WERKE VON RICHARD BEER-HOFMANN
PER TOD GEORGS
Erzählung
DER GRAF VON CHAROLAIS
TrauerspieL Achte Auflage
JAÄKOBS TRAUM
Ein Vorspiel. Zweiundzwanzigste Auflage
SCHLAFLIED FÜR MIRJAM
Ein Gedicht. Zweite Auflage
DIE HISTORIE
VON KÖNIG DAVID
EIN ZYKLUS
VON
RICHARD BEER- HOFMANN
„DIIS MAN 1 BUS''
S. FISCHER- VERLAG- BERLIN
1920
JAÄKOBS TRAUM
EIN VORSPIEL
VON
RICHARD BEER-HOFMANN
S. FISCHER. VERLAG- BERLIN
1920
/,\^-
17.— 22. Auflage
Alle Rechte vorbehalren, besonders das der Übersetiung. Den
Bühnen gegenüber Manuskript. Das Aufführungsrecht ist nur von
S. Fischer, Verlag zu erwerben. Copyright 1 9 1 8 S. Fischer, Verlag
„Die Historie von Konig David" ist der Titel, den ein
Zyklus von drei Stücken („Der junge David" — „König
David" — „Davids Tod") fiihrt, die Davids Leben darstellen.
Als Vorspiel zu ihnen ist „Jaakobs Traum" — die Aus-
erwählung Jaakobs, des Almhcrrn Davids — gedacht.
Es wäre mir erwünscht gewesen, ,Jaakobs Traum", der
seit Juli 1 9 1 5 abgeschlossen lag, auch weiterhin — bis zur
Vollendung meiner Arbeit — unveröffentlicht zu lassen.
Ereignisse veranlassen mich auf meinen Wunsch zu ver-
zichten. So sei denn Jfaakobs Traum" der Öffentlichkeit
übergeben.
8. V. 1909 — 24« VII. 1915
JAAKOßS TRAUM
Jesaias, Kap. 4p, Vers i, f, 6, 7.
I. Höret mir zu ihr Inseln und ihr Völker in der Ferne,
merket auf! Der Herr hat mich gerufen
3 . Und spricht zu mir : Du bist mein Knecht, Israel, durch
welchen ich will gepriesen werden
d. Und spricht: Es ist ein Geringes, daß du mein Knecht
bist, die Stämme Jakobs aufzurichten, und das Verwahrlosete
in Israel wieder zu bringen; sondern ich habe dich auch zum
Licht der Heiden gemacht, daß du seiest mein Heil bis an
der Welt Ende.
7. So spricht der Herr, der Erlöser Israels, sein Heiliger,
zu der verachteten Seele, zu dem Volk, des man Greuel hat,
zu dem Knechte, der unter den Tyrannen ist: Könige sollen
sehen, und aufstehen, und Fürsten sollen anbeten, um des
Herrn willen, der treu ist, um des Heiligen in Israel willen,
der dich erwählet hat.
[ die Söhne Rebckahs
REBEKAH
JAÄKOB I
EDOM
BASMATH, Tochter Elons, des Chittitcrs 1 die Frauen
OHOLIBAMAH, Tochter Anas, des Choriters J Edoms
SHAMÄRTU, der Babylonier 1 . , ,
, „ f zwei Sklaven Edoms
ZAHOR, der Kanaaniter J
IDNIBAAl, der Phonikier, ein Sklave Jizchaks
die Erzengel
DIE STIMME
MICHAEL 1
GABRIEL
raphAel
URIEL
drei andere engel
samAel
die stimme des quells
die stimme des steins
stimmen vieler engel
stimmen des gesteins
Die Zeit: Die der Patriarchen.
Der Ort: Zuerst Jizchaks Hof in BEIER-SCHEBA am Rande
der Wüste, dann eine Höhe (später BETH-EL genannt).
Ifi Bier-Scbebaj am Rande der Wüste.
Ein Hof im Hause Jizchaks, rings umschlossen von einer
breiten übermannsboben Mauer aus unbehauenem Stein, die
würfelige Wirtschaftsgebäude mit flachen Dächern in sich auf-
genommen bat. Die Mauer, tue — links ansetzend — nur "wenige
Fußbreit nach rechts verläuft und dann in scharfer Ecke nach
rückwärts biegt, bildet in halber Tiefe des Hofes — höher auf"
gemauert — die un durchbrochene Rückwand einer Stallung, die
nach außen (gegen das freie Feld) als flachdacbiger Würfel aus-
springt. Der Stallung gegenüber schiebt sich, auf der rechten
Seite, aus der Mauer ein ungefähr gleich großer Würfel in den
Hof vor — das Wohnhaus — dessen fensterlose Rückseite einem
zugewandt ist. Die schmale mannshohe Türöffnung verschließt
ein Vorhang aus dunklem Ziegenfell. Davor eine hohe und
breite Schwelle.
Von der Stallung zum Wohnhaus zieht sich eine aus Zweigen
geflochtene hüftenhobe Hürde, die den vorderen Teil des Hofes
von dem rückwärtigen scheidet. Im Hintergrunde grenzt die
Mauer den Hof, der sich nach rechts und links noch weiter —
als die vorspringenden Bauten es überblicken lassen — erstreckt.
Links im Vordergrunde steigt die breite Mauer nicht jäh zur
Höhe des Daches der Stallungen auf, sondern in stufenartigen
Absätzen. Auf dem Boden bilden aneinander sich reihende Stein-
platten einen niedem breiten Sockel, der dem Zuge der Mauer
— i6 —
bis zur Hürde hin folgt. Eine breite Lücke in der Hürde bildet
in der Mitte des Hofes eine Art niederer Türe,
Basmatb und Oholibamah schlafen auf Matten, in Decken
gehüllt, auf dem breiten Mauersockel. In dem Winkel, den der
obere Rand der breiten Mauer mit dem nur wenig höheren fachen
Dach des Stalles bildet, kauert Shamärtu. Sein Kopf ist kahl
geschoren, das Gesicht hart, verwittert, dunkel gebräunt, wie sein
Leib} er ist nicht mehr jung. Die Stimme tief, nicht ohne Schärfe
und entschlossen. Das blasser werdende Licht des Mondes — den
man nicht sieht — ist auf den Dächern } der Hof und die Frauen
im Dunkel. Es ist still.
BASMATH
richtet sich halb auf und ruft leise.
Schläfst du Shamärtu? Schläfst du?
SHAMÄRTU
leise, nicht flüsternd.
Herrin, nein!
Der Nachtfrost hält mich wach.
Einen Augenblick Stille.
BASMATH.
Hast du nicht Decken?
SHAMÄRTU.
Herrin, nein! Die meinen
Nahm Zahor gestern abends mit sich.
— 17 —
BASMATH.
Wann — 5
Glaubst du — kann er zurück sein?
shamArtu. ^
Herrin, wenn er
Noch unsern Herren Edom bei den Fallen
Am Rand des Hügels traf — dann baldj wo nicht —
So muß er jetzt ihn am Gebirge suchen,
Dort, wo das Wild am Morgen wechselt . .
BASMATH.
Weiß
Zahor genau die Botschaft? 10
SHAMARTU.
Herrin, zweimal
Sagt ich ihm vor, was Edom, unsrem Herren,
Er melden soll!
BASMATH.
Zahor behält schlecht!
shamArtu.
Herrin,
Drum hab ich's kurz gefaßt!
OHOLIBAMAH
ba/b aus dem Schlafe weinerOcb.
Schlaf, ßasmath, und
Laß andre schlafen!
— i8 —
BASMATH
kaum hinhorchend.
Still!
(f.
zu Sbamärtu.
Was sagtest du?
SHAMÄRTU.
15 Dies, Zahor — sagt' ich — melde unsrem Herrn:
„Am Abend ist dein Bruder — Herr Jaakob —
Davongeritten, hinter ihm sein Knecht
Idnibaalj die Richtung war auf Chebron.
Drei Stunden vorher sandte deine Mutter
2o Denselben Weg zwei Hirten, und sie führten:
Zwei Reit-, drei unbeladne Last-Kamele,
Zwölf Widder, sechzig Mutterlämmer . ."
BASMATH
hat die Decke unwillig zur Seite gestreift; kauernd.
Dummer!
Merkt sich denn Zahor das?
SHAMÄRTU.
Die Zahlen, Herrin,
Knüpft' ich ihm ein in seinen Gürtelstrick!
BASMATH.
2? Und nochmals Dummer! Geht es hier um Vieh?
1
— ip —
Blieb nicht, zwölfmal so viel— nein- mehr als zwölfmal
Zurück? Was drin — im Haus — geschehen, das . .
OHOLIBAMAH
hat sich halb er hoben j gähnend.
Das weiß Zahor, und wird's schon — sorg' nicht — sagen.
Denn, da wir an der Türspalt lauschend standen,
Lag Zahor platt am Boden neben mir 30
Und horchte;
Lächelnd.
Und wie drin der Alte dem
Jaakob dann verhieß, sein Bruder würde
Ihm Diener sein, da stieß mit meinem Fuß
Ich Zahor in die Seite, und wir lachten.
BASMATH
nickt; bitter.
Und lachtet! Du — und er! 35
OHOLIBAMAH
die Achseln zuckend.
War's nicht zum Lachen,
Wie er Jaakob hielt für Edom?
BASMATH
stark.
Nein! —
zo
leisej aber bebend.
Wenn einer daliegt Monde, Monde lang,
ünmächtig fast der Sinne, grauenhaft
Zurückgewandelt in ein greises Kind,
40 Mit blauen Lippen lallend, widerlich
I Von Speis' und Trank nur mehr beseligt, und
Nur mehr von Notdurft, widerlich gequält . .
In steigender Erregung.
Wenn der — wenn das, mit einemmale auf,
Vom Lager auf sich richtet, königlich
45 Gestrafft die Brust, das Haupt, rück in den Nacken
Gedrängt, zu Göttern stolz hinauf, die heim
Ihn suchten, nicht mehr blind — geblendet nur
Von dem, was er allein erschaut — und dann . .
Erschauernd,
Shamartu, du hast's nicht gehört — ein Segnen,
50 Ein uferloses Segnen aus ihm bricht.
Die Stimme fremd wird, immer wieder anders,
Als schössen, irgendwo aus Tiefen, sonst
Zurückgedämmte Ströme in sie ein,
Und segnet, segnet . . . und auf wanken Knieen
55 Liegt leichenblaß Jaakob vor dem Lager
In wildem Haß,
Und fängt in seinen hohlen Diebeshänden
Den Segen auf, der Edom zugedacht,
— II —
Und trinkt sich Mut und Stolz, aus Edoms Segen . .
. . Da lacht Oholibamah — und ein Knecht!
Sie bat sich aufs Antlitz, geworfen.
OHOLIBAMAH
trotzend.
Und du? Du standest dort, wo ich — was hast 60
Denn du getan um es zu hindern?
BASMATH
auffahrend.
Nichts!
Man fällt nicht Göttern in den Arm! — Doch zu
Den meinen schrie ich, und um Edom sandt' ich.
Und lach' erst.
Mit zusammengebissenen Zähnen.
wenn ein gutes breites Messer 65
Fest in Jaakobs weißer Kehle sitzt!
OHOLIBAMAH
verdrossen.
Was wütest du? Der Alte meinte Edomj
Der Segen gilt nicht!
BASMATH.
Gilt nicht? Oh, wie bist
Du klug mit einemmal, Ohohbamah!
— II —
SHAMÄRTU
n/ckf ernst.
Er gilt!
BASMATH
nickt.
Er gilt! Versuches, Oholibamah.
70 Versag' dich Edom Nacht um Nacht, und wenn dann
Lust, Sehnsucht, Trotz, in ihm zu einer Flamme
Aufschlägt, die nur nach dir, nach dir nur lechzt . .
Dann schieb ihm nachts — ihm, der's nicht merkt —
statt deiner
' Die Sklavin unter, daß er sie beschläft. —
75 Und sie empfängt, wird fruchtbar und gebiert
Ein Kind, das Edoms Lust und Trotz und Sehnsucht,
Die dir galt, nun in ihrem Blute trägt . .
Dann lach' Oholibamah, sprich zum Kinde:
„Du giltst nicht Kind — denn mir war's zugedacht!"
Zurückgeworfenen Hauptes.
80 Oh! Käme Edom!
Zu Shamarru.
Wird es noch nicht Tag?
SHAMÄRTU.
Noch nicht!
OHOLIBAMAH
rf» sich wieder gelagert hat.
Kesil steht noch am Himmel!
— 23 —
SHAMÄRTU
halb vor sich hin.
Ja! Kesil!
Kesil! War auch ein Jäger, gleich wie Edom,
War auch stark, ja! Und fingen doch mit List ihn.
Nun stöhnt er, droben, an den Himmelsbogen
Mit ewigen Stricken angeschnürt — Kesil! 85
BASMATH
StUl! Sieh!
Der Vorhang, der die Türe ins Haus verhängt, ist halb zur
Seite geschoben. In der Türöffnung steht im Dunkel, nur wentg
umhellt von dem schwachen rötlichen Licht der Öllampe, die in
der Ttefe des Hauses brennt, Rebekah. Sie fährt langsam mit
der Hand über die Stirne, dann läßt sie den Arm sinken, lehnt
den Kopf zurück, holt zweimal tief Atem und tritt nach rück-
wärts ins Haus zurück. Der Türvorhang fällt vor.
OHOLIBAMAH
scheu.
Was tat sie da?
SHAMÄRTU.
Sie seufzte!
BASMATH.
Die?
Frag' sie! Sie sagt dir: „Tiefen Atem holt ich,
Ich seufzte nicht!"
— 24 —
OHOLIBAMAH.
Wie froh ich bin, daß wir
Nicht drinnen schlafen} ich hab' Angstj ihr Blick
90 Bringt Krankheit!
BASMATH
bitter.
Sorg' nicht! Mägde, Knechte, Tiere —
Das sieht sie an. Doch uns? Ihr Blick geht längst schon
Nur durch uns — über uns hinausj wir sind nicht.
OHOLIBAMAH..
Sie kann wohl zaubern?
BASMATH
zuckt die Achseln.
Möglich! Doch sie tut's nicht.
Auch bringt sie keine Opfer. Früher — da ich
95 Für sie noch lebte — traf sie einmal, mich
Beim Opfern morgens anj da sprach sie zu mir:
„Ihr Armen! Müßt ihr eure Götter locken?
Im Fürstenhaus Abrahams ist die Sitte,
Daß Gott und seine Engel, ungebeten,
IC» Befreundet, dieses Hauses Schwelle nahen!"
shamArtu. .
Die Sterne blassen!
— 25 —
BASMATH.
Endlich! Auf das Dach,
Shamartu! Und sieh aus!
SHAMÄRTU
steht auf dem Dache und bückt aus.
Noch nichts!
BASMATH.
Gabst du
Zahor das schnellste Reittier?
SHAMÄRTU.
Herrin, nein!
BASMATH
fährt auf.
Und ich befahl's doch! Geißeln wird dich Edom!
SHAMÄRTU
stark.
Nein! Loben wird mich Edom, unser Herr, 105
Wenn er das schnellste — ausgeruht, gesattelt
Im Stalle findet!
BASMATH
fast jauchzend.
Ja, Shamartu! — Edom!
Was eilst du nicht? Daß du ihn noch erreichtest,
Eh' er von Chebron aufbricht! Dorten in
HO Machpelahs Höhle, eurer Ahnen Gruft,
Dort gieß sein Blut aus und mit ihm den Segen,
Daß leicht der Segen rück den Weg sich finde,
Dorthin, woher —
Erschauernd.
ich weiß es wohl — er kam !
SHAMÄRTU.
Die Hunde, Herrin!
Die Frauen sind aufgesprungen.
BASMATH.
Wie? Allein?
SHAMÄRTU.
Ich seh'
115 Noch nichts — ich höre nur ihr Keuchen! Da —
Der Herr! Er hält die Koppel!
Bei ihm?
BASMATH.
SHAMÄRTU.
Ich seh' ihn nicht!
Ist Zahor
BASMATH.
So weiß noch Edom
Von nichts?
— 17 —
SHAMÄRTU.
Jetzt seh' ich Zahor! Oh! Er muß
Gestürzt sein, das Gesicht scheint blutig, und
Er fuhrt das Tier am Halfter, und es lahmt! 120
Der Herr hat nichts von Wild erlegt, sonst drängten
Die Hunde nicht so toll dem Hause zu , . .
BASMATH
herrisch gebietend.
Herunter! Schwatz' nicht! Auf, das Tor!
Shamärtu ist herabgesprungen und läuft in den rück'joärtigen
Hof nach linksy um das Tor zu öffnen, Basmath, der Turf
des Hauses zugewandt, jedoch entfernt von ihr, in höhnendem
Herausfordern.
Du, drinnen,
Dein Erstgebor'ner kommt nach Haus!
Man hört Shamärtu den schweren Riegel des HaupttoreSj das
durch den vorspringenden Stall gedeckt ist, zur Seite schieben.
Im Hintergrund des rückwärtigen Hofes erscheint Edom, die
Hunde, die zu ihrem Stalle — rechts im Hintergrunde — bin-
zerren, an der Koppel. An dem breiten mit rotem Kupfer ver-
zierten Leibgurt hängt der Köcher und ein kurzes Jagdmesser,
auf dem Rücken der Bogen und an einem kurzen Riemen eine
erlegte Gazelle, Sein Gewand, aus zwei Schakal feilen, läßt Reine
und Arme frei. Buschiges, rotes, kurz sich lockendes Haar; ein
lunger noch ungeschorener Bart rahmt Kinn und Wange. Im
schwachen Dämmern sieht man jedoch kaum mehr als die Um-
_ z8 —
risse der Gestalt und das Blitzen des Gürtelschmuckes und der
Waffen.
EDOM
zum Haupttor zurückgewandt, kurz und dumpf.
125 Den Hunden Futter, und das Tier verbinden!
Er übergibt Sbamartu die Hunde. Die Frauen eilen auf ihn
zu, er "wehrt, mit kurzer starker Handbewegung, ab.
Berührt mich nicht! Es ist ein Eid auf mir!
Et geht entschlossenen Schrittes zur Türe, die ins Haus führt.
Rebekah steht auf der Schwelle.
EDOM
mit gewaltsamer Ruhe, fast tonlos vor Erregung.
Laß mich ins Haus!
REBEKAH
regungslos, mit erzwungener Ruhe, ohne aufzublicken.
Dein Vater schläft sehr leise,
Dein schwerer Tritt vermöchte ihn zu wecken !
EDOM
sich bändigend.
Laß mich ins Haus! Du weißt, der Vater hat
130 Mich ausgeschickt, ihm Wildbrät zu erjagen
Zu einem Mahl — daß er danach mich segne.
— Ip —
Er läßt mit einem kurzen Ruck der Schulter das erlegte Wild
zu Boden gleiten.
Hier ist das Tier!
REBEKAH.
Dein Vater hat gegessen!
EDOM
losbrechend.
Und hat gesegnet! Nicht?
REBEKAH
hat den Kopf erhoben, und sieht ihn voll an.
Er hat!
EDOM
mit Mühe an sich haltend
Mach' Platz!
REBEKAH
beherrscht.
Seit Mittnacht weh'n um deinen Vater Flügel
Des Engels, den man zweimal nicht erschaut! 135
Emporblickend^ mit gedämpfter Stimme.
Zum Herrn hab' ich gerufen, daß aus Schlaf
Er milde für ihn eine Brücke baue,
Darauf er leidlos, still hinüberfände
Wo seine Väter, seiner harrend, ruhn!
Es gab der HeiT den Schlaf! Willst du ihn nehmen? 140
— 30 —
EDOM
hart an ihr, mit erhobenen Fäusten.
Mir nehmen will ich, was mir zukommt! Laß mich!
REBEKAH
aufschreiend.
Willst du mich schlagen? Schick' zumindest vorher
Die Fremden fort — die Schmach bleib unter uns!
EDOM
die Ellbogen an den Leib gepreßt j den Kopf zurückgeworfen,
am ganzen Leibe bebend.
Ich muß zu meinem Vater — hörst du?!
REBEKAH
mit Jähem Entschluß den Vorhang zur Seite reißend, wild.
Geh!
Sie ist von der Schwelle rasch herabgetreten und hat sich er-
schöpft auf einen Mauervorsprung am Haus sinken lassen.
Basmath und Oholibamah stehen rechts von der Türe, durch
die man in den dunklen Gang des Hauses sieht. Oholibamah
ist zur Türschwelle getreten und horcht geduckt ins Haus
hinein,
OHOLIBAMAH
leise.
£45 Spricht jetzt der Alte? Horch!
— 31 —
REBEKAH
wirft eint» Blick zu ihr hinüber; dann mit gesenkten Augen,
Ekel in der Stimme.
An Türen horchen,
Ist Knechtesart! Hat man zu Haus versäumt,
Euch das zu lehren?
BASMATH
beherrscht.
Herrn- und Knechcesart
Lernt' ich am Hofe meines Vaters scheiden!
Herr sein — und doch nach Knechtesart zu stehlen —
Das lernt ich — gestern abends, dünkt mich — hier! 150
OHOLIBAMAH
leise.
Ich höre schluchzen!
BASMATH
entsetzt.
Edom?!
Aus dem dunklen Gang stürzt taumelnd Edom hervor und
bricht an dem Türrahmen in die Knie.
EDOM
geschüttelt von Schluchzen.
Mutter! Was
Hab' ich getan, daß du mich so sehr hassest?
— 3^ —
REBEKAH
ernst, mit milder^ tiefer Stitnme,
Ich hass dich nicht! Nur — fremd bist du mir worden!
Leicht trugst du's bisher,
die Achseln leicht xuckend.
trag es weiter!
EDOM
schluchzend.
Fremd!?
155 Bin ich denn nicht dein Sohn? Dein Fleisch . . .
REBEKAH
bat sich erhoben; mit väieder gewonnener Härte.
Woran
Soll ich's erkennen denn? Dein Fleisch - es dampft
Am Tag von Mord und Schweiß der wilden Tiere,
Und duftet Nachts nach Salböl fremder Frauen.
Verschwägert nun mit Chitti und mit Chori
bitter auflachend.
160 Was brauchst du mich und meine Liebe noch?!
BASMATH
erhabenen Hauptes, stark — nicht zu laut.
Ein Fürst der Chitti ist mein Vater!
— 53 —
REBEKAH
kurz auf lachend.
• Heil!
Der Ehre, die Abrahams schlechtem Hause
Durch dich — du Fürstentochter — widerfuhr!
BASMATH
verhalten.
Edom, steh auf!
EDOM
drängend.
Mach's ungeschehen, Mutter!
REBEKAH.
Ich kann es nicht! Kein Bronnen strömt zurück! i6$
EDOM.
Du mußt!
REBEKAH.
Ich kann es nicht! — Der Segen liolS . ,
Nun keimt und treibt und wächst er in Jaakob —
Wider ihren Willen von Jubel erfaßt.
Gelobt der Herr, daß ich's nicht ändern kann!
BASMATH
faßt Edom an der Schulter; mit voller Kraft.
Edom, steh auf!
— 54 —
EDOM
ist aufgesprungen j wild.
Du sollst nicht an mich rühren!
170 Ich sagt' euch's doch — ein Eid ist auf mir!
REBEKAH
mit verhaltenem Atem.
Was-
Was schwurst du?
EDOM
hat den Bogen, der ihm, als er an der Türe niederbrach, von den
Schultern glitt, vom Boden genommen und über die Schulter ge-
worfen. Kurz auflachend.
Weißt du's noch nicht, Mutter? Das?
Die Arme an den Leib pressend, die geballten Fäuste auf der
Brust, zurückgeworfenen Hauptes, hat er — wie um sich ganz
zu sammeln — die Augen geschlossen und stößt die Worte seines
Gelübdes zwischen zusammgebissenen Zähnen bebend hervor.
Des Feld's verworfnes Unkraut meine Speise!
175 Mein Trank die Pfütze und der Stein mein Bett!
KeinWeib mir nah - und Fluch mir, wenn ich's breche,
Eh' ich . . .
REBEKAH
beschwörend.
Schweig! Schweig!
EDOM.
. . Jaakobs Blut . . .
— 35 —
REBEKAH
auf ihn losftürzfnä, als wollte sie mit ihren Händen ihm den
Mund schließen.
Sprich's nicht aus.
EDOM
auflachend.
Zu Spät! Ich sprach's, da mir die Botschaft kam!
Und gilt der Segen — wohl! — Der Eid gilt auch!
Du darfst nicht . .
REBEKAH.
EDOM.
Wer befiehlt mir?
REBEKAH.
Deine Mutter!
EDOM
in laildem Höhnen.
So bin ich wiederum dein Sohn? Kamst du.
Aus Angst um ihn, von neuem mit mir nieder? iSo
Ich bin dir fremd! Fremd sind mir deine Worte,
Helft mir, ihr Frauen, sie verstehn, denn die dort —
Die Sprache meiner Mutter, spricht die nicht!
REBEKAH.
So hör' doch Edom! Hör'!
- ^6 -
Nach Atem ringend.
185 Nie tritt Jaakob diese Schwelle wieder!
Nichts spricht er jemals als sein Erbteil an !
In mühsam gebändigter Hast.
Die eingestallten Herden hier im Haus,
Das Vieh in Hürden, was an Tieren draußen
Gepflöckt im Kreise weidet — alles dein!
190 Dein, Haus und Hof, die steingefaßten Brunnen
Voll süßen Wassers, das niemals versiegt^
Die Sklaven — fremde, wie im Haus geborene;
Noch ungeschmiedet Erz: der Vorratskammern
Fülle und Überfülle — Edom — dein!
bitter.
195 Bald dein! Eh' sich der Vollmond rundet, ruft man
„Edom" den Herren hier! Nichts dann dem Bruder,
Dem Vater nichts, als ein Geleit nach Chebron —
Und mir, mein Sterbekleid — die Mutter gab's mir,
Da ich zur Hochzeit auszog von Charan . .
200 Dein Bruder fern - dein Vater tot - du, Herr hier . .
Was willst du noch? Laß von Jaakob ab!
EDOM.
Was noch? Was noch? Den Segen! Meinen Segen!
Und wächst er in Jaakob — gut —
Sein kurzes Dolchmesser halb aus der Scheide hebend.
— 37 —
Der Spaten
Gräbt ihn mir mit der Wurzel aus!
REBEKAH
höbnhch auflachend,
Du glaubst, 205
Der Segen ließe mit Gewalt sich rauben?
BASMATH
zurückhohnend.
Warum denn nicht? Da er sich stehlen ließ!
REBEKAH
hart an ihr.
Wen nennst du Dieb?
BASMATH
höhnend.
Nicht dich!
OHOLIBAMAH
hervorkläffend.
Nein! Zugegriffen
Hat dein Jaakob!
BASMATH.
Und was du, du Stolze,
Dabei getan — das heißt bloß „Lug und Trug"
- 5» -
OHOLIBAMAH.
2IO Den armen alten Mann . .
REBEKAH.
Spart Euer Mitleid!
OHOLIBAMAH.
. . Der nicht mehr . .
REBEKAH
mit fliegendem Atem,
Mich, mich darf er dauern, daß er
Demütig aufwuchs in Abrahams Schatten —
Ein blasses Reis, zu nah dem hohen Stamm!
Nennt ihr bloß „Jizchak", was, da drinnen, flackernd
215 Traurig erlischt? Mein Lebtag nannt ich's — anders.
Dem Sohn Abrahams gab ich mich zu eigen,
Abrahams, der — mit Königen im Bunde —
Vier Ostlandskönige zu Lajisch schlug.
Bei dem, im Hain von Mamres Terebinthen,
220 Mit seinen Engeln — Gott zu Gaste saß!
Ihr Narren, Narren! Jizchaks Segen wollt ihr?
Hol' ihn dir, Edom, drinn — der ist noch frei!
Jizchak mißtraute, Jizchak hat gezaudert,
Getastet, da Jaakob vor ihn trat —
225 Sein kraftlos Alter liebt dich, starken Edom —
— 39 —
Jaakob sprach — und Jizchak hat gezweifelt!
Aufjubelnd.
Jaakob sprach — und aus den Tiefen hob's sich
Und straffte Jizchaks Leib und warf ihn aufrecht,
Und Segen brach aus ihm, und Jizchaks Antlitz
War wie ein Schleier nur, dahinter Terachs, 23c
Nachors, Abrahams Antlitz, atmend glornm!
Des rechten Erben Stimme rief die Ahnen
Die segneten — und die belog ich nicht!
EDOM.
Des rechten Erben? Bin denn ich nicht echt?
. Zur selben Stunde . . 235
BASMATH.
Vor ihm noch geboren?
EDOM.
Und mich verwirfst du und wählst ihn?
REBEKAH
abiuehrend.
Der Herr
Verwirft und wählt! Dich, Edom, sättigt,
Besitz und Speis' und Trank und Schlaf und Frauen,
Achselzuckend.
Was soll — was soll der Segen dir? Auf Erden
Wächst deine Lust! Nimm du dein irdisch Erbe! 240
— 40 —
EDOM.
Dein Haß verwirft mich — nicht der Herr! Bring' ich
Nicht Opfer? Furcht' ich nicht den Herren? Meid' ich
Nicht fremde Götter, die Ihm feind? Warum
Verworfen ich? Und auserwählt Jaakob?
245 Weil du e.s willst?
BASMATH.
Weil an den Schwächling du
Dein Herz gehängt?
EDOM.
Weil meine Stimme rauh,
Und seine schmeichelnd? Wie? Weil er im Nest hockt,
Als war er noch nicht flügge, bei dir kauert . .
OHOLIBAMAH.
Das süße Kind!
EDOM.
, . Nach deiner Jugend fragt,
«50 Von Ahn und Urahn . .
OHOLIBAMAH.
Märchen!
Verworfen — ich?
EDOM.
. . Wissen will?
— 41 —
BASMATH
auflachend.
Erwählt Jaakob! WeiJ dir
Der Hund nur taugt, der duckt, der dich bewedelt!
Deshalb — verworfen Edom?
REBEKAH
aufgerichtet mit voller Kraft.
Ja! verworfen!
Und auserwählt Jaakob!
BASMATH
höhnend.
Weil . .
REBEKAH
das bahnende „Weil" trotzig aufgreifend; ihre Worte stauen
sich, ehe sie von ihnen überflutet wird.
Ja! „Weil!"
Weil er einhergeht, voll von dunklen Fragen, 355
Und du — dich froh und satt und sicher freust!
Weil, aller Ahnen Zweifel Traum und Sehnen —
Ein nie verstummend Fordern — in ihm klingt,
Weil er — nicht Gott in ferne Himmel einsargt,
Nein — täglich, Herz an Herzen, mit Ihm ringt! - 260
Weil du — nur jagen kannst und opfern, morden!
~ 4* —
Und er vor aller Wesen Leid erblaßt,
Und er zu allem spricht, und zu ihm alles . .
Trägt er den Segen . . und des Segens Last!
In wachsender Seligkeit.
265 Weil um sein Haupt ein immerwährend Wehen,
Wie unerschauter Engel Flügelschlag,
Ist ihm verhängt, was du — nicht siehst, zu sehen,
Voll von Gesichten quillt ihm Nacht wie Tag!
Weil ihm die Brunnen heilige Wasser rauschen,
370 Ihm alle Wälder sind wie heilige Haine . . .
EDOM
aufstöhnend.
Was tat ich Gott? Warum dies ihm, nicht mir?
REBEKAH
vernichtenden Jubel in der Stimme, als hole sie zu einem
letzten, tödlichen Hiebe aus.
Weil auf ihm Gnade ist — und auf dir — keine!
EDOM.
Ist Gott denn nicht gerecht?
REBEKAH
in eherner Abweisung.
Ich weiß nicht, was
Er ist! Wüßt ich's - Er war mein Gott nicht!
Shamartu ! Satteln !
— 43 —
EDOM
mit weit offenen Augen.
In!
Zahor!
275
SHAMARTU
im Hintergrunde, stark.
Herr, es ist gesattelt!
EDOM.
Die Hunde! Zahor!
ZAHOR
im Hintergrunde.
Herr, sie tranken eben!
EDOM.
Die Hunde her!
ZAHOR.
Sie fraßen noch nicht!
EDOM
auflachend.
Gut!
Ich schaffe ihnen Fraß!
Shamartu erscheint, mit den Hunden an der Koppel, im
Hintergrunde.
— 44 —
EDOM
auf sie losstürzend.
Die Stachelriemen
Um ihren Hals! Rasch, Zahor, ein Gewand
280 Von meinem Bruder!
Über die Hunde gebeugt, unter ihnen, die um ihn sich drängen
und bei seinem Anruf aufheulen.
Hunde! Liebe Hunde!
Während Shamartu die Stachelriemen umlegt.
Verzeiht mir — schlecht hab' ich an euch gehandelt}
Keuchend vor Erregung.
Die Beute nahm ich und gab euch den Abfall,
Haut, Knochen, inneres Gedärm — verzeiht mir!
Heut' mach' ich's gut!. Ich zeig' euch eine Spur,
28s Die nehmt mir auf und fuhrt mich!
Zahor bringt ein linnenes Geiuand^ Edom hält es den Hunden
vor; seine Stimme schlägt, berauscht von Haß, in ein "wildes
heiseres Lachen um.
Da — da habt ihr!
Merkt euch: So — riecht ein feiger Dieb! Tiamat!
Nimm seine Spur! Sucht, sucht ihr Hungrigen!
Nicht Abfall bloß - heut' sollt' ihr alles haben,
290 Komm Rahab! Komm Labbü! Was ich heut jage.
Dürft ihr zerfleischen, nehmt euch meinen Bruder,
— 45 —
Sein Innerstes, sein Herz, sein Hirn — ihn ganz!
Er stürmt mit den Hunden ab,
REBEKAH
viill ihm nachy luendet sieb aber und stürzt nach vorne, zur
Mauer. Von einem Mauersockel aus, mit halbem Leib sich über
die Mauerbrüstung werfen dy ruft sie Edom verz-weifelt nach.
Er ist dein Bruder! Edom! Edom!
Erschöpft an die Mauer gelehnt,
Hör^ ihn
Nicht Herr! Herr laß es nicht geschehn! Gebirge
Wirf über Edoms Weg! Abgründe reiße, 295
Furchtbar, vor Edoms Schritten auf j die Wasser
Türm' auf zu Schwall und Fluten, die ihn schrecken!
Zu den Frauen mit 'wiedererwachter Kraft.
Was steht ihr hier und freut euch? Auf die Knie!
Und betet mit! Ihr lauschtet ja dem Segen!
„Gesegnet, der Jaakob segnet! Fluch — 300
Fluch, der ihm flucht!"
Die Frauen an den Schultern fassend.
Auf eure Knie und betet,
Daß Edom nicht verflucht sei!
Sie hat die Frauen mit beiden Händen, trotz ihres Wehrens, in
die Knie gezivungen und steht zwischen ihnen, beide mit Gewalt
niederhaltend, hoch aufgerichtet zurückgeworfenen Hauptes da.
Nieder! Nieder!
- ^6 ~
Ihre Stimme, die vorerst noch verzweifelt flehtej schv)iUt
gebietend an.
Laß Edom — Herr — Jaakob nicht erreichen!
Befiehl der Nacht, daß sie Jaakob berge!
305 Mit Quahn und Nebeln hülle Edoms Haupt!
Im Kreis laß irren ihn! Die Hand, die wider
Jaakob sich erhebt, mach' lahm! Das Eisen,
Das auf ihn zückt, zerschmilz in Deinem Blitz!
Gib Engel mit, Jaakob — bis ans Ziel!
310 Der Ahnen längst verlornen Paradiesesströmen
Laß heil — o Herr! mein Kind, Jaakob, nah'n!
Sie fühlt das Nachlassen ihrer Kraft undstö/Jtdie Frauen von sich.
Ins Haus mit euch!
Die Frauen fliehen nach rückwärts in den Hof} Rebekah lehnt
erschöpft an der Mauer. Tränen quellen in ihr wider Willen auf.
Vom Rand der Wüste send' ich dich — mein Knabe,
Nach meiner Jugend seligem Talgrund von Charan!
Sie hirgty geschüttelt von stummem Schluchzen, ihre Augen mit
dem Handrücket}.
n.
Eine Höhe, später Beth-El genannt. Eine geflachte Bergkuppe
aus rötlich-grauem zerklüftetem Gestein fallt stell nach allen
Selten In die Tiefe; nur rechts Im Hintergrunde scheint, zwischen
niederem Buschwerk sanfter abfallend, ein Weg Ins Tal zuführen.
Die stellen, zum Teile überhängenden Felswände überwächst an
manchen Stellen Scb/lngkraut. Vorne ragen Baumwipfel und
Gesträuch aus der Tiefe empor.
Auf der Kuppe verstreut Geröll und breite Felsblöcke, von feuchtem
Moos überwachsen. Die Kuppe fällt vom Hintergrunde nach
vorne. Links Im Hintergrunde ragt eine schmale Klippe vor.
Nahe dabei bricht aus dem Gestein ein kleiner Quell, der — von
höherem und dunklerem Grün gesäumt — zwischen Steinen weiß
aufschäumend, sich den Weg In die Tiefe sucht, und durch einen
eng eingerissenen Felsenschrund In kurzen Sprüngen sich hinab
In die Schlucht wirft.
Die Kuppe liegt In vollem Sonnenlicht, Blöcke und Gestein werfen
die langen Schatten des späten Nachmittags. Über allem ein kühler,
klarer, fast farbloser Frühjahrshimmel. Den Hall dunkler und
heller Herdenglocken trägt der Wind aus dem Tal herauf, da-
zwischen versprengt das Lied einer Hirtenflöte. Empor aus der
Tiefe klimmt Jaäkob, Brust und Knie an das Gestein gepreßt,
auf dem Rücken eine Art Rucksack; den Hirtenstab, der Ihm
hinderlich Ist, zwischen den Zähnen. Er trägt ein kurzes Gewand
aus zwei Lammfellen, das Arme und Beine frei läßt, an den
Füßen Sandalen. Ein vieicher Lederhut hängt ihm — vom Kopf
herabgegitttcn — an einem dünnen Riemen in den Nacken, Er
schwingt sich auf die Kuppe, wirft den Hirtenstab neben sich
hin, wendet sich — noch am Rande knieend — zur Tiefe zurück
und ruft:
JAÄKOB.
Hierher, Idnibaal! Hier steh' ich! Hierher!
Er hat sich aufgerichtet; man siebt sein bartloses Gesiebt, das nur
leichten Flaum an den Wangen trägt, und die hellbraunen Locken,
die nicht bis zum Nacken reichen. Er läßt den Rucksack vor-
sichtig zu Boden gleiten und ruft, über den Hang sich neigend:
315 Nicht meinen Weg! Der Stein, der mich noch trug,
Kann deiner Last entweichen! Dort! Entlang
Dem Schlingkraut, das den Felsen überhängt!
Gib acht! Geglättet ist der Stein vom Quell,
Der durch den Felsenschrund hinab zur Schlucht springt!
Er ist weiter nach links getreten und löst den Riemen, der ihm
mehrfach die Hüfte gürtet.
Den Gurt werf ich dir zu:
Er tritt einen Schritt zurück, zielt und wirft, das eine Ende
des Gurtes in der Hand behaltend.
Hast du ihn?
idnibaAl
aus der Tiefe.
Ja, Herr!
_ 49 —
JAAKOB
setzt e'men Fuß vor und lehnt sich zurück.
Stemm' an! Ich reiß dich auf!
Der Sklave Idnibaäl, von Jaäkob emporgerissen, faßt taumelnd
Fuß am Rande der Kuppe. Er ist nicht mehr jung, stämmige
gebräunt} sein angegrautes dichtes krauses Haar ist kurz ge-
schoren. Er ist hartlos j die Züge sind ernst, die Stimme ruhig
und tief. Er trägt ein hochgegürtetes Hemd, zusammengesetzt
aus .zwei viereckigen Stücken ungebleichten Linnens, die an jeder
Schulter nur ein Haft hält. Sandalen aus Fellwerk. Ein schwer-
gepacktes Bündel drückt seinen Nacken nieder ^ an einem Riemen,
quer über die Brust, hängt ein Sack aus Schakalfell, an seinem
Gürtelstrick schwingt eine silberne, ungehenkelte, am Rand durch-
lochte, Trinkschale und ein, mit braunem Seilwerk umflochtenes
Widderhom, das ein rotkupferner Deckel schließt. In der Hand
trägt er einen übermannshoben, oben gekrümmten Stab.
IDNIBAÄL
schöpft tief Atem.
Herr! Steile Stege
Wählst du!
JAÄKOB
sich wiederum gürtend, während Idnibaäl, weiter rückwärts
knieend, seine Last ablädt.
Die Höhe hier beherrscht die Täler
Ringsum! Hier überschau ich, was uns naht!
4
— 50 — •
IDNIBAÄL
hat sich aufgerichtet; er steht, von Jaäkob abgewandt j am rück-
lüärtigen Rande der Kuppe und weist nach rechts hinab.
Doch sieh, Herr! Von der Straße, die wir zogen,
325 Führt, eben dort, wo wir den Bach durchwatet,
Ein ausgetretner Wiesenpfad herauf!
JAÄKOB
nickt.
Ich sah — und mied ihn! Ausgetretne Pfade
Sind schwatzhaft, und der nächste Wandrer muß
Nicht gleich erfahren, wo wir heute rasten.
IDNIBAÄL.
330 Du furchtest . -
JAÄKOB.
Er nimmt den Lederhut von seinem Nacken und läßt ihn neben
sich zu Boden gleiten: ruhig lächelnd.
Nichts, Idnibaal! — Ich denk nur.
Daß Wasser unsre Spur nicht aufbewahrt.
Daß in der Schlucht am Bache das Gestrüpp
Von gelbem Ginster schattig mir die Herden
Bis morgen birgt - und daß hier auf der Höhe
335 Der Abendwind mir schon die Stirne kühlt.
Wenn drunten noch der Boden Hitze haucht.
Er horcht auf.
— 5» —
Hörst du nichts? Nicht den Hall der Herdenglocken!
Dazwischen klingt noch . .
IDNIBAÄL.
Herr, das wird wohl Schua
Auf seiner Siebenpfeife sein! Hast du ihn
Noch nicht gehört? Er blies uns doch heut morgen 340
In Chebron aus dem Schlaf!
JAÄKOB
leise.
In Chebron schlief
Ich nicht.
IDNIBAÄL.
Auf mich fiel tiefer Schlaf; doch lohnte
Die kurze Rast es nicht, sich auszustrecken.
Drei Stunden kaum!
JAÄKOB
den Kopf gesenkt, leise und ruhig vor sich hin.
Drei Stunden, da ihr schlieft
Lehnt ich im Dunkel vor Machpelahs Höhle, 345
Gepreßt die offnen Augen an die Pforte
Die steinern meiner Väter ewiges Haus
Vor mir verschloß. Einmal bricht man . .
Er schöpft tief Atem.
— 5* —
Man bricht einmal für mich auch auf die Pforte!
350 Dann schlaf auch ich in Chebron; vorher — nicht!
Er richtet sich auf, tritt hart an den linken vorderen Rand der
Kuppe und ruft mit heller froher Stimme hinab.
Ihr drunten! Hört ihr? Nehmt den Tieren jetzt
Die Glocken ab, und hängt sie morgen erst,
Beim Aufbruch, ihnen um! Und, Schua! Laß
Dein Lied sein! Morgen, wenn vor Sonnenaufgang
355 Die frühen Winde stürmen — fang sie ein
Und treib die wilden durch, durch sieben Pfeifen —
Bis sie ein Lied mir singen, das mich weckt!
Zu Idnihaäl gewandt, der knieend sein Bündel geöjfnetj ein
Fell, eine große, flache, tönerne Schüssel, runde, dünne Brote^
Linnenzeug und zwei gefüllte Lederschläuche auf den Boden
gelegt hat und nun aufsteht, den einen Schlauch zur Quelle trügt
und ihn im Bett des Baches niederlegt.
Was tust du da?
IDNIBAÄL.
Für deine Nachtruh, Herr,
Rieht ich zurecht! Und in den frischen Quell
j6o Leg ich den Schlauch, daß sich die Milch drin kühle.
JAÄKOB.
Ich brauch sie lau; mein Lamm zu tränken!
— 53 —
idnibaAl
vorivurfsvoU.
Herr!
Du trugst das Tier herauf?
jaAkob
lächelnd auf seinen Rucksack iveisend.
Dort schläft es!
idnibaAl.
Sieh,
Wir hätten unten sorgsam es gewartet!
jaAkob.
Mir kommt es zu, um dieses Lamm zu sorgen j
Ich trag die Schuld an seiner Mutter Tod! 365
idnibaAl
hebt in leichter zärtlicher Abwehr die Hände; mit treulächeln-
dem Aufblick.
Wie trügst, du Herr, an irgend Bösem, oder
An irgend Leid — du Herr — die Schuld!
Er neigt sich und küßt den Saum von Jaäkobs Kleid; leise.
Mein Herr!
jaAkob
in ruhigem, nicht zu schwerem Ton.
Doch, doch! Das Tier war viel zu sehr an mich
— 54 -
Gewöhnt und lief mir nach, wo es mich sah.
370 Und da ich nun vor Chebron auf dem Reittier
Die Herden überholte, da ersah
Es mich und ließ die Herde — hinter mir
Lief es einher, gehetzt und keuchend — war
Nicht 2:u verscheuchen, bis ein harter Hufschlag
375 Des Reittiers an der Stirn es traf! — Da lag
Es blutig an der Straße, starb — und sterbend
Warf sein gequälter Leib die reife Frucht aus!
Die Schale gib und fülle sie mit MUch!
idnibaAl
zögernd die Schale von seinem Gürtelstrick lösend.
Herr, es versteht noch nicht allein zu trinken!
jaAkob.
3S0 Ich weiß. Füll' ein!
Idnibaäl läßt Milch aus dem Schlauch in die Schale rinnen.
Jaäkob hat sich ins Moos zwischen Gestein gelagert. Er ruht
auf den linken Arm gestützt und nimmt von Idnibaäl die
volle Schale entgegen, die er prüfend an die Lippen führt, dann
neben sich zu Boden stellt.
Reich' mir das Tier!
IDNIBAÄL
hat behutsam das junge Lamm emporgehoben.
Sieh, Herr!
Es schläft und schnaubt in tiefem Schlaf und schiebt
— 55 —
Die weichen Lippen saugend auf und nieder
Und träumt, es tränke.
Er reicht das Lamm Jaakob, der es nahe an sich heranschiebt.
jaAkob
hat die Finger seiner Linken mit Milch benetzt und schiebt sie
dem Lamm zwischen die Lippen.
Komm nur, Kleines! Trink!
Ich mache deine Träume wahr!
Gedämpfty nachdenklich.
Wie seltsam!
Ein Lamm, wie andre, ist's! Nur weil sein Herz 385
An meines pocht und weil ich fühle, wie es
Schutz, Wärme, Nahrung, dumpfen Sinns von mir —
Vertrauend meiner Allmacht — sich erhofft . . .
Erscheint mir fast, als hätt' ich's lieb! Wie muß
Erst einer . . 390
Er hat die Finger von neuem mit Milch genetzt; zum Lamm,
das seinen Fingern nachdrängt.
Hab Geduld! Gleich wieder!
Er gibt dem Lamm seine Fingerspitzen j zu Idnibaäl.
Ist's SO,
Idnibaäl, wie mir die Mutter sagte.
Daß du die Straßen hier und weiter bis
Charan schon oft gezogen bist?
- 5Ö —
idnibaAl
nickend.
Noch ehe
Du, Herr, geboren warst, und eh' dein Vater
395 Von den Jebusis mich erkauft! Ich war
Ein Knabe noch!
jaAkob
hinabweisend.
Kennst du die breite Straße —
Sie leuchtet weiß herauf— die, gegen Mittnacht?
idnibaAl
ist zum Abhang getreten und nickt.
Die ziehen — aus Mizrajim — Karawanen
Shebek-Nofriis, die, zwiegetürmt die Krone
400 — Des Südlands weiße wie des Nordlands rote —
Ererbt von ihren Ahnen, trägt.
jaAkob
nur mit einer Bewegung des Kopfes nach Osten weisend.
Der Paßweg —
Dort, gegen Aufgang — führt . .?
idnibaAl
steht hinter Jaäkob.
Nach Ajath, Herr !
— 57 —
JAÄKOB
"währenti seine Hand streichelnd über das Lamm gleitet^ nady-
denküch vor sich bin,
„Den Staub der Erde, wer den zählt, der mag auch
Zu zählen deinen Samen sich vermessen." —
Bei Ajath — sagt die Mutter — war's, daß so 405
Der Herr sprach zu Abraham! — Auf vier Augen
Steht nun des Ahnherrn Haus! Und zwei davon
Vergönnen — furcht' ich — nicht den zweien andern,
Daß sie das Licht der Sonne noch erschauen.
Zu Idnibaal gewandt.
Nach Ajath, sagst du! Das dort — grau im Schatten —
Sind Ajaths Mauern? ' 410
IDNIBAAL.
Herr, sie waren es!
Gebaut von Männern, die von fernher kamen.
Da alles Volk hier noch in Höhlen hauste.
Ajath war fest! Mit Mauern, Toren, Riegeln!
Ein König saß dort — mächtiger als einer! 415
Wenn er den Göttern opferte, so traten
Die Herden, die man hintrieb, neue Straßen
Ins Land ringsum j und seiner Bergaltäre
Gewürzter Rauch strich durch die Täler, bis
Ans Meer, und weiter noch, und ruhte nachts 420
~ 5» —
Auf fremden Schiffen — und zum Sprichwort ward es!
Denn trägt, auf hoher See, der Wind dem Schiffer
Den Ruch der Küste zu, so sagt er heut noch:
„Der Herr in Ajath opfert!"
jaAkob
nachdenklich.
Und es schützten
42s Die Götter ihren Diener nicht?
IDNIBAÄL.
Die Götter?
Achselzuckend.
Von mächtigeren Göttern wurden sie —
So denk ich — übermocht!
jaAkob.
Wie nannte sich
Das Volk in Ajath und das Königshaus?
IDNIBAÄL.
Man weiß es nicht mehr, Herr!
JAAKOB.
Und wie die Sieger?
430 Die Ajath brachen?
IDNIBAÄL.
Herr, man hat's vergessen !
— 59 —
jaAkob.
Wer hat es dir erzählt?
idnibaAl.
Mein Vater, Herr!
Wenn wir von Gebal ins Gebirge zogen,
Bauholz für unsre Schiffe einzuholen.
War unser Hinweg durch den Paß von Ajathj
Der Heimweg ging dann über Uru-Schalim . . 435
jaAkob
bat das Lamm ins Moos gebettet und ist aufgestanden, nickend.
Wo Malki-Zedeks priesterlich Geschlecht
Die Herrschaft hält!
IDNIBAAL
ernst.
Nicht mehr! In einem Käfig
Ward Malki-Zedeks Sohnessohn verschenkt
An Babels König!
jaAkob.
Wie? Verschenkt?! Von wem?
idnibaAl
mit einem Versuche ruhig zu bleiben.
Verschenkt von . . Herr, von einem . . 440
Losbrechend.
Ausgelöscht
— 6o —
Bei Lebenden und Toten sei sein Name,
Nichts von ihm übrig: Nicht die Wurzel abwärts —
Die Frucht nicht oben! Fressend Eiter tilge
In seiner Söhne Anthtz — was ihm gleicht! . .
Gesenkten Nackens, leise.
445 Verzeih, Herr, daß dein Knecht die Stimme hob!
Doch sieh: Der dies getan — durch seine Untreu'
Bin ich ein Knecht durch vierzig lange Jahre! —
Mit bitterem Lachen.
Weil außerhalb von Gebais Mauern sich
Die Werften meines Vaters streckten, galt
45° Der Friede zwischen Gebal und Schidunu
Für uns nicht, Herr — so sprach Schidunus Fürst!
Nachts fiel er über uns, und sengte — und
Am Morgen, Herr, — war ich verwaist und Knecht!
jaAkob
nachdenklich.
Und dess' Geschlecht herrscht jetzt in Uru-Schalim?
idnibaAl
ivilJ aufjubelnd.
455 Nein, Herr! Gepriesen siebenmal sei die
Baalat — nein! Ihn schlugen andre, und
Auf Uru-Schalims breiten Mauern schreitet,
Gepanzert, der Jebusisöhne Wacht!
— dl —
Auflachend.
So sorglos sind auch nicht die großen Götter!
Sie dulden Treuebrecher nicht als Hüter 460
Des Abgrunds — drin der Welt Geschick sich birgt!
JAÄKOB
leichthin.
Liegt dort ein Abgrund, der euch heilig ist?
IDNIBAÄL
die Stimme dämpfend.
Sprich nicht so, Herr, daß du dich nicht versündigst!
Nicht uns bloß heilig! — Daß der Fels hier ragt,
Daß rings das Meer sich selbst in Grenzen bändigt, 465
Gestirne droben, die beschworne Bahn
Nicht treulos brechen . . nur so lange währt es,
Als man die heilige Kluft dort gut behütet!
JAÄKOB
befremdet.
Was birgt der Abgrund denn?
IDNIBAÄL
ernst.
Herr, das — was einst
Allmächtig war, bevor die Götter wurden! 470
Leise anbebend.
Da noch kein „Drunten" war, und noch kein „Droben",
— 62 —
Allflut und Meer in wüstem Knäuel quollen,
Urwirre wirbelte und gor
Da stiegen helle junge Götter auf
475 Und, heilig frevelnd, warfen sie darnieder
Das Ungeheure, dem sie eh' entboren }
Und schufen Tag und Nacht und Himmelszelt
Und banden der Gestirne Bahn mit Eiden.
Erregter.
Den Fels zu Uru-Schalim aber rissen
480 Sie auf, mit ihrem Blitz, zu einer Kluft,
Die bis zum Erdennabel klafft, und warfen
Das Blutige, Verstümmelte, Besiegte —
Hinein! Dort liegt's! Und daß es nie entweiche,
Schoß, feurig sausend, in geweihter Nacht,
485 Ein Stein, von Flammensternen stammend, nieder
Und sank als glühend Siegel auf die Kluft!
Wer dorten opfert ehrt, was ist und war!
Zu frohen Göttern steigt des Opfers Rauch —
Das Blut träuft abwärts, zu dem Traurigen,
490 Das, trostlos siechend, dort im Düster grollt,
\ Und sagt ihm, daß man es noch ehrt, und sänfiigt
j Den Trotz, der drunten unzertreten lauert
Und schlaflos wacht, ob es ihm nicht gelänge.
In jähem Ansturm, Fesseln zu zerreißen!
495 Gelingt es, Herr
- 63 -
In verhaltenem Grauen bebend.
Dann — schwillt es, sich empörend.
Furchtbar empor ans Licht — und was du siehst —
Und nicht siehst, Herr — uns, Erde, Himmel, Götter..
Von Schauern geschüttelt.
Schlingt wieder ein der alten Umacht Schlund!
Dem, der als Priester schauernd opfern darf
Auf Uru-Schalims Fels Moriah — Heil! 5«>
Ein höchstes Amt ward ihm von hohen Göttern!
JAÄKOB
in starker Erregung.
Wie nanntest du den Felsen? Wie?
IDNIBAÄL.
So heißt er — Herr!
Moriah!
JAÄKOB
Erschüttert.
Heißt er Moriah — nun.
So lag mein Vater dort, auf Opferscheitem,
Verschnürt — und seines eignen Vaters Hand 505
Schwang über ihm das Messer — in die Kehle
Dem Knaben es zu . .
- 64 -
IDNIBAÄL
eifrig einfallend.
Da — schrie es von oben —
Erzählen sie im Haus: „Halt ein!" Und schon stand
— Als Löseopfer — dort ein weißer Widder,
510 Der Hörner goldnenWund im Strauch verfangen,
Ein Tier vom Gott gesandt, Herr! — Und dein Vater
Ward nicht geopfert!
jaAkob
Bittery mit drohendem Ernst.
Ward er's wirklich nicht?
Was dort, des Kindes Augen — schreckgeweitet —
Einmal gesehn — glaubst du — vergißt sich das?!
515 Die Hand - des Vaters Hand — die schamhaft: zärthch
Sonst, bebend, über Fieberwangen strich . .
Der Arm, der sonst umschlang und an sich preßte,
Als wäre Nähe noch nicht nah genug!
Dies Auge — nichts als Sehnsucht, Sorge, Segnen —
520 Dies ganze Antlitz — früher Kindheit Heimat,
Wohin Erinnerung müdenttäuschten Alters
Noch, wie auf eine selige Insel, flieht . . .
Und nun dies alles: Hand, Arm, Auge, Antlitz -
Verwandelt, gottestoll, sein Selbst vergessend,
525 Blind, taub -ein einzigerAufschrei nur mehr: „Mord!"
— ($5 -
Erschauernd.
Wem Gott — als Kind — Vertrauen so zertrat —
Wo darf der trauen noch und sicher fühlen?!
IDNIBAÄL.
Sie sagen — prüfen wollte euer Gott . .
jaAkob
~ in scbmerziicher Anklage.
Gott
Ist alle Antwort! Muß ein Gott erst fragen?
IDNIBAÄL.
Sie sagen . . 530
JAÄKOB
ungeduldig.
Wer?
IDNIBAÄL.
Nun — die im Haus: Zum Lohn
Für solche Treue . .
JAÄKOB
unwillig.
Treue will nicht Lohn!
IDNIBAÄL.
Ward deinem Ahn verheißen alles Land
Von Babels Wassern bis zum großen Strom
Mizrajims!
— 66 —
jaAkob
bitter auflachend.
Sieh doch um, Idnibaal!
535 Dies Land: Zuerst verheißen uns im Schatten
Des heiligen Hains von Schechems Zaubereichen —
Verheißen wiederum in Ajath —
Hinalrweisend.
Dort!
Aufs neue zugeschworen uns im Bund,
Den Gott zu Chebron mit uns aufgerichtet —
540 Bestätigt auf Moriah — nun, dies Land . .
Da drunten liegt's — heißt Jizchak sein Gebieter?
Verächtlich.
Der Chitti, der Perizzi, der Kadmoni —
Das streitet drunten sich um Quell und Weide,
Des Meeres Anfiirt hält der Kenaani,
545 Der Keni sitzt in Felsennestern fest . .
Und all dies währt so lang nur, als drei Großen —
Mizrajim, Babel und des Meerlands Fürsten —
Den Kinderzank zu dulden, noch gefällt!
Wb herrscht dennTerachsStammundNachors Sippe?
550 Abrahams Stamm heißt Edom und Jaakob —
Vielleicht — was weiß ich — Edom bald allein!
Abbrechend.
Rieht' mir zur Nacht!
- 67 —
idnibaAl.
sprich nicht so, Herr! Du weißt,
Sie nennen Fürsten euch und neigen sich
Und flüstern scheu, es war' ein großer Gott
Mit euch! 555
JAÄKOB
nickend} stark.
Groß — ist der Gott! Und ist mit uns!
Leiser, als vertraue er Geheimes an.
Zu viel mit uns — Idnibaal — zu viel! —
Er tritt — ein fremder, unerschauter Gott —
Ein namenloser, zu Abraham — scheucht ihn
Aus Arams reichem stromumfloßnem Eiland,
Und heißt ihn Heimat, Vaterhaus und Freundschaft 560
Veriassen — um ein ungenanntes Landj
Und häuft auf ihn noch unerfüllte Segnung,
In steigender Erregung.
Rauscht ihm Verheißung zu durch Schechems Eichen,
Bitter lächelnd.
Verheißt zu Ajath, und verheißt zu Chebron,
Umschauert ihn in Nachtgesichten, lodert 565
In Flammen über Chebrons Brandaltar,
Naht ihm als Wandrer, sitzt bei ihm in Mamre,
Gewährt den langerharrten Sohn — und spricht dann,
„Mir schlachte auf Moriah, den du liebst!"
5*
— 68 —
Mit geschlossenen Augen, erschauernd.
570 Zu nah umweht uns dieser Gott — was will Er?
Was will Er — daß Er also uns umdrängt?!
IDNIBAÄL.
Sie sagen Herr . .
JAÄKOB
in müdem Ablenken.
Sie sagen viel!
IDNIBAÄL.
. . Er habe —
Aus allen Völkern — euch für sich erwählt!
JAÄKOB
auffahrend; in Schmerz, Unmut und Anklage.
Was wählt Er uns — und fragt nicht, ob wir wollen?!
575 — Zur Nacht rieht' mir zurecht, Idnibaal,
Zur Nacht!
Er hat sich müde auf einen großen moosigen Stein sinken lassen,
IDNIBAÄL
im Hintergrunde vor seinem Bündel, das er enischnürt.
Wo breit ich dir die Decke, Herr?
JAÄKOB.
Die Decke laß! Durchtränkt von Tau und Nebeln,
Gibt sie mir morgens mehr noch Frost und Schauer,
- d9 -
Nach rückwärts gegen das Tal 'weisend.
Den Ysop, dort am Abhang, pflück' und breite
Die Stengel mir als Streu aufs Moos! 5fe
idnibaAl
ist hinabgestiegen und pflücktj nur halben Leibes sichtbar, von
den Ysopstauden.
Wo wählst du
Den Platz — Herr?
jaAkob
auf einen Felsblock im Hintergrund weisend.
Dort — der graue Fels gibt Schutz
Mir vor den MorgenstüiTnenj vor ihn hin
Breit' mir die Streu!
IDNIBAAL
ist wieder heraufgestiegen. Er trägt, mit beiden Anmn an die
Brust gepreßt, ein großes Bündel kaum armlanger Ysopstengel
und neigt sich, den Duft der kleinen rötlichweißen Blüten ein-
einzuatmen.
Das duftet, Herr! Dich wecken
Die Bienen, eh' es tagt!
Er ist zum Felsblock, der, übermannsboch, aus dem Moose ragt,
kingetreten und breitet die Streu aus.
JAÄKOB.
Dort, wo du stehst —
Flacht sich nicht dort — dein Schatten fällt jetzt hin — 5*5
— 70 -
Der Stein zu einer seichten Mulde, wie
Bereit, ein Kissen aufzunehmen?
idnibaAl.
Ja — Herr!
jaAkob.
So pflück' zum Kissen mir die Minthe — dort
Am Quell!
Idn'tbaal hat steh unschlüssig zum Quell gewendet.
JAAKOB
sieht sich, da er Idnibaäls Schritt nicht hört, nach ihm um.
Suchst du? Das graue Vließ der Blätter
590 Glänzt silbern in der späten Sonne!
Hinweisend.
Sieh!
Idnib aal pflückt, am Quell knieend, Minthe und trägt sie zum
Felsen hin,
jaAkob
bat schon während des Vorhergehenden, ohne seine Lage zu ver-
ändern, mit nachlässigem Griff, wie spielend, von dem niederen
Kraut, das zwischen den Steinen ringsum wächst, eine Hand-
voll gepflückt und drückt nun, tiefen Atem holend, sein Gesicht
in die Blüten. Leise vor sich hin.
Wie glühst du heiß, mein Liebling — Thymian!
Dein Duft so überstark — was will er sagen?
— 71 —
Sagt er: „Weh', ich verschmachte!" oder bloß:
„Ich leb' und glüh' in Sonne, eh' es nachtet!"?
Streu ich noch dich, du Kleines, auf mein Lager — 595
So duftet es heut' Nacht um mich, als lag' ich
Zu Hause in der Kamtmer, drin die Mutter
Hochzeit- und Sterbelinnen birgt!
idnibaAl
hat die Minthe, die er pflückte, in der kleinen Mulde des Fels-
blockes geschichtet und kniet nun vor seinem Bündel, dem er flache
Scheiben Brotes entnimmt^
Herr, magst du
Nicht von den Broten essen, die die Herrin
Mitgab? 600
jaAkob.
Mich hungert nicht. Leg' eines hin,
Mag sein, daß später . .
IDNIBAAL.
Und die Milch im Schlauch —
Trinkst du sie nicht — wird sauer bis zum Morgen!
JAÄKOB.
Leg' hin den Schlauch! Das Kleine dort will sicher
Noch trinken, ehe Morgen wird.
— 7i —
idnibaAl
bat den Milchschlauch und das Brot auf Steine nahe Jaäkobs
605 Den Abendtrunk . .
Lager gelegt.
Doch Herr,
Er nimmt den Weinschlauch unter den Arm und läßt Wein in
die Silberschale fließen, die er vorher im Quell spült.
jaAkob.
Noch ist nicht Abend.
Lächelnde
Trug dir
Die Mutter strenge auf, um mich zu sorgen!
idnibaAl
nickt ernst.
Sie tat es, Herr. Drum trink! Sieh — deine Schale
Ist schon gefüllt mit Wein !
jaAkob
wehrt, ohne nach ihm umzusehen, mit der Hand leicht ab und
weist nach rückwärts.
Nicht jetzt! Dorthin!
idnibaAl.
Hier, auf den flachen, moosbewachsenen Stein
610 Stell ich die Schale
— 73 —
Er iväblt einen Stein zu Füßen des Lagers, das er gerichtet.
und gehst du zur Ruh,
Gib acht, Herr, daß im Dunkel nicht dein Fuß
Die Schale streife und den Wein verschütte!
JAÄKOB
lächelnd.
Ist er so kostbar?
IDNIBAÄL.
Nicht darum. Doch nur -■
Nur wo ein Gott wohnt, darf die dunkle Erde
Blut trinken oder Wein. Sonst ist es ihr 615
Versagt. Und gießest du an anderer Stätte
Wein aus — so wird die Erde von ihm trunken,
Es nimmt ihr ihren ruhevollen Schlaf,
Sie träumt und sendet ihre Träume in
Die Nacht! 620
JAÄKOB
bat aufgehorcht} nun leise vor sich hin.
So träumt sie auch — die Erde?
IDNIBAÄL
hat das Widderhorn von seinem Gürtelstrick geVöst.
Herr!
Daß du am Morgen dir die Glieder salbest,
Laß ich dies Hörn — gefüllt mit Öl — zurück.
Er legt das Hom neben die Trinkschale.
— 74 —
jaAkob
sieht nach ihm utn^ nickt, dann erhebt er sich, streckt sich und
rückt seinen Gurt zurecht.
Nun schnür' dein Bündel, steig hinab . .
idnibaAl.
Doch, Herr,
Die Riemen deiner Schuhe lösen und
62s Mit kühlem Wasser dir von deinen Füßen
Den Staub der Straße spülen — Herr, das darf
Ich doch vorher?
jaAkob
nickt ihm freundlich zu.
Das darfst du — ja!
IDNIBAAL
über seinen Sack gebeugt, mchend.
Es fehlt
Das Kupferbecken mir . .
JAAKOB.
Da ich heraufstieg.
Schien mir, als fühlt' ich es in meinem Bündel j
630 Sieh nach — doch nein, bring es mu* her, ich selbst
Will sehen . . denn, Idnibaa), noch andres
Verbirgt sich drin —
Lächelnd,
das dich erschrecken könnte!
— 75 —
Er läßt sich auf einen Felsblock nieder, Idnibaäl hat Jaäkobs
Rucksack vom Boden genommen, legt ihn auf Jaäkobs Knie und
tritt einige Schritte zurück. Jaäkob betastet den Sack, entscbnürt
ihn und entnimmt ihm ein breites, flaches Kupferhecken, das er
Idnibaäl reicht.
Da — nimm!
Idnibaäl trägt das Becken zum Quell.
Du weißt, Idnibaäl — die Mutter
Hat dir versprochen: Hast du mich erst heil
Gebracht zu ihrem Bruder, nach Charan — 635
Frei magst du dann zu deinem Volke kehren,
Kein Knecht mehr sein!
IDNIBAÄL
Tväbrend er das Becken, am Quell knieend, füllt, ernst.
Ich weiß es — ihr seid gut!
JAÄKOB.
Nun sieh: Kaufleute kamen vor drei Tagen,
Da du im Felde warst, und hatten Zeuge,
Geschmückte, buntgewebte — wie dein Volk 640
Sie trägt. Da sprach die. Mutter: „Knechtestracht
Soll er nicht tragen, wenn er heimkehrt," und —
Dies Kleid ist nun für dich.
Er hat seinem Bündel ein hemdartiges Gev:and entnommen. Es
ist aus schmiegsamem, dünnem Zeug, elfenbeinfarben, und ivird
von einer buntgewebten Borte, die in geknüpfte Franse endet.
- 7^ -
gesäumt. Er legt es neben sieb auf den Stein. Idnibaal hat
sich indessen vom Quell erhoben und trägt, den Kopf zu Boden
gesenkt, das Becken herbei. Er stellt es vor Jaäkob hin, kniet,
ohne nach dem Gewände zu schauen, nieder und beginnt die
Riemen an Jaäkob s Sandalen zu lösen. Jaäkob zieht aus dem
Bündel einen mehr als handbreiten schweren Ledergurt,
Und weiter sprach
Die Mutter: „Wer so lange uns gedient,
645 Der soll nicht arm aus meinem Hause ziehn."
Und dieser Gurt — drin vierzig Ringe Silber —
Ist dein — wie dies Gewand!
Er greift nach dem Gewand und hebt es hoch. Lächelnd.
So heb den Kopf!
Sieh es doch an! Wie zart die Webe! Und
Wie steil herab die straffen Falten streben
650 Zum Rande, breit gebrämt mit bunter Borte! —
Ja — freust du dich denn nicht?
idnibaAl
mit gedämpfter Stimme.
Mich freuen — Herr>
Ich hab's verlernt! — Da ich ganz klein noch war,
Saß oft mit mir die Mutter —
Leiser, ein Zucken um die Lippen.
denn auch ich, Herr,
Hatt' eine Mutter - saß mit mir die Mutter
— 77 —
Auf unsres Hauses Dach, des Vaters harrend. 655
Und wenn er kam — herab den Hang des Hügels —
Und schon von weitem grüßte, nahm die Mutter
Mich auf den Schoß, daß ich ihn sehen sollte.
Die Arme hob sie, daß die goldnen Reifen
Herab bis zu den Schultern klirrend glitten 660
Und winkte meinem Vater zu und rief:
„Der V^ater kommt dort — freu* dich, freu' dich!" Und
Da hob auch ich die kleinen Arme, so,
Als wollt' ich hastig ihm mit schwachen Flügeln
Entgegenflattem, warf den Kopf und lallte 665
Der Mutter, jauchzend, nach, dies: „Freu' dich, freu'
dich!" -
Den Sinn des Wortes faßt* ich da noch nicht!
Und nun . . in vierzig Knechtesjahren hab' ich
Vergessen, Herr — wie man das macht: „Sich freuen!"
Er beugt 'wiederum den Nacken über seine Arbeit,
jaAkob
siebt nachdenklich vor sich bin. Leise, ziuisdjen kaum beviegten
Lippen.
War man so hart zu dir? 670
idnibaAl
schüttelt den Kopf.
Nicht hart, doch bitter
- 7» -
• Schmeckt, Herr, der Knechtschaft Brot. Kein Honig
macht
Es süßer!
Sie schweigen. Idnibaal hat mit einem Linnen Jaäkobs Füße
getrocknet und legt ihm die Sandalen luieder an.
JAÄKOB.
Horch — wie laut es um uns summt!
* IDNIBAAL.
Es will sich alles rasch noch regen, ehe
Nacht wird. Die Sonne sinkt!
JAÄKOB
halb für sich.
Wo sinkt sie hin?
IDNIBAAL.
67s Ins Meer.
JAÄKOB
nickend.
Liegt dort das Meer?! Im Hause sprachen
Sie nie vom Meerj fast glaub' ich — ohne dich —
Wüßt' ich nicht, daß es eines gibt!
Nachsinnend.
Niemals
Vom Meer! Als grenzten Berge — Abgrund —Wüste
Die Erde . . und doch ist um sie — nicht wahr —
680 Ringsum — nur Meer?
— 79 —
IDNIBAÄL.
Nur Meer!
jaAkob
anfangs ruhig sinnend vor sich hin, dann in steigender
Erregung.
Und zögen wir—
Um keinen Weg bekümmert — dorthin, wo
Das Blau der Fernen jetzt erglüht — und ließen
Von jedes Abends Glühen, immer wieder
Des nächsten Tages Wanderziel uns weisen —
Dem Weg der Sonne immer nach . . einmal — 685
Es kam' einmal entgegen uns, ein Murmeln,
Ein dumpfes Raunen nur zuerst und schwölle
Mit jedem Schritte dunkler grollend an
Zu wildem Rauschen, das uns riefe — und
Wie trunken taumelnd keuchten wir hinan 690
Die letzte Steile, bis in jäher Tiefe —
Aufbrandend an dem Fels in Sturm und Tosen,
Umzischt vom Brausen weißer Schäume — uns
Entgegenwürfe donnernd sich — das Meer!
Und irgendwo . , 695
IDNIBAÄL
von Jaäkobs Erregung mitgerissen, das Antlitz voll ihm
zugewandt, befremdet.
Wer sagte, Herr, dir . .
— 8o —
JAÄKOB
der Unterbrechung kaum achtend, d/eAnfwort lässig hhiiverfend.
Du!
. . Dem weißen Felsen weißer noch entwachsend
Ihn überhöhend, stiege eine Stadt
Steinstarrend aufj mit Mauern hohen Toren
Sich aufwärts ringend bis zu heiPgen Häusern,
700 Die, goldumpanzert ragend, alles Licht
Der Sonne funkelnd fingen — es zurück
Zu schleudern blendend in das feuchte Blau!
idnibaAl
ist erregt und venvirrt aufgesprungen und steht vor Jaäkobf
der sich erhoben hat. Beteuernd.
Nie sagt ich solches! Niemals! Herr — wie weißt du . .
JAÄKOB
den Einviurf mit gerunzelten Brauen hastig abwehrend, immer
weiter von seiner Erregung getragen.
Ich weiß! Ich weiß, dort stünden dann wir zwei —
705 Jaakob, ich — und du, Idnibaal —
Hoch oben dort — und tränken tiefen Atems
Dqti feuchten Hauch der Flut und fühlten: Weit —
Weit aufgetan ist hier uns eine Pforte —
Nichts grenzt uns hier — des Himmels Winde wehen
— 8i -
Von Aufgang, Mittag, Mittnacht, Untergang, 710
Bereit für uns — es stehen reglos Sterne,
Des Nachts, den Weg zu weisen uns dorthin.
Wo — unerkannt noch — an der Erde Säumen,
ürerste heilige Schöpfung schlafend ruht
Und von uns träumt — und unsern Bhck ersehnt . . 715
In tiefem, sehnsücbtigem Begehren abbrechend, die Hände ver-
langend ausstreckend.
Liegt dort — Idnibaal — liegt dort das Meer?!
IDNIBAÄL
breitet die Arme aus und stürzt vor Jaäkob in die Kniee; in
. luildem Aufstöhnen.
Die Heimat liegt dort, meine Heimat, Herr!
Er hat Jaäkths Kniee umschlungen und birgt schluchzend sein
Antlitz in Jaäkobs Gewand. Jaakob hat die Augen gesöüossen
und holt tief Atem. Dann schlägt er die Augen auf. Um seine
Lippen ist ein gütiges Lächeln. Sein Blick ist mit unbestimmter
Zärtlichkeit in die Ferne geriÖJtet. Mit der linken Hand drückt
er Idnibaal leicht an sich, die rechte läßt er beruhigend über
Idnibaäls Scheitel gleiten. Leise. Seine Stimme klingt tiefer,
JAÄKOB.
Wein' — weine nur, Idnibaal! — Kannst du
Erst wieder weinen — wird noch vieles gut!
— 8r —
idnibaAl
in verhaltenem Schluchzen, die Worte immer hastiger hervor-
stoßend.
720 Herr! Herr! Was kann denn gut noch werden? -
Nicht,
Nicht glauben, Herr, daß ich undankbar bin..
Zu spät nur kommt's für mich! Was „Heimat*^ heißt —
Die Dinge, Menschen, Götter — all das weiß
Nichts mehr von mir — ich nichts von ihmj zu lang
735 Lag auf dem Nacken da das Joch! „Du sollst!
Du sollst!" Das faßt mein Hirn noch! Aber — wollen
So . . selber wollen, Herr — kann ich nicht mehr!
Wer macht das wieder gut? Wer kann das? Wer?
jaAkob
ruhig.
Ein großer Herr, Idni-Baal: Die Zeit!
idnibaAl
nickt mit bitterem unmutigem Lächeln.
730 Die Zeit! So sagt man, Herr — ich weiß! „Die Zeit!"
Doch ich bin alt!
jaAkob.
Nicht alt! Sieh nur:
Er laßt sich auf dem Felsblock nieder; vor ihm Idnibaäly dessen
Knieen nun in ein Kauern übergegangen ist. Leise, gütig.
Am Anfang —
- 83 -
Mag sein — wird's dir nicht leicht! Du gehst umher,
Zu jäh geweckt — weißt, du bist wach — und doch . .
Fällt immer noch des bösen Traumes Schatten
Schwarz über deinen hellen Tag. Vergessen 735
Mußt du erst lernen — und Erinnern auch! — .
Ganz früher Kindheit längst verschüttetes
Gedenken qmllt aus Trümmern auf und strömt
Kühlj schmerzHch saugend und doch Seligkeit —
Durch dich. — Es kommt ein Tag, da stehst du wieder 7^
An jäh geschwellten Frühlingswassem, siehst,
Wie immer noch, dort, wo du einst sie fandest.
Im frühen Jahr die ersten Blumen stehen . .
Und staunend fühlst du, wie — seit langem wieder
Zum erstenmal — sich um entw öhnte Lippen ws
Ein frohes Lächeln zaghaft legt!
Er neigt sieb zu Idnibaal; rascher und drängender.
Es kommt
Ein andrer Tagj ringsum dich lärmt am Hafen
Der Markt, gestaut von fremder Schiffe Fracht.
Getier und Frucht und Volk von M'ärchenküsten,
Raub, Tausch und Beute streift dich, haucht dich an.— TS»
Dort kauT dir dann die junge Sklavin — heiß
Den Händler schweigen, wenn mit nackten Worten
Den unberührten Leib er preist! Hüll' sie
In deinen Mantel, einen Schleier wirf
- «4 -
755 Ihr übers Haupt, nimm ihre Hand und fuhr' sie —
So wie ein Bruder eine Schwester — in
Dein Haus! Gib abseits ein Gemach ihr! Nah'
Ihr nicht, und laß ihr Zeit zu trauern um
Die Lebenden und Toten, die sie ließ!
760 Wie scheuen Tieren, bring' nur du allein
Ihr Trank und Speise, lehr' sie deine Sprache —
Und schenk' dann ihrem Leid die milden Worte,
Die langes eignes Leid dich hat gelehrt!
Und hab Geduld! Es reifet eine Nacht —
765 Du schläfst — da findet sie den Weg zu dir.
Und bettet sich zu deines Lagers Füßen,
Weil du ihr — Schutz, Vertrauen, Friede — bist!
idnibaAl
hat Jaäkobs Hand erfaßt und preßt seine Wange an sie; in
mühsam gebändigtem Schluchzen.
Herr, Herr . .
jaAkob
streicht liebkosend über Idnihaäls Scheitel} leise.
Sei still — sei froh! Glaub' mir, es steigt
Für dich, Idnibaal, herauf ein Morgen —
ffo Da ruht zum erstenmal in deinen Händen
Dein Kind — und, in den neuen Leib gerettet.
Durchrollt ihn, jung und mutig nun — dein Blut!
- «5 -
idnibaAl
hat sich jäh erhöhen; atetnloSf in steigender Hast.
Wer bist du — wcf? Der solches weiß zu sagen!
Als Herr geboren — und weißt, wie dem Knecht ist?
Sahst meine Heimat nie — und kündest sie? »5
Fühlst mit dem Tie: — hast nie noch leiden müssen,
Und weißt um alles Leid . . du Knabe — wer
Hat dir gesagt, was Altsein heißt? Wer gab
Dir Macht, daß du ins Innerste mir greifst?
Aus deinem Munde geht ein Wort aus und 7««>
Macht weinen mich, wenn du es willst, und froW
Von kleinauf neben mir . . und jetzt erst kenn' ich —
Nein — nein — erkenn' ich nicht . .
Im Tiefsten erschüttert.
Was ruft aus dir,
Was bist du, Knabe, sprich — wer — was? . .
jaAkob
hochaufgerichtetj strahlenden Antlitzes; itark.
Was war' ich,
Idmbaai, wenn nicht in mir . . 785
Er hält inne, seine Erregung niederzwingend; dann streicht er
müdej unmutig über seine Stirn. Tief Atem holend, mit ge-
dämpfter Stimme,
Ein Knabe,
Ein Knabe bin ich nur, der — furcht' ich — nie
— u —
Es lernt, was anderes zu sein! —
Mit wiedergewonnener Ruhe.
Es dämmert.
Nun eile, daß dich auf dem Abstieg nicht
Das Dunkel überfalle!
IDNIBAÄL
er ff jetzt, fast gewaltsam seinen Blick von Jakkob lösend, er-
greift rasch sein Bündel und seinen Stab.
Herr, ich eile!
Er legt sein Bündel hart an den Abgrund und stößt es, mit
seinem Stab stark ausholend, hinab.
790 Mein Bündel findet selbst den Weg hinab
Die steile Halde!
Er hat rasch seinen Gürtelstrick abgenommen, sein Gewand —
zum Abstieg — kürzer gerafft und will sich von neuem gürten,
jaAkob.
Halt! — Nicht gürte dich!
Idnibaäl hält befremdet inne.
Ich hab' zu dir gesprochen, wie es nicht
Der Brauch ist, daß der Herr zum Knechte rede!
So taugst du mir nicht mehr zum Knecht; tritt her!
Idnibaäl ist schwer atmend einen Schritt näher getreten.
Jaskob hat das phönikische ärmellose Gewand vom Stein auf-
genommen und — es rasch mit beiden Händen weitend — gerafft.
- *7 -
Nun hebe deine Arme so — als riefest 795
Du Götter an!
Idnibaälj den Kopf in den Nacken zurücklehnend und aufwarts-
blickend, erbebt langsam adorierend, die Hände. Jaakob wirft
ihm das Gewand über.
So — werf ich über dich —
Du Knecht - der Freiheit neues Kleid!
Er hat ein Jagdmesser aus seinem Gurt gezogen. Mit zwei
raschen Schnitten durchschneidet er — das neue Gewand zur Seite
schiebend — Idniba als früheres Kleid an den Schultern.
So — trenne
Ich von dir ab, was Knechtschaft ist —
Er bückt sich nadj dem hinabgesunkenen Kleid, bebt es auf und
wirft es — weitausholend — nach rückwärts hinab.
So werf ich's
Weit hinter dich —
Er greift nach dem breiten Gurt, der für Idnibaal bestimmt
ist, und legt ihn — mit kurzem rasdjetn Griff die Schließe ein-
hakend — um Idnibaals Hüften.
— und gürte nun dich — so
Mit neuem Mut! Soo
Ihn stark anrufend
Idnibaal aus Gebal,
Des Jizchaks aus Beer-Scheba Knecht — sei frei*
idnibaAl
mit noch erhobenen Armen ; sein Leib, schluchzend durchbebt von
tiefer Inbrunst^ scheint emporzuwachsen.
So heb' ich meine Hände, ich — Idnibaal —
Nach langen Jahren wieder auf, zu euch —
Götter der Heimat! Ihr — ihr fernen droben,
tos Ihr fernen drunten, und ihr nahen um uns — "
In Hain und Strom und Fels — erkennt mich wieder!
Kann euch mein Rufen, hier, aus fremdem Land,
Erreichen, Götter — nichts für mich erfleh' ich!
Dort — auf dies Haupt, das nie sich euch geneigt —
8io Gießt Segen aus — um meinetwillen — Götter!
Schirmt dieses Knaben Scheitel — laßt nicht zu,
Daß je sein Stamm versiege — ewig . .
jaAkob
aufschreiend.
Schweig!
Selbst mag man Ungeheures sich erflehn —
Kein anderer darf es für einen wagen!
Mit wie der gewonnener Ruhe.
815 Laß uns zur Ruhe gehen!
idnibaAl
sich neigend.
Schlnf wohl, mein Herr!
- 85, -^
JAAKOB
mit gütigem Lätbeln abwehrend.
Dein Herr nicht mehr! Schlaf wohl, Idnibaai!
Er nickt ihm zu. Idnibaai neigt sich nochmals, ergreift seinen
Stab und beginnt — unfern der Stelle, tüö er die Kuppe betrat —
den Abstieg. Baumwipfel und Gesträuch entziehen ihn bald dem
Blick. Jaakob sieht ihm nach, dann "wendet er sich und blickt
dorthin, wo die Sonne unterging. Auf der Kuppe liegt Dämme-
rung. Der Abendhimmel ist noch hell. Leise.
Nun wird es Nachtl
Er sieht sich um; dann nimmt er das junge Lamm, das im Moose
schläft, vom Boden auf. Er hält es in beiden verschränkten
Armen und drückt es leicht an seine Brust.
Vergaß ich ganz an dich? —
Wo bett' ich dich nur hin? Die Nacht wird kalt?
In leichter Unruhe, vor sich hin.
Am Ende zünden gar die Toren drunten
Ein Lagerfeuer an! jeo
Er tritt — das Lamm in den Armen — hart an den Abhang
und neigt sich vor, um hinabzusehen.
Im Hintergrunde — dort wo zwischen nieder^rr, Buschwerk ein
Weg ins Tal hinabführt - wird Edom sichtbar. Er bat noch
nicht die Höhe der Kuppe erreicht, so daß er nur bis zu den
Hüften zu sehen itt. Die Umrisse seiner Gestalt heben sich dunkel
vom noch hellen Abendhimmel ab. Die Rechte hält die Koppel,
und mit ihm tauchen die Köpfe der sich drängenden keuchenden
_ po —
Meute auf. Ihre Augen funkeln grün durch das dunkle Gesträuch.
Edom hält im Aufstieg inne.
EDOM.
Jaakob!
jaAkob
wendet sich jäh um; er steht hart am Abgrund. Erschreckt,
nicht laut.
Edom!
Erfaßt sich. Mit leichter Kopf beivegung auf einen abgestorbenen
Baum weisend, dessen spärliches Geäst, neben Edom, de,. Hang
überragt. Seine Stimme klingt erkünstelt sicher, höher als sonst,
und gepreßt.
Bind' deine Hunde an den Baumstumpf dortj
Ich hab' ein säugend Lamm — daß sie's nicht schrecken!
EDOM
schlingt — ohne den Blick von Jaakob zu lassen — mit raschem
Grijf den Riemen um den Baumstumpf und nimmt den Bogen
von der Schulter. Höhnend.
Bist du ums Lamm besorgt? Und nicht um dich
jaAkob
ruhig, entschlossen, ohne auf Edoms Hohn einzugehen.
Ich sorg' ums Lamm! Sein Hirt bin ich -- bestellt
825 Um es zu hüten!
— 9> —
EDOM
stark.
Hüte dich!
JAÄKOB
mit einem jähen Ruck des Kopfes seine erzvjungene Ruhe, ivie
eine lästige Maske^ hei Seite tirrfenä; bev3ußt herausfordernd^
mit starker Stimme.
Wozu?!
Mich — hütet meines Vaters Segen!
EDOM
in einem letzten ivilddrohenden Warnen; aber schon — halb un-
bewußt — nach einem Pfeil im Köcher greifend.
Du!
Du stehst am Abgrund!
JAÄKOB
zurückgeworfenen Hauptes, berauscht von Gefahr, in jubelndem
Auflachen.
Nein! Auf einer Höhe!
EDOM
hat den Pfeil aufgelegt. Stark.
So faUe!
JAÄKOB.
hochaufgerichtet, in seligem Vertrauen, fast jauchzend.
Nein!
_ pl —
EDOM
hat abgezogen. Der Pfeil schwirrt und haftet zitternd im Leih
des Lammes, das Jaäkoh an seine Brust gedrückt hält. Edom
starrt fassungslos auf Jaäkob.
Es sitzt der Pfeil — und er
Steht aufrecht?
Den Bogen über sein Knie brechend.
Brich, verfluchter Bogen! Zauber
830 Nahm deine Kraft!
Er zieht sein Jagdmesser und schwingt sich mit raschem Sprung
vollends auf die Kuppe.
So will ich sehen . .
JAÄKOB
tn feierlichem, tönendem Anrufen.
Edom! -
Es nimmt der Herr mich nicht als Opfer an!
Wie einstmals, auf Moriah, fiir den Vater -
Hat heute er, hier, für mich ein Lamm gesendet,
Vom Tode mich zu lösen .
Er öffnet die Arme und läßt das verendete Tier langsam -m
Boden gleiten.
Sieh — es starb!
EDOM
nach bitteren Worten suchend, ihm nachhöhnend.
835 Starb — Starb! —
— 93 -
In ivütendem Aufschrei.
Verflucht ist, was dir naht!
JAÄKOB
mit leuchtendem Antlitz; er breitet die Arme weit aus.
Gesegnet!
Gesegnet was mir naht — mein Bruder, nahe!
EDOM
in bitterem Hohn; rasch.
Dir nahen soll ich? Spridi — wie nah? So nah.
Daß du umarmen mich und mir zugleich
Dein Messer in den Rücken stoßen kannst . .
Aufschäumend.
Du Feiges — Hinterlistiges — du Dieb! 840
JAÄKOB
ruhig mit klarer Stimme.
Was stahl ich dir?
EDOM
auflachend.
Wie klug er fragt! Du möchtest
Ausholen mich, vAq viel ich weiß?!
Stark.
, Zuviel!
Fast schluchzend vor tiefer Kränkung, und unwillkürlich ge-
dämpft, als könnte er es noch geheim halten.
— 94 —
Es lauschten Knechte — Knechte schreien es aus,
Daß dir die Herrschaft: über mich verheißen;
845 Der Tau des Himmels und der Erde Fett —
Von Korn und Most die Fülle — dir verheißeni
Weiß ich genug?
In Empörung auflachend.
Was er mir stahl? — Was stahlst
Du nicht —
Seinen Haß ihm ins Gesicht sdjleudernd.
du — Liebhng deiner Mutter!
jaAkob
Tfit mühsam niedergehaltener Erregung. Seine Stimme klingt
dunkler; die Worte drängen sich. Nicht laut.
Edom!
Glaubst du, um Korn, um Most, um Fett der Erde,
850 Um Tau des Himmels hätt' ich es getan?
Beschwörend.
Spricht nichts in dir . .
EDOM
in furchtbarem Droben sich aufreckend.
Verlang' dir nicht zu hören.
Was in mir spricht!
jaAkob
aufschreiend.
Da! Töte mich!
— 95 —
Er reiß das Messer aus seinem Gurt und schleudert es V9rt sieb.
Fort - Waffel
Die Knechte sind im Tale — weit von hier!
Ich bin allein!
EDOM
abweisend.
Nicht, Zwiesprach mit dir halten,
Kam ich! Setz' dich zur Wehr! ^5S
jaAkob.
Ich will nicht töten!
EDOM.
Schweig! Wehre dich!
JAÄKOB.
So schweig ich!
Einen Augenblick Stille. Die Nncbt ist herein gehrocheny man
untersä}eidet die Züge der Redenden nicht mehr.
EDOM
auf Jaäkobs Messer, das am Boden liegt j mit einer Kopf-
bevsegung "weisend. Kurz.
Nimm dein Messer!
Hörst du?
Er hält inne. Befremdet.
Was raunt — was spricht da neben dir,
Mit Weibes- oder Kinder-Stimme?
- 96 -
jaAkob
ruhig} leise.
Nichts!
Ein Quell nur rinnt zu Tal!
EDOM.
Ich sag dir: Wehr' dich!
Ein Windstoß fahrt durch die Baurnivipfel. Edom schrickt zu-
sammen.
860 Was rausdit . .
jaAkob
mehr für sichj als Edom antwortend.
Der Abendwind! Er wandert weiter
Und rauscht vielleicht bald durch des Ölbaums Wipfel,
Darunter ich, als Kind, gespielt.
EDOM
hat Jaäkohs Messer vom Boden genommen und hält es ihm hin,
ohne sich Jaäkoh zu nähern.
Da — nimm!
Jaäkoh verharrt regungslos.
Ich zwing dir's auf! Du mußt!
Er stürmt gegen Jaäkoh an. Unter seinem Fuß löst sich ein
Stein und rollt, lockeres bröckelndes Gestein des Abhanges mit sich
reißend, mit dumpfen Donnern hinab. Von den Felswänden
haut es w'uder. Edom ist zurückgewichen. Es ist stille geworden.
_ 97 —
jaAkob.
Seine Worte klingen unbewegt und klar durch das Dunkel,
Ein lockVer Stein
Wich unter deinem Tritt — und morschen Fels
Riß er mit sich zur Tiefe. Weiter nichts! 865
EDOM
sid) %u sammraffend.
Bist du besorgt — es hätte mich geschreckt?
Und bebte jetzt die Erde unter mir . .
Entscheidung will ich — gut denn — ohne Messer!
Er wirft sein und Jaäkobs Messer z« Boden.
So ring' mit mir — der Abgrund wartet dort!
Jaakob verharrt regungslos.
Du willst nicht? Feigling! Warte! Fühlst du mich, 870
So setzt du dich von selber schon zur Wehr!
Mit zwei raschen Schritten hat er Jaäkoh erreicht; er faßt ihn
an den Schultern. Mit starkem Anruf.
Wehr' dich, Jaakob!
Er taumelt zurück ; stammelnd.
Was — was ist da — neben —
Nein, hinter dir — wie weiße Schwingen — da —
Auch unter dir — wie weiße große Schwingen!
Ich fiihl' ihr Wehen — rings um dich, laakob — 875
Ist weißer großer Schwingen Flügelschlag!
- 98 -
jaAkob
ruhig.
Nur weiße Wolken, Abendnebel steigen
Auf, aus dem Tal, und schweben nun um uns.
EDOM
erschüttert.
Nijcht Wolken — nein —
Erschauernd,
wer ist bei dir — wer ist
880 Um dich, Jaakob? — Du bist nicht allein!
jaAkob.
Seine Hände ruhen auf seiner Brust ; er atmet tief und ruhig.
Der Blick ist nach oben gerichtet. Seine Worte steigen, "wenig
bewegt, klar — wie ruhiges Beten eines Kindes — auf.
Ich steh' am Abgrund — und ich bin allein.
Um mich ist nichts als Nacht und Wind und Wolke!
Mein Bruder Edom nur — ist noch bei mir —
Und dann . .
Letser,
ein fernes Beten meiner Mutter
885 Ist auch — vielleicht — bei mir.
EDOM
bat in einem letzten Auflodern des Zornes die Faust gegen
Jaakob geballt.
Du! . .
— 99 —
Er bricht in die Knie und verbirgt sein Gesiebt in den Händen}
stöhnend, im Tiefsten verwundet.
Du!
Die Kuppe ist schwach erhellt vom unsicheren Licht des Mondes,
der sich hinter dunklen Wolkenballen birgt. Jaakob ist neben
Edom getreten und rührt leicht an Edoms Schulter. Edom blickt
auf, nickt und murmelt bitter.
So knie
Ich schon vor dir!
JAÄKOB
kniet neben ihn hin und umschlingt Edom mit seiner Linken;
leise.
Nicht du — vor mir! Wir beide —
Mein Bruder — knieen hier im Dunkeln; in uns
Das gleiche Blut, das gleiche Schauern vor
Dem Namenlosen, der uns hergeführt!
Bangt dir vor Ihm? $90
Kopfnickend.
Mir auch!
EDOM
ohne aufzublicken.
Du sahst Ihn?
JAÄKOB.
Nein.
EDOM
flüsternd.
Er sprach zu dir?
Zum Vater . .?
Ja!
Zum Ahnherrn . .?
— lOO —
jaAkob.
Noch nicht!
EDOM
scheu.
jaAkob.
EDOM.
jaAkob
nickend.
Oft!
EDOM.
Und dieses Land verhieß Er . .?
jaAkob.
Auch das verhieß Er!
EDOM
aufhorchend.
Auch? Und was denn noch?
jaAkob
mit verhaltener Stimme.
So — Sprach Er auf Moriah zu Abraham:
89s „Durch deinen Samen sollen alle Völker
Gesegnet sein!"
— lOI —
EDOM
ib» anblickend.
Die Fremden . .?
jaAkob.
Ja! Gesegnet —
Durch uns gesegnet — alle sein!
EDOM
hater.
Was sagst
Du: „Uns!" Ich bin vom Herrn verworfen.
jaAkob.
Du?!
Mit leicht scbmerziicbem Lächeln.
Verworfen — du? Mein Edom!
Ihn zärtlicher umfassend.
Jeden Morgen
Schlägst du die Lider auf, und helle Augen — 900
Du froher Jäger - greifen nach der Welt!
Seine Worte drängen sich.
Klopft hoch dein Herz nicht, wenn aus dunklem Busch
Das Wild hervortritt — bebt dein Arm nicht in
Verhaltner Lust, wenn er den Bogen strafft —
Jauchzst du nicht auf, wenn fern die Beute fällt? 905
Dein Blut schwillt trunken seiner eignen Kraft
Und reißt an sich, wonach's in ihm begehrt,
— lOl —
Ein Baum — gepflanzt an Wasserbächen — treibst du
Ins Licht, mit Kronen — täglich neu verjüngt . .
Er läßt die Arme sinken, mit schmerzlich anklagendem Aufhlkk,
910 Kein Gott warf in dich wehvoli dunkles Fragen,
Wohin du blühst — was deine Wurzeln düngt!
Bitter lächelnd.
Bist du verworfen? Und bin ich . .
EDOM
nickend, stark einfallenä.
Erwählt!
Die Mutter sagt's!
JAÄKOB
mit traurigem Lächeln.
Sagt sie's?
Achselzuckend, mit einem Aufseufzen.
So wird's wohl sein!
Bitter.
So heißt „erwählt": Traumlosen Schlaf nicht kennen,
915 Gesichte nachts — und Stimmen ringsum tags!
Bin ich erw^ählt?! Dazu erwählt, daß alles,
Dem Leid geschieht, mich ruft, mich heischt, mir klagt?
Daß selbst der Blick des Tiers, das stumm verendet.
Mich fragt: „Warum?!"
In steigender Hast.
Bin ich nicht Sein Geschöpf nur?
— I03 —
Wie will Er, daß ich Antwort also gebe 92°
Als war' ich — Er, der mich und alles schuf?
Wie kann ich das?
Mit finsterem Auf blick, stark.
Wählst Da — Du Gott da droben —
Dazu mich aus? Dann komm zu mir und raune
Ins Ohr mir, wie ich Rede stehen, wie ich —
Ich — Dein Geschöpf — Dich Gott entschulden soll! 92s
Von Schauem geschüttelt.
Sprich, sprich — Furchtbarer Du, wenn Du uns redest —
Schrecklicher Du, wenn Du uns schweigst!
EDOM
Jaakob umfassend^ rasch.
Jaakob —
Flieh diesen Gott! Komm— komm mit mir j dieHerden,
Die mit dir sind, zum Weidegrund von Ajath
Führ' sie, und harre dort — nur einen Mond. 930
Und ich komm nach, mit Herden, Frauen, Knechten
Und aller Habe unsrer Vorratskammern!
Zusammen ziehn wir dann in fremdes Land,
Wo diesem Gotte keine Macht gegeben
Und fremde große Götter stumm und reglos 935
In goldnen Häusern stehn — und heilige Priester
Die Botschaft zwischen uns und ihnen tragen! —
Ich will nicht diesen Gott, der immer nahe!
— I04 —
Drängender.
Jaakob komm! Laß Ihm dies Land, darinnen
940 Man tags vor Glut — und nachts vor Frost ver-
schmachtet!
Laß Ihm dies Land und laß Ihm seinen Segen!
Mit mir, Jaakob, komm! Flieh diesen Gott . .
jaAkob
ist aufgesprungen, stark.
Ihn fliehen? Nein! Ich geh Ihm noch entgegen!
EDOM
bat sich erhoben und starrt Jaakob fassungslos an.
Du jubelst —
In einem Aufschrei.
jubelst ja!
In neu erwachter Bitterkeit auflachend.
Siehst du — trotz allem —
945 Ich wüßt' es doch - schreit Seligkeit aus dir,
Daß du nicht so — wie ich!
Aufschäumend.
Bin ich so schlecht?
In zornig schmerzlichem Aufschluchzen.
Du willst mich nur . . ich will nicht . .
— I05 —
JAÄKOB
Edom an den Schultern fassend, ergriff'eny rasch,
Edom — Edom!
Du darfst nicht schluchzen — du nicht . .
EDOM
sich losmachend.
Ich? Wer sagt,
Daß ich . . Vom Staub der Straße ausgedörrt,
Wie zugeschnürt ist mir die Kehle und 9So
Gewürgt . .
JAÄKOB
greift rasch nach der ivein gefüllten Schale und reicht sie Edom.
Da trink!
Edom wendet den Kopf ab.
Es ist mein Abendtrunk.
EDOM
finster.
Ich will nicht!
JAÄKOB
leise und eindringlich.
Trink! So trink — dich dürstet doch!
EDOM.
Wenn auch — ich trink nicht —
Murmelnd.
darf nicht trinken.
— io6 —
jaAkob
setzt die Schale zu Boden, aufhorchend.
Darfst nicht?
EDOM.
Hinunter steig zur Straße - und was dort
955 In Pfützen jaucht, schöpf aus und bring' es — das darf
Ich trinken —
Bitter auflachend.
Wein aus Silberschalen — nicht!
jaAkob.
Darfst nicht? So hast du es gelobt?
EDOM.
Ich hab es.
jaAkob.
Wann?
EDOM
von neuem aufgewühltj in tiefverletztem Stolz,
Wann? Als Zahor-als ein Knecht mir zuschrie:
„Dein Bruder ist gesegnet, und nicht du!"
jaAkob
zögernd.
960 Und da gelobtest du, Wein nicht zu trinken,
Ehe . . nun?
EDOM
abgewandt.
Laß mich!
— I07 —
JAÄKOB.
Sprich es aus!
EDOM
gesenkten Hauptes.
Du weißt es!
Was quälst du mich?
JAÄKOB
ruhig.
So mutlos Edom? Ehe . .
EDOM
die Worte rasch und dumpf hervorstoßend.
Eh' ich dein Blut gesehn!
Einen Augenblick Schweigen.
JAÄKOB.
Nicht eher? — Nun . .
Er bückt sich, faßt rasch das Messer, das am Boden liegt, und
hält seine Unke Edom hin.
Faß' meine Hand!
EDOM
befremdet.
Wozu?
JAÄKOB.
So faß ich deine!
Mit raschem Griff' legt er seinen Arm in Edoms Arm, faßt
Edoms Hand und reißt die beiden verschlungenen Arme hoch,
Erhobne Arme ihr — verschlungne Ajme! 96s
— io8 —
Kurz zustoßend ritzt er seinen und Edoms Arm.
So — schneid ich in euch ein, heilige Zeichen!
Feindlicher Bruder du, vom Mutterleib her —
Aus freier Wahl sei mir von neuem Bruder!
Einen Schritt zurikktretendj neigt er ein wenig die Arme zur
Erde.
Ström' — Ström' entzweites Blut zur Erde nieder
970 Und mische dich — und werde wieder eins!
Blutbruder wurden Edom und Jaakob . .
Mein Blut sieh heut — und niemals, Edom, wieder!
Er gibt Edoms Arm frei und nimmt die Schale vom Boden auf.
Mit der Linken umfaßt er Edom und setzt mit der Rechten den
Trank an Edoms Lippen.
Mein Bruder trink — nun darfst du's ja!
Edom faßt darnach, trinkt in langen Zügen die Schale zur
Neige und läßt sie sinken. Jaakob nimmt sie ihm ab, stellt sie
auf einen Stein und füllt sie aus dem Weinschlauch von neuem.
jaAkob.
T^. o , , 1 . Ich fülle
Die Schale nach!
EDOM
hat sich nach Jaakob umgeijoandtj seine Stimme klingt müde.
Mich dürstet nicht mehr — laß!
jaAkob
Er lehnt an dem Felsen zu Häupten seines Lagers.
97 s Bist du nicht müde? Sieh, mein Lager duftet —
Willst du's mit mir nicht teilen, diese Nacht?
— 109 —
EDOM
müde.
Heim will ich.
Er laendet sich zum Geben.
jaAkob.
Bleib!
EDOM.
Sie warten, und . ,
jaAkob
nickt leise.
Es wartet Eine.
Ich weiß,
EDOM
schmerzlich in sich hinein.
Eine — die mich haßt!
JAAKOB
faßt Edoms Hand.
Sie haßt dich nicht — und wird dich segnen, weiß sie
Erst, daß . . 980
EDOM
die Achseln zuckend.
Vielleicht! Vielleicht — um deinetwillen!
Leb' wohl!
Er schreitet mit Jaäkob der Stelle zu, an der er die Kuppe be-
trat. Schon im Begrtff, hinabzusteigen, zögert er. Er sieht
Jaakob voll an; mit gequälter, fast angstvoller Stimme.
I lO
Jaakob — sag' — glaubst du nicht doch
In deinem Herzen, daß ich schlechter bin
Als du?
jaAkob
streicht zärtlich über Eäoms Haar,
Mein Edom — nein!
EDOM
tute hilfesuchend.
Und — nicht wahr — auch
Geringer nicht als du, muß ich mich dünken —
98s Ich mein' — weil ich so anders bin .
jaAkob
seinen Blick in Edoms senkend.
Fühlst du
Den Duft, der dort von meinem Lager quillt?
Kein einzeln Kraut gibt ihn so süß und stark,
Von vielerlei der Duft muß sich vermählen!
Ein jedes Kraut haucht andern — Blatt und Blüte
990 Am selben Stamm den gleichen nicht — glaubst du,
Eins dünke vor dem andern sich gering?
EDOM
Er steht auf dem Hang, der ins Tal führt — nur halben Leibes
sichtbar — und hat die Koppel der Hunde vom Baum gelöst. In
einem letzten — schon schwindenden Mißtrauen.
So achtest du mich nicht geringer?
— III —
jaAkob
bat die Rechte auf Edoms Scheitet gelegt. Stark.
Nein!
Gott braucht mich so — und anders dich! Nur weil
Du, Edom bist — darf ich, Jaakob sein!
Edom ist hinter dem Hange nicht mehr zu sehen. Jaakob
blickt ihm nach, dann nvendet er sich seinem Lager zu; sein Fuß
streift das tote Lamm; er hebt es auf und legt es seitwärts int
Moos. Leise vor sich bin.
So — war es nicht gemeint, du Armes, da ich 995
Herauf — herauf in deinen Tod dich trug!
Er tritt nach vorne und neigt sich über den steilen Hang, den
er heraufklomm.
Wie dicht die weißen Nebel wallen! Nichts mehr
Zu sehen. Straße, Bach und Busch und Hang —
Versunken alles in milchweißer Flut,
Die rings das Tal erfüllt. Die Kuppe hier
Ragt einsam wie ein Eiland!
Leiser.
Ganz allein!
Er schreitet seinem Lager zu.
Nur Nebellluten, Fels, Gewölk und Sterne!
Er lockert seinen Gurt und läßt sich aufsein Lager niedergleiten.
Stein, du bist hart — du Erde feucht vom Tau!
Gastfireundlich seid ihr beiden Kalten nicht!
Er streckt stA zurecht, dann blickt er zum Himmel auf.
— 111 —
1005 Nie sah ich eine Nacht von solchem Blau!
Wie drängt ihr euch, ihr Sterne, über mir . .
Ich kann nicht schlafen vor so vielem Licht!
Und bin so müd! Und soll noch vorher beten,
Die Mutter will's — sie sagt, es bringt die Ruh!
Er schöpft tief Atem,
loio So bet ich!
Er hält inne} dann gleiten die Worte, wenig bewegt, immer
ruhiger, über seine Lippen.
Unerkannter — Unerschauter —
Du Gott der Väter — hörst Du mir auch zu?
Weißt Du von mir? Und ist Dir mein Erschauern
Mehr — als das Beben eines Halms im Wind?
Horchst Du denn meinemWort mehralsdemMurmeln
lois Des Quells, der dort hinab zu Tale rinnt?
Wer weiß! Der Baum glaubt auf zu Dir zu rauschen -
Und doch ist's nur De in Sturm, der durch ihn weht- -
So - sprichst vielleicht aus mir - Du - zu Dir selber . .
Zwiesprach von Dir — mit Dir — ist mein Gebet!
Er schläft. Der Nebel ist hoher gestiegen^ und weiße Schwaden
hängen in den Wipfeln der Bäume, die aus der Tiefe ragen.
Zwischen leuchtend gerundeten Wolkenballen ist das tiefe Hiau
des Sternenhimmels. Der Mond ist hinter den Wolken geborgen,
und wie sie — ungleich gehallt — träge an ihm vorbeigleiten,
erhellt sein T/tcht^ ungleich und wechselnd die Felskuppe. Auf
Jaakobs Lager fällt nur schwaches Licht. Der iJueil, dessen
— 113 —
Sprudeln in der Stille vernehmlich wird, schimmert hell aus
dunklem Moos.
jaAkob
im Schlaf zusammenfahrend, leise.
Was ruft im Dunkel mich? Was spricht? 1020
Bin ich denn nicht allein?
Aus dem Rauschen des Quells löst sich eine Stimme bell und
beivegt.
DER QUELL.
Weil du — weil du Jaakob bist,
Vermagst du's nie zu sein!
jaAkob.
Wer spricht?
DER QUELL.
KJingt es wie Sprache dir —
Vernimmst du meinen Sinn, 1025
Weil du — weil du Jaakob bist?
Ich rinne, rausche hin,
Ein Quell, aus Tiefen brech' ich mir
Durch Fels den Weg hieher —
Weil du, Jaakob, mich vernimmst, 1030
Bin ich nicht einsam mehr!
Mir horcht nicht Kraut, Getier, Gestein —
Des Herrn Gestirn ist weit —
— 114 —
Nur ein Jaakob, der mich hört,
1035 Nimmt von mir Einsamkeit!
jaAkob.
Bist du so traurig?
DER QUELL.
Was ich bin —
Wie wüßt ich's! Sag mir's du,
Weil du — weil du Jaakob bist —
Du neigst dich allem zu —
1040 Nimm mich mit dir — und hat dein Tag
Für mich nicht Ruh noch Raum
So laß allnächtlich rauschen mich
Hin — durch Jaakobs Traum . . .
Eine rauhe tiefe Stimme bricht dumpfgrollend aus dem Stein,
auf dem Jaakobs Haupt ruht, und fällt ungestüm und zornig
drohend ein.
DER STEIN.
Horch nicht dem Quell! Was er zärtelnd dir raunt
1045 Rinnt dir wie Sehnsucht durchs Blut!
Mir horch!
jaAkob.
Wer grollt?
DER STEIN.
Ich rufe — der Stein,
Drauf ein Gesegneter ruht!
— 115 —
Dringend.
Schilt mich nicht hart — schilt mich nicht kalt —
Flamme und Glut und Licht —
War ich . . «ofo
DAS GESTEIN RINGSUM
in dumpfem, trotzigem Murmeln.
Glühend waren auch wir!
DER STEIN.
Schweigt! Ich gleiche euch nicht!
Niederes Gestein, im Dunkel gezeugt,
Spie euch ein Feuer zu Tag —
Ich — war ein Stern und ich fiel!
Aufstöhnend.
Warum?
Flehend und drängend.
Sag mir's, Jaakob — sag . . io55
jaAkob.
Laß mich . .
DER STEIN.
Ich laß dich nicht —
In verhaltenem Schluchzen.
Einer doch soll —
Einer nur wissen mein Leid!
jaAkob.
Wähle nicht mich!
f
— IIÖ —
DER STEIN.
Dich wähl ich — wozu
Wärst du — Jaakob — geweiht?
1060 Horchst du denn nur dem Quell — weil er süß
Schmeichelnd und lind dich umflüstert?
Selig glitt ich — ein klingendes Licht —
Sonnen und Sternen verschwisten —
Mußte ich fallen?
JAÄKOB
aufstöhnend.
Laß mich — du Stein!
1065 Was quälst du mich — wer gab dir solche Macht?
Sich unruhig auf dem Lager werfend.
Schlaf will ich, Schlaf— ich will nicht träumen!
Zwei 'weißflügelige Engel knien zur Linken und zur Rechten
Jaakob s.
DER ERSTE ENGEL
mit beller, leichter Stimme.
Jaakob, träume . .
Träume
DER ZWEITE ENGEL
mit dunklerer Stimme einfallend.
. . nur noch diese Nacht!
In den Tiefen der Erde verhallend, stöhnt es noch einmal, dunkel
und ferne, auf.
— 117 —
DER STEIN.
Ein Stern war ich . .
DAS GESTEIN RINGSUM.
Wir glühten und wir lohten . .
jaAkob
mit bangender Stimme.
Ihr Weißbeschwingten — Wehenden — seid ihr . .
DER ZWEITE ENGEL.
Wir sind . . "^°
DER ERSTE ENGEL.
Weißt du's nicht? - Boten!
über den Steine auf dem Jaäkobs Haupt ruht, neigt sich ein
dritter Engel. Während er seine Flügel über Jaäkobs Haupt
schattend breitet.
DER DRITTE ENGEL
mit klarer ruhevoller Stimme.
Seine Boten!
DER ERSTE ENGEL.
Hart ruht dein Haupt j komm - hebe deinen Nacken . .
DER ZWEITE ENGEL.
Wir betten ihn in unsrer Flügel Flaum!
Jaäkob hat den Kopf nur wenig gehoben j unter seinen Nacken
gleiten die Arme der beiden knieenden Engel, ihre Flügel be-
gegnen sich und stützen Jaäkob so, daß er halb aufgerichtet lehnt
— ii8 -
JAÄKOB
leise, erschauernd.
Ich fühle euch — so bin ich wach?
DER DRITTE ENGEL.
Erwachen,
Ließ dich — Jaakob — Er, zu solchem Traum!
Fernes Sausen dringt näher; kurze Windstöße setzen ein und
treiben dunkle und durchleuchtete Wolken, die sich lösen, ballen
und wieder zerreißen, über den Himmel. Während der folgen-
den Worte wächst das Wehen — von neuen Winden, die von
fernher zu Hilfe eilen, immer mehr genährt — zum Sturm.
DER ERSTE ENGEL.
I075 Horch auf!
jaAkob
mit banger Stimme,
Ein Klirren hör ich — so, als schlüge
Im Kampfe silbern Schild an silbern Schild!
Es rauscht, wie Flügel ferner Vogelzüge,
Hoch über mir . .
DER ZWEITE ENGEL.
Siehst du das Licht?
DER ERSTE ENGEL.
Es quillt
Blinkende Flut aus dem Gewölk . .
— 119 —
jaAkob
angstvolL
Die Sterne —
Sie dunkeln — löschen . . »080
DER ZWEITE ENGEL.
Nein! Sie löschen nicht!
DER DRITTE ENGEL.
Es überstrahlt sie nur, was dorten leuchtend —
Zu Stufen türmend sich — aus Wolken bricht!
DER ERSTE ENGEL.
Sieh hin!
jaAkob
abgewandt.
Es blendet!
DER DRITTE ENGEL
strenge.
Dort — wo andre blinden,
Mußt du noch sehn — Jaakob! Sieh nur hin!
jaAkob.
Mich friert, mich schauert! Eisiger Hauen von Winden, 1085
Wie sie vor Wettern wehen, bläst — es braust . .
Erschüttert.
Du Gott — ist dies Dein Sturm?
I20
DEK DRITTE ENGEL
stark.
Die Antwort — sieh!
DER ERSTE ENGEL»
In Blitzen bricht's hervor . .
jaAkob.
Es jagt, es saust
Heran — herab zu Stufen schwingt sich's — landet!
Aufschreiend birgt er sein Gesicht in den Händen.
1090 Zu nah — zu nah!
Er taumelt von seinem Lager auf, wie bereit zur Flucht.
DER ZWEITE ENGEL
hastig.
Sprich's an !
DER DRITTE ENGEL
stark.
Auf deine Knie!
DER ERSTE ENGEL
drängend,
Sprich's an!
jaAkob
auf den Knienj gesenkten Hauptes.
Mir bangt!
121
DER DRITTE ENGEL
in aufloderndem Zorn.
Sprich's an!
JAÄKOB
stammelnd, nach Atem ringend^ dann von tiefster Erregung
getragen.
Du — weißgewandet . .
Du — goldgegürtet du . . du — mir zunächst . .
Vom Helm beschattet sind dir Stirn und Augen —
Blickst du mir gut? Drohst du? — Ich weiß es nicht!
Du — den nicht Feuer sengt, das ihn umfließt . . 1095
Vor dem mir graut, zu dem mich's drängt . . du lauterLicht —
Nenn' dich!
In Demutf Hilfe suchend, leiser. s
Ich weiß ja nicht — wie man dich grüßt!
Auf leuchtenden Stufen, deren Strahlen das treibende Gev)ölk
durchdringen, steht Gabriel mit gespreiteten Flügeln, noch leicht
vorgeneigt, wie er eben Fuß faßte. Rötliche Locken drängen
unter seinem GolcDfelm hervor, der Stirn und Augen schattet.
Goldene Sandalen sind an seinen Füßen — Arme und Schenkel
in Gold geschient. Ein langes Geivand aus weißem Linnen,
ärmellos, an den Seiten geschlitzt und nur locker gegürtet, ver-
birgt fast seine Rüstung. Ein goldenes Gefäß, einem Kochet
gleichend, schwingt an seinem Gurt. Er ist waffenlos.
GABRIEL.
Gabriel bin ich — Gottes Kraft!
111
Sein Schwert, Sein Hammer — Bogen Ihm und Speer!
iioo Sein ausgereckter Arm, darmit Er schafft —
Durch meinen Mund, dem Gnade ward, spricht Er'
Er faltet seine Flügel und richtet sich hoch auf.
jaAkob
zagend.
So ist Er nah?
GABRfEL
fast strenge.
Er ist nicht nah — Er ist nicht ferne!
Er war nicht einst — und ist nicht heut!
no5 Was dich und Welten grenzt und uns und Sterne . .
Ihn randet Raum nicht — zirkt nicht Zeit!
Zur Linken Gabriels^ doch auf höherer Stufe fußend^ wird
Raphäel sichtbar. Ein leuchtender Helm birgt ihm Stirn und
Augen,
RAPHÄEL
sanfter einfallend.
Und weiß doch - so von dir, und fühlt dein Fühlen
Als war Er — duj als wärest du — Sein Kind!
jaAkob.
Du Linder, Milder - deine Worte kühlen . .
ino Wer bist du?
— IZ3 —
RAPHAEL.
Der — den mild Er schuf und lind!
Noch treibst und blühst du auf — junger Jaakob —
Du weißt, auch du mußt reifen — du mußt gehn!
Raphael — ich — darf dann an deinem Lager —
Heilend und Hndernd — Frieden wehend, stehn!
Starke Flügel teilen das Gewölk zu Gabriels Rechten. Uriel
vjird — in gleicher Höhe mit Raphael — sichtbar. Stirn und
Augen liegen im Schatten seines leuchtenden Helmes. Sein dunkles
Haar weht im Winde. Seine Stimme klingt bell und froh.
urIel
zu Raphael geviandt.
Sprich nicht von „Enden" ihm — er soll beginnen! ms
Frohes zu künden, sind wir ihm gesandt!
Zu Jaakob sich neigend.
Blick' auf, Jaakob — rings um dich sind Schwingen
Himmhscher Heere schirmend ausgespannt!
Auch ich, Uriel, weh' mit meinen Stürmen —
Furchtbar zerstörend — denen nur im Tal . . 1120
Durch Leid und Sturm - du Knabe - ring' dich aufwärts,
Bis unter dir verebben Sturm und Qual!
Hoch oben zerreißen die Wolken. Michael wird sichtbar. Er
ist vollgewappnet. Seine helle Rüstung — aus Buckeln, gleich
dem gewachsenen Panzer eines Tieres gefügt — schimmert silbern,
perlmuttern und opalen. Ein Rundschild und ein geflammtes.
— 1X4 —
entblößtes Schwert sind seine Waffen. Stirn und Augen birgt
der Helm,
MICHAEL.
Jauchzt nicht so wild, ihr Winde — seid gebändigt!
Aufwärtsblickend.
Du tust ihm weh, du starkes Licht - gib nach!
GABRIEL
neigt sich leicht zu Jaäkob; gedämpft,
II2S Dein Schirmherr spricht für dich
DER DRITTE ENGEL
leise.
Der dort in Waffen
Herstrahlt . .
DER ERSTE ENGEL
flüsternd,
Michael spricht!
DER ZWEITE ENGEL
beseligt.
Michael sprach!
Die Lichtfluten, die blendend von oben sich herabstürzten, um-
fließen nun milder die Gestalten der Engel} das tiefe nächtige
Blau des gestirnten Himmels ist wieder zu erkennen. Zu Ra-
phäels Linken, ihn ein wenig überragend, wird Sa mäel sichtbar.
Die Umrisse seiner Gestalt^ die kein Kleid verhüllt^ verfließen
— 115 —
ins Dunkel} nur auf seinem blassen ruhigen Jünglingsantlitz
liegt mattes Licht. Der Blick seiner tffenen Augen geht ühsr
alles Nahe hinweg in unbestimmte Weite.
jaAkob
zagend.
Ich harrte doch, daß solches mu* geschähe,
Und bange — bange nun, da es geschah!
Um meinetwillen schwangt ihr euch hernieder?
GABRfEL.
Um deinetwillen — alle! "30
ALLE ENGEL
stark einfallend.
Alle!
MICHAEL
Ja!
JAÄKOB
Samuel erblickend
Alle? — Auch du dort, dessen offne Augen
Kein Helm mir birgt? — Du schweigst?
Zm den Engeln gewandt.
Ihr Strahlenden —
Leuchtende Stufen tragen eure Pracht —
Doch jener Bleiche, abseits — dort, im Dunkel —
Wo fußet er? 1135
— ii6 —
SAMÄEL.
Seine Stimme klingt hell und ruhig durch den Raum.
Mich trägt uralte Nacht!
J^AÄKOB.
Nie sah ich dich! Und dennoch — deine Augen —
Mir ist, als kennte ich sie lange Zeit!
SAMÄEL
unbewegt.
1140 Du sahst mich nie, du kennst mich nicht — und was
Aus meinen Augen so dich grüßt — heißt: Leid!
JAÄKOB.
Du bist von jenen nicht! Um deine Lippen —
Wie schön sie sind — liegt Jubel nicht, liegt Gram^
Ich seh nicht deine Schwingen!
SAMÄEL
ungerüJjrt.
Meine Schwingen . ,
Man brach sie mir! Nun sind sie lahm!
urIel
auffahrend.
Reckst du dein Haupt empor? Noch immer? Schweige!
GABRfEL.
1145 Willst du verstören wiederum, was rein?
— 117 —
samAel
bitter.
Was fürchtet ihr? Seid ihr nicht Heeresscharen?
Und ich, ich bin —
Von Stolz und Trotz übermannt.
wohl mir — ich bin allein!
MICHAEL
stark.
Bist du noch stolz? Ich konnte dich zertreten
Und zog zurück den Fuß — und schonte dich !
samAel
finster abwehrend
Was tatest du's? Nicht ich hab drum gebeten! «so
Mit einem Blick nach oben.
Ein andrer, der mich braucht — der sprach für mich!
michAel.
Jaakob, hör' ihn nicht!
GABRIEL.
Aus seinem Munde
Geht Lästern aus, Empörung . .
URfEL.
Geifer!
gabrIel.
Spott!
— ii8 —
RAPHÄEL.
Was drängst du zwischen uns dich und den Knaben?
samAel
sich aufreckend^ stark.
nss Was drängtet ihr euch zwischen mich und Gott!
Steh zur Ruhe zu^ingend, erfüllt von Weh, das stärker ist als
sein Hohn»
Ich lästre nicht! Ich kann nur nicht lobsingen,
Gleich euch, die ihr euch sonnt in Seinem Strahl!
Doch euern Sang mit Cymbeln und Posaunen,
Ihn übertönt furchtbar der Schrei der Qual,
Fast aufstöhnend.
1160 Der aufsteigt, ewig aufsteigt, niemals endend
Aus Seiner Welt! Ich neide sie Ihm nicht!
Sein sei der blutige Knäuel, den da drunten
Brunst, Haß und Gier stöhnend zusammenflicht!
In steigender Erregung.
Ist Leid nur Strafe? Sagt — was tat das Tier,
1165 Das unter Martern stumm am Weg verendet?
Ihr ewig Seligen! Die Schuld nennt mir,
Um die Er Neugeborenes ins Leben,
Geschmückt mit Wunden, giftigen Beulen sendet?
Lobsinget Seiner Güte, Seiner Stärke —
1170 Mir — graut vor Ihm! Ich fass' Ihn nicht! Hat Er's
— 129 —
Gekonnt nicht anders? Anders nicht gewollt?
Greift Ihn Entsetzen nicht vor Seinem Werke?
Schuf Er zur Lust Sich diesen Ball? Nun rollt
Er taumelnd hin — entglitten Seinen Händen —
Hin durch die Zeit — ich frag: Zu welchem Enden? 1175
Gefällige Diener preist den Spielball, den
Er schuf —
Fast jubelnd,
schlecht schuf — es reichte nicht die Kraft ..
MICHAEL
das blitzende Schwert drohend vor sich hinsetzend, mit erzener
Stimme.
Verleumder du! Er schuf sie nicht — Er schafft!
Die Stimmen unsichtbarer naber und ferner Engelscharen hallen
es wieder:
Er schafft!
MICHAEL.
Und hat uns alle . .
urIel.
Jauchzet!
MICHAEL.
Aufgerufen,
Mit Ihm zu schaffen . . 1180
URfEL
jubelnd.
Mit an Seinem Bau!
— I30 —
Die Stimmen der Engel lösen einander ab in immer luachsender
seliger Zuversicht.
gabrIel.
Uns Boten, und die Lichter, die sich schwingen
Durch Seiner Himmel ausgespanntes Biau!
urIel
drängender.
Und Feuer, die aus finstern Wolken fahren,
Flut, die verschlingt — und stiller Bäche Lauf
11^5 Und Sturm — und sanfter Winde Wehen — alle —
Rief Er zu Helfern Seinem Werke auf!
RAPHÄEL
sanfter.
Und Erz, das blühen will in dunkler Erde —
Und alles Keimens wilder Drang zum Licht —
Und was du fühlst — dein Lächeln, deine Tränen . .
1190 Sind Diener Seinem Plan — und wissen's nicht!
gabrIel
stark.
Und stummer Tiere dumpfer starker Wille —
Und unser Lobgesang — und auch dein Neid —
Du Dunkler dort, begreif es, schaffen — schaffen
An Seiner Welt, mit Ihm . .
— 1^1 —
MICHAEL.
. . In Ewigkeit!
URiEL
drängend.
Uns sieh, Jaakob! Wende dein Gesicht "'95
Von dem dort, der verworfen ward . .
samAel
in tief verwundetem StolT..
Verworfen — nicht!
Verstoßen! — Und verstoßen noch, geeint
Im Tiefsten euerm Herrn — nicht euch, den Dienern,
Den immer jubelnden, den selig satten!
Seid ihr Sein Glanz? Schwarz über Seine Welt muß i»»
Gott werfen mich — mich — Gottes ewigen Schatten!
In angstvollem y fast zärtücbem Beschwören.
Knabe! Verschenk' dich nicht an Glanz und Macht
Und Herrlichkeit . .
raphAel
flehend.
Uns horch, Jaakob, horche,
Nur einmal . .
URfEL
"warnend.
Einmal!
— 1^2 —
RAPHÄEL.
. . Wird dir solche Nacht!
GABRfEL
feierlich.
laos Vätern Gelobtes — heut wird dir's verheißen!
Jaakob, weit — weit streckt sich einst dein Land!
Von Mittnacht, wo verschneite Gipfel eisen,
Hin gegen Mittag — zu der Wüste Rand!
Land — dessen Auen tränkt des Himmels Regen,
12IO Dess' Erde hundertfach vergilt die Saat
URIEL
fast jaucbzenä.
— Mit Quellen, Bächen, tiefen Brunnen innen,
Korn, Honig, Wein, Öl, Feige und Granat!
Jaakob bat sich erhoben.
Hörst du's?
JAAKOB
gedämpft.
Ich hör' es!
urIel.
Und du schweigst?
jaAkob
Uise anhebend.
Wer bin ich,
— 133 —
Daß icb*s vermöchte — ich — euch zu entgegnen?
Und doch: Der Erde Fett, des Himmels Tau, 1115
Korn, Most — dies ist wohl eines Vaters Segnen.
l^on tiefster Erregung überflutet.
Doch — reißt einmal für mich dies ewige Blau,
Herab zu mir, euch Strahlende zu senden . .
Gebietend.
Anderes will ich dann aus euem Händen,
Was, ahn' ich nicht — doch anderes empfahn! 1220
In bitterem Unmut.
In Stolz und Weh verbebte meine Jugend,
Entgegenharrend Seinem — eurem Nahn,
Und nun ? Ich überhob mich wohl, entlaßt mich!
Dumpf, fraglos, will ich dämmern meine Zeit!
Berufet Edom! Und verschenkt an Edom, ims
Was Edoms — nicht Jaakobs — Seligkeit!
urIel
unwillig.
Zu Ende hören, lerne doch, du Knabe!
GABRfEL
stärk.
Ein Stamm, ein Volk, sprießt auf aus deinen Lenden:
Will es hindurch — so teilt sich ihm das Meer!
Durch weglos weite Wüsten weht, als Führer, "30
Gewölk und Glut des Herren vor ihm her,
Bis sein dies Land; die Höfe, Städte, Burgen
Und was jetzt der Jebusi hält in Hut . .
Aus Uru-Schalims Felsen wachsen Throne —
1235 Jaakob — Königen aus deinem Blut!
samAel
ruhig.
Auch Herrschaft endet — Völker schwinden hin . .
jaAkob
abwehrend.
Nicht darum geht es . .
GABRiEL.
Still, Samael!
Zu Jaakob gütig.
Du sprich!
JAÄKOB
sich finster verschließend.
Er wählt, beschließt — ward ich gefragt? — und sendet
Die Botschaft mir — hat hier noch Rede Sinn?
urIel
losbrechend.
,240 Trotzt du mit Ihm? Wenn Wunder, Glanz und
Kronen
— «?5 —
Der Herr auf deinen Scheitel häuft, die Schultern
Mit hoher Macht dir herrlich läßt umkleiden?
Was willst du? Unbescheiden nenn ich dich!
jaAkob
zurückgeivorfenen Hauptes, schmerzJich,
Darf sich denn der, den Gott erwählt — bescheiden?
In tiefem Unmut; gequält.
Zurück — laßt mich zurück in meinen Schlaf] 1245
Nichts will ich mehr! Nur: Dürft ihr es, ihr Boten-
So weiset meiner Seele heim den Weg — sie will . .
Er bricht, abgevjanät von den Engeln, schluchzend in die Knie.
Nach Chebron will sie — heim, zu ihren Toten!
Aus den Wolken bat sich Raphäels Gestalt gelöst und steht nun
hinter Jaäkob.
raphAel
gedämpft, die Hand auf Jaäkobs Scheitel.
Du bist so jung! Nur darum — Kind — so leicht
Bereit, von dir zu werfen deine Tage! 1250
Er neigt sich über Jaäkob, faßt ihn an den Schultern und TJebt
ihn an sich empor.
Komm, schluchze nicht mehr — atme — ruhig - tief —
Und ist dir weh geschehen — sag' es — klage!
Er umfaßt Jaäkob mit seiner Liniun.
- i?6 —
jaAkob
mit geschlossenen Augen} leise.
Du sprichst — und deine Worte sind, als hallten
Nur frühe Worte meiner Mutter wieder . .
Er läßt sein Haupt an Raphäels Schulter sinken.
RAPHÄEL
langsam mit ihm rückwärts schreitend.
"55 Lehn' dich an mich — und laß dich leiten — da —
In unserer Flügel Schatten, sitze nieder!
Er steht an derselben Stelle wie verber. Er läßt Jaäkob lang-
sam 'ZU Boden gleiten. Jaukobs Haupt lehnt an Raphäels
Knieen. Raphäel blickt zu Michael auf.
Und du, Michael, sprich! Zu seinem Schirmherrn
Bist du bestellt vom Herrn für alle Zeit —
So frage du ihn . .
JAÄKOB
schmerzlich bebend.
Müßt ihr wirklich fragen?
1260 Wißt ihr denn nicht — weiß denn nicht Gott von mir?
Wuchs ich nicht auf, nach Ihm mich immer wendend,
Ein Kelch, Ihm aufgeschlossen — Ihm bereit?
Um drei Geschlechter wehet Seine Nähe . .
Kennt Er noch nicht mein Blut? Besteht Er drauf,
1265 Daß stammelnd schamlos Ihm mein Mund gestehe,
Was Er doch weiß?
— 137 —
In tiefverletztem Stolz.
Wählt Er, nur um zu schenken,
Daß Er uns Gut und Macht und Glanz verspricht?
Taugt Ihm mein Blut zu mehr nicht, als zu Königen?
Ich will nicht Herrschaft! Weiß Er denn das nicht?
Mizrajim, Babel und des Meerlands Fürsten — 1270
Wie — glaubt Er wirklich sie von mir beneidet?
Nichts neid ich — euch nicht eure Seligkeit . .
Erfüllt von Web.
Könnt ich denn selig sein, wenn alles leidet?
Alles mir naht, am Tag naht, nachts in Träumen,
Mensch, Tier, und Kraut der Erde, und Gestein — 1275
Klagt, Antwort heischt, mit stummen Augen fordert —
Mich fragt — und alle Antwort ist doch Sein!
Er bllckty 'wie b'ilfesuchendj zu den Engeln auf.
Seht! Darum nur — so dacht ich — hat dem Knaben,
Was Leid auf Erden trägt — Er zugesandt:
Leiser, als vertraue er Geheimes an.
Er selbst hat Sich in Seine Himmel droben, 1280
Herrlich und furchtbar, ferne festgebannt . .
So wählt mein Blut Er aus zum stolzen Reise —
In alle Zeiten sprießend, nie verdorrt —
In wachsender Zuversicht.
Daß meinem Mund — von neuem immer wieder —
EntStürze Seines ewigen Willens Wort! 1285
~ 138 -
Und zwischen mir und sorglos jungem Blühen
Brach darum Brücke Er entzwei und Steg —
Daß ewig ich, mit Menschenschritt, hiernieden
Mit schreite Seinen fernen Gottesweg,
1290 Und — Leid mit Seinem Worte lösend — hier
Sein ewiger Mund und ewiger Anwalt werde . .
urIel
aufbrausend.
Bald Faulendes — lallst du von „Ewigkeit"!
GABRIEL
stark.
Der Herr ist ewig! Du — bist Gras der Erde!
URfEL.
Wir tragen nicht solch Wort vor Seinen Thron!
JAÄKOB
in fliegendem Atemß bitter.
1295 Ich weiß, ich weiß — ihr rührt mich an — ich muß
Hinab ins Land, aus welchem Heimkehr nicht -
Ihr weht mich an — hin sink ich zu den Toten!
Ein Wurm bin ich! Und weise doch zurück euch
In euer dienend Amt:
Gebietend.
Von Ihm zu mir —
1300 Von mir zu Ihm - seid Boten ihr — nur Boten!
— 139 —
URIEL.
Er rast!
jaAkob.
Wand seid ihr zwischen mir und Gott!
Durch euch hindurch dringt doch zu Ihm mein Schrei!
Er bat sieb aufgericbtet.
URiEL.
Bist du schon übermütig — Knecht!
JAÄKOB
in seligem Vertrauen.
Nicht Knecht!
Gott wählt mich aus — Gott will mich frei!
URIEL.
Du lästerst! Nieder — nieder auf dein Antlitz, 1305
Bis grau von Erdenstaub dir Stirn und Haar!
Tu Buße, Stolzer! Widerrufe!
JAÄKOB
aufjauchzend.
Niemals!
Gott wählt mich aus — Gott will mich stolz und
wahr!
In letzter Entschlossen heitj hingegeben.
Hier steh ich! Gott! Hab ich gefrevelt — strafe!
Was Vätern du gelobt hast — nimm es wieder!
Ich löse dich — Du Gott — aus Deinem Eid! 1310
Der Du in Wettern thronst! Mit Deinen Feuern
Triff hier — dies Haupt! Es sterbe meine Seele,
Weil allzu wild nach ihrem Gott sie schreit!
Dumpf donnernd bricht schwarzes Wettergewölk hervor, durch-
zuckt von jähen Feuern, und überflutet alles mit brausender
Finsternis. Dann Stille, Es htUt sich auf. Die Engel werden
sichtbar; ihre Nacken sind leicht geneigt. Nur Jaäkob steht
aufrecht wie vorher. Seine Hände ruhen auf seiner Brust, sein
Atem geht ruhig und tief Licht umfließt ihn. Die Engel
richten sich auf zuerst Michael mit kurzem Ruck, dann lang-
samer die anderen.
raphAel
noch leise,
li^s üriel — sieh! Ihn traf kein Feuer!
GABRfEL.
Licht liegt
Auf seiner Stirn!
raphAel.
Es fließt um ihn!
michAel.
Es leuchtet
Ob seinem Haupt des Herren Herrlichkeit!
samAel
gedämpft^ ernst, ohne Haß.
Wie dunkelt ihr doch neben seinem Licht!
- 141 —
gabrIel
gedämpft} vor sich bin.
Lockst du mit Schmeicheln ihn — Versucher dort!
MICHAEL
stark anrufend.
Jaakob, höre! 1310
Die Stimmen der Engel tosen einander immer heller und jubeln-
der ab,
raphAeu
Höre!
GABRiEU
Höre!
urIel.
Höre!
MICHAEL.
Auf meine Lippen legt der Herr — dies Wort;
Was du dir wählst — versagt der Herr dir nicht!
Mächtige Könige des Meerlands — enden!
Mizrajim — schwindet! Babel — wankt und fällt!
Nur du — Sein ewig Volk — darfst ewig wandern — 1325
Ein ewiges Wunder Seiner ewigen Welt!
SAMÄEL
drängend.
Nimm es nicht an — Jaakob! Nimm's nicht an!
— 142 —
MICHAEL.
Was hoch jetzt ragt an Völkern, wird zerrieben
Zu Staub! Wie Staub läßt es der Herr verwehn!
1330 Nur du darfst dauern! Tausend Tode sterben —
Und tausendmal aus Toden auf erstehn!
samAel
bitter auflachend.
Du darfst! Wie gnädig! Darfst! In deine Seele
Legt Er als Wunsch, wozu Er dich verdammt!
Narr! der da glaubt, daß frei sein Los er wähle!
Besctywörenä.
1335 Nimm es nicht an — auch andre Völker dauern!
Sie tauschen Namen nur — es rauscht die Flut
Geschwellt von frischen Bächen reicher — selig
Mischt sich mit jungen Völkern altes Blut!
Und ihres Schicksals dürfen sie vergessen —
1340 Nur dir bleibt ewig — was dich traf— bewußt . .
Sie — können wohl gedenken ihrer Ahnen . .
Du — Volk, das nicht vergessen darf— du mußt!
Es schleift dich Gott mit sich durch alle Zeiten —
Er blickt aufwärts; nickend, Genugtuung in der Stimme.
Bangt denn dem Einzigen — fühlt Er sich allein?
1345 Nimm es nicht an! Es klingt wie Seligkeiten
Und ist Verdammnis . .
— 143 —
jaAkob
entschlossen und hingegeben.
Mag mein Los es sein!
urIel
aufjaucijzend,
Heil dir, Jaakob!
MICHAEL
durch den feierlich-ehernen Ernst seiner Stimme bricht es immer
wieder wie JuhtL
Du — erwählt vom Herren
Zum Zeugen Seiner Wunder — wirst sie künden . .
Und Länder, Inseln, alle Femen hören!
Bis sich dem Herren alle Kniee beugen 1350
Und alle Zungen ihm allein nur schwören!
Was du — aus tiefster Not — zum Herren rufest,
Leiht Stimme allem Weh, das stumm sonst rang,
Dein Wort salbt Reifen um — zu heihgen Kronen,
Wird Völkern Sieg — und Dank — und Jubelsang, 1355
Rascher dabin strömend.
Die Wiegen segnet es und weiht die Grüfte,
Lohnt, straft und tröstet — löset und verdammt . .
Dich facht der Herr zur ewigen Feuerfackel,
Die ob den Wegen aller Völker flammt!
Hart, starr und trotzend macht Er deinen Nacken — 1360
Türmt Er dir Bürde, türmt Er dir auch Kraft —
^ 144 —
Sei Licht der Völker! Blinder Augen öffne!
Gefangene fuhr' aus Finsternis und Haft . .
Gott glüht und hämmert dich zum heiligen Volke,
1365 Und stellt dich hin — rings um dich brandet Zeit . .
Du ragst — und wirst zum Mal und ewigem Maße,
Daran sich Treue, Hoffen mißt — und Leid!
Du wirst . .
samAel
stark einfallend^ in Hohn und Erbitterung,
„Du wirst!" Mich höre — was du wirst!
Sie lügen nicht! Wohl neigt man deinem Wort sich-
1370 Doch blutig schlägt den Mund man, der es sprach!
Wohl darfst du wandern! Aber rasten? Heimat?
Sie wird dir Wort — du sinnst ihm ewig nach!
Volk wirst du, dVaus sich alle Beute holen —
An dir zu freveln? Wem wär's nicht erlaubt?
1375 Die Erde eisern unter deinen Sohlen,
Ehern der Himmel über deinem Haupt . .
Du Störrisches, das seinen Gott nicht preisgibt,
Heimloses Volk — sie weisen dir die Tür,
Der räudige Bettler höhnt - und rühmt und preist sich,
1380 Daß er nicht eines Stammes ist mit dir!
In einem Rausch von Haß und Bitterkeit.
Erwähltes du — du Segen aller Völker —
Wo wächst die Schmach denn, die dir nicht geschah?
— 145 —
Dein Sinn, dein Leib, wdrd allen Abscheu, Ekel —
Man speit ins Antlitz dir . .
jaAkob
sid) aufbäumend.
Nein! Nein!
SAMÄEL
als stieße er mit einem Messer zu.
Ja! Ja! '
Man tut es! Jedes Volk, dran du dich schmiegest, 1385
Es brennt dich aus, wie eitriges Geschwür . .
Seine Worte sausen gleich Geißeibieben auf Jaäkobs gesenkten
Nacken nieder, der unter ihnen erbebt.
Du Liebling Gottes, wirst der Welt verhaßter.
Als Pest — als giftiges Kraut — als tolles Tier!
Was dich gebar, was dich gezeugt, verkohlt im Feuer,
Blutend zerfetzt stirbt hin in Scham dein Weib, 1390
Man tilgt dich aus! Dein Ungeborenes reißt man . .
Mit Füßen tritt man's aus der Mutter Leib . .
Aufjubelnd.
So — segnet Er!
JAÄKOB
in vervweifeitem Aufschrei.
Redet, ihr Boten — redet!
Gebt Antwort ihm . .
10
— 1^6 —
samAel.
Sagt, daß ich Unrecht habe!
JAÄKOB.
1395 Laßt mich doch nicht mit jenem dort — allein!
SAMÄEL.
Du Tor! Von Gott erkorener Prügelknabe!
An deinem Dulderleibe peitscht Er ewig
Sein Gotttum allen andern Völkern ein!
In furchtbarem Ernst,
Ihn schaudert vor der Qual, die Er erschaffen,
14CX) Dich braucht Er, daß du — gläubig durch die Zeit
Dich schleppend — allen Völkern rings verkündest,
Schuldlos sei Er — und Strafe alles Leid!
Dich opfert Er! Du taugst Ihm nur als Zeuge,
Als unbestochener, auf den Er weist,
1405 Wer zweifelt noch, wenn du — von ihm zertreten,
Verblutend — deinen Gott, gerecht, noch preist!
Und immer hoffst du: Letzte Prüfung war' es,
Gott hätte nur noch diesmal dich versucht . .
Sag' dich doch los! Kein Richter thront dort droben,
1410 Der deine Martern — sie zu sühnen — bucht!
Stark anrufend.
Laß ab von Ihm!
— «47 —
jaAkob
bochauf gerichtet.
Ich kann nicht von Ihm lassen!
- In seligem Lächein,
Du Leid-ErfülJter — läßt denn du von Ihm?
Und — rfcäher Seinem Throne steht dein Hassen —
Als alle Liebe Seiner Cherubim!
Rufst du mir Warnung zu? Ich — darf nur horchen, 141s
Dem, was in mir — Blut meiner Ahnen — rief . .
Inbrünstig,
Ich lieb Ihn — wie Er ist! Grausam und gnädig,
Lauteres Licht - und Abgrund, finster, tief!
Ich laß Ihn nicht! Ich weiß: Zu Ihm gehör' ich!
Mich lockt Verheißen nicht- mich schreckt nicht Grauen 142c
Sieh: Tief in mir - wohin Wort nicht mehr dringt,
Schläft — was dir fremd ward: Seliges Vertrauen!
In letzter Hingabe.
Hör* mich mein Gott! Es schweigen deine Boten —
So rede ich! Ich laß Dich nicht allein!
Und was mich trifft - mein Los wird immer wieder 1425
Nur Deines fernen Schicksals Widerschein!
Hör mich mein Gott! Es schweigen Deine Boten -
In ausbrechendem Jubel.
Du, der mich wählt — Du, den ich wähle — sprich!
Sag ihnen, daß wir - zweifelnd - zürnend - hadernd -
— 148 —
I430 Doch aneinander hangen, ewig Du und ich!
Gedämpfter.
Du willst ja schenken! Sei dies Deine Gnade:
Hin durch mein Blut laß ewig fluten Deine
Drei heiligen Ströme - Herr: Kraft - Stolz - Geduld!
Und . . trägst Du Schuld — will mit ich tragen —
Die Arme weit breitend.
Lade
M35 Du Gott — auf meine Schultern Deine Schuld!
Sein Haupt sinkt auf die Brust,
SAMÄEL
auflachend.
Wähnst du Ihn stolz? Gib acht — Er nimmt es an!
Er lädt dir auf, bis dir der Nacken bricht!
Man geißelt dich, du raffst dich auf— Er sieht es!
Verschmachtend schleppst du dich — Er duldet es,
1440 Labt nicht den Gaumen, der dir röchelnd dorrt . .
Er wird sich deiner nicht erbarmen!
MICHAEL
iosbrecbend.
Lügner!
GABRIEL, URIeL, RAPHÄEL UND DIE DREI
ANDEREN ENGEL
in einem einzigen empörten Aufschrei.
Du lügst!
— H9 —
Ringsum aus den Lüftaiy und von Feme zu Hilfe eilend, brausen
belle und dunkle Stimmen in wildem Aufschrei einher.
DIE STIMMEN DER ENGEL.
Du lügst!
Ein Strahl j vor dem alles dunkelt^ bricht steil aus Wolken und
haftet auf Jaakob. Mit ihn zugleich dringt hell eine milde
Stimme, klar und ruhig, durch das Tosen, das vor ihr verstummt.
DIE STIMME.
Wahr ist Samaels Wort!
Gewölk hat die Engel verhüllt, nur Jaakob ist sichtbar. Seine
Hände ruhen auf seiner Brust, sein Nacken neigt sid>.
Wenn andre, knieend, zum Erbarmer flehen,
Üb ich Erbarmen — wie der Herr am Knecht!
Doch du — sollst aufrecht vor dem Vater stehen,
Erbarmen - weig're ich! Fordere du - dein Recht! 1445
Um meinen Namen magst du Un-Erhörtes dulden -
Doch, noch in Martern, fühl', daß ich-dich nie verwarf!
Die Stimme dunkelt; unendliche Liebe entströmt ihrem Klang.
Ich will ja nur- mein Sohn - mich dir so tief verschulden.
Daß ich — zur Sühne — dich erhöh'n vor allen darf! ms®
URfEL.
Herr! Deine Morgenstürme wollen wehen!
HELLE HOHE ENGELSTIMMEN RINGSUM.
Herr! Herr! Es schwindet Deiner Sterne Licht!
— I50 —
urIel.
Heißt Du die Stürme harren? . .
DIE ENGELSTIMMEN.
. . Still die Sterne stehen?
DIE STIMME.
Laßt Stürme, Sterne, tun nach ihrer Pflicht!
1455 Daß sie zu heiligem Reigen sich verschlingen,
Hab' ich beschworen alles Wesens Bahn —
Laßt meiner Sonne erste Strahlen Idingen
Fernes Brausen setzt ein
Die Werke dieser Nacht — sie sind getan!
Der Strahl erlischt. Weiße Wolken treiben im Morgenwinde um
die Kuppe. Es dämmert. Drei Engel, die vorher um Jaäkohs
Lager standen j sind nun um ihn geschart. Aus den Wolken
löst sich Gabriel.
GABRfEL.
Noch einmal — mein Jaakob — sinke
1460 Zurück auf deinen Stein — zu kurzer Ruh!
Mit geschlossenen Augen sinkt Jaakob zurück in die Arme der
Engel, die ihn auf sein Lager gleiten lassen. Gabriel neigt
sich über ihn.
Wenn du mit dir — mit Fremdem ringst —
Mahnend.
Gedenke:
Mit Gott dem Herren rängest heute du!
— 151 —
In deinem Samen schau're immer wieder
Erinnern dieser Nacht — so Sein Befehl!
Er blickt auf.
Schon rötet sich Sein Morgen! Auf die Lider — 1465
Und:
Er richtet sich hoch auf.
Wandle — schaue — höre Jisro-El!
Wolken ballen sich und verhüllen die Bergeskuppe. Das Rauschen
grojJer Ftiigel vertönt ferne. DieWolken lösen sich zu vollenden
Nebeln und sinken langsam insTal. Die Kuppe liegt in grauem
Friihlicht. Jaäkob ist allein. Er schläft. Sein Atem gebt tief
und schwer. In das Brausen des Morgenwindes klingt manchmal
der leise Ion ferner Her denglocken.
JAÄKOB
mit noch geschlossenen Augen von seinem Lager auj taumelnd;
er ringt nach Atem, seine Worte fallen unsicher, bebend von
seinen Lippen.
Ich wandle . . wankt nicht Kniee, tragt mich . .
Er schlägt die Augen weit auf
schaue . .
Gewölk und Nebel — höre . . Früh wind stürmt
Und eben noch! . . 1470
den Stein, auf dem er ruhte, anfassend.
Stieg hier es nicht empor —
Stufe um Stufe leuchtend aufgetürmt? . .
Gedämpfter.
— 152 —
Grollst du nun noch — Gestein darauf ich ruhte?
Warst du Gestirn — und wähntest dich gefallen?
Vom Herrn verstoßen? Und warst doch - du Stein -
I47S Herabgesandt nur — hoch erhöht vor allen —
Die Schwelle Seiner Himmel hier zu sein!
Aufseufzend.
Vorbei! Die Pforte zu!
Er wendet sich gegen Osten.
Sein starker Tag
Blüht wieder auf— als wär's zum ersten Mal!
Froh jauchzt Sein Sturm! Es naht Sein großes Licht
Und sprengt die Kelche, schwer von Duft geschwellt . .
Zurückgeivorfenen Hauptes, mit geschlossenen Augen, tief atmend.
1480 Du heller Morgen weißt noch nichts von Qual —
Ich atme dich — du neuerschaffne Welt!
Aufwärtsblickend; leiser.
Stand ich zu kühn vor Dir in dieser Nacht?
Wenn Dir mein hilflos Wort zu stolz erschien . .
Sieh —
Er bricht aufschluchzend in die Kniee.
Ewiger Schöpfer — jeder Deiner Morgen
1485 Wirft mich ja doch, von neuem vor Dir hin!
Der Wind trägt den Hall vieler Herdenglocken, stärker als vor-
her, aus dem Tale herauf. Dazwischen klingt — auf einer Hirten-
pfeife — das Lied des Hirten Schua, das er am Abend blies.
— '53 —
Hier lieg ich — Herri Jaakob, den Du riefest —
Erwählt von Dir und doch . . Kind dieser Erde!
Führt drunten weiter wieder nun mein Weg?
Ruft ihr hinab mich — Glocken meiner Herde?
Mein Hirt da drunten, willst du wach mich spielen 1490
Mit deinem Liede? Hirt — ich bin erwacht!
Ich komme! Abschied nehm ich nur von Erde,
Die heilig ward — in einer heiligen Nacht!
idnibaAls stimme
aus dem Tale,
Kommst du nicht, Herr?
JAÄKOB
bat sieb erhoben,
Idnibaal, ich komme!
Harrt doch . . es harret meiner auf dem Wege, ,4^
Der unten für mich anhebt, anderes noch!
Leiser beginnend.
Herr! Was Dein Wille mir auch auferlege . .
Wie Krone will ich's tragen — nicht wie Joch!
Hast Du mein Blut erwählt zur Feuerfackel,
Die ob den Wegen aller Völker flammt . . 1500
Laß Deiner heiligen Wahl — Herr — nie vergessen.
Was fern und spät noch meinem Blut entstammt! -
Doch wenn sie es vergessen — müde sinken
Am Weg — laß sie in Kleinmut nicht vergehen,
- 1^4 ~
Stark.
1505 Herr - rufe, rufe — und aus meinem Blute
Wird immer wieder einer dann erstehen,
Anfachen das, was — Herr — von Dir entzündet —
Heilige Glut — noch unter Trümmern schwält,
Und ihnen sagen —
Mit geballten Brauen, gebietend und drohend.
sagen — sagen . .
15 10 Wozu sie Gott — in alle Zeit — erwählt.
Beschwörend.
Kraft leihe — Herr — dann seinen armen Lippen!
Von Deiner Herrlichkeit, die mir erschien,
Wirf einen Strahl, Herr, auf sein Wort - nur einen..
In Stolz und Demut.
Herr — tu's um Deinetwillen — nicht um ihn!
Mit einer raseben Wendung tritt er hinter den Stein. Er ergreift
nacheinander die vieingefüüte Silber schaUf den Milchschlauch , das
Widderhorn, 'welches das Öl birgt, und läßt, mit hocberhobener
Hand, aus jedem auf den Stein niederträufeln. Seine Stimme
ist hell und stolz.
ISIS Mit dieses Landes Frucht und Segen salb ich —
Dich Stein —
Sich freudig besinnend.
Mit meines Landes —Wein .. und Milch .. und Öl! —
— 155 —
IDNIBAÄLS STIMME
aus dem Tal,
Kommst du — Jaakob?
jaAkob
noch ühfr den Stein geneigt, richtet er sich nun jäh auf. MH
raschen Sdiritten tritt er hart an den Rand des Abhanges. Et
greift nach seinem hohen Hirtenstab, der am Boden lag. Gegen
Osten geivandt, hocbauf gerichtet^ ruft er mit jubelnder Stimme
ins Tal hinab.
Nicht — „Jaakob!" Nieder
Zu Euch steigt — der mit Gott rang — Jisro-El!
Es ist Tag
AUS DER HEILIGEN SCHRIFT
zu
JAAKOBS TRAUM
/. Mosff Kap. 28, Vers le-ip.
„10. Aber Jakob zog aus von Bcr-Seba, und reiste gen
Haran,
1 1. Und kam an einen Ort, da blieb er über Nacht; denn
die Sonne war untergegangen. Und er nahm einen Stein des
Ortes, und legte ihn zu seinen Häupten, und legte sich an
demselben Ort schlafen.
II. Und ihm träumte; und siehe, eine Leiter stand auf
Erden, die rührte mit der Spitze an den Himmel, und siehe,
die Engel Gottes stiegen daran auf und nieder ;
I 3. Und der Herr stand oben darauf, und sprach: Ich bin
der Herr, Abrahams, deines Vaters, Gott und Isaaks Gott;
das Land, da du auf liegest, will ich dir und deinem Samen
geben.
1 4. Und dein Same soll werden wie der Staub auf Erden,
und du sollst ausgebreitet werden gegen den Abend, Morgen,
Mitternacht und Mittag; und durch dich und deinen Samen
sollen alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden.
15. Und siehe, ich bin mit dir, und will dich behüten,
wo du hin ziehest, und will dich wieder herbringen in dies
Land. Denn ich will dich nicht lassen, bis daß ich tue alles,
was ich dir geredet habe.
1 6. Da mm Jakob von seinem Schlaf aufwachte, sprach
er; Gewißlich ist der Herr an diesem Ort, und ich wußte es
nicht;
— i<$o —
1 7. Und fürchtete sich, und sprach; Wie heilig ist diese
Stätte! Hier ist nichts anders denn Gottes Haus, und hier ist
die Pforte des Himmels.
I 8. Und Jakob stand des Morgens frühe auf, und nahm
den Stein, den er zu seinen Häupten gelegt hatte, und richtete
ihn auf zu einem Mal, und goß Ol oben darauf,
19. Und hieß die Stätte Beth-El;«
Zu Vers ^ojy 40^. I. Mose, Kap. iß, Vers 16.
„Und ich will deinen Samen machen wie den Staub auf
Erden. Kann ein Mensch den Staub auf Erden zählen, der
wird auch deinen Samen zählen."
Zu Vers ^^6. I. Mose, Kap. i^, Vers iS.
,Abcr Melchisedek, der König von Salem, trug Brot und
Wein hervor. Und er war ein Priester Gottes des Höchsten."
Zu Vers ^jS. I. Chronika, Kap. 12, Vers 1^.
„Und David zog hin und das ganze Israel gen Jerusalem,
das ist Jebus; denn die Jebusitcr wohneten im Lande."
Zu Vers S03-S2i. I, Mose, Kap. zz, Vers i, z, ß-13.
„I. Nach diesen Geschichten versuchte Gott Abraham,
und sprach zu ihm: Abraham! Und er antwortete: Hier bin
ich.
1. Und er sprach: Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den
du lieb hast, und gehe hin in das Land Morija, und opfere
ihn daselbst zum Brandopfer auf einem Berge, den ich dir
sagen werde.
— i6i —
9. Und als sie kamen an die Stätte, die ihm Gott sagte,
baute Abraham daselbst einen Altar, und legte das Holz darauf,
und band seinen Sohn Isaak, legte ihn auf den Altar oben
auf das Holz,
I o. Und reckte seine Hand aus, und faßte das Messer, daß
er seinen Sohn schlachte.
1 1 . Da rief ihm der Engel des Herrn vom Himmel und
sprach: Abraham! Abraham! Er antwortete; Hier bin ich.
12. Er sprach: Lege deine Hand nicht an den Knaben
und tue ihm nichts; denn nun weiß ich, daß du Gott furch-
test, und hast deines einzigen Sohnes nicht verschonet um
meinetwillen.
13. Da hob Abraham seine Augen auf, und sah einen
Widder hinter sich in der Hecke mit seinen Hörnern hangenj
und ging hin, und nahm den Widder, und opferte ihn zum
Brandopfer an seines Sohnes Statt."
Zu Vers jjj, jj^. I. Mose, Kap. ij, Vers iS.
^An dem Tage machte der Herr einen Bund mit Abraham,
und sprach: Deinem Samen will ich dies Land geben, von
dem Wasser Ägyptens an bis an das große Wasser Phrath;"
Zu Vers jjä. I. Mose, Kap. 12, Vers 6, 7.
„6. Zog Abram durch bis an die Stätte Sichem
7. Da erschien der Herr Abram und sprach: Deinem Samen
will ich dies Land geben."^
Zu Vers /^j. IV. Mose, Kap. 2^, Vers 21,
„Und da er sah die Keniter, hob er an seinen Spruch und
sprach: Fest ist deine Wohnung, und hast dein Nest in einen
Fels gelegt."
II
— IÖ2 —
Zu Vers j(fo. I. Mose, Kap. 12, Vers i.
„Und der Herr sprach zu Abram: Gehe aus deinem Vater-
land und von deiner Freundschaft und aus deines Vaters Hause
in ein Land, das ich dir zeigen will."
Zu Vers S^^j S^ä. I. Mose, Kap. zy, Vers zä, zS, zg.
„i6. Und Isaak, sein Vater, sprach zu ihm:
28. Gott gebe dir vom Tau des Himmels und von der
Fettigkeit der Erde und Korn und Wein die Fülle.
29. Völker müssen dir dienen, und Leute müssen dir zu
Fuße fallen. Sei ein Herr über deine Brüder, und deiner
Mutter Kinder müssen dir zu Fuße fallen. Verflucht sei, wer
dir flucht; gesegnet sei, wer dich segnet."
Zu Vers Sp^ Spj. J. Mose, Kap. zz, Vers 18.
„Und durch deinen Samen sollen alle Völker auf Erden
gesegnet werden, darum daß du meiner Stimme gehorchet
hast.«
Zu Vers poS. Psalm I, Vers j.
„Der ist wie ein Baum gepflanzet an den Wasserbächen,
der seine Frucht bringet zu seiner Zeit, und seine Blätter ver-
welken nicht; und was er macht, das gerät wohl."
Zu Vers fi^o. I. Mose, Kap. p, Vers 40.
„Des Tages verschmachtete ich vor Hitze und das Nachts
vor Frost, "
- IÖ3 -
Zu Vers 107 j. Hesekiel Kap. t, Vers 2^.
„Und ich hörte die Flügel rauschen wie große Wasser,
und wie ein Gctöne des Allmächtigen, wenn sie gingen, und
wie ein Getümmel in einem Heer.**
Zu Vers lopi, lopz. Hesekiel Kap. p, Vers 2.
„Aber es war Einer unter ihnen, der hatte Leinwand an
und ein Schreibzeug an seiner Seite.'*
Daniel, Kap. lo, Vers 5^ ä.
„5. und hob meine Augen auf^ und sah, und siehe,
da stand ein Mann in Leinwand, und hatte einen goldenen
Gürtel um seine Lenden.
6. Sein Leib war wie ein Türkis, sein Antlitz sah wie ein
Blitz, seine Augen wie eine feurige Fackel, seine Arme und
Füße wie ein glühendes Erz, und seine Rede war wie ein
großes Getönc.'^
Zu Vers 112 J. Daniel, Kap. 12, Vers i.
„Zu derselben Zeit wird der große Fürst Michael, der für
dein Volk stehet, sich aufmachen.'*
Zu Vers iiop. V. Mose, Kap. 11, Vers 11.
„Sondern es hat Berge und Auen, die der Regen vom
Himmel tränket;"
Zu Vers 1211, 1212. V. Mose, Kap. S, Vers j, $.
,,7. Denn der Herr, dein Gott, führet dich in ein gut
Land, ein Land, da Bäche und Brunnen und Seen innen sind,
die an den Bergen und in den Auen fließen;
— 164 —
8. Ein Land, da Weizen, Gerste, Weinstockc, Feigenbäume
und Granatäpfel innen sind; ein Land, da Ölbäume und Honig
innen wächst;"
Zu Vers iz^o^ iz^i, IL Mose, Kap. y, Vers zi, iz.
„21. Und der Herr zog vor ihnen her, des Tages in einer
Wolkensäule, daß er sie den rechten Weg führte, und des
Nachts in einer Feuersäule, daß er ihnen leuchtete, zu reisen
Tag und Nacht.
Z2. Die Wolkensäulc wich nimmer von dem Volk des
Tages, noch die Feuersäule des Nachts.'*
Zu Vers 134-7, 13 ^S. Jesaja, Kap. 43, Vers zi.
„Dies Volk habe ich mir zugerichtet, es soll meinen Ruhm
erzählen."
Jesaja, Kap. 43, Vers lo-iz.
„10. Ihr aber seid meine Zeugen, spricht der Herr, und
mein Knecht, den ich erwählet habe, auf daß ihr wisset, und
mir glaubet und verstehet, dass ich es bin. Vor mir ist kein
Gott gemacht, so wird auch nach mir keiner sein.
1 1 . Ich, ich bin der Herr, und es ist außer mir kein
Heiland.
12. Ich habe es verkündiget, und habe auch geholfen;
und habe es euch sagen lassen, und ist kein fremder (Gott)
unter euch.
Ihr seid meine Zeugen, spricht der Herr; so bin ich Gott."
Zu Vers 134p. Jesa'ja, Kap. ^p, Vers /.
„Höret mir zu, ihr Inseln, und ihr Völker in der Ferne,
merket auf! Der Herr hat mich gerufen "
- 1(^5 -
Zu Vers ijJOj ijji, Jf^aja, Kap. ^j, Vers zz, zj.
„11. Wendet euch zu mir, so werdet ihr selig, aller Welt
Enden; denn ich bin Gott, und keiner mehr.
2 3 . Ich schwöre bei mir selbst, und ein Wort der Gerech-
tigkeit gehet aus meinem Munde, da soll es bei bleiben, näm-
lich : Mir sollen sicii alle Kniee beugen, und alle Zungen
schwören." *
Zu Vers ijjz. Psalm ijOj Vers i-ß.
„I. Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir.
2. Herr, höre meine Stimme, laß deine Ohren merken auf
die Stimme meines Flehens!
3. So du willst, Herr, Sünde zurechnen, Herr, wer wird
bestehen?"
Zu Vers ijöi. Jesaja, Kap, ^S, Vers ^.
„Denn ich weiß, daß du hart bist, und dein Nacken ist
eine eiserne Ader "
Zu Vers ij(fz, ij(fj. Jesaja Kap. ^z, Vers 6y 7.
„Ich der Herr habe dich gerufen mit Gerechtigkeit, und
habe dich bei deiner Hand gefasset und habe dich behütet,
und habe dich zum Bund unter das Volk gegeben, zum Licht
der Heiden;
7. Daß du sollst öffnen die Augen der Blinden, und die
Gefangenen aus dem Gefängnis führen, und die da sitzen in
der Finsternis aus dem Kerker."
Jesaja Kap. ^p, Vers ^j 6.
„5. Und nun spricht der Herr, der mich von Mutterleibe
an zu seinem Knechte bereitet hat
— i66 —
6. Es ist ein Geringes, daß du mein Knecht bist,
die Stämme Jakobs aufzurichten, und das Verwahrlosete in
Israel wieder zu biingen; sondern ich habe dich auch zum
Licht der Heiden gemacht, daß du seiest mein Heil bis an der
Welt Ende."
Z« yers ij<f4. IL Mose, Kap. iß, Vers 6.
„Und ihr sollt mir ein priesterliches Königreich, und ein
heiliges Volk sein. Das sind die Worte, die du den Kindern
Israels sagen sollst."
V. Mose, Kap. zS, Vers ß,
„Der Herr wird dich ihm zum heiligen Volk aufrichten,
wie er dir geschworen hat '*
///. Mose, Kap. zo, Vers z6.
„1 6. Darum sollt ihr mir heilig sein; denn ich, der Herr,
bin heilig, der euch abgesondert hat von den Völkern, daß
ihr mein wäret."
Zu Vers ijyi, ijyz. V. Mose, Kap. zS, Vers 6^, äj.
,,04. Denn der Herr wird dich zerstreuen unter alle Völker
von einem Ende der Welt bis ans andre;
65. Dazu wirst du unter denselben Völkern kein bleiben-
des Wesen haben, und deine Fußsohlen werden keine Ruhe
haben. Denn der Herr wird dir daselbst ein bebendes Herz
geben und verschmachtete Augen und verdorrete Seele,"
Zu Vers ijj). V. Mose, Kap. z^, Vers zp, jj, j^.
„29. und wirst auf deinem Weg kein Glück haben;
und wirst Gewalt und Unrecht leiden müssen dein Leben
lang und niemand wird dir helfen.
— 107 -
3 3. und wirst Unrecht leiden und zerstoßen werden
dein Leben lang.
34. Und w^irst unsinnig werden vor dem, das deine Augen
sehen müssen.^
Hesekiel, Kap. zjj Vers 7.
„Darum, siehe, ich will meine Hand über dich ausstrecken.
und dich den Heiden zur Beute geben, imd dich aus den
Völkern ausrotten, und aus den Ländern umbringen, und dich
vertilgen.**
Zu Vers ijyj. V. Mose, Kap. 2S, Vers zj.
„Dein Himmel, der über deinem Haupt ist, wird ehern
sein, und die Erde unter dir eisern."
Zu Vers ijgj. V. Mose, Kap. zS, Vers ^7-
„Und wirst ein Scheusal und ein Sprichwort und Spott
sein unter allen Völkern, da dich der Herr hin getrieben
hat."
Zu Vers 1^0^-1406. Psalm iipj Vers 16^.
,Jch lobe dich des Tages siebenmal um der Rechte willen
deiner Gerechtigkeit."
Psalm jij Vers ij, lö.
„15. Mein Mund soll verkündigen deine Gerechtigkeit,
täglich dein Heil, die ich nicht alle zählen kann.
16. Ich gehe einher in der Kraft des Herrn, Herrn; ich
preise deine Gerechtigkeit allein."
— i58 —
Zu Vers 1417. Jesaja, Kap. ^f, Vers ö, 7.
„6. Ich bin der Herr, und keiner mehr;
7. Der ich das Licht mache, und schaffe die Finsternis;
der ich Frieden mache, und schaffe das Übel. Ich bin der
Herr, der solches alles tut."
Zu Vers i^zS. Josuüj Kap. 24, Vers zi, zz,
„II. Das Volk aber sprach zu Josua: Nicht also, sondern
wir wollen dem Herrn dienen.
22. Da sprach Josua zum Volk; Ihr seid Zeugen über euch,
daß ihr den Herrn euch erwählet habt, daß ihr ihm dienet.
und sie sprachen; Ja."
Zu Vers 1446. J^^^j^} ^^P' Jh ^^^^ 7y '^^ 'Jy l^'
„7. Höret mir zu, die ihr die Gerechtigkeit kennet, du
Volk, in welches Herzen mein Gesetz ist! Fürchtet euch nicht,
wenn euch die Leute schmähen; und entsetzet euch nicht,
wenn sie euch verzagt machen.
1 2 . Ich, ich bin euer Tröster. Wer bist du denn, daß du
dich vor Menschen furchtest, die doch sterben? Und vor
Menschenkindern, die als Heu verzehret werden?
I 3 . Und vergissest des Herrn, der dich gemacht hat, der
den Himmel ausbreitet, und die Erde gründet?
1 6. Ich lege mein Wort in deinen Mund, und bedecke
dich unter dem Schatten meiner Hände, auf daß ich den
Himmel pflanze und die Erde gründe und zu Zion spreche:
Du bist mein Volk!"
— 169 —
Zu Vers t^y. Psalm (fg, Vers y, t.
„7. Laß nicht zu Schanden werden an mir, die deiner harren,
Herr, Herr Zcbaoth! Laß nicht schamrot werden an mir
die dich suchen, Gott Israels!
8. Denn um deinetwillen trage ich Schmach; mein An-
gesicht ist voller Schande.*
Zu Vers 144t. Jesaja, Kap. ^p, Vers i^ / j.
„14. Zion aber spricht: Der Herr hat mich verlassen, der
Herr hat meiner vergessen.
15. Kann auch ein Weib ihres Kindleins vergessen, daß
sie sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes? Und ob
sie desselben vergäße, so will ich doch deiner nicht ver-
gessen."
Jesaja, Kap. 41, Vers 2 -10.
„8. Du aber, Israel, mein Knecht, Jakob, den ich er-
wählet habe, du Samen Abrahams, meines Geliebten;
9. : Du sollst mein Knecht sein; denn ich erwähle
dich, und verwerfe dich nicht;
10. Fürchte dich nicht, ich bin mit dir; weiche nicht,
denn ich bin dein Gott. Ich stärke dich, ich helfe dir auch,
ich erhalte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtig-
keit.«
Jesaja, Kap. 43, Vers i, 4, j.
„I. Und nun spricht der Herr, der dich geschaffen hat,
Jakob, und dich gemacht hat, Israel; Fürchte dich nicht, denn
ich habe dich erlöset; ich habe dich bei deinem Namen ge-
rufen; du bist mein.
— 170 —
4- Weil du so wert bist vor meinen Augen geachtet, mußt
du auch herrlich sein, und ich habe dich lieb;
5. So fürchte dich nun nicht, denn ich bin bei dir."
Zu Vers i^pp, lyoo. Jesaja, Kap. jjj Vers j.
„Siehe, du wirst Heiden rufen, die du nicht kennest; und
Heiden, die dich nicht kennen, werden zu dir laufen um des
Herren willen, deines Gottes, und des Heiligen in Israel, der
dich preise.*'
Jesaja, Kap. ^2, Vers i.
„Siehe, das ist mein Knecht, ich erhalte ihn; und mein
Auserwählter, an welchem meine Seele Wohlgefallen hat.
Ich habe ihm meinen Geist gegeben, er wird das Recht unter
die Heiden bringen."
Zu Vers ijoi. Jesaja, Kap. ^-^, Vers zi.
„Daran gedenke, Jakob und Israel; denn du bist mein
Knecht. Ich habe dich zubereitet, daß du mein Knecht
seiest; Israel vergiß meiner nicht.
Zu Vers /j/^. Jfsaja, Kap. 4.8, Vers 10 , u.
„IG. Siehe, ich will dich läutern, aber nicht wie Silber,
sondern ich will dich auserwählet machen im Ofen des
Elendes.
1 1. Um meinetwillen, ja, um meinetwillen will ich es tun,
daß ich nicht gelästert werde; denn ich will meine Ehre
keinem andern lassen."
Psalm II jj Vers 1.
„Nicht uns Herr, nicht uns, sondern deinem Namen gib
Ehre um deine Gnade und Wahrheit!"
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