenkel 
birnförmig  verdickt,  die  Schienen  der  Mittel-  und  Hinterbeine  mit 
starken  braunen  Dornen  besetzt.  —  Die  Eier  sind  länglich,  zylindrisch, 
etwas  gekrümmt,  weißlich,  sehr  glatt  und  an  ihrem  vorderen  Ende 
schief  abgestutzt ;  die  Eischale  (bei  Vergrößerung)  ohne  Netzwerk. 
Länge  12  — 16  mm. 

Neya  cimicoides  Linne,  Syst.  Nat.  Ed.  X,  1758,  440,  6.  ~ 
Faun.  Suec.   1761,  245,  907.  ~  Poda,  Ins.  Mus.  Graec.   1761,  54,  1. 

—  HouTTUiN,  Nat.  Hist.  1765,  I,  X,  315,  6,  tab.  81,  fig.  8.  -^ 
P.  Müller,  Linn.  Syst.  1774,  V,  473,  6,  tab.  XI,  fig.  8.  —  Sulzer, 
Abgek.  Gesch.  d.  Inskt.  1776,  93,  tab.  X,  fig.  3.  —  Schrank,  En. 
Ins.  Austr.  1781,  262,  506.  —  Shaw,  Gen.  Zool.  1806,  158,  tab.  56. 

Ncpa  naiicoris  De  Geer,  Mem.  1773,  375,  3,  tab.  XIX,  fig.  8 
bis  13. 

Nauptera  Amyot,  Entom.  fr.  Rhynch.   1848,   p.  320,  No.  359. 

Ilyocoris  Stal,  Öf.  Vet.  Ak.  Förh.  1861,  p.  201.  —  II  cimicoides 
Stal,  En.  Hem.  1876,  144,  1. 

Naucoris  cimicoides  Fabricius,  Syst.  Entom.  1775,  693,  1.  — • 
Entom.  Syst.  1794,  IV,  66,  1.  —  Syst.  Rhyng.  1803,  120,  1.  — 
Geoffroy  in  Fourcroy,  Entom.  Paris.  1785,  219,  1.  —  Roemer,  Gen. 
Ins.  1789,  p.  79.  —  Rossi,  Faun.  Etrusc.  1790,  II,  222,  1277.  — 
Cederhielm,  Faun.  Ingr.  1798,  268,  843.  —  Schellenberg,  Land-  und 
Wasserwanzen.  1800,  30,  tab.  XII,  fig.  1  u.  2.  —  Panzer,  Faun. 
Ins.  Germ.  1805,  95,  16.  —  Lamarck,  Syst.  1801,  296,  160.  — 
Hist.  Nat.  1816,  520,  1.  —  Schrank,  Faun.  ßoic.  1801,  II,  62,  1083. 

—  Walkenaer,  Faun.  Paris.  1802,  336,  1.  —  Latreille,  Hist.  Nat. 
1802,  III,  254.  —  1804,  XII,  285,  1.  —  Gen.  Crust.  et  Ins.  1807, 
146,  1.  —  Donovan,  Nat.  Hist.  of  brit.  Ins.  1806,  XI,  61,  tab.  381. 

—  Fallen,  Hem.  Suec.  1829,  176,  1.  —  Laporte,  Ess.  class.  syst. 
1832,  p.  19.  —  Dufour,  Rech.  1833,  207,  2.  —  Herrich-Schäffer, 
Nom.  entom.  1835,  p.  63.  —  Wanz.  Ins.  IX,  1853,  38.  —  Kolenati, 
Mel.  entom.  VI,  1846,  p.  64,  270.  —  Burmeister,  Handb.  d.  Entom. 
1835,  II,  193,  1.  —  Brülle,  Hist.  d.  Ins.  1835,  271.  —  Spinola, 
Essai  s.  1.  genr.  d.  Ins.  Hem.    1837,    53,    1.  —  Costa,    Cim.   Reg. 


—     108     — 

Neap.  1838.  I,  10,   1.  —  Westwood,  Introduct.   1840,  II,  Syn.  119. 

—  Blanchard,  Hist.  d.  Ins.  1840,  92,  1.  —  Amyot  et  Serville,  Hist. 
d.  Hern.  1843,  433,  1.  —  Fieber,  Gen.  Hydroc.  1851,  17.  —  Eur. 
Hern.  1861,  102,  1.  —  Flor,  Rhynch.  Livl.  1860,  I,  753,  1.  — 
Douglas  and  Scott,  Brit.  Hem.  1865.  580,  1.  —  Saunders,  Synops. 
of  Brit.  Hem.  Het.  1876,  643,  1.  —  Hem.  Het.  of  the  brit.  isl.  1892, 
325,  pl.  30,  fig.  8.  —  PüTON,  Synops.  d.  Hem.  Het.  d.  Fr.  1880,  I, 
211,  1.  —  Cat.  1899,  p.  80,  1.  —  Reuter,  Rev.  synon.  1888,  H, 
p.  368,  No.  342. 

Bayern:  Bei  Regensburg,  Nürnberg,  Aschaffenburg  gemein. 
Kittel.  —  Bei  Bamberg.  Funk.  —  Württemberg.  Roser.  —  Bei 
Ulm  in  stehenden  Gewässern  häufig.  Hüeber.  —  Baden :  Leopolds- 
hafen, Neureuth,  4;  Maxau,  8.  Meess.  —  Elsaß-Lothringen:  Dans 
les  mares;  souvent  commun.  Reiber-Püton.  —  Westfalen:  Sowohl 
in  Lachen,  Gräben  und  Tümpeln,  als  auch  in  langsam  fließenden 
Bächen  und  Flüssen  gemein.  Im  Sommer  die  Larven.  Im  Winter 
nicht  selten  mit  Nepa  und  Notonecta  im  Genist  übergetretener  Ge- 
wässer.   Westhoff.  —  Thüringen:  Überall  häufig.    Kellner-Breddin. 

—  Schleswig-Holstein :  In  stehenden  Gewässern ,  Teichen ,  Mergel- 
gruben, im  allgemeinen  nicht  häufig,  wenn  auch  überall  vorkommend. 
Wüstnei.  —  N.  S.  Insel  Borkum :  Selten.  Schneider.  —  Mecklenburg: 
Überall  in  Gewässern  häufig.  An  den  ersten  warmen  Frühlingstagen 
habe  ich  das  Tierchen  öfter  im  Fluge  gefangen.  Raddatz.  —  Schlesien: 
Zwischen  Wasserpflanzen  in  allen  stehenden  Gewässern  sehr  gemein. 
Scholz.  —  In  der  Ebene  und  im  Gebirge,  in  stehenden  Gewässern 
an  Pflanzen,  das  ganze  Jahr  hindurch,  jedoch  nur  stellenweise  häufig  .  .  . 
Assmann.  —  Provinz  Preußen.    Brischke. 

In  allen  stehenden  Gewässern  zwischen  Wassergewächsen.  Bur- 
meister. 

In  stehenden  Gewässern  durch  das  ganze  Gebiet  (Europa). 
Fieber. 

[Schweiz :  Überall  in  der  ganzen  Schweiz  in  beinahe  allen 
stehenden  Gewässern  bis  in  die  Alpen  hinauf;  nicht  sowohl  in  Ge- 
sellschaften beisammen  wie  die  Corisen  und  Verwandte,  als  vielmehr 
den  ganzen  Wasserkomplex  zerstreut  besetzt  haltend ;  man  tut  selten 
einen  Zug  mit  dem  Hamen  über  den  Grund ,  ohne  wenigstens  ein 
Stück  zu  erhaschen ;  sie  stechen  übrigens  empfindlich ,  wenn  man 
zufällig  im  Wasser  an  sie  tritt,  oder  sie  ungeschickt  mit  den  Fingern 
faßt.     Frey-Gessner.   —  Tirol :    In  stehenden  Gewässern    einzeln   bis 


~     109     — 

an  die  Alpen;  nährt  sich,  wie  ich  im  Aquarium  öfter  zu  beobachten 
Gelegenheit  hatte,  hauptsächlich  von  kleinen  Schnecken  (Physa  etc.); 
Innsbruck,  Salurn,  am  Wasserfalle  auf  dem  Lande  unter  Steinen 
lebend  getroffen;  in  Gräben  bei  Tramin,  an  Konferven  massenhaft; 
auch  im  Loppio-See.  Gredler.  —  Böhmen :  In  Teichen  und  Tümpeln, 
überall  verbreitet,  doch  nicht  gemein.  Düda.  —  Frankreich:  Tres 
commune  dans  les  marais  et  les  herbages  aquatiques,  dans  toute  la 
France ;  cet  insecte  nage  avec  une  grande  vitesse ;  il  sort  aussi  de 
l'eau  souvent,  pendant  la  nuit,  dit  De  Geer,  pour  voler  dans  la 
campagne ;  il  est  tres  vorace  et  se  nourrit  de  toute  sorte  de  petits 
animaux  aquatiques  qu'il  saisit  en  nageant;  il  attaque  tous  ceux 
qu'il  rencontre  avec  un  courage  remarquable:  c'est  un  de  ceux  qui 
fönt  le  plus  de  carnage  dans  les  eaux,  soit  ä  l'etat  de  larve  ou  de 
nymphe,  soit  ä  l'etat  parfait.  Amyot.  —  Commune  dans  toute  la 
France.  Puton.  —  England :  In  ponds  not  rare ,  and  apparentlj- 
widely  distributed.    Saünders.] 

*  niaculatus  Fab. 

Grünlich-gelbbraun,  braun  gefleckt,  unterseits  bleich.  Kopf  mit 
braunen  Längsstreifen ;  am  inneren  Augenrand  eine  längliche  grob 
punktierte  Vertiefung.  Pronotum  fein  gerunzelt  mit  braunen  Streifen, 
welche  die  Gestalt  eines  W  annehmen;  Mittelbrust  hinten  kantig 
erhöht  und  vorstehend ;  Schildchen  und  Halbdecken  mit  zusammen- 
fließenden verschwommenen  grünbraunen  Flecken.  Membran  der 
Halbdecken  bei  beiden  Geschlechtern  viel  kürzer  als  das  Corium ; 
unter  den  Halbdecken  keine  Flügel!  Vorderschenkel  fast  drei- 
eckig ;  Schienen  länger,  weniger  kräftig  und  weniger  bedornt  als  bei 
cimico'ides.  Länge  10  mm.  —  Im  südlichen  Frankreich  findet  sich 
manchmal  auch  die  makroptere  Form,  bei  welcher  Clavus  und 
Membran  deutlich  durch  Nähte  vom  Corium  getrennt  sind.  —  Die 
Eier  dieser  Art  sind  stumpf-eiförmig,  nicht  abgestutzt  und  die  Eischale 
zeigt  (bei  Vergrößerung)  ein  rundmaschiges  Netzwerk ;  das  Weibchen 
klebt  seine  Eier  Ende  April  an  die  Stengel  von  Wasserpflanzen.  — 
Amyot  unterscheidet  (1848)  2  Spielarten :  maculata  Fab.:  Schildchen 
und  Halbdecken  von  ziemlich  gleichfarbenem  Dunkelbraun  —  und 
subniaculata:  Kopf  und  Vorderrücken  ungefähr  wie  bei  var.  maculata 
gefleckt,  aber  die  Halbdecken  (in  beiden  Geschlechtern)  in  gleicher 
Weise  wie  Kopf  und  Vorderrücken  gefleckt  und  nicht  dunkelbraun. 

Naucoris  maculata  Fabriciüs,  Entom.  Syst.  Suppl.  1794,  p.  525. 
—  Syst.  Rhyng.  1803,  110,  2.  —  Latreille,  Hist.  Nat.  1804,  XII, 


—     110     — 

285,  2.  —  Lamarck,  Hist.  Nat.  1816,  III,  520,  2.  —  Burmeister, 
Handb.  d.  Entom.  1835,  II,  194,  2.  -  Brülle,  Hist.  d.  Ins.  1835, 
p.  272,  2.  —  Spinola,  Essai,  1837,  p.  54,  2.  —  Blanchard,  Hist. 
d.  Ins.  1840,  92,  2,  tab.  I,  fig.  4.  —  Amyot  et  Serville,  Hist.  d. 
Hem.  1843,  434,  3.  —  Fieber,  Gen.  Hydroc.  1851,  17.  -  Eur. 
Hern.  1861,  103,  2.  —  Reuter,  Revis.  synon.  1888,  II,  p.  369, 
No.  343. 

(Naucoris  aptera  Dufour,  Rech.  1833,  77,  1.) 

Naucoris  Amyot,   Entom.  fr.  Rhynch.   1848,  p.  321,   No.  360. 

Naucoris  maculatus  Stal,  En.  Hem.  1876,  144,  1.  —  Puton, 
Synops.  1880,  I,  212,  2.  —  Cat.  1899,  p.  80,  2. 

[Elsaß-Lothringen  :  Remiremont  \  rare.    Reiber-Putox.] 

In  Frankreich,  Italien  und  Sizilien,  in  Sümpfen  und  Morästen. 
Fieber. 

(Toute  la  France,  assez  commun,  surtout  dans  le  midi,  mais 
se  trouve  aussi  dans  le  Nord.    Puton.) 

Das  Verbreitungsgebiet  dieser  mehr  südeuropäischen  Art  scheint 
in  den  Vogesen  seine  östliche  Grenze  zu  haben. 

Farn.  Notonectides  (Rückenschwimmer). 
Leib  oberseits  kielförmig  längsgewölbt,  seitlich  etwas  zusammen- 
gedrückt. Kopf  kurz,  breiter  als  das  Pronotum,  an  welches  sein 
Hinterrand  stößt.  Augen  groß,  rundlich,  Stirne  schief  nach  unten 
gerichtet.  Gesicht  senkrecht  gewölbt ;  Schnabel  sehr  kurz ,  kegel- 
förmig, mit  starkem  Grund  (bei  Notoneda  mit  4,  bei  Flea  mit  3  Glie- 
dern). Fühler  einfach,  viergliedrig,  unter  den  Augen  eingelenkt. 
Halbdecken  so  lang  wie  der  Hinterleib,  dachförmig,  mit  oder  ohne 
(nervenlose)  Membran.  Beine  ziemlich  gleichartig,  die  Hinterbeine 
zum  Rudern  eingerichtet ;  Pfannenhöhle  der  Vorderbeine  im  hinteren 
Rand  der  Vorderbrust  eingeschnitten ;  Vorderschenkel  an  ihrem  Grunde 
leicht  verdickt;  Schienen  der  Hinterbeine  fast  dreikantig;  Tarsen 
zweigliedrig,  abweichend  von  den  Schienen  gestaltet,  beweglich  ver- 
bunden mit  je  2  Klauen,  die  vorderen  Tarsen  nicht  anders  als  die 
übrigen. 

Die  Notonectae  Fieb.  sind  Fleischfresser,  kräftige  Ruderer, 
Rückenschwimmer  und  sehr  mordlustige  Tiere;  mehrere  zusammen- 
lebend in  einem  Glas  voll  Wasser  beginnen   über  Nacht  einen  Ver- 


■  Remiremont  liegt  auf  der  westlichen,  französischen  Abdachung  der 
Vogesen.     H. 


—    111    — 

tilgungskrieg,  bei  welchem  nur  eine  als  Siegerin  übrig  bleibt ;  schließt 
man  das  Glas  nicht,  so  fliegen  sie  fort.  Da  die  Stigmen  auf  der 
Unterseite  liegen,  so  müssen  die  Tiere,  um  zu  atmen,  unter  die 
Oberfläche  des  Wassers  auf  dem  Rücken  liegen,  sie  schwimmen  dann 
auch  in  der  Lage  lebhaft  im  Wasser  herum.  Auf  dem  Trocknen 
schnellen  sie ,  wie  die  Corisen ,  mehrere  Zoll  weit  und  entschlüpfen 
einem  leicht;  auch  stechen  sie  empfindlich.  Frey-Gessner.  — •  Die 
Eigentümlichkeit,  auf  dem  Rücken  zu  schwimmen,  hat  dieser  Familie 
ihren  Namen  gegeben.    Flor. 

Übersicht  der  Gattungen. 

Halbdecken  hornartig,  gleichförmig,  lederartig,  tief  punktiert, 
mit  Clavus,  aber  ohne  Membran;  Unterflügel  vielfach  gefaltet,  mit 
ungeteilter  Zelle.  Schnabel  dreighedrig.  Embolium  klein,  schief, 
dreieckig.  Figur  zierlich.  Körper  hinten  schief  gestutzt.  Beine 
gleichförmig,  die  hinteren  etwas  länger.  Bauch  längs  gewölbt.  Drei 
Fußglieder       Flea  Leach. 

Halbdecken  pergamentartig,  farbig,  samtartig,  mit  Clavus  und 
großer,  aber  nervenloser  Membran,  hinten  ausgeschnitten,  dach- 
förmig und  die  andere  Halbdecke  teilweise  übergreifend  (sattelförmig 
gekreuzt).  Zelle  der  Unterflügel  zweiteilig.  Schnabel  viergliedrig. 
Embolium  groß,  linear,  den  ganzen  Außenrand  der  Halbdecke  ein- 
nehmend. Vorderschienen  etwas  breitgedrückt  und  gebogen.  Bauch- 
mitte kantig.     Zwei  Fußglieder Notoncda  Lm. 

J^otonecta  Lin. 
Körper  so  hoch  wie  breit,  länglich  eiförmig,  oben  stark  ge- 
wölbt bezw.  kahnförmig  zugeschärft ;  die  Bauchseite  flach  und  stark 
behaart.  Kopf  groß,  kurz,  breit;  Scheitel  unter  halber  Augenbreite; 
Stirn  nach  vorn  und  unten  gerichtet;  Kopfschild  fehlt,  hingegen 
sondert  eine  vertiefte  gebogene  Linie  jederseits  von  der  Stirne  einen 
Lappen  ab :  die  Zügel,  lorae.  Augen  groß,  länglich  aber  nicht  vor- 
springend. Der  viergliedrige  kräftige  Schnabel  steht  weit  ab  und 
reicht  bis  zur  Mittelbrust.  Die  kurzen  Fühler  sind  viergliedrig. 
Das  transversale,  stark  gewölbte  Pronotum  ist  zweimal  so  breit  wie 
lang,  nach  vorne  zu  stark  verschmälert,  seine  Seiten  gerade  und 
scharfkantig,  sein  Hinterrand  fast  gerade.  Das  große,  fast  gleich- 
seitige Schildchen  ist  so  breit  wie  das  Pronotum  am  Grande.  Der 
an  Seiten  und  Ende  bewimperte  Hinterleib  ist  oben  dachförmig  mit 
herabgebogenen  Seiten ,    weshalb  der  Bauch   an  den  Seiten  tief  ge- 


—     112     — 

rinnt  erscheint;  in  der  Bauchmitte  ein  niedriger  behaarter  Längs- 
kiel. Decken  und  Flügel  sind  ausgebildet  und  bedecken  den  ganzen 
Hinterleib ;  die  Halbdecken  sind  mehr  als  zweimal  so  lang  wie  breit, 
getüpfelt,  mit  deuthcher  nervenloser  Membran  ;  die  Unterflügel  sind 
so  groß  wie  die  Decken.  Embolium  fehlt.  Die  Beine  sind  von 
mittlerer  Größe :  die  2  Paar  Vorderbeine  ziemlich  gleichgebildet  und 
gleich  lang,  die  hinteren  verlängert,  ruderartig  abgeplattet,  lang  be- 
wimpert, ohne  Krallen ;  die  Schenkel  sind  leicht  zusammengedrückt 
und  kaum  kürzer  als  die  Schienen ,  die  mittleren  Schenkel  zeigen 
einen  scharfen  Zahn  nahe  ihrem  Ende;  alle  Tarsen  (Füße)  sind 
zweigliedrig.  Die  äußeren  Genitalsegmente  zeigen  bei  Männchen 
und   Weibchen  äußerlich  viel  Übereinstimmendes. 

Die  Notonecten  schwimmen  sehr  rasch  und  gewandt,  während 
sie  auf  dem  Lande  höchst  unbeholfen  sind ;  sie  unternehmen  auch 
nächtliche  Ausflüge,  verlassen  dabei  das  Wasser,  um  sich  auf  das 
Land  zu  begeben  oder  einen  andern  Tümpel  aufzusuchen.  Die 
Hinterbeine  dienen  nur  zum  Schwimmen  und  können  deshalb  über 
die  vorderen  hinweg  sehr  weit  nach  vorne  gebracht  werden ;  wenn 
«ie  auf  Wasserpflanzen  oder  außerhalb  des  Wassers,  am  Boden,  sich 
bewegen,  so  werden  die  Hinterbeine  nur  nachgeschleppt,  während 
sie  sich  beim  Schwimmen  allein  bewegen  und  wie  Ruder  gebraucht 
werden,  die  mit  großer  Schnelligkeit  zurückgestoßen  und  wieder 
vorwärts  bewegt  werden ;  die  Vorder-  und  Mittelbeine  werden  beim 
Schwimmen  nie  gebraucht.  Diese  Tiere  (welche  in  der  alten  wie 
neuen  Welt  vorkommen)  sind  alle  große  Räuber,  die  selbst  größere 
und  stärkere  Tiere  angreifen;  die  von  ihnen  gestochenen  Tiere 
sterben  fast  augenblicklich,  wie  man  annimmt,  infolge  eines  in  die 
Wunde  gebrachten  Giftes;  sie  bekämpfen  und  verzehren  sich  sogar 
gegenseitig;  auch  für  den  Menschen  ist  ihr  Stich  sehr  schmerzhaft, 
doch  dauert  der  Schmerz  nicht  lange  an ,  ebenso  wie  die  unbedeu- 
tende Geschwulst  bald  schwindet ;  beim  Fangen  muß  man  deshalb 
diese  Tiere  von  der  Rückseite  her  fassen,  um  ihrem  Schnabel  zu 
entgehen.  Bei  der  Begattung,  welche  gegen  Mitte  Juli  stattfindet, 
steigt  das  Männchen  nicht  auf  das  Weibchen,  sondern  beide  stellen 
sich  nebeneinander,  das  Männchen  etwas  tiefer  als  das  Weibchen,  und 
schwimmen  so,  durch  die  Geschlechtsorgane  miteinander  verbunden, 
gerade  so  schnell  im  Wasser  umher,  wie  allein.  Weiterhin  legt 
das  Weibchen  eine  große  Anzahl  weißhcher,  länglicher  Eier,  gewöhn- 
lich auf  Stengel  und  Blätter  der  Wasserpflanzen ;  zu  Beginn  oder 
gegen  Mitte    des  Frühlings    schlüpfen    die  Eier   aus  und  die  Jungen 


—     113     — 

schwimmen  alsbald  wie  ihre  Mutter  umher,  den  Bauch  nach  oben; 
erst  im  Laufe  des  Sommers  entwickeln  sie  sich  vollständig;  nur 
selten  leben  sie  bis  zum  nächsten  Frühjahr.  Amyot.  —  Nach  Rösel 
müßte  man  allerdings  wenigsten  2  Eiablagen  annehmen,  eine,  deren 
Eier  nach  zwei  Wochen  ausschlüpfen ,  und  eine  zweite,  deren  Eier 
überwintern. 

5  (623)  ylauca  Lin. 

Länghch,  schwarz,  Kopf  und  Pronotum  glänzend  gelblichweiß, 
glatt,  mit  einigen  vertieften  Punkten  (oder  lehmgelb  und  dann  ge- 
wöhnlich mit  einem  dunkeln  Bande  quer  über  den  Grund);  Pro- 
notum vor  seiner  Mitte  quer  eingedrückt,  seine  Seiten  umgeschlagen, 
sein  Hinterrand  scharf  und  fast  gerade.  Schildchen  samtartig,  matt 
schwarz,  Hinterleib  gewölbt,  schwarz;  Bauch  braun.  Halbdecken 
samtartig  matt,  von  wechselnder  Färbung  und  Zeichnung;  bei  der 
Stammform  {glaiica)  lehmgelblich  mit  einer  Reihe  schwarzer  Flecke 
entlang  dem  Rand  und  einem  weiteren  am  inneren  Winkel ;  bei  var. 
furcata  sind  die  Halbdecken  bläulich  schwarz  mit  2  länglichen, 
etwas  auseinander  streichenden  gelben  Streifen  am  Grunde  (deren 
einer  fast  den  ganzen  Clavus  einnimmt,  während  der  zweite  sich  auf 
der  Mitte  des  Coriumgrundes  findet)  [nach  Amyot  sind  bei  var.  fourchue 
(furcata)  die  Halbdecken  schwarz  mit  2  länghchen  blassen  gabel- 
förmigen Flecken  am  Grund].  Bei  var.  marmorea  (oder  maculata) 
[Amyot  unterscheidet  var.  marbree  {marmorata  F.)  mit  rostroten, 
schwarzgefleckten  Halbdecken  von  var.  tachee  {maculata  F.):  mit 
schwarzen,  am  Ende  rostroten  Halbdecken,  sowie  überdies  noch  eine 
var.  pale  (pallida):  blaß  weißgrünhch,  ohne  schwarze  Flecken  auf 
den  Halbdecken,  die  mutmaßlich  identisch  mit  N.  lutea  Müll,  ist] 
sind  die  Decken  mehr  rötlichgelb,  mit  zahlreichen  braunen  oder 
schwarzen  Tüpfeln  besprengelt.  Die  Membran  ist  braun.  Die  Beine 
sind  hellgelbhch  oder  grünHch.     Länge  14  —  16  mm. 

(Eine  weitere  Varietät:  N.  iimbrina  Germ,  (variegata  Risso) 
ist  nur  aus  Itahen  bekannt ;  .sie  hat  gelbrötliche  bis  bräunliche  Halb- 
decken, die  zerstreut,  unregelmäßig  schwärzlich  quer  gestrichelt  und 
gefleckt  sind ;  die  Membran  ist  rauchbraun,  der  ganze  Rücken  ocker- 
gelb und  auf  den  Schienen  finden  sich  große  dreieckige,  schwarze, 
zuweilen  verfließende  Flecken.) 

Meyer-Dür  und  Frey-Gessner  (Mitt.  d.  Schweiz.  Entom.  Ges. 
1871,  p.  319.  Vol.  m  Heft  7)  vertreten  lebhaft,  im  Gegensatz  zu 
anderen,  das  Auseinanderhalten  der  3  Formen  marmorea,  glauca  und 

Jahi-eshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905.  8 


—     114     — 

furcata  Fab.  (nach  Aufspannen  der  betr.  Tiere)  und  geben  folgenden 
Schlüssel: 

A.  Hinterrand  des  Pronotum  merklich  eingebuchtet: 

a)  kleinere  Art  mit  dunklem  Rücken  und  hellen  Decken 

(llauca. 

l))  größere  Art  mit  dunklem  Rücken  und  dunkeln  Flügeklecken 

fnrcata. 

B.  Hinterrand  des  Pronotum  gerade  oder  auswärts  gerundet.  Hinter- 
leib vorn  und  die  3   letzten  Segmente  rotgelb  .    .  marmorea. 

Überdies  findet  sich  noch  ein  Unterschied  zwischen  marmorea 
und  den  andern  beiden  (exkl.  lutea  Müll.)  in  den  Hinterflügeln.  Der 
Grund  der  Flügel  bei  marmorea  zeigt  konstant  lehmgelbe  Färbung 
auf  den  Adern  und  teilweise  zwischen  denselben,  die  Flügel  von 
glauca  und  marmorea  sind  glashell  ohne  die  mindeste  gelbe  Färbung. 

—  Furcata  unterscheidet  sich  von  glauca  außerdem  noch  durch 
die  konstant  samtschwarzen  oder  mindestens  braunschwarzen  Decken 
mit  den  bekannten  2  weißen  schiefen  Längsflecken  über  den  Clavus 
und  an  der  Basis  des  Coriums  (ohne  Übergänge!). 

Notonecta  glauca  Lin.,  Syst.  Nat.  Ed.  X,  1758,  439,  1.  — 
Faun.  Suec.  1761,  244,  903.  —  Poda,  Ins.  Mus.  Graec.  1761,  54,  1.  — 
ScopoLi,  Entom.  Garn.  1763,  118,  348.  —  Houttüin,  Nat.  Eist.  1765, 
I,  X,  301,  1,  tab.  81,  fig.  5.  —  F.  Müller,  Linn.  Syst.  1774,  V, 
468^  1.  _  Fischer,  Nat.  Livl.  1778,  141,  302.  —  Schrank,  En. 
Ins.'Austr.  1781,  260,  502.  —  Faun.  Boic.  1801,  II,  59,  1077.  — 
Geoffroy  in  Fourcroy,  Entom.  Paris  1785,  220,  1.  —  Razoumowsky, 
Eist.  Nat.  du  Jorat.  1789,  180,  119.  —  Rossi,  Faun.  Etrusc.  1790, 
n,  220,  1273.  —  Donovan,  1794,  Brit.  Ins.  IE,  7,  tab.  75.  — 
Fabriciüs,  Entom.  Syst.  1794,  IV,  57,  1.  —  Syst.  Rhyng.  1803,  102,  1. 

—  Cederhielm,  Faun.  Ingr.  1798,  266,  838.  —  Schellenbrrg,  Land- 
und  Wasserwanz.  1800,  27,  tab.  10.  —  Lamarck,  Syst.  1801,  296, 
159.  —  Eist.  Nat.  1816,  IE,  318,  1.  —  Walckenaer  ,  Faun.  Paris 
1802,  332,  1.  —  DiviGUBSKY,  Faun.  Mosqu.  1802,  121,  325.  — 
Latreille,  Ei.st.  Nat.  1802,  IE,  255.—  1804,  XE,  291,  1.  —  Gen. 
Crust.  et  Ins.  1807,  150,  1.  —  Shaw,  Gen.  Zool.  1806,  155,  tab.  54. 

—  Fallen,  Eydr.  et  Nauc.  Suec.  1814,  5,  1.  —  Eem.  Suec.  1829, 
177,  1.  —  Leach,  Classif.  of  Ins.  1818,  13,  1.  —  C.  Sahlberg,  Obs. 
hist.  Noton.  1819,  7,  1.   -   Zetterstedt,  Faun.  Läpp.  1828,  509,  1. 

—  Ins.  Läpp.  1840,  284,  1.  —  Laporte,  Ess.  class.  syst.  1832,  p.  20. 

—  DuFOUR,  Rech.  1833,  216,  1.  —  Eerrich-Schäffer ,  Nom.  ent. 
1835,  p.  63.  —  Burmeister,  Handb.  d.  Entom.  1835,  II,  190,  1.  — 


—     115     — 

Brülle,  Hist.  d.  Ins.  1835,  p.  255,  tab.  22,  fig.  2.  —  Spinola,  Essai, 
1837,  59.  —  Costa,  Cim.  Reg.  Neap.  Cent.  1838,  8,  1.  —  West- 
wood, Introduct.  1840,  II,  Syn.  p.  119.  —  Blanchärd,  Hist.  d.  Ins. 
1840,  88,  1,  tab.  I,  fig.  2.  —  Amyot  et  Serville  ,  Hist.  de  Hem. 
1843,  432,  1.  —  Flor,  Rhynch.  Livlds.  1860,  I,  p.  772,  1. — 
Douglas  and  Scott,  Brit.  Hem.  1865,  587,  1.  —  J.  Sahlberg,  Syn. 
Amph.  et  Hydr.  Fenn.  1875,  273,  1.  —  Saunders,  Synops.  1876, 
643,   1.  —  Hem.  Het.  of  the  brit.  isl.  1892,  p.  329,  pl.  31,  fig.  2. 

—  Puton,  Synops.  1880,  I,  217,  1.  —  Cat.  1899,  p.  81.  —  Reuter, 
Revis.  synon.  1888,  II,  p.  371,  No.  347. 

Nepa  Notoiteda  de  Geer,  Mem.  1773,  III,  382,  5,  tab.  18, 
fig.  16—28. 

Notonecta  Amyot,  Entom.  fran^.  Rhynch.  1848,  p.  337,  No.  369. 
Notoneda  Fabricü   var.  a  glauca  Fieber,  Rhynch.  1851,    50. 

—  Eur.  Hem.   1861,  101,  2. 

Bayern :  Bei  Regensburg  und  Nürnberg  gemein.  Kittel.  —  Bei 
Bamberg.  Funk.  —  Württemberg:  N.  glauca  mit  var.  furcata  F. 
und  var.  marmorea  F.  Roser.  —  Bei  Ulm,  in  Gräben  und  Tümpeln, 
bis  tief  in  den  Herbst,  gemein,  Hüeber.  —  Baden:  Umgebung  von 
Karlsruhe,  4  und  8.  Meess.  —  Elsaß-Lothringen :  Commune  dans 
toutes  les  eaux  stagnantes.  Var.  marmorea  Fab.  Remiremont,  Rhin, 
Metz.     Var.'  furcata   Fab.    commune    ä    Remiremont.     Reiber- Puton. 

—  Westfalen :  Überall  in  Gräben  und  Tümpeln,  sowie  auch  in  stag- 
nierendem Flußwasser  (z.  B.  Aa  bei  Münster),  verbreitet  und  gemein. 
Sehr  variabel;  die  typische  Form  ist  die  wahre  glauca  Lin.  „elytris 
griseis  margine  fusco  punctatis  apice  bifidis".  —  Thüringen:  Überall 
häufig.  Kellner- Breddin.  —  N.  S.  Insel  Borkum:  Nicht  selten  in 
den  Süßwassergräben :  var.  furcata  F.  etwas  seltener.  Schneider.  — 
Schleswig-Holstein :  N.  glauca  L.  nebst  furcata  F.  als  Abänderung 
überall  sehr  häufig.  Wüstnei.  —  Mecklenburg :  Überall  in  Teichen 
sehr  häufig,  und  in  zahlreichen  Farbenabänderungen.  Raddatz.  — 
Schlesien:  Überall,  auch  um  Breslau,  gemein  in  stehenden  Wässern. 
Scholz.  -  In  der  Ebene  und  im  Gebirge,  in  stehenden  Gewässern, 
das  ganze  Jahr  hindurch  häufig ;  bei  Warmbrunn  auch  die  Var.  mar- 
morea Fab.  mit  der  Stammart  vermischt.  Assmann,  —  Provinz 
Preußen.     Brischke. 

Überall  gemein  in  stehenden  Gewässern.      Burmeister. 

Durch  ganz  Europa,  doch  nicht  in  allen  Abänderungen.  Fieber. 

[Schweiz :    Unter   N.  Fabricü   vereinigt  Fieber    alle    die    ver- 


—     116     — 

schiedenen  Abänderungen ,  welche  von  früheren  Autoren  als  beson- 
dere Arten  aufgeführt,  nur  Varietäten  ein  und  derselben  Art  sind. 
In  der  Schweiz  kommen  die  Varietäten  glauca  L.  und  marmorea  F. 
vor  mit  einer  ganzen  Reihe  Zwischenstufen.  Wo  immer  ein  stilles 
Wässerchen  dem  Raubtier  für  einige  Zeit  etwas  Nahrung  zu  bieten 
vermag,  ist  Möglichkeit  vorhanden,  dasselbe  zu  finden ,  vom  frühen 
Frühling  bis  zum  späten  Herbst  in  der  ganzen  Schweiz  und  bis  über 
3000'  hoch,  sowohl  in  Quell-  als  in  Torfwasser.  Frey-Gessner.  — 
Tirol :  N.  Fabricii  Fieb.  in  kleineren  Gräben  und  Teichen  vom  Vor- 
Frühling  bis  in  den  Spätherbst,  und  zwar  in  den  4  Varietäten  n-m- 
brina  Ger.,  marmorea  F.,  furcata  F.  und  glauca  L.,  bei  Innsbruck, 
Bozen  .  .  .  Gredler.  —  Steiermark :  Allenthalben  in  Teichen  und 
Lachen  gemein.  Eberstaller.  —  In  Lachen  bei  Admons  häufig. 
Strobl.  —  Nieder-Österreich :  Bei  Gresten  in  Teichen  und  Lachen. 
Schleicher.  —  Böhmen :  Überall  gemein.  Duda.  —  Frankreich : 
Commune  dans  toute  la  France.  Puton.  —  England :  Common  and 
generally  distributed,  the  ordinary  „water  boatman"  of  our  ponds ; 
var.  maculata  rarer.    Saünders.] 

In  der  einschlägigen  Literatur,  den  beschreibenden  Werken, 
wie  den  verschiedenen  Lokalfaunen,  werden  die  N.  glai(ca-\siv[etä,ten 
wie  folgt  auseinander  gehalten : 

1.  Var.  marmorea  Fab. 

Notoneda  marmorea  Fabricius,  Syst.  Rhyng.  1803,  103,  3.  — 
Herrioh-Schäffer,  Nom.  entom.   1835,  p.  63. 

Notonecta  glauca  var.  b.  Bürmeister,  Handb.  d.  Entom.  1835, 
II,  p.   191,  1. 

Notonecta  glauca  var.  Brülle,  Hist.  d.  Ins.  1835,  p.  255. 

Notonecta  glauca  var.  B  marmorea  Blanchard  ,  Hist.  d.  Ins. 
1840,  89. 

Notonecta  Fahricü  var.  y,  marmorea  Fieber,  Rhynch.  1851,  50. 

Notonecta  Fabricii  var.  umbrimi  Fieber,  Rhynch.  1854,  49. 

Notonecta  Fabricii  ß  var.,  marmorea  Fieber,  Eur.  Hern.  1861, 
101,  2. 

Notonecta  3"  —  marbree  {marmorea  F.)  Amyot,  Entom.  franc. 
Rhynch.  1848,  p.  337,  No.  369. 

Notonecta  glauca  var.  marmorea  Stal,  Hem.  Fabr.  1868,  I, 
136,  1.  —  Puton,  Synops.  1880,  I,  p.  217.  —  Cat.  1899,  p.  81.  — 
Reuter,  Revis.  synon.  1888.  II,  p.  372,  No.  348. 

Elsaß-Lothringen:  Remiremont,  Rhin,  Metz.    Reiber-Puton.  — 


I 


—     117     — 

Westfalen :  (Bei  Münster)  häufiger  unter  der  Stammform  (als  macii- 
lata)  und  verbreitet.    Westhoff. 

Aus  Italien  und  Sizilien.    Fieber. 

[Schweiz :  Siehe  vorne  unter  glauca  L.  F.  Gr.  —  Tirol :  In 
Südtirol  und  auch  seltener.     Gredler.J 

2.  Var.  m aculata  Fah . 
Notonecta  maculata  Fabricius,   Entom.    Syst.   1794,  IV,  58,  3. 

—  Syst.  Rhyng.  1803,  103,  4.  —  Coquebert,  Illustr.  Icon.  1799, 
I,  38,  tab.  10,  flg.   1.    —    Walckenaer,  Faun.  Paris,  1802,  332,  3. 

—  DoNOVAN,  Brit.  Ins.  1813,  XVI,  p.  57,  tab.  560,  fig.  1.  —  Herrich- 
Schäffer,  Wanz.  Ins.  VIII,  1842,  p.  23,  fig.  797.  —  Douglas  and 
Scott,  Brit.  Hern.  1865,  p.  588,  2. 

Notonecta  glauca  var.  b  Latreille,  Hist.  Nat.  1804,  XII,  291. 

Notonecta  glauca  var.  c  maculata  Blanchard  ,  Hist.  d.  Ins. 
1840,  89. 

Notonecta  b^  —  tachee  {maculata  F.)  '  Amyot  ,  Entom.  fran9. 
Rhynch.  1848,  p.  338,  No.  369. 

Notonecta  umbrina  Germar  (Collect.). 

Notonecta  Fabricii  var.  umbrina  Fieber,  Eur.  Hera.  1861,  101. 

Notonecta  glauca  var.  umbrina  Puton,  Synops.  1880,  I,  p.  218. 

Notonecta  variegata  Risso,  Hist.  p.  216. 

Notonecta  glauca  var.  maculata  Saünders,  Hem.  Het.  of  the 
brit.  isl.  1892,  p.  329.  —  Reuter,  Rev.  syn.  1888,  H,  p.  373, 
No.  349.  —  Puton,  Cat.  1899,  p.  81. 

Westfalen :  Var.  umbrina  Germ,  selten ;  von  mir  10.  1877  auf 
der  Cörheide  gefangen,  von  Kolbe  aus  dem  Kanal  erhalten.  Westhoff. 

Aus  Italien  und  Sizilien.     Fieber. 

[Tirol :  Um  Bozen  am  häufigsten ;  auch  auf  dem  Mt.  Macao 
in  Judikarien.     Gredler.] 

3.  Var.  für c ata  Fab. 

Notonecta  glauca  var.  3  Scopoli,  Entom.  Carniol.  1763,  118,  349. 

Notonecta  furcata  Fabricius,  Entom.  Syst.  1794,  IV,  58,  2.  — 
Syst.  Rhyng.  1803,  102,  2.  —  Coquebert,  Illustr.  Icon.  1799,  I,  38. 
tab.  10,  fig.  2.  —  Walckenaer,  Faun.  Paris,  1802,  332,  2.  —  La- 
treille, Hist.  Nat.  1804,  XII,  292,  2.  —  Donovan,  Brit.  Ins.  1813, 
XVI,  58,  tab.  560,  fig.  2.  —  Fallen,  Hem.  Suec.  1829,  178,  2.  — 
Herrich-Schäffer,  Nom.  Entom.  1835,  p.  63.  —  Guerin,  Icon.  1835, 
tab.  57,  fig.  10.  —  Costa,  Cim.  Reg.  Neap.  1838,  I,  8,  2. 


—     118     — 

Notoneda  glaiica  var.  a  Burmeister,  Handb.  d.  Entom.  1835, 
II,  190,  1. 

Notoneda  glauca  var.  Brülle.  Hist.  d.  Ins.  1835,  p.  255. 

Notoneda  glauca  var.  A  furcafn  Blanchard  ,  Hist.  d.  Ins. 
1840,  89. 

Notoneda  4"  —  fourchue  (furcata  F.)  Amyot,  Entom.  franr. 
Rhynch.  1848,  p.  337,  No.   369. 

Notonecta  FahricH  d  furcata  Fieber,  Rhynch.   1851,  50. 

Notoneda  Fabricii  var.  /  Fieber,  Eur.  Hem.  1861,  101,  2. 

Notonecta  glauca  var.  furcata  Puton,  Synops.  1880,  I,  217.  — 
Reuter,  Rev.  synon.  1888,  II,  p.  373,  No.  350.  —  Saunders,  Hem. 
Het.  of  the  brit.  isl.  1892,  p.  329. 

Notonecta  glauca  var.  variegata  Müll.  Puton,  Cat.  1899,  p.  81. 

Notoneda  ohliqua  Thbg. 

Notonecta  melanota  Risso. 

Elsaß-Lothringen :  Commune  ä  Remiremont,  Reiber-Puton.  — 
Westfalen:  Selten;  18".  5.  1879  bei  Greven,  12.  5.  79  bei  Groß- 
Juckfeld,  7.  5.  79  in  Gievenbeck  gefangen.  Westhoff.  ■ —  Schleswig- 
Holstein  :  Siehe  vorne  unter  glauca  L.     Wüstnei. 

Aus  Deutschland,  Italien  und  dem  südlichen  Frankreich.  Fieber. 

[Schweiz:  Auch  diese  Form  wird  von  Dr.  Fieber  als  Varietät 
zu  N.  Fabricii  gezogen,  womit  ich  mich  aber  einstweilen  noch  nicht 
befreunden  kann.  Furcata  ist  selten,  ganz  konstant  ein  Stück  ge- 
färbt wie  das  andere,  ohne  den  mindesten  Übergang  auch  zu  den 
dunkelsten  Varietäten  von  Fabricii;  stets  um  wenigstens  eine  Linie 
länger  als  die  größte  Fabricii  und  im  Vorkommen,  wenn  auch  in 
den  nämlichen  Torfgraben  wie  Fabricii,  doch  nur  auf  einige  Stellen 
des  Gewässers  beschränkt,  wo  dann  ein  Trüppchen  lauter  furcata 
beisammensteckt ;  .  .  8.  Frey-Gessner.  —  Tirol :  In  Südtirol  (spe- 
cies  pro2Jria?l),  auch  im  Unterinntale.  Gredler.  —  Steiermark: 
Mit  glauca  Fieb.,  aber  selten.     Strobl.] 

()  (624)  lutea  Müell. 
Körperbau  etwas  gedrungener  als  bei  N.  glauca ,  sonst  aber 
ihr  sehr  ähnlich;  bleichgelb  (oder  helllehmgelb),  und  zwar  an  Kopf, 
ganzer  Oberseite  und  Seiten  der  Vorderbrust.  Kopf  und  Pronotum 
glänzend,  während  Schildchen  und  Decken  glanzlos  und  kurz  fein 
anliegend  gelb  behaart  sind.  Rücken  bräunlichgelb  mit  schwärz- 
lichem Mittelfleck,  manchmal  aber  auch  ganz  braunrötlich,  dabei 
gelblich  behaart;  Bauch  gelblichbraun.   —  Stirne  lang,  in  der  Mitte 


—     119     — 

etwas  kantig;  Augen  schwarzbraun;  Hinterkopf  punktiert;  Schnabel 
bräunlichgelb,  sein  viertes  Glied  schwarz.  Pronotum  fein  quer- 
runzelig, Seiten  eingedrückt,  an  den  Schultern  etwas  erhöht.  Schild- 
chen rötlichgelb,  bisweilen  schwärzlich.  Randfeld  der  Halbdecken 
mit  schwärzlichen  Flecken.  Die  in  der  Ruhe  auf  die  andere  Halb- 
decke hinübergeschlagene  Membran  erreicht  mit  ihrem  Rande  lange 
nicht  den  äußeren  Rand  der  letzteren.  Connexivum  mit  dunkler 
Längsnaht  und  desgleichen  Querschnitten.  Vorderbeine  bräunhchgelb, 
Hinterbeine  (gleich  den  herabgebogenen  Seitenrändern  des  Hinter- 
leibs) gelbbraun;  Unterschenkel  unten  sowie  die  Schienbeine  braun 
bestachelt.     Länge  13 — 14  mm  (Männchen  wie  Weibchen). 

Notonecta  lutea  Mueller,  Zool.  Dan.  1776,  103.  1175.  —  Weber 
et  Mohr,  Naturh.  Reise  d.  Schwed.  1804,  p.  66.  —  Fallen,  Hern. 
Suec.  1820,  178,  3.  -  Fieber,  Rhynch.  1851,  49,  2.  —  Eur.  Hern. 
1861,  100,  1.  —  Flor,  Rhynch.  Livl.  1860,  I,  p.  774,  2.  —  J.  Sahl- 
BERG,  Syn.  Amph.  et  Hydr.  Fenn.  1875,  274,  2.  —  Reuter,  Revis. 
synon.  1888,  II,  p.  374.  No.  351.  —  Puton,  Cat.  1899,  p.  81. 

Notonecta  unicolor  Herrich-Schäffer,  Nom.  entom.  1835,  p.  63. 

?  Notonecta  2^  —  pale  (panida)  Amyot,  Entom.  franc.  Rhynch. 
1848,  p.  337,  No.  369. 

Notonecta  tumida  Germar  (in  Collect.). 

Notonecta  scutellarls  Sahlberg  =  var. 

Bayern :  Bei  Aschaffenburg,  nicht  selten.  Kittel.  —  Württem- 
berg:  Bei  Ulm  (Arnegg)  8.  1889  ein  Exemplar  gefangen.  Hüeber.  — 
Schleswig-Holstein:  Bisher  mir  nur  aus  Holstein  bekannt.  Wüstnei. 
—  Mecklenburg:  Nur  ein  Stück  fing  ich  in  dem  jetzt  abgelassenen 
Vögenteiche.    Raddatz.  —  Provinz  Preußen.    Brischke. 

Aus  Schweden,  Böhmen,  Österreich  (und  Sibirien).     Fieber. 

[Schweiz:  Bis  1871  in  der  Schweiz  von  F.  G.  noch  nicht  ge- 
funden. —  Im  Tarasper  See.  Killias  (1879).  —  Böhmen :  Bisher 
nur  wenig  beobachtet;  ich  habe  sie  aus  Wittingau  und  Chodau 
(R.  V.  Stein).  Duda.  —  Livland :  Selten ,  in  Teichen  und  Seen, 
7,  9,  10.    Flor.  —  Frankreich:  Bis  jetzt  noch  nicht  gefunden.  Puton.] 

Der  Rhein  scheint  die  östlichste  Grenze  des  Verbreitungsgebiets 
dieses  immerhin  auch  bei  uns  seltenen  Insekts  zu  bilden. 

Plea  Leach. 
Von  kleiner,    länglicher,  zusammengedrückter,  hochgewölbter, 
hinten   steil    abgedachter  Gestalt,    nicht   ganz   zweimal  so  lang  wie 


—     120     — 

breit.  Kopf  groß  und  breit ;  die  schwarzen  Augen  groß ,  aber  nicht 
vorspringend ;  Scheitel  von  doppelter  Augenbreite ;  der  kurze ,  wohl 
sichtbare  Schnabel  dreigliedrig;  Fühler  mit  3  keuligen  Gliedern. 
Das  hochgewölbte  Pronotum  so  breit  wie  der  Kopf,  parallelrandig, 
die  Seiten  kurz ,  vorn  abgerundet ,  sein  Grund  rundlich  verlängert. 
Das  dreikantige  Schildchen  verhältnismäßig  groß.  Bauch  glatt  und 
flach.  Halbdecken  kurz ,  hinten  stark  abfallend ,  lederartig ,  stark 
punktiert,  mit  Clavus,  aber  ohne  deutliche  Membran,  am  Grund  mit 
einer  beweglichen  Schuppe;  an  jeder  Decke  ist  durch  eine  im  äußeren 
Winkel  endigende  Naht  ein  Teil  abgetrennt  (Embolium).  Unterflügel 
vielfach  gefaltet  mit  einteiliger  Zelle.  Beine  einfach ,  Vorderbeine 
verhältnismäßig  groß ,  ohne  Wimperhaare.  Hniterbeine  nur  wenig 
länger,  an  Fuß  und  Schienen  bewimpert,  aber  nicht  zu  Schwimm- 
beinen  umgestaltet  wie  bei  Notoneda ;  die  langen  Füße  (Tarsen) 
deutlich  dreigliedrig  mit  großen  doppelten  Klauen.  —  Diese  Gattung 
unterscheidet  sich  von  allen  verwandten  leicht  durch  ihren  auffallend 
kurzen,  hochgewölbten,  breiten,  hinten  abgestutzten  Leib,  von  der 
nahe  stehenden  Gattung  Notoneda  durch  die  doppelten  Krallen  der 
Hinterfüße,  von  Corisa  (und  Sigara)  durch  die  überall  dreigliedrigen 
Füße;  sie  lebt  in  stehenden  Gewässern  und  schwimmt,  wie  Noto- 
neda, auf  dem  Rücken. 

7  (625)  mimdissima  Fab. 
Länglich,  oben  kahnförmig,  vorne  abgestutzt,  weißgrau  oder 
weißgelblich ,  Unterseite  braun.  Scheitel  mit  einem  rostbraunen 
Längsstrich.  Pronotum  und  Halbdecken  mit  großen,  vertieften,  eng- 
stehenden Punkten  bedeckt;  Schildchen  etwas  weniger  punktiert, 
von  wechselnder  Färbung  und  Zeichnung.  Decken  bald  ganz  hell- 
gelb, bald  mit  einem  schiefen,  nicht  ganz  scharfen,  am  Rande  etwas 
dunkleren  Band.     Beine  gelblich.     Länge  2^2  —  3  mm. 

Notoneda  minutissima  Fuessly,  Verz.  Schweiz.  Ins.  1775,  24, 
470.  —  Fabricius,  Syst.  Entom.  1776,  690,  4.  —  Spec.  Ins.  1781, 
332,  4.  —  Mant.  Ins.  1787,  275,  4.  -  Entom.  Syst.  1794,  IV,  59,  6. 

—  Syst.  Rhyng.  1803,  104,  10.  —  Walckenaer,  Faun.  Paris.  1802. 
332,  4.  -  Latreille,  Hist.  Nat.  1804,  XII,  298,  3.  —  Gen.  Crust. 
et  Ins.  1807,  150.  —  Lamarck,  Hist.  Nat.  1816,  HI,  591,  2.  — 
Panzer,  Faun.  Germ.   1793,  2,  20. 

Sigara  mimdissima  Herrich-Schäffer,  Nom.  entom.  1835,  p.  63. 
Ploa  mimdissima  Stephens,  C.  Gen.  51,  1,  1829,  II,  354,  9783. 

—  Burmeister,  Handb.  d.  Entom.  1835,  II,   189,  1.  —  Brülle,  Hist. 


—     121     — 

d.  Ins.  1835,  p.  255,  tab.  22,  fig.  8.  —  Costa,  Cim.  Neap.  1838,  I, 
9,  1.  —  Westwood,  Introduct.  1840,  II,  Syn.  p.  119.  —  Blanchard, 
Hist.  d.  Ins.  1840,  89.  —  Amyot  et  Serville,  Hist.  d.  Hern.  1843, 
449,  1.  —  Fieber,  Entom.  Mon.  1844,  17,  1,    tab.  I,  fig.  27—35. 

—  Herrich-Schäffer,  Wanz.  Ins.  IX,  1853,  45. 

Flea  minutissmn  Leace,  Classif.  of  Noton.  1818, 14, 1.  —  Laporte, 
Ess.  class.  syst.  1832,  p.  21.  —  Spinola,  Ess.  1837,  p.  59.  —  Fieber, 
Gen.  Hydr.  1851,  27.  —  Eur.  Hem.  1861,  p  101.  -  Douglas  and 
Scott,  Brit.  Hem.  1865,  591,  1.  —  Saunders,  Synops.   1876,  644,  1. 

—  Hem.  Het.  of  the  brit.  isl.  1892,  p.  330,  pl.  31,  fig.  3.  —  Püton, 
Synops.  1880,  I,  216,  1.  —  Cat.  1899,  p.  81.  —  Reuter,  Rev.  syn. 
1888,  H,  p.  374,  No.  352. 

Ploa  Amyot,  Entom.  franr;.  Rhynch.   1848,  p.  334,  No.  368. 

Bayern :  Bei  Regensburg  selten ;  bei  Nürnberg  (Duzenteich)  ge- 
mein. Kittel.  —  Bei  Bamberg  ziemlich  verbreitet  in  Teichen  und 
Altwässern,  besonders  unter  Lemna.    Funk.  —  Württemberg.    Roser. 

—  Baden :  Graben,  8 ;  Weingarten,  5.  Meess.  —  Elsaß-Lothringen  :. 
Dans  les  mares  herbeuses ;  souvent  tres  commun.  Reiber-Puton.  — 
Westfalen :  In  mergeligen ,  bewachsenen  Heidetümpeln  von  Herbst 
bis  Frühsommer  (8—6)  verbreitet  und  häufig;  bei  Münster  usw. 
Westhoff.  —  Thüringen:  Am  Cumbacher  Teich,  selten.  Kellner- 
Breddin.  —  Von  Dr.  Schmiedeknecht  (Blankenburg)  gefangen.   Fokker. 

—  Schleswig-Holstein :  In  stehenden  Gewässern  verbreitet ,  jedoch 
nicht  häufig  im  allgemeinen.  Wüstnei.  —  Mecklenburg :  Bei  Ratze- 
burg (nach  KoNOw's  handschriftl.  Vermerk).  —  Schlesien:  In  Teichen 
und  Lachen  um  Breslau  nicht  selten;  hält  sich  besonders  gern  unter 
Lemna^  Callitriche  und  anderen  Wasserpflanzen  auf.  Scholz.  —  In 
der  Ebene  stellenweise  sehr  häufig,  im  Gebirge  sehr  selten;  unter 
Wasserpflanzen  in  stehenden  Gewässern  .   .    .    Assmann. 

Überall  gemein  in  stehenden  Gewässern.     Burmeister. 

In  Teichen,  Seen  und  Tümpeln  unter  Lemna,  Callitriche  und 
Zanichellia ;  ziemlich  durch  das  ganze  Gebiet  (Europa)  verbreitet. 
Fieber. 

[Schweiz :  Auf  dem  Grunde  von  schlammigen  Tümpeln  zwischen 
Steinen  und  Wasserpflanzen  ;  bei  Burgdorf  nicht  häufig  .  .  .  um  Aarau 
häufig  das  ganze  Jahr  hindurch,  überwintert  auf  dem  Grunde  der 
Sümpfe  im  Schlamme  oder  unter  Steinen  .  .  .  Frey-Gessner.  —  Tirol : 
Unter  schwimmenden  Wasserpflanzen,  auch  auf  schlammigem  Grunde 
zwischen  Steinen.     Gnadenwald    bei  Hall;    Ende  August    die    Puppe 


—     122     — 

gesammelt;  aus  Roveredo  von  Zeni  mitgeteilt.  Gredler.  —  Böhmen: 
In  stehenden  Gewässern,  wohl  überall  verbreitet,  aber  hie  und  da 
selten ;  um  Prag  und  an  der  Elbe  ziemlich  häufig.  Düda.  —  Frank- 
reich :  Toute  la  France  et  la  Corse,  commune  dans  les  mares.  Pütox. 
—  England :   Generally  distributed.     Saunders.] 

Farn.  Corixides. 
Von  länglicher  Gestalt  mit  ziemlich  parallelen  Seiten,  oberseits 
nur  wenig  gewölbt,  glänzend.  Der  dünne,  schüsseiförmige  Kopf  liegt 
■dem  Pronotum  vorne  auf;  von  vorne  gesehen  erscheint  er  nahezu 
dreieckig  mit  schneidend  scharfen  Rändern ,  von  oben  stark  in  die 
Quere  gezogen ,  breiter  als  das  Pronotum ,  nach  hinten  zu  stark 
konkav  (um  den  Vorderraud  des  Pronotum  zu  umfassen).  Die  Stirne 
ist,  wie  bei  den  Cicadinen,  nach  vorne  und  unten  gebogen ;  das  Ge- 
sicht selbst  ist  länglich  dreieckig  ausgezogen  und  vorne  senkrecht 
gestellt,  so  daß  Ende  der  Oberlippe  und  Schnabel  zwischen  den 
Hüften  liegen.  Der  von  der  dreieckigen,  quergerillten  Oberlippe  be- 
deckte Schnabel  ist  kurz  und  ungegliedert.  Die  flachen,  dreieckigen 
Augen  sind  groß,  ragen  jedoch  nur  wenig  über  das  Kopfniveau  vor 
und  stoßen  mit  ihren  geraden,  fast  parallelen  Hinterrändern  an  den 
hinteren  Rand  des  Kopfes;  von  oben  gesehen,  bilden  die  vorderen 
Augenränder  mit  der  Stirne  eine  fortlaufende,  ununterbrochene 
Krümmung.  Die  einfachen  Fühler  haben  bei  Sigara  3,  bei  Corisa  4 
Glieder.  Decken  und  Flügel  sind  fast  immer  ausgebildet,  voll  ent- 
wickelt und  überragen  noch  etwas  den  Hinterleib.  Die  pergament- 
artigen Halbdecken  erscheinen  gleichartig;  sie  bestehen  aus  Corium, 
Clavus,  einem  linearen  Embolium  und  einer  nervenlosen  Membran; 
die  Flügel  sind  sehr  zart  und  weiß.  Das  kaum  gewölbte  Pronotum 
ist  in  die  Quere  gezogen  und  vorne  abgerundet;  im  allgemeinen  er- 
scheint es  mehr  oder  weniger  dreieckig,  da  seine  Seiten  ungewöhn- 
lich kurz  sind  und  sein  Grund  gewöhnlich  winklig  ausgezogen  ist 
Schildchen  bald  vorhanden  {Sigara),  bald  fehlend  (Corisa).  An  der 
Mittelbrust  (Mesosternum)  finden  sich,  seitlich  abgesetzt,  die  Schultern 
(Scapulae),  an  der  Hinterbrust  (Metasternum)  die  Pleuren  und  oft^ 
noch  die  Metapleuren  (oder  Parapleurae).  Der  Hinterrand  der  Hinter- 
brust läuft  in  einen  zwischen  den  Hüften  durchgehenden  spitzen 
Fortsatz  aus,  den  Xyphns.  Am  Afterende  finden  sich  2  Klappen. 
Die  Hinterleibsabschnitte  (Abdominalsegmente)  sind  bei  den  Männchen, 
oben  wie  unten ,  unregelmäßig  (asymmetrisch)  ausgeschnitten  und 
zeigen   auf  der  Oberseite  des  0.    Abschnitts  einen   Striegel    (während 


■ 


i 


—     123      -     - 

sie  beim  Weibchen  regelmäßig  gebildet  und  an  ihrem  hinteren  Rande 
geradlinig  sind).  Von  den  Beinen  hat  jedes  Paar  einen  andern  Bau 
und  dementsprechend  eine  andere  Verwendung:  die  Vorderbeine 
sind  kurz,  ihre  Schenkel  kurz  und  kräftig,  die  Schienen  dick  und 
sehr  kurz,  der  eingliedrige  Fuß  (Tarsus)  schaufeiförmig  oder  spatel- 
artig verbreitert,  länger  und  breiter  als  die  Schiene;  er  wird  „Pala" 
genannt  und  ist  an  seinem  scharfen  vorderen  Rand  bewimpert : 
mittelst  der  Vorderbeine  wird  die  Beute  festgehalten  und  an  die  in 
der  Mitte  gespaltene  Oberlippe  angedrückt.  Die  Mittelbeine  sind 
lang  und  dünn ;  mit  ihnen  hängt  sich  das  Tier  an  die  Wasserpflanzen, 
steht  auf  denselben  im  Wasser;  die  Schenkel  sind  hier  sehr  lang, 
die  Schienen  kürzer;  am  eingliedrigen  Fuß  befinden  sich  2  lange, 
nahe  beieinanderstehende  Klauen.  Mit  den  Hinterbeinen  rudert  das 
Insekt,  sie  sind  deshalb  zum  Schwimmen  eingerichtet,  flach  gedrückt, 
besonders  der  zweigliedrige  Fuß  ist  breit,  an  den  Seiten  langhaarig 
bewimpert  und  hat  nur  eine  einfache  Klaue  (Kralle) ;  die  Hüften 
sind  sehr  groß;  flächenartig,  zum  Hin-  und  Hergleiten  der  Schenkel, 
welch  letztere  gleiche  Länge  wie  die  Schienen  haben.  Bei  den 
Männchen  der  Gattung  Corlsa  findet  sich  außerdem  noch  eine  für 
die  Art-Unterscheidung  sehr  wichtige  und  charakteristische  Vertiefung 
auf  der  Stirne,  welche,  gleichwie  die  schon  erwähnte  Pala,  bei  den 
Männchen  der  verschiedenen  Arten  wieder  verschieden  und  sehr 
wechselnd  gestaltet  ist.  —  Durch  den  zwar  nicht  deutlich  ab- 
gegrenzten Zügel  (Lora)  und  ganz  besonders  durch  die  Stellung  des 
Schnabels  bilden  die  Corisiden  den  Übergang  von  den  Heteropteren 
zu  den  Homopteren  (den  Gulaeorostria  oder  Cicadinen).  —  Die  Cori- 
siden leben  meist  gesellschaftlich  in  stillstehenden  Gewässern ,  wo 
sich  Wasserpflanzen  und  Wassertiere  in  Menge  finden.     (F.  G.) 

Gattungsübersicht  (nach  Puton).       - 
Schildchen    fehlt.     Fühler    viergliedrig.     Zelle    der   ünterflügel 
durch    eine    schiefe   Ader   zweiteilig.     Hinterbrust   mit    Pleuren   und 

Parapl  euren Corisa  Geoffr. 

Schildchen  deutlich.  Fühler  dreigliedrig.  Flügelzelle  nicht  ge- 
teilt. Hinterbrust  ohne  Parapleuren.  Stirne  bei  beiden  Geschlechtern 
gewölbt.     Sehr  kleine,  mehr  elliptische  Tierchen  .    .     Sigara  Fab. 

Corixa  Geoffr. 
Körper  oben  längsgewölbt;  Kopf  gerundet,   groß,   quer,   nach 
unten  geneigt  und  verlängert;  Stirne  bei  den  Männchen  im  unteren 


~     124     — 

Teil  flach  oder  ausgehöhlt  (bei  den  Weibchen  meist  gewölbt).  Der 
unter  dem  verlängerten  Kopf  verborgene  Schnabel  besteht  aus  drei 
zarten,  fast  häutigen  Gliedern.  Die  dreieckigen  Augen  umfassen 
das  Pronotum,  welches  selbst  breiter  als  lang  ist  und  mit  seinem 
kurzen  stumpfwinkeligen  Fortsatz  das  unsichtbare  Schildchen  be- 
deckt, während  seine  abgerundeten  Seitenränder  ohne  Grenzen  in 
den  Vorderrand  übergehen,  mit  dem  Hinterrand  jedoch  einen  Winkel 
bilden.  Pronotum  und  Decken  sind  in  der  Regel  quer  gestreift 
(durch  wechselnde  dunkle  und  helle  Querlinien)  und  entweder  glatt 
oder  fein  punktiert,  meist  aber  durch  feine,  kurze,  dicht  aneinander 
liegende  Strichelchen  geritzt  und  werden  deshalb  (nach  Fieber)  rastriert 
genannt  (weil  die  betreffende  Oberfläche  mit  einem  frisch  geharkten 
Wege  Ähnlichkeit  hat).  An  der  Hinterbrust  finden  sich  hier  Pleuren 
und  Parapleuren.  Der  Hinterleib  ist  länglich-eiförmig,  ziemlich  ab- 
geplattet ;  sein  zweiter  Abschnitt  unterseits  beim  Weibchen  tief  aus- 
geschnitten. An  den  viergliedrigen  Fühlern  sind  die  2  Grundglieder 
kurz,  das  gegen  seine  Spitze  zu  kegelförmig  verdickte  dritte  GHed 
ist  das  längste,  das  sehr  dünne  vierte  Glied  ist  kürzer  als  das  dritte. 
Decken  und  Flügel  sind  meist  vollständig  entwickelt;  die  Membran 
ist  vom  Corium  nicht  deutlich  abgegrenzt  und  ihr  dem  Rande  parallel 
laufender  Nerv  ist  nur  schwer  zu  erkennen ;  die  Unterflügel  sind 
durch  einen  schief  verlaufenden  Nerv  zweigeteilt;  wenn  diese  Flügel 
fehlen  (wie  z.  B.  bei  C.  coleoptrata),  so  fehlt  auch  die  Membran. 
Am  Außenrande  des  Corium  ist  durch  eine  scharfe  Kante  ein  anders 
gefärbtes,  glanzloses,  rinnenförmiges  ausgehöhltes  Feld  abgesetzt, 
von  Fieber  das  Randfeld,  area  marginalis,  genannt,  welches  vorne 
ein  durch  eine  feine  Linie  abgegrenztes  Stück,  das  Einsatzstück  oder 
Embolium  trägt;  ein  weiteres  ähnliches  Feld  findet  sich  noch  am 
Grunde  des  Clavus,  längs  dessen  Außenrand.  Die  Mittel-  und  Hinter- 
beine sind  mit  langen  feinen  Schwimmhaaren  und  kurzen  kleinen 
Dornen  besetzt.  Der  meist  schaufeiförmig  erweiterte  Tarsus  der 
Vorderbeine,  die  Pala  Fieber's,  ohne  Klaue,  ist  fast  bei  jeder  Art 
anders  gebildet  und  bietet  besonders  bei  den  Männchen  gute  Unter- 
scheidungsmerkmale ;  bei  einzelnen  Arten  ist  dieser  Fuß  jedoch  auch 
dünn  und  drehrund  und  trägt  dann  (bei  den  Männchen)  eine  Klaue. 
Der  Fuß  der  Mittelbeine  ist  (für  die  ganze  Gattung  charakteristisch) 
kürzer  als  die  betreffende  Schiene. 

Um  das  Wesentliche  nochmals  kurz  zu  wiederholen ,  .  so  ist, 
abgesehen  von  den  schon  geschilderten  Familienmerkmalen,  für 
die    artenreiche    Gattung    Corixa    charakteristisch:    Das    Fehlen    des 


I 


—     125     — 

Schilclchens,  der  in  seiner  Mitte  winkelig  ausgeschnittene  Pronotiim- 
grund  (mit  Ausnahme  von  C.  cohoptrata,  bezw.  der  U.-G.  Cymatia), 
die  viergliedrigen  Fühler  und,  bei  den  Männchen,  die  Stirneindrücke 
sowie  die  wechselnd  gestalteten  Vorderfußglieder  (während  bei  den 
betreffenden  Weibchen  die  Stirne  meist  gewölbt  erscheint  und  die 
Faßglieder  mehr  gleichförmig  sind). 

PuTON  zählt  in  seinem  neuesten  (1899)  Katalog  57  paläarktische 
Corixa-kxiQn  auf,  von  denen  20  sicher  in  Deutschland  vorkommen. 
Von  neueren  Autoren  wird  deshalb  diese  ungewöhnlich  große  Gattung 
in  mehrere  Untergattungen  zerlegt  und  zwar  in :  Macrocorixa  Thoms., 
Corixa  Buch.,  Wh.  (=^  Basileocorixa  Kirk.),  Callicorixa  Buch.,  Wh., 
Glaenocorixa  Thoms.  (=  Oreinocorixa  Buch.,  Wh.),    Gymatia  Flor. 

Die  Corisen  sind  Fleischfresser,  wie  schon  aus  dem  Bau  ihrer 
Beine  hervorgeht.  L.  Dufour  sagt,  daß  ihre  Vorderfüße,  ineinander 
arbeitend,  gleichzeitig  umfassen  und  packen,  und  zwar  um  so  erfolg- 
reicher, als  sie  kurz  und  ziemlich  kräftig  sind.  Die  Larve  hat  die- 
selben Gewohnheiten,  wie  das  ausgebildete  Insekt.  Beim  Schwimmen 
glänzt  ihre  Unterseite  wie  Silber,  welche  Wirkung  durch  kleine  an- 
hängende Luftblasen  erzielt  wird.  Begegnen  sie  auf  ihrer  Fahrt 
einem  Grashalm  oder  sonstigen  leichten  Gegenstand,  so  klammern 
sie  sich  mit  ihren  vier  vorderen  Füßen  daran  fest  und  steigen  damit 
an  die  Wasseroberfläche.  Oft  hängen  sie  sich  an  Pflanzen  am  Boden 
des  Gewässers  und  verharren  dort  lange  Zeit  unbewegHch.  Beim 
Anfassen  geben  sie  einen  kräftigen,  unangenehmen  Geruch  von  sich, 
gleich  jenem  der  stinkendsten  Landwanzen.  Amyot.  —  Die  Corisen 
sind  sehr  lebhaft  sich  bewegende  Wanzen  und  meist  in  großen  Ge- 
sellschaften beisammen,  doch  stets  nur  in  stillstehenden  Gewässern 
(Lachen  und  schlammigen,  tier-  und  pflanzenreichen  Pfützen.  Gredler) 
lebend;  sie  scheinen  wanderlustig  zu  sein,  man  findet  die  Gesell- 
schaft bald  da,  bald  dort  an  den  Ufern  der  Teiche  versammelt, 
einzelne  zuweden  in  Brunnentrögen  oder  in  Regenpfützen,  die  kaum 
tagelang  ihr  Wasser  besitzen.  Frey-Gessner.  —  Die  Corisa-kiiQw 
schwimmen  und  fliegen  sehr  rasch,  können  sich  aber  auf  dem  Lande 
kaum  forthelfen.  Sie  finden  sich  in  fließenden  sowohl,  als  stehenden 
Gewässern,  Pfützen,  Gräben  usw.;  aber  immer  nur  da,  wo  der  Grund 
schlammig,  moorig  ist  und  kommen  meist,  mehrere  Arten  beisammen, 
in  großen  Scharen  vor.  Bei  Sonnenschein  und  klarem,  ruhigem 
Wasser  sieht  man  sie  gesellig  auf  dem  schlammigen  Grunde  sitzen 
oder  sich  an  Wasserpflanzen  hängen,  wobei  sie  ihre  Hinterbeine  wie 
die  Notonecten  weit  nach  vorn  hin  gerichtet  tragen,  so  daß  sie  bei 


—     12G     — 

der  geringsten  Alarmierung  gleich  fortschießen  können.  —  Besondere 
Eigentümlichkeit  dieser  Tiere  ist  das  Schwärmen  in  der  Dämmerung 
und  in  der  Nacht,  bei  welcher  Gelegenheit  sie  sich  oft  sehr  weit 
von  ihrem  Aufenthaltsorte  entfernen,  ja  sogar  in  Städten  bei  ge- 
öffneten Fenstern  in  die  Wohnungen  fliegen.  Eine  andere  (von 
Fieber  und  Kolenati)  beobachtete  Eigentümlichkeit  derselben  ist  das 
schwirrende  Geräusch,  welches  die  Corisa-  und  Sigara-Arten  bei 
heiterem  Himmel  im  Sommer  und  Herbst  hören  lassen.  So  be- 
obachtete Dr.  Kolenati  im  Petersburger  botanischen  Garten  wie 
Corisa  Geoffroi/i,  auf  Pflanzen  in  einem  Wasserbassin  sitzend,  ihre 
Decken  schnell  bewegend,  ein  solches  Geräusch  hören  ließ.  (Fieber.) 
Nach  Zetterstedt  ist  der  C'ori^a-Flug  ein  „volatus  diurnus",  wie  sie 
auch  Flor  (im  Frühjahr)  bei  Tage  fliegen  sah,  wobei  sie  schräg  auf 
die  Wasserfläche  losschießend  in  einem  Augenbhck  unter  derselben 
verschwunden  waren.    Flor. 

Übersichtstabellen  der  Gattung  Corisa. 
Lethierry  gibt  in  seinem  Hemipteren-Katalog  der  nordöstlichen 
Ecke  Frankreichs  (Dep.  du  Nord ;  Lille  1869)  folgenden  Schlüssel 
(Auszug  aus  Fieber  mit  starker  Kürzung  und  mit  Beschränkung  auf 
die  leichtesten  Kennzeichen)  zur  Bestimmung  der  bei  uns  häufigsten 
Corisa- Arten : 

1.  Pronotum  ohne  Linien C.  coleoptrata  Fab. 

— -  Pronotum  mit  queren,   weißlichen  oder  schwarzen,  fast  parallelen  ein- 
fachen oder  unregelmäßigen  oder  abgekürzten  Linien  (Stricheln).     2. 

2.  Pronotum    und  Halbdecken    überall    punktiert.     Die    queren    Strichel 

auf  dem  Pronotum  sind  wellenförmig,    nach    hinten  unregelmäßig, 
da  und  dort  wechselweise  verbimden     .    .    C.   Geqfroi/i  Leach. 

—  Pronotum  und  Clavus  rastriert;  Corium  punktiert,   fast  runzelig,  sein 

Grund  kaum  rastriert 3. 

—  Pronotum,   Clavus  und  Corium  rastriert 4. 

3.  Halbdecken  von  dunkler  Färbung  mit  gelblichen  oder  blassen  Linien. 

Pronotum  mit  7 — 8  schwarzen  Querlinien  .     .     C.  hujuhris  Fieb. 

—  Halbdecken  graulichweiß  oder  gelblich  mit  schwarzen  Linien. 

C.  Jiieroijh/phka  Duf. 

4.  Corium   und  Clavus    mit  vollständigen,    parallelen,    leicht  gewellten, 

selten  nach  außen  gegabelten  Linien 5. 

—  Corium  mit  queren,  fast  parallelen,  kurzen,  abgebrochenen,  nur  selten 

wirren,    manclnnal    durch    1,    2    oder  3    schwarze  Streifen    unter- 
brochenen, gewellten  oder  gezähnten  Stricheln      .     .    .  ,  .    ,     H. 

5.  Pronotum  etwas  verlängert,  mit  8 — 9  ganz  gelben  Linien. 

C.  Salilbeni'i  Fieb. 

—  Pronotum  kurz  mit  (3  vollständigen  gelben  Querlinien.  C.  Liiutci  Fieb. 


I 


127 


6.  Clavus  vollständig  von  queren,  parallelen,  auseinanderstehenden  Linien 

ausgefüllt.  Die  Linien  auf  dem  Corium  sind  kurz,  wellig  oder 
gabelig,  fast  parallel,  engstehend  oder  fast  zusammenfließend,  von 
1  —  '6  schwarzen  Streifen  durchkreuzt.  Oberseite  des  Hinterleibs 
schwarz.      Corium  fein  und  unregelmäßig  rastiiert. 

C.  semistriafa  Fieb. 

—  Clavus  nur  an  seiner  Grundhälfte  mit  spärlichen,   queren,  parallelen 

oder  ungleich  breiten  gelben  oder  schwarzen  Linien.  Corium  und 
Endhälfte  des  Clavus  mit  queren,  mehr  oder  weniger  abgebrochenen, 
welligen  oder  gabeligen  Stricheln  ausgefüllt 7. 

7.  Oberseits  gelblich  weiß  oder  weißlichgrau  mit  schwarz  liniiert. 

C.  nigroiineata  Fieb. 

—  Oberseits  dunkel  mit  kleinen  gelblichen  Linien 8. 

8.  Pronotum   mit  8  —  9    schwarzen  (oder  gelben)  gleich  breiten  Linien. 

C.  striata  Fab. 
■ —  Pronotum  mit  nur  6^ — 7   gelben  Linien 9. 

9.  Braun  mit  hellen  Linien.    Halbdecken  mit  spärlichen,  queren,  welligen, 

gekrümmten,  abgesetzten,  manchmal  gabeligen,  dem  Clavusgrund 
parallelen  Stricheln.    Pronotum  mit  6  Querlinien.     C.  moesta  Fieb. 

—  Schwarz  oder  schwarzbraun,    mit    blassen  Linien.      Grundhälfte    des 

Clavus  mit  queren,  fast  parallelen,  welligen,  da  und  dort  ab- 
gebrochenen Linien.  Corium  fast  schwarz  mit  kaum  sichtbarer 
Liniierung.    Pronotum  mit  7   Querlinien    .    .    C.  FahricU  Fieb. 


Eine  weitere  Übersichtstabelle  von  10  Corisa-Avten  findet  sich 
in  Flor's  Rhynchoten  Livlands,  Dorpat  1860,  p.  784 — 786.  —  Hier  sei 
nur  noch  (verdeutscht)  Saunders'  (Hern.  Het.  of  the  brit.  isl.  London 
1892,  p.  331/32)  25  Corisa-Arten  (darunter  7  bis  jetzt  außerdeutsche  ') 
umfassende  analytische  Tabelle  angeführt: 

1.  (46.)     Pronotum  mit  hellen  Querlinien. 

2.  (5.)     Große  Tiere,  Pronotum  und  Halbdecken  nicht  rastriert^,    die 

Männchen    linkerseits   unsymmetrisch   (U.-G.  Macrocorisa  Thoms.). 

3.  (4.)     Von  großer  Gestalt,  Pronotum  mit  16  hellen  Linien  oder  mehr^ 

Geoffroyi  Leach. 

4.  (3.)     Von  kleiner  Figur,  Pronotum  mit   12 — 14  Linien. 

atomaria  Fieb. 

5.  (2.)     Kleinere  Arten,  Pronotum  und  Halbdecken  mehr  oder  weniger 

rastriert,   die  Männchen  rechterseits  unsymmetrisch. 

6.  (43.)     Eückenkiel   des  Pronotum,    wenn   vorhanden,    nur   nahe   dem 

Vorderrand  sichtbar. 


^  C.  venusta,  Scotti,  Boldi,  sodalis,  cognata,  carinata,  cavifrons. 

^  Rastriert,  rastratus,  reihenweise,  kurze,  vertiefte  Striche  und  Kielchen,. 
neben-  und  hintereinander,  wie  auf  einem  besandeten  geharkten  Gartenweg. 
(Fieber,  Eur.  Hem.  p.  90.) 


-     128     — 

7.  (34.)    Grundglied  der  hinteren  Tarsen  an  seinem  Ende  blaß.   Männchen 

mit  Striegel^  (U.-G.   Corixa  Geoff.). 
S.   (11.)     Corium  nicht  rastriert. 
9.   (10.)      Pronotum  dnnkel    mit  hellen  Linien,    die    dunklen  Linien    so 

breit  wie  die  hellen luguhris  Fieb. 

10.  (9.)     Pronotum  blaß  mit  schmäleren  dunkleren  Linien. 

liier oglyplüca  Duf. 

11.  (8.)     Corium  rastriert. 

12.  (21.)      Größere  Arten,   7  —  8  mm  lang. 

13.  (16.)     Clavus  und  Corium  stark  rastriert,  dunkel,  die  hellen  Quer- 

linien sehr  schmal  und  ununterbrochen. 

14.  (15.)     Pronotum  mit  6  blassen  Linien,  Ende  des  Corium  nicht  blaß. 

Linnei  Fieb. 

15.  (14.)     Pronotum    mit  7 — 8  blassen  Linien,   Coriumeude   breit  blaß. 

Sahlhergi  Fieb. 

16.  (13.)      Clavus  und  Corium  nicht    so   tief  rastriert,  weniger   dunkel, 

die    hellen  Querlinien   breiter,    vielfach   gekürzt   und   abgebrochen. 

17.  (18.)     Pronotum  mit  6  blassen  Linien,   die  blassen  Linien  auf  dem 

Clavus  nach  einwärts  stark  erweitert striata  Lin. 

18.  (17.)     Pronotum  mit  8  —  9  blassen  Linien. 

19.  (20.)     Pronotumwinkel  stumpf distincta  Fieb 

20.  (19.)     Pronotumwinkel  spitz FaUenii  Fieb. 

21.  (12.)     Kleinere  Arten,   5 — 6  mm  lang. 

22.  (23.)     Schienen  der  Mittelbeine  kaum  länger  als  die  Tarsen,  letztere 

fast  gleich  lang  wie  die  Klauen moesta  Fieb. 

23.  (22.)     Schienen  der  Mittelbeine  viel  länger  als  die  Tarsen,  letztere 

viel  kürzer  als  die  Klauen. 

24.  (31.)     Pronotum    viel    länger    als    der  Scheitel    des  Kopfes,    von   7 

bis   10  blassen  Linien  durchkreuzt. 

25.  (30.)      Gesicht  des  Männchens  mit  breiter  Vertiefung,   die  sich  auf- 

wärts zwischen  den  Augen  fortsetzt,  die  Querzeichnung  des  Corium 
durch  dunkle  Längslinien  in  Eeihen  geteilt. 

26.  (27.)     Gesichtseindruck  beim  Männchen  sehr  tief  und  stark  gerandet, 

oben    in    einen    tiefen    runden    Bogen    auslaufend,    beim   Weibchen 
2   schwarze  Längslinien  auf  dem  Corium   .    .    .      Vnnitata  Fieb. 

27.  (26.)     Gesichtseindruck    des  Männchen    oben    fast   abgestutzt,    beim 

Weibchen   3   oder  4  schw-arze  Längslinien  auf  dem  Corium, 

28.  (29.)     Gesichtseindruck  des  Männchen  sehr  tief  und  konkav.  Schienen 


'  Striegel,  strigil,  benannte  Dr.  Buch  an  an  White  (Entern.  ]\[ontl). 
Mag.  X,  p.  60)  ein  eigenartiges  Organ,  das  sich  am  Hinterrand  der  Oberseit» 
•des  6.  Abdominalsegments  der  Corisiden  findet  und  mutmaßlich  in  einer  gewissen 
Beziehung  zu  den  Geschlechtsorganen  steht;  dasselbe  besteht  aus  einem  chitinösen 
Plättchen,  das  auf  einem  kurzen  Stiel  befestigt  und  mit  Reihen  dicht,  stehender 
Zähne  besetzt  ist ;  Gestalt  des  Plättchens  und  Zahl  der  Zähne  wechseln  bei  den 
verschiedenen  Arten. 


—     129     — 

der  Vorderbeine  stark  verdickt,  beim  Weibchen  melir  verlängert, 
seine  Palae '  kurz,  nicht  zweimal  so  lang  als  breit. 

semistriafa  Fieb. 

29.  (28.)     Gesichtseindruck  beim  Männchen  nicht  sonderlich  tief,  Schienen 

der  Vorderbeine   kaum  verdickt,    beim  Weibchen   breiter    und   die 
Palae  mehr  als  zweimal  so  lang  wie  breit    .     venusta  Dgl.  Sc. 

30.  (25.)     Gesichtseindruck  beim  Männchen  sehr  schwach  (seicht),  nach 

aufwärts    nicht    zwischen    die  Augen  reichend,    die  Querzeichnung 
des  Corium  durch  dunkle  Längslinien  nicht  in  Reihen  geteilt. 

Fahricii  Fieb. 

31.  (24.)     Pronotum  kürzer  als  der  Scheitel  des  Kopfes  oder  höchstens 

so  lang  wie  dieser,  von  5  —  6   blassen  Linien  durchkreuzt. 

32.  (33.)     Groß,  Pronotum  mit  6  blassen  Linien,  Gesichtseindruck  des 

Männchen  deutlich,  oben  plötzlich  endigend  .    fossaricm  Leach. 

33.  (32.)     Kleiner  von  Figur,  Pronotum  mit  5  blassen  Linien,  Männchen 

ohne  deutlichen  Gesichtseindruck Scotti  (Fieb.)  Sc. 

34.  (7.)     Grundglied  der  Tarsen  der  Hinterbeine  mit  schwarzem  Ende, 

Männchen  ohne  Striegel  (U.-G.   CalUcorixa  B.   White). 

35.  (36.)     Clavus  mit  länglicher  Zeichnung    ....  Bolcll  Dgl.   Sc. 

36.  (35.)      Clavus  mit  querer  Zeichnung. 

37.  (42.)     Pronotum  Winkel  stumpf,   Corium  mit  querer  Zeichnung. 

38.  (41.)     Pronotum  mit  8  —  9  blassen  Linien. 

39.  (40.)     Klauen  der  Mittelbeine  so  lang  wie  die  Tarsen. 

praensta  Fieb. 

40.  (39.)     Klauen  der  Mittelbeine  nicht  ganz    so  lang  wie    die  Tarsen. 

sodalis  Dgl.   Sc. 

41.  (38.)     Pronotum  mit  7  blassen  Linien     .    ,    .    cognata  Dgl.   Sc. 

42.  (37.)     Pronotumwinkel    spitz,  Zeichnung    auf   dem  Corium    tropfen- 

ähnlich oder  wurmförmig concinna  Fieb. 

43.  (6.)     Pronotum  mit  deutlichem  Kiel  in  der  Mitte. 

44.  (45.)     Tarsen  der  Mittelbeine  kürzer  als  die  Schienen  (U.-G.  Glaeno- 

corisa  Thoms.) carinata  Sahlb. 

45.  (44.)     Tarsen  der  Mittelbeine  so  lang  wie  die  Schienen  (U.-G.  Oreino- 

corixa  B.  White) cavifrons  Thoms. 

46.  (1.)     Pronotum  ohne  Querzeichnung  (U.-G.   Cymatia  Floh). 

47.  (48.)     Pronotum  fast  so  lang  wie  der  Kopf    .  Bonsdorffi  Sahlb. 

48.  (47.)     Pronotum  ungefähr  ^s   so  lang  wie  der  Kopf. 

coleoptrata  Fab. 


Was  nun  die  Einzelbeschreibung  der  hier  unmittelbar  an- 
schließenden verwirrenden  Arten  der  Gattung  Corisa  betrifft,  so  habe 
ich  mich,  abweichend  von  meinem  bisherigen  Muster,  nach  einigem 
Bedenken  doch  für  die  diesbezügliche  Art  und  Weise  Puton's  (Synopsis 


^  Pala  heißt  (nach  Fieber)  der  spatelartig  oder  schauf eiförmig  verbreiterte 
eingliedrige  Tarsus  der  Cor/sa- Vorderbeine. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.     1905.  9 


—     130     — 

des  Hemipteres-Heteropteres  de  France,  Paris  1878,  p.  220  ff.)  ent- 
schieden, und  zwar,  was  die  analytisch-dichotomische  Gliederung  (nicht 
jedoch  die  einzehie  Artbeschreibung  selbst)  betrifft,  im  Wortlaut  des 
französischen  Originals.  Allerdings  leidet  dadurch  etwas  die  bis- 
herige selbständige  abgeschlossene  Behandlung  der  einzelnen  Art, 
dafür  aber  erhält  der  Interessent  einen  klaren  und  verlässigen  Führer 
auf  diesem  schwierigen  und  verworrenen  Gebiet  und  da  diese  ganze 
Arbeit  den  Zweck  einer  zusammenfassenden  Klarstellung  verfolgt,  so 
dürfte  dieses  Ziel  auf  dem  eingeschlagenen  Wege  wohl  am  ehesten 
erreicht  werden. 

Dichotomische  Analyse  der  Corisa-Arten  nach  Puton. 

1.  (50.)    Pronotum  mit  gelbenund  braunen  Querlinien.  Pal  a  des  Männchen 

verbreitert,  weder  zylindrisch,  noch  besonders  lang;  Schiene  von 
der  Pala  stets  gut  unterschieden. 

2.  (43.)     Pala  beim  Männchen  ohne  Kralle  oder  Sporn  an  ihrem  Ende. 

Pronotum  mäßig  verlängert;  sein  Mittelkiel  kurz,  vorne  nur  den 
Abstand  von  2   oder  3   Querlinien  einnehmend. 

3.  (10.)     Asymmetrie  beim  Männchen  linksseitig.    Vordere  Schiene  beim 

Männchen  mit  Sporn.  Pronotum  und  Halbdecken  nicht  rastriert 
(d.  h.  nicht  mit  feinen,  kurzen,  parallelen  Stricheln  bedeckt). 
(Augen  reichen  ungefähr  bis  zum  hinteren  Kopfrand.)  U.-G.  Macro- 
corisa  Thoms. 

4.  (7.)     Pronotum  mit   16 — 20  hellen  Querlinien. 

5.  (6.)     Schienen  der  Mittelbeine   bei  beiden  Geschlechtern    am  Grunde 

ungezahnt.  Schenkel  der  Mittelbeine  des  Männchen  nahe  der  Spitze 
nicht  gezahnt. 

8  (626)   Geoffroyi  Leach.  Fieb. 

Schwarzgrünlich  oder  schwarzbraun,  gelb  gestrichelt,  überall 
glatt  und  glänzend;  Unterseite  gelblich,  während  schwarz  sind:  die 
Brustmitte,  Flecke  auf  den  Hüften  und  die  ersten  2  oder  3  Hinter- 
leibsabschnitte. Beim  Männchen  ist  die  Stirngrube  sehr  seicht  und 
schmal  und  reicht  nur  bis  zum  vorderen  Augenrand.  Auf  dem  Prono- 
tum finden  sich  16 — 20  unregelmäßige,  abgesetzte,  blasse  Quer- 
linien. Halbdecken  (einschl.  Clavus  und  Membran)  mit  kleinen  hellen 
Flecken  gleichmäßig  besät;  Membran  vom  Corium  nicht  durch  eine 
helle  Linie  geschieden.  Beine  lehmfarben ;  Vorderschieneh  beim 
Männchen  am  Ende  mit  Dorn;  Pala  verlängert,  ihr  oberer  und 
unterer  Rand  parallelseitig,  ihre  Spitze  plötzlich  stumpf  abgerundet; 
Schienen  der  Mittelbeine  einfach,  Tarsen  kürzer  als  die  Schienen, 
Klauen  kaum  kürzer  als  die  Tarsen.     Länge  13—15  mm. 


—     131     — 

Notoneda  striata  Scopoli,  Entom.  Carn.  1763,  119,  349.  — 
De  Geer,  Mem.  1773,  389—396,  tab.  XX,  fig.  —  Villers,  Entom. 
auct.  1789,  tab.  3,  fig.  15  (nee  Linne!).  —  Donovan,  Engl.  Ins.  1796, 
V,  101,  tab.   176  (partim). 

Gorisa  striata  Geoffroy  in  Fourcroy,  Entom.  Paris,  1785, 
221,  4  (nee  Linne!)  —  ? Herrich-Schäffer ,  Nom.  entom.  1835, 
p.  63  (forte). 

Sigara  striata  Fabricius,  Entom.  Syst.  1794,  IV,  60,  2  (partim). 

—  Syst.  Rhyng.  1803,  104,  2  (partim).  —  Schrank,  Faun.  Boie.  1801, 
50,  1078.  —  Fallen,  Hydr.  et  Nauc.  Siiec.  1814,  p.  6  (forte). 

Corixa  striata  Latreille,  Hist.  Nat.  1804,  XII,  289,  1.  — 
Lamarck,  Hist.  Nat.  1816,  521,  1.  —  Düfour,  Rech.  anat.  1833, 
111,  1.   —  Costa,  Cim.  Regn.  Neap.  1838,  I,  6,  1. 

Corixa  punctata  Bürmeister,  Handb.  d.  Entom.  1835,  II,  186,  1. 

—  Brülle,  Hist.  d.  Ins.  1835,  p.  251,  tab.  22,  fig.  1.  —  Blanchard, 
Hist.  d.  Ins.  1840,  87,  1,  tab.  I,  fig.   1. 

'^  Corixa  Amyot,  Entom.  fr.  Rhyneh.  1848,  p.  330,  No.  363. 

Corixa  Geoffroyi  Leach,  Classif.  of  Not.  1818,  17,  7.  —  C.  Sahl- 
berg,  Obs.  Hist.  Nat.  1819,  12,  6.  —  Zetterstedt,  Faun.  Läpp.  1828, 
510,  1.  —  Ins.  Läpp.  1840,  284,  1.  —  Fallen,  Hem.  Suec.  1829, 
181,  1  (verisim.).  —  Herrich-Schäffer,  Wanz.  Ins.  IX,  1853,  p.  52, 
14  u.  62,  fig.  914. 

Corisa  Geoffroyi  Amyot  et  Serville,  Hist.  d.  Hem.  1843, 
447,  1.  —  Fieber,  Spee.  Cor.  1851,  14,  1.  —  Eur.  Hem.  1861, 
91,  3.  —  Costa,  Cim.  Reg.  Neap.  1852,  IH,  5,  1  (partim).  — 
Douglas  and  Scott,  Brit.  Hem.  1865,  593,  1,  tab.  20,  fig.  5.  — 
Thomson,  Op.  entom.  1869,  28,  1.  —  Saunders,  Synops.  1876,  646,  1. 

—  Hem.  Het.  of  the  brit.  isl.  1892,  p.  333,  pl.  31,  fig.  4.  —  Puton, 
Synops.  1880,  I,  p.  220,  1.  —  Cat.  1899,  p.  81,  1.  —  Reuter,  Rev. 
syn.  1880,  II,  p.  375,  No.  353. 

Bayern  :  Bei  Bamberg  in  stehenden  Wässern.  Funk.  —  Württem- 
berg.   Roser.  —   Bei  Ulm,  von  4  ab;  nicht  gerade  häufig.     Hüeber. 

—  Baden:  Graben,  9;  Ruppur,  4.  Meess.  —  Elsaß-Lothringen: 
Remiremont,  Metz;  assez-commune.  Reiber-Puton.  —  Westfalen:  In 
Lachen,  Tümpeln  und  bewachsenen  Wassergräben  häufig  und  ver- 
breitet; von  mir  wiederholt  bei  Münster  gefangen,  desgleichen  auch 
von  Kraus,  Koch  und  Wilms  ;  dann  bei  Greven  und  Paderborn  von 
mir,  bei  Öding  von  Kolbe  gefunden.  Die  Larven  findet  man  bis 
in    den  September   hinein,    die  Imago    von  Herbst   bis  Frühsommer. 


—     132     — 

Westhoff.  —  Thüringen :  Überall  häufig.  Kellner-Breddix.  —  Schles- 
wig-Holstein:  Nicht  selten.  Wüstnei.  —  N.  S.  Insel  Borkum  :  Gemein. 
Schneider.  —  Mecklenburg :  In  allen  Gewässern  gemein.  Raddatz. 
—  Schlesien :  Wie  auch  alle  übrigen  Corixa-kvten  in  allerhand 
stehenden  Gewässern;  um  Breslau  sehr  gemein.  Scholz.  —  In  stehen- 
den Gewässern,  in  der  Ebene  und  im  Gebirge,  durchs  ganze  Jahr, 
häufig  .  ,  .  Assmann.  —  Provinz  Preußen.  Brischke. 
Durch  ganz  Europa  ziemlich  gemein.  Fieber. 
^  [Schweiz :  Die  größte  Art,  weit  verbreitet  und  soll  stellenweise 
häufig  sein,  z.  B.  um  Bern,  .  .  .  um  Aarau  sehr  selten,  im  März  und 
Mai.  Frey-Gessner.  —  Nachtrag:  Ist  in  einem  der  4 — 5  Teiche  um 
Lenzburg  sehr  zahlreich,  aber  auch  nur  in  diesem  einzigen,  der  sich 
in  nichts  anderem  als  durch  seine  Kleinheit  und  seine  Unbeständig- 
keit im  Wasserstand  von  den  übrigen  auszeichnet.  F.  G.  —  Tirol : 
Um  Bozen,  z.  B.  im  Weiher  von  Kühlbach,  5,  6.  Gredler.  —  Böhmen: 
Überall  verbreitet,  in  Teichen,  Tümpeln  und  Wassergräben,  besonders 
in  solchen  mit  klarem  Wasser.  Düda.  —  Frankreich :  Commune  dans 
toute  le  France.  Puton.  —  England :  Common  and  generally  distri- 
buted.    Saunders.] 

6.  (5.)  Schienen  der  Mittelbeine  zusammengedrückt  und  am  Grunde  ge- 
gezähnt, in  beiden  Geschlechtern.  Schenkel  der  Mittelbeine  beim 
Männchen  einwärts,  etwas  vor  der  Spitze  mit  Zahn. 

9  (627)  dentipes  Thoms. 

Der  C.  Geoffroyi  sehr  ähnlich,  unterscheidet  sich  von  ihr,  außer 
den  oben  [6.  (5.)]  angegebenen  Merkmalen  an  den  Mittelbeinen  nur 
noch  dadurch,  daß  bei  ihr  der  dunkle  Raum  am  Clavus  etwas  länger 
ist.    Länge  13 — 15  mm. 

Corixa  dentipes  Thomson,  Op.  entom.  1869.  —  Puton.  Synops. 
1880,  I,  p.  221,  2.  —  Cat.  1899,  p.  81,  2. 

Corisa  Geoffroyi  Flor,  Rhynch.  Livl.  1860,  I,  p.  786,  1.  — 
J.  Sahlberg. 

Corisa  Mrcipes  Schiödte,  Fortegnelse  ov.  d.  i.  Daum.  lev.  Taeger. 
1870,  p.  228. 

Elsaß-Lothringen :  Remiremont  [französische ,  westliche  Ab- 
dachung der  Vogesen !  H.  |  confondue  avec  C.  Geoff'royi  Lfach  ;  eile 
en  differe  par  les  tibias  intermediaires  qui  sont  comprimes-dentos  pres 
de  la  base  dans  les  deux  sexes,  et  par  les  femurs  intermediaires  qui 
dans  le  male  sont  dentes  pres  du  sommet.  Reiber-Puton.  —  Mecklen- 
burg:   Ich    habe    nur    ein    Männchen    in    hiesiger    Gegend    gefangen. 


—     133     — 

Raddatz.  —  [Böhmen:  Ich  kenne  diese  Art  bisher  nur  von  Sobieslau 
und  Neuhaus,  wo  sie  unter  anderen  einzeln  vorkommt;  doch  glaube 
ich,  daß  sie  auch  anderswo  verbreitet  ist,  aber  wegen  großer  Ähn- 
lichkeit mit  C.  Geofroyi  Leach  oft  verwechselt  wird.  Düda.  —  Liv- 
land :  Sehr  selten ;  5  und  6.  Flor.] 
7.   (4.)     Pronotum  mit   12 — 14  hellen  Querlinien. 

10  (628)  affinis  Leach. 
Oben  braun  oder  schwarzbraun,  glatt,  glänzend;  unterseits 
größtenteils  gelb,  nur  Brustmitte  und  Hinterleibsgrund  schwarz.  Das 
Pronotum  zeigt  12 — 13  feine,  gelbe,  nicht  zusammenfließende  Qaer- 
linien,  die  ersten  4  oder  5  meist  ganz,  die  hinteren  öfter  geschlitzt 
und  gabelig  miteinander  verbunden.  Connexivum  mit  3 — -4  schwarzen 
Flecken;  Halbdecken  mit  welligen,  aus  der  Verbindung  kleiner  Flecken 
entstandenen  Querlinien ;  Membran  vom  Corium  nicht  durch  eine 
gelbliche  Linie  getrennt;  auf  dem  Corium  sehr  feine,  lange,  zer- 
streute, halbliegende,  gelbe  Härchen.  Beine  gelb.  Beim  Männchen 
ist  die  Stirngrube  länglich  und  geht  über  den  vorderen  Augenrand 
hinaus.  Die  Pala  ist  messerklingenartig,  allmählich  breiter  werdend 
und  an  ihrem  Ende  plötzlich  rund  abgestutzt.  (Nach  Fieber:  Beim 
6  rebmesserförmig,  zum  Ende  oben  bogig  erweitert  und  abgedacht, 
beim  $  schmal  mondsichelförmig  spitz.)  Länge  9 — 11  mm.  —  Diese 
Art  ist  der  C.  Geofroyi  ziemlich  ähnlich,  aber  etwas  kleiner,  ihr 
Pronotum  ist  kürzer  und  hat  regelmäßig  nicht  über  14  helle  Linien ; 
auch  ist  die  Pala  beim  Männchen  hier  kürzer,  am  oberen  Rand  mehr 
abgerundet  und  stets  weniger  parallelseitig,  beim  Weibchen  kürzer 
und  krümmer. 

Corisa  affinis  Leach,  Classific.  of  Ins.  Not.  1818.  —  Douglas 
and  Scott,  Brit.  Hem.  1865,  p.  595,  3.  —  Saünders,  Synops.  of  brit. 
Hern.  Het.   1876,  p.  646,  2.  —  Puton,  Cat.  1899,  p.  81,  7. 

Sigara  striata  Panzer,  Faun.  Germ.  1798,  50,  tab.  23,  nee  Lin. 

—  Herrich-Schäffer. 

Corisa  Paniert  Fieber,  Spec.  Cor.   1851,  15,  3,  tab.  1,  fig.  3. 

—  Eur.  Hem.   1861,  92,  7.    —    Syn.  Cor.  No.  3.    —    Douglas  and 
Scott,  Brit.  Hem.  1865,  594,  2.  —  Saünders,  Synops.  1876,  646,  3. 

—  Reuter,  Revis.  synon.  1888,  II,  p.  376,  No.  354. 

Corisa  atomaria   (Illiger)    Fieber,    Syn.  Cor.  1848,  No.  4.  — 
Spec.  Cor.  1851,  No.  4,  tab.  1,  fig.  5.  —  Eur.  Hem.   1861,  p.  92,  8 

—  PuTON,  Synops.  1880,  I,  p.  221,  3.  —  Saünders,  Hem.  Het.  of 
the  brit.  isl.  1892,  p.  333. 


—     134     — 

Corisa  graphiptera  Rambur.,  Faun.  And.   1842. 

Corisa  salina  Thomson, 

Corisa  conglomerata  Rey,  1890  =  var. 

Thüringen :  Am  Culmbacher  Teich  (bei  Gotha)  und  den  kleinen 
Teichen  bei  Rödchen  und  zwischen  Gotha  und  Siebleben ,  selten. 
Kellner-Breddin.  —  Schleswig-Holstein :  Im  brackigen  Wasser  der 
Marschgräben  am  Außendeiche  bei  Husum  selten,  an  andern  Orten 
habe  ich  das  Tier  noch  nicht  auffinden  können.  Wüstnei.  —  Schlesien  : 
C.  atomaria  Ger.  ein  Exemplar  durch  Schneider  erhalten;  scheint 
selten  zu  sein.  Scholz.  —  Von  dieser  südeuropäischen  Art  wurde 
1  Exemplar  von  Herrn  Dr.  Schneider  in  Schlesien  aufgefunden. 
Assmann.  —  N.  S.  Insel  Borkum :  Sehr  selten.    Schneider. 

(In  den  Küstenländern  des  Mittelmeers.  Fieber.  France  meri- 
dionale ;  Landes,  Var,  Lyon  etc.,  ne  manque  pas  tout-ä-fait  dans  le 
nord,  car  j'en  ai  vu  un  exemplaire  de  Saint-Valery  (Somme)  de  la 
collection  Signoret.     Puton. 

England :  Not  so  common  as  C.  Geoffroy,  but  generally  distri- 
buted,  although  not  recorded  from  Ireland.     Saunders.) 

8.  (3.)     Asymmetrie  (der  Bauchringe   unten)    beim  Männchen    rechter- 

seits.  Schienen  der  Vorderbeine  in  beiden  Geschlechtern  ohne 
Sporn,  Pronotum  und  Halbdecken  mehr  oder  weniger  rastriert. 
(Die  Augen  reichen  fast  bis  zum  hinteren  Kopfrand.) 

9.  (40.)     Erstes  Glied  der  hinteren  Tarsen  unterseits  nicht  schwarz 

gezeichnet.      (U.-G.   Corisa.) 

10.  (13.)     Pronotum  und  Clavus  mehr  oder  weniger,   oft  kaum,  rastriert, 

Corium  punktiert,  nicht  rastriert. 

1 1.  (12.)     Oberseite  schwarz  mit  gelben  Linien.    Pronotum  kaum  rastriert, 

Stirngrube  des  Männchen  über  den  Scheitel  verlängert  und  am 
Übergang  von  Stirn  zum  Scheitel  von  einem  queren  Kiel  unter- 
brochen :  hierdurch  wird  die  Stirngrube  in  2  nicht  in  derselben 
Ebene  gelegene  Partien  geteilt. 

11  (629)  Ingithris  Fieb. 
Schwarzbraun ,  oberseits  fast  ganz  glatt ,  glänzend ;  Rücken 
schwarz;  Unterseite  bald  dunkler  (lugiihris),  bald  heller  (Sfali): 
Connexivum  schmutzigweiß.  Kopf  etwas  verdickt:  Stirngrube  beim 
Männchen  kurz,  erstreckt  sich  nicht  zwischen  die  Augen.  Pronotum 
mit  stumpfen  Winkeln  und  7  gelben,  sehr  regelmässigen  Querlinien, 
dabei  nebst  Clavus  sehr  oberflächlich  rastriert  (feilenartig  gestrichelt). 
Halbdecken  mit  gelben  Querlinien,  die  am  Grunde  breiter  und  regel- 
mäßiger, gegen  die  Spitze  zu  enger  und  abgebrochener  sind;  Mem- 


—     135    — 

bran  vom  Corium  durch  eine  gelbe  Linie  getrennt.  Tarsen  der 
Mittelbeine  mit  schwarzem  Ende.  Beim  Männchen  ist  der  Schenkel 
der  Vorderbeine  stark  verdickt  und  einwärts  winkelig,  die  Pala  ziem- 
lich kurz,  am  Grunde  stark  erweitert  und  von  da  gegen  ihr  Ende 
zu  sich  allmählich  verengernd.  Länge  6—672  mm.  —  Ist  nach 
HoRVATii  in  salzigem  und  halbsalzigem  Wasser  beinahe  an  allen 
Meeresküsten  Europas  zu  Hause. 

Corixa  luguhris  Fieber,  Syn.  Coris.  1848,  No.  6.  —  Spec. 
Coris.   1851,  p.  18,  10,  tab.   1,  fig.   10.   -  Eur.  Hern.   1861,  92,  9. 

—  Douglas  and  Scott,  Brit.  Hem.  1865,  p.  596,  4.  —  Saunders, 
Synops.  of  brit.  Hem.  Het.  1876,  p.  648,  IL  —  Hem.  Het.  of  the 
brit.  isl.  1892,  p.  334.  —  Puton,  Synops.  d.  Hem.  Het.  d.  Fr.  1880, 
I,  p.  222,  4.  —  Cat.  1899,  p.  81,  8. 

Corixa  Stall  Douglas  and  Scott,  Brit.  Hem.  1865,  p.  597,  5. 

—  Saunders,  Synops.  of  brit.  Hem.  Het.  1876,  p.  648,  12  =  var. 
(mit  hellerer  Unterseite  als  Ingtibris). 

Corixa  salina  Puton. 

Corixa  laevis  Thomson. 

NB.  i  Corixa  coxalis  Fieber  ,  Wien.  Entom.  Monatschr.  VIH, 
1864,  p.  3,  2,  nach  einem  einzigen  aus  Norddeutschland  erhaltenen 
Weibchen  (was  nicht  genügt!  Puton)  =  var.?! 

Thüringen :  Von  Dr.  Schmiedeknecht  (Blankenburg)  gefunden. 
FoKKER.  —  Schleswig-Holstein:  C.  Stall  Fieb.  {laevis  Thoms.)  häufig 
im  Brackwasser  der  Marschgräben  bei  Husum  und  in  brackigen 
Wasserlöchern  bei  Sonderburg.  Wüstnei.  —  N.  S.  Insel  Borkum : 
Sehr  häufig.  Schneider.  —  Mecklenburg :  C.  coxalis  Fieb.  ,  nur  ein 
Weibchen  fing  ich  in  hiesiger  Gegend,  nach  welchem  Fieber  seine 
Beschreibung  angefertigt  hat.     Raddatz. 

(Frankreich :  Cette  espece  parait  affectionnes  les  eaux  salees. 
Se  trouve  aussi  en  Algerie ,  Sicile,  Espagne ,  Angleterre  et  Suede. 
Puton.  —  England :  Common  and  generally  distributed ,  offen  in 
brackisch  water.    Saunders.) 

12.  (11.)  Oberseite  gelb  mit  schwarzen  Linien.  Pronotum  rastriert. 
Stirngrube  beim  Männchen  länglich,  tief  mid  bis  zur  Mitte  der 
Augen  verlängert,  wo  sie  in  Form  einer  Halbellipse  (und  nicht 
durch  einen  queren  Kiel  geteilt)  endigt. 

12  (630)  Jiieroglyphica  Duf. 
Länglich,  schmal,    in  der  Quere  mäßig  gewölbt,    blußgrünlich 
oder  gelblichweiß    mit  sehr  feiner  schwarzer  Zeichnung;    Unterseite 


—     136     — 

gelb,  Brust  und  Hinterleib  mehr  oder  weniger  schwärzlich.  Pronotum 
nach  hinten  verlängert  mit  stumpfen  Seitenwinkeln  und  7 — 9  schmalen 
schwarzen  Querlinien.  Halbdecken  haarig,  punktiert,  mit  feinen, 
sehr  unregelmäßigen,  eckigen,  oft  abgebrochenen  schwarzen  Quer- 
linien ,  die  in  mehrere  Längsreihen  gestellt  sind ;  Clavus  rastriert, 
an  seinem  äußeren  Grunde  blaß,  sonst  ebenso  gezeichnet;  Membran 
mit  kleinen,  schwarzen,  sehr  unregelmäßigen,  am  Rande  zusammen- 
fliessenden  Stricheln.  Beine  ganz  blaß;  letztes  Glied  der  hinteren 
Tarsen  auf  seiner  Unterseite  meist  schwärzlich.  —  Beim  Männchen 
ist  der  Kopf  nach  vorne  merklich  winkehg  verlängert  und  die  Stirn- 
grube sehr  tief  und  zwischen  den  Augen  in  einem  scharf  umschrie- 
benen Bogen  nach  aufwärts  reichend.  Die  verlängerte  messerklingen- 
artige Pala  ist  an  ihrem  vorderen  Rand  gerade,  am  hinteren  regel- 
mäßig gekrümmt.     Länge  5^2  — 672  mm. 

Corixa  hieroglyphica  Leon  Düfoue,  Rech.  anat.  Hem.  1838, 
p.  86,  2,  fig.  85-87.  —  Bürmeister,  Handb.  d.  Entom.  1835,  H, 
p.  188,  3.  —  Fieber,  Syn.  Coris.  1848,  No.  8.  —  Spec.  Coris.  1851, 
22,  21,  tab.  1,  fig.  20.  —  Eur.  Hem.  1861,  p.  93,  13.  —  Douglas 
and  Scott,  Brit.  Hem.  1865,  p.  598,  6.  —  Saunders,  Synops.  of 
brit.  Hem.  Het.  1876 ,  p.  648,  10.  —  Hem.  Het.  of  the  brit.  isl. 
1892,  p.  334.  —  PuTON,  Synops.  d.  Hem.  Het.  d.  Fr.  1880,  I, 
p.  223,  5.  —  Cat.  1899,  p.  82,  14. 

Corixa  Fieheri  et  G.  vaga  Wallengreen,  Scand.  Coris.  1854,  144. 

'>  Hieroglyphica  Amyot,  Entom.  fr.  Rhynch.  1848,  p.  332,  No.  365. 

Bayern:  Bei  Bamberg  in  stehenden  Wässern.  Funk.  —  Baden: 
Hohenwettersbach ,  4.  Meess.  —  Elsaß-Lothringen :  Metz ,  Vosges  ; 
rare;  commune  pres  de  Strasbourg  dans  les  routoirs  d"Eckbolsheim, 
et  au  Rhin.  Reiber-Puton.  —  Westfalen :  Ein  Weibchen  von  mir 
im  Juni  1879  bei  Münster  gefunden.  Westhoff.  —  Thüringen:  Um 
Gotha  an  verschiedenen  Orten.  Kellner-Breddin.  —  Schleswig- 
Holstein  :  Nicht  gerade  häufig  in  Mergelgruben,  auch  mit  Stall  Dgl. 
in  salzigem  Wasser.  Wüstnei.  —  N.  S.  Insel  Borkum :  Nicht  so 
häufig  wie  liiguhris  Fieb.  ScHNEmER.  —  Mecklenburg:  In  Mergel- 
gruben und  Teichen  sehr  häufig.  Raddatz.  —  Schlesien :  Nicht  selten 
bei  Breslau.    Scholz.  —  Bisher  nur  bei  Breslau  gefunden.    Assmann. 

Ziemlich  häufig  in  stehenden  Gewässern.    Burmeister. 

Im  mittleren  und  südlichen  Europa.    Fieber. 

[Schweiz :  Bei  Basel  im  September  (Imhoff).  Frey-Gessner.  — 
Nieder-Österreich :  Bei  Gresten  in  Lachen.    Schleicher.  —  Böhmen  : 


—     137     — 

Um  Prag  nicht  selten,  auch  m  den  Elbetümpeln  bei  Brandeis  und 
Kostelau.  Duda.  —  Frankreich :  Probablement  toute  la  France  ;  assez 
commune.  Puton.  —  England:  Common,  often  with  C.  lugubris 
FiEB.,  generally  distributed.     Saunders.] 

NB.!   Corisa  selecta  Fieber,    Syn.  Cor.   1848,  No.  7.  —  Spec. 
Coris.  1851,  p.  22,  18,  tab.  1,  fig.  19.  -  Eur.  Hem.  1861,  p.  93,  11 

—  Wien.  Entom.  Mon.  1864,  p.  3,  4.  —  Puton,  Synops.  1880,  I, 
p.  224.  —  Cat.  1899,  p.  82,  12  (nach  Fieber  in  Österreich  und 
Portugal)  hält  Puton  für  eine  fragliche  Art;  er  selbst  kennt  nur  ein 
von  Fieber  erhaltenes  Weibchen,  das  ja,  gerade  bei  den  Corisiden, 
zu  wenig  feste  Art-Charaktere  aufweist ;  dieses  eine  Exemplar  hält 
er  für  eine  G.  hierogJypliica^  deren  schwarze  Zeichnung  mehr  aus- 
gebildet und  mehr  zusammenfließend  ist.  Fieber's  etwas  wider- 
sprechende Beschreibung  möge  a.  a.  0.  nachgelesen  werden. 

13.  (10.)    Pronotuni,   Clavus  und  Corium  stark  rastriert. 

14.  (15.)    Pronotum  mit  einer  gelben  Längslinie  (Einfassung  nnd  Naht 

der   Halbdecken    gelb.     Von ,    im    Verhältnis    der    Art ,    kleinerem 

Wuchs). 

13  (631)  Hellensi  Sahlb. 
Braun,  oberseits  stark  rastriert;  Mitte  der  Brust  und  Grund 
des  Hinterleibs  (meist  auch  der  Rücken)  schwarz ;  Xyphus  und  Con- 
nexivum  gelblichweiß.  Pronotum  kurz,  mit  4 — 5  gelben  Querlinien 
(und,  nach  Fieber,  gelbweißlichem  Mittelstrich).  Alle  Nähte  und 
Ränder  der  Halbdecken  gelb.  Clavus  mit  8 — 9  schiefen ,  vollstän- 
digen gelblichen  Linien ;  Corium  mit  15 — 18  auseinanderstehenden, 
etwas  unterbrochenen  Querlinien.  —  Beim  Männchen  ist  die  Stirn- 
grube nicht  vertieft,  sondern  flach,  von  rechteckiger  Form,  reicht 
bis  zu  den  Augen  und  endigt  hier  mit  einem  kleinen  stumpfen 
Höcker.  Die  Pala  gleicht  einer  ovalen,  ziemlich  kurzen,  am  Grunde 
breiten,  am  Ende  zugespitzten  Klinge.     Länge  4^/2 — 5  mm. 

Corixa  Hellensi  C.  R>  Sahlberg,  Hist.  Not.  Fenn.  1819,  p.  11,  3. 

—  Fallen,  Hem.  Suec.  1828,  p.  183,  4.  —  Fieber,  Syn.  Cor.  1848, 
No.  13.  —  Spec.  Coris.  1851,  27,  tab.  2,  fig.  6.  —  Eur.  Hem.  1861, 
p.  94,  15.  —  Wallengreen,  Scand.  Cor.  1854,  146.  —  Puton, 
Synops.  d.  Hem.  Het.  d.  Fr.  1880,  I,  p.  224,  6.  —  Cat.  1899 
p.  82,   17. 

Bayern :    Bei  Regensburg  selten.    Kittel.  —  Württemberg :  Bei 
Ulm  (Wiblingen),  8.    Hüeber.  —  Westfalen :  Ein  einzelnes  Weibchen 


—     138     — 

erhielt  ich  von  Kolbe,  derselbe  fand  es  Mitte  Juni  1878  bei  Öding. 
Westhoff.  —  Schlesien:  Bisher  nur  in  einem  Exemplar  bei  Warra- 
brunn ,  im  Schloßwallgraben,  22.  9.  1852.  Assmann.  —  Provinz 
Preußen.     Brischke. 

Aus  Schweden:  Lappland,  Finnland,  Böhmen.     Fieber. 

[Schweiz :  Selten  bei  Bern  in  Torfgraben,  auf  Algen,  in  Buchten 
von  Quellbächen  und  in  Teichen  um  Aarau,  das  ganze  Jahr  häufig 
und  in  großen  Gesellschaften  beisammen.  Frey-Gessner.  —  Böhmen : 
Um  Prag  einzeln,  nach  Fieber.  Duda.  —  Frankreich:  Tres  rare  en 
France.     Puton.] 

15.  (14.)    Pronotum  ohne  mittlere  gelbe  Längslinie. 

16.  (21.)     Corium  vollständig  und  stark  rastriert,   die  gelben  Querlinien 

sind  parallel,  wellig,  vollständig  nnd  sehr  regelmäßig.     Membran 
vom  Corium  durch  eine  gelbe  Linie  undeutlich  getrennt. 

17.  (20.)     Pala  in  beiden  Geschlechtern  vollständig  gelb;  die  Pala  des 

Männchens  ist  an  ihrem  Ende  (woselbst  sie  plötzlich  abgestumpft 
ist)  am  breitesten. 

18.  (19.)     Pronotum  nach  hinten  verlängert,  fast  zweimal  so  lang  wie 

der   Scheitel,     mit  8 — 9    gelben    Linien.      Hinterer    Coriurawinkel 
gelb  ohne  braune  Linien. 

14  (632)  SaJtlhergi  Fieb. 
Schwarzbraun  oder  schwarz,  dunkel,  matt,  ziemlich  breit,  wenig 
gewölbt;  Kopf,  Unterseite  und  Beine  hellgelb  oder  bräunhchgelb ; 
Scheitel  und  Schnabel  gewöhnhch  dunkler,  rotbraun;  Brustmitte, 
Hüften  und  Hinterleibsgrund  mehr  oder  weniger  schwarz;  beim 
Männchen  die  ersten  4,  beim  Weibchen  nur  die  ersten  2  Hinterleibs- 
abschnitte (mit  Ausnahme  der  Seiten-  und  Hinterränder)  schwarz. 
Der  horizontale,  an  den  Seiten  schwach  herabgebogene  Xyphus  hat 
eine  gelbe  (nicht  aufgebogene)  Spitze.  Das  verlängerte  Pronotum 
zeigt  7 — 9  feine,  gelbe,  ganze,  regelmäßige  Querlinien  und  einen  ab- 
gerundeten Seitenwinkel.  Die  Halbdecken  besitzen  auseinander- 
stehende, sehr  schmale,  feine,  wellige,  parallele,  durchlaufende,  regel- 
mäßige gelbe  Linien,  das  Ende  des  Corium  ist  blaß,  die  Querhnien 
daselbst  verschwommen;  die  braune,  glatte,  verschwommen  ge- 
zeichnete Membran  ist  vom  Corium  durch  einen  sehr  schmalen  gelben 
Streif  abgegrenzt.  Die  Randlinie  des  Pronotum  ist  gelblich,  der 
Randkanal  der  Halbdecken  gewöhnlich  braun.  An  den  gelblichen 
Beinen  zeigen  die  Vorderschenkel  an  ihrem  Grunde  außen  meist 
einen  dunkeln  Fleck ;  die  Klauen  der  Mittelbeine  sind  merklich  kürzer 
als  ihre  Tarsen,  letztere    so  lang    wie  ihre  Schienen.     Die  Pala  der 


—     139     — 

Männchen  ist  von  Grund  an  bis  zur  Spitze  hin  ganz  allmählich  ver- 
breitert und  dort  plötzlich,  schräg  gerundet,  abgestutzt;  bei  den 
Weibchen  ist  die  Pala  messerförmig,  in  der  Mitte  am  breitesten,  an 
ihrem  oberen  Rande  gleichmäßig  gebogen.  Beim  Männchen  ist  die 
Stirngrube  sehr  flach  und  reicht  kaum  über  die  Augen  (d.  h.  die 
untere  Augenecke)  hinaus,  ihre  Form  ist  verkehrt  eirund.  Länge 
7 — 8  mm  (die  Weibchen  etwas  länger  als  die  Männchen).  —  Diese 
Art  hat  mit  C.  Linnei  große  Ähnlichkeit. 

Corixa  striata  Sahlberg,  Not.  Fenn,  (observat.  quaed.  bist.) 
1819,  p.  9,  1  (exclus.  synon.). 

?  Corisa  regularis  Herrich-Schäffer,  Wanz.  Ins.  IX,  1850,  p.  52 
und  57,  fig.  910. 

Corisa  Sahlbergi  Fieber,  Syn.  Cor.  1848,  No.  10.  —  Spec.  Cor. 
1851,  p.  25,  24,  tab.  2,  fig.  3.  —  Eur.  Hern.  1861,  p.  94,  16.  — 
Wallengreen,  Scand.  Cor.  (Öfv.  XI),  1855,  p.  144,  5.  —  Flor, 
Rhynch.  Livlds.  1860,  I,  p.  790,  4.  —  Douglas  and  Scott,  Brit. 
Hem.  1865,  p.  600,  7.  —  Saunders,  Synops.  of  brit.  Hem.  Het. 
1876,  p.  649,  14.  —  Hem.  Het.  of  the  brit.  isl.  1892,  p.  335.  — 
PuTON,  Synops.  d.  Hem.  Het.  d.  Fr.  1880,  I,  p.  225,  7.  —  Cat. 
1899,  p.  82,  18. 

Bayern :  Bei  Bamberg  in  stehenden  Wässern.  Funk.  —  Würt- 
temberg: Bei  Ulm,  4.  Hüeber.  —  Baden:  Park,  7;  Allerheiligen,  8. 
Meess.  —  Elsaß-Lothringen :  Commune  au  printemps  et  en  automne, 
en  compagnie  de  C.  Linnei  Fieb.,  dans  les  mares  des  environs  de 
Strasbourg  et  les  tourbieres  de  Vottoncourt,  Remiremont,  Metz; 
assez  rare.  Reiber-Puton.  —  Westfalen :  Wie  Li^inei  Fieb.  im  Früh- 
ling und  Herbst  als  Imago  überall  verbreitet,  aber  mehr  in  mit  Algen 
und  Lemna  überwucherten  Weide-  und  Wiesentümpeln.  Von  mir 
bei  Münster  (bes.  zahlreich  mit  Rade  im  März  1878  gegenüber  der 
Gievenbecker  Schule),  Greven  und  Paderborn,  von  Kolbe  bei  Dorsten 
und  Öding  gefangen.  Westhoff.  —  Thüringen :  Um  Gotha  überall 
nicht  selten.  Kellner-Breddin.  —  Schleswig-Holstein :  Überall  häufig. 
Wüstnei.  —  N.  S.  Insel  Borkum :  Häufig.  Schneider.  —  Mecklen- 
burg :  Überall ,  namentlich  in  Mergelgruben  häufig.  Raddatz.  — 
Schlesien  :  Um  Breslau,  nicht  gemein.  Scholz.  —  In  der  Ebene  und 
im  Gebirge  in  stehenden  Gewässern,  ziemhch  häufig.  .  .  .  Assmann. 
—  Provinz  Preußen.     Brischke. 

Durch  ganz  Europa  verbreitet.     Fieber. 

[Schweiz :  Einzeln  um  Bern ,  .  .  .  in   Sümpfen    und  Torfmooren 


—     140     — 

eine  der  häufigsten  Arten.  .  .  .  Das  ganze  Jahr  hindurch  gesellsehaft- 
Uch.  Frey-Gessner.  —  Tirol:  Bei  Sigmundskron  im  Juli  gesammelt; 
wahrscheinlich    aber  das  ganze  Jahr  hindurch  vorhanden.     Gredler. 

—  Böhmen  :  In  Böhmen  verbreitet  nach  Fieber  ;  mir  bisher  nicht 
vorgekommen.  Düda.  —  Livland :  Sehr  häufig,  von  5 — 9.  Flor.  — 
Frankreich:  Toute  la  France,  assez  commune.  Puton.  —  England: 
Common  and  generally  distributed.     Saunders.] 

19.  (18.)  Pronotum  nach  hinten  kaum  verlängert,  kaum  etwas  länger 
als  der  Scheitel ,  mit  6  gelben  Linien.  Hinterer  Winkel  des 
Corium  braun  mit  gelben  Linien,  wie  auch  sonst  auf  der  Scheibe. 

15  (633)  Linnei  Fieb. 
Schwarzbraun  oder  schwärzlich,  Kopf,  Beine  und  Unterseite 
hellgelb,  Mittel-  und  Hinterbrust,  Rücken  und  die  Unterseite  der  4 
ersten  Hinterleibsabschnitte  schwarz  (mit  Ausnahme  des  gelben  Hinter- 
rands der  letzteren),  Connexivum  und  Xyphus  gelbrandig;  im  all- 
gemeinen der  C.  Sahlhergi  Fieb.  in  Gestalt  und  äußerer  Erscheinung 
sehr  ähnlich,  von  der  sie  sich,  außer  den  oben  [18  (19)]  angegebenen 
Merkmalen  durch  ihre  etwas  kleinere  Gestalt,  durch  die  geringere 
Länge  und  andere  Färbung  des  Pronotum,  den  ganz  blassen  Scheitel 
und  dadurch  unterscheidet,  daß  die  Membrannaht  nirgends  durch 
eine  gelbe  Linie  bezeichnet  wird.  —  Pronotum  und  Halbdecken  (mit 
Ausnahme  der  Membran)  stark  rastriert;  Pronotum  mit  6  schmalen, 
geradlinigen  gelben  Querstreifen  und  gelber  Randlinie.  Zeichnung 
von  Clavus  und  Corium  sehr  eng,  wellig  und  bis  zur  Spitze  durch- 
laufend (nur  am  Grund  des  Clavus  etwas  breiter  und  schräg  ge- 
stellt und  weniger  gewellt) ;  Corium  von  der  Membran  durch  einen 
schmalen  schwarzen  Streif  getrennt;  Membran  schwarz  mit  queren, 
zarten,  gelben  Stricheln.  Beine  blaß,  Tarsus  der  Mittelbeine  kürzer 
als  die  Schiene.  —  Die  Charaktere  des  Männchen  sind  so  ziemlich 
die  gleichen  wie  bei  Sahlbergi;  von  einer  Stirngrube  kann  eigentlich 
nicht  mehr  wohl  gesprochen  werden,  es  ist  nur  mehr  eine  über  den 
untern  Augenwinkel  hinaufreichende  Abflachung;  die  Pala  ist  vorn 
gebogen,  dann  erweitert,  ihr  Ende  stumpf.     Länge  7—8  mm. 

Corisa  Linnei  Fieber,  Syn.  Coris.  1848,  No.  11.  —  Spec.  Coris. 
1851,  p.  25,  28,  tab.  2,  fig.  4.  —  Eur.  Hem.  18Ü1 ,  p.  94,  17.  — 
Flor,  Rhynch.  Livlds.  1860,  I,  p.  791,  5.  —  Wallengreen,  Scand. 
Cor.  1855,  p.  145.  —  Douglas  and  Scott,  Brit.  Hem.  1865,  p.  601,  8. 

—  Saunders,  Synops.  of  brit.  Hem.  Het.  1876,  p.  648,  13.  —  Hem. 


—     141     — 

Het.  of  the  brit.  isl.  1892,  p.  335.  —  Püton,  Synops.  d.  Hera.  Het. 
d.  Fr.  1880,  I,  p.  226,  8.  —  Cat.  1899,  p.  82,  19. 

Bayern:  Bei  Bamberg  in  stehenden  Wässern.  Funk.  —  Elsaß- 
Lothringen:  Strasbourg,  commun ;  Remiremont,  Metz,  assez  commun. 
Reiber-Puton.  —  Westfalen:  C.  regularis  H.-Sch.  =  C.  Limiei  Fieb.  (?!) 
im  Frühling  (bis  Juni)  und  im  Herbst  (von  August  an)  in  bewach- 
senen Heidetümpeln  und  Mergelgruben  verbreitet  und  häufig.  Von 
mir  bei  Münster  und  Greven  gefangen.  Sehr  zahlreich  erhielt  ich 
mit  KoLBE  die  Art  auf  der  Coerheide  am  3.  X.  1879.  Die  Larven 
bis  gegen  Anfang  September  zu  finden.  Westhoff.  —  Thüringen : 
Um  Gotha  nicht  selten.  Kellner-Breddix.  —  Schleswig-Holstein: 
Überall  häufig.    Wüstnei.  —  N.  S.  Insel  Borkum:  Häufig.    Schneider. 

—  Mecklenburg :  Mit  C.  SaJdbergi  Fieb.  und  ebenso  häufig.    Raddatz. 

—  Schlesien :  Sehr  häufig  um  Breslau.  Scholz.  —  In  der  Ebene 
und  im  Gebirge,  in  stehenden  Gewässern,  nicht  häufig;  bei  Breslau 
in  Straßengräben  .  .  .    Assmann.  —  Provinz  Preußen.    Brischke. 

Durch  das  ganze  Gebiet  (d.  h.  Europa)  mit  der  ähnlichen 
C.  Sahlbergi  Fieb.    Fieber. 

[Schweiz :  Seltener  als  C.  Sahlbergi  Fieb.  und  bis  jetzt  nur  im 
August  in  den  Torfgraben  des  Meienmoos  bei  Burgdorf  und  im  Wallis 
gefunden.  Frey-Gessner.  —  Böhmen:  Überall  verbreitet,  doch  nicht 
häufig.  Duda.  —  Livland:  Bei  Dorpat,  Ende  9.  Flor.  —  Frank- 
reich, Dep.  du  Nord:  Tres-commune  dans  les  eaux  stagnantes.  avec 
C.  Sahlbergi;  c'est  l'espece  la  plus  commune  du  genre  dans  nos 
environs.     Lethierry.    - —   Toute  la  France,  assez  commune.     Püton. 

—  England :  Common  and  generally  distributed.    Saunders.J 

20.  (17.)  Pala  in  beiden  Geschlechtern  mit  schwarzem  Ende;  die  Pala 
des  Männchen  hat  vor  ihrer  Mitte  ihre  größte  Breite  imd  spitzt 
sich  von  da  an  gegen  das  Ende  zu  (Pronotum  mit  7  gelben  Linien  ; 
hinterer  Corinmwinkel  gelb  ohne  braune  Linien). 

*  transversa  Fieb. 
In  Spanien,  Portugal,  Frankreich,  Rußland  und  Algier  heimisch, 
in  unserm  westHchen  Nachbarland  selbst  jedoch  sehr  selten  (Püton, 
1878,  kennt  nur  2  Fundorte,  Lyon  und  Charente,  beide  südlicher 
als  unsere  südlichsten  deutschen  Gegenden);  sie  gleicht  in  Gestalt 
und  äußerer  Erscheinung  den  C.  Sahlbergi  und  Linnei  ^  nur  daß  sie 
noch  etwas  kleiner  ist.  Pronotum  etwas  kürzer  als  bei  Sahlbergi 
und  etwas  länger  als  bei  Linnei;  Randkanal  der  Halbdecken  mit 
schwarzem  Grunde  und  einem  schwarzen  Querfleck  etwas  vor  seinem 


—     142     — 

Ende.  Hinterer  Coriumwinkel  gelb  ohne  Flecken,  ebenso  das  hin- 
tere Drittel  der  Membrabnaht.  Der  gebogene  Rand  der  Membran 
breit  schwarz,  ihre  Fläche  mit  wenig  hervortretender  gelber  Zeich- 
nung. Unterseite  größtenteils  schwarz.  Manchmal  sind  die  gelben 
Querlinien  der  Halbdecken  mehr  entwickelt  und  fast  so  breit  wie 
die  braunen ,  nur  am  Ende  des  Corium  bleibt  das  Braun  stets  vor- 
herrschend. Pala  wie  oben  [20  (17)];  statt  der  Stirngrube  nur 
eine  leichte  Abflachung.     Länge  6^2—7  mm. 

Corisa  transversa  (Illiger)  Fieber,  Synops.  d.  europ.  Coris.  1848, 
No.  12.  —  Spec.  Coris.  1851,  No.  26,  tab.  2,  fig.  5.  —  Eur.  Hem, 
1861,  p.  94,  18.  —  PuTON,  Synops.  1880,  I,  p.  226,  9.  —  Cat.  1899, 
p.  82,  20. 

21.  (16.)     Corium  mit  gelben  Querlinien,  die  weniger  parallel,  mehr  oder 

weniger  abgebrochen  sind. 

22.  (23.)     Zeichnung    der  Halbdecken    sehr  verworren,    kaum    sichtbar, 

wodurcli  Corium  und  Membran  fast  ganz  braun  erscheinen.    Corium 
von  der  Membran  nicht  durch  eine  gelbe  Linie  geschieden. 

16  bezw.  21^  (639)  moesta  Fieb. 
Oben  braun  mit  verblichenen  Linien,  Brustmitte  und  Rücken 
(stets  der  Hinterleibsgrund)  schwarz;  Xyphus  schwarz  mit  hellen 
Rändern ;  Randlinie  des  Hinterleibs  und  die  Einschnitte  braun.  Pro- 
notum  mit  6  —  7  gelben,  sehr  schmalen  Querlinien;  seine  Seiten- 
winkel stumpf.  Halbdecken  fein  und  vollständig  rastriert  mit  lichten 
Querlinien,  die  mehrmals  unterbrochen,  stark  verwischt  und  kaum 
sichtbar  sind ,  weil  sie  mit  der  Grundfarbe  verschmelzen  (nur  am 
Grunde  des  Clavus  sind  sie  etwas  breiter  und  mehr  sichtbar) ; 
Membran  fast  ganz  braun.  —  Beim  Männchen  ist  die  Stirngrube 
klein,  seicht,  oben  gerundet,  die  Augen  nicht  erreichend;  die  Pala 
fast  parallelseitig,  an  ihrer  Spitze  abgestutzt,  am  ünterrand  (der 
Basis  nahe)  ganz  leicht  winkelig.  Länge  6  mm.  —  Diese  kleine, 
kürzere  Art  ist  besonders  kennthch  durch  ihre  dunkle,  undeutliche 
Zeichnung,  welche  gegen  die  Coriumspitze  zu  allmählich  abnimmt, 
sowie  durch  die  Form  ihrer  Mittelbeine,  deren  Tarsen  fast  so  lang 
wie  die  Schienen  und  deren  Klauen  wieder  gut  so  lang  als  die 
Tarsen  sind. 


'  Die  Reihenfolge  in  Puten 's  Synopsis  ist  nicht  immer  die  gleiche,  wie 
in  seinem  Katalog  der  paläarkt.  Fauna,  wodurch  hier  eine  doppelte  Numerierung 
nötig  wird. 


—     143     — 

Corisa  moesta  Fieber,  Syn.  Cor.  1848,  No.  23.  —  Spec.  Cor. 
1851,  p.  34,  No.  39,  tab.  2,  fig.  17.  —  Eur.  Hern.   1861,  p.  98,  30. 

—  Douglas  and  Scott,  Brit.  Hem.  1865,  p.  610,  16.  —  Saunders, 
Synops.  of  brit.  Hem.  Het.  1876,  p.  650,  19.  —  Hem.  Het.  of  the 
brit.  isl.  1892,  p.  336.  —  Puton,  Synops.  d.  Hem.  Het.  d.  Fr.  1886, 
I,  p.  226,  10.  —  Cat.  1899,  p.  82,  33. 

Württemberg :  Bei  Ulm ,  4.  Hüeber.  —  Elsaß-Lothringen : 
Region  vosgienne ,  souvent  commune.  Reiber-Puton.  —  Westfalen : 
Bei  Münster  in  Gräben  und  Tümpeln  überall  gemein ,  besonders  in 
seichten  Lachen,  welche  mit  Sphag mim- Arten  und  Gras  bewachsen 
sind.  Von  Kolbe  auch  bei  Öding,  von  mir  bei  Telgte ,  Albersloh, 
Paderborn  und  oben  auf  der  Spitze  des  kahlen  Astenberges  (2700' 
hoch)  gesammelt.  An  letztgenanntem  Orte  in  einem  sehr  kleinen 
Tümpel ,  welcher  durch  Quellwasser  gebildet  wurde ,  2  Exemplare. 
Die  Art  findet  sich  als  Imago  sowohl  im  Frühling  bis  in  den  Juni 
hinein  und  im  Herbst  von  August  begonnen,  als  Larve  im  Juli  und 
August.  Westhoff.  —  Thüringen :  Bei  Gotha  in  den  Tongruben  am 
Berloch,  sehr  selten.  Kellner-Breddin.  —  Schleswig-Holstein :  Bei 
Sonderburg  selten.  Wüstnei.  —  N.  S.  Insel  Borkum :  Sehr  selten. 
Schneider.    —   Mecklenburg:    In  Torfgräben    nicht  selten.     Raddatz. 

—  Schlesien :  Selten ;  zuerst  von  Letzner  bei  Scheitnig,  später  auch 
von  mir  daselbst  gefunden.  Scholz.  —  Nur  um  Breslau,  bei  Morgenau 
und  Scheitnig,  selten.    Assmann. 

Aus  Preußen,  Schlesien,  Sachsen,  Sardinien.    Fieber. 

[Schweiz:  Unsäglich  häufig  durchs  ganze  Jahr  in  den  Torf- 
graben des  Meienmoos  und  Kapensee,  in  den  Tümpeln  der  Schaaren- 
wiese  und  im  Wydlerweiher  bei  Schaffhausen.  Frey-Gessner.  —  Tn-ol : 
Bei  Bozen  und  Sigmundskron  vom  Juli  bis  Oktober.  Gredler.  — 
Böhmen :  Diese  Art,  welche  selbst  Fieber  aus  Böhmen  nicht  kannte, 
habe  ich  bisher  nur  in  2  Exemplaren  bei  Neuhaus  gefunden.    Duda. 

—  Frankreich :  Toute  la  France  et  la  Corse,  assez  commune.    Püton. 

—  England :  Common  and  generally  distributed.     Saunders.] 

23.  (22.)    Zeichnung    der  Halbdecken    deutlich;    Membran    vom    Corium 

durch  eine  gut  sichtbare  gelbe  Linie  getrennt. 

24.  (29.)     Größe  von  772 — 8  mm.    Stirngrube  des  Männchen  sehr  ober- 

flächlich. 

25.  (26.)    Pronotum    mit    6  gelben    Querlinien.     Die    gelben  Linien   am 

Grund  des  Clavus  mehr  erweitert  als  die  andern.  Pala  des 
Männchen  nahe  ihrem  Ende  am  breitesten.  (Seitenwinkel  des  Pro- 
notum stumpf.) 


—     144     — 

17  bezw.  18  (636)  striata  Lin. 
Länglich,  schmal,  quer  gewölbt,  schwärzlich ;  Oberseite  glänzend 
braun ;  Kopf,  Unterseite  und  Beine  gelb,  Brustmitte  schmal  schwarz. 
Pronotum  kurz  mit  6  gelben  Querlinien,  die  fast  so  breit  sind  wie 
die  braunen.  Der  an  seinem  Grunde  schwarze  Xyphus  hat  auf- 
gebogene Spitze  und  etwas  zurückgebogene  Seitenränder.  Auf  den 
Decken  überwiegt  bald  die  gelbe,  bald  die  schwarze  Färbung.  Der 
Clavus  zeigt  feine,  zickzackartige,  manchmal  abgebrochene  gelbe 
Linien,  deren  ersten  4  am  Grunde  (bes.  auf  der  inneren  Seite)  merk- 
lich breiter  sind.  Das  Corium  zeigt  feine ,  zahlreiche ,  wellige  und 
winklige  gelbe  Linien,  die  besonders  am  inneren  Rand  unterbrochen 
sind  (manchmal  auch  am  äußeren) ,  wobei  dann ,  durch  Zusammen- 
fließen der  schwarzen  Linien,  2  Längsstriche  entstehen.  Die  Membran 
ist  durch  einen  schmalen  hellgelben  Streifen  (der  unten  von  einer 
schwarzen  Linie  eingefaßt  wird)  vom  Corium  abgesetzt,  ihre  Fläche 
zeigt  eine  enge,  sehr  unregelmäßige,  hieroglyphenartige  Zeichnung, 
ihr  gebogener  Außenrand  ist  schmal  schwarz.  Der  Randkanal  ist 
fast  ganz  gelb.  An  den  hellen  Beinen  sind  die  Klauen  der  Mittel- 
beine kürzer  als  die  betreffenden  Tarsen.  Die  Pala  der  Männchen 
ist  ziemlich  regelmäßig  und  ziemlich  breit,  am  breitesten  vor  der  Mitte, 
der  innere  Rand  gerade,  also  kurz-messerförmig  (während  die  Pala  des 
Weibchen  lang-messerförmig  mit  gleichmäßig  konvexem  oberen  Rand 
ist).  Die  Stirngrube  des  Männchen  ist  sehr  schwach,  kurz,  gleich  breit. 
Länge  7 — 8  mm.  —  Diese  Art  ist  leicht  zu  unterscheiden  durch  die  6 
blassen  Pronotumlinien,  durch  dessen  stumpfen  Winkel,  durch  die  nach 
innen  stark  erweiterten  blassen  Linien  am  Clavusgrunde  und  durch 
die  hiervon  durch  eine  breite  dunkle  Linie  geschiedene  Zeichnung  der 
Coriumfläche.  Von  der  ähnlichen  C.  Fallenü  unterscheidet  sich 
striata  leicht  durch  den  stumpfen  Winkel ,  welchen  Hinterrand  und 
Seitenrand  des  Pronotum  miteinander  bilden,  sowie  durch  die  anders 
geformte  Pala  des  Männchen. 

Notonecta  striata  Linne,  Syst.  Nat.  Ed.  X,  1758,  439,  2.  — 
Faun.  Suec.  1761.  244,  904.  —  Poda,  Ins.  Graec.  1761,  54,  2.  — 
HouTTüiN,  Nat.  Bist.  1766,  304,  2.  —  ?P.  Mueller,  Linn.  Nat.  1774, 
V,  469,  2,  forte.  —  Razoumowsky,  Bist.  Jorat.  1789,  181,  120.  — 
?  Schrank,  En.  Ins.  Austr.  1781,  261,  503  veris.  —  Divigursky,  Faun. 
Mosqu.   1802,   121,  327. 

Nepa  striata  de  Geer,  pars,  Mem.   1773,  III,  395 — 398. 

Sigara  striata  Fabricius,  Spec.  Ins.  1781,  II,  332,   1  pars.  — 


—     145     — 

Entom.  Syst.  1794,  IV,  60,  2  partim.  —  Syst.  Rhyng.  1803,  104, 
2  partim.  —  ?Roemer,  Gen.   Ins.  1789,  p.  79,  tab.  36,  fig.  9  forte. 

—  Rossi,  Faun.  Etrusc.  1790,  II,  221,  1274.  —  Cederhielm,  Faun. 
Ingr.  1789,  267,  840.  —  Schellenberg,  Land- und  Wasserwanzen, 
1800,  29,  T.  XI  forte.  —  Walckenaer,  Faun.  Paris.  1802,  333,  1 
partim.  —  Illiger,  Faun.  Etr.   1807,  p.  354. 

Sigara  undulata  Fallen,  Hydr.  et  Nauc.  1814,  7,  2. 

Corixa  striata  Lamarck,  Syst.  1801,  297,  161.  —  Latreille, 
Hist.  Nat.  1802,  III,  255.  —  Westwood,  Introduct.  1840,  II,  Syn. 
p.  119.  —  ?Blanchard,  Hist.  d.  Ins.   1840,  87,  2  forte! 

Corisa  undulata  Fallen,  Hern.  Suec.  1829,  182,  2  veris. 

Corixa  hasalis  Costa,  Cim.  Reg.  Neap.  1838,  I,  7,  2,  fig.  1. 

—  1843,  II,  6,  2. 

?Hexarahdus  Amyot,  Entom.  fr.  Rhynch.  1848,  p.  331,  No.  364. 

Corisa  striata  Laporte,  Ess.  class.  syst.  1832,  p.  20.  —  Brülle, 

Hist.  d.  Ins.  1835,  p.  251.  —  Kirby,  Faun.  Bor.  Amer.  1837,  283,  1. 

—  Fieber,  Spec.  Coris.  1851,  30,  33,  tab.  2,  fig.  11.  —  Eur.  Hern. 
1861,  p.  97,  27.  —  Wallengreen,  Öfv.  (Scand.  Cor.)  1854,  147.  — 
Flor,  Rhynch.  Livld.  1860,  I,  p.  793,  7.  —  Douglas  and  Scott. 
Brit.  Hem.  1865,  606,  13.  —  Thomson,  Opusc.  entom.  1869,  34,  14. 

—  J.  Sahlberg,  Syn.  Amph.  et  Hydr.  Fenn.  1875,  286,  10.  — 
Saunders,  Synops.  1875,  649,  15.  —  Hem.  Het.  of  the  brit.  isl.  1892, 
p.  335,  plate  31,  fig.  6.  —  Puton,  Synops.  1880,  I,  227,  1.  — 
Cat.  1899,  p.  82,  29.   —  Reuter,  Rev.  syn.  1888,  II,  p.  376,  No.  335. 

Bayern:    Bei  Regensburg  und  Aschaffenburg,  gemein.    Kittel. 

—  Württemberg.    Roser.  —  Bei  Ulm  (warmes  Wässerle),  3.  Hüeber. 

—  Baden:  Leopoldshafen,  3;  Beiertheim ,  8.  Meess.  —  Elsaß- 
Lothringen  :  Commune  partout.  Reiber- Puton.  —  Westfalen :  In  be- 
wachsenen Gräben  und  Tümpeln  sehr  selten ;  ein  sehr  großes  $  fing 
ich  7.  5.  1879  in  der  Toppheide,  ein  eben  reifes  Pärchen  13.  8.  1879 
in  Gievenbeck;  auch  ein  altes,  von  Prof.  Landois  herstammendes 
Stück  ($)  gehört  hierher.  Westhoff.  —  Thüringen :  Überall ,  nicht 
selten.  Kellner-Breddin.  —  Schleswig-Holstein :  Sowohl  in  süßem, 
wie  in  salzigem  Wasser  häufig.  Wüstnei.  —  Nordseeinsel  Borkum  : 
Häufig.  Schneider.  —  Mecklenburg:  Ebenfalls  in  Teichen  häufig. 
Raddatz.  —  Schlesien :  Ziemlich  häufig  um  Breslau.  Scholz.  —  In 
der  Ebene  häufiger  als  im  Gebirge,  in  stehenden  Gewässern.  .  .  . 
Assmann. 

Durch  das  ganze  Gebiet  (Europa),  auch  in  Sibirien.    Fieber. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905.  10 


—     146     — 

[Schweiz:  Fast  überall  verbreitet,  doch  mehr  in  den  Teichen 
der  nördlichen  als  der  südwestlichen  Schweiz  und  weniger  in  Torf- 
ais in  Quellwasser.  Das  ganze  Jahr  hindurch  in  den  Teichen  um 
Aarau  .  .  .  doch  nicht  massenhaft.  Frey-Gessner.  —  Tirol :  Bei 
Bozen ;  auch  fast  im  ganzen  Trentino.  Gredler.  —  Nieder- Öster- 
reich: Bei  Gresten  in  schlammigen  Teichen.  Schleicher.  —  Böhmen: 
Wohl  überall  verbreitet,  doch  nur  einzeln  in  den  Sammlungen,  ge- 
wöhnlich falsch  bestimmt.  Düda.  —  Livland :  Nicht  häufig,  8,  9,  10. 
Flor.  —  Frankreich :  Cette  espece  parait  propre  ä  toutes  les  parties 
du  monde ;  nous  en  voyons  des  individus  venant  de  Bombay  et 
d'Amerique:  eile  se  trouve  en  abondance  dans  les  eaux  douces. 
Elle  se  tient  ordinairement  suspendue  a  la  superficie  de  Teau,  mais 
au  moindre  mouvement  qu'elle  aper9oit,  eile  se  precipite  vivement 
au  fond ,  oü  eile  reste  quelque  temps  en  s'accrochant  au  sol  ou  ä 
une  plante  pour  revenir  bientöt  ensuite  ä  la  surface.  Elle  marche 
mal  et  lentement  sur  la  terre,  ne  faisant  alors  que  des  sauts ;  eile 
est  au  contraire  d'une  vivacite  surprenante  dans  l'eau ,  qu"elle  par- 
court  avec  la  rapidite  d"un  trait.  Quand  eile  s'y  tient  tranquille, 
eile  dirige  ses  pattes  posterieures  en  avant,  les  faisant  passer  sur 
les  intermediaires,  de  maniere  qu'elles  semblent  etre  les  pattes 
anterieurs.  Amyot.  —  Toute  la  France,  tres  commune.  Futon.  — 
England :  Very  common  and  generally  distributed.    Saunders.] 

26.  (25.)     Pronotum    mit  8 — 9  gelben  Linien.     Die    gelben    Linien    am 

Grund  des  Clavus  nicht  erweitert.    Die  Pala  des  Männchen  ist  am 
Grunde  oder  nahe  am  Grunde  am  breitesten. 

27.  (28.)    Seitenwinkel  des  Pronotum  spitz. 

18  bezw.  19  (637)  Fallenü  Fieb. 
Schwarzbraun  oder  schwarz,  Kopf,  Unterseite  und  Beine  hell- 
gelb, Mitte  der  Brust,  Grund  des  Xyphus  (und  beim  Männchen  die 
Mitte  der  2  ersten  Hinterleibsabschnitte)  schwarz.  Pronotum  mit 
7 — 9  gelben  Querlinien.  Halbdecken  mit  schmalen,  welligen,  selten 
ganz  durchlaufenden  gelben  Querlinien ;  Membran  wie  bei  der  vorher- 
gehenden Art.  —  Beim  Männchen  ist  die  Stirngrube  sehr  seicht ;  die 
Pala  hat  die  Form  eines  gleichschenkligen  Dreiecks,  das  von  dem  stark 
verbreiterten  Grund  sich  allmählich  gegen  die  Spitze  zu  verschmälert, 
die  obere  Seite  ist  rechtwinkelig,  die  untere  etwas  vor  dem  Grund 
stumpfwinkelig  ausgezogen.  Die  Pala  der  Weibchen  ist  viel  schmäler 
und  an  ihrem  oberen  Rand  gleichmäßig  schwach  konvex.  Länge 
7—8  mm,  die  Weibchen  im  allgemeinen  etwas  länger  als  die  Mann- 


—     147     — 

chen.  —  C.  Fallenii  ist  der  C.  striata  sehr  ähnlich,  unterscheidet  sich 
jedoch  von  ihr  leicht  durch  die  oben  angegebenen  Merkmale,  sowie 
dadurch,  daß  die  Klauen  ihrer  Mittelbeine  weit  länger  als  die  be- 
treffenden Tarsen  sind;  von  der  gleichfalls  sehr  ähnlichen  distinda 
unterscheidet  sich  Fallenii  durch  die  spitzen  Seitenwinkel  des  Pro- 
notum. 

Corisa  Fallenii  Fieber,  Syn.  Cor.  1848,  No.  18.  —  Spec.  Cor. 
1851,  p.  31,  34,  tab.  2,  fig.  12  (palae).  —  Eur.  Hern.  1861,  p.  97,  28. 

—  Wallengreen,  Öfv.  XI  (Scand.  Cor.)  1855,  p.  147,  12.  —  Flor, 
Rhynch.  Livlds.  I,  1860,  p.  789,  3  (excl.  syn.).  —  Douglas  and 
Scott,  Brit.  Hern.  1865,  p.  607,  14.  —  Saunders,  Synops.  of  brit. 
Hern.  Het.  1876,  649,  17.  _  Hern.  Het.  of  the  brit.  isl.  1892, 
p.  336.  —  PuTON,  Synops.  d.  Hern.  Het.  d.  Fr.  1880,  I,  p.  228,  12. 

—  Cat.  1899,  p.  82,  30. 

Bayern :  Bei  Regensburg  nicht  selten.  Kittel.  —  Bei  Bamberg 
in  stehenden  Wässern.  Funk.  —  Baden:  ...  8.  Meess.  —  Elsaß- 
Lothringen  :  Assez  commune  partout ;  par  essaims  dans  les  canaux 
lateraux  d'IU,  ä  Strasbourg.  Reiber-Püton.  —  Westfalen :  Ein  ein- 
ziges Männchen  dieser  Art  fand  ich  3.  10.  1879  in  einer  Mergel- 
grube auf  der  Coerheide.  Westhoff.  —  Thüringen :  Um  Gotha  in 
den  Tongruben  vor  dem  Berloch,  selten.  Kellner-Breddin.  —  Von 
B.  Schmiedeknecht  (Blankenburg)  gefunden.  Fokker.  —  Schleswig- 
Holstein  :  Seltener  als  striata  L.  Wüstnei.  —  N.  S.  Insel  Borkum : 
Häufig.  Schneider.  —  Mecklenburg  :  In  Teichen  mitunter  sehr  häufig. 
Raddatz.  —  Schlesien  :  Sehr  gemein  um  Breslau.  Scholz.  —  In  der 
Ebene  und  im  Gebirge  in  stehenden  Gewässern,  besonders  im  Herbst 
häufig  .  .  .  Assmann.  —  Provinz  Preußen :  Brischke. 

Im  ganzen  Gebiete  (Europa).    Fieber. 

[Schweiz :  Wie  C.  striata  L. ,  an  den  nämlichen  Orten  und 
durchs  ganze  Jahr,  aber  in  größerer  Zahl  vorhanden  .  .  .  Frey-Gessner. 

—  Böhmen:  Überall  häufig,  die  gemeinste  von  allen  Arten  dieser 
Gattung.  DuDA.  —  Livland :  Sehr  zahlreich,  von  Anfang  Mai  bis  in 
den  Oktober.  Flor.  —  Frankreich:  Commune  dans  toute  la  France. 
PüTON.  —  England :  Common  and  generally  distributed.     Saunders.] 

28.   (27.)  Seitenwinkel  des  Pronotum  stumpf. 

19  bezw.  20  (638)  distincta  Fieb. 
Diese  Art  hat  Form,    Aussehen   und  Färbung  der  C.  Fallenii, 
von  der  sie  sich,    abgesehen   von   den    stumpfen  Seitenwinkeln    des 

10* 


—     148     — 

Pronotum,  dadurch  unterscheidet,  daß  die  Klauen  ihrer  Mittelbeine 
kaum  länger  als  die  betreffenden  Tarsen,  ihre  Gestalt  etwas  breiter 
und  weniger  gewölbt  und  die  Pala  des  Männchen  anders  (breit- 
messerförmig)  gestaltet  ist;  die  Pala  ist  hier  nicht  plötzlich  am 
Grunde  rechtwinklig  erweitert,  sondern  ihr  oberer  Rand  ist  halb- 
eiförmig, im  untern  Drittel  ist  sie  am  breitesten,  ihr  unterer  Rand 
ist  leicht  gebogen  und  bildet  nahe  dem  Grunde  einen  stark  stumpfen 
Winkel.  Von  C.  striata  unterscheidet  sich  distinda  durch  die  7 — 9 
blassen  Querlinien  des  Pronotum,  durch  die  schmalen,  wenig  oder  gar 
nicht  erweiterten  Clavuslinien ,  durch  die  langen  Klauen  der  Mittel- 
beine (länger  oder  doch  so  lang  wie  die  Tarsen)  und  durch  die  feineren 
Querlinien  des  Corium.  Die  Stirngrube  des  Männchen  ist  seicht,  etwas 
herzförmig  und  reicht  nicht  zwischen  die  Augen.     Länge  7 — 8  mm. 

C.  vernicasa  Wallengreen,  Öfv.  Scand.  Cor.  1854,  in  Skan- 
dinavien und  Finnland  (Saünders,  Synops.  1876,  p.  649,  16),  ist  der 
C.  striata  sehr  ähnlich,  nur  daß  ihr  Thorax  tiefer  rastriert,  seine 
dunklen  Querlinien  etwas  eingedrückt  und  die  blasse  Zeichnung  am 
Grunde  des  Clavus  nach  innen  nicht  so   stark  verbreitert  ist :  Var. ! 

C.  DoiKjlasi  Fieber  (in  litteris),  Douglas  and  Scott,  Brit.  Hem. 
1865,  p.  612,  18,  ist  der  C.  fossarum  sehr  ähnlich  gezeichnet,  hat 
aber  andern  Xyphus  und  andere  Pala;  letztere  ist  jener  von  distinda 
sehr  ähnlich.  Diese  Art  wurde  wieder  nach  einem  einzigen  in 
England  gefundenen  und  an  Fieber  zur  Beschreibung  gesandten 
Männchen  aufgestellt!  und  ist  mutmaßlich  nur  eine  stärker  gefärbte 
Varietät  von  distinda  mit  braunem  Außenrand  der  hinteren  Schienen. 

Corisa  distinda  Fieber,  Syn.  Cor.  1848,  No.  19.  —  Spec.  Cor. 
1851,  p.  32,  35,  tab.  2.  fig.  13.  —  Eur.  Hem.  1861,  p.  97,  29.  — 
Flor,  Rhynch.  Livlds.,  I,  1860,  p.  792,  6.  —  Douglas  and  Scott, 
Brit.  Hem.  1865,  p.  608,  15.  —  Saünders,  Synops.  of  brit.  Hem. 
Het.  1876,  p.  649,  18.  —  Hem.  Het.  of  the  brit.  isl.  1892,  p.  335.  — 
PuTON,  Synops.  d.  Hem.  Het.  d.  Fr.  1880,  I,  p.  228,  13.  —  Cat.  1899, 
p.  82,  31. 

Corisa  Fieberi  Kolenati,  Mel.  ent.  1857,  VI,    p.  72,   sp.  280. 

Corisa  vernicosa  Wallengreen,  Öfv.  (Scand.  Cor.)  1854 
(Saünders,  Synops.  1876,  p.  649,  16)  =  var. 

Corisa  Douglasi  (Fieber),  Douglas  and  Scott,  Brit.  Hem.  1865, 
p.  612,  18  =  var. 

Bayern :  Bei  Bamberg  (Teiche  bei  Aurach).  Funk.  —  Württem- 
berg :  Bei  Ulm  (Arnegger  Torfstiche),  5.  Hüeber.  —  Elsaß-Lothringen : 


—     149     — 

Remiremont,  Metz;  rare.  Reiber-Püton.  —  Westfalen:  Vier  Stücke 
(1  6,  3  $)  dieser  schönen  Art  fing  Kolbe  in  der  Schlinge  bei  Öding, 
zwei  im  Juni  1878,  zwei  im  Oktober  1879.  Westhoff.  —  Thüringen: 
Zwischen  Gotha  und  Siebleben  in  Tongruben,  selten.  Kellner- Breddin. 
—  Schleswig-Holstein  :  Nur  selten  gefunden.  Wüstnel  —  N.  S.  Insel 
Borkum :  Selten.  Schneider.  —  Mecklenburg :  Mit  C.  Fallenii  Fieb. 
zusammen  und  gleich  häufig.  Raddatz.  —  Schlesien :  Ich  fing  bisher 
nur  wenige  Exemplare,  und  zwar  bei  Breslau,    Scholz. 

Aus  Lappland,  Rußland,  Preußen,  Böhmen,  Sachsen  und  Öster- 
reich.    Fieber. 

[Schweiz :  Ein  Stück  vom  Battwyler  Bergweiher  bei  Burg- 
dorf. Frey-Gessnek.  —  Tirol:  Im  See  am  Langen  im  oberen  Nons- 
berge,  über  der  Holzgrenze.  Gredler.  —  Steiermark:  In  Lachen 
bei  Admont.  Strobl.  —  Böhmen :  Mit  C.  Fallenii  Fieb.,  doch  nicht 
so  häufig.  DüDA.  —  Livland:  Sehr  selten;  7  und  8.  Flor.  —  Frank- 
reich: Probablement  toute  la  France,  mais  souvent  confondue  avec 
les  precedentes.     Puton.  —  England.  Not  rare.     Saünders.] 

29.  (24.)     Größe  von  5— 6V2  mm. 

30.  (39.)    Pronotum  mit  6 — 8  gelben  Linien. 

31.  (36.)    Stirngrube  des  Männchen  tief  ausgehöhlt  und  vorne  mit  einer 

halb  eiförmigen  Krümmung  endigend,  die  bis  zur  Augenmitte  reicht. 
Die  gelben  Linien  am  Clavus  sind  parallel,  kaum  abgebrochen 
oder  gekürzt. 

32.  (33.)    Pronotum   mit    8    gelben  Linien;    die    gelben    Querlinien    des 

Corium  werden  von   2   schwarzen  Längslinien  unterbrochen. 

20  bezw.  16  (634)  limitata  Fieb. 
Länglich,  schmal,  oben  braun,  unten  gelb,  Mitte  der  Brust  und 
Grund  des  Hinterleibs  mehr  oder  weniger  breit  schwarz,  dabei  hell 
und  scharf  gezeichnet.  Pronotum  mit  7 — 8  gelben  Linien,  die  etwas 
breiter  als  ihre  braunen  Zwischenräume  sind;  seine  Seitenwinkel 
stumpf.  Die  Linien  am  Clavus  sind  schief,  parallel ,  fast  alle  voll- 
ständig (ganz)  und  so  breit  wie  die  braunen  Zwischenräume,  jene 
am  Grunde  noch  etwas  breiter.  Die  gelben  Querlinien  des  Corium 
sind  ungleich,  unregelmäßig  und  durch  2  schwarze  Längslinien  (deren 
eine  nahe  dem  Seitenrand,  die  andere  nahe  der  Clavusnaht  verläuft) 
in  3  Reihen  geteilt.  Die  Membran  ist  vom  Corium  durch  eine  feine 
gelbe  Linie  getrennt.  An  den  hellen  Beinen  sind  die  Vorderschienen 
sehr  verdickt,  fast  so  breit  wie  die  Pala  und  die  Klauen  der  Mittel- 
beine länger  als  die  betreffenden  Tarsen.  —  Beim  Männchen  ist  die 
Pala   breit-messerförmig   —    (beim   Weibchen    schmal- messerförmig) 


—     150     — 

—  kurz,  breit,  2mal  so  lang  wie  breit  (am  Grunde  schmal,  die 
größte  Breite  im  ersten  Drittel  von  der  Spitze  ab ,  der  obere  Rand 
wie  ein  eingedrückter  Bogen,  der  untere  Rand  mit  sehr  stumpfem 
Winkel  nahe  am  Grunde).  Die  umgekehrt-eiförmige  Stirngrube  ist 
tief  ausgehöhlt,  erstreckt  sich  nach  oben  zwischen  die  Augen  und 
endigt  in  einen  tief  gerundeten  Bogen.     Länge  6 — 6V2  mm. 

Corisa  Umitata  Fieber,  Syn.  Cor.  1848,  No.  25.  —  Spec.  Coris. 
1851,  35,  42,  tab.  2,  fig.  20.  —  Eur.  Hem.  1861,  p.  95,  19.  — 
Saünders,  Synops.  of  brit.  Hem.  Het.  1876,  p.  650,  21.  —  Hem.  Het. 
of  the  brit.  isl.  1892,  p.  336.  —  Püton,  Synops.  d.  Hem.  Het.  d.  Fr. 
1880,  I,  p.  229,  14.  —  Cat.  1899,  p.  82,  23. 

?  Corisa  stagnalis  Leach,  Classif.  of  Ins.  Not.  (Linn.  Trans.  12), 
1817,  p.  17,  5. 

Bayern :  Bei  Bamberg  in  stehenden  Wässern.  Funk.  —  Baden : 
Karlsruhe.  Meess.  —  Elsaß-Lothringen  :  Strasbourg,  foret  de  Venden- 
heim,  Rhin,  Metz.  Reibek-Pdton.  —  Westfalen  :  Wie  semistriata  Fieb. 
in  der  Umgegend  Münsters  verbreitet,  doch  seltener  als  jene.  Sie 
lebt  in  bewachsenen  Tümpeln  und  Gräben,  sowie  in  langsam  fließen- 
den Bächen.  Ich  fing  sie  1879  am  4.  und  12.  Mai  bei  Nimberge, 
am  5.  auf  der  Gasseisheide  bei  Kinderhaus,  am  7.  auf  der  Toppheide, 
am  3.  X.  auf  der  Coerheide  und  am  23.  auf  der  Loddenheide.  Kolbe 
fand  ein  Stück  bei  Öding,  19.  X.  1879.  Westhoff.  —  Thüringen: 
Um  Gotha  überall  nicht  selten.  Kellner-Breddin.  —  Von  Dr. 
Schmiedeknecht  (Blankenburg)  gesammelt.  Fokker.  —  Schleswig- 
Holstein  :  Selten  bei  Sonderburg.  Wüstnei.  —  Mecklenburg :  In 
Mergelgruben  nicht  selten.  Raddatz.  —  Schlesien:  Sehr  gemein  um 
Breslau.    Scholz. 

Durch  das  ganze  Gebiet  (Europa).    Fieber. 

[Schweiz :  Scheint  in  den  Torf  tümpeln  des  Binzen-Mooses  nicht 
selten  zu  sein.  Frey-Gessner.  (1871.)  —  Ob  Sedrun,  1400  m. 
KiLLiAS.  (1879.)  —  Böhmen :  Um  Sobieslan  und  Königgrätz  ziemlich 
selten.  Ddda.  —  Frankreich:  Une  grande  partie  de  la  France;  assez 
rare;  Nord,  Yosges,  Tonne,  Lyon,  Tarbes.  Puton.  —  England. 
Saünders.] 

33  (32)    Pronotum    mit    7    gelben  Linien.     Die    gelben    Querlinien    des 

Corium  von  3  schwarzen  Längslinien  durchbrochen. 

34  (35)    Grösse  6  —  6V2  mm.    Vorder-Schienen  beim  Männchen  sehr  ver- 

dickt. 


—     151     — 

21  bezw.  17  (635)  semistriata  Fieb. 
Schwarz  oder  schwarzbraun,  der  limitata  Fieb.  sehr  nahestehend, 
etwas  dunkler  und  kürzer  als  diese,  dabei  stark  rastriert;  Unterseite 
viel  breiter  schwarz ,  selbst  auf  den  Brustseiten.  Kopf  und  Beine 
hellgelb,  auf  dem  Scheitel  häufig  ein  brauner  Fleck.  Pronotum  mit 
6 — 8  gelben  Querlinien,  die  ungefähr  so  breit  sind  wie  die  braunen 
Zwischenräume.  Xyphus  horizontal,  ohne  aufgebogene  Spitze.  Die 
welligen,  gelben  Querlinien  an  Clavus  und  Corium  weniger  breit, 
jene  am  Corium  von  3  schwarzen  Längslinien  durchbrochen  und  hier- 
durch in  4  Reihen  geteilt.  Randkanal  der  Halbdecken  teilweise 
schwarz.  Beim  Männchen  ist  die  Stirngrube,  wie  bei  limitata,  tief 
ausgehöhlt,  zwischen  die  Augen  hinaufreichend  und  in  einer  fast  ab- 
gestutzten Kurve  endigend;  Vorderschienen  gleichfalls  aufgetrieben; 
Pala  kürzer,  halbkreisförmig,  an  ihrem  Grunde  am  breitesten,  ihr 
oberer  Rand  einen  regelmäßigen  Halbkreis  bildend,  ihr  unterer  Rand 
gerade  und  an  seinem  Grunde  nicht  merkhch  winkelig.  (Die  Pala 
der  Weibchen  ist  lang-messerförmig  mit  gleichmäßig  konvexem  Ober- 
rand; die  Vorderschienen  sind  hier  nicht  angeschwollen.)  Länge 
6 — 6V4  mm. 

Corisa  semistriata  Fieber,  Syn.  Cor.  1848,  No.  26.  —  Spec.  Coris. 
1851,  p.  36,  43,  tab.  2,  fig.  21  (fig.  2:  palae).  —  Eur.  Hern.  1861, 
p.  95,  20.  —  Wallengreen,  Öfv.  (Scand.  Cor.)  1854,  p.  150,  18. 
—  Flor,  Rhynch.  Livl.,  I,  1860,  p.  797,  10.  —  Douglas  and  Scott, 
Brit.  Hem.  1865,  p.  602,  9.  —  Saunders,  Synops.  of  brit.  Hem.  Hei 
1876,  p.  651,  22.  —  Hem.  Het.  of  the  brit.  isl.  1892,  p.  337.  — 
PuTON,  Synops.  d.  Hem.  Het.  d.  Fr.  1880,  I,  p.  230,  15.  —  Cat.  1899, 
p.  82,  25. 

Corisa  striata  Zetterstedt,  Ins.  Läpp.  1840,  p.  284,  2. 

Corisa  undulata  (Costa)  Herrich-Schäffer,  Wanz.  Ins.  IX,  1850, 
p.  57,  fig.  919. 

Bayern  :  Bei  Nürnberg  selten.  Kittel.  —  Bei  Bamberg  (Breitenau, 
Teiche  bei  Seehof).  Funk.  —  Elsaß-Lothringen :  Remiremont,  Gerard- 
mer,  Metz.  Reiber-Puton.  —  Westfalen:  Überall  um  Münster  ver- 
breitet ,  aber  nirgends  gerade  häufig.  Sie  lebt  in  bewachsenen 
Tümpeln  und  Gräben  und  findet  sich  als  Imago  im  Frühling  und 
Herbst.  Ich  fing  sie  1879  am  1.  Mai  auf  der  Mauritzheide ,  am  5. 
bei  Rumphorst  nicht  selten,  am  7.  ziemlich  häufig  in  der  Toppheide, 
am  12.  bei  Nienberge;  dann  am  13.  August  in  Gievenbeck  und  am 
3.  Oktober  wiederholt  auf  der  Coerheide.    V^on  Kolbe  19.  X.  1879  auch 


—     152     — 

zahlreich  bei  Öding  in  fließendem  Wasser  gefangen.  Die  Stücke 
meistens  dunkel,  solche  von  heller  Grundfarbe  selten.  Var.  histriata 
(„hneolis  corii  approximatis  interdum  junctis,  striis  duabus  nigris 
dissectis")  sehr  selten,  einzelne  Stücke  von  mir  bei  Münster  ge- 
fangen. C.  semistriata  unterscheidet  sich  von  der  verwandten  limitata 
FiEB.  durch  die  schwarz  gefärbten  Prosternalloben  und  die  Bildung 
der  männlichen  und  weibhchen  Palae.  Westhoff.  —  Thüringen:  Um 
Gotha  in  den  Tongruben  vor  dem  Berloch ,  sehr  selten.  Kellner- 
Breddin.  —  Schleswig-Holstein:  Bei  Sonderburg  selten.  Wüstnei.  — 
N.  S.  Insel  Borkum:  Selten.  Schneider.  —  Mecklenburg:.  In  Torf- 
gräben ziemlich  verbreitet.  Raddatz.  —  Schlesien:  Nicht  gerade 
häufig  um  Breslau.  Scholz.  —  In  der  Ebene  und  im  Gebirge, 
selten.  .  .  .  Assmann. 

Aus  Lappland,  Schweden,  Preußen.  Schlesien,  Sachsen.  Böhmen, 
Österreich  und  dem  Küstenland.    Fieber. 

[Schweiz:  Bis  jetzt  nur  in  einzelnen  Exemplaren  aus  dem 
Wauwyler  Torfgraben;  im  Mai  und  August  sehr  selten.    Frey- Gessner. 

—  Böhmen:  Überall  gemein.  Düda.  --  Livland:  Häufig,  vom  Mai 
bis  in  den  Oktober.  Flor.  —  Frankreich:  Nord,  Vosges,  Lyon, 
Landes,  Hautes  Pyrenees.  Puton.  —  Dep,  du  Nord  (Lille):  assez 
commune  dans  les  mares  d'eau  douce  des  dunes  de  Dunkerque,  au 
printemps.    Lethierry.  —  England.    Saünders.] 

35  (34)     Größe  von  4^2 — 5  mm.    Vorder-Schienen  des  Männchen  nicht 
merklich  angeschwollen. 

*ve)iusta  Dgl.  Sc. 
C.  venusta  Douglas  and  Scott,  1869.  —  Saünders,  Synops.  of 
brit.  Hem.  Het.  1876,  p.  651,  23.  —  Hem.  Het.  of  the  brit.  isl.  1892, 
p.  337.  —  PuTON,  Synops.  d.  Hem.  Het.  d.  Fr.  1880,  I,  p.  230.  16. 

—  Cat.  1899,  p.  82,  26. 

Bis  jetzt  nur  in  England  (Großbritannien)  und  Frankreich  ge- 
funden; in  letzterem  Lande  sehr  selten  (Püton  kannte,  1878.  nur 
2  Exemplare  aus  Avignon),  der  C.  semistriata  sehr  ähnlich,  nur  kürzer 
und  dementsprechend  breiter,  die  ganze  Oberfläche  stark  rastriert, 
die  Unterseite  weniger  breit  schwarz;  das  Pronotum  etwas  kürzer 
als  bei  semistriata  mit  7  blaßen  Linien,  die  breiter  als  ihre  braunen 
Zwischenräume  sind;  am  Clavus  sind  die  ganzen  (d.  h.  durchlaufen- 
den), parallelen,  schrägen  gelben  Linien  so  breit  wie  die  Zwischen- 
räume; außer  den  3  braunen  Längslinien  ist  bei  vennsta  überdies 
noch    der    innere    Coriumwinkel    selbst   braun.      Die    Stirngrube    des 


—     153     — 

Männchen  ist  etwas  weniger  tief  und  mehr  parallelseitig  als  bei  den 
2  vorhergehenden  Arten,  die  Vorderschiene  des  Männchen  ist  hier 
nicht  verdickt,  die  Pala  kurz  und  breit,  halbherzförmig,  ihr  oberer 
Rand  mit  seiner  größten  Breite  gegen  das  Grund-Drittel  zu  gebogen, 
der  untere  Rand  gerade  (während  die  Pala  beim  Weibchen  länger 
und  schmaler,  zweimal  oder  mehr  als  zweimal  so  lang  wie  breit  ist). 
Länge  5  —  6  mm. 

36  (31)     Stirngrube    des  Männchen    sehr   seicht,    vorne    nicht    in    einer 

halbeiförmigen  Krümmung  endigend.  Die  gelben  Linien  des  Clavus 
fast  parallel ,  gegen  das  Ende  zu  mehr  oder  weniger  unter- 
brochen. 

37  (38)    Pronotum  mit  6  gelben  Linien  und  einem  rechten  Seitenwinkel. 

Stirngrube  des  Männchen  vorne  nicht  durch  einen  queren  geraden 
Kiel  abgeschlossen. 

22  (640)  fossarum  Leach. 
Schwarzbraun;  Kopf,  Beine  und  Unterseite  hellgelb,  Brustmitte 
und  Hinterleibsgrund  schwarz ,  etwas  schmaler  als  die  folgende 
(C  Fabricii).  Das  kurze  Pronotum  hat  6  helle  gelbe  Querlinien, 
die  etwas  schmaler  sind  als  die  dunklen  Zwischenräume;  die  Seiten- 
winkel sind  stumpf.  Der  Xyphus  ist  schwarz  mit  stark  aufwärts 
gebogener  gelber  Spitze.  Das  Connexivum  ist  bleich ,  ungefleckt. 
Die  gelben  Linien  des  Clavus  sind  nahezu  parallel,  regelmäßig,  durch- 
laufend, jene  am  inneren  Rand  etwas  breiter;  die  Linien  des  Corium 
sind  gewellt,  häufig  und  unregelmäßig  abgesetzt,  oft  sogar  in  kleine 
Flecken  aufgelöst,  die  wieder  zu  Längsstreifen  angeordnet  sind  (oder 
von  2  dunklen  Längslinien  durchschnitten).  Die  Membran  ist  vom 
Corium  durch  einen  schmalen  gelben  Streif,  auf  welchen  ein  schwarzer 
folgt,  geschieden.  Die  Klauen  der  Mittelbeine  sind  länger  als  die 
Tarsen.  Beim  Männchen  ist  die  Stirngrube  sehr  seicht,  flach,  recht- 
eckig, kaum  über  die  vordere  Augenecke  hinausreichend.  Die  Pala 
des  Männchen  ist  am  Grunde  breit,  kaum  schmäler  als  in  der  Mitte, 
2V2mal  so  lang  wie  breit,  von  der  Form  eines  etwas  krummlinigen 
Dreiecks,  während  die  Pala  der  Weibchen  schmal-messerförmig  ist 
mit  gleichmäßigem  und  schwach  konvexem  Oberrand  (breit  halb- 
mondförmig und  etwas  gebogen  nach  Fieber).  Länge  6  mm.  — 
Diese  Art  unterscheidet  sich  von  der  ähnlichen  semistriata  durch 
den  Winkel,  welchen  Seiten  und  Hinterrand  des  Pronotum  bilden, 
durch  das  unbehaarte  Corium  und  durch  die  ganz  anders  geformte 
Pala  des  Männchen. 


—     154     — 

Corisa  fossaruni  Leach,  Classif.  Not.  (in  Trans.  Linn.  Soc.)  1817, 
XII,  p.  17,  4.  —  C.  R.  Sahlberg,  Hist.  Not.  Fenn.  1819,  10.  — 
Fieber,  Syn.  Cor.  1848,  No.  21.  —  Spec.  Cor.  1851,  p.  32,  No.  37, 
tab.  2,  fig.  15.  —  Eur.Hem.  1861,  p.  98,  32.  —  Wallengreen,  Öfv. 
(Scand.  Cor.)  1854,  p.  149,  15.  —  Flor,  Rhynch.  LivL,  I,  1860, 
p.  795,  8.  —  Douglas  and  Scott,  Brit.  Hem.  1865,  p.  611,  17.  — 
Saunders,  Synops.  of  brit.  Hem.  Het.  1876,  p.  651,  24.  —  Hem.  Het. 
of  the  brit.  isl.  1892,  p.  338.  —  Puton,  Synops.  d.  Hem.  Het.  d.  Fr. 
1880,  I,  p.  231,  17.  —  Cat.  1899,  p.  82,  35. 

NB.!  C.  prominula  Thomson,  1869,  in  Skandinavien  und  Finn- 
land, auch  von  Douglas  im  Eni  Month.  Mag.  XH,  p.  224  beschrieben, 
ist  der  ('.  Scotti  Fieb.  sehr  ähnlich,  nur  breiter  und  dunkler.  Stirn- 
grube und  Form  der  Pala  des  Männchen  stehen  in  der  Mitte  zwischen 
fossarwn  Leach  und  Scotti  Fieb.     Länge  5^2  mm.  =   Var. 

Bayern :  Bei  Regensburg  und  Nürnberg  nicht  selten.  Kittel. 
—  Bei  Bamberg  in  stehenden  Wässern.  Funk.  —  Baden :  Wildsee, 
7.  (F.)  Meess.  —  Elsaß-Lothringen :  Remiremont,  Strasbourg.  Reiber- 
Puton.  —  Westfalen:  In  bewachsenen  Tümpeln  und  Gräben  im  Früh- 
ling und  Herbst  verbreitet,  aber  selten.  Besonders  von  mir  im  Mai 
bei  Münster  gefangen;  18.  V.  1879  sammelte  ich  sie  bei  Greven; 
VL  78  und  9.  X.  79  Kolbe  bei  Öding;  unter  den  letzteren  Stücken 
befinden  sich  2  Weibchen,  welche  über  3'"  messen.  Westhoff.  — 
Thüringen:  Um  Gotha  nicht  selten.  Kellner-Breddin.  —  Schleswig- 
Holstein  :  Etwas  häufiger  als  C.  moesta  Fieb.  Wüstnei.  —  Mecklenburg: 
Mit  C.  semistriata  Fieb.  ebenfalls  in  Torfgräben,  aber  nicht  häufig. 
Raddatz.  —  Schlesien :  Sehr  häufig  um  Breslau.  Scholz.  —  In  der 
Ebene  und  im  Gebirge,  in  stehenden  Gewässern,  häufig;  um  Breslau 
in  Straßengräben  vor  dem  Schweidnitzer  Tor  .  .  .  Assmann.  —  Pro- 
vinz Preußen.     Brischke. 

Im  ganzen  Gebiet  (Europa).    Fieber. 

[Schweiz :  Ebenso  häufig  wie  C.  moesta  Fieb.  überall  und  durchs 
ganze  Jahr,  doch  wie  striata  und  Falleni  mehr  im  Quell-  als  Torf- 
wasser; um  Aarau,  Zürich.  .  .  Frey-Gessner.  —  Böhmen:  Im  ganzen 
Gebiete  nicht  selten.  Duda.  —  Livland :  Häufig  vom  Mai  bis  Ende 
Oktober.  Flor.  —  Frankreich :  Nord .  Vosges ,  Yonne ,  Lyon  etc. 
Puton.  —  England:  Generally  distributed.    Saunders.] 

38  (37)  Pronotura  mit  7  p^elben  Linien  nnd  breit  abg-erundetem  Seiten- 
winkel. Die  Stirngrube  des  Männchen  endigt  in  der  Höhe  der 
Augen  mit  einem  queren,  geradlinigen  Kiel. 


—     155     — 

23  (641)  nigrolineata  Fieb.  ^ 

Schwarzbraun  oder  schwarz  mit  gelben  Querlinien  auf  Pronotum 
und  Decken,  von  Gestalt  und  Form  der  C.  fossarmn  Leach.,  wechselt 
diese  Art  sehr  stark  in  Färbung  und  Zeichnung,  ist  bald  braun  mit 
feinen  gelben  Linien ,  bald  gelb  mit  feinen  schwarzen  Linien ,  ja, 
PüTON  kennt  ein  fast  ganz  gelbes  Exemplar  (aus  den  Pyrenäen),  das 
nur  am  Corium-Ende  einige  schwärzliche,  kaum  wahrnehmbare  Striche! 
aufweist.  Pronotum  kurz  mit  sehr  kurzen,  breit  abgerundeten  Seiten- 
winkeln, stark  einwärts  vom  Schulterwinkel  der  Halbdecken  gelegen; 
der  Mittelkiel  kurz,  von  Form  eines  vorragenden  Höckers ;  auf  der 
Pronotum -Fläche  7 — 9  blasse  Linien  auf  schwarzem  Grund  oder 
ebensoviele  schwarze  Linien  auf  gelbem  Grunde,  je  nachdem  die 
einen  oder  die  andern  breiter  sind.  Xyphus  fast  horizontal  mit  nur 
wenig  aufgebogener  Spitze.  Unterseite  bei  den  dunkeln  Spielarten 
größtenteils  schwarz,  manchmal  nimmt  jedoch,  besonders  bei  den 
Weibchen,  die  gelbe  Färbung  so  zu ,  daß  nur  die  Mitte  der  Mittel- 
brust schwarz  bleibt.  i\uf  Clavus  und  Corium  ist  die  schwarze  und 
gelbe  Färbung  ziemlich  gleich  verteilt  oder  es  überwiegt  die  Schwarz- 
färbung. Die  welligen  Querlinien  des  Corium  werden  von  einer  (dem 
inneren  Rande  entlang  laufenden)  schwarzen  Längslinie  unterbrochen; 
der  innere  Winkel  ist  gewöhnlich  schwarz.  Die  Membrann  ist  durch 
einen  sehr  schmalen  gelben  Strich  (auf  welchen  ein  ebenso  schmaler 
schwarzer  folgt)  gegen  das  Corium  abgegrenzt;  auf  ihrer  Fläche 
überwiegt  die  Gelbfärbung,  der  Außenrand  ist  schwarz.  Der  Rand- 
kanal der  Halbdecken  ist  bei  den  braunen  Spielarten  ganz  schwarz, 
bei  den  blassen  Varietäten  meist  nur  teilweise  schwarz.  —  Beim 
Männchen  ist  die  messerförmige ,  ziemhch  kleine  Pala  2V2mal  so 
lang  wie  breit,  nahe  der  Mitte  am  breitesten,  ihr  oberer  Rand  regel- 
mäßig gebogen,  der  untere  Rand  gerade.  (Die  Pala  des  Weibchen 
ist  ähnlich ,  nur  nicht  ganz  so  hoch  und  etwas  länger.)  Die  Stirn- 
grube (des  Männchen)  ist  ganz  oberflächlich,  schmal,  rechteckig,  am 
vorderen  Augenrande  plötzlich  mit  einer  geraden,  querstehenden, 
vorspringenden  Kante  endigend.     Länge  5V2 — 6  mm. 

Douglas  und  Scott  (England)^  haben  unter  den  Namen  C.  mi- 
cans,  dubia,  perplexa,  decora,  Whitei  und  horealis  mehr  oder  weniger 
gefärbte  Varietäten  der  C.  nigrolineata  Fieb.  beschrieben;  Fieber  selbst 

'  Lief  bisher  als  C.  Fahricii  Fieb.,  welcher  Name  neuerdings  als  Tar. 
der  Stammform  C.  nigrolineata  Fieb.  gilt. 

^  Die  englische  Hemipteren- Fauna  deckt  sich  fast  vollständig  mit  der 
deutschen,  nur  daß  letztere  noch  etwas  artenreicher  ist. 


—     156     — 

beschrieb  diese  (fast  gleichzeitig  auch  von  Herrich -Schäffer  als 
C.  lineolata  beschriebene  und  abgebildete)  Art  unter  3  verschiedenen 
Namen,  d.  h.  als  3  verschiedene  Arten  {abdominalis,  nigrolineata 
und  Fahricii).  —  Bei  dem  großen  Farbenwechsel  bietet  die  (schmale, 
seichte,  nicht  zwischen  die  Augen  verlängerte,  sondern  oben  mit  einem 
queren  Kiel  endigende)  Stirngrube  des  Männchen  das  leichteste  und 
sicherste  Erkennungszeichen;  weiterhin  sind  bei  dieser  'Art  (zum 
Unterschied  von  den  ähnlichen  limitata,  semistriata  und  venusta) 
die  Strichel  des  Corium  nicht  durch  Längshnien  in  Reihen  geteilt; 
sodann  springt  hier  der  Höcker  auf  dem  Pronotum  stark  vor  und 
sind  des  letzteren  Seitenwinkel  abgerundet. 

Corisa  nigrolineata  Fieber,  Syn.  Cor.  1848,  No.  24.  —  Spec. 
Cor.  1851,  p.  34,  40,  tab.  2,  fig.  18  (pake).  —  Eur.  Hem.  1861, 
p.  96,  24.  —  Wallengreen,  Öfv.  (Scand.  Cor.)  1854,  p.  149,  16. 
—  Douglas  and  Scott,  Brit.  Hem.  1865,  p.  605,  12.  —  Puton, 
Cat.  1899,  p.  82,  38. 

Corisa  lineolata  Herrich-Schäffer,  Wanz.  Ins.  IX,  1850,  p.  55, 
fig.  911. 

Corisa  lineata  Rambur,  Faune  d'Andalus,  1838. 

?  Corisa  lateralis  Leach,  Class.  of  Ins.  Not.  (Linn.  Trans.  12),  1817. 

Corisa  Fahricii  Fieber,  Spec.  Cor.  1851,  p.  33,  No.  38,  tab.  2, 
fig.  16,  —  Eur.  Hem.  1861,  p.  98,  31.  —  Flor,  Rhynch.  Livids.  I. 
1860,  p.  796,  9.  —  Wallengreen,  Scand.  Cor.  149.  —  Saünders, 
Synops.  of  brit.  Hem.  Het.  1876,  p.  650,  20.  —  Hem.  Het.  of  the 
brit.  isl.  1892,  p.  337.  —  Puton,  Synops.  d.  Hem.  Het.  d.  Fr.  1880, 
I,  p.  231,  18  =  var. 

Corisa  abdominalis  Fieber,  Syn.  Cor.   1848,  No.  22. 

Corisa  borealis,  decora,  dubia,  micans,  perplexa,  Whitei  Douglas 
et  Scott  =  var.  (vid.  Entom.  Month.  Mag.  1875,  Nov.). 

Bayern :  Bei  Bamberg  in  stehenden  Wässern.  C.  Fabricli  Fieb. 
(=  var.)  in  Tümpeln  am  Hauptsmoor.  Funk.  —  Württemberg:  Bei 
Ulm  (Einsinger  Ried),  9.  Hüeber.  —  Elsaß-Lothringen :  v.  nigrolineata 
Fieb.  communes  dans  les  petites  mares  des  bois,  ä  Metz  (B).  C. 
Fabricii  Fieb.  :  mares  boueuses  des  carrieres  de  Rouffach,  commune 
en  juin.  Reiber-Puton.  —  Westfalen:  Sigrolineafa  Fieb.  (lineolata 
H.-ScH.)  im  Frühling  und  Herbst  in  Gräben,  Tümpeln  und  langsam 
fließenden  Bächen  an  kahlen,  unbewachsenen,  warm  gelegenen  und 
senkeligen  Stellen,  welche  auch  von  Hydroporiis  halensis  F.  mit  Vor- 
hebe bewohnt  werden,    verbreitet   und    geselhg.     Von    mir   auf   der 


—     157     — 

Coerheide,  bei  Nienberge,  Albersloh,  Venne  usw.  gefangen,  unreife 
Stücke  erhielt  ich  noch  gegen  Ende  September.  Die  Zahl  der 
schwarzen  Querstreifen  variiert  mehr,  als  Fieber  angibt  (E.  H.  1861, 
96),  nämhch  von  6  —  10,  beim  Männchen  sind  sodann  die  Prosternal- 
loben  meistens  bleich,  nicht  dunkel,  wie  beim  Weibchen.  Exemplare 
bei  denen  die  schwarze  und  gelbliche  Färbung  sich  das  Gleich- 
gewicht halten,  kommen  ebenfalls  vor  .  .  .  6*.  Fabricii  Fieb.  (abdo- 
minalis FiEB.) :  Einige  Exemplare,  welche  ich  anders  nicht  zu  deuten 
vermag,  beziehe  ich  auf  diese  Art;  dieselben  stammen  hier  von 
Münster.  Westhoff.  —  N.  S.  Insel  Borkum :  Fabricii  Fieb.  gemein. 
Schneider.  —  Thüringen :  C.  nigrolineata  um  Gotha  an  verschiedenen 
Orten,  selten.  C.  Fabricii  Fieb.  zwischen  Gotha  und  Siebleben  in 
Tongruben,  selten.  Kellner-Breddin.  —  Schleswig-Holstein:  C.  Fa- 
bricii Fieb.  nebst  der  var.  nigrolineata  Fieb.  selten  bei  Sanderburg. 
WCSTNEi.  —  Mecklenburg:  In  Teichen  nicht  häufig.  Fabricii  Fieb.: 
nur  wenige  Stücke  fing  ich  gleichfalls  in  Torfgräben.  Raddatz.  — 
Schlesien:  Um  Breslau  nicht  minder  gemein  als  C.  limitata  Fieb. 
Scholz.  —  Bisher  nur  bei  Breslau  gefunden ;  C.  Fabricii  Fieb.  bis- 
her nur  im  Gebirge,  selten  .  .  .  Assmann. 

C.  nigrolineata  Fieb.  durch  das  ganze  Gebiet  (Europa).  C. 
Fabricii  Fieb.  aus  Deutschland,  Schweden  und  Rußland.     Fieber. 

[Schweiz:  Nyon ,  St.  Prex  häufig.  Von  H.  Meier  früher  im 
Meienmoos  und  in  den  Tümpeln  am  Batwylerberg  bei  Burgdorf  als 
die  häufigste  Art  gefunden,  ebenso  von  Bremi  und  Menzel  in  den 
Torfgraben  um  Dübendorf  und  am  Katzensee.  In  den  letzten  Jahren 
an  den  gleichen  Orten  kein  Stück  erhältlich,  dafür  andere  Arten, 
die  früher  fehlten.  —  Tirol:  Im  Gebiete  von  Boz.en;  auch  aus  Welsch- 
tirol von  Dr.  Bertolini  ;  lebt  auch  im  Quellwasser.  Gredler.  —  Steier- 
mark: In  stehendem  Wasser  an  sonnigen  Stellen  den  ganzen  Sommer 
hindurch ;  Kroisbach.  Eberstaller.  —  Fabricii  Fieb.  var.  nigrolineata 
Fieb.  :  2  Exemplare  aus  Unter-Steiermark.  Strobl.  —  Nieder-Öster- 
reich :  C.  nigrolineata  Fieb.  bei  Gresten  im  Quellwasser ,  häufig. 
Schleicher.  —  Böhmen :  Die  typische  Form  C.  Fabricii  Fieb.  kenne 
ich  bisher  nur  von  Neuhaus ;  die  bleiche  var.  nigrolineata  Fieb.  ist 
dagegen  mehr  verbreitet,  um  Prag  sogar  gemein.  Düda.  —  Livland : 
C.  Fabricii  Fieb.  ziemUch  häufig,  im  Juni,  Juli,  September.  Flor. 
—  Frankreich :  Toute  la  France,  commune ;  Nord,  Vosges  .  .  .  Puton. 
Dep.  du  Nord  (Lille) :  C.  nigrolineata  rencontree  une  seule  fois  en 
abondance  dans  une  mare  du  Mont  Noir,  pres  d'une  sabhere,  au 
printemps.     C.  Fabricii  Fieb.  tres-rare;  un  seul  exemplaire  pris  dans 


—     158     — 

une  mare  des  dunes  de  Dunkerque.  Lethierry.  —  England:  C. 
Fabricii  Fieb.  (nigrolmeata  Fieb.  micans  Dgl.  Sc.  etc.)  common  and 
generally  distributed.     Saunders.) 

39  (30)  Pronotum  mit  5  gelben  Linien.  Kleine  Gestalt.  Stirngrube  des 
Männchen  sehr  oberflächlich  oder  vielmehr  die  Stirne  ist  überhaupt 
flach,  nicht  vertieft. 

*ScoUi  (Fieb.)  Scott.  68. 

Nur  in  England  und  Frankreich  vorkommend  (in  letzterem 
Lande  selten,  von  M.  Düverger  bei  Dax  gefunden) ,  der  C.  venusta 
ziemlich  ähnlich,  jedoch  durch  die  Stirngrube  leicht  zu  unterscheiden: 
Oberseits  braun,  unten  fast  ganz  gelb,  der  C.  fossarum  sehr  ähnlich, 
nur  kleiner,  der  Kopf  oben  mehr  eingedrückt,  der  Scheitel  stark 
verlängert  und  hinten  zugespitzt;  der  hintere  Augenwinkel  reicht 
fast  zum  vorderen  Thoraxwinkel;  dabei  ist  das  Pronotum  kürzer  und 
hat  nur  5  gelbe,  regelmäßige  Querhnien,  die  etwas  schmäler  als  ihre 
Zwischenräume  sind  (manchmal  findet  sich  auch  noch  ein  blasser, 
querer  Fleck  am  Grundwinkel);  die  Pronotum- Seiten winkel  sind 
stumpf  und  liegen  im  gleichen  Niveau  wie  die  Schulterecken  der 
Halbdeclien.  Die  gelben  Linien  am  Clavus  sind  schief  und  durch- 
laufend (die  am  Grunde  innerseits  erweitert),  jene  am  Corium  ge- 
rade, kurz,  von  2  braunen  Längslinien  unterbrochen.  Membran  wie 
bei  den  geschilderten,  verwandten  Arten.  Randkanal  gelb.  Klauen 
der  Mittelbeine  um  ein  Drittel  länger  als  die  Tarsen.  Pala  der 
Männchen  2V2mal  länger  als  breit,  ihr  oberer  Rand  ein  gedrückter 
Bogen,  vom  untern  Drittel  an  allmählich  zugespitzt,  im  allgemeinen 
kurz-messerförmig ,  am  Grunde  am  breitesten ,  doch  nicht  so  ab- 
gestutzt wie  bei  fossarum.  Die  Stirngrube  des  Männchen  sehr  flach, 
kaum  bis  zum  vorderen  Augenwinkel  reichend,  woselbst  sie  nicht 
schroff  abbricht,  eigentlich  nur  eine  Art  hufeisenförmiger,  punktierter 
Delle.     Länge  5  mm. 

Corisa  Scotti  (Fieber  in  litteris)  Scott,  1868.  —  Saunders, 
Synops.  of  brit.  Hem.  Het.  1876,  p.  651,  25.  —  Hem.  Het.  of  the 
brit.  isl.  1892,  p.  338.  —  Püton,  Synops.  d.  Hem.  Het.  d.  Fr.  1880, 
I,  p.  232,  19.  —  Cat.  1899,  p.  82,  36. 

40  (9)    Erstes  Glied  der  Hinter-Tarsen  mit  einem  schwarzen  Fleck  an 

der  Spitze  (ü.-G.   CalUcorisa  Buch). 

41  (42)    Die  gelbe  Coriumzeichmmg  in  quere  Linien  angeordnet.     Prono- 

tum mit  7  —  8  schwarzen  Linien.  Yorderschiene  und  Pala  oben 
schwarz  gezeichnet.  Pala  des  Männchen  um  ihre  Achse  gedreht, 
gegen  ihr  Ende  erweitert  (verbreitert). 


—     159     — 

24  (642)  praeusta  Fieb. 

Oben  braun  oder  schwarzbraun,  Unterseite  größtenteils  schwarz; 
Hinterleib  oben  schwarz,  an  den  Seiten  schmutzig-gelb;  Kopf  hell- 
gelb, öfters  mit  rotbraunem  Anflug.  Das  nach  hinten  ziemlich  ver- 
längerte Pronotum  zeigt  7 — 10  gelbe  Linien,  die  fast  so  breit  sind 
wie  ihre  Zwischenräume;  die  Querhnien  der  Halbdecken  sind  schmal, 
gewellt,  durchlaufend,  wenig  unterbrochen;  die  Membran  ist  durch 
einen  schmalen  undeutlichen  gelben  Streif  abgegrenzt  und  zeigt  auf 
ihrer  Scheibe  wirre  c[uere  Strichel;  der  Randkanal  der  Halbdecken 
ist  meist  dunkel.  Der  Xyphus  ist  horizontal  mit  abwärts  gebogenen 
Seitenrändern.  Die  Beine  sind  hellgelb,  oft  leicht  gebräunt;  die 
Klaue  an  den  Mittelbeinen  etwas  kürzer  als  der  Tarsus;  auf  dem 
ersten  Glied  der  hinteren  Tarsen  unten  ein  großer  viereckiger  Fleck, 
der  das  ganze  End-Drittel  einnimmt.  —  Beim  Männchen  ist  die 
Fala  verlängert,  dann  (ungefähr  in  ihrer  halben  Länge  vom  Grund 
ab)  plötzlich  löffelartig  erweitert,  vorwärts  gekrümmt  und  an  der 
Spitze  abgestumpft  (rebmesserförmig,  vorne  halbrund  erweitert  und 
oben  überbogen  nach  Fieber),  während  die  Fala  des  Weibchen  spitz- 
messerförmig  und  am  oberen  Rand  gleichmäßig  schwach  konvex  ist; 
Vorderrand  der  Fala  und  der  Vorderschiene  (manchmal  auch  das 
hintere  Knie)  schwarz  gefleckt.  Die  Stirngrube  des  Männchen  ist 
wenig  ausgehöhlt,  ohne  scharfe  Begrenzung  und  endigt  jenseits  der 
Augen  mit  einem  nicht  besonders  schroffen  Bogen.  Länge  7  mm. 
—  Diese  Art  gleicht  in  Form,  Färbung  und  Zeichnung  der  distincta^ 
ist  jedoch  durch  den  großen  Fleck  am  Ende  des  ersten  Gheds  des 
hinteren  Tarsus  (der  am  besten  von  unten  zu  sehen)  leicht  und 
sicher  zu  unterscheiden. 

C.  socia  Dgl.  Sc.  (England),  C.  producta  Reut.  80  (Finnland) 
und  C.  Wollastoni  Dgl.  Sc.  (England)  sind  lediglich  etwas  anders 
gefärbte  und  anders  gezeichnete,  einmal  gefundene  Varietäten  der 
G.  praeusta  Fieb.  —  Die  Gattung  Corisa  ist  doch  gewiß  genügend 
aufgelöst  und  zersplittert,  so  daß  es  wohl  nicht  nötig  wäre,  daß 
(selbst  anerkannte  Autoritäten,  die  sich  an  andern  Orten  mißbilligend 
über  die  leidige  Artmacherei  äußern)  auf  Grund  einer  einmal  ge- 
fundenen abweichenden  Form  sofort  eine  nov.  spec.  beschreiben  und 
so  den  literarischen  Ballast  in  unverantwortlicher  Weise  vermehren. 

Corisa  praeusta  Fieber,  Syn.  Cor.  1848,  No.  15.  —  Spec.  Cor. 
1851,  p.  28,  30,  tab.  1,  17,  flg.  1  —  18.  —  Eur.  Hem.  1861,  p.  95, 
21.  —  Wallengreen,    Öfv.  (Scand.  Cor.)  1854,    p.  146,  9.  —  Flor, 


—     160     — 

Ehynch.  Livlds.  I,  1860,  p.  787,  20.  —  Kolenäti,  Mel.  ent.  VI, 
p.  70,  276.  —  Saünders,  Synops.  of  brit.  Hem.  Het.  1876,  p.  647,  5. 

—  Hem.  Het.  of  the  brit.  isl.  1892,  p.  339.  —  Püton,  Synops. 
d.  Hem.  Het.  d.  Fr.  1880,  I,  p.  233.  —  Cat.   1899.  p.  82,  42. 

Corisa  horealis  Dalmann,  An.  ent.  1824. 

Gorisa  Wollastoni'Do\SGi.k?>  and  Scott,  Brit.  Hem.  1865,  p.  603, 10. 

—  Saünders,  Synops.  1876,  p.  648,  9  (et  C.  socia  Dgl.  Sc.) 
=  var.  (Britannia). 

0 

Bayern:   Bei  Bamberg  (Breitenau,    Teiche  bei  Seehof).    Funk. 

—  Elsaß-Lothringen:  Remiremont;  tres-rare.  Reiber-Püton.  —  West- 
falen: In  Gräben  und  Tümpeln,  sehr  selten.  Ein  eben  gereiftes 
Männchen  fing  Kolbe  bei  Öding  im  Laufe  des  Sommers,  ein  zweites 
ich  hier  bei  Münster,  3.  X.  1879,  auf  der  Coerheide.  Westhoff.  — 
Thüringen :  In  den  Tongruben  vor  dem  Berloch,  nicht  selten.  Kellner- 
Breddin.  —  Schleswig-Holstein:  Selten  in  Holstein.  Wüstnei.  — 
N.  S.  Insel  Borkum:  Sehr  selten.  Schneider.  —  Mecklenburg:  In 
Mergelgruben  selten.  RäddatZ:  —  Schlesien:  Um  Breslau  nicht  ge- 
mein. Scholz.  —  In  der  Ebene  und  im  Gebirge,  in  stehenden  Ge- 
wässern, selten;  um  Breslau  einzeln  .  .  .  Assmann. 

Aus  Böhmen,  Preußen,  Sachsen,  Schlesien,  Groß-Rußland  und 
Lappland.    Fieber. 

[Böhmen:  Wie  es  scheint,  ziemlich  verbreitet,  doch  nicht  gemein: 
ich  kenne  sie  von  Sobieslau,  Neuhaus  und  Prag.  Duda.  —  Livland:  Sehr 
selten ;  7,  8,  9.  Flor.  —  Frankreich :  Espece  du  Nord  de  l'Europe 
dont  je  n'ai  vu  qa'un  exemplaire  de  France,  que  j'ai  pris  ä  Gerardmer 
(Haut-Vosges).  Puton.  —  England :  Not  rare  and  generally  distributed. 
Saünders.] 

Nach  PuTON  und  Horvath  ist  praeusta  eine  „nordische  Art" ' 
Den  abweichenden  Angaben  der  verschiedenen  Lokal-Faunen  etc. 
dürfte  demnach  wohl  eine  Verwechslung  (falsche  Bestimmung)  zu- 
grunde liegen. 

Hierher  zählen  noch  einige  (bis  jetzt  nur)  englische  Arten : 

*  sodalis  Dgl.  Sc. 

Sie  unterscheidet  sich  nach  Saünders  (Hem.  Het.  1892,  p.  339), 
der  diese  (von  Bold  bei  Gosforth  in  England  gefundene)  Art  wiederum 
von  Douglas  erhielt,  von  C.  praeusta  Fieb.  nur  durch  die  kürzeren 
Klauen  der  Tarsen  der  Mittelbeine ,  welche  (bei  Männchen  wie 
Weibchen)  nur  etwa  zwei  Drittel  so  lang  sind  wie  der  Tarsus.    Der 


—     161     — 

Fleck  auf  den  hinteren  Tarsen  findet  sich  hier  nur  über  dem  inneren 
Endwinkel.     Länge  Q^ii  mm  (3'"). 

Die  andere,  gleichfalls  bis  jetzt  nur  in  England  gefundene  Art: 

*  cognata  Dgl.  Sc.  70, 
neuerdings  caledonica  Kirkaldy  97  genannt,  nicht  zu  verwechseln  mit 
cognata  Fieb.  (Eur.  Hern.  p.  99,  36,  aus  der  Schweiz  von  Meyer-Dür 
als  C.  carinata  erhalten),  ist  nach  Saunders  (Hern.  Het.  1892,  p.  340) 
den  vorstehenden  Arten  sehr  nahe  verwandt,  unterscheidet  sich  von 
ihnen  aber  durch  ihre  gelbe  Farbe ,  durch  die  7  reinen ,  breiten 
Pronotumstreifen  und  durch  die  breitere,  hellere,  mehr  fragmen- 
tarische Zeichnung  der  Halbdecken.  Beim  Männchen  ist  die  Pala 
an  ihrem  Ende  nicht  so  plötzlich  erweitert  j  die  vorderen  Schienen 
sind  nicht  schwarz  gezeichnet,  hingegen  haben  die  hinteren  Tarsen 
einen  großen  dreieckigen  Fleck.  Länge  6^2  mm.  —  Saunders  führt 
mehrere  englische  Fundorte  und  bekannte  Gewährsmänner  für  diese 
Art  an. 

*BoMi  Dgl.  Sc.  70, 
von  Douglas  and  Scott  1870  nach  einem  einzigen,  bei  Gosforth  (Eng- 
land) gefundenen  Weibchen  beschrieben,  charakterisiert  durch  die 
längliche  Zeichnung  auf  der  Mitte  des  Clavus  (welche  wohl  zufällig 
sein  dürfte):  Oberseite  fein  rastriert;  Pronotum  mit  7 — 8  feinen 
schwarzen  Linien;  Halbdecken  mit  heller  Querzeichnung  auf  dem 
Corium ;  Clavus  mit  länglichen  Zickzack-Stricheln  die  Mitte 
hinab  und  Querstricheln  an  den  Seiten.  Beine  lehmfarben;  der  Fleck 
auf  dem  hinteren  Tarsus  groß ,  vollständig  quer  über  das  Glied 
reichend.  6^/2  mm  (3'")-  —  Auch  Saunders,  der  diese  Art  (Synops. 
1876,  p.  646,  4  u.  Hem.  Het.  1892,  p.  339)  beschreibt,  hat  sie  selbst 
nie  zu  Gesicht  bekommen.    Dürfte  demnach  wohl  zu  streichen  sein! 

42  (41)  Gelbe  Zeichnung'  des  Corium  sehr  unregehnäßig,  tröpfchen- 
artig, nicht  in  Querreihen  angeordnet.  Pronotum  mit  9  —  10 
schwarzen  Linien.  Pala  des  Männchen  gleicht  einer  regelmäßigen 
Messerklinge,   die  nicht  um  ihre  Achse  gekrümmt  ist. 

25  (643)  concinna  Fieb. 
Oberseite  schwarz  mit  dichten,  glänzenden,  gelben  Querlinien ; 
Brust  dunkelgelb  mit  schwarzer  Mitte;  Xyphus  gelb;  Hinterleib  oben 
schwarz,  beim  Weibchen  an  den  Seiten  rötlich,  unten  dunkelgelb, 
die  ersten  Abschnitte  (beim  Männchen  4,  beim  Weibchen  2)  schwarz : 
Genitalsegmente    bräunlich    mit    gelben    Piändern.      Pronotum    ver- 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905.  11 


—     162     — 

längert,  hinten  abgerundet,  mit  9 — 10  engen,  krummen,  schmalen, 
in  der  Mitte  abgekürzten,  schwarzen  QuerHnien  auf  gelbem  Grunde 
und  fast  spitzen  Seitenwinkeln;  die  Halbdecken  zeigen  enge,  kurze, 
stark  wellige  gelbe  Linien,  die  am  Clavusgrund  gerade  und  breit 
(manchmal  auch  gabelig)  werden,  die  Strichel  sind  hier  weniger 
quer,  als  vielmehr  tröpfchenartig,  wurmähnlich.  Die  Membrannaht 
ist  schwach  und  dunkel ;  die  Membran  selbst  mit  gelber,  nach  außen 
etwas  gegabelter  Zeichnung,  die  am  inneren  Rand  fein  und  fast 
parallel  wird  ;  ihr  Vorderrand  ist  schwarz.  An  den  blaßgelben  Beinen 
ist  die  Pala  des  Männchen  schmal-messerförmig,  gleich  breit,  oben 
allmählich  bis^zur  Spitze  gekrümmt,  länger  und  einfacher  als  bei 
praeusta  und  vorne  spitz  (bei  den  Weibchen  ist  die  Pala  schmal- 
messerförmig,  vorne  etwas  gekrümmt,  zugespitzt);  am  zweiten 
Beinpaar  sind  die  Schienen  am  Ende  braun;  am  dritten  Beinpaar 
sind  die  Tarsen  unten  schwarz  (am  ersten  Glied  hinten ,  zu  beiden 
Seiten    des   Endrands,    am    zweiten  nur   am  Grund).     Länge    7  mm 

C.  concinna  unterscheidet  sich  von  der  ihr  sehr  nahe  stehen- 
den praeusta  (außer  den  schon  oben,  unter  42  (41)  angegebenen 
Merkmalen)  noch  dadurch,  daß  bei  ihr  die  Gelbzeichnung  breiter  ist 
als  die  braunen  Zwischenräume,  auch  die  Unterseite  und  der  Rand- 
kanal der  Halbdecken  sind  bei  ihr  mehr  gelb,  die  Palae  sind  viel 
länger  als  bei  praeusta,  Pala  und  Vorderschiene  zeigen  keinen 
schwarzen  Fleck  und  die  Stirngrube  des  Männchen  ist  etwas  tiefer 
und  seitlich  besser  abgegrenzt ;  das  Hauptkennzeichen  ist  der  kleine 
schwarze  Fleck  auf  dem  hinteren  Tarsus  (welcher  den  inneren  End- 
•  Winkel  des  ersten  Glieds  und  den  inneren  Grundwinkel  des  zweiten 
ausfüllt).  Immerhin  wird  diese  Art  von  den  verschiedenen  Autoren, 
ja  selbst  von  ein  und  demselben  zu  verschiedenen  Zeiten  (Saunders, 
1876,  bezw.  1892)  so  abweichend  beschrieben,  daß  sich  die  Frage 
aufdrängt,  ob  auch  immer  die  gleiche  Art  gemeint  ist,  bezw.  ob 
concinna  Fieb.  und  concinna  Dgl.  Sc.  so  ganz  identisch  sind. 

Gorisa  concinna  Fieber,  Syn.  Cor.  1848,  No.  15.  —  Spec.  Cor. 
1851,  p.  29,  31,  tab.  2,  fig.  9  (palae).  —  Eur.  Hem.  1861,  p.  96,  22. 

—  Wallengreen,  Öfv.  (Scand.  Cor.)  1854,  p.  146.  —  Douglas  and 
Scott,  Brit.  Hem.  1865,  p.  604,  11.  —  Saunders,  Synops.  of  brit. 
Hem.  Het.  1876,  p.  647,  6.  —  Hem.  Het.  of  the  brit.  isl.  1892, 
p.  340.   —  PuTON,  Synops.  d.  Hem.  Het.  d.  Fr.   1880,  I,  p.  233,  21. 

—  Cat.  1899,  p.  82,  46. 


—     163     — 

Schleswig-Holstein :  Bei  Sonderburg  selten.  Wüstnei.  —  N.  S. 
Insel  Borkum :  Selten.  Schneider.  —  Schlesien :  Sehr  selten  bei 
Breslau.  Scholz.  —  Bisher  nur  in  einigen  Exemplaren  bei  Breslau. 
Assmann. 

Aus  Böhmen,  Österreich,  Preußen.    Fieber, 

[Böhmen :  Bei  Neuhaus  in  einem  Torfteiche  1  Exemplar  ge- 
funden; auch  Fieber  hatte  diese  Art  aus  Böhmen.  Duda.  —  Frankreich  : 
Je  n'en  connais  pas  d'exemplaires  trouves  en  France,  mais  eile  se 
trouve  en  Belgique  tout  pres  de  notre  frontiere.  Puton  (1880).  —  Eng- 
land :    (Zahlreiche  Fundorte  nebst  Gewährsmännern,    H.)    Saunders.] 

Nach  HoRVAiH  ist  diese  Art:  „im  Westen  unseres  Erdteils  selten, 
in  Ost-Europa  häufiger". 

43.  (2.)    Pala  des  Männchen  an  ihrem  Ende  mit  langer,  feiner,  am  Grunde 

nur  wenig  verdickter  Kralle  (Klaue  oder  Sporn).  Pronotum  stark 
verlängert,  sein  Mittelkiel  vollständig  (oder  fast  vollständig)  durch- 
laufend (U.-Gr.   Glaenocorisa  Thoms.), 

44.  (47.)    Augen  wenig  vorspringend,  wie  bei  den  bisher  beschriebenen, 

vorangehenden  Arten ,    fast    bis    zum    hinteren  Kopfrand   reichend. 
•45.  (46.)    Brust  mit  ihren  Seiten  größtenteils  schwarz,  ebenso  auch  die 
Hüften  und  die  4  ersten  Bauchabschnitte.    Pronotum  mit   10  —  12 
schwarzen  Querlinien. 

*  carinata  Sahlb. 
Braun,  länglich,  von  Größe  und  Gestalt  der  C.  Fallenii.  Scheitel 
oft  verdunkelt.  Pronotum  nach  hinten  sehr  verlängert,  mit  9 — 12 
gelben  Linien,  fast  stumpfen  Seitenwinkeln  und  einem  fast  voll- 
ständig durchlaufenden  mittleren  Kiel.  Zeichnung  der  Halbdecken 
dunkel  und  schwach,  sehr  fragmentarisch,  wurmförmig,  oft  kaum  zu 
verfolgen;  die  unregelmäßigen  gelben  Linien  auf  dem  Clavus  sind 
am  Grunde  etwas  breiter  und  mehr  parallel;  jene  auf  dem  Corium 
sehr  kurz  und  in  unregelmäßige  Längsreihen  gestellt;  das  Corium 
selbst  glänzend,  nur  an  seinem  Grunde  rastriert  und  mit  langen, 
sparsamen  Härchen  bedeckt;  Membrannaht  mit  einer  gelben,  sehr 
unbestimmten  Linie.  Randkanal  teilweise  schwarz.  Beine  dunkel ; 
Klauen  der  Mittelbeine  so  lang  wie  die  an  ihrem  Ende  schwarzen 
Tarsen,  Bei  den  Männchen  ist  die  Pala  verlängert,  messerförmig, 
mit  starker  seitlicher  Biegung  (d,  h.  am  Grunde  über  ihre  Fläche 
gebogen);  die  Vorderschiene  ist  erweitert,  breiter  als  die  Pala,  einem 
dreieckigen  Prisma  ähnlich.  Die  Stirngrube  des  Männchen  ist  läng- 
üch  breit ,  stark  ausgehöhlt ,  über  den  vorderen  Augenrand  hinaus 
verlängert.     Länge  8  —  10  mm  (4'")- 

11* 


—     164     — 

Corisa  carinata  Sahlberg,  Noton.  Fenn.  1819,  p.  12,  4.  ^ 
Fallen,  Hern.  Suec.  1829,  p.  184,  5.  ■ —  Saünders,  Synops.  of  brit. 
Hern.  Het.  1876,  p.  651,  26.  —  Hern.  Hei  of  the  brit.  isl.  1892, 
p.  340.  —  PuTON,  Synops.  d.  Hern.  Het.  d.  Fr.  1880,  I,  p.  234,  22. 
-  Cat.  1899,  p.  82,  49. 

Corisa  cognata  Fieber,  Eur.  Hern.   1861,  p.  99,  36. 

Corisa  Sharpi  Douglas  et  Scott. 

Aus  den  Schweizer  Alpen.    Fieber. 

[Schweiz :  C.  carinata  Sahlb.  ,  in  Tümpeln  auf  der  großen 
Scheidegg  im  Berner  Oberland  im  September  von  H.  Meyer-Dür  ge- 
funden. —  C.  cognata  Fieb.  gleichfalls  eine  rein  alpine  Art,  im  Juni 
und  August  in  Tümpeln  bis  in  die  Gletscherregion  hinauf;  am  Rhone- 
gletscher,  Bernina...  Frey-Gessner.  —  Steiermark:  Im  kleinen 
Reitersee  des  Hochschwung,  etwa  1600  m,  am  20.  August  1  Weib- 
chen. Strobl.  —  Frankreich  :  Espece  alpine,  Hautes-Pyrenees,  2200  m ; 
assez  commune  dans  les  Hautes-Alpes  suisses  .  .  .  Les  exemplaires 
des  Hautes-Pyrenees ,  trouves  par  M.  Paxdelle  ,  sont  un  peu  plus 
petits  (8  mm)  que  ceux  de  la  Suisse,  mais  me  n"ont  pas  presente 
d'autres  differences.  Puton.  ■ —  England :  Strathglass  and  Braemar. 
3000  ft,  B.  White;  Shetlands,  Reuter;  Ireland,  Haliday  Coli...  . 
Saünders.] 

NB.!  Diese  Art  wird  von  Kittel  für  Regensburg  (nicht  selten) 
und  von  Brischke  für  die  Provinz  Preußen  angegeben,  zweifellos 
irrtümlich ,  denn  diese  hochalpine  Art  kann  sich  vielleicht  noch  im 
bayrischen  Hochgebirg  finden  lassen,  nimmermehr  jedoch  an  ge- 
nannten Orten. 

46.  (45.)  Seiten  der  Brust  und  Xyphus  größtenteils  gelb;  die  2  ersten 
Bauchabschnitte  braun.  Pronotum  mit  9 — 10  schwarzen  Quer- 
linien. 

*  Germari  Fieb. 

Der  C.  carinata  sehr  nahestehend ,  so  daß  sie ,  nach  Puton, 
eigentlich  nur  eine  anders  gefärbte  Spielart  derselben  ist.  zumal  sie 
dieselben  Geschlechtsmerkmale  aufweist.  Ihr  einziger  Unterschied 
ist,  neben  den  oben  [46.  (45.)]  schon  angegebenen  Merkmalen ,  die 
mehr  entwickelte  Gelbzeichnung.     Länge  9 — 10  mm  (3^6 — 4'"). 

Fieber  erhielt  seine  C.  Germari  aus  Sachsen  (ob  dort  ge- 
funden? H.) ;  nach  Puton  kommt  diese  Art  nur  im  nördlichen  Europa 
und  in  den  österreichischen  Alpen  vor.  —  C.  Bohrni,  von  Fieber 
nach    einem    einzelnen  weiblichen  Exemplar    aus    den   östlichen 


—     165     — 

Pyrenäen  (Vernet)  beschrieben ,  dürfte  (Puton)  auch  hierher  zählen, 
zumal  gerade  bei  den  Corisen  das  weibUche  Geschlecht  zu  wenig 
charakterisiert  ist,  um  eine  Artbeschreibung  darauf  zu  gründen 
(Fieber  selbst  beschreibt  C.  JDohrni  und  C.  Germari  als  zwei  ver- 
schiedene Arten). 

Corisa  Germari  Fieber,  Syn.  Cor.  1848,  No.  29.  —  Spec.  Cor. 
1851,  No.  48,  tab.  2,  fig.  26  (palae).  —  Eur.  Hern.  1861,  p.  99,  37. 
—  Puton,  Synops.  d.  Hern.  Het.  d.  Fr.  1880,  I,  p.  234,  23.  —  Cat. 
1899,  p.  82,  50. 

Corisa  variegata  Wallengreen  ,  Öfv.  (Scand.  Cor.)  1854,   148, 

Corisa  intricata  Douglas  et  Scott. 

?  Corisa  Dohrni  Fieber,  Syn.  Cor.  1848,  No.  27.  —  Spec.  Cor. 
1851,  No.  46,  tab.  2,  fig.  25.  —  Eur.  Hem.  1861,  p.  99,  34. 

Espece  du  Nord  de  l'Europe  et  des  Alpes  d'Autriche,  dont  je 
n'ai  pas  vu  d'exemplaires  de  France  (excp.  Dohrni  Fieb.  siehe  oben!). 
Puton  (1880). 

47.  (44.)    Aug-en  stark  vorspringend,  nicht  bis  zum  hinteren  Rand  des 

Kopfes  reichend,  welcher  frei  bleibt  und  ein  erhöhtes  Band  bildet. 
Schiene  der  Mittelbeine  nicht  merklich  länger  als  die  Tarse;  Stirne 
beim  Weibchen  eingedrückt. 

48.  (49.)  Oberseite  schwarz  mit  sehr  schmalen  (dicht  stehenden)  gelben 

Querlinien.  Scheitel  und  äußere  Kante  der  hinteren  Schienen 
schwarz.  Pronotum-Kiel  vollständig  (d.  h.  von  vorn  bis  hinten 
durchlaufend). 

*  cavifrons  Thoms. 
Fast  schwarz;  Kopf  groß,  kugelig,  seine  Seiten  nach  rückwärts 
beiderseits  in  einen  feinen,  dornartigen  Fortsatz  verlängert;  Nacken 
zwischen  und  hinter  den  Augen  furchig;  Scheitelende  und  Hinter- 
rand des  Kopfes  rotbraun ;  Gesicht  mit  gelben  Härchen  bedeckt ; 
Stirneindruck  beim  Männchen  konkav  (beim  Weibchen  ganz  flach). 
Augen  sehr  groß  und  gerundet,  weit  über  die  Pronotumseiten  hinaus- 
reichend. Das  lange,  gleichschenkelige,  dreieckige  Pronotum  stark 
rastriert,  schmal  und  kurz,  mit  deutlich  erhabenem  vorderen  Kiel, 
hinter  der  Mitte  erlöschend;  Pronotumwinkel  nahezu  spitz;  Pronotum- 
fläche  mit  7  —  10  etwas  blasseren  Linien.  Halbdecken  sehr  dunkel, 
gebrochen  gezeichnet  mit  zerstreuten,  langen,  blassen  Haaren ;  Clavus 
regelmäßig  rastriert,  Corium  sparsam  rastriert  (bezw.  sehr  fein  un- 
deutlich c{uerrunzelig).  Rücken  und  Brustmitte  schwarz.  Connexivum 
bleich.  Beine  dunkel;  Vorderschenkel  verlängert,  verflacht,  unten 
rundlich    erweitert  (bes.  beim  Männchen).     Pala    des  Männchen  fast 


—     166     — 

dreieckig  mit  gelandeter  konkaver  Verbreiterung  am  oberen  Rand 
(beim  Weibchen  schmal  mondsichelförmig) ;  die  Tarsen  der  Mittel- 
beine   so    lang    wie    die    betreffenden    Schienen.      Länge   8 — 9    mm 

(3V2— 4'"). 

Corisa  cavifrons  Thomson.  —  Saunders,  Synops.  of  brit.  Hem. 
Het.  1876,  p.  652,  28.   —  Hem.  Het.  of  the  brit.  isl.  1892,  p.  341. 

—  PuTON  (Synops.  1880,  I,  p.  235,  Notes).  —  Cat.  1899,  p.  82,  51. 

Corisa  carinata  (Sahlb.)  Fieber,    Syn.  Cor.  1848,   No.  28.    — 
Spec.  Cor.  1851,  No.  47,  tab.  2,  fig.  24.  —  Eur.  Hem.  1861,  p.  99,  33. 
Corisa  alpestris  Douglas  et  Scott. 
In  Böhmen,  Finnland  und  Lappland.     Fieber. 

[Böhmen :  Diese  alpine  Art  lebt  in  einigen  Seen  des  Böhmer- 
waldes, wo  sie  schon  von  Kolenati  beobachtet  wurde.  Düda.  - — 
Espece  alpestre  du  nord  de  l'Europe  et  des  Alpes  de  Hongrie.    Püton. 

—  England:  Ben  Chearan,  Strathglass,  F.  B.  White.  Saunders.] 

49.  (48.)  Oberseite  gelb  mit  schwarzer  Zeichnung.  Kopf  und  hintere 
Schienen  gelb.  Kiel  des  Pronotum  nicht  über  dessen  Mitte  hinaus 
verlängert. 

*propinqua  Fieb. 
Wurde  1861  (Eur.  Hem.  99,  35)  von  Fieber  (und  sonst  in  der 
ganzen  einschlägigen  Literatur  von  niemanden  weiter)  nach  einem 
von  Dr.  G.  Mayr  bei  Jauerling  in  Österreich  einmal  gefundenen 
Männchen  beschrieben  und  dürfte  wohl  auch  zweckmäßig  als  „selb- 
ständige Art"  gestrichen  werden  !  Der  Vollständigkeit  halber  sei  hier 
ein  Auszug  von  Fieber's  Beschreibung  gegeben:  „Stirn grübe  bis  zur 
Augenmitte  reichend.  Pronotum  lang,  gleichschenkelig-dreieckig, 
gelblichweiß ,  mit  8 — 9  feinen  schwarzen  Querlinien ;  sein  mittlerer 
Längskiel  ist  kurz  und  reicht  nicht  ganz  bis  zur  Mitte.  Clavus 
(wie  Pronotum)  regelmäßig  rastriert,  Corium  sehr  fein,  oft  undeut- 
lich, querrunzelig;  (das  Nähere  lese  man  a.  a.  0.  nach!).  Brustmitte, 
Xyplms,  Rücken  und  Schenkelköpfe  schwarz.  Connexivum  bleich. 
Schenkel  oben  einseitig  erweitert.  Pala  gleichschenkelig-dreieckig, 
zugespitzt,  oben  am  Grund  in  ein  zugerundetes  Eck  erweitert,  außen 
in  der  Mitte  längskantig.     4'"." 

50.  (1.)  Pronotum  ohne  gelbe  und  braune  Querlinien.  Scheitel  stark 
vorspringend ,  mit  der  Stirne  einen  scharfen  (spitzen)  Winkel 
bildend.  Vorderschienen  außerordentlich  kurz ,  kaum  geschieden, 
mit  der  Pala  fast  zusammenfallend ;  letztere  sehr  lang,  fast  zylin- 
driscli  und  beim  llännchen    in    eine    sehr  lange ,    am  Grunde  ver- 


—     167     — 

dickte  Klaue  endigend.  Die  gewölbten  Augen  reichen  nicht  bis 
zum  erhöhten  hintern  Kopfrand.  Oberseite  nicht  rastriert.  Stirne 
beim  Weibchen  flach ,  beim  Männchen  ausgehöhlt.  Asymmetrie 
rechtseitig  (U.-G.  C//matia  Flor). 
51.  (52.)  Pronotum  nach  hinten  sehr  verlängert,  fast  so  lang  wie  breit, 
sein  mittlerer  Kiel  fast  durchlaufend.  Oberseite  gelb  mit  sehr 
feiner  brauner  netzartiger  Sprenkelung. 

*  Rogenhoferi  Fieb. 
Länglich ,  schmal ,  blaßgelb  (nach  Fieber  :  schmutzig  gelblich- 
weiß) ,  ganz  glatt ,  glänzend ,  sehr  fein  zerstreut  weißlich  behaart. 
Kopf  dick,  zwischen  den  Augen  gewölbt  vorstehend,  sein  Hinterrand 
braun.  Das  (nach  Fieber  lange,  gleichschenkelige ,  dreieckige)  Pro- 
notum hat  einen  langen  Kiel,  braunen  Hinterrand,  eine  Spitze  ohne 
Zeichnung,  breite  abgerundete  etwas  gerandete  Seitenwinkel  und  ist, 
mit  den  Halbdecken,  oben  sehr  fein  braun  gesprenkelt,  so  daß  ein 
feines  und  enges  Netzwerk  entsteht  (das  Fieber  a.  a.  0.  eingehend 
beschreibt) ;  der  Grund  des  Clavus  ist  gelb ,  ohne  braune  Sprenke- 
lung, die  Seiten  und  Ränder  der  Halbdecken  schmal  schwarz,  die 
Membran  von  gleicher  Zeichnung  wie  das  Corium,  ihre  Naht  mit 
einer  sehr  feinen  schwarzen  Linie.  Die  Unterseite  ist  gelb ,  in  der 
Mitte  der  Brust  ein  gut  begrenzter  schwarzer  Fleck;  die  ersten 
Hinterleibsabschnitte  sind  beim  Männchen  schwarz ;  der  letzte  Bauch- 
abschnitt beim  Weibchen  in  der  Mitte  seines  hinteren  Randes  mit 
tiefem  runden  Ausschnitt;  die  Genitalklappen  in  beiden  Geschlechtern 
schwarz.  Die  Pala  ist  bei  Männchen  und  Weibchen  gleichförmig, 
lang,  pfriemHch,  etwas  gebogen,  beiderseits  lang  beborstet,  mit 
langer  Klaue  beim  Weibchen,  mit  kurzer  beim  Männchen ;  die  Tarsen 
der  Mittelbeine  haben  eine  schwarze  Spitze  und  sind  erheblich  kürzer 
als  die  betreffende  Schiene,  so  lang  wie  die  Klaue.  Länge  7  mm  (3'")- 
—  Nach  Fieber  reiht  sich  diese  (südeuropäische)  Art  wegen  der  in 
beiden  Geschlechtern  platt  gedrückten  Stirne,  dem  langen  Pronotum- 
kiel  und  den  langen  Vorderfußgliedern  (pake)  an  C.  carinata  an. 

Corisa  Eogenhoferi  Fieber,  Wien.  Entom.  Monatschr.  VHI, 
No.  7  (Neuere  Entdeckungen  in  europ.  Hemipt.),  1864,  p.  4,  6.  — 
PuTON,  Synops.  d.  Hem.  Het.  d.  Fr.  1880,  I,  p.  235,  24.  —  Cat. 
1899,  p.  83,  53. 

Corisa  Frivaldskyi  1874. 

Aus  Österreich  (bei  Brunn  am  Gebirge  von  Adjunkt  Rogenhofer 
entdeckt).     Fieber. 


—     168     — 

(Espece  qui  se  tiouve  dans  une  grande  partie  de  l'Europe 
meridionale,  le  Caucase,  rAutriche,  Tltalie,  l'Algerie ;  je  ne  doute  pas 
qu'on  ne  la  rencontrera  un  jour  en  Corse  et  dans  le  midi  de  la 
France.    Püton.) 

52,  (51,)     Pronotum  kurz,    2-  bis  4mal    so    breit  wie  lang,    sein    Kiel 

kurz,  von  Gestalt  eines  länglichen  Höckers. 

53.  (54.)     Pronotum   2mal    so    breit  wie  lang;    Flügel  stets  vorhanden; 

die    Halbdecken    mit    Membran ,    welche    braune ,    verschwommene 
Querlinien  zeigt. 

26  (644)  Bousdorffi  Sahlbg. 
Oben  bräunlichgelb,  glatt,  nicht  rastriert,  Unterseite  lehmfarben 
(bei  den  Weibchen  hellgelb),  Hinterleibsgrund  schwärzlich.  Kopf 
gerundet,  vorstehend,  viel  breiter  als  das  Pronotum;  Scheitel  vorne 
zwischen  die  Augen  verlängert,  länger  als  das  Pronotum,  sein  Hinter- 
rand schmal  dunkelbraun ;  Gesicht  beim  Männchen  ausgehöhlt,  beim 
Weibchen  eingedrückt ,  mit  gelben  Härchen  bedeckt.  Augen  vom 
erhöhten  hintern  Rand  entfernt.  Das  braune  Pronotum  ohne  Quer- 
linien, zw^eimal  so  breit  wie  lang,  seine  Seiten  und  sein  Grundrand 
leicht  erhöht,  der  scharfe  mittlere  Längskiel  reicht  vom  Vorderrand 
bis  gut  zur  Mitte  (auf  der  Fläche  vorn  ein  deutlicher  Höcker),  die 
Seitenwinkel  sind  stumpf  und  gerandet.  Der  Xyphus  ist  gelb  mit 
schwarzem  Grunde ;  das  Connexivum  gelblichweiß.  Beim  Männchen 
sind  die  4  bis  5  ersten  Hinterleibsabschnitte  schwarz  mit  gelben 
Hinterrändern ;  beim  Weibchen  ist  das  letzte  Bauchsegment  nicht 
ausgeschnitten;  die  Genitalklappen  sind  schwarz.  Die  bräunlichen 
.Halbdecken  zeigen  unbestimmte,  verschwommene,  unregelmäßige, 
gelbbraune  Querlinien  und  vereinzelte  lange  feine  Haare ;  der  Innen- 
rand des  Clavus  ist  am  Grunde  gelb ;  die  Membran  ist  entwickelt, 
aber  undeutlich  vom  Corium  abgegrenzt  (und  zwar  nur  im  äußern 
Teil  durch  einen  gelben  Streif,  der  von  einem  schmalen  schwarzen 
begleitet  wird) ;  ihre  Fläche  ist  gelbgrau  mit  zackigen  schwarzen  Längs- 
und Querstricheln.  Die  Beine  sind  hellgelb  oder  bräunlichgelb;  an 
den  Vorderbeinen  sind  die  Palae  verlängert ,  fast  gerade ,  sehr  lang 
bewimpert,  die  Tarsen  der  Mittelbeine  sind  etwas  kürzer  als  die 
Schienen,  ihre  Klauen  nur  halb  so  lang  wie  die  Tarsen.    Länge  6  mm. 

Corixa  Bonsdorffi  Saiilberg,  Hist.  Not.  Fenn.  1819,  13,  6.  — 
Fallen,  Hem.  Suec.  1829,  184,  6.  —  Herrich-Schäffer,  Wanz.  Ins. 
IX,  1850,  p.  51  u.  53,  flg.  916  u.  917.  —  Fieber,  Syn.  Coris.  (Bul. 
Mose.)  1848,  No.  30.  —  Spec.  Coris.  1851,  p.  39,  50,  tab.  2,  hg.  28. 


-     169     — 

-  Enr.  Hem.  1861,  p.  90,  2.  —  Walleng reen ,  Scand.  Cor.  1854, 
1.50,  20.  —  Flor,  Rhynch.  Livlds.  1860,  I,  p.  801,  2.  —  Douglas 
and  Scott,  Brit.  Hem.  1865,  p.  613  u.  plate  XXI,  fig.  6.  —  Saunders, 
Synops.  of  brit.  Hem.  Het.  1876,  p.  652,  1.  —  Hem.  Het.  of  tbe 
brit.  isl.  1892,  p.  341.  —  Püton,  Synops.  d.  Hem.  Het.  d.  Fr.  1880, 
I,  p.  236,  25.  —  Cat.  1899,  p.  83,  54. 

Bayern :  Bei  Regensburg  nicht  selten.  Kittel.  —  Bei  Bamberg 
(Breitenau,  Altwasser  bei  Strallendorf).  Funk.  —  Elsaß-Lothringen: 
Remiremont;  tres-rare.  Reiber- Puton.  —  Westfalen:  Ist  hier  bei 
Münster  auf  der  Coerheide  in  den  bewachsenen  Mergelgruben  sowohl 
im  Frühling  (22.  4.  1878),  als  auch  im  Herbst  (22.  9;  3.  10.  1879) 
nicht  gerade  selten.  In  den  Sommermonaten  Juli  und  August  bis 
stellenweise   im  Oktober   findet   man    die  Larvenstadien.     Westhoff. 

—  Thüringen :  In  den  Lehmgruben  bei  dem  Berloch ,  sehr  selten. 
Kellner-Breddin.  —  Schleswig-Holstein :  Mit  C.  coleoptrata  F.  ge- 
sellschaftlich. Wüstnel  —  Schlesien :  Nur  1  Exemplar  im  August 
1852  im  Schloßwallgraben  bei  Warmbrunn.  Assmann.  —  Provinz 
Preußen.     Brischke. 

In  Schweden,  Lappland,  Rußland,  Böhmen  und  Österreich. 
Fieber. 

[Schweiz:  Im  August  in  den  Tümpeln  der  Winteregg  auf  der 
Gemmi,  bei  4000'  s.  m.  Frey-Gessner.  —  Böhmen :  Nach  Fieber  in 
Böhmen  selten,  mir  bisher  nicht  bekannt.  Duda.  —  Livland:  Nicht 
gerade  selten,  namentlich  im  Oktober,  doch  auch  schon  im  Juni 
und  September.  Flor.  —  Frankreich :  Espece  du  nord  de  l'Europe 
dont  j'ai  vu  deux  exemplaires  de  France ,  Tun  des  Vosges ,  l'autre 
de  Dax.    Puton.  —  England :  .  .  .  Saunders.] 

54.  (53.)  Pronotum  sehr  kurz,  viermal  so  breit  wie  lang,  nach  hinten 
nicht  verlängert.  Halbdecken  braun  mit  2  helleren  verschwom- 
menen Längsbändern.     Flügel  und  Membran  fehlen  meist. 

27  (645)  coleoptrata  Fab. 
Oben  braun  und  glatt,  Rücken  und  Bauch  beim  Männchen 
schwarz,  beim  Weibchen  gelb.  Der  blasse  Kopf  ist  dick,  groß, 
breiter  als  das  Pronotum  und  dreimal  so  lang  wie  dieses.  Das 
bräunliche  Pronotum  ist  sehr  kurz,  vielfach  breiter  als  lang,  vorn  und 
hinten  ausgeschweift  und  zeigt  vorne  einen  kleinen  Höcker.  Der 
Xyphus  ist  gelblichweiß  mit  dunklem  Grunde;  das  Connexivum  ist 
bleich;  die  Afterklappen  sind  in  beiden  Geschlechtern  schwarz.  Die 
braunen  Halbdecken  sind  ohne  Querzeichnung,  etwas  länger  als   der 


-      170     - 

Hinterleib,  mit  breiten  Seitenrändern,  gegen  die  Spitze  zu  ver- 
schmälert; der  braune  Clavus  ist  an  seinem  Grunde  etwas  heller; 
<3as  braune  Corium  hat  2  hellere,  unbestimmte  Längsstreifen  und 
braunen  Endrand ;  die  Membran  ist  nicht  deutlich.  Flügel  fehlen. 
An  den  gelben  Beinen  sind  die  Vorderbeine  schmal,  rundlich,  ver- 
hältnismäßig sehr  lang  mit  deutlicher  einfacher,  schwarzer  Kralle. 
Länge  3  —  4  mm.  —  Diese  kleinste  Corisa-Avt  ist  ausgezeichnet 
durch  die  Größe  des  Kopfes  und  durch  die  zwischen  den  Augen 
hervorgetretene  Stirne ;  sie  ist  noch  kleiner  als  Bonsdorffi^  aber  sonst 
dieser  sehr  ähnhch. 

Unter  dem  Namen  C.  fasclolata  haben  Mulsant  und  Rey  ein 
«inmal  bei  Cluny  gefundenes,  4^2  mm  langes  Weibchen  beschrieben, 
das  nach  Püton  (Synops.  1880,  p.  237)  wohl  die  makroptere  Form 
der  C.  coleoptrata  ist:  Das  Pronotum  ist  hier  merklich  länger  als 
bei  der  brachypteren  Form,  die  Unterseite  (einschl.  Genitalklappen) 
ist  vollständig  gelb,  an  den  Halbdecken  ist  die  Membran  wohl  ge- 
bildet, gleichmäßig  rauchbraun,  ohne  Flecken,  vom  Corium  durch 
eine  unbestimmte,  kaum  etwas  dunklere  Linie  getrennt;  die  Flügel 
sind  so  lang  wie  die  Halbdecken. 

Sigara  coleoptrata  Fabricius,  Gen.  Ins.  1776,  298,  2.  —  Ent. 
Syst.  1794,  IV,  60,  4.  -  Syst.  Rhyng.  1803,  105,  4.  —  Walckenaer, 
Faun.  Paris.  1802,  333,  3.  —  Fallen?,   Hydr.  et  Nauc.  Suec.  1814,  7,  3. 

?  Notonecta  7narginata  Müeller,  Zool.  Dan.  1776,  298,  2  forte! 

Corixa  coleoptrata  Latreille,  Hist.  Nat.  1804,  XII,  289,  2,  — 
Lamarck,  Hist.  Nat.  1816,  III,  522,  2.  —  Leach,  Classif.  of  Noton. 
1818,  16,  1.  —  C.  Sahlberü,  Obs.  hist.  Noton.  1819,  14,  7.  — 
Fallen,  Hem.  Suec.  1829,  185,  7.  —  Burmeister,  Handb.  d.  Entom. 
1835,  II,  p.  188,  4.  —  Wallengreen,  Öfv.  (Scand.  Cor.)  1855, 
p.  151,  21.  —  Herrich-Schäffer,  Nom.  entom.  1835,  p.  63.  —  Wanz. 
Ins.  IX,  1853,  p.  51  u.  53,  fig.  915.  —  Brülle,  Hist.  d.  Ins.  1835, 
p.  252.  —  Amyot  et  Serville,  Hist.  d.  Hem.  1843,  448,  3.  —  Stal, 
Hem.  Fabr.  1868,  I,  138,  1.  —  Panzer,  Faun.  Ins.  Germ.  50,  24. 
—  Saunders,  Hem.  Het.  of  the  brit.  isl.  1892,  p.  342  u.  plate  31, 
fig.  9. 

Apliorogrammus  Amyot,  Ent.  fr.  Rhynch.  1848,  p.  332,  No.  366. 

Corixa  fasciolata  Mulsant  et  Rey,  Opusc.  Entom.  1852,  p.  160 
=  forma  macroptera! 

Cymatia^  co^eo/j^mto  Douglas  and  Scott,  Brit. Hem.  1865,  614,  2. 


Cymatia  Flor  ist  zurzeit  Unter-Gattung  (Sub-Genus). 


—     171     — 

—  Saunders,  Synops.  1875,  652,  2.  —  J.  Sahlberg,  Syn.  Amph.  et 
Hydr.  Fenn.  1875,  297,  2.  —  Reüter,  Revis.  synon.  1888,  II,  p.  377, 
No.  358. 

Corisa  coleoptrata  Flor,  Rhynch.  Livlds.  1860,  I,  800,  1.  — 
Fieber,  Syn.  Cor.  1848,  No.  31.  —  Spec.  Cor.  1851,  No.  51,  tab.  2, 
fig.  29  (Pala).  —  Kur.  Hem.  1861,  p.  90,  1.  —  Puton,  Synops.  d. 
Hern.  Het.  d.  Fr.   1880,  I,  p.  236,  26.  —  Cat.  1899,  p.  83,  55. 

Bayern:  Bei  Regensburg,  nicht  gemein.  Kittel.  —  Bei  Bam- 
berg in  stehenden  Wässern.  Funk.  —  Württemberg:  Bei  Ulm 
(Arnegger  Moor,    Lautertal  usw.),   nicht  selten;    8.  und  9.    Hüeber. 

—  Baden:  Leopoldshafen,  März.  Meess.  —  Elsaß-Lothringen:  Re- 
miremont;  fosses  des  fortifications  de  Metz,  commune;  rare  ä  Stras- 
bourg. Reiber-Püton.  —  Westfalen :  In  Mergelgruben ,  welche  mit 
Characeen ,  ütricularia  u.  dergl.  bewachsen  sind;  hier  bei  Münster 
auf  der  Coerheide  und  bei  Rumphorst  im  Graben  an  der  Eisenbahn 
zahlreich;  einzeln  in  der  Mauritzheide.  Das  vollkommen  ausgebildete 
Insekt  findet  sich  im  Frühling  bis  Ende  Mai  und  im  Herbst  von 
Ende  August  an.  Westhoff.  —  Thüringen :  In  den  Lehmgruben  beim 
Berloch  und  bei  Cumbach,  selten.  Kellner-Breddin.  —  Von  Dr. 
Schmiedeknecht  (Blankenburg)  gesammelt.  Fokker.  —  Schleswig- 
Holstein:  Hin  und  wieder  in  Holstein  bei  Kiel  und  Elmshorn  ge- 
fangen ;  bei  Sonderburg  noch  nicht  beobachtet.  Wüstnei.  —  Mecklen- 
burg:  In  einem  Graben  der  Toitenwinkler  Wiese  (bei  Rostock)  häufig; 
sonst  habe  ich  die  Art  auch  in  Pfützen  auf  der  Rethwischer  Wiese 
beim  Heiligen  Damm  gefunden ,  7.  und  8.  Raddatz.  —  Schlesien : 
Sehr  gemein  um  Breslau.  Scholz.  —  In  der  Ebene  in  stehenden 
Gewässern,  nicht  selten ;  um  Breslau  in  Straßengräben  .  .  .    Assmann. 

—  Provinz  Preußen.     Brischke. 

In  kleinen  Teichen,  aber  nicht  häufig.     Burmeister. 

Durch  ganz  Europa  verbreitet.    Fieber. 

[Schweiz :  Ohne  Zweifel  die  verbreitetste  und  am  zahlreichsten 
vorkommende  Art.  In  Teichen  und  Tümpeln  um  Bern  .  .  . ,  in  un- 
zähliger Menge  in  den  mit  Pflanzen  bewachsenen  Tümpeln  um  Aarau  .  .  . , 
in  den  Torfgraben  bei  Wauwyl  das  ganze  Jahr  hindurch.  Über  den 
Winter  kriechen  sie  wie  viele  andere  Arten  auch  in  den  Schlamm. 
Frey-Gessner.   —   Böhmen:  Wohl  überall,  doch  nicht  gemein.    Düda. 

—  ^Livland:  Häufig,  im  Juni,  September.  Flor.  —  Frankreich: 
Commune  dans  toute  la  France.  Puton.  —  Dep.  du  Nord  (Lille) : 
Cette  petite  espece  ne  parait  pas  habiter  indistinctement  toutes  les 


—     172     — 

eaux;  eile  est  assez  commune  au  printemps  dans  les  fosses  et  etangs 
du  marais  d'Emmerin.    Lethierry.  —  England :  .  .  .  Saunderp.] 

3Iicronecta  Kirkaldy  1897  (Sif/ara  Leach  et  auct.). 

Sehr  kleine  Tiere  mit  flacher,  länglich-eiförmiger  (elliptischer) 
Körperform ,  nach  hinten  zu  breiter  werdend.  Der  Kopf  ist  groß, 
mit  den  dreieckigen  Augen  zusammen  etwas  breiter  als  das  Prono- 
tum.  Der  Schnabel  ist  nicht  sichtbar.  Die  Stirne  ist,  bei  Männchen 
wie  Weibchen,  gewölbt.  Die  dreigliedrigen  Fühler  sind  sehr  kurz; 
die  zwei  ersten  Glieder  sind  zylindrisch,  das  dritte,  längste,  ver- 
breitert und  an  einer  Fläche  ausgehöhlt.  Das  flache  Pronotum  ist 
breit,  aber  sehr  kurz,  mit  leicht  konvexem  Vorder-  und  Hinterrand, 
einem  Kreissegment  ähnlich,  seine  Seiten  von  den  Augen  umfaßt. 
Der  Brust  fehlen  die  Parapleuren.  Das  Schildchen  ist  klein,  aber 
deutlich,  einem  etwas  stumpfen  Dreieck  ähnhch.  Die  Decken  und 
Flügel  sind  entwickelt;  die  Halbdecken  lederartig,  kaum  länger  als 
der  Hinterleib;  die  Membran  ist  nur  undeutlich  vom  Corium  ge- 
schieden; die  Flügelzelle  ist  nicht  geteilt;  das  Randfeld  ist  kaum  zu 
unterscheiden ;  das  Erabolium  fehlt.  Die  Beine  sind  wie  bei  der 
Gattung  Gorisa  gebildet:  die  Vorderbeine  mit  breitgedrücktem  Fuß- 
gHed,  doch  ist  hier  die  Pala  klein,  nur  wenig  länger  als  die  Schiene ; 
die  Kralle  einfach  (nach  Flor:  nur  eine  etwas  stärkere  Borste);  die 
Mittelbeine  sind  sehr  lang,  besonders  der  Fuß  mit  den  Klauen,  welch 
letztere  so  lang  wie  die  Schienen  sind;  die  Hinterbeine  sind  zwei- 
gliedrig, etwas  kürzer,  inwendig  mit  Wimpern  und  unten  mit  einer 
Kralle.  —  Diese  kleine  Gattung  unterscheidet  sich  von  der  Gattung 
Corisa  besonders  durch  die  Sichtbarkeit  des  kleinen  Schildchens, 
weiterhin  durch  die  nur  dreigliedrigen  Fühler,  durch  das  (in  beiden 
Geschlechtern)  nicht  ausgehöhlte  Gesicht  und  durch  das  Fehlen  der 
Parapleuren. 

Übersicht  der  Gattungen. 

Pronotum  fast  so  lang  wie  der  Kopf;  Halbdecken  dunkel  (matt\ 
kaum  wahrnehmbar  punktiert;  Länge  VI2  mm      S.  »liuutisshna  Lix. 

Pronotum  viel  kürzer  als  der  Kopf;  Halbdecken  glänzend,  deut- 
lich punktiert;  etwas  größer:  2\'4  mm    .     .     .     S.  Scholzii  Fieb. 

28  (646)  minuÜssima  Lin. 
Einer  der  kleinsten  Halbflügler,  elliptisch,  hellgelb  (auch  unten, 
nur  der  Bauchgrund  öfters   mehr   oder    weniger   schwärzlich) ;    Kopf 
blaß  mit  rotbraunem  Scheitel;    Stirne   in    beiden  Geschlechtern    ge- 


—     173     — 

wölbt.  Das  kurze,  dunkle  Pronotum  ist  mehr  als  dreimal  so  breit 
wie  lang,  ebenso  lang  wie  der  Scheitel,  vorne  und  hinten  gebogen, 
von  gelbgrauer  Farbe  mit  gelben  Rändern;  Schildchen  braun,  manch- 
mal auch  gelb.  Die  fein  chagrinartigen  Halbdecken  sind  dunkel, 
graubraun,  sehr  wechselnd  in  Färbung  wie  Zeichnung,  manchmal 
mit  dunklen ,  unbestimmten  Flecken ,  manchmal  ohne  solche ,  ihr 
Schildrand  und  Außenrand  meist  gelb;  die  Membran  ist  undeutlich 
vom  Corium  geschieden ,  ohne  Auszeichnung  in  der  Färbung.  Die 
Beine  sind  hellgelb.     Länge  l'/2— 2  mm. 

Douglas  and  Scott  haben  1869  eine  var.  Poweri  beschrieben, 
bei  der  die  Flecke  auf  dem  Pronotum  und  den  Halbdecken  dunkler 
und  mehr  in  die  Augen  fallend  sind.  Ähnlich  gezeichnete  Arten 
finden  sich  nach  Püton  auch  in  den  Pyrenäen. 

Notoneda  mimäissima  Linne,  Syst.  Nat.  Ed.  X,  1758,  439,  3. 

—  Faun.  Suec.  1761,  244,  905.  —  Poda,  Ins.  Graec.  1761,  54,  3. 

—  Hoüttuin,  Nat.  Hist.  1765,  I,  X,  306,  3.  —  P.  Müller,  Linn.  Nat. 
1774,  V,  469,  3.  —  Geoffroy  in  Fourcroy,  Entom.  Paris.  1785, 
220,  2.  —  Rossi,  Mant.  Ins.  1794,  H,  53,  505.  —  Cederhielm, 
Faun.  Ingr.  1798,  266,  839. 

Corixa  minuta  Latreille,  Hist.  Nat.  1804,  XII,  289,  3.  — 
Brülle,  Hist.  d.  Ins.  1835,  p.  252.  —  Blanchard,  Hist.  d.  Ins. 
1840,  88,  4. 

Corixa  mimäissima  Herrich-Schäffer,  Nom.  ent.  1835,  p.  63. 

Sigara  Amyot,  Entom.  fr.   Rhynch  1848,  p.  333,  No.  367. 

Sigara  minuta  Fabricius,  Entom.  Syst.  1794,  IV,  60,  4.  — 
Syst.  Rhyng.  1803,  105,  6.  —  Coquebert,  Illustr.  Icon.  1799,  I,  38, 
tab.  X,  fig.  3.  —  Walckenaer,  Faun.  Paris.  1802,  333,  3.  —  Bur- 
meister, Handb.  d.  Entom.  1835,  II,  188,  1.  —  Fieber,  Gen.  Hydroc. 
1851,  30.  —  Ent.  Mon.  1843,  p.  13,  1,  tab.  I,  fig.  11.  —  Herrich- 
Schäffer,  Wanz.  Ins.  IX,  1853,  46.  —  Costa,  Cim.  Reg.  Neap.  1852, 
III,  61.  —  Bärensprung,  Cat.  1860,  p,  25. 

Sigara  mimäissima  Leach,  Classif.  of  Not.  1818,  14,  1.  — 
C.  Sahlberg,  Obs.  Hist.  Not.  1819,  8,  1.  —  Fallen,  Hem.  Suec.  1829, 
179,  1.  —  Laporte,  Es^s.  class.  syst.  1832,  p.  20.  —  Spinola,  Essai, 
1837,  p.  59.  —  Westwood,  Introduct.  1840,  H,  Syn.p.  119.  —  Flor, 
Rhynch.  Livlds.  1860,  I,  803,  1.  —  Fieber,  Eur.  Hem.  1861,  89,  2. 

—  Douglas  and  Scott,  Brit.  Hem.  1865,  616,  1,  pl.  20,  fig.  6.  — 
J.  Sahlberg,  Syn.  Amph.  et  Hydr.  Fenn.  1875,  299,  1.  —  Saunders, 
Synops.  of  brit.  Hem.  Het.    1876,  653,  1.  -   Hem.  Het.  of  the  brit. 


—     174     — 

isl.  1892,  p.  342.  —  Pdton,  Synops.  d.  Hem.  Het.  d.  Fr.  1880,  I, 
237.  1.  —  Reuter,  Revis.  synon.  1888,  II,  p.  378,  No.  359. 

Sigara  lemana  Fieber,  Eur.  Hem.  1861,  p.  89,  3  =  var. 

Sigara  Potveri  Douglas  et  Scott,  Ent.  Mon.  Mag.  V,  1869, 
296,  2  =  var. 

Micronecta  minutissima  Puton,  Cat.  4.  edit.  1899,   p.  83,  11. 

Bayern :  Bei  Bamberg  in  manchen  Jahren  zwischen  Steinen  im 
Wasser  am  Regnitzufer  zwischen  Bug  und  Pettstadt  oft  in  Massen. 
Trotz  der  Kleinheit  der  Tiere  hört  man  schon  ziemhch  entfernt  ihr 
eigentümliches  Schwirren.  Funk.  —  Württemberg.  Roser.  —  Elsaß- 
Lothringen  :  Tres-commune  dans  le  lac  de  Gerardmer ;  assez  com- 
mune dans  les  marais  de  Jouy  et  entre  les  herbes  des  bords 
de  la  Moselle.  Reiber-Puton.  —  Westfalen :  Von  Kolbe  bei  Öding 
in  der  Schlinge  im  Sommer  1878  und  79  mehrfach  gefangen. 
Sie  schwirren  laut  Angabe  meines  Freundes  in  seichten  Ein- 
buchtungen des  mergeligen  Uferrandes,  wo  das  Wasser  fast 
stagniert,  munter  und  gesellig  umher.  Die  1878  gefangenen 
Stücke  sind  größer  und  lebhafter  von  Farbe  als  die  vom  Jahre  1879, 
doch  vermag  ich  beide  Formen  nur  auf  diese  Art  zu  deuten ,  be- 
trachte daher  die  größeren  nur  als  Varietät,  sie  führe  den  Namen 
elegantula.  Westhoff.  —  Schlesien:  Lebt  mehr  im  klaren  Wasser 
der  Flüsse  und  zwar  unter  Steinen  am  Ufer  und  läßt  ein  deutlich 
wahrnehmbares  Schwirren  hören.     Scholz. 

S.  minuta  F.  an  flachen  Ufern  der  Moldau  bei  Kuchelbad  und 
Königsaal  unweit  Prag  (Böhmen)  zwischen  kleinen  vom  Wasser  be- 
spülten oder  bedeckten  Steinen,  wo  sie  durch  ein  leises  Schwirren, 
ähnlich  jenem  der  kleinen  Arten  Chirononms  und  Culex^  ihre  An- 
wesenheit mit  großer  Behendigkeit  zu  erkennen  gibt.  Entom,  Mono- 
graph.  1843,  p.  13,  1  —  bisher  nur  aus  Schweden  und  Böhmen 
bekannt.  Eur.  Hem.  1861.  —  S.  lemana  Mey.,  aus  der  Schweiz 
und  Böhmen,  an  Flußufern  zwischen  kleinen  Steinchen,  schwirrend, 
in  Bächen  mit  klarem  Wasser  und  feinem  Grundsand.    Fieber. 

[Schweiz :  S.  minutiss.  um  Zürich  in  Pfützen  häufig.  S.  le- 
mana Mey.  sehr  häufig  in  dem  Bach  au  Boiron  und  in  der  Morge; 
die  Larve  im  März,  April,  August,  September,  November ;  das  aus- 
gebildete Insekt  im  Juni  und  Juli.  Frey-Gessner.  (1864.)  —  Böhmen: 
In  Bächen  und  Flüssen,  an  seichten  Ufern,  überall  verbreitet,  stellen- 
weise sehr  häufig,  wird  aber  wegen  ihrer  Kleinheit  sehr  leicht  über- 


Schnaken, Gelsen,  Stechmücken. 


I 


-     175     — 

sehen ;  die  var.  lemana  Fieb.  ist  mir  noch  nicht  vorgekommen.  Duda. 
(1886.)  ■ —  Livland:  Häufig  in  Teichen  und  schlammigen  Flüssen,  im 
Mai,  Juni.  Flor.  —  Frankreich:  Environs  de  Paris  et  dans  toute 
l'Europe;  on  la  trouve  aussi  dans  les  etangs  sales.  Amyot.  — 
Probablement  toute  la  France,  dans  les  lacs  et  etangs,  mais^il  echappa 
aux  recherches  par  sa  petitesse:  Vosges,  Metz,  Landes,  Hautes- 
Pyrenees,    Puton.  ■ —  England  .  .  .  Saunders.] 

29  (647)  meridionalis  Costa. 

Etwas  breiter  als  S.  mimdissinm,  sonst  aber  ihr  sehr  ähnlich; 
schwärzlich;  Kopf  länger  als  das  Pronotum;  Scheitel  mit  3  deut- 
lichen, rötlichen  Längsstricheln.  Pronotum  viel  kürzer  als  der  Kopf, 
sehr  fein  quernadelrissig.  Halbdecken  glänzend,  deutlich  und  voll- 
ständig punktiert,  mit  sehr  wechselnden  schwarzen  Stricheln;  auch 
die  Membran  ist  schwärzlich.     Länge  2Y4  mm  (IVs'")- 

Nach  Saunderr  (Hem.  Het.  1892,  p.  343)  unterscheidet  sich 
S.  Scholtzii  von  der  vorhergehenden  Art  durch  ihren  längeren  Scheitel,^ 
der  länger  ist  als  seine  Breite  zwischen  den  Augen,  vorn  mehr  eckig 
und  fast  zweimal  so  lang  wie  das  sehr  kurze  Pronotum;  auch  ist 
diese  Art  heller,  glänzender  und  sind  bei  ihr  die  Flecken  auf  den 
Halbdecken  zwar  kleiner,  aber  zahlreicher. 

Sigara  Scholtzii  Fieber,  Gen.  Hydroc.  1851,  p.  30.  —  Eur.  Hem. 
1861,  p.  90,  4.  —  ScHOLTz,  Arbt.  u.  Verändrg.  d.  Schi.  Ges.  f.  v. 
Kultur  (Aufzhlg.  d.  Schles.  Land-  u.  Wasserwanz.)  1846,  p.  2.  — 
Puton,  Synops.  d.  Hem.  Het.  d.  Fr.  1880,  I,  p.  238,  2.  —  ?  Saun- 
ders, Hem.  Het.  of  the  brit.  isl.  1892,  p.  343  u.  plate  31,   fig.   10. 

Sigara  meridionalis  Costa,  1860. 

Microneda  meridionalis  Costa,  Puton,  Cat.  4.  ed.  1899,. 
p.  83,  18. 

Elsaß-Lothringen  :  Remiremont,  etang  de  Hennois.    Reiber-Puton. 

—  Thüringen:  Bei  Dietendorf  an  der  Apfelstedt  in  Tümpeln,  sehr 
selten.  Kellner-Breddin.  —  Schlesien:  Bei  Breslau  häufig  in  Lachen 
an  der  Rosenthaler  Straße  und  im  Kratzbusch  (in  stehenden  Wässern 
mit  schlammigem  Grunde).    Scholtz.     Assmann. 

Um  Breslau  in  Schlesien,  in  Lachen  mit  schlammigem  Grunde; 
in  Spanien  nach  Meyer-Dür.    Fieber. 

[Böhmen:  Bei  Neuhaus  im  Abflüsse  eines  Teiches,  selten.    Duda. 

—  Frankreich  :  Probablement  une  grande  partie  de  la  France  .  .  .  Puton. 

—  England  .  .  .    Saunders.] 


Geologische  Geschichte  der  weiteren  Umgebung  von 
Ulm  a.  D. 

Paläo-geographische  und  orogenetische  Studie. 
Von  "W.  Kranz, 

Oberleutnant  in  der  3.  Ingenieur-Inspektion. 

Mit  einer  Kartenskizze. 

Eine  sichere  Darstellung  der  geologischen  Geschichte  irgend 
einer  Gegend  der  Erde  zu  geben,  ist  heute  wegen  der  großen  Jugend 
dieser  Wissenschaft  noch  nicht  möglich.  Bei  einem  derartigen  Unter- 
nehmen kann  vorläufig  lediglich  versucht  werden,  die  widerstreitenden 
Meinungen  auf  ihre  Möglichkeit  und  größte  Wahrscheinlichkeit  zu 
prüfen  und  in  Einklang  zu  bringen.  Die  folgende  Abhandlung  macht 
also  keineswegs  Anspruch  auf  absolute  Richtigkeit,  sondern  will  nur 
den  augenblicklichen  Stand  der  Wissenschaft  festlegen. 

Aus  dem  Archaikum  haben  uns  die  Gesteine  der  weiteren  Um- 
gebung von  Ulm  keine  sicheren  Daten  hinterlassen.  Wir  dürfen 
aber  mit  aller  Wahrscheinlichkeit  annehmen,  daß  im  Paläozoikum 
hier  ein  Gebirge  vorhanden  war,  von  Gümbel  das  „vindelizische" 
genannt,  dessen  Kammlinie  ungefähr  in  der  Linie  Passau — Bodensee 
lag  \  und  dessen  Nordfuß  sich  mindestens  bis  an  den  Oberlauf  des 
Neckar  und  der  Rednitz  erstreckte  (s.  die  Kartenskizze  S.  177). 
Dies  Gebirge  bestand  vermutlich  größtenteils  aus  alten  kristallinischen 
Gesteinen,  Granit,  Gneis,  Diorit,  deren  letzte  Reste  heute  in  der 
Umgebung  des  Rieskessels ,  sowie  in  Auswürflingen  der  tertiären 
Vulkane  des  Hegau  und  der  Alb  zutage  treten.  Stellenweise  war 
der  Nordrand  des  Gebirges  von  Rotliegendem  bedeckt.  Im  Westen 
ging  es  in  den  heutigen  südlichen  Schwarzwald  und  die  Südvogesen 
über,  zwischen  denen  eine  gleichartig  gebaute  Brücke  bestand,    im 

'  Gümbel,  Geol.  v.  Bayern,  1894,  II,  S.  19,  266,  401,  582.  —  Ders.. 
Geogn.  Beschr.  d.  fränk.  Alb  (Frankenjura),  1891,  S.  ;?.  —  Ders..  Geogn.  Durch- 
forschung Bayerns,  1877,  S.  25. 


177 


Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1903. 


12 


-     178     — 

Osten  in  den  Böhmerwald  ^  Die  nähere  Umgebung  von  Ulm  war 
also  damals  trockenes  Land  auf  dem  Nordabhang  des  vindelizischen 
Gebirgs ;  Donau  und  Rhein  existierten  noch  nicht. 

Nördlich  der  Wasserscheide  bereitete  sich  während  der  Zeit 
des  mittleren  Rotliegenden  durch  Senkungen  weiter  Landmassen  ein 
großes  Depressionsgebiet  vor,  das  sich  bei  einem  trockenen  Wüsten- 
klima ähnlich  dem  der  heutigen  Sahara  allmählich  nach  Süden  hin 
bis  auf  den  Rand  des  vindelizischen  Gebirgs  ausbreitete  ^.  Südlich 
des  letzteren,  im  Gebiet  der  jetzigen  Ostalpen,  lag  offenes  Meer^. 
In  der  Buntsandsteinzeit  bildete  sich  nördlich  des  Gebirgs  ein  ge- 
waltiges Wüstengebiet  aus,  mit  den  charakteristischen  zeitweiligen  tro- 
pischen Regengüssen  und  periodisch  trockenen  oder  hoch  angeschwol- 
lenen breiten  Flußbetten ,  den  gewaltigen  trockenen  Sandstürmen, 
den  wellenartig  sich  fortbewegenden  hohen  Sanddünen,  den  eben- 
flächig über  weite  Strecken  ausgebreiteten,  horizontal  oder  diagonal 
geschichteten  Ablagerungen  von  «buntem ,  hauptsächlich  roten  Sand 
und  wassergerundeten  Gerollen.  Erneute  Senkungen  gegen  Schluß 
der  Wüstenperiode  gestalteten  das  w^eite,  durch  ungeheure  Sand- 
massen eingeebnete  Gebiet  aufs  neue  zu  einer  Depressionsmulde, 
welcher  die  Wasser  von  den  Randgebieten  mit  gesteigerter  Gewalt 
zuströmten.  Gegen  Schluß  der  Buntsandsteinzeit,  im  Röt,  bildete 
sich  dann  ein  großer,  anfangs  sehr  flacher  Binnensee  aus,  bald 
sumpfig,  bald  gänzlich  ausgetrocknet,  und  dann  von  neuen  Sand- 
massen erfüllt  ■*.  Der  Südrand  des  Buntsandsteingebiets,  dessen  obere 
GHeder  im  heutigen  Schwarzwald  und  den  Vogesen  nach  Süden  bis 
in  die  Schweiz  hinein  an  Ausdehnung  gewannen,  mag  entsprechend 
der  Verbreitung  des  Muschelkalks  ungefähr  in  der  Linie  Parkstein — 
Dinkelsbühl — Münsingen — Schaffhausen  gelegen  haben,  da  im  Vulkan- 
gebiet von  Urach  Buntsandstein  mit  Sicherheit  nachgewiesen  wurde 
und  im  Rieskessel  der  Keuper  direkt  auf  Granit  zu  liegen  scheint; 
im  Hegau  steht  das  Vorhandensein    von  Buntsandsteinauswürflingen 

'  Pompeckj,  Juraablagerungen  zwischen  Regensburg  und  Eegenstauf, 
Geogn.  Jahresh.  München  1901,  S.  172.  —  Thürach,  Beitr.  z.  Kenntnis  d. 
Keupers  in  Siiddeutschland ,  Geogn.  Jahresh.  München  1900,  S.  43,  51.  — 
E.  Fr  aas,  Bildung  d.  german.  Trias,  Mitt.  a.  d.  Nat.-Kabinett  Stuttgart  (diese 
Jahresh.)  1899,  S.  10  f.  —  Ders.,  Die  geol.  Verh.  i.  Ries,  1903,  S.  2.  —  Branco, 
Schwabens  125  Vulkanenibr^-onen  etc.,  diese  Jahresh.  1894,  S.  565—568. 

2  E.  Fr  aas,  Bild.  d.  germ.  Trias,  S.  7,  8,  12. 

*  Gümbel,  Geol.  v.  Bayern,  II,  S.  21. 

*  E.  Fraas,  1.  c.  S.  10.  —  Branco,  1.  c.  —  Lapparent,  Traite  de 
Geol.  1900,  p.  1004. 


—     179     - 

nicht  mit  Sicherheit  fest.  Die  Grenze  wurde  durchweg  von  der 
vindelizischen  Wasserscheide  gebildet  ^  (vergl.  die  Kartenskizze). 

Mit  Beginn  der  Muschelkalkzeit  ermöglichten  die  andauernden 
Senkungen  nördlich  des  vindelizischen  Rückens,  die  im  Osten  am 
stärksten  waren ,  eine  •  Verbindung  des  offenen  Ozeans  mit  dem 
Depressionsgebiet,  das  sich  nun  zum  Binnenmeer  umgestaltete.  Eine 
Abschnürung  dieser  Verbindung  im  Osten  verwandelte  das  Becken 
während  der  mittleren  Muschelkalkzeit  in  einen  großen  Salzsee, 
und  erneute  Senkungen  im  Südwesten  führten  mit  Beginn  des 
Hauptmuschelkalks  zu  einer  neuen  schmalen  Verbindung  mit  dem 
offenen  Ozean,  welche  dem  süddeutschen  Gebiet  abermals  den  Typus 
eines  Meeres  gab ;  dasselbe  wurde  gegen  Schluß  des  Hauptmuschel- 
kalks allmählich  immer  flacher.  Während  dieser  ganzen  Periode 
scheint  das  gleiche  heiße  Klima,  wie  in  der  Buntsandsteinzeit  ge- 
herrscht zu  haben  ^. 

Die  Südküste  des  deutschen  Muschelkalkmeers  lag  ungefähr 
in  der  Linie  Parkstein — Sulzbach — Dinkelsbühl — südHches  Neckar- 
ufer bei  Metzingen — Waldshut.  Der  Norden  des  schweizerischen 
Juragebirgs  gehörte  ganz  zum  Gebiet  dieses  Meeres,  ebenso  mit  ziem- 
licher Sicherheit  der  ganze  Schwarzwald  und  die  Vogesen,  Hardt, 
Odenwald  und  Spessart.  Der  vindehzische  Rücken  dagegen  und 
damit  die  nähere  Umgebung  von  Ulm  ragte  als  trennende  Wasser- 
scheide nach  wie  vor  zwischen  dem  süddeutschen  Becken  und  dem 
alpinen  Meer  empor,  vom  böhmisch-mährischen  Festland  quer  über 
das  Bodenseegebiet  nach  Südwesten  streichend^  (vergl.  die  Karten- 
skizze). 

Flache  See  mit  schwankendem  Wasserstand  und  Untergrund, 
mit  dem  typischen  Wechsel  von  lagunenartigen  Strandbildungen, 
mit  Flußläufen,  die  sich  ihr  Bett  weit  hinaus  in  die  zeitweilig  zum 


1  E.  Fr  aas,  1.  c.  S.  8—24.    —   Kranz,   Geol.   Führer  Nagold,  S.  1  f. 

—  Walt  her,  Lithogenesis  d.  Gegenwart,  1894,  S.  776—779  und  792—795. 
Die  Ansicht,  daß  die  Ablagerungen  des  mittleren  Buntsandsteins  (Haupt- 
kongloraerat)  hauptsächlich  auf  fluviatilem  Wege  oder  gar  in  einem  Meeres- 
becken entstanden,  dürfte  nach  den  überzeugenden  Ausführungen  von  E.  Fr  aas 
abgetan  sein. 

^  E.  Fraas,  1.  c.  S.  24—44.  —  W.  Kranz,  1.  c.  S.  2—4. 

*  Thürach,  1.  c.  S,  43.  —  Gümbel,  Die  geogn.  Verhältn.  d.  schwäb. 
Alb,  Bavaria  III,  2,  S.  763.  —  E.  F  r  a  as,  1.  c.  S.  25  f.  —  Steinmann  u. 
Graeff,  Geol.  Führer  Freiburg,  1890,  S.  74,  136.  —  Steinmann,  Neu- 
aufschließung des  Alpersbacher  Stollens,   Ber.  oberrhein.  geol.  Ver.  1902,  S.  11. 

—  Lapparent,  1.  c.  p.  1019.  —  Branco,  1,  c.  —  Pompeckj,  1.  c.  S.  172. 

12* 


—     180     — 

Sumpf  werdende  oder  gänzlich  austrocknende  See  eingruben,  mit 
Dünen,  Salz-  oder  Gipsablagerungen  sehen  wir  von  der  Lettenkohlen- 
zeit an  bis  in  den  oberen  Keuper  das  süddeutsche  Binnengebiet  er- 
füllen und  gegen  Süden  über  die  Muschelkalkzone  hinaus  übergreifen. 
Die  Grenze  der  Verbreitung  des  süddeutschen  Keupers  folgte  im  all- 
gemeinen dem  Westrand  des  Fichtelgebirgs  und  des  bayrisch- 
böhmischen Gebirgs  bis  zur  „Bodenwöhrer  Bucht",  bog  hier  nach 
Westen  und  Südwesten  um  gegen  den  Südrand  des  Rieses  und  gegen 
die  Münsinger  Alb  zu,  um  sich  weiterhin  der  Buntsandsteingrenze 
anzuschließen.  Von  dem  böhmisch-mährischen  Festland  und  der 
vindelizischen  Wasserscheide  floß  der  größere  Teil  der  Tagwasser 
in  die  fränkisch-schwäbische  Keuperbucht  ab ,  in  der  sich  deutlich 
nach  der  Natur  der  Sedimente  eine  randliche,  mittlere  und  äußere 
Zone  beobachten  läßt\  Ob  das  Flacherwerden  des  Seebeckens  einer 
langsamen  und  gleichmäßigen  kontinentalen  Hebung  des  Meeres- 
bodens oder  aber  einem  Rückzug  des  Meeres  in  einbrechende  Ge- 
biete der  Erdoberfläche  zuzuschreiben  ist,  mag  noch  dahingestellt 
sein.  Die  Transgression  der  Keupersee  über  den  Nordrand  des 
vindelizischen  Landes  trotz  Flacherwerdens  des  Meeresgebiets  seit 
der  Muschelkalkzeit  läßt  sich  jedenfalls  nur  durch  ein,  wenn  auch 
nur  lokales  Absinken  des  Nordrandes  dieser  Wasserscheide  erklären. 
Die  Deutung  hierfür,  „daß  durch  die  Ausfüllung  des  vom  Ozean 
abgeschlossenen  Keupersees  mit  Sedimenten  der  Wasserspiegel  sich 
ebenfalls  allmählich  am  Gebirgsrande  heben  mußte  und  so  weitere 
Teile  desselben  überflutet  wurden"  ^,  erscheint  mir  in  Anbetracht 
der  riesigen  Transgressionen  des  Keupers  nicht  genügend.  Welche 
Veränderungen  sonst  auf  dem  vindelizischen  Rücken  und  damit  in 
der  näheren  Umgebung  von  Ulm  vor  sich  gingen,  darüber  lassen 
sich  z.  Z.  nicht  einmal  Vermutungen  anstellen.  Nur  so  viel  ist  sicher, 
daß  die  vindelizischen  Berge  allmählich  durch  fließendes  Wasser, 
Wind  und  Meereswellen  abgetragen  wurden,  vielleicht  an  einzelnen 
Stellen  bis  zum  Niveau  des  Südmeeres. 

Mit  der  Zeit    des  Rhät   bereitete   sich  der  Einbruch  des  Lias- 
meeres   in   das  Binnenseegebiet   der   germanischen  Trias  vor.     Ver- 


1  E.  Fraas,  1.  c.  S.  44—61.  —  W.  Kranz,  1.  c.  S.  4—6.  —  Thürach. 
Übersicht  über  d.  Gliederung  d.  Keupers  im  nördl.  Franken  etc.,  Geogn.  Jahresli. 
München  1888,  S.  75—162  und  1889,  S.  1—90.  —  Ders.,  Beitr.  z.  K.  d.  Keupers 
in  Süddeutschi.,  S.  42.  —  Lapparent,  1.  c.  p.  1033.  —  Walt  her,  Bionomie 
des  Meeres,  1893,  S.  11  ff.  (Litoral.)  —  Branco,  1.  c. 

■■*  Thürach,  Keuper  in  Süddeutschland,  S.  50. 


—     181     — 

mutlich  lag  der  Wasserspiegel  des  alpinen  Ozeans  etwas  höher  als 
derjenige  der  süddeutschen  Flachsee ;  durch  Landsenkungen ,  viel- 
leicht in  Verbindung  mit  Sturmfluten  und  Erdbebenwellen,  entstanden 
nunmehr  an  den  schwächsten  Punkten  der  vindelizischen  Wasser- 
scheide offene  Wasserwege  zwischen  beiden  Gebieten  ,  wahrschein- 
lich zunächst  in  der  heutigen  Schweiz.  Wenn  auch  die  Niveau- 
unterschiede der  beiden  Wasserflächen  keine  bedeutenden  gewesen 
sein  mögen ,  so  weisen  doch  die  Knochenbetten  des  Rhät  und  das 
rasche  Absterben  der  triassischen  Wirbeltierwelt  auf  ein  stellenweise 
gewaltsames  Vordringen  des  Jurameeres  in  die  süddeutsche  Trias- 
provinz hin  ^  Dabei  mögen  zeitweise  größere  Strecken  des  schwä- 
bisch-fränkischen Bezirks  trocken  gelegen  haben  und  nur  von  Sturm- 
fluten überspült  worden  sein.  Die  Küste  des  süddeutschen  Rhät 
dürfte  ungefähr  dieselbe  gewesen  sein,  wie  die  des  Keupers  im  all- 
gemeinen ^. 

Der  Einbruch  des  Liasmeeres  bezeichnet  für  den  größten  Teil 
Süddeutschlands,  nördlich  der  Donaulinie,  den  Beginn  einer  langen 
Bedeckung  durch  nicht  sehr  tiefes  Meer  mit  schwankendem  Stand 
der  Wassertiefen  ^.  Zunächst  bestand  eine  Verbindung  zwischen 
diesem  und  dem  alpinen  Meer  aller  Wahrscheinhchkeit  nach  nur  in 
der  Schweiz.  Es  scheinen  sich  aber  nach  und  nach  während  der 
Jurazeit  auch  noch  andere  Wasserwege  quer  durch  den  vindelizischen 
Rücken  hindurch  ausgebildet  zu  haben,  wie  sich  das  mit  Sicherheit 
vom  Bathonien  an  für  eine  Straße  von  Regensburg  im  Süden  um 
die  böhmische  Masse  herum  zum  polnischen  Doggermeer  nachweisen 
läßt.  Damit  wurde  die  vindelizische  Halbinsel  zu  einer  von  dem 
böhmischen  Festland  getrennten  Insel  oder  Inselgruppe.  Allmählich 
verschwanden  weitere  Teile  der  vindelizischen  Insel  unter  der  Wasser- 
bedeckung, und  im  Malm  dürfte  nur  ein  langgestreckter  Archipel 
die  ehemalige  Kammlinie  des  vindelizischen  Gebirgs  angedeutet 
habend  Der  Bayrische  und  Böhmerwald  scheinen  während  dieser 
ganzen  Zeit    das    Ostufer   des   süddeutschen    Jurameers   gebildet   zu 

^  E.  Fraas,  1.  c.  S.  61—65.  —  Thürach,  1.  c.  S.  52.  —  Gümbel, 
Geol.  V.  Bayern,  II,  S.  22. 

'  0.  Fraas,  Geogn.  Beschr.  v.  Württ.  etc.,  1882,  S.  71  u.  150.  —  Gümbel, 
I.  c.  S.  745.  —  Pompeckj,  1.  c.  S.  173.  —  Neumayr,  Geogr.  Verbreitung 
d.  Juraformation,  1885,  S.  16. 

^  Steinmann  u.  Graeff,  Geol.  Führer  Freiburg,  S.  124. 

*  Pompeckj,  1.  c.  S.  203,  208.  —  Gümbel,  Geol.  v.  Bayern,  II,  S.  24. 
—  Neumayr,  Über  unvermittelt  auftretende  Cephalopodentypen  im  Jura 
Mitteleuropas,  Jahrb.  geol.  Reichsanst,  1878,'^S.  78. 


-     182     — 

haben,  während  der  Schwarzwald  wahrscheinlich  gänzlich  über- 
flutet war^ 

Zu  Beginn  der  Liaszeit  wird  zunächst  nur  eine  lange  und  enge 
Verbindung  zwischen  alpinem  und  schwäbisch-fränkischem  Jurameer 
bestanden  haben,  da  die  Einwanderung  der  alpinen  Fauna  in  das  süd- 
deutsche Becken  mit  Schwierigkeiten  verknüpft  gewesen  und  lang- 
sam erfolgt  zu  sein  scheint^.  Die  Südküste  des  deutschen  Lias- 
meeres  lag  etwa  in  der  Linie  Roding — Südrand  des  Rieskessels— 
Schaffhausen ;  jedenfalls  wurde  nördlich  dieser  Linie  Lias  z.  B.  aus 
den  Gebieten  vom  Ries,  Urach  und  Hegau  nachgewiesen,  z.  T.  als 
Uferbildung  ^  Bei  Regensburg  und  Bodenwöhr  bildeten  sich  zwei 
Buchten  aus,  welche  durch  die  Regenstaufer  Halbinsel  getrennt 
wurden  (vergl.  die  Kartenskizze)*.  Der  Nordrand  der  heutigen  Alb 
in  Schwaben  und  Franken  gehört  während  der  Angulatenstufe  dem 
Litoral  an.  Li  der  Arietenstufe  herrscht  in  Schwaben  tieferes  Meer, 
in  Franken  Flachsee,  die  Regensburger  Bucht  lag  von  da  an  bis 
zur  Mitte  des  mittleren  Lias  trocken.  In  der  Amaltheenstufe  war 
tiefere  See  in  Schwaben  und  Franken,  Flachsee  in  der  erweiterten 
Regensburger  Bucht.  In  der  Posidotiomya-Stnfe  hatte  das  ganze 
Gebiet  den  Charakter  einer  Flachsee,  ähnlich  dem  heutigen  schwarzen 
Meer,  mit  schwankenden  Tiefen  des  Meeresbodens,  reichhcher  Süß- 
wasserzufuhr und  schmaler  Verbindung  mit  den  andern  Meeren  der 
Liaszeit,  namentlich  vermutlich  in  der  Schweiz.  An  ihrem  Nordrand 
war  die  Regensburger  Bucht  etwas  verkleinert.  Die  Turensis-  und 
AalensisStufe  zeigen  ein  erneutes  Vordringen  des  Meeres  an,  aber 
noch  als  Flachsee  ^.  Die  Südküste  dieses  Meeres  bildete  die  große 
vindelizische  Halbinsel,  als  Ausläufer  des  böhmischen  Festlands. 

Die  ältere  Braunjurazeit  weist  in  der  Opalhius-Stnh  am  Alb- 
rand ungefähr  dieselben  Verhältnisse  auf,  wie  im  oberen  Lias,  in 
Schwaben  und  Franken  ein  Meer  von  mittlerer  Tiefe.  Während  der 
lltirchisonae-Stnfe  wurde   das  Gebiet  zeitweise   trocken  gelegt ;    die 


*  Th  Urach,  Beitr.  z.  Kenntn.  d.  Keupers  etc.,  S.  51,  —  St  ein  mann 
u.  Graeff,  1.  c.  S.  74.  —  Steinmann,  Alpersbacher  Stollen,  Ber.  obcrrh. 
geol.  Ver.  1902,  S.  10  f. 

^  Neumayr,  Geogr.  Verbr.  d.  Juraform.,  1885,  S.  16.  —  Ders.,  unver- 
mittelt auftretende  Cepbalopodentypen.  —  Walther,  Bionomie  d.  Meeres, 
S.  189  f. 

2  Thürach,  Beitr.  z.  Kenntn.  etc.,  S.  43.  —  Branco,  1.  c.  —  E.  Fraas, 
Geol.  Verb,  im  Ries. 

*  Pompeckj,  1.  c.  8.  175. 

"  Pompeckj,  1.  c.  S.  174—189. 


—     183     — 

Nordküste  der  vindelizischen  Halbinsel  schob  sich  in  das  süddeutsche 
Doggermeer  vor  und  die  Regensburger  Bucht  blieb  wahrscheinlich 
bis  zum  Beginn  des  Bathonien  ein  fiachhügehges  Sandsteinplateau. 
Aus  den  Graniten  und  Gneisen  der  vindelizischen  Halbinsel  und 
Böhmens  führten  Wasserläufe  reichlich  eisenhaltigen  Sand  in  das 
süddeutsche  Becken.  Bis  zur  ParlcinsoniStnfe  blieb  in  Franken 
flaches,  verschiedentlich  trocken  liegendes  Meeresgebiet,  während 
Schwaben  durch  das  reichlichere  Auftreten  von  Kalken  und  Tonen 
einen  allmählichen  Übergang  zu  etwas  tieferer  See  anzeigt.  Im 
Bathonien  drang  das  Meer  auch  in  Franken  wieder  vor,  bedeckte 
die  Regensburger  Niederung,  sowie  die  Regenstaufer  Halbinsel  mit 
Seichtwasser  und  durchbrach ,  vermutlich  einem  alten  Wasserlauf 
folgend ,  die  Landenge  zwischen  böhmischem  Festland  und  vinde- 
lizischer  Halbinsel  durch  eine  „Regensburger  Straße"  mit  Meeres- 
strömungen in  der  Linie  Regensburg — Passau.  Damit  wurde  eine 
Verbindung  des  fränkischen  Doggermeeres  nach  Niederbayern  hin  und 
um  den  Südrand  der  böhmischen  Masse  herum  zum  polnischen 
Doggermeer,  vielleicht  auch  schon  zur  alpinen  mediterranen  Provinz 
geschaffen  und  die  vindelizische  Halbinsel  als  vindelizische  Insel 
abgetrennt  K  Entsprechende  Verhältnisse  zeigte  das  schwäbisch- 
fränkische Meer  auch  noch  während  der  Macrocephalus Stufe.  Zur 
Zeit  der  Ornatentone  erreichte  es  dagegen  auch  in  Franken  Tiefen 
von  etwa  100  Faden  und  schob  seine  Ostküste  weiter  gegen  das 
böhmische  Land  vor.  Die  Südküste  des  älteren  Doggermeeres  mag 
ungefähr  in  der  Linie  Regensburg — Bopfingen — Ehingen  gelegen 
haben,  schob  sich  aber  bald  wieder  in  Schwaben,  etwas  später  auch 
in  Franken  auf  den  Nordrand  des  vindelizischen  Landes  vor  und 
gewann  demselben  mehr  und  mehr  Terrain  ab  (vergl.  die  Karten- 
skizze) ^.  Ob  damals  auch  schon  andere  Wasserstraßen  außer  der 
von  Regensburg  quer  durch  den  vindelizischen  Rücken  geöffnet 
wurden,  etwa  den  heutigen  größeren  Flußläufen,  bezw.  dem  Bodensee 
folgend,  das  entzieht  sich  vorläufig  jeder  Beurteilung.  Mit  Sicher- 
heit läßt  sich  indessen  annehmen,  daß  die  nähere  Umgebung  von 
Ulm  bereits  zur  Zeit  des  Bathonien  im  Küstengebiet  des  schwäbischen 
Jurameeres  lag. 

Während    der   Zeit   des   untern   weißen    Jura    setzte    sich   das 
langsame  Tieferwerden  des  jüngsten  süddeutschen  Doggermeeres  fort. 

'  Pompeckj,  1.  c.  S.  189—204.  —  Neumayr,  Geogr.  Verbr.  d.  Juraform. 
S.  6  u.  8.  —  V.  Ammon,  Die  Juraablagerungen  zwischen  Regensburg  u.  Passau. 
^  Pompeckj,  1.  c.  S.  201. 


—     184     — 

Im  obern  weißen  Jura  nahm  dagegen  die  Meerestiefe  allmählich  ab. 
Schließlich  findet  sich  in  unserm  Gebiet  seichtes  Wasser  eines  mehr 
und  mehr  eingeengten  Beckens,  das  seiner  Trockenlegung  entgegen- 
geht ^  Ungefähr  gleichzeitig  wurden  anderwärts  weite  Festländer 
auf  der  nördlichen  Halbkugel  vom  Meer  überflutet^,  worin  wohl  der 
Hauptgrund  für  den  Rückzug  des  Meeres  aus  Süddeutschland  zu 
suchen  ist.  In  diese  einsinkenden  Ländergebiete  mußte  eben  das 
Meer  nach  dem  Gesetz  der  Schwere  abziehen. 

Aus  dieser  Zeit  stammen  die  ältesten  Gesteine  der  näheren  Um- 
gebung von  Ulm.  „Unzählige  Massen  von  Spongien  entwickelten  sich 
auf  dem  Meeresgrunde  und  bauten  mächtige  Riffe  auf,  die  zugleich 
die  Heimat  zierlicher  Seelilien  und  Seeigel,  Brachiopoden,  Muscheln 

und   Schnecken   wurden Als    das  Wasser   schheßlich    immer 

seichter  wurde,  gesellten  sich  zu  den  mehr  die  Tiefe  liebenden 
Spongien  noch  Korallen,  die  an  den  Riffbauten  sich  beteiligten  und 
so  den  Reichtum  der  Fauna  vermehrten.  Natürlich  war  aber  nicht 
der  ganze  Meeresboden  gleich  einem  unterseeischen  Rasen  von 
Korallen  und  Spongien  bedeckt,  sondern  diese  wucherten  an  ein- 
zelnen Stellen  mehr,  an  andern  weniger,  so  daß  lokale  Anhäufungen 
oder  Riffe  entstanden,  zwischen  welchen  tiefere  Mulden  (Lagunen) 
oder  atollartige  Tümpel  frei  blieben.  Auch  diese  Mulden  füllten  sich 
mit  Meeresschlamm  aus,  in  welchen  hier  und  da  die  im  Wasser 
herumschwimmenden  Ammoniten  und  Fische  oder  die  im  Schlamm 
lebenden  Muscheln  und  Schnecken  eingebettet  wurden^."  Hiernach 
wären  Weiß-Jura-g  und  -C  gleichaltrige  Bildungen  verschiedener 
Facies,  s,  der  ungeschichtete  Marmor,  Zuckerkorn  und  Dolomit, 
•  zoogen;  C,  der  in  Atollen  oder  Lagunen  abgelagerte  geschichtete 
Meeresschlamm:  Krebsscherenkalk,  lithographische  Schiefer  und 
wilde  Portländer*.  Unter  dem  Druck  darauflagernder  Schichten  er- 
härtete dieser  tonige  Kalkschlamm  allmählich  zu  Kalkplatten  oder 
Zementton.  —  In  neuerer  Zeit  hat  Herr  Th.  Schmierer^  gegen  diese 


'  Pompeckj,  1,  c.  S.  205.  —  Neumayr,  1.  c.  S.  12  u.  17. 

2  Neumayr,  1.  c.  S.  28  u.  71. 

^  E.  Fr  aas,  Beschreibung  d.  Oberamts  Ulm,  1897,  I,  Geogn.  Verhält- 
nisse, S.  276. 

♦  Vergl.  auch  Waagen,  Der  Jura  in  Franken,  Schwaben  u.  d.  Schweiz. 
—  Engel,  Geogn.  Wegw.  v.  Württ.,  1896.  —  Ders. ,  Der  weiße  Jura  in 
Schwaben,  diese  Jahresh.  1877.  —  Ders.,  Lagerungsverh.  d.  obern  weißen  Jura 
in  Württ.,  diese  Jahresh.  1893. 

^  Schmierer,  Das  Altersverhältnis  der  Stufen  t  u.  C  des  weißen  Jura. 
Zeitschr.  deutsch,  geol.  Ges.  1902,  S.  525  if. 


—     185     — 

Auffassung  Stellung  genommen  und  beide  Bildungen  für  ungleich- 
altrig erklärt.  Zunächst  wären  alle  e-Kalke  entstanden,  größtenteils 
aufgebaut  aus  Schwämmen  oder  massenhaft  auftretenden  Echino- 
dermen.  Nach  Abschluß  der  £-Zeit  hätten  die  Meereswellen  aus- 
diesen  Kalken  Mulden  herausgefressen,  die  nunmehr  erst  vom  Kalk- 
schlamm einer  späteren  u-Zeit  erfüllt  wurden.  Diese  Streitfrage 
scheint  mir  noch  nicht  genügend  geklärt.  Eine  solche  Auskolkung 
der  C-Mulden  durch  Meereswellen  könnte  nur  in  Form  von  Fjorden 
entstanden  sein,  denn  die  Abrasion  des  Meeres  wirkt  nur  regional 
in  der  Strandlinie.  Ferner  müßten  die  nördlichen  C-Mulden  des 
schwäbisch-fränkischen  Gebiets  im  Vergleich  mit  den  südlichen  ver- 
schiedenes Alter  ihrer  Fauna  zeigen,  wenn  auch  nur  in  geringem 
Maße,  denn  die  Abrasion  schreitet  vom  Meer  zum  Strand  hin  all- 
mählich fort,  und  zwar  liegen  die  älteren  Teile  da,  wo  das  Meer 
seine  transgredierende  Bewegung  begann,  also  hier  wahrschein- 
lich im  Nordend  Fjordbildung  oder  Verschiedenheiten  im  Alter  der 
C-Mulden  wurden  aber  bis  jetzt  noch  nicht  nachgewiesen.  Die  Petre- 
faktenhsten  ferner,  welche  Herr  Schmierer  gibt^,  scheinen  eher  für 
eine  ungefähre  Gleichaltrigkeit  von  s  und  C  zu  sprechen,  da  von 
135  Arten  87  in  jüngeren  Schichten  vorkommen ,  50  in  älteren, 
28  in  jüngeren  und  älteren,  52  nur  in  ^,  ganz  abgesehen  von  der 
Lückenhaftigkeit  unseres  paläontologischen  Wissens.  Die  Seltenheit 
der  Ammoniten  erklärt  sich  leicht  aus  der  Bildung  in  seichtem 
Wasser,  die  Faciesunterschiede  zwischen  s  und  C  aas  der  verschie- 
denen Lebensweise  mancher  Riff-  und  Lagunenbewohner  '.  Die  außer- 
ordentliche Seltenheit  von  Korallen  in  den  «-Kalken  darf  nicht  dazu 
führen,  deren  Aufbau  durch  Korallen  wenigstens  in  ihren  oberen 
Teilen  abzuleugnen,  denn  schon  an  absterbenden  rezenten  Korallen- 
stöcken ist  selbst  an  der  Außenseite  kaum  zu  erkennen,  daß  es  sich 
um  ein  Korallenriff  handelt,  so  zerrieben  und  zerstört  ist  alles.  „In. 
dieser  Form  werden  die  Korallenstöcke  meist  fossil,  und  da  darf  es- 
nicht  wundernehmen,  wenn  wir  fossile  Riffkalke  so  oft  vergeblich 
nach  erhaltenen  Kelchen  durchsuchen.  .  .  .  Von  allen  Tierresten 
dürften  wenige  für  die  geologische  Erhaltung  so  ungünstig  sein,  wie 
gerade  Riffkorallen*."  Wenn  auch  heute  hauptsächlich  nur  Madre- 
poren  Riffe  bauen,   so    schheßt  das  nicht  aus,    daß   in  so  weit  ent- 


^  Walther,  Lithogenesis  d.  Gegenwart,  1894,  S.  612. 

*  I.  c.  S.  571  ff. 

3  Walt  her,  Bionomie  d.  Meeres,  1893,  S.  30  f. 

*  Walt  her,  Lebensweise  der  Meerestiere,  1893/94,  S.  276—278. 


—     186     — 

legenen  Zeiten  andere  Gattungen  dies  Amt  besorgten.  Daß  den 
meisten  Spitzen  der  £-Massenkalke  die  typischen  Korallenkalke  fehlen, 
erklärt  sich  am  ungezwungensten  durch  Denudation.  Breccien  zwischen 
den  Massen-  und  Korallenkalken  könnten  als  Anfänge  von  Riffstein 
aufgefaßt  werden,  die  später  wieder  überflutet  und  von  neuen 
Korallenbauten  oder  Schlammfacies  überlagert  wurden.  Das  massen- 
hafte Vorkommen  von  Spongien  an  einzelnen  Stellen  der  e-Kalke 
findet  sein  Analogon  in  rezenten  Korallenriffen  \  Zweifellos  sind 
auch  Korallenriffe  keine  lokalen  Bildungen",  denn  an  der  nordöst- 
lichen Küste  von  Australien  liegt  ein  ungefähr  1100  engl.  Meilen 
langes  Wallriff,  das  Riff  von  Neukaledonien  ist  ca.  400  engl.  Meilen 
lang  etc.  ^  Wenn  ferner  die  Möglichkeit  eines  Gedeihens  von  Korallen 
in  gewaltigen  Riffen  bei  Nusplingen  wegen  Spuren  süßen  Wassers 
bezweifelt  wird,  so  muß  entgegnet  werden,  daß  am  Roten  Meer  oft 
nur  eine  10  m  breite  Lücke  im  Riff  zum  Durchlaß  süßen  Wassers 
genügt^.  Auch  ist  ein  allmählicher  Übergang  zwischen  den  Wänden 
eines  zoogenen  Massenkalks  und  dem  nach  und  nach  sich  an- 
lagernden Kalkschlamm  ^  durchaus  nicht  erforderlich.  Die  ausnahms- 
weise Ausbildung  von  s  als  Quaderkalk  bei  Grabenstetten  ist  da- 
gegen dort  am  Rand  der  Alb,  also  an  der  wahrscheinlichen  Grenze 
zwischen  Riff  und  offenem  Meer,  ganz  natürlich.  Nach  alledem 
dürfte  sich  vorläufig  bis  zur  Beibringung  zwingender  Gegenbeweise 
keine  bessere  Erklärung  für  die  t-Massenkalke  und  die  ^'-Platten  etc. 
finden,  als  ihre  ungefähr  gleichzeitige  Bildung  in  Schwammstotzen, 
Echinodermenanhäufungen  und  Korallenriffen  (e),  bezw.  in  Lagunen 
oder  Atollen  (C)  anzunehmen,  bei  einer  Meerestiefe  von  höchstens 
100  m  zur  Zeit  der  Korallenbildung ". 

Eine  weitere  Frage  ist,  ob  zur  Zeit  des  obern  Jura  noch  vinde- 
lizisches  Land  existiert  hat  oder  nicht.  Neumayr'  erklärt  die  Unter- 
schiede zwischen  alpinem  und  süddeutschem  Jura^  lediglich  durch 
klimatische  Verhältnisse  bezw.  Facies,  und  führt  als  Beweis  an,  daß 
die  Faunen    beider  Becken   seit   dem    Lias   nicht   auseinandergehen. 

'  Walther,  1.  c.  S.  246  f. 
^  Schmierer,  1.  c.  S.  543. 
"  Neumayr,  Erdgeschichte,  1887,  I,  S.  566. 

*  Neumayr,  1.  c.  S.  564  (nach  0.  Fraas). 

*  Schmierer,  1.  c.  S.  535. 

6  Walther,  Lebensw.  d.  :ai.eerestiere,  S.  272,  277. 

'  Neumayr,  Geogr.  Vcrbr.  d.  Juraformation,  S.  43.  —  Ders..  Erdgesch., 
S.  332. 

«  Gümbel,  Geol.  v.  Bayern,  II,  S.  25. 


—     187     — 

Das  ist  aber  auch  gar  nicht  erforderhch ,  da  bereits  seit  dem  Rhät 
ständig  Wasserverbindungen  zwischen  beiden  Meeren  bestanden. 
Neumayr  sucht  den  Ursprungsort  der  Tone  des  süddeutschen  untern 
und  mittlem  Lias,  sowie  der  Allgäuschiefer  im  Norden,  beim  Ardennen- 
massiv,  und  erklärt  die  Unterschiede  zwischen  der  Ausbildung  in 
Schwaben  und  der  in  Franken  durch  Wechsel  von  Meeresströmungen  ^ 
Einfacher  läßt  sich  die  Herkunft  jenes  Materials  aus  der  böhmischen 
Masse  und  dem  vindelizischen  Land  herleiten;  die  Unterschiede  in 
Schwaben  und  Franken  entstanden  aber  lediglich  dadurch,  daß 
Franken  den  innern  Teil  der  großen  süddeutschen  Bucht  bildet, 
während  Schwaben  mehr  nach  dem  offenen  Meer  zu  lag.  Die  große 
Ähnhchkeit  zwischen  dem  Jura  in  Schwaben  und  den  ostschweizer 
Alpen  endlich  ^  ist  nur  eine  Folge  davon,  daß  wahrscheinlich  in  der 
Schweiz  die  erste  und  Hauptverbindung  zwischen  schwäbischem  und 
alpinem  Meer  bestand.  Ein  ganz  offener  Zusammenhang  zwischen 
beiden  Meeren  braucht  somit  nicht  notwendig  angenommen  zu  werden^. 
Die  Natur  macht  keine  Sprünge.  Selbst  die  großartigsten 
Phänomene  der  Erdgeschichte  bereiten  sich  ganz  allmählich  vor.  Die 
Erhebung  der  Alpen  z.  B.  begann  bereits  in  der  Kreidezeit  und 
fand  erst  im  Obermiocän  ihren  vielleicht  nur  vorläufigen  Abschluß. 
Wenn  man  nun  bedenkt,  daß  die  ganze  Jurazeit  allein  mindestens 
10 — lömal  so  lang  gedauert  hat,  als  ein  Teil  des  Diluviums  und 
die  Jetztzeit  zusammengenommen*,  so  kann  man  in  dem  ganz  all- 
mählichen Vorrücken  der  Südküste  des  deutschen  Beckens  seit  der 
Buntsandsteinzeit  gewiß  nichts  Sprunghaftes  erkennen.  Im  untern 
Dogger  lag  dieselbe  ungefähr  in  der  Linie  Regensburg — Bopfingen— 
Ebingen.  Wollte  man  nunmehr  annehmen,  daß  bereits  im  weißen 
Jura  das  ganze  vindelizische  Land  verschwunden  war,  so  würde 
damit  ein  gewaltiger  Sprung  der  natürlichen  Entwicklung  künstlich 
konstruiert  sein.  „Sicherlich  wurde  auch  der  insulare  Rest  des 
vindelizischen  Gebirgs  im  Malm  mehr  und  mehr  überflutet  .... 
Daß  die  seit  dem  Bathonien  existierende  , Regensburger  Straße'  tiefer 
und  breiter  wurde,  ist  ebenso  selbstverständlich,  als  es  unsicher  ist, 


*  Neumayr,  Geogr.  Verbr.  d.  Juraformation,  S.  27,  43,  44. 

*  Neumayr,  1.  c.  S.  44. 

^  Das  Verschwinden  des  vindelizischen  Landes  auf  den  Kartenskizzen  bei 
Lapparent,  Traite  de  Geol.,  1900(8.1100,  1141,1158,  1170,  1198,  1204),  seit 
dem  Lias  scheint  nur  eine  Folge  von  Ungenauigkeit  der  Zeichnung  zu  sein,  da 
nahe  südlich  im  Alpengebiet  Land  eingezeichnet  ist. 

"  Neumayr,  Erdgesch.,  1887,  II,  S.  309. 


-     188     — 

eine  geographische  Begrenzung  dieser  Straße  vorzunehmen  ^"  Die 
Ostküste  des  jungem  deutschen  Jurameeres  lag  vermuthch  nahe  dem 
Südwestrand  des  Böhmerwalds  ^.  Das  Fehlen  von  Malm  in  der 
Bodenwöhrer  Bucht  ^  und  am  Südwestrand  des  Böhmerwalds  würde 
sich  leicht  durch  Denudation  in  der  Zeit  der  Trockenlegung  zwischen 
Malm  und  oberer  Kreide,  bezw.  bis  in  die  Jetztzeit  erklären,  ebenso 
wie  das  Fehlen  der  Juraablagerungen  am  Ostrand  des  Schwarzwalds. 
Für  die  Südgrenze  des  deutschen  Weißjurameeres  aber  darf  ein  lang- 
gestreckter vindelizischer  Archipel  in  der  alten  Kammlinie  Passau — 
Bodensee  angenommen  werden,  an  dessen  steilen  felsigen  Küsten 
sich  nahe  aneinandergerückt  die  Bedingungen  von  Land,  Litoral, 
Flachsee  und  offenem  Meer  fanden"*.  Von  diesen  lassen  sich  heute 
nur  noch  die  Gebiete  der  einstigen  Flachsee,  bezw.  des  offenen 
Meeres  im  jetzigen  schwäbisch-fränkischen  Weißjura-Gebirge  be- 
obachten, alles  übrige  ist  unter  den  tertiären  und  quartären  Massen 
südlich  der  Donaulinie  begraben.  Sonach  erscheint  die  Ablagerung 
der  Kalkgebilde  der  Zonen  des  Peltoceras  himammatum  und  der 
Oppelia  tenuüobata  in  Meerestiefen  von  wenigstens  500  Faden  ^ 
durchaus  nicht  als  ein  Beweis  gegen  das  Vorhandensein  von  vinde- 
lizischen  Landresten.  Auch  weist  die  Zunahme  an  Tongehalt  in  den 
C-Plattenkalken  von  Norden  nach  Süden  auf  vindelizisches  Land  im 
heutigen  Oberschwaben  hin*'.  Daß  anderseits  das  obere  Weißjura- 
meer die  Donauhnie  überschritt,  beweist  das  Vorhandensein  von  'Q 
im  Untergrund  der  Donau  bei  Ulm  und  die  Vorkommen  südlich  der 
Donau  zwischen  Schaffhausen  und  Scheer,  bei  Riedlingen ,  Munder- 
kingen,  Neuburg,  Kelheim  und  Regensburg. 

Die  letzte  Phase  des  abziehenden  schwäbisch-fränkischen  Weiß- 
jurameeres bezeichnen  Strand-  und  Trümmerbildungen,  die  hier  und 
da  dünenartig  aus  Oolithsand  und  Muschelresten  zusammengespült 
wurden,  sowie  wahrscheinlich  auch  Gips-  und  Salztonablagerungen 
aus  übersättigten,  abgeschnürten  Lagunen.  Die  ersteren  blieben  uns 
stellenweise  erhalten,  so  die  Oolithe  ^  vom  Brenztal,  von  Wippingen 


1  Pompeckj,  I.  c.  S.  207. 

^  Bruder,   Neue   Beitr.   z.  Kenntn.   d.  Juraabi.    im   nördl.    Böhmen,   II, 
Sitzungsber.  d.  Wiener  Akad.  1886,  I,  Taf.  II. 
8  Gümbel,  Geol.  v.  Bayern,  II,  S.  499. 

*  Walther,  Bionomie  des  Meeres,  1898,  S.  11  ff. 

^  Neumayr,  Geogr.  Verbr.  d.  Juraformation,  S.  12. 
«  E.  Fraas,  Oberamt  Ulm,  S.  279. 

•  Walther,  Lithogen.  d.  Gegenw.,  S.  699,  797,  849,  850,  884. 


—     189     — 

und  Oberstotzingen.  Die  leicht  zerstörbaren  Tone,  Gipse  und  Salze 
dagegen  wurden  in  der  nun  folgenden  langen  Periode  der  Trocken- 
legung durch  Denudation  spurlos  entfernt^.  Das  ganze  Gebiet  blieb 
trocken  bis  zum  Beginn  des  Miocän,  mit  Ausnahme  eines  Landstrichs 
bei  Regensburg  und  der  Bodenwöhrer  Bucht,  der  im  Cenoman  vom 
jüngeren  Kreidemeer  überflutet  wurde  ^.  Im  übrigen  fehlen  Ablage- 
rungen aus  der  Kreide  vollständig,  es  begann  vielmehr  die  allmähliche 
Abtragung  der  in  den  früheren  Epochen  gebildeten  Sedimente  durch 
Verwitterung,  fließendes  Wasser  und  Wind.  Nach  Entfernung  der 
wenig  widerstandsfähigen  Bildungen  des  abziehenden  Jurameeres  grub 
bezw.  erweiterte  fließendes  Wasser  Spalten  in  den  e-Massenkalken 
und  füllte  dieselben  wieder  mit  Detritus,  Bohnerzlehm  und  Kalk- 
trümmern oder  mit  Süßwasserkalk  aus.  Dabei  wurden  Knochen  und 
Zähne  von  Landtieren ,  sowie  Land-  und  Süßwasserschnecken  der 
Eocän-  bezw.  Oligocänzeit  eingeschwemmt;  solche  fanden  sich  z.  B. 
in  den  Bohnerzspalten  des  städtischen  Steinbruchs  am  Eselsberg 
nordwestlich  Ulm,  in  Lehmgruben  bei  Neuhausen  ob  Eck  und  bei 
Frohnstetten  bezw.  in  den  Stro2)Jiostoma-Ka\ken  von  Arnegg  und  in 
den  Spalten  von  Rammingen  und  Sachsenhausen  (bei  Giengen)  ^. 

Am  Nordrand  der  Alpen  dehnte  sich  während  dieser  Zeiten 
das  Kreide-,  Nummuliten-  und  Flyschmeer  aus.  Es  ist  bis  jetzt 
nicht  mit  Sicherheit  bekannt,  ob  dies  Meer  bis  an  das  süddeutsche 
Tafelgebirge  heranreichte,  oder  ob  seine  Ufer  durch  Reste  vinde- 
lizischen  Landes  gebildet  wurden.  Doch  sprechen  eine  Anzahl  von 
Gründen  dafür,  daß  solches  Land  mindestens  bis  nach  Ablagerung 
der  unterohgocänen  Flyschschichten  in  der  alten  Kammhnie  bruch- 
stückweise existierte,  dann  erst  mit  den  beiderseits  angeschlossenen 
jüngeren  Schichtenablagerungen  in  die  Tiefe  sank  und  einer  breiten, 
langgestreckten  Niederung  Platz  machte,  in  welche  nun  die  Fluten 
des  mitteloligocänen  Meeres  eindrangen,  wahrscheinlich  gleich- 
zeitig und  im  Zusammenhang  mit  der  ersten  Hauptfaltung  der 
Alpen   und  mit    dem  Haupteinbruch  des   Rheintals*.     Um    so    mehr 

1  E.  Traas,  Oberamt  Ulm,  S.  276  ff.  —  Engel,  Geogn.  Wegw.  Württ., 
S.  348. 

^  Pompeckj,  1.  c.  S.  207.  —  Gümbel,  1.  c.  S.  27,  —  Steinmann  u. 
Graeff,  Geol.  Führer  Freiburg,  S.  124.  —  0.  Fraas,  Geogn.  Beschr.  Württ.  etc., 
S.  151.  —  Kranz,  Geol.  Führer  Nagold,  S.  6. 

'  Engel,  1.  c.  S.  360  f.  —  Sandberger,  Land-  u.  Süßwasserkonch.  d. 
Vorwelt,  1875,  S.  357. 

*  Gümbel,  1.  c.  II,  S.  31.  —  Ders.,  Die  geogn.  Verhältn.  d.  fränk.  Alb, 
1864,  Bav.  III,  Buch  9,  Sonderabdruck  S.  15.  —  Ders.,  Frankenjura,  1891,  S.  3. 


—     190     - 

kann  die  Existenz   solcher  Landreste  im  weißen  Jura   angenommen 
werden. 

Schon  vor  der  oberen  Kreidezeit  fanden  im  Gebiet  der  süd- 
deutschen Juraablagerungen  hier  und  da  dislozierende  tektonische 
Bewegungen  statt  ^ ,  ebenso  wie  sich  bereits  während  der  Kreide 
lokale  Hebungen  in  den  Alpen  nachweisen  lassen  ^.  Nun  begann 
gegen  das  mittlere  Oligocän  die  erste  Hauptperiode  der  Emporfaltung 
des  Alpengebirgs  infolge  ungeheurer  Spannungen  in  der  Gesteins- 
kruste der  Erdoberfläche,  unter  der  sich  jedenfalls  bei  der  Erkaltung 
und  Zusammenziehung  des  glühenden  Erdkerns  gewaltige  Hohlräume 
gebildet  hatten.  Zweifellos  setzten  sich  diese  Spannungen  auch  in 
die  Umgebung  der  Alpen  fort,  so  durch  die  Lücken  zwischen  den 
Resten  des  vindelizischen  Landes  hindurch  in  das  schwäbisch-fränkische 
Tafelland  hinein.  Das  beweisen  die  tektonischen  Bewegungen  im  süd- 
deutschen Jura  zur  Kreidezeit.  Ebenso  sicher  wurden  nach  der 
Emporfaltung  der  Alpen  diese  Spannungen  in  den  Nachbargebieten 
vermindert,  die  nächstgelegenen  Landesteile,  also  vermutlich  Reste 
des  vindelizischen  Rückens,  sanken  allmählich  und  stellenweise  viel- 
leicht auch  plötzlich  in  die  Tiefe,  und  die  entfernteren  Gebiete,  unter 
denen  gleichfalls  ungeheure  Hohlräume  existierten,  verloren  ihr  süd- 
liches Widerlager  und  brachen  ihrerseits  ein.  So  entstand  der  Ein- 
bruch der  ganzen  Tafel  zwischen  Schwarzwald  und  Böhmerwald,  im 
Süden  und  in  der  Mitte  stärker  als  im  Norden  und  an  den  Rändern, 
im  allgemeinen  als  eine  nach  Südost  geneigte  Platte,  teilweise  mit 
Rissen  und  Sprüngen^.  Wenn  auch  kein  unmittelbarer  Zusammen- 
hang zwischen  der  Absenkung  des  Trias-  und  Juragebiets  in  Franken 
und  Schwaben  und  zwischen  den  Alpen  besteht*,  so  kann  man  beide 
Phänomene  doch  nicht  als  unabhängig  voneinander  betrachten.  Für 
die  Tektonik  bleibt  ohne  Belang,  ob  zur  Zeit  der  Alpenfaltungen 
vindelizisches  Land  die  jüngeren  Sedimente  überragte  oder  nicht. 
Wer  überhaupt  die  Existenz  alter  Massen  im  Untergrund  der  ober- 
schwäbischen und  oberbayrischen  Hochebene  zugibt,  muß  diese  ebenso 


—  Reis,  Erläut.  z.  d.  geol.  Karte  d.  Vorderalpenzone,  Geogn.  Jahresh.  München 
1895.  —  Ders.,  Z.  Geol.  d.  Eisenoolithe  führenden  fränk.  Eocänschichten  am 
Kressenberg,  dieselben  Jahresh.  1897.  —  Rühl,  Beitr.  z.  Kenntn,  d.  tert.  u.  quart. 
Abi.  i.  Bayrisch-Schwaben ,  XXXII.  Ber.  nat.  Ver.  Augsb.  1896,  S.  331,  339, 
361,  423. 

'  Pompcckj,  1.  c.  S.  209. 

2  Mündliche  Mitt.  v.  Prof.  H.  Rothpletz. 

•■'  Pompeckj,  1.  c.  S.  209.  —  Kranz,  1.  c.  S.  6. 

*  Suess,  Antlitz  der  Erde,  1883.  I,  S.  278. 


—     191     - 

wie  die  alte  böhmische  Masse  als  die  Pfeiler  anerkennen,  an  denen 
sich  die  Gewalt  der  Alpenfaltungen  brach.  Mit  der  Auslösung  dieser 
Spannungen  waren  aber  auch  die  Hauptspannungen  im  Tafel jura- 
und  Triasgebirge  beseitigt,  und  alle  Bedingungen  zum  Nachbrechen 
des  nördlichen  Alpenvorlands  im  weitesten  Sinne  waren  gegeben.  Daher 
der  Umstand,  daß  in  diesem  Vorlande  nichts  vorhanden  ist,  „was  sich 
nur  annähernd  den  großen  tangentialen  Bewegungen  des  Alpenvor- 
lands vergleichen  ließe,"  und  daß  „die  Zerlegung  der  Spannung  .  .  . 
in  diesem  Gebiet  eine  sehr  ausgesprochene"  ist*.  Wäre  das  Gegen- 
teil der  Fall,  so  würde  die  oben  ausgesprochene  Theorie  zur  Un- 
möglichkeit. 

Einer  anderen  Theorie,  daß  der  Ozean  früherer  Zeiten  niemals 
die  Höhe  der  heutigen  Alb  erreicht  haben  soll,  daß  vielmehr  der 
Boden  des  alten  Jurameeres,  z.  B.  der  Schwabenalb,  in  späterer  Zeit 
langsam  in  die  Höhe  gehoben  und  zunächst  zu  einem  Gewölbe  auf- 
gebogen wurde  \  vermag  ich  ebensowenig  zu  folgen.  Damit  sind 
die  Höhenunterschiede  zwischen  den  Vorkommen  von  Buntsandstein 
auf  den  Gipfeln  des  Schwarzwalds  und  denen  im  tiefen  Untergrund 
der  Alb  unvereinbar;  beide  bildeten  die  Unterlage  des  Trias-  bezw. 
Jurameeres,  und  die  Höhenunterschiede  sind  keine  ursprünglichen, 
sondern  entstanden  durch  Dislokation,  wobei  die  Alb  gegenüber  dem 
Schwarzwald  absank,  nicht  gehoben  wurde.  Der  Wasserspiegel  des 
Meeres  muß  also  noch  um  ein  bedeutendes  über  dem  heutigen 
Niveau  der  Alb  gelegen  haben. 

An  den  in  höherer  absoluter  Lage  stehen  gebliebenen  Teilen 
der  süddeutschen  Trias-  und  Juraplatte ,  im  Norden  von  Württem- 
berg etc.,  arbeitete  die  Denudation  am  stärksten  ^nd  griff  durch  die 
oberen  Schichten  hinab,  je  nach  der  Lage  bis  auf  den  mittleren 
Jura,  Lias,  Keuper,  Muschelkalk  oder  Buntsandstein,  und  auf  den 
stehen  gebliebenen  Horsten  des  Schwarzwalds  etc.  sogar  bis  auf 
die  alten  kristallinischen  Gesteine  hinab  ^.  Das  fließende  Wasser, 
u.  a.  das  heutige  Flußgebiet  des  Neckar,  führte  ungeheure  Gesteins- 
massen nordwärts  ab ,  legte  terrassenförmig  Braunjura ,  Lias  und 
Trias  bloß  und  fraß  sich  allmählich  von  Nordwesten  nach  Süd- 
osten bis  zum  heutigen  Steilrand  des  schwäbisch-fränkischen  Jura- 
gebirgs  zurück  ^ 

Im  südlichen  Teil  von  Oberschwaben  bespülte    schon  von   der 

'  Engel,  1.  c.  S.  125. 

'  Neumayr,  Erdgeschichte,  1887,  S.  682. 

^  Engel,  1.  c.  S.  125.  —  Neumayr,  Geogr.  Verbreit.  d.  Juraform.,  S.  11. 


—     192     - 

-mittleren  Oligocänzeit  an  tertiäres  Meer  und  Brackwasser  ^  den  Fuß 
der  jungen  Alpen,  die  als  mäßig  hohes  Faltengebirge  wohl  dem 
heutigen  Schweizer  Kettenjura  ähnlich  gewesen  sein  mögen  ^.  Auf 
<lem  jetzigen  Südrand  der  Alb  dagegen,  namenthch  in  der  Umgebung 
von  Ulm,  entstanden  nach  der  langen  Zeit  der  Trockenlegung  im 
Untermiocän  ^  infolge  von  Ungleichmäßigkeiten  im  Einbruch  der 
Juraplatte  Mulden,  in  denen  sich  das  von  der  Alb  herabströmende 
Wasser  zu  Tümpeln  und  Süßwasserseen  sammelte  *.  Durch  die  mit- 
geführten Kalke  und  Tone  mit  Landschnecken,  Pflanzen-  und  ver- 
einzelten Säugetierresten  bildeten  sich  hier  unter  subtropischem 
Klima  ^  die  untermiocänen  Bamondi-Ksiike  und  „Pisolithe",  letztere 
wahrscheinlich  aus  Algen  ^,  dann  die  jRugidosa-  und  zuletzt  die 
CrejndostoniaSchichteT],  wobei  die  oberen  Glieder  am  weitesten  auf 
die  immer  tiefer  einsinkende  Alb  hinauf  transgredierten  ^  Ein  großer 
Teil  der  Ulmer  Höhenfront  liegt  auf  diesen  Ablagerungen,  so  Böfingen, 
Haslach,  Jungingen,  Fort  Albeck,  Prittwitz,  Eselsberg  und  Kuhberg. 
Auch  der  Talfinger  Kugelberg  mit  seinen  sogenannten  Kreidegruben 
gehört  in  diesen  Horizont. 

Die  Fortsetzung  der  Senkungen  in  der  Umgebung  der  Donau- 
linie ließen  das  tertiäre  Meer  Oberschwabens  und  Oberbayerns  zu 
Beginn  der  mittleren  Miocänzeit  rasch,  wenn  auch  nicht  katastrophen- 
artig bis  über  den  Südrand  der  Alb  vordringen  und  nunmehr  das 
ganze  nördliche  Alpenvorland  überdecken.  Sollten  damals  noch 
Reste  des  vindelizischen  Landes  bestanden  haben ,  so  wurden  sie 
•nun  endgültig  unter  marinen  Bildungen  begraben^.  Zunächst  stand 
dies  mittelmiocäne  Meer  mit  dem  mediterranen  Becken  in  offener 
Verbindung,  errei(^ite  hier  und  da  Tiefen  ähnlich  denen  des  heutigen 
Ptoten  und  Mittelmeeres  ^,  und  erhielt  seine  Sedimente  hauptsächlich 

'  Gümbel,  Geol.  v.  Bayern,  II,  S.  33.  —  Rühl,  1.  c.  S.  342  ff. 

^  Gümbel  (1.  c.  S.  31)  vergleicht  sie  mit  dem  Schwarzvvald. 

"  Kranz,  Stratigraphie  und  Alter  der  Ablagerungen  bei  Unter-  u.  Ober- 
kirchberg südlich  Ulm  a.  D.,  Centralbl.  f.  Min.  etc.  1904,  Sonderabdruck  S.  55. 
Die  Gründe,  weshalb  ich  an  der  älteren  Einteilung  des  schwäbischen  Tertiär? 
festhalte  und  mich  der  von  Dr.  Rollier  angeregten  Aufeinanderfolge  nicht  an- 
schließen kann,  sind  in  dieser  Arbeit  ausführlich  dargelegt. 

*  Rühl,  1.  c.  S.  358. 

^  Gümbel,  I.  c.  S.  33.  —  Heer,  Urwelt  d.  Schweiz,  1864,  S.  480.  — 
<0.  Fraas,  Geogn.  Beschr.  Württ.,  S.  179. 

«  E.  Fraas,  Oberamt  Ulm,  S.  282. 

'  E.  Fraas,  1.  c.  S.  283. 

8  Gümbel,  1.  c.  S.  34.  —  Rühl,  1.  c.  S.  360. 

^  Rühl,  1.  c.  S.  364. 


-     193     - 

von  Süden,  wahrscheinlich  aus  den  bereits  aufgerichteten  Flysch- 
und  Kalkgebieten  der  jungen  Alpen.  Aus  dem  Schwarzwald  konnte 
das  Material  schwerlich  stammen ,  da  dessen  kristalline  Gesteine 
damals  vermutlich  noch  von  einem  dicken  Mantel  triassischer  und 
jurassischer  Schichten  verhüllt  war';  der  Böhmerwald  dagegen  ist 
als  Ursprungsort  eines  Teils  der  Muschelsandsteine  etc.  nicht  aus- 
geschlossen ;  nur  kann  ich  mir  eine  Sedimentzufuhr  aus  vindehzischem 
Land "  nicht  denken,  da  dasselbe  zum  mindesten  unter  dem  Wasser- 
spiegel, wenn  nicht  unter  älteren  Sedimenten  verschwunden  war. 

Daß  das  Neogenmeer  nicht  von  kurzer  Dauer  war,  geht  aus 
der  Mächtigkeit  seiner  Ablagerungen  hervor.  Ob  aber  die  bisher 
gültige  Einteilung  nach  Phasen  ^  überall  das  Richtige  getroffen  und 
nicht  vielleicht  manche  Faciesunterschiede  für  selbständige  Zeit- 
abschnitte genommen  hat,  kann  nur  durch  eingehende  Lokalforschung 
mit  Profilaufnahmen  entschieden  werden.  Litoral  und  Flachsee,  zu 
deren  Bezirk  das  mittelmiocäne  süddeutsche  Meer  gehört,  zeigen  ganz 
erhebliche  Faciesunterschiede  auf  verhältnismäßig  kleinem  Raum  ver- 
einigt"^, und  das  Litoral  kann  durch  geringfügige  geologische  Ver- 
änderungen gründlich  umgestaltet  werden ''. 

An  zahlreichen  Stellen  der  näheren  Umgebung  von  Ulm  finden 
sich  die  Ablagerungen  des  Neogenmeeres ,  z.  T.  voll  von  dick-  und 
dünnschaligen  Austern,  Peden,  Cardmm,  Gastropoden,  Balanen, 
Bryozoen,  Haifisch-,  Krokodil-,  Bhinoceros-Zähnen  etc.,  meist  sub- 
tropischen Formen ;  so  bei  Ermingen  auf  dem  Hochsträß,  Jungingen, 
Haslach,  Öllingen,  Rammingen,  Asselfingen,  Niederstotzingen ,  Det- 
tingen  etc.  Bisweilen  sind  die  Uferbildungen  in  Gestalt  von  Weiß- 
juraklippen mitPholadenlöchern,  von  Meeresablagerungen  mit  zwischen- 
gelagerten Süßwasserkalken  usw.  deutlich  erkennbar^.  Das  Meer 
reichte  nicht  weit  auf  die  Alb  hinauf;  Meeresbuchten  befanden  sich 
u.  a.  bei  Altheim  und  Heldenfingen,  und  die  Juranagelfluh  von  Ettlen- 
schieß,  Bräunisheim,  Gerstetten  etc.  bezeichnet  die  Geröllablage- 
rungen von  Gewässern,  welche  von  der  damals  noch  weit  nach 
Norden  reichenden  Hochfläche  herab  dem  miocänen  Meer  zuströmten 


'  Steinmann,  Alpersbacher  Stollen,  Ber.  oberrh.  geol.  Ver.  1902,  S.  10. 
•^  Rühl,  1.  c.  S.  363. 

^  Eühl,  1.  c.  S.  362  ff .  —  Miller,  Das  Molassemeer  in  der  Boclenseegegend, 
Sehr.  d.  Ver.  -f.  Gesch.  d.  Bodensees,  1876. 

*  Walther,  Lithogen.  d.  Gegenwart,  S.  869  ff. 

^  Ders.,  Bionomie  d.  Meeres,  S.  11  ff. 

<5  Engel,  1.  c.  S.  376  ff.  —  0.  Fraas,  1.  c.  S.  154  u.  160. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.   1905.  13 


—     194     — 

und  einen  Teil  des  Kalkmaterials  der  Muschelsandsteine  etc.  mit- 
führten. An  Stellen  mit  reißenden  Meeresströmungen  endlich  bildeten 
sich  die  „Graupensande",  deren  kreuzgeschichtete,  versteinerungs- 
arme Kiese  und  Sande  in  zahlreichen  Gruben  am  Hochsträß  zwischen 
Hausen  und  Grimmelfingen  aufgeschlossen  sind  ^ 

In  der  zweiten  Hälfte  des  Mittelmiocän  zog  sich  das  Meer 
langsam  nach  Süden  bezw.  Osten  zurück^.  Das  Wasser  der  ver- 
bleibenden, in  mehreren  Buchten  oder  selbständigen  Becken  am 
Alpenrande ,  bei  Schaff  hausen ,  Engen ,  Mößkirch  ,  Ulm ,  sowie  in 
Niederbayern  ^  abgeschnürten  Meeresreste  wurde  durch  einmündende 
Flüsse  brackisch.  Die  Fauna  dieser  Becken  war  vom  Salzgehalt  des 
Wassers  wenig  beeinflußt*.  Nach  und  nach  süßte  sich  das  Wasser 
mehrerer  dieser  Buchten  vollständig  aus ,  die  sich  dann  ganz  mit 
Süßwasserfaunen  besiedelten.  Das  Ulmer  Becken  hatte  sein  süd- 
liches Ufer  unweit  südlich  Laupheim^,  das  westliche  bei  Ehingen. 
Zu  seinem  Bezirk  gehörte  die  Gegend  von  Ober-  und  ünterkirch- 
berg,  Hochsträß,  Leipheim,  Günzburg  und  Dillingen.  Wie  weit  das 
Brackwasser  auf  die  Alb  hinauf  und  nach  Osten  reichte ,  ist  noch 
unbekannt. 

Vom  Beginn  der  brackischen  Bildungen  bis  zum  Beginn  der 
obermiocänen  >S«//m«a-Schichten  erfolgte  die  Hauptmaterialzufuhr  im 
ganzen  Ulmer  Becken  von  Süden  her.  Flüsse,  deren  Quellgebiet 
vermutlich  in  Flysch  und  kretazischem  Alpengestein  lag,  und  die 
vielleicht  dislozierten  marinen  Muschelsandstein  berührten'',  führten 
zur  trockenen  Sommerzeit  leichte  Tonteilchen ,  bei  Hochwasser  im 
Frühjahr  hauptsächlich  gröberen  Sand  in  die  Bucht  '.  Dabei  wurden 
die  flachsten  Teile  der  Gegend  von  Kirchberg  während  der  Ablage- 


'  Miller,  Molassemeer  etc.,  8.  192.  —  Ders.,  Das  Tertiär  am  Hochsträß. 
Sonderabdrnck  8.9.  —  Kranz,  Abi.  v.  Unter-  u.  Oberkirchberg,  Sonderabdruck 
S.  56.  —  Walt  her,  Lithogen.  d.  Gegenwart,  S.  586.  —  Agassiz,  Thrce  Oruises 
of  the  Blake,  I,  S.  277  u.  279. 

-  E.  Fr  aas,  Oberamt  Ulm,  S.  285. 

"  Rühl,  1.  c.  S.  383.  —  Schalch,  N.  .Tahrb.  f.  Min.  etc.,  1881,  2.  S.  42  ff. 
—  Ders.,  Mitt.  d.  bad.  geol.  Landesanst.  3.  2.  Heft.  1895,  S.  200  ff.  —  Gümbel, 
Sitzungsber.  Ak.  Wiss.  München,  2.  7.  1887,  S.  305  ff.  —  v.  Ammon,  Geogn. 
.Jahresh.  München  1888,  S.  1—22.  —  Lcpsius,  Geol.  v.  Dentschl..  I,  S.  589.  — 
Kranz,  1.  c.  S.  53—55.  —  Engel,  Geogn.  Wegvv.  Württ.,  8.  383  ff. 

■•  Walther,  Bionomie  d.  Meeres,  8.  11  ff.:  Ästuarien. 

'•'  Kranz,  1.  c.  S.  23. 

'•  Ders.,  1.  c.  S.  35. 

"  Walther.  Lithogen.  d.  Gegenwart,  S.  631. 


—     195     - 

rung  der  Paludinenschichten  ^  vielfach  von  Flußläufen  durchfurcht 
und  mit  kreuzgeschichteten  Sauden  erfüllt.  Vor  den  Deltas  dieser 
Flüsse  schlugen  sich  in  ruhigerem  Wasser  nahezu  ungeschichtete 
Sande  nieder,  z.  B.  die  Paludinensande  von  Kirchberg,  während 
gleichzeitig  die  leichteren  Tonteilchen  weiter  hinaus  nach  Norden 
verfrachtet  und  z.  B.  wechsellagernd  mit  Sauden  in  den  unteren 
Cardienschichten  am  Hochsträß  abgelagert  wurden.  Mit  Beginn  der 
Dreissenenschichten  traten  bei  Kirchberg  und  wahrscheinlich  auch 
bei  Günzburg  Senkungen  ein ,  welche  die  ehemalige  Flußmündung 
in  eine  schlammige  Untiefe  des  Brackwassersees  verwandelten. 
Weitere  Niveauänderungen  in  der  nördlichen  Umgebung  des  Beckens 
ließen  zeitweise  kalkhaltige  Gewässer  von  Norden  vom  Gebiet  der 
Alb  herab  zuströmen ,  während  immer  noch  die  Hauptzufuhr  von 
Material  durch  die  von  Süden  einmündenden  Flüsse  erfolgte.  Infolge- 
dessen gruben  sich  bei  Kirchberg  und  Günzburg  auch  in  die  Bythinia- 
Schichten  Flußbetten  ein,  und  die  einmündenden  Flußwasser  süßten 
zunächst  diesen  Teil  des  Beckens,  dann  auch  die  entfernteren 
Gegenden  z.  B.  am  Hochsträß  aus'-.  Gümbel^  nimmt  einen  von 
Norden,  etwa  aus  der  Riesöffnung  hervorbrechenden  Fluß  an,  der 
den  Sand  aus  Keupergebiet  in  die  Ulmer  Bucht  verfrachtet  haben 
soll.  Abgesehen  davon ,  daß  die  Riesöffnung  erst  im  Obermiocän 
entstand,  die  Weißjuratafel  damals  noch  viel  weiter  nach  Norden 
reichte,  als  jetzt,  und  andere  Keupergebiete  keine  Wasserverbindung 
mit  der  Ulmer  Bucht  haben  konnten,  so  hätte  ein  Keuperfluß  auch 
reichlich  Kalkmaterial  von  der  Alb  her  mitführen  müssen.  Kalk 
fehlt  aber  bis  zum  Beginn  der  Dreissenenschichten  fast  gänzlich  und 
tritt  von  da  an  bis  zum  Beginn  der  ^'^/Zt^awa-Schichten  nur  sehr 
spärlich  auf.  Bei  Kirchberg,  Günzburg  und  am  Hochsträß  weist  da- 
gegen vieles  auf  direkt  südliche  Zufuhr  hin ,  vor  allem  das  Vor- 
kommen der  mächtigen  Flußsande  im  südhchen,    der   gleichaltrigen 

^  Die  Ablagerungen  der  Ulmer  Bucht  sind  von  oben  nach  unten : 

/S'v/(;rt«ft-Schichten  Obermiocän 

Bythin  ia-  Schichten 

if?/r?)-o/v  Jrt-Schichten  Oberes 

Fisch-  bezw.  obere  Dreissenenschichten  Mittelmiocän 

Haupt-Dreissenenschichten 

Obere  Cardienschichten 

Paludinen-  bezw.  untere  Cardienschichten 


Marine  Molasse.  Unteres  Mittelmiocän 

Kranz,  1.  c.  S.  35. 
Sitzungsber.  Akad.  Wiss.  München,  2.  7.  1887,  S.  307  f. 

13* 


—     196     — 

nahezu  ungeschichteten  Paludinensande  im  nördhchen  Teil  des  Ge- 
biets von  Oberkirchberg ' ,  sowie  das  Vorhandensein  eines  in  die 
BythiniaSchichten  eingegrabenen  gleichaltrigen  Flußbetts  im  süd- 
lichsten Teil  der  Gegend  von  Oberkirchberg'. 

In  der  Obermiocänzeit  bildeten  sich  in  Erosions-  oder  Dis- 
lokationsmulden des  ehemaligen  Meeresbodens  von  Oberschwaben 
und  Oberbayern,  sowie  in  den  ausgesüßten  brackischen  Buchten 
zahllose  Süßwasserseen  und  Tümpel,  die  ihre  Hauptzuflüsse  aus  dem 
Alpengebiet  erhielten^  und  Abflüsse,  vermutlich  nach  Osten  in  der 
Abzugsrichtung  des  Neogenmeeres,  haben  mußten,  da  ihre  Zuflüsse 
aus  marinen ,  salzhaltigen  Gesteinen  stammten  und  trotzdem  keine 
Übersättigung  mit  Salz  stattfand^.  Ein  solcher  See  lag  in  der 
Gegend  des  heutigen  Hochsträß  bei  Hausen,  Blienshofen,  Schwörz- 
kirch,  Pfraunstetten  und  Altheim,  und  erhielt  seit  der  St/lvana-Stnfe 
seine  Sedimente  ausschließlich  von  Norden  durch  Bäche  von  den 
Kalkflächen  der  Alb  herab,  während  die  Gegend  von  Ober-  und  ünter- 
kirchberg  und  Günzburg  nach  Einstürzen  und  Überschwemmungen 
als  seichtes,  von  Flußläufen  durchzogenes  Seegebiet  vom  Becken  des 
Hochsträß  abgetrennt  wurde.  Es  erhielt  seine  Wasser-  und  Material- 
zufuhr hauptsächlich  aus  dem  damals  laubwaldreichen  und  stellen- 
weise sumpfigen  Ton-  und  Sandboden  Oberschwabens,  so  daß  hier 
Tone,  Kohlenletten,  Pfoh-,  Zapfen-  und  Dinotheriensande  mit  Säuge- 
tier- und  Pflanzenresten  zur  Ablagerung  kamen.  Dem  Becken  des 
Hochsträß  dagegen  führten  die  Albbäche  die  konchylienreichen  Syl- 
vana-liai\ke^  Planorbis-Schichten  und  IlaUeolata-Ksdke  zu.  Wahr- 
scheinlich bezeichnen  die  über  letzteren  lagernden  Kohlen-  und  Sand- 
schichten den  Anbruch  einer  neuen  Ära  (Pliocän)  mit  neuen  Boden- 
schwankungen ^.  Nach  und  nach  füllte  sich  durch  solche  Ablage- 
rungen die  breite  Vertiefung  zwischen  Alpen  und  Alb  fast  gänzlich 
aus^.  Die  enorme  Mächtigkeit  des  Tertiärs  in  Oberschwaben  hat 
das  Bohrloch  von  Ochsenhausen  gezeigt,  daß  bei  einer  Tiefe  von 
543  m  noch  keine  Anzeichen  von  Jura  oder  kristallinischem  Gebirge 
erreichte '. 


/  Kranz,  1.  c.  S.  25. 

'  Ders.,  1.  c.  S.  5—7. 

'  G  um  bei,  Geol.  v.  Bayern.  II,  S.  35. 

*  Walther,  Lithogen.  d.  Gegenwart,  S.  784. 

"  Kranz,  1.  c.  S.  3fi. 

«  G  ü  m  b  e  1 ,  1.  c.  S.  35. 

■  0.  Fraas,  Geogn.  Beschr.  Württ.  etc..  S.  168.  —  Engel.  1.  c.  S.  358. 


—     li)7     — 

Gegen  Anfang  der  Obermiocänzeit  begann  die  zweite  Haupt- 
periode der  Alpenfaltung,  welche  dem  Kettengebirge  im  großen  und 
ganzen  seine  heutige  Gestalt  verlieh.  Auch  durch  sie  wurden 
Spannungen  im  weiteren  nördlichen  Vorland  ausgelöst,  so  daß  neue 
Dislokationen  mit  Rissen  und  Sprüngen ,  ähnlich  wie  im  Oligocän, 
entstanden.  Wo  mehrere^  Systeme  von  Bruchlinien  der  Senkungs- 
gebiete aufeinandertrafen  '  ,  erfolgten  unter  vulkanischen  Erschei- 
nungen Einbrüche  größerer  Erdschollen,  so  im  Rieskessel  und  bei 
Steinheim  unfern  Heidenheim  ^;  hier  sammelten  sich  dann  die  Tag- 
wasser in  Seebecken.  Auf  der  Alb  bei  Urach,  Neuffen ,  Kirchheim, 
Laichingen  etc.  führten  einmalige  Explosionen  feuerflüssigen  Magmas 
zur  Entstehung  von  Vulkanembryonen  oder  Maaren  ^,  und  im  Hegau 
sowie  im  Kaiserstuhl  entstanden  an  Zentren  von  Bruchlinien  phono- 
lithische  und  basaltische  Vulkane^.  Das  obermiocäne  Alter  dieser 
Bildungen  gibt  sich  dadurch  kund,  daß  Hegauasche  in  die  Öninger 
Süßwassermolasse  eingestreut  wurde  ^,  daß  sämtliche  tertiären  Kon- 
chylien  aus  den  Maaren  der  Alb,  von  Steinheim  und  dem  Rieskessel 
obermiocän  sind ''. 

Ich  kann  auch  hier  als  erste  und  Hauptursache  dieser  Er- 
scheinungen nur  eine  Verminderung  neuer  Spannungen  im  süd- 
deutschen Tafelgebirge  im  Gefolge  der  Aufrichtung  der  Alpenkette 
erkennen.  Unter  den  so  entstehenden  Spaltensystemen  verminderte 
sich  auch  lokal  der  Schichtendruck  auf  glühende  Massen  in  der 
Tiefe ,  die  nun  in  Gestalt  von  Magma  empordringen  und  ihrerseits 
lokale  Spannungen  hervorrufen  konnten.  Eine  weitere  Folge  dieser 
Auslösung  von  Spannungen  an  der  Stelle,  wo  das  W^iderlager  nach- 
gab, war  der  Abbruch  des  Tafelgebirgs  in  der  Donaulinie.  An  einem 
System  von  Spalten,  die  im  allgemeinen  dem  heutigen  Nordufer  der 
Donau  folgen,  sanken  die  südlich  davon  gelegenen  Erdschollen  treppen- 
artig in  die  Tiefe.  Solche  Verwerfungen  setzen  z.  B.  durch  das 
Ulmer  Hochsträß  bei  Grimmelfingen,  Schaffelklingen  und  Eggingen. 


'  Steinmann  u.  Graeff,  Geol.  Führer  Freiburg.  S.  135. 

2  E.  Fr  aas,  Die  geol.  Verh.  im  Ries.  —  Engel,  1.  c.  S.  403  f. 

^  Branco,  Schwabens  125  Vulkanembryonen.   —   Engel,  1.  c.  S.  20  ff. 

*  Steinmann  u.  Graeff,  I.e.  S.  136.  —  Steinmann,  Alpersbacher 
Stollen,  S.  10. 

^  Suess.  Antl.  d.  Erde,  I,  S.  264. 

^  Miller,  Schneckenfanna  d.  Steinheimer  Obermiocäns ,  diese  Jahresh. 
1900,  S.  393.  —  Ders.,  Z.  Alter  d.  Sylvana-Ka,\ks,  Centralbl.  f.  Min.  etc.  1901, 
S.  133.  —  Ders.,  Miscellanea,  Centralbl.  f.  Min.  etc.,  1901,  No.  7.  —  Engel. 
I.  c.  S.  404. 


—     198     — 

Hier  sanken  die  Graupensande  und  die  überlagernden  brackischen 
Schichten  ca.  120  m  tief  ein ,  während  auf  dem  Hochsträß  nörd- 
hch  dieser  Verwerfungen  die  erhebhch  älteren  Crepidostoma-KaXke 
in  höherem  Niveau  anstehend  Gümbel  -  und  Suess^  verlegen  die 
Entstehung  der  Donauspalte  anscheinend  in  die  Zeit  der  ersten 
Alpenerhebung,  also  etwa  ins  mittlere  Oligocän.  Dem  widerspricht 
aber,  wenigstens  für  die  Ulmer  Gegend,  daß  mit  Sicherheit  die  mittel- 
raiocäne  Meeres-  und  Brackwassermolasse  am  Hochsträß  und  wahr- 
scheinlich auch  die  obermiocäne  Süßwassermolasse  bei  Kirchberg 
und  Günzburg  an  den  betreffenden  Verwerfungen  disloziert  wurden; 
anders  läßt  sich  der  30—110  m  betragende  Höhenunterschied  zwischen 
den  horizontal  gelagerten  obermiocänen  Schichten  von  Kirchberg* 
und  denen  vom  Hochsträß  kaum  erklären.  Ich  muß  daher  für  die 
Donauspalte  in  der  Ulmer  Gegend  vorläufig  höchstens  obermiocänes, 
wenn  nicht  pliocänes  Alter  in  Anspruch  nehmen^. 

Wir  sehen  also  in  der  Kreidezeit  lokale  Hebungen  in  den  Alpen, 
tektonische  Bewegungen  im  süddeutschen  Jura ;  im  Oligocän  die  erste 
Hauptfaltung  der  Alpen ,  den  Einbruch  der  süddeutschen  Tafel ;  im 
Obermiocän  endlich  die  zweite  Hauptperiode  der  Alpenfaltung,  vul- 
kanische Erscheinungen  im  nördlichen  Alpenvorland,  die  Entstehung 
der  Donauspalte.  Auf  jede  Hebung  der  Alpen  reagiert  die  süd- 
deutsche Tafel  mit  entsprechenden  Bewegungen.  Damit  dürfte  der 
genetische  Zusammenhang  beider  Erscheinungen  mehr  als  wahr- 
scheinlich sein". 

Gegen  Schluß  der  Obermiocänzeit  fand  sich  vermutlich  nur 
noch  an  wenigen  Stellen  der  näheren  Umgebung  von  Ulm  stehendes 
Wasser ,  so  bei  Altheim  auf  dem  heutigen  Hochsträß ,  wo  sich  in 
dem  bis  dahin  von  der  Alb  her  gespeisten  Süßwasserbecken  über 
den  Malleolata-Kalken  noch  Kohlen-  und  Sandschichten  nieder- 
schlugen. Dies  deutet  auf  eine  Zufuhr  vom  Süden  hin,  also  auch 
auf  eine  Entstehung  der  Ulmer  Donauspalte  nach  Ablagerung  der 
betreffenden  Bildungen.  Die  oberen  Pflanzenmergel  von  Reisensburg 
ferner  zeigen  die  Versumpfung  und  schließliche  Vertorfung  dieses 
letzten  Restes  eines  Süßwassersees  an'.     Während  des  Pliocäns  lag 


'  Kranz,  1.  c.  S.  51. 

2  Geol.  V.  Bayern,  IL  S.  32. 

^  Antl.  d.  Erde,  I,  S.  278. 

*  Kranz,  I.  c.  S.  28. 

">  Yergl.  auch  Rühl,  1.  c.  S.  361  u.  4()6. 

"  Entgegen  Suess,  1.  c. 

'  Rühl,  1.  c.  S.  423  f. 


—     199     — 

die  ülmer  Gegend  trocken,  von  einzelnen  Flußläufen  und  Bächen 
abgesehen.  Spuren  solcher  Flußläufe  finden  sich  vielleicht  in  Ge- 
stalt der  Quarzgerölle  etc.  auf  den  Höhen  bei  Klingenstein,  Sonder- 
buch, Pappelau,  Gleißenburg,  am  obern  Eselsberg,  auf  dem  Schöne- 
berg bei  Haslach.  Dieselben  würden  dann  aus  den  Alpen  stammen 
und  dem  Belvedereschotter  der  bayrischen  Hochebene  äquivalent 
sein  ^  Ihre  Ablagerung  zu  einer  Zeit,  als  die  Donauspalte  erst  in 
ihren  Anfängen  bestand,  erklärt  sich  jedenfalls  leichter  als  eine 
fluvio-glaziale  Entstehung  während  einer  Interglazialzeit  nach  Aus- 
bildung des  Donauabbruchs.  Nach  anderer  Auffassung  handelt  es 
sich  hierbei  um  Überreste  einstiger  größerer  Ablagerungen  und  Strand- 
bildungen des  alten  Molassemeeres  ^. 

Zu  Beginn  des  Diluviums  war  jener  Klimawechsel  beendet,  der 
für  unsere  Breiten  die  Eiszeit  hervorrief  und  der  sich,  abgesehen 
von  großen  kosmischen  Ereignissen ,  vermutlich  im  Gefolge  immer 
größerer  Entwicklung  der  nördlichen  Kontinente,  sowüe  der  Empor- 
faltung der  Alpen  über  die  Schneegrenze  in  Süddeutschland  langsam 
durch  Mittel- ,  Obermiocän  und  Pliocän  hindurch  vollzogen  hatte  '^. 
Die  deutschen  Mittelgebirge  bedeckten  sich  wahrscheinlich  schon 
zur  Pliocänzeit  großenteils  mit  Gletschern*,  und  die  Gletscher  der 
Alpen  schwollen  gewaltig  an  und  drangen  in  drei  oder  vier  Perioden 
aus  den  Hochtälern  ins  Alpenvorland  hinaus.  Hier  schmolzen  u.  a. 
Rhein-  und  Illergletscher  zu  einer  einzigen  starken  Eisdecke  zu- 
samraen,  bedeckten  fast  ganz  Oberschwaben  und  das  angrenzende 
Bayern  und  drangen  stellenweise  bis  über  die  Donaulinie  vor,  wo 
der  Abbruch  am  Südrand  der  Alb  Halt  gebot.  Dabei  wurden  un- 
geheure Gesteinsmassen  aus  den  Alpen  heraustransportiert  und  in 
Moränen  über  das  Alpenvorland  zerstreut.  Die  nördhchste  Endmoräne 
lagerte  sich  südlich  Ulm,  ungefähr  in  der  Linie  Kaufbeuren— Obergünz- 
burg — Ochsenhausen — Herrhshöfen  nördlich  Biberach — Zell  a.  D. — 
Wilfingen  ab  ^.  Während  der  Interglazialzeiten  zwischen  den  ein- 
zelnen Perioden  des  Vordringens  der  Gletscher  und  nach  Abschluß 
der  letzten  Vergletscherung  entführten  die  Schmelzwasser  den  Moränen- 
schutt als  feinen  und  groben  Sand,  Kies  und  Verwitterungslehm  mit 
groben  Blöcken  weiter  hinaus  nach  Norden,  u.  a.  auch  bis  vor  Ulm, 


'  Gümbel,  1.  c.  S.  37. 

2  Branco,  Vulkanembryonen,  S.  574.  —  Engel,  1.  o.  S.  375. 

3  Rühl,  1.  c.  S.  423.  443.  —  Gümbel,  1.  c.  S.  37. 

"  Geol.  Führer  d.  d.  Elsaß,  1900,  S.  49.  —  Engel,  1.  c.  S.  425. 
5  Regelmann,  Geogn.  Übersichtskarte  AVürtt.  1  :  600000. 


—     200     — 

wo  sich  z.  B.  bei  Wiblingen  Kiesgruben  in  diesem  fluvio-glazialen 
Material  befinden  ^  Polare  Winde  entführten  während  der  Inter- 
glazialzeiten  von  den  ausgedehnten  Grundmoränen  des  nördlichen 
Europas ,  südliche  Winde  aus  dem  Alpenvorland  große  Massen  von 
gelbem ,  kalkreichem  Staub  herbei ,  der  sich  in  Mulden  der  süd- 
deutschen Steppen  als  Löß  ablagerte ,  z.  B.  in  der  Ulmer  Gegend 
bei  Kirchberg  und  Günzburg.  Durch  atmosphärische  Niederschläge 
wurde  später  viel  davon  entkalkt  und  in  Lehm  verwandelt,  soweit 
diese  Bildungen    nicht   gänzlich   der  Denudation   zum  Opfer   fielen-. 

Beim  Rückzug  der  Gletscher  gruben  sich  die  Schmelzwasser 
tief  in  die  Tertiärlandschaft  ein ,  beim  Vorschreiten  der  Gletscher 
wurden  die  Talfurchen  mit  Schottermassen  wieder  teilweise  zu- 
geschüttet und  später  in  einer  Interglazialzeit  durch  gesteigerte 
Wassermengen  von  neuem  angeschnitten.  So  entstanden  terrassen- 
förmige Absätze  längs  der  Flußtäler,  wie  man  sie  z.  B.  im  Rißtal 
stundenweit  verfolgen  kann.  Aus  der  Interglazialzeit  nach  der  ersten 
Vergletscherung  stammen  die  Deckenschotter,  nach  der  zweiten  die 
Hochterrassenschotter,  aus  der  Zeit  nach  Abschluß  der  Vereisung 
die  Niederterrassenschotter.  Letztere  bilden  größtenteils  den  kiesigen 
Untergrund  der  Donautalebene  bei  Ulm,  des  Hier-  und  Rißtals  ^  Am 
Südabbruch  der  Alb  sammelten  sich  die  Gletscherflüsse  und  -bäche 
und  folgten  demselben  im  Talbett  der  Donau. 

Schon  in  der  Kreidezeit  hatte  auf  der  Alb  die  Denudation  be- 
gonnen und  sich,  mit  Unterbrechungen  während  der  Überflutungen 
im  Tertiär,  fortgesetzt.  Die  harten  und  widerstandsfähigen  e-  und 
> -Kalke  wurden  aber  weniger  von  den  Atmosphärilien  angegriffen, 
als  die  weichen  tertiären  Mergel,  Tone,  Sande  etc.,  die  zudem  noch 
vielfach  eine  schützende  Decke  über  den  Juraablagerungen  bildeten. 
Deshalb  sehen  wir  die  tertiären  Schichten  in  viel  größerem  Maße 
abgetragen ,  ihre  ursprünglich  meist  zusammenhängende  Decke  zer- 
stückelt, die  obermiocänen  Süßwasserschichfcen  und  die  mittelmiocänen 
Meeres-  und  Brackwasserbildungen  bei  Ulm  bis  auf  die  wenigen  noch 
vorhandenen  Reste  entfernt  und  die  untermiocänen  Süßwasser- 
schichten, z.  B.  auf  der  Ulmer  Höhenfront,  bloßgelegt.  Wo  heute 
die  tertiären  Schichten  zutage  treten  ,   findet  sich  meist  fruchtbares 

'  E.  Fr  aas,  Überamt  Ulm,  S.  286. 

*  Steinmann  u.  Graeff,  Geol.  Führer  Freiburg.  S.  138  f.  —  Walther, 
Lithogen.  d.  Gegenwart,  S.  773. 

^  Regel  mann,  1.  c.  —  Gümbel,  1.  c.  S.  38  u.  Übersichtskarte.  — 
Engel,  1.  c.  S.  430  ff. 


—     201     — 

Ackerland,  das  größtenteils  aus  dem  Verwitterungsrest  besteht,  aus 
Lehm.  Die  Weißjurakalke  verwittern  allerdings  auch  vielfach  zu 
fruchtbarem,  schwerem  Lehmboden,  daneben  finden  sich  aber  häufig 
kalksteinbesäte  Buhle  mit  spärlicher  Humusdecke ,  die  dem  Hoch- 
plateau dann  den  bekannten  öden  Charakter  verleihen.  Wo  sich  an 
den  Gehängen  der  Verwitterungslehm  nicht  halten  konnte,  wurde  er 
abgeschwemmt  und  am  Fuß  der  Berge  neu  angelagert.  So  entstand, 
bei  Ulm  hauptsächlich  im  Diluvium,  der  Gehängelehm,  der  z.  B.  am 
Fuß  des  Kuhbergs  bei  Söflingen  in  großen  Lehmgruben  als  Ziegel- 
material abgebaut  wird  ^ 

Die  tonreichen  Tertiärschichten  sind  viel  wasserreicher  als  die 
Weißjurakalke.  e-Massenkalk  ist  als  Riffbildung  an  sich  schon  von 
zahlreichen  Rifflücken  durchsetzt,  die  z.  T.  durch  Tropfsteinrinden 
allmähhch  verengt  werden ,  wo  kein  strömendes  Wasser  an  ihrer 
Erweiterung  arbeitet -.  Andere  solcher  Lücken  dagegen,  sowie  kreuz 
und  quer  verlaufende  Zerklüftungsspalten  nehmen  die  atmosphärischen 
Niederschläge  als  unterirdische  Bäche  auf  und  leiten  sie  bis  auf  un- 
durchlässige Schichten  hinab,  wobei  allmählich  die  Höhlungen  erwei- 
tert werden.  So  entstanden  große  Höhlen,  wie  z.  B.  in  der  Umgebung 
von  Ulm  die  Charlottenhöhle,  der  Hohlenstein  und  die  Bocksteinhöhle 
im  Lonetal,  der  Hohlefels  im  Blautal  etc.,  vielfach  geschmückt  mit 
schönen  Tropfsteinbildungen.  Dort  waren  die  Schlupfwinkel  diluvialer 
Höhlenbären,  Höhlenlöwen,  Höhlenhyänen,  Wölfe,  Füchse,  Polarfüchse, 
Iltisse  etc.,  sowie  auch,  wahrscheinlich  seit  der  zweiten  Interglazialzeit, 
die  Zufluchtsorte  der  ersten  Menschen  der  Ulmer  Gegend  während  der 
Steinzeit,  in  den  reichen  Jagdgründen  mit  dem  Mammut,  JRhinoceros ^ 
Pferd,  Auerochs,  Elch,  Renntier,  Riesenhirsch,  Edelhirsch  etc.  ^ 

Bäche  und  Flüsse,  die  vor  Zeiten  tiefe  Täler  in  das  Albplateau 
einrissen,  fanden  später  durch  Spalten  einen  Weg  ins  Erdinnere. 
Daher  stammen  die  vielen  heutigen  Trockentäler,  wie  z.  B.  ein  Teil 
des  Lonetals ,  das  Lehrertal ,  die  Schluchten  beim  Lerchenfeld  etc. 
Die  Wassermassen  arbeiteten  sich  meist  im  Innern  des  Gebirgs  bis 
auf  tonige  Schichten  herab,  bei  Ulm  auf  Weiß- Jura-/,  sammelten 
sich  dort  vielfach  zu  größeren  Adern  und  drangen  als  wasserreiche 
Quelltöpfe  zu  Tag,  wie  z.  B.  der  Blautopf  bei  Blaubeuren ,  und  die 
Urspringquellen  der  Schelklinger  Aach.  Häufig  entstanden  dabei  durch 
Auslaugungen  im  Berginnern  Einstürze  der  Höhlendecken,  was  an  der 

'  E.  Fr  aas,  Oberamt  Ulm,  S.  288.  —  Kranz,  Geol.  Führer  Nagold,  S.  24. 

^  Walther,  Lithogen.  d.  Gegenvvart,  S.  561. 

3  E.  Fraas,  1.  c.  S.  286  f.  —  Engel,  1.  c.  S.  426  ff.,  431. 


—     202     - 

Erdoberfläche  Erdfälle,  grubenartige  Einsenkungen  oderDolinen  hervor- 
rief. Auf  dem  Münsinger  Truppenübungsplatz  z.  B.  lassen  sich  zahl- 
reiche solche  Einstürze  beobachten.  Wo  das  Albplateau  aus  e-Kalken 
und  plattigen  ^'-Mulden  besteht,  haben  Brunnenbohrungen  wenig  Zweck. 
Dem  Wassermangel  dort  hat  die  Albwasserversorgung  abgeholfen. 

Im  Gebiet  der  wasserreichsten  Flüsse  fand  schließlich  eine 
noch  ergiebigere  Abtragung  von  Gesteinsmassen  statt.  So  grub  sich 
die  Donau  ungefähr  im  Pliocän  ihr  ehemaliges  Bett  im  heutigen 
Schmiech-  und  Blautal  durch  die  'S-,  e-  und  J-Kalke  hindurch  bis  auf 
die  Weiß-Jura-7-Schichten  hinab.  Die  widerstandsfähigsten  e-Felsen 
trotzen  indes  noch  heute  in  malerischen  Gruppen  der  Verwitterung. 
Der  jetzige  Lauf  der  Donau  bei  Nasgenstadt — Opfingen  ergab  sich 
erst  etwas  später,  jedenfalls  in  Verbindung  mit  einem  Einbruch  großer 
Gesteinsmassen  entlang  der  Donauspalte. 

Teilweise  noch  im  Diluvium  und  hauptsächlich  im  Alluvium, 
in  dem  ein  letzter  allmählicher  Klimawechsel  die  heutige  Verteilung 
der  Niederschläge  herbeiführte,  bildeten  sich  in  Mulden  zwischen  den 
Moränenwällen  Oberschwabens,  sowie  in  Niederungen  des  Donautals 
und  untern  Illertals  seichte  Seen,  die  z.  T.  noch  jetzt  bestehen,  z.  T. 
allmählich  versumpften  und  zu  Torfmooren  wurden ;  so  der  Federsee 
bei  Buchau,  das  Gögglinger,  Finninger  und  Langenauer  Ried^  Auf 
einigen  der  Seen  bauten  sich  während  der  Steinzeit  die  Pfahlbauern 
ihre  Zufluchtsorte,  deren  Spuren  sich  z.  B.  bei  Schussenried  fanden". 
Die  Fauna  und  Flora  der  jüngeren  Torfmoore  nähert  sich  schon 
stark  der  jetzigen  bezw.  stimmt  mit  derselben  überein  ^.  Die  Haupt- 
flüsse aus  den  Alpen  endlich,  ursprünglich  stark  gewunden  zwischen 
den  Moränenwällen,  bohrten  sich  nach  und  nach,  vielleicht  in  Ver- 
bindung mit  Einstürzen  und  Terrainschwankungen,  ziemlich  gerade 
Talbetten  von  Süden  nach  Norden  aus.  Wie  die  Donau ,  so  grub 
sich  auch  die  Hier  ihr  Bett  allmählich  immer  tiefer:  sie  ebnete  dabei 
das  Tal  langsam  mit  Alpenkies  ein.  Die  Wassermassen  verminderten 
sich  seit  der  Eiszeit  beträchtlich  und  wurden  in  jüngster  geschicht- 
licher Zeit  vielfach  durch  Flußkorrektion  an  ihr  jetziges  Bett  ge- 
bunden. So  floß  z.  B.  die  Blau  noch  in  historischer  Zeit  zwischen 
den  Hängen  der  Wilhelmsburg  und  dem  Donauufer  bald  hier,  bald 
dort  durch  die  Stadt  Ulm.  Jetzt  sind  Blau.  Hier  und  Donau  durch 
Menschenhand  großenteils  korrigiert. 

'  E.  Fraas,  1.  c.  S.  289. 
•''  Engel,  1.  c.  S.  424. 
•'  E.  Fraas.  1.  c.  S.  289. 


—     203     — 

Wir  stehen  damit  an  der  Schwelle  der  Jetztzeit.  Ein  wechsel- 
volles Bild  hat  sich  vor  dem  geistigen  Auge  entrollt.  Gewaltige 
Umwälzungen  in  der  Verteilung  von  Wasser  und  Land  haben  ihre 
Spuren  in  der  weiteren  Umgebung  von  Ulm  hinterlassen.  Aber 
nirgends  läßt  sich  ein  plötzlicher  Wechsel  erkennen,  überall  zeigt 
sich  eine  ganz  allmähliche  Entwicklung  selbst  der  großartigsten 
Phänomene  in  der  geologischen  Geschichte  unserer  Gegend,  und  der 
Grundgedanke  bleibt  zweifellos  seit  dem  Rotliegenden  der  allmähliche 
Einbruch  der  Erdscholle  zwischen  Schwarzwald,  Böhmerwald  und 
Alpen  im  Gefolge  der  Erkaltung  und  Zusammenziehung  der  Erde. 
Daß  die  Entwicklung  auch  heute  nicht  abgeschlossen  ist,  daß  sie 
nach  ewigen  Gesetzen  weitergeht,  braucht  wohl  kaum  erwähnt  zu 
werden.  Sicherlich  muß  das  Hügelland  längs  der  Donau  allmählich 
immer  mehr  eingeebnet  werden,  um  so  rascher,  je  weicher  die 
Schichten  sind,  die  sich  der  Zerstörung  durch  die  Denudation  bieten. 
So  werden  die  Brack-  und  Süßwasserbildungen  von  Günzburg  und 
Oberkirchberg,  die  an  sich  zu  steiler  Gehängebildung  neigen,  viel 
rascher  abgetragen  werden,  als  die  harten  Massenkalke  bei  der 
Stadt  Ulm  und  im  Blautal;  das  beweisen  schon  die  großen  Erd- 
schhpfe  bei  Oberkirchberg  ^  Die  Seen  im  Moränengebiet  Ober- 
schwabens, wie  z.  B.  der  Federsee,  werden  in  verhältnismäßig  kurzer 
Zeit  vertorfen  und  zu  Rieden  umgestaltet  sein.  Ebenso  sicher  wird 
auch  der  nördliche  Steilrand  der  Alb  langsam  nach  Süden  vorrücken, 
bis  einst  das  ganze  Albplateau  abgetragen  i.st^  Ob  indessen  der 
Abbruch  in  der  Donaulinie  auf  absehbare  Zeit  beendet  ist,  läßt  sich 
vorerst  nicht  sagen.  Das  Vorkommen  von  Weiß-Jura-C  im  Unter- 
grund der  Donau,  ebenso  wie  hoch  über  dem  Talbett  bei  Ulm  könnte 
zu  dem  Schluß  berechtigen,  daß  die  Stadt  Ulm  auf  einem  der 
Treppenabsätze  jener  Verwerfungen  liegt  und  bei  Fortsetzung  dieser 
Bewegungen  in  Mitleidenschaft  gezogen  würde.  Über  solche  Fragen 
kann  nur  ein  genaues  Studium  aller  Verwerfungen  im  Verlauf  der 
Donauspalte  und  die  Erdbebenforschung  Klarheit  verschaffen.  Der 
Geologe  muß  sich  vorläufig  damit  bescheiden,  einen  Blick  in  den 
Bau  seines  Gebiets  zu  tun  und  dessen  Entstehungsgeschichte  zu  ent- 
ziffern. Ein  Ausblick  in  die  weitere  Zukunft  ist  ihm  bei  der  Jugend 
seiner  Wissenschaft  versagt. 
Februar  1905. 

1  Kranz,  1.  c  S.  15. 
-  Engel,  1.  c.  S.  125. 


Beiträge  zur  Kenntnis  des  oberen  Hauptmusehelkalks 
und  Bemerkungen  über  die  Tektonik  von  Koehendorf. 

Von  G.  Stettner  in  Heilbronn. 

Im  Laufe  des  Sommers  1904  habe  ich  eine  Reihe  von  Ex- 
kursionen in  das  Gebiet  des  Kartenblattes  Kochendorf  unternommen 
und  dabei  auch  die  geologische  Literatur  des  Gebietes,  die  uns  die 
letzten  Jahre  gebracht  oder  wenigstens  wieder  in  besondere  Erinne- 
rung gebracht  haben,  zu  Rate  gezogen.  Es  sind  viel  sorgfältige  und 
mühsame  Beobachtungen  in  dieser  Literatur  niedergelegt,  und  man 
folgt  gerne  den  Spuren  der  Forscher,  denen  wir  sie  verdanken.  Dann 
und  wann  stößt  man  freilich  auch  auf  Neues,  das  den  früheren  Be- 
obachtern entgangen  zu  sein  scheint,  und  bekommt  dadurch  wohl 
auch  einen  Anreiz,  seine  Beobachtungen  weiter  auszudehnen  und 
allgemeine  Betrachtungen,  z.  B.  über  die  Tektonik,  anzustellen.  Das 
Literesse  für  diese  allgemeinen  Fragen  wächst  dabei  schon  deshalb 
besonders,  weil  es  in  diesem  mit  Diluvialablagerungen  so  stark  über- 
deckten Gebiet  an  genügenden  Aufschlüssen  mangelt  und  darum  jede 
neue  Beobachtung  nur  zu  leicht  geeignet  erscheint,  gesicherte  Re- 
sultate auf  Grund  früherer  Beobachtungen  ins  Wanken  zu  bringen. 
Natürlich  wird  man  unter  diesen  Umständen  mit  weitgehenden 
Schlüssen  jederzeit  zurückhalten  müssen;  doch  darf  diese  Zurück- 
haltung auch  nicht  allzuweit  getrieben  werden.  Man  wird  vielmehr 
nur  alle  diese  auf  Grund  ziemlich  mangelhaften  Materials  gewonnenen 
Resultate  mehr  unter  dem  Gesichtspunkt  von  Hypothesen  zu  be- 
trachten haben,  die  Fingerzeige  für  künftige  Untersuchungen  bieten 
sollen.  Auch  die  nachfolgenden  Ausführungen  mögen  in  diesem 
Sinne  als  Ergänzungen  zu  den  bisherigen  und  als  Anregungen  zu 
späteren  Untersuchungen  aufgefaßt  werden. 

Das  Gebiet  von  Kochendorf  ist,  wie  sich  aus  den  reichen 
Literaturangaben  in  Koken's  Begleitworten  zu  seinem  Blatt  Kochen- 
dorf ersehen  läßt,  schon  vielfach  Gegenstand  der  Untersuchung  ge- 


—     205     — 

wesen.  Besonders  in  den  letzten  Jahren  haben  E.  Fraas  \  Koken  - 
und  Stutzer^  eine  Reihe  von  Profilen  aus  dem  oberen  Hauptmuschel- 
kalk der  Gegend  veröffentlicht,  die  zur  Kenntnis  dieser  Schichten 
wesentlich  beigetragen  haben;  und  man  könnte  zunächst  auch  ver- 
sucht sein  anzunehmen ,  daß  dieses  reichhaltige  Material  von  zum 
größten  Teil  sehr  sorgfältigen  Beobachtungen  zur  Beurteilung  der 
Tektonik  hinreichen  müßte.  Indes  zeigt  sich  bald,  das  E.  Fraas, 
dessen  Beobachtungen  im  einzelnen  sehr  genau  und  sehr  zuverlässig 
sind  und  dem  wir  die  erste  genaue  Kenntnis  über  die  Lagerung  der 
Semipartiten  im  Lande  verdanken ,  ein  und  denselben  geologischen 
Horizont  zweimal  beschrieben  und  dabei  die  eine  fazielle  Ausbildung 
als  das  geologisch  höhere  Glied  der  andern  dargestellt  hat.  Er  unter- 
scheidet nämlich  von  oben  nach  unten :  Grenzbänke  zwischen  Haupt- 
muschelkalk und  Lettenkohle  oder  Horizont  der  Glaukonitkalke  und 
Estherientone;  Horizont  des  Ceratites  semipartitus  (dünne  Varietät) ; 
Terehrahila-Horizont;  Horizont  des  C.  semipartitus  (dicke  Varietät, 
dorsojylanus) ;  Horizont  des  C.  nodosus.  Tatsächlich  aber  sind  die 
genannten  Grenzbänke  in  der  Hauptsache  eben  der  Horizont  des 
C.  semipartitus,  und  die  Hauptmasse  seines  Horizonts  von  C.  semi- 
partitus gehört  zum  Horizont  des  dicken  C.  nodosus,  zum  Horizont  des 
C.  intermedius  Phil.,  der  bei  ihm  übrigens  auch  schon  in  seinem  Hori- 
zont des  G.  nodosus  mit  inbegriffen  ist.  Solche  Irrtümer  sind  bei  dem 
endlosen  Fazieswechsel  im  oberen  Muschelkalk  sehr  leicht  möglich, 
und  jeder,  der  die  Schwierigkeiten  kennt  oder  der  auch  nur  die 
nachfolgenden  Profile  genauer  betrachtet,  wird  sie  darum  auch  sehr 
leicht  begreiflich  finden. 

Koken  gliedert  in  dem  Textheft  zu  Blatt  Kochendorf  den  oberen 
Muschelkalk  der  Kochendorfer  Gegend  in: 

r.,         C1     ■      i-s        l^)  Stufe    des    glaukonitischen    Kalkes     („poröser 
(Jbere  bcmqmrtdus-  I       t-_  n  "    \       T 

[  b)  Stufe  der  Bairdien  führenden  Letten  und  Mergel. 

Untere  Semipartitus- (  \  r,.    ^    ;,       o     •      ^-^      -n-  i 
^  ,  .  ,  :t  <  c)  htute  der  Se)mpartitus-a-Ans.&. 


'  E.  Fraas,  Begleitworte  zu  den  geogn.  Atlasblättern  Neckarsulm, 
Öhringen  und  Oberkessach.  Herausgeg.  v.  K.  Stat.  Landesamt.  1892.  Ober- 
amtsbeschreibung von  Heilbronn  II.  Teil.     1901. 

^  Koken,  Geol.  Spezialkarte  der  Umgegend  von  Kochendorf.  Herausgeg. 
V.  K.  Stat.  Landesamt.    1900. 

^  0.  Stutzer,  Geologie  der  Umgegend  von  Gundelsheim.  Inauguraldisser- 
tation.    Königsberg  1904. 


—     206     — 

Zu  den  unteren  SemipartÜKS-Schichten  rechnet  Koken  den  ge- 
samten in  der  Gegend  seines  Blattes  Kochendorf  unter  den  Bairdien- 
letten  zu  Tage  gehenden  Muschelkalk;  dieser  aber  gehört  zu  einem 
nicht  geringen  Teil  noch  zu  den  Nodosiis-Kalken  und  führt  nament- 
lich noch  in  einer  Mächtigkeit  von  ca.  8  m  den  C.  intermedms  Phil. 
Daher  kommt  es  auch ,  daß  die  Profile  (die  nur  schätzungsweise 
Zahlen  geben)  nicht  überall  zum  Text  stimmen  oder  wenigstens  zu 
stimmen  scheinen;  daher  erklärt  sich  auch  die  Bemerkung  (S.  10): 
„Einen  sehr  gut  erhaltenen  breitrückigen  und  mit  starken  Stachel- 
knoten besetzten  Ceratites  nodosus  fand  ich  in  diesen  Kalken  bei 
Hagenbach,  so  daß  über  das  Zusammenvorkommen  der  beiden  (setni- 
partitus  und  nodosus)  kein  Zweifel  herrschen  kann.  Ihre  Wichtig- 
keit als  Leitfossilien  wird  dadurch  nicht  beeinträchtigt,  nur  darf 
man  Einzelfunde  nicht  mehr  als  ausschlaggebend  betrachten."  Ich 
werde  später  zeigen,  daß  dieser  Ceratitenfund  nichts  Abnormes  dar- 
stellt ,  daß  vielmehr  in  der  betreffenden  Schicht  C.  nodosus  mit 
großer  Regelmäßigkeit  gefunden  wird;  diese  Schicht  ist  nämlich  die 
Grenzbank  zwischen  Nodosen  und  Semipartiten. 

Stutzer  hat  in  seiner  Inauguraldissertation  zu  einer  besseren 
Kenntnis  des  oberen  Hauptmuschelkalks,  als  sie  uns  Koken's  Arbeit 
vermittelt,  nichts  beigetragen;  er  übernimmt  die  KoKEN'sche  Gliede- 
rung, dazu  aach  kleinere  Irrtümer  Koken  s ,  selbst  eine  unrichtige 
Zahlenangabe  (S.  10),  obwohl  er  in  seinem  eigenen  Profil  (S.  58) 
eine  richtige  Angabe  auf  Grund  eigener  Messung  znr  Verfügung  hatte. 
Einige  Ceratitenfunde  (in  durchaus  normaler  Lage,  nur  von  ihm 
verkannt)  veranlaßten  ihn  zu  Bemerkungen,  die,  wenn  sie  zutreffend 
wären,  den  Glauben  erwecken  könnten,  als  ob  eine  richtige  Orientie- 
rung im  Muschelkalk  nach  den  bisherigen  Leitfossilien  unmöglich 
wäre.  Er  sagt  nämlich  (S.  10):  „Eine  auf  Ceratiten  gestützte,  genaue 
paläontologische  Gliederung  ist  hier  nicht  möglich.  Sie  muß  daher 
mehr  nach  petrographischen  Gesichtspunkten  erfolgen" ;  ferner  S.  37: 
„Es  schwankt  das  Vorkommen  der  einzelnen  Ceratitenarten  im 
Muschelkalk  ganz  bedeutend.  Als  Leitform  für  einzelne  Horizonte 
des  Muschelkalkes  sind  sie  schlecht  zu  gebrauchen.  Wir  lassen  uns 
lieber  von  Bairdia  Firus  und  dem  Gekrösekalk  führen."  Es  kann, 
ganz  abgesehen  von  der  irrigen  Auffassung,  nicht  erwünscht  sein, 
daß  eine  solche  Ansicht  Platz  greift  und  dadurch  das  Interesse  für 
den  an  sich  schon  etwas  stiefmütterlich  betrachteten  Muschelkalk 
noch  geringer  wird  als  bisher. 

Angesichts  solcher  Äußerungen,  die  überdies  einen  für  die  Be- 


—     207     — 

urteilung  der  Tektonik  von  Kochendoif  wichtigen  Punkt  betreffen, 
war  es  nötig,  der  vertikalen  und  horizontalen  Verbreitung  der  Cera- 
titen  und  Bairdien,  aber  auch  den  „Gekrösekalken"  genauere  Auf- 
merksamkeit zu  schenken ,  das  Beobachtungsgebiet  weiter  auszu- 
dehnen und  eine  Anzahl  genauer  Profile  aufzuzeichnen. 

Was  zunächst  die  Bairdien  anlangt,  denen  Koken  und  nach 
ihm  Stutzer  eine  so  große  Bedeutung  als  Leitfossilien  zumißt,  so 
haben  meine  Beobachtungen  ergeben,  daß  Bairdia  Pirus,  die  über- 
dies auch  noch  in  der  Lettenkohle  vorkommt,  nicht  als  Leitfossil 
für  eine  bestimmte  Schicht  angesprochen  werden  kann ,  ja,  daß  sie 
sogar  in  dem  Horizont,  für  welchen  sie  Koken  als  in  besonderem 
Sinne  leitend  bezeichnet,  weit  seltener  ist  als  in  anderen,  tieferen. 
Am  massenhaftesten  ist  sie  (und  andere  Bairdienarten)  nämlich  nicht 
in  den  Tonen  und  Letten,  welche  in  der  Gegend  von  Kochendorf, 
Wimpfen,  Hagenbach,  Duttenberg  die  Unterregion  des  Ceratites  semi- 
partitiis  v.  Buch-Phil.  (=  acutus)  bilden  und  von  Koken  als  Bairdien- 
letten  bezeichnet  werden,  sondern  in  der  Unterregion  des  Ceratites 
interniedius  Phil.,  wie  diese  z.  B.  in  den  Steinbrüchen  beim  Rauhen 
Stich  zwischen  Sontheim  und  Talheim  (Heilbronn)  und  in  der  Kies- 
grube südlich  von  der  Sägmühle  bei  Offenau  aufgeschlossen  ist.  In 
den  Talheimer  Brüchen  findet  man  auch  die  Baktryllien,  die  Koken 
z.  B,  aus  den  oberen  Bairdien(=  Semi2Mrtitt(S-)Sch\chiQn  gegen- 
über der  Kochermündung  erwähnt.  Im  übrigen  trifft  man  die  Bairdien 
noch  ganz  hinauf  im  oberen  Hauptmuschelkalk  bis  unmittelbar  unter 
die  glaukonitische  Grenzbank  zur  Lettenkohle,  insbesondere  im  unteren 
Horizont  der  großen  Terebrateln  (=  Grenzbank  zwischen  Nodösen 
und  Semipartiten),  in  Koken's  Bairdientonen  und  in  Koken's  Horizont 
des  glaukonitischen  Kalkes.  Überall  da,  und  zwar  nur  da,  wo  in 
den  Steinbrüchen  die  gewöhnlich  gelblichgrau  gefärbten  Tonbänke 
Wasser  austreten  lassen,  sind  auch  diese  Tone  schwarz  gefärbt 
und  zeigen  dann ,  besonders  verwitternd ,  oft  die  Millionen  weißer 
Pünktchen  der  Bairdien  ^ 

*  Es  ist  vielleicht  von  Wert ,  darauf  aufmerksam  zu  machen ,  daß  schon 
V.  Seebach  (v.  Seebach,  Entomostraceen  aus  der  Trias  Thüringens,  Zeitschr. 
d.  deutsch,  geolog.  Ges.  1857,  IX,  S.  198  ff.  und  Taf.  VIII)  bei  der  Aufstellung- 
seiner  Ostracodenspezies  f Bairdia  Pirus,  procera,  teres,  Cythere  dii^par)  auf- 
fährt, daß  Bairdia  Pirus  außer  mit  Myophoria  transversa  besonders  in  einem 
Mergel  über  und  unter  der  oberen  Terebratelbank  des  Muschelkalks  liege,  ferner 
zusammen  mit  Gervillia  socialis  50  Fuß  tiefer  als  die  Lettenkohlengruppe;  und 
zwar  sagt  er  über  die  tieferen  Ostracoden  des  oberen  Muschelkalks  :  „Am  häufigsten 
scheint  eine  der  Bairdia  Pirus  ähnliche  Form  gewesen   zu   sein.     Es   ist  sogar 


—     208     - 

Eine  äußerst  charakteristische  Erscheinung,  die  Koken  a.  a.  0. 
treffend  beschrieben  hat,  sind  in  den  oberen  2  m  des  Sem  i pari itus-KaXks, 
unmittelbar  unter  der  glaukonitischen  Grenzbank,  sogenannte  Ge- 
krösekalke; und  ich  möchte  an  dieser  Stelle  nur  noch  ergänzend 
darauf  hinweisen,  daß  sich  in  der  Heilbronner  Gegend  an  einzelnen 
Stellen,  besonders  in  2  Brüchen  zwischen  Sontheim  und  dem  Halte- 
punkt Rauher  Stich,  die  Oberflächenformen  dieser  Kalke  wohl  noch 
genauer  studieren  lassen  als  in  der  Gegend  von  Kochendorf  und 
Wimpfen.  Der  ^Horizont  der  glaukonitischen  Kalke"  ist  nämlich 
in  der  Kochendorfer  Gegend  meist  massig-kalkig  entwickelt,  so  daß 
stellenweise  der  Gekrösekalk  nur  an  der  Schlichtung  der  Feisten  als 
solcher  erkenntlich  ist;  bei  Talheim  dagegen  ist  dieser  Horizont  stark 
tonig  entwickelt,  hat  stellenweise  sogar  fast  ganz  das  Aussehen  der 
^Bairdientone"  der  Kochendorfer  Gegend,  und  man  hat  dann  beim 
Abräumen  der  Letten  in  manchen  Steinbrüchen  oft  größere  Flächen 
dieser  merkwürdig  wellig  gebogenen  Kalke  zur  Beobachtung  freigelegt. 

Trotzdem  nun  aber  diese  Gekrösekalke  außerordentlich  charak- 
teristisch für  den  obersten  Semi2)artiti{S-HoTizont  sind,  möchte  ich 
doch  nicht  soweit  gehen  wie  Stutzer  und  ihnen  für  das  Erkennen 
der  Schichten  eine  größere  Bedeutung  beimessen  als  z.  B.  den  Cera- 
titen.  Man  kann  durch  dieses  Merkmal  auch  erheblich  irre  geleitet 
werden.  Koken  und  Stützer  erwähnen  nämlich  aus  der  Offenauer  Kies- 
grube Gekrösekalke  ;  diese  im  Verein  mit  Bairdien  sind  ihnen,  trotzdem 
Stutzer  selber  den  Ceratites  intennedins  aus  den  schwarzen  Bairdien- 
führenden  Schiefertonen  gezogen  und  noch  weitere  Exemplare  von 
Arbeitern  erhalten  hat,  ein  Beweis  für  die  Zugehörigkeit  der  in  der 
Offenauer  Kiesgrube  anstehenden  Schichten  zum  obersten  Semipar- 
tihiS-Ka\k.     Es  finden  sich  indes  gekröseartig  gebogene  Kalke  auch 

wahrscheinlich,  daß  sie  die  Bairdia  Firns  selbst  sei."  Sehr  interessant  sind 
sodann  die  Ostracodenfunde,  die  Thürach  auf  Blatt  Sinsheim  (Geol.  Spez. -Karte 
von  Baden.  Erläuterungen  zu  Blatt  Sinsheim.  Heidelberg  1896)  verzeichnet.  Er 
führt  die  kleinen  Ostracodenschälchen  nicht  bloß  aus  den  ^Bairdientonen"  des 
unteren  Semijjartitus-facutusJ-Roiizonts  an  (und  zwar  B.  Pirus.  B.  teres  und 
C.  dis2)(tr;  zweifelhaft  B. procera),  sondern  auch  aus  dem  „glaukonitischen  Kalk", 
den  er  geradezu  „Bairdienkalk"  nennt;  aus  dem  untern  Intermedius-Roxizowt. 
(Profil  S.  19  No.  17  und  18)  erwähnt  er  allerdings  keine  Bairdien.  dagegen  noch 
sehr  viel  tiefer  aus  dem  (unteren)  iN^or/o.s(/.s-Horizont  (S.  2ü)  und  aus  dem  unteren 
Emrinus-'KsiWi  (S.  15).  Aus  alledem  scheint  klar  hervorzugehen,  daß  die  Ostra- 
coden  in  den  Jlergeln  des  oberen  Muschelkalks  gar  nicht  selten  sind  und  sich 
namentlich  in  den  mächtigeren  Mergellagern  in  Menge  vorfinden,  daß  sie  also 
als  Leitfossile  für  eine  bestimmte  Muschelkalkschicht  nicht    zu  gebrauchen  sind. 


—     209     - 

sonst  noch  im  oberen  Muschelkalk.  Schon  Koken  '  hat  darauf  auf- 
merksam gemacht:  „Geringere  Biegungen  wiederholen  sich  im  ganzen 
oberen  Muschelkalke,  sobald  geschichtete  „Blaukalke"  (d.  h.  ziemlich 
tonreiche  Kalke)  auftreten;  niemals  erreichen  sie  aber  auch  nur  an- 
nähernd die  Intensität  wie  in  der  Gekröseschicht."  Der  letzte  Satz 
wird  sich  freihch  nicht  ganz  halten  lassen;  so  kommen  z.  B.  bei 
Talheim  in  dem  dort  kalkig  entwickelten  „Horizont  der  Bairdien- 
tone"  noch  dieselben  Gekrösekalke  vor  wie  etwas  höher  in  dem 
„Horizont  der  Glaukonitkalke" ;  vor  allem  aber  treten  in  dem 
bairdienreichen  untern  Intermedius-}iovizont  bei  Offenau  (ziemlich 
schwach)  und  bei  Talheim  (viel  stärker  ausgebildet)  Biegungen  auf. 
die  dem  Gekrösekalk  so  sehr  gleichen ,  daß  selbst  Fachmänner  zu 
Verwechslungen  verleitet  werden  können. 

Darin  allerdings  wird  man  Stutzer  einigermaßen  beipflichten 
müssen,  daß  die  Ceratiten  leider  an  nur  zu  vielen  Orten  als  Leit- 
fossilien ebenfalls  schlecht  zu  gebrauchen  sind ,  zwar  nicht  deshalb, 
weil  sie,  wie  er  meint,  nicht  richtig  leiten,  sondern  nur,  weil  sie 
meist  viel  zu  selten  sind.  Die  Semipartiten  z.  B.  sind  in  ganz 
Württemberg  südhch  von  Talheim- Heilbronn  so  selten,  daß  man 
kaum  zu  wenig  sagt,  wenn  man  behauptet,  sie  fehlen  vollständig/, 
und  selbst  nördlich  von  Heilbronn  sind  sie  stellenweise  nicht  so 
häufig,  daß  man  sich ,  ohne  lokalkundig  zu  sein ,  sofort  einfach  an 
einer  hinreichenden  Zahl  von  Fundstücken  allein  sicher  orientieren 
könnte.  An  manchen  Orten  allerdings,  z.  B.  bei  Hagenbach,  be- 
kommt man  Bruchstücke  davon,  meist  jedoch  ohne  Schale,  in  großer 
Menge.  Im  allgemeinen  aber  wird  man  sagen  müssen,  daß  es  schon 
einer  größeren  Zahl  von  Beobachtungen  und  einer  gewissen  Aus- 
dauer oder  Lokalkenntnis  bedarf,  um  sich  überall  im  oberen  Muschel- 
kalk zurecht  zufinden ;  ich  wenigstens  muß  bekennen ,  daß  mir  das 
unten  gegebene  Profil  der  zahlreichen  Talheimer  Brüche  im  Vergleich 
zu  den  recht  einfach  liegenden  Profilen  der  Kochendorfer  Gegend 
ziemUch  viel  Mühe  verursacht  hat. 

Der  obere  Muschelkalk  zwischen  Sontheim  und  dem  Kauhen 
Stich  und  in  der  Gegend  von  Kochendorf,  Wimpfen ,  Hagenbach. 
Duttenberg  umfaßt  den  Horizont  des  Ceratites  semipartitus 
V.  Buch  (=  acutus)^  des  C.  dorsoplanus  Phil,  und  des  C.  inter- 
medius  Phil.,  und  zwar  entfallen  auf  die  Kalke  (bezw.  dolomitischen 
Kalke)  und  Tone  bezw.  Schiefertone  mit  C.  semijxirtüus  (==  acutus) 
im  Mittel  sowohl  bei  Talheim  als  bei  Kochendorf- Wimpfen  3,8 — 4  m, 
'  a.  a.  0.  S.  9. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905.  14 


-     210     — 

auf  die  mit  C.  dorsoplanus  ebenfalls  etwa  4  m,  auf  die  mit  G.  intermedius 
(nach  einer  ca.  1,7  m  messenden  Grenzschicht  mit  großen  Terebrateln, 
C.  dorsoplanus ,  intermedius  und  nodosus)  ca.  7  m:  wahrscheinhch 
geht  aber  C.  intermedius  noch  1—2  m  tiefer. 

In  der  Unterregion  des  Ceratites  intermedius  treffen  wir 
beim  Rauhen  Stich ,  ferner  bei  Wimpfen  im  Liegenden  des  Stein- 
bruchs gleich  westlich  von  der  Saline  und  in  der  schon  mehrfach 
erwähnten  Kiesgrube  von  Offenau  südlich  von  der  Sägmülile  viele 
Tone  bezw.  Schiefertone  und  tonig-brockelige  Kalke.  Meist  sind  sie 
ein  Horizont  des  Wasseraustritts,  und  dann  rieseln  beständig  die 
Wasser  herab  an  den  dunkeln  Schiefern ,  die  mit  Millionen  weißer 
Pünktchen  von  Bairdien  besetzt  sind.  Linsenförmig  an-  und  ab- 
schwellende Kalkknollen  sind  häufig  in  diesen  Tonen ;  ebenso  stellen 
sich  darüber  und  dazwischen  krummflächige,  nach  Art  des  Gekröse- 
kalks gebogene  Kalke  ein.  Beim  Rauhen  Stich  sind  sie  auch  reich 
an  Fischresten;  ebenso  findet  man  dort  Baktryllien  auf  den  Kalkknollen. 

Ich  füge  zur  Vergleichung  mit  dem  Profil  von  Talheim  das  von 
der  Offen  au  er  Kiesgrube^  hier  ein: 

Kies  und  Sand. 
0,20  m  (nur  an  einzelnen  Stellen)  stark  verwitterte  Splitterkalke. 
1,20    „    Brockelkalke  (teilweise  auch  noch  verwittert  und  mit  Schotter 

vermischt) ,    uneben  geschichtet ,   mit   C.   intermedius,   Gervillia, 

Lima,  3Ii/opJioria. 
0,20    ,    Splitterkalk. 
0,10    „    Brockelkalk. 

0,10    „    Mergel  (nach  Stutzer  mit  Pflanzenresten). 
0,50    „    dünngeschichtete  kristalline  Kalke. 
0,57 — 0,65  m  schwarze  Schieferletten  mit  Kalkeinlagerungen,  Bairäia 

Pirus  und   C.  intermedius;  Pflanzenreste. 
0,35  m   feste  dunkle  Kalkbänke. 
X  „    Splitterkalk. 

Über  dieser  tonigen  Unterregion  treten  zunächst  ziemlich  feste 
blaue  Kalke  und  Splitterkalke  auf,  die  oft  löcherig  sind  und  dann 
sogar  mit  Alberti's  „porösem  Kalk"  aus  dem  KoKEN'schen  Glaukonit- 
horizont verwechselt  werden  können;  so  gehören  z.  B.  die  ca.  20  cm 
Kalke  im  Hangenden  des  Kalks  der  Offenauer  Kiesgrube,  die  Koken 
als  Glaukonitkalk  bezeichnet,  hierher. 

Die  nun  folgenden  Brockelkalke  sind  das  Hauptlager  des 
C.  intermedius.  Bei  Talheim  z.  B.  kann  man  aus  ihnen  eine  Menge 
roher  Steinkerne    bekommen.     Darüber   wechseln    Splitterkalke   und 


Vergl.  Koken  a.  a.  0.  S.  62.     Stutzer  a.  a.  0.  S.  58. 


—     211     - 

blaue  bezw.  tonige  Kalke  und  Tone  miteinander  ab.  Hier  trifft  man 
auch  häufig  die  sogenannten  Hebräer. 

Darüber  kommen  Kalkknauer  und  Tone  und  über  diesen  stellen- 
weise auch  noch  eine  feste  Kalkbank,  die  alle  mit  ungezählten 
großen  Tereb ratein  gefüllt  sind  (manchmal  sind  auch  die  Tone 
leer  und  nur  die  Kalkbank  darüber  führt  Coenothyris  vulgaris).  Es 
ist  eine  für  das  ganze  Gebiet  außerordentlich  wichtige  leitende 
Schicht;  nur  bei  Hagenbach  und  bei  Wimpfen  am  Winterberg  ist 
sie  nicht  ganz  so  gut  entwickelt,  wie  in  fast  allen  sonstigen  Brüchen. 
In  diesen  Knauerbänken  traf  ich  immer  den  ersten  Semipartiten 
{(lorsojüanus) ,  sowohl  bei  Talheim  als  auch  in  der  Kochendorfer 
Gegend^.  Man  findet  in  diesen  Bänken  aber  auch  noch  den  C.  inter- 
inedius  und  sogar  noch  bei  Talheim  und  Hagenbach  (an  letzterem 
Ort  führt  ihn  auch  Koken  a.  a.  0.  S.  10  und  65  aus  dieser  Tere- 
bratelbank  an)  den  kleinen,  deutlich  stachelknotigen  C.  nodosus. 

Die  Semipartitus-Ka\ke  bieten  in  jeder  Gegend  ein  anderes 
Bild  dar.  Die  von  der  Kochendorfer  Gegend  zeigen  ein  ganz  anderes 
Gepräge,  als  die  von  Talheim  und  vollends  als  die  im  Enztal.  Bei 
Kochendorf,  Jagstfeid,  Hagenbach,  Duttenberg,  Wimpfen  sind  es 
zunächst  lauter  regelmäßig  und  dünn  geschichtete  Splitterkalke  mit 
vielen  Lumachellenbänken.  Dies  ist  das  Lager  des  C.  dorsoplatius. 
Hier  ist  oft  ein  geradezu  erstaunlicher  Reichtum  an  Fossilien  an- 
zutreffen, wenn  diese  auch  selten  gut  erhalten  sind;  bemerkenswert 
sind  insbesondere  die  Brüche  an  dem  Kocherkanal  zwischen  Kochen- 
dorf und  Hagenbach. 

In  einzelnen  Bänken  häufen  sich  Terebrateln ;  namentlich  trifft 
man  in  der  Oberregion  dieser  Kalke  mit  großer  Regelmäßigkeit  einen 
Terebratelhorizont,  den  man  als  Grenze  zwischen  C.  dorsoplanus 
und  C.  semipartitus  (acutus)  bezeichnen  kann.  Im  nördlichen  Teil  des 
Gebiets  (z.  B.  an  der  Ziegelhütte  gegen  Duttenberg)  zeigt  der  Horizont 
des  C.  dorsoplanus  in  seiner  Oberregion  stärkere  Toneinlagerungen 
zwischen  den  dünner  werdenden  Kalkbänkchen,  so  daß  diese  Region 
bereits  dasselbe  Aussehen  hat,  wie  weiter  südlich  (z.  B.  an  der 
Kocherhalde)  die  ünterregion  des    C.  semi2:)artitus-(acutus)-]:lonzonts. 


'  E.  Fr  aas  nennt  (Begleitw.  zu  Blatt  Neckarsulm  S.  13)  C.  dorsoplamis 
schon  aus  den  Schiefertonen  des  C.  intermedius.  Da  indes  dort  C.  intermedius 
häufig  so  abgewittert  oder  abgeschiefert  ist,  daß  man  keine  Knoten  mehr  sieht, 
hält  man  diese  Formen,  zumal  ja  auch  sonst  schon  C.  intermedius  alle  möglichen 
Übergänge  zu  G.  dorsoplanus  aufweist,  leicht  für  Semipartiten.  Ich  vermute, 
daß  an  der  genannten  Stelle  solche  ^Formen  gemeint  sind. 

14* 


—     212     — 

C.  semipartitus  (acutus)  findet  man  in  den  ca.  3,8 — 4  m  Schiefer- 
tonen und  Kalken  über  dem  eben  genannten  (oberen)  Terebratelhorizont. 
In  der  Kochendorfer  Gegend  liegen  über  der  Terebratelbank  zunächst 
1,75  m  „Bairdientone"  (Koken)  oder  „Estherientone"  (E.  Fraas». 
Ein  Schwanken  der  Mächtigkeit ,  von  dem  Koken  und  Stützer  be- 
richten, konnte  ich  nicht  beobachten;  ich  habe  in  allen  Brüchen  nie 
weniger  als  1,70  und  nie  mehr  als  1,80  m  gemessen;  nur  die  schon 
erwähnte  Verwechslung  mit  den  Bairdientonen  aus  dem  C.  intermedius- 
Horizont  können  die  irrigen  Angaben  veranlaßt  haben.  Im  übrigen 
gibt  Koken  (a.  a.  0.  S.  9  f.)  eine  sehr  gute  Beschreibung  dieser  Tone 
und  ihrer  Fossileinschlüsse,  so  daß  ich  darauf  verweisen  kann. 

Am  Wimpfener  Winterberg  und  an  der  Jagstfelder  Zügelhütte 
gegen  Duttenberg  sind  in  diese  Tone  außer  Kalkknollen  nur  dünne 
(höchstens  einzelne  bis  5  cm  messende)  Kalkbänkchen  eingelagert : 
weiter  südlich,  schon  am  Bahnwärterhaus  über  Wimpfen  im  Tal,  ist 
die  Unterregion  stark  kalkig,  und  es  stellt  sich  gegen  die  Mitte 
eine  festere  Kalkbank  ein ;  noch  mehr  ist  dies  der  Fall  bei  Kochen- 
dorf und  gegen  Hagenbach ,  wo  die  unteren  42 — 45  cm  aus  dünn- 
geschichteten Kalken  mit  Tonzwischenlagen  bestehen,  worauf  eine 
16 — 17  cm  mächtige  feste  Kalkbank  folgt;  aber  auch  in  den  Schiefer- 
tonen der  Oberregion  werden  die  Kalkplättchen  bis  6  cm  dick ;  solche 
Plättchen  sind  manchmal  auch  reich  an  Fischresten ;  stellenweise 
trifft  man  auch  Lumachellenbänke,  besonders  mit  Trigonodus  Sand- 
bergeri.  Noch  weiter  im  Süden  (Talheim)  ist  der  Schieferton  ganz 
verschwunden,  und  der  ganze  Horizont  ist  kalkig  entwickelt. 

Die  „Stufe  des  glaukonitischen  Kalkes"  ,  die  in  den  Ge- 
krösekalken (besonders  am  Wimpfener  Winterberg)  ebenfalls  C.  senii- 
partikis  führt,  ist  in  der  Kochendorfer  Gegend  massigkalkig  ent- 
wickelt und  hat  eine  Mächtigkeit  von  2  bis  höchstens  2,20  m.  Der 
Beschreibung  Koken"s  ist  nichts  weiter  beizufügen. 

Ich  gebe  nun  noch  einige  Profile  zur  Ergänzung  derjenigen 
Koken's. 

An  der  K  o  c  h  e  r  h  a  1  d  e  bei  Kochendorf : 
3,79   m  Horizont  des   Ccratites  semipartitus  (acutus): 
2,05  m   „glaukonitische  Kalke",  bestehend  aus: 

U,3G  m  glaukonitführende,  löcherige,  dolomitische,  feste 
Kalke. 

0,1G    „   weniger  feste,  oft  gekröseartig  gebogene  Kalke. 

0,24    „   feste  Splitterkalke. 

0,48    „   weniger  feste  Splitterkalke. 

0,40    „   Gekrösekalk. 

0,38    „    Splitterkalk. 


213     — 


1,74  m    „Bairdienletten",  bestehend  aus: 

1,15   m  dunkle  Schiefertone  mit  Kalkplättchen  (bis  6  cm). 
0,16    „   feste  Kalkbank. 

0,43    „   dünngescliichtete  Brockelkalke    und    Kalklinsen 
in  dunkeln  Tonen. 
X  m:   Horizont  des   Ceratites  dorsoplanus: 
1,18  m  ziemlich  dickbankige  Kalke. 
0,16    „   dunkle  Tone. 
X    „    Kalke. 
In  den  alten  Steinbrüchen  zwischen  Kochendorf  und  Hagen- 
bach, nahe  bei  Hagenbach,   stehen  im  Abraum  noch 

ca.  1   m  verwitterte  Glaukonitkalke  an,   darunter: 
1,75    „    „Bairdienletten"    mit  reichlich   C.  semijjartitus : 

1,16   m  dunkle  Tone  mit  dünnen  Kalkbänkchen, 
0,17    „    feste  Kalkbank, 

0,42    „    Kalkknollen    und    dünngeschichtete    Kalke    in 
dunkeln  Tonen. 
1,20  m  ziemlich    dickplattige    Splitterkalke,    oben    mit    Muschel- 

breccien,  zuoberst  Terebratelbank;   C.  dorsoxüanus, 
0,15    „   Letten, 

0,86    „   blaue  Kalke  mit  muscheligem  Bruch, 
0,12    „   Brockelkalke, 
0,15    „   festere  Kalke,  teilweise  bröckelig, 
0,18    „   teilweise  schwarze  Letten, 
0,65    „   massige    Splitterkalke    mit   Muschelbreccien    und    Tere- 

b  r  a  t  e  1  n  , 
0,15    „    Letten, 

0,35    „   dünn  geschichtete  feste  Kalke, 
0,20    „   Letten  und  dünne  Kalke, 
0,25    „   feste  Kalke,   Terebratelbank. 
0,62    „   Brockelkalk  (Horiz.   des   C.   intermedius). 
Im  Jagsttal  hinter  der  Zügelhütte  bei  Jagstfeid  stehen  noch 
ca.  1,63  m  „Glaukonitkalk"    an,    und  zwar  unler  zerfallenem  Glau- 
konitkalk 

0,26   m   Splitterkalk, 
0,37    „    Gekrösekalk, 
0,40     „   Splitterkalk  mit  Lumachellen; 
ca.  1,80  „  etwas    ausgewaschene   „Bairdienletten";    im  unteren  Teil 
sehr  unebene  mit  Ton  durchsetzte  Kalkplättchen  (bis  5  cm 
dick)  mit  Fisch-  und  Saurierresten;   C.  semiparütus; 
3,88  „  Horizont  des  C.  dorsoplanus: 

1,60  m  kristalline,  schwach  gebogene,  nach  oben  dünner 
werdende,  teilweise  löcherige  Kalkbänkchen  mit 
Lumachellen,  gegen  oben  eine  Lumachelle  von 
Coenoth  //  r  l  s  vulgaris. 
1,20  „  feste  Kalkbänke,  besonders  unten  mit  Lumachellen: 
Ostrea  complicata,  Lima,  Coenothyris. 


—     214     — 

0,18  m  Letten-  und  Brockelkalk. 

0,90    „   blauer,  toniger  Kalk,  ziemlicli  dünn  geschichtet  mit 
C.  dorsoplanus. 
0,70  m  Terebratelbänke:  Kalkknauer,   Ton  und  oben  feste  Kalk- 
bänke. 

Bei  Talheim  ist  der  Horizont  des  Ceratites  semipartitus 
und  dorsoplanus  ganz  anders  entwickelt ,  und  seine  Ausbildung  er- 
innert schon  stark  an  diejenige  in  der  Mitte  Württembergs:  die  regel- 
mäßig geschichteten  Kalke  sind  meist  immer  von  einer  mächtigeren 
Lettenbank  bis  zur  andern  zu  einer  schwach  geschichteten  Masse 
zusammengewachsen,  und  es  stellen  sich  dann  schon  massige  Felsen 
ein  nach  Art  des  „Wilden"  und  des  ^Trigonodiis-YiQAomiis'' .  Nur 
die  Mächtigkeit  der  einzelnen  Horizonte  stimmt  genau  mit  der  in 
der  Kochendorfer  Gegend ;  die  einzige  Bank,  die  erheblichen  Mäch- 
tigkeitsschwankungen,  selbst  auf  ganz  kurzen  Entfernungen,  unter- 
worfen ist,  ist  die  glaukonitische  Grenzbank  zwischen  Muschelkalk 
und  Lettenkohle,  die  bei  Kochendorf  ca.  40  cm  mächtig  ist,  während 
sie  bei  Talheim  zwischen  27 — 40 — 50 — 80  und  noch  mehr  Zenti- 
meter, in  ein  und  demselben  Steinbruch  zwischen  27  und  50  cm 
schwankt. 

Die  „Stufe  des  glaukonitischen  Kalks"  (Koken)  ist  etwa  nach  Art 
der  Kochendorfer  „Bairdienletten"  ausgebildet,  führt  auch  Bairdien 
und  vereinzelt  C.  semipartitus ;  charakteristisch  ist  hier  ebenfalls  der 
Gekrösekalk.  An  die  Stelle  der  „Bairdienletten"  (Koken)  sind  massige 
Kalke  getreten ,  stellenweise  auch  dünn  geschichtete  Splitterkalke. 
Unter  diesem  Horizont,  in  dem  man  natürlich  vergeblich  nach  Cera- 
.titen  sucht,  tritt  eine  feste  Bank  mit  großen  Terebrateln  auf;  dar- 
unter kommen  die  massigen  Splitterkalke  des  C.  dorsoplanus ,  der 
hier  noch  seltener  als  C.  semipartitus  ist.  Ein  ungewöhnlich  reich- 
haltiger Terebratelhorizont  schließt  die  Semipartitus-Ka\ke  nach 
unten  ab. 

Es  liegt  nahe,  hier  eine  Parallele  zu  ziehen  mit  der  Entwicke- 
lung  des  oberen  Hauptmuschelkalks  in  der  Gegend  des  Enztals 
und  Strohgäus,  wo  bis  jetzt  eine  Gliederung  noch  gar  nicht  gelingen 
wollte.  In  Ermangelung  gut  leitender  Fossilien  habe  ich  seinerzeit 
vorgeschlagen  ^ ,  die  Kalke  und  Dolomite  über  dem  Horizont  des 
großen  C.  nodosus  =  C.  intermedius  Phil,  nach  der  berühmten  Fund- 
stelle   im    Schwieberdinger   Hühnerfeld    einstweilen    als    „Schwieber- 


'  Diese  Jahreshefte  1898,  S.  303— 321 :  Ein  Profil  durch  den  Ilauptmuschel- 
kalk  bei  Vaihingen  a.  d.  Enz. 


—     215     — 

dinger  Horizont"  zu  bezeichnen  und  von  dem  Trigonodus-Dolomit 
und  den  über  demselben  folgenden  Grenzbänken  gegen  die  Letten- 
kohle zu  trennen.  E.  Fraas  hat  in  den  Begleitworten  zu  Blatt 
Besigheim  wohl  aus  dem  gleichen  Grunde  diese  Bezeichnung  bei- 
behalten. Diese  Gliederung  geht  von  der  noch  jetzt  vertretenen ' 
Annahme  oder  Ansicht  aus,  daß  der  Trigonodus-J)o\omit  die  Semi- 
jxirtüns-Schichten  überlagere,  einen  Grenzhorizont  gegen  die  Letten- 
kohle von  schwankender  Mächtigkeit  darstelle,  sogar  eine  besondere 
Auszeichnung  auf  der  Karte  nahelege  und  vielleicht  sogar  richtiger 
der  Lettenkohle  zugerechnet  werden  sollte.  Diese  Ansicht  ist  jedoch 
ebenso  irrig,  wie  die  von  mir  ausgesprochene  Vermutung,  es  werden 
wohl  die  „Schwieberdinger  Schichten"  im  wesentlichen  dem  Semi- 
partitus-Borizont  entsprechen. 

Auch  Philippi  hat  sich  in  seiner  Arbeit^  über  die  Fauna  des 
Schwieberdinger  Hühnerfelds  eingehend  über  die  geologische  Stellung 
des  Schwieberdinger  Fossilhorizonts  (S.  147  und  201 — 205)  geäußert. 
Ihm  zufolge  gehören  die  Schwieberdinger  Fossilschichten  zum  unteren 
Trigonodus-Dolomit;  darunter  käme  nach  einer  30  cm  mächtigen 
Dolomitbank  das  Semi2)ai'titus-Wivea.u.  Diese  Bestimmung  geht,  wie 
sich  schon  aus  meinem  in  den  Jahresheften  von  1898  veröffentlichten 
Profil  ergibt,  noch  mehr  fehl  als  die  von  mir  gegebene,  die  wenig- 
stens für  die  Oberregion  des  Schwieberdinger  Horizonts  noch  einiger- 
maßen zutreffend  ist. 

Ich  glaube  nun  in  der  Lage  zu  sein ,  auch  die  Schichten  des 
oberen  Hauptmuschelkalks  im  Enz-  und  Strohgäugebiet  durch  Paralle- 
lisierung  mit  denen  am  unteren  Neckar  nach  Ceratitenhorizonten 
gliedern  und  die  geologische  Stellung  der  Schwieberdinger  Fossil- 
schichten genau  bestimmen  zu  können. 

Wie  das  weiter  unten  folgende  Profil  von  Talheim  zeigt,  dem 
zur  Vergleichung  das  von  Vaihingen — Schwieberdingen  kurz  beigefügt 
ist,  entspricht  der  sogenannte  „Wilde"  .  ein  massiger  ca.  3,4  m 
mächtiger  Fels  unter  dem  Tr igonodus-Fels,  zusammen  mit  dem  2,8  bis 
2,9  m  messenden  Trigonodus-'Do\om\t  und  den  ca.  2,7  m  dolomitischen 

'  Vergl.  z.  B.  E.  Fraas,  Begleitworte  zu  Atlasblatt  Besigheim.  2.  Aufl. 
S.  13.  —  Oberamtsbeschreibung  von  Heilbronn.  II.  T.  S.  7  ff.  1901. 

^  Diese  Jahreshefte  1898:  ,Die  Fauna  des  unteren  Trigonodus-Bolomits 
vom  Hühnerfeld  bei  Schwieberdingen  und  des  sogen.  Cannstatter  Kreidemergels/ 
Bei  dieser  Gelegenheit  möchte  ich  nur  noch  ergänzend  bemerken,  daß  die  An- 
gabe auf  S.  148  und  202,  wonach  Brachiopoden  ganz  fehlen,  nicht  zutrifft. 
Offenbar  stand  ihm  für  die  Bearbeitung  nicht  das  ganze  Material  (und  also  auch 
nicht  die  gut  und   zwar  mit  Armgerüst  erhaltenen  Terebrateln)   zur  Verfügung. 


216 


und  kalkigen  Grenzbänken  in  der  Vaihinger  Gegend  dem  Semipar- 
^^^^^t5-Niveau  der  Heilbronn — Kochendorfer  Gegend.  Gleich  in  den  rauh- 
plattigen  dolomitischen  Kalken  unter  dem  „Wilden"  habe  ich  in- 
zwischen auch  bei  Vaihingen  den  C.  intermediiis  gefunden.  In  der 
ünterregion  des  „Wilden"  trifft  man  außerdem,  wenn  auch  etwas 
undeutlich ,  die  glänzenden  Schalenreste  von  Terebrateln  (untere 
Terebratelbank).  Daß  man  im  „Wilden"  und  in  dem  massigen  Tri- 
go}W(h(s-F eis  bis  jetzt  noch  keinen  Semipartitus  (dorsoplann.'i)  ge- 
funden hat  (und  wohl  auch  kaum  finden  wird),  kann  bei  dem  (fast) 
vollständigen  Mangel  einer  Schichtung  nicht  überraschen.  Dagegen 
stimmt  die  Höhenlage  der  T>-iJ^o«oc?z<5-Steinkerne  genau  mit  der- 
jenigen, in  welcher  bei  Heilbronn  und  Kochendorf  die  Kalkplatten 
liegen,  welche  mit  Trigonodus  Sandbcrgeri  bedeckt  sind.  Auch  der 
Terebratelhorizont ,  der  das  Dorsoplaniis-Nivesiu  vom  Semipartitus- 
Niveau  trennt,  wird  sich  bei  einiger  Sorgfalt  im  Enzgebiet  nach- 
weisen lassen;  er  muß  in  der  Mitte  des  TW^o)?oc?«s-Dolomitfelsen 
sich  finden.  Zum  Beweis  erwähne  ich,  daß  schon  Paulus  und  Bäch^ 
in  diesem  Dolomit  eine  reiche  Terebratelbank  in  einem  kleinen  längst 
verlassenen  Bruch  nordwestlich  von  Ottmarsheim  im  Tälchen  be- 
obachtet haben.  Auch  C.  semipartitus  (acutus)  wird  wohl  mit  Sicher- 
heit gefunden  werden,  wenn  man  einmal  in  den  meist  dünngeschich- 
teten Grenzbänken  zwischen  Trigonodus-D o\om\i  und  Lettenkohle 
gründlich  sucht,  was  bis  jetzt  sicher  noch  nicht  genügend  geschehen 
ist;  leider  sind  aber  gute  Aufschlüsse  hier  selten. 

Ich  füge  noch  eine  Parallelisierung  der  Scmipartitus-^chÄchiQw 
der  Kochendorfer  Gegend  mit  denen  der  Vaihinger  Gegend  ein.  weil 
.hier  der  Zusammenhang  w^ohl  deutlicher  hervortritt,  als  in  dem  Profil 
von  Tallieim. 

Kochendorf  Vaihingen  a.  E. 

2 — 2,20  m  „Stufe  des  glaukoni-  1  2,1  m  Grenzbonebed,  Schiefer- 

tisclien    Kalkes"      Kokkn's,  tone  und  feste  dolomitische 

Glaukonitbank  mit  Bonebed,  I       Kalke. 

Gekröse-  und  Splitterkalke.  ; 


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1,15  m  dunkle  Schiefer- 
tone mit  dünnen  Kalk- 
plättchen. 

0,16   m  feste  Kalkbank. 

0,43  „  dünn  geschich- 
tete Kalke  (rr//7o>iO(??<s) 
und  Schiefertone. 


0,55  m    weiche     dolomitische 
Platten. 


2,80  m   massiger  Trigonodus- 
Dolomit,  im  oberen  Teil  weich 


Vergl.  Begleitworte  zu  Ätlasblatt  Besigheim.  2.  Aufl.  1903,  S.  13. 


217 


K  0  c  h  e  n  d  0  r  f 

1,60  m  kristallinische  Kalke 
mit  Terebratelbank  im  Han- 
genden. 


Vaihingen  a.  E. 
und  zerreiblich,  unten  fester, 


1,20  m  feste  Kalkbänke. 

0,18  „    Letten. 

0,90  „    blaue  Kalke. 

0,70  .,    Terebratelbänke. 


3,40  m  der   „wilde  Fels". 


Die  Schichten  unter  dem  „Wilden"  gehören  zum  Horizont  des 
Ceratites  mtermedius.  In  demselben  kommen  im  Enzgebiet  die  kleinen 
Nodosen  noch  ebenso  vor  wie  am  unteren  Neckar,  wie  das  z.  B. 
auch  der  Fund  des  C.  nodosus  var.  densinodosus  und  vielleicht  eines 
Ceratiten,  von  dem  Philippi^  annimmt,  daß  er  wohl  aus  tieferen 
Lagen  stamme  und  nur  zufällig  unter  die  „Schwieberdinger  Fossilien" 
gekommen  sein  könnte,  beweist.  Die  eigentliche  Schwieber- 
dinger Fossilschicht  von  annähernd  1  m  Mächtigkeit  gehört 
der  Mittelregion  des  C.  intermedius  an  und  entspricht  den 
oben  auf  S.  210  erwähnten  häufig  löcherigen  festen  Kalken  und 
Splitterkalken  in  der  unteren  Neckargegend.  Unter  der  Schwieber- 
dinger Fossilschicht  trifft  man  eine  reichliche  Tonentwickelung 
ebenso  wie  bei  Talheim  und  Offenau — Wimpfen,  und  es  ist  vielleicht 
der  Erwähnung  wert,  wenn  an  sich  vielleicht  auch  vollständig 
belanglos,  daß  in  diesen  Schichten  bei  Offenau  ebenfalls  Pflanzen 
reste  gefunden  werden,  wie  ich  sie^  aus  der  Vaihinger  Gegend  an- 
geführt habe. 

Nach  alledem  sind  die  Schichtenbezeichnungen  „Schwieber- 
dinger Schichten"  und  ^Trigonodus-Dolomit''  nur  lokal,  wo  die  sonst 
leitenden  Ceratiten  fehlen,  zu  gebrauchen.  Will  man  den  Ausdruck 
„Schwieberdinger  Schichten"  künftighin  noch  weiter  in  Anwendung 
bringen,  so  kann  man  damit  im  mittleren  Württemberg  etwa  den 
Horizont  des  Ceratites  intermedius  bezeichnen.  Unter  ^Trigonodus- 
Schichten"  könnte  man  dann  die  gesamte  Semipartitus-Zone,  in  deren 
Mitte  besonders  und  auch  im  Hangenden  Trigonodus  Sandbergeri 
leitend  ist,  in  allen  den  Gegenden,  wo  die  Semipartiten  nicht  zu 
finden  sind,  verstehen. 

Als  bemerkenswert  füge  ich  noch    bei,    daß  die  Stylolithen, 


Diese  Jahreshefte  1898,  S.  201. 

Diese  Jahreshefte  1898,  S.  312  u.  315. 


218 


die  im  ganzen  oberen  Muschelkalk  des  Enzgebiets  so  häufig  sind,  in 
der  Heilbronn — Kochendorfer  Gegend  vollständig  fehlen. 

Es  wäre  wohl  auch  nicht  uninteressant,  die  tieferen  Schichten 
des  Muschelkalks  im  Enzgebiet  mit  denen  des  Neckargebiets  bei 
Wimpfen — Gundelsheim  zu  vergleichen;  doch  genügt  wohl  schon  die 
Vergleichung  der  in  den  Begleitworten  zum  Atlasblatt  Neckarsulm 
gegebenen  Profile  mit  dem  in  den  Jahresheften  von  1898,  um  eine 
.große  Übereinstimmung  zu  konstatieren.  Ich  hebe  nur  noch  hervor, 
daß  auch  am  Michelsberg  bei  Gundelsheim  Ceratites  noäosiis  var. 
compressus  bereits  in  der  Oberregion  des  Encrimis -Kalkes  ge- 
funden wird. 

Ich  lasse  nun  das  Profil  von  Talheim  (Sontheim — Halte- 
stelle Rauher  Stich)  folgen  und  füge  zur  Vergleichung  das  von 
Vaihingen  a.  E. — Schwieberdingen  auszugsweise  bei. 


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CO 

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S 

M 

Talheim 
^0,40  m      Glaukonitkalk 
mit  Grenzbonebed. 
0,37  m  graue  Letten,  stellen- 
weise   mit   Bairdien    und 
eingelagerten ,     sehr    un- 
ebenen      Kalkplättchen ; 
Saurierreste. 
0,30  m  Gekrösekalk. 

0,34  „  meist  feste,  unebene 
Splitterkalke  mit  Luma- 
chellen  und  Bonebed. 

0,25   m     Gekrösekalk     mit 
Ceratites     semipar- 
titu  s. 
.0,34  m  Splitterkalk. 


Vaihingen  a.  E. 

0,2  m  spätiger  Kalk  mit 
Grenzbonebed. 

0,3  m  Schieferletten  und  ein- 
gelagerte Dolomitbäuke. 
Myoplioria    Goldfussi. 


0,5  m  blauer  Kalk  mit  Ton- 
zwischenlagen. 

1,1  m  grauer  dolomitischer 
Kalk. 


0,88  m  meist    massige    Splitter- 

0,55 m  lichtgelbe  dolomitische 

kalke,  stellenweise  dolomitisiert 

Platten. 

und  verkieselt. 

0,13  m   feste,    gekröseartig    ge- 

schichtete Kalke. 

0,22   m  Gekrösekalk. 

0,22    „   blaue  Kalke. 

0,07    „   Letten. 

0,52    „   blaue  Kalke. 

2,8   m    Trigonodus-K?i\k. 

0,18    „  Letten  und  toniger  Kalk. 

Ceratites  semipartitus. 

219 


Talheim 

Vaihingen  a.  E. 

1-.      QJ 

0,21   m     Splitterkalk     mit 

=  Dolomit   (Malbstein). 

£  St 

großen  Terebrateln. 

^1 

0,24   m    Letten     und     Ge- 

23 

krösekalk. 

^  2 

0,32   m     Splitterkalke    mit 

o  -^ 

1      Coenothi/ris  vulgaris. 

0,38  m  Kalkknauer  und  Brockel- 

kalke, nach  oben  fester  werdend 

2 

und  in  Splitterkalke  übergehend. 

J 

Einzelne   Coenothi/ris  vulgaris. 

^ 

s" 

0,39  m  Splitterkalk. 

f 

M 

0,08    „   Letten. 

'-0 

0,88  m    sehr     harte,     hellblaue 

^ 

Splitterkalke.     Coenotliyris  vul- 

-^ 

garis. 

O 

0,77  m  massige  Kalke,   nach  oben 

mit  Tonschmitzen. 

'^ 

0,35  m  feste  Kalkbänke,  tonig 

"= 

durchsetzt.    Terebrateln. 

.H 

CD 

0,45  m  weniger  feste,  blaue 

3,4  m   der   „wilde  Fels". 

o 

:ci 

Kalke  mit  Ton  und  Kalk- 

.^ 
% 

knauern.    Terebrateln. 

-u 
g 

0,51  m  Tone  und  dünne  Kalk- 

1    < 

plättchen,  stellenweise  mas- 

s 

H 

sige  Tonbank. 

0,40  m    Kalkknauer,     Ton, 

Brockelkalk  und  Kalkplätt- 

■^ 

chen.  Hauptterebratel- 

»-^ 

schicht.   Ceratites  nodosus, 

! 

intermedius  und  dorsoplanus. 

0,29  m  Splitterkalk  mit  GervilUa 

■i 

socialis  und  Lima. 

^ 

0,37  m     dünngeschichtete    blaue 

2,55   m    rauhplattige    dolomi- 

Kalke mit  Lettenzwischenlagen. 

tische  Kalke,  im  Hangenden 

-"1 

0,15  m  Splitterkalk. 

und  Liegenden    und    in    der 

Z 

0,40    „   graue  Letten,  bei  Wasser- 

Mitte mit  ausgelaugten  Do- 

führung     schwarze      Schiefer- 

lomitschichten und  dolomiti- 

1. 

letten  mit  Bairdien  und  einge- 

sierten Fossilien.     C.  infer- 

^ 

lagerten  Kalkbänkchen ;  stellen- 

medius. 

^ 

weise  Brockelkalke    oder   auch 

i 

TS 

dickplattiger    blauer  Kalk   mit 

Letten. 

§ 

0,16  m  Splitterkalk  mit  sehr  un- 

o 

ebenen    Flächen ,    viele    weiße 

S 

luschelschalen  im  Querschnitt. 

—     220 


Talheim  Vaihingen  a.  E. 

1,35  m  dunkelblaue  Kalke  mit! 
muscheligem  Binich  ,  oben  und  | 
unten    oft    tonig ,    stellenweise  | 

schwarze  Schieferletten.  Haupt-    0,5  m  tonige  Platten  oder  plat- 
IsLger  des  Ceratitesinte7-meditis.\      tige  Dolomite. 


0,20  m  Splitterkalk. 
0,92    „    feste    blaue    Kalke,    oft 
löcherig,  teitweise  Splitterkalk. 


1,0  m  dolomitische  Kalke. 
Schwieb  erdinger  Haupt- 
fossilschichten. 


0,63  m  schwarze  wasserführende 
Schieferletten  mit  Kalkknollen, 
Bairdien,  Baktryllien,  Fisch- 
resten; unten  stellenweise  24  cm 
dünngeschichtete  dunkelblaue, 
gekröseartig  gebogene  Kalke. 
Gerat 'des  i  n  ter  m  edius,  ab- 
geschieferte ,  schwachrippige 
Exemplare.  Kristalle  von  Eisen- 
kies. 

0,40  m  blaue  Kalkbank  oben  und 
unten  oft  bröckelig,  gegen  den 
Schieferton  mit  sehr  unebenen 
Flächen;  im  Querschnitt  spä- 
tige Muschelschalen. 

0,36  m  dunkle  Schiefertone,  be- 
sonders unten  mit  linsenförmig 
an-  und  abschwellenden  Kalk- 
knollen. Pecfen,  GerviUia,  Lima. 

0,80  m  dunkelblaue  Kalke,  gegen 
unten  bröckelig;  weiße  Muschel- 
schalen im  Querschnitt. 

0,18  ra  dunkler  Schieferton  mit 
Brockelkalk.     Ceratites  nodosus. 

1,05  m  dunkelblauer  Brockelkalk, 
stellenweise  in  Schieferton  zer- 
fallen; mit  Kalkknauern  und 
Gekrösekalke. 


1,6   m   3  Lettenbänke  mit  ein- 
gelagerten Brockelkalken. 


0,3  m    feste    blaue  oder  dolo- 
mitische Kalke. 
0,9  m  blaue  Brockelkalke. 


0,3  m  Tone  und  Brockelkalke 

mit  C.  intennedius. 
1,3  m  blaue  Brockelkalke  mit 

C.  interniedius. 
0,3  m  Ton  und  Brockelkalke. 


1,21  m  Splitterkalk,  untere  0,30  m 
sehr  feste  massige  Bank,  löche- 
rig, mit  Drusen. 

1,0  m  blaue,  teilweise  splitterige,  j  jVbrfos?<s-Kalke. 
dünngeschichtete  unebene  Kalke.  '\ 

1,18  m  blaue  Brockelkalke  mit 
vielen  Tonzwischenlagen.  Cera- 
tites nodosus. 


221 


Bemerkungen  über  die  Tektonik  von  Kochendorf. 

über  diese  Tektonik  ist  bekanntlich  vor  einigen  Jahren  ein 
sehr  lebhafter  Streit^  entstanden.  1895  war  das  Friedrichshaller 
Bergwerk  ersoffen,  und  in  den  neuen  Schacht  von  Kochendorf 
drangen  im  Februar  1897  solch  ungeheure  Wassermassen  ein,  daß 
man  beinahe  genötigt  war,  diesen  aufzugeben.  Einige  einheimische 
Geologen  warnten  damals  mit  dem  Hinweis  auf  tektonische  Störungen 
in  der  Gegend  vor  dem  Weiterarbeiten  und  verlangten  eine  genaue 
geologische  Untersuchung.  Von  anderer  Seite  wurden  tektonische 
Spalten  in  Abrede  gezogen;  eine  nochmalige  geologische  Unter- 
suchung sei  unnötig,  und  man  solle  die  Arbeit  getrost  fortsetzen 
Theoretisch  ist  dieser  Streit  durch  die  schon  mehrfach  erwähnte 
Arbeit  Koken's  zum  Abschluß  gebracht,  praktisch  ist  er  durch  den 
glücklichen  Verlauf  der  Arbeiten  in  Kochendorf  geschlichtet  worden. 
Das  Gebiet  von  Kochendorf  ist  demnach  nicht  frei  von  Störungen, 
und  man  wird  gut  tun,  beim  Abbau  des  Salzes  die  Nähe  der  Spalten 
zu  meiden,  die  das  gefürchtete  Wasser  zu  bringen  vermögen. 

Die  tektonischen  Störungen  der  Kochendorfer  Gegend  sind  je- 
doch nicht  alle  zweifelsfrei  festgestellt ;  die  weitverbreitete  mächtige 
Decke  diluvialer  Gebilde  und  der  Gipskeuper  werden  der  Unter- 
suchung stets  die  größten  Schwierigkeiten  entgegensetzen,  und  jeder 
neue  größere  Aufschluß  kann  neues  Licht  auf  die  Tektonik  der 
Gegend  werfen. 

Wie  sich  aus  den  vorstehenden  Ausführungen  ergibt,  steht  in 
der  Offenauer  Kiesgrube  (ebenso  auch  am  Kanal  unterhalb  der  Ziegel- 
hütte) nicht  oberster  Seniipartüus-K?L\k  an ;  die  Kiesgrube  liegt  viel- 
mehr im  unteren  Intermedius-}lonzoni,  und  die  Muschelkalk-Letten- 
kohlengrenze (Glaukonitbank)  liegt  demnach  dort  nicht  in  147  m, 
sondern  in  147  -f-  11  =  158  m,  woraus  sich,  da  ein  schwaches 
Einfallen  der  Schichten  gegen  den  Offenauer  Einbruch  anzunehmen 
ist,  ein  ununterbrochener  Zusammenhang  zwischen  dem  Muschelkalk 
hinter  der  Ziegelhütte  (Gl.  K.  160,5  m),  am  Kanal  und  in  der  Kies- 
grube südlich  von  der  Offenauer  Sägmühle  (Entfernung  1,2  km)  klar 
ergeben  dürfte  (vgl.  die  Bruchlinie  auf  Koken's  Karte). 

Bezüglich  der  auf  Koken's  Karte  im  Kochertal  aufwärts  bis 
Odheim    eingetragenen    Bruchlinien    verweise    ich    auf    die    Arbeit 


*  Vergl.  hierüber  insbesondere   diese  Jahreshefte  1899   und   die  Literatur- 
angaben in  Koken's  Blatt  Kochendorf. 


—     222     — 

Stdtzer's\  deren  Resultate  ich  bestätigen  möchte  (Gl.  K.  rechts  bei 
157,5  m,  links  bei  155,5  m,  bei  N.-S.  Fallen  der  Schichten);  ich 
bemerke  nur  noch,  daß  die  an  der  Biegung  des  Kanals  gegen  NNO. 
(aufwärts)  deutlich  anstehenden  Semipartitus-Ka\ke  auf  der  Karte 
nicht  eingetragen  sind. 

Zur  Beurteilung  der  in  der  Nähe  des  Salzwerks  Kochendorf 
im  Neckarbett  verlaufend  eingetragenen  Spalte  füge  ich  folgende 
Zahlen  bei:  Gl.  K.  im  Steinbruch  gegenüber  der  Kochermündung 
bei  152  m,   beim  Bahnhof  Kochendorf  153  m,    im  Schacht  148  m. 

Im  Merzenbachtal  nimmt  Koken  ebenfalls  eine  kleinere  Ver- 
werfung an ,  die  er  aber  als  zu  unbedeutend  auf  der  Karte  nicht 
eingetragen  hat ;  er  weist ^  insbesondere  darauf  hin,  daß  auf  der 
rechten  Seite  des  Merzenbachs  die  Zellendolomite  der  Lettenkohle 
bis  in  183  oder  185  m  hinaufgehen,  auf  der  linken  Seite  aber,  un- 
weit des  sogenannten  „Sees",  in  173  m  anstehen.  Diese  Differenz 
von  10  m  wird  sich  kaum  bestätigen  lassen.  Allerdings  liegen  auf 
der  linken  Seite  des  Merzenbachs  an  dem  östlichsten  Punkte ,  wo 
Koken  Lettenkohle  eingetragen  hat  und  wo  die  Terrainkante  der 
Lettenkohle  deutlich  markiert  ist,  eine  Menge  Zellendolomite  bei 
170 — 173  m;  geht  man  aber  50 — 60  Schritte  weiter  bergaufwärts, 
so  trifft  man  bis  hinauf  in  ca.  182,5  m  Höhe  Zellendolomitbrocken 
an ,  die  durch  den  Pflug  an  die  Oberfläche  geschafft  worden  sind. 
Ich  habe  diesen  Herbst  die  frischgepflügten  Felder  begangen,  und 
es  kann  soweit  kein  Zweifel  sein,  daß  die  Lettenkohle  auf  beiden 
Seiten  des  Merzenbachs  ungefähr  gleich  hoch  gelegen  ist. 

Meiner  Auffassung  nach  wird  die  Gegend  von  zwei  großen 
dem  Neckar  entlang  gehend  en  Spalten  beherrscht,  die  bei 
Offenau  von  einer  West-Ost-Spalte  gekreuzt  werden.  Ein 
unanfechtbarer  Nachweis  ist  freiHch  auch  hierfür  nicht  zu  erbringen, 
weil  die  ungeheure  Lößbedeckung  und  weiter  südHch  der  Gipskeuper 
eine  so  genaue  Verfolgung  der  Spalten,  wie  man  wünschen  möchte, 
nicht  gestattet.  Man  kann  nur  eine  Anzahl  von  Punkten  verbinden, 
die  mit  größter  Wahrscheinlichkeit    auf   derselben  Bruchlinie  liegen. 

Die  östliche  der  dem  Neckar  entlang  verlaufenden  Spalten  ist 
vermutlich  von  sehr  bedeutender  Länge,  aber  von  geringer  Sprung- 
höhe,  und  erstreckt  sich  wohl  von  Höpfigheim  bis  unterhalb 
Gundelsheim.    Bis  in  die  Gegend  von  Heilbronn  hat  bereits  E.  Feaas^ 


a.  a.  0.  S.  45. 
a.  a.  0.  S.  37. 
Begleitworte  zu  Atlasblatt  Besigheim.    2.  Aufl.  1903.  S.  5. 


—     223     — 

auf  den  wahrscheinlichen  Zusammenhang  folgender  Punkte  hin- 
gewiesen: Tal  von  der  Beutenmühle  nach  Höpligheim  (Lettenkohle: 
Keuper),  Seebachtal  südöstlich  von  Mundeisheim  und  Schelmenäcker 
nördlich  der  Straße  Mundeisheim — Großbottwar  (mit  in  die  Bruchlinie 
eingeklemmtem  Schilfsandstein),  Solitude  bei  Talheim  (zwischen  Haigern 
und  Kuhdazen),  Verwerfung  zwischen  Hagelsberg  und  Staufenberg. 
Ich  füge  noch  bei,  daß  diese  Verwerfung  sich  auch  im  Schotzachtal 
bemerklich  macht.  „Topographisch  prägt  sich  die  Verwerfung,"  sagt 
E.  Fraas,  „in  dieser  Gegend  sehr  hübsch  durch  die  Ausbildung  vor- 
gelagerter Keuperberge  vor  dem  eigentlichen  Plateau  aus." 

Dieser  topographische  Charakter  läßt  sich  auch  im  weiteren 
Verlauf  der  Bruchlinie  nachweisen  (die  beiden  von  dem  Plateau  der 
Löwensteiner  Berge  getrennten  Tafelberge  Wartberg  und  Scheuer- 
berg). Die  Bruchhnie  setzt  zunächst  durch  den  Lerchenberg  östlich 
von  Heilbronn ,  an  3  Stellen  von  einem  Seen-  und  Sumpfgebiet  auf 
der  Scholle  im  Liegenden  begrenzt.  Ein  deutlicher  Aufschluß  im 
Lerchenberg  fehlt;  die  Bruchlinie  muß  in  der  Nähe  des  Tunnels 
durchgehen,  wo  wir  auf  der  Höhe  des  Lerchenbergs  ein  rasches 
Einfallen  der  Steinmergelschichten  gegen  die  (vermutliche^  Bruch- 
linie beobachten.  Im  Weinsberger  Paß  zwischen  Wartberg  und 
Galgenberg  (Bürg)  beobachten  wir  ungefähr  dieselbe  Sprunghöhe  wie 
am  Staufenberg  und  an  der  Solitude  bei  Talheim.  Nach  den  An- 
gaben Regelmann's  in  der  Oberamtsbeschreibung  von  Heilbronn 
(2.  Aufl.  1901,  Anhang  S.  7)  liegt  die  Platte  des  Schilfsandsteins 
auf  dem  Wartberg  in  der  Höhe  von  308  m,  in  der  Paßhöhe  gegen 
Weinsberg  291  m,  auf  der  Bürg  302  m;  das  Liegende  des  Schilf- 
sandsteins am  Wartberg  ( K.  a,  ß)  gibt  er  bei  295  m  an ;  am  Galgen- 
berg können  wir  es  unmittelbar  unter  dem  Aussichtspunkt  (nach  der 
Höhenkurvenkarte)  bei  etwa  280  m  bestimmen. 

Ein  ungefähr  gleich  starkes  Absinken  der  östlichen  Scholle  an 
der  westlichen  beobachten  wir  am  Scheuerberg  (im  Scheuerberg  selbst 
vermag  auch  ich  keine  Verwerfung  zu  entdecken) ,  wo  vermutlich 
die  Verwerfung  im  Gewand  Spetzberg  oder  Tiergarten  hindurchgeht; 
es  ändert  sich  dort  auch  plötzlich  das  Einfallen  der  Schichten  (Weg 
am  Waldrand).  Auf  der  Höhe  des  Scheuerbergs  ist  die  Gipskeuper- 
Schilfsandstein- Grenze  bei  etwa  305  m;  am  Wacholderrain  (Linker 
Backen)  trifft  man  von  ca.  255  m  an  den  Schilfsandstein  bis  hinauf 
zu  dem  Steinbruch;  der  Schilfsandstein  ist  offenbar  abgerutscht,  die 
tatsächliche  Grenze  liegt  jedenfalls  nicht  tiefer  als  280  m ;  weiter 
östlich  im  Mönchswald  finden  wir  die  Grenze  gut  aufgeschlossen  in 


-     224     — 

ca.  290  m  Höhe:  die  Schichten  fallen  also,  wie  auch  schon  in  der 
Heilbronner  Gegend,  auf  der  abgesunkenen  Scholle  ziemlich  stark 
gegen  die  Bruchlinie  ein. 

Die  Linie  läuft  dann  vermutlich  über  den  Fernlesbrunnen  und 
durchschneidet  wohl  das  Merzenbachtal  an  der  oben  erwähnten  Stelle, 
wo  auf  der  linken  Talseite  die  Zellendolomite  gegen  Osten  aufhören: 
auch  die  deutliche  Terrainkante  bricht  dort  plötzlich  ab. 

Einen  sehr  guten  Aufschluß  haben  wir  erst  wieder  in  der 
Kocherhalde  bei  Kochendorf,  wo  die  Sprunghöhe  deuthch  5  m 
beträgt  und  die  Schichten  der  Lettenkohle  und  des  Setnipartittis- 
Kalks  trefflich  aufgeschlossen  sind.  Im  unteren  Teil  der  Halde  haben 
wir  folgendes  Profil: 

Osten:  Westen: 

Lettenkohle. 
2,05  m  glaukonitische  Kalke,   Ge- 
kröse- und  Splitterkalk. 
1,75  m  Bairdienletten. 
1,18    „   dickbankige  Splitterkalke. 
0,16    „   dunkle  Tone. 


Tone  und  Dolomite   der  Letten- 
kohle. 


Glaukonitbank. 

Gekr(3sekalke. 
Splitterkalke. 


X  m  Kalke. 


Jenseits  des  Kochers  und  des  Kanals  sehe  ich  die  Fortsetzung 
ein  klein  wenig  östlich  von  dem  größeren  Steinbruch  durch  eine 
Stelle  mit  Wasseraustritt  (Graben)  bezeichnet.  Landschaftlich  tritt 
sodann  die  Linie  deutlich  gegen  Duttenberg  hin  hervor,  von  wo  sie 
sich  (Grenze  zwischen  Lettenkohle  und  Diluvium)  gegen  den  Gundels- 
heimer  Einbruch^    und    den  Grabenbruch    des  Michelbergs   hinzieht. 

Auf  der  ganzen  Linie  ist  die  östliche  Scholle  an  der  westlichen 
in  die  Tiefe  gesunken;  die  Sprunghöhe  ist  verschieden;  sie  beträgt 
bei  Gundelsheim  ca.  40  m,  im  „Rücken"  (Sattel)  in  der  Kocher- 
halde (Merzenbach)  5  m,  beim  Scheuerberg  15 — 20  m,  im  Weins- 
berger  Paß  (Wartberg)  ca.  15  m,  beim  Staufenberg  ca.  15  m,  an 
der  Solitude  bei  Talheim  10  m. 

Bemerkenswert  ist,  daß  die  Bohrungen  in  der  Nähe  der  Bruch- 
linie am  Kocher  oberhalb  Kochendorf — Jagstfeid  kein  Salz  ergeben  haben. 

Die  zweite  Linie ,  schon  durch  die  Untersuchungen  von  Platz 
bei  Heinsheim  bekannt,    ist  von  Koken  und  Stüt;^er    weiter  ver- 

1  Vergl.  Stutzer,  a.  a.  0.  S.  28—30. 


—    225     — 

folgt  worden.  Ich  vermute,  daß  die  Linie  gegen  Norden  mit  un- 
bedeutender Sprunghöhe  noch  weiter  fortsetzt  und  westlich  vom 
Hühnerberg  bei  Haßmersheim  durchsetzt  (Quelle!).  In  ihrem  Ver- 
lauf von  Heinsheim  gegen  Süden  geht  sie  vermutlich  nicht  direkt 
nach  Wimpfen  am  Berg,  wie  dies  Koken  einzeichnet,  sondern  biegt 
allmählich  ein  wenig  stärker  gegen  Osten,  in  der  Richtung  gegen 
Wimpfen  im  Tal  zu ,  ab.  Man  trifft  nämlich  beim  untersten  Bohr- 
haus am  Kanal  steil  einfallende  Schichten,  und  außerdem  dürfte  der 
Muschelkalk  in  der  Grube  bei  diesem  Bohrhaus  (leider  fehlen  gute 
Aufschlüsse  und  Leitfossilien)  tieferen  Schichten  angehören  als  der, 
welcher  östlich  davon  im  Kanal  ansteht.  Die  Sprunghöhe  nimmt 
gegen  Süden  zu:  Gäßnerklinge  11  m.  Lehnsteige  15  m,  Wimpfen 
16  m  (Glaukonitbank:  am  Bahnhof  Wimpfen  174  m,  in  der  Offenauer 
Kiesgrube  147  +  11  =  158  m). 

Bei  Wimpfen  scheint  sich  die  Linie  zu  teilen;  Glaukonitbank 
am  Bahnhof  174  m,  Steinbruch  im  Moschbachtal,  südlich  der  Bahn- 
linie 174  m,  Steinbruch  westlich  von  der  Saline,  unter  der  Bahn- 
linie (im  Hangenden  die  untere  Terebratelbank)  ca.  174  m;  Bahn- 
wärterhaus 33  oberhalb  Wimpfen  im  Tal,  östlich  von  der  Saline, 
161  m;  Steinbruch  gegenüber  der  Kochermündung  152  m.  Danach 
scheint  ein  Ast  zwischen  Altenberg  und  Mittelberg  durchzugehen; 
den  anderen  ziehe  ich  zu  dem  Brunnen  nördlich  vom  Mittelberg 
(Einfallen  der  Lettenkohle).  Der  weitere  Verlauf  einer  Linie  ent- 
spricht wohl  der  von  Koken  (Ergebnis  der  Differenzen  in  den  Bohr- 
löchern und  Lagerung  der  Schotter)  eingezeichneten  Linie.  Ob  die 
Quellen  und  Kalktuffe  (auf  Koken's  Karte  nicht  eingetragen)  nörd- 
lich von  Untereisisheim  auf  Störungen  zurückzuführen  sind,  welche 
mit  dieser  Linie  zusammenhängen,  wird  sich  kaum  entscheiden  lassen. 

Zwischen  den  beiden  im  Vorstehenden  beschriebenen  Treppen- 
abbrüchen liegt  der  Offenauer  Einbruch,  gegen  den  sich  von  allen 
Seiten  die  Schichten  hinunterbiegen.  Der  Muschelkalk  liegt  in 
Offenau  auffallend  tief:  die  Glaukonitbank  liegt  nach  dem  Bohr- 
register wie  nach  Koken's  Berechnung  im  Salinenhof  Clemenshall 
bei  133  m.  Der  Einbruch  ist  vermutlich  erfolgt  entlang  einer  west- 
östlich verlaufenden  Bruchlinie;  Auslaugungen  des  Salzes  in  der 
Tiefe  haben  dann  wohl  noch  ein  tieferes  Einsinken  und  lokale  Ver- 
werfungen, wie  Stützer  eine  auf  seiner  Kartenskizze  5  einzeichnet, 
veranlaßt.    Ich  ziehe  die  Linie  vom  Huckenbachtal  gegen  Duttenberg. 

Schon  Stutzer^  erwähnt  die  Störungen  im  Huckenbachtal  links 

1  a.  a.  0.  S.  34. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1005.  15 


—     226     — 

vom  Neckar:  die  nördliche  Scholle  ist  an  der  südlichen  um  ca.  10  m 
abgesunken.  Rechts  vom  Neckar  befindet  sich  die  südhche  Scholle 
im  Liegenden :  noch  bei  der  Station  Heinsheim  Ci/cloides-F\atten  in 
ca.  180  m  Höhe,  in  Offenau  die  Glaukonitbank  in  133  m.  Die  Linie 
läßt  sich  sowohl  landschaftlich  (Tälchen  entlang  der  Straße,  etwas 
nördlich  von  derselben)  als  auch  nach  dem  Gestein  auf  den  Feldern 
ziemlich  gut  bis  gegen  Duttenberg  verfolgen,  wo  sie  gleich  südlich 
am  Ort  durchstreicht  und  das  Jagsttal  schneidet ;  Sprunghöhe  bei 
Duttenberg  ca.  15  m:  Glaukonitbank  bei  der  St.  Annenkapelle  (im 
SW.  von  Duttenberg)  in   170  m,  in  Duttenberg  185  m. 

Auch  diese  Verwerfung  darf  man  wohl  mit  andern  Störungen 
im  Osten  in  Verbindung  bringen,  wie  dies  bereits  Stutzer^,  der  bei 
Duttenberg  die  Verwerfung  in  anderer  Richtung  einträgt,  getan  hat; 
die  „Störungen  im  Jagsttal"  setzt  er  in  Beziehung  zu  denen  bei 
Buchhof,  Stein  und  Kochertürn  und  weiterhin  zu  denen  bei  Jagst- 
hausen — Sindringen  (Pfitzhöfej.  Gegen  Westen  läßt  sie  sich  vielleicht 
bis  zu  den  auf  Blatt  Sinsheim  (S.  50)  verzeichneten  Lagerungs- 
störungen bei  Adersbach  und  Ehrstädt  verfolgen. 


a.  a.  0.  S.  45. 


Ueber  die  Auswürflinge  von  kristallinen  Schiefern 

und  Tiefengesteinen  in  den  Vulkanembryonen  der 

Sehwäbisehen  Alb. 

Von  Hugo  Schwarz  aus  Tuttlingen. 
Mit  Tafel  III  und  6  Textfiguren. 

A.  Allgemeines. 

Vorbemerkungen.  Durch  die  Untersuchungen  von  Branco  ^ 
wurde  das  Interesse  vieler  Geologen  von  neuem  auf  die  vulkanischen 
Erscheinungen  der  Schwäbischen  Alb  gelenkt.  Es  mag  als  eine  Er- 
gänzung zu  jenen  Untersuchungen  aufgefaßt  werden,  wenn  ich  es  ver- 
suche, die  mit  den  tertiären  Eruptivmassen  der  Alb  geförderten  Teile 
des  alten  Grundgebirges ,  die  bislang  noch  unvollkommen  bekannt 
sind,  nach  neueren  Methoden  der  petrographischen  Forschung  mög- 
lichst eingehend  auf  ihre  geologische  Abstammung  und  petrographische 
Zugehörigkeit  zu  untersuchen. 

Die  Anregung  zu  dieser  Arbeit  verdanke  ich  Herrn  Professor 
Dr.  Sauer. 

Herr  Professor  Dr.  E.  Fraas  stellte  mir  in  freundlicher  Weise 
die  von  Deffner,  0.  Fraas  und  ihm  gesammelten  kristallinen  Ge- 
steinstücke der  Alb  samt  ca.  60  Dünnschliffen  dieser  Gesteine  aus 
dem  K.  Naturalienkabinett  in  Stuttgart  zur  Verfügung,  wofür  ich 
Herrn  Professor  Dr.  E.  Fraas  großen  Dank  schulde. 

Vorliegende  Untersuchungen  wurden  im  geologischen  Institute 
der  Technischen  Hochschule  zu  Stuttgart  ausgeführt,  woselbst  auch 
die  Mikrophotographien  aufgenommen  wurden. 

Es  ist  mir  eine  angenehme  Pflicht,  an  dieser  Stelle  meinem 
hochverehrten  Lehrer,  Herrn  Professor  Dr.  A.  Sauer,  meinen  herz- 
lichsten Dank  auszusprechen  für  das  mir  erwiesene  Wohlwollen  und 
die  hebenswürdige  Unterstützung  bei  der  Ausführung  meiner  Arbeit. 


Branco,  Schwabens  125  Vulkanembryonen. 

15* 


—     228     — 

Zugleich  sei  es  mir  gestattet,  Herrn  Professor  Dr.  E.  Kokex  zu 
danken  für  die  Erlaubnis,  die  BRANCo'sche  Sammlung  im  geologischen 
Institut  zu  Tübingen  zur  Untersuchung  mit  benützen  zu  dürfen. 

Für  einige  Mitteilungen  und  die  Überlassung  etlicher  Dünn- 
schliffe fühle  ich  mich  Herrn  Professor  Dr.  Endriss  zu  Dank  verpflichtet. 

Zwecks  näherer  Erforschung  unseres  Vulkangebietes  mit  Bezug 
auf  diese  Frage  führte  ich  wiederholt  größere  Exkursionen  aus,  wobei 
ich  reichliches  Material  sammeln  konnte,  so  daß  mir  zuletzt  eine 
Sammlung  von  weit  über  400  Handstücken  zur  Verfügung  stand. 
Um  Anhaltspunkte  zu  gewinnen  für  vorliegende  Untersuchung,  habe 
ich  mich  bestrebt,  auf  verschiedenen  geologischen  Exkursionen,  die 
ich  unter  der  Leitung  von  Herrn  Professor  Dr.  Sauee  im  Laufe  dreier 
Sommersemester  auszuführen  die  Gelegenheit  hatte,  sowohl  das  west- 
liche ,  an  die  Alb  anstoßende  Grundgebirge ,  den  Schwarzwald ,  als 
auch  die  östlich  angrenzende  Masse  des  bayrisch-böhmischen  Waldes 
kennen  zu  lernen,  wo  Analogien  mit  unseren  aus  der  Tiefe  der  Alb 
herauf  beförderten  Gesteinen  zu  erwarten  waren.  Das  letztere  Gebiet 
namentlich,  das  bayrisch-böhmische  Grenzgebirge,  studierte  ich  in 
Begleitung  von  Herrn  Professor  Dr.  Sauer  auf  einer  dreiwöchentlichen 
Exkursion, 

Historischer  Überblick. 

Die  älteste  Kunde  von  dem  Granitvorkommen  auf  der  Alb  er- 
halten wir  durch  Weckherlin's  Schrift  ^  aus  dem  Jahre  1790,  worin 
über  den  zu  jener  Zeit  der  Universität  Tübingen  zugehörenden  St.  Flo- 
riansberg und  die  Berge  an  Eningen  berichtet  wird  (S.  23/24  a.  a.  0.) : 

„Bei  meinem  Besuche  dieser  Berge  fielen  mir  am  Fuße  derselben,  und  je 
mehr  ich  die  Erde  wegscharrte,  abgerundete  Granitstücke  von  ungleicher  Größe 
in  die  Augen.  Die  größeren  von  1 — 1'/2  Fuß  im  Durchmesser  haben  noch  die 
ganze  Härte  des  Granits,  die  kleineren  zerbröckeln  leicht,  wovon  das  Übermaß 
an  Glimmer,  das  sich  in  ihrer  Mischung  befindet,  der  Grund  sein  mag.  Der 
Stein  selbst  hat  ein  ziemlich  feines  Korn  und  besteht  dem  äußeren  Ansehen  nach 
aus  weißem  undurchsichtigem  Feldspat,  schwarzgrauera  Quarz,  gelbglänzenden 
und  schwarzen  Glimmerblättchen." 

Im  gleichen  Jahre  (1790)  kommt  Professor  Rösler^  ebenfalls 
auf  das  „sich  äußernde  Grundgebirge"  zu  sprechen  und  fügt  bei, 
daß  Weckherlin  nun  auch  abgerundete  Granitblöcke  am  Rangenbergle 
bei  Eningen  gefunden  habe,  mit  der  Anmerkung  (S.  272    a.   a.  0.) : 


^Weckherlin,    „Achalm  und  Mezingen  unter  Urach." 
^  „Beiträge   zur  Naturgeschichte   des  Herzogtums  Wirtcmberg'"   von  Pro- 
fessor Rösler,  II.  Heft. 


—     229     - 

„Seit  dem  Abdruck  des  bisherigen  sind  durch  Weckherlin  am  Florians- 
berg bei  Metzingen  wenigstens  6—8  der  merkwürdigsten  Varietäten  von  Granit, 
sogar  mit  Speckstein-  und  Serpentinpartien  und  insteckenden  Eisengranaten  usw. 
entdeckt  worden.  Es  sind  lauter  Geschiebe,  die  wahrscheinlich  vom  Mutterfelsen 
bei  einer  alten  Bergarbeit  hier  ausgefördert  und  wieder  eingestürzt  wurden." 

In  den  Württembergißchen  Jahrbüchern  von  1824  ^  verbreitet 
sich  Professor  Schübler  eingehend  über  die  Albhöhlen  und  ihre  Bil- 
dung, im  Zusammenhange  mit  dem  Basaltvorkommen.  Er  führt 
einzelne  Fundorte  für  Basalt  auf,  so  z.  B.  Eisenrüttel  (Basalt  mit 
basaltischer  Hornblende  und  Hyalit),  Bürzlenberg  bei  Eningen  (Basalt 
mit  reichlichem  Augit  und  basaltischer  Hornblende) ,  jedoch  über 
Funde  von  Granit  und  Gneis  teilt  er  nichts  mit. 

Interessant  ist  die  Bemerkung  von  Professor  Memminger  (1824  ^, 
S.  124  a.  a.  0.),  daß  der  St.  Georgenberg,  „Jörgenberg",  „frei  und 
kegelförmig  wie  ein  Vulkan"  „zwischen  Pfullingen  und  Reutlingen" 
stehe. 

Wichtiger  sind  die  Aufzeichnungen  von  Memminger  über  das 
Oberamt  Urach  ^  (S.  40/41  a.  a.  0.}: 

,Die  Gerolle  von  Urgebirgsarten ,  welche  sich  in  einigen  Gegenden  des 
Oberamts  finden,  verdienen  hier  noch  einer  näheren  Erwähnung;  sie  wurden  bis 
jetzt  auf  dem  Rangenberg  bei  Eningen  und  auf  dem  Weinberg  (Metzinger)  und 
Floriansberg  bei  Metzingen  gefunden.  In  den  beiden  letzteren  Gegenden,  ins- 
besondere auf  dem  St.  Floriansberg,  bestehen  sie  vorzüglich  aus  Granit,  Gneis 
und  Glimmerschiefer.  Der  Gneis  enthält  hier  und  da  unedle  Granaten  eingesprengt ; 
sie  sind  gewöhnlich  stark  abgerollt,  ihre  Oberfläche  hat  meist  durch  Verwitterung 
stark  gelitten ,  sie  liegen  zuweilen  dicht  im  Trapptuff  dieser  Berge ,  woraus  es 
sehr  wahrscheinlich  wird ,  daß  sie  mit  diesem  aus  der  Tiefe  gehoben  wurden ; 
weniger  läßt  sich  dieses  von  den  Gerollen  des  Rangenbergs  nachweisen ,  auf 
welchem  bis  jetzt  kein  Basalttuff  gefunden  wurde ;  die  GeröUe  bestehen  hier  außer 
Granit  und  Gneis  aus  rotem  Sandstein,  welcher  mit  dem  des  Schwarzwaldes  die 
größte  Ähnlichkeit  hat,  aus  Muschelkalk,  Dolomit,  Liaskalk,  .Jurakalk,  Juradolomit, 
Keupersandstein,  lauter  Gebirgsarten,  welche  durch  Wasserfluten  aus  benachbarten 
Gegenden  hierher  versetzt  worden  sein  können." 

Eingehender  beschäftigt  sich  Graf  von  Mandelslohe  ^  mit  der 
Frage  der  Herkunft  dieser  Gesteine.  In  seinem  Vortrag  auf  dem 
deutschen  Naturforschertag  zu  Stuttgart  1834  gibt  er  Funde  an  von 
Gerollen  von  Granit,  Gneis,  Glimmerschiefer,  Porphyr,  Phyllit  und 
Rotliegendem  vom  Grafenberg,  Florian,  Jusi,  Rangenbergle  und  auch 

*  Memminger,  Württemb.  Jahrbücher  für  vaterl.  Geschichte,  1824. 
^  Memminger,  Beschreibung  des  Oberamts  Reutlingen,  1824. 

^  Memminger,  Beschreibung  des  Oberamts  Urach,  1831. 

*  Memoire  sur  la  Constitution  geologique  de  l'Albe  du  Wurtemberg  par 
M.  le  Comte  de  M a n d e  1  s  1  o h e. 


—     230     — 

von  der  Limburg  bei  Weilheim.  Weil  man  diese  Gerolle  meistens 
im  Basalttuff  eingeschlossen  gefunden  hat ,  so  nahm  man  an ,  daß 
sie  durch  die  vulkanischen  Massen  von  unten  herauf  befördert  wurden. 
Allein  Mandelslohe  leuchtet  diese  Deutung  nicht  ein,  denn  er  hält 
diese  Findlinge  für  echte  abgerundete  Gerolle  von  der  Größe  unserer 
Flußschotter;  ferner  sagt  er,  wenn  diese  Gesteine  Bruchstücke  des 
älteren  Gebirges  wären,  dem  der  Jura  aufgelagert  ist,  so  müßten  sie 
doch  Kanten  und  alle  Größenformen  besitzen ;  außerdem  müßten 
sich  auch  Muschelkalk-  und  Keuperbruchstücke  finden  lassen  unter 
den  Gerollen,  was  er  aber  noch  nicht  beobachtet  hatte.  Nein,  sagt 
er,  man  findet  nur  eckige  Bruchstücke  von  Jurakalk.  Er  sucht 
deshalb  nach  Gegenden,  aus  denen  diese  Gerolle  stammen  könnten 
(S.  38   a.  a.  0.): 

jSi  Ton  admet  que  ces  cailloux  proviennent  du  grand  depöt  de  gravier 
de  la  Haute-Souabe,  situe  ä  Pextremite  SO.  de  TAlbe,  ou  bien  des  plaines  de  la 
Baviere,  cette  hypothese  tres-vraisembable  n'explique  pourtant  pas  comment  ils 
ont  pu  arriver  d'une  si  grande  distance  sur  la  partie  NO.  de  l'Albe,  dont  l'ele- 
vation  est  de  1000  pieds  environs  au-dessus  de  ces  contrees ;  et  l'on  ne  voit  pas 
non  plus  pourquoi  ces  cailloux  ne  se  montrent  qu'en  des  points  isoles,  sans  avoir 
laisse  ailleurs  de  trace  de  leur  passage.  II  est  bien  moins  probable  encore  qu'ils 
viennent  du  NO.,  car  on  ne  connait  aucun  depot  semblable  de  ce  cöte,  excepte 
celui  de  la  vallee  du  Ehin  et  de  ces  embrancbements.  Le  sol  de  la  contree  etait 
peut-etre  recouvert  de  graviers  avant  le  soulevement  de  l'Albe. 

II  serait  important,  non  seulement  de  comparer  ces  galets  ä  ceux  des  de- 
pöts  diluviens  de  la  Baviere  et  de  la  Haute-Souabe,  mais  surtout  de  comparer 
les  roches  qui  les  constituent  aux  roches  de  la  Foret-Noire  et  des  diverses  regions 
des  Alpes.'' 

Die  aus  dem  Jahre  1842  stammende  Oberamtsbeschreibung 
von  Kirchheim  ^  bringt  uns  wohl  neue  Fundorte  für  Basalttuflf, 
aber  nichts  für  Granit  und  Gneis.  Dagegen  bietet  uns  die  geologische 
Beschreibung  von  Nürtingen  durch  Professor  Dr.  Kurr  ^  einiges  Inter- 
essante. KuRR  beschreibt  das  Vorkommen  von  Tuff  am  Jusi  ein- 
gehend (S.  30/31  a.  a.  0.)  und  fügt  bei,  daß  „Körner  von  olivinreichem 
Basalt,  halbverglaste  Granit-,  Gneis-,  Hornblendeschiefer-.  Sandstein- 
und  Porphyrbrocken  neben  körnigem  Kalkstein,  Liasmergel  u.  dergl. 
liegen." 

Endlich  interessiert  es  uns,  nun  auch  noch  zu  erfahren,  welche 
Ansichten  der  Altmeister  der  schwäbischen  Geologie,  Professor  Qüen- 
STEDT,  über  diese  Gesteine  und  ihren  Ursprung  hatte ;  allein  wir  ver- 


'  Beschreibung  des  Oberamts  Kirchbeim  von  ]\[oser,  1842. 
^  Beschreibung  des  Oberarats  Nürtingen.  1848. 


—     231     — 

missen  eine  bestimmte  Äußerung  hierüber.  Im  Jahre  1861  spricht 
er  sich  folgendermaßen  ^  aus  (S.  180  a.  a.  0.) : 

„Anderseits  liegen  wieder  vielerlei  dem  Tuff  fremdartige  Gesteine  darin, 
die  man  gern  als  von  innen  durch  Bergglut  hervorgehoben  ansehen  möchte : 
Brauner  Jura  und  Lias,  durch  Muscheln  bestimmbar,  Gesteine  des  Keupers, 
Muschelkalk,  Buntsandstein,  'Totliegendes  und  sogar  mehrerlei  kristallinische  Ur- 
gebirge  wickelt  die  Breccie  ein." 

Und  im  Jahre  1864  schreibt  er  noch'  (S.  88  a.  a.  0.): 

„Als  ganz   unerwartete  Fremdlinge  erscheinen  jedoch  Stücke  von  Granit 

und  Gneis Einige  wollen  sie  für  losgerissene  Stücke  aus  dem  Erdinnern 

halten,  doch  scheint  dem  die  geschiebeartige  Natur  zu  widersprechen." 

Über  weitere  Funde  von  kristalhnen  Gesteinen  auf  der  Alb 
berichten  die  geognostischen  Begleit worte  von  Urach  und  Blaubeuren. 
Im  ersteren  teilt  Quenstedt  folgendes  mit^  (S.   12  a.  a.  0.): 

„Auf  der  Hiihe  [des  Eisenrüttel)  fanden  wir  eine  Gneisscholle  mit  weißem 
Feldspat  und  schwarzem  Glimmer,  worin  kleine  Rostflecke  deutlich  roten  Granat 
verraten.  Genau  dasselbe  prächtige  Gestein  lag  auf  den  Feldern  südöstlich  vom 
Übersberge  westlich  Würtingen.     Ob  es  verschleppte  Stücke  sind?" 

In  den  Becken  von  Groß-  und  Klein-Engstingen  fanden  sich 
neben  Tuffbrocken  auch  zersetzte  Granite  (S.  14  a.  a.  0.)  und  gra- 
nitischer Quarz.  Weiter  führt  Quenstedt  in  den  Begleitworten  zu 
Blaubeuren*  außer  den  Tuffstücken  von  Laichingen  noch  an  (S.  18 
a.  a.  0.): 

„Nachdem  ich  einige  Quarzkörner  entdeckt  hatte,  kamen  noch  eingewickelte 
Granitstücke  zum  Vorschein  mit  weißem  Feldspat,  aber  schon  so  verwittert,  daß 
der  Blätterbruch  kaum  noch  glänzt." 

Und  von  Feldstetten  (S.   19  a.   a.  0.): 

„Jedenfalls  verraten  kleine  Granit-,  Gneis-  und  Glimmerschieferstücke,  die 
beim  Häuserbau  und  Brunnenschutt  zum  Vorschein  kamen,  absonderliche  Ge- 
steine in  der  Tiefe." 

Nach  Quenstedt  war  es  Deffner,  der  mit  der  bekannten  Gründ- 
lichkeit gerade  auch  für  diese  Frage  wertvolle  Beiträge  lieferte,  wie 
wir  später  sehen  werden,  und  seine  Ansichten  in  zwei  Schriften 
niederlegte  ^,  •",  auf  die  wir  weiter  einzugehen  haben. 

In  den  Begleitworten  zu  Kirchheim ""  erwähnt  Deffner  vom  Jusi 
„stark  gefritteten  Granit  und  Gneis,  Buntsandstein  und  Rotliegendes". 

Den  in  der  Oberamtsbeschreibung  von  Nürtingen  aufgeführten 

^  Quenstedt,  Epochen  der  Natur,  1861. 
2  Quenstedt,  Ausflüge  in  Schwaben,  1864. 
^  Begleitworte  zum  Atlasblatt  Urach,  1869. 

*  Begleitworte  zum  Atlasblatt  Blaubeuren,  1872. 

*  Begleitworte  zum  Atlasblatt  Kirchheim.  1872. 
ß  Diese  Jahreshefte  Jahrg.  1873. 


—     232     — 

Hornblendeschiefer  und  Porphyr  (vergl.  S.  230  oben)  konnte  Deffner 
nirgends  finden,  er  hält  deren  Bestimmung  auf  einer  Verwechslung 
beruhend  mit  den  Metamorphosen  anderer  Gesteine  (S.  22  a.  a.  0.). 

Vom  Florian  (S.  26  a.  a.  0.)  stammt  außer  faustgroßen  Graniten 
„der  größte  bis  jetzt  vorgekommene  Klotz,  ein  sehr  pinitreicher  Granit 
im  Gewicht  von  7  Zentnern".  Es  ist  wohl  derselbe  Block,  auf  den 
E.  Fraas^  (S.  11  a.  a.  0.)  mit  den  Worten  hinweist:  „Zu  diesen  (Aus- 
würflingen aus  den  Vulkanen  der  Alb)  gehört  auch  der  mächtige, 
3V2  Ztr.  schwere  Block  Florianit  vom  Florian  bei  Metzingen,  der  in  der 
Saalecke  am  Eingang  in  den  Nebensaal  steht."  Es  mag  hier  gleich 
bemerkt  werden,  daß  die  alten  württembergischen  Geologen,  nicht  in 
der  Lage ,  die  gefundenen  Fremdlinge  von  kristallinen  Gesteinen  in 
das  petrographische  System  einzureihen,  gewisse  Granite  und  Gneise 
mit  dem  Namen  „Florianit"  belegt  haben  nach  ihrem  Vorkommen, 
im  Basalttuff"  des  Florianberges  bei  Metzingen. 

Auch  von  der  Limburg  bei  Weilheim,  dem  Engelberg  und  Alten- 
berg bei  Beuren  werden  Granite  erwähnt  (S.  27  a.  a.  0.).  Vom 
Grafenberg  schreibt  Deffner  (S.  28  a.  a.  0.): 

„Nimmt  man  hinzu,  daß  auch  die  hier  vorkommenden  Granite  sich  durch 
ihre  Gesteinsbeschafifenheit  auszeichnen,  indem  sie  teils  dem  echten  weißen  Granit, 
teils  den  hellen  Pegmatiten,  andernteils  aber  solchen  Arten  angehören,  welche 
statt  des  Glimmers  neben  Graphit  reiche  Ausscheidungen  von  Pinit  oder  dessen 
Verwandte,  z.  B.  den  seltenen  Pyrargillit,  enthalten,  so  gehört  der  Grafenberg 
gewiß  zu  den  merkwürdigsten  vulkanischen  Punkten  Württembergs." 

Unter  den  Funden  des  Metzinger  Weinbergs  fiel  Deffner  be- 
sonders die  große  Zahl  von  metamorph  umgewandelten  Gesteinen 
auf;  dasselbe  gilt  für  den  Hof  buhl  bei  Metzingen.  Vom  Geigersbühl 
wird  berichtet  (S.  29  a.  a.  0.),  daß  am  nordöstlichen  Abhänge  weiße 
Granite  und  grüne  Pinitgneise  in  kleinen  Stücken  zutage  kamen; 
ähnlich  heißt  es  vom  Bolle  bei  Reudern  und  vom  Höslinsbühl  bei 
Nürtingen.  In  den  Herbstwiesen  am  nordwestlichen  Fuße  des  Beu- 
rener  Felsens  (Alte  Reuter)  beobachtete  Deffner  (S.  32  a.  a.  0.) 
„merkwürdige  Umwandlungen  der  eingeschlossenen  Granite  durch 
hohe  Temperatur". 

Zuletzt  hebt  Deffner  unter  den  Nachträgen  den  Fund  eines 
Stücks  Diorit  vom  Aichelberg  bei  Boll  hervor  und  vom  Rangenberge 
bei  Eningen  einen  hornblendehaltigen  Granit. 

Die  Anschauung  Deffner's  über  den  Abstammungsort  der  kri- 


'  Führer  durch   das  K.  Naturalienkabinett  zu  Stuttgart.     1.  Die   geogno- 
stische  Sammlung  Württembergs  von  E.  Fr  aas.     PJÜ3. 


—     233     — 

stallinen    Gesteine    wollen    wir    mit    seinen    eigenen  Worten    wieder- 
geben '  (S.  128  a.  a.  0.) : 

„Man  kann  als  Heimat  eines  gemeinsamen  Ursprungsgebiets  nur  an  den 
Schwarzwald  oder  die  Alpen  denken.  Was  die  Gesteine  des  ersteren  anbelangt, 
so  besteht  mit  ihnen  höchstens  in  einem  einzigen,  dem  grauen  Gneis,  eine  Ver- 
wandtschaft ;  alle  übrigen  fehlen  dort  durchaus.  Und  bezüglich  der  Abstammung 
aus  den  Alpen  hat  Herr  B.  Studeu  in  Bern ,  dem  eine  möglichst  vollständige 
Sammlung  dieser  Gesteine  vorlag,  ausgesprochen,  daß  er  und  seine  Freunde  kein 
einziges  der  Stücke  für  unbedingt  alpin  anerkennen  möchten ,  daß  aber  viele 
darunter  entschieden  nicht  alpinen  Ursprungs  seien,  Avie  auch  der  allgemeine 
Typus  der  Musterstücke  hiergegen  spreche.  Wir  erhalten  demnach  auch  von  der 
Seite  der  mineralogischen  Konstitution  dieser  Granitgerölle  die  Bestätigung  ihrer 
autochthonen  Bildung,  welche  wiederum  nicht  anders  gedacht  werden  kann,  als 
daß  die  Stücke  dem  Grunde  des  Kraterkanals  entstammen  und  durch  die  vul- 
kanische Eruption  an  ihre  heutige  Lagerstätte  gebracht  wurden." 

Wenn  im  bisherigen  die  Fundberichte  zum  Teil  ziemlich  ein- 
gehende Berücksichtigung  fanden,  so  geschah  dies  einmal  deshalb, 
um  eine  möglichst  vollständige  Aufzählung  aller  Fundorte  zu  geben, 
auch  jener,  die  zurzeit  kein  Material  mehr  liefern,  und  um  zugleich 
daran  die  Ansichten  früherer  Forscher  über  die  Herkunft  dieser  Find- 
linge darlegen  zu  können.  Auch  in  dem  BKANCo'schen  Werke  finden 
sich  verstreute  Notizen  über  diesbezügliche  Funde. 

Die  folgende  Tabelle  (S.  234)  stellt  die  Fundorte  zusammen, 
an  denen  kristalline  Gesteine  bisher  gesammelt  wurden,  und  zwar 
in  der  Reihenfolge ,  in  der  Branco  die  Tuffröhren  in  seiner  Karte  ^ 
eingezeichnet  hat. 

Unter  all  diesen  Fundstellen  zeichnen  sich  einige  durch  ganz 
besonders  großen  Reichtum  an  kristallinen  Auswürflingen  aus,  und 
zwar  der  Reichhaltigkeit  nach  geordnet: 

1.  Florian  1 

2.  Jusi  >  bei  Metzingen, 

3.  Grafenberg  j 

4.  Rangenberg  bei  Eningen, 

5.  Hofbühl  bei  Metzingen, 

6.  Sonnenhalde  bei  Weilheim, 

7.  Metzinger  Weinberg, 

8.  Höslinsbühl  bei  Nürtingen. 

Der  Buckleter  Teich  bei  Urach  nimmt  eine  besondere  Stellung 
ein,  wie  wir  später  sehen  werden. 


1  Diese  Jahreshefte  Jahrg.  29,  1873. 

'^  Branco,  Schwabens  125  Vulkanembryonen. 


—     234 


Zusammenstellung  sämtlicher  (34)  Fundorte  der  untersuchten  Auswürflinge. 


No. 


Fundort. 


Gesteinsart. 


Finder,  bezw.  Literaturangabe. 


Laichingen. 
Böttingen. 
Feldstetten. 

5y^.^'  1  Engstingen. 
Klein-  /       &       ö 

Eisenrüttel. 

Bolle  bei  Owen. 

Alte  Eeuter 

=  Herbstwiesen. 

.Tusi. 

Zittelstadttal. 

Bürzlenberg. 

Sonnenhalde. 
Aichelberg. 

Limburg. 

Kräuterbühl. 
Altenberg. 

Engelberg. 

Burrisbuckel. 
Häldele  —Kohlberg. 

Florian. 
Metzinger  Weinberg. 

Hofbühl. 
Grafenberg. 

Geigersbühl. 

Authmuthbülle. 
Kräuterbuckel. 

Höslinsbülil. 

Schafbuckel. 
Rangenbergle. 

Buckleter  Teich. 


129    I Schuttkegel  b.Beuren 


103 

108 

bis  111 

113 


Granit, 

Glimmerschiefer. 

Granit,  Gneis,  Glim- 
merschiefer. 

Granit. 

Gneis. 

Glimmerperidotit. 
Granit. 

Granit,  Gneis. 

Gneis. 

Granit,  Augithorn- 

blendegestein. 

Diorit. 

Diorit. 

Granit,  Augithorn- 

blendegestein  mit 

Magneteisen, 

Granit. 
Granit,  Gneis. 

Granit,  Kersantit, 
Diorit, 
Gneis, 
Granit. 
Granit,  Aplit,  Gneis, 
Granit,  Kersanit, 
Diorit,  Gneis, 
Granit,  Gneis, 
Granit,  Aplit,  Kersan- 
tit, Serpentin,  Gneis, 
Granit,  Gneis. 

Granit. 

Granit. 

Granit.  Gneis. 

Granit. 

Granit,  Kersantit, 

Gabbro,  Hornblendit, 

Gneis. 
Eingeschmolzene  kri- 
stalline Gesteine. 
Granit, 


QüENSTEDT  :  Begleitworte  ZU Blau- 
beuren,  S,  18, 

Branco:  Schwabens  125  Vulkan- 
embryonen, S,  191, 

QuENSTEUT :  Begleitworte  zu  Blau- 
beuren,  S.  19, 

Schübler:  Branco  S.  214. 

QuENSTEDT :  Bcgleitwortc  zu  Ur- 
ach, S,  12. 
Sammlung  Naturalienkabinett. 
Branco  S.  277.  —  Verfasser. 

.        «    299. 
Sammlung  Tübingen, 
Bkanco  S.  332.  —  „ 

Verfasser. 

Deffner:  Begloitworte  zu  Kirch- 
heim, S.  69. 
Mandelslohe  S.  37.  —  Verfasser. 


Branco  S.  382. 

Deffner  :  Begleitworte  zu  Kirch- 
heim, S.  27.  —  Verfasser. 
Deffner  :  Begleitworte  zu  Kirch- 
heim, S,  27.  —  Verfasser. 
Branco  S.  389. 
„    396. 
„        „    405/406,  —  Verfasser. 
„         „    412.  —  Verfasser. 

«        .    414, 

,    420,  424,  425,  —  Ver- 


Deffner  :  Begleitworte  zu  Kirch- 
heim, S.  29.  —  Verfasser. 
Branco  S.  433. 
„    435. 
r    439.  — 
.    442. 
.        ,    443.  - 


Verfasser. 
Branco  S.  466. 


-     235      - 

B.  Verbreitung  und  äussere  Merkmale  der  kristallinen 
Auswürflinge. 
Fassen  wir  die  Gesamtheit  von  allen  bekannten  Auswürflingen 
älterer  kristalliner  Gesteine  der  Alb  ins  Auge,  so  fällt  zunächst  der 
große  Reichtum  an  Gneis  auf,  dem  gegenüber  Gesteine  vom  Habitus 
der  Tiefengesteine  an  Zahl  etwas  zurücktreten.  Man  versteht  diese 
Erscheinung,  wenn  man  bedenkt,  daß  am  Hauptfundort  der  Aus- 
v^^ürflinge,  am  Florian,  sich  vorherrschend  Gneis  sammeln  läßt.  Vor- 
wiegend nur  an  den  Hauptfundstellen,  am  Florian,  Jusi,  Grafenberg 
und  Metzinger  Weinberg  finden  sich  Gneis  und  Granit  am  gleichen 
Ausbruchspunkt  beisammen  (vergl.  Tab.  S.  234).  Hierbei  spielt-  am 
Grafenberg  Granit  die  vorherrschende  Rolle.  An  der  Sonnenhalde 
bei  Neidlingen  und  am  Aichelberg  bei  Boll  fand  sich  weder  Gneis 
noch  Granit,  sondern  nur  Diorit  und  besonders  am  ersteren  Punkt 
sehr  reichlich.  Der  Rangenberg  bei  Eningen  wiederum  fällt  auf 
durch  die  Führung  von  Pyroxengesteinen ,  neben  denen  allerdings 
auch  noch  Granite  und  Graphitgneis  vertreten  sind. 

1.  Verbreitung  der  Fundstellen. 

Was  zunächst  die  Verbreitung  der  Fundstätten  anbelangt,  so 
geht  aus  der  Tabelle  ganz  deuthch  hervor,  daß  in  erster  Linie  die  Vor- 
berge  der  Albhochfläche  die  kristallinen  Auswürflinge  geliefert  haben 
(vergl.  S.  234).  Was  wir  an  Findlingen  von  der  Albhochebene 
besitzen ,  das  ist  sehr  wenig  und  zwar  sind  es  lauter  Funde ,  die 
mehr  zufällig  gemacht  wurden,  z.  B.  bei  Häuserbauten  oder  beim 
Brunnengraben.  Die  Albvorberge  selbst  unterscheiden  sich  nun 
wieder  bezüghch  der  Reichhaltigkeit  an  solchen  Gesteinen ;  schon 
Deffner  fiel  dies  auf.  Er  stellte  folgendes  fest^:  (S.  123  a.  a.  0.)  „Die 
Hauptgranitführung  findet  in  einer  Linie  statt,  welche  den  Höslinsbühl 
bei  Nürtingen  mit  dem  Rangenbergle  bei  Eningen  verbindet  und  die 
Mitte  dieser  Linie  zeigt  in  den  Eruptionspunkten  der  Metzinger  Gegend, 
dem  Florian,  Grafenberg,  Metzinger  Weinberg  und  Hof  bühl  zugleich 
die  Kulmination  dieses  geologischen  Phänomens."  Deffner  spricht 
dann  ferner  aus ,  daß  diese  Linie  die  Verwerfung  bei  Deizisau  ver- 
ursacht und  in  ihrem  ferneren  Verlauf  die  große  Verwerfungsspalte 
des  südlichen  Schurwaldes  abschneidet  und  begrenzt.  Er  ist  also 
geneigt,  diese  Erscheinung  mit  einer  Verwerfung  oder  einer  Spalte 
hier  in  Zusammenhang    zu  bringen.     Dagegen    ist   zu    konstatieren, 


Diese  Jahreshefte  1873. 


-     236     — 

(laß  sich  bis  jetzt  eine  Verwerfung,  die  über  diese  Punkte  geht, 
nicht  hat  finden  lassen,  wenigstens  i?!  in  der  2.  Auflage  der  Karte 
von  Kircheim  von  1898  eine  solche  Verwerfung  nicht  eingetragen. 
Auch  Branco  wendet  sich  gegen  Deffner's  Auffassung  und  weist 
darauf  hin  ^  (S.  509  a.  a.  0.),  daß  wir  zwischen  Finden,  Sammeln  und 
Vorkommen  genau  unterscheiden  müssen  und  daß  wir  in  ersterem  sehr 
abgängig  sind  von  den  jeweiligen  künstlichen  und  natürlichen  Auf- 
schlüssen. Ferner  dürfen  wir  auch  nicht  annehmen,  daß  in  den  tief 
in  die  Erdrinde  hinabreichenden  Tuffröhren  überall  sich  dieselbe 
Durchschnittszusammensetzung  findet. 

Daß  in  dem  Gebiet  der  Voralb  sich  die  meisten  Fundstellen 
dieser  Auswürflinge  befinden,  liegt  darin  begründet,  daß  eben  hier 
die  Tuffröhren  am  weitesten  entblößt  sind.  Infolge  der  verschiedenen 
Widerstandskraft  gegen  die  Verwitterung  ist  es  nicht  verwunderhch, 
wenn  an  solchen  Punkten,  die  gute  Aufschlüsse  darbieten,  sich  all- 
mählich die  harten  kristallinischen  Gesteine  relativ  anreichern ,  so 
z.  B.  am  Florian  und  Grafenberg,  wo  ferner  noch  hinzukommt,  daß 
an  diesen  Punkten  durch  die  Umarbeitung  des  Bodens  am  Gehänge 
für  die  Weinberge  immer  neue  Stellen  entblößt  und  die  harten  Ge- 
steine herausgeworfen  werden  in  den  Weg  und  an  die  Raine,  wo 
diese  Findlinge  sich  dann  massenhaft  sammeln  lassen. 

Wieviel  künstliche  und  natürliche  Aufschlüsse  uns  nützen  können^ 
das  zeigt  der  Jusi  am  besten.  Man  sucht  auf  seiner  Südost-  und 
Nordseite  vergeblich  nach  Granit-  und  Gneisblöcken ,  denn  hier  ist 
der  Tuff  durch  Graswasen  gut  bedeckt.  Anders  auf  der  Westseite! 
So  oft  man  nach  stärkeren  Regenzeiten  in  dem  auf  die  Straße 
Metzingen — Kohlberg  herausgehenden  sog.  Raupental  in  den  Tuff- 
rinnen aufsteigt,  so  wird  man  nicht  lange  vergeblich  suchen  müssen, 
um  Granit,  Gneis,  meist  stark  verwittert,  aber  in  faust-,  selten 
auch  bis  kopfgroßen  Stücken,  ferner  Buntsandstein  und  namentlich 
viel  Keupersandsteine  zu  finden. 

Wenn  daher  an  den  Ausbruchspunkten  auf  der  Hochebene  der 
Alb  noch  sehr  wenig  kristalline  Gesteine  gefunden  wurden,  so  ist 
daran  das  Fehlen  guter  Aufschlüsse  schuld,  denn  daß  sich  in  jeder 
Tuffröhre  solche  Gesteine  finden  müssen,  ergibt  sich  aus  der  Bildung 
dieser  Durchschlagskanäle. 

Und  tatsächHch  stieß  man  auch  auf  dem  Albplateau,  sobald 
man  etwas  in  die  Tiefe  grub,  auf  einzelne  Granite  und  Gneise,    so 


Branco,  Schwabens  125  Vulkanembryonen. 


—     237     — 

z.B.  in  Laichingen,  ßöttingen,  Feldstetten,  Groß- und  Klein-Engstingen. 
Eines  hat  man  beim  Sammeln  ferner  noch  zu  bedenken,  nämhch 
daß  diese  AuswürfUnge  sich  nicht  in  allen  Tuffschichten  gleich  zer- 
streut finden  werden.  Insbesondere  werden  wir  in  den  obersten 
Schichten  der  Tuffröhren  wohl  vergebens  nach  diesen  kristallinen  Ge- 
steinen suchen,  da  im  wesentlichen  dieser  Teil  der  Röhre  nach  der 
Eruptionstätigkeit  durch  Gesteine  von  oben  her  ausgefüllt  wurde, 
namentlich  durch  die  die  Wände  des  Kanals  bildenden  Juragesteine. 
Auffallend  ist,  daß  bis  jetzt  von  Scharnhausen,  wo  ein  gut 
zugänglicher  nahe  der  Straßenkreuzung  am  Gestütshof  liegender  Auf- 
schluß im  Tuff  vorhanden  ist,  gar  nichts  an  kristallinen  Auswürf- 
lingen gefunden  wurde.  Branco  weist  ausdrücklich  auf  dieses  Fehlen 
hin  (S.  455  a.  a.  0.).  Ebensowenig  wie  Branco  gelang  es  Herrn 
Professor  Sauer  und  mir,  altkristalline  Gesteine  dort  im  Tuff'  nach- 
zuweisen \  was  wohl  darauf  hinweisen  dürfte,  daß  hier  das  Grund- 
gebirge viel  tiefer  liegt,  als  direkt  unter  der  Alb. 

2.  Art  de.s  Vorkommens  kristalliner  Auswürflinge. 

Die  Auswürflinge  finden  sich  in  der  Regel  zerstreut,  von  Nuß- 
größe bis  zu  Kopfgröße ,  jedoch  herrscht  das  Vorkommen  in  faust- 
großen Stücken  vor.  Der  größte,  7  Zentner  schwere  Block  stammt 
vom  Florian. 

Bezüghch  der  Form  der  Auswurf  finge  fand  ich,  daß  die  Gneise 
meist  abgerundet  sind;  ganz  besonders  abgerundete  Formen,  häufig 
mit  schaliger  Struktur,  fallen  am  Florian  auf.  Die  Granite  dagegen 
sind  vorwiegend  unregelmäßig  eckig,  was  zum  Teil  vielleicht  daraus 
erklärt  werden  mag,  daß  die  Granite  beim  Liegen  an  der  Oberfläche 
nachträgfich  diese  äußere  Begrenzung  erhalten  haben  (vergl.  S.  238/9). 

Unter  den  gerundeten  Graniten  und  Gneisen  erregen  einige  be- 
sondere Aufmerksamkeit  durch  eine  glasige  fettglänzende  Be- 
schaffenheit der  Oberfläche.  Durch  Salzsäure  erfolgt  kein  Auf- 
brausen; auch  greifen  Salpetersäure  und  Schwefelsäure  diese  Rinde 
nicht  an.  Dieselbe  würde,  da  sie  auch  an  Auswürflingen  anderer 
Vulkangebiete  beobachtet  wurde  ^,  auf  eine  Beeinflussung  des  mag- 
matischen Schmelzflusses  auf  die  fremden  Einschlüsse  zurückzuführen 
sein ,  wobei  es  bemerkenswert  ist ,  daß  sich  diese  Einwirkung  nur 
auf  eine  äußerst   dünne  Schicht  geltend  gemacht  hat  und,    wie  be- 


^  Ein  von  Dr.  Finckh   gesammeltes  Stück  Granit   von   dieser   Lokalität 
hefindet  sich  in  dem  Kgl.  Nat.-Kabinett.     D.  R. 

^  Zirkel,  Lehrbuch  der  Petrographie.  III.  Band. 


—     238     — 

merkt,  sich  nur  bei  einem  Teil  der  Einschlüsse  findet.  Außer  den 
abgerundeten  Auswürflingen  treffen  wir  namentlich  Granite  an  von 
unregelmäßiger  Begrenzung,  einige  von  ganz  eigenartiger  Gestalt, 
die  Deffner^  (S.  123/124  a.  a.  0.)  folgendermaßen  charakterisiert: 
„Am  auffallendsten  aber  sind  die  kantigen  glattgeschliffenen  und  glatt 
gedrückten  polyedrischen  Formen.  Man  trifft  derartige  Formen, 
welche  beinahe  die  Regelmäßigkeit  von  Kristallen  zeigen  bis  zu 
solchen,  bei  welchen  nur  eine  Seite  eben  geschliffen,  die  andere 
noch  kugelförmig  abgerundet  ist.  Ja,  es  kommen  Stücke  mit  ein- 
wärts gerichteten  Ecken  oder  anderen  Vertiefungen  vor,  deren  kon- 
kave Flächen  gleichfalls  geglättet  sind." 

Hierzu  mag  bemerkt  werden,  daß  diese  gekanteten  Bruchstücke 
hauptsächlich  aus  sehr  hartem  Granit  bestehen,  wie  wir  ihn  am 
Grafenberg,  Höslinsbühl  und  Rangenbergle  gefunden  haben.  Dieser 
Granit  zeichnet  sich  durch  seine  kleine  Korngröße,  seine  hellrötliche 
Farbe  und  durch  ganz  geringen  Gehalt  an  Gl.mmer  aus.  Erfahrungs- 
gemäß liefern  nun  gerade  solche  Granite  gern  Bruchstücke  von  der 
Form,  wie  sie  Deffner  aufgefallen  sind. 

Deffner  gliedert  diese  polyedrisch  gestalteten  Stücke  in  solche 
mit  „glatter  deutlich  geschliffener  Oberfläche"  und  solche  mit  „zwar 
auch  geebneter,  aber  rauherer,  wie  Kokes  die  Haut  leicht  ritzender 
Außenseite". 

Erstere  Gruppe  erklärt  er  auf  rein  mechanischem  Wege  ent- 
standen durch  die  Reibungen  beim  Auf-  und  Absteigen  der  Gesteine  im 
Kraterkanal,  während  er  für  die  zweite  Gruppe  folgende  Entstehung 
annimmt  (S.  123/124  a.  a.  0.):  „Die  äußere  Form  all  dieser  Stücke 
.läßt  nun  deutlich  erkennen,  daß  sie  in  einem  durch  hohe  Temperatur 
etwas  verweichten  Zustande  einem  starken  seitlichen  Druck  aus- 
gesetzt waren,  der  sie  in  die  Formen  ihrer  Umhüllung  preßte  und 
so  jene  kantigen  ebenfiächigen  Stücke  mit  Hohlecken  und  rauher 
Oberfläche  hervorbrachte." 

Diesen  Erklärungsversuchen  Deffner's  ist  folgendes  hinzuzufügen  : 
nach  meinen  Erfahrungen  bieten  gewisse  Schwierigkeiten  in  der  Er- 
klärung nur  die  runden  Gerolle,  da  die  eckige  Form  dieser  fremden 
Bruchstücke  eine  bekannte  charakteristische  Erscheinung  der  Tuff- 
massen ist,  die  fremdes  Materal  aus  dem  Untergrund  beigemengt 
enthalten. 

Ich  erachte  es,  was  die  Ursache  der  Abrundung  betrifft,  nicht 
für  unwahrscheinlich,    daß  dieselbe  beim  Transport  der  Massen  von 

'  Diese  Jahreshefte  1873. 


—     239     — 

unten  nach  oben  durch  gegenseitige  Reibung  an  solchem  Material 
sich  wesentlich  vollzog,  welches,  wie  die  Gneise,  nicht  die  Tendenz  zu 
eckigsplitteriger  Absonderung  zeigt.  Daher  finden  wir  die  Abrundung 
vorwiegend  bei  gneisartigen  Gesteinen.  Auch  ist  hierbei  gleich  zu  be- 
merken, daß  diese  Abrundung  mehr  nur  eine  Kantenbestoßung  ist 
und  demgemäß  Deffner  zweifellos  zu  weit  geht,  wenn  er  glaubt,  einen 
„verweichten  Zustand"  dieser  Gesteine  annehmen  zu  müssen;  denn 
ein  solcher  müßte  sich  auch  bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  an 
seinen  Wirkungen  noch  erkennen  lassen,  was  aber  nicht  der  Fall  ist. 

3.  Einschlüsse  der  älteren  Sedimentgesteine. 

Als  Anhang  zum  Vorstehenden  mögen  noch  einige  Bemerkungen 
über  andersartige  Auswürflinge  folgen. 

Aus  der  Reihe  der  paläozoischen  Formationen  finden  sich  nur 
wenige  Vertreter ;  einige  Stücke  Rotliegendes ,  insbesondere  vom 
Jusi  sind  mir  bekannt.  Schon  Deffner  erwähnte  solche.  Ein  Stück 
enthält  viel  Feldspatkristalle.  Große  rundliche  Hohlräume  weisen 
darauf  hin ,  daß  durch  Hitze  das  Gestein  stark  aufgetrieben  wurde 
und  einige  Gemengteile  geradezu  eine  Aufblähung  erfuhren.  Bei 
manchen  Stücken  jedoch  ist  es  fraglich ,  ob  sie  dem  Rotliegenden 
zugerechnet  werden  dürfen.  Umso  häufiger  sind  die  Einschlüsse  der 
mesozoischen  Formationen,  natürlich  von  den  vorherrschenden  Jura- 
kalken ganz  abgesehen.  Stücke  von  Buntsandstein  lassen  sich  im 
Raupentäle  des  Jusi  sammeln,  sowie  im  Tuff  des  Metzinger  Weinbergs 
und  des  Hofbühls.  Besonders  zahlreich  sind  Keupergesteine.  Am 
Jusi  und  am  Metzinger  Weinberg  sammelte  ich  verschiedene  Schilf- 
sandsteinstücke ,  sowie  Keupermergel  und  Stubensandstein.  Bezüg- 
lich der  Verbreitung  des  Stubensandsteins  ist  zu  betonen ,  daß  er 
sich  fast  überall  aufheben  läßt,  am  Jusi,  Rangenberg,  Metzinger 
Weinberg,  Grafenberg  u.  s.  f.,  ferner  daß  er  sich  besonders  reichlich 
am  Geigersbühl  findet,  während  Granit  hier  selten  vorkommt.  Jedoch 
wird  man  sich  hüten  müssen,  bei  der  großen  technischen  Verbreitung 
des  Stubensandsteins  alle  über  die  Oberfläche  verbreiteten  Stücke 
desselben  ohne  weiteres  für  Einschlüsse  des  Tuffs  zu  erklären. 

C.  Petrographische  Untersuchung. 
Wie    eingangs    bemerkt    nehmen    unter    allen    Auswürflingen 
kristalliner  Gesteine  der  Alb  Gneis  und  Granit  die  Vorherrschaft  ein. 
Daneben  finden  sich  noch  Amphibolgesteine  in  untergeordnetem  Maße. 
Eine  besondere  Gruppe  bilden  gewisse  Pyroxengesteine. 


—     240     - 

Gleich  von  vornherein  mag  bemerkt  werden ,  daß  es  schwer 
ist ,  besonders  bei  kleinen  Bruchstücken ,  auf  Grund  des  äußeren 
Habitus  zu  entscheiden,  ob  ein  Granit  oder  Gneis  vorliegt.  Nur  wo 
ein  Schliff  ausgeführt  wurde,  war  die  Bestimmung  einigermaßen  sicher, 
wenn  es  sich  um  Unterscheidung  zwischen  Granit  und  Sedimentgneis, 
nicht  aber  wenn  es  sich  um  eine  solche  von  Granit  und  Eruptivgneis 
handelte. 

Den  kontaktmetamorphen  Erscheinungen,  welche  diese  Gesteine 
erfahren  haben ,  wurde  selbstverständlich  eine  ganz  besondere  Auf- 
merksamkeit geschenkt,  insbesondere  auch  in  der  Hoffnung,  weitere 
Gesichtspunkte  zu  gewinnen  für  die  bei  der  Eruption  stattgehabten 
Vorgänge. 

Um   Wiederholungen   zu    vermeiden,    mögen    die    untersuchten 
Einschlüsse  zunächst  nach  rein  petrographischen  Gesichtspunkten  im 
nachfolgenden  beschrieben  werden. 
Es  sind  vertreten: 

I.  Kristalline  Schiefer   (Gneise);    zum   Teil    fragliche 

Amphibolgneise  (siehe  bei  Diorit). 
II.   Granite. 

HI.   Ganggesteine   der  Granitformation:  Aplit.  Kersantit. 
IV.  Diorit. 
V.  Gabbro. 

VI.  Jüngere    kristalline    Einschlüsse    als  Tiefenfazies    der  Alb- 
basalte. 
Die  unter  VI.  zusammengefaßten  Gesteine  gehören  nicht  zu  den 
altkristallinen  Fremdmassen    der  Tuffe .    sondern    sind    als    endogene 
Einschlüsse  des  zerspratzten  Basaltmagmas  zu  denken. 

I.  Kristalline  Schiefer.     Gneise. 

Neben  den  Hauptgemengteilen  Feldspat,  Quarz  und  Glimmer 
führt  der  größte  Teil  aller  untersuchten  Gneise  als  charakte- 
ristische Übergemengteile  teils  Pinit,  Graphit,  Silli- 
manit  und  Granat.  Da,  wie  gezeigt  werden  soll,  der  Pinit  als 
ein  ümwandlungsprodukt  ausschließlich  des  Cordierits  auftritt,  so 
würden  diese  Gneise  als  Cordierit-Gneise ,  Cordierit- Graphitgneise, 
granatführende  Cordierit-Sillimanitgneise  zu  bezeichnen  sein. 

1.  Graphitführende  Cordieritgneise.  Außer  den  Haupt- 
gemengteilen Feldspat,  Quarz  und  Glimmer  beteiligen  sich  an  der 
Zusammensetzung  dieser  Gneise  stets  noch  Pinit,  Graphit  und  meist 
auch  Granat. 


-     241     — 

Das  Gestein  ist  in  der  Regel  von  grünweißer  Farbe,  infolge 
seines  Pinit-  und  Feldspatgehaltes.  Tritt  Glimmer  in  reichlicher  Menge 
hinzu,  so  geht,  wenn  derselbe  gleichzeitig  stark  verwittert  ist,  die  Farbe 
des  Gesteins  in  eine  dunkelgrüne  über  und  es  macht  sich  dann  eine 
streifige,  bald  mehr,  bald  weniger  stark  ausgeprägte  Parallelstruktur 
geltend.  Tritt  dagegen  der  Gehalt  an  Glimmer  zurück,  so  besitzt  das 
Gestein  ein  mehr  körniges  Aussehen  und  gewinnt  dadurch  große  Ähn- 
lichkeit mit  dem  Pinitgranit,  den  wir  später  kennen  lernen  werden. 

Der  Feldspat  zeigt  unregelmäßige  körnige  Begrenzung  und 
ist  meist  vergesellschaftet  mit  Pinit,  während  der  Pinitgranit  sich 
dadurch  auszeichnet,  daß  seine  Bestandteile  Feldspat  und  Pinit  mehr 
oder  weniger  scharf  idiomorphe  Kristallform  besitzen.  Bezüglich  der 
Häufigkeit  schwankt  der  Feldspatgehalt  sehr;  wir  finden  bald  feld- 
spatarme, bald  feldspatreichere  Gneise.  Die  größeren  porphyri- 
schen Feldspatkörner  sind  vorwiegend  Orthoklas,  dagegen 
nehmen  an  der  Grundmasse  sowohl  Orthoklas  als  auch  Plagioklas 
teil  und  zwar  letzterer  als  Albit  und  Oligoklasalbit,  wie  sich 
aus  der  mikroskopisch -optischen  Untersuchung  und  aus  der  Be- 
stimmung des  spezifischen  Gewichts  mittels  der  WESTPHAL'schen  Wage 
und  der  THOULEi'schen  Flüssigkeit  ergeben  hat.  Aus  verschiedenen 
Cordieritgneisen  sorgfältig  ausgewählte  kleine  reine  Feldspatkörner 
ergaben  folgende  Werte  für  das  spezifische  Gewicht: 

a)  Porphyrischer  Feldspat  in  großen  grünlich-gelben  Kristallen 
mit  deutlich  ausgesprochener  Spaltbarkeit,    vom  Florian  stammend: 

2,570 

2,577  =  Orthoklas. 

2,590 

b)  Feldspatkristall  aus  dem  Gneis  vom  Florian: 

2,572   =  Orthoklas 

2,628  Plagioklos:  Ohgoklasalbit. 


Orthoklas 


c)  wie  b: 

2,564 
2,596 
2,634  (Albit)  Oligoklasalbit. 

d)  Feldspatspaltstücke  aus  dem  Gneis  vom  Grafenberg 

2^540  „  ,.■     . 

2,571    =  ^'^^''^^^' 

2,608         ^,.     ,,      „., 
2  629    ^  Oligoklasalbit. 

•Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905.  16 


—     242     - 

U.  d.  M.  findet  man,  daß  der  Feldspat  selten  ganz  frisch  er- 
halten ist.  Vorwiegend  bildet  er  eine  trübgraue  Substanz  von  äußerst 
feinkörnigem  Aussehen,  die  bei  starker  Vergrößerung  sich  auflöst  in 
ein  feines  Aggregat  von  Muskovit  und  Quarz.  Der  Muskovit  ist 
dabei  fast  durchweg  in  rosettenartiger  Anordnung  ausgebildet. 
Zwischen  den  einzelnen  radialstrahligen  Aggregaten  von  Muskovit 
verteilt  sich  der  neugebildete  Quarz.  Neben  dem  sekundär  gebildeten 
Muskovit  scheint  sich  auch,  nach  dem  optischen  Verhalten  zu  schließen, 
Kaolin  gebildet  zu  haben. 

Die  bei  der  Zersetzung  des  Feldspats  freigewordene  Kieselsäure 
scheidet  sich,  die  Glimmerrosetten  durchtränkend,  ohne  Kristallform 
aus,  zuweilen  mit  gleicher  optischer  Orientierung  auf  angrenzendem 
primären  Quarz. 

Die  Quarze  schwanken  in  ihrer  Häufigkeit  sehr.  Die  unregel- 
mäßig begrenzten  Körner  sind  teilweise  in  verzahnten  Nähten  mit- 
einander verwachsen.  Die  überwiegende  Mehrheit  der  Kristalle  be- 
sitzt undulöse  Auslöschung  (Taf.  III  Fig.  1)  und  sonstige 
Pressungserscheinungen,  die  sich  darin  äußern,  daß  manche  Quarze 
entweder  nur  am  Rand  oder  auch  vollständig  in  lauter  eckige 
Bruchstücke  sich  auflösen,  wodurch  die  bekannte  Mörtelstruktur  er- 
zeugt wird.  In  Reihen  angeordnete  Flüssigkeits-  und  starkkonturierte 
Gaseinschlüsse  sind  in  diesen  Gneisquarzen  reichlich  vorhanden.  Die 
Gaseinschlüsse  sind  gegenüber  den  Flüssigkeitseinschlüssen  relativ 
groß  und  überragen  letztere  auch  an  Zahl. 

Der  Glimmer  besitzt,  wenn  er  noch  frisch  ist,  eine  glän- 
zendschwarze Farbe  und  erweist  sich  bei  genauer  Untersuchung 
als  Biotit.  Sein  Gehalt  schwankt  beträchtlich  und  steht  in 
einem  gewissen  Verhältnis  zum  beigemengten  Granat,  der  bei 
reichlichem  Glimmer  auch  meistens  in  größerer  Anzahl  sich  ein- 
stellt. In  der  Regel  unterliegt  der  Biotit  einer  ziemlich  starken 
Zersetzung.  Es  gibt  sich  dies  schon  an  der  gelbbraunen  bis 
grünlichen  Farbe  des  Glimmers  kund.  U.  d.  M.  beobachten  wir 
bald  einzeln  zerstreute,  bald  in  Gruppen  beisammen  liegende  Biotit- 
blättchen. 

Da  die  Ver  witterungsv  orgänge  am  Glimmer  sich  in 
diesen  Gneisen  ausnehmend  gut  verfolgen  lassen  und  sie  geradezu 
zur  Charakteristik  dieser  Gesteine  gehören,  so  wollen  wir  sie  näher 
beschreiben.  Zum  Teil  beruht  die  Zersetzung  auf  einer  Bleichung, 
d.  h.  einer  Auslangung  des  Eisengehaltes,  wobei  zuletzt  Chlorit  ejit- 
steht  und  muskovitähnliche  Schüppchen,  die  aber,  nach  einer  Unter- 


—     243 


suchung  von  Zschimmer  ^ ,  niemals  identisch  sind  mit  KaHgHmmer, 
wie  früher  angenommen  wurde.  Dazu  kommt  nun  noch  die  Bildung 
und  Ausscheidung  der  Brookitnädelchen  und  Kriställchen, 
die  vollkommen  übereinstimmen  mit  den  von  Thürach'-  näher  be- 
schriebenen und  abgebildeten  sekundären  Bildungen  im  Glimmer. 
Was  Thürach  mit  Bezug  hierauf  sagt:  Der  braune  Glimmer  im  Gneis 
nimmt  bei  der  Zersetzung  „lichtere  Färbung  an  und  bleicht  zuletzt 
völHg  aus,  indem  er  sich  in  eine  blaßgrünliche  bis  grünlichbraune, 
schwach  doppelbrechende  und  schwach  pleochroitische ,  chloritische 
Substanz  umwandelt.  Dabei  scheiden  sich  in  großer  Menge  sehr 
kleine,  stark  lichtbrechende  Nädelchen  und  Täfelchen  aus,  welche 
sich  als  ein  Titansäuremineral  und  zwar  als  Brookit  erweisen,"  gilt 
genau  auch  für  unsere  Vorkommnisse.  Die  große  Menge  solcher 
Kristalle  könnte  zur  Vermutung  führen,  daß  dies  primäre  Einschlüsse 
und  nicht  sekundäre  Ausscheidungen  sind ;  allein  dem  widerspricht 
die  Beobachtung,  daß  sie  dem  unzersetzten  Glimmer  fehlen.  Hierzu 
sei  noch  bemerkt,  daß  ähnliche  weitverbreitete  Zersetzungserschei- 
nungen auch  in  den  Cordieritgneisen  des  Bayrischen  Waldes  sich  finden, 
wie  sich  das  aus  den  Mitteilungen  von  Weinschenk  ^  ergibt,  der  aller- 
dings diese  Neubildungen ,  wie  das  früher  allgemein  geschehen  ist, 
ledighch  als  Rutil  bezeichnet. 

Daß  diese  Brookitausscheidungen  in  den  graphithaltigen  Cordierit- 
gneisen sich  reichlich  finden,  scheint  mit  der  Graphitführung  insofern 
zusammen  zu  hängen,  als  die  graphitführenden 
Gesteine  meist  recht  stark  zersetzt  sind ,  wie 
dies  Weinschenk  für  diese  Gesteine  im  Bay- 
rischen Wald  und  meine  Untersuchungen  von 
den  Gneisen  der  Alb  gezeigt  haben. 

Außer  diesen  sekundären  Neubildungs- 
produkten schließen  die  Biotite  auch  zum  Teil 
reichhche  Titanitkristalle  ein ,  die  meist  pris- 
matischen Habitus  zeigen.  Öfters  sieht  man, 
wie  die  Kristallform  Lücken  aufweist  (s.  Fig.  1). 
Zur  Prüfung  dieser  Kristalle  auf  ihren  Titangehalt  wurden  sie  aus 
dem  Gestein  isoliert  mit  Hilfe  der  Kaliumquecksilberjodidlösung.  Die 
Phosphorsalzperle  gab  in  der  Reduktionsflamme  die  charakteristische 
Titansäurereaktion. 


Fig.  1. 


'  E.  Zscliimmer,  Die  Verwitterungsprodukte  des  Magnesiaglimmers. 
^  H.  Thürach,  Über  ein  Vorkommen  von  körnigem  Kalk. 
'  E.  Weinschenk,  Zur  Kenntnis  der  Graphitlagerstätten  S.  37. 

16* 


—     244     — 

Außer  primärem  Zirkon  stellt  man  im  Biotit  noch  Blättchen 
von  Eisenglanz  fest.  Dieser ,  bei  großer  Dicke  undurchsichtig, 
schwarz,  zeigt  beim  Abblenden  meist  einen  roten  Rand  und  wird 
mit  zunehmender  Dünne  der  Blättchen  bei  dunkelroter  bis  blutroter 
Farbe  durchsichtig. 

Eine  andere  Eigentümlichkeit  des  Biotits  dieser  zum  Teil  schon 
sehr  stark  verwitterten  Albgneise  ist  das  Vorkommen  zahlreicher 
pleochroitischer  Höfe.  Da  diese  interessante  Erscheinung  meine 
Aufmerksamkeit  besonders  erregte ,  so  führte  ich  zahlreiche  Be- 
stimmungen der  Einschlußmineralien  pleochroitischer  Höfe  aus.  Meine 
Beobachtungen  hierüber  sind  folgende :  die  pleochroitischen  Höfe 
scheinen  nur  in  eisenhaltigen ,  insbesondere  eisenreichen  Mineralien 
aufzutreten.  Die  die  pleochroitischen  Höfe  verursachenden  Mineral- 
einschlüsse scheinen  ebenfalls  stets  eisenhaltige  Mineralien  zu  sein, 
insbesondere  Zirkon  und  Rutil,  während  Rosenbusch ^  auch  noch 
Apatit  erwähnt. 

Zu  den  3  bisher  beschriebenen  Mineralien,  Feldspat,  Quarz  und 
Glimmer,  gesellt  sich  als  konstanter  und  charakteristischer  Gemengteil 
Pinit  hinzu.  Er  verleiht  all  diesen  Gneisen  eine  grüne  Farbe,  und 
nimmt  in  hervorragendem  Maße  an  der  Zusammensetzung  dieser 
Gneise  teil.  Einige  vorliegende  Gesteinsstücke  sind  geradezu  als 
Finitknollen  zu  bezeichnen,  die  wohl  als  Anreicherungen  im  Gneis 
zu  deuten  sind.  Auf  die  Umwandlung  aus  Cordierit  kommen  wir 
erst  später  zu  sprechen  (vergl.  S.  247  u.  f.).  U.  d.  M.  zeigen  die 
Pinite  unregelmäßige,  meist  abgerundete  Form  und  setzen  sich  im 
wesentlichen  zusammen  aus  einem  feinkörnigen  Aggregat  von  stark 
doppelbrechenden  Muskovitschüppchen  und  schwach  doppelbrechenden, 
fast  isotropen  Chloritblättchen.  Frische  unveränderte  Cordieritsubstanz 
zeigen  diese  Gneise  nicht,  weshalb  man  sie  auch  mit  einer  gewissen 
Berechtigung  als   „Pinitgneise"  bezeichnen  kann. 

Hand  in  Hand  mit  dem  reichen  Pinitgehalt  geht  der  Reichtum 
an  Granat  (Almandin),  der  mit  seinem  stark  roten  Glänze  dem 
grünlichen  Gestein  eine  schöne  lebhafte  Farbe  verleiht.  Seine  Größe 
schwankt  zwischen  mikroskopischer  Kleinheit  und  Erbsengröße. 
U.  d.  M.  erscheint  er  von  rundlicher  Form  und  ist  in  den  größeren 
Kristallen  meist  schon  teilweise  der  Zersetzung  anheimgefallen  (Taf.  HI 
Fig.  2).  Diese  verläuft  auf  teils  geraden,  teils  unregelmäßigen  Bahnen. 
Zwischen    der  noch  stark  lichtbrechenden  Granatsubstanz  liegen  die 

'  Rosenbusch,  Pliysiographie  der  Mineralien.  Bd.  I  S.  209/210.  3.  Auf- 
lache 1892. 


—     245     — 

Verwittemngsbahnen,  die  aus  einer  grünen  bis  grüngelben,  schwach 
doppelbrechenden  Substanz  bestehen,  die  der  Chloritgruppe  zugerechnet 
werden  muß.  Zwischen  der  vorwiegenden  Chloritmasse  sind  einzelne 
Muskovitschüppchen  zerstreut. 

Manche  Granaten  enthalten  massenhaft  mikrolithische  Emspreng- 
linge  die  sie  förmlich  trüben.  Bei  540facher  linearer  Vergrößerung 
löst  sich  die  staubartige  Masse  auf  in  ein  Gemisch  von  kleinen  hellen 
bis  hellgelben  Kristallblättchen  und  Nadeln,  die  vielleicht  analog  den 
mikrolithischen  Einschlüssen  in  manchen  Granaten  des  Kmzigits  dem 
Rutil  angehören  dürften,  wie  sie  Sauer  ^  (S.  21  a.  a.  0.)  beschreibt. 
Einschlüsse  von  Quarz  und  Biotit  im  Granat,  ferner  von  Titamt, 
finden  sich  auch  in  diesen  Gesteinen.  Nicht  selten  ist  dabei  der 
Biotit  schon  in  Verwitterung  begriffen. 

Als   Bestandteil    des    Gneises    lange    nicht    die  Bedeutung    des 
Pinits  erreichend,  aber  als  ein  beständiger  Begleiter  dieser  Cordierit- 
gneise    ist    der   Graphit   zu   nennen.     Stets    tritt    er    in    emzelnen 
Schuppen    auf   mit    schwarzer   Farbe    und    metallähnlichem    Glänze. 
'Nie  zeigt  er  sich  in  größeren  Ansammlungen,  etwa  Nester  bildend. 
Ein  Hauptkennzeichen  außer  seinem  Metallglanz  gegenüber  dem  Biotit, 
der   übrigens   meist   infolge    der    Verwitterung    ein    mehr   bräunlich- 
schwarzes  Aussehen   besitzt,   ist  seine   Weichheit.     Der  Graphit   ist 
mit  den  anderen  Gemengteilen  nur  lose  verwachsen.    Beim  gelindesten 
Berühren  mit  dem  Messer    gibt   er  nach  und  löst  sich  vom  Gestein 
ab.     Seine  Weichheit   bewirkt  auch,    daß    er   im  Dünnschliff  wemg 
hervortritt    und    dann    verzerrte    Formen    aufweist.      Mit   Hilfe    des 
Stereoskopmikroskopes  dagegen  lassen  sich  die  einzelnen  Schuppen, 
dünne  Blättchen  von  rändern  bisweilen  auch  deutlich  6eckigem  Um- 
riß, recht  gut  beobachten.     Es   läßt   sich   auch   feststellen,    daß    in 
der  Nähe  der  biotitreichen  Lagen  die  einzelnen  Graphitblättchen  sich 
reicher    einzustehen   pflegen.     Gewöhnhch    hegen   sie    zwischen    den 
aneinander  grenzenden  Gemengteilen,  während  Einschlüsse  von  Gra- 
phitblättchen in  Feldspat  und  Quarz  nur  sehr  selten  angetroffen  werden. 
Akzessorische  Beimengungen  in  diesem  Cordieritgneis  sind: 
Zirkon,  Rutil,  seltener  Apatit  und  Titanit. 

Fundorte:    Florian,    Grafenberg,    Altenberg  und  Höslinsbühl 

bei  Nürtingen. 

2.  Pinit-Glimmergneis:  Tritt  der  Quarz-Feldspatgehalt  mehr 
und  mehr  zurück  und  besteht  das  Gestein  dann  aus  einem  innigen 


Sauer,  Erläuterungen  zu  Blatt  Oberwolfach-Schenkenzell. 


—     246     — 

Gewebe  von  Pinit  und  Glimmer  mit  neu  hinzutretendem  spär- 
lichen Sillimanit  sowie  roten  Granaten  (Almandin)  mit  akzessorischen 
Beimengungen  von  Graphit,  so  erhält  man  einen  Gneistypus,  der  nur 
am  Neuhäuser  Weinberg  oder  Hof  buhl  bei  Metzingen  gefunden 
wurde  und  den  man  als  „Pinit- Glimmergneis"  bezeichnen  könnte. 

3.  Graphitgneis.  Andere  Abarten  des  Cordieritgneises  hefert 
der  Grafenberg :  der  normale  Pinitgneis  wird  zugleich  pinit-,  glimmer- 
und graphitreich  und  bildet  damit  Übergänge  vom  normalen  Pinitgneis 
zu  graphitreichem ,  stark  verglimmertem  Pinitgneis ,  der  schließlich 
zu  einem  Gestein  führt,  wie  wir  es  vom  Rangenberg  beiEningen 
kennen,  das  wegen  seines  außerordentlich  hohen  Graphitgehaltes  ge- 
radezu als   „Graphitgneis"   bezeichnet  werden  muß. 

Die  Graphitblättchen  liegen  hier  nicht,  wie  bei  den  bisher  be- 
sprochenen Gneisen,  nur  als  einzelne  Schuppen  im  Gestein,  sondern 
sie  ordnen  sich  schon  mehr  zu  Lagen  zusammen  und  durchsetzen 
das  ganze  Gestein. 

Eine  sehr  charakteristische  Gneisgruppe  läßt  sich  durch  alle 
möghchen  Übergänge  vom  normalen  Cordierit-(Pinit-)Gneis  ableiten, 
die  wir  als  Cordierit-Sillimanitgneisgruppe  zusammenfassen 
wollen. 

Mehr  noch  als  durch  den  Hinzutritt  von  Sillimanit  zu  den 
bisher  bekannten  Mineralien  ist  dieser  Gneis  charakterisiert  durch 
eine  grobkörnige  Struktur  und  eine  selten  grünliche,  sondern 
mehr  graue  Farbe,  infolge  der  Abnahme  an  Pinit. 

4.  Den  Übergang  bilden  gewisse  äußerst  granatreiche 
Cordieritgneise  mit  hinzutretendem  Sillimanit,  der  zusammen 
mit  dem  Cordierit  (bezw.  Pinit)  ein  strangartiges  Gefüge  annimmt. 
Die   petrographische    Zusammensetzung    dieser    Gneise    ist    folgende. 

Feldspat  tritt  als  Gemengteil  wesentUch  zurück:  einzelne 
Körner  lassen  sich  als  dem  Orthoklas,  andere  als  dem  Plagioklas 
(Oligoklasalbit)  zugehörig  bestimmen. 

Quarz  ist  ebenfalls  untergeordneter  Bestandteil.  Auch  der 
Glimmer  (Biotit)  kann  nicht  zu  den  vorherrschenden  Mineralien  ge- 
zählt werden,  dagegen  kommt  dem  Cordierit  (bezw.  Pinit)  der 
Hauptanteil  an  der  Zusammensetzung  zu  ,  zwar  nicht  in  der  Form 
von  Kristallen  und  Körnern,  sondern  in  Anreicherung  mit  dem  Silli- 
manit verwoben  durch  das  Gestein  sich  hindurchziehend.  Auch  hier 
lehrt  die  mikroskopische  Untersuchung,  daß  der  Pinit  vollständig  in 
Muskovit  und  Chlorit  umgewandelt  ist. 


-     247 


Ganz  besonders  hervortretend  an  Zahl  smd  die  roten  Granaten 
(Almandin)  in  diesem  den  Obergang  bildenden  Gneis,  trnrge  Hand- 
ILke  sind  gerade.«  voll  gesprcUt  nrit  rundlichen  Körnern  von  A  W 
din  U  d.  M.  stößt  man  auch  hier  auf  jene  oben  (s.  S.  244)  schon 
beschriebenen  chloritisehen  Verwitterungsbahnen  die  ihrem  optischen 
Verhalten  nach  -  bald  sehr  geringe  Doppelbrechung,  bald  charakte- 
ristische lavendelblaue  Interferen.farben  niederer  Ordnung  -  zum 
Pennin  zu  rechnen  wären.  .    -,    ,.       •       i 

Graphit   fehlt   auch   hier  nicht  ganz,    doch   smd  die  emzelnen 

Schünpchen  recht  zerstreut. 

5  Betrachten  wir  nun  die  eigentliche  Gruppe  der  Cor  dien t- 
Sillimanitgneise,  so  ist  ein  auffälliges  Zurücktreten  von  Pinit 
Tm  Hinblick  auf  die  obeu  geschilderten  reinen  Pinitgne.se  und  von 
Granat  festzustellen.  .    , 

Die  Hauptbestandteile  Feldspat,  Quarz,  Ghmmer  und  Pimt  sind 
ungefähr  in  gleichem  Mengenverhältnis  vorhanden  und  geben  da- 
durch dem  Gneis  ein  mehr  körmges  und  zwar  vorwiegend  grob- 
körniges Aussehen.  Glimmer  in  reichlicher  Menge  verleiht  dem  Ge- 
stein wieder  einen  mehr  parallelstruierten  Habitus. 

Besonders  muß  hervorgehoben  werden  das  Auftreten  eines  por- 
phyrischen  Feldspats  von  grüner  Farbe,  ganz  ähnlich  w-^olche 
'ich  auch  im  Cordieritgneis  des  Bayrischen  Waldes,  mbesondere  bei 
Bodenmais  findet.  Nach  seinem  optischen  Verha  ten  »"d  >,^ch  Be- 
It°lungen  des  spezifischen  Gewichtes  (2,570;  2pll  2,590)  gehört 
dieser  charakteristische  grüne  Feldspat  dem  Orthok  as  an. 

Der  Feldspat  der  Grundmasse  besitzt  ebenfalls  mehr  oder  weinger 
grüngelbe  Farbe  und  liefert  für  das  spezifische  Gewicht  die  Werte: 
^  2,554  und  2,570 

2,555  2,572 

2,557  2,628 

Somit  scheint  Orthoklas  vorherrschend  zu  sein.  Der  Quarz 
ist   von  normaler  Ausbildung,    und  fällt  bisweilen  durch  einen  aus- 

«^^^'treuIterlBrott)  zeigt  in  frischem  Zustand  eine  glänzend 
rabenschwarze  Farbe,   die  bei  der  Verwitterung  einer  hellgelben  bis 

'"™Der'ctrcre*\,  der  in  frischem  Zustande  makroskopisch  nicht 

immer    ganz   leicht  von  Quarz  zu  unterscheiden  ist     zumal    er    hn.r 

sXn  ine  bläuliche  Färbung  besitzt,  erleichtert  sein  Erkennen  bei 

getretener  Zersetzung  durch  die  grüne  Farbe.     ,Die  Korner  smd 


—     248     — 

in  der  Regel  auf  ihrer  Außenfläche  mit  einer  mehr  oder  weniger 
dicken  Rinde  eines  grünlichgrauen  weichen  Minerals,  bisweilen  auch 
mit  weißen  glimmerartigen  Schüppchen  überkleidet.  Diese  grüne 
Substanz  nimmt  zuweilen  den  größeren  Teil  der  Ausscheidungen  in 
der  Weise  ein,  daß  oft  nur  ein  kleiner  Kern  von  Cordierit  im  Innern 
übrig  geblieben  ist,  von  dem  aus  die  Masse  des  Cordierits  nach 
außen  ganz  allmähhch  in  die  der  grünen  weichen  Substanz  über- 
geht. Endlich  findet  man  auch  Stücke,  in  welchen  die  grüne  Sub- 
stanz unzweifelhaft  die  Stelle,  die  der  Dichroit  (Cordierit)  sonst  ein- 
nimmt, vollständig  ersetzt  und  bei  denen  von  letzterem  keine  Spur 
mehr  zu  erkennen  ist.  So  ergibt  sich  unzweideutig,  daß  dieses  grüne 
weiche  Mineral  lediglich  ein  ümwandlungsprodukt  des  Dichroits 
(Cordierits)  sei."  Diese  Beschreibung,  die  Gümbel  ^  von  dem  Dichroit 
seines  Dichroitgneises  anführt,  stimmt  ganz  genau  überein  mit  dem 
Verhalten  des  Cordierits  in  diesen  Albgneisen,  wie  ja  auch  diese 
ganze  Gneisgruppe  der  Alb  im  wesentlichen  mit  Gümbel"s  Dichroit- 
gneisen  die  größte  Ähnlichkeit  hat. 

Die  Zersetzungsprodukte  des  Cordierits  wurden  vielfach 
näher  untersucht  und  erhielten  eine  Unmenge  von  Namen. 

Während  Haidinger  und  Blüm  diese  weiche  grünliche  Substanz 
als  Fahlunit  ansprechen,  weist  sie  Gümbel  in  die  Gruppe  der  Pinite, 
bezeichnet  sie  nach  dem  Hauptfundort  als  Bodenmaiser  Pinit  und 
gibt  ihr  folgende  Definition,  die  im  allgemeinen  auch  für  die  Pinite 
in  diesen  Albgneisen  gilt  ^  (S.  242  a.  a.  0.) :  „Das  grünliche  Mineral 
von  Bodenmais  besitzt  ein  spezifisches  Gewicht  von  2,67 ;  eine  Härte 
von  3,5;  ist  nach  der  basischen  Fläche  der  säulenförmigen  Kristalle  in 
parallele  Lamellen  teilbar,  im  Bruch  flachmuschelig,  grünlichweiß  bis 
schmutziggrün,  wenig  glänzend,  schwach  kantendurchscheinend." 

GüMBEL  fand  die  folgende  Zusammensetzung  möglichst  reiner 
Stückchen  Bodenmaiser  Pinit: 

Kieselerde 45.95 

Tonerde 29,30 

Manganoxydul Spuren 

Eisenoxydul 6,48 

Bittererde •    .    .  0.74 

Kalkerde 2.30 

Natron 0,64 

Kali      0,19 

Wasser 14,83 

100,43 

'  Gümbel,  Ostbayrisches  Grenzgebirge.     S.  241. 
-  Gümbel,  Ostbayrisches  Grenzgebirge. 


249 


Betrachten  wir  nun  die  Cordierite  und  ihre  Umwandlungs- 
produkte näher  u.  d.  M.  (Taf.  III  Fig.  5,  6,  7,  8),  so  finden  wir  in 
erster  Linie,  daß  die  meisten  Durchschnitte  rundUche  Körnerform 
mit  Annäherung  an  quadratische,  selten  hexagonale  Umrisse  besitzen. 
Vereinzelt  zeigen  die  noch  frischeren  Cordierite  eine  Art  poly- 
synthetische Zwillingslamellierung.  Auch  beobachtet  man  Drillings- 
bildung. Bei  einem  Kristall,  dessen  Umrandung  annähernd  hexa- 
gonal  ist,  ist  sie  schon  äußerlich  daran  gut  zu  erkennen,  daß  die 
Verwitterung  in  3  verschiedenen  Richtungen  nach  dem  Innern  zu 
vorschreitet. 

Die  Verwitterungsvorgänge  in  ihrem  einzelnen  Verlauf  genau 
zu  beschreiben  fällt  schwer,  da  wir  fast  bei  jedem  Kristall  eigent- 
lich mehr  oder  weniger  Besonderheiten  erkennen  können.  Jedoch 
läßt  sich  allgemein  folgendes  sagen : 

Was  die  Anordnung  der  Verwitterungsbahnen  betrifft, 
so  läßt  sich  eine  Gesetzmäßigkeit,  wonach  sie  ausschließlich  kri- 
stallographischen  Richtungen  folgten, 
nicht  finden ,  wenn  auch  zugegeben 
werden  kann,  daß  eine  Richtung,  wahr- 
scheinlich die  des  vertikalen  Prismas, 
und  eine  zweite,  die  der  basischen  End- 
fläche, bevorzugt  sind.  Aber  zwischen 
diesen  Bahnen  ziehen  sich  auch  un- 
regelmäßige, bald  gerade,  bald  krumm- 
linige Kanäle  hin. 

Die  stoffliche  Veränderung 
äußert  sich  in  verschiedenen  Stadien. 
Zunächst  stellt  man  fest,  daß  der  ur- 
sprünglich wasserhelle,  quarzähnliche  Kristall  stellenweise  eine  gelb- 
liche Färbung  annimmt,  die  mit  der  Stärke  der  Zersetzung  an  In- 
tensität wächst.  Untersuchen  wir  nun  diese  gelbgefärbten  Partien 
des  Cordierits  bei  parallelpolarisiertem  Licht,  so  sehen  wir,  daß  die 
Mitte  der  Bahnen  von  einer  nahezu  isotropen  Substanz  eingenommen 
wird  (s.  Fig.  2).  Von  jhr  aus  schreitet  die  Umv/andlung  weiter  vor. 
Zu  beiden  Seiten  und  senkrecht  zur  Längsrichtung  dieses  Kanals 
stehen  unzählige  kleine,  mittel-  bis  stark  doppelbrechende  Blättchen, 
auf  Grund  vergleichsweiser  Bestimmung  zum  Muskovit  gehörig,  in 
der  Richtung  ihrer  feinlamellaren  Ausbildung,  also  senkrecht  zum 
Kanal  auslöschend. 

Neben  diesem  verbreitetsten  Umwandlungsprozeß  geht  noch  ein 


Fig.  2. 


—     250     — 

anderer  nebenher.  Hierbei  entwickeln  sich  nicht  erst  Kanäle ,  wie 
die  oben  geschilderten,  sondern  die  Zersetzung  findet  an  allen  Stellen 
zugleich  statt,  wobei  größere  muskovitähnliche  einheitliche  Gebilde, 
bezw.  feinschuppige  Aggregate  kleinster  Blättchen  desselben  Minerals 
gleichzeitig  entstehen. 

Gareiss  ^  schließt  sich  in  seiner  Arbeit,  die  die  einzelnen  Stadien 
der  Pseudomorphosen  einer  näheren  Untersuchung  unterzieht,  der 
Anschauung  Wichmanns  an,  der  alle  diese  Pseudomorphosen,  Aspa- 
siolit,  Bonsdorffit,  Chlorophyllit,  Esmarkit,  Fahlunit,  Gigantolit,  Pinit, 
Prasiolit,  Pyrargillit,  Weissit  usw.  als  Glieder  eines  Alterations- 
prozesses vom  Chlorophyllit  bis  zu  dem  Pinit  auffaßt. 

Ähnliche  Verwitterungsvorgänge,  wie  wir  sie  oben  kennen  ge- 
lernt haben ,  beschreibt  Gareiss  von  einem  Pinit  aus  dem  Fichtel- 
gebirge. Er  hebt  ausdrücklich  hervor:  „Wie  in  keinem  anderen 
Falle  ist  hier  von  der  Spalte  aus  eine  Gelb-  oder  Grünfärbung  und 
mit  dieser  eine  bis  zur  Isotropie  verringerte  Doppelbrechung  des 
Cordierits  eingetreten." 

Als  Endprodukte  der  Umwandlung  ließen  sich  in  unseren  Ge- 
steinen, wie  oben  betont,  ebenfalls  Muskovit  und  Chlorit  bestimmen. 
Von  neu  gebildetem  Biotit,  wie  ihn  Gareiss  an  einer  Stelle  aufführt, 
konnte  ich  dagegen  nichts  finden.  Durch  die  zu  verschiedenen 
Zeiten  ausgeführten  Analysen  wurde  mit  Bezug  auf  die  stoffliche 
Veränderung  bei  diesen  Pseudomorphosen,  wie  noch  kurz  erwähnt 
werden  mag,  nachgewiesen,  daß  der  MgO-Gehalt  des  Cordierits 
bedeutend  verringert  wird  oder  fast  gänzlich  verschwindet  und 
.dafür  Wasser,  Alkalien  und  Eisen  eintreten,  was  mit  den 
mikroskopischen  Feststellungen   in    vollem  Einklänge   stehen  würde. 

Der  Sillimanit  bildet  weiße  seidenglänzende  Faserbündel 
von  gewundener,  gestauchter  Form ,  die  besonders  deutlich  an  der 
Oberfläche  dieser  Gneise  zu  sehen  sind.  U.  d.  M.  setzen  sich  diese 
Bündel  aus  einer  Unzahl  von  langen  Kriställchen  zusammen ,  die 
sich  um  die  anderen  Bestandteile  gleichsam  herumwinden.  Es  ge- 
währt einen  ganz  eigenartigen  Anblick,  wenn  die  Kristalle  senkrecht 
zur  Längsrichtung  getroffen  werden.  Ein  H^er  kleiner  stark  licht- 
brechender Viereckchen  reiht  sich  einem  Pflaster  gleich  nebeneinander. 

Der  Graphit  kommt  auch  in  diesen  Gneisen  als  konstanter 
Begleiter  der  Gemengteile  vor:  nirgends  jedoch  bildet  er  große 
Anhäufungen. 


A.  Gareiss,  t'ber  Pseudomorpliosen  nach  Cordierit. 


—     251 

An  akzessorischen  Mineralien  sind  zu  nennen:  Titanit, 
Magneteisen,  Zirkon. 

Während  die  granat-graphitreichen  GUeder  mehr  den  Kinzigit- 
gneisen  des  Schwarzwaldes  gleichen,  zeigen  die  zuletzt  beschriebenen 
Gneise  sehr  große  Ähnlichkeit  mit  den  Dichroitgneisen  des  Bayrischen 
Waldes ,  wie  ich  sie  besonders  in  der  Umgebung  von  Bodenmais 
kennen  lernte.  Ja,  manche  Handstücke  sind  geradezu  zum  Ver- 
wechseln ähnlich.  Nicht  allein  auf  der  Gleichheit  der  einzelnen 
Bestandteile  beruht  diese  Verwandtschaft,  sondern  auf  dem  Gesamt- 
habitus, insbesondere  auf  der  körnig-streifigen  Struktur  mit  por- 
phyrischen Peldspatkrystallen. 

Vorkommen:  Vorzüglich  am  Florian,  aber  auch  am  Jusi  und 
Grafenberg,   Geigersbühl. 

6.  Biotit  reich  er  Kontaktgneis.  An  diese  Gneise  läßt 
sich  am  besten  noch  ein  Glimmergestein  anreihen,  das  fast  nur  aus 
schwarzem  Biotit  sich  aufbaut.  Die  einzelnen  Blättchen  stehen  kreuz 
und  quer  durcheinander.  Sehr  selten  beobachtet  man  einen  grün- 
lichen Feldspat  dazwischen. 

Am  Silberberg  bei  Bodenmais  fand  ich  ein  ganz  ähnliches  Ge- 
stein, das  eine  basische  Einlagerung  im  granatreichen  Cordieritgneis 
darstellt. 

U.  d.  M.  zeigt  unser  Auswürfling  wie  die  zahlreichen  großen 
und  kleinen  bunt  durch-  und  nebeneinander  liegenden  Biotite ,  die 
vielfach  Stauchungen  aufweisen ,  zwischen  Feldspatkristallen  ein- 
gebettet sind,  die  eine  außerordentliche  Frische  besitzen.  Orthoklas 
und  Plagioklas  grenzen  polygonal  aneinander;  alles  weist  auf  eine 
Annäherung  an  die  Hornfelsstruktur  hin.  Nicht  nur  die  Biotite, 
sondern  auch  die  Feldspäte,  insbesondere  deutlich  sichtbar  an  den 
Plagioklasen,  sind  gepreßt  und  umgebogen. 

Außer  den  Hauptbestandteilen  Feldspat,  Biotit  nehmen  an  der 
Zusammensetzung  dieses  Gesteines  noch  teil :  Quarz ,  reichlich 
Granat,  Pleonast,  Sillimanit,  Magneteisen,  daneben  noch  Apatit 
und  Zoisit. 

Der  Feldspat,  meist  ohne  bestimmte  kristallographische  Be- 
grenzung ,  gehört  vorwiegend  dem  Plagioklas  an.  Einige  größere 
Kristalle  schließen  massenhaft  Sillimanitnadeln  ein ,  die  meist  alle 
nach  einer  Richtung  hin  sich  erstrecken.  Eine  ganz  eigenartige 
Plagioklasstruktur  (Taf.  HI  Fig.  3)  sollte  hier  noch  Erwähnung  finden. 
Im  Kristall  liegen  gezackte  Stäbe  in  paralleler  Anordnung,  daneben 
tafelartige  Gebilde,  wie  wir  am  besten  aus  der  Photographie  ersehen. 


—     252     — 

Eine  genauere  optische  Untersuchung  läßt  erkennen ,  daß  wir 
es  wohl  mit  einer  perthitartigen  Verwachsung  zweier  Feldspäte  zu 
tun  haben,  sie  deckt  sich  mit  der  von  F.  Suess  ^  als  Antiperthit  be- 
zeichneten Verwachsung. 

Die  Biotite  sind  teils  noch  recht  frisch  und  zeichnen  sich 
dann  durch  sehr  starken  Pleochroismus  aus ,  teils  sind  sie  schon 
mehr  oder  weniger  weit  in  der  Zersetzung  vorgeschritten.  Biegungen 
und  Stauchungen  sind  nicht  selten  zu  beobachten.  Auffallend  ist, 
daß  zahlreiche  Biotite  eine  runde  Form  haben,  gleichsam  als  seien 
sie  angeschmolzen  worden. 

Als  charakteristischer  farbiger  Gemengteil  tritt  grüner  Spinell 
(Pleonast)  hinzu.  Er  durchschwärmt  das  Gestein  in  kleinen  scharf 
begrenzten  Kristallen,  deren  Form  hauptsächlich  auf  Oktaeder  hinweist. 

Zahlreiche,  große,  lange  Nadeln,  die  sich  teilweise  radialstrahlig 
anordnen,  lassen  sich  nach  den  optischen  Bestimmungen  dem  Silli- 
manit  zuweisen,  daneben  sind  noch  kleine  unzählige  Nädelchen  im 
Gestein,  besonders  im  Feldspat,  eingeschlossen,  die  meist  zu  Strängen 
geordnet,  alle  möghchen  Drehungen  beschreiben;  auch  sie  dürften 
dem  Sillimanit  angehören. 

Die  Granatkristalle  (Almandin)  sind  ziemlich  häufig ,  in  ihrer 
Nähe  sammeln  sich  meist  die  Spinelle  an. 

Vorkommen :  Grafenberg. 

7.  An  die  bisher  beschriebenen  Gneise  schließt  sich  durch  Über- 
gänge verbunden  eine  Gneisart  an,  die  wir  als  „Körnelgneis"  bezeich- 
nen wollen  und  deren  Definition  von  Gümbel  für  Gesteine  des  Bayri- 
schen Waldes  mit  folgenden  Worten  gegeben  wurde  ^  (S.  231  a.  a.  0.) : 
„Derselbe  ist  ein  körnig-streifiges  Gestein,  in  welchem  meist  ab- 
wechselnde Schichtenlagen  von  fein-  und  grobkörnigen  Gemengen, 
letztere  oft  granitähnlich,  sich  bemerkbar  machen.  Seltener  sind  die 
Feldspatteile  groß  und  in  länglichen  runden  Knollen  ausgeschieden." 

Die  mineralogische  Zusammensetzung  ist  vorwiegend  :  Feldspat, 
Glimmer,  geringe  Menge  Quarz ;  daneben  treten  noch  als  akzessorische 
Beimengungen  hinzu :  Pinit,  Graphit. 

Einer  der  wesentlichen  Gemengteile  des  Körnelgneises  ist  der 
Orthoklas  von  weißer  bis  graulicher  Farbe.  Die  Kristalle  sind  in 
manchen  Varietäten  ziemlich  groß ,  Karlsbader  Zwillinge  sind  ge- 
legenthch    vorhanden.     Neben    Orthoklas    erkennt    man    Mikroklin 

'  F.  E.  Suess:  Über  die  Perthitfeldspäte  aus  kristallinen  Scliiefergestciuen. 
Jalub.  k.  k.  Reichsanstalt  1904.  p.  426. 

^  Gümbel,  Ostbayrisches  Grenzgebirge. 


—     253     — 

an  seiner  charakteristischen  Gitterung  und  einfacli  verzwilHngten 
Plagioklas  in  nicht  unbeträchtUcher  Menge,  allein  er  fällt  wegen 
seiner  Kleinheit  lange  nicht  so  auf  wie  Orthoklas. 

Die  Untersuchungen  auf  das  spezifische  Gewicht  ergaben  folgende 
Resultate : 

2,540     2,570  und  2,623     2,647 

2,561     2,572  2,628     2,648 

2,566     2,574  2,639     2,648 

2,569     2,587  2,640 

wobei  aber  noch  zu  berücksichtigen  ist,  daß  die  großen  Schwankungen 
im  spezifischen  Gewicht  in  der  ersten  Reihe  durch  einen  verschiedenen 
Erhaltungszustand  zu  erklären  sind.  Die  Hälfte  des  Feldspats  gehört 
somit,  wie  aus  dieser  Tabelle  ersichtlich  und  wie  auch  die  mikro- 
skopisch optischen  Untersuchungen  ergeben  haben,  dem  Orthoklas  an. 
Die  Feldspäte  sind  stets  schon  ziemlich  starker  Verwitterung 
anheimgefallen ;  die  u.  d.  M.  trübdurchsichtige  Substanz  löst  sich  bei 
starker  Vergrößerung  in  ein  Aggregat  von  kleinsten  Körnchen  und 
Blättchen  auf,  die  sich  als  neugebildeter  Quarz  und  Muskovit  be- 
stimmen ließen.  An  Einschlüssen  treten  auf  im  Feldspat:  Quarz, 
Biotit,  Zirkon  und  Apatit. 

Der  Biotitgehalt  dieses  Gneises  schwankt  ganz  beträchtlich. 
Bald  bildet  er  größere  Anhäufungen  im  Gneis  zwischen  dem  Feldspat, 
bald  tritt  er  mehr  zurück  und  verleiht  dadurch  dem  sonst  ziemlich 
dunklen  Gneis  eine  hellere  Farbe.  Bald  sind  die  einzelnen  Biotitblättchen 
regellos  verteilt,  bald  scheint  eine  gewisse  Gesetzmäßigkeit  bezüglich 
der  Anordnung  um  den  Feldspat  herum  sich  beobachten  zu  lassen, 
derart,  daß  sich  die  Biotite  mit  ihrer  Längsrichtung  an  den  Feldspat 
anlegen.  Die  einigermaßen  frischen  Biotite  besitzen  bei  tief  brauner 
Farbe  einen  starken  Pleochroismus ;  meist  jedoch  sind  die  Blättchen 
schon  ausgelaugt  und  mit  den  Neubildungsprodukten,  insbesondere  den 
Brookit-Nadeln  und  Kriställchen  erfüllt.  Viele  der  zersetzten  Biotite, 
die  oft  wie  angefressen  aussehen,  enthalten  pleochroitische  Höfe  um 
eingeschlossenen  Zirkon  oder  Rutil  herum.  Wo  anscheinend  kein 
Mineraleinschluß  im  pleochroitischen  Hof  zu  finden  war,  da  zeigte 
sich  bei  stärkster  Vergrößerung  doch  ein  winziges  hochlichtbrechendes 
Kriställchen.  An  Einschlüssen  enthält  der  Biotit  auch  noch  Apatit. 
Den  Quarzindividuen,  die  zahnartig  ineinandergreifen,  ist  meist 
die  Erscheinung  der  undulösen  Auslöschung  eigen.  Ganz  besonders 
hervorzuheben  sind  die  massenhaften  Gas-  und  Flüssigkeitseinschlüsse, 
die    sich    in  Reihen   anordnen.     Mit  starker  Vergrößerung  (540 fache 


—     254     — 

lineare)  lassen  manche  Quarzkörner  in  ihren  Flüssigkeitseinschlüssen 
tanzende  Libellen  beobachten.  Lokal  häuft  sich  ein  schwarzer  Staub 
von  opaken  Mineralkörnchen  an. 

Akzessorisch  beigemengt  sind  dem  Gneis  kleine  runde  Körner 
von  Almandin.  Pinit  findet  sich  nur  ganz  vereinzelt.  Apatit  durch- 
setzt in  langgestreckten  Kristallen ,  die  deutliche  Querabsonderung 
aufweisen,  die  ganze  Gesteinsmasse,  insbesondere  aber  die  Quarze. 
Zirkon  tritt  in  rundlichen  Körnern  auf.    Graphit  ist  ziemlich  selten. 

Da,  wie  schon  bemerkt,  diese  Gneise  eine  nicht  zu  verkennende 
Ähnlichkeit  in  Struktur  und  Zusammensetzung  mit  den  von  Gümbel 
als  Körnelgneise  bezeichneten  Gesteinen  haben,  so  wurde  der  Name 
„Körnelgneis"   auch  für  diese  Gneise  der  Alb  beibehalten. 

Hauptfundorte  sind :  Florian  und  Rangenbergle. 

8.  Werden  einzelne  Feldspatkristalle  groß,  bilden  sie  geradezu 
Augen  im  Gestein,  so  haben  wir  den  Typus  des  „Augengneises", 
wie  ihn  Qüenstedt  am  Eisenrüttel  fand.  Es  ist  ein  ausgesprochener 
Zweiglimmergneis.  Biotit  und  Muskovit  bilden  Lagen  zwischen 
der  weißen  Quarz-Feldspatmasse. 

Die  Feldspataugen  sind  Orthoklas,  dagegen  weisen  die  Feld- 
spatkristalle der  Grundmasse  mikroperthitische  Verwachsung  auf  von 
Orthoklas  und  Albit.  Manchmal  nähert  sich  diese  Struktur  der 
rechtwinkligen  Durchkreuzung,  die  für  Mikroklin  so  charakteristisch  ist. 

Feldspat  und  Quarz  verwachsen  bald  unregelmäßig,  bald  ge- 
setzmäßig miteinander.  Der  Quarz  zeigt,  wie  bei  allen  bisher  be- 
kannten Gneisen,  undulöse  Auslöschung.  Der  Biotit  besitzt  starken 
Pleochroismus  und  pleochroitische  Höfe  um  Zirkoneinschlüsse.  Der 
Muskovit  ist  recht  häufig  und  gibt  dem  Gneis  einen  wunderhübschen 
Silberglanz. 

An  akzessorischen  Bestandteilen  sind  Granat,  Zirkon  und  Magnet- 
eisen zu  erwähnen.  Dieser  Typus  findet  sich,  wie  mir  Herr  Prof. 
Sauer  versicherte,  nirgends  im  Schwarzwald,  wohl  aber  kennen  wir 
ähnliche  Gesteine  aus  dem  Bayrischen  Wald. 

Fundort :  Eisenrüttel. 

9.  Wie  Gümbel  im  Bayrischen  Walde  an  die  Körnelgneise 
granitähnliche  angliedert,  so  wollen  wir  auch  gewisse  Gneise  der 
Alb  hier  einreihen  mit  dem  Namen  Granitgneis,  deren  Struktur 
körnig,  granitähnlich  ist,  die  aber  auch  durch  Zwischenstufen  mit 
dem  Körnelgneis  in  Zusammenhang  stehen.  Ihnen  eigen  ist  die  Ver- 
wachsung von  Quarz  und  Feldspat  nach  Art  der  „Structure  vermiculee". 

Fundort:  Florian  und  Metzinger  Weinberg. 


—     255     — 

10.  Endlich  ist  noch  ein  Gneis  zu  erwähnen,  den  ich  infolge 
seiner  feinkörnigen  Beschaffenheit  und  seiner  Parallelstruktur  als 
Streifengneis  bezeichnen  will.  Zwischen  den  eng  mitein- 
ander verbundenen  Quarz-Feldspatkörnern  lagert  sich 
in  parallelen  Zügen  der  Glimmer,  der  in  eine  chloritische 
Substanz  umgewandelt  ist.  Der  Feldspat  besitzt  als  Orthoklas  eine 
röthche  Farbe;  der  Plagioklas  dagegen  eine  weißlichgraue.  Der 
Biotit  ist  fast  vollständig  umgewandelt  in  eine  schmutziggrüne 
chloritische  Substanz  und  in  muskovitähnliche  Schuppen.  Daneben 
findet  sich  auch  noch  primärer  Muskovit.  Der  Quarz  löscht,  bei 
unregelmäßiger  Begrenzung,  undulös  aus.  Als  akzessorische  Minera- 
lien sind  zu  erwähnen  Granat  mit  reichlich  eingesprengten  Mikro- 
lithen,  Zirkon,  Pinit,  stellenweise  etwas  angehäuft  und  Graphit. 

Das  Vorkommen  dieses  Gneises  scheint  auf  Grafenberg  be- 
schränkt zu  sein. 

II.  Granite. 

Analog  der  Einteilung  der  Gneise  unterscheiden  wir  pinitreiche 
bezw.  pinitarme  Glieder.  Mit  Bezug  auf  die  Unterscheidbarkeit  von 
pinitführenden  Graniten  und  Gneisen  mag  auf  das  S.  240  Gesagte 
verwiesen  werden. 

1.  Pinitgranit. 
(Zweiglimmergranit  mit  Pinit.) 

Darunter  läßt  sich  eine  durch  ihre  reiche  Pinitführung  aus- 
gezeichnete Gesteinsart  der  Auswürflinge  zusammenfassen,  die  bei 
richtungslos  körniger  Struktur  aus  einem  Mineralgemenge 
besteht  von  Feldspat,  Quarz,    Pinit,    Biotit  und  Muskovit. 

An  akzessorischen  Bestandteilen  sind  zu  nennen  Granat,  Zirkon, 
Titanit,  Magneteisen  und ,  wenn  auch  selten ,  so  doch  sicher  nach- 
gewiesen, Graphit. 

Charakterisiert  wird  dieser  Typus  durch  eine  hypidiomorph- 
körnige  Struktur,  durch  einen  großen  Reichtum  an  idiomorph  aus- 
gebildeten Pinitkristallen  und  das  Hinzutreten  von  primärem  hellen 
Kaliglimmer.  Infolge  der  Armut  an  Biotit  besitzt  das  Gestein  eine 
grünweiße  Farbe. 

Über  die  angeführten  Gemengteile  ist  noch  folgendes  hinzu- 
zufügen : 

Für  die  Feldspäte  ergaben  die  Bestimmungen  des  spezi- 
fischen Gewichts  folgende  Werte : 


2,555 

2.612 

2.564 

2,634 

2,594 

2,671 

2,596 

2,694 

256 


mit  Zwillingslamellierung, 


die  sich  einerseits  auf  Orthoklas,  anderseits  auf  Plagioklas  (OHgoklas) 
zurückführen  lassen.  Die  hohen  Werte  in  beiden  Reihen  erklären 
sich  aus  der  teilweise  tiefgreifenden  Veränderung,  Sericitisierung,  der 
Feldspatsubstanz.  Vorhanden  sind  Einlagerungen  von  Albitschnüren 
im  Orthoklas.  Ganz  frischer  Feldspat  ist  selten  u.  d.  M.  zu  finden. 
Meist  ist  er,  beginnend  mit  einer  leichten  Trübung,  zu  einem  Ge- 
menge von  Muskovit,  Quarz  und  Kaolin  verwittert. 

Der  Quarz  erscheint  u.  d.  M.  bei  unregelmäßiger  Begrenzung 
gerne  in  großen  gelappten  Kristallen.  Meistens  löschen  die  Quarze 
undulös  aus.  Sehr  reich  sind  sie  an  Einschlüssen  von  staubartigen 
opaken  Körnchen ,  die  sich  stellenweise  anhäufen.  Die  einzelnen 
Quarzindividuen  greifen  zahnartig  ineinander.  In  Reihen  angeordnete 
Gas-  und  Flüssigkeitseinschlüsse  fehlen  auch  hier  nicht.  Zirkon, 
Granat,  Magnetit  sind  öfters  in  Quarz  eingeschlossen. 

An  Glimmer  sind  diese  Granite  verhältnismäßig  arm.  ins- 
besondere an  Biotit,  der  sich  bei  starker  Verwitterung  vielfach  in 
lavendelblaue  chloritische  und  muskovitähnliche  Blättchen  auflöst ; 
in  einzelnen  Biotitblättchen  liegen  die  Auslaugungsprodukte :  Brookit, 
Titanit,  Hämatit;    ferner  pleochroitische  Höfe  um  Zirkon  und  Rutil. 

Bemerkenswert  ist  der  Gehalt  an  Kali  gl  immer.  Die  farb- 
losen Rosetten  des  Muskovits  fallen  leicht  in  die  Augen  und  sind 
'hier  sicher  primärer  Entstehung,  wie  in  den  bekannten  Miarolit- 
graniten,  die  auch  unter  den  Einschlüssen  vertreten  sind.  Allein  es 
fehlt  den  hier  in  Betracht  kommenden  Graniten  die  bei  jenen  ent- 
wickelte mikropegmatitische  Struktur. 

Der  Pinit,  als  vorherrschender  Gemengteil,  drückt  dem  Granit 
die  charakteristische  grüne  Farbe  auf.  Er  ist.  wie  bei  frischem 
Material  leicht  konstatiert  werden  kann,  in  recht  guter  Kristall- 
form ausgebildet,  ein  Hauptmerkmal  dieser  Granite  gegenüber  den 
Pinitgneisen.  Die  Kristalle  sind  kurz  säulenförmig,  erscheinen  fast  wie 
hexagonale  Prismen  und  entsprechen  der  Kombination  ccP  .  cx)Pob  .  OP, 
eine  für  Cordierit  charakteristische  Form.  Hieraus  sowohl  wie  aus 
dem  Umstände,  daß  die  Verwitterungserscheinungen  dieser  Pinite 
sich  vollständig  mit  jenen  der  bekannten  Pseudomorphosen  von  Pinit 
nach    Cordierit    decken .    wie    wir   sie    auch    oben    schon    geschildert 


—     257     — 

haben  (S.  247  u.  f.) ,  dürfen  wir  sicher  schHeßen ,  daß  auch  diese 
Finita  dem  Cordierit  angehörten. 

Die  meisten  Pinite  sind  schon  vollständig  in  Muskovit  und 
Chlorit  umgewandelt. 

An  akzessorischen  Beimengungen  stellen  sich  ein:  Almandin, 
besonders  in  pinitreichen  Stücken ;  einige  stecken  im  Pinit  drin ; 
Rutil,  größtenteils  im  Glimmer  eingeschlossen,  bald  in  länglich  ab- 
gerundeten Kristallen,  bald  in  den  bekannten  Kniekristallen;  Titanit. 
als  Einschluß  des  stark  zersetzten  Biotits,  dürfte,  wie  auch  in  den 
oben  (S.  243)  beschriebenen  Gneisen,  sekundärer  Entstehung  sein; 
Magneteisen  mit  scharfen  Umrißlinien ,  die  auf  Oktaederform  hin- 
deuten, zusammen  mit  bei  abgeblendetem  Lichte  speisgelb  glänzen- 
dem Magnetkies.     Zirkon  und  sehr  selten  Graphit. 

An  diese  Granite  schließen  sich  eng  ebenfalls  Pinitgranite  an, 
die  sogenannten  „Florianite"  Deffner's,  die  sich  von  den  bis- 
herigen durch  Hinzutreten  eines  roten  Feldspats  unterscheiden,  wo- 
durch das  Gestein  eine  grün-weiß-rote  Farbe  erhält.  Die 
sonstigen  Bestandteile  sind  dieselben  wie  beim  vorhergehenden  Pinit- 
granit ;  ebenso  ist  die  Struktur  die  gleiche. 

Sehr   reine  Feldspatkörner   ergaben  als  Werte  des  spezifischen 

Gewichts : 

[  2  540  1 
weißer  Feldspat  ohne  Zwillingsstreifung  {  ^V  71   \   Orthoklas, 


2,571 

f  2  608  i 
roter    Feldspat    mit    Zwillingslamellen  |  c,\oq      Albit,  Oligoklas. 

Mit  Bezug  auf  die  DEFFNER'sche  Bezeichnung  s.  S.  286. 

Eine  mehr  grobkörnige  Ausbildung  dieses  Granits  mit  großen 
Feldspateinsprenglingen  und  reichlicherem  Biotit  stammt  vom  Grafen- 
berg, desgleichen  ein  anderes  Stück  von  pegmatitischer  Ausbildung, 
von  Deffner  als  „Pinitpegmatit"  bezeichnet,  läßt  u.  d.  M.  eine  ge- 
setzmäßige Verwachsung  von  Quarz  und  Feldspat  an  einzelnen  Stellen 
beobachten.     Die  Pinite  sind  bis  zu  1  cm  Größe  ausgebildet. 

Fundorte :  Grafenberg,  Rangenberg,  Florian,  Höslinsbühl,  Engel- 
berg. 

2.  Miarolitgranit. 
Ein  durch  seine  rötliche  Färbung  auffallendes  Gestein  mit  fein- 
bis  mittelkörniger  Struktur  besitzt  große  Ähnlichkeit  mit  dem  Granit 
bei  Schenkenzell  im  Kinzigtal  und  ist  am  besten  infolge  seiner  dru- 
sigen Ausbildung  auch  als  Miarolitgranit  zu  benennen. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905.  17 


—     258     — 

Der  wesentlich  vorherrschende  Gemengteil  ist  rötlicher  Feld- 
spat, ein  Plagioklas  von  saurem  Charakter;  daneben  findet  sich  noch 
wenig  Orthoklas.  Die  gut  ausgebildeten  Kristalle  sind  durch  zurück- 
tretenden Quarz  verbunden.  Von  Glimmer  ist  nur  wenig  zu  finden ; 
etwas  Biotit,  der  aber  meist  schon  der  Zersetzung  anheimgefallen  ist ; 
daneben  heller  Kaliglimmer,  der  an  die  Hohlräume  gebunden  ist. 

Besonders  hervorgehoben  zu  werden  verdient,  daß  die  Drusen- 
räume dieses  Granits  sekundär  mit  glasglänzenden  Kalkspatrhombo- 
edern  ausgefüllt  sind. 

Da  gerade  dieser  Granit  sich  in  einem  sehr  fortgeschrittenen 
Zustande  der  Zersetzung  befindet,  so  war  eine  weitere  Untersuchung 
nicht  möglich. 

Fundorte:  Grafenberg,  Höslinsbühl,  Geigersbühl  und  Engelberg. 

3.  Granit  it. 
Als  Übergangsglieder  zu  den  hier  zu  besprechenden  Granititen 
finden  sich  Bruchstücke  von  Gesteinen,  welche  eine  allmähliche  Ab- 
nahme sowohl  des  Pinits  als  auch  des  Kaliglimmers  erkennen  lassen, 
während  der  uns  vorliegende  normale  Granitit  sich  zusammensetzt 
aus  Feldspat  (Orthoklas  und  Plagioklas),  Quarz,  Biotit,  mit  fein-  bis 
mittelkörniger  hypidiomorph-körniger  Struktur. 

Der  Feldspat  ist  mehr  oder  weniger  idiomorph  begrenzt  und 
gehört  in  erster  Linie  dem  Orthoklas  an,  dem  sich  aber  auch  noch 
Oligoklas  hinzugesellt.  Dafür  sprechen  auch  die  gefundenen  spezi- 
fischen Gewichte: 

2,568 
2,641 
2,646. 

Die  Verwitterung  des  Feldspats  hat  schon  beträchtlich  eingesetzt. 

Der  Quarz  zeigt  fast  durchweg  undulöse  Auslöschung,  etliche 
Kristalle  besitzen  die  bekannte  Mörtelstruktur.  Einige  dieser  stark 
undulös  auslöschenden  Quarze  ergaben  neben  Durchschnitten,  die 
bei  -f  Nicols  ein  deutlich  einachsiges  Interferenzkreuz  lieferten,  auch 
noch  solche,  deren  schwarzes  Kreuz  bei  der  Drehung  sich  in  zwei 
auseinandergehende  Hyperbeläste  auflöste. 

Der  Glimmer,  Biotit,  tritt  gegenüber  dem  Feldspat  und  Quarz 
etwas  zurück  als  Bestandteil.  Seine  Zersetzungsprodukte  sind  denen 
ähnlich,  die  wir  schon  kennen  gelernt  haben.  Akzessorische  Minera- 
lien sind  Pinit,  Magnetit,  Zirkon.  Fundorte:  Rangenberg,  Hof  buhl 
und  Florian. 


—     259     — 

III.  Ganggesteine  der  Granitformation. 

Aus  dieser  Gruppe  ließen  sich  nur  ganz  wenige  Vertreter  auf- 
finden, die  sich  durch  ihre  mineralogische  Zusammensetzung  und 
Struktur  als  hierher  gehörig  erwiesen. 

Mir  liegen  zwei  Vertreter  der  Ganggefolgschaft  der  Granite  vor, 
Vertreter  des  sauren  Typus  —  Aplite,  und  des  basischen  —  Kersantite. 

1.  Aplite. 

Die  Aplite  stellen  ein  äußerst  feinkörniges,  infolge  des  Mangels 
an  farbigen  Gemengteilen  hellgraues  Gestein  dar  von  der  normalen 
Zusammensetzung.  Der  Feldspat  gehört  vorwiegend  dem  Orthoklas 
an,  daneben  jedoch  sind  auch  saure  Plagioklase  zu  beobachten. 
Zwillingsbildungen   nach    dem  Karlsbader  Gesetz    sind    nicht  selten. 

Der  vorherrschende  Quarz  scheint  zwei  verschiedenen  Bil- 
dungsperioden anzugehören,  denn  einmal  neigen  die  kleinen  Indivi- 
duen, die  auch  mitten  im  Feldspat  drin  stecken,  zu  idiomorpher 
Begrenzung,  dagegen  treten  die  großen  Quarze  als  Lückenausfüller 
auf  und  sind  stellenweise  schwach  gepreßt. 

Als  untergeordneter  Gemengteil  muß  Biotit  Erwähnung  finden. 
Er  führt  Zirkone  mit  pleochroitischen  Höfen.  In  Quarz  und  Feld- 
spat ist  Biotit  nicht  selten  eingewachsen. 

Ein  sehr  interessantes  Fundstück  vom  Grafenberg  zeigt,  wie 
der  oben  beschriebene  Cordieritgneis  von  einem  Aplitgang  durch- 
setzt wird. 

Fundorte :  Florian  und  Grafenberg. 

2.  Kersantite. 

Im  Gegensatz  zu  den  eben  beschriebenen  sauren  Ganggesteinen 
stehen  dunkle,  äußerst  feinkörnige  bis  dichte  Gesteine,  deren  Struktur 
und  mineralogische  Zusammensetzung  sie  zur  Minette-Kersantit-Reihe 
verweisen. 

Es  liegen  mir  8  Stücke  dieses  Typus  vor.  Sie  haben  durchweg 
eine  dunkelbraune  bis  schwarze  Farbe.  Makroskopisch  läßt  sich 
wesentlich  nur  der  starkglänzende  reichliche  Biotit  erkennen.  Mit 
fortschreitender  Verwitterung  geht  die  Farbe  dieser  Gesteine  in  eine 
mehr  graubraune  über  infolge  der  Bleichung  des  Biotits. 

Vorwiegend  ist  der  reine  Kersantittypus,  charakterisiert  u.  d.  M. 
durch  lange  Plagioklaskristalle ;  einigen  Findlingen  jedoch  dürfte  eine 
Mittelstellung  zwischen  Kersantit  und  Minette  zukommen. 

ü.  d.  M.  beobachten  wir  eine  panidiomorph-  bis  hypidio- 

17* 


—     260     — 

morphkörnige  Struktur  der  Mineralkombination  Plagio- 
klas-Biotit.  Als  untergeordnete  Gemengteile  finden  sich  Quarz 
und  Orthoklas. 

Der  Glimmer,  Biotit,  bildet  bei  frischer  Erhaltung  gut  aus- 
kristallisierte idiomorphe  hexagonale  Blättchen ,  die  häufig  einen 
helleren  Kern  und  eine  dunklere,  eisenreichere  Randzone  unterscheiden 
lassen.  Die  Absorption  ist  meist  recht  stark.  Demgemäß  sind  auch 
um  Zirkon  und  Rutil  die  pleochroitischen  Höfe  gut  entwickelt. 

Der  Feldspat  ist  ein  basischer  Plagioklas,  dessen  Kristalle 
eine  ausgesprochene  Neigung  zu  Längsformen  besitzen.  Deutlich 
tritt  die  Bildung  einer  Zonarstruktur  dadurch  vor  Augen,  daß  der 
mehr  basische  Kern  schon  in  Umwandlung  begriffen  ist,  während 
die  saure  Randzone  sich  noch  völlig  frisch  erweist. 

Bei  den  zu  den  Zwischengliedern  zu  rechnenden  Vorkommen 
tritt  Orthoklas  in  kurz  leistenförmiger  Gestalt  in  das  Gestein  ein. 
Einlagerungen  von  opaken  Körnern  und  Nädelchen  sind  vielfach  im 
Feldspat  gesetzmäßig  so  angeordnet,  daß  sie  parallel  den  Kristall- 
flächen verlaufen. 

Quarz  tritt  nur  untergeordnet  auf  und  füllt  die  Lücken  zwi- 
schen Biotit  und  Feldspat  aus.  Undulöse  Auslöschung  beobachtet 
man  auch  hier.  Ganz  besonders  auffallend  ist  in  allen  diesen  Ge- 
steinen ein  außerordentlich  hoher  Gehalt  an  Apatit.  Er  zeigt  sich 
u.  d.  M.  in  allen  Bestandteilen  des  Kersantits  zerstreut,  jedoch  scheint 
er  insbesondere  in  den  farblosen  Gemengteilen  Feldspat  und  Quarz 
reich  zu  sein.  Regellos  verbreiten  sich  die  Nadeln,  die  oft  von  ganz 
beträchtlicher  Länge  und  zugleich  quer  gegliedert  sind.  Beachtens- 
wert ist  die  Erscheinung,  daß  in  diesen  Kersantiten  manche  Apatite 
gebogen,  gebrochen,  geknickt  sind,  und  zwar  nicht  nur  in  einer,  son- 
dern in  verschiedenen  Richtungen.  Noch  bemerkenswerter  sind  die 
Erscheinungen  der  Anschmelzung  bezw.  der  Korrosion.  Man  erkennt, 
daß  die  Apatite  kreisförmig  gebogen  wurden  und  nun  infolge  der 
jedenfalls  sehr  bald  nach  der  Ausscheidung  erfolgten  Anschmelzung 
rundliche,  schlauchähnliche,   traubig- nierige  Gebilde  darstellen. 

Ebenfalls  bemerkenswert  ist,  daß  nicht  allein  Apatite,  sondern 
auch  Zirkonkristalle  Anschmelzungen  erkennen  lassen,  die  aber  bei 
weitem  nicht  so  typisch  sind  wie  die  des  Apatits. 

An  akzessorischen  MineraUen  sind  außer  den  schon  er- 
wähnten Apatiten  und  Zirkonen  noch  anzuführen:  Magneteisen, 
Hämatit  und  Pyrit. 

Auffallend  ist  die  relativ  große  Verbreitung  dieses  Gesteins, 


—     261     — 

denn  es  wurden  Stücke  gefunden  in  den  Tuffen  vom  Rangenbergle, 
Metzinger  Weinberg  und  Grafenberg.  Von  all  diesen  Vorkommen 
wurden  Dünnschliffe  hergestellt.  Ein  weiteres  Vorkommen  vom  Engel- 
berg ,  von  dem  kein  Dünnschliff  gemacht  wurde ,  gehört  auf  Grund 
seiner  makroskopischen  Beschaffenheit  auch  hierher. 

Es  muß  hier  darauf  hingewiesen  werden,  daß  in  den  Grund- 
gebirgsmassen  des  Rieses  ein  ähnliches  Ganggestein  beobachtet  wurde. 
Es  ist  das  der  sogen.  Wennebergit,  welches  auf  Grund  der  Unter- 
suchungen von  GüBiBEL  und  Thürach',  obwohl  es  vorübergehend  für 
Basalt  oder  Liparit  gehalten  wurde ,  sich  als  ein  altes  Ganggestein 
herausgestellt  hat,  welches  zum  Typus  Kersantit,  speziell  Aschaffit, 
zu  rechnen  sein  dürfte. 

IV.  Diorite. 

Die  Diorite  sind  unter  den  Einschlüssen  reichlich  vertreten. 
Geradezu  massenhaft  lassen  sie  sich  an  der  Sonnenhalde  bei  Neid- 
lingen  sammeln.  Es  mag  gleich  eingangs  nochmals  darauf  hin- 
gewiesen werden,  daß  es  oftmals  schwer  ist,  körnige  Feldspatamphibo- 
lite  und  Diorite  zu  unterscheiden,  denn  wie  einerseits  manche  der 
.Amphibolite  eine  richtungsloskörnige  Struktur  anstreben,  so  stellt 
sich  anderseits  in  manchen  der  dioritartigen  Gesteine  eine  bald  ver- 
steckte, bald  deutliche  Parallelstruktur  ein.  Man  muß  es  aufgeben, 
eine  scharfe  Grenze  zwischen  diesen  beiden  Gesteinstypen  zu  ziehen, 
besonders  wo  man  nicht  die  Lagerungsverhältnisse  entscheiden  lassen 
kann,  sondern  nur  lose  Bruchstücke  vorliegen. 

Es  ist  hervorzuheben,  daß  wir  nur  eine  Ausbildungsform  dieser 
Gesteine  besitzen,  nämlich  die  Gruppe  der  normalen  Amphibol- 
diorite.  Deren  Hauptgemengteile  sind  Plagioklas  und  Hornblende  ; 
Über  gemengteile  stellen  dar  Biotit,  Apatit,  Zirkon,  Titanit  und  Mag- 
neteisen. Der  Feldspat  als  vorherrschender  Gemengteil  äußert  stets 
seine  Neigung  zu  idiomorpher  Begrenzung,  die  um  so  mehr  hervor- 
tritt, als  der  Feldspat  eine  außerordentliche  Frische  aufweist.  Fast 
ausnahmslos  besitzen  alle  Feldspatkristalle  Zwillingsstreifung.  Makro- 
skopisch besitzt  der  Feldspat  die  dunkelgraue  Farbe  eines  sehr  ba- 
sischen Plagioklases,  bezw.  des  Labradors ,  was  im  Einklänge  steht 
mit  den  mikroskopischen  Beobachtungen  über  die  Auslöschungsschiefe. 
Neben  den  nach  dem  Albitgesetz  vorwiegend  ausgebildeten  Zwillingen 
treten  gern  noch  Kristalle  auf,  in  denen  Albit-  und  Perikhngesetz 
gleichzeitig  zur  Ausbildung  gelangt  sind. 

'  Gümbel,  Fränkische  Alb.  S.  205/206  u.  232. 


—     262     — 

Der  Amphibo]  ist  durchweg  die  gemeine  grüne  Hornblende. 
Da  die  Kristalle  meist  mehr  oder  weniger  stark  verwittert  sind, 
so  sind  die  Begrenzungen  nicht  scharf.  Der  Pleochroismus  ist: 
a  =  hellgelb ;  b  =  hellgrün  bis  gelbbraun ;  c  =  dunkelbläulich  bis 
grün;  c  >  6  >  a.  Verschiedene  Messungen  der  Auslöschungsschiefe 
ergaben  c  :  C  =  15 — 17°.  Zwillingsbildungen  konnten  nirgends  be- 
obachtet werden.  In  manchen  Dünnschliffen  treten  die  Yerwitte- 
rungserscheinungen  der  Hornblende  stark  hervor.  Zunächst  fällt 
auf,  daß  die  Verwitterung  bald  da,  bald  dort  in  einem  und  dem- 
selben Individuum  beginnt,  somit  nicht  gesetzmäßig  gewissen  Rich- 
tungen folgt.  Die  Verblassung  der  grünen  Farbe  bildet  den  An- 
fang der  Zersetzung  und  bald  verschwindet  die  grüne  Farbe  über- 
haupt und  macht  einer  gelben  Platz.  Hand  in  Hand  damit  geht  das 
Verschwinden  der  Spaltrisse.  Das  gelbbräunliche  Zersetzungsprodukt 
erscheint  homogen ;  vielfach  besitzt  dasselbe  auch  eine  intensiv 
dunkelbraune  Färbung.  Diese  braune  Färbung  ist  wohl  lediglich  auf 
eine  Ausscheidung  bezw.  Anreicherung  von  Eisenhydroxyd  zurück- 
zuführen. 

In  gewissem  Zusammenhang  mit  den  geschilderten  Verände- 
rungen scheint  sich  auch  ein  Zerfall  der  Hornblendesubstanz  in 
Chlorit,  Epidot,  Calcit  und  Quarz  zu  vollziehen. 

Endlich  wäre  noch  zu  bemerken ,  daß  Hornblende  als  sekun- 
därer Bestandteil  mikroskopisch  feine  Spältchen  ausfüllend  auftritt. 
Die  Länge  der  Spältchen  ist  verschieden,  gemessen  wurde  eines  mit 
11,2  mm  Länge,  ein  anderes  mit  nur  2,4  mm.  Die  Hornblende  dieser 
Art  zeichnet  sich  durch  eine  frische  Beschaffenheit  aus  und  heilt 
die  anscheinend  durch  Gebirgsdruck  im  Gestein  entstandenen  Spalten 
geradezu  aus.  Dieselbe  tritt  nicht  in  der  Form  des  feinfaserigen 
Uralites  auf,  sondern  in  kompakt  blätterigen  Kristallen. 

Im  Gemenge  mit  dieser  Hornblende  befindet  sich  noch  ein 
gelblichweißes,  stark  lichtbrechendes  Mineral,  dessen  Bestimmung 
nicht  ganz  sicher  gelang.     Vielleicht  ist  es  Titanit. 

Als  Nebenge  mengteile  dieser  Diorite  kommen  vor:  in  ganz 
geringer  Menge  Enstatit ,  selten  ferner  gemeiner  monokliner  Augit : 
Titanit  in  größeren  Kristallen  in  reichlicher  Menge,  manchmal  ähnelt 
die  Form  derselben  der  Brief  kuvertgestalt ;  Biotit  in  einem  grob- 
körnigen Diorit  von  der  Sonnenhalde  in  kleinen  Blättchen  von  starkem 
Pleochroismus.  Dieser  Biotit  ist  sehr  stark  eisenhaltig,  denn  bei 
seiner  Verwitterung  scheiden  sich  viele  Körner  von  blutrotem  Hämatit 
aus  unter  Zurücklassung  eines  chloritischen  Verwitterungsproduktes. 


—     263     — 

Magneteisen    ist  recht   häufig.     Quarz  ist  höchst  selten,    Apatit  da- 
gegen häufiger. 

Fundorte  :  Sonnenhalde  bei  NeidUngen  reichhch ;  Aichelberg  bei 
BoU  und  Metzinger  Weinberg;  Engelberg. 

V.  Gabbro. 

Gegenüber  den  häufigen  Dioriten  ist  ein  einziges  Vorkommen 
von  Gabbro  zu  erwähnen.  Das  Gestein  fällt  durch  seine  Frische 
und  relative  Schwere  auf,  besitzt  mittlere  Korngröße  und  ein  grau- 
blaues Aussehen,  ü.  d.  M.  läßt  es  sich  bestimmen  als  ein  hypidio- 
morph-körniges  Gestein  von  der  Zusammensetzung  Labrador it  und 
Diallag.  Übergemengteilesind:  Magnetit,  Rutil,  Pyrit,  Hämatit 
und  Apatit. 

Der  Feldspat  zeigt  teilweise  Zwilhngslamellen,  die  sehr  eng 
beisammen  stehen  und  sich  öfters  auskeilen.  In  der  Regel  folgen 
die  Zwillingsverwachsungen  dem  Albitgesetz,  doch  nicht  selten  sind 
auch  Kristalle,  an  denen  das  Albit-  und  das  Periklingesetz  zusammen 
ausgebildet  sind.  Eine  eigentümliche  verschränkte  Verwachsung 
kommt  in  einfachen  Feldspatkrystallen  vor,  die  sich  als  eine  Kom- 
bination von  einem  sauren  Feldspat  mit  dem  Labradorit  deuten  läßt. 
Zur  optischen  Untersuchung  des  basischen  Plagioklases  stellte  ich 
Spaltblättchen  her  und  bestimmte  die  Auslöschungsschiefen  auf  M 
und  P.  Auf  der  Fläche  M  mit  Spaltrissen  nach  OP  beobachtete  ich 
als  Mittel  aus  12  Ablesungen  eine  Auslöschungsschiefe  von  16°, 
gemessen  an  der  Kante  OP,  der  Basis.  Die  Spaltblättchen  nach 
der  Basis  ergaben  als  Mittel  von  ebenfalls  12  Beobachtungen  für 
die  Auslöschungsschiefe  einen  Wert  von  10**.  Die  Bestimmungen 
des  spez.  Gewichtes  mit  Hilfe  der  TnouLET'schen  Flüssigkeit  lieferten 
wegen  Verwachsung  des  Feldspates  mit  Diallag  etwas  zu  hohe  Werte, 
dagegen  beweist  die  optische  Untersuchung  die  Zugehörigkeit  des 
Feldspats  nahezu  zum  Labradorit.  Die  Feldspate  enthalten  die  aus 
dem  Gabbro  vielfach  bekannt  gewordenen  äußerst  feinen,  nadeiförmigen 
Interpositionen ,  auf  deren  Habitus  und  Anordnung  die  von  Rosen- 
BüSCH  ^  (S.  280  a.  a.  0.)  gegebene  Schilderung  wörtlich  Anwendung 
finden  kann:  „Labrador  zeichnet  sich  aus  durch  Interpositionen, 
welche  trotz  aller  Verschiedenheit  in  der  Form  wesentlich  den  Eisen- 
und  Titaneisenerzen  anzugehören  scheinen."  Und  ferner:  „Diese 
Interpositionen  liegen ,    wo  sie  nicht    allzu  winzige  Dimensionen  be- 


Rosenbusch,  Physiographie  der  Gesteine.  IL 


—     264     - 

sitzen,  deutlich  erkennbar  auf  Kristallfiächen  und  zwar  am  häufigsten 
wohl  auf  den  beiden  vertikalen  Pinakoiden ,  seltener  auf  Prismen- 
fiäche  oder  auf  der  Basis."  Meine  Beobachtungen  ergänzen  diese 
Angaben  in  folgender  "Weise  :  die  Nädelchen  sind  stark  lichtbrechend  ; 
die  Doppelbrechung  ist  nicht  immer  feststellbar;  wo  sie  sich  je- 
doch erkennen  läßt,  ist  sie  ebenfalls  hoch.  Interessant  ist  das  Auf- 
treten von  schön  ausgebildeten  Kniekristallen.  Mit  großer  Wahr- 
scheinlichkeit weist  dieses  Verhalten  auf  Rutil  hin.  Noch  sind  zu 
erwähnen  bei  dem  Feldspat  die  äußerst  reichlichen  Flüssigkeits-  und 
Gaseinschlüsse,  erstere  gelegentlich  mit  Libellen. 

Der  Diallag,  der  mit  Labradorit  das  Gestein  im  wesentlichen 
zusammensetzt,  besitzt  bald  kristallographische  Umgrenzung,  bald 
rundliche  Form.  Seine  ausgesprochenen ,  in  Querschnitten  nahezu 
senkrecht  verlaufenden  Spaltrisse,  außer  denen  noch  weniger  hervor- 
tretende nach  der  Querfläche  vorkommen ,  charakterisieren  ihn  gut 
neben  der  hohen  Licht-  und  Doppelbrechung.  Auch  im  Diallag  finden 
sich  wie  im  Feldspat  Nädelchen  eingelagert,  die  ebenfalls  in  be- 
stimmten Richtungen  angeordnet  sind ,  daneben  sich  aber  gern  zu 
Gruppen  vereinigen,  wobei  die  einzelnen  Nädelchen  unter  einem 
Winkel  von  annähernd  60*^  zusammenstoßen. 

In  stark  zurücktretendem  Maße  nimmt  an  der  Zusammensetzung 
des  Gabbros  auch  rhombischer  Pyroxen,  Enstatit  bezw.  Bronzit  teil. 

Über  gemengteile  sind:  Magnetit  in  runden  Körnern,  bisweilen 
mit  rötlichgelber  Verwitterungsrinde  von  Eisenhydroxyd  ;  Apatit;  Pyrit; 
sekundär  gebildet  Hämatit. 

Vorkommen :  Rangenbergle. 

Als  Anhang  zu  den  beschriebenen  Gesteinen  lassen  sich  hier 
wohl  am  besten  zwei  Gesteine  einreihen. 

1.  Hornblendit  (Hornblendefels).  Dieser  Gesteinstypus  be- 
steht vorwiegend  aus  einem  hypidiomorphkörnigen  Gemenge 
von  Hornblende  und  Biotit.  Es  entspricht  wohl  dieses  Gestein 
dem  Hornblendit  Rosenbusch's  ^ :  „Hornblendit  oder  Hornblendefels 
besteht  wesentlich  aus  Hornblende  mit  untergeordnetem  Biotit,  Pyro- 
xen, Olivin  und  gelegentlich  auch  mit  Pyrop.'' 

Da  das  Gestein,  wenn  auch  nur  wenig,  Quarz  enthält,  wäre  es  als 
quarz  haltiger  Hornblendit  zu  bezeichnen.  Das  Gestein  be- 
sitzt  ein  hohes    spez.  Gewicht  und   eine   feinkörnige  Beschaffenheit. 

Die  Hornblende,    von  brauner  Farbe  u.  d.  M. ,    hat  mittel- 


Rosenbuscb,  Elemente  der  Gesteinslehre.  1901.  S.  175. 


—     2ü5     "- 

starken  Pleochroismus  (a  =  hellgelblich  ;  b  =^  braun  =  C ;  C  =  b  >  a). 
Die  Auslöschungsschiefe  c  :  c  hegt  zwischen  16*^  und  20*^.  Die  Ver- 
witterung der  Hornblende  führt  zur  Bildung  von  Epidot ,  Chlorit, 
Muskovit  und  Quarz. 

Der  Biotit  hat  z.  T.  durch  die  Bleichung  und  Auslaugung 
die  charakteristischen  lavendelblauen  Interferenzfarben  angenommen. 
Zu  den  Neubildungsprodukten  zählen  vor  allem  Chlorit  und  mus- 
kovitähnliche  Schüppchen  und  die  stark  licht-  und  doppelbrechenden 
Titanmineralien.  Reich  ist  das  Gestein  an  Magneteisen  in  unregel- 
mäßig begrenzter  Form ;  um  die  Körner  hat  sich  häufig  ein  gelbroter 
Rand  von  Eisenhydroxyd  gebildet.  Häufig  ist  auch  das  Vorkommen 
von  Apatit.  Quarz  findet  sich  akzessorisch  als  primärer  Gemengteil 
in  kleinen  Körnern;  daneben  noch  sekundär  als  Zersetzungsprodukt. 

Fundort :  Rangenbergle. 

2.  Serpentin.  Makroskopisch  von  rötlichem  Aussehen  mit  bläu- 
lichem Schimmer,  setzt  er  sich  zusammen  aus  einer  weichen  Serpentin- 
substanz mit  grünen  Flecken  von  schilfriger  Hornblende.  Stellen- 
weise drückt  sich  noch  eine  körnige  Struktur  aus,  die  wohl  auf  den 
Ursprung  aus  einem  körnigen  Grundgebirgsgestein  hindeutet,  ü.  d.  M. 
erscheint  die  schwach  rötliche  Substanz  als  ein  äußerst  feinschuppiges 
Aggregat  von  nieder  bis  mittelstark  lichtbrechenden  Blättchen  (Taf.  HI. 
Fig.  4),  die  vorwiegend  sehr  hohe  Polarisationsfarben  aufweisen  und 
wohl  dem  Talk  angehören  dürften.  Dieser  kommt  auch  noch  in  ähn- 
lichen, aber  größeren,  zusammenhängenden  Partien  vor,  in  Blättchen, 
die  noch  eine  Andeutung  an  Spaltrisse  erkennen  lassen,  nach  denen  sie 
auslöschen.  In  diesem  Blätteraggregat  liegen  bald  größere  rundliche, 
undurchsichtige  schwarze  Körner  von  Magneteisen,  bald  kleine,  zahl- 
reiche, staubartige  opake  Körner. 

Die  grünen  Partien  sind  u.  d.  M.  farblos,  stark  licht-  und  doppel- 
brechend und  dürften  dem  Aktin olith  angehören,  teils  stenglige 
Individuen  bildend,  teils  mit  den  Spaltrissen  einen  Winkel  von  124*^ 
einschließend,  ohne  scharfe  kristallographische  Begrenzung,  sondern 
umringt  von  einem  feinschuppigen  Serpentinaggregat. 

Vielfach  ist  blutroter  Hämatit  sekundär  zur  Ausscheidung 
gelangt. 

Aus  dem  Umstände,  daß  die  Hornblende  frisch  ist,  d.  h.  keinerlei 
Andeutungen  an  Serpentinisierung  zeigt,  möchte  ich  schließen,  daß 
sie  zusammen  mit  dem  Serpentin  als  Neubildungsprodukt  zu  be- 
trachten ist. 

Fundort:  Grafenberg. 


—     266     — 

VI.  Tiefenfazies  der  Albbasalte. 

An  die  Gabbros  mag  eine  zu  den  kristallinen  Einschlüssen  zu 
rechnende  Gruppe  von  Gesteinen  angeschlossen  werden,  welche  sich 
einmal  mit  Bezug  auf  den  außergewöhnlich  frischen  Erhaltungszustand 
der  Gemengteile ,  anderseits  auf  Grund  gewisser  charakteristischer 
Übergemengteile,  die  gelegentlich  in  ihnen  auftreten,  mit  Sicherheit 
von  den  bisher  betrachteten  altkristallinen  Gesteinen  abtrennen  lassen. 
Sie  können  im  Hinbhck  auf  den  allgemeinen  geologischen  Zusammen- 
hang und  Verband,  in  dem  sie  auftreten,  nur  als  grobkristalline 
Urausscheidungen  des  basaltischen  Magmas,  mit  anderen 
Vierten  als  eine  Tiefen fazies  desselben  angesehen  werden. 
Berücksichtigt  man,  daß  die  basaltischen  Gesteine  der  Alb  sich  durch 
eine  hohe  Basizität,  einen  hohen  Eisengehalt,  durch  das  Zurücktreten 
der  Alkalien  auszeichnen,  so  darf  es  nicht  wundernehmen,  daß  man 
in  diesen  Urausscheidungen  Mineralkombinationen  vertreten  findet, 
welche  der  Gruppe  der  Peridotite  und  Pyroxenite  unter  den  alten 
Tiefengesteinen  entsprechen  würden.  Unter  dieser  Bezeichnung  sollen 
sie  auch  hier  eingereiht  werden.  Man  konnte  ihnen  den  Zusatz 
„Neo"  geben:  Mit  Bezug  auf  das  Vorkommen  des  Perowskits  in 
ihnen  ist  es  von  großer  Bedeutung,  daß  auch  die  Melilithbasalte 
der  Alb  dieses  Mineral  als  weitverbreiteten  charakteristischen  Be- 
standteil führen. 

1.  Peridotite. 

Makroskopisch  lassen  sich  an  dem  frischen  Gestein  kleine, 
schwarzglänzende  Blättchen  von  Glimmer  und  honiggelbe  Kristalle 
von  Olivin  unterscheiden.  Bei  mikroskopischer  Untersuchung  ergibt 
sich,  daß  in  einer  kristallinen  Grundmasse  von  Biotit  und 
kleinen,  aber  kristallographisch  scharf  begrenzten  Augiten 
größere  Olivine  liegen  von  unregelmäßig  begrenzter  Form. 
Nebengemengteile  sind  Hornblende,  Magneteisen,  Pe- 
rowskit,  Chromit  und  Apatit. 

Der  Glimmer,  Biotit,  dessen  Gehalt  im  Gestein  sehr  beträcht- 
lich ist,  charakterisiert  diesen  Peridotit  näher  als  Glimm  er  per  idotit 
(Olivinglimmerfels).  Der  Biotit  ist  von  außerordentlicher  Frische, 
besitzt  starke  Licht-  und  hohe  Doppelbrechung,  dagegen  geringen 
Pleochroismus.  Die  Enden  der  langgestreckten  Blättchen  sind  ge- 
zackt, gefranst.  Es  kommen  auch  Stauchungserscheinungen  vor, 
Biegungen  der  Kristalle.   Der  Achsenwinkel  des  Glimmers  ist  sehr  klein. 

Der  Olivin  erlangte  meist  beträchtHche  Größe  gegenüber  den 


-     267     — 

anderen  Gemengteilen;  er  erscheint  als  frühe  Ausscheidung  und  zeigt 
Korrosionserscheinungen.  Der  Olivin  neigt  stark  zur  Serpentinisierung. 
Eine  besonders  charakteristische  Verwitterungsform  des  Olivins  ist 
die,  daß  im  Kristall  spindelförmige  Reste  unzersetzt  bleiben,  während 
die  umgebenden  Partien  in  eine  anscheinend  isotrope  hellgelbe  bis 
grünliche  Masse  umgewandelt  werden.  Die  meisten  Olivinkristalle 
zeigen  Spaltbarkeit.  Außerordentlich  reich  ist  mancher  Olivin  an 
Einschlüssen  (Gas-  und  Flüssigkeitseinschlüsse),  die  teilweise  in  Reihen 
angeordnet  sind. 

Erwähnenswert  ist  die  Erscheinung,  daß  die  Biotite  mit  ihrer 
Längsseite  sich  an  das  Olivinindividuum  anlehnen ,  ja  es  geradezu 
umrahmen. 

Der  dritte  wesentliche  Gemengteil  ist  der  Augit,  u.  d.  M.  von 
hellgelblicher  Farbe,  in  kleinen  aber  kristallographisch  scharf- 
begrenzten Formen.  Er  setzt  im  wesentlichen  die  feinkörnigen  Teile 
des  Gesteins  zusammen ,  häuft  sich  auch  lokal  zu  radialstrahligen 
Aggregaten  an.  Überwiegend  sind  die  nach  der  Orthoachse  tafelig 
gestreckten  Kristalle.  Zwillingsbildungen  sind  nicht  sehr  selten,  vor- 
herrschend nach  dem  Orthopinakoid. 

Unter  den  Neb  engem  engt  eilen  ist  in  erster  Linie  die 
Hornblende  zu  nennen ;  dann  insbesondere  Magneteisen  in  kleinen 
Körnern.  Neben  wenig  Chromit  von  dunkelbrauner  Farbe  u.  d.  M. 
findet  sich  Perowskit  äußerst  reichhch  in  kleinen  Körnern,  bisweilen 
mit  Annäherung  an  Oktaedergestalt,  mit  starker  Lichtbrechung  und 
braunroter  Farbe.     Apatite  sind  selten. 

Als  eingewandertes  Mineral  bei  der  Zersetzung  des  Olivins  läßt 
sich  Calcit  bestimmen. 

Vorkommen :  Owen. 

2.  Pyroxenite. 
Der  Glimmerpyroxenit  besteht  im  wesentlichen  aus  Biotit 
und  Augit;  daneben  beteiligen  sich,  wenn  auch  recht  untergeord- 
net, an  der  Zusammensetzung  Hornblende,  Olivin,  Magnet- 
eisen; akzessorisch  Titanmineralien  und  Apatit.  Die  Struktur  ist 
die  hypidiomorphkör nige.  An  einigen  Stellen  liegt  um  die 
Augit-  und  Biotitkristalle  ein  Haufwerk  kleiner  Körner  von  Augiten. 
Der  Biotit  neigt  gerne  zu  idiomorpher  Ausbildung.  Er  besitzt 
starken  Pleochroismus;  die  Lichtbrechung  wie  die  Doppelbrechung 
sind  hoch.  An  Einschlüssen  beherbergt  er  selten  Apatit  und  Zir- 
kon.     Der  Augit,    von   unregelmäßiger  Gestaltung,    läßt  besonders 


-     268     — 

an  den  größeren  Kristallen  magmatische  Korrosionen  beobachten. 
Er  ist  u.  d.  M.  von  hellgelblicher  Farbe ,  bisweilen  mit  violettem 
Schimmer  behaftet.  Häufig  enthält  er  Einschlüsse  von  Biotit  und 
Hornblende,  insbesondere  aber  fallen  die  reichlichen  Gas-  und  Glas- 
einschlüsse auf,  die  oft  lokal  gehäuft,  oft  auch  in  unregelmäßigen 
Zügen  angeordnet  sind. 

Als  Nebenge  in  engteile  treten  Hornblende  auf  mit  den 
Achsenfarben  a  =  hellgelb,  h  =  gelbbraun,  c  =  dunkelbraun,  somit 
C  ^  ö  ^  a;  ferner  Magneteisen  in  rundlichen  Körnern,  daneben  noch 
Zirkon  und  Apatit,  letztere  meist  als  Einschlüsse  im  Biotit. 

Vorkommen :  Grafenberg. 

3.  Hornblende-Augitgestein. 

Ein  Gestein,  welches  sich  dem  Glimmerpyroxenit  anscheinend 
anschließt,  mag  hier  noch  Erwähnung  finden.  Es  besteht  aus  einem 
körnigkristallinen    Gefüge   von  Augit   und  Hornblende- 

Der  Augit  überwiegt  reichlich  an  Menge  die  Hornblende;  er 
ist  u.  d.  M.  mit  blaßgelblicher  Farbe  durchsichtig,  hin  und  wieder 
mit  einem  violetten  Schimmer  versehen.  Er  ist  selten  idiomorph 
ausgebildet,  besitzt  parallel  c  ausgezeichnete  Spaltbarkeit,  ist  voll- 
ständig erfüllt  von  Glaseinschlüssen,  die  in  behebigen  Reihen  sich 
durch  den  Augit  hindurchziehen  und  sich  auch  lokal  anhäufen.  Die 
Zonarstruktur  fehlt  hier. 

Die  Hornblende  zeigt  die  Beschaffenheit  der  basaltischen 
Hornblende,  erscheint  vielfach  in  größeren  Kristallen  mit  brauner 
Farbe,  ist  ausgezeichnet  durch  eine  Spaltbarkeit  parallel  c.  Die 
Achsenfarben  sind  a  =:  hellgelblich;  b  =  c  =:  dunkelbraun.  Die 
Auslöschungsschiefe  ist  etwas  hoch  (12°).  Auch  die  Hornblende  ist 
ganz  erfüllt  von  Einschlüssen,  zum  großen  Teil  aus  Glas  bestehend. 

Außer  diesen  beiden  Bestandteilen  findet  sich  nur  ganz  selten 
etwas  dunkler  Glimmer,  ein  Nest  im  Gestein  bildend.  —  Einige 
Zwischenräume  zwischen  Augit  und  Hornblende  sind  mit  einem 
hellen  nadelartigen  Aggregat  von  unbestimmbaren  Kriställchen  erfüllt. 

Fundort :  Rangenbergle. 

4.  Fernere  Urausscheidungen  des  basaltischen  Magmas. 

a)  Weiter  fand  sich  ein  Gestein  am  Metzin ger  Weinberg, 
das  Deffner  laut  beiliegender  Etikette  eigentümlicherweise  „zwi- 
schen Trachyt  und  Diorit"  stellte. 

Eine  schwarze  Grundmasse  aus  Augitkristallen  enthält  sehr  viel 


-     269     — 

Einsprengunge  von  Magnettitaneisen.  Etliche  Zwischenräume  sind 
durch  Infiltrationen  ausgefüllt. 

Der  Augit,  u.  d.  M.  von  gelblicher  Farbe  mit  einem  Stich 
ins  Violette ,  der  den  hellgefärbten  titanreichen  Augiten  eigen  ist, 
läßt  wohl  Neigung  zu  idiomorpher  Ausbildung  erkennen,  allein  viele 
Kristalle  konnten  sie  nicht  erlangen  durch  gegenseitige  Hemmung 
beim  Wachstum.  Charakteristisch  ist  die  radialstr ahlige  Anord- 
nung der  Augite.  Die  Zonarstruktur  ist  äußerst  häufig,  ja  beinahe 
die  Regel.  Insbesondere  häufig  sind  die  Sanduhrformen,  oft  von  ziem- 
lich scharfen  Linien  eingehüllt.  Glas-  und  Gaseinschlüsse  sind  über- 
aus reichlich  in  diesen  Augiten  vorhanden. 

Außer  Augit  beteiligt  sich  an  der  Zusammensetzung  des  Ge- 
steins nur  noch  Magnettitaneisen  in  großen  unregelmäßig  geformten 
Körnern.     Höchst  selten  ist  ein  Biotit  im  Dünnschiff  zu  beobachten. 

Die  Hohlräume  des  porösen  Gesteins  sind  durch  Infiltrationen 
vort  Calcit  und  besonders  Dolomit  ausgefüllt. 

b)  Wird  nun  der  Gehalt  an  Magnettitaneisen  noch  reicher,  so 
bekommen  wir  Gesteine,  wie  wir  sie  nur  an  der  Limburg  bei 
W e i  1  h  e i m  und  an  der  Sonne nhalde  beiNeidlingen  sammeln 
konnten.  Es  sind  spezifisch  schwere  Auswürflinge  infolge  des  sehr 
hohen  Gehaltes  an  Ilmenit,  verbunden  meistens  allein  mit  geringer 
Menge  Augit,  selten  noch  mit  Hornblende.  Makroskopisch  sehen  die 
Gesteine  schlackenähnlich  aus,  sie  sind  von  poröser  Beschaffenheit, 
mit  metallischem  Glänze. 

Der  Augit  besitzt  gelbliche  Farbe  mit  einem  Stich  ins  Violette. 
Aus  ganz  frischen  Handstücken  verfertigte  Präparate  lassen  mehr 
oder  weniger  gut  ausgebildete  idiomorphe  Gestalt  wahrnehmen.  Be- 
sonders charakteristisch  ist  für  diesen  Augit  die  ausgezeichnete  Spalt- 
barkeit, die  in  Schnitten  J_  c  jener  bei  Diallag  bekannten  ähnhch 
wird.  In  den  sehr  frischen  Gesteinen  von  der  Limburg  weisen  fast 
alle  Augite  zonare  Struktur  auf.  Sehr  häufig  sind  Zwillingskristalle. 
Gas-  und  Glaseinschlüsse  fehlen  auch  hier  nicht. 

Neben  Augit  findet  sich  nur  ganz  selten  eine  braune  Horn- 
blende mit  einer  Auslöschungsschiefe  von  16°. 

Dagegen  nimmt  das  schwarze  undurchsichtige  Magnettitan- 
eisen (Ilmenit)  neben  Augit  den  größten  Teil  an  der  Zusammen- 
setzung ein.  Meist  sind  es  unregelmäßige  Körner,  selten  kristallo- 
graphisch  begrenzte  Durchschnitte.  Bei  der  Verwitterung  liefern 
diese  opaken  Körner  gern  einen  Kranz  von  gelbrotem  Eisenhydroxyd. 
Die  Phosphorsalzperle  zeigte  die  Titanreaktion. 


—     270     — 

Zur  Bestimmung  der  hellen  Bestandteile,  die  in  den  Hohlräumen 
ausgeschieden  sind,  wurde  eine  Trennung  mit  Hilfe  der  TnouLET'schen 
Lösung  vorgenommen.  Nach  Abscheidung  des  zufällig  beigemengten 
Schweranteiles  von  Erzen  und  Augiten  ergab  eine  Trennung  des 
Hellgefärbten  nach  genauer  optischer  und  chemischer  Untersuchung, 
daß  Calcit,  Dolomit  und  Aragonit  an  der  Ausfüllung  der  Hohlräume 
teilnehmen,  wobei  Calcit  zum  Teil  schon  an  der  ausgesprochenen 
Zwillingslamellierung  kenntlich  war,  während  Aragonit  gern  radial- 
strahlige  Aggregate  bildete.  Die  chemische  Untersuchung  nach  der 
Methode  von  Meigen  bestätigte  diese  Feststellungen. 

In  einzelnen  Präparaten  nimmt  außer  Augit  und  Ilmenit  noch 
Apatit  untergeordnet  an  der  Zusammensetzung  teil,  bisweilen  in 
ziemlich  großen  Kristallen. 

Fundorte:  Limburg  bei  Weilheim  und  Sonnenhalde  bei  Neid- 
lingen. 

Einige  Bemerkungen  über  ähnliche  Funde  im  Basalttuff  der 
Alb  finden  sich  in  der  Abhandlung  meines  Freundes  E.  Gaiser  ^ 
(S.  39  a.  u.  0.). 

D.  Metamorphosen  der  älteren  kristallinen  Auswürflinge. 

Nachdem  Deffner  bereits  auf  die  verschiedenen  Erscheinungen 
hingewiesen  hat,  die  sich  als  Einwirkung  des  feurigen  Flusses  auf 
die  eingeschlossenen  FremdHnge  deuten  lassen,  wurde  bei  vorliegen- 
der Untersuchung  ganz  besondere  Aufmerksamkeit  auch  darauf  ver- 
wendet, die  Umwandlungserscheinungen  dieser  Art  näher  festzustellen. 
Im  nachfolgenden  sollen  die  Veränderungen  der  im  Tuff  liegenden 
Einschlüsse  und  jener  im  Basalte  getrennt  für  sich  behandelt  werden. 

1.  Veränderungen  der  im  Tuff  eingeschlossenen  kristallinen  Gesteine. 

Während  sich  die  Einwirkung  der  vulkanischen  Kräfte  auf  die 
Jurakalke  im  wesentlichen  nur  auf  die  Färbung,  meist  Rötung,  und 
Härtung  beschränkt,  so  ist,  wie  an  manchen  Stellen  nachgewiesen 
werden  kann ,  die  Veränderung  der  kristallinen  Gesteine  zum  Teil 
weit  größer,  „offenbar  weil  dieselben  einer  stärkeren  Temperatur 
ausgesetzt  waren  als  jene  (Kalke  und  Sandsteine).  Zwar  liegen  jetzt 
beide  gleichmäßig  im  Tuffe.  Aber  die  Granite  sind  aus  großer  Tiefe 
heraufgeholt  und  haben  die  hohen  Temperaturgrade,  welche  der  dort 
befindliche  basaltische  Schmelzfluß    ausstrahlte ,    erlitten.     Wenn  sie 


E.  Gaiser:  Basalte  und  Basalttuffe  der  schwäbischen  Alb.  1904. 


—     271     — 

daher  verändert  wurden,  so  geschah  das  bereits  in  großer  Tiefe." 
(Branco  S.  544.) 

Jedoch  ist  von  vornherein  zu  konstatieren ,  daß  die  um- 
gewandelten Gesteine  ziemUch  selten  sind,  zumal  die  angeschmolze- 
nen, gegenüber  den  unversehrt  gebliebenen  Auswürflingen.  Deffner 
bezeichnete  die  Umwandlungen  dieser  Art  als   „Pyromorphose". 

Unter  den  34  bekannten  Fundstellen,  wo  wir  kristalline  Silikat- 
gesteine als  fremde  Einschlüsse  nachgewiesen  haben  (s.  Tab.  S.  234), 
sind  nur  5  vorhanden,  wo  sich  deutliche  Anschmelzungserscheinungen 
wahrnehmen  lassen;  es  sind  dies  die  Punkte:  Metzinger  Weinberg, 
Hofbühl,  Jusi,  Alter  Reuter  und  Buckleter  Teich. 

Deffner  äußert  sich  über  diese  Umwandlungen  sowohl  in  den 
Begleitworten  zum  Blatt  Kirchheim  (S.  29  a.  a.  0.)  als  auch  in 
seiner  Abhandlung  „über  die  Granite  der  Alb"  ^  An  letzterer  Stelle 
(S.  130)  bemerkt  er:  „Was  die  Pyromorphosen  der  Granite  anbelangt, 
so  können  aus  den  Tuffen  des  Metzinger  Weinbergs,  des  Hofbühls, 
des  Jusi  und  weniger  anderer  Punkte  alle  Übergänge  von  kaum 
gefrittetem,  noch  deuthch  bestimmbarem  Granit  bis  zum  vollständigen 
blasigen  Bimsstein-Trachyt  (!?)  hinüber  gesammelt  werden.  .  .  .  Sehr 
bemerkenswert  sind  die  gänzlich  von  den  übrigen  abweichenden 
Pyromorphosen  des  grauschwarzen  Gneisgranites"  (zum  Teil  unsere 
Cordierit-  und  Körnelgneise),  „welche  sich  bis  jetzt  nur  auf  dem 
Rangenbergle  und  dem  Höslinsbühl  gefunden  haben ,  und  eine  Um- 
wandlung des  schwarzen  Glimmers  in  basaltische  Hornblende  er- 
kennen lassen."  Diese  Umwandlung  des  schwarzen  Glimmers  in 
basaltische  Hornblende  konnte  ich  an  keinem  der  zahlreichen  Ein- 
schlüsse, die  mir  durch  die  Hand  gegangen  sind ,  beobachten.  Sie 
beruht  sicherhch  auf  einem  Irrtum.  In  auffallender  Weise  zeichnen 
sich  gewisse  grobkörnige  bis  porphyrische  Granite  und  Gneise  vom 
Jusi  und  Florian  aas.  Es  ist  ihnen  ein  zackig  poröses  Aussehen 
eigen;  der  Glimmer  ist  gebläht  worden  zum  Teil,  der  Feldspat  ist 
milchweiß  gefärbt  und  von  splitteriger  Beschaffenheit.  Das  poröse 
Aussehen  dieser  Gesteine  mag  zum  Teil  daraus  sich  erklären,  daß 
der  aufgeblähte  Glimmer  leichter  zersetzt  wurde  oder  das  durch  Ein- 
schmelzen des  Glimmers  entstandene  Glas  herausgelöst  wurde.  Der 
Quarz  zeigt  vielfach  auffallenden  Fettglanz.  Wohl  am  weitgehendsten 
ist  die  Einwirkung  des  Magmas  auf  die  kristallinen  Gesteine  im  Tuff 
des  Metzinger  Weinbergs.    Leider  sind  jedoch  die  kontaktmetamorph 


Diese  Jahreshefte  1873. 


—     272     — 

umgewandelten  Einsprengunge  hier  meist  so  weich  und  so  stark  der 
Verwitterung  anheimgefallen,  daß  es  nicht  möglich  war,  die  einzelnen 
Bestandteile  genau  zu  bestimmen.  Veränderungen  der  Auswürflinge 
stärkerer  Art  sind  mir  von  5  Punkten  bis  jetzt  bekannt  geworden. 
Die  stärksten  Umwandlungen  haben  natürlich  die  Gesteine  erlitten, 
die  in  das  Basaltmagma  hineingerieten  und  längere  Zeit  darin  ver- 
harrten. Solche  Veränderungen  stärkerer  Art ,  die  infolge  ihres 
günstigen  Erhaltungszustandes  sich  für  die  Untersuchung  besonders 
eignen,  kennen  wir  vom  Hofbühl  und  vom 

Alten  Reuter  bei  Beuren.  Fassen  wir  zunächst  das  Gestein 
des  letzteren  Punktes  näher  ins  Auge: 

1.  Es  hat  bei  grauer  Farbe  eine  körnige  poröse  Beschaffenheit 
mit  durchziehenden  braunen  Schlieren  von  Glas,  die  etwa  wie  die 
Glimmerlagen  in  einem  Gneis  angeordnet  sind.  Der  Feldspat  zeigt 
eine  schlackige  poröse  Beschaffenheit  bei  weißer  Farbe,  ü.  d.  M. 
erkennt  man  in  einer  glasigen  Grundmasse  Glimmer,  unzersetzten 
Feldspat  und  ganz  selten  Quarz.  Da  die  Glimmer  in  Schlieren  an- 
geordnet sind ,  so  dürfte  das  vorliegende  Gestein  einen  verglasten 
Gneis  darstellen. 

Von  Biotit,  der  stets  von  dunkelbrauner  Farbe,  soweit  er 
nicht  ausgelaugt  ist,  blieb  ein  Teil  fast  unversehrt  erhalten;  dieser  hat 
nur  eine  auffallend  tiefkastanienbraune  Farbe,  zeigt  aber  noch  normal 
die  Interferenzfarben  und  starken  Pleochroismus.  Ein  anderer  Teil 
des  Biotits  ist  verglast.  Infolgedessen  erscheint  er  optisch  isotrop. 
Er  hat  jedoch  seine  ursprüngliche  Form  beibehalten.  Als  eine  Be- 
gleiterscheinung dieser  Umschmelzung  darf  die  reichhche  Ausschei- 
dung von  opakem  Magneteisen  angesehen  werden. 

Der  Feldspat,  vorwiegend  Plagioklas,  tritt  teilweise  in  sehr 
guter  kristallographischer  Begrenzung  auf.  Andere  Kristalle  dagegen 
sind  mehr  abgerundet.  Vielfach  ist  die  Substanz  u.  d.  M.  trübe 
durchsichtig  infolge  feinster  dicht  beieinander  liegender,  nicht  näher 
bestimmbarer  Einschlüsse  (über  die  Deutung  s.  S.  275). 

Der  Quarz  ist  nur  in  kleinen  runden  Körnern  und  selten  an- 
zutreffen. 

Zwischen  diesen  noch  mehr  oder  weniger  gut  erhaltenen  Be- 
standteilen zieht  sich  die  Glasbasis  hin,  die  an  manchen  Stellen 
ganz  klar  durchsichtig,  isotrop  ist  und  Spannungsrisse  zeigt,  an 
anderen  Stellen  wieder  stark  getrübt  erscheint  infolge  staubartiger 
Einsprenglinge  und  kleiner  Körnchen  von  Magneteisen.  Häufig  ist 
auch  das  Glas  in  der  Nähe  von  Biotit  gelbrot  gefärbt.    Ganz  selten 


—     273     — 

liegen  kleine  starklichtbrechende  Kriställchen  im  Glas,  die  wohl  nach 
Analogie  mit  den  unten  folgenden  Feststellungen  als  ausgeschiedene 
Augitkriställchen  angesehen  werden  dürfen. 

In  einzelne  Hohlräume    drang  Calcit  ein   und  schied  sich  aus. 

Es  beschränkt  sich  sonach  in  dem  betrachteten  Gestein,  das 
wahrscheinlich  einen  quarzarmen  Gneis  darstellte ,  die  Umwandlung 
auf  teilweise  Verglasung  des  braunen  Glimmers  und  auf  Eindringen 
von  braunem  Glas  des  Melilithbasaltmagraas  in  das  Gestein. 

2.  In  einem  Stadium  weiterer  Verglasung  befinden  sich  Auswürf- 
linge vom  Neuhäuser  Weinberg  oder  HofbühP.  Makroskopisch 
lassen  diese  Gesteine  folgendes  erkennen. 

a)  Das  eine  Stück,  das  wohl  einem  Cordieritgranatgneis  an- 
gehört haben  mag,  läßt  in  einer  braungrünen  schlierigen  Masse  nur 
noch  dunkle  glasglänzende  Stellen  unterscheiden,  die  verglasten  Feld- 
spat darzustellen  scheinen.  Der  Quarz  besitzt  auffallenden  Fettglanz; 
eine  lebhafte  Färbung  erhält  das  Gestein  durch  den  großen  Reichtum 
an  glänzendroten  Granaten  (Almandin).  Vielfach  erreichen  dieselben 
Erbskorngröße.  Mit  Hilfe  des  Stereoskopmikroskopes  ließ  sich  auch 
Graphit  bestimmen.  Die  stark  grün  gefärbten  Stellen  dürften  wohl 
von  verglastem  Pinit  herrühren.  Der  Feldspat,  soweit  er  noch  nicht 
verglast  ist,  besitzt  braune  Farbe  infolge  massenhafter  Einschlüsse 
von  Mikrolithen. 

b)  Ein  anderes  Handstück  enthält  größere  schwarze  pech- 
glänzende Knollen ,  anscheinend  mit  Spaltflächen ;  vielleicht  sind  es 
verglaste  Augite  oder  Hornblendekristalle.  Der  Feldspat  scheint 
eben  in  Verglasung  begriffen  zu  sein.  Der  Quarz  zeigt  keine  Ver- 
änderung. Mit  Hilfe  des  Stereoskopmikroskopes  ließen  sich  auch  in 
diesem  Stück,  namentlich  in  der  Rinde,  Blättchen  von  Graphit  er- 
kennen. 

c)  Einen  dritten  Typus  dieses  Fundortes,  bei  dem  die  Ver- 
änderung am  weitesten  vor  sich  gegangen  ist,  stellt  ein  dunkles 
Gestein  dar,  dessen  äußere  Rinde  porös  ist.  In  ihr  sind  noch  Kristalle 
sichtbar  von  Feldspat  mit  Spaltflächen,  daneben  glasglänzende  Körner. 
Mehr  nach  der  Mitte  des  Gesteins  zu  wird  die  dunkelgraue  Masse 
immer  homogener  mit  einzelnen  glasglänzenden  Stellen  darin  und 
ethchen  ausgefüllten  Blasenräumen.  In  der  Rinde  beobachtet  man 
Blättchen  von  Graphit. 


'  Am  Hof  buhl  fand   aiich  Gaiser  ein  kontaktmetamorph  umgewandeltes 
Gestein,  s.  E.  Gaiser:  Basalte  und  Basalttuife  der  Schwab.  Alb,  S.  19. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905.  18 


—     274     — 

Interessanter  gestaltet  sich  das  mikroskopische  Bild:  In 
einer  abwechselnd  hellen  und  dunklen  Glasgrundmasse  liegen  Quarz, 
Feldspat  und  im  erstbeschriebenen  Gestein  (a)  noch  erkennbare 
Glimmerfetzen  sowie  Granatkörner. 

Die  Glasgrundmasse  setzt  sich  zusammen  aus  bald  hellen 
durchsichtigen,  bald  trüben,  oft  ganz  dunkelgefärbten  Partien.  Der 
helle  Anteil  hat  ein  blasiges  Aussehen  und  besteht  aus  rundlichen, 
eiförmigen  Partien ,  die  radiale  Spannungsrisse  und  ein  anisotropes 
Verhalten  (schwarzes  Kreuz  zwischen  gekreuzten  Nicols)  zeigen, 
sowie  aus  einer  durch  Mikrolithen  getrübten  Grundmasse,  welche  bei 
700facher  Vergrößerung  sich  in  einen  glashellen  Grund  auflöst,  in 
welchem  zu  Tausenden  kleine  starklichtbrechende,  bald  stabförmige, 
bald  sternartige  Mikrolithen  liegen,  die  an  einigen  Stellen  sich  größer 
entwickelt  haben  and  hier  genau  als  Augitkristalle  bestimmt  werden 
konnten.  Außer  diesen  Augitnädelchen  liegen  in  der  Grundmasse 
noch  kleine  gelblichrote  Körner  mit  hohen,  orangeroten  Interferenz- 
farben ;  sie  treten  besonders  gern  als  Kranz  um  die  ganz  lichten 
Glasstellen  auf. 

Die  dunkelgefärbte  Glasmasse  verhält  sich  annähernd 
isotrop ;  sie  läßt  sich  nicht  weiter  auflösen ;  man  sieht  nur  viele 
schwarze  Körner,  wahrscheinlich  solche  von  Magneteisen  in  ihr  liegen, 
die  gern  von  einem  Rand  roten  Eisenhydroxyds  umgeben  sind.  Ferner 
sind  in  der  Glasbasis  unzählige  Augitmikrolithen  erkennbar.  Die 
dunkle  Färbung  stammt  einesteils  wohl  von  der  Einschmelzung  des 
Glimmers ,  zum  andern  scheint  aber  auch  eingeschmolzener  Augit 
oder  Hornblende  sie  bewirkt  zu  haben. 

Der  Glimmer  ist  beim  ersten  Gestein  (a)  noch  gut  zu  er- 
kennen; zum  Teil  schon  verglast.  In  den  zwei  anderen  Gesteinen 
(b)  und  (c)  ist  er  nicht  mehr  erhalten ,  sondern  vollständig  um- 
geschmolzen in  ein  dunkelbraunes  Glas. 

Der  Quarz  in  unregelmäßig  begrenzten  Körnern  ist  fast  un- 
verändert; stellenweise  besitzt  er  undulöse  Auslöschung.  Die  einzige 
Veränderung,  die  an  ihm  zu  beobachten  ist.  sind  große  Glaseinschlüsse, 
bald  von  runder,  bald  von  eigentümlich  geschwänzter  Form.  Manch- 
mal lassen  diese  gestreckten  Einschlüsse  am  Ende  noch  ein  Glas- 
bläschen erkennen.  Es  durchziehen  den  Quarz  auffallend  viele  Risse, 
die  oft  ganz  angefüllt  sind  mit  Glas. 

Interessante  Beobachtungen  lassen  sich  am  Feldspat  anstellen. 
Vielfach  idiomorph  begrenzt,  gehört  er  vorwiegend  zum  Plagioklas. 
Einzelne  Kristalle    sind    gar  nicht  umgewandelt  und  führen  nur  wie 


275 


Quarz  große  Glaseinschlüsse.  Andere  dagegen  lassen  eine  eigen- 
tümliche Umwandlung  verfolgen  (s.  Fig.  3).  Zunächst  wird  der  Umriß 
von  feinsten  Partikelchen  einer  noch  schwach  doppelbrechenden  Sub- 
stanz durchsetzt,  die  vermöge  ihrer  Massenhaftigkeit  dem  Rand  des 
Kristalls  das  Aussehen  einer  köineligen  Trübung 
verleihen.  Eine  genaue  Bestimmung  dieser  Parti- 
kelchen ist  unmöglich,  jedoch  hängen  sie  mit  Ver- 
glasungserscheinungen  zusammen;  sie  scheinen 
selbst  nichts  anderes  als  eine  Art  nicht  völlig 
isotropen  Glases  zu  sein.  Da  aber  nicht  die  ganze 
Feldspatsubstanz  am  Rand  von  diesen  Körnchen 
vollständig  ersetzt  wird,  so  läßt  sich  noch  immer 
im  konvergenten  Licht  der  Schatten  eines  über 
das  Gesichtsfeld  huschenden  Achsenbalkens  be- 
obachten. Die  weitere  Umwandlung  findet  in  der 
Weise  statt,  daß  von  Längsseite  zu  Längsseite 
parallel  den  oberen  Kristallflächen  diese  Parti- 
kelchen auftreten ;  bisweilen  nehmen  sie  hier 
Längsformen  an.  Im  Innern  des  Feldspats  ist 
ein  noch  unveränderter  Kern.  Andere  Feldspäte 
wieder  sind  vollständig  erfüllt  mit  diesen  kleinsten  Körnchen  und 
dennoch  schimmert  bei  TOOfacher  Vergrößerung  die  Zwillingsstreifung 
hindurch.  Selten  sind  vollständige  Einschmelzungen  des  Feldspats ; 
nur  wenige  sind  gebuchtet  und  gelappt. 

Unversehrt  blieben  an  Einschlüssen  Zirkon ,  der  in  beträcht- 
licher Menge  sich  vorfindet;  Granat  in  großer  Zahl  bei  Gestein  (a), 
ferner  SiUimanitbündel. 


2,  Verän(lernnj2:en  der  im  Ba.salt  eingeschlossenen  kristallinen 
Gesteine. 

Diese  sind  äußerst  selten  zu  beobachten,  unsere  Kenntnis  be- 
schränkt sich  bis  jetzt  auf  zwei  Punkte ,  von  denen  der  eine  (Jusi) 
Deffner  schon  bekannt  war,  während  der  andere  (Buckleter  Teich 
bei  Urach)  von  mir  bei  der  systematischen  Absuchung  der  Vulkan- 
punkte aufgefunden  wurde. 

Von  vornherein  ist  zu  erwarten,  daß  die  im  Basalt  ein- 
geschlossenen fremden  Gesteine  die  Hitzeeinwirkungen  noch  viel 
intensiver  zeigen  werden  als  die  im  Tuff  liegenden ;  das  hat  sich 
auch  durchweg  bestätigt  gefunden. 

a)  Deffner  beschreibt  und  deutet  die  metamorphosierten  Ein- 

18* 


—     276     — 

Schlüsse  des  Basaltes  vom  Jusi  in  folgender  Weise  ^  (S.  23  a.  a.  0.) : 
„Hin  und  wieder  zeigen  sich  im  Basalt  dunklere  ölfleckenartige 
Partien  von  Taler-  bis  Faustgröße  mit  einem  bröckeligen,  schwammig 
aufgeblähten  trachytischen  Kern ,  in  dem  sich  noch  unveränderte 
Quarzkörner  und  an  den  Kanten  rundgeschmolzene  Feldspatkristalle 
erkennen  lassen.  Letztere  sind  an  der  Grenze  zum  Basalt  häufig 
bis  zur  Kugelform  abgerundet  und  liegen  in  einem  grüngelben  email- 
artigen Glase,  das  gegen  das  Innere  dieser  Einschlüsse  in  eine  gelb- 
lichgraue ,  sehr  stark  aufgeblähte  Masse  übergeht.  Während  die 
Feldspatkristalle  häufig  noch  an  ihrem  Blätterbruch  erkennbar  sind 
und  an  Härte  nichts  verloren  haben,  so  kommen  doch  auch  Stücke 
vor,  an  welchen  dieselben  unter  Beibehaltung  ihrer  Kristallform 
vollständig  in  Kaolin  verwandelt  sind.  Unzweifelhaft  sind  diese  Ein- 
schlüsse vom  Grund  losgerissene  und  in  flüssigem  Basalt  mit  empor- 
gestiegene Feldspatgesteine,  teilweise  nachweisbar  der  Granitfamilie 
angehörig,  welche  diese  Abschmelzung  und  Umwandlung  in  trachy- 
tische  und  perlsteinartige  Gebilde  durch  die  Umhüllung  des  feurig- 
flüssigen Basaltes  erfahren  haben." 

Hierzu  habe  ich  zu  bemerken,  daß  es  mir  trotz  eifriger 
Nachforschungen  nicht  gelang,  ähnliche  Einschlüsse  am  Jusi  auf- 
zufinden ;  deshalb  glaubte  ich,  Deffner's  Beschreibung  hierher  setzen 
zu  sollen. 

b)  Wenden  wir  uns  nun  zu  den  Einschlüssen  im  Basalt  des 
Buckleter  Teichs  (No.  127  auf  Branco's  Karte).  Infolge  früheren 
Abbaues  des  Basaltes  ist  der  Bruch  noch  ordentlich  erschlossen.  Er 
liegt  mitten  im  Wald  unweit  der  Straße  von  Urach  nach  Dettingen. 
Im  Basalt  stecken  zahlreiche  Einschlüsse,  die  durch  ihre  hellere 
Farbe  auffallen.  Sie  sind  von  mehr  oder  weniger  poröser,  körniger 
Beschaffenheit.  Graue  Schlieren  ziehen  sich  durch  das  körnige  Ge- 
menge hindurch,  das  teilweise  einen  eigentümlich  bläulichen  Schimmer 
besitzt.  Verschiedene  Hohlräume  sind  sekundär  mit  Calcit  ausgefüllt 
worden.  Die  Oberfläche  dieser  Einschüsse ,  besonders  wenn  sie 
angewittert  ist,  hat  ein  blasig  schlackiges  Aussehen,  da  die  Blasen- 
räume dann  recht  zum  Vorschein  kommen. 

Interessant  sind  in  erster  Linie  diejenigen  Stücke ,  an  denen 
die  Einschmelzung  auch  schon  makroskopisch  gut  zu  beobachten  ist. 
An  den  dunklen  Basalt  schließt  sich  eine  heller  gefärbtere  Zone  an 
von  eingeschmolzenem  Gestein,  die  den  Einsprengung  scharf  abtrennt 


Begleitworte  zuna  Atlasblatt  Kirchheim  1872. 


-     277     — 

vom  Basalt  und  nach  der  auch  diese  Einschlüsse  gern  abspringen 
und  abwittern.  Auf  diese  Art  Salband,  das  ringsherum  das  Fremd- 
gestein einhüllt,  folgt  durch  einige  Übergänge  verbunden  das  körnige 
Gesteinsstück,  das  zahlreiche  Blasenräume  erkennen  läßt,  die  mit 
einer  weißen  Substanz  ausgefüllt  sind  und  dadurch  den  Einsprengling 
im  Basalt  sehr  hervortreten  lassen. 

Das  Auffälligste  an  diesen  Einschlüssen  ist ,  daß  sie  schon 
äußerlich  eine  ungemein  große  Ähnlichkeit  mit  manchen  der 
Einschlüsse  im  Ries  erkennen  lassen,  besonders  mit  denjenigen 
der  Ringlesmühle  und  des  Goldberges.  Die  Übereinstimmung  äußert 
sich  auch  hauptsächlich  darin ,  daß  die  magmatische  Korrosion  und 
die  Resorption  der  eingeschlossenen  Fragmente  durch  das  ein- 
schließende Magma  ganz  ähnlich  gefärbte  grauviolette  Mischungs- 
produkte erzeugt  hat. 

Es  mag  ferner  noch  erwähnt  werden ,  daß  in  diesem  Basalt 
wie  in  dem  vom  Jusi  klastisch  sedimentäre,  anscheinend  auf  Schiefer- 
tone, vielleicht  auf  Keuper  und  Jura  zurückzuführende  Einschlüsse, 
die  mikroskopisch  die  intensivsten  Umkristallisationen  erfahren  haben, 
nachgewiesen  wurden.  Doch  sollen  diese  letzteren  Erscheinungen 
einer  späteren  Untersuchung  vorbehalten  bleiben. 

Was  nun  die  mikroskopische  Untersuchung  der  an- 
geführten verglasten  kristallinen  Gesteine  betrifft,  so  liefern  uns  die 
eigenartigen  Einschlüsse  vom  Buckleter  Teich  folgende 
Resultate : 

Wir  unterscheiden  drei  verschiedene  Bestandteile.  Glas,  Ent- 
glasungsprodukte  und  rückständige,  der  Einschmelzung  ent- 
gangene  Bestandteile. 

Gleich  von  vornherein  mag  bemerkt  werden,  daß  aus  dem 
Verbandsverhältnisse  und  hauptsächlich  aus  dem  gelegentlich  starken 
Überwiegen  des  Glases  der  Schluß  gezogen  werden  muß,  daß  hier 
in  diesen  Bruchstücken  nicht  bloß  eine  Umschmelzung  des  Materials 
in  situ  vorliegt,  sondern  daß  basaltisches  Magma  von  außen  her  ein- 
gedrungen ist. 

U.  d.  M.  beobachten  wir  Schlieren  von  Glas,  die  bald, 
infolge  der  Anreicherung  von  Mikrolithen,  dunkelbraun  gefärbt  er- 
scheinen ,  bald  aber  ganz  lichtbraun ,  ja  vollständig  glashell  durch- 
sichtig sind.  Dieses  völlig  helle,  isotrope  Glas  stellt  sich  mit  Vor- 
liebe in  der  Form  von  Eiern  ein,  die  meistens  gruppenweise  bei- 
sammen liegen.  Spannungsrisse  sind  höchst  selten  darin  wahr- 
zunehmen. 


Ein  anderer  Teil  des  Glases  hat  lichtbräunliche  Färbung 
und  enthält  vereinzelte  Mikrolithen  eingeschlossen.  Bei  +  Nicols 
löst  sich  dieses  scheinbar  ganz  einheitlich  gebildete  Glas  auf  in  un- 
regelmäßig begrenzte  Teilstücke ,  die  nicht  vollständig  isotrop  sind, 
sondern  schwachgrauliche  Interferenzfarben  besitzen  und  ein  schwarzes 
Interferenzkreuz  noch  erkennen  lassen,  das  auf  mehr  oder  weniger  gut 
entwickelten  strahligen  Aufbau  hindeutet. 

An  anderen  Stellen,  und  das  sind  die  häufigsten  und  charakte- 
ristischen für  diese  Einschlüsse ,  häufen  sich  im  bräunhchen  Glas 
unzählige  farblose  Mikrolithen  an ,  so  daß  ein  undurchsichtiger  Filz 
entsteht.  Manchmal  rührt  die  dunkelbraune  bis  schwärzliche  Fär- 
bung des  Glases  wohl  von  eingeschmolzenen  eisenhaltigen  Mineralien 

her ,  so  namentlich  von  Biotit.  An 
solchen  Stellen  scheidet  sich  dann 
das  Eisen  auch  wieder  in  Form  von 
schwarzen  Magneteisenkörnern  aus. 
Ganz  besondere  Aufmerksamkeit 
beanspruchen  die  Mikrolithen 
(s.  Fig.  4).  Sie  sind  farblos,  bald 
lang  gestreckt,  stabförmig  oder  nur 
schwach  gekrümmt,  häufiger  jedoch 
gewunden,  spiralig,  korkzieherähn- 
lich aufgerollt  mit  zahnartigen  Fortsätzen.  Gewöhnhch  liegen  die 
Mikrolithen  ganz  beliebig  im  Glas  angeordnet,  nur  selten  kommen 
strahlige  Gebilde  zustande,  die  in  einem  Punkt  zusammenhängen 
.und  an  gewisse  Formen  der  Schleuderfrüchte  bei  Pflanzen  erinnern. 
Manchmal  beobachtet  man  auch  in  einem  Knäuel  von  Mikrolithen 
einen  schwarzen  Punkt,  von  dem  sehr  lange  geradgestreckte 
Arme  ausgehen  nach  allen  Richtungen  hin,  die  den  umliegenden 
Mikrolithen  gegenüber  verhältnismäßig  nur  wenig  dicker  sind,  zum 
Teil  dafür  aber  um  so  stärker  entwickelte  Zähnchen  besitzen.  Meist 
scharen  sich  diese  Mikrolithen  in  unzähligen  Exemplaren  zusammen 
zu  einem  undurchsichtigen  Gewirr  mit  einem  eigentümlichen  metallisch 
bläulichen  Schimmer.  Diese  gekrümmten  Mikrolithen  gewinnen  nun 
dadurch  noch  einen  ganz  besonderen  Wert,  daß  sie,  obwohl  im  all- 
gemeinen selten  bei  Verglasungen,  sich  ganz  ebenso  im  Ries  finden,  und 
zwar  in  weitester  Verbreitung  K    Ja  Schliffe  von  Gesteinen  der  Ringles- 


Fig.  4. 


'  Oberdorf  er, 
1904.  S.  17. 


K.,    Die    vulkanischen  Tuffe    des  Ries    bei   Nordlingen 


—     279     — 

mühle  und  des  Goldberges,  die  mir  mein  Freund  Oberdorfer  zum 
Vergleich  gab,  sind  zum  Verwechseln  ähnlich  mit  diesen.  Nehmen 
wir  noch  die  Tatsache  hinzu,  daß  Beyer  ^  ähnliche  Mikrolithen  fand 
bei  Untersuchung  granitischer  Einschlüsse  im  Basalt  des  Bubenick 
in  der  Oberlausitz,  so  dürfte  der  Schluß  gerechtfertigt  sein,  daß  hier 
ähnliche  und  übereinstimmende  Wirkungen  ähnlichen  Ursachen  ent- 
sprechen ,  und  was  für  die  Lausitz  und  die  Alb  gilt,  wo  durch  die 
Einschmelzung  von  granitischen  Massen  in  Basalt  die  Entwicklung 
derartiger  charakteristischer  Mikrolithen  hervorgerufen  wurde,  auch 
für  das  Ries  anzunehmen  wäre,  nämlich  die  Einwirkung  eines 
basaltischen  Magmas  auf  granitische  Einschlüsse,  was 
wiederum  der  Annahme  zur  Stütze  dienen  würde,  daß  auch  im  Ries 
ein  basaltisches  Magma  eine  Rolle  spielte  (vergl.  Oberdorfer, 
S.  32).  In  der  Glasmasse  Hegen  viele  rundliche  Hohlräume,  die 
sekundär  mit  Kalkspat  ausgefüllt  wurden. 

Betrachten  wir  das  Gestein  weiter  von  der  Einschmelzungszone 
entfernt,  so  stoßen  wir  auf  ein  buntes  Gewirr  von  kleinen  Körnchen. 
Diese  bestehen  sowohl  aus  Glas  als  auch  aus  Quarz,  Feldspat,  Horn- 
blende und  Glimmer. 

Am  Quarz  bemerken  wir  wenig  Veränderung;  er  enthält  ver- 
einzelte, nicht  einmal  besonders  große  Glaseinschlüsse.  Einige  Bruch- 
stücke sind  scharfkantig  umgrenzt,  andere  dagegen  sind  sehr  auf- 
fallend abgerundet,  so  daß  man  glauben  möchte,  ein  Teil  desselben 
Kristalls  sei  schon  eingeschmolzen  worden. 

Der  Feldspat  ist  stets  mehr  oder  weniger  gerundet,  besitzt 
noch  Zwillingslamellen;  in  der  Regel  ist  er  getrübt  durch  winzige 
staubartige,  unbestimmbare  Einschlüsse.  Die  Hornblende  findet 
sich  nur  in  ganz  kleinen  Bruchstücken  zerstreut  im  Schliff,  mit  den 
Achsenfarben  a  =  hellgelblich,  b  =  gelbgrün,  c  =  gelbbraun. 

Am  entferntesten  vom  Basaltrand  liegen  auch  kleine  Fetzen 
von  einem  tief  dunkelbraunen  pleochroitischen  Glimmer. 

Der  hier  beschriebene  Einschluß  mag  einem  Amphibolgneis  an- 
gehört haben. 

Eine  zweite  Art  der  Veränderung  dieser  Einschlüsse 
ist  am  folgenden  zu  beobachten: 

Das  Handstück,  das  aus  dem  Basalt  herausgeschlagen  wurde, 
setzt  sich  aus  einer  dunkelgrünen  Grundmasse  zusammen ;  darin 
liegen  viele  milchweißgefärbte  Körner,    die  man  zunächst  für  Kalk- 


'  Beyer,  0.,  Der  Basalt  des  Großdehsaer  Berges 


280 


spat  halten  möchte,  die  aber  mit  Salzsäure  nur  schwach  aufbrausen 
und  u.  d.  M.  diesen  auch  nur  gelegentlich  erkennen  lassen. 

Das  mikroskopische  Bild  ist  dies :  Um  große  und  kleine  glas- 
hell durchsichtige  Kügelchen  zieht  sich  eine  nicht  ganz  so  helle, 
durch  staubähnliche  Einschlüsse  etwas  getrübte  Substanz.  In  dieser 
liegen  gelbliche  Körner,  die  insbesondere  um  jeden  Einschluß  herum 
einen  mehr  oder  minder  breiten  Saum  bilden.  Eingestreut  sind  noch 
dunkle  Körner,  wahrscheinlich  von  Magneteisen. 

Bei  +  Nicols  zerfällt  jedes  dieser  mit  einer  farblosen  Substanz 
erfüllten  Kügelchen  in  ein  unregelmäßig  zahnartig  ineinandergreifendes 


/ 


r 


Fig.  5. 


Gewebe  von  Stängeln  (s.  Fig.  5  Querschnitt  u.  Fig.  6  Längsschnitt). 
Zuweilen  zeigt  diese  farblose  Substanz  mit  verzahnt  blättriger  Struk- 
tur eine  Neigung  zu  radialer  Anordnung,  besitzt  die  Licht-  und 
Doppelbrechung  von  Quarz  bezw.  frischer  Feldspatsubstanz  und  ge- 
hört einem  vorwiegend  zweiachsigen  Mineral  an ;  dazwischen  scheint 
auch  optisch  einachsige  Mineralsubstanz  aber  von  annähernd  gleicher 
Lichtbrechung  mit  verwachsen  zu  sein. 

Es  hat  den  Anschein,  als  liege  hier  eine  aus  der  Umschmelzung 
der  granitischen  Einschlüsse  hervorgegangene,  durch  Auskristallisa- 
tion regenerierte  blättrige  Feldspatsubstanz  vor,  die  mit  Quarzsub- 
stanz vermischt  sein  mag.  Bei  der  innigen  Verwachsung  und  Ver- 
zahnung dieser  kristallinen  Aggregate  ist  eine  sichere  Unterscheidung 
nicht  möglich.  Diese  Aggregate  setzen  gleichfalls  die  durch  körnige 
Ausscheidungen  getrübte  Substanz  zwischen  den  einzelnen  Kügelchen 
zusammen  und  nur  verhältnismäßig  selten  liegen  in  dieser  Substanz 


—     281     — 

gruppenweise  beisammen  kleine  runde  Körner  von  Glas,  auf  die  sich 
in  diesem  Gestein  dessen  Vorkommen  zu  beschränken  scheint. 

Auf  Rissen  und  Spalten  dringt  Calcit  ein  und  scheidet  sich  in 
vorhandenen  Hohlräumen  aus. 

In  anderen  Präparaten  finden  wir  ähnliche  Verhältnisse,  nur 
daß  in  diesen  Fällen  das  Glas  als  Grundmasse  überwiegt.  Darin 
liegen  zahllose  prismatische  Kriställchen  von  hell  gefärbtem  Augit 
und  unbestimmbare  feinste  Nädelchen.  Das  Glas  selbst  ist  nicht 
völlig  isotrop,  sondern  zeigt  Anfänge  der  Doppelbrechung. 

Werfen  wir  noch  einen  Blick  auf  das  mikroskopische  Bild  des 
Salbandes,  d.  h.  derjenigen  Zone  des  Einschlusses,  die  direkt  an 
den  Basalt  angrenzt,  so  finden  wir,  daß  der  Basalt,  in  dessen  Grund- 
masse von  Glas  große  porphyrische  Kristalle  von  Olivin,  kleine 
Augite,  Perowskite  und  Körner  von  Magneteisen  eingebettet  sind, 
von  einer  schmalen ,  makroskopisch  dichten  braungefärbten  Zone 
begrenzt  wird ,  die  sich  u.  d.  M.  auflöst  in  zahllose  kleine  Augit- 
kriställchen,  die  in  einer  glasigen  Grundmasse  liegen.  Diese  hellgefärbten 
Augite  der  Kontaktzone  erstrecken  sich  auch  noch  in  den  Basalt  hin- 
ein und  sind  wesentlich  kleiner  als  die  zum  Bestand  des  Basaltes  ge- 
hörenden Augite.  In  dieser  Zone  Hegt  in  der  Regel  auch  ein  schwach 
doppelbrechendes,  stark  lichtbrechendes,  tief  dunkelbraunes  Mineral 
ausgeschieden,  dessen  Identifizierung  nicht  gelang.  Es  ist  unregel- 
mäßig zackig  skelettförmig  ausgebildet,  besitzt  keine  charakte- 
ristischen Spaltrisse  und  starke  Absorption  in  einer  Richtung.  Darauf 
folgt  eine  breitere  Zone,  die  neben  größeren  Augitkriställchen  bereits 
die  farblosen  kristallinen  Ausscheidungen  der  oben  beschriebenen  Art 
enthält,  die  von  dichten  Augitkränzen  umgeben  sind. 

E.  Zusammenfassung  und  Vergleichung. 

1.    Uber.sicht  über  die  gefundenen   Gesteinsarten    und   deren   Ver- 
breitung. 

Unsere  bisherigen  Feststellungen  haben  ergeben,  daß  unter  den 
Auswürflingen  des  Grundgebirges  in  den  Albvulkanen  als  Vertreter 
der  kristallinen  Schiefer  lediglich  Gneise  vorkommen. 

Mit  Bezug  auf  das  Vorkommen  von  Glimmerschiefer,  das  Mem- 
MiNGER  (s.  S.  229  vorn)  vom  Florian,  Mandelslohe  (S.  229),  Quenstedt 
(S.  231)  von  Feldstetten ,  Branco  (in  Schwabens  Vulkanembryonen 
S.  191)  von  Böttingen  erwähnen,  haben  unsere  Untersuchungen  keine 
Bestätigung  geliefert. 


—     282     — 

Eine  mannigfaltigere  Serie  bilden  die  Tief  engest  eine,  unter 
denen  auch  Ganggesteine  nicht  fehlen. 

Eine  Zusammenstellung    der   von  uns  nachgewiesenen  Ein- 
schlüsse gestaltet  sich  folgendermaßen: 
I.  Gneise. 

a)  Durch  charakteristische  Gemengteile  ausgezeichnete 
Gneise : 

1.  Graphitführende  Cordierit-(Pinit-)Gneise  vom  Flo- 
rian; Grafenberg,  Altenberg,  Höslinsbühl  bei  Nürtingen. 

2.  Pinitglimmergneis:  Hofbühl  bei  Metzingen. 

3.  Graphitgneis:  Rangenberg  bei  Eningen. 

4.  Granat  reiche  Cordieritgneise^=  Übergangsgneise  von 
No.  1  zu 

5.  Cordierit-Sillimanitgneise :  Florian,  Jusi.  Grafenberg, 
Geigersbühl. 

6.  Biotitreicher  Kontaktgneis    mit  Spinell:    Grafenberg. 

b)  Strukturell  bemerkenswerte  Gneise: 

7.  Körnelgneise:  Florian,  Rangenbergle. 

8.  Augengneis:  Eisenrüttel  bei  Urach. 

9.  Granitgneise:   Florian,  Metzinger  Weinberg. 
10.  Streifengneis:  Grafenberg. 

Ältere  Tiefengesteine  sind  vertreten  durch 
II.  Granite. 

1.  Pinitgranit  (Zweiglimmergranit  mit  Pinit)  (Florianit 
Deffner's)  :  Grafenberg,  Rangenberg,  Florian,  Höslinsbühl, 
Engelberg. 

2.  Miarolitgranit:  Grafenberg,  Höslinsbühl,  Geigersbühl  und 
Engelberg. 

3.  Granitit:  Rangenberg,  Hofbühl,  Florian. 

III.  Ganggesteine  der  Granitformation. 

1.  Aplit:   Florian,   Grafenberg. 

2.  Kersantit:  Rangenberg,  Metzinger  Weinberg.  Grafenberg, 
Engelberg. 

IV.  Diorite. 

Amphiboldiorite :    Sonnenhalde    bei   Neidlingen ,    Engelberg, 
Aichelberg,  Metzinger  Weinberg. 
V.  Gabbro. 

Rangenbergle  bei  Eningen. 
Anhang: 

1.  Hornblendit  (Hornblendefels):  Rangenbergle. 

2.  Serpentin:  Grafenberg. 


—     283     — 

VI.  Tiefenfazies  der  Albbasalte. 

Mineralkombinationen,  die  ungefähr  entsprechen  unter  den  be- 
kannten Tiefengesteinstypen  den  Peridotiten  und  Pyroxeniten: 

1.  Glimmerperidotit :  Owen. 

2.  Glimmerpyroxenite:  Grafenberg. 

3.  Hornblendeaugitgestein:  Rangenberg. 

4.  Fernere  Urausscheidungen  des  basaltischenMagmas: 
Gesteine  aus  Augit  und  Magnettitaneisen  :  Metzinger  Wein- 
berg, Limburg,  Sonnenhalde. 

Aus  der  Verbreitung  der  einzelnen  Gesteinsarten  ge- 
winnen wir  manche  interessante  Gesichtspunkte.  Wenn  es  auch  von 
vornherein  als  wahrscheinhch  gelten  muß,  daß  überall  im  tiefsten 
Untergrunde  der  Sedimente  ein  gneisartiges  Grundgebirge  verbreitet 
sein  wird,  so  ist  es  doch  bemerkenswert,  daß  in  unserem  Albgebiet 
gerade  einer  besonderen  Art  von  Gneisen,  nämlich  den  Cordierit- 
gneisen  eine  besonders  weite  Verbreitung  zukommt.  Wir  treffen 
diese  Gesteine  übrigens  auch  im  Ries  wieder  (vergl.  S.  286).  Jeden- 
falls dürfen  wir  annehmen,  daß  Gesteine  dieser  Art  in  dem  den 
Schwarzwald  und  Bayrischen  Wald  verbindenden  unterirdischen  Ge- 
birgsriegel  vom  alten  Grundgebirge,  den  man  das  vindelizische  Gebirge 
nennt,  eine  große  Rolle  spielen.  Insbesondere  muß  auf  die  große  Ähn- 
lichkeit dieser  Gneise,  wie  ich  sie  im  westlichen  Teile  des  Bayrischen 
Waldes  studieren  konnte,  mit  unseren  Albgneisen  hingewiesen  werden. 

Einer  besonders  großen  Verbreitung  erfreuen  sich  die  Graphit 
als  Nebengemengteil  führenden  Gneise,  während  die  besonders  gra- 
phitreichen Abänderungen,  die  etwa  schon  an  die  Vorkommnisse  von 
Pfaffenreut  anklingen,  selten  sind ;  sie  sind  ja  auch  im  Bayrischen 
Wald  auf  ein  relativ  kleines  Gebiet  beschränkt.  Auch  strukturell 
stimmen  die  genannten  Gesteine  bis  in  alle  Einzelheiten  mit  denen 
des  Bayrischen  Waldes  überein.  Es  gehört  nicht  hierher  auf  die 
Genesis  dieser  Gesteine  einzugehen  und  Stellung  zu  nehmen  zu  den 
von  Weinschenk  ^  ausgesprochenen  Ansichten  über  die  Entstehung 
des  Graphites. 

Bezüglich  der  mutmaßlichen  Verbandsverhältnisse  der 
angeführten  Gneise  könnte  man  noch  folgendes  aussagen:  Den  Pinit- 
glimmergneis  und  den  Graphitgneis  dürfen  wir,  infolge  der  vor- 
handenen Übergänge ,  als  Abänderungen  des  normalen  Cordierit- 
gneises  auffassen,  in  dem  sie  wohl  Einlagerungen  darstellten. 

^  E.  Weinschenk,  Zur  Kenntnis  der  Graphitlagerstätten. 


-     284     — 

Ferner  geht  der  Cordieritgneis  allmählich  über  in  den  Cor- 
dierit-Sillimanitgneis,  der  wieder  eine  größere  Verbreitung  ein- 
nimmt. Da  am  Florian  und  Grafenberg  beide  Typen  gefunden 
wurden,  so  findet  vielleicht  eine  enge  räumliche  Verknüpfung  beider 
Gneise  statt. 

Der  vom  Grafenberg  bekannte  biotitreiche  Kontaktgneis  ver- 
tritt ein  analoges  Vorkommen  von  Bodenmais  als  Einlagerung  im 
granatreichen  Cordieritgneis.  Es  ist  ein  altes  Kontaktgestein,  worauf 
die  Hornfelsstruktur  und  die  Führung  von  Pleonast  hinweisen. 

Weiter  schließt  sich  an  die  betrachteten  Gesteine  der  Körn  ei- 
gneis an,  der  nur  eine  besondere  Ausbildungsform  des  von  uns 
bisher  kennen  gelernten  großen  Gneiskomplexes  darzustellen  scheint, 
indem  nämlich  der  Cordierit  (Pinit)  als  Gemengteil  zurücktritt  und 
damit  die  Struktur  sich  auch  einigermaßen  ändert.  Der  Typus 
Augengneis  ist  nur  ganz  untergeordnet  vertreten. 

Die  Granitgneise  schließen  wir  an  die  Körnelgneise  an,  wie 
ja  auch  das  Vorkommen  beider  Gneise  teilweise  zusammenfällt 
(Florian).  Auch  im  Bayrischen  Walde  kommen  ähnliche  Typen  nahe 
beieinander  vor;  das  gleiche  gilt  vom  Streifengneis. 

Von  den  uns  bekannten  Auswürflingen  der  Tiefengesteine 
hat  nur  der  Zweiglimmergranit  ein  größeres  Verbreitungsgebiet 
inne.  Wir  dürfen  daher  als  ziemlich  sicher  annehmen ,  daß  dieser 
Pinitgranit  (pinitführender  Zweiglimmergranit)  einen  mächtigen 
Eruptivstock  im  Untergrunde  unseres  Gebietes  darstellt,  der  un- 
mittelbar an  das  Gneisterrain  angrenzt  und  wahrscheinlich  vielfach 
in  dieses  eingreift.  Im  südöstlichen  Verbreitungsgebiete  der  Aus- 
würflinge kommt  auch  Granitit  häufiger  vor,  hier  mag  in  der 
Tiefe  ein  Granitstock  anstehen,  der  gelegentlich  miarolitische 
Massen  einschließt,  worauf  wiederum  einige  Einschlüsse  deuten. 

Auch  A p  1  i t  und  andere  Ganggesteine  fehlen  diesen  Massiven 
nicht.  In  Anbetracht  ihrer  Verbreitung  gelangt  man  zu  der  Vor- 
stellung, daß  Gänge  in  der  Tiefe  des  Florian  gegen  den  Grafenberg  hin 
aufsetzen  in  den  Cordieritgneis  hinein,  wie  ein  Handstück  deutlich  er- 
kennen läßt.  Als  besonders  bemerkenswert  mag  angeführt  werden,  daß 
Kersantite  nicht  selten  sind.  Ihre  Verbreitung  erstreckt  sich  wesent- 
lich vom  Rangenberg  über  den  Metzinger  Weinberg  zum  Grafenberg. 

Die  Reichhaltigkeit  der  Diorite  an  der  Sonnenhalde  bei  Neid- 
lingen  und  das  benachbarte  Vorkommen  am  Aichelberg  bei  Boll 
deuten  auf  einen  großen  Dioritstock  in  der  Tiefe,  während  das  ver- 
einzelte Vorkommen  von  Gabbro  am  Rangenberg  auf  keine  große 


—     285     — 

Verbreitung  dieser  Gesteine  im  Untergründe  des  Vulkangebietes 
schließen  läßt. 

Bezüglich  der  jüngeren  kristallinen  Einschlüsse  ist  es  auf- 
fallend, daß  sie  bei  verhältnismäßig  geringer  Zahl  in  so  verschiedener 
Ausbildung  vertreten  sind.  Wie  schon  ausgesprochen  wurde,  liegt 
es  nahe,  in  ihnen  die  Tiefenfazies  der  Melilithbasalte  zu  ver- 
muten. Ihre  Zusammensetzung  würde  dem  nicht  widersprechen;  es 
wurde  oben  festgestellt,  daß  die  Bestandteile  beider  Gesteine  in  der 
Hauptsache  dieselben  sind ;  gemeinsam  sind :  Olivin,  Augit,  Perowskit, 
Magneteisen,  Apatit,  Chromit;  dazu  kommen  im  Basalt  noch  Melilith 
und  die  Glasbasis;  in  den  grobkristallinen  Pyroxengesteinen  noch 
braune  Hornblende  und  Biotit.  Letztere  beiden  Bestandteile  sind 
charakteristisch  für  Tiefengesteine  und  überdies  in  den  Tuffen  als 
lose  Auswürflinge  verbreitet.  Es  läßt  sich  sehr  wohl  annehmen, 
daß  die  effusive  Form  dieses  grobkristallinen  Gemenges  einen  Melilith- 
basalt  liefern  könnte,  doch  bedürfte  dies  noch  der  quantitativ-chemi- 
schen Bestätigung. 

Was  endlich  die  Auswürflinge  anlangt,  die  nur  aus  Augit  und 
Magnettitaneisen  sich  zusammensetzen,  so  haben  wir  diese  ebenfalls 
als  Ausscheidungen  im  Magma  anzusehen,  die  mit  dessen  Eruption 
an  die  Oberfläche  befördert  wurden.  Zuletzt  hat  F.  Zirkel^  auf 
ürausscheidungen  ähnlicher  Zusammensetzung  in  den  rheinischen 
Basalten  hingewiesen. 

2.  Vergleich   der   kristallinen    Grundgebirgsgesteine   der  Alb    und 
des  Schwarzwakles. 

Nachdem  wiederholt  auf  die  sehr  große  Verwandtschaft  der 
kristallinen  Auswürflinge  der  Alb  mit  Gesteinen  des  Bayrischen  Waldes 
hingewiesen  wurde,  dürfte  es  noch  von  Interesse  sein,  den  Vergleich 
auf  das  nächstliegende  Grundgebirgsgebiet ,  den  Schwarzwald, 
auszudehnen.  AuffälHgerweise  finden  wir  hier  weit  geringere  Ähn- 
lichkeit; diese  beschränkt  sich  im  wesentlichen  auf  einige  Granit- 
typen, den  normalen  Granitit  und  den  Miarolitgranit ,  also  auf  Ge- 
steine ,  die  überhaupt  weit  verbreitet  und  deshalb  für  Vergleiche 
dieser  Art  nicht  beweiskräftig  sind. 

Für  den  unter  den  Einschlüssen  häufigsten  Granit,  den  pinit- 
reichen  Zweiglimmergranit  (Pinitgranit),  fehlt  ein  vollkommen  über- 
einstimmendes Gestein  in  den  nächstgelegenen  Teilen  des  Schwarz- 
waldes. Deffner  bezeichnete  bekanntlich  dieses  Gestein  als  „Florianit". 


Zirkel,  Ürausscheidungen  im  rheinisclien  Basalt. 


—     286     — 

Da  später  alle  anderen  altkristallinen  Auswürflinge  von  den  schwäbi- 
schen Geologen  mit  diesem  Namen  belegt  wurden,  so  hat  derselbe 
seine  ursprüngliche  Bedeutung  ganz  verloren  und  ist  einzuziehen. 

3.  Vergleich   der    kristallinen  Auswüi'flinge    der  Alb    mit   solchen 
nahegelegener  Viilkangebiete. 

Nachdem  wir  die  kristallinen  Auswürflinge  des  Vulkangebietes 
um  Urach  kennen  gelernt  haben,  liegt  es  nahe,  zu  fragen,  ob  die- 
selben Ähnlichkeiten  mit  entsprechenden  Auswürflingen  im  Hegau 
und  Ries  erkennen  lassen. 

Schon  Deffner  und  0.  Fraas\  insbesondere  aber  Gümbel^, 
welche  die  Auswürflinge  des  Riesgebietes  beschrieben,  hoben  her- 
vor, daß  ganz  ähnliche  Granite  und  alle  die  verschiedenen  Gneis- 
abänderungen des  Rieskessels  (S.  209  a.  a.  0.)  sich  in  den  Aus- 
würflingen der  Uracher  Gegend  wiederholen,  insbesondere  der  Pinit- 
granit  und  der  Cordierit-  oder  Dichroitgneis. 

Über  die  altkristallinen  Gesteine  des  Vulkangebietes  im  Hegau 
berichtet  0.  Fraas^.  Er  weist  auf  die  Ähnlichkeit  mancher  Granite 
mit  solchen  des  Schwarzwaldes  hin;  weiteres  ist  aus  seinen  Angaben 
nicht  zu  schließen. 

In  neuerer  Zeit  erwähnt  Erb"^  (S.  54  u.  55  a.  a.  0.)  fremde 
kristalline  Einschlüsse  in  den  Auswurfsmassen  des  Hegaus,  ins- 
besondere solche  der  Granitfamilie  und  hebt  hervor,  daß  die  ge- 
fundenen Eruptivgesteine  granitodioritischer  Natur  sind,  ähnlich  wie 
sie  im  Schwarzwald  vorkommen. 

Nach  einer  mündlichen  Mitteilung  des  Herrn  Prof.  Dr.  A.  Sauer 
-gleichen  die  in  den  Phonolithtuifen  des  Hegau  reichlich  vorhandenen 
Gneisgesteine  und  Granite  vollkommen  den  im  benachbarten  Schwarz- 
walde verbreiteten  Haupttypen.  Das  hier  in  der  Tiefe  befindliche 
alte  Grundgebirge  entspricht  also  noch  dem  Schwarzwalde  in  seiner 
Zusammensetzung.  — 

Bezüglich  des  Erhaltungszustandes  der  kristallinen  Aus- 
wurf hnge  im  Ries  und  im  Albgebiet  gilt  als  Regel,  daß  die  Aus- 
würflinge des  Uracher  Gebietes  bei  weitem  frischer,  unzersetzter 
sind  als  diejenigen  des  Rieses.     Es    kann    dies  nicht    auf  einer  ver- 

'  Deffner  u.  O.  Fraas,  Begleitworte  zum  Atlasblatt  Bopfingen-Ellen- 
berg  (S.  9). 

2  G  um  bei,  Fränkische  Alb  (S.  208  u.  f.). 

■^  0.  Fraas,  Begleitworte  zu  Atlasblatt  Hohentwiel  (S.  4). 

*  Erb,  J.,  Die  vulkanischen  Auswurfsmassen  des  Hegaus,  Vierteljahres- 
schrift (1.  naturforschenden  Gesellschaft  in  Zürich  1900. 


—     287     — 

schiedenen  Widerstandsfähigkeit  gegenüber  der  Verwitterung  beruhen, 
da  ja  zum  Teil  ganz  ähnHche  Gesteine  an  beiden  Punkten  sich 
sammeln  lassen,  sondern  dieser  Unterschied  läßt  sich  nur  erklären 
durch  die  in  den  2  Gebieten  verschieden  wirkende  vul- 
kanische Kraft.  Anscheinend  wurden  die  Gesteine  im  Ries  durch  das 
aufsteigende  Magma  viel  mehr  verändert  als  dies  im  Uracher  Gebiet 
der  Fall  ist  und  es  muß  das  Magma  im  Ries  im  Verein  mit  überhitzten 
Dämpfen  viel  länger  und  wohl  auch  stärker  eingewirkt  haben,  denn  An- 
und  Einschmelzungen  sind  im  Ries  viel  häufiger  als  im  Albgebiet  und 
von  einem  derartigen  Umfange,  daß  das  Magma  dadurch  in  seiner  Zu- 
sammensetzung geradezu  verändert  wurde  (vergl.  Oberdorfer),  während 
sich  derartige  Vorgänge  auf  der  Alb  auf  nur  wenige  Einschlüsse  be- 
schränkten und  die  Einwirkung  der  vulkanischen  Hitze  auf  die  fremden 
Einschlüsse  sich  in  der  Regel  auf  eine  dünne  Oberflächenschicht  er- 
streckte oder  mit  Aufblähungen  verbundene  Anschmelzungen  hervorrief. 
Ein  interessantes  Ergebnis  lieferte  die  mikroskopische  Unter- 
suchung der  kristallinen  Einschlüsse  im  Basalt  des  Buckleter 
Teichs,  wobei  sich  zeigte,  daß  hier  durch  die  Einschmelzung  grani- 
tischer Gesteine  in  den  Basalt  genau  dieselben  Entglasungsprodukte 
(gekrümmte  Mikrolithen) ,  das  gleiche  Glasgemisch  entstanden,  wie 
sie  für  das  Ries  mein  Freund  Oberdorfer  in  großer  Verbreitung  nach- 
gewiesen hat.  Diese  Erscheinung  gestattet  wohl  den  Schluß,  daß 
die  bei  der  Einschmelzung  gleicher  Gesteine  solche  übereinstimmen- 
den charakteristischen  Entglasungen  hervorrufenden  Magmen  eine 
ähnliche  Zusammensetzung  besessen  haben  müssen  und  so  erhalten 
wir  damit  eine  weitere  Bestätigung  für  die  von  Oberdorfer  auf 
anderem  Wege  gewonnenen  Schlüsse  bezüglich  der  ursprünglichen 
basaltischen  Zusammensetzung  des  Riesmagmas. 


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—  Qüenstedt:  Begleitworte  zu  Atlasblatt  Blaubeuren. 

1873.  Jahreshefte  des  Vereins  für  vaterl.  Naturkunde  in  Württemberg.  29.  Jahrg. 
Darin  C.  Deffner  :  Granite  in  den  vulkanischen  Tuffen  der  schwäbischen  Alb. 

1877.    Deffner  u.   0.  Fraas  :   Begleitworte   zu   Atlasblatt  Boplingen-Ellenberg. 
1879.    0.  Fraas  :  Begleitworte  zu  Atlasblatt  Hohentwiel. 

1888.  0.  Beyer  :  Der  Basalt  des  Großdehsaer  Berges  und  seine  Einschlüsse  aus 
der  Oberlausitz.     Inaug.-Dissertation.  Leipzig. 

1891.  C.  W.  Gümbel  :  Geognost.  Beschreibung  des  Königreichs  Bayern.  IV.  Band: 
Fränkische  Alb. 

1892.  Rosenbusch:  Physiographie  der  Mineralien.    I.  Band.  3.  Auflage. 
—  —  Physiographie  der  Gesteine.    II.  Band.  3.  Auflage. 

1893.  Zirkel:  Lehrbuch  der  Petrographie.    Band  I  u.  III. 

1894.  W.  Branco  :  Schwabens  125  Vulkanembryonen  und  deren  tufi'erfüUte  Aus- 
bruchsröhren. Jahreshefte  des  Vereins  für  vaterl.  Naturkunde  in  Würt- 
temberg. 1894/95  (Separatabdruck). 

1895.  H.  Thürach:  Über  ein  Vorkommen  von  körnigem  Kalk  im  Harmersbacher 
Tale.     Mitteil,  der  großh.  bad.  geul.  Landesanstalt.    III.  Band  2.  Heft. 

1897.    E.  Weinschenk  :  Zur  Kenntnis  der  Graphitlagerstätten.  Chem.-geol.  Studien. 

1900.  Erb:  Die  vulkanischen  Auswurfsmassen  des  Hegaus.  Vierteljahresschrift 
d.  naturf.  Gesellschaft  Zürich  45. 

1901.  Rosenbusch:  Elemente  der  Gesteinslehre.    2.  Auflage. 

.  —  A.  Gareiss:  Über  Pseudomorphosen  nach  Cordierit.  Tschermak"s  IMineral.- 
petrogr.  Mitt.    20.  Band  1.  Heft. 

1903.  E.  Fraas:  Führer  durch  das  kgl.  Naturalienkabinett  zu  Stuttgart.  1.  Die 
geognost.  Sammlung  Württembergs. 

—  A.  Sauer:  Erläuterungen  zur  geol.  Spezialkarte  des  Großh.  Baden.  Blatt 
Oberwolfach-Schenkenzell. 

—  Zirkel  :  Urausscheidungen  im  rheinischen  Basalt. 

—  E.  Zschimmer  :  Die  Verwittcrungsprodukte  des  Magnesiaglimmers  und  der 
Zusammenhang  zwischen  ehem.  Zusammensetzung  und  opt.  Achsenwinkel. 
Jenaische  Zeitschr.  für  Naturwissenschaft.     32.  Band.  Neu*  Folge  25. 

1904.  R.  Oberdorfer:  Die  vulkanischen  Tuffe  des  Ries  bei  Nördlingen.  Jahres- 
hefte des  Vereins  für  vaterl.  Naturkunde  in  Württemberg.  1905. 

—  E.  Gaiser:  Basalte  und  Basalttuffe  der  schwäbischen  Alb.  Jahreshefte 
des  Vereins  für  vaterl.  Naturkunde  in  Württemberg.  1905. 

—  F.  E.  SuEss:  Über  die  Perthitfeldspäte  aus  kristallinen  Schiefergesteinen. 
Jahrb.  k.  k.  Reichsanstalt.  1904. 


Beiträge  zur  Vitrellenfauna  Württembergs  IL 

Von  Mittelschullehrer  Geyer  in  Stuttgart, 
Mit  Taf.  IV— VII. 

I.  Einleitung. 

Die  nachfolgende  Darstellung  bildet  die  Fortsetzung  einer  gleich- 
namigen Arbeit  in  den  Jahresheften  des  Vorjahres  ^  Die  dort  näher 
beschriebene  Sammelarbeit  habe  ich  während  der  Ferien  des  Jahres 
1904  fortgesetzt. 

Anschließend  an  das  früher  besuchte  Gebiet  der  mittleren  Alb 
zwischen  Erms  und  Fils  wandte  ich  mich  an  Ostern  zunächst  dem 
Nordosten  zu  und  durchsuchte  die  Quellgebiete  der  oberen  Fils  von 
Wiesensteig  bis  Geislingen,  ferner  diejenigen  von  Degenfeld,  Heubach, 
Essingen  und  endlich  die  des  Kochers  und  der  Eger.  Während  der 
Sommerferien  widmete  ich  mich  dann  der  südwestlichen  Alb  von  der 
Echaz  bis  zur  Elta  bei  Tuttlingen  und  dem  Südrand  bei  Schelk- 
lingen,  Blaubeuren,  Ulm,  Langenau,  ohne  jedoch  an  den  zuletzt  ge- 
nannten Punkten  Vitrellen  zu  erbeuten.  Es  steht  mir  nun  heute 
die  Ausbeute  eines  zum  mindesten  einmahgen  Besuches  der  Quell- 
gebiete aller  von  der  Alb  zum  Neckar  ziehenden  Flüßchen  von  der 
Prim  bei  Spaichingen  bis  zur  Eger  bei  Bopfingen  und  ebenso  der  zur 
Donau  fließenden  Gewässer  von  der  Elta  bei  Tuttlingen  bis  zur  Nau 
bei  Langenau  zur  Verfügung,  soweit  sich  eine  solche  überhaupt  ergab. 

Vom  Jura  zog  ich  zum  Muschelkalk  und  untersuchte  die  tief- 
liegenden Quellen  links  des  oberen  Neckars  von  Rottweil  über  Horb 
bis  Rottenburg  und  Herrenberg. 

SelbstverständUch  wurden,  wie  es  die  Umstände  mit  sich 
brachten,  einzelne  Winkel  schärfer  durchsucht  als  andere;  doch  be- 
strebte ich  mich,  eine  gleichmäßige  Kenntnis  der  Verhältnisse  zu 
gewinnen,  und  wenn  ich  aus  manchen  quellenreichen  Talabschlüssen 


'  No.  I  der  Beiträge  s.  diese  Jahresh.  Jahrg.  1904,  S.  298;  in  vorliegender 
Arbeit  zitiert  als  „1904'-'. 

•Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905.  19 


—     290     — 

keine  Vitrellenfunde  anzugeben  vermag,  so  darf  daraus  nicht  auf  eine 
oberflächliche  Untersuchung  geschlossen  werden.  Im  Gegenteil !  Ge- 
rade die  Hoffnungen,  die  ich  für  ein  quellenreiches  Tal  mitbrachte, 
veranlaßten  mich  zu  eifrigem  Suchen,  und  manchmal  mußte  ein 
unbedeutendes,  auf  keiner  Karte  verzeichnetes  Löchlein  durch  seine 
unerwartet  gespendete  Beute  den  Glauben  an  den  Erfolg  der  Arbeit 
wieder  beleben. 

Wenn  ich  nun  auch  die  Mehrzahl  der  Albquellen  besucht  habe, 
habe  ich  doch  noch  keine  Unterlage  für  ein  abschließendes  Urteil 
über  die  Verbreitung  der  Vitrellen  in  den  Albhöhlen  und  -Spalten 
gewonnen.  Wiederholte  Besuche  an  Vitrellen  fördernden  Quellen 
haben  den  Beweis  geliefert,  wie  sehr  das  Sammelergebnis  von  Zu- 
fälligkeiten abhängig  ist:  Jahreszeit,  Niederschläge,  Verstopfungen 
und  Veränderungen  der  Quellen,  Mitführung  von  Geröll,  Sand,  Lehm, 
Menge  des  Wassers  usw.  Es  ist  daher  ganz  selbstverständlich,  daß 
das  Verbreitungsbild,  das  ich  zu  zeichnen  versuche,  bei  öfteren  Be- 
suchen und  längeren  Beobachtungen  sich  in  einzelnen  Zügen  ver- 
ändern und  um  neue  sich  bereichern  wird. 

Ein  Teil  meiner  vorjährigen  Sammelarbeit  fiel  ins  wasserreiche 
Frühjahr,  der  andere  in  den  trockenen  Sommer  und  Herbst.  Jede 
Zeit  hat  ihre  Vorzüge  und  Nachteile. 

Im  Frühling  sind  alle  unterirdischen  Spalten  und  Wasserrinnen 
in  Verbindung  mit  der  Oberfläche  gesetzt,  und  die  treibenden  und 
ausspülenden  Kräfte  erreichen  den  höchsten  Grad  ;  aber  „wenn  alle 
Brünnlein  fließen" ,  ist  nicht  nur  die  Arbeit  eine  umfangreichere 
sondern  auch  der  Prozentsatz  der  leeren  Quellen  ein  höherer,  weil 
viele  periodische  und  sekundäre  Sprudel  geöffnet  sind,  welche  das 
Überwasser  der  Höhlungen  abführen.  Die  Quellen  im  Kalkland  verfügen 
gewöhnhch  über  2,  zuweilen  3  Öffnungen ,  auf  übereinanderliegende 
Stufen  verteilt.  Die  unterste  ist  die  Dauerquelle  und  zugleich  die 
stärkste ;  die  höher  liegenden  sind  Sicherheitsventile,  die  sich  in  wasser- 
reichen Zeiten  öffnen,  die  tiefer  liegenden  Ausmündungen  überfluten  und 
eine  Untersuchung  derselben  erschweren  und  unmöglich  machen. 

Der  trockene  Sommer,  zumal  der  vorjährige,  ließ  manche  Quelle 
versiegen ,  und  wo  sonst  fortwährend  Vitrellen  ausgeführt  wurden, 
mußte  ich  mich  damit  begnügen ,  wenige  mürb  gewordene  Stücke 
aus  dem  trockenen  Sand  und  Schlamm  zu  graben.  Lebende  Beute 
habe  ich  diesmal  nicht  gemacht,  vielleicht  eine  Folge  des  trockenen 
Sommers,  zugleich  aber  auch  ein  Beweis  für  die  Seltenheit  der 
lebenden  Vitrellen  in  Quellen. 


—     291     — 

Die  Kosten  des  Unternehmens  übernahm  Herr  Oberstudienrat 
Dr.  Lampert  wieder  auf  das  Kgl.  Naturahenkabinett,  und  Herr  Hein- 
rich Fischer  hat  als  Mikrophotograph  seine  Kunst  in  selbstloser 
Weise  in  den  Dienst  der  Sache  gestellt.  Ich  schulde  beiden  Herren 
großen  Dank  für  ihr  meinem  Plane  treu  gebliebenes  Wohlwollen. 

II.  Allgemeine  Gesichtspunkte. 

Die  Methode  des  Sammeins  und  Bearbeitens  blieb  dieselbe  wie 
im  Vorjahre.  Für  die  bildliche  Darstellung  wählte  ich  —  vorurteils- 
und  voraussetzungslos  —  von  den  meisten  selbständigen  Quellen  die 
besterhaltenen  Vertreter  der  Formen-  und  Größenstufen  mit  der  Lupe 
aus.  Die  Photographien  stelle  ich  dann  in  geographischer  Ordnung, 
wie  ich  die  Objekte  ersammelt,  zusammen. 

Eine  vergleichende  Betrachtung  der  Abbildungen  auf  Taf.  IV — VII 
läßt  in  der  langen  Reihe  der  aus  denselben  Elementen  sich  auf- 
bauenden und  wechselnden  Gestalten  zweierlei  erkennen : 

1.  Eigenartige,  kräftig  modellierte,  an  bestimmte 
Ortlichkeiten  gebundene  Gestalten  treten  klar  hervor 
aus   der    Linie    schwankender    Formen, 

2.  Benachbarte  Ortlichkeiten  liefern  gerne  ähnliche 
Gestalten.  Es  entstehen  gewissermaßen  Landsmannschaften. 
Man  vergleiche  z.  B.  aus  gegenwärtiger  Darstellung  die  Vitrellen  der 
6  Degenfelder  Quellen,  der  Quellen  von  Lautern  und  Essingen,  von 
Unterhausen,  Erpfingen  und  Hausen  a.  d.  Lauchart,  des  südlichen 
Heubergs,  von  Aistaig;  aus  der  vorjährigen  Darstellung  verweise  ich 
auf  die  Funde  des  Uracher  und  Lenninger  Tales,  von  Bettenfeld  und 
Ober-Rimbach,  des  Brettachtales. 

So  werden  mir  die  Wege  zur  Aufstellung  und  Abgrenzung  be- 
nannter Formen  gewiesen ,  und  ich  betrete  sie  in  der  Überzeugung, 
daß  sie  mich  zum  Ziele  führen ,  weil  ich  bei  der  Auswahl  der  ab- 
zubildenden Exemplare  nichts  getan  habe,  die  Wege  künstlich  her- 
zustellen, da  ich  gewöhnlich  auf  diesem  Punkte  noch  nicht  ahnen 
konnte,  wie  sie  sich  öffnen  und  wohin  sie  sich  bewegen  werden. 
Decken  sich  Formenkreise  mit  geographischen  Bezirken,  so  ist  eine 
systematische  Einreihung  der  Funde  von  selbst  gegeben. 

Wenn  ich  nun  aber  die  klar  geprägten  Formen  und  die  sich 
etwa  anschließenden  Landsmannschaften  herausgenommen  habe,  bleibt 
immerhin  noch  ein  Rest,  der  Schwierigkeiten  bietet.  Einigen  sieht 
man  ihre  Zwischenform  an ;  sie  haben  als  Übergänge  ihre  Stellung 
gefunden.     Wohin  sollen  aber  die  übrigen  gestellt  werden ,    die  un- 

i:  * 


—     292     - 

sicheren  Formen,  die  charakterschwachen  Durchschnittsgestalten,  die 
da  und  dort  selbständig  auftreten  und  an  anderen  Orten  als  ver- 
kümmerte Brüder  kräftig  entwickelter,  den  Typus  der  Familie  fest- 
haltender Glieder  sich  erweisen?  Das  ist  im  Jura  die  Form,  die 
ich  1904  mit  forma  acuta  oder  pellucida  der  QuenstedU  bezeichnete. 
Zwar  die  pellucida  erweist  sich  auch  in  der  hier  zur  Darstellung 
kommenden  Vitrellenserie  als  Endghed  der  Verkümmerungsreihe  und 
kommt  sowohl  im  Jura  als  im  Muschelkalk  vor,  und  so  lange  acuta 
mit  QuenstedU  tijpica  verbunden  ist,  stellt  auch  sie  nichts  anderes 
als  eine  Kümmerform  dar.  Aber  acuta  zeigt  sich  auch  als  führende 
Form  so  ziemlich  am  ganzen  Nordwestrand  der  Alb  ausgebreitet. 
Damit  verhält  sie  sich  wesentlich  anders  als  die  zu  Landsmann- 
schaften vereinigten  Arten  und  Varietäten.  Ihre  Bildung  ist  demnach 
von  anderen  Momenten  beeinflußt  als  die  der  übrigen  Formen.  Ich 
versuche  es,  dieselben  darzulegen. 

Bei  gebirgsbewohnenden  Tieren  könnte  man  an  Einflüsse  der 
Höhenlage  oder  der  Gesteinsschichten  denken.  Die  Höhenunterschiede 
an  der  Alb  sind  aber  zu  unbedeutend,  als  daß  sie  an  Schnecken, 
zumal  an  höhlenbewohnenden,  dem  Witterungs-  und  Klimawechsel 
entzogenen,  zum  Ausdruck  kämen.  Eher  wäre  eine  Einwirkung  der 
Schichten  zu  erwarten.  Wenn  es  sich  aber  überall  um  Jurakalk, 
um  Schichten  von  ähnlicher  chemischer  Zusammensetzung  handelt, 
so  dürfte  ein  differenzierender  Einfluß  derselben  auf  die  Vitrellen 
durch  das  Wasser  nicht  anzunehmen  sein.  Dagegen  ist  die  Neigung 
der  Schichten,  die  Lagerung,  die  Festigkeit  und  das  Verhalten  gegen 
.das  Wasser  von  bestimmendem  Einfluß  auf  die  Quellhorizonte  und 
die  Spaltenbildung  und  damit  auf  die  Verteilung  der  Wasserbewohner, 
wie  andererseits  die  Menge  des  W^assers,  sein  Gefäll,  die  Temperatur 
und  der  in  die  Höhlungen  eingeschwemmte  Detritus,  der  den  Vitrellen 
die  Nahrung  zuführt  und  das  W^asser  chemisch  zu  verändern  im- 
stande ist,  gestaltend  auf  das  Tierleben  einwirken. 

Es  wäre  aber  durchaus  irrig,  wollten  wir  annehmen,  daß  sich 
Klüfte  und  Spalten,  von  Wasser  durchströmt,  wie  sie  die  Vitrellen 
bedürfen,  nur  im  ursprünglich  gelagerten  Grundgestein  bilden  könnten. 
Auch  die  diluvialen  Ablagerungen  auf  Kalkformationen  können  von 
unterirdischen  Wasseradern  durchzogen  sein ,  welche  Vitrellen  be- 
herbergen. So  kommt  es,  daß  bei  Degenfeld  lebende  Vitrellen  in 
Quellen  angetroffen  werden,  die,  aus  verschütteten  Gesteinstrümmern 
aufsteigend,  durch  die  Vegetationsschicht  der  Wiesen  sich  zwängen. 
Es  ist  aber  einleuchtend,  daß  Queiladern  im  Gerolle,  weil  der  Ober- 


—     293     — 

fläche  nahe,  ebenso  wie  solche  in  den  höchstgelegenen  Formations- 
gliedern viel  mehr  von  der  Außenwelt  beeinflußt  werden  als  die  tiefer 
liegenden  im  Grundgestein.  Je  mehr  insbesondere  Zersetzungsprodukte 
in  das  Wasser  gelangen  können,  desto  mehr  verkümmern  darin  die 
Schaltiere,  wie  sich  aus  den  Beobachtungen  der  Muscheln  in  stehen- 
den Gewässern  ergibt,  und  je  höher  eine  Quellader  liegt,  desto  mehr 
ist  sie  Schwankungen  in  Beziehung  auf  Temperatur  und  Wassermenge 
ausgesetzt,  von  welcher  das  Tierleben  ungünstig  beeinflußt  wird. 

Die  äußeren  Lebensbedingungen,  unter  welchen  eine  Schnecke 
lebt,  treten  uns  in  ihrer  Schale  plastisch  dargestellt  vor  Augen, 
ein  Parallelismus  zwischen  den  Daseinsbedingungen  und  Schalen- 
charakteren ist  nicht  zu  verkennen.  Darum  prägt  jede  Ürtlichkeit 
ihren  Formen  auch  die  eigenen  Kennzeichen  auf,  und  die  Gesetze, 
nach  welchen  die  Ausprägung  erfolgt,  lassen  sich  wenigstens  in 
2  Grundzügen    wahrnehmen  und  durch  das  ganze  Gebiet  verfolgen : 

1.  Aus  Gewässern,  welche  aus  Felsenspalten  des  tief 
bedeckten  Grundgesteins  kommen,  stammen  der  Haupt- 
masse nach  große,  feste,  volle  Formen  (Kegel-  oder  Turm- 
form); wahrzunehmen  a)  für  die  Alb  am  Falkenstein  und  Eckis  bei 
Urach,  am  Kächelesloch  bei  Schlattstall ,  bei  Drackenstein ,  an  der 
Lochquelle  von  Unterdigisheim,  an  der  Lippachquelle  und  am  Wulf, 
b)  für  den  Muschelkalk  an  der  Surrenbachquelle  bei  Aistaig,  bei 
Bettenfeld  und  Ober-Rimbach  (s.  1904). 

2.  Nahe  der  Oberfläche  sich  sammelnde,  dürftige 
Quellen  bringen  kleine,  spitze  bis  zylindrische,  zarte 
Gehäuse;  wahrzunehmen  an  der  Alb  bei  Degenfeld  und  im  Rand- 
ecker Maar,   im  Muschelkalk  an  den  Quellen  des  Brettachtales. 

An  all  den  genannten  Punkten  liegen  die  Verhältnisse  offen 
zutage.  Im  ersten  Fall  handelt  es  sich  zugleich  um  starke  Quellen; 
nur  die  dritte  Quelle  von  Bettenfeld  (1904,  S.  324)  ist  wasserarm. 
Im   weißen  Jura  gehören  sie  der  Grenze  yld  an  '. 

'  Leider  habe  ich  nicht  von  Anfang  an  darauf  Bedacht  genommen ,  beim 
Sammeln  auch  alle  in  Betracht  kommenden  Verhältnisse  zu  berücksichtigen,  weil 
ich  zu  Beginn  der  Arbeit  unmöglich  wissen  konnte ,  welche  Umstände  alle  für 
die  richtige  Erkenntnis  der  Vitrellenfauna  von  Wichtigkeit  sein  könnten.  Zudem 
ist  es  mir  mit  meinen  Hilfsmitteln  auch  nur  in  den  seltensten  Fällen  möglich, 
Sicheres  über  Herkunft,  Verlauf  und  Beschaffenheit  eines  Quellwassers  zu  er- 
mitteln. Aber  die  beiden  Wahrnehmungen ,  die  sich  mir  durch  ihre  Wieder- 
holungen von  selbst  aufdrängten,  lassen  dadurch,  daß  sie  direkt  an  offen  vor 
Augen  liegenden  Verhältnissen  gewonnen  wurden ,  keinen  Zweifel  an  ihrer  Ver- 
läßlichkeit aufkommen. 


—     294     — 

Für  große,  feste  und  volle  Vitrellen,  wie  Quenstedti  einschließ- 
lich var.  Weinlandi,  saxigena,  suevka  var.  Ahnobae.  franconia  var. 
scalaris ,  sind  demnach  Quellen  im  Felsgestein  von  einer  gewissen 
Mächtigkeit  ,  erforderlich ;  sie  sind  also  in  ihrer  Verbreitung  an  die 
entsprechenden  Schichten  gebunden ;  die  kleinen,  schlanken  Gestalten 
dagegen  genießen  einen  weiteren  Verbreitungsraum,  weil  die  Mög- 
Hchkeiten  für  eine  Bildung  von  Quellen  ihrer  Ansprüche  in  größerem 
Umfange  gegeben  sind. 

Damit  ist  hinsichtlich  der  forma  aada  als  einer  schlanken, 
spitzen  Form  die  Ausbreitung  über  den  Nordwestabhang  der  Alb 
erklärt.  Sie  entstammt  nämlich ,  wo  sie  als  führende  Form  auf- 
tritt, kleinen,  meist  am  Fuß  der  Berge  oder  in  der  Talsohle 
liegenden  Quellen,  und  ich  bin  der  Ansicht,  daß  sie  überall  als  eine 
Kümmerform ,  als  ein  Produkt  ungenügender  Existenzbedingungen 
aufzufassen  ist. 

Ähnlich  verhält  es  sich  wahrscheinlich  auch  mit  var.  Zoller iana, 
die  von  ebensolchen  kleinen ,  zum  Teil  auch  hochliegenden  Quellen 
zutage  gefördert  wird.     Ich  stelle  sie  daher  unter  V^orbehalt  auf. 

III.  Die  Vitrellen  im  Jura. 

1.    Vitrella  Quenstedti  Wiedersheim. 
a)  forma  t  i/pica. 

Schlattstall:  rechte  Seitenquelle  des  Gebhardsbaches. 

Drackenstein:  Quelle  rechts  der  Straße  von  Unter-  nach 
Ober-Drackenstein,  spärlich. 

Überkingen:  Quelle  im  Steig,  spärlich. 

Wiesensteig:  großer  Quelltopf  im  Wiesengrunde  oberhalb 
der  Stadt. 

b)  forma  acuta,  Taf.  IV  Fig.  3— LS. 

Als  führende  Form,  nicht  mit  der  typica  verbunden : 

Mössingen:  Taf.  IV  Fig.  5.  In  einer  dürftigen,  im  Sommer 
trockenen  Quelle  hoch  am  Südostabhang  des  Dreifürstensteins. 

Gönningen:  Taf.  IV  Fig.  6.  7.     Quelle  im  Ramstel. 

Geislingen:  Taf.  IV  Fig.  3.  4.  Kleine  Quelle  am  Fuß  der 
Tierhalde,  des  westlichen  Abhanges  des  von  Amstetten  kommenden 
Baches. 

Heubach:  kleine  Wiesenquelle  im  Gutenbachtal. 

Lautern  bei  Gmünd:  Taf.  IV  Fig.  8.  Zwei  Quellen  an  der 
Straße  nach  Lauterburg. 


—     295     — 

Essingen:  a)  Quelle  in  den  Gerwiesen  unterhalb  des  Rems- 
ursprunges,  Taf.  IV  Fig.  9.  10,  b)  Quelle  in  der  Geißhalde,  Taf.  IV 
Fig.  11,  c)  Maier's  Brunnen  am  Fußweg  nach  Aalen,  Taf.  IV  Fig.  12.  18. 
(Erreicht  nahezu  den  Typus,  vergl.   1904,  Taf.  XI  Fig.   18,   19.) 

Lauchheim:  kleine  Quelle  in  den  Wiesen  südlich  der  Bahn- 
linie, Richtung  Nördlingen. 

2.    Vitrena  Quenstedti  var.    Weinlandi  (1904,  S.  316). 
Wiesensteig:  Seitalbrunnen,  Taf.  IV  Fig.  1.  2.    Etwas  kleiner 
als  die  vom  Eckis,  sonst  aber  gleich  gebaut. 

3.   Vitrella  Quenstedti  var.   Turhinella  n.  var. 
Taf.  IV  Fig.  14—16. 

Tier  unbekannt. 

Gehäuse :  kleiner  als  Quenstedti  typica ,  kegelförmig  bis  spitz 
kegelförmig,  gedrungen,  festschalig;  Gewinde  rasch  und  gleich- 
mäßig zunehmend;  Umgänge  rund  gewölbt;  Naht  tief;  Mündung 
nahezu  kreisförmig,  oben  rundlich  gewinkelt;  Nabel  offen. 

Höhe  3  mm,  bis  höchstens  3,4  mm  ansteigend,  5  Windungen. 

Vorkommen:  Auf  hausen  bei  Bopfingen  a)  in  der  schönen 
Quelle  der  Eger  in  großer  Zahl,  leer  ausgespült,  in  der  Form  nur 
wenig  voneinander  abweichend ;  b)  in  einem  Brunnen  am  Wege  zur 
Egerquelle,  spärlich. 

Von  der  forma  acuta  und  pellucida  ist  Turhinella  durch  die 
kegelförmige  Gestalt  mit  der  breiten  Basis  getrennt;  von  der  var. 
Weinlandi,  welcher  sie  im  Umriß  gleicht,  scheidet  sie  der  Mangel 
der  spitzen  Mündungsecke ,  die  sonst  alle  Varietäten  der  Quenstedti 
auszeichnet. 

4.    Vitrella  Quenstedti  var.  Ära  n.  var. 
Taf.  V  Fig.  1—10.  13  und  Taf.  IV  Fig.  17.  19—21. 

Tier  unbekannt. 

Gehäuse:  kleiner  als  Quenstedti  typica,  eikegelförmig,  spitz; 
Umgänge  flach  gewölbt,  Naht  seicht  aber  deutlich  abgestuft; 
Mündung  oben  gewinkelt;  Nabel  schlitzförmig,  vom  Mundsaum 
wenig  verdeckt. 

Höhe  3  mm,  5  Windungen. 

Vorkommen:  Auf  der  Reutlinger  Alb :  ünterhausen  bei  Reut- 
lingen:  Quelle  des  Reißenbaches,  Taf.  IV  Fig.  19—21  und  Taf.  V 
Fig.  1 — 3;  Mössingen:  kleine,  einem  Felsen  entströmende  Quelle 
in   der  Schlucht   zwischen  Farrenberg   und  Dreifürstenstein,    Taf.  V 


—     296     — 

Fig.  6—8  und  Taf.  IV  Fig.  17;  Erpfingen:  Eselbrunnen,  Taf.  V 
Fig.  9.  10;  Hausen  a.  d.  Lauchart:  a)  Broiler  und  b)  Michels- 
brunnen zwischen  Hausen  und  Mariaberg,  Taf.  V  Fig.  4.  5;  Gen- 
kingen:  Quelle  der  Wiesaz,  Taf.  V  Fig.  13;  auch  die  Vitrellen  von 
Güterstein  (1904,  Taf.  VHIFig.  16  —  18)  dürften  hierher  zu  stellen  sein. 

Die  Reißenbachquelle  liefert  die  reichste  Ausbeute.  Taf.  V 
Fig.  1—3  und  Taf.  IV  Fig.  19—21  habe  ich  die  Formenreihe  dar- 
gestellt. Die  Größe  bewegt  sich  bei  gleichbleibender  Windungszahl 
von  3,2  bis  2  mm.  Bei  den  kleinen  Stufen,  die  noch  unter  pellucida, 
die  Endstufe  der  Quenstedti  typica  aus  der  Elsachquelle  (1904,  Taf.  IX) 
heruntergehen,  wölben  sich  die  Windungen  wieder  mehr,  eine  Er- 
scheinung, die  bei  allen  kleinen  Formen  im  Kreise  der  Quenstedti 
auffällt.  Die  großen  Formen  sind  in  der  Mehrzahl.  Der  Fteißenbach 
führt  die  Niederschläge  des  Nebelhöhlegebietes  ab ,  und  die  vor- 
liegende Varietät  ist  nach  dem  schönen  Nallimädchen  Ära  in  Wein- 
land's  Rulaman  ^  benannt ,  das  aus  der  Nebel-(Nalli-)Höhle  stammt. 
Um  etwaigen  Mißverständnissen  vorzubeugen ,  möchte  ich  übrigens 
nicht  unterlassen  zu  betonen ,  daß  V.  Ära  nicht  in  der  Nebelhöhle 
selbst  lebt,  die  bekanntlich  „trocken"  ist,  sondern  in  den  Klüften, 
die  auch  das  Tropfwasser  der  Nebelhöhle   ableiten. 

In  der  Mössinger  Quelle  nehmen  die  Nebenformen  schließlich 
eine  zylindrisch  turmförmige  Gestalt  an,  wie  sie  an  der  Alb  eine 
Seltenheit  ist. 

5.    Vitrella  Quenstedti  var.  Zolleriana  n.  var. 
Taf.  VI  Fig.  1-5. 

Tier  unbekannt. 

Gehäuse:  spitz  kegel-  bis  turmförmig;  Gewinde  ziemlich 
rasch  und  regelmäßig  zunehmend ;  Umgänge  ziemlich  stark  gewölbt ; 
Naht  tief ;  Mündung  rundlich  dreieckig,  unten  breit,  oben  stumpf 
gewinkelt;  Mundsaum  scharf,  zusammenhängend,  am  Spindelrand 
nahezu  geradlinig  verlaufend,  umgelegt;  Nabel  verdeckt. 

Höhe  3  mm,  5  Windungen. 

Vorkommen:  In  der  Zollerngegend :  Killer  bei  Hechingen : 
Quelle  im  Seeheimer  Tal  bei  der  ehemaligen  Mühle,  Taf.  VI  Fig.  1 — 3; 
Maria  Zell:  kleine  Quelle  am  Weg  vom  Hohenzollern  zum  Zeller 
Hörn;  Pfeffingen  OA.  Balingen:  kleine  Quelle  im  Buchenbachtal, 
Taf.  VI  Fig.  4.  5. 

*  Rulaman,  Erzählung  aus  der  Zeit  des  Hühlenmenschon  und  des  Höhlen- 
bären von  Dr.  D.  F.  Weiuland. 


—     297     — 

Var.  Zolleriana  steht  auf  etwas  schwachen  Füßen.  Ich  stelle 
sie  vorläufig  auf  und  behalte  mir  vor,  später  auf  sie  zurückzukommen, 
wenn  es  mir  gehngen  sollte,  über  die  Frage  ins  klare  zu  kommen, 
wie  sich  die  örtlichen  Zustände  eines  Spaltengewässers  im  Bau  der 
Vitrellen  äußern. 

6.    Vitrella  saxigena  n.  sp. 
Taf.  VI  Fig.  6—28. 

Tier  unbekannt. 

Gehäuse:  kegelförmig,  kurz  zugespitzt,  festschalig,  in 
frischem  Zustande  trüb  gelblichweiß  und  schwach  durchscheinend, 
alsbald  milchweiß  werdend  mit  starkem  Glanz;  Gewinde  zuerst 
langsam,  vom  S.Umgang  an  aber  rasch  zunehmend ;  Umgänge  auf- 
geblasen, stark  und  rund  gewölbt;  Naht  tief;  Mündung  breit, 
vorgezogen,  nahezu  kreisrund,  oben  in  eine  ausgerundete  Ecke 
sich  ausbuchtend ;  Mundsaum  scharf,  zusammenhängend,  am  Spindel- 
rand umgeschlagen;  Nabel  weit  offen,  perspektivisch. 

Höhe  3,5  mm,  5  Windungen,  selten  6. 

Vorkommen:  In  den  Quellen  des  südlichen  Heubergs:  Mahl- 
stetten:  Lippachquelle,  Taf.  VI  Fig.  6.  7  und  linke  Seitenquelle  der 
Lippach  bei  der  zweiten  Mühle  („Eschenquelle"  nennt  sie  der  Müller 
nach  einer  nun  verschwundenen  Esche) ,  unmittelbar  neben  dem 
Mühlkanal,  Taf.  VI  Fig.  17.  23—28;  Mühlheim  a.  Donau:  Wulf- 
quellen bei  der  Altstadt,  Taf.  VI  Fig.  8—10.  16;  Oberdigisheim: 
linke  Quelle  des  Kohlstattbaches,  Taf.  VL  Fig.  11  —  13;  Unterdigis- 
heim:  Quelle  im  Loch. 

Von    V.  saxigena  typica  trenne  ich 

7.    Vitrella  saxigena  var.  tenuis  n.   var. 
Taf.  VI  Fig.  14.  15.  18—22  und  Taf.  V  Fig.  11.  12. 

Tier  unbekannt. 

Gehäuse:  turmförmig,  zart;  Gewinde  langsam  zunehmend; 
Umgänge  stark  und  rund  gewölbt;  Naht  tief;  Mündung  schmäler  als 
bei  saxigena  typica,  Mündungsecke  deutlicher;   Nabel  offen. 

Vorkommen :  In  kleinen  Quellen  des  Heubergs  und  der  Mün- 
singer  Alb:  Egesheim:  Quelle  im  Seetal,  Taf.  VI  Fig.  21.  22;  Ober- 
digisheim: a)  rechte  Quelle  des  Kohlstattbaches,  Taf,  VI  Fig.  14.  15; 
b)  Quelle  im  Sennental;  Tieringen:  Weiblequelle  im  Vohbachtal, 
Taf. VI  Fig.  18— 20;  Sondernach:  unterste  Quelle  des  Baches;  Gun- 
dershofen:  Wiesenquelle  bei  der  Pumpstation,  Taf.  V  Fig.  11,  12. 


—     298     — 

Vitrella  saxigena  stellt  sich  der  Quenstedti  zur  Seite  und 
nimmt  zu  ihr  eine  Stellung  ein  wie  Valvata  alpestris  zu  piscinalis. 
Die  stark  gewölbten  Umgänge ,  die  runde  Mündung  und  der  große, 
deutliche  Nabel  unterscheiden  sie.  Der  Glanz  der  Schale  machte 
sich  beim  Photographieren  unangenehm  bemerkbar ;  er  ließ  eine 
kontrastreiche  Darstellung  nicht  aufkommen. 

Die  Art  ist  demselben  Wechsel  unterworfen  wie  Quenstedti. 
Ich  habe  ihren  Verbreitungskreis  so  weit  gezogen,  als  die  auf- 
geblasenen Umgänge  mit  dem  weiten ,  offenen  Nabel  vereint  sind. 
Innerhalb  dieses  Kreises  wechselt  hauptsächlich  die  Gestalt  der 
Schale,  die  bis  zur  Turmform  abändert,  wobei  auch  die  Mündung 
schmäler  wird  (var.  temiis). 

Die  schärfste  Ausprägung  erfährt  saxigena  in  der  Lippachquelle 
und  im  Wulf.  Die  kleinen  Kümmerformen  treten  hier  zurück.  Freilich 
konnte  ich  an  beiden  Orten  auch  nur  zusammen  150  Exemplare 
erbeuten,  da  die  starken  Quellen  von  den  Müllern  des  Wassermangels 
wegen  rein  von  Steinen  und  Sand  gehalten  wurden.  Um  so  größer 
dagegen  war  die  Ausbeute  in  der  „Eschenquelle".  Einen  solchen 
Reichtum  von  Schalen  innerhalb  einer  kleinen  Quelle  traf  ich  sonst 
nirgends  an.  Tausende  und  aber  Tausende  leerer  Schalen  konnten 
gesammelt  werden;  denn  das  Loch  schien  unergründlich  zu  sein. 
Phryganeenlarven  hatten  sich  den  Überfluß  an  Vitrellenschalen  zu- 
nutze gemacht  und  sie  zum  Bau  ihrer  „Köcher"  verwendet,  mit 
welchen  sie  die  Steine  beklebten.  In  Taf.  IV  Fig.  23 — 28  und  17 
sind  die  Entwicklungsstufen  dieser  etwas  klein  bleibenden  saxigena 
dargestellt.  Fig.  25  zeigt  den  reinen  Typus,  die  übrigen  Formen 
stimmen  zum  Teil  mit  den  Nebenformen  vom  Wulf  überein ,  zum 
Teil  decken  sie  sich  mit  var.  tenuis.  Diese  erinnert  durch  ihr  Vor- 
kommen in  kleinen  Quellen  und  ihr  Verhalten  zur  typica  an  Quen- 
stedti forma  acuta  des  Nordwestrandes.  Die  Dürftigkeit  der  Verhält- 
nisse, unter  welchen  sie  leben  muß,  ist  wohl  auch  hier  die  Ursache 
ihrer  Schmächtigkeit. 

8.  Vitrella  lahiata  (1904,  S.  320  f.). 
An  der  Berechtigung  dieser  von  mir  voriges  Jahr  aufgestellten 
Art  kann  ich  nun  nicht  mehr  zweifeln,  nachdem  ich  sie  in  2  weiteren 
Degenfelder  Quellen  gefunden  und  mich  von  der  Übereinstimmung 
der  Exemplare  aller  4  Quellen  unter  sich  und  ihrer  Verschiedenheit 
von  den  übrigen  Vitrellen  überzeugt  habe.  Der  Bau  des  Gehäuses 
ist  keinen    großen  Schwankungen    unterworfen;    nur  in  einer  Quelle 


-     299     - 

erbeutete  ich  einige  große  Exemplare  (Taf.  IV  Fig.  18.  22.  23),  welche 
sich  als  Riesenindividuen  der  labiata  ausweisen. 

9.    Vitrella  yonostoma  n.  sp. 
Taf.  V  Fig.  14—19. 

Tier  unbekannt 

Gehäuse:  spitz  kegelförmig,  festschalig,  weiß  bis  hornfarben 
und  gelbbräunlich,  glänzend,  durchscheinend ;  Gewinde  von  der  ersten 
Windung  an  langsam  und  gleichmäßig  zunehmend;  Umgänge  kaum 
gewölbt;  Naht  seicht;  Mündung  nahezu  kreisförmig,  oben  in 
einen  scharfen  Winkel  ausgezogen  (der  zuweilen  eine  besondere 
Nische  bildet);  Mundsaum  scharf,  leicht  nach  außen  gebogen,  innen 
mit  einer  deutlichen  weißen  Lippe  verstärkt,  am  Spindelrande 
umgelegt,  zusammenhängend;  Nabel  offen. 

Höhe  4—4,5  mm,  6  Windungen. 

Vorkommen:  Degenfeld,  Quellen  der  Lauter. 

Ich  traf  diese  Vitrella  schon  bei  meinem  ersten  Besuch  in 
Degenfeld  an,  wage  aber  ihre  Aufstellung  erst  heute,  nachdem  ich 
weiteres  Material  in  Händen  und  mich  überzeugt  habe,  daß  sie  nicht 
übergangen  werden  kann.  Sie  ist  in  ihrem  Verhalten  der  labiata 
ähnlich:  unter  sich  fest  geschlossen  und  einheitlich  gebaut,  scharf 
von  den  übrigen  Formen  getrennt  (keine  Übergänge),  auf  die  Degen- 
felder Quellen  beschränkt. 

Größe,  Gestalt  und  Mündungsform  stellen  sie  neben  Qnensfedti, 
die  Lippe  weist  auf  lahiata.  Gehört  sie  nicht  zu  einer  der  beiden 
als  lokale  Erscheinungsform?  Das  Nächstliegende  scheint  es  zu  sein, 
sie  an  Quenstedti  anzugliedern ;  aber  die  flachen  Umgänge  sind  der 
Quenstedti  fremd,  die  in  allen  Größenstufen  durch  stark  gewölbte 
Umgänge  sich  kennzeichnet,  und  die  Lippe  verbietet  den  Anschluß 
an  die  Falkensteinerin.  Freihch  kann  die  Lippe  wie  bei  labiata  auch 
zuweilen  undeutlich  werden  und  in  einzelnen  Fällen  verschwinden. 
Aber  auch  in  den  kleinen  und  kleinsten  Formen  (Taf.  V  Fig.  14.  15) 
bleibt  neben  der  Lippe  der  spitz  kegelförmige  Umriß  bestehen  und 
trennt  sie  scharf  von  labiata^  die  von  Anfang  an  auf  einen  zylindrisch- 
turmförmigen,  langsam  und  gleichmäßig  sich  entwickelnden  Bau  bei 
stärker  gewölbten  Umgängen  angelegt  ist. 

Die  eigenartigen  Boden-  und  Quellenverhältnisse  des  Degen- 
felder Talkessels,  auf  welche  ich  noch  einmal  zurückzukommen  ge- 
denke, erklären  es,  warum  hier,  inselartig,  die  lange,  über  die  ganze 
Jurakette   sich   fortziehende    Entwicklung    der    F.    Quenstedti   unter- 


—     300     — 

brechend,  gesonderte  Formen  auftreten,  die  auf  diese  Mulde  be- 
schränkt sind.  Ein  zweites,  ganz  äbnUches  Vorkommnis,  auch  ein 
fremdes  Element  im  Gebiet  der  Quenstedti,  ist  das  der  V.  exigua 
(1904,  S.  320)  im  Randecker  Maar,  wo  auch  die  äußeren  Umstände 
des  Wassers,  die  Boden-  und  Höhlenbildung  von  den  übrigen  der 
Alb  abweichen  und  besondere  Gestalten  erzeugt  haben. 

IV.  Die  Vitrellen  im  Muschelkalk. 

10.    Vitrella  suevica  n.  sp. 
Taf.  VII  Fig.  1—20. 

Tier  unbekannt. 

Gehäuse:  turmförmig,  festschalig,  gelblichweiß,  durchscheinend, 
stark  glänzend,  zart  gestreift;  Gewinde  langsam  und  regelmäßig 
zunehmend;  Umgänge  flach  gewölbt;  Naht  scharf  eingesenkt;  Mün- 
dung breit  eiförmig,  oben  deuthch,  aber  stumpf  gewinkelt;  Mundsaum 
scharf,    am  Spindelrand  umgelegt,   zusammenhängend;    Nabel  offen. 

Höhe  3,5  mm,  6  Windungen. 

Vorkommen:  Diessen  in  Hohenzollern  (hnks  des  oberen 
Neckars):  3  Quellen  des  Diessener  Baches  oberhalb  der  Haugen- 
steinmühle,  in  großer  Zahl;  Herrenberg:  in  einem  der  Quelltöpfe 
der  Ammer ,  sehr  zahlreich ,  aufgewirbelt  und  vielfach  zerrieben : 
Tailfingen  bei  Herrenberg:  kleine  Quelle  unterhalb  der  Molkerei, 
sehr  spärlich. 

Von    V.  suevica  typica  trenne  ich: 

11.    Vitrella  suevica  var.  Ähnobae  n.  var. 
Taf.  VII  Fig.  9.  10.  16—20. 

Tier  unbekannt. 

Gehäuse:  kegelförmig,  gedrungen,  Umgänge  rasch  zunehmend, 
etwas    stärker   gewölbt;    Mündung  rundhch ;    Nabel  weit  offen. 

Höhe  3  mm,  5  Windungen. 

Vorkommen:  In  3  Quellen  des  Schwarzwälder  ^  Muschelkalks: 
Aistaig  a.  Neckar:  Quelle  des  Lauterbaches  und  Quelle  des  Surren- 
baches;   Diessen:    Quelle    oberhalb    der  Haugensteinmühle    s.  oben. 

Mit  V.  suevica  sollen  als  Gegenstück  zu  F.  franconia  (1904, 
S.  323  ff.)  die  Muschelkalkvitrellen  links  des  Neckars  bezeichnet 
werden.  Sie  verlegen  wie  franconia  den  Schwerpunkt  der  Ent- 
wicklung in  die  spitzen  Formen  und  bilden  dabei  in  den  führenden 


Abnoba,  Name  des  Schwarzwalds  bei  den  Römern. 


—     301       - 

Gestalten  die  regelmäßige  Turmform  aus,  ohne  die  gewölbten  Um- 
gänge und  die  tiefe  Naht  der  großen  /Vafjcom'«-Varietäten.  Als  neues 
Element  nimmt  unsere  suevica  neben  der  Streifung  ^  die  gedrungenen 
Kegelformen  auf  (var.  Abnohae),  die  sie  dem  benachbarten  Jura  nach- 
zuahmen  scheint. 

Die  Varietät  tritt  nicht  nur  als  führende  Form  in  den  Aistaiger 
Quellen  auf,  was  mich  veranlaßt,  sie  auszuscheiden,  sondern  sie 
findet  sich  auch,  aber  in  den  Hintergrund  gedrängt,  am  Haugenstein, 
woraus  sich  ihre  Angliederung  an  suevica  ergibt.  In  den  kleinen 
Formenstufen  decken  sich  Typus  und  Varietät  wieder. 


Die  leider  in  den  Abbildungen  der  Tafeln   nicht  zum  Ausdruck  kommt. 


Letzte  Erwiderung  in  dieser  Zeitschrift  auf  Prof. 

Dr.  Klunzinger's  Ausführungen  in  der  Gangfiseh-Blau- 

felehen-Frage  vom  März  1904. 

Von  Prof.  Dr.  O.  Nüsslin  in  Karlsruhe. 
Mit  2  Textfiguren. 

Nach  meinen  letztjährigen  Entgegnungen  auf  meines  Gegners 
Artikel  in  der  Gangfischfrage  glaubte  ich  das  Ende  dieser 
Streitfrage  erreicht  zu  haben.  In  bezug  auf  Klunzinger  ist  dies 
leider  nicht  der  Fall  gewesen.  Seine  neueste  Erwiderung  wendet 
sich  zum  größeren  Teil  persönlich,  zum  Teil  sachlich  gegen  mich. 
Auf  das  persönliche  Gebiet  möchte  ich  Klunzinger  nicht  mehr  folgen. 
Für  diese  meine  letzte  Entgegnung  in  dieser  Zeitschrift  ge- 
nügen rein  sachliche  Berichtigungen  zu  meiner  Rechtfertigung  voll- 
ständig. Ich  folge  Klunzinger  in  der  Reihenfolge  seiner  Ausführungen 
und  beschränke  mich  auf  besonders  gravierende  Stellen. 

I.  Die  Augengröße  von  ßlaufelchen  und  Gangfisch. 
In  seiner  Arbeit  „Gangfisch   und  Blaufelchen"    (diese  Jahresh. 

1903,  S.  259)  hatte  Klunzinger  für  die  auch  jetzt  S.  337  wieder 
benützten  Objekte  seiner  Messungen  auch  die  Körperlängen  mitgeteilt. 
Ich  hatte  nun  (s.  diesen  Jahrgang  S.  190)  die  Augengröße  in  Pro- 
zenten der  Körperlänge  für  diese  IvLUNziNGER'schen  Originale  um- 
gerechnet und  folgende  Resultate  erhalten: 

I.  für  die  Blaufelchen  4,1,  4,4,  3,9,  4,0,  4,5,  4,3,  3,9,  4,8,  4,6, 

II.  „     „    Gangfische  5,7,  5,3,  5,2,  5,5,  5,4,  5,0,  5,8,  5,9, 

5,0  und  5,2. 
DieseZahlen  nennt  Klunzinger  heute  „scheinbar  bestechend" 
(S.  338)  und  verwirft  meine  Methode  der  prozentischen  Umrechnung 
auf  die  Körperlänge,  weil  sie  zu  große  Ausschläge  gäbe.  Er  kehrt 
zu  seiner  Methode  der  Berechnung  des  Bruchverhältnisses:  „Augen- 
größe zu  Kopflänge"  zurück.  In  unserer  speziellen  Streitfrage  ver- 
gißt Klunzinger,  daß  die  direkte  Verhältnisangabe  der  „Augen- 
größe zur  Kopflänge"  nicht  anwendbar  ist  und  irreführen  muß. 
Er  verschweigt  hierbei  vollständig  den  Grund  der  Nichtanwend- 
barkeit  jenes  Bruchverhältnisses,  der  darin  liegt,  daß  der  Gangtisch- 
kopf viel  größer  ist  als  der  Blaufelchenkopf  (etwa  im  Verhältnisse 


303 


von  21  zu  19)  \  obgleich  er  diese  Tatsache  in  früheren  Pubhkationen  zu- 
gegeben hat.  Es  ist  doch  gewiß  auch  für  jeden  Laien  einleuchtend,  daß 
ein  Bruchverhältnis  „Augengröße  zu  Kopflänge"  für  zwei  Fische  von 
ganz  verschiedener  relativer  Kopflänge  niemals  Aufschluß  über 
die  relative  Augen  große  derselben  geben  konnte  und  daß  hier  allein 
die  prozentische  Umrechnung  auf  die  Körperlänge  berechtigt  sein  kann. 
1903  hatte  Klünzinger  (S.  260)  zugegeben,  daß  selbst  die 
jungen  Blaufelchen  (No.  8  und  9)  ein  kleineres  Auge' hätten  als 
die  gleichgroßen  Gangfische. 


Photographische  Reproduktion  der  KLUNziNGER'schen  Figuren  2  auf  Tal  IX  und  X 
in  etwa  halber  Größe  ohne  Retusche.    (Oben  Blaufelchen,  unten  Gangfisch.) 

Nur  ^  ein  Pärchen  Blaufelchen  und  Gangfisch  erwachsen  war 
ihm  damals  ultima  ratio  gewesen,  dasjenige  seiner  Taf.  IX  Fig.  2  und 
Taf.  X  Fig.  2.  Ich  lasse  nun  diese  beiden  Fische  heute  in  etwa  halber 
Größe  der  KLUNziNGER'schen  Figuren  (völlig  unretuschiert)  in  photo- 
graphischer Reproduktion  folgen. 

'  Genauer  20,9  durchschnittlich  (Max.  22,  Min.  19,8)  für  Gangfisch  und 
18,8  (20,2 ,  17,5)  für  Blaufelchen ,  wobei  junge  und  alte  Individuen  inbegriffen 
sind,  während  streng  genommen  nur  erwachsene  zu  berücksichtigen  wären.  (Siehe 
Zoolog.  Anz.  1903,  S.  405  und  406.) 

^  Neuerdings  (S.  337)  hat  Klünzinger  noch  einen  sehr  kleinen  Blaufelchen 
von  16  cm  Länge  aus  früherer  Zeit  gemessen  und  findet  bei  ihm  0,8  cm  Augen- 
größe, also  5°/o  der  Körperlänge.  Seine  zum  Vergleich  angeführten  Gangfische 
von  19  cm  Länge  haben  1,00  cm  Augengröße,  also  5,26  °/o,  daher  ebenfalls  größeres 
Gangfischauge, 


—     304     - 

Obgleich  das  Gangfischauge  auf  den  ersten  Bhck  deutlich  größer 
erscheint  als  das  Blaufelchenauge  (nach  Messung  im  Verhältnis  von 
4,28  zu  3,8 ''/o  der  Körperlänge),  fand  doch  Klunzinger  1903  nicht 
den  geringsten  Unterschied  und  basierte  allein  auf  dieses  Paar 
sein  vernichtendes  Schlußurteil:  „Das  Merkmal  des  , größeren  Auges' 
des  Gangfisches  erweist  sich  also  auch  nach  dieser  Methode  (d.  h.  der 
Photographie  in  gleicher  Größe)  als  unsicher,  nicht  in  allen  Fällen 
zutreffend:  quod  erat  demonstrandum." 

Und  was  sagt  Klunzinger  heute  hierzu? 

Er  gibt  seinen  Irrtum  zu  (S.  339),  fügt  jedoch  sogleich  wieder 
abschwächend  hinzu:  „Freilich  ist  die  Messung  mit  Zirkel  und  Maß- 
stab bei  der  Punktierungsmethode  im  Lichtdruck  mißlich,  zumal  bei 
Vergrößerung  mit  einer  Lupe,  wobei  die  Umrisse  noch  undeutlicher 
werden.  Ein  Teil  des  Eindrucks  des  größeren  Auges  von  Fig.  2  auf 
Taf.  X  gegenüber  von  Fig.  2  auf  Taf.  IX  ist  auch  auf  Irradiation 
zu  setzen.  Das  hellere  Auge  (Iris)  des  betreffenden  Gangfischbildes 
erscheint  größer  als  das  umdunkelte  ^  des  Blaufelchen."  Ich 
will  diese  Sätze  ohne  Kommentar  der  Beurteilung  des  Lesers  über- 
lassen. 

2.  Größe   der    Eier. 

Obgleich  Klunzinger  1903  (S.  264)  ohne  Einschränkung  sagte  : 
„Ich  bestätige  hierin  die  Angaben  Nüsslins:  die  Gangfischeier  sind 
durchsichtiger  und  größer,  die  Blaufelchen  kleiner  und  trüber",  hat 
er  sich  „jetzt  wieder  die  seinerzeit  (1882)  erhaltenen  Eier  von  Gang- 
fisch und  Blaufelchen"  angesehen,  welche  sich  in  der  Sammlung  des 
Vereins  für  vaterländische  Naturkunde  befinden.  „Sie  unterscheiden 
sich  wirklich  nicht  in  der  Größe ,  eher  könnten  die  Blaufelcheneier 
größer^  erscheinen."     Fußnote  2   S.  339! 

Nun ,    ich  will  auf   diesen   allerneuesten  Widerruf  Klunzinger's 


*  Als  ob  ich  in  den  Korrektionen  in  meiner  Entgegnung  (diese  JaLresh. 
1904,  S.  191)  die  Augengrößen  vom  Schattenrand  an  gemessen  hätte! 

'^. Jeder  Fischereiaufseher  am  Bodensee  muß  den  bedeutenden 
Größenunterschied  zwischen  Blaufelchen-  und  Ganglischeiern  alljährlich  bei  der 
Füllung  der  Coregonengläser  berücksichtigen.  In  ein  Coregonenglas  {i  1)  gehen 
etwa  280000  Blaufelchen-  und  170000  Gangfischcicr.  Eine  einfache  Anfrage  am 
Bodensee  würde  Klunzinger  hierin  belehren  und  belehren  müssen.  Ebenso 
würde  jeder  dieser  einfachen ,  jedoch  scharfsichtigen  Leute  die  Trübheit  der 
Blaufeicheneischale  gegenüber  dem  klar  durchsichtigen  Gangtischei  bestätigen 
können.  Wie  ich  1891  (Allgem.  Fischerei-Ztg.  No.  4)  gezeigt  hatte,  sind  Blau- 
felchen- und  Ganglischei  durch  10  Differentialcharaktere  zu  unterscheiden ,  von 
denen  die  meisten  für  jedes   $  Individuum  beider  Arten  Geltung  besitzen. 


—     305     — 

nicht  näher  eingehen ,  kann  ich  mich  doch  am  Schlüsse  dieser  Er- 
widerungj  auf  einen  neuen  Autor  in  dieser  Sache  berufen. 

3.  Wechsel   in  der  Benennung. 

Klunzinger  hat  zuerst  (1881)  den  Gangfisch  als  jungen  Blau- 
felchen,  dann  (1884),  bald  nach  demErscheinen  meiner  ^Coregonus- 
Arten"  ,  als  besondere  Spezies  (=  Coreg.  exiguus  Klunzinger), 
dann  (1892)  nur  als  sogen,  „biologische  Art",  endlich  1900  nur 
noch  als  eine  Zwerg rasse  des  Blaufelchen  (=  Coreg.  Wartinanni 
Bloch  var.  exigua  Klunzinger)  aufgefaßt  und  dargestellt. 

In  seiner  neuesten  Veröffentlichung  (S.  341)  rühmt  sich  Klun- 
zinger noch  besonders  dieses  Wechsels  seiner  Auffassungen.  Es  „ist 
das  eben  das  Schöne  in  der  Wissenschaft  gegenüber  dem  Dogma, 
daß  man  nicht  starr  an  Annahmen  festhält,"   .  .  .  .! 

Es  umhüllt  dieser  Satz  Klunzinger's  den  stillen  Vorwurf,  daß 
ich  an  dem  „Dogma"  der  spezifischen  Differenz  von  Blaufelchen 
und  Gangfisch  von  1882    bis  heute    unverändert   festgehalten   habe. 

Ich  möchte  hierbei  Klunzinger  fragen,  welches  denn  „die  neuen 
Gesichtspunkte"  aus  Tatsachen  und  Beobachtungen  gewesen  sind, 
welche  ihn  bestimmt  haben,  den  Gangfisch  heute  nicht  mehr,  wie 
1884,  als  Spezies,  sondern  als  Rasse  aufzufassen.  Seit  1882 
habe  ich  das  Beweismaterial  für  die  spezifische  Verschiedenheit  beider 
Fische  teils  sicherer  gestaltet,  teils  bedeutend  erweitert.  Klunzinger 
selbst  hat  ja  1903  offen  zugegeben,  daß  das  größere  Gangfisch- 
auge  bei  18  unter  19  Gangfischen  und  10  unter  11  Blaufelchen 
zweifellos  bestehe,  und  heute  mußte  er  diese  Tatsache  auch  für  das 
letzte  jener  Vergleichspaare  zugeben.  Auch  die  Unterschiede  in  den 
Eiern,  1884  bezweifelt,  wurden  1903  von  Klunzinger  klar  und  be- 
stimmt zugegeben.  Und  anderseits  gesteht  Klunzinger  selbst,  kein 
Beweismittel  für  die  Auffassung  der  Gangfische  als  Zwergrasse  zu 
haben.  Und  hat  nicht  V.  Fatio  aus  dem  exiguus  Klunzinger  einen 
noch  weit  über  den  Gangfisch  des  Bodensees  hinausgehenden  und 
Coregonen  mehrerer  Schweizerseen  umfassenden  Speziestyp  geschaffen! 
Das  alles  wären  doch  zwingende  Beweisgründe  für  Klunzinger  ge- 
wesen, seine  1884  angenommene  Spezies  exiguus  als  solche  zu  halten, 
ja  zu  befestigen. 

Und  nun  kommt  sogar  noch  ein  neuer  Autor,  bestätigt  meine 
Angaben  von  1882  an   und  betont  die  spezifische  Differenz  ^ 

Muß  jetzt  nicht  Klunzinger  abermals  seine  Auffassung  ändern 
und  den  Rückweg  zur  Spezies  und  zu  1884  (oder  besser  1882)  antreten, 

^  Siehe  den  Schluß  dieser  Entgegnung. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.    1905.  20 


—     306     — 

sind  die  Gründe  hierzu  nicht  zwingend,  und  wo  bleibt  jetzt  das  Schöne 
in  der  Wissenschaft,  daß  man  nicht  starr  an  Annahmen  festhält? 

4.  Messungsmethode  mit  Band. 
Hierzu  sagt  Kluxzinger  jetzt   (S.  342): 

„Bei  meinen  Maßen  auf  S.  259  handelt  es  sich  überall  um  Augen- 
und  Körperlänge,  die  Körperhöhe  habe  ich  nur  nebenbei  angegeben. 
Die  Körperlänge  habe  ich  mit  Band  gemessen,  die  Körperhöhe 
dagegen  ist  mit  Ansetzen  des  Zirkels  zu  messen." 

Ein  Jahr  früher  (S.  258)  hatte  er  jedoch  gesagt: 

„Außerdem  habe  ich  im  folgenden  die  Körperhöhe  gemessen, 
von  der  Basis  der  Bauchflosse  zu  der  Rückenflosse.  Zum  Messen 
gebrauche  ich  ein  Band,  das  sich  an  die  Wölbungen  anschmiegt." 

Diese  Methode  eben  hatte  ich  beanstandet.  Auch  hier  lasse 
ich  Klünzinger's  neuesten  Widerruf  ohne  Kommentar,  er  zeigt  von 
selbst,   mit  welchem  Gegner  ich  zu  kämpfen  habe. 

5.  Klunzinger  schließt: 

„Die  Entscheidung  über  die  Sache  selbst,  ob  Art  oder  Rasse, 
und  über  die  im  obigen  noch  als  offen  erklärten  Fragen  überlasse 
ich  dem  Urteil  anderer  Forscher " 

Auch  ich  will  zum  Schlüsse  einem  anderen  Autor  das  Wort 
erteilen : 

„Ich  stimme  auf  Grund  eigener  Anschauung  vollkommen  mit 
den  Ansichten  Nüsslins  überein,  daß  der  Gangfisch  eine  besondere 
Art  sei,  und  benenne  ihn  im  Gegensatz  zu  Klunzinger  und  Fatio 
Coregonus  macrophthalmus  Nüssl.  Allein  schon  durch  den  Vergleich 
der  Eier  dieses  Fisches  mit  denen  des  Blaufelchen  muß  man  zu  der 
Überzeugung  gelangen,  daß  man  es  mit  zwei  verschiedenen  Tieren 
zu  tun  hat."  ....  „Hierzu  kommen  dann  noch  deutliche  Unter- 
schiede in  der  Größe  der  Augen  und  der  Zahl  der  Reusenzähne,  so 
daß  es  eigentlich  unbegreiflich  erscheint,  daß  immer  noch  Nüsslin's 
genaue  und  langjährige  Untersuchungen  und  Erfahrungen  angegriffen 
werden."  „Unumstößliche  Tatsache  ist  es,  daß  sowohl  embryo- 
logisch, anatomisch  und  biologisch  Gangfisch  und  Blaufelchen  stark 
voneinander  abweichen  und  wohl  beide  Anspruch  auf  eine  besondere 
Art  machen  könnend" 

Karlsruhe,  Anfang  Juni  1904. 


^  Auerbach,  Dr.  Max,  Die  Dotteruinwachsuiig  uml  Eiiibryonalaiilage  von 
Gangfisch  und  Äsche.  Habilitationssclirift.  Verhandl.  d.  naturw.  Vereins  zu 
Karlsruhe  1904. 


Sehlusswort  auf  obenstehende  „letzte  Erwiderung" 

Professor  Nüsslin's  in  dieser  Zeitschrift,  die  Gangfiseh- 

Blauf eichen -Frage  betreffend. 

Von  Prof.  Dr.  C.  B.  Klunzinger  in  Stuttgart. 

Da  mir  noch  vor  Erscheinen  des  diesjährigen  Bandes  unserer 
Jahreshefte  das  Wort  zu  einer  nochmahgen  Erwiderung  auf  Nüsslin's 
obenstehende  „letzte  Erwiderung"  gegeben  wurde,  womit  die  fernere 
Erörterung  dieser  Sache  an  dieser  Stelle  abgeschnitten  werden  soll, 
so  möchte  ich  mich  auf  folgende,  hauptsächlich  auf  Zahlen  ge- 
gründete, rein  sachliche  kurze  Bemerkungen  beschränken. 

1.  Nach  NüssLiN  ist  der  Gangfischkopf  viel  größer  als  der 
Blaufelchenkopf. 

Zur  nochmaligen  Prüfung  habe  ich  die  von  mir  in  meiner  Arbeit 
1903  S.  259  und  1904  S.  337  angegebenen  absoluten  Maße  zugrunde 
gelegt  und  rechne  sie  jetzt  in  einfache  Verhältniszahlen  um. 

Verhältnis  der  Kopflänge  zur  Gesamtlänge  (ohne 
Schwanzflosse). 

A.  Blaufelchen: 

I  6,5   und  5,5.    II  4,8   und  4,5.    III  5,1.    IV  5,2.    V  5,18.    VI  5,5. 
VII  5,6.  VIII  und  IX  5.  X  4,84.  XI  4,9.  XII  4,5.  XIII  4,8. 

B.  Gangfisch: 

I  4,85.  II  4,3.  III  4,7.  IV  4,8.  V  4,6.  VI  5,0.  VII  4,8.  VIII  4,4. 
IX— XII  4,7.  XIII  4,5.  XIV  4,3.  XV— XVI  4,6.  XVII  4,3.  XVIII  4,4. 
Ergebnis :  auffallend  viele  gleiche  Werte  für  beiderlei  Formen, 
so  daß  es  mit  dem  großen  Gangfischkopf  als  Unterscheidungsmerkmal 
ziemhch  schlecht  bestellt  ist;  nur  bei  einigen  großen  Blaufelchen 
erscheint  der  Kopf  kleiner  (Zahl  5  und  darüber). 

2.  Verhältnis  des  Auges  zur  Kopflänge. 

Diese  Maße  habe  ich  schon  1903  S.  337  gegeben,  wobei  ich 
selbst  schon  bemerkte,  daß  diese  Berechnung  nicht  einwandfrei  sei 
wegen  „wenn  auch  nicht  bedeutender  Veränderung  der  Kopflänge 
mit  dem  Alter".  Der  Fehler  ist  aber,  nach  meinen  obigen  relativen 
Kopflängemaßen,  lange  nicht  so  bedeutend,  als  Nüsslin  es  in  seiner 
obigen  Erwiderung  betont.  Daher  sind  die  mehrfach  übereinstim- 
menden Grenzwerte  nicht  zu  mißachten. 

20* 


—    308     — 

3.  Verhältnis  der  Augengröße  zur  Körperlänge 
(ohne  Schwanzflosse). 

NüssLiN  berechnet  dies  in  Prozenten.  Ich  sehe  nicht  ein,  warum 
man  hier  nicht  auch,  wie  sonst,  einfache  Verhältniszahlen  gebrauchen 
soll.     Solche  sind : 

A.  Blaufelchen: 

I  24.    II  22,5.     III  25,6.     IV  24,6.    V  21,09.    VI  22,89.    VII  25,4. 

VIII  24,5.   IX  22,5  und  24,5.    X  20.    XI  21,6.    XII  22,5  und  20,7. 

XIII  22,6. 

B.  Gangfisch: 

I  17,53.    II  ebenso.     III  18,75.    IV  18,99.     V-VII  18,1.    VIII  19. 

IX-XII  19,9.    XIII  17,1.    XIV  17.    XV  19,8.    XVI  19.8.    XVII  19. 

XVIII  (1904  S.  337)  19. 

Nach  dieser  Berechnung  erreicht  das  Gangfischauge  allerdings 
nie  ganz  die  Zahl  des  Blaufelchenauges ,  wenn  auch  oft  nahezu, 
so  bei  dem  Blaufelchen  No.  X  (dem  von  mir  besonders  erwähnten 
jungen  Blaufelchen  von  1881/83).  Wenn  diese  Meßart  einwandfrei 
wäre,  was  ich  aus  den  1903  S.  258  und  1904  S.  338  angeführten 
Gründen  bezweifeln  muß,  so  würde  sie  für  das  größere  Gangfisch- 
auge sprechen ;  aber  auch  hier  sind  die  gleichen  Grenzwerte  nahezu 
erreicht  und  die  Unterschiede  oft  minimal:  so  selbst  bei  den  mittel- 
großen Blaufelchen  XI  und  XII  und  noch  mehr  bei  dem  jungen  No.  X. 
Nur  bei  erwachsenen  Exemplaren  beider  Formen  tritt  dieses  Merkmal 
mehr  hervor,    aber   auch    mit   bedeutender  individueller  Variabilität. 

3.    G  r  ö  ß  e   d  e  r   E  i  e  r. 

Daß  die  frischen  Eier,  die  ich  im  Dezember  1902  von  beiden 
Arten  erhielt,  sich  durch  ihre  Größe  unterscheiden  (die  vom  Gang- 
fisch größer),  habe  ich  1903  S.  264  zugegeben,  zugleich  aber  be- 
merkt, daß  die  Sicherheit  dieses  Merkmals  noch  nicht  über  alle 
Zweifel  erhaben  sei,  da  bei  gewissen  Salmoniden,  wie  Salmo  quhtat, 
bei  derselben  Art  die  Eier  unter  Umständen  bedeutende  Größen- 
unterschiede zeigen.  Nun  führt  Herr  Dr.  M.  Auerbach  in  der  oben 
in  Nüsslin's  Erwiderung  von  1903  angeführten  Habilitationsschrift 
1904  S.  5  einen  andern  ähnlichen  Fall  an:  „Die  Eier  der  Aschen 
aus  dem  Bodensee  sind  deutlich  kleiner  wie  die  der  im  Rhein  bei 
Stein  laichenden,  und  ferner  haben  die  Olkugeln  der  Rheineier  eine 
schön  tief  orangerote  Färbung,  während  die  aus  dem  See  mehr  gelb- 
lich sind.  Es  sind  daher  auch  beim  Gangfisch  und  Blaufelchen  weitere 
Untersuchungen  nötig,  zumal  auch  die  Eier,  die  ich  1882  erhalten 
hatte  (s.  meine  Entgegnung  1903  S.  339  Anmerkung  2)  und  jedermann 


—     309     — 

zur  Ansicht  and  Untersuchung  zu  Gebote  stehen,  bei  beiden  Arten 
gleich   groß  sind,   ja  die  Blaufelcheneier  sind    sogar    etwas  größer ^ 

Zu  der  ganzen  Auslassung  Nüsslin's  No.  3  über  „Wechsel  in 
der  Benennung"  finde  ich  unnötig,  hier  noch  einmal  darüber  mich 
zu  ergehen,  meine  Anschauungen  hierüber  sind  klar  in  meinen  Ar- 
beiten von  1903  und  1904  gegeben,  die  jeder  nachlesen  kann.  Nur 
möchte  ich  bemerken,  daß  ich  Nüsslin  in  keiner  Weise  einen  auch 
nur  „stillen  Vorwurf"  gemacht  hätte,  als  halte  er  an  einem  Dogma 
fest.  Ich  habe  nur  wissenschafthche  Forschung  und  Dogma  im  all- 
gemeinen einander  gegenübergestellt. 

Auch  über  die  Meßmethode  mit  Band  oder  Zirkel  habe  ich 
1904  S.  343  das  Nötige  angegeben,  es  handelt  sich  hier  nur  um 
Längenmaße,  also  auch  nicht  um  einen  Widerruf,  sondern  höchstens 
eine  Ungenauigkeit  im  Ausdruck ,  was  für  Nüsslin  die  Gelegenheit 
bietet,  auszurufen:  „es  zeigt  von  selbst,  mit  welchem  Gegner  ich 
zu  kämpfen  habe." 

Zum  Schluß  will  ich  meine  Anschauung  und  Überzeugung  noch 
einmal  dahin  zusammenfassen :  Kein  Unterscheidungsmerkmal  zwischen 
Gangfisch  und  Blaufelchen  ist  so  scharf,  daß  es  bei  jedem  Individuum 
sicher  und  ohne  allen  Zweifel  festzustellen  ist,  wenn  auch  bei  der  Mehr- 
zahl der  Individuen  eine  Reihe  von  Unterscheidungsmerkmalen,  eine 
Neigung,  solche  besonders  auszubilden,  vorhanden  ist.  Selbst  in  der 
Größe  des  Auges  findet  sich  große  individuelle  Variabilität  bis  zu 
Grenzwerten,  die  bei  beiden  Formen  einander  nahezu  gleichkommen 
(19,8.  20.  20,7)  und  nur  durch  eine  Messungsmethode  bestimmt 
werden,  wo  die  kleinsten  Messungsfehler  vervielfältigt  werden.  Der 
Unterschied  in  der  Größe  der  Eier  ist  nach  No.  3  meiner  obigen 
Ausführungen  auch  noch  gar  nicht  über  allen  Zweifel  erhaben  und 
bedarf  noch  weiterer  Forschungen.  Somit  ist  es  eben  doch  begreifhch, 
was  Herr  Dr.  M.  Auerbach  unbegreiflich  findet,  daß  „Nüsslin's  ge- 
naue und  langjährige  Untersuchungen  und  Erfahrungen  immer  noch 
angegriffen  werden".  Zur  Aufstellung  einer  „guten"  Art  verlange 
ich  mit  DöDERLEiN  (s.  meine  Schrift  1903  S.  341),  d*aß  die  Unter- 
scheidungsmerkmale bei  jedem  Individuum  deutlich  festzustellen  sind. 

Stuttgart,  im  März  1905. 


^  Ich  habe  nun  neuerdings  an  diesen  Schnitte  mit  Färbung  gemacht, 
aiis  denen  klar  ersichtlich  ist,  daß  sie  nicht  angebrütet  sind:  man  sieht  nur 
Dotterkugeln,  keine  Kerne.  Die  Eier  stammen  aus  Langenargen,  wo  es  keine 
Gangfische  gibt. 


Zur  Physik  der  Sonne. 

Vortrag  im  Verein  für  vaterl.   Naturkunde  am   10.  April   1905^. 
Von  Prof.  Dr.  Aug.  Schmidt  in  Stuttgart. 

Der  Anfang  physikalischer  Untersuchung  der  Sonne  fällt  in  den 
Beginn  des  17.  Jahrhunderts.  Im  Jahre  1611  hat  der  Jesuitenpater 
Scheiner  die  erste  Beobachtung  eines  Sonnenflecks  gemacht.  Die 
dunkeln  Flecken  der  Sonne  und  die  sie  begleitenden  hellen  Fackeln 
sind  die  deutlichen  Anzeichen  dafür,  daß  die  Sonne  keine  Scheibe, 
kein  Rad  am  Wagen  des  Sonnengotts,  sondern  eine  um  ihre  Achse 
rotierende  Kugel  ist,  anscheinend  eine  flüssige  oder  gasige  Kugel, 
denn  die  Zeit  der  Achsendrehung  ist  nicht,  wie  bei  einem  festen 
Körper,  in  allen  Teilen  gleich,  sondern  ist  am  kleinsten  (25  Tage) 
am  Äquator  und  wächst  mit  zunehmender  Entfernung  von  diesem, 
so  daß  sie  z.  B.  in  der  Breite  75^  39  Tage  beträgt. 

Die  Möglichkeit  der  neuen  Entdeckung  bot  das  soeben  er- 
fundene Fernrohr.  Alle  weiteren  Fortschritte  der  Sonnenphysik 
sind  im  wesentlichen  an  die  Erfindung  neuer  Beobachtungsinstrumente 
und  an  deren  wachsende  Vervollkommnung  gebunden.    Das  heutige 


^  Die  wissenschaftliche  Begründung  der  Theorie  des  Verfassers  enthalten 
folgende  Veröffentlichungen :  1.  Die  Strahlenbrechung  auf  der  Sonne ,  Stuttgart 
1891.  2.  Erklärung  der  Sonnenprotuberanzen  als  AVirkungen  der  Refraktion, 
Zeitschr.  Sirius,  Mai  1885,  Verteidigung  gegen  E.  v.  Oppolzer.  ebenda  Oktober 
1895.  3.  Ein  Bild  des  Sonnenballs,  Deutsche  Revue,  Juli  1899.  4.  Das  Wärme- 
gleichgewicht der  Atmosphäre  nach  den  Vorstellungen  der  kinetischen  Gastheorie, 
Gerland,  Beitr.  zur  Geophj'sik  IV,  1.  1899.  Labile  Gleichgewichtszustände  der 
Atmosphäre,  ebenda  V,  3.  1902.  Die  Wärmeleitung  der  Atmosphären,  ebenda 
VI,  1.  1903.  5.  Über  die  Doppellinien  im  Spektrum  der  Cln-omosphärc,  Physika!. 
Zeitschr.  3.  S.  259,  1902.  Lichtbrechung  und  Farbenzerstreuung  in  der  Chromo- 
sphäre,  ebenda  4.  S.  282  und  4.  S.  341,  1903.  Konsequenzen  des  Lambert'schen 
Strahlungsgesetzes,  ebenda  4.  S.  453.  Die  Helligkeit  astigmatischer  Bilder  und 
das  Bild  der  Sonne,  ebenda  4.  S,  476,  1903.  Beobachtung  der  Helligkeitsabnahme 
durch  Brechung,  ebenda  5.  S.  67,  1904.  Beschränkung  und  Erweiterung  meines 
Helligkeitsgesetzes,  ebenda  5.  S.  528,  1904. 


—     311     — 

Fernrohr  fügt  zu  den  Flecken  und  Fackeln  die  Granulation  der 
Scheibe  und  die  Erscheinungen  am  Rande,  nämlich  die  den  Rand 
umgebende  Chromosphäre,  das  Anzeichen  einer  den  weißleuchtenden 
Ball  umhüllenden  glühenden  Atmosphäre  von  weniger  hoher  Tem- 
peratur, dazu  wechselnde,  bald  rascher,  bald  langsamer  ausbrechende 
und  wieder  verschwindende  Hervorragungen,  die  Protuberanzen  und 
einen  bei  totalen  Finsternissen  die  dunkle  Scheibe  umhüllenden  Hof 
in  mattem  Silberglanz,  die  Korona,  welche  das  Bild  weit  in  den  Welt- 
raum hinausragender  unregelmäßig  verteilter  Strahlenkegel  darbietet. 

Das  Spektroskop  enthüllt  uns  die  chemische  Beschaffenheit 
jener  inneren  und  teilweise  der  äußeren  Atmosphäre  in  den  dunkeln 
FRAUNHOFER'schen  Linien,  die  das  Spektrum  des  weißen  Sonnen- 
lichtes durchziehen  und  in  dem  hellen,  die  dunkeln  Linien  umkehren- 
den Emissionsspektrum  der  Chromosphäre,  es  gibt  uns  zugleich  Auf- 
schluß über  gewaltige  Sturmbewegungen  mit  einigen  Hunderten  von 
Kilometern  Geschwindigkeit  innerhalb  der  Gebiete  der  Flecken  und 
der  Protuberanzen. 

Die  verschiedenen  Strahlungsmesser,  Aktinometer,  besonders 
das  Photometer  und  das  Bolometer  in  Verbindung  mit  dem 
Spektralapparat  geben  eine  Analyse  des  Sonnenlichtes  je  nach  der 
Stärke,  welche  nicht  nur  den  verschiedenen  im  weißen  Lichte  ge- 
mischten Farben ,  sondern  auch  der  unsichtbaren  Wärmestrahlung 
und  der  chemischen  Strahlung  zukommt.  Sie  lassen  heute  die  früher 
in  weiten  Grenzen  schwankenden  Temperaturschätzungen  der  Sonne 
auf  die  engeren  Grenzen  von  etwa  öYo — 772  Tausend  Grad  ein- 
schliessen. 

Ganz  besondere  Enthüllungen  liefern  uns  ferner  die  Magneto- 
meter,  die  Instrumente,  welche  zur  Beobachtung  des  magnetischen 
Zustandes  der  Erde  dienen.  Die  fortschreitende  Verfeinerung  dieser 
Beobachtungen  und  ihre  statistische  Vergleichung  mit  dem  Auftreten 
der  Sonnenfiecken  haben  nicht  nur  die  Übereinstimmung  emer  lljäh- 
rigen  Periode  in  der  Zu-  und  Abnahme  der  beiderlei  Erscheinungen, 
sondern  eine  ganz  besondere  Art  von  innigster  Wechselwirkung  kennen 
gelehrt  zwischen  den  Flecken  oder  vielleicht  besser  den  die  Flecken 
begleitenden  Fackeln  der  Sonnenscheibe  und  gewissen  Veränderungen 
des  Erdmagnetismus.  Man  hat  nämlich  zweierlei  solcher  Verände- 
rungen zu  unterscheiden,  solche,  die  an  allen  Orten  der  Erde  gleich- 
zeitig und  gleichartig  auftreten,  und  solche,  die  eine  Wanderung  von 
Ort  zu  Ort  zeigen  oder  die  an  verschiedenen  Orten  verschiedener 
Art  sind.    Die  ersteren  sind  es,  welche  mit  den  Sonnenerscheinungen 


—     312     — 

in  Zusammenhang  stehen.  Merkwürdigerweise  tritt  der  magnetische 
Einfluß  einer  Fackel  nur  dann  zutage,  wenn  diese  dem  der  Erde 
zugekehrten  Meridian  der  Sonne  nahekommt.  Man  bekommt  das 
Bild  eines  gewaltig  ausgedehnten  magnetischen  Feldes ,  in  welches 
die  Sonne  mit  den  Planeten  eingetaucht  ist  und  welches  stets  auf 
derjenigen  Seite  der  Sonne  Veränderungen  erfährt,  auf  welcher  die 
Störungen  in  der  Sonnenatmosphäre  auftreten.  Nach  Riccü  brauchen 
diese  Störungen,  um  von  der  Sonne  zur  Erde  zu  gelangen,  etwa 
2  Tage  Zeit. 

Indessen,  nicht  bloß  die  Vermehrung  und  Vervollkommnung 
der  Beobachtungen  mit  Fernrohr,  Spektroskop,  Aktinometern  und 
Magnetometern  bereichern  unsere  Erkenntnis.  Alle  beobachteten  Er- 
scheinungen müssen  an  der  Hand  der  allgemeinen  physikalischen 
Gesetze  gewürdigt,  voreilige  Hypothesen  müssen  kritisch  geprüft  und 
anderen  möglichen  Hypothesen  gegenübergestellt  werden. 

Der  Astronom,  welcher  die  Entfernung  (150  Millionen  Kilometer) 
und  Größe  (Durchmesser  gleich  108  Erddurchmessern)  der  Sonne 
berechnet,  wendet  die  Gesetze  der  Geometrie  auf  die  Beobachtungen 
an.  Die  Kenntnis  der  Masse  der  Sonne,  welche  die  unserer  Erde 
324000mal  übertrifft,  verdanken  wir  der  Anwendung  der  Gesetze 
der  Mechanik  auf  die  Bahnbewegungen  der  Erde  und  der  Planeten. 
Die  Abweisung  der  früheren  Temperaturschätzungen,  die  bis  zu 
Hunderttausenden  von  Graden  reichten,  Werte,  welche  nur  noch  den 
tief  liegenden  inneren  Massen  zugeschrieben  werden  können,  wurde 
möglich  durch  das  in  neuester  Zeit  entdeckte  allgemeine  Gesetz  über 
Temperatur  und  Wellenlängen  des  ausgestrahlten  Lichtes,  ein  Gesetz, 
welches  das  Verfahren  der  Feuerarbeiter,  aus  der  Farbe  der  Glut 
die  Temperatur  zu  schätzen,  auf  den  exakten  mathematischen  Aus- 
druck bringt.  Jede  beobachtete  Erscheinung  ist  nur  dann  befriedigend 
erklärt,  wenn  wir  sie  als  Ausfluß  der  aus  den  irdischen  Naturvorgängen 
gefolgerten  Gesetze  erkennen. 

Zu  den  Versuchen,  die  physikalischen  Gesetze  auf  die  Erschei- 
nungen an  der  Sonne  anzuwenden,  rechne  ich  auch  die  Folgerungen, 
welche  sich  mir  aus  dem  Gesetze  der  Lichtbrechung  für  die  Deutung 
der  am  Sonnenrande  beobachteten  Erscheinungen  ergeben  haben.  Li 
der  Zeit  von  14  Jahren  seit  meinen  ersten  Veröffentlichungen  haben 
meine  Vorstellungen  sich  wachsender  Anerkennung  erfreut.  Die 
zögernde  Anerkennung  besonders  von  selten  der  Astronomen  von 
Fach  werden  Sie  verstehen,  wenn  ich  Ihnen  durch  eine,  so  gut  ich 
es  machen  kann,  populäre  Auseinandersetzung  der  Hauptpunkte  der 


—     313     — 

Theorie  zeige,  zu  welch  folgenschweren  weiteren  Annahmen  die  zu- 
nächst rein  geometrisch  optischen  Ergebnisse  uns  drängen,  Annahmen, 
die  vorerst  den  Eindruck  gewagter  neuer  Hypothesen  zu  machen 
geeignet  sind. 

Ausgehend  von  dem  sogenannten  Sinusgesetz  der  Brechung 
erinnere  ich  zunächst  an  einen  bekannten  Versuch,  dem  ich  nachher 
eine  wichtige  Erweiterung  zu  geben  beabsichtige.  Bringe  ich  eine 
Münze  auf  den  Boden  einer  Schüssel  und  stelle  mich  so  auf,  daß 
der  Rand  der  Schüssel  meinem  Auge  die  Münze  verdeckt,  so  kann 
ich  dieselbe  sichtbar  machen,  wenn  ich  in  die  Schüssel  bis  zu  ge- 
nügender Höhe  Wasser  eingieße.  Der  ganze  Grund  der  Schüssel 
erfährt  eine  scheinbare,  eine  optische  Erhebung.  Jeder  von  einem 
dichteren  in  ein  dünneres  Mittel  übertretende  Lichtstrahl,  mit  Aus- 
nahme des  genau  zur  Trennungsfläche  senkrechten ,  erfährt  beim 
Übertritt  eine  Richtungsänderung,  die  um  so  größer  wird,  je  weiter 
ein  Strahl  von  der  senkrechten  Richtung  abweicht.  Zwischen  dem 
Sinus  des  Winkels  der  ersten  und  zweiten  Strahlrichtung  besteht  ein 
festes  Verhältnis,  das  für  jedes  Paar  von  Mitteln  seinen  besonderen 
Wert  hat,  je  nach  der  Wellenlänge  des  Lichts  einen  etwas  verschie- 
denen Wert,  für  den  Übergang  von  Luft  in  Wasser  z.  B.  den  ungefähren 
Wert  ^/g.  Die  Wirkungen  der  Lichtbrechung  begleiten  uns  bei  all- 
täglichen Erscheinungen.  Die  Sonne  und  die  Gestirne  gehen  alle 
einige  Minuten  früher  auf  und  einige  Minuten  später  unter,  als  sie 
bei  geradliniger  Fortpflanzung  ihres  Lichtes  tun  würden ,  denn  die 
Atmosphäre  der  Erde  bildet  ein  unten  dichteres ,  oben  dünneres 
Mittel,  in  welchem  die  Lichtstrahlen  unendlich  oft,  unendlich  wenig 
gebrochen  nach  unten  schwach  konkave  Linien  darstellen.  Jeder 
Blick  durch  eine  Fensterscheibe  zeigt  uns  infolge  der  Unregelmäßig- 
keiten des  Glases  verzerrte  Bilder  der  Außenwelt.  Unsere  Thermo- 
meter und  Barometer  täuschen  uns  172^^1  so  dicke  Quecksilber- 
säulen vor,  als  sie  enthalten,  das  dickwandige  Bierglas,  wenn  gefüllt, 
scheint  gar  keine  Wandstärke  mehr  zu  haben.  Eine  Hohlkugel  aus 
Glas,  in  zwei  Halbkugeln  zerlegbar,  deren  innerer  zum  äußeren  Radius 
sich  wie  2:3  verhält,  auf  den  Innenflächen  vergoldet,  zeigt  zu- 
sammengelegt das  Bild  einer  vollen  Goldkugel.  Besonders  sind  es 
viele  farbige  Naturerscheinungen,  welche,  wie  der  Regenbogen,  der 
Brechung  des  Lichts  entspringen. 

Aus  dem  unmittelbaren  Bilde  der  Sonne  unter  Berücksichtigung 
der  Entfernung  von  der  Erde  ergibt  sich  als  Radius  der  weißleuchten- 
den Oberfläche  des  Sonnenballs,   der  Photosphäre,  der  lOSfache 


-     314     - 

Erdradius,  als  Höhe  der  im  Purpurlicht  glühenden  Atmosphäre  un- 
gefähr der  einfache  Erdradius,  als  größte  Höhen  zeitweilig  auftreten- 
der Koronastrahlen  der  mehrfache  Sonnenradius.  Sollten  nicht  auch 
diese  Abmessungen  durch  die  Lichtbrechung  beeinflußt  sein?  Ich 
habe  dem  Brechungsgesetz  entsprechend  gezeigt,  daß  die  Maße  für 
die  Photosphäre  und  für  die  Chromosphäre ,  ja,  daß  die  ganze  dem 
Anblick  entsprechende  Trennung  dieser  zwei  Teile  auf  nichts  als 
einer  ungerechtfertigten  Verwechslung  von  Schein  und  Wirklichkeit 
beruhen.  Man  schreibt  der  Photosphäre  und  der  Chromosphäre 
zweierlei  Aggregatzustände  zu,  ersterer  den  flüssigen  oder  gar  festen, 
etwa  in  Form  glühenden  Staubes,  entgegen  allen  der  Wärmelehre 
und  dem  Barometergesetz  entsprechenden  Erwartungen,  nach  welchen 
eine  Masse  von  6000  Grad  Temperatur  in  keinem  andern  als  im 
Gaszustand  mit  nach  außen  stetig  und  allmählich  abnehmender  Dichte 
existieren  kann.  Erst  in  den  höheren  Schichten  der  Chromosphäre 
und  der  Korona  kann  an  Kondensationen  gedacht  werden. 

Die  Geometrie  der  Lichtbrechung  zeigt  unwiderleglich,  daß  ein 
glühender  Gasball  uns  gar  kein  anderes  Bild  geben  kann ,  als  eine 
scheinbare  scharfe  Begrenzung  zwischen  einem  undurchsichtigen  weiß- 
glühenden und  einem  durchstrahlten  rotglühenden  bis  unsichtbaren 
Teile.  Fassen  wir,  um  das  zu  begreifen,  die  zu  unserem  Auge  kommen- 
den Lichtstrahlen  in  ihrer  umgekehrten  Richtung  auf  als  Sehstrahlen, 
welche  vom  Auge  ausgehen.  Der  am  Rande  den  Gasball  durchschnei- 
dende Sehstrahl  krümmt  sich  infolge  der  Brechung  in  einen  gegen  die 
Mitte  des  Gasballs  konkaven  Bogen.  Um  so  stärker  wird  die  Krüm- 
mung ,  je  näher  der  Strahl  den  dichteren  Schichten  kommt.  Nur 
schwach  gekrümmte  Strahlen  gehen  daher  unter  kleiner  Ablenkung 
durch  die  äußersten  Schichten  hindurch  bis  zu  einem  Grenzstrahl, 
unterhalb  dessen  alle  anderen  durch  die  zu  starke  Krümmung  nach 
innen,  nach  den  weißleuchtenden  Schichten  abgelenkt  werden.  Es 
ist  ein  ähnliches  Verhalten,  wie  bei  den  der  Erdanziehung  verfallen- 
den Meteorsteinen.  Die  einen,  höheren,  durchschneiden  die  Erd- 
atmosphäre und  gehen  wieder  fort  auf  Nimmerwiedersehen ,  die 
anderen,  zu  nahe  kommenden,  bekommen  Bahnen,  welche  die  Erd- 
oberfläche treffen  und  dringen  in  dieselbe  ein.  Ein  solcher  Unter- 
schied der  Strahlenablenkung  bedingt  für  das  Aussehen  der  Sonne 
die    scharfe    Begrenzung   zwischen   Photosphäre   und  Chromosphäre. 

Dabei  begreift  sich  zugleich,  daß  der  gegen  die  Sonne  konkave 
Grenzstrahl  uns  auch  den  Ort,  in  welchem  er  die  Grenzschichte  er- 
reicht, ich  nannte  diesen  Ort  die  kritische  Sphäre,    uns  weiter 


—     315     — 

von  der  Sonnenmitte  entfernt  erscheinen  läßt,  als  er  sich  befindet. 
Der  weißglühende  Kern  von  uns  unbekannter  Ausdehnung  scheint 
sich  bis  zur  kritischen  Sphäre  zu  erheben  und  wird  noch  mit  dieser 
Sphäre  optisch  vergrößert  unserem  Auge  dargestellt.  Der  Versuch, 
die  Dichte  des  Gases  am  Ort  der  kritischen  Sphäre  der  Sonne  zu 
berechnen,  führte  unter  der  beispielsweisen  Annahme,  daß  das  Gas 
sich  in  Beziehung  auf  die  Lichtbrechung  wie  die  Luft  der  Erde  ver- 
halte, auf  eine  25  mal  kleinere  Dichte  als  diejenige  der  Luft  an  der 
Erdoberfläche. 

Mit  dieser  Grundanschauung  über  die  nur  scheinbare,  nur 
optische  Existenz  des  sichtbaren  Sonnenrandes  verbindet  sich  nun 
folgerichtig  auch  die  optische  Deutung  der  an  diesem  Rande  be- 
obachteten außerordentlichen  Erscheinungen,  nicht  bloß  des  Auf- 
tretens kleiner  Ausbuchtungen  und  Einkerbungen  des  Randes  der 
weißen  Scheibe,  sondern  auch  außerordentlicher  Lichterscheinungen 
außerhalb  des  Randes,  der  sogenannten  Protuberanzen,  von  welchen 
ich  zeigte,  daß  mindestens  ein  Teil  derselben  sich  einfach  als  eine 
Art  von  Luftspiegelungen  erklären  lasse  infolge  unregelmäßiger  und 
veränderlicher  Dichteverhältnisse  der  durchstrahlten  Atmosphäre.  Die 
Frage,  wie  weit  mein  Erklärungsgrund  für  die  Protuberanzerschei- 
nungen  zureiche,  muß  natürlich  offen  bleiben.  Ein  Haupteinwand 
gegen  diese  Erklärungsweise  war  der:  die  hochaufsteigenden  Pro- 
tuberanzen zeigen  bei  der  spektroskopischen  Prüfung  ihres  Lichtes 
eine  manchmal  auf  sehr  große  Geschwindigkeit  der  leuchtenden  Sub- 
stanz hinweisende  Linienverschiebung,  Geschwindigkeiten  der  glühen- 
den Gase  bis  zu  400  und  mehr  Kilometer  in  der  Sekunde.  Es  sei 
viel  wahrscheinlicher,  daß  so  große  Geschwindigkeiten  in  den  oberen 
Gebieten  herrschen,  wo  wir  die  Protuberanzen  sehen,  als  in  den 
tieferen,  aus  welchen  das  Licht  herstammen  würde,  wenn  die  Pro- 
tuberanzen Luftspiegelungen  wären.  Allein  dieser  Einwand ,  den 
z.  B.  noch  Arrhenius  in  seiner  im  Jahre  1903  erscliienenen  kos- 
mischen Physik  geltend  macht,    ist   seit   mehreren  Jahren  hinfällig. 

Schon  im  Jahre  1895  hat  Deslandres  gezeigt,  daß  nicht  nur 
durch  die  Bewegungen  der  Lichtquellen ,  sondern  auch  durch  die- 
jenigen der  das  Licht  zurückwerfenden  Körper  Verschiebungen  der 
Spektrallinien  erzeugt  werden,  und  in  den  Jahren  1901  und  1904 
haben  Michelson  und  Fenyi  dasselbe  von  den  das  Licht  brechenden 
Substanzen  nachgewiesen.  Bei  genügend  kleinem  Winkel  der  Strahlen 
mit  der  Richtung,  in  welcher  die  brechenden  Massen  geschichtet  sind, 
kann  die  Linienverschiebung  sogar    so  groß  werden ,    daß  wir  nach 


—     316     — 

der  gewöhnlichen  Erklärungsart  auf  eine  größere  Geschwindigkeit 
der  leuchtenden  Massen  schließen  müssen,  als  sie  die  lichtbrechenden 
Substanzen  tatsächhch  besitzen.  Hochaufsteigende  Wirbel  und  Wellen- 
bewegungen in  den  leichten  und  dünnen  Koronagasen  sind  geeignet, 
Schlieren  zu  bilden,  innerhalb  deren  die  aufgewühlten  sturmerregten 
Chromosphärengase  der  Tiefe  uns  hoch  schwebende  Luftspiegelungen 
erzeugen  mit  Linienverschiebungen ,  die  uns  noch  viel  größere  Ge- 
schwindigkeiten vortäuschen. 

Infolge  der  Blendung  unseres  Auges  durch  das  direkte  Sonnen- 
licht erscheint  uns  die  Sonnenscheibe  in  durchaus  gleichem  Glänze 
in  allen  ihren  Teilen.  Erst  die  Anwendung  von  Blenden  bei  der 
Beobachtung  oder  auch  die  Projektion  eines  Sonnenbildes  auf  einen 
Schirm  läßt  neben  den  Flecken,  Fackeln  und  Körnern  auch  noch 
eine  gleichmäßige  Abnahme  der  Helligkeit  der  Scheibe  von  der  Mitte 
nach  dem  Rande  zu  erkennen.  Diese  Verschiedenheit  der  Strahlungs- 
stärke der  Sonne  je  nach  der  Entfernung  von  der  Scheibenmitte 
hat  nicht  bloß  für  die  Lichtstrahlen  verschiedener  Wellenlänge, 
sondern  auch  für  die  unsichtbare  Wärmestrahlung  und  die  unsicht- 
bare chemische  Strahlung  eingehende  Untersuchungen  erfahren.  Die 
Wärmestrahlung  stuft  sich  ab  von  100  "/o  in  der  Mitte  auf  43  am 
Rande,  die  Lichtstrahlung  im  ganzen  von  100  auf  37%  und  die 
chemische  Strahlung  von  100  auf  13°/o.  Innerhalb  der  Lichtstrahlung 
hat  H.  C.  Vogel  noch  6  einzelne  Spektralgebiete,  jedes  auf  einen 
kleinen  Umfang  der  Lichtwellenlängen  beschränkt,  aufs  sorgfältigste 
untersucht.  Es  zeigt  sich  mit  der  Ausnahme  eines  einzigen  der 
Gebiete  derselbe  Charakter;  die  Lichtabnahme  ist  größer  für  die 
Strahlen  kleiner,  als  für  die  größerer  Wellenlänge,  das  Licht  aus  der 
Mitte  der  Scheibe  enthält  verhältnismäßig  am  meisten  Violett,  das 
vom  Rande  verhältnismäßig  am  meisten  Rot. 

Nach  dem  Gesetze  der  Strahlung  von  Lambert  und  nach  Ver- 
suchen mit  glühenden  Metallkugeln  ist  die  nach  allen  Richtungen 
von  jedem  Teil  der  Oberfläche  ausgesandte  Lichtmenge  derart  gleich, 
daß  eine  glühende  Kugel  aussieht  wie  eine  gleichmäßig  glühende 
Scheibe.  Warum  macht  nun  die  Sonne  eine  so  auffallende  Aus- 
nahme von  dem  Lambert  sehen  Gesetz? 

Nach  der  nächstliegenden  Erklärung  zeigt  die  Atmosphäre  der 
Sonne  ein  übereinstimmendes  Verhalten  mit  der  Erdatmosphäre.  Wie 
diese  von  dem  Licht  der  Sonne  um  so  mehr  absorbiert,  wie  sie  die 
Sonne  um  so  rötlicher,  ihre  Wärmewirkung  um  so  schwächer  er- 
scheinen läßt,  je  tiefer  die  Sonne  steht,  je  schiefer  und  damit  länger 


—     317     — 

die  Wege  der  Strahlen  durch  unsere  Atmosphäre  sind,  so  absorbiert 
nach  der  allgemein  verbreiteten  Annahme  die  über  der  Photosphäre 
schwebende  gasige  Hülle  der  Sonne  von  der  senkrecht  austretenden 
Strahlung  weniger,  als  von  der  schief  austretenden.  Entsprechend 
der  starken  Abnahme  der  Strahlung  nach  dem  Rande  zu  nimmt  man 
mit  dem  um  diese  Messungen  hochverdienten  Amerikaner  Langley 
an,  daß  mindestens  die  Hälfte  der  Sonnenstrahlung  von  der  eigenen 
Atmosphäre  der  Sonne  verschluckt  werde. 

Ein  einfaches  Experiment  aber ,  das  ich  beschreiben  will ,  ist 
wohl  geeignet,  einen  zweiten  und  wohl  den  hauptsächlichsten  Grund 
der  allgemeinen  Strahlungsabnahme  nach  dem  Sonnenrande  erkennen 
zu  lassen.  Setzen  Sie  auf  einen  etwa  durch  eine  Lampe  von  oben 
erleuchteten  Tisch  einen  flachen  Teller  mit  nicht  zu  glänzender  Glasur. 
Aus  jeder  Richtung,  nach  welcher  nicht  direkt  gespiegeltes  Licht 
des  Tellerbodens  zum  Auge  kommt,  erscheint  dieser  Boden  annähernd 
gleich  hell,  auch  beim  Betrachten  in  möglichst  horizontaler  Richtung. 
Gießen  wir  aber  eine  Schicht  Wasser  in  den  Teller,  am  besten  bis 
zum  Rande,  so  ändert  sich  die  Erscheinung.  Der  Grund  des  Tellers 
erscheint  nicht  nur  gehoben,  sondern  auch  um  so  dunkler,  je  schiefer 
die  Sehrichtung  gewählt  wird,  besonders  deutlich,  wenn  der  Winkel 
der  Sehrichtung  mit  dem  Wasserspiegel  kleiner  als  30^  wird.  Bei 
fortschreitender  Abnahme  des  Winkels  nähert  sich  die  Helligkeit  zu- 
sehends der  Grenze  Null.  Eine  Wirkung  der  Absorption  des  Lichts 
durchs  Wasser  kann  das  nicht  sein.  Dazu  müßten  die  Strahlen  im 
Wasser  meterlange  Wege  zurücklegen.  In  der  Tat  ist  der  Versuch, 
wenn  man  ihn  mit  dem  Wasser  am  Ufer  eines  Sees  anstellt,  noch 
anffallender  bei  tieferem  Wasser,  weil  die  Absorptionswirkung  die 
Erscheinung  verstärkt.  Die  Erscheinung  ist  eine  um  so  reinere  Folge 
des  Brechungsgesetzes,  je  geringer  die  Wassertiefe  ist. 

Das  Licht  nämlich,  welches  von  einem  Punkte  des  Wasser- 
grundes ausgeht  und  unter  verschiedenen  Richtungen  die  Oberfläche 
erreicht ,  teilt  sich  in  3  Gruppen  von  Strahlen.  Die  erste  Gruppe 
umfaßt  alle  Strahlen,  welche  von  der  senkrechten  Richtung  um  mehr 
als  49*^  abweichen ,  sie  treten  gar  nicht  über  die  Wasseroberfläche, 
sie  werden  total  reflektiert  nach  dem  Gesetz  der  Spiegelung.  Ferner, 
in  dem  ganzen  Kegel  von  Strahlen  innerhalb  des  Grenzwinkels  der 
Totalreflexion  spaltet  sich  jeder  einzelne  Strahl  in  einen  austretenden 
und  einen  nach  unten  reflektierten,  und  zwar  ist  der  abgespaltene 
reflektierte  Teil  um  so  stärker,  je  näher  der  Strahl  der  Grenzrichtung 
ist.     Endlich    der    austretende  Lichtkegel   zerstreut   sich   in  ein  sich 


—     318     ~ 

bis  zur  horizontalen  Richtung  erweiterndes  Büschel  und  zwar  wird 
auch  hier  das  Gebiet  der  nahezu  senkrechten  Strahlen  weniger,  das 
der  der  Grenze  nahen  Strahlen  am  stärksten  von  der  Zerstreuung 
betroffen.  Die  ganze  Erscheinung  folgt  mathematisch  aus  dem  Ge- 
setze der  Lichtbrechung,  womit  sich  noch  die  allgemeinen  Energie- 
gesetze verbinden,  und  da  je  nach  der  Farbe  bezw.  der  Wellenlänge 
des  Lichts  die  Brechungsverhältnisse  sich  ändern,  so  muß  auch  der 
beschriebene  Versuch  mit  Wasser  eine  Abstufung  rascherer  oder  lang- 
samerer Helligkeitsänderung  je  nach  der  Wellenlänge  ergeben. 

Wenn  die  Sonnenatmosphäre,  besonders  die  Chromosphäre,  ein 
lichtbrechendes  Mittel  ist,  so  muß  sie  einen  Teil  des  Photosphären- 
lichtes total  nach  innen  reflektieren,  nicht  in  geknickten,  sondern  in 
gebogenen  Strahlen  (tatsächlich  tritt  an  die  Stelle  der  Reflexion  die 
Refraktion) ,  sie  muß  auch  von  den  die  Sonnenatmosphäre  durch- 
setzenden Strahlen  einen  im  Bogen  gleichsam  reflektierten  Teil  ab- 
spalten, derart,  daß  die  Helligkeit  der  senkrecht  die  Atmosphären- 
schichten durchschneidenden  Strahlen  am  größten,  die  Helligkeit  der 
Randstrahlen  des  Sonnenbildes  am  kleinsten  wird. 

In  der  Tat,  wollen  wir  die  Helligkeitsabnahme  ganz  der  Ab- 
sorption zuschreiben,  so  kommen  wir  zu  dem  Rätsel  einer  ungeheuren 
fortlaufend  von  der  kälteren  Sonnenhülle  aufgenommenen  Energie- 
menge, ohne  über  den  Verbleib  dieser  Energie  eine  vernünftige  An- 
nahme machen  zu  können. 

Daß  die  Sonnenhülle  auf  das  sie  durchsetzende  weiße  Licht 
absorbierend  wirkt,  soll  nicht  bestritten  werden.  Die  Spektralanalyse 
zeigt  uns  eine  Wirkung  dieser  Absorption  in  den  tausenden  dunkler 
FRAUNHOFER'scher  Linien,  welche  das  Spektrum  des  Sonnenhchtes 
durchsetzen.  Wir  finden  dieses  Licht  wieder  in  dem  Eigenlicht, 
welches  die  Chromosphäre  am  Rande  der  Sonnenscheibe  ausstrahlt. 
Es  ist  aber  so  schwach,  daß  es  nur  bei  totalen  Finsternissen  ge- 
sehen, sonst  aber  vom  Glanz  der  Sonnenscheibe  weit  überstrahlt  wird. 

Wenn  die  Strahlenbrechung  in  der  Sonnenatmosphäre  die  Haupt- 
ursache des  Helligkeitsunterschieds  zwischen  Mitte  und  Rand  der 
Scheibe  ist,  so  sind  die  exakten  und  reichlichen  Messungen  Vogel's 
mit  dem  Spektralphotometer  ein  wichtiges  wertvolles  Material ,  um 
die  lichtbrechenden  Eigenschaften  und  damit  die  chemische  Natur 
der  die  Sonnenhülle  bildenden  Gase  zu  ergründen.  Ich  erwähne  in 
Kürze  das  Ergebnis  der  von  mir  angestellten  Berechnungen.  Das 
auf  dem  weißleuchtenden  inneren  Teile  der  Sonne  auflagernde  Gas, 
dem  wir  schon  mit  Rücksicht  auf  das  Barometergesetz  eine  alle  uns 


—     319     - 

bekannten  Gase  überbietende  Feinheit  und  Leichtigkeit  zuzuschreiben 
geneigt  sind,  besitzt  ein  ganz  eigentümhches,  für  ein  Gas  großes 
Lichtbrechungsvermögen,  im  Violett  demjenigen  des  Wassers  ver- 
gleichbar, und  besonders  eine  große  Verschiedenheit  dieses  Vermögens 
je  nach  der  Wellenlänge,  d.  h.  ein  großes  Farbenzerstreuungsvermögen. 
Es  zeigt  ferner  eine  Besonderheit  in  der  Abstufung  seines  Brechungs- 
vermögens, eine  sogenannte  anomale  Dispersion,  welche  darauf  hin- 
deutet, daß  dem  Gas  als  Eigenlinie  seines  Spektrums  eine  Linie  im 
Grün  zukommt.  Längst  kennt  man  in  der  Sonnenatmosphäre  einen 
sich  durch  eine  grüne  Spektrallinie  verratenden  Stoff,  dem  man 
wegen  seiner  Gegenwart  in  der  Sonnenkorona  den  Namen  Koronium 
gegeben  hat.  Auf  der  Erde  ist  ein  Gas  mit  dieser  Spektrallinie  noch 
nicht  sicher  nachgewiesen.  Daß  aber  auch  unter  den  Körpern  der 
Erde  der  Wasserstoff  nicht  das  leichteste  Element  ist,  wissen  wir 
aus  den  Versuchen  über  elektrische  Entladungen  in  GEissLERschen 
Röhren.  Die  rechnende  Physik  erkennt  bei  diesen  Versuchen  einen 
gasartigen  Körper  von  2000mal  kleinerem  Molekulargewicht  als  das- 
jenige des  Wasserstoffs.  Eine  derartige  Substanz  müßte  das  Koro- 
nium sein,  welches  den  überwiegenden  Hauptbestandtteil  der  Sonnen- 
atmosphäre zu  bilden  scheint  bis  herab  zu  den  weißglühenden 
Schichten.  Alle  anderen  in  der  Chromosphäre  nachgewiesenen  Ele- 
mente, Wasserstoff,  Helium,  Leichtmetalle  und  Schwermetalle,  wären 
nur  in  sehr  verdünnter  Lösung  darin  enthalten. 

Gegenüber  den  sonst  verbreiteten  Theorien,  nach  welchen  ent- 
weder die  Sonne  ein  flüssiger  Körper  ist,  mit  einer  die  Lichtbrechung 
so  gut  wie  entbehrenden  Atmosphäre  von  glühenden  Metalldämpfen 
und  Wasserstoff  3000  km  hoch  bedeckt,  oder  nach  welchen  die  von 
einer  solchen  Atmosphäre  überlagerte  Photosphäre  ähnlich  unseren 
Wolken  aus  schwebenden  Kondensationen  von  mindestens  6000  Grad 
Temperatur  besteht,  schwebenden  Metalltropfen,  getragen  von  Gasen 
größter  Verdünnung,  Theorien,  nach  welchen  die  Protuberanzen 
vulkanische  Ausbrüche  und  Springbrunnen  glühender  Gase  sind,  die 
sich  mit  Hunderten  von  Kilometern  Geschwindigkeit  in  den  Korona- 
raum ergießen,  —  gegenüber  solchen  Vorstellungen  führt  meine 
Theorie  zu  sehr  abweichenden  Folgerungen,  w^elche  besonders  solchen 
Gelehrten  sehr  gewagt  erscheinen  müssen,  die  für  die  anderen  Vor- 
stellungen in  ihren  Veröffentlichungen  bereits  Partei  genommen  haben. 

Die  Physik  der  Sonne  wird  wohl  nie  aufhören,  der  Forschung 
neue  ungelöste  Probleme  aufzugeben.  Der  Stand  des  physikalischen 
Wissens   jedes  Zeitalters    spiegelt   sich   in   den  Hypothesen  über  die 


—     320     — 

Natur  der  Sonne  wieder.  Das  größte  dieser  Probleme  ist  wohl  der 
Wärmehaushalt  der  Sonne.  Die  von  der  modernen  Wissenschaft  ge- 
gebene Lösung  läßt  den  Energieverlust  durch  Strahlung  ersetzt 
werden  durch  Gravitationsenergie,  die  sich  in  neue  Wärme  um- 
wandelt, nach  R.  Mayer  durch  das  Hereinstürzen  kosmischer  Massen 
auf  die  Sonne,  nach  H.  von  Helmholtz  und  Lord  Kelvin  durch  Zu- 
sammenziehung der  Sonnenmasse  selbst.  Beiderlei  Vorstellungen  sind 
berechtigt  und  ergänzen  sich.  Soweit  ein  anderweitiger  Ersatz  des 
Verlustes  ausbleibt,  muß  der  erkaltende  Gasball  unter  Volumverminde- 
rung sich  wieder  erwärmen.  Aber  beide  Vorstellungen  setzen  dem 
Wärmeersatz  ein  wenn  auch  noch  so  fernes  Ziel,  die  Zeit,  wo  die 
kleinen  Massen  des  Weltraums  von  den  großen  verschlungen  sind 
und  wo  die  großen  Massen  die  Grenze  der  Schrumpfung  erreicht 
haben.     Dieses  Ziel  ist  Lord  Kelvin's  Wärmetod. 

Aber  diese  ganze  Anschauung  von  einem  solchen  Ziele  der  Welt- 
entwicklung beruht  auf  einem  vor  bald  30  Jahren  von  dem  Wiener 
Physiker  Boltzmann  gemachten  Fehlschluß,  durch  welchen  ein  allge- 
meiner Naturvorgang  geleugnet  wurde.  Die  Atmosphären  der  Himmels- 
körper erfüllen  alle  die  Aufgabe,  unter  der  Wirkung  der  Schwere 
Wärme  von  ihren  kälteren  oberen  Teilen  nach  den  wärmeren  tieferen 
zu  leiten  durch  die  auf-  und  absteigende  Bewegung  der  kleinsten 
Teile  der  Gase.  Ich  habe  in  einem  früheren  Vortrage  diese  meteoro- 
logischen Vorgänge  näher  besprochen.  Die  in  ihrer  Höhe  begrenzten 
Atmosphären  werden  diese  Aufgabe  der  Wärmerückleitung  nur  sehr 
unvollständig  erfüllen.  Sollte  es  aber  eine  allgemeine  Weltraum- 
atmosphäre geben,  noch  vielmal  leichter  als  das  Koronium,  deren 
A.tome,  wenn  auch  noch  so  klein,  der  Schwere  der  Massenanziehung 
nicht  ganz  entzogen  sind,  so  ist  diese  Atmosphäre  geeignet,  alle  von 
den  Sonnen  des  Weltraums  ausgestrahlte  Energie  aufzunehmen  und 
zu  den  Zentralkörpern  zurückzuleiten,  von  welchen  sie  stammt. 


Fossile  Süsswasser-Ostrakoden  aus  Württemberg. 

Von  Pfarrer  Sieber  in  Rottenburg  a.  N. 
Mit  Tafel  VIII.  IX  und  16  Textfiguren. 

I.  Allgemeiner  Teil. 
1.  Sammeln  und  Untersuchen  der  fossilen  Muschelkrebse. 

Die  Muschelkrebse  (Ostracoda)  bilden  eine  uralte  geschlossene 
Gruppe  der  niederen  Krustaceen  (Entomostraca).  Ihr  undeutlich  ge- 
gliederter Leib  besitzt  sieben  Extremitätenpaare  und  ist  mit  diesen 
in  einer  zweiklappigen  Schale  verborgen,  welche  an  den  Seiten  zu- 
sammengedrückt ist  und  Ähnlichkeit  mit  gewissen  Muscheln  besitzt. 
Diese  Schalen  werden  fossil  in  vielen  Formationen  gefunden,  bereits 
in  den  paläozoischen  und  mesozoischen,  besonders  zahlreich  aber  im 
Tertiär  und  Diluvium.  Während  nun  die  fossilen  Meeresostrakoden 
in  zahlreichen  Gattungen  und  Arten  beschrieben  sind,  ist  die  Zahl 
der  bis  jetzt  bekannt  gewordenen  Süßwasserostrakoden  gering.  Unsere 
schwäbischen  Formen  dürften  daher  eine  nicht  unwesentliche  Be- 
reicherung dieser  Zahl  bedeuten. 

Die  Untersuchung  fossiler  Muschelkrebse  bietet  mehrfache 
Schwierigkeiten.  Die  Systematik  dieser  kleinen  Kruster  ist  eben 
nicht  in  erster  Linie  auf  ihr  Exoskelett,  sondern  auf  ihre  innere 
Organisation  aufgebaut,  welche  sich  leider  an  den  Schalen  nicht  mit 
der  wünschenswerten  Deutlichkeit  manifestiert.  Dazu  kommt  der 
Umstand ,  daß  die  Schalen  der  Süßwasserostrakoden  von  vielen 
Zoologen  und  Paläontologen  unbefriedigend  beschrieben  und  ab- 
gebildet wurden.  Man  kannte  eben  eine  Reihe  von  anatomischen 
Details  dieser  Schalen  ungenügend  oder  gar  nicht.  Erst  die  Zeich- 
nungen G.  W.  Müller's  befriedigen  voll  und  ganz  und  lassen  ein- 
gehende Vergleichungen  zu.  Bei  fossilen  Süßwasserostrakoden  ist 
ferner  eine  nähere  Bestimmung  und  Vergleichung  nur  dann  möglich, 
wenn    man   genügend    und    dazu  vorzüglich  erhaltenes  Material  hat. 

.Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905.  21 


—     822     — 

Schalen,  welche  die  feineren  Details  nicht  mehr  erkennen  lassen, 
ermöglichen  naturgemäß  eine  vollständige  Beschreibung  und  Ab- 
bildung nicht  mehr.  Zusammengedrückte  oder  mit  Kalkspat  in- 
krustierte Schalen  lassen  die  Zugehörigkeit  zu  einem  bestimmten 
Genus  oder  einer  bestimmten  Spezies  meist  nur  ahnen. 

Doch  möchte  ich  raten,  auch  diese  Vorkommnisse  zu  sammeln, 
weil  die  Möglichkeit  nie  ausgeschlossen  ist,  daß  unter  sehr  vielem 
Material  doch  das  eine  oder  andere  Exemplar  nähere  Erkenntnisse 
zuläßt.  Zum  Studium  der  Ostrakoden  gehört  endlich  außer  einem 
guten  Mikroskop  ein  für  minutiöse  Unterschiede  sehr  ähnlicher 
Formen  geübtes  Auge.  Man  studiere  keine  Schale,  ohne  das  Ge- 
sehene zu  zeichnen  und  die  charakteristischen  Züge  durch  ein- 
gehenden Beschrieb  zu  markieren. 

Bevor  ich  auf  die  Anatomie  der  Schalen  der  Süßwasserostra- 
koden  näher  eingehe,  muß  ich  auf  drei  notwendige  Unterscheidungen 
aufmerksam  machen.  Man  beachte  den  Unterschied  zwischen  den 
jungen  Tieren  und  den  alten;  die  Formen  der  letzteren  sind  in  den 
ersteren  vielfach  kaum  angedeutet.  Bemerkenswert  ist  der  Unter- 
schied zwischen  d  und  5.  Von  großer  Bedeutung  endlich  ist  für 
viele  Arten  der  Unterschied  zwischen  der  rechten  und  linken  Schale. 

Die  morphologische  Betrachtung  der  Ostrakodenschalen  geht 
immer  vom  Umriß  der  Schalen  aus,  gesehen  von  der  Seite  und  von 
oben.  Um  die  Ansicht  von  oben  zu  erhalten,  muß  man  die  Schalen 
auf  die  untere  Kante  stellen ,  meist  ein  schwieriges  Unternehmen, 
eine  genaue  Vertikalstelking  ist  nicht  leicht  zu  erreichen.  Ebenso 
schwierig  ist  es,  ein  richtiges  Bild  von  dieser  Ansicht  herzustellen. 
"Die  Ansichten  von  oben  sind  daher  nie  so  zuverlässig  als  die  Seiten- 
ansichten. Allein  auch  für  die  Beobachtung  und  Abbildung  dieser 
sind  gewisse  Vorsichtsmaßregeln  dringend  notwendig.  Mit  Recht 
legt  G.  W.  Müller  den  größten  Wert  darauf,  daß  die  Seitenansichten 
nie  von  ganzen  Tieren,  sondern  nur  von  isolierten  Schalen  abstammen 
dürfen.  Ganze  Tiere  lassen  sich  eben  wegen  der  Krümmung  der 
Schale  kaum  in  eine  genaue  Profillage  bringen  und  geben  daher  ein 
verzerrtes  Bild.  Die  einzelne  Schale  gibt  auch  genauere  und  schärfere 
Konturen.  Doch  kann  man  bei  einigen  Spezies  der  Seitenansicht 
des  ganzen  Tieres  deshalb  nicht  entbehren ,  weil  bei  ihnen  der  Zu- 
sammenhang der  Schalen  wichtig  ist. 

Der  obere  Rand  der  Seitenansicht  ist  nicht  immer  mit  dem 
Schloßrand  der  Schale  identisch,  sondern  überragt  diesen  öfters;  ich 
nenne    ihn  daher  im  Gegensatz  zum  Schloßrand  den  Dorsalrand. 


—     323     — 

Die  Seitenansicht  der  Schalen  läßt  noch  eine  Reihe  von  ana- 
tomischen Einzelheiten  erkennen.  Die  Ostrakodenpanzer  bestehen 
aus  zwei  Schichten.  Die  innere  wird  vom  Epithel  gebildet,  welches 
an  den  äußeren  Flächen  seiner  hohen  Zellen  eine  Chitinmembran 
bildet,  an  der  sich  kohlensaurer  und  phosphorsaurer  Kalk  in  Form 
von  kurzen  Stäbchen  ablagert,  welche  sternförmig  angeordnet  der 
Schale  in  der  Jugend  ein  retikuliertes  Aussehen  geben.  Später 
ändert  sich  dieses.  Bei  vielen  Arten  treten  dafür  andere  Struktur- 
verhältnisse der  Schalen  auf,  die  oft  recht  charakteristisch  sind  und 
die  betreffende  Spezies  auf  den  ersten  Bhck  erkennen  lassen ;  einige 
wenige  behalten  das  retikulierte  Aussehen  der  Jugend  auch  im 
späteren  Alter.  Außer  dieser  feineren  Struktur  bieten  die  Schalen 
in  ihrer  Seitenansicht  (von  außen  gesehen)  noch  eine  Menge  von 
Details :  Bald  sind  es  Grübchen  oder  tiefe  Versenkungen,  bald  kleine 
Pusteln,  Dörnchen,  Leisten,  Höcker,  bald  ein  Netz  von  Kanäl- 
chen u.  dergl.  Die  ganze  Schalenoberfläche  ist  von  Porenkanälchen 
durchbohrt,  welche  bei  den  fossilen  Arten  als  größere  oder  kleinere 
Punkte  erscheinen.  Endlich  finden  sich  auf  der  ganzen  Schale 
Muskelabdrttcke ,  deren  Bedeutung  leider  noch  nicht  genügend  er- 
forscht ist.  Die  Ostrakodenschalen  dienen  nämlich  zugleich  als 
Skelett,  an  welchem  manche  Muskeln  befestigt  sind.  Diese  Stellen 
erscheinen  auch  bei  den  fossilen  Formen  als  lichte  Mackeln.  Am 
auffallendsten  sind  die  in  der  Mitte  der  Schale  stehenden  Abdrücke 
des  4 — 6fach  geteilten  Schließmuskels;  unter  ihnen  können  meist 
die  Abdrücke  zweier  Mandibelmuskeln  wahrgenommen  werden. 

Die  Ostrakodenschalen  besitzen  wie  die  Bivalven  an  ihrem 
Schloß  ein  Ligament,  das  die  beiden  Klappen  öffnet,  während  der 
Schließmuskel  die  Schale  schheßt.  Das  Schloß  hat  bei  den  meisten 
Muschelkrebsen  des  süßen  Wassers  keinen  besonderen  Apparat  von 
Zähnen,  Leisten  und  Gruben.  Die  Schalen  sind  nie  gleich  groß,  die 
eine  umschließt  die  andere  ganz  oder  teilweise. 

Von  größter  Wichtigkeit  für  die  Morphologie  ist  die  Innenseite 
der  Schalen.  Diese  sind  nämlich  nicht  wie  die  Schalen  der  Bivalven 
einfach  tellerförmig  ausgehöhlt,  sondern  jede  Schalenhälfte  bildet, 
richtig  orientiert,  sozusagen  eine  Tasche.  Das  Exoskelett  unserer 
kleinen  Kruster  stellt,  wie  G.  W.  Müller  sagt,  eine  Hautduplikatur 
dar,  an  der  eine  innere  und  eine  äußere  Lamelle  unterschieden 
werden  kann.  Die  äußere  Lamelle  ist  verkalkt  und  bildet  den 
größten  Teil  der  Schale :  die  Außenschale  (mit  Schloß  etc.) ,  deren 
Rand    meistens    auch   mit   dem  Umriß   der  von  der  Seite  gesehenen 

21* 


—     324     — 

Schale  identisch  ist  (Außenrand,  AB).  Die  innere  Lamelle  ist  nur  in 
der  Nähe  des  Außenrandes  verkalkt  und  bildet  hier  ein  mehr  oder 
weniger  breites  Plättchen,  die  Innenschale  oder  Innenlamelle.  Nur  sie 
ist  bei  den  fossilen  Schalen  erhalten.  Die  Grenze  dieser  Lamelle 
nennt  man  den  Innenrand  (IR).  Die  Außen-  und  Innenschale  sind  in 
der  Nähe  des  Außenrands  mehr  oder  weniger  verschmolzen  oder  ver- 
wachsen. Die  innere  Grenze  dieser  Verwachsungszone  bildet  die  Ver- 
wachsungslinie (VL  oder  VR).  Die  Verwachsungszone  ist  durch 
Porenkanäle,  welche  zu  randständigen  Borsten  führen,  durchbrochen. 
LiENENKLAüS  nennt  sie  „randständige  Porenkanäle"  und  hat  sie  für  die 
Systematik  der  fossilen  Seewasserostrakoden  glücklich  verwertet. 
Für  die  Süßwasserostrakoden  haben  sie  keine  so  große  Bedeutung ; 
immerhin  sind  sie  bei  einigen, Arten  recht  charakteristisch  und.  geben 
ungefähr  die  Verwachsungszone  an,  auch  wenn  die  Verwachsungslinie 
nicht  mehr  sichtbar  ist. 

Auf  der  Innenlamelle,  meist  nahe  dem  Außenrand,  gewöhnlich 
auf  der  Verwachsungszone,  entspringt  ein  Anhang,  den  G.  W.  Müller 
als  Saum  (S)  bezeichnet,  den  Ursprung  nennt  er  Saumlinie (ä*!/).  Der 
Saumrand  kann  den  Schalenrand  überragen  oder  nicht.  Der  Saum 
hat  eine  große  systematische  Bedeutung.  Für  die  fossilen  Ostra- 
koden  kann  er  leider  nicht  nach  Wunsch  ausgenützt  werden,  da  er 
meist  schwer  wahrzunehmen  ist  oder  gänzlich  fehlt.  G.  W.  Müller 
empfiehlt,  um  die  Lage  des  Saums  festzustellen,  die  Schale  in 
Glyzerin  von  innen  zu  beobachten. 

2.  Fundorte  und  Erhaltungszustand. 

a)  Miozän. 

1.  Das  Stein  heimer  Becken  ist  der  interessanteste  und  er- 
giebigste Fundplatz  für  tertiäre  Süßwasserostrakoden.  Es  finden  sich 
dort  folgende  Arten: 

Candona  Steinlicimensis  n.  sp. 

Candonopsis  arida  n.  sp. 

Cypria  suborbiadaris  n.  sp. 

Cyclocypris  nitida  n.   sp.  ^ 

Cypris  inaeqiudis  n.  sp. 

Cypridopsis  gracilis  n.   sp. 

Iliocypris  binocidaris  n.   sp. 

Limmcythere  cspliigmota  n.  sp. 

Wer  Jugendformen,  <S  und  $,  rechte  und  linke  Schalen  als 
eigene  Spezies  beschreibt,  wird  allerdings  bedeutend  mehr  Arten 
finden.     Gleichwohl  bin  ich  überzeugt,  daß  in  Steinheim  noch  mehr 


—     325     — 

Ostrakoden  zum  Vorschein  kommen  werden,  wenn  einmal  die  Auf- 
merksamkeit der  Sammler  darauf  gerichtet  ist.  Es  fehlen  auffallender- 
weise die  großen  Cyjms- Arten.  Vereinzelte  Schalen,  welche  zur  Auf- 
stellung einer  neuen  Art  nicht  hinreichen,  befestigen  in  mir  diese 
Hoffnung. 

Die  Ostrakoden  finden  sich  in  allen  Schichten ,  welche  die 
Car'mifex  führen,  am  häufigsten  zusammen  mit  den  Säugetierresten; 
in  der  oberen  P«j?a-Schicht  und  in  den  untersten  Schichten  sind  sie 
allerdings  sehr  selten.  Der  Erhaltungszustand  ist  befriedigend.  Doch 
wird  man  öfters  sammeln  müssen ,  bis  man  sehr  gut  erhaltene 
Exemplare  findet,  welche  alle  anatomischen  Merkmale  aufweisen.  Man 
sammelt  die  Ostrakoden  am  besten  durch  Schlämmen,  am  einfachsten, 
wenn  man  den  cypridenhaltigen  Sand  in  ein  Gefäß  mit  Wasser  wirft. 
Die  schönsten  Sachen  schwimmen  oben  und  lassen  sich  leicht  abschöpfen. 

Steinheim  birgt  eine  Reihe  sehr  interessanter  und  origineller 
Formen ,  welche  Anklänge  an  nordamerikanische  rezente  Formen 
erkennen  lassen. 

2.  Die  Cypris-^c\i\ch.ien  des  Ries  beiNördlingen  enthalten 
wahrscheinlich  nur  Eine  Art.  Der  Erhaltungszustand  ist  unbefriedigend. 
Die  Schalen  sind  gewöhnlich  stark  mit  Kalk  inkrustiert,  lassen  keine 
Details  erkennen  und  sitzen  auf  einem  Steinkern.  Es  gibt  jedoch 
auch  Ausnahmen,  welche  eine  Innenlamelle,  Schalenstruktur  und 
Muskelabdrücke  erkennen  lassen.  So  fand  ich  an  einem  Handstück 
der  Sammlung  des  mineralogischen  Instituts  in  Tübingen  eine  morsche 
Stelle,  welche  einige  ziemlich  gute  Schalen  abgab.  Sicherlich  lassen 
sich  im  Ries  noch  Stellen  auffinden,  welche  eine  bessere  Ausbeute, 
vielleicht  auch  an  anderen  Ostrakoden,  gewähren.  Je  schöner  weiß 
der  Cypris-KdW.  von  Nördlingen  ist,  desto  weniger  Wert  hat  er  für 
den  Paläontologen.    Die  mürben  und  morschen  Stellen  sind  die  besten. 

3.  Im  obermiozänen  Sand  des  Scharbens  bei  ünteressen- 
dorf,  OA.  Waldsee,  kommen  sehr  selten  C^pW^-Schalen  vor,  welche 
nur  der  unermüdHche  Sammeleifer  und  scharfe  Blick  des  Dr.  Probst 
finden  konnte.  Der  Erhaltungszustand  ermöglicht  keine  eingehende 
Analyse;  allein  der  ziemlich  deutlich  sichtbare  Schalenumriß  von  der 
Seite  gesehen  macht  es  höchst  wahrscheinlich,  daß  diese  Spezies 
nichts  anders  als  die  Cypris  Bisgoviensis  ist. 

4.  In  den  papierdünnen  Brandschiefern  des  Randecker  Maars 
finden  sich  Ostrakoden,  leider  in  einem  sehr  schlechten  Zustand. 
Unter  ihnen  läßt  sich  sicher  eine  große  Cypris  (1,6  mm  lang),  eine 
kleinere  Cypris,   welche  mit  der  Cypris  des  Ries  große  Ähnlichkeit 


—     320     — 

hat,  und  etwa  noch  eine  Candona  erkennen.  Auch  hier  kann  man 
die  Möghchkeit  nicht  von  der  Hand  weisen,  daß  sich  noch  besser 
erhaltene  Exemplare  finden  lassen.  Hochinteressant  wäre  der  Nach- 
weis, daß  die  Cypris  Risgovlensis  sowohl  am  Scharben  als  im  Rand- 
ecker Maar  vorkommt;  leider  läßt  sich  dieser  Nachweis  für  das 
letztere  noch  nicht  führen. 

b)  Pleistozän. 
5.  Das  Cannstatter  Mammutfeld  wurde  durch  den  Bau  der 
ümgehungsbahn  üntertürkheim — Kornwestheim  angeschnitten.  Hierbei 
wurden  Ostrakoden  gefunden,  welche  aus  lauter  rezenten  Arten  sich 
zusammensetzen.  Das  Mammutfeld  ist  nach  E.  Fräas^  eine  große 
Mure  oder  Schuttlawine,  welche  an  ihren  Rändern  Wasser  anstaute 
und  die  Ablagerung  eines  feinen  Schlammes  veranlaßte,  welcher  zahl- 
reiche Schnecken  und  Muschelkrebse  in  sich  birgt.  Es  wurden 
folgende   Arten  gefunden: 

Candona  rostrata 
„        fahaeformis 

Cyprinotus  salina 

lUocypris  Bradi/i. 

Die  Cannstatter  Ostrakoden  sind  gut  erhalten.  Eine  mehr  als 
2  mm  große  Cypris  konnte  wegen  geringen  und  mangelhaften  Ma- 
terials nicht  bestimmt  werden. 

Literatur. 

1.  Ueuss,  f.  A.    Die  fossilen  Entomostraceen  des  österreichischen  Tertiärbeckens. 

Haidinger's  Natui-w.  Abh."  IIT,  1,  1850. 

2.  BosQUET,  J.    Description  des  Entomostraces  fossiles  des  terrains  tertiaires  de 

la  France  et  de  la  Belgique.    Mem.  des  sav.  etr.  de  l'Acad.  Roy.  de  Bel- 
gique  vol.  XXIV,  1852. 

3.  GoBANz,  J.     Die  fossilen  Land-  und  Süßwasser-Mollusken   des  Beckens  von 

Reon  in  Steiermark.    Sitzber.  der  Akad.  d.  V.  in  AVien.    Blat.  naturw.  Classe 
13.  Bd.  1854. 

4.  Jones,   Rupert.     A   Monograph   of  the   tertiary  Entomostraca   of  England. 

Palaeontograph.  Society  1856. 

5.  Speyer,  Osk.     Die  Ostrakoden   der   Casseler  Tertiärbildungen.     Cassel  1863« 

6.  Brady,  G.  St.     A  Monograph   of  the   recent   British  Ostracoda.     Trans,   of 

the  Linnean  Soc.  XXVT,  1868. 

7.  Brady,  G.  St.,  Crosskey,  H.  W.  and  Robertson,  D-     A  Monograph  of  the 

Post-tertiary  Entomostraca  of  Scotland.     Palaeont.  Soc.  1874. 

8.  Brady,  G.  St.  and  A.  M.  Norman.     A  monograph  of  the  marine  and  fresh- 

water  Ostracoda  of  the  North  Atlantic  and  of  North  AVestern  Europe.  Roy. 
Dublin  Soc.  vol  IV,  1889. 


'  s.  Zeitschrift  d.  Deutsch.  Geolog.  Gesellschaft  XLVIII.  S.  696.   1896. 


—     327     ~^- 

9.  Vavra,  W.    Monographie  der  Ostrakoden  Böhmens.    Arch.  d.  naturw.  Landes- 
durchforsch.  v.  Böhmen.     VIII.  Band,  No.  3.     Prag  1891. 

10.  LiENENKLAUs,  E.   Monographie  der  Ostrakoden  des  Nordwestdeutschen  Tertiärs. 

Zeitschr.  d.  deutsch,  geol.  Gesellschaft  1894. 

11.  Sharpe,  R,  W.    Contribution  to  a  Knowledge  of  the  North  American  Fresh- 

water  Ostracoda  incl.  the  Fam.  Cytheridea  and  Cyprididae. 

12.  Müller,   G.  W.  ,    Deutschlands   Süßwasser- Ostrakoden.     Zoologica   12.  Bd. 

Heft  30  u.  31.     Stuttgart  1900. 

II.  Spezieller  Teil. 

Von  den  drei  Familien  der  Ostrakoden,  welche  jetzt  das  süße 
Wasser  bewohnen,  haben  zwei,  die  Cypridae  und  Cytheridae,  ihre  Ver- 
treter unter  den  fossilen  Muschelkrebsen  Schwabens.  In  der  Schale 
unterscheiden  sich  diese  beiden  Familien  hauptsächlich  dadurch,  daß  die 
Panzer  der  Cytheridae  im  allgemeinen  schwer  und  mit  Höckern  ver- 
sehen sind  und  der  Schloßrand  bezahnt  ist,  während  die  Cypriden  ein- 
fache glatte  Schalen  {lliocypris  ausgenommen)  und  glatte  Schloßränder 
haben. 

I.  Familie.   Cypridae. 

G.  W.  Müller  teilt  die  Cypriden  nach  ihrer  natürlichen  Ver- 
wandtschaft in  drei  Unterfamilien  ein,  welche  auch  nach  ihren 
Schalen  sich  als  solche  unschwer  erkennen  lassen: 

1.  Unterfamihe  Candoninae  umfaßt  die   Gattungen   Cydocypris, 
Cypria  und   Candona. 

2.  Unterfamihe    Cyprinae,    die   Gattungen   Notodromas,    Cyprois 
und  Cypris  umfassend. 

3.  Unterfamihe  Iliocyprinae  mit  der  einzigen  Gattung  lliocypris. 
Alle  drei  Unterfamilien  sind  in  Schwaben  fossil  vertreten. 

1.  Unterfamilie  Candoninae. 
Candona. 

Schale  nierenförmig,  hinten  höher  als  vorn,  höchste  Erhöhung 
über  dem  letzten  Drittel,  Bauchrand  gerade.  „Die  Verwachsungs- 
linie entfernt  sich  niemals  weit  vom  Rand,  ebenso  die  Saumlinie; 
der  Saum  überragt  den  Schalenrand  nicht  oder  nur  unbedeutend." 
(G.  W.  Müller) 

Linke  Schale  größer  als  die  rechte. 

Candona  Steinheiniensis  n.  sp.   Taf.  VIII,  Fig.  1 — 7. 
S:  1  =  1,08;  h  =  0,68;  b  =  0,48  mm. 

Linke  Schale  des  c?  von  der  Seite:  größte  Höhe  auf  -js  der 
Länge.     Von   dem    höchsten  Punkt   fällt  der  Dorsalrand  nach  vorne 


328 


in  einer  schwach  gekrümmten,  nicht  selten  fast  geraden  Linie  sanft 
ab,  indem  er  auf  Vs  der  Länge  eine  mehr  oder  weniger  deuthche 
Ecke  bildet,  von  welcher  er  steil  abfallend  in  den  abwärts  gerundeten, 
schmalen  Vorderrand  übergeht.  Im  letzten  Drittel  fällt  der  Schloß- 
rand steil  zum  Ventralrand  ab.  Bauchrand  fast  gerade,  vor  der  Mitte 
leicht  eingebuchtet,  nach  der  Mitte  wieder  leicht  auswärts,  im  letzten 
Fünftel  wieder  leicht  einwärts  gebogen  (was  an  den  Zeichnungen 
nicht  recht  sichtbar  ist).     Innenschale  in  der  vorderen  Hälfte  breit, 


2.  3. 

Fig.  1.     Candona  SteinJieimensis  (J.     1.  Rechte,  2.  linke  Schale  von  innen  {AR, 

VL,  JR)  53  X-     ^-  Innenlamelle   der  linken  Schale  am  Vorderrand ;   4.  dieselbe 

am  Hinterrand,  je  145  X- 


Innenrand  gegen  den  Schloßrand  hin  nicht  allmählich  auslaufend, 
sondern  mit  einer  konvexen  Kurve  plötzlich  abbrechend;  in  der 
hinteren  Hälfte  ist  die  Innenlamelle  ziemlich  schmal.  Verwachsungs- 
zone vorne  auffallend  breit,  wird  von  zwei  bis  drei  konzentrischen  Reihen 
von  Porenkanälen  durchbrochen.  Saumlinie  ungefähr  in  der  Mitte  zwi- 
schen dem  Verwachsungsrand  und  Außenrand,  welcher  nur  wenig  vom 
Saum  überragt  wird.  Auf  der  Ventral-  und  Hinterseite  ist  die  Verwach- 
sungszone schmäler,  Saumlinie  und  Verwachsungslinie  fallen  so  ziem- 


-     329     — 

lieh  zusammen.  Rechte  Schale  der  linken  sehr  ähnlich,  Dorsalrand 
im  ersten  Viertel  deutlich  konkav.  Dem  Innenrand  fehlt  die  charakte- 
ristische konvexe  Kurve  an  der  Stelle,  wo  Dorsalrand  und  Innenrand 
zusammenstoßen. 

Von  oben  gesehen  ist  die  linke  Schale  größer  als  die  rechte. 
Die  Schalen  sind  vorne  in  eine  Spitze  ausgezogen,  größte  Breite  in 
der  Mitte,  hinteres  Ende  weniger  spitz.  Der  Dorsalrand  der  linken 
Schale  greift  vorne  leicht  über  die  rechte. 

Die  ganze  Oberfläche  der  Schale  ist  mit  zahlreichen  Poren- 
kanälchen  besetzt.  Im  späteren  Alter  zeigt  sie  eine  Struktur  ähnhch 
wie  die  jungen  Candona.  Muskelabdrücke  sechs  (vier  in  einer  Linie 
und  hinter  diesen  zwei;  vor  dem  obersten  erscheint  bei  den  meisten 
Schalen  ein  siebenter).  Auch  zwei  Mandibelmuskeln  sind  sichtbar; 
ebenso  deutliche  hufeisenförmige  Eindrücke  der  Hoden. 

Schalen  des  $  bedeutend  niedriger  als  die  des  6,  Dorsalrand 
der  rechten  Schale  namentlich  zwei  deutliche  Ecken  bildend,  im 
letzten  Drittel  tief  eingebuchtet.  Innenlamelle,  Verwachsungszone, 
Porenkanäle  wie  bei  6. 

Die  Jugendform  ist  stark  mit  rundlichen  Grübchen  bedeckt, 
den  erwachsenen  Tieren  ziemlich  unähnhch. 

Diese  Spezies  gehört  zweifellos  zum  Typus  C.  puhescens.  Reiche 
Behaarung,  Schalenumriß  und  -Struktur  weisen  sie  dorthin,  auch  hat 
sie  mit  C.  puhescens  Koch  und  G.  fallax  G.  W.  Müller,  wie  letzterer 
sie  zeichnet,  vieles  in  den  Verhältnissen  der  Innenschale,  namentlich 
die  oben  bezeichnete  Krümmung  des  Innenrands  an  der  hnken 
Schale  gemeinsam.  Doch  konnte  ich  sie  mit  keiner  mir  bekannt 
gewordenen  Spezies  des  C.  puhescens-Typus  identifizieren. 

Jones  beschreibt  unter  dem  Namen  Cypris  setigera  eine  sehr 
ähnliche  Form,  welche  Brady,  Grosskey  und  Robertson  als  Candona 
compressa  Koch,  Vavra  als  C.  puhescens  Koch  bezeichnen.  Allein 
schon  deren  ungenügende  Zeichnungen  lassen  erkennen,  daß  Candona 
Steinheimensis  mit  ihnen  nicht  identisch  ist. 

Candona  ro  st  rata  Brady  u.  Norman.  Taf.  VIII,  Fig.  8 — 11. 
?:  1  =  0,96;  h  =  0,58;  b  =  0,38  mm. 
RechteSchale:  Die  größte  Höhe  hegt  etwas  hinter  ^/^  der  Länge. 
Hier  bildet  der  Dorsalrand  eine  scharfe  Ecke,  von  welcher  er  nach 
vorn  etwa  Vs  der  Schalenlänge  sanft  fast  geradhnig  abfällt,  um  mit 
einer  stumpfen  Ecke  in  den  zunächst  konkaven ,  dann  aber  stark 
konvexen,  breit  abgerundeten  Vorderrand  überzugehen.    Nach  hinten 


330 


fällt  der  Uorsalrand  steil  ab,  bei  vielen  Exemplaren  ebenfalls  mit 
einer  konkaven  Kurve  in  den  Hinterrand  übergehend.  Ventralrand 
eingebuchtet. 

Innenlamelle  vorne  sehr  breit,  hinten  schmäler;  Vervvachsungs- 
zone  schmal,  von  zahlreichen,  kurzen  und  breiten  Porenkanälen  durch- 
brochen.    Saum  schmal,  den  Außenrand  überragend. 


Jft   JL    AK 


2.  .  1.  3. 

Fig.  2.     Candona  rosfrata.     1.  Rechte  Schale  von  innen  42  X-     2.  Innenlamelle 
der  rechten  Schale  145  X-     3.  Innenlamelle  der  linken  Schale  145  X- 

Linke  Schale  der  rechten  im  allgemeinen  ähnlich,  nur  ist  der 
Dorsalrand  mehr  gleichmäßig  gewölbt.  Innenlamelle  breiter  als  bei 
der  rechten  Schale,  bedeutend  breiter  sind  die  Verwachsungszone 
und  der  Saum.  Verwachsungslinie  unregelmäßig,  bald  innerhalb,  bald 
außerhalb  der  Saumlinie.  Randständige  Porenkanäle  lang,  auffallend 
unregelmäßig.     Der  Saum  überragt  ebenfalls  etwas  den  Außenrand. 

Von  oben  gesehen  ist  die  Schale  lanzettlich,  vorne  in  eine  Spitze 
ausgezogen,  an  den  Seiten  etwas  zusammengedrückt. 

Die  ganze  Schale  ist  mit  zahlreichen  Porenkanälchen  bedeckt. 
An  den  männlichen  Tieren,  welche  etwas  höher  sind  als  die  $,  sind 
die  Eindrücke  der  Hoden  sichtbar. 

Innenlamelle,  Saum,  Porenkanäle  und  namentlich  die  Ansicht 
von  oben  stellen  diese  Cannstatter  Form  zu  C.  rostrata,  obwohl  die 
Seitenansicht  nicht  in  allem  stimmt,  übrigens  scheint  eben  der  Seiten- 
umriß im  Verlauf  des  Dorsalrandes  zu  variieren. 


Candona  f ahaeformis  Fischer.     Taf.   VIII,  Fig.  12 — 14. 

1  =  1,04;  b  =  0,31;  h  =  0,47  mm. 

Linke  Schale:  Größte  Höhe,  kleiner  als  die  Hälfte  der  Länge, 

liegt   auf   ^3    der   Schale.     Von    dort   fällt    der  Dorsalrand   in   einer 

zuerst  fast  geraden,    dann  leicht  gebogenen  Linie  sanft    nach  vorne 


—   8^1    — 

ab.  Auf  dem  ersten  Viertel  bildet  er  eine  schwach  wahrnehmbare 
sehr  stumpfe  Ecke  und  fällt  dann  nach  dem  breit  abgerundeten 
Vorderende  ab.  Nach  hinten  fällt  der  Dorsalrand  in  einer  meist 
einwärts  gekrümmten  Linie  ab,  welche  über  dem  Hinterende  eine 
scharfe  Ecke  bildet,  von  welcher  sie  dann  jäh  in  einem  rechten 
Winkel  zum  Ventralrand  abstürzt.  Dieser  ist  vor  der  Mitte  ein- 
gebuchtet. 

Von  innen  gesehen:  Die  Innenschale  ist  vorne  sehr  breit,  am 
Hinterende  dagegen  schmäler,  an  der  Stelle,  an  welcher  der  Hinter- 
rand in  den  Ventralrand  übergeht,  besonders  schmal,  in  der  hinteren 
Hälfte  der  Ventralseite  wieder  breiter.  Es  entsteht  so  ein  sehr 
charakteristisches  Bild.  Verwachsungszone  schmal,  vorne  sehr  schmal 
mit  zahlreichen  randständigen  Porenkanälchen,  am  Ventralrand  und 
hinten  breiter  aber  mit  bedeutend  weniger  Porenkanälchen.  Der 
Ventralrand  ist  in  der  Einbuchtung  umgeschlagen,  ebenso  der  Dorsal- 
rand in  seinem  letzten  Drittel.  Die  Schale  zeigt  nur  wenig  Poren- 
kanälchen, dabei  deutlich  sechs  Mus- 
kelabdrücke ,  außerdem  nahe  dem 
Hinterrand  eine  Felderung. 

Rechte  Schale  der  linken  sehr 
ähnlich.  Dorsalrand  im  letzten  Drittel 
noch  tiefer  eingebuchtet. 

Schale  von  oben  stark  kom-  Fig.  3.  Candona  fabaefonnis. 
primiert,  linke  Schale  größer  als  die  Rechte  Schale  von  innen.  39  X- 
rechte;   im  hinteren  Drittel  legt  sich 

die  linke  Schale  mit  einem  Lappen  von  der  Form  eines  Kreissegments 
über  die  rechte.  Auch  im  vorderen  Viertel  greift  die  linke  Schale 
mit  einem  kleinen  Teile  über  die  rechte. 

Die  Cannstatter  Form  gehört  sicher  zu  C.  fahaeformis,  wie  sie 
G.  W.  Müller  und  Brady  und  Norman  1889  beschrieben.  Ich  habe 
nur  Schalen  von  weibhchen  Tieren  gefunden  und  auch  diese  sind 
verhältnismäßig  selten.  Es  lassen  sich  allerdings  gewisse  Unterschiede 
konstatieren.  Die  Innenschale  ist  bei  unserer  Form  etwas  breiter, 
die  endständigen  Porenkanäle  zahlreicher  als  bei  der  Form,  welche 
G.  W.  Müller  zeichnet.  Letztere  zeigt  zudem  eine  stumpfere  Ecke 
im  höchsten  Punkt  des  Dorsalrandes  als  erstere ;  doch  sind  diese 
Unterschiede  zu  gering,  um  die  Identität  beider  in  Frage  zu  stellen. 
Namentlich  die  Felderung  in  der  Nähe  des  Hinterrandes,  die  geringe 
Zahl  der  Porenkanäle,  sowie  die  übrigen  Eigenschaften  fordern  ge- 
bieterisch, unsere  fossile  Form  zu  fahaeformis  zu  stellen. 


—     332     — 

Candonopsis  arida  n.  sp.  Taf.  VIII,  Fig.  15 — 19. 
1  =  0,75;  h  =  0,34;  b  =  0,22  mm. 
Linke  Schale  von  der  Seite  gesehen:  Höchste  Höhe,  kleiner 
als  die  Hälfte  der  Länge,  auf  ^/^  der  Schale,  dort  eine  breit  ab- 
gerundete Ecke  bildend.  Von  dieser  fällt  der  Dorsalrand  nach  vorne 
mit  einer  schwach  und  stetig  gekrümmten  Kurve  sanft  ab,  um  ohne 
eine  Ecke  zu  bilden  in  den  breit  abgerundeten  Vorderrand  über- 
zugehen. Nach  hinten  fällt  der  Dorsalrand  steiler  ab;  der  Hinter- 
rand ist  schmäler  als  der  Vorderrand,  gleichmäßig  abgerundet,  in  eine 
sehr  stumpfe  Spitze  ausgezogen.  Ventralrand  vor  der  Mitte  ein- 
gebuchtet. Von  innen  gesehen:  Innenlamelle  je  nach  dem  Alter  des 
Tieres  mehr  oder  weniger  breit,  sehr  breit  im  vorderen  Viertel,  nur 
wenig  breit  am  Hinterrand,  verhältnismäßig  breiter  an  der  hinteren 
Hälfte  des  Ventralrandes.  Verwachsungszone  schmal  mit  zahlreichen 
breiten,  kurzen  Porenkanälen,  Saum  kaum  sichtbar,  sehr  schmal, 
reicht  nicht  über  den  Außenrand  hinaus.  An  der  Ventralseite  ist 
die  Schale  eingeschlagen,  Dorsalrand  ebenfalls  höher  als  Schloßrand. 
Rechte  Schale  der  hnken  in  allen  Dingen  sehr  ähnlich. 


1.  '^• 

Fig.  4.     Candonopsis  arida.     1.  $  rechte  Schale   von  innen  60  X-     2.  $  linke 
Schale  von  innen  60  X- 

Die  beiden,  sehr  zarten  Schalen  sind  mit  wenigen,  ungleich- 
mäßig zerstreuten  Porenkanälchen  bedeckt.  Muskelabdrücke  sechs, 
ein  großer  etwas  abseits  näher  dem  Dorsalrand,  5  kleine  darunter, 
in  einem  Kreis  angeordnet,  alle  polygonal. 

Von  oben  gesehen  sehr  schmal,  vorn  und  hinten  fast  gleich- 
mäßig zugespitzt,  linke  Schale  größer  als  die  rechte.  Schloßrand 
verläuft  gerade. 

Diese  Form  ist  in  Steinheim  sehr  häufig  und  zwar  ist  es  höchst 
wahrscheinlich  das  $.  Daneben  habe  ich  noch  zwei  Schalen  ge- 
funden ,  welche  nach  Analogie  der  anderen  Canäona  das  zu- 
gehörige S  sein  dürfte. 

Die  höchste  Höhe  der  rechten  Schale  ist  fast  in  der  Mitte.    Von 


333 


dort  fällt  der  Schloßrand  nach  vorne  und  hinten  fast  gleichmäfiig  ab. 
Hintere  Hälfte  nur  wenig  stärker  als  vordere,  Ventralrand  eingebuchtet. 
Die  Innenschale  hat  in  allen  Einzelheiten  große  Ähnlichkeit  mit  dem  $. 
Die  große  Ähnlichkeit  mit  Candonopsis  Kingsleyi  (bei  G.  W. 
Müller),  namentlich  in  dem  so  charakteristischen  Verlauf  des  Innen- 
randes und  in  der  Ansicht  von  oben,  bestimmten  mich,  diese  Form 
zu  Candonopsis  zu  stellen.  Bei  unserer  Steinheimer  Form  ist  übrigens 
im  Verlauf  der  Innenlamelle  eine  gewisse  Mannigfaltigkeit  je  nach 
Alter  und  individueller  Variation  zu  konstatieren. 

Cyclocypris  Bbady  u.  Norman. 
Schale  stets  kurz  und  hoch,  von  oben  gesehen  breit,  der  Rücken 
stark  gewölbt;  kleine,  kugehge  Formen. 

Cyclocypris  nitida  n.  sp. 
1  =  0,43;  h  =  0,31;  b  =  0,24  mm. 
Rechte  Schale:  nierenförmig,  größte  Höhe  in  der  Mitte,  eine 
mehr  oder  weniger  deutliche  Ecke  bildend.  Dorsalrand  fällt  von 
hier  nach  vorne  etwas  steiler  als  nach  hinten  mit  einer  gleichmäßig 
gekrümmten  Kurve  ab.  Nach  hinten  ist  der  Dorsalrand  stärker  ge- 
krümmt und  bildet  nicht  selten  noch  über  ^/^  der  Schalenlänge  eine 
weitere  stumpfe  Ecke.  Die  vordere  Hälfte  ist  weniger  hoch  als  die 
hintere,  auch  mehr  zugespitzt.    Ventralrand  fast  gerade. 


Fig.  5.     Cyclocifpris  nitida.     1.  Rechte  Schale  von  außen  42  X-     2.  Schale  von 
oben  42  X-   3.  Inneulamelle  der  rechten  Schale  am  Vorderrand  (von  innen)  145  X- 

Die  Innenlamelle  ist  breit,  vorne  breiter  als  hinten,  Verwachsungs- 
zone schmal,  von  breiten  Porenkanälchen  durchsetzt;  nahe  dem  Innen- 
rande ist  eine  Leiste.  Der  Saum,  welcher  vorne  und  hinten  den  Außen- 
rand überragt,  ist  meist  abgebrochen  und  nicht  mehr  sichtbar.    Linke 


—     334     — 

Schale  der  rechten  sehr  ähnhch.  Beide  Schalen  sind  mit  sehr  zahl- 
reichen kleinen  schwarzen  Pünktchen  und  wenigen  größeren  Poren- 
kanälchen  bedeckt.  Der  Schließmuskel  hat  auf  der  rechten  Schale  vier, 
auf  der  linken  fünf  Abdrücke;  darunter  sind  noch  zwei  Abdrücke  der 
Mandibelmuskeln  zu  sehen.  Von  oben  gesehen :  Rechte  Schale  größer 
als  die  linke;  größte  Breite  auf  "/s  der  Länge.  Hintere  Hälfte  stärker 
als  vordere.  C.  nitida  ist  sehr  nahe  verwandt  mit  C.  pycjmaea  Crone- 
BERG ;  letztere  ist  viel  breiter.    C.  nitida  ist  in  Steinheim  sehr  zahlreich. 

Cjin'ia  Zenker. 
Die  Gattung  steht  der  Gattung  Gydocypris  sehr  nahe.  Der 
Unterschied  drückt  sich  jedoch  auch  in  der  Schale  deutlich  aus, 
welche  im  Gegensatz  zu  letzterer  stark  komprimiert  ist.  Es  sind 
beide  Geschlechter  bekannt,  welche  sich  sehr  ähnlich  sind.  Cijpria 
hat  vier  Muskelabdrücke:  drei  übereinander  und  ein  vierter  hinter 
ihnen.     Die  Gattung  umfaßt  nur  kleine  Formen. 

Cypria  suborbi ciliar ts  n.  sp.    Taf.  VÜI,  Fig.  20 — 22. 
1  =  0,56;  h  =  0,40;  b  =  0,25  mm. 
Die  Schalen  sind  sehr  ungleich.    Rechte  Schale  hoch  gewölbt, 
größte  Höhe  in  der  Mitte,  einen  stumpfen  Winkel  bildend,  nach  vorne 
und  hinten   gleichmäßig   abfallend,    welche    im   unteren  Quadranten 
ziemlich  gleichmäßig  abgerundet  sind.     Ventralrand   nahezu  gerade. 
Innenlamelle    schmal.      Schloßrand    nicht 
so  hoch  als  Dorsalrand.     Ventralrand  ein- 
wärts umgebogen. 

Linke  Schale  nicht  so  hoch  als  die 
rechte.  Ventralrand  stark  konvex,  Vorder- 
und  Hinterrand  gleichmäßig  abgerundet, 
etwas    in    eine    Spitze    ausgezogen,    zum 

,,.    'a     ,,  ,     I  ■    1     ■     Dorsalrand  gleichmäßig  aufsteigend.  Dieser 

Jbig.  b.     ( ypna  siihorhicularts.  °  o  o 

Rechte  Schale  von  innen.  63  X.  bildet  nicht  etwa  wie  bei  der  rechten 
Schale  eine  stark  gewölbte  Linie,  sondern 
ungefähr  über  dem  ersten  und  zweiten  Drittel  der  Länge  je  eine 
stumpfe  Ecke,  im  mittleren  Drittel  eine  schwach  gekrümmte,  fast 
gerade  Linie.  Wenn  man  beide  Schalen  beisammen  von  links  be- 
trachtet ,  so  sieht  man ,  wie  der  Dorsalrand  der  rechten  Schale 
die  linke  überragt;  von  der  rechten  Seite  aus  ist  der  Schloß- 
rand der  linken  Schale  verdeckt,  während  der  ausgebuchtete  Ventral- 
teil der  linken  Schale  unter  der  rechten  zum  Vorschein  kommt.     Die 


—     335     — 

linke  Schale  hat  ebenfalls  eine  sehr  schmale ,  dünne  Innenlamelle, 
welche  meist  abgebrochen  ist.  Beide  Schalen  sind  mit  zerstreuten 
Porenkanälchen,  die  linke  mit  kleinen  Grübchen  bedeckt,  die  rechte 
ist  glatt.  Letztere  hat  vorne  und  hinten  im  unteren  Quadranten 
stumpfe,  weitstehende  Zähnchen  am  Außenrand.  Randständige  Poren- 
kanäle habe  ich  nicht  gesehen. 

Von  oben  gesehen  ist  die  Schale  länglich  oval,  vorne  und  hinten 
zugespitzt,  größte  Breite  auf  dem  letzten  Drittel.  Linke  Schale 
länger  als  die  rechte. 

Cypria  suborbicularis  ist  in  Steinheim  ziemlich  selten;  gut  er- 
haltene Exemplare  sehr  selten.  Sie  zeigt  Anklänge  an  Cypria  pustulosa 
R.  W.  Sharpe  (Nordamerika). 

2.  Unterfamilie  Cyprinae. 

Dieser  Unterfamilie  sind  vier  unserer  schwäbischen  fossilen 
Ostrakoden  zuzuzählen,  welche  alle  dem  Genus  Cypris  angehören. 
Die  Systematik  der  unter  diesem  Namen  zusammengefaßten  Gruppen 
ist  noch  sehr  unsicher.  Ich  folge  den  Ausführungen  G.  W.  Müller's 
mit  der  Bemerkung,  daß  sich  von  unseren  vier  Gypris-Axian  nur 
drei  mit  annähernder  Sicherheit  den  vorhandenen  Subgenera  von 
Cypris  beizählen  lassen.  Die  Nördlinger  Cypris  ist  noch  zu  wenig 
bekannt,  um  sie  näher  deuten  zu  können.  Ich  will  mit  eben  dieser 
Art  beginnen. 

Cypris  Risgoviensis  n.  sp.    Taf.  VIII,  Fig.  23  u.  24. 
1  =  1,30;  h  =^  0,68;  b  =  ca.  0,62  mm. 

Rechte  Schale:  Länglich  nierenförmig ;  größte  Höhe,  kleiner 
als  die  Hälfte  der  Länge,  liegt  im  hinteren  Drittel  der  Schale.  Dorsal- 
rand ziemlich  gleichmäßig  ge- 
krümmt, fällt  nach  hinten 
etwas  steiler  ab  als  nach  vorne ; 
Hinterende  in  der  Mitte  in. 
eine  stumpfe  Spitze  ausgezogen, 
Vorderrand  dagegen  stumpf, 
Bauchrand  leicht  eingebuchtet. 
Innenrand  schmal ,  im  vor- 
deren Drittel  etwas  breiter; 
Verwachsungszone  die  Hälfte 
der  Innenlamelle.     Der  Saum  überragt  um  weniges  den  Außenrand. 

Linke  Schale   von   der  Seite    gesehen  der  rechten  sehr  ähn- 


Fig.  7.     Ci/pris  Bisgoviensia.     Rechte 
Schale  von  innen.     48  X- 


336 


lieh,  etwas  höher.  Innenlamelle  bedeutend  breiter.  Ventralrand  ohne 
Einbuchtung. 

Schale  von  oben  gesehen  nicht  so  breit  als  hoch,  höchste 
Breite  hinter  der  Mitte,  nach  vorne  spitzer  als  hinten,  rechte  Schale 
größer  als  die  linke. 

Es  sind  sechs  Schließmuskel-  und  zwei  Mandibelmuskelabdrücke 
sichtbar;  die  Schale  ist  sehr  spärlich  mit  Porenkanälchen  durchsetzt. 

Das  ungenügende  Material,  das  mir  zur  Verfügung  stand,  ließ 
nähere  Vergleiche  nicht  zu. 

Cypris  (Cyprinotiis)  salina   Brady.    Taf.  VIII,  Fig.  25 — 27. 

1  =  1,12 ;  h  =  0,72 :  b  =  0,50  mm. 

Linke  Schale:  Größte  Höhe  wenig  vor  der  Mitte,  mehr  als  die 

Hälfte    der  Länge,    bildet   einen    sehr   abgestumpften  Winkel.     Vom 

höchsten  Punkt  fällt  der  Dorsalrand  nach  hinten  mit  einer  sehr  flach 


Fig.  8.  Cypris  salina.  1.  Rechte  Schale  von  innen  47  X-  2-  l-^inke  Schale  von 
innen  47  X.     3.  Teil  der  innenlamelle  der  linken  Schale  am  Vorderrand  120  X- 

gekrümmten,  eine  Strecke  weit  fast  geraden  Linie  sanft  ab,  welche 
vor  ihrem  Übergang  in  den  sehr  steil  abfallenden,  flach  gekrünmiten 
Hinterrand  noch  im  letzten  Zehntel  der  Schale  eine  sehr  stiimpfe 
Ecke    bildet.     Nach   vorne    fällt    der  Dorsalrand  mit  einer  stark  ge- 


—     337     — 

kiümmten  Linie  steil  ab,  ohne  eine  Ecke  zu  bilden.  Ventralrand 
eingebuchtet.  Von  innen  gesehen  sind  Dorsal-  und  Ventralrand  ein- 
wärtsgebogen,  Innenschale  stark  entwickelt.  Verwachsungszone  ^4 
der  Innenlamelle ;  zwischen  Verwachsungszone  und  Außenrand  erhebt 
sich  ein  Saum,   der  den  letzteren  weit  überragt. 

Rechte  Schale  weniger  hoch  als  die  linke.  Der  höchste,  in 
der  Mitte  sich  befindende  Punkt  bildet  eine  deutliche  Ecke,  von 
welcher  der  Dorsalrand  nach  hinten  mit  einer  fast  geraden  Linie 
sanft  abfällt,  um  über  'Vi 2  der  Länge  mit  einer  mehr  oder  weniger 
deutlichen  Ecke  gegen  den  Hinterrand  abzusetzen.  Von  dieser  fällt 
der  nicht  selten  in  seinem  obersten  Drittel  einwärts  gekrümmte 
Hinterrand  steil  zu  dem  eingebuchteten  Ventralrand  ab.  Die  vor- 
dere Hälfte  des  Dorsalrandes  verläuft  ähnlich,  jedoch  mit  stetiger 
Krümmung  und  ohne  Ecke.  Die  Innenlamelle  zeigt  ähnliche  Ver- 
hältnisse wie  die  linke  Schale ;  der  Außenrand  ist  vorne  und  hinten 
gezahnt. 

Schale  von  oben  gesehen  länglich  eirund,  vorne  verschmälert 
und  zugespitzt,  hinten  abgerundet,  größte  Breite  in  der  Mitte.  Die 
Schalen  sind  dicht  mit  Porenkanälchen  bedeckt.  Muskelabdrücke 
vier  große  längliche  und  zwei  kleine  runde.  Bei  stärkerer  Ver- 
größerung erscheint  die  Schale  punktiert.     In  Cannstatt  sehr  häufig. 

Cypris   inaeqtialis  n.  sp.    Taf.  IX,  Fig.   1 — 4. 
1  =  1,17;  h  =  0,78-0,83;  b  =  0,72  mm. 

Linke  Schale:  Ventralrand  ziemlich  gerade;  größte  Höhe  vor 
der  Mitte.  Vom  höchsten  Punkt  fällt  der  Dorsalrand  steil  in  einer 
sehr  schwach  gekrümmten  Kurve  zum  schmalen,  spitz  abgerundeten 
Vorderrand  ab,  nach  hinten  in  einer  fast  geraden  Linie  mit  sanfter 
Neigung  bis  ^/lo  der  Länge,  wo  er  eine  stumpfe  Ecke  bildet.  Der 
breit  gerundete  Hinterrand  sehr  steil.  Von  innen  gesehen  sind  Schloß- 
und  Ventralrand  umgeschlagen.  Innenlamelle  breit,  der  Saum  über- 
ragt den  Außenrand,  innerhalb  des  Saumes  die  mit  reichlichen  Poren- 
kanälen durchsetzte  Verwachsungszone. 

Rechte  Schale  größer  und  bedeutend  höher  als  die  linke.  Dor- 
salrand hoch  gewölbt,  größte  Höhe  etwas  hinter  der  Mitte,  nach 
vorne  sanft  in  einer  teilweise  einwärts  gekrümmten  Kurve,  nach 
hinten  steil  in  einer  stark  gebogenen  Linie  abfallend.  Ventralrand 
tief  eingebuchtet.  Von  innen  gesehen  sind  Ventral-  und  Dorsalrand 
einwärtsgebogen.  Innenschale  vorne  bedeutend  stärker  als  hinten 
entwickelt.      Verwachsungszone    ^/a    der  Innenlamelle;    innerhalb   der 

Jahi-eshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905.  22 


338 


Verwachsungszone  setzt  der  Saum  an,  erreicht  jedoch  am  Vorderrand 
nicht  wie  bei  der  hnken  Schale  den  Außenrand.  Der  letztere  ist 
vorne  und  hinten  gezahnt. 

Die  Schale  ist  mit  zerstreuten  Porenkanälchen  bedeckt  und 
zeigt  eine  polygonale  Felderung.  Eindrücke  des  Schließmuskels, 
sechs ,  drei  große ,    langgestreckte  und  drei  kleine ,    rundliche.     Von 


S    M 


Fig.  9.  Cypris  inaequalis.  1.  Linke,  2.  rechte  Schale  von  innen.  35  X-  3.  Innen- 
lamelle der  linken  Schale.   4.  Dieselbe  der  rechten  Schale  je  am  Vorderrand.  120  X- 

oben  gesehen  ist  die  Schale  sehr  breit,  vorne  in  eine  Spitze  aus- 
gezogen, hinten  abgerundet.  Die  rechte  Schale  ist  größer  als  die 
linke  und  greift  im  vorderen  Sechstel  über  diese  über. 

Diese  Spezies  gehört  höchst  wahrscheinlich  zu  dem  Subgenus 
Cyprinotus ;  die  Saumverhältnisse,  Bezahnung  des  Außenrands  sowie 
die  Muskelabdrücke  weisen  sie  dorthin. 

Leider  ist  die  durch  ihre  sonderbaren  Schalenverhältnisse  so 
interessante  C.  maequalls  in  Steinheim  sehr  selten. 

Subgenus  Cypridopsis  Brady. 
Dorsalrand    stark   geknickt    oder   gebogen ,  Vorderrand   schmal 
gerundet.     Ventralrand    meist    deutlich    eingebuchtet.     Vier   Muskel- 
abdrücke.    S  unbekannt.     Tiere    von    geringer   Größe.     Am  Vordei- 
und  Hinterrand  gewöhnlich  eine  breite  verschmolzene  Zone. 


339 


Ci/pridops  is  gracilis  n.  sp.    Taf.  IX,  Fig.  5 — 11. 
1  r^  0,54  ;  h  =  0,33 ;  b  =  0,20  mm. 

'  Linke  Schale:  Größte  Höhe  etwas  vor  der  Mitte,  größer  als 
die  Hälfte  der  Länge.  Dorsah-and  nach  vorne  in  einer  sanft  ge- 
krümmten Kurve  abfallend,  nach  hinten  mit  einer  fast  geraden 
Linie ,  welche  im  letzten  Zehntel  der  Schale  ein  stumpfes  Knie 
bildend  in  den  steil  abfallenden,  abwärts  gerundeten  Hinterrand  über- 
geht. Bauchrand  ziemlich  gerade,  mit  einer  starken  Einbuchtung  in 
der  Mitte  und  einer  sehr  kleinen  in  der  Nähe  des  Vorderrandes. 

Innenrand  vorne  und  hinten  ziemlich  weit  vom  Außenrand  ent- 
fernt, Verwachsungszone  namentlich  vorne  sehr  breit,  erscheint  von 
der  Seite  gesehen  als  ein  hyalines  Plättchen ,  mit  geraden  Poren- 
kanälchen  durchsetzt,  welche  von  der  Mitte  an  nach  außen  sich 
verbreitern.  Saum  schwer  zu  sehen,  überragt  nur  an  wenigen  Stellen 
den  Außenrand,  in  dessen  Nähe  er  entspringt.  Unweit,  zum  Teil  auf 
der  Verwachsungslinie,  ist  eine  breite  auffallende  Leiste  angebracht. 
Die  Schale  ist  von  zahlreichen  dünnen 
Porenkanälchen  durchbohrt.  Der  Schließ- 
muskel hat  vier  Abdrücke,  unter  welchen 
zwei  Mandibelmuskeln  sichtbar  sind. 

Rechte  Schale  höher  als  die  hnke, 

höchste  Höhe  in  der  Mitte,  von   wo    der     ^.    ,^    ^ 

l'ig.lO.  Lypridopsis  gracihs. 
Schloßrand  fast  gleichmäßig  nach  vorne  Linke  Schale  von  innen  60  X- 
und    hinten  abfällt,  vordere  Hälfte  etwas 

stärker  als  die  hintere ,  der  Vorderrand  stärker  gekrümmt  als  der 
Hinterrand.  Ventralrand  wenig  eingebuchtet.  Die  Schale  ist  dicht 
mit  sehr  dünnen  Porenkanälchen  bedeckt;  Muskeleindrücke  wie  die 
rechte  Schale,  nur  undeutlich  sichtbar.  Innenlamelle  kaum  sicht- 
bar ,  sehr  dünn  und  zerbrechlich,  am  Hinterrand  nicht  nachweisbar, 
am  Vorderrand  sehr  schmal,  mit  kurzen  randständigen  Porenkanälen, 
welche  von  innen  nach  außen  sich  verdicken ,  jedoch  den  Außen- 
rand nicht  erreichen.  Der  Schloßrand  liegt  tiefer  als  der  Dorsalrand, 
da  die  Schale  aufwärts  gewölbt  ist;  Ventralrand  leicht  einwärts- 
geschlagen. 

Betrachtet  man  die  beiden  Schalen  miteinander  verbunden  bei 
durchgehendem  Licht  von  der  Seite,  z.  B.  von  rechts,  so  hat  man 
ein  sehr  charakteristisches  Bild.  Die  oben  liegende  rechte  Schale 
überragt  mit  ihrem  Dorsalrand  die  linke,  welche  ihrerseits  mit  ihrem 
Vorder-  und  Hinterrand  über  die  rechte  bedeutend  herausreicht.    Auch 

22* 


340     — 


die  Ventralränder  decken  sich  nicht  immer  und  bilden  ein  ganzes 
Bündel  von  Linien.  Durch  die  rechte  Schale  hindurch  sieht  man 
deutlich  die  breite  Innenlamelle  der  linken. 

Von  oben  gesehen  ist  die  Schale  länglich  oval ,  vorne  in  eine 
Spitze  ausgezogen,  hinten  abgerundet.  Die  linke  Schale  ist  länger 
als  die  rechte. 

C.  gracüis  ist  in  Steinheim  sehr  zahlreich  vertreten. 

3.  Unterfamilie  Iliocyprinae 

mit   der   einzigen   Gattung   Iliocypris. 

Iliocypri.s  Brady  u.  Norman. 

Schale  dicht  mit  deutlichen  Gruben  bedeckt  und  mit  Höckern 
sowie  Einschnürungen  versehen .  erinnert  an  die  Meeresostrakoden. 
d  größer  als  $ ;  rechte  Schale  der  linken  sehr  ähnlich. 

Iliocypris  Bradyi  G.  0.  Sars.    Taf.  IX,  Fig.   10. 
1  =  0,92 ;  h  =  0,48 ;  b  =  0,36  mm. 
Linke  Schale  von  außen:  Dorsalrand  gerade,  mit  zwei  ganz 
geringen  Einbuchtungen,  gegen  vorne  und  hinten  eine  Ecke  bildend. 
Der  Vorderrand  ist  zunächst  einwärtsgekrümmt, 
um    dann  mit    einem   schön  gerundeten,    weit 
vorspringenden  Bogen    in    den    eingebuchteten 
Ventralrand    überzugehen.     Von    der   hinteren 
Ecke    des   Dorsalrandes    fällt    der  Hinterrand, 
der  zunächst  ebenfalls  ein  wenig  eingebuchtet 


Fig.  11.     lUoajprk  Bradyi.     1.  Linke  Schale  von  innen.    70  X-     2-  Schale  von 
oben.    70  X- 

ist,  sehr  steil,  fast  mit  einem  rechten  Winkel  und  schwach  gebogener 
Kurve  zum  Ventralrand  ab.    Von  innen  gesehen :  Schloßrand  breit,  wird 


.    —     341     — 

ein  wenig  von  der  Schalenwölbung  überragt,  bildet  in  seinem  hinteren 
Drittel  eine  breite  Lamelle.  Innenlamelle  mäßig  breit,  Verwachsungs- 
zone Vs  —  V2  derselben,  von  vielen  langen  und  breiten  Porenkanälchen 
durchsetzt,  welche  nach  größeren  oder  kleineren  Zähnchen  am  Außen- 
rand münden.     Saum  nicht  sicher,  sehr  undeutlich. 

Rechte  Schale  der  linken  sehr  ähnlich ;  doch  ist  der  Dorsalrand 
nicht  gerade,  sondern  gebogen.    Von  oben  gesehen  ist  die  Schale  an 
den  Seiten  zusammengedrückt,  vorne  zugespitzt,   hinten  abgerundet, 
.  linke  Schale  größer  als  die  rechte,  von  V4 — "'3  der  Länge  im  Schloß- 
rand über  dieselbe  übergreifend. 

Die  Schalen  sind  mit  rundlichen  Grübchen  bedeckt.  Die  /.  gibha 
charakterisierenden  Buckeln  und  Hörner  fehlen ;  es  führen  nur  zwei 
Einschnürungen  von  breitem  Grund  ausgehend  von  der  Dorsalseite 
auf  die  Höhe  der  Schalen.  Die  in  der  Mitte  liegende  Vertiefung 
trägt  die  vier  Schließmuskelansätze.  Die  Cannstatter  Form  zeigt 
große  Übereinstimmung  mit  der  von  G.  W.  Müller  abgebildeten 
Iliomjpris.  Doch  sind  einige  Unterschiede  vorhanden;  unsere  diluviale 
Form  z.  B.  ist  nicht  so  breit  wie  letztere.  Allein  ich  möchte  hierauf 
kein  zu  großes  Gewicht  legen,  da  ich  nur  wenige  vereinzelte  Schalen 
von  wohl  noch  nicht  ganz  ausgewachsenen  Tieren  besitze. 

Iliocijpris  hinocularis  n.  sp.    Taf.  IX,  Fig.   11,  18  u.  19. 
1  =  1,00 ;  h  =  0,56 ;  b  =  0,44  mm. 

Linke  Schale:  Schloßrand  fast  gerade,  zweimal  ganz  leicht 
eingebuchtet,  setzt  gegen  den  Hinterrand  und  Vorderrand  mit  einer 
deutlichen  Ecke  ab.  Der  Hinterrand  fällt  mit  einer  schwach  ge- 
bogenen Kurve  fast  rechtwinklig  zum  tief  eingebuchteten  Ventral- 
rand ab,  Vorderrand  etwas  weniger  steil,  zunächst  leicht  eingebuchtet, 
stärker  gekrümmt.  Vordere  Hälfte  der  Schale  bedeutend  höher  als 
die  hintere.  Innenlamelle  breit,  Verwachsungszone  V's — V2  der  Tnnen- 
lamelle,  Saum  auch  auf  den  besten  Exemplaren  kaum  sichtbar,  er- 
reicht den  Außenrand  nicht.  Zahlreiche  endständige  Porenkanäle. 
Der  Außenrand  ist  mit  größeren  und  kleineren  Zähnchen  besetzt, 
wie  auch  seine  Nachbarschaft.  Zu  den  größeren  Zähnchen  führen 
Porenkanäle. 

Rechte  Schale  der  linken  sehr  ähnhch.  Die  vorderen  zwei 
Drittel  des  Dorsalrandes  zweimal  leicht  eingebogen,  das  letzte  Drittel 
fällt  sanft  gegen  den  Hinterrand  ab. 

Beide  Schalen  sind  reichlich  mit  rundlichen  Grübchen  und  mit 
je    fünf   ziemlich    hohen  Höckern    besetzt;    drei    derselben  stehen  in 


342 


einer  geraden  Linie  parallel  dem  Dorsalrand,  zwei  näher  dem  Ventral- 
rand. Von  oben  gesehen  ist  die  Schale  lanzettlich,  größte  Breite  im 
hinteren  Drittel.    Von  der  Mitte  des  Schloßrandes  führen  zwei  Ein- 


4.  6. 

Fig.  12.     Iliocypris  binocularis.     1.  2.  3.  4.  Rechte  Schalen  von  außen  im  Umriß 
variierend.  48  X-     5.  Rechte  Schale  von  innen  mit  Innenlamelle.  Verwachsungs- 
zone und  randständigen  Porenkanälchen.   48  X-     6.  Jugendform.   48  X- 

schnürungen   zwischen    den    drei   oberen  Höckern   zu  mehreren  Ver- 
tiefungen, deren  eine  die  vier  Schließmuskelabdrücke  trägt. 

Iliocypris  binocularis  ist  die  häufigste  aller  Steinheimer  Ostra- 
koden.  Sie  zeigt  eine  individuelle  Variation  in  der  Höhe  (schwankt 
um  ca.  9  ^jo  der  Normalhöhe),  in  der  Einbuchtung  des  Ventralrandes 
und  im  Verhältnis  von  der  Höhe  der  ersten  Hälfte  zur  zweiten. 

II.  Familie.    Cytheridae. 
Ijimnicythore   Brady. 
„Schale  dünn,    zerbrechlich,  mit  breiter  verschmolzener  Zone, 
welche  von  einzelnen  schlanken  unverzweigten  Porenkanälen  durch- 


343 


bohrt  wird.  Der  Innenrand  fällt,  wo  er  überhaupt  zu  erkennen  ist, 
mit  der  Verwachsungslinie  zusammen ,  meist  sind  aber  beide  Linien 
überhaupt  verwischt,  nicht  aufzufinden.  Der  Saum  ist  häutig,  fein 
zerschlitzt.  Schloßzähne  der  rechten  Schale  schwach  oder  fehlend." 
(G.  W.  Müller). 

S  bei  einigen  Arten  unbekannt,  die  beiden  Schalen  sind  meist 
ungleich.  Der  Schließmuskel  hat  vier  senkrecht  übereinanderstehende 
Abdrücke  hinterlassen. 

Limnicytliere  esphigmena  n.  sp.    Taf.  IX,  Fig.   12 — 17. 
$:  1  =  0,72;  h  =  0,40;  b  =  0.22  mm. 
Es   finden   sich  in  Steinheim  zwei  Formen:  Die  weniger  hohe, 
längere  möchte  ich  nach  Analogie  von  L.  relicta  Liljeborg  als  das  6 
beanspruchen. 

Rechte  Schale  des  $:  Höchster  Punkt  auf  Ve  der  Länge.  Der 
Schloßrand  ist  ungefähr  in  der  Mitte  tief  eingebuchtet,    setzt  vorne 


2.  3. 

Fig.  IB.     Lininicythere  esphigmena.    1.  $  Rechte  Schale  von  innen  mit  Verwach- 
sungszone und  randständigen  Porenkanälen.    52  X-     2.  Linke  Schale  von  innen. 
52  X.     3-  Schloß  des  J.     90  X' 

und  hinten  mit  einer  deutlichen  Ecke  ab,  fällt  von  da  nach  hinten 
mit  einer  zunächst  eingebuchteten,  sodann  stark  gekrümmten  Linie 
fast  in  einem  rechten  Winkel  nach  dem  tief  eingebuchteten  Bauch- 
rand ab.  Der  Vorderrand  ist  ebenfalls  auf  eine  kurze  Strecke  ein- 
wärtsgebogen, weniger  steil  und  schön  abgerundet.     Vordere  Hälfte 


—     344     — 

viel  stärker  als  die  hintere.  Von  innen  sieht  man  eine  breite  Ver- 
wachsungszone ohne  deutliche  Grenze ,  der  Innenrand  ist  völlig  un- 
sichtbar, der  Saum  unsicher.  Es  sind  mäßig  viele,  lange  und  schlanke 
endständige  Porenkanäle  sichtbar.  Parallel  mit  dem  Schloßrand  läuft 
eine  gewellte  Linie,  in  deren  Einkerbungen  die  Zähnchen  des  Schloß- 
randes der  linken  Schale  eingreifen. 

Die  linke  Schale  des  $  ist  weniger  hoch  als  die  rechte,  wird 
von  ihr  an  der  Dorsal-  und  Ventralseite  umfaßt,  ragt  aber  selbst 
über  die  rechte  am  Vorder-  und  Hinterrand  hervor.  Der  Schloßrand 
ist  ebenfalls  in  der  Mitte  eingebuchtet,  setzt  vorne  und  hinten  mit 
einer  deutlichen  Ecke  ab.  Vor  und  nach  der  vorderen  Ecke  ist  der 
Rand  auf  kurze  Strecke  deutlich  eingebuchtet  und  fällt  nach  vorne 
sehr  steil  mit  schwach  und  unschön  gekrümmter  Kurve  ab.  Vor 
der  hinteren  Ecke  des  Schloßrandes  ist  dieser  eine  kurze  Strecke 
gerade,  nach  ihr  findet  sich  ebenfalls  eine  kleine  Einbuchtung,  die 
übrigens  bei  manchen  Exemplaren  kaum  sichtbar  ist.  Ventralrand 
tief  eingebuchtet.  Der  Schloßrand  ist  mit  Zähnchen  versehen.  Ver- 
wachsungszone wie  bei  der  rechten  Schale. 

Beide  Schalen  sind  mit  mehreren  Höckern  und  Buckeln  ge- 
schmückt. Von  der  Mitte  des  Schloßrandes  führt  eine  Einschnürung 
zu  mehreren  tiefen  Einsenkungen  in  der  Mitte  der  Schale,  deren  eine 
die  vier  in  einer  Reihe  stehenden  Schließmuskelabdrücke  trägt. 

Die  Schalen  sind  mit  einem  polygonalen  Netzwerk  von  Stäb- 
chen bedeckt,  Porenkanäle  sehr  vereinzelt. 

Von  oben  gesehen  ist  die  Schale  sehr  kompliziert.  In  der 
Nähe  des  Dorsalrandes  sind  drei  niedrige,  flache  Höcker,  vorne  ein 
spitzer  Höcker,  in  der  Tiefe  eine  breitrückige  Ausbauchung.  Vorder- 
ende und  Hinterende  sind  in  eine  Spitze  ausgezogen ;  linke  Schale 
etwas  länger  als  die  rechte. 

Die  Schalen  des  S  sind  weniger  hoch,  der  Unterschied  der 
Höhe  zwischen  der  vorderen  und  der  hinteren  Hälfte  ist  gering,  die 
Einbuchtungen  des  Dorsal-  und  des  Ventralrandes  sind  vor  der  Mitte. 
Der  Dorsalrand  setzt  bei  beiden  Schalen  vorne  und  hinten  mit  einer 
deutlichen  Ecke  ab.  Diese  wird  bei  der  rechten  Schale  nicht  durch 
eine  Einbuchtung,  sondern  durch  einen  einspringenden  Winkel  des 
Vorderrandes  gebildet.  Bei  der  rechten  Schale  bildet  der  Vorderrand 
vor  der  Einbuchtung  des  Ventralrandes  eine  Ecke.  Dieser  wird  in 
der  Mitte  durch  eine  Ausbauchung  der  Schale  überragt. 

Struktur ,  Muskelabdrücke ,  Porenkanäle  und  Innenschale  wie 
beim  ^. 


—     345     — 

Die  Ansicht  von  oben  ist  von  der  des  $  vor  allem  durch  eine 
geringere  Breite  unterschieden,  übrigens  sind  die  Elemente  derselben 
ähnlich. 

Interessant  ist  das  Schloß  unserer  L.  esphiymena.  Die  rechte 
Schale  liegt  in  der  Zeichnung  auf  der  linken.  An  einer  Stelle  ist  von 
der  ersteren  ein  Stück  ausgebrochen,  so  daß  die  Zähnchen  des  Schloß- 
randes der  letzteren  zum  Vorschein  kommen.  Oben  und  unten  kommt  der 
Vorder-  und  Hinterrand  der  linken  Schale  unter  der  rechten  hervor. 

L.  esphigmena  ist  in  Steinheim  häufig,  in  einzelnen  Schichten 
sogar  sehr  zahlreich  vertreten. 

Anhang. 
Der  Vollständigkeit   v^-egen   und    um    die    Aufmerksamkeit    der 
Sammler  auf  diese  äußerst  seltenen  Sachen  hinzuwenden,  seien  noch 
einige  Ostrakoden  aus  Steinheim  und  vom  Scharben  angefügt. 

1.  Eine  Cypris.  1  =  0,96 ;  h  =  0,52  mm.  In  dem  sehr  reich- 
haltigen Material ,  das  ich  genau  durchsuchte ,  fand  ich  nur  diese 
einzige  Schale.  Es  ist  die  rechte  Schale ,  mit  ziemlich  gleichmäßig 
gewölbtem    Dorsal-    und    eingebuchtetem    Ventralrand.     Die    Innen- 

/f 

2.  1. 

Fig.  14.     Cypris?     1.   Eechte   Schale    von    außen.    45  X-      2.    Innenschale    am 
Vorderrand  von  innen.    145  X- 

lamelle  ist  vorne  und  hinten  gut  entwickelt,  Verwachsungszone  schmal 
mit  zahlreichen  breiten  und  kurzen  Porenkanälchen.  Der  Saum  über- 
ragt den  Außenrand  bedeutend.  Muskelabdrücke  nicht  deutlich  sicht- 
bar. Über  die  ganze  Schale  sind  zahlreiche  Porenkanälchen  zerstreut, 
welche  sich  vorne  und  hinten  anhäufen.  Vielleicht  steht  sie  der 
C.  Risgovieiisis  nahe. 

2.  Die  rechte  Schale  einer  Cypridopsis  (?).  1  =  0,72 ;  h  =  0,40  mm. 
Die  größte  Höhe  ist  vor  der  Mitte.  Nach  vorne  fällt  der  Dorsalrand 
in  einer  nahezu  konkaven  Linie  ab  und  geht  unter  Bildung  einer 
Ecke  in  den  fast  senkrecht  abfallenden,  schwach  gekrümmten,  hohen 
Vorderrand  über.  Nach  hinten  fällt  er  etwas  weniger  steil  mit  einer 
fast  geraden  Linie  ab,    um  ebenso  nach  Bildung  einer  Ecke  in  den 


346 


stark  gekrümmten,  weniger  hohen  Hinterrand  überzugehen,  Innen- 
schale mäßig  breit,  Außenrand  vom  Saum  überragt.  Vervvachsungs- 
zone  und  randständige  Porenkanälchen  sind  nicht  sichtbar.  Die  Schale 
zeigt  eine  polygonale  Felderung  und  ist  mäßig  mit  Porenkanälchen 
bedeckt. 


m     jj^ 


Fig.  15.     Cyjiridojhsis?    1.  Rechte  Schale  von  außen.    45  X-      2.  Innenschale  am 
am  Vorderrand.    145  X- 

3.  Eine  nicht  gerade  seltene  Jugendform ,  vielleicht  zu  Cyclo- 
cypris  gehörend.  Die  Oberfläche  zeigt  die  typische  Struktur  der 
Jugendstadien.  Verwachsungszone  und  Porenkanäle  konnte  ich  nicht 
wahrnehmen,  der  Saum  überragt  den  Außenrand. 


Fig.  16.    1.  Ci/clocypris?    Jung,  rechte  Schale   von  außen.    2.  Innenlamelle  der- 
selben Form  von  innen.     3.  Cypris  Risgoriensiff  vom  Scharben. 

4.  Cypris  Bisyoviensis  vom  Scharben  bei  ünteressendorf  gibt 
nur  die  Ansicht  von  der  Seite  und  auch  diese  nicht  ganz  genau, 
wie  die  beigefügte  Zeichnung  einer  rechten  Schale  zeigt,  sind  es 
dieselben  Formen  wie  bei  der  Ries- Cypris.  Dorsalrand  gleichmäßig 
gewölbt,  Vorderende  schwach,  Hinterende  stärker  gekrümmt.  Dorsal- 
rand leicht  eingebogen.  Das  gezeichnete  Exemplar  lag  nicht  ganz 
horizontal,  die  Höhe  ist  deshalb  etwas  zu  klein.  Länge  1,3:  Höhe 
0,64  mm.  Ein  jüngeres  Exemplar  mißt  1  =  1,24;  h  =  0,64  mm. 
Ich  glaube,  daß  trotz  des  mangelhaften  Erhaltungszustandes  die 
Identität  der  obermiozänen  (Ujpris  von  Unteressendorf  mit  der  Cypris 
Risgoviensis  nahezu  als  sicher  angenommen  werden  muß. 

Rottenburg  a.  N..  im  März  1905. 


Reptilien  und  Säugetiere  in   ihren  Anpassungs- 
erseheinungen  an  das  marine  Leben. 

Von  Prof.  Dr.  E.  Fraas. 

Kgl.  Naturalienkabinett,  Stuttgart. 

Mit  5  Figuren. 

1.  Die  Entwickelung  der  Tierwelt  im  Wasser  und  auf  dem  Lande. 

„Omne  vivum  ex  mare"  der  bekannte  alte  Fundamentalsatz 
wird  in  seinen  Grundzügen  auch  heute  noch  aufrecht  erhalten  und 
scheint  nicht  zum  wenigsten  durch  die  Forschungen  in  der  Geologie 
und  Paläontologie  gestützt.  Wir  können  allerdings  beobachten, 
daß  die  echt  marinen  Ablagerungen  immer  mehr  das  Übergewicht 
bekommen,  je  weiter  wir  in  den  geologischen  Perioden  zurück- 
greifen und  daß  sich  deshalb  auch  unsere  Kenntnis  der  Tier- 
formen aus  den  Primärformationen  fast  ausschließlich  auf  Meerestiere 
bezieht.  Es  ist  aber  anderseits  auch  kaum  zu  bestreiten,  daß  sich 
hierin  nur  die  Lückenhaftigkeit  unseres  Wissens  widerspiegelt,  denn 
eine  einfache  Überlegung  muß  uns  ja  schon  davon  überzeugen,  daß 
auch  in  den  ältesten  Perioden  bereits  eine  Gliederung  von  Festland 
und  Meer  vorhanden  war.  Woher  sollten  denn  sonst  die  Sedimente 
in  diesen  Formationen  stammen?  Auf  dem  Meeresgrunde,  etwa 
durch  Strömungen  oder  tiefgreifenden  Wellenschlag,  können  sie  doch 
wohl  kaum  entstanden  sein ,  sondern  diese  dienten  nur  zur  Ver- 
schleppung und  Ausebnung  des  in  das  Meer  eingeführten  Schlammes. 
Dieser  selbst  aber  muß  seinen  Ursprung,  abgesehen  vielleicht  von 
lokalen  Anhäufungen  vulkanischer  mariner  Eruptivmassen,  auf  dem 
Lande  gehabt  haben.  Denn  nur  auf  dem  Festlande  kommt  die 
chemische  und  mechanische  Tätigkeit  des  Wassers  zur  Geltung  und 
führt  zu  jenem  ununterbrochenen  Wechsel  und  der  Umlagerung  des 
Materiales ,  welche  sich  in  dem  Aufbau  der  Formationen  wider- 
spiegelt.   Wo  Sedimente  entwickelt  sind,  war  auch  ein  Festland  und 


—     348     — 

wenn  wir  aus  den  älteren  Perioden  fast  nur  marine  Gebilde  kennen, 
so  liegt  dies  nur  daran,  daß  uns  diejenigen  des  Festlandes  nicht  er- 
halten blieben.  Solche  sogenannte  terrestrische  Ablagerungen,  wie 
die  Anschwemmungen  in  Tälern  und  Binnenseen ,  die  äolischen  Ge- 
bilde der  Wüste  und  der  Niederungen  u.  dergl.  waren  selbstver- 
ständlich immer  sehr  stark  der  Zerstörung  ausgesetzt,  denn  gerade 
bei  diesen  konnte  am  meisten  die  zerstörende  und  transportierende 
Arbeit  der  fließenden  Wasser  einsetzen. 

Wir  stehen  also  vor  einem  vollständigen  Trugschluß,  wenn  wir 
behaupten  wollten ,  daß  in  den  alten  Perioden  das  Land  und  die 
Landbewohner  weit  hinter  denen  des  Meeres  zurücktreten.  Statt 
dessen  müssen  wir  uns  bewußt  sein,  daß  dies  nur  an  den  geologischen 
Bedingungen  der  Sedimentbildung  liegt,  und  daß  gerade  hierin  der 
Grund  zu  suchen  ist,  warum  unsere  paläontologische  Forschung  bis 
heute  noch  so  lückenhaft  ist  und  leider  auch  in  Zukunft  bleiben  wird. 
Wohl  werfen  in  dieses  Dunkel  hier  und  du  einzelne  wichtige  Funde 
von  Landformen,  die  durch  zufällige  Einschwemmung  in  marine  oder 
lakustre  Sedimente  uns  erhalten  sind,  gewissermaßen  Blitzlichter  und 
was  wir  dabei  erkennen  können,  zeugt  stets  von  einer  außerordent- 
lich vorgeschrittenen  Entwickelung  der  Landformen ,  welche  hinter 
jener  des  Meeres  nicht  zurücksteht. 

Suchen  wir  nach  den  Ursachen  und  Bedingungen  der 
Veränderung  der  Tierwelt  und  der  damit  verbundenen  Entwicke- 
lung, so  werden  diese  in  der  Hauptsache  stets  mit  einer  Ver- 
änderung des  Milieu,  d.  h.  der  umgebenden  Welt  in  Verbindung 
zu  bringen  sein.  Es  ist  nun  gar  kein  Zweifel,  daß  diese  Änderungen 
stets  auf  dem  Lande  viel  rascher  und  einschneidender  vor  sich  gingen 
als  im  Meere.  Das  letztere  wird  zwar  in  seinen  Tiefen,  in  der 
Temperatur  des  Wassers,  in  Strömungen  und  Salzgehalt  etc.  stets 
kleinen  Schwankungen  ausgesetzt  sein ,  dieselben  gehen  aber  doch 
so  langsam  vor  sich,  daß  sie  nur  wenig  auf  die  Tierwelt  einwirken, 
denn  diese  hat  immer  Zeit  und  Gelegenheit  auszuwandern  und  sich 
an  geeigneter  Stelle  wieder  niederzulassen.  Natürlich  bringt  auch 
dies  gewisse  Formenveränderungen  mit  sich  und  wir  haben  ja  Bei- 
spiele genug  von  lokaler  Anpassung ,  vom  Aussterben  selbst  großer 
Tiergruppen  und  von  entwickelungsgeschichtlich  wichtigen  Form- 
veränderungen ;  aber  wenn  wir  alles  zusammenfassen,  so  müssen  wir 
doch  erstaunt  sein  über  die  Gleichartigkeit  des  Gesamtcharakters 
der  marinen  Tierwelt  von  dem  Paläozoikum  bis  zur  Jetztzeit.  Ganz 
anders  auf  dem  Lande.    Hier  machen  sich  klimatische  Schwankungen 


—     349     — 

und  Störungen,  hervorgerufen  durch  kosmische,  tektonische  oder  vul- 
kanische Ursachen,  viel  energischer  geltend,  indem  sie  in  kurzer  Zeit 
eine  Änderung  der  Flora  einleiten  und  damit  vollständig  veränderte 
Existenzbedingungen  für  die  Tierwelt  mit  sich  bringen.  Dasselbe 
wird  durch  Hebungen  und  Senkungen  innerhalb  des  Festlandes,  durch 
Verlegung  von  Flußgebieten,  durch  Eindringen  von  Küstenbildungen, 
Dünen,  Löß  etc.  oder  gar  durch  Abschnürung  von  Inseln  oder  um- 
gekehrt durch  Verbindung  früher  getrennter  Gebiete  hervorgerufen. 
Kurz,  es  gibt  auf  dem  Lande  eine  Menge  einschneidender  Ver- 
änderungen und  ein  sorgfältiges  Studium  der  Formationen  zeigt  uns, 
wie  rasch  und  häufig  sie  im  Laufe  der  geologischen  Perioden  ein- 
traten, denn  gerade  die  unendliche  Mannigfaltigkeit  der  Sedimente 
zeugt  am  besten  von  den  Veränderungen  auf  dem  Festlande,  welchem 
sie  entstammen. 

Es  steht  damit  die  Beobachtung  der  Geologen  und  Paläonto- 
logen in  vollem  Einklang,  daß  uns  die  Landfauna  vergangener 
Perioden  viel  fremdartiger  entgegentritt  als  die  des 
Wassers.  Man  führe  sich  nur  z.  B.  die  Fauna  etwa  des  marinen 
Eozänes  vor  Augen,  in  welcher  wir  zwar  noch  keine  mit  der  Jetzt- 
zeit identische  Spezies  vorfinden,  aber  doch  so  ziemlich  alle  Arten 
in  die  Ordnungen  und  Untergruppen  der  heutigen  Fauna  einreihen 
können.  Gegenüber  der  vorangegangenen  Kreidefauna  bemerken  wir 
eine  relativ  geringe  Entwickelung  in  der  Richtung  der  heutigen 
Fauna  und  der  Unterschied  ist  mehr  in  dem  Aussterben  vieler 
zum  Teil  sehr  wichtiger  Arten  und  selbst  Gruppen  wie  der  Am- 
moniten ,  Belemniten  ,  Ichthyosaurier ,  Plesiosaurier ,  Mosasaurier  zu 
finden.  Im  Vergleich  hierzu  bietet  die  Landfauna  aus  den  gleich- 
altrigen Schichten  ein  ganz  anderes  Bild,  denn  hier  gesellen  sich  zu 
den  von  der  Kreidezeit  übernommenen  Tiergruppen  vor  allem  die 
Säugetiere  als  dominierendes  Geschlecht.  Die  erstaunliche  Entwicke- 
lung dieser  Gruppe  bedeutet  einen  ganz  wesentlichen  Fortschritt 
gegenüber  der  vorangegangenen  Periode,  aber  ihre  Formenreihen  sind 
noch  mit  der  Jetztzeit  verglichen  durchaus  fremdartig  und  nur  ganz 
wenige  persistieren  als  Reliktenformen.  Betrachten  wir  die  beiden 
Faunen  von  unserem  Standpunkte  aus,  so  müssen  wir  zugeben,  daß 
die  Entwickelung  der  Landfauna  eine  ausgesprochen  vor- 
wärtsschreitende ist,  während  die  marine  Tierwelt  mehr 
durch  Verlust  vieler  Arten  und  Gruppen  als  durch  Ent- 
wickelung neuer  Formen   sich  der  Jetztzeit  anschließt. 

Man  könnte  nun  freilich  einwenden,  daß  das  Tertiär  in  dieser 


—     350     - 

Hinsicht  eine  Ausnahme  bildet  und  daß  in  der  mesozoischen  Periode 
mit  ihren  gewaltigen  marinen  Reptilien  das  Schwergewicht  in  dem 
Meere  lag,  aber  ich  lasse  dies  nicht  gelten  und  führe  es,  wie  bereits 
erwähnt ,  nur  darauf  zurück ,  daß  wir  aus  dieser  Periode  eben  un- 
verhältnismäßig bessere  Kenntnis  von  den  Meeresbewohnern  als  von 
den  Landbewohnern  haben.  Dasselbe,  und  zwar  noch  in  erhöhtem 
Maße,  gilt  von  den  paläozoischen  Perioden. 

Freilich  wäre  es  nun  durchaus  verfehlt,  wenn  wir  bei  der  Ent- 
wickelung  unserer  Tierwelt  überhaupt  vom  Meere  absehen  und  die- 
selbe ganz  auf  das  Land  verlegen  wollten.  Davon  kann  gar  keine 
Rede  sein,  aber  ich  glaube,  daß  wir  zwischen  beiden  trennen  müssen 
und  daß  jede  für  sich  zu  behandeln  ist. 

Die  Lebensbedingungen  zwischen  Land  und  Meer  waren 
von  Anfang  an  so  grundverschieden,  daß  sich  notwendig 
schon  in  den  frühesten  Erdperioden  zwei  vollständig  ge- 
trennte Entwickelungsreihen  ergeben  mußten.  Wohl  können 
dieselben  zuweilen  ineinander  eingreifen  und  einzelne  Formen  von 
dem  einen  Element  in  das  andere  hinüberwandern,  aber  diese  Formen 
sind  keineswegs  immer  entwickelungsgeschichtlich  von  so  durch- 
schlagender Bedeutung  als  man  denken  könnte.  Es  liegt  mir  ferne, 
irgendwelche  Stammbäume  der  Land-  und  Meeresfauna  zu  kon- 
struieren ,  denn  gerade  als  Paläontologe  bin  ich  mir  am  meisten 
bewußt,  wie  verfrüht  dies  bei  dem  derzeitigen  Stande  unserer  Kennt- 
nisse wäre  und  wie  wenig  man  dabei  über  mehr  oder  minder  geist- 
reiche Spekulation  hinauskommt.  So  viel  läßt  sich  aber  doch  auch 
schon  heute  vertreten,  daß  die  echt  marine  Fauna  im  wesent- 
lichen die  wirbellosen  Tiere  umfaßt  und  ich  stehe  nicht  an, 
deren  Entwickelung  im  Meere  zu  suchen.  Ebenso  dürfen  wir  mit 
einiger  Sicherheit  die  Entwickelung  der  lungenatmenden 
Wirbeltiere,  also  Reptilien,  Vögel  und  Säugetiere  auf 
das  Land  verlegen.  Wenn  von  letzteren  einige  ihren  Aufenthalt 
in  das  Meer  verlegt  haben,  so  sind  diese  Fälle  fast  immer  mit  größter 
Wahrscheinlichkeit  als  Anpassungserscheinungen  nachzuweisen;  da- 
gegen beobachten  wir  viel  häufiger  ein  Übergreifen  von  ursprünglich 
marinen  Evertebraten  in  die  Süßwasser-  und  Landfauna,  und  ich 
möchte  sogar  die  ganze  niedere  Tierwelt  auf  derartige  Einwanderung 
zurückführen. 

Letzteres  im  einzelnen  nachzuweisen  ist  nicht  nur  sehr  schwierig, 
sondern  entzieht  sich  aus  dem  bereits  angeführten  Mangel  an  alten 
terrestrischen  Ablagerungen  vollständig  unserer  Beobachtung.   Immer- 


—    351     — 

hin  gewinnen  wir  aber  aus  dem  heutigen  Leben  der  Tiere,  sei  es  im 
Wasser  oder  auf  dem  Lande,  verglichen  mit  dem  was  uns  Paläonto- 
logie und  Geologie  lehrt  und  unter  Beiziehung  der  Entwickelung  der 
einzelnen  Formen,  d.  h.  der  Larvenzustände  derselben,  so  viel  Über- 
blick, daß  wir  wenigstens  im  allgemeinen  auf  die  marine  oder 
terrestrische  Entwickelung  uns  Rückschlüsse  erlauben  dürfen. 

Werfen  wir  einen  Blick  auf  die  unendlich  reich  differenzierte 
Welt  der  Evertebraten,  so  wird  uns  zunächst  die  Beobachtung 
auffallen,  daß  die  Zahl  der  Landformen  im  allgemeinen  mit  der 
höheren  Entwickelung  der  einzelnen  Tiergruppen  zunimmt  und  daß 
außerdem    die   landlebenden  Arten   stets  die  obere  Stufe  behaupten. 

Am  reinsten  als  marine  Bewohner  haben  sich  die  Echino- 
dermen  oder  Stachelhäuter  erhalten,  dagegen  kennen  wir  unter 
den  Protozoen,  Korallen  und  Spongien  zahlreiche  Süßwasser- 
bewohner, welche  aber  wohl  sicher  nur  als  junge  Anpassungsformen 
aufzufassen  sind.  Die  reichgestaltete  Gruppe  der  Würmer  ist  für 
den  Paläontologen  nicht  zu  beurteilen,  da  es  fast  gänzlich  an  fossilen 
Überresten  fehlt  und  möchte  ich  mir  über  deren  Stammesgeschichte 
kein  Urteil  erlauben ,  obgleich  ich  nicht  zweifle ,  daß  diese  in  das 
Wasser  zu  verlegen  ist.  Dagegen  scheint  mir  die  Entwickelung  der 
Mollusken  wiederum  eine  echt  marine,  obgleich  es  sowohl  unter 
den  Bryozoen  wie  unter  den  Muscheln  und  Schnecken  nicht  an  Süß- 
wasserbewohnern fehlt  und  unter  letzteren  sogar  die  große  Gruppe 
der  lungenatmenden  Landschnecken  sich  entwickelt  hat.  Es  ist 
charakteristisch,  daß  gerade  diese  geologisch  ungemein  weit  zurück- 
zuverfolgen  sind,  indem  bereits  in  der  Kohlenformation  Helix  (Zonites 
priscus)  und  Pupa  (Bendropupa  vetiista)  nachgewiesen  ist,  und  es 
ist  deshalb  auch  nicht  erstaunlich,  daß  die  Landschnecken  einen  so 
großen  Formenreichtum  (über  6000  lebende  und  700  fossile  Spezies) 
aufweisen.  Einen  ausschließlich  marinen  Charakter  haben  sowohl 
die  Tunikaten  und  Brachiopoden  wie  die  hochentwickelte  Gruppe 
der  Cephalopoden  bewahrt. 

Schwieriger  gestaltet  sich  die  Frage  bei  den  Arthropoden 
oder  Gliedertieren.  Betrachten  wir  die  fertigen,  d.  h.  voll  entwickelten 
Tiere,  so  möchten  wir  für  den  größten  Teil  derselben,  vor  allem  die 
Insekten,  keinen  Augenblick  daran  zweifeln,  daß  dieselben  zum  Land- 
leben prädestiniert  sind  und  vom  ersten  Gange  ihrer  Entwickelung 
an  waren.  Hierfür  könnte  sowohl  die  vorwiegende  Atmung  durch 
Tracheen  wie  die  Gliederung  des  Leibes  und  der  Extremitäten,  die 
mehr   für    eine  Bewegung    auf   dem  Lande    als   im  Wasser  geeignet 


-     352     - 

erscheinen  muß,  sprechen.  Hierzu  tritt  noch  das  Übertreten  bei 
zahlreichen  Formen  in  das  dritte  Element,  die  Luft,  durch  Ent- 
wickelung  geeigneter  Flugorgane ,  ein  Umstand ,  den  wir  uns  doch 
wohl  nur  von  der  Erde  nicht  vom  Wasser  aus  denken  können.  Es 
wäre  aber  durchaus  verfehlt,  hierbei  von  dem  fertigen  Tiere  aus- 
zugehen, sondern  wir  müssen  die  Entwickelung  beiziehen  und  diese 
zeigt  uns ,  daß  die  Larvenzustände  zum  mindesten  aller  niederen 
Arthropoden  an  das  Wasser  gebunden  sind  oder  sich  wenigstens  dem 
Aufenthalt  in  demselben  histologisch  wie  morphologisch  nähern.  Auch 
von  den  landlebenden  oder  fliegenden  Insekten  scheinen  im  Paläo- 
zoikum mehr  solche  Formen  aufzutreten,  deren  Larvenzustand  an  das 
Wasser  gebunden  ist,  während  diejenigen,  deren  volle  Entwickelung, 
nach  den  heute  lebenden  Arten  zu  schließen,  auf  das  Land  verlegt 
werden  kann,  erst  in  der  mesozoischen  Periode  auftreten.  Es  wäre 
gewiß  eine  überaus  dankenswerte  und  interessante  Aufgabe,  wenn 
ein  Entomologe  den  Versuch  machen  würde,  die  fossile  Insektenwelt 
unter  diesem  Gesichtspunkte  zu  beleuchten.  Jedenfalls  dürfen  wir 
sicher  annehmen,  daß  die  Anpassung  der  Insekten  an  das  Landleben 
in  die  ältesten  geologischen  Perioden  zurückgreift  und  dementsprechend 
finden  wir  gerade  in  dieser  Gruppe  der  Gliedertiere  den  größten 
Formenreichtum  und  die  höchste  Differenzierung.  Daß  die  Tracheen- 
atmung der  Insekten  auf  die  ursprüngliche  Hautatmung  zurück- 
zuführen ist,  kann  wohl  gewiß  angenommen  werden  und  spricht 
dafür,  daß  die  Abtrennung  der  Landformen  noch  in  eine  Zeit  zurück- 
reicht, als  auch  bei  den  marinen  Arten  noch  keine  Kiemenatmung, 
sondern  nur  Hautatmung  entwickelt  war.  Die  Krebstiere  treten 
uns  als  typische  Wasserbewohner  gegenüber  und  es  ist  sehr  charak- 
teristisch, daß  wichtige  Entwickelungszentren  der  marinen  Ver- 
treter wie  die  der  Trilobiten  und  Merostomata  schon  in  paläo- 
zoische Perioden  fallen,  während  die  lang-  und  kurzschwänzigen 
Dekapoden  mit  ihren  zahlreichen  Süßwasserformen  jüngerer  Natur 
sind.  Ohne  irgendwie  auf  Einzelheiten  einzugehen,  können  wir  auch 
in  dieser  großen  und  formenreichen  Gruppe  beobachten,  daß  zwar 
der  ursprüngliche  Stamm  wohl  sicher  auf  wasserlebende  marine 
Formen  zurückgreift,  die  mit  denjenigen  der  Würmer  verwandt  sein 
dürften ,  daß  aber  die  eigentliche  Entwickelung  zu  den  höchst  ent- 
wickelten Gliedern  der  Insekten  der  Anpassung  an  das  Landleben 
zuzuschreiben  ist. 

Noch  viel  mehr  als  bei  allen  wirbellosen  Tieren  tritt  die  Prä- 
valenz   der   landlebenden  Arten  bei  den  Vertebraten  zum  Vorschein. 


—     353     — 

Es  ist  ja  wohl  nicht  zu  bestreiten,  daß  wir  in  den  Fischen  ent- 
wickelungsgeschichtlich  die  niederste  Stufe  der  heute  lebenden  Wirbel- 
tiere zu  sehen  haben,  aber  ganz  anders  stellt  sich  die  Frage,  ob  wir 
die  Fische  als  die  eigentliche  Stammform  der  Vertebratenreihe  be- 
trachten dürfen.  Dagegen  sprechen,  wie  dies  besonders  H.  Simroth 
und  0.  Jäkel  angeführt  haben,  gewichtige  Momente,  welche  sich 
sowohl  aus  dem  Skelettbau  wie  aus  der  phylogenetischen  Reihe  er- 
geben. So  weist  das  Skelett  der  Fische  Unzweckmäßigkeiten  auf, 
wie  die  ventrale  Lage  der  Mundöffnung  bei  den  Selachiern,  die  Ent- 
wickelung  eines  hinteren  Extremitätenpaares,  dessen  Funktion  als 
Bewegungsorgan  durch  den  Schwanz  aufgehoben  ist,  die  Bepanzerung 
der  paläozoischen  Panzerganoiden  u.  dergl.  Phylogenetisch  aber  ist 
zu  beobachten ,  daß  gerade  diese  Unzweckmäßigkeiten  des  Körper- 
baues zunehmen ,  je  niederer  und  auch  je  geologisch  älter  die  be- 
treffende Gruppe  steht.  So  sehen  wir  allerdings  den  Bau  der  meisten 
Knochenfische  speziell  der  Edelfische  als  geradezu  ideal  für  das 
Wasserleben  ausgebildet,  aber  gerade  diese  Gruppe  ist  die  geologisch 
jüngste.  Stellen  wir  ihnen  gegenüber  die  geologisch  alten  Ge- 
schlechter der  Haie  besonders  der  Notidaniden ,  ferner  der  Panzer- 
ganoiden und  der  Lurchfische  oder  Dipnoer,  so  sehen  wir  bei  diesen 
eine  Reihe  von  Merkmalen ,  welche  uns  bei  einem  echten  W^asser- 
vertebraten  befremden  müssen,  und  welche  alle  darauf  hinweisen, 
daß  diese  ürfische  keine  eigentlichen  Schwimmer  waren,  sondern 
Küstenbewohner,  welche  mehr  oder  minder  ausschließlich  auf  dem 
Meeresboden  herumkrochen.  Auf  eine  kriechende  Bewegungsart  weist 
sowohl  die  Entwickelung  des  doppelten  Extremitätenpaares  hin,  das 
als  Stütze  für  den  Körper  diente,  ebenso  wie  die  ventrale  Lage  der 
Mundöffnung  für  dieses  Leben  geeignet  war.  Mit  Recht  faßt  Jäkel 
auch  die  seltsame  und  schwerfällige  Bepanzerung  der  alten  Panzer- 
ganoiden und  Ostrakodermen  als  eine  Vererbung  der  von  den  Arthro- 
poden (z.  B.  Gigantostraca)  übernommenen  Panzerdecke  auf.  Kurz 
zusammengefaßt  darf  man  wohl  sich  dahin  schlüssig  werden,  daß  der 
Fisch  in  seiner  vollkommensten  Form  nur  ein  Produkt  langdauernder 
Anpassung  an  das  Wasserleben  ist  und  daß  er  von  einer  Urform 
abstammt ,  welche  diese  Vollendung  noch  nicht  besaß ,  sondern  ein 
schwerfälhges ,  mit  der  Schwimmbewegung  nur  wenig  vertrautes 
Küstentier  darstellte,  das  sich  auf  dem  Boden  mit  Hilfe  gegliederter 
Extremitäten  vorwärtsbewegte  und  in  seiner  Bepanzerung  am  meisten 
an  die  Krustaceen  erinnert. 

Es  ist  nicht  anzunehmen,  daß  krustaceenartige  Arthropoden  die 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1903.  23 


~     354     — 

direkten  Vorläufer  der  Panzerganoiden  waren,  sondern  daß  dazwischen 
noch  eine  lange  Reihe  von  Zwischenformen  liegt,  bei  welchen  sich 
allmählich  die  für  die  Vertebraten  so  wichtige  Chorda  dorsalis  ent- 
wickelte ,  die  Sonderung  der  Muskulatur  in  Metameren  und  die 
Reduktion  der  Extremitäten  auf  zwei  Paare  vollzog,  ob  aber  diese 
„Protochordaten"  Land-  oder  Wasserbewohner  waren,  ist  eine  Frage, 
die  von  Simroth  zugunsten  des  Landes,  von  Jäkel  zugunsten  des 
Wassers  entschieden  wird.  Ich  möchte  mich  hierin  Jäkel  anschließen 
und  seinen  hierfür  geltend  gemachten  Gründen  noch  einen  weiteren 
gewichtigen  beifügen,  nämlich  die  ausgesprochene  Kiemenatmung  aller 
Fische.  Diese  kann  sich  nach  allen  unseren  Erfahrungen  nur  im 
Wasser  bewähren  und  ausbilden  und  wurde  wohl  sicher  auch  von 
den  Arthropoden ,  wenn  wir  solche  als  die  Ahnen  einsetzen ,  über- 
nommen. Wir  beobachten  nun  zwar  vielfach,  daß  sich  die  Kiemen- 
atmung in  Lungenatmung  umwandelt,  aber  niemals  das  Umgekehrte. 
Es  scheint  dies  aus  bestimmten  histologischen  Gründen  ausgeschlossen 
und  dementsprechend  behalten  auch  alle  an  das  Wasser  angepaßte 
Landtiere  ihre  frühere  Lungenatmung  bei,  auch  wenn  die  Anpassung 
so  weit  vorgeschritten  ist  wie  bei  den  Meersauriern  und  Waltieren, 
daß  eine  vollständige  Umwandlung  ihres  Körperskelettes  Platz  ge- 
griffen hat. 

Haben  wir  demgemäß  in  den  Fischen  eine  dem  Wasser- 
leben entsprechende  Ausbildung  und  Umformung  der 
Urvertebraten  zu  sehen,  so  können  wir  ebenso  eine  dem  Land- 
leben angepaßte  Parallelreihe  beobachten.  Diese  zweigt  schon  un- 
gemein früh  ab  und  weist  nach  den  Untersuchungen  von  Jäkel 
auf  gemeinsame  Stammeltern  der  Panzerganoiden  resp. 
Plakodermen  und  der  ältesten  Stegocephal  en  hin.  Bei 
diesen  wie  bei  den  Amphibien  überhaupt  bleibt  noch  die  Doppelnatur 
in  der  Entwickelung  gewahrt,  aber  bald  schlägt  die  Natur  des  echten 
Landbewohners  durch  und  führt  nun  zu  der  herrlichen  Yorwärts- 
entwickelung,  die  keinen  Halt  mehr  kennt  und  in  den  Säugetieren 
einerseits  und  den  Vögeln  anderseits  ihren  Höhepunkt  hndet. 

Ziehen  wir  aus  allem  zusammen  den  Schluß,  so  dürfen  wir 
zwar  an  dem  alten  Satze  „omne  vivum  ex  mare"  in  dem  Sinne  fest- 
halten, als  die  eigentlichen  Wurzeln  unserer  großen  Tierstämme  aller- 
dings bei  den  Wasserbewohnern  zu  suchen  sind,  daß  aber  die  Ent- 
wickelung im  Wasser  eine  langsame  und  schleichende  ist.  Dem- 
gegenüber beobachten  wir  bei  allen  zum  Landleben  übergetretenen 
Formen    eine    überraschende    Entwickelung ,    die    sich    nicht    nur    in 


—     355     - 

größerer  Mannigfaltigkeit  der  Form,  sondern  auch  in  einem  gewissen 
Drängen  nach  fortschreitender  Entwickelung  kundgibt.  So  kommt 
es ,  daß  im  Wasser  Dauertypen  sich  entwickeln  und  die  Gesamt- 
entwickelung in  gewissen  Grenzen  beschränkt  bleibt ,  während  auf 
dem  Lande  sowohl  innerhalb  der  Tiergruppen  selbst  die  vollendetsten 
Typen  entstehen ,  als  auch  die  Entwickelung  der  Lebewesen  im 
ganzen  ihrem  Höhepunkt  zustrebt. 

II.  Die  Grundprinzipien  der  Anpassung  von  Landtieren  an  das 
Wasserleben. 

Wir  haben  in  dem  vorangegangenen  Abschnitt  das  Prinzip  auf- 
gestellt, daß  zwar  die  Urstämme  des  Tierreiches  im  Meere  wurzeln, 
daß  aber  die  energische  Vorwärtsentwickelung  auf  das  Land  verlegt 
werden  muß  und  daß  insbesondere  alle  lungenatmenden  Tiere  ent- 
wickelungsgeschichtlich  als  echte  Landbewohner  zu  betrachten  sind. 
Nun  kennen  wir  bekanntlich  eine  große  Anzahl  teils  rezenter,  teils 
fossiler  Tiergruppen  aus  dem  Reiche  der  Reptilien  und  Säugetiere, 
welche  ausgesprochene  Meeresbewohner  sind  und  es  kann  die  Frage 
aufgeworfen  werden,  ob  diese  Lebensweise  als  atavistischer  Anklang 
an  frühere  Urzustände  oder  als  Neuerwerbung  in  Form  von  Anpassung 
an  das  Wasserleben  aufzufassen  ist.  Im  einen  Falle  würden  die 
marinen  Bewohner  z.  B.  die  Ichthyosaurier  und  Plesiosaurier  unter 
den  Reptilien,  die  Waltiere,  Sirenen  und  Robben  unter  den  Säuge- 
tieren gewissermaßen  Stammformen  darstellen,  auf  die  sich  die  land- 
lebenden Reptilien  resp.  Säuger  beziehen  lassen  müßten,  im  anderen 
Falle  würden  wir  darin  vorgeschrittene  Tiergruppen  zu  erblicken 
haben,  welche  nur  eine  neue  Richtung  der  Entwickelung  eingeschla- 
gen haben.  Es  herrscht  wohl  unter  den  Zoologen  wie  unter  den 
Paläontologen  heutzutage  Übereinstimmung  darüber,  daß  wir  nicht 
das  erstere,  sondern  das  letztere  anzunehmen  haben,  und  daß 
Beobachtungen  dafür  sprechen,  daß  alle  marinen  Rep- 
tilien und  Säugetiere  auf  Landformen  zurückzuführen  sind. 
Nicht  so  einig,  ja  zum  Teil  völlig  im  Dunkeln  ist  man  dagegen  über 
die  verwandtschaftlichen  und  stammesgeschichtlichen  Beziehungen,  und 
vielfach  begegnet  man  dem  Fehler,  daß  die  aus  der  Anpassung  an 
das  Wasserleben  sich  ergebende  Konvergenz  in  dem  anatomischen 
Bau  des  Körpers  entwickelungsgeschichtlich  verwertet  wird,  was  natür- 
lich stets  zu  Irrtümern  führen  muß.  Man  kann  niemals,  um  ein 
drastisches  Beispiel  herauszugreifen,  einen  Schwertfisch,  Ichthyosaurier 
und  einen  Delphin  in  eine  phylogenetische  Reihe   bringen ,    obgleich 

23* 


-     356     — 

sie  im  Körperbau  große  Analogien  aufweisen ,  ebensowenig  wie  wir 
in  einem  Pterodaktylen  den  Ahnen  einer  Fiedermaus  sehen  dürfen. 
Wohl  ist  man  sich  hierbei  im  Prinzip  vollständig  klar,  aber  vielfach 
fehlt  es,  wie  wir  sehen  werden,  an  der  exakten  Durchführung. 

Um  uns  die  vielfachen  Veränderungen  bei  der  Anpassung  von 
Landformen  an  das  Wasserleben  klar  zu  machen,  müssen  wir  vor 
allem  die  Grundzüge  und  Gesetze  kennen  lernen,  nach  welchen 
diese  vor  sich  geht.  Sie  wiederholen  sich  mehr  oder  minder  klar 
in  allen  neueren  Arbeiten ,  welche  einzelne  an  das  Wasserleben  an- 
gepaßte Gruppen  behandeln  und  was  in  jedem  einzelnen  Falle  zum 
Ausdruck  kommt,  darf  wohl  auch  auf  das  Ganze  übertragen  werden. 
Es  ist  eine  harmonische  Verbindung  der  Theorien  unserer  beiden 
größten  Forscher  auf  diesem  Gebiete  —  Lamarck  und  Darwin,  wozu 
noch  ein  weiteres  wichtiges  Grundgesetz  tritt,  das  von  Th.  Edier 
aufgestellt  und  durchgeführt  wurde.  Lamarck  lehrt  uns  die  Um- 
bildungen, welche  das  Skelett  durch  den  Gebrauch  resp.  Nicht- 
gebrauch seiner  einzelnen  Teile  erfahren  hat,  nach  Darwin's 
Lehre  befestigen  sich  diese  Anpassungserscheinungen  durch  die  Ver- 
erbung erworbener  Eigenschaften  und  Eimer  fügt  als  wich- 
tigen Faktor  für  die  Gestaltung  des  Skelettes  das  Gesetz  des 
Gleichgewichtsoderder  Kompensation  hinzu.  Diese  drei  ent- 
wickelungsgeschichtlichen  Fundamentalgesetze  finden  kaum  irgendwie 
schönere  Anwendung  als  bei  der  vorliegenden  Studie  und  auf  sie 
lassen  sich,  wie  wir  sehen  werden,  alle  die  dabei  zutage  tretenden 
Erscheinungen  beziehen. 

Ausgehend  von  dem  LAMARCK'schen  Zw^eckmäßigkeitsprinzip 
•stehen  wir  zunächst  vor  der  Frage ,  was  überhaupt  von  Landtieren 
bei  dem  Übergang  in  das  wässerige  Element  anzustreben  ist,  um 
dort  Vorteile  gegenüber  dem  Landleben  zu  erlangen.  Diese  Frage 
ist  leicht  zu  beantworten,  denn  in  erster  Linie  mußte  es  die  Fertig- 
keit der  raschen  Vorwärtsbewegung  im  Wasser,  d.  h.  das  Schwimmen 
sein.  Das  Ideal  dieser  Bewegungsart  sehen  wir  in  dem  Fische  mit 
schlankem,  vorne  und  hinten  zugespitztem  Körper,  glatter  Oberfläche 
und  mit  Flossen  an  Stelle  der  Extremitäten.  Diese  Gestalt  hat  sich, 
wie  wir  bereits  erwähnt  haben,  im  Laufe  langer  geologischer  Perioden 
langsam  aus  der  marinen  Abteilung  der  Wirbeltiere,  d.  h.  der  Fische 
herausgebildet  und  entspricht  allen  Anforderungen  der  Zweckmäßigkeit 
eines  Wasserbewohners.  Es  verkörpert  gewissermaßen  das  Prinzip 
eines  modernen  Schraubendampfers,  indem  auch  beim  Fische 
die  Schwanzflosse  gleich  einer  Schraube  die  Vorwärtsbewegung  über- 


357 


nimmt,  während  die  Seitenflossen  den  Schlingerkielen  unserer  Schnell- 
dampfer und  zugleich  dem  Steuer  entsprechen  und  mehr  zur  Gleich- 
gewichtshaltung und  zum  Drehen  und  Wenden  dienen.  Ebenso  wie 
wir  aber  auch  bei  unserem  modernen  Schiffsbau  neben  den  lediglich 
auf  rasche  Vorwärtsbewegung  berechneten  Schraubendampfern  Schiffe 
mit  möglichst  großer  Stabilität  konstruieren ,  so  finden  wir  auch  in 
der    wasserbewohnenden  Tierwelt   noch    das  Prinzip    des  Flach- 


Fig.  1.    Schema  einer  Anpassungsform  nach  dem  Prinzip  der  Schraubenbewegung. 


Fig.  2.     Schema  einer  Anpassungsform  nach  dem  Prinzip  der  Piuderbewegung. 


b  0  0 1  e  s  mit  weit  ausladenden  Rudern  verkörpert ,  und  wir  werden 
sehen,  daß  auch  diese  Form  sich  in  gewissen  Fällen  äußerst  zweck- 
mäßig bewährt  hat.  Mit  diesen  beiden  Schiffstypen  sind  gewisser- 
maßen die  beiden  Idealformen  gekennzeichnet,  welche  das  Leben  im 
Wasser  anzustreben  hat,  aber  dieselben  verlangen  so  gewaltige  und 
durchgreifende  Änderungen  in  dem  Körperbaue  eines  Landbewohners, 
daß  dieselben  nur  sehr  langsam  erreicht  werden,  denn  sie  sind  nicht 
nur  mit  einer  Umformung  der  Extremitäten  und  des  Körperbaues, 
sondern   auch   mit    einem  Schwinden    vieler  auf  dem  Lande  vorteil- 


—     358     — 

hafter,  im  Wasser  aber  unnützer,  ja  selbst  hinderlicher  Organe  ver- 
bunden. 

Der  Körperbau  des  Landtieres  strebt  einerseits  eine 
rasche  Bewegung  und  Kraft  zur  Erreichung  der  Beute  und  ander- 
seits Schutz  gegen  äußere  Feinde  und  klimatische  Einflüsse  an.  Die 
Bewegungsfähigkeit  wird  dadurch  erreicht,  daß  der  Rumpf  vom  Boden 
abrückt,  um  die  Reibung  zu  vermindern  und  so  sehen  wir  den  Körper 
gewissermaßen  auf  4  Säulen  gestellt,  die  als  Vorder-  und  Hinter- 
Extremitäten die  Bewegung  vermitteln.  Die  Verbindung  der  Extremi- 
täten mit  dem  Körper  muß  eine  möglichst  innige  sein  und  wird  ver- 
mittelt durch  den  Brust-  und  Beckengürtel,  aber  auch  der  übrige 
Bau  des  Rumpfes  verlangt  eine  feste,  v^^enn  auch  bewegliche  Stütze, 
und  dementsprechend  ist  die  Wirbelsäule  kräftig  aber  äußerst  ge- 
lenkig gebaut.  Das  Übergewicht  gegenüber  anderen  Tieren  wird 
entweder  durch  Schnelligkeit  oder  durch  Kraft  des  Gebisses  erreicht 
und  demgemäß  ist  das  Schwergewicht  der  Muskulatur  teils  auf  die 
Extremitäten,  teils  auf  das  Gebiß  verlegt,  letzteres  besonders  bei  den 
aggressiven  fleischfressenden  Landbewohnern.  Zum  Schutze  gegen 
Feinde  dienen  außerdem  besondere  Entwickelungen  der  Cutis-  und 
Epidermisgebilde,  wie  Knochenpanzer,  Hornplatten,  Stacheln  u.  dergl., 
während  die  klimatischen  Einflüsse  bei  den  warmblütigen  Säugetieren 
durch  den  Schutz  der  Haare  ausgeglichen  werden.  Ein  Blick  auf 
die  Tierwelt  zeigt  wie  unendlich  mannigfach  die  Mittel  und  Wege 
sind,  welche  die  Natur  eingeschlagen  hat,  um  den  einzelnen  Formen 
eine  Sicherheit  und  Lebensfähigkeit  zu  gewähren.  Daß  dabei  eine 
Hauptrolle  die  verschiedenartige  Nahrung  bildet,  welche  in  jedem 
einzelnen  Falle  wieder  eine  besondere  Anpassung  mit  sich  bringt, 
ist  ja  selbstverständlich  und  es  würde  ins  Endlose  führen ,  dieses 
Thema  auch  nur  einigermaßen  erschöpfend  zu  behandeln. 

Stellen  wir  demgegenüber  die  Anforderungen,  welche  das  Leben 
im  Wasser  an  den  Körper  stellt,  so  überzeugen  wir  uns  leicht, 
daß  hier  ganz  andere  Faktoren  maßgebend  sind.  Es  muß  dabei 
vorausgeschickt  werden,  daß  für  die  Anpassung  an  das  Wasserleben  im 
allgemeinen  die  fleischfressenden  Tiere  in  Betracht  kommen,  da 
natürlich  die  Verhältnisse  für  Pflanzennahrung  auf  dem  Lande  günstiger 
liegen  als  im  Wasser.  Es  gibt  freilich  auch  einige  Ausnahmefälle, 
die  wir  später  kennen  lernen  werden ,  aber  diese  sind  nicht  maß- 
gebend für  die  Zusammenstellung  der  Grundgesetze.  Dagegen  ist 
von  Wichtigkeit,  daß  wir  als  Anpassungsformen  stets  kräftigen  und 
relativ  großen  Tieren  begegnen,    welche  dem  Kampfe  im  neuen 


—     359     — 

Elemente  gewachsen  sind,  während  kleine  schwache  Tierarten  gewiß 
bald  den  zahlreichen  und  ungewohnten  Feinden  hätten  erliegen  müssen. 
Es  ist  deshalb  kein  Zufall,  daß  fast  alle  diese  Wasserbewohner  eine 
stattliche  Größe  aufweisen  und  sich  in  ihren  Endgliedern  zu  Riesen- 
formen entwickeln.  Der  Aufenthalt  im  Wasser  ist  zunächst  mit  einer 
nahezu  vollständigen  Aufhebung  des  Körpergewichtes  als 
eme  von  dem  Tiere  zu  tragende  Last  verbunden,  da  der  Körper  im  all- 
gemeinen dem  spezifischen  Gewichte  des  Wassers  fast  gleichkommt. 
Ich  habe  selbst  einmal  im  Golfe  von  Neapel  im  Taucheranzug  einige 
Zeit  auf  dem  Meeresboden  zugebracht  und  das  ganz  eigenartige  Gefühl 
kennen  gelernt,  welches  die  Aufhebung  des  Eigengewichtes  mit  sich 
bringt.  Das  Aufschnellen  mehrere  Meter  über  den  Meeresboden  bei 
ganz  geringem  Abstoß ,  das  langsame  Absinken ,  das  Hingleiten  am 
Boden  bei  nur  geringer  Ruderbewegung  mit  den  Händen  erzeugt  ein 
Gefühl  der  Körperlosigkeit  und  gibt  uns  einen  Begriff  von  der  geringen 
Muskeltätigkeit  der  Wassertiere  bei  der  Vorwärtsbewegung.  Es  ist 
natürlich,  daß  das  Tier  in  dem  neuen  Medium  eines  viel  ge- 
ringeren Stützapparates  bedarf  und  dementsprechend  ist  auch 
der  Knochenbau  ein  weniger  fester  als  bei  den  Landtieren.  Dies 
macht  sich  ganz  besonders  bei  den  Meersäugern  gegenüber  den  Land- 
säugern geltend. 

Dazu  kommt  nun  die  Umformung  des  Körpers  in  dem 
bereits  erwähnten  Sinne  der  Schrauben-  oder  Ruderbewegung.  Diese 
Umformung  macht  sich  zunächst  am  meisten  an  den  Extremitäten 
bemerkbar,  deren  Funktion  als  Stützen  des  Körpers  gänzlich  auf- 
gehoben wird,  während  zugleich  die  Gehbewegung  in  eine  Ruder- 
bewegung sich  umwandelt.  Dies  bringt  zweierlei  mit  sich,  einer- 
seits eine  Verkürzung  der  als  Stützen  dienenden  Teile  der  Extremität, 
d.  h.  des  Armes  und  Beines  verbunden  mit  einem  Schwund  der  Auf- 
hängeapparate am  Rumpf,  d.  h.  des  Schulter-  und  Beckengürtels,  ander- 
seits eine  Verbreiterung  und  Verstärkung  des  als  Ruder  brauchbaren 
distalen  Teiles  der  Extremität,  d.  h.  der  Hand  und  des  Fußes.  Bei 
den  meisten  der  Wasserbewohner,  bei  welchen  der  Typus  der 
S  c  h  r  a  u  b  e  n  b  e  w  e  g  u  n  g  sich  entwickelt ,  wird  aber  die  Funktion 
der  Schraube  nicht  wie  z.  B.  bei  den  Robben  von  der  Hinter- 
extremität  übernommen ,  sondern  es  entwickelt  sich  die  terminale 
Endigung  der  Wirbelsäule  za  einer  eigentlichen  Schwanzflosse. 
Li  diesem  Falle  wird  die  Hinter  ext  remität  vollständig 
außer  Dienst  gestellt  und  verkümmert  gemeinsam  mit 
dem  Be  cken. 


—     360     — 

Nach  dem  Gesetze  der  Ausgleichung  oder  Kompensation  wird 
aber  nun  der  Überschuß  an  Materie  anderweitig  im  Körper  verwendet 
und  kommt  der  Wirbelsäule  zugute,  welche  eine  Streckung 
unter  Vermehrung  der  Wirbelkörper  erfährt,  und  zwar  be- 
trifft dies  hauptsächlich  den  Schwanz  mit  seiner  wichtigen  neuerwor- 
benen Funktion,  aber  auch  häufig  den  Rumpf  selbst.  Dagegen  wird 
der  Hals  bei  diesem  Typus  gedrungen  und  mehr  oder  minder 
starr  wie  bei  den  Fischen.  Der  Schädel  dagegen,  mit  welchem 
das  Tier  das  Wasser  durchschneidet,  ist  groß  und  nach  vorne 
zugespitzt,  was  durch  eine  mächtige  Entwickelung  der  Gesichts- 
teile erreicht  wird.  Der  auf  diese  Weise  gebildete  große  Rachen  ist 
natürlich  für  die  Ergreifung  der  Nahrung  von  Vorteil,  da  das  Tier 
genötigt  ist,  gleich  den  Raubfischen  auf  die  Beute  loszuschießen  und 
diese  zu  erfassen.  Auf  diese  Weise  entstehen  Typen,  welche  dem 
Fische  am  meisten  gleichen  und  uns  von  den  Ichthyosauriern,  Mosa- 
sauriern,  Thalattosuchiern  und  den  Walen  am  meisten  bekannt  sind. 

Der  andere  Typus,  dessen  Bewegungsart  ich  mit 
der  Ruder  bewegun  g  an  einem  Flachboote  verglichen 
habe,  erreicht  seine  Vorteile  beim  Wasserleben  auf  andere  Weise. 
Hier  wird  die  Vorwärtsbewegung  nicht  durch  eine  Schwanzflosse, 
sondern  durch  die  Extremitäten  übernommen,  und  demgemäß  finden 
wir  bei  diesen  beide  Extremitätenpaare  als  lange  Ruderflossen 
entwickelt.  Der  Rumpf  dieser  Typen  ist  nicht  gestreckt,  sondern 
gedrungen  und  breit  und  die  Bauchseite  wird  geschützt  durch  ein 
Plastron,  das  teils  aus  dem  Brust-  und  Beckengürtel,  teils  aus 
Knocheneinlagerung  in  der  Brust-  und  Bauchmuskulatur  in  Form 
von  sogen,  falschen  Rippen  oder  Abdominalrippen  oder  auch  von 
Hautverknöcherungen  gebildet  ist.  Da  diese  Tiere  weniger  dazu  ge- 
eignet sind,  das  Wasser  wie  ein  Fisch  zu  durchschneiden,  so  ist 
auch  der  Kopf  und  Hals  in  ganz  anderer  Weise  entwickelt.  Der 
Schädel  ist  klein  und  ragt  auf  langem  beweglichen  Halse 
aus  dem  Rumpfe  hervor,  wodurch  das  Tier  befähigt  ist,  in  weitem 
Umkreise  seine  Beute  zu  erhaschen.  Eine  Korrelation  zwischen 
Kopf  und  Hals  ist  insofern  zu  beobachten,  als  wir  mit  der  Größen- 
zunahme des  Schädels  eine  Verkürzung  des  Halses  Hand  in  Hand 
gehen  sehen,  wofür  die  Plesiosauriden  treffliche  Beispiele  bieten. 
Dieser  Typus  der  Ruderbewegung  ist  am  besten  vertreten  durch  die 
Gruppen  der  Plesiosaurier  und  der  Seeschildkröten. 

Während  uns  bisher  im  wesentlichen  die  Umformung  des 
Skelettes   und    der    damit   zusammenhängende  Bau  des  Körpers  be- 


—     361     — 

schäftigt  hat,  müssen  wir  unser  Augenmerk  auch  noch  auf  die  Um- 
gestaltung einzelner  Organe  bei  der  Anpassung  an  das  Wasser- 
leben richten.  Es  sind  dies  die  bei  den  Landtieren  so  verschieden- 
fach entwickelten  Cutis-  und  Epidermisgebilde,  welche  zum 
Schutze  gegen  Feinde  und  äußere  Einflüsse  dienen.  Sie  verkümmern 
fast  durchgehend  im  Wasser  oder  verschwinden  sogar  bei  durch- 
greifender Anpassung  vollständig.  So  verkümmert  bei  den  Seeschild- 
kröten der  geschlossene  Panzer,  die  jurassischen  Meerkrokodilier 
(Thalattosuchier)  haben  die  Cutisverknöcherungen  gänzlich  eingebüßt, 
den  Waltieren  fehlt  die  Behaarung  etc.  Auch  die  Bezahnung  er- 
leidet bei  vielen  Arten  eine  Umwandlung,  denn  die  Seeraubtiere 
beanspruchen  als  Gebiß  lediglich  einen  Rechen,  der  die  erfaßte  Beute 
zurückhält;  dementsprechend  finden  wir  meist  sehr  viele  aber  einfach 
spitzkonische  Zähne  und  wo  vorher  bei  der  Landform  eine  differenzierte 
Bezahnung  vorhanden  war,  wandelt  es  sich  rasch  in  ein  einfaches 
homodontes  Gebiß  um.  Wir  werden  hierfür  in  den  Zeuglodonten 
und  Waltieren  treffende  Beispiele  kennen  lernen  und  dabei  noch 
manche  andere  Momente  von  Schwund  oder  Umwandlung  einzelner 
Organe  zu  beobachten  haben,  doch  möge  das  hier  Angeführte  zur 
Festlegung  der  Grundprinzipien  der  Anpassungserscheinungen  ge- 
nügen, um  darauf  später  zurückgreifen  zu  können. 

in.  Die  Meer-Reptilien* 

Es  war  durchaus  natürlich,  daß  die  Systematik  der  Rep- 
tilien dem  lebenden  Materiale  angepaßt  wurde  und  von  der  Formen- 
kenntnis dieser  Arten  ausging ;  es  schien  auch  zunächst  sehr  leicht, 
die  fossilen  Vertreter  in  die  Gruppen  der  rezenten  Arten  einzureihen, 
oder  half  man  sich  im  schlimmsten  Falle  mit  der  Aufstellung  einiger 
neuer  Ordnungen.  Je  mehr  aber  das  paläontologische  Material  an- 
wuchs und  je  mehr  man  sich  bemühte,  durch  vergleichend  anatomische 
Studien  einen  Zusammenhang  zwischen  den  rezenten  und  fossilen 
Vertretern  herauszufinden ,  desto  unzulänglicher  erwies  sich  die  alte 
Systematik.  Von  Jahr  zu  Jahr  mehrt  sich  die  Summe  der  fossilen 
Reptilien,  von  denen  insbesondere  diejenigen  der  paläozoischen  und 
mesozoischen  Periode  vielfach  Vertreter  aufweisen,  die  als  vollständig 
ausgestorben  gelten  können  und  an  die  lebenden  Arten  so  gut  wie 
keinen  direkten  Anschluß  zeigen.  Wie  überwiegend  das  paläonto- 
logische Material  über  das  rezente  ist,  lehrt  uns  ein  Blick  auf  die 
systematische  Übersicht,  z.  B.  in  Zittel's  Handbuch,  der  9  Ordnungen 
der  Reptilien  aufstellt ,    welche  sämtlich  bereits  im  Mesozoikum  ver- 


—     362     - 

treten  sind ,  von  denen  aber  nur  4  in  die  Jetztzeit  herübergreifen. 
In  neuester  Zeit  hat  nun  der  amerikanische  Forscher  H.  F.  OsboknV 
der  als  ein  vorzüghcher  Kenner  sowohl  des  fossilen  wie  des  rezenten 
Materiales  gelten  darf,  den  Versuch  einer  neuen  Systematik  gemacht, 
die  einen  ganz  wesentlichen  Fortschritt  bedeutet,  da  sie  alles  bis 
jetzt  bekannte  Material  berücksichtigt.  Mag  diese  neue  Gliederung 
auch  im  einzelnen  noch  vielfach  ausgebaut  werden,  so  darf  sie  doch 


Notliosaurns. 

Fig.  3.     Typus  eines  langgestreckten  Synapsiden-Scliädels  mit  einem  einzigen 

Schläfendurchbruch. 


Hattcria. 

Fig.  4,     Typus  eines  gedrungenen  Diapsiden-Scliädels  mit  doppeltem  Schläfen- 

durclibruch. 

vorläufig  als  eine  Grundlage  angesehen  werden,  die  eine  Fülle  neuer 
Gesichtspunkte  liefert.  Osborn  geht  von  dem  Bau  des  Schädels  aus 
und  unterscheidet  2  Hauptgruppen,  welche  er  als  Synapsiden  und 
Diapsiden  bezeichnet. 

Von    diesen    stellen    die   Synapsiden    zweifellos    den    älteren 
Typus  dar;  maßgebend  ist,  daß  bei  diesen  die  Knochenbrücke,  welche 

'  H.  F.  Osborn,   The  Reptilian  subclasses  Diapsida  and  Synapsida  etc. 
Memoirs  of  the  American  Museum  of  nat.  Hist.  Vol.  I  Part  VIII.  1903. 


-     363     — 

vom  Gesichtsteil  des  Schädels  nach  der  eigentlichen  Schädelkapsel 
führt,  einfach  angelegt  und  daß  demgemäß  nur  ein  einziger  Schläfen- 
durchbruch  am  Schädel  ausgebildet  ist.  Alle  diese  Formen,  als  deren 
bekanntester  Vertreter  der  Schildkrötenschädel  angesehen  werden 
kann,  zeigen  kurze  gedrungene  Köpfe,  in  welchen  der  Gesichtsteil 
zurücktritt  und  bei  denen  auch  der  Rumpf,  insbesondere  im  Brust- 
und  Beckengürtel,  eine  gedrungene  kräftig  angelegte  Form  aufweist. 
Die  Diapsiden,  deren  Hauptmerkmal  in  der  doppelten  Anlage  der 
nach  hinten  führenden  Knochenbrücken  und  demgemäß  in  2  Schläfen- 
durchbrüchen  zu  suchen  ist,  sind  als  die  jüngere  Gruppe  der  Rep- 
tilien anzusehen.  Bei  diesen  finden  wir  vielfach  langgestreckte 
Schädel  mit  mächtiger  Entwickelung  der  Gesichtsteile  und  ebenso 
langgestreckte  Körper  mit  schwachen,  zur  Reduktion  geneigten  Brust- 
und  Beckengürteln. 

Ich  würde  nicht  dieses  Gewicht  auf  die  OsBORN'sche  Systematik 
der  Reptilien  gelegt  haben,  wenn  sie  nicht  zugleich  auch  eine  voll- 
ständige Übereinstimmung  mit  den  Beobachtungen  über  die  Anpassung 
an  das  Wasserleben  zeigen  würde,  was  nicht  zum  wenigsten  die 
Richtigkeit  dieser  neuen  Gliederung  bestätigt.  Es  zeigt  sich  nämlich, 
daß,  alle  An passungs formen  aus  der  Gruppe  der  Syn- 
apsiden  nach  dem  Prinzip  der  Ruderbewegung,  wie  ich 
es  im  vorigen  Abschnitte  geschildert  habe,  gebaut  sind,  wäh- 
rend wir  bei  den  Diapsiden  durchgehend  das  Prinzip 
der  Schraubenbewegung  ausgebildet  finden.  Wenn  ein 
derartig  fundamentaler  Unterschied  in  der  Art  der  Anpassung  sich 
mit  der  Systematik  in  Einklang  bringen  läßt,  so  können  wir  im  vor- 
aus versichert  sein,  daß  diese  in  ihren  Grundzügen  das  Richtige  ge- 
troffen hat.  Ich  schließe  mich  deshalb  der  OsBORN'schen  Gliederung 
der  Reptilien  an  und  wir  betrachten   deshalb 

A.  Die  Synapsida  mit  Anpassung  an  das  Wasserleben  nach   dem  Prinzip 
der  Ruderbewegung. 

Von  dieser  großen  und  formenreichen  Abteilung  der  Reptilien, 
die  entwickelungsgeschichtlich  um  so  wichtiger  und  interessanter  ist, 
als  wir  einzelne  Stämme  derselben  als  die  Vorläufer  der  Säugetiere 
anzusehen  haben,  ist  nur  eine  einzige  Gruppe  auf  die  Jetztzeit  über- 
gegangen, und  zwar  die  der  Schildkröten. 

1.  Die  Schildkröten  (Testudinata)  sind  gewiß  ein  uralter 
Stamm  der  Reptilien ,  aber  leider  liegt  die  Stammesgeschichte  der- 
selben vollständig  in  Dunkel  gehüllt.     Wie  ich   schon   früher    (diese 


—     364     — 

Jahresh.  1903.  S.  94)  ausgeführt  habe,  können  wir  uns  die  Ur- 
se hildkröten  als  landlebende  grabende  Reptilien  vor- 
stellen, bei  welchen  sich  in  konvergenter  Entwickelung  wie  bei  ein- 
zelnen grabenden  Edentaten,  z.  B.  den^Gürteltieren,  ein  schützender 
Panzer  ausbildete ,  in  welchen  sich  das  Tier  zurückziehen  konnte. 
Entsprechend  der  Arbeitsleistung  wurden  die  Extremitäten  zu  aus- 
gesprochenen Grabfüßen  mit  den  charakteristischen  Verkürzungen 
und  Verkrümmungen  der  Skelettteile.  Damit  war  im  wesentlichen 
schon  der  Typus  der  Landschildkröte  gegeben  und  in  der  Tat  finden 
wir  auch  bereits  in  der  Trias  im  Stubensandstein  eine  echte  Land- 
schildkröte —  Proganochelys  Quenstedti  — ,  die  sich  vollständig  dem 
Typus  der  heute  lebenden  Pleurodiren,  d.  h.  Formen,  bei  welchen 
das  Becken  mit  dem  Panzer  verwachsen  ist,  anreihen  lassen.  Diese 
Pleurodiren  treten  demnach  bereits  in  der  Trias  als  ein  „perfekter 
Typus"  (Rütimeyer)  auf,  erhalten  sich  bis  zur  Jetztzeit  als  Land- 
bewohner und  zeigen  nur  noch  geringe  Formenveränderung.  Ihnen 
gegenüber  lernen  wir  in  den  Kryptodiren,  bei  welchen  das  Becken 
nicht  mit  dem  Panzer  verwachsen  ist,  einen  mehr  „plastischen  Typus" 
(E.  Fkaas)  kennen,  der  sich  im  Laufe  der  geologischen  Perioden  auf 
das  mannigfaltigste  verändert.  Der  wesentlichste  Faktor  dabei  ist 
die  Anpassung  an  das  Wasserleben.  Auf  dem  Wege  vom 
Lande  (Chersidae)  zum  Sumpfe  (Emydae),  und  Flusse  (Trionychidae), 
dann  zur  Küste  (Chelydridae)  und  schließlich  ins  offene  Meer  (Chelo- 
nidae)  entstand  die  Fülle  neuer  Typen,  die  zum  größten  Teile  auch 
in  der  Jetztzeit  noch  vertreten  sind  und  deren  Übergangsglieder  wir 
zuweilen  in  trefflicher  Weise  durch  paläontologische  Funde  belegt 
finden.  Insbesondere  sind  uns  die  Übergangsformen  vom  Süßwasser 
zu  Meerformen  als  die  Thalassemyden  des  oberen  Jura  gut  be- 
kannt, welche  eine  ausgesprochene  Zwischenstellung  zwischen  den 
Emyden  und  Cheloniden  einnehmen.  Den  vollkommensten  Grad  der 
Anpassung  an  das  Meer  zeigen  die  Lederschildkröten  oder  Dermo- 
chelyden,  bei  welchen  nicht  nur  die  Extremitäten  vollständig  zu 
Flossen  umgewandelt  erscheinen,  sondern  bei  welchen  auch  der  starre 
Knochenpanzer  geschwunden  und  nur  noch  eine  weiche  Lederhaut 
übrig  geblieben  ist. 

In  den  Seeschildkröten  lernen  wir,  wie  schon  verschiedenfach 
hervorgehoben ,  den  Typus  derjenigen  wasserbewohnenden  Reptilien 
kennen,  deren  Bau  dem  Prinzip  der  Ruderbewegung  entspricht.  Zu- 
gleich sehen  wir  auch  bei  diesen,  welche  Vollendung  auch  bei  dieser 
Bewegungsart  im  Wasser  erreicht  werden  kann.    Wer  je  Gelegenheit 


t  —     365     — 

gehabt  hat,  Meerschildkröten  in  ihrem  Elemente  sich  tummeln  zu 
sehen,  der  wird  gewiß  zugeben,  daß  man  sich  kaum  etwas  Schöneres 
und  Eleganteres  denken  kann.  Das  ist  mehr  ein  Schweben  im  Wasser, 
als  ein  Schwimmen,  und  die  ruhigen  sicheren  Bewegungen  sind  am 
meisten  vergleichbar  dem  Fluge  eines  Raubvogels ;  scheinbar  ohne 
alle  Anstrengung  durchschneiden  sie  das  Wasser,  verharren  dann 
wieder  in  größter  Ruhe  in  jeder  Wasserschicht,  um  dann  plötzlich 
wieder  mit  scharfem  Rucke  und  größter  Sicherheit  auf  eine  Beute 
loszuschießen. 

2.  Die  Saiiropterygier  (Plesiosaurier  z.  T.).  Während  die  Schild- 
kröten einen  uralten  Dauertypus  darstellen ,  der  wohl  im  Haushalte 
der  Natur  auch  heute  noch  fast  dieselbe  Rolle  spielt,  wie  er  sie 
durch  die  ganze  Tertiärzeit  und  im  wesentlichen  auch  in  der 
mesozoischen  Periode  gespielt  hat,  zeigen  die  Sauropterygier,  wenig- 
stens soweit  bis  jetzt  bekannt,  eine  Beschränkung  auf  die  mesozoische 
Periode.  Wohl  mögen  die  Stammformen  derselben  weit  in  das  Paläo- 
zoikum zurückreichen  und  nächste  Stammesverwandtschaft  mit  den 
hypothetischen  Urschildkröten  aufzuweisen  haben,  aber  wir  kennen 
die  einen  so  wenig  wie  die  andern,  und  ebensowenig  sind  uns  Ver- 
treter dieser  Gruppe  aus  der  Tertiärzeit  bekannt.  Dagegen  besitzen 
wir  eine  große  Anzahl  von  Überresten  aus  Trias,  Jura  und  Kreide, 
welche  sich  in  vortrefflicher  Weise  ergänzen  und  entwickelungs- 
geschichtlich  ein  hohes  Interesse  beanspruchen,  da  sie  sich  zu  einer 
geschlossenen  Reihe  gruppieren  lassen,  in  welcher  die  Anpassung 
eines  ursprünglichen  Landreptiles  an  das  Meer  zum  Ausdruck  kommt. 

Die  ältesten  bekannteren  Vertreter  finden  sich  in  der  Trias  und 
zwar  hauptsächlich  im  Muschelkalk  und  werden  als  Gruppe  der 
Nothosauriden  zusammengefaßt.  Von  besonderer  Bedeutung  für 
unsere  Studien  sind  unter  diesen  die  zierlichen,  ziemlich  schlank 
gebauten  Arten,  wie  Pachypleura,  Bactylosaurus  und  Neusticosaurus, 
welche  alle  nur  ganz  geringe  Größe  (selten  mehr  als  0,5  m)  erreichen 
und  ausgesprochene  Landbewohner  waren.  Hierfür  spricht 
der  schlanke  eidechsenartige  Körperbau  mit  kleinem  Kopf,  mäßig 
langem  Hals,  gestrecktem  Rumpf,  langem  Schwanz  und  wohlaus- 
gebildeten Gehfüßen.  An  diese  Formen  reihen  sich  solche  an ,  wie 
Lariosaurus  und  Simosaurits,  bei  welchen  der  Körperbau  gedrungener 
erscheint  und  zwar  besonders  durah  breitere  Anlage  des  Rumpfes. 
Die  kräftigen  Rippen  legen  weit  aus  und  die  Bauchseite  wird  durch 
Entwickelung  von  Bauchrippen  und  Verbreiterung  des  ventralen  Teiles 
von  Brust-  und  Beckengürtel  geschützt.  Dem  breiten  und  gedrungenen 


-     366     -  ♦ 

Rumpfe  entsprechen  die  Extremitäten  nicht ,  denn  diese  erscheinen 
im  Verhältnis  zum  Körper  schwach  und  waren  zur  Bewegung  auf 
dem  Lande  ungeeignet.  Wir  erkennen  hierin  bereits  die  Anpas- 
sung an  das  Wasserleben,  welche  hei  Nothosaurus  seihst  noch. 
mehr  hervortritt  und  sich  in  der  Verbreiterung  des  Rumpfes,  der 
Verstärkung  der  ventralen  Teile  desselben  und  Versteifung  des  vor- 
deren Schwanzteiles,  und  der  Umwandlung  der  Extremitäten  in 
Schwimmfüße  kundgibt.  Immerhin  sind  die  Nothosaurier  noch  nicht 
als  echte  Meeresbewohner  aufzufassen,  sondern  als  Küstentiere,  die 
ihre  Beute  bald  im  Meere,  bald  im  Süßwasser  und  wohl  zuweilen 
auch  auf  dem  Lande  suchten. 

Echte  Meeresbewohner  dagegen  waren  die  Plesiosaurier, 
welche  sich  stammesgeschichtlich  an  die  Nothosaurier  anschließen, 
aber  nun  alle  die  zum  Wasserleben  nötigen  Organe  in  der  be- 
sprochenen Weise  umgewandelt  haben.  Die  Verkürzung  des  Rumpfes, 
die  bereits  bei  Lariosaurus  und  Nothoscmriis  angebahnt  ist,  kommt 
bei  den  Plesiosauriern  in  verstärktem  Maße  zum  Ausdruck.  Die 
Bauchseite  wird  durch  Bauchrippen  und  besonders  durch  eine  Ver- 
breiterung des  ventral  verschobenen  Brust-  und  Beckengürtels  wie 
durch  ein  Plastron  oder  Bauchschild  geschützt.  Die  Extremitäten 
sind  vollständig  dem  Wasserleben  angepaßt  und  als  Paddeln  ent- 
wickelt, welche  weniger  breit  als  lang  auslegen.  Dementsprechend 
sind  zwar  die  Skelettelemente  des  Unterarmes  und  Beines  (ülna  und 
Radius,  sowie  Tibia  und  Fibula)  verkürzt,  die  Elemente  von  Hand 
und  Fuß  dagegen  voll  und  gestreckt  entwickelt,  ja  es  tritt  sogar, 
wie  z.  B.  bei  einzelnen  Walen,  eine  Hyperphalangie  ein,  d.  h.  es 
ZBigen  sich  mehr  Phalangen  als  die  landlebende  Stammform  hatte, 
eine  Erscheinung,  die  von  Kükenthal  auf  Hemmungserscheinungen 
des  Verknöcherungsprozesses  heim  Wasserleben  zurückgeführt  wird. 
Bekanntlich  ist  bei  allen  Plesiosauriden  der  Schädel  relativ  klein, 
der  Hals  und  auch  der  Schwanz  lang,  so  daß  man  die  Körperform 
des  Tieres  mit  einer  durch  eine  Meerschildkröte  gezogenen  Schlange 
verglichen  hat.  Ganz  eigenartig  und  ein  trefflicher  Beleg  für  das 
EiMER'sche  Gesetz  der  Kompensation  oder  des  Gleichgewichts  (vergl. 
S.  356)  ist  das  Verhältnis  von  Kopf  und  Hals.  Man  ist  versucht 
anzunehmen,  daß  hierbei  gewissermaßen  stets  mit  derselben  Masse 
gewirtschaftet  wird  und  daß  nur  durch  eine  Verschiebung  zugunsten 
des  einen  oder  anderen  Organes  die  Proportionen  geändert  sind.  So 
können  wir  für  den  Normaltypus  der  Plesiosaurier  etwa  ein  Verhältnis 
von  Kopf  zu  Hals  wie  1  :  2  annehmen,  während  die  Länge  des  Halses 


-     867     — 

der  des  Rumpfes  gleichkommt.  Nun  finden  wir  aber  auf  der  einen 
Seite  extreme  Formen,  wie  z.  B.  Plesiosaurus  homalospondylus  aus 
dem  oberen  Lias  von  England  mit  sehr  kleinem  Kopf  und  ungemein 
verlängertem  Halse,  so  daß  die  Proportionen  von  Kopf  und  Hals  sich 
wie  1  :  9  verhalten,  wobei  der  Hals  mehr  als  die  doppelte  Länge  des 
Rumpfes  erreicht:  auf  der  andern  Seite  sehen  wir  z.  B.  bei  Flio- 
satiruß  einen  mächtigen  Schädel  und  dafür  einen  sehr  kurzen  Hals 
entwickelt,  so  daß  der  Kopf  doppelt  so  lang  als  der  Hals  ist.  Zwi- 
schen diesen  Extremen  liegen  alle  möglichen  Übergänge. 

Die  Plesiosaurier  sind  ausschließlich  große  Tiere,  deren  Länge 
bei  ausgewachsenen  Tieren  nicht  unter  2  m  herunterging,  dagegen 
nicht  selten  5  und  mehr  Meter  erreicht.  Insbesondere  treten  in  den 
jüngeren  Formationen  riesige  Formen  auf,  die  zugleich  auch  als  End- 
glieder der  Entwickelungsreihen  anzusehen  sind. 

Im  allgemeinen  dürfen  wir  annehmen,  daß  die  Bewegungs- 
art der  Plesiosaurier  ganz  ähnlich  derjenigen  der  See- 
schildkröten war,  und  daß  sie  sich  wohl  mit  derselben  Leichtig- 
keit und  Eleganz  im  Wasser  tummelten.  Die  Geschwindigkeit  war 
vielleicht  eine  geringere ,  wurde  aber  ausgeglichen  durch  die  Be- 
weglichkeit des  Schädels  auf  dem  langen  gelenkigen  Halse,  "indem 
hierdurch  die  Beute  aus  weiterer  Entfernung  nach  allen  Richtungen 
hin  ergriffen  werden  konnte.  Zweifellos  waren  alle  Plesiosaurier  aus- 
gesprochene Fleischfresser,  deren  Nahrung  im  wesentlichen  ans 
Fischen  bestand  und  der  Fang  derselben  mußte  ihnen  um  so  leichter 
werden,  als  viele  der  damaligen  Formen,  nach  ihrem  plumpen  Körper- 
bau zu  schließen,  nur  mäßige  Schwimmer  waren. 

3.  Die  Aiioiuodontia  bilden  zwar  eine  der  formenreichsten  und 
interessantesten  Gruppen  der  Synapsiden,  denn  bei  ihnen  finden  wir 
am  meisten  Anklänge  an  die  späteren  Säugetiere ,  so  daß  die  An- 
nahme gerechtfertigt  erscheint,  daß  diese  stammesgeschichtlich  ver- 
wandt sind.  Für  unsere  Studie  jedoch  sind  diese  merkwürdigen  und 
häufig  recht  fremdartigen  Reptilien  von  untergeordnetem  Interesse, 
da  sie  fast  ausschließlich  Landbewohner  waren  und  während  der 
ganzen  Zeit  ihrer  Herrschaft,  welche  in  die  paläozoische  und  den 
Anfang  der  mesozoischen  Periode  fällt,  blieben.  Nur  eine  Gruppe 
derselben  hat  für  uns  Interesse,  nämlich  die  Plakodontier,  bekannt 
durch  ihre  großen  Pflasterzähne  im  Ober-  und  Unterkiefer,  welche 
auf  die  Ernährung  durch  Muscheln  und  Krebstiere  hinweist.  Es 
waren  dies  sicherlich  Anpassungsformen  an  das  Wasserleben,  aber 
leider  sind  sie  uns  in  ihrem  Skelett  noch  recht  wenig  bekannt.    Es  ist 


—     368     — 

nicht  unwahrscheinlich,  daß  hierher  auch  die  von  Jäkel  beschriebene 
interessante  Flacochelys  aus  der  oberen  Trias  vom  Plattensee  ge- 
hört, ein  Tier  mit  den  Pflasterzähnen  der  Plakodontier ,  auch  im 
Schädelbau  an  diese  erinnernd,  aber  mit  einem  kräftigen  Panzer  be- 
deckt. Jäkel  hält  Flacochelys  zwar  für  eine  bezahnte  Urschildkröte, 
aber  ich  kann  mich  ihm  hierin  nicht  anschließen,  da  ich  deren  Ent- 
wickelung  auf  das  Land  verlege  und  da  bereits  in  der  schwäbischen 
oberen  Trias  vollkommen  ausgebildete  Landschildkröten  gefunden 
sind.  Ich  glaube  mehr,  daß  die  ganze  Gruppe  der  Plakodontier, 
Flacochelys  eingeschlossen ,  eine  kleine  spezialisierte  Familie  ge- 
panzerter Anomodontier  darstellt,  die  durch  Anpassung  an  das  Wasser- 
leben und  Muschelnahrung  im  Gebiß  sich  verändert  hat  und  daß 
auch  die  isoliert  gefundenen  Schilder  und  Panzerstücke  von  Fsepho- 
sannis  und  Fsephoderma  hierher  gehören  ^ 

B.  Die  Diapsida   mit  Anpassung   an   das  Wasserleben   nach   dem  Prinzip 
der  Schraubenbewegung. 

Ebenso  wie  ich  bei  der  Besprechung  der  Anpassungsformen 
unter  den  Synapsiden  von  der  systematischen  Anordnung  Osborxs 
etwas  abgewichen  bin,  so  erlaube  ich  mir  dies  auch  bei  der  reich- 
gegliederten Ordnung  der  Diapsiden  und  greife  zunächst  diejenige 
Familie  heraus,  welche  weitaus  die  schönste  und  vollkommenste 
Form  wasserlebender  Reptihen  darstellt  und  an  welcher  das  neue  Prinzip 
dieser  Anpassungsart  am  besten  vor  Augen  geführt  werden  kann. 

1.  Die  Ichthyosauria.  In  ihnen  verkörpert  sich  ge wisser- 
maßer  alles  das,  was  wir  als  Ideal  einer  Anpassung  nach  dem  Prinzip 
der  Schraubenbewegung  von  dem  Körper  eines  Reptiles  verlangen 
können.  Die  Umwandlung  ist  so  weit  vorgeschritten,  daß  nahezu 
alle  Anklänge  an  die  ursprüngliche  landlebende  Stammform  verloren 
gegangen  sind  und  daß  ein  neues  Wesen  entstanden  ist,  das  in  seiner 
äußeren  Form  den  Typus  des  Fisches  trägt  und  nur  in  seiner  Ana- 
tomie noch  das  Reptil  erkennen  läßt.  Der  Körperbau  zeigt  eine 
spindelförmige  vorn  und  hinten  zugespitzte  Gestalt.  Der  Schädel 
verläuft  in  eine  spitzige  weit  nach  vorne  verlängerte  Schnauze,  in 
welcher  die  Zähne  infolge  der  schon  einmal  erwähnten  Hemmung 
des  Verknöcherungsprozesses  beim   Wasserleben    nicht   mehr   in  ge- 


^  Will  man  die  Plakodontier  an  die  Schildkrüten  anschließen ,  so  müßte 
man  jedenfalls  an  eine  frühe  Abzweigung  von  dem  Hauptstanime  und  an  eine 
Differenzierung  infolge  eigenartiger  Ernährung  und  ihrer  marinen  Lebensweise 
denken. 


—     369     - 

sonderten  Alveolen,  sondern  in  einer  gemeinsamen  Alveolarrinne 
stecken ,  die  eigentliche  Schädelkapsel  ist  klein  und  schwach  ver- 
knöchert, so  daß  das  Hinterhaupt  viele  offene  Stellen  aufweist,  das 
Auge  ist  groß  und  gegen  den  wechselnden  Druck  durch  einen  ver- 
knöcherten Skleroticaring  geschützt.  Der  große  gestreckte  Schädel 
setzt  fast  ohne  Hals  an  den  Rumpf  an,  der  seinerseits  weit  auf- 
gewölbt und  von  rundlichem  Querschnitt  ist  und  in  einen  langen 
Ruderschwanz  ausläuft.  Die  Bauchseite  ist  sowohl  durch  einen  kräf- 
tigen ventral  verschobenen  Brustgürtel  wie  durch  Bauchrippen  ge- 
schützt. Zur  Vorwärtsbewegung  dienen  ausschließlich  Flossen,  und 
zwar  haben  wir  eine  häutige  Rückenflosse ,  eine  große  nach  oben 
gestellte  gleichfalls  häutige  Schwanzflosse  und  2  seitliche  Flossen- 
paare, welche  den  Extremitäten  entsprechen.  Von  diesen  sind  die 
vorderen  kräftig,  die  hinteren  funktionslosen  rudimentär  entwickelt 
und  namentUch  hat  das  Becken  eine  starke  Reduktion  erfahren.  Bei 
beiden  Extremitätenpaaren  macht  .sich  aber  die  Umwandlung  in  dem- 
selben Sinne  geltend,  indem  die  ursprünglichen  gestreckten  Knochen 
verkürzt  und  in  charakterlose  Polygonalplatten  umgewandelt  werden. 
Dabei  erfährt  nicht  nur  die  Zahl  der  Phalangen,  wie  wir  dies  schon 
bei  den  Plesiosauriern  kennen  gelernt  haben,  eine  Vermehrung,  son- 
dern es  tritt  sogar  bei  einzelnen  Arten  eine  Vermehrung  der  Finger- 
strahlen bis  zu  12  auf,  um  die  Paddel  möglichst  breit  zu  gestalten. 
Die  Haut  der  Ichthyosaurier  war  vermutlich  ganz  glatt  und  nur  an 
der  Rückenflosse  und  an  dem  Vorderrande  der  vorderen  Paddeln 
wurden  noch  Versteifungen  und  hornige  Schuppen  beobachtet.  Auch 
die  Entwickelung  der  Brut  hatte  sich  dem  Wasserleben  angeschlossen, 
indem  die  Eier  nicht  mehr  am  Lande  abgelegt,  sondern  im  Mutter- 
leibe entwickelt  wurden,  so  daß  die  Ichthyosaurier  als  vivipar  gelten 
dürfen. 

Das  Skelett  der  Ichthyosaurier,  sowie  ihre  Körperform  und  ihre 
Lebensweise  ist  uns  sehr  gut  bekannt,  denn  im  Jura  sind  ihre  Über- 
reste sehr  häufig  und  insbesondere  liefert  unsere  berühmte  ober- 
liassische  Lokalität  Holzmaden  bei  Kirchheim  eine  solche  Fülle  pracht- 
voller, zum  Teil  vollständig  mit  Haut  bekleideter  Überreste,  daß  deren 
Osteologie  nur  wenig  zu  wünschen  übrig  läßt.  Sehr  selten  dagegen 
sind  Vertreter  der  Ichthyosaurier  außerhalb  der  Juraformation.  Es 
war  offenbar  ein  kurzlebiges  Geschlecht,  das  in  der  Kreide  bereits 
wieder  ausstarb  und  über  dessen  Entwickelung  in  der  Trias  und 
älteren  Formationen  wir  nur  sehr  wenig  wissen.  Die  Funde  aus 
der  Trias  von  Oberitalien  und  Kalifornien,  w^elche  am  meisten  Auf- 

•Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ."  1905.  24 


—     370     - 

Schluß  geben,  lassen  erkennen,  daß  auch  damals  schon  der  Typus 
des  Ichthyosaurus  im  wesentlichen  fertig  war,  daß  aber  doch  Einzel- 
heiten insbesondere  im  Extremitätenskelett  darauf  hinweisen,  daß 
auch  diese  ausgebildeten  W asser reptilien  auf  Land- 
formen als  Grundstamm  zurückzuführen  sind,  wenn  wir 
auch  diese  selbst  noch  nicht  kennen.  Nach  der  primitiven  Gestalt 
der  Wirbel  zu  schheßen,  müssen  die  landlebenden  Urformen  der 
Ichthyosaurier  sehr  weit  zurückliegen  und  einen  sehr  alten,  vielleicht 
den  ältesten  Typus  der  diapsiden  Reptilien  darstellen. 

2.  Diaptosauria.  Osborn  faßt  unter  dieser  Unterordnung  seiner 
Diapsiden  die  Reptilienklassen  zusammen ,  welche  alle  einen  primi- 
tiven Charakter  des  Skelettbaues  aufweisen,  der  unter  den  lebenden 
Arten  nur  noch  durch  die  Reliktenform  Hattena  auf  New  Zealand 
vertreten  ist.  Die  Diaptosauria  decken  sich  ungefähr  mit  der  von 
ZiTTEL  aufgestellten  Unterordnung  der  Rhynchocephalia  und 
umfassen  zumeist  jung  paläozoische  und  altmesozoische  Arten,  wor- 
aus wir  schließen  dürfen ,  daß  die  Blütezeit  ihrer  Entwickelung  in 
die  Dyas  und  Trias  fällt.  Was  wir  von  diesen  alten  Formen  kennen, 
scheinen  fast  ausschließlich  Landreptilien  gewesen  zu  sein ,  eine 
Ausnahme  machte  vielleicht  nur  der  eigenartige  Hyperodapeton 
aus  dem  Keuper  von  Schottland,  dessen  Gebiß  Anpassung  an 
Muschelnahrung  zeigt  und  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  Placodus 
differenziert  ist. 

Erst  in  den  Plattenkalken  des  obersten  Weiß- Jura  findet  sich 
eine  Art,  Pleiirosaurus,  welcher  sich  zwar  im  allgemeinen  voll- 
ständig an  den  landlebenden  Honiöosauriis  aus  derselben  Formation 
anschließt,  aber  mit  seinem  schlangenartig  gestreckten  Körper,  dem 
unverhältnismäßig  langen  Schwänze  und  den  kurzen  Extremitäten 
ausgesprochene  Anpassung  an  das  Wasserleben  zeigt. 

3.  Die  Phytosauria ,  am  besten  bekannt  und  vertreten  durch 
unsere  Belodonten  und  Äctosaiirus ,  bilden  eine  triasische  Unter- 
ordnung, die  in  ihrem  äußeren  Habitus  am  meisten  den  Krokodilen 
gleicht,  aber  in  ihrem  Skelettbau  so  große  Verschiedenheiten  auf- 
weist, daß  eine  Vereinigung  mit  dieser  Gruppe  nicht  zweckmäßig 
erscheint.  Es  ist  interessant,  daß  sich  in  dieser  Gruppe  wie  bei 
den  Krokodiliern  langschnauzige  {Mystriosuchus)  und  kurzschnauzige 
(Belodon,  Äätosaurus)  Arten  in  vollständiger  Konvergenz  mit  den 
Krokodiliern  entwickelt  haben  und  es  läßt  dies  auf  ein  ähnliches 
Leben  schließen.  Es  waren  wohl  wasserliebende  Reptilien,  bei 
welchen  es  jedoch  nicht  zu  einer  Anpassung  an  das  Meerleben  kam. 


—     371     - 

4.  Die  Krokodilier  sind  durchgehend  wasserhebende  Reptihen 
und  mehr  oder  minder  in  ihren  Lebensbedingungen  an  das  nasse 
Element  gebunden  und  diese  Lebensweise  der  heutigen  Krokodiher 
ist  keine  neu  erworbene ,  sondern  offenbar  eine  uralte.  Auffallend 
ist  nur,  daß  wir  heutzutage  die  Krokodile  stets  nur  im  Süß- 
wasser, niemals  im  Meere  finden,  während  wir  aus  früheren  Perioden, 
insbesondere  aus  der  Juraformation  eine  Reihe  echt  mariner  Formen 
kennen.  Für  das  Studium  der  Stammesgeschichte  dieser  Reptilien- 
gruppe macht  sich  aber  ganz  besonders  mißlich  der  Umstand  geltend, 
daß  wir  aus  den  älteren  Perioden  zwar  häufig  marine,  selten  aber 
terrestrische  Ablagerungen  erhalten  haben.  So  erklärt  es  sich,  daß 
die  Krokodilier  gewissermaßen  als  vollständig  fertiger  Typus  und  zwar 
mit  einer  marinen  Form,  dem  Teleosaurus  des  oberen  Lias,  auftreten 
und  daß  man  verleitet  wurde,  diese  marinen  Formen  als  die  Stamm- 
formen anzusehen,  d.  h.  eine  Wanderung  vom  Meer  auf  das  Fest- 
land und  Süßwasser  anzunehmen.  Ich  halte  dies  für  unrichtig  und 
führe  es  lediglich  auf  die  Unzulänglichkeit  unserer  paläontologischen 
Kenntnisse  zurück  und  bin  überzeugt,  daß  die  eigentlichen 
Stammformen  der  heutigen  Krokodilier  in  den  terrestri- 
schen resp.  limnischen  Ablagerungen  des  Jura  und  der 
Trias  zu  suchen  sind.  Ich  habe  dies  gelegentlich  meiner  Unter- 
suchungen über  die  Meerkrokodilier  (PalaeontographicaBd.  XLIX.  1902. 
S.  70)  ausgeführt  und  hebe  nur  hervor,  daß  sich  nur  durch  eine  Ent- 
wickelung  auf  dem  Lande  resp.  Süßwasser  der  Umstand  erklären  läßt, 
daß  wir  in  der  ersten  typisch  limnischen  Ablagerung,  dem  Wealden,. 
sofort  alle  Hauptgruppen  der  heutigen  Krokodilier  vorfinden  und  daß 
auch  die  kleinen  alligatorähnlichen  Atoposauriden  aus  den  litho- 
graphischen Schiefern  ebensogut  Land-  wie  Meeresreptilien  gewesen 
sein  konnten. 

Die  Krokodilier  waren  zweifellos  schon  in  der  Trias,  jedenfalls 
im  Jura  ein  ungemein  konsolidierter  Typus,  der  auch  bis 
zu  der  Jetztzeit  nur  geringen  Veränderungen  unterlag,  wobei  mehr 
nur  einzelne  Organe  wie  die  Wirbel  eine  Vervollkommnung  erfuhren, 
während  die  Gesamtform  gewahrt  blieb.  Auch  die  Teleosauriden 
der  Juraformation  schließen  sich  voll  dem  heutigen  Typus  der  lang- 
schnauzigen  Krokodile  oder  Gaviale  an  und  zeigen  trotz  ihres  marinen 
Lebens  nur  ganz  untergeordnete  Anpassungserscheinungen. 

Dagegen  lernen  wir  in  einer  anderen  gleichfalls  jurassischen 
Gruppe  der  Krokodilier,  welche  ich  Thalattosuchia  oder  Meer- 
krokodile nannte  (vergl.  diese  Jahresh.  1901,  S.  409),  eine  Famihe 

24* 


—     372     — 

kennen,  an  welcher  sich  in  ausgezeichneter  Weise  die  ürawandkingen 
des  Skelettes  und  der  Körperform  nach  dem  Prinzip  der  Schrauben- 
bewegung nachweisen  läßt.  Bei  diesen  zeigt  sich  der  Schnauzen- 
teil des  Schädels  gestreckt  und  vorne  zugespitzt,  der  Hals  verkürzt, 
der  Rumpf  verlängert  und  in  einen  mächtigen  Ruderschwanz  endigend. 
Daß  dieser  eine  große  Schwanzflosse  wie  IcMliyosaurus  trug ,  ist 
gleichfalls  festzustellen.  Besonders  interessant  ist  die  Umwandlung 
der  Vorderextremität  in  eine  Paddel,  während  die  Hinterextremität 
als  funktionslos  nur  geringe  Veränderung  zeigt.  Dazu  kommt  noch, 
daß  der  für  die  Krokodile  so  charakteristische  Panzer  geschwunden 
ist  und  daß  die  Augen  durch  einen  Skleroticaring  versteift  sind.  Wir 
erkennen  in  dieser  Umwandlung  eine  vollständig  konvergente  Er- 
scheinung, wie  bei  Ichthyosmirus,  d.  h.  es  wiederholt  sich  hier  das 
bereits  anfangs  aufgestellte  Gesetz  der  Umformung  eines  meer- 
bewohnenden Diapsiden. 

5.  Die  Dinosaurier,  welche  bekannthch  die  größten  Landtiere 
der  Erde  umfassen,  kommen  für  unsere  Studie  nicht  in  Betracht,  da 
wir  bis  jetzt  noch  keine  wasserlebenden  oder  gar  marinen  Vertreter 
dieser  mesozoischen  Reptiliengruppe  kennen. 

6.  Squainata  oder  Schuppensaurier.  Es  ist  dies  diejenige  Unter- 
ordnung der  Reptilien,  welche  mit  Ausnahme  der  Krokodile,  Schild- 
kröten und  der  vereinzelten  Hatteria  alle  anderen  lebenden  Rep- 
tilien, also  die  Eidechsen  (Lacertilia)  und  Schlangen  (Ophidia)  um- 
faßt, wozu  sich  noch  die  ausgestorbene  Gruppe  der  Pythonomorphen 
oder  Mosasaurier  gesellt.  Bei  den  Eidechsen  und  Schlangen 
fällt  offenbar  der  Höhepunkt  der  Entwickelung  in  die  Jetztzeit,  aber 
beide  sind  ausgesprochene  Landbewohner  und  liefern  nur  wenig  Bei- 
trag für  die  Anpassung  an  das  Wasserleben.  Nur  eine  kleine  Ab- 
teilung der  Schlangen,  die  Hydrini  oder  Seeschlangen,  machen 
eine  Ausnahme,  die  aber  insofern  von  Interesse  ist,  als  diese  See- 
schlangen die  einzigen  Reptilien  der  Jetztzeit  sind,  welche  eine  ma- 
rine Lebensweise  angenommen  haben.  Dabei  haben  sie  durch  Ver- 
breiterung des  Schwanzteiles,  d.  h.  durch  Ausbildung  eines  Ruder- 
schwanzes eine  Umwandlung  des  Körpers  erfahren,  welche  ihnen  im 
Wasser  außerordentlich  zu  statten  kommt  und  sie  befähigt,  ebenso 
leicht  wie  ein  Aal  sich  im  nassen  Elemente  zu  bewegen.  Es  ist 
interessant,  daß  die  Anpassung  an  das  Meer  eine  so  ausgesprochene 
ist,  daß  diese  Tiere  sich  auf  dem  Lande  überhaupt  nicht  mehr  fort- 
bewegen können,  und  daß  sie  deshalb  auch  keine  Eier  auf  dem  Lande 
ablegen,  sondern  diese  im  eigenen  Körper  zur  Entwickelung  kommen 


—     373     - 

lassen,  also  wie  die  Ichthyosaurier  vivipar  sind.  Bekanntlich  gehören 
die  Seeschlangen  zu  den  Giftnattern  und  werden  wohl  mit  Recht  nur 
als  eine  Anpassungsform  dieser  formenreichen  Gruppe  an  das  Meer- 
leben angesehen. 

Eine  sehr  schöne  Anpassungsreihe  liefern  die  Mosasaurier 
oder  Pythonomorphen,  deren  Entfaltung  in  die  obere  Kreide 
fällt.  Die  berühmten  Lokalitäten  von  Maestricht  in  Belgien  und 
Legan  in  Kansas  haben  uns  ein  herrliches  Material  geliefert,  unter 
welchen  der  gewaltige  Mosasaurus  (Maassaurier)  am  meisten  be- 
kannt ist.  Ein  9  m  langes  vollständiges  Skelett  von  einer  ver- 
wandten Art,  Tylosaurus^  aus  der  oberen  Kreide  von  Kansas  ist  im 
American  Museum  in  New  York  aufgestellt  und  gibt  uns  am  besten 
Aufschluß  über  die  Körperverhältnisse  und  die  dadurch  bedingte 
Gestalt  und  Lebensweise  dieser  Tiere.  Es  kann  keinem  Zweifel  unter- 
liegen, daß  wir  es  mit  echten  Seereptilien  zu  tun  haben,  deren 
Körper  eine  weitgehende  Anpassung  an  das  Wasserleben  erfahren 
hat.  Diese  Umwandlung  weist  eine  vollständige  Konvergenz  mit 
Iclithyosmirns  und  den  Thalattosuchiern  auf  und  in  der  äußeren  Er- 
scheinung mögen  die  Mosasaurier  auch  viel  Ähnlichkeit  mit  jenen 
gehabt  haben.  Der  Schädel  war  nach  vorne  verlängert  und  zu- 
gespitzt durch  Entwickelung  einer  kräftigen  langen  Schnauze,  der 
Hals  kurz ,  der  Körper  langgestreckt  mit  mehr  als  100  Wirbeln, 
und  in  einem  kräftigen  Ruderschwanze  endigend,  der  bei  einzelnen 
Arten  eine  Schwanzflosse  trug.  Die  Extremitäten  waren  als  echte 
Paddeln  entwickelt  und  zwar  sowohl  die  hinteren  wie  die  vorderen 
Gliedmaßen,  das  Schwergewicht  lag  aber  auch  hier  auf  der  vorderen 
Extremität  und  dementsprechend  ist  der  Brustgürtel  kräftig  aus- 
gebildet, während  der  Beckengürtel  verkümmerte.  Die  Verbreiterung 
der  Flossen  wurde  dadurch  erzielt,  daß  die  einzelnen  Finger  durch 
Schwimmhäute  verbunden  waren. 

Wenn  wir  das  Skelett  vergleichend  anatomisch  betrachten,  so 
erkennen  wir  leicht,  daß  dasselbe  trotz  der  äußeren  Ähnlichkeit  mit 
den  Ichthyosauriern  oder  Meerkrokodiliern  keinerlei  Verwandtschaft 
hat,  sondern  sich  vollständig  an  die  Lacertilier  und  zwar  speziell  an 
die  Familie  der  Varaniden  anschließt.  Dies  spricht  sich  ganz  be- 
sonders im  Schädel  aus ,  der  seiner  Spezialisierung  als  Meersaurier 
entkleidet  vollkommen  mit  dem  von  Varcmus  übereinstimmt,  ebenso 
wie  wir  auch  im  Skelettbau  denjenigen  der  Varaniden  gleichsam 
durchschimmern  sehen. 

Es   ist   nun   sehr    interessant ,     daß    die    Gruppe     dieser    echt 


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marinen  Saurier  keineswegs  unvermittelt  dasteht,  sondern  daß  wir 
auch  Mittelglieder  kennen,  welche  dieselbe  mit  den  landlebenden  Arten 
verbinden.  Es  sind  dies  große  Varanus-Sivtige  Echsen,  die  in  der 
unteren  Kreide  von  Istrien  gefunden  wurden  und  unter  diesen  hat 
Baron  NopcsA  in  der  Familie  der  Aigialosauriden  ganz  richtig 
die  Vorläufer  der  Mosasaurier  erkannt.  Bei  diesen  ist  zwar  der 
Charakter  der  landlebenden  Leguan-artigen  Eidechsen  noch  viel  mehr 
gewahrt,  aber  bereits  sehen  wir  in  der  Ausbildung  des  Schädels,  der 
Extremitäten  und  deren  Aufhängeapparaten,  die  Anpassungserschei- 
nungen an  aquatische  Lebensweise  und  damit  die  Annäherung  an 
die  späteren  Mosasaurier.  Wir  finden  demnach  auch  hier  in  der 
Gruppe  der  Squamata  eine  konvergente  Entwickelung  nach  dem- 
selben Gesetze,  d.  h.  nach  dem  Prinzip  der  Schraubenbewegung. 

7.  Es  bleibt  zum  Schlüsse  unter  den  Diapsiden  noch  die  Gruppe 
der  Pterosaui'iei'  oder  Flugsaurier,  welche  aber  für  uns  nicht 
in  Betracht  kommt,  da  diese  Tiere  sich  in  ganz  anderer  Richtung 
hin  entwickelt  haben  und  eine  Anpassung  an  die  Bewegung  in  der 
Luft  durch  Entwickelung  von  Flugorganen  zeigen. 

Dieser  gedrängte  Überblick  über  die  Reptilien  gibt  uns  ein  Bild 
von  der  Vielseitigkeit  der  Anpassungen  an  das  Wasserleben ,  zeigt 
uns  aber  auch  zugleich,  wie  in  den  beiden  Hauptgruppen  je  eine 
vollständig  konvergente  Entwickelung  durchgreift,  die  zwar  zu  ähn- 
licher Ausgestaltung  des  Körpers  führt ,  ohne  daß  wir  deshalb  an 
verwandtschaftliche  Beziehungen  denken  dürfen.  Die  beistehende 
Zusammenstellung  und  graphische  Darstellung  möge  dies  vor  Augen 
führen. 

IV.  Die  Meer-Säugetiere. 

Anpassungen  an  das  Wasser  leben  finden  wir  fast  bei 
allen  Ordnungen  der  Säugetiere,  obgleich  wir  als  deren  eigentliches 
Element  mit  Sicherheit  das  Land  annehmen  dürfen.  Solche  Beispiele 
bilden  unter  den  Kloakentieren  das  Schnabeltier,  unter  den  Beutlern 
Chironectes,  von  den  Nagern  sind  zu  n6nnen :  die  Biberratte,  Wasser- 
ratte, Zibetmaus,  der  Biber  und  das  Wasserschwein,  unter  den  In- 
sektivoren  sind  die  Wasserspitzmaus  und  der  Bisamrüßler,  von  den 
Huftieren  das  Nilpferd  und  von  den  Raubtieren  die  Fischotter  und 
Seeotter  anzuführen.  Bei  allen  diesen  Arten  mit  Ausnahme  der  See- 
otter handelt  es  sich  aber  nur  um  Anpassungen  an  den  gelegent- 
lichen Aufenthalt  im  Süßwasser,  aber  auch  dieses  hat  schon 
bei  den  meisten  Arten    mehr    oder    minder    durchgreifende  Umände- 


—     375 


—     376     — 

nmgen  des  Körperbaues  hervorgerufen,  welche  nach  den  zu  Anfang 
erwähnten  Gesetzen  verlaufen.  So  sehen  wir  bald  den  Schwanz,, 
bald  die  Extremitäten  als  Ruderorgane  differenziert,  und  häufig  tritt 
auch  ein  Schwund  der  Haare  ein.  Für  unsere  Betrachtungen  kommen 
diese  Süßwassersäuger  weniger  in  Betracht  und  mögen  nur  als  Bei- 
spiele einer  konvergenten  Abänderung  der  Organe  beim  Wasserleben 
genannt  sein,  wie  dies  W.  Kükenthal  (Zool.  Jahrb.  Abt.  f.  Syste- 
matik etc.  V.  Bd.   1891.  p.  373)  eingehend  ausgeführt  hat. 

Als  Anpassungsformen  für  das  Meerleben  kommen,  abgesehen' 
von  der  Seeotter,  die  Seehunde,  Sirenen  und  Waltiere  und  die  aus- 
gestorbene Gruppe  der  Zeuglodonten  in  Betracht;  bei  allen  4  Ord- 
nungen ist  die  Anpassung  eine  viel  tiefgreifendere  und  umfaßt  nicht 
nur  einzelne  Vertreter,  sondern  die  ganze  Ordnung,  wodurch  auch 
der  Anschluß  an  die  landlebenden  Grundformen  verschwommen ,  ja 
sogar  gänzlich  verloren  gegangen  ist,  soweit  uns  nicht  die  Paläonto- 
logie durch  bedeutsame  Funde  etwas  aufklärt.  Dies  ist  aber  leider 
nicht  in  dem  Maße  der  Fall,  als  wir  wünschen  oder  mit  Recht  zu 
erwarten  glauben.  Ich  habe  wohl  zu  Anfang  ausgeführt,  daß  di& 
Lückenhaftigkeit  unserer  Kenntnis  der  landlebenden  Urformen  haupt- 
sächlich darauf  zurückzuführen  ist,  daß  wir  aus  den  früheren  Perioden 
mehr  marine  als  terrestrische  Sedimente  erhalten  haben.  Dement- 
sprechend sollten  wir  gerade  von  den  marinen  Formen  wenigstens 
häufigere  Funde  erwarten  dürfen,  aber  leider  trifft  dies  nicht  zu  und 
zwar  wesentlich  aus  dem  Grunde,  weil  sich  seit  der  Tertiärzeit  das- 
Verhältnis  zwischen  marinen  und  terrestrischen  Bildungen  gerade 
umgekehrt  verhält.  Seit  der  Tertiärzeit  bahnt  sich  die  heutige  Ober- 
flächengestaltung der  Erde  an  und  mehr  und  mehr  wird  das  Meer 
in  die  heutigen  Becken  gedrängt.  So  kommt  es,  daß  wir  zwar  noch 
tertiäre  Küstengebilde  mit  unendlichem  Petrefaktenreichtum  vorfinden^ 
aber  doch  nur  selten  Sedimente  der  Hochsee.  Immerhin  ist  es  auf- 
fallend, daß  wir  auch  in  diesen  marinen  Gebilden,  insbesondere  denen 
des  älteren  Tertiärs,  nur  äußerst  selten  Spuren  mariner  Säugetiere 
finden  und  es  ist  wohl  dieser  bedauerliche  Umstand  dadurch  zu  er- 
klären, daß  diese  Tiere  im  älteren  Tertiär  überhaupt  sehr  sparsam 
vertreten  waren  und  daß  der  Höhepunkt  ihrer  Entwickelung  in  die 
Jetztzeit  fällt. 

1.  Die  Robben  oder  Piiinipedia  (Flossenfüßler).  Ich  stelle  diese 
Ordnung  voran,  da  sie  uns  noch  am  meisten  Anschluß  an  land- 
lebende Urformen  bietet.  Bekannthch  sind  die  Robben  echte  Fleisch- 
fresser oder  Carnivora  mit  flossenartigen  fünffingerigen  Extremitäten, 


-     377     - 

kleinem  rundlichem  Schädel,  meist  rückgebildetem  Gebiß  und  rudi- 
mentärem Schwanz. 

Bei  den  Ohren  robben  oder  Otariidae ,  deren  bekannteste 
Vertreter  der  Seelöwe ,  Seebär  und  die  Mähnenrobbe  sind ,  finden 
wir  noch  die  meisten  Anklänge  an  das  ursprüngliche  terrestrische 
Leben.  Die  Extremitäten  sind  zwar  schon  als  weitausgreifende  Ruder- 
organe entwickelt,  aber  sind  noch  gelenkig  im  Ellenbogen  resp.  Knie 
und  können  deshalb  auch  auf  dem  Lande,  wenn  auch  etwas  mühselig, 
benützt  werden,  insbesondere  wird  der  Hinterfuß  noch  nach  vorne 
unter  den  Leib  gebracht,  um  als  Stütze  für  diesen  zu  dienen.  Sie 
weisen  auch  noch  reichliche  Behaarung  auf,  haben  kurze  äußere 
Ohren  und  zum  Teil  auch  noch  eine  wohl  differenzierte  Bezahnung 
und  entsprechend  der  wohlentwickelten  Kaumuskulatur  einen  Sagittal- 
kamm.  Infolge  veränderter  Lebensweise  haben  sich  zwar  die  Wal- 
rosse (TrichecJms)  im  Gebiß  und  Schädelbau  differenziert,  schließen 
sich  aber  im  übrigen  Skelett  den  Ohrenrobben  an. 

Bei  den  Seehunden  oder  Phocidae  ist  die  Anpassung  an  das 
Meerleben  bereits  viel  weiter  vorgeschritten.  Die  Hinterextremitäten 
sind  nach  hinten  gestreckt  und  ersetzen  beim  Schwimmen  gewisser- 
maßen eine  Schwanzflosse  nach  dem  Prinzip  der  Schiffsschraube, 
während  sie  zur  Fortbewegung  auf  dem  Lande  untauglich  sind.  Diese 
wird  durch  schnellende  Bewegung  des  ganzen  Hinterkörpers  aus- 
geführt. Der  Körper  ist  gestreckter,  der  Hals  gedrungener  als  bei 
den  Ohrenrobben.  Das  äußere  Ohr  fehlt  gänzlich,  ebenso  wie  der 
Sagittalkamm  und  die  Bezahnung  ist  eine  indifferente  geworden. 

Desungeachtet  sind  aber  doch  die  Beziehungen  zwischen 
Otariiden  und  Phociden  so  innige,  daß  wir  nicht  anstehen,  dieselben 
in  direkte  stammesgeschichthche  Verwandtschaft  zu  bringen,  und  ich 
sehe  in  den  Phociden  nur  eine  höhere  Anpassungsform  an  das  marine 
Leben,  welche  bei  den  in  diesem  Sinne  primitiveren  Otariiden  noch 
nicht  erreicht  ist. 

Die  Pinnipedier  sind  zweifellos  eine  relativ  junge  Anpassungs- 
reihe der  Carnivoren  und  man  sollte  denken,  daß  es  nicht  allzuschwer 
fallen  könnte,  deren  Stammformen  ausfindig  zu  machen,  um  so  mehr 
als  deren  Überreste  als  Küstenbewohner  gerade  in  den  Ablagerungen 
zu  erwarten  wären,  die  uns  im  Tertiär  am  häufigsten  erhalten  sind. 
Auffallenderweise  läßt  uns  aber  hier  die  Paläontologie  vollständig  im 
Stiche,  denn  was  uns  von  fossilen  Funden  bekannt  ist,  ist  kaum  der 
Rede  wert  und  beschränkt  sich  auf  einige  Überreste  pleistozäner  und 
jungtertiärer  Arten,  die  sich  vollkommen  an  die  rezenten  Gattungen 


—     378     - 

anschließen.  Wir  sind  also  ganz  auf  die  heutigen  Arten  angewiesen 
und  durch  die  vergleichende  Anatomie  des  Skelettes  zwischen  diesen 
und  den  amerikanischen  Creodontiern  oder  ürfleischfressern  aus  dem 
Eozän  und  Oligozän  glaubte  Wortmanx  (Bull,  of  the  American  Museum 
of  nat.  Hist.  Vol.  6.  1894.  Art.  5)  sich  zu  dem  Schlüsse  berechtigt, 
in  Fatrio felis,  einem  gewaltigen  katzenartigen  Creodontier,  eine  Stamm- 
form der  Pinnipedier  zu  sehen.  Demgegenüber  macht  M.  Weber  (Die 
Säugetiere.  1904.  S.  551)  mit  Recht  auf  die  vielfachen  Überein- 
stimmungen mit  den  Ursiden  oder  bärenähnlichen  Raubtieren  auf- 
merksam, und  schließt  daraus  auf  eine  Blutsverwandtschaft  mit  diesen. 
Dementsprechend  hätten  wir  die  Stammformen  der  Pinnipedier  ent- 
weder in  den  bärenartigen  Creodontiern,  etwa  den  Oxycläniden  oder 
Artocyoniden,  oder  erst  in  den  späteren  Ämphicyon-'dri'i^en  direkten 
Vorläufern  der  Bären  zu  suchen.  Immerhin  dürfen  wir  aber  ziemlich 
sicher  annehmen,  daß  das  Schwergewicht  der  Entwickelung  und  der 
Höhepunkt  ihrer  Entfaltung  bei  den  Pinnipedier n  erst  in  die  Neu- 
zeit fällt. 

2.  Die  Sirenen  (Sirenia)  bilden  in  der  rezenten  Tierwelt 
eine  kleine  Abteilung  mit  dem  Dugong  (Halkore)  und  dem  Lamantin 
(Manatus),  wozu  wir  noch  das  Ende  des  18.  Jahrhunderts  ausgerottete 
Borkentier  (Bhytina  Stelleri)  anreihen  können.  Vom  wissenschaft- 
lichen Standpunkte  aus  und  speziell  bei  unseren  Betrachtungen  hat 
diese  Gruppe  eine  erhöhte  Bedeutung,  denn  wir  erkennen  in  deren 
Vertretern  den  seltenen  Fall  einer  Anpassungs form  von  Pflanzen- 
fressern an  das  Wasser-  und  Meerleben.  Die  Umgestaltung 
des  Körpers  ist  so  weit  vorgeschritten,  daß  man  früher  in  ihnen  nur 
eine  herbivore  Abteilung  der  Waltiere  sah,  doch  weist  die  ganze  Ana- 
tomie des  Tieres  und  vor  allem  der  Schädelbau  auf  einen  gänzlich 
verschiedenen  ürstamm ,  und  mit  Recht  sieht  man  jetzt  in  der 
äußeren  Ähnlichkeit  der  Körperform  und  der  Bewegungsorgane  nur 
eine  Konvergenz  der  Anpassungsform  zwischen  den  Waltieren  und 
Sirenen. 

Die  Sirenen  sind  bekanntlich  große  plumpe  Wassertiere,  welche 
in  den  Flüssen  und  an  der  Küste  ihre  aus  Pflanzen  bestehende  Nah- 
rung suchen.  Der  Körper  hat  eine  weitgehende  Umformung  nach 
dem  Prinzip  der  Schiffsschraube,  d.  h.  Bewegung  mittels  der 
Schwanzflosse  erfahren.  Dementsprechend  endigt  der  zylindrisch  ge- 
formte Körper  in  einer  breiten,  horizontal  stehenden  Schwanzflosse, 
während  die  Hinterextremitäten  vollständig  geschwunden  sind  und 
das    Becken  rudimentär  geworden   ist.     Die  Vorderextremitäten   sind 


—     379     — 

als  flossenartige  Paddeln  entwickelt,  der  Hals  gedrungen,  der  Schädel 
vorn  in  eigentümlicher  Weise  abgestutzt,  indem  die  Zwischen-  und 
Unterkiefer  nach  unten  abgebogen  erscheinen.  Die  Haut  ist  sehr  dick 
mit  stark  reduziertem  Haarkleid ,  das  nur  bei  ganz  jungen  Tieren 
noch  etwas  reichlich  ausgebildet  ist,  bei  alten  aber  nur  noch  aus 
einzeln  stehenden  Haaren,  die  am  Schnauzenteil  zu  Borsten  entwickelt 
sind ,  besteht.  Das  Gebiß  zeigt  bei  Manatus  zahlreiche  Molaren 
mit  Doppeljoch,  welche  sich  fortwährend  ergänzen,  indem  die  hinteren 
nach  vorne  schieben ,  während  die  vorderen  abgenützten  ausfallen. 
Bei  Halicore  ist  eine  Verkümmerung  des  Gebisses  zu  beobachten, 
welche  bei  Rhytina  bis  zum  vollständigen  Schwund  der  Bezahnung 
vorgeschritten  ist. 

Fossil  kennt  man  eine  große  Anzahl  von  Sirenen,  welche  sich 
im  Tertiär  finden  und  mit  geringer  Ausnahme  zu  der  fla^icore- Gruppe 
gehören.  Nach  den  neuesten  Untersuchungen  von  0.  Abel  (Ab- 
handig. d.  K.  K.  geolog.  Reichsanstalt  in  Wien,  Bd.  XIX  Heft  2. 
1904)  haben  wir  die  Entwickelung  der  Halicoriden  an  den 
tertiären  Mittelmeerküsten  zu  suchen  und  speziell  Halicore 
vom  Eotherium  aus  dem  ägyptischen  Eozän  abzuleiten,  während 
die  zahlreichen  oligozänen  und  miozänen  Arten  wie  Felsinothermm, 
Metaxüherium  und  Halithermm  einen  selbständigen  Seitenast  ebenso 
wie  die  Manatus-l^eihe  bilden. 

Für  unsere  Betrachtung  von  Interesse  ist  die  Beobachtung, 
daß  die  alten  tertiären  Formen  in  ihrer  Anpassung  an 
das  Wasserleben  weniger  vorgeschritten  sind,  also  Land- 
säugern näher  stehen  als  die  rezenten  Arten.  So  hat  Eotherium 
noch  ein  gutentwickeltes  Becken,  in  welchem,  nach  dem  Acetabulum 
zu  schließen,  auch  noch  eine  Hinterextremität  funktionierte.  Bei 
Metaxitherium  ist  das  Becken  bereits  funktionslos,  bei  Halitherkfm 
noch  mehr  geschwunden ,  bis  wir  es  schließlich  bei  Halicore  als 
kleinen  rudimentären  Knochen  wieder  finden.  In  analoger  Wgise  ist 
das  Gebiß  bei  Eotherium  noch  ein  vollständiges  mit  3  Incisiven, 
1  Canin,  6  Prämolaren  und  3  Molaren  und  erleidet  allmählich  einen 
Schwund  bis  zu  Halicore,  wo  wir  nur  noch  2  als  Stoßzähne  ent- 
wickelte Incisiven  und  5  Molaren  in  der  Form  von  rudimentären 
Stiftzähnen  finden,  welch  letztere  bei  Rhytina  vollends  gänzlich  ge- 
schwunden sind. 

Wir  werden  also  durch  paläontologische  Funde  den  landlebenden 
Stammformen  etwas  näher  gerückt,  müssen  aber  doch  gestehen,  daß 
bis  zu  diesen  selbst  noch  ein  weiter  Schritt  ist  und  es  ist  mehr  als 


—     380     — 

wahrscheinlich,  daß  die  uns  unbekannten  Urformen  in  vortertiärer 
Zeit  lebten.  Um  uns  ein  Bild  von  diesen  zu  machen,  muß  wiederum 
die  vergleichende  Anatomie  einsetzen,  indem  wir  zunächst  das  Tier 
alles  dessen  entkleiden,  was  wir  als  Anpassung  an  das  Wasserleben 
aufzufassen  haben.  Der  noch  bleibende  Rest ,  wie  Gehirn ,  Gebiß, 
Schädel,  Larynx,  der  männliche  Genitalapparat,  die  an  den  Tapir  er- 
innernde Nasenhöhle  und  die  Haut  weisen  zweifellos  auf  eine  Ab- 
stammung von  LJngulaten  oder  Huftieren  hin,  und  ganz  be- 
sonders unter  Beiziehung  der  bei  Eotherium  und  Eosiren  zu  be- 
obachtenden Anklänge  an  die  Urformen  möchte  ich  entschieden  für 
eine  Proboscidier-ähnliche  Stammform  eintreten.  Wir  haben 
dabei  natürlich  nicht  etwa  an  einen  Elephantiden  der  Jetztzeit  zu 
denken,  sondern  an  die  Vorläufer  derselben,  auf  welche  gleichfalls 
die  eozänen  Funde  aus  Ägypten  wie  Palaeomastodon  und  Moeri- 
ther ium  hinweisen.  Ganz  speziell  das  letztere  Tier,  von  welchem 
sich  vorzügliche  Überreste  im  Kgl.  Naturalienkabinett  in  Stuttgart 
befinden  \  weist  sowohl  im  Schädelbau  wie  im  Gebiß  einerseits  viele 
Analogien  mit  den  Manatus-öhwWchQn  Sirenen,  z.  B,  Prorastomus^ 
wie  anderseits  mit  dem  Halicor e-'ahn\ichen  Eotherium  mit  seiner 
bunodonten  Bezahnung  auf.  Man  könnte  sogar  in  Hinsicht  auf 
letztere  an  Analogien  mit  dem  Zahnbau  von  Palaeomastodon  denken. 

In  diesem  Falle  hätten  wir  sowohl  unter  den  Land-  wie  unter 
den  Wasserformen  zwei  parallel  verlaufende  Entwickelungsreihen, 
wobei  die  Prorastomus-Manatus-Lmie  der  Entwickelungsreihe  Moeri- 
therium — Dmotherium  entsprechen  würde,  während  die  Formenreihe 
der  Halitherien  derjenigen  der  Mastodonten  gleich  zu  setzen  wäre. 
Es  ist  hier  nicht  der  Platz,  diese  vergleichend  anatomischen  Studien 
in  ihren  Einzelheiten  auszuführen,  so  interessant  und  reizvoll  es 
wäre,  denn  es  würde  weit  den  mir  gesetzten  Rahmen  überschreiten. 

3.  Die  Waltiere  (Cetacea).  „Keine  zweite  Ordnung  von 
Säugetieren  zeigt  so  deutlich  wie  die  Walfische  den  umformenden 
Einfluß  der  Umgebung  auf  den  Körper  und  daneben  das  konservative 
Prinzip,  das  dem  Körper  das  Ererbte  erhalten  will,  sei  es  auch  nur 
in  Gestalt  rudimentärer  Organe,  die  dem  Körper  tatsächlich  nutzlos 
geworden  sind.     Zahlreicher  als  bei  anderen  Säugetieren  treten  uns 


'  Es  sind  dies  überaus  wichtige  und  reichhaltige  Aut'sammhmgen  von 
eozänen  Wirbeltieren,  welche  in  Ägypten  von  dem  unermüdlichen  Sammler 
R.  Markgraf  im  Laufe  der  letzten  Jahre  gemacht  und  dank  der  Vermittelung 
und  Unterstützung  von  Kaufmann  G.  Mez  in  Kairo  und  Th.  Warin  er  in. 
Stuttgart  an  unser  Museum  kamen. 


—     381     — 

hier  solche  rudimentäre  Organe  entgegen,  die  Einsicht  geben  in  die 
Vorgeschichte  dieser  Tiere,  die  durch  das  ausschheßhche  Leben  im 
Wasser  tiefgreifend  verändert  sind  in  ihrem  äußeren  und  inneren  Bau. 
Alle  Veränderungen  zielen  darauf  ab,  sie  zum  Schwimmen  und 
Tauchen  zu  befähigen  und  selbst  solchen  Verrichtungen  unter  Wasser 
obzuliegen,  wie  das  Werfen  von  Jungen  und  deren  erste  Ernährung 
nach  Art  der  Säugetiere."  Mit  diesen  Worten  führt  uns  M.  Weber 
(Die  Säugetiere,  1904,  S.  552)  in  den  Abschnitt  über  die  Cetaceen 
ein  und  spricht  darin  alles  Wesentliche  aus,  was  wir  bei  unseren 
Betrachtungen  dieser  Gruppe  zu  beachten  haben. 

Wir  sehen  bei  der  Gruppe  der  Wale  die  Anpassung  an  das 
Wasserleben  nach  dem  Prinzip  der  Schraubenbewegung  in  voll- 
kommenster Weise  ausgebildet  und  dementsprechende  Umformungen 
des  Körpers  entwickelt.  Der  Körper  ist  gestreckt,  von  spindel- 
förmiger Gestalt,  ohne  eigentlichen  Hals,  mit  mächtiger  Schwanz- 
flosse und  zuweilen  auch  mit  einer  Rückenflosse.  Die  Vorderextremi- 
täten sind  typische  Paddeln  und  haben  jede  Funktion  der  Geh- 
bewegung auf  dem  Lagde  verloren,  die  Hinterextremitäten  und  selbst 
das  Becken  sind  bis  auf  wenige  funktionslose  Rudimente  verschwunden. 
Der  Schädel  ist  in  ganz  eigenartiger  Weise  dadurch  verändert,  daß 
die  mächtig  entwickelten  Kieferstücke  nicht  nur  nach  vorne  ver- 
längert sind,  sondern  sich  auch  nach  hinten  drängen  und  schuppen- 
förmig  über  den  eigentlichen  Schädel  herlegen.  Die  Bezahnung  ist 
in  der  Weise  rudimentär,  daß  keine  Differenzierung  des  Gebisses 
eintritt ,  so  daß  dieses ,  wenn  überhaupt  entwickelt,  einen  einfachen 
Rechen  von  gleichartig  gestalteten  Zähnen  (homodont)  bildet.  Bei 
anderen  Arten  sind  nur  einzelne  Zähne  oder  hornartige  Barten  ent- 
wickelt. Die  Wirbel  sind  ohne  Gelenkverbindung.  Die  Behaarung 
ist  gänzlich  geschwunden  und  nur  noch  embryonal  bei  einzelnen 
Arten  nachweisbar. 

Man  unterscheidet  unter  den  Waltieren  zwei  Unterordnungen, 
die  der  Mystacoceti  oder  Barten wale,  bei  welchen  die  Zahnanlage 
bereits  fötal  resorbiert  und  durch  zwei  Reihen  von  Bartenplatten  er- 
setzt wird,  und  die  Odontoceti  oder  Zahn  wale  mit  zahlreichen 
homodonten  Zähnen  oder  seltener  mit  einzelnen  eigenartig  differen- 
zierten Zähnen. 

Es  ist  außerordentlich  schwierig,  sich  ein  klares  Bild  über  die 
systematische  Stellung  der  Stammformen  derCetaceazu  machen, 
denn  bei  der  weitgehenden  Umformung  des  Körpers  sind  alle  die- 
jenigen Organe,    welche   noch    von   der  Stammform  übrig   geblieben 


—     382     — 

sind,  derartig  rudimentär  geworden,  daß  sie  uns  nur  geringen  An- 
haltspunkt bieten.  Darin  aber  stimmen  alle  neueren  Forscher  wie 
KüKENTHÄL,  Flower,  M,  Weber  u.  a,  überein,  daß  die  Wale  auf 
landlebende  Säugetiere  zurückzuführen  sind  und  daß  wir  nicht 
etwa  an  eine  Entwickelung  aus  marinen  Reptilien  (Enaliosaurier) 
denken  dürfen.  Das  häufig  nur  embryonale  Auftreten  von  Haaren 
am  Kopfe  läßt  darauf  schließen ,  daß  die  Vorfahren  behaart  waren ; 
der  rudimentäre  Hautpanzer,  den  Kükenthal  (Anatom.  Anzeiger  1890, 
No.  8,  S.  237)  bei  einzelnen  Delphinen  nachgewiesen  hat,  läßt 
uns  erkennen,  daß  die  Ahnen  derselben  Verknöcherungen  der  Cutis 
hatten  und  das  Auftreten  gerade  der  primitivsten  Delphine  in  den 
Flüssen  spricht  dafür,  daß  die  Wanderung  vom  Lande  ins  Meer  ein 
Zwischenstadium  in  den  Flüssen  hatte.  Der  Milchdrüsenapparat  ist 
trotz  aller  Spezialisierung  der  eines  Monodelphen  und  nach  Weber 
weisen  ebenso  wie  der  Bau  der  Milchdrüsen  und  Zitzen  auch  der 
männliche  und  weibliche  Geschlechtsapparat,  das  Gehirn,  der  Larynx 
und  die  Placenta  den  Stammformen  der  Cetaceen  nicht  nur  eine 
Stellung  unter  den  Monodelphia  an,  sondern  diese  sprechen  auch 
dafür,  daß  sie  von  Säugetieren  sich  herleiten,  die  bereits 
Monodelphia  waren. 

Sehr  frühzeitig  muß  aber  bereits  eine  Spaltung  und  Differen- 
zierung eingetreten  sein,  denn  die  Unterschiede  im  Bau  der  Mystaco- 
ceten  und  Odontoceten  sind  so  durchgreifend,  daß  Kükenthal  (Zoolog. 
Jahrb.  von  W.  Spengler,  Abt.  für  Systematik  etc.,  Bd.  V,  1891, 
S.  373)  diese  beiden  Gruppen  überhaupt  phylogenetisch  trennt  und 
nur  als  konvergente  Entwickelungsreihen  ansieht,  von  welchen  die 
der  Mystacoceten  als  die  jüngere,  die  der  Odontoceten  als  die  ältere 
zu  betrachten  wäre. 

Damit  stimmen  nun  im  wesentlichen  auch  die  paläontologischen 
Funde  überein,  denn  die  ersten  echten  Cetaceen,  welche  wir  leider 
erst  aus  dem  Miozän  kennen,  obgleich  der  Stamm  offenbar  viel 
weiter  zurückgreift,  gehören  den  Odontoceten  an.  Unter  diesen  zeigt 
die  Formengruppe  der  Squalodonten,  wenigstens  in  der  Be- 
zahnung,  einen  ausgesprochen  primitiveren  Charakter,  indem  sich  die 
einwurzeligen  vorderen  Hakenzähne  (Incisiven,  Canin  und  Prämolaren) 
von  den  zweiwurzeligen  Backzähnen  unterscheiden.  Die  letzteren 
sind  in  der  Krone  seitlich  zusammengedrückt  und  am  Vorder-  und 
Hinterrande  gezackt.  Das  Skelett  dieser  interessanten  Form  ist 
leider  wenig  bekannt,  scheint  sich  aber  im  wesentlichen  und  nament- 
lich im  Schädelbau  an  die  echten  Odontoceten  anzuschheßen.     Alle 


—     383     — 

übrigen  fossilen  Arten  der  Cetaceen ,  von  welchen  wir  eine  große 
Anzahl  wohlerhaltener  Überreste  aus  dem  Miozän  und  noch  mehr 
aus  dem  Pliozän  kennen,  schließen  sich  an  die  heute  lebenden  Arten 
an  und  geben  uns  entwickelungsgeschichtlich  so  gut  wie  keinen 
Aufschluß.  Es  ist  nur  im  allgemeinen  das  Prinzip  zu  erkennen,  daß 
sich  bei  den  geologisch  zurückliegenden  Arten  diejenigen  Merkmale 
mehren,  welche  auf  eine  Abstammung  von  Landsäugern  hinweisen, 
ohne  daß  sich  jedoch  eine  direkte  phylogenetische  Reihe  erkennen  läßt. 

^.  Die  Zeug:lo{loiiten  (Archaeoceti  oder  ürwale).  Ich  habe  es 
vermieden ,  bei  der  Stammesgeschichte  der  Cetaceen  die  Zeuglo- 
donten  beizuziehen,  wie  dies  wohl  in  allen  Lehrbüchern  heute  noch 
geschieht,  da  diese  Gruppe  meiner  Überzeugung  nach  eine  selb- 
ständige Ordnung  bildet,  welche  bisher  nur  infolge  mangelnder 
Kenntnis  mit  deny  Cetaceen  in  eine  Linie  gestellt  wurde ,  während 
sie  entwickelungsgeschichtlich  mit  diesen  nichts  zu  tun  hat,  und  die 
Ähnlichkeiten  nur  einer  konvergenten  Entwickelung  bei  der  An- 
passung ans  Wasserleben  entsprungen  sind.  Diese  Anschauung  be- 
gründet sich  auf  das  Studium  eines  reichlichen  Materiales  aus  dem 
Eozän  von  Ägypten,  das  in  neuester  Zeit  gesammelt  wurde  und  sich 
im  Stuttgarter  Naturalienkabinett  und  der  paläontologischen  Samm- 
lung in  München  befindet.  Ich  habe  bereits  1904  (Geolog,  u.  palä- 
ontolog.  Abhandlungen  N.  F.,  Bd.  VI  Heft  3,  1904)  einen  kleinen 
Teil  dieses  Materiales  bearbeitet ,  während  die  weiteren  Publika- 
tionen von  E.  Y.  Stromer  und  mir  bevorstehen  ^ 

Die  Zeuglodonten  bilden  eine  Gruppe  ausgestorbener  Seesäuger, 
welche  in  den  Schichten  des  älteren  Tertiärs ,  insbesondere  von 
Alabama  (N. -Amerika)  und  von  Ägypten ,  gefunden  wurden.  Die 
früheren  Funde  stammen  aus  dem  Oligozän  von  Alabama  und  weisen 
auf  Tiere  von  bedeutender  Größe  hin,  die  noch  durch  fälschliche 
Zusammenstellung  der  Wirbel  mehrerer  Individuen  zu  einem  un- 
geheuren Meerdrachen  (HyärarcJios)  ausgestaltet  wurden.  Trotz  des 
nicht  unbedeutenden  Materiales  von  diesen  amerikanischen  Riesen- 
formen, für  welche  wir  am  besten  den  alten  Namen  Basilosaurus 
wieder  einsetzen ,  blieb  doch  die  Diagnose  des  ganzen  Tieres  eine 
unsichere.  Die  Funde,  welche  von  Schweinfurth  und  Stromer  im 
Eozän  von  Ägypten  gemacht  wurden,  stammen  von  kleineren  Arten 
her,  für  welche  der  auf  sie  angewendete  Name  Z euglodon  bestehen 

*  Auch  dieses  Material  verdanken  wir  R.  Markgraf  in  Kairo,  der  es  teils 
am  Mokattam,  teils  in  dem  Wüstengebiet  des  Fajum  sammelte  und  das  mir  durch 
Vermittelung  der  Herren  Mez  und  Wann  er  zukam. 


—     384     — 

bleiben  kann.  Sie  haben  namentlich  die  Kenntnis  der  Anatomie  des 
Schädels  wesentlich  gefördert.  Ziehen  wir  hierzu  die  Ergebnisse  der 
Untersuchung  des  neuesten  Materiales,  so  bekommen  wir  schon  ein 
recht  annehmbares  Gesamtbild  dieser  Gruppe  und  insbesondere  Auf- 
schluß über  deren  Abstammung. 

Die  Zeuglodonten  stellen  sich  uns  dar  als  typische  Meersäuger, 
bei  welchen  die  Umwandlung  des  Skelettes  nach  dem  Prinzip  der 
Vorwärtsbewegung  mittels  Schraube  schon  stark  ausgebildet  war. 
Dementsprechend  ist  der  Körper,  wie  bei  den  Waltieren,  lang  und 
spindelförmig.  Der  Schädel  vorne  in  einer  langen  zugespitzten 
Schnauze  auslaufend,  der  Hals  gedrungen,  die  Wirbel  bei  Basilo- 
saurus  groß,  plump  und  ohne  Gelenkverbindung,  der  Schwanz  lang 
und  in  einer  großen  Schwanzflosse  endigend.  Die  Vorderflosse  ist  zwar 
zu  einer  Paddel  umgestaltet,  aber  nicht  wie  bei  d^n  Walen,  sondern 
ganz  wie  bei  den  Robben ;  die  leider  wenig  bekannte  Hinterextremität 
war,  nach  dem  Becken  zu  schließen,  jedenfalls  bei  Basilosaurus 
funktionslos  und  verkümmert. 

Das  größte  Interesse  beansprucht  der  Schädel ,  welcher  lang- 
gestreckt ist,  aber  nach  einem  von  den  Cetaceen  vollständig  ver- 
schiedenen Prinzip.  Während  bei  diesen  die  übermächtig  entwickelten 
Kieferteile  gewissermaßen  nach  rückwärts  drängen  und  den  eigent- 
lichen Schädel  gleichsam  zusammenschieben,  ist  bei  den  Zeuglodonten 
die  entgegengesetzte  Tendenz  einer  allgemeinen  Streckung  des  ge- 
samten Schädels  zu  beachten.  Wir  können  ihn  am  besten  mit  einem 
übermäßig  langgestreckten  Robbenschädel  vergleichen,  mit  welchem 
auch  die  Lagerung  der  einzelnen  Skelettelemente  am  besten  in  Ein- 
klang zu  bringen  ist.  Die  Lage  der  Nasenöffnung  ist  infolge  der 
hervorragenden  Zwischenkiefer  etwas  nach  hinten  verschoben,  ebenso 
liegen    die  Choanen ,    wie  bei  allen  Wasserbewohnern ,    weit  zurück. 

Die  Bezahnung  ist  differenziert  und  ergibt  3  Incisiven,  1  Canin, 
4  Prämolaren  und  2 — 3  Molaren  in  jeder  Kieferhälfte ;  von  diesen  sind 
die  vorderen  5  Zähne  als  einwurzelige  Kegelzähne  ausgebildet,  wäh- 
rend die  übrigen  zweiwurzelig,  seitlich  zusammengedrückt  und  am 
Vorder-  und  Hinterrand  gezackt  erscheinen.  Die  Analogie  des  Ge- 
bisses mit  dem  von  Squalodon  hat  ganz  besonders  dazu  beigetragen, 
diese  beiden  in  eine  phylogenetische  Reihe  zu  bringen,  während  ich 
hierin  nur  eine  konvergente  Umformung  durch  das  Wasserleben  sehe, 
wie  wir  ja  auch  dieselbe  Tendenz  der  Entwickelung  von  Zacken- 
zähnen bei  vielen  Ohrenrobben  finden. 

Vergleichend  anatomisch  betrachtet,  haben  wir  in  den  Zeuglo- 


—     385     — 

donten  eine  eigentümliche  Mischung  von  Charakteren  der  Pinnipedier 
und  der  Wale  und  zwar  schließt  sich  der  Schädel  und  der 
vordere  Teil  des  Rumpfes  inklusive  der  Vord  er  extr  emi- 
tät  mehr  an  die  Pinnipedier  an,  während  der  hintere 
Rumpfteil  an  den  Bau  der  Wale  erinnert.  Man  möchte 
schon  hieraus  schheßen,  daß  wir  es  mit  einer  Formenreihe  zu  tun 
haben,  die  von  ähnhchen  Urformen,  wie  die  Pinnipedier,  abstammt, 
die  aber  bei  ihrer  Anpassung  an  das  Wasser  eine  Umformung  im 
Sinne  der  Cetaceen  erfahren  hat. 

Diese  Auffassung  wird  in  glänzender  Weise  durch  die  paläonto- 
logischen Funde  bestätigt.  Als  das  Endghed  der  Reihe,  soweit  be- 
kannt, dürfen  wir  Basilosaurus  ansehen,  welcher  mit  seinen  un- 
geheuren plumpen  Wirbeln  auf  eine  Form  mit  relativ  kleinem  Schädel 
und  langgestrecktem  walfischartigen  Rumpfe  hinweist.  Zugleich  mit 
diesem  tritt  aber  sowohl  im  Oligozän  von  Alabama  wie  im  oberen 
Mitteleozän  von  Ägypten  eine  weitere  große  Art  auf,  deren  kurze 
Wirbel  (Doniodon  =  Zeuglodon  hrachyspondylus)  auf  Tiere  mit  ge- 
drungenem Körper  hinweisen.  An  diese  schließt  nun  rückwärts  das 
Zeuglodon  im  engeren  Sinne  aus  dem  oberen  Mitteleozän  von 
Ägypten  (Typus  Z.  Osiris  Dames  und  Z.  Zitteli  Stromer)  an ,  bei 
welchem  wir  zwar  noch  einen  großen  Schädel  vollständig  vom  Typus 
des  Basilosaurus  und  Doruodon  finden,  bei  welchem  aber  die  Wirbel- 
säule einen  vollständig  verschiedenen  Charakter  trägt,  indem  an 
Stelle  der  gelenklosen  plumpen  Wirbel  nun  normal  gebaute  Wirbel 
mit  wohlausgebildeter  Gelenkverbindung  etwa  wie  bei  den  Robben 
auftreten.  Der  Schädel  erscheint  hier  im  Verhältnis  zum  Rumpfe 
ungemein  groß  und  das  Gleichgewicht  des  Tieres  konnte  nur  durch 
die  Entwickelung  eines  sehr  großen  und  kräftigen  Schwanzes  auf- 
recht erhalten  werden. 

Es  ist  wohl  kein  Zweifel,  daß  wir  in  dieser  Entwickelung  der 
Wirbelsäule  bereits  eine  Annäherung  an  die  landlebende  Stammform 
zu  sehen  haben ,  aber  trotzdem  ist  die  Bezahnung  noch  eine  aus- 
gesprochen zeuglodonte ,  wie  bei  Basilosaurus.  In  dieser  Hinsicht 
tritt  eine  Änderung  erst  bei  den  Arten  aus  dem  unteren  Mitteleozän 
ein,  welche  überhaupt  die  bis  jetzt  ältesten  Vertreter  dieser  Gruppe 
darstellen  und  die  ich  (1.  c.)  als  Protocetus  afavus  und  Eocetus'^ 
Schweinfurthi  beschrieben  habe.  Bei  diesen  Arten  ist  das  Gebiß 
noch  kein  zeuglodontes ,    sondern    erinnert   viel    mehr   an  das    eines 

^  Eocetus  ist  für  den  von  mir  gebrauchten  aber  bereits  vergebenen  Namen 
Mesoceius  einzusetzen. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905.  25 


—     386     — 

Fleischfressers  und  läßt  zweifellos  den  Typus  desCreodontier- 
gebisses  erkennen,  ebenso  wie  der  Schädel  von  Protocetus  sich 
ganz  ungezwungen  mit  dem  der  Creodontier  vergleichen  läßt.  Damit 
ist  nun  die  Brücke  zu  den  landbewohnenden  Stammformen,  welche 
ich  unter  den  Proviverriden  suche,  gefunden  und  wir  haben 
demnach  in  den  Zeuglodonten  eine  einzig  dastehende 
vollständig  geschlossene  Anpassungsreihe,  bei  welcher 
wir  auch  die  landlebende  Stammform  genau  kennen. 

Aus  den  nahen  verwandtschaftlichen  Beziehungen  der  Stamm- 
formen erklären  sich  die  tatsächlichen  Ähnlichkeiten  im 
Skelettbau  zwischen  den  Pinnipediern  und  Zeuglodonten, 
aus  der  teilweise  konvergenten  Entwickelung  im  Wasser  die  schein- 
baren Ähnlichkeiten  zwischen  ihnen  und  den  Cetaceen. 
In  charakteristischer  Weise  beginnen  die  Zeuglodonten  mit  kleinen 
Arten  und  endigen  mit  Riesenformen  und  es  würde  jeglichem  Gesetze 
der  Entwickelungsgeschichte  widersprechen,  wenn  wir  annehmen  woll- 
ten, daß  aus  diesen  gewaltigen  Riesen  wieder  die  kleinen  Squalo- 
donten  hervorgegangen  wären. 

Wir  sind  damit  am  Schluß  unserer  Betrachtungen  und  haben 
gesehen ,  daß  auch  bei  den  Anpassungsformen  der  Säugetiere  die- 
selben Prinzipien  und  Gesetze  zur  Geltung  kommen,  wie  wir  sie  bei 
den  Reptilien  kennen  gelernt  haben.  Es  sind  die  Gesetze  der  Mechanik, 
welche  natürlich  bei  allen  Tiergruppen  gleichartig  wirken  müssen,  um 
sie  zum  Aufenthalt  und  Leben  in  dem  neuen  Elemente  tauglich  zu 
machen. 

Stuttgart,  Ostern   1905. 


Ein  botanischer  Streifzug  über  die  Grenze. 

Von  H.  Dieterich,  Pfarrer  in  Wittlingen. 

Ein  mehrwöchentlicher  Aufenthalt  in  Königsfeld  in  Baden  (Ende 
Juni  bis  Mitte  Juli)  gab  mir  Gelegenheit  und  Anlaß,  die'Flora  dieser 
Gegend  aufzunehmen.  Das  Gebiet,  früher  württembergisch,  liegt 
noch  jetzt  dicht  an  der  württembergischen  Grenze,  welche  auf  der 
Nordseite  Königsfeld  bis  auf  eine  halbe  Stunde  nahe  rückt,  von  da 
nördlich  dem  Bernecktal  entlang  nach  Schramberg  zieht,  östlich  aber 
gegen  Schwenningen  in  der  Entfernung  von  2 — 3  Stunden  hinstreicht. 
So  liegt's  dem  württembergischen  Botaniker  nahe  genug,  um  zu  einer 
prüfenden  Vergleichung  mit  der  württembergischen  Flora  zu  reizen. 
Es  kommt  dazu  die  interessante  geognostische  Lage.  Ostlich  zieht 
dem  Neckartal  entlang  das  Muschelkalkgebiet  von  Oberndorf  bis 
Donaueschingen;  dasselbe  schiebt  nach  der  Karte  eine  Zunge  west- 
lich dem  Glas-  oder  Vorderbachtal  entlang  eben  bis  Königsfeld  vor. 
Daran  schheßt  sich  westUch,  ebenfalls  von  Süd  nach  Nord  streichend, 
der  bunte  Sandstein :  er  herrscht  in  der  Königsfelder  Umgebung  vor. 
Wieder  westlich  davon  zieht  sich  das  Granitgebiet  südnördhch  von 
Furtwangen  über  Triberg  nach  Hornberg.  Im  bunten  Sandstein  liegt 
die  Wasserscheide  zwischen  Donau  und  Rhein ;  die  Quellen  Königs- 
feld gehen  dem  Neckar  zu,  während  südlich  von  Königsfeld  auf  drei- 
viertel Stunden  Entfernung  die  Donauquelle  Brigach  gegen  Villingen 
hinzieht,  in  Granit  gebettet.  Das  alles  macht  gespannt,  ob  und  wie 
weit  der  Wechsel  der  Formation  in  der  Flora  sich  geltend  macht. 
Was  ist  der  eigentliche  Bestand  der  Sandsteinflora?  Läßt  sich  ein 
Hinübergreifen  der  Kalkflora  feststellen?  Wie  weit  macht  sich  in 
der  Granitformation  eine  Veränderung  bemerklich?  Für  diese  Fragen 
suchte  ich  die  Lösung  zu  finden ,  und  was  ich  feststellen  konnte, 
will  ich  im  folgenden  geben.  Nicht  auf  die  „Markung"  von  Königs- 
feld beziehen  sich  die  folgenden  Angaben ;  diese  ist  erst  vor  ca. 
100  Jahren  aus  den  umgebenden  Markungen  herausgeschnitten  worden 


—     388     — 

und  sehr  klein  ,  gäbe  also  ein  unzureichendes  Bild  von  der  durch- 
schnittlichen Flora  einer  Schwarzwaldmarkung.  Es  ist  für  die  fol- 
gende Feststellung  das  Gebiet  anzunehmen,  das  mit  einem  Radius 
von  zirka  einer  Stunde  um  Königsfeld  sich  abgrenzt. 

Den  ganzen  Abstand  zwischen  Kalk-  und  Sandsteinflora  hat 
man  2  Stunden  östlich  von  Königsfeld  auf  der  Nordstetter  Höhe  vor 
Augen.  Diese,  im  Königsfelder  „Führer"  als  geognostisch  und  bota- 
nisch interessant  bezeichnet,  erweckte  Erwartungen,  die  auch  nicht 
betrogen  wurden :  mit  einem  Schlag  scheint  man  da  vom  Schwarz- 
wald auf  die  Alb  versetzt  zu  sein,  ein  total  anderes  Florabild  steht 
vor  Augen,  das  sich  charakterisiert  durch  das  Auftreten  folgender 
Arten :  Cichorium  Intyhus,  Senecio  Jacobaea,  Carlina  vulgaris,  Pni- 
nella  grandiflora,  Salvia  pratensis,  Stachys  reda,  St.  alpina,  Ori- 
ganum  vulgare,  Betonica  ofßcinalis,  Ononis  repens ,  Melilotus  offi- 
cinalis,  Convolvulus  arvensis,  Thlaspi  arvense,  Melampyrum  arvense, 
Galium  verum,  JDaiicus  Carota,  Ägrimonia  Eupatoria,  Rubus  caesius 
nebst  einem  Bastard  davon,  Lithospermum  arvense,  Euphorbia  exigua, 
Carex  glauca,  Gymnadenia  conopsea,  Epipactis  latifolia,  Lilium 
Martagon,  Gentiana  lutea.  "Was  der  Laie  von  den  geognostischen 
Verhältnissen  sieht,  ist,  daß  hier  statt  des  Sandbodens  sandiger 
Lehmboden  ansteht,  mit  Kalksteinen  untermischt.  Der  Einfluß  der 
Bodenbeschaffenheit  auf  die  Flora  ist  frappierend.  In  kleinerem 
Maßstab,  aber  nicht  weniger  auffällig  tritt  derselbe  dicht  bei  Königs- 
feld zutage.  Einige  Minuten  südlich  vom  Ort,  wo  echter  Schwarz- 
waldtannenwald mit  Heidelbeergrund  das  Wiesental  umsäumt,  stößt 
man  mit  einmal  auf  eine  Strecke  von  einigen  Ar  mit  üppiger  Kalk- 
waldvegetation ;  da  stehen  in  Menge  die  Gymnadenia  conopsea, 
Cirsium  arvense,  Cirsium  rivulare  samt  dem  Bastard  C.  rivuJare- 
palustre,  Angelica  silvestris,  Silaus  pratensis,  Koeleria  cristata  und 
selbst  Scorsonera  humilis;  zum  Teil  in  ungewöhnlicher  Üppigkeit 
{Plantago  media  z.  B.  mit  bis  25  cm  langen  aufgerichteten  Blättern). 
Die  Ursache  sieht  man  an  einer  angehauenen  Stelle ,  an  der  blauer 
Lehm,  Muschelkalklehm  wohl,  zutage  tritt.  Wenn  zwei  Kilometer 
davon  entfernt  auf  reinem  Sandstein- ,  resp.  Heidekrautboden  die 
Scor Sonera  humilis  noch  einmal  auftritt,  neben  Ärnica  montana,  so 
ist  anzunehmen,  daß  der  Same  den  Flug  vom  Muschelkalk  auf  den 
Sandboden  gemacht  hat.  Die  badische  Flora  bezeichnet  Scorsonera 
humilis  als  sehr  selten,   in  der  Baar. 

Einen  gleich  starken  Wechsel  der  Erscheinungen  findet  man 
beim  Übergang    vom    bunten  Sandstein    auf  das  Granitgebiet  nicht; 


—     389     — 

wohl  schon  um  deswillen  nicht,  weil  hier  die  oberste  Bodenschicht 
eben  auch  Sandboden  ist.  Doch  stößt  man  hier  auf  Stellen ,  die 
wieder  mehr  Ähnlichkeit  mit  der  Kalksteinflora  aufweisen.  So  trifft 
man  an  der  Brigach  dicht  beieinander  die  für  die  Albflora  so  cha- 
rakteristischen Bwnex  scutatus,  Festuca  glaiica,  Ladiica  muralis, 
Fimpinella  saxifraga,  neben  echten  Schwarzwäldern,  wie  Hypericum 
Immifusum.  Und  auf  den  Bergen  über  dem  Ursprung  der  Donau- 
quellen (Kesselberg,  bis  1050  m)  kommt  man  über  Strecken  junger 
Waldpflanzungen,  die  recht  älblerisch  anmuten  und  nur  durch  ein- 
zelne Erscheinungen,  wie  Centaurea  phrygia,  Jasione  montana  den 
richtigen  Schwarzwald  anzeigen.  Dieser  tritt  natürlich  auf  allen 
Hochmooren  und  Sümpfen  unverfälscht  zutage.  Auf  Schloß  Horn- 
berg  ist  man  umgeben  von  Echium  vulgare^  Sedum  alhtcm,  Sedimi 
holoniense^  ChaerophyUum  temulum,  Polypodium  vulgare,  während 
unten  im  Städtchen  schon  unterländische  Flora  sich  zeigt  (Solamim 
nigruni,  Panicum  sanguinale).  Hier  am  Schloßberg  fand  ich  übrigens 
auch  die  einzige  Art,  welche  in  der  württembergischen  Flora  nicht 
verzeichnet  ist:    Galeopsis  ochroleuca  L. 

Die  Königsfelder  Umgebung  liegt  700 — 850  m  über  dem  Meer, 
also  ungefähr  entsprechend  der  mittleren  Alb.  Der  Wald  herrscht 
vor,  Wiesen  sind  reichlich,  Fruchtfelder  weniger  vertreten.  Sumpf- 
stellen mit  Torfmoos  sind  ziemlich  zahlreich  vorhanden ;  aus  ihnen 
entspringen  die  kleinen  Wasserläufe ,  welche  meist  dem  Neckar  zu- 
ziehen. 

Das  folgende  Verzeichnis  kann  auf  Lückenlosigkeit  natürlich 
nicht  Anspruch  machen ;  macht  man  doch  auf  einem  Gebiet ,  mit 
dem  man  durch  vieljähriges  Begehen  vertraut  ist,  immer  noch  neue 
Entdeckungen  ^  Doch  wird  das  Bild,  das  sich  aus  der  nachfolgenden 
Zusammenstellung  ergibt,  im  wesentlichen  richtig  sein.  Die  Häufig- 
keit des  Vorkommens,  resp.  der  Fundstellen,  ist  durch  die  Ziffern  1 
(einzelne  Fandstellen),  2  (mehrfache  Fundstellen),  3  (vielfach-)  und 
4  (in  Menge  vorkommend)  bezeichnet.  In  ( — ?)  gesetzt  habe  ich 
Arten ,  deren  Vorkommen  ich  nicht  feststellen  konnte ,  wiewohl  ich 
danach  suchte.  (0.)  bezeichnet  einen  Standort  gegen  Osten ,  dem 
Muschelkalk  zu,  (W.)  einen  solchen  gegen  Westen,  dem  Granitgebiet 
zu.     In  [ — ]    gestellt   sind    gepflanzte   irrten.     Das  Charakteristische 

1  So  habe  ich  zu  der  Flora  von  Wittlingen  (diese  Jährest.  1904)  nach- 
zutragen als  neu  gefunden:  Arahis  sagittata  Dec. ,  Parnassia  palustris,  Fal- 
caria  Bivini,  Valeriana  montana  L.,  Hieracimn  murorum  —  Jacquini,  Pyrola 
secunda,  Lappa  macrosperma,  Carex  Ampullacea,  Stachys  annua. 


—     390     - 

der  Flora  liegt  nicht  bloß  in  dem,  was  sie  hat,  sondern  ebenso,  fast 
noch  mehr,  in  dem,  was  ihr  fehlt. 

1.  Ranunculaceae:  [ÄJiemone  süvestris?),  Bairachium  aqiia- 
tile  Mey.  2 ,  i>.  divaricatmn  Wimm.  1 ,  Ranunculus  aconitifolius  2, 
R.  Flammula  2,  B.  acris  3,  B.  reyens  3,  B.  arvensis  1  (0.),  (Fi- 
caria  venia?),  Caltha  palustris  3,  TroUnis  europaeus  2.  (Schon  bei 
dieser  Familie,  die  in  der  Albflora  mit  so  vielen  und  schönen  Arten 
vertreten  ist,  tritt  die  verhältnismäßige  Dürftigkeit  der  Schwarzwald- 
flora zutage.     Die  Alb  hat  ca.  3mal  mehr  Arten.) 

2.  Berberideae  — . 

3.  Nymphaeaceae  — . 

4.  Papaveraceae:  Papaver  Bhoeas  1,  P.  somniferum  1,  {Che- 
lidonium  majus  ?). 

5.  Fumariaecae  — . 

6.  Cruciferae:  {Cardamine pratensis?  ohne  Zweifell),  (/Si^i/m- 
brium  AUiaria  ?) ,  Erysimum  cheirantJioides  1  (W.  nur  in  wenigen 
kümmerlichen  Exemplaren) ,  Slnapis  arvensis  2 ,  [Brassica  oleracea, 
Lejndium  saiivum],  Capsella  Bursa  pastoris  4,  [Baphanus  sativus\ 
B.  Baphanistrum  4. 

7.  Cistineae:  Helianthemum  vulgare  1. 

8.  Violarieae:  (Viola  odorata?),  V.  silvestris  1,  V.  canina  1, 
V.  tricolor  3. 

9.  Resedeae  — . 

10.  Droseraceae:  Drosera  rotundifolia  1,  Parnassia  pa- 
lustris 1  (W.,  bis  zu  30  cm  hohe  Exempl.). 

11.  Polygaleae:  Bolijgala  vidgaris  2,  P.  depressa  We^derotüI. 

12.  Sileneae:  Dianthus  Garthusianorum  2,  Silene  inßata  Sm.  1, 
Coronaria  Flos  ciicidi  4,  Melandrium  vespertinum  Mart.  1,  il/.  sil- 
vestre  Roehl.  1,  Agrostemma   Githago  2. 

13.  Alsineae:  Sagina  procumbens  1,  Spergida  arvensis  3, 
(Spergidaria  rubra  W.  1),  Möhringia  trinervia  1,  Stellaria  media  2, 
St.  graminea  4,  St.  tdiginosa  2,  Cerastium  triviale  3. 

14.  Elatineae  — . 

15.  Lineae:  Lintim  catliarticum  2,  [L.  Hsitatissimum]. 
.16.  Malvaceae:  Malva  moschata  1   (auch  weiß). 

17.  Tiliaceae:   [Tilia  grandifolia]. 

18.  Hypericineae:  Hypericum  perforatum  4,  H.  quadran- 
gulum  1,  IL  pulckrum  1,  //.  Immifusum  1,  {H.  tetrapterum?). 

19.  Acerineae:  [Acer  pscudoplatanus,  A.  platanoides]-. 

20.  Ampelideae:   [Ampelo2ysis  quinquefoUa]. 


—     391     — 

21.  Geraniaceae:  Geranium  sanguineum  \  (in  einem  Garten), 
G.  Bohertianum  3,   G.  silvaticum  1  (0.),  {G.  pratense'^). 

22.  Balsamineae:    Impatiens  Noli  längere  1. 

23.  Oxalideae:   Oxalis  Acetosella  2. 

24.  Rutaceae  — . 

25.  Celastrineae :  (Evonymus  europaeus'?) 

26.  Rhamneae:  Bhanmus  Frangula  2. 

27.  Papilionaceae:  Sarothamniis  vulgaris  3,  Genist a  sagif- 
talis  4 ,  G.  pilosa  1 ,  Ononis  repens  1  (0.) ,  Anthyllis  vidneraria  3, 
Medicago  lupulina  3,  M.  sativa  1,  (ilf.  faleaia?),  MeWotus  offi- 
cinulis  1  (0.),  Trifolium  pratense  3,  T.  medium  2,  T.  repens  4, 
T.  hyhridum  2 ,  T.  spadiceum  1 ,  T.  incarnatum  1 ,  T.  aureum  2, 
T.  campestre  3,  io^w5  cornic^datus  2,  Z.  idiginosus  1,  [Rolnnia  Pseud- 
acacia] ,  Onohrychis  sativa  1  (0.) ,  F-icia  sativa  1 ,  F.  sepium  3, 
F.  cracca  4,  i^a6a  vulgaris  1  (0.),  Zcns  esculenta  2,  Fisum  arvense  1 
(0.),  [P.  sativum] ,  Orobus  pratensis  2 ,  Lathyrus  silvestris  1 ,  Za^A. 
tuberosus  1  (0.),  [Phaseolus  midtiflorus]. 

28.  Amygdaleae:  Prunus  spinosa  2. 

29.  Rosaceae:  Spiraea  Ulmaria  3,  G^ettm  riüa7e  3,  G.  ?<r- 
hanum  1 ,  Buhus  Idaeus  3 ,  7?.  fruticosus  3  ^ ,  Fragaria  vesca  3, 
(Comarum  palustre  oberhalb  Triberg  1),  Potentilla  verna  1,  (P.  a«- 
serina?),  P.  reptans  2,  P.  tormentilla  4,  Posa  canina  1,  P.  dume- 
tornm  1   (auch  P.  Beuferi  1  und  P.  coriifolia  1). 

30.  Sanguisorbeae:  Alchemilla  vidgaris  3,  J..  arvensis  1, 
Sanguisorha  ofßcinalis  3,  (Poterium  sanguisorba?). 

31.  Pomaceae:  Crataegus  Oxyacantha  2,  P«rM5  communis  1, 
P.  Malus  1,  Sorbus  Aucuparia  3. 

32.  Onagrarieae:  Epilobimn  spicatum  3  (an  feuchten  Stellen 
über  mannshoch),  P.  montanum  3,  P.  tetragonum  1,   P.  palustre  1. 

33.  Halorageae  — . 

34.  Hippurideae  — . 

35.  Callitrichineae:  (Callitriche  verna?). 

36.  Ceratophylleae  — . 

37.  Lythrarieae  — . 

38.  Tamariscineae  — . 


^  Zwei  Arten,  die  ich  für  E.  Köhleri  und  i?.  sulcatus  halte,  haben  die 
Alleinherrschaft.  Erst  in  Hornberg  und  Schramberg  fand  ich  wieder  weitere 
Formen.  Auch  in  dieser  Gegend  fand  ich  also  wieder  bestätigt,  daß  der  Formen- 
reichtum, wie  er  in  Wittlingen  (und  auch  in  Herrenalb)  vorliegt,  ein  ungewöhn- 
licher ist. 


—     392     — 

39.  Cucurbitaceae  — . 

40.  Portulacaceae:  Montia  rivularis  1. 

41.  Paronychieae  — . 

42.  Sclerantheae:  Sderanthiis  annuus  1. 

43.  Crassulaceae:  Sedum  purpiirascens  1,  S.  alhiim  1, 
S.  acre  1  (0.). 

44.  Grossularieae :  [liibes   Uva  crispi,  R.  mhnim]. 

45.  Saxifrageae:  (Chrysopleniiim  oppositifoUum?  wahr- 
scheinlich). 

46.  Umbelliferae  :  Äcgojwdiwn  Podagraria  4t,  Carum  Carvi  S 
(wird  auf  Granitboden  von  Meiim  athanianticum  abgelöst,  welches 
zunächst  bei  Kirnach  auftritt),  Pimpinella  magna  2,  P.  saxifraga  1, 
{Berula  angustifoUa  ?) ,  Äethusa  Cynapium  1 ,  Silaus  pratensis  1 
(s.  oben),  Angelica  silvestris  1,  Pastinaca  sativa  1  (0.),  Heracleum 
Sphondilium  3,  Daucus  Carota  1  (0.),  Anthriscus  silvestris  3,  Chaero- 
phyllum  hirsutwn  2,  Ch.  aureum  2. 

47.  Araliaceae:  {Hcdera  Helix?,  jedenfalls  gepflanzt). 

48.  Corneae:   Cornus  sanguinea  1  (0.). 

49.  Loranthaceae  — . 

50.  Caprifoliaceae:  Samhucus  nigra  1 ,  S.  racemosa  2, 
Vihurmtm  Lantana  1  (0.),  Lonicera  Xylosteum  1  (0.),  L.  nigra  1. 

51.  Stellatae:  Galiwn  Äparine  1,  G.tricorne  1,  G.palustre^^ 
G.  Mollugo  3,   G.  uliginosum  1. 

52.  Valerianeae:  Valeriana  officinalis  1  (0.),  F.  dioica  3, 
Valerianella  olitoria  1. 

53.  Dipsaceae:  Knautia  silvatica  2,  -^.  arvewsis  3  {Scabiosa 
cohimbaria?,  Succisa  pratensis?). 

54.  Compositae:  Adenostyles  albifrons  1  (außerordentlich 
üppig),  Tussilago  Farfara  2,  Petasites  officinalis  1,  Bellis  perennis  2, 
Solidago  Virgaurea  1,  [Helianthus  annuus],  Gnaphalium  uliginosum  1, 
6r.  dioicum  1,  (r.  silvaticum  1  (W.),  Achillca  Millcfolium  3,  .1.  Pfar- 
wica  1,  Anthemis  arvensis  2,  Tanacetum  vulgare  1  (Kirnach),  Chrys- 
anthemum Leucantliemum  4,  Arnica  montana  2  (ungewöhnlich  üppig 
auf  Sumpfstellen  des  Granitgebiets,  mit  bis  zu  8  Blütenköpfen), 
Senecio  vulgaris  3,  /S.  silvaticus  1,  /?.  crucifolius  1,  -S.  Fuchsii  1, 
Cirsium  lanceolatum  1,  C  palustre  4,  0.  rividare  2,  C  arvense  1, 
C.  rividare-palustre  1 ,  Carlina  acaidis  1  (auch  bis  auf  die  Granit- 
höhen von  1000  m),  Centaurea  phrygia  Koch  2,  (C  Jacea?),  C.  Cya- 
nus  1,  C.  Scabiosa  1.  (Auffallend  ist  die  Armut  an  Distelarten. 
Nur    C  palustre   ist   gemein.     Die    Kletten    fehlen   ganz.)     Lapsana 


—     398     — 

communis  3,  Leontodon  profeiformis  1,  L.  aidumnalis  1  (diese  beiden, 
auf  der  Alb  zu  den  gemeinsten  Arten  zählend,  werden  abgelöst  von 
HypocJioeris  radicata) ,  Picris  hieraciouJes  1  (0.) ,  Tragopogon  x>ra- 
tensis  2,  Scorsonera  humüis  1,  Hypochoeris  radicata  4,  Taraxacum 
officinale  3,  Lactuca  muralis  1,  Prenanthes  purpurea  3  (sehr  üppig), 
Sonchns  arvensis  1,  S.  asper  1,  Crepis  virens  3,  {C.  biennis?)^ 
C.  succisaefolia  2,  C.  paludosa  2,  Hieracium  Püosella  4,  H.  Auri- 
cida  3,  //.  miirorum  2  (auch  Pallidum  Bivon),  H.  vulgatum  1, 
H.  boreale  1,  Ä  umheUatttm  1. 

55.  Ambrosiaceae  — . 

56.  Campanulaceae:  Jasione  montann  2,  Pkyteuma  orhi- 
culare  2,  Pä.  spicatum  2  (0.),  Gampamda  rotundifoUa  3,  (C.  piisüla)^ 
an  einem  Granitblock  ober  Triberg,  übrigens  in  etwas  abweichender 
Form :  Glocke  breit,  Kelchzipfel  eilanzettlich  bis  lineal,  C.  pafida  3, 
C.  persicifolia  2  (bläulichweiß),  (C.  rapunculoidesY). 

57.  Vaccineae:  Vaccinium  MyrtiUus  4,  V.  nliginosiim  2, 
V.   Vitis  Idaea  2,   Oxycoccos  palustris  1  (W.). 

58.  Ericineae:   Callima  vidgaris  4. 

59.  Pyrolaceae:  Pyrola  secunda  1. 

60.  Monotropeae  — . 

61.  Aquifoliaceae:  Hex  Äquifolium.  1  (VV.). 

62.  Oleaceae:  Ligustrum  vulgare  1  (0.),  [Fraxinus  excelsior, 
Syringa  vidgaris]. 

63.  Asclepiadeae  — . 

64.  Apocineae:  [Vinca  minor]. 

65.  Gentianeae:  Menyantlies  trifoliata. 

66.  Polemoniaceae  — . 

67.  Convolvulaceae  — . 

68.  Boragineae:  [Borago  officinalis\  Symphytum  officinale  1, 
Myosotis  palustris  3,  M.  silvatica  2,  M.  intermedia  2. 

69.  Solanaceae:   [Solanum  tuberosum]. 

70.  Scrophulariaceae:  Verbascum  Thapsus  1 ,  V.  Lychnitis  1 , 
V.  nigrum  1,  ScropJmlaria  nodosa  2,  S.  Ehrharti  1,  {Digitalis 
purpurea  Schramberg),  Linaria  vulgaris  2,  Veronica  Chamae- 
drys  2,  V.  latifolia  1  (0.),  V.  officinalis  4,  F.  Beccabunya  2, 
F.  scutellata  1,  F.  serpyllifolia  1.  (Auffallend  ist  das  Fehlen  der 
Fero>iica-Arten,  welche  anderwärts  das  gemeinste  Ackerunkraut 
bilden,  wie  F.  Tourtiefortii^  V.  hederaefolia ;  nur  auf  der  Höhe  des 
Kesselbergs  fand  ich  ein  verkümmertes  Exemplar  von  F.  agrestis  L.) 
Melampyrum  pratense   3,    Jf.  sihaticum  2,    Pedicularis  silvatica  2, 

2.Ö* 


—     394     — 

(P.  palustris  W.) ,   RhinantJms  minor  3 ,   Bh.  major  1 ,    (Euphrasia 
officinalis  W.). 

71.  Orobancheae  — . 

72.  Labiatae:  Mentha  arvensis  1,  M.  acpiatica  1,  Thymus 
Serpylhim  3,  (Salvia  pratensis?),  Priinella  vulgaris  3,  {Glechoma 
hederaceum?),  (Lamium-ATten?),  Galeopsis  Tetrahit  3,  {Äjuga-Avien?)y. 
{Teuer ium  Scorodonia  W.)- 

73.  Verbenaceae   — . 

74.  Lentibularieae:  {Pinguicula  vulgaris  W.). 

75.  Primulaceae  :  Lysimachia  vidgaris  1,  Anagallis  arvensis  1^ 
(Primula  elatior  ?). 

76.  Globularieae  — . 

77.  Plumbagineae  — . 

78.  Plantagineae:  Plantago  major  3,  P.  media  2,  P.  ?an- 
ceolata  2. 

79.  Amarantaceae  — . 

80.  Chenopodiaceae:  Chenopodium  albiim  2  (C//.  ?^o»?<5  Hen- 
ricus?),  {Ätrijjlex-Aiten ?). 

81.  Polygonoceae:  Bumex  ohtusifoUus  3 ,  B.  crispus  1 , 
P.  scutatus  1,  P.  Äcetosa  2  (auch  arifolius),  P.  Acetosella  4^ 
Polygonum  lapathifoliiwi  2 ,  P.  avicidare  3 ,  P.  convolvidus  2, 
(P.  Bistorta?). 

82.  Thymelaeaceae  — . 

83.  Santalaceae:  Thesium  pratense  1. 

84.  Elaeagneae  — . 

85.  Aristolochieae  — . 

86.  Empetreae  — . 

87.  Euphorbiaceae:  Euphorbia  verrucosa  1,  P?^  Cy- 
parissias  2. 

88.  Urticaceae:  Urtica  dioica  \,  [Humulus  LnpuJus],  [Ulmus 
campestris]. 

89.  Juglandeae  — . 

90.  Copuliferae:  Fagus  silvatica  1,  Qucrcus  scssilißora  1, 
Corylus  Avellana  1. 

91.  Betulaceae  :  Betida  alba  3,  Älnus  glutinosa  2,  ^.  viridis  1. 

92.  Salicineae:  Populus  tremula  1,  [P.  a?6a,  P.  »«V/ra],  Ä'aZiir 
Caprea  3,  5.  a2/rito  2,  (5.  ?zyi(^a  W.). 

93.  Hydrocharideae   — . 

94.  Alismaceae  — . 

95.  Butomeae  — . 


—     395     — 

96.  Juncagineae  — . 

97.  Potameae:  Potamogeton  natans  1. 

98.  Lemnaceae:  Lenma  minor  2. 

99.  Thyphaceae:  Sparganium  ramosum  1. 

100.  Aroideae   — . 

101.  Orchideae:  Lister a  ovata  1,  Orchis  maculata  1,  (0.  lati- 
folia  W.),  Gijmnadea  conopsea  1  (s.  oben),  Piatanthera  bifoUa  2 
(auf  sumpfigen  Stellen). 

102.  Irideae  — . 

103.  Amaryllideae  — . 

104.  Liliaceae:  Convallaria  majalis  1  (auf  sumpfiger  Stelle 
neben  Lonicera  nigra  und  Polypodium  alpestre) ,  Majanthemum  bi- 
folium  2. 

105.  Colchicaceae:  (Colchicum  autumnale?). 

106.  Juncaceae:  Junciis  conglomeratus  3,  J.  effusus  1, 
J.  glaucus  1  (0.),  J.  supinus  1,  J.  lamprocarpus  2,  J.  silvaticus  1, 
J.  compressus  2 ,  J.  squarrosus  2 ,  Luzula  pilosa  2 ,  L.  alhida  2, 
L.  midtiflora  2. 

107.  Cyperaceae:  Heleocharis palustris  2,  Scirpus  silvaticus  1^ 
Eriophorum  vaginatum  1,  (JE',  gracile  W.),  E.  latifolium  1,  JS'.  an- 
gustifolium  1,  Carex  ^  stellulata  3,  C  vulgaris  2,  C.  montana  1, 
C  leporina  3,  C.  pallescens  2,  C.  panicea  2,  0.  j^ava  2  (auch  lepido- 
carpa),  C.  ampullacea  2,  C  vesicaria  2. 

108.  Gramineae:  Molinia  caendea  1,  Glyceria  fluitans  2, 
Cynosurus  cristatus  3,  Festuca  rubra  3,  (F.  ovina?),  F.  duriuscida  2, 
F.  pratensis  3,  Bromus  mollis  2,  ji5.  erectus  1,  (5.  sterilis?),  Brisa 
media  3,  Poa  annwa  2,  P.  compressa  1,  (P.  nenioralis?) ,  P.  ^ra- 
^ewsis  4,  P.  trivialis  3,  Bactylis  glomerata  4,  Koeleria  cristata  1, 
Holcus  lanatus  3,  {Arrhenatherum  elatius?),  [Ävena  sativa],  A.  fla- 
vescens  3,  J.ira  caespitosa  3,  A.  flexuosa  4,  Triodia  decumbens  1, 
[SecaZe  cerea/e] ,  [Triticum  Sp)elta],  T.  repens  2,  Lolium  perenne  3 
(auch  ramosum),  [Hordeum  distichum] ,  Nardus  stricta  1,  (Calama- 
grostis  epigeios  in  Schramberg) ,  Agrostis  alba  2 ,  J..  vulgaris  4, 
Phlewn  pratense  3,  Alopecuriis  pratensis  2,  Antoxanthiim  odoratum  4 
(zum  Teil  mit  10  cm  langer  rispiger  Ähre),  Phalaris  arundinacea  2. 

109.  Coniferae:  Pinus  silvestris  3,  P.  Larix  2,  [P.  Strobus  1], 
P.  Picea  3 ,  P  Abies  3 ,  Juniperus  communis  2  (auf  sumpfiger 
Heide). 

110.  Rhizocarpae  — . 

111.  Lycopodiaceae:  Lycopodium  clavatum  1. 


—     396     — 

112.  Equisetaceae:  Equisetum  arvense  2,  E.  silvaticum  2, 
E.  limosum  2. 

113.  Ophioglosseae  — . 

114.  Osmundaceae  — . 

115.  Polypodiaceae:  Polypodimn  alpcstre  1,  (P.  Phegopteris 
Triberg),  {Cystopteris  fragilis'?)^  Aspidium  Filix  mas  3,  (^4.  lobatum 
Hornberg),  A.  spimdosum  2,  A.  Filix  femina  3,  Asplenium  Buta 
muraria  2,  {A.  Trichomanes  Triberg),  Blechnuni  Spicant  1,  Pteris 
aqiiilina  2. 


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Normalnullhöheu  in  Württemberg.  Trigonometrische  und 
barometrische  Höhenbestimmungen.  Nach  Oberamtsbezirken. 
Neckarkreis:  Heft  5  Cannstatt,  7  Heilbronn;  Schwarzwaldkreis : 
Heft  10  Reuthngen,  11  Rottenburg;  Donaukreis:  Heft  1  Biberach, 
3  Ehingen,  14  Ulm.  Preis  für  1  Heft:  50  Pf.  Herausgegeben 
vom  K.  Württ.  statistischen  Landesamt. 

Eine  überaus  handliche  Sammlung  von  Normalnullhöhen  ist 
uns  in  dieser  neueren  Publikation  des  Stat.  Landesamts  gegeben.  Um 
nur  von  dem  neuesten  Heft  1  des  Donaukreises,  Oberamt 
Biberach,  zu  sprechen,  so  erhält  damit  ein  Stück  Oberschwaben, 
502  qm  groß,  etwa  700  Höhenangaben,  ausreichend  für  allgemeine 
geographische  Zwecke,  wie  für  den  Techniker  zu  Anschlüssen  von 
Nivellements  und  für  die  wissenschaftliche  Forschung.  Die  geognosti- 
schen  Atlasblätter  Biberach  und  Ochsenhausen  haben  fast  gar  keine 
Höhenangaben;  die  neuen  Messungen  lagen  bei  Ausgabe  der  Blätter 
noch  nicht  vor.  Über  das  Bohrloch  bei  Ochsenhausen  sind  hier  zum 
erstenmal  einige  zuverlässige  Angaben  publiziert.  Besonders  aber 
den  Glazialgeologen  wird  das  Heft  interessieren,  weil  hier  erstmals 
die  vier  PENCK'schen  Eiszeiten  konkret  bei  einem  größeren  Gebiet 
durch  die  Bezeichnungen  90 — 96  nachgewiesen  werden.  Wie  dieses 
für  Oberschwaben  so  werden  auch  die  anderen  Hefte  für  das  übrige 
Württemberg  den  Geographen,  Technikern,  Geologen,  Botanikern  in 
und  außerhalb  des  Landes  in  ihrer  handlichen  Fassung  und  un- 
bedingten Zuverlässigkeit  und  außerordentlich  niedrigen  Preis  hoch 
willkommen  sein  und  seien  zur  fleißigen  Benützung  in  allen  Kreisen 
angelegentlich  empfohlen.  Wundt. 


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Erklärung  der  Tafel  I. 

Fig.  1.  Tuff'  von  Zipplingen,  bestehend  aus  winzigen  Lapillis  eines  grünlichen 
Glases;  darunter  ist  ein  größeres  mit  einem  Quarzkern  in  der  Mitte. 

,  2.  Glasige  Bombe  von  Hohl  he  im.  Abwechselnd  helle  und  dunkle,  d.  h. 
saure  und  basische  Schlieren,  mit  Resten  von  Fremdeinschlüssen. 

„  3.  Isotrop  gewordener  F e  1  d s p a t  in  einer  glasigen  Bombe  vom  Tuff' der 
Ringlesmühle,  stark  korrodiert ,  mit  noch  erhaltenen  Spaltrissen : 
oben  fingerartiges  Eingreifen  von  Glasmasse  in  Feldspat.  Außerdem  ist 
Schlierenbildung  zu  beobachten. 

„  4.  Tuff'  von  Mauren:  dunkle  verwitterte  Glasgrundmasse,  in  der  massen- 
haft fremde  Einschlüsse ,  hauptsächlich  Quarz-  und  Feldspatfragmente, 
liegen. 

„  5.  Isotrop  gewordener  Feldspat  aus  einem  kristallinen  Einschluß  des 
Tuffs  von  Zipplingen,  In  die  Spaltrisse  dringt  das  Magma  ein  und 
resorbiert  ihn. 

„  6.  Kristalliner  Einschluß  vom  Tuff"  von  Schm<ähingen,  bestehend  aus 
brauner  Hornblende,  Diallag  und  isotrop  gewordenem  Feldspat  mit  er- 
haltenen Spaltrissen.  Diallag  und  Hornblende  sind  infolge  der  Ein- 
wirkung der  vulkanischen  Hitze  getrübt  und  fast  undurchsichtig  ge- 
worden; daher  erscheinen  sie  im  Bild  so  dunkel  und  sind  nicht  von- 
einander zu  unterscheiden. 


Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905,  Taf.  I. 


Fig.  1. 


Flo-,  2. 


Fig.  3. 


Fig.  4. 


Fig.  5. 


Fig.  <i. 


P  .II  leijsT  tab  enuiBWia 

•iri§uA  hfiJJ  aivilO  nuv  a^riilyneiqeaiS  oüoi^  «9§eil  üJaiiyßM  b«n  i'iguk 
'•ii)q-ffrIIi3J8h;IuIori   lurAfniÜ     .naW^Jgnsdüiit)   nov   ^{i58J3a-£ÜiIil3M-n«98oZ     .2 
friJililoM  «(17  '388£flibniJ-XT)  leais  ai  nagail  'igailsfisiqBnionivilO    .ib8i'i^(f(i 
3i}^  itlsa  1)1(18  naleiahÜilrbM  nab   rrA     JiJangfiM  bno   nil-itfffji^    .rißsso'/^ 
.noJjfojBtfoad  üs  noiaonoH  fiodoaiJ^nigßni  lab  nsgnuiliiwniH  jif) 
-'ftt(T   arioaiqvT     .a9§ninno[-i9ln'J    i9c(   ala^biäiaoO   xnov  BnJcHß-j/idriiililatt     .8     ^ 
-J"/  Tjb   nsrmol  narfDilbnoi  sib   nöiloe   irisa   leid  iileis    n,ßM     .-wHisiis 
n^iiJslal  98eiO    .ne^aiod  dois  ni  allaJsriJlfävilO  aüoig  sib  ,illiqfij  aadomtsA 
aa^fsieldJilibM  adomlrifis  lab  ni    .e&8F,aihnuiQ  aa-gisßl'g   -isnh   ni   negail 
baia    nedmoS  rrsdoeifißillifv   eiQ     .bnia   JaWadagnia   nedDlIiJJaiiilsia   bnu 
(.süq'^T  •i9l£Ji98i9JnI)     .;t9ltijli97  ^isI^X  nslbd  doinb 
.airqvT  •lädrdifiliqolßxtl    .§iijd998  isd  nannind^oH  mov  IftuiilßgijdriJrJibM     >     „ 
n9llij;t8ii}lni7il0  Jim  g^It)  a9l5{ai;b  1119   doilrioisi   i9id   aoirfirt   illiq^J  9i(T 
.fi9j8i9friiiIi!9M  n9do8iq7i  n9J9bIid9g8üi5  Itißdos  bau 
ni  ni7ilU  iira  admuH  adoaifißjilnY     .fi98ü«dmj5ri'j8  no7   JtulllßzMdiiUhiK     .0     , 
-afl  aei-iäuß  isb   Mlsißq   lisT  raus   ^ib   ,  noJeisIdiilifgM  bnr;   oJliM   i9b 
agidni/b  nig  ;tat  gaaßnilifKj'ir)  oiQ    .briia  J9iib-io9j^n.ß  gdmoS  19b  gfifjsnsi^ 

(.8//q'(T  igdogiiiliqoIß/H)     .brIü 


Erklärung  der  Tafel  II. 

Fig.  1.  Nephelinbasalt  vom  Eisenrüttel.  In  einer  Grundmasse  von  Nephelin, 
Augit  und  Magnetit  liegen  große  Einsprengunge  von  Olivin  und  Augit. 

,  2.  Nosean-Melilith-Basalt  von  Grabenstetten.  Struktur  holokristallin-por- 
pliyrisch.  Olivineinsprenglinge  liegen  in  einer  Grundmasse  von  Melilith, 
Nosean.  Nephelin  und  Magnetit.  An  den  Melilithleisten  sind  sehr  gut 
die  Einwirkungen  der  magmatischen  Korrosion  zu  beobachten. 

„  3.  Melilithbasalttuff  vom  Conradfels  bei  Unterlenningen.  Typische  Tuff- 
struktur. Man  sieht  hier  sehr  .schön  die  rundlichen  Formen  der  vul- 
kanischen Lapilli,  die  große  Olivinkristalle  in  sich  bergen.  Diese  letzteren 
liegen  in  einer  glasigen  Grundmasse,  in  der  zahlreiche  Melilithleisten 
und  Erzkriställchen  eingebettet  sind.  Die  vulkanischen  Bomben  sind 
durch  hellen  Kalzit  verkittet.     (Intersertaler  Typus.) 

,  4.  Melilithbasalttuff  vom  Hof  brunnen  bei  Seeburg.  Hyalopilitischer  Typus. 
Die  Lapilli  führen  hier  reichlich  ein  dunkles  Glas  mit  Olivinkristallen 
und  scharf  ausgebildeten  typischen  Melilithleisten. 

„  5.  Melilithbasalttuff  von  Scharnhausen.  Vulkanische  Bombe  mit  Olivin  in 
der  Mitte  und  Melilithleisten,  die  zum  Teil  parallel  der  äußeren  Be- 
grenzung der  Bombe  angeordnet  sind.  Die  Grundmasse  ist  ein  dunkles 
Glas.     (Hyalopilitischer  Typus.) 


Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905. 


Taf.  II. 


■mm  %-^ 


Fig.  2.    Vergr 


Fig.  5.    Vcrgr.  80  ;  1. 


III    IßT  19b  ßfliriäWia 

.^5'lödfl9'tülir) 

^ld■JSn]-JÜioi''l  Jim  {inhiiRialk)  ^ianni^)  üjU  nmdrAl-'i-^ain'jiiifriQ'f  sikmüioiil  )    ': 
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uisibiuj   .011  .isieV   .muibßisaäffij'tnA    .«g'fliij^ed   •äni/Ibn£y/ikill    ni  ii'igibio'J  .0 

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jiinblidnsnffjja  bm/  sjfßt8dn8 'jbnori'widleqqab  A-ißiz  iti  gnnfbnjsvAüiU-lhaibioO  .? 
iiniäajiIlia-*f!sfb-fo'  >    (nmbßi'r',  esi-ittsüM-iz^-gioT   .OH  .itj-hjV  .slooiiC  -f-  199 

.iii,ii<>r>T  .-iiicy 
iüiijää  «f'jlj,  ■  fifK(l;?^m(Ibiii3v/iiin    :n-jfti'f«'jd  üni(.v1i<i)N  ni  in-ilb-io'!  .8 

.lii       ,  ir;fffilliH-1ri9ib-io;)     '  "  '    f-  i'J' 


Erklärung  der  Taf.  III. 

1.  Undulöse  Auslöschung  von  Quarz.    Bei  -|-  Nicols.    Vergr.  110.     Cordieritgneis 

Grafenberg. 

2.  ChloritLsclie  Verwitterungsbahnen  des  Granats  (Almandin)  mit  Biotiteinschluß 

in  der  Mitte.  Rechts  unten  staubartig-mikrolithische  Einsprenglinge.  Granat- 
reicher Cordieritgneis  Florian.     Vergr.  110. 

3.  Feldspatkristalle   in   perthitartiger  Verwachsung.     Biotitreicher    Ktmtaktgneis 

(Trafenberg.     Vergr.  270. 

4.  Serpentinschnüre.     Serpentin  Grafenberg.     Vergr.  110.     Bei  -|-  Xicol.'*. 

o.  Cordieritkristall  in   Umwandlung  begriffen.     Bei  -\-  Nicols.  Vergr.  270.    Cor- 

dierit-Sillimanitgneis  Geigersbühl, 
n.  Cordierit   in    Umwandlung  begriffen.    Anfangsstadium.    Vergr.  110.    Cordierit- 

Silliraanitgneis  Florian. 

7.  Oordierit-Umwandlung  in  stark  doppelbrechende  Substanz  und  Bahnenbildung. 

Bei  -|- Nicols.  Vergr.  110.    Vorgeschritteneres  Stadium.  C'ordierit-Sillimanit- 
gneis  Florian. 

8.  Cordierit  in  Zersetzung  begriffen:   Umwandlungsbahnen  mit  zentralem  Kanal. 

Bei  -)-  Nicols  Vergr.  270.    Cordierit-Sillimanitgneis  Geigersbühl. 


Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905.  Taf.  III. 


Fig.  1. 


Fig.  3. 


Fig.  4. 


Fig.  6. 


Fig.  7. 


Fig.  8. 


^ 


.VI  laißT  lafa  gnu-iäWia 


*" 


hniimf)    Ao  maiJffßJ  ,9dl  • 
uy^aisaä  iacf  ao2')i7/"i')0  .adloauivl     ... 
.nogniggSL  iod  ebf^idfliol)  .scflygaiG     .11 
.ffj^uiaga  iad  aonnmil  a'«:>fiAM  .odloaeid     .81  .Sf 
II     liJüiiuiA  imI  9[l9xjp-i9<i51    ,.i>;y  .ft  <>\\<)«\\5-ns'!L  .i&^i^iiS^aliÄvvaMij)  .'I     .öj;  — 4-1 
iMil'jüiwx  .fra'üJfigfeöM  ii(i7    .'^i.!^  •'   li  i[>l  ,.-iß7  .n  »tl^Ä'^v  V^Ni^^/w^i^ij)  .':J^     .71 

niet^^neiaiülja'xd  I)iifi  ^i'iödiiTrijäT 

K-^aioH  •V)h   1111/   I!  .'  .11   uil.  .-in/  \\\vA>.\^-^\^;>  :i 

.(oai/üdi't.tff'I  JMJ  '(lliiii  ii 
K>/   uciii-l    xiujj^  il»iliirfi"iv/')j>'i'jcliri;  ,>iM7ai>  (\\>>\A))'i     i      .Kii 


Erklärung  der  Tafel  IV. 

Vergrößerung-  11  X  ^• 

Fig.    1.  2.     VHrclId  Qucnstedti  var.  Weiiihindi  (ieyer,  Seltalbrnnneii  Wiesensteig. 

„      3.  4.     V.  (^Henf^tedti  forma  acuta,  Tierlialde  Geislingen. 

„      5.     Dieselbe.  Mössin gen,  Abhang  des  Dreifiirstensteins. 

„      6.  7.     Dieselbe,  im  Eamstel  bei  Gönningen. 

„      8.     Dieselbe,  Lautern  OA.  Gmünd. 

„      9.  10.     Dieselbe.  Gerwiesen  bei  Essingen. 

„    11.    Dieselbe,  Geißhalde  bei  Essingen. 

„    12.  13.     Dieselbe,  Maier's  Brunnen  bei  Essingen. 

„    14—16.     1'.  Quensfedti   var.   Turbiiiella  n.  var.,  Egerquelle  bei  Auf  hausen. 

„  17.  V.  Qnenstedti  var.  Ära  n.  var.,  kleinste  Stufe  von  Mössingen,  zwischen 
Farrenberg  und  Dreifürstenstein. 

„    18.  22.     F.  labiata  Geyer,  Degenfeld,  Wilhelmstal. 

„  19—21.  V.  Quenfitedti  var.  Ära  n.  var. ,  kleinste  Stufen  von  der  Reißen- 
bachquelle bei  Fnterhausen. 

„    215.      r.  I(dii((1a  Geyer,  außergewöhnlich  große  Form  von   Degenfeld. 


I 


Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905.  Taf.  IV. 


V  leijsT  iah  Bxiwx-ßWia 


:»k      .,■.,,■-  .    .. 


Erklärung  der  Tafel  V. 

Vergrößerung  11  X  1- 

Fig.  l  —  'ii.  VifrelJa  Quensfedti  var.  Ära  n.  var.,  Reißenbachquelle  Unterhausen, 
1.  2  normale  Form. 

„     4.  5.     Dieselbe,  Michelsbrunnen  bei  Hausen  a.  L. 

„  6—8.  Dieselbe,  Mössingen,  zwischen  Farrenberg  und  Dreifürstenstein. 
7  normal. 

,.      9.  10.     Dieselbe,  Eselbrunnen,  Erpfingen. 

„    11.  12.     1".  saxigena  var.  lemds  n.  var.,  Gundershofen. 

,.  13.  V.  Quensteäti  var.  An(  n.  var.,  Wiesazquelle  üenkingen.  grüßte  Aus- 
bildung. 

,,    14.  15.     V.  gomMoma  n.  sp.,  Degenfeld,  kleinste  Ausbildung. 

,,    16—19.      V.  f/oiiostonia  n.  sp  .  Degenfeld,  aus  verschiedenen  (Quellen. 


Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905. 


Taf.  V. 


.(t  .a  ffii'ü 


^Wi^\r\     .8—1    .'si'l 


[ 


Erklärung  der  Tafel  VI. 

Vergrößerung  11  X  ^■ 

Fig.    1  —  3.     Vitrella    Quetistedti   var.    ZoUeriana   n.    var. ,    Seeheimer    Tal    bei 

Killer  (Hohenzollern). 
,,      4.  5.     Dieselbe,  im  Buch  bei  Pfel'fingen. 
^      G.  7.     V.  sa.cigena  n.  sp.,  Lippachquelle  bei  ]\Iahlstetten. 
„      8—10  u.  16.     Dieselbe,  Wulf  bei  Mühlheim  a.  D. 
,,    11—13.     Dieselbe,  linke  Kohlstattquelle  bei  Oberdigisheim. 
.    14—15.     V.  saxigena  var.   tenuh  n.  var.,   rechte  Kohlstattqnelle  bei  Dber- 

digisheim. 
„    18—20.     Dieselbe,  Weiblequelle,  Tieringen. 
„    21,  22.     Dieselbe,  Seetal,  Egesheim. 
,,    17.  23 — 28.     V.  saxigeva  n.  sp. ,   Seitenquelle  im  Lippachtal .    Formenreihe. 


Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.   1905.  Taf.  VI. 


%ä*  <%  wJ^  jf^  JL^ 

^W     .3^-'     \W  y^M  ^Ö 


11   S*«^' 


25  "-^Ir^  26  "^  -*-^      27 


11 V  IsijsT  tab  Bnu-iäUiS 


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IKCIoi 


Erklärung  der  Tafel  VII. 

Vergrößerung  11  X  1. 

Fig.    1-8.     Vitrelld  snerlra  n.  sp..  Haugensteinmühle  bei  Diessen  (Hohenzollern), 
Formenreihe. 
„      9.  10.     V.  suevicn  v.  Ahnnbae  n.  var.,  ebendaher. 
„    11—15.     T'.  suerica  n.  sp.,  Ammerqiielle  bei  Herrenberg,  Formenreihe. 
„    Ifi.  17.  20.     V.  suerica  var.  Ahiwhae  n.  var.,  Surrenbachquelle,  Aisteig. 
,.    18.  19.      T".  siieriid  var.  AJuKilme  n.  var..  Lauterbachquelle,  Aisteig. 


Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ. 


1905.  Taf.  VII. 


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I   .(?  ,T  ,5)  II fV  hiß'r  n')fi[ii|  'itmf(!(i8«A  oniS     AiU:dyä  miifis  doßit   aJiii'j-i'ttniH 
'     n'      '  rtt  J)fjßilr.8-io(l  -i-tb  I8i  n'jgyi[.  Mf     .«  XI  bUT    ;«l  ,  Vf  ,01  ,("1  ,*■/ 

.JaJiIoi'i'))!  ifMinu  i['^jui  bfij;'jlintU')V 

.1117    lf»titT 

.X  08    .oIürfoB  ojlaiJ  b    .1 

.X  (iß   .nado  aov  akrfoS  'b    •?• 
■X  66    .fflio'tf)n9^0t    .tt 

.X  S6    .^IfiiloB  n9:jlnil  lab  ailoii-ifcd^IaileifM  .9 

•X  f>ii     .aifirfoH  nsilniKiai)  gllamijfnanni  .T 

,)i)\y>-v^>.o-v  }vsvo\>\n>l)     .11—8     ,. 

•  X  ^^-    .ol^daS  35iniJ  -b  .8 

•X  e^;    .olßdo?.  sidoaR  .6 

•X  68    .nado  nov  oI«do8  .01 

■XSe    MoihMsih^giiM  .11 

.X  68    .oIßrioS  sMoaa   .Sl 

.X  68    .fisdo  nov  9lisdo8    .81 

.X  ^2i    .9l'nÄ-i-i9^niH  niab  lad/i  'iJJiJlu-iaanalßdDB    .1^1 

.i>b\-vj)  '<?.v'<!tj^oivo5>$tn'.>     .Gl— öl     „ 
:X  8^    .9iJ5riaa  silniJ  $    .öl 
.X  'k^    .9l«do8  airiosü  ^    -öi 
if:)ßvri97  jifd  J^iJiiiJ  ri9-i9lvi(iy  tai  $  afiädoB  neilnil   -iob   gllgni^fnonnl    Sl 
•X  <^'<^'f    .mViUialaviol  n^-gibnüizbnßi  hau  äin'ila^aim 

•X  f'*    -nycft»  nov  9lßdo8    .81 
.V  oe    ,^  yJwIoS  n9ilaii  -isb  9>I.')lhbdßl9j[8fiM    .61 

.v.Vvvi\v>'v\»:VuM\y»v,  j^Vv^i^vv)     .SiS     ()£     .. 
•X  £<*    .silnil  noY  oljädoR    .OS 

.X89     .8^091      .  .  .IS 

•X  8'>    -nedo     „         ^        .Sg 
./»««■^UsoyyAaVjil  ÄVH^ysO     .4-2  .ii  8S     „ 
.X  68    .9l/;do8  sidodSL    M 
.X  68    ./fsdo  nov  9ljädo8    .tS 

.nvü\n8  •*V\^\»'^     .TS-  ÖV-     ^ 
.:<  01^    Aßdo?.  9Jdo9H    .ö£ 
-XOl^    .9lßda8  eifiiJ    ,98 
.X  0*    Msdi»  007  9f£do8    .TS 


Erklärung  der  Tafeln. 

Die  Bilder  sind  fast  alle  so  „nentiert,  «.^^  ^as  Vovderende  „ach  oben,  .las 

-rt  -\na?r/Teir*:r"jrd':a!.  i„:  d. 

Ventralrand  nach  unten  gerichtet. 

Tafel    VIU. 

Fig.  1-7.     Cnndona  Stemheimeims. 
1     cS  Linke  Schale.    39  X. 

2.  ?        „  .         39  X. 

3.  r^  Schale  von  oben.    39  X- 

4.  Jugendform.    39  X- 

5.  Schalenstruktur.    92  X- 
B.    Muskelabdrücke  der  linken  Schale.    92  X- 

7.  Innenlamelle  der  linken  Schale.     lU)  X- 
8—11.     Gandona  rostrata. 

8.  S  Linke  Schale.    39  X- 

9.  Rechte  Schale.    39  X- 

10.  Schale  von  oben.    39  X- 

11.  Muskelabdrücke.    92  X- 
12—14.     Candona  fahaeformis. 

12.  Rechte  Schale.    39  X- 

13.  Schale  von  oben.   39  X-  ion\/ 

14.  Schalenstruktur  über  dem  Hinterrande.    1^0  X- 
|5_19.     Candotiopsis  arida. 

15.  ?  Linke  Schale.    43  X- 

16     rT  Rechte  Schale.    47  X-  ■,  r.  :ff..i  mU  Vprwach- 

17:    Innenlamelle   der   linken  Schale  ?  im  vorderen  D.ittel  mit  ^  erwach 
sungslinie  und  randständigen  Porenkanalen.    U)ü  X- 

18.  Schale  von  oben.    43  X- 

19.  Muskelabdrücke  der  linken  Schale  ?.    90  X- 
20—22.     Cypria  suborhiculari-'<. 

20.  Schale  von  links.    63  X- 

21.  „         V     rechts.    63  X-  ;■ 

22.  „         „     o^en.    68  X-  ■ 
23  u.  24.     Ci/pri^  KiesyovienRi.'i.  »T 

23.  Rechte  Schale.    39  X- 

24.  Schale  von  oben.    39  X- 
25-27.     C'v/j>ns  salina. 

25.  Rechte  Schale.    40  X- 

26.  Linke  Schale.    40  X- 

27.  Schale  von  oben.    40  X- 


Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905. 


Taf.  Vm. 


.f; 


.ZT    l'VIfiT 

•X  ß^'    .9l-ßif»H  Q'AmJ    .S 
•X  f'-^-    .fidclo  «üv  olßAo'd    .ü 

.y.\Vs>n-vv>  v'tv.v^o'i^Vvv^VV* )     .11 — <";     ^ 
.X  09    .9fßflu8  BiihaR    .v. 
.X  09    .9li5fIo8  9/IniJ    .9 
•X  09    .naJo  nov  alüriofi    .T 
.X  081    .aIßffaP,  nsirioai  lat  aybü-ihcfßloilsoM    .8 
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•X  ^1-1    .{hammitnl  ,rnijß8  ,'jinil 
•  X  81-    .sUidoE  s'Aiül  .\\s\vv)4<:\  ?.vuiv;>ö\\l     .(Jl      ^ 
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.X  08     AtfSfßR    flt9i9.1xj9t)9,;ilUJ 


Tafel   IX. 

Fig.   1 — 4.     (■i/pris  iiiaeijiKdis. 

1.  Rechte  Schale.    Hf)  X- 

2.  Linke  Schale.    35  X- 

3.  Schale  von  oben,    35  X- 

4.  Muskelabdrücke  und  Schalenstruktur  der  rechten  Schale.    120  X- 
„     5—11.     Cypridopsis  (jracilis. 

5.  Rechte  Schale.    60  X- 

6.  Linke  Schale.    (iO  X- 

7.  Schale  von  oben.    60  X- 

8.  Muskelabdrücke  der  rechten  Schale.    180  X. 

9.  Innenlamelle  der  linken  Schale  im  vorderen  Drittel  (Außenrand ,  die 
ihm  zunächst  liegende  gewellte  Linie  ist  aus  den  Mündungen  der  rand- 
ständigen Porenkan.äle  entstanden.  Hierauf  folgen  Vervvachsungs- 
linie,  Saum,  Innenrand).    147  X- 

„     10.     Iliocypris  Bradyi,  linke  Schale.    48  X- 
„     11.     Ilioci/prü  binoculuris,  linke  Schale.    44  X- 
„     12 — 17.     Limnicythere  esphigmena. 

12.  13.    Rechte,  linke  Schale  des  ?.    (i0  X- 

14.  $  Schale  von  oben.    60  X- 

15.  16.    Rechte,  linke  Schale  des  S-    ^'0  X- 

17.  S  Schale  von  oben.    60  X- 
„     18  u.  19.     lUocypris  hinociilaris. 

18.  Schale  von  oben.    44  X- 

19.  Innenlamelle  der  linken  Schale  mit  Verwachsungslinie  {VJi)  und  kaum 
angedeutetem  Saum.    80  X- 


Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1905. 


Taf.  IX. 


^^ 


^ 


^ 


w 


R.  Koch:  Relative  Schweremessungen  IV. 


Tabelle   I. 

Vergleichungen  in  Stuttgart.      (Pendelraum.) 


^T 

Am- 

6   = 

pltade 
Minuten 

Tem- 
peratm- 
•C. 

Schwingungs-  I 
lauer  in  Stern- 
zeit-Sekunden 1 


Korrektion  wegen 


Korrigierte 
Scliwingungs- 
dauer  in  Stern- 
zeit-Sekunden 


plitude        Tem- 


Korrektion  wegen 


Stuttgart  (Pendelraum). 


14,30" 

731,75 

14,325 

731,8 

'4,33 

731,9 

14,33 

732,1 

14,33 

732,45 

14,33 

732,7 

m 

8,5' 

13.965 

III 

9,7 

13,99 

9,35 

14,015 

111 

8.7 

14,04 

iii 

8,7 

14.055 

0,5081067 

-  1,7  ;  — 722,6 

-  526,3 

0,5081065 

-  1,9    -723,9 

-  526,1 

0,5081067 

-2,1     -724,1 

-526,. 

0,5081065 

-  1,8    -724,1 

-526,4 

0,5081065 

—  2,1     —724,1 

-  526,6 

0,5081065 

—  2,4    —724,1 

-526,7 

732,8  I  37,7154  I  0,5081048 

733,1  1  37,7155  0,5081050 

733,35  I  37,7143  0,5081052 

733,6  I  37,7134  I  0,5081054 


744,1  j  37,7166  0,508104s 

743,9  37,7166  0,5081048 

743,6  37,7173  0,5081046 

743,25  37,7171  0.5081046 

742,85  I  37,7162  0,508104- 


u»   —715,7—527,5 

1,8    -716,5-527,6 
1,7  1-717,71-527.7 


-1,8 

-705,7; 

j  —  2,4 

—  707,0 

-  708,3 

'  -   1.9 

-7C9,6 

--710,2 

-535,3  \ 
-534,8) 
-  534,6  I 
Mittel : 


),5079Si6 
>,50798i3 
1,5079815 
',5079813 
1,5079812 
),5079Si2 
»,5079813(5 


3,5079808 
3.5079805 
3,5079806 
3,5079807 
1,5079806  (5) 


0,5079800 
0,5079800 
,5079801  (6) 


Mai  14  (Maschinenraum). 

IV    ;    12,5'    14.35» 

IV          13,8     1  14,34 
IV          13,8     !  14,36 
IV          13,2       14,285 

731,7  i 

731,75  1 
731,9    1 
732,1    i 

IV          12,9     1  14,22 
IV          13,6     ,  14,21 

l^^    1 

1900 

Mai  15. 

i 

;^;^  i 

732,85 1 

733,1 
733,35 
733,65  I 


1900  Mai  2 

I    9,1'        12.5' 

i?-375° 

744,1 

743,9 

I  10,6        12,5 

13.555 

743,75 

1.1,3         .2,1 

.3.68 

743,5 

.3,61 

743,2 

36,1675 
36,1702 

36,1702 
36,1724 
36,1685 
36,1692 


36,2463 
36,2436 
36,2375 
36,2340 


36,2492 
36.244S 
36,2438 

36,24.2 


0,5083967 
0,5083967 
0,5083964 
0,5083972 
0,5083970 


0,5083818 
0,5083822 

0,5083834 

0,5083842 


083810 
083811 
083820 
083822 
083S27 


Stuttgart. 
-7.7,5  -526,0:0,5082725 
-717,0  —526,010,5082719 
-718,0  — 526,1  '0,5082718 
■714,3  —526,5  10,5082719 
-711,0  -526,71,0,5082730 
-710,5    -527,0^0,5082727 

Mittel:  0,5082723(0) 


-672,8  I  —  528,1  ]  0,5082613      I 
-680,6  |  —  528,1  '0,5082609 
-689,0  —527,8  0,5082613 
-693,6  1-528,0  10,5082616      I 

Mittel:  0,5082613        [0,99944782 


-  659,3  1  —  536,7  '  0,5082610 
-664,5  —536,4,0,5082606 
•  668,2  1  —  536.2  0,5082611 
-674,4  '  —  535,8  10,5082608 
-671,0   —536,7 '0,5082615 

Mittel:  0,508261010)    [0,99944745] 


m 

9,53' 

14,065° 

741,6 

m 

8,35 

.4,085 

741,4 

9.4 

14,105 

740,95 

9.3 

14,13 

740,55 

9,1 

14,15 

740,05  1 

0,5081055 

-2,4  1-710,7 

-533,7 

0,5081052 

—  1,7    —7.1,9 

-533,6 

0,5081053 

-2,4    -712,8 

—  533,2 

0,5081056 

—  2,2    —7.4,0 

-532,8 

0,5081054 

-2,1   1-715,1 

-  532,5 

3,5079808 
3,5079805 
3,5079805 

3,5079807 
3,5079804 

1,5079805  (S) 


13,385° 

13,375 

13,485 

13,52 

13.56 


740,95 
740,55 

7-10.05 


36,2414 
36,2417 
36,2421 
36,2422 
36,2411 


1,5083827  I  —4,5  1  —  659,81  —  534,9:0,5082628 
1,5083827  j  —4,3  —659,3  —534,9  0,5082628 
1,5083827    1  —4,3  1—664,7—534,310,5082624 

1.5083827  —  4,6    —  666,6  !  —  534,0  '  0,5082622 

1.5083828  '  —4,0    —663,31  — 5 33,6  10,5082622 

Mittel:  0,5082624(8)    [0,99944537] 


UI 

6,9' 

14,385° 

738,5 

m 

7,5 

14,425 

738,7 

III 

8,4 

14,445 

738,8 

7,6 

1  14,45 

738,8 

37,7072  j  0,5081065 

37,7042  0,5081071 

37,7030  I  0,508.072 

37,7041  I  0,5081071 


-  530,8 

0,5079806 

IV 

729,0 

-531,0 

0,50798.0 

IV 

730,0 

—  530,9 

0,5079809 

IV 

730.3 

—  530.9 

0,5079809 

0,5079808(5) 

,58» 

738,5     1 

,60 

738,7 

,62 

738,8 

.635 

738,8 

,66 

738,8 

36,1865 
36,1844 
36,1839 
36,1826 
36,1834 


0,5083935 
0,5083940 
0,5083941 
0,5083943 
0,5083942 


—  67S,., 

-4,6 

—  680/ 

-4,6 

-681, 

-5,7 

—  68i,b 

-5.4 

-6S3.0    --v^-.,, 

9,3" 

m 

6,9' 

14,44° 

740,85 

37,7020 

0,5081074 

10,3 

UI 

7,6 

1  14,465 

740,8 

37,7028 

0,5081073 

Ul 

8,3 

14,475 

741,05 

37,7023 

0,5081074 

0,2 

Ul 

8,2 

14,49 

741,1 

37,7044 

0,508.068 

III        9,7' 

17,83° 

740,6 

III       10,8 

17,845 

740,1 

17,855 

740,. 

17,845 

739,85 

III    1   11,2 

17,83 

739,6 

17,83 

739,6 

III     1    11,2 

17,84 

739,6 

UI 

io,6' 

■7,77° 

740,15 

.0,6 

.7,785 

740,15 

17,785 

740,2 

11,0 

17,79 

740,25 

11,0 

17,805 

740,45 

Ul 

11,2 

.7,825 

740,85 

37,6085 
37,6071 
37,6065 
37,6035 
37,6043 
37,6037 

37,6co8 


37,6086 
37,6057 
37,6074 
37,6026 
37,6042 


-  729,8 


0,507981. 
0,5079809 
0,5079808 


1900  Mai  26. 

IV       j     .4,4'    1.3,565» 
IV          .4,2     ;. 3,595 
IV          14,2     [13,6.5 
IV      !     .4,2     [13,645 

740,85 
740,8 
741,05 
741,15 

508 124,^ 

-2,4 

—  900,71  —  526,1 

5081247 

-3,1 

-901,8    -525,; 

,5081247 

—  3,0 

,508i253j 

—  3,3 

,508125^ 

-3,4 

-■-:.-'         -■--;] 

,508.253 

-  3,3 

-  .  ,1 '  1 ,  j    ■      ;  -  ; ,  .1 

,5081259 

—  3.4 

—  yol.O     —525,4 

Mittel : 

Nach  der  Reise:  1900  August  g. 


0.5079815 
0,50798.6 
0,5079816 
0,5079822 
0,5079822 
0.5079823 
0,5079829 
0,5079820(4 


I   2,6'' 

14,6' 

.7,285° 

740,7 

13,4 

.3,8 

.7.335 

740,4 

.3,8 

17,385 

740,1 

1  5,1 

.3,8 

17,405 

739,85 

13,8 

739,6 

leis 

13.8 

17,43 

739,6 

I  7,6 

13.8 

17,445 

739,6 

37,6 


5081244 

-3,0 

-  858,0 

-  525.9 

508.249 

-3,0 

-898,9 

5081246 

—  3,3 

-  898,9 

-525,8 

5081254 

-3,3 

-  899,1 

—  525,9 

5081251 

—  3-3 

-  899,7 

-526,0 

508.254 

-  3,3    -  SCO.? 

-  526,3 

Mittel:  0 

1900  August  10. 

740,15 

IV          12.7       .7,  ioi 

740,15 

740,2 

-40,25 

IV          .3,0      17,44 

740,45 

IV       .2,9   :  17,445 

740,85 

36,1816 
36,1830 

36,1841 
36,1830 


36,1368 
36,1340 
36,1345 
36,1330 
36,1300 
36,1327 
36.1297 


36,0832 
36,0826 
36,0837 
36,0834 
36,0820 
36,0802 


0,5083946 
0,5083942 
0,5083941 
0,5083942 


',5084034 

),So84038 
1,5084038 
),  508404. 
,,5084048 
),5o84042 
1,5084049 


1,5084139 
1,5084141 
',5084139 
1,5084138 
1,5084141 
1.5084146 


678,3 

—  534,1  [0,5082728 

679,8,  — 534,0 '0,5082723     1 

680,81  — 534,1    0,5082721 

682,3 

-5:4,2  10,5082720,      1 

Mittel:  0,5082723 

852,1  1-527,110,5082649 

854.5 

-526,7,0,5082652 

857,0 

—  526,5    0,5082649 

858,0 

—  526,3   0,5082652 

858,4 

—  526,1   0,508265s 

859,2 

—  526,1  ,0,5082652 

860,0 

—  526,0   0,508265s 

Mittel:  0,5082653        [0,99944269] 

868,5 

—  526,6  1 0,5082740 

-  869,8 

-526,5  ,0,5082741 

-870,5 

—  526,6  |0,^OS27-,S 

-871,0 

-526,6    0.50,S27,7 

-872,0 

—  526,6  |Ü,^0S2-,S 

-872,0 

-526,9!  0,5082742 

Mittel:  0,5082739(3) 

und   der   mittlere  Fehler  vai 


■  der  Reise  und  ebenso  ; 


;  denen  nach  der  Reis 


Generalmittel  ' 


R.  Koch:  Relative  Schweremessungen  IV. 


Tabelle  II. 

igoo.  Stuttgart — Karlsruhe. 


Am- 

plitude 

Tem- 

Luft- 

peratur 

druck 

Minuten 

"  C. 

mm 

Korrektion  wegen 
Am-      I      Tem- 
plitude   [    peratui 


Korrigierte 
Scliwingungs- 

zeit-Sekunden 


Korrektion  wegen 


Karlsruhe 

1900  Nacht  Mai 

3i./Juni 

I. 

10  0'' 

12,6' 

■5,30° 

75-,o 

36,2685 

0.50S3774 

—  4,3 

-  754,1 

-  53S.9 

0,5082477 

III    '    10,5' 

14,645° 

740.0 

37,6840 

lüg 

15,40 

751,8 

36,2640 

0,5083783 

-5,3 

—  759,1 

-  538,5 

0,5082480 

III 

12,4 

14,67 

739,9 

37,68.0 

11^ 

14,9 

15,43 

751,6 

36,2654 

0,5083780 

-5,9 

-  760,7 

-  53S.4 

0.5082475 

III 

11,5 

14,70 

739,8 

37,6806 

0,5 

13,9 

15,435 

751,5 

36,2642 

0,5083783 

-5,2 

-  760,9 

-538,1 

0,5082479 

III 

14,74 

739,6 

37,6796 

1.4 

14,1 

15,45 

751,4 

36,2644 

0,5083781 

-5,3 

-  761,6 

-538,1 

0,5082476 

III 

l2;6 

■4,76 

739,5 

37,6786 

14,0 

15,465 

751,3 

36,2641 

0,5083783 

—  5,2 

-  762,5 

-  538,0 

0,5082477 

III 

13,5 

14,77 

739,4 

37,6770 

i,' 

13,9 

15,465 

751,3 

36,2642 

0,5083783 

—  5,2 

—  762,4 

—  538,0 

0,5082477 

m    13,5 

14,7s 

739,3 

37,6778 

3,8 

15,46 

751,3 

36,2639 

0,5083783 

—  5,4 

-  762,1 

—  538,0 

0,5082477 

III  !  i2,s 

14,79 

739,3 

37,6789 

Mittel 

0,5082477(2) 

Karlsruhe 

1900  Nacht  Juni  2-/3. 

III   1  11,1' 

14,79" 

737,1 

37,6460 

gö' 

IV 

12,2' 

15,275" 

748,9 

36,1889 

0,5083930 

-4,0 

-  763,7 

-  536,7 

0,5082626      ni     11,7 

14,825 

737,1 

37,6463 

IV 

13,6 

15,345 

748,9 

36,1849 

0,5083939 

—  5,0 

-  767,3 

-  536,5 

0,5082630      III     12,2 

14,85 

737,1 

37,6459 

11.3 

IV 

14,0 

15,40 

748,8 

36,1831 

0,5083942 

—  5,3 

—  770,0 

—  536,4 

0,5082630      III     12,3 

■4,875 

737,1 

37,6443 

IV 

■  5,43 

748,7 

36,1834 

0.5083942 

-5,8 

-771.5 

-  336.3 
Mittel 

0,5082628      III  '  11,7 
0,5082628(5) 

14,88 

736,9 

37,6470 

Signale  1  Sekundenschlag)  bleiben  aus;  andere 

Mormaluhr  des  Instituts  eing 

3,'" 

IV 

14,2' 

15,46» 

747,8 

36,2105 

0,5083888 

—  5,4 

—  773,0 

-535,6 

0,5082574      1     III     !     12,2' 

14,885° 

736,4 

37,6784 

4,o 

IV 

15,465 

36,2109 

0.5083S87 

-5,3 

—  773,2 

—  535,6 
Mittel 

0,5082573   1  m     12,7 
0,50825-3(5) 

14,90 

736,3 

37,6748 

Karlsruhe 

1900  Nacht  Juni  9./10. 

9.4" 

IV 

13,8' 

16,86» 

754,7 

36,1777 

0,5083955 

—  5,1 

-  843,0 

-  537,9 

0,5082569 

III    !   13,8' 

15,435° 

743,15 

37,6658 

0.9 

IV 

11,3 

16,86 

754,85 

36,177s 

0,5083953 

-3,4 

-  843,0 

-  538,0 

0,5082569 

UI 

15,8 

15,47 

743,3 

37,6607 

IV 

13,9 

16,86 

754,9 

36,1780 

0,5083953 

-5,2 

-  843,0 

-  538,0 

0,5082567 

III 

14,6 

15,495 

743,4 

37,66oS 

0^4 

IV 

■3,8 

16,88 

754,9 

36,1772 

0,5083954 

-5,1 

-  844,0 

-  538,0 

0,5082567 

m 

14,6 

■5,515 

743,4 

37,6609 

1,1 

IV 

14,1 

16,89 

754.9 

36,1751 

0,5083958 

—  5,3 

-  844,5 

—  538,0 

0,5082570 

ni 

15,5 

■5,525 

743,25 

37,6633 

1.9 

IV 

14,3 

16,88 

754,8 

36,1738 

0,5083960 

—  5,5 

-844,0 

-  537,9 

0,5082573 

III 

15,9 

■5,525 

743,1 

37,6600 

2.S 

IV 

14,0 

I6,S8 

754,65 

36,1772 

0,5083954 

-844,0 

-  537,8 

0,5082567 

ni 

15,7 

15,515 

743,1 

37,6600 

3,6 

IV 

14,1 

16,885 

754.55 

36,1774 

0,5083953 

-~S.3 

-  844,3 

-  537,8 

0,5082566 

III 

15,6 

■5,525 

743,0 

37,6608 

Mittel 

0,5082568(5) 

Karlsruhe 

1900  Nacht  Jun 

11./12. 

9,4" 

13,7' 

16,96» 

751,75 

36,22-2 

0,5083859 

-  5,0 

-  836,0 

-535,7 

0,5082482 

m     14,25' 

15,60» 

740,1 

37,6585 

0,3 

15,3 

16,97 

751,75 

36,2275 

0,5083855 

—  6,2 

-  836,8 

-  535,6 

0,5082476 

m     15,3 

15,64 

740,1 

37,6571 

13,6 

17,035 

751,75 

36,2249 

0,5083860 

-5,0 

-  839,7 

—  535,4 

0,5082480 

m  !  15,1 

15,67 

740,1 

37,6564 

0,0 

i3,e 

17,055 

751,85 

36,2251 

0,5083860 

-5,0 

-  840,6 

—  535,4 

0,5082479 

m     .5,5 

15,69 

740,15 

37,6554 

o,8 

I 

13,6 

17,08 

751,9 

36,2228 

0,5083865 

-5,0 

-  842,0 

—  535,5 

0,5082482 

III    15,1 

15,73 

740,2 

37,6565 

1,7 

13,7 

17,095 

751,9 

36,2239 

0,5083861 

-5,0 

-  842,8 

-  535,4 

0,508247s 

m    15,1 

15,75 

740.3 

37,6560 

2.5 

13,6 

17,115 

751,95 

36,2224 

0,5083866 

-5,0 

-  843,7 

-  535,4 

0,5082482 

m     14,8 

15,74 

740,35 

37,6547 

3,3 

l 

13.9 

17,13 

752,0 

36,2233 

0,5083862 

-  5,2 

-  844,5 

-  535,4 

0,5082477 

111     16,1 

15,77 

740,3 

37,6530 

Mitte 

:  0,5082479(5 

-2,9 

—  740,1 

-  531,4 

1  —  4,1 

-  741,3 

-531.4 

-3,6 

-  742,8 

-531,3 

-3,9 

-  744,9 

—  530,9 

-4,3 

-  745,9 

—  530,9 

—  4,9 

-  746,5 

-  530,9 

-  4,9 

-  747,0 

-  530,6 

1  —4,4 

—  747,3 

—  530,6 

0,5081174 
0,5081174 
0,5081176 
0,5081179 
0,5081174 


0,5079833 
0,5079835 
0,5079835 
0,5079835 
0.5079835 
0,5079838 
0,5079835 
0,5079834 
0,50798350  1,00052012 


747,i|— 529.^i  0,5079894 
749,2  —  529,1 1  0,5079892 
750,4  -  528,9  0,5079893 
751,6  —  528,9[  0,5079894 
752,0  ]  —  528,8  I   0,5079890 

Mittel:  0,5079892(6) 


528,51  0,5079831  I 
528,5  s  0,5079838  I 
Mittel:  0,5079834(5) 


0,5081140 

-5,1 

—  780,0 

-  532,2 

0,5081149 

-6,6 

-781,8 

-  532,4 

0,5081149 

-5,6 

-  783,1 

-  532.2 

0,5081149 

-5,6 

—  784.0 

—  532,2 

0,5081144 

-6,3 

-  784.5 

—  532,1 

-6,7 

-  784.5 

-  532,1 

0,5081150 

-6,5 

—  784.0 

-  532,1 

0,5081149 

-6,4 

-  784,5 

-  532,0 

0,5079823 
0,5079828 
0,507982s 

0,5079821 
0,5079827 

0,5079827 
0,5079826 
Mittel:  0,5079825(9) 


0,5081153 

-  5,4 

-   788,5 

-  529,8 

0,5081156 

-6,2 

-  790,3 

-  529,7 

0,5081157 

-6,0 

-  791,6 

-  529,7 

0,5081159 

-6,0 

—  792,9 

-  529,7 

0,5081157 

-6,0 

—  794,9 

-  529,7 

0,5081158 

-6,0 

-  796.0 

—  529,7 

0,5081159 

-5,8 

—  795,4 

—  529,7 

0,5081163 

-6,9 

-  796.9 

-  S2P.S 

0,5079829 

0,5079830 
0,5079830 
0,5079830 
0,5079826 
0,5079826 
0,5079828 
0,5079830 
0,5079828(6)  1,00052185 

Mittel:  1,0005392: 


K.  R.  Koch:  Rela 


'^^lil  -"r 


Schweremessungen 


Tabelle  III. 

1904,     Vergleichungen  in  Stuttgart  (Pendelraun 


1904  Februar  19. 


I    36,3683    I  0,5083580    1  - 

36,3649       0,5083586       ■ 

I   36.3638    I   0,5083587    I  • 


736,95 
737,0s 
737.25 
737,4     I 


36,7367 
36,7396 


0,5082869 
0,5082864 
0,5082865 


I    740,85    I        7,2       I     36,7463     I     0,5082850      I 

740,90    7,2    36,7464   0,5082850 
i  740,90  I  7,2  I  36.744s  I  0,5082854  I 


6,7 

13.275 

742,5 

742.3 

6,7 

742,35 

6,7 

36.3799 

15,5 

'3,34 

742,4 

6.7 

4,2»   1  vn 
5,1      vn 
6,0     1  vu 
6,8    1  vn 

3.6- 
3.0 

■2.97° 
■3.00 
13,02s 

1  733,8s 
733.9 

1  734!o 

1904  März  . 

6,5-   1  vn 

3,9' 

12,85» 

1  734.2 

1904  März  2 

S  1  ^  i 

3,7' 
1.9 

12,855° 

nf.f^ 

0,5082805 

0,5082806 
0,5082819 


^,7696  1  0,5082806 


I  li  1 


739,9 
739.65 
I  739,55  I 


I  —4,9  1-645,8 
-4.5  -647.3 
-4,8    -648.7 


36.3899  I  0,5083538 

36.3900  0,5083538 
36,3862  0,508354s 
36,3872  0.5083543 
36,3880  1  0,5083541 


36,7484  I  0,5082846 
36,7483  0,5082846 
36,7466  I  0,5082850 


-4,7  1—650,1    |- 


-  553,2     0,5082325  VI      12,9'       14,29«    1742,8    I    7,7     136,21 

-551,4     0,5082330(5)     VI      13,8        14,37         740,8         8,3       36,2. 
■5Si,4    1 0,5082330      I  VI  I  13,6     I  14,415    1740,8    I    8,3      136,2, 


36,25045      0,508381 


—  4,4   1-710,9   1—552.610,5082543       I 
-5>o    -71S.0    -550,8  0,508254a 
I   -4,9  1-717,1    I- 550,7!  0,5082545        I 


-547.5  10,5081614 

-  546,9  0,8081607 
-548,0  0,5081606 
-548,8  0,5081588 

-  548,4  I  0,5081602 


I  vin  I  , 


I  villi  13.75  ,1  14,64 


-551,710,5081597     I  vni  I  14,6'   I  14,34°   1740,851   7, 

-551,6     0,508159s         VIU     .3,9        14,355       740,9         7. 
-551,8    1 0,5081599      I  VIU  I  13.8     I  14.385    [740,9    I     7, 


-555,4  10,5082325 

-554,2  0,508232s 

-  554,4  0,508232a 

-  554,2  0,5082332 


-548,5  10,5081605 

-548,5  0,5081607 

-548,4  0,5081604 

-548,5  I  0,5081617 


vin 

14,6' 

13,325° 

vni 

13,8 

■3,355 

■3,39 

I   VI    I   13,8'     I 
I    VI   I   13,4      I  ■ 


550,8  10,5082332 

550,8  0,5082331 

■SSO,3  0,5082336 

-  550,3  0,5082333 

-550,3  10,5082331 


10,5081605  I  VIUI  1 
0,5081602  VIU  1 
I  0,5081603(5)  I  VIU  I  . 


Nach  der  Reise. 


0,5083678 
0,5083677 
0,5082945 


36,6972  !  0,5082945 


I  36,3217  I  015083671 

36,3226  0,5083671 

36,7004  0,5082938 

I  36,7005  I  0J5082938 


688,0 

-  550,9 

690,1 

-550.9 

-  SS0.7 

-  5S0.7 

0,5082425  VI 

0,5081692(5)  vni 
0,5081693     |vin| 


739,85 

8,1 

36,3264 

t^'Sl 

—  4,9 

-676,1 

_  551,4 

0,5082433 

0,5082429(5) 

36,7039 

0,5082931 

0,5081697 

36,703  s 

0,5082932 

-5,1 

-  549.5 

0,508.696 

W) 


737,0 
737.2 
737,4 

8,9 
8,9 

1% 
8,9 

36,9432(5 

36,9476 

36,9491 

36,9535 

36,9485 

1 0,5082477 
0,5082469 
0,5082466 

-7.0  1-721.8 

—  5)2  1— 730)5 
-5,5  -732.1 
-5,0  !- 733,2 

-S47f       w       3 
-547  4 

-5479  o,uSiiSu 

740,85 

7,2 

136,9553 
36,9553 
1  36,9539 

!  0:1^^2:1^(6] 
'  0,5082457 

-5.6  |-7tS.3 
-5.2  -719.0 
-5.1    |-72o,S 

-551,1  10,5081179 
-551,2    0,508117« 
-S5^.^io.508liSo 

743.4 

1 

z 

IS 

36,2624 
36,2612 

0,5083769 
0,5083782 
0,5083782 
0,5083786 
0,5083788 

z«  Eli 

-  554.8  0,5082536 
-553,8  0,5082548 

-  553,6  0,50825+4 
-553.6  0.5082548 
-553.7  0,5082548 

0,9999585 
0,9999567 
0.999957S 

0,999957s 

733,85 
734)0 

7fi 

^.50824.3 

0is0S2410 
0,508241s 

~S,i  -669,9 
-5,2    -6?o,7 

-  547,4  j  0,5081192 
-547,9  0,5081183 

-  547,9 1  0.5081 187 
-547.9,0,5081191 

738.9 
739.1 

1% 

'Z^^ 

0,5083760 
0,5083756 

737,5 

737!  ■ 
737,1 
737,  ■ 

8.2 
8)2 

36,2718 
mit 

0,5083767(5) 

0,5083770 

o,So83774(S) 

0,5083769 

0,5083771 

739)0 
739,3 

3)2 

36,9581 
36,9575 
36,957  ■ 

0,5082450 
0,5082450 
0,5082451 

743,45 
743,7 

743,6 
743.7 

36,9069 
36,9072 
36,9058 

S:l^^ir-2 

0,5082545 

o;1o82h1 

739,8 
739.95 
739.55 
739,65 

8,6 
8,6 

36,1988 

0,5083912 
0,5083910 
0,5082536(5) 
0,5082536(5) 

739,85 

717.7 
737.6 
737.65 

11 
8)3 

f474 

i6.9'7^ 
36,9^S4 

0,5083892 
0,5083895 

0,5082526 
0,5082530 

:|-^li 


1-655.0 1 
-666,7 
-668,5 


-  708,0 1- 

-711,2  I- 


551,7 
551,7 

0,5082548       1 
1 0,5082542       1 

o.9999;69 
0,999958s 

550,2 
550,2 
549.8 

0,5082547(5) 

0,5082548 

0,5082551 

0,5082545 

0,5082546 

0,9999576 
0,9999573 
0,9999577 
0,9999583 
0.9999577 

S49.r 
549. 

10,5081187 
0,S0SllS4 
1  0,5081 183 

=;:?!- 


•553.010,5082650        t  0,9999565  I    I 

- S53,l    0,5082648  0,9999565         I 

-552,9  0,5081274 


0,5082663 
0,5081275 
0,5081274 
0,5091277 


ro,9999575  1 

0,9999561     - 
,'  0,9999541 


■3,6- 

■3,54° 

739,7 

S.r.    '     -  -  -  . 

■3,6 

■  3,62 

8,5 

V 

■3,4 

■3,63 

739,2 

8,5      ,     .._,-,.:. 

ro,9999S32  I 
0,9999543 
0,9999573 

1  o,ij99957i  ' 


740,4  8,9        36,7092       0,5082922       -5,1   1-673,0    -551,7    10,5081692        VII     15,0' 

740,6  8,9         36,7111        0,5082918        -4,9-674.1    -55'.8    io,508.6S7         V         14,9. 

1740,8    I     8,9     I    36,7099   I   0,5082920    1—4,91-676,1   1—552,1    10,5081687      |VU1|  14,25    I 


j     8,9      136,9207      10,5082520      I  -5,9  |_  689,2     - 

8,9       36,9235        0,5082513      I  —  5,8  I  -  690,4  U 

I    8,9      136,9227      10,5082516     1—5,41-692,51- 


r,s|  0,5081 


551,6' 0,5081265 


i,48"     I  741.95 

I;;:  In;:^ 


10,5081689  n 
0,508,690  \\ 
1 0,5081686    1 1 


R.  Koch:  Relative  Schweremessungen  IV. 


Tabelle  IV. 

1904.    Karlsruhe — Stuttgart. 


Mitüere 
Beobach- 


öl 

Am- 
plitude 

Tem- 
peratur 

Luft- 
druck 

Dunst- 
druck 

"^1 

Minuten 

»C. 

mm 

mm 

Korrektion  wegen 
Am-      j     Tem-      1     qj^^,^ 
phtude       peratur 


Schwingungs- 


Koinzidenz- 
dauer  m.  Z. 
in  Sekunden 


Schwingungs- 
dauer in  Stern- 
zeit-Sekunden 


Korrektion  wegen 

'-     I     '^™-     I    Dichte 
ide      peratur 


Schwingimgs- 
dauer  in  Stem- 
zeit-Sekunden 


9.5'' 
10,3 


VI 

=  4,45' 

11,75° 

749,3 

7,1 

II.9 

ii,8i5 

749,1 

7,0 

Vi 

14,5 

II, 8q 

748,7 

6,9 

VI 

14,0 

11,93 

748,25 

6,8 

VUI 

I4>2 

11,945 

747,95 

6,8 

vm 

14,0 

11,945 

747,8 

6,8 

Vlii 

'-l>l 

11,915 

747,7 

6,8 

Vlll 

14,7 

11,88 

747,5 

6,8 

vm 

10,5' 

11,185» 

750,3 

6,8 

Vlll 

14,5 

11,255 

750,4 

7,0 

'4,35 

11,30 

750,6 

7-0 

14,35 

11,305 

750,9 

7,0 

VI 

14,6 

ii,3> 

751,2 

7,0 

14,35 

11,295 

751,4 

6,5 

14,15 

11,26 

751,5 

6,5 

VI 

14,15 

11,24 

751,6 

6.5 

VI 

11,9' 

j 

749,05 

6,9 

VI 

.1,6 

11,08 

749,2 

6,9 

vni 

12,0 

11,075 

749,4 

6,9 

vm 

12,0 

11,06 

749,7 

6,9 

VUl 

12,0 

11,04 

749,8 

6,9 

vm 

11,9' 

10,865° 

759,0 

7,4 

vm 

11,8 

10,92 

759,0 

7,4 

Vül 

11,4 

10,94 

758,9 

7,4 

vm 

11,5 

10,935 

758,9 

7,4 

VI 

u  2 

10,925 

759,0 

6,8 

.1,35 

10,92 

759,1 

6,8 

10,75 

10,905 

759,3 

6,8 

VI 

10,7 

10,885 

759,4 

6,8 

36,3429 
36,3402 
36,3380 
36,3394 
37.0464 
37,0473 
37,0455 
37,0450 


37,0662 
37,0620 
37,0607 
37,0598 
36,3501 
36,3489 
36,3494 
36,3504 


36,3484 
36,3537 


37,0671 
37,0697 
37,0752 


0,5083630 
0,5083634 


0,5083636 
0,5082282 
0,5082280 
0,5082284 
0,5082285 


0,5082244 

0,5082254 

0,5082255 

0,5082258 

0,5083614 

0,5083618 

0,5083616(5) 

0,5083614 


0,5083618 
0,5083607 


0,5082243(5) 

0,5082239 

0,5082228 


-5,6 

-  584,6 

-  562,5 

o,'; 

-3,8 

-  587,8 

—  562,3 

0,5c 

-5,6 

-  591,6 

—  562,0 

0,5c 

—  5,2 

—  593,5 

-561,5 

0,5 

—  5,3 

—  598,3 

-561,2 

0,5c 

—  5,2 

—  598,3 

-561,1 

0,5c 

—  5,3 

-  596,8 

—  561,1 

0,5c 

—  5,7 

—  595,0 

-  561,0 

0,5c 

1 

37,0773  1 0,5082225 

37,0767  0,5082226 

37,0771  0,5082225 

37,0771  0,5082225 

36,3647  0,5083586 

36,3634  0,5083588 

36,3634  0,5083588 

36,3639  '0,5083587 


1904.  Nacht  vom  13./14.  März. 

082477] 
0824S0  I 
082479  I 
082476  J 


V 

13,6' 

737,4 

8,6 

13,83° 

V 

737,25 

8,6 

13,84 

V 

737,09 

8,6 

13,86 

V 

13,5 

736,79 

8,6 

13,905 

VII 

13,8 

736,3 

8,6 

'3,945 

vu 

13,9 

736,1 

8,6 

13,96 

Vll 

13,7 

735,9 

8,6 

13,945 

VII 

■3,9 

735,75 

8,6 

13,945 

15./16.  März. 


-3,0 

—  560,2 

-  564,5 

0,5 

—  5,5 

-  563,7 

-  564,6 

0,5c 

—  5,4 

-  566,0 

-  564,5 

0,5c 

-  5,4 

-  566,3 

-  564,6 

0,5c 

-5,6 

-  562,8 

-  564,8 

o,S 

-5,4 

—  562,0 

-  565,2 

0,5 

—  5,2 

-  560,2 

-  565,4 

0,5 

—  5,2 

-  559,3 

—  565,5 

0,5c 

082485 
082486 
082484 


VII 

13,8' 

738,35 

13,55° 

Vll 

13,9 

738,38 

'3,60 

Vll 

13,9 

738,40 

13,645 

Vll 

'3,7 

738,55 

7,7 

13,665 

V 

13,6 

738,65 

■3,74 

V 

13,4 

738,7 

13,755 

V 

12,9 

738,72 

13,755 

V 

13,4 

738,75 

7,7 

13,75 

Nacht  vom  17. /18.  März. 


-  3,9 

—  3,7 

—  552,7 

-  551,2 

-  563,7 

-  564,0 

-  3,9 

-  3,9 

-  3,9 

—  554,7 

—  554,0 

—  553,0 

-  564,: 

-  564,3 

-  564,3 

0,5082498 
0,5082488 

1 

V 
V 

13,4' 
13,4 

736,3 
736,6 

8,2 

13,795° 

'3,82 

0,5081121 
0,5081117 
0,5081107 

% 

vn 
vn 
vn 

13,6 
13,4 
13,3 

737,2 
737,15 
737,25 

8,2 
8,2 
8,2 

13,885 
13,91 
'3,91 

Nacht  vom  19. /2 


-3,8 

—  544,2 

-  57',5 

-3,8 

—  546,9 

—  571,4 

—  3,5 

—  547,9 

-  571,4 

-3,6 

-  547,7 

-  57',4 

—  3,4 

-  543,5 

-  571,7 

—  3,5 

-  543,3 

—  571,7 

—  3,1 

-  542,6 

-  571,8 

-  3,1 

-  54',5 

—  572,' 

0,5081 105  ]  b 
0,5081104  l  ^ 
0,5081102  I  o^ 
0,5081 102  J  "§ 


0,5082467  ■-; 
0,5082470  I  \o 

0,5082471  j  N 

0,5082470  o^ 


VU 

13,6' 

746,69 

9,0 

'3,845° 

vu 

13,3 

746,72 

9,0 

'3,885 

vu 

13,6 

746,72 

9,0 

'3,915 

VU 

'3,2 

746,77 

9,0 

13,925 

V 

'3,4 

746,72 

9,0 

13,985 

V 

'3,0 

746,72 

9,0 

13,995 

V 

12,7 
'3,1 

746,77 

9,0 

13,975 

746,85 

9,0 

'3,975 

36,3 '70 
36,3 '97 
36,3172 
36,3 1 70 
36,6897 
36,6892 
36,6882 


36,7013 
36,7013 
36,7003 
36,6996 
36,3211 
36,3192 
36,3191 
36,3196 


36,3108 
36,3'55 


36,6971 
36,6977 
36,7028 


36,6996 
36,6993 
36,7004 
36,6996 


36,3 '85 
36,3183 
36,3'87 
36,3181 


083680 
083675 
083680 
083680 
082959 
082960 
082961 
082961 


Stuttgart. 
—  690, 


0,5082935 
0,5082935 
0,5082938 
0,5082939 

-  5,0 
-5,' 

-  5,' 
-4,9 

-  674,7 
-677,2 

-  679,5 
-  680,5 

—  550,5 

—  550,5 

—  550,4 

—  550,5 

0,5083672 
0,5083675 
0,5083675 
0,5083674 

-4,9 

—  4,7 

—  4,4 

—  4,7 

—  686,1 

-  686,9 

-  686,9 

-  686,6 

—  550,3 

—  550,3 

—  550,3 

—  550,3 

ung:  Uhr  war 

stehen 

geblieben 

] 

5    —  549,01  0,5082435 

D      —    548,9  I    0,5082430 
15!—  548,7      0,5082435 

5,9  :     548,4  j  0,5082433 

1,9  I  -  548,0  I  0,5081711 
547,8  0,5081712 
-694,4  !—  547,7  0,5081714 
-694,2  ,-  547,5  0,5081714 


0,5081702 


0,5081703 
0,5081703 
0,5082431 
0,5082433 
0,5082433 
0,5082432 


0,5083692 
0,5083682 


0,5081700 
0,5082944 
0,5082933 


0,5082939 
0,5082940 
0,5082938 
0,5082939 


-4,8 
-4,8 

-  688,8 
-690,1 

-  548,3 

-  548,5 

-4,7 

-  691,4 

-  692,6 

-  692,6 

-  548,9 

-  548,7 

-  548,8 

-  689,4 
-691,5 

-  693,0 
•  693,4 


0,5083677 

0,5083677  —  4,4  I-  698,9 

0,5083676  '  —4,3  —697,9 

0,5083677  1  —4,5  1—697,9 


-556,2 
-555,8 

-  555,8 

-  555,8 


0,5082450 
0,5082439 


0,5081700 
0,5081698 
0,5081687 


0,5081684 
0,5081685 


—  555,7  0,5082418 

—  555,6  0,5082418 

—  555,8  0,5082418 

—  555,91  0,5082417 

1 


1 ,0000098 
1,0000102 
1,0000104 
1,0000102 


Mittel:  Mittel: 

1 ,0000097        0,9998848 
10,00000019  +0,00000029 


Inhaltsübersich  t. 

Seite 

Inhalt III 

I.  Bericht    über    die    geschäftlichen    Aiigelegenheiteu    und    die 

Sammlangen  des  Vereins VIT 

Nekrologe:  Kämmerer  Dr.  T.  Probst.    Von  Pfarrer  Engel    .    .    -   XXXVII 

Zur  Erinnerung  an  E.  v.  Martens.   Von  C.  B.  Klunzinger  .      XLVI 

II.  Sitzungsberichte LI 

III.  Original-Abhandlungen  und  Mitteilungen. 

Dietericb,  H. :  Ein  botanischer  Streifzug  über  die  Grenzen 3^7 

Fraas.  E. :  Eeptilien  imd  Säugetiere  in  ihren  Anpassungserscheinitngen  an 

das  marine  Leben 347 

G aiser,   Eugen:    Basalte    und   Basalttuffe   der  Schwäbischen  Alb.     Mit 

Taf.  11^ 4- 

Geyer.  D.:  Beiträge  zur  Vitrellenfauna  Württembergs  II.  Mit  Taf.  IV — VU    2~ 

Hü  eher,  Theodor:  Deutschlands  Wasserwanzen i^ 

Klunzinger.   C.  B. :    Schlußwort   auf  obenstehende    ^letzte  Erwiderung- 

Prof.  ytjSSLix's  in  dieser  Zeitschi-ift .   die  Ganglisch-Blauf eichenfrage 

betreffend S^^ 

Koch.  K.P.:  Relative  Schweremessungen  in  Württemberg.    IV.  Anschluß- 
messungen in  Karlsruhe.     Mit  4  Tabellen Si' 

Kranz.  W. :  Geologische  Geschichte  der  weiteren  Umgebung  von  Ulm  a.  D. 

Mit  1  Kartenskizze 17- 

N  ü  ß  1  i  n ,  0. :   Letzte  Erwiderung  in  dieser  Zeitschrift  auf  Prof.  Dr.  Klux- 

zinger"s  Ausführungen  in  der  Gangfisch-Blauf eichenfrage  vom  März 

1904 S'-2 

Oberndorf  er.  Richard:    Die   vulkanischen   Tuffe   des  Eies  bei  Xörd- 

lingen.    Mit  Taf.  I 1 

Schmidt,  A. :  Zur  Physik  der  Sonne 310 

Schwarz,  Hugo:   Über  die  Auswürflinge  von  kristallinen  Schiefern  und 

Tiefengesteinen  in  den  Vulkanembryonen  der  Schwäbischen  Alb.    Mit 

Taf.  m 227 

Sieber.  G.:  Fossile  Süßwasser-Ostrakoden  aus  Württemberg.  MitTaf.  Vin 

bis  IX ^ 3_. 

Stettner,  G.:  Beiträge  zur  Kenntnis  des  oberen  Hauptmuschelkalks  und 

Bemerkungen  über  die  Tektonik  von  Kochendorf 204 

Bücheranzeige oi'7 

Beilage  :  Ergebnisse  der  pfianzengeographischen  Durchforschung  Württembergs.  I. 

Mit    2    Karten.      Bearbeitet    von     J.   Eichler.     ß.   Gradmann     und 

W.  M  ei  gen. 


Beilage 


JAHRESHEFTE   DES  VEREINS   FÜR   VATERLANDISCHE 

NATURKÜNDE  IN  WÜRTTEMBERG, 

61.  Jahrg.  1905, 

und 

MITTEILUNGEN  DES  BADISCHEN  BOTANISCHEN  VEREINS. 


Ergebnisse 

der 

pflanzengeographischen  Durchforschung 

von 

Württemberg,  Baden  und  Hohenzollern. 


I. 

Mit  2  Karten. 


Bearbeitet  von 

J.  Eichler,  R.  Gradmann  und  W.  Meigen. 


tuttgart. 
1905. 


Literatur  und  Abkürzungen, 

BiNZ,  Flora  von  Basel.  1901. 

Brünner  ,  Flora  der  Quellenbezirke  der  Donau  und  Wutach  (Schrift,  d.  Frei- 
burger Ver.  f.  Naturk.  1851). 

De  Bary,  Bericht  über  neue  Entdeckungen  im  Gebiete  der  Freiburger  Flora  (Ber. 
d.  naturf.  Ges.  z.  Freiburg  i.  Br.  Bd.  3,  S.  18)  1865, 

DFl.  =  von  Schreckenstein,  von  Engelberg  und  Eenn,  Flora  der  Gegend  um 
den  Ursprung  der  Donau  und  des  Neckars  usw.  1804—14. 

DiEFFENBACH,  Flora  der  Kantone  Schaffhausen  und  Thurgau  (Flora  od.  Bot.  Ztg. 
1826,  Bd.  2,  465). 

DöLL,  BadFl. ,  Flora  des  Großherzogtums  Baden.  1855—62. 

DöLL,  Jbr.  =  DöLL,  Beiträge  zur  Ptianzenkunde  (Jahresber.  d.  Mannheimer 
Ver.  f.  Naturkunde  1862—68). 

DöLL,  Rh  Fl.  ^  DöLL,  Eheinische  Flora,  1843. 

Engesser,  Flora  des  südöstlichen  Schwarzwaldes.  1852. 

Frank,  Rastatts  Flora.  1830. 

Gmelin,  Flora  Badensis,  Alsatica  etc.  1806 — 26. 

Gr.  =  Gradmann,  Das  Pflanzenleben  der  Schwäbischen  Alb.  Tübingen  1898; 
2.  Aufl.  Tübingen  1900. 

Hagenbach,  Tentamen  Florae  Basileensis.  1821 — 43. 

HBBV.  =  Herbarium  des  Badischen  Botanischen  Vereins. 

Hegelmaier,  Ber.  =  Bericht  der  Kommission  für  die  Flora  von  Deutschland. 
Abt.  Württemberg  mit  Hohenzollern  (Referent:  F.  Hegelmaier).  In  Be- 
richten der  Deutschen  Botanischen  Gesellschaft.     Jahrg.  1887 — 1891. 

Hegetschweiler.  Kritische  Aufzählung  der  Schweizerpflanzen.  1831. 

HH.  =  Herbarium  der  Landwirtschaftlichen  Hochschule  Hohenheim. 

Hiller,  Alp.  =  Hiller,  Botanische  Exkursionen  auf  einen  Theil  der  wirtem- 
bergischen  Alpen.  Im  neuen  bot,  Taschenbuch  etc.,  herausg.  von  David 
Hoppe,  Nürnberg  1805  (S,  13-33). 

HöFLE,  Flora  der  Bodenseegegend.  1850. 

HTüb.  =  Herbarium  der  Universität  Tübingen. 

HV.  =  Herbarium  des  Vereins  für  vaterländische  Naturkunde  in  Württemberg. 

Jack,  Flora  des  Kreises  Konstanz.  1900. 

Jh.  =  Jahreshefte  des  Vereins  für  vaterländische  Naturkunde  in  Württemberg, 
Stuttgart  1845  ff. 

KE.  =  Kirchner  u.  Eighler,  Exkursionsflora  für  Württemberg  und  Hohen- 
zollern.    Stuttgart  1900. 

Kirschleger,  Flore  d'Alsace,  1852—58. 

Klein  =  Seubert's  Exkursionsflora  für  das  Großherzogtum  Baden.  5.  Aufl., 
bearb.  von  Dr.  Ludwig  Klein.    Stuttgart  1891, 

Lauterer,  Exkursionsflora  für  Freiburg.  1874. 

Lechler,  Supplement  zur  Flora  von  Württemberg.     Stuttgart  1844. 

Lechler  u.  Troll,  Nachträge  zu  Schühler's  und  v.  Marxens'  Flora  von  Württem- 
berg,    (In  , Flora"  od.  Allg.  bot.  Ztg.  1844.  S,  159  u.  160.) 


Beilage 


JAHRESHEFTE   DES  VEREINS   FÜR   VATERLÄNDISCHE 

NATURKUNDE  IN  WÜRTTEMBERG, 

61.  Jahrg.  1905, 

und 

MITTEILUNGEN  DES  BADISCHEN  BOTANISCHEN  VEREINS. 


Ergebnisse 

der 

pflanzengeographischen  Durchforschung 

von 

Württemberg,  Baden  und  HohenzoUern. 


I. 

Mit  2  Karten. 


Bearbeitet  von 

J.  Eichler,  R.  Gradmann  und  W.  Meigen. 


Stuttgart. 
1905. 


Druck  von  Carl  Grüninger,  K.  Hofbuchdruckerei  Zu  Gutenberg  (Klett  &  Hartmann),  Stuttgart. 


Einleitung. 

Von  R.  Qradmann. 

Ziele  des  Unternehmens.  Die  Arbeiten,  deren  Ergebnis  wir 
hier  vorzulegen  beginnen,  bedeuten  die  Ausführung  eines  Plans \ 
der  im  Jahre  1899  dem  Ausschuß  des  Vereins  für  vaterländische 
Naturkunde  in  Württemberg  vorgelegt,  von  diesem  gutgeheißen  und 
später  auch  von  dem  Badischen  Botanischen  Verein  und  der  Bayri- 
schen Botanischen  Gesellschaft  mit  geringen  Änderungen  aufgenommen 
wurde.  Es  wird  sich  empfehlen,  hier  die  Grundzüge  des  Unternehmens 
zunächst  noch  einmal  zusammenzufassen. 

Von  dem  Wunsche  ausgehend,  die  botanische  Vereinstätigkeit,  die 
sich  fast  überall  auf  rein  floristische  Ziele  beschränkt,  möglichst  unmittel- 
bar auch  für  die  Pflanzengeographie  nutzbar  zu  machen,  haben 
wir  uns  die  Aufgabe  gestellt,  durch  organisiertes  Zusammen- 
wirken einer  größeren  Zahl  von  Mitarbeitern  die  Verbrei- 
tungsverhältnisse gewisser  Pflanzenarten  genauer  zu  be- 
stimmen, um  dadurch  die  Pflanzengeographie,  in  erster 
Linie  die  botanische  Kartographie  zu  fördern.  Für  dieses 
ziemlich  eng  umgrenzte  Unternehmen  haben  wir  den  Titel  einer 
pflanzengeographischen  Landesdurchforschung  gewählt, 
lediglich  der  Kürze  wegen  und  ohne  uns  im  geringsten  der  Täuschung 
hinzugeben,  als  ob  damit  der  Gesamtumfang  pflanzengeographischer 
Forschung  für  unsere  Vereinsgebiete  erschöpft  wäre.  Sehr  viele 
wichtige  Aufgaben,  wie  etwa  die  Aufnahme  der  natürlichen  Pflanzen- 
bestände, die  Feststellung  von  Höhengrenzen,  die  Bearbeitung 
schwieriger,  bisher  vernachlässigter  Formenkreise,  die  Torfforschung, 
ferner  Untersuchungen  phänologischer  und  klimatologischer  Art  lassen 
wir   nur   deshalb   beiseite,   weil   wir  uns   hier   auf   solche   Ziele   be- 


*  Gradmann,  Vorschläge  zu  einer  planmäßigen  pflanzengeographischen 
Durchforschung  Württembergs.  Jahresh.  des  Ver.  f.  vaterl.  Naturk.  in  Württ. 
55.  1899.  S.  XXIX— XLVIII 

1* 


—     4     — 

schränken  müssen,  die  im  gegenwärtigen  Augenblick  durch  Vereins- 
tätigkeit praktisch  erreichbar  erscheinen. 

Dazu  rechnen  wir  in  erster  Linie  die  Ergänzung  der  flori- 
stischen Literatur  in  Hinsicht  auf  die  Genauigkeit  der 
Yerbreitungsangaben.  Daß  in  dieser  Richtung  ein  Bedürfnis  be- 
steht, wurde  bei  früherer  Gelegenheit  ^  entwickelt ;  hier  können  wir 
uns  auf  äußere  Zeugnisse  berufen,  nämlich  auf  neuere  Erscheinungen 
von  Florenwerken ,  wie  die  von  der  Niederländischen  Botanischen 
Vereinigung  herausgegebene  Flora  Batava  oder  die  groß  angelegte 
Flora  Tirols  von  Sarnthein  und  Dalla  Torre,  die  beide  in  der  Auf- 
zählung von  Einzelfundorten  das  bisher  in  den  Florenwerken,  nament- 
lich auch  in  unseren  Landesfloren  übliche  Maß  weit  überschreiten. 
Man  sollte  meinen,  es  könne  nicht  allzu  schwer  sein,  bei  zahlreichen 
Arten  die  unbestimmten  Verbreitungsangaben  unserer  Floren  (wie  „zer- 
streut" ,  „nicht  selten",  „nicht  überall"  u.  dergl.)  durch  konkrete 
Aufzählung  der  wirklichen  Fundorte  zu  ersetzen.  Denn  an  den  er- 
forderlichen Beobachtungen  und  auch  an  entsprechenden  Belegen  in 
den  Sammlungen  fehlt  es  nicht ;  sie  sind  nur  noch  nicht  gesammelt 
und  veröffentlicht. 

Auf  der  andern  Seite  scheint  für  eine  gleichmäßige  Vervoll- 
ständigung, für  eine  durchaus  breitere  Anlage  der  Verbreitungs- 
angaben der  gesamten  Landesflora  weder  die  Möglichkeit  noch  auch 
ein  dringendes  Bedürfnis  vorzuliegen.  Nicht  die  Möglichkeit,  weil  die 
gleichmäßige  Beherrschung  aller,  auch  der  schwierigeren  Formen  ein 
viel  höheres  Maß  von  Sachkunde  und  Hingebung  voraussetzt,  als 
.von  den  zahlreichen  über  das  Land  zerstreuten  Beobachtern  billiger- 
weise erwartet  werden  kann;  aber  auch  kein  Bedürfnis,  denn  bei 
vielen  Arten  ist  das  Vorkommen  ein  so  gleichmäßig  über  das  ganze 
Land  zerstreutes,  oder  auch  infolge  von  Verschleppung  wandelbares 
und  dem  Zufall  unterworfenes,  daß  eine  genaue  Kenntnis  aller  Einzel- 
fundorte kaum  wünschenswert  erscheint.  So  sind  wir  auf  den  x\us- 
weg  verfallen,  eine  beschränkte  Anzahl  von  Pflanzenarten  zu- 
sammenzustellen ,  nämlich  nur  solche ,  die  erstens  von  besonderer 
pfianzengeographischer  Bedeutung  und  zweitens  leicht  erkennbar  sind, 
und  haben  die  Einladung  dazu  ergehen  lassen ,  durch  gemeinsame 
Arbeit  deren  Verbreitungsverhältnisse  möglichst  genau  zu  erkunden. 

Bei  der  Auswahl  der  in  Betracht  zu  ziehenden  Arten  machte  der 
an  zweiter  Stelle  genannte  Gesichtspunkt  der  leichten  Erkennbarkeit 


a.  0.  und  in  Mitteil,  doi-  Baj-r.  Botan.  Gesellsch.  1900.  Scp.-Abd.  S.  5. 


—     5     — 

am  wenigsten  Schwierigkeit.  Die  Beschränkung  auf  Phanerogamen 
und  Pteridophyten  ergab  sich  von  selbst;  ebenso  zweifellos  war  es, 
daß  die  sogen,  kritischen  Formenkreise,  so  sehr  sie  einer  vertieften 
Behandlung  durch  die  Floristik  bedürfen,  sich  für  eine  Umfrage  von 
vornherein  nicht  eignen.  Überdies  lassen  sie  sich  auch  pflanzen- 
geographisch schon  deshalb  schwer  verwerten,  weil  deren  Verbreitungs- 
verhältnisse fast  nirgends  sicher  feststehen  und  daher  für  Ver- 
gleichungen  geographischer  Gebiete  wenigstens  vorläufig  keine  rechte 
Grundlage  abgeben  können.  Ebenso  war  es  durch  unsern  Grund- 
plan unmittelbar  gegeben,  daß  die  eigentlich  seltenen  Arten,  die 
schon  bisher  in  den  Florenvverken  mit  vollständigen  Verzeichnissen 
der  Einzelfundorte  vertreten  waren ,  für  unsere  Auswahl  nicht  in 
Betracht  kommen.  Diese  beiden  Gruppen  eignen  sich  nur  für  den 
floristischen  Betrieb,  wie  er  schon  bisher  üblich  war,  durch  unsere 
Zeitschriften  jederzeit  gepflegt  worden  ist  und  auch  in  Zukunft  gepflegt 
werden  wird.  Auch  unsererseits  haben  wir  diese  Forschungsrichtung 
zu  fördern  gesucht,  indem  wir  unsere  Mitarbeiter  einluden,  flo- 
ristische Mitteilungen  jeder  Art ,  selbstverständlich  unter  Anschluß 
von  Belegexemplaren ,  ihren  Einsendungen  beizufügen  ,  eine  Auffor- 
derung, der  auch  vielfach  entsprochen  worden  ist.  Aber  zu  unserer 
spezifischen  Aufgabe  gehörten  diese  wesentlich  floristischen  Unter- 
suchungen nicht. 

Um  aus  der  immer  noch  ziemlich  bedeutenden  Anzahl  für  uns 
in  Frage  kommender  Arten,  also  durchweg  solcher,  die  in  den  Floren- 
werken nur  mit  unbestimmten  Verbreitungsangaben  versehen  sind, 
die  pflanzengeographisch  wichtigen  herauszufinden,  wurden 
verschiedenartige  Gesichtspunkte  zur  Anwendung  gebracht.  Vor 
allem  waren  die  Arten  zu  berücksichtigen,  deren  Verbreitungsgebiet 
innerhalb  Süddeutschlands  eine  absolute  Grenze  findet.  Solche  Grenz- 
linien (Vegetationslinien)  sind  oft  dargestellt  worden ;  sie  sollten  mög- 
lichst lückenlos  verfolgt  werden  können ,  und  dazu  wollen  wir  für 
unsere  Forschungsgebiete  ein  vollständiges  Material  liefern.  Sodann 
kamen  solche  Arten  in  Betracht,  von  denen  nach  ihrer  Gesamtverbrei- 
tung oder  aus  irgendwelchen  andern  Gründen  zu  erwarten  war,  daß 
ihr  Vorkommen  größere  charakteristische  Lücken  aufweisen  wird,  z.  B. 
Arten,  von  denen  bekannt  ist,  daß  sie  sich  in  einem  oder  mehreren 
der  Nachbargebiete  auf  die  höheren  Lagen  beschränken,  ohne  daß 
bei  uns  bis  jetzt  umfassende  Beobachtungen  in  dieser  Richtung  an- 
gestellt wären.  Ganz  besonders  haben  wir  auf  die  Pflanzenarten  ge- 
achtet,   die    als    charakteristisch    für    gewisse  Genossenschaften    an- 


—     6     - 

gesehen  werden  können ;  denn  hier  schien  uns  die  empfindhchste 
Lücke  und  ebendeshalb  auch  die  fruchtbarste  Gelegenheit  zur  För- 
derung der  Pflanzengeographie  vorhanden  zu  sein.  Wie  weit  dies  zu- 
trifft, muß  sich  aus  unsern  künftigen  Veröffentlichungen  ergeben, 
wie  wir  auch  bezüglich  der  Auswahl  der  Arten  im  einzelnen  und 
der  Gründe ,  die  von  Fall  zu  Fall  maßgebend  waren ,  auf  unsere 
späteren  Ausführungen  verweisen  müssen. 

Mit  alledem  wünschen  wir,  wie  gleich  anfangs  ausgesprochen, 
in  erster  Linie  die  botanische  Kartographie  zu  fördern.  Auch  in 
dieser  Beziehung  ist  die  Bedürfnisfrage  bereits  erledigt.  Die  Aufgabe  ist 
jetzt  allgemein  erkannt  und  an  den  verschiedensten  Punkten  in  Angriff 
genommen  worden,  zuerst  in  Frankreich  von  dem  um  die  Sache  hoch- 
verdienten Ch.  Flähault\  dann  in  Schottland",  Irland^,  England*,  den 
Niederlanden^;  in  Osterreich  ist  ebenfalls  der  Plan  einer  systematischen 
botanischen  Landesaufnahme  gefaßt  und  mit  trefflichen  Proben  ins 
Leben  getreten''.  Ähnliche  Blätter  von  kleineren  Gebieten  in  großem 
Maßstab  sind  auch  sonst  erschienen  ',  während  für  große  Ländergebiete 
die  pflanzengeographische  Kartographie  längst  geübt  worden  ist,  in 
mustergültiger  Weise  von  Drude  in  Berghaus"  Physikalischem  Atlas. 
Dküde  hat  sich  aber  auch  seit  Jahren  schon  mit  der  Anwendung  der 
Kartographie  auf  kleinere  Gebiete  in  speziellerer  Ausführung  beschäftigt, 
über  die  einschlägigen  Arbeiten  im  Geographischen  Jahrbuch  fort- 
laufend berichtet  (ebenso  auf  dem  Geographenkongreß  zu  Berlin  1899). 


^  Vergl,  Flahault,  Au  sujet  de  la  carte  botanique,  forestiere  et  agricole 
de  France.  (Annales  de  geogr.  1896.  p.  449.)  —  Id.,  Essai  dune  carte  botanique 
"et  forestiere  de  la  France.  (Ibid.  1897.  p.  289,  mit  Karte,  Bl.  Perpignan  1 :  200  000.) 
—  Id.,  La  Flore  et  la  Vegetation  de  la  France.  1901.  (S.-A.  aus  H.  Coste. 
Flore  de  la  France,  mit  pflanzengeographischer  Karte  von  Frankreich  1  :  3  Mill.) 

2  Kob.  Smith,  Botanical  Survey  of  Scotland.   (Scott.  Geogr.  Magaz.  1900.) 

^  Lloyd  Praeger,  On  types  of  distribution  in  the  Irish  Flora.  (Proceed. 
of  the  Koy.  Irish  Acad.  24.  Sect.  B.  1902/4.)  ~  Id.,  Geographica!  distribution 
of  plantgroups  in  Ireland.     (Geogr.  Journ.  21.  1903.) 

*  Wll.  G.  Smith,  Geographical  distribution  of  Vegetation  in  Yorkshire. 
(Geogr.  Journ.  21,  1903.) 

^  J  W.  C.  Goethart  en  W.  J.  Jongmans,  Plantenkaartjes  voor  Neder- 
land.     Leiden  1901  ff. 

'^  Vorarbeiten  zu  einer  pflanzengeographischen  Karte  Österreichs.  1.  2.  (Ab- 
handl.  d.  k.  k.  Zool.-Bot.  Ges.  in  Wien.  II.  1904.  III.  1905.) 

'  Z.  B.  in  der  Flora  von  Hernstein  von  Günther  Beck  v.  :\lan na- 
ge tta  1884;  Karte  vom  St.  Antöniertal  von  Schröter  im  Landwirtschaftl 
Jahrb.  d.  Schweiz.  9.  1895;  Karte  des  Sihltales  in  der  Monographie  von  Düggeli. 
1903. 


hat  Methoden  dafür  ausgearbeitet '  und  Proben  von  Übersichtskarten 
gegeben  ^. 

Das  Ziel,  auf  das  hingearbeitet  werden  muß  und  dem  auch 
die  genannten  Unternehmungen  mit  geringen  Ausnahmen  alle  mittel- 
bar oder  unmittelbar  dienen,  ist  die  Spezialkarte  großen  Maß- 
stabs nach  dem  Vorbild  der  geologischen  Landesaufnahmen.  Eine 
solche  Spezialkarte  hat  die  vorhandenen  Pflanzenbestände  in  rationeller 
Gliederung  mit  topographischer  Genauigkeit  wiederzugeben  ;  sie  stellt 
zugleich  alle  sonst  für  die  betreffende  Fläche  in  Betracht  kommen- 
den Einzelheiten  auf  einem  und  demselben  Blatte  dar  und  liefert  so 
die   feste    Grundlage    für    alle    Karten    beliebig    kleinen    Maßstabs. 

Dieses  Ziel  steht  auch  uns  vor  Augen.  Nur  geben  wir  uns  nicht 
der  Hoffnung  hin,  es  gleich  mit  dem  ersten  Sprung  erreichen  zu 
können.  Daß  für  eine  genaue  botanische  Landesaufnahme  im  an- 
gedeuteten Sinne  weder  die  Arbeitskräfte  noch  die  nötigen  Mittel 
zur  Verfügung  stehen,  ist  leider  vollkommen  sicher.  Aber  auch  aus 
anderem  Grunde  schien  uns  ein  solches  Unternehmen  jetzt  verfrüht. 
Ehe  man  an  die  geologischen  Landesaufnahmen  ging,  war  die  Gliede- 
rung der  geologischen  Formationen  in  den  Grundzügen  längst  aus- 
gearbeitet und  Gemeingut  geworden ;  es  gab  auch  längst  geologische 
Übersichtskarten  kleinen  Maßstabs,  die  jetzt  freilich  sehr  unvoll- 
kommen erscheinen  im  Vergleich  mit  den  modernen,  auf  Grund  der 
Spezialkarten  ausgeführten  Blättern  gleichen  Umfangs,  die  aber  doch 
einen  Überblick  gewährten  und  für  die  Spezialaufnahmen  das  Wich- 
tige vom  Unwichtigen  von  vornherein  scheiden  lehrten. 

Auf  dem  Gebiete  der  Pflanzengeographie  sind  wir 'noch  nicht 
so  weit.  Aber  gerade  durch  unsere  gegenwärtige  Arbeit  soll  der  vor- 
bereitende Schritt  vollzogen  werden.  Indem  wir  die  Verbreitung 
einzelner  Arten  und  wichtiger  Genossenschaften  auf  einer  Reihe  von 
Karten  mittleren  Maßstabs  zur  Darstellung  bringen,  hoffen  wir  nicht 
bloß  für  umfassendere  Studien  über  einzelne  pflanzengeographische 
Elemente,  z.  B.  Vegetationslinien,  Abgrenzung  pflanzengeographischer 
Gebiete,  einen  Beitrag  zu  liefern,  sondern  glauben  damit  einer  alle 
Elemente  umfassenden  einheitlichen  Karte  großen  Maßstabs  unmittel- 
bar vorzuarbeiten. 

Unmittelbar   —    wiewohl    die    topographischen  Einzelheiten    in 


'  0.  Drude.  Vorläufige  Bemerkungen  über  floristische  Kartographie  von 
Sachsen.     (Sitzungsber.  n.  Abhandl.  d.  Isis.  Dresden  1900.  S.  20.) 

2  0.  Drude,  Deutschlands  Pflanzengeographie.  Bd.  1.  1896.  —  Ders,, 
Der  herzynische  Florenbezirk.  1902  (=  Vegetation  der  Erde.  Bd.  VI). 


unsern  Karten  keine  Berücksichtigung  finden  können ;  denn  diese 
bilden  gar  nicht ,  wie  es  scheinen  könnte,  die  Hauptaufgabe  bei  der 
Herstellung  einer  pflanzengeographischen  Karte  großen  Maßstabs. 
Die  Scheidung  der  Pflanzenbestände  in  Laubwald,  Nadelwald, 
Wiese ,  Moor ,  Acker-  und  Gartenland ,  Weinberg  u.  s.  f.  ist  auf 
unsern  modernen  topographischen  Karten  im  Maßstab  1:25  000 
bereits  mit  aller  wünschenswerten  Genauigkeit  durchgeführt;  was 
noch  hinzugefügt  werden  muß,  ist  nur  die  feinere  botanische 
Gliederung,  z.  B.  Unterscheidung  von  Hochmoor  und  Wiesenmoor, 
Auszeichnung  der  Wälder  mit  montanen  und  subalpinen  Beimengungen 
u.  s.  f.  Für  diese  feinere  Gliederung  die  richtigen  Grundlinien  zu 
finden,  die  Gegensätze  aufzuzeigen,  die  nicht  etwa  bloß  von  lokaler 
Bedeutung  sind,  sondern  das  ganze  Land  durchziehen  und  ebendes- 
halb kartographische  Berücksichtigung  verdienen,  das  ist  ein  Haupt- 
zweck des  gegenwärtigen  Unternehmens.  Wir  hoffen  aber  zugleich 
eine  Fülle  von  Beobachtungstatsachen  zu  liefern ,  die  sich  bei  der 
Herstellung  von  einheitlichen  Karten  großen  Maßstabs  unmittelbar 
verwerten  lassen. 

Sammlung  der  Beobachtungen  \  Für  die  Sammlung  der 
Beobachtungen  haben  wir  die  Vermittlung  einer  größeren  Anzahl  von 
Vertrauensmännern  in  Anspruch  genommen,  die  uns  teils  schon 
vorher  persönlich  bekannt,  teils  von  anderer  Seite  empfohlen  waren. 
Ohne  deren  Hilfe  wäre  es  uns  nicht  möglich  gewesen,  eine  so  große 
Zahl  von  Hilfskräften  aus  allen  Teilen  des  Landes  für  die  Sache  dienst- 
bar zu  machen,  wie  es  tatsächlich  gelungen  ist ;  zugleich  leitete  uns  bei 
der  Wahl  dieser  Organisation  der  Gedanke ,  daß  die  einzelnen  Ver- 
trauensmänner viel  besser  in  der  Lage  sein  müßten,  die  Zuverlässigkeit 
der  in  ihrer  Nähe  wohnenden  und  ihnen  persönlich  bekannten  Beobachter 
zu  beurteilen  und  deren  Angaben  wenn  nötig  an  Ort  und  Stelle 
nachzuprüfen ,  als  es  bei  unmittelbarem  Verkehr  mit  einzelnen,  nur 
durch  planlosen  Aufruf  gewonnenen  Mitarbeitern  der  Fall  sein  kann. 
Es  haben  sich  uns  im  ganzen  über  60  Herren  zur  Verfügung  ge- 
stellt, von  denen  jeder  in  der  Regel  einen  Oberamtsbezirk,  zum  Teil 
auch  zwei  übernommen  hat;  einzelne  Bezirke  wurden  unter  je  zwei 
Vertrauensmänner  verteilt,  einzelne  blieben  auch  ganz  ohne  Ver- 
tretung, doch  ist  es  in  diesen  Fällen  gelungen ,  durch  Beiträge  von 

'  Die  folgenden  Ausführungen  gelten  zuucächst  für  die  Arbeiten  des  Ver- 
eins für  vaterländische  Naturkunde  in  Württemberg.  Die  Organisation  seitens 
des  Badischen  Botanischen  Vereins  wird  in  einem  besonderen  Abschnitt  (S.  14) 
zum  Ausdruck  gebracht. 


—     9 


Mitarbeitern  aus  benachbarten  Bezirken,  durch  Angaben  in  der 
Literatur  und  durch  eigens  dahin  unternommene  Reisen  die  Lücken 
wenigstens  bis  zu  einem  gewissen  Grad  auszufüllen.  Die  Namen 
unserer  Vertrauensmänner  wie  der  Mitarbeiter  überhaupt  werden  wir 
am  Schlüsse  veröffentlichen. 

Wir  haben  nun  zunächst  eine  Liste  von  57  Arten  ausgegeben, 
nämlich: 


Amelanchier  vulgaris 
Änthemis  tindoria 
Anthericus  ramosus 
Arnica  montana 
Arimcus  Silvester 
Aster  amellus 
Astrmitia  major 
BelUcliastrum  Michelii 
Buphtlialmum  saUcifoliuni 
Bupleurum  falcaium 
Carduus  clefloratus 
Carlina  acaulis 
Centaurea  montana 
Cephalanthera  rubra 
Coronilla  montana 

,,         varia 
Corydällis  cava 
Dianthus  Carthusianorum 
Digitalis  purpurea 
Euphorbia  cyparissias 
Gentiana  ciliata 

,,         cruciata 

„         lutea 

„         verna 
Geranium  sanguineum 
Helleborus  foetidus 
Hippocrepis  comosa 
Hex  aquifolium 
Inula  salicina 


Laserpitium  latifolium 
Lihanotis  montana 
Peucedanum  cervaria 
Phyteuma  orbiculare 
Polygonatum  ofßcinale 

„  verticillatum 

Polygonum  bistorta 
Prenanthes  purpurea 
Pulsatilla  vulgaris 
Eosa  Gallica 
Rubus  saxatilis  - 
Sarothammis  scoparius 
Saxifraga  aizoon 
Scilla  bifolia 
StacJiys  rectus 
Tanacetum  corymbosum 
Teucrium  botrys 

„         chamaedrys 

,,         montanum 
Thlaspi  montanum 
Trifolium  montanum 

„         rubens 
Trollius  Europaeus 
Vaccinium  oxycoccos 

„  vitis  Idaea 

Valeriana  tripteris 
Veronica  teucrium 
Vincetoxicum  officinale. 


Dazu  folgende  Anweisung: 

1.  Die  Vertrauensmänner  übernehmen  die  Aufgabe,  von  den  als 
pflanzengeographisch  wichtig  bezeichneten  Pflanzenarten  die 
Fundorte  innerhalb  ihres  Bezirks  möglichst  vollständig  zu  er- 
kunden ,  dabei  aber  ebenso  sorgfältig  alle  irrtümlichen  oder 
zweifelhaften  Angaben  auszuschließen. 

2.  Als  Mittel  dient  neben  der  eigenen  unmittelbaren  Beobachtung 
die  Durchsicht  der  im  Bezirk  vorhandenen  Pflanzensammlungen 


10 


sowie  die  Beiziehmig  möglichst  aller  pflanzenkundigen  Kräfte ; 
jedoch  sind  Mitteilungen  von  dritter  Seite  in  der  Regel  nur 
dann  aufzunehmen,  wenn  mindestens  von  einem  der  an- 
gezeigten Fundorte  ein  Belegstück  beigebracht  wird. 

3.  Beim  Eintrag  in  die  Listen  ist  für  jede  Pflanzenart  ein  be- 
sonderes Blatt  zu  verwenden.  Die  Fundorte  werden  nach  der 
alphabetischen  Reihenfolge  der  Ortsmarkungen  aufgeführt. 
Außerhalb  des  Bezirks  gelegene  Fundorte,  welche  dem  Ver- 
trauensmann bekannt  geworden  sind,  können  anhangsweise 
beigefügt  werden.  Jeder  Fundort,  von  dem  der  Vertrauens- 
mann ein  Belegstück  gesehen ,  wird  mit  einem  ! .  wenn  der 
Vertrauensmann  die  Pflanze  an  Ort  und  Stelle  gesehen,  mit  I  I 
bezeichnet. 

4.  Mitteilungen  über  Vorkommnisse  sonstiger  seltener  Arten  sind 
willkommen,  müssen  aber  in  der  Regel  mit  Belegstücken  ver- 
sehen sein,  die  je  nach  Wunsch  zurückgegeben  oder  der  Ver- 
einssammlung einverleibt  werden. 

5.  Strenge  Einhaltung  dieser  Vorschriften  ist  dringend  erforderlich, 
weil  nur  bei  ganz  gleichmäßiger  Behandlung  das  Ziel  erreicht 
werden  kann. 

Außerdem  wurde  den  Vertrauensmännern  je  ein  Sonderabdruck 
der  „Vorschläge"  (vergl.  oben  S.  3),  soweit  der  Vorrat  reichte,  zur 
näheren  Orientierung  übergeben.  v^ 

Das  Schema  für  den  Eintrag  der  gesammelten  Beobachtungen 
wurde  im  wesentlichen  demjenigen  nachgebildet,  das  für  die  Er- 
hebungen der  forstlichen  Versuchsstationen  über  die  Verbreitung  der 
Waldbäume  benützt  wird : 


Bezirk 


Pflanzenart: 


Ortsmarkung 


Nähere 
Bezeichnung 
des  Fundorts 


Bemerkungen  (unverbindlich) : 

Standortsverhältnisse,  Boden, 

Meereshöhe,  Exposition,  Blütezeit, 

Häufigkeitsgrad 


Name 

des 

Beobachters 


—    ir  — 

Außerdem  wurde  später  auf  besonderen  Wunsch  noch  ein 
weiteres  Forinular  in  etwas  anderer  Anordnung  zur  Benützung  durch 
die  einzelnen  Mitarbeiter  hinausgegeben. 

Die  Einsendungen  sind  von  den  meisten  unserer  Vertrauens- 
männer schon  im  Laufe  der  ersten  zwei  Beobachtungsjahre  erfolgt 
und  später  durch  Nachträge  ergänzt  worden.  Für  einzelne  Bezirke 
gelang  es  aber  erst  später,  Vertreter  zu  finden;  außerdem  hatten 
uns  mehrere  Herren  die  unmittelbare  Einsendung  von  Beiträgen  in 
Aussicht  gestellt,  so  daß  wir  bis  in  die  letzten  Monate  hinein  noch 
immer  Zusätze  zu  erwarten  hatten  und  auch  für  später  noch  zu  er- 
warten haben.  Der  Zeitpunkt  für  die  erste  Veröffentlichung  konnte 
daher  keinenfalls  früher  gewählt  werden. 

Daß  der  Erfolg  kein  ganz  gleichmäßiger  sein  werde,  w-ar  von 
vornherein  zu  erwarten.  Im  allgemeinen  sind  gerade  diejenigen 
Landesteile,  die  schon  bisher  botanisch  am  besten  bekannt  waren, 
auch  jetzt  wieder  am  gründlichsten  durchsucht  worden,  w^ährend 
daneben  große  Gebiete  nach  wie  vor  vernachlässigt  blieben.  Die 
Erklärung  für  solche  stiefmütterliche  Behandlung  liegt  nicht  etwa  in 
der  schwierigen  Zugänglichkeit  der  betreffenden  Gebiete,  denn  es 
gehören  zum  Teil  die  bevölkertsten  Striche  des  Landes  dazu,  viel- 
mehr in  deren  geringer  Ergiebigkeit.  Der  psychologische  Zusammen- 
hang ist  leicht  zu  verstehen.  Der  Sammeleifer  wendet  sich  immer 
den  Gebieten  zu,  wo  viel  zu  holen  ist,  und  pflegt  umgekehrt  bei  rein 
negativen  Ergebnissen,  so  wichtig  diese  für  den  Pflanzengeographen 
sind,  rasch  zu  erlahmen ;  und  im  allgemeinen  haben  wir  es  natürlich 
doch  mehr  mit  Sammlern  als  mit  Pflanzengeographen  zu  tun.  Dieser 
selbstverständHche  und  nicht  zu  ändernde  umstand  erwies  sich  auch 
sonst  als  störend,  und  es  zeigte  sich,  wie  schwer  es  für  den  an  die 
floristische  Betrachtungsweise  Gewöhnten  ist,  auch  einmal  unter 
anderem  Gesichtspunkte  seine  Beobachtungen  anzustellen.  So  wurde 
für  die  Verbreitungsangaben  öfters  wieder  eine  unbestimmte  Form 
gewählt  und  z.  B.  mitgeteilt,  daß  eine  bestimmte  Art  innerhalb  des 
betreffenden  Verwaltungsbezirks  häufig  oder  ziemlich  häufig  sei. 
eine  Angabe,  die  sich  auf  unseren  Karten  schlechterdings  nicht  aus- 
drücken und  daher  überhaupt  nicht  verwerten  läßt.  In  der  Mehr- 
zahl der  Fälle  haben  wir  aber  durchaus  wertvolle ,  zum  Teil  vor- 
zügliche, alle  Erwartung  übertreffende  Arbeiten  erhalten,  und  wir 
können  es  uns  nicht  versagen,  schon  jetzt  für  die  Fülle  von  ebenso 
hingebender  wie  verständnisvoller  Tätigkeit,  die  der  Sache  gewidmet 
worden  ist.  unsern  wärmsten  Dank  auszusprechen. 


-     12     — 

Die  Aufgabe  der  Herausgeber  war  es,  die  eingelaufenen  An- 
gaben unter  Vergleichung  der  in  großer  Zahl  mitgesandten  Beleg- 
exemplare zu  prüfen  und  zu  ordnen.  Eine  sehr  wesentliche  Er- 
gänzung erfuhren  diese  Zusammenstellungen  durch  die  Fundorts- 
angaben, die  den  großen  Sammlungen  (Herbarien  des  Vereins  für 
vaterländische  Naturkunde .  der  Universität  Tübingen  und  der  land- 
wirtschaftlichen Hochschule  in  Hohenheim)  und  einer  weit  zerstreuten 
Literatur  entnommen  werden  konnten,  endlich  durch  die  eigenen 
Beobachtungen,  die  auf  Reisen  nach  allen  Teilen  des  Landes  ge- 
sammelt worden  sind.  Von  jeder  einzelnen  Art  wird  nunmehr  durch 
Eintragung  der  einzelnen  Fundorte  eine  handschriftliche  Verbreitungs- 
karte hergestellt  (Maßstab  1:400000);  ergeben  sich  dabei  isoherte, 
sich  nicht  in  das  Kartenbild  einfügende  oder  sonst  auffallende  An- 
gaben von  Vorkommnissen,  so  werden  diese  einer  erneuten  Prüfung 
unterzogen  und  nur,  wenn  sie  ganz  gut  bezeugt  sind,  in  der  Regel 
nur  nach  Einsicht  von  besonders  eingeforderten  Belegexemplaren,  als 
gesichert  angesehen  und  definitiv  aufgenommen. 

Für  die  kritische  Bewertung  unserer  Ergebnisse  liefern  die  mit- 
geteilten methodischen  Grundsätze  noch  keinen  ausreichenden  Maß- 
stab. Wären  wir  vorwiegend  oder  auch  nur  für  größere  Landesteile 
auf  die  Mitteilungen  gänzlich  unbekannter  Persönhchkeiten  angewiesen, 
so  hätte  ohne  Zweifel  die  Forderung  recht,  daß  grundsätzlich  nur 
belegte  Fundortsangaben  aufgenommen  werden  sollen;  daran  müßte 
aber  das  ganze  unternehmen  scheitern.  Denn  die  Forderung  ist 
unerfüllbar;  man  darf  sich  nur  daran  erinnern,  daß  es  sich  um  weit 
mehr  als  100000  Einzelangaben  handelt,  die  durch  ebenso  viele  Be- 
legexemplare gestützt  werden  sollen !  Die  Forderung  ist  aber  auch 
überflüssig;  tatsächhch  kommt  alles  auf  das  Mischungsverhältnis 
an  zwischen  wohlverbürgten,  durch  erprobte  Beobachter  gemachten 
und  durch  die  Herbarien  belegten  Fundorten  einerseits  und  ander- 
seits solchen,  für  die  nur  eine  einfache  Mitteilung  vorliegt.  Um  in 
dieser  Beziehung  jedermann  ein  selbständiges  urteil  zu  ermöglichen, 
fügen  wir  den  einzelnen  Angaben  jedesmal  die  Quelle  bei.  Man  wird 
bei  unserer  ersten  Probe  ( Saxifraga  aizoon)  finden,  daß  es  im  ganzen 
von  uns  gezeichneten  Verbreitungsgebiet  der  Pflanze  keine  Fläche 
auch  nur  von  einer  Quadratmeile  gibt,  wo  das  Vorkommen  nicht 
ganz  unanfechtbar  durch  namhafte  Beobachter  und  Herbarbelege 
bezeugt  wäre.  Die  Grundzüge  der  Verbreitung  sind  daher  voll- 
kommen sichergestellt.  Was  einzelne  nur  einfach  bezeugte  Angaben 
noch  hinzubringen ,   ist  lediglich  die  Ausfüllung  von  Lücken,   die  bei 


—     13     — 

einer  Darstellung  in  Flächenkolorit  jedermann  ohne  weiteres  hypo- 
thetisch ausgefüllt  hätte.  Dabei  wird  aber  eine  positive  Angabe, 
auch  wenn  sie  nur  einfach  bezeugt  ist,  immerhin  noch  höher  zu  be- 
werten sein  als  eine  bloße  Interpolation. 

Form  der  Veröffentlichung.  Wir  erachten  es  als  einen  hohen 
Gewinn  für  die  Sache,  daß  der  Badische  Botanische  Verein 
in  der  Veröffentlichung  vollständig  mit  uns  Hand  in  Hand  gehen 
will.  Die  Kartenbilder  erhalten  dadurch  eine  Abrundung,  die 
schmerzlich  zu  vermissen  gewesen  wäre,  hätte  man  mit  den 
Landesgrenzen  jedesmal  die  Darstellung  abschneiden  müssen.  In 
die  Bearbeitung  der  Hohenzollernschen  Lande  haben  wir  uns  so 
geteilt,  daß  der  Bezirk  Sigmaringen  von  dem  Badischen  Botanischen 
Verein .  die  übrigen  Bezirke  von  uns  übernommen  wurden.  Die 
Bayrische  Botanische  Gesellschaft  wdrd  zwar  mit  der  Ver- 
öffentlichung selbständig  vorgehen,  wird  aber  genau  die  gleiche  Karte 
als  Grundlage  benützen,  so  daß  ein  vollständiger  Anschluß  der  Ver- 
breitungsbilder gesichert  ist  ^ 

Das  Bedürfnis,  unseren  Mitarbeitern  möglichst  bald  etwas  zu 
bieten  und  zugleich  die  Arbeit  und  den  Aufwand  auf  mehrere  Jahre 
zu  verteilen,  brachte  es  natürlicherweise  mit  sich,  daß  die  Veröffent- 
lichung stückweise  erfolgt.  Damit  wäre  an  und  für  sich  eine 
systematische,  rein  nach  inneren  Gründen  erfolgende  Anordnung  des 
Stoffs  wohl  vereinbar  gewesen.  Allein  die  Sammlungsarbeiten  sind 
keineswegs  in  allen  Teilen  gleichmäßig  vorgeschritten ;  manches  ist 
zur  Veröffentlichung  entschieden  noch  nicht  reif  und  wird  es  erst 
im  Laufe  der  nächsten  Jahre  werden.  Wir  hätten  de.shalb,  um  eine 
systematische  Ordnung  einhalten  zu  können,  den  Beginn  der  Ver- 
öffentlichung noch  weiter  hinausrücken  müssen.  Statt  dessen  haben 
wir  es  vorgezogen,  in  mehr  zwangloser  Weise  zu  verfahren  und  dort 
zu  beginnen,  wo  am  ehesten  ein  Abschluß  zu  erzielen  ist. 

Für  diesmal  bieten  wir  die  Verbreitungsverhältnisse  der  beiden 
alpinen "  Arten ,  die  in  unsere  Listen  aufgenommen  worden  sind : 
Saxifraga  aizoon  und  auf  badischer  Seite  außerdem  Silene 
rupestris.  Es  sind  dies  die  einzigen  Arten  der  alpinen  Gruppe, 
deren  Verbreitung   bisher  ungenügend  bekannt  war.     Es  bietet  sich 


'  Inzwischen  ist  in  den  Berichten  der  Bayer.  Botan.  Gesellsch.  Bd.  X  1905 
bereits  eine  Veröffentlichung  erschienen:  Gust.  Hegi.  Beiträge  zur  Pflanzen- 
geographie der  bayerischen  Alpenflora  i^auch  als  Habilitationsschrift  1905).  Wir 
konnten  dieselbe  teilweise  noch  benützen. 

-  Unsere  Abgrenzung  dieses  Begriffs  3.  unten. 


14 


daher  jetzt  die  Möglichkeit .  die  Verbreitung  der  gesamten 
Gruppe  auf  der  Karte  darzustellen,  und  um  sofort  zu  veranschau- 
lichen, wie  unser  Plan,  durch  geeignete  Ergänzung  der  schon  bisher 
bekannten  Yerbreitungsdaten  eine  pflanzengeographische  Kartiermig 
unter  größeren  Gesichtspunkten  vorzubereiten .  gedacht  ist .  haben 
wir  von  dieser  Möghchkeit  auch  jetzt  schon  Gebrauch  gemacht. 

Eine  Keihe  weiterer  Karten,  die  Verbreimngsverhältnisse  ein- 
zelner Arten  und  ganzer  Genossenschaften  rmd  geographischer  Gruppen 
darstellend,  im  ganzen  etwa  30.  werden  %vir  in  etwas  rascherem 
Zeitmaß  innerhalb  der  nächsten  Jahre  folgen  lassen.  Wenn  möglich, 
soll  zuletzt  noch  eine  zusammenfassende  Karte  größeren  Maßstabs 
(etwa  1  :  5C>0000)  iu  mehrfarbiger  Ausführung  herausgegeben  werden. 

Die  Arbeiten  des  Badischen  Botanischen  Vereins  \  Da 
Zweck  und  Ziel  unserer  Bestrebungen  im  vorstehenden  austührhch 
dargelegt  sind .  kann  ich  mich  hier  auf  die  Erwähnung  derjenigen 
Punkte  beschränken ,  die  für  die  Durchforschung  des  Großherzog- 
tums Baden  besonders  in  Betracht  kommen.  Die  zunächst  (^1900) 
ausgegebene  Pflanzenhste  umfaßte  54  Arten,  luid  zwar : 


Aceras  antliropoplwra 
AcMJlea  »obilis 
Adenostvies  albifroiis 
Ali/ssum  montanum 
Anacamptis  pyramidalis 
Andromeda  polifdia 
Artemisia  campesths 
Asper ida  glauca 
Aster  amdlus 
^      Unosyris 
AMrantia  major 
BeTlidiasfrum  JUchdii 
JBuphthahmüii  sälicifdium 
Carduus  deßoratus 
Cirsium  riadare 
Coronüla  emerus 

„         montana 
Crepis  succisifolia 
Cf/tisus  nigricans 
Dentaria  digifafa 
pinnata 
Digitalis  lutea 

„        purpurea 
Gentiana  lutea 


Gentiana  utriculosa 

verna 
Helleborus  foetidus 
Lactuca  perennis 
Laserpitium  latifdium 
Leontodon  Pyrenaicus 
Libanotis  montana 
Linum  tenuifdium 
Melampjyrum  sihaticum 
Jleum  athamanticum 

muten  ina 
Mulgedium  alpinum 
Feucedanum  cervaria 
Phyteuma  orbiculare 
Pölygonatum  vetiiciUatum 
Prim  ula  fa  rinosa 
Salvia  glutinosa 
Sarothamnus  scoparius 
Saxifraga  aizoon 

steäaris 
Scilla  bifdia 
Silene  rupestris 
Sweertia  peramis 
Sfachys  alpinus 


Verfasser:  Dr.  M eigen. 


15 


Teucrium  montanum 
Trifolium  spadiceum 
Trollius  Europaeus 


Vaccinium  oxycoccos 
Valeriana  tripteris 
Veronica  urticifolia. 


Als  ich  im  Frühjahr  1901  die  Leitung  der  pflanzengeographischen 
Arbeiten  übernahm ,  ergänzte  ich  diese  Liste  durch  eine  Anzahl 
weiterer  Arten,  nicht  nur  um  eine  bessere  Übereinstimmung  mit  der 
württembergischen  Liste  zu  erzielen,  sondern  auch  um  ein  noch  voll- 
ständigeres Bild  über  die  Verbreitung  der  einzelnen  Genossenschaften 
zu  ermöglichen.     Die  neuaufgenommenen  Arten  waren  folgende : 


Amelancli ier  vulgaris 

Eiqjhorbia  Gerardiana 

Andropogon  ischaemon 

verrucosa 

Anemone  narcissiflora 

Eiqjhrasia  lutea 

„         silvestris 

Gagea  pratensis 

AntJiemis  tinctoria 

Galiuni  rotundifolium 

Anfhericus  liliago 

saxatile 

„           ramosus 

Gentiana  ciliata 

Arnica  montana 

cruciata 

Aruncus  Silvester 

Geranium  sanguineum 

Asperida  cynanchica 

Globularia   Willkommii 

Asplenum  ceterach 

Gymnadenia  albida 

Athyrium  alpeslre 

Heliclirysum  arenarium 

Avena  pratensis 

Himantoglossum  hircimim 

Brunella  grandiflora 

Eippocrepis  comosa 

Bupleurum  falcatum 

Hex  aquifolium 

Campamda   cervicaria 

Imda  Mrta 

„           pusida 

salicina 

Carduus  personata 

Listera  cordata 

Carlina  acaidis 

Litliospermum  purpureocaeruleum 

Centaurea  montana 

Lonicera  alpigena 

nigra 

nigra 

,.          Bhenana 

periclymemim 

Cephalanthera  rubra 

Liinaria  rediviva 

ChaeropliyJlum  hirsidum 

Lycopjodium  sdago 

Cliondrilla  juncea 

Melittis  mdlissopliyllum 

Circaea  alpina 

Orchis  globosus 

Cirsium  acaide 

Petasites  albus 

Coronilla  varia 

Peucedanum  officinale 

Corydalis  cava 

,.            oreoselinum 

Cynodon   dactylon 

Pinus  montana 

JJapline  cneorum 

Pirus  aria 

Dianthus  CartJiusianorum 

Polygala  chamaebuxus 

Bictamnus  albus 

comosa 

Empetrum  nigrum 

Polygonatum  officinale 

Eriophorum  alpinum 

Polygon  um  bistotia 

vaginatum 

Prtnantlies  purpurea 

—     16     — 

PulsatiUa  vulgaris  Teucrium  cliamaedrys 
Banunculus  aconitifoUus  ,,         scorodonia 

„  montanus  TliJaspi  montanum 

Jxosa  alpina  Thi/melaea  passerina 

JRumex  älpinus  Trientalis  Europaea 

„       arifolius  Trifolium  alpestre 
Bubus  saxatilis  „         montanum 

Sedum  annuum  „         ruhens 

Seseli  annuum  Vaccinium  läiginosiim 
Silene  nutans  „  vitis  idaea 

„      otites  Veronica  spicata 
Stachi/s  redus  „         teucrium 

Stupa  capillata  „         urticifolia 

„      pennata  Vicia  'pisiformis 

Tamus  communis  Vincetoxicum  officinale 

Tanacetum  corynibosum  Wcingaertneria  canescens. 
Teucrium  totrijs 

In  allen  übrigen  Punkten  haben  wir  uns  dem  Vorgehen  in 
Württemberg  angeschlossen  und  gilt  das  früher  Gesagte,  namenthch 
auch  bezüglich  der  ungleichmäßigen  Durchforschung  der  einzelnen 
Landesteile,  auch  für  Baden.  Die  Zahl  unserer  ständigen  oder 
gelegentlichen  Mitarbeiter  beträgt  jetzt  etwa  40,  denen  ich  auch  an 
dieser  Stelle  den  herzlichsten  Dank  für  ihre  vielfach  sehr  wertvolle 
Hilfe  aussprechen  möchte. 

Wie  schon  früher  erwähnt,  ist  der  Bezirk  Sigmaringen  der 
HohenzoUernschen  Lande  bei  den  badischen  Fundorten  zu  suchen. 
Daß  wir  auch  im  Süden  nicht  an  der  politischen  Grenze  Halt  ge- 
macht, sondern  den  Kanton  Schaffhausen  und  die  sonstigen  auf  dem 
rechten  Rheinufer  liegenden  Teile  der  Schweiz  mitaufgenommen  haben, 
bedarf  wohl  keiner  besonderen  Rechtfertigung. 


L  Die  alpine  Gruppe '. 

Alle  diejenigen  Arten,  die  innerhalb  Süddeutschlands  die  tiefsten 
und  wärmsten  Striche ,  im  allgemeinen  die  Weinregion ,  meiden, 
fassen  wir  zusammen  unter  der  großen  Abteilung  der  Gebirgs- 
pflanzen. Es  werden  dazu  nur  solche  Arten  gerechnet,  für  die 
sich  auch  anderwärts  unter  ähnlichen  Breiten  das  gleiche  Verhalten 


'  Zu  diesem  Abschnitt  ist  die  Zusammenstellung  der  wiirttembergischen 
Fundorte  von  E  i  c  h  1  e  r  und  G  r  a  d  m  a  n  n  gemeinsam ,  diejenige  der  badischen 
von  M  e  i  g  e  n  besorgt  worden ;  der  übrige  Text  ist  von  G  r  a  d  m  a  n  n. 


—     17     — 

nachweisen  läßt^    Dagegen  soll  ein  vereinzeltes  Vorkommen  an  einem 
tieferen  Punkte  kein  Grund  für  den  Ausschluß  sein"^. 

Innerhalb  dieser  großen  Abteilung  unterscheiden  wir  mehrere 
einzelne  Gruppen.  Pflanzen,  die  ohne  erkennbare  Vorliebe  für  die 
höheren  Regionen  bis  gegen  die  untere  Grenze  der  Bergregion  herab 
vorkommen,  bezeichnen  wir  schlechtweg  als  montane.  Ein  Teil 
von  diesen  montanen  Arten  hält  sich  auffällig  an  die  Nähe  der  Alpen- 
kette, geht  aber  daselbst,  wie  dies  schon  in  unserer  Umgrenzung 
des  Begriffes  liegt,  ebenso  tief  und  in  gleicher  Häufigkeit  herab  wie  die 
anderen  montanen  auch;  wir  nennen  sie  präalpine. 

Im  Gegensatz  zu  den  montanen  Arten  beschränken  sich  viele 
Gebirgspflanzen  vorwiegend  oder  ausschließhch  auf  die  höheren  Re- 
gionen. Eine  große  Zahl  hält  sich  in  auffälhger  Weise  an  den 
Krummholzgürtel  (Bestände  der  Legföhre,  Pinus  montana,  und 
der  Alpenerle,  Alnus  viridis).  Dieser  beginnt  noch  innerhalb  des 
subalpinen  Koniferengürtels  und  erstreckt  sich  bis  über  die  Baum- 
grenze, also  bis  in  die  alpine  Region  hinauf,  in  den  nördhchen  Hoch- 
alpen im  allgemeinen  von  etwa  1500 — 2000  m.  Arten,  die  diesem 
Höhengürtel  vorzugsweise  eigen  sind,  bezeichnen  wir  als  subalpine. 

Endlich  gibt  es  eine  große  Zahl  von  Gebirgspflanzen,  die,  wenn 
nicht  ihre  ausschließliche  Verbreitung,  so  doch  das  Maximum  ihres 
Vorkommens  in  der  Alpenkette  über  der  Zone  des  Waldwuchses, 
also  in  der  eigentlich  alpinen  Region  haben.  Für  diese  haben  wir 
ganz  im  Sinne  von  H.  Christ^  den  Namen  von  alpinen  Pflanzen 
vorbehalten. 

Die  Gliederung  wäre  demnach  folgende: 
Gebirgspflanzen 

1.  montane, 
Unterabteilung:  präalpine, 

2.  subalpine, 

3.  alpine. 

1  Wir  vermeiden  damit  den  schon  von  Hugo  v.  Mohl  (Jahresh.  des  Vereins 
f.  Vaterland.  Naturk.  i,  Württ. ,  1.  Jahrg.  1845,  S.  77)  gerügten  Fehler,  solche 
Pflanzen,  die  nur  an  wenig  Punkten  und  zufällig  an  lauter  höher  gelegenen  vor- 
kommen, als  Charakterpflanzen  der  Bergregion  zu  bezeichnen. 

^  Solche  Ausnahmen  sind  bei  pflanzengeographischen  Gruppierungen  immer 
zuzulassen,  wenn  man  nicht  einem  starren  Prinzip  zuliebe  die  bezeichnendsten 
in  der  Natur  gegebenen  Gegensätze  verwischen  will. 

*  Über  die  Verbreitung  der  Pflanzen  der  alpinen  Region  der  europäischen 
Alpenkette  (N.  Denkschr.  der  Allg.  Schweiz.  Ges.  f.  d.  ges.  Naturw.  Bd.  22. 
1867.  S.  4). 

2 


—     18     — 

Die  Bemerkung  ist  wohl  nicht  überflüssig,  daß  es  sich  hier 
ganz  und  gar  nicht  darum  handelt,  für  die  Ausdrücke  montan,  prä- 
alpin, subalpin  usw.  eine  allgemein  gültige  Definition  zu  geben.  Die 
Begriffe,  wie  wir  sie  hier  fassen,  sind  unmittelbar  den  Tatsachen  der 
Pflanzenverbreitung  entnommen  und  ihre  Berechtigung  muß  sich  aus 
der  späteren  Darstellung  von  selbst  ergeben.  Passende  Namen  da- 
für zu  finden,  war  erst  die  zweite,  durchaus  untergeordnete  Aufgabe. 
Wir  haben  die  Namen  gewählt,  die  uns  am  bezeichnendsten  schienen, 
wiewohl  die  von  uns  gegebene  Fassung  sich  mit  der  ziemlich  all- 
gemein angenommenen  Gliederung  der  Höhengürtel  nicht  durchaus 
deckt ,  wie  auch  bereits  angedeutet  wurde.  SelbstverständHch 
brauchen  wir  die  Ausdrücke  fortan  immer  genau  im  Sinn  unserer 
Definitionen,  bestreiten  damit  aber  niemand  das  Recht,  dieselben 
Ausdrücke  in  irgendwelchem  anderen  Sinne  anzuwenden. 

Mit  der  alpinen  Gruppe  haben  wir  es  für  diesmal  allein  zu 
tun ,  und  zwar  zunächst  mit  zwei  der  hervorragendsten  Vertreter 
derselben,  Saxifraga  aisoon  und  Silene  rupestris.  Wir  geben  von 
jeder  einzelnen  Art  zuerst  die  Gesamtverbreitung,  dann  etwas  genauer 
die  Verbreitung  innerhalb  der  Nachbarländer,  namentlich  des  Alpen- 
gebiets, schließlich  die  Verbreitung  im  Beobachtungsgebiet  selbst, 
wobei  der  Aufzählung  der  einzelnen  Fundorte  jedesmal  eine  kurze 
Charakteristik  des  Verbreitungsbildes  vorangeschickt  wird. 

Als  Quellen  für  die  Darstellung  der  Gesamt  Verbreitung  dienten 
uns  neben  den  Landesfloren  und  zahlreichen  aus  der  Literatur  ge- 
sammelten Einzelnotizen ,  besonders  die  Zusammenstellungen  von 
H.  Christ,  M.  Jerosch  (Geschichte  u.  Herkunft  der  schweizer.  Alpen- 
flora 1903),  Nyman  (Conspectus),  Ledebour  (Flora  Rossica)  und  Boissier 
(Flora  Orientalis),  für  die  Vertikalverbreitung  besonders  0.  Sendtner 
(Vegetationsverh.  Südbayerns  1854  und  des  Bayrischen  Waldes  1860), 
Hr.  Jaccard  (Catalogue  de  la  Flore  valaisanne.  N.  Denkschr.  der 
Allg.  Schweiz.  Ges.  f.  d.  ges.  Naturw.  Bd.  34.  1895)  und  Wartmann  u. 
ScHLATTER  (Kritische  Übersicht  über  die  Gefäßpflanzen  der  Kantone 
St.  Gallen  u.  Appenzell.  Ber.  über  d.  Tätigk.  der  St.  Gallischen 
naturw.  Ges.   1879—87). 

a)  Die  Verbreitung  der  einzelnen  Arten. 
Saxifraga  aizoon  Jacq. 

(Karte  1.) 
Arktisches  Nordamerika,  Grönland,  arktisches  Norwegen,  zentral- 
und    südeuropäische    Gebirge    vom    kantabrischen    Gebirge    und    den 


—     19     — 

Pyrenäen  bis  zu  den  Karpathen  und  zur  Balkanhalbinsel,  südwärts 
bis  Korsika,  Apenninen,  Peloponnes,  Armenien. 

Im  Alpengebiet  auf  Felsen,  besonders  Kalkfelsen,  vorzugsweise 
von  1200—2500  m  (Wallis  800—2750  m,  Bayrische  Alpen  1660 
—  2570  m),  alpin  \  aber  nicht  selten  in  tiefere  Regionen  herabsteigend, 
so  im  St.  Galler  Rheintal  bis  zu  425  m;  auch  in  Südbayern,  Ober-  und 
Niederösterreich,  Serbien  an  vielen  Stellen  der  Bergregion  (bis  500  m 
herab),  selbst  im  Wallis  bei  Martigny  von  375—450  m.  Sonst  in 
den  Cevennen,  der  Auvergne,  dem  Jura  (bis  zur  Schafmatt  bei  Aarau 
und  zur  Lägern) ,  den  Vogesen ,  den  schlesischen ,  mährischen  und 
böhmischen  Gebirgen;  merkwürdigerweise  auch  an  den  Felsen  des 
Nahetals  von  Oberstein  bis  zum  Rheingrafenstein  bei  Münster  und 
ebenso  in  der  Umgebung  von  Prag. 

Im  Beobachtungsgebiet  ausschließlich  auf  Felsen  im  südlichen 
Schwarzwald  (auf  Granit,  Gneis,  Porphyr,  Grauwacke,  von  550 
— 1350  m),  auf  der  Alb  (häufig  vom  Heuberg  bis  zum  Aalbuch  und 
bis  zur  ülmer  Alb,  nur  auf  den  Schwammkalken  des  Weißen  Jura, 
von  550—1000  m)  und  auf  dem  Hohentwiel  (Phonolith,  500—650  m). 

Verzeichnis  der  Fundorte  ^ : 

Württemberg : 

OA.  Balingen  (Link!):  Burgfelden  [Böllat  Walz*].  —  Dürr- 
wangen**. —  Ehingen  [HTüb.!;  Schnecklesfels  **;  7  Kreuze**; 
Meßstetter  Steige  ** ;  Schloßfels  **;  Mühlefels  **;  Malerfels  **]. 
—  Hossingen  [Leiter  **].  —Laufen  [HV.!;  Mr.  1904  „Schalks- 
burg" ;    Schalksburg  **].    —   Lautlingen    [Heersberg  **].    — 


^  Die  Bezeichnung  alpin  oder  hoch  alpin  ist  bei  sämtlichen  hier  auf- 
gezählten Arten  durchweg  aus  Christ  (Über  die  Verbr.  der  Pfl.  der  alp.  Eeg.) 
entnommen. 

^  Die  Aufzählung  der  Fundorte  erfolgt  nach  Oherämtern.  Letztere  sind 
in  der  üblichen  Weise  nach  den  4  politischen  Kreisen  (Neckarkreis,  Schwarz- 
waldkreis ,  Jagstkreis ,  Donaukreis)  geordnet ,  und  es  schließen  sich  daran  die 
hohenzollerischen  Oberämter  Gammertingen ,  Haigerloch  und  Hechingen.  Der 
neben  der  Oberaratsbezeichnung  stehende  eingeklammerte  Namen  gibt  den  Ver- 
trauensmann des  Bezirks  an ;  ein  beigefügtes  !  zeigt  an,  daß  Belegexemplare  von 
ihm  eingesandt  und  von  Kommissionsmitgliedern  eingesehen  wurden.  —  Die 
gesperrt  gedruckten  Namen  bezeichnen  die  Markungen,  auf  welchen  die 
Pflanzen  beobachtet  wurden.  Genauere  Standortsangaben  finden  sich  zusammen 
mit  Herbar-  und  Literaturnachweisen  in  Klammern  beigesetzt.  —  Bezüglich  weiterer 
Abkürzungen  und  Quellen  sei  auf  den  Umschlag  verwiesen ;  e  i  n  e  Z  u  - 
sammenstellung  sämtlicher  Quellen  wird  am  Schluß  der  Ver- 
öffentlichung erfolgen. 

2* 


-     20     — 

Margrethausen  [Heersberg**].  —  Oberdigisheira  [Baien- 
berg Strohmaier  *].  —  Streichen  [Hundsrück  Scheible  *]. — 
Thailfingen  [Schloßberg  Mütschler  *;  Burg  Gradmann  1902!]. 
. —  Tieringen  [Hörnle  Beck*;  Lochen  **].  —  Weilheim 
[Lochen  **]. 
OA.  Nürtingen  (Geyer):  Beuren  [Beurener  Fels  Losch].  —  Erken- 
brechtsweiler  [Brucker  Fels  Losch,  Wilhelmsfels  GradmannI]. 

—  Neuffen  [„Felsen  gegen  Bulben"  HTüb.  1845!;  ,,Hohen- 
neuffen"   OAB. ;  Mr.   1904]. 

OA.  Reutlingen  (Kühner):  Bronnen  [„Mariaberg"  DFL;  v.  Marxens; 
Gradmann!].  —  Eningen  [Eisenbachfelsen  Fahrbach*].  — 
Holz  elf  in  gen  [Marxens  in  HTüb.  1829!;  Greifenstein  Bossler*; 
Zellertalfelsen  Thym].  —  Honau  [Hiller,  Alp  1805;  Schübler 
Tüb. ;  Mr.  1904;  Traifelbergfelsen  Rüger,  Vöhringer*;  Dobel- 
kapffelsen  Bossler  *].  —  Oberhausen  [„b.  d.  Nebelhöhle" 
Memminger  Württ.  I ;  Gießstein,  Steighau,  Brunnenstein  Bossler  *.] 

—  Pfullingen  (Wackerstein  Bossler,  Fahrbach*,  Grädmann  !, 
Mr.  1904;  ürsulahochberg  Bossler*].  —  Unterhausen  [ür- 
sulahochberg,  Eckfelsen  Bossler  *]. 

OA.  Rottweil  (Eggler):  Hausen  am  Tann  [„Lochen"  HTüb. 
1843!,  Berxsch,  Gradmann  ! ;  Wenzelstein  Gradmann!;  Schafberg 
(hoher  Felsen  und  gespaltener  Felsen)  Berxsch,  ^GradmannI]. 

OA.  Spaichingen  (Eyxel !):  Böttingen  [Lippachtal  **].  —  E g e s - 
heim  [Beilsteinhöhle**].  —  Mahlstetten  [Felsen  ob  Bären- 
tal **;  Aggenhausen  Beer].  —  Nusplingen  [Steigfelsen;  Buch- 
felsen Beer  **]. 

OA.  Tuttlingen  (Beer!):  Hohentwiel  [HTüb.!;  HBBY.  1891!; 
DFL  HI;  ScH.  M.  1834;  ca.  500—650  m  Grädmann!  1894,  1903]. 

—  Fridingen  [„Bronnen"  DFL  IH ;  Jack,  Mitteil,  des  Bad.  Bot. 
Ver.  1892 ;  Felsen  des  Donautales  Gradmann  I ;  Eichler  ! ;  oberes 
Hintelestal  **].  —  Irrendorf  [Aichfelsen  ** ;  Felsen  am  Rande 
des  Donautales  P.  Michael  Bertsch].  —  Kol hingen  [Walter- 
stein **;  KE.  1900].  —Mühlheim  [Verz.  1799;  Obere  Beißen- 
bahn **]. 

OA.  Urach  (Dieterich):  Urach  [HV. !;  Rösler,  Beiträge  z.  Natur- 
gesch.  des  Herzogt.  Wirtemberg  II,  1790;  Marxens  Alp  1826; 
Mr.  1904;  „Falkenstein"  Herb.  Finckh  *;  Festung  Breit*; 
Felsen  des  Brühltales,  Eppenzillfelsen  Gradmann  !].  —  Dettingen 
[Stetxner  ;  Roßberg  Gradmaxx  !;  Mr.  1904].  —  Donnstetten 
[HH.].    —    Glems  [Rosler,    Beyträge  IL  1790;  Grüner  Felsen 


—     21     — 

Schübler,  Löckle,  Bossler,  Grädmann  I].  —  Seeburg  [Kirch- 
hofmauer**].  —  Sirchingen  [Kopp  *].  —  üpfingen  [Kopp*]. 

—  Witt lin gen  [Rösler,  Beyträge  II,  1790;  Felsen  über 
dem  Erms-  und  Fischburgtal  **].  ' 

OA.  Blaubeuren  (Bauer!):  Blaubeuren  [Schübler,  Tüb.  1822; 
Ruckenschloß  **,  Hörnle  **  ca.  670  m.  Weilerhalde  **,  Metzger- 
felsen **].  —  B  ollin  gen  [Kiesental.  auf  c-Felsen,  600  m  Hacg]. 

—  Gerhausen  [Rusenschloß  **,  Altental  **  etc.  an  allen 
sonnigen  Felsen].  —  Herrlingen  [Lauter-Felsen  Mahler,  Über- 
sicht über  die  in  der  Umgebung  von  Ulm  wildwachsenden  Pha- 
nerogamen  1898].  —  Klingenstein  [Leopold,  Dehciae  syl- 
vestres  Florae  ülmensis  1728;  Schloßfels  Haüg].  —  Schel Il- 
lingen [Hacg;  Felsen  beim  Bahnhof  Schmidt  *].  —  Seißen 
[Tiefental,  Jungfernstein  Pöhler].  —  Weiler  [Felsen  im  Kühnen- 
buch**]. 

ÜA.  Ehingen  (Rieber):  Lauterach  [Felsen  am  Eingang  ins  Lauter- 
tal **].  —  Obermarchtal  [HY. !]. 
OA.  Geislingen  (Fetscher")  :  Geislingen  [Felsental  **  550—750  m]. 

—  Aufhausen  [HH.].  —  Eybach  [Felsental  Holder**].  — 
Kuchen  [Ramsfelsen  Grädmann!].  —  Überklugen  [Kahlen- 
stein  **].  — ■  ünterböhringen  [Hausener  Felsen  Wörz  *].  — 
Wiesensteig  [Reußenstein  HH.!,  Gradmann!]. 

OA.  Göppingen  (Engel):  Auendorf  [Rottelsteinfelsen  der  Fuchs- 
eck '^*1.  —  Gruibingen  [auf  Felsen  der  umhegenden  Berge  **]. 

—  Schlat  [Felsen  auf  der  Fuchseck  und  Nordalb  **]. 

OA.  Kirchheim  (Hölzle):  Gutenberg  [HH.]  —  Ochsenwang 
[am  Breitenstein  häufig  Simon].  -  Owen  [Teck  Schübler 
b.  Schwab.  Neckarseite  der  Schwab.  Alb  1823,  HTüb.  1829!; 
HH.].  —  Unterlenningen  [HH.]. 

OA.  Münsingen:  A n h a u s  e n  [Marxens  Alp] . —  Erbstetten  [Mar- 
xens; Lautertal  Rieber].  —  Gundelfingen  [Marxens].  — 
Hayingen  [Marxens;  Glastal  Bossler]. 

'  Xach  Prof.  V  o  1 1  m  a  n  n  in  München  (bei  H  e  g  i ,  Beiträge  zur  Pflanzen- 
geograpMe  der  bayerischen  Alpenflora.  1905  S.  73  u.  mündl.  Ititteil.'  kommt 
S.  a.  auch  im  "Wendtal  bei  Steinheim,  OA.  Heidenheim.  vor.  Die  Xordostgrenze 
wäre  damit  noch  etwas  weiter  hinausgerückt.  Die  sehr  genauen  Kenner  des 
Wendtals.  Prof.  Gaus  und  Oberlehrer  Müller  in  Heidenheim  und  Prof.  Rieber 
in  Ludwigsburg  haben  die  Pflanze  jedoch  nie  dort  gesehen;  auch  ich  habe  bei 
wiederholter  Begehung  nur  Saxifraga  decijj'tens  finden  können  und  vermag  unter 
diesen  Umständen  das  Torkommen  noch  nicht  als  endgültig  gesichert  zu  betrachten. 
Gradmann. 


_     22     

OA.  Ulm  (Haug!):    Bernstadt  [Salzbühl  Ziegler*].  —  Urspring 

[Engel  *]. 
0  A.  Gammertingen  (Frh.  v.  Fürstenberg)  :  H  e  r  m  e  n  t  i  n  g  e  n 
[Laucherttal  640  m  Gradmann].  —  Kaise ringen  [Schmiechatal 
Fiek].  —  Storzingen  [Felsen  des  Schmiechatals  bis  zur  Talsohle 
herab  6  .  .  m  Gradmann].  —  Tr ochtelfingen  [DFL  III].  — 
Veringendorf  [DFL  III;  Felsen  bei  der  Ruine  Apfelstetten 
620 — 650  m  Gradmann  I]. 
OA.  Hechingen  (Lörch):  Zimmern  [Zellerhorn  Lörch]. 

Baden.  An  sonnigen  Felsen  des  höchsten  Schwarzwaldes  (Feld- 
berg, Beleben),  geht  aber  im  Höllental  bis  550  m  herab.  Häufig  an 
den  Kalkfelsen  des  Donautals  bis  580  m  herabgehend  (Sigmaringen). 
Das  Vorkommen  an  Molassefelsen  der  Kargegg  bei  Bodman  (450  m, 
HöPLE  1837)  bedarf  noch  der  Nachprüfung  L 
104a:  Laucherttal  b.  Jungnau,  610  m,  Gradmann.  —  Hornstein, 

600  m,  Gradmann.  —  Hitzkofen,  Bretzler. 
112:  Bronnen,   Weißjurafelsen,    700—800   m,     'Is,    Meigen     [DFL 
1807;     Jack;    Gradmann].    —    Bärental,    Beer.    —    Beuron, 
Weißjurafelsen,  630— 700  m,  -/2,  Meigen  [Mezler'.  Verz.  1799; 
DFL;  Jack]. 

'  Bei  der  Angabe  der  einzelnen  Fundorte  wurden  nicht  die  Ortsmarkungen, 
sondern  die  Blätter  der  topographischen  Karte  1  :  25  000  zugrunde  gelegt.  Die 
den  Standortsangaben  vorgesetzten  Zahlen  bedeuten  die  Nummer  des  Karten- 
blattes, auf  dem  der  Standort  zu  finden  ist;  das  beigegebene  Übersichtsnetz  der 
Kartenblätter  soll  die  Auffindung  erleichtern.  Der  auf  den  badischen  Karten 
nicht  enthaltene  Teil  des  Bezirks  Sigmaringen  wurde  in  sechs  Blätter  von  dem 
Umfang  der  badischen  Karten  geteilt  und  diese  mit  89  a  und  b,  95  a  und  b, 
104  a  und  b  bezeichnet.  Der  gesperrt  gedruckte  Name  bedeutet  den  Fundort 
selbst,  dem  in  den  meisten  Fällen  eine  kurze  Bemerkung  über  Höhenlage  und  Be- 
schaffenheit beigefügt  wurde.  Die  Häuligkeit  und  Verbreitung  der  Pflanze  an  dem 
angegebenen  Standort  ist  in  Form  eines  Bruches  ausgedrückt;  es  bedeutet  hierliei 
im  Zähler:  im  Nenner: 

1  nur  an  einer  Stelle  in  einzelnen  (1—5)  Exemplaren 

2  an  wenigen  Stellen  in  mehreren  (bis  etwa  50)  Exemplaren 

3  an  vielen  Stellen  in  vielen  Exemplaren. 

Hierauf  folgt  der  Name  des  jetzigen  Beobachters  und  sudann  in  Klammern 
Herbar-  und  Literaturnachweise.  Wofern  dies  möglich  war,  ist  der  Name  des 
ersten  Entdeckers  und  das  Jahr  der  Auffindung  in  Sperrdruck  angegeben.  So- 
weit es  sich  hierbei  nicht  um  noch  lebende  Yereinsmitglieder  handelt,  wurde 
womöglich  eine  kurze  biographische  Anmerkung  beigefügt.  Ließ  sich  das  Ent- 
deckungsjahr nicht  mehr  feststellen,  so  wurde  bei  dem  ältesten  Literaturnachweis 
das  Druckjalir  angegeben. 

■•■'  Hofrat  in  Sigmaringen,  Ciewährsmann  der  Donauflora  IHOl — 14. 


—     23     - 

113:  Wildenstein,  V2,  Bert.sch  [Jack,  Mitt.  3,  18;  Jack.]  - 
Finstertal,  Va,  Bertsch  [Vulpius'  1865.  Mitt.  1,  381;  Jack]. 
—  Werenwag,  Weißjurafelsen,  75U  m,  V2,  Meigen.  —  Tier- 
garten [Rennl    DFL  1807].  —  Gutenstein,  Keppler  [Jack]. 

114:  Inzigkofen,  640  m,  Bertsch  [Vulpius  1865.  Mitt.  1,  379; 
Jack].  —  Mühlberg  b.  Sigmaringen,  Felsen,  580  m,  V2» 
Meigen  [Jack]. 

118:  Hirsch  Sprung,  Gneisfelsen,  550  m,  '/2,  Meigen  [HBBV. 
LoüDET,  Schlatterer  1883,  Maus  1888.  v.  Ittner^  DFl.  1807 
Spenner;  Döll,  BadFl.;  Schildknecht,  FlFr. ;  Lauterer;  Klein 
Neuberger]. 

128:  Beleben,  Granitfelsen,  1350  m,  -/s,  Müller  [HBBV.:  Döll. 
J.  Vulpius*.  Gmelin  1806;  DFL;  Hagenbach;  Spenner;  Döll, 
RhFl.  u.  BadFl, ;  Kirschleger;  Schildknecht,  FlFr.;  Lauterer; 
Schneider;  Klein;  Neuberger]. 

129:  Utzenfeld,  Grauwackenfelsen,  600  m,  Va,  Neuberger  [Herzog 
1903.     Neuberger]. 

130:  Feldberg,  Gneisfelsen,  1250  m,  V^^  Himmelseher  [Spenner 
1829;  Döll,  RhFl.  u.  BadFl.;  Kirschleger;  Schildknecht, 
FlFr. ;  Lauterer  ;  Schneider  ;  Klein  ;  Neuberger]  . 

131:  Hörnle  b.  Rötenbach,  Himmelseher.  —  Räuberschlößle 
im  Wutachtal,  Porphyrfelsen,  810  m,   ^/a,  Himmelseher. 

146:  Hohentwiel,  Phonolithfelsen ,  600  m,  2/2,  Meigen  [HBBV.: 
Appel1891.  —  Amtsbühler\  DFL  1807; Dieffenbach; Hegetsch- 
weiler;  Schübler  u.  Martens;  Döll,  RhFl.  u.  BadFl.;  Höfle; 
Meister;  Klein;  Jack;  Kirchner  u.  Eichler]. 

^  Friedrich  Wilhelm  Vulpius,  geboren  17.  Dezember  1801  in  Pforz- 
heim, gest.  17.  Nov.  1892  in  Kreuzungen  bei  Konstanz.  1827  (?)  Apotheker 
in  Müllheim,  1833—40  in  Illinois,  lebte  dann  in  Müllheim,  seit  1877  in  Kreuz- 
ungen.    (Mitt.  3,  41  u.  89.) 

^  Johann  Nepomuk  Eenn,  geb.  1783,  gest.  23.  April  1807  in  Donau- 
eschingen. Fürstl.  Fürstenberg.  Hofkammerakzessist.  Mitverfasser  des  dritten 
Bandes  der  Donauflora  1807. 

^  Josef  Albrecht  von  Ittner,  geb.  2.  März  1754  bei  Bingen,  gest. 
9.  März  1825  in  Konstanz.  1778  Hofrat  bei  der  hohenzollern-hechingischen  Re- 
gierung, 1786  Kapitelskanzler  des  Großpriors  des  Malteserordens  in  Heitersheim, 
1812  großherz,  badischer  Staatsrat  und  Direktor  des  Seekreises. 

■*  Josua  Vulpius,  Apotheker  in  Müllheim.  Gewährsmann  des  Verzeich- 
nisses von  1799  und  der  Donauflora  1804  —  14. 

^  Johann  Baptist  Amtsbühler,  geb.  6.  Sept.  1763  in  Schlettstadt, 
gest.  1831  in  Immendingen.  Seit  1801  Pfarrer  in  Immendingen,  vorher  in  Ducht- 
lingen  im  Hegau  angestellt.     (Mitt.  3,  259.) 


—     24     — 

Silene  rupestris  L. 

(Karte  1.) 

Skandinavische  Halbinsel.  Zentral-  und  südeuropäische  Gebirge, 
von  den  Pyrenäen  bis  zu  den  Ostalpen  und  Siebenbürgen,  südlich 
bis  zur  Sierra  Nevada,  Korsika,  Apenninen. 

Im  Alpengebiet  an  felsigen  Standorten,  vorzugsweise  auf  kalk- 
armem Gestein  von  800-2800  m  (Wallis  800—2800  m,  St.  Galler 
und  Appenzeller  Alpen  1500—2500  m,  Bayrische  Alpen  1550  bis 
2100  m),  vorzugsweise  hochalpin,  aber  nicht  selten  in  tiefere  Re- 
gionen herabsteigend,  so  im  Wallis  (bis  460  m),  im  Oberrheingebiet, 
in  Südtirol.  Sonst  noch  in  den  Cevennen,  der  Auvergne,  den  Vogesen 
und  im  Jura  (Paßwang). 

Im  Beobachtungsgebiet  nur  auf  Granit-  und  Gneisfelsen  im 
südlichen  und  viel  seltener  im  mittleren  Schwarzwald,  von  500  bis 
1400  m  (ausnahmsweise  in  den  Tälern  bis  300  m  herab),  nördlich 
bis  zur  Berneck  bei  Schramberg. 

Württemberg. 

OA.  Oberndorf:    Schramberg    („auf  Granitfelsen   des  Bernecker 
Tals  bei  Schramberg",    Hegelmaier    in  HV.  1851 ;    dsgl.  Finckh 
in  Jh.  1854.  S.  196;  MK.  1865). 
Baden.    An  sonnigen,  trockenen  Felsen  des  südlichen  Schwarz- 
waldes häufig,  weit  in  die  Täler  hinabsteigend  (Dreisamtal  300  m). 
Nördlich  des  Dreisam-Höllentals  seltener. 
99:  Hörnleberg,  Gneisfelsen,  800—900  m,  Götz. 
108:  Kandel,    Gneisfelsen,     800—1000   m     Götz.      [Döll,    RhFl. 

1843].  —  Grießbach,  Gneisfelsen,  Götz. 
117:  Karthaus  b.  Freiburg,  Gneis,  300  m,  Thelluxg.  —  Burg, 
Gneis  [Sickenberger^  Schildknecht,  Nchtr.  1862].  —  Kyb- 
felsen,  Gneis,  800m,  Thellung.  —  Schauinsland,  Gneisfelsen, 
1150  m,  ^/2,  Neümann  [Lauterer  1874].  —  Oberried,  Gneis 
[Sickenberger.  Schildknecht,  Nchtr.  1862].  — ZastlerTal, 
Gneis,  600—800  m,  Müller  [Spenner  1829]. 
118:  Wagensteig,  Gneis  | Schildknecht,  FlFrbg.  1863].  — 
Höllental,  Gneis,  550 — 800  m,  felsige  und  trockene  Stellen, 
3/2,  Meigen  [Spenner  1829;  Döll,  RhFl.;  Schildknecht,  FlFrbg]. 
--Hirschsprung,  Gneisfelsen,  2/2,  Meigen.  —  [HBBV.:  Maus 
1888,    1890.     Spenner   1829;   Döll,    BadFl.]    —    Ravenna- 


Apotheker  in  Freibnrg  i.  Br. 


—     25     - 

Schlucht:  bei  Hö  11s  teig,  Gneisfelsen,  72,  Meigen  [HBBV.  : 
Baümgartner  1885].  —  Löffel tal,  Gneis,  Himmelseher. 

128:  Beleben,  Gneisfelsen,  700—1400  m,  ^'2 ,  Meigen  [HBBV.: 
Frank,  Vulpius  1859.  v.  Ittner,  J.  Vulpius.  Gmelin  1806; 
DFL;  Hagenbach;  Spenner;  Döll.  RhFl.  u.  BadFl.;  Schild- 
knecht, FlFrbg. ;  Lauterer;  Schneider;  Klein].  —  Sirnitz 
[Spenner  1829].  —  Baden  weile  r,  Granit,  450  m,  Scheid. 
[HBBV.:  Döll.  LacbenaP.  Gmelin  1806;  DFL;  Hagenbach; 
Spenner;  Döll,  RhFl.  u.  BadFl. ;  Schildknecht,  FlFrbg. ;  Kirsch- 
leger] . 

129:  Steinwasen,  Gneisfelsen,  800m,  ^/2,  Meigen.  —  Muggen- 
brunn,  1000  m,  Meigen.  —  Aftersteg,  Gneisfelsen,  850  bis 
900  m,  2/2,  Meigen.  —  Fahl,  850  m  [Spenner  1829].  — 
Brandenberg,  800  m  [Spenner  1829].  —  Todtnau, 
Gneisfelsen,  700  m,  Meigen  [Hagenbach  1821;  Spenner; 
Schneider].  —  Geschwend,  Gneisfelsen,  600  m,  Meigen. 

130:  Feldberg,  Gneis-  und  Granitfelsen,  1100—1400  m,  ^2,  Meigen 
[Amtsbühler.  DFL  1807;  Hagenbach;  Spenner;  Döll,  BadFL; 
Schildknecht,  FlFrbg.;  Lauterer;  Schneider;  Klein].  — 
Bruderhalde  bei  Titisee,  Gneisfelsen,  900—1000  m, 
Himmelseher. 

131:  Seebrugg  am  Schluchsee  [Amtsbühler.   DFL   1807]. 

140:  Blauen  [v.  Ittner,  J.  Vulpius.  Gmelin  1806;  DFL;  Hagen- 
bach; Döll,  RhFl.  u.  BadFL;  Schildknecht,  FlFrbg.;  Lauterer; 
Klein].  —  Nonnenmattweiher,  Gneisfelsen,  910m,  Meigen 
[Spenner  1829].  —  Neuenweg,  Gneisfelsen,  750  m,  Meigen 
[P.  Merian^     Hagenbach  1821;  Spenner]. 

141:  Zw.   Entenschwand    und   Bollen,   Felsen,    ^2 ,    Müller. 

—  Schönau,  Felsen,  530  m,  Meigen  [Hagenbach  1821; 
Spenner;  Schneider].  —  Tiergrüble  bei  Präg,  Geröll,  1050  m, 
V2,  Müller.  —  Wembach,  Felsen,  520  m,  Meigen.  —  Itten- 
schwand,  500  m,  Meigen.  —  Hepschingen,  490  m,  Meigen. 

—  Zw.  Todtmoos  und  Zell  [Steigert    Schneider  1880]. 
143:  Schwarzabruck  bei  Häusern,  Granitfelsen,   900  m,    ^h, 


1  Werner  de  la  Chenal,  geb.  28.  Okt.  1736,  gest.  1800  in  Basel. 
1776  Professor  der  Anatomie  und  Botanik  in  Basel. 

*  Peter  Merian,  geb.  22.  Dez.  1795,  gest.  8.  Febr.  1883  in  Basel. 
1821—35  Professor  der  Physik,  dann  Professor  der  Geologie  und  Paläontologie 
in  Basel. 

^  Pharmazeut  in  Basel. 


-     26     — 

Meigen.  —  Schwarzatal  bei  Höchen  seh  wand,  Granit- 
felsen, 500—600  m,  2/2,  Meigen  [Klein  1891]. 

153:  Brombach,  300  m  [Labram  ^     Hagenbach  1821]. 

154:  Wehratal,  Gneis  und  Granit,  400 — 650  m,  Linder  [Döll, 
BadFl.   1862]. 

155:  Tiefen  st  ein,  Granit,  500  m,  Thellung  [Fries^  Schneider 
1880]. 

156:  Lein  egg  im  Schwarzatal,  Granitfelsen,  510  ra,  Meigen. 
—  Witznauer  Mühle,  480  m,  Meigen  [Preuß,  Mitt.  1,  227 
(1885),  Klein].  —  Schlucht tal,  Granit,  430—500  m,  Linder. 

164:  An  der  Wiese  bei  Basel,  250  m  [Christ^.  Schneider 
1880]. 

166:  Säckingen,  Granit,  350  m,  Linder. 

167:  Albbruck,  Granit,  350  m,  Wetterhan. 

Adenostyles  alpifia  Bl.  et  Fing. 

Nur  in  den  zentraleuropäischen  Gebirgen  von  den  Pyrenäen 
bis  zu  den  siebenbürgischen  Karpathen. 

Durch  die  ganze  Alpenkette;  im  Wallis  von  1700  (ausnahms- 
weise 460)  bis  2500  m,  in  den  bayrischen  Alpen  von  1420 — 2250  ra 
an  schattigen  Waldplätzen  wie  auf  freien  Bergwiesen  auf  Kalkboden 
gemein ;  mit  den  Bächen  auch  in  die  Täler  gehend.  Alpin.  Auch 
im  Jura. 

Einziges  Vorkommen  im  Beobachtungsgebiet: 
OA.  Wangen:     Rohrdorf.     (Lingg    1832;      „auf    der    Adelegg". 

ScH.  M.   1834.      ,.Im  Wald    auf  der  Adelegg  bei  Isny,    975  m 

ü.  d.  M.  (Nick)"  MK.) 

Alcliiniilla  tdpina  L. 

Arktische  Länder  von  Nordamerika,  Grönland.  Island  bis  West- 
sibirien. Nord-,  mittel-  und  südeuropäische  Gebirge  von  der  Pyrenäen- 
halbinsel bis  zum  Kaukasus. 

Durch  die  ganze  Alpenkette  an  grasigen  Abhängen,  auf  Felsen 
und  Geröll  von  1300—2600  m  (Wallis  bis  2600  m,  in  den  bayrischen 
Alpen  von  1300 — 2270  m),  alpin,  selten  in  tieferen  Regionen,  so  im 


^  Botaniker  und  Maler  in  Basel. 
^  Arzt  in  Sissach. 

^  Dr.  Hermann   Christ,   geb.  12.  Dez.  1833   in  Basel.    Eeclitsanwalt 
daselbst. 


—     27     — 

Wallis    bis    400  m ,    in  Südbayern    bis    zum    Eibsee    und  Lechbruck. 
Außerdem  im  Jura  und  den  Vogesen. 

Im  Gebiet  nur: 
130:  Feldberg,    Gneisfelsen,    1160  —  1400    m,    Vs ,    Sciilatterer. 

[HBBV. :  Schildknecht  1861,  Vulpius  1864.    Spanner  ^    Düll 

RhFl.  1843  u.  BadFl.;    Kirschleger  ;    Schildknecht    Nachtr.  u. 

FlFrbg. ;  Lauterer;  Klein;  Neuberger;  Binz.] 

Allosorus  crispns  Bernh. 

Britische  Inseln,  Skandinavien,  Nordrußland;  europäische  und 
westasiatische  Gebirge  von  den  Pyrenäen  und  der  Sierra  Nevada  bis 
Afghanistan  und  zum   Himalaja. 

In  den  Alpen  im  Steingeröll ,  seltener  an  Felsen  oder  auf  be- 
grastem Boden  der  subalpinen  und  alpinen  Region,  stets  auf  kalk- 
armem Gestein,  bis  2400  m  auf-,  selten  unter  1000  m  herabsteigend; 
im  Wallis  von  900  —  2400  m.  Vorzugsweise  hochalpin.  Sonst  in  den 
Ardennen,  Vogesen,  Harz,  Bayr.  Wald,  Riesengebirge ;  fehlt  den  Kalk- 
alpen und  dem  Jura. 

Im  Schwarzwald  nur  an  einer  einzigen  Stelle  bei  Hofsgrund. 
Der  Standort  bei  Oberspitzenbach  (Götz  Mitt.  1 ,  266)  wird  von 
manchen  nicht  für  ursprünglich  gehalten. 

117:  Hofsgrund,   Gneisfelsen,  850  m,   V/2,  Müller    [HBBV.:  Vul- 
pius 1861,   Baumgartner  1882,    Frommherz  1888,  Liehl  1899. 

Thomann^  u.  Zähringer^    Spenner  1825;    Döll    RhFl.  u. 

BadFl.;  Kirschleger;    Schildknecht  FlFrbg.;  Lauterer;    Klein; 

Neuberger]. 

jhidi'osaces  iacteuni  L. 

In  den  zentraleuropäischen  Gebirgen  von  den  Westalpen  und 
dem  Jura  bis  zum  Balkan  und  zu  den  Karpathen.  Im  Alpengebiet 
mit  eigentümlich  zerstücktem  Areal :  Dauphine ;  Stockhornkette  in 
den  Berner  Alpen ;  Ostalpen  vom  Kugelhorn  und  Zeiger  im  Algäu 
und  dem  Monte  Baldo  bis  Steiermark  und  Niederösterreich,  auf  Kalk- 
felsen und  Felsenschutt,  in  den  bayrischen  Alpen  von  1520  —  2260  m, 
selten  tiefer ,  bis  700  m ;  im  mittleren  und  nördlichen  Jura  von 
Saint-Claude  bis  zur  Bölchenfluh  bei  Ölten.     Alpin. 

'  Fridolin  Karl  Leopold  Spenner,  geb.  25.  Sept.  1798  in  Säckingen, 
gest.  5.  Juli  1841  in  Freiburg  i.  Br.  1829  Privatdozent,  1832  Professor  der 
Botanik  in  Freiburg.  1825—1829  Flora  Friburgensis.  Nachruf  von  P  erleb. 
Flora  1842,  S.  160. 

^  Stud.  med.  in  Freiburg  i.  Br. 


—     28     - 

Im  Gebiet  nur  an  einem  Punkte : 
OA.  Tuttlingen:  Fridingen  [An  den  Kalkfelsen  des  Ramspel 
RöSLER  in  HV.  1834!;  Felsen  bei  Bronnen  ders.  in  HH. ;  Felsen 
am  linken  Ufer  der  Donau  zwischen  Bronnen  und  Beuron 
BöHRiNGER  1842  HTüb. !  Haist  in  HV. ;  im  Ramspei ,  W.  Jura, 
725  m,  Vs,  P.  Bertsch  in  HBBV.  1900;  Sch.  M.  1834,  Nach- 
träge; DöLL,  Jbr.  1865;  Klein;  Jack;  Gradmann;  Kirchner  u. 
Eichler  1900]. 

Anemone  narcissißora  L. 

Rocky  Mountains,  Alaska,  Unalaschka;  asiatische  Gebirge  von 
Japan ,  Kamtschatka  und  Nordchina  bis  zum  Ural ,  Kaukasus  und 
Armenien,  auch  in  den  sibirischen  und  südrussischen  Steppen;  zentral- 
europäische Gebirge  von  der  Balkanhalbinsel  und  den  Karpathen  bis 
zu  den  Pyrenäen. 

Im  Alpengebiet  an  felsigen  und  kräuterreichen  Stellen  der  Alpen- 
region von  1500 — 2600  m,  in  den  bayrischen  Alpen  von  1580 — 2180  m. 
Alpin.  Sonst  im  Riesengebirge  und  mährischen  Gesenke,  in  den 
Vogesen,  auch  in  Südbayern  ausnahmsweise  tiefer  herabsteigend,  mit 
Pedicularis  foliosa  auf  der  Heide  zwischen  Krünn  und  Wallgau  an 
der  Isar  800  m  ü.  d.  M.,  im  Jura  nordostwärts  bis  Delemont. 

Im    Beobachtungsgebiet    nur    auf   der   südwestlichen    Alb    und 
ganz  wenig  auf   die  mittlere  Alb  übergreifend ,  von    der  Länge   und 
dem  Kriegertal  bis  zum  Filsenberg  bei  Oschingen,  auf  lichten  Wald- 
stellen und  einmähdigen  Wiesen  des  Weißen  Jura,  von  600 — 1000  m. 
OA.  Balingen:  Ehingen  [Eiberle  in  HV.   1852!;  auf  einer  Wald- 
wiese des  Heubergs,  hinter  der  sogen.  Aucht  1840.  Staib  HTüb.! 
Memminger,  Beschreibung  von  Württ.  1841;  Mr.  1904].  —  Mar- 
grethausen [Mr.  1904].  —  Meßstetten  [Fischer  in  HV.  1852; 
MK.  1865].  —  Onstmettingen  [Fischer  in  HV.  1857;   MK 
1865].  —   Pfeffingen    [„Irrenberg"  Mr.  1904].  —  Streichen 
[auf  dem  Hundsrück   Gradmann!;    KE.   1900].    —    Tie ringen 
[„amHörnle"  MK.  1882;  „Lochenhorn"  Gradm.  1898  !,  Mr.  1904]. 
Truchtelfingen  [„Hüttenkirch"  Mr.  1904].    —    Zillhausen 
[Mr.  1904]. 
OA.  Reutlingen:     Erpfingen,    Willmandingen    [„Willman- 
dingen— Erpfingen"  Mr.  1904]. 
OA.  Rottenburg:  Oschingen  [„Filsenberg"  Mr.  1904]. 
OA.  Spaichingen:  Böttingen  [Scheuerle  in  HV.  1869  u.  1893. 
Ders.    in    HH. ;     MK.    1882].     —     Denkingen,     Gosheim 


—     29     — 

[Scheuerle,  Jh.  43.  1887  S.  222].  —  Spaichingen,  Wehingen 
[Dreifaltigkeitsberg — Wehingen  Sciieuerle  briefl.]. 

OA.  Tuttlingen:  Tuttlingen  [auf  dem  Erbsberg  v.  Stapf 
HTüb.!?]  Fridingen  [HBBV.  1877  u.  1901;  im  Ramspel, 
W.Jura,  720— 730  m,  Vi,  P.  Bertsch].  —  Irrendorf  [Hardt 
W.  Jura,  860  m,  V2,  P-  Bertsch].  —  Wurmlingen  [Eiberle 
in  HV.  1882;  MK.  1882]. 

OA.  Hechingen:  Bisingen  [„Hundsrück  auf  preußischer  Seite" 
Fischer  in  HH. ;  dsgl.  MK.  1882].  —  Thanheim  [Lechler 
in  HV.  1852;  „Abhang  des  Hundsrück  gegen  Thanheim"  Fiek 
in  HH.].  —  Zimmern  [„Zellerhorn"  Lörch  1890]. 

In  Baden  an  Waldrändern  und  in  lichten  Gebüschen  des  Jura- 
gebietes (Baar,  Donautal,  Kriegertal). 

121:  Talhof  b.  Geisingen,  Eckstein  [Zahn  1887.  Zahn;  Grad- 
mann]. —  Länge  b.  Gutmatingen,  ^/s,  Eckstein  [HBBV.: 
Vdlpius  1877,  Schatz  1884.  Albicker^  1847.  Brunner;  En- 
gesser; DöLL  BadFl. ;  Zahn;  Klein;  Gradmann].  —  Maien- 
bühl zw.  Öffingen  und  Geisingen  [Verz.  1799;  DFL; 
DöLL  RhFl.  u.  BadFl.;  Höfle;  Engesser;  Klein;  Gradmann]. 
In  neuerer  Zeit  nicht  mehr  beobachtet. 

122:  Flachshans  b.  Ippingen,  800  m  [HBBV.:  Schatz  1886. 
Schatz.  Klein;  Gradmann.]  —  Bachzimmern  [DFL  1814; 
DöLL  DFL;  Zahn;  Klein;  Gradmann]. 

133:  Eichberg  b.  Blumberg,  W.  Jura,  900  m,  Eckstein. 

134:  Kriegertal  b.  Talmüle,  Waldränder,  600  m,  7-2  [HBBV.: 
Gmelin  1806,  1810,  1814,  Schatz  1886.  Gmelin^.  Gmelin; 
DöLL  BadFl. ;  Meister;  Zahn;  Klein;  Jack;  Gradmann]. 

Arahis  alpina  L. 

Arktisches  Gebiet  (Labrador,  Grönland,  Island,  Skandinavien, 
Spitzbergen,  Novaja  Semlja,  Lappland,  arktisches  Sibirien).  Zentral- 
europäische Hochgebirge  von  den  Pyrenäen  und  der  Sierra  Nevada 
bis  zu  den  Karpathen  und  Ostserbien,  auch  in  den  Apenninen. 

Durch  die  ganze  Alpenkette  häufig  auf  Felsen  und  Geröll  von 


^  Unterlehrer  in  Mariahof  b.  Neudingen,  später  Schulverwalter  in  Hüfingen. 

-  Karl  Christian  Gmelin,  geb.  18.  März  1762  in  Badenweiler,  gest. 
26.  Juni  1837  in  Karlsruhe.  1784  Professor  der  Naturgeschichte  am  Lyceum  zu 
Karlsruhe,  1786  Inspektor  der  Gärten  und  Museen,  1825  Direktor  des  Naturalien- 
kabinetts daselbst.    1805—1826  Flora  Badensis  Alsatica  etc. 


—     30     - 

1000—3200  m  (Wallis  1000-3200  m,  Bayrische  Alpen  1140-2620  m), 
alpin,  aber  mit  dem  Geröll  in  das  Tiefland  herabsteigend,  mit  der  Isar 
bis  Landshut  (400  m),  im  St.  Galler  Rheintal  bis  450  m,  hier  auch  an 
Felswänden  und  Mauern  (ebenso  bei  Stuttgart  nach  Koch's  Synopsis, 
3.  Aufl.,  von  E.  Hallier  1892,  S.  84).  Sonst  in  Zentralfrankreich, 
im  Jura,  auf  der  Fränkischen  Alb  zerstreut  von  Treuchtlingen  bis 
zum  Staffelstein,  im  Riesengebirge,  an  den  Gipsbergen  bei  Ellrich 
am  Harz  und  in  Westfalen  bei  Brilon. 

Auf  Felsen  und  Felstrümmern  nur  an  wenigen  Punkten  der 
mittleren  und  östlichen  Alb;  außerdem  im  lUergeröll. 

OA.  Heidenheim:  Königsbronn  [Valet  in  HV.!;  am  Fuß  des 
kleinen  Herwartsteins  1846.  Rüsler  HTüb.  I ;  Lechler,  Jh.  1847, 
S.  147 ;  ScHNizLEiN  u.  Frickhinger,  Vegetationsverhältnisse  . . .  1848]. 

OA.  Geislingen:  Geislingen  [KE.  1900,  nach  Mitt.  von  Oberlehrer 
Lauffer].  —  Wiesensteig  [Kohler  in  HV.  1862;  Burkhardt 
in  HH.]. 

OA.  Leutkirch:  Aitrach  [„Ob  Förthofen  noch  auf  württ.  Boden  leg. 
Ducke  1836"  nach  v.  Marxens'  Zettelkatalog;  „an  der  Hier  ober 
Ferthofen",  Memminger,  Beschr.  von  Württemberg  1841,  S.  291 ; 
„Illerkies  bei  Fürthofen",  Lechler  u.  Troll,  Flora  1844;  „Iller- 
kies  bei  Ferthofen",  Lechler,  Suppl.  1844].  —  Tannheim  [Egel- 
see im  Illerkies  1840  Ducke  HTüb.  !] 

OA.  Riedlingen:  Ittenhausen   [„Hof  Ensmad",  MK.   1882]. 

OA.  Hechingen:  Hausen  a.  d.  Starzel   [MK.  1882]. 

Atha/inanta  Cretensis  L. 

In  den  zentraleuropäischen  Gebirgen  von  Südfrankreich  bis 
Kroatien  und  Siebenbürgen  endemisch. 

Im  Alpengebiet  auf  Kalkfelsen,  Geröll,  Grasbändern  von  1300 
bis  2600  m  (Wallis  1500—2600  m,  Bayrische  Alpen  1400—2200  m), 
alpin,  aber  im  Alpengebiet  einzeln  auch  tiefer  herabsteigend.  Sonst 
nur  noch  im  Jura. 

Nur  an  wenigen  Punkten  der  Balinger  Alb  auf  den  Schwamm- 
felsen des  Weißen  Jura  zwischen  900  und  1000  m. 

OA.  Balingen:  Laufen  [„am  Grat",  Mr.  1904].  —  Tieringen 
[„Hörnle",  Kaui'P  in  HTüb.  1847;  desgl.  Hegelmaier,  Ber.  1887; 
desgl.  Mr.  1904]. 

OA.  Rottweil:  Hausen  a.T.  [„an  den  Lochen",  v.  Entress-Fürsteneck 
in   HV.  1855;    desgl.    Herter    1878;    desgl.   Lechler   u.    Troll, 


—     81     — 

Flora  1844;  desgl.  Lechler,  Snppl.  1844;  „am  Schaf berg", 
Beschr.  d.  OA.  Rottweil  1875 ;  auf  dem  Lochenstein  960  m 
Gradjiann!;  desgl.  Mr.   1904]. 

Bavtsia  alinaa  L. 

Arktisches  Gebiet  (Nordamerika ,  Grönland ,  Island ,  Lappland, 
arktisches  Sibirien) ;  europäische  Gebirge ;  Altai. 

Im  Alpengebiet  von  1100-2680  m  (Walhs  1100—2680  m, 
Bayrische  Alpen  bis  2470  m),  vorzugsweise  hochalpin,  aber  in  Mooren 
auch  tiefer  hinabsteigend,  so  häufig  im  bayrischen  Alpenvorland  (bis 
520  m).  Sonst  im  Riesengebirge  und  mährischen  Gesenke,  im  Jura 
und  den  Vogesen. 

Nur  auf  sumpfigen  Wiesen  des  Feldberggebietes  von  800  m 
an  aufwärts,  hier  aber  häufig. 

118:  Eisten  b.  Hinterzarten,  sumpfige  Stellen,  800  m,  Linder 
[HBBV.:  Neuberger  1887.  Spenner  1826;  Schildknecht,  FlFrbg.; 
Lauterer;  Neuberger] . 

130:  Feldberg,  sumpfige  Stellen,  1000—1400  m,  V^^ ,  Meigen 
[HBBV.:  VuLPiüS  1857,  1864,  Maus  1888,  Meigen  1896.  J.  Vul- 
pius.  Verz.  1799;  Gmelin;  Spenner;  Döll,  RhFl.  u.  BadFl. ; 
Schildknecht,  FlFrbg. ;  Lauterer;  Schneider;  Neuberger;  Binz]. 

Canipanula  harhata  L. 

Alpen,  Karpathen,  südliches  Norwegen. 

Im  Alpengebiet  auf  Matten  und  Weiden  von  800—2700  m 
(Wallis  900—2700  m,  Ostschweiz  bis  2400  m,  Bayr.  Alpen  900  bis 
2100  m),  vorzugsweise  Hochalpen,  aber  auch  in  den  Voralpen  und 
bis  in  die  Täler  herab.     Auch  in  den  Sudeten. 

Im  Gebiet  nur: 
OA.  Wangen:    Rohrdorf   [Adelegg  Kolb   nach  Schübe,  u.  Mart. 
1834,  Ducke  nach  MK.  1882). 

Ccunpanida  pusilla  Hänke. 

Endemisch  in  den  zentraleuropäischen  Gebirgen  von  den  Pyre- 
näen und  der  Auvergne  bis  zu  den  Ostalpen  und  Karpathen. 

Im  Jlpengebiet  auf  Felsen  und  Geröll  von  1350—2430  m,  vor- 
zugsweise hochalpin,  aber  mit  dem  Flußgeröll  oft  tief  herabsteigend, 
in  Südbayern  bis  Augsburg  und  Landshut  (390  m).  Auch  im  Jura 
und  auf  den  Vogesen. 


—     32     — 

Auf  der  Alb  an  schattigen  Kalkfelsen  und  auf  Felsenschutt  des 
Weißen  Jura  vom  Donautal  bis  zum  Ermstal,  600 — 800  m.  Im 
Schwarzwald  auf  dem  Feldberg,  1200 — 1350  m,  an  feuchten  Gneis- 
und  Granitfelsen  und  von  da  ins  Wutach-  und  Gauchachtal  an 
Muschelkalkfelsen  bis  450  m  herab.  Außerdem  im  Algäu  und  mit 
dem  Kies  der  Alpenfiüsse  an  der  Hier  bis  Ulm,  am  Rhein  bis  Neuen- 
burg, 220  m,  und  wenigstens  vorübergehend  bis  Neufreistett  und 
Keimlingen. 

OA.  Reutlingen:  Honau  [„Lichtenstein"  Schübler,  Tüb.  1822;  desgl. 
Lechler  u.  Troll,  Flora  1844;  desgl.  Lechler,  Suppl.  1844]. 
OA.  Tübingen:  Gönningen  [Mr.  1904]. 
OA.  Tuttlingen:  Tuttlingen  [Döll,  FlBad.  1855/62;  MK.  1865]. 

—  Fridingen  [„Bronnen"  v.  Martens  in  HH. ;  desgl.  Lechler 
u.  Troll,  Flora  1844;  desgl.  Lechler,  Suppl.  1844;  Felsen  im 
Donautal,  Gradmann!]. 

OA.  Urach:  Urach  [MK.   1882]. 

OA.  Leutkirch:    Aitrach  [Ducke  in  HV.  1836;  Gessler  in  HV. ; 

„im  lllerkies  von  Aitrach  bis  Ulm",  Lechler,  Suppl.   1844].  — 

Tannheim  [„Egelsee",  Lechler  u.  Troll,  Flora  1844]. 
OA.  Ulm:  Ulm  [Valet  in  HV. ;  Leopold,  Dehciae  sylv.  florae  Ulmensis 

1728  als  Camp,  minor  rotundifolia  alpina;  Lechler  u.  Troll  in 

Flora  1844]. 
OA.  Waldsee:    Hochdorf  [Probst   in  HH. ;    MK.   1882,   Nachtr.]. 
OA.  Wangen:    Wangen    [MK.    1865].    —    Isny    [MK.   1865].    — 

Leupolz  [„an  der  Argen"  u.  bei  der  Prasberger  Brücke,  MK.  1865]. 

—  Rohrdorf   [Eisenbach,  Gmelin  in  HH.;    desgl.  MK.  1865], 
OA.  Hechingen:  Zimmern  [„am  Zellerhorn",  MK.  1882]. 

In  Baden  vom  Feldberg  abwärts  im  Wutachtal  und  seinen  Neben- 
tälern bis  etwa  450  m  herab,  besonders  an  Kalkfelsen.  Ebenso  im 
Donautal  von  Tuttlingen  bis  Sigmaringen  (DFL  1805).  Durch  den  Rhein 
herabgeschwemmt  an  verschiedenen  Stellen ,  überall  aber  wohl  nur 
vorübergehend.  Nach  Gmelin  soll  sie  auch  auf  dem  Beleben  vor- 
kommen ,  wurde  hier  aber  von  und  seit  Spenner  nicht  mehr  be- 
obachtet. Ebenso  sind  die  Angaben  über  das  Vorkommen  am  Boden- 
seeufer (Verz.   1799;  Jack)  sehr  zweifelhaft. 

71:  Zw.   Neufreistett   u.   Helmlingen    [Döll,    BacfFl.    1859; 

Klein].     In  neuerer  Zeit  nicht  beobachtet. 
85:    Rheininsel    b.    Ottenheim,    Rheinkies,    155   m    [HBBV]. 

In  neuerer  Zeit  nicht  beobachtet. 


—     33     - 

90:  Weisweil  [Sickenbei-ger.   Schill  1877;  Klein;  Neuberger]. 
Wahrscheinlich  verschwunden. 
112:  Beuron,  Weißer   Jura,    schattige    Felsen   rechts    der    Donau, 
600 — 800  m,  ^/2,  Bertsch  [Jack;  Gradmann;  Kirchner  u.  Eichler]. 

—  Bronnen,   7^  Bertsch,  [Vulpius,   Mitt.  1,371;  Gradmann; 
Kirchner  u.  Eichler]. 

113:  Wildenstein,  ^/s  Bertsch,  [Jack,  Mitt.  3,18;  Jack;  Grad- 
mann]. —  Finstertal,  ^k  Bertsch,  [Jack].  —  Langen- 
brunn    [Gradmann].    —    Hausen  i.  T.,  Bertsch    [Gradmann]. 

—  Gutenstein  [Gradmann]. 
114:  Sigmaringen  [Jack]. 

127:  Rheininsel  b.  Neuenburg,  Rheinkies,  220  m,  V2,  Schlatterer 
[HBBV.:  1885.  Lang^  1830.  Hagenbach;  Döll,  RhFl.  u.  BadFl.; 
Schildknecht,  Nchtr.  u.  FlFrbg. ;  Lauterer;  Klein;  Neuberger; 
BiNz].  —  Zw.  Neuenburg  u.  Zienken,  Rheinkies  [Lang. 
Schildknecht,  Nchtr.  1862].  Wahrscheinlich  nicht  mehr  vor- 
handen. 

130:  Feldberg,  feuchte  Gneisfelsen,  1200—1350  m,  V2,  Meigen 
[HBBV.:  1864.  Franko  Schildknecht^  Schildknecht,  Nchtr. 
1862  u.  FlFrbg.;  Döll,  Jbr.  1864;  Lauterer;  Schneider;  Klein; 
Neuberger;  Binz]. 

131:  Lotenbachschlucht,  Granitfelsen,  Himmelseher. 

132:  Gauchachtal,  Muschelkalk,  600—650  m,  Himmelseher 
[Brunner  1851;  Döll,  BadFl.;  Zahn;  Klein].  —  Reis  el- 
fin gen,  Muschelkalk,  700  m,  Himmelseher  [Döll,  BadFl. 
1859;  Zahn].  —  Bad  B oll,  feuchte  Muschelkalkfelsen,  700  m, 
2/3,  Meigen  [HBBV.:  1874.  Döll,  BadFl.  1859;  Zahn].  — 
Aselfingen,  Muschelkalk,  550  m,  Eckstein. 

133:  Wutachtal  b.  Blumberg,  Muschelkalk,  500—550  m,  Eck- 
stein [Brunner  1851;  Döll,  BadFl.;  Zahn;  Klein].  —  Ach- 
dorf, Probst,  —  Blum  egg.  Probst. 

139:  Rheinweiler,  Rheinkies,  230  m  [Vulpius  1863.  De  Bary; 
Lauterer;  Schneider;  Klein;  Neuberger;  Binz].  — Steinen- 
stadt, Rheinkies,  230m  [HBBV.:  1863,  1867.    Vulpius  1863. 


'  Karl  Heinrich  Lang,  geb.  24.  Aug.  1800  in  Singen,  gest.  16.  Okt. 
1843  in  Müllheim.     1827  Stadtpfarrer  in  Müllheim. 

^  Verfasser  der  Flora  von  Rastatt  1830. 

3  Josef  Schildknecht,  gest.  11.  Sept.  1863  in  Konstanz,  Reallehrer 
in  Ettenheim,  seit  1854  in  Freiburg  i.  Br.,  1862  Nachtrag  zu  S  penn  er 's  Flora 
Friburgensis,  1863  Flora  von  Freiburg  i.  Br. 

3 


—     34     — 

De   Bary;   Lauterer;    Schneider;    Klein;    Neuberger;    Binz]. 

Nicht  mehr  vorhanden. 
144:  Grimmelshofen,  Muschelkalk,  500m,  Probst.  — Weizen, 

Probst.  —  Wutachtal  b.  Schieitheim,  Muschelkalk,  450  m, 

Probst    [HBBV.     Meister   1887].    —    Stühlingen,     Prob.st 

[Stehle^  1884.    Zahn]. 
145:  Beggingen,  Probst. 
152:  Kleinkems,  Rheinkies,  235  m  [Sterk^.  Winter,  Mitt.  2.60; 

Klein;  Neuberger;  Binz]. 
166:  Rheinbrücke   b.  Säckingen,   Brückenpfeiler,  285  m,   7i> 

Meigen  [Binz  1901;  Linder,  Mitt.  4,307]. 

Carex  sempervwens  Vill. 

Endemisch  in  den  süd-  und  mitteleuropäischen  Gebirgen  von 
den  Pj'^renäen  und  Apenninen   bis   zum  Balkan    und  den  Karpathen. 

Im  Alpengebiet  an  steinigen  Abhängen ,  von  1000 — 2900  m 
(Wallis  1400-2900  m,  Bayr.  Alpen  bis  2370  m),  alpin.  Einzeln 
auch  tiefer,  im  bayrischen  Alpenvorland  an  vielen  Stellen ;  auch  im 
Jura,  bis  zur  Bölchenfluh  bei  Ölten. 

Auf  steinigen  Abhängen  und  trockenen  Wiesen  im  südwest- 
lichen Albgebiet  (Länge  und  Baaralb),  in  der  Baar  und  im  lUertal. 

OA.  Biberach:  Unterdettingen  [„Grasplätze  an  der  Hier  von  Egel- 
see bis  Dettingen"  Memminger,  Beschreibung  von  Württ.  1841, 
S.  291]. 

OA.  Leutkirch:  Kirchdorf  [„Unteropfingen"  Ducke  in  HV.;  Mem- 
minger 1.  c.].  —  Oberopfingen  [Memminger  1.  c.].  —  Tann- 
heim [„Egelsee"  Memminger  1.  c;  Lechler  u.  Troll  Flora  1844; 
Lechler  Suppl.  1844]. 

In  Baden  nur  in  der  Baar ;  hier  an  trocknen,  sonnigen  Wald- 
rändern, sehr  verbreitet. 

111:   Hirschhalde  b.  Dürrheim   [Winter.     Zahn  1889]. 
121:   Öfingen    [v.  Stengel^  Döll,  RhFl.  1843].  —   Osterberg 

b.  Geisingen  [v.  Stengel.  Döll,  Bad  Fl.  1855;  Gradmann].  — 


1  Josef  Stehle,  gest.  27.  Febr.  1900  in  Freiburg  i.  Br.     (Mitt.  4,201). 

2  Konrad  Sterk,  geb.  11.  März  1851  in  Mauenheim.  gest.  16.  Juni  1889 
in  Rheinweiler.  18ß9  Lehrer  in  Breitnau,  1873  in  Krotzingen,  1874  Schul- 
verwalter in  Niederhof,  1875  Hauptlehrer  in  Rheinweiler.     (Mitt.  2,113.) 

■'  Jakob  V.  Stengel,  gestorben  7.  Juli  1879  in  Kenchen,  Forstmeister 
in  Villingen,  später  in  Stockach. 


—     35     — 

Talhof  b.  Geisingen  [Zahn  1888.  Zahn;  Gradmann].  — 
Roßberg  b.  Geisingen,  750  m  [HBBV.:  Schatz  1889J.  — 
Länge  b.  Gutmadingen  u.  Geisingen,  ^/s  [HBBV.:  Schatz 
1884,  1885,  Hall  1889.  Engesser^  Brunner  1851;  Döll, 
BadFL;  Neüberger,  PflB.;  Zahn;  Gradmann]. 

122:  Mühliberg  b.  Möhringen  [Döll,  BadFL  1862]. 

133:  Schacher  b.  Fürstenberg  [Stehle  1869.  Zahn].  —  Gna- 
dental b.  Neudingen  [Engesser.  Zahn  1889]. 

Cochlearia  saxcitUis  Lmk. 

Endemisch  in  den  zentraleuropäischen  Gebirgen  von  den  Pyre- 
näen ,  Cevennen  und  Apenninen  bis  zu  den  Karpathen  und  zum 
thessalischen  Olymp. 

In  der  Alpenkette  anscheinend  überall  nur  auf  Kalkfelsen  und 
deren  Trümmern,  meist  zwischen  1300  u.  2200  m  (Wallis  bis  2200  m, 
bayr.  Alpen  1280—2080  m),  alpin,  aber  öfters  auch  tiefer  herabsteigend, 
so  mit  dem  Lech  bis  Augsburg,  mit  der  Isar  bis  Landshut  (400  m), 
im  Wallis  bis  450  m  (Porte  du  Sex).  Sonst  nur  noch  im  Jura 
und  ganz  vereinzelt  im  Gebiet  der  Fränkischen  Alb  (Schambachtal 
Bez.  Kipfenberg). 

Nur  auf  den  Weiß- Jura-Felsen  der  Alb  vom  Donautal  bis  zum 
Hohenneuffen  600—800  m. 

OA.  Nürtingen:  Neuffen  [„Hohenneuffen"  Mörike  u.  Fleischer 
in  HH.;  desgl.  Schübler  Tüb.  Nachtr.  1823;  desgl.  Lechler, 
Steudel  1825  HTüb.!  desgl.  KE.!    1900;  desgl.  Mr.  1904]. 

OA.  Spaichingen:  Nusplingen  [ühufels  Riede  briefl.]. 

OA.  Tuttlingen:  Tuttlingen  [Gr.  1898].  —  Fridingen  [„Fri- 
dingen-Bronnen"  Gradmann  1898!;  KE.  1900!;  P.  Bertsch].  — 
Irrendorf  [Sch.  M.  1834  unter  Eernera  saxaUlis  Rchb.]. 

OA.  Urach:  Dettingen  [„Roßfelsen"  Lechler  in  HV.  1852; 
„Dettinger-Roßberg"  Sch.M.  1834,  Gradmänn  780  m!;  Mr.  1904]. 
—  Glems  [FiNCKH  in  HV.;  Grüner  Felsen  Kirchner  in  HH.; 
desgl.  Sch.  M.  1834;  HTüb.!;  K.  E.  1900!]. 

In  Baden  nur  an  den  Felsen  des  Donautals. 
112:   Bärental,   weißer  Jura,    800  m,   Beer.  —  Beuron,    Weiß- 


1    TZ. 


Karl  Engesser,  geb.  1814  in  Hüflngen  (Löffingen?),  gest.  25.  Okt.  1892 

in  Hüfingen.    Tierarzt  daselbst.    1852  Flora  des  südöstlichen  Schwarzwaldes  mit 

Einschluß  der  Baar.  (Mitt.  3.33.) 

3* 


—     36     — 

Jurafelsen,  600—700  m,  'I2,  Bertsch  [Jack,  Mitt.  3,  18  (1892); 
Jack;  Gradmann;  Kirchner  u.  Eichler]. 
113:  Wildenstein,  Weißjurafelsen ,  800  m,  ^i,  Bertsch  [HBBV.: 
LiEHL  1895.  Oltmanns,  Mitt.  3,  320  (1895)].  —  Werenwag 
[Gmelin  1814.  Gmelin;  Döll  BadFl. ;  Klein;  Jack;  Grad- 
mann]. —  Schaufels  b.  Stetten  a.  k.  M.  [Gmelin  1814. 
Gmelin]. 

Crepis  blattarioüles  Vill. 

Pyrenäen,  Alpen  (steinige  Grasplätze,  von  1200 — 2200  m,  alpin, 
selten  tiefer),  Karpathen,  Jura,  Vogesen. 

Im  Gebiet  nur: 
130:   Feldberg,    Gebüsch    1300  m,   Vs ,   Meigen  [HBBV.:    Yulpiüs 

1864,  Schlatterer  1884.    Spenner.  Spenner  1826;  Hagenbach: 

Döll,    RhFl.    u.   BadFl.;    Kirschleger,    Schildknecht    FlFrbg.; 

Lauterer;  Schneider:  Klein;  Neüberger;  Binz]. 

Cystojyteris  tnontana  Link. 

Nordamerika,  Schottland,  Skandinavien,  Nordrußland,  Sibirien, 
Kamtschatka;  zentraleuropäische  Gebirge  von  den  Pyrenäen  und 
Apenninen  bis  zu  den  Karpathen. 

In  der  Alpenkette  an  schattigen  Stellen,  in  bemoosten  Wäldern 
und  an  Felsen,  fast  immer  auf  Kalk,  von  975 — 2240  m,  alpin,  nur 
ausnahmsw^eise  tiefer.     Im  Jura  bis  zum  Weißenstein. 

An  Felsen  in  Gebirgswäldern  der  südwestlichen  Alb. 

OA.  Rottweil:  Dotternhausen  [„am  Plettenberg"  Saütermeister 
in  HV.  1868!;   „bei  Hausen  am  Thann"  MK.  1882]. 

OA.  Spaichingen:  Deilingen  [„am  Deilinger  Berg"  Hegelmaier 
MK.  1882]. 

JDvaha  aiuouJes  L. 

Labrador;  süd-  und  mitteleuropäische  Gebirge  von  den  Pyrenäen 
und  Cevennen  bis  zu  den  Karpathen  und  zur  Balkanhalbinsel  und 
von  Sizilien  bis  Belgien  und  Südengland. 

Im  Alpengebiet  vorzugsweise  auf  Kalkfelsen  von  1600—3400  m 
(Wallis  1800—3400  m,  Bayr.  Alpen  1720—2300  m).  Vorzugsweise 
hochalpin,  doch  wohl  nur  in  der  Unterart  alpina.  Die  Unterart  affinis 
bewohnt  besonders  die  Voralpen  und  den  Jura,  die  Unterart  montana 
die  tiefere  Bergregion ;  letztere  Form  ist  auch  auf  der  Fränkischen 
Alb  häufig;  bei  Regensburg  in  einer  Höhe  von  350  m  ü.  d.  M. 


—     37     — 

Auf  sonnigen  Jurakalkfelsen  der  Schwäbischen  Alb  von  550 
bis  960  m  vom  Durchbruchstal  der  Donau  bis  zum  Wendtal  bei 
Steinheim.     Außerdem  auf  dem  Hohentwiel. 

OA.  Balingen:  Ehingen  [subsp.  montana  HTüb. !] 

OA.  Reutlingen:  Eningen  [„Mädlesfels"  Valet  in  HH. ,  ebda. 
Fahrbaeh:  „Reutlingen  a.  d.  Mädlesfelsen"  MK.  1882;  Gradm. 
770  m!;  KE.  1900!;  Mr.  1904].  —  Honau  [Lichtenstein  HH.]. 
—  Pfullingen  [„am  Wackerstein"  Mr.   1904]. 

OA.  Rottweil:  Hausen  a.  Thann  [Fischer  in  HV.  1885;  am 
Lochenstein  Kirchner  in  HH. ,  960  m  Gradmann!;  „an  den 
Lochen"  MK.  1865;  Mr.  1904].  Bei  Rottweil  nur  infolge  von 
Anpflanzung. 

OA.  Tübingen:  Gönningen  [KE.  1900  nach  Mitt.  von  Schullehrer 
Stumpf]. 

OA.  Tuttlingen:  Tuttlingen  (?)•  [„auf  Felsen  des  Jurakalkes  bei 
Tuttlingen"  Sch.  M.  1834].  —  Fridingen  [„Bronnen"  MK. 
1865;  desgl.  Jack  in  Mitt.  1892  S.  16;  „Bei  der  Ruine  Kallen- 
berg"  Beer  in  Jh.  1901  S.  XXV].  —  Hohentwiel  [Gmelin 
Fl.  bad.  IV.  1826;  Sch.  M.  1834]. 

OA.  Urach:  Urach  [Finckh  in  HV.  1853;  „auf  der  Glemserstaig" 
RÖ.SLER  n,  1790;  Schübler  Tüb.  1822;  Sch.  M.  1834].  — 
Dettingen  [subsp.  montana  Finckh  in  HV.  1852;  Roßberg, 
Olgafels  780  m  Gradmann!;  Mr.  1904].  —  Glems  [Fischer, 
Kirchner  in  HH.;  subsp.  montana  HTüb.!;  OAB.  1831;  Sch.  M. 
1834,  Wolfsfels  780  m  Gradm.  !]. 

OA.  Heidenheim:  Steinheim  [„Im  Wental"  Rieber  in  Blätter  d. 
Schwab.  Albvereins  1893]. 

OA.  Blaubeuren:  Blaubeuren  [HH.;  Marxens  Alp  1826;  M.  Sch. 
1834;  subsp.  montana^  bis  550m  herab  Gradmann!].  —  Ger- 
hausen [Th.  Bauer!].  —  Klingenstein  [Gmelin  in  HV.]  — 
Schelklingen  [Aachtal  Mahler,  Ulm  1898;  „Schelklingen — 
Ringingen"  Gr.  1900].  —  Schmiechen  [Luithlen  briefl.].  — 
Weiler  [v.  Marxens  in  HV.  1819;  „Blaubeuren  im  Tiefental" 
MK.  1865;  Kähnenbuch,  am  Geisenklösterle ,  Sirgenstein  Th. 
Bauer!]. 

OA.  Ehingen:  Ehingen  [subsp.  montana  „am  Kohlerberg  bei 
Ehingen"  Fuchs  in  HV.;  HH.;  MK.  1865].  —  Obermarchtal 
[Pfeilsticker  nach  v.  Marxens'  Zettelkatalog]. 

OA.  Geislingen:  Geislingen  [Lechler  in  HV. ;  MK.  1865;  KE. 
1900!].  —    Deggingen    [Valet   in   HH.].   —   Ditzenbach 


—     38     — 

[MK.   1882].  —    Eybach    [KE.  1900    nach    Mitt.    von   Oberl. 

Laüffer].  —  Kuchen  [subsp.  montana  Gradmanx  in  HV.  1888; 

Michelsberg  Gr.;  KE.  1900].  —  Überkingen  [Laüffer  briefl.]. 

—   ünterböhringen    [„Oberböhringer  Höhe"    Gradmaxn  !    in 

Jh.   1892  S.   103]. 
OA.  Münsingen:  Erbstetten  | subsp.  montana  „ Unterwitzingen " 

Troll  in  HV.]. 
OA.  Hechingen:  Beuren   [Lörch  1890].  —  Zimmern  [„Zeller- 

horn"  Lörch  1890]. 

In  Baden  nur   an  Felsen  des  Donautals  und  am  Hohentwiel. 

112:  Bronnen,  weißer  Jura,  750  m,  Y2,  Bertsch  [Jack  Mitt.  3,16 
(1892);  Jack;  Gradmann;  Kirchner  u.  Eichler],  —  Beuron, 
Weißjurafelsen,  700—800  m,  2/2,  Bertsch  [HBBV.  :  Vulpius 
1865.     Verz.  1799;   Jack;    Gradmann;    Kirchner   u.  Eichler]. 

113:  Wilden  st  ein  [Oltmanns,  Mitt.  3,320  (1895)].  —  W^e  ren- 
wag, weißer  Jura,  750  m,  Bertsch  [Gmelin  1814.  Gmelin; 
Döll  BadFl.;  Klein;  Jack;  Gradmann].  —  Finstertal,  weißer 
Jura,  72:  Bertsch  [Jack].  —  Schaufels  b.  Stetten  a.  k.  M. 
[HBBV.:  Vulpius  1865.  Gmelin  1814.  Gmelin;  Jack;  Grad- 
mann]. 

114:  Sigmaringen  [Kirchner  u.  Eichler].  Hörnst  ein,  an  Felsen 
des  Bittelschießer  Tälchens  |Saüerland  1888],  subsp.  affinis 
Gradmann  1904,  Jungmann  subsp.  affinis  Gradmann  1904! 

146:  Hohentwiel,  PhonoHth  [HBBV.:  v.  StenCxEl  1840.  Gmelin 
1814.  Gmelin;  Schübler  u.  Martens;  Döll,  RhFl.  u.  BadFl.; 
Höfle;  Klein;  Jack;  Kirchner  u.  Eichler]. 

Gentiana  excisa  Presl  (6r.  acaulis  L.). 

Endemisch  in  den  zentraleuropäischen  Hochgebirgen  von  den 
Pyrenäen  bis  zu  den  Ostalpen  und  den  Karpathen. 

Im  Alpengebiet  auf  grasigen  Plätzen  und  Felsen  von  900  bis 
2700  m,  Bayr.  Alpen  1360—2280  m,  Wallis  900—2700  m ;  vorzugs- 
weise hochalpin,  aber  zuweilen  tief  herabsteigend,  in  Sttdtirol  bis  in 
die  Weinregion.     Außerdem  im  Jura. 

Im  Gebiet  nur : 
130:  Windgefällweiher   b.  Aha,    Matten,    980  m,    Meicex    [HBBV.: 
Liehl  1902.    Wolfi  1884,  Mitt.  1,   107;  Kleix:  Neuberger]. 


Gymnasiast  in  Freiburg. 


—    39    — 

Gnaphaliuin  Kovvefficuui  Gi  nn. 

Arktisches  und  hochnordisches  Gebiet :  Grönland,  Island,  Schott- 
land, nördliches  Skandinavien  und  Rußland,  arktisches  Sibirien  und 
Altai.  Zentraleuropäische  Gebirgskette  von  den  Pyrenäen  bis  zi; 
den  Karpathen  und  zur  Balkanhalbinsel ;  Kaukasus  und  armenisches 
Hochland. 

Durch  das  ganze  Alpengebiet,  auf  Alpenwiesen  von  1300—2400  m 
(Bayr.  Alpen  von  1690 — 2200  m).  Sonst  in  den  Vogesen,  im  Riesen- 
gebirge und  mährischen  Gesenke,  Erzgebirge,  Bayr.  Wald  (980  bis 
1460  m) ;  fehlt  dem  Jura. 

In  Wäldern  des  höchsten  Schwarzwaldes. 

108:  Kandel,  Gneis,  1240m  [Spenner  1826;  Schildknecht  FlFrbg.]. 

117:  Schauinsland,  Gneis,  1250m  [Spenner  1826;  Schildknecht 
FlFrbg.;  Lauterer;  Klein;  Neubercier]. 

128:  Beleben,  1400  m  [Spenner  1826;  Kirschleger;  Schild- 
knecht FlFrbg.]. 

130:  Rinken,  1200  m,  Neuberger.  —  Feldberg,  1200— 1400  m, 
72,  Meigen  [HBBV.:  Fromherz  1885,  Goetz  1894.  Spenner 
1826;  Kirschleger;  Döll  BadFl.;  Schildkneght  FlFrbg. ;  Lau- 
terer; Klein;  Neuberger;  Binz].  —  Zw.  dem  Bärental  u. 
dem  Feldberg  [Zahn,  Mitt.  2,268  (1890)]. 

140:  Blauen  [Spenner  1826;  Döll  BadFl.;  Schildknecht  FlFrbg.; 
Klein;  Neuberger;  Binz]. 

Gna2)halhini  supinuni  L. 

Arktisches  und  hochnordisches  Gebiet  vom  arktischen  Amerika, 
Grönland,  Island,  Schottland ,  nördl.  Skandinavien  und  Rußland  bis 
zum  Ural.  Zentraleuropäische  Gebirgskette  von  den  Pyrenäen  bis 
zu  den  Karpathen,  zum  Kaukasus  und  armenischen  Hochland. 

Im  Alpengebiet  auf  steinigen  Plätzen  und  Alpweiden,  besonders 
in  Schneemulden,  von  1500—3000  m  (Wallis  1750—3000  m,  Bayr. 
Alpen  von  1690 — 2050  m),  vorzugsweise  hochalpin.  Sonst  im  Riesen- 
gebirge und  mährischen  Gesenke,  im  Jura  auf  dem  Reculet. 

Im  Gebiet  nur: 
130:   Feldberg,    Matten,    1400-1500   m,    ^/2,    Meigen    [HBBV.: 
Vulpius  1857,  1864,  Thiry.  Alexander  Bräunt  Gmelin1826; 


1  Alexander  Braun,  geb.  10.  Mai  1805  in  Eegensburg,  gest.  29.  März 
1877  in  Berlin.  1833  Professor  der  Botanik  und  Zoologie  in  Karlsruhe,  1S46 
Professor  der  Botanik  in  Freiburg  i.  Br.,  1850  in  Gießen,  1851  in  Berlin. 


-     40     — 

Spenner;  Döll,  RhFI.  u.  BadFl.;   Kirschleger;  Schildknecht, 
FlFrbg. ;  Lauterer;  Schneider;  Klein;  Neuberger;  Binz]. 

Gyi}SophUa  vepens  L. 

Zentrale  und  südeuropäische  Gebirge  von  den  Pyrenäen  und 
der  Auvergne  bis  zu  den  Karpathen  und  von  den  Apenninen  bis 
zum  Harz. 

Im  Alpengebiet  an  felsigen  Abhängen,  auf  Schutthalden,  von 
etwa  400—2700  m  (Wallis  380-2700  m,  Bayr.  Alpen  490—2240  m), 
alpin,  aber  oft  im  Geröll  der  Bäche  herabsteigend,  so  im  St.  Galler 
Rheintal  bis  Rheineck,  im  bayrischen  Alpenverband  bis  zum  Lech- 
feld,  mit  der  Isar  bis  Freising,  früher  bis  Landshut  und  Landau. 
Auch  im  Jura  (Dole  und  Reculet),  auf  Gipshügeln  am  Harz  und  am 
Vogelsberg  in  Hessen. 

Nur  an  der  Hier  und  am  Rhein. 
OA.  Leutkirch:    Aitrach    [an   der  Hier  Martens  1832,    Gessler 

1861  nach  MK.  1882]. 
139:  Rheinweiler  angeschwemmt. 

Herniaria  alpina  L.,  nach  MK.  1865  von  Apotheker  Etti 
in  Wangen  als  im  Bett  der  Argen  gefunden  eingesandt,  sonst  nicht 
wieder  beobachtet,  fehlt  den  angrenzenden  Algäuer  und  Vorarlberger 
\lpen  und  bleibt  in  seinem  Vorkommen  daher  etwas  rätselhaft. 

meracium  aurantiacuni  L. 

Europäische  Gebirge  von  Kantabrien,  den  Pyrenäen  und  der 
Auvergne  bis  zu  den  Karpathen  und  zur  Balkanhalbinsel  und  von 
den  Apenninen  bis  Norwegen. 

Im  Alpengebiet  auf  Wiesen  von  1300  bis  über  2600  m  (Wallis 
1400—2600,  Bayr.  Alpen  1400—2070  m),  alpin.  Sonst  im  Riesen- 
gebirge und  mährischen  Gesenke,  Beskiden,  Böhmerwald  (610  bis 
1100  m),  Harz  (ob  ursprünglich  ?},  Jura  (ob  ursprünglich  ?),  Vogesen. 
Auch  als  Zierpflanze  und  häufig  verwildert. 

130:  Feldberg,  Gebüsch,  1400  m,  Vs,  Schlatterer  [HBBV.: 
Liehl  1899.  Spenner  1820.  Spenner;  Döll,  RhFI.  u.  BadFl.; 
Kirschleger;  Lauterer;  Klein;  Neuberger;  Binz].  Der  jetzige 
Standort  ist  nicht  der  von  Spenner  entdeckte ;  an  diesem  wurde 
die  Pflanze  seit  1820  nicht  mehr  aufgefunden. 
149:  Beitzenhardt   b.  Weildorf,   500  m  [Jehle'  1891.     Jack, 


Pfarrer  in  Bcuren  bei  Heiligenberg. 


—    41     — 

Mitt.  2,376;  Jack].  —  Moos  b.  Andelshofen,  460  m  [Böhm' 
1884.     Mitt.  1,122;  Jack].     Wohl  nur  vorübergehend. 

Hieracium,  Jacquinil  Vill. 

Endemisch  in  den  zentral-  und  südeuropäischen  Gebirgen  von 
den  Pyrenäen   und  Apenninen    bis   zu  den  Ostalpen  und  Karpathen. 

Im  Alpengebiet  auf  Kalkfelsen  von  1130 — 2200  m,  nicht  selten 
auch  tiefer,  bis  zu  400  m  herab.     Außerdem  nur  im  Jura. 

Auf  den  Jurakalkfelsen  der  Schwäbischen  Alb  vom  Donautal 
bis  ins  Filsgebiet  (Eybach).     Hohentwiel. 

OA.  Balingen:  Laufen  [„Schalksburg"  v.  Entress-Fürsteneck  in 
HV.  1860]. 

OA.  Nürtingen:  Neuffen  [„Hohenneuffen"  Lechler  in  HV.;  desgl. 
in  HH.;  desgl.  Sch.  M.  1834]. 

OA.  Rottweil:  Hausen  am  Thann  [„Lochen"  v.  Entress-Fürsten- 
eck in  HV.  1855;  Schaf berg,  MK.  1882J. 

OA.  Tuttlingen:  Tuttlingen  [Sch.  M.  1834].  —  Fridingen 
[„Bronnen"  in  EH.;  desgl.  MK.  1865;  desgl.  Gradmann,  780m!]. 

—  Hohentwiel  [Karrer  in  HH. ;  MK.  1865;   Gradmanm!]. 
OA.  Urach:  Urach  [Sch.  M.  1834].  —  Dettingen  [MK.  1882].  — 

Donnstetten  [Kemmler  in  HV.  u.  in  HH.;  MK.  1865].  — 
Seeburg  [HH. ;  Hiller,  Alp  1805;  Sohübler,  Tüb.  1822].  — 
Wittlingen  [MK.  1865;  Dieterich  in  Jh.  1904].  —  Wür- 
tingen  [„St.  Johann",  Sch.  M.  1834]. 
OA.  Blaubeuren:  Blaubeuren  [Schübler,  Tüb.  1822;  Wilhelms- 
felsen ca.  650  m  ,  Gradmann  ! ;  Seißener  Steige ,  Metzgerfelsen, 
Th.  Bauer!].  —  B  ollin  gen  [„im  Kiesental ",  Mahler,  Ulm  1898]. 

—  Herrlingen  [„im  Lautertal",  Mahler,  Ulm  1898].  — 
Klingenstein  [W.  Gmelin  in  HV. ;  HH.;  Sch.  M.  1834].  - 
Schelklingen  [Mahler,  Ulm  1898].  —Weiler  [„im  Tiefental" 
Sch.  M.  1834].  —  Wippingen  [„im  Lautertal",  Mahler, 
Ulm  1898]. 

OA.  Ehingen:  Lauterach  [„im  Wolfstal",  Sch.  M.  1834]. 

OA.  Geislingen:  Geislingen  [KM.  1865;  KE.  1900!].  —  Auf- 
hausen [HH.;  MK.  1882].  --  Eybach  [HV. ! ;  Schübler,  Tüb. 
1822].  —  Wiesensteig  [,.am  Reußenstein"  HH.;  desgl.  MK. 
1865]. 


Institutsvorsteher  in  Hornberg. 


—     42     — 

OA.  Kirchheira:    Owen  [„Teck"   HV. ! ;  KE.  1900  nach  Mitt.  von 

Dieterich]. 
OA.  Münsingen:  Erbstetten  [„Unterv/ilzingen",  Troll  in  HV.  !; 

„im  Lautertal"  aut.].  — Hayingen  [„im  Glastal",  Sch.  M.  1834]. 

In  Baden  nur  im  Donautal  und  auf  dem  Hohentwiel. 

112:  Bronnen  [Rösler^  1838.  Vülpius,  Mitt.  1,371;  Jack;  Grad- 
mann; Kirchner  u.  Eichler].  —  Beuron,  Weißjurafelsen,  610 
bis  680  m,  2/2,  Bertsch  [Vulpius,  Mitt.  1.372;  Jack;  Grad- 
mann;  Kirchner  u.  Eichler]. 

113:  Werenwag  [v.  Stengel,  DölP.  Döll,  BadFI.  1859;  Klein; 
Jack;  Gradmann],  —  Schloß  Hausen  [v.  Stengel.  Döll, 
RhFl.  1843  u.  BadFI.;  Klein;  Jack;  Gradmann].  —  Zw.  Tier- 
garten u.  Gutenstein  [Jack^.  Jack;  Gradmann;  Kirchner 
u.  Eichler].  —  Wilden  st  ein,   Vi,  Bertsch. 

114:  Inzigkofen  [Vulpius  1865.  Mitt.  1,379;  Jack;  Gradmann; 
Kirchner  u.  Eichler]. 

146:  Hohentwiel,  Phonolith  [HBBV. :  Apfel  1889.  HöfleM836. 
Höfle;  Döll,  BadFI.;  Merklein;  Meister;  Klein;  Jack; 
Kirchner  u.  Eichler]. 

Hoiiiof/i/ne  alpina  Cass. 

Endemisch  in  den  zentraleuropäischen  Gebirgen  von  den  Pyrenäen 
bis  zu  den  Karpathen  und  zum  Balkan. 

Im  Alpengebiet  besonders  an  moosigen  Stellen  in  Wäldern, 
im  Knieholz  und  auf  Alpenmatten  von  1000—2870  m  (Bayrische 
Alpen  von  1120— 2300  m);  alpin,  selten  tiefer,  so  in  Südbayern  bis 
München.  Sonst  noch  im  Riesengebirge,  Erzgebirge,  Fichtelgebirge, 
Böhmerwald  (im  Bayrischen  Wald  von  630 — 1470  m),  im  südlichen 
und  mittleren  Jura. 


^  Karl  August  Eösler,  Hüttenamtsbuchhalter  in  Ludwigstal.  1839 
Flora  von  Tuttlingen  (in  Köhler:  Tuttlingen .  Beschr.  u.  Gesch.  dieser  Stadt 
und  ihres  Oberamtsbezirks.    Tuttl.  1839). 

2  Johann  ChristofDöll,  geb.  21.  Juli  18Ü8  in  Mannheim,  gest.  10.  März 
1885  in  Karlsruhe.  1840  Lehrer  an  der  höheren  Bürgerschule  in  Mannheim.  1843 
Oberbibliothekar  in  Karlsruhe,  1858  Oberstudienrat.  1843  Rheinische  Flora, 
1855—1862  Flora  des  Großherzogtums  Baden.     (Mitt.  1,183.) 

3  JosephBernhardJack,  geb.  19.  März  1818  in  Stefansfeld  bei  S  aleni. 
gest.  24.  August  1901  in  Konstanz.  1848—1874  Apotheker  in  Salem,  lebte  dann 
in  Konstanz.     1900  Flora  des  Kreises  Konstanz.     (Mitt.  4,245.) 

*  M.  A.  Höfle,  geb.  2.  April  1818  in  Markdorf,  gest.  4.  Februar  1855  in 
Heidelberg.     1850  Flora  der  Bodenseegegend. 


—     43     — 

Auf   der   Adelegg    (Waldwiesen)    und    im    Feldberggebiet    1000 

bis  1450  m. 

OA.  Wangen:  Gro  lUiolzleut  e  [„Auf  dem  Schwarzen  Grat"  Ducke 
in  HV.  1830].  —  Rohrdorf  [Lingg1832;  „auf  der  Adelegg" 
ScH.  M.   1834,   1100  m  MK.   1882]. 

130:  Feldberg,  Matten,  1450  m,  V2,  Meigen  [HBBV.:  Döll,  Stehle 
1886,  ScHLATTERER  1903.  Spanner  1824.  Spenner;  Hagen- 
bach; Döll,  RhFl.  und  BadFl.;  Kirschleger,  Schildknecht 
FlFrbg. ;  Lauterer;  Schneider;  Klein;  Neuberg  er;  Binz].  — 
Bärental,  1000  m  [Zahn,  Mitt.  1,397  (1888)]. 

Hutcliinsia  alpina  R.  Br. 

Zentral-  und  südeuropäische  Gebirge  von  Asturien,  den  Pyre- 
näen und  Apenninen  bis  zu  den  Karpathen, 

Im  Alpengebiet  auf  Schutthalden  und  Geröll,  vorzugsweise  auf 
Kalk,  von  1500—3000  m  (Wallis  von  1500  und  besonders  von  2000 
bis  3000  m,  Bayr.  Alpen  1720—2670  m),  vorzugsweise  Hochalpen, 
aber  häufig  mit  den  Flüssen  herabsteigend,  so  am  Lech  bei  Augs- 
burg, an  der  Isar  bis  Landshut. 

Nur  an  der  Hier. 
OA.  Laupheim:  Wiblingen  [auf  dem  lllergeschiebe  1878  Herter 

nach  MK.  1882]. 
OA.  Leutkirch:    Aitrach    [auf   den    Geschiebebänken    der   Hier 

1832;  Martens  u.  Fleischer  nach  MK.  1882]. 

Leontodon  Pyrenaicus  Gouan. 

Zentral-  und  südeuropäische  Gebirge:  Asturien,  Pyrenäen, 
Cevennen,  Auvergne,  Dauphine,  Alpen  und  Apenninen. 

Im  Alpengebiet  auf  Alpenmatten  von  1200—2870  m  (Wallis 
1600—2870,  Bayrische  Alpen  1720—2350  m),  vorzugsweise  hoch- 
alpin ;  sonst  nur  noch  in  den  Vogesen ,  hier  von  1000 — 1400  m 
häufig. 

Auf  Bergwiesen   durch   den  ganzen  Schwarzwald  vom  Belchen 
und  Feldberg  bis  Gernsbach  700—1400  m;  fehlt  nur  dem  östlichen 
Schwarzwald. 
OA.  Freudenstadt :  Baiersbronn  [„am  Mummelsee"  Haist  in  HV.; 

„auf  dem  Katzenkopf,"    „auf  dem  Kniebis"  Sch.  M.   1834  unter 

Apargia  alpina  Host.;    860   m   Rösler    bei   MK.    1882;    „am 

Mummelsee"   M.  K.  1865;   „vom  Kniebis  bis  zum  Katzenkopf" 

K.  E.  1900]. 


—     44     — 

In  Baden  auf  Voralpenwiesen   des  ganzen  Schwarzwaldes  bis 
gegen  Gernsbach  [Düll]. 
68:  Gernsbach  [Döll,  RhFl.  1843  und  BadFl.]. 
73:  Hornisgrinde,  Buntsandstein,  1160  m,  Meier  [HBBV.:  Jung, 

Thiry  1852.    Feaxk  1830].  —  Hauersköpfe,  950  m  [Frank]. 

—  Hundsbach,  710  m  [Frank]. 
83:  Knie  bis,  Buntsandstein,  950  m  [HBBV.:  Döll.  Frank  1830: 

Kirchner  u.  Eichler]. 
92:  Hühnersedel,  Buntsandstein,  740  m,  Götz. 
108:  Kandel,  Gneis,  1240  m,  Götz  [Gmelin  1814.     Gmelin]. 
117:  Schauinsland,  Matten,  1280  m,  Linder  [HBBV. :  Thiry  1850. 

Spenner  1826;  Lauterer;  Klein;  Neuberger]. 
128:  Beleben,  Matten,  1300—1400  ra,  ^h,   Fr.  Meigen  [HBBV.: 

Döll,  Vulpius  1860.  Gmelin  1814.  Gmelin;  Spenner;  Hagen- 
bach; Lauterer;  Klein;  Neuberger]. 
129:  Zw.  Halde  und  Wiedener  Eck,  Matten  und  lichte  Stellen, 

^/2,  Fr.  Meigen. 
130:  Feldberg,  Matten,  1200-1400  m,  ^2,  Meigen  [HBBV.:  Thiry 

1861,  Döll.  Verz.  1799;  Gmelin;  Spenner;  Lauterer;  Klein; 

Neuberger].  —  Herzogenhorn,  Matten,  1400  m,  Linder. 

Linnria  alpina  Mill. 

Endemisch  in  den  zentral-  und  südeuropäischen  Gebirgen,  von 
den  Pyrenäen  bis  zu  den  Karpathen  und  auf  allen  drei  südlichen 
Halbinseln. 

Im  Alpengebiet  auf  Geröll  von  1500 — 3400  m  (Bayrische  Alpen 
von  1790 — 2570  m);  vorzugsweise  hochalpin,  aber  öfters  mit  den 
Flüssen  herabsteigend,  in  Südbayern  mit  dem  Lech  bis  Augsburg, 
mit  der  Isar  bis  Landshut  (400  m) ,  mit  der  Hier  zur  Donau  und 
hier  bis  Dillingen;  auch  am  Bodenseeufer  bis  Wasserburg.  Sonst 
nur  noch  im  Jura. 

Im  Geschiebe  der  Hier  bis  Ulm ,    ehemals   auch  am  Rhein  bis 
Neuenburg. 
OA.  Laupheim:  Wiblingen  [v.  Martens,  Bemerkungen  auf  einer 

Reise  von  Stuttgart  nach  Ulm.  1822;  Sch.  M.   1834]. 
OA.  Leutkirch:   Aitrach  [Gessler  in  HV.  1861;   „Hier  bei  Aitrach" 

in  HH.;    Lingg  1822;   Sch.  M.  1834].     Tann  heim    [Illerkies 

bei  Egelsee  1843  HTüb.!] 
OA.  Ulm:  Ulm  [Valet  in  HV.!  HTüb.!:  M.  K.   1865]. 

In  Baden  nur  vorübergehend    vom  Rhein    herabgeschwemmt. 


—     45     — 

127:  Neuenburg,    Rheinkies,    220   m    [Lang  1830.     Hagexbach]. 

Nicht  mehr  vorhanden. 
139:  Stein enstadt,    Rheinkies,    230  m     [HBBV.:   Vulpius    1863. 

Vulpius    1863.     De    Bary;     Döll,    Jbr.    1866;     Lauterer; 

Schneider;  Klein;  Neuberger;  Binz].    Nicht  mehr  vorhanden. 

Lti^ula  spadicea  DC. 

Arktisches  Gebiet  (Labrador,  Grönland,  Lappland,  Sibirien). 
Zentraleuropäische  Gebirge  von  den  Pyrenäen  und  nördlichen  Apenninen 
bis  zu  den  Ostalpen  und  Karpathen. 

Im  Alpengebiet  auf  Weiden,  grasigen  Abhängen,  in  Felsspalten, 
vorzugsweise  auf  kalkarmem  Gestein,  besonders  Granit,  von  1320 
bis  3100  m  (Wallis  1700—3100  m,  St.  Gallen  und  Appenzeller 
Alpen,  1700—2600  m.  Bayrische  Alpen  1790—2270  m,  Tirol  1320 
— 2840  m),  vorzugsweise  hochalpin.  Sonst  nur  noch  in  den  Hoch- 
vogesen  (1150 — '1300  m);   fehlt  dem  Jura. 

Nur  im  südlichen  Schwarz wald. 

128:  Beleben,  bewachsene  Felsbänder,  1350  m,  Vs,  Müller  [HBBV. : 
Schildknecht  1858,  Vulpius  1866,  1868.  v.  Schauenburg 
1810  \  Spenner;  Hagenbagh,  Spl.;  Döll,  BadFl.;  Schildknecht 
FlFrbg. ;  Lauterer;  Schneider;  Klein;  Neuberger;  Binz]. 
130:  Feldberg,  Christ  [Gmelin  1818.  Gmelin;  Hagenbach  Spl; 
Kirschleger;  Neuberger;  Binz].  In  neuerer  Zeit  nicht  be- 
obachtet. 

Lycopodimn  alpinrnn  L. 
Nördliches  Europa    (Großbritannien,    Skandinavien,    nördliches 
Rußland),  Asien  und  Nordamerika.    Mittel-  und  südeuropäische  Ge- 
birge von  den  Pyrenäen  bis  zu  den  Karpathen  und  zur  Herzegowina 
und  von  den  Apenninen  bis  zu  den  Ardennen  und   zum  Harz. 

Im  Alpengebiet  auf  grasigen  und  steinigen  Triften  von  1300 
— 2500  m  (Bayrische  Alpen  von  1460 — 2100  m),  vorzugsweise  hoch- 
alpin, selten  in  die  Waldregion  herabsteigend.  Außerdem  auf  den 
höchsten  waldfreien  Gipfeln  mancher  Mittelgebirge :  Ardennen,  Jura, 
Vogesen,  Sauerland,  Rhön,  Harz,  Erzgebirge,  Riesengebirge  und 
mährisches  Gesenke,  Böhmerwald  und  Bayr.  Wald  (940 — 1460  m). 
Matten  und  Triften  auf  der  Adelegg  und  im  Schwarzwald  vom 
Beleben  und  Feldberg  bis  zur  Hornisgrinde  1000--1500  m. 


^  Sebastian   von   Schauenburg,    geb.    1780    in   Herrlisheim ,    gest. 
14,  Juli  1813  (Kirschleger,  Flore  d'Alsace  Bd.  2.  XL VIII). 


—     46     — 

OA.  Freudenstadt:  Baiersbronn  [„Hornisgrinde"  Hegelmaier 
in  HV.  1865;  „Hinterlangenbach  etwa  1040  m"  M.  K.  1882].  — 
Reinerzau  [„Reinerzau — Alpirsbach"  K.  E.  1900  nach  Mit- 
teilungen von  Lehrer  Walde]. 

OA.  Wangen:  Großholzleute  [„am  Schwarzen  Grat"  v.  Degen- 
feld in  HV.  1874;  M.  K.  1882]. 

In  Baden  auf  den  Matten  des  höchsten  Schwarzwaldes.    Das 

Vorkommen  im  Jungholzer  Moor  bei  Säckingen  (Binz)  ist  sehr  fraglich. 

101:  Stockwald  bei  St.  Georgen  [Stehle  1887,  Mitt.  1,303; 
Klein]. 

117:  Schauinsland  [Thiry\  Schill  1877].  —  Hofsgrund 
[Götz  1882.     Mitt.  1,13;  Klein;  Neüberger]. 

128:  Beleben  [HBBV.:  Vülpiüs  1861,  1862.  Vulpius  1861.  Schild- 
knecht, Nchtr.  u.  FlFrbg. ;  Lauterer  ;  Schneider  ;  Klein  ;  Neü- 
berger; Binz]. 

130:  Feld  barg,  Matten,  1000— 1500  m,  ^'2,  Meigen  [HBBV.:  Vül- 
piüs 1857,  1867,  ScHNEYDER  1882.  Hall  er  1740 -.  Spentser; 
Döll,  RhFl.  u.  BadFl.;  Kirschleger;  Schildknecht,  FlFrbg.; 
Lauterer;  Schneider;  Klein;  Neüberger;  Binz].  —  Herzogen- 
horn,  Matten  1360  m,  V2,  Müller. 

142:  Todtmoos  [Binz]. 

Meuni  miitellina  Gärtn. 

Mittel-  und  südeuropäische  Gebirge  von  den  Pyrenäen  und 
Korsika  bis  zu  den  Karpathen  und  zur  Balkanhalbinsel. 

Im  Alpengebiet  auf  Triften  verbreitet  von  1300 — 2800  m 
(Wallis  1600—2800  m,  Bayrische  Alpen  1570—2340  m),  vorzugs- 
weise hochalpin.  Sonst  im  Riesengebirge  und  mährischen  Gesenke, 
im  Böhmerwald    (Bayrischer  Wald    1070 — 1460  m)  ;    fehlt   im  Jura. 

Auf  Voralpentriften  des  höchsten  Schwarzwaldes,  häufig  nur 
auf  dem  Feldberg.  Gmelin  gibt  an,  die  Pflanze  auch  auf  dem  Beleben 
gesehen  zu  haben,  wo  sie  jedoch  schon  von  Spenner  wie  auch  später 
stets  vergeblich  gesucht  wurde. 


>  Prakt.  Arzt  in  Freiburg-  i.  Br.,  gest.  1892. 

^AlbrechtvonHallcr,  geb.  16.  Okt.  1708  in  Bern,  gest.  12.  Dez. 
1777  in  Bern.  1729  prakt.  Arzt  in  Bern,  1735  Stadtarzt  und  Stadtbibliothekar, 
1736  Professor  der  Medizin,  Anatomie,  Botanik  und  Chirurgie  in  Ööttingen. 
Gründer  und  erster  Präsident  der  Göttinger  Akademie  der  Wissenschaften.  Lebt 
von  1753  an  als  Rathausammann  wieder  in  Bern. 


—     47     — 

100:  Schonach,  Matten,  900  m,  -/i,  Guabendörfer  [San db erger  ^ 
DöLL,  Jbr.  1863;  Lauterer;  Klein;  Neuberger].  —  Zw. 
Schonach  und  Oberprechtal  [Sandberger.  Döll,  Jbr, 
1863]. 

109:  Vöhrenbach  [Stöhrl     DFl.  1805]. 

130:  Feldberg,  1100—1450  m,  V2,  Meigen  [HBBV.  :  Frank,  Mozer 
1844,  VuLPius  1857.  J.  Vulpius.  Verz.  1799;  DFL;  Gmelin; 
Döll,  RhFl.  u.  BadFl.;  Spenner;  Kirschleger;  Schildknecht, 
FlFrbg. ;  Lauterer;  Schneider;  Klein;  Neuberger]. 

JV^igritella  angustifolia  Rick. 

Nördliches  Skandinavien.  Zentral-  und  südeuropäische  Gebirge 
von  den  Pyrenäen  und  Apenninen  bis  zu  den  Karpathen  und  der 
Balkanhalbinsel. 

Im  Alpengebiet  auf  Wiesen  und  Weiden  von  1200 — 2550  m 
(Wallis  1400—2550  m,  St.  Galler  und  Appenzeller  Alpen  1250  bis 
2200  m.  Bayrische  Alpen  1690—2280  m).  Vorzugsweise  hochalpin. 
Sonst  nur  noch  im  Jura,  vom  Reculet  bis  zum  Weißenstein. 

131:  Kohlhalden  bei  Bonndorf,  Wiese,  800  m,  Vi,  Neuberger 
[HBBV.:  Nägele  1868,  Neuberger  1892.  Nägele  1865,  Mitt.  3, 
183;  Seubert,  Verh.  1866;  Döll,  Jbr.  1866;  Zahn;  Klein; 
Neuberger]. 

Orchls  (jlobosHS  L. 

Zentral-  und  südeuropäische  Gebirge  von  den  Pyrenäen  und 
Apenninen  bis  zu  den  Karpathen  und  zur  Balkanhalbinsel ;  Kaukasus. 
In  Podolien,  Südwestrußland  und  der  Moldau  auch  im  Tiefland. 

Im  Alpengebiet  auf  Wiesen  und  Triften  von  900 — 2400  m 
(Wallis  1000—2400  m,  St.  Galler  und  Appenzeller  Alpen  1100  bis 
2300  m,  Bayr.  Alpen  900—2110  m),  alpin,  aber  nicht  selten  auch 
tiefer,  im  bayrischen  Alpenvorland  an  vielen  Orten,  bis  620  m  herab. 
Sonst  im  Riesengebirge  und  mährischen  Gesenke ,  Erzgebirge  bis 
530  m  herab  und  böhmischen  Mittelgebirge,  im  Jura  und  den  Vogesen. 

Auf  Berg-  und  Waldwiesen  des  Feldberggebiets  (800— 1050  m) 
und    von   hier   bis  nach  Thingen  herab  (500  m).     Auf  der  Alb  vom 


'  Fr  idolin  Sandberger,  geb.  22.  Nov.  1826  in  Dillenburg,  gest. 
11.  April  1898  in  Würzburg.  1854  Professor  der  Mineralogie  und  Geologie  in 
Karlsruhe,  1863  in  Würzburg. 

■■*  A  d  a  m  S  t  ö  h  r ,  Landschaftstierarzt  (in  Donaueschingen  ?).  Gewährsmann 
der  Donauflora  1804—14. 


—     48     — 

Randen  bis  ins  Filsgebiet  und  bis  zum  südlichen  Härtsfeld,  550  bis 
900  m. 

OA.  Balingen:  Onstmettingen  [Hegelmaier,  Ber.  1890]. 

OA.  Nürtingen:  Neuffen  [Sch.  M.  1834;  Mr.  1904]. 

OA.  Reutlingen:  Eningen  [Beschr.  d.  OA.  Urach  1831;  Sch.  M. 

1834].  —  PfuUingen  [MK.  1865;  KE.  1900!;  Mr.  1904].  - 

Willmandingen  [„Bolberg"  Mr.  1904]. 
OA.  Rottenburg:  Mössingen   [„Dreifürstenstein"   MK.  1865].  — 

Öschingen  [Mr.  1904]. 
OA.  Rottweil:  Hausen  am  Thann  [„an  den  Lochen"  KE.  1900, 

nach  Mitt.  von  Oberlehrer  Lauffer;  Mr.  1904]. 
OA.  Spaichingen:    Schörzingen    [„am   Oberhohenberg"   Saüter- 

MEisTER  bei  MK.  1882]. 
OA.  Tübingen:  Gönningen  [Mr.   1904]. 
OA.  Urach:    Urach    [Finckh  in    HV.  1853;    OAB.  1831;    „Hohen- 

urach«   Sch.  M.  1834].  —  Dettingen  [OAB.  1831].  —  Glems 

[Lechler   in   HV.    1852;    HH.;    „Wolfsfelsen,    Glems"    Sch.   M. 

1834;  Hochwiesen  550  m,  Gradmann!;  Mr.  1904].  —  Bulben 

[„Zw.  Urach  u.  Neuffen^'  Schübler,  Tüb.  1822;  „Bulben",  ^Buk- 

leter"  Sch.  M.  1834]. 
OA.  Neresheim:  Dischingen  [Fuß  des  Orbergs  MK.   1865]. 
OA.   Ehingen:  Ehingen  [Eichler  in  OAB.  1893.  nach  Aufzeichnung 

von  Oberreallehrer  Gauss]. 
OA.  Geislingen:  Gingen  [„Grüner  Berg"  MK.   1882]. 
OA.   Göppingen:  Du  mau  [„Alb  der  Dürnauer  Gegend"  MK.  1865; 

„am  Kornberg  bei  Dürnau"   KE.  1900]. 
OA.  Kirchheim:    Owen    [„Teck"    Sch.    M.    1834].  —  Weilheim 

[„am  Bosler"  KE.  1900,  nach  Mitt.  von  Pfarrer  Hochstetter]. 
OA.  Leutkirch:  Aitrach  [„Rot  bei  Dreherz"  MK.  1865]. 
OA.  Hechingen:    Zimmern   [„am    Zellerhorn"    MK.   1865;    desgl. 

Mr.  1904]. 

In  Baden  auf  Gebirgswiesen  des  höheren  Schwarzwaldes,  be- 
sonders in  der  näheren  und  weiteren  Umgebung  des  Feldbergs,  und 
auf  dem  Randen. 

118:  Löffeltal,  800  m,  Himmelsehkr.  —  Alpersbach,  Wiesen. 
1000  m,  V2,  Himmelseher  [HBBV.  Neuberger  190L  Spenner 
1825;  DöLL,  BadFL;  Schildknecht,  Nchtr.  u.  FlFrbg.;  Neu- 
berger]. 


—     49     — 

119:  Schollach,  Wiesen,  950  m,  Himmelskher  [Neuberger  1898]. 
—  Schwärzenbach,  1050  m,  Himmelseher.  —  Langen- 
ord nach,  900  m,  Himmelseher.  —  Reichenbachtal  b. 
Rudenberg,  900  m,  Himmelseher. 

129:  St.  Wilhelm,  800  m,  Neuberger  [Spenner  1825;  Döll, 
BadFl.;  Schildknecht,  FlFrbg. ;  Neuberger]. 

130:  Feldberg  [HBBV. :  Frank.  Hagenbach  1834;  Döll,  RhFl.; 
Kirschleger;  Schneider;  Klein].  —  Rinken,  Wiesen,  1200  m, 
V2,  Neumann  [HBBV.:  Baumgartner  1889.  Schildknecht,  Nchtr. 
1862;  Neuberger].  —  Bärental,  Wiesen,  900  m,  V2,  Neu- 
mann [HBBV.:  Fromherz,  Döll,  Vulpius  1861.  Fromherz^ 
Gmelin  1826;  Spenner;  Döll,  BadFl.;  Schildknecht,  Nchtr. 
u.  FlFrbg.;  Neuberger].  —  T i t i s e e ,  Wiesen,  850  m,  Himmel- 
seher [HBBV.:  Vulpius  1861]. 

131:  Saig,  1000  m,  Himmelseher  [Spenner  1825;  Döll,  BadFl.; 
Sohildknecht,  FlFrbg.]. 

132:  Blum  egg  [Klein].     Nicht  mehr  vorhanden. 

133:  Zw.  Behla  u.  Fürstenberg  [Engesser  1850.  Brunner; 
Engesser;  Döll,  BadFl.;  Zahn;  Klein;  Gradmann].  —  Gnaden- 
tal [Engesser  1852;  Stehle;  Zahn;  Gradmann]. 

144:  Schloßranden   b.  Schleitheim,  750  m,   V2,  Probst. 

156:  Hüllerwald  b.  Thiengen,  Muschelkalk,  500  m  [Welz, 
Mitt.  1,149  (1884);  Klein]. 

I^ediculat'is  foliosa  L. 

Endemisch  in  den  zentral-  und  südeuropäischen  Gebirgen  von 
Katalonien,  den  Pyrenäen  und  der  Auvergne  bis  zu  den  Apenninen 
und  den  Ostalpen. 

Im  Alpengebiet  auf  steinigen  Grasplätzen  von  1400 — 2400  m 
(Wallis  1400—2400  m ,  St.  Galler  und  Appenzeller  Alpen  1500  bis 
2000  m,  Bayr.  Alpen  1500—2100  m) ,  alpin,  selten  tiefer,  so  auf 
der  Heide  zwischen  Wallgau  und  Krünn  an  der  Isar  (800  m)  mit 
Anemone  narcissiflora.  Sonst  im  Jura  (bis  zum  Chasseral)  und  in 
den  Hochvogesen. 

Nur  im  südwestlichen  Albgebiet  auf  dem  Hundsrück  und  Blasen- 
berg ca.  650—880  m. 


^  Karl  Fromherz,  geb.  10.  Dezember  1797  in  Konstanz,  gest.  27.  Januar 
1854  in  Freiburg  i.  Br.  1823  Professor  der  Chemie,  1836  auch  der  Mineralogie 
in  Freiburg  i.  Br. 

4 


—     50     — 

OA.  Balingen:  Onstmettingen  [Blasenberg.  Pjempp!:  Mr.  1904]. 
—  Streichen  [Vaihinger  in  HV.  1852  u.  1863';  „auf  dem 
Hundsrück  bei  Streichen  an  einem  grasigen  Abhang  gegen 
Bisingen  auf  der  Grenze  gegen  Hohenzollern  zwischen  Gebüsch, 
über  650  m  hoch,  in  Gesellschaft  mit  Anemone  narcissißora" 
MK.  1882;  Mr.  1904]. 

OA.  Hechingen:  Bisingen  [Lechler  in  HV.  1852!:  v.  Extress- 
FüRSTENECK.  ebenda  1853:  „auf  dem  Hundsrück  auf  Hohen- 
zollernschem  Gebiet  bei  Streichen"  MK.   1865]. 

JPinguicula  aljyina  L. 

Arktisches  Sibirien;  Baikalgebiet;  europäische  Gebirge,  in  den 
nordischen  Ländern  auch  im  Tiefland. 

Im  Alpengebiet  auf  feuchten  Felsen  und  moorigen  Plätzen  von 
800-2350  m  (Wallis  900—2350  m,  Bayr.  Alpen  bis  2200  m), 
alpin ,  aber  öfters  auch  in  die  vorgelagerten  Ebenen  herabsteigend, 
so  in  den  Wiesenmooren  des  bayrischen  Alpenvorlandes  bis  480  m. 
Sonst  nur  noch  im  südlichen  Jura. 

Auf  Torfboden  und  nassen  Felsen  im  Algäu  und  im  westlichen 
Bodenseegebiet,   bis  400  m  herab. 
OA.  Leutkirch:    Wurzach    [Ducke   in   HV. ! ;    „Wurzacher  Ried'' 

MK.   1865]. 
OA.  Wald  see:    Aulendorf    [Lechler    in    HV. !:    MK.    1865].    — 

Schussenried  [Valet  in  HV. ! ;  MK.  1865].  —  Wolfegg  [HV.!: 

MK.  1882]. 
OA.  Wangen:  Isny  [Sch.  M.  1834]. 

Nur  im  Bodenseegebiet. 
136/37:    Ruhstetter  Ried,    Torfboden    [Sautermeister  \     Jack]. 
137:  Frickinger  Ried,  Torfboden,  450  m  [Fr.  X.  Baur-.    Döll. 

RhFl.  1843  u.  BadFl. ;  Höfle;  Klein;  Jack].  —Finkenhausen. 

500m  [Fr.  X.  Baur.    Höfle  1850;  Döll,  BadFl.:  Jack].   — 

Beuren,  520  m  [Jack]. 
148:  Kargegg,  nasse  Molassefelsen,  450  m,  Schmidle. 


'  Heinrich  Joseph  Sautermeister,  geb.  2.  Febrnar  1812  in  Eotten- 
burg  a.  N.,  gest.  18.  September  1874  in  Wald  (Klosterwald).  Apotheker 
in  Wald. 

^  P>anz  Xaver  Baur,  geb.  8.  Dezember  1798  in  Meßkirch,  gest.  25.  Mai 
1891  in  Ichenheim.     1822  Apotheker  in  Salem,  1845  in  Ichenheim. 


—     51     — 

149:  Gegenüber  der  Mainau,  400  m  [X.  Leiner  ^    Düll,  BadFl. 

1859;  Jack]. 
161:  Wollmatinger  Ried,  400  m  |X.  Leiner.   Düll,  BadFl.  1859; 

Jack]. 
162:  Rosenau   b.    Konstanz,    400  m    [Jack].   —  Staad,    400  m, 

ScHJiiDLE  [DöLL,   BadFl.  1859;  Klein;  Jack].  —  Zw.  Egg  u. 

Mainau,  400  m  [Jack,  Mitt.  2,347]. 

Poa  alpina  L. 

Arktisches  Gebiet  von  Nordamerika,  Europa  und  Asien.  Euro- 
päische, zentralasiatische  und  nordamerikanische  Gebirge. 

In  der  Alpenkette  auf  Wiesen  und  Triften,  meist  zwischen 
1600  und  3600  m  (Wallis  1600—3600  m,  Ostschweiz  von  1500  m 
an,  Bayr.  Alpen  1330 — 2580  m),  vorzugsweise  hochalpin,  aber  öfters 
auch  in  tiefere  Regionen  herabsteigend,  in  Südbayern  bis  Landshut 
und  Augsburg  und  bis  zum  Bodensee.  Sonst  noch  im  mährischen 
Gesenke,  Bayr.  Wald,  Hochvogesen  und  Jura. 

Im  südhchen  Oberschwaben  (Algäu,  Hier,  Bodensee). 

OA.  Leutkirch:  Kirchdorf  [„Unteropfingen"  Ducke  in  HV.!;  „ander 
Hier  bei  Opfingen"  Memminger,  Beschr.  v.  Württ.  1841,  S.  291]. 
—  Tannheim  [„Egelsee"  Ducke  in  HV. ! ;  Lechler  u.  Troll  in 
Flora  1844;  Lechler,  Suppl.  1844]. 

OA.  Tettnang:  Schnetzenhausen  [„am  Bodensee  gegen  Fisch- 
bach" Herter  in  Jh.  1888,  S.  199]. 

OA.  Wangen:  Wangen  [Zengerle  in  HV. !;  Lechler  u.  Troll  1.  c. ; 
Lechler  1.  c.]. 

jPoff  Cenisia  All. 

Arktisches  Gebiet:  Grönland,  Lappland,  arktisches  Sibirien, 
Kamtschatka.  Europäische ,  vorder-  und  zentralasiatische  Gebirge 
von  den  Pyrenäen  bis  zum  Himalaja  und  von  Korsika  bis  Skan- 
dinavien. 

Im  Alpengebiet  auf  steinigen  Abhängen  und  Geröll,  besonders 
auf  Kalk,  von  1200—3200  m  (WalHs  1800—3200  m,  Bayr.  Alpen 
1300 — 2050  m) ,  vorzugsweise  hochalpin,  selten  von  den  Flüssen 
herabgeschwemmt ,  so  von  der  Isar  bis  München  (520  m).  Sonst 
nur  noch  im  Jura. 


^  Xaver  Leiner,  geb.  17.  August  1801  in  Konstanz,  gest.  6.  März  1846 
in  Konstanz.     Apotheker  daselbst. 


—     52     — 

Im  Kies  der  Hier. 
OA.  Leutkirch:  Oberopfingen  [Ducke  in  HY.  1834!;  MK.  1865]. 

—  Tannheim  [„Egelsee"  Ducke  in  HV.  1839!;  Lechler  u. 
Troll  in  Flora  1844;  Lechler.  Suppl.  1844]. 

Poa  laxa  Hänke.  Die  Angabe  Gmelin's  (1806),  daß  Foa  laxa 
auf  dem  Beleben  vorkomme ,  ist  sehr  zweifelhaft.  Die  Pflanze  ist 
später  nur  ein  einzigesmal  gefunden  worden  (Frey,  Mitt.  1,279)  und 
auch  bei  diesem  Fund  ist  die  Bestimmung  nicht  zweifellos. 

JPolygoniuti  vivijiaruni  L. 

Arktisch-alpine  Pflanze  von  weitester  Verbreitung.  Durch  das 
ganze  arktische  Gebiet  von  Nordamerika,  Europa.  Asien ,  Grönland, 
Island,  Grinnell-Land,  Spitzbergen,  Novaja  Semlja,  Inseln  des  Berings- 
meers.  Auf  den  Hochgebirgen  aller  drei  Erdteile :  Rocky  Mountains : 
europäische  Gebirge  von  den  Pyrenäen  und  Abruzzen  bis  Schottland 
und  Skandinavien  und  zum  Ural;  Kaukasus,  Himalaja,  Altai,  ost- 
asiatische Gebirge.     Am  Altai  auch  in  den  niederen  Steppen. 

Im  Alpengebiet  auf  Weiden  und  Matten  von  1300—2850  m 
(Wallis  1300—2850  m,  Ostschweiz  von  1400  m  an  aufwärts,  Bayr. 
Alpen  bis  2570  m),  vorzugsweise  hochalpin,  aber  nicht  selten  auch 
in  tiefere  Regionen  herabsteigend,  so  besonders  in  Südbayern  bis 
München  und  Augsburg  (490  m).  Sonst  nur  noch  im  mittleren  und 
südlichen  Jura. 

Auf  Bergwiesen  der  südwestlichen  und  mittleren  Alb  vom  Heu- 
berg bis  ins  Gebiet  der  Kirchheimer  und  der  Ulmer  Lauter  (Schopf- 
loch— Donnstetten — Feldstetten — Bermaringen).  Außerdem  an  meh- 
reren Punkten  Oberschwabens,  nördlich  bis  Laupheim. 

OA.  Balingen:    Ehingen   [Hegelmaier  in  HH.  1882;  Mr.   1904]. 

—  Meßstetten  [„Hardtplateau  zwischen  Ehingen  u.  Hein- 
stetten  MK.  1882].  —  Onstmettingen  [Hegelmaier  Ber.  1887]. 

—  Streichen  [„Hundsrück-Zitterhof  KE.  1900  nach  Mitt. 
von  Ad.  Mayer].  —  Tieringen  [„von  den  Lochen  bis  gegen 
Blaubeuren"  MK.  1862]. 

OA.  Reutlingen:  Erpfingen  [Kemmler  in  HV.  1834! :  Ders.  in  HH.; 

„Zwischen  Lichtenstein  und  Erptingen"   MK.   1865]. 
OA.  Spaichingen:    Böttingen   [„auf   dem  Heuberg"   MK.  1885; 

„zwischen  Dreifaltigkeitsberg  u.  Wehingen"  Scheuerle  briefl.]. 
OA.  Urach:    Böhringen  [„Zwischen  Feldstetten  und  Böhringen" 

Moser  in  HV.  1825!;  MK.  1865].  —  Donnstetten  [Kemmler 


—    53    — 

in  HH.  —  MK.  1882].  —  Zainingen  [KE.   1900  nach  Mitt. 

von  Dieteru'h]. 
OA.  Blaubeuren:  Bermaringen    [„Im  hinteren  Ulmer  Lautertal" 

MK.   1865;  ob  noch  vorhanden?]. 
OA.  Kirchheim:   Schopf  loch   [Kemmler  in  HH.]. 
OA.  Laupheim:  Laupheim  [„Schemmerberger  Halde"  Eiberle  in 

HV.  1876!;  Hegelmaier  Der.  1887]. 
OA.  Leutkirch:  Oberopfingen  [Ducke  in  HV.  1837!;  „auf  Iller- 

wiesen  bei  Opfingen"  MK.  1865]. 
OA.  Münsingen:  Feldstetten  [Moser  in  HV.  1825!;  Kemmler  in 

HH.;  MK.  1865]. 
OA.  Waldsee:  Wolf  egg  [Herter  in  Jh.   1888]. 
OA.  Wangen:  Isny  [VH.!;  Sch.  M.  1834]. 
OA.  Hechingen:  Zimmern  [„am  Zellerhorn"   Lörch  1891]. 

Potentillci  aurea  L. 

Endemisch  in  den  zentral-  und  südeuropäischen  Gebirgen  von 
den  Pyrenäen  und  der  Auvergne  bis  zu  den  Karpathen  und  der 
Balkanhalbinsel. 

Im  Alpengebiet  auf  Wiesen  und  Triften,  auch  auf  steinigem 
Boden,  von  1120—2800  m  (Wallis  1350—2800  m,  Bayr.  Alpen 
1120 — 2270  m),  vorzugsweise  hochalpin,  aber  einzeln  auch  in  tiefere 
Regionen  herabsteigend,  in  Südbayern  bis  Kempten  (1070  m).  Sonst 
im  Riesengebirge,  mährischen  Gesenke,  im  mittleren  und  südlichen  Jura. 

Auf  Voralpentriften  des  südlichen  Schwarzwaldes. 
109 :  Vöhrenbach  [v.  Engelberg'.  DFL  1814;  Döll  RhFl.  u.  BadFl.; 

Brunner;  Kirschleger;  Schildknecht  FlFrbg. ;  Zahn;  Klein]. 
117:  Schauinsland,  Matten,  1280  m,  Neuberger  [Neuberger]. 
129:  Stübenwasen,  Matten,  1380  m,  ^/2,  Schlatterer  [Winter 

Mitt.  1,311   (1887)].  —  Trubelsmattkopf,  Fr.  Meigen.  — 

Wi edener  Eck,  Matten,  1130  m,  Claussen. 
130:  Zw.  Rinken  u.  Alpersbach,   Fr.  Meigen.  —  Feldberg; 

Matten,    1400-1500  m,    ^/2,   Meigen  [HBBV.:    Jung,    Döll, 


'Joseph  Meinrad  Anton  Engelberge  r  von  Engelberg,  geb. 
27.  Aug.  1764  in  Donaueschingen,  gest.  16.  Okt.  1826  in  Donaueschingen.  Groß- 
herzogl.  badischer  Medizinalrat  und  Anitsphysikus,  fürstl.  fürstenbergischer  Leib- 
arzt. 1804—1814  Flora  der  Gegend  um  den  Ursprung  der  Donau  und  des  Neckars 
(DFL).  (Fickler,  Kurze  Geschichte  der  Häuser  Fürstenberg,  Geroldseck  und 
von  der  Leyen,  1844,  S.  58.) 


—     54     — 

VüLPiüs  1861,  1867,1876,  Wetterhax  1877.  Aberle^  DFL 
1814;  Gmelin;  Spenner;  Hagenbach;  Döll  RhFI.  u.  BadFl. ; 
Kirschleger;  Schildknecht  FlFrbg.;  Lauterer;  Schneider; 
Klein;  Neüberger;  Binz]. 
142:  Todtmoos  [Döll  BadFl.  1862;  Schildknecht  FlFrbg.].  — 
Mutterslehen  [Döll  BadFl.  1862;  'Schildknticht  FlFrbg.]. 
—  St.  Blasien  [Döll  BadFl.  1862;  Sildknecht  FlFrbg.; 
Lauterer;  Binz]. 

Priniula  auricula  L. 

Endemisch  in  den  zentral-  und  südeuropäischen  Gebirgen  vom 
Dauphine  und  den  Apenninen  bis  zu  den  Karpathen  und  zur  Balkan- 
halbinsel. 

Im  Alpengebiet  vorzugsweise  an  Kalkfelsen  von  1000 — 2500  m 
(WaHis  1500—2500  m,  Bayr.  Alpen  1360—2400  m),  alpin,  aber  nicht 
selten  in,  tiefere  Regionen  hinabsteigend ;  sehr  häufig  auf  den  Wiesen- 
mooren des  Isargebiets  in  der  Umgebung  von  München  zwischen 
450  und  600  m.     Sonst  nur  noch  im  Jura. 

Die  Donauflora,  sowie  Spenner,  Döll  u.  a.  geben  auch  den 
F'eldberg  als  Standort  für  Pritnula  auricula  an.  In  neuerer  Zeit  ist 
sie  hier  niemals  gefunden  worden.  Die  Angaben  über  das  Vor- 
kommen im  Donautal  (Gmelin)  und  auf  dem  Blauen  (DFL)  beruhen 
jedenfalls  auf  Verwechslungen. 

118:  Hirschsprung,  Gneisfelsen,  600  m,  V2,  Schlatterer  [HBBV.: 
VuLPius  1844,  Thiry  1851,  Schlatterer  1882.  Gmelin  1826; 
Spenner;  Döll  RhFI.  u.  BadFl. ;  Schildknecht  FlFrbg.;  Lau- 
terer; Klein;  Neüberger]. 

128:  Beleben,  Gneisfelsen,  1350  m,  'U,  Müller  [J.  Vulpius.  DFL 
1805;  Gmelin;  Spenner;  Hagenbach;  Kirschleger;  Neüberger; 
Binz]. 

Manunciilus  fnontamis  Willd. 

Zentral-  und  südeuropäische  Gebirge  von  den  Pyrenäen  und 
Apenninen  bis  zu  den  Karpathen  und  zum  Kaukasus. 

Im  Alpengebiet  auf  Wiesen,  Triften,  in  Schneetälchen  von  900 
bis  2900  m  (Wallis  1000—2700  m,  St.  Galler  und  Appenzeller  Alpen 
900 — 2400  m,  Bayr.  Alpen  bis  2500  m),  alpin,  aber  nicht  selten 
auch  tiefer  herabsteigend,  in  den  südbayrischen  Mooren  bis  München 


Chirurg,  Gewährsmann  der  Donauflora  1804—1814. 


—     55     — 

und   Augsburg    (510   m).      Sonst   nur   noch   im   mittleren    und    süd- 
lichen Jura. 

An  sonnigen  Abhängen  der  Alb  vom  Kriegertal  bei  Engen  bis 
zur  Münsinger  und  ßlaubeurer  Alb,  etwa  000—900  m,  in  der  Baar 
und  auf  dem  Feldberg. 
OA.  Balingen:  Streichen  [Mr.   1904]. 
OA.  Reutlingen:  Eningen  [Fahrbach  in  HV.  1896!:  KE.  1900; 

Mr.   1904].  —  Kleinengstingen  [Mr.  1904]. 
OA.  Rottenburg:    Mössingen    [„Am   nördl.   Abhang    des  Drei- 
fürstensteins" MK.  1882;   „am  Farrenberg"  HTüb.  1841!;  KE. 

1900;  Mk.  1904].  —  Tal  heim  [HH.;  Mr.  1904]. 
OA.  Rottweil:  Hausen  a.  Thann  [„An  den  Lochen  bei  Balingen" 

MK.  1865;  Mr.  1904]. 
OA.  Spaichingen:  Spaichingen  [„Am  Dreifaltigkeitsberg"   MK. 

1882]. 
OA.  Tübingen:    Gönningen    [KE.    1900    nach  Mitt.   von   Apoth. 

Stein]. 
OA.  Tuttligen:  Tuttlingen  [„In  den  Tuttlinger  Bergen"  Rösler 

in  HV.!;  Sch.  M.  1834]. 
OA.  Urach:  Urach  [Finckh  in  HV.  1850!;   „Hohenurach"  in  HH. ; 

MK.  1865].  —  Dettingen  [MK.  1865].  —  Seeburg  [HH.; 

HTüb.!  Mr.  1904].  —  Wittlingen  [KE.  1900  nach  Mitt.  von 

Dieterich;  Dieterich  in  Jh.  1904]. 
OA.  Blaubeuren:   Schmiechen  [„Zwischen  Teuringshofen  und 

Schmiechen"  MK.  1882], 
OA.  Ehingen:  Ennahofen  [„Zwischen  Teuringshofen  u.  Schmie- 
chen" MK.  1882]. 
OA.  Kirchheim:  Gutenberg  [Mr.   1904]. 

OA.  Leutkirch:    Tann  he  im   [an  der  Hier  bei  Egelsee  HTüb.!]. 
OA.  Münsingen:   Böttingen   [Dieterich  in  Jh.  1904].   —  Bre- 

melau  [Troll  in  HV.!;  1844  Troll  HTüb.!;  MK.  1865]. 
OA.  Gammertingen:    Salmendingen    [HH.;    Sch.    M.    1834; 

„Kornbühl"  Lörch  1890;  Mr.  1904]. 
OA.  Hechingen:    Hausen    [HH.].    —    Zimmern    [„Zellerhorn" 

Lörch  1890]. 

In  Baden  im  Juragebiet,  besonders  in  der  Baar.     Sonst  nur 
noch  auf  dem  Feldberg. 
120:  Grüningen,  750  m   [Stehle  1858.    Zahn;  Stehle;  Klein]. 

—  Buchberg  b.  Donaueschingen  [Renn.  DFL  1814;  Döll 


—     56     — 

RhFl.  u.  BadFl.;  Brünner;  Engesser;  Neubeeger  PflB.;  Zahn; 

Klein]. 
121:  Osterb erg  b.  Geisingen  [Winter  Mitt.  1,43  (1882);  Zahn; 

Klein;  Gradmann].  —  Länge  b.  Gutmadingen  u.  Geisingen, 

600—700   m,    'h    [HBBV.:    Schatz   1884.    Brunner^    1847. 

Brunner;  Engesser;  Döll  BadFl.;  Zahn;  Klein;  Gradmann].  — 

Pfaffental  b.  Geisingen  [Schatz.  Zahn  1889;  Klein]. 
122:  Immendingen  [v.  Schreckenstein  ^  Verz.  1799;  DFL;  Döll 

RhFl.  u.  BadFl. ;  Brunner;  Engesser;  Zahn;  Klein;  Gradmann]. 

—  Möhringen  [Eitenbenzl  DFL  1814  ;  Döll  RhFl.  u.  BadFl. ; 

Zahn;  Klein;  Gradmann]. 
130:  Feldberg,  lichte  Wälder,  1300—1400  m,  ^1-2,  Himmelseher 

[HBfeV,:  Frank,  Maus  1889.    Spenner.    Spentjer  1829;   Döll 

RhFl.  u.  BadFl. ;  Kirsghleger;  Schildknecht FlFrbg. ;  Lauterer; 

Schneider;  Klein;  Neuberger]. 
134:  Kriegertal  b.  Talmühle,  Gebüsch,  600m,  Meigen  [HBBV.: 

Jack  1854.    Döll  BadFl.;  Zahn;  Klein;  Jack;  Gradmann]. 

Saxifraga  cil^omi 

s.  oben  S.  18. 

Sagina  Linnaei  Presl. 

Arktisches  Europa,  Asien  und  Nordamerika.  Europäische  Ge- 
birge von  der  Sierra  Nevada  bis  Schottland  und  Skandinavien  und 
von  den  Pyrenäen  und  der  Auvergne  bis  zum  Ural  und  zum  Kau- 
kasus; Altai;  Atlas. 

Im  Alpengebiet  an  feuchten,  quelligen  Stellen,  in  Felsspalten  von 
1230—2600  m  (Wallis  1400—2600  m,  Bayr.  Alpen  1230—2360  m), 
alpin.  Sonst  im  Riesengebirge,  mährischen  Gesenke,  Böhmerwald 
(Bayr.  Wald  750—1460  m),  im  Jura  und  vereinzelt  im  bayrischen 
Alpenvorland. 


»  Fidel  B  r  u  n  n  e  r ,  geb.  11.  April  1809  in  Neustadt  i.  Schw.,  gest.  28.  Sept. 
1890  in  Ballrechten  b.  Staufen.  1832  Vikar  in  St.  Trudpert,  1837  Kaplan  in 
Mundelfingen ,  1847  Pfarrer  in  Pfohren,  1867  in  Ballrechten.  1851  Flora  der 
Quellbezirke  der  Donau  und  Wutach.     (Mitt.  2,149.) 

*  Friedrich  Freiherr  Rot  von  Schreckenstein,  geb.  12.  Okt. 
1752  in  Eichstädt,  gest.  13.  Juni  1808  in  Dunaueschingen.  Lebte  1785—1805 
auf  seinen  Besitzungen  Immendingen  und  Bilafingen ,  dann  in  Donaueschingen. 
Mitverfasser  des  Verz.  1799  und  der  drei  ersten  Bände  der  Donauflora  1804 — 7. 

^  Professor  (in  Donaueschingen?).    Gewährsmann  der  Donauflora  1804 — 14. 


—     57     — 

All  Felsen   und    auf   kurzgrasigen  Weideplätzen    des    südlichen 
und  mittleren  Schwarzwalds  450 — 1400  m. 
OA.  Freudenstadt:  Reinerzau  [Sch.  M.   1834  S.  286;  480  m 

ü.  d.  M.  HocHSTETTER  bei  MK.  1882]. 
OA.  Wangen:  Großholzleute  [„Am  Schwarzen  Grat"  Herter  in 

Jh.  1888].  —  Rohrdorf  [„Auf  der  Adelegg"  Fleischer  in  HV. 

1832!;  desgl.  in  HH.;  desgl.  Lingg  1832;  desgl.  Sch.  M.  1834; 

Weideplätze  der  Adelegg  970  m  Fleischer  b.  MK.   1882]. 

In  Baden  an  Felsen  des  höheren  Schwarzwaldes,  doch  ziemlich 
tief  (Bohrer  450  m)   hinabsteigend.     Ohne  Zweifel  weiter  verbreitet 
und  nur  häufig  übersehen. 
117:  Schauinsland    [de   Bary^     Schildknecht   Nchtr.    1862   u. 

FlFrbg. ;    Lauterer;    Klein].    —    Hofsgrund    [Goetz  1884, 

Mitt.    1,108].    —     Bohrer   b.    Freiburg,   450  m  [Lauterer 

1874;  Klein]. 
128:  Beleben    [S penner.    Spenner  1829;   Döll  ;    RliFl.  u.  BadFl. 

Schildknecht  FlFrbg.;  Schneider;  Klein;  Binz]. 
130:  Feldberg,  Gneis,  1100— 1400  m.  Fr.  Meigen  [HBBV.:  Thiry 

1857;  VuLPius  1864.    J.  Vulpius.  Gmelin  1806;  DFL;  Spenner; 

Döll,    RhFl.  u.  BadFI. ;    Kirschleger;    Schildknecht    FlFrbg.; 

Lauterer ;    Schneider ;    Klein ;    Binz] .    —    Menzenschwand, 

Fr.  Meigen. 
130/31:  Schluchsee  [Lauterer  1874;  Klein;  Binz]. 

Saxlfraga  oju^ositifolia  L. 

Glazialpflanze  von  weitester  Verbreitung.  Arktisches  Gebiet 
(Nordamerika,  Grönland,  Island,  Spitzbergen,  Novaja  Semlja,  Lapp- 
land ,  arktisches  Rußland  uud  Sibirien) ;  Rocky  Mountains  bis  zum 
52.  Grad;  Schottland,  nördliches  Irland,  Wales,  nördliches  Skan- 
dinavien, Ural;  zentral-  und  südeuropäische  Gebirge  von  der  Sierra 
Nevada,  den  Pyrenäen  und  der  Auvergne  bis  zu  den  Karpathen, 
Ostalpen  und  Apenninen. 

Im  Alpengebiet  auf  Felsen  und  Geröll  von  1650 — 3540  m 
(WalHs  2000—3540  m,  Bayrische  Alpen  1650—2680  m),  hochalpin, 
selten  tiefer,  z.  B.  am  Walchensee,  am  Bodensee  bei  Wasserburg. 
Sonst  nur  noch  im  Jura  (Reculet,  Colombier)  und  im  Riesengebirge. 

1  Heinrich  Anton  de  Bary,  geb.  26.  Januar  1831  in  Frankfurt  a.  M., 
gest.  19.  Januar  1888  in  Straßburg.  1855  Professor  der  Botanik  in  Freiburg  i.  Br., 
1867  in  Halle,  1872  in  Straßburg  (Mitt.  1,437). 


—     58     — 

Nur  im  Kies  des  Bodenseestrands  (vgl.  C.  Schröter  u.  0.  Kirchner, 
Die  Vegetation  des  Bodensees  (Bodensee-Forschung  IX)  2.  T.  1902 
S.  57—60). 
OA.  Tettnang:    Friedrichshafen    [Lanz     in    HV.     1881].    — 

Schnetzen hausen    [Immenstaad — Kirchberg"    Valet   in   HV. ; 

„Fischbach — Immenstaad"    Gmelin   in  HV.  1854;    „Fischbach '^ 

Memminger,  Beschr.  v.  Württ.  1841  S.  291;  MK.   1865]. 

Nur  am  Ufer  des  Bodensees. 
149:  Überlingen  [Klein;  Jack].  —  Nußdorf,  400  m  [Böhm  1884. 

Mitt.    1,122].    —    Mau  räch    gegen   Überlingen,    400  m 

[HöFLE   1850]. 
156:  Gegenüber  der  Aaremündung,  310  m  [Welz,  Mitt.   1,207 

(1885)]. 
161:  Reichenau,  Seeufer,  400  m,  V2,  Meigen  [Höfle  1836.  Höfle; 

Jack].  —  Wollmatinger  Ried,  400  m  [Jack]. 
162:   Hörn    b.    Staad,    Seeufer ,^   400   m,     Vs,    Meigen    [HBBV.: 

Al.  Braun  1842,  Vülpius  1878.     Cardeur^  Verz.  1799;  DFL; 

DöLL,  RhFl.  u.  BadFL;  Höfle;  Klein;  Jack].—  Zw.  Meers- 

burg   und    Hagnau,    Seeufer,    400  m,    Schmidle.    —    Zw. 

Hagnau  und  Kirchberg  [Höfle  1850]. 
163:  Kirchberg,  400  m  [Jack].  —  Immenstaad  [Jack]. 

Saxifraga  stellaris  L. 

Arktisches  Gebiet  (Nordamerika,  Grönland,  Island,  Spitzbergen, 
Novaja  Semlja,  arktisches  Norwegen,  Lappland,  arktisches  Rußland 
und  Sibirien) ;  britische  Inseln ;  zentral-  und  südeuropäische  Gebirge 
von  den  Pyrenäen  bis  zu  den  Karpathen  und  zur  Balkanhalbinsel, 
südwärts  bis  zur  Sierra  Nevada,  Korsika  und  den  nördlichen  Apenninen ; 
Ural;  Altai;  Himalaya;  Baikalgebiet;  Rocky  Mountains. 

Im  Alpengebiet  an  Bächen,  nassen  Abhängen  und  Felsen  von 
1440—3100  m  (Wallis  1600—3100  m,  Bayrische  Alpen  1620  bis 
2460  m) ,  vorzugsweise  hochalpin.  Sonst  in  der  Auvergne  und  in 
den  Vogesen. 

Im  Schwarzwald  an  nassen  Stellen ,  besonders  Felsen ,  vom 
Feldberg  und  Beleben  bis  zur  Hornisgrinde,  630 — 1400  m;  fehlt  nur 
dem  östlichen  Schwarzwald. 

OA.  Freudenstadt:  Baiersbronn  [„am  Elbachsee,  an  der  Hornis- 
grinde" KE.  1900!    Nach  Mitt.  von  Lehrer  Walde]. 

'  Abbe,  lebte  in  Konstanz.     Gewährsmann  der  Donauflora  1804— 14. 


-     59     - 

73:  Biberkessel    b.  d.    Hornisgrinde,    Buntsandstein,    1000  m 

[Winter  1892.    Mitt.  3,86J. 
83:  Kniebis,    Buntsandstein ,    950  m    [Kirschleger    1852;    Döll, 
BadFl. ;  Klein].  —  Rippoldsau  [Döll,  RhFl.  1843  u.  BadFl.; 
Klein]  . 
84:    Burgbacher  Wasserfall  b.  Rippoldsau,    630  m    [Schild- 
knecht.   Döll,  BadFl.  1862;  Klein]. 

100:  Triberger  Wasserfall,  nasse  Granitfelsen,  Vs,  Grabendörfer 
[S an db erger.  Döll,  Jbr.  1863  u.  1865;  de  Bary;  Lauterer; 
Klein  ;  Neuberger]. 

117:  Schauinsland  [Wieland^  Spenner  1829;  Döll,  BadFl.; 
Schildknecht  FlFrbg. ;  Lauterer ;  Klein] .  —  Hofsgrund, 
feuchte  Stellen,  1000  m,  Neuberger  [Wieland.  Spenner  1829; 
Döll,  BadFl.;  Schildknecht  FlFrbg.;  Neuberger]. 

128:  Beleben,  feuchte  Felsen,  1300— 1400m,  2/3,  Müller  [HBBV.  : 
Frank,  Döll,  Vülpius  1857,  1859,  1869.  Thomas  Platerus", 
J.  Vulpius.  Gmelin1806;  DFL;  Hagenbach;  Spenner;  Kirsch- 
leger; Döll,  BadFl.;  Schildknecht  FlFrbg.;  Lauterer;  Schneider; 
Klein  ;  Neuberger]. 

130:  Feldberg,  feuchte  Felsen,  1300  m,  Vs,  Meigen  [HBBV.:  Döll, 
Vulpius  1857,  1859,  Schildknecht  1861,  Schlatterer  1882. 
Aberle.  DFL  1807;  Spenner;  Kirschleger;  Döll,  BadFl.; 
Schildknecht,  FlFrbg.;  Lauterer;  Schneider;  Klein;  Neuberger]. 

Silefie  rupestris 

s.  oben  S.  24. 

Soldan ella  alpinci  L. 

Endemisch  in  den  zentral-  und  südeuropäischen  Gebirgen  von 
den  Pyrenäen  bis  zu  den  Karpathen,  südwärts  bis  zu  den  Abruzzen 
und  bis  Montenegro. 

Im  Alpengebiet  auf  Triften,  besonders  am  Rande  der  Schnee- 
felder von  900—3000  m  (Wallis  900—3000  m,  Ostschweiz  1400  bis 
2200  m,  Bayr.  Alpen  1000—2880  m),  vorzugsweise  hochalpin,  aber 
in  schattigen  Schluchten  oft  tief  herabgehend,  so  im  Wallis  bis 
460  m,  bei  Pfäfers  bis  600  m.  Sonst  in  der  Auvergne  und  im  Jura, 
nordwärts  bis  zum  Suchet. 


^  Fr.  Wieland,  prakt.  Arzt  in  Scheftland  im  Aargau. 
2  Zeitgenosse  Bauliin's. 


—     60     — 

130:  Feldberg,  feuchte  Matten,  unmittelbar  nach  der  Schnee- 
schmelze, 1200— 1400  m,  2/3,  Meigen  [HBBV.:  Vulpius  1861, 
1867,  1876,  Neuberger  1887.  Eckert  DFL  1805;  Gmelin; 
Spenner;  Döll,  RhFl.  u.  BadFl. ;  Kirschleger;  Schildkneght, 
FlFrbg. ;  Lauterer;  Schneider;  Klein;  Neuberger;  Binz]. 

Trifolium  baclium  Schr.  wurde  von  Ducke  1832  oder  1833 
bei  Rot  OA.  Leutkirch  gefunden  (MK.  1982),  seither  nicht  wieder 
beobachtet. 

Veronica  saxatilis  Jacq. 

Grönland,  Island,  nördliches  Skandinavien  und  Rußland,  Schott- 
land. Zentral-  und  südeuropäische  Gebirge  von  den  Pyrenäen  bis 
Siebenbürgen,  südwärts  bis  Korsika,  Apenninen,  Bosnien. 

Im  Alpengebiet  an  felsigen,  sonnigen  Stellen  von  900 — 2800  m 
(Walhs  900—2800  m,  Südbayern  1560—2390  m),  vorzugsweise  hoch- 
alpin, selten  tiefer  herabsteigend.  Sonst  noch  im  Jura  und  in  den 
Vogesen. 

An  Felsen    und   steinigen  Orten    des    höchsten  Schwarzwaldes. 
Das  Vorkommen  bei  Hüfingen  (Döll,  RhFl.)  ist  sehr  unwahrschein- 
lich; die  Angaben  Hinterwaldkopf  (N^^uberger)  und  Blauen  (DFL  1804) 
sind  noch  der  Nachprüfung  bedürftig. 
128:  Beleben,    Grasbänder  an  Granitfelsen,    1300  m,   ^/s,  Müller 

[HBBV.:    Thiry  1852,  Vulpius  1858.     v.  Ittner.     DFL  1804; 

Gmelin;  Hagenbach;  Spenner;  Döll,  RhFl.  u.  BadFl. ;  Kirsch- 
leger ;    Schildknecht  ,  FlFrbg. ;  Lauterer  ;  Schneider  ;  Klein  ; 

Neuberger]. 
130:  Feldberg,    Grasbänder   an    Gneisfelsen,    1150  —  1200   m,    ^'2, 

Müller    [Reberl     Spenner    1826;    Döll,    RhFl.    u.  BadFL; 

Schildknecht,  Nchtr.  u.  FlFrbg. ;  Lauterer;  Schneider;  Klein; 

Neuberger;  Binz]. 

Viola  hißora  L. 

Arktisches  Gebiet  (Nordamerika ,  Novaja  Semlja ,  Lappland, 
arktisches  Rußland  und  Sibirien  bis  Kamtschatka) ,  Skandinavien, 
Ural,  Altai.     Zentral-  und  südeuropäische  Gebirge  von  den  Pyrenäen 


'  Alexander  Joli.  Ecker,  geb.  26.  Februar  1766  in  Teinitz  (Böhmen), 
gest.  5.  August  1829  in  Freiburg  i.  ßr.  1797  Professor  der  Wund-,  und  Heb- 
arzneikunde in  Freiburg  i.  Br. 

-'  Cand.  med.  (in  Freiburg  i.  Br.?). 


-     61     - 

bis  Siebenbürgen,  südwärts  bis  zur  Sierra  Nevada,  Montenegro  und 
Serbien.     Kaukasus. 

Im  Alpengebiet  an  schattigen  Felsen  und  auf  feuchtem  Geröll 
von  800—3000  m  (Walhs  800—3000  m,  Bayr.  Alpen  1300—2280  m), 
vorzugsweise  hochalpin,  in  schattigen  Wäldern  oft  auch  tiefer,  so  im 
Säntisgebiet  bis  650  m,  am  Kochelsee  (Südbayern)  bis  600  m.  Sonst 
noch  im  Jura  und  auf  den  Vogesen,  in  der  Sächsischen  Schweiz, 
Lausitz,  Schlesien,  Ramsbeck  in  Westfalen. 

In  den  Fichtenwäldern  des  südlichen  Algäus,  besonders  der 
Adelegg,  von  etwa  700—1100  m. 

OA.  Wangen:  Wangen  [Etti  in  HV.  1832!;  Valet  in  HV.!;  HH.; 
LiNGG  1832;  ScH.  M.  1834].  —  Eglofs  [Sch.  M.  1834;  Herter 
in  Jh.  1888].  —  Großholzleute  [„am  Schwarzen  Grat"  KE. 
1900,  nach  Mitt.  von  Reallehrer  Seefried].  —  Isny  [W.  Gmelin, 
nach  V.  Marten's  Zettelkatalog;  KE.  1900,  nach  Mitt.  von 
Prof.  Fünfstück].  —  Neutrauchburg  [Sch.  M.  1834;  Herter 
in  Jh.  1888  — .]  Rohrdorf  [„auf  der  Adelegg"  Gradmann  in 
HV.  1890!;  HH.;  Lingg  1832;  Gradmann  in  Jh.  1892], 

b)  Das  Verbreitungsgebiet  der  gesamten  alpinen  Gruppe. 

(Karte  2.) 

OA.  Balingen.  Burgfelden:  S.  a.^  Dürrwangen:  S.  a.  Ehingen: 
S.  a.,  Anemone  narcissißora  (Hardt  und  Hochbühl),  Draha  myoides, 
Folygonum  viviparum  (Hardt).  Hossingen:  S.  a.  Laufen:  S.  a., 
Atliamanta  Cretensis  (Hörnle),  Hieracium  Jacquini.  Lautlingen: 
S.  a.  Margrethausen:  S.  a. ,  Anemone  narcissiflora.  Meß- 
stetten:  Anemone  narcissiflora,  Polygonum  viviparum.  Ober- 
digisheim:S.a.  Onstmettingen:J-t2 emone  narcissißora.,  Fedi- 
cularis  foliosa.,  Orchis  glohosiis,  Polygonum  viviparum.  Pfef- 
fingen:  Anemone  narcissiflora.  Streichen  (Hundsrück) :  S.a., 
Anemone  narcissiflora,  Pedicularis  foliosa,  Polygonum  viviparum, 
Banunculus  montanus.  Tailfingen:  S.a.  Tieringen  (Hörnle): 
S.  a.,  Anemone  narcissiflora,  Athamanta  Cretensis,  Polygonum 
viviparum.  Truchtelfingen:  Anemone  narcissiflora.  Weil- 
heim: S.  a.     Zillhausen:  Anemone  narcissiflora. 

OA.  Freudenstadt.  Baiersbronn:  Leontodon  Pyrenaicus  (vom  Kniebis 
bis   zum  Katzenkopf),    Saxifraga  stellaris   (Elbachsee,    Hornis- 

1  S.  a.  =  Saxifraga  aizoon. 


—     62     — 

grinde),  Lt/copodiwu  aJpinum  (Hinterlangenbach).  Reinerzau: 
Lycopoäium  alpinnm,  Sagina  Linnaei. 

OA.  Nürtingen.  Beuren:  S.  a.  Erkenbrechtsweiler:  S.  a. 
Neuffen:  S.  a.,  CocMearia  saxatilis,  Hieracium  Jacqiäni,  Orchis 
globosus. 

OA.  Oberndorf.  Alpirsbach:  Lycopodiiim  alpinum.  Schramberg: 
Silene  rupestris  (Bernecktal). 

OA.  Reutlingen.  Bronnen:  S.a.  Eningen:  S.a.,  Draha  aizoides, 
Orchis  globosus,  Banunciäus  montanus.  Erpfingen:  Anemone 
narcissiflora,  Polygonum  viviparum.  Holzelfingen:  S.  a. 
Honau:  S.a.,  Campamda  pusilla  {lÄQhieiiS,iQm).  Draha  aisoides, 
Polygonutn  viviparum  (Lichtenstein — Erpfingen).  Kl  einen g- 
stingen:  Banunciäus  montanus.  Oberhausen:  S.  a.  Pful- 
lingen:  S.a..  Dräba  aizoides,  Orchis  glohosus.  Unterhausen: 
S.  a.    Will  man  dingen:  Anemone  narcissiflora,  Orchis  gJohosus. 

OA.  Rottenburg.  Mössingen:  Ramincidus  montanus  (Farrenberg, 
Dreifürstenstein).  Orchis  glohosus  (Dreifürstenstein).  Oschingen: 
Anemone  narcissiflora,  Orchis  globosus.  Talheim:  Banunculus 
montanus. 

OA.  Rottweil.  Dotternhausen:  Cystopteris  montana  (Plettenberg). 
Hausen  am  Thann:  S.  a. ,  Athamanta  Cretensis  (Schafberg, 
Lochenstein),  Draha  aisoides  (Lochen),  Hieracium  Jacquini 
(Schaf berg,  Lochen),  Orchis  glohosus  (Lochen),  Banunculus 
montanus  (Lochen). 

OA.  Spaicliingen.  Spaichingen  (Dreifaltigkeitsberg):  Anemone  nar- 
cissiflora, Banunculus  montanus.  Böttingen:  S.  a.,  Anemone 
narcissiflora,  Polygonum  viviparum.  Deilingen:  Cystopteris 
montana  (Deilinger  Berg).  Denkingen:  Anemone  narcissiflora. 
Egesheim:  S.  a.  Gosheim:  Anemone  narcissifiora.  Mahl- 
stetten:  S.  a.  Nusplingen:  S.  a.,  Cochlearia  saxatilis.  Schör- 
zingen:  Orchis  glohosus  (Oberhohenberg).  Wehingen:  Ane- 
mone narcissiflora. 

OA.  Tübingen.  Gönningen:  Campanula  pusilla,  Draha  aizoides, 
Orchis  glohosus,  Banunculus  montanus. 

OA.  Tuttlingen.  Tuttlingen:  Anemone  narcissiflora,  Campanula 
pusill(( ,  Cochlearia  saxatilis,  Hieracium  Jacquini,  Banunculus 
montanus.  Fridingen:  S.  a.,  Androsaces  lacteum  (Ramspel), 
Cawpanula  pusilla,  Cochlearia  saxatilis,  Draha  aisoides,  Hiera- 
cium Jacquini.   Hohentvviel:  S.a.,  Draha  aizoides,  Hieracium 


—     63     — 

Jacquini.  Irrendorf:  S.  a.,  Cochlearia  saxatiJis.  Kolbingen: 
S.  a.  Mühlheim:  S.  a.  Wurmlingen:  Anemone  narcissißora. 
( )A.  Urach.  Urach:  S.  a. ,  Campamda  pusilla ,  JDraha  myoides, 
Hicracium  Jacquini,  Orchis  glohosus,  JRanunculus  montanus. 
Böhringen:  Polygonum  viviparum.  Dettingen  (Roßberg):  S.a., 
Cochlearia  saxatilis,  Draha  aisoides,  Rieracium  Jacquini.  Orchis 
glohosus,  Banunculus  montanus.  Donnstetten:  S.  a.,  Hicracium 
Jacquini,  ToJygonum  viviparum.  Glems:  S.  a.,  Cochlearia  saxo- 
tiJis.  Drata  aizoides,  Orchis  glohosus.  Hülben:  Orchis  glohosus. 
Seeburg:  Hicracium  Jacquini,  Banunculus  montanus.  Sir- 
chingen:  S.  a.  Upfingen:  S.  a.  Wittlingen:  S.  a.,  Hiera- 
cium  Jacquini,  BanuncuJus  montanus.  Würtingen:  S.  a., 
Hieracium  Jacquini  (St.  Johann).  Zainingen:  Polygonum  vivi- 
parum. 
OA.  Heidenheim:    Königsbronn:    Arahis    alptina.      Steinheim: 

Braha  aisoides  (Wendtal). 
OA.  Xeresheim:  Dischingen  (Orberg):  Orchis  glohosus. 
OA.  Biberach:  Unterdettingen  (Illertal) :  Carex  sempervirens. 
0 A .  ßlaubeni'en :  Blaubeuren:  S.  a. ,  Braha  aisoides ,  Hieracium 
Jacquini.    Bermaringen:    Polygonum   viviparum    [ob  noch?]. 
Bollingen:    S.  a.,  Hieracium  Jacquini.    Gerhausen:    S.  a., 
Braha    ai^oides.     Herrlingen:    S.   a. ,    Hicracium   Jacquini. 
Klingenstein:    S.  a. ,    Braha   aizoides ,  Hieracium  Jacquini. 
Schelklingen:  S.  a. ,    Braha   aizoides,  Hieracium  Jacquini. 
Schmiechen:  Braha  aizoides,  Panunculus  montanus.  Beißen: 
S.  a.    Weiler:    S.    a. ,     Braha   aizoides,    Hieracium    Jacquini. 
Wi  p p  i n  g  e  n  :  Hieracium  Jacquini. 
OA.  Ehing:en:  Ehingen:  Braha  aizoides,   Orchis  glohosus.    Enna- 
hofen:  Panunculus  montanus.    Lauterach:  S.  a.,  Hicracium 
Jacquini.     Obermarchtal:  S.  a.,  Braha  aizoides. 
OA.  Geisilingen:  Geislingen:  S.a..  Arahis  al2yina,  Braha  aizoides, 
Hieracium  Jacquini.    Aufhausen:  S.  a.,  Hieracium  Jacquini. 
Ditzenbach:  Braha  aizoides.   Eybach:  S.  a.,  Braha  aizoides 
(Felsental),  Hieracium  Jacquini.    Gingen  (Grüner  Berg):  Orchis 
glohosus.     Kuchen:    S.  a. ,    Braha   aizoides.      Überkingen: 
Braha  aizoides.    Unter  höh  ringen:  Braha  aizoides.   Wiesen- 
steig:  S.  a.,  Arahis  alpiina,  Hieracium  Jacquini. 
OA.  Göi)pino:en:    Auendorf:    S.  a.     Dürnau    (Kornberg):    Orchis 
alohosus.     Gruibingen:  S.  a.     Schlaf:  S.  a. 


—     64     — 

CA.  Kirchlieiiu:  Gutenberg:  S.  a.,  Ilanuncidus  montamis.  Ochsen- 
wang:  S.  a.  Owen  (Teck) :  S.  a.,  Hieracium  Jacqicini,  Orchis 
glohosus.  Schopfloch:  Pohjgonuni  viviparum.  Unter- 
lenningen:  S.  a.     Weil  heim  (Bosler) :   Orchis  glohosus. 

CA.  Laupheim:  Laupheim:  Polygonum  viviparum.  Wiblingen: 
Hutchinsia  alpina^  Linaria  alpina  (Illergeröll). 

OA.  Leiitkirch:  Aitrach:  Ar abis  alpina,  Campanula  pusilla,  Gypso- 
pJiila  repens ,  Hutchinsia  alpina,  Linaria  alxnna  (Illergeröll), 
Orchis  glohosus.  Kirchdorf:  Carex  sempervirens ,  Poa  alpina. 
Oberop fingen  (lUertal) :  Carex  sempervirens,  Poa  cenisia, 
Polygonum  viviparum.  Tann  heim  (Egelsee  a.  d.  Hier):  Arahis 
alpina,  Campanula  pusilla,  Carex  sempervirens,  Linaria  alpina, 
Poa  alpina,  Poa  Cenisia,  Ranunculus  montamis.  Würz  ach 
(Ried) :  Pinguicula  alpina. 

OA.  Münsingen:  Anhausen:  S.  a.  Böttingen:  Pianuncultis 
montanus.  Bremelau:  RammcuJus  montanus.  Erbstetten: 
S.  a. ,  Draha  ai^oides ,  Hieracium  Jacqu ini.  F  e  1  d  s  t  e  1 1  e n  : 
Polygonum  viviparum.  Gundelfingen:  S.  a.  Hayingen: 
S.  a.,  Hieracium  Jacquini. 

OA.  Riedlingen:  Ittenhausen  (Hof  Ensmad) :  Arahis  alpina. 

OA.  Tettnang :  Friedrichshafen:  Saxifraga  oppositifolia. 
Seh  netzenhausen:  Poa  alpina,  Saxifraga  oppositifolia. 

OA.  Ulm:  Ulm  (Illergeröll):  Campanida  pusilla,  Linaria  alpina. 
Bernstadt:  S.  a.     Urspring:  S.  a. 

OA.  Waldsee:  Aulendorf:  PinguiciUa  alpina.  Hochdorf:  Cam- 
panula  pusilla.  Schussenried:  Pinguicula  alpina.  Wolf  egg: 
Pinguicula  alpina,  Polygonum  viviparum. 

OA.  Wangen:  Wangen:  Campanida  pusilla,  Poa  alpina  (an  der 
A rgen) ,  Viola  hißora .  E g l o f  s :  Viola  hiflora.  Großholz- 
leute (Schwarzer  Grat):  Homogyne  cdpina,  Lycopodium  alpinum. 
Sagina  Linnaei,  Viola  hißora.  Isny:  Campanida  pusilla,  Pin- 
guicida  alpina,  Polygonum  viviparum,  Viola  hiflora.  Leupolz: 
Campamda  pnisilla.  Neutra uchburg:  Viola  hiflora.  Rohr- 
dorf (Adelegg):  Adenostyles  alpina,  Campanida  harhata,  C.  pu- 
silla, Homogyne  cdpina,  Sagina  Linnaei,  Viola  hiflora. 

OA.  Gammertingen :  Hermentingen:  S.  a.  Kaiseringen:  S.  a. 
Salmendingen:  Ranunculus  montanus.  Storzingen:  S.  a. 
Trochtelfingen:  S.  a.     Veringendorf :  S.  a. 

OA.  Hechingen:  Beuren:  Draha  aisoides.  Bisingen:  Anemone 
narcissifolia,    Pedicularis   foliosa.      Hausen:    Arahis    cdpina. 


-     65    — 

Zimmern  (Zellerhorn) :  S.a.,  Anemone  narcissiflora,  Cami)anula 
piisilla^  Draba  myoides,  Orchis  glohosus,  Poli/gomini  viviparum, 
Ranunculus  montanus. 

68:   Hemsbach.    Gernsbach:  Leontodon  Pyrenakns. 

71:  Neiifi'eistett.    Zw.  Neufreistett  u.  Helmlingen:  Canipamda 

pusilla. 
73:   Bülilertal.    Hör nisg rinde:  Leontodon  Pyrenaictis,  Saxifraga 

stellar is.  —  Hauersköpfe;  Leontodon  Pgrenaicus.  —  Hunds- 

bach:  Leontodon  Pyrenaicus. 
83:  Peterstal.  Kniebis:  Leontodon  Pyrenaicus,  Saxifraga  stellar  is. 

—  Rippoldsau:   Saxifraga  stellar  is. 

84:  Reichenbach.    Burgbacher  WasserfaH:  Saxifraga  stellaris. 

85:  Ottenheim.    Ottenheim:    Canipamda  pusilla. 

90:  Weisweil.    Weis  weil:   Campanula  pusilla. 

92:  Schweighauseii.    Hühnersedel:  Leontodon  Pyrenaicus. 

99 :  Elzach.    Hörnleberg:  Silene  rupestris. 
100:  Triberg.    Schonach:    Meuni  mutellina.  —  Triberg:    Saxi- 
fraga stellaris. 
101:  St.  Georgen.    Stockwald:   Lycopodium  alpinmn. 
104 a:  Laucherttal:  Saxifraga  ai^oon. 

108 :  St.  Peter.  K  a  n  d  e  1 :  Gnaphaliiim  Norvegicum,  Leontodon  Pyre- 
naicus, Silene  rupestris.  —  Griesbach:  Silene  rupestris. 
109:  Furtwangen.  Vöhrenbach:  Me um  mutellina,  Potentilla  aurea. 
111:  Dürrheim.    Hirschhalde:    Carex  sempervirens. 
112:  ßuchlieim.    Bärental:  Cochlearia  saxatilis,  Saxifraga  ai^oon. 

—  Bronnen:  Canipamda  pusilla,  Draba  aisoides,  Hieracium 
Jacquini,  Saxifraga  aisoon.  —  Beuron:  Campanula  pusilla, 
Cochlearia  saxatilis,  Draba  aisoides ,  Hieracium  Jacquini, 
Saxifraga  aizoon. 

113:  Leibertingen.    Wildenstein:  Campanula  pusilla,  Cochlearia 
saxatilis,  Draba  aisoides,  Hieracium  Jacquini,  Saxifraga  aisoon. 

—  Finstertal:  Campanida  pusilla ,  Draba  aizoides ,  Saxi- 
fraga aisoon.  —  Wer en wag:  Cochlearia  saxatilis,  Draba 
aizoides,  Hieracium  Jacquini,  Saxifraga  aizoon.  —  Langen- 
brunn:  Campamda  pusilla.  —  Schloß  Hausen:  Hieracium 
Jacquini.  —  Hausen  i.  T.:  Campanula  pusilla.  —  Schau- 
fels: Cochlearia  saxatilis,  Draba  aizoides.  —  Tiergarten: 
Saxifraga  aizoon.  —  Gutenstein:  Campanula  pusilla,  Hiera- 
cium Jacquini,  Saxifraga  aizoon. 

5 


—     66     — 

114:  Göggingeii.  Inzigkofen:  Hieracium  Jacquini,  Saxifraga 
aisoon.  —  Sigmaringen:  Campamda  imsüla,  Draha  aizoideSy 
Saxifraga  aisoon. 

117:  Freiburg  i.  Br.  Kart  haus:  Silene  rupestris.  —  Burg:  Silene 
rupestris.  —  Kybfelsen:  Silene  rupestris.  —  Bohrer:  Sagina 
Linnaei.  —  Schauinsland:  Gnaphaliuni  Norvegicum,  Leon- 
todon  Pgrenaicus,  Lycopodimn  alprinum,  Potentilla  aurea,  Sagina 
Linnaei,  Saxifraga  stellaris,  Silene  rupestris.  —  Hofsgrund: 
Ällosorus  crispus,  Lycopodium  alpinum,  Sagina  Linnaei,  Saxi- 
fraga stellaris.  —  Oberried:  Silene  rupestris.  —  Zastler- 
tal:  Silene  rupestris. 

118:  Höllsteig.  Wagensteig:  Silene  rupestris.  —  Hirschsprungr 
Prinmla  auricula,  Saxifraga  aizoon,  Silene  rtipestris.  —  Ra- 
vennaschlucht:  Silene  rupestris.  —  Löffeltal:  Orchis  glo- 
hosus,  Silene  rupestris.  —  Alpersbach:  Orchis  glohosus.  — 
Eisten:  Bartscliia  alpina. 

119:  Neustadt.  Langenordnach:  Orchis  glohosus.  —  Schollach: 
Orchis  glohosus.   —   Schwärzenbach:    Orchis  glohosus.  — 

—  Rudenberg:    Orchis  glohosus. 

120:  Doiiaueschingen.   Donauesc hingen:  Eanunctdus  montanus. 

—  G  r  ü  n  i  n  g  e  n  :  Banuncidus  montanus. 

121:  Geisingen.  Ö f i n g e n :  Garex  sempervirens.  —  Osterberg: 
Carex  sempervirens,  Ranunculus  montanus.  —  Talhof:  Ane- 
mone narcissißora ,  Garex  sempervirens.  —  Länge  b.  Gut- 
m  a d i n g e n  :  Anemone  narcissißora,  Carex  sempervirens ,  Ra- 
mmcidus  montanus.  —  Roßberg  b.  Geisingen:  Carex  semper- 
virens. —  Länge  b.  Geisingen:  Carex  sempervirens,  Eanun- 
ctdus montanus.  —  Pfaffental:  Eanunctdus  montanus. 

1 22 :  Möhringeii.  I  p  p  i  n  g  e  n  :  Anemone  narcissißora.  —  B  a  c  h  - 
zimmern:  Anemone  narcissißora.  —  I  m  m  e  n  d  i  n  g  e  n  :  Ea- 
nunculus  montanus.  —  Möhringen:  Carex  sempervirens, 
Eanunculus  montanus. 

127:  Müllheim.    Neuenburg:  Campamda  pusilla,  Linaria  alpina. 

128:  Staui'en.  Beleben:  Gnaphalium  Norvegicum,  Leontodon  Pgre- 
naiciis,  Luzula  spadicea,  Lycopodium  alpinum,  Primula  auri- 
cula,  Sagina  Linnaei,  Saxifraga  aisoon  und  stellaris,  Silene 
rupestris,  Veronica  saxatilis.  —  Sirnitz:  Silene  rupestris.  — 
Badenweiler:  Silene  rupestris. 

129:  Todtnau.  St.  Wilhelm:  Orchis  glohosus.  —  Stuben wasen: 
Potentilla  aurea.  —  Steinwasen:  Silene  rupestris.  —  Muggen- 


—     67     — 

brunn:  Silene  rupestris.  —  After steg;  Silene  nipestrls.  — 
Todtnau:  Silene  rupestris.  —  Fahl:  Silene  rupestris.  — 
Brandenberg:  Silene  rupestris.  —  Utzenfeld:  Saxifraya 
aizoon.  —  Geschwend:  —  Silene  rupestris.  —  Wie  den  er 
Eck:  Leontodon  Pi/renaicus,  Potentilla  aurea.  —  Trubels- 
mattkopf: Potentilla  aurea. 
130:  Feldberg:.  Rinken:  GnaphaVmm  Norvegicum,  Orchis  globosiis, 
Potentilla  aurea.  —  Feldberg:  Älchimilla  alpina,  Bartschia 
alpina,  Campanula  pusilla,  Crepis  blattarioides ,  Gnaphalium 
Norvegicum  und  supinum,  Hieracium  aurantiacum^  Homogyne 
alpina.,  Leontodon  Pyrenaicus,  Liizula  spadicea,  Lycopodium 
alpinum,  Meum  mutellina,  Potentilla  aurea,  Ranuncuhis  mon- 
tanus,  Sagina  Linnaei,  Saxifraga  aizoon  und  stellaris,  Silene 
rupestris.,  Soldanella  alpina,  Veronica  saxatilis.  —  Bärental: 
Gnaphalium  Norvegicum,   Homogyne  alpina,    Orchis  glohosus. 

—  Bruderhalde:  Silene  rupestris.  —  T i t i s e e :  Orchis  glo- 
hosus. —  Her  zogen  hörn:  Leontodon  Pyrenaicus,  Lycopodium 
alpinum.  —  Aha:  Gentiana  excisa.  — Schluchsee:  Sagina 
Linnaei.  —  Menzenschwand:  Sagina  Linnaei. 

131:  Lenzkirch.  Saig:  Orchis  glohosus.  —  Hörnle:  Saxifraga 
aisoon.  —  Lotenbachschlucht:  Campanula  pusilla.  — 
Räuberschlößle :  Saxifraga  aisoon.  —  Seebrugg:  Silene 
rupestris.  —  Kohlhalden:  Nigritella  angustifolia. 

132:  Boundorf.  Bad  Boll:  Campanula  pusilla.  — Reis el fingen: 
Campanula  pusilla.    —    Gauchach tal:    Campanula  pusilla. 

—  Aselfingen:  Campanula  pusilla.  —  B 1  u ra e g g  :  Orchis 
glohosus. 

133:  Bliimberg.  Behla:  Orchis  glohosus.  —  Schacher:  Carex 
scuipervirens.  —  Gnadental:  Carex  sempervirens ,  Orchis 
glohosus.  — Eichberg:  Anemone  nar eis siflora.  —  Wutach- 
tal:  Campanida  pusilla. 

134:  Engen.  Krieg  er  tal:  Anemone  narcissiflora,  Banunctdus  mon- 
tanus. 

1 36 :  Stockach.    Ruhstetter  Ried:  Pinguicula  alpina. 

137:  Heiligenberg.  Frickinger  Ried:  Pinguicula  alpina.  — 
F  i  n  k  e  n  h  a  u  s  e  n  :  Pinguicula  alpina.  —  B  e  u  r  e  n  :  Pinguicula 
alpina. 

139:  Kandern.  Rheinweiler:  Campjanula pusilla,  Gypsophila  repens. 

—  Steinenstadt:  Campantda  pusilla,  Linaria  alpina. 
140:  Wies.    Blauen:   Gnaphalium  Norvegicum,  Silene  rupestris. — 


—     68     — 

Nonnenmattweihev:   Silene  ntpestris.  —  Neuenvveg:  Silene 
rupestris. 
141:  Schöiiau.  Zw,  Enten  seh  wand  und  Bollen:  Silene  mpestrifi. 

—  Schön  au:  Silene  rupestris.  — ^Präg:  Silene  rupestris.  — 
Wembach:  Silene  rupestris.  —  Ittenschwand:  Silene 
rupestris.  —  Hepsc hingen:  Silene  rupestris.  —  Zw.  Todt- 
ni  o  o  s  und  Zell:   Silene  rupestris. 

142:  St.  Blasien.  Todtmoos:  Lycopodium  alpinum,  PotentiUa  aurea. 

—  Mutterslehen:  Potentilla  aurea.  —  St.  Blasien:  Po- 
tentilla  aurea. 

143:  Grafenliausen :  S  c  h  w  ar  z  ab  ru  c  k  :  Silene  rupestris.  — 
Schwarzatal:   Silene  rupestris. 

144:  Stühlingen.  Wutachtal  von  Griramelshofen  bis  Stüh- 
lingen: Campanula  pusilla.  —  Schieitheim:  Orchis  glo- 
hosus. 

145:  Wiechs.    Beggingen:   Campanula  pusilla. 

146:  Hilzingen.  Hohentwiel:  Braha  aizoides,  Hieracium  Jae- 
quini,   Saxifraga  aisoon. 

148  :  Überlingen.     K  a  r g  e  g g :  Pinguicula  alpina. 

149:  Malnan.  Main  au:  Pinguicula  alpina.  —  Moos  b.  Andels- 
h 0 f e n  :  Hieracium  aurantiacum.  —  Beitzenhardtb.  Weil- 
dorf: Hieracium  aurantiacum.  —  Nußdorf:  Saxifraga  oppo- 
sitifolia.  —   Maurach:  Saxifraga  oppositifolia. 

152  :   Lörrach.  K 1  e  i  n k  e  m  s  :   Campanula  pusilla. 

153:  Schopfheim.    Brombach:  Silene  riipestris. 

154:  Wehr.    Wehratal:   Silene  rupestris. 

1 55 :  Görwihl.    Tiefenstein:  Silene  rupestris. 

156:  AVaUlshut.  Schwarzatal:  Silene  rupestris.  —  Schlucht- 
tal:  Silene  rupestris.  —  Thiengen:  Orchis  globosus.  — 
Aaremündung:  Saxifraga  oppositifolia. 

161:  Reichenall.  Wollmatinger  Ried:  Pinguicula  alpina,  Saxi- 
fraga oppositifolia.  —    Reichen  au:  Saxifraga  oppositifolia. 

162:  Konstanz.  Konstanz:  Pinguictda  alpina.  —  Staad:  Pin- 
guicida  alpina,  Saxifraga  oppositifolia.  —  Egg:  Pinguicula 
alpina.  —  Hagnau:  Saxifraga  oppositifolia.  —  Kirchberg: 
Saxifraga  oppositifolia.  —  Immen  staad:  Saxifraga  oppo- 
sitifolia. 

164:  AVeil.    Basel:  Silene  rupestris. 

166 :  Säckingen.   Säckingen:  Campanula  pusilla,  Silene  rupestris. 

167:  Albbruck.    Albbruck:  Silene  rupestris. 


—     69     — 

Ergebnisse,  überblickt  man  die  südwestdeutsclie  Verbreitung 
der  alpinen  Artengruppe  im  ganzen,  so  stellen  sich  vier  Verbreitungs- 
bezirke heraus :  Schvvarzwald,  Alb  mit  der  Baar,  Oberschwaben  mit 
der  Hier  und  dem  Bodensee,  Rhein. 

Die  reichste  Alpenflora  besitzt  der  Schwarz wald,  wie  das 
bei  seiner  bedeutenden  Höhenentwicklung  (Feldberg  1493  m,  Her- 
zogenhorn  1415  m,  Beleben  1414  m)  nicht  anders  zu  erwarten  ist. 
Im  ganzen  sind  25  alpine  Arten  hier  nachgewiesen,  worunter  9  vor- 
wiegende Felsbewohner:  Saxifraya  aizoon,  Silene  rupestris,  Älchi- 
milla  alpina,  Allosoms  crispus,  Campamda  xmsilla,  Luzula  spadicea, 
Frimula  aiiricula,  Sagina  Linnaei,  Veronica  saxatüis;  2  halten  sich 
besonders  an  nasse  Standorte:  Bartsia  alpina,  Saxlfraga  stellaris ; 
die  übrigen  14  sind  Matten-  und  Gebüschpflanzen :  Crepis  blattari- 
oides,  Gcntiana  excisa,  Gnaphalium  Norvegicum,  G.  stipinum,  Hiera- 
cium  aiirantiacum ,  Homogyne  alpina,  Leontodon  Pyrenaicus,  Lyco- 
podium  alpinum,  Meum  mtdellina,  Nigritella  angustifolia,  Orchis 
glohosus,  Potentilla  aurea,  Ranunculus  tnontanus,  Soldanella  alpina. 
Diese  sämtlichen  Arten  sind  im  südlichen  Schwarzwald,  dem  Ge- 
birgsabschnitt  südlich  von  Dreisam  und  Gutach,  vertreten,  besonders 
reichlich  im  Feldberggebiet,  wo  eine  eigentliche  alpine  Region  mit 
typischer  Waldgrenze  entwickelt  ist,  aber  auch  bis  tief  in  die  Täler 
herab.  Überraschend  ist  die  starke  Abnahme  gegen  Norden;  der 
mittlere  Schwarzwald,  bis  zum  Kinzigtal,  hat  nur  7  Arten:  Silene 
rupestris,  Leontodon  Pyrenaicus,  Lycopodiuni  alpinum,  Meum  mutel- 
lina,  Potentilla  aurea,  Sagina  Linnaei,  Saxifraga  stellaris;  der  nörd- 
liche Schwarzwald,  zwischen  Kinzigtal  und  Murgtal,  nur  3:  Leon- 
todon Pyrenaicus,  Lycopodium  alpinum,  Saxifraga  stellaris.  Das 
Gebiet  östlich  und  nordöstlich  von  der  Murg,  der  östliche  Schwarz- 
wald, ist  ganz  leer.  Dies  rasche  Erlöschen  der  Alpenflora  gegen 
Norden  hin  muß  um  so  mehr  befremden,  als  die  Höhenverhältnisse 
deren  Vorkommen  offenbar  keineswegs  verbieten  würden;  im  mittleren 
Schwarzwald  hat  der  Kandel  1243  m,  im  nördlichen  die  Hornis- 
grinde  1164  m,  und  auch  im  östlichen  Schwarzwald  erreicht  der 
Hohloh  noch  989  m.  Das  sind  Höhen,  die  für  die  Mehrzahl  der 
im  südhchen  Gebirgsabschnitt  vorkommenden  Arten  vollkommen 
genügen  würden;  denn  hier  gehen  sie  meist  viel  tiefer  herab. 
Daß  es  im  Norden  an  geeigneten  Standorten  fehlen  sollte ,  läßt 
sich  ebenfalls  in  keiner  Weise  erkennen;  hochgelegene  Matten, 
Granit-  und  Gneisfelsen  sind  bis  ins  Murgtal  reichlich  vertreten. 
Auffallend   ist  besonders   die    auf   der  Karte  deutlich  hervortretende 


—     70     — 

breite   Lücke ,    die    durch    den  Einschnitt    des  Kinziggebiets    hervor- 
gerufen wird. 

Auf  der  Schwäbischen  Alb,  dem  Gebiet  des  Braunen  und 
Weißen  Jura  vom  Randen  bis  zum  Ries,  ist  trotz  der  geringeren  Er- 
hebung (Gipfelpunkt:  Lemberg  1015  m)  ebenfalls  eine  reiche  Alpen- 
flora vorhanden.  Hier  sind  es  vor  allem  die  hochragenden  Kalk- 
felsen, die  den  Alpenpflanzen  eine  Heimat  bieten.  Von  den  15  alpinen 
Arten  der  Alb  sind  9  mehr  oder  weniger  ausschheßhche  Felspflanzen : 
Saxifraga  aü'oon,  Androsaces  ladeum,  Athamanta  Cretensis,  Coch- 
Icaria  saxatiUs,  JDraha  aizoides^  Hieracium  Jacqiiinii,  Arahis  alpiua, 
CampamtJa  pusilla,  Cystopteris  montana.  Die  3  letztgenannten  leben 
vorzugsweise  an  beschatteten  Felsen,  während  die  5  zuerst  auf- 
gezählten sonnige  Standorte  lieben ;  Hieracmm  Jacquinii  erträgt 
beides.  Die  übrigen  6  Arten  sind  Mattenpflanzen :  Anemone  nar- 
cissißora,  Carex  semjjervirens ,  Orchis  (jlohosus ,  Peämäaris  foUosa, 
Folygonum  viviparum,  Ranunculus  montanus ;  auf  der  Alb  bewohnen 
sie  die  einmähdigen  Wiesen  und  sonnige,  buschige  Abhänge.  Der 
Schwerpunkt  der  Verbreitung  fällt  auch  auf  der  Alb  mit  den  Gipfel- 
höhen annähernd  zusammen :  Heuberg ,  Hardt  und  Hohenzollernalb 
mit  den  nördlichen  Vorbergen  und  dem  Donautal  besitzen  die  reichste 
Flora ;  bis  auf  Arabis  alpina,  die  sich  auch  sonst  in  das  gewöhnliche 
Verbreitungsbild  nicht  recht  fügen  will,  sind  hier  alle  Arten  vertreten. 
Von  hier  aus  nimmt  die  Artenzahl  auch  nach  Süden  ab,  was  schon 
durch  den  Mangel  an  geeigneten  Standorten  bedingt  ist;  südlich  vom 
Donautal  und  schon  in  der  Baaralb  fehlt  es  an  Felsen  und  damit  auch 
an  Felsenpflanzen.  Die  Südwestgrenze  von  Saxifraga  aizoon  (Karte  1) 
ist  in  dieser  Beziehung  ganz  charakteristisch.  Die  Mattenpflanzen 
Anemone  narcissiflora,  Carex  sempervirens ,  Ranuncidus  montanus 
kommen  auch  im  Süden  noch  vor;  dagegen  fehlt  Folygonum  vivi- 
Xmrum  und  die  überhaupt  nur  auf  einem  sehr  beschränkten  Gebiet 
vorkommende  Pedicularis  foUosa.  Auffallend  ist  die  Armut  des 
Randengebiets:  nur  Orchis  globosus  ist  vertreten;  Gompamda  pusiUa 
von  Beggingen  ist  kaum  mehr  hierher  zu  zählen.  Gegen  Nordosten 
hin,  auf  der  mittleren  Alb,  dem  Gebirgsabschnitt  zwischen  Lauchert 
und  Starzel  einerseits  und  einer  vom  Filstal  nach  Ulm  ziehenden 
Linie  andererseits,  nimmt  die  Artenzahl  ebenfalls  ab.  Vertreten  sind 
noch  Saxifraga  ai^oon,  Anemone  narcissiflora,  Arabis  alpina,  Cam- 
panida  pusilla,  Cochlcaria  saxatilis,  Draba  aizoides ,  Hieracium 
Jacquinii,  Orchis  globosus,  Folygonum  ririparum,  Eanunculus  mon- 
tanus (10  Arten).     Von    diesen    erreicht  Anemone  narcissiflora  eben 


noch  den  Sttdvvestrand  (Erpfingen,  Filsenberg) ;  Campamda  imsilJa 
geht  bis  ins  Ermstal,  Cochlearia  saxatilis  bis  zum  Hohenneuffen, 
Folygonum  viripantm  bis  zur  Kirchheimer  und  zur  Ulmer  Lauter, 
Ilaniüiculus  montanus  etwa  ebensoweit;  Saxifraga  ai^oon  und  Ilkra- 
ciimi  Jacquinii  erreichen  die  Nordostgrenze  der  mittleren  Alb  (Fils- 
gebiet,  Ulmer  Alb).  Nur  Braba  aisoides ,  Arabis  alpina,  Orchis 
glohosus  gehen  noch  weiter  und  sind  im  nordöstlichen  Albgebiet  je 
mit  einem  Fundort  vertreten. 

Mit  dem  Schwarzwald  hat  die  Alb  nur  wenige  Arten  gemein: 
Saxifraga  ai^oon,  Campamda  pusilla,  Orchis  glohosus,  Bammctdus 
montanus.  Die  übrigen  21  alpinen  Schwarzwaldpflanzen  fehlen  der 
Alb,  Es  sind  nur  zum  kleinsten  Teil  solche,  die  den  Kalkboden 
meiden  (Süene  rupestris ,  Allosoms  crispus ,  Lusula  spadicea);  alle 
übrigen  werden  auf  Kalkgestein  ungefähr  ebenso  oft,  zum  Teil  sogar 
noch  häufiger  beobachtet  als  auf  kalkarmem  Boden.  Daß  sie  der 
Alb  fehlen,  hat  bei  deren  viel  geringerer  Höhenentwicklung  trotzdem 
nichts  Befremdliches.  Auf  der  andern  Seite  besitzt  die  Alb  11  alpine 
Arten,  die  dem  Schwarzwald  fehlen ,  meist  mehr  oder  weniger  aus- 
gesprochene Kalkpflanzen :  Androsaces  ladeiim,  Arabis  alpina,  Atha- 
manta  Cretensis,  Cochlearia  saxatilis,  Cystopteris  montana,  Braba 
myoides,  Hieraciimi  Jacquinii,  aber  auch  solche,  die  sonst  einen 
kalkarmen  Boden  keineswegs  meiden,  wie  Carex  sempervirens,  Foly- 
gonum viviparum,  Anemone  narcissiflora,  Pedicularis  foliosa;  die 
beiden  letztgenannten  kommen  z.  B.  auch  in  den  Vogesen  vor. 

In  deutlicher  Abhängigkeit  von  der  Alb  sowohl  wie  vom  Schwarz- 
wald befindet  sich  das  zwischen  beiden  Gebirgen  eingeschobene 
Muschelkalk-,  Keuper-  und  Liasgebiet  der  B  a  a  r  mit  dem  Klettgau. 
Pianunculus  montanus  hat  dieses  Gebiet  mit  beiden  benachbarten 
Gebirgen  gemein;  Carex  sempervirens  steht  im  Zusammenhang  mit 
den  nahen  Albvorkommnissen;  Campamda  pusilla  kommt  hier  wie 
dort  vor,  stammt  aber  zweifellos  aus  dem  Schwarzwald,  von  wo  die 
Pflanze  mit  der  Wutach  bis  tief  ins  Klettgau  herabgeführt  worden  ist. 

In  Oberschwaben  sind  mehrere  verschiedene  Gruppen  zu 
unterscheiden.  Im  Algäu  gehört  das  Gebiet  der  Adel  egg  mit 
dem  Schwarzen  Grat  (1119  m)  noch  zu  den  Voralpen  und  teilt  deren 
alpine  Flora  (vertreten  durch  Adenostyles  alpina,  Campanula  harbata, 
C.  pusilla,  Homogyne  alpina,  Lycopodium  alpinum,  Sagina  Linnaei, 
Viola  biflora).  Auffallender  ist  die  alpine  Felsflora  des  Hohentwiel 
(689  m):  Saxifraga  aisoon,  Braba  aizoides ,  Hieracium  Jacquinii: 
er  teilt  diese  Flora  mit  der  Alb  und  schlägt  so  die  Brücke  von  ihr 


-      72     - 

zum  Schweizer  Jura.  Eine  eigentümliche  alpine  Flora  beherbergt 
der  Kiesstrand  des  Bodensees:  Saxifraga  oppositifolia,  Poa  alpina. 
Ob  sie  durch  bloße  Anschwemmung  zu  erklären  ist,  bleibt  noch 
fraglich.  Dagegen  ist  dies  ganz  unzweifelhaft  bei  der  Flora  des 
liiert  als  (Ärabis  alpina ,  Campanula  pusilla,  Carex  sempervirens^ 
Gypsoplüla  repens,  Hidcliinsia  alpina,  Linaria  alpina,  Orchis  glo- 
hosus,  Poa  alpina,  P.  Cenisia,  Bammculus  montamis)  und  wohl  auch 
des  Argentais  bei  Wangen  (Campanula  pusilla,  Poa  alpina,  Viola 
hißora) ,  das  aber  auch  von  der  nahen  Adelegg  her  besiedelt  sein 
kann.  Es  bleiben  als  alpine  Arten  von  etwas  weiterer  Verbreitung 
in  Oberschwaben  nur  Pinguicula  alpina  und  Polygonum  viviparum. 
Auch  diese  halten  sich  im  allgemeinen  an  das  Gebiet  der  Jungmoräne 
(Moränen  der  letzten  Vergletscherung)  und  nur  mit  einem  einzigen 
Vorkommnis  (Laupheim)  greift  Polygonum  vivipantm  darüber  hinaus. 

Die  oberschwäbische  Alpenflora  steht  wie  natürlich  in  einem 
unmittelbaren  Abhängigkeitsverhältnis  zum  benachbarten  Alpengebiet 
selbst;  dagegen  sind  ihre  Beziehungen  zur  Alb  nur  gering.  Sie  be- 
schränken sich  auf  die  alpine  Flora  des  Hohentwiel.  Als  eine  Ver- 
mittlung zwischen  Alpen  und  Alb  lassen  sich  höchstens  noch  die  Vor- 
kommnisse von  Polygonum  viviparum  im  Alpenvorland  auffassen. 
Mit  der  Flora  des  Illertals  steht  die  alpine  Flora  der  Alb  sicher 
in  keinem  Zusammenhang;  soweit  die  Arten  identisch  sind  (Arahis 
alpina,  Campanula  pusilla,  Carex  sempervirens ,  Orchis  glohosuSy. 
Paminculus  montanus) ,  treten  sie  auf  der  Alb  erst  in  sehr  bedeuten- 
den Entfernungen  von  der  lUermündung  auf  und  weisen  in  ihrem 
Vorkommen  vielmehr  nach  Südwesten. 

Einfach  liegt  die  Sache  bei  den  alpinen  Pflanzen  des  Rliein- 
tals  (Campanula  pusilla,  Gypsophila  repens,  Linaria  alpina).  Es 
besteht  kein  Zweifel,  daß  sie  von  den  Alpen  herabgeschwemmt  sind, 
wie  denn  ihr  Auftreten  zum  Teil   auch  nur  ein  vorübergehendes  ist. 

Wiewohl  mit  einer  übersichtlichen  Darstellung  der  Verbreitungs- 
tatsachen unsere  Aufgabe  hier  erschöpft  ist  und  eine  ausführliche 
Erörterung  der  Kausalitätsfragen  nicht  in  unserem  Plane  liegt,  soll 
doch  die  pflanzengeographische  Bedeutung  dieser  Tatsachen  nebst 
den  Hauptfragen,  die  sich  daran  knüpfen,  kurz  hervorgehoben  werden  ^ 

^  Näheres  findet  man  darüber  in  meinem  Pflanzenleben  der  Schwab.  Alb 
1898.  I.  S.  251,  307,  352  2.  Aufl.  19ÜÜ.  S.  270,  329,  376  und  in  dem  Aufsatz  : 
Über  einige  Probleme  der  Pflanzengeographie  Süddeutschlands  (Engler's  Botan. 
Jahrb.  34.  1904).  Zu  einer  Änderung  der  früher  gezogenen  Schlüsse  gibt  das 
jetzt  vorliegende  viel  reichere  Material  keine  Veranlassung. 


—     73     — 

Die  Vorkommnisse  an  den  Alpenfiüssen  können  wir  als  erledigt 
betrachten,  ebenso  die  alpine  Flora  der  Adelegg  mit  ihrer  unmittel- 
baren Umgebung.  Saxifraga  oppositifolia  am  Bodensee  erklären 
Kirchner  und  Schröter  (Vegetation  des  Bodensees  II.  1902.  S.  57  ff.) 
bestimmt  für  ein  Eiszeitrelikt,  während  Hegi  a.  a.  0.  S.  138  die 
Möglichkeit  einer  Anschwemmung  offen  halten  möchte.  Anders  ver- 
hält es  sich  mit  den  übrigen  Vorkommnissen  des  Alpenvorlands,  des 
Schwarzwalds  und  der  Schwäbischen  Alb.  Hier  ist  eine  alpine  Flora 
vertreten,  an  der  von  den  deutschen  Mittelgebirgen  nur  noch  die 
Vogesen  und  der  Böhmerwald  einen  ähnlichen  Anteil  nehmen;  weiter 
nördlich  treten  nur  ganz  wenige  von  diesen  Alpenpflanzen  im  Harz, 
eine  etwas  größere  Zahl  in  den  Sudeten,  in  Skandinavien  oder  auch 
erst  in  der  Arktis  wieder  auf.  Der  Schluß  auf  ein  besonders  rauhes 
Klima  unserer  süddeutschen  Mittelgebirge,  eine  lokale  Depression  der 
Höhengürtel  liegt  vielleicht  nahe,  wird  jedoch  durch  anderweitige 
Beobachtungen  meteorologischer  und  pflanzengeographischer  Art  so- 
fort widerlegt  und  wäre  überdies  nur  dann  zulässig,  wenn  das  Vor- 
kommen der  fraglichen  Pflanzenarten  in  so  tiefen  Regionen  wirklich 
ganz  einzig  dastände.  Das  ist  aber,  wie  unsere  Zusammenstellungen 
zeigen,  keineswegs  der  Fall.  Um  alpine  Pflanzen  im  engsten  Sinne 
des  Worts  handelt  es  sich  ja  nicht;  nur  um  solche,  die  zwar  vor- 
zugsweise den  Höhengürtel  oberhalb  der  Waldgrenze  bewohnen, 
die  aber  im  Alpengebiet  selbst  gar  nicht  so  selten  auch  tiefer  herab- 
steigen und  innerhalb  des  Waldgürtels  ganz  wohl  lebensfähig  sind, 
wofern  ihnen  nur  vor  dem  übermächtigen  Wettbewerb  der  Wald- 
und  Wiesenpflanzen  der  nötige  Schutz  gewährt  wird,  wie  z.  B.  auf 
Felsen,  steilen  Schutthalden,  Kiesbänken,  Mooren.  Schwarzwald  und 
Alb  täuschen  daher  durch  ihren  Besitz  an  Alpenpflanzen  keineswegs 
eine  bedeutendere  Höhe ,  wohl  aber  eine  andere  Lage  vor :  sie  ver- 
halten sich  genau  wie  Bestandteile  des  Alpengebiets  selbst,  von  dem 
sie  doch  durch  erhebliche  Zwischenräume  getrennt  sind. 

Das  Problem,  wie  die  Alpenpflanzen  auf  unseren  Mittelgebirgen 
bei  so  geringer  Meereshöhe  leben  können ,  ist  damit  ausgeschaltet, 
und  zwei  andere  treten  an  dessen  Stelle ,  nämlich  erstens :  wie 
kommen  die  Pflanzen  hierher?  und  zweitens:  warum  sind  sie  gerade 
nur  bis  hierher  und  nicht  noch  weiter  vorgedrungen? 

Vor  der  Einwanderungsgeschichte  ist  die  Vorfrage  der  Her- 
kunft zu  erledigen.  Fast  die  Hälfte  von  den  46  alpinen  Arten  der 
württembergischen  und  badischen  Flora  (22)  ist  in  den  zentral-  und 
südeuropäischen    Gebirgsketten    von    den  Pyrenäen    bis   zum  Balkan 


~     74     — 

und  zum  Kaukasus  endemisch;  über  deren  Ursprung  kann  nicht  wohl 
ein  Zweifel  bestehen.  Drei  weitere  (Silene  rupestris ,  Campanula 
barhata,  Nigritella  angiistifolia)  kommen  zwar  auch  im  Norden  vor. 
aber  nur  in  Skandinavien,  und  sind  dort  zweifellos  von  den  Alpen 
her  eingewandert.  Der  Rest  ist  arktisch-alpin,  sowohl  im  Alpengebiet 
wie  in  der  Arktis  verbreitet ;  das  ürsprungsgebiet  läßt  sich  in  diesen 
Fällen,  auch  bei  der  Voraussetzung  allgemein  monotoper  Entstehung 
der  Arten,  nicht  immer  sicher  bestimmen. 

Aber  auch  wenn  unter  Berücksichtigung  der  Verwandtschafts- 
verhältnisse die  Heimat  mehr  oder  weniger  sicher  angegeben  werden 
kann,  so  ist  damit  über  die  Richtung,  in  der  die  Pflanzen  bei  uns 
eingewandert  sind,  noch  nichts  entschieden.  Eine  arktische  Pflanze 
kann  ebensowohl  unmittelbar  von  Norden  her  wie  auf  dem  Umweg 
über  das  Alpengebiet  auf  den  Schwarzwald  oder  auf  die  Alb  gelangt 
sein,  während  umgekehrt  die  Einwanderung  einer  Art,  die  im  Alpen- 
gebiet ihren  Ursprung  genommen  hat,  auf  dem  Umweg  über  den 
Norden  immerhin  äußerst  unwahrscheinlich  ist.  Die  tatsächlichen 
Verbreitungsverhältnisse  sprechen  bei  sämtlichen  Arten  durchaus  nur 
für  die  Wanderungsrichtung  von  Süd ,  Südost  oder  Südwest  \  Von 
einer  Etappenlinie,  die  auf  eine  unmittelbare  Einwanderung  ark- 
tisch-alpiner Pflanzen  von  Norden  her  deuten  könnte ,  findet  sich 
keine  Spur.  Dagegen  kommen  sämtliche  46  alpinen  Arten  unserer 
Flora  in  den  nördlichen  Schweizer  Alpen,  den  Bayrischen  und  Vorarl- 
berger Alpen  vor,  weitaus  die  Mehrzahl  auch  im  Schweizer  Jura. 
Namentlich  die  Alpenpflanzen  der  Schwäbischen  Alb  sind  sämtlich 
auch  im  Schweizer  Jura  vertreten ;  da  sie  ebenso  ausnahmslos  in 
den  Bayrischen  Alpen  vorkommen ,  so  läßt  es  sich  nicht  von  vorn- 
herein entscheiden,  ob  sie  von  dort  her  über  das  Alpenvorland  weg 
oder  aber  vom  Jura  eingewandert  sind.  Das  letztere  ist  angesichts 
der  nur  sehr  schwachen  Beziehungen  zur  alpinen  Flora  des  Alpen- 
vorlandes (S.  72)  entschieden  wahrscheinlicher:  auch  das  allmäh- 
liche Erlöschen  in  nordöstlicher  Richtung  spricht  dafür.  Von  den 
25  alpinen  Arten  des  Schwarzwaldes  kommen  ebenfalls  nicht  weniger 
als  19  im  Jura  vor,  was  angesichts  des  sonstigen  fundamentalen 
Florengegensatzes  sehr  bemerkenswert  ist ;  nur  Allosorus  crispus. 
■  Gnnphalium  Norvegicmn,  Leontodon  Pyrenakus,  LuzuJa  simdicea, 
Meum  mutellina,  Saxifraga  steUaris  fehlen  dem  Jura  und  müssen 
wohl  auf  anderem  Wege  eingewandert  sein. 

'  Anders  verhält  es  sich  bei  der  subalpinen  Gruppe,  von  der  hier  noch 
nicht  die  Rede  ist. 


—     75     — 

Es  fragt  sicli  nun,  wie  diese  Alpenpflanzen  die  jetzt  vorhandenen 
Zwischenräume  zwischen  ihrem  Wohngebiet  in  den  Alpen  und  dem 
Jura  einerseits  und  den  Standorten  im  Schwarzwald  und  auf  der 
Alb  andererseits  übersprungen  haben.  Es  handelt  sich  zwischen  den 
nächsten  Standorten  im  Hochgebirge  und  der  Schwäbischen  Alb 
immerhin  um  Entfernungen  von  über  100  km.  Werden  die  Keime 
durch  den  Wind  oder  durch  Vögel  herübergetragen?  oder  haben 
wir  Relikte  vor  uns,  Überreste  einer  älteren  Vegetation,  die  unter 
anderen  klimatischen  Verhältnissen  einst  weiter  verbreitet  war  und 
nur  an  verhältnismäßig  wenigen  Punkten  unter  besonders  günstigen 
Bedingungen  sich  bis  in  unsere  Zeit  herüberretten  konnte?  Die 
erstere  Erklärung  entspricht  der  älteren  Auffassung,  wie  sie  für  die 
süddeutschen  Verhältnisse,  z.  B.  von  den  Verfassern  der  Flora  von 
Württemberg  ^  und  prinzipiell  für  alle  derartigen  erratischen  Vor- 
kommnisse durch  Grisebach  vertreten  wurde.  Den  Gedanken  an 
Relikte,  und  zwar  Eiszeitrelikte  hat  zuerst  Heer"  für  die  ent- 
sprechenden Vorkommnisse  des  schweizerischen  Alpenvorlandes  aus- 
gesprochen ;  er  wurde  dann  von  Ducke  ^  auf  Oberschwaben ,  von 
Engler*  auf  die  Alpenflora  der  Schwäbischen  Alb  übertragen  und 
auch  von  mir  vertreten  und  weiter  begründet^. 

Gegen  die  ältere  Erklärung  kann  der  Einwand  der  Unmöglich- 
keit von  Pflanzen  Wanderungen  über  weite  Strecken  hinweg,  be- 
sonders angesichts  der  Untersuchungen  von  Vogler  '' ,  nicht  wohl 
aufrechterhalten  werden.  Ebensowenig  kann  auf  der  anderen  Seite 
die  Möglichkeit  einer  lokalen  Erhaltung  von  Glazialpflanzen  von  der 
Eiszeit  her  gerade  in  dem  fraglichen  Verbreitungsgebiet  bezweifelt 
werden.  Die  Ausbreitung  der  Moränen,  die  Funde  von  subfossilen 
Glazialpflanzen  in  den  Mooren  des  Alpenvorlandes'',  von  Überresten 


'  Schübler  und  Martens  1834.   Martens  und  Kern  ml  er  1865,  1882. 

■'  Urwelt  der  Schweiz  1865,  S.  537. 

*  Über  die  Alpenflora  Oberschwabens  (diese  Jahreshefte  1874). 

*■  Versuch  einer  Entwickelungsgeschichte  der  Pflanzenwelt  1879,   I,   167. 

5  Pflanzenleben  der  Schwäbischen  Alb  1898,  I,  S.  307  ff.  2.  Aufl.  1900, 
I,  S.  329  ff.  Auch  Aug.  Schulz  (Grundzüge  einer  Entwickelungsgeschichte 
der  Pflanzenwelt  Mitteleuropas  1894.  Entwickelungsgeschichte  der  Flora  und 
Pflanzendecke  der  Schwäbischen  Alb.  Engler's  Bot.  Jahrb.  32,  1903)  vertritt  die- 
selbe Ansicht,  ebenso  Hegi  a.  a.  (). 

'^  Über  die  Verbreitungsmittel  der  schweizerischen  Alpenpflanzen  (Flora 
89.  Erg.-Bd.  1901.     Auch  Dissert.). 

'  Vergl.  Schröter,  Die  Flora  der  Eiszeit.  Neujahrsbl.  der  Xaturforsch. 
Ges.  Zürich  1883. 


—     76     — 

arktischer  Tiere  in  den  Höhlen  der  Alb  lassen  keinen  Zweifel  dar- 
über, daß  die  Waldgrenzen  auch  im  Gebiet  des  Schwarzwaldes  und 
der  Alb  tief  herabgerückt  gewesen  sein  müssen,  daß  hier  eine  alpine 
Region  mit  der  entsprechenden  Flora  entwickelt  war. 

Welcher  von  beiden  Erklärungen  der  Vorzug  gebührt,  das  kann 
wohl  nur  von  Fall  zu  Fall  je  nach  der  Art  des  Vorkommens  ent- 
schieden werden.  Tritt  eine  Pflanze  nur  vereinzelt  an  einem  Punkte 
inmitten  einer  sonst  fremdartigen  Flora  auf,  so  wird  man  geneigt 
sein,  an  eine  Verschleppung  der  Keime  durch  die  Luft  zu  glauben, 
und  zwar  um  so  eher,  je  mehr  sonstige  Umstände  für  eine  solche 
Möglichkeit  sprechen:  offener,  der  Besiedlung  leicht  zugänglicher 
Boden  (z.  B.  Kiesbänke,  Ufer,  Schutt,  Ackerland,  Waldblößen) ,  be- 
sonders wirksame  Verbreitungsausrüstungen ,  nur  vorübergehendes 
Auftreten.  Leben  dagegen  ganze  Genossenschaften  in  derselben 
Gruppierung  wie  in  der  ursprünglichen  Heimat  an  einem  und  dem- 
selben Punkte  beisammen ,  so  wird  es  fast  unmöglich ,  an  einen 
bloßen  Zufall  zu  glauben,  der  die  Pflanzengesellschaft  hier  zusammen- 
geweht oder  -getragen  hätte,  und  die  einzig  befriedigende  Annahme 
bleibt  die,  daß  wir  es  hier  mit  tlberresten  einer  früher  weiter  ver- 
breiteten Vegetation  zu  tun  haben  ^ 

Das  letztere  Merkmal  trifft  nun  auf  die  weit  überwiegende  Zahl 
der  Vorkommnisse  alpiner  Pflanzen  im  Schwarzwald  und  auf  der  Alb 
durchaus  zu.  Es  ist  geradezu  eine  Ausnahme,  wenn  eine  solche 
Pflanze  allein  auftritt;  wo  man  eine  trifft,  darf  man  fast  immer  auch 
noch  andere  Arten  erwarten.  Unsere  Zusammenstellungen  S.  61  ff. 
■  sind  nichts  als  eine  Kette  von  Beispielen  für  diese  Tatsache.  Be- 
sonders auffallend  ist  das  Zusammengehen  von  Pedicularis  foliosa 
mit  Anemone  narcissi/iora,  von  Hieracium  Jacquinii  mit  Saxifraga 
aizoon^  Draha  aizoides  und  anderen  Felsenpttanzen.  Sonstige  Um- 
stände treten  noch  hinzu :  die  Eigenart  der  Standorte ,  die  eine 
äußerst  beständige  Flora  zeigen  und  sich  für  eine  Neubesiedlung 
durch  Adventivpflanzen  gar  nicht  eignen ;  die  Zähigkeit,  mit  der  die 
erratischen  Alpenpflanzen  selbst  an  ihren  Standorten  festhalten ;  das 
geschlossene  Verbreitungsbild,  in  das  sich  die  einzelnen,  wenn  auch 
noch  so  zerstreuten  Vorkommnisse  einfügen.  Das  alles  spricht  für 
die  Vorstellung ,  daß  die  einzelnen  Arten  zusammen  mit  ihren  Ge- 
nossen, zu  geschlossenen  Formationen  vereinigt,  eingewandert  sind. 


*  Kern  er,  Studien  über  die  Flora  der  Dihivialzeit  in  den  östlichen  Alpen 
(Sitz.-Ber.  der  Kais.  Akad.  der  Wiss.  97,  1888,  I,  S.  7  f.). 


eine  Wanderung,  die  sich  nur  schrittweise  vollziehen  kann  und  ein 
anderes,  kälteres  Klima  als  das  gegenwärtige  voraussetzt. 

Ausnahmen  gibt  es  immerhin,  Ausnahmen  von  Arten,  die  ihre 
eigenen  Wege  gehen,  und  Ausnahmen  von  Örthchkeiten ,  die  aus 
dem  sonstigen  Verbreitungsbild  herausfallen.  Solche  Arten  sind 
Arabis  alpina,  Nigrüella  angustifolia ,  in  etwas  geringerem  Grade 
Polygonum  vivipantm,  Pinguicula  alpina.  Sie  scheinen  ihre  eigene 
Besiedlungsgeschichte  zu  haben,  die  mit  der  Einwanderungszeit  der 
übrigen  alpinen  Findlinge  nicht  notwendig  zusammenfällt,  sondern 
ebensogut  der  Neuzeit  angehören  kann.  Und  das  gleiche  gilt  von 
gewissen  geographischen  Punkten,  die  sich  in  den  sonstigen  Rahmen 
nicht  fügen  und  nur  vereinzelte  Vorkommnisse  aufweisen.  Dahin 
rechne  ich  die  Fundorte  des  nördlichen  Schwarzwaldes  (mit  Leon- 
todon  Pprenaicus,  Lycopoäium  alpinum,  Saxifraga  stellaris),  der  öst- 
lichen Alb  (mit  Arabis  alpina,  Braba  ai^oides ,  Orchis  globosus ,  je 
nur  an  einem  Punkte  nachgewiesen)  und  des  nördlichen  Ober- 
schwabens (nur  Polygontim  viviparum  bei  Laupheim).  Unter  den  in 
Frage  kommenden  Arten  sind  solche ,  die  sich  auch  sonst  durch 
sprungweise  Verbreitung  über  weite  Strecken  hinweg  auszeichnen 
{Arabis  alpiua ,  Polggotmm  viviparum) ,  ferner  Arten  mit  besonders 
wirksamen  Verbreitungsausrüstungen  (besonders  leichte,  staubförmige 
Samen :  Lycopodium  alpinum  und  die  Orchideen  Nigritella  und  Orchis 
globosus \  Flugschirme:  Leontodon  Pyrenaicus ;  Verschleppung  durch 
Vögel  ist  nachgewiesen  für  Polygonum  viviparum).  Draba  aizoides 
fügt  sich  auch  sonst  nicht  in  das  gewöhnliche  Verbreitungsbild;  sie 
tritt  auf  die  Fränkische  Alb  über  und  bildet,  dort  zusammen  mit 
Saxifraga  decipiens,  Alsine  verna  und  Arabis  petraea  die  charakte- 
ristische Genossenschaft  der  Juradoiomite ,  eine  Genossenschaft,  die 
von  den  alpinen  Genossenschaften  der  südwestlichen  und  mittleren 
Alb  sicher  zu  unterscheiden  ist  und  wahrscheinlich  eine  ganz  andere 
Einwanderungsgeschichte  hinter  sich  hat  ^  Mit  dem  Verbreitungs- 
gebiet dieser  Genossenschaft  wird  das  Vorkommen  von  Braba  aisoldes 
im  Wendtal  am  natürlichsten  in  Verbindung  gebracht,  da  ein  anderes 
Ghed  derselben  Genossenschaft,  die  auf  der  mittleren  Alb  sehr  selten^, 
der  südwestlichen  Alb,  dem  Schweizer  Jura  und  dem  ganzen  Alpen- 
gebiet vollständig  fehlende  Saxifraga  decipiens  auf  allen  Dolomit- 
felsen daselbst  eine  Massenvegetation  erzeugt. 

Es  bleibt  noch  die  Frage  nach  der  Ursache  der  eigentümlichen 


Hetji  a.  a.  0.,  S.  141  ff. 


—     78     — 

Umgrenzung  der  erratischen  Alpenflora  in  Südwestdeutschland.  Die 
Mehrzahl  der  hier  vorkommenden  Arten  geht  innerhalb  ihres  Ver- 
breitungsgebietes, wie  durch  zahlreiche  Belege  nachgewiesen  ist,  bis 
zu  500  m  u.  d.  M.  und  oft  noch  viel  tiefer  herab.  Die  Höhen- 
verhältnisse allein  könnten  daher  ihr  Vorkommen  auf  der  Fränkischen 
Alb,  auf  den  schwäbisch-fränkischen  Keuperhöhen,  im  Odenwald  und 
Spessart  offenbar  nicht  verbieten,  ebensowenig  als  es  an  geeigneten 
Standorten  daselbst  fehlt.  Bei  der  Annahme  einer  sprunghaften  Ver- 
breitung bleiben  auch  diese  Verhältnisse  unverständlich.  Dagegen 
lassen  sie  sich  wohl  erklären,  wenn  man  sich  vorstellt,  daß  während 
einer  bestimmten  Periode  der  Eiszeit  im  südlichen  und  mittleren 
Schwarzwald,  auf  der  südwestlichen  und  mittleren  Alb  der  Wald 
zurückgedrängt  war  und  einer  alpinen  Flora  vom  Jura  und  Hegau 
her  das  Vordringen  erlaubte,  daß  aber  weiterhin  die  in  den  tiefer 
gelegenen  Landesteilen  fortbestehende  Waldvegetation  der  Verbreitung 
dieser  Genossenschaften  ein  Ziel  setzte,  eine  Vorstellung,  die  sich 
mit  den  anderweitig  erschlossenen  Verhältnissen  der  letzten  großen 
Vergletscherung ,  der  Wurm  -  Eiszeit  Penck's  ,  wohl  in  Einklang 
bringen  läßt  ^ 

Die  Verbreitung  der  subalpinen  Gruppe,  die  sich  in  wesent- 
lichen Punkten  unterscheidet,  weiterhin  die  montane  Gruppe  mit  der 
Unterabteilung  der  präalpinen  Arten,  werden  wir  in  den  folgenden 
Abschnitten  behandeln. 


^  Grad  mann,  Pflanzenleben  der  Schwäbischen  Alb,  2.  Aufl.  1900,  S.  333. 
Derselbe,  Über  einige  Probleme  der  Pflanzengeographie  Süddeutschlands  (Engler' s 
Bot.  Jahrb.  34.  1904,  S.  196).  Hegi  a.  a.  0.  S.  142  schließt  sich  dieser  Er- 
klärung an;  anders  Aug.  Schulz  in  Engler's  Bot.  .Jahrb.  32.  1903. 


Beilage  zu  Jahreshefte  des  Vereins  für  vaterländische  Naturkunde  in  Württemberg 
und  Mitteilungen  des  Badischen  Botanischen  Vereins. 


Uebersicht 
dfirtopoar.  Karle 

Badeiv. 


ERGEBNISSE  DER  PFLANZENGEOGRAPHISCHEN  DURCHFORSCHITNG  VON 
WÜRTTEMBERG, BADEN  und  HOHENZOLLERN 


ERGEBNISSE  DER  PFLANZENGEOGRAPHISCHEN   DÜRCHFORSCIIITNG  VON 
WÜRTTEMBERG  BADEN  und  HOHENZOLLERN 


LiNGG,  Beiträge  zur  Naturkunde  Obcrschwabens.  Tübingen  1832  (Dr. -Disser- 
tation). 

LöRCH,  Die  Flora  des  Hohenzollcrs  und  seiner  nächsten  Umgebung.  I— III.  Teil. 
Hechingen  1890—1892. 

Mahler,  Übersicht  über  die  in  der  Umgegend  von  Ulm  wildwachsenden  Pha- 
nerogamen.     Ulm  1898. 

V.  Marxens,  Über  die  würtembergische  Alp.  (In  „Hertha".  Bd.  VI.  1826,  S.  59 
-128.) 

Meister,  Flora  von  Schaffhausen.  1887. 

Memminger,  Beschreibung  usw.  von  Württemberg.  I.  Ausg.  1820;  II.  Ausg.  1823; 
III.  Ausg.  1841. 

Merklein,  Verzeichnis  der  Gefäßpflanzen  der  Umgebung  von  Schaffhausen.  1861. 

Mitt.  =  Mitteilungen  des  Badischen  Botanischen  Vereins.  1882—1904. 

MK.  =:^  Flora  von  Württemberg  und  Hohenzollern,  von  G.  v.  Marxens  und 
C.  A.  Kemmler.     2.  Aufl.  Tübingen  1865;  3.  Aufl.  Heilbronn  1885^. 

Mr.  1904.=  Mayer,  Adolf,  Flora  von  Tübingen  und  Umgebung.  Tübingen  1904. 

Neüberger,  Flora  von  Freiburg.  1898,  2.  Aufl.  1903. 

Neuberger,  Pf  1  B.  =  Neüberger,  Pflanzenstandorte  in  der  Baar  (Schrift,  d.  Ver. 
f.  Gesch.  u.  Naturgesch.  d.  Baar.  5.  Heft  S.  15)  1885. 

OAB.  =-■  Oberamtsbeschreibung. 

Schildknecht,  FlFrbg.  =  Schildknecht,  Führer  durch  die  Flora  von  Frei- 
burg. 1863. 

Schildknecht  ,  N  c  h  t  r.  =  Schildknecht  ,  Nachtrag  zu  Spenner's  Flora  Fri- 
burgensis.  1862.    (Beilage  z.  Progr.  d.  höh.  Bürgerschule  Freiburg.) 

Schill,  Neue  Entdeckungen  im  Gebiete  der  Freiburger  Flora  (Ber.  d.  naturf.  Ges. 
z.  Freiburg  i.  Br.  Bd.  7,  392)  1877. 

ScH.  M.  =  Schübler  u.  v.  Martens  ,   Flora  von  Würtemberg.     Tübingen  1834. 

Schneider,  Taschenbuch  der  Flora  von  Basel.  1880. 

Schübler,  Tüb.  =  Schübler,  Systematisches  Verzeichniss  der  bey  Tübingen  und 
in  den  umliegenden  Gegenden  wildwachsenden  phanerogamischen  Gewächse. 
Beilage  zu  Eisenbach's  Gesch.  u.  Beschr.  der  üniv.  Tübingen  1822.  (Mit 
3  Nachträgen  von  1823,  1825  u.  1829.) 

Seubert,  Notizen  zur  badischen  Flora  (Verh.  d.  naturw.  Ver.  in  Karlsruhe  2.  Heft 
S.  71)  1866. 

Spenner,  Flora  Friburgensis.  1825—29. 

Stehle  ,  Verzeichnis  neuaufgefundener  Pflanzenstandorte  aus  der  Flora  von 
Donaueschingen  (Verh.  d.  naturw.  Ver.  in  Karlsruhe  3  Heft  S.  101)  1869. 

Verz.  1799  =  v.  Schreckenstein.  Verzeichnis  sichtbar  blühender  Gewächse, 
welche  um  den  Ursprung  der  Donau  und  des  Neckars ,  dann  um  den  un- 
teren Teil  des  Bodensees  vorkommen.  1799. 

Zahn,  Flora  der  Baar.  1889. 

!  bedeutet,  daß  Belegstücke  von  einem  der  Herausgeber  eingesehen  wurden. 

Beobachtungen ,  die  durch  den  Vertrauensmann  des  betreffenden  Bezirks  mit- 
geteilt wurden,  sind  mit  einem  Stern  *  bezeichnet.  Ein  doppelter  Stern  ** 
bezeichnet  die  Beobachtungen  des  Vertrauensmannes  selbst. 


Druck  von  Call  Giüningei-,  Stuttgart. 


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