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Full text of "Jaákobs Traum, ein Vorspiel"

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WERKE  VON  RICHARD  BEER-HOFMANN 


PER  TOD  GEORGS 

Erzählung 

DER  GRAF  VON  CHAROLAIS 

TrauerspieL    Achte  Auflage 

JAÄKOBS  TRAUM 

Ein  Vorspiel.     Zweiundzwanzigste  Auflage 

SCHLAFLIED  FÜR  MIRJAM 

Ein  Gedicht.    Zweite  Auflage 


DIE  HISTORIE 
VON    KÖNIG    DAVID 


EIN   ZYKLUS 


VON 


RICHARD    BEER- HOFMANN 


„DIIS   MAN  1  BUS'' 


S.  FISCHER-  VERLAG-  BERLIN 

1920 


JAÄKOBS    TRAUM 


EIN  VORSPIEL 


VON 


RICHARD   BEER-HOFMANN 


S.  FISCHER.  VERLAG-  BERLIN 

1920 


/,\^- 


17.— 22.  Auflage 

Alle  Rechte  vorbehalren,  besonders  das  der  Übersetiung.  Den 
Bühnen  gegenüber  Manuskript.  Das  Aufführungsrecht  ist  nur  von 
S.  Fischer,  Verlag  zu  erwerben.   Copyright  1 9 1 8  S.  Fischer,  Verlag 


„Die  Historie  von  Konig  David"  ist  der  Titel,  den  ein 
Zyklus  von  drei  Stücken  („Der  junge  David"  —  „König 
David"  —  „Davids  Tod")  fiihrt,  die  Davids  Leben  darstellen. 

Als  Vorspiel  zu  ihnen  ist  „Jaakobs  Traum"  —  die  Aus- 
erwählung  Jaakobs,  des  Almhcrrn  Davids  —  gedacht. 

Es  wäre  mir  erwünscht  gewesen,  ,Jaakobs  Traum",  der 
seit  Juli  1 9 1 5  abgeschlossen  lag,  auch  weiterhin  —  bis  zur 
Vollendung  meiner  Arbeit  —  unveröffentlicht  zu  lassen. 

Ereignisse  veranlassen  mich  auf  meinen  Wunsch  zu  ver- 
zichten. So  sei  denn  Jfaakobs  Traum"  der  Öffentlichkeit 
übergeben. 


8.  V.  1909  —  24«  VII.  1915 


JAAKOßS  TRAUM 


Jesaias,  Kap.  4p,  Vers  i,  f,  6,  7. 

I.  Höret  mir  zu  ihr  Inseln  und  ihr  Völker  in  der  Ferne, 
merket  auf!    Der  Herr  hat  mich  gerufen 

3 .  Und  spricht  zu  mir :  Du  bist  mein  Knecht,  Israel,  durch 
welchen  ich  will  gepriesen  werden 

d.  Und  spricht:  Es  ist  ein  Geringes,  daß  du  mein  Knecht 
bist,  die  Stämme  Jakobs  aufzurichten,  und  das  Verwahrlosete 
in  Israel  wieder  zu  bringen;  sondern  ich  habe  dich  auch  zum 
Licht  der  Heiden  gemacht,  daß  du  seiest  mein  Heil  bis  an 
der  Welt  Ende. 

7.  So  spricht  der  Herr,  der  Erlöser  Israels,  sein  Heiliger, 
zu  der  verachteten  Seele,  zu  dem  Volk,  des  man  Greuel  hat, 
zu  dem  Knechte,  der  unter  den  Tyrannen  ist:  Könige  sollen 
sehen,  und  aufstehen,  und  Fürsten  sollen  anbeten,  um  des 
Herrn  willen,  der  treu  ist,  um  des  Heiligen  in  Israel  willen, 
der  dich  erwählet  hat. 


[  die  Söhne  Rebckahs 


REBEKAH 
JAÄKOB  I 
EDOM 

BASMATH,  Tochter  Elons,  des  Chittitcrs  1  die  Frauen 

OHOLIBAMAH,  Tochter  Anas,  des  Choriters  J      Edoms 

SHAMÄRTU,  der  Babylonier  1         .     ,  , 

,      „  f  zwei  Sklaven  Edoms 

ZAHOR,  der  Kanaaniter  J 

IDNIBAAl,  der  Phonikier,  ein  Sklave  Jizchaks 


die  Erzengel 


DIE  STIMME 
MICHAEL  1 
GABRIEL 

raphAel 

URIEL 

drei  andere  engel 

samAel 

die  stimme  des  quells 

die  stimme  des  steins 

stimmen  vieler  engel 

stimmen  des  gesteins 


Die  Zeit:   Die  der  Patriarchen. 

Der  Ort:  Zuerst  Jizchaks  Hof  in  BEIER-SCHEBA  am  Rande 

der  Wüste,  dann  eine  Höhe  (später  BETH-EL  genannt). 


Ifi  Bier-Scbebaj  am  Rande  der  Wüste. 
Ein  Hof  im  Hause  Jizchaks,  rings  umschlossen  von  einer 
breiten  übermannsboben  Mauer  aus  unbehauenem  Stein,  die 
würfelige  Wirtschaftsgebäude  mit  flachen  Dächern  in  sich  auf- 
genommen bat.  Die  Mauer,  tue  —  links  ansetzend  —  nur  "wenige 
Fußbreit  nach  rechts  verläuft  und  dann  in  scharfer  Ecke  nach 
rückwärts  biegt,  bildet  in  halber  Tiefe  des  Hofes  —  höher  auf" 
gemauert  —  die  un durchbrochene  Rückwand  einer  Stallung,  die 
nach  außen  (gegen  das  freie  Feld)  als  flachdacbiger  Würfel  aus- 
springt. Der  Stallung  gegenüber  schiebt  sich,  auf  der  rechten 
Seite,  aus  der  Mauer  ein  ungefähr  gleich  großer  Würfel  in  den 
Hof  vor  —  das  Wohnhaus  —  dessen  fensterlose  Rückseite  einem 
zugewandt  ist.  Die  schmale  mannshohe  Türöffnung  verschließt 
ein  Vorhang  aus  dunklem  Ziegenfell.  Davor  eine  hohe  und 
breite  Schwelle. 

Von  der  Stallung  zum  Wohnhaus  zieht  sich  eine  aus  Zweigen 
geflochtene  hüftenhobe  Hürde,  die  den  vorderen  Teil  des  Hofes 
von  dem  rückwärtigen  scheidet.  Im  Hintergrunde  grenzt  die 
Mauer  den  Hof,  der  sich  nach  rechts  und  links  noch  weiter  — 
als  die  vorspringenden  Bauten  es  überblicken  lassen  —  erstreckt. 
Links  im  Vordergrunde  steigt  die  breite  Mauer  nicht  jäh  zur 
Höhe  des  Daches  der  Stallungen  auf,  sondern  in  stufenartigen 
Absätzen.  Auf  dem  Boden  bilden  aneinander  sich  reihende  Stein- 
platten einen  niedem  breiten  Sockel,  der  dem  Zuge  der  Mauer 


—      i6      — 

bis  zur  Hürde  hin  folgt.    Eine  breite  Lücke  in  der  Hürde  bildet 

in  der  Mitte  des  Hofes  eine  Art  niederer  Türe, 
Basmatb  und  Oholibamah  schlafen  auf  Matten,  in  Decken 
gehüllt,  auf  dem  breiten  Mauersockel.  In  dem  Winkel,  den  der 
obere  Rand  der  breiten  Mauer  mit  dem  nur  wenig  höheren  fachen 
Dach  des  Stalles  bildet,  kauert  Shamärtu.  Sein  Kopf  ist  kahl 
geschoren,  das  Gesicht  hart,  verwittert,  dunkel  gebräunt,  wie  sein 
Leib}  er  ist  nicht  mehr  jung.  Die  Stimme  tief,  nicht  ohne  Schärfe 
und  entschlossen.  Das  blasser  werdende  Licht  des  Mondes  —  den 
man  nicht  sieht  —  ist  auf  den  Dächern }  der  Hof  und  die  Frauen 
im  Dunkel.    Es  ist  still. 

BASMATH 
richtet  sich  halb  auf  und  ruft  leise. 
Schläfst  du  Shamärtu?   Schläfst  du? 

SHAMÄRTU 

leise,  nicht  flüsternd. 

Herrin,  nein! 
Der  Nachtfrost  hält  mich  wach. 

Einen  Augenblick  Stille. 

BASMATH. 
Hast  du  nicht  Decken? 

SHAMÄRTU. 

Herrin,  nein!    Die  meinen 
Nahm  Zahor  gestern  abends  mit  sich. 


—     17     — 

BASMATH. 

Wann  —  5 

Glaubst  du  —  kann  er  zurück  sein? 

shamArtu.  ^ 

Herrin,  wenn  er 

Noch  unsern  Herren  Edom  bei  den  Fallen 

Am  Rand  des  Hügels  traf  —  dann  baldj  wo  nicht  — 

So  muß  er  jetzt  ihn  am  Gebirge  suchen, 

Dort,  wo  das  Wild  am  Morgen  wechselt . . 

BASMATH. 

Weiß 
Zahor  genau  die  Botschaft?  10 

SHAMARTU. 

Herrin,  zweimal 

Sagt  ich  ihm  vor,  was  Edom,  unsrem  Herren, 

Er  melden  soll! 

BASMATH. 

Zahor  behält  schlecht! 

shamArtu. 

Herrin, 
Drum  hab  ich's  kurz  gefaßt! 

OHOLIBAMAH 

ba/b  aus  dem  Schlafe  weinerOcb. 

Schlaf,  ßasmath,  und 
Laß  andre  schlafen! 


—     i8     — 

BASMATH 
kaum  hinhorchend. 

Still! 

(f. 

zu  Sbamärtu. 

Was  sagtest  du? 

SHAMÄRTU. 

15  Dies,  Zahor  —  sagt'  ich  —  melde  unsrem  Herrn: 
„Am  Abend  ist  dein  Bruder  —  Herr  Jaakob  — 
Davongeritten,  hinter  ihm  sein  Knecht 
Idnibaalj  die  Richtung  war  auf  Chebron. 
Drei  Stunden  vorher  sandte  deine  Mutter 

2o  Denselben  Weg  zwei  Hirten,  und  sie  führten: 
Zwei  Reit-,  drei  unbeladne  Last-Kamele, 
Zwölf  Widder,  sechzig  Mutterlämmer  . ." 

BASMATH 
hat  die  Decke  unwillig  zur  Seite  gestreift;  kauernd. 

Dummer! 
Merkt  sich  denn  Zahor  das? 

SHAMÄRTU. 

Die  Zahlen,  Herrin, 
Knüpft'  ich  ihm  ein  in  seinen  Gürtelstrick! 

BASMATH. 
2?  Und  nochmals  Dummer!    Geht  es  hier  um  Vieh? 


1 


—    ip    — 

Blieb  nicht,  zwölfmal  so  viel— nein-  mehr  als  zwölfmal 
Zurück?  Was  drin  —  im  Haus  —  geschehen,  das . . 

OHOLIBAMAH 

hat  sich  halb  er  hoben j  gähnend. 

Das  weiß  Zahor,  und  wird's  schon  —  sorg'  nicht  —  sagen. 

Denn,  da  wir  an  der  Türspalt  lauschend  standen, 

Lag  Zahor  platt  am  Boden  neben  mir  30 

Und  horchte; 

Lächelnd. 

Und  wie  drin  der  Alte  dem 

Jaakob  dann  verhieß,  sein  Bruder  würde 

Ihm  Diener  sein,  da  stieß  mit  meinem  Fuß 

Ich  Zahor  in  die  Seite,  und  wir  lachten. 

BASMATH 
nickt;  bitter. 
Und  lachtet!  Du  —  und  er!  35 

OHOLIBAMAH 
die  Achseln  zuckend. 

War's  nicht  zum  Lachen, 
Wie  er  Jaakob  hielt  für  Edom? 

BASMATH 
stark. 

Nein!  — 


zo 


leisej  aber  bebend. 

Wenn  einer  daliegt  Monde,  Monde  lang, 

ünmächtig  fast  der  Sinne,  grauenhaft 

Zurückgewandelt  in  ein  greises  Kind, 
40  Mit  blauen  Lippen  lallend,  widerlich 
I    Von  Speis'  und  Trank  nur  mehr  beseligt,  und 

Nur  mehr  von  Notdurft,  widerlich  gequält .  . 
In  steigender  Erregung. 

Wenn  der  —  wenn  das,  mit  einemmale  auf, 

Vom  Lager  auf  sich  richtet,  königlich 
45  Gestrafft  die  Brust,  das  Haupt,  rück  in  den  Nacken 

Gedrängt,  zu  Göttern  stolz  hinauf,  die  heim 

Ihn  suchten,  nicht  mehr  blind  —  geblendet  nur 

Von  dem,  was  er  allein  erschaut  —  und  dann  .  . 
Erschauernd, 

Shamartu,  du  hast's  nicht  gehört  —  ein  Segnen, 
50  Ein  uferloses  Segnen  aus  ihm  bricht. 

Die  Stimme  fremd  wird,  immer  wieder  anders, 

Als  schössen,  irgendwo  aus  Tiefen,  sonst 

Zurückgedämmte  Ströme  in  sie  ein, 

Und  segnet,  segnet . . .  und  auf  wanken  Knieen 
55  Liegt  leichenblaß  Jaakob  vor  dem  Lager 

In  wildem  Haß, 

Und  fängt  in  seinen  hohlen  Diebeshänden 

Den  Segen  auf,  der  Edom  zugedacht, 


—      II      — 

Und  trinkt  sich  Mut  und  Stolz,  aus  Edoms  Segen  . . 
. .  Da  lacht  Oholibamah  —  und  ein  Knecht! 
Sie  bat  sich  aufs  Antlitz,  geworfen. 

OHOLIBAMAH 
trotzend. 
Und  du?   Du  standest  dort,  wo  ich  —  was  hast  60 

Denn  du  getan  um  es  zu  hindern? 

BASMATH 
auffahrend. 

Nichts! 
Man  fällt  nicht  Göttern  in  den  Arm!  —  Doch  zu 
Den  meinen  schrie  ich,  und  um  Edom  sandt'  ich. 
Und  lach'  erst. 

Mit  zusammengebissenen  Zähnen. 
wenn  ein  gutes  breites  Messer  65 

Fest  in  Jaakobs  weißer  Kehle  sitzt! 

OHOLIBAMAH 
verdrossen. 
Was  wütest  du?   Der  Alte  meinte  Edomj 
Der  Segen  gilt  nicht! 

BASMATH. 
Gilt  nicht?   Oh,  wie  bist 
Du  klug  mit  einemmal,  Ohohbamah! 


—      II     — 

SHAMÄRTU 

n/ckf  ernst. 
Er  gilt! 

BASMATH 

nickt. 

Er  gilt!   Versuches,  Oholibamah. 

70  Versag'  dich  Edom  Nacht  um  Nacht,  und  wenn  dann 

Lust,  Sehnsucht,  Trotz,  in  ihm  zu  einer  Flamme 

Aufschlägt,  die  nur  nach  dir,  nach  dir  nur  lechzt  .  . 

Dann  schieb  ihm  nachts  —  ihm,  der's  nicht  merkt  — 

statt  deiner 

'  Die  Sklavin  unter,  daß  er  sie  beschläft.  — 

75  Und  sie  empfängt,  wird  fruchtbar  und  gebiert 

Ein  Kind,  das  Edoms  Lust  und  Trotz  und  Sehnsucht, 

Die  dir  galt,  nun  in  ihrem  Blute  trägt  .  . 

Dann  lach'  Oholibamah,  sprich  zum  Kinde: 

„Du  giltst  nicht  Kind  —  denn  mir  war's  zugedacht!" 

Zurückgeworfenen  Hauptes. 

80  Oh!    Käme  Edom! 

Zu  Shamarru. 

Wird  es  noch  nicht  Tag? 

SHAMÄRTU. 
Noch  nicht! 

OHOLIBAMAH 

rf»  sich  wieder  gelagert  hat. 

Kesil  steht  noch  am  Himmel! 


—  23         — 

SHAMÄRTU 
halb  vor  sich  hin. 

Ja!  Kesil! 
Kesil!   War  auch  ein  Jäger,  gleich  wie  Edom, 
War  auch  stark,  ja!    Und  fingen  doch  mit  List  ihn. 
Nun  stöhnt  er,  droben,  an  den  Himmelsbogen 
Mit  ewigen  Stricken  angeschnürt  —  Kesil!  85 

BASMATH 
StUl!   Sieh! 

Der  Vorhang,  der  die  Türe  ins  Haus  verhängt,  ist  halb  zur 
Seite  geschoben.  In  der  Türöffnung  steht  im  Dunkel,  nur  wentg 
umhellt  von  dem  schwachen  rötlichen  Licht  der  Öllampe,  die  in 
der  Ttefe  des  Hauses  brennt,  Rebekah.  Sie  fährt  langsam  mit 
der  Hand  über  die  Stirne,  dann  läßt  sie  den  Arm  sinken,  lehnt 
den  Kopf  zurück,  holt  zweimal  tief  Atem  und  tritt  nach  rück- 
wärts  ins  Haus  zurück.    Der  Türvorhang  fällt  vor. 

OHOLIBAMAH 
scheu. 
Was  tat  sie  da? 

SHAMÄRTU. 

Sie  seufzte! 

BASMATH. 

Die? 
Frag'  sie!    Sie  sagt  dir:  „Tiefen  Atem  holt  ich, 
Ich  seufzte  nicht!" 


—      24     — 

OHOLIBAMAH. 

Wie  froh  ich  bin,  daß  wir 
Nicht  drinnen  schlafen}  ich  hab'  Angstj  ihr  Blick 
90  Bringt  Krankheit! 

BASMATH 
bitter. 
Sorg' nicht!  Mägde,  Knechte, Tiere  — 
Das  sieht  sie  an.  Doch  uns?  Ihr  Blick  geht  längst  schon 
Nur  durch  uns  —  über  uns  hinausj  wir  sind  nicht. 

OHOLIBAMAH.. 
Sie  kann  wohl  zaubern? 

BASMATH 
zuckt  die  Achseln. 

Möglich!  Doch  sie  tut's  nicht. 
Auch  bringt  sie  keine  Opfer.   Früher  —  da  ich 
95  Für  sie  noch  lebte  —  traf  sie  einmal,  mich 

Beim  Opfern  morgens  anj  da  sprach  sie  zu  mir: 
„Ihr  Armen!   Müßt  ihr  eure  Götter  locken? 
Im  Fürstenhaus  Abrahams  ist  die  Sitte, 
Daß  Gott  und  seine  Engel,  ungebeten, 
IC»  Befreundet,  dieses  Hauses  Schwelle  nahen!" 

shamArtu.  . 
Die  Sterne  blassen! 


—       25       — 

BASMATH. 
Endlich!  Auf  das  Dach, 
Shamartu!  Und  sieh  aus! 

SHAMÄRTU 
steht  auf  dem  Dache  und  bückt  aus. 
Noch  nichts! 

BASMATH. 

Gabst  du 
Zahor  das  schnellste  Reittier? 

SHAMÄRTU. 

Herrin,  nein! 

BASMATH 
fährt  auf. 
Und  ich  befahl's  doch!  Geißeln  wird  dich  Edom! 

SHAMÄRTU 
stark. 
Nein!   Loben  wird  mich  Edom,  unser  Herr,  105 

Wenn  er  das  schnellste  —  ausgeruht,  gesattelt 
Im  Stalle  findet! 

BASMATH 
fast  jauchzend. 
Ja,  Shamartu!  —  Edom! 
Was  eilst  du  nicht?   Daß  du  ihn  noch  erreichtest, 


Eh'  er  von  Chebron  aufbricht!   Dorten  in 

HO  Machpelahs  Höhle,  eurer  Ahnen  Gruft, 

Dort  gieß  sein  Blut  aus  und  mit  ihm  den  Segen, 

Daß  leicht  der  Segen  rück  den  Weg  sich  finde, 

Dorthin,  woher  — 

Erschauernd. 

ich  weiß  es  wohl  —  er  kam ! 

SHAMÄRTU. 
Die  Hunde,  Herrin! 

Die  Frauen  sind  aufgesprungen. 

BASMATH. 
Wie?  Allein? 

SHAMÄRTU. 

Ich  seh' 

115  Noch  nichts  —  ich  höre  nur  ihr  Keuchen!   Da  — 

Der  Herr!  Er  hält  die  Koppel! 


Bei  ihm? 


BASMATH. 

SHAMÄRTU. 
Ich  seh'  ihn  nicht! 


Ist  Zahor 


BASMATH. 

So  weiß  noch  Edom 


Von  nichts? 


—     17     — 

SHAMÄRTU. 
Jetzt  seh'  ich  Zahor!    Oh!    Er  muß 
Gestürzt  sein,  das  Gesicht  scheint  blutig,  und 
Er  fuhrt  das  Tier  am  Halfter,  und  es  lahmt!  120 

Der  Herr  hat  nichts  von  Wild  erlegt,  sonst  drängten 
Die  Hunde  nicht  so  toll  dem  Hause  zu  , . . 

BASMATH 
herrisch  gebietend. 
Herunter!   Schwatz'  nicht!   Auf,  das  Tor! 

Shamärtu  ist  herabgesprungen  und  läuft  in  den  rück'joärtigen 

Hof  nach  linksy  um  das   Tor  zu  öffnen,    Basmath,   der  Turf 

des  Hauses  zugewandt,  jedoch  entfernt  von  ihr,   in  höhnendem 

Herausfordern. 

Du,  drinnen, 

Dein  Erstgebor'ner  kommt  nach  Haus! 

Man  hört  Shamärtu  den  schweren  Riegel  des  HaupttoreSj  das 
durch  den  vorspringenden  Stall  gedeckt  ist,  zur  Seite  schieben. 
Im  Hintergrund  des  rückwärtigen  Hofes  erscheint  Edom,  die 
Hunde,  die  zu  ihrem  Stalle  —  rechts  im  Hintergrunde  —  bin- 
zerren,  an  der  Koppel.  An  dem  breiten  mit  rotem  Kupfer  ver- 
zierten Leibgurt  hängt  der  Köcher  und  ein  kurzes  Jagdmesser, 
auf  dem  Rücken  der  Bogen  und  an  einem  kurzen  Riemen  eine 
erlegte  Gazelle,  Sein  Gewand,  aus  zwei  Schakal  feilen,  läßt  Reine 
und  Arme  frei.  Buschiges,  rotes,  kurz  sich  lockendes  Haar;  ein 
lunger  noch  ungeschorener  Bart  rahmt  Kinn  und  Wange.  Im 
schwachen  Dämmern  sieht  man  jedoch  kaum  mehr  als  die  Um- 


_     z8     — 

risse  der  Gestalt  und  das  Blitzen  des  Gürtelschmuckes  und  der 

Waffen. 

EDOM 
zum  Haupttor  zurückgewandt,  kurz  und  dumpf. 
125  Den  Hunden  Futter,  und  das  Tier  verbinden! 

Er  übergibt  Sbamartu  die  Hunde.    Die  Frauen  eilen  auf  ihn 
zu,  er  "wehrt,  mit  kurzer  starker  Handbewegung,  ab. 

Berührt  mich  nicht!  Es  ist  ein  Eid  auf  mir! 

Et  geht  entschlossenen  Schrittes  zur  Türe,  die  ins  Haus  führt. 
Rebekah  steht  auf  der  Schwelle. 

EDOM 

mit  gewaltsamer  Ruhe,  fast  tonlos  vor  Erregung. 
Laß  mich  ins  Haus! 

REBEKAH 

regungslos,  mit  erzwungener  Ruhe,  ohne  aufzublicken. 

Dein  Vater  schläft  sehr  leise, 
Dein  schwerer  Tritt  vermöchte  ihn  zu  wecken ! 

EDOM 

sich  bändigend. 
Laß  mich  ins  Haus!  Du  weißt,  der  Vater  hat 
130  Mich  ausgeschickt,  ihm  Wildbrät  zu  erjagen 
Zu  einem  Mahl  —  daß  er  danach  mich  segne. 


—    Ip    — 

Er  läßt  mit  einem  kurzen  Ruck  der  Schulter  das  erlegte  Wild 
zu  Boden  gleiten. 

Hier  ist  das  Tier! 

REBEKAH. 

Dein  Vater  hat  gegessen! 

EDOM 
losbrechend. 
Und  hat  gesegnet!    Nicht? 

REBEKAH 
hat  den  Kopf  erhoben,  und  sieht  ihn  voll  an. 
Er  hat! 

EDOM 

mit  Mühe  an  sich  haltend 

Mach'  Platz! 
REBEKAH 

beherrscht. 

Seit  Mittnacht  weh'n  um  deinen  Vater  Flügel 

Des  Engels,  den  man  zweimal  nicht  erschaut!  135 

Emporblickend^  mit  gedämpfter  Stimme. 

Zum  Herrn  hab'  ich  gerufen,  daß  aus  Schlaf 

Er  milde  für  ihn  eine  Brücke  baue, 

Darauf  er  leidlos,  still  hinüberfände 

Wo  seine  Väter,  seiner  harrend,  ruhn! 

Es  gab  der  HeiT  den  Schlaf!  Willst  du  ihn  nehmen?  140 


—      30     — 

EDOM 
hart  an  ihr,  mit  erhobenen  Fäusten. 
Mir  nehmen  will  ich,  was  mir  zukommt!  Laß  mich! 

REBEKAH 

aufschreiend. 
Willst  du  mich  schlagen?  Schick'  zumindest  vorher 
Die  Fremden  fort  —  die  Schmach  bleib  unter  uns! 

EDOM 

die  Ellbogen  an  den  Leib  gepreßt j  den  Kopf  zurückgeworfen, 
am  ganzen  Leibe  bebend. 

Ich  muß  zu  meinem  Vater  —  hörst  du?! 

REBEKAH 

mit  Jähem  Entschluß  den  Vorhang  zur  Seite  reißend,  wild. 

Geh! 

Sie  ist  von  der  Schwelle  rasch  herabgetreten  und  hat  sich  er- 
schöpft auf  einen  Mauervorsprung  am  Haus  sinken  lassen. 
Basmath  und  Oholibamah  stehen  rechts  von  der  Türe,  durch 
die  man  in  den  dunklen  Gang  des  Hauses  sieht.  Oholibamah 
ist   zur    Türschwelle  getreten   und  horcht  geduckt   ins   Haus 

hinein, 

OHOLIBAMAH 
leise. 
£45  Spricht  jetzt  der  Alte?  Horch! 


—      31      — 

REBEKAH 

wirft  eint»  Blick  zu  ihr  hinüber;  dann  mit  gesenkten  Augen, 
Ekel  in  der  Stimme. 

An  Türen  horchen, 

Ist  Knechtesart!    Hat  man  zu  Haus  versäumt, 

Euch  das  zu  lehren? 

BASMATH 
beherrscht. 

Herrn-  und  Knechcesart 
Lernt'  ich  am  Hofe  meines  Vaters  scheiden! 
Herr  sein  —  und  doch  nach  Knechtesart  zu  stehlen  — 
Das  lernt  ich  —  gestern  abends,  dünkt  mich  —  hier!    150 

OHOLIBAMAH 
leise. 
Ich  höre  schluchzen! 

BASMATH 

entsetzt. 
Edom?! 
Aus  dem   dunklen   Gang  stürzt   taumelnd  Edom  hervor  und 
bricht  an  dem  Türrahmen  in  die  Knie. 

EDOM 

geschüttelt  von  Schluchzen. 

Mutter!   Was 
Hab'  ich  getan,  daß  du  mich  so  sehr  hassest? 


—      3^      — 

REBEKAH 
ernst,  mit  milder^  tiefer  Stitnme, 

Ich  hass  dich  nicht!  Nur  — fremd  bist  du  mir  worden! 
Leicht  trugst  du's  bisher, 

die  Achseln  leicht  xuckend. 

trag  es  weiter! 

EDOM 

schluchzend. 

Fremd!? 
155  Bin  ich  denn  nicht  dein  Sohn?    Dein  Fleisch  . . . 

REBEKAH 
bat  sich  erhoben;  mit  väieder gewonnener  Härte. 

Woran 
Soll  ich's  erkennen  denn?  Dein  Fleisch  -  es  dampft 
Am  Tag  von  Mord  und  Schweiß  der  wilden  Tiere, 
Und  duftet  Nachts  nach  Salböl  fremder  Frauen. 
Verschwägert  nun  mit  Chitti  und  mit  Chori 
bitter  auflachend. 
160  Was  brauchst  du  mich  und  meine  Liebe  noch?! 

BASMATH 
erhabenen  Hauptes,  stark  —  nicht  zu  laut. 

Ein  Fürst  der  Chitti  ist  mein  Vater! 


—      53      — 

REBEKAH 

kurz  auf  lachend. 

•     Heil! 

Der  Ehre,  die  Abrahams  schlechtem  Hause 

Durch  dich  —  du  Fürstentochter  —  widerfuhr! 

BASMATH 
verhalten. 
Edom,  steh  auf! 

EDOM 
drängend. 
Mach's  ungeschehen,  Mutter! 

REBEKAH. 
Ich  kann  es  nicht!  Kein  Bronnen  strömt  zurück!        i6$ 

EDOM. 
Du  mußt! 

REBEKAH. 

Ich  kann  es  nicht!  —  Der  Segen  liolS . , 
Nun  keimt  und  treibt  und  wächst  er  in  Jaakob  — 

Wider  ihren  Willen  von  Jubel  erfaßt. 
Gelobt  der  Herr,  daß  ich's  nicht  ändern  kann! 

BASMATH 
faßt  Edom  an  der  Schulter;  mit  voller  Kraft. 
Edom,  steh  auf! 


—      54     — 

EDOM 
ist  aufgesprungen j  wild. 
Du  sollst  nicht  an  mich  rühren! 
170  Ich  sagt'  euch's  doch  —  ein  Eid  ist  auf  mir! 

REBEKAH 

mit  verhaltenem  Atem. 

Was- 
Was  schwurst  du? 

EDOM 

hat  den  Bogen,  der  ihm,  als  er  an  der  Türe  niederbrach,  von  den 
Schultern  glitt,  vom  Boden  genommen  und  über  die  Schulter  ge- 
worfen.   Kurz  auflachend. 

Weißt  du's  noch  nicht,  Mutter?  Das? 

Die  Arme  an  den  Leib  pressend,  die  geballten  Fäuste  auf  der 

Brust,  zurückgeworfenen  Hauptes,  hat  er  —  wie  um  sich  ganz 

zu  sammeln  —  die  Augen  geschlossen  und  stößt  die  Worte  seines 

Gelübdes  zwischen  zusammgebissenen  Zähnen  bebend  hervor. 

Des  Feld's  verworfnes  Unkraut  meine  Speise! 

175  Mein  Trank  die  Pfütze  und  der  Stein  mein  Bett! 

KeinWeib  mir  nah  -  und  Fluch  mir,  wenn  ich's  breche, 

Eh'  ich . . . 

REBEKAH 

beschwörend. 

Schweig!  Schweig! 

EDOM. 
. .  Jaakobs  Blut . . . 


—      35     — 

REBEKAH 

auf  ihn  losftürzfnä,  als  wollte  sie  mit  ihren  Händen  ihm  den 
Mund  schließen. 

Sprich's  nicht  aus. 

EDOM 

auflachend. 
Zu  Spät!  Ich  sprach's,  da  mir  die  Botschaft  kam! 
Und  gilt  der  Segen  —  wohl!  —  Der  Eid  gilt  auch! 


Du  darfst  nicht .  . 


REBEKAH. 

EDOM. 
Wer  befiehlt  mir? 

REBEKAH. 

Deine  Mutter! 

EDOM 

in  laildem  Höhnen. 
So  bin  ich  wiederum  dein  Sohn?  Kamst  du. 
Aus  Angst  um  ihn,  von  neuem  mit  mir  nieder?  iSo 

Ich  bin  dir  fremd!  Fremd  sind  mir  deine  Worte, 
Helft  mir,  ihr  Frauen,  sie  verstehn,  denn  die  dort  — 
Die  Sprache  meiner  Mutter,  spricht  die  nicht! 

REBEKAH. 
So  hör'  doch  Edom!  Hör'! 


-      ^6      - 

Nach  Atem  ringend. 

185  Nie  tritt  Jaakob  diese  Schwelle  wieder! 
Nichts  spricht  er  jemals  als  sein  Erbteil  an ! 

In  mühsam  gebändigter  Hast. 
Die  eingestallten  Herden  hier  im  Haus, 
Das  Vieh  in  Hürden,  was  an  Tieren  draußen 
Gepflöckt  im  Kreise  weidet  —  alles  dein! 

190  Dein,  Haus  und  Hof,  die  steingefaßten  Brunnen 
Voll  süßen  Wassers,  das  niemals  versiegt^ 
Die  Sklaven  —  fremde,  wie  im  Haus  geborene; 
Noch  ungeschmiedet  Erz:  der  Vorratskammern 
Fülle  und  Überfülle  —  Edom  —  dein! 

bitter. 

195  Bald  dein!  Eh'  sich  der  Vollmond  rundet,  ruft  man 
„Edom"  den  Herren  hier!  Nichts  dann  dem  Bruder, 
Dem  Vater  nichts,  als  ein  Geleit  nach  Chebron  — 
Und  mir,  mein  Sterbekleid  —  die  Mutter  gab's  mir, 
Da  ich  zur  Hochzeit  auszog  von  Charan  . . 

200  Dein  Bruder  fern  -  dein  Vater  tot  -  du,  Herr  hier . . 
Was  willst  du  noch?  Laß  von  Jaakob  ab! 

EDOM. 
Was  noch?  Was  noch?  Den  Segen!  Meinen  Segen! 
Und  wächst  er  in  Jaakob  —  gut  — 

Sein  kurzes  Dolchmesser  halb  aus  der  Scheide  hebend. 


—      37     — 

Der  Spaten 
Gräbt  ihn  mir  mit  der  Wurzel  aus! 

REBEKAH 

höbnhch  auflachend, 

Du  glaubst,  205 

Der  Segen  ließe  mit  Gewalt  sich  rauben? 

BASMATH 
zurückhohnend. 
Warum  denn  nicht?   Da  er  sich  stehlen  ließ! 

REBEKAH 
hart  an  ihr. 
Wen  nennst  du  Dieb? 

BASMATH 
höhnend. 

Nicht  dich! 

OHOLIBAMAH 

hervorkläffend. 

Nein!  Zugegriffen 
Hat  dein  Jaakob! 

BASMATH. 
Und  was  du,  du  Stolze, 
Dabei  getan  —  das  heißt  bloß  „Lug  und  Trug" 


-      5»      - 

OHOLIBAMAH. 
2IO  Den  armen  alten  Mann  . . 

REBEKAH. 

Spart  Euer  Mitleid! 

OHOLIBAMAH. 
. .  Der  nicht  mehr  . . 

REBEKAH 
mit  fliegendem  Atem, 
Mich,  mich  darf  er  dauern,  daß  er 
Demütig  aufwuchs  in  Abrahams  Schatten  — 
Ein  blasses  Reis,  zu  nah  dem  hohen  Stamm! 
Nennt  ihr  bloß  „Jizchak",  was,  da  drinnen,  flackernd 

215  Traurig  erlischt?   Mein  Lebtag  nannt  ich's  —  anders. 
Dem  Sohn  Abrahams  gab  ich  mich  zu  eigen, 
Abrahams,  der  —  mit  Königen  im  Bunde  — 
Vier  Ostlandskönige  zu  Lajisch  schlug. 
Bei  dem,  im  Hain  von  Mamres  Terebinthen, 

220  Mit  seinen  Engeln  —  Gott  zu  Gaste  saß! 
Ihr  Narren,  Narren!  Jizchaks  Segen  wollt  ihr? 
Hol'  ihn  dir,  Edom,  drinn  —  der  ist  noch  frei! 
Jizchak  mißtraute,  Jizchak  hat  gezaudert, 
Getastet,  da  Jaakob  vor  ihn  trat  — 

225  Sein  kraftlos  Alter  liebt  dich,  starken  Edom  — 


—     39     — 

Jaakob  sprach  —  und  Jizchak  hat  gezweifelt! 

Aufjubelnd. 
Jaakob  sprach  —  und  aus  den  Tiefen  hob's  sich 
Und  straffte  Jizchaks  Leib  und  warf  ihn  aufrecht, 
Und  Segen  brach  aus  ihm,  und  Jizchaks  Antlitz 
War  wie  ein  Schleier  nur,  dahinter  Terachs,  23c 

Nachors,  Abrahams  Antlitz,  atmend  glornm! 

Des  rechten  Erben  Stimme  rief  die  Ahnen 

Die  segneten  —  und  die  belog  ich  nicht! 

EDOM. 
Des  rechten  Erben?   Bin  denn  ich  nicht  echt? 
.  Zur  selben  Stunde  . .  235 

BASMATH. 
Vor  ihm  noch  geboren? 

EDOM. 
Und  mich  verwirfst  du  und  wählst  ihn? 

REBEKAH 

abiuehrend. 

Der  Herr 
Verwirft  und  wählt!   Dich,  Edom,  sättigt, 
Besitz  und  Speis'  und  Trank  und  Schlaf  und  Frauen, 

Achselzuckend. 
Was  soll  —  was  soll  der  Segen  dir?   Auf  Erden 
Wächst  deine  Lust!   Nimm  du  dein  irdisch  Erbe!       240 


—     40     — 

EDOM. 
Dein  Haß  verwirft  mich  —  nicht  der  Herr!  Bring'  ich 
Nicht  Opfer?  Furcht' ich  nicht  den  Herren?  Meid' ich 
Nicht  fremde  Götter,  die  Ihm  feind?   Warum 
Verworfen  ich?    Und  auserwählt  Jaakob? 
245  Weil  du  e.s  willst? 

BASMATH. 

Weil  an  den  Schwächling  du 
Dein  Herz  gehängt? 

EDOM. 
Weil  meine  Stimme  rauh, 
Und  seine  schmeichelnd?  Wie?  Weil  er  im  Nest  hockt, 
Als  war  er  noch  nicht  flügge,  bei  dir  kauert . . 

OHOLIBAMAH. 
Das  süße  Kind! 

EDOM. 
, .  Nach  deiner  Jugend  fragt, 
«50  Von  Ahn  und  Urahn  . . 

OHOLIBAMAH. 
Märchen! 


Verworfen  —  ich? 


EDOM. 

. .  Wissen  will? 


—     41      — 

BASMATH 

auflachend. 

Erwählt  Jaakob!  WeiJ  dir 
Der  Hund  nur  taugt,  der  duckt,  der  dich  bewedelt! 
Deshalb  —  verworfen  Edom? 

REBEKAH 
aufgerichtet  mit  voller  Kraft. 

Ja!   verworfen! 
Und  auserwählt  Jaakob! 

BASMATH 
höhnend. 

Weil .  . 

REBEKAH 

das  bahnende  „Weil"  trotzig  aufgreifend;  ihre  Worte  stauen 
sich,  ehe  sie  von  ihnen  überflutet  wird. 

Ja!   „Weil!" 

Weil  er  einhergeht,  voll  von  dunklen  Fragen,  355 

Und  du  —  dich  froh  und  satt  und  sicher  freust! 

Weil,  aller  Ahnen  Zweifel  Traum  und  Sehnen  — 

Ein  nie  verstummend  Fordern  —  in  ihm  klingt, 

Weil  er  —  nicht  Gott  in  ferne  Himmel  einsargt, 

Nein  —  täglich,  Herz  an  Herzen,  mit  Ihm  ringt!  -        260 

Weil  du  —  nur  jagen  kannst  und  opfern,  morden! 


~     4*     — 

Und  er  vor  aller  Wesen  Leid  erblaßt, 
Und  er  zu  allem  spricht,  und  zu  ihm  alles  .  . 
Trägt  er  den  Segen  .  .  und  des  Segens  Last! 
In  wachsender  Seligkeit. 

265  Weil  um  sein  Haupt  ein  immerwährend  Wehen, 
Wie  unerschauter  Engel  Flügelschlag, 
Ist  ihm  verhängt,  was  du  —  nicht  siehst,  zu  sehen, 
Voll  von  Gesichten  quillt  ihm  Nacht  wie  Tag! 
Weil  ihm  die  Brunnen  heilige  Wasser  rauschen, 

370  Ihm  alle  Wälder  sind  wie  heilige  Haine  .  . . 

EDOM 
aufstöhnend. 
Was  tat  ich  Gott?   Warum  dies  ihm,  nicht  mir? 

REBEKAH 

vernichtenden  Jubel  in  der  Stimme,  als  hole  sie  zu  einem 
letzten,  tödlichen  Hiebe  aus. 

Weil  auf  ihm  Gnade  ist  —  und  auf  dir  —  keine! 

EDOM. 
Ist  Gott  denn  nicht  gerecht? 

REBEKAH 
in  eherner  Abweisung. 

Ich  weiß  nicht,  was 
Er  ist!   Wüßt  ich's  -  Er  war  mein  Gott  nicht! 


Shamartu !   Satteln ! 


—     43      — 

EDOM 

mit  weit  offenen  Augen. 
In! 

Zahor! 

275 

SHAMARTU 
im  Hintergrunde,  stark. 

Herr,  es  ist  gesattelt! 

EDOM. 
Die  Hunde!   Zahor! 

ZAHOR 
im  Hintergrunde. 

Herr,  sie  tranken  eben! 

EDOM. 
Die  Hunde  her! 

ZAHOR. 

Sie  fraßen  noch  nicht! 

EDOM 
auflachend. 

Gut! 
Ich  schaffe  ihnen  Fraß! 

Shamartu  erscheint,  mit  den  Hunden  an  der  Koppel,  im 
Hintergrunde. 


—     44     — 

EDOM 

auf  sie  losstürzend. 

Die  Stachelriemen 

Um  ihren  Hals!   Rasch,  Zahor,  ein  Gewand 

280  Von  meinem  Bruder! 

Über  die  Hunde  gebeugt,  unter  ihnen,  die  um  ihn  sich  drängen 
und  bei  seinem  Anruf  aufheulen. 

Hunde!   Liebe  Hunde! 

Während  Shamartu  die  Stachelriemen  umlegt. 

Verzeiht  mir  —  schlecht  hab'  ich  an  euch  gehandelt} 

Keuchend  vor  Erregung. 

Die  Beute  nahm  ich  und  gab  euch  den  Abfall, 
Haut,  Knochen,  inneres  Gedärm  —  verzeiht  mir! 
Heut'  mach'  ich's  gut!.  Ich  zeig'  euch  eine  Spur, 
28s  Die  nehmt  mir  auf  und  fuhrt  mich! 

Zahor  bringt  ein  linnenes  Geiuand^  Edom  hält  es  den  Hunden 

vor;  seine  Stimme  schlägt,  berauscht  von  Haß,  in  ein  "wildes 

heiseres  Lachen  um. 

Da  —  da  habt  ihr! 
Merkt  euch:  So  —  riecht  ein  feiger  Dieb!   Tiamat! 
Nimm  seine  Spur!   Sucht,  sucht  ihr  Hungrigen! 
Nicht  Abfall  bloß  -  heut'  sollt'  ihr  alles  haben, 
290  Komm  Rahab!   Komm  Labbü!   Was  ich  heut  jage. 
Dürft  ihr  zerfleischen,  nehmt  euch  meinen  Bruder, 


—     45      — 

Sein  Innerstes,  sein  Herz,  sein  Hirn  —  ihn  ganz! 
Er  stürmt  mit  den  Hunden  ab, 

REBEKAH 

viill  ihm  nachy  luendet  sieb  aber  und  stürzt  nach  vorne,  zur 
Mauer.  Von  einem  Mauersockel  aus,  mit  halbem  Leib  sich  über 
die  Mauerbrüstung  werfen dy  ruft  sie  Edom  verz-weifelt  nach. 

Er  ist  dein  Bruder!   Edom!   Edom! 

Erschöpft  an  die  Mauer  gelehnt, 

Hör^  ihn 
Nicht  Herr!   Herr  laß  es  nicht  geschehn!   Gebirge 
Wirf  über  Edoms  Weg!   Abgründe  reiße,  295 

Furchtbar,  vor  Edoms  Schritten  auf  j  die  Wasser 
Türm'  auf  zu  Schwall  und  Fluten,  die  ihn  schrecken! 

Zu  den  Frauen  mit  'wiedererwachter  Kraft. 
Was  steht  ihr  hier  und  freut  euch?  Auf  die  Knie! 
Und  betet  mit!   Ihr  lauschtet  ja  dem  Segen! 
„Gesegnet,  der  Jaakob  segnet!   Fluch  —  300 

Fluch,  der  ihm  flucht!" 

Die  Frauen  an  den  Schultern  fassend. 

Auf  eure  Knie  und  betet, 
Daß  Edom  nicht  verflucht  sei! 

Sie  hat  die  Frauen  mit  beiden  Händen,  trotz  ihres  Wehrens,  in 
die  Knie  gezivungen  und  steht  zwischen  ihnen,  beide  mit  Gewalt 
niederhaltend,  hoch  aufgerichtet  zurückgeworfenen  Hauptes  da. 

Nieder!   Nieder! 


-     ^6      ~ 

Ihre  Stimme,  die  vorerst  noch  verzweifelt  flehtej  schv)iUt 
gebietend  an. 

Laß  Edom  —  Herr  —  Jaakob  nicht  erreichen! 

Befiehl  der  Nacht,  daß  sie  Jaakob  berge! 
305  Mit  Quahn  und  Nebeln  hülle  Edoms  Haupt! 

Im  Kreis  laß  irren  ihn!   Die  Hand,  die  wider 

Jaakob  sich  erhebt,  mach'  lahm!   Das  Eisen, 

Das  auf  ihn  zückt,  zerschmilz  in  Deinem  Blitz! 

Gib  Engel  mit,  Jaakob  —  bis  ans  Ziel! 
310  Der  Ahnen  längst  verlornen  Paradiesesströmen 

Laß  heil  —  o  Herr!  mein  Kind,  Jaakob,  nah'n! 

Sie  fühlt  das  Nachlassen  ihrer  Kraft  undstö/Jtdie  Frauen  von  sich. 

Ins  Haus  mit  euch! 

Die  Frauen  fliehen  nach  rückwärts  in  den  Hof}  Rebekah  lehnt 
erschöpft  an  der  Mauer.    Tränen  quellen  in  ihr  wider  Willen  auf. 

Vom  Rand  der  Wüste  send'  ich  dich  —  mein  Knabe, 

Nach  meiner  Jugend  seligem  Talgrund  von  Charan! 

Sie  hirgty  geschüttelt  von  stummem  Schluchzen,  ihre  Augen  mit 
dem  Handrücket}. 


n. 


Eine  Höhe,  später  Beth-El  genannt.  Eine  geflachte  Bergkuppe 
aus  rötlich-grauem  zerklüftetem  Gestein  fallt  stell  nach  allen 
Selten  In  die  Tiefe;  nur  rechts  Im  Hintergrunde  scheint,  zwischen 
niederem  Buschwerk  sanfter  abfallend,  ein  Weg  Ins  Tal  zuführen. 
Die  stellen,  zum  Teile  überhängenden  Felswände  überwächst  an 
manchen  Stellen  Scb/lngkraut.  Vorne  ragen  Baumwipfel  und 
Gesträuch  aus  der  Tiefe  empor. 

Auf  der  Kuppe  verstreut  Geröll  und  breite  Felsblöcke,  von  feuchtem 
Moos  überwachsen.  Die  Kuppe  fällt  vom  Hintergrunde  nach 
vorne.  Links  Im  Hintergrunde  ragt  eine  schmale  Klippe  vor. 
Nahe  dabei  bricht  aus  dem  Gestein  ein  kleiner  Quell,  der  —  von 
höherem  und  dunklerem  Grün  gesäumt  —  zwischen  Steinen  weiß 
aufschäumend,  sich  den  Weg  In  die  Tiefe  sucht,  und  durch  einen 
eng  eingerissenen  Felsenschrund  In  kurzen  Sprüngen  sich  hinab 
In  die  Schlucht  wirft. 

Die  Kuppe  liegt  In  vollem  Sonnenlicht,  Blöcke  und  Gestein  werfen 
die  langen  Schatten  des  späten  Nachmittags.  Über  allem  ein  kühler, 
klarer,  fast  farbloser  Frühjahrshimmel.  Den  Hall  dunkler  und 
heller  Herdenglocken  trägt  der  Wind  aus  dem  Tal  herauf,  da- 
zwischen versprengt  das  Lied  einer  Hirtenflöte.  Empor  aus  der 
Tiefe  klimmt  Jaäkob,  Brust  und  Knie  an  das  Gestein  gepreßt, 
auf  dem  Rücken  eine  Art  Rucksack;  den  Hirtenstab,  der  Ihm 
hinderlich  Ist,  zwischen  den  Zähnen.  Er  trägt  ein  kurzes  Gewand 
aus  zwei  Lammfellen,  das  Arme  und  Beine  frei  läßt,  an  den 


Füßen  Sandalen.  Ein  vieicher  Lederhut  hängt  ihm  —  vom  Kopf 
herabgegitttcn  —  an  einem  dünnen  Riemen  in  den  Nacken,  Er 
schwingt  sich  auf  die  Kuppe,  wirft  den  Hirtenstab  neben  sich 
hin,  wendet  sich  —  noch  am  Rande  knieend  —  zur  Tiefe  zurück 

und  ruft: 

JAÄKOB. 

Hierher,  Idnibaal!   Hier  steh'  ich!   Hierher! 

Er  hat  sich  aufgerichtet;  man  siebt  sein  bartloses  Gesiebt,  das  nur 
leichten  Flaum  an  den  Wangen  trägt,  und  die  hellbraunen  Locken, 
die  nicht  bis  zum  Nacken  reichen.  Er  läßt  den  Rucksack  vor- 
sichtig zu  Boden  gleiten  und  ruft,  über  den  Hang  sich  neigend: 

315  Nicht  meinen  Weg!    Der  Stein,  der  mich  noch  trug, 

Kann  deiner  Last  entweichen!   Dort!   Entlang 

Dem  Schlingkraut,  das  den  Felsen  überhängt! 

Gib  acht!   Geglättet  ist  der  Stein  vom  Quell, 

Der  durch  den  Felsenschrund  hinab  zur  Schlucht  springt! 

Er  ist  weiter  nach  links  getreten  und  löst  den  Riemen,  der  ihm 
mehrfach  die  Hüfte  gürtet. 

Den  Gurt  werf  ich  dir  zu: 

Er  tritt  einen  Schritt  zurück,  zielt  und  wirft,   das  eine  Ende 
des  Gurtes  in  der  Hand  behaltend. 

Hast  du  ihn? 

idnibaAl 

aus  der  Tiefe. 

Ja,  Herr! 


_     49     — 

JAAKOB 
setzt  e'men  Fuß  vor  und  lehnt  sich  zurück. 

Stemm'  an!   Ich  reiß  dich  auf! 

Der  Sklave  Idnibaäl,  von  Jaäkob  emporgerissen,  faßt  taumelnd 
Fuß  am  Rande  der  Kuppe.  Er  ist  nicht  mehr  jung,  stämmige 
gebräunt}  sein  angegrautes  dichtes  krauses  Haar  ist  kurz  ge- 
schoren. Er  ist  hartlos j  die  Züge  sind  ernst,  die  Stimme  ruhig 
und  tief.  Er  trägt  ein  hochgegürtetes  Hemd,  zusammengesetzt 
aus  .zwei  viereckigen  Stücken  ungebleichten  Linnens,  die  an  jeder 
Schulter  nur  ein  Haft  hält.  Sandalen  aus  Fellwerk.  Ein  schwer- 
gepacktes Bündel  drückt  seinen  Nacken  nieder ^  an  einem  Riemen, 
quer  über  die  Brust,  hängt  ein  Sack  aus  Schakalfell,  an  seinem 
Gürtelstrick  schwingt  eine  silberne,  ungehenkelte,  am  Rand  durch- 
lochte, Trinkschale  und  ein,  mit  braunem  Seilwerk  umflochtenes 
Widderhom,  das  ein  rotkupferner  Deckel  schließt.  In  der  Hand 
trägt  er  einen  übermannshoben,  oben  gekrümmten  Stab. 

IDNIBAÄL 
schöpft  tief  Atem. 

Herr!   Steile  Stege 
Wählst  du! 

JAÄKOB 

sich  wiederum  gürtend,  während  Idnibaäl,  weiter  rückwärts 
knieend,  seine  Last  ablädt. 

Die  Höhe  hier  beherrscht  die  Täler 
Ringsum!   Hier  überschau  ich,  was  uns  naht! 

4 


—      50     — • 

IDNIBAÄL 

hat  sich  aufgerichtet;  er  steht,  von  Jaäkob  abgewandt j  am  rück- 

lüärtigen  Rande  der  Kuppe  und  weist  nach  rechts  hinab. 

Doch  sieh,  Herr!   Von  der  Straße,  die  wir  zogen, 
325  Führt,  eben  dort,  wo  wir  den  Bach  durchwatet, 
Ein  ausgetretner  Wiesenpfad  herauf! 

JAÄKOB 
nickt. 
Ich  sah  —  und  mied  ihn!   Ausgetretne  Pfade 
Sind  schwatzhaft,  und  der  nächste  Wandrer  muß 
Nicht  gleich  erfahren,  wo  wir  heute  rasten. 

IDNIBAÄL. 

330  Du  furchtest .  - 

JAÄKOB. 

Er  nimmt  den  Lederhut  von  seinem  Nacken  und  läßt  ihn  neben 
sich  zu  Boden  gleiten:  ruhig  lächelnd. 

Nichts,  Idnibaal!  —  Ich  denk  nur. 

Daß  Wasser  unsre  Spur  nicht  aufbewahrt. 

Daß  in  der  Schlucht  am  Bache  das  Gestrüpp 

Von  gelbem  Ginster  schattig  mir  die  Herden 

Bis  morgen  birgt  -  und  daß  hier  auf  der  Höhe 

335  Der  Abendwind  mir  schon  die  Stirne  kühlt. 

Wenn  drunten  noch  der  Boden  Hitze  haucht. 

Er  horcht  auf. 


—      5»      — 

Hörst  du  nichts?  Nicht  den  Hall  der  Herdenglocken! 
Dazwischen  klingt  noch  .  . 

IDNIBAÄL. 

Herr,  das  wird  wohl  Schua 
Auf  seiner  Siebenpfeife  sein!   Hast  du  ihn 
Noch  nicht  gehört?   Er  blies  uns  doch  heut  morgen  340 
In  Chebron  aus  dem  Schlaf! 

JAÄKOB 
leise. 

In  Chebron  schlief 
Ich  nicht. 

IDNIBAÄL. 
Auf  mich  fiel  tiefer  Schlaf;  doch  lohnte 
Die  kurze  Rast  es  nicht,  sich  auszustrecken. 
Drei  Stunden  kaum! 

JAÄKOB 
den  Kopf  gesenkt,  leise  und  ruhig  vor  sich  hin. 

Drei  Stunden,  da  ihr  schlieft 
Lehnt  ich  im  Dunkel  vor  Machpelahs  Höhle,  345 

Gepreßt  die  offnen  Augen  an  die  Pforte 
Die  steinern  meiner  Väter  ewiges  Haus 
Vor  mir  verschloß.   Einmal  bricht  man  . . 
Er  schöpft  tief  Atem. 


—      5*     — 

Man  bricht  einmal  für  mich  auch  auf  die  Pforte! 
350  Dann  schlaf  auch  ich  in  Chebron;  vorher  —  nicht! 

Er  richtet  sich  auf,  tritt  hart  an  den  linken  vorderen  Rand  der 
Kuppe  und  ruft  mit  heller  froher  Stimme  hinab. 

Ihr  drunten!   Hört  ihr?   Nehmt  den  Tieren  jetzt 
Die  Glocken  ab,  und  hängt  sie  morgen  erst, 
Beim  Aufbruch,  ihnen  um!   Und,  Schua!   Laß 
Dein  Lied  sein!   Morgen,  wenn  vor  Sonnenaufgang 
355  Die  frühen  Winde  stürmen  —  fang  sie  ein 

Und  treib  die  wilden  durch,  durch  sieben  Pfeifen  — 
Bis  sie  ein  Lied  mir  singen,  das  mich  weckt! 

Zu  Idnihaäl  gewandt,  der  knieend  sein  Bündel  geöjfnetj  ein 
Fell,  eine  große,  flache,  tönerne  Schüssel,  runde,  dünne  Brote^ 
Linnenzeug  und  zwei  gefüllte  Lederschläuche  auf  den  Boden 
gelegt  hat  und  nun  aufsteht,  den  einen  Schlauch  zur  Quelle  trügt 
und  ihn  im  Bett  des  Baches  niederlegt. 

Was  tust  du  da? 

IDNIBAÄL. 

Für  deine  Nachtruh,  Herr, 
Rieht  ich  zurecht!   Und  in  den  frischen  Quell 
j6o  Leg  ich  den  Schlauch,  daß  sich  die  Milch  drin  kühle. 

JAÄKOB. 

Ich  brauch  sie  lau;  mein  Lamm  zu  tränken! 


—      53      — 

idnibaAl 

vorivurfsvoU. 

Herr! 
Du  trugst  das  Tier  herauf? 

jaAkob 

lächelnd  auf  seinen  Rucksack  iveisend. 

Dort  schläft  es! 

idnibaAl. 

Sieh, 
Wir  hätten  unten  sorgsam  es  gewartet! 

jaAkob. 

Mir  kommt  es  zu,  um  dieses  Lamm  zu  sorgen j 

Ich  trag  die  Schuld  an  seiner  Mutter  Tod!  365 

idnibaAl 

hebt  in  leichter  zärtlicher  Abwehr  die  Hände;  mit  treulächeln- 
dem Aufblick. 
Wie  trügst,  du  Herr,  an  irgend  Bösem,  oder 
An  irgend  Leid  —  du  Herr  —  die  Schuld! 
Er  neigt  sich  und  küßt  den  Saum  von  Jaäkobs  Kleid;  leise. 

Mein  Herr! 

jaAkob 

in  ruhigem,  nicht  zu  schwerem  Ton. 
Doch,  doch!   Das  Tier  war  viel  zu  sehr  an  mich 


—     54      - 

Gewöhnt  und  lief  mir  nach,  wo  es  mich  sah. 

370  Und  da  ich  nun  vor  Chebron  auf  dem  Reittier 
Die  Herden  überholte,  da  ersah 
Es  mich  und  ließ  die  Herde  —  hinter  mir 
Lief  es  einher,  gehetzt  und  keuchend  —  war 
Nicht  2:u  verscheuchen,  bis  ein  harter  Hufschlag 

375  Des  Reittiers  an  der  Stirn  es  traf!  —  Da  lag 
Es  blutig  an  der  Straße,  starb  —  und  sterbend 
Warf  sein  gequälter  Leib  die  reife  Frucht  aus! 
Die  Schale  gib  und  fülle  sie  mit  MUch! 

idnibaAl 

zögernd  die  Schale  von  seinem  Gürtelstrick  lösend. 
Herr,  es  versteht  noch  nicht  allein  zu  trinken! 

jaAkob. 

3S0  Ich  weiß.    Füll'  ein! 

Idnibaäl  läßt  Milch  aus  dem  Schlauch  in  die  Schale  rinnen. 
Jaäkob  hat  sich  ins  Moos  zwischen  Gestein  gelagert.  Er  ruht 
auf  den  linken  Arm  gestützt  und  nimmt  von  Idnibaäl  die 
volle  Schale  entgegen,  die  er  prüfend  an  die  Lippen  führt,  dann 
neben  sich  zu  Boden  stellt. 

Reich'  mir  das  Tier! 

IDNIBAÄL 
hat  behutsam  das  junge  Lamm  emporgehoben. 

Sieh,  Herr! 
Es  schläft  und  schnaubt  in  tiefem  Schlaf  und  schiebt 


—     55     — 

Die  weichen  Lippen  saugend  auf  und  nieder 

Und  träumt,  es  tränke. 

Er  reicht  das  Lamm  Jaakob,  der  es  nahe  an  sich  heranschiebt. 

jaAkob 

hat  die  Finger  seiner  Linken  mit  Milch  benetzt  und  schiebt  sie 
dem  Lamm  zwischen  die  Lippen. 

Komm  nur,  Kleines!   Trink! 

Ich  mache  deine  Träume  wahr! 

Gedämpfty  nachdenklich. 

Wie  seltsam! 

Ein  Lamm,  wie  andre,  ist's!   Nur  weil  sein  Herz         385 

An  meines  pocht  und  weil  ich  fühle,  wie  es 

Schutz,  Wärme,  Nahrung,  dumpfen  Sinns  von  mir  — 

Vertrauend  meiner  Allmacht  —  sich  erhofft .  .  . 

Erscheint  mir  fast,  als  hätt'  ich's  lieb!   Wie  muß 

Erst  einer  . .  390 

Er  hat  die  Finger  von  neuem  mit  Milch  genetzt;  zum  Lamm, 
das  seinen  Fingern  nachdrängt. 

Hab  Geduld!    Gleich  wieder! 

Er  gibt  dem  Lamm  seine  Fingerspitzen  j  zu  Idnibaäl. 

Ist's  SO, 

Idnibaäl,  wie  mir  die  Mutter  sagte. 

Daß  du  die  Straßen  hier  und  weiter  bis 

Charan  schon  oft  gezogen  bist? 


-      5Ö     — 

idnibaAl 

nickend. 

Noch  ehe 

Du,  Herr,  geboren  warst,  und  eh'  dein  Vater 

395  Von  den  Jebusis  mich  erkauft!    Ich  war 

Ein  Knabe  noch! 

jaAkob 

hinabweisend. 
Kennst  du  die  breite  Straße  — 
Sie  leuchtet  weiß  herauf—  die,  gegen  Mittnacht? 

idnibaAl 

ist  zum  Abhang  getreten  und  nickt. 
Die  ziehen  —  aus  Mizrajim  —  Karawanen 
Shebek-Nofriis,  die,  zwiegetürmt  die  Krone 
400  —  Des  Südlands  weiße  wie  des  Nordlands  rote  — 
Ererbt  von  ihren  Ahnen,  trägt. 

jaAkob 

nur  mit  einer  Bewegung  des  Kopfes  nach  Osten  weisend. 

Der  Paßweg  — 
Dort,  gegen  Aufgang  —  führt . .? 

idnibaAl 

steht  hinter  Jaäkob. 

Nach  Ajath,  Herr ! 


—      57     — 

JAÄKOB 

"währenti  seine  Hand  streichelnd  über  das  Lamm  gleitet^  nady- 
denküch  vor  sich  bin, 

„Den  Staub  der  Erde,  wer  den  zählt,  der  mag  auch 

Zu  zählen  deinen  Samen  sich  vermessen."  — 

Bei  Ajath  —  sagt  die  Mutter  —  war's,  daß  so  405 

Der  Herr  sprach  zu  Abraham!  —  Auf  vier  Augen 

Steht  nun  des  Ahnherrn  Haus!    Und  zwei  davon 

Vergönnen  —  furcht'  ich  —  nicht  den  zweien  andern, 

Daß  sie  das  Licht  der  Sonne  noch  erschauen. 

Zu  Idnibaal  gewandt. 

Nach  Ajath,  sagst  du!  Das  dort  —  grau  im  Schatten  — 

Sind  Ajaths  Mauern?  '  410 

IDNIBAAL. 
Herr,  sie  waren  es! 
Gebaut  von  Männern,  die  von  fernher  kamen. 
Da  alles  Volk  hier  noch  in  Höhlen  hauste. 
Ajath  war  fest!   Mit  Mauern,  Toren,  Riegeln! 
Ein  König  saß  dort  —  mächtiger  als  einer!  415 

Wenn  er  den  Göttern  opferte,  so  traten 
Die  Herden,  die  man  hintrieb,  neue  Straßen 
Ins  Land  ringsum  j  und  seiner  Bergaltäre 
Gewürzter  Rauch  strich  durch  die  Täler,  bis 
Ans  Meer,  und  weiter  noch,  und  ruhte  nachts  420 


~     5»     — 

Auf  fremden  Schiffen  —  und  zum  Sprichwort  ward  es! 
Denn  trägt,  auf  hoher  See,  der  Wind  dem  Schiffer 
Den  Ruch  der  Küste  zu,  so  sagt  er  heut  noch: 
„Der  Herr  in  Ajath  opfert!" 

jaAkob 

nachdenklich. 

Und  es  schützten 
42s  Die  Götter  ihren  Diener  nicht? 

IDNIBAÄL. 

Die  Götter? 

Achselzuckend. 

Von  mächtigeren  Göttern  wurden  sie  — 
So  denk  ich  —  übermocht! 

jaAkob. 

Wie  nannte  sich 
Das  Volk  in  Ajath  und  das  Königshaus? 

IDNIBAÄL. 
Man  weiß  es  nicht  mehr,  Herr! 

JAAKOB. 

Und  wie  die  Sieger? 
430  Die  Ajath  brachen? 

IDNIBAÄL. 

Herr,  man  hat's  vergessen ! 


—   59   — 

jaAkob. 

Wer  hat  es  dir  erzählt? 

idnibaAl. 

Mein  Vater,  Herr! 
Wenn  wir  von  Gebal  ins  Gebirge  zogen, 
Bauholz  für  unsre  Schiffe  einzuholen. 
War  unser  Hinweg  durch  den  Paß  von  Ajathj 
Der  Heimweg  ging  dann  über  Uru-Schalim  .  .  435 

jaAkob 

bat  das  Lamm  ins  Moos  gebettet  und  ist  aufgestanden,  nickend. 
Wo  Malki-Zedeks  priesterlich  Geschlecht 
Die  Herrschaft  hält! 

IDNIBAAL 
ernst. 

Nicht  mehr!   In  einem  Käfig 
Ward  Malki-Zedeks  Sohnessohn  verschenkt 
An  Babels  König! 

jaAkob. 

Wie?  Verschenkt?!  Von  wem? 

idnibaAl 

mit  einem  Versuche  ruhig  zu  bleiben. 
Verschenkt  von  .  .  Herr,  von  einem  .  .  440 

Losbrechend. 

Ausgelöscht 


—     6o     — 

Bei  Lebenden  und  Toten  sei  sein  Name, 
Nichts  von  ihm  übrig:  Nicht  die  Wurzel  abwärts  — 
Die  Frucht  nicht  oben!   Fressend  Eiter  tilge 
In  seiner  Söhne  Anthtz  —  was  ihm  gleicht!  . . 
Gesenkten  Nackens,  leise. 

445  Verzeih,  Herr,  daß  dein  Knecht  die  Stimme  hob! 
Doch  sieh:  Der  dies  getan  —  durch  seine  Untreu' 
Bin  ich  ein  Knecht  durch  vierzig  lange  Jahre!  — 

Mit  bitterem  Lachen. 
Weil  außerhalb  von  Gebais  Mauern  sich 
Die  Werften  meines  Vaters  streckten,  galt 

45°  Der  Friede  zwischen  Gebal  und  Schidunu 

Für  uns  nicht,  Herr  —  so  sprach  Schidunus  Fürst! 

Nachts  fiel  er  über  uns,  und  sengte  —  und 

Am  Morgen,  Herr,  —  war  ich  verwaist  und  Knecht! 

jaAkob 

nachdenklich. 
Und  dess'  Geschlecht  herrscht  jetzt  in  Uru-Schalim? 

idnibaAl 

ivilJ  aufjubelnd. 
455  Nein,  Herr!    Gepriesen  siebenmal  sei  die 
Baalat  —  nein!   Ihn  schlugen  andre,  und 
Auf  Uru-Schalims  breiten  Mauern  schreitet, 
Gepanzert,  der  Jebusisöhne  Wacht! 


—    dl    — 

Auflachend. 
So  sorglos  sind  auch  nicht  die  großen  Götter! 
Sie  dulden  Treuebrecher  nicht  als  Hüter  460 

Des  Abgrunds  —  drin  der  Welt  Geschick  sich  birgt! 

JAÄKOB 
leichthin. 
Liegt  dort  ein  Abgrund,  der  euch  heilig  ist? 

IDNIBAÄL 
die  Stimme  dämpfend. 
Sprich  nicht  so,  Herr,  daß  du  dich  nicht  versündigst! 
Nicht  uns  bloß  heilig!  —  Daß  der  Fels  hier  ragt, 
Daß  rings  das  Meer  sich  selbst  in  Grenzen  bändigt,  465 
Gestirne  droben,  die  beschworne  Bahn 
Nicht  treulos  brechen  .  .  nur  so  lange  währt  es, 
Als  man  die  heilige  Kluft  dort  gut  behütet! 

JAÄKOB 
befremdet. 
Was  birgt  der  Abgrund  denn? 

IDNIBAÄL 

ernst. 

Herr,  das  —  was  einst 

Allmächtig  war,  bevor  die  Götter  wurden!  470 

Leise  anbebend. 

Da  noch  kein  „Drunten"  war,  und  noch  kein  „Droben", 


—        62        — 

Allflut  und  Meer  in  wüstem  Knäuel  quollen, 

Urwirre  wirbelte  und  gor 

Da  stiegen  helle  junge  Götter  auf 

475  Und,  heilig  frevelnd,  warfen  sie  darnieder 
Das  Ungeheure,  dem  sie  eh'  entboren } 
Und  schufen  Tag  und  Nacht  und  Himmelszelt 
Und  banden  der  Gestirne  Bahn  mit  Eiden. 

Erregter. 
Den  Fels  zu  Uru-Schalim  aber  rissen 

480  Sie  auf,  mit  ihrem  Blitz,  zu  einer  Kluft, 
Die  bis  zum  Erdennabel  klafft,  und  warfen 
Das  Blutige,  Verstümmelte,  Besiegte  — 
Hinein!   Dort  liegt's!   Und  daß  es  nie  entweiche, 
Schoß,  feurig  sausend,  in  geweihter  Nacht, 

485  Ein  Stein,  von  Flammensternen  stammend,  nieder 
Und  sank  als  glühend  Siegel  auf  die  Kluft! 
Wer  dorten  opfert  ehrt,  was  ist  und  war! 
Zu  frohen  Göttern  steigt  des  Opfers  Rauch  — 
Das  Blut  träuft  abwärts,  zu  dem  Traurigen, 

490  Das,  trostlos  siechend,  dort  im  Düster  grollt, 
\        Und  sagt  ihm,  daß  man  es  noch  ehrt,  und  sänfiigt 
j        Den  Trotz,  der  drunten  unzertreten  lauert 
Und  schlaflos  wacht,  ob  es  ihm  nicht  gelänge. 
In  jähem  Ansturm,  Fesseln  zu  zerreißen! 

495  Gelingt  es,  Herr 


-     63     - 

In  verhaltenem  Grauen  bebend. 

Dann  —  schwillt  es,  sich  empörend. 
Furchtbar  empor  ans  Licht  —  und  was  du  siehst  — 
Und  nicht  siehst,  Herr  — uns,  Erde,  Himmel,  Götter.. 
Von  Schauern  geschüttelt. 

Schlingt  wieder  ein  der  alten  Umacht  Schlund! 
Dem,  der  als  Priester  schauernd  opfern  darf 
Auf  Uru-Schalims  Fels  Moriah  —  Heil!  5«> 

Ein  höchstes  Amt  ward  ihm  von  hohen  Göttern! 

JAÄKOB 
in  starker  Erregung. 

Wie  nanntest  du  den  Felsen?   Wie? 


IDNIBAÄL. 
So  heißt  er  —  Herr! 


Moriah! 


JAÄKOB 

Erschüttert. 

Heißt  er  Moriah  —  nun. 
So  lag  mein  Vater  dort,  auf  Opferscheitem, 
Verschnürt  —  und  seines  eignen  Vaters  Hand  505 

Schwang  über  ihm  das  Messer  —  in  die  Kehle 
Dem  Knaben  es  zu  . . 


-     64     - 

IDNIBAÄL 
eifrig  einfallend. 

Da  —  schrie  es  von  oben  — 
Erzählen  sie  im  Haus:  „Halt  ein!"  Und  schon  stand 
—  Als  Löseopfer  —  dort  ein  weißer  Widder, 
510  Der  Hörner  goldnenWund  im  Strauch  verfangen, 
Ein  Tier  vom  Gott  gesandt,  Herr!  —  Und  dein  Vater 
Ward  nicht  geopfert! 

jaAkob 

Bittery  mit  drohendem  Ernst. 

Ward  er's  wirklich  nicht? 
Was  dort,  des  Kindes  Augen  —  schreckgeweitet  — 
Einmal  gesehn  —  glaubst  du  —  vergißt  sich  das?! 

515  Die  Hand  -  des  Vaters  Hand  —  die  schamhaft:  zärthch 
Sonst,  bebend,  über  Fieberwangen  strich  .  . 
Der  Arm,  der  sonst  umschlang  und  an  sich  preßte, 
Als  wäre  Nähe  noch  nicht  nah  genug! 
Dies  Auge  —  nichts  als  Sehnsucht,  Sorge,  Segnen  — 

520  Dies  ganze  Antlitz  —  früher  Kindheit  Heimat, 
Wohin  Erinnerung  müdenttäuschten  Alters 
Noch,  wie  auf  eine  selige  Insel,  flieht .  .  . 
Und  nun  dies  alles:  Hand,  Arm,  Auge,  Antlitz  - 
Verwandelt,  gottestoll,  sein  Selbst  vergessend, 

525  Blind,  taub -ein  einzigerAufschrei  nur  mehr:  „Mord!" 


—     ($5      - 

Erschauernd. 
Wem  Gott  —  als  Kind  —  Vertrauen  so  zertrat  — 
Wo  darf  der  trauen  noch  und  sicher  fühlen?! 

IDNIBAÄL. 
Sie  sagen  —  prüfen  wollte  euer  Gott . . 

jaAkob 

~  in  scbmerziicher  Anklage. 

Gott 
Ist  alle  Antwort!   Muß  ein  Gott  erst  fragen? 

IDNIBAÄL. 
Sie  sagen  . .  530 

JAÄKOB 

ungeduldig. 
Wer? 

IDNIBAÄL. 

Nun  —  die  im  Haus:  Zum  Lohn 
Für  solche  Treue  . . 

JAÄKOB 
unwillig. 
Treue  will  nicht  Lohn! 

IDNIBAÄL. 
Ward  deinem  Ahn  verheißen  alles  Land 
Von  Babels  Wassern  bis  zum  großen  Strom 
Mizrajims! 


—      66      — 

jaAkob 

bitter  auflachend. 

Sieh  doch  um,  Idnibaal! 
535  Dies  Land:  Zuerst  verheißen  uns  im  Schatten 

Des  heiligen  Hains  von  Schechems  Zaubereichen  — 
Verheißen  wiederum  in  Ajath  — 

Hinalrweisend. 

Dort! 
Aufs  neue  zugeschworen  uns  im  Bund, 
Den  Gott  zu  Chebron  mit  uns  aufgerichtet  — 
540  Bestätigt  auf  Moriah  —  nun,  dies  Land  .  . 

Da  drunten  liegt's  —  heißt  Jizchak  sein  Gebieter? 

Verächtlich. 
Der  Chitti,  der  Perizzi,  der  Kadmoni  — 
Das  streitet  drunten  sich  um  Quell  und  Weide, 
Des  Meeres  Anfiirt  hält  der  Kenaani, 
545  Der  Keni  sitzt  in  Felsennestern  fest .  . 

Und  all  dies  währt  so  lang  nur,  als  drei  Großen  — 
Mizrajim,  Babel  und  des  Meerlands  Fürsten  — 
Den  Kinderzank  zu  dulden,  noch  gefällt! 
Wb  herrscht  dennTerachsStammundNachors  Sippe? 
550  Abrahams  Stamm  heißt  Edom  und  Jaakob  — 
Vielleicht  —  was  weiß  ich  —  Edom  bald  allein! 

Abbrechend. 
Rieht'  mir  zur  Nacht! 


-     67     — 

idnibaAl. 

sprich  nicht  so,  Herr!   Du  weißt, 
Sie  nennen  Fürsten  euch  und  neigen  sich 
Und  flüstern  scheu,  es  war'  ein  großer  Gott 
Mit  euch!  555 

JAÄKOB 
nickend}  stark. 
Groß  —  ist  der  Gott!   Und  ist  mit  uns! 
Leiser,  als  vertraue  er  Geheimes  an. 
Zu  viel  mit  uns  —  Idnibaal  —  zu  viel!  — 
Er  tritt  —  ein  fremder,  unerschauter  Gott  — 
Ein  namenloser,  zu  Abraham  —  scheucht  ihn 
Aus  Arams  reichem  stromumfloßnem  Eiland, 
Und  heißt  ihn  Heimat,  Vaterhaus  und  Freundschaft  560 
Veriassen  —  um  ein  ungenanntes  Landj 
Und  häuft  auf  ihn  noch  unerfüllte  Segnung, 

In  steigender  Erregung. 
Rauscht  ihm  Verheißung  zu  durch  Schechems  Eichen, 

Bitter  lächelnd. 
Verheißt  zu  Ajath,  und  verheißt  zu  Chebron, 
Umschauert  ihn  in  Nachtgesichten,  lodert  565 

In  Flammen  über  Chebrons  Brandaltar, 
Naht  ihm  als  Wandrer,  sitzt  bei  ihm  in  Mamre, 
Gewährt  den  langerharrten  Sohn  —  und  spricht  dann, 

„Mir  schlachte  auf  Moriah,  den  du  liebst!" 

5* 


—     68     — 

Mit  geschlossenen  Augen,  erschauernd. 
570  Zu  nah  umweht  uns  dieser  Gott  —  was  will  Er? 
Was  will  Er  —  daß  Er  also  uns  umdrängt?! 

IDNIBAÄL. 
Sie  sagen  Herr  . . 

JAÄKOB 
in  müdem  Ablenken. 

Sie  sagen  viel! 

IDNIBAÄL. 

. .  Er  habe  — 

Aus  allen  Völkern  —  euch  für  sich  erwählt! 

JAÄKOB 

auffahrend;  in  Schmerz,  Unmut  und  Anklage. 

Was  wählt  Er  uns  —  und  fragt  nicht,  ob  wir  wollen?! 

575  —  Zur  Nacht  rieht'  mir  zurecht,  Idnibaal, 

Zur  Nacht! 

Er  hat  sich  müde  auf  einen  großen  moosigen  Stein  sinken  lassen, 

IDNIBAÄL 
im  Hintergrunde  vor  seinem  Bündel,  das  er  enischnürt. 
Wo  breit  ich  dir  die  Decke,  Herr? 

JAÄKOB. 
Die  Decke  laß!   Durchtränkt  von  Tau  und  Nebeln, 
Gibt  sie  mir  morgens  mehr  noch  Frost  und  Schauer, 


-  d9  - 

Nach  rückwärts  gegen  das  Tal  'weisend. 
Den  Ysop,  dort  am  Abhang,  pflück'  und  breite 
Die  Stengel  mir  als  Streu  aufs  Moos!  5fe 

idnibaAl 

ist  hinabgestiegen  und  pflücktj  nur  halben  Leibes  sichtbar,  von 
den  Ysopstauden. 

Wo  wählst  du 
Den  Platz  —  Herr? 

jaAkob 

auf  einen  Felsblock  im  Hintergrund  weisend. 

Dort  —  der  graue  Fels  gibt  Schutz 
Mir  vor  den  MorgenstüiTnenj  vor  ihn  hin 
Breit'  mir  die  Streu! 

IDNIBAAL 

ist  wieder  heraufgestiegen.  Er  trägt,  mit  beiden  Anmn  an  die 

Brust  gepreßt,    ein  großes  Bündel  kaum  armlanger  Ysopstengel 

und  neigt  sich,  den  Duft  der  kleinen  rötlichweißen  Blüten  ein- 

einzuatmen. 

Das  duftet,  Herr!   Dich  wecken 

Die  Bienen,  eh'  es  tagt! 

Er  ist  zum  Felsblock,  der,  übermannsboch,  aus  dem  Moose  ragt, 
kingetreten  und  breitet  die  Streu  aus. 

JAÄKOB. 

Dort,  wo  du  stehst  — 
Flacht  sich  nicht  dort  —  dein  Schatten  fällt  jetzt  hin  —  5*5 


—     70     - 

Der  Stein  zu  einer  seichten  Mulde,  wie 
Bereit,  ein  Kissen  aufzunehmen? 

idnibaAl. 

Ja  —  Herr! 

jaAkob. 

So  pflück'  zum  Kissen  mir  die  Minthe  —  dort 
Am  Quell! 

Idn'tbaal  hat  steh  unschlüssig  zum  Quell  gewendet. 

JAAKOB 

sieht  sich,  da  er  Idnibaäls  Schritt  nicht  hört,  nach  ihm  um. 

Suchst  du?   Das  graue  Vließ  der  Blätter 

590  Glänzt  silbern  in  der  späten  Sonne! 

Hinweisend. 

Sieh! 

Idnib aal  pflückt,  am  Quell  knieend,  Minthe  und  trägt  sie  zum 

Felsen  hin, 

jaAkob 

bat  schon  während  des  Vorhergehenden,  ohne  seine  Lage  zu  ver- 
ändern, mit  nachlässigem  Griff,  wie  spielend,  von  dem  niederen 
Kraut,  das  zwischen  den  Steinen  ringsum  wächst,  eine  Hand- 
voll gepflückt  und  drückt  nun,  tiefen  Atem  holend,  sein  Gesicht 
in  die  Blüten.    Leise  vor  sich  hin. 

Wie  glühst  du  heiß,  mein  Liebling  —  Thymian! 

Dein  Duft  so  überstark  —  was  will  er  sagen? 


—     71     — 

Sagt  er:  „Weh',  ich  verschmachte!"  oder  bloß: 

„Ich  leb'  und  glüh'  in  Sonne,  eh'  es  nachtet!"? 

Streu  ich  noch  dich,  du  Kleines,  auf  mein  Lager  —      595 

So  duftet  es  heut'  Nacht  um  mich,  als  lag'  ich 

Zu  Hause  in  der  Kamtmer,  drin  die  Mutter 

Hochzeit-  und  Sterbelinnen  birgt! 

idnibaAl 

hat  die  Minthe,  die  er  pflückte,  in  der  kleinen  Mulde  des  Fels- 
blockes geschichtet  und  kniet  nun  vor  seinem  Bündel,  dem  er  flache 
Scheiben  Brotes  entnimmt^ 

Herr,  magst  du 
Nicht  von  den  Broten  essen,  die  die  Herrin 
Mitgab?  600 

jaAkob. 

Mich  hungert  nicht.   Leg'  eines  hin, 
Mag  sein,  daß  später  . . 

IDNIBAAL. 

Und  die  Milch  im  Schlauch  — 
Trinkst  du  sie  nicht  —  wird  sauer  bis  zum  Morgen! 

JAÄKOB. 
Leg'  hin  den  Schlauch!   Das  Kleine  dort  will  sicher 
Noch  trinken,  ehe  Morgen  wird. 


—     7i     — 

idnibaAl 

bat  den  Milchschlauch  und  das  Brot  auf  Steine  nahe  Jaäkobs 


605  Den  Abendtrunk  . . 


Lager  gelegt. 

Doch  Herr, 


Er  nimmt  den  Weinschlauch  unter  den  Arm  und  läßt  Wein  in 
die  Silberschale  fließen,  die  er  vorher  im  Quell  spült. 

jaAkob. 

Noch  ist  nicht  Abend. 

Lächelnde 

Trug  dir 

Die  Mutter  strenge  auf,  um  mich  zu  sorgen! 

idnibaAl 

nickt  ernst. 
Sie  tat  es,  Herr.   Drum  trink!   Sieh  —  deine  Schale 
Ist  schon  gefüllt  mit  Wein ! 

jaAkob 

wehrt,  ohne  nach  ihm  umzusehen,  mit  der  Hand  leicht  ab  und 
weist  nach  rückwärts. 

Nicht  jetzt!  Dorthin! 

idnibaAl. 

Hier,  auf  den  flachen,  moosbewachsenen  Stein 
610  Stell  ich  die  Schale 


—   73  — 

Er  iväblt  einen  Stein  zu  Füßen  des  Lagers,  das  er  gerichtet. 

und  gehst  du  zur  Ruh, 
Gib  acht,  Herr,  daß  im  Dunkel  nicht  dein  Fuß 
Die  Schale  streife  und  den  Wein  verschütte! 

JAÄKOB 

lächelnd. 

Ist  er  so  kostbar? 

IDNIBAÄL. 

Nicht  darum.   Doch  nur  -■ 

Nur  wo  ein  Gott  wohnt,  darf  die  dunkle  Erde 

Blut  trinken  oder  Wein.   Sonst  ist  es  ihr  615 

Versagt.   Und  gießest  du  an  anderer  Stätte 

Wein  aus  —  so  wird  die  Erde  von  ihm  trunken, 

Es  nimmt  ihr  ihren  ruhevollen  Schlaf, 

Sie  träumt  und  sendet  ihre  Träume  in 

Die  Nacht!  620 

JAÄKOB 

bat  aufgehorcht}  nun  leise  vor  sich  hin. 

So  träumt  sie  auch  —  die  Erde? 

IDNIBAÄL 
hat  das  Widderhorn  von  seinem  Gürtelstrick  geVöst. 

Herr! 
Daß  du  am  Morgen  dir  die  Glieder  salbest, 
Laß  ich  dies  Hörn  —  gefüllt  mit  Öl  —  zurück. 
Er  legt  das  Hom  neben  die  Trinkschale. 


—  74  — 

jaAkob 

sieht  nach  ihm  utn^  nickt,  dann  erhebt  er  sich,  streckt  sich  und 
rückt  seinen  Gurt  zurecht. 

Nun  schnür'  dein  Bündel,  steig  hinab  . . 

idnibaAl. 

Doch,  Herr, 
Die  Riemen  deiner  Schuhe  lösen  und 
62s  Mit  kühlem  Wasser  dir  von  deinen  Füßen 
Den  Staub  der  Straße  spülen  —  Herr,  das  darf 
Ich  doch  vorher? 

jaAkob 

nickt  ihm  freundlich  zu. 
Das  darfst  du  —  ja! 

IDNIBAAL 

über  seinen  Sack  gebeugt,  mchend. 

Es  fehlt 
Das  Kupferbecken  mir  . . 

JAAKOB. 

Da  ich  heraufstieg. 

Schien  mir,  als  fühlt'  ich  es  in  meinem  Bündel  j 

630  Sieh  nach  —  doch  nein,  bring  es  mu*  her,  ich  selbst 

Will  sehen  .  .  denn,  Idnibaa),  noch  andres 

Verbirgt  sich  drin  — 

Lächelnd, 

das  dich  erschrecken  könnte! 


—  75  — 

Er  läßt  sich  auf  einen  Felsblock  nieder,  Idnibaäl  hat  Jaäkobs 
Rucksack  vom  Boden  genommen,  legt  ihn  auf  Jaäkobs  Knie  und 
tritt  einige  Schritte  zurück.  Jaäkob  betastet  den  Sack,  entscbnürt 
ihn  und  entnimmt  ihm  ein  breites,  flaches  Kupferhecken,  das  er 

Idnibaäl  reicht. 
Da  —  nimm! 

Idnibaäl  trägt  das  Becken  zum  Quell. 
Du  weißt,  Idnibaäl  —  die  Mutter 
Hat  dir  versprochen:  Hast  du  mich  erst  heil 
Gebracht  zu  ihrem  Bruder,  nach  Charan  —  635 

Frei  magst  du  dann  zu  deinem  Volke  kehren, 
Kein  Knecht  mehr  sein! 

IDNIBAÄL 
Tväbrend  er  das  Becken,  am  Quell  knieend,  füllt,  ernst. 

Ich  weiß  es  —  ihr  seid  gut! 

JAÄKOB. 
Nun  sieh:  Kaufleute  kamen  vor  drei  Tagen, 
Da  du  im  Felde  warst,  und  hatten  Zeuge, 
Geschmückte,  buntgewebte  —  wie  dein  Volk  640 

Sie  trägt.   Da  sprach  die. Mutter:  „Knechtestracht 
Soll  er  nicht  tragen,  wenn  er  heimkehrt,"  und  — 
Dies  Kleid  ist  nun  für  dich. 

Er  hat  seinem  Bündel  ein  hemdartiges  Gev:and  entnommen.  Es 
ist  aus  schmiegsamem,  dünnem  Zeug,  elfenbeinfarben,  und  ivird 
von  einer  buntgewebten  Borte,  die  in  geknüpfte  Franse  endet. 


-  7^  - 

gesäumt.  Er  legt  es  neben  sieb  auf  den  Stein.  Idnibaal  hat 
sich  indessen  vom  Quell  erhoben  und  trägt,  den  Kopf  zu  Boden 
gesenkt,  das  Becken  herbei.  Er  stellt  es  vor  Jaäkob  hin,  kniet, 
ohne  nach  dem  Gewände  zu  schauen,  nieder  und  beginnt  die 
Riemen  an  Jaäkob s  Sandalen  zu  lösen.  Jaäkob  zieht  aus  dem 
Bündel  einen  mehr  als  handbreiten  schweren  Ledergurt, 

Und  weiter  sprach 

Die  Mutter:  „Wer  so  lange  uns  gedient, 

645  Der  soll  nicht  arm  aus  meinem  Hause  ziehn." 

Und  dieser  Gurt  —  drin  vierzig  Ringe  Silber  — 

Ist  dein  —  wie  dies  Gewand! 

Er  greift  nach  dem  Gewand  und  hebt  es  hoch.    Lächelnd. 

So  heb  den  Kopf! 

Sieh  es  doch  an!    Wie  zart  die  Webe!    Und 

Wie  steil  herab  die  straffen  Falten  streben 

650  Zum  Rande,  breit  gebrämt  mit  bunter  Borte!  — 

Ja  —  freust  du  dich  denn  nicht? 

idnibaAl 

mit  gedämpfter  Stimme. 

Mich  freuen  —  Herr> 
Ich  hab's  verlernt!  —  Da  ich  ganz  klein  noch  war, 
Saß  oft  mit  mir  die  Mutter  — 

Leiser,  ein  Zucken  um  die  Lippen. 

denn  auch  ich,  Herr, 
Hatt'  eine  Mutter  -  saß  mit  mir  die  Mutter 


—  77  — 

Auf  unsres  Hauses  Dach,  des  Vaters  harrend.  655 

Und  wenn  er  kam  —  herab  den  Hang  des  Hügels  — 
Und  schon  von  weitem  grüßte,  nahm  die  Mutter 
Mich  auf  den  Schoß,  daß  ich  ihn  sehen  sollte. 
Die  Arme  hob  sie,  daß  die  goldnen  Reifen 
Herab  bis  zu  den  Schultern  klirrend  glitten  660 

Und  winkte  meinem  Vater  zu  und  rief: 
„Der  V^ater  kommt  dort  — freu*  dich,  freu'  dich!"  Und 
Da  hob  auch  ich  die  kleinen  Arme,  so, 
Als  wollt'  ich  hastig  ihm  mit  schwachen  Flügeln 
Entgegenflattem,  warf  den  Kopf  und  lallte  665 

Der  Mutter,  jauchzend,  nach,  dies:  „Freu'  dich,  freu' 

dich!"  - 
Den  Sinn  des  Wortes  faßt*  ich  da  noch  nicht! 
Und  nun  .  .  in  vierzig  Knechtesjahren  hab'  ich 
Vergessen,  Herr  —  wie  man  das  macht:  „Sich  freuen!" 
Er  beugt  'wiederum  den  Nacken  über  seine  Arbeit, 

jaAkob 

siebt  nachdenklich  vor  sich  bin.    Leise,  ziuisdjen  kaum  beviegten 

Lippen. 

War  man  so  hart  zu  dir?  670 

idnibaAl 

schüttelt  den  Kopf. 

Nicht  hart,  doch  bitter 


-  7»   - 

•     Schmeckt,  Herr,  der  Knechtschaft  Brot.  Kein  Honig 

macht 
Es  süßer! 

Sie  schweigen.  Idnibaal  hat  mit  einem  Linnen  Jaäkobs  Füße 
getrocknet  und  legt  ihm  die  Sandalen  luieder  an. 

JAÄKOB. 
Horch  —  wie  laut  es  um  uns  summt! 

*    IDNIBAAL. 
Es  will  sich  alles  rasch  noch  regen,  ehe 
Nacht  wird.   Die  Sonne  sinkt! 

JAÄKOB 

halb  für  sich. 

Wo  sinkt  sie  hin? 

IDNIBAAL. 
67s  Ins  Meer. 

JAÄKOB 

nickend. 

Liegt  dort  das  Meer?!  Im  Hause  sprachen 

Sie  nie  vom  Meerj  fast  glaub'  ich  —  ohne  dich  — 

Wüßt'  ich  nicht,  daß  es  eines  gibt! 

Nachsinnend. 

Niemals 

Vom  Meer!  Als  grenzten  Berge  —  Abgrund —Wüste 

Die  Erde  .  .  und  doch  ist  um  sie  —  nicht  wahr  — 

680  Ringsum  —  nur  Meer? 


—  79  — 

IDNIBAÄL. 
Nur  Meer! 

jaAkob 

anfangs  ruhig  sinnend  vor  sich  hin,  dann  in  steigender 
Erregung. 

Und  zögen  wir— 

Um  keinen  Weg  bekümmert  —  dorthin,  wo 

Das  Blau  der  Fernen  jetzt  erglüht  —  und  ließen 

Von  jedes  Abends  Glühen,  immer  wieder 

Des  nächsten  Tages  Wanderziel  uns  weisen  — 

Dem  Weg  der  Sonne  immer  nach  .  .  einmal  —  685 

Es  kam'  einmal  entgegen  uns,  ein  Murmeln, 

Ein  dumpfes  Raunen  nur  zuerst  und  schwölle 

Mit  jedem  Schritte  dunkler  grollend  an 

Zu  wildem  Rauschen,  das  uns  riefe  —  und 

Wie  trunken  taumelnd  keuchten  wir  hinan  690 

Die  letzte  Steile,  bis  in  jäher  Tiefe  — 

Aufbrandend  an  dem  Fels  in  Sturm  und  Tosen, 

Umzischt  vom  Brausen  weißer  Schäume  —  uns 

Entgegenwürfe  donnernd  sich  —  das  Meer! 

Und  irgendwo  .  ,  695 

IDNIBAÄL 

von  Jaäkobs  Erregung  mitgerissen,  das  Antlitz  voll  ihm 
zugewandt,  befremdet. 

Wer  sagte,  Herr,  dir  . . 


—      8o     — 

JAÄKOB 
der  Unterbrechung  kaum  achtend,  d/eAnfwort  lässig  hhiiverfend. 

Du! 
. .  Dem  weißen  Felsen  weißer  noch  entwachsend 
Ihn  überhöhend,  stiege  eine  Stadt 
Steinstarrend  aufj  mit  Mauern  hohen  Toren 
Sich  aufwärts  ringend  bis  zu  heiPgen  Häusern, 
700  Die,  goldumpanzert  ragend,  alles  Licht 
Der  Sonne  funkelnd  fingen  —  es  zurück 
Zu  schleudern  blendend  in  das  feuchte  Blau! 

idnibaAl 

ist  erregt  und  venvirrt  aufgesprungen  und  steht  vor  Jaäkobf 
der  sich  erhoben  hat.    Beteuernd. 

Nie  sagt  ich  solches!  Niemals!  Herr  —  wie  weißt  du  . . 

JAÄKOB 

den  Einviurf  mit  gerunzelten  Brauen  hastig  abwehrend,  immer 
weiter  von  seiner  Erregung  getragen. 

Ich  weiß!    Ich  weiß,   dort  stünden  dann  wir  zwei  — 
705  Jaakob,  ich  —  und  du,  Idnibaal  — 

Hoch  oben  dort  —  und  tränken  tiefen  Atems 
Dqti  feuchten  Hauch  der  Flut  und  fühlten:  Weit  — 
Weit  aufgetan  ist  hier  uns  eine  Pforte  — 
Nichts  grenzt  uns  hier  —  des  Himmels  Winde  wehen 


—     8i      - 

Von  Aufgang,  Mittag,  Mittnacht,  Untergang,  710 

Bereit  für  uns  —  es  stehen  reglos  Sterne, 

Des  Nachts,  den  Weg  zu  weisen  uns  dorthin. 

Wo  —  unerkannt  noch  —  an  der  Erde  Säumen, 

ürerste  heilige  Schöpfung  schlafend  ruht 

Und  von  uns  träumt  —  und  unsern  Bhck  ersehnt  . .    715 

In  tiefem,  sehnsücbtigem  Begehren  abbrechend,  die  Hände  ver- 
langend ausstreckend. 

Liegt  dort  —  Idnibaal  —  liegt  dort  das  Meer?! 

IDNIBAÄL 

breitet  die  Arme  aus  und  stürzt  vor  Jaäkob  in  die  Kniee;  in 
.  luildem  Aufstöhnen. 

Die  Heimat  liegt  dort,  meine  Heimat,  Herr! 

Er  hat  Jaäkths  Kniee  umschlungen  und  birgt  schluchzend  sein 
Antlitz  in  Jaäkobs  Gewand.  Jaakob  hat  die  Augen  gesöüossen 
und  holt  tief  Atem.  Dann  schlägt  er  die  Augen  auf.  Um  seine 
Lippen  ist  ein  gütiges  Lächeln.  Sein  Blick  ist  mit  unbestimmter 
Zärtlichkeit  in  die  Ferne  geriÖJtet.  Mit  der  linken  Hand  drückt 
er  Idnibaal  leicht  an  sich,  die  rechte  läßt  er  beruhigend  über 
Idnibaäls  Scheitel  gleiten.    Leise.    Seine  Stimme  klingt  tiefer, 

JAÄKOB. 

Wein'  —  weine  nur,  Idnibaal!  —  Kannst  du 
Erst  wieder  weinen  —  wird  noch  vieles  gut! 


—     8r      — 

idnibaAl 

in  verhaltenem  Schluchzen,  die  Worte  immer  hastiger  hervor- 
stoßend. 

720  Herr!   Herr!   Was  kann  denn  gut  noch  werden?  - 

Nicht, 
Nicht  glauben,  Herr,  daß  ich  undankbar  bin.. 

Zu  spät  nur  kommt's  für  mich!  Was  „Heimat*^  heißt — 

Die  Dinge,  Menschen,  Götter  —  all  das  weiß 

Nichts  mehr  von  mir  —  ich  nichts  von  ihmj  zu  lang 

735  Lag  auf  dem  Nacken  da  das  Joch!   „Du  sollst! 

Du  sollst!"  Das  faßt  mein  Hirn  noch!  Aber  —  wollen 

So  . .  selber  wollen,  Herr  —  kann  ich  nicht  mehr! 

Wer  macht  das  wieder  gut?  Wer  kann  das?  Wer? 

jaAkob 

ruhig. 
Ein  großer  Herr,  Idni-Baal:  Die  Zeit! 

idnibaAl 

nickt  mit  bitterem  unmutigem  Lächeln. 
730  Die  Zeit!   So  sagt  man,  Herr  —  ich  weiß!   „Die  Zeit!" 
Doch  ich  bin  alt! 

jaAkob. 

Nicht  alt!   Sieh  nur: 
Er  laßt  sich  auf  dem  Felsblock  nieder;  vor  ihm  Idnibaäly  dessen 
Knieen  nun  in  ein  Kauern  übergegangen  ist.    Leise,  gütig. 

Am  Anfang  — 


-      83      - 

Mag  sein  —  wird's  dir  nicht  leicht!    Du  gehst  umher, 
Zu  jäh  geweckt  —  weißt,  du  bist  wach  —  und  doch  .  . 
Fällt  immer  noch  des  bösen  Traumes  Schatten 
Schwarz  über  deinen  hellen  Tag.   Vergessen  735 

Mußt  du  erst  lernen  —  und  Erinnern  auch!  —  . 
Ganz  früher  Kindheit  längst  verschüttetes 
Gedenken  qmllt  aus  Trümmern  auf  und  strömt 
Kühlj  schmerzHch  saugend  und  doch  Seligkeit  — 
Durch  dich.  —  Es  kommt  ein  Tag,  da  stehst  du  wieder  7^ 
An  jäh  geschwellten  Frühlingswassem,  siehst, 
Wie  immer  noch,  dort,  wo  du  einst  sie  fandest. 
Im  frühen  Jahr  die  ersten  Blumen  stehen  .  . 
Und  staunend  fühlst  du,  wie  —  seit  langem  wieder 
Zum  erstenmal  —  sich  um  entw  öhnte  Lippen  ws 

Ein  frohes  Lächeln  zaghaft  legt! 

Er  neigt  sieb  zu  Idnibaal;  rascher  und  drängender. 

Es  kommt 
Ein  andrer  Tagj  ringsum  dich  lärmt  am  Hafen 
Der  Markt,  gestaut  von  fremder  Schiffe  Fracht. 
Getier  und  Frucht  und  Volk  von  M'ärchenküsten, 
Raub,  Tausch  und  Beute  streift  dich,  haucht  dich  an.—  TS» 
Dort  kauT  dir  dann  die  junge  Sklavin  —  heiß 
Den  Händler  schweigen,  wenn  mit  nackten  Worten 
Den  unberührten  Leib  er  preist!   Hüll'  sie 
In  deinen  Mantel,  einen  Schleier  wirf 


-  «4  - 

755  Ihr  übers  Haupt,  nimm  ihre  Hand  und  fuhr'  sie  — 
So  wie  ein  Bruder  eine  Schwester  —  in 
Dein  Haus!    Gib  abseits  ein  Gemach  ihr!    Nah' 
Ihr  nicht,  und  laß  ihr  Zeit  zu  trauern  um 
Die  Lebenden  und  Toten,  die  sie  ließ! 

760  Wie  scheuen  Tieren,  bring'  nur  du  allein 
Ihr  Trank  und  Speise,  lehr'  sie  deine  Sprache  — 
Und  schenk'  dann  ihrem  Leid  die  milden  Worte, 
Die  langes  eignes  Leid  dich  hat  gelehrt! 
Und  hab  Geduld!   Es  reifet  eine  Nacht  — 

765  Du  schläfst  —  da  findet  sie  den  Weg  zu  dir. 
Und  bettet  sich  zu  deines  Lagers  Füßen, 
Weil  du  ihr  —  Schutz,  Vertrauen,  Friede  —  bist! 

idnibaAl 

hat  Jaäkobs  Hand  erfaßt  und  preßt  seine  Wange  an  sie;  in 

mühsam  gebändigtem  Schluchzen. 
Herr,  Herr  . . 

jaAkob 

streicht  liebkosend  über  Idnihaäls  Scheitel}  leise. 

Sei  still  —  sei  froh!    Glaub'  mir,  es  steigt 
Für  dich,  Idnibaal,  herauf  ein  Morgen  — 
ffo  Da  ruht  zum  erstenmal  in  deinen  Händen 
Dein  Kind  —  und,  in  den  neuen  Leib  gerettet. 
Durchrollt  ihn,  jung  und  mutig  nun  —  dein  Blut! 


-     «5      - 

idnibaAl 

hat  sich  jäh  erhöhen;  atetnloSf  in  steigender  Hast. 
Wer  bist  du  —  wcf?  Der  solches  weiß  zu  sagen! 
Als  Herr  geboren  —  und  weißt,  wie  dem  Knecht  ist? 
Sahst  meine  Heimat  nie  —  und  kündest  sie?  »5 

Fühlst  mit  dem  Tie:  —  hast  nie  noch  leiden  müssen, 
Und  weißt  um  alles  Leid  .  .  du  Knabe  —  wer 
Hat  dir  gesagt,  was  Altsein  heißt?   Wer  gab 
Dir  Macht,  daß  du  ins  Innerste  mir  greifst? 
Aus  deinem  Munde  geht  ein  Wort  aus  und  7««> 

Macht  weinen  mich,  wenn  du  es  willst,  und  froW 
Von  kleinauf  neben  mir . .  und  jetzt  erst  kenn'  ich  — 
Nein  —  nein  —  erkenn'  ich  nicht . . 
Im  Tiefsten  erschüttert. 

Was  ruft  aus  dir, 
Was  bist  du,  Knabe,  sprich  —  wer  —  was?  .  . 

jaAkob 

hochaufgerichtetj  strahlenden  Antlitzes;  itark. 

Was  war'  ich, 
Idmbaai,  wenn  nicht  in  mir  .  .  785 

Er  hält  inne,  seine  Erregung  niederzwingend;  dann  streicht  er 
müdej  unmutig  über  seine  Stirn.     Tief  Atem  holend,  mit  ge- 
dämpfter Stimme, 

Ein  Knabe, 

Ein  Knabe  bin  ich  nur,  der  —  furcht'  ich  —  nie 


—     u     — 

Es  lernt,  was  anderes  zu  sein!  — 

Mit  wiedergewonnener  Ruhe. 

Es  dämmert. 
Nun  eile,  daß  dich  auf  dem  Abstieg  nicht 
Das  Dunkel  überfalle! 

IDNIBAÄL 

er  ff  jetzt,  fast  gewaltsam  seinen  Blick  von  Jakkob  lösend,  er- 
greift rasch  sein  Bündel  und  seinen  Stab. 

Herr,  ich  eile! 
Er  legt  sein  Bündel  hart  an  den  Abgrund  und  stößt  es,  mit 
seinem  Stab  stark  ausholend,  hinab. 

790  Mein  Bündel  findet  selbst  den  Weg  hinab 
Die  steile  Halde! 

Er  hat  rasch  seinen  Gürtelstrick  abgenommen,  sein  Gewand  — 
zum  Abstieg  —  kürzer  gerafft  und  will  sich  von  neuem  gürten, 

jaAkob. 

Halt!  —  Nicht  gürte  dich! 
Idnibaäl  hält  befremdet  inne. 
Ich  hab'  zu  dir  gesprochen,  wie  es  nicht 
Der  Brauch  ist,  daß  der  Herr  zum  Knechte  rede! 
So  taugst  du  mir  nicht  mehr  zum  Knecht;  tritt  her! 

Idnibaäl  ist  schwer  atmend  einen  Schritt  näher  getreten. 
Jaskob  hat  das  phönikische  ärmellose  Gewand  vom  Stein  auf- 
genommen und  —  es  rasch  mit  beiden  Händen  weitend  —  gerafft. 


-     *7     - 

Nun  hebe  deine  Arme  so  —  als  riefest  795 

Du  Götter  an! 

Idnibaälj  den  Kopf  in  den  Nacken  zurücklehnend  und  aufwarts- 

blickend,  erbebt  langsam  adorierend,  die  Hände.    Jaakob  wirft 

ihm  das  Gewand  über. 

So  —  werf  ich  über  dich  — 
Du  Knecht  -  der  Freiheit  neues  Kleid! 

Er  hat  ein  Jagdmesser  aus  seinem  Gurt  gezogen.     Mit  zwei 

raschen  Schnitten  durchschneidet  er  —  das  neue  Gewand  zur  Seite 

schiebend  —  Idniba als  früheres  Kleid  an  den  Schultern. 

So  —  trenne 
Ich  von  dir  ab,  was  Knechtschaft  ist  — 

Er  bückt  sich  nadj  dem  hinabgesunkenen  Kleid,  bebt  es  auf  und 
wirft  es  —  weitausholend  —  nach  rückwärts  hinab. 

So  werf  ich's 
Weit  hinter  dich  — 

Er  greift  nach  dem  breiten  Gurt,  der  für  Idnibaal  bestimmt 
ist,  und  legt  ihn  —  mit  kurzem  rasdjetn  Griff  die  Schließe  ein- 
hakend —  um  Idnibaals  Hüften. 

—  und  gürte  nun  dich  —  so 
Mit  neuem  Mut!  Soo 

Ihn  stark  anrufend 

Idnibaal  aus  Gebal, 
Des  Jizchaks  aus  Beer-Scheba  Knecht  —  sei  frei* 


idnibaAl 

mit  noch  erhobenen  Armen ;  sein  Leib,  schluchzend  durchbebt  von 
tiefer  Inbrunst^  scheint  emporzuwachsen. 

So  heb'  ich  meine  Hände,  ich  —  Idnibaal  — 

Nach  langen  Jahren  wieder  auf,  zu  euch  — 

Götter  der  Heimat!   Ihr  —  ihr  fernen  droben, 

tos  Ihr  fernen  drunten,  und  ihr  nahen  um  uns  —    " 
In  Hain  und  Strom  und  Fels  —  erkennt  mich  wieder! 
Kann  euch  mein  Rufen,  hier,  aus  fremdem  Land, 
Erreichen,  Götter  —  nichts  für  mich  erfleh'  ich! 
Dort  —  auf  dies  Haupt,  das  nie  sich  euch  geneigt  — 

8io  Gießt  Segen  aus  —  um  meinetwillen  —  Götter! 
Schirmt  dieses  Knaben  Scheitel  —  laßt  nicht  zu, 
Daß  je  sein  Stamm  versiege  —  ewig  .  . 

jaAkob 

aufschreiend. 

Schweig! 
Selbst  mag  man  Ungeheures  sich  erflehn  — 
Kein  anderer  darf  es  für  einen  wagen! 
Mit  wie  der  gewonnener  Ruhe. 
815  Laß  uns  zur  Ruhe  gehen! 

idnibaAl 

sich  neigend. 

Schlnf  wohl,  mein  Herr! 


-  85,  -^ 

JAAKOB 

mit  gütigem  Lätbeln  abwehrend. 
Dein  Herr  nicht  mehr!   Schlaf  wohl,  Idnibaai! 

Er  nickt  ihm  zu.  Idnibaai  neigt  sich  nochmals,  ergreift  seinen 
Stab  und  beginnt  —  unfern  der  Stelle,  tüö  er  die  Kuppe  betrat  — 
den  Abstieg.  Baumwipfel  und  Gesträuch  entziehen  ihn  bald  dem 
Blick.  Jaakob  sieht  ihm  nach,  dann  "wendet  er  sich  und  blickt 
dorthin,  wo  die  Sonne  unterging.  Auf  der  Kuppe  liegt  Dämme- 
rung.   Der  Abendhimmel  ist  noch  hell.    Leise. 

Nun  wird  es  Nachtl 

Er  sieht  sich  um;  dann  nimmt  er  das  junge  Lamm,  das  im  Moose 

schläft,   vom  Boden  auf.    Er  hält  es  in  beiden  verschränkten 

Armen  und  drückt  es  leicht  an  seine  Brust. 

Vergaß  ich  ganz  an  dich?  — 
Wo  bett'  ich  dich  nur  hin?   Die  Nacht  wird  kalt? 

In  leichter  Unruhe,  vor  sich  hin. 

Am  Ende  zünden  gar  die  Toren  drunten 

Ein  Lagerfeuer  an!  jeo 

Er  tritt  —  das  Lamm  in  den  Armen  —  hart  an  den  Abhang 
und  neigt  sich  vor,  um  hinabzusehen. 

Im  Hintergrunde  —  dort  wo  zwischen  nieder^rr,  Buschwerk  ein 
Weg  ins  Tal  hinabführt  -  wird  Edom  sichtbar.  Er  bat  noch 
nicht  die  Höhe  der  Kuppe  erreicht,  so  daß  er  nur  bis  zu  den 
Hüften  zu  sehen  itt.  Die  Umrisse  seiner  Gestalt  heben  sich  dunkel 
vom  noch  hellen  Abendhimmel  ab.  Die  Rechte  hält  die  Koppel, 
und  mit  ihm  tauchen  die  Köpfe  der  sich  drängenden  keuchenden 


_   po  — 

Meute  auf.  Ihre  Augen  funkeln  grün  durch  das  dunkle  Gesträuch. 
Edom  hält  im  Aufstieg  inne. 

EDOM. 
Jaakob! 

jaAkob 

wendet  sich  jäh  um;  er  steht  hart  am  Abgrund.    Erschreckt, 

nicht  laut. 

Edom! 

Erfaßt  sich.  Mit  leichter  Kopf beivegung  auf  einen  abgestorbenen 
Baum  weisend,  dessen  spärliches  Geäst,  neben  Edom,  de,.  Hang 
überragt.   Seine  Stimme  klingt  erkünstelt  sicher,  höher  als  sonst, 

und  gepreßt. 

Bind'  deine  Hunde  an  den  Baumstumpf  dortj 

Ich  hab'  ein  säugend  Lamm  —  daß  sie's  nicht  schrecken! 

EDOM 

schlingt  —  ohne  den  Blick  von  Jaakob  zu  lassen  —  mit  raschem 

Grijf  den  Riemen  um  den  Baumstumpf  und  nimmt  den  Bogen 

von  der  Schulter.    Höhnend. 


Bist  du  ums  Lamm  besorgt?   Und  nicht  um  dich 


jaAkob 

ruhig,  entschlossen,  ohne  auf  Edoms  Hohn  einzugehen. 
Ich  sorg'  ums  Lamm!   Sein  Hirt  bin  ich  --  bestellt 
825  Um  es  zu  hüten! 


—  9>  — 

EDOM 
stark. 
Hüte  dich! 

JAÄKOB 

mit  einem  jähen  Ruck  des  Kopfes  seine  erzvjungene  Ruhe,  ivie 

eine  lästige  Maske^  hei  Seite  tirrfenä;  bev3ußt  herausfordernd^ 

mit  starker  Stimme. 

Wozu?! 
Mich  —  hütet  meines  Vaters  Segen! 

EDOM 

in  einem  letzten  ivilddrohenden  Warnen;  aber  schon  —  halb  un- 
bewußt —  nach  einem  Pfeil  im  Köcher  greifend. 

Du! 
Du  stehst  am  Abgrund! 

JAÄKOB 

zurückgeworfenen  Hauptes,  berauscht  von  Gefahr,  in  jubelndem 

Auflachen. 

Nein!  Auf  einer  Höhe! 

EDOM 

hat  den  Pfeil  aufgelegt.    Stark. 

So  faUe! 

JAÄKOB. 

hochaufgerichtet,  in  seligem  Vertrauen,  fast  jauchzend. 

Nein! 


_  pl  — 

EDOM 

hat  abgezogen.   Der  Pfeil  schwirrt  und  haftet  zitternd  im  Leih 

des  Lammes,  das  Jaäkoh  an  seine  Brust  gedrückt  hält.    Edom 

starrt  fassungslos  auf  Jaäkob. 

Es  sitzt  der  Pfeil  —  und  er 
Steht  aufrecht? 

Den  Bogen  über  sein  Knie  brechend. 

Brich,  verfluchter  Bogen!   Zauber 
830  Nahm  deine  Kraft! 

Er  zieht  sein  Jagdmesser  und  schwingt  sich  mit  raschem  Sprung 
vollends  auf  die  Kuppe. 

So  will  ich  sehen  .  . 

JAÄKOB 
tn  feierlichem,  tönendem  Anrufen. 

Edom!  - 
Es  nimmt  der  Herr  mich  nicht  als  Opfer  an! 
Wie  einstmals,  auf  Moriah,  fiir  den  Vater  - 
Hat  heute  er,  hier,  für  mich  ein  Lamm  gesendet, 
Vom  Tode  mich  zu  lösen  . 

Er  öffnet  die  Arme  und  läßt  das  verendete  Tier  langsam  -m 
Boden  gleiten. 

Sieh  —  es  starb! 
EDOM 
nach  bitteren  Worten  suchend,  ihm  nachhöhnend. 
835  Starb  —  Starb!  — 


—     93      - 

In  ivütendem  Aufschrei. 
Verflucht  ist,  was  dir  naht! 

JAÄKOB 
mit  leuchtendem  Antlitz;  er  breitet  die  Arme  weit  aus. 

Gesegnet! 
Gesegnet  was  mir  naht  —  mein  Bruder,  nahe! 

EDOM 
in  bitterem  Hohn;  rasch. 
Dir  nahen  soll  ich?   Spridi  —  wie  nah?   So  nah. 
Daß  du  umarmen  mich  und  mir  zugleich 
Dein  Messer  in  den  Rücken  stoßen  kannst . . 

Aufschäumend. 
Du  Feiges  —  Hinterlistiges  —  du  Dieb!  840 

JAÄKOB 

ruhig  mit  klarer  Stimme. 

Was  stahl  ich  dir? 

EDOM 

auflachend. 

Wie  klug  er  fragt!    Du  möchtest 

Ausholen  mich,  vAq  viel  ich  weiß?! 

Stark. 

,    Zuviel! 

Fast  schluchzend  vor  tiefer  Kränkung,  und  unwillkürlich  ge- 
dämpft, als  könnte  er  es  noch  geheim  halten. 


—     94     — 

Es  lauschten  Knechte  —  Knechte  schreien  es  aus, 

Daß  dir  die  Herrschaft:  über  mich  verheißen; 

845  Der  Tau  des  Himmels  und  der  Erde  Fett  — 

Von  Korn  und  Most  die  Fülle  —  dir  verheißeni 

Weiß  ich  genug? 

In  Empörung  auflachend. 

Was  er  mir  stahl?  —  Was  stahlst 
Du  nicht  — 

Seinen  Haß  ihm  ins  Gesicht  sdjleudernd. 

du  —  Liebhng  deiner  Mutter! 

jaAkob 

Tfit  mühsam  niedergehaltener  Erregung.     Seine  Stimme  klingt 
dunkler;  die  Worte  drängen  sich.  Nicht  laut. 

Edom! 

Glaubst  du,  um  Korn,  um  Most,  um  Fett  der  Erde, 

850  Um  Tau  des  Himmels  hätt'  ich  es  getan? 

Beschwörend. 

Spricht  nichts  in  dir  .  . 

EDOM 
in  furchtbarem  Droben  sich  aufreckend. 

Verlang'  dir  nicht  zu  hören. 
Was  in  mir  spricht! 

jaAkob 

aufschreiend. 
Da!   Töte  mich! 


—     95      — 
Er  reiß  das  Messer  aus  seinem  Gurt  und  schleudert  es  V9rt  sieb. 

Fort  -  Waffel 
Die  Knechte  sind  im  Tale  —  weit  von  hier! 

Ich  bin  allein! 

EDOM 

abweisend. 

Nicht,  Zwiesprach  mit  dir  halten, 

Kam  ich!   Setz'  dich  zur  Wehr!  ^5S 

jaAkob. 

Ich  will  nicht  töten! 

EDOM. 
Schweig!    Wehre  dich! 

JAÄKOB. 

So  schweig  ich! 
Einen  Augenblick  Stille.     Die  Nncbt  ist  herein gehrocheny  man 
untersä}eidet  die  Züge  der  Redenden  nicht  mehr. 

EDOM 

auf  Jaäkobs  Messer,    das  am  Boden    liegt j    mit  einer  Kopf- 
bevsegung  "weisend.    Kurz. 

Nimm  dein  Messer! 
Hörst  du? 

Er  hält  inne.    Befremdet. 

Was  raunt  —  was  spricht  da  neben  dir, 

Mit  Weibes-  oder  Kinder-Stimme? 


-     96      - 

jaAkob 

ruhig}  leise. 


Nichts! 


Ein  Quell  nur  rinnt  zu  Tal! 


EDOM. 

Ich  sag  dir:  Wehr'  dich! 
Ein  Windstoß  fahrt  durch  die  Baurnivipfel.    Edom  schrickt  zu- 

sammen. 
860  Was  rausdit . . 

jaAkob 

mehr  für  sichj  als  Edom  antwortend. 

Der  Abendwind!  Er  wandert  weiter 
Und  rauscht  vielleicht  bald  durch  des  Ölbaums  Wipfel, 
Darunter  ich,  als  Kind,  gespielt. 

EDOM 

hat  Jaäkohs  Messer  vom  Boden  genommen  und  hält  es  ihm  hin, 
ohne  sich  Jaäkoh  zu  nähern. 

Da  —  nimm! 

Jaäkoh  verharrt  regungslos. 

Ich  zwing  dir's  auf!   Du  mußt! 

Er  stürmt  gegen  Jaäkoh  an.  Unter  seinem  Fuß  löst  sich  ein 
Stein  und  rollt,  lockeres  bröckelndes  Gestein  des  Abhanges  mit  sich 
reißend,  mit  dumpfen  Donnern  hinab.  Von  den  Felswänden 
haut  es  w'uder.  Edom  ist  zurückgewichen.    Es  ist  stille  geworden. 


_      97      — 

jaAkob. 

Seine  Worte  klingen  unbewegt  und  klar  durch  das  Dunkel, 

Ein  lockVer  Stein 
Wich  unter  deinem  Tritt  —  und  morschen  Fels 
Riß  er  mit  sich  zur  Tiefe.   Weiter  nichts!  865 

EDOM 
sid)  %u sammraffend. 
Bist  du  besorgt  —  es  hätte  mich  geschreckt? 
Und  bebte  jetzt  die  Erde  unter  mir  .  . 
Entscheidung  will  ich  —  gut  denn  —  ohne  Messer! 

Er  wirft  sein  und  Jaäkobs  Messer  z«  Boden. 
So  ring'  mit  mir  —  der  Abgrund  wartet  dort! 

Jaakob  verharrt  regungslos. 
Du  willst  nicht?    Feigling!   Warte!    Fühlst  du  mich,  870 
So  setzt  du  dich  von  selber  schon  zur  Wehr! 
Mit  zwei  raschen  Schritten  hat  er  Jaäkoh  erreicht;  er  faßt  ihn 
an  den  Schultern.    Mit  starkem  Anruf. 

Wehr'  dich,  Jaakob! 

Er  taumelt  zurück  ;  stammelnd. 

Was  —  was  ist  da  —  neben  — 
Nein,  hinter  dir  —  wie  weiße  Schwingen  —  da  — 
Auch  unter  dir  —  wie  weiße  große  Schwingen! 
Ich  fiihl'  ihr  Wehen  —  rings  um  dich,  laakob  —  875 

Ist  weißer  großer  Schwingen  Flügelschlag! 


-     98     - 

jaAkob 

ruhig. 
Nur  weiße  Wolken,  Abendnebel  steigen 
Auf,  aus  dem  Tal,  und  schweben  nun  um  uns. 

EDOM 
erschüttert. 

Nijcht  Wolken  —  nein  — 

Erschauernd, 

wer  ist  bei  dir  —  wer  ist 

880  Um  dich,  Jaakob?  —  Du  bist  nicht  allein! 

jaAkob. 

Seine  Hände  ruhen  auf  seiner  Brust ;  er  atmet  tief  und  ruhig. 

Der  Blick  ist  nach  oben  gerichtet.    Seine  Worte  steigen,  "wenig 

bewegt,  klar  —  wie  ruhiges  Beten  eines  Kindes  —  auf. 

Ich  steh'  am  Abgrund  —  und  ich  bin  allein. 

Um  mich  ist  nichts  als  Nacht  und  Wind  und  Wolke! 

Mein  Bruder  Edom  nur  —  ist  noch  bei  mir  — 

Und  dann  . . 

Letser, 

ein  fernes  Beten  meiner  Mutter 

885  Ist  auch  —  vielleicht  —  bei  mir. 

EDOM 

bat  in  einem  letzten  Auflodern  des  Zornes  die  Faust  gegen 
Jaakob  geballt. 

Du!  . . 


—      99      — 

Er  bricht  in  die  Knie  und  verbirgt  sein  Gesiebt  in  den  Händen} 
stöhnend,  im  Tiefsten  verwundet. 

Du! 

Die  Kuppe  ist  schwach  erhellt  vom  unsicheren  Licht  des  Mondes, 

der  sich  hinter  dunklen  Wolkenballen  birgt.   Jaakob  ist  neben 

Edom  getreten  und  rührt  leicht  an  Edoms  Schulter.    Edom  blickt 

auf,  nickt  und  murmelt  bitter. 

So  knie 
Ich  schon  vor  dir! 

JAÄKOB 

kniet  neben  ihn  hin  und  umschlingt  Edom  mit  seiner  Linken; 

leise. 

Nicht  du  —  vor  mir!   Wir  beide  — 

Mein  Bruder  —  knieen  hier  im  Dunkeln;  in  uns 

Das  gleiche  Blut,  das  gleiche  Schauern  vor 

Dem  Namenlosen,  der  uns  hergeführt! 

Bangt  dir  vor  Ihm?  $90 

Kopfnickend. 

Mir  auch! 

EDOM 

ohne  aufzublicken. 

Du  sahst  Ihn? 
JAÄKOB. 

Nein. 
EDOM 

flüsternd. 
Er  sprach  zu  dir? 


Zum  Vater  . .? 

Ja! 


Zum  Ahnherrn  . .? 


—       lOO      — 

jaAkob. 

Noch  nicht! 

EDOM 
scheu. 

jaAkob. 

EDOM. 

jaAkob 

nickend. 
Oft! 


EDOM. 
Und  dieses  Land  verhieß  Er . .? 

jaAkob. 

Auch  das  verhieß  Er! 

EDOM 
aufhorchend. 
Auch?   Und  was  denn  noch? 

jaAkob 

mit  verhaltener  Stimme. 
So  —  Sprach  Er  auf  Moriah  zu  Abraham: 
89s  „Durch  deinen  Samen  sollen  alle  Völker 
Gesegnet  sein!" 


—        lOI         — 

EDOM 
ib»  anblickend. 
Die  Fremden  . .? 

jaAkob. 

Ja!   Gesegnet  — 
Durch  uns  gesegnet  —  alle  sein! 

EDOM 

hater. 

Was  sagst 

Du:  „Uns!"   Ich  bin  vom  Herrn  verworfen. 

jaAkob. 

Du?! 

Mit  leicht  scbmerziicbem  Lächeln. 

Verworfen  —  du?   Mein  Edom! 

Ihn  zärtlicher  umfassend. 

Jeden  Morgen 
Schlägst  du  die  Lider  auf,  und  helle  Augen  —  900 

Du  froher  Jäger  -  greifen  nach  der  Welt! 

Seine  Worte  drängen  sich. 
Klopft  hoch  dein  Herz  nicht,  wenn  aus  dunklem  Busch 
Das  Wild  hervortritt  —  bebt  dein  Arm  nicht  in 
Verhaltner  Lust,  wenn  er  den  Bogen  strafft  — 
Jauchzst  du  nicht  auf,  wenn  fern  die  Beute  fällt?      905 
Dein  Blut  schwillt  trunken  seiner  eignen  Kraft 
Und  reißt  an  sich,  wonach's  in  ihm  begehrt, 


—        lOl        — 

Ein  Baum  —  gepflanzt  an  Wasserbächen  —  treibst  du 
Ins  Licht,  mit  Kronen  —  täglich  neu  verjüngt  . . 
Er  läßt  die  Arme  sinken,  mit  schmerzlich  anklagendem  Aufhlkk, 
910  Kein  Gott  warf  in  dich  wehvoli  dunkles  Fragen, 
Wohin  du  blühst  —  was  deine  Wurzeln  düngt! 

Bitter  lächelnd. 
Bist  du  verworfen?   Und  bin  ich  . . 

EDOM 

nickend,  stark  einfallenä. 

Erwählt! 
Die  Mutter  sagt's! 

JAÄKOB 

mit  traurigem  Lächeln. 

Sagt  sie's? 

Achselzuckend,  mit  einem  Aufseufzen. 

So  wird's  wohl  sein! 
Bitter. 

So  heißt  „erwählt":  Traumlosen  Schlaf  nicht  kennen, 

915  Gesichte  nachts  —  und  Stimmen  ringsum  tags! 

Bin  ich  erw^ählt?!   Dazu  erwählt,  daß  alles, 

Dem  Leid  geschieht,  mich  ruft,  mich  heischt,  mir  klagt? 

Daß  selbst  der  Blick  des  Tiers,  das  stumm  verendet. 

Mich  fragt:  „Warum?!" 

In  steigender  Hast. 

Bin  ich  nicht  Sein  Geschöpf  nur? 


—        I03        — 

Wie  will  Er,  daß  ich  Antwort  also  gebe  92° 

Als  war'  ich  —  Er,  der  mich  und  alles  schuf? 
Wie  kann  ich  das? 

Mit  finsterem  Auf  blick,  stark. 
Wählst  Da  —  Du  Gott  da  droben  — 
Dazu  mich  aus?   Dann  komm  zu  mir  und  raune 
Ins  Ohr  mir,  wie  ich  Rede  stehen,  wie  ich  — 
Ich  —  Dein  Geschöpf  —  Dich  Gott  entschulden  soll!  92s 

Von  Schauem  geschüttelt. 
Sprich,  sprich  —  Furchtbarer  Du,  wenn  Du  uns  redest  — 
Schrecklicher  Du,  wenn  Du  uns  schweigst! 

EDOM 

Jaakob  umfassend^  rasch. 

Jaakob  — 

Flieh  diesen  Gott!  Komm— komm  mit  mir  j  dieHerden, 

Die  mit  dir  sind,  zum  Weidegrund  von  Ajath 

Führ'  sie,  und  harre  dort  —  nur  einen  Mond.  930 

Und  ich  komm  nach,  mit  Herden,  Frauen,  Knechten 

Und  aller  Habe  unsrer  Vorratskammern! 

Zusammen  ziehn  wir  dann  in  fremdes  Land, 

Wo  diesem  Gotte  keine  Macht  gegeben 

Und  fremde  große  Götter  stumm  und  reglos  935 

In  goldnen  Häusern  stehn  —  und  heilige  Priester 

Die  Botschaft  zwischen  uns  und  ihnen  tragen!  — 

Ich  will  nicht  diesen  Gott,  der  immer  nahe! 


—      I04     — 

Drängender. 
Jaakob  komm!   Laß  Ihm  dies  Land,  darinnen 
940  Man  tags  vor  Glut  —  und  nachts  vor  Frost  ver- 
schmachtet! 
Laß  Ihm  dies  Land  und  laß  Ihm  seinen  Segen! 
Mit  mir,  Jaakob,  komm!   Flieh  diesen  Gott . . 

jaAkob 

ist  aufgesprungen,  stark. 
Ihn  fliehen?   Nein!   Ich  geh  Ihm  noch  entgegen! 

EDOM 
bat  sich  erhoben  und  starrt  Jaakob  fassungslos  an. 

Du  jubelst  — 

In  einem  Aufschrei. 
jubelst  ja! 
In  neu  erwachter  Bitterkeit  auflachend. 

Siehst  du  —  trotz  allem  — 
945  Ich  wüßt'  es  doch  -  schreit  Seligkeit  aus  dir, 
Daß  du  nicht  so  —  wie  ich! 

Aufschäumend. 

Bin  ich  so  schlecht? 
In  zornig  schmerzlichem  Aufschluchzen. 
Du  willst  mich  nur  . .  ich  will  nicht . . 


—      I05      — 

JAÄKOB 
Edom  an  den  Schultern  fassend,  ergriff'eny  rasch, 

Edom  —  Edom! 
Du  darfst  nicht  schluchzen  —  du  nicht . . 

EDOM 
sich  losmachend. 

Ich?  Wer  sagt, 

Daß  ich  . .  Vom  Staub  der  Straße  ausgedörrt, 

Wie  zugeschnürt  ist  mir  die  Kehle  und  9So 

Gewürgt  . . 

JAÄKOB 

greift  rasch  nach  der  ivein gefüllten  Schale  und  reicht  sie  Edom. 

Da  trink! 

Edom  wendet  den  Kopf  ab. 

Es  ist  mein  Abendtrunk. 

EDOM 

finster. 
Ich  will  nicht! 

JAÄKOB 

leise  und  eindringlich. 

Trink!    So  trink  —  dich  dürstet  doch! 

EDOM. 
Wenn  auch  —  ich  trink  nicht  — 

Murmelnd. 

darf  nicht  trinken. 


—      io6      — 

jaAkob 

setzt  die  Schale  zu  Boden,  aufhorchend. 

Darfst  nicht? 
EDOM. 

Hinunter  steig  zur  Straße  -  und  was  dort 

955  In  Pfützen  jaucht,  schöpf  aus  und  bring'  es  —  das  darf 

Ich  trinken  — 

Bitter  auflachend. 

Wein  aus  Silberschalen  —  nicht! 

jaAkob. 

Darfst  nicht?   So  hast  du  es  gelobt? 

EDOM. 

Ich  hab  es. 

jaAkob. 

Wann? 

EDOM 

von  neuem  aufgewühltj  in  tiefverletztem  Stolz, 

Wann?  Als  Zahor-als  ein  Knecht  mir  zuschrie: 

„Dein  Bruder  ist  gesegnet,  und  nicht  du!" 

jaAkob 

zögernd. 

960  Und  da  gelobtest  du,  Wein  nicht  zu  trinken, 

Ehe  .  .  nun? 

EDOM 

abgewandt. 
Laß  mich! 


—      I07      — 

JAÄKOB. 
Sprich  es  aus! 

EDOM 

gesenkten  Hauptes. 

Du  weißt  es! 
Was  quälst  du  mich? 

JAÄKOB 

ruhig. 

So  mutlos  Edom?   Ehe  . . 

EDOM 
die  Worte  rasch  und  dumpf  hervorstoßend. 

Eh'  ich  dein  Blut  gesehn! 

Einen  Augenblick  Schweigen. 

JAÄKOB. 

Nicht  eher?  —  Nun  . . 

Er  bückt  sich,  faßt  rasch  das  Messer,  das  am  Boden  liegt,  und 

hält  seine  Unke  Edom  hin. 

Faß'  meine  Hand! 

EDOM 

befremdet. 
Wozu? 

JAÄKOB. 

So  faß  ich  deine! 

Mit  raschem  Griff'  legt  er  seinen  Arm  in  Edoms  Arm,  faßt 
Edoms  Hand  und  reißt  die  beiden  verschlungenen  Arme  hoch, 

Erhobne  Arme  ihr  —  verschlungne  Ajme!  96s 


—      io8      — 

Kurz  zustoßend  ritzt  er  seinen  und  Edoms  Arm. 

So  —  schneid  ich  in  euch  ein,  heilige  Zeichen! 

Feindlicher  Bruder  du,  vom  Mutterleib  her  — 

Aus  freier  Wahl  sei  mir  von  neuem  Bruder! 

Einen  Schritt  zurikktretendj  neigt  er  ein  wenig  die  Arme  zur 

Erde. 

Ström'  —  Ström'  entzweites  Blut  zur  Erde  nieder 

970  Und  mische  dich  —  und  werde  wieder  eins! 

Blutbruder  wurden  Edom  und  Jaakob  . . 

Mein  Blut  sieh  heut  —  und  niemals,  Edom,  wieder! 

Er  gibt  Edoms  Arm  frei  und  nimmt  die  Schale  vom  Boden  auf. 

Mit  der  Linken  umfaßt  er  Edom  und  setzt  mit  der  Rechten  den 

Trank  an  Edoms  Lippen. 

Mein  Bruder  trink  —  nun  darfst  du's  ja! 

Edom  faßt  darnach,  trinkt  in  langen  Zügen  die  Schale  zur 
Neige  und  läßt  sie  sinken.  Jaakob  nimmt  sie  ihm  ab,  stellt  sie 
auf  einen  Stein  und  füllt  sie  aus  dem  Weinschlauch  von  neuem. 

jaAkob. 

T^.    o  ,    ,  1  .  Ich  fülle 

Die  Schale  nach! 

EDOM 
hat  sich  nach  Jaakob  umgeijoandtj  seine  Stimme  klingt  müde. 

Mich  dürstet  nicht  mehr  —  laß! 

jaAkob 

Er  lehnt  an  dem  Felsen  zu  Häupten  seines  Lagers. 
97 s  Bist  du  nicht  müde?   Sieh,  mein  Lager  duftet  — 
Willst  du's  mit  mir  nicht  teilen,  diese  Nacht? 


—      109     — 

EDOM 

müde. 
Heim  will  ich. 

Er  laendet  sich  zum  Geben. 

jaAkob. 

Bleib! 

EDOM. 
Sie  warten,  und  .  , 

jaAkob 

nickt  leise. 


Es  wartet  Eine. 


Ich  weiß, 


EDOM 
schmerzlich  in  sich  hinein. 
Eine  —  die  mich  haßt! 

JAAKOB 

faßt  Edoms  Hand. 

Sie  haßt  dich  nicht  —  und  wird  dich  segnen,  weiß  sie 

Erst,  daß  . .  980 

EDOM 

die  Achseln  zuckend. 

Vielleicht!  Vielleicht  —  um  deinetwillen! 
Leb'  wohl! 

Er  schreitet  mit  Jaäkob  der  Stelle  zu,  an  der  er  die  Kuppe  be- 
trat.    Schon   im  Begrtff,   hinabzusteigen,   zögert  er.     Er  sieht 
Jaakob  voll  an;  mit  gequälter,  fast  angstvoller  Stimme. 


I  lO        

Jaakob  —  sag'  —  glaubst  du  nicht  doch 
In  deinem  Herzen,  daß  ich  schlechter  bin 
Als  du? 

jaAkob 

streicht  zärtlich  über  Eäoms  Haar, 
Mein  Edom  —  nein! 

EDOM 
tute  hilfesuchend. 

Und  —  nicht  wahr  —  auch 
Geringer  nicht  als  du,  muß  ich  mich  dünken  — 
98s  Ich  mein'  —  weil  ich  so  anders  bin    . 

jaAkob 

seinen  Blick  in  Edoms  senkend. 

Fühlst  du 
Den  Duft,  der  dort  von  meinem  Lager  quillt? 
Kein  einzeln  Kraut  gibt  ihn  so  süß  und  stark, 
Von  vielerlei  der  Duft  muß  sich  vermählen! 
Ein  jedes  Kraut  haucht  andern  —  Blatt  und  Blüte 
990  Am  selben  Stamm  den  gleichen  nicht  —  glaubst  du, 
Eins  dünke  vor  dem  andern  sich  gering? 

EDOM 

Er  steht  auf  dem  Hang,  der  ins  Tal  führt  —  nur  halben  Leibes 

sichtbar  —  und  hat  die  Koppel  der  Hunde  vom  Baum  gelöst.    In 

einem  letzten  —  schon  schwindenden  Mißtrauen. 

So  achtest  du  mich  nicht  geringer? 


—      III      — 

jaAkob 

bat  die  Rechte  auf  Edoms  Scheitet  gelegt.    Stark. 

Nein! 
Gott  braucht  mich  so  —  und  anders  dich!  Nur  weil 
Du,  Edom  bist  —  darf  ich,  Jaakob  sein! 
Edom  ist  hinter  dem  Hange  nicht  mehr  zu  sehen.  Jaakob 
blickt  ihm  nach,  dann  nvendet  er  sich  seinem  Lager  zu;  sein  Fuß 
streift  das  tote  Lamm;  er  hebt  es  auf  und  legt  es  seitwärts  int 
Moos.    Leise  vor  sich  bin. 

So  —  war  es  nicht  gemeint,  du  Armes,  da  ich  995 

Herauf  —  herauf  in  deinen  Tod  dich  trug! 

Er  tritt  nach  vorne  und  neigt  sich  über  den  steilen  Hang,  den 
er  heraufklomm. 

Wie  dicht  die  weißen  Nebel  wallen!   Nichts  mehr 
Zu  sehen.   Straße,  Bach  und  Busch  und  Hang  — 

Versunken  alles  in  milchweißer  Flut, 

Die  rings  das  Tal  erfüllt.   Die  Kuppe  hier 

Ragt  einsam  wie  ein  Eiland! 

Leiser. 

Ganz  allein! 

Er  schreitet  seinem  Lager  zu. 

Nur  Nebellluten,  Fels,  Gewölk  und  Sterne! 

Er  lockert  seinen  Gurt  und  läßt  sich  aufsein  Lager  niedergleiten. 

Stein,  du  bist  hart  —  du  Erde  feucht  vom  Tau! 

Gastfireundlich  seid  ihr  beiden  Kalten  nicht! 

Er  streckt  stA  zurecht,  dann  blickt  er  zum  Himmel  auf. 


—      111     — 

1005  Nie  sah  ich  eine  Nacht  von  solchem  Blau! 

Wie  drängt  ihr  euch,  ihr  Sterne,  über  mir  . . 

Ich  kann  nicht  schlafen  vor  so  vielem  Licht! 

Und  bin  so  müd!   Und  soll  noch  vorher  beten, 

Die  Mutter  will's  —  sie  sagt,  es  bringt  die  Ruh! 

Er  schöpft  tief  Atem, 

loio  So  bet  ich! 

Er  hält  inne}  dann  gleiten  die  Worte,  wenig  bewegt,  immer 
ruhiger,  über  seine  Lippen. 

Unerkannter  —  Unerschauter  — 

Du  Gott  der  Väter  —  hörst  Du  mir  auch  zu? 

Weißt  Du  von  mir?   Und  ist  Dir  mein  Erschauern 

Mehr  —  als  das  Beben  eines  Halms  im  Wind? 

Horchst  Du  denn  meinemWort  mehralsdemMurmeln 

lois  Des  Quells,  der  dort  hinab  zu  Tale  rinnt? 

Wer  weiß!  Der  Baum  glaubt  auf  zu  Dir  zu  rauschen - 

Und  doch  ist's  nur  De  in  Sturm,  der  durch  ihn  weht- - 

So  -  sprichst  vielleicht  aus  mir  -  Du  -  zu  Dir  selber . . 

Zwiesprach  von  Dir  —  mit  Dir  —  ist  mein  Gebet! 

Er  schläft.  Der  Nebel  ist  hoher  gestiegen^  und  weiße  Schwaden 
hängen  in  den  Wipfeln  der  Bäume,  die  aus  der  Tiefe  ragen. 
Zwischen  leuchtend  gerundeten  Wolkenballen  ist  das  tiefe  Hiau 
des  Sternenhimmels.  Der  Mond  ist  hinter  den  Wolken  geborgen, 
und  wie  sie  —  ungleich  gehallt  —  träge  an  ihm  vorbeigleiten, 
erhellt  sein  T/tcht^  ungleich  und  wechselnd  die  Felskuppe.  Auf 
Jaakobs  Lager  fällt  nur  schwaches  Licht.     Der  iJueil,  dessen 


—      113      — 

Sprudeln  in  der  Stille  vernehmlich  wird,    schimmert  hell  aus 
dunklem  Moos. 

jaAkob 

im  Schlaf  zusammenfahrend,  leise. 

Was  ruft  im  Dunkel  mich?   Was  spricht?  1020 

Bin  ich  denn  nicht  allein? 

Aus  dem  Rauschen  des  Quells  löst  sich  eine  Stimme  bell  und 

beivegt. 

DER  QUELL. 
Weil  du  —  weil  du  Jaakob  bist, 
Vermagst  du's  nie  zu  sein! 

jaAkob. 

Wer  spricht? 

DER  QUELL. 

KJingt  es  wie  Sprache  dir  — 

Vernimmst  du  meinen  Sinn,  1025 

Weil  du  —  weil  du  Jaakob  bist? 

Ich  rinne,  rausche  hin, 

Ein  Quell,  aus  Tiefen  brech'  ich  mir 

Durch  Fels  den  Weg  hieher  — 

Weil  du,  Jaakob,  mich  vernimmst,  1030 

Bin  ich  nicht  einsam  mehr! 

Mir  horcht  nicht  Kraut,  Getier,  Gestein  — 

Des  Herrn  Gestirn  ist  weit  — 


—      114     — 

Nur  ein  Jaakob,  der  mich  hört, 
1035  Nimmt  von  mir  Einsamkeit! 

jaAkob. 

Bist  du  so  traurig? 

DER  QUELL. 
Was  ich  bin  — 
Wie  wüßt  ich's!   Sag  mir's  du, 
Weil  du  —  weil  du  Jaakob  bist  — 
Du  neigst  dich  allem  zu  — 
1040  Nimm  mich  mit  dir  —  und  hat  dein  Tag 

Für  mich  nicht  Ruh  noch  Raum 

So  laß  allnächtlich  rauschen  mich 
Hin  —  durch  Jaakobs  Traum  .  . . 

Eine  rauhe  tiefe  Stimme  bricht  dumpfgrollend  aus  dem  Stein, 
auf  dem  Jaakobs  Haupt  ruht,  und  fällt  ungestüm  und  zornig 

drohend  ein. 

DER  STEIN. 
Horch  nicht  dem  Quell!   Was  er  zärtelnd  dir  raunt 
1045  Rinnt  dir  wie  Sehnsucht  durchs  Blut! 
Mir  horch! 

jaAkob. 

Wer  grollt? 

DER  STEIN. 

Ich  rufe  —  der  Stein, 
Drauf  ein  Gesegneter  ruht! 


—      115      — 

Dringend. 

Schilt  mich  nicht  hart  —  schilt  mich  nicht  kalt  — 

Flamme  und  Glut  und  Licht  — 

War  ich  . .  «ofo 

DAS  GESTEIN  RINGSUM 

in  dumpfem,  trotzigem  Murmeln. 

Glühend  waren  auch  wir! 

DER  STEIN. 

Schweigt!    Ich  gleiche  euch  nicht! 

Niederes  Gestein,  im  Dunkel  gezeugt, 

Spie  euch  ein  Feuer  zu  Tag  — 

Ich  —  war  ein  Stern und  ich  fiel! 

Aufstöhnend. 

Warum? 
Flehend  und  drängend. 

Sag  mir's,  Jaakob  —  sag  . .  io55 

jaAkob. 

Laß  mich  . . 

DER  STEIN. 

Ich  laß  dich  nicht  — 

In  verhaltenem  Schluchzen. 

Einer  doch  soll  — 

Einer  nur  wissen  mein  Leid! 

jaAkob. 

Wähle  nicht  mich! 

f 


—    IIÖ    — 

DER  STEIN. 

Dich  wähl  ich  —  wozu 

Wärst  du  —  Jaakob  —  geweiht? 

1060  Horchst  du  denn  nur  dem  Quell  —  weil  er  süß 

Schmeichelnd  und  lind  dich  umflüstert? 

Selig  glitt  ich  —  ein  klingendes  Licht  — 

Sonnen  und  Sternen  verschwisten  — 

Mußte  ich  fallen? 

JAÄKOB 

aufstöhnend. 

Laß  mich  —  du  Stein! 

1065  Was  quälst  du  mich  —  wer  gab  dir  solche  Macht? 

Sich  unruhig  auf  dem  Lager  werfend. 

Schlaf  will  ich,  Schlaf—  ich  will  nicht  träumen! 

Zwei  'weißflügelige  Engel  knien  zur  Linken  und  zur  Rechten 

Jaakob  s. 

DER  ERSTE  ENGEL 
mit  beller,  leichter  Stimme. 


Jaakob,  träume  .  . 


Träume 


DER  ZWEITE  ENGEL 

mit  dunklerer  Stimme  einfallend. 

.  .  nur  noch  diese  Nacht! 

In  den  Tiefen  der  Erde  verhallend,  stöhnt  es  noch  einmal,  dunkel 
und  ferne,  auf. 


—     117     — 

DER  STEIN. 
Ein  Stern  war  ich  .  . 

DAS  GESTEIN  RINGSUM. 

Wir  glühten  und  wir  lohten  . . 

jaAkob 

mit  bangender  Stimme. 
Ihr  Weißbeschwingten  —  Wehenden  —  seid  ihr  . . 

DER  ZWEITE  ENGEL. 
Wir  sind  . .  "^° 

DER  ERSTE  ENGEL. 

Weißt  du's  nicht?  -  Boten! 

über  den  Steine  auf  dem  Jaäkobs  Haupt  ruht,  neigt  sich  ein 

dritter  Engel.    Während  er  seine  Flügel  über  Jaäkobs  Haupt 

schattend  breitet. 

DER  DRITTE  ENGEL 

mit  klarer  ruhevoller  Stimme. 

Seine  Boten! 
DER  ERSTE  ENGEL. 

Hart  ruht  dein  Haupt  j  komm  -  hebe  deinen  Nacken . . 

DER  ZWEITE  ENGEL. 
Wir  betten  ihn  in  unsrer  Flügel  Flaum! 

Jaäkob  hat  den  Kopf  nur  wenig  gehoben  j  unter  seinen  Nacken 
gleiten  die  Arme  der  beiden  knieenden  Engel,  ihre  Flügel  be- 
gegnen sich  und  stützen  Jaäkob  so,  daß  er  halb  aufgerichtet  lehnt 


—     ii8      - 

JAÄKOB 
leise,  erschauernd. 
Ich  fühle  euch  —  so  bin  ich  wach? 

DER  DRITTE  ENGEL. 

Erwachen, 

Ließ  dich  —  Jaakob  —  Er,  zu  solchem  Traum! 

Fernes  Sausen  dringt  näher;  kurze  Windstöße  setzen  ein  und 
treiben  dunkle  und  durchleuchtete  Wolken,  die  sich  lösen,  ballen 
und  wieder  zerreißen,  über  den  Himmel.  Während  der  folgen- 
den Worte  wächst  das  Wehen  —  von  neuen  Winden,  die  von 
fernher  zu  Hilfe  eilen,  immer  mehr  genährt  —  zum  Sturm. 

DER  ERSTE  ENGEL. 
I075  Horch  auf! 

jaAkob 

mit  banger  Stimme, 
Ein  Klirren  hör  ich  —  so,  als  schlüge 
Im  Kampfe  silbern  Schild  an  silbern  Schild! 
Es  rauscht,  wie  Flügel  ferner  Vogelzüge, 
Hoch  über  mir  . . 

DER  ZWEITE  ENGEL. 
Siehst  du  das  Licht? 

DER  ERSTE  ENGEL. 

Es  quillt 
Blinkende  Flut  aus  dem  Gewölk  .  . 


—      119     — 

jaAkob 

angstvolL 

Die  Sterne  — 
Sie  dunkeln  —  löschen  . .  »080 

DER  ZWEITE  ENGEL. 

Nein!   Sie  löschen  nicht! 

DER  DRITTE  ENGEL. 
Es  überstrahlt  sie  nur,  was  dorten  leuchtend  — 
Zu  Stufen  türmend  sich  —  aus  Wolken  bricht! 

DER  ERSTE  ENGEL. 
Sieh  hin! 

jaAkob 

abgewandt. 
Es  blendet! 

DER  DRITTE  ENGEL 
strenge. 

Dort  —  wo  andre  blinden, 

Mußt  du  noch  sehn  —  Jaakob!   Sieh  nur  hin! 

jaAkob. 

Mich  friert,  mich  schauert!  Eisiger  Hauen  von  Winden,  1085 
Wie  sie  vor  Wettern  wehen,  bläst  —  es  braust .  . 

Erschüttert. 
Du  Gott  —  ist  dies  Dein  Sturm? 


I20        

DEK  DRITTE  ENGEL 
stark. 

Die  Antwort  —  sieh! 

DER  ERSTE  ENGEL» 
In  Blitzen  bricht's  hervor  . . 

jaAkob. 

Es  jagt,  es  saust 
Heran  —  herab  zu  Stufen  schwingt  sich's  —  landet! 
Aufschreiend  birgt  er  sein  Gesicht  in  den  Händen. 
1090  Zu  nah  —  zu  nah! 

Er  taumelt  von  seinem  Lager  auf,  wie  bereit  zur  Flucht. 

DER  ZWEITE  ENGEL 
hastig. 

Sprich's  an ! 

DER  DRITTE  ENGEL 
stark. 

Auf  deine  Knie! 

DER  ERSTE  ENGEL 
drängend, 
Sprich's  an! 

jaAkob 

auf  den  Knienj  gesenkten  Hauptes. 
Mir  bangt! 


121        

DER  DRITTE  ENGEL 
in  aufloderndem  Zorn. 

Sprich's  an! 

JAÄKOB 
stammelnd,  nach  Atem  ringend^  dann  von  tiefster  Erregung 

getragen. 

Du  —  weißgewandet . . 
Du  —  goldgegürtet  du  .  .  du  —  mir  zunächst .  . 
Vom  Helm  beschattet  sind  dir  Stirn  und  Augen  — 
Blickst  du  mir  gut?   Drohst  du?  —  Ich  weiß  es  nicht! 
Du  —  den  nicht  Feuer  sengt,  das  ihn  umfließt  . .  1095 

Vor  dem  mir  graut,  zu  dem  mich's  drängt . .  du  lauterLicht  — 
Nenn'  dich! 

In  Demutf  Hilfe  suchend,  leiser.  s 

Ich  weiß  ja  nicht  —  wie  man  dich  grüßt! 
Auf  leuchtenden  Stufen,  deren  Strahlen  das  treibende  Gev)ölk 
durchdringen,  steht  Gabriel  mit  gespreiteten  Flügeln,  noch  leicht 
vorgeneigt,  wie  er  eben  Fuß  faßte.  Rötliche  Locken  drängen 
unter  seinem  GolcDfelm  hervor,  der  Stirn  und  Augen  schattet. 
Goldene  Sandalen  sind  an  seinen  Füßen  —  Arme  und  Schenkel 
in  Gold  geschient.  Ein  langes  Geivand  aus  weißem  Linnen, 
ärmellos,  an  den  Seiten  geschlitzt  und  nur  locker  gegürtet,  ver- 
birgt fast  seine  Rüstung.  Ein  goldenes  Gefäß,  einem  Kochet 
gleichend,  schwingt  an  seinem  Gurt.    Er  ist  waffenlos. 

GABRIEL. 
Gabriel  bin  ich  —  Gottes  Kraft! 


111 


Sein  Schwert,  Sein  Hammer  —  Bogen  Ihm  und  Speer! 

iioo  Sein  ausgereckter  Arm,  darmit  Er  schafft  — 

Durch  meinen  Mund,  dem  Gnade  ward,  spricht  Er' 
Er  faltet  seine  Flügel  und  richtet  sich  hoch  auf. 

jaAkob 

zagend. 
So  ist  Er  nah? 

GABRfEL 
fast  strenge. 
Er  ist  nicht  nah  —  Er  ist  nicht  ferne! 
Er  war  nicht  einst  —  und  ist  nicht  heut! 
no5  Was  dich  und  Welten  grenzt  und  uns  und  Sterne . . 
Ihn  randet  Raum  nicht  —  zirkt  nicht  Zeit! 

Zur  Linken   Gabriels^  doch  auf  höherer  Stufe  fußend^  wird 
Raphäel  sichtbar.    Ein  leuchtender  Helm  birgt  ihm  Stirn  und 

Augen, 

RAPHÄEL 
sanfter  einfallend. 
Und  weiß  doch  -  so  von  dir,  und  fühlt  dein  Fühlen 
Als  war  Er  —  duj  als  wärest  du  —  Sein  Kind! 

jaAkob. 

Du  Linder,  Milder  -  deine  Worte  kühlen  .  . 
ino  Wer  bist  du? 


—      IZ3      — 

RAPHAEL. 

Der  —  den  mild  Er  schuf  und  lind! 

Noch  treibst  und  blühst  du  auf  —  junger  Jaakob  — 

Du  weißt,  auch  du  mußt  reifen  —  du  mußt  gehn! 

Raphael  —  ich  —  darf  dann  an  deinem  Lager  — 

Heilend  und  Hndernd  —  Frieden  wehend,  stehn! 

Starke  Flügel  teilen  das  Gewölk  zu  Gabriels  Rechten.    Uriel 

vjird  —  in  gleicher  Höhe  mit  Raphael  —  sichtbar.    Stirn  und 

Augen  liegen  im  Schatten  seines  leuchtenden  Helmes.   Sein  dunkles 

Haar  weht  im  Winde.    Seine  Stimme  klingt  bell  und  froh. 

urIel 

zu  Raphael  geviandt. 
Sprich  nicht  von  „Enden"  ihm  —  er  soll  beginnen!  ms 
Frohes  zu  künden,  sind  wir  ihm  gesandt! 

Zu  Jaakob  sich  neigend. 

Blick'  auf,  Jaakob  —  rings  um  dich  sind  Schwingen 

Himmhscher  Heere  schirmend  ausgespannt! 

Auch  ich,  Uriel,  weh'  mit  meinen  Stürmen  — 

Furchtbar  zerstörend  —  denen  nur  im  Tal . .  1120 

Durch  Leid  und  Sturm  -  du  Knabe  -  ring'  dich  aufwärts, 

Bis  unter  dir  verebben  Sturm  und  Qual! 

Hoch  oben  zerreißen  die  Wolken.  Michael  wird  sichtbar.  Er 
ist  vollgewappnet.  Seine  helle  Rüstung  —  aus  Buckeln,  gleich 
dem  gewachsenen  Panzer  eines  Tieres  gefügt  —  schimmert  silbern, 
perlmuttern  und  opalen.     Ein  Rundschild  und  ein  geflammtes. 


—      1X4      — 

entblößtes  Schwert  sind  seine  Waffen.    Stirn  und  Augen  birgt 

der  Helm, 

MICHAEL. 
Jauchzt  nicht  so  wild,  ihr  Winde  —  seid  gebändigt! 

Aufwärtsblickend. 
Du  tust  ihm  weh,  du  starkes  Licht  -  gib  nach! 

GABRIEL 
neigt  sich  leicht  zu  Jaäkob;  gedämpft, 

II2S  Dein  Schirmherr  spricht  für  dich 

DER  DRITTE  ENGEL 

leise. 

Der  dort  in  Waffen 
Herstrahlt  .  . 

DER  ERSTE  ENGEL 
flüsternd, 

Michael  spricht! 

DER  ZWEITE  ENGEL 
beseligt. 

Michael  sprach! 

Die  Lichtfluten,  die  blendend  von  oben  sich  herabstürzten,  um- 
fließen nun  milder  die  Gestalten  der  Engel}  das  tiefe  nächtige 
Blau  des  gestirnten  Himmels  ist  wieder  zu  erkennen.  Zu  Ra- 
phäels  Linken,  ihn  ein  wenig  überragend,  wird  Sa  mäel  sichtbar. 
Die  Umrisse  seiner  Gestalt^  die  kein  Kleid  verhüllt^  verfließen 


—      115      — 

ins  Dunkel}   nur  auf  seinem  blassen  ruhigen  Jünglingsantlitz 

liegt  mattes  Licht.    Der  Blick  seiner  tffenen  Augen  geht  ühsr 

alles  Nahe  hinweg  in  unbestimmte  Weite. 

jaAkob 

zagend. 
Ich  harrte  doch,  daß  solches  mu*  geschähe, 
Und  bange  —  bange  nun,  da  es  geschah! 
Um  meinetwillen  schwangt  ihr  euch  hernieder? 

GABRfEL. 
Um  deinetwillen  —  alle!  "30 

ALLE  ENGEL 
stark  einfallend. 
Alle! 

MICHAEL 

Ja! 
JAÄKOB 

Samuel  erblickend 

Alle?  —  Auch  du  dort,  dessen  offne  Augen 

Kein  Helm  mir  birgt?  —  Du  schweigst? 

Zm  den  Engeln  gewandt. 

Ihr  Strahlenden  — 

Leuchtende  Stufen  tragen  eure  Pracht  — 

Doch  jener  Bleiche,  abseits  —  dort,  im  Dunkel  — 

Wo  fußet  er?  1135 


—      ii6     — 

SAMÄEL. 

Seine  Stimme  klingt  hell  und  ruhig  durch  den  Raum. 

Mich  trägt  uralte  Nacht! 

J^AÄKOB. 
Nie  sah  ich  dich!   Und  dennoch  —  deine  Augen  — 
Mir  ist,  als  kennte  ich  sie  lange  Zeit! 

SAMÄEL 
unbewegt. 
1140  Du  sahst  mich  nie,  du  kennst  mich  nicht  —  und  was 
Aus  meinen  Augen  so  dich  grüßt  —  heißt:  Leid! 

JAÄKOB. 
Du  bist  von  jenen  nicht!   Um  deine  Lippen  — 
Wie  schön  sie  sind  —  liegt  Jubel  nicht,  liegt  Gram^ 
Ich  seh  nicht  deine  Schwingen! 

SAMÄEL 
ungerüJjrt. 

Meine  Schwingen  . , 

Man  brach  sie  mir!   Nun  sind  sie  lahm! 

urIel 

auffahrend. 
Reckst  du  dein  Haupt  empor?  Noch  immer?  Schweige! 

GABRfEL. 
1145  Willst  du  verstören  wiederum,  was  rein? 


—      117     — 

samAel 

bitter. 
Was  fürchtet  ihr?   Seid  ihr  nicht  Heeresscharen? 
Und  ich,  ich  bin  — 

Von  Stolz  und  Trotz  übermannt. 

wohl  mir  —  ich  bin  allein! 

MICHAEL 
stark. 
Bist  du  noch  stolz?   Ich  konnte  dich  zertreten 
Und  zog  zurück  den  Fuß  —  und  schonte  dich ! 

samAel 

finster  abwehrend 
Was  tatest  du's?   Nicht  ich  hab  drum  gebeten!  «so 

Mit  einem  Blick  nach  oben. 
Ein  andrer,  der  mich  braucht  —  der  sprach  für  mich! 

michAel. 

Jaakob,  hör'  ihn  nicht! 

GABRIEL. 
Aus  seinem  Munde 
Geht  Lästern  aus,  Empörung  . . 

URfEL. 

Geifer! 
gabrIel. 

Spott! 


—     ii8     — 

RAPHÄEL. 
Was  drängst  du  zwischen  uns  dich  und  den  Knaben? 

samAel 

sich  aufreckend^  stark. 

nss  Was  drängtet  ihr  euch  zwischen  mich  und  Gott! 

Steh  zur  Ruhe  zu^ingend,  erfüllt  von  Weh,  das  stärker  ist  als 

sein  Hohn» 

Ich  lästre  nicht!   Ich  kann  nur  nicht  lobsingen, 

Gleich  euch,  die  ihr  euch  sonnt  in  Seinem  Strahl! 

Doch  euern  Sang  mit  Cymbeln  und  Posaunen, 

Ihn  übertönt  furchtbar  der  Schrei  der  Qual, 

Fast  aufstöhnend. 

1160  Der  aufsteigt,  ewig  aufsteigt,  niemals  endend 
Aus  Seiner  Welt!   Ich  neide  sie  Ihm  nicht! 
Sein  sei  der  blutige  Knäuel,  den  da  drunten 
Brunst,  Haß  und  Gier  stöhnend  zusammenflicht! 

In  steigender  Erregung. 
Ist  Leid  nur  Strafe?   Sagt  —  was  tat  das  Tier, 

1165  Das  unter  Martern  stumm  am  Weg  verendet? 
Ihr  ewig  Seligen!   Die  Schuld  nennt  mir, 
Um  die  Er  Neugeborenes  ins  Leben, 
Geschmückt  mit  Wunden,  giftigen  Beulen  sendet? 
Lobsinget  Seiner  Güte,  Seiner  Stärke  — 

1170  Mir  —  graut  vor  Ihm!   Ich  fass'  Ihn  nicht!   Hat  Er's 


—      129      — 

Gekonnt  nicht  anders?   Anders  nicht  gewollt? 

Greift  Ihn  Entsetzen  nicht  vor  Seinem  Werke? 

Schuf  Er  zur  Lust  Sich  diesen  Ball?   Nun  rollt 

Er  taumelnd  hin  —  entglitten  Seinen  Händen  — 

Hin  durch  die  Zeit  —  ich  frag:  Zu  welchem  Enden?    1175 

Gefällige  Diener  preist  den  Spielball,  den 

Er  schuf  — 

Fast  jubelnd, 

schlecht  schuf  —  es  reichte  nicht  die  Kraft .. 

MICHAEL 

das  blitzende  Schwert  drohend  vor  sich  hinsetzend,  mit  erzener 

Stimme. 

Verleumder  du!   Er  schuf  sie  nicht  —  Er  schafft! 

Die  Stimmen  unsichtbarer  naber  und  ferner  Engelscharen  hallen 

es  wieder: 

Er  schafft! 
MICHAEL. 

Und  hat  uns  alle  . . 

urIel. 

Jauchzet! 

MICHAEL. 

Aufgerufen, 
Mit  Ihm  zu  schaffen  . .  1180 

URfEL 
jubelnd. 
Mit  an  Seinem  Bau! 


—      I30     — 

Die  Stimmen  der  Engel  lösen  einander  ab  in  immer  luachsender 
seliger  Zuversicht. 

gabrIel. 

Uns  Boten,  und  die  Lichter,  die  sich  schwingen 
Durch  Seiner  Himmel  ausgespanntes  Biau! 

urIel 

drängender. 
Und  Feuer,  die  aus  finstern  Wolken  fahren, 
Flut,  die  verschlingt  —  und  stiller  Bäche  Lauf 
11^5  Und  Sturm  —  und  sanfter  Winde  Wehen  —  alle  — 
Rief  Er  zu  Helfern  Seinem  Werke  auf! 

RAPHÄEL 
sanfter. 
Und  Erz,  das  blühen  will  in  dunkler  Erde  — 
Und  alles  Keimens  wilder  Drang  zum  Licht  — 
Und  was  du  fühlst  —  dein  Lächeln,  deine  Tränen  . . 
1190  Sind  Diener  Seinem  Plan  —  und  wissen's  nicht! 

gabrIel 

stark. 
Und  stummer  Tiere  dumpfer  starker  Wille  — 
Und  unser  Lobgesang  —  und  auch  dein  Neid  — 
Du  Dunkler  dort,  begreif  es,  schaffen  —  schaffen 
An  Seiner  Welt,  mit  Ihm  . . 


—    1^1    — 

MICHAEL. 

. .  In  Ewigkeit! 

URiEL 

drängend. 
Uns  sieh,  Jaakob!    Wende  dein  Gesicht  "'95 

Von  dem  dort,  der  verworfen  ward  . . 

samAel 

in  tief  verwundetem  StolT.. 

Verworfen  —  nicht! 
Verstoßen!  —  Und  verstoßen  noch,  geeint 
Im  Tiefsten  euerm  Herrn  —  nicht  euch,  den  Dienern, 
Den  immer  jubelnden,  den  selig  satten! 
Seid  ihr  Sein  Glanz?   Schwarz  über  Seine  Welt  muß  i»» 
Gott  werfen  mich  —  mich  —  Gottes  ewigen  Schatten! 

In  angstvollem y  fast  zärtücbem  Beschwören. 
Knabe!  Verschenk'  dich  nicht  an  Glanz  und  Macht 
Und  Herrlichkeit  .  . 

raphAel 

flehend. 

Uns  horch,  Jaakob,  horche, 
Nur  einmal  . . 

URfEL 

"warnend. 

Einmal! 


—         1^2         — 

RAPHÄEL. 

. .  Wird  dir  solche  Nacht! 

GABRfEL 
feierlich. 
laos  Vätern  Gelobtes  —  heut  wird  dir's  verheißen! 
Jaakob,  weit  —  weit  streckt  sich  einst  dein  Land! 
Von  Mittnacht,  wo  verschneite  Gipfel  eisen, 
Hin  gegen  Mittag  —  zu  der  Wüste  Rand! 
Land  —  dessen  Auen  tränkt  des  Himmels  Regen, 
12IO  Dess'  Erde  hundertfach  vergilt  die  Saat 

URIEL 

fast  jaucbzenä. 

—  Mit  Quellen,  Bächen,  tiefen  Brunnen  innen, 

Korn,  Honig,  Wein,  Öl,  Feige  und  Granat! 

Jaakob  bat  sich  erhoben. 

Hörst  du's? 

JAAKOB 

gedämpft. 

Ich  hör'  es! 

urIel. 

Und  du  schweigst? 

jaAkob 

Uise  anhebend. 

Wer  bin  ich, 


—      133      — 

Daß  icb*s  vermöchte  —  ich  —  euch  zu  entgegnen? 

Und  doch:  Der  Erde  Fett,  des  Himmels  Tau,  1115 

Korn,  Most  —  dies  ist  wohl  eines  Vaters  Segnen. 

l^on  tiefster  Erregung  überflutet. 
Doch  —  reißt  einmal  für  mich  dies  ewige  Blau, 
Herab  zu  mir,  euch  Strahlende  zu  senden  . . 

Gebietend. 
Anderes  will  ich  dann  aus  euem  Händen, 
Was,  ahn'  ich  nicht  —  doch  anderes  empfahn!  1220 

In  bitterem  Unmut. 
In  Stolz  und  Weh  verbebte  meine  Jugend, 
Entgegenharrend  Seinem  —  eurem  Nahn, 

Und  nun ?  Ich  überhob  mich  wohl,  entlaßt  mich! 

Dumpf,  fraglos,  will  ich  dämmern  meine  Zeit! 

Berufet  Edom!   Und  verschenkt  an  Edom,  ims 

Was  Edoms  —  nicht  Jaakobs  —  Seligkeit! 

urIel 

unwillig. 
Zu  Ende  hören,  lerne  doch,  du  Knabe! 

GABRfEL 
stärk. 
Ein  Stamm,  ein  Volk,  sprießt  auf  aus  deinen  Lenden: 
Will  es  hindurch  —  so  teilt  sich  ihm  das  Meer! 
Durch  weglos  weite  Wüsten  weht,  als  Führer,  "30 


Gewölk  und  Glut  des  Herren  vor  ihm  her, 
Bis  sein  dies  Land;  die  Höfe,  Städte,  Burgen 
Und  was  jetzt  der  Jebusi  hält  in  Hut . . 
Aus  Uru-Schalims  Felsen  wachsen  Throne  — 
1235  Jaakob  —  Königen  aus  deinem  Blut! 

samAel 

ruhig. 
Auch  Herrschaft  endet  —  Völker  schwinden  hin  . . 

jaAkob 

abwehrend. 
Nicht  darum  geht  es  . . 

GABRiEL. 

Still,  Samael! 

Zu  Jaakob  gütig. 

Du  sprich! 

JAÄKOB 

sich  finster  verschließend. 

Er  wählt,  beschließt  —  ward  ich  gefragt?  —  und  sendet 

Die  Botschaft  mir  —  hat  hier  noch  Rede  Sinn? 

urIel 

losbrechend. 
,240  Trotzt  du  mit  Ihm?   Wenn  Wunder,  Glanz  und 

Kronen 


—     «?5      — 

Der  Herr  auf  deinen  Scheitel  häuft,  die  Schultern 
Mit  hoher  Macht  dir  herrlich  läßt  umkleiden? 
Was  willst  du?   Unbescheiden  nenn  ich  dich! 

jaAkob 

zurückgeivorfenen  Hauptes,  schmerzJich, 

Darf  sich  denn  der,  den  Gott  erwählt  —  bescheiden? 

In  tiefem  Unmut;  gequält. 
Zurück  —  laßt  mich  zurück  in  meinen  Schlaf]  1245 

Nichts  will  ich  mehr!  Nur:  Dürft  ihr  es,  ihr  Boten- 
So  weiset  meiner  Seele  heim  den  Weg  —  sie  will  . . 
Er  bricht,  abgevjanät  von  den  Engeln,  schluchzend  in  die  Knie. 
Nach  Chebron  will  sie  —  heim,  zu  ihren  Toten! 
Aus  den  Wolken  bat  sich  Raphäels  Gestalt  gelöst  und  steht  nun 
hinter  Jaäkob. 

raphAel 

gedämpft,  die  Hand  auf  Jaäkobs  Scheitel. 

Du  bist  so  jung!   Nur  darum  —  Kind  —  so  leicht 

Bereit,  von  dir  zu  werfen  deine  Tage!  1250 

Er  neigt  sich  über  Jaäkob,  faßt  ihn  an  den  Schultern  und  TJebt 
ihn  an  sich  empor. 

Komm,  schluchze  nicht  mehr  —  atme  —  ruhig  -  tief — 
Und  ist  dir  weh  geschehen  —  sag'  es  —  klage! 
Er  umfaßt  Jaäkob  mit  seiner  Liniun. 


-      i?6      — 

jaAkob 

mit  geschlossenen  Augen}  leise. 
Du  sprichst  —  und  deine  Worte  sind,  als  hallten 
Nur  frühe  Worte  meiner  Mutter  wieder  . . 

Er  läßt  sein  Haupt  an  Raphäels  Schulter  sinken. 

RAPHÄEL 
langsam  mit  ihm  rückwärts  schreitend. 
"55  Lehn'  dich  an  mich  —  und  laß  dich  leiten  —  da  — 
In  unserer  Flügel  Schatten,  sitze  nieder! 
Er  steht  an  derselben  Stelle  wie  verber.    Er  läßt  Jaäkob  lang- 
sam   'ZU    Boden  gleiten.   Jaukobs  Haupt  lehnt  an  Raphäels 
Knieen.    Raphäel  blickt  zu  Michael  auf. 

Und  du,  Michael,  sprich!  Zu  seinem  Schirmherrn 

Bist  du  bestellt  vom  Herrn  für  alle  Zeit  — 

So  frage  du  ihn  . . 

JAÄKOB 

schmerzlich  bebend. 

Müßt  ihr  wirklich  fragen? 

1260  Wißt  ihr  denn  nicht  — weiß  denn  nicht  Gott  von  mir? 

Wuchs  ich  nicht  auf,  nach  Ihm  mich  immer  wendend, 

Ein  Kelch,  Ihm  aufgeschlossen  —  Ihm  bereit? 

Um  drei  Geschlechter  wehet  Seine  Nähe  . . 

Kennt  Er  noch  nicht  mein  Blut?   Besteht  Er  drauf, 

1265  Daß  stammelnd  schamlos  Ihm  mein  Mund  gestehe, 

Was  Er  doch  weiß? 


—      137     — 

In  tiefverletztem  Stolz. 

Wählt  Er,  nur  um  zu  schenken, 
Daß  Er  uns  Gut  und  Macht  und  Glanz  verspricht? 
Taugt  Ihm  mein  Blut  zu  mehr  nicht,  als  zu  Königen? 
Ich  will  nicht  Herrschaft!  Weiß  Er  denn  das  nicht? 
Mizrajim,  Babel  und  des  Meerlands  Fürsten  —  1270 

Wie  —  glaubt  Er  wirklich  sie  von  mir  beneidet? 
Nichts  neid  ich  —  euch  nicht  eure  Seligkeit . . 

Erfüllt  von  Web. 
Könnt  ich  denn  selig  sein,  wenn  alles  leidet? 
Alles  mir  naht,  am  Tag  naht,  nachts  in  Träumen, 
Mensch,  Tier,  und  Kraut  der  Erde,  und  Gestein  —      1275 
Klagt,  Antwort  heischt,  mit  stummen  Augen  fordert  — 
Mich  fragt  —  und  alle  Antwort  ist  doch  Sein! 
Er  bllckty  'wie  b'ilfesuchendj  zu  den  Engeln  auf. 
Seht!  Darum  nur  —  so  dacht  ich  —  hat  dem  Knaben, 
Was  Leid  auf  Erden  trägt  —  Er  zugesandt: 

Leiser,  als  vertraue  er  Geheimes  an. 
Er  selbst  hat  Sich  in  Seine  Himmel  droben,  1280 

Herrlich  und  furchtbar,  ferne  festgebannt . . 
So  wählt  mein  Blut  Er  aus  zum  stolzen  Reise  — 
In  alle  Zeiten  sprießend,  nie  verdorrt  — 

In  wachsender  Zuversicht. 
Daß  meinem  Mund  —  von  neuem  immer  wieder  — 
EntStürze  Seines  ewigen  Willens  Wort!  1285 


~      138      - 

Und  zwischen  mir  und  sorglos  jungem  Blühen 
Brach  darum  Brücke  Er  entzwei  und  Steg  — 
Daß  ewig  ich,  mit  Menschenschritt,  hiernieden 
Mit  schreite  Seinen  fernen  Gottesweg, 
1290  Und  —  Leid  mit  Seinem  Worte  lösend  —  hier 
Sein  ewiger  Mund  und  ewiger  Anwalt  werde  . . 

urIel 

aufbrausend. 
Bald  Faulendes  —  lallst  du  von  „Ewigkeit"! 

GABRIEL 
stark. 
Der  Herr  ist  ewig!  Du  —  bist  Gras  der  Erde! 

URfEL. 
Wir  tragen  nicht  solch  Wort  vor  Seinen  Thron! 

JAÄKOB 
in  fliegendem  Atemß  bitter. 
1295  Ich  weiß,  ich  weiß  —  ihr  rührt  mich  an  —  ich  muß 
Hinab  ins  Land,  aus  welchem  Heimkehr  nicht  - 
Ihr  weht  mich  an  —  hin  sink  ich  zu  den  Toten! 
Ein  Wurm  bin  ich!  Und  weise  doch  zurück  euch 
In  euer  dienend  Amt: 

Gebietend. 

Von  Ihm  zu  mir  — 
1300  Von  mir  zu  Ihm  -  seid  Boten  ihr  —  nur  Boten! 


—      139     — 

URIEL. 
Er  rast! 

jaAkob. 

Wand  seid  ihr  zwischen  mir  und  Gott! 
Durch  euch  hindurch  dringt  doch  zu  Ihm  mein  Schrei! 
Er  bat  sieb  aufgericbtet. 

URiEL. 
Bist  du  schon  übermütig  —  Knecht! 

JAÄKOB 

in  seligem  Vertrauen. 

Nicht  Knecht! 

Gott  wählt  mich  aus  —  Gott  will  mich  frei! 

URIEL. 
Du  lästerst!    Nieder  —  nieder  auf  dein  Antlitz,  1305 

Bis  grau  von  Erdenstaub  dir  Stirn  und  Haar! 
Tu  Buße,  Stolzer!   Widerrufe! 

JAÄKOB 

aufjauchzend. 

Niemals! 
Gott  wählt  mich  aus  —  Gott  will  mich  stolz  und 

wahr! 

In  letzter  Entschlossen heitj  hingegeben. 
Hier  steh  ich!   Gott!   Hab  ich  gefrevelt  —  strafe! 
Was  Vätern  du  gelobt  hast  —  nimm  es  wieder! 
Ich  löse  dich  —  Du  Gott  —  aus  Deinem  Eid!  1310 


Der  Du  in  Wettern  thronst!  Mit  Deinen  Feuern 
Triff  hier  —  dies  Haupt!  Es  sterbe  meine  Seele, 
Weil  allzu  wild  nach  ihrem  Gott  sie  schreit! 

Dumpf  donnernd  bricht  schwarzes  Wettergewölk  hervor,  durch- 
zuckt von  jähen  Feuern,  und  überflutet  alles  mit  brausender 
Finsternis.  Dann  Stille,  Es  htUt  sich  auf.  Die  Engel  werden 
sichtbar;  ihre  Nacken  sind  leicht  geneigt.  Nur  Jaäkob  steht 
aufrecht  wie  vorher.  Seine  Hände  ruhen  auf  seiner  Brust,  sein 
Atem  geht  ruhig  und  tief  Licht  umfließt  ihn.  Die  Engel 
richten  sich  auf  zuerst  Michael  mit  kurzem  Ruck,  dann  lang- 
samer die  anderen. 

raphAel 

noch  leise, 
li^s  üriel  —  sieh!   Ihn  traf  kein  Feuer! 

GABRfEL. 

Licht  liegt 
Auf  seiner  Stirn! 

raphAel. 

Es  fließt  um  ihn! 

michAel. 

Es  leuchtet 
Ob  seinem  Haupt  des  Herren  Herrlichkeit! 

samAel 

gedämpft^  ernst,  ohne  Haß. 
Wie  dunkelt  ihr  doch  neben  seinem  Licht! 


-      141      — 

gabrIel 

gedämpft}  vor  sich  bin. 
Lockst  du  mit  Schmeicheln  ihn  —  Versucher  dort! 

MICHAEL 
stark  anrufend. 
Jaakob,  höre!  1310 

Die  Stimmen  der  Engel  tosen  einander  immer  heller  und  jubeln- 
der ab, 

raphAeu 

Höre! 

GABRiEU 
Höre! 

urIel. 

Höre! 

MICHAEL. 
Auf  meine  Lippen  legt  der  Herr  —  dies  Wort; 
Was  du  dir  wählst  —  versagt  der  Herr  dir  nicht! 
Mächtige  Könige  des  Meerlands  —  enden! 
Mizrajim  —  schwindet!    Babel  —  wankt  und  fällt! 
Nur  du  —  Sein  ewig  Volk  —  darfst  ewig  wandern  —  1325 
Ein  ewiges  Wunder  Seiner  ewigen  Welt! 

SAMÄEL 
drängend. 

Nimm  es  nicht  an  —  Jaakob!   Nimm's  nicht  an! 


—      142      — 
MICHAEL. 
Was  hoch  jetzt  ragt  an  Völkern,  wird  zerrieben 
Zu  Staub!   Wie  Staub  läßt  es  der  Herr  verwehn! 
1330  Nur  du  darfst  dauern!   Tausend  Tode  sterben  — 
Und  tausendmal  aus  Toden  auf  erstehn! 

samAel 

bitter  auflachend. 

Du  darfst!  Wie  gnädig!   Darfst!   In  deine  Seele 

Legt  Er  als  Wunsch,  wozu  Er  dich  verdammt! 

Narr!   der  da  glaubt,  daß  frei  sein  Los  er  wähle! 

Besctywörenä. 
1335  Nimm  es  nicht  an  —  auch  andre  Völker  dauern! 

Sie  tauschen  Namen  nur  —  es  rauscht  die  Flut 

Geschwellt  von  frischen  Bächen  reicher  —  selig 

Mischt  sich  mit  jungen  Völkern  altes  Blut! 

Und  ihres  Schicksals  dürfen  sie  vergessen  — 
1340  Nur  dir  bleibt  ewig  —  was  dich  traf—  bewußt . . 

Sie  —  können  wohl  gedenken  ihrer  Ahnen  .  . 

Du  —  Volk,  das  nicht  vergessen  darf—  du  mußt! 

Es  schleift  dich  Gott  mit  sich  durch  alle  Zeiten  — 
Er  blickt  aufwärts;  nickend,  Genugtuung  in  der  Stimme. 

Bangt  denn  dem  Einzigen  —  fühlt  Er  sich  allein? 
1345  Nimm  es  nicht  an!   Es  klingt  wie  Seligkeiten 

Und  ist  Verdammnis  .  . 


—      143      — 

jaAkob 

entschlossen  und  hingegeben. 

Mag  mein  Los  es  sein! 

urIel 

aufjaucijzend, 
Heil  dir,  Jaakob! 

MICHAEL 

durch  den  feierlich-ehernen  Ernst  seiner  Stimme  bricht  es  immer 

wieder  wie  JuhtL 

Du  —  erwählt  vom  Herren 

Zum  Zeugen  Seiner  Wunder  —  wirst  sie  künden  .  . 

Und  Länder,  Inseln,  alle  Femen  hören! 

Bis  sich  dem  Herren  alle  Kniee  beugen  1350 

Und  alle  Zungen  ihm  allein  nur  schwören! 

Was  du  —  aus  tiefster  Not  —  zum  Herren  rufest, 

Leiht  Stimme  allem  Weh,  das  stumm  sonst  rang, 

Dein  Wort  salbt  Reifen  um  —  zu  heihgen  Kronen, 

Wird  Völkern  Sieg  —  und  Dank  —  und  Jubelsang,       1355 

Rascher  dabin  strömend. 

Die  Wiegen  segnet  es  und  weiht  die  Grüfte, 

Lohnt,  straft  und  tröstet  —  löset  und  verdammt .  . 

Dich  facht  der  Herr  zur  ewigen  Feuerfackel, 

Die  ob  den  Wegen  aller  Völker  flammt! 

Hart,  starr  und  trotzend  macht  Er  deinen  Nacken  —  1360 

Türmt  Er  dir  Bürde,  türmt  Er  dir  auch  Kraft  — 


^      144     — 

Sei  Licht  der  Völker!   Blinder  Augen  öffne! 
Gefangene  fuhr'  aus  Finsternis  und  Haft  . . 
Gott  glüht  und  hämmert  dich  zum  heiligen  Volke, 
1365  Und  stellt  dich  hin  —  rings  um  dich  brandet  Zeit  .  . 
Du  ragst  —  und  wirst  zum  Mal  und  ewigem  Maße, 
Daran  sich  Treue,  Hoffen  mißt  —  und  Leid! 
Du  wirst . . 

samAel 

stark  einfallend^  in  Hohn  und  Erbitterung, 

„Du  wirst!"   Mich  höre  —  was  du  wirst! 
Sie  lügen  nicht!  Wohl  neigt  man  deinem  Wort  sich- 

1370  Doch  blutig  schlägt  den  Mund  man,  der  es  sprach! 
Wohl  darfst  du  wandern!   Aber  rasten?   Heimat? 
Sie  wird  dir  Wort  —  du  sinnst  ihm  ewig  nach! 
Volk  wirst  du,  dVaus  sich  alle  Beute  holen  — 
An  dir  zu  freveln?   Wem  wär's  nicht  erlaubt? 

1375  Die  Erde  eisern  unter  deinen  Sohlen, 
Ehern  der  Himmel  über  deinem  Haupt .  . 
Du  Störrisches,  das  seinen  Gott  nicht  preisgibt, 
Heimloses  Volk  —  sie  weisen  dir  die  Tür, 
Der  räudige  Bettler  höhnt  -  und  rühmt  und  preist  sich, 

1380  Daß  er  nicht  eines  Stammes  ist  mit  dir! 

In  einem  Rausch  von  Haß  und  Bitterkeit. 
Erwähltes  du  —  du  Segen  aller  Völker  — 
Wo  wächst  die  Schmach  denn,  die  dir  nicht  geschah? 


—      145      — 

Dein  Sinn,  dein  Leib,  wdrd  allen  Abscheu,  Ekel  — 
Man  speit  ins  Antlitz  dir  .  . 

jaAkob 

sid)  aufbäumend. 

Nein!   Nein! 

SAMÄEL 
als  stieße  er  mit  einem  Messer  zu. 

Ja!  Ja!        ' 
Man  tut  es!  Jedes  Volk,  dran  du  dich  schmiegest,        1385 
Es  brennt  dich  aus,  wie  eitriges  Geschwür  . . 
Seine  Worte  sausen  gleich  Geißeibieben  auf  Jaäkobs  gesenkten 
Nacken  nieder,  der  unter  ihnen  erbebt. 

Du  Liebling  Gottes,  wirst  der  Welt  verhaßter. 

Als  Pest  —  als  giftiges  Kraut  —  als  tolles  Tier! 

Was  dich  gebar,  was  dich  gezeugt,  verkohlt  im  Feuer, 

Blutend  zerfetzt  stirbt  hin  in  Scham  dein  Weib,  1390 

Man  tilgt  dich  aus!   Dein  Ungeborenes  reißt  man  .  . 

Mit  Füßen  tritt  man's  aus  der  Mutter  Leib  . . 

Aufjubelnd. 
So  —  segnet  Er! 

JAÄKOB 
in  vervweifeitem  Aufschrei. 

Redet,  ihr  Boten  —  redet! 

Gebt  Antwort  ihm  .  . 

10 


—       1^6      — 

samAel. 

Sagt,  daß  ich  Unrecht  habe! 

JAÄKOB. 
1395  Laßt  mich  doch  nicht  mit  jenem  dort  —  allein! 

SAMÄEL. 

Du  Tor!   Von  Gott  erkorener  Prügelknabe! 

An  deinem  Dulderleibe  peitscht  Er  ewig 

Sein  Gotttum  allen  andern  Völkern  ein! 
In  furchtbarem  Ernst, 

Ihn  schaudert  vor  der  Qual,  die  Er  erschaffen, 
14CX)  Dich  braucht  Er,  daß  du  —  gläubig  durch  die  Zeit 

Dich  schleppend  —  allen  Völkern  rings  verkündest, 

Schuldlos  sei  Er  —  und  Strafe  alles  Leid! 

Dich  opfert  Er!    Du  taugst  Ihm  nur  als  Zeuge, 

Als  unbestochener,  auf  den  Er  weist, 
1405  Wer  zweifelt  noch,  wenn  du  —  von  ihm  zertreten, 

Verblutend  —  deinen  Gott,  gerecht,  noch  preist! 

Und  immer  hoffst  du:  Letzte  Prüfung  war'  es, 

Gott  hätte  nur  noch  diesmal  dich  versucht .  . 

Sag'  dich  doch  los!  Kein  Richter  thront  dort  droben, 
1410  Der  deine  Martern  —  sie  zu  sühnen  —  bucht! 

Stark  anrufend. 

Laß  ab  von  Ihm! 


—     «47     — 

jaAkob 

bochauf gerichtet. 
Ich  kann  nicht  von  Ihm  lassen! 

-  In  seligem  Lächein, 
Du  Leid-ErfülJter  —  läßt  denn  du  von  Ihm? 
Und  —  rfcäher  Seinem  Throne  steht  dein  Hassen  — 
Als  alle  Liebe  Seiner  Cherubim! 

Rufst  du  mir  Warnung  zu?   Ich  —  darf  nur  horchen,  141s 
Dem,  was  in  mir  —  Blut  meiner  Ahnen  —  rief .  . 

Inbrünstig, 
Ich  lieb  Ihn  —  wie  Er  ist!   Grausam  und  gnädig, 
Lauteres  Licht  -  und  Abgrund,  finster,  tief! 
Ich  laß  Ihn  nicht!   Ich  weiß:  Zu  Ihm  gehör'  ich! 
Mich  lockt  Verheißen  nicht-  mich  schreckt  nicht  Grauen  142c 
Sieh:  Tief  in  mir  -  wohin  Wort  nicht  mehr  dringt, 
Schläft  —  was  dir  fremd  ward:  Seliges  Vertrauen! 

In  letzter  Hingabe. 
Hör*  mich  mein  Gott!  Es  schweigen  deine  Boten  — 
So  rede  ich!   Ich  laß  Dich  nicht  allein! 
Und  was  mich  trifft  -  mein  Los  wird  immer  wieder     1425 
Nur  Deines  fernen  Schicksals  Widerschein! 
Hör  mich  mein  Gott!   Es  schweigen  Deine  Boten  - 

In  ausbrechendem  Jubel. 
Du,  der  mich  wählt  —  Du,  den  ich  wähle  —  sprich! 
Sag  ihnen,  daß  wir  -  zweifelnd  -  zürnend  -  hadernd  - 


—     148     — 

I430  Doch  aneinander  hangen,  ewig Du  und  ich! 

Gedämpfter. 
Du  willst  ja  schenken!   Sei  dies  Deine  Gnade: 
Hin  durch  mein  Blut  laß  ewig  fluten  Deine 
Drei  heiligen  Ströme  -  Herr:  Kraft  -  Stolz  -  Geduld! 
Und  . .  trägst  Du  Schuld  —  will  mit  ich  tragen  — 

Die  Arme  weit  breitend. 

Lade 

M35  Du  Gott  —  auf  meine  Schultern  Deine  Schuld! 

Sein  Haupt  sinkt  auf  die  Brust, 

SAMÄEL 

auflachend. 
Wähnst  du  Ihn  stolz?  Gib  acht  —  Er  nimmt  es  an! 
Er  lädt  dir  auf,  bis  dir  der  Nacken  bricht! 
Man  geißelt  dich,  du  raffst  dich  auf—  Er  sieht  es! 
Verschmachtend  schleppst  du  dich  —  Er  duldet  es, 
1440  Labt  nicht  den  Gaumen,  der  dir  röchelnd  dorrt  . . 
Er  wird  sich  deiner  nicht  erbarmen! 

MICHAEL 

iosbrecbend. 

Lügner! 

GABRIEL,  URIeL,  RAPHÄEL  UND  DIE  DREI 
ANDEREN  ENGEL 
in  einem  einzigen  empörten  Aufschrei. 
Du  lügst! 


—      H9      — 

Ringsum  aus  den  Lüftaiy  und  von  Feme  zu  Hilfe  eilend,  brausen 
belle  und  dunkle  Stimmen  in  wildem  Aufschrei  einher. 

DIE  STIMMEN   DER  ENGEL. 

Du  lügst! 

Ein  Strahl j  vor  dem  alles  dunkelt^  bricht  steil  aus  Wolken  und 

haftet  auf  Jaakob.     Mit  ihn  zugleich  dringt  hell  eine  milde 

Stimme,  klar  und  ruhig,  durch  das  Tosen,  das  vor  ihr  verstummt. 

DIE  STIMME. 

Wahr  ist  Samaels  Wort! 
Gewölk  hat  die  Engel  verhüllt,  nur  Jaakob  ist  sichtbar.    Seine 
Hände  ruhen  auf  seiner  Brust,  sein  Nacken  neigt  sid>. 

Wenn  andre,  knieend,  zum  Erbarmer  flehen, 
Üb  ich  Erbarmen  —  wie  der  Herr  am  Knecht! 
Doch  du  —  sollst  aufrecht  vor  dem  Vater  stehen, 
Erbarmen  -  weig're  ich!    Fordere  du  -  dein  Recht!  1445 
Um  meinen  Namen  magst  du  Un-Erhörtes  dulden - 
Doch,  noch  in  Martern,  fühl',  daß  ich-dich  nie  verwarf! 
Die  Stimme  dunkelt;  unendliche  Liebe  entströmt  ihrem  Klang. 
Ich  will  ja  nur- mein  Sohn  -  mich  dir  so  tief  verschulden. 
Daß  ich  —  zur  Sühne  —  dich  erhöh'n  vor  allen  darf!    ms® 

URfEL. 
Herr!   Deine  Morgenstürme  wollen  wehen! 

HELLE  HOHE  ENGELSTIMMEN  RINGSUM. 
Herr!   Herr!   Es  schwindet  Deiner  Sterne  Licht! 


—      I50     — 

urIel. 

Heißt  Du  die  Stürme  harren?  .  . 

DIE  ENGELSTIMMEN. 

. .  Still  die  Sterne  stehen? 

DIE  STIMME. 

Laßt  Stürme,  Sterne,  tun  nach  ihrer  Pflicht! 

1455  Daß  sie  zu  heiligem  Reigen  sich  verschlingen, 

Hab'  ich  beschworen  alles  Wesens  Bahn  — 

Laßt  meiner  Sonne  erste  Strahlen  Idingen 

Fernes  Brausen  setzt  ein 

Die  Werke  dieser  Nacht  —  sie  sind  getan! 

Der  Strahl  erlischt.   Weiße  Wolken  treiben  im  Morgenwinde  um 

die  Kuppe.    Es  dämmert.    Drei  Engel,  die  vorher  um  Jaäkohs 

Lager  standen j  sind  nun  um  ihn  geschart.    Aus  den   Wolken 

löst  sich  Gabriel. 

GABRfEL. 
Noch  einmal  —  mein  Jaakob  —  sinke 
1460  Zurück  auf  deinen  Stein  —  zu  kurzer  Ruh! 

Mit  geschlossenen  Augen  sinkt  Jaakob  zurück  in  die  Arme  der 

Engel,  die  ihn  auf  sein  Lager  gleiten  lassen.    Gabriel  neigt 

sich  über  ihn. 

Wenn  du  mit  dir  —  mit  Fremdem  ringst  — 

Mahnend. 

Gedenke: 

Mit  Gott  dem  Herren  rängest  heute  du! 


—      151      — 

In  deinem  Samen  schau're  immer  wieder 

Erinnern  dieser  Nacht  —  so  Sein  Befehl! 

Er  blickt  auf. 

Schon  rötet  sich  Sein  Morgen!   Auf  die  Lider  —         1465 

Und: 

Er  richtet  sich  hoch  auf. 

Wandle  —  schaue  —  höre  Jisro-El! 

Wolken  ballen  sich  und  verhüllen  die  Bergeskuppe.  Das  Rauschen 
grojJer  Ftiigel  vertönt  ferne.  DieWolken  lösen  sich  zu  vollenden 
Nebeln  und  sinken  langsam  insTal.  Die  Kuppe  liegt  in  grauem 
Friihlicht.  Jaäkob  ist  allein.  Er  schläft.  Sein  Atem  gebt  tief 
und  schwer.  In  das  Brausen  des  Morgenwindes  klingt  manchmal 
der  leise  Ion  ferner  Her  denglocken. 

JAÄKOB 

mit  noch  geschlossenen  Augen  von  seinem  Lager  auj taumelnd; 

er  ringt  nach  Atem,  seine  Worte  fallen  unsicher,  bebend  von 

seinen  Lippen. 

Ich  wandle  . .  wankt  nicht  Kniee,  tragt  mich  .  . 
Er  schlägt  die  Augen  weit  auf 

schaue . . 

Gewölk  und  Nebel  —  höre  .  .  Früh  wind  stürmt 

Und  eben  noch!  . .  1470 

den  Stein,  auf  dem  er  ruhte,  anfassend. 
Stieg  hier  es  nicht  empor  — 
Stufe  um  Stufe  leuchtend  aufgetürmt?  . . 

Gedämpfter. 


—         152        — 

Grollst  du  nun  noch  —  Gestein  darauf  ich  ruhte? 
Warst  du  Gestirn  —  und  wähntest  dich  gefallen? 
Vom  Herrn  verstoßen?   Und  warst  doch  -  du  Stein  - 
I47S  Herabgesandt  nur  —  hoch  erhöht  vor  allen  — 
Die  Schwelle  Seiner  Himmel  hier  zu  sein! 

Aufseufzend. 
Vorbei!   Die  Pforte  zu! 

Er  wendet  sich  gegen  Osten. 
Sein  starker  Tag 
Blüht  wieder  auf—  als  wär's  zum  ersten  Mal! 
Froh  jauchzt  Sein  Sturm!   Es  naht  Sein  großes  Licht 
Und  sprengt  die  Kelche,  schwer  von  Duft  geschwellt . . 
Zurückgeivorfenen  Hauptes,  mit  geschlossenen  Augen,  tief  atmend. 
1480  Du  heller  Morgen  weißt  noch  nichts  von  Qual  — 
Ich  atme  dich  —  du  neuerschaffne  Welt! 
Aufwärtsblickend;  leiser. 

Stand  ich  zu  kühn  vor  Dir  in  dieser  Nacht? 

Wenn  Dir  mein  hilflos  Wort  zu  stolz  erschien  .  . 

Sieh  — 

Er  bricht  aufschluchzend  in  die  Kniee. 

Ewiger  Schöpfer  —  jeder  Deiner  Morgen 
1485  Wirft  mich  ja  doch,  von  neuem  vor  Dir  hin! 

Der  Wind  trägt  den  Hall  vieler  Herdenglocken,  stärker  als  vor- 
her, aus  dem  Tale  herauf.  Dazwischen  klingt  —  auf  einer  Hirten- 
pfeife —  das  Lied  des  Hirten  Schua,  das  er  am  Abend  blies. 


—      '53      — 

Hier  lieg  ich  —  Herri  Jaakob,  den  Du  riefest  — 

Erwählt  von  Dir  und  doch  .  .  Kind  dieser  Erde! 

Führt  drunten  weiter  wieder  nun  mein  Weg? 

Ruft  ihr  hinab  mich  —  Glocken  meiner  Herde? 

Mein  Hirt  da  drunten,  willst  du  wach  mich  spielen       1490 

Mit  deinem  Liede?   Hirt  —  ich  bin  erwacht! 

Ich  komme!   Abschied  nehm  ich  nur  von  Erde, 

Die  heilig  ward  —  in  einer  heiligen  Nacht! 

idnibaAls  stimme 

aus  dem  Tale, 
Kommst  du  nicht,  Herr? 

JAÄKOB 
bat  sieb  erhoben, 

Idnibaal,  ich  komme! 

Harrt  doch  .  .  es  harret  meiner  auf  dem  Wege,  ,4^ 

Der  unten  für  mich  anhebt,  anderes  noch! 

Leiser  beginnend. 

Herr!  Was  Dein  Wille  mir  auch  auferlege  . . 

Wie  Krone  will  ich's  tragen  —  nicht  wie  Joch! 

Hast  Du  mein  Blut  erwählt  zur  Feuerfackel, 

Die  ob  den  Wegen  aller  Völker  flammt . .  1500 

Laß  Deiner  heiligen  Wahl  —  Herr  —  nie  vergessen. 

Was  fern  und  spät  noch  meinem  Blut  entstammt!  - 

Doch  wenn  sie  es  vergessen  —  müde  sinken 

Am  Weg  —  laß  sie  in  Kleinmut  nicht  vergehen, 


-      1^4     ~ 

Stark. 
1505  Herr  -  rufe,  rufe  —  und  aus  meinem  Blute 
Wird  immer  wieder  einer  dann  erstehen, 
Anfachen  das,  was  —  Herr  —  von  Dir  entzündet  — 
Heilige  Glut  —  noch  unter  Trümmern  schwält, 
Und  ihnen  sagen  — 

Mit  geballten  Brauen,  gebietend  und  drohend. 

sagen  —  sagen  .  . 
15 10  Wozu  sie  Gott  —  in  alle  Zeit  —  erwählt. 

Beschwörend. 

Kraft  leihe  —  Herr  —  dann  seinen  armen  Lippen! 

Von  Deiner  Herrlichkeit,  die  mir  erschien, 

Wirf  einen  Strahl,  Herr,  auf  sein  Wort  -  nur  einen.. 

In  Stolz  und  Demut. 

Herr  —  tu's  um  Deinetwillen  —  nicht  um  ihn! 

Mit  einer  raseben  Wendung  tritt  er  hinter  den  Stein.  Er  ergreift 
nacheinander  die  vieingefüüte  Silber schaUf  den  Milchschlauch ,  das 
Widderhorn,  'welches  das  Öl  birgt,  und  läßt,  mit  hocberhobener 
Hand,  aus  jedem  auf  den  Stein  niederträufeln.  Seine  Stimme 
ist  hell  und  stolz. 

ISIS  Mit  dieses  Landes  Frucht  und  Segen  salb  ich  — 
Dich  Stein  — 

Sich  freudig  besinnend. 

Mit  meines  Landes  —Wein ..  und  Milch  ..  und  Öl!  — 


—      155      — 

IDNIBAÄLS  STIMME 
aus  dem  Tal, 
Kommst  du  —  Jaakob? 

jaAkob 

noch  ühfr  den  Stein  geneigt,  richtet  er  sich  nun  jäh  auf.  MH 
raschen  Sdiritten  tritt  er  hart  an  den  Rand  des  Abhanges.  Et 
greift  nach  seinem  hohen  Hirtenstab,  der  am  Boden  lag.  Gegen 
Osten  geivandt,  hocbauf gerichtet^  ruft  er  mit  jubelnder  Stimme 
ins  Tal  hinab. 

Nicht  —  „Jaakob!"   Nieder 

Zu  Euch  steigt  —  der  mit  Gott  rang  —  Jisro-El! 

Es  ist  Tag 


AUS  DER  HEILIGEN  SCHRIFT 

zu 

JAAKOBS  TRAUM 


/.  Mosff  Kap.  28,  Vers  le-ip. 

„10.  Aber  Jakob  zog  aus  von  Bcr-Seba,  und  reiste  gen 
Haran, 

1 1.  Und  kam  an  einen  Ort,  da  blieb  er  über  Nacht;  denn 
die  Sonne  war  untergegangen.  Und  er  nahm  einen  Stein  des 
Ortes,  und  legte  ihn  zu  seinen  Häupten,  und  legte  sich  an 
demselben  Ort  schlafen. 

II.  Und  ihm  träumte;  und  siehe,  eine  Leiter  stand  auf 
Erden,  die  rührte  mit  der  Spitze  an  den  Himmel,  und  siehe, 
die  Engel  Gottes  stiegen  daran  auf  und  nieder ; 

I  3.  Und  der  Herr  stand  oben  darauf,  und  sprach:  Ich  bin 
der  Herr,  Abrahams,  deines  Vaters,  Gott  und  Isaaks  Gott; 
das  Land,  da  du  auf  liegest,  will  ich  dir  und  deinem  Samen 
geben. 

1 4.  Und  dein  Same  soll  werden  wie  der  Staub  auf  Erden, 
und  du  sollst  ausgebreitet  werden  gegen  den  Abend,  Morgen, 
Mitternacht  und  Mittag;  und  durch  dich  und  deinen  Samen 
sollen  alle  Geschlechter  auf  Erden  gesegnet  werden. 

15.  Und  siehe,  ich  bin  mit  dir,  und  will  dich  behüten, 
wo  du  hin  ziehest,  und  will  dich  wieder  herbringen  in  dies 
Land.  Denn  ich  will  dich  nicht  lassen,  bis  daß  ich  tue  alles, 
was  ich  dir  geredet  habe. 

1 6.  Da  mm  Jakob  von  seinem  Schlaf  aufwachte,  sprach 
er;  Gewißlich  ist  der  Herr  an  diesem  Ort,  und  ich  wußte  es 
nicht; 


—      i<$o      — 

1 7.  Und  fürchtete  sich,  und  sprach;  Wie  heilig  ist  diese 
Stätte!  Hier  ist  nichts  anders  denn  Gottes  Haus,  und  hier  ist 
die  Pforte  des  Himmels. 

I  8.  Und  Jakob  stand  des  Morgens  frühe  auf,  und  nahm 
den  Stein,  den  er  zu  seinen  Häupten  gelegt  hatte,  und  richtete 
ihn  auf  zu  einem  Mal,  und  goß  Ol  oben  darauf, 

19.  Und  hieß  die  Stätte  Beth-El;« 

Zu  Vers  ^ojy  40^.  I.  Mose,  Kap.  iß,  Vers  16. 

„Und  ich  will  deinen  Samen  machen  wie  den  Staub  auf 
Erden.  Kann  ein  Mensch  den  Staub  auf  Erden  zählen,  der 
wird  auch  deinen  Samen  zählen." 

Zu   Vers  ^^6.  I.  Mose,  Kap.  i^,  Vers  iS. 

,Abcr  Melchisedek,  der  König  von  Salem,  trug  Brot  und 

Wein  hervor.  Und  er  war  ein  Priester  Gottes  des  Höchsten." 

Zu  Vers  ^jS.  I.  Chronika,  Kap.  12,  Vers  1^. 

„Und  David  zog  hin  und  das  ganze  Israel  gen  Jerusalem, 
das  ist  Jebus;  denn  die  Jebusitcr  wohneten  im  Lande." 

Zu  Vers  S03-S2i.  I,  Mose,  Kap.  zz,  Vers  i,  z,  ß-13. 

„I.  Nach  diesen  Geschichten  versuchte  Gott  Abraham, 
und  sprach  zu  ihm:  Abraham!  Und  er  antwortete:  Hier  bin 
ich. 

1.  Und  er  sprach:  Nimm  Isaak,  deinen  einzigen  Sohn,  den 
du  lieb  hast,  und  gehe  hin  in  das  Land  Morija,  und  opfere 
ihn  daselbst  zum  Brandopfer  auf  einem  Berge,  den  ich  dir 
sagen  werde. 


—     i6i      — 

9.  Und  als  sie  kamen  an  die  Stätte,  die  ihm  Gott  sagte, 
baute  Abraham  daselbst  einen  Altar,  und  legte  das  Holz  darauf, 
und  band  seinen  Sohn  Isaak,  legte  ihn  auf  den  Altar  oben 
auf  das  Holz, 

I  o.  Und  reckte  seine  Hand  aus,  und  faßte  das  Messer,  daß 
er  seinen  Sohn  schlachte. 

1 1 .  Da  rief  ihm  der  Engel  des  Herrn  vom  Himmel  und 
sprach:  Abraham!  Abraham!    Er  antwortete;  Hier  bin  ich. 

12.  Er  sprach:  Lege  deine  Hand  nicht  an  den  Knaben 
und  tue  ihm  nichts;  denn  nun  weiß  ich,  daß  du  Gott  furch- 
test, und  hast  deines  einzigen  Sohnes  nicht  verschonet  um 
meinetwillen. 

13.  Da  hob  Abraham  seine  Augen  auf,  und  sah  einen 
Widder  hinter  sich  in  der  Hecke  mit  seinen  Hörnern  hangenj 
und  ging  hin,  und  nahm  den  Widder,  und  opferte  ihn  zum 
Brandopfer  an  seines  Sohnes  Statt." 

Zu  Vers  jjj,  jj^.  I.  Mose,  Kap.  ij,  Vers  iS. 

^An  dem  Tage  machte  der  Herr  einen  Bund  mit  Abraham, 
und  sprach:  Deinem  Samen  will  ich  dies  Land  geben,  von 
dem  Wasser  Ägyptens  an  bis  an  das  große  Wasser  Phrath;" 

Zu  Vers  jjä.  I.  Mose,  Kap.  12,  Vers  6,  7. 

„6.  Zog  Abram  durch  bis  an  die  Stätte  Sichem 

7.  Da  erschien  der  Herr  Abram  und  sprach:  Deinem  Samen 
will  ich  dies  Land  geben."^ 

Zu  Vers  /^j.  IV.  Mose,  Kap.  2^,  Vers  21, 

„Und  da  er  sah  die  Keniter,  hob  er  an  seinen  Spruch  und 

sprach:  Fest  ist  deine  Wohnung,  und  hast  dein  Nest  in  einen 

Fels  gelegt." 

II 


—        IÖ2        — 

Zu  Vers  j(fo.  I.  Mose,  Kap.  12,  Vers  i. 

„Und  der  Herr  sprach  zu  Abram:  Gehe  aus  deinem  Vater- 
land und  von  deiner  Freundschaft  und  aus  deines  Vaters  Hause 
in  ein  Land,  das  ich  dir  zeigen  will." 

Zu  Vers  S^^j  S^ä.  I.  Mose,  Kap.  zy,  Vers  zä,  zS,  zg. 

„i6.    Und  Isaak,  sein  Vater,  sprach  zu  ihm: 

28.  Gott  gebe  dir  vom  Tau  des  Himmels  und  von  der 
Fettigkeit  der  Erde  und  Korn  und  Wein  die  Fülle. 

29.  Völker  müssen  dir  dienen,  und  Leute  müssen  dir  zu 
Fuße  fallen.  Sei  ein  Herr  über  deine  Brüder,  und  deiner 
Mutter  Kinder  müssen  dir  zu  Fuße  fallen.  Verflucht  sei,  wer 
dir  flucht;  gesegnet  sei,  wer  dich  segnet." 

Zu  Vers  Sp^  Spj.  J.  Mose,  Kap.  zz,  Vers  18. 

„Und  durch  deinen  Samen  sollen  alle  Völker  auf  Erden 
gesegnet  werden,  darum  daß  du  meiner  Stimme  gehorchet 
hast.« 

Zu  Vers  poS.  Psalm  I,  Vers  j. 

„Der  ist  wie  ein  Baum  gepflanzet  an  den  Wasserbächen, 
der  seine  Frucht  bringet  zu  seiner  Zeit,  und  seine  Blätter  ver- 
welken nicht;  und  was  er  macht,  das  gerät  wohl." 

Zu  Vers  fi^o.  I.  Mose,  Kap.  p,  Vers  40. 

„Des  Tages  verschmachtete  ich  vor  Hitze  und  das  Nachts 
vor  Frost, " 


-     IÖ3     - 

Zu  Vers  107 j.  Hesekiel  Kap.  t,  Vers  2^. 

„Und  ich  hörte  die  Flügel  rauschen  wie  große  Wasser, 
und  wie  ein  Gctöne  des  Allmächtigen,  wenn  sie  gingen,  und 
wie  ein  Getümmel  in  einem  Heer.** 

Zu  Vers  lopi,  lopz.  Hesekiel  Kap.  p,  Vers  2. 

„Aber  es  war  Einer  unter  ihnen,  der  hatte  Leinwand  an 
und  ein  Schreibzeug  an  seiner  Seite.'* 

Daniel,  Kap.  lo,  Vers  5^  ä. 

„5. und  hob  meine  Augen  auf^  und  sah,  und  siehe, 

da  stand  ein  Mann  in  Leinwand,  und  hatte  einen  goldenen 
Gürtel  um  seine  Lenden. 

6.  Sein  Leib  war  wie  ein  Türkis,  sein  Antlitz  sah  wie  ein 
Blitz,  seine  Augen  wie  eine  feurige  Fackel,  seine  Arme  und 
Füße  wie  ein  glühendes  Erz,  und  seine  Rede  war  wie  ein 
großes  Getönc.'^ 

Zu  Vers  112  J.  Daniel,  Kap.  12,  Vers  i. 

„Zu  derselben  Zeit  wird  der  große  Fürst  Michael,  der  für 
dein  Volk  stehet,  sich  aufmachen.'* 

Zu  Vers  iiop.  V.  Mose,  Kap.  11,  Vers  11. 

„Sondern  es  hat  Berge  und  Auen,  die  der  Regen  vom 
Himmel  tränket;" 

Zu  Vers  1211,  1212.  V.  Mose,  Kap.  S,  Vers  j,  $. 

,,7.  Denn  der  Herr,  dein  Gott,  führet  dich  in  ein  gut 
Land,  ein  Land,  da  Bäche  und  Brunnen  und  Seen  innen  sind, 
die  an  den  Bergen  und  in  den  Auen  fließen; 


—      164     — 

8.  Ein  Land,  da  Weizen,  Gerste,  Weinstockc,  Feigenbäume 
und  Granatäpfel  innen  sind;  ein  Land,  da  Ölbäume  und  Honig 
innen  wächst;" 

Zu  Vers  iz^o^  iz^i,  IL  Mose,  Kap.  y,  Vers  zi,  iz. 

„21.  Und  der  Herr  zog  vor  ihnen  her,  des  Tages  in  einer 
Wolkensäule,  daß  er  sie  den  rechten  Weg  führte,  und  des 
Nachts  in  einer  Feuersäule,  daß  er  ihnen  leuchtete,  zu  reisen 
Tag  und  Nacht. 

Z2.  Die  Wolkensäulc  wich  nimmer  von  dem  Volk  des 
Tages,  noch  die  Feuersäule  des  Nachts.'* 

Zu  Vers  134-7, 13 ^S.  Jesaja,  Kap.  43,  Vers  zi. 

„Dies  Volk  habe  ich  mir  zugerichtet,  es  soll  meinen  Ruhm 

erzählen." 

Jesaja,  Kap.  43,  Vers  lo-iz. 

„10.  Ihr  aber  seid  meine  Zeugen,  spricht  der  Herr,  und 

mein  Knecht,  den  ich  erwählet  habe,  auf  daß  ihr  wisset,  und 

mir  glaubet  und  verstehet,  dass  ich  es  bin.    Vor  mir  ist  kein 

Gott  gemacht,  so  wird  auch  nach  mir  keiner  sein. 

1 1 .  Ich,  ich  bin  der  Herr,  und  es  ist  außer  mir  kein 
Heiland. 

12.  Ich  habe  es  verkündiget,  und  habe  auch  geholfen; 
und  habe  es  euch  sagen  lassen,  und  ist  kein  fremder  (Gott) 
unter  euch. 

Ihr  seid  meine  Zeugen,  spricht  der  Herr;  so  bin  ich  Gott." 

Zu  Vers  134p.                                      Jesa'ja,  Kap.  ^p,  Vers  /. 
„Höret  mir  zu,  ihr  Inseln,  und  ihr  Völker  in  der  Ferne, 
merket  auf!    Der  Herr  hat  mich  gerufen " 


-      1(^5      - 

Zu  Vers  ijJOj  ijji,  Jf^aja,  Kap.  ^j,  Vers  zz,  zj. 

„11.  Wendet  euch  zu  mir,  so  werdet  ihr  selig,  aller  Welt 
Enden;  denn  ich  bin  Gott,  und  keiner  mehr. 

2  3 .  Ich  schwöre  bei  mir  selbst,  und  ein  Wort  der  Gerech- 
tigkeit gehet  aus  meinem  Munde,  da  soll  es  bei  bleiben,  näm- 
lich :  Mir  sollen  sicii  alle  Kniee  beugen,  und  alle  Zungen 
schwören."  * 

Zu  Vers  ijjz.  Psalm  ijOj  Vers  i-ß. 

„I.  Aus  der  Tiefe  rufe  ich,  Herr,  zu  dir. 

2.  Herr,  höre  meine  Stimme,  laß  deine  Ohren  merken  auf 
die  Stimme  meines  Flehens! 

3.  So  du  willst,  Herr,  Sünde  zurechnen,  Herr,  wer  wird 
bestehen?" 

Zu  Vers  ijöi.  Jesaja,  Kap,  ^S,  Vers  ^. 

„Denn  ich  weiß,  daß  du  hart  bist,  und  dein  Nacken  ist 
eine  eiserne  Ader " 

Zu  Vers  ij(fz,  ij(fj.  Jesaja  Kap.  ^z,  Vers  6y  7. 

„Ich  der  Herr  habe  dich  gerufen  mit  Gerechtigkeit,  und 
habe  dich  bei  deiner  Hand  gefasset  und  habe  dich  behütet, 
und  habe  dich  zum  Bund  unter  das  Volk  gegeben,  zum  Licht 
der  Heiden; 

7.  Daß  du  sollst  öffnen  die  Augen  der  Blinden,  und  die 
Gefangenen  aus  dem  Gefängnis  führen,  und  die  da  sitzen  in 
der  Finsternis  aus  dem  Kerker." 

Jesaja  Kap.  ^p,  Vers  ^j  6. 
„5.  Und  nun  spricht  der  Herr,  der  mich  von  Mutterleibe 
an  zu  seinem  Knechte  bereitet  hat 


—      i66     — 

6. Es  ist  ein  Geringes,  daß  du  mein  Knecht  bist, 

die  Stämme  Jakobs  aufzurichten,  und  das  Verwahrlosete  in 
Israel  wieder  zu  biingen;  sondern  ich  habe  dich  auch  zum 
Licht  der  Heiden  gemacht,  daß  du  seiest  mein  Heil  bis  an  der 
Welt  Ende." 

Z«  yers  ij<f4.  IL  Mose,  Kap.  iß,  Vers  6. 

„Und  ihr  sollt  mir  ein  priesterliches  Königreich,  und  ein 

heiliges  Volk  sein.    Das  sind  die  Worte,  die  du  den  Kindern 

Israels  sagen  sollst." 

V.  Mose,  Kap.  zS,  Vers  ß, 

„Der  Herr  wird  dich  ihm  zum  heiligen  Volk  aufrichten, 

wie  er  dir  geschworen  hat '* 

///.  Mose,  Kap.  zo,  Vers  z6. 

„1  6.  Darum  sollt  ihr  mir  heilig  sein;  denn  ich,  der  Herr, 

bin  heilig,  der  euch  abgesondert  hat  von  den  Völkern,  daß 

ihr  mein  wäret." 

Zu  Vers  ijyi,  ijyz.  V.  Mose,  Kap.  zS,  Vers  6^,  äj. 

,,04.  Denn  der  Herr  wird  dich  zerstreuen  unter  alle  Völker 
von  einem  Ende  der  Welt  bis  ans  andre; 

65.  Dazu  wirst  du  unter  denselben  Völkern  kein  bleiben- 
des Wesen  haben,  und  deine  Fußsohlen  werden  keine  Ruhe 
haben.  Denn  der  Herr  wird  dir  daselbst  ein  bebendes  Herz 
geben  und  verschmachtete  Augen  und  verdorrete  Seele," 

Zu  Vers  ijj).  V.  Mose,  Kap.  z^,  Vers  zp,  jj,  j^. 

„29. und  wirst  auf  deinem  Weg  kein  Glück  haben; 

und  wirst  Gewalt  und  Unrecht  leiden  müssen  dein  Leben 
lang  und  niemand  wird  dir  helfen. 


—      107     - 

3  3. und  wirst  Unrecht  leiden  und  zerstoßen  werden 

dein  Leben  lang. 

34.  Und  w^irst  unsinnig  werden  vor  dem,  das  deine  Augen 
sehen  müssen.^ 

Hesekiel,  Kap.  zjj  Vers  7. 

„Darum,  siehe,  ich  will  meine  Hand  über  dich  ausstrecken. 

und  dich  den  Heiden  zur  Beute  geben,  imd   dich  aus  den 

Völkern  ausrotten,  und  aus  den  Ländern  umbringen,  und  dich 

vertilgen.** 

Zu  Vers  ijyj.  V.  Mose,  Kap.  2S,  Vers  zj. 

„Dein  Himmel,  der  über  deinem  Haupt  ist,  wird  ehern 
sein,  und  die  Erde  unter  dir  eisern." 

Zu  Vers  ijgj.  V.  Mose,  Kap.  zS,  Vers  ^7- 

„Und  wirst  ein  Scheusal  und  ein  Sprichwort  und  Spott 
sein  unter  allen  Völkern,  da  dich  der  Herr  hin  getrieben 
hat." 


Zu  Vers  1^0^-1406.  Psalm  iipj  Vers  16^. 

,Jch  lobe  dich  des  Tages  siebenmal  um  der  Rechte  willen 
deiner  Gerechtigkeit." 

Psalm  jij  Vers  ij,  lö. 

„15.  Mein  Mund  soll  verkündigen  deine  Gerechtigkeit, 
täglich  dein  Heil,  die  ich  nicht  alle  zählen  kann. 

16.  Ich  gehe  einher  in  der  Kraft  des  Herrn,  Herrn;  ich 
preise  deine  Gerechtigkeit  allein." 


—     i58     — 

Zu  Vers  1417.  Jesaja,  Kap.  ^f,  Vers  ö,  7. 

„6. Ich  bin  der  Herr,  und  keiner  mehr; 

7.  Der  ich  das  Licht  mache,  und  schaffe  die  Finsternis; 
der  ich  Frieden  mache,  und  schaffe  das  Übel.  Ich  bin  der 
Herr,  der  solches  alles  tut." 

Zu  Vers  i^zS.  Josuüj  Kap.  24,  Vers  zi,  zz, 

„II.  Das  Volk  aber  sprach  zu  Josua:  Nicht  also,  sondern 

wir  wollen  dem  Herrn  dienen. 

22.  Da  sprach  Josua  zum  Volk;  Ihr  seid  Zeugen  über  euch, 

daß  ihr  den  Herrn  euch  erwählet  habt,  daß  ihr  ihm  dienet. 

und  sie  sprachen;  Ja." 

Zu  Vers  1446.  J^^^j^}  ^^P'  Jh  ^^^^  7y  '^^  'Jy  l^' 

„7.  Höret  mir  zu,  die  ihr  die  Gerechtigkeit  kennet,  du 
Volk,  in  welches  Herzen  mein  Gesetz  ist!  Fürchtet  euch  nicht, 
wenn  euch  die  Leute  schmähen;  und  entsetzet  euch  nicht, 
wenn  sie  euch  verzagt  machen. 

1 2 .  Ich,  ich  bin  euer  Tröster.  Wer  bist  du  denn,  daß  du 
dich  vor  Menschen  furchtest,  die  doch  sterben?  Und  vor 
Menschenkindern,  die  als  Heu  verzehret  werden? 

I  3 .  Und  vergissest  des  Herrn,  der  dich  gemacht  hat,  der 
den  Himmel  ausbreitet,  und  die  Erde  gründet? 

1 6.  Ich  lege  mein  Wort  in  deinen  Mund,  und  bedecke 
dich  unter  dem  Schatten  meiner  Hände,  auf  daß  ich  den 
Himmel  pflanze  und  die  Erde  gründe  und  zu  Zion  spreche: 
Du  bist  mein  Volk!" 


—     169     — 

Zu  Vers  t^y.  Psalm  (fg,  Vers  y,  t. 

„7.  Laß  nicht  zu  Schanden  werden  an  mir,  die  deiner  harren, 
Herr,  Herr  Zcbaoth!  Laß  nicht  schamrot  werden  an  mir 
die  dich  suchen,  Gott  Israels! 

8.  Denn  um  deinetwillen  trage  ich  Schmach;  mein  An- 
gesicht ist  voller  Schande.* 


Zu  Vers  144t.  Jesaja,  Kap.  ^p,  Vers  i^  /  j. 

„14.  Zion  aber  spricht:  Der  Herr  hat  mich  verlassen,  der 
Herr  hat  meiner  vergessen. 

15.  Kann  auch  ein  Weib  ihres  Kindleins  vergessen,  daß 
sie  sich  nicht  erbarme  über  den  Sohn  ihres  Leibes?  Und  ob 
sie  desselben  vergäße,  so  will  ich  doch  deiner  nicht  ver- 
gessen." 

Jesaja,  Kap.  41,  Vers  2 -10. 

„8.  Du  aber,  Israel,  mein  Knecht,  Jakob,  den  ich  er- 
wählet habe,  du  Samen  Abrahams,  meines  Geliebten; 

9. :  Du  sollst  mein  Knecht  sein;  denn  ich  erwähle 

dich,  und  verwerfe  dich  nicht; 

10.  Fürchte  dich  nicht,  ich  bin  mit  dir;  weiche  nicht, 
denn  ich  bin  dein  Gott.  Ich  stärke  dich,  ich  helfe  dir  auch, 
ich  erhalte  dich  durch  die  rechte  Hand  meiner  Gerechtig- 
keit.« 

Jesaja,  Kap.  43,  Vers  i,  4,  j. 

„I.  Und  nun  spricht  der  Herr,  der  dich  geschaffen  hat, 
Jakob,  und  dich  gemacht  hat,  Israel;  Fürchte  dich  nicht,  denn 
ich  habe  dich  erlöset;  ich  habe  dich  bei  deinem  Namen  ge- 
rufen; du  bist  mein. 


—      170      — 

4-  Weil  du  so  wert  bist  vor  meinen  Augen  geachtet,  mußt 

du  auch  herrlich  sein,  und  ich  habe  dich  lieb; 

5.   So  fürchte  dich  nun  nicht,  denn  ich  bin  bei  dir." 

Zu  Vers  i^pp,  lyoo.  Jesaja,  Kap.  jjj  Vers  j. 

„Siehe,  du  wirst  Heiden  rufen,  die  du  nicht  kennest;  und 

Heiden,  die  dich  nicht  kennen,  werden  zu  dir  laufen  um  des 

Herren  willen,  deines  Gottes,  und  des  Heiligen  in  Israel,  der 

dich  preise.*' 

Jesaja,  Kap.  ^2,  Vers  i. 

„Siehe,  das  ist  mein  Knecht,  ich  erhalte  ihn;   und  mein 

Auserwählter,  an  welchem  meine  Seele  Wohlgefallen  hat. 

Ich  habe  ihm  meinen  Geist  gegeben,  er  wird  das  Recht  unter 

die  Heiden  bringen." 

Zu  Vers  ijoi.  Jesaja,  Kap.  ^-^,  Vers  zi. 

„Daran  gedenke,  Jakob  und  Israel;  denn  du  bist  mein 
Knecht.  Ich  habe  dich  zubereitet,  daß  du  mein  Knecht 
seiest;  Israel  vergiß  meiner  nicht. 

Zu  Vers  /j/^.  Jfsaja,  Kap.  4.8,  Vers  10 ,  u. 

„IG.  Siehe,  ich  will  dich  läutern,  aber  nicht  wie  Silber, 
sondern  ich  will  dich  auserwählet  machen  im  Ofen  des 
Elendes. 

1 1.  Um  meinetwillen,  ja,  um  meinetwillen  will  ich  es  tun, 

daß  ich  nicht  gelästert  werde;  denn  ich  will  meine  Ehre 

keinem  andern  lassen." 

Psalm  II jj  Vers  1. 

„Nicht  uns  Herr,  nicht  uns,  sondern  deinem  Namen  gib 

Ehre  um  deine  Gnade  und  Wahrheit!" 


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