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Full text of "Johann Samuel Traugott Gehler's Physikalisches wörterbunch"

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I 


Professor 

Karl   fjeinrid?  Hau 

O*    TM«    U 

N,VIB.,T,    O-    HllMLHIt« 

PRESENTED     TO    THE 

UN  1  VERS 

ITY     OF     MICHIGAN 

mt. 

Prjtlo  parsons 

er   D«t»oit 

1871 

V 


^ 


V 


PAysil^alisches    Wörterbuch 


I X.    Band. 


^      £     t:      e       Abtheilung. 

THermom. U. 


i    * 


Johann  Samuel  Traugott  Gehler's 


Physikalisch 


W^örterbuc 


neu    bearbeitet 


von 


Gmelin.      Littrow.     Muncke.     Pfaff. 


Z    w 


Neunter    Band. 

eite      Abtheilung* 

Thermom.  — '■ —   U. 


M 


'  t     K.upf«rtaf"In    XI    bis    XXXIV. 


Leipzig, 

I,   ei      E.     B.     Schwicktrt 

18  59. 


■w 


Thermomet  er. 


Tliermoskop,  Wärmemesser}  Thermosco-* , 
pium>  Thermometrwni  Thermome tre  5  Tkermo-* 
meter. 

Was  ein  Thermometer  (von  d-iQp&g  warm  und  ptro/c* 
ich  messe  oder  oxondw  ich  sehe)  dem  gewöhnlichen  Sprach- 
gebrauche nach  sey  nnd  wozu  man  dasselbe  meistens  anwende, 
bedarf  keiner  Erklärung ;  interessanter  ist  es  dagegen ,  zu  wis- 
sen, durch  wie  vielfache  Abstufungen  dasselbe  zu  seiner  ge- 
genwartigen Vollendung  gelangt  ist.  Viele  wirkliche  oder  ver- 
meintliche Verbesserungen  werden  aber  besser  im  Verlaufe  der 
Untersuchung  erwähnt,  so  dafs  also  vorläufig  nur  von  den 
frühesten  Einrichtungen  die  Rede  seyn  kann* 

1)  Man  schreibt  die  Erfindung  desselben  meistens  nach 
DjiMwcfe1  dem  Corheliüs  Drebbel  ,  einem  Wegen  ver*. 
schiedener  mechanischer  Erfindungen  berühmten  Landmanne 
zu  Alkmaar  in  Nordholland,  zu,  durch  den  es  in  der  letzten 
Hälfte  des  vorletzten  Jahrhunderts  in  Holland  und  Englands 
bekannt  wurde.  Dem  Engländer  Robert  Fludd  (oder  n* 
Fructibus)  zn  Oxford  (geb*  um  1584)  hat  man  die  Erfin- 
dung desselben  gleichfalls  Zueignen  wollen ;  allein  es  ist  schwer? 
zn  entziffern,  was  die  Ausdrücke  in  seinen  vielen  mystischen 
Schriften  eigentlich  bezeichnen  sollen.  Der  Arzt  Sanctoäius* 
erwähnt  selbst  ein  von  ihm  um  1600  erfundenes  Instrument* 
womit  er  die  Wärme  des  menschlichen  Körpers  zu  messen  im 


1  Tratte*  de«  barotn&ret ,   thermometres  et  nötiomdtres.    Amtt. 
1688.8. 

2  Comm.  in  Galeni  Art  Med*  Logd*  1631.  4«  und  Co  min.  in  Ari- 
ceanae  Canon.  Tenet.  1646.  £• 

VL  Bd.  Ggg 


I 


•  826  Thermometer« 

Stande  sey,  und  daher  haben  Poliwi1,  MjIlfighi*  und  Bo- 
belli3   ihm  die  Erfindung  zugeschrieben ,    auch  meint  Mus- 
schikbeo*k4,    das   Instrument  desselben   sey   auswärts  nicht 
bekannt  geworden   und  es  lasse  sich  daher  die  frühe  Verbrei- 
tung des  Thermometers  durch  England  und  Holland  ans  die- 
ser Quelle  nicht  ableiten.       Dafs  Sanctorius   bei  der  Menge 
und  Ausführlichkeit  seiner  Schriften   das  Thermometer,    wenn 
er  dieses  Werkzeug  mit  seiner  eigenthümlichen    Construction 
wirklich   erfunden   und  angewandt   hätte,     nicht   genauer  be- 
schrieben haben  sollte,  ist  auf  keine  Weise  glaublich,  ilnd  eben- 
so halte  ich  es  für  unwahrscheinlich,    dafs   Galilei   der  Er- 
finder desselben  seyn  soll,    obgleich  Vivutvi  und   Ca^tklli 
dieses  behaupten,    indem   sie  die  Erfindung  desselben   in  da* 
Jahr  1597  setzen,  wie  neuerdings  Libri*  hervorgehoben  hat; 
denn  sonst  würden  die  Mitglieder  der  Akademie  del  Cimento, 
die  man  für  die  Erfinder  des   eigentlichen  Thermometers   hal- 
ten mufs,   dieses  erwähnt  haben»       Das  Instrument,   welches 
ConHELiüS  Drebbel    erfand  und   worauf  ihn    wahrscheinlich 
,    sein   vorzügliches   mechanisches   Talent   zufällig   um  das  Jahr 
1638  führte,  war  ein  Manometer,  und  zwar  nach  Varigsoh-, 
indem  es  die  Dichtigkeit  der  eingeschlossenen  Luft'  zeigte  und 
daher  auch  die  Ausdehnung  derselben  durch  Wärme   angeben! 
mufste. 

2)  Das  Drebbel'sche  Thermometer  in  seiner  einfachen, 
Fig.  von  Daliicä  beschriebenen  Gestalt  besteht  aus  einer  Kugel  A 
6*9«  mit  einer  engen  Röhre,  deren  Mündung  in  ein  Gefafs  B  mit 
einer  sehr  verdünnten  Auflösung  von  Kupfer  in  Scheidewasser 
vertical  herabgesenkt  ist.  Die  Luft  wird  in  der  Kugel 
durch  Wärme  so  weit  ausgedehnt,  dab  für  mittlere  Temperatur 
die  Flüssigkeit  ungefähr  bis  H  aufsteigt  und  dann  bei  grosse- 
rer Wärme  sinkt,  bei  geringerer  steigt,  wobei  diese  Gröfsen 
an  einer  willkürlichen  Scale  gemessen  werden*  Verschiedene 
Abänderungen  dieser  Construction  liegen  sehr  nahe.  Woli*  unter 
Andern  sehlägt  vor,  statt  des  unteren  Gefa&es  gleichfalls  eine 


1  Institut,  philo*«  exper« 

2  Opp.  posth.  p.  80. 

8  De  motu  aaimal.  P.  IL  prop.  175. 

4  Introd.  ad  phü.  nat  T.  II.  $.  1565. 

5  Ann.  de  Chim»  et  Phy*.  T.  XL.  p.  855. 

6  Nuttliche  Versuche  Th.  II»  Cap.  V*  h  56. 


\ 
Flüssigkeit  in  demselben;  827 

Sogt!  C  tu  wählen,  wodurch  der  Apparat  sma*  Aufhangen  Fig. 
bequeaaer  wird*  Becher*  lieb  die  untere  Kegel  C  weg,  bog  • 
iiü  Schenkel  der  beträchtlich  weiten  Röhre  in  die  Höhe, 
fihe  sie  mit  Quecksilber  und  senkte  ^inen  Körper  hinein, 
etkber  auf  dem  Metalle  schwimmend  Tarmittelst  eines  über 
est  BoOe  gehenden  Fadens  ein  Gegengewicht  bald  aufwärts 
sag,  bald  herabsinken  lieft,  je  nachdem  die  Luft  in  der  oberen 
lagd  sehr  oder  weniger  ausgedehnt  war«  Das  Gewicht  seilte 
«et (Ar  aufziehn  und  in  steter  Bewegung  erhalten,  weswe- 
.  {n  fr  den  Apparat  ein  p*rp*iwtm  mobil*  physico-  mecfiani^ 
am  nannte.  •  Von  dieser  Art  mufs  auch  nach  Kaistwi&'s* 
aaäcbt  die  Vorrichtung  gewesen  seyn,  die  Becks*  schon 
1656  verfertigte,  wobei  ein  auf  Glas  gemaltes  Bild  Kaiser 
Fudiiavd's  HL  sich  im  Sonnenscheine  frei  zeigte ,  bei  trü- 
bn  Wetter  aber  durch  eine  Wolke  bedeckt  wurde. 

3)  Das  Thermometer  der  Florentiner  Akademie  ocler  der 
Accademia  del  Cimento*  erhielt  zuerst  diejenige  Gestalt,  wel- 
che man  seitdem  beibehalten  hat.  t  Es  bestand  aus  einer  Ku-Figw 
gel  B  mit  einer  sogenannten  Thermometerröhre,  war  mit 
Weingeist  gefüllt  und  auf  einer  Scale  befestigt,  welche  in 
Folge  der  Ausdehnung  oder  Zusammenziehung  dieser  Flüssig- 
keit die  Vermehrung  oder  Verminderung  der.  Wärme  anzeigte, 
lasofem  hiermit  also  die  wesentliche,  noch  jetzt  bestehende 
CoDsrraction  der  Thermometer  gegeben  ist,  wird  es  ange- 
messen seyn,  die  einzelnen  Theile  dieses  wichtigen  Ap-  - 
parates  mit  Rücksicht  auf  das  Geschichtliche  der  nach  und 
nach  hinzugekommenen  Bestimmungen  und  Verbesserungen 
Biber  zu  untersuchen« 

A.     Flüssigkeiten  im  Thermometer. 

4)  Hit  Uebergehung  der'Metatfthermometer,  von  denen 
•pater  die  Rede  seyn  wird,  wählt  man  zur  thermometrischen 
Substanz  irgend  eine  Flüssigkeit,    well   deren  Beschaffenheit 


1   Be  nora  tentporis  dimetieiidi  mtione  et  aeearata  norologiorum 
tautiecüone.    Lood.  1680.  4. 

t   Aniangsgrüade  d.  angewandten  Mathem.  4te  Aufl.  Gott*  1792. 
Afceawtrie  J.  86.    Tergl*  Iaitpold  Theatrnm  Aerostat*  Tab.  X« 

S  TenUnnina  Ao.  del  Chnente  ed.  MüiaoaiwatoBi.  P.  I«  p.  f. 

Ggg  2 


828  '       Thermometer; 

gestattet,  eine  grofse  Quantität  derselben,  in  eine  Kugel  ein» 
zuschliefsen  und  die  Ausdehnung  durch  den  Zuwache  oder  die 
Abnahme  des  dünnen  Fadens  im  engen  Rohre  bequemer  zu 
messen.  Allgemein  geht  man  von  dem  Grundsätze  aus,  dalj 
die  Vermehrung  des  Volumens  des  sich  ausdehnenden  Kör- 
pers dem  Zuwachse  der  'Warme  proportional  sey.  Dieser  Satz 
ist  blofs  hypothetisch  und  wird  dieses  so  lange  seyn,  als  wir 
das  Verhaltnifs  der  Wärmequantität  und  ihrer  Repulsion  gegen 
die  Molecüle  der  Körper  noch  nicht  kennen,  welches  man 
bisher  vergebens  zu  erforschen  suchte1.  Wir  finden  jedoch 
bei  den  verschiedensten  Körpern  und  sogar  von  ungleichem 
Aggregationszustande ,  also  bei  festen,  flüssigen  und  expansiv 
beln,  innerhalb  gewisser  Grenzen,  ein  gleiches  Verhältnib 
zwischen  dem  Zuwachse  ihres  Volumens  und  der  Vermehrung 
der  Wärmemenge,  so  dafs  sie  alle,  wenn  auch  in  etwas  ver- 
schiedenem Grade,  zu  thermometrischen  Mefswerkzeugen  die« 
nen  könnten ,  und  dürfen  aus  dieser  Uebereinstimmung  schlie- 
fsen,  dafs,  mindestens  innerhalb  der  Grenzen  dieser  letzteren, 
die  Vergröfserungen  des  Volumens  der  thermoskopisehen  Kör- 
per den  Vermehrungen  der  Wärme  direct  proportional  und  so- 
mit unsere  Thermometet  nicht  blofs  Thermoskope,  sondern  ei- 
gentliche Wärmemesser  sind.  Von  der  andern  Seite  belehrt 
uns  aber  die  Erfahrung,  dafs  die  Verhältnisse  der  Volumens— 
Vermehrungen  zu  den  Zunahmen  der  Wärme  bei  verschiede- 
nen Aggregatzuständen  der  nämlichen  Körper  sehr  ungleich 
sind,  denn  anders  sind  für  gleiche  Mengen  von  Thermome- 
tergraden die  Zunahmen  des  Volumens  z.  B.  bei  flüssigem  und 
geschmolzenem  Blei ,  bei  tropfbar-flüssigem  und  in  Dampf  ver- 
wandeltem Weingeiste,  und  viele  Physiker  nehmen  daher  an, 
dafs  die  Gesetze  der  regelmäfsigen  Zunahme  oder  Abnahme 
des  Volumens  für  gleiche  Wärmegrade  beim  Uebergange  zu 
einem  andern  Aggregatzustande  und  in  der  Nähe  dieser  Ver- 
änderung aufhören«       Ein  Grund   für    diese   Ansicht  läfst  sich 


1    Vergl.  Art  Gas,    Wesen  der  Oasform.   Bd.  IV.  S^  1048.      Die. 

verschiedenen   gehaltreichen  Untersuchungen  über  das  Verhaltnifs  der 

Volumensvermehrang  der  Körper  zn  den  Incrementen  der  Wärme,  na* 

mentlich  von  Schitko,   verspare  ich  auf  den  Art.  Wärme,  und  bleibe) 

hier  der  bisher  herrschenden  Ansicht  um  so  mehr  getreu,    als  tonst 

die  Thermometrie  im  Ganzen  eine  wesentliche  Veränderung   erleiden 

würde. 

/ 


Flüssigkeit  in' denselben.     .  829' 

«s  der  Wahreoheinlichkeit  ^hernehme»,     dafe   Solche  Ueber- 
gfoge  nicht  plötzlich  stattfinden,    ja  bei   vielen'  Körpern  so-  • 
gar  eine  Menge  von  Abstufungen  durchlaufen  ;  aufserdem  aber 
«igt  die  Erfahrung  ein  auffallend   starkes  Zusammenziehn  des 
Quecksilbers   beim  Festwerden    desselben  nnd   eine  beträchtli- 
che Aosdehnnng  des  Wassers  bei  seiner  Verwandking  in  Eis, 
änderet  Beispiele  nicht  zu  gedenken»     Ganz  dieser  Ansicht  zu- 
"wün  und    einher  im  hohen  Grade  aufteilend  war  dagegen  die 
Edakomg,  -welche  aufser  Anderen  ich  selbst   zu  wiederholten 
Itten  beim  Schwefeläther   gemacht  habe,    dessen    Sied epunet 
genau  bei  35°  G.  lag,  und  dennoch  liefs  er  sich' in  dem  ther- 
■oejclei  ähnlichen  Apparate  sogar  bis  50°  C.  erwärmen,    ohne 
tob  dem  regelmässigen  Gesetze  der  Ausdehnung  abzuweichen1: 
Bts  hieraus  hervorgehende  Resultat,  dafs  die  tropfbaren  Flüs- 
sigkeiten  beim  Uebergange  aus  dem  tropf  bar  -  flüssigen   in  den 
expaasibeln ,  Znstand    vom   regelmäßigen    Gesetze   ihrer  Aus-  - 
Ahnung  durch  Wärme  so  lange  nicht  abweichen,  als  ihr  Ag- 
gregatzustand  nicht   wirklich    verändert   ist,     möchte    ich   für 
allgemein  halten ,    denn    auch    beim  Wasser  schien  sich  etwas 
Aehnliches  zu   zeigen    und    sowohl    beim   Schwefelkohlenstoff 
ab  auch  beim  absoluten    Alkohol   ist  die  Sache  in'  Gemafsheit 
absichtlich  angestellter  Versuche3  aufser  Streit.     Mit  weit  ge- 
ringerer Sicherheit  läfst  sich  jener  Satz  für  den  Uebergang  aus 
dem  tropfbar -flüssigen  in  den  festen  Zustand  aufstellen;   denn 
wenn  man  gleich  in  Beziehung  auf  die  beobachtete  sehr  grofse 
ZosammenziehuQg  des   Quecksilbers  sagen  könnte,     dafs  diese 
erst  im  Momente  der  Erstarrung  plötzlich  und  ohne  einen  all- 
miligeo  Uebergang   eintrete,     so   zeigt   doch   das  Wasser   ein 
hiervon   abweichendes   Verhalten    in   seiner    allmaligen   Volu- 
mens -  Vermehrung  vor  dem  Gefrieren   und    es   können   daher 
auch   bei  andern    Flüssigkeiten    ähnliche   Erscheinungen,  vor- 
kommen, 

Läfst  sich  gleich  hierauf  kein  absolutes  Argument  grün-1 
eVa,  so  zeigen  doch  alle  feste  und  alle  flüssige  Körper  bei 
Jer  Zunahme  der  Wärme  eine  in  mehr  als  einfachem  Verhält- 


1    8.  meine  Abband],  ober   die  Ausdehnung  der  tropfbaren  Flüs- 
ejbiten.     In  Mim.  pr**sente*s  i  l'Acad.  Imp.  des  Sc.  de  Peter&b.  T.  1^ 

2   8.  meine  Abhandlung  8nr  hi  Dilatation  de  i'Alcool  absola.    In 
Jen.  del'Aead*  de  St.  Petersb.  1894. 


830  Thermometer« 

niste  wachsende  Vermehrung  ihres  Volumen»,  wie  man  so- 
wohl sos  ihrer  Vergleiehung  onter  einander ,  ab  auch  mit  der 
atmosphärischen  Lab  oder  den  sogenannten  permanenten  Gas- 
arten wahrnimmt ,  und  da  diese  expansibeln  Flüssigkeiten  nach 
überwiegenden  Wahrscheinliohkeitsgrtinden  durch  keine  im  mög- 
liehen Bereiche  der  Erfahrung  liegenden  Veränderungen  der 
Wärme  einem  Wechsel  ihres  Aggregatzustandes  unterliegen 
und  somit  ein  constantes  Verhäitnifs  des  Quantitativen  der  in 
ihnen  enthaltenen  Molecüle  und  des  diese  umgebenden,  die 
Expansion  bewirkenden  Warmestoffe*  vorhanden .  su  seyn 
scheint,  so  folgt  hieraus,  dafs  die  Luft  oder  die  permanenten 
Gasarten  die  einsigen  absolut  genauen  thermometrischen  Flu**- 
sigkeiten  sind  und  dafs  alle  übrige  Thermometer  auf  das  Luft« 
thermometer  red noirt  werden  müssen.  Erst  in  den  neuesten  Zeiten 
ist  dieser  Satz  mit  Bestimmtheit  anerkannt  worden,  aber  auch 
schon  ältere  Physiker  haben  die  Wahrheit  desselben  eingesehn, 
wie  namentlich  Lambert1,  welcher  hierauf  die  Construction 
des  Luftthermometer*  gründete,  und  Da  viel  Bi  ahoulli  *. 

5)  Man  hält  zuweilen  das  von  C.  Drebbel  construirte 
Thermometer  für  ein  Luftthermometer;  das  war  es  jedoch  nicht, 
denn  die  Luft  in  der  Kugel  wurde  stets  mit  Dämpfen  'der^ 
sperrenden  Flüssigkeit  erfüllt,  und  da  diese  bekanntlich  ein 
anderes  Gesetz  der  Ausdehnung  befolgen  3,  als  die  trockne  Luft, 
wenn  bei  verschiedenen  Wärmegraden  hinlängliche  Flüssigkeit 
zur  Bildung  neuen  Dampfes  vorhanden  ist,  so  kann  hierbei 
die  verlangte  regelmäfsige  Ausdehnung  der  Luft,  als  das  ge- 
forderte Mafs  der  WSrme,  nicht  stattfinden.  Schon  Hallet4 
schlug  im  Jahre  1680  für  das  ihm  bekannt  gewordene  Floren- 
'  tiner  Thermometer  die  Luft  statt  des  Weingeistes  zu  wählen 
vor,  weil  er  die  Regelmäßigkeit  der  Ausdehnung  des  letz- 
teren in  Zweifel  zog,  das  eigentliche,  zuerst  construirte  Luft- 
thermometer ist  aber  von  Amontovs*.  Nach  seiner  Angabe 
Fig. besteht  dasselbe  aus  einer  sehr  langen  engen  Glasröhre  AB, 
'**  welche  unten  heb  er  förmig  gebogen  und  mit  einer  groben  Ku- 


•  7  <      •  * 


1  Abhandl.  d.  CmirbeL  Alu  d.  Wim.  T.  III.  P.  II.  p.  89. 

2  Hydrodyn.  Soct.  X.  §.  8. 

3  S.  Dampf.  Bd.  II.  8.  281.    VergL  G.  XV.  99. 

4  Philo».  Trans.  N.  197.  p.  650. 

5  Mfa.  de  l'Acad.  de  Per.  1702.  p»  1« 


Flüssigkeit  in  demselben.  831 


gel  D  vesscho  ist,  worin  sich  Luft  befindet»    Die  Menge  der 
letzteren  und  die  Verhältnisse  des  Raumiafialts  der  Kugel  und 
der  Rdhre  •ollen  so  seyn,  data  im  siedenden  Wasser  die  Lunge 
aar  Quecksilbersäule  vom  Niveau  ECt  bis  H  oder  HE  73  Par. 
7*1  betragt ,    wovon  28  Zoll  aof  die  Barometerhöhe  und  45 
ZoD  aof  die  Ausdehnung  der  Luft  bis  zur  Siedehitze   kom- 
men,  Mit   der  Abnahme  der  Temperatur  anter  die  Siedehkse 
amk  d»  Quecksilber,  und  um  seinen  Stand  zn  messen,  mnlste 
mm  den   jedesmaligen   Barometerstand  abziehn   oder,   die  ge* 
amnmen   Zolle    nach  '  dem  Unterschiede    der  Barometerhöhe 
and  der  NormaJgröfoe  derselben  von  28  ZoU  corrigiren.       Aof 
eSfte  Weise  fand   er  die  Wärme  in  den   Kellern  anter  des 
Sternwarte  s«  Paris  ==»  54  Zoll  und  die  des  gefrierenden  W**~ 
ans  es  51,5  Zoll1.       Dieses  Instrument,  dessen  unbehülffiohe 
Grübe  and  ausnehmend  schwierige  Ganstruction  sogleich  in  die 
Aagen  fallt,  wobei  der  vom  Erfinder  nicht  gekannte  Umstand  nicht 
an  übersebn  ist ,  dafs  die  eingescniossene  Lnft  nothwendig  troe> 
ken  sejn  mnTs9  sollte  blofs  ein  Normalthermometer  seyn,   um 
die  Florentiner  danach  zu  gräduiren,  wobei  Amostobs  glaubte» 
die   conetante  Wärme   des  siedenden  Wassers  aufgefunden  zu 
haben,   obgleich  man  dieses,  Gesetz  schon  weit  früher  kannte \ 
Anfserdem  glaubte  er,  dafs  die  Erholung  der  Elastkität  durch 
Warme   bei  der   Luft  mit   ihrer  Zusammendrückung  wachse 3, 
wonach   also   die  Regelmäßigkeit   der  thermometrischen  Wir- 
kung wegen  Ungleichheit   des   äubern  Luftdruckes  von  selbst 
aufhören  müssen« 

Das  beschriebene  Thermometer  unterliegt  hauptsächlich 
Fehler,  dafs  es  eigentlich  nur  ein  Manometer  ist  und 
dals  seine  Veränderungen  vom  gemeinschaftlichen  Einflüsse  der 
Wärme  und  des  äufseren  Luftdruckes  abhängen,  wobei  man 
sich  wundern  muTs,  dafs  sein  Erfinder  beim  Nachdenken  über 
dessen  Instruction  nicht  sofort  auf  das  nahe  Kegende  Mittel 
verfiel,  den  veränderlichen  Druck  der  atmosphärischen  Luft 
anszaschliefsen,  da  dieses  so  leicht  durch  das  ZuschmeTsen  des 
langen  Rohres  an  seinem  Ende  bewerkstelligt  wird.  Ein  sol- 
ches Luftthermometer  brachte  Hiamah*  in  Vorschlag,    um 

1  Vcrgl.  Comment.  Soc.  Bonon.  T.  IL  P.  I.  p.  SOS* 

2  YergL  Warme.  Sieden. 

B    Mem.  de  Par.  1708.  p.  260. 

4    Phorenonüa  lab«  IL  Prop.  85.  SehoL  p.  377. 


832  Thermometer. 

*  die  minlere  Geschwindigkeit  der  Theilchen  zu  finden,  io  de- 
a  reo  Bewegung  die'  Cartesianer  das  Wesen  der  Wärme  und 
Jß*  Elasticität  setzten.  Zu  diesem  Ende  verschlofs  er  das  weite 
Gefafs  H,  welches  mit  der  Barometerröhre  AB  verbunden  war, 
wonach  dann  die  unveränderliche  Menge  der  abgesperrten  Luft 
in  Folge  ihrer  Ausdehnung  durch  Wärme  die  zusammendrük- 
kende  Quecksilbersäule  verlängern  und  nach  dem  Erkalten 
wieder  sinken  lassen  muffte.  ,  Es  ist  merkwürdig,  dafs  die  Ge- 
lehrten hei  der  Construction  der  Luftthermometer  da  Fehler 
suchen,  wo  sie  gav  nicht  vorhanden  sind,  und  den  eigentli- 
chen Mangel  übersehn.  So  glaubte  Amomtoms,  es  entstehe 
eine  Unrichtigkeit  durch  die  Verlängerung  der  Quecksilber« 
Säule  in  Folge  des  Einflusses  der  Wärme ;  eilein  wenn  gewisse 
feste  Puncte  einmal  richtig  bestimmt  waren,  so  war  hierin  diese 
Correction  schon  enthalte»,  vorausgesetzt,  dafs  das  zur  Con- 
trole  gebrauchte  Barometer  auf  die  bei  der  Bestimmung  jener 
Puncte  statt  gefundene  Wärme  reducirt  wurde  und  dafs  die 
,  ungleiche  Ausdehnung  des  Quecksilbers  in  höherer  Tempera- 
tur als  unbedeutende  Grtffse  und  auf  jeden  Fall  für  die  mit 
diesem  Apparate  su  messenden  Temperaturen  vernachlässigt 
werden  kann.  Gehler1  meint*  das  Gefafs  des  Thermometers 
müsse  sehr  grofs  seyn,  damit  sich  das  Volumen  der  einge-» 
schlossenen  Luft  pur  wenig  ändere  und  man  die  Zunahme 
der  Länge  der  Quecksilbersäule  der  Vermehrung  der  Wärme 
proportional  setzen  könne;  allein  selbst  dieses  genügt  zur  völ- 
ligen Genauigkeit  nicht,  sondern  giebt  nur  annähernd  richtige 
Werthe;  denn  es  fällt  in  die  Augen,  dafs  die  Volumensver- 
tnehrung  der  Luft  im  Gefafse  immer  dieselbe  seyn  mufs,  wenn 
die  Quecksilbersäule  im  engeren  Rohre  um  eine  gewisse  6röbe 
wachsen  soll,  und  dab  daher  die  Grade  vom  tiefsten  bis  zum 
höchsten  in  dem  Mähe  kleiner  werden  müssen ,  als  die  wach- 
sende Quecksilbersäule  die  eingeschlossene  Luft  stärker  zusam- 
mendrückt. Dahiel  Berboulli2  fafste  diesen  Umstand  be- 
sonders ins  Auge,  und  indem  er  einsah,  dafs  das  Niveau  des 
Quecksilbers  EF  sich  nothwendig  verändern  müsse,  schlug  ei 
vor,   den  Punct  M  zu  bestimmen ,    welchen  das  lothrecht  ge-» 


1    Alte  Ausg.  Tb.  IV.  8.  856. 

9    VergK  Karstb*  Lehrbegriff  d.   gea.  Matth.   Tb.  III.    Aerost, 
$.  107. 


Flüssigkeit  in  demselben«  833 

Ume  Thermometer  im  siedenden  Wasser- erreiche,  und  dann 
Jaselbe  so  einzurichten ,  dafs  man  es  in  die  schräge  Lage  a  b 
bringen  tonne.     Fiele  bei  verminderter  Temperatur  die  Queck» 
dbersaole   von   dem  Poncte  M  bei   der  Siedhitze  bis  G,  so 
■ante  »an    die  Röhre  so    l*ng*    neigen,     bis   das    Queck- 
Atr  von  6  bis  g  steigt,  indem  Eg  =  EM,  mithin  das  Vo- 
Intader  Luft  im  Gefäfse  EHF   unveränderlich  ist,     die  bei 
«er  Sitdenitze  des  Wassers  aber  gefundene  Wärme  sich  zu  der 
gmesenen  verhält  wie  MErgh.       Nach  diesem  Satze  lassen 
mk  dann  verschiedene  Scalen  herstellen ,  je  nachdem  man  an- 
kn  Bestimmungen   dabei  zum  Grunde  legt ;     auch  hat  S so- 
llt1 gezeigt,    wie  man,   ohne  das  Thermometer  jederzeit  in 
&  geneigte  Lage  zu  bringen,    die  Gröfse  GE  auf  die  Gröfse 
ga  durch  Rechnung  reduciren  könne.     Lambert  2  kehrte  wie- 
aW  zu  der  von  Amowtows  vorgeschlagenen  Einrichtung   zu«* 
Äek,  theilte  eber  die  Scale  nicht  in  Zolle,  sondern  in  Grade, 
deren  jeder  0,001  des  Volumens  der  in  der  Kugel  eingeschlos- 
seseo  Luft  betragen  sollte.     Zu  diesem  Ende  bestimmte  fr  die 
Gröfse  der  Räume  durch  Anfüllen  mit  sorgfaltig  abgewogenen 
Mengen  Quecksilber  und  wählte  genau  calibrirte  Röhren«     In- 
dem er  dann  ferner  die  Wirkung   des  Luftdruckes   und    der 
inreh  Warme  veränderlichen   Höhe   der  Quecksilbersäule   be- 
rücksichtigte,   fand  er,    dafa  ein  Volumen  Luft,    welche»  im 
zergehenden  Eise  1000  betrug,  durch  die  Wärme  des  sieden- 
den Wassers  bis  1375  wuchs,     wofür   er  hernach  in   runder 
Z*hl  1370  setzte«      Nach  dieser  merkwürdig  genauen  Bestim- 
mung der  Ausdehnung  trookner  Luft  gab  er  seiner  Scale  für 
sie  Warme  des  schmelsenden   Eises   1000    und    für  die  -des 
«Wenden  Wassers  1370  Grade ,     welche  nach   seiner  Ansicht/ 
4u  Verhältnils  der  Wärmemengen  genau  angeben  sollen ,   so- 
fern die  Vermehrung  der  Wärme  der  Zunahme  des  Volumens 
W  der  Luft  direct  proportional  ist,  ein  auch  später  beibehal- 
tener und  von  La  Plage  zur  Bestimmung  des  absoluten  Null' 
fnmctes  benutzter  Satz.       Ein  solches  Thermometer  sollte  ei- 
gentlich nur    ein  Normalthermometer  seyn    und  wäre   dieses 
*ch  wirklich,    wenn   man  die  gefundene  Gröfse  der  Ausdeh- 
*ffg  der  Luft  um  0,370  ihres  Volumens  zwischen  den  beiden 


1  Progr.  de  aequaodis  thermom.  a&eis.  Gott.  1789.  4. 
I  Pyrometrie.  Cerl.  1779.  4. 


834  Thermometer« 

festen  Paarten  des  Thermometers  für  absolut  genau  auseJua 
könnte1;  da  aber  dieses  durch  die  neuesten  Versuche  Rüih- 
bsrg^s  zweifelhaft  gemacht  worden  ist1,  so  würden  alle  Ther— 
mometergrade  dadurch  eine,  wiewohl  nur  sehr  geringe,  Abän« 
derung  erleiden,  wenn  sie  ursprünglich  nach  diesem  Principe) 
eingerichtet  wären.  Gehler  steht  das  Princip  überhaupt  inj 
Zweifel,  weil  es  sich"  auf  das  Mariötte'sche  Gesetz  stütz*, 
welches  unmöglich  absolut  richtig  seyn  könne,  und  naeh  den» 
aufgestellten  Satze  das  Volumen  der  Luft1  beim  absoluten  Null— 
puncto  der  Wärme  =  0  seyn  müsse ,  was  doch  nicht  statt  fin- 
den könne;  auch  scheinen  ihm  die  Versuche  von  Rot2  und 
Lutz3  die  der  Wärme  stets  genau  gleiche  Ausdehnung  der 
Luft  zweifelhaft  zu  machen.  Wenn  aber  auch  dieses  Instru- 
ment für  den  Bereich  unterer  Erfahrungen  wirkliche  Grade  des 
Wärme  zeigte,  so  würde  doch  die  nothwendige  Bedingung, 
Stets  gleich  feuchte  und  gleich  gemischte  Luft  in  das  Gefäü 
zu  bringen  und  den  Einflufs  des  Luftdruckes  und  der  Aus- 
dehnung des  Quecksilbers  genau  zu  bestimmen,  unüberwind- 
liche Schwierigkeiten  entgegensetzen,  zu  geschweigen,  dafs 
die  täglichen  Beobachtungen  desselben  mit  vielen  Unbequem— 
lichkeiten  verbunden  seyn  müfsten*.  Gbhlir  hält  es  daher 
für  gerathener,  wieder  zum  Manometer  zurückzukehren  und 
den  Einüuis  des  veränderlichen  Luftdruckes  bei  diesem  zu  cor- 
jrigiren  *. 

r  In  diesem  letzteren  tPuncte  wird  ihm  schwerlich  jemand 
nach  den  jetzt  sehr  erweiterten  und  berichtigten  Ansichten  bei- 
stimmen* vielmehr  ist  wohl  gewifs,  dafs  Lambert  unter  Al- 
len, welche  sich  mit  der  Construction  der  Thermometer  be- 
schäftigt hatten,  allein  den  richtigen  Weg  nicht  verfehlte. 
Wäre  es  ihm  gelungen,  die  Gröfse  der  Ausdehnung  der  Luft 
oder  irgend  einer  permanenten  Gasart  durch  Wärme  mit  ab- 
soluter Schärfe  zu  finden,    so  wären  seine  Grade  eigentliche 


1  8.  Art.  Wurme.    Ausdehmmg  durch  dieselbe. 

2  Philo*.  Trans.  1777.  N.  34. 

S  Vollständige  Beschreibung  von  Barometern«  Niirnb.  n.  Leipx. 
1784,  8.  Anh.  8.  45. 

4  Der  Einwarf,  welcher  aas  der  beschränkten  Gültigkeit  des 
Mario  tte'schen  Gesetzes  hergenommen  ist,  fällt  übrigem  weg,  da  es 
in  dem  hier  erforderlichen  Bereiche  unbedenklich  als  richtig  gelten 
kann*  t 


Flüssigkeit  in  demselben«  83$ 

Masse  der  Warme  und  Au  so  gridubte  THermotnetet  latente 
ab  aflssn  richtiger  Wärmemesser  gelten,    ungeachtet  des  tob 
Gtnu  gemachten  Einwurfes,  dals  beim  absoluten  NuUpuncte 
dai  Warme  das  Volumen  der  Luft=0  werden  müfste.   Verlaugte 
ans  aamlich  ganz  einfach  ein  richtige  Grade  der  Wärme  zeigendes 
Iserntometer,  so  ist  die  Luft  oder,  wenn  man  Abeorption  des 
Sieantoffgasea  fürchtet,  Stickgas  unstreitig  die  hierzu  geeignetate 
Sejbstssz    und   die  Aufgabe ,   sie  gehörig  ausgetrocknet  in  <  die 
fagtl  su  bringen ,  nicht  einmal  sehr  schwierig.    Man  darf  an 
ietem  Ende  nur  die   verschlossene  Kugel  mit  ihrem   Rohre 
gehörig  biegen,     dann  mit  ausgetrocknetem  Quecksilber  fallen, 
£e  anzuwendende  trockne   Luft  in   gehöriger  Menge  hinein- 
»nagen ,  das  obere  Ende  der  Röhre  in  eine  feine  Spitze  aus*» 
anno,   die  Kugel  erwärmen   und   mit  Rücksicht  darauf, *  dafs 
aach  dem  Znschmelzen  der  Röhre  der  äufsere  Luftdruck  weg* 
fallt,    das   Quecksilber  bis  in  die  Spitze  treiben ,    auch  allen- 
falls eine  erforderliche  Menge  desselben  auslaufen  lassen ,    die 
Spitze  mit  Siegellack   ▼erschlicfsen   und   endlich   nach  gehöri- 
gem Probiren  die   Röhre   an   der  geeigneten   Stelle    mit  der 
Haslampe   zosehmelzen.      Werden  alsdann  bei  diesem  Appa- 
tate,  wobei  man  etwa  in  die  Röhre  eingetretene  Lufttheilchen 
leicht  durch  Schütteln  wieder  in  das  Gefäfs  bringen  kann,  die 
fasten  Puncto  genau  bestimmt  und  wird  der  Einflufs  der  durch 
sie    wachsende    Quecksilbersäule  statt    findenden    Zusammen« 
ereckBog  des  eingeschlossenen  LuftVolumens  gehörig  eorrigirt, 
so  hat  man  allerdings  ein  sehr  richtiges  Thermometer,  seinem 
Gebrtache  aber  stehn   zwei  wesentliche  Hindernisse  entgegen* 
Zuerst  mufs  dasselbe  nothwendig  stets  genau  lothrecht  hängen, 
weil  sonst   die  Grade  desselben  im  Verhältnisse  der  Secanten 
ses  Neigungswinkels  gegen  die  Verticale  wachsen ,  was  jedoch 
leicht  dnrch    ein   Senkel   zu   vermeiden    wäre.       Ein  zweites 
weh  gröberes  und  gar  nicht  ganz  zu  beseitigendes  HinderniC* 
hegt  aber  in  der  ausnehmenden  Federkraft  der  Luft,    welcher 
sie  Reibung  des  Quecksilbers  in  der  Röhre  entgegenwirkt,  so 
M$  man  ungeachtet  einer  Erschütterung  des  Instrumentes  doch 
ne  genau   die  gemessenen  Grade  finden   und   die  eigentlichen 
^Stimmungen   der* Wärme   erhalten  würde.       Bei   einem  auf 
tone  Weise  construirten  Thermokneter  habe  ich  diese  Wahr- 
em mehr  als  genügend  durch  die   Erfahrung  bestätigt    ge- 
fanden. 


630  Thermometer.' 

6)  Gat -Titfsa A€  *  beschreibt' 'ein  Lufhbermometer',    w#I- 
ehes  data  dienen  soll,  sehr  hohe  Grade  der  Kälte  zu  messen. 
*.  B.  wenn   man    den  Kältegrad-  wissen,  will,    den  stark  ver- 
dampfende Flüssigkeiten,  namentlich  schwefelige  -Säure,  erzen-' 
gen,     womit  etwas  die  Kugel   umgebendes  Musselin  oder  ein 
auf  sie  gesteckter   Schwamm    getränkt   ist.       Dasselbe    besteht' 
Fig.  ans  einer  Kugel  B  an  einer  wohl  «alibrirten  Glasröhre  T,  wel-  ,% 
'*•  che    letztere  wenigstens  halb  so  viel  Rauminhalt  hat ,    als  die 
erster©.     Vor  dem  Gebrauche  mufs   gesorgt  werden ,    dafs  der 
Apparat   inwendig  keine   Feuchtigkeit    enthalte,     zu  welchem 
Ende  man  oben  eine  Röhre  mit  Chlorcalcium  gefüllt  aufsteckt, 
das  Ganze  unter   die  Luftpumpe   bringt   und  etliche  Male  ex- 
autlirt      (n   die  Röhre  wird  dann    ein  etwa  zwei  CentJmeter 
langer   Cylinder    von    Quecksilber   gebracht,     der   sogenannt» 
Zeiger  oder  Index,    welchen    man  vermittelst   einer  doppelten 
zusammengedrehten  Ciaviersaite  F  an  jeder  willkürlichen  Stelle 
dar  Röhre  zum  Stillstande  bringen  kann2.      Vor  dem  Gehrau- 
che bringt  man   den    Index   in  den    oberen    Theil  der  Röhre, 
benetzt  die   Kugel   mit   der   verdampfenden    Flüssigkeit,    hält 
den  Apparat  so  weit  geneigt,    dafs  der  Index  eben  hinabglei- 
ten kann,  und  wenn  er  zum  Stillstande  gekommen  ist,   bringt 
man  denselben  mittelst  des  Drahtes  auf  den  tiefsten  Punct,  da- 
,  mit  alle   durch   ihn   abgeschnittene   Luft  gleichmäßig   erkaltet 
sey.     Oft   ist  der  untere  Theil   der  Röhre  mit  Dunst  beschla- 
gen oder  mit  Eis  überzogen,    so   dafs  man  das  Ende  des  In- 
dex nicht  sehn  kann.     In  diesem  Falle  genügt 'es,  den  Draht 
mit  einem  Sperrhaken  zu  versehn,    so  dafs   er  nur  bis  zu  ei- 
ner gewissen  Tiefe  eindringen  und  den  Index  nur  bis  zu  die-' 
«er  bringen  kann,  aufserdem  mufs  das  Herabgleiten  des  Index 
langsam  bewerkstelligt  und   durch  einige  leichte  Erschütterun- 
gen der  Röhre  befördert  werden ,  damit  er  genau  an  die  rich- 
tige Stelle  gelange.      Die  Kugel  kann  auch  mit  einem  kurzen 
•ehr   engen   Haarröhrchen   G   unmittelbar    verbunden    und   an 
dieses  erst  die  graduirte  weitere  Röhre  angebracht  werden,  da- 


1  Ann.  Chim.  Phys.  T.  LI.  p.  435.  Poggendorff  Ami.  XXVII. 
681. 

2  Der*EUendraht  raufst©  yorher  geglüht  «eyn,  we{|  er  sonst  leicht 
titat  nod  <  die  Röhre  springen  macht.  Ein  dünner  Grashalm  würde 
auf  jeden  Fall  geeigneter  seyn. 


Flüssigkeit  ia  demselben.  837 

mit  es  für  den  Indes:  unmöglich  weide,  tiefer  ak  bie  an  im 
Haarröhrchen  hei abzugleiten ,  was  insbesondere  für  den  Fall 
sehr  nützlich  ist,  wenn  das  Quecksilber  gefrieren  sollte«  Nach 
Enekhung  der  gröfsten  Kälte  wird  das  untere  Ende  des  In* 
da  abgelesen  f  oder  wenn  man  dieses  nicht  sehn  kann  nnd 
der  Index,  eine  bestimmte  Länge  in  Theilen  der  Scale  hat ,  so 
kann  man  auch  den  Stand  des  oberen  Endes  ablesen  und  dar« 
ans  den  des  unteren  finden.  Alsdann  Iäfst  man  den  Apparat  ia 
einer  mittleren  gegebenen  Temperatur  erkalten,  was  am  ber 
tten  durch  Eintauchen  in  Wasser  von  bestimmter  Wärme  ge- 
schieht. Gesetzt  der  Index  hätte  auf  208  gestanden  und  sey 
k  Wasser  von  13*  Wärme  bei  274,7  Theilstrichen  stehn  ge- 
blieben, welcher  Punct  gleichfalls  durch  leichte  Erschütterun- 
gen des  Röhrchens  genau  bestimmt  werden  mufs;  nimmt  man 
san  267  für  das  Luftvolumen  der  Kugel  bis  an  den  Index 
bei  0°  C.,  so  wird  die  Temperatur  des  Wassers  bei  diesem 
Thermometer  durch  267  +  13  =  280  ausgedrückt,  und  da  die 
Temperaturen  dem  Volumen  der  Luft  proportional  sind,  so 
hat  man  die  .Proportion 

274,7 :  208=280:  x,  also  x=212 . 
Die  beobachtete  Kälte  ist  daher  212°,  und  um  sie  in  Center 
siatalgraden  auszudrücken^  darf  man  nur  212  von  267  nb— 
siehe,  welches  55°  giebt.  Es  scheint  mir  übrigens,  als  ob 
dieses  Thermometer  bei  schwieriger  Behandlung  dennoch  nicht 
hinlängliche  Sicherheit  gewähre ,  denn  es  unterliegt  auf  jeden 
Bali  dem  Fehler,  dafs  die  Luft  durch  Adhäsion  des  Quecksil- 
bers an  den  Röhrenwandungen  und  dessen  Gewicht  eine  un* 
gleiche  Zusammendrückung  erleiden  könne,  und  wenn  das 
Quecksilber  gefriert,  so  ist  es  Entweder  unbeweglich  oder 
schliefst  wegen  starker  Zusammenziehung  nicht  luftdicht;  bis 
som  Gefrierpuncte  des  Quecksilbers  sind  aber  die  höheren  Käl- 
tegrade mit  gewöhnlichen  feinen  Thermometern  ohne  grobe 
Schwierigkeiten  leicht  mefsbar,  für  noch  tiefere  Temperatur 
ren  würden  selbst  vorzüglich  gute  feine  Weingeistthermome-r 
ter,  noch  besser  aber  Thermometer  mit  Schwefelkohlenstoff  ge- 
feilt, leichter  zu  behandeln  seyn  und  sicherere  Resultate  geben* 
7)  Weit  zweckmäßiger  hat  RJitschirlicr1  ein  Luftther- 


1    Poggendorff  Ann.  XXIX.  203.    Geiger'*  Ann,  d.  Phanaae.  Th, 
XLHft.& 


838    .  Thermometer. 

mometer  angewandt,  um  höhere,  aber  dem  Siedepuncte  des 
Quecksilbers  liegende  Grade  der  Hitze  zu  messen,  denn  es 
hält  s  oh  wer,  hierfür  ein  geeignetes  Mittel  zu  finden,  und  die 
Luft  wird  in  dieser  Beziehung  schwerlich  von  irgend  einem 
andern  Körper  übertroffen.  Da  aber  der  Apparat  blofs  für  ei- 
nen speciellen  Zweck ,  nämlich  die  Bestimmung  des  specific 
sehen  Gewichtes  der  Gasarten  im  Verhältnifs  zu  ihren  chemi- 
schen Proportionen,  construirt  war  und  in  dieser  seiner  Form 
nicht  wohl  als  ein  allgemein  anwendbarer  physikalischer  Ap- 
parat gelten  kann,  seine  Beschreibung  auberdeni  der  Deut- 
lichkeit wegen  viel  Raum  erfordern  würde,  so  begnüge  ich 
mich,  die  Idee  im  Allgemeinen  zu  bezeichnen.  Derselbe  be- 
steht aus  einer  etwas  weiten  Glasröhre  mit  einem  angeschmol- 
zenen engen  Thermometerrö'hrchen,  welches  in  eine  sehr  feine 
Spitze  ausgezogen  wird.  Kennt  man  den  Inhalt  dieses  Appa- 
rates und  ist  die  Luft  in  demselben  durch  Hitze,  die  jedoch 
nicht  so  stark  seyn  darf,  um  das  Glas  zu  erweichen,  ausge- 
dehnt, wird  dann  die  untere  Spitze  im  Maximum  der  unter- 
suchten Temperatur  zugeschmolzen,  was  unter  verschiedenen 
Bedingungen  mit  ungleichen  Schwierigkeiten  verbunden  seyn 
dürfte,  so  giebt  die  bekannte  Ausdehnung  der  Luft,  corrigirt 
für  die  gleichzeitige  Ausdehnung  des  Glases  und  den  etwa 
wechselnden  Barometerstand,  ein  sehr  zuverlässiges  Mafs  der 
Wärme.  Die  Messung  der  statt  gefundenen  Ausdehnung  läfst 
sich  leicht  mit  grober  Genauigkeit  bewerkstelligen.  Man  darf 
zu  diesem  Zweck  nur  die  feine  Spitze,  deren  Inhalt  als  ver- 
schwindende Grobe  vernachlässigt  werden  kann,  unter  Queck- 
silber abbrechen,  so  wird  das  Quecksilber  eindringen  und  der 
Theil  der  Röhre,  welchen  dasselbe  einnimmt,  giebt  dann  das 
Mab  der  Ausdehnung  derselben  und  somit  die  Grobe  der 
statt  gefundenen  Hitze.  Dafs  diese  Messungen  mit  der  erfor- 
derlichen Schärfe  geschehn  müssen,  wozu  jedoch  die  geeig- 
neten Vorrichtungen  aus  anderen  bekannten  Apparaten  leicht 
zu  entnehmen  sind,  bedarf  keiner  besonderen  Erwähnung. 

8)  Noch  ein  Lufttherniometer,  dessen  sich  Hatcbaft1 
bei  seinen  Untersuchungen  über  die  speeifische  Wärme  der 
Gasarten  bediente  und  welches  nur  ein  abgeändertes  Diff*- 
rtnüalthermorrntT  nach»  Lsslii   ist,    unterliegt  nach  dem  ei- 


1    Edinb.  Philoi.  Trans.  T.  X.  p.  195k    G.  LXXYI.  811« 


Flüssigkeit  in  demselben.  639 

genen  GestHndaHs  de*  Erfinders  Veränderungen  and  kann  da- 
ta siebt  unbedingt  empfohlen  werden1. 

9)  Das  berühmte  Thermometer  der  Florentiner  Akademie 
war  ein  JVeingeistthermqmettr  und  von  dieser  Zeit  an  hat 
man  den  Weingeist  als  thermoskopische  Flüssigkeit  beibehal- 
ten. So  waren  anch  Rbaumur's  Normahhermometer  und  die 
ersten  von  Fahrkhhiit  verfertigten,  die  wegen  ihrer  Ueber- 
einstimmung  so  grofses  Aufsehn  erregten,  mit  Weingeist  ge- 
füllt nnd  die  Anwendung  des  Quecksilbers  durch  Fahrbuhbit 
SBt  nach  Musschectbrobk.  erst  in  das  Jahr  1709  oder  nach  der 
richtiger  scheinenden  Vermuthung  Gehler's  in  das  Jahr  1714* 
Aber  anch  nach  dieser  Zeit  galt  der  Weingeist  für  die  vor- 
züglichste thermoskopische  Substanz,  zum  Theil  wegen  der 
sehr  umfassenden  nnd  schätzbaren  Untersuchungen,  wodurch 
Reaumur  die  absolute  Ausdehnung  desselben  bei  zunehmen- 
der Wärme  aufzufinden  sich  bemüht  hatte  und  welche ,  na- 
mentlich in  Frankreich  und  Deutschland ,  überschätzt  wurden, 
ungeachtet  sie  einer  für  die  damaligen  Zeiten  allzuschwierigen 
Aufgabe  zugehörten  und  somit  keine  genügenden  Resultate  lie- 
fern ketanten.  'Insbesondere  hat  sich  Micheli  Ducrest*  sehr 
entschieden  über  die  Vorzüge  des  Weingeistes  ausgesprochen, 
die  jedoch,  wenn  man  den  unbedeutenden  Umstand  des  ge- 
ringeren Preises  übersieht,  in  nichts  Anderem  besjtehn,  als  in 
seiner  stärkeren  Ausdehnung3,  die  man  für  die  Wärmever- 
mehrnng  vom  Gefrierpuncte  bis  zum  Siedepuncte  =  0,12 i 
seines  Volumens  annahm ,  statt  dafs  sie  für  das  Quecksilber 
nur  0,015  betragen  sollte,  eine  Bestimmung,  die  nach  den 
neuesten  Untersuchungen  über  die  Schwierigkeit,  die  Reinheit 
des  gebrauchten  Weingeisteis  zu  ermitteln  und  die  von  letz- 
terer abhängende  Gröfse  seiner  Ausdehnung  aufzufinden,  gar 
nicht  genau  seyn  konnte.  Es  ist  indefs  sicher,  dafs  die  auf 
jeden  Fall  ungleich  gröbere  Ausdehnung  des  Weingeistes  ihm 
einen  Vorzug  vor  dem  Quecksilber  giebt,  aber  auch  den  ein- 
zigen;  denn  das  schärfere  Ablesen,  der  Grade,  was  man  gleich- 


■  ■ 

1  Ueaer  Pouillbt's  Lüftpyrometer,  welches  auch  als  Thermome- 
ter dient,  wird  später  geredet  werden« 

£  Deseription  de  la  Methode  d'on  thermomätre  nniversel.  Par. 
1742.8. 

S   3.  T,A«n«A|fi  |n  Brugnttelll  Giora«  1818.  *•  888. 


9¥k  ThitnAmeUwi 

falls  angeführt  hat,  findet  höchstens  nur  beim  gefärbten  statt, 
und  diese  Färbung  ist  dann  in  anderer  Hinsicht  naohtheiUg; 
das  leichtere  Füllen  der  Röhrchen  mit  dieser  Flüssigkeit  kommt 
aber  gar  nicht  in  Betrachtung.  Inzwischen  konnte  bis  auf  die 
neuesten  Zeiten  herab  der  Weingeist  durch  das  Quecksilber 
nicht  ganz  verdrängt  werden ,  weil  letzteres  bei  der  hohen 
natürlichen  Kalte  mancher  Gegenden  gefriert  und  daher  keine 
weitere  Messung  tieferer  Temperaturen  gestattet,  wozu  dann 
noch  der  Umstand  kommt  9  dafs  der  Druck  einer  Quecksilber- 
säule von  20  bis  24  Fufs  Länge ,  die  man  neuerdings  den  in 
die  Erde  gegrabenen  Thermometern  gegeben  hat,  ohne  über- 
grofse  Dicke  der  Gefäfse  das  Glas  zersprengen  und  dadurch 
die  Herstellung  solcher  Apparate  unmöglich  machen  würde« 

10)  Die  Hauptbedingung,  worauf  der  Vorzug  einer  ther- 
moskopischen  Substanz  beruht,  nämlich  die  Regelitiäfsigkeit 
oder  Gleichmäßigkeit  der  Ausdehnung  durch  zunehmende  Wärme, 
wurde  von  Anfang  an  nicht  übersehn,  sondern  war  vorzüg- 
lichster Gegenstand  des  Streites  bei  den  Vertheidigern  der 
Vorzüge  des  Weingeistes  und  des  Quecksilbers,  denn  diese 
beiden  allein  kamen  zur  Untersuchung,  wobei  man  zugleich 
von  der  Voraussetzung  ausging ,  ,  dafs  die  Ausdehnungen  den 
wirklichen  Vermehrungen  der  Wärme  proportional  seyn  und 
also  die*  Thermometer  die  absoluten  Quantitäten  der  vorhan- 
denen Wärme  messen  müfsten.  Insbesondere  war  es  de  Luc*» 
welcher  sich  in  dieser  Beziehung  entschieden  für  den  Vorzug 
des  Quecksilbers  aussprach.  Von  ihm  ging  dann  die  oben  er- 
wähnte, seitdem  als  gültig  betrachtete  Behauptung  aus,  dafs 
Flüssigkeiten,  die  sich  beim  Gefrieren  zusammenziehn  und  zu- 
gleich bei  höheren  Temperaturen  stark  verdampfen ,  sich  eben- 
so wenig  bei  der  Verminderung  der  Temperatur  regelmässig 
zusammenziehn,  als  bei  der  Vermehrung  regelmäßig  aus- 
dehnen können.  Das  Verhalten  des  Quecksilbers  unter  dem 
Einflüsse  veränderter  Wärme  mufs  daher  in  jeder  Beziehung 
ein  regelmäfsiges  seyn ,  weil  dasselbe  sich  beim  Gefrieren  nicht 
ausdehnt  und  nur  durch  grofse  Hitze  siedet.  Die  Richtigkeit 
der  aus  diesen  Betrachtungen  gefolgerten  regelmäßigen  Aus- 
dehnung des  Quecksilbers  fand  di  Luc  durch  die  oben  5  be- 


1  Becherches  eet.  T.  I.  §•  410.    Deutsche  Ueb.  8.  355. 

2  S.  Art.  Aiudehttung.  ßd.  J.  S.  590. 


Flüssigkeit  in  demselben.  841 

reits  erwähnten  Versuche  über  die  Ausdehnungen  verschiede- 
ner Flüssigkeiten  bestätigt.      Versparen  wir  die  weiteren  Un- 
tersuchungen ober   diesen  Gegenstand  bis  xur  Würdigung  der 
entschiedenen  Vorzüge   des   Quecksilbers,   so   liegt   eine  nicht 
in  beseitigende  Mangelhaftigkeit  des  Weingeists  in  der  höchst 
idnrierigen  nnd  vielleicht  gar  nieht  au  erreichenden  gleichen 
Bnctaffeuhert  des  anzuwendenden  Alkohols«  Rr  aumur  *  nahm, 
anormal ,  Weingeist,  welcher*  Schiefspalver  entzündete,  und 
aas»  ihn   wegen   des  schwerern    Siedens  mit  0,2   Wasser« 
fc  sokhe   Bestimmung  wurde   man  in    der    gegenwärtigen 
k schon  unbedingt  verwerfen,    allein  die  Erfahrung  ergiebt 
ngleich2,  dafs  absoluter  Alkohol,   wenn  er  längere  Zeit,  ob- 
glocfc  in  wohl  verstopften  Flaschen,  aufbewahrt  oder  wieder* 
Ut  durch  das  Oeffnen  derselben  mit  atmosphärischer  Luft  in 
fanhrang  gebracht  wird,  Wasser  ans  dieser  anzieht  und  von 
wer  ursprünglichen,    nur  durch  geübte  Chemiker  zu  erhal- 
tenden Reinheit  mehr  oder  minder  abweicht;  {jeder  in  -  ver- 
schiedenem Mafse  mit  Wasser  gemischte  Alkohol  befolgt  aber 
efenthümKche    Gesetze    der  Ausdehnung  nnd    alle    weichen 
von  der  regelmässigen   in   einem  nicht  unbedeutenden   Grade 
ib.    Die  genaue  Bestimmung  der  Reinheit  des  zu  verwenden- 
den Alkohols ,  die  schon  für  einen  geübten  Physiker  eine  nicht 
ganz  leichte  Aufgabe  ist,  darf  man  von  dem  praktischen  Künst- 
ler um  so  weniger  erwarten,  als  die  Processe  des  Füllens  der 
Thermometerröhren ,   wobei  wiederholt  neue  Quantitäten  hin- 
eingebracht und  wieder  herausgenommen  werden  müssen ,  die 
Sache  noch  um  ein  Bedeutendes  erschweren.       Endlich  ist  es 
rasnehmend  schwer,    die  letzten  Antheile  von  Luft,    welche 
dem  Weingeiste ,  wie  allen  Flüssigkeiten ,  gern  anhängt,  weg- 
zuschaffen.     Ich   selbst  wurde  vor  einigen  Jahren  veranlafst, 
ein  treffliches  Weingeistthermometer  vom  jüngeren   Greiner 
etwas  anhaltend  zu  schütteln,    und  fand   den  Stand  desselben 
nachher  nm  1°  R.  vermindert,  was  nicht  wohl  durch  etwas  An- 
deres, als  das  Entweichen  von  Luft  bewirkt  worden  seyn  konnte, 
nnd  ich  gestehe,  dafs  seitdem  mein  Vertrauen  zu  diesen  Ther- 
mometern sehr  abgenommen  hat* 

11)  Man  hat  dem  Weingeiste  den  Vorwurf  gemacht,  dafs 

1  Mfa.  de  l'Acad.  de  Par.  1780.  p»  452;  1781.  p.  250. 

2  S.  meine  oben  genannten  Abhandlungen. 

IX.  Bd.  H  h  h 


842  Thermometer. 

er  nach  langer  Zeit  seine  regelmässige  Ausdehnung 
Dieses  ist  schon  durch  Hallet1,  Musschehbrokk.*  und 
Haubold3  geschehen,  später  aber  hatFLAuecneuBS4  eine  mit 
der  Länge  der  Zeit  wachsende  Unempnudlichkeit  »des  Wein- 
geistes gegen  Wärme  behauptet,  vermöge  welcher  seine  Aus« 
dehnung  abnehmen  soll,  was  jedoch Cotte5  als  einen  dadurch 
veranlagten  triiglichen  'Schlufs  betrachtet,  dafs  die  von  Flau-* 
oergues  benutzten  Thermometer  nach  älterer  Sitte  die  Tem- 
peratur des  gefrierenden  Wassers  als  Nullpunct  gehabt  hätten, 
welchen  de  Luc6  bei  —  0°,8  der  achtzigtheüigen  Scale 
setzt.  Dagegen  behauptet  Pictet^,  ein  von  ihm  beobachte- 
tes Weingeistthermometer  hebe  sich  von  1743  bis  1822  un- 
verändert erhalten.  Im  hiesigen  Cabinette  befindet  sich  ein 
sogenanntes  Normalthermometer  *  mit,  sehr  dunkel  gefärbtem 
Weingeist  von  BrawdeR,  welches  nicht  früher  als  1766  ver- 
fertigt seyn  kann,  jetzt  aber  so  unempfindlich  ist,  daXs  es  sei* 
nen  Stand  nur  sehr  langsam  ändert;  auch  scheint  es  mir,  ohne 
genauere  Messung,  eine  geringere  Ausdehnung  zu  haben,  de 
es  in  höheren  Graden  stets  hinter  andern  genauen  Thermo- 
metern zurückbleibt;  ein  zweites  von  1783»  worin  sich  die 
färbende  Substanz  fast  gänzlich  abgesondert  hat,  ist  weni- 
ger träge,  doch  scheint  auch  in  ihm  der  Weingeist  von 
seiner  normalen  Ausdehnung  verloren  zu  haben*  Wenn 
man  aber  diese  Mangelhaftigkeit  als  unbedeutend  übersieht, 
da  Thermometer,  auf  deren  Genauigkeit  gerechnet  wer- 
den soll,  wohl  nie  ein  solches  Alter  erreichen ,  so  ist  doch 
ohne  Widerrede  ausgemacht,  dafs  der  Weingeist  in  höheren 
Wärmegraden  sich  nicht  gleichmäfsig,  sondern  zunehmend 
ausdehnt,  aber  auch  bei  tiefen  Graden  grober  Kälte  zeigen 
sich  solche  Thermometer  ausnehmend  unzuverlässig,  wie 
hauptsächlich  aus  den  Beobachtungen  in  den  nördlichsten 


1  Philo*.  Trans.  N.  197.    Gomm.  Petrop.  T.  IX.  p.  845. 

2  Court  de  Phyt.  T.  II.  p.  $63. 

8  Dissertatio  de  Thermometro  Reaomoriano.  Lipa.  1771*  4. 

4  Jouro.  de  Phyi.  T.  LXVf.  p.  295.    T.  LXVIL  p.  123. 

5  Journ.  de  Phy».  T.  LXVf.  p.  463. 

6  Recherche!  sur  lea  Modif.  de  l*Atmospb.  T.  1.  p.  878. 

7  Bibi.  onW.  T.  XIX.  p;  62. 

8  So  pflegt  man  zuweilen  die  mit  allen  bekannten  8calen  verse- 
henen an  nennen»    , 


Flüssigkeit  in  demselben.  848 


fco  von  America  deutlich  hervorgeht .  Paart  *  hatte  bei  sei*- 
bhi  Aufenthalte  auf  Melville  zehn  Weingeistthermometer  von 
gktcber  Gestalt  und  von  dem  nämlichen  Künstlet,  die  aber, 
&  erit  einander  verglichen ,  bei  den  tiefsten  ^Kältegraden 
grabt  Differenzen  zeigten«  Einmal  zeigten  fünf,  mit  unge- 
fiten  Weingeist  gefüllte  ttnd  an .  demselben  Gerüste  aufge- 
bageat,  gleichzeitig:  N.l.  =  —  480,89&;  N.2.=— 48°,89; 
H.3.=~  44°,99;  N.  4*=  —  446,99;  N.5.  =  — 46°,66C.5 

fief  ädere    mit  gefärbtem   Alkohol  dagegen  zeigten :    N.  6« 

=-»\99;  N.  7.  =  —  39°,99;  N.  8.  =  —  42«,21 ;  N.  0. 
«  -  42°, 2t  und  N.  10.  =  —  43°,32  C.  Eine  Vergieß 
cmag  das  Thermometers  N.  5«  und  N.  10»  mit  einem  Qeeck*» 
dbetthermoiBetar  zwischen  —  32°,21  nnd  —  34°,44  C.  er- 
f*,  at&N.&  am  1°,22  niedriger  nnd  N.  10.  am  2Q,22  C. 
aöetr  stand«  Im  Allgemeinen  zeigten  sich  die  Thermometer 
nat  gefärbtem  Weingeist  schlechter,  als  die  mit  ungefärbtem, 
■ad  meistens  blieb  die  färbende  Substanz  in  der  Röhre  zu- 
lade, wenn  das  Thermometer  plötzlich  einer  sehr  niedrigen 
Temperatur  ausgesetzt  wurde.  Dieser  Umstand  und  die  An- 
gabe von  Parkt,  dafs  der  Cognao  auf  dem  Verdecke,  des 
äeaüFes  in  starker  Kälte  Syrupsdicke  annahm,  so  wie  die 
Behauptung  Hottob's,  dafs  der  absolute  Alkohol  sich  vor 
den  Gefrieren  in  dickflüssige  Lagen  von  ungleicher  Farbe  ver- 
wandelt habe,  und  die  von  mir  selbst  gemachte  Erfahrung1, 
sab  gewöhnlich  verkäuflicher  Spiritus  in  einer  Kälte  von 
—  28°  C.  schon  sehr  dickflüssig  zu  werden  beginnt,  scheint 
aur  zu  beweisen,  dafs  der  Einflufs  grober  Kälte  eine  Zer- 
setzung des  Alkohols  oder  Ausscheidung  der  färbenden  Sub- 
stanz und  des  Wassers  verursacht,  die  schon  mehrere,  viel- 
leicht viele  Grade  über  dem  Gefrierpuncte  desselben  anfangt 
und  eine  regelmässige  Zusammenziehung  desselben  hindert,  wo- 
nach also  keine  genauen  thermometrischen  Bestimmungen*  zu 
erwarten  sind.  Auch  Framklib3  erzählt,  dafs  die  von  ihm 
Mitgenommenen    Weingeistthermometer    beim    Schmelzpuncte 


1  Appendix  to  Capt  Pajut'ö  aeeond  Yoyage  cet«    Lond.  1825.  4. 

•  

2  Sar  la  dÜatation  de  Falcool  par.    Io  Me*m.  de  l'Ac.  de  Pet. 

5   NarmtiYe  of  a  Joarney  to  die  ahoxes  of  the  Polar- See  cet.  Lond. 
ISA  4.  Ap.  p.  VII.  , 

Hhh  2 


844  Thermometer* 

•des  Ekes  correspondirten,  unter  diesem  Puncto  aber  merklich 
Äfferirten  und  bei  —  42°, 7 7  C  bis  auf  4°, 44  C.  steigend« 
Abweichungen  zeigten.  Ueber  dem  Puncte  des  schmelzenden 
Schnees  -differirten  sie  zwar  gleichfalls ,  aber  mit  sehr  unbe<- 
deutendgn  Unterschieden«  Diese  gewichtigen  Zeugnisse  müs- 
sen das  bisher  in  die  Richtigkeit  der  Weingeiptthermometer 
gesetzte  Vertrauen  bedeutend  schwächen ,  im  Allgemeinen  aber 
darf  man  nach  den  über  die  Ausdehnung  dieser  Flüssigkeit 
aufgefundenen  Gesetzen  wohl  annehmen,  dafs  es  rathlich  seyn 
würde,  sie  mit  einer  andern  geeignetem  zu  vertauschen,  wenn 
dieses  aber  nicht  geschieht,  dafür  Sorge  zu  tragen,  dafs  die 
Künstler  zum  Füllen  der  Thermometer  för  sehr  hohe  Kälte-* 
grade  möglichst  reinen  und  ungefärbten  Weingeist  wählen. 
Zum  Messen  mittlerer  und  höherer  Wärmegrade*  wird  man 
sich  in  allen  Fällen,  wo  es  auf  etwas  höhere  Genauigkeit  an- 
kommt, dieser  Thermometer  nicht  bedienen« 

12)  Das  Quecksilber ,  welches  zuerst  Fahr  bnhbit  seit 
1709  oder  1714  als  thermometrische*  Flüssigkeit  gebrauchte, 
fand  hauptsächlich  an  de  Luc  einen  lebhaften  Vertheidiger, 
wie  bereits  erwähnt  worden  ist.  Weil  es  sich  nicht  sowohl 
um  eine  stets  gleichmäfsige,  als  um  eine  den  wirklichen  Zu- 
nahmen der  Wärme  proportionale  Ausdehnung  der  thermo- 
Skopischen  Flüssigkeiten  handelte,  so  lieb  sich  de  Luc  auf 
ein  von  Rbhaldini1  zuerst  vorgeschlagenes,  von  Wolf2  und 
BuLFiffGER3  gebilligtes  und  von  Le  Sage  zur  Erhaltung  so- 
genannter 'dquidifferentialer  Thermometer  empfohlenes  Verfah- 
ren ein,  um  die  Frage  über  das  Verhältnifs  der  Ausdehnung 
des  Quecksilbers  zu  den  Incrementen  der  Wärme  bestimmt  zu 
entscheiden.  Er  mischte  zu  diesem  Ende  gleiche  Mengen  Was- 
ser von  ungleichen  Temperaturen  =  m  und  n  zusammen  und 
mufste  dann  nach  Richmaitn's  Gesetze  und  der  Theorie  ge- 
mäfs  an  einem  richtigen  Thermometer,  welches  die  Zunahmen 
der  Wärme  durch   die  Vergiöfserung   seines  Volumens   zeigte, 

a*v%  ^^m^m  v% 

— -z Grade   erhalten«      Bezeichneten  m   und  n   auch  nicht 

die  absoluten  Wärmequantitäten  der  vereinten  Massen  einzeln 


1  Philoiophia  naturalis.    Patav.  1694.  fol.  T.  III.  p.  285. 

2  Elemente  Aerom.   Lipt.  1709.  12.  p.  209« 
8    Elemente  Phyi.  Lipt.  1742.  8.  \ 


Flüssigkeit  in  demselben.  845 

gtoommen,  so  könnt«  dieses  dem  Resultat«  keinen  Abbrach 
Aoo;  denn  gesetzt  es  sey  die  Menge  der  einen  ==  z  -f-  mt 
«Vr  andern  =s  z  +  n  gewesen ,     so  inufsten  in  der  Mischung 

m-f-o 
=  *  +  — - —  Wärmemengen  vorhanden  seyn   und    das  mes- 
sende Thermometer   dennoch  — —^ —  zeigen«    Zum  Messen  be- 

ättrte  er  sich    eines   in   80  Grade  getheilten  QuecksilBerther- 

■wwters.       "Wurden   gleiche   Massen   von   6°    und   von   75° 

"■"*,    so    hätte   die   entstandene   Temperatur  =  40°, 5  seyn 

Wto;  sie  war  aber  nur  39°, 2.       Um   den  Einflufs   des  Ge- 

fias  so  entfernen  ,  da  bei  dem  genannten  Versuche  das  heifse 

Waser  in  das  kalte  Geftfs  gegossen  worden  war ',  wurde  jetzt 

«■gekehrt  das  kiltere  Wasser  von  5°,2  in  das  heifsere  von  75° 

gtgossen  und  die  Mischung  zeigte  statt  40°,  1  nur  39°,3.     Db 

Lee  trgumentirte  hiernach,  dafs  die  wahre  Wärme  um  mehr  als 

des  halben  Unterschied  der  Temperaturen  (=     ■         'T— 34,9) 

dgeacmamen ,  das  Quecksilber  sich  also  um  mehr  als  den 
Üben  Unterschied  (75  —  39,3  =  35,7)  verdichtet  habe,  und 
«  blieb  ihm  also  für  die  andere  Hälfte  bis  zur  völligen 
Erreichung  der  kälteren  Temperatur  weniger  Verdichtung 
(393  —  5,2  =  34,1)  übrig.  Das  Volumen  des  Quecksilbers 
«igt  sich  also  bei  gleichen  Verminderungen  der  Wärme  wirk- 
lich abnehmend,  was  deutlich  zeigt,  dafs  der  Gang  der  Ver- 
UDderang  seines  Volumens  den  Veränderungen  der  Wärme  na- 
Wr  kommt,  als  dieses  bei  andern  Flüssigkeiten  der  Fall  ist« 
Denn  da  dieser  Gang  mit  den  Verdichtungen  anderer  Flüssig- 
sten bei  gleichen  Verminderungen  der  Wärme  verglichen 
»nehmend,  mit  der  Warme  selbst  aber  verglichen  stets  noch 
abnehmend  ist,  so  müssen  sich  alle  andere  vom  Gange  der 
Warme  noch  weiter  als  das  Quecksilber  entfernen*  Es  lafst 
och  aus  diesen  Versuchen  sogar  folgern ,  dafs  der  Gang  des 
Quecksilbers  von  dem  der  Wärme  überhaupt  nur  wenig  ab- 
loche. Werden  die  erhaltenen  Gröfsen  für  den  Einflufs  des 
bfcgielsens  nnd  der  Gefäfse  nach  Wahrscheiplichkeit  corri- 
Pt,  so  mufste  das  Thermometer  statt  39°,3  vielmehr  40°,3 
tugti,  wenn  seine  Grade  wirkliche  Wärmemengen  ausdrücken 
wüten.  Der  Gang  der  Oele  wich  wiederum  nur  wenig  von 
ta  des  Quecksilbers  ab   und   namentlich  ergab  eine  Verglei- 


846 


Thermometer. 


drang,  dafs  das  Chamillenöl  bei  der  Temperatnt  der  genann- 
ten Mischung  gerade  ebenso  weit  vom  Quecksilber,  als  dieses 
von  der  Warme  selbst  abwich.  Aas  mehreren  Versuchen 
glaubte  daher  dz  Luc  die  in  nachstehender  Tabelle  bezeich- 
neten Grüben  erhalten  za  haben,  worin  z  die  beim  schmel- 
zenden Eise  noch  vorhandene  wirkliche  Wärme  angiebt. 


Quecksilber-  | 

therm.  80th. 

Scale 


Siedepunct 


80 
75 
70 
65 
60 
55 
50 
45 
40 
35 
30 
25 
30 
15 
10 
5 


Wirkliche ' 
Wärme 


Eispnnct 


*  +  80,00i 

»  +  75,28 

z  -] 

h  70,5ß 

*  - 

-  65,77 

z  - 

-  60,96 

z   - 

-  56,15 

z  - 

h  51,26 

z  - 

-4637 

z  - 

h  41,40 

z  - 

h  36,40 

2    - 

-  31,32 

Z    - 

-  26,22 

Z    - 

-  21,12 

z  - 

-  15,94 

z  - 

-  10,74 

z  - 

-    5,43 

*H 

-    0,00 

Unter- 
schiede 
d.wirkl. 
Wärme 

4,72 

4,72 

4,79   • 

4,81 

4,81 

4,89 

439 

4,97 

5,00 

5,08 

5,10 

5,10 

5,18 

5,20 

5,31 

5,43 

80,00 


Für  sonstige  Flüssigkeiten  will  de  Loc  folgende  Bestimmun- 
gen gefanden  haben,  die  aas  den  Graden  hervorgeh o,  welche 
mit  ihnen  gefüllte  Thermometer  zeigen,  wenn  das  Quecksil- 
berthermometer aaf  38°,6  steht,  also  die  wirkliche  Wärme 
c=  z  •{-  40°  i*t.  Dabei  ist  auch  das  Verhältnils  ihrer  Ver- 
dichtungen vom  Fancte  des  siedenden  Wassers  bis  za  z  +  40° 
and  von  hier  an  bis  zum  Fancte  de«  schmelzenden  Eise«  ge- 
geben. 


Flüssigkeit  in  demselben. 


847 


Flüssigkeiten  in  d. 
Thermometern 


Quecksilber  .  •  . 
Baumöl  a.  Leinöl 
Chamillenöl  .  .  . 
Quendelöl  .  .  »  * 
Gesätt.  Salzwasser 
Weingeist  .  • 
Wasser   •  •  • 


Stand 
bei  der 
Wärme 

z  +  400 


•  • 


38*,6 

37,2 
37,0 
34,9 
33,7 
19,2 


Varhältnifs  d. 
Verdichtun- 
gen in  d.lsten 
».2ten  Hälfte 


»5 :  14,0 
15  Jl3,4 
15:1^0 
15 :  12,9 
15 : 1 1,6 
15 :  10,9 
15  *  4,7 


Mm  ttlin  «Ke  Thermometenealea  greichmäfsige  Oade  er- 
Um,  ist  «las  Quecksilber  anter  allen-  Flüssigkeiten  bei  wei- 
■«  an  geeignetsten. 

Die  biet  BHtgetheilreBk  Bemühungen  von  bb  Luc  sind 
«W  sehr  seliiitzbar,  allein  sehon  eine  oberflächliche  Berrach- 
nag  fährt  sehr  bald  die  Uebereengang  herbei ,  dafs  kein  ge- 
■sats  Resultat  von  ihnen  zo>  erwarten-  sey.  Zwa*  scheint  das 
grählte  Mittel  der  Mischungen  seht  geeignet*  zu  seyn-,  und  es 
wurde  daher  schon  früher  dnreh  Moaiwus  *  in  Vorschlag  ge- 
facht, welcher  zugleich  eine  allgemeine  Formel  zur  Bereqh- 
Buag  der  Differenzen  angab,  auch  prüfte  Kraft2  die  Sache 
4nxh  Versuche,,  indem  er  von  dem  Grundsätze  ausging«  dafs 
dts  gewühlte  Mittel  für  den  beabsichtigten  Zweck  völlig  ge- 
ägoet  sey,  allein  ei  erhielt  Werthe,  die  von  den  theoreti- 
tckea  Bestimmungen  sich  um  mehrere  Grade  entfernten.  Die« 
•e*  ist  wohl  allzunatürlich  und  geht  aus.  den  unüberwiodli— 
cata  Schwierigkeiten  dieser  Versuche  von  selbst  hervor.  Nicht 
geaeg,  dafs  die  Wärme  der  Gefafse  nach  ihrer  speeihschen 
Winnecapacirät  mit  in.  Rechnung  zu  nehmen  wäre«  müfste 
«ich  die  an  das  Thermometer  abzugebende  oder  von  ihm  er- 
haheae  Wärme,  der  Verlust  durch  Verdampfung,  der  Zugang 
oder  Abgang  durch  die  äufsere  Umgebung  u.  s.  w.  berück- 
öchligt  weiden,  Gröfsen,  deren  genauere  Bestimmung  nicht 
alten  eofser  dem  Bereiche  der  Messung  liegt. 

13)  Die  übrigen  Vorzüge   des  Quecksilbers ,    welche   vt 
l*c  anfährt,   sind  zuerst,    dafs  dasselbe   sich  am   leichtesten 


1  Astrologie  galliea.  p.  158. 

2  Coauneat  Petrop.  T.  XIV.  p.  229. 


^ 


848  Thermometer. 

von  der  anhängenden  Luft  befreien  lasse  9  wobei  er  nicbt  hätte 
übersehn  sollen,  daft  dasselbe ,  als  einfacher  Körper,  keiner 
Zersetzung  unterliegen  kann ;  zweitens  ertragt  dasselbe  hohe 
Grade  der  Hitze;  drittens  ist  es  weit  empfindlicher  und  zwar, 
seiner  Apnahme  gemäfs,  sechsmal  empfindlicher  als  Weingeist« 
Von  der  Genauigkeit  dieser  Bestimmung  abgesehn  ist  die  Sa— 
che  selbst  unzweifelhaft  und  in  -der  geringeren  specifischen 
Wärm ecapaci tat  dieses  Metalls  sowohl,  als  auch  in  seiner 
grofsen  Leitungsföhigkeit  gegründet«  Sehr  unwissenschaftlich 
ist  daher  die  Angabe  von  Luz1«  dafs  Quecksilberthermometer 
und  Weingeistthermometer  in  freier  Luft  und  in  langsam  er- 
wärmtem oder  erkaltendem  Wasser  gleich  empfindlich  aeyen* 
bei  plötzlich  abnehmender  Wärme  aber  das  erstere  sich  dop* 
pelt  und  bei  plötzlich  zunehmender  sieb  dreimal  empfindlicher 
zeige,  als  das  letztere.  Endlich  liegt  ein  Hauptvorzug  des 
Quecksilbers  vor  dem  Weingeiste  darin,  dafs  es  sich  rein  und 
stets  von  gleicher  Beschaffenheit  darstellen  läfst,  was  beim 
Weingeist  nur  schwer  oder  überhaupt  nicht  erreichbar  ist,  ein 
Umstand,  dessen  Möglichkeit  Di  Luc  kaum  hinlänglich  ge- 
würdigt hat. 

14)  Michbli  Duckest*  giebt  dem  Weingeiste  den  Vor- 
zug vor  dem  Quecksilber,  weil  seine  Ausdehnung  regelmafsi- 
ger  seyn  soll.  Hierbei  geht  er  aber  von  dem  seltsamen  Grund- 
satze aus,  dafs  die  Temperatur  der  Erde  ein  getnäfsigtes  Mit- 
tel sey,  über  welches  sich  die  Wärme  am  Senegal  so  erhebe, 
als  die  Kalte  in  Kamtschatka  unter  dieselbe  herabgehe,  welche 
letztere  damals  durch  das  Quecksilberthermometer ,  in  Folge  der 
Zusammenziehung  dieses  Metalls ,  unnatürlich  tief  gefunden  wor- 
den war.  Hiernach  schliefst  er,  dafs  der  Weingeist  sich  re- 
gelmässig, das  Quecksilber  aber  unregelmäßig  verändere,  und 
hierauf  gründet  er  die  thermometrischen  Werthe  beider  Sub- 
stanzen. Stäohmiyir3  äufserte  gegen  die  Versuche  und 
Schlüsse  db  Luc's,  dafs  der  Weingeist  auf  alle  Fälle  für  tiefe 


1  Vollständig©  Anweisung,  die  Thermometer  au  verfertigen»  Cap. 
8.  S.  159.     Eine  2te  vermehrte  Aufl.  1823. 

2  Description  de   la  mlthode  d'on  thermomdtre  universal.    Par. 
1742.  8. 

$    Anleitung  übereinstimmende  Therm,  au  verfertigen«  Gott.  1775. 
8.  S.  12. 


Flüssigkeit  in  demselben. 


849 


Kältegrade  den  Vorxog  habe,  weil  er  gefunden  bette,  daft  in 
Mischung  voö  Schnee  und  rauchendem  Salpetergeist  bei 
26^,660.  der  Weingeist  noch  vollkommen  flüssig  blieb,  wäb-» 
das  Quecksilber  schon,  xn  einem  weichen  Apalgama  (ver- 
inhlii h  wegen  * Vecunreinignog)  gerenn,    sich  denn  stark  zu« 
:og    und    bei    noch    grösserer  Kälte    wie  ein   Faden 
blieb.     Dia  Resultate  der  Versuche  von  Duckest,  die 
Weettiralich  gegen  ds  Lug  entscheiden  S9Uen9  weichen  nach 
Znammenstellung  derselben  durch   Luz*    der  er  noch 
eigenen  hinzufügt,  keineswegs  bedeutend  ab,    wie  fol- 
jnede  Tabelle  zeigte 


Weingeistthermometer. 


Qoecksilbertherm. 

DüCREST 

de  Luc 

Luz 

fiiedepunet     80 

80,00 

80,00 

80,00 

75 

73,21 

73,80 

73.82 

70 

66,83 

67,80 

67,80 

65 

60,80 

61,90 

61,90 

60 

55,06 

56,20 

56,10 

55 

49,57 

50,70 

50,40 

50 

44,31 

45,30 

44,90 

45 

r    39,24 

40,20 

39,60 

40 

34,36 

35,10 

34,70 

35 

29,63* 

•30,30 

29,90 

30 

25,05 

25,60 

25,30 

25 

20,60    , 

21,00 

20,90 

20 

16,27 

16,50 

16,50 

15 

12,05 

12,20 

12,20 

10 

7,94 

7,90 

7,90 

5 

3,93 

3,90 

3,90 

0 

■    0,00 

0,00 

0,00 

—    5 

—  — 



—  3,90 

—  10 

—  7,60 

—  15 



. 

—11,20 

—  20 

■■■^  *mmm 



-14,50 

1  Aoch  Wix.dt  hat  neuerdings  ein  Weingeistthermometer  mit  ei- 
«*  Qe^cksilberthermometer  verglichen  und  ungefähr  gleiche,  alt 
e*  in  der  Tabelle  enthaltenen  Abweichungen  gefunden.  S*  Kästner 
Mir  1825.  Dec  fieünb.  New  Phil.  Journ.  N.  II.  p.  827.  Die  Unter- 
jefcede  srod  mb**  grolscr,  als  sie  nach  meinen  Versuchen  bei  guten 
Iiemomete«i  eeyn  können. 


850 


Thermometer* 


Die  hier  gefundenen  Unterschiede  sind. so  grofs,    dab  man 
sich  unter  der  Voraussetzung  ihrer  vollkommenen  Genauigkeit 
unmöglich  dieser  swei  Thermometer  cor  Messung  der  Wärme 
bedienen  kttonte,    wie  noch  jotst  sehr  häufig  geschieht,.     Di« 
ungleich   genaueren  Versuche  von  FirAvevzAevis1  zeigen  bei 
weitem  geringere  Abweichungen  beider  unterhalb  des  Gefrier- 
pnnctes,    aber  noch  gröfsere  oberhalb  desselben  ,    wovon  die> 
Ursache  darin  liegt,    da&  bei  jenen  der  Siedepunct  für  baid# 
Arten  jon  Thermometern  auf  80°  gesetzt,  bei  diesen  aber  des 
eigentliche  Siedepunct  des  Weingeistes  genommen  Worden  ist» 
Das  hier  gebrauchte  Weingeistthermometer  war  unter  den  Augen 
RfcAUMUR'8  durch  Nollkt  verfertigt  worden,  das  Quecksilber- 
thermometer von  einem  bewährten  neueren  Künstler«       Beide 
zeigten  unter  gleichen  Bedingungen  folgende  Temperaturen: 


Zwei  Theile  zerstobenes  Eis  and 
ein  Theil  Kochsalz   ...... 

Zwei  Theile  zerstofsenes  Eis  und 
ein  Theil  Salmiak   ....... 

Zwei  Theile  zerstofsenes  Eis  und 
ein  Theil  Zucker 

Zwei  Theile  zerstofsenes  Eis  und 
ein  Theil  Salpeter  • 

Schmelzendes  Eis  ......... 

Sechsjährige  Messungen  des  Wassers 
in  einem  34  Fnfc  tiefen  Brunnen 

Wärme  in  einem  Keller  .  .  .  .  . 

Wärme  des  menschlichen  Körpers 

Schmelzpunct  des  gelben  Wachses 

Siedender  Alkohol  von-  0351  spec. 
Gew.  bei  28  Z.  Barometerhöhe  • 

Siedepunct  einer  Mischung  aus  3 
Theilen  jenes  Alkohols  und  einem 
Theil  Regenwasser  bei  gleicher 
Barometerhöbe    ••....... 


Thermometer 
|  Weingeist  |Quecksilber 


— 17°,4 
-  12,7 


— 16°,6 
-12,4 


-    5,0      -    4,9 


3,5 
0,0 

10,47 

133 
32,7 

56,25 
75,6 


80 


—    3,42 

0,0 

9,64 
12,7 

'293 
49,6 

63,5 


663 


1    Corretpond.  Astronom.  T.  IX.  N.  5.  p.  435.    Edinb.  Journ.  of 
So.  N.  II.  p.  374. 


Flüssigkeit  i*n  demselben«  8S1 

15)  Räch  den  oben  über  Luftthennometer  mitgctheikeuj 
Uatemckangen  gieVt  Ae  Luft  die  Zunahmen  der  Wim«  ge» 
BMi  an  and  die  übrigen  Flüssigkeiten  müssen  hiernach  ge* 
prau  werden,  wes  in  den  neuesten  Zelten  ' mit  ungemeine« 
Sorgfalt  geschehn  ist  und  sehr  zum  Vortheil  des  Qusclcstl* 
em  entschieden  hat*  So  -fcnd  FtAueneuxs*  die  Ausdeaw 
taut  des  Quecksilbers  von  —  20*  "IL  bis  160°  und  selbst 
K8ML  ganz  glerchmäf eig ,  mit  den  Graden  des  LuftthemKM 
Mos  abereinstimmend  und  also  den  Vermehrungen  der 
Wfcae  direct  proportional,  was  aber  wohl  nicht  für  absolut 
£aaa  gelten  kann;  richtiger  dagegen  ist  die  Angabe ,  ebendie- 
•n  Gelehrten,  wonach  zwischen  —  25°  C.  und  +  100°  C. 
ketae  Abweichtrag  des  Quecksilberthermometers  vom  Luftther- 
■oejatei  wahrnehmbar  ist,  denn  hiermit  stimmen  die  Resul- 
tate der  Versuche  von  Gay-Lussac  und  die  vorzuglich  schätz- 
Wen  von  Dolomo  und  Pitit,  vollkommen  überein2.  Inner- 
kalb dieser  Temperaturen  haben  daher '  die  Quecksilbcrther- 
SKwneter  90  entschiedene  Vorzüge,  dab  sie  nicht  wohl  durch, 
aaeere  und  namentlich  nicht  durch  Weingeistthermometer 
verdrängt  werden  können;  für  tiefere  Grade  der  Kälte,  jedoch 
mt  für  solche,  bei  denen  das  Quecksilber  zu  gefrieren  an- 
fingt3, sind  sie  ganz  unbrauchbar,  für  höhere  aber  und  we- 
gen des  hoch  liegenden  Siedepunetes  selbst  für  sehr  hohe 
Torfen  sie  als  sehr,  brauchbar  gelten,  um  so  mehr,  als  es  leicht 
ist,  sie  durch  eine  einfache  Correction  auf  das  Luftthermome- 
ttr  zn  reduciren,  wovon  später  die  Rede  seyn  wird«  Ueber 
das  Verhalten  derselben  in  tiefer  Kalb  hat  Paa&y*  schätz- 
bare Beobachtungen  mitgetheilt.  Hiernach  gefror  das  Queck- 
silber bei  —  37V7  bis  —  38°>88  C;  oder  nach  einer  endern  An- 
gabe bei  —  39M5  bis  30°>52  C ,  denn  es  blieb  flüssig  bei 
—  38**88,  wenn  es  sich  lange  in  dieser  Temperatur  befand, 
und  gestand  sogleich,  wenn  es  etwa  drei  Stunden  lang  einer 
Kalte  von — 390*44  ausgesetzt  gewesen  war«  Lagen  die  Thermo« 
neter  horizontal,  so  zeigten  sie  die  Temperaturen  bis — 37°,77 
eier— 38^86  genau  übereinstimmend,  hingen  sie  aber  lothreeht 

«er  wurden  sie  erschüttert,  so  sank  das  Quecksilber  bis  — 43°  C. 
- 

1    Joeroal  de  Phye.  T.  LXXXII.  p.  401. 

t    8.  Jutohhmmp.  Bd.  I.  3.  598* 

3  Mao  tetst  den  Gefrierpunct  des  QaecksUbers  as  —  89»,44  G. 

4  Second  Voyage  cet.  Lond.  U£5.  4«    Append.  p.  254.  962» 


SSS  Thermometer. 

«ndnofth  weiter  ^herab  und  gefror  dann*  Daj  HHngenbleiben 
des  Qoecksilfeefcs  in  den  Röhren  der  heffooaial  liegenden  Ther^ 
naotneter,  ohne  dafe  man  seibat  mit  der  Loupe  Zwischenraum 
nee  wahrnehmen  konnte,  wird  von  einer  verminderten  Cohä- 
sion  seiner  Theile  bei  unveränderter  Gontraction  abgeleitet, 
was  aber  wohl  nicht  scharf  genug  anfgefafst  ist.  Gelegentlich 
wurde  anoh  die  absolute  Zesammenziehung  des  Quecksilbers 
vermittelst  einer  Röhre  mit  daran  befindlicher  Kugel  gemessen 

und  zwischen  —  t°,57  und  —  33°,89  gleich  ^V       für  1°  C. 

gefunden,  was  von  der  durch  DtTiowo  und  Petit1  gefunden 

nen  Grö*(se  =       ■    ■  nicht  unbeträchtlich  abweicht.  Jedoch  kann 

d55U 


die  erstate  Bestimmung  wohl  auf  gleiche  Genauigkeit,  wie 
letztere,  keine  Ansprüche  machen. 

16)  Als  sonstige  Flüssigkeiten,  die  sieh  zur  Füllung  der 
Therm ometerröhrea  eignen  'sollen,  finde  ich  blofs  den  Sal- 
miakgeist durch  Luz  empfohlen ,  weil  dieser  mit  dem  Wein- 
geist gleichmäfsige  Ausdehnung  zeige  und  sieh  durch  etwas 
Grünspan  schön  färben  lasse.  Ob  man  einen  wirklichen  wei- 
teren Gebranch  von  dieser  Substanz  zu  dem  genannten  Zweck« 
gemacht  habe,  finde  ich  nirgends  ausdrucklich  angegeben,  auch 
habe  ich  selbst  keine  Erfahrung  hierüber.  Newton  a  schlug 
bekanntlich  Leinöl  als  thermometrische  Substanz  vor,  weil 
diese  Flüssigkeit  weit  schwerer  siede,  als  Weingeist;  er  scheint 
aber  die  Aufgabe  nicht  weiter  ins  Einzelne  verfolgt  zu  haben. 
Die  oben 3  bereits  ausführlich  erwähnten,  von  dk  Lüg  und 
Gat-Lussac  angestellten  Versuche  mit  Thermometern,  die 
mit  Verschiedenen  Flüssigkeiten  gefüllt  waren,  hatten  nicht 
sowohl  den  Zweck,  die  Brauchbarkeit  dieser  Substanzen  zur 
Verfertigung  von  Beobachtungsapparaten  'aufzufinden ;  als  viel- 
mehr den  Gang  ihrer  Ausdehnungen  auszumitteln.  Im  Gän- 
sen hat  das  Quecksilber  für  mittlere  und  höhere  Temperatu- 
ren ,  genauer  für  —  30°  bis  +  100°  C  so  entschiedene  .Vor- 
zuge, dafs  man  dasselbe  bei  guten  Apparaten  schwerlich  mit 
irgend  einer  andern  Flüssigkeit  vertauschen  wird,  eVsey  denn, 


1    8.  Art.  Ausdehnung.  Bd.  T.  'S.  600. 

%    Phil.  Tränt.  1701.  N.  fTO. 

3    8.  Art«  Ausdeutung.  Bd.  L  S.  59a; 


Flüssigkeit  in  demselben*  853 

) 

•ab  besondere  Zwecke,    wie  beim  Six- Thermometer^   beim 

Theneometrogmphen  u.  s.  w.,  dieses  fordern.     De  es  aber  für 

die  in  vielen  Gegenden  unter  höheren  Breiten  häufig  vorkosfe* 

mcnden  tiefen  Kältegrade  durchaus  nicht  ausreicht,  so  mufste 

mesnothwendig  eine  andere  Sabstanz  wühlen,  und  hierin  diente 

fortwährend    der  Weingebt,    bauptsäcblich   wohl    deswegen, 

weil  dieser  seit  den  frühesten  Zeiten  *b  tbennoskopische  8vb* 

stanz  bekennt   war  nnd  weil  man  weifs,    dafs  er  den  häeh* 

stta  Kältegraden  widersteht.      Dafs  er  ursprünglich  su  dieser 

Beftinmnng  verwandt  wurde  9    davon  liegt  die  Ursache  noch 

eajserdetn  ohne  Zweifel  in  der  allgemeinen  Bekanntschaft  des-« 

selben  nnd   in  dem  vielfachen  Gebrauche,  welchen  die  Che-* 

auker  stets  von  ihm  gemaoht  haben. 

Meine  bereits,  erwähnten  Untersuchungen  über  die  Ans** 
seknung  der  tropfbaren  Flüssigkeiten  führten  unmittelbar  zur 
Beantwortung  der  Frage ,  welche  Flüssigkeiten  sich  vorzugsweise 
sur  Füllung  der  Thermometer  eignen.  Die  erste,  wesentlich  hier- 
in erforderliche  Eigenschaft  einer  für  beträchtliche  Unterschie- 
de der  Temperaturen  möglichst  gleichmäfsigen  Ausdehnung 
durch  Wärme  besitzt  das  Quecksilber  in  einem  so  vorzügli- 
chen Grade,  dafs  es  nicht  wohl  in  dieser  Besiehung  durch  ir- 
gend eine  andere  Flüssigkeit  ersetzt,  geschweige  denn  ver- 
drängt werden  sollte.  Ihm  am  nächsten  hierin  kommt  die 
Schwefelsäure  (vom  spec.  Gew.  =  1,836  bei  12°,5  C.)»  allein 
Wide  Flüssigkeiten  widerstehen  tiefen  Kältegraden  nicht  und 
obendrein  sind  die  Gefrierpuncte  der  Schwefelsäuren  (oder 
vielmehr  der  Schwefelsäure-Hydrate)  nach  ungleichen  Mengen 
des  enthaltenen  Wassers  so  verschieden,  dafs  schon  hierin 
ein  genügender  Grund  liegt,  ihre  Anwendung  für  Thermome- 
ter unbedingt  zu  verwerfen»  Ueberhaupt  mufs  die  Aufgabe 
gegenwärtig  blofs  darauf  beschränkt  werden,  eine  Flüssigkeit 
su  haben,  die  sich  zur  Messung  tiefer  Kältegrade  am  besten 
eignet,  und  in  dieser  Beziehung  können  blofs  das  rectificirte 
Steinöl  (petroleum  rectif.)  und  der  Schwefelkohlenstoff  mit 
dem  Weingeist  um  den  Vorzug  streiten.  Nach  der  Zusammen« 
Stellung  der  hierzu  erforderlichen  Bedingungen1  fällt  aber  der 
Vorzug  weit  mehr  auf  die  Seite  des  Steinöls  und,  wenn  es  sich 
Mob  um  hohe  Kältegrade  handelt,    noch  mehr  auf  die  Seite 


1    8.  meine  Abhmndl,  Sor  la  dilatation  de  l'Alcool  abaoln.  p.  34. 


i 


854  Thermometer. 

des  BdtweMiohknBteffs,  ab  'auf  die  des  Weingeistes ,  wje  aus 
folgender  Vergleichung  diasei  drei  Flüssigkeiten  evident  her- 
vorgeht. 

a)  Der  Weingeist  ist  nnr  mit  grofser  Mühe  nnd  durch 
sorgfältiges  Operiren  völlig  rein  cu  erhalten,  verliert  aber  seine 
Reinheit  durch,  längeres  Stehen,  ja  sogar  durch  den  Zutritt 
feuchter  atmosphärischer  Luft  während  der  Operation  des  Fül-* 
lens  der  Thermometerröhren ,  wenn  diese  Arbeit  nicht  absicht- 
lich beschleunigt  wird  *•  Die  Ausdehnung  desselben  wird  aber 
um  so  viel  unregelmäßiger,  je  gröfser  die  Menge  des  in  ihn» 
enthaltenen  .Wassers  ist,  und  .es  kann  wohl  seyn,  dafs  die 
oben  erwähnten  Unterschiede  der  verschiedenen,  von  Parkt 
gebrauchten  Thermometer  hierin  ihren  Orund  hatten«  Das 
Petroleum  kann  zwar  gleichfalls  durch  ungleich  öftere  und 
mehr  oder  minder  sorgfaltige  Rectificationen  von  etwas  ver- 
schiedener Beschaffenheit  seyn ,  im  Ganzen  ist  aber  seine  Dar- 
stellung von  einer  gewissen  für  diesen  Zweck  zu  bestimmen- 
den Reinheit  keineswegs  schwierig.  Der  Schwefelkohlenstoff, 
vorschriftsmäfsig  bereitet,  ist  stets  von  gleicher  Beschaffenheit 
und  hat  daher  in  dieser  Beziehung  den  Vorzug« 

b)  Die  absolute  Grabe  der  Ausdehnung  für  gleiche  Un- 
terschiede der  Wärme  giebt  zwar  keinen  sehr  wesentlichen 
Vortheil,  immer  aber  einigen,  sofern  durch  längere  Grade  die 
Beobachtungen  schärfer  werden,  bei  gleichen  Graden  aber  das 
Volumen  der  thermometrischen  Flüssigkeit  so  viel  kleiner  seyn 
darf,  je  gröfser  die  Ausdehnung  desselben  ist  Es  verhalten 
sich  aber  die  Ausdehnungen  des  Schwefelkohlenstoffes ,  des  Al- 
kohols uhd  des  Petroleums  für  50°  C.  wie  60723:56071 :  52652 
und  es  übertrifft  also  der  Schwefelkohlenstoff  den  Weingeist  sehr 
nahe  um  ebenso  viel,  ab  dieser  das  Petroleum« 

c)  Eine  wesentliche  Bedingung   ist  die  Gleichmäßigkeit 
der  Ausdehnung ;    denn  obgleich  man  die  regelmäfsigen  Zu« 
nahmen  der  Ausdehnung  in  die  zu  verfertigenden  Scalen  auf-* 
nehmen  oder    die  in  gleiche  Theile  getheilten  hiernach  cor- 


1  Der  ron  mir  bei  den  ersten  Verwehen  angewandte  Alkohol 
von  0,808  tpec.  Gewicht  bei  12°,5  C.  war  alt  absoluter  Alkohol  be- 
reitet, hatte  aber  mehrere  Monate  in  einer  mit  einem  Glasstöpsel  ver- 
schlossenen Flasche  gestanden  nnd  war  häufig  geöffnet  worden»  8» 
über  die  Ausdehnung  der  tropfb.  Flüssigk.  3.  73. 


tflÜÄsigkeit  in  dcnefelbem  855 


V» 


rigiren  kann,  so  gewBhrt  doch  die  greisere  GleichmHfaigkeh 
der  Ausdehnung  den  bedeutenden  Vortheil  der  Binfacbkeit  and 
laraus  folgenden  Bequemlichkeit.*  Wie  gleichmäfsig  die  Ans- 
dehnoDg  sey,  übersieht  man  am  betten,  wenn  man  die  For- 
meln /ür  die  Volumensvermehrungen  mit  einander  vergleicht* 
Gezeichnet  man  das  Volumen  bei  0*  C.  =  V  darch  1  und 
heißt  dann  AV  die  Vergrößerung  dieses  Volumens  für  I  Grade 
iet  Centesimakcale ,  so  ist  für  Schwefelkohlenstoff 

JV=  0,0011256t  +  0,000001715t* + 0,00000000121166t*, 

für  Petroleum 

4  V=0,00098855t  +  0,00000212t*— 0,00000002676 t* 

+  0,000000000195 1*, 

für  absoluten  Alkohol 

JV=0,00101511t  +  0,0000030884t^ 

Könnten  alle  folgende  Glieder  anfser  dem  ersten  vernachläs- 
sigt werden ,  so  setzte  dieses  eine  ganz  gfeiohmäfsige  Ausdeh- 
nung voraus,  nnd  um  zu  bestimmen ,  wie  weit  man  sich  hier- 
durch von  der  Wahrheit  entfernt,  darf  man  nur  die  Werthe 
des  ersten  Gliedes  und  die  Summe  der  Werthe  der'  übrigen 
Glieder  für  eine  gewisse  Menge  Grade  der  Centesimahcale  mit 
einander  vergleichem    Es  ist  aber  für  10°  C 

Werth  des.  ersten  Summe  der  Werthe  Unterschied 

Gliedes  d.  übrigen  Glieder 

Schwefelkohlenstoff  =0^11256       0,00017271       0,0110833 

Petroleum =0,009885        0,00018725      0,0096977 

AM"* =0,010151       0,00028960      0,0098614 

w>d  für  100  Grade  der  Centesimalscale 

Schwefelkohlenstoff     0,112560        0,018361  0,0941» 

^troleum 0,098855       0,013950  0,084905 

Alkohol 0,101511       0,011639  0,089872 

Do  Werth  des  ersten  Gliedes  übertrifft  beim  Schwefelkohlen- 
stoff die  Snmme  der  Werthe  der  andern  Glieder  am  meisten, 
beim  Petroleum  nnd  Alkohol  sind  die  Unterschiede  fast  gleich, 
doch  hat  in  dieser   Beziehung  -der  letztere    «inen   geringe» 

i)  Alan  setzt  zwar  den  Siedepnnet  des  Schwefelkohlen« 
«oft  auf  46°,6  and  den  des  Petroleums  auf  85°,56>  ellein  dem 
ob»  aufgestellten  Satze  gemafs,  dab  leicht  siedende  Flüssig« 
Witia  sich  in   thermomettraitigen  Apparaten    bis  weit  über 


856  Thermometer, 

ihren  äiedepunct   erhitzen   lessen   und   auch  in  den  höheren 
1  Temperaturen  ihre   gesetzm&fsige   Ausdehnung    nicht  ändern, 
hebe  ieh  namentlich  auch  den  Schwefelkohlenstoff  bis  65*  CJL 
erhitzt,  ohne  dsfr  er  zu  sieden  anfing ,  und  sein  Verhalten  in 
dieser  Beziehung  übertrifft  also  das  ahnliche!    beim  Schwefel- 
ather  wahrgenommene  bedeutend»    Es  unterliegt  aber  hiernach 
gar  keinem  Zweifel,  dafs  Thermometer,  aus  dieser  Flüssigkeit 
bereitet,  bis  zum  genannten  Puncto  von  65°  C.  graduirt  werden 
können,  und  dieses  gentigt  vollkommen,  sobald  man  mit  solchen 
Thermometern  nichts  weiter  beabsichtigt ,   als  die  Temperaturen  ' 
der  Luft  und  die  tiefsten  Grade  natürlicher  und  künstlicher  Kalte 
zu  messen.     Der  Siedepunct  des  Steinöls  wird  bei  85°,5  C.  ge- 
setzt, was  an  sich  schon  hinreichend  seyn  würde;  inzwischen 
habe  ich  die  Erhitzung  auch  dieser  Flüssigkeit  bis  95°  C.  ge- 
trieben und  die  Brauchbarkeit  derselben  zu  Thermometern  un- 
terliegt also  in  dieser  Beziehung  durchaus  keinem  Zweifel. 

•)  Der  Gefrierpunkt  des  absoluten  Alkohols  liegt  so  tief, 
dais  höchst  wahrscheinlieh    keine    natürliche  Kälte  hinreicht, 
ihn  gefrieren  zu  machen.      Nach  der  aus  meinen  Versuchen1 
entnommenen  Berechnung  liegt  der  Punct  seiner  gröfsten  Dich* 
tigkeit  bei  —  90°  G« ,    einige  Grade  unter  dieser  Temperatur 
mülste  er  also  der  Analogie   nach  gefrieren,    was  nahe  genug 
mit  den   neuesten  Versuchen  übereinstimmt,    wonach    er  in 
runder  Zahl  bei— 100*  durch  Anwendung  der  liquiden  Koh- 
lensäure gefroren  seyn  soll,    sofern    man  bei  solchen  Messun- 
gen doch  schwerlich  für  etwa  6  bis   8  Grade  einstehen  kann. 
Für  das  Steinöl  giebt  die  Cnrve  seiner  Ausdehnung  —  71°  G» 
als  den  Punct  seiner  gröfsten  Dichtigkeit ,  und  somit  mufs  sein 
Gefrierpunct  noch  tie(er  liegen,  übereinstimmend  mit  der  Er- 
fahrung, wonach  dasselbe  bis   jetzt  noch   nicht  zum  Gestehen 
gebracht  worden  ist.  Auf  jeden  Fall  würde  dasselbe  hiernach  zur 
Messung  der  natürlichen  Kältegrade  ausreichen,  worauf  es  zu- 
nächst vorzüglich  ankommt*  Die  Ausdehnungscurve  des  Schwe- 
felkohlenstoffs giebt  keinen   Punct   der    gröfsten  Dichtigkeit, 
und  indem  er  hiernach  sich  vorzugsweise  zur  thermometrischen 
Flüssigkeit  eignet,   bleibt  zugleich  sein  Gefrierpunct  ungewifs, 
mufs  aber  gleichfalls  sehr  tief  liegen ,  wail  er  durch  künstliche 
Kalt«  bis  jetzt  nicht  aufgefunden  worden  ist. 


1    8ar  la  Dilatation  de  PAlcool  pur.  p.  25. 


Verschiedene  Scalen.    ,  857 

ASes  (Betts  zusammengenommen  verdient  der  Alkohol  den 
Verzog,  welchen  man  ihm  bisher  mehr  neeh  Verjährung,  eis 
nach  genauer  Prüfung  beigelegt  hat,  keineswegs,  vielmehr  ist 
du  Quecksilber  für  mittlere  and  höhere  Wärmegrade  ohne 
•Um  Vergleich  bei  weitem  vorzusiehn,  für  hohe  Kältegrade 
dagegen  gebührt  dem  Schwefelkohlenstoff  der  erste,  dem  recti- 
fernen  Steinöl  der  «weite  nnd  dem  Alkohol  erst  der  dritte 
Rag,  wobei  ein  merkliches  Uebergewicht  noch  immer  auf  die 
Soli  tsr  ersten  dieser  drei  Flüssigkeiten'  fallt  * 

B.    Eintheilung    der   verschiedenen 

Scalen. 

17)  Das  DrebbeFsche  Thermometer  war  ein  Mob  empirisch 
cesstroirtes  Werkzeug,  den  »vollkommenen  Wettergläsern 
nch  Otto  v;  Guzbicki  und  den  noch  jetzt  gangbaren  Hy- 
gronetern  aas  Darmsaiten  zu  vergleichen,  sofern  diese  lostru- 
Beute  Mob  die  vorhandenen  Veränderungen  anzeigen ,  ohne  ' 
&  Grobe  derselben  genau  zu  messen«  Es  liegt  in  der  Natur 
der  Sache,  da£s  man  gerade  beim  Thermometer  zuerst  eine  be- 
staunte Spräche  nnd  ein- genaues  Mab  verlangte,  und  daher 
wurden  sofort  verschiedene  Vorschläge  gemacht,  dieses  zu  er- 
ittcftss.  Die  Mitglieder  der  Akademie  dei  Cimento  gaben  ih- 
ren Thermometer  einen  Pnnct  H  der  mittleren  Wärme,  diepig, 
»  als  die  Wärme  der  Erde  ansahn  und  in,  tiefen  Kellern,  wo  71» 
«e  das  ganze  Jahr  hindurch  consent  blieb ,  zu  rinden  glaub- 
te*» Von  diesem  Puncto  "aus  nahmen  sie  willkürliche  Grade 
ueh  oben  der  Wärme ,  nach  unten  der  Kälte  an ,  meistens, 
NO  nach  jeder  Seite.  Es  leuchtet  ein,  dab  .auf  diesem  Wege 
käse  übereinstimmenden  Thermometer  zu  erhalten  sind,  jedoch 
**ten  jene  Gelehrten  vorsichtig  genug,  alle  ihre  Thermometer, 
toten  eine  grobe  Menge  verfertig!  und  zum  Theil  versandt 
worden,  nach  einem  Normelapparate  zu  graduiren,  wodurch 
■ei  mindestens  eine  nahe  Uebereinstimmung  derselben  unter 
«•ander  erreichte.  Inzwischen  scheint  die  Technik  damals 
■och  nicht  ausgereicht  zu  haben,  diese  Uebereinstimmung  her- 
vorzubringen, denn  Wolf1  klagt  sehr  über  die  Abweichungen 


1   Nützliche  Versuche  Th.  U.  Cap.  V.  §.  67. 
IX.  Bd.  Iii 


858  ,   Thermometer. 

,  in  den  Angaben  seiner  vier  Florentiner  Thermometer.    Den- 
noch konnte  Libai*  bei   denen,    deren  mehrere  er  in  einer 
Kiste  zufallig  wieder  auffand,  die  Scalen  prüfen  und  mit  den 
jetzt  üblichen  vergleichen.       Es  «xistirten  zwei  Arten  solcher 
,  Thermometer,    grofse,    die  bis  100  Grade,  und  kleinere,  die 
bis  50  reichten.     Die  letzteren  hat  Libui  verglichen  und  ge- 
funden!   dafs  ihr  NuUpunct  mit  15e  R.,   ihr  50ster  Grad   mit 
44°   R.  und    ihr   13,5   Kältegrad    mit    0°  R.    zusammenfallt. 
Wenn  man  berücksichtigt,    dafs  das  Ziel  des  damaligen*  Stre- 
ben* eigentlich   darauf  gerichtet  war,    ein  Mafs   der  absoluten 
Wärmemengen   zu  haben,    so  kann   man   den  Vorschlag  Rk- 
waldihi's2  besser  würdigen  und  es  begreif  lieb  finden,  dafs  er 
so  nahe   bei  der  Sache   diese  dennoch  verfehlte.       Er  schlug 
vor,    man  solle  die  Kugel  des  Thermometers  mit  Eis  umgeben 
und  diesen  Stand  desselben  mitO  bezeichnen,  dann  das  Thermo- 
meter in  eine  Mischung  von  11  Theilen  siedenden  und  lTheil 
kalten  Wassers  (aqua  gtlida)  senken  und  seinen  Stand  mit  1 
bezeichnen;  ebendieses  solle  man  mit  10,  9*  8.  •  •  •  und  mit 
2,   3,   4  .  •  ••  vereinten  Theilen  wiederholen,    um  dadurch 
2,  3,  4 .  •  •  •  Grade  zu  erhalten,  oder  man  solle  nur  12  solche 
Theile,    als  den  zuerst   gefundenen,   auftragen,  so  habe-  man 
wirkliche  Grade  der  Wärme,  indem  die  des  siedenden  Was- 
sers in  12  gleiche  Theile  getheilt  sey.    Hierbei  wird  aber  vor- 
ausgesetzt,   dafs  die  aqua  gelida,  deren  eigentliche  Tempera- 
tur sogar  nicht  einmal  genau  bestimmt  ist,  gar   keine  Wärme 
habe.     Merkwürdig  bleibt  dabei, g  dab  man  diesen  sinnreichen 
Gedanken,  der  durch  blofoc.  geschickte  Manipulation  zum  rich- 
tigen Resultate   der  Erhaltung   zweier  unwandelbarer    Puncte 
fuhren  mufsts,    zwischen   denen  bekanntlich  eine  willkürliche 
Menge  gleicher  Theile  liegen  kann,    damals  ganz  unbeachtet 
liefe,  weil  man  beim  Suchen  nach  dem  Verborgenen  das  ein- 
fach Vorliegende  gewöhnlich  zu  übersehn  pflegt.     Nzwtoh's3 
Scharfsinn  führte  ihn,    ohne  der  Aufgabe   mehr   als  eine  mur 
beiläufige  Aufmerksamkeit  zu  schenken ,  .  auf  einen  sehr  rich- 
tigen Weg,    durch  dessen  wettere  Verfolgung  man  gleichfalls 


1  Ann.  Ghim,  et  Phys.  T.  XLV.  p.  354.    Poggendorff  Aon.  XXI. 
325. 

8  Philotophia  natttralii.  Pater.  169*.  fol.  T.  III.  p.  276. 

8  Philos.  Transaet  1701.  N.  270. 


Verschiedene  Scalen«  ,  fiflQ 

du  gesackte  Zjel  erraeht  haben-  wii*4e.  Er  fcftfog  Lesart  «U 
baaer  geeignete  Substanz  w,  wejl  diese  Flüesigkek  höher* 
Gnde  der  Hitze  artaägt,  ab  dar  damals  allein  befranste  Weia- 
gast.  Audi  ihm  geh  der  Punnt,  welche*  ein  solche*  Tto<- 
awattar  im  zergebeadea  Schale  zeigte,  für  de*  eigentliche* 
NaUnanct  dar  Wärme,  und  ab  zweite*  festen  Poupt  nahm  tr 
&  Wärme  des  menschlichen  Kftiper*  an  f  die  er  bei  12°  setzte, 
Ina  habe  das  sie  den  dt  Wasser  34  and  das  ehe*  mm  gestehen 
uiaemdt  Zinn  72  solcher  Grade*  Da  an?»  vortntietzen 
nrf,  dafa  NzwtOjf  alle  jSätze  dieser  Art  *nf  wufcjieh  enge- 
**Tte  Versuche  stützte,  so  rnafs  man  sich  über  die  Scharfe 
four  Bestiroiaangen  ernstlich  wundern.  Seist  man  nämlich 
&  nitriere  Wärme  dea  menechjjchen  Körpers  nach  Jon:*  D*ro 
«f  36^66  C. ,  ao  giebt  die  Proportion 

12:xc^  34:100 
*m  dieser  Beetimmung  35°,3  der  Centetiaialecale  nach  Nzw- 
toi  odar  die  andere 

a2;3&66  =  34ix 
4ea  Siedeponct  bei  1Q4°,Q3  der  Centesi.malscale,      Diene  ge- 
ringen Abweichungen  sind  aber  so  Fiel  leichter  erklärlich,  als 
ato  die  Warn»  des  menschlichen  Körpers  ohne  die  jetzt  ani- 
gdasdenen  Voraiehtamaffsegeln  leicht  za  gering  findet. 

18)  Da bt j*l  Gammzl  Fahäeireit  in  Daneig  hat  das 
ndsegbare  Verdienst,  dnreh  Benutzung  einiger,  vor  ihm  ie- 
hnater  Angebe»  und  durah  praktisches  Talent ,  verbunden  mit 
sehnlichem  Fiwfae,  die  Conetoidtion  der  Thermometer  zuerst 
•tf  «ine  sichere  Grandtage  geben*  za  heben.  Ale  Verfertiger 
▼oe  Wettergläser*  machte  er  auch  Thermometer  und  zwar 
•aek  dem  damaligen  Gehjauehe  ans  Weingeist  mit  Wasser 
vüdnoDt  oder  ans  unreinem  Alkojwl«  Defe  er  keinen  *b*o- 
ham  Alkohol  engewaadt  habe,  ist  wohl  gewjfo,  von  welcher 
Babheit  derselbe  abar  gewesea  eey,  finde  ich  njeht  eugege- 
tos;  die  gewöhnliche  Probe  damals  war,  z»  versnejien,  ob 
tonelbe  Sehie&nujve*  entzünde,  and  solcher  w*rd>  denn  zu- 
*nleu  noch  «ajt  etwas  Werner  gemiseht.  Der  streng*  Winter 
**  1709*  wobej  er  sicher  die  Temperatur  mit  seinen  noch 
Vollkommenen  Thermometern  mafs,  führte  ihn  auf  den  wich- 
tigen Schlafs,  dals  der  Punct  des  schmelzenden  Eises  nicht 
fa  eigentliche  Nullpunct  der  Wärme  say ,  aber  leider  glaubte 
*>  io  der  damals  erlebten  geeisten  Kälte  diesen  Punot  gefan- 

lii  2 


860  Thermometer. 

den,  zu  Tuben,  und  nahm  ihn  daher  als  den  Anfangspunkt  sei- 
ner Thennometerscale.  Was  er  hierüber  selbst  angiebt1,  dient 
zum  Theil  nur  irre  zu  machen,  sofern  er  die  damals  herr- 
sehenden  Meinungen  von  einem  absoluten  Nuilpuncte  and 
wirklichen  Messungen  der  Wärmemengen  zur  Schau  trägt,  es 
ist  jedoch  nicht  schwer  herauszufinden,  wie  er  wirklich  ver- 
fahren sey  und  dafs  es  ihm  hiernach  gelingen  muiste,  das  da- 
mals so  schwierige  Problem,  übereinstimmende  Thermometer 
cu  verfertigen',  wirklich  su  lösen.  Nach  seiner  Angabe  dien- 
ten ihm  ab  Grundlage  drei  Puncte,  zuerst  der  absolute  Nu£I- 
punci  von  1709  t  welchen  er  durch  eine  Mischung  von  Eis, 
Wasser  und  Salmiak  oder  Seesalz  zu  erzeugen  vorgab,  und  hin» 
zufügte ,  er  sey  leichter  im  Winter  als  im  Sommer  zu  erhal- 
ten; zweitens  der  Punct,  welchen  Eis  und  Wasser  vereint 
geben,  den  er  den  Punct  des  anfangenden  Gefrierene  nennt 
und  bei  32°  seiner  Scale  setzt,  und  drittens  den  Punct  der 
menschlichen  Wärme ,  welcher  erhalten  ^ird,  wenn  ein  ge- 
sunder  Mensch  das  Thermometer  so  lange  unter  dem  Arme 
oder  im  Munde  hält,  bis  es  seine  Wärme  vollkommen  ange- 
nommen hat,  in  welchem  Falle  es  96  Grade  zeigt.  Fahäei"- 
HtiT  nennt  also  den  Siedepunct  des  Wassers  nicht,  und  der 
Schmelzpunct  des  Eises  erscheint  bei  ihm  nur  als  ein  für  die 
schon  gegebene  Scale  gefundener;  seine  Normalpuncte  sollen 
der  von  ihm  angenommene  Nullpunct  und  der  für  die  mensch- 
liche Wärme  gefundene  seyn ,  allein  man  kann  darüber  gegen- 
wärtig gar  nicht  in  Zweifel  seyn,  dafs  Cr  weder  den  einen 
noch  den  andern  wirklich  benutzte  #  denn  Sein  Nullpunct  ist 
auf  keine  Weise  nur  mit  annähernder  Genauigkeit  zu  erhalten 
und  der  Punct  der  menschlichen  Wärme  wird  von  ihm  sogar 
unrichtig  zu  96°  angegeben,  welches  =  35°,56  C,  also,  wie 
bei  Newto»,  zu  niedrig  ist.  Pie  Wahrscheinlichkeit,  dafs 
Fahbivpiit  die  jetzt  gebräuchlichen  festen  Puncte  gekannt  und 
zur  Regulirung  seiner  Scale  benutzt  habe,  wird  jedoch  zur 
Gewißheit,  wenn  man  weifs,  dafs  seine  Thermometer  wirk- 
lich übereinstimmten  und  dafs  er  über  die  Fixität  der  jetzigen 
Normalpuncte  Versuche  angestellt  habe';  denn  angenommen,  er 


1  Philoi.  Tränt.  1724.  N.  381  n.  882.  p.  1  n.  78.  Eine  aus- 
führliche Prüfung  des  Verfahren!,  weichet  Pababvhbit  wirklich  be- 
folgte #  findet  man  in  Annale  of  Philot.  T.  Till.  p.  S& 


Verschiedene  Scalen.         -  861 

Übt  die   ilsteii  Thermometer  durch  Regulirang   nach  einem 
tafifogtiehen    Normahhcrmpmeter    zur  Uebereinstimmung    ge- 
bracht,   so   meisten  diese  von  den  nachherigen  mit  richtigem 
Gange  abweichen ,    zu  welcher  Annahme  jedoch  kein  Grund 
vorhanden  ist.     Er  erzählt  aber,    dais  er  ans  der  Abhandlung 
von  Amorovs*  die  Fixitat  des  Siedepunctes  vor  etwa  zehn 
Urea  (was  also  in   das  Jahr  1714  fallt)  tonnen  gelernt  und 
«ah  Quecksilber  zu  seinen  Thermometern  genommen  habe, 
wA  aaeh   der  Behauptung  jenes  Gelehrten  auch  dieses  sich 
enrn^Wärino  aasdehne.       Durch    Benutzung    eines    solchen 
Tatnnoineters  habe  er  dann  folgende  Bestimmungen  erhalten: 


Flüssigkeiten  spee.  Gew.        Siedehitze 

bei  48*  F. 

Alkohol 8260  ....    176* 

Regenwasser 10000  ....     212 

Salpetergeist  ......     12935  .  .  .  . ,  242 

Pottasohenlange  ....    16634  ....    240 

Vhriolöl 18775 546 

Die  ersten  Thermometer  Fahbubeit's  waren  nicht  bis  zum 
Stedepuncte  des  Wassers  graduirt,  dieses  geschah  erst  bei  den 
spfteren  mit  Quecksilber  gefüllten ;  vermuthlich  aber  waren  die 
ersten,  von  ihm  versandten,  nach  einem  solchen  normalen  Queek- 
süberthermometer  graduirt.  }px  Jahre  1714  schenkte  Fahhe*- 
oit  zwei  Thermometer,  die  noch  mit  Weingeist  gefüllt  wa- 
ren, an  Wolv,  welcher  den  übereinstimmenden  Gang  dersel- 
ben mit  Verwunderung  wahrnahm  und  einer  besonderen  Be- 
schaffenheit des  Weingeistes, zuschrieb2.  Zehn  Jahre  nachher 
wurde  das  von  ihm  angewandte  Verfahren  in  der  angegebenen 
Abhandlung  durch  ihn  selbst,  durch  Bqerhaavb3  und  Müs- 
se BimaosK*  allgemein  bekannt  und  der  Nullpunct  seines 
Thermometers  erhielt  den  Namen   des   künstlichen  EispuncUa 


1    Mem.  de  Pari«.  1708. 

S    Acts  Krad.  Ups.  1714.  Aeg.  p.  380.     Nützliche  VertoeBe.  Tb. 
IL  Cap.  V.  $.  71. 

3  Chemie   T.  1.    Expos,  de  Igne.    Ed.*  Logd.  Bah  1782.  4.    p. 
174. 

4  Tcntmn.  Aeed.  del  Cimento.  L.  B.  1731.  4.  p.  8.    Introd.  T.  II. 


802  Thermometer. 

(terms  de  cong&tation  artißcielle).  Um  diese  nämliche  Zeit 
fing  Fahkevhkit  an,  sein»  Thermometer  mit  Quecksilber  zu 
füllen,  and  weil  damals  cSe  absolute  Ausdehnung  der  Flüs- 
sigkeiten bei  diesen  Apparaten  nicht  übersehn  werden  durfte, 
so  nahm  er  an,  dafs,  wenn  das  Volumen  des  Quecksilbers 
beim  Nullpuncte  seine*  Scale  tu  11124  Theilen  angenommen 
würde,  es  sieh  am  32  solcher  Theite  bis  tarn  Schmelzpuncte 
des  Eises  and  am  600  bis  zum  Puncto  seines  Siedeos  aus- 
dehne, die  Aasdehnung  beim  Siedepuncte  des  Wassers  betrag 
dann  212  solcher  Theile,  urtd  bis  dahin  reichte  die  Scale  sei- 
ner verbesserten  Thermometer. 

19)  Ehe  die  eben  beschriebenen  Thermometer  in  allge- 
meinen Gebrauch  kamen,  bemühte  sich  Reaümua1,  auf  dem 
damals  bereits  betretenen  Wege  und  nach  den  als  Grundlage 
angenommenen  Regeln  diese  Apparate  zu  vervollkommnen, 
wobei  er  allerdings  wissenschaftlicher  verfuhr,  als  sein  Neben- 
buhler, aber  dennoch  die  eigentliche  Aufgabe  weit  weniger 
löste.  Unglücklich  war  schon  die  Wahl  der  thermometrischen 
Flüssigkeit,  die  in  Weingeist  bestand,  weicher  Schiefspulver 
zündete  und  mit  0,2  seines  Volumens  Wasser  verdünnt  wurde, 
um  weniger  leicht  zu  sieden.  Allerdings  mufs  man  sich  wun- 
dern, dafs  in  jenen  Zeittn  die  wissenschaftlichen  Untersuchun- 
gen in  so  beschränktem  Umfange  angestellt  wurden,  denn 
sonst  konnte  Reaumur  das  Quecksilber  unmöglich  unbeachtet 
lassen,  da  Fahaenhbit  als  blofs  praktischer  Künstler  ihm  so« 
gar  den  Vorzug  gab,  nachdem  er  durch  seine  ersten  Ther- 
mometer schon  so  berühmt  geworden  war.  Das  Ganze  läfst 
sich  erklären,  wenn  man  berücksichtigt,  dafs  Reau^ur  dem 
herrschenden  Vorurtheile  gemäfs  das  eigentliche  Ziel  gar  nicht 
verfehlen  zu  können  glaubte,  wenn  er  nur  die  absolute  Aus- 
dehnung des  Weingeistes  durch  Wärme  genau  erforscht  habe, 
als  aber  sein  Thermometer  einmal  bekannt  geworden  war,  be- 
wirkte Nationaleitelkeit,  dafs  man  die  unverkennbaren  Fehler 
durch  trügerische  Mittel  zu'  verschleiern  suchte.  RaauMUR 
nahm  ein  Thermometer  von  außerordentlicher  Gröfse2,  senkte 


1  Mem.  de  Paria  1750.  p.  452.  1731.  p.  tSO. 

2  Bei  einem  ron  mir  einmal  gesehenen  solchen  Faiidamentaltfter- 
mometer  hatte  die  Kegel  über  £  Zoll  ond  die  mehr  aia  t  Feit  laogo 
Röhre  ungefähr  %  Lin.  im  Durchmesser. 


i 


Verschiedene  Scalen.  863 

dessen  Kugel  in  ein   Geftfs  mit  Wasser,    welches  mit  einer 
ftfisteiurg  von  Bis  nnd  Salz  artigeren  war,  und  nahm  das  Vo- 
IstMn  des  Weingeist  es  .  dann ,     wenn  die   Eisbildung   eintraf, 
«t  1000  an«      Demnächst  senkte  er*  den  Apparat  in  siedendes 
Witter,    bezeichnete  den  Stand  des  Weingeistes  and  ermit- 
teile  stach  mühsam«  Messongen  mit  kleinen  Bechern ,   dafi  SO 
Tstwodstel  des  Volomens    der    Flüssigkeit    beim    Eispuncte 
(pasctoJvi  congelationis   s.   rtgelationi* ;    t&me  dt  la  giac* 
ob  &  congelaiion  natutelk)    hinzugesetzt    werden    mulsten, 
n»  d*  Volumen  desselben  beim  Stedepunete  des  Wassers  zu 
stakte.    Dieses  Resultat  ist  genau  genug  *,  wenn  man  berttek- 
scerigt,  dafs  so  gemischter  Weingeist  sich  weniger  als  abso- 
ntir  Alkohol  ausdehnt  und  dafs  bei  den  Versuchen  die  Aua- 
.W»mog  des  Glases  unberücksichtigt  blieb,     alleyi  der  NuUU 
peact  kennte    durch    das   angewandte    Verfahren    auf    keine 
Weise  genau  gefunden  werden.     Inzwischen  beruhte  auf  die- 
ser Grundlage  die  Constraction  der  nach'  ihm  benannten  Ther- 
eoswtef,    die  für   den  gewöhnlichen  Gebrauch  von  geringe- 
rer Grobe  verfertigt  wurden.     Reaumur  bestimmte  den  Null- 
pmet  derselben,     hielt  sie   dann  in  siedendes  Wasser,    und 
blies  das  Röhrchen  an   der  Lampe  zu ,     wenn  der  Weingeist 
<fi*  groTste  Höhe  erreicht  hatte ;    den  Zwischenraum  zwischen 
beiden  Puncten  theilte  er  in  80  Theile, 

20)  Diese  ächten  Reaumur'schen  Thermometer  wurden  in 
Frankreich  mit  grofsem  Beifall  aufgenommen  und  namentlich 
▼oo  Nollet*  ausnehmend  gelobt,  allein  sie  hielten  die  Ver- 
gleieJning  mit  den  weit  richtigem,  hauptsächlich  den  Queck- 
ülbeithennometern ,  von  Fabresheit  nicht  aus,  wie  nament- 
lich MaäTIHE  3,   DlSAOÜLIERS 4,    MuSSCHESBnOIJL*  Und  Hau- 

bolb*  zeigten,   insbesondere  aber  ergab  sich  aus  den  bereits 
erwähnten  grundlichen  Untersuchungen  von  de   Luc  ?,    dafs 


1  Vergl.  meine  Abhandlung  ober  die  Aoadehnong  der  tropfbaren 
weiten  S.  85. 

2  Lecons  de  Fhya.  ezp.  Per.  1755.  T.  IV.  p.  897. 

8  Batay  medieal  and  philosophical.  Lond.  1740.  8.  p.  200. 

4  Goarse  of  exper.  Pkilot.  Lond.  1744.  4.  T.  H.  p.  »2. 

5  Essay  de  Phys.  Leid!  1751.    T.  1.  p.  457.    Iotrod.  T.  II.  §. 

6  Diasert.  de  Thermom.  fieaonrarlano.  Lipt,  1771.  4« 
1  Unten,  über  d.  Atmosph.  Th.  I.  8.  554. 


864  Thermometer* 

durch  das  angegebene  Verfahren  ühereinstimnfonde  and  rich- 
tige Thermometer  gar  nicht  zu  erhalten  seyeo.      Das  -einzige 
'  Verdienst ,    welches  sich.  Rzaumue  um.  die  Thermometrie  er- 
worben hat,  besteht  also  Mofa  darin,  dafs  er  seinem  Thermo- 
meter die  beiden  noch  jetzt  üblichen   festen  Paocte   gab,  da 
es  ohne  Widerrede  sehr  wünschen« werth  und  gegenwärtig  auch 
zu  hoffen  ist ,  dafs  diese  den  Fahrenheit'schen ,  auf  keinen  ei- 
gentlichen Grund  gestützten   und  durchaus  willkürlichen  Null-* 
punct,  und  somit  dessen  unbehülfliche  Scale   ganz  verdrängen 
werden,  denn  selbst  die  Engländer,  welche  das  Fahrenheit'sche 
Thermometer  am  beharrlichsten  festhielten ,    fangen  bereits  an, 
sich  des  centesimalen  zu  bedienen.     Die  überwiegenden  Vor- 
züge des  Quecksilbers   als  thermometrischer  Substanz  leuchte- 
ten ausserdem  bald  ein ,   allein  weil  man  beharrlich  nicht  hlofs 
die  jetzt  übliche  ReaumüVsche  Scale,  sondern  auch  sogar  den 
ursprünglich  gewählten  Weingeist  beibehalten  wollte,    so  ent- 
standen  hieraus    zahllose  Verwirrungen»       Rzaümua1    selbst 
meinte,  man  müsse  das  Fahrenheit'sche  Quecksilberthermome- 
ter nach  seinem  Weingeistthermometer  regujiren,  und  Nollkt 
fand,  dafs   10   Grade   nach  Riaumua   20}  Grade  nach  Fah~ 
&KXHEIT  betrügen ,    was  aber  entweder  ganz  falsch  oder  min- 
destens nur  für  die  Grade  unmittelbar  über  dem  Gefrierpuncte 
nahe  richtig  ist.    Unter  Andern  nahm  Maupbrtuis  zwei  soge- 
nannte ReaumüVsche.  Thermometer,  eins  mit  Quecksilber,  das 
andere  mit  Weingeist  gefüllt,   mit  sich  nach  Lappland.       Am 
3ten  Deo.  1736  zeigte  der  Weingeist  —  18° ,  das  Quecksilber 

—  22°,  ajn  2ten  Jan.    1737  aber    jenes   —  25°   und   dieses 

—  29°,  am  6ten  Jan.  jenes.  —  29°,  dieses  —  37°,  am  andern 
Mergen  endlich  war  der  Weingeist  gefroren  und  bis  zum 
Warmepuncte  in  den  Kellern  zu  Paris  in  die  Höhe  gegangen. 
Dafs  auch  das  Quecksilber  gefroren  sey,  wie  bei  dieser  Tem- 
peratur nothwendig  war  (Gefrierpunct  31°,2R.)f  wird  nicht 
erwähnt,  und  daraus  geht  um  so  mehr  die  Unrichtigkeit  der 
Scale  hervor.  Haubold2  erwähnt,  dafs  er  zwei 'solche  Ther- 
mometer erhalten  habe,  wie  ReaumüR  und  Nollkt  sie  zu  ver- 
senden  pflegten,  die  wirklich  mit  einander  übereinzustimmen 
sehienen,   indem  beide  den  Bispunct  und  den  Siedeponct  des 


1  Mtfm.  de  Paris.  1739. 

2  4*  a.  O. 


Verschiedene  Scalen«  865 

Witten  riebtig  zeigten;  aliein  bei  genauere*  Untersochung 
entdeckte  er,  dab  die  ersten  40  Grade  des  Quecksilberther- 
aonettis  so  den  «weiten  40  Graden  im  Verhaltnils  von  8  *n 
9  Ueutr  gezeichnet  waren,  und  ebenso  die  nnttf  Null, 
wonch  also  die  ersten  Grade  übejr  und  unter  Null  in  dem 
eagegtbenen  Verhältnisse  nngleich  waven«  Hieraos  ergab  sich 
Ao,  dafs  beide  empirisch  graduirt  seyn  mufften,  am  die  Man« 
gd  des  Weingeistthermometers  zu  verhüllen.  Auch  y.  Bin- 
«u1  erhielt  durch  Nollet  ein  Thermometer ,  welches  im  sie- 
b*b*  Wasser  bei  29  Z.  0»5  Lin.  engl  genan  5  Grade  übet 
•m  mit  80*  bezeichneten  Siedepuncte  stand,' wobei  man  al- 
ft>  absichtlich  diesen  Pnnot  am  so  viele  Grade  herabgerückt 
Wtt.  Die  Resultate  endlich,  welche  dk  Luc  durch  Verglei- 
cfcaag  eines  achtsigtheiligen  Quecksilberthermometers  mit  ei- 
ntm  achten  Reanmür'schen  Weingeistthermometer  erhalten  zu 
lieben  angiebty  denten  anleinen  Grad  der  Unrichtigkeit,  den 
nan  kaum  für  möglich  halten  sollte.  Beide  zeigten  folgende 
cooejpondirende  Grade: 


Reaum. 

Quecksflber- 

Wein- 

thermometer 

geistthenn. 

Siedepnnct  des  Wassers  ....      80°     .  • 

.    100°,4 

70      .  . 

85,2 

Siedepnnct  des  Wtingeisttherm.    66,6    •  • 

.       80,0 

60    .  .  . 

.       70,8 

%HJ      •  •  • 

563 

40    .  •• 

•          44>Z 

&J    •  •  • 

.       32,6 

Warme  des  menschl.  Ktfrp»  .  .    29,9    •  . 

32,5 

20    .  .  . 

.       21,1 

i0    .  >  ; 

10,6 

Temp.  des  Kellers  d.  Sternw,  «  •    9,6   .  .  • 

.      10,25 

Zergehendes   Eis.  .♦.♦...*      0      .  .  . 

%.        0,8 

Null  d.  Weingeistthenn.  ♦  .  .  —  0,8   •  •  . 

0 

•                              —  10  • . . 

.    —  8,5 

—  15    ... 

.    —13,1 

2  Theüe  Eis ,  1  Theil  Salz     —  17    ... 

.    —15 

21)  Well  de  Lue  die  Fehler  des  Reaumür'schen  W« 

de  thermometda  meninrae  eonsUntii.  p.  95« 


866  Thermometer. 

geistthermometers  genau  aufsuchte  and  mit  überwiegenden 
Gründen  die  Vorzage  des  Quecksilbers  nachwies,  so  hat  man 
das  mit  der  achtzigtheiligen  Scale  versehene  Thermometer  nach , 
ihm  benannt,  wonach  wir  jetzt  gar  kein  Reaamür'sehes  Ther- 
mometer mehr  hätten,  da  solche  eigentliche  Weingeistthermo- 
meter gegenwärtig  nicht  mehr  verfertigt  werden  and  nur  in 
sehr  alten  Exemplaren  noch '  existiren ;  inzwischen  hat  dieser 
Sprachgebrauch  nicht  allgemeinen  Eingang  gefunden,  obgleich 
zuweilen  von  de  Luc's  Thermometern  oder  Thermometern 
nach  de  Luc  die  Rede  ist,  vielmehr  nennt  man  fast  allge- 
mein diese  noch  fortdauernd  ReaumüPeche  and  tfie  ihnen  zu- 
gehörige achtzigtheilige  Scale  gleichfalls  die  ReaumuPsche 
Scale.  Dieses  ist  allerdings  zu  verwundern,  wenn  man  be- 
rücksichtigt, wie  sehr  man  bemüht  war,  diese  in  ihrer  Aecht- 
heit  zu  retten»  Dahin  gehört  der  Vorschlag,  dem  Weingeist- 
thermometer  90  Grade  zwischen  beiden  festen  Puncten  zu  ge- 
ben, wovon  das  Umgekehrte  in  dem  von  Nollet  angewand- 
ten Verfahren  liegt,  die  untere  Hälfte  der  Scale  um  £  zu  ver- 
kleinern ,  wie  bei  dem  an  Haubold  gesandten  Thermometer 
geschehn  war.  Später  änderte  Goubirt1  diesen  Vorschlag 
ab  and  wollte  den  Raum  zwischen  den  festen  Puncten  zu- 
erst in  90  Theile  ,  dann  drei  Abteilungen  dieses  Raumes,  zu- 
erst von  0  bis  25,5 ,  dann  von  25,5  bis  54,75  und  endlich 
von  54,75  bis  90,  jede  für  sich  in  30  gleiche  Grade  theilen. 
Rkaumur  hatte  unter  andern  auch  eine  Sorte  Weingeist  ge- 
braucht ,  dessen  Volumen  im  gefrierenden  Wasser  400  und  im 
siedenden  437  betrug.  Da  aber  400:437=1000«  1092,5,  so 
gründete  hierauf  Bhauic2  den  Vorschlag,  dem  Reaumür'schen 
Weingeistthermometer  80  und  dem  Qaecksilberthermometer  93 
Grade  zu  geben» 

22)  Unter  den  übrigen  in  Vorschlag  gebrachten  Ther- 
mometern hat  das  de  Phlfeche  die  meiste  Celebritat  erlangt« 
Der  Erfinder  desselben,  de  l'Isle3,  legte  im  Jahre  1733  der 
Akademie  zu  Petersburg  die  Theorie   desselben  vor  und  be- 


1  Recherchea  ior  lea  differeneee,  qoi  existent  entre  iee  thermo- 
uetree  de  Mereoxe  et  ceox  d'esprit~de-rin.  Par.  1789.  8«      « 

%   Nov.  Comm.  Petrop.  T.  VH. 

S  Me*m.  poar  ifnir  k  VlmU  et  eux  progrot  de  PAttron.  et  geogr. 
pbya.  A  8t.  Petersb.  1758.  4.  p.  J67. 


Verschiedene  Scalen.  867 

wSk»  sich  denn,  dieselbe  in  Ausführung  m  bringen,  Aach 
diese  wer  «nf  das  Princip  gegründet,  dafs  die  Zunahinen  der 
Wanne  und  somit  die  Thermometergrade  ans  den  Volumens* 
vereiehnmgett  der  thermoskopisehen  Flüssigkeit  bestimmt  wer- 
de« erfistsn.  Zu  letzterer  wählte  er  Quecksilber ,  glaubte  aber, 
ose  nässe  Ion  demjenigen  Volumen  desselben  ausgeht),  wel- 
ches es  bei  der  Hirse  des  siedenden  Wassers  habe,  und  Ton 
fest«  NuHpuncte  an  die  Zehntausendstel  seiner  Zusammen- 
netssg  sie  einzelne  Grade  der  Thermometerscale  annehmen.' 
Bipafficher  Weise  sollte  durch  dieses  mühsame  Verfahren 
aar  tia  Normalthermometer  verfertigt  werden ,  um  nach  einem 
Jolcbeo  dann  die  übrigen  zn  graduiren.  Zu  diesem  Ende  sollte 
tarnt  das  leere)  Thermometer ,  dann  das  mit  Quecksilber  gaos 
gefällte  gewogen  werden,  um  das  absolute  Gewieht  des  Queck- 
silbers zu  erhalten.  Hierauf  sollte  man  dasselbe  in  siedende» 
Wasser  bringen,  das  hierbei  ausgelaufene  Quecksilber  aber- 
■ab  wagen,  um  das  Verhaltnifs  beider  zu  ermitteln,  und  dann 
0,0001  der  Volumensvermindernng  als  das  Mafs  eines  Wär- 
megrades annehmen.  Hiernach  mufsten  die  Grade  vom  Null- 
psacte  bei  der  Siedehitze  an  abwärts  ohne  Unterbreehung  wei- 
ter gezählt  werden  und  waren  somit  wachsend  selbst  bis  zum 
»bsoluten  Nnllpuncte  oder  dem  Puncto  der  Abwesenheit  aller 
Warme» 

Es  ist  in  der  That  zn  verwundern ,  dafs  weder  der  Er- 
Wer  selbst  die  völlige  Verkehrtheit  dieses  Vorschlags  einsah, 
noch  dafs  irgend  jemand  diese  rügte,  während  man  stets  das 
PioMem  verfolgte,  die  absolute  Volumens  Vermehrung  de» 
Quecksilbers  durch  Wärme  aufzufinden.  Das  Widersinnige, 
wie  nun  wohl  sagen  darf,  liegt  offenbar  darin,  die  Abnahm« 
ttr  Warme  einer  wachsenden  positiven  Zahl  proportional  zu 
fttsea,  woraus  dann  folgte ,  dafs  man  bis  unter  den  absolu- 
ta NsUpanct  oder  znm  Weniger  als  dem  Nichts  der  Wärme 
hrabgekend  diesen  Mangel  durch  fortlaufend  gtäfsere  Zahlen 
Wseichnen  müfste.  Auffallender  wird  dieses,  wenn  man  be- 
ncksichtigt,  dafs  die  in  Wirklichkeit  vorhandenen  nnd  wach* 
ttftien  Zunahmen  der  Wärme  über  der  Siedehitze  des  Was- 
KQ,  also  dem  Null  der  neuen  Scale,  nothwendig  negative 
Groben  wurden«  Hiergegen  verschwindet  die  kaum  zu  er- 
gehende Ausführung  des  Vorschlags,  welche  vor  allen  Din- 
8»  «fordert,    dafj  beide  Wägungen   des   Qaeekailbet*,    der 


i 


868  Thermometer, 

vollen  Röhre  und  oach  dem  Auslaufen  des  bestimmten  Thei- 
les  der  Flüssigkeit,  bei  gleicher  Temperatur  vorgenommen 
wurden.  Weitbrkcht1  bediente  sich  dazu  des  Mittels,  das 
Thermometer  in  das  Wasser  der  grofsentheils  gefrorenen  Newa 
so  senken  und  die  Wagungen  vorzunehmen,  wenn  es  die 
Temperatur,  desselben  angenommen  hatte«  Auf  diese  Weise 
fand  er,  dafs  die  Zusammen  Ziehungen  des  Quecksilbers  vom 
äiedepuncte  des  Wassers  bis  zum  Gefrieren  desselben  zwischen 
148,2  und  161,5,  Zehntausendstakdes  ganzen  Volumens  betru- 
gen2; ob  l'Isls  nahm  etwas  weniger,  als  das  Mittel  ans  bei« 
deb  Gröfsen,  nämlich  153)  setzte  aber  statt  dessen  auf  seinen 
Scalen  150  >  was  jedoch  nach  den  neuesten  Bestimmungen  von 
Dulovo  und  Pxtit3  gleichfalls  nicht  richtig  ist,  denn  danach 
dehnt  sich  dieses  Metall  um  -f/fe  statt  um  t^J^j  seines  Vo- 
lumens aus. 

23)  Ztf nächst  verdient  noch  Celsius*,  genannt  zu  wer- 
den, welcher  einsah,  dafs- das  Bestreben,  die  Wärmezunah- 
men nach  der  Vergrößerung  des  Volumens  zu  messen,  wegen 
unüberwindlicher  Schwierigkeiten  nie  zum  Ziele  führen  werde 
und  dafs  es  daher  am  zweckmäßigsten  s'ey,  die  Temperatur 
des  schmelzenden  Eises  und  des  siedenden  Wassers  als  Nor- 
malpuncte  anzunehmen ,  das  Intervall  dazwischen  aber  zu  grö- 
1  fserer  Bequemlichkeit  in  100  gleiche  Theile  zu  theilen.  Die*- 
Ser  Vorschlag  hatte  schon  seiner  Einfachheit  wegen  allgemei- 
nen Eingang  finden  sollen,  allein,  wie  man  gewöhnlich  das 
Einfachste  vernachlässigt  und  nach  dem  Dunkleren,  als  dem 
tiefer  Gedachten,  hascht,  so  fand  aueh  diese  Scale  nur  in 
Schweden  Anhänger,  bis  sie  erst  in  den  neuesten  Zeiten  sehr 
allgemein,  insbesondere  in  Frankreich,  aufgenommen  wurde« 
Sie  heifet  die  schwedische  oder  die  Cekiwfsche  oder  auch  die 
Christin*  sehe ,  weit  auch  Christi?  in  Lyon  vorschlug,  die 
Scale  zwischen  den  beiden  Normalpuncten  in  100  gleiche 
Theile  zu  theilen;  gewöhnlich  wird  sie  die  hundertthtiUge 
oder  CenUsimalscaU  genannt. 

1  "Comm.  Petrop.  T.  Till.  p.  810. 

2  Im  Mittel  wog  das  getammte  Quecksilber  66,5  Unzen  and  eine 
Unse  flofi  ans.  Setzt  man  das  Ganze  =10000,  to  giebt  die  Propor- 
tion 1:66,5  s  s:  10000  den  Werth  von  x  =  150,57. 

5    8.  Art.  Ausdehnung;  des  QuetksUbtts.  Bd.  1.  8.  600. 
4    Senwediscke  Abhandl.  1741  p»  197. 


Verschiedene  Scalen.  860 

Dm  zahlreichen  Schriftstell«   über  die  tfhermometrie  ans 
jenen  früheren  Zeiten,  als  Leotmavv*,  BtlLvnresR*,  w  Dia« 
gii^  Hiitirt4,  tav  Swixdbw  5,  Cotte  6  und  Andere,  toen- 
mh  noch  eine  Menge  von  Vorschlägen  zur  Constraetion  und 
Vtrbenenmg  der  Thermometer ,  die  kaum  der  Beachtung  werth 
mi.    Von  den  Florentiner  Thermometern  gab  es  zwei  Arten, 
«oe  gröfcere  und  eine  kleinere;  die  grttfeere  zeigte  ida  sehmet- 
naaeB  Eite  20  und  als  Wärme  des  menschlichen  Körpers  80 
Gnd,  d>e  kleinere  13,5  und  40  Grad.      Das  berühmte,  unter 
de  Aufsicht  von  La  Hui  im  Jahre  1678  durch  Hube*  ver- 
tongte  Thermometer  der  Pariser  Sternwarte  seeigte  im  gefirie- 
mdea  Wasser  28  Grad,  in  den  Kellern  4&Grad,  nach  Bäte- 
loa7  aber  lag  sein  Eisponct  bei  32,   in  einisr  Mischung  ans 
Sil  und  Sah  zeigte  es  5,    in   den  Kellern  der  Sternwarte  48 
sad  als  menschliche  Wärme  86  Grad8«    Der  Marchese  Pouyi 
Heute  seine  Wetterbeobachtungen    mit  einem  Luftthermometer 
•o,  worin  die  Qnecksilbersäale  kürzer  war,    als  ip  dem  von 
Amoitovs,  indem  nach  Martiwe9  47  Zoll  bei  jenem  51  Z. 
bei  diesem,   nnd  53  bei  jenem  59,5  bei  diesem  betrogen.    In 
England  bediente  man  sich    gewisser    Weingeistthermometer, 
die  nach  einem  normalen  der  ktfn.   Societät  graduirt  waren; 
die  Grade  nahmen  von  der  höheren  Wärme  an  abwärts  zu, 
0  bezeichnete  sehr  warm,  25  warm,  45  gemä&igt  und  65  Ge- 
frierang,      Nach  Maetivi   fiel  ihr  Null  mit   89°  F.  nnd  ihr 
34)5  mit  64°  F.  zusammen.      In  den  englischen  Gewächshäu- 
lera  waren  die  sogenannten  Fowler'sclim  r  gleichfalls  nach  ei- 
sern normalen  graduirten  gebräuchlich,  deren  Null  nach  Mar- 
rui  eine  gemässigte  Wärme  anzeigte   und  die  im  zergehen« 
den  Eise  34°  unter  Null»  bei  64°  F.  aber  16  Grad  über  Null 


/ 


1  Iattrnmenta  meteorologiae  inierrientia.  Witeb.  1725.  8. 

2  Comm.  Petrop.  T.  III.  p.  196. 

9    Comment.    de  Thermometris    mensurae   constantii.      Norimb. 
»57.4. 

4  Traite"  dea  Theraome>tres.<a  la  Haye  1758.  8.  <* 

5  Dieaertatjon  aar   la    Comparaiaon   des    Thermometrea.    Amet. 
D7I.  8. 

6  Tratte*  de  Meteorologie.  Per.  1774.  4. 

7  Dict.  de  Phya.  T.  IL  p.  686. 

8  Ea  kam  1754  abhanden,    «rar  aber  vorher  mit  eintm  andern 
«rgKchen  werden:    8.  Bkamik  in  Journ.  de  Phya.  T.  XLVI1J.  p.  28t. 

9  fiaaay  medieal  and  philo  tophica).  Lond.  1740.  8,  p.  flOO. 


870  Thermometer* 

zeigt«*,  Hakis1  macht  seine  Bestimmungen  nech  einem 
Weiogeisttherotometer,  welche«  im  schnalzend*»  KU«  Null, 
in  der  Wärm«  des  schmelzenden  Wacht««  (bei  142°  F#  pich 
.Ma&tivi)  100  «eigte.  Die  in  den  alten  Ediabwrger  Mettte*! 
Essays  angegebenen  Temperaturen  bezieh*  sieh  auf  ein  Ther- 
mometer,  welches  in  Zolle  abgetheilt  war;  es  reigte  nach 
Mabtinc  im  schmelzenden  Schnee  2,2  Zoll  und  bei  der  mensch- 
liche» Wärme  il%2  Zoll.  Micheli  Duorest2  conttruirt«  1740. 
•in  eigentliches  Thermometer.  Dabei  nahm  er  eine  Wärme- 
und  eine  Kaltemafterie  an  ,  deren  Wirkungen  sich  im  Innern  der 
Erde  aufheben  eollten,  weswegen  er  die  Erdteaaneratnr  9  die 
er  als  überall  gleich  betrachtet«  und,  in  den  Kellern  der  Pa- 
riser Stern  wart«  zu  finden  glaubte,  mit  Null  bezeichnete  and 
U  tempert  namtrt«;  als  zweiter  Puoct  diente  ihm  die  Siede- 
hitze des  Wassers,  und  damit  der  Weingeist  diese  aushaken 
möge,  versah  er  das  obere  Ende  der  Röhre  mit  einer  ver- 
schlossenen Kugel,  worin  die  Luft  bei  hohen  Temperaturen 
comprimirt  ward« ;  den  Raum  zwischen  beiden  Poncten  theille 
er  in  100  Grade. 

24)  Man  mufs  sich  in  der  That  freuen,  dafs  alle  diese 
nutzlosen  und  zeitraubenden  Untersuchungen  endlich  aufgehört 
haben ,  und  so  ist  auch  leicht  erklärlich ,  dafs  der  neueste 
Vorschlag  von  Ysk  Lavde  3  gar  keinen  Beifall  gefunden  hat  und 
eigentlich  ganz  unbeachtet  geblieben  ist;  doch  möge  er  der 
Vollständigkeit  wegen  und  aus  Achtung  gegen  den  berühmten 
Erfinder  hier  ernannt  werden.  An  allen  bekannten  Thermo- 
metern findet  er  auszusetzen,  dafs  die  festen  Puöcte  nicht  ge- 
hörig begründet  und  die  Eintheilungen  ganz  willkürlich  sind, 
denn  der   Siedepunct  des   Quecksilbers   werde  nie  beobachtet, 


1  Vegetable  Statics.    Lond.  1731.  8. 

2  Description  de  la  me*thode  d'ua  thermomdrr*  universal.  Par. 
1742«.  8.  Recueil  dea  pieces  ■  or  le»  Thermonaietres  et  Barom.  BaMe 
1757.  4.  Micn.  do  Caisx  kleine  Schriften  ?on  den  Thermometern  und 
Barometern«    Uebera.  ron  J.  G.  Therm.  3te  Aufl.  Augsb.  1770.  8. 

i  Joarn.  de  Phyt.  An  12.  Priai.  (1803).  T.  LVH.  p.  467.  G. 
XVII.  102.  Voigt'ff  Mag.  Th.  VII.  S.  465.  Ein  Vorschlag  ron  Ajtoikw 
Skebb  in  Monthly  Magas.  1826.  Sept.,  wonach  der  Schjnelipanct  dea 
Quecksilber!  und  der  dea  BUea  als  feste  Pancte  der  Thermametersca- 
len  dienen  sollen,  rerdient  kaum  erwähnt  zu  werden,  weil  das  Gante 
aaf  falschen  Prinoipien  beruht. 


Ver.«f  hiedtne  Scalen. 


871 


der  Fahrenheit'sche  Frostpunct  berah«  blofs  jenf  Einhildnng, 

und  wie   des  Reanmür'sche  Thermometer  besohaffen.  gewesen 

sey,  wiese   man  überhaupt  nicht.      Am  besten  eey.es  daher, 

mit  01  l'Islb  die  Ausdehnung  des  Quecksilbers  zwischen  den 

Poncten  des  gefrierenden  und  des  siedeirden  Wassers  za  150 

Zehntansendstel  des  ganzen  Volumens   anzunehmen   und  dann 

«inen  natürlichen  Wärmepunct,  welcher  in  der  constanten  Erd- 

-wwme  liege,  die  in  den  Kellern  der  Sternwarte  zn  Paris  9*,5R. 

tarage,    als  den  eigentlichen  Scheidepnnct  zwischen  Warme 

nod  Kälte  festzusetzen.      Hieraus  entsteht  dann  folgende,  mit 

der  achtzigtheUigen  verglichene  Scale: 


Grade  d.  Wärme.) 
Raanm.  Lalande 


W 

36 

32,5 

32 

31 

30 

29 

28 

27 

26 

25 

24 

23 

22 

21 

20 

19 

18 

17 

16 

15 
14 
13 

12 
11 

10 
ftS 


132,8 
49,9 
43,3 

42,3 

40,4 

38,5 

36,7 

34,8 

32.9 

31,0 

29,1 

27,3 

25,3 

23,5 

21,6 

19,7 

17,9 

16,0 

14,1 

12,2 

10,3 

8,5 

6,6 

4,7 

2,8 

1,0 

0,0 


i  ■        ■* 


Siedendes  Wasser. 
Warme  am  Senegal. 

Sommer  1753,  1765,  1793. 
Menschliche  Wärme. 


Mittlerer  Sommer  zu  Paris. 
Unter  dem  Aequator  auf  der 

Kalter  Sommer  zu  Pari&. 

Seiden  würmer  -Wärmt, 


Sve»y 


Wärmt  der  Treibhäuser. 


Mittlere  Temperatur. 


i 


872 


Thermometer. 


Grade  4er  KüKe 


iteauni, 


9° 

8 

7 

6 

5 

4 

3 

2 

1 

0 

—  1 

—  2 

—  3 

-* 

—  5 

-6 

—  7 
-8 

—  9 
—10 
—11 
-12 
-13 
—14 
—15 
—16 
—17 
—17,5 
—30 


Lalande- 


- 1,0 
-2,9 
-4,7 

—  6,6 

—  8,5 
—10,3 
—12,2 
-14,1 
—16,0 
—17,9 
—19,8 
-21,5 
—23,5 
-25,4 
—27,4 
—29,2 
—31,0 
-32,9 
-34,8 
—36,7 
—38,6 
-40,4 
—42,3 
-44,2 
—46,1 
—48,0 
—49,9 
-50,8 


Schmelzendes  Ei«. 


Gelinder  Winter  zu  Paris. 


Mittlerer  Winter  zn  Paris. 


Kälte  des  Winters  1740  zu  Paris. 


Fahrenheit's  Nullpnnct. 


Kälte  von  1709  und  1776  zu  Paris. 
Kälte  von  1788  zu  Paris. 


— 74,4  .  Gefrierpunct  des  Quecksilbers. 


Diese  Scale  gleicht  ▼ollkommen    denen,   die  man   nach   der 
Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts   den  grofsen    und  vorzuglich 
seyn  sollenden  Thermometern  zu  geben  pflegte,  und  muGs  «in 
so  weniger  zweckmässig  erscheinen,  je  mehr  es  auffallt,    dafs 
die  nach  den  früheren  Thermometern  bekannten  ausgezeichne- 
ten Temperaturen  sammtlich  auf  Brachtheile  bei  diesem  iallepn 
Angemessener  würde  es  seyn ,  nach  dem  Vorschlage  von  Mun- 
bat1   den   Gefrierpunct   und  Sie4epunct  des   Quecksilbers  als 
Normalpuncte   anzunehmen  und    den   Zwischenraum  in    1000 
Theile  zu  theilen,     wonach   jeder    Grad    etwas    über  halb    90 
grofs,  als  ein  Fahrenheit'acher  werden  würde;  allein  am  Queek- 


1    Chemistrjr.  T,  L  p.  SOI, 


Verschiedene  Scalen.  873 

auWAennomefa-  ml   fliese  beiden  Puncto  trf  leine  Weis* 
scharf  bestimmbar,  und  eufserdein  ist  die  Ausdehnung  de*  Qaeck- 
dben  keineswegs  eine    gieichmäfsige ,    so   dais  es*  -weit  Yath-> 
ssmer  erscheinen   nrafo  f   die  Thermometersoale  «tif  diejenigen 
Grass»  zu  beschränken,    innerhalb   deren  seine  Ausdehnung 
ab  gleichmä&ig  gehen  kann«    Den  sfonreichtten  Vorschlag  un- 
ter allen,    wonach  die  absolute  Ausdehnung  des  Quecksilber* 
&  Grundlage  der  thermometrisehen  Messung   seyn   soll  und 
woeif  man    nur  einen  festen  Punct,  den   Frostponet,  bedarf, 
tVr  Bestimmung  des  Siedepunctefe  aber,    die  vom  Luftdrücke 
and  andern  Bedingungen  abhängt,  gänzlich  überhoben  ist,  hat 
Svlzse1  bekannt  gemacht,    und  es  würde  allerdings  möglich 
seja,  hiernach   übereinstimmende   Thermometer    zu   erhalten, 
wenn  nicht  die  an  sich  schon   sehr    mühsame  Methode    einen 
10  «ofterord  entlichen  Grad  von  Genauigkeit  erforderte.     Bier- 
steh  wird  an   die  calibrirte  Röhre   eine   verhältnifsmäfsig  hin- Fi«« 
anglich  grofse  Kugel  geblasen  und  dann  ein  Theil  der  Röhre, 
etwa  ac,  nach  irgend  einem  Mafsstabe  scharf  gemessen;  dann 
erhitzt   man    die  Kugel   wiederholt,    taucht   das   Ende   a    in 
Quecksilber,  läfst  dieses  bis  o  steigen,  und   wiederholt  dieses 
io  lange,  bis  die  Kugel  nahe  ganz  gefüllt  ist.     Alsdann  taucht 
nan  die  Kugel  in  siedendes  Wasser,     merkt   den  Punct,   bis 
wohin  das  Quecksilber  steigt,  z.  B.  bis  h,  läfst  das  Quecksil- 
ber durch  Hitze   bis  zur   Oeffnung  a  steigen,    taucht  diese  in 
Quecksilber  nnd   labt   den  Apparat   erkalten ,    so  füllt  er  sich 
pM  mit  einer  nach  der  Lange  des  Quecksilberfadens  im  Röhr- 
chen  gemessenen    Quantität  Quecksilber.       Wird    nämlich  die 
Menge  der  Füllungen  bis  c  mit   den  Theilen   des   gewählten 
Hatutabes  multiplicirt  und  die  Länge  eh  hinzuacTdirt ,  so  hat 
■mo  die  ganze  Länge  der  im  Thermometer  befindlichen  Queck- 
dbersaale.       Hätte   man   z.  B.  für  die  Länge  ac    547  Theile 
*af  dem  Mafsstabe  gemessen ,  die  Einiüllung  dieser  Gröfse  69*. 
ml  wiederholt  und  die  Länge  a  h  =  463  Theile  »gefunden, 
is  betrüge  die  ganze  Länge  des  •  im  Thermometer  befindlichen 
Mtsflberfadens  547  X  69  +  468  =  3821 1  Theile  des  Mafä- 
<*bes.    Mit  Vernachlässigung  der  beiden  letzten  ZifFeru  nimmt 
am  also  382  Theile  des  Mafsstabes,  theilt  sie  in  100  Theile, 
tagt  diese  auf  die  Scale  des  Thermometers ,   läfst  durch  Ein« 


1   Joero.  de  Phyi.  T.  Xf.  p.  871. 
HC.  Bd.  Kkk 


874  Thermometer« 

uneben  in  siedende*  Wasaet  einen  Tkel  Qa^Aähm  auelta- 
fen,  und  befestigt  dt«  Thermometer  aar  auf  der  Serie,  d*&  der 
Geföerpunct  auf  0  derselben  iu  liegen  kommt,  so  beaeiehnet 
jeder  Grad  der  Scale  0,0001  der  wiettiehe*  An*debn»ng  dea. 
Quecksilbers«  BaaweTia'a*  Vorschlag  endlich;  die  Tempe- 
ratur an*  dem  Einflüsse  a*  bestimmen  ,  welchen  de»  mehr  oder 
weniger  eihitste  Glas  emf  die  Erlangung  einer  kenntliche», 
Farbe  im  polatisirtenr  Lkhte  hervorbringt,  t  und  woaaoh  et  ein 
Thermometer  zu  conatroiren  angiebt,  ist  blob  ab  ein  sinere*~ 
aber  Gedanke  .  an  betrachten ,  welcher  keine  praktische  An* 
Wendung  gestattet  *• 

C.     Verfertigung    der   Thermometer. 

i 

Man  wird  hier  keine  vollständige  Anleitung  zur  Verfer- 
tigung der  gewöhnlichen  Thermometer  erwarten,  da  der  aus- 
übende Künstler  dieses  praktisch  erlernen  mufs;  aber  einige 
Bemerkungen  sind  zur  besseren  Beurtheilung  dieser  wichtigen 
Apparate  unentbehrlich 8. 

25)  Die  Form  der  gewöhnlichen  Thermometer,  wenn 
keine  sonstigen  Bedingungen  eine  Abänderung  nöthig  machen, 
ist  die  eines  geeigneten  Gefafses  an  einer  engen  Glasröhre, 
einem  Haarröhrchen,'  einer  sogenannten  Thermometerröhre, 
'damit  die  gröfsere  im  Gefafse  enthaltene  Masse  Quecksilbers, 
wenn  sie  sich  durch  Wärme  ausdehnt,  in  der  engen  Röhre 
einen  gehörig  langen  und  daher  leicht  meisbaren  Cylinder  bilde. 
Die  Gröfse  des  Gefafses  und   die  Weite  der  Röhre  erfordern 


1  Philo».  Trane*  181$»  p.  109. 

2  Eine  ausführliche  Mastereng  der  alteren  Thermometerscaleai 
and  eine  Yergleichang  derselben,  namentlich  der  Edinborger,  der 
von  Nbwtov,  Fowlbb,  Halbs,  der  der  König!.  Societat,  der  reo 
Cäuqdios,  OfliisTiir,  Micotli,  Rbaumttr,  db  l'Ible,  Fabbbnhbit,  des 
Pariser,  der  beiden  Florentiner,  de»  von  la  Hieb,  von  Anevroveand 
Polibi  findet  man  im  Joarau  de  Phjs.  Introd.  T.  II.  p.  406.  Dea 
Gänse  ist  meistens  ein  Aasaag  aas  dem  genannten  Werke  von  Mab~ 
tibb  ,  and  es  ergiebt  sich  zugleich  aas  den  bisherigen  Untersuchungen, 
dafs  die  Bestimmungen  nicht  genau  seyn  können« 

8  Vergl  Biot  Traite*  de  Phys.  exprfr.  et  math.  T.  I.  p.  87  ff. 
Kö'bbbb's  Anleitung  aar  Verfertigung  übereinstimmender  Thermometer. 
Jena  1824. 


Verfertigung,  875 

m  gewisses  Vtfh&iiib;    jt  grffser  ***  G*flffr  bei  gleicher 

Wriit  der  Röb/e,   desto  länger  ist  der  durch  Wärmevermch-r 

mag  in  Röhrahen  gebildete,  Cylinder;  et  wäre  daher  räthlidv 

sein  weite  Gefäfse  so  wählen,  allein  denn  nimmt  erstlich  die 

grollt  Messe  des  Quecksilbers  die  hiner*  Wärme  »ich*  leicht 

«e,  zweitens   ist    des  Gefalt  dem  Einflüsse  des  Loftdrnckee 

ose?  einer  Zusammeosiehuug    dee   Gleses    mehr    ausgesetst1, 

tatest  sind  lange  Thermometer  unbebülflich  und  so  manchen 

ivtcein,    z.  B*    sur  Untersuchung  der  tbierischen   Wärme, 

aieitr  oder  gar  nicht  brauehbsr,    viertens   aber  sind   langt    ' 

i&rta  von  genauem  Calibtr  schwierig  oder  gar  nicht  so  er* 

bitte.     Nach    den  Bedürfnissen  beträgt  daher  die  Länge  der 

Tkeraometer  von  etwa  3  Zoll  bis  zu  18  Zoll  und  wohl  noch 

snöber,    die  ungewöhnliche ,    über  8  bis  10  Zoll  betragende 

Grt&e  wählt  naen  aber  in  der  Regel  nur  für  Seelen,  die  beträcht* 

Ben  über  den  Siedepunct  des  Wassers  hineusgehn«    Als  G?fäf$ 

tuet  gewöhnlich  eine  Kugel,    und   nach  den,  Resultaten   der    ' 

•ratsten  Untersuchungen  sollte  man  keine  andere  Form  weh*- 

ha,  weil  bei  diesen  die  Oberfläche,  also  euch  die  Gröfse  der 

dej  Quecksilber  enthaltenden  Hülle  im  Verhältnifs  sum  Inhalte 

m  kleinsten ,  mithin  der  Luftdruck  gegen  die  Oberfleche  nnd 

eist  mögliche  •  Zusammens?ehung  derselben    im   kleinste»  ist, 

BWs  bei  Thermometern   mit   sehr  langen  Röhren,    z.  B.  soI* 

ck*of  die  man  4  bis  5  nnd  6,   je  7  bis  24  Foie  tief  in  die* 

&de  eingräbt,  würde  die  Dicke  des  Gleses  so  grofser  Kugeln 

m  gering    werden    und    man   mute   daher   Cylinder   wählen«* 

Gegenwärtig  sind  Kugeln  am  gemeinsten,  doch  trifft  man  nicht 

edten  euch  Cylinder,    ehemals   aber  wähjfc  man  mch  andere 

fernen,  theils  wffU  wn  sie  (ijr  schöner  hielt,    hauptsächlich 

*eer  um  dem  Einflüsse   4er  Wanne  euf  die  tbermometrische 

flanigkeit  ejus  gröfsera  Oberfläche   darzubieten.       J£u  diesem 

Eede  dienten  die  spiralförmig  gewundenen  Röhren ,    wie  sie  Fig. 

«cb  bei   den  mit  Quecksilber  und  #mit  Wcjpgeist  gefällten  76* 

lacrmomatern  4er  Cburpfiilzienben   meteorologischen   Gesell«- 

*Wt  häufig  finden   und  durch  diese  sehr  allgemein  bekennt 

*«d*u,  oder  fsap  treuste  du  ßefefa  in  swei  Tbei)e,   um  inpig. 

der  Mitte  einen  offenen ,    dem  Zutritte  der  Luft  freien  Raum  77- 

ai  erhalten,  allein  diese  und  sonstige  After  mittel  der  yeryo.ll- 

1    Hierüber  neten  auefährlicher. 

Kkk  2 


876  Thermometer. 

kommnung  wendet  man  jetzt  faicht   mehr  an   und  Verliert  da- 
gegen das  Streben  nach  möglichster  Genauigkeit  nie  au*  den 
Augen«     Eine  der  gewöhnlicheren  Formen,   wodurch  man  die 
zu   grofsen   Kugeln   zu    Termeiden   sucht,     die   zugleich   we- 
gen ihrer  Wölbung  den  Cyliudern  vorzuziehn  aeyn  dürfte,  ist 
Fig. die  in  der  Zeichnung  ausgedrückte.       Nicht  allgemein,    wohl 
7°*  aber  für  einen  besonderen  Zweck  zu  verwenden,  sind  die  von 
Magella»  *    angegebenen    sogenannten    Muschelthermometer. 
Fig.  bei  denen  die  Kugel   an   der  einen   Seite   wieder   eingedrückt 
79,  wird ,    so  dafs  beide  Kugelflächen  einander  parallel  laufen  und 
eine  muschelftfrmige  Vertiefung  entsteht.     Das  Eindrücken  der 
Kugel  geschieht  leicht,    wenn  man   die   eine  Hälfte  derselben 
glühend .  macht  und    dann   am    andern  Ende    des    Röhrchens 
saugt,  so  dafs  der  änfsere  Luftdruck  den  erweichten  Theil  der 
Kugel  ßäehe  niederdrückt«       Solche  Thermometer  dienen  dazu, 
um   in   der  Vertiefung   zu  untersuchende   Flüssigkeiten  aufzu- 
nehmen  und   ihr  thermisches  Verhalten  beim  Sieden,   bei  der 
(    Verdampfung,  beim  Gestehen  und  sonstigen  Veränderungen  zu 
messen.       Man  hat  bis  jetzt  von  ihnen  weniger  Gebrauch  ge- 
macht, als  zu  erwarten  war. 

26)  Die  'thermometerrokren  haben  einen  in'  ihrer  Axe  fort- 
laufenden entweder  cylindrisehen  oder  bandförmigen  Raum*. 
Letztere  Beschaffenheit ,  wobei  die  Rohren  selbst  zugleich  nicht 
rund,  sondern  Aach  sind,  ist  bei  weitem  vorzuziehn,  weil  bei 
geringerem  Inhalte  unter  übrigens  gleichen  Verhältnissen  die 
Scalentheile  länger  werden  und  besser  sichtbar  sind.  Man 
erhält  diese  leicht;  denn  statt  dafs  bei  gewöhnlichen  Röhren 
mit  cylindrisehen  Räumen  eine  hohle  Kugel  in  die  Glasmasse 
geblasen  und  letztere  dann  zu  langen  Röhren  ausgezogen 
wird,  drückt  man  sie  vor  dem  Ausziehn  flach,  wodurch  die 
Röhren  selbst  und  die  hohlen  Räume  in  denselben  abgeplattet 
werden. 

1  27)  Das  Calibriren  der  Röhren  geht  aus  dem  Wesen  der 
Thermometrie  und  aus  der  Art  der  Verfertigung  der  Röhren 
mit  absoluter  Nothwendjgkeit  hervor.  Abgefsehn  von  der  (ge- 
genwärtig nicht  weiter  zu  berücksichtigenden)  Messung  der  ab- 
soluten Incremente  der  Warme  setzt  man  voraus,  dafs  gleiche 
Vermehrungen  der  Wärme  gleichen  Zunahmen  des  Volumens 


1    Beschreibung  neuer  Barometer.    D.  Uebers.  Ltipi.  1789.  & 


Verfertigung-  877 

4a  Iftässigkeh  zugehttren ,  und  da  die  letzteren  in  TJieileji  des 
Qaecksilberf*den&  im  Rtthrchen  gemessen  werden,  so  setzt  die 
Gleichheit  der  Länge  dieser  Theile  eine- Gleichheit  der  Dicke 
als  nothwendig  voraus.  Die  Fabrication  der  Röhren  aber,  bei 
denen  ein  gröberer ,  mit  Lnft  angefüllter  Raum  in  einen  sehr 
iaoen  Faden  ausgesogen  wird,  macht  die  Entstehung  einer 
Toükommenen  Cy  lind  erform  ganz  unmöglich1,  jedoch  ist  die 
Abweidraog  davon  für  die  Länge  gewöhnlicher  Thermometer 
.  so  gering ,  dals  man  den  Fehler  als  verschwindend  betraohr 
toa  samu  Der  Künstler  erhält  aber  aus  einer  grofaen  Menge 
ton  Röhren  eine  nur  geringe  Anzahl  und  von  nicht  grofcer 
Liege  solcher,  bei  denen  dieses  der  Fall  ist,  und  da  auch 
tonst  ungeübte  Beobachter  den  hierauf  beruhenden  richtigen 
Gang  der  Thermometer  bei  mittleren  Temperaturen  durch  Ver- 
gleichang  leicht  prüfen  können,  so  bringen  minder  gewissen- 
hafte Thermometermacher  den  Theil  der  Röhre,  wobei  das 
Caliber  richtig  ist,  in  diesen  Bereich,  und  vernachlässigen 
dieses  von  etwa  —  K)°  an ,  weswegen  man  in  den  Bestim- 
mungen hoher  Kältegrade  oft  so  bedeutende  Abweichungen 
ludet.  Das  Calibriren  geschieht  dann  auf  die  bereits  er- 
wähnte2, von  NoLLBf**  zuerst  angegebene  Weise,  Kummer4 
dagegen  untersucht  das  Caliber  erst  nach  angeblasener  Kugel 
oder  blast  provisorisch  eine  Kugel  an ,  erwärmt  diese ,  taucht 
das  offene  Ende  der  Röhre  in  Quecksilber.,  bis  ein  Faden  von 
etwa  1  Zoll  Länge  eingedrungen  ist,  verschliefst  die  Qefinung 
mit  dem  Finger,  läfst  den  Faden  dureh  etwas  zugelassene  Luft 
sich  allmälig  bis  an  die  Kugel  heben  und  mifst  seine  Länge 
mit  einem  Federcirkel5, 

28)  An  das  gehörig  gewählte  Röhrchen  wird  dann  das 
Gtfitfs,  im  Allgemeinen  die  Kugel,  angeblasen.  Obgleich  die- 
ses an  sich  nicht  schwer  ist,  so  wird  es  doch  niemand  nach 
einer  blofsen  Beschreibung  zu  bewerkstelligen  vermögen;  .es 
ist  hierzu  praktische  Anweisung  und  Uebüng  erforderlich,  und 


1  Kuxuei  Hefa  sich  600  Fq&  Röhren  in  8tüeken  von  etwa  10 
Klafter  I^anf  e  verfertigen  nnd  erhielt  daran»  nur  40  Fcfs  in  Stücken 
tea  1,5  bis  2  Faft  Lauge  mit  richtigem  Caliber.    G.  LIX.  302. 

%    S.  Art.  Caliber.  Bd.  H.  S.  8. 

S    Lecona  de  Phya.,1754.  8.    T.  IV.  p.  376. 

4  G.  LIX.  SOI. 

5  Sonstige  Vorschriften  werden  weiter  unten  erörtert  werden. 


878  Thermometer. 

iSh  überhebe  midi  daher,    weiter  hiervon   t\x   redien.     Bior1 
hält  das  gewöhnliche  Verfahren  der  Künstler,  wonach  sie  das 
eine,    an  der  Glasblaselampe  erweichte  und  etwas   gestauchte 
Ende   der   Röhre  mit  dem  Munde  aufblasen,    für  ungeeignet, 
weil  dadurch  Feuchtigkeit   hineinkomme,    und  verlangt  daher,, 
man  solle  am  offenen  Ende  der  Röhre   eine  Blase  von  Caout- 
choue  anbinden    und   diese   zusammendrücken,    um  die  darin 
enthaltene  Luft  in  die  Kugel  zu  pressen.       Dieses  Verfahren 
ist  allerdings  weitlänftig  und  die  anhängende  Blase  macht  dfo 
Manipulation    des  Röhrchens  unsicher,    zudem   aber  wird  dfo 
Kugel,  um  die  gehörige  Form  genau  anzunehmen,  einige  Zeit 
glühend  erhalten ,  befindet  sich  auch  noch  im  Zustande  des  Glü- 
hens, wenn  nicht  mehr  hineingeblasen  wird ,  so  dals  die  unbedeu- 
tende Metige  der  eingedrungenen  Feuchtigkeit  bis  auf  einen  un- 
merklichen Rest  als  Dampf  entweichen  wird.  Bei  Thermometern 
mit  etwas  weiten  Röhren,   aus  denen  die  Feuchtigkeit  wieder 
entweichen  kann,    ist   daher   das    gewöhnliche  Verfahren   un- 
schädlich,    bei  sehr   engen   und  zugleich    langen  Röhren  for- 
dern «her  auch  Bbllavi3,    Larmu**!*  Yfcnd  Andere  die  An- 
wendung  der   Caoutchoucblase    oder  eider   kleinen    Compres> 
sionspumpe  als  nothwendig.       Uni   fiirWne  Röhre  von  gege- 
bener Länge  und  Weite  die  Gröfse  der  Kugel  zu  finden,  giebt 
Lut  Regeln  an,     Gehi/er4  t heilt  eine  allgemeine  Formel  mit 
und  dk  Luc8  gleichfalls  eiqe  durch  Dürawd  aufgestellte;  al- 
lein eine  Messung  ist  hierbei  schon  deswegen  unmöglich,  weil 
die  Kugel  ebenso  wenig   als  irgend  ein  anderweitig  gestaltetes 
Gefcfs  je   eine    völlig  regelmässige  Gestalt  annimmt,    und  alle 
solche   Anweisungen    sind    daher    schon    aus   diesem    Grunde 
nutzlos,  sonstiger  Hindernisse  nicht  zu  gedenken.      Praktische 
Künstler  erhalten  durch  die  Menge  der  von  ihnen  verfertigten, 
zum  Thefl  sehr   gewöhnlichen  Thermometer   eine  solche  Fer- 
tigkeit hau  Abmessen  der  erforderlichen  Gröfsen,    dafs  sie  so- 
gar abgebrochene  Kugeln  an  bereits  graduirte  Röhren    zu  bla- 


1    Trmittf  de  Phya.  T.  I.  p.  SO. 

t    Brugnutelli  Oiornale  Dec.  1.  T.  IV.  p.  89. 

3  Ebend.  Den.  11.  T.  II.  p.  292. 

4  Alte  Ausg.  Th.  IV.  8.  346. 

5  Unters,  über  cL  Atmosphäre,  TJn  f.  3*  611.  Ebendieses  ge- 
schieht durch  Bioi  a.  a.  O.  and  durch  Herschbl  in  Epcyclop.  metrop. 
Art.  Heut 


Verfertigung.  §79 

ebne  dabei  ein«  Uaeichngkeit  der  neaen  Seele 
von  mehr  ab  etwa  swoi  bis  drei  Graden  bervorsubringen. 
Deb  letzteren  Verfahren  übrigens  nur  einmal  ab  Probe  au  ver- 
eachsa,  praktisch  »her  nicht  anwendbar,  jede  gradniftle  und 
barshs  mit  einer  Scale  Versehens  Bohre  mit  «erbrochener  Kur 
gel  abe  für  diese  nimliehe  Scale  unbraachbar  asy,  darf  wohl 
eicht  besonders  erwähnt  werden» 

29)  In  Beeiehuug  auf  das  Füllen  d$r  TWinonasfcr  geeÄgt 
ei,  Mob  des  Qoesksüber  an  berücksichtigen  t  de  das  Hfoetn» 
snsgen  andsrer  Plnsstgkeitsn  auf  eine  ähatiche  Weise,  aber 
weit  leichter  bewerkstelligt  wird.  Vorerst  ist  erforderten,  dass 
das  Quecksilber  rein  ssy,  weil  sonst  seine  Ausdehnung  min- 
der glesshsaabig  »eyn  and  sein  Gefriefpeaet  höher  ,  liegen 
werde*  Man  darf  jedoch  YoransssUan*  dafs  das  in  gröberen 
Qesatkaien  bei  guten  MeterialisteD  vorhandene  Quecksilber 
für  diesen  Zweck  ab  hinlänglich  rein  gelten  kenae*  denn  die 
Verfalsshnngen  mit  Blei  geschehen  in  .  der  Regel  nar  durch 
nJeiBoandbr;  will  man  dasselbe  jedonh  reinigen,  so  bt  die 
Anweisung  hieran  bereits1  gegeben«  Von  greiserer  Wichtig- 
keit dagegen  ist  es,  dahin  an  sehn,  dafs  das  Quecksilber  trocken 
and  von  Staub  frei  sey,  weil  olle  Beimengungen  dieser  Art 
«Bebt  eine  Trennung  des  Qnecksilberfedeas  in  engen.  Rohes 
hewhken«  Dm*  einfachste  and  leichteste  Mittel  der  Reinigung 
von  solchen  Sebstaneen,  so  wie  von  anhängendem  Ode  in 
Folge  der  Rednction,  besteht  darin ,  dab  man  dasselbe  in  ei- 
nem gewöhnlichen  steinernen  Krage,  worin  es  oft  aufbewahrt 
nad  euch  wohl  versandt  wird,  eine  Zeit  lang  mit  einigen 
Stecken  trockner  Hobkobiei,  die  man  auch  glühend  hinein- 
werfen kann,  anhakend  stark  schüttelt  and  denn  mehrmals 
durch  Papfordiiten  mit  sehr  seger  Oeffnung  laufen  labt,  am 
dss  nerrisbene  Kohlenpulver  gänzlich  cu  entfernen«  Dss  Ver- 
fahren des  Füllens ,  wie  Loa  und  SnoiisiKYia  es  vorschrei- 
ben ,  ist  meines  Wissens  jetrt  nicht  mehr  g ebrenehlieh ,  denn 
kfejner  Trichterchen  cum  Einbringen  des  Quecksilbers  bedient 
man  sich  auf  jeden  Fall  nicht,  bei  der  Leichtigkeit  des  Gbs- 
afassai  dagegen  piegt  assa  am  oberen  Ende  der  Röhre  eine 
verhslnsinnnMbig  grobe  Kugel  smzeaningen  und  diese  oben  in 
eine  feine  Spitae  ansiuiiehn.     Wird  dann  der  ganse  Apparat 


1    S.Ait  Bmvmäer.  M.  L  8.  880, 


\ 


880  Thermxxmete/. 

etwas  edritsr\  ,wia  meistens  >  mit  mehrenen  zur  .ßrs^pfemng  Amt 
Zeit  zugleich  geschieht,  und  die-  oben  offene  Spitze  in  ©in 
Glas  mit  gereinigtem  Quecksilber  gesenkt»  so/ füllt  aioh  nach 
dem  Abkühlen  die  .genannte  Hülfskugel  mit.  einer,  mehr  eis 
genügenden  Menge  Quecksilber.  Alsdann  wird  nach  idem.  Um- 
kehren die,  eigentliche  Kugel- über  Kohle»  abwechselnd  -  erhitzt 
und  wieder  abgekühlt,  so  dafs  das  Quecksilber  aUmäUg*  ein- 
dringt* bis  alle  Luft  entfernt  und  Kugel  nebst  Röhreben  ge- 
füllt sind,  wobei  es  ein  Leichtes  ist,  falls  die  in  der  oberen 
Hülfskngel  befindliche  Menge  Quecksilbers  nicht -genüget!  sollte, 
noch  etwas  mehr  hineinzubringen.  Sehr  wesentliches  Erfbr» 
dermis  bei  den  Thermometern  ist,  dafs  das  Quecksilber  völlig 
frei  von  Luft  nnd  Feuchtigkeit  sey,  weil  der  geringste  Rest 
der  «inen  oder  der  andern  nicht  blois  eine  uagleichmähige 
Ausdehnung  verursacht',  sondern  auch  leicht  eine  Trennung  des 
Queoksilberfadens  bewirkt,  wodurch  ein  sichere» /Ablesen  der 
Grade  last  unmöglich,  auf  jeden  Fall  höchst  schwierig  wird. 
Man  begnügt  sich  daher  nicht  damit,  dnreh  Ausdehnung  dar 
Luft  und  Abkühlung  derselben  sters:  neue. Portionen  Quecksil- 
ber in  die  Kugel  zu  bringen,  sondern eiman-  räfst  diese oFJüs- 
sigkett  wirklich  zun»  Sieden  kommen,  und  erhält  sie  darin  no 
lange,  bis  auch  die  letzten  Antbeiie  von  Luft  und  Feuchtig- 
keit entwichen  sind,  worauf  dann  das  vettical  gestellte  Ther- 
mometer sich  vollständig  füllt  und  man  das  überflussige  Queck- 
silber aus  der  obern  KogeJ.  schüttet.  Hiernach  untersucht -man 
vorläufig,  ob  Röhre  und  Kugel  ein  solches  Verhältnis  haben, 
dafs  der  Punct  des  schmelzenden  Schnees  an  die-:  geeignet« 
Stelle-  der  Scale  fällt,  und  bringt  so  viel ■  Quecksilber  heraus, 
bis  dieses  der  Fall  ist,  zieht  dann  die  Röhre  unterhalb  der 
oberen  Kugel  in  eine  feine  Spitze  aus,  bricht  sie.  dort  ab,  und 
vorausgesetzt,  dafs  die  Röhre  hinreichende  Länge  habe,  .um 
oben  den  Siedepunct  des  Wassers  aufzunehmen  f  unten,  aber 
noch  eine  gehörige  Anzahl  Grade  unter  dem  Gefrierpuncte  des 
Wassers  zu  erhalten,  erhitzt  man  die  Kugel  so. lange,  .bis  eib 
kleines  Tröpfchen  Queoksilber  aus  der  oberen  Spitzt  heraus* 
steht  oder  bis  der  Quecksilberfaden  so  hoch  in  die  Spitae  anj- 
steigt,  dafs  der  Rest  der  darin  vorhandenen  hmk  als  ver- 
schwindend zu  betrachten  ist,  und  schmelzt  dann  schnell  die 
Spitze  zu.*  Endlich  folgt  das  definitive  Verschliefsen  der  Röhre 
durch  Abschmelzen  der  oberen  Spitze ,  .  wobei  die  Röhre,  stets 


Verfertigung.     ^  861 

nodi  einige- Grsvd*  IHnger  bleibt,  als  bis  an  den  Sied«ponct  den 
Wassers,  weiL  Flüssigkeiten  so  schwer  zosammendrückber  und, 
4ie  amdalmiingide*»elhe»  aber  mit  rafserordentjiehar  Gewalt 
verbunden  ist*  folglich  da*  Thermemeter  sofort  zersprengt  Wür- 
den vatdev.wenn  d^e  .Wärm«  nur  etwas  über  den  Siedepu.net 
de*  Wasser*:  stiege.      Msu.balt  diesen  luftleeren  Zustand  der 
Thtrmometerj.für  nothig,  und  prüft  sie  daher,  ob  das  Queck- 
silber beim  Umkehren  derselben   bis  in  die  Spitoe  hinabsinkt, 
welches  dann  jederzeit  geschieht,    aufoer   bei  außerordentlich 
luaea  Thermometern,    wobei   die   Adhäsion   d*$  Quecksilbers 
am  Glase  sein  Gewicht  übertrifft.  ,  Biot   führt  als  Grund   an, 
dats  sonst  leicht  ,  etwas  Luft  zwischen  das  Quedksüber  konv- 
men  k#ape,    allein. die  innere  Weite   des  RÖhrchens  ist  zu 
sag,  um.  dieses  ^u  gestatten,  und  es,  wäre  in  Beziehung  auf 
die  Unveranderlichkeit  des  JNuüpuecte*  besser,    wenn  die  atr 
mospbarisch*    Luft    auf  den   Quecksilberfaden    drückte.      Ein 
wichtigerer  und  entscheidender  Grund  liegt  jedoch  nach  Biot 
aWio,  dals  leicht  etwas  Quacksilber  aus  dem  offenen  Rang- 
ehe* verloren  werden;  könnte  \    wozu  man  noch  einen  ^andern 
setzen  kann  »    dajs   unfehlbar  Staub  und  Feuchtigkeit  eindrinr 
gen  und  die  inwendige  Oeffnung,  des  Rohrchens  verunreinigen 
wurden«     Aus  dieser  Ursache   mufs   das  Ende    des   Rtthrchens 
verschlossen  seyn ,    und   dann  würde  die  mit  den  Graden  der 
Wärme  wachsende  Zusammendrückung  der  eingeschlossenen  Luft 
auf  jeden  J^all  nachtheilig  wirken ,  wenn  es  nicht  luftleer  wäre. 
Wenn   aber   dennoch    der   Quecksilber  faden   sich   trennt/,   was 
durch  irgend   einen   verschwindenden   Theil    von   adharirender 
Luft  oder  Feuchtigkeit  bei  aufgehobenem   äufsern    Luftdrucke 
nur  noch  leichter  geschieht,  so  bewirkt  man  meistens  die  Ver- 
einigung   des  getrennten  Quecksilbers  dadurch,  dafs  man,  das 
Thermometer   in   verticaler  Richtung    zwischen    -den    Fingern 
haltend,    mit   dieser   Hand  auf  die  andere  Hand   schlägt,   um 
durch   die   Erschütterung   den  beabsichtigten  Zweck   zu  errei- 
chen;  wenn  dieses  aber  nicht  erfolgt,    so  kann  man  dasselbe 
k    einem  Kreise' herumschwingen,    ja  Biot   empfiehlt  sogar, 
einen  Faden  von  einem  oder  zwei  Meter  Länge  anzubinden ,  um 
die  Wirkung   dtB  Schwunges  zu  vermehren.       Soll  die  Scale 
das  Thermometers  bis  zum  Siedepuncte  des  Quecksilbers  rei- 
chen oder   reicht  die  Scale,    wenn  die  Grade   sehr  grofs  und 
wieder  in  Theile  getheilt  werden  sollen ,    wie    s.  B.  bei  den 


682  Thermometer« 

Psychrometern,  triebt  bb  an  den  Siedepunct,  so  meb  *m 
oberen  Ende  des  Thermometers  91110  Kugel  f  angeblasen  oder 
des  Ende  selbst  in  einen  gehörige*  Reuet  erweitert  werden, 
um  das  aufsteigende  Quecksilber  aufzunehmen.  Wenn  sich 
bei  diesen  der  Qeecksilberfeden  trenpt,  was  durch  heftige 
Erschütterung  bei  denjenigen  leicht  eintritt ,  die  bis  sum  Sieden 
puncto  des  Quecksilbers,  reichen*,  weil  sie  nicht  luftleer  seyn 
können ,  so  darf  man  die  untere  Kugel  nur  so  lange  erbitte», 
bis  die  getrennten  Fäden  sich  in  der  oberen  Kugel  wieder 
▼ereinigen.  Bei  solchen ,  die  bis  tum  Siedepunote  des  Queck- 
silbers reichen ,  geschieht  dieses  erst  beim  Sieden  dieser  Flüs- 
sigkeit, und  des  Verfahren  erfordert  daher  einige  Vorsicht. 
Man  erhitzt  deswegen  die  untere  Kugel  langsam,  bis  de* 
Quecksilberfaden  dem  oberen  finde  der  Saale  nahe  ist,  beaeh»» 
tet  dann  bei  benehmender  Erhiteimg  den  Augenblick  genau, 
wenn  das  erste  Aufwallen  des  Quecksilbers  eintritt,  und  sieht 
sofort  das  stets  Tettkal  gehaltene  Thermometer  langsam  To» 
Feuer  weg ,  worauf  es  tu  sinken  beginnt  und  man  die  Ver- 
einigung bewirkt  findet.  Der  Weingeist  verstattet  solche  Ope- 
rationen nicht  und  ist  daher  ohne  grelle  attgewfndte  Sefgt- 
falt  selten  gant  frei  Ton  Luft. 

D.     Bestimmung   der  festen  Puncte. 

30)  Wie  man  nach  vielen  vergeblichen  Vorschlägen  endi- 
lieh  darin  übereinkam,  dafs  das  Gefrieren  und  das  Sieden  des 
Wassers  bei  einer  unveränderlichen  Temperatur  statt  finde 
und  hieraus  also  zwei  Normalpuncte  zur  Erhaltung  überein» 
stimmender  Thermometer  zu  entnehmen  seyen,  ist  oben  erwähnt 
worden.  Reaümür  war  der  Erste,  welcher  dieses  bestimmt 
aussprach,  und  das  Ansehn,  welches  seine  Thermometer  in  so 
hohem  Grade  erhielten ,  dafs  auch  die  jetzigen  wesentlich,  ver- 
änderten noch  nach  seinem  Namen  benannt  werden,  ist  nicht 
blofs  Folge  des  Eifers ,  womit  die  Franzosen  sich  ihres  Lands-» 
mannes  annahmen,  sondern  beruht  sicher  mindestens  zum 
Theil  auf  diesem  Umstände;  denn  Fahresheit  auf&erte  sich 
darüber  keineswegs  mit  gleicher  Bestimmtheit ,  obgleich  er  das 

1    tfeber  die  Verfertigung  folcher  Thermometer  s.  Placidos  Han- 
nen in  Sofcweigger**  Joorn.  Th.  I.  8.  2H  & 


Fehlt  Puncto»  88S 

edrmeteetid*  Bs  nur  Gredoirtmg  seiner  Thermometer  bemotste» 
Handelt   *s   «ich  dann  um   eine    genaue  Feststellung  und  ein« 
dteier  angemessene  Benennung  jener  beiden  Paarte,  so  iat  Be4- 
des  in  Beziehung  auf  de*  eine*  zwar  einfach,  anf  de»  andern 
aber  teeirr    stisainm*nge*etst.<   .  Man  nennt  den  einen  Siede- 
ptmd   oder    Pttnt*  des   wMkhdm  FFaeeere  (pmnoitttn  aqttat 
e**Ut#**fr;  tärme  de  Stau  bouiUahte;  boiling  polnt)  f  weiter 
hm  siedenden  Wasser  gefunden  Wird ,  den  andern   aber  nannte 
«Mi  sejfartgs  und    nennt    man    auch  jetzt    noch    häufig  den 
JEpttne*  oder  GefHe+punet  (punctum  congelationis) ,   weil  er 
fach  gefrierendes  Walser  gegeben  werden  tollte.     Reaumur* 
erhielt  denselben-,    indem  er  «in  GefWs  mit  Wasser  in  eine 
Mbetamg  von  £  Theilen  Eis  und  1  Theii  Kochsalz  setzte  und 
den  Stand  des  Weingeistes   im  Thermometer  hn  Augenblicke, 
wenn  Eisbildung  eintrat,  als  GeMerpunct  bezeichnete.       Bald 
iber  fand  Dt  Lud2,   dafs  dieser  Punct  veränderlich  eey,  and 
gegenwärtig  wissen   wir,    dab  das  Wasser  nach  Umständen 
mehr  oder  minder  erhalte,  und  zwar  mit  sehr  bedeutenden  Un- 
terschieden ,  bfe  die  BbbiMnng  eintritt*     Um  daher  einen  un- 
veränderlichen Ponet  zu  haben^  Wählte  man  denjenigen,    bei 
welchem  das  £is  sdtartkt,    tond  dienen  hat  allerdings  die  Er- 
fahrung  als  eilten   unveränderlichen   nachgewiesen;    allein. er 
kann   nun    eigentlich  nictit    mehr  Eispunct  oder  Gefrierpunct 
heifsen,    sondern  mnfs  Punct  <ies   vergehenden  Eieee ,   Auf- 
thaupunet;  Utnp^rcüute  die  /£  giace  fondanie ;  meliing  poitU  of 
ict  genannt  Werden,    wie  anoh  wirklich    geschieht«      Dieser 
Ansdrock  ist  »war  allerdings  richtig  und  deutlich  bezeichnend, 
allein  et  ist  zu  lang  und  daher  zu  unbequem.      Die  französi- 
schen und  die  neueren  englischen  Schriftsteller  bedienen  «ich 
daher   des  Ausdrucks  uro,    die  letzteren    jedoch  nur  dann, 
wenn  vom  echtaigtheitigen  oder  hundertteiligen   Thermometer 
die  Rede  ist,    und  es  wird  hierdurch  nicht   ausgeschlossen, 
auch  den  Nullpunct  der  Fahrenheit'schen  Scale   durch  zero  zu 
bezeichnen  9    so    wie  man   auch    im  Deutschen  vom  Null- 
ponete  redet      Sofern  ei  aber  jetzt  als  aasgemacht  gilt,    dab 

1  Ochon  tot  Qnn  hatte  Ma*tisi  vorgeschlagen,  zerstofseaes  Bis 
ia  kaltes  Wasser  an  werfen,  Lamskst  aber  rfith,  reines  Waater  anzu- 
wenden, velohea  aehon  die  säst  Gefrieren  erforderliche  Kälte  enge- 
eoanaea  habe. 

t '  Untortaehoogen  (iber  die  Atmosph.  Th.  L  §♦  486.  b.  448.  r. 


884  Thermometer. 

nur  des 'Punct  des  schnackenden  •  Eises  als,  normal  geilen  kann, 
sollte  man  unbedenklich  der  Kürze  wegen  den  Ausdruck  -<?*- 
frUrpunct  «der  Eisptmtt  beibehaltein  und.  sich  ein  für  alle 
Mal  über  die  Redeutung  diese« ,  Ausdrücke  verständigen.. 

-  31)  Die  Fkbitätt  dieses  Pnnct.es  und  die  Uoveiänderlichr 
keit  desselben  im  Allgemeinen  unterliegt  keinem  Zweifel  *xn$ 
beruht  aef  dem  Naturgesetze ,  dafs  heim  Eise  alle  von  aufan 
hineukommende*  Wärme  latent  , wird,  indem  sie  bloJt  dazu 
dient,  das  Eis  in  Wasser  zu  verwandeln,  Wasser,  in  wel- 
chem sich  noch  Eis  befindet,  kann  im  Gänsen  keine  höhere 
Wärme  haben,  als  0°,  und  man, nimmt  daher  auch  an,  da(# 
seine  Temperatur  genau  diese  scy ;  wenn  man  aber  berücksiobr 
tigt,  dafs  das  Wasser  ein  schlechter  Wärmeleiter  ist  und, bei 
beträchtlicher  Wärme  nicht  durchaus  sofort  auf  0°  herebgeba 
wurde,  wenn  man  ein  Stück  Eis  hineinwürfe1,  dafs  ferner  jede 
Bedingung,  welche  das  Schmelzen  des  Eises  oder  Schnees  be- 
fördert, ein  Herabsinken  der  Temperatur  unter  den  Schmelz* 
punct  desselben  bewirkt,  so  wird  man  bald  zu  der  Ueberzeu«- 
gung  gelangen,  dafs  die  möglichst  genaue  Bestimmung  eines 
so  wesentlichen  Normalpunotes  keineswegs  so  leicht  ist,  und 
die  Erfahrung  bestätigt  dieses  vollkommen.  ,  Wer  es  je  ver- 
sucht hat ,  die  Gefrierpuncte  der  Thermometer  zu  controliren 
oder  Apparate  genau  bis  auf  diesen  Punct  zu  erkälten,  der 
wird ,  •  ebenso  wie  ich  bei .  der  Aufsuchung  der  Ausdehnung*«» 
gesetze  tropfbarer  Flüssigkeiten,  gewahr  werden,  dafs  man  oft 
Stunden  lang  dauernde  Schwankungen  beseitigen  mufs,  ehe 
man  mit  voller  Sicherheit  sich  von  der  höchsten  Genauigkeit 
des  gefundenen  Punctes  überzeugen  kann.  Insbesondere  ist 
rhir  aufgefallen,  dafs  lockerer  Schnee,  wenn  er,  in  einem  Ge- 
faxte in -ein  mäfsig  warmes  Zimmer  gebracht,  zu  schmelzen  be- 
ginnt, die  ?ugeführte  Wärme  sehr  begierig  aufnimmt  und  da- 
durch feine  Thermometerkugeln  wohl  bis  0°,5  C.   unter  den 


1  Hiervon  überzeugten  sieh  die  Mitglieder  der  Commission  des 
Poidi  et  meieret,  indem  sie  fanden,  da£t  in  Bobda  durch  Eintauchen 
der  Mefsstangea  in  Wasser  mit  Bis  nicht  0°  C. ,  sondern  1°,55  C  er- ' 
halten  habe;  sie  konnten  die  Temperatur  von  solchem  Wasser  nicht 
tiefer  als  0°,5  C.  herabbringen.  6.  Base  de  Syst.  metr.  T.  HJ.  p. 
137.  454.  Befindet  sieh  das  Gefäft  mit  solchem  Wasser  in  einer  Um» 
gebang  Ton  3  and  mehr  Graden  anter  0°  C. ,  se  geht  seine  Tempo» 
rata*  bis  —  0°,5  C.  and  noch  beträchtlich  tiefer  hinab. 


Feste  Pütocte;  883 

GefrierpoMt  n^rabbringt.      ungleich  häufiger  ist  der  entgegen- 
gesetzte Fehler.       Sind  die  Kugeln  der   Thermometer  etwas 
grober ,  so  haben  sie  elfte  mertiiehe  Quantität  Wärme  in  sieh 
«od  bringen,  hierdurch   nicht   blofe  eine  gewisse  Menge  Eis 
zum  Schmelzen,    sondern    erwärmen   auch  das    sie   tunüohst 
umgebende  Wasser  so,    defa  'sie  nicht  ganz- bis  auf  den  ge- 
wünschten Nonnelpnnct  berabgehn.     Anfserdem  datiert  es  4>e- 
saaftttich  sehr  lange ,  bis  die  Körper  ihre  letzten  Antheile  rob 
ebenehcissiger  Wärme  an   ihre  Umgebung  abgeben,   und  man 
■eis  daher  auf  jeden  Fall  hinlängliche  Zeit  nnd  vielb  Sorgfalt 
auf  die  Bestimmung  -der  festen  Puncto  verwenden. 

De  Luc1  erkannte  zuerst  die  Fixität  des  Schmelzpunctes 
beim  Eise;    er  füllte  daher   ein  Gefa'fs   mit  zerstofsenem  Eise, 
und  brachte  das  Thermometer  so  hinein,  dafs  es  bis  ans  Ende 
des   Quecksilberfadens    damit    umgeben   war,       Strohmeyer2 
hält  dieses  Verfahren   bis   zu  einer  Fehlergrenze  von  1*5  für 
unsicher    und    zieht  Wasser   im   Eise  vor.       Zu  diesem  Ende 
soll  man  Wasser   in    einem   GefäTse   ringsum    gefrieren   lassen, 
dann  die  obere  Decke  einstofsen  und  das  Thermometer  in  das 
Wasser   herabsenken.      Offenbar   ist  dieses    die  von  Dücrest 
empfohlene  Methode,     wodurch   er    den  von  Reaumuh  ange- 
nommenen Gefrierpunct  des  Wassers  erhalten  wollte,  und  Luz3 
bemerkte    daher   ganz  richtig,     dafs  der  gesuchte  Punct  hier- 
durch 0°,2  R.  zu  tief  herabgehe,  welches  jedoch  nur  dann  der 
Fall  ist,    wenn  das   Gefäfs  fortdauernd  dem  Einflasse   äufserer 
Kalte  ausgesetzt  bleibt,  in  wärmerer  Umgebung  dagegen  wird 
der  gesuchte   Punct   zu   hoch    gefunden   werden.       Uebrigens 
giebt  Luz    der    von   de   Lug    vorgeschlagenen   Methode    den 
Torzag»       Die   Köo.  Societät   zu  London4  hielt  die  Aufgabe, 
die  festen  Puncto   der  Thermometer   mit   möglichster  Genauig- 
keit zu  bestimmen,  für  so  wichtig,    dafs  sie  eine  Commission 
aus  den  bedeutendsten  damaligen  Physikern,  Cavehdisb,  He- 

BERDEV,      AöBERT,     J.    A.    DE   Luc,     MaSKELYBTE  ,     H0R8LET 

nnd  Plasta,  beauftragte,  die  beste  Methode  hierfür  aufzusu- 
chen«    Für  die  Bestimmung  des  Eispunctes  geben  diese  jedoch 


t  A.  e.  O.  §.  438.  e. 

S  A.  a.  O.  8.  28. 

5  AnwcwuDg  Therm,  zu  verf.  $.  12*  bb  129. 

4  Phtlos.  Traut.  T.  UtVIJ.  N.  87.. p.  617. 


886  -  The.w*iomet*iv 

nur  die*  «iofi|«  Vorschrift ,  4*k  das  Thtfesometet  b  ja  *n>  Ende 
dt»  Queckailberfadens  in  «erstoJbeaes  Eis  eingesenkt  werden 
müsse  |  weil  der  Gefrierpunct  sonst  zu  hoch  liegen  wurde,  «ml 
sie  berechneten  »»gleich  .eine  Tabelle ,  ,  um  den  hieran«  ent- 
stehenden  Fehler  zu  eorrigircn,  Dals  mao  alle  Körper,  um 
sie ,  genau  genommen ,  auf  eine  gewisse  Temperatur  zu  brin- 
gen 9.  dem  erwärmenden  oder  erkältenden  Mittel  in  ihrer  gesw» 
sen  -  Ansdehnong  aussetzen  müsse,  versteht  sich  von  selbst« 
.und  sonach,  mnis  auch  das  Thermometer  tnr  Auiipduug  des 
Nullpanctes  bis  an  den  Ort  der  Röhre,  wohin  dieser  fallt,  der 
erkältenden  Mischung  aasgesetzt  werden«  Am  geeignetsten 
hierzu  habe  ich  stets  gefänden,  das  zu  graduirende  Thermo- 
meter schon  vorher  einige  längere  Zeit  einer  vom  Frostpunct* 
wenig  entfernten  Temperatur  auszusetzen ,  dann  reinen  Schnee 
in  einem  hinlänglich  grpfsen  Gefitfse  bei  einer  wenig  über  den 
Frostpunct  hinausgehenden  Temperatur  mit  einem  hölzernen 
Spatel  oder  einer  Glasröhre  anhaltend  zu  rühren,  bis  ein  stei- 
fer Brei  entsteht,  in  welchem  nur  weniges  oder  eigentlich  gar 
kein  freies  Wasser  vorbanden  ist,  und  das  Thermometer  tief 
genug  in  diese  Masse  hineinzusenken ,  zugleich  aber  oft  et- 
was auf-  und  abwärts  zu  bewegen,  damit  die  Kugel  dessel- 
ben nicht  etwa  mit  geschmolzenem  Wasser,  sondern  mit  der 
noch  nicht  zergangenen  Masse  in  Berührung  komme,  denn 
auch  Taalles1  fand,  dals  das  freie  Wasser  im  schmelzenden 
Schnee  den  Frostpunct  0°,7  C.  zu  hoch  angeben  könne. 

32)  Neuerdings  sind  die  Gesetze  und  Bedingungen  einer 
scharfen  Bestimmung  des  Gefrierpunctes  durch  £eis*  mit  un- 
übertrefflicher Genauigkeit  aufgestellt  worden,  indem  er  vermit- 
telst eines  fein  gethejlten  Silberplättchens  und  mikroskop.  Able- 
sung der  Höhe  des  Quecksilberfadens  diejenigen  Umstände  auf- 
suchte, unter  denen  der  Stand  sich  unveränderlich  zeigt«  Aus 
einer  sehr  grefsen  Menge  seiner  Versuche  ergeben  sich  fol- 
gende Regeln.  Nur  der  Punct  des  schmelzenden  Schnees  ist 
zur  Bestimmung  des  Nullpanctes  der  Thermometer  geeignet, 
denn  dafs  gefrierendes  Wasser  oder  Wasser,  worin  sich  Eis 
befindet,  nicht  dazu  brauchbar  sey,  ergiebt  sich  aus  früheren 
Erfahrungen,  zerstofsenes  reines  Eis  scheint  nach  einigen  we- 


1  Astronom.  Jahrbach  1886,  8.  Sil. 

2  Foggeodorff  Ann.  XI.  835. 


Fttt*  Puttcte,  fjßj 

unm  Vm**hm~l*  «*)»•»  Verhaken  deia  frohoee  gleich  in 
•eye,  allein  «ff  jeden  Feil  mt  0$  mühsam  und  nicht  ellezjfe 
^  zther,  iimi  VSm  so  crhtken  und  4k  mtfgKcben  attt- 
leeden  FWWm  dabei  an  entfernet*.  Auf  die  richtig*  Be~ 
mmnsiig  diese*  feste»  Pwi^Ut  heben  keinen  Einflute  dae  Go~ 
iefcaed  die  Hange  de»  darin  enthaltenen  Schnees,  det  Bare- 
nctcmand,  die  Beschaffenheit  de«  gewählten  Schnee*,  trenn 
«  aar  rein  ist,  «ad  die  Temperatur  de»  BeobaohtangeoTtev 
data  ist  es  «Unzeit  leichter  und  sicherer,  wemi  die  äoJcero 
Temperatur  &  bis  6  Grade  ober  dem  NuHpuocte  nicht  «be*- 
uegL  Die  Untoacahicde,  welobe  durch  diese  genannter»  Ein* 
fine  kervorgebrecfct  werden ,  übersteigen  tkber  nicht  0°,007 
C.  WeU  m  berücksichtigen  iel  dagegen  der  Grad  der  Schmelz 
sag,  worin  sieb  der -Schnee  befindet,  denn  er  eignet  lieh  zu 
e*  gewünschten  Bestimmung  nnr  dann,  wenn  die  Schmelzung 
»  am  auffingt  aichtber  zu  werden  oder  er  sieh  in  eineeben 
TWUen  durchscheinend  zeigt,  indem  von  da  an,  bia  er  roil 
Vaner  durchzogen  wird,  feine  Temperatur  cenetant  bleibt, 
k  die  äufrcre  Temnemtur  nnr  wenige  Grade  tober  elf  der 
BsBpunet,  so  tritt  die  eonetante  Temperatur  schon  dann  ein, 
man  er  anfängt  plastisch  zu  werden  und  eich  an  der  Ober- 
Sehe  einzelne  durchscheinende  Puncto  zeigen,  dauert  auch 
asck  fort,  wenn  er  bedeutend  nafs  za  werden  angefangen  hat, 
weswegen  e*  ungleich  leichter  und  sieherer  ist,  die  Bestim- 
uneg  unter  diesen  Umständen  vorzunehmen.  Wann  dagegen 
als  änJaere  Temperatur  hoch  und  der  Zufhifs  der  Wurme  von 
«dem  stark  ist,  so  kann  diese  nicht  sofort  vom  Schnee  ab- 
salirt  werden;  dieses  erfordert  Zeit,  und  man  findet  deq  ge- 
latnten  Punct  zu  hoeh,  wenn  man  nicht  vorsichtig  den  Zeit« 
pmet  abwartet,  bia  der  Schnee  auch  im  Inner»  anfingt  durch- 
idnjnsnd  zu  werden»  Kommt  ee  auf  sehr  grobe  Genauigkeit 
Kiekt  an,  ao  findet  man  den  Nellpuact  mit  genügender  Sicher- 
bah  toi  dem  Augenblicke  an,  wo  der  Sehnte  anfingt  ple- 
Cnck  zu  werden,  bia  er  mit  Wasser  durchzogen  ist;  der 
Fehlet  wird  0P,04G  nicht  übersteigen;  ist  aber  viel  Wasser 
verbanden  and  der  Zufluls  der  Wärme  von  aufsen  bedeutend 
•Utk,  denn  sind  die  Fehler  groüi,  und- die  Grenze  derselben 
ist  zieht  wohl  anzugeben,  da  unter  Umständen  sich  selbst  iu 
Wem  Wasser  das.  Ria  noch  eine  geraume  Zeit  ungeschmolzen 
erhalten  kann. 


888  Thermometer; 

3$)  Das  hier  mltgethelfte  Verfahre«  tartmftt  ittMetti  über- 
eil, wo  es  auf  grobe  Genauigkeit  ankommt,  in 'Anwendung 
gebracht;  es  ist  schärfer  und  bestimmter'  ausgedrückt ,  als  das*' 
jenige,  welches  Rüdbebö1  empfohlen  hat,  Letzterer  aber  be- 
rücksichtigt einen  wesentlichen  and  gleichfalls  sehr  zu  beach- 
tenden Umstand.  Eg%v  stellte  seine  Versuche  mit  bereits 
gradnirten  Thermometern  an,  allein  eine  zweite  -Frage  ist,' 
wie  man  im  Allgemeinen  den  genau  gefundenen  Frostptmot 
gehörig  bezeichnen  soll.  Ehemals  war'  die  Regel,  einen  fei- 
nen Faden  ungefähr  in  der  Gegend  des  Nullpunctes  um  die 
Röhre  zu  binden,  diesen  so  lange  zu  verschieben,  bis  eveich 
genau  an  der  Stelle  des  Gefrierpunetes  befindet,  und  ihn  dann 
mit  etwas  Gummiwasser  festzukleben  oder  die  erforderliche 
Stelle  durch  einen  Diamantstrich  oder  Feilstrich  zu  bezeich- 
nen; allein  dieses  Verfahren,  welches  mit  gehöriger  Sorgfalt 
ausgeführt  für  gewöhnliche  und  auch  mäfoig  feine  Thermome- 
ter völlig  genagt,  nennt  Rüdbirg  für  die  ganz  vorzüglichen 
Apparate,  wie  er  sie  bei  der  Regulirung  der  schwedischen 
Normalmafse'  gebrauchte,  zu  grob,  und  er  wandte  daher  das 
folgende ,  allerdings  ungleich  schärfere  an.  Zuvörderst  Wurde 
vorläufig  in  der  Gegend  der  Stelle,  wohin  der  Nullpunot  zu 
liegen 'kommt,  ein  feiner  Diamantstrich  gemacht,  dessen  Rich- 
tung auf  die  Axe  der  Röhre  perpendiculär  seyn  mufs ,  dann 
Fig. legte  er  das  Thermometer  auf  das  Messingblech  AB  und 
°°*  schraubte  es  vermittelst  des  bügeiförmigen  Streifens  n  m  nach 
untergelegter  Korkscheibe  mit  den  Schrauben  SS  fest.  Auf  der 
Mitte  der  Platte  abcd  befand  sich  in  Silber  eine  feine  Thei- 
lang,  wovon  198  Theile  -auf  einen  Decimalzoll  gingen.  Zur 
Ablesung  diente  ein  Mikroskop,  dessen  Röhre  DE  in  der 
Hülse  G  verschiebbar  steckte,  die  Hülse  salbst  war  ein  Trä- 
ger N  und  dieser  am  Schieber  M  P  befestigt ,  welcher  die  Met« 
singplatte  von  unten  her  umfafste  und  auf  den  Seiten  derlei*-, 
ben  verschiebbar  festgeklemmt  war.  Das  Mikroskop  hatte  nur 
dreimalige  Vergrößerung,  weil  der  Diemanfetrioh  auf  der  Röhre 
Und  die  Striche  der  Theilung  zugleich  gesehn  werden  mufs— 
tan ,  und  um  die  Parallaxe  zu  vermeiden,  hatte  der  Deckel 
des  Mikroskops  oben  ein  kleines  Loch  o ,  in  der  Röhre  seibat 


.* 


1    Auf  Kongl.  Vetenslc.  ÄcaÄ.  Handling.  f.  1834.  p.  354,  in  'Pog~ 
gcndorff  Ann.  XXXVII.  376.  XU  39.  •  " 


Fette  Panote«  889 

V 

aber,  etw»  Q£  Zoll  vom  OtyeenVe  B,  betend  web  ein  mes- 
singne* Diaphragma,  dessen  kreisrunder  Ooffanng  nur  eine  li- 
nt  im  Durchmesser  hielt,  in  deren  Mit!«  daaa  das  Ende  den 
Qexcfcsilbermdcws  durch  Vcteabiebuttg  4««  Mikroskope  gebracht 
wurde,  wobei  man  nach  einiget  Uebuug  noch  0,2  dar  Tnei- 
hmg  schätzen  konnte.  Zuerst  worde  dann  gemessen,  mh  wee- 
cbem  Theiiatmhe  der  Diemantstrich  auf  der  Boare  susemman- 
fiel,  dann  das  Thermometer  in  die  Schnsomischnng  gehalten 
and,  nachdem  ea  böge  genug  dam  gesunden,  der  des  Ende 
des  QaecksÜberfadena  betuureade  Tneilstrkh  abgelesen,  um 
sa  wissen,  wie  viele  selcher  Tbeila  über  oder  nater  dem  Di*» 
■antitriche  der  Rollpenet  sieh  befand. 

Obgleich  man  diesem  Verfahren  den  grttfsten  Beifall  nicht 
versagen  kann,    so  scheint  mir  doch  des  durch  Eos*  ange- 
wandte noch  vorsüglfoher  an  seyn.    Zuerst  nimmt  der  Queck- 
dfeerfaden,  so  weit  er  enf  der  Messingtolatte  lifgt,  nicht  wohl 
Ke  erforderliche  Temperetnr  an,  und  sweitens  macht  die  Vor- 
richtung das  Thermometer  an  nabehülflich ,  so  dafs  man  das- 
selbe nicht  mit  der  erforderlichen  Leichtigkeit   in  der  Schaee-1 
mischung  bewegen  kann,  um  zu  verhüten,  dafs  steh  kein  mit 
Wasser  erfüllter  Raom  nm  die  Kngel  bilde,    wodurch  leicht 
ein  Fehler  von  0°,1    bis  0%2»  ja  unter  Umstünden  ein  noch 
greiserer   antetehn  kenn.      Weh  wichtiger   als  die  schärfste 
Messung  ist  aber  die  scharfe   Herstellung  des  an  messenden 
Grübe.       Im  Allgemeinen  kommt  hierbei  noch  Folgendes .  in 
Betrachtung.    Wenn  die  verlangten  Thermometer  beim  knnfjbV»  * 
gen  Gebrauche  ohne  Mikroskop   und  ohne  Anwendung  einer 
lmastlichen   raiktometrischen  Theitong   abgelesen  werden,    so 
genügt  es,    auch   bei  der  Bestimmung  der  festen  Puncto  sieh 
aaf  diejenige  Grense  der  Genauigkeit    an  beschranken,    die 
durch  das    unbewaffnete  Auge   erreichbar  ist,    dagegen  aber 
mehr   Sorgfalt  darauf  m  verwenden,    dafs  bei  dam  so  viel 
leichter  an  manipnlirenden  Thermometer  das  Quecksilber  vtfl~ 
fig  genau,  auf  den  gesuchten  Nnllnnnct  herabgebntcht  werde* 
Die  scharfe  Beamehnnug    dieaes  Punctes  ist  allerdings  schwie- 
rig,   sobald  man  Verlangt,    dafs  sie  dauerhaft  bleibend  seyn 
sefl.     Daa  Ritzen  mit  einem  Diemantsplitter,    einem  scharfen 
Feuersteine  oder  einer  Feile  kann,  einen  Bruch   der  Bohre  an 
dieser  Stalle  herbeiführen  und    ist   ausserdem,    wenn  die  Be- 
zeichnung scharf  seyn  soU,    nicht  eben- leicht  au  bewerkstel- 
IX.  Bd.  LH 


89fr  Thermometer* 

ligen.  Daher  empfehle  ich  folgendes  Verfahren,  weichte  ich 
zwar  nicht  hierbei,  wohl  aber,  bei  andern  Operationen  sehr 
bewährt  gefunden  habe.  Nachdem  vorläufig  der  Ort  des  Ge- 
frierpunctes  mit  hinlänglicher  Genauigkeit  ausgemittelt  und  auf 
irgend  eine  Weise,  ohne  jedoch  die  Röhre  zu  beschmuzen, 
bezeichnet  worden  ist,  wird  um  diese  Stelle  ein  Silberfaden  von 
der  bekannten  feinsten  Sorte  geschlungen,  deren  man  sich  früher 
und  wohl  noch  jetzt  zum  Einziehen  in  die  Fernröhre  bedient« 
Dieser  hat  immerhin  Haltbarkeit  genug,  um  nach  zwei—  bis 
dreimaligem  Umschlingen  seiner  beiden  Enden  um  einander 
hinlänglich  festzusitzen  und  sich  vorsichtig  vermittelst  einer 
feinen  Messerklinge  so  viel  verschieben  zu  lassen,  als  hierzu 
erfordert  wird.  Alsdann  folgt  die  nach  gegebener  Anweisung 
zu  bewerkstelligende  Herabbringung  des  Thermometers  auf  den 
Gefrierpunct ,  welches  bei  dem  so  leicht  zu  manipulirenden 
Apparate  mit  gröfster  Schärfe  geschehn  kann,  auch  fällt  der 
parallaktische  Fehler  von  selbst  weg,  wenn  .man  bei  wieder-* 
hoher  Umdrehung  der  Röhre  um  ihre  Axe  den  Silberfaden  so 
lange  verschiebt,  bis  das  Ende  des  Quecksilberfadens  genau 
in  seine  Ebene  fällt.  Ist  man  von  der  Sicherheit  dieser  ße- 
Stimmung  überzeugt,  die  man  nötigenfalls  durch  Wiederho- 
lung dieses  Verfahrens  noch  erhöhen  kann,  so  überzieht  man 
die  Röhre  an  der  Stelle  des  Silber fadens  etliche  Zoll  lang  mit 
Copalfuraiff  (jpder  mit  dem  flüssig  gemachten  Deckgrunde  für 
Aetzung  mit  Flufssäure ,  und  wenn  dieser  hinlänglich  getrock- 
net ist,  ohne  zu  grofse  SprÖdigkeit  angenommen  zu  haben, 
wird  der  Faden  abgenommen  und  der  dann  zum  Vorschein 
kommende  blanke  Streifen  mit  Flufssäure  geätzt,  welcher  höchst 
fein  seyn  mu(s,  weil  der  mit  einem  Pinsel  aufgetragene  Fir*- 
nifs  Wofs  die  Stelle  der  Röhre  nicht  bedeckt,  die  durch  den 
runden  Draht  geschützt  wurde. 

34)  Der  zweite,  gleich  anfangs  als  normal  gewählte  Punct 
ist  der  Siedepunct,  unnöthig  zuweilen  Punct  de*  siedenden 
JVa**er*  genannt ;  punctum  aqua*  ebullienti*;  terms  de  Peau 
bouiüante;  boiüng  point,  welchen  das  Thermometer  annimmt, 
wenn  man  es  in  siedendes  Wasser  senkt.  Da&  die  Tempera«* 
tur  des  siedenden  Wassers  eine  constante  sey,  ist  allerdings 
gewifs ,  soll  dieselbe  aber  zur  Bestimmung  eines  Normalpuncte* 
beim  Thermometer  dienen,  so  sind  verschiedene  Vorsicht*- 
malsregeln  zu  beachten,  und  dabei  ist  dennoch  das  Verfahren 


Feste  Puncte.  891 

OKihsam  xmA  schwierig,  sobald  es  auf  einen  hohen  Grad  der 
'Genauigkeit  ankommt.  Schon  dB  Luc  erkannte  ziemlich  voll- 
ständig die  dabei  zu  beobachtenden  Vorsichtsmaßregeln.  Zu- 
ectt  »als  man  reines  Wasser  nehmen;  dann  hat  zwar  die 
Tfoperatar  der  ttafscren  Umgebung  keinen  Einflofs,  einen  de- 
sto gröfseren  aber  legt  er  der  Gestalt  'des  Geföfses  und  der 
Beschaffenheit  seines  Deckels  bei*  Außerdem  soll  die  Warme 
etwas  abnehmen,  wenn  die  Quantität  des  Wassers  durch  Ver-' 
donstung  vermindert  wird,  man  soll  femer  nicht  blofs  die 
Kegel,  sondern  auch  den  Theil  der  Röhre,  bis  wohin  das 
Quecksilber  steigt ,  dem  siedenden  Wasser  aussetzen ,  nie  aber 
mit  der  Kugel  den  Boden  berühren,  weil  sonst  die  Wärme 
um  einen  ganzen  Grad  Reaum.  steigen  könne,  übrigens  aber 
amb  das  Wasser  in  starkem  Sieden  erhalten  werden,  damit 
sie  erforderliche  Wärme  überall  in  demselben  verbreitet  werde. 
Beilabi1  giebt  die  Regel,  man  solle  den  Quecksilber  enthal- 
tenden Theil  der  Röhre  den  Dämpfen  des  siedenden  Wassers 
in  einem  verschlossenen  Gefäfse  mit  engem  Ausgange  aus- 
setzen, die  Kugel  aber  zwei  bis  drei  Zoll  tief  unter  die  Ober* 
niche  des  Wassers  senken,  ohne  den  Boden  zu  berühren. 
Endlich  erkannte  de  Luc  sohon  den  starken  Einflofs  des  ver- 
änderlichen Luftdruckes  auf  das  Sieden  des  Wassers  und 
machte  es  daher  zur  Bedingung,  dafs  bei  allen  Thermometern 
der  Sicdepunct  unter  gleichem  Luftdrücke  bestimmt  oder  hier- 
nach corrigirt  würde.  Im  Allgemeinen  hatte  schon  Fahbew- 
beit  jenen  Einflub  auf  die  Lage  des  Siedepunctes  bemerkt, 
me  Grobe  der  erforderlichen  Correction  wurde  aber  nachher 
ans  den  Untersuchungen  über  die  Blasticität  des  Wassefdam- 
pfes  verschieden  bestimmt.  Ege*2  giebt  an,  dafs  Lemo Hinzu 
sie  im  Jahre  1740  für  jede  Linie  der  Barometerhöhe  =3  0°,  104; 
Haiti ve  ra  0°,092;  Fauoerk  gegen  das  Jahr  177Ö  einmal 
=  0°,112,  ein  anderes  Mal  =0°,062;  de  Luc  im  Mittel  aus 
■ehreren  im  Jahre  1770  angestellten  Versuchen  =  0°>094t 
Daltov  und  nahe  ebenso  Aazberoer  ö  0°,085  C.  bestimmt 
habe«  Die  oben  genannten'  Mitglieder  der  Londoner  Societät 
geben  in  Folge  ihrer  vielen  Versuche  ausführliche  Regeln  hier« 
für  an.       Zuerst  soll  man  das  Thermometer  nicht  ins  Wasser 


* 


1  Brognatelli  Giornale  cet  Dec.  scc.  T»  Tl.  p.  274. 

2  Poggendorff  Ann.  XI.  284. 

LH  2 


892  Thermometer. 

festen,  sondern  nachdem  zuerst  von  CAtovniSH*  gemeehten 
Vorschlage  vielmehr  blofi  den  Dumpfen  des  siedenden  Was- 
sers aussetzen.  Hierfür  schlagen  sie  ein  allerdings  passendes 
Fig.Gefäfs  von  Blech  vor,  welches  nach  dem  Hineingiefsen  einer 
etliche  Zoll  hohen  Wasserschicht  mit  einem  genan  schließen- 
den, aber  des  bequemen  Abhebens  wegen  auf  einem  Ringe 
von  Filz  ruhenden  Dackel  verschlossen  wird.  In  diesem  be- 
findet sich  eine  0,5  Z.  wehe  und  2  bis  3  Z.  hohe  Röhre  zum 
Entweichen  der  Dämpfe,  doch  soll  sie  mit  einer  zinnenen, 
durch  die  Dämpfe  zu  hebenden  Platte  bedeckt  seyu.  Die 
Oeffnung,  durch  welche  die  Therniotneterröhre  gesteckt  wird, 
soll  dioht  schliefsen  und  der  Siedepunct  des  Thermometers  nur 
sehr  wenig  über  sie  herausragen ,  damit  die  Dämpfe,  überall 
auf  den  Quecksilberfaden  einwirken;  auch  soll  das  Wasser 
rasch  sieden,  und  mindestens  1  bis  2  Minuten  auf  das  Ther- 
mometer eingewirkt  haben ,  ehe  man  den  gesuchten  Punct  be- 
stimmt. •  Andere  Vorschläge,  als  die  Kugel  ins  Wasser  selbst 
3  bis  4  Zoll  hinabzusenken ,  wobei  weder  der  Deckel  fest 
schliefsen ,  noch '  auch  die  Röhre  mit  der  zinnenen  Platte  be- 
deckt seyn  mufs,  oder  die  Kugel  in  einem  offenen  Gefifse 
ins  Wasser  zu  senken ,  die  Röhre  aber  mit  leinenen  oder  wol- 
lenen Zeugen  zu  umwickeln  und  diese  drei-  bis  viermal  mit 
.siedendem  Wasser  zu  begiefsen,  sind  weit  weniger  zweckmä- 
ßig, und  der  letztere  verdient  auf  jeden  Fall  keine  Em- 
pfehlung. Endlich  bestimmten  sie,  dafs  die  Barometerhöhe 
29,8  engl.  Z.  (335)54  Par.  Lin.)  betragen  müsse,  wenn  Wasser- 
dämpfe angewandt  würden,  und  29,5  engl.  Zoll  (332,15  Per. 
Lin.) ,  wenn  die  Kugel  2  bis  3  Zoll  tief  ius  Wasser  einge- 
senkt würde.  In  einer  Tabelle  sind  die  Correctionen ,  welche 
die  Scalen  für  jeden  andern  Barometerstand  bedurften,  in  Tau- 
sendtheilen  ihrer  ganzen  Länge  hinzugefügt. 

35)  Eszir's  erwähnte  Untersuchungen1  lassen  sich  auch 
in  Beziehung  auf  die  Bestimmung  des  Siedepunctes  als  er- 
schöpfend betrachten.  Zuerst  entscheidet  er  sich  bestimmt  da- 
für, dafs  derselbe  nicht  im  Wasser,  sondern  im  Dampfe  ge- 
fanden werden  müsse,  wovon  sich  übrigens  jeder  durch  einen 
•infachen  Versuch  leicht  überzeugen  kann,    wenn  er  nur  ein 

1  Philo*.  Trtm.  T.  LXVI.  p.  880. 

2  Poggendorff  Ann.  XI.  384.  517. 


Feste  Puncte.  QgS 

Thuaaoaaeter  in  aiadendaa  Wasser  hält,   in  weichem  Fall  ein 
fortdaaerndas  OsaüUren  der  Spitee  das  Quecksilberfadeos  wahr- 
geaoaaaaaii  wird,  nicht  *u  gedenken,  dafs  obendrein  bei  An- 
wendang  -  ainas   offenen  Gefitfees  dar  in  überwiegender  Menge 
aaf  daan  Ende   dar  Bahre  niedergeschlagene    Dampf  ein  ge- 
ataea    Anfönden    daa    eigentlichen    Punctee    gans    unmöglich 
■acht.      Hiermit  fifcOt  dann  anck  dia  Beantwortung  dar  Frage) 
was  für  Gefafse  man  wagen  ihres  Einflusses  aaf  die  Hitze  des 
siedenden  Wassers  wühlen  müsse,  von  selbst  weg,  die  durch 
Baas    berührt    und    durch    Rudbero    ausführlich    untersucht 
wird1.     Von  entschiedenem  Einflasse  ist  aber  der  Barometer- 
stand, und  dia  Frage,  bei  welcher  Quecksilberfiöhe  der  Siede- 
pnoct  bestimmt  werden  müsse,  bedarf  daher  noth wendig  einer 
definitiven    Erledigung.      Eotv   stellt  zu    djesem    Ende  eine 
Hange  genau  bestimmter  Barometerhöhen  zusammen,    gelangt 
•bar  zn  dam  nämlichen  Resultate,    welches  aus  meinen  eige- 
aen ,    in  Folge  vieler  neu  hinzugekommener  Thatsachen  noch 
iosfuhrlicheren  Untersuchungen2  evident  hervorgeht,  dafs  wir 
einen  allgemeinen   mittleren  Barometerstand  im  Meeresspiegel 
mit  Schärfe  zu  bestimmen  gar  nicht  vermögen,  und  dafs  es  da- 
her am  gerathensten  ist,    sich  über  einen  gewissen  willkürli- 
chen zu  vereinigen,    welcher  dem  wirklichen  möglichst  nahe 
kommt  und   sich  von   den  bisher  verschiedentlich  angenom- 
menen am  wenigsten  entfernt.     Diesemnach  entscheidet  er  für 
0,76  Mater  der  auf  0°  C.  reducirten  Quecksilbersäule   im  Ba- 
rometer,   weil  diese  Grobe  die  angegebenen  Bedingungen  er*- 
füllt ,    in  dam  eigentlichen  Fündamentalmafse  ausgedrückt,   in 
Frankreich  allgemein  und  auch  in  Deutschland  vielfach  enge** 
aommen  ist    und  auch  der  in  England  fortwährend  beibehal- 
tenen Bestimmung   von  30  engl.  Zoll  =  0>7@2  Met,   mit  ei- 
nem verschwindenden  Unterschiede  nahe  kommt*    Diese  Gründe 
sind  so  einleuchtend,  dafs  man  nicht  zweifeln  kann,  aa  werde 
dieser  Vorschlag  allgemein  angenommen  werden,  womit  dann 
dia  früheren  anderweitigen  Bestimmungen  von  Lambert  und 

1    Beflaafig  bemerke  ick,  dafs  der  Tielen  rathselhafte  Unterschied 
der  Siedehitze  des  Wetters  in,  verschiedenen  Gefafsen    eine  Folge  der 
gleichzeitig  mit  and  neben  der  Dampfbildnng  ttatt  findenden  Wärme-  - 
•traklang  ist,  wie  im  Art.  Wärme  t  8ieden,  autfuhrlich  gezeigt  werden 
soll. 

t   8.  Art  afatatroloele,  BmmeUr.  Bd.  VI.  3.  1339. 


/ . 


894  Thermometer. 

db  Luc  ron  27  Zoll  =»  0,73069  Met.,  die  gangbare  von  26 
Z.  =»0,75796  Met.  and  die  der  Londoner  Commission  von  29,5 
engl  Z.  =  0,7493  Meter  von  selbst  wegfallen.  Vielen  Grand 
für  sich  hat  Soldvee's1  Vorschlag  von  0,75  Meter,  weil  die 
meisten  Orte  so  'hoch  über  der  Meeresfläche  liegen ,  dafs  ein 
Barometerstand  von  0,76  Meter  daselbst  unter  die  minder  ge- 
wöhnlichen gehört,  allein  die  angegebenen  Gründe  sind  doch 
tiberwiegend  für  0,76  Meter  entscheidend. 

36)  Di*  F™g*  9    his   zu  welchem  Grade   der  Genauigkeit 
der  Siedepnnct  auf  den  Thermometern  bestimmt  werden  könne, 
da  db  Luc  die  Grenze  der  Genauigkeit  =  0°,08C,  die  Lon- 
doner Commission   aber  zwischen   0°,2   und  0°,45  C.   angiebt, 
ohne  die  Ursachen  dieser  Schwankungen  auffinden  zu  können, 
hat  Egbv   gleichfalls    einer    sorgfältigen   Untersuchung   unter- 
worfen.    Zuerst  mufs  entschieden  werden,  ob  die  Materie  des 
Gefafses,    worin  das  Wässer  siedet,    auf  die  Temperatur  des 
gebildeten  Dampfes  einen  Einflufs   ausübt  und    es   daher   be- 
gründet ist,  dafs  man  nach  der  Vorschrift  von  Cavehdish  die 
Bestimmung  des  Siedepunctes  in   einem  eisernen  Gefäfse  vor- 
nehmen müsse.       Die  erschöpfenden  Versuche  von  Rudberg2 
zeigen  evident,    dafs  die  Wärme  des  Dampfes  aus  siedendem 
(  Wasser  in  allen  Gefafsen  gleich  ist,   und   da   versteht  es  sich 
dann  von  selbst,    dafs  man  das  bequemste  Material,    nämlich 
Blech,  zu  denjenigen  Gefäfse n  wählen  wird,   die  zur  Bestim- 
mung des  Siedepunctes  dienen  sollen.       Ein    zweiter   zu  ent- 
scheidender Umstand   ist   die    oft  behauptete3   Gleichheit    der 
Temperatur  des  Dampfes  und  der  Flüssigkeit,  woraus  derselbe 
beim  Sieden  entweicht.  Auch  hierüber  entscheiden  Rudberg's 
Versuche  bestimmt  dahin,    dafs  jener  Satz   keineswegs  richtig 
ist,    der  Wasserdampf  vielmehr   in  jedem  Gefäfse  und  selbst 
von  Wasser,    worin  eine  beliebige  Menge  eines  Salzes  aufge- 
löst ist,   eine  vom  Luftdrücke  abhängige  Temperatur  hat.    In- 
zwischen erhalt  dieses  eine  beachtenswerte  Beschränkung  nach 
den  Versuchen  von  Eben,    welche  zeigen,    dafs   die  Warme 
des  Wasserdampfes  ungemein  steigt,  wenn  das  freie  Feuer  die 
vom  Wasser  nicht  bespülten  Wandungen  des  Gefafses  so  um- 


i  g.  xvii.  et 

2  Poggendorff  Aon.  XL.  55. 

S    Biot  Traite*  de  Fbjt.  exp.  et  math,  T.  I.  p.  45. 


feilte  Puncte.  895 

,    da£s  diese  eine  seht  grobe  Hitze  annehmen,    die  nach 
Erfahrungen    hei  Dampfkesseln  selbst  bis  zum  Glühen  steigt 
Wird  diese  Ursache  beträchtlicher  Fehler  vermieden,  so  macht 
die  Höhe  des  Wassers  im  Gefäfse  keinen  Unterschied ,  sobald 
die  Menge  desselben  grois  genug  ist,  um  die  gehörige  Qttaftr 
ttfit  Dumpfe  ohne  Unterbrechung   herangehen.      Das  Gefärs, 
welches  Biot1  zur  Bestimmung  des    Siedepunctes  empfiehlt, 
ist  dazu  vollkommen  geeignet,  nur  dürfte  zu  bemerken  seyn, 
dab   die  xnm   Entweichen  des  Dampfes  bestimmte   OefFnuog 
nicht  %a  grofs  seyn  darf,    damit   nicht  unnöthig  vieles  Feuer 
cor  fortdauernd  starken  Dampf bildung  erfordert  werde,     auch 
neben  dem  Dampfe  nyht  Luft  von  aufsea  eindringe  und  eine 
Abkühlung  verursache.     Die  Gestalt  des  von  ihm  empfohlenen 
Gefabes  wird   durch  die  genau    copirte   Zeichnung    genügend  Fig. 
deutlich,    nur  scheint  nicht  gehörige  Rücksicht  darauf' genom- 
■*n  zu  seyn,  dafs  die  Thermometer,  insbesondere  die  gröbe- 
ren,   ihrer   ganzen  Länge  nach  den  Dumpfen  ausgesetzt*  wer- 
den.   Das  Gefafs,  dessen  sich  Eobk  bediente,  ist  in  mehrfacher 
Beziehung  zweckmässiger  eingerichtet*      Dasselbe  besieht  aus  Fig. 
einem  Cylinder  von  Blech,  wobei  der  untere  Absatz,  deswegen  ^' 
angebracht  zu  seyn  scheint,  um  es  mit  Bequemlichkeit  in  einen 
schon  bestehenden  Ofen  zu  senken ,    wodurch  dann  auf  jeden 
Fall  verhütet'  wird,  dafs  eine  starke  Flamme  die  oberen  Wen* 
dangen  umspült»      An  der   einen  Seite   war  eine  Röhre  seit- 
wärts  angelöthet,    um  durch  diese   ein   Thermometer  in  f  das 
Wasser  selbst  einzubringen,  was  jedoch  nur  dann  von  Nutzen 
ist,  .wenn  man  Versuche  zur  Vergleichung  der  Hitze  des  Was- 
sers und  des  Dampfes  anstellen  /  will-,,    für  deri  gewöhnlichen 
praktischen  Gebrauch   aber  wegfallen  kann.       An    der  gegen- 
überstehenden Seite  befindet  sich  eine  längliche  Oeffnung  von 
2  Zoll  Breite  und  1,5  Z«.  Länge,  die  durch  einen  Schieber  be- 
deckt mehr  oder  weniger  geöffnet  wir^.    Der  genau  schlieft  en- Fig. 
de  Deckel  ist  mit   4  aufgesetzten   kurzen  Röhren  ab  cd  ver- 84# 
sahn,  in  welche  andere  gesteckt  werden  können,  die  vorzüg- 
lich zur  Aufnahme  längerer  Thermometer  dienen,     eine  auch 
deswegen  vortheilhafte  Einrichtung,   weil  sie  die  scharfe  Ber- 
Zeichnung  des  Siedepunctes   erleichtert« '     Zahlreiche  Versuche 
ergaben,  dab  bei  fortdauerndem  leEhaftem  Sieden  des  Wassers 


1    Tsaitd  T.  I.  p.  45. 


806  Thermometer. 

und  gleichbleibendem  Barometerstände  der  Siedepunet  seihet 
Stunden  lang  unverändert  Wieb ;  auch  kalte  die  Menge  des 
Wetters  im  Gefiiise  keine*  Einflufs,  jedoch  durften  ganz  von 
Wetter  entbletste  Theüe  dcsGcfiifsesder  Einwirkung  des  Feuers 
nicht  xu  sehr  ausgesetzt  seyn,  weswegen  et  immer  rtthtem 
bleibt  |  des  Wetter  nicht  unter  etwa  1  Zell  tief  sinken  zu  las- 
teil»  Der  Abttand  der  Thermometerkugcln  von  der  Oberfläche 
des  Wettert  wer  ohne  Einfloß,  doch  durften  sie  dem  oberen 
Deekel  nicht  allzunahe  seyn,  nnd  ebenso  tchien  die'Gröfse 
der  Oeffnung  a,  aus  welcher  der  Dampf  entwich,  keinen  Un- 
terachled herbeizuführen,  obgleich  dieses  wohl  eine  Grenze 
heben  mufs,  die  sich  fedoeh  leicht  bestimmen  läfst,  sobald 
man  nur  beachtet ,  daft  eine  hinlängliche  Quantität  Dampf  ent- 
weichen kann 9  ohne  eine  vermehrte  Spannung  zu  erhalten; 
wurde  aber  die  Röhre  c  gleichfallt  geöffnet,  so  zeigte  sich  der 
Siedenunct  höchst  schwankend  nnd  im  Ganzen  tiefer  liegend, 
was  davon  abzuleiten  ist,  defs  den«)  in  die  Oeffnung  des  Schie- 
bers oder  neben  dem  nicht  absolut  schliefsenden  Deckel  äo- 
fsere  Luft  eindringt  und  mit  dem  Dampfe  durch  die  Röhre 
entweicht 

37)  Etwas  später,  als  Eoev,  jedoch  ohne  von  dessen  Ar- 
beit Kenntnib  zu  haben,  unterwarf  G.  F.  Parrot1  die  Auf- 
gabe über  die  Auffindung  der  beiden  festen,  Puncte  einer  aus- 
führlichen Untersuchung ,  deren  Resultate  im  Ganzen  wohl  mit 
den  eben  erwähnten  übereinstimmen  mufsten ,  und  es  wird 
daher  genügen,  hier  nur  einige  Abweichungen  anzufahren» 
Dahin  gehört  eine  wegen  ihrer  Leichtigkeit  zu  empfehlende 
sichere  Methode  zur  Bestimmung  des  Frostpuoctes ,  welche 
denn  besteht,  daft  man  daa  Thermometer  mit  festgedrücktesn 
lockerem  Schnee  bei  einer  Temperatur  von  etwa  —  4°  bis 
—  6°  oder  tiefer  genau  umgiebt,  dasselbe  bis  unter  den  Null- 
punet  herabgehn  läfst,  dann  das  GefaTs  in  einen  etwa  6°  bis 
8°  warmen  Raum  bringt  und  abwartet,  bis  ein  Theil  des  än- 
deren Schnees  durch  die  von  eufsen  zuströmende  Wlrme  ge- 
schmolzen ist.  Der  so  erzeugte  Nullpnnct  bleibt  wphl  eine 
Stunde  und  darüber  constant,  so  lange  noch  die  Kugel  von  - 
ungeschmolzenem  Schnee  umgeben  ist,    der  längere  Zeit  un- 


1    Memoire  »nr  lee  Points,  fixes  da  Thermomätre ,  per  O.  F.  PJL*. 
eot.  Are*  deuz  PUnches.  8t.  Peterb.  18*8.    4. 


Feste  Puftctc.  897 

ftrSedertt  Stend  zeigt  »bar,  dal»  der  eigentliche  Nnllpunct 
wirklich  erreicht  «ey.  Nimmt  man  statt  x  des  Schnees  Eis,  was 
in  Sommer  nothwendig  seyn  würde,  so  müfste  man  dasselbe 
aas  ötaillirtem  Wasser  herstellen  9  oder  man  würde  gegen 
sserHfohe  Fehler  nicht  gesichert  seyn ,  weswegen  es  am  ge- 
jataeasten  scheint*  diese  Methode  ganz  aufzugeben.  In  Bc- 
sitnug  auf  den  Siedeponot  hat  Paraot  das  beachtenswertbe 
Resolut  aufgefunden,  <U£s  die  äufsere  Temperatur  ohne  Ein- 
lefc  ist,  mindestens  innerhalb  der  Grenze  seiner  Versuche  von 
—  5°  bis  —  15°  B*  Wenn  er  ausserdem  eine  hinlänglich 
wirkende  Weingeistlampe  als  an  besten  geeignet  empfiehlt,  um 
aas  Wasser  in  stets  gleichmäfsjgem  Sieden  zu  erhalten,  $o 
nag  iieees  allerdings  gegründet  seyn,  weil  bei  einer  solchen 
die  Flamm«  sich  am  leichtesten  reguliren  lädst«  Ein  Umstand, 
saf  welchen  Paabot  aufmerksam  macht,,  verdient  zwar  aller- 
äags  Beachtung,  ob  er  aber  geeignet  ist,  zur  Einführung  von 
swei  verschiedenen  Arten  eSgens  benannter  Thermometer  zu 
fähiea,  dürfte  noch  fraglich  scheinen«  Man  hat  als  Regel  au- 
geaommen ,  dals  nicht  blofs  die  Kugel,  sondern  auch  die  ganz« 
langt  des  Quecksilberfadens  dem  erhitzenden  Dampfe  zur  rieh-* 
ugtn  Bestimmung  des  Siedepunctes  ausgesetzt  seyn  müsse« 
Em  so  graduirtes  Thermometer  wird-  dann  allerdings  die  .Tem- 
persts*  richtig  zeigen,  wenn  es  dem  erwärmenden  Medium 
pos  ansgetsetzt  ist,  z.  B«  bei  Witterangsbeobachtungen  o,  41  w., 
wenn  aber  die  Wärme  von  Flüssigkeiten  gemessen  wird,  in 
Welche  man  nur  die  Kugel  eintauchen  kann,  so  findet  man  die- 
selbe um  eine  geringe  Grobe  unrichtig,  weswegen  Pas rot  für 
i*  eiste  Art  von  Thermometern  den  Namen  Atmothtrmq- 
meUr,  für  die  zweite  Hyd^othermemetsr  in  Vorschlag  bringt, 
wobei  zugleich  die  erstere  Art  im  Dampfe,  die  zweite  aber 
deich  Einaenkung  der  Kugel  in  siedendes  Wasser  bis  zu  einer 
bestimmten  Tiefe  ihren  Siedepunct  erhalten  haben  soll  (^  in- 
zwischen dürfte  der  Grund  nicht  erheblich  genug  seyn,  die 
Oebersjcht  thermomarrischer  Beobachtungen  durch,  Veedoppe- 
Wag  der  Apparate  zu  erschweren,  und  es  vorzuziehn  seyn,  nur 
die  eine  Art  derte&en  zur  möglichst  genauen  Uabereiostim- 
■ong  zu  bringe». 

38)  Bvdbbeg1  liefs  einen  Apparat  für  diesen  Zweck  eon- 


1   Pogsjendorff  Ann.  XU  60. 


896  Thermometer. 

stnriren,  welcher  insofern  erwähnt  werden  muh,  eis  er  von 
einem  ausgezeichneten  Physiker  nach  der  Bekanntwerdung  der 
bereits  beschriebenen  gewählt  wurde  und  sich  von  diese« 
F»g.  durch  eine  angebrachte  doppelte  Röhre  unterscheidet.  Die 
*"•  Construction  desselben  ist  aus  der  Zeichnung  ohne  ausfuhrli- 
che Beschreibung  zu  entnehmen.  Er  besteht  aus  einem  grö- 
fseren  cylindrisohen  Gefäfse  zur  Aufnahme  des  Wassers,  ei- 
nem äufseren  Cylinder  MN  von  ungefähr  1,25  schwed.  Deci- 
malzoll  (1,37  P«".  Z.)  und  einem"  inneren  von  0,66  schwed. 
Decimalzoll  (0,87  Par.  Z.)  Durchmesser ,  beide  von  so  kleiner 
Dimension,  damit  die  Oberfläche  nicht  zu  stark  abgekühlt 
wird  und  ein  nur  mäfsiges  Feuer  zur  Bildung*  einer  hinläng- 
lichen Quantität  Dampf  genügt.  Beide  Röhren  sind  oben  mit 
einem  Korke  verschlossen  und  bestehn  aus  einzelnen  Stücken, 
deren  eine  für  die  Länge  des  jedesmaligen  Thermometers  hin- 
längliche Anzahl  in  einander  gesteckt  wird,  wobei  jedoch  die 
Fugen  verlöthet  werden  sollen,  weil  sonst  etwas  condensirtes 
Wasser  durchdringt,  verdunstet  und  dadurch  eine  gröbere  Ab- 
kühlung bis  zur  Unsicherheit  der  Beobachtung  erzeugt.  Dafs 
diese  Argumentation  auf  den  äufseren  Cylinder  anwendbar  sey, 
begreift  man  leicht,  wie  sie  aber  auch  auf  den  inneren  pas- 
sen könne,  welcher  doch  nothwendig  sowohl  inwendig  als 
auch  auswendig  mit  siedend  heifsem  Wasserdampf  erfütk  und 
von  diesem  umgeben  ist,  so  dafs  keine  Gondensation  erfolgen 
darf,  wenn  man  eine  richtige  Bestimmung  verlangt,  ist  mix 
wenigstens  nicht  klar,  und  ich  möchte  fragen ,  ob  nicht  <Ko 
geringen  Durchmesser  der  Röhren ,  sofern  bei  ihnen  die  Ober- 
flächen in  einem  geringeren) Verhältnisse  abnehmen,*  als  der 
Inhalt  des  eingeschlossenen  Dampfcylinders,  einen  nachtheili- 
gen Einfiuts  herbeiführen,  dem  man  so  leicht  durch  einen 
kaum  der  Berücksichtigung  werthen  gröfseren  Aufwand  von 
etwas  Brennmaterial  entgehn  könnte.  Bei  einem  zweiten  Ap- 
piR# parate  von  Glas,  dessen  sich  Rudbero  Heber  bediente,  weil 
86«  man  darin  den  Procefs  des  Siedens  und  alles  dessen,  was  vor- 
gehe, sehn  kann,  findet  die  angegebene  Sicherungsmafsregel 
nicht  statt,  obgleich  das  Glas  leichter  als  Weibblech  die  Wär- 
me an  seine  äufsere  Umgebung  abgiebt,  und  man  darf  hier- 
aus folgern,  dafs  sie  an  sich  überflüssig  ist,  um  so  mehr,  ab 
man  die  Fugen  blechendr  Röhren  vermittelst  umwickelten  Han- 
fes leicht  dampfdicht  verschlief sen  kann.      Bei   dem  gläsernen 


Feste  Puncte. 

Apparate  ist   der  innere   Cylinder  mit  zwei  Schraubep  an  der 
messingnen  Hülse  cd  befestigt,    weil  man  nicht  leicht  einen 
dem  erweichenden  Einflüsse  des  Dampfes   anf  die  Dauer  wi- 
derstehenden Kitt  findet.      Die  obere  Fassung  AB,  woran  cd 
festgelOthet  ist,    kann  bei  r*   abgeschraubt  werden.       Für  die 
Bezetcttmrag  des  Siedepunctes  wendet  Rubbbro  das  nämliche 
Verfahren  an,  welches  oben  beim  Frostponcte  beschrieben  ist; 
such  ersieht  man  aus  der  Zeichnung ,    wie  'das  auf  das  Mes- 
singblech festgeschraubte    Thermometer   in  den  Dampfapparat 
gebrecht  wird ,  um  die  feinen  Theile,  welche  die  Abweichung 
des   vorläufig   mit  einem  Diemantstriche    bezeichneten  Siede- 
punctes tob  gesuchten  Puncte  geben,    mikroskopisch    abzule- 
sen«     Da   diese  Methode   aber  für   praktische  Künstler  nicht 
wohl  zu  empfehlen  ist,   so  dürfte  die  von  mir  für  die  genaue 
Bezeichnung  des  Gefrierpunctes   angegebene  für  diesen  Zweck 
den  Vorzug  verdienen ,  1  dt  sie  neben  der  leichten  Ausführbar-* 
keit  noch  obendrein  den  Vortheil  gewährt,  dafs  das  Thermo- 
meter in  dem  nicht  dicken,  die  Wärme  schlecht  fortleitenden. 
die  Siedehitze  dagegen  leicht  Annehmenden   oberen  Korke  jbie 
nahe  an   den   Siedepunct    herabgeschoben  und  der  Silber draht 
dann  ohne  Schwierigkeit  mit  dem  oberen  Ende  des  Quecksil» 
eerfadens,   sobald  sein  Stand  stationär  geworden  ist,  allenfalls 
mit  Hülfe  einer  Loupe,  genau  in  eine  und  dieselbe  Ebene  ge- 
bracht werden  kann.     Daneben  gewährt  es  einen  grofsen  Vor- 
theil, wenn  die  beiden   festen  Puncte  auf  den  Thermometern 
genau  bezeichnet  sind,    damit  jeder  Besitzer  derselben    diese, 
die  so  wichtig   sind,,    jederzeit   mit  Anwendung  der  für  den 
jedesmaligen  Zweck  erforderlichen  Genauigkeit  contröliren  kann. 

39)  Bei  Weingeistthermometern  und  den  vorgeschlagenen, 
mit  Petroleum  oder  Schwefelkohlenstoff  gefüllten ,  kann  der 
Gefrierpunct  auf  die  angegebene  Weise  bestimmt  werden,  der 
Siedepunct  aber  nicht,  und  es  ist  daher  am  räthlichsten,  bei 
ihnen  durch  Einsenken  in  warmes  Wasser  etwa  den  50sten 
Grad  der  Centesimalscale  nach  einem  sehr  genauen  Normal- 
Quecksilbeithermomater  scharf  zu  bestimmen. 


900  Thermometer. 


\ 


E.     Thermomete-rscalen  und  deren  Re- 

dnction. 

40)  Sind  die  beiden  festen  Panote,  der  Getrierptmct  und 
Siedepanot ,  bei  einem  Thermometer  bestimmt ,  so  geht  nun  ins- 
gemein von  dem  Grundsätze  ans,  defo  die  innere  Oeffieang  der 
Röhren  überall  gleiche  Weite  htfbe  oder  defs  die  Röhren  richtig 
calibrirt  seyen.     Unter  dieser  Voraussetzung  und  der  andern, 
dafs  die  Voramensvermehrungen  der  thermoskopisohen    Sab* 
stanz   den  Zanthmen   der  Warme  direet  proportional   za  be- 
trachten sind  |  mufs  der  Zwischenraum  zwischen  beiden  in  eine 
gewisse  Anzahl  gleicher  Theile  getheilt  werden ,  und  eine  ge- 
wisse Menge  solcher  Theile,    wie  die  hierdurch  erhaltenen, 
wird  dann    noch    unterhalb    des    Gefrierpunctes    aufgetragen; 
der  Träger  dieser  Theile,    gewöhnlich  Grade  genannt,   helfet 
die  Th0rmometerscah.     Entweder  befindet  sich  die.Theihrog 
auf  der  Thermometerröbre  selbst,  oder  das  Thermometer  wird 
auf  einer  Scale  '  befestigt.    Im  ersten  Falle  ist  es  nicht  gut  aus- 
führbar ,    die  Theilstriche  auf  der  Glasröhre  mit  irgend  einem 
Farbestoffe  zu  zeichnen,  indefs  kann  man  sie  auf  Papier  auf- 
tragen   und   dieses    mit  Vermeidung  der  Ausdehnung  des  Pa* 
jftcre  durch  Nässe  an£  die  Thermometerröhre  kleben,  was  je- 
doch ein   dürftiger,     zur  Ungenanigkeit    führender  Nothbehelf 
ist,    and  man   mufs   sie    daher   entweder  mit  einer  Diamant- 
spitze  ritzen,'  ohne  sie  so  tief  einzuschneiden,  dafs  die  Halt- 
barkeit der  Röhre  darunter  leiden  würde ,  oder ,  was  bei  wei- 
tem vorzuziehn  ist,  man  mufs  sie  mit  Flubsäure  ätzen.    Sol- 
che Scalen  sind  ohne  Widerrede  die  vorzuglichsten,    sie  sind 
am  kleinsten,  werden  weder  durch   Feuchtigkeit,   noch   durch 
Sauren  angegriffen,  sind  stets  unverrückbar,  lassen  sich  höchst 
fein  darstellen  und   geben    ein   leichtes   Mittel,    parallaktische 
Fehler  beim  Ablesen  zu  vermeiden,  indem  man  nur  die  Röh- 
ren um  ihre  verticale  Aaie  drehn   darf.       Sollte  es  schwierig 
seyn,  bei  sehr  feinen  Thermometern  die  Grade  abzulesen,    so 
beseitigt  man  diese  Unbequemlichkeit  dadurch,     dafs  man  «He 
eine  Hälfte  der  Röhre  mit  schwarzein  Tusch  oder,    was  dauer- 
hafter ist,  mit  schwarzem  Lack  aus  zusammengeriebenem  Co- 
palfirnifs  und  Kienrufs  überstreicht  und   dann  den  silberwei- 
ben  Faden   auf  dem  schwarzen  Grunde  sehr   scharf  erkennt. 


N  Vergleichnng  der  Scalen.  901 

Aef  welche  Weise  das  Aetzen  geschehe,  ist  bereits  engege- 
bto  werden1.  In  zwejtcjr  FaHe  sind  die  für  skh  bestehenden 
Scale«  meistens  von  Kupfer  und  übcrsilbert,  oder  von  Elfen- 
bein1, oder  von  Holz  und  denn  meistens  mit  Papier  überklebt, 
edsr  Ton  Glas  mk  eingeätzten  Theibtriehen«  Diese  Seelen 
bahn  entweder  eine  Vertiefung  am  einen  Ende,  na  die  Ku- 
gel bineinzulegen ,  oder  diese  steht  mit  einem  Theile  der  Röhre 
aber  die  Seele  hinaas;  zuweilen  sind  euch  die  Seelen  mit  ei« 
»em  Scharniere  versehn,  om  einen  Theil  derselben  surückzu- 
Melagen  und  die  Kegel  nebst  dem  unteren  Ende  der  Röhre 
fro  an  machen«  Ordinäre  Thermometer ,  aber  auch  Vorzug— 
Gab  gute,  haben  ihre  Röhre  in  eine  andere  Glasröhre  einge- 
•dJesten,  in  welcher  sich  zugleich  die  auf  Papier  gezeichnete 
Scale  befindet*  Soll  sich  in  diesem  Falle  die  Scale  durch 
etdttehdcsi  Fenchtigkeitszustand  nicht  verändern,  so  mufa  sie 
*b  der  Sufsero  Luft  gänzlich  abgeschlossen  seyn,  was  anf  die 
Weite  bewerkstelligt  wird,  dafs  man  die  äufsere  umgebende 
fitere  enmittelber  über  der  Kugel  anschmelzt  und  nach  ein- 
gtVnchter  Sal^  oben  an  der  Riaslampe  verschliefst  oder  mit 
cäet  messingnen  Fassong  versieht.  Auf  welche  Weise  die 
Tsemeneter  auf  den  Seelen  befestigt  werden,  ist  so  bekannt, 
dt&  es  sich  nicht  belohnt,  hierüber  zu  reden;  auch  genügt  es 
rat  tu  bemerken,  dafs  genaue  Scalen  nothwentiig  mit  einer 
Ibümoichin**  gemacht  werden  müssen. 

41)  Auf  die  Scale  werden  diejenigen  Grade  aufgetragen, 
fit  der  gewählten  Eintheilong  zngehören,  und  da  eufser  der 
hoderttheiligen  Cehius'schen  oder  Centimalscale,  der  achtzig- 
öligen  oder  Reaumürtchen  und  der  Fahrenheit'schen  keine 
te  verschiedenen  oben  genannten  jetzt  mehr  gebräuchlich  sind, 
Wem  selbst  die  von  dz  lMsle  vorgeschlagene ,  obgleich  man 
A  bisher  noch  zu  berücksichtigen  pflegte,  jetzt  der  Verges- 
Knbeit  übergeben  zu  seyn  scheint,  auch  selten  nach  ihr  be- 
rechnete Beobachtungen  vorkommen,'  die  der  wissenschaftli« 
d»  Physiker  dann  leicht  reduciren  kann ,  So  wird  man  es 
peignet   finden,     wenn    ich    mich    blofs    auf    die   drei    ge- 


1  8.  Art.  Fhor.  Bd.  IV.  S.  519. 

2  Elfenbeinerne  Scalen  find  rorzfiglich  in  England  aehr  gemein ; 
taaciiTm  Sopplem.  8.  Ifl. 

*  8.  nWFeey. 


QQ2.  Thermometer« 

nannten  beftohra*nke,  ,und  dieses  um  so  mehr,    je  wüo;cheos- 
wertner  e»  offenbar  ist,    dafs  man  sich  allgemein  der  einfach- 
sten und  angemessensten  hunderttheiligen  bedienen  möge,  in- 
dem nach  Egen's  *  nur  allzuwahrem  Ausspruche  aus  dem  Ge-» 
brauche  mehrerer   Scalen   nicht   selten   Zweideutigkeiten  her-, 
vorgehn  und  die  mechanischen  Rechnungen  bei  der  Red  actio  n 
dem  Physiker  einen  bedeutenden,  ganz  nutzlos  geopferten  Zeit- 
aufwand kosten,  wozu  man  noch  setzen  kann,  dafs  beim  Le- 
sen die  genaue  Bekanntschaft  mit  der  gebrauchten  Scale  sofort 
eine  deutliche  Vorstellung  der  mitgetheilten  Beobachtungen  er* 
zeugt,    die   man   nicht  im   gleichen  Grade  erhält,    wenn  die 
GröTsen  in   einer  ungewohnten  Scale  ausgedrückt  sind.      Für 
jetzt  aber,    da  alle    drei   Scalen   noch  gebraucht  werden  und 
viele   werthvolle    Messungen    in    jeder    derselben  ausgedrückt 
sind,  ist  es  unumgänglich  noth wendig,  die  Angaben  wechsel- 
seitig auf  .einander  zu  rcdaciren.    Verschiedene  Gelehrte  haben. 
es  der  Mühe  werth  gehalten,    allgemeine   Formeln   aufzusu- 
chen ,    um  danach  die  erforderlichen  Reductionen  vorzuneh- 
men, z.  B.  Hihdknbüro2,  Kramp3,  Hziff&ius4  und  Kaist— 
her5;  da  man  sich  aber  jetzt  auf  die  drei  gebräuchlichen  Sca- 
len  beschränkt  und   dk   Luc's  Thermometerscale  für  barome- 
trische Höhenmessungen  fast  ganz  in  Vergessenheit  gekommen, 
auf  jeden  Fall  ganz  unnütz  ist,   so  bedarf  es  keiner  allgemei- 
nen Formeln  zur  Berechnung  mehr,  und  man  ist  mit  der  Re- 
duction  sicher  in  kürzerer   Zeit   fertig,    als  erforderlich  seyn 
würde,     eine  Formel  dafür  aufzusuchen.     Wenn  man  nämlich 
weifs ,  dafs  100  Grade  der  Centesimalscale  =  C  auf  80  Grade 
der  achtzigtheiligen  sogenannten  Reaumür'schen  =  R  gehn  und 
dieses  also  das  einfache  Verhält nifs* 


1    Poggendorff  Ann.  XI.  292. 
*  2    Progr.  Quo  FormaJae  comparandis  grad.  thermom.  idoneae  pro- 
ponnntar.  Lips.  1791.    4. 

3  Geschichte  der  Aerostatik.  Th.  L  S.  100.  Anhang  zur  Gesch. 
d.  Aerost.  S.  45. 

'  4    Wisklbr  Philot.  contempl.    T.  III.    Phys.  §•  1644.     Anfangt, 
gründe  d.  Phys.  Leipz.  1754.  8.  §.  124  IT. 

5  Anfangsgr.  d.  aogew.  Mathematik.  4te  Aufl.  Gott.  1792.  Ae- 
rom.  8.  890. 

6  Eigentlich  ist  das  Verhaltnifs  das  umgekehrte,  sofern  die 
Einheit  in  100  und  in  80  Theile  getheilt  wird,  was  sich  jedoch  too 
selbst  Tersteht. 


Vergleicliurjg  der  Scalen.  903 

C:R»100:80=5i4 
gtebt,  so  ist  C  =  \  R  und  R  aes  £  C.  Ebenso  einCich  geben 
180  Fthienbeit'ftche  Grmde  (=  F)  100  Centesimal-  und  80 
fieimattVsche  Grade,  wobei  jedoch  an  berücksichtigen,  dafs 
die  FaJirenheit'sche  Scale  mit  32°  bei  0°  C.  oder  R.  anfangt 
lud  daher  212  statt  180  zahlt.     Das  Verhäitnils  giebt  aber 

F:C=*i80:100=9:5  nnd  180:80=9:4  • 
imd  sonach  ist  also,  mit  Rücksicht  auf  den  Gefrierpunct :    - 

F  =  |R+32;  F==|C.  +  32; 

R=$(F— 32);  C  =  f  ('F— 32). 
Zuweilen  werden  zwei  verschiedene  Eintheilangen  auf  die t 
ntmliche  Scale  zu  beiden  Seiten  der  Röhre  aufgetragen ,  um 
weh  Belieben  die  eine  oder  die  andere  abzulesen,  was  zwar 
bequem  ist,  aber  keine  höhere  Genauigkeit  gewahrt,  weil  leichter 
tu  parallak tisch  er  Fehler  begangen  wird,  wenn  die  Theilstriche 
Mob  an  der  Seite  der  Röhre  stehn ,  als  wenn  sie  durch  diese 
ood  hinter  dem  Quecksilberfaden  gesebn  werden*  Bei  mes- 
singnen Scalen  kann  man  sogar  alle  drei  Theilungen  zugleich. 
«Itagen,  wenn  man  die  Scale  in  der  Mitte  schlitzt,  die  Röhre 
in  diesen  Schlitz  legt  und  auf  die  Vorderseite  die  achtzig-  und 
nooderttheilige ,  auf  die  Rückseite  die  Fahrenheit'sche  zeich- 
net. Man  verfertigte  häufig  früher,  aber  auch  noch  jetzt, 
Höbe  Scalen ,  meistens  hölzerne,  mit  Papier  überzogene,  und 
zeichnete  auf  ihnen  die  vier  gangbaren  Theilungen  neben  ein- 
»der,  am  dadurch  ein  bequemes  Mittel  der  Reduction  zu  er- 
Wien,  allein  da  die  verschiedenen  Grade  nur  zuweilen  in 
ganzen  Graden  correspondiren  und  daher  die  Zehntel  und 
Hundertstel  geschätzt  werden  müssen ,  so  gewährt  dieses  Mittel 
kine  grobe  Genauigkeit,  abgesehn  davon,  dafs  nur  die  zwei  sich 
berührenden  Eintheilungen  auf  einander  reducirt  werden  kön- 
nen, wenn  man  nicht  grofse  Fehler  begehen  will,  was  durch 
fa  Anlegen  eines  Anschlaglineals  nur  schwer  vermieden  wird* 
Mche  Vergleichungstafeln  haben  Marti  vc1,  Braus2  und  am 
Zuständigsten  Strohmetzr3  gegeben,  welcher  sogar  die  acbt- 


1  Diu,  «üt  la  chaleor  avec  des  obterv.  nouvellet  stir  la  cpo- 
tnctHm  et  comparaiton  det  therm.  Trad.  de  l'Ang].  Par.  1751.  12. 

2  Harmottia  Scalanun;  in  Nor»  Conun.  Petrop.  T.  Vif. 

S  Aaleitnag  übtreintt.  Thermometer  sa  verf.  Gott.  1776*  8« 


9Q4  Thermometer. 

zigtheiligen  WeingeistthermometerscaTen  mit  aufgenommen  hat« 
Nicht  blofi  die  drei  noch  jetzt  üblichen  Scalen ,   sondern  auch 
die  von  de  l'Isl|  und  mehrere  alte,  die  man  jetzt  kaum  mehr 
zu  entziffern  vermag ,  nebst  einer  Angäbe  ausgezeichneter  Tem- 
peraturen  findet   man    noch    zuweilen    auf  filteren  Thermome- 
tern ,    aus   deren    Ansicht   die  Ueberzeugung  hervorgeht«   drafs 
eine    genaue    Reduction    auf    diesem    Wege   nicht    zu    errei- 
chen steht.  -  Das  einzige  hierzu  brauchbare,  aber  auch  genü- 
gende und   zugleich   zur  Vermeidung    eines   grofsen   unnützen 
Zeitaufwandes  unentbehrliche  Hülfsmittel  geben   die  Tabellen« 
bei  denen  man  die  einander  correspondirenden  Grade  der  ver- 
schiedenen Scalen   neben  einander   stellt.    Die  älteren ,    deren« 
einige  in  den  eben  genannten  Werken,  aufserdem  durch  Hell1, 
v.  Swindes*  und  Andere  veröffentlicht  worden  sind,  enthalten 
meistens  eine  grofse  Menge  von  Scalen ,  ja  der  Letztere  nennt, 
tond  vergleicht  meistens,    nicht  weniger  als  72  Thermometer- 
Scalen«     Die  späteren  Tabellen  beschränken    sich   auf  die  vier 
üblichsten  Scalen ,  die  neuesten   auf  die  drei  noch  jetzt  gang- 
baren*    Solche   findet   man    in  verschiedenen   Werken«     z.  B. 
von  Jame&on3,    J.  F.  W.  Herschel4,   Schumacher5,    sehr 
vollständige  von  Baümoarther6  und  andern.     Dafs  eine  sol- 
/  che  Tafel  hier  nicht  fehlen  dürfe,   und  zugleich  von' gröfserer 
Ausdehnung  und  der  Bequemlichkeit  wegen  dreifach,  für  jede 
Scale  eine  besondere,  versteht  sich  von  selbst.     Die  Tabellen 
enthalten  zunächst  nur  die  Grade  des  Thermometers,   wie  sie 
die  eine  Scale   giebt,    in    Graden    der    beiden   andern  ausge- 
drückt ;  wenn  es  sich  aber  fragt,  wie  sich  die  Grade  der  einen 
Scale    zu   denen   der  andern  verhalten,    z.  B.  wie  viele  Cen- 
tesimal-  oder  Fahrenheit'sche  Grade  10°  R»  geben,  so  genügen 
hierfür  die  lab  eilen   der  achtzigtheiligen   und  hudderttheiligen 
Scalen  gleichfalls}  weil  beide  gleichmäßig  von  dem  nämlichen 


1  Ephemer.  Vieniu  1764.  p.  164  n.  248.      Journal  da  Phjs.  T. 
XVI. 

2  Disa.  sur  la  comparaiton  des  thermome'tres.  Ajn»t.  1778.  8. 
8  Edinburgh  New  Phil.   Journ.  N.  XXI.  p.  188. 

4  Encyclop.  metrop.  Art.  Heat.  p.  899. 

5  Jahrbach  für  1888.  Sf  77. 

6  Die  Natarlehre   nach    ihrem   gegenwärtigen    Zustande.    Wien 
1881.  Sopplem.  Th,  V.  S.  928. 


Vergleichung  der  Scalen. 


905 


IfaHpancte  atugehn,    für  die  Fahrenbeit'sche  war  «bei  itiarfibt 
(ine  eigene  Tabelle  «forderlich*.  A  l 


I.  Tabelle  Snr  Reduction  der  Thermometer' 
grade  nach  den  drei  üblichen  Scalen. 


Fabr.'  Cent. 


-1U0-7333 

-  99-72,77 

-  98-72,22 

-  97-71,66 

-  96-71,11 

-  95-70,55 

-  94-70,00 

-  93-69,44 
-92-6838 
-91-6833 

-  90-67,77 

-  89-67,22 
-88-66,66 

-  87-66,11 

-86-65,55 
-85-05,00 

-84-64,44 
-83-6338 
-82-6333 

-  81  -62,77 

-  80  -62,22 

-  79-61,66 
"  78-61,11 
"  77  -60^5 
-76-60,00 

-  75-59,44 

-  74-58,88 
-73-5833 

-  72-57,77 

-  71  -57,22 

-  70-56,66 
-691-56,11 


R.    ÄCent.l    R. 


-59,66 
-58,22 
-57,77 
5733 
-5638 
-56,44 
-56,00 
-55,55 
-55,11 
-54,66 
-54,22 
-53,77 
-5333 
-52,88 
52,44 
52,00 
-5135 
-51,11 
-50,66 
-50,22 
-49,77 
-4933 
-4838 
-48,44 
-48,00 
-4735 
-47,11 
-46,66 
-46,22 
-45,77 
-45,33 
-4438 


100-80,0 
99-79,2 


-  98 

-  97 

-  961 
95 
94 
93 
92 


-78,4 
-77,6 

-763 
-76,0 
-75,2 
-74,4 
-73,6 


-  91-72,8 


90 
89 
88 
87 


-72,0 
-71,2 
-70,4 
-69,6 


86-68,8 
85-68,0 


84 
83 
82 
81 
80 
79 
78 
77 
76 
75 
74 
73 
72 

71 
70 


-67,2 
-66,4 
-65,6 
-643 
-64,0 
-63,2 
-62,4 
-61,6 
-603 
-60,0 
-59,2 
-58,4 
-57,6 

-563 
-56,0 


-  691-55,2 


Fahr.  I  R. 


<148,0fi- 
146,2 
144,4 
142,6 

1403 

139,0- 

137,2- 

135,41- 

133,6 

131,8 

130,0 

128,2 

126,411- 

124,6- 

122,8g- 

121,0 

119,2 

117,4 

115,6 

113,8 

112,0 

110,2 

108,4 

106,6 

104,8 
103,0 
101,2 
-99,4 
•97,6 
-95,8 
-94,0 
92,2 


Cent. 


100 
99 
98 
97 
96 
95 
94 
93 
92 
91 
90 
89 
88 
87 
86 
85 
841 
83 

82 
61 

801 
79 
78 
77 
76 
75 
74 
73 
72 
71 
70 
69 


-125,00 
123,75 
■12230 
■121,25 
120,00 
118,75 
117,50 
116,25 
115,00 
113,75 
112,50 
111,25 
1 10.00 
108,75 
10730 
106,25 
105,00 
103,75 
102,50 
101,25 
100,00 
•98,75 
•97,50 
-96,25 
•95.00J 
-93,75 
•92,50 

-  91,25 

-  90,00 
-88,75 
-87,50 
-86,25 


Fahr. 

-193,00 

190,75 

188,50 

186,25 

184,00 

181,75 

17930 

177,25 

175,00 

172,75 

170,50 

168,25 

166,00 

163,75 

16130 

159,25 

157,00 

154,75 

152,50 

150,25 

-148,00 

145,75 

-14330 

141,25 

139,00 

-136,75 

134,50 

132,25 

-130,00 

-127,75 

-<  125,50 

-123,25 


1  Der  Umfang  •olcher  'Tabellen  ist  willkürlich ,  durfte  aber  hier 
■icb  gering  »eyn.  Bi  schien  mir  am  angemettenrten,  den  tieftten, 
Mterdings  angeblieh  durch  liquide  Kohleneaare  erreichten  Kfltepimet 
«w  —  100°  C.  and  den  Siedepnnet  des  Queckrilber»  ss  +  SÖO*  C. 
tb  natfirlieh«  Grensea  aaennehmea. 
OL  Bd.  Mmto 


906 


Thermometer. 


Fahr. 

^68 
—67 

—  66 

—  65 

—  64 
—63 
-62 

—  61 
-60 

—  59 

—  58 
^57 
—56 
-55 
—54 

—  53 

—  52 

—  51 

—  50 

—  49 

—  48 
—47 
—46 
—45 

—  44 
—43 
—42 

—  41 

—  40 

—  39 
-r38 

—  37 
-36 
—35 

—  34 

—  33 
—32 
—31 

—  30 
—29 

—  28 
—27 
—26 

—  25 
—24 
—23 


Centi 

=5535 

-55,00 
-54,44 
-53,88 
-53,33 
-52,77 
-52,22  ■ 

r51,66 

-51,11 

-50,55 

-50,00 

-49,44 

-48,88  • 

-48,33 

-47,77  ■ 

-47,22 

-46,66 

-46,11 

-45,55 

-45,00 

-44,44 

-43,88  ■ 

-43,33 

-42,77  ■ 

-42,22 

-41,66 

-41,11 

-40,55 

-40,00 

-39,44 

-38,88 

-38,33 

-37,77 

-37,22- 

-36,66 

-36,11 

-35,55 

-35,00 

-34,44 

-33,88 

-33,33 

-32,77 

-32,22 

-31,66 

-31,11 

-30,55 


R. 


44,44 

-44,00 

-43,55 

-43,11 

-42,66 

-42,22 

■41,77 

41,33 

-40,88 

-40,44 

40, 

39,55 

•39,11 

-38,66 

-38,22 

-37,77 

37,33 

-36,88 

-36,44 

-36,00 

-35,55 

-35,11 

-34,66 

-34,22 

-33,77 

-33,33 

-32,88 

■32,44 

-32,00 

-31,55 

-31,11 

-30,66 

-30,22 

-29,77 

29,33 

-28,88 

■28,44 

-28,t)0 

-27,55 

27,1 1 

-26,66 

26,22 

-25,77 

25,33 

-24,88 

24,44 


CenU 


—68 
-67 
-66 
—65 
-64 
—63 
-^62 
—61 
-60 
-59 
-58 
-5t 
-56 
—55 
—54 
—53 
-52 
—51 
—50 
-49 
-48 
-47 
-46 
-45 
-44 
-43 
—42 
-41 
-40 
—39 
—38 
—37 
—36 
—35 
—34 
-33 
—32 
-31 
-30 
—29 
-28 
—27 
—26 
—25 
-24 
-23 


R. 


^54,4 
—53,6 

-52,8 
-52,0 
—51,2 
—50,4 
—49,6 
—48,8 
—48,0 
—47,2 
—46,4 
—45,6 
-44,8 


Fahr. 


R. 


—90,4^58 
-88,6  —67 
-86^-66 
—85,0  —65 
-83,2  -64 
-81,4  -63 
—79,6  -62 
—77,8  -61 
—76,0  -60 
—74,2  —59 
—72,4  —58 
—70,6  —57 
-68,8  -56 
—44,0—67,0  —55 
—43,2—65,2  —54 
-42,4—63,41—53 
-41,6-61,61—52 
—40,8—59,81-51 


—40,0 
-39,2 
-38,4 
—37,6 
—36,8 
-36,0 
—35,2 
—34,4 
-33,6 
—32,8 
—32,0 
—31,2 
-30,4 
—29,6 
—28,8 
—28,0 
—27,2 
-26,4 
-25,6 
-24,8 
-24,0 
—23,2 
-22,4 
—21,6 
-20,8 
—20,0 
—19,2 
1—18,4 


—58,01—50 


-56,2 
-54,4 

—52,6 
—50,8 
-49,0 
-47,2 
-45,4 
-43,6 
—41,8 
-40,0 
-38,2 
—36,4 
—34,6 
—32,8 
—31,0 
—29,2 
-27,4 
—25,6 
—23,8 
—22,0 
—20,2 


-49 
—48 
-47 
-46 
—45 
—44 
-43 
-42 
—41 
—40 
—39 
-38 
—37 
-36 
—35 
—34 
—33 
—32 
-31 
—30 
29 


—18,4-28 
—16,6  —27 
—14,8  —20 
—13,0  —25 
—11,2  -24 
-  9,4fl-23 


Cent. 

■85,00 ; 
•83,75  ■ 
•82,50  ■ 
•81,25- 
-80,00- 
-78,75  ■ 
-77,50  • 
-76,25  ■ 
-75,00  - 
-73,75  ■ 
-72,50  • 
-71,25- 
-70,00  ■ 
-68,75  • 
-67,50  • 
-66,25  ■ 
-65,00  • 
63,75  - 
■62,50 
-61,25 
-60,00- 
-58,75  - 
-57,50  ■ 
-56,25  • 
-55,00  • 
-53,75  ■ 
-52,50  • 
-51,25 
•50,00- 
-48,75  ■ 
-47,50 
-46,25  ■ 
-45,00  • 
-43,75- 
-42,50- 
-41,25- 
-40,00  ■ 
-38,75  - 
-37,50  • 
-36,25  • 
-35,00  ■ 
-33,75  ■ 
-32,50  - 
-31,25- 
-30,00  • 
-28,75  ■ 


Fahr. 

121,00 
118,75 
116,50 
114,25 
112,00 
109,75 
■107,50 
105,25 
103,00 
100,75 

•  98,50 
96,25 
94,00 
91,75 
89,50 

■  87,25 

•  85,00 

■  82,75 

■  80,50 

•  78,25 
76,00 

■  73,75 
71,50 

•  69,25 
•67,00 
•64,75 
•62,50 
•60,25 
-58,00 
•55,75 

53,50 

51,25 

•49,00 

•  46,75 
44,50 
42,25 

-  40,00 

•  37,75 

•  35,50 
33,25 
31,00 

•  28,75 
263 
24,25 

•  22,00 

■  19,75 


Vergleichung  der  Scalen. 


907 


Fthr.l   Cent. 


t-5 


^22|— 30,00 
—21-29,44 
—20  -28,88| 
—19—28,33 
-18—27,77 
—17—27,22 
—16  —26,66 


—15 
—14 


R.       Cent. 


—26,1 1 
—25,55 


—13  —25,00 
-12  —24,44 
-11—2338 
—10  —23,33 

—  9  —22,77 

—  8—22,22 

—  7  —21,66 

—  6—21,11 

—  5  —  20,55 

—  4  —20,001 

—  3  —19,44 

—  2  —18,88 

—  tj — 18,33 
0—17,77  — 
1—17,22- 
2  —16,66  - 
3—16,11  - 
4—15,55- 
5—15,00- 
6  —14,44  - 
7—13,88- 
8—1333- 
9  -12,77  - 

10  —12,22  - 
11—11,66- 
12  —11,11  _ 

13—10,55- 
14—10,00- 

15  —  9,44,- 

16  —  8,881- 

17  —  833  - 
18-  7,77- 

-7,22- 

-  6M— 

21-  64 i/- 

"7—  5,55  — 

23h-  $,00/— 


24,00 
23,55 

23,11 
22,66 

22,22 
21,77 
21,33 
20,88 
20,44 
20,00 
9,55 
9,11 
8,66 
8,22 
7,77 
7,33 
6,88 
6,44 
6,00 
5,55 
5,11 
4,66 
4,22 
3,77 
3,33 
2,88 
2,44 
2,00 
1,55 
1,11 
0,66 
0,22 
9,77 
9,33 
838 
8,44 
8,00 
7,55 

7,11 
6,66 
6,22 
5,77 
533 
438 
4,44 
4,00, 


•22 

-21 

■20 

19 

■18 

17 

16 

-15 

—14 

—13 

—12 

—11 

—10 

—  9 

—  8 

-r 

—  6 

—  5 


-4 

•  3 

•  2 

•  1 
0 
1 
2 
3 
4 
5 
6 
7 
8 
9 

10 

11 

12 

13 

14 

15 

16 

17 

18 

19 

201 

21 

22 

23 


H. 

-17,6 
-16,8 
-16,0 
-15,2 
-14,4 
-13,6 
-12,8 
-12,0 
11,2 
-10,4 

•  9,6 

-  8,8 
-8,0 

-  6,4 

•  5,6 
-4,8 

-  4,0 
-3,2 
•2,4 
-1,6 
•0,8 

0,0 

0,8 

1,6 

2,4 

3,2 

4,0 

4,8 

5,6 

6,4 

7,2 

8,0 

8,8 

9,6 

10,4 

11,2 

12,0 

12,8 

13,6 

14,4 

15,2 

16,0 

16,8 

17,6 

18,4 


Fahr.l  R. 


-7,6 

-5,8 

-4,0 

-2,2 

—0,4 

1,4 

3,2 

5,0 

6,8 

8,6 

10,4 

12,2 

14,0 

15,8 

17,6 

19,4 

21,2 

23,0 

24,8 

26,6 

28,4 

30,*| 

32,0 

33,8 

35,6 

87,4 

39,2 

41,0 

42,8 

44,6 

46,4 

48,2 

50,0 

51,8 

53,6 

55,4 

57,2 

59,0 

60,8 

62,6 

64,4 

66,2 

68,0 

69,8 

71,6, 

73,41 


Cent. 


—22 
—21 
—20 
—19 
—18 
—17 
—16 
-15 
-14 

-13 
-12 
-11 
-10 
-9 
-8 
-7 
-6 
-5 

-  4 

—  3 

—  2 

-  1 
0 
1 
2 
3 
4 
5 
6 

7 

8 

9 

10 

11 

12 
13 
14 
15 
16 
17 
18 
19 
20 
21 
22 
23 


-27,50  • 

-26,25 

-25,00  ■ 

-23,75 

-22,50  - 

-21,25- 

-20,00- 

-18,75- 

-17,50 

-16,25 

-15,00 

-13,75 
-12,50 
-11,25 

■10,00 
-^,75 

-  7,50 

-  6,25 

-  5,00 
-3,75 

-  2,50 

-  1,25 
0,00 
1,25 
2,50 
3,75 
5,00 
6.25 
7.50 
8,75 

10,00 
11,25 
12,50 
13,75 
15,00 

16,25 

17>S0 

18,75 
20,00 
21,25 
22,50 
23,75 
25,00 
26,25 
27,50 
28,75' 


Fahr. 

-17,50 

-15,25 

-13,00 

-10,75 

-8,50 

-6,25 

-4,00 

-  1,75 

0,50 

2,75 

5,00 

7,25 

9,50 

11,75 

14,00 

16,25 

18,50 

20,75 

23,00 

25,25 

27,50 

29,75 

32,00 

34.25 

36,50 

38,75 

41,00 

43,25 

45,50 

47,75 

50,00. 

52,25 

54,50 

56,75 

59,00 

61,25 

63,50 

65,75 

68,00 

70-25 

72,50 

74,75 

77,00 

79,25 

81.50 

83,75 


Mmm  2 


Thermometer. 


Fihr. 

Cent. 

B- 

Cent 

24 

—4,44 

—3,55    24 

35 

-3,88 

-3,11    25 

26 

-3,33 

-2,66 

36 

27 

—2,77 

-2,22 

27 

28 

—2,32 

-1.77 

38 

29 

—1,66 

-1,33 

39 

30 

—1,11 

-0,88 

30 

31 

—0,55 

—0,44 

31 

32 

0,00 

0,00 

32 

33 

0,55 

0,44 

33 

34 

4.11 

0,88    34 

35 

1,66 

1,33 

35 

36 

2,22 

1,77 

36 

37 

2,77 

2,22 

37 

38 

3,33 

3,66 

38 

39 

3,88 

3,11 

39 

40 

4,44 

3,55 

40 

41 

5,00 

4,00 

41 

42 

5,55 

4,44 

42 

43 

6,11 

4,88 

43 

44 

6,66 

5,33 

44 

45 

7,23 

5,77 

45 

46 

7,77 

6,22 

46 

47 

843 

6,66 

47 

48 

8,88 

7,11 

48 

49 

■9,44 

7,55 

49 

50 

10,00 

8,00 

50 

51 

10,55 

8,44 

51 

52 

11,11 

8,86 

52 

53 

11,66 

9,33 

53 

54 

12,22 

9,7? 

54 

55 

12,77 

10,22 

55 

56 

13,33 

10,66 

56 

57 

13,88 

11,11 

57 

58 

14,44 

11,55 

58 

59 

15,00 

12,00 

59 

60 

15,55 

12,44 

60 

61 

16,11 

13,88 

61 

62 

16,66 

13,33 

62 

63 

17,22 

13,77 

63 

«4 

17,77 

14,22 

64 

65 

18,33 

14,66 

65 

66 

18,88 

15,11 

66 

67 

19,44 

15,55 

67 

68 

20,00 

16,00 

68 

69 

20,55 

16,44 

69 

Fahr. 

86,00 

88,25 

90,50 

93,75 

95,00 

97,25 

99,50 

01,75 

04,00 

06,35 

08,50 

10,75 

13,00 

15,35 

17,50 

19,75 

23,00 

34,25 

36,50 

28,75 

31,00' 

33,25 

35,50 

37,75 

40,00 

43,25 

44,50 

46,75 

49,00 

51,25 

53,50 

55,75 

58,00 

60,25 

63,50 

64,75 

67,00 

69,35 

71,50 

73,75 

76,00 

78,25 

80,50 

82,75 

85,00 

87,25 


Vergleichnng  der  Scalen. 


! 

! 

! 

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* 
II 
II 
II 
J( 
J( 
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« 
11 
11 
11 
11 
11 
11 


Üb.     11. 


161 

163,4 

65,2 

167,0 

168," 

170, 

72,4 

174,2 

76,0 

77,8 

179,6 

81,4 

183,2 

185,0 

186,8 

IST  " 

190,4 

192,2 

194,0 

i95,r 

197,6 
199,4  93 
!01,2|  94 
!03,0l  95 
!04,8l  96 
!06,6  97 
!08,4  96 
!10,2  99 
112,0  100 
""  101 
102 
103 
104 
105 
106 
107 
108 
109 
HO 
111 
112 


87,50 
88,75 
90,00 
91,25 
92,50 
93,75 
95,00 


113,6 
115,6 
117,4 
!19,2 

niß 

!22,8 
124,6 

126,4 
128,2 
130,0 

1313 

33,6 : 
135,4|U3 
137,2  114 
!39,0ltl5 


Cent. 


isaso 

191,75 
I94A0 
196,25 
198,50 
200,75 
203,00 


66,25205,25 


97,50 
98,75 
100,00 
101,25 
102,50 
163,75 
105,00 
106,25 
107,50 
108,75 
110,00 
1«J5 
112,50 
113,75 
115^0 
116,25 
117,50 
118,75 
120,00 
121,25 
122,50 
123,75 
125,00 
126,25 


P*hr. 


207,50 
209,75 
212,00 
214,25 
216,50 
216,75 
221,09 
223,25 
225,5» 
227,75 
230,0» 
232,25 
234,58 
236,75 
239,00 
241,25 
243,50 
245,75 
248,00 
250,25 
2525» 
254,75 
257,0» 
259,25 


12750  261,5» 
128,75 " 


263,75 
130  S*>  266,0» 
131,25  268,25 
132,50  270,50 

272,75 

275,00 
277,25 
279,50 
281,75 
284,00 
286,25 
28850 


133,75 
135,00 
136,25 
137,50 
138,75 
140,00 
141,25 
142,50 
143,75^90,75 


Thermometer. 


F.hr. 


Cent.  |  Fahr. 


116 
117 
118 
119 
120 
121 
122 
123 
124 
125 
126 
127 
128 
129 
130 
131 
132 
133 
134 
135 
138 
137 
138 
139 
140 
141 
142 
143 
144 
145 
146 
147 
148 
149 
150 
151 
152 
153 
154 
155 
156 
157 
158 
159 
160 
161 


92,8 
93, 
94,4 
95,2 
96,0 
96,8 
97," 
98,4 
99,2 
100,0 


240,6 
242,6 
244,4 
246,2 
248,0 
249,8 
251,6 
253,4 
255,2 
257,0 


1003258,8 


101,6 
102,4 
103,2 
104,0 
104,8 
105,6 
106,4 
107,2 
108,0 
108,f 
109,1 
110,4 
111,2 
112,0 
U2,( 
113,1 
114,4 
115,2 
116,0 
116,8 
117,6 
118,4 
119,2 
120,0 
120,8 
121,6 
122,4 
123,2 
124,031 

124: 


260,6 
262,4 
264,2 
266,0 
267,8 
269 
271 
273,3 
275,0 
276,8 
278,6 
280,4 
282,2 
284,0 
285,8 
"  6 
.,4 
291,2 
293,0 
294,f 
296,6 
298,4 
300,2 
302,0 
303,S 
305,6 
307,4 


125,6 
126, 
127,2 

128,0 


312,1 
314,1 
316,4 
318,2 
320,0 


128,8321,8 


145,00293,00 
146,25295,25 
147,50297,50 
148,75 


151,25 
152,50 
153,75 
155,00 
156,25 
157,50 
158,75 
160,00 
161,25 
162,50 


166,25 


..  -  299,75 
150,00302,00 

304,25 

306,50 
308,75 
311,00 
313,25 
315,50 
317,75 


322,25 

324,50 

163,75  326,75 

165,00329,00 


331,25 


167,50333,50 
168,75335,75 
170,00,338,00 
171,25340,25 
172,50342,50 
173,75|344,75 
175,00:347,00 
176,25349,25 
177,50,351,50 
178,75353,75 


180,00 
181,25 
182,50 
183,75 


356,00 
358,25 
360,50 
362,75 


185,00365,00 


186,25 
187,50 
188,75 
190,00 
191,25 
192,50 
193,75 
195,00 
196,25 
197,50 
198,75 


367,25 
369,50 
371,75 
374,00 
376,25 
378,50 
380,75 
383,(10 
385,25 
367,50 
389,75 


200,00  392,00 
201,25394,25 


Vergleicliuog  der  Scalen.         ,       911 


M2 


Thermometer. 


Vergleiohuug  der  Scalen. 


203,5 

'»4,0 

204,8 

205,6 

206,4 

207,2 

208,0 

208,8 

209,6 

210,4 

211,2 

212,0 

212, 

213, 

214,4 

215,2 

216,0 

216,8 

217,6 

218,4  523,4 


F.tr, 
480,2 
491,0 
492,8 
494,6 
496,4 
1,2 
500,0 
501,8 
503,6 
505,4 
507,2 
509,0 
510, 
512)6 
514,4 
516,2 
518,0 
519,8 
521,6 


219,2 

220,0 

220, 

221,6 

222,4 

223,2 

224,0 

224,8 

225,6 

226,4 

227,2 

228,0 

228,8 

229,6 

230,4 

231,2 

232,0 

232,8 

233,6 

234,4 

235,2 

236,0 

236,8 

237,6 

238,: 

239,2 


525,2 
527,0 
528,8 
530,6 
532,4 
534,2 
536,0 
537,8 
539,6 
541,4 
543,2 
545,0 
546* 
S46* 
550,4 
552,2 
554,0 


557,6  2 
"  J,4  2 
561,2  2! 
563,0  2 
564,8  2 
566,612 
568,4  2 
570,2|2 


Thermometer, 


ft. 

240,0 
240/ 
241,1 
242,4 
243,2 
244,0 
244,8 
245,6 
246,4 
247,2 
248,0 
248,8 
249,  ~ 
250,4 
251,2 


F«hr, 
57i7) 
573,8 

575,6 
577,4 
579,2 
581,0 
582,8 
584,6 
586,4 
588,2 
590,0 
591,8 
593,6 
595, 
597,2 


252,0599,0 
252,8600,8 
253,6602,6 
254,4604,4 
255,2  606,2 
256,0608,0 
256,8'609,f 
257,6611,6 
258,4613,4 
259,2,615,2 
260,0617,0 
260,8618,8 
261,6620,6 


262,4 


622,4 


263,2  624,2 
264,0626,0 


264,8 
265,6 
266,4 
267,2 


627,1 
629,1 
631,4 
633,2 


268,0635,0 
268,8636,8 
269,6638/ 
270,4640,4 
271,2642,2 
272,0644,0 
272,8645,8 
273,6647,6 
274,4:649,4 
275,2651,2 
276,0|653,0 


II, 

3ÖTT 
301  ; 

302 
303 

304  . 

305  : 

306  : 
307 
30S  : 
309 
310 
311 

312  . 

313  ; 
314 
315 
316  : 
317 

318  : 

319  : 

320  ■ 
321 
322 

323  ■ 

324  ■ 

325  . 

326  ■ 

327  . 

328  i 
329 
330 
331 
332 
333 
334 
335 
336 
337 
338 
339 
340 
341 
342 
343 
344 
345 


431,55808,25 


Vergleichung  der  Scalen.  915 

Fahr.  |  Cent  |    R.     iCent     R.   |Fahr.  ||    R.     Cent.    Fthr, 


346 
347 
348 
349 
330 


174,44 
175*0 
175,55 
178,11 

17(MS6 


139,55 
140,00 
140,44 
140,88 


..  ,  349 
14133'  350 


V7li,H 
277,6 
278,4 
279,2 


054,8,  346 

656,6;  347 

1,4   348 

,2   349 


280,0662,0]  350 


432,50 
433,75 
435,00 
436,25 


810,50 
812,75 
815,00 
817,25 


437,50819,50 


IX    Tabelle  zur  Reduction  der  Thermome- 
tergrade für  sich  genommen. 


Fahr. 

Cent. 

1 

"835' 

2 

1,11 

3 

1,66 

4 

2,22 

5 

2,77 

6 

3,33 

7 

3,88 

8 

4,44 

» 

5,00 

10 

5,55 

11 

6,11 

12 

6,66 

13 

7,22 

14 

7,77 

15 

8,33 

16 

8,88 

17 

9,44 

18 

10,00 

19 

10,55 

20 

11,11 

21 

11,66 

22 

12,22 

23 

12,77 

24 

13,33 

25 

13*8 

26 

14,44 

27 

15,00 

28 

15,65 

29 

16,11 

30 

16,66 

31 

17,22 

32 

17,77 

Thermometer. 


Fahr. 
33 
34 
35 


39 
40 
41 
42 
43 
44 
45 
46 
47 
48 
49 
50 
41 
52 
53 
54 
55 
56 
57 
58 


61 
62 
63 
64 
65 
66 
67 


70 
71 
72 
73 

74 
75 
76 
77 
78 


in. 

¥33 

34 

I  35 

36 
37 
38 
39 
40 
41 
42 
I  43 
44 
45 
46 
47 
48 
49 
50 
51 
,  52 
I  53 
54 
55 
56 
57 
58 
59 
60 
61 
62 
63 
64 
65 


F«hr. 
7*25 

76,50 
78,75 
81,00 
83,25 
85,50 
87,75 
90,00 
92,25 
94,50 
96.75, 
99,00 
101,25 
103,5» 
105,75 
108,00 
110,25 
11240 
114,75 
117,00 
119,25 
121,50 
123,75 
126,00 
1 48,25 
13040 
132,75 
135,00 
137,25 
13940 
141,75 
144,00 
146,25 
148,50 
150,75 
153,00 
155,29 
157,50 
.-  159,75 
72  032,00 


73 


164,25 


174  166,50 

75  168,75 

76  171,00 

77  173,25 

78  17540 


Vergleichung  fl-er  Realen. 


917 


FahrJCent.t  R* 


JCe 


Cent. 


79  43,8835,11  79 

«0  44,4435,55  80 

81  45,0030,00  $1 

82  45,5536,44  82 

83  46,1136,88  83 

84  46^637,33  84 

85  47,22  37,77  85 

86  47,77  38,22  86 

87  48,3338,66  87 

88  48,8839,11  88 

89  49,44)39,55,  89 

90  '50,0040,00  90 
9150,5540/44  91 

92  51,1140,88  92 

93  51,6641,33  93 

94  52,2241,77  94 

95  52,7742,22  95 
m  53,3342,66  96 

97  53,88  43,1  ifl  97 

98  54,4443^51  98 

99  55,0044,001  99 
100  155,55  44,441 100 


Fahr.  II  R. 


142,2 
144,0 
145,8 
147,6 
149,4 
151,2 
153,0 
154,8 
156,6 
158,4 
160,2 
162,0 
163£ 
t!65,6 
167,4 
169,2 
171,0 
172,8 
174,61 
176,4 
178,2 
180,0. 


79 
80 
81 
82 
83 
84 
85 
86 
87 
88 
89 
90 
91 
92 
93 
94 
95 
96 
97 
98 
99 
100 


Fabr. 


177,75 
180,00 

182,25 

184,50 

186,75 

189,00 

191,25 

193,50 

195,75 
198,00 
200,25 

202,50 
|204;75 
207,00 
209,25 
211,50 
213,75 
216,00 
218,26 

220,50 
222,75 
225,00 


43)  Bei  den  vorstehenden  Tabellen  ist  noch  zu  bemer- 
ken, daf»  die  Decimalbrüche  für  die  Reductionen  der  Fahren« 
hiifsfhfin  Grad«  auf  centesimale  nnd  achtzigtheilig«  unendli— 
che  Reihen  gleicher  fortlaufender  Zahlen  bilden,  die  man  also 
willkürlich  weit  fortsetzen  kann.  Es  betragen  also  z.B.  in  der 
ersten  Tabelle  60°  F.  nicht,  wie  in  der  Tabelle  steht,  15*,55C 
ud  12°,44  R. ,  sondern  1 5*,55555 . ...  C.  und  12*,44444 . . . .  R. 
■ad  ebenso  in  der  zweiten  60*  F.  nicht  33°,33C  und  260,66  R., 
sendern  33*,33333  ....  C.  und  26°,66666  .  .  .  .  R.  Di« 
twehe  Tabelle  kann  daher  anoh  für  solche  Fülle  benutzt  wer- 
den, in  denen  noch  gröTsere  Mengen  von  Graden  zn  reduci— 
ran  sind.  Wenn  es  also  z.  B.  hiefse,  der  Temperaturunter- 
schied zwischen  dem  Gefrierpuncte  und  dem  Siedepunete  de« 
Quecksilben  betrage  650  Grade  nach  Fahkiihiit1*  so  giebt 


1  £ne  hierron  verscUedene  Aufgabe  wSie,  wenn' man  650*  F. 
oder  650  Grade  der  Fahreaneit'schen  Tnenaometeracale  anf  die  On- 
tcsbnal-  oder  Reannör'tche  Scale  redeciren  wollte,  denn  diese  wür- 


.918  Thermometer. 

die  Tabelle  für   65  Grade  F.  36,11  C.  und  28,88  R-,    mithin 

würden  650 Grade  F. 361411...  C.  und  588,888..  R.  betragen. 

Liegt  dejr  Gefrierpanct  des  Quecksilbers  bei  —  39°  C.  und  sein 

Siedepunct  bei  350°  G,  so  betragt  das  Intervall  der  Wärme  389 

Grade  der  Centesimalscale.     Sollen  diese  auf  Reaumür'sche  nnd 

Fahrenheit'sehe  reducirt  werden,  so  giebt  für  Reaumür'sche  Grade 

die  erste  Tabelle 

350°  C.  =280°,QR. 
39  C.  =  31,2  R. 

389  G.  =  311,2  R., 
für  Fahrenheit'sehe  Grade  aber  die  zweite  Tabelle 
'  350  Cent.  Grade  =  630,0  Fahr,  Grade 

39    —      —     =    70,2    —      — 


389  —  —  =  700,2  —  — 
Die  Tabellen  können  auch  gebraucht  werden,  um  die  Deci- 
raalbrü'che  der  verschiedenen  Sealengrade  auf  einander  zu  re- 
duciren,  und  es'  bedarf  also  hierzu  keiner  besondern  Tabelle; 
aus  der  ersten  Tabelle  sind  die  Werthe  für  die  Reduction  der 
Cent  auf  R.  Grade  und  umgekehrt  zu  entnehmen,  aus  der 
zweiten  für  die  Reduction  der  Fahren  hei  t'schen  Grade  auf  die 
beiden  andern  Scalen  und  umgekehrt;  denn  da  1  Grad  F.= 0,55 
Grad  Cent,  und  0,44  Grad  R.  ist,  so  mufs  0,1  Grad  F.  =  0,055 
Grad  Cent,  und  0,044  Grad  R.  seyn  u.  s.  w.  Es  sey  daher 
16,73  Grad  Cent«  auf  Grade  R,  zu  reduciren ,  so  hat  man  nach 
der  ersten  Tabelle: 

.  16,00  Grad  Cent  =  12,8  Grad  R. 

0,70    —      —     =  0,56 

0,03    —      —     =  0,024 

16,73    —      —     =13,384 

und  wenn  125,32. Grade  Fahr,  auf  Cent,  und  R.  Grade  zu  re- 
duciren  sind,  so  hat  man  nach  der  zweiten  Tabelle 

100  Grad  Fahr«  ss  55,5555  Grad  Cent,  und  44,4444  Grad  R. 

25       —    —    =  13^888    —      —    —    11,1111    = 

0,32—    —    g    0,1777    —      ~    —      0,1444    — ,— 

12532—   —    =  69,6222    —      —    —    55,7         —    — 


den  (650  —  32)  $  G.  und  (650  —  32)  4  R.  =  348,83  C.  und  274,66 
B.  betrafen,  wie  iqi  der  ersten  Tabelle  zu  ersehen,  wenn  man  aua 
den  Columnen  für  Gent  nnd  R.  Grade  die  zogehörigen  nach  Fahr« 
sucht  * 


Correctioneij.  #19 

Du  Null  der  Thermometerscalen  bezeichnet  kein  absolutes 
Null,  und  somit  sind  auch  die  negativen  Grade  keine,  eigent- 
Beben  negativen  Groben,  wie  deqn  überhaupt  eine  negative 
Wärmt  nicht  existiren  kann,  sofern  dieses  einen  Zustand  der 
Körper  anzeigen  würde,  in  welchem  eine  positive  Gröfse  hin- 
sakovsse*  oder  eine  negative  abgezogen  werden  müfsta,  wn 
das  wirkliche  Null,  die  Abwesenheit  aller  Wärme  A  hervor xu- 
bringen,  was  nicht  wohl  vorstellbar  ist»  Das  Null  der  Ther- 
mometerscalen ist  vielmehr  ein  willkürlich  angenommene« 
Punct  der  Temperatur,  von  wo  an  die  Zunahmen  der  Wärme 
geuhlt  werden*  Bei  verschiedenen  Aufgaben  mufs  dieses  wohl 
Wrückskhtigt  weiden;  ob  es  aber  einen  eigentliche«  Null- 
poott.der  Wärme  gebe  und.  wohin  derselbe  fcu  setzen  sey9 
wad  im  Art.  Wärme  untersucht  werden.  's.,- 


F.     Correctionen    des   Thermometers. 

43)  Es  wird  jetzt  allgemein  angenommen ,  dafa  alle  Ther- 
mometer, sobald  sie  zu  genauen  Messungen  dienen  sollen, 
conigirt,  und  zwar  nicht  nach  einem  bestimmten  Gesetze,  Wie 
z>  B.  wegen  ihrer  Abweichung  von  einer  eigentlichen,  nur 
durch  Luftthermometer  möglichen ,  genauen  Messung  der  Tem- 
peraturen reducirt,  sondern  als  ganz  eigentlich  fehlerhafte  Ap- 
parate wegen  mehrerer  Unrichtigkeiten  verbessert  werden  müs- 
sen, wodurch  die  nur  scheinbar  vorhandene  Bequemlichkeit* 
säe  gesuchten  Werthe  ofine  weitere  Reduction  durch  blofses 
Ablesen  zu  erhalten ,  ganzlich  wegfällt.  Die  Prüfung  soll  fer- 
ner durch  die  Physiker  selbst  vorgenommen  und  durch  diese 
sollen  dann  die  erforderlichen  Correctionen  aufgefunden  wer- 
den, denen  sich  zwar  Geschicklichkeit  in  der  Manipulation 
der  Instram ente  und,  wie  sich  dieses  von  selbst  versteht,  durch 
fiele  Uebun£  erlangte  Genauigkeit  und  Schärfe  im  Beobachten 
wd  Messen  aller  Art  im  Allgemeinen  nicht  absprechen  labt, 
die  jedoch  in  Beziehung  auf  die  vorliegende  specielle  Aufgabe 
der  Behandlung  Von  Thermometern  solchen  Künstlern  noth- 
TOndig  nachstehn  müssen,  die  sich  mit  diesem  individuellen 
Gegenstande  anhaltend  beschäftigt  haben.  Nach  mehreren  ei- 
genen Erfahrungen  hat  es  mir  daher  mitunter  geschienen,  als 
würden  bei  den  jetzt  allgemein  für  nothwendig  erachteten  Ver- 


*  • 


920  .  Thermometer. 

• 

Besserungen  der  Thermometer  zuweilen  Fehler  hineii 
die  ursprünglich  nicht  vorhanden  waren.  Es  versteht  sich  da- 
bei wohl  von  selbst,  dsfs  nur  von  vorzüglich  ^uten,  ens  den 
Händen  geübter  und  gewissenhafter  Künstler  kommenden  Thet* 
mometern  die  Rede  seyn  kenn,  denn  die  Richtigkeit  der  ge- 
wöhnlichen Apparate  dieser  Art  wird  kein  Sachkenner  nur 
vorauszusetzen  wagen*  So  viel  ist  aber  wohl  gewiCt,  dsfs  die 
Naturforscher  eigentlich  berechtigt  waren,  von  den  Künstlern, 
die  durch  viele  Uebbog  nothwendig  eine  gröbere  Fertigkeit 
in-  diesen  speciellen  Operationen  erlangen  müssen,  genaue  und 
fehlerfreie  Thermometer  zu  verlangen,  wogegen  letztere  ge- 
rechte Ansprüche  haben,  ihre  Mühe  belohnt  zu  erhalten,  de 
es  unmöglich  ist,  für  etwa  zwei  Golden  oder  gar  einen  The> 
ler.  einen  viele  Zeit  und  Mühe  erfordernden  Apparat  dieser 
Art  zu  erstehu.  Wir  wollen  indeb  die  einzelnen  Fehler  und 
die  dafür  erforderlichen  Correotionen  näher  untersuchen,  wor- 
aus dann  die  Gründe  für  die  eben  aufgestellen  Behauptungen 
hervorgehn  werden. 

44)  Virrücbung  dt*  Gefritrpuncti*.  Aus  der  Construction 
der  Thermometer  erhellt,  dafs  vor  allen  Dingen  die  beiden  festen 
Puncte  im  höchsten  Grade  zuverlässig  seyn  müssen ,  und  man  nahm 
dieses  auch  als  wirklich  bestehend  an,  mindestens  bei  guten 
Thermometern,  bis  Gouhdöv*  den  Nullpunct  bei  verschiedenen, 
mehrere  Jahre  alten'  Thermometern  controlirte  und  ihn  bei 
Quecksilberthermometern  um  0°,5  bis  sogar  1°  C.  zu  hoch 
fand,  bei  Weiogeistthermometern  dagegen  fast  unmerklich« 
Die  Ursache  dieses  constanten  Fehlers  suchte  er  in  einem  ge- 
ringen Antheile  von  Luft,'  welcher  seiner  Ansicht  nach  beim 
Auskochen  *  dieser  Apparate  zurückbleiben ,  sich  nachher  vom 
Quecksilber  trennen  und  dadurch  das  Volumen  desselben  ver- 
gröfsern  sollte.  Pictet2  bestätigte  die  Thatsache,  auch  fand 
man  bei  dem  berühmten  Thermometer  im  Kejler  der  Pariser 
Sternwarte  den  Gefrierpunct  nicht  mehr  richtig3«  Auch  Flau- 
Gifieuzs4  fand  durch  sorgfältige  Prüfung  diesen  Fehler,  jedoch 
nur  bei  oben  verschlossenen  Thermometern,  statt  dafs  er  sich 


1  Bibuoth.  «niv.  T.  XIX.  p.  154L 

2  Ebend.  T.  XIX.  p.  62. 

3  Bragnatelli  Giorn.  di  Fts.  1821.  p.  841. 

4  Biblioth.  noir.  T.  XX.  p.  117. 


Corrtttiontm  f}f 

W  »sieben  »iaht  taJgte,  bat  denen  «ms  ftntsrlanson  Jutta,  ri# 

bftltcr  an  machen.      In  GernJUahek  dieser  Erfahrungen  stellt* 

er  die  too  Govavow  gegebene  Erklarnog  vi  Zweifel,  »ffleidi 

«Mb  m§  dem  triftigen  Grande,  weil  die  L*ft  sieh  tom  Wejn^ 

gtiitt  schwieriger  ab  vom  Quecksilber  gäoslich  entfernen  Jasaa 

nrf  daher  die  nit  dieser  Flüssigkeit  gefüllten   Thermometer 

aoeh  gr0fsore  Unrichtigkeiten  neigen  mtifiten;  wOan  man  nach 

fttMn  konnte,  daA  durch  dia  ausgeschiedene^  Luft,  sofern  sia 

rieh  tit  frei  etfürker  anedahnt,  dar  cWepunet  noch  mehr  ▼er- 

lieh  werden  müfsta.    Dagegen  glaubte  er  den  Fahler  an»  dem 

Drecke  dar  Luft  auf  die  Aofrcnfläehe  dar  luftleeren  Thermo» 

noter  ableiten  so  müssen,   sofern,  den  elastische  Olaa  dieaatt 

aeehgeba   nnd  dar  PaUar  sich  daher  durch  dia  Lätfgo   dar 

Zeit  ▼ergrttfsere,   weswegen  er  rieth,  dia  Thermometer  nScfef 

nebr  luftleer  hawnalellen  f  ond  daa  ober»  Enda  oW  Rdhreoiel* 

tetaschaaeUen ,    sondern  doroh   ttbergabundene*  Lader  gegen 

eneHioganocn  Staub  ond    einen   Verlost    von   Qeeektüber  an 

tthötBen.      Weitiänftige   Untersuchungen ,     sowohl  übe*  die) 

Bkbtigkeit  der  Thetsache,  alt  auch  dia  Uraaahen  diataa  Fehv 

Un»  Hellte  Bill^ii1  an,  fand  dia  Sache  allerding»  bestätigt 

getraute  sich  aber  nicht,    über  dia  Richtigkeit  dar  einen  oder 

•er  aoseren    dar  gegebenen  Erklärungen   nut 'IWstknurtheit  "ou. 

tatsebeidan.     Um  dieselbe  Zeit  prüfte  v.  Tili*2  nicht  twenir» 

jertl*  21  zam  Theil  ältere  Thermometer,    nnd  fand  nur  bei 

einem  dersalban  die  Lage  daa  Gefrierpnnctas  gan*  richtige  bei 

drtieo  lag  ar  etwas  au  tief,    bei  allen  übrigen  na  hoch,    und 

tnr  ao  «ehr,  daf»  das  Mextasnm  das  Fehlet*  2°,5  C.  hottn*} 

Der  Grand  diaaas  Fahlars  ist  nach  ihm  thaila  im  Lüftdrucke; 

tktils  in  einer  Art  von  Kristallisation  dar  schnell  erhaltenden 

Kegel  an  soeben.    Daa  pulste  Ansehn  erhielten  die  gananeui 

aas  ansgadahnten  Versnche  von  nn   **.  Riy«  nnd  Muten*  % 

wilohe  nicht  blob  den  constanten  Fahler  dar  Thormoinoter 

•nah  daa  gewöhnliche  Einsenken  in  sehtnahsadatj  Schnee  bo 

«Mgt  fanden,   sondern  auch  dia  Ursache  daoeor  Uariehtigkcet 

feieren  nachwiesen,    dafs  sie  dieselben  nnter  dar  Lofrpuqafie 

•aweahsalnd  dam  äufsern  Lnftdmcka  aussetzten  nnd  ihm  ent- 


r 


1  Bragoatani  Giern,  di  Pia.    T.  XT.  f>«Ä   BlbL  unk;  T.ODH. 
».«.530. 

*  Kastnert  ArohlV.  Tb.  IIT.  8.  109. 
8  BibL  narr.  T.  XXII.  e.  955. 
OLBl  Knn 


906 


Thermometer. 


Fahr. 

—  67 

—  66- 

—  65 

—  64- 
—63- 
-62 

—  61 

—  60 

—  59 

—  58 
^-57 

—  56 
-55 
—54 

—  53 

—  52 

—  51 

—  50 

—  49- 

—  48- 
—47- 
—46 
—45 

—  44 
—43 
—42 

—  41 

—  40 
—39 
-t-38 

—  37 
-36 
—35 

—  34 

—  33 

—  32 
—31 

—  30 
—29- 

—  28- 
—27 
—26 

—  25 
—24- 
—23 


Cent. 

=55^55 

-55,00 
-54,44 
-53,88 
-53,33 
-52,77 
-52,22 

r51,66 

-51,11 

-50,55 
-50,00 
-49,44 

-48,a<< 

-48,33 

-47,77 

-47,22 

-46,66 

-46,11 

-45,55 

-45,00 

-44,44 

-43,88 

-43,33 

-42,77 

-42,22 

-41,66 

-41,11 

-40,55 

-40,00 

-39,44 

-38,88 

-38,33 

j-37,77 

-37,22 

-36,66 

-36,11 

-35,55 

-35,00 

-34,44 

-33,88 

-33,33 

-32,77 

-32,22 

-31,661 

-31,11 

-30,55 


R. 


44,44 
-44,00 
-43,55 
-43,11 
-42,66 
-42,22 
-41,77 
41,33 
-40,88 
-40,44 


Cenft 


—68 
-67 
-66 
-65 
-64 
—63 
-^62 
—61 
-60 
—59 
40,0011-58 
39,551—5? 
•39,11  -56 


38,66 
■38,22 
-37,77 
•37,33 
-36,88 


—55 
—54 
-53 
-52 
—51 


-36,44  —50 
-36,O0|— 49 


-35,55 
-35,11 
-34,66 
-34,22 
-33,77 
•33,33 


-48 
-47 
-46 
-45 
-44 
-43 


-32,881—42 
32,441-41 
■32,00l— 40 
■31,551—39 
-31,111—38 
30,661—37 
30,22  —36 
•29,77  —35 


29,33 
-28,88 
■28,44 
■28,^00 
■27,55 
27,1 1 
-26,66 
26,22 
•25,77 
25,33 
•24,88 


—34 
-33 
—32 
—31 

-30 
—29 
-28 
—27 
—26 
-25 
-24 


-24,44|— 23 


R. 


^-54,4 
—53,6 

-52,8 
-52,0 
—51,2 
—50,4 
—49,6 
—48,8 
—48,0 
—47,2 
—46,4 
—45,6 
—44,8 


Fahr. 


-90,4 
-88,6 
-86,8 
—85,0 
-83,2 
-81,4 


R. 


—68 
—67 
—66 
— 65 
-64 
-63 


—79,6  -62 


—77,8 
—76,0 
—74,2 
—72,4 
—70,6 
-68,8 


—61 
-60 
-59 
—58 
—57 
-56 


—44,0—67,0  —55 


—43,2 


—65,21—54 


-41,6 


-42,4—63,41—53 


-61,61—52 


—40,8—59,81-51 


—40,0 
—39,2 
-38,4 
—37,6 
-36,8 
—36,0 
—35,2 
—34,4 
-33,6 
—32,8 
—32,0 
—31,2 
-30,4 
—29,6 
—28,8 
28,0 
—27,2 
-26,4 
-25,6 
-24,8 
-24,0 
—23,2 
-22,4 
—21,6 
-20,8 
—20,0 
—19,2 
1-18,41 


—58,01—50 
—56,21-49 
-54,4  -48 
—52,6  —47 
—50,8  -46 
—49,0  -45 
—47,2  —44 


—45,4 
-43,6 
—41,8 

-40,0 


-43 
-42 
—41 
-40 


-38,2  —39 


—36,4 
—34,6 
— 32,8 
—31,0 
—29,2 
—27,4 
—25,6 
—23,8 


-38 
—37 
-36 
-35 
-34 
-33 
—32 
—31 


—22,01—30 

—20,21—29 
—18,41—28 

—16,61—27 


—14,8 

-13,0 
—11,2 

■9,4 


—261 
—25 
-24 

-23 


Cent. 


-85,00 

-83,75 

-82,50 

-81,25 

-80,00 

-78,75 

-77,501 

-76,25 

-75,00 

-73,75 

-72,50 

-71,25 

-70,00 

-68,75 

-67,50 

-66,25 

-65,00 

-63,75 

-62,50 

-61,25 

-60,00 

-58,75 

-57,50 

-56,25 

-55,00 

-53,75 

-52,50 

-51,25 

-50,00 

-48,75 
-47,50 
-46,25 
-45,00 
-43,75 
-42,50 
-41,25 
-40,00 
-38,75 
-37,50 
-36,25 
-35,00 
-33,75 
-32,50 
-31,25 
-30,00 
-28,75 


Fahr. 


121,00 
118,75 
116,50. 

114,25 

112,00 

109,75 

107,50 

105,25 

103,00 

100,75 

98,50 

96,25 

94,00 

91,75 

89,50 

87,25 

•85,00 

■  82,75 

■  80,50 

■  78,25 
76,00 

•  73,75 
71,50 

•69,25 

67,00 

•64,75 

•62,50 

■60,25 

-58,00 

55,75 

53,50 

51,25 

•49,00 

•46,75 

44,50 

42,25 

40,00 

•  37,75 
35,50 
33,25 
31,00 
28,75 
26,50 
24,25 
22,00 

•  19,75 


Vergleichnng  der  Scalen. 


Fthr.t  Cent. 


—221—30,00 
— 2U-29.44 

—20-28,88 
—19—2833 
-18—27,77 


—17 

—161 

—15 

—14 

—13 

-12 

-11 

-10 

—  9 


—  8 

—  7 

—  6 

—  5 

—  4 

—  3 
-2 

—  1 


R.       Cent 


—27,22 
—26,66 
—26,11 

—25,55 
—25,00 
—24,44 
—23^8 
—23,33 
—22,77 
—22,22 

—21,66 
—21,11 

-20,55 
-20,00; 
—19,44 
—18,88 
1—18,33. 
0,-17,77 
l1— 17,22 
2-16,66 
3—16,11 
4i— 15,55 
5—15,00 
6-14^44 
7—13,88 
8—1333 
9  -12,77 

10  —12,22 

11  —11,66 

12  —11,11 

13—10,55 
14  —10,00 
15—9,44 
16—8,88 
17—833 
18—  7,77 
19  —  7,22 
20—6^6 
21  —  6,11 
22—  5,55 
23| —  5,00 


■24,00 
-23,55 
-23,11 
■22,66 
-22,22 
-21,77 
-21,33 
-20,88 
-20,44 
•20,00 
-19,55 
-19,11 
-18,66 
-18,22 
-17,77 
-17,33 
-16,88 
•16,44 
-16,00 
■15,55 
1541 
14,66 
-14,22 
-13,77 
13,33 
-12,88« 
-12,44 
■12,00 
11,55 
-11,11 
10,66 
■10,22 
•9,77 
-933 
-8^8 
-8,44 
-8,00 
-7,55 
-7,11 
-6,66 

-  6,22 

-  5,77 
-533 

■  438 

■  4,44 

■  4,00 


-22 
-21 
-20 
-19 

18 
-17 

-16 

15 

-14 

-13 

-12 

-11 

-10 

-9 

•  8 
-7 
-6 
-  5 

4 

•  3 
■  2 

•  1 
0 
1 
2 
3 
4 
5 
6 
7 
8 
9 

10 
11 
12 
13 
14 
15 
16 
17 
18 
19 
20] 
21 
22 
23 


R. 

•17,6 
16,8 
•16,0 
15,2 


-7,6 
-5,8 
—4,0 
-2,2 
_14,4_0,4 


Fahr.  I  R. 


-13,6 
■12,8l 
■12,0 
11,2 
-10,4 
•9,6 
•8,8 
-8,0 

■6,4 

•  5,6 

•  4,8 

-  4,0 
-3,2 
•2,4 

-  1,6 
•0,8 

0,0 

0,8 

1,6 

2,4 

3,2 

4,0 

4,8 

5,6 

6,4 

7,2 

8,0 

8,8 

9,6 

10,4 

11,2 

12,0 

12,8 

13,6 

14,4 

15,2 

16,0 

16,8 

17,6 

18,4 


1,4 

3,2  J 

5,0 

6,8 

8,6 

10,4 

12,2 

14,0] 

15,8 

17,6 

19,4 

21,2 

23,0 

24,8 

26,6 

28,4 

30,*i 

32,0 

33,8 

35,6 

37,4 

39,2 

41,0 

42,8 

44,6 

46,4 

48,2 

50,0 

51,8 

53,6 

55,4 

57,2 

59,0 

60,8 

62,6 

64,4 

66,2 

68,0 

69,8 

71,6 

73,4 


—22 
—21 
—20 
—19 
—18 
—17 
—16 
-15 
-14 
-13] 
—12 
-11 
-10 
-9 
—  8 
-7 


Cent. 


-27,50 
—26,25 
-25,00 
—23,75 
—22,50 
-21,25 
-20,00 
1—18,75 
-17,50 
-16,25 
—15,00 
—13,75 
—12,50 
—11,25 
-10,00 

—  ^,75 

—  7,50 

—  6,25 

—  5,00 

3,75 

2,50 

1,25 

0,00 

1,25 

2,50 

3,75 

5,00 

6,25 

7,50 

8,75 

0,00 

1,25 

2,50 

3,75 

5,00 

6,25 

7,50 

8,75 

20,00 

21,25 

22,50 

23,75 

25,00 

26,25 

2&75I 


6 
5 

4 

3|— 

2 

1 

0 

1 

2 

3 

4 
5 
6 

7 
8 
9 


10 

11 

12 
13 
14 
15 
16 
17 
181 
19 
20 
21 
22 
23 
Mmm  2 


F»hr. 

-17,50 

-15,25 

-13,00 

-10,75 

-8,50 

-6,25 

-4,00 

-  1,75 

0,50 

2,75 

5,00 

7,25 

9,50 

11,75 

14,00 

16,25 
18,50 
20,75 
23,00 

25,25 

27,50 

29,75 

32,00 

34,25 

3640 

38,75 

41,00 

43,25 

45,50 

47,75 

50,00. 

52,25 

54,50 

56,75 

59,00 

61,25 

63,50 

65,75 

68.00 

70,25 

72,50 

74,75 

77.00 

79,25 

.81.50 

83,75 


£24  Thermometer* 

ausgefallen  oder  ganz  verschwunden ,  wenn  man  bet  ihrer  (Jjaf* 
tersucbung  die  Fahler  sorgfältig  vermieden  hätte,  di«  beide* 
gestimmupg  dieses  Punctes  so  leicht  begangen  werden;  *  Aufr 
fallend  bleibt  es  immer,  dafs  man  in  England,  wo  der  Ge~ 
frierpunct  nieht  auf  0°  fallt  und ,  sonach ,  nicht  unmittelbar  als 
ein  Hauptpqnet  auffallt,  den  Fehler  anfangs  nicht  .finden  wollte  4 
und  dafs  auch  seitdem  dort  nicht  eben  viel  davon  geredet  wird, 
ja,  was  allerdings  merkwürdig  ist,  B^ck^ddih2  m*sb*  eine 
Bemerkung  bekannt,  dafs  map  verschiedentlich  eine»  oonstep* 
ten;  Fehler  des  Qaeduilberthermo.mater*  gefunden  habe»  *lfoi* 
er  versteht  darunter  gerade  de*  umgekehrten ,  einen  niodjM 
gern  Stand  beim  Gefrierponcte ,  und  .leitet  dieses  von  einen» 
geringen  Theile  atmosphärischer  Luft  ab ,  der  in  der  Kugel 
zurückgeblieben  und  ( ,, dessen  Sauerstoffgas  vqm  Quecksilbe« 
durch  Oxydation  absoxbirt  seyn  sollte.  Möglich  wäre  immer9 
dafs  die  englischen  ^Künstler  genauer  arbeiten  und  dais  dort 
nicht  so  viele  schlechte  Thermometer  in  die  Hände  selbst  eta» 
Physiker  kommen,  als  vielleicht  auf  dem  Continente  der  Fall 
ist,  wo  die  Preise  dieser  Instrumente  alhnälig  sehr  tief  herab" 
gedrückt  worden  sind,  wodurch  sie  dann  aber  nur  in  de» 
mittleren  Graden  eine ,  annähernde  Genauigkeit  haben'  könnest, 
Auch  Mö^l3,  ein  so  genauer  und  besonnener,  auf  gute  Ap-p> 
parate  haltender  Physiker,  bezweifelte  die  Tbatsache;  B#*e* 
fand  bei  der  absichtlich  angestellte^  Unterpushung  nur  bei  <ear 
nem  zufällig  oben  abgebrochenen  Thermometer  den  Gefn*r**< 
punct  völlig  genau,  bei  den  übrigen  lag  er  jedoch  nur  f  bis  ^ 
eines  Heauuiür'schen  Grades  über  dem  gemachten  Zeichen,  macV 
hei  einem  mit  einer  Kugel  von  3,75  I4n.  Ougchateseer,  aeif 
dessen  Scale  die  achtcigtheiligen  Grade  %5  Lin.  betrugen,  su-» 
gleich  aber  halbe  Grade  gezeichnet  waren,  nicht  mehr  als  \ 
eines*  achtxigtheiligen  Grades.    Ich  selbst'  sog  anfangs  die  Rieh- 


1    Annalt  of  Fhüot.  1823.  Jol.  p.  74. 

%  Edinburgh  Journ.  ot  Seieeoe.  N.  lt.  *  47.  U.mu  been  ss» 
marked,  by  yarioai  obsenrerf,  thtt  the  moit  tccantcly  constraetod 
mereorial  thermometers  tre  liable ,  in  tha  coaria  of  long  nie .  to 
beeome  inaecnrate ;  and  in  sack  easet  ft  i»  a  lowerfog  of  the  origi- 
nal height  of  the  SMrcary  that  hat  fceen  obierred  to  take  place. 

S    Edinburgh  Philoi.  Jon».  N.  XVIf.  p.  196. 
4   tfleaer  Zeitachr.  Th.  III.  8. 18. 


Corroctionem  955 

i  * 

e^htk  der  8eohe- in  Zweifel*,  weil  von  drei  Thermometern, 
fit  ich  der  Verwehe  wegen  oftmals  genta  geprüft  hatte,  du  * 
eh»  von  Gabiwi*  in  Berlin,  Welches  in  Viertelgrade  R.  ge- 
denk itf,  die  wieder  nie  etrf  Viertel  genügend  geschätzt  wer« 
eei  kennen ,  den  Eispunet  0%Q5  R»  übler  dem  Striche  zeigte, 
#t  beiden  endern  eher,  Ton  Loos  in  Darmstadt,  Völlig  genau 
wtrte.  Amoh  bei  einem  Pariser  Thermometer,  welches  znfäK* 
%  detail  Anbrechen  der  oberen  Spitee  offen  wer,  dessen  Seele' 
Ms  400»  G.  reicht,  fand  ieb  den  Gtfrierpunct  genau,  obgleich 
fir  Queeksilbetfaden  sieh  bei  einer  Wärme  von  20*  C.  und 
enaeii  in  atehrerer  Therte  trenüle  und  also  etwas  Luft  oder 
ftmotighoit  entheben  mutete*  '  Den  Binflofs  des  Luftdruckes 
keaate  seit  an  so  weniger  bezweifeln,  eh  ich  einen  auffal- 
lest*» Beweis  Tom  Nachgeben  des  Gefölses  gegen  meehani* 
•che©  Dsuch,  namentlich  durch  die  Quecksilbersäule  im  In* 
htb,  bei  der  Prüfung  der  langen  Thermometer  erhalten  hatte; 
dltk  ans  •bendieser  Erfahrung  ging  auch  hervor,  dafr  daa 
Qat  bei  fortdauerndein  unverändertem  Drucke  sich  nur  bis  zu 
enet  gewiseem  Grenze  ausdehnt  oä**  zusammenzieht;  denn 
entnehreren  Jahren  zeigte  sich  keine  Veränderung  des  Ge* 
hanpeactes  bei  dem  langen  Thermometer*  obgleich  der  Druck 
et*  Qeecksilberfadens  gegen  die  inneren  Wandungen  des  Ge~ 
ttei  engefahr  2f  Atmosphären  betrug.  Indem  aber  bei  ge- 
eCböBoben  Thermometern  die  festen  Pnncfe  erst  mehrere  Tage, 
MMens  sogar  Wochen  und  selbst  Monate  nach  dem  Ver- 
ieUitben  ihrer  Rotiren  bestimmt  werden,  So  sollte  man  schlic- 
hte, dafs  die  Kugeln  derselben  während  dieser  Zeit  durch 
em  steten  Einflute  des  Luftdrucks  so  weit  zusammengedrückt 
üee  meisten,  alt  das  Glas  diesem  nachzugeben  vermag,  nach 
wtkher  Zeit  aber  nothwendig  ein  Stillstand  eintreten  mufs« 
Hkrmit  übereinstimmend  ist  euch  die  Erfahrung,  dafs  die  von 
tafe  anf  v.  Kotzi  buk's  Entdeckungsreise  gebrauchten  Ther* 
uoaieter  binnen  vier  Jahren  den  Gtfrierpunct  nicht  änderten a, 
etbei  bemerkt  wird,  die  Kugeln  derselben  seyen  von  dickem 
6h»;  auch  meint  Rudbbrg*,  man  könne  die  Glasdicke  der 
Thtrmometerkugeln  so  stark  machen,    dafs   keine  Zusammen- 

1  Meine  Abhandl.   über  d.  Aosdehnnog  tropfbarer  FliUt  Jgkeiten. 
S.5. 

2  Mem.  de  l'Actfd.  de  Petersb.  VI.  Sit.  T«  I.  p.  «55. 
8  A»  o*  a*  O. :  " 


■ 


026  Thermometer* 

drücknug    möglich    bleibe  j.   was;  jecjo^b    de«  .ßinfcSeulicikaa 
schaden  miede,         ,  ....,■  -  :.  ii  1  •  "> 

46)  Die  von  m}r  anfange  untersuchten  drei  Th*i*ne*neM» 
sind  die  vorzüglichsten,  die  ich  besitze,,  unji.ftus  der  auf'ihv^ 
Verfertigung  verwandten   gröfseren  -Sorgfalt   dürf^er  weul  die* 
genaue  Lage  ihres  Eiapunctes  zn  erklären  seyn;    spätere  Ve** 
sucfie  haben  mich  allerdings   überzeugt,,    daJb  dieses  bei*  an- 
dern^ Thermometern  keineswegs  der  Fall  ist,    auch  übernachte* 
mich  bald  dje  Entdeckung;,    dafs  der  höher  gefundene '  Ge~ 
frierpunet  tiefer  herabging,   wenn   ioh  zwischen  den    beide« 
Messungen,  das  .Thermometer  einige  Zeit  in  siedendes  Wasset 
senkte,  jedoch  habe  ich  keine  hinlänglich  erschöpfenden  Vier-4 
suche  angestellt,  um  hiernach  über  das  Problem  genügend  zä 
entscheiden.      Auf  jeden  Fajl  jnnfs  durch  den  anfsernn  Lnfa« 
druck  eine  Zusammendriickung  des  Behälters  am  Thejornometfe* 
statt  finden  und  hierauf  eine  Verrückung  der  Grade»,  berunny 
sofern  d*eÄe  nicht  durch  vorhandene  Dämpf«  im  Innern  com« 
pensirt  wird,  wie  denn  schon  TiBUi^i1  fand,  defe  Thermo- 
meter im  Vacuum  der  Luftpumpe  einen  niedrigem  Stand  »ei- 
gen, ohne  die  Ursache  hiervon  zu  kennen,  die  nachher  durch 
Mi  Rc kt  und  de   hA  Rive  aufgefunden  wurde.       Gay^Lus*- 
sag  2  erkannt«  zwar  bald ,  dafs  eine  Absorption  der  zurückge- 
bliebenen Luft  nach  Blackaddeb.  den  entgegengesetzten  Feh- 
ler  erzeugen  mjisse,    indeGs  wollte  er  im  Gegentheü  die  Vei^ 
rückung  des  Eispuncte*  von  etwas  vorhandener  Luft  ableiten, 
da  schon  de  Luc3  bemerkt  habe,    dafs  dieselbe,  anfangs  im 
Quecksilber  zerstreut,  sich  mit  der  Zeit  sammle  und  an  E*a~ 
sticität  zunehme«  ,  Gay-Lüssac  war  daher  nicht  geneigt,  den 
erwähnten  Ansichten  yon  Flau6BA£UE8  und  Bsuuuti .  beien» 
pflichten,  lieb  aber  zwei  gleiche  Thermemeter  verfertigen',  dee 
eine  oben  offen,  das  andere  verschlossen,  und  wirklich  zeigte 
sich   bei    dem   letzteren    die    fragliche  Verrückuqg  des   Eis- 
punctes, obgleich  die  Kugel  von  solcher  Glasdicke  war,    daCs 
sie  nach  seiner   Ansicht  dem  Luftdrucke   widerrftehn  mufstew 
Diesemnach  glaubt  er  ein  Mittel   gegen  diesen  Fehler,  in  ei* 
nem  starken  Auskochen  des  Quecksilbers  zu  finden,    welches 
aber  nach  Dulobtg    ohne   Anwendung  der    gröfsten  Sorgfalt 

1  Gomm.  8oc.  Bonon.  T.  II.  P.  I.xp.  S19.  T.  IL  P.  III.  p.  257. 

2  Aon.  China,  et  Phys.  T.  XXXIU.  p.  425. 

3  Module,  de  PAtmosph.  T.  I.  p.  232. 


CoiM?ectianeiu  91? 

zieht  leUht  erreichbar  eeyn  soll«   .  In  dfaatr  Beziehung  sey' es 

erlaubt  zu  bemerken,    dafs  verschiedentlich  den  Schwierigkeit 

Im  gedacht  wird ,    die  letzten  Antheile  voll  Luft  and  Eeuch« 

togktit  aus   dem  .Quecksilber  der  Thermometer  zu  entfernen* 

und  man  halt  diese  deswegen  für  sehr  grob,    weil  es  beim 

Fällen  der  Hexameter  so  geiunden  wurde«      Men  glaubte  aber 

nicht  sehen,    die  Barometer  seyen  nur   dann   völlig  luftleer, 

Wenn  bei  ihnen  die  Gepillardepression ,    die  mit  der  Gonvexi-* 

tat  de»  Oberfläche   zusammenhangt,  weghole  v  und   diel  Ober»-' 

Üche  sieh  ganz  eben  zeigte,    da  doch   dieses  auf  der  eigen- 

uumiliilian   Beschaffenheit  des  Glases  beruht,    wie  >  jetzt*  bex* 

kennt  ist1«     Es  findet  iadels  ein  wesentlicher  Unterschied  dW 

Verfahrens  beim  Auskochm  der  Barometer  und  der-  Thermo** 

metes  statt;  entere  werden  /von  .unten  nach  oben  aHmMlig  *u*»> 

gekonnt r  wobei  das  schwerere  kalte,   noch  unieine  Qaeok$ä»> 

her  fortwährend  wieder   niedersinkt ,    letztere  aber  werden  .  in  * 

ihrer   ganzen   Ausdehnung  der  Hitze  ausgesetzt  (wobei  man' 

sie  an  zwei  Eisendräbtea  zu  halten,  pflegt),    die  ganze  Blesse/ 

des  Quecksilbers  siedet  gleichzeitig  in  den    beiden  Behältern,' 

dem  unteren  bleibenden  und  dem  oberen  provisorischen,  unöV 

die  erzeugten  Qaecksilbetdämpfe  verjagen  bald  die  letzten  An-' 

thetle  von  Luft  und  Feuchtigkeit,   weswegen  euch  bei'  alten,  i 

aber  guten  Thermometern  das  Bläschen,    welches  sich  in  der/» 

Kugel  bildet»  wenn  men  beim  Umkehren  derselben  den  Qöock- 

süberfeden  bis  ans  Ende  der  Bohre  herabsinken  läfst,    nae*>. 

dem  Rückgänge  des  Quecksilber*  ohne  irgend  eine  Spur  wie-  - 

der  verschwindet*     Neuerdings -hat  Lsojuvd2  absichtlich  zur  » 

Losung  des  vorliegenden  Problems  eine  grobe  (leihe  von  Ver-  • 

suchen  mit  60  von  Buytxz  verfertigten  Thermometern  enge-- 

stellt  und.  feigende  Resultate  erhalten«      Die  Verriiokung  des 

Eitpanatas  erfolgt  sowohl,    wenn  die.  Thermometer  einer  un« 

veränderlichen,  «als  einer  wechselnden  Temperatur  ausgesetzt 

«erden ,   sie  kommt  aber  zum  Stillstande  in  einem  Zeiträume, ' 

welcher  vier  Monate  nicht  übersteigt,    und   hängt  nicht  von 

der  Form  des  Behälters ,    sondern  von  der  «Beschaffenheit  ,e\ea 

Glases,  vielleicht  seiner  Zosammensetzung  und  Abkühlung  ab» 


1    5.  Art.  Meteorologie.  Bd.  Tl.  3.  1817» 

*   L'uuutut.  5me  Annee.  N.  195..    Ann.  Ghim.  et  Phyt.  T.LXIII, 


k 


920  Thermometer, 

Bei  Behältern  von   gewöhnliche«   Obs«    schwenkt   die  Ver- 
zückung  zwischen  G°,3    und    0V>   C.    und    kenn    im  Mittel 
est  0°#35  C.  geltet  werden ,  bei  solchen  von  Kristallglas  oder 
£meil  (p$rr*  tendrg,  dit  Smail)  wer  sie  bei  fünf  untersuchten 
«a  0,   bei  zweien   anter  zwanzig,   deren   Nullpnnct  Bumtz* 
bestimmt  hatte,  =  0°,25  und  a  0°,ö  C,  vermothlich  wegen 
Dauerhafter  Bestimmung^    Die  Verrückung  erfolgt  nicht  gleich- 
mäfsig,  sondern  anfangs  sehneQcr,    doch  nicht  so,    dels  men 
ihren  Geng  verfolgen  kenn«     Erwärmt  men  das  Thermometer 
bis  som  Siedepnncte  des  Quecksilbers    und  lä£st  men   ee  in 
der  Luft  erkalten,  so  stellt  sich  des  ursprüngliche  Zero  wieder 
her,  und  >die  Verdickung  desselben  erfolgt  denn  ebenso,    wie) 
sie  anfangs  entstanden  war;  erbatst  men  dasselbe  aber  bis  300* 
C  und  lädst  es  langsam,   %.  B.  in  Oel,    erkalten,   so  erleidet 
der  Nullpnnct  eine  Verrückung,  die  bis  auf  3*  C.  steigen  kann, 
erhitst  men  es  denn  aber  bis   zum  Siedepuncte  des  QuecksiU 
bers  und  lebt   men  es  in  der  Luft  erkalten,    so  bleibt  eine) 
Verrückung  des  Eispnnotes,    die  bis  1°,1  G,  und  wohl  noch 
mehr  betregen  kenn,  eis  sie  anlange  nach  der  Construciion  den 
Thermometer*  betrag,    insbesondere  wird  die  Verrückung  des) 
Bsspunctes  sehr  bedeutend,    wenn  man   die  -Erhitzung  bis  zu 
hohen  Wärmegraden  und  die  langsame  Erkältung   öfter  wie*' 
derholt*      Alles  dieses  ist  im  Geusen  mit  sonstigen  Erfehrun*» 
gen  übereinstimmend  und  datier  nicht  auffaltend ,   um  so  über« 
rasehender  aber  erscheint  die  Behauptung,    dals  sich  das  be>» 
sehriebene  Verhalten  auf  gleiche  Weise  bei  verschlossenen  und 
offenen  Thermometern  zeige,' also  nicht  Folge  des  eofsern  Luft- 
druckes seyn  kttnnc,    sondern  auf  einer  eigenthümlichan  Zev 
sammenziehung  des  Glases  bernhn  müsse. 

47)  Gegen  eile  hier .  mjtgetbeilte  Behauptungen  ist  bisher 
kein  Widerspruch  erfolgt,  auber  gegen  die  eine,  wonach  die 
Verrückung  des  Qbpunctes  im  Verlaufe  von  4  Monaten  sum 
Stillstände  kommen  soll,  indem  DzspazTZ1  durch  eine  Reihe 
gleichfalls  absichtlich  angestellter  Versuche  gefunden  haben 
will,  dab  sie  über  zwei  Jahre  innehmend  fortdanro«  Die- 
semnach  räth  er,  wenn  es  auf  eine  vorzügliche  Genauigkeit 
thermometrischer  Messungen  ankommt,  sich  zuvor  von  de* 
Richtigkeit  des  Gefrierpunctes  zu  überzeugen*      AUein   auch 


1    L'Iattitut.  1887.  Mais.  N.  199.  p.  7S. 


Correctionen.  089 


fieses  ist  schwieriger,  als  ee  auf  den  oteteq  Blick  scheint, 
man  Bein'**  Messungen  zeigen,  defs  der  genau  bestimmte 
Froetpeoct  nach  einer  Erhitzung  des  Thermometers  in  den 
Baaske  das  siedenden  Wassers  herabgeht,  «ad  xwar  arm  «in« 
Gl*»,  die  bei  rief  ▼©«ägliohen  Thermometern  0^057;  0#,074; 
0%OS6;  0%105  C.  betrag.  Man  vermüst  die  Beantwortung  der 
Enge,  ob  eine  Erwärmung  des  Thermometer!,  welche  nicht 
fände  die  Siedehitze  erreicht,  elao  etwa  nur  bia  50°C.  steigt, 
tine  Hcrabdritcknng  ihrer  Grtffse  proportional  herbeiführt,  al- 
km  es  ist  dieees  anf  jeden  Pell  wahrscheinlich,  und  denn  folgt 
i,  dab  anf  einander  folgende  Messungen  abwechselnd 
und  höherer  Wärmegrade  überall  nicht  absolut  genau 
uya  kfnnen«  Hiermit  stimmen  aoch  die  Resultate  der  be- 
amtoageweTthon  Versuche  fiberein,  welche  Gimtl*  aogtstellt 
mt  Etf  find  die  durch  den  Luftdruck  bewirkte  Erhöhung 
im  Eispuncfces  keineswegs  so  gvob ,  als  sie  Ton  Hanchen  an- 
(•gaben  wird,  denn  sie  betrug  nach  der  beim  Abbrechen  der 
Spute  sieh  neigenden  Depression  gemessen  bei  Kugeln  nur 
1  lfDBm»,  bei  Criindern  1«4  und  bei  btreftfrmigen  Behältern 
■R  <$  Millimeter,  wobei  jedoch  das  Verhältnifs  dieser  Grtf- 
mn  m  dennn  der  Sealentheüe  nicht  angegeben  ist  Die  durch 
Mnmjaliiwi  iction  bewirkt»  Erhebung  des  feispttnctes  tritt  auch 
mm  seiner  Ansieht' bald  nach  dem  Zusehmelsen  der  Thermo* 
■sttr  eid  und  dauert  auf  jeden  Fall  nioht  sehr  lange,  denn 
er  fand  bei  seinen  Thermometern  nach  fünf  Jahren  ungefähr 
fit  aualiehe  Verrückung  desselben,  welche  Bttau  bei  den 
amJgiu  nach  sehn  Jahren  gefunden  hatte.  Die  Frage,  ob  der 
Bfpract  der  Thermometer,  soweit  seine  Erhebung  durch  Mo- 
ksabrattraetion  dea  ghftsernen  Gefifses  bewirkt  wird,  auch 
*jmer  doreh  Erhitzung  der  Thermometer  wieder  herabgehe,  be- 
jtat  auch  er  bestimmt,  jedoch  nur  in  Beziehung  auf  eine  Er« 
timug  bis  zum  Siedepuncte  des  Wassers» 

46)  Hiermit  ist  also  alles  dasjenige  genügend  mitgetheilt, 
v»  die  Physiker  Aber  die  Verrückung  des  feispunctes  bei 
Qseckiilberthermometern  aufgefunden  zu  haben  angeben,  und 
•  wate  nun  angemessen ,  eine  genaue  Bestimmung  dieses  Feh- 
kr*  und  die  dafür  erforderliche  Gorreetion  hierauf  zu  gründen; 


I   Poggeadorff  Aap.  Xttl.  68. 

t  BaamgartneM  and  ▼.  Hclgcve  Zcitsehr.  Th.  V»  8.  8  & 


950  Thermometer. 

•Hein  man  übersieht  bald,  dab  dieses  nicht  etwa  nur  schwierig, 
sondern  in   der  That   an  möglich  ist,    weil  die  Resultate   der 
Verschiedenen  Untersuchungen  bedeutend  von  einander  abwei- 
chen umj  sich  in  einigen  wesentlichen  Puncten  sogaif  widere 
sprechen«       Alles  genau  erwogen  scheinen  mir  folgende  Satte 
N  als*   hinlänglich  begründet  gelten  zii  können«     Erstlich  ist  der. 
gerügte  Fehler  keineswegs  so  allgemein,    als  man  den  Anga-n 
ben.  dach  sehliefsen  sollte,    denn   sonst    könnte   unmöglich   in 
den  *.  Resultaten   tbermometrischer  Messungen ,    namentlich  der 
Temperaturen  der  Luft  an  den  verschiedenen  .Orten ,   die  un- 
ter mittleren  Polbtthen  nur  gegen  10°  C*  über  dem  Eispunote 
Eegen   und   durch  zahlreiche  Messungen  der  Grade  üher  und 
unter  diesem   fehlerhaft  genannten   Puncto t  gefunden   würden,  > 
iö  viele  TJebereinStimmung  herrschen,    eis   doch  wirklich  ge~ 
funden  wird.      Bei   guten,    nicht   marktmäfing    verkäuflichen 
Thermometern ,  die  mit  mäfsig  grofseü  Kugeln   und  nicht  mit 
künstlich  verzierten  Behältern   versebn  sind,    darf  man  daher 
eine    fehlerfreie   oder  nur   unmerklich  abweichende  Lage   des, 
Eispunctes  voraussetzen,     Dafs  zweitens  der  äuüsere  Luftdruck 
auf  die  Oberfläche  der  Quecksilberbehälter,    nachdem  der  in-   , 
nere  "Raum  der  Thermometerröhre  luftleer  verschlossen  ist,  eine 
mefsbare,    obgleich  geringe    Zusammendrückung    vernrsaohea 
werde",  die  um  so  merklicher  seyn  mufs,  je  gröber  und  dün- 
ner von  Glase  die  Kugel  ist,  läfst  sich  wohl  nicht  bezweifelt», 
nur  in  seltenen  Fällen  wird  aber  hieraus  eine  Vetrückung  des 
Eispunctes  erwachsen,    weil  gute  Thermometer  mit  kleinen* 
nicht  zu   dünnen   Kugeln    versehn  zu  seyn  und  ihre  festen 
Puncto  erst  eine  hinlängliche  Zeit  nach  dem  Verschliefsen  be- 
stimmt zu  werden  pflegen«     Weniger  geneigt  bin  ich  drittens, 
eine  lange  Zeit  hindurch  allmälig  wachsende  Zusammenziehnng 
des   Glases  in  Folge  einer  Art  von  Zusammensinterung  odex 
Krystallisation  anzunehmen ;  doch  ist  es  nicht  unmöglich ,  data 
sie,   mindestens  bei  einigen  Glassorten,  und  zugleich  in  ver- 
schiedenem Grade  statt  finde.      Nicht  zu  bezweifelt  ist'  dage- 
gen, dafs  eine  negative* (vermindernde)  Verrückung  des  Null— 
punctes  eintreten  und  eine  Zeit  lang  dauern  wird,    wenn  man 
das  Thermometer  bis  zum  Siedepuncte  des  Quecksilbers  oder. 
bis  gegen  etwa  300 >  C.  erhitzt,  die  dann  im  Verlaufe  der  Zeit 
wieder  in  die  entgegengesetzte  übergeht  In  dieser  Beziehung  kann 
LiBLAflG  nicht  so  sehr  getäuscht  worden  seyn»  als  man  yosaus- 


NMA  naSf****'  w*no  man  diesen  Satz*  in  Abrede  stellen  wollet, 
>a  ich  habe  selbst  einigemal ,    obgleich   die   Versuche  nur  mit 
gpänget  ,5orgWt  .angestellt  wurden,  gefunden,   dafs  die  Ver- 
tiiekaeg  £es  NuUpunctes   gelinge/.. geworden  oder   ganz  ver- 
schwanden -^«r,    nachdem  kh ;  des   Thermometer  einige  Zeit"* 
ia  siedendes  Wasser  oder  in  die   Dämpfe  desselben  getsncht  / 

hatte,  und  Egkm's1  direete  Versuche  entfernen  jeden  hierge- 
gen zu  erhebenden  Zweifel.  {Die  zu  Beobachtungen  dar  Luft- 
temperatur dienenden  Thermotneter  bleiben  daher  in  ihrem 
Gange  constant,  weil  sie  in  der  Regel  keinen  hohen  Tempe-, 
ratnren  ausgesetzt  sind ;  auch  ist  es  auf  jeden  Fall  rathsam,  die 
Bestimmung  des  'Nnllpunctes  erst  einige  Wochen  oder  noch 
besser  Monate  nach  der  Verfertigung  der  Thermometer  und 
vor  der  Auffindung  des  Siedepunctes  vorzunehmen.  Der  gröfste 
Theil  der  wirklich  vorhandenen  oder  vermeintlich  aufgefunde- 
nen Verrüdtungen  des  Nullpunctes  ist  endlich  viertens  sicher 
eine  Folge  ursprünglich  Vorhandener  oder  bei  der  Prüfung  statt 
gefundener  unrichtiger  Bestimmungen»  Es  ist  keineswegs 
kickt,  die  Fehler  sicher  zu  vermeiden,  welche  hierbei  sich 
einschleichen  können,  und  es  kömmt  zugleich  weit  weniger 
auf  mikroskopisch  feine  Messungen  en ,  nach  den  von  Rud- 
Biae  und  Eoiw  engewandten  Methoden,  als  auf  die  Vermei- 
dung möglicher  Fehler  bei  der  Operation  selbst;  denn  man 
liest  die  Thermometer  in  der  Regel  beim  Gebrauche  nicht 
mikrometrisch  ab  und  die  Anwendung  der  mikroskopischen 
Mefsepparate  hindert  leicht  die  erforderliche  sorgfaltige  Mani- 
pulation. Bei  letzterer  ist  eber  hauptsachlich  darauf  zu  sehn, 
dafs  der  Schnee  reinlich  aufgesammelt  und  das  Gefäfs  zur  Vor- 
nahme der  Bestimmung  in  ein  nur  etwa  5°  C.  erwärmtes 
Zimmer  gebracht  werde,  dafs  sich  das  Thermometer  eine  hin- 
länglich lange  Zeit  darin  befinde  und  man  den  Nullpnnct  nioht 
eher  bezeichne,  als  bis  der  Schnee  in  seiner  ganzen  Masse, 
ohne  vorhandenes  freies  Wasser,  sich  durchscheinend,  der 
Thermometerstand  aber  sich  eine  hinlängliche  Zeit  unverän- 
derlich zeigt,  Das  von  Büße2  angewandte  Verfahren,  reines 
Wasser  in  einem  Gefalse  (allenfalls  mit  eingesenktem  Thermo- 
meter) gefrieren  zu  lassen ,  bis  die  Oberfläche  mit  einer  einige 


1-  Foggendorff  Ann.  XI.  857» 

2   Wiener  Zeitschrift.  Th*  III.  8.  18. 


931    v  Thdfmom#ter# 

Linien  dloken  Eisdecke  überzogen  ist,  cVinri  datoefte  kl  et* 
aar  wenige  Grade  über  dem  Gefrierpuncte  wärmet  Zimmerst* 
bringen,  den  längere  Zeit  stationären  Stand  des  Thermometers, 
euch  nach  zerstobener  oberer  Eisdecke,  abzuwarten  und  auf 
diese  Weise  den  Nullpanct  sa  bestimmen,  dürfte  allerdings* 
Empfehlung  verdienen« 

49)  Sind  demnach  die  Normalpancte  der  Thermometer  al- 
lerdings wohl  minder  fehlerhaft,  als  nach  der  Ansicht  Vieler 
abgenommen  wird ,  so  kann  es  doch  nicht  überflüssig  erschei- 
nen, bei  solchen,  die  zur  genauen  Messung  mittlerer  Tem- 
peraturen, als  namentlich  der  Luft-,  Boden-  und  Erd wärme, 
der  tbierischen  Wärme  u.  i.  w.,  verwandt  werden  sollen ,  die 
Richtigkeit  des  Eispunctes  auf  die  angegebene  Weise  zu  prü- 
fen, insbesondere  wenn  sie  vorher  einer  hohen  Temperatur, 
der  Siedehitze  des  Wassers  oder  gar  einer  höheren,  ausgesetzt 
wurden  oder  wenn  sie  noch  neu  sind.  Dürfte  man  hierbei 
die  ursprüngliche  Richtigkeit  des  zweiten  Normalpunctes  vor- 
aussetzen, so  würde  es  genügen  ,  blofs  den  Gefrierpunct  zu 
rectificiren,  und  die  Gröfse  des  gefundenen  Fehlers  würde 
dann  zugleich  diejenige  Correction  angeben,  die  für  alle  Grade 
der  Scale  gleichmäßig  anzubringen  wäre;  in  der  Regel  wird 
man  aber  auch  den  zweiten  Normalpunct  prüfen  und  die  er- 
forderliche Correction  anbringen,  die  sich  dann  von  selbst  er-» 
giebt1.      Hierbei  ist  es  eher  gewifs  räthlicb,    zuerst  den  Ei*-» 


1  Man  nimmt  meistens  an,  dafs  der  Fehler  des  Gefrierpunotes 
allen  Graden  als  constante  Öröfse  hinxuaddürt  werden  müsse.  Dieses 
scheint  mir  jedoch  unrichtig,  da  der  Theil  des  Fehlers,  welcher  au» 
der  Zusammenstellung  des  Glases  folgt,  mit  annehmender  Warme  ab- 
nimmt und  im  siedenden  Wasser  gaasiich  an  verschwinden  scheint» 
Darf  dieses  als  richtig  gelten,  wie  ich  meinerseits  nicht  bezweifle» 
so  ist  es  unmöglich,  den  Fehler  des  Gefrierpunetea  völlig  genau  sn 
eorrigiren,  weil  man  nicht  weifs,  wie  weit  derselbe  bei  jeder  Beob- 
achtung durch  Torausgegangene  Erwärmung  .des  Thermometers  bereite 
▼ersehwunden  ist.  Eos*  in  Poggendorifs  Ann.  IX.  288.  bemerkt  hier* 
über,  dafs  die  Körper  swar  im  Allgemeinen  sich  durch  Temperatur* 
Verminderung  um  ebenso  viel  wieder  ausammenaiehn  ,  als  sie  sich  durch 
Warme  ausdehnten ,  dafs  aber  solche  Körper  hiervon  eine  Ausnahme 
machen,  die  durch  schnelles  Erkalten  spröde  werden,  wie  Glas,  Stahl' 
«•s.w.  Beim  Glase  ist  noch  besonders  au  berücksichtigen ,  dafs  seine 
Sprödigkeit  in  einer  dem  Gefrierpunete  nahen  Temperatur  ausneh- 
mend wächst,    und  die  an  den  Thernometerkugeln  wahrgen< 


Carrectioneiy  p33 

patct,  Amn  den  $iedep*nc|,  «ud  gleid*  de*a*f  nachqmls  den, 
fispancf  an  prüfen,  sm  :sp  ermitteln,  ob  die  BrhtauAg  bis 
zum  Siede*  des  Wetsers  «nf  nie  Lage  des  Eispuacte*  eine* 
Ehrihrf*  eaaübe ,  io  wejcjwe*  Falle  xnen  trat  .einige  Zeit,  apatei 
des  Eajpaact  dpfaütor  fixirea  milbig  * 

5D)  Cometion  &«•'  $Ud*pwicUt+  '  Die  «Mitte»  Ifcrfes» 
ligir  Ton  Thermometern  bestimmen  Men  Siedepünct  ihrer  In- 
strumente durch  Eintauchen  derselben  in  siedendes  Wasser» 
Gebt  ibce  Kenntnifs  der  Siehe  nicht*  über  des  Bereich  der  g*~ 
Meinen  hinan*,  so  wählen  sie  hierm  gewöhnlich«,  man  darf 
aaoemnen  irdene,  Gefälle,  tauchen  die  Kugel  and  einen  Theil 
•V  Bahre  im  des  Wasser,  ohne  dafs  der  Boden  berührt  wird, 
sne*  iodem  die  stark  aufsteigenden  Dämpfe  sich  an  die  Röhrt 
•siegen,  erschweren  sie  ausnehmend  des  scharfe  Ablesen  nn4 
Bezeichnen  des  Pnnctes,  welchen  der  Quecksilberfaden  am 
weht  nnd  der  sich  eufserdetn  bei  diesen  Verfahren  in  einer 
steten  hüpfenden  Bewegung  befindet.  <  Werden  >düe.  hieraus 
erwachsenden  Schwierigkeiten  durch  die  aas  vielfacher  Ue*» 
Wg  erlangte  Fertigkeit  überwunden  und  achten  tHe  Künst- 
ler} wie  mau  bei  den  nur  etwas  besseren  voraussetzen  darf, 
auf  des  Barometerstand,  den  man  sei  28  Per.  Zoll  anzuneh- 
■en  pflegt,  so  wird  auf  diese  Webe  der  Bieckputict  mit  sehr 
enahernder  Genauigkeit  gefunden.  'Setzt  «tan  inzwischen  den> 
eagangenen  Fehler  auch  auf  einen  ganzen  Grad  der  Ceafosi« 
eulscale,  den  Eispunct  als  genau  angenommen,  ao  betrügt 
eis  hierfür  erforderliche  Correction  für  n  Grade  über  oder  unter 

stm  Eisponete  -«-  Grade ,    also,  für  eine  mittlere  Temperatur 

eW  Luft  eis  Correction  des  Endresultates  für  10*  C.  unter  mitt- 
le** Breiten  -ffo  oder  0*,1  C,  was  noch  nicht  als  bedeutende 
tierichtjgkejt  auffallen  würde  und  dir  Übereinstimmung  der 
gewöhnlichen  Beobachtungen  erklärlich  macht.  .Gegenwärtig 
stimen  aber  die  besseren  Künstler,  und  aoi  jeden  Fall  die 
Peysiker,  den  Einfiel»  der  Gefälle  auf  die  Wärme  des  in  ih* 
est  siedenden  Wassers,  die  ursprüngliche  Anftndnng  und  speV 
*«*  Controle  des  Siedepunctes  geschieht  daher  nach  der  oben 
beschriebenen  Methode   durch  Eintauchen  in  die  Dämpft  nnd 


mag  daher  wohl  nahe  «her  dem  Gefrierpenote  erst 


934  Thermometer, 

dadurch  werden  die  hieraus  entspringende«  Fehlet  'römfcoVtti 
Ruckskhtlich  des  Barometerstand**  ist  oben'  §,  SS-'neföts  bei 
merkt  worden,  daft'die  Annahme  von  28Par.»Zöll'oeW  Sföl&ni 
nur  eine  in  Deutschland  gewöhnliehe ,  Jceineiwegs  aber  eflge-i 
mein  nnd  bestimmt  festgesetzte  ist,  nnd  >  deft  es  besser  se^tf 
wu'rde,  sieh  mk  Frankreich /aber  0,76- Meter  m  336,{J05"  oder 
in  runder  Zahl  =  336,9'  Par*  Lin»  so  vereinigen,  um  dadurch 
der  in  England  festgesetzten  GrÖfse  von  30  engl.  Zoll  es  0,762 
Meter  =  337,791  Par.  Lin.  mögliehst  nahe  zu  kommen.  Will 
man  indefs  nicht  warten Y-  bis  dieser  Barometerstand,-  verstehe 
sich  auf  0°  Temperatur  der  Quecksilbersäule  reducirt,  .  wirk-* 
lieh  statt  findet ,  so  mufs  der  Bei.  einem  gegebenen  Barometer*» 
Stande  gemessene  Siedepurict  auf  den  normalen  reducirt  wie*-* 
den.  .Die  hierfür  erforderliche  Correctton  liefse  sich  aus  der 
mit  den  Temperaturen  wachsenden  Elastiokaf  des  Wasserdam-* 
pfes  entnehmen,  am  besten  aber  dürfte  es  feeyu,  'diejenigen: 
Resultate^ zn  benutzen,  welche1  Eos v1  durch  directe  Messun- 
gen an  10  verschiedenen  Thermometern  erbalten  hat.  Vt>tb 
diesen  gaben-  vier  für  jede  Linie  des  auf  0°.redacirten  Baro-4 
meterstandes  0°,09i ,  vier  andere  im  Mittel  0°,0872  und/  zwei 
0°,086;  indem  aber  auch  Daltom  0°,086  ge&oden  hat,  sokenm 
fuglich  im  genäherten  Mittel  0°,0881  genommen  werden.  Ist 
die  Scale  an  dem  geprüften  Thermometer  bereits  befindlich,  sa 
beträgt  dieser  .Fehler  für  jede  Linie  über  oder  unter  demnorW 
malen  Stande  des  auf  0°  C.  reducirten  Barometers,  +  0°,0881  Cj 
der  ganzen.  Scale,  oder  nnjter  der  wohl ;  allgemein  gültigen» 
Voraussetzung,  dafs  vom  Eispuncte  aus  gleiche-  Grade  auf- 
wärts nnd  abwärts  aufgetragen  worden  sind,  §u* "jeden  einzel- 
nst* Grad  +  O»,00Q88l.  Heilst  also  4er  bei  des  Bfettmntimg 
oder  Prüfung  des  Sjedepunetes  beobachtete  Barometewtand  in, 
Par.  Linien  B,  nennt  man  (B  —  336,9)  » B'.  und  die  über) 


* 

1'  FoggendorffAmi.  XIII.  40.  XJ.  628.    Maii  findet  hier  8.  284. 
die  bhherlgen  yersehiedenen  Angaben   zusammengestellt  y    wfer  grofs1 
die  erforderliche  Correction.  für  lXio*  Barometer»  Unterschied 'seytf' 
intM.,   Nach  IiBMOSscsa  am,  1740  ist  sie  0!,104  C.J    nach  laXsTiim 
0°,P92^  nach  Faügkre  um  1770  einmal  00,112,  eia  anderes  Mal  0»,062; 
nach  db  Life  um  dieselbe  Zeit  0°,094. '    Mehr  Vertrauen  verdient  die 
Bestimmung  von  Daltov  zu  00,08$,  und  die  von  Auzbergkr,    welche 
dieser  -sehr  nahe  kommt.    Vergleiche  hierüber  Sowwnei  in    G.  XVlf. ' 
58. 


«Correotiontn,  935 

oder  unter  0°  abgelesen«*  Tbermbinetergrade  t,    die  corrigir- 

tent',  so  ist 

t'aat  (1  -f-B'  0,000681)- 
Wwe  s.  B«  der  Siedepunct  bei  B  ±=334  Li»*  bestimmt  worden* 
so  Latte  das  Thermometer  ein%  zu  kurze  Scale,  der  Qoecksilber- 
Wen  würde  auf  habere,  als  die  richtigen  Grade  zeigen,  und 
die  Correction  gäbe  B' =  (334  —  336,9)  =  — 2,9  und  man  er- 
hielte für  t  =  10°  die  corrigirte  Gröfee 

t'= 10|(1  —2,9x0,000681)  =  9*,97448; 
wäre  dagegen  B=339  Par.  Lin.  und  1=10°,  so  erhielte  man 
ff  =3  C  339  —  336,9)  ttr  2,1  und  die  eorrigirten  Grade  be- 
trugen '''..';'•'• 

t,=il0(l+2,lxft000881)^=i0ö,001848. 

Die  Correction  ist  weitfaWtig  und  beschwerlich,  betrüge  be| 
1  Lin.  Unterschied  für  50°  C.  «war  mir  0°,044,  für  3  Liiu 
aber  schon  über  0°,1  "und  kann  daher  nicht  wohl  veroacMaj-t 
ngt  werden,  man  müfere  sich  daher  in  voraus  eine  Tabelle; 
berechnen ,  um  danach  die  beobachteten  Grade  zu  corrigiren/ 
Bei  einer  auf  die  Röhre  selbst  geätzten  Scale  bliebe  dieses  dae> 
einzige  Auskunftsmittel,  eine  jede  andere  wurde  man  aber  He- 
ber verwerfen  lind  mit  einer  richtigen  vertauschen.  Das  hier-? 
bei  dann  vorkommende  Problem,  wie  man  bei  einem  nieder 
ren  oder  höheren  Barometerstände  eine  richtige  Scale  erhaltet 
oder  den  gefundenen  Siedepunct  corrigire,  beantwortet  sieb 
ans  dem  Vorhergehenden  von  selbst;  denn  wenn  die 
drang  für  eine  Linie  Unterschied  der  auf  0°  Temperatur 
fachten,  bei  der  Bestimmung  des  Siedepunctes  statt  finden**' 
den  Bsrometerhgfee  und  der  normalen  0**0881  betrügt,  so  wkdf 
sie  für  n  Linien  einfach  =  +  n.0°,0881  &  betragen,  und  da» 
1' Grad 'der  Seele  den  hundertsten  Xheil  ihrer  Lange  vom  Eis-' 
puncto  bis  tum  Siedeeunete  ausmacht,  so  sey  diese  UDcorri-* 
girte  Lange  es  L,  die  corrigirte  =s  L '>  nnd  man  wird  nach, 
den  oben  gegebenen  Bezeichnungen  erhalten  r 

L'«L  (1  —  B\0,Q00881). 
Di*  hiernach  aufgetragene  und  richtig  getheilte  Scale  würde* 
dann   eine    kjnaichjrtich  der    Lage1  des  Siedepnnctes  .genaue 


Erfahrung,  welche1  Est*  \ in  Beziehung  atot  die*' 
ses  Problem  mitthejlt,  verdient  sehr  beachtet  zu  werden.  Nach^ 
dem  er  die  angegebene  mittlere  Grblse  aufgefunden  hajtte,  prüfte 


036  Thermometer« 

•r  hiermit  die  genannten  Thermometer  bei  verschiedenen  Ba- 
rometerständen und  fand,  da£s   bei   keiner  einzigen  Beobeeh* 
tungtreihe  der  Siedepunct  aller  Therinoineter  nach  einer  und,  der- 
gelben   Seite  abwich.       Dieses   beweist  vollständig,    dafs  die 
Abweichungen  vom  Mittel  nicht  in  der  Temperatur  des  Was- 
serdantpfes  ihren  Grand  haben. ,  weil  sie  sonst  bei  allen  Ther- 
mometern gemeinsam  und  also  von  einerlei  Zeichen  seyn  oiüfs- 
ten ,    sondern  dafs  sie  auf  Veränderung  des  Quecksilbers  oder 
des  Glases  beruhe.      Veränderungen  des   Quecksilbers    schei- 
nen mir  auf  jeden  Fall  höchst  unwahrscheinlich,  dagegen  ziehe 
ich  gewisse  Modifikation**  des  Glase*  nicht  in  Zweifel«    Eess 
bemerkt  ferner,    dafs  man  zu  ebenso  sehr  abweichenden  Re* 
sul taten  gelangt  seyn  würde,    wenn  man  die  Lage  des  Eis* 
punetes  nach  der  Erwärmung  des  Thermometers  tum  Grunde 
gelegt  hätte.    Zum  Glück  sind  die  hinaus  erwachsenden  Un- 
richtigkeiten  nut  gering  und  für  niedere  und  mittlere  Tem- 
peraturen,  deren  Qeneuigkeit  in  vielen  Fällen  so  wichtig  ist, 
verschwindend  klein;    auf  jeden  Fall  aber  begründen  sie  die 
eben  bereits  angegebene  Regel,    dab  man  bei  Thermometern, 
von  denen  man  die  gröfite  Zuverlässigkeit  in  mittleren  Graden) 
verlangt,  zuerst  den  fiisnunet  scharf  bestimmen  müsse,  dann 
den  $iedcpunct,    um  die  zwischen  beiden  liegende  Länge  der 
Scale  für  den  normalen  Barometerstand  zu  corrigiren,  und  dem- 
nächst emt,  nach  Vetfiufs  von  einigen  Wochen  oder  Monaten, 
nochmals  definitiv  den  Eispunot.      Aller  dieser  angewandte* 
Vorsicht  ungeachtet  gelangen   wir  aber  dennoch  zu  dem  Re- 
sultate,  dab  wegen   der    eigenthümlioheti  Beschaffenheit  den 
Glases  ebenso  wenig  absolut  genaue  Thermometer  als  BafoeM* 
te»  tu  erbalten  sind4» 

51)  Comotio*  der  Scale.  Wenn  die  beide*1  Normale 
puncto  auf  der  Röhre  genau  beseiebuet  sind ,  so  trägt  man  den) 
Raum  zwischen  beiden  auf  dm  Scale  auf,  theik  diesen  in  so 
viele  Grade ,  als  die  beabsichtigte  Theilung  verlangt,  und  seist 
diese  Theilung  auch  unter  dem  Eispunot«  so  weit  fort,  als  er« 
fordert  wird  oder  als  die  Länge  der  Röhre  bis  an  die  Kugel 
gestattet  Geschieht  das  Auftragen  des  Scalcntheile  smf  die 
Tbermometerröhre  selbst,  so  unterliegt  diese  zwischen .  dem 
Normalpuncten  bei  eilen  Temperaturen  denjenigen  Ver- 


1   TergU  Jfsfssrolsffe.  Bd.  TL  8.  1U7. 


Correctionen.  947 

asderangen  ü^rer  Länge ,  welcher  sie  bei  der  Bestimmung  der 
festem  Puncto  ausgesetzt  wer,  and  ihre  Ausdehnung  het  daher 
auf  die  Genauigkeit  der  Grade  keinen  Einflafs ,  bei  Tempera- 
tur« unter  dem  Gefrierponcte  aber  wird  die  Röhre  verkam, 
ttnd  unter  Voraussetzung  einer  gleicbmabigen  Zusammenzie- 
hoog  des  Qaecksilbera  oder  der  gewählten  thermoskopischen 
FJässigkeit  wird  also  aus  dieser  Ursache  die  Kälte  zu  grofs 
gefunden  werden,  ^llein  wenn  man  die  lineare  Ausdehnung 
des  Glases  auch  hoch  zu  0,000009  der  Einheit  für  1°  C.  an- 
nimmt1, so  würde  die  Aenderung  für  50  Grade,  eine  selten 
vorkommende  Kälte,  doch  nor  0°,00045  betragen  und  kann 
ako  fiiglich  als  unmefsbar  vernachlässigt  werden* 

Uebergehn  wir  die  Scalen  von  Elfenbein,  Holz  oder  Pa- 
pier in  eine  Glasröhre  eingeschlossen ,  weil  diese  Substanzen 
deich  trockne  Wärme  oder  Kälte  ihr  Volumen  nur  unmerklich 
andern,  und  berücksichtigen  wir  die  sehr  gewöhnlichen  Scalen 
tob  versilbertem  Kupfer  oder  Messing,  so  werden  auf  diese  wohl 
•Bezeit  bei  einer  mittleren  Temperator  von  15°  bis  etwa  18°  CL 
die  Giade  aufgetragen ,  dann  wird  das  Thermometer  mit  zwei 
Diikten  oder  übergeschraubten  kleinen  Bügeln  in  der  Gegend 
von  etwa  60°  nad  —  12°  auf  derselben  festgeklemmt*  Die 
Kegel  hängt  entweder  frei  unter  der  Scale ,  oder  ist  in  eine 
Vertiefung  derselben  eingesenkt,  znweilen,  und  wohl  meistens, 
ist  dann  zu  noeb  grosserer  Festigkeit  das  obere  verjüngt*  und 
leeerwinklig  umgebogene  Ende  der  Röhre  jn  ein  Loch  in  der 
Scale  genau  eingelassen.  Dafs  auf  jeden  Fall  bei  dieser  Ein-* 
nebrang  die.  Ausdehnung  des  Metalle  Berücksichtigung  Ver- 
ena©, harFiacmn*  zur  Erörterung  gebracht  f  weleher  diese 
such  auf  das  Glas  ausgedehnt  wissen  will,  und  ein  unleugbar 
Wihandener  Einflnfs  dieser  Ausdehnung  des  Metalles  geht 
auch  namentlich  aus  dem  Umstände  hervor,  dafs  man  leicht 
Wi  langen  Thermometern ,  namentlich  solchen ,  deren  Scalen  , 
•eunchtlieh  über  den  Siedepunct  des  Wassers  hinausgehe,  die 
obere,  genau  in  die  Vertiefung  eingesteckte  Spitze  abgebro- 
chen findet.  Von  diesem  Umstände  darf  man  jedoch  nicht 
aaf  eine  bedeutende  Größenänderung  sehliefsen;  denn  eben 
wenn  die  Spitze  bek  nuttlorec  Temperatur  scharf  passend  ein*» 


1  Verel.  AmdAmmg.  Bd.  I.  S.  985. 

2  fierHner  Deafcecbrifte*  181«  and  1817»  8.  88. 

IX.  Bd.  Ooo 


938  Thermometer. 

gesteckt  ist,  so  muff  sie  leicht  abbrechen ,  da  beide  Körper, 
das  Glas  und  das  Metall,  bei  einer  Veränderung  ihres  Volu- 
mens durch'  Wärme  nicht  im  Mindesten  nachgeben.  Um  ei- 
nen festen  Anhaltpunct  zu  haben,  wefcher  für  irgend  eine  Be- 
stimmung unumgänglich  nothwendig  ist,  wollen  wir  anneh- 
men, die  Thermometerröhre  werde  durch  ihre  Befestigungen 
so  auf  der  Scale  gehalten ,  dafs  die  Lage  des  Eispunctes  un- 
verändert bleibe.  Wird  dann  die  Ausdehnung  des  Kupfers 
und  des  Messings1  in  sehr  genähertem  Werthe  zu  0,00176 
der  Einheit  für  den.  Temperaturunterschied  zwischen  den  bei- 
den festen  Puncten  des  Thermometers  angenommen,  die  des 
Glases  aber,  die  hierbei  compensirend  wirkt,  zu  0,0009,  so 
beträgt  der  gröfste,  beim  Siedepuncte  des  Wassers  durch  die 
Ausdehnung  der  Scale  erzeugte  Fehler  nicht  mehr  als  — 0°,00086, 
welcher  aufser  dem  Bereiche ,  der  Messung  liegt. 

52)  Ein  größerer  Fehler  scheint   aus  einem  andern  ähn- 
lichen Umstände  hervorzugehn.     Nach  der  angegebenen  Vor- 
schrift soll  das  gesammte  Quecksilber  im  Thermometer,   also 
'nicht  blofs  der  Behälter,  sondern  auch  die  Röhre,  so  weit  des 
Quecksilberfaden   reicht,  sowohl  den   Dämpfen  des  siedenden 
Wassers,  als  auch  der  Berührung  des  schmelzenden' Schnees  bei 
v     der   Bestimmung   der  beiden   festen  Puncte  ausgesetzt  werden. 
Ist  dieses  nicht  geschehn,  so  wird  das  nicht  ausgesetzte  Ende 
des  Quecksilberfadens    eine   andere  Temperatur  als   die  Kugel 
und  der  eingetauchte  Theil  haben,     die  Mormalpuncte  können 
nicht  genau    seyn  und  die  gezeigten  Grade  des  Thermometers 
müssen  daher  corrigirt  werden.     Hebschel2  behandelt  diesen, 
durch  Gavsidish  der  Beachtung  empfohlenen  Fehler  ausführ- 
Fig.  lieh  und    giebt  Formeln  zur  Correction  desselben.       Ist  1  die 
'  Länge   des   Quecksilberfadens   beim  Eintauchen    der  Kugel  in 
Eis    und  x    die   Länge   desselben,    im  Fall  dafs  er  ganz  ein- 
t  getaucht  wäre,    t  endlich  die  Temperatur  des  freien  Quecksil- 
berfadens in  Graden  der   gegebenen   Scale   über  dem  Gefrier- 

puncte  des  Wassers  und  -r  die'  Ausdehnung   des   Quecksilbers 

o 

mit  Rücksicht  auf  die  gleichzeitige    des  Glases,    so  wird  die 

normale  Länge  =  x  des  Quecksilberfadens  durch  die  Tempe- 


1    Nach  Sabiub  in  Account  of  Experiment«  cet,  p.  207« 
%    Art.  Heat  in  Encyctopaedia  vetropolitana.  p»  2SO. 


CorrectioneiL  939 

ratnr  von  t    Graden  verwandelt  werden  in  x  -f-  -r.  Diese  ist 
aber  =  1  angenommen,  und  es  ist  also 

WMMU 

x=s L_=i_  h 


gefunden  ^rird.  Hirscbil  setzt  dann  den  Uebefschnfs  der 
Aasdehnung  des  Quecksilbers  über  die  des  Glases  oder  d  = 
6480  für  einen  Centesimalgrad  nnd  =  11664  für  einen 'Grad 
der  Fahrenheit'schen  Scale1,  wonach 

x=l—   ■  ^^  .  ■  .oder  1  -- 


6480  +  t^*  11664 +t 

wird.     Auf  gleiche  Weise  sey  1  die  Länge   des  den  Dämpfen 
des  siedenden  Wassers  nicht  ausgesetzten  Quecksilberfadens ,  xp. 
die  Lange  desselben  beim  £ispuncte  und  x  die  Lange  desselben,  08. 
wenn  er   den  Dämpfen  gänzlich  ausgesetzt  wäre^    t  die  Zahl 
der  Temperaturgrade ,  /  um  welche  der  Quecksilberfaden  weni- 
ger warm  ist,  als  die  Siedehitze  des  Wassers,  und  n  die  Zahl 
der  Grade  ,    in  welche  die  Scale  zwischen  beiden  festen  Puncten     , 
getheilt  ist,  so  wird,  wie  oben, 

'«+¥«0  +  5). 

*Uo  auch 

Beide  Gleichungen  in  einander  dividirt  geben 

iL  *  d+n 

T^.     .    n  —  t^d  +  n  —  t' 
1  +-J- 

also  ,         Id  +  In         j  lt 

d  +  »— t   =  +  d  +  n—  t; 

1  Die  Gröl*«  ,^  ist  bekanntlich  der  durch  Dclqmo  and  Petit 
gefundene  Uebenchof*  der  Ausdehnung  des  Queckailfcert  über  die  det 
GUici.    8.  Ann.  Chim.  et  Phyt.  T.  VIL  p.  188« 

Ooo  2 


940  Thermometer, 

Werden  für  3  und  für  n  ss  100  oder  130  die  Zahlenwerlhe  ge- 
setzt, so  ist 

x'ssl-1 — für  C. und  =H -1 fiir  F.  Grade. 

So  richtig  diefs  in  theoretischer  Hinsicht  ist,  so  liegt  doch 
die  wirkliche  Correction  aufser  dem  Bereiche  einer  erforderli- 
chen Genauigkeit,  wo  nicht  der  Möglichkeit  überhaupt,  so- 
fern die  Temperatur  t  über  dem  Eispuncte  oder  unter  dem  Sie- 
depuncte  wohl  überall  nicht  mef&bar  ist.  Man  würde  nämlich 
•ehr  mit  Unrecht  hierfür  die  Wärme  der  Umgebung  nehmen; 
denn  wäre  z.  B.  bei  der  Bestimmung  des  Eispuncte»  das  Zim- 
mer auch  15°  bis  18°  warm,  so  würde  diese  Temperatur  selbst 
einen  Fufs  über^dem  Gefäfse  mit  Schnee  einige  Grade  gerin« 
ger  seyn  und  bis  zur  Oberfläche  des  Schnees  bedeutend  ab- 
nehmen, die  Abkühlung  der  Röhre  und  des  in  ihr  befind- 
lichen Quecksilberfadens  nicht  gerechnet.  Es  mufs  daher  bei 
der  Vorschrift,  die  ganze  Röhre  mit  dem  Schnee  und  nach- 
her mit  den  Wasserdämpfen  in  Berührung  zu  bringen,  fest- 
gehalten werden»  Die  so  graduirten  Thermometer  werden 
dann  richtig  zeigen,  wenn  sie  bei  den  Messungen  sich  ihrer 
ganzen  Länge  nach  in  demjenigen  Medium  befinden,  dessen 
Temperatur  gemessen  werden  soll«  Ist  Letzteres  nicht  der  Fall, 
z.  B.  bei  Messungen  erhitzter  Flüssigkeiten ,  in  welche  nur  die 
Kugel  eingesenkt  wird ,  der  thierischen  Wärme  u.  s.  w. ,  so 
würde  hieraus  eine  Unrichtigkeit  erwachsen,  die  gleichfalls 
schwer«  meistens  gar  nicht  bestimmbar,  zugleich  aber  so  klein 
ist,  dafs  sie  füglich  vernachlässigt  werden  kann«  Inwiefern 
dieses  auf  die  in  die  Erde  gesenkten  Thermometer  anwend- 
bar ist,  wurde  bereits  oben1  untersucht 

53)  Die  Correction  d§*  Calibera  wird  gegenwärtig  für  un- 
umgänglich nothwendig  erachtet  und  alle  Thermometer,  mit  kaum 
stattfindender  Ausnahme,  gelten  in  dieser  Beziehung  für  fehlerhaft* 

HAllsthöm2  führt  ein  ganzes  Register  von  Thermome- 
tern an,  unter  denen  eins  aus  Vauqublis's  chemischer  Fa- 
brik Correctionen  zwischen  4°,69  und  —  1°,55  C.  erforderte, 
bei  den  übrigen  aber  hielten  sich  dieselben  ungefähr  zwi- 
schen  —  0«,2  bis  +  0°,06  und  0°  bis  1°,6  C.  Bei»?   fce- 

1  8.  Art.  Ifcftpmtor  der  ErdkruM*. 

2  Poggeudorff  Ann«  IX.  5Ä5. 
9    Ebend.  XI,  276« 


Correctionem  941 

sängt,  daEi  Mcfc  uio«o  Erfahrungen  jene  Thermometer  sieht 
w  den  schlechtesten  gehören  konnten,  auch  meint  er,  man 
aurfrsich  nieht  dadareh  täuschen  lassen,  wenn  Thermometer 
ws  derselben  Werkstatt  unter  «inander  übereinstimmten.  In 
diesen  Fall»  mabten  sie  aber  mit  einem  constanten,  in  ihrer 
Goaitrnction  liegenden  Fehler  behaftet  seyn,  wie  bei  denen, 
die  aus  der  Werkstitte  geübter  und  bewährter  Künstler  als 
vorzüglich  genau  kommen,  nicht  wohl  anzunehmen  ist,  und 
et  bleibt  daher  stets  ein  bekanntes  gutes  Mittel,  die  Richtig- 
keit der  Thermometer  im  Allgemeinen  zu  prüfen ,  wenn  man 
sie  unter  einander  vergleicht,  was  jedoch  gleichfalls  mit  der 
{•hängen  Vorsicht  geschehn  mufs.  Die  Hauptursache  der  4>e- 
teotenden  Abweichungen  sucht  man  in  einem  unrichtigen  Ca« 
liber  der  Röhren.  Bessel1  gab  eine  Methede  an,  bei  fertigen 
Thermometern  die  vorhandenen  Fehler  zu  corrigiren,  die  seit* 
den  nach  ihm  benannt  ist,  und  man  findet  daher  häufig  an* 
gemerkt,  dafe  die  zu  genauen  t  Versuchen  verwandten  Ther-» 
noneter  hiernach  corrigirt  seyen.  Gleichzeitig  brachte  Hall*- 
•teom3  ein  diesem  im  Wesentlichen  gleiches  Verfahren  in 
Vorschlag,  Eoki3  empfiehlt  eine  einfachere  Methode,  dem  Bes- 
trichen Verfahren  kommt  aber  dasjenige  nahe,  welches  Rüd- 
in ö4  bei  der  Correction  seiner  zur  Normal  -  Mafsbestimmung 
ditaenden  Thermometer  in  Anwendung  brachte,  und  auch  das«- 
jaoige,  welches  Kufffbr*  für  diejenigen  Thermometer  em* 
pfiehlt,  welche  zu  correspondirenden  meteorologischen  Beob- 
achtungen an  den  verschiedenen  Stationen  des  russischen  Rei- 
ches dienen  sollen.  Ich  werde  mich  bemühen ,  eine  lieber* 
»cht  des  wesentlichsten  Inhalts  dieser  schätzbaren  Untersu- 
chungen mitzatheilen. 

53)  Bei  fabrikmäßiger  Verfertigung  der  Thermometer  su- 
chen die  Künstler  blofs  nach  dem  Augenmafse  diejenigen 
Theile  der  sehr  langen,  von  den  Glashütten  ihnen  zugekom- 


1    Poggendorff  Ann.  VI.  287. 

t   Ebendaselbst  IX.  655.;     Ans   Aama^fariagar  angäende  termo- 
naterae  firfardiaande  och  Brak.  Aoad.  Mm.  Abo  ltfi. 

3  Peggeaderff  Ann.  XI.  529. 

4  EbeacL  XL.  566. 

5  Instraetiona  poar  faire    des    etaemtiens  mdseotelegiqnes  et 
i.  St.  Petertb.  1836.  8. 


942  Thermometer. 

menen  Rönren  aas,  die  ihnen  ein  gleiches  Caliber  «u  heben 
scheinen ,  schneiden  die'  erforderliche  Läofge  ab,  bringen  das 
Ende,  wo  ihnen  das  Caliber  nicht  mehr  genau  scheint,  nach 
unten,  und  haben  hierin  durch  Uebung  eine  soldhe  Fertigkeit 
erlangt ,  dafs  sie  nicht  allein  die  Gröfse  des  Behälter,*  der  Weite 
der  Röhre  blofs  nach  Schätzung  anzupassen  vermögen,  son- 
dern dafs  auch  manche  dieser  Thermometer  ziemlich  richtig 
sind,  wobei  es  sich  jedoch  von  selbst  versteht,  dafs  sie  gar 
nicht  für  den  Physiker,  sondern  blofs  für  gewöhnliche  Wet- 
terbeobachter gehören,  die  an  solche  Werkzeuge  nicht  mehr 
als  etwa  einen  Thaler  wenden  wollen.  Für  gute  Thermome- 
ter liegt  aber  das  Erfordernifs  des  richtigen  Calibers  so  nahe, 
dafs  kein  Verfertiger  derselben  damit  unbekannt  seyn  kann* 
Die  von  Gay-Lussac1  neuerdings  empfohlene  Methode,  ei- 
nen kurzen  Quecksilberfaden  nach  und  nach  in  der  ganzen 
Länge  der  Röhre  hinzuschieben,  um  aus  dem  Gleichbleiben 
oder  der  Veränderung  seiner  Länge  die  gleichmäßige  oder 
wechselnde  Weite  der  Röhre  zu  eotnehmen,  wurde  ehemals' 
und  wird  bis  auf  die  neuesten  Zeiten  herab  stets  in  Anwen- 
dung gebracht*  Schon  Heuser*  2  redet  davon ,  als  von  einer 
bekannten  Sache,  Lambert3  empfiehlt  einen  Quecksilberfa- 
den von  wenigstens  einem  Zoll  Lange  zu  nehmen,  und  sei- 
ner Autorität  folgen  alle  diejenigen,  welche  seitdem  über  die 
Construction  der  Thermometer  geschrieben  haben ,  deren  Werke 
gröfstentheils  bereits  oben  angegeben  worden  sind.  Es  darf  aber 
auch  in  dieser  Beziehung  ein  wesentlicher  Unterschied  nicht 
unbeachtet  bleiben.  Ehemals  setzte  man  voraus,  der  inner« 
Raum  der  Röhren  könne  in  Folge  der  Fabricationsart  kein 
absolut  genauer  Cylinder  seyn,  sondern  müsse  sich  etwas  der 
konischen  Form  nähern,  und  zwar  so,  dafs  derselbe  hiernach 
in  kaum  merklichen  Abstufungen ,  aber  gleichmäfsig  fortschrei- 
tend, entweder  weiter  oder  enger  würde.  Hieraus  folgt  von 
selbst,  dafs  ein  solcher  beginnender  Unterschied,  obgleich  im 
Anfange  verschwindend,    doch   durch  stete  Zunahme  allmälig 

1  Bbsibl's  astronomische  Beobachtungen.  Abth.  VIT.  Vergt. 
Poggendorff  Ann.  Vf.  287.  Koakbr's  Anleitung  übereinstimmend* 
Thermemeter  zu  verfertigen.  Jena  1824.  Bacmgartkm's  Physik.  Sup- 
plem.  8.114« 

%    Traft**  des  Thermometrea.  a  la  Heye.  1758.  p.44. 

9    Pyrometrie.  1779.  p.  81.  43. 


Correctionen.  gfö 

bedeutend  werden  müfste.  Wäre  dann  die  Gröfse  der  Zunahme 
von  einem  gewissen  Puncte  an  bis  zn  einem  andern  genau 
bekaont,  so  könnte  man  mit  einer  accuraten  Theil'maschine 
diese  Aenderung  in  die  Scale  übertragen  und  dadurch  den 
Fehler  des  Ca  Übers  corrigiren;  die  Künstler  blieben  aber  bei 
dergleichen  Theilung  der  Scalen,  uod  gingen  von  dem  Grund« 
sitze  aus,  die  Röhre  dürfe  nur  so'  weit  verwandt  werden,  als 
sich  keine  merkliche  Aenderung  ihrer  Weite  wahrnehmen  lasse« 
Aas  dieser  Ursache  wird  von  einer  grofsen  Masse  von  Röhren 
mir  ein  kleiner  Theil  zu  guten  Thermometern  wirklich  ver- 
wandt, der  Rest  aber  zu  den  schlechteren  genommen  oder  als 
imbrauchbar  wieder  eingeschmolzen ,  und  bei  der  Operation 
des  Calibrirens  von  hundert  und  mehr  Röhren  finden  sich  nur 
zwei,  drei  oder  etwa  fünf,  die  sich  für  längere,  über  den 
Siedepunct  des  Wassers  hinaus  gebende  Thermometer  eignen 
Bad  die  daher  von  gewissenhaften  Künstlern  nur  aus  Gefällig- 
keit oder  gegen  höhere  Preise  abgegeben  werden.  Ich.  ge- 
stehe, dafs  ich  nach  eigenen  Erfahrungen  und  aus  theoreti- 
schen Gründen  noch  immer  diese  Ansicht  theile.  In  Gemäfs- 
heit  der  Fabricationsweise  der  Thermometerröhren  mufs  der 
innere  Raum,  wie  mir  scheint,  konisch  werden,  aber  regel- 
näfsig  konisch;  allein  da  die  Abweichung  von  der  Cylinder- 
iom  nothwendig  sehr  langsam  und  allmälig  eintritt,  so  läfst 
ach  denken ,  dafs  für  eine  gewisse  Länge  der  Unterschied 
▼erschwindet  und  diese  als  genau  cylindrisch  gelten  kann«. 
Bei  drei  guten  Thermometern  habe  ich  einen  abgetrennten 
Quecksilberfaden  von  etwa  50°  bis  60°  Länge  in  mittlerer 
Temperatur  bis  zum  Siedepuncte  gleiten  lassen  und  eine  stets 
gfeichmäfsige  Zunahme  oder  Abnahme  wahrgenommen,  die  bei 
lern  schlechtesten  im  Maximum  0°,75  C.  betrug.  Wird  dann 
angenommen,  dafs  die  beiden  Normalpuncte  richtig  bestimmt 
«od,  so  fällt  das  Maximum  des'  Fehlers  wegen  des  Calibers 
in  die  Mitte  der  Scale,  ist  aber  auch  hier  so  gering, -dafs  er 
bei  dem  Mangel  an  Stabilität  der  zu  messenden  Wärme  in  den 
Fehlern  der  Messung  verschwindet.  Sonstige  Prüfungen  ha« 
ben  hiermit  im  Ganzen  übereinstimmende  Resultate  gegeben, 
denn  obgleich  bei  einer  von  Bessel  geprüften  Röhre  die  Un- 
gleichheiten bis  auf  T'T  stiegen,  so  mufs  man  doch  voraus- 
setzen, dafs  diese  Röhre  zu  den  sehr  schlechten  gehörte,  da 
sie    bei    einer   andern  von    Schaiaikski  nur  jfc  ««eichten. 


944  Thermometer. 

Sechs  Rohren  von  Gbiivzb,  welche  Eesv1  untersuchte,  zeig- 
ten Ungleichheiten  Ton  ^Vi  lAr*  *V$  *\r>  *V;  iV  »■*.*«* 
von  Apel  fV;  Vtri  T^t  l\)?  -SIT)  drei  von  unbekanntem  Urt 
Sprunge  xta;  ^;  ^.  Nehmen  wir  die  gröfste  unter  allen 
diesen,  so  ist  0°,05  auf  gewöhnlichen  Scalen  ohne  Anwen- 
dung künstlicher  Mittel,  und  wann  nicht  das  Ende  des  Queck- 
iilberfedens  einem  'f  heilstriche  sehr  nahe  steht,  kaum  meht 
unterscheidbar.  Das  von  Jovbs  in  London  verfertigte  Ther- 
mometer, dessen  sieh  Sabivs2  bei  seinen  Pendelmessungen 
bediente,  scheint  das  einsige  au  seyn,  welches  nach  genauer 
Prüfung  keine  meisbare  Abweichung  zeigte;  es  enthielt  aber 
nur  150  Grade  der  Fahrenheit'schen  Scale. 

Die  Ansichten  der  meisten  Physiker  der  neuesten  Zeit  sind 
aber  hiervon  wesentlich  verschieden.  Hiernach  sind  die  In- 
nern Räume  der  Röhren  nicht  regelmäßig  konisch,  sondern 
sprungweise  und  regellos  bald  weiter  bald  enger9,  und  dieses 
Voraussetzung  angemessen  ist  dann  auch  die  von  Gay-Lüs- 
sag  vorgeschlagene  Calibrirungsmethode.  Man  soll  hiernach 
einen  kurzen  Quecksilberfaden  in  der  Röhre  (vor  der  Verfer- 
tigung des  Thermometers)  verschieben,  so  dafs  das  hintere) 
Ende  stets  -wieder  genau  an  den  Ort  kommt,  den  das  vordere 
eben  verlassen  hat,  und  jederzeit  die  Lange  durch  einen  Dia- 
mantstrich bezeichnen,  um  eine  gewisse  Anzahl  Räume  von 
gleichem  Inhalte  zu  bekommen,  deren  Werth  nachher  beim 
Verfertigen  der  Scale  zwischen  0  und  100  interpolirt  werden 
kann.  Diese  Methode  ist  höchst  mühsam  und ,  wie  ich  meine, 
auoh  unsicher,  da  es  kaum  möglich  auf  jeden  Fall  höchst 
schwierig  ist,  das  Ende  des  Fadens  jederzeit  genau  unter  den 
Diamantstrich  zu  bringen,  und  man  läuft  Gefahr,  Fehler  hin- 
ein zu  corrigiren,  die  gar  nicht  vorhanden  sind.  Ruobe&&* 
meint,  in  sehr  engen  Röhren,  die  allein  zu  guten  Thermo- 
metern taugen,  würde  sich  ein  solcher  Faden  nicht  verschio- 


1  Poggendorff  Ann.  XI.  296. 

2  Experiments  to  determine  cct.  p.  18& 
%    Eos*  rertiekert,    Tier  Thermometer  geprüft  »od  toj  ui 

von  Weite  gefunden  an  haben ,  dafs  sie  keine  regelmässige  Stelle  von 
einigem  Umfange  darboten  und  daher  die  toq  ihm  früher  angege- 
bene Correotiontmethode  für  sie  nicht  genügte.  PoggendorfTs  Ann« 
XIII.  46. 

4    Poggendorff  Ann.  XL.  663. 


Corr^ciionen.  945 

bau  lasten ,  »Hein  dann  könnte  man  keine-  der  folgenden  Cor«* 
rectionsenethoden  in  Anwendung  bringen;  vielmehr  läfst  sieb 
durch  Hülfe  des  Luftdrucks  in  einem  an  beiden  Enden  offe- 
nen Röhreben  von  geringster  Weite  ein  Quecksilberfaden  ohnn 
Hohe  verschieben,  insbesondere,  wenn  man  nach  KörniVs* 
Vorschlage  die  Röhre  in  eine  Fassung  steckt,  die  mit  einer 
kleinen  Pump©  versehn  ist,  und  durch  Einpressen  von  Luft 
den  Qneckstlberfaden  an  die  erforderliche  Stelle  bringt.  So-« 
wohl  für  diese  Methode,  als  auch  für  die  sonst  üblichen 
4W  Calibrirens  empfiehlt  sich  diese  Vorrichtung,  bei  welcher 
man  sich  eine  feine  und  mit  gröfrter  Sorgfalt  richtig  getheilte 
Scale  verschafft ,  dieser  die  Röhre  parallel  legt  und  nach  ein-  pig; 
gebrachtem  Quecksilberfaden  an  der  Scale  vermittelst  eines  An-  89. 
schlagelineals  genau  die  gleichbleibende  oder  sich  verändernde 
Lange  desselben  mifst.  Das  hierbei  zu  befolgende  Verfahren 
ist  ans  der  Zeichnung  völlig  klar  und  ich  überhebe  mich  da- 
nn einer  weiteren  Beschreibung.  Ungleich  feiner  und  den 
sechsten  Grad  von  Genauigkeit  gewährend  ist  aber  die  durch 
Rvnm&*  angewandte  Calibrirungtmaschine ,  insbesondere 
wenn  man  dabei  eine  von  selbst  sich  darbietende,  obgleich 
nicht  unwesentliche  Verbesserung  anbringt.  Sie  besteht  aus 
einem  messingnen  Lineale  AB  von  gegen  2  Fufs  Länge,  aufpig, 
welchem  zwei  andere  Lineale  A  G  und  E  F  sd  befestigt  sind,  9°* 
daj*  sich  der  Fufs  m  n  des  Mikroskophalters  zwischen  den  pa- 
rallelen Seiten  derselben  mit  mäfsiger  Reibung  schieben  läfst« 
Auf  die  breitere  Leiste  CF  ist  eine  sehr  feine,  willkürliche 
TheiTang  auf  Silber  aufgetragen,  die  man  bis  zu  beliebiger 
Feinheit  treiben  und  durch  Verlängerung  der  zu  5  und  10 
TheUstrichen  gehörigen  Linien  leichter  ablesbar  machen  kann} 
bei  der  von  Rüdbirö  gebrauchten  war  der  Decirnalzoll  in  198 
Tbeile  getheilt«  Auf  diese  Leiste  wird  die  Thermometerröhre 
gelegt,  mittelst  zweier  Bügel  pq  und  sz  festgeschraubt,  und 
die  Längen  der  Quecksilberfäden  werden  dann  vermittelst  des 
Mikroskopen  M  abgelesen,  indem  die  Theilstriche  durch  die 
Glasröhre  sichtbar  sin?d«  Eine  Verbesserung  würde  darin  be- 
staun,   wenn  du  Fufsstück  mn    nicht  durch  Verschiebung, 


1    Anleitung  ubereinatimmende  Thermometer  an  Terfertigen«  Jena 

im. 

t   Poggenderff  Ann,  XU  572. 


946  Thermometer. 

sondern  vermittelst  einer  Mikrometerschraube  sanft  bewegt 
würde. 

■ ,  54)  Bessel's  Correctlonsmethode  bezieht  sich  sowohl  auf 
die  fehlerhafte  Bestimmung  der  beiden  festen  Puncte,  als  auch 
auf  ein  unrichtiges  Caliber  der  Röhre,  und  da  vom  Ersteren 
bereits  die'Re^e  war,  so  wird  es  geniigen,  blofs  das  Letztere 
zu  berücksichtigen.  Das  Verfahren  besteht  im  Allgemeinen 
darin,  Quecksilberfäden  zu  trennen  und  aus  den  Unterschie- 
den ihrer  Länge,  die  sie  an  den  verschiedenen  Stellen  der 
Scale  einnehmen,  gemessen  vermittelst  der  bereits  gezeichne- 
ten Grade ,  die  Abweichungen  des  Caliber?  und  die  für  die 
einzelnen  Grade  erforderlichen  Correctionen  zu  finden.  Um 
den  Baden  zu  trennen,  soll  man  die  Röhre  an  dieser  Stelle 
erwärmen  oder  nach  Eoev  mit  der  Spitze  der  Flamme  einer 
Blaslampe  dagegen  blasen ;  allein  du  Feh  blofse  und  selbst  starke 
Erwärmung  trennt  sich  das  Quecksilber  nicht,  sobald  es  ganz 
frei  von  Luft  und  Feuchtigkeit  ist,  wenn  man  die  Erhitzung 
Dicht  bis  zum  Siedepuncte  des  Quecksilbers  treibt,  und  dann 
werden  die  härteren,  eben  deswegen  aber  dauerhafteren  Glas- 
föhren durch  starke  einseitige  Erhitzung  leicht  springen ,  wes- 
wegen dieses  Verfahren  gerade  bei  den  besten  Thermometern 
am  gefährlichsten  ist1.  Die  Lange  der  Fäden  ist  willkürlich, 
indefs  mufs  der  erste  sich  mindestens  über  die  Hälfte  der  Scale 
erstrecken;  man  kann  diesen  dann  fortwährend  halbiren,  oder 
die  folgenden  um  willkürliche  Gröfsen  kleiner  nehmen,  und  die 
Correction  wird  um  so  viel  vollständiger  seyn,  je  gröfser  die 
Zahl  der  angewandten  Faden  ist,  wobei  der  letzte  Faden  klei- 
ner, als  die  Hälfte  des  ersten  seyn  soll.  Die  unteren  Enden 
bringt  man  der  Bequemlichkeit  wegen  mit  einem  Theilstriche 
der  Scale  zur  genauen  Berührung  und  zeichnet  den  Stand  des 
oberen  Endes  auf,  rückt  dann  auf  diese  Weise  in  beliebigen 
Intervallen,  etwa  von  5Q  zu  5°  oder  von  10°  zu  10°  weiter, 
bis  an  das  Ende  der  Scale,  wobei  sich  von  selbst  versteht, 
dafs  man   ebenso   gut   auch  vom,  oberen  Ende   des  Fadens  als 


1  Ich  möchte  rathen,  vor  der  Anwendung  der  Correction  erst 
die  Genauigkeit  der  Theilung  be(  den  Scalen  zu  nntertucheo,  denn 
sonst  können  leicht  Fehler  der  Theilung,  durch  Nachlässigkeit  oder 
Mangel  an  guten  Theilmasehinen  entstanden,  für  Fehler  des  Galibera 
gelten. 


Correctionen. 


947 


Anfangspnnct  ausgeht!  oder  beide  Methoden  verbinden  könnte* 
Bessel  erläutert  diese  Methode  durch  das  Beispiel  einer  Cor- 
rection,  die  er  bei  einem  Fahrenheit'schen  Thermometer  ver- 
mittelst 8  Fäden  in  Anwendung  gebracht  hat,  weil  aber  diese 
Grade  minder  gebrauchlich  sind,  aofserdem  die  Rechnung  dnreh 
iie  gröfsere  Zahl  der  Grade  und  die  Menge  der  Fäden  weit- 
kofiiger  wird  ,  die  Art  des  Verfahrens  aber  anch  durch  ein 
kürzeres  Beispiel  völlig  klar  wird,  so  wähle  ich  in  Ermange- 
lang eigener  Versuche  dasjenige,  welches  Baumgartvb&* 
mitgetheilt  hat«     Hiernach  waren 


Unteres 

TJ          1                ■ 

Ob 

eres 

Ende 

des 

Ende    des 

Fadens 

Fadens 

i 

I. 

•20,3 

II. 

HI. 

IV. 

—  '20 



—  10 

30,4 

24,7 

* 

^^ ^ 

.0 

40,6 

'»4,8 

24,40 

11,1 

+  10 

50,6 

44,9 

34,55 

->l,t 

+  20 

60,6 

54,9 

44,55 

MA 

+  30 

70,5 

rj4,8 

54,50 

41,1 

+  40 



74,7 

64,40 

51,0 

+  50 



74,30 

61,0 

+  60 

— 



— 

71,0 

Cm  bieraas  die.  Correction  zn  finden,  drückt  man  alle  Fäden 
ifl  einem  gleichen ,  an  sich  willkürlichen  Mafse  aus ,  denkt  sich 
jeden  an  die  Stelle  der  vorher  gebrauchten  Fäden  gebracht, 
als  ob  sein  unteres.  Ende  auf  den  Theilstrich  gefallen  wäre, 
aof  welchen  der  wirklich  gebrauchte  Faden  fiel.  Wird  dann 
düe  Stelle  seines  oberen  Endes  mit  derjenigen  Stelle,  welche 
der  Faden  in  der  Röhre  wirklich  einnahm,  verglichen,  so  giebt 
der  Unterschied  die  Correction  für  den  Punct,  auf  welchen 
das  untere  Ende  fällt.  Das-  untere  Ende  ist  auf  diese  Weise 
durch  das  obere  bestimmt,  und  man  erhält  also  so  viele  Be- 
stimmungen   desselben    Scalenelements ,     als    man    Fäden   ge- 


1  Natorlenre,  8opplem.  S.  124.  Ick  habe  nie  gewagt,  gute 
Thermometer  dieser,  wie  mir  scheint,  gefahrliehen  Operation  zn  un- 
terwerfen, mieh  dagegen  begnügt,  zufällig  oder  durch  blofses  Schüt- 
teln abgetrennte  Fäden  von  5°  zu  5°  fortgleiten  za  lassen,  und  auf  diese 
Weise  die  bereits  erwähnten  Resultate  erhalten« 


H 

5      < 

tu 


948  Thermometer. 

braucht  hat,  deren  Mittelwerth  die  gefachte  Correction  giebt, 
wenn  man  die  Verbesserang  für  de*  andere  Ende  de*  Faden* 
vernachlässigt.  Man  könnte  sich  daher  mit  einem  einzige* 
Faden  begnügen,  was  Gay-Lussag's  Methode  aeyn  würde, 
oder  mit  swei,  wobei  die  Annäherung  durch  die  Zahl  dei 
Fäden  stets  weiter  getrieben  wird.  Am  einfachsten  drückt 
man  die  Länge  des  Fadens  so  aus,  wie  er  von  Q  der  Scale 
anfangend  erscheint,  und  setzt  allen  folgenden  eine  unbekannte 
Correction  hinzu,  damit  sich  alle,  der  etwaigen  Ungleichhei- 
ten der  Röhre  ungeachtet,  auf  das  nämliche  Mafs  bezieh  n, 
worin  der  erste  ausgedrückt  ist.     Hiernach  ist  die  Länge 

des  Fadens     I  =  40,5 

H  =  34,8  +  c, 

III  ==  24,4  +  c, 

IV  =  11,1  +  «, 

Hiernach  giebt  die  obige  Tafel  für  die  zu  30  gehörigen  Groben, 
wenn  man  den  Fehler  durch  <p  bezeichnet: 

70,5  +  9  (70,5)  —  (30  +  9  30)  =  40,5 
64,8  +  ^(64,8)  —  (30  +  930)  =  34,8 +c, 
54,5  +  9(54,5)  —  (30  +  930)  —  24,4 +  c„ 
41,1  +  9(4M)  —  (30  +  930)  =  11,1  +  C,, 
and  hieraus 

30+9  30    =  30    +970,5 

=  30  +964,8— e, 
s=  30,1  +  954,5— clt 
=  30   +941,1  —  c,„. 

Aus  diesen  vier  Werthen  das  Mittel  genommen,  des  Mittel 
ans  den  Correctiooen  des  oberen  Theiles  der  Scale  =0  ge- 
setzt, erhält  man 

30  +  9  30  =  30,02  -  *  («,+«„+ O 
oder , 

*  (c.  +  c„  +  cj  =  C  gesetzt, 
9  30  =  0,02  —  C 
Durch  ein  gleiches  Verfahren  müssen  die  zu  20,  10,  0  gehö- 
rigen Werthe  gesacht  werden,   nnd  man  findet  nach  Baum- 
•AtvraiB. 

9  20  =  0,08 — C 
9  10  ■  0,08  —  C 
v    m  0  an  0,00  —  C 


CoiTectioneii»  049 

Sefst  aea  '»  dBesett  Werthe*  die  Fedeidaegeu  «nd  vergleicht 
»an  das  Ergebnifs  -der  Summirung  mit  den  in  der  Tabelle 
angegebenen  Werften,  so  erhalt  man  die  Correctionen  für 
diejenigen  8telka  der  Scale,  wo  sich  das  obere  Ende  des 
Fadeos  befand,  während  das  untere  mit  0,  10,  20,  30  ausam- 
atnael.    Dieses  giebt  für  den  Faden  I 

O  +  9O  =»    0,00—  C 
i*m  Feien  I  '   am  40,50 

40,50  +  g>40;5Q=  40,5(^—  C 

mithin 

9  40,50  =    ,0,00  —  a 

Ebenso  wird 

10  +  »10      a  10,08  —  C 
datuFafeftl  =  40,50 


50,6  +  g>50;6    a  50,58— C 
ibo  * 

900,6    as— 0,02  —  C. 

Auf  gleiche  Weise  erhält  man 

f60,6   =—  0,01—  C 
970,5    a     0,02—  C. 

Baum&aathka  erhielt  aus  den  mit  Faden  II  gefundenen  Wer- 
then  auf  gleiche  Weise 

.  9>34,8  a      0,00—  C  +  c# 

944,9==— 0,01  —  C  +  c, 

V54,9  ==— 0,02  —  C+c, 

5>64,8a=     0,02  — C  +  c,; 
durch  Faden  HI 

f24,4    ==—  0,01  —  C  +  c„ 

9  34,55==—  0,07  — C  +  c 

944,55  ==—  0,07  —  C+c 

954,50  =—  0,08  —  C+c*4; 
durch  Faden  IV 

911,10  a=  0,00  —  C+e„; 

921,10  aa  0,08  —  C+c 

931,10  as  0,08  —  C+c 

„41,05  ==  0,02  —  C  +  c 

Um  die  Werthe  von  cj    cw;  c^g  zu  entfernen,    nimmt  man 
aus  allen  mittelst  desselben  Fadens  erhaltenen  Resultaten  das 


§§ 


tu 


050  TherniometeiV 

Mittel  and  setzt  das  Mittel  det  •  Correctionen  friedet  •  =  0. 
Dieses  giebt 

0  =  —  0,01  —  4  C  mitbin  C  =     0,00 

0  =  — 0,01— 4C  +  4e,  c  a     0,00 

0  =  — 0,23  — 4C +4oÄ  c(  =    0,06 

0  =  —  0,18  -  4  C  +  4  c,#<  c„,= — 0,05. 

Wenn  man  vermittelst  der  hier  gefundenen  Werthe  die  obi- 
gen Größen  von  c  ;  c^;  c/(  befreit,  so  erbält  man  für  den 
Ff  den  III  und  IV  folgende  Gräften : 

y  24,40  =  0,05  —  C  <p  11,1  =—0,05  —  C 
9>34,55  =— 0,01  —  C  g>  21,1=  0,03  —  C 
9)44,55=— 0,01— C  9>31,1=  0,03  —  C 
q>  54,50  =—0,02—  C         tp  41,1  =—0,03  —  C. 

In  den  Resultaten  mit  dem'  ersten  Faden   kommt  o  nicht  vor 

und  in  denen  mit  dem  zweiten  ist  o^=0» 

Da  C  bekannt  ist ,  so  könnte  man  bliese  Gröfse  wegschaf- 
fen, allein  dieses  ist  unnöthig,  da  alle  Scalentheile  dadurch 
gleichmäfsig  afücirt  werden  uod  es  bei  der  genauen  Bestim- 
mung des  Eispunctes  wegfällt.  Uebrigens  beziehn  sich  die 
gefundenen  Correctionen  auf  Scalenpuncte  mit  Decimalbrüchen  ; 
sofern  es  sich  aber  mehr  um  die  Bestimmung  der  Correctio- 
nen für  die  ganzen  Scalentheile  handelt ,  so  lassen  sich  diese) 
aus  jenen  herleiten.  Man  bringt  zu  diesem  Ende  alle  obere 
beobaohtete  Scalenpuncte  in  natürlicher  Ordnung  in  eine  Ta- 
belle und  setzt  denen ,  wofür  die  Correction  bereits  gefun- 
den ist,  diese  hinzu*  Alsdann  vereinigt  man  diejenigen  Zahlen, 
welche  nahe  an  einer  zu  suchenden  runden  Zahl  liegen«  zu 
einem  arithmetischen  Mittel  und  sucht  die  Correctionen  füi 
jene  runden  Zahlen  durch  Interpolation.  Die  folgende  Tabelle 
enthält  die.  schpn  gefundenen  Correctionen  so  zusammenge- 
stellt, wie  sie  sich  *ur  Auffindung  der  arithmetischen  Mittel 
vereinigen  lassen« 


Correctionen; 

I  X 


951 


X 

4>x 

11,1 

—  0,05 

21,1  +  0,03 
24,4+  0,05 
31,1  -f-  0,03 

34>5 
34,8 
40,5 


—  0,01 
+  0,00 
+  0,00 


41,1 
44,55 
44,9 
50,6 


<px 


—  0,03 

—  0,0t 

—  0,01 
-0,02 


—  0,02 

—  0,02 

—  0,01 


64,8 
70,5 


+  0,02 
+  0,02 


Hieraas  findet  man  folgende  arithmetische  Mittel: 


25,53 
39,90 
45,41 


qpx 


+  0,03 
+  0,00 
—  0,01 


56,65 
67,65 


<JPX 


-  0,01 
+  0,02 


md  aas  allen  Verbesserungen  durch  Interpolation 


q>   0°  e=  0,00 

9io°  =  o,oe 

920°  =  0,08 


<p30°  =  0,02 
9  40°  =  0,00 


q>  50°  =       0,02 
q>  60°  =  —  0,01. 


Üb  die  Correctionen  für  —  10° ;  —  20°  zu  bestimmen,  mufs 
■an  die  Länge  der  Fäden  kennen,  welche  bekannt  wird, 
wenn  man  sie  von  dem  anhängenden  c  befreit.  Man  findet 
hiernach: 

1=40,5;    11  =  34,8;    111  =  24,46;    IV  =11,05. 

Man  nimmt  hierauf  aus  der  ersten  Tabelle  die  dann  gefunde« 
aen  GrBfsen,  als  das  untere  Fadenende  au!  — 20 ;  -—10  u.s.  w. 
Hand,  setzt  dem  oberen  Ende  die  aus  dem  Vorhergehenden 
um  zukommenden  Verbesserungen  hinzu ,  zieht  die  Faden- 
feige, anf  -welche  sich  dieses  bezieht,  ab  und  ertialt  auf  diese 
Weise  q> —  20;  ?  — 10  u.  i.  w.  Jm  vorliegenden  Falle  ist 
ajtmach 

20,3  +  9)20,3    =     20,8 
davon  Faden  I  =      40,5 


pebt 

Ebenso  wird 


9  (—20)  =—  0,3. 


9  (—10)  =—  0,06. 

Die  bisher  aufgefundenen  Verbesserungen  geben  die  erste 


952  Thermometer. 

Annäherung,  die  nun  benutzen  kann,  um  die  oberen  Faden- 
enden in  der  ersten  Tabelle  zu  corrigiren.  Wiederholt  man 
das  nämliche  Verfahren  mit  diesen  verbesserten  Elementen 
aufs  Neue,  so  erhält  man  eine  zweite»  noch  genauere  Annä- 
herung ,  die  sich  dann  auf  gleiche  Weise  zu  einer  dritten  An- 
näherung benutzen  liefce,  u.  s.  w.  Wenn  aber  die  Correctio- 
nen  ohnehin  klein  sind,  wird  man  sich  dieser  Mühe  über- 
heben« 

SS)  Egebt  1  hat  eine  von  ihm  mit  Vortheil  angewandte 
einfache  Correctionsmethode.  angegeben,  die  sich  auch  für  noch 
nicht  gefüllte  Röhren  benutzen  und  vermittelst  der  oben  be- 
schriebenen/ Calibrirungsmaschine  nach  Gay-Lussac  nnd 
Körner  bewerkstelligen  liefse,  wenn  man  in  voraus  einen  ge- 
wissen Anfangspunct  der  Scale  bezeichnete,  welchem  man  spä- 
ter die  nach  dem  Xaliber  zu  theilende  Scale  anpassen  könnte, 
die  dann  vermittelst  der  Calibrirungsmaschine  in  völlig  rich- 
tige Grade  getheilt  werden  müfste.  Die  Methode  verdient 
vorzüglich  die  Aufmerksamkeit  der  Künstler,  die  durch'  An- 
wendung derselben  in  den  Stand  gesetzt  würden,  auch  wenn 
wirklich  die  Röhren  nicht  konisch,  sondern  unregelmäßig 
wechselnd  bald  weiter,  bald  enger  seyn  sollten,  den  Physi- 
kern auf  gleiche  Weise  richtige  Thermometer  zu  liefern,  als 
die  getheilten  Kreise  der  Astronomen  sind.  Egeä  wendet  ei- 
nen etwa  2  Lin.  breiten  und  j-  Lin,  dicken  Sil  berstreif  eo  an, 
mit  einer  möglichst  gleichen  Eintheilung  verlehn,  so  dafs  die 
feinen  Theilstriche  etwa  0,07  Lin.  von  einander  abstehn,  nnd 
wobei  sich  vermittelst  zwölfmaliger  Vergrößerung  durch  da* 
Mikroskop  immer  noch  Zehntel  derselben  schätzen  lassen.  Die* 
ser  Streifen  wird  mit  Silberdraht  unbeweglich  an  die  Röhre, 
am  festesten  in  der  Nähe  des  Eispuncies,  gebunden«  Es  wird 
dann  ein  Quecksilberfaden  von  etwa  30  Graden  Länge  ge- 
trennt und  dessen  Lange  an  den  verschiedenen  Stellen  der 
Röhre  gemessen,  die  Operation  wird  dreimal  wiederholt,  und 
wenn  sich  keine  bedeutenden  Unterschiede  zeigen,  wie  in  der 
Regel  nicht  der  Fall  zu  seyn  pflegt,  so  nimmt  man  aus  den 
erhaltenen  drei  Werthen  das  Mittel.  Bei  der  ersten  Beobech- 
tungsreihe  wird  das  untere  Ende  des  Fadens<  jederzeit  auf  ei- 
nen Zehner  der  getheilten   Scale  gestellt,    bei  den  folgenden 


1    Poggendorff  Ann.  XL  SSO. 


Correctionen.  953 

auf  die  benachbarten  Theilstriche,  und  so  bringt  man  dasselbe 
stets  von  200  zn  200  Thcilen  höhet  hinauf;  des  Thermometer 
mub  hierbei  auf  ein  Brat  gebunden  eeyn    und  der  Quecksil- 
berfaden  wird  durch  sanfte  Schläge  gegen  dasselbe  weiter  ge- 
rockt     Weil  man  mit  diesem  längeren  Quecksflberfaden  nur 
die  oberhalb  desselben  befindlichen  Räume  messen  kann,    in*- 
dem  der  von  unten  nach  oben  geschobene  Faden    unten   stets 
einen  Raum  leer  läfst  und  oben   einen  gleich  groben  ausfüfit, 
deren  Gröfsen  sich  also  umgekehrt  wie  die  Längen  des  in  ih- 
nen befindlichen  Quecksilberfadens  verhalten,    so  mufs  nach- 
her auch   der  anfänglich  von  dem  längeren  Quecksflberfaden 
eingenommene  Raum  geprüft  werden,  wozu  man  einen  andern 
Faden  von  etwa  10°  Länge  abtrennt.      Man   wählt  för  diese 
zweite  Messung  einen  Theil  der  Röhre,  welcher  sich  anfäng- 
lich als  vorzüglich   genau  zeigte,    und  kann   also   die   Mühe 
sparen*   noch  diesen  letzten  Raum  von  10°  Länge  zu  messen, 
weil  solche  Stellen  von  völliger  Genauigkeit  sich  iö  der  Regal 
luden;    im    entgegengesetzten   Falle  müfste  man   noch  einen 
Faden  von  etwa  3*  Länge  abtrennen.     Bei  dem  längeren  Fa- 
den mufs  übrigens   ein  merklicher  Temperaturweehsel  vermie- 
den werden,    welcher  bei  den  kürzeren  nicht  in  Betrachtung 
kommt    Um  endlich  den  Werth  der  willkürlichen  Scalentheile 
»Graden  der  gegebenen  Thermometerscale  auszudrücken,  dient 
eine  Tabelle,  welche  den  Werth  von  jedem  Zehnerstriche  in 
Tnenbometergraden  angiebt  und  vor  dem  Auftragen  der  Scale 
berechnet  werden  mufs.      E*  scheint  mir  überflüssig,    dieses 
einfache  und   leicht  verständliche  Verfahren   durch  ein  Bei- 
spiel an  erläutern,  welches  Eei*  in  grdtster  Ausführlichkeit 
aittbeilt* 

KurFFtaft  Methode  ist  genau  die  von  Bissst  empfoh- 
lene, indefs  hat  et  sich,  so  wie  Baümgaii tOR ,  auf  die 
Anwendung  von  vier  Fgden  beschränkt;  Rudbehö's  Methode 
anterscheidet  sich  aber  dadurch,  dafe  er  fradenllngen  wählt, 
deren  Längen  entweder 

's»    $i    Tfi    tti    $§•••*•• 

«*»  **  *;    4?  -fr*  tts -!*•••'•• 

des  ganzen  Raumes  zwischen  dem  Bis*  und  Siedepuncte  be- 
tragen, dieee  an  die  verschiedenen  fiheflen  j)er  Röhre  gleiten 
llfst  und  aus  den  Unterschieden ,  welche  ihre  berechnetet! 
und  gemessenen  Längen  betragen,  die  Ungleichheiten » der 
OL  Bd.  Ppp 


954  Thermometer. 

Wekep  der  Qdhre.  findet.  Das  Messen  der  Lungen  geschieht 
vermittelst  der  oben  §.  53  beschriebenen  Maschine ,  die  Tren- 
nung des  Fadens  aber  durch  Erwärmen  der  Glasröhre  bis 
cum  Sieden  des  Quecksilbers  an  derjenigen  Stelle,  wo  man 
die  Trennung  bewirken  will,  ein  Verfahren,  welches  auch 
KtJFFFiB.  empfiehlt. 

56)  Qorrsction  w$gm  ungkkJunBfaiger  Ausdehnung  dir 
thermoskopüchsn  Substanz.  Dia  Thermometer  würden  unter 
.der  Voraussetzung,  dafs  die  Vermehrungen  der  Wärme  den 
Vergrößerungen  des  Volumens  proportional  sind,  die<  Tempe- 
raturen richtig  angeben  ,  soweit  die  Genauigkeit  vermittelst  der 
engewandten  Correctionen  erreichbar  ist,  allein  eben  die  Vor- 
aussetzung jenes  Verhältnisses  ist  nur  bei  der  Luft  vorhanden, 
fehlt  aber  bei  allen  andern  thermoskopischen  Substanzen.  Sol- 
len also  die  mit  den  letzteren  gemachten  Messungen  richtig 
seyn*  so  mufs  bei  ihnen  nothwendjg  noch  eine  Correction  an- 
gebracht werden,  um  sie  auf  die  einzig  richtigen  des  LufL- 
thermometers  zu  reduciren« 

;  (Für  das  QuscJbsiiberthermometer  ist  eben  bereits  «ngegeben 
.worden,  dafs  die  darin  enthaltene  thermoskopische  Substanz 
von  etlichen  Graden  über  ihrem  Gefrierpuncte  bis  zum 
puncto,  also  von  etwa  —36°  bis  ■+:  100°  G,  gleicl 
genug  ausdehnt ,  um  keiner  Correction  zu  bedürfen.  Dieser 
jetzt  allgemein  angenommene  Säte  beruht  auf  den  Besahst*«, 
wejohe  Dpiona  und  Petit  aus  ihjren  Versuchen  übet  die 
Ausdehnung  de«  Quecksilbers,  verglichen  mit  der  der  trock- 
ne* I^uft,  «tjhalten  haben;  Legen  wir  diese,  die  bereits  tue«* 
fuhrlich  anitgalhaift  worden  sind1,  so  lange  zum  Grunde,  ftis 
vielleicht  mögliche  genauere  eine  andere  Belehrung  geben,  *o. 
lassen  .siel*  für  die  Reduction  auf  des  Lmftthermometer  folgende 
ßegeln  daraus  entnehmen.  Zuerst  bedarf  das  Quecksilber^Jter«- 
mometer  für  alle  Grade  unter  dem  Eispuncte,  die  damit  meCs- 
bar  sind,  keiner  Correction;  denn  wenn  auch  die  Temperatur 
bis  zum  Gefrierpuncte  ^dieses  Metalles,  also  bis — 39°  &  mit 
Queckjrilberthermomete^n  gemessen  werden  sollte,  so  kommon 
die  wenigen,  in  dieser  Beziehung  noch  nicht  untersuchten 
Grade  durchaus  in  keine  Betrachtung,  da  die  Versuche  der  ge- 
nannten Gelehrten  sich  bis  —  3&f  ,29  ft  erstrecken.    Nach  der 


«r^-fri 


% .  8.  Art.  AsMkmmg.  Bd.  I.  8.  599. 


Corroctionen.  955 

imtgetiteQten  Zasemmenstellung  der  von  ihnen  gefundenen  cor- 
lespoudirenden  Grude  de«  Quecksilbtrthermometers  Q.  and  de« 
Lafttkermometeis  L.  geben  diese  folgende  Gröfsen: 

Q.  29,68;  30,46;  31,26;  31,63;  32,27;  33,31;  34,72;  36,29 
L  29,64;  30,59;  31,04;  31,54;  32,13;  33,40;  3434;  36,18 

Difc -0,04;  +0,13;  -0,22;  -0,09;  -0,14;  +0,09;  +042;  -CM». 

Die  Unterschiede  sind  Im  Allgemeinen  grofs,  so  dafs  sie  durch 
vermehrte  Genauigkeit  wohl  hätten  vermindert  werden  ken- 
nen. Nehmen  wir  sie  indefs  so,  wie  sie  vorliegen,  so  wech- 
seln sie  vom  Anfange  bis  ans  Ende  im  Zeichen ,  nnd  ein  con- 
stanter,  aus  ungleicher  Zusammenziehung  des  Quecksilbers 
entspringender  Fehler  wird  daher  durch  sie  nicht  angezeigt. 
Bekanntlich  ziehn  sich  die  Flüssigkeiten  durch  zunehmende 
Kalte  weniger  zusammen ,  die  Grade,  welche  sie  am  Thermo* 
meter  zeigen,  bleiben  daher  hinter  denen  des  Luftthermome- 
ters zurück;  da  aber  bei  —  29ö,68  schon  ein  entgegengesetzter 
Fehler  vorhanden  ist,  so  müssen  wir  diesen  oder  können  ihn 
wenigstens  als  einen  constanten  der  Scale  betrachten,  in  was, 
immer  für  einer  Ursache  er  auch  gegründet  seyn  mochte.  Ziehn 
vir  diesen  von  allen  einzelnen  Differenzen  ab ,  so  erhalten  wir 
folgende  verbesserte  Werthe :    * 

Kff.  0,00;  +0,17;  -0,18;  -0,05;  -0,10;  +0,13;  +0,16;  -0,05. 

Diese  Differenzen  addirt  geben  —  0,08,  eine  unbedeutende 
Grobe,  die  noch  obendrein  dem  Fehler,  welcher  durch 
gröbere  Zusaramenziebung  des  Quecksilbers  zu  erwarten  war, 
entgegengesetzt  ist*  weswegen  wir  hiernach  Regelmäßigkeit 
der  Zusammenziehung  des  Quecksilbers  mindestens  von  —  36°,$9 
bis  zum  Eispuncte  annehmen  müssen»  Das  Quecksilberther- 
mometer  bedarf  also  wegen  ungleichförmiger  Ausdehnung  keine 
Gorrection  seiner  Grade  unter  0°  C.,  ein  Resultat,  welches 
sich  daraus  erklaren  läfst,  dafs  dieses  Metall  nicht,  wie  das 
Wasser  9  sich  vor  dem  Gefrieren  wieder  ausdehnt. 

Die  Resultate1,  welche  ebendiese  Physiker  für  die  'Aus- 
dehnung des  Quecksilbers  über  0°C.  erhalten  haben,  sind  un- 
zulänglich, nm  ein  regelmässiges  Gesetz  der  Ausdehnung  die* 
ses  Metalle»  aufzufinden ,    denn  dieses  verlangt  einen  für  alle 


1    S.  ebendaselbst. 

Ppp  2 


956  Thermometer. 

Grade  de*  gewählten  Thermometers  p ältlichen  analytischen  Aus- 
druck,  Dich  welchem  dann  die  Difierei«  von  0*  bis  100* 
unmöglich  =a  0  «yu  konnte,  vi«  ans  den  genannten' Veno- 
chan  folgt;  wohl  aber  können  sie  nnter  der  Voraussetzung;  daft 
die  Zunahme  der  gleichen  iifsigen  Ausdehnung  bis  100°  C.  un- 
merklich, von  da  an  aber  merklich  und  von  den  genannten 
Gelehrten  rishtig  gemessen  worden  sey,  iur  Auffindung  der  er- 
forderlichen Correctionen  für  das  Quecksilbartherniometer  von 
100°  C.  bis  zum  Siedepuncta  benutzt  werden.  Setzt  nun  die  für 
gleiche  Zunahmen  des  Quecksilbertbermometert  nnd  des  Lnft- 
thermomaters  gefundenen  Greisen  neben  einander,  und  sacht 
man  die  Differenzen  der  letzteren,  so  erhält,  man  folgende 
Werthe: 


Die  dritten  Differenzen  sind  hiernach  constant,  die  zu  50 
Graden  des  Quecksilberthermometers  gehörigen  Grade  des  Luft- 
thermometers bilden  also  eint  arithmetisch»  Reibe  der  zweiten 
Ordnung,  und  es  läfst  sich  demnach  ein  Ausdruck  für  die 
GroTsen  finden,  die  man  von  den  beobachteten  Graden  des 
Qnecksilberthermometers  abziehn  mufs,  um  sie  auf  Grade  des 
Luftthermometers  zu  reduciren.  Hierbei  darf  nicht  übersehn 
werden,  dafa  die  Zunahmen  des  Quecksilberthermometer*  von 
50  zu  50  Graden  fortschreiten,  aufsei  bei  der  letzteren  Gräfte. 
Waren  die  Bestimmungen  absolut  richtig ,  so  würde  diese  letz- 
tere Abweichung  bei  der  Gleichheit  der  dritten  Differenzen  zu 
der  gewiTs  unstatthaften  Folgerung  führen,  defs  die  Aus- 
dehnung des  Quecksilbers  über  300  Grade  hinaus  wieder  ab- 
nähme;   allein  es  ist  zu  schwer,    den  Gang  seiner   Ausdeh- 


Correctionerj.  957 

nnng  so  nahe  *m  Siedepunete  scharf  so  messen,  und  zudem 
bleibt  es*immer  fraglich,  bei  welchem  Grade  des  Luftthermome- 
ters and  des  Qaecksilberthermometers  der  Siedepanct  des  Qaeck« 
ȟbers  eintritt,  da  er  nach  einer  andern  Bestimmung  dersel- 
ben Gelehrten  bei  350°  des  Luftthermometers  und  bei  356°  des 
Qaecksilberthennemeters  liegen  solL  Hiervon  abgesehn  labt 
sich  diejenige  Gräfte,  welche  nun  von  den  beobachteten  Gra- 
den des  QuecksUberthermometers  abziehn  mub,  am  sie  auf 
Grade  des  Lufhhermometers  xu  redaciren,  leicht  anfanden« 
Bezeichnet  man  50  Grade  des  Qaecksilberthermometers  als 
Einheit  durch  s,  berücksichtigt  man,  dafs  die  dritten  Diffe- 
renzen =  0,35  nach  der  Reihe  der   natürlichen  Zahlen  sum- 

mirt  werden  müssen ,  deren  Summe  =     *    *y —  ist,  dafs  fer- 

2 

aer  diese  Differenz  erst  beim  dritten  Gliede  anfangt,  and  be- 
zeichnet man  die  von  den  beobachteten  Graden  des  Qaeck- 
silberthermometers abzuziehende  Zahl  durch  y,  so  ist 

-*7 = 1,3  + 1,65 .  s  +  *-^-=^  X  035. 
Hieran  wird' 

-y=13  +  1,4755  +  0,175s»; 
w«fl  aber  die  beiden   letzten  Glieder  f iir  *  =  1  verschwinden 
Bussen,  so  ist 

—ja  13  +  1,475  (s—l)  +  0,175(s-l)»,    , 

welches  aufgelöst  giebt 

— y— 1,125.»+0,175.8*. 

Werdern  dann  die^Thermometergrade  der  Centesimabcale  des 
Quecksflberthermometers  durch  t  bezeichnet  and  t— 100  durch  t', 

— y=a0225t'  +  0,00007t'* 

diejenige  GrbTse,  welche  von  den  Graden  des  Quecksilber« 
thermometers  über  100°  C.  abgezogen  wird,  am  sie  in 
Grade  des  Loftthermometers  zu  verwandeln1.  Wurde  die 
Temperatur  in  Graden  0  der  ReaamiiVschen  Seele  gemessen 
and  heilst  #==0—80,  so  ist 

1  Diese  Formel  habe  ich  eoerst  gebraucht,  alt  ich  die  bei  der 
gesessenen  Ausdehnung  der  tropfbaren  Flüssigkeiten  beobachteten 
Grade  redecirte.  8.'  meine  Abhandl.  über  die  Ansdehneng  der  tropf- 
baren  Flüssigkeiten  in  den  HUm.  de  Petenb.  P.  121.     Vor  de»  Er- 


058 


Thermometef. 


— y  «0,0225  &  +  0,0000875  &  * 

die  absutiehend*  Gröfse.  Die  folgende  Tabelle  .enthält  die 
Grade  des  Qaecksilberthermometers  Q.  nach  der  Centesitnal- 
scale  und  daneben  die  ihnen  gleichen  des  Laftthermometers 
L.,  woraus  also  die  Correctionen  unmittelbar  za  entnehmen 
sind»  Für  die  ReaumüVsche  Scale  gleichfalls  eine  Tafel  zu 
berechnen  scheint  tnir  unntfthig ,  da  man  die  erforderlichen 
Reductionen  aus  der  oben  gegebenen  Tabelle  leicht  entneh- 
men kann. 


scheinen  derselben  machte  Augost  dieselbe,  aaa  jenen  Elementen 
abgeleitete,  Correctionwormcl  bekannt.  S»  PoggeodorfTt  Ann,  XIII. 
119. 


Corrcctionen. 


959 


Thermometer. 


Thermobarometer.  961 

57)  Weingwttthermometer  wird  man  für  Messung  höhe-* 
nr  Wärmegrade,  sobald  es  auf  eine  grossere  Genauigkeit  an- 
körnst, nicht  in  Anwendung  bringen >  «od  es  dürfte  in  die- 
ser Beziehung  ritbüch  eeyn,  sie  nach  einem  richtigen  Queck~ 
dbarthermometer  im  Wasserbade  mit  Anwendung  gehöriger 
Vorsicht,  insbesondere  wegen  ihrer  größeren  Unempfindlich- 
kait,  von  10  zu  10  Graden  empirisch  «u  gradniven,  Sacht 
tun  hierbei  nach  genauer  Bestimmung  das  Frostpunctes  10°  C. 
üWr  0°  möglichst  scharf  anazamitteln,  was  sich  sogleich  durch 
Vergleichfing  der  «wischen  diesen  beiden  Puncten  liegenden 
Liege  der  Scale  mit  denen  «wischen  +  10°  und  +  20^  des- 
gleichen «wischen  +  30°  and  +  30° ,  allenfalls  anch  bis  40° 
nad  50°  controliren  läfst,  genaues  Caliber  vorausgesetzt,  uo 
kann  man  jene,  10  Graden  über  0°  sngefctfrige  Länge  als  nor- 
males Intervall  fiur  je  10  Grade  unter  0°  ohne  grofsen  Feh« 
kr  auftragen  und  danach  die  Scale  theilen.  Ein  unübersteig* 
Eshss  Hindernils  einer  genügenden  Gorrection  der  tieferen 
Kältegrade,  so  wünschen* werth  diese  auch  seyn  würde,  Uegt 
ia  der  unbekannten  Reinheit  des  angewandten  Alkohols»,  Sollte 
ditse  aber  bekannt  *eyn,  oder  wollte  man  Thermometer  von 
Pstrolenm  und  Schwefelkohlenstoff  einfuhren,  so  lieisen  sich 
die  Scalen  ohne  Schwierigkeit  richtig  theilen  oder  bei  gleich* 
gttheihen  die  erforderlichen  Correctionen  mit  sehr  genäherter 
Geaanigkeit  ans  denjenigen  Grdüsen  entnehmen ,  die  für  die 
Ausdehnung  dieser  Flüssigkeiten,  namentlich  von  mir  selbst1, 
•^gefunden  und  berechnet  worden  sind» 


G.     Eigentümliche   Arten    von   Ther- 
mometern» 

58)  a.  Bellabi2  hat  einen  der  Beachtung  allerdings  wer- 
then  Apparat  bekannt  gemacht  und  Thermobarometer  genannt, 
welcher  jedoch  schon  im  Jahre  1819  durch  Jaubeet  in  Dijon 


i 


t 


1    8.  meine  mehrgenannten   Abhandlangen  8.  88.   der  deutschen 
«ad  8.  84.  der  französischen.    Fechner's  Repertorium.'  Th.  II.  S.  441. 

*   Bragnatelli  Giornale  di  Fisica  1827.    Setto  Bin.  p.  455.    Wie- 
ner Zeiuchrift  Th.  IT.  8.  228. 


962  Thermometer. 

Fig.  erfanden  and  Busgeführt  worden  seyn  soll1.    Dasselbe  ist  nichts 
9£  weiter  eis  ein  Barometer  nach  der  von  Gat-Lussac   angege- 
benen Construction ,    wie   man  ans  der  Zeichnung  ersieht,   in 
welcher  dasselbe  als  Barometer  dargestellt  ist.     Der  eine  wei- 
tere Schenkel  AB   and   der  «weite  DB  des  Heberbarometers 
sind  durch  eine  engere  Röhre  EXB  mit  einander  verbanden, 
nnd  die  an  beiden  angebrachten- Scalen  geben   dann  die  baro- 
metrische absolute  Länge  der  durch  den  Luftdruck  getragenen 
Quecksilbersäule.    Eine  geringe  Abtadernng  besteht  Mofs  dar- 
in ,  dsb  Gay-Lvs6A&  für  sein  Barometer  «war  eine  enge,  aber 
nicht  eigentlich  eine  Thermometenröhre  verlangt,  welche  Bej.- 
lavi  von  X'bis  B,  gerade  in  der  Kriimmirng  des  Barometers, 
anbringt.    Um   dieses  Werkzeug   als  -Thermometer  zu  gebrau- 
chen .  darf  man  es  nur  umkehren  und  an  seinem  unteren  Ende 
Fia«B  aufhängen.       Hiernach  giebt  Ai  obere  Schenkel  des  Dato- 
9*'  meters  das  Gefifs  für  das  Thermometer,  an  dessen  enger  Röhre 
die   Thermometerscele    angebracht  ist.     Das  enge    Rohr   soll 
2  bis  3  Millimeter  weit  seyn,  dennoch  aber  enthält  das  grofse 
Gefäfs  so  viel  Quecksilber,  dafs  es  über« den  Siedepunct  hin- 
ausgehn  würde;     es   mufs  daher  blofs  der  Schmelznunct  des 
Eises  unmittelbar 'bestimmt  werden,    die  übrigen   Grade  der 
Scale  aber  soll  man   durch  eine  Vergleichung  mit  einem  an- 
dern richtigen  Thermometer  finden.      Es  wird  dann  ferner  ,als 
räthlich  angegeben,    das  Instrument  für  gewöhnlich  so  aufsa- 
htagen,   dafs  es  als  Thermometer  wirkt,    und  man  darf  vor- 
aussetzen ,  dafs  aus  diesen  Barometern,  die  nur  durch  ein  sehr 
enges  Löchelchen  im  Schenkel  D  mit  der  äufsern  Luft  com- 
municiren,  auch  beim  Tragen  kein  Quecksilber  verloren  geht« 
Im  Ganzen  ist  das  Instrument,    welches  als  Barometer  nicht 
zu   den  vollendetsten  gehört,    als  Thermometer  in  unbehol- 
fen,   macht  dadurch  die  genaue  Bestimmung  des  Nullpunctes 
und   des  Werthes  der  Scalentheile  schwierig  und  ist  wegen 
der  Länge  des   Cylinders,  .gegen  dessen  innere  Wandungen 
abwechselnd   eine    etwas    lange  Quecksilbersäule    drückt,    zu 
andern  Zeiten  aber  die  Torricelli'sche  Leere  jede  Gegenwirkung 
gegen  den   äufsern  Luftdruck   entfernt,    dem    Einflüsse  dieses 
äufsern  Luftdruckes  allzusehr  ausgesetzt. 

59)  b.  Es  läfst  sich  hier  am  f üblichsten  das  thermometrische 


1    Bibliothdque  universelle.  T.  XL.  p.  87. 


Thermometrisches  Barometer.  963 

Barometer  (thermometrical  Barometer)  anreihen,  welches 
WOLLASTOlf  1  angegeben  hat  und  wovon-  bereits  oben2  die 
Bede  war.  Der  Erfinder  ermahnte  selbst,  dafs  ein  gleicher  Vor- 
schlag  schon  früher  durch  Fahr knheit3  und  durch  Cava llo4 
bekannt  gemacht  worden  sey ,  ein  dritter  Ton  AcbaUb  *  aber 
war  ihm  unbekannt.  Stkss  6  »eint  wohl  nicht  mit  Unrecht, 
dabein  gewöhnliches,  nur  hinlänglich  genaues  und  mit  langer 
Scale  versehenes  Thermometer  nebst  einem  Topfe  mk  Wasser 
ebenda*  leisten  würde,  was  Wollastov's  sehr  zusammen- 
gesetzter Apparat  mit  Waingeistlampe  und  schützenden  Wan- 
dungen von  Kupfer  zu  leisten  vermöge,  und  es  scheint  mir 
hiemach  und  aus  andern  Gründen ,  die  sich  aus  dem  Folgen- 
den von  selbst  ergeben,  überflüssig,  denselben  ausführlich  zu 
beschreiben.  Die  für  diesen  Zweck  zu  verwendenden  Ther- 
mometer müssen  eine  lange.  Scale  haben ,  auf  welcher  jedoch 
nur  dar  Siedepunct  bei  30  engl.  Z.  Barometerstand  genau  be- 
summt ist,  und  da  zugleich  die  Lange  einzelner  Grade  sehr 
groft  seyn  soll,  so  müssen  diese  durch  Vergleichung  mit  ei- 
nem andern  Thermometer  empirisch  gefunden  werden,  was 
für  so  hohe  Temperaturen  keine  vorzügliche  Genauigkeit  ver- 
spricht. Wollastow  bestimmte  die  Länge  eines  Fahrenheit'- 
sehe»  Grades  auf  diesem  Thermometer  zwischen  0,5  und  10  Z» 
engL,  bediente  sich  aber  eines  solchen,  wobei  1°  F.  eine  Lange 
▼on  '3>96  Z.  ausmachte,  Welcher  Raum  dann  in  100  Theile 
and  durch  einen  Nonius  in  1000  Theile  getheilt  war;  die 
ganze  Scale  hatte  nur  22  Z.  Länge.  Als  das  beste  Verbältnifs 
empfiehlt  erl  Z.  Länge  für  1°  F.,  was  sich  jedoch  nicht  fug« 
lieh  scharf  erreichen  läfct,  auch  nicht  eben  erforderlich  ist. 
Wollastos  verfolgte  die  Idee  mit  grober  Vorliebe  und  be- 
diente sich  verschiedener  Thermometer  von  ungleicher  GröTse 
der  Grade  $  auch  legte  er  bei  seinen  für  diesen  Zweck  berech- 
seten  Tabellen  nicht  stets  dieselben  Groben  zum  Grunde.  Un- 
ter andern  berechnete  er  Tabellen,    die  zum  Messen  gröberer 


1  Philo«.  Tränt.  1817.  pi   183.    Schweigger'e  Jonrn.    T.  XXIif • 
p.  961. 

%  8.  Art  Bohenmestung ,  ihermomdrische.  Bd.  V.  8.  332. 

3  Phfloi.  Traut.  T.  XXXIII.  N.  385.  p.  179. 

4  Ebeod.  T.  LXXI.  p.  524. 

5  Sammlung  phjslk.  n.  ehem.  Abhandl.  Berlin  1784.  N.  17. 

6  Philo».  Trans.  1835.  Lond.  and  Bdmb.  Phil.  Mag.  N.  XL.  p.  311. 


964  Thermometer. 

Höhen  vermittelst  dieses  Apparates  dienen  sollten,  and  fand 
damit  die  Höhe  des  Snowdon  es  3546,25  engl«  F. ,  also  9,2  F. 
niedriger,  als  die  trigonometrische  Metsang,  und  die  des  Moel- 
EUio  «  2350  engL  F. ,  also  20,5  tngU  F.  zu  niedrig. 

Die  Bestimmungen  der  Höhen  aas  den  gemessenes  Sie- 
depanoten des  Wassers  hängen  von  den  Werthen  ab,  die  man 
der  Etasticität  des  Wasserdampfes  bei  verschiedenen  Wärme- 
graden beilegt,  und  Wollasto*  blieb,  vermnthlich  in  Folge 
der  ans  wirklichen  Messungen  erhaltenen  Resultate,  nicht  stete 
bei  den  nämlichen  Groben  stehn.  Nach  einer  seiner  Angaben 
gehn  0,596  engl  Z. .  Barometerhöhe  auf  1°  F.  und  also  233 
Theile  der  nach  der  obigen  Angabe  gethei|ten  Scale  auf  0,97 
engL  Zoll,  wonach  1  Zoll  Berometefhöhe  mit  305  Theilen 
oder  1,643  Zoll  <Jes  tbermometrischen  Barometers  correspon- 
diren.  Die  ganse  Scale  von  1000  TheiUn  begreift  hiernach 
die  Barometerveränderungen  zwischen  28  und  30,6  engl.  Zoll. 
Außerdem  bediente  er  sich  noch  einer  andern  Scale,  nament- 
lich einer,  bei  welcher  1°  F.  552  Theilen  oder  2,3  Zoll  der 
Thermometerrtf hre  sagehörte.  Für  diese  Scale  find  er,  dal* 
552  Theile  derselben  einem  Höhenunterschiede  von  530  FuCs 
eorrespondirten,  und  hiermit  mafs  er  einige  geringere  Höhen 
mit  hinlänglicher  Genauigkeit«  Vorzüglich  legten  Wolla- 
stow  und  Apjohv1  die  durch  Un  gegebenen  Bestimmungen 
der  EUsticität  des  Wasserdampfes  bei  verschiedenen  Temp** 
raturen  zum  Grunde  ,.  wonach  folgende  Tabelle  gemacht  wor- 
den ist,  die  ich  neben  der  oben3  bereits  gegebenen  noch 
mittheile,  am  so  mehr,  alt  sie  noch  einfacher  für  die  An« 
Wendung  ist. 


1    Ann.  of  Phfloi.  N.  8tfr.  T.  II.  p.  .292. 
t   8.  Art.  Hök€*me$$m$  a.  a.  O. 


Thermometrieohe«  Barometer.  905 


^%»   % 

BnonMtn** 

Höh*  für 

pQDCt 

,  höh« 

i*F. 

214 

31,2395 

213 

30,6149 

526,320 

212 

30,0000 

528,666 

211 

29,3948 

531,006 

210 

28,7993 

533352 

209 

28,2133 

535,692 

206 

27,6367 

538,028. 

207 

27,0695 

540,378 

206 

'  26,5115 

543,724 

205 

25,9627 

545,064 

204 

25,4230 

547,404 

203 

243923 

549,750 

202 

243704 

'  552,090 

Wird  dann  jeder  Grad  in  20  Theile  gelheilt,  so  ist  die  Be- 
rechnung bei  einer  gegebenen  Messung  sehr  leicht.  Es  sey 
x.  B.  auf  der  einen  Station  der  Siedepunct  des  Wassers  bei 
211^,  auf  der  andern  bei  209£$  gefunden,  so  ist  die  gesuchte 
Höhe 

ÖX531,(»6  + 533^2  +  ^X^35,692=1170,199  ^gl.Fols, 

welch*  Höhe  dann  noch  wagen  der  Temperatur  der  Luft  eor- 
rigirt  werden  mufs. 

Der  Beiz  der  Neuheit  und  der  berühmte  Name  des  Er- 
finders mögen  veranlaßt  haben ,  dafs  man  dem  Apparate  eine 
aogewöhnliche  Aufmerksamkeit  schenkte,  denn  die  bekannte 
Schwierigkeit,  den  Siedepunct  des  Wassers  in  ungleichen  Ge- 
fallen xu  bestimmen,  da  man  sich  doch  nicht  wohl  eines  in  dieser 
Hinsicht  vorher  geprüften  bedienen  und  auch  dieses  sich  mit 
der  Zeh  in  dieser  Beziehung  ändern  kann,  so  wie  die  oben 
erwähnte  Unsicherheit  in  der  Bestimmung  das  Einflusses,  wel- 
chen die  Barometerhöhe  auf  die  Lage  des  Siedepunctes  am 
Thermometer  ausübt,  mufften  die  Genauigkeit  dieser  Methode 
der  Höhenmessung  sehr  zweifelhaft  machen.  Einige  Experi- 
mentatoren wollten  daher  zwar  richtige  Resultate  mit  diesem 
Apparate  erhalten  haben,  andere  aber  gestanden  unverhohlen  die 
groben  gefundenen  Fehler.  .  Namentlich  erhielt  Mührat  *  auf 

1    Annale  of  Philo»,  T.  XII.  p»  469. 


005  -    Thermometer« 

dem  Simplon  die  gemessene  Höhe.  577  Fnli  *n  hoch1,  and 
euch  Arjoea*,  welcher  übrigens  den  Apparat  «ehr  preist  und 
ihn  sogar  dem  Barometer  vorsieht,  so  wenig  dieses  such  bei 
einem  nur  snpplirenden  und  indirect  messenden  Werkzeuge 
der  Natur  der  Sache  nach  möglich  seyn  kann ,  erhielt  zwar  in 
zwei  Versuchen  sehr  genaue  Resultate,  gesteht  aber, doch,  dafs 
er  der  angewandten  groben  Sorgfalt  ungeachtet  in  zwei  an- 
dern Fällen  bei  Bergen  von  2000  und  2400  Fab  Höhe  Fehler 
von  122  und  267  Fufs,  jenes  zu  viel  und  dieses  zn  wenig, 
erhalten  habe.  Ein  sehr  günstiges  Urtheil  über  diese  Methode 
des  Messens  fällt  dagegen  Gihtl3  und  belegt  dieses  zugleich 
mit  eigenen  Erfahrungen,  die  jedoch  die  entgegenstehenden 
Argumente  nicht  wohl  beseitigen  können.  Derselbe  giebt  eine 
ausführliche  Tabelle  der  Siedehitze  für  Hundertstel  Grade  C 
von  100°.  bis  90°  CM  nebst  den  zugehörigen  Barometerhöhen 
in  Millimetern,  die  ich  jedoch  hier  mitzntheilen  nicht  enge- 
messen finde. 

60)  c.  Selbstregistrirende  Thermometer  füllen  eine  wesent- 
liche Lücke .  aus ,  denn  man  kann  nicht  stets  zugegen  seyn, 
wenn  man  die  statt  findende  Temperatur  zu  wissen  verlangt, 
und  dennoch  wäre  es  sehr  wünschenswerth ,  den  täglichen 
•Gang  der  Temperatur  mit  Bestimmung  ihrer  wechselnden  Grobe 
und  der  jedesmaligen  Zeitdauer  genau  zu  kennen.  Es  sind 
daher  verschiedene  Vorschläge  zur  Erreichung,  dieses  Zweckes 
gemacht  worden,  die  meisten  beschränken  sich  jedoch  auf  die 
Angabe  der  während  einer  gewissen  Zeitdauer  statt  gefundenen 
oder  an  gegebenen  Orten  herrschenden  Terhp  erat  urextreme  und 
werden  dann  auch  Maximum-  und  Minimumthermometer  ge- 
nannt. Eins  der  ältesten,  aber  noch  stets  am  gangbarsten  ist 
Fig.RüTHKEFORD^s*  Thermometrograph.  Dieser  besteht  aus  zwei 
"'  horizontal  auf  einer  Scale  befestigten  Thermometern,    einem 


1  Vermuthlich  werden  die  Fehler  meietent  dahin  ausfallen,  dafs 
man  die  Höhen  zu.  grofs  findet.  Es  scheint,  als  ob  daj  Wasser  ins- 
besondere auf  hohen  Bergen  wegen  der  herrschenden  Trockenheit 
und  des  selten  fehlenden  frischen  Luftzuges  leichter  siedet,  als  in 
niedriger  Hegenden  Ebenen.  So  wollte  auch  G.  G.  Schmidt  nach  ei- 
ner nrir  mitgetheüten  Nachricht  gefunden  haben* 
.  2    Annais  of  Philo».  N.  8er.  T.  II.  p.  296, 

8    Das  Höhenmessen  mit  dem  Thermometer.  Wien  1855. 

4    Edinburgh  Philos.  Trane.  T.  III.  1794.    G.  XVU.  B20, 


Selbatregistrirönde.  %g[ 

mal  Qnecbeilber  und  einem  mit  Weingeist  gefüllten.  Nach  der 
ursprünglichen  Angabe  des  Befindet»  befindet  sich  index Bohre 
«am  jeden  dieser  Xhetmometer  ein  kleiner  Cylinder  mit  auf« 
sitzendem  Kenne  ven  Hfenhein»  welcher  in  Wciageistther- 
moaeter  die  Spitze  nach  der  Kngtjl,  im  Qeeehiilhcttlniamo- 
meter  nach  dem  Bade  dex  Bohre  Jun*gerichtet  hat,  Jetzt  macht 
min  sie  allgemein  so*  dals  in  die  Bohre  des  .Weingeisttipr« 
aometers  ein  etwa  6  Lin.  lange«  and  seh*  feines  Glasstängel* 
chen  mit  einem  Schwarzen  Knöpfchen  am  einen  Ende  gebracht 
wird,  welches  der  Weingeist. beim  Sinken  de*  Thf  npAjna^erf 
in  Folge  de»  Adhäsion  zurückzieht,  beim  Steige«  a^er  liegen 
labt,  so  dafs  das  KnVpfcben,  anf  der  Scale  den  tiefsten  wäh~ 
und  der  Zeitdauer  statt  gefundenen  Thqpnometars^ud  angiebt 
and  dieses  also  als  Minimumtharmon^eUr  dient  In?  andern» 
Thermometer  liegt  vor 'dem  Quecksilber  ein  kleine^,,  etwa  2 
Lin»  langer  Stahlstift,  welchen  .dieses  bei  seine*  Ausdehnung 
for  sich  hin  treibt,  beim  Bücfcgehn  des  Qaecksilberfrdens  aber 
liegen  läfst;  das  Ende  des  Stiftes  bezeichnet  daher  den  fitatt 
gefandenen  höchsten  Stand  und*  jnan  bat  aonafh  ein,  Mami- 
mumAarmomter.  Die  in  der  Zeichnung  ausgedrückte  Con- 
stmcäoo  des  Instrumentes  ist  diejenige,  welche  ihm  Gau- 
rn Jon.  in  Berlin  gjebU  Die  dasta£el ,  auf  welcher  die  beiden 
Thermometer  horizontal  liegend  befestigt  sind' und  worauf  aicbr 
»gleich  die  geätzte  Scale  befindet,  ist  in  einen,  messingnen 
Rahmen  gefaxt  und  wird  durch  den  gebogenen  Messingstfefr» 
fenBC  getragen,  dessen  unterer,  etwas  breiterei  Ippppnam, 
Fensterrahmen  oder  an  einer  eigens  hergen^hteten,  hdzernen 
Stange  mit  zwei  Schrauben  iestgesehraubt  wird,  um  die  Grade 
4er  auswärts  yom  Fenster,  am  besten  etwa  einem  Ifuls .  weis 
abstehenden  Scale  durch  die  Fensterscheibe  abza\Ie*an,  ,Det 
nestingne  Bahmen  ist  vermittelst  eines  Lappens ,  in  einem 
Scharniere  des  Trägers  B  so  beweglich,  dafs  meft  ^n  einer  be- 
stimmten Tagszeit  die  Scale  ans  der  horizontalen  l4ge,  in  eine 
▼etticale  bringt;  dadurch  sinken  beide  Stäbchen,  das  .eine  bis 
aas  Ende  des  Weingeistfadens,,  des  andere  bis  au|  das  des 
Qoecksilberfadens  herab,  und  ^aohdem  sie  dann  phne  Er- 
Schotterung  wieder  in  die  horizontale  Lage  gebracht  worden  ist, 
schraubt  man  sie  durch  eine  Klemmschraube  fest«  Auf  diese 
Weise  erhalt  man  das  während  der  verflossenen  24  Stunden 
statt  gefundene  Maximum  and  Mjnifnura  der  Temperatur,  .Seim 


968  Thermometer. 


habe  ich  dfem  Instrettnsttt  atleseit  vortreflücB  gc- 
fanden,  aaeh  ist  gewifs  sab*  zwackmafsig ,  data  das  Minimum 
durch  Weingeist,  das  Maximum  dsrcfa  Quecksilber  gemessen 
wild}  Hessens*1  gicbt  jedotfh,  oknt  Anzeige  der  Gianda, 
desr  Stttherrooseefer  den  Versag. 

6t)  BlackaodeR*  hat -sich  vorzugsweise  bemüht,  aalbat- 
registrirende  meteorologische  Werkzeuge  auszudenken,  und 
unter  diesen  auch  ein  Thermometer,  welches  ar  für  einfach 
und  leicht  zu  manipuliren  aosgiebt,  dem  diese  Eigenschaften 
Flg.  aber  auf  keine  Weise  zukommen.  Zwei  Thermometer  mit 
^**  Fahrenheif scher  Scale  sind  auf  einem  gemeint  chaftlijbhen  Brete 
befestigt,  das  eine  a  ein  gewöhnliches,  das  andere  b  soll  oben 
offen  und-  rnh  seinem  oberen  Ende  vermittelst  eines  durch- 
sichtigen Kittes  in  eine  weitere  Röhre  mit  einer  Kugel  c,  Worin 
sich  etwas  Quecksilber  befindet ,  fastgastackt  seyn ,  so  data  das 
Ende  genau  bis  in  die  Kugel  reicht.  Das  So  verfertigte  In- 
strument soll  man  vertical  richten  und  dann  die  Kugel  b  er- 
W&men,  bis  das  Quecksilber  im  Röhrchen  aufsteigt  und  sich 
mit  dein  in  der  Kugel  c  Verbiridet,  worauf  man.  es  bis  cur 
Xufseren  Temperatur  erkalten  ISfst.  Lagt  man  dasselba  hori- 
zontal, so  ftHlt  das  Quecksilber  in  die  Kugel  c  herab,  das 
Röhrchen  ist  aber  ganz  gefüllt.  Dann  sollen  beide  Kugeln 
b  und  a  mittelst  einer  kaltmachenden  Flüssigkeit,  als  Aether, 
Alkohol  ti.  s.  w.,  abgekühlt  werden,  wodurch  beide  Thermo- 
meter um  gleich  viele  Grade  sinken  und  somit  vergleichbar 
werden.  Sobald  sich  das  Quecksilber  durch  Wärme  ausdehnt, 
fließt  ein  Theo  in  die  Kugel  c,  und  ist  dann  ein  Uhrwerk 
angebracht,  'welches  das  Thermometer  in  eine  schräge  Lage 
bringt,  damit  kein  Quecksilber  mehr  ausfliefst  und  kains  aus 
der  Kugele  hinzukommt,  so  giebt  die  Vergleichung  beider 
Thermometer  die  zur  Zeit  dieser  Einstellung  statt  gefundene 
*  Temperatur,  was  weiter  zu  beschreiben  überflüssig  seyn,  wur- 
de, da  eise  rärkliche  Anwendung  desselben   nicht  zu  erwar- 

* 

ten  steht. 

62)  Das  In  England  am   meisten   gebräuchliche  und  am 
höchsten  geachtete  selbstregistrirende  Thermometer,  dessen  man 


1    Bncyclopaedia  Metropolitana.    Art.  ffeat.  p.  283. 
£    Edinbourgh  Jonrn.  of  Science.    N.  VI.  p.  t5t.  N.  IX.  p.  92. 
Wiener  KeRaehr.  Th.  II.  S.  78>    FoggendoHF  Ann.  VIF.  «44. 


Selbötregistrironde.  900 

uk  eufch  zum  Almen  der  Temperaturen  in  den  verschiede-' 
•en  Tiefen  des  Meeres  bedient,  ist  das  von  Six1  in  Vor« 
schlag  gebrachte  und  nach  ihm  Sixtfiermometer  genannte«    Esp. 


ist  dieses  ein  Weingeistthcrmometer  mit,  einem  langen  und  95. 
weiten  Cylinderoa,  am  welchen  das 'Thermometerrohr  zwei« 
flttl  gebogen,  am  zngeblaseaen  Ende  aber  mit  einer  kleinen 
Kngel  ß  zur  Aufnahme  dea  sieh  etwa  starker  ansdehnenden 
Weingeistes  versehn  ist.  Der  Weingeistfaden  im  Thermome« 
terrohre  ist  dareh  einen  Quecksilberfaden  a  a  unterbrochen, 
welcher  bei  mittlerer  Temperatur  den  heberförmig  gebogenen 
Theil  der  Thermometerröhre  ungefähr  zu  gleichen  Längen 
aasfallt  and  von  dem  Weingeistfaden,  bei  steigender  Wärme 
vorwärts  geschoben,  bei  abnehmender  aber  zurückgezogen  wird. 
Vor  dem  Qneeksilberfaden  liegen  in  vergröbertem  Malsstabe 
hier  dargestellte  kleine  Stifte  von  Stahl  oder  Eisen  ml  mit 
•ehr  feinen  federnden  Glasfadchen  no,  welche  die  Stifte  bjn*Fiff. 
dem  sollen,  durch  ihr  eigenes  Gewicht  oder  durch  unver-  9Ö# 
Bieidliche  Erschütterungen  in  dem  Rohre  hinzugleiten,  und 
man  bedient  sich  dann  eines  Magnetes,  um  sie  wieder  mit 
dea  Enden  des  Quecksilberfadens  in  Berührung  zu  bringen*  Es 
ergiebt  sich  von  selbst,  dajb  der  Qneeksilberfaden  bei  seiner 
Bewegung  nach  der  einen  oder  andern  Seite  diese  Stift- 
chen vor  sich  her  schiebt,  die  aber  im  .Weingeistraden  liegen 
bleiben,  wenn  das  Quecksilber  sich  wieder  zurückzieht;  und 
wenn  daher  die  Röhre  auf  einem  Bretchen  befestigt  und  auf 
diesem  die  Thermometerscale  aufgezeichnet  ist,  so  giebt  das 
eine  Ende  m'  des  Stiftchens  m'T  die  höchste  #  das  andere  m 
des  Stiftebens  ml  die  niedrigste  während  der  vergangenen 
Zeit  statt  gefundene  Temperatur  an*  Die  kleinen  federnden 
Fadchen  machen  die  Construction  des  Apparates  schwierig  und 
«he  Dauer  ihrer  geeigneten,  nicht  zu  grnlsen  und  nicht  zu 
geringen,  Federkraft,  erzeugen  eine  Unsicherheit  bei  seinem  Ge- 
brauche3, sind'  aber  wegen  unvermeidlicher  Schwankungen 
beim  Messen  der-  Temperatur  in  den  verschiedenen  Meerestie- 
fen unvermeidlich;  will  man  sich  aber  desselben  blofs  zum 
Messen  der  Extreme  der  Lufttemperatur  bedienen,  so  genügen 


-  / 


1  Phüos.  Tram,  for  1782;  T.  LXXIf.  p.  72.    Vergl.  Lemaisthbs 
ia  Joor/u  de  Phya.  T.  V.  p.  150.    G.  II.  287. 

2  Vergl.  Art.  Meer.    Bd.  Vi.  9.  1671. 

IX.  Bd.  Qqq 


070  Thermometer. 

'  t 

blofse  Stabil tif lohen  \  man  stellt,  wie  beim  Rutherford'sohea 
Thermometer9  zu  einer  bestimmten  Tageszeit  die  Scale  verü- 
cal ,  so  dafs  beide  Stiftohen  bis  zur  Berührung  des  QuecksiU 
berfadens  herabgleiten,  bringt  sie  dann  wieder  in  die  ur- 
sprünglich© Lage  nnd  erhält  nach  Verlauf  der  gewählten  Zeit 
durch  die.  Lage  der  beiden  Enden  m'  und  m  der  beiden  Stift-« 
chen  das  statt  gefundene  Maximum  und  Minimum  der  Tem- 
peratur., 

63)  Man  macht  dem  Rutherford'schen  Thermometrogra- 
phen  den  Vorwurf,  dafs  seine  Thermometer  mit  zwei  unglei- 
chen Flüssigkeiten  gefüllt  sind1  und  dafs  sie  daher  sorgfältig 
conetruirt  oder  durch  Rechnung  auf  einander  reducirt  werden 
müssen.  Dieses  ist  jedoch  ungegründet,  denn  Genauigkeit  der 
Construction  ist  nothwendige  Bedingung  bei  der  Verfertigung 
jedes  Thermometers,  und  da  die  Thermometer  ohne  Rücksicht 
auf  die  absolute  Ausdehnung  der  enthaltenen  Flüssigkeit  empi- 
risch graduirt  werden,  so  ist  entweder  die  eine  der  beiden 
Flüssigkeiten  thermoskopisch  unbrauchbar ,  und  sie  dürfte  dann 
gar  nicht  angewandt  werden,  oder  beide  Flüssigkeiten  sind 
brauchbar,  die  Thermometer  werden  übereinstimmen  und  der 
Einwurf  fallt  von  selbst  weg.  Dem  Quecksilber  kann  unmög- 
lich der  Vorwurf  der  thermometrischen  Unbrauchbarkeit  ge- 
macht werden,  und  da  der  Weingeist  sich  zum  Messen  tiefer 
Kältegrade  vorzüglich  eignet,  in  diesem  Falle  aber  blofs  zum 
Minimumthermometer  gebraucht  wird,  so  liegt  in  der  Anwen- 
dung beider  Flüssigkeiten,  der  einen  blofs  für  das  Maximum, 
der  anderen  blofs  für  das  Minimum ,  wozu  beide  gerade  vor- 
zugsweise geeignet  sind,  eher  ein  Vorzug,  als  ein  Nachtheil 
dieses  Apparates.  Gegen  das  Sixthermometer  wendet  man  mit 
Recht  ein,  dafs  die  Federn  sehr  leicht  Veränderungen  ihres 
Widerstandes  unterworfen  sind  und  daher  den  Gebrauch  er- 
schweren ,  nicht  selten  unmöglich  machen.  Inzwischen  hat 
Traill  *  das  Letztere  durch  Weglassen  der  kleinen  Federn 
und  durch  Vermeidung  der  doppelten  Umbiegung  des  Röhr- 


1  Edinb.  New  PhiL  Jotirn.  fT.  XL1V.  p.  816. 

2  Library  of  oiefal  Knowledge  cet.  Part«  I.  II.  Lond.  1829. 
Thermometer  and  Pyrometer.  Part.  II.  p.  S9.  Ich  gebe  hier  die 
nachher  von  ihm  verbutterten  Zeichnungen,  die  er  selbst  mir  mitgc* 
theilt  hat. 


Sclbatregiatrirende.  971 

cWs  verbessert,  utoki  jedoch  die  Bedingung  bleibt,  dasselbe 
in  einer  horizontalen  Lage  sa  erhalten  und  die  Stäbchen  durch 
«neu  Magnet    wieder  mit   den  Edden   des   Quecksilberfadens 
in  Berührung  zu  bringen.     Nach  der  anfänglichen  Construction  Fig. 
befindet  sich  der  Weingeist  behalter  m  n  des  Instrumentes  an-  *"* 
ten  nnd  ist  am  Ende  umgebogen,  die  Röhre  läuft  mit  ihr  paral- 
lel nnd   ist  auf  einem  geeigneten  Bretchen  in  horizontaler  La- 
ge befestigt.    In  der  Mitte  der  Röhre  bei   mittlerer  Tempera- 
tur befindet  sich  der  Quecksilberfaden  aßy  welcher  durch  den 
Weingeistfaden   vorwärts   und   rückwärts  geschoben  wird  und 
die  Stahlstiftchen  ab,  a'b'  vor  sich  hin  schiebt,    beim  Rück«» 
gange  aber  an   der  Stelle  des  Maximums   und  Minimums  lie- 
gen läfet,    die  dann  nach  Verlauf  der  gehörigen  Zeit  vermit- 
telst eines  Magnets  mit  den  Enden  des  Quecksilberfadens  wie» 
der  zur  Berührung  gebracht  werden.       Auf  beiden  Seiten  der 
Röhre   befinden  sich  die   Realen  nach  Fahre jtueit,    welche 
dem  einen  nnd  dem  andern  dieser  Stiftchen  zugehören,  deren 
Umfang  sich  jedoch  nur  von  0°    bis  100°  dieser  Eintheilung 
erstreckt.     Die  zweite   Gonstruction   dürfte    unter  allen  dreien  FI*. 
entschieden  den  Vorzug  haben.       Hierbei   ist  das  GefaTs  m  n,  *"** 
der  Quecksilberfaden    a/£,   jeder   der  Stifte  ab   und  a'b'   von 
ielbu  klar,  sehr  zweckmässig  ist  aber  die  Röhre  in  der  Mitte 
herabwärts  gekrümmt,  wodurch  der  Quecksilberfaden  mehr  zu- 
sammengehalten,   zugleich   aber  gehindert  wird,    dals  er  sich 
nicht  trennt  und  Schichten  von  Weingeist  zwischen  sich  auf- 
nimmt, was  sonst  wohl  zu  geschehn  pflegt  und  gänzliche  Un- 
branchbarkeit  des  Apparates  nach  sich  zieht.      Nach  der  drit- Fig. 
ten  Construction ,  worin  die  gleichen  Theile  dieselbe  Bezeich- ^* 
Bong  haben,    ist  die  Röhre  in  der  Mitte  herabwärts  gebogen, 
beide  Schenkel  sind  geneigt  und  der  Quecksilberfaden  befindet 
ach  ursprünglich  bei  mittlerer  Temperatur  an  der  tiefsten  Stelle 
der  Röhre«       Die  Neigung  darf  nicht  zu  stark  seyn,   dafs  die 
Stahlstiftchen    beim   Rückgange    des   Quecksilberfadens  herab- 
gleiten, was  jedoch  wegen  des  Gewichtes,    womit  sie  auflie- 
gen, ungeachtet  ihrer  immerhin  merklichen   Adhäsion   an    den 
Weingeist  nicht  zu  fürchten  ist,  doch  dürfte  es  möglich  seyn, 
bei  dieser  Construction  beide  Stiftchen  durch  Erschütterung  des 
Bretchens  wieder  mit  den  Enden  des  Quecksilberfadens,  ohne 
die  beschwerlichere  .Anwendung   eines  Magnetes,    zur  Berüh- 
rung zu  bringen.    Bei  allen  drei  Apparaten  dient  die  Kugel  k 

Q<H2 


972  Thermqm*td& 

'  am  Ende  der  fitthre  zur  Aufnahme'  des  etwa  tu  «ft^iusge- 
dehnten,  Weingeistes;  übrigen»«  rarsteht  sich  vö»  selbst,  dah 
solche  Thermometer  nicht  luftleer  seyn  dürfen,  auch  nicht  so 
hergestellt  werden  können. 

64)  Di*   ersten     selbstregistrirenden    Thermometer    sind 
höchst  wahrscheinlich  durch   Lord  Cavesdish1  in  Vorschlag 
gebracht  worden,  und  zwar  ein  eigenes  für  die  Bestimmung  des 
Maximums  und  ein  anderes  für  das1  Minimum,  deren  Beschrei- 
bung, obwohl  sie  aufser  Gebrauch  gekommen  sind,  hier  nicht 
Fig.  fehlen  darf.      Sein  Maximumthermometer  ist  ein  gewöhnliches 
100.  m|t  Quecksilber  gefülltes ,  .wobei  das  Epde  b  des  Quecksilber- 
fade  na   auf    bekannte   Weise    die   Temperatur  angiebt.       Die 
Röhre  ist  oben  in  eine  feine  Spitze  ausgezogen   und   diese  in 
eine  Kugel  ee  eingekittet.      Ueber  dem  Quecksilberfaden  be- 
findet sich  Weingeist,  womit  das  Röhrchen  ganz  angefüllt  ist, 
nm  bei  Verminderung  der  Temperatur  das  Quecksilber  im  Ge- 
fafse  ee    in  die  Spitze  zu  treiben,     indem  man  dasselbe  um- 
kehrt  und    erwärmt,    bis  das  Quecksilber  die   oberste  Spitze 
erreicht,     sich    mit  dem   in  der  Kugel  befindlichen  verbindet, 
Und  nach  dem  Erkalten  das  Röhrchen  ganz  oder  so  weit,  als  es 
für  die  Beobachtung  des  zu  erwartenden  Maximums  erforder- 
lich ist,  anfüllt.       Steigt   dann  die  Warme,    so  läuft  dasselbe 
aus  der  Spitze  des  Röhrchens  in  die  Kugel  e  e ,  der  Rest  aber 
geht  nach  Verminderung  der  Temperatur  wieder  zurück.  Wenn 
man   demnächst   beim   Nachsehn   weifs,     wie  hoch  b  steigen 
tnüfste,   bis  dieses  Ende  des  Quecksilberfadens  die  Spitze  des 
Röhrchens  erreichen  würde,  so  ist  hierdurch  die  Höhe  von  b 
oder  derjenige  Thermometergrad  gegeben ,    welcher  beim  Ma- 
Fig.ximum  statt,  fand«       Eine  andere  Construction  leistet  dasselbe, 
HM*  und  die  Füllung  des  GefaTses  theils    mit  Weingeist  theils  mit 
Quecksilber  ist  blofs   deswegen  gewählt,    um  das  Instrument 
etwas  leichter  zu   machen.       Es   führte  dieses  dann  eine  Cor- 
rection  herbei,  die  Cavesdish  wegen  der  ungleichen  Ausdeh- 
nung beider  Flüssigkeiten   für  nötbig  erachtete,    die  ich  aber 


1  PhUos.  Tram,  for  1757.  p.  800.  Abridgement  T.  XL  p.  138«  AeU 
tere  VorscljJäge ,  z.  B.  von.  Jon«  Berkodlli  im  Briefe  an  Leibkitz  ,  s. 
Commercium  Phil,  et  Math.,  and  von  Kbaft,  dessen  tau  Swihdeh  in 
Cömparaison  des  Thermoractres  gedenkt,  sind  zu  wenig  bestimmt, 
eis  daft  sich  über  ihre  Brauchbarkeit  anheilen  hefte. 


\ 


Selbstregistrirende,  973 

Kar  übergehe ,    weil  das  Instrument  schon  durch  zweckmäßi- 
gere verdrängt  worden  ht.   Dal  Jffinimnmthermometer  besteht  auf  Fig. 
«nem  weiten  CyHnder  a,  einer  Kugeid,  beide  mit  Weingeist10*« 
gefällt,  ond  einer  Röhre,  worin  der  Quecksilberfaden  bo  ent- 
halten ist,    über  welchem  noch  «in  Theil  Weingeist  sich  be- 
findet.   Des  oben  erweitert«  Bilde  der  Röhre  ist  sugeschmoV» 
md.      Soll  des  Thermometer  gebraucht  werden ,  so  laust  man 
*ns  der  Kugel  d  durch  Neigung  Quecksilber  in  das  enge  Roh? 
kerabfliefsen ,     bis  das  Ende   des  Queoksilberfadens  b    an  die 
Mündung  f  der  Kogel  reicht.    Vermittelst  des  andern  Endes  c 
in  Qnecksilberfadens7  wird  auf  der  daselbst  befindlichen  Scale 
tfe  Temperatur  gemessen.     Wenn  diese  dann  sinkt,  so  fliefst 
▼on  dem  Quecksilber  ein  Theil  in   die  Kugel,    ohne  zurück- 
nkehren ,  und  vermittelst  einer  neben  dem  Schenkel  b  enge« 
fachten  Seal«  mifst  man  später,     um  wie   viele  Grada   das 
Thermometer  zur  Zeit  des  'Minimums  tiefer  stand,  als  bei'  der 
Beobachtung.    Damit  endlich  nicht  zu  grofse  Tropfen  Queck- 
silber in  die  Kugel  fallen    und   die   Messung  feiner  wird,    ist 
»  Innern  bei  f  ein  kleines  GlasstXngelchen  angebracht ,    wel- 
ches las  Quecksilber  nur  in  kleinen  Quantitäten  in  die  Kugel 
Whn  Uust.       Nach  einer' andern  einfacheren  Construction  fällt  Fig. 
das  Quecksilber  bei  f  in  den  Cylinder  a,    der  Zweck  der  Ku- 103, 
gel  d  ist  mir  dabei  jedoch  nicht  klar« 

65)  Auf  das*  nämliche  Princip   ist  «in  selbetregistrirendes 
Thermometer  gegründet,    welches  Gay-Lussac1  hauptsa'ch- 
Bcfc  zum  Messen  der  Temperatur  in  tiefen  Seeen  in  Vorschlag 
gebracht  hat.       A  ist  eine  Glaskugel  mit  einer  Röhre,    deren  Fig. 
Oeffnung   nicht  grrJfser  seyn  darf,     als  etwa  die  Dicke  .einer  *!"* 
Innen  Stecknadel.      Diese  Kugel  ist  mit  Salzwasser  oder  ir- 
gend einer  sonstigen  geeigneten  Flüssigkeit  gefüllt.       CD  ist 
*ae  beträchtlich  weite  Glasröhre,     mit  ihrem  unteren  Theile 
FD  um  die  Röhre  BH  gekittet  und  von  F  bis  C  mit  Queck- 
tuW  gefällt,  welches  durch  die  enge  Oeffnung  im  Röhrchen 
B  nicht  in  die  Kugel  dringen  kann ;    sobald  aber  die  Tempe- 
ratur sinkt  und  die   in   der  Kugel  enthaltene  Flüssigkeit  sich 
zusammenzieht,  preist  der  aufcere  Druck  einen  Theil  Quecksil- 
ber in  die  Kugel,  welches  sich  auf  dem  Boden  derselben  en- 
sammelt ,  und  dieses  wird  so  lange  fortdauern,  bis  die  Tem- 


1    Ann.  de  Chim.  et  Pfcyi.  T.  III.  p.  91.  117. 


974  Thermometer, 

peratar  ihr  Minimum  erreicht  hat»  Man  gfefst  dann  das  Queck- 
silber ans  der  Röhre  DC,  bringt  die  Spitze,  B  in  .eine  verti- 
cale  Richtung  nach  unten  •  treibt  durch  Erwärmung  der  Ku- 
Fig^el  das  Quecksilber  aus  derselben  und  mifst  die  Menge  in  ei- 
105'  ner  eigenen  Mefsröhre ,  auf  welcher  die  Grade  gezeichnet  sind, 
die  angeben,  um  wie  viel  die  Temperatur  unter  die  beim  An- 
fange des  Versuches  statt  gefundene  herabgegangen  seyn  mufs, 
damit  die  gemessene  Quantität  Quecksilber  in  die  Kugel  ein- 
drang. Das  Verhältnib  der  eingedrungenen  Menge  Quecksil- 
ber zu  den  Temperaturen,  bis  zu  welcher  die  Flüssigkeit  in 
der  Kugel  erkaltete ,  wird  empirisch  gefunden ,  indem  man  den 
gefüllten  Apparat  von  einer  bestimmten  Wärme  auf  eine  an- 
dere bestimmte  niedrigere  bringt,  dann  die  Menge  des  einge- 
drungenen Quecksilbers  mit  der  Röhre  6  mifst  und  hiernach 
die  Grade  aufträgt«  Der  übrigen  Schwierigkeiten  nicht  zu  ge- 
denken übersieht  man  bald ,  dals  bei  jedem  Steigen  der  Wärme 
während  der  Dauer  des  Versuches  Salzwasser  aus  der  Spitze 
dringen  und  beim  Sinken  Quecksilber  hineingetrieben  werden 
mufs,  dessen  Menge  dann  eine  ungleich  tiefere,  als  die  wirk- 
lich statt  gefundene  Temperatur  angeben  würde. 

66)  Bio  diesem  ähnliches,    aber  ein  Maximumthermome- 
Fig.ter,  hat  Kixe1  in  Vorschlag  gebracht.      Duselbe  besteht  aus 
1°"*  einem  mit  Quecksilber  gefüllten  Thermometer  A  auf  einer  Scale, 
welche  die  gewählten  Grade  enthält.    Die  Röhre  ist  oben  ge- 
bogen ,  bildet  nach  der  Biegung  bei  F  einen  zweiten ,  mit  dem 
ersten   parallel  herabgehendea   Schenkel  B,    welcher   in   eine 
pi-  zweite  Kugel  H  endigt.    Zum  besseren  Verständnifs   ist  diese 
107. besonders  in  etwas  vergröfsertem  Mafsstabe  gezeichnet»  Da,  wo 
der  Quecksilberfaden  im  Röhrchen  A  endigt,  beginnt  ein  Fa- 
den gefärbten  Weingeists  ?    welcher  bis  an  die  feine  Spitze  C 
•  reicht.     In  der  sie  umgebenden ,   gänzlich  verschlossenen  Ku- 
gel H  befindet  sich  Quecksilber  bis  etwa  zur  Linie  D,   über 
diesem   bis  E  wieder  gefärbter  Weingeist  und  darüber  Luft» 
Steigt   das  Thermometer  in  Folge  zunehmender  Wärme,    so 
dringt  Weingeist  aus  der  Spitze  G,    steigt  über  das  Quecksil- 
ber, und  dieses  dauert  so  lange,  bis  das  Maximum  der  Tem- 
peratur erreicht  worden  ist ;    wenn  diese  dann  wieder  sinkt,  so 


1    Edinburgh  Joorn.  of  Science.  N.XVIL  p.  113.  Yergl.  N.  XVI II. 
p.  300.    Wiener  Zeitschrift  Tb.  V.  8.  10*. 


Selbetregislrirende.  975  ' 

druckt  die  Luft  Quecksilber  in  die  8pitze  C ,  und  man  darf 
mir  die  Grade,  welche  dieser  Quecksilberfaden  unten  im  Sehen« 
kelB  zeigt,  zu  denen  hinzuaddiren  *  die  durch  die  Scale  A 
angegeben  werden,  um  die  Grobe  der  während  der  verflösse- 
md  Zeit  statt  gefundenen  höchsten  Temperatur  zu  wissen*. 
Fat  eine  abermalige  Messung  wird  die  Kugel  G  erwärmt ,  bis 
alles  Quecksilber  aus  der  Spitze  C  ausgeflossen  ist ,  worauf  man 
das  Instrument  in  eine  geneigte  Lage  bringt,  damit,  das  Queck- 
silber in  der  Kugel  zur  Seite  herabsinkt  und  die  Spitze  C  mit 
dem  Weingeiste  so  lange  in  Berührung  bleibt,  bis  die  äufse're 
Temperatur  wieder  hergestellt  ist.  Eine  noch  einfachere 
Torgeschlagene  Construction  ist  folgende*  Zwei  Thermometer  Fig. 
lind  auf  der  nämlichen  Scale  befestigt,  das  eine  mit  der  Ku- 
gel A  und  *  einer  der  Symmetrie  wegen  gewählten  obern  F 
ist  ein  gewöhnliches  Quecksilberthermometer,  das  anders  mit 
der  Kegel  G  und  einer  oberen  D  ist  ganz  mitjjQuecksilber  gefüllt, 
und  eine  neben  dem  Köhrciven  B  befindliche  Scale  giebt  von 
oben  herab wärts  gezahlte,  den  auf  der  Scale  des  ersten 
Tkermometers  gezeichneten  gleiche  Grade  an.  Zur  grösseren 
Deutlichkeit  ist  die  obere  Kugel  D  in  vergröbertem  Mafsstabe  Flg. 
besonders  gezeichnet  worden.  Die  Scale  des  zweiten  Thermome- 
ter* zeigt  0°,  wenn  das  Quecksilber  bis  an  die  Spitze  C  reicht, 
und  beim  Steigen  der  Temperatur  wird  ein  angemessener'  Theil 
desselben  aus  der  Spitze  C  in  die,  bis  etwa  zur  punetirten  Li- 
nie D  mit  ebendieser  Flüssigkeit  gefüllte,  Kugel  ausfliegen. 
Zieht  sich  nach  statt  gefundenem  Maximum  der  Wärme  das 
Quecksilber  im  Thermometer  Gß  wieder  zusammen,  so  bleibt 
des  obere  Ende  der  Röhre  B  um  eine  dieser  verminderten 
Temperatur  proportionale  Menge  von  Graden  leer,  und  man 
darf  diese  nur  zu  denjenigen  addiren ,  die  das  Thermometer  A 
sor  Zeit  der  Beobachtung  zeigt,  um  das  statt  gefundene  Ma- 
ximum zu  erhalten.  Grofse  Genauigkeit  ist  auf  diese  Weise 
nicht  zu  erwarten,  doch  scheint  die  letztere  Einrichtung  die 
beste  zu  seyn ;  im  Ganzen  ist  bei  dem  Apparate  wohl  am 
merkwürdigsten,  dals  er  zu  Sidney  auf  Neu t Südwallis  1827 
eilenden  wurde. 

67)  In  England,  wo  so  viele  begüterte  Privaten  sich  mit 
der  Aufzeichnung  meteorologischer  Beobachtungen  beschäfti- 
gen, ist  man  am  meisten  darauf  bedacht  gewesen,   selbstregi- 


976  Thermometer* 

■  * 

V  '      ■ 

strirende  Thermometer  zu  verfertigen.     Auch  Kbith1  hat  ein 
solches   in   Vorschlag   gebracht,    dessen  Gonstruction  ans  der 
Fig.  Zeichnung  leicht  zu  erkennen  ist.     Die  lange  nndv  weit»  Röhre 
HO*  AB  ist  mit  Weingeist  gefüllt ,  die  engere  angeschmolzene  BE D 
mit  Quecksilbery    auf   welchem   bei  £    ein  Stückchen  Eisen 
schwimmt.     Dieses  letztere  ist  mit  einem  Drahte  versel^n,  wel- 
'    eher  verlängert  und  oben  umgebogen  mit  einer  Oeffnung  durch 
einen  andern,   am  obern  Theile  der  Röhre   befestigten    Draht 
GK.  in  lothrechter  Stellung  erhalten  wird.     Auf  letzterem  sind 
x  kleine  Stückchen  Wachstaffent  1,1  aufgesteckt,    die  sich  zwar  * 
leicht  auf  demselben  auf  und  nieder  schieben  lassen,  doch  aber 
,  Reibung  genug  haben ,  um  bei  ihrem  geringen  Gewichte  nicht 
herabzugleiten.     Wenn  also  das  Quecksilber  bei  E  durch  grö- 
ßere Ausdehnung   beider  Flüssigkeiten  im  Thermometer  steigt 
oder  bei  abnehmender  Temperatur  sinkt,  so  wird  das  Gewicht 
E  gehoben   oder  es    sinkt  herab  und  das   obere   umgebogene 
Ende  des  Drahtes  H  verschiebt  die  kleinen  Stückchen  Wachs- 
tafient,    die  somit  auf  der  höchsten  und    tiefsten  Stelle  sitzen 
bleiben   und   also   das  Maximum   und   das  Minimum  der  statt 
gefundenen  Temperatur  auf   der  aus   Messing  oder  Elfenbein 
verfertigten  Scale  DF   angeben.       Der  Vorschlag  wird   dahin 
erweitert,   die  Röhre  AB  sehr  weit  und  40 engl.  Zoll  lang  zu 
wählen ,    dann    ein  Uhrwerk  anzubringen ,    welches  einen  mit 
Papier  überklebten  hölzernen  Cylinder  wahrend  eines  Monatee 
einmal  um  seine  Axe  dreht,  damit  ein  Bleistift  an  der  Spitze  H 
den  Stand  des  Thermometers   aufschreibt.       Gilbert  wendet 
gegen  diesen  Apparat  ein,    dafs  er  nur  eine  Reguliruog  nach 
einem  andern  Thermometer  zulasse    und  einem  Einflüsse   der 
Ausdehnung  des,  Schwimmers  und  seines  Drahtes  durch  Wär- 
me ausgesetzt  sey,  allein  Beides  ist  nicht  sehr  bedeutend  und 
Letzteres   würde   sich  durch  empirische  Graduirung  genügend 
beseitigen  lassen;    wichtiger  dagegen  ist,     dafs  die  seidenen 
Marken  leicht  in  Unordnung  kommen  können  und   durch  ih- 
ren Widerstand  nothwendig  Unrichtigkeiten  erzeugen    müssen. 
Entschieden  gebührt  daher  der  Vorzug   dem  Thermometrogra- 
phen  von  Chrichton2,    welchen  ich  selbst -längere  Zeit  ge- 

1  Edinburgh  Phil.  Trans.  1\  IV.      Daraus  in  Nicholson'»  Jonrn. 
T.  III.  p.  266.  and  in  G.  XVII.  319. 

2  Tilloch's  Fhilos.  Mag.  1803.  Mars.  Van  Mons   in   Jouro.    de 
Chim.  et  Phya.  T.  V.  p.  82. 


Selbstregistrirende,  977 


prüft  und  in  seinem  Gange  überraschend  genau  gefunden  habe«. 
Da  das  thermoskopisehe  Mittel  bei  demselben  Metall  ist,  so. 
könnte  er  auch  den  MetaUrhermometern  beigezählt  werden« 
Die  Zeichnung  stellt  das  Instrument  von  vorn  betrachtet  dar. 
A  ist  eine  Metallstange ,  welche  ans  einem  Streifen  Stahl  DE  Fig. 
und  einem  Streifen  Zink  BC,  jeder  etwa  0,5  Lin.  dick  und  * 
2  Lin.  breit,  besteht,  beide  auf  einander  gelöthet*  Diese  Dop*  . 
pelstange  ist  in  dem  messingnen  Träger  I  unbeweglich  befe- 
stigt und  mit  diesem  auf  dem  Messingbleche  abcd  so  fest- 
geschraubt, dab  sie  etwa  0,5  Lin.  davon  absteht.  Das  obere 
Ende  der  Spange  ist  mit  einem  Hebelarme  versehn ,  welcher 
vermittelst  eines  feinen,  um  eine  Rolle  geschlungenen  und 
durch  eine  Spiralfeder  gespannten  Drahtes  diese  Rolle  umdreht 
und  damit  zugleich  den  stählernen,  mit  einem  hervorragenden 
Stiftchen  versehenen  Hauptseiger  LM  nm  seine  Axe  bei  6 
dreht,  oder  die  Umdrehung  erfolgt,  wie  in  der  Zeichnung 
dargestellt  ist ,  *  durch  unmittelbares  Eingreifen  eines  Stiftes  in 
den  kürzeren  Hebelarm  des  Hauptseigers.  Ueber  diesem  lie- 
gen die  beiden  sehr  feinen  Zeiger,  welche  zusammengelegt 
mk  ihren  Spitsen  sich  genau  über  der  Spitze  des  Hauptzei- 
gen) vereinigen ,  auf  dem  Zapfen  G  aber,  jeder  für  sich,  durah 
Reibung  festsitzen,  und  daher  an  jedem  Orte  feststehe,  bis  sie 
durch  den  Hauptseiger  vermittelst  des  Stiftes  H  fortgeschoben 
werden,  nach  dem  Rückgange  des  Hauptzeigers  aber  an  der 
ihnen  gegebenen  Stelle  stehn  bleiben«  Die  drei  Zeiger  geben 
also  gleichzeitig  die  bestehende  Temperatur  ^land  die  seit  dem 
Zusammenlegen  derselben  statt  gefundene  höchste  und  niedrig- 
ste an.  Der  Siedepunct  des  Wassers  ist  bei  demselben  nicht 
erforderlich,  da  es  nur  zu  meteorologischen  Beobachtungen 
dienen  soll  und  man  durch  Verkürzung  der  Scale  gröbere 
Grade  auf  derselben  erhält,  den  Frosipunct  kann  man  aber  bei 
ihm  unmittelbar  bestimmen,  und  auberdem  hat  es  den  Vor- 
zog einer  groben  Empfindlichkeit  in  Folge  der  geringen  .Wär- 
mecapacität  der  dazu  verwandten  Metalle  und  der  gleichför- 
migen Ausdehnung  derselben  innerhalb  der  Grenzen  der  da- 
durch an  messenden  Temperaturen;  denn  man  begreift  bald, 
dafs  die  beiden  vereinten  Metallbleche  sich  durah  Wärme  un- 
gleich ausdehnen,  wodurch  die  ganze  Sta/ige  sich  nach  der 
einen  oder  andern  Seite  hin  krümmt  und  daher  das  obere 
Ende  derselben    bei   feststehendem  unteren  sich,  vor  der  Scale 


.     g78  Thermometer«     ' 

hin  und  her  bewegt,  worauf  der  Gang  der  Zeiger  beruht  Die 
geringe  Ausdehnung  der  Metalle  ist  allerdings  nicht  zu  über- 
sehn, allein  man  kann  die  Stange  hinlänglich  lang  und  die 
ungleiche«  Längen  beider  Arme  des  Hauptseigers  so  wählen» 
dafs  die  durchlaufenen  Grade  eine  genügende  Grtffse  haben, 
um  so  mehr,  als  alle  einzelne  Theile  sehr  fest  in  einander 
greifen  dürfen. 

68)  Wir  können  hier  das   durch  v.  Aavim1  vorgeschla- 
gene selbstregistrirende  Thermometer  anreihen,    welches  nie- 
mals praktisch  ausgeführt  worden  zu  seyn  scheint,    weil  es  in 
der  Ausführung  allzu  grofse   Schwierigkeiten   darbieten   dürfte. 
Fig.  Ein  gewöhnliches  Quecksilberthermometer  mit  dicker  Kugel  a  liegt 
11  'auf  einer  messingnen  Leiste  fest,    welche  wie  ein  Waagebal- 
ken mit  einer  Messerscheide  e  in  der  Vertiefung  c  einer  ver- 
*    ticalen  Säule  genau  balancirt  ist*      Geht  die  Temperatur  tiefer 
herab,    so  tritt  mehr  Quecksilber  in    die  Kugel,    welche  da- 
durch schwerer,  die  Röhre  dagegen  leichter  wird«      Am  Ende 
der   letzteren   befindet   sich  eine  stählerne   Spitze    mit  einem 
Schraubengewinde,    auf  welcher  das  zum  Balanciren  dienende 
kleine  Gegengewicht  d  hin  und  zurück  geschraubt  Verden  kann. 
Ist  die  höchste  Temperatur  bekannt,  bis  zu  welcher  das  Ther- 
mometer erhitzt  werden  wird,    so  erwärme  man  es  bis  dahin, 
und   balancire   es  durch   Verschiebung  des  Gegengewichts  so, 
dafs  es  in   horizontaler  Lage   ruht.       So  wie   es  -kälter  wird, 
sinkt  die  Kugel  herab,    die   Spitze   steigt   in  die  Höhe,    und 
wenn  man  weife,   wie  viele  Grade  dieses  ausmacht,    so  trägt 
man  diese  auf  die   Scale  ik  auf.      Neben    der  Scale  läuft  der 
gläserne,  mit  Rauch  geschwärzte  Glasstreifen  Imh,    auf  wel- 
chem ein  kleines  federndes  Härchen'  am  Stifte  d   hinstreift  und 
die  Stelle  bezeichnet ,  bis  wohin  das  Ende  des  Röhrchens  auf- 
gestiegen ist.    Wird  das  Thermometer  bei  einen  mittlem  Tem- 
peratur eingestellt,    so  zeigt  der  Strich,  welchen  das  Härchen 
auf  dem  mit  dem  Rauch  von  brennendem  Kienholz  oder  sonst 
geschwärzten  Glasstreifen  zeichnet,  die  höchste  und  die  tiefste 
statt  gefundene  Temperatur,   will  man  aber  den  Wechsel  der 
Temperatur    vollständig    aufgezeichnet    haben,    so    wird    die 
Scheibe  nop,  welche  auf  der  einen  Seite  ganz  geschwärzt  ist, 
durch  ein  Uhrwerk  umgedreht,  tnnd  liefert  dann  eine  fortlau- 

1   G*  II.  389. 


feelbetregistrirende.  979 

trade  Zeichnung  dar  statt  gefundenen  Temperaturunterschiede 
und  ihrer  Daner.  Man  übersieht  bald,  dafs  dieser  auf  jeden 
Fall  tbeure  Thermometrograph  manchen  Einflössen  der  Luft- 
bewegung,  auffallenden  Staube«,  sich  ansetzender  Feuchtigkeit, 
die  anter  Umständen  zu  Eis  gefrieren  wyrde,  selbst  der  In* 
secten,  die  sich  darauf  niederlassen  könnten,  und  auf  jeden 
Fall  der  angleichen  Reibung  ausgesetzt  seyn  wurde.  Verlangt 
man  nicht  gerade  die  zu  jeder  bestimmten  Zeit  statt  gefundene  • 
Temperatur  zu  kennen ,  sondern  blofs  die  mittlere  tägliche,  so 
giebt  hierzu  eine  negativ  compensirte  Uhr  ein  sinnreich  aus- 
gedachtes Mittel.  Eine  Uhr  ohne  Compensation  haben*  Ob  Aas-  ' 
im1  nnd  Brewster2  in  Vorschlag  gebracht,  erst  neuer* 
dings  ist  aber  diese  Idee  durch  JüReiisisj 3  in  der  Art  wirklich 
ausgeführt  worden,  dafs  der  beabsichtigte  Zweck  durch  eine 
negativ  compensirte  Uhr  noch  vollständiger  erreicht  wurde.  Statt 
des  Ringes  der  Unruhe x  bei  den  Taschenuhren  hat  man  be- 
reits ein  Kreuz  mit  vier  getrennten  Bogen  aus  zwei  Metallen 
gewählt,  deren  ungleiche  Ausdehnung  das  Oscillationscentmm 
in  stets  gleicher  Entfernung  von  der  geometrischen  Axe  der 
Spindel  erhält,  so  dafs  hiernach  die  Zahl  der  Schwingungen 
hei  allen  Veränderungen  der  Temperatur  in  gleichen  Zeiten 
stets  dieselbe  bleibt  Diese  Compensation  hat  Jürokvsev  nicht 
blofs  umgekehrt,  sondern  an  dem  freien  Ende  eines  jeden  die- 
ser Bogen  noch  eine  zweite  negative  Compensation  angebracht 
nnd  dadurch  den  Einflufs  der  Wärme  auf  den  Gang  dieser 
Uhr  so  ausnehmend  vergröbert,  dafs  ein  einziger  Grad  Untere 
schied  der  mittleren  Temperatur  während  24  Stunden  eine 
Veränderung  von  fast  32  Secunden  herbeiführt.  Die  mittle- 
ren Temperaturen  werden  nach  einer  Tabelle  berechnet;  au- 
fserdem  aber  befindet  sich. ein  Metallthermometer  dabei,  wel- 
ches die  bestehende  Temperatur  nnd  zugleich  die  Maxime 
und  Minima  angiebt ,  so  dafs  also  dieser  Apparat  als  der  voll- 
ständigste, bis  jetzt  bekannt  gewordene  selbsfregistrirenda  gel- 
ten kann«      Einige  Compensationspendel  zeigen  zugleich  auch 


1    S.  Art.  Temperator.  S.  844. 

£  In  E(Jinb.  Enoyclopa,ed.  Art.  Atmospherical  Clock.  Nach  Poa- 
CBirooary  in  dessen  Ann.  XXXIX.  624. 

3  Aas  Gompte  rendq,  1836.  T.  II.  p.  143*  in  PoggeadoriPe  Aon« 
a.  e.  O.  Vergl.  Astron.  Nachr.  1896.  S.  1Q9,  8.  10. 


980  Thermometer. 

die  bestehende  Temperatur,  ohne  sie  jedoch  zn  tegistrirea4, 
vermittelst  einet  bei  ihnen  leicht  anzubringenden  Vorrich* 
tuna*.  ^ 

69)  Zu  den  selbstregistrirenden  Thermometern  gehört  such 
das  durch  Magnus*  Torgeschlagene  Maximumthermometer, 
welches  er  Erdthentnometer ,  Geotkermometer  genannt  hat, 
weil  es  zunächst  bestimmt  war,  die  mit  der  Tiefe  zunehmen*' 
-  de  Wärme  der  Erde  zu  messen,  und  dessen  Zweck  maTsigkeit 
bereits  bei  mehreren  Messungen  in  Bohrlöchern  erprobt  wurde* 
Fig.  Dasselbe*  besteht  aus  einem  gewöhnlichen  Thermometer  mit 
'einer  etwas  weiten  Röhre  und  daher  einem  Cylinder  Ton  an- 
gemessener Grobe.  Weil  mit  diesem  Thermometer  nur  we- 
nige Grade  gemessen  werden,  wählt  man  ein  solches  Verhält- 
nifs  des  Inhalts  der  Röhre  und  des  Cy linders,  dafs  1°  R.  un- 
gefähr 0)5  Zoll  lang  wird«  Man-  soll  dann  den  Eispunct  bei 
diesem  Thermometer  bestimmen  und  diesen  auf  der  Röhre 
mit  einem  Diamantstriche  bezeichnen,  damit  dasselbe  auf  sei- 
ner  Scale  stets  <3ie  richtige  Lage  wieder  erhalte ;  da  aber  aus 
der  Natur  der  Sache  folgt,  wie  auch  der  Erfinder  selbst  nicht 
unbemerkt  läfst,  dafs  die  Messungen  mit  diesem  Apparate  von 
der  darin  enthaltenen  Quecksilbermenge  ganz  unabhängig  sind 
und  nach  jeder  wirklichen  Messung  sich  eine  verschiedene 
Menge  Quecksilber  darin  befindet,  so  scheint  es  angemessener, 
*  die  Scale  in  willkürliche  feine  Theile  zu  theileri ,  die  sich 
dann  ohne  Weiteres  auf  jede  andere  Scale  des  Normalthenno- 
meters  reduciren  lassen,  womit  dieses  Geothermometer  jeder- 
zeit beim  Gebrauche  verglichen  werden  mufs.,  Die  Hauptsa- 
che beruht  darauf,  das  obere  Ende  T  der  Röhre  in  eine  höchst 
feine  Spitze  auszuziehn  und  so  zu  biegen,  dafs  die  Axe  die- 
ser Spitze  eine  horizontale  Lage  erhält,  damit  jedes  heraus- 
dringende Tröpfchen  Quecksilber  sogleich  herabfallt,  und  sollte 
auch  ein  kleines  Kügelchen  durch  Adhäsion  hängen  bleiben, 
so  ist  dessen  Inhalt  bei  der  Feinheit  der  Spitze  und  der  Weite 
der  Röhre  so  unbedeutend,  dafs  sein  Volumen  auf  die  Mes- 
sung  keinen  merklichen  Einflufs  hat.  Nach  dem  Gebrauche 
oder  vor  einer  folgenden  Anwendung  mufs  die  Röhre  wieder 
gefüllt  werden,     Anfangs  geschah  dieses,  indem  man  das  Ther- 


1  S.  Art  Compcnsathn.  Bd.  II.  6.  206. 

2  PoggcndorilV  Aoo.  XXIJ.  138. 


Selbrfrogtsfoirende«  981 

mometer   erwurmte,    bis  das  Quecksilber  au»  der  Spitze  zu 
dringen  anfing ,    dann  dies*  in  reines  Quecksilber  tauchte  and 
den  Apparat  erkalten  lieft.    Später  hat  Maohüs1  eine  verbes- 
serte Vorrichtung  angebracht»    namlieh  -die  obere  feine  Spitz* 
sjnt  einer  KugeT  versehn,    worin  sieh  etwas  Quecksilber  be^ 
findet,  in  welches  die  Spitze  eintaucht ,  wenn  man  das  Therv 
nometer  horizontal  hak.    Das  Fällen  geschieht  auf  diese  Weis© 
leichter,   inzwischen  darf  diese  Kugel,   wie  anfangs  beahsich-« 
tigt  wurde,  nicht  gänzlich  verschlossen  seyn,    weil  sonst  der 
Druck  des  Wassers-  zu  sehr  anf  das  Thermometer  wirkt,    es 
fahrt  vielmehr  in   die)   Kugel  ein    sehr  feines*  Haarröhrchen, 
durch  welches  die  Lnft  eindringt,  ohne  dafs  das  Wasser,  das« 
leibe  erreicht ,  auch  fielst  kein  Quecksilber  durch  dasselbe  ab. 
Der  Cylinder  des  Thermometers  ruht  zwischen  zwei  Messing-  fj^ 
Scheiben,  die  «durch  die  beiden  Streben  ac  und  bd  im  gehövll4. 
rigen  Abstände  von  einander  gehalten  werden,    unten  auf  ei- 
aer  Korkscheibe,    eben  stützt  es  sich  gegen  ein  Stück  Kork, 
durch  welches  das  Rtihrchen  gesteckt  ist«      Auf  der  oberen? 
liessingseheibe  ist  ein  messingner  Cylinder  f  g  mit  einer  mann»* 
Beben  Schraube  festgeschraubt,   welcher  zugleich  zur  Befeeti-* 
gang  der  Scale  dient,  auf  weither  das  Thermometerrohr  fest-* 
fitgt;      Ueber   beides  wird  ein  pafslioher   gläserner  Cylinder,  pfg. 
unten  mit  einer  messingnen  Fassung  verzahn,    festgeschraubt,  U5« 
ü  dessen  unterem  Ende  sich   ein  aus  der  Zeichnung  ersieht-* 
Eckes  Lfttbelchen   befindet,    in  welches   beim  Herablassen  in. 
tycferes  Wasser    dieses  eindringt   und    die  in    dem  Cylinder 
enthaltene  Lnft  comprimkt,   vm  den  Druck  dieser  Luft  gegen 
das  im  Thermometer  enthaltene  Quecksilber  dem  Drucke  des" 
Wassers  gegen  die  «oberen  Wandtngan  des  Cyllnders  gleich     * 
zu  machen. 

Der  Gebrauch  4es  Instrumentes  ist  leicht'  zu  tibersehn. 
Steht  das  Quecksilber  in*.  Rtihrohen  so  hoch ,  dafs  auf  jeden 
FaV  bei  der  höchsten  an  messenden  Temperatur  noch  irgend 
ein  TheH  ans  der  Spitze  desselben  ausläuft,  %o  wird  es  in 
vertioaler  Lage  in  die  Tiefe-  hinabgesenkt .  und  an  der  zur 
Messung  bestimmten  Stelle  sojaoge,  etwa  13  Minuten,  ruhig 
gehalten,  bis  es  die  dortige  Temperatur  angenommen  hat. 
Hierbei  wird  so  viel   Quecksilber  aus  der  Spitze  des  Röhr- 


1   Poggendorff  Ann«  XI»  139. 


982  Thermometer. 

ehern  dringen ,  elf  die  höhere  Temperatur  heraustreibt;  beim 
Heraufziehn  und  Erkalten  desselben  zieht  sich  das  Quecksilber 
wieder  zusammen,  und  sein  Stand,  mit  dem  des  Normalther« 
mometers  verglichen,  was  am  besten  durch  Eintauchen  beider 
in  ein  Gefafs  mit  Wasser  geschieht,  giebt  die  bestehende* 
Temperatur.  Werden  dann  beide  Thermometer  langsam  gleich- 
mafsig  erwärmt,  bis  des  Quecksilber  aus  der  feinen  Spitze  des 
Geothermometers  zu  dringen  beginnt,'  mindestens  bis  es  4» 
Ruberste  Ende  derselben  wirklich  erreicht,  so  zeigt  in  diesen* 
Momente  das  Normalthermpmeter  genau  diejenige  Tempera- 
tur, welcher  das  Geothermometer  an  der  untersuchten  Stelle 
im  Maximum  ausgesetzt  war,  oder  man  findet  die  Temperatur 
in  der  gemessenen  Tiefe,  vorausgesetzt,  dals  das  Thermometer 
*  beim  Herablassen  bis  an  diese  Stelle  oder  beim  Herauf-* 
ziehn  durch  keinen  Raum  passirte,  wo  eine  gröfsere  Wärme) 
herrschte. 

Wird  das  Instrument  bis  zu  bedeutenden  Tiefen  im  Was« 
ser  der  Bohrlöcher  herabgelassen,  so  drückt  letzteres  gegen  die 
äufseren  W^dungen  ;des  Thermometers  und  durch  Compres— 
sion  der  Luft  in  der  umgebenden  Röhre  gleich  stark  gegen 
das  Quecksilber  im  Thermometer,  so  data  der  richtige  Gang 
desselben  dadurch  nicht  gestört  wird;  allein  wegen  verhalt— 
nifsmafsig  grofser  Zusammendrückbarkeit  des  Quecksilbers  wird 
von  diesem  nur  eine  geringere  Menge  ans  der  feinen  Spitze 
auslaufen,  mithin  die  Zahl  der  gemessenen  Grade  kleiner  wer- 
den, als  die  eigentliche  Temperatur,  die  x  heilten  möge.  Uni 
diese  daher  zu  finden,  ist  eine  Corrtotion  erforderlich,  die  nach 
Maosds  durch  folgende  Betrachtung  erhalten  wird.  Es  sef 
das  ursprüngliche  Volumen edes  Quecksilbers,  womit  dasselbe 
bis  0°  gefüllt  ist ,  bei  0°  Temperatur  =  V,  dasjenige  Volu- 
men, welches  nach  dem  Versuche  darin  enthalten  ist,  bei 
gleicher  Temperatur  =*-  V,  die  Temperatur,  in  welche  das> 
Thermometer  nach  dem  Versuche  gebracht  wird,  wenn  man 
dasselbe  mit  dem  .Normalthermometer  vergleicht,  heifse  t,  die 
Zahl  der  Grade,  welche  das  Instrument  bei  dieser  Tempera- 
tur einnimmt,  heifse  t'  und  die  Ausdehnung  des  Quecksilbers 
für  1  Grad  der  Scale,    wonach  das   Instrument  getheilt  ist, 

rr,  so  hat  man 


~-  Selbetrcgistrirende.  083 

v:(t  +  i)=v  (i  +  § . 

Zugleich  aber  hat  man  \ 

r  0 + 9-v  0  +  ?> 

dem  V  hatte  sich  bei  der  Temperatur  x  so  ausgedehnt  9  dafs 
es  das  ganze  Instrument  erfüllte,  also  den  nämlichen  Baum 
annahm,  welchen  V  bei  der  Temperatur  T  einnahm ,  wenn 
T  diejenige  Temperatur  bezeichnet,, bei  welcher  das  ganz  ge- 
feilte Instrument  mit  dem  Normalthermometer  verglichen  wur- 
de, ehe  man  den  Kullpunet  desselben  durch  'Eintauchen  in 
schmelzenden  Schnee  bestimmte»  Beide  Gleichungen  zur  Fort- 
Schaffung  von  V  und  V*  dividirt  geben 

*+  »        1  +  d  d  +  t        d  +  t' 


'+*        *+7 


T  oder  d  +  x~ d+T* 


woraus 


x-  j+7  V+0-*  « j+? 

gefiinden  wird.      Nach  Colladov   und  Stürm1  beträgt  des 

Unterschied  der  Zusammendrückung  des  Quecksilbers   und  des 

Glases  durch  eine  Atmosphäre  oder  0,76  Met«  Quecksilberhöho 

1  73 
oder   10,32  Meter  Wasserhöhe        V^  seines  Volumens  und 

die  Menge  des  in  Folge  eines  gleichen  Druckes  weniger  aus 
dar  Spitze  des  Thermometers  ausgelaufenen  Quecksilbers  be- 
tagt also 

1,73     v,_    1,73V    9 


1000000  1000000    v 

hi  Graden  des  Instrumentes  ausgedrückt ,  wofür  man  bet  dem 
geringen  Unterschiede  zwischen  Vund  V'  ohne  merklichen 
Fehler 

1,73 


IMIIXI 


.8 


1   Ann.   Gaim.  et  Phys.  T.  XXXV.  p.  HS.     Foggeadotff  Ann. 

xn.  61. 


N  \ 


984  Thermometer. 

setzen  kann.  Bezeichnet  .dann  h  die  Höhe  der  Wassersäule, 
bis  zu  deren  Tiefe  da«  Instrument  herabgelassen  worden  war, 
p  aber  die  Höhe  einer  Wassersäule,  deren  Druck  dem  einer 
Atmosphäre  gleich  ist  (10>32  Meter,  31,77  Par. Fds,  33,88 engt 
Fufs,  32,8  rhein.  Fuls),  so  ist 

1,73       £h 

1000000  '  p 
die  Ansaht  von  Graden,  um  welche  sieh  das  Quecksilber  we- 
niger ausgedehnt  hat  und  die  man  also  der  gefundenen  Tem- 
peratur noch  hanzusetzen  mal*.     Hiernach  ist 

(t— t'+TJd+tT    ,      1,73       dh 


T+ü  +iuuuuw     p 


.  *i 


Da  aber  3  sehr  grofs  ist  in  Vergleich  mit  t,  t'  und  T,  so 
sind  die  nicht  mit  8  multiplicirten  Glieder  verh&ltnifsmaTsig 
klein,  können  also  Weggelassen  werden,  und  man  hat  so* 
nach  ^ 

x=at-t+T+  -__._. 

70)  Di*  nicht  zweifelhafte  Zweckmässigkeit  des  so  eben 
beschriebenen  Apparates  macht  es  überflüssig,  ein  zunächst 
zum  Messen  der  Temperaturen  in  tiefen  Seeen  bestimmtes 
Maximum-  und  Mimaumthermometer,  welches  Bill a vi  *  an- 
gegeben hat,  ausführlich  zu  besehreiben,  d*  es  genügt,  nur 
Fig.  die  Idee  dem  Wesen  nach  anzugeben.  Ein  Weingeistthermome- 
tej,  mit  dem  Gefafse  A  und  einer  feinen  Röhre  von  einer  sol* 
eben  Weite,  dafs  sie  nur  etwa  20  Grade  nach  Reaumür  in 
ihrer  ganzen  Länge  zeigen  würde,  ist  oben  mit  einem  zwei- 
ten Gefafee  B  versehn,  an  welchem  sich  der  kleine  Behälter  x 
befindet*  um  ein  Quecksilberkügelchen  von  geeigneter  Grob* 
aufzunehmen.  Das  obere  Gefäfr  B  ist  theils  mit  Weingeist, 
theils  mit  Luft  erfüllt,  und  man  findet  die  Gröfse  der  Grade, 
welche  der  Apparat  angiebt,  indem  man  ihn  an  Wasser  von 
etwa  J0°  bis  15°  Temperatur  eintaucht  und  zugleich  des 
Quecksilberkügelchen  über  die  Oefihung  der  Röhre  bei  z  bringt, 
dann  denselben  in  Eiswasser  einsenkt,  damit  der  sich  zusam- 
menziehende Weingeist  das*  Quecksilber  in  Gestalt  eines  klei- 
nen  Cylinders  bis  etwa  nach  p  herabdrückt,  wodurch  man  die 


1    Brngnatelli  Giornale  di  Fitica  etc.  Dee,  1.  T*  IV.  p«  89. 


Selbatregistrirende.  985 

Anzahl  von  Graden  erhalt»  die  dem  Intervall*'  p  z  zugeböreu,, 
und  hiernach  die  Scarevzeichnen  kann.  Wird  dann  das  Ther- 
BOBieter  bei  niedrigerer  Temperatur  an  einen  Ort  herabge- 
lassen, wo  eine  höhere  Temperatur  herrscht,  so  dehnt  sich 
der  Weingeist  ans ,  entweicht  neben  dem  bei  z  befindlichen 
Qoecksilberkiigelchen ,  drückt  dieses  aber  beim  Uebergange  in 
tioe  kältere  Temperatur  im  Röhrcjieh  herab ,  und  der  Punct, 
wo  es  sich  dann  befindet,  zeigt  die  Anzahl  von  Graden,  um 
welche  das  Thermometer  vorher  höher  stand.  Um  als  Mini« 
aomtheraometer  gebraucht  zu  werden,  wird  der  Apparat  blofs  Fig. 
angekehrt,  auf  eine  hinlänglich  höhere  Temperatur  gebracht,  ' 
in  welcher  das  Quecjksilberkügelchen  sich  im  untern  Tbeile 
des  Cy linders  A  bei  z  befindet;  durch  größere  Kälte  zieht  sich 
der  Weingeist  zusammen,  entweicht  neben  dem  Quecksilber- 
lö§elchen  in  das  Gefkfs  A  bis  zum  Maximum  der  Kälte, 
drückt  aber  bei  nachheriger  wiederkehrender  Wärme  dasselbe 
in  das  Röhrchen  hinab,  und  die  Grade  der  Scale  zeigen  den 
Unterschied  beider  Temperaturen.  Bella  Vi  giebt  selbst  an, 
Ms  ihm  ein  Vorschlag  zur  Construction  selbstregistrirender 
Thermometer  von  LavdHiahi  bekannt  geworden  sey,  und  es 
i*t  toffalleod,  dafs  das  von  Letzterem  später  beschriebene 
Thermometer,  dessen  Erfindung  er  sich  selbst  zueignet1,  mit 
poem  eine  überraschende  Aehnüehkeit  hat.  Die  Verfertigungs« 
ut  dieser  Thermometer  ist  genau  so,  als  bei  demjenigen,  wel- 
ches, snm  Messen  kleiner  Wärmedifferenzen  bestimmt,  später 
tttehrieben  werden  soll;  auch  dient  eben  jenes,  jedoch  mit  . 
fcjnerer  Scale,  zum  Messen  des  Maximums  der  Temperatur. 
Rr  das  Minimumthermometer  genügt  es  zu  bemerken,  dafs  Fig. 
am  in  die  enge  Röhre  einen  kleinen  Quecksilbercylinder,  * 
etwa  in  die  Gegend  von  M,  bringt ;  ein  anderer  oder  viel- 
mehr das  daraus  gebildete  Quecksilberkü  gelchen  liegt  bei  O. 
Sinkt  die  Temperatur  ^  so  steigt  das  erstere  in  die  Höhe ,  bis 
des  Minimum  erreicht  worden  ist,  und  die  von  oben  herab  bis 
tarn  Cylinder  M  gezählten  Grade  weniger  der  vom  zweiten 
bis  0  geben  die  geringste  statt  gefundene  Temperatur  an. 


71)   Bei  Gelegenheit    der    Versammlung    der    Naturfor- 
scher und  Aerzte  in  Prag  im  Jahre  1837  zeigte  daselbst  Moa- 


1    Bragnatelli  Giornale  di  Fisica.  Dec.  II.  T.  h  p.  413. 
IX.  Bd.  Rrr 


086  Thermometer. 

Stadt1  ein  ganz  eigentlich  selbstregistrirende*  Thermometer, 
von  ihm  Thermograph  genannt»  vor,  welches  der  Idee  nach 
seinen  Zweck  völlig  erfüllen  würde,  wären  nur  nicht  alle  In- 
strument* dieser.  Art  so  manchen ,  nicht  wohl  zu  beseitigen- 
den Zufälligkeiten  unterworfen.  ^Dasselbe  bestand  aus  einem 
Kasten  von  Stahlblech,  ungefähr  8  Zoll  breit,  6  Z.  hoch  und 
0,75  Z.  tief,  dessen  beide  gröfsere  Seitenflächen  durch  etliche 
durchgehende  Streben  bleibend  in  ihrer  Entfernung  von  ein- 
ander erhalten  wurden«  Aus  der  einen  schmalen  Seite  ging 
ein  Rohr  etwa  0,5  Z.  weit  und  4  Z.  hoch,  lothrecht  in.  die 
Höhe,  und  communicirte  mit  dem  innern  Räume  des  Gefäfaes, 
welches  nebst  der  Röhre  bis  etwa  in  ihre  Mitte  bei  mittlerer 
Wanne  mit  reinem  Quecksilber  gefüllt  war.  In  der  Röhre 
schwimmt  ein  eiserner  Gylinder  auf  dem.  Quecksilber  und  trägt 
einen  hinlänglich  starken  Eisendraht,  durch  dessen  oberes  Ende 
horizontal  ein  Bleistift  gesteckt  ist*  •  Vor  der  Spitze  des  letz- 
teren wird  ein  mit  Papier  überzogener  Cy linder  durch  ein 
Uhrwerk  binnen  24  Stunden  einmal  um  seine  Axe  gedreht, 
und  man  übersieht  leicht,  dafs  beim  Sinken  oder  Steigen  des 
Quecksilbers  im  Gefafse  und  somit  auch  in  der  Röhre  durch 
Temperaturwechsel  der  Schwimmer  in  ungleiche  Höhe  geho- 
ben weroeh  mufs  und  auf  der  Papierhülle  des  Cy  linders  also 
die  Thermometergrade  aufschreiben  kann,  deren  Gröften  in 
voraus  auf  jenen  Papierhüllen  durch  Linien  gezeichnet  sind, 
wobei  man  blofs  nöthig  hat,  beim  Anstecken  einer  neuen  Pa- 
pierhülle die  Spitze  des  Bleistiftes  auf  den  gerade  dann  statt 
findenden  Thermometergrad  einzustellen.  Durch  die  grofse 
Masse  des  enthaltenen  Quecksilbers  wird  der  Apparat  zwar  für 
schnell  wechselnde  Temperaturen  unempfindlich,  jedoch  nicht 
in  dem  Grade,  dafs  hierdurch  seiner  Brauchbarkeit  für  me- 
teorologische Beobachtungen  Abbruch  geschähe«  Diesem  seht 
ähnlich  ist  der  von  Kliugert2  erfundene  Ihermometrograph, 
welcher  zugleich  bestimmt  ist,  von  Blinden  durch  das  Gefühl 
abgelesen  zu  werden.  Er  besteht  aus  einer  hohlen,  1  Per, 
Fufs  langen,    4  Pfd.  Quecksilber  enthaltenden  eisernen  Säule) 


1  Bericht  über  die  Yen.  deutscher  Natnrf.  und  Aerste  In  Prag. 
1887.  S.  105. 

2  Anzeige  eines  neu  erfundenen  Thermometers  für  Bünde«  Bres*     ' 
lau  1823.    Q.  LXXV.  435. 


Melällthermometer.  ggf 


mf  einem  EnFsbrefe  und  rtdl  einem  luftdicht  a^gmhrarj&ren, 
herisontal  Kegebdtn,  eisernen  Barken,  an  dessen  beiden  Enden 
nch  6  Zoll  lang«  *torticale  Röhren  befinden»  Die  eine  Ton 
diesen  comtnuriicfrt  mit  der  Sftule  und  ist  gleichfalls  bis  zur 
Jfölfie  mit  Quecksilber  gefällt.  An  einetn  rerticalen  Träger, 
in  der  Mitte  des  Querbalkens,  ist '  ein  7  P*h  Zoll  im  Durch- 
Besser  haltender  Kreis  befestigt ,  auf  welchem  Grad«  nach  R. 
gerechnet  sind  und  in  dessen  Mitte  sich  eine  um  feine  Za- 
pfen drehbare  Holre  befindet.  Ueber  diese  geht  eine  Schnur, 
deren  eines  Ende  an  einem  Schwimmer  befestigt  ist,  wei- 
ther anf  dem  /Quecksilber  in  der  einen  genannten  Röhrt 
schwimmt)  während  das  andere  ein  in  die  zweite  Rohre 
herabhängendes  Gegengewicht  trägt;  beide  Röhren  sind  mit 
Deckeln  versehn,  irr  denen  feine  Löchelchen  tum  Durch- 
ginge für  die  Fäden  sich  befinden«  Darch  die  Steigen  nnd 
Pillen'  des  Quecksilbers  in  der  einen  Röhre  in  Folge  seiner 
wechselnden  Ausdehnung  darch  Wärme  steigt  und  sinkt  der 
Sehwiaimer,  die  daran  befindliche  Schnur  dreht  die  Rolle  in 
'et  Mitte  der  getheilten  Scheibe  nnd  zugleich  den  an  ihr. 
Wertigten  Zeiger,  welcher  anf  der  kreisförmigen  Scale 
Theraometergrade  angiebt.  Am  Rande  derselben  bind 
md  Stifte  tum  Fühlen  für  BKnde  efngeschnhtfrn ;  in*  Welche 
ein  leichtes,  vom  Zeiger  VorWöftd  tu  schiebendes,  aber  nicht 
irieder  zuräcfcraitasde»  *h**rngMech  eingreift,  WoddrWi  das 
hntrament  zugleich  ein  Thertoometrograph  Wird;  ein  ge- 
wshaliches  Thermometer  dient  dann  cur  Controte  der  -gezeig- 
ten Grade.  Das  Instrument  soll  wegen  der  grofeen  GberflH- 
dt»  imd  geringen  WaYmetapacitlft ,  auch  gaffen  Wärmeleltung 
des  Eisens  hinlänglich  etnpftndri  ch  eeyn ,  es  ist  über ,  ans 
hiebt  begreiflichen  Gründen,  nkht  üntvt  die  Eahl  tder.  gebrfacb- 
fienen  Apparate  «ufgenornfoen  wordem 

72)  i.  Bie  Metalle  sind  wegen  ihrer  geringen  Wärmeca- 
pacitat,  der  Gleich müfsigkeijt  ihrer  Ausdehnung  nnd,  minde- 
stens die  meisten,  wegen  ihres  Widerstandes  gegen  die  Ein- 
wirkung höherer  Temperaturen  ztfr  Thennometrie  rorzugs- 
Weite  geeignet,  aller»  dft  Vermehrung  ihres  Volumens  durch 
Wärme  ist  nicht  grofs  und  bei  der  Mehrzahl  sehr  gering ,  sie 
nob  daher  durch  kunstliche  Mechanismen  stark  vefgrofsert 
werden,  um  hinlänglich  bemerkbar  zu  aeyn.  Aus  dieser  Ur- 
sache hat  man  sie  nur  wenig  zur  Construction  der  Thermo*- 

Rrr2 


tK$  Thermometer.  , 

jmeter  verwandt,  mehr  fiur  Pyromeier^  wovon  bereits  oben* 
die.  Rede  war;  es  giebt  jedoch  einige  Apparate,  welebe  fcnna 
Messen  höherer  Temperaturen  durchaus  nicht  anwendbar  sind 
und; daher  hier  fcrwühnt werden  müssen.  Das  bekannteste  un- 
tec  diesen  ist  v$n  »an  vielen  verschiedenen  Künstlern  ausgeführt 
werden,  ohne  von  den  gleichen  Bemühungen  anderer  KenntntTs 
ausüben,  weil  das*  dabei  zum  Grunde  liegende  Princip  sich 
wegen  seiner  Einfachheit  sehr  leicht  .darbietet ,  dafs  es  in  der 
JThat  schwer  ist,  den  ersten  Erfinder  bestimmt  anzugeben« 
Schon  int  letzten  Decennium  des  vorigen  Jahrhunderts  heb* 
lieh  ein.  vom  Uhrmacher  Abrihs  in  Hannover  verfertigtes 
Thermometer  dieser  Art-  gesehn,  meistens  nennt  man  deo  Uhr« 
fnacher  Jönonnstv*  in  Kopenhagen  als  den  Ef linder  dessel- 
ben^ Scholz3  dagegen  beschreibt  dasselbe  als  eine- Erfindung 
des  Uhrmachers  Holzman^  in  Wien,  und  auch  dasjenige,  wel- 
ches WhKVCH*  unter  dem  Namen  TaachtntJiermemettr  als  von 
ihm  erfunden  bekannt  .gemacht  hat,  ist  ganz  auf  dieselbe  Weise) 
Fig.  conStrnirU  Alle  diese  Thermometer  haben  die  äufsero  Form 
l^sriner  Taschenuhr,  auf  deren  Ziffer  blatte  die  Thermometergrad« 
gezeichnet  sind,  die  durch  einen  Uhrzeiger  atigegeben  wer* 
«len.  Im  Innern  dieser  Uhr  ist  auf  dem  Boden  oder  meistens 
«n  der  Seite  das  eins  Ende  n  eines  Bugeis  a  b  ans  ansammen- 
getotheten  Blechen  von  Stahl  und  Messing  unverrückbar  festge* 
schraubt,  und  da  die  beiden  vereinten  Metalle  sich  durch 
-Wärme  ungleich  ausdehnen ,  so  mufs  dieser  Bügel,  welcher 
auch  nach  der  ersten  Krümmung  umgebogen  und  mit  dieser 
.parallel  laufend  rückwärts  wieder  bis  zum  Anfangspnnctn  ge— 
iührt  seyn  kann5,  eich  abwechselnd  erweitem  und  verengern« 
Am  andetn  freien  Endo  desselben  befindet  sich  daher  ein  ei« 
aernfer  Fortsatz  *  welcher  gegen  den  kürten  Arm  eines  Win« 
kelhebels  drückt,    dessen  längerer  Arm  vermittelst  eines  Stif- 


1  8.  Art.  Pyrometer.  Bd.  VII.  S.  978. 

2  Gehlen  N.  Jonrn.  Th.  VI.  S.  500. 

8  Anfangsgründe  der  Physik  u.  s.  w.  9te  Aufl.  Wien  18S7.  8. 
489.  Jahrbücher  dea  polytechnischen  Inttitotes  an  Wien.  Th.  I» 
S.  203. 

4  Diogler  polyt.  Journ.  Th.  XLf.  S.  102. 

5  Auf  diese  Weise  sind  diejenigen  Instrumente  construirt,  welche 
F.  Hottbiz?'  zu  Paris  rerfertigt.  S.  Library  of  meful  ksowledge. 
-Hft.  II.  p.  83. 


MeUlltberttiometer.  S69 

tis  den  gebahnten  Sextanten  erfer  Octanten  *»/?*  bewegt , '  *er> 
■it  seinen  Zähnen  in  4k  \f eile  y  eingtwtft  und  tJieae  um  ihW 
Axt  dreht       Auf  letztere  ist  der  Zeiger  aufgesteckt  und  zeigt* 
deanech  auf  die  Thermometergrade ,  die1  riech  einem  richtigen 
Thermometer  auf  dem  getheihea  Kreise  gezeichnet  sind,  tfreiJ 
dber  etwa  zwei  Linien  breit  an  der  Innenseite  des  Instrume'rJi^ 
tos  befestigt  ist  und    in   der   Zeichnung    nicht   sichtbar   seyn' 
hon,  weil  er  sich  «of  de*  entgegengesetzten  Seite  ran  derje-1 
■igen  befindet/ an  welcher  man  den  innen*  Mechanismus  sieflr}' 
Ware  der  stählerne  Fortsatz   des  Bügels  ohne  Schlottern   mit 
dem  Arme  des  Hebels  fest  verbunden,   hätte  der  längere  Arn*', 
de*  letzteren   keinen  Spielraum    zwischen    den  Stiften',    durch* 
die  er  den   Sextanten   bewegt,    und  wäre  jeder   todte  Gang 
»wischen  den  Zähnen  und  dem : Getriebe  vermieden,  so  würde 
jeee  Verfndertmg  der  Temperatur  durch  Vorgang   oder  Rück-1 
gang  des  Zeigers  angegeben  ■  werden.   Da  jene  Bedingungen  aber 
nicht  statt  zu  finden  -  pflegen ;    so   versieht   man   das    Getriebe 
■it  einer  Spiralfeder,    welch*  bewirkt,     dafs    die    einzelnen 
Taeile  stets    dicht  an   einander   liegen   und    somit '  jede   Aus- 
Mkaoog  oder  Zusammenziehung  des  Bügels  durch  den  Zeiger 
bestellbar  wird.      Nederdihgs  hat  Winbjerl1  in  Kopenhagen 
dieses  Thermometer  wesentlich  verbessert,     indem  vermittelst 
«oes  Schiebers  zwei  Zeiger  ausgelöst  werden,  deren  einer  das 
Manmnm ,  der  andere  aber  das  Minimum  angiebt,    wobei  je-  . 
doth  dar  Hauptzeiger,    welcher  zur  Angabe  der  jederzeit  be- 
stehenden Temperatur  dient,  unausgesetzt  in  Thatigkeit  bleibt« 
Eise  entgegengesetzte  Bewegung  des   Schiebers  bewirkt,    dafs 
festerer  sich   allein  bewegt,    und  so   dient   also  der  Apparat 
als  blofses  Thermometer,  im  Ganzen  aber  ist  derselbe  in  die- 
ser vorzüglichen   Ausführung   so   vortrefflich,     dafs  Schüma- 
ciia  ihn  für  den  vollkommensten  unter  allen  ihm  bekannten 
erklärt* 

73)  Mit  allgemeinem  und  grobem  Beifall  wurde  das  durch 


1   Astronom.  Nachr.  Th.11  Vi!.'  1829.  N.  157.  8.« 218. 

t  Eine  detitHirte  BeseHfftibnng  dieses  Apparat«»,  welcher  die' 
Btechtmg  der  Meteorotogewkizi  Jtokeo  Grade  verdient,  wenn  seine' 
Brauchbarkeit  als  Maxim  am-  nnd  Minimnmthermometer  wirklich  aus- 
gezeichnet ist,  würde  eine  Menge  Ton  Zeichnungen  erfordern  nnd 
doch  nur  ennaehit  die  ausübenden  Kirnstier  interessiren ,  weswegen 
ich  de  hier  weglasse  und  aal  die  angegebene  Quelle  verweise.  ' 


de*  berühmten  Uhrmacher  Bmaubv1  zu  Barie  erfundene  und 
von-  ihu>  zugleich  verfertigt©  l^aUfhe^mameter.  (Tlurmemetr* 
mstailiqus,  Thermophor*  de-  Jßrigu&>)  aufgenommen»  Da«« 
Flg.  salbt  bentefct  aus  einer  apiralftrmjg  aufgewundenen,  etwa  Qr4 
^'hif  0,9  MUlüp.  breiten  Lamelle  von  Platin,  Gold  und  Silber* 
von.  denen  4*«  beiden,  Wfceren  fiir  sieh  genügen  würden,  Am 
Qold  a^er  dient  alz  Mittel,  am  beide  «usammentulöthen.  Die 
drei  Ijanieilen  sind  ursprünglich,  von  mefsberex  Dicke,  wer*- 
c\en  aber  nach  der  Vereinigung  bis  zur  Dünne  von  etwa  0,02 
Bfelliinetejr  auegewalzt,  dann  zu  einem  schmalen  Streifen  aus- 
geschnitten and  in  dieser  Gestalt  zu  einem  etwa  1,5  Lin.  inz, 
Durchmesser  haltenden  Cylinder  von  dicht  neben  einander  lin~ 
genden  Windungen  achrauben  förmig  zur  Länge  von  2  Im«  4 
Zoll  aufgewickelt,  welcher  mit  dem  oberen  Ende  an  den* 
Bügel  ff  befestigt  ist,  am  unteren  aber  den  sehr  feinen  Zea«* 
ger  aß  trägt  Letzterer  schwebt  frei  iiber  dem  horizontalen, 
in  Grade  getheilten  Kreise  ccf  welcher  euf  drei  kurzen  pün 
faen  ruht,  die  in  ein  hölzernes  Fufsbret  ein  wenig  einge>- 
I  Ussen  sind ,  und  das  Gänse  ist  dann  mit  einer  Glasglocken 
überdeckt,  die  man  beim  Gebrauche  abnimmt»  Um  den  zar- 
ten Windungen,  mehr  Haltung  zu  geben,  wird  durch  diesel- 
ben  ein  geeigneter  Measingstift  gesteckt,  dessen  Knopf  oben  bei 
d  sichtbar  ist.  Durch  ungleiche  Ausdehnung  der  beiden,  änfsere* 
Metalle  wickelt  sich  cüe  schraubenförmige  Windung  mehr  auf 
oder  mehr  zusammen  und  bewegt  hierdurch  den  Zeiger  so* 
dafs  er  auf  wachsende  Grade  dar  Kälte  oder  der  Wärme  zeige. 
Da*  Instrument  ist  allerdings,  hauptsächlich  wegen  der  gerin- 
gen Wärmecapacität  und  der  ausserordentlichen  Feinheit  des 
Lamelle,  sehr  empfindlich,  jedoch  bei  weitem  nicht  so  sehr,  ale- 
gewisse Arten  des  Differentialthermometers,  seine  Empfind- 
lichkeit zeigt  sich  aber  vorzüglich  dadurch ,  dafs  es  unter  eine 
Campen e  gestellt  bei  jeder  Verdichtung  und  Verdünnung  der 
Luft  sofort  Ausscheidung  oder  Bindung  von  Wärme  zeigt, 
wenn  auch  kein  anderes  Thermoskop  dedurch  aificirt  wird« 
Andere  Künstler,  z.  B.  Ozcbslz  jn  Pforzheim,  wickeln  die 
Lamelle'  spiralförmig  auf  und  verfertigen  auf  diese  Weise  sehr 
feine  Thermometer  in  Form  von  Taschenuhren ,  Uhrschlüsaelo 


1    Aon.  de  Chim.  et  Pbjt.  T.  V.  p.81&  Schweig*  Joorn.XXXlJ. 
p.  497. 


Metftlltheraiometer.  f    gg£ 

e. 1.  w.  LecHtvAiLita  *  hat  vorgeschlagen  9  xu  beiden  Sei- 
ten des  Haaptzeigers  noch _  einen  beweglich«*  Zeiger  ansn-* 
bringen,  deren  eiper  dann  a»f  da»  Maximum ,  der  andere  auf 
ess  Miniman  der  Temperatur  geschoben  würde ;  allein  nach 
de«  Exemplare  xu  sohliefscn,  weichet  ioh  von  Babouey 
seJbit  verfertigt  besitze ,  ist  hierzu  die  Spirale  zu  schwach. 

74)  Es  wnrde  bereits  oben 2  ein  von  A.  Neu ma an  in 
Venehlag  gebrachtes  Pyrometer  erwähnt,  dessen  nähere  Be- 
sebmbung  aber  hierher  verwiesen,  weil  es  selbst  die  tiefsten 
Grade  unter  dem  Gefrierpnncte  xu  messen  dienen  könnte  and 
daber  zur  Gasse  der. eigentlichen  Thermometer  gehört«  Zu- 
eilt tadelt  e^r  an  den  von  Hol&mavv  and  Baeobet  ange- 
gebenen Thermometern,  data  die  nach  den  veränderlichen  Bo- 
gen gemessenen  Grade  nicht  gleich  seyn  können«  weil  sich  die 
Bogen  dofck  die  Krümmung •  selbst  bei  mefsbarer  Dicke  der 
beiden  Metalle«  verändern«  Es  ist  aber  hierbei  zu  berücksich- 
tig«, dals  bei  Bai« übt's  Thermometer  die  Lamellen  höchst 
eiao  sind  und  das  zwischenliegende  Gold  blob  als  Bindungs- 
aktel  dient,  was  Neumas  v  übersehn  hat,  beide  Thermome- 
ter tbtr  werden«  so  wie  das  von  Chrjobtov  angegebene, 
oacb  einem  genauen  Qnecksilberthermometer  graduirt«  wo- 
deren  die  etwa  statt  findenden  Ungleichheiten  der  Grade  bis 
etf  ebe  unmerkliche  Gröfse  verschwinden.  Neümash  bringt 
dagegen  einen  langen«  schraubenförmig  aufgewundenen  Platin- 
4mt  in  Vorschlag  und  nimmt  an ,  dafs  dessen  ganze  Län- 
aieansdehnnng  auf  den  am  einen  Ende  desselben  befestigten 
Hebelarm,  wodurch  das  Zeigerwerk  bewegt  werden  soll«  wir- 
kt werde ,  was  jedoch  nicht  der  Fall  seyn  kann ,  weil  die' 
Ausdehnung  vielmehr  dazu  dient«  die  Radien  der  einzelnen 
Kriauanngen  au  vergröbern ;  denn  wollte  man  einen  solchen 
Draht  schraubenförmig  am  einen  unveränderlichen  Cylindet 
viaden,  an  würde  pierseihe  nach  der  Erhitzung  in  Folge  ein- 
getretener Erweiterung  vom  Cylinder  herabgleiten,  ohne  Ver- 
neinung der  Zahl  seiner  Windungen  um  ganze  oder  nur  ci- 
J*o  Theil  derselben«  Das  Instrument  könnte  aber  die  dem- 
selben oben  irrthümlich  beigelegten  Vorzüge  wirklich  erhalten, 
wean  man  den  feinen  Blatindraht  um  einen,  durch  Wärme  sich 


1    Bulletin  univ.  des  Sc*  math.  et  phys. 
*   S.  Art.  PyrvmeUr.  Bd.  V1L  8«  994. 


992  Thermometer» 

nur  unmerklich  aasdehnenden  Cylinder,  etwa  von  Porcellan 
oder  noch  besser;  von  Graphit,  wickelte  nnd  ihn  durch  ein 
geeignetes  Gegengewicht  stets  straff  angezogen  erhielte,  wonach 
also  die  statt  findende  Verlängerung  des  Drahtes  hei  seiner  be- 
deutenden absoluten  Länge  als  ein  vorzügliches  Mittel  zum 
Messen  hoher  Temperaturen  dienen  könnte.  Von  dieser  Be- 
schaffenheit hatte  ich  mir  den  Apparat  gedacht,  den  ich  da- 
her irrthümlich  für  sehr  zweckmässig  erklärte,  da  er  vielmehr 
nach  der  ursprünglichen  Angabe  gar  nicht  thermeskopisch  wir« 
ken  kann.  Ohne  Zweifel  würden  aber  die  vielen  Windun- 
gen  selbst  bei  einem  sehr  feinen  Drahte  auf  der  Oberfläche  des 
Cylinders  zu  viel  Reibung  erleiden  und  dadurch  die  Erhal- 
tung desselben  in  gespanntem  Zustande  bei  wechselnden  Tem- 
peraturen unmöglich  werden. 

Bei  dem  entschiedenen  Bedürfnifs  guter  Pyrometer  wird 
es»  aber  nicht  unnütz  seyn,  folgende  Construction  eines  ein- 
fachen und  leieht  ausführbaren  Apparates  hier  in  Vorschlag  za 
bringen*  Graphit  ist  wegen  seiner  Unschmelzbarkeit  und  sehr 
geringen  Ausdehnung  durch  Wärme  bereits  von  Brovoviart 
und  Da si ell  zu  den  Gestellen  der  Pyrometer  gewählt  worden, - 
bei  dem  nächstfolgenden  kommt  aufserdem  die  geringe  Reibung 
_.  auf  seiner  glatten  Oberfläche  noch  vorteilhaft  zu  statten.  A  B 
121,' ist  ein  Fufsbret  von  Graphit,  welches  nebst  den  drei  Trägern 
aß,  yd  und  X  aus  einem  soliden  Stücke  von  solchen  Dimen- 
sionen verfertigt  ist,  als  das  gehörige  Verhältnifs  zu  dem 
Haupttheile,  dem  Cylinder,  erfordert«  Auf  den  Trägern  aß 
und  yd  ruht  die  mit  ihren  sehr  feinen  Spitzen  in  den  ersten 
eingesteckte;  bei  dem  zweiten  in  einen  Einschnitt  herabgelas- 
sene, aus  Platin  bestehende  Axe  des  Graphitcylinders  ab,  auf 
dessen  Umfange  eine  nur  zweimal  umlaufende  Schraubenwin- 
dung Unmerklich  tief  eingeschnitten  ist«  In  dieser  liegt  für 
grofse  Hitzegrade  ein  feiner  Platindrant,  für  geringere,  nur  bis  ety» 
500'  C.  steigende,  ein  reiner  Sil b erdfahr,  dessen  unteres  Ende) 
s  auf  dem  Fubbrete  befestigt,  das  andere  aber  nm  die  Zeiger- 
axe  1  geschlungen ,  am  kleinen  Stiftchen  o  festgeknüpft  und 
endlich  mit  dem  Platingewichte  p  beschwert  ist.  Schon 
hieraus  wird  die  Wirkungsart  des  Apparates  klar.  Alle  Theile> 
desselben  bestehn  aus  Platin  und  Graphit,  doch  können  der 
Faden  und  die  Scale  für  geringere  zu  messende  Temperaturen 
auch  von  Silber  seyn;  dafs  die  Axe  des  Graphitcylinders,  um 


Meiallthermometer«  993 

weichen  der  tbermoskopisohe  Draht  geschlungen  ist,  um  ihre 
feinen  Spitzen  leicht  beweglich  sey,  ist  zwar  nicht  nothwtn« 
dig,  weil  der  verlängerte  oder  verkürzte  Draht  ohnehin  leioht 
über  die  glatte  Fläche  des  Graphits  hingleiten  würde,  indefs 
wird  die  Sicherheit  und  Empfindlichkeit  des  Apparates  hier- 
durch auf  jeden  Fall  vermehrt»  Die  allgemeine  Beschreibung 
schliefst  noch  keine  Dimensionen  der  einzelnen  Theile  in  sich, 
die  jedoch  toethwendig  angegeben  werden  müssen,  weil  sich 
danach  die  Brauchbarkeit  im  Ganzen  ermessen  läfst.  Wir 
volen  daher  annehmen,  dafs  die  Ausdehnung  des  Platiris  nach 
DvLoi*  und  Petit  *  0,0009839  seiner  Länge  für  100°  G.  be- 
trage,' und  sonach  läfst  sich  der  Unterschied  seiner  Ausdeh- 
Boog  und  der  des  Graphits  in  genähertem  Werthe  füglich 
=  0,0009  seiner  Einheit  annehmen*  Der  Umfang  des  Cylin- 
ders,  um  welchen  der  Draht  gewunden  ist,  seinen  Durchmes- 
ser zu  2  P«r.  Zoll  angenommen ,  beträgt  6,28  Z. ,  eine  Gröfse, 
die  füglich  als  eine  mittlere  und  für  die  meisten  Zwecke  alt 
an  besten  geeignet  gelten  kann ,  obgleich  man  auch  nach  Um* 
«laden  grössere  oder  kleinere  Dimensionen  des  ganzen  In- 
»ttronentes  wählen  könnte.  Hiernach  geben  zwei  UmWindun- 
gen des  Platindrahtes  12,84  Zoll,  und  wenn  wir  für  die 
beiden  Enden  ,  das  eine  bis  zum  Puncte  seiner  Anknüpfung 
auf  dem  Fufsbrete,  c)as  andere  bis  an  den  Stift  seiner  Befe- 
ttigQDg  auf  der  Welle,  noch  1,46  Zoll  rechnen,  um  eine  runde 
Zahl  zu  erbalten,  so  beträgt  die  ganze  Länge  des  die  Tem- 
peratur durch  seine  Ausdehnung  oder  Zusammenziehung  mäs- 
tenden Drahtes  14  Zoll  und  seine  Verlängerung  durch  eine 
Temperaturvermehrung  von  100°  C.  14X0,0009=0,0126  2; 
*d"  0^1512  Par.  Linien.  Setzen  wir  den  Umfang  der  Platin« 
welle,  um  welche  das. letzte  Ende  des  Drahtes  geschlungen 
ttt,  deren  eigene  Ausdehnung  durch  die  des  umgeschlungenen 
Drahtes  compensirt  wird ,  in  runder  Zahl  =  3  Linien ,  so  wird 
diese  durch  einen  Temperaturwechsel  von  100°  C.  um  ihren 
2Qsten  Theil  oder  um  18  Grade'  im  Bogen  umgedreht ,  mithin 
durch  1000°  C.  um  180  Grade  oder  einen  Halbkreis,  und 
wenn  dann  die  Länge  des  Zeigers  zu  nahe  4  Zoll,  also  die 
des  Bogens,  welchen  seine  Spitze  durchläuft,  zu  12  Zoll  an- 
genommen wird,    so  ergiebt  sich  die  Gröfse  eines  Grades  der 


1    S.  Art.  Audehmmg.  Bd.  f.  3.  58?. 


994  Thermometer. 

Centesimalgoale  c=  0,072  Per»  Linien  und  die  Scale  kann  il~. 
so  fuglich  von  zwei  zu  zwei  Centesimalgraden  abgelesen  wer* 
den.  Wäre  statt  eines  PUtindrebtes  ei«  Silberdraht  gewählt, 
dessen  Ausdehnung  .=  0,0017  gesetzt  werden  kann,  so  wur- 
den die  angegebenen  Gräften  in»  Verhältnifs  von  17:9  waeh» 
sen   nnd  abo    die  Längen    der  einzelnen  Grade  0,136  Linien 

'  betragen.  *  *        - 

In  dieser  einfachen  Gestalt  dürfte  der  Apparat  am  zweck- 
mäfsigsten  seyn,  upd  ich  berühre  nur  kurz  einige  sonstige 
Bedingungen ,  die  sich  von  selbst  darbitten.  Dahin  gehört 
zuerst,  dafs  der  Zeiger  genau  in  seinem  Sohwerponete  balan- 
cirt  seyn  müsse,  damit  für  seine  Bewegung  blofs  die  Rei- 
bung, die  sein  eigenes  Gewicht  und  das  der  Welle  und  des 
kleinen  Platinkugel  p  erzeugen,  zu  überwinden  wäre,  welche 
bei  der  Feinheit  der  Spitzen ,  um  die  sich  die  Welle  dreht, 
der  Glätte  der  Graphitflächen  und  dem  geringen  absoluten  Ge- 
wichte aller  dazu  gehörigen  Theile  nur  unbedeutend  seyn 
kann ,  so  dafs  die  geringste  Spannung  des  Drahtes  sie  leicht 
überwinden  wird.  Ferner  mufs  der  Zeiger  blofs  aufgesteckt 
seyn,  um  ihn  gehörig  zu  richten,  sowohl  anfanglich  bei  Auf* 
findung  der  festen  Puncte,  als  auch  später,  wenn  etwas  am 
Apparate  verrückt  seyn  sollte  oder  ein  neuer  Draht  eingezo- 
gen werden  mühte«  In  der  angenommenen  Form  liefse  sich 
das  Instrument  auf  ein  Klötzchen  von  Graphit  oder  einev 
sonstige  geeignete  Unterlege  stellen,  unter  gegebenen  Umstan-» 
den  könnte  dieses  unnöthig  seyn,  euch  übersieht  man  bald, 
dafs  sich  die  Welle  des  Zeigers  willkürlich  verlängern  lasse, 
um  die  Scale  entfernt  von  der  Wärmequelle  zu  beobachten, 
und  ebenso  bietet  sich  von  selbst  dar,  dafs  man  die  Welle 
mit  'einem  gesahnten  Rade   oder  einem  gezahnten  Bogentheile 

.versehn  könne,  um  durch  Eingreifen  in  ein  kleineres  Getriebe 
die  zu  messenden  Grade  mehrfach  zu  vergröfserir.   ~ 

75)  *•  In  einem  besondern  Artikel1  wurden  bereits  die 
verschiedenen  Constitutionen  von  Leslib's  Differentiahhermo- 
meter  beschrieben.  Diese  haben  zwar  seit  der  Entdeckung 
der  thermomagnetischen  Apparate  ihren  Werth  als  Meßwerk- 
zeuge sehr  geringer  Wärmegrade  verloren,  allein  ihr  Ge- 
brauch als  Photometer  ist   noch  durch  keine  andere  Vorrich- 


t  8.  Art.  Differentialthermowteicr.  Bd.  II«  8.  585, 


Mikrocaloxinieter. 


ees 


tng  erseht  worden,  und  es  wird  feher  nicht  überflüssig  «eyn,      , 
die  apätere  Conatroatien  derselben ,    die  ohnehin  wenig  bekannt 
ij»%    hier   noch  nachträglich   au  beschreiben.      Hauptsächlich 
besteht  4er  Unterschied  diese*  Instrumente  und  der  einen  Art 
eVt  bekannte*  Differenliahharraooietejr  itoi  ihrer  Kleinheit ,  denn 
die  Kugeln  band  c,  die.  ein*,  in  der  Regel  die  obere,    von  Fig. 
ackwajreeqe,  die  sondere  von  durchsichtigem  Olase,  haben  nur1**" 
1,5  hia  2,  höchsten*  2,5  JLinien  im  Durchmesser,  die  Röhre, 
woran  sie  befestigt  sind,    ist  dünn  and  von   der  Weite,    ala 
die  bat  gewöhnlichen  Weingeistthermoutetern ,    and  die  ganze 
Laage>  von  dar   unteren   Biegung  bis  zur  oberen  Kugel  be- 
sieht mehr  als  2,5  bis  5  Zoll.     Dia  Röhre  wird  mit  ge- 
,  seh*  reiaem  Weingeiete  oder   Schwefeläther  gefüllt2 
nach  hinlänglichem  Sieden   aar  Entfernung  der   Luft  zu-. 
gat rfranoUen  f    wann   gerade  so  viel  der  Flüssigkeit  noch  zu«    • 
rwckgabUabe*  ist,    ala  hinreicht,     die  kürzere  Röhre  von  dez 
£age4  his  durch  die  Krümmung  gefüllt  zu  erhalten,  eine  Be- 
ausging,  welche  die  Verfertigung  sehr  erschwert3«    Zur  Mon- 
tkung  dient  ein  hölzerner  Fufs  mit  einem  verticalen  Cylinder, 
welcher  bei  aa  zur  Hälfte  weggeschnitten  ist.      Auf  die  hier- 
o*rch  gegebene  Fiaohe,  worauf  die  in  feine  willkürliche  Theile 
getheilte  Scale  gezeichnet  ist,    wird  das  Photometer  befestigt, 
dessen   untere  Krümmung   in   den   hölzernen  Cylinder    einge- 
senkt ist;    am  untern  TheUe  dieses  Cy linders  bei  dd   befindet 
sich    eine  Schraube,  um  «inen  hohlen  hölzernen   Cylinder  Apjg. 
aufzuschrauben»       Hierdurch   wird   das  Instrument  im  völligen1«* 
Dunkel  erhalten,     bei  der  Wegnahme  des  Deckels  aber  wirkt 
das  verschieden  intensive   Licht ,  auf  die  beiden   Kugeln    und 
bewirkt  eine  .ungleiche  Höhe  oder  eine  Veränderung  des  Stan- 
des der  Flüssigkeit  in  beiden  Schenkeln. 


1  Ich  finde  sie  blofs  in  Library  of  nsefal  knowledge.  Lond. 
1828.  Part  II.  p.  43.  beschrieben,  habe  sie  abei  zu  Edinbnrg  in 
ihren  .verschiedenen  Modifieationen  gesehn» 

*  Welche  toh  beiden  Flüssigkeiten  empfindlicher  sey,  habe  ick 
an  meinen  Exemplaren  noch  nicht  aufgefunden.  Bin  leicht  wahrnehm- 
barer Unterschied  scheint  mir  nicht  vorhanden  za  seyn,  doch  fand 
Lasdsiahi  die  Empfindlichkeit  des  absoluten  Alkohols  nnd  des  Schwe- 
felathera  wie  11:15.  S.  Brogcatelli  Giornale  di  Fis.  Deo.  n.  T.  I« 
p.  342. 

3  Sit  werde»  fem  Meehanicns  Loos  in  DarmsUdt  sehr  gat  ver- 
fertigt. 


996  Thermometer. 

<  76)  Rumfobd*  eonstruirt*  ehi  Instrument ,  bestimmt  trat 
sehr  geringe  Wärmemengeb,  sragleich  auch  den  Unterschied 
zweier  Wärmequellen  zu  messen,  wodurch  es  Aehnlichkeit  mit 
Lislie's  Differentialtherraometer  erhalt,  und  nannte»  es  Tth**- 
F»g. moskop.  Eine  horizontale,  17  Zoll  lange  Glasröhre  de,  atrf 
^^ einem  Breie  befestigt,  an  beiden  Enden  rechtwinklig  auf- 
wärts gebogen,-  ist  mit  den  10  Zoll  langen,  vertkal  atifste-* 
henden  Theilen  ad,  a'-e  verbunden,  welehe  oben  mit  einer 
Kugel  von  1,5  Zoll  Durehmesser  versehn  sind.  Die  Weite? 
der  Röhre  soll  so  seyn ,  dafs  1  Z.  Länge  derselben  15  Grains 
Quecksilber  fafst.  Durch  die  offene  Spitze  b  wird  ein  Tro- 
pfen gefärbten  Weingeists  hineingebracht,  welcher  in  der 
Röhf e  ungefähr  die  Länge  von  0,75  Zell  einnimmt,  jlaan  wird 
die  Oeffnung  der  Spitze  b  an  der  Lampe  zugeschmolzen  und 
Sorge  getragen,  dafs  bei  gleicher  Temperatur  beider  K^ogefat 
der  Weingeist  sich  genau  in  der  Mitte  der  horizontalen  Röhre 
befindet.  Wirken  gleiche  Wärmequellen  auf  beide  Kugel», 
so  bleibt  der  Weingeist  unbeweglich,  ungleiche  aber  dehnen 
die  Luft  verschieden  aus,  und  diese  treibt  den  Weingeist  naeh 
derjenigen  Seite  hin,  deren  Kugel  am  wenigsten  erwärmt 
ist,  wobei  Rümford  zu  finden  glaubte,  dafs  die  Intensitäten 
der  Wärme  den  Quadraten  der  Entfernung  umgekehrt  propor- 
tional seyen.  Will  man  die  Wirkung  der  einen  Wärmequelle 
oder  die  nach  einer  Seite  hin  sich  äufsernde  aufheben ,  so-  ge- 
schieht dieses  leicht  durch  einen  Schirm  von  Goldpepier,  auch 
kann  man  die  Kugeln  gegen  gewisse  Einflüsse  empfindlieher 
machen ,  wenn  man  sie  mit  schwarzem  Tusch  überzieht«  Die- 
ser Apparat,  sofern  er  als  sehr  empfindliches  Luftthermoskop 
dient,  ist  für  den  jedesmaligen  speoiellen  Gebrauch  vielfach 
abgeändert  worden,  indem  man  statt  der  Kugeln  flache  Cylinder 
mit  grofsen  Oberflächen  anbrachte,  die  Röhre  bedeutend  Verlan« 
gerte,  zuweilen  auch  nur  einen  einzigen  Luftbehälter  mit  ei- 
ner langen  Glasröhre  wählte  u.  s.  w.  Rumfobd  wufste  bei 
der  Construction  dieses  Apparates  schwerlich,  dafs  ein  ahn« 
'  lieber  und  obendrein  weit  empfindlicherer,  MikröcalorimtUr 
(aus  dem  griechischen  Worte  /mxQog  klein,  dem  lateinischen 
.    calor  Wärme  und  dem  griechischen  fiijgifa  ich  messe,    nicht 


1    Philosoph.]  Tränt.  1801.  P.  I,  p.  99,     Mim.  de  Mrnt    T.  Tl. 
p.  71. 


|/  Mikrocaloriraeter.  iß% 

eben  beUallswerth,    zusammengesetzt)  genannt ,    durch  G.  G. 
Scbmidt1  erfanden  und  von  Ciarcy  ausgeführt  worden    war«  -"' 
Auch  dieses  besteht  ans  einer  horizontalen  9  dreiFofs  langen  oder 

selbst  noch  längeren  Glasröhre  cd,    welche  an  beiden  Enden  Fig. 

125 
samt  etwas   aufwärts,     dann    gekrümmt  herabwärts   gebogen 

sad  out  zwei  Kugeln  a,  b  versehn  wird*  Durch  die  feine 
Spitze  der  einen-  Kugel  bringt  man  etwas  gefärbten  Weingeist 
in  den  Apparat,  schafft  alle  darin*  enthaltene  Luft  durch  Sie« 
anlassen  des, Weingeistes  fort,  verschliefst  sogleich  die  Spitze 
od  schmelzt  diese  an  der  Lampe  zu.  Von  dem  Weingeiste 
bleibt  ungefähr  so  viel  in  den  Kugeln  zurück,  dafs  nicht 
near  als  0,25  bis  .  0,2  ihres  Inhalts  damit  gefallt  und  er 
in  beiden  gleichmafsig  vert heilt  ist;  es  «wird  dann  dafür%ge- 
sorgt,  dafs  bei  gleicher  Wärme  beider  Kugeln  ein  Faden, 
Weingeist  von  etwa  1  Zoll  Länge  sich  in '  der  Mitte  der  Röhre 
bei  «  befindet ,  welcher  bei  ungleicher  Temperatur  der  Kugeln 
dorch  die  mehr  elastischen  Weingeistdämpfe  der  einen  nach 
der  Seite  der  andern  hingetrieben  wird.  Weingeistdämpfe 
sbd  ausnehmend  empfindlich  gegen  Warme,,  und  um  so  mehr, 
jt  höher  die  Temperatur  derselben  ist;  im  Allgemeinen  wächst 
dit  Empfindlichkeit  mit  der  GrÖfse  der  Kugeln  und  det 
Böge  der  Röhre ,  weswegen  die  erstere  eine  Weite  von  1,5- 
Zoll,  die  letztere  von  nicht  mehr  als  0,5  Linie  innerem  Durch- 
messer haben  müssen,  auch  ist  erforderlich,  dafs  die  Füllung 
aut  sehr  reinem  Alkohol  oder  mit  Schwefeläther  geschehe» 
Eine  eigentliche  genaue  Messung  der  Wärme  nach  Thermo- 
netergraden  ist  zwar  mit  diesem  Apparate  nicht  wohl  mög- 
lich, wenn  man  aber  beobachtet,  durch  was  für  lange  Räume 
der  Weingeist  in  der  Röhre  in  Folge  einer  geringen  Tempe- 
ntnrerhöhung  der  einen  Kugel  getrieben  wkd,  so  kann  matt 
begreiflich '  finden ,  dafs  Schmidt  die  Empfindlichkeit  dieses 
Thennoskopes  zu  roVtr  eines  Grades  nach  R.  angiebt. 

Alle  frühere ,  cum  Messen  geringer  Wärmeunterschiede  be- 
stimmte Apparate  werden  bei  weitem  durch  die  neuesten  ther- 
isoelektrischen  oder  thermomagnetiscben  übertroffen.  Sobald  die 
Entdeckung  gemacht  worden  war,  dafs  durch  Erwärmen  der  Löth- 
stejlen  verschiedener '  MetaÜe  ein  elektrischer  Strom   entstehe, 


1    Handbuch  d«r  Naturlehre.   Giemen  180t    2te  Auflage.  1813. 
8.519. 


996  Thermometer. 

welcher  die  Magnetnadel  ablenke;  lag  der  Gedenke  sehr  nahe", 
diese  Abweichung  der  Magnetnadel  zum  Messen  der  Wurme  zu 
benutzen,  und  durch  weiteres  Verfolgen  dieser  Idee  gelangte) 
man  allmälig  cur  Constructian  der  jetzt  bekannten  feinsten 
therm omagne tischen  Therm oskope  und  Thermometer,  die  mit 
vollem  Rechte  Mikrothermo$kope  und  Mikrotkermomtter  hei- 
fsen  können«  Die  Haoptmomente  der  allmaligen  Verbesserung 
dieser  Instrumente  sind  folgende. 

77)  i*  Von  unerwartet  gtofsem  Einflüsse  auf  die  Thermo- 
tnetrie  war  die  Erfindung  der  Nobili'schen  Doppelnadel  und 
die  Vervollkommnung  des  Mültiplicatora  oder  GatvanomtUrSy 
weil  beide  vereint  die  geringsten  elektrischen  Strömungen 
durch  Ablenkung  der  Magnetnadel  sichtbar  machen«  So  giebt 
der  oben  beschriebene  Apparat1  schon  ein  höchst  empfindli- 
ches Thermoskop,  Becquerel2  ging  aber  sogleich  bei  seiner 
Wiederholung  der  durch  Seibeck  angegebenen  thermoelektri- 
sehen  Versuche  cur  eigentlichen  Thermometrte  über,  indem  er 
vermittelst  zweier  .  aus  verschiedenem  Platin  verfertigten ,  *a 
ihren  einen  Enden  vereinten  Drahte  die  Hitze  der  verschiede-*» 
nen  Theile  einer  Weingeistfiamme  mafs,  wobei  er  von  dem 
durch  spätere  Versuche  bestätigten  Satze  ausging ,  dafs  die  er* 
zeugten  Ablenkungen  der  Magnetnadel  den  Intensitäten  der 
Hitze  um  so  mehr  direct  proportional  Sind«  je  höher  die 
Schmelzpuncte  der  gewühlten  Metalle  liegen.  Seitdem  ist«  die 
Aufgabe  im  Allgemeinen  aufgefafst,  Becqubrel  auf  dieser  ein* 
mal  von  ihm  betretenen  Bahn,  die  Temperaturen  durch  Mofs 
zwei  vereinte  Metelle ,  also  durch  Anwendung  der  einfachen 
thermomagnetischen  Kette  zu  messen,  fortgeschritten,  Nöbili 
dagegen  bemühte  sich,  die  Kraft  durch  Verbindung  mehrerer 
abwechselnd  vereinter  Metalle  zu  verstärken  oder  die  z«~ 
sammengesetzte  thermoelektrische  Kette  anzuwenden«  Beide  abet 
sind  zu  gleich  wichtigen ,  höchst  interessanten'  Resultaten  ge- 
langt»    Nobili  3  entdeckte  sofort  nach  der  Erfindung  der  Dop« 


1  S.  Art«  TAermomagnetitmut.  Fig.  50. 

2  Ann.  Ghim.   et  Phyt.    T.  XXXI.  p.  371.      Poggendorff  Ann. 
IX.  867. 

$   Biblioth.  mür.  T.  XXIX.  p.  IM.    Vergl.  DaUm  Jeern.  N.  II. 
p.  2*7. 


Therrüomagnetiache.  990 

pekadelr  «rod  mit  Anwendung  des  Muhiplicators,  dafc  geringe 
Temperaturunterschiede  in    der   Lothar  eile  zweier  verbundener/^ 
Metalle  einen   elektrischen  Strom     erzeugen,    welcher  der,  in 
•kern  Multiplicator  an  einem  Coconfaden  aufgehangenen  Dop- 
pelaadel  eine  sehr  beträchtliche  Abweichung  gab.    Durch  wei- 
teres Verfolgen  des  ganzen  Problems  gelangte   er  einige  Jahre 
spater  zur    Construction    seines    ersten    Thermomultiplicator* 
oder  elektrischen  Therntdskopes  ,  eines  Apparates  ,  welcher  wohl 
am  zweckmäßigsten  der  Analogie    nach  \die   zusammengesetzte 
thermoelektrisch*  Säule    oder   Kette   genannt   werden   könnte, 
Sa  die  Bezeichnung  Multiplicator  schon  Jiir  einen  andern  Ap- 
parat in  Anspruch  genommen   ist.       Dieser   sehr   empfindlicherer, 
thennoskopische   Apparat1,    welchen   Nobili   Pila  a  Scatolax%>* 
aeont,     besteht  aus    sechs    geeigneten   Stücken    Antimon    und 
Wiftmoth ,    die  mit  ihren  Enden  zusammengelb'thet  und  in  ei« 
Der  gemeinschaftlichen  verticalen  Ebene  liegend  die    11  Ltith- 
•tellen  und  die  beiden  Pole  A  und  B  zeigen.       Um  die  Wir- 
kungen der   ungleichen   Erwärmung   auf  die    eine  Reihe,  der 
LSthstellen  mehr  zu  cooeentriren ,     werden  diese  6  Combina- 
uontaiu  einen  Kreis  zusammengebogen  und  in  eine  Büchse  SSp;» 
gebricht,    aus   welcher  die   beiden   etwas  verlängerten  Enden  127» 
oder  Pole  A',  B'  hervorragen,  um  sie  mit  den   beiden  Draht- 
enden des,  Muhiplicators   in    Verbindung    zu  •  bringen«      Man* 
tkkt  bei  dieser  Vorrichtung  nur  die   eine   ungerade  Reihe  der/ 
Utthstellen,  1,  3»  5,   7»   9,    11,    die  geraden  sind  durch. die,. 
Büchse  verdeckt  und  zugleich  in  Gyps  eingeschlossen,    indem 
die  Büchse  nach  dem  Einsetzen  der  6  Combinationen  mit  Gyps 
oder  Harzkitt  ausgefüllt  wurde ,  um  dadurch  zu  bewirken,  4afs 
sie  Metalle  an  keiner  andern  Stelle ,   als  wo  sie  zusammenge- 
faltet sind,  mit  einander  in  Berührung  kommen.     Dieser  Ap-  ' 
pmt  zeigte  sich  sofort  sehr  empfindlich,  gab  unter  der  Cam- 
ptne  augenblicklich   die  Bindung   der  Wärme    durch  Verdün- 
fiong  der  Luft  an,    und  selbst  nach  den  verschiedenen  Seiten 
eines  Zimmers  hin   gerichtet   machte  er  den  Einflub  der  un- 
gleichen Zurückwerfung   der   Wärme  von  den  Wanden  sicht- 
W.      Um   das  Hindernifs   zu  beseitigen,    welches  gegen  die 
leichtere  Aufnahme  der  Wärme   aus  der  Blanke  der  Metallflä- 


1    H»Uotk*q*e  um>.    T.  XLlV.  p.  «5.    Poggenderff  Ann.  XX. 
245,    Schweigger's  Jounu  Th.  LX.  S.  433. 


1000  Thermometer, 

eben  entspringt,  pflegt  man  diese  mit  einem  schwarzen  lieber* 
^  zöge  zu  bedecken. 

78)  Nobili  erwähnt  bei  der  Beschreibung  dieses  Appa- 
rates, dafs  Mellovi  sich  einen  solchen  verschafft,  ihn  aber  in 
einigen  Stücken  verbessert,  hauptsächlich  durch  verminderte 
Gröfse  der  vereinten  Elemente  verfeinert  habe,  und  nach  der 
Beschreibung  ist  dieses  abgeänderte  Thermoskop  kein  anderes 
als  dasjenige,  welches  später  durch  beide  Gelehrte  gemein- 
schaftlich bekannt  gemacht,  von  Letzterem  aber  zu  seinen 
wichtigen  Untersuchungen  über  das  Verhalten  der  Wärme  ge- 
braucht wurde.  Nobili  brachte  es  sofort  dahin,  dafs  er  auf 
diese,  sogleich  näher  zu  beschreibende  Weise  40  Elemente, 
nach  beiden  Seiten  symmetrisch  geordnet  und  also  auf  jeder 
durch  Wärme  afficirbar,  mit  einander  vereinigte  und  dadurch 
ein  Thermoskop  von  wahrhaft  erstaunenswürdiger  Empfind- 
lichkeit erhielt.  Rücksichtlich  seiner  Bemühungen,  diese  Ap- 
parate" weiter  zu  vervollkommnen,  bezieht  er  sich  selbst  auf 
die  Sammlung  seiner  Memoiren1,  die  ich  jedoch  nicht  zur 
Hand  habe;  inzwischen  sind  zwei  eigentümliche  Constructio- 
nen  von  ihm  bekannt  geworden3,  die  ich  theils  aus  Achtung 
gegen  das  Andenken  des  berühmten  Erfinders,  theils  weil  sich 
vielleicht  neue  Ideen  daran  knüpfen  lassen ,  hier  kurz  ermäh- 
ne. Der  eine  Apparat,  den  er  Pila  a  Raggi  nennt,  besteht 
aus  einer  möglichst  grofsen  Menge  vereinter  dünner  Stangen 
oder  nadelartiger  Stäbchen  von  Wismuth  und  Antimon,  die 
auf  einer  Kreisfläche  so  zusammengelegt  sind,  dafs  die  eine 
Reihe  ihrer  Löthst eilen  sich  um  ein  Gentrum  in  einem  Kreise 
von  etwa  nur  zwei  Linien  im  Durchmesser  vereinigt«  Dieser 
Kreis  der  von  der  Mitte  aus  etrahlenartig  aus  einander  laufen« 
den  Elemente  wird  in  eine  Dose  gelegt,  deren  Mitte  an  bei- 
den Seiten  ein  Loch  hat,  um  die  Wärmestrahlen  eindringen 
zu  lassen ,  die  sonach  die  eine  Reihe  der  Löthstellen  treffen, 
und  auf  die  eine  dieser  Oeffnungen  ist  ein  etwa  *2  Zoll  langes 
Rohr  gesetzt,  welches  am .  andern  Ende  mit  einem  Deckel 
verschlossen  wird,  um  durch  ein  veränderlich  grobe*  Lttchel« 


1  Memorie  cct.  Del  Cav.  Prof.  L.  Nobili.  Firensa  1834.  T.  IL 
p.  47. 

2  Deierisione  di  due  nnore  pile  tecmoelettricke  cet.    Fiten**  U 
24  8ettembre  1834. 


Thtrmomagnetijche; 


10Q1 


eben  in  letzterem  Lieht  einzulassen ,  wenn  man.  dessen  Wiu> 
meerregnng  prüfen  will«  Der  zweite  Apparat,  welchen  Nc* 
iili  in  Vorschlag  gebsacht  hat ,  wird  von  ihm  PUa  af§*$urm 
genannt;  die  verbundenen-  Elemente  der  thermoelekirischen 
Kette  liegen  dabei  in  derselben  Ebene  und  die  eine  Reihe 
der  Ltitbstellen  liegt  in  einer  diese  schneidenden  Linie«  Die 
Caestruction  wird  völlig  klar  durch  die  Zeichnung,  worin  *Fig« 
aod  b  die  Elemente  Antimon  und  Wismuth,  A'.und  B  die1^» 
beiden  Pole  und  die  Zahjen  1,  3,  5,  7  die  eine.  Reihe  der 
in  gerader  Linie  liegenden  Lttthstellen ,  die  geraden  Zahlen  2, 
4,  6  aber  die  andern  Lttthstellen  bezeichnen.  Dia  Lage  4er 
Löthstelleni  in  einer  Linie  ist  für  viele  Versuche  wichtige  wo 
■w  ein  einzelner  Wärmestreifen  zur  Untersuchung  kommt) 
atoentlich  wenn  es  sich*  um  die  Auffindung  der  Wärmeinter* 
formen  handelt.  NoBiLt  hätte  daher  sohon  vorher1  einen 
hierzu  geeigneten  Apparat  ersonnen  und  pila  a  p*ttine  ge* 
ataot,  weil  die  eine  Reihe  der  Löthstellen  nach  Art  der  Zin- 
ha  eines  Kammes  über  einander  liegt« 

79)   Das   Hauptinstrument,     welches   allen  späteren  zum 
Grande  liegt    und   durch   beide  Gelehrte,    Nobili  und  Mel- 
ioii,  gemeinschaftlich  erfunden  wurde2,  besteht  aus  einer  ther- 
aoelektrischen  Säule  und   einem   hierfür   geeigneten  Galvano- 
meter oder  Mnltiplicator.       Die  Säule  besteht,  wie  die  Zeich- Fi«, 
rang  sie  und  ihre  Fassung   im  vertioalen  Durchschnitte   zeigt,      * 
ws  38  Paaren  Wismuth   und  Antimon   mit   zwei  Drähten  a 
ood  b .  die  von  den  auf  «ersten  Stucken  diese  Metalle ,  also  den 
Polen  ausgehn  nnd   den    elektrischen  Strom  zum  Mnltiplicator 
fähren.      Die  Stücke,  welche  als  Elemente  der  Säule  dienen, 
sind  von   abgeplatteter   prismatischer  Gestalt,     an   den  Enden 
keilförmig    verjüngt    und    unter  sehr    spitzen  Winkeln  znsam- 
ftengetothet ,  wie   man  dieses  bei  einigen  derselben,  nach  derpfg, 
Seitenansicht  gezeichnet,  wahrnimmt.      Die  einzelnen  Verbin-  ***• 
dangen  der   hieraus  entstandenen  zusammenhängenden  Metall- 
ktte  sind  so  geordnet,    dafs  sie  sich    etwa   in    ihrer   Mitte 
sämtlich  in   einen   Ring  Vereinigen  lassen,    wobei  sich  von 
selbst  versteht,  dtfs  sie  Von   dem  metallenen  Ringe  elektrisch 
»oliit  seyn  müssen,     so  wie  es  erforderlich  ist,    dafs  die  zu- 


1  Memoria  cet.  T.  11.  p.  48* 

2  Poggendorff  Ann.  XXVU.  440. 
IX.  Bd. 


Sss 


10Q2  Thermometer. 

*ammeugelÖtheten  Stüoka  blofs  an  diesen  Ltfthstellen,  somt 
«iber  nirgends  ,  unter  sich  und  mit  andern  in  Berührung  kom- 
anen  dürfen.  Die  beiden  MettUe  sind  durch  die  geeigneten 
•Bachstaben  a,  b  (Antimon,  Wismoth)  bezeichnet,  die  eine 
Reihe  der  Lttthstellen ,  die  der  ungeraden ,  liegt  in  derselben 
vorderen  Ebene,  parallel  mit  dem  Ringe,  die  andere,  die  der 
-  geraden,  in  der  andern  hinteren;  zwei  von  den  Polen  ausge- 
hende ,  durch  den  Ring,  hindurehgefuhrte  Drähte  c ,  c  sind,  so 
-zugespitzt ,  dafs  sich  me  Hülsen  F ,  F*,  welche  mit  den  En- 
den äes  Multiplicatordrahtes  in  Verbindung  stehn,  metallisch 
genau  berührend  darauf  stecken  lassen.  Es  ergiebt  sich  hier- 
nach von  selbst,  dafs  bei  Erwärmung  oder  Erkältung  der  ei« 
nen  Reihe  von  Lothstellen ,  während  die  andere  die  beste- 
hende Temperatur  behält,  ein  elektrischer  Strom  den  Galva- 
nometerdraht durchläuft ,  und  die  Magnetnadel  nach  der  «inen 
oder  andern  Seite  ablenkt.  Am  Ringe  endlich  ist  ein  Zapfen  r 
mit  einer  Schraube  befestigt ,  um  den  Apparat  auf  einem  Ge- 
stelle festzuschrauben ,  welches  eine  Drehung  desselben  nach 
einer  beliebigen  Gegend  hin  gestattet.  Die  Erfinder  bemer- 
ken mit  Recht ,  dafs  dieses  Thermo 8 kop  durch  die  leichte  Auf- 
nahm« der  Wärmestrahlen  einen  groben  Vorzug  vor  allen 
Wärmemessern  hat,  bei  denen  die  Glashülle  hindernd  wirkt, 
weswegen  dasselbe  sich  {bei  den  ersten  Versuchen  sogleich 
weit  empfindlicher  zeigte,  als  ein  Rumford'sches  Thermoskop. 
Um  die  Wärmestrahlen,  insbesondere  wenn  sie  von  entfernten 
Orten,  -herkommen ,  besser  aufzufangen ,  wird  auf  die.  Vorder- 
Fig.  Seite  der  Instrumentes  eine  kegelförmige  Hülle  R  aufgesteckt, 
Jfi'auf  die  hintere  aber  ein  Cy  lind  er  T,  um  die  entgegengesetz- 
ten Lothstellen  gegen  den  Einflois  aller  ändern  Wärmequel- 
len zu  schützen ;  beide  sind  inwendig  geschwärzt  und  mit  ei- 
nem Deckel  versehn,  den  man  nach  Umständen  schliefen  oder 
öffnen  kann. 

80)  Die  hier  beschriebene  Coostruction  der'  durch  ihn 
ganz  außerordentliche  Empfindlichkeit  so  ausgezeichneten  <A*r» 
moelektrisehm  Thermometer  hat  man  seitdem  im  Wesentli- 
chen beibehalten ,  und  insbesondere  sind  sie  von  Mellovi  zu 
seinen  wichtigen  Untersuchungen  über  das  Verhalten  der  Wärme 
angewandt  worden,  wovon  seiner  Zeit  die  Rede  seyn  wird1.  Sie 


1    8,  Art.  Wärm ,  strahlend*. 


Thermomagneti^che.  10Q3 

I. 

weiden  von  Gottajo*  in  Paris  zugleich  mit  den  übrigen,  von 
Msllowi  gebrauchten  Apparaten  verfertigt,  man  erhält  sie 
aber  sehr  fein  und  nächst  tauber  gearbeitet  von  Okatliio  in 
Berlin,  zugleich  mit  einem  geeigneten  Multiplicator ,'  für  32 
Thaler,  und  nach  einem  solchen  Exemplare  ist  die  Zeichnung  Flg. 
entworfen«  Man  erkennt  darin  bald  das  messingne  Stativ  mit  •• 
seinem  Fofse  AB  und  dem  Träger  ab,  welcher  hohl  und  mit 
einer  in  ihm  beweglichen  massiven  Stange  versehn  ist,  um 
das  Instrument  vermittelst  einer  Klemmschraube  bei  b  höher 
oder  niedriger  zu  stellen«  In  dem  messingnen  Cylinder  ss 
befinden  sich  28  an  ihren  Enden .  zusammengetöthete  Paare 
von  Wismuth  und  Antimon1,  welche  vorn  in  4  Reihen,  jede 
aut  7  Elementen  so  geordnet  sind,  dab  die  flachen,  scharf 
ktil&tanig  zugespitzten  Enden  eine  mit  der  vordem  Grund- 
flache  des  sie  einschiebenden  hohlen  Cylinders  ss  parallele, 
etwa  0*5  bis  1  Linie  zurücktretende  Ebene  bilden,  der  (Jy- 
hnder  hat  vorn  einen  aufgesteckten  und  hinten  einen  aufge- 
schraubten Deckel,  ist  vermittelst  des  Scharnieres  g  in  verti- 
cakr  und  vermittelst  des  in  dem  hohlen  Träger  ab  stecken- 
den Stabes  in  horizontaler  Ebene  drehbar,  wobei  er  jedoch 
durch  Reibung  in  jeder  ihm  gegebenen  Lage  ruht.  An  bei- 
den Seiten  des  Cylinders,  einander  gegenüber,  sind  messingne  ^ 
Kngelchen  o,  a  angeschraubt  (wovon  nur  eins  in  der  Zeich- 
nung sichtbar  ist) ,  die  mit  den  Polen  der  Säule  in  leitender 
Verbindung  stehn,  in  welche  dann  die,  zum  Multiplicator  füh- 
lenden Leitungsdräbte  vermittelst  kleiner  Sehrauben  festge- 
klemmt werden«  Letztere  müssen,  von  angemessener  '  Dik- 
kef  ungefähr  04  Lin.  stark  seyn  und  stehn  mit  den  Win-  ' 
dangen  des  Multiplkajors  in  unmittelbarer  Verbindung,  des- 
sen Construction  bereits  beschrieben  worden  ist2.  Bei  den  von 
Gouejo*  verfertigten  Apparaten  haben  die  Nadeln  53  Millim. 
Länge,  der  Muluplicatord»ht  hat  0,76  Millim«  t)icke  und  ist 
ISOenal  nmgewunden« . 

Wie  schon  erwähnt  worden,  ist  Bscqukril3  der  anfängli- 
chen Construction    thermoelektrischer  Säulen   treu   geblieben 


1    Mihohi1«  Säule  enthalt  50  Paare.     S.  Bkoqubjuu.  Trelte*  txgt- 
rimental  de  l'tlectricitf.  T\  III.  p.  425. 

*    S.  Art.  Mwüipiicator.  Bd.  Tl.  8.  «81. 
S   Traite*  expe^imeiital  de  l'&ecUicite*.  T«  IV«  piff. 

Sss2 


1004  Thermometer. 

and  bat  durch  Verbesserung  dieser  Ootnbin«tion*nr  zweier  Ele- 
mente für  die  Thermometrie  wohl  unzweifelhaft  ebtnso  viel 
genützt,  als  Nobili  and  Mel^o-vi  durch  die  zusam menge-* 
Setzte  Säule,  hauptsächlich  insofern  es  ihm  gelungen  ist,  ei- 
gentliche Thermometer  zu  erhalten ,  statt  dtofs  die  letztgenann- 
ten Gelehrten  nur  Thermoskope,  allerdings  Ton  ganz  uner-» 
werteter  Feinheit,  geliefert  haben.  Das  Prtncip,  worauf  die 
Messung  der  Wärme  beruht,  besteht  ganz  einfach  darin,  dafs 
zwei  Ltfthstellen  der  Apparate  in  Anwendung  kommen,  deren 
eine  auf  einer  genau  bestimmten  Temperatur  erhalten ,  die  an-* 
dere  der  zu  messenden  ausgesetzt  wird,  und  die  dann  nach 
der  einen  oder  andern  Seite  statt  findende  Abweichung  der 
Magnetnadel  des  Multiplicators  giebt  den  Unterschied  beider 
Temperaturen,  nachdem  man  Torher  durch  genaue  Versuche 
ausgemittelt  hat,  welches  Verhältnifs  zwischen  der  Menge  der 
von  der  Nadel  durchlaufenen  Bogentheile  -zu  der  Zahl  der 
Thermometergrade  statt  findet. 

81)  Bbcqüerkl  unterscheidet  diejenigen  thermoelektri- 
schen  Apparate',  die  bestimmt  sind,  höhere  Temperaturen  sa 
messen,  von  denen,  die  für  mittlere,  etwa  von  —50°  bis 
+  106°  C,  in  Anwendung  kommen.  Ein  solcher  der  entern  Art 
ist  bereits1  erwähnt  worden  und  besteht  aus  zwei  Drähten  tob 
verschiedenartigem  Platin.  Man  wählt  für  hohe  Temperaturen 
absichtlich  zwei  in  der  thermoelektrischen  Reihe  nicht  weit 
von  einander  abstehende  Metalle,  damit  die  Abweichung  der 
Magnetnadel  mcht>  zu  stark  ist,  also  auch  Platin  und  PaMa— 
dkrm,  ungefähr  0,3  MSUim.  dick,  die  man  mit  ihren' einen 
Enden  *ur  durch  einen  Knoten  zusammenscharst.  Diese  bei* 
den  vereinten  Metalle  haben,  ebenso  wie  zwei  verschiedener 
Arten  Platin,  die  Eigenschaft,  dafs  bis  mindestens  350° C.  die 
Abweichungen  der  Magnetnadel  in  Folge  ie$  elektrischen  Stro- 
mes, welcher  entsteht,  wenn  man  eine  der  Löthstellen  auf  0° 
C.  oder  auf  einer  sonstigen  constanten  niedrigen  Temperatat 
erhält,  die  andere  aber  der  Hitze  aussetzt,  den.  Graden  der 
Wärme  fortwährend  proportional  bleiben*.  Mit  einein  Appas 
rate  aus  zwei  Platindrähten  mafs  Bkcquirel  in  Verbindung 
mit  Browgkiaht  die  Hitze  eines  Porzellanofens  zu  S&vres 
und  fand  sie  bei  einer  Abweichung  der  Magnatnadel  von  27°>5 


1    8.  Art.  t%ermoikn^neHsmu$f  am  Ende. 


* 

Thermomagn?  tische.  1005 

weh  dem  vorher  ansgemrUelten  Verhältnisse  =3.2542°,8  C> 
wonach  also  die'  höchsten  Teoaperaturea  hierdurch  mefsbar 
s»d. 

82)  Sollen,  geringere  Temperaturen  unter  100°  C.  gemes- 
sen werden,  so  müssen  die  Metalle  xa  den  besser  leitenden, 
gehören,  damit  der  durch  geringe  Warmeunterschiede  erregte, 
elektrische  Strom  die  Magnetnadel  genügend  zur  Abweichung 
bringt,  und  BscQutRxt  giebt  daher  einer  Verbindung  von 
Kupfer  und  Eisen  den  Vorzug»  Dahin  gehört  dann  auch,  des 
Apparat,  womit  er  selbst  und  BftcscHBT  die  Temperaturen  in 
mschiedenen  Tiefen  des  Genfersees  untersucht  haben1  und 
«m  man  überhaupt  bei  unzugänglichen  oder  mit  sonstigen 
Thermometern  niqht  wohl  erreichbaren  Orten  anwendet.  Senkt 
bms  die»  Pt&hte  ins  Wasser  oder  ist  ein  nachtheiliger  Einflufs 
¥ oo  StHirtn  su  fürchten,  so  müssen  sie  verzinnt,  mit  Seide 
»■wickelt  und  mit  Pech  oder  Harzfirnif*  überzogen  werden, 
Mao  windet  dann  die  vereinten  Drähte  um  eine  Rolle,  diepjg, 
och  mit  einer  Handhabe  umdrehn  lafst .  und  senkt  die  beiden  U& 
sjsamraengeldtheten  Enden  bis  an  den  Ort  hinab,  dessen  Tem- 
peratur man  messen  will.  Auf  diese  Weise  kann  die*  Wärme 
»gröfseren  Tiefen,  z.  0.  in  Bohrlöchern ,' gefunden  werden, 
sobald  sie  von  derjenigen  der  Oberfläche,  wo  sich  die  andere 

«et  Löthst  eilen  befindet,  verschieden  ist,  und  wenn  der  Dop - 
pelfaden  der  Metalldrähte  nicht  länger  als  etwa  20  Meter  ist, 
so  sollen  sogar  Bruchtbeile  eines  Centesimalgrades  mefsbar 
styn.  Will  man  die  Temperaturen  der  Wasserschichten  in 
Seeen  bis  150 oder  200  Meter  Tiefe  messen,  so  senkt  man  die 
zosammengelötheten  Enden,  nachdem  sie  mit  einem  Gewichte 
?oa  etwa  zwei  Kilogrammen  beschwert  worden  sind,  langsam 
hinab,  und  gewahrt  sogleich,  durch  die  beobachtete  Ablen- 
kung der  Magnetnadel,  ob  die  Temperatur  sich  ändert,  was 
selbst  ein  Registerthermometer  nicht  leistet»  *  Für  geringere 
Tiefen  ist  eine  Dicke  der  Drähte  von  1  Millim.  hinreichend, 
Bissen  sie  aber  bis  400  Fufs  lang  oder  länger  seyn,  so  wer- 
den Temperaturunterschiede  von  10°  bis  15°  nur  schwer  an- 
gezeigt, und  man  miifste  dickere  Drähte  nehmen,  wenn  da- 
durch der  Apparat  nicht  zu  unbehülflich  würde«  ' 

83)  Von  gröfster  Wichtigkeit  ist   die  Anwendung  dieser 


1   8.  .Art,  Temperatur.  S.  270. 


1006  Thermometer« 

Gattung  von  Apparaten  zur  Erforschung  der  Temperaturen  in 
den  Organen  lebender  Pflanzen  und  *Thiere,  wohin  man  selbst 
mit  den  kleinsten  Thermometern  entweder  überhaupt  oder  ohne 
nachtheilige  und    die   Versuche   selbst   störende   Verletzungen 
nicht  dringen  kann,  nicht  zu  gedenken,  dafs  andere  Thermo- 
meter stets  eine  Menge  Wärme  absorbiren,  ehe  sie  nach  Ver- 
lauf einiger   Zeit    die    Temperatur    der  Umgebung    anzeigen, 
weswegen    sich  schnell  vorübergehende   Wechsel    mit    ihnen 
nicht  messen   lassen.      Bei  den    thertnoelektrischen  Apparaten 
genügen   Nadeln  aus  zwei   zusammengelötheten   Metalldrähten 
von  nicht  mehr  als  0,5  Millim.  Dicke  und  einem  Declmeter 
Länge,    zuweilen   Hofs  mit  ihren   Spitzen   zusammengelttthet 
und  übrigens  durch  eine  feine  Membrane  getrennt;  die  andern 
beiden  Enden  werden  dann   mit  den  Drahtenden  eines  em- 
pfindlichen  Tjiermomultiplicators  oder  Galvanometers  verbun- 
den»    Kupfer  und   Stahl  eignen  sich  vorzüglich   zu  solchen 
Apparaten,  die  Becquerel  wegen  ihrer  Bestimmung  zum  Mes- 
sen der  Warme  in  Pflanzen  und  Thieren  thermophyiiologUch* 
nennt  und  deren  Empfindlichkeit  so  grofs  seyn  soll,    dafs  sie 
0°,0t  C.   angeben.       Dabei  ist  erforderlich,     dafs  die  andere 
Lttthstelle   in   einer  cpnstanten,    von    der   zu  untersuchenden 
wenig  Verschiedenen  Temperatur  erhalten  werde.      Für  diesen 
Zweck  hat  Sorel  einen  eigenen  Apparat  ersonnen,  es  scheint 
mir  aber  nicht  nöthig,,   die  Beschreibung    desselben  hier  mit— 
zutheilen,  da  sich  leicht  geeignete  Vorrichtungen  hierfür  her-, 
stellen  lassen.     Um  zu  wissen ,   welche  Temperatur  die  Spitze 
der  therm oelektrischen  Nadel  beim  Einstechen   in  einen  vege- 
tabilischen oder  animalischen  Körper  gehabt   habe,    darf  man 
sie  nur  in  ein  Gefäfs  mit   ^fasset  tauchen    und   dessen  Tem- 
peratur so  lange  erhöhn,  bis  die  Magnetnadel  eine  gleiche  Ab- 
weichung erreicht;    aufserdem  aber  giebt  die  Abweichung  der 
Magnetnadel   bei    einem   gemessenen  Unterschiede   der  Wärme 
dieses  Wassers  und  der  Umgebung  das  Verhältnis   derjenigen 
Wärmegrade  an,    die  eine  gewisse   Abweichung  der  Magnet- 
nadel bewirken.       Es  ist   bei   diesen  -Apparaten   nicht  nöthig, 
Fig.  die  Enden   der  Drähte   an   die  des  Multiplicators  zu  1  Athen, 
195« sondern  es  genügt,    sie  mehrmals  so  umzuschlingen,    wie  die 
Zeichnung  angiebt,  da  es  genugsam  erwiesen  ist,  dafs  genaue 
Berührung  blanker   Metallflächen    zur  Fortführung  des  elektri- 
schen Stromes  hinreicht.     Solche  Windungen  kann  man  nach 


Th<**mo*uaguetische.  10O7 

Belieben  aufstecken  und  abziehn,  dann  ist  es  aber  räthlich,  ihre 
laueren,  Flächen  zuweilen  mit  einer  kleinen  runden  Feile  oder 
einem  geeigneten  Ausräumer  wieder  blank  zu  machen«     Beim 
Einsenken    der    LöthateHe    zweier   Drähte    in    einen    lebenden 
vegetabilischen  oder  animalischen  Körper  kann   es  sich  ereig- 
ata,  dals  die  beiden  Metalle   mit  der   vorhandenen  Feuchtig- 
keit eine  hydroelektrische    Kette    bilden,     deren    Wirkungen 
dann  von    den  thenaoelektrischen    nicht  leicht  zu  unterschei- 
den sind«       Man,  vermeidet  dieses,    wenn  man  die  einzuste- 
ckenden Drähte  mit  Sehellacknrnifs    überzieht  und  diesen  Ue-  - 
benag  von  Zeit  zu  Zeit  erneuert,    was   jedoch   den   Schmerz 
beim  Einstechen  vergrößert.     Endlich  ist  aber  noch  zu  bemer- 
ken,  dals  man   die  Leitungsdrähte,    welche  von  den  zusam- 
ntageltUheten  Nadeln  zum  Multiplicator  führen,  nicht  beträcht- 
lich verlängern  oder  verkürzen  darf,    weil  sonst  das  ,Verhält- 
nifa  der  Abweichungen   der  Magnetnadel   zu   den   Unterschie- 
den der  Temperaturen   verändert  wird.       Im   Allgemeinen  ist 
tt  gleichgültig ,    ob   die  mit   ihren   »inen  Enden  zusammenge- 
lötheten  Drähte  (am  zweckmäßigsten   von  Eisen   und  Kupfer) 
eise  gerade  Linie   bilden,    oder  beliebig  gegen   einander  ge-Fig. 
neigt  sind ,  in  den  meisten  Fällen  aber  wird  man  am  zweck-  *^# 
fälligsten  die  Form  von  Lancetten  wählen,  die  am  Ende,  da 
wo  sich  die  Ltithstelle  befindet,    zugespitzt  oder  schwach  ab- 
geraodet,    gerade  oder  gebogen  sind.      Die  Länge  der  Löth- 
itelle,  welche  beide  Enden  der  Drähte  verbindet,   beträgt  nur 
etwi  eine  Linie,  und  da  sie  sich  autserdem  nirgends  metallisch 
berühren  dürfen,    so  wird   der  Rest   mit   einem  feinen  Häut- 
chen (Ammiumhäutchen,     nach    Becquerel    die   feine   Haut, 
welche  den  Kiel  der  Gänsefedern   zu   umgeben   pflegt)   über- 
zogen,    die   man    mittelst   etwas  Firnifs   aufklebt    und   diesen 
Firnif*  von  Zeit  zu  Zeit  erneuert.     Um  tixx  erfahren,  ob  aufser 
den  thermoelektrischen  Wirkungen   noch   hydroelektrisphe  er- 
äugt werden,    wie  man  stets  fürchten  mufs,-  taucht  man  die 
gelöthete  Spitze  in  Wasser,    dessen    Schichten    eine    durchaus 
gleichmäfsige  Temperatur  haben,    und  senkt  sie  dann  mehrere 
Cemimeter  tiefer  ein.      Wenn  hierdurch   die  Abweichung  der 
Magnetnadel    sich    nicht   ändert,    so  ist  man  gegen  den  Ein- 
fluß* hydroelektrischer  Strömungen   gesichert.     Ebenso  müssen 
die  sämmtlichen  Nadeln ,    wenn    man  deren   mehrere    zu  dem 
nämlichen   Versuche   gebrauchen    und   die   erzeugten   Abwei- 


1008  Thermometer«. 

drangen  der  Magnetnadel  auf  gleiche  Weite  berechnen  will, 
•US  ganz  gleichen  Metallen,  also  ans  den  nämlichen  Drähten 
verfertigt  seyn,  weil  eine  Verschiedenheit  der  im  Gänsen  glei- 
chen Metalle  ein  anderes  Verhältnifs  der  magnetischen  Ablen- 
kungen und  der  diese  bedingenden  Wärmegrade  herbeiführt. 
Um  eine  Vorstellung  von  der  Methode  tu.  erzengen,  die  man 
Fig. bei  Versuchen  dieser  Art  anwendet,  möge  die  Zeichnung  der- 
"'•jenigen  Apparate  dienen,  vermittelst  deren  Becquerel  und 
BazscHET  die  Temperaturen  der  verschiedenen  Theile  de» 
thierischen  Körpers  und  die  Wärmeentwickelung  durch  Conw 
traction  dergMuskeln  untersuchten.  Hierin  sind  die  in  den  Mus- 
kel gebrachte  Ltithstelle ,  die  zweite  Löthstelle  und  das  Ge— 
fäfs  mit  Wasser,  worin  letztere  stets  auf  der  Temperatur  der 
mittleren  thierischen  Wärme  erhalten  wurde,  der  Multiplier* 
tor  und  die  Verbindung  desselben  mit  dem  thermo elektrischen 
Apparate  von  selbst  klar1.  Eine  Mittheilung  der  Resultate, 
die  zunächst  der  Physiologie  angehören,  würde  hier  nicht  am 
rechten  Orte  sejn ,  wichtig  aber  ist  zu  bemerken ,  dafs  ein 
Wärmeunterschied  von  1°  C  eine  Ablenkung  der  Magnetna- 
del von  10  Graden  bewirkte  und  man  daher  sehr  gut  0°,l 
Temperaturunterschied  messen  konnte. 

84)  Auch  Pouillkt2  hat  thermoelektrische  Apparate  zum 
Messen  sehr  hoher  und  sehr  tiefer  Temperaturen  benutzt,  wie 
bereits  erwähnt  worden  ist3,  weswegen  es  hier  genügt,  au  bemer- 
ken, dafs  die  von  ihm  angewandte  einfache  thermoelektrischeN 
Säule  aus  Eisen  und  Platin  bestand,  indem  in  die  Schwanz— 
schraube  eines  Flintenlaufes  ein  Platindraht  mit  genauer  me- 
tallischer Berührung  eingesenkt  und  festgeklemmt  war,  die 
Fortsetzung  desselben  aber  durch  eingebrachte  Magnesia  oder 
Asbest  von  den  Wandungen  des  Eisens  getrennt  gehalten 
wurde,  ohne  auch  die  Ränder  des  Loches  in  einer  am  andern 


1  Am  schönsten  und  vollständigsten  findet  man  Zeichnung  and 
Beschreibung  dieses  Apparates  und  der  Versuehe  in  'Annale»  des 
Sciences  naturelles  cot.    See.  8tfr.  T.  III.  Zoolog.  Pai\  1885.  p.  857« 

2  AusComptorenda  1836.'  IL  p.782.  in  Poggcndorff  Ann.  XXXHC 
674. 

8  3.  Art.  Hiermomagnetitmu*.  Der  dost  beschriebene  and  hier 
wieder  erwähnte  Apparat  besteht  im  Wesentlichen  aus  einem  an  sei- 
nen beiden  Enden  mit  Eisen  metallisch  verbundenen  Platindrahte,  aber 
die  Wahl  des  Flintenlaufes  ist  dabei  nicht  iweckmälsig. 


f 


Thermomagnetische. 


1009 


Ende  des  Laufes  eingebrachten  Schraube ,  durch  welches  der 
Platindraht  hervorragte,  so  berühren.  Zun?  Messen  hohes 
Kältegrade,  namentlich  der  durch  Verdampfung  fester  Kohlen« 
Stare  Thiloriir's  erzengten1,  gebrauchte  Poüillbt2  eine 
einfache  Kette  ans  Kupfer  nnd  Wismufh.  Uni  die  Thermo-» 
attergrade  zu  bestimmen,  welche  bei  diesem  speciellen  Ap- 
pmte  den  Ablenkungen  der  Magnetnadel3  zugehören,  wurde 
die  eine  Ltithstelle  in  einer  constanten  Temperatur  von  0°  C* 
«halten,  die  andere  wachsenden  Temperaturen  ausgesetzt, 
die  durch  ein  gewöhnliches  Quecksilberthermometer  genau  be- 
stimmt waren,  und  die  so  erhaltenen  Abweichungen  der  Ma- 
gnetnadel gaben  dann  das  Mafs  der  Temperaturen*  Diese  Ver- 
lache lieferten  folgende  Resultate: 


Temperatur 

Beob- 

Sinus 

Versuch 

der 
erste»    zweiten 

achtete 
Ablen- 

der 
Ablen- 

• 

Lethstelle 

kung 
ll°,30 

kung 

Nr.  1 

0° 

17°,6 

0,1994 

-—  2 

0 

21,0 

13,45 

0,2377 

—  3 

0 

30,0 

20,00 

0,3420 

—  4 

0 

40,0 

26,45 

0,4500 

—  5 

0 

50,0 

34,30 

0,566-» 

—  6 

0 

60,0 

42,40 

0,6777 

—  7 

0 

66,0 

48,00  0,7489 

—  8 

0 

77,0 

61,30 

0,8788 

iMittel 

Mittle» 

Intensiv 

tat  für 

1»  C. 

0,01134 
0,01132 
0,01140 
0,01125 
0,01133 
0,01128 
0,01134 
0,01141 

0,01134 


Ans  dieser  Tabelle  ergiebt   sich ,    dafs    die   thermoelektrische 
Kette  aus  Kupfer   nnd   Wismuth  eine   den  Temperaturen  von 


1  VergL  Wärme,  künstliche  Kälte. 

2  Aas  Compte  renda  1837«  T.  I.  p.  513.    in  PoggendoriPs  Ana. 

XU.  U7.       t 

8  £•  Ist  nicht  überflüssig ,  zu  bemerken ,  dafs  bei  allen  Appara- 
te» dieser  Art  nicht  die  Nobili'sche  Doppelnadel ,  die  zu  empfindlich 
ht  and  minder  genaue  Messungen  verstattet,  sondern  die  tjinfaohe 
Nadel  angewandt  wird,  wobei  man  den  aas  einem  dünnen  Kupfer- 
olechstreifen  gewundenen  MaltipHcator  so  drehn  mnfs,  dafs  die  Län- 
S*aue  seiner  Windungen  mit  der  Axe  der  Magnetnadel  stets  in  die 
»isiliohe  ?erticale  Ebene  fällte  Vergl.  Thermomagnetimus.  Abschn.  II« 
H.6. 


1010  Thermometer« 

17°  bis  77°  C  proportionale  Intensität  besitzt1,  und,  wann 
man  diesemnach  annehmen  darf ,  daß  dieses  nämliche  Verbal- 
ten auch  von  0°  bis  —  80°  oder  —  100°  statt  findet,  so  ist 
dieser  Apparat  zum  Messen  hoher  Kältegrade  sehr  geeignet« 
Die  durch  Verflüchtigung  der  Kohlensäure  erzeugte  Kälte  wur- 
de damit  =  —  78°,75  C.  und  der  Gefrierpunct  des  Quecksil- 
bers s=  —  40°,5,  letzterer  nur  wenig  tiefer,  als  andere  Ver- 
suche ergeben,  gefunden. 

85)  g«  Verschiedene  sonstige  Thermometer,  die  zu  eigen- 
tümlichen Zwecken  bestimmt  sind  oder  sich  durch  die  Art 
ihrer  Constructioh  auszeichnen ,  darf  ich  hier  nur  kurz  berüh- 
ren, da  die  Abweichungen  derselben  von  den  gewöhnlichen 
leicht  verstanden  werden  und  ihr  Werth  nicht  bedeutend  ge- 
nug ist,  um  in  ausführliche  Erörterungen  darüber  einzugehn. 
Dahin  gehört  das  Thermometer,,  welches  Marsh  all  Hall9 
vorgeschlagen  hat,  um  kleine  Unterschiede  der  Temperaturen 
zu  messen/  dessen  Bedürfnifs  er  fühlte,  als  er  die  Wärme 
einzelner  Theile  des  thierischen  Körpers  genauer  zu  ermitteln 
.  sich  bemühte«  Als  Mittel,  um  diesen  Zweck  zu  erreichen, 
wählte  er  Verlängerung  der  Scale ;  allein  dieses  fuhrt  bald  zu 
einer  nicht  weiter  zu  überschreitenden  Grenze,  und  er  mufste 
sich  daher  entschKefsen ,  die  ungebührlich  lange  Scale  durch 
Beschränkung  auf  wenige  Grade  gehörig  zu  verkürzen.  Des- 
Fig.  wegen  wählte  er  ein  .Quecksilberthermometer "  mit  einem  Cy- 
^*  linder  und  einem  sehr  engen  Rohre,  deren  Verhältnifs  su  ein- 
ander so  seyn  soll,  dafs  Zehntel  eines  Fahrenheit'schen  Gra- 
des noch  eine  beträchtliche  Länge  auf  der  Scale  erhalten.  Um 
dabei  das  Thermometer,  welches  nicht  zum  absoluten  Make 
der  Wärme  dienen,  sondern  nur  kleine  Unterschiede  angeben 
Soll,  auf  jede  erforderliche  Temperatur  einzustellen,  ist  das- 
selbe oben  mit  einer  Kugel  versehn,  welche  das  überflüssige 
Quecksilber  aufnimmt.  Wenn  also  die  ganze  Länge  der  Scale 
nicht  mehr  als  etwa  10  Grade  nach  F.  beträgt,  so  bringt  man 
.    aus  der  obern  Kugel  so   viel  Quecksilber  in  die  Röhre,    dafs 


1  Bei  der  von  Pooillbt  angewandten  Kette  aas  Eisen'  nnd  Pia« 
üii  war  dieses  nicht  der  Fall,  s.  a.  a.  O.  Bbqoibel's  Katte  aas  un- 
gleichen Platindrähten  dürfte  daher,  auch  wegen  ihrer  bequemeren 
und  einfacheren  Construetion ,  den  Torsag  verdienen« 

2  London  and  Edinburgh  Phil.  Mag.  N.  XLW.  p.  56. 


( 

Besondere  Arten«  1011 

Jas  Ende  des  daraus  gebildeten  Fadens  bei  einer  von  der  zu 
untersuchenden"  nur  wenig  verschiedenen  Temperatur  ungefähr 
bis  in  die  Mitte  der  Scale  reicht ,  reducirt  diesen  Stand  auf 
Jen  eines  andern  genauen  Thermometers  und  bestimmt  hier- 
nach die  gemessene  Temperatur.  Die  Regtflirung  des  Instru- 
mentes geschieht  in  den  meisten  Fällen  '  am  leichtesten  da- 
durch, dafs  man  das  Getiftfs  so  lange  erwärmt)  bis  das  Queck- 
silber des  Fadens  mit  demr  iu  der  obern  Kugel  in  Verbindung 
kommt;  man  läfst  dann  dasselbe  bis  wenige  Grade  über  der  2U 
aoterwchendeo  Temperatur  erkalten  und  in  diesem  Momente 
dtf  überflüssige  Quecksilber  in  die  Kugel  herabfallen,  worauf 
nca  das  Ende  des  Fadens  bis  ungefähr  in  die  Mitte  der  Scale 
zarückzieht*  Das  Thermometer  ist  viel  leichter  zu  handhaben, 
•b  der  oben  beschriebene  thermoelektrische  Apparat ,  aber  bei 
oavermeidlioher  Gröfse  des  Gefiifses  und  außerordentlicher  Fein- 
sait  des  Fadens  ungleich  weniger  empfindlich,  auch  nicht  in 
eile  Theile  des  thierischen  Körpers  mit  solcher  Leichtigkeit 
ud  Feinheit  hineinzubringen ,  als  jener,  dessen  Vorzüge  eben 
Ueranf  beruh«. 

86)  Ein  anderes  Thermometer,  um  sehr  geringe  Unter- 
achiede  der  Wärme  zu  messen ,  ein  eigentliches  Mikrothermome- 
to,  ist  von  LiAVDAiAiri1  erfunden  worden.  Das  Princip  seiner 
Constraction  ist  gleichfalls  kein  anderes,  als  aufserordentliche 
Feinheit  der  Röhre  bei  grofsem  Inhalte  der  Kugel  und  da- 
durch erreichte  ungewöhnliche  Länge  der  einzelnen  Grade« 
Dem  Weingeiste  wird  hierbei  im  Allgemeinen  als  thermosko- 
pischer  Substanz  der  Vorzug  vor  allen  andern  Flüssigkeiten 
eiogera'umt,  namentlich  auch  vor  dem  Quecksilber,  aus  Grün- 
den, die  wohl  nicht  durchaus  haltbar  sind;  inzwischen  ktfn- 
Mo  diese  individuellen  Thermometer  nicht  füglich  mit  Queck- 
filber  gefüllt  werden,  und  dann  bleibt  allerdings  nur  der 
Weingeist  übrig,  da  Schwefeläther  von  ihm  weniger  geeignet 
gefunden  wurde,  ungeachtet  directe  Versuche  seine  Ausdeh- 
nung im  Verhältnis  von  15 '  11  gröfser  gaben,  sonstige  ther- 
noskopische,  noch  mehr  geeignete  Flüssigkeiten  scheint  aber 
£aidaia*i  damals,  nicht  beachtet  zu  haben.  Diese  wirklich 
▼erfertigten  und  beim  Gebrauche  vortrefflich  befundenen  Ther- 
mometer hatten   eine  Kugel  von   nur  3,5   Lin*   Durchmesser 

1   firegnatelli  Gioro.  di  Pleica.  Des,  II.  T.  I.  p.  838. 


1012  Thermometer. 

und  waren  an  4  Fufs  und  darüber  lange  sehr  dicke  Glasröh- 
ren angeblasen ,  von  eintr  so  feinen  Oeffnuog  in  Innern,  dafs 
jeder  Grad  10  bis  12  Zoll  lang  war,  mithin  füglich  ffo  bif 
^T  eines  Grades  geschaut  -werden  konnte.  Dicke  Röhren 
wurden  gewählt,  theils  um  weniger  zerbrechlich  zu  seyn,  theiU 
weil  sie  das  Bild  des  abzulesenden  Fadens  vergröfsern;  ge- 
naues Caliber,  bei  solcher  Lange  unmöglich,  '  verlangt  Lav— 
briavi  nicht,  weil  die  geringen  Unterschiede  der  Weite  durch 
•die  Lunge  der  einzelnen  Grade  verschwinden ,  und  aufs  er  dem 
können  die  ganzen  Grade  nach  einem  genauen  Quecksilber- 
thermometer bestimrnt  werden  und  dann  erhalten  die  Theile 
der  Grade  eine  hinlängliche  Genauigkeit.  Wesentlich  bei  die* 
pi  sem  Thermometer  ist,  dafs  auber.der  eigentlichen  Kugel  an 
139.  obern  Theile  der  Röhre  noch  zwei  Erweiterungen  angebracht 
sind ,  wovon  die  untere  D  stets  aalt  Weingejft  gefüllt  urt* 
die  obere  £  aber  nur  zur  Hälfte,  indem  sich  in1  der  andern 
Hälfte  Luft  befindet,  über  welcher  das  Rohr  *ugeschmol«ea 
ist.  Es  würde  sehr  schwierig  seyn,  einen  so  feinen  Fader* 
Weingeist  zu  erkennen,  selbst  wenn  er  gefärbt  wäre«  au&cr-» 
dem  aber  legt  Lavdriaiu  einen  grofsen  Werth  darauf,  dafs 
von  der  Flüssig(ceitssäule  kein  Theil  an  den  Wänden  hängen 
bleibe  und  jede  hieraus  erwachsende  Unrichtigkeit  vermieden 
werde  ( obgleich  man  diese  bei  Weingeistthermometern  nicht 
v wahrgenommen  hat);  inzwischen  ist  die  ganze  Einrichtung 
des  Instruments  von  der  Art,  dafs  die  Grade  nicht  durch  das 
Ende  der  darin  enthaltenen  Flüssigkeitssäule,  sondern  durch 
einen  kleinen  in  der  Röhre  befindlichen,  bei  N  sichtbaren  Cy- 
linder  von  Quecksilber  angezeigt  werden.  Ehe  das  Thermo- 
meter oben  zugeschmolzen  wird,  erweitert  man  die  OefFnung 
der  Röhre  oben  ein  wenig,  bringt  ein  geeignet  grofses  Queck- 
silberkügelchen  auf  dieOeffnungund  erwärmt  das  Thermometer, 
bis  von  dem  noch  überflüssig  im  Thermometer  enthaltenen 
Weingeiste  ein  Tropfen  herausdringt ;  beim  Abkühlen  treibt 
die  Luft  das  Quecksilberkügelcnen  in  die  obere  Erweiterung E'f 
von  wo  es  weiter  in  D  herabsinkt.  Naah  dem  jedesmaligen 
Bedürfnifs,  wenn  man  eine  kleine  Differenz  der  zunehmen- 
den oder  abnehmenden  Temperatur  messen  will,  bringt  man 
den  Cy linder  an  die  geeignete  Stelle  in  der  Röhre,  und  seine 
Bewegung  giebt  dann  die  Veränderung  der  Temperatur  an,  da 
der  Zusammenhang  der  Quecksilbertheüchen  und  dex  W«in-> 


Besondere  Arten. 


1013 


gefrttbeilchtn  unter  sich  tu  stark  ist ,  als4  dafs  sie  in  data  en^ 
gen  Röhrcben  neben  einander  vorbeigehn  seilten.  Bei  diätem 
Thermometer  ist- anriet  dar  Gröfse  des  Gefafses  noch  oben«* 
drein  die  übermässige  Länge  desselben  ein  abschreckendes  Hin» 
dtnnfs  seiner  Brauchbarkeit. 

87)  Fourier  giebt  ein7  Contactthermometer  an,  dessen 
Beschreibung  man  hier  suchen  könnte,  allein  es  ist  kein  ei- 
gentümliches Instrument  und  der  Gegenstand  wird  im  Art. 
Wärme  berührt  werden.  Anders  verhält  es  sich  mit  Collaä- 
diad's  Thermoihariometer1)  einem  Quecksilberthermometer  mit 
einer  zum  Messen  der  Elasticitäten  des  Wasserdampfes  be- 
stimmten Scale.  Hierbei  kommt  es  also  darauf  an,  diejenigen 
Elasticitäten  des  Wasserdampfes  genau  zu  *  kennen  ,  welche 
gewissen  Wärmegraden  'zugehören ,  und  es  ist  dann  ein  Leich- 
tes, diese  Elasticitäten  statt  der  Temperaturen  auf  die  Scale 
tu  zeichnen,'  wie  bei  dem  vorliegenden  Instrumente  durch 
Aetzen  auf  die  Glasröhre  selbst  geschehn  ist.  Zur  Bestimmung 
dieser  Elasticitäten  wird  das  Thermomanometer  zugleich  mit 
einem  richtigen  Thermometer  in  ein  Oelbad  gesenkt  und  . 
hiemach  werden  dann  die  Grade  empirisch  aufgetragen.  Col- 
iudiau  nimmt  folgende  einander  zugehörige  Gröfsen  an : 


Temperatur 
des  Dampfes 


Atmo- 
sphä- 
ren. 


100°  C. 
122,0 
135,0 
145,2 


80°,0R. 
97,6 
108,0 
116i2 


1 

2 
3 

4 


Temperatur 
des  Dampfes 


154°,0  C. 
161,5 
168,0 
173,0 


123°,2R. 
129,2 
134,4 
138,4 


Atmo- 
sphä- 
ren 


5 

6 

7 
8 


Inwiefern  diese  Bestimmungen  •  mit  den  genauesten  über  die 
Büticität  der  Dämpfe  übereinkommen,  mufs  »eine  Verglei-* 
tboBg  ergaben,  da  aber  ; fortgesetzte  Versuche  stet»  genauere 
Zitate  hierüber  erwarten  lassen,  ;so  würde  bei  enWr  etwa» 
ktootenderen  Aendernng'  der  Apparat  seine  Brauchbarkeit  ver-« 
■**n,  und  man  ersieht  hieraus,  dafs  es  allezeit  besser  istj 
°ut  genauen  Thermometern  die  Temperaturen  zu,  messen  und 


M 


>  i 


•  '     — 


1   Jahrbüehet-  des  polytechnischen    Instituts.*  Tfr;  XVT.    3.  84L. 
***  BaUetin  de  la  8oc.  d'Encoaragcment  cet.  XXVI.  Anntfe;  1627. 


K)14  Thermometer, 

von  diesen  auf  die  filasticitaten  zu  schliefsen.  Das  Thermo« 
manometer  bat  übrigens  zur  niedrigsten  Zahl  10,  oder  10  Zehn— 
theile  ainaa  atmosphärischen  Dmokea  von  0,76  Meter '  Qneck- 
eilberhöhe,  walcha  also  dia  Einheiten  dar  Scale  bilden,  di* 
jedoch  nicht  gleich  sind,  indem  die  Röhre  konisch,  von  der 
Kugel  an  nach  oben  abnehmend,  verjüngt  ist,  damit  die  obe- 
ren Grade  oder  Theile  gröTser  werden.  Ein  Instrument  end- 
lich, welches  Walter  R.  Johssov1  erfunden  und  Dampf- 
pyrometer QSteam  Pyrometer)  genannt  hat,  womit  die  Hitze 
gegebener  Körper  aus  dem  Gewichte  des  durch  sie  in  Dampf» 
gestalt  entfernten  Wassers  bestimmt  werden  soll,  wurde  eine 
für  den  davon  zu  erwartenden  Nutzen  zu  weitlauftige  Be- 
schreibupg  erfordern ,  als  dafs  ich  diese  hier  aufnehmen  sollte, 
da  ohnehin  ein  Jeder,  welcher  sich  dieses  Mittels  bedienen 
wollte,  leicht  einen  geeigneten  Apparat  auffinden  würde« 

88)  Wichtiger,  als  die  Nachweisung  solcher,  unter  deo 
vielen  vorhandenen  nicht  durch  vorzügliche  Brauchbarkeit  aus- 
gezeichneter Werkzeuge,  dürfte  ein  kurzer  Nachtrag  zur  Py- 
rometrie  seyn.  In  dem  diesem  Gegenstande  gewidmeten  Artikel 
ist  das  von  Pouillet  erfundene  Luftpyrometer  beschrieben  wor- 
den2; seitdem  hat  dieser  Gelehrte  selbst  eine  Beschreibung  und 
eine  Anweisung  zum  Gebrauche  desselben  nebst  einigen  sehr 
interessanten,  mit  demselben  erhaltenen  Resultaten  geliefert3, 
woraus  ich  noch  Folgendes  entnehme.  Soll  die  Wärme  au* 
der  Ausdehnung  der  in  der  Kugel  und  dam  Leitungsrohre  aus 
Platin  enthaltenen  Luft  gefunden  werden  (welches  letztere 
übrigens  einen  so  engen  Canal  haben  mufs,  dafs  das  Luftvo- 
lumen in  demselben  im  Verhaltnifs  zu  dem  in  der  Kugel  als 
verschwindende  Gröfse  gelten  und  der  Ein  Hufs  seiner  unglei- 
chen Erhitzung  vernachlässigt  werden  kann),  so  ist  dazu  fol- 
gende Berechnung  erforderlich.  Heifst  der  Jftauminhalt  dar 
*  Platinkugel  o ,  der  Rauminhalt  des  zuleitenden  Rohres  bis  zum 
Nullpuncte  der  zum  Messen  bestimmten  getheilten  Glasröhre  z, 
die  Anzahl  dar  in  dieser  graduirten  Glasröhre  unter  dem  ver- 
schiedenen Drucke  p  und  p'  befindlichen  KoJukcentimeter  Luft 
m  und  n',  so  ist 

1  Amer«  Jdam.  of  8denee  and  Art*.  T.  XXti.  p.  SS» 

2  8.  Art.  Pyrometer.  Bd.  VI!»  8.  999. 

S   Aas  Campte  reada  1836.  T.  II.  p,  782.  In  PojgeiidoriPe  Ann. 
XXXIX.  667. 


,.  Pyrometer.  1015 

c  +a=s  t *^-  ......     1) 

p— p 

Rennt  man  V  Jas  Volume»,  welches  die  Luft  im  Apparate 
bei  0°  Temperatur  and  tfhter  0,76  Meter  Luftdruck  einneh- 
men ward» ,  t  und  p  die  bestehende  Temperatur  und  den 
beobachteten  Luftdruck ,  n'  die  unter  diesen  Umständen  in  der 
gtaduirten  Glasröhre  enthaltene  Menge  von  Knbikcentimetern 
Luft,  a  den  Aiitfdehnungscoefncienten  der  .Luft,  so  ist 

P       (c  +  *  +  p')  0x 

•       ÖJ6*       1+at       •• 2) 

Hiernach  wird  dann  n  oder  die  Anzahl  von  Kubikcentime- 
tern  Luft  in  der  graduirten  Glasröhre  bei  dejr  Temperatur  0 
und  unter  dem  Luftdrucke  p 

0,76  V 
n  =  -i— (c  +  z)......    3) 

Ferner  sey  N  das  Volumen  Luft,  auf  die  Temperatur  0°  C.  und 
den  Luftdruck  p  reducirt,  welches  au*  der  Platinkugel  durch 
die  Temperatur  x  in  die  graduirte  Röhre  getrieben  wird,  wenn 
N*  die  Anzahl  von  Kubikcentimetern  Luft  gezeichnet,  -die  in 
derselben  beobachtet  werden,  so  ist 

*t        N' —  zat  ÄK 

N  =  ■»       .■         —  n -4) 

1  +  at  ' 

Heilst  dann  1'  der  Ausdehnungscoefficient  des  Platins  durch 
Warme,  so  ist  auch 

y_     p.  TN'  +  z       c(1+l'x)-l         v 
und  man  erhält  dann 

N 


./    v  Wl       •       «•••• 


6) 


c(a— 1')  —  aN 

WOl  man  in  voraus  berechnen,  welche  Anzahl  N'  von  Ka« 
bäcentimetern  Luft  in  der  graduirten  Röhre  bei  der  Tempe«*' 
titnr  t  nnd  dem  Luftdrücke  p  vorhanden  seyn  wird,  wenn 
üb  Platinkugel  bis  xur  Temperatur  x  erhitzt  wird,    so  hat 


woraus  sieh  ergiebt,  dab  die  Werthe  von  N',  welche  zu  1000* 
«*d  zu  1200°  C.  gehören*   am  last  ein  Enbikcenümetex  ver* 


1016  Thermometer« 

schieden  sind ,  und  dafs  an  dieser  Stelle  der  Scale  des  Inter- 
vall von  100°  C.  auf  der  gfaduirten  Röhre  eine  Länge  von 
13  bis  14  Millimetern  einnimmt ,  obgleich  diese  Intervalle  mit 
zunehmenden  Temperaturen  kleiner  werden«  Poüillet  hat 
bei  seinen  Versuchen  die  auffallende  Erfahrung'  gemacht,  deJs 
die  durch  die  Formel  2  gefundenen  Werthe  von  V  nicht  con-> 
stant  sind,  wie  sie  seyn  müfsten,  sondern  zunehmen,  so  wie 
dar  Druck  abnimmt*  Auoh  .die  durch  die  Formel  5  gegebe- 
nen Werthe  von  V  sind  nicht' constant,  sondern  wachsen,  so 
wie  die  Temperatur  der  Platinkugel  steigt,  jedoch  nur  bis 
120°  C. ,  indem  sie  von  da  an  bis  300°  C.  vollkommen  con- 
stant sind.  Poüillet  folgert  hieraus,  dafs  unterhalb  120°  C 
die  Luft  in  der  Platinkugel  weder  dem  Mariotte'schen  noch 
dem  von  Gay  -  Lussac  für  die  Ausdehnung  derselben  aufge- 
fundenen Gesetze  folge,  ungeachtet  letzteres  für  Luft  in  ei- 
nem Glasgefäfse  von  Dülohg  und  Petit  bis  360°  C.  als  gültig 
befunden  worden  ist»  Man  wird  veranlafst,  diese  Unregelmässig- 
keit von  einer  Art  Verdichtung  der  Luft  an  der  Oberfläche 
des  Metalls  herzuleiten,  derjenigen  analog,  welche  de  Saus- 
Suae  bei  verschiedenen  porösen  Körpern  gefunden  hat*. 

89)  Poüillet2  hat  sein  Pyrometer  auch  zum  Messen  sehr 
hoher  Kältegrade  -angewandt,  was  zwar  einen  Widerspruch 
su  enthalten  scheint,  aber  doch  buchstäblich  wahr  ist  und 
obendrein  zu  dein  Resultate  führt,  dafs  dieser  Apparat  die 
Grade  einer  tiefen  Temperatur  noch  genauer  mifst,  als  die  ei- 
ner hohen,  so  dafs  man  ihn  mit  Hecht  Univtrsalthermometer 
nennen  könnte.  Die  Kugel  bestand  bei  dem  ersten  angestell- 
ten Versuche  aus  Glas,  und  wurde  in  einen  durch  Thilo— 
BIEfü  bereiteten  Brei  aus  fester  Kohlensäure  und  Schwefelsäure 
getaucht«  Nach  15  bis*  120  Minuten  hörte  die  Zusammenzie— 
hung  der.  Luft  auf,  und  sie  blieb  dann  noch  eine  halbe  Stunde 
unverändert,  woraus  man  schliefen  konnte,  dafs  der  Appa- 
rat die  Temperatur  dieses  Brejes  genau  messe,  .  Es  war  abene 
das  vorher   bestimmte,    auf  0°  C,  und   0,76  Met.    Luftdruck 


,  1  Da  der  Apparat  schwerlich  mit  abtolat  trectner-Laft  geföQt 
war,* '  aö  fragt  «ich,  welchen  Aatheil  die  darin  enthaltene  JFeechtig«- 
Ipit  an  den  beobachteten  Abnormitäten  gehabt  habe.  ' 

2    Ans  Compt  tend. '  1897.  T.  I.  p.   513.  in  PoggendorfPa  Aniu 
XU.  144.    L'lnseitat  1887;  N.  199.  p.  81. 


Pyrometer.  iOty 

ledecbte  Volumen  dar  im  Apparate  enthaltenen  Luft  Va=fM,57; 
dar  Rauminhalt  der  Jtugel  c=  56325  und  des  Roht*  z=2,4J5 
Knbikceotimeter.  Im  Augenblicke  der,  Beobachtung  fand  .sich 
N^JS  Knbikcentimcter;  t  es  H°,3  G;  pe=:0,76465  Meter, 
und  das  Thermometer  am  Barometer  zeigte  13°,3C,  wobei  N* 
die  Zahl  der  in  der  graduirten  Rffhre  befindlichen  Kubikcen- 
umcter  Loft  bezeichnet.     Diese  Werthe  substituirt  geben 

0,76  V       t    .     .     w       JT—  zat 

n==s  —  -<•+•)*  NcaTqF7r  - n} 

Der  Versach  wurde  darauf  mit  einer  Platinkagel  wiederholt, 
wobei  V=92,595;  «=56,73;  z=2,64  waren.  Es  fand  sich 
dann  N'  =  9,8;  t  am  11°,3;  p  —  0,76465  Met.  und  das  Ther- 
mometer am  Barometer  ea  13°»3.  Diese  Werthe  substituirt 
gaben 

x  —  -  78°,87  C. 

Hieraus  ergiebt  sich  also,  dafs  das  Luftpyrometer  sich  sehr 
pt  zum  Messen  tiefer  Kältegrade  anwenden  läfst  und  zwi- 
•eW  10°  C  bis  —  80°  C.  keine  Verdichtung  der  Luft  an 
ieq  Wandungen,  des  Platins  statt  findet. 

90)  Das  to»  Poüulbt  angegebene  Pyrometer  oder  Uni- 
remhbennemeter  aehjt  sich  ak  ein  sehr  genaue»  Meftwerib» 
*tog;  allein  die  Versuche  damit  erfordern  einen  zn  großen 
Aafwand  von  Zeit  .und  Mühe,  als  defe  man  ea  ein  prakuV» 
tcaes -rennen  kfinnte^  und  sein;  Gebrauch  erstreoht  sich  dahat 
aaap tsächkch  nur  darauf  >  dasselbe  als  einen  Wcmpalapparat  zu 
{•Brauchen,  um.  andere  danach  zu  prüfen  t  zu  •gtaaluifen  'und 
m  regulären.  Povillzt,  hiervon  selbst  überzeugt  f  bringt  eW 
bar  noch  andere  Mittal  zur  Messung  höher  Ttmpefaturen  in 
Vorschlag,  namentlich  das  oben  erwähnte  thermanaagnetiacbe 
fyrom,cter.  Anfordern  erwähnt  er  *>  dafs  die  Wärme  staru 
•uatster  Kttrper,  namentlich  des  Platin»,  zum  Messen  hoher 
Hitzegrade  benutzt  werden. hörn»,  weswegen  er  die  specifi- 
•cfae  Wärme  dieses  Metals  mittelst  seines  Luftpyrometers  g*r 
*w  bestimmte.    AfeAeo2  empfiehlt  dieses  Mittel  t    jedoch  nur 


1    Poggendorff  Ann.  XXXfX.  57t. 
8   Ann«  Cbim.  ei  Phyi.  T.  [&IV.  p.  884. 
DLBd.  Ttt 


1018  Thermometer. 

ab  ein  nicht  absolut  genaues ,  weswegen  er  bei  der  Aufstellung 
der  zur  Berechnung  erforderlichen  Formel  die  Correctionen 
wegläfst.  Hat  man  nämlich  zwei  ungleiche  Massen,  am  be- 
sten von  Metall,  M  und  M',  welche  in  einer  zu  untersu- 
chenden Wärmequelle  die  Temperatur  x  erhalten  haben ,  und 
'wirft  man  sie  nach  einander  in  swei  Massen  Wasser  m  und 
m'  "(worin  das  Gefäfs  zugleich  mit  begriffen  seyn  möge)  von 
der  Temperatur  =  t,  die  alsdann  nach  dem  Hineinwerfen  von 
M  und  M'  die  Temperaturen  0  und  &  erhalten ,  so  ist, 
wenn  die  specifische  Wärme  von  M  und  M'  durch  c  bezeich- 
net wird: 

Mc(x—  0)  =  m(0  — t), 
Mrc(x— 0')=m'(0'— t), 
woraus  man  erhalt: 

_  h®'(0  —  t)—  n(&—  t) 
x—       h(0  —  t)  —  n(0'—  t)* 

wenn  h  und  n  die  Groben  M'm  und  Mm'  bezeichnen«  Poo- 
gindorff1  giebt  an,  dafs  auch  Lam£2  dasselbe  Verfahren, 
jedoch  nur  als  ein  erstes  annäherndes ,  empfehle,  weil  die  Wär- 
mecapacitäten  der  Körper  sich  mit  den  Temperaturen  ändern, 
zugleich  aber  erwähnt  er,  dafs  dasselbe  Verfahren  schon  frü- 
her durch  Schwarz3  angewandt  worden  sey,  welcher  einen 
Platin  würfe!  in  Quecksilber  erkalten  zu  lassen  vorschlug,  obgleich 
auch  hierbei  aus  dem  Wärmeverluste  des  Würfels  vor  dem 
Eintauchen  in  Quecksilber  und  durch  einige  Verdampfung  des 
letzteren  Metalles  Fehler  entstehn  müssen.  Durch  das  nämli- 
che Verfahren  bestimmte  Coulomb  die  zum  Härten  der  Ma- 
gnete erforderliche  Hitze  und  Laroche  die  Wärme  des  Ku- 
pfers, welches  er  in  den  Focus  des  einen  Brennspiegels  bei 
der  .Untersuchung  der  strahlenden  Warme  brachte«  Die  For- 
mel, deren  sich  Lam£  bedient,  ist  übrigens  noch  einfacher« 
Ist  nämlich  die  Wassermasse  =  M,  ihre  anfangliche  Tempe- 
ratur =  t  und  ihre  Temperatur  nach  dem  Hineinwerfen  =6, 
ist  die  hineingeworfene  Metallmasse  =  m,  ihre  specifische  Wär- 
me =c  und  ihre1  Temperatur  =  T,  so  erhält  man 

M(0— t)  =  mc  (T  —  ©)• 


1  Dessen  Annalen  XXXIX.  518*    YergL  XIV.  530. 

2  In  dessen  Traft*  de  Phya,  p.  417. 

S   Bauet*  des  8ciences  technol,  T.  DL  p*  i89. 


V 

Thermoroekopev    Thermosiphon.     4010 

Bin»  vorläufige  Beobachtung  vereinfacht  die  Rechnung,  Dornt' 
wenn  ffir  diese  die  Bezeichnungen  M,  In,  c,  t'f  &%  T*  ge- 
setzt werden,  so  ist 

-  i 

und  man  erhalt 

T  —  0       &—t 

woraus  T  gefunden  wird. 

'Endlich  möge  nech  bemerkt  werden,  dafs  M\  Swkkvy* 
forgeschlagen  hat,  die  Hitze  der  Oefeo  ans  der  Temperatat 
in  messen,  welche  die'  von  einem  Hohlspiegel  gegen  ein  Ther- 
mometer reflectirten  Strahlen  desselben  erzeugen« 

M. 

*  * 

Th  e  r  mo  r  osk  o  p  e. 

So  nennt  Dütäochit*  ein  Instrument,  bestehend  ans  ei- 
9tr  Rdhre,  in  welcher  eine  Flüssigkeit  an  der  einen  Seite 
earch  von  aufsen  engebrachte  Wärme  steigt,  an  der  andern 
sokt.  Der  Name  ist  abgeleitet  von  d-tQ^og  heifs,  qooc  da* 
Nielsen  und  oxonia  ich  sehe;  indeb  finde  ich  nicht»  dala  es 
«oe  weitere  Aufnahme  anter  die  physikalischen  Apparate  ge* 
fanden  hau 

The  r  mos  ipho  n. 

dieses  ist  ein  von  Fowlir3  erfundener  und  patentisirter 
Apparat,  welcher  wegen  vielfacher  nützlicher  Anwendbarkeit 
beichtet  zu  werden  verdient.  Der  Name,  von  d-tfpog  heifs 
und  olqxov  der  Heber  abgeleitet,  bezeichnet  genau  die  sinn« 
reiche  Idee,  welche  dabei  zum  Grunde  liegt.  In  seiner  ein« 
Wachsten,  mehrere  Veränderungen  gestattenden  Gestalt  bezeich- 

1  Aas  GiU's  technio.  Reposit.  T.  III«  p.  £89.  in  PoggendorftV 
Ann.  XIT.  5S0. 

t    Am.  de  Chim.  et  Pty».  T.  XtVHI.  p.  268. 
3   KcÜabargh  Joum.  «f  U*  tfe*  9er.  N.  II»  p.  «45. 

Ttt  2 


$020  ThormoiipKon» 

ff**M»  A  und  B  zwei  mtillMe  Geflfse.    ▼od  denen  das  entere 
*auf  einen*  heizbaren  Herde  steht,  da*  andere  in  mäfsiger  Ent- 


fernung an  demjenigen  Orte ,  .  dem  man  die  Wurme  zuführen 
will9  beide  in  gleichem  Niveau  durah  eine  horizontale  Röhre 
E  verbunden9  in  welcher  sich  an  irgend  einer  geeignete!» 
Stelle  ein  Hahn  befindet.  Beide  Gefajie  werden  mit  einer 
Flüssigkeit  angefüllt ,  welche  das  Metall  picht  angreift,  am  be- 
sten und  wohl  ohne  Ausnahme  mit  Wasser.  Ausserdem  geht 
eine  heberförmig  gebogene  Röhre  vom  einen  Gefstfs  ins  "andere 
snjt  ihren  Enden  bis.  unter  den  Spiegel  des  Wassers  und  ist 
■sit  swei  Hähnen  F  und  F'  und  einem  Trichter- «um  Füllen 
6  versehn ,  welcher  oben  durch  einen?  Kork  oder  eine  son- 
stige Vorrichtung  sich  luftdicht  verschliefen  ltlfist;  auch  ist  der 
im  Gefafae  A  befindliche  Schenkel  etwas  aufwärts  gebogen,  da- 
mit die  durch  die  Hitze  aus  dem  Wasser  entwickelten  Luft- 
blasen nicht  eindringen»  Der  Erfinder  hat  durch  Versuche 
ausgemittelt,  dafs  G  bis  20  F.  Höhe  über  dem  Wasserspiegel 
in  den  GefaTsen  haben  kann  und  dafs  dann  die  Entfernung 
des  Geftfses  ß  bis  60  Fofc,  die  Weite  der  Röhren  aber  3  2» 
Durchmesser  betragen  kann.  Es  braucht  kaum  bemerkt  zu  wer- 
den, dafs  zuerst  die  GefaTse  bis  zur  gehörigen  Höhe  gefüllt 
Werden  müssen;  denn  verschliefst  man  F  und  F*,  öffnet  G 
und  giefst  Wasser  bis  zum  Ueberfliefsen  ein ,  öffnet  F  und  F*9 
damit  die  unterhalb  der  Hahnen  befindlichen  Luftblasen  auf- 
steigen, verschliefst  F  und  F*,  öffnet  G  und  füllt  den  ent- 
standenen Raum  abermals  aus,  worauf  G  verschlossen,  F  und 
F*  aber  für  immer  geöffnet  werden.  Beim  Gebrauche  der  Ma- 
schine mufs  auch  E  offen  seyn,  und  wird  dann  das  Wasser 
im  Gefa'fse  A  erhitzt ,  so  steigt  das  wärmere  im  Heber  auf 
und.  fiiefst  in  das  zweite  Geftfs  B ,  dessen  abgekühltes  Was- 
ser durch  das  untere  Rohr  nach  A  strömt.  Durch  die  Hitze 
wird  zuweilen  Luft  aus  dem  Wasser  entwickelt,  welche  den 
Heber  zum  Stillstände  bringt  und  erfordert ,  dafs  man  ihn 
aufs  Neue  füllt,  doch  versichert  der  Erfinder,  dafs  dieser  Fall 
nur  selten  eintritt;  er  zeigt  dann  ferner,  wie  dieser  Apparat 
mit  Vortheil  zum  Heizen,  insbesondere  der  Orangerie-  und 
Pflanzenhäuser,  anwendbar  sey,  wo  man  ohnehin  gern  feuchte 
Luft  hat.  Es  ist  mir  aber  auffallend,  dafs  der  Erfinder,  na- 
mentlich für  den  genannten  Zweck,  den  Heber  beibehält,  und 
nicht  eine  weit  einfachere  .Vorrichtung  in  Vorschlag  bringt,  die 


Thermostat*    Thorium.  102t 


obendrein  so  nahe  liegt.  Wühlt  man  nämlich  frir  die  Röhre 
FF'  statt  des  Hebers  eine  horizontale  gerade  Röhre,  oder  selbst 
du  eise  offene  Binse,  die  in  beiden  Geföfsen  bis  unter  den 
Spiegel  des  Wassers  herabgeht ,  so  steht  das  Wasser  im  Ge- 
filse  A  wegen  seiner  Aasdehnang  durch  Wärme  höher,  als 
im  Gefäfse  B,  und  das  Strömen  aus  A  in  B  durch  das  obere 
Rohr  und  des  kälteren  Wassers  rückwärts  von  B  nach  A  durch* 
das  untere  Rohr  erfolgt  von  selbst,  auch  kann  »an  nach  Be- 
heben ha  jedes  dieser  Gefäfse  nsefafttHen ,  um  den  Spiegel 
{Weh  hoch  zu  erhalten«  # 

*  t 

/  • 

Thermostat 

* 

■ 

nennt  Heb  ebbt*  diejenigen  Apparate,  deren  eich,  die  Cbeml- 
ktr  vielfach  bedienen,  um -Gläser,  Tiegel  und  sonstige  Ge- 
falle mit  Flüssigkeiten  oder  sonstigen  Substanzen  über  der 
Weingeistlampe  bequem  su  erhitzen«  Sie  bestebn  aus  einen 
metallenen  Fufse  mit  einer  metallenen  Säule ,  auf  welcher  sich 
hohle  Cylinder  mit  einem  horizontalen  Arme  und  einen}  an 
leisen  Ende  befindlichen  Drahtringe  auf-  und  abwärts  schie- 
ben lassen,  um  die  im  Ringe  festgehaltenen  Gefäfse  der 
Flamme  näher  zu  bringen  oder  weiter  davon  zu  entfernen« 

m ; 
Th  o  rium,  f 

od  höchstseltenes  Erdmetall,  von  BfinZELius  im  Thorti  ent- 
deckt und  als  dunkelbleigraues ,  schweres  Pulver  dargestellt. 

Sein  Oxyd,  die  Thorerde  (59,6  Thorium  auf  8  Sauer« 
Stoff )  ist  weifs,  von  9,402  spec.  Gewicht,  erzeugt  mit  Was- 
ttr  ein  weiftes  Hydrat,  mit  Säuren  Salze  von  rein  und  stark 
tosammenziehendem  Geschmacks  und  löst  sich  nach  der  Fällung 
tos  der  sauren  Auflösung  nicht  in  ätzenden ,  aber  in  kohlen- 
nnren  Alkalien. 

G. 


**4**i 


1    Jounu  für  prakt.  Chemie«  Th.  IL  3.  1.  1834.  Nr.  9. 


'    I 


102»  Trabanten. 

s 

Trabanten. 

*  H 

r*  * 

Satelliten,    Monde;    Satellit  es;     Satettites; 

Satellit  es. 

Trabanten  oder  Monde  der  Planeten  sind  kleinere  Him- 
melskörper, welche  sich  um  die  Planeten  anaers  Sonnensy- 
stems und  mit;  diesen  gemeinschaftlich  um  die  Sonne  bewe- 
gen. Die  Erde  hat  bekanntlich  nar  einen  solchen  Satelliten, 
den  Mond1,  Jupiter  hat  vier,  Satarn  sieben  und  Uranus  end- 
lich wenigstens  zwei,  vielleicht  aber  sechs  solcher  Satelliten. 
Auch  bei  der  Venus  haben  einige  Astronomen  einen  solchen 
Nebenplaneten  bemerken  wollen,  wie  wir  weiter  unten  sehn 
werden.  Wir  wollen  das  Merkwürdigste,  was  über  diese 
Monde  bisher  bekannt  geworden  und  was  durch  einen  der 
vorhergehenden  Artikel  {Nebenplaneten)  nur  sehr  unvollständig 
und  nach  bereits  veralteten  Angaben  mitgetheilt  .worden  ist, 
hier  kurz  zusammenstellen  und  mit  der  näheren  Betrachtung 
<ler  Jupitersmonde  beginnen. 

A.     Satelliten   Jupiters. 
I.    Entfernung    und  Umlaufszeit. 

Gleich  nach  der  Entdeckung  der  Fernröhre  bemerkte  man 
nm  Jopiter  vier  kleine  Gestirne,  die  ihn  auf  seinem  Laufe  um 
die  Sonne  zu  begleiten  schienen.  Die  Stellung  dieser  Monde 
gegen  ihren  Hauptplaneten,  in  dessen  Nähe  sie  sich  stets  auf« 
hielten ,  änderte  sich  so  schnell ,  da(s  man  ihre  Bewegung 
schon  in  einer  einzigen  Nacht  deutlich  erkennen  konnte.  Man 
erblickte  sie  bald  vor,  bald  hinter  ihrem  Hauptpiabeten,  so  dab 
sie  zu  beiden  Seiten  desselben,  einem  Pendel  gleich,  hin  und 
wieder  zu  gehn  schienen.  Doch  bemerkte  man  zugleich,  dals 
die  Oscillationen  dieses  Pendels  oder  data  die  Entfernungen 
dieser  Monde  vom  Jupiter  nicht  bei  allen  vieren  dieselben 
Der  erste  unter  ihnen,  wie  man  den  dem  Jupiter  nach* 


1    3.  Art.  Mond.  Bd.  VL  8.  2343. 


Jupiters«  1933.- 

a 

sten  zd  nermen  pflegte,  entfernt  sieh  vom  Mhtelpuncte  seines 
Hauptplaneten  ,  wenn  dt;  leiste  selbst  in  seiner  mittlere»  Di- 
stanz von  der  Sonne. ist,  im  Mittel  hur  am  111",  11  oder  am 
0°  r5l",tt>  de*  »weite,  ntfchstentfernte ,  um  176",78>  der 
dritte  um  282°  ,00  und  der  viert«  oder 'der  am  weitesten  voa 
Jopiter  abstehende  um  495",98-  Nimmt  man  den.  Halbmes- 
ser Jupiters  (eigentlich  des  Aequators  dieses  Planeten)  für  seine 
mittlere  Distanz  von  der  Sonne  gleich'  18" ,37 14,  so  findet 
man  für;  die  genannten  mittlem  Entfernungen  der  Satelliten 
vom  Mittelpunote  ihres  Hauptplaneten : 


Miftlere  Distanz 

* 

N       in  Halbmessern           in 

geogr.  Meilen 

Jupiters 

I     Satellit  ,  .  .     6,0185 

56500 

H     —    . .  .  .    9,6235 

89940 

III   —      ...  15,3502 

143500 

IV   —      .  .  .  26,9983 

252300 

•o  dafs  also  der  erste  djeser  Satelliten  nahe  ebenso  yrtit  vom 
Jopiter,  als  unser  Mond  von  der  Erde  absteht,  während  diese 
Eotfernung  beim  vierten  Satelliten  nahe  fünfmal  grösser  ist. 
Die  fortgesetzte.  Beobachtung  dieser  gröTsten  Ausweichungen 
oder  Elongationen,  wie- man  sie  zu  nennen  pflegt,  liefsen  auch 
bald  die  Dauer  der  Umlaufszeiten  dieser-  Monde  um  ihren 
Batiptplaneten  erkennen,  obschoir andere  Erscheinungen,  von 
welchen  wir  bald  reden  werden,  noch  viel  genauere  Mittel  zu 
diesem  Zwecke  angeboten  haben.  •  Nach  den  neuesten  Be- 
stimmungen sind  die  siderischen  Revolutionen  dieser  Satellit 
ten  in  mittleren  Sonnentagen  ausgedruckt 


des  I     .... 

1,7691378    T»g. 

II  .  .  .  . 

3,5511810 

III  ...  , 

7,1545528 

IV  ...  . 

.16,6890190.     . 

Bemerken  wir  noch ,  dafs  die  vorhergehenden  Angaben  aus  der* 
Expo*,  du  oyst.  du  mondfaon  La?lac«  (letzte  Ausgabe)  ge- 
nommen   sind   und  dafs  seitdem  Strvvb1  mit  seinem  groben 


1    8.  Schumacher  Astronom,  Nackr.  N.  97.  u.  189. 


10*4  Trabanten, 

ftefiracfor  von  Frauibofer  den  Jupiter  neue»,  sehr  genauen 
Messungen  unterworfen  hat,  aus  welchen  hervorgeht 

Jupiters  Aeqtiatorielhalbmesser    A  .  .  .  19^,163 
,     —       Pokrhelbmesser  B  .  •  ;    17,769 

für  die  mittlere  Distanz  (5,20279)  des  Planeten«     Daraus  folgt 
die  Abplattung  a  Jupiters 

A~B      (M)72ft:       * 


-  —    A       -, —    13J1 

1 

Schröter   in  Lilienthal  hat  diese  Abplattung  gleich  <r\f  also 

gegen  Strvtk  zu  grofs,  Aaago1  aber  hat  a  =  77^1  *l»o 
gegen  Struve  viel  ztt  klein  gefunden» 

IT.    Grofse  und  Massen  dieser  Satelliten« 

Die  scheinbaren  Halbmesser  dieser  Monde ,  wie  sie  von 
der  Erde«  zur  Zeit  der  mittlem  Entfernung  Jupiters,  gesehn 
werden,  sind 

nach  Struvi    •  .  .    nach  Schröter 

I     (P.507    .    .    .    .    0"«53i 

H     ^455  0,435 

m     0,744  0,771 

IV    0,636  0,537 

bis  auf  den  IV.  Trabanten  wohl  übereinstimmend«  Werden 
Struyi's  Zahlen  durch  508,69  multiplicirt,  so  erhält  man  für 
den  Halbmesser  diesen  Trabanten  in  geogr.  Meilen: 

I     ...  259  Meilen 

n    ...  230 

III  ...  379 

IV  .    .    .  324. 

Der  Halbmesser  unseres  Erdmonds  betrügt  nshe  230  Meilen, 
ist  also  an  Gröfse  dem  zweiten  Jupitersmonde  gleich,  wäh- 
rend der  dritte  und  vierte  bedeutend  gröber  sind« 

So  kleine  und  uberdiefo  so  lichtschwache  Scheibchen, 
deren  Durchmesser  kaum  1«5  Seeonde  beträgt,  können  wohl 
von  keinem  unbewaffneten  menschlichen  Auge  gesehn  werden« 

1    Lapmci  Exposition  da    Systeme  da  moode.  T.  I.  p.  68,      Be 
heifit  daselbst :  jmp  des  mamru  trh  prtttsa. 


.Jupiter*  KOS 


Aawh  fcabeo  &*  Alten,  ,bts.*nr  Entdeckung  4m  Fernrohrs, 
nichts  von  Ihrer  Existenz  gewnfeL  „  Inswisohen  haben  sie  den 
Jupiter  oft  und  aufmerksam  genug  betfachtet,  wie  die  Beob- 
achtungen zeigen ,  die  ,wir  im  Affmagest  des  PtolimAus  und  in 
oen  Schriften  der  arabischen  Astronomen  finden,  der  unge- 
neben,  ans  Unglaubliche  grenzenden  Nachrichten  von  der 
Virtuosität  -des  Gesichts,  nicht  sa  gedenken ,  die  ans  z.  B. 
Pliiius  in  seiner  Naturgeschichte  erhalten  hat.  Dessenunge- 
achtet fehlt  es  nicht  an  Erzählungen ,  wo  man  diese  Satelliten 
Bit  blofsen  Augen  gesehn  haben  wilL  So  beruft  sich  auch 
Ucmbt*  auf  das  Zeugnifs  Mu88Chhbbo*k's,  der  dasselbe' 
nicht  von  sich  selbst,  aber  doch  von  Andern  behauptet  haben 
sott.  Allein  alle  diese  Nachrichten  werden  wohl  ihre  beste 
Erklärung  darin  finden,  dais  der  Sache  unkundige  Zuschauer 
dtm  Jupiter  nahe  stehende  Fixsterne  für  jene  Trabanten  ge- 
aoamen  haben» 

Aus  den  vorhergehenden  Angaben  kann  man  leicht  fin- 
den, unter  welchem  Winkel  diese  Monde  einem  Beobachter 
im  Mittelpuncte  Jupiters  erscheinen  wurden.  Dieser  schein- 
bar» Halbmesser  beträgt  nämlich 

fiir    I    .  .  .    0° 

II    ...    0 

IU   .  .  .    0 

IV  .  .  .    0 

Der  erste  Satellit  erscheint  daher  den  Jupitersbewohnern  nahe 
so  grofs,  wie  unser  Mond  uns,  während  der*  vierte  Satellit  im 
Durchmesser  nur  den  5ten  und  in  der  Oberfläche  den  25&ten 
Theil  unseres  Monds  beträgt. 

Wie  endlich  unmittelbare  Beobachtungen  die  Grö/st,  so 
haben  auch  theoretische  Untersuchungen  die  Maas*  dieser  vier 
Himmelskörper  kennen  gelehrt.  Nach  den  neuesten  Angaben 
von  Laflaoi2  hat  man,  wenn  die  Masse  Jupiter*  als  Ein« 
heit  angenommen  wird, 

Masse  von 


16* 

38" 

8 

36 

9 

29 

3 

46. 

Jl   •  •  •  • 

0,00001733 

II  ...  . 

0,00002324 

m. . . . 

0,00008850 

IV  ... . 

0,00004266. 

1  V.  Zach  menatl.  Correspond.  Th.  XXIY.  8.  59*. 

2  Bxporition  da  Syst  de  Hanfe.  T*  II.  p.  1<H. 


1096*  Trahaotan. 

Vergleicht  »an  aber  diese  Massen 'mit  de*  bekaantejL  Blasset* 
der  Erde  und  ihres  Moads,  so  erhält  man  *.  .     .    . 

Masse  von  I    • . .  0,0054  der  Ifrdmasse  • . .  0,373  unserer  Mond- 

masse 

H  ...  0>0072  —  •-     —  0,49t      —      — 

III  ...  0,0273  —       —  1384      —      — 

IV  ...  0,0132   —       —  0,911      —      —  * 

so  dafs  also  der  {Satellit  I  noch  nicht  die  Hälfte,  der  III.  aber 
nahe  das  Doppelte  unserer  Mondmasse  hat. 

Ist  aber  Volumen  und  Masse  eines  Himmelskörpers  be- 
kannt, so  läfst  sich  auch  leicht  die  Dichtigkeit  desselben  und 
die  Fallhöhe  der  Körper  auf  seiner  Oberfläche  bestimmen.  Aas 
dem ,  Vorhergehenden  findet  man 

Dichte  von  I  0,69  der  Dichte  ..  0,16  der  Dichte . ,  0,77  d.  Dichte 

Jupiters  der  Erde  4.  Wassers 

II  1,72  —  —  0,40  —  —  1,94  -  — 
1Ü1,22  —  —  0,30  —  —  1,38-  — . 
IV  1,68—    —        0,40—.—      1,90-    — 

und  die  Fallhöhe  der  auf  der  Oberfläche  dieser  Satelliten  sieh 

selbst  überlassenen  Körper,  die  bei  uns  15,092  Par.  Fufs  oder 
2173  Linien  beträgt,  ist 

auf  I     nur  0,78  Par.  Fufs 

II  —  1,59 

III  —  1,98 

IV  —  1,91. 

HI.    Lage  der  Bahnen  der   Satelliten. 

Aus  den  oben  gegebenen  siderischen  Revolutionen  dieser 
Satelliten  findet  man  sofort  auch  die  tropischen  und  synodi- 
schen Umlaufszeiten  derselben.  Ist  nämlich  T  und  T*  die  ai- 
derische  und  tropische  Revolution  Jupiters  und  t,  t'  und  s 
die  siderische,  tropische  und  synodische  Revolution  eines  Sa- 
telliten dieses  Planeten,  so  hat  man,  wenn  T,  T^  und  t  be- 
kannt sind,  die  Grölsen  t'  und  %  durch  folgende  Gleichungen  s 

_     T* 

, Ttt 

TT-KT—T')!' 


JupiUr*.  1027 

*  »  .  - 

wobei  noch  bemerkt  weiden  kenn ,  dȣi  die  Gfftfbe  T*  an*  T 
durch  die  Gleichung  gegeben  wild 

1       360  " 

wo  m  =  —  0,0000382  die  tägliche  PrKcession  der  Aequinoo- 
den  in  Graden  ausgedrückt  bezeichnet.'   Man  findet  so 

synodische  tropische 

Revolution  \ 

I  .  .  .  ■    1,769864    ♦  .' .  .      1,769138  Tage 

II  .  .  .  3,554093  .'.  .  .  3,551180  — 
in  ,  .  #  7,t66385  .  .  .  ♦  7,154547  — 
IV  ...    13,753553    ....    16,688989    — 

Man  sieht,  dals  «wischen  den  oben  angeführten  siderfachen 
Umlaufszeiten  und  zwi«ch«n  den  mittleren  Abständen  der  Sa- 
telliten vom  Mittelpuncte  ihres  Hauptplaneten  das  merkwür- 
dige, von  Kepi/br  entdeckte  Verhältnifs  besteht,  nach  wel- 
chem die  Quadrate  der  Revolutionen  sich  wie  die  Würfel  der 
Abstände  verhalten ,  ein ,  wie  es  scheint,  allgemeines  Gesetz 
der  Natur,  da  nicht  nur  die  Planeten  und  Satelliten  unseres 
Seaaensystems  demselben  gehorchen,  sondern  da  man  dasselbe 
•och  jenseit  unseres  Sonnensystems,  bei  den  Doppelsternen, 
wieder  findet. 

Die  Bahnen  dieser  ßatelliten  sind  ohne  Zweifel  elliptisch, 
obschon  es  schwer  ist,  die  geringe  Abweichung  derselben  von 
der  Kreisform  in  dieser  grofsen  Entfernung  von  mehr  als  hun- 
dert Millionen  geographische  Meilen  durch  Beobachtungen  zu 
bestimmen.  Etwas  Näheres  hat  man  über  die  Lagen  dieser 
Sehnen  erfahren.  Man  bemerkte  bald ,  dafs  sie  sämmtlich  nur 
iehr  wenig  gegen  den  Aeqüator  Jupiters  geneigt  sind  und 
dals  überdiefs  die  Knotenlinien  dieser  Bahnen  durchaus  mit  der 
Knotenlinie  des  Aequators  Jupiters  in  der  Bahn  dieses  Plane- 
ten zusammenfallen.  Man  fand  für  diese  Neigungen  der  Sa« 
tellitenbahnen  gegen  den  Jupitersäquator 

I  Satellit  .  .  ♦  0°,002 

II  0,0184 

III  0,084? 
W  0,4092. 

Allein  die  Lage  des  Jupitersäquators  ist  selbst  veränderlich  am 


1028  Trabanten. 

Ammei.  Im  Anfange  44#tes  Jaoshondert»  öäer  am  ersten'  Ja- 
nuar 1801  war  die  jovicentrieche  Länge  des  aufsteigenden 
Knotens  dieses  Aeqoators  in  der  Jupitersbahn  gleich  314°,465 
und  die  jährliche  retrograde  Bewegung  dieses  Knotens  gleich 
0%000074.  Die  Neigung  des  Aequators  gegen  die  Jupiters- 
bahn ist  für  dieselbe  Epoche  3°,0920  mit  der  jährlichen  Zu- 
nahme vou  0°,0000063.  Bezeichnet  also  t  die  Anzahl  Jahre, 
die  seit  dem  Anfange  des  Jahres  1801  verflossen  ist,  so  ist 
die  Lange  des  aufsteigenden  Knotens  des  Jupitersäquators  in 
seiner  Bahn 

314°y465  —  0°,OOOÖ74 1  +  0°,013917 1 

oder 

3140,465 +  0°,013843t, 

wobei  die  jährliche  Präcession  der  Aequinocrien  5l",10l2  oder' 
0°,013917  angenommen  wurde  und  die  Neigung  des  Aequa- 
tors gegen  die  Bahn  Jupiters 

3°,0920+0°,0000063t. 

Da  nun  die  eben  angeführten  Neigungen  der  Satellitenbah- 
nen gegen  den  Jupitersäquator  constant  sind ,  so  erhält  man1  die> 
mittleren  Neigungen  dieser  Satellitenbahnen  gegen  die  Japi- 
tersbahn, wenn  man  diese  Neigungen  gegen  den  Aequator  von 
3°,0920  subtrahirt,  so  dafs  daher  die  Neigungen  der  Satelliten- 
bahnen gegen  die  Jupitersbahn  sind 

I  Satellit  .  .  •  3°,090  l 

U  3,074 

III  3,008 

IV  2,683. 

Die  periodischen  Aenderungen  dieser  Neigungen  aber 
lassen  sich  am  einfachsten  so  darstellen.  Die  wahre  Bahn  ei- 
nes jeden  Satelliten  bewegt  sich  gleichförmig  und  mit  einer 
constanten  Neigung  gegen  seine  mittlere  Bahn  so,  dafs  die 
wahre  Länge  der  Bahn  durch  ihren  Neigungswinkel  gegen  die 
mittlere  Bahn  und  durch  die  Länge  ihres  auf  diese  mittlere 
Bahn  sich  beziehenden  aufsteigenden  Knotens  gegeben  ist. 
Diese  Neigungen  und  Knotenlängen  der  wahren  Bahnen  auf 
ihren  mittleren  sind,  wenn  t  die  vorige  Bedeutung  hat,  fol- 
gende : 


Jupiter««  ID29 

*Bs*  wahre»  Bahnen 
Neigung  gegen  die  Knoteirlange  ist  de* 

mittL  Bahn  mitteren  Beim 

Salt*  1     •  •  *  unmerklich 

H  ...  0°,437  ...  12°,880  —  12°,<J48 1 
HI  .,.  .  0,206  .  .  .  222,979  —  2,554 1 
IV  .  .  .      0,249    .  >  .       70,479  —      0,691 1 

und  zu  diesen  Knotenlängen  nuft  noch  die  Präcession 
=  0°,0f  S917  t  addirt  werden ,  um  diese  Lungen  von  dem  wah- 
ren Frühling spuo de  der  Erdbahn  tu  haben. 

t 

t 

Ist  daher  n  und  k  die  Neigung  und  die  Länge  des  auf- 
steigenden Knotens  der  Satellitenbahn  gegen  die  Jupitersbahn 
m*4  bezeichnet  v  die  jovkentrische  Länge  des  Satelliten  in 
seiner  Bahn,  so  hat  man  fiür  die  jovicentrische  Breite  s  des 
Satelliten  über  der  Jupitersbahn: 

Sin.  s  n  Sin.  n  Sin.  (v  — >  k) 

oder,  da  n,  also  auch  s  nur  klein  ist, 

S  =  n  Sin.  (v, —  k). 

Nach  dem  Vorhergehenden  ist  aber  für  das  Jahr  1801  +  t 
die  Lange  des  mittleren  Knotens  aller  Satellitenbahnen,  von 
dem  Fruhlingsnachtgleichenpuncte  der' Erde  gezählt,  gleich 
314%465 +  0°,0 13843  t,  also  hat  man  auch  für  den  Satelliten  I 
die  jovicentrische  Breite  •*        . 

s=3°,090Sin.(v— 314°,465-  0°,013843t) 

und  ebenso  für  den  zweiten 

»'=3^)74  Sin.  (v'—314°,465— 0^,013843  O- . 

De  aber  die  Länge  des  aufsteigenden  Knotens  der  wahren 
Bahn  von  II  auf  der  mittleren  Bahn  gleich 

12*,8805 — 12°,G483t  -f-ö°,0!3917  * 
=  12*,8805-12o,03438t 

ist,  so  folgt  daraus  die  Vermehrung  der  Breite  dieses  Satel** 
fiten 

äi =0t,4636Sin.(V- 120^805- 12°,03438 1), 

so  daft  daher  die  wahre  Breite  s'+z/s'  dieses  zweiten  Satel- 
liten seyn  wird 

3%074  Sin.  (v' — 3t  4°,465  —  0*,013B 1 ) 
+ trMM  Sin.  (v' — 12°,860  + 12°,0344 1 ). 


1080  Trabanten. 

Ebenso  erhalt  man  für  die  wahre  jovicentrische  Breite  des  drit- . 
ten  Satellit««  '  . 

•3°,008  Sin.  ( v"— 3W.465  —  0°,0138  t) 
+  0°,206  Sin.(v"— 222",979+2',5538t) 

and  endlich  für  die  de's  vierten  Satelliten 

2°,683  Sin.  (v"'— 314°,4Ö5  —  0°,0138t) 
+  0°,249  Sin.(v"— 70°,479  +  0°,69l4t). 

\ 
/ 

Da  nämlich  die  hier  betrachteten  Neigungen  sämmtlich 
nur  klein  sind ,  so  kann  man  sie  ohne  merklichen  Fehler  durch 
folgende  einfache  Gleichungen  unter  eibander  verbinden.  Ist 
zum  Beispiel  N  und  K  die  Neigung  und  Länge  des  aufstei- 
genden Knotens  der  Jupitersbahn  gegen  die  Ekliptik ,  n  und  k 
die  Neigung  und  Länge  des  aufsteigende«  Knotens  der  Satel- 
litenbahn gegen  die  Jupitersbahn,  und  endlich  V  und  *  die 
Neigung  und  Länge  des  Knotens  der  Satellitenbahn  gegen  die 
Ekliptik,  so  hat  man  durch  die  sphärisch«  Trigonometrie  die 
völlig   strengen  Formeln 

Cos.  v = Cos«  n  Cos.  N — Sin.  n  Sin.  N  Cos.  (k — K) , 

ip  .       ,        K\         Sin.nSm.(k — K) 

Tang. (x      1l)  =  Co^ n  gin< N  +  sio.nCo§.NCofc(k— K)f 

woraus  man,    wenn  N#    n  und  v  nur   klein  sind,   leicht  fol- 
gende abgekürzte  Ausdrücke  ableitet; 


4    ,  *Cos.x  =  nCos.k  +  NCos.K) 

lin.Ki- 


t  * 


y  Sin.  x  =  n  Sin.  k  -J-  N  Sin. 

Aus  den  vorhergehenden  Angaben  erhält  man  auch  sofort  die 
tropischen  Umlaufszeiten  der  Knoten  der  wahren  Bahnen  auf 
ihren  mittleren  in  Beziehung  auf  den  Frühlingspunct  der 
Erde.  ~  So  ist  für  den  zweiten  Satelliten  die  jährliche  sideri- 
sche  Bewegung  12°,048,  also  die  jährliche  tropische  Bewe- 
gung 12°,048  —  0°,0139s=12°,034l,  und  daher  die  gesuchte 
tropische  Umlaufszeit  dieses  Knotens 

±<%MA4    =  29,914  Julian.  Jahre. 
12,0341 

Ebenso  erhält  man  für  den  Knoten  des  dritten  Satelliten  die 
tropische  Umlaufszeit  141,739  and  für  den  des  vierten  531*3*50 
Jahre. 

Die  Neigungen  werden  am  gröfsten,  wenn  diese  Aufstei- 
genden Knoten  der  Bahnen  mit  dem  aufsteigenden  Knoten  des 


a  Jopitersaquators  zusammenfallen,  und  am  kleinsten»  wenn  sie 
mit  dem  niedersteigenden  Knoten  dieses  Aequators  coincidiren« 
Um  die  Perioden  dieser  AenjLetungen  der  Neigungen  zu  fin- 
den, hat  man  z.  B^  ftk  den  zweiten  Satelliten  die  jahrliche) 
tropische  Bewegung  der  Knoten  der  wahren  Bahn  auf  der 
mittleren,  nach  dem  Vorhergehenden, 

r*  12S0483  + ö*,0139  =*  —  12°,0344 , 
während  die  jährliche  tropische  Bewegung  der  Knoten  des  Jo~ 

piteraquetors  ist 

+  >,0138, 
also  ist  auch  die  jährfiohe  Bewegung   der  Knoten  .der  wahren 
Bahn  auf  der  mittleren  in  Beziehung  auf  den  Knoten  des  Ju- 
pittraquators   gleich.  12°,0482  und  daher  die  Periode  der  Aen-  , 
derung  der  Neigung  des  zweiten  Satelliten 

Ebenso  fiadet  man  für  den  dritten  140,97  ud  für  den  vierten 
520,71  Jahre.  ' 

t 

Um  endlich    die  Epochen  dieser  gröbsten  Neigungen  der 
Satellitenbahnen    zu   finden,    so    werden   diese   Epochen  dann  _ 
statt  haben ,  wenn  die  aufsteigenden  Knoten  der  Satellitenbah- 
nen, i.  B«  für  den  zweitep,  oder  wenn  die  Gröfse 

,   12°,880  —  12*,0344 1 

arit  aemi  aufsteigenden  Kneten  des  Jupiteräquators,  das  heilst, 
mit 

314?,465  4-  0%01384 1 

xosammepfallt* 

Setzt  man  also   diese   beiden  Ausdrücke  einander  gleich, 
io  erhält  man 

t  sb  —  25)0315  Jahre, 
«ad  da,  nach  dem  eben  Gesagten ,    die  Periode   der  groTstea 
Neigungen  bei  diesem  Satelliten  29,88  Jahre  betrügt,   so  sind 
die  Epochen  der  gröfsten  Neigungen 

1835,73  1746,09 

1805,85  1716,21 

1775,97  1686,33  ü.  *.  w. 
»od  ebenso  für  den  dritten 

1906,15 
1765,17 
1624,20, 


1082  Trabanten» 

so  wie  fiii  den  vierten 

1968^0 

1448,09  o.i.w. 
Dieb  stimmt  genau  genug  mit  denjenigen  Resultaten  überein, 
die  Mar aldi  aus  seinen  unmittelbaren  Beobachtungen  dieser 
gröfsten  Neigungen  gefunden  bat,  indem  er  diese  Epochen  für  den 
zweiten  Satelliten  auf  die  Jahre  1747,  1717  und  1687,  für 
4«i  dritten  aber  auf  1765  und  4633  bestimmt  hat. 

IV.    Ellipticität  dieser  Bahnen* 

Die  Abweichung  der  Bahn  der  zwei  ersten  Satelliten  von 
einem  Kreise  oder  die  Ellipticität  dieser  zwei  Bahnen  ist  zu 
gering ,  um  von  uns  bemerkt  zu  werden.  Wir  nehmen  da- 
her dieselben  als  vollkommen  kreisförmig  an.  Die  Bahn  des 
dritten  Monds  aber  hat  eine  bemerkbare  Excentricität.  Schon 
"YVaböemtim,  der  sich  zuerst  mit  diesen  Nebenplaneten  an« 
haltend  beschäftigte  und  ihre  Bewegungen  zu  erforschen  suchte, 
fand,  dafs  die  Excentricität  dieses  Satelliten  veränderlich  ist. 
Um  das  Jahr  1682  hatte  nämlich  die  Mittelpunctsgleichung  die- 
ser Bahn  ihren  gröfsten  Werth  0°,221  und  im  J.  1777  ihren 
kleinsten  0°,085. 

Die  Bahn  des  vierten  Satelliten  hat  die  grötste  Excentri- 
citat, da  sie  in  ihrem  gröfsten  Werthe  auf  0°,854  steigt«  Auch 
sie  ist  veränderlich, Jedoch  weniger  als  jene,  da  sie  in  ihrem 
Minimum  nur  auf  0°,814  herabsinkt. 

Die  Ursache  dieser  Aendernngen  der  elliptischen  Form  der 
Bahnen  der  beiden  äufsersten  Satelliten  entdeckte  La*lac* 
durch  seine  theoretischen Untersuehuugen  und  fand«  dafs  jeder 
dieser  zwei  Monde  gleichsam  eine  doppelte  Mittelpunctsglei- 
chung habe,  von  welchen  die  eine  von  der  Lage  seiner  eig- 
nen« die  zweite  aber  von  der  Lage  der  grofsen  Axe  der  an« 
deren  Bahn  abhängt  Um  die  Lagen  dieser  grofsen  Axen  zu 
bestimmen«  hat  man  für  die'  jovicentrischi  Läng*  des  JPV- 
rijoviums  (d.  h.  des  dem  Japiter  nächsten  Endes  dieser  gro- 
fsen Axe),  von  dem  Friihlingspuncte  der  Erde  gezählt,  bei 
dem  dritten  Monde 

309°,439  +  2°,6248t 
und  bei  dem  vierten 

180,343  +  00,7302  *» 


>  Jupiter«.  #/fc5e* 

w»  t  die  AnpeW  jdeanieche*  Jahre  sek  1768  luaedohuea,  Po> 
geä  wir  4itt«i  Angabe*  noek  die  Ejmchm  bitter  vier  S**elt< 
fiten  oder  Art  mittleren  jovaeentaeehen  Leingen  hei,  4i*  dtmfe 
folgende  (Ansdrttake  gegeben  werden:  |V;  . 

Jovioentr.  L*nge  för  1750  +  t.       '    '  ( 

1    Set 15°,012ß  +  74324°35467t 

H  —  .  .  .  3113404  +  37W7,1323i  t 
in  —  .  .  .  10,2541  +  1837842114t 
IV  —  .  . .     72,5512  +      7878,84714  t. 

Da  die  grofscn  Axen  dieser  vier  Bahnen  schon  oben  ge- 
geben wurden,  so  reicht  das  Vorhergehende  hin,  den* Ort 
dieser  Satelliten  in  ihren  Bahnen  oder  auch  in  Beziehung  auf 
die  Ekliptik  für  jede  gegebene  Zeit  durch  Rechnung  zu  be- 
stimmen ,  so  lange  man  nämlich  auf  die  Störungen,  welche 
diese  Himmelskörper  erleiden,  (keine  Rücksicht  nimmt, 

V.    Störungen  der  Satelliten« 

Da  die  Masse  Jupiters  gegen  die  seiner  vier  Satelliten  so 
grob  nnd  da  überdiefs  «eine  Entfernung  von  der  Sonne  so 
bedeutend  ist,  so  wird  diejenige  Störung,  welche  die  Sonne 
in  der  Bewegung  dieser  Satelliten  erzeugt,  nur  sehr  gering 
seyn  kOnnen«  Dadurch  lallt  Mm  grofse  Schwierigkeit  ganz 
weg,  die  bei  der  Bestimmung  der  Bewegung  unsere  Mondes, 
auf  welchen  die  so  viel  nähere  Sonne  noch  sehr  bedeutend 
einwirkt,  den  Geometerp_se  viele  Mühe  gemacht  hat.  Wenn 
nun  daher  hier,  wo  es  Ijlpfs  um  eine  allgemeine  Ansicht 
des  Gegenstandes  zu  thun  ist,  von  dieser  Einwirkung  der 
Sonne,  srJ  wie  von  dar"  noch  viel  kleinern  des  Saturn,  ganz 
abstrahrrt*  So  UeiBt '  Mols  die  Betrachtung  derjenigen  Störun- 
gen übrig,  welche  diese  Monde  von  einander  selbst  erleiden. 
Dia  Berechnung  dieser  Störungen  Ist  aber  dann  sehr  eifauA f, 
nnd  es  wird  hier  genügen ,  tmr  die  Resultate  ausführlicherer 
Untersuchungen,  und  zwar  blöft  für  die  Zeit  der  Finsternisse 
dieser  Monde,  miUutheifen,  da  diese  letzter!  vorzüglich' de* 
Gegenstand  unserer  BeoWhtangen  sind*  Nennt  man  f  die] 
mittlere'  fln*  X  die  Wahrt,    durch  Öie  Störungen   verändert*} 


i  .  ...  .■   * 


1    VergL  Lirraow  Elemente  der  phys.  Astronomie:  -Wen  V89. 

•••i,  ...         .    .r   i 

DL  Bd.  Uuu 


JOS!  Trabanten. 

jovicaMrunbe  Läng«  des  Mona  et ,  *>  du  Perijoviom  ■  nur 
Bahn ,  so  «h  m  die  mittle»  Anomalie  Jupiters  vom  Feribei 
.gnoükij'  und  b«eiebnet  man  die»  GfoTsen  ),  1  und  w  Air 
den  IL,  hl.,  IVten  Satelliten  mit  1,  2,  3  AoeenMn,  M  er- 
halt man  für  die  wahre d  Lungen  dieser  Monde  die  folgenden 
Ausdruck»':    ■ 

,      1    Xtel— 0%45Sin.2(I-r) 

—  0,ö2Sin.(!— 2l'  +  o>") 

—  <W)lSin.(l-21'  +  w"). 
1  X'f^V  —  Q*fltSw.(t— 1") 

+  l,07Sin.2(l'— 1") 

+  ft01  Sin.  4(1—1") 

+  0,03Sin.O'  — w") 
'        +  0,01  Sin.  (T— oV) 

+  0,05Sim(I— 2r+oj") 

+  0,02Sin.(l'— 21"  +  «/") 
•  —  OJOt  Sin.m. 

.A'W—  0°,07Sin.(l'— r) 

+  (M)lSin.2(l"— 1'") 

+  0,l5Sin.(r— V") 

+  0fi7  Sb.  fl"  — «>'") 

+  0,01  Sin.  (f- 21"+«'!)     . 

—  OyOl  Sin.  m. 

»%r — 0°d»  Sm.  (T — o>"  ) 
+  0^3Sin.aB'— «") 
rA    "  "  —  &Q3Sin.m. 

«drücken  erhalt  man  also  für  dia  Zeiten  der 
U  den  mittleren  jovicentrisohen  Längen  dieser 
ihren  Längen  derselben.  .  pa  man  -aber  nicht 
rrection  der  mittleren  Lungen ,  sondern  vielmehr 
der  mittleren  jovicentrischen  Conjunctionen  oder 
dieser  Mond»  mit  der  Sonne  sucht,  SO ,  wird 
Coefficienten,  der  vorhergehenden  Sinus  durch 
n  Revolutionen ,  in  Secunden  ausgedrückt,  mul- 
tiplioiren  nnd  das  Froduot  durch  360  dividiren,  um.  dadurch 
die  gesuchte  Correction  der  mittleren  Conjunction    oder    die 


1    Ver^L  Lrrraow  Elements  d,pbyt.  Astton.  Wen  1827.  8.  SM. 


Jupiters«  1035 


Orfbe«!  — •  1  in  Zeirteeunden  abgedruckt  zu  erhaben.  Fat 
den  erste»  Mend  s«  B*  hat  man  diesen  Factor: 

1,769864X86400  _  ^ 
~§6Ö      r  ~4i5  * 
ip  dib  man  dahat  folgende  Fectoren  erhält 

für  den  I     Sat.  .  ♦    425 

II  853 

III  1720 

IV  4021. 

Auf  dies«  Weise  umgestaltet  geben  die  vier  Vorhergehanden 
Gleichungen  die  Zeiten  der  wahren  Conjunctionen  dieser  Sa- 
telliten, die  als  Hauptelement  der  Berechnung  ihrer  Finster- 
ni$se  zu  betrachten  sind. 

• 

% 

*YL    Finsternisse    der  Satelliten  im  All- 
gemeinen« 

Der  Schatten ,  welcjpn  Jupiter  als  ein  dunkler  Körper 
hinter  sich  wirft,  w^nn  er  von  der  Sonne  beschienen  wird, 
ist  die- Ursache,  dafs  uns  die  Satelliten  desselben  oft  plötzlich 
und  zu  einer  Zeit  verschwinden,  wo  sie  noch  weit  von  dem 
Bande  ihres  Hauptplaneten  entfernt  sind.  Der  dritte  und  vierte 
erscheinen  oft  ebenso  plötzlich  wieder  nach  ihrer  Verschwin- 
dung  und  zwar  auf  derselben  Seite  Jupiters.  Diese  Erschei- 
nungen sind  ganz  nnsern  Mondfinsternissen  ähnlich,  auch  las- 
sen die  sie  begleitenden  Umstände  keinen  Zweifel  über  die 
Identität  beider  Phänomene.  Diese  Monde  verschwinden  näm- 
lich immer  auf  der  der  Sonne  gegenüberstehenden  Seite  Jupi- 
ters oder  dort,  wohin  der  Schattenkegel  dieses  Planeten  ge- 
richtet ist;  sie  verschwinden  näher  am  Jupiter,  wenn  dieser 
Planet  selbst  nähen  zu  seiner  Opposition  mit  der  Sonne  kommty 
und  die  Dauer  ihrer  Verschwindung  stimmt  ganz  mit  der  Zei 
übexein,  die  sie,  den  astronomischen  Rechnungen  gemäfs,  be- 
dürfen ,  um  den  von  ihnen  beschriebenen  Weg  in  jenem  Schat- 
tankegel zurückzulegen« 

Zuweilen  sieht  man  auch  diese  Monde  vor  eVr  Scheibe 
Jopiters,  wo  sie  sich  durch  ihre  Farbe  von  den?  Lifeht  dieser 
Scheibe  unterscheiden  lassen.  Gute  Fernröhre  zeigen  dann 
sogar  den  Schatten,  welchen  die  Monde  auf  den  Jupiter  wer« 

Uuu  2 


1095  Trabanten« 

fea  und  welcher  sin  auf  ihrem  Weg«  Uta  diu  Scheibe  ihre* 
Hauptplaneten  begleitet.  Diese  Erscheinungen  sind  demnach 
wahre  Sonnenfinsternisse  fär  Jupiter,  da  denjenigen  Orten  der 
Oberfläche  dieses  Planeten,  die  eben  von  jenen  Schatten  ge- 
troffen werden,  de*  Anblick  der  Sonne  gana  ebenso  eatsogea 
wird,  wie  ench  wir  die  Sonne  verfinstert  sehn,  wenn  der  Mond 
cur  Zeit  seines'  Neulichts  zwischen  uns  und  die  Sonne  tritt* 
Bei  diesen  Vorübergingen  der  Satelliten  vor  der  Jupitersscheibe 
erscheinen  die  Satelliten  zuweilen  nicht  als  helle,  sondern  ab 
dunkle  Flecken,  und  zwar  von  beträchtlich  kleinerer  Dimen- 
sion, als  die  sie  begleitenden  Schatten«  Schrotes  und  Hab« 
piMB9  welche  diese  dunklen  Flecken  öfter  gesehn  haben,  wa- 
ren der  Meinung,  dafs  diese  Monde  auf  ihrer  Oberfläche 
grofse  dunkle  Stellen  haben,  die  kein  Licht  reflectiren« 
Fig.  Se7  §  4er  Mittelpunct  der  Sonne  und  I  der  Jopiters, 
141.  wie  xxßjd  die  Bahn  eines  seiner  Monde*  Die  Erde  bewege 
sich  in  ihrer  Bahn  ABCOE  von  A  nach  D  oder  von  West 
gen  Ost,  so  wie  auch  der  Mond  in  derselben  Richtung  von 
a  nach  ß  geht.  Zieht  man  die  zw*  geeaden  Linien ,  welche 
die  Oberfläche  der  Sonne  und  Jupiters  auf  derselben  Seite 
beruhreh,  $o  erhält  man  die  Begrenzung  mNn  des  Schatte n- 
kegels ,  den  Jupiter  auf  der  von  der  Sonne  abgewendeten  Seite 
hinter  sich  wirft« 

Wenn  der  Mond  in  der  Gegend  aß  seiner  Bahn  ankommt  oder 
wenn  er  in  den  Schattenkegel  Jupiters  tritt,  so  verliert  er  da- 
durch sein  von  der  Sonne  geborgtes  Licht  und  wird  uns  da- 
her unsichtbar,  weil  er  eben  eine  Mondfinsternifs  hat«  Wenn 
aber  der  Satellit  in  der  Gegend  yd  seiner  Bahn  oder  wenn  er 
vor  dem  Jupiter,  zwischen  ihm  und  der  Sonne  steht,  so  wirft 
er  seinen  eignen  Schatten  auf  Jupiter  und  dieser  letztere  hat 
dann  eine  Sonnenfinsternifs«  Da  der  Durchmesser  des  ersten 
Satelliten  den  Bewohnern  Jupiters  nach  dem  Vorhergehenden 
(N.  II)  unter  dem  Winkel  von  33*  1(>',  der  Durchmesser  der 
Sonne  aber  nur  unter  dem  Winkel  von  6  Minuten ,  also  über 
fünfmal  kleiner  erscheint,  so  wird  dieser  Mond  den  Bewoh- 
nern Jupiters  bei  ihren  totalen  Finsternissen  •  die  Sonne  durch 
lähgäre  Zeit  ganz  bedecken  Irinnen*  Da  ferner  wegen  der 
«ngcmehrea  Gräfte  Jupiters  die  Basis  Beraea  Sehattenkegels 
cfaeatfalls  sehr  grob,  an  Ge  gentheil  aber  jene  SatelWeen  gegen 
ihren  Ikur^taeteH  aste  klein  sind,  u*d  da  endlich  die  Bah- 


Jupiters.  1087 

•e»  Moser  Monde  gegen  die  Baku  Jupiters,    in  welcher  die 

ßtoaUonaxo  IN  l»gt9  nur  sehr  wenig  geneigt  sind,  so  wer* 
de*  dies»  Monde ,  wenigstens  die  foi  ersten ,  bei  jeder  Op- 
podtfon  «Weh  diesen  Schattenkegel  gehn  oder  Terfiosteit  wer« 
des,  so  emfs  daher  auf  Jupiter  die  Finsternisse  selbst  eine» 
»od  ctaeelben  Mondes  viel  häufiger  seyu  werden,  eis  auf  der 
mus. 

Bei  unseen  Mond*  «od  Sonnenfinsternissen  liege»  Mond» 
Sonne  nmd  Erde  stets  in  derselben   geraden   Linie.       Da  wie 
aber  die  Bewegung  der  Jopittrsmonde   nicht  ans  dem  Mittel« 
pencte  I  ihrer  ^reisfermigen  Bahnen*    sondern  ans  irgend  ei- 
stet Puncto  A,  B,  C# .  der  Erdbahn  betrachten,  der  im  MU 
genuinen   aniser  der  geraden  Linie,     welche  die  Sonne  mit 
den  Jupiter  und  seinem   Monde   verbindet,    ako  sofiaer  der 
hhertenlinie  IN  liegt,  jo   wird  es  auf  diese  Stelle  der  Erde 
gegen  jene  Schattenlinie  IN  ankommen,    oh   die  Finsternisse, 
welche  jene  Monde   erleiden ;     uns  sichtbar  oder  unsichtbar 
sied.      Dor  Mond   wird  nämlich  in  dem  Augenblicke  ▼erAn-» 
Stert,    wo  er  in  dem  Pnncte  a   seiner  Bahn  in  den  Schatten«« 
ktgel  m  N  n  tritt.      Steht  die  Erde  in  der  Gegend  A  B  auf  der 
Westseite    der   Schattenaxe  IN,    so  wird   ihr  die  FinsteroiCs 
iae  sichtbor  seyn,  steht  sie  aber  irgendwo  in  DE  eof  der  Ost-» 
leite,  so  wird  ihr  der  Ort  o,  wo  der  Mond  in  den  Scheiten  tritt, 
reo  der  Scheibe  m  n   des  Jupiter  seihst  verdeckt  seyn  und  sie 
wird  daher  den  Eintritt'  des  Monds  in  den  Schatten  nicht  sehn, 
la  dem  Puncto  C,    oder  wenn   die   Erde  in  der  Schattenaxe 
leibst  liegt  9    ist  Jupiter  für   sie  in  Opposition  mit  der  Sonne« 
Vor  dieser  Opposition   werden    also  die   Eintritte   der  Monde 
ia  den  Schatten;  von  der  Erde  aus   sichbar,    nach  der  Oppo- 
ntion  aber  werden   sie   unsichtbar  seyn.      Je   näher  übrigens 
die  Erde  auf  ihrem  Wege  von  A   nach  B   diesem   Pnncte  G 
kamt,  desto  näher  kommt  auch  die  Gesichtslinie  Ao,  Bat,., 
«st  Schattenaxe  IN  oder  desto  näher  an  dem  westliehen  Ran- 
de n  des  Jupiter  werden  sich  diese  Eintritte  der  Monde  er- 
sigaen.    Ans  dem  Puncto  B  s.  B.  sieht  die  Erde  den  JSiu- 
Iritt  des  Monds  in  «  unter  der  Entfernung   oder  unter  dem 
Winkel  IB«  ▼oo  Jupiters  Mktetpnnct  und  den  Austritt  in  ß 
ees  Monds  ans  dem  Schatten  unter  dem  Winkel  IBß.    Wenn 
•eher  diese  Gookhtslsnia  B  ß  den  westlichen  Rand  Jupiters  in 
»  eben  botihst,   so  sieht  die  Eide  diesen  Austritt  dos  Monds 


1038  Trabanten. 

gar  nicht,  weil  der  Mond  in  dem  Augenblicke,  wo  6t  den 
Schatten  Jupiters  in  ß  verlebt,  sofort  hinter  die  Scheibe  die- 
ses Planeten  tritt  and  nns  daher  noch  immer  unsichtbar  bleibt, 
da  er  jetzt  vom  Jupiter  selbst  für  uns  verdeckt  wird.  Bald 
darauf,  wenn  die  Erde  von  B  gegen  b  bin  vorrückt,  werden 
diese  Austritte  gaoz  hinter  der  Scheibe  Jupiters  statt  haben, 
und  noch  einige  Zeit  später '  in  b'  wird  man  von  der  Erde 
auch  nicht  einmal  die  Eintritte  in  o  mehr  sehn  können,  da 
auch  diese  schon  von  der  Scheibe  des  Planeten  verdeckt  wer- 
den. 

Vor  der  Opposition  Jupiters  also,   oder  zu  der  Zeit,   wo 
dieser    Planet    nach  Mitternacht  jn  den    ersten   Morgenstan- 
den durch  den  Meridian  geht,    fallt  der  Schattenkegel  dessel- 
ben <ur  ans  auf  die  westliche  Seite ,  nach  der  Opposition  aber 
auf  die  östliche,  'daher  wir  auch  dort  die  Eintritte  der  Monde 
auf  der  westlichen,    hier  aber  die  Austritte   auf  der  östlichen 
Seite  Jupiters  sehn ,    während   uns   dort  die  Austritte  auf  der 
Östlichen   und  hier  die  Eintritte  auf  der   westlichen  Seite  im 
Allgemeinen  unsichtbar  sind ,  indem  uns  beide  von  der  Scheibe 
des  Planeten  verdeckt  werden«      In   der  Mitte  zwischen  Op- 
position und  Coojunction  aber,    in    den   sogenannten  Quadra- 
turen,   wo  Jupiter  volle  90  Grade  östlich  oder  westlich  von 
der  Sonne  steht  und   daher  um   6  Uhr  Morgens  oder  Abends 
durch  den  Meridian  geht ,  zu  dieser  Zeit  fallt  auch  sein  Sehet« 
ten  am  stärksten  östlich  oder  westlich,  nnd  zwar  so  sehr,  dab 
die  vom  Jupiter  ferneren   Theile  dieses   Schattens  ganm  auf 
der  einen  oder  auf  der  endern  Seite  der  Planetenscheibe  lie- 
gen ,  daher  wir  auch  dann  die  Eintritte  und  die  Austritte  oder 
den  Anfang  und  das  Ende  derselben  Fi o Steroid  auf  einer  und 
derselben  Seite  Jupiters  sehn  können.       Dieb  ist  in  der  That 
sehr  oft  der  Fall  bei  dem  dritten  und  vierten  Satelliten,  deren 
Entfernung  vom  Jupiter  schon  so  bedeutend  ist«      Die  zwei 
.ersten  aber  Stefan  ihren    Hauptplaneten  immer  so  nahe,    dab 
man  vor  der  Opposition  blofs  ihre  Eintritte  und  nach  der  Op- 
position blob  ihre  Austritte ,  nie  aber  beide  zugleich  sehn  kann. 
Wenn  aber   der   Satellit  in  .die   Gegend  yö*  seiner  Bahn 
kommt,    die  zwischen  dem  Planeten  und   der  Erde  liegt,    so 
sieht  man  ihn  von*    der  Erde  über   die  Scheibe  Jupiters  siehn, 
und  da  hier  der  Satellit  seinen  eigenen  Schatten  auf  die  Scheibe 
Jupiters  wirft,    so  entstehn  dadurch  auf  der  Oberfläche  dieses 


Jupiter«,  1030 

Piwwten.  wehre  Verdecktmgeo  der  Sonne  oder  wahf»  Seinen* 
fiasternisee,  wie  bereits  oben  gesagt  worden  ist. 

VEL    Bestimmung  des  Schattenkegels* 

Um    die  Finsternisse  der  Satelliten   Jupiters  zu  beetim-* 
aYen,  mnfsNman  vor  Allem  die  Grölse,  Gesteh  und  Lege  des 
Schattens  kennen,  den  Jupiter  hinter  sich  wirft,  wenn  er  von 
der  Sonne  beschienen  wird«      Ee  sey  A'  der  Mittelpnnet  und  PI*. 
A'ljfaa  der  Halbmesser  einer  leuchtenden,  femer  A  der  ÄBt-1*** 
tdpnnet ,  so  wie  A  M  =  b  der  Halbmesser  einer  dunklen  Kn- 
gel,   und    endlich  AA'  =  c  die  Entfernung   der  Büttelponcte 
dieser  xwei  Kugeln«    Zieht  man  su  den  beiden  Kreisen,  wel-  * 
ehe  hier  die  zwei  Kugeln  vorstellen,   die  üulseren  Tangenten, 
fie  sieh  in  T,  und  die  inneren  Tangenten ,  die  sieh  in  t  schnei« 
den,  so  wird  die  Grenze   des  vollen  Schattens  durch  11  TN 
and  die  dies  Halbmessers    durch    MtN    bezeichnet      teide 
Seharten  sjobd  Kegel,    von  welchen  der  erste  seinen  Seheitel 
m  T  und  seine  Basis  MN  ata  der  dunklen  Kugel  hat,  wäh- 
rend der   zweite  oder  der  Halbschattenkegel  seinen   Scheitel     - 
in  t,  zwischen  den   beiden  Kugeln,    nnd  seine  Basis  jenseit 
dar  dunkeln  Kugel  in  einer  unendlichen  Entfernung  heb  Man 
siehe  ans  den  Mittelpuncten   A'    nnd  A    der  beiden  Kugeln 
aach  den  Beruhrungspnncteu  M'   nnd  M  derselben  die  beiden 
Halbmesser  A'ftM'  und    AM   und  fälle  von    den  Puncten  M' 
emd  M  die  Lothe  M'  a'  und  Ma  auf  die  Linie  A'AT  der 
beiden  Mittelpuncte«      Nennt  man  a  den  Winkel   ATl/L  an 
dem  Scheitel  T*  des  vollen   Schattens   und  x  die  Entfernung 
A'T  des  leuchtenden  Ktfrpers  von  dem  Scheitel  dieses  Sehaf- 
Ufikegels,  so  hat  man 

assftTTTang.a 

M'Tssfx»— a% 
so  wie 

^(x— e)*—  bf  am  b .  Cotg.  a. 

Eliminirt  man  ans  diesen   drei  Gleichungen  die  Grtt&en  WT 
und  Tang.a,  so  erhalt  man 

X  — c=+   —  , 


M40  Trabant«». 

wa  Her  <sad  ia  der  Feig»  das  oaere  Zeiaben 
da«  unter«  »bei  Air  den  Halbeehatte*  gtböiU 

Dia  letite  Gleichung  giebt 

M.fww*        ac 
x  =  A'T=-s=r, 
a-f-b 


Ats=X-Cca==T, 

•  4»b 


Ao  auch 

i 

r..  •»     * 
i: 

im*  ftiefs  »fad  die  beiden  Entfernungen  A'T  and  AT  des 
Seheifeh  T  und  t  von  den  Mtttelpancten  beider  Kugeln. 
JBfeenso  findet  man  für  die  zwei  Grtffsen  A'e'  and  Aa  die 
Werthe 

9     t  ~ 


und 


■  A.  «*(*  +  «>). 


Dia  krumeaca  Linien,  in  welchen  die  beiden  Kugeln  Ten  den 
awei  Sehattenkegeln  berührt  werden ,  iind  Kreise,  deren  Mit«* 
talpuncte  »'  und  a  and  deren  Halbmesser  die  Lotha  a'  M' 
and  aM  aaf  die  Axe  A'AT  sind.    Es  ist  eher 

•#jrefi»-(A'a)»  undeM=f'a*-(Aa)*, 

also  sind  auch,  wenn  man  die  vorhergehenden  Werthe  von 
A'  a'  und  A  a  subithuirt,  dia  Halbmesser  der  erwähnten 
Kreise 

a'M'*  yKa*— (a+bj»f 

aM—tfV^a  +  n)*. 

Um  noch  den  Halbmesser  BC  des  kreisförmigen  Schnitts  zu 
finden,  der  durch  eine  Ebene  entsteht,  die  in  der  Entfernung 
AB=r  von  dem  Mittelpuncte  der  dunklen  Kugel  senkrecht 
auf  der  <Axe  A'AT  steht,  hat  man,  wenn  der  Winkel 
ATM  =  aiit, 

rr.  BC         ,  „  BC 

Tang,  a  =  _.  oder  Tang.a  =  j^Ti . 
Es  war  aber 


Jupiter«.  |04t 

•  » 

eko  ist  eejeb,  wenn  nun  die**  Weiche  von  AT  and«  m  der 
vorhergehcsrica  Gfekboog  »nesatuirt, 

Pn_  ±b(e  +  r)-ar 

rc»-(i+b)« 

Setzt  man  endlich  die  Grobe  A'B  =  c+r=srx  oäet  r=x— c 

und  BC  ss  7  yl  4-  z2  und  substituirt  man  diese  Wert  he  Von 
rtmd  BC  in  der  letzten  Gleichung,  so  erhält  man 

(y2+**)  [«*-(•  + b)«]  =  [•€-*(• +  b)]t; 

ßr  die  Gleichung  der  Oberfläche  des  Schattenkegels  «wischen 
den  drei  unter  sich  senkrechten  Coordinaten  x,  y,  z,  wo  wie- 
der das  obere  Zeichen  für  den  vollen,  du  untere  aber  forden 
Halbschatten  gehört. 

Zusammengesetzter  wild  die  Auflösung  dieser  Aufgabe, 
oder  die  Bestimmung  derjenigen  Fläche,  welch«  zwei  ihrer 
Gestalt  und  Lege  nach  gegebene  Flächen  ringsum  berührt, 
wenn  diese  zwei  gegebenen  Flächen  nicht  mehr  Kugeln,  wie 
in  dem  Vorhergehenden,  sondern  z.  B.  Ellipsoide  sind1*  Bei 
Jupiter  sollte  auf  diese  Abweichung  von  der  Kugelgestalt  al- 
lerdings Rücksicht  genommen  werden,  da  die  Abplattung 
dieses  Planeten  sehr  -  grofs  ist  und  nahe  ^  beträgt.  Allein 
wegen  der  geringen  Neigung  des  Aequators  dieses  Planeten 
gegen  seine  Bahn,  welche  Neigung  nur  3,092  Grade  beträgt, 
wird  man  die  grofse  Axe  Jupiters  als  in  der  Bahn  desselben 
liegend  und  die  kleine  darauf  senkrecht  annehmen  können. 
Dann  wird  also  auoh  der  Schnitt  des  Schattenkegels  mit  einer 
Ebene ,  die  auf  der  Axe  dieses  Schattens  senkrecht  *teht  r  eine 
Ellipse  seyn,  deren  grobe  Axe  in  der  Jupitersbahn  und  de- 
ren kleine  darauf  senkrecht  ist  Heifst  dann  A  der  Winkel, 
unter  welchem  aus  dem  Mittelpuncte  Jupiters  die  halbe  grofse 
Axe  dieses  elliptischen  Schattenschnitts  gesehn  wird,  und  ist 
«=tV  die  Abplattung  Japiters,  so  ist  die  halbe  kleine  Axe 
des  Schattenschnitts  gleich  A  (1— a)  und  daher  die  Glei- 
chung des  Schattenschnitts  selbst 

y*  z* 

Ai  +  A^l-aJ«"81    •••    (Ä) 
Wenden  wir  du  Vorhergehende  auf  die  Körper  unsere  Son- 

1   VergL  LiTTwrw  eandytiechc  Oeoaetrfe.    Wien  183& 


1041 


Trabanten. 


ttensyitanit  ati,    so   hat  man,    wem*  man  Mof»  den  «ölleb 
Schatten  berücksichtigt,  für  die  Läufe  des  Schattens 


eo 


AT=-^r  und  A'T  =  AT  +  cc= r 

a — b  •  —  d 

und  für  die  Entfernungen  der  Mittelpuncte  der  beiden  Kugeln 
Ton  den  Mittelpuncten  der  Kreise,  in  welchen  sie  von  dem 
Schattenkegel  berührt  werden, 

-   A^«t(.-.b)«aAV«g.(A.)tibJ(a-fc> 

Ist  ferner  A]B  =  r,  so  erhält  man  für  den  Halbmesser  BC  des 
Schattenschnitts,  der  durch  eine  auf  AT  senkrecht  stehende 
und  durch  den  Punct  B  gehende  Ebene  entsteht, 

bc  — (a  —  b)r 
cCos.<p        ' 


BC 


_.  a  — b  .      • 

wo  Din.  <p  a  —  ist, 

und  statt  des  letzten  Ausdrucks  wird  man  auch,  da  für  'die> 
meisten  Planeten  c  sehr  grofs  gegen  a  und  b  ist,  die  abge- 
kürzte Gleichung  nehmen  können 

BC-fc-krör. 

c 

So  hat  man  für  den  vollen  Schatten  bei  unseren  Mondßnrter- 

nisstn 

a  =  96238  geogr.  Meilen    Halbmesser  der  Sonne, 
b  =  859,44    —         —         Halbmesser  'der  Erde, 
c  es  20665800  —         mittlere  Entfernung  der  Erde 

von  der  Sonne, 

woraus  daher  folgt 

AT  =  186216    geogr.  Meilen 

A'  T  =  20852016 
Aa   aa     *  3,97 


A 


#  » 


444,17 


BC    =    859,44  —  0,004615  r. 

Fiir  unsere  SonntnfinsterniM  aber   ist    der  Halbmesser' des 

Monds  b  =  £33  Meilen  and  die  mittler»  Entfernung  des  Mond« 

von  der  Sonne 

c=20665800—51600=20614200  Meilen, 

MrShrend  wieder  a  =  96238  ist.    Daraus  folgt 


Jupiter*.  |049 

A  T  =  50030  Meilen 

A'T  =  20664230 

Aa    =  1,08 

AV  =  448,20 

BC  =  233  —  0,004657  r. 

Bor  die  Verfinsterung  der  Jupiterssatelliten  endlich  ist  der 
Halbmesser  Jupiters  b  =  9990  Meilen  und  die  mittlere  Ent- 
fernung dieses  Planeten  von  der  Sonne 

5,20278  X  20665800  a  107519600 
and,  wie  zuvor,  a  t=a  96238,  **  da£s  »an  daher  erhält 

A  T  =  12455870  Meilen 
A'T  a  119913470 
Aa    n  8,013 
A'a'  =  77,198 
BC  =9990  —  040080217*. 

Man  sieht  daraas,  dafs  der  Schattenkegel  des  Monds  zur  Zeit 
des  Neumonds,  wenn  dieser  Nebenplanet  in  seine*  mittleren 
Entfernung  von  51600  Meilen  von  der  Erde  ist,  nur  die  Länge 
▼od  50030  M.  hat,  also  noch  nicht  die- Oberfläche  der  Erde 
erreicht«  Wegen  der  verschiedenen  Entfernung  des  Mondes 
Ton  der  Erde  ist  auch  die  Länge  seines  Schättenkegels  ver- 
schieden« Der  möglich  größte  und  kleinste  hat  die  Länge  von 
51110  und  49400  Meilen,  Auch  der  Schattenkegel  der  Erde 
ist  wegen  der  Excentricität  der  Erdbahn  verschieden  und  im- 
mer «wischen  den  beiden  Extremen  188640  und  182410  Mei- 
len enthalten.  Beim  Jupiter  aber  ist  die  Länge  seines  Schat-  - 
tenkegels  so  grofs,  dafs  er  selbst  über  den  vierten  Satelliten 
desselben  noch  mehr  als  12  Millionen  Meilen  hinausreicht, 
daher  auch  diese  Satelliten  viel  öfter  verfinstert  werden,  N  als 
unser  Mond« 

YWL    Bestimmung  der  Dauer' der  Finster- 
niese  der  Jupitersmonde« 

Sey  C  der  Mhtelpunot  und  AmB  der  Umkreis  des  obenp. 
(m  Vll)  bestimmten  elliptischen  Schattenschnitts,  cm  ein  Theillü. 
des  Wegs  des  Satelliten  und  cC,    so  wie  mM  senkrecht  auf 
de»  Jupitersäfluator  A  B.      Nennt  man  ß  die  Breite  -und  X  die 

Länge  des  Satelliten  im  Augenblick  der  Oppo- 


1044  Trabanten. 

sition  desselben  mit  der  Sonne,  und  ist  m  der  Winkel,  wel- 
chen der  Satellit  ,yon  dem  Augenblicke  der  Immersion  m  in 
den  Schatten    bis  zur    Conjunction   in    o  zurücklegt,     so   ist 

also 

Ccgc/J  und  CM=3m, 

so  wie 

m  M  s»  ß  — m  m  •  ttt  » 

BS 
wom.7^  die  Aenderuug  der  Breite  des  Satelliten  in  der  Zwi- 

(7A 


schenzeit  tob  der  Immersion  bb  zur  Opposition  ist» 

Wendet  man  diefs  aof  die  Gleicheng  (A  Nr*  VII)  an,  so 
hat  man,  da  . 

ist,  für  die  Gleichung  des  elliptischen  Schattenschnitts 

r»     wdßY 

m»  u—är)_i 

A*TA»0-«)*    ~"   ' 

1 

woraus  man ,  da  a  nur  klein  ist ,  annlhernd  erhält 

•      m=,       ß*ß         *rA»(l-o)»-/*» 
(1  —  a)*ö;t*  1— a 

das  obere  Zeichen  für  die  Immersion  und  das  untere,  für  die  Einer* 
sion.  Daraus  folgt  |  dafs  der  ganze  Winkel,  welchen  der  Satellit 
um  den  Mittelpunkt  Jupiters  während  der  ganzen  Dauer  der 
Finsternib  beschreibt,  gleich 

2KA»(t-tt)»— ß* 
1— a 

sejn  wird.  Nennt  man  also  S  die  synodische  Bewegung  des 
Satelliten,  in  der  Einheit  der  Zeit  A  ausgedrückt,  und  be- 
zeichnet man  durch  T  die  ganze  Dauer  der  Finsternils ,  so  ist 

_  _  2  f  A*(l  -a)*-ß* 


•  • 


(B) 


(1— a).S 

und  diese  Gleichung  giebt  di«  gesucht«  Dauer  der  Pineternifs, 
wenn  die  Breite  ß  des  Satelliten  in  der  Opposition  bekannt 
ist,  also  auch  umgekehrt  diese  Breite  ß,  wenn  die  Dauer  T 
durch  unmittelbare  Beobachtung  der  Finsternib  bekannt 
ist 


Jupiters.  4041 

Wffl  »an  datfi  «beb  die  Länge  4m  gateHfam  xm  Zeit 
4mr  Mitte  der  Finstermfs  so  hat  man,  ans  dem  Vorhergehend 
ätm  die  Lüge  desselben  für  die  Zeit  der  Immersion  oder 
Emersion 

ßBß—tA*(l-»)*-ß*. 

%-ix+ n=^ » 


«ww  daher  sofort  folgt,    def»  die  jovieeotruebe  Lange   zur . 
Zeit  de*  Bütte  der  Fioaternifs  eeya  wM 

,         W        ' 

*       W    ■ 

88 
Um  noch  den  Werth  von  «*y  zu  efiminiren,  hat  man,  wenn 

n  die  Neigung  und  x  die  Länge  dea  Knoten*,  der  Satelliten- 
bahn mit  der  Jupiters  bahn  bezeichnet,  durch  sphärische  Tri- 
gonometrie 

Tang,  ß = Tang,  n  Sin.  (X  —  x) , 
also  auch 

*£  =  Tang,  n  Cos. (X— je)  Cos.*ß 

eo  dab  daher  die  jovicentrische  Länge  des  Satelliten  zur  Zeit 
der  Mitte  der  Finsternifs 

X — Tang  * n  .Cos.  (X  —  x)  Cos. * ß 
seyn  wird« 

Diese  jovicentrische  Länge  des  Satelliten  kann. auch  auf 
folgende  Weise  gefunden  werden.  Ist  nämlich  L  die  Länge  pf- 
der  Sonne  S,  febtter  1,  b  die  geoceiitrische  Länge  und  Breite1^* 
Jupiters  P  zur  Zeit  der  Mitte  der  Finsternifs,  so  wie  TS  =  R 
die  Entfernung  der  Erde  T  von  der  Sonne  und  TP  =  o  vom 
Jupiter,  V  der  Frühlingsponct ,  so  bat  man,  da  diese  Gröfsen 
ans  den  astronomischen  Tafelp  pder  ans  den  Beobachtungen 
bekannt  sind, 

VTS  =  Lf  VTp  =  l,  PTp  —  b  und  STprf=l--L, 

Cos.  y  =  Coseb  Coli.  (1—  L) 
und  ' 

°  R  010,1// 

,  wo  fp  gleich  dem  Winkel* STp  und ^i  gleich  PTS  oder  die 
sogenannte  jährliche  ParaBaxe  Jupiters  bezeichnet.  Ist  dann 
X'  die  heliozentrische  Länge  Jupiters,    die  ebenfaUe  fcrth  dto' 


»  > 


1046  Txabaätttu 

Täfeln  gegetan  ist,  so  ist  nc=l— >L\oderV=l— *  und 
1'  ist  zugleich,  da  hiervon  der  Mitte  der  Finsternifs  die  Rede 
ist,  gleich  der  gesuchten  jovicentrichen*  Länge  de«  Satel- 
liten. 

Kennt  man  aber  auf  diese  Weise  zwei  jovicentrische  Lan- 
gen lr,  &"  nnd   zwei  Breiten  //,/?"  des  Satelliten,     so  findet 
man  daraus  -anch  die  Neigung  n  seiner  Bahn  und  die  Lange  Q 
des  aufsteigenden  Knotens  dieser  Bahn  in   der  Ekliptik  durch 
die  folgenden  Gleichungen  der  sphärischen  Trigonometrie: 

Tang.n  Sin.*(l#  ~ß)=Tang./J'  ) 
Tang,  n .Sin. (X"—Q >=  Tang,  f  f 

oder  bequemer  durch 

Tang,  n .  Sin.  (X — Q  ) = Tang,  ff 

m           r      /lf     rtv    .  Tang.//'— Tang. /ff* Cos. Ol''—  tt 
Tang.n  Cos.  (X— ß)= Sin.(r—  X)       # 

Hat  man  endlich  in  einer  gröfsern  Reihe  von  Beobachtungen] 
die  Wertne  t  und  t'  der  halben  grttfsten  und  der  halben  klein- 
sten Dauer  der  Finsternifs  eines  Satelliten  kennen  gelernt,  so 
findet  man  die  Neigung  n  der  Satellitenbahn  durch  folgenden 
einfachen  Ausdruck,  in  welchem  wieder  S  die  synodische  Um* 
laufszeit  des  Satelliten  bezeichnet: 

r 

360    irr* :*7 

n  =  — q-*  r  t*  —  t1. 

ö  . 
Ftg.Ist  nämlich  AmnB  der  Durchschnitt  des  Schattenkegels  in 
**5*der  Nähe  des  Satelliten,  C  dessen  AJittelpunct,  Nmn  die 
Bahn  für  die  kürzeste  Dauer  der  Finsternils,  und  ist  CR  auf 
dieser  Bahn  senkrecht,  so  hat  man,  da  Rm  =  Jln  ist  nnd 
da  der  Satellit  zur  Zeit  der  längsten  Finsternils  durch  ACB 
geht, 

Cm      CA       t 

Rm  — Rm      t7* 

Die  Gröfse  Cm  oder  CA,  im  Bogen  ausgedruckt,  findet  man 
aber  durch,  die  Proportion 

S:t=360°:Cm    . 


oder  es  ist 


Cm=360^ 


und  daher  auch. 


•  Jupiters,*  1047 

Rm  =  Cm.-J  =360^. 
Da  aber,  CR=  T'CuP  —  Kuk*  ist,  so  fst  aucn 

wie  zuvor,  wo  CR  die  grötste  jovicentrische  Breite  -des  $a<* 
telliten  (für  die  kürzeste  Finsternifs) ,  also,  auch  glejcji  der 
Neigung  seiner  Bahn  gegen  die  Bahn  Jupiters  ist« 

Durch  die  Beobachtungen  hat  man  die  grttfste  Dauer  die* 
ser  Finsternisse,  wie  ibigt,  gefunden: 

für  den  I    SateKten    ...' 2,2622  Stunden  r 
H       —         .  ;  .    2,8678 
m    '    —    '"    .:  .    3,5611 


.  i. ■ 


*    >- 


IV      —         ...    4,7489. 

i  > 


(I 


'»      f..  i 


IX.   Merkwürdige  Verhältnisse,  der  Länger* 
und  der  Geschwindigkeiten   der  drei  er- 
'    sten  Satelliten.  *      ■    •    J      '  - 


j. 


Wenn  wen  die  .oben  gegebenen  siderischen  Umlaufszeiten 
dkm  Satelliten  näher  betrachtet ,.  ao  sieht  man,  daft  d^e  Re- 
volution des  «eisten  nahe  ..gleich  der  Hälfte  de«  zweiten  and 
aalt  ebenso  die  Revolution  des  zweiten  nahe  gleich  de*  Hälfte 
Jas  dritten  ist.  Wenp.dits*  Verhältnisse  ganz  genau  Statt*  hat« 
tea,  so  würde  man,  wenn  T,  T*,  T"  die  Revolution  des  L, 
1,  OL  Satelliten  bezeicjuian,  die  Gleichung  haben     . 


j   / 

rp,  T^  rp"  "^  rp'  • 

*•    t* 


Wir  haben  münlkn'  gefunden 

T  =  1,7601t    T=  3^512;    T"=  7,1545, 
also  ist  auch 

^=.0,5653,   ^=0,2816,    ^=0,1398, 

sodab  demnach   zwischen  den   drei  letzten  Gleichungen   die 
obige  Gleichung  sehr  nahe  besteht.      Da    aber  die   Gröfsen 

111 

=7,    =7  und  »7  nichts  anderes,  als  die  täglichen  mittleren  si- 

Bewegungen  der  Satelliten  sind,  so  hat  man,  wenn 


|048  Trabanten. 

man   diese  Bewegungen   durch  £1»     SY  und  dl"   bezeichnet, 
ebenfalls 

£1  + 251*  =301'  ...  (C). 
Ein  anderes,  nicht  weniger  merkwürdiges  Verhältnifs  besteht 
auch  zwischen  den  Epqchen  ^  dieser  drei  Satelliten  oder  zwi- 
schen den  mittleren  Längen  derselben  für  irgend  eine  gege- 
bene ÄeirV  ;  Heilst  nämlich  1,  f  nnd  1"  diese  Länge  des  L,  IL 
nnd  'HI*  Satelliten  für  irgend  eine  Zeit,  so  ist  immer  sehr 
nahe 

l+2r=31'  +  180°  .  •  ♦  (D> 
Die  sämmtlichen  Beobachtungen  dieser  Satelliten  seit  der 
Zeit  ihrer  Entdeckung  haben  gezeigt,  dafs  diese  beiden  Glei- 
chungen (C)  and  (D)  sehr  nahe  erfüllt  werden»  Die  Abwei- 
chungen sind  immer  not  sehr  gering  und  innerhalb  der  Gren- 
zen der  möglichen  Beobachtungsfehler  gefunden  worden.  Die 
Theorie  endlich  hat  gezeigt,  dafs  diese  beiden  Gleichungen 
in  vollkommener  Schärfe  existiren*  Es  ist  in  der  That  sehr 
imwahrscheinlich ,  dafs  diese  drei  Monde  durch  einen  blofsen 
Zufall  in  diejenigen  Entfernungen  von  Jupiter  gesetzt  worden 
sind,  welche  für  jene  Verhältnisse  nothwendjg  sind,  aber  es 
kann  angenommen  werden,  dafs  dieser  Zufall  jene  Monde  we- 
nigstens nahe  dorthin  gesetzt  habe,  wo  sie  diesen  Verhältnis- 
sen entsprechen.  Unter  dieser  Voraussetzung  aeigte  eher  die 
Theorie',  dafs  dann  blofs  durch  die* gegenseitige" Einwirkung 
dieser  drei  Satelliten  auf  einander  jene  anfänglich  nur  genä- 
herten' Verhältnisse  in  der  Folge  der  Zeit  ganz  gentta  werden 
milkten-  und  dafs  sie,  einmal  genan  'hergestellt ,  etteh  immer 
in  diesem  Kostande  verbleiben  werden ,  so  längeres  System 
selbst  durch  keine  gewaltsame  äufsere  Einwirkung,  wie  z.  B. 
durch  einen  Kometen,  gestört  wird.  Auch  die  secnlären  Glei- 
chungen, welchen  die  mittleren  Bewegungen  diäter  Satelktesf 
unterworfen  "  und  die  $4t  secnlären  Beschleunigung  unser« 
Mondes  ähnlich  sind1,  werden  jene  Verhältnisse  nicht  tas 
stören  im  Stande  seyn,  so  wenig  !als  etwa  ein  toiderste- 
hendes  Mittel,  in  welchem  sich  diese  Monde  bewegen  m8- 
geq,  oder  sonst  eine  ändert  Ursache,  deren  Einwirkung  nnr 
nach  un/lnach  oaerklicb  wird;  Dean  dieselbe  gegenseitige^Ansie- 
hung  dieser  drei  Monde  wird  auch  jene  seculajen  Gleichungen 


1    8.  Art.  Mona*  Bd.  VI.  «.  ±879. 


1 


Jupiter«.  1019 

in  Mond*  dmselbea  VerMtltnltten  anteiWmfea,  so  iO»  41* 
tMoIür»  Gleichung  des  ersten ,  mehr  4er  doppelt*«  des  dritte«, 
wieder  gleich  der  dreifachen  des  zweiten  Satelliten  sey*  wird. 
Stibst  jetzt  schon  siebt  md  diejenigen  ihrer  Ungleichheiten, 
die  erst  in  vielen  Jahren  wiederkehren ,  den  erwähnten  Ver~ 
Wtnissen  sich  coordiniren  und  «wir  desto  inniger  «nschMefsen, 
jt  gröber  die  Perioden  dieser  Ungleichheiten  selbst  sind*  Dies« 
Eigenschaft,  durch  welche  jene  drei  ersten  Monde  Jupiters 
gleichsam  ein  isolirtes  System  geworden  sind,  das  sich  selbst 
im  Hjmmelsraume  das  Gleichgewicht  halt,  muls  sich  seihst 
nf  die  Rotationen  derselben  erstrecken ,  Wenn  diese ,  wie  die 
Beobachtungen  su  bestätigen  scheinen ,  ihren  Revolutionen  um 
den  Hauptplaneten  gleich  sind,  wie  diefs^  auch  beim  Mond« 
der  Erde  der  Fall  ist  Die  Anziehung  dieses  gröTsten  aller 
Hauptplaneten  ist  stark  genug,  diese  Erscheinung  hervorzu- 
bringen und  der  Umdrehung  seiner  Monde  dieselben  secularen 
Ungleichheiten  mitzutheilen ,  von  welchen  ihre  Ümlaufszeitert 
•ftart  sind» 

Dafs  übrigens  der  merkwürdige  Komet,  der  im  Jahr« 
1770  mitten  durch  das -System  dieser  Satelliten  gegangen  ist, 
jene  Verhältnisse  nicht  gestört  und  überhaupt  keine  einzige 
Mkbare  Veränderung  in  denselben  faervorgebVfceht  bit,  ist 
wohl  ein  teuer  Beweis,  dafs  die  Masse  dieses;  wirf  vielleicht 
dkr  Kometen,  nur  änfseret  gering  seyn  kinn.  Die  Rechnung 
sogt,  daie  dieser  Komet,  wenn  seine  Masse  nur  den  hündert- 
tostodtten  Theil  der  Mass«  der  Bfdd  betragen  hätt«,  Schon 
m  bemerkbar«  Aenderaugen  in  jenem  System*  lfttt*  her- 
abringen  müssen.  Dasselbe  schttfte  VeAähriib,  welches 
fische«  den  siderischen  Bewegungen  statt  hat  4  mnfo  auch 
buchen  den  synodischen  besteh«,  da  die  syncfdüeh«  Bewe-* 
fing  Aar  die  Differenz  der  siderisehs«  Belegung  des4  Setefti- 
tea  und  der  seine«  Hauptpkmetev  hh  Wtnn  min  in  def 
Gttchang  (C)  statt  der  siderischen  Bewegung  die  synod^cfatf 
t^tituirt,  so  verschwindet  die  Bewegung  Jtfffltets  gen*  afos 
•*  GWicJwng ,  so  dafc  eis«  dieselbe  ttrigefodtfrt  Meibt. 

Em«  merkwürdige  Folge1  dieees  Vsrhaltriiste*  ist,  dets  dfo 
to»  ersten  Mo*de  Jnptter*  nie  an  gleicher  Zeit  ein*  VeWin^ 
Werung  erleiden  können*  Denn  wenn  z.  B.  der  zweite  und 
4*r  dritte  zugleich  verfinstert  werden,  so  wird  der  erste  immer 
*h  Jupiter  in  OwjuMetiotf  seyn  oder  vor  ihm  seehny  und  rtenn 
.  DL  Bo\  Xxx 


10J0  Trabanten. 

der  zweite  und  dritte  Mond  zugleich  vor  der  Jäpitersscheib» 
stehn  oder  auf  dem  Jupiter  eine  Sonnannnsternifs  verursachen, 
so  wird  der  erste  in  Opposition  oder  hinter  der  Scheibe  Ju- 
piters stehn.  Auch  ist,  so  viel  mir  bekannt,  der  Fall  nur 
ein  einziges  Mal  vorgekommen,  wo  man  Jupiter  ganz  ohne  Sa- 
telliten gesehn  hat«  Diese  Beobachtung  ist  von  Mqlyheux 
am  2ten  Nov.  1681  elten  Styls  gemacht  worden1. 


X.  Entdeckung  der  Satelliten  und  Bestim- 
mung der  Masse  Jupiters  durch  diesel- 
ben« 

Was  die  Geschichte  der  Entdeckung  der  Jupiterstrabanten 
und  der  allmaligen  Ausbildung  ihrer  Theorie,  so  wie  die  Be- 
obachtung ihrer  Rotation  und  endlich  den  Gebrauch  derselben 
zu  Läogenbestimmungen  betrifft,  so  enthält  der  bereits  er- 
wähnte Art.  'Nebenplaneten  das  Vorzüglichste,  was  darüber 
hier  angeführt  werden  könnte«  Wir  beschliefsen  daher  diesen 
Gegenstand  blofs  durch  einige  nachträgliche  zerstreute  Bemer- 
kungen. 

» 

Es  scheint  keinem  Zweifel  unterworfen  zu  seyn,  dafs 
Sihov  Mabius  zu  Ansbach  von  Allen  zuerst,  and  zwar  im 
November  .1609»  die  vier  Satelliten  Jupiters  gesehn  habe. 
Nach  ihm  erblickte-  sie  Galilei  zu  Padua  am  7*  Jen,  1610* 
Fast  zu  gleicher  Zeit  sah  sie  Thomas  Harbiot  am  16.  Jan* 
1610  zu.  London  und  am  Ende  desselben  Jahres,  nämlich  im 
November  .1610  9 'bemerkten  sie  auch  Pitrisc,  Gautie*  und 
Gassehdi  zu  Ajx  in  Frankreich2»  Bemerkenswert  ist  dabei, 
wie  Maiuus  auf  diese  Entdeckung  kam*  Im  Jahre  1608  näm- 
lich fand  der  brandenburgische  geheime  Rath  J.  Ph.  Fuchs 
von  Bimbach  in  Mahnen  auf  der  Messe  zu  Frankfurt  a.  M. 
.eines  der  damals  noch  wenig  bekannten  Fernröhre,  das  ein 
Niederländer  zum  Verkaufe  dahin  gebracht  hatte«  Er  bezeugte 
l^ust,  dasselbe  zn  kaufen,  stand  aber  wieder  davon  ab,  da 
ihm  der  gesetzte  Preis  zu  hoch  schien*  Bei  seiner  Rückkehr 
nach  Ansbach   erzählte  Fuchs    diese  Begebenheit   mit   allen 


1   Molysbux,  Optici«  p.  271« 

t    T.  Zacb  Mob*  Corr.  Bd.  V1IF-  S.  43,    XY.  435, 


Jupiters.  1051 

* 

Umstünden  dem  Simow  Marius  ,  dem  et  auch  des  Weikssog 
so  genau  beschrieb,  dafs  Marius  sogleich  ein  solches,  ob-* 
schon  noch  unvollkommenes  Fernrohr  zusammensetzen  konnte« 
Im  folgenden  Jahre  1609  erhielt  Fuchs  ans  den  Niederlanden 
and  auch  ans  Venedig  bessere  Gläser,  mit  welchen -Marius 
schon  bessere  Fernrohre  zusammensetzte ,  und  mit  diesen  letz- 
ten entdeckte  er  die  Jupiterssatelliten*  Dieses  wäre  demnach 
nahe  dieselbe  Geschichte,  die  man  auch  von  Galilki  erzählt; 
der  im  J.  1609  auf  die  blofse  Nachricht  von  der  Existenz 
dieses  Werkzeuges  dasselbe  ebenfalls  selbst  erfunden  haben 
kJL  Wenn  wir  diese  Geschichte  bemerkenswert!!  genannt 
haben,  so  ist  es  nicht  sowohl  wegen  ihrer  selbst,  als  wegen 
der  Zeit,  in  welcher  sie  Torgefallen  ist.  Also  im  Jahre  1608 
waren  die  neu  erfundenen  Fernröhre  schon  so  verbreitet, ,  dafs 
man  sie  anf  die  Messe  nach  Frankfurt  bringen  konnte.  Auch 
in  England  waren  im  J.  1610  die  Fern  röhre  schon  sehr  be- 
kannt. So  fuhrt  v.  Zach  einen  Brief  von  Sir  Christop&er 
Hetdov,  London  6*  Jul.  1610  datirt,  an,  in  welchem  es 
keifst:  Of  my  own  exp$ri$nc$  unth  one  of  out  ordinary 
trunks  I  have  sein  eUvtn  stara  in  the  Pleiade* ,  whereaa  no 
age  eper  remembers  above  seven,  d.  h«  mit  einem  uoseTer  gewöhn-* 
liehen  Guckkasten  (Trunks") ,  wie  Hky&oy  die  ersten  Fern- 
röhre seiner  Zeit  nennt,  weil  sie  vermuthlich  die  Gestalt  von 
viereckigen  Prismen,  von  kastenförmigen  Parallelepipeden  hat« 
ten.  Der  oben  erwähnte  Harriot  nennt  sie  schon  Per*- 
tptetive-  Cylinder ,  weil  sie  wahrscheinlich  schon  in  metallen 
aeo  Röhren  gefafst  waren.  Bekanntlich  giebt  BoRStii*  den 
Zacharias  Jahvsiv  oder  Johahsides  als  denjenigen  an,  der 
das  Fernrohr  im  J.  1590  *n  Middelburg  in  Zeeland  erfanden 
hat,  Jahvsiv  war  Glasschleifer  und  Brillenmacher  in  Mid-* 
delborg  und  soll  durch  ein  Spiel  seiner  Kinder  mit  Glas** 
Ibsen  auf  die  Entdeckung  geleitet  worden  seyn.  BonfcLLt 
belegt  diese  seine  Aussagen  mit  Zeugnissen  des  Magistrats 
jener  Stadt«  Man  hat  diese  Entdeckung  auch  einem  gewissen 
Lbfirshiim  oder  dem  Jacob  Mitiüs  oder  dem  Corsilius 
Dibbbcl  u.  A.  zuschreiben  wollen.  Von  diesen  wird  besonders 
der  Leiste  von  Bossut  und  von  Mortucka  in  ihren  Geschieh- 
ttR  der  Mathematik  in  Schute  genommen,    indem  sie  ihm  ein ' 

1   Oe  tttro  tdMeopil  rärentore.  Hag.  Com.  1655. 

Xxx  2 


1Q5Q  Trabanten» 

ajisgezeichnetes  Talent  und  eine  seltene  gelehrte  Bildung  an- 
schreiben. Allein  AniLuro  in  seiner  „Geschichte  der  mensch- 
lichen Narrheit u  stellt  diesen  Debbbbl  geradezu  eis  einen 
Ghsrlstan  dar,  der  nur  ein  Paar  ganz  unbedeutende  Schrift- 
eben hinterlassen  habe,  die  durch  ihren  Styl  sohon  den  un- 
wissenden Marktsehreier  verrtethen.  Auch  soll  er  nicht,  wie 
doch  so  oft  gesagt  wurde,  der  Erfinder  des  Thermometers,  so 
wenig  wie  der  des  Fernrohrs  seyn,  obschon  er  sich  dieser 
beiden  und  mehrerer  andern  Erfindungen  auf  eine  grofsspre- 
eheti&che  Weise  selbst  gerühmt  haben  soll. 

Was  die  Benennung  dieser  Satelliten  Jupiters  betrifft,  so 
wurden  sie  von  Simov  Mabius,  seinem  Markgrafen  von  Bran- 
denburg zu  Ehren,  Sidera  Brandenburgica  und  von  Gau- 
W,  seinem  Herzog  Mbdigi  zu  Liebe,  sidera  Medicea  genannt» 
Der  Letzte  oder  einer  seiner  Schüler  benannte  selbst  die  ein- 
zelnen Satelliten  mit  den  Familiennamen  der  Medicäer.  So 
hiefs  der  erste  Satellit  Cathihiva  oder  auch  Faavciscus,  der 
zweite  Mabia  oder  FkbdinaiTdus,  der  dritte  Cosmus  major 
und  der  vierte  Cosmus  minor*  Allein  diese  Schmeicheleien 
wurden  bald  vergessen  und  heutzutage  sind  sie  selbst  im 
Hofe  jener  Fürsten  nicht  mehr  bekannt« 

In  den  neuesten  Zeiten  ist  besonders  der  vierte  dieses 
Satelliten  des  Gegebstand  anhaltender  Beschäftigung  der  Astro- 
nomen geworden.  Bekanntlich  läfst  sich  die  Masse  derjeni- 
gen Hwptplaneten ,  die  mit  Satelliten  versehn  sind,  bestim- 
men ,  wonn  man  die  Halbmesser  der  Bahnen  und  die  TJm- 
lauiszejten  der  beiden,  Körper  kennt.  Ist  nämlich  a  die  halbe) 
grobe  A*e  und  T  die  siderische  Umlaufszek  eines  Planeten, 
so  wie  M  die*  Masse  der  Sonne  und  m  die  Masse  des  Plane- 
ten, und  beaeiehnet  man  analog  die  halbe  Axe  der  Satelliten« 
bahn  dnreh  af  und  die  siderische  UmbeUszeit  des  Satelliten 
doreh  V$  so  hat  man 


2- GH?)' 


Für  Jupiter  ist  a  =  5,20279  Halbmesser  der  Erdbahn  und 
T  s  4333,50631  Tage ,  für  seinen  vierten  Satelliten  aber  ist 
Tob  16,6890  Tage  und  a'=  36,998  Halbmesser  Jupiters  Dm 
aber  der  Halbmesser  Jupiters  in  seiner  mittleren  Entfernung 
von  der  Sonne  ans  dem  Mittelpunkte  der  Sonne  untet  dem 


Jupiter*.  1053 

Winkel  von  18*,371  gesehn  wird,  so  ist  der  Halbmesser  J*» 
pilers  gleich  •  .  Tang/I8",37i  Halbmesser  der  Erdbahn*,  und 
daher  aoeh  die  mittlere  Entfernung  des  rieften  Satelliten  von 
dem  Mittelpunete  Jupiters  oder  der  hier  anzuwendende  Werth 
der  Grobe  a'  gleioh 

•'  a  26,998 .  a .  Tang.  18",371 
oder 

•  =0,0125105  Halbmesser  der  Erdbahn. 

Snbstituirt  man  diese  Werthe  von  ay  •'  uud  T,  T*  in  der  vor* 
hergehenden  Gleichung,  so  erhält  man  ' 

**=1067 
m 

oder  die  Masse  m  des  Jupiter  ist  gleich  töVt>  wenn  man 
die  Masse  M  der  Sonne  gleich  der  Einheit  annimmt.  Von 
dieser.  Gröfse  hatte  schon  Newton1  die  Maise  Jupiters  gefun- 
den, indem  er  die  Beobachtungen  der  grbTsten  Digression  an 
Grunde  legte,  die  sein  Zeitgenosse  Poünd  an  diesem  vierteil 
Satelliten  beobachtet  hatte  9  und  gans  ebenso  grofs  giebt  sie 
auch  noch  Laplacs*  an.  Bekanntlich  lassen  sich  aber  diese 
Massen  der  Planeten  auch  aus  den  Störungen  schliefsen,  wel- 
che sie  auf  die  andern  Planeten  ausüben.  Da  nun  die  drei 
genannten  Planeten  die  gröfsten  nnsers  Sonnensystems  und  da- 
her  ihre  gegenseitigen  Störungen  sehr  beträchtlich  sind,  so 
wurde  dadurch  Laflaci  verursacht,  die  Massen  dieser  Pla- 
neten auch  anf  diesem  neuen  Wege  2u  suchen.  Bouvird, 
der  die  hierher  gehörenden  Rechnungen  auf  Laplace's  Ver- 
anlassung übernahm,  fand  dadurch  folgende  Massen  : 

für  Jupiter  .  .      TtVtr»    % 

-  Saturn  •  •      T5*nr» 

-  Uranus  .  •    ttJts* 

Dazu  macht  Laplacb  die  Bemerkung,  dafs  man  die  Differenz 
zwischen  diesen  und  den  älteren  Angaben  ungemein  klein 
finden  wird,  wenn  man  die  Schwierigkeiten  bedenkt,  die  sich 


* 


1  Ja  teiaen  Principien.  .Lib.  HL 

2  M*°can.  eilest«  and  Exposit.  da  Syttfae  da  Monde.  Lir.  IV. 
Chap.  III.  Am  letzten  Orte  findet  Laplace  aaf  demselben  Wege  die 
Masse  Satorns  =  ^m,  and  des  Uranus  ss  Yrfw* 


f654  Trabanten. 

etat  Mmung  der  Elongation  des  Satelliten  and  der  Ellipticitstt 
ieiner  Bahn  entgegensetzen.  Er  sagt  hierüber1:  „Indem  ich 
»eine  Wahrscheinlichkeitsrechnung  an  die  Calciils  anbrachte/ 
die  Bouvard  ausgeführt  hat,  so  habe  ich  gefunden,  dafs  man 
eine  Million  gegen  Eins  wetten  kann,  dafs  die  von  Bouvard 
gefundene  Masse  Jupiters  noch  nicht  um  den  hundertsten  Theil 
ihres  Werthes  fehlerhaft  ist/'  Ebenso  will  er  Elftausend  ge- 
gen Eins  wetten,  dafs  die  neue  Masse  Saturns  um  kein  Hun- 
dertstel ihres  Werthes  irrig  ist,  und  endlich  nur  2500  gegen 
Eins,  dafs  die  neue  Masse  des  Uranus  noch  bis  auf  ihren 
vierten  Theil  richtig  ist  Diese  Ungewifsheit  für  Uranus 
kommt  daher,  dafs  die  Masse  dieses  Planeten  gegen  die  des 
Saturn  sehr  klein,  dafs  also  auch  die  Störung,  welche  Saturn 
von  Uranus  erfahrt,  nur  gering  ist,  und  dafs  man  daher  aus 
diesen  Störungen  nicht  mehr  so  sicher  auf  die  wahre  Ursache 
derselben,  d.  h.  auf  die  Masse  des  Uranus,  zurückschlieJGsen 
kann.  Hierbei  blieb  es  bis  auf  unsere  Tage.  Allein  in  den 
letzten  Zeiten  bemerkte  man ,  dafs  die  Störungen ,  welche  Ju- 
piter auf  die  vier  neuen  Planeten  ausübte,  noch  viel  gröfser 
und  daher  auch  noch  viel  geschickter  seyn  müssen,  die  Masse 
dieses  Planeten  zu  bestimmen.  Nicolai  in  Mannheim  unter- 
nahm zuerst  diese  Untersuchungen,  indem  er. die  von  Gauss 
entwickelten  allgemeinen  Störungsgleichungen  auf  die  Juno  an- 

i 

wendete,  woraus  er  für  die  Jupitersmasse  77^7^7  fand.  Eben- 

so  leitete  Encki  aus  den  Störungen,  die  Jupiter  in  der  Ve- 
stabahn  hervorbringt,  diese  Masse  gleich  und   endlich 

1 

auch  aus    dem   von    ihm    benannten   Kometen   gleich 


1054,4 

ab,  sa'mmtlich  gröfsere  Werthe,    als   sie  früher  Nkwtom  ge- 
funden hatte.    Die  Masse  Jupiters  war  nämlich 


nach  Niwtov  . . 


—  Bouvard  •  • 


1 

1 


1070  f 

1 

nach  Nicolai  u.  Event  ♦ .    ^y. »  9 


1    A.  a.  O.  8.  47, 


Jupiter«.  1055 

so  dafs  *ko  die  bist«  die  gröfete  und  die  von  Botjvaed  die 
kleiaste  Masse  giebt. 

Es  schien  nicht  leicht,  diese  Differenzen  zu  vereinigen, 
obschon  sie  in  der  That  grofs  genug  waren,  um  die  Astronomen 
aufmerksam  zu  machen«  Diese  Differenz  war  weit  entfernt, 
in  so  enge  Grenzen  eingeschlossen  zu  seyn,  für  die  oben 
Laplace  eine  Million  zu'  wetten  keinen  Anstand  nahm ,  und 
sie  ging  auf  volle  Zweihundertstel  des  Ganzen.  Wenn  z.  B» 
die  Störung,  welche  einer  der  neuen  Planeten  von  Jupiter 
leidet,  im  Allgemeinen  zwei  Grade  beträgt,  und  sie  kann  be- 
trächtlich höher  steigen,  so  beträgt  der  zweihundertste  Theil 
derselben  schon  144Secunden,  also  über  2,5  Minuten,  und  so 
-grofse  Abweichungen  der  Theorie  von  der  Beobachtung  muff- 
ten den  neuern  Astronomen  zu  sehr  auffallen,  um  nicht  den 
Grund  dieser  Discordanz  mit  allem  Eifer  zu  erforschen.  Allein 
nachdem  sie  lange  genug  vergebens  gesucht  hatten,  blieb  ih- 
nen, wie  es  schien,  nichts  übrig,  als  beide  Resultate,  bis  auf 
bessere  Einsicht,  neben  einander  bestehn  zu  lassen.  Viele  ka- 
men sogar  auf  die  Ansicht,  dafs  bei  der  gegenseitigen  Wir- 
kung der  Planeten  auf  einander  nicht  blofs  das  Gesetz  der 
allgemeinen  Schwere,  sondern  auch  eine  gewisse  chemische 
Wahlverwandtschaft  dieser  Himmelskörper  berücksichtigt  wer- 
den müsse,  und  dafs,  wegen  einer  solchen  Verwandtschaft, 
Jupiter  f.  B.  auf  die  Masse  seiner  Monde  ganz  anders  ein- 
wirken müsse ,  als  auf  die  Masse  der  neuen  Planeten ,  die 
von  jener  der  Monde  wesentlich  unterschieden  seyn  könne. 
Eine  solche  Ansicht  wäre,  wie  im  vorigen  Jahrhundert  die 
von  Clairaut,  durch  welche  er  einer  ähnlichen  Schwierig- 
keit begegnen  wollte,  sehr  geeignet  gewesen,  unsere  Rech- 
nungen und  Theorieen  so  zu  verwirren  und  die  Schwierig- 
keiten derselben  so  zu  vermehren ,  dafs  man  nur  wenig  Hoff- 
nung hegen  könnte,  je  damit  zu  einem  einfachen  und  befriedi- 
genden Resultate  zu  gelangen. 

Aber  wie  es  in  der  Geschichte  der  Menschheit  und  auch 
in  der  Geschichte  der  Wissenschaft  schon  so  oft  gegangen  ist, 
so  ging  es  auch  hier.  Man  sucht  lange  in  der  Tiefe ,  was 
ganz  oben ,  was  oft  unmittelbar  vor  Augen  liegt.  Jene  erste 
Bestimmung  der  Masse  Jupiters  von  Nlewroir  gründete  sich 
auf  die  Messungen  Podmd's    und   diese   wurden   durch   eine 


ißSS  Trabanten, 

schweigende  Uebereinkuaft  ante«  den  Astronomen  als  feh- 
lerfrei, als  ganz  zuverlässig  angenommen,  obscfaon  man  sehr 
wohl  wnfste,  dafs  die  Instrumente,  deren  sich  Poümd  be- 
diente, nichtj  die  besten  ihrer  Art  und  dafs  die  Beobachtun- 
gen, nm  die  es  sich  hier  handelte,  nicht  die  leichtesten  waren* 

Endlich  kam  Aiay,  damals  noch  (im  J.  1832)  Professor  der 
Astronomie  in  Cambridge ,  zuerst  auf  den  Einfall ,  die  gröfste 
fclongatiqn  dieses  vierten  Satelliten  noch  einmal  mit  aller 
Schärfe,  die  seine  trefflichen  Instrumente  uod  die  jetzt  so 
sehr  vervollkommnete  Beobachtungskunst  erlaubten,  zu  unter- 
suchen, und  er  fand  im  Mittel  aus  sehr  vielen  und  sehr  gut, 
unter  einander  übereinstimmenden   Beobachtungen   daraus  die 

Blasse  Jupiters  gleich  A  Q  der  Sonne,  also  nahe  mit  den- 
jenigen Resultaten  übereinstimmend ,  die  Nicolai  und  Evckk 
auf  ganz  andern  Wegen  gefunden  haben.  Später  nahm  auch 
Prof«  Samtihi1  in  Padua  dieselben  Beobachtungen  .des  vier- 
ten Satelliten  noch  einmal  vor  und  fand  diese  Masse  gleich 
lJ4y ,  übeieinstimmend  mit  Aiäy.      Nennt  man  Pouid's  Be- 

1  1 

Stimmung  a  =    nfi7  und  die  neue  *'=lo49f  *°  bat  nan 

a        1049      1,ÜI7' 
so  dab  also   die  alte  Bestimmung  um   nahe  ji?  ihrer  Gröfse 
*  fehlerhaft  ist,  allerdings  unvereinbsr  mit  dem  Resultate,   wel- 
ches Laplacz  mit  Hülfe  des  Wahrscheinlichkeitsrechnung  ge- 
funden haben  wollte« 


XI  Bestimmung  der  Entfernung  Jupiters 
von  der  Sonne  durch  Beobachtung  seiner 
Satelliten. 

Wenn  die  Alten  diese  Satelliten  mit  unbewaffnetem  Auge 
hätten  sehn  können,  so  würde  ihnen  das  einfache  Mittel,  dar- 
aus- die  Entfernung  Jupiters  von*  der  Sonne  zu  finden ,  ohne 
Zweifel  nicht  entgsngen  seyn   und  sie  würden  dann  ganz  an- 

1    Memoria  detfa  SöeieU  Italiens  in  Modeaa.  T.  XXI.     8chaina- 
cher*t  zitron.  Nachr.  Th.  X1L  S.  285. 


.Jupit»»j.  1057 

dere  Aneiefcten  rom  An  (hübe  nnd  der  inner*  Organisation 
sneecee  PleaeiaeWysisms  erhalten  beben,    tfehmen  wir  an,  nun 
kitte  die  gtote  Dane*  des  Umlaufs  de*  3ten   oder  des  4ten 
Settmtaa  neobaehset      Zur  Zeit  der  Mitte   der  Fiusternifs  ist 
dieser  Satellit,  eos  dem  fifittelpnnete  Jupiter*  betrachtet,  seh* 
»ehe  in  seiner  Oppoekiöji  mit  der  Senne,    eleo  ist  denn  euch 
seine  jevkeerrisohe  Lege  em  Hinrmel  dieselbe   mit  der  hcUo* 
etntrisnhen  Lege  seines  Hajentpleneten*     Die  unmittelbare  Be- 
obachtung odej,     wee  dasselbe  iatf    die  Sonnentafel   giebt  fiir 
eieselbe  Zeit  auch   die  helineautrieche  Lege  der- Erde,      Man 
bat  daher  in  dem  Dreiecke,    das  die  Mittelpuncte  der  Sonne, 
der  Erde  und  de«    Jepker    ▼erbindet,    den  Winkel   an    der 
Sonne  and  durch  eine  directe  Beobachtung   auch  den  Winkel 
an  der  Erde   oder  die    Elongalion  Jupiters  von    der  Sohne« 
Denwacb  bat  man  also  auch,  da  in  jedem  Dreiecke  die  Seiten 
sich  verhalten,    wie   die  Sinua  der  ihnen    entgegenstehenden 
Winkel,  fax  die  Zeit  dieser  Mitte  der  Finsternifs  das  Verhalt- 
lifo  der  drei  Seiten  dieses  Dreiecks,  oder  man  erhält  die  Ent- 
fatnang  Jupiters  von  der  Sonne  and  von  der  Erde  in  Theilen 
der  ftatfernang  der  Erde  von  der  Sonne.     Man  findet  dadurch, 
dab  Jupiter   in  seiner   mittleren   Entfernung   von   der  Sonne 
■the  5,2  Mal  weiter  von  der  Sonne  absteht,  als  die  Erde,  oder 
«•&  diese  Entfernung  Jupiters  von   der  Sonne  über  107  Mil- 
fconen  deutsche  Meilen  beträgt. 

HL    Entdeckung  der  Geschwindigkeit  des 
Lichts  durch  diese  Satelliten. 

Dab  die  Verfinsterungen  dieser  Satelliten  zur  Bestimmung 
der  geographischen  Längen  sehr  geeignet  sind ,  wurde  bereits 
oben1  bemerkt  Am  einfachsten  ist  das  Verfahren,  wenn  man 
diese  Finsternisse  an  swei  verschiedenen  Orten  in  der  That 
beobachtet.  Hat  man  %•  B,  den  Eintritt  eines  solchen  Mon- 
*s  in  den  Schatten  seines  Hauptplaneten  zu  Paris  um  8b 
30*  24"  und  zu  Wien  um  &  26'  34"  beobachtet,  so  ist  die 
Differenz  dieser  Zeiten  oder  so  ist  0h  56'  10"  auch  sofort  die 
Differenz  der  geographischen  Längen  dieser  beiden  Beobach- 
taogsorte.    Allein  es  ist  schwer,  viele  solche  correspondirende 

8.  Art,  Nehmfkmete*.  Bd.  VII.  3.  67. 


105&  Trabanten* 

Beobachtungspaare  zu  erhallen,    und  was   noch  wichtiger  ist* 
zur  See,    wo  diese  Beobachtungen  Von  vorzüglicher  Anwen- 
dung sind,    kann  man  die  Nachricht  Ton  der  zweiten,    viel- 
leicht mehrere  Hunderte    von    Meilen   entfernten    Beobachtung 
nicht  abwarten,  de  man  die  Länge  des  Orts,  an  weichem  sich 
das  Schiff  eben  aufhält,   sogleich  kennen  mofs,    um  sich  vor 
den  Klippen  und  Untiefen  der  See  zu  schützen.     Diesem  Um* 
Stande  zu  begegnen ,  suohte  man  ein  Mittel,  aus  einer  einzigen: 
isolirten  Beobachtung  einer  solchen  Finsternifs .  die  geographi- 
sche Lange  dieses  Ortes  abzuleiten.       Eine  lange  fortgesetzte 
Reihe  von  Beobachtungen  dieser*  Art  lehrte   uns  die  Umlaufs- 
zeiten und  die   übrigen   Elemente   dieser    Monde   kennen  und 
setzte  uns  dadurch  in  den  Stand,    diese  Finsternisse,   wie  sie 
sich  künftig  ereignen  werden,  durch  Rechnung  zu  bestimmen* 
Die   ersten    Tafeln   dieser   Art   wurden   von    dem    berühmten 
Astronomen     Domivicus    Cassivi    im   J.    1668   gegeben    und 
man  fand  ans  ihnen  durch    ziemlich   einfache  Rechnungen  die 
Zeiten  der  Finsternisse  in  Pariser,  Zeit  ausgedrückt«      Viel  ge- 
nauer  sind   die   neuesten,    von  Dblambrb    nach  der  Theorie 
Laplace's  gegebenen  Tafeln  dieser  Art.  Nehmen  wir  an,  man 
hätte  den  Anfang  einer  solchen  Finsternifs  zu  Tobolsk  an  irgend 
einem  Tage   um   2h    40'  52"    nach  Mitternacht  beobachtet  und 
man  hätte  aus  jenen  Tafeln  gefunden,     dafs    diese   Finsternifs 
zu  Paris  um  10u  17'  48"  statt  haben  sollte,     so  würde  daraus 
wieder  die  Länge   der  Stadt  Tobolsk  von  Paris  gleich  4h  23' 
4"  oder  im  Bogen  65°  46'  0"  von  Paris  oder  endlich  85°4tj 
0"  von    dem    eingebildeten  Meridiane  von  Ferro  folgen,     den 
man  20  Grade  westlich  von  Paris  annimmt.     Diese  Längenbe- 
stimmung würde  ebenso  genau  seyn ,     als  eine   aus  zwei  Be- 
obachtungen erhaltene,  wenn  nur  die  erwähnten  Tafeln  eben- 
so verlafslich  sind,    als  es  gewöhnlich  eine  einzige  dieser  Be- 
obachtungen selbst  zu  seyn  pflegt.     Auf  diesem  Wege  nun  be- 
merkte der  grofse  dänische  Astronom  Olaus  Rom kr,  der  sich 
mit  der  Construction  solcher  Tafeln  eifrig  beschäftigte,    schefo 
im  Jahre   1675,  dafs  es,  zur  wahren  Brauchbarkeit  dieser  Ta- 
feln,   keineswegs  hinreiche,    die  Umlaufszeilen  und  die  übri- 
gen Elemente  der  Satelliten  Jupiters  zu  kennen,  sondern  dafs 
man  auch  auf  den  jedesmaligen  Stand  Jupiters  gegen  die  Son- 
ne Rücksicht  nehmen  müsse.     RöMtft  fand  nämlich,    dafs  die 
Finsternisse  alle  um  nahe  8  Min«  13  See.  früher  eintraten«  als 


Jupiter«,  .  1099. 

i 

die  Rechnung  forderte,  wenn  Jupiter  in  A  and  die  Erde  in  Fig. 
T,  die  Sonne  aber  in  S  im,  und  ebenso  viel  später,  wena^*' 
Jupiter  in  B,  Erde  und  Sonne  aber  in  T  and  S  sind,  oder 
allgemein ,  dafs  zur  Zeit  der  Opposition  Jupiters  nah  der  Sonne 
alle  Finsternisse  um  8  Min.  13  See.  zu  früh  und  zur  Zeit 
der  Conjunction  um  ebenso  viel  zu  spät  eintrafen«  Nennt  man 
aber  R  =  ST  den  Halbmesser  der  Erdbahn  und  r  =  S  A 
den  Halbmesser  der  Jupitersbahn ,  so  ist  die  Entfernung  Jupi- 
ters von  der  Erde  * 

in  der  Opposition    TA  =s  r — R 
und  in  der  Conjunction  TB  es  r+^R. 

Die  Differenz  dieser  beiden  Entfernungen  Ist  gleich  2r  oder 
gleich  dem  Durchmesser  der  Erdbahn«  In  der  Opposition  sind 
wir  demnach  dem  Jupiter  um  den  ganzen  Durchmesser  der 
Erdbahn  naher,  als  in  der  Conjunction,  und  dort  sehn  wir 
zugleich  alle  Finsternisse  um  16  Min.  26  See.  früher,  als  hier* 
Diese  einfache  Zusammenstellung  beider  Erscheinungen  reichte 
fnr  den  Scharfsinn  Römz&'s  hin,  die  wahre  Ursache  derselben 
zu  finden.  In  der  gröfsern  Entfernung  Jupiters  nämlich  bedarf 
das  Licht  auch  eine  gröfsere  Zeit,  als  in  der  kürzeren  Distanz 
nnd  zwar  16  Mim  26  See,  um  den  Durchmesser  der  Erde, 
d.h.,  um  den  Weg  von  41331600  deutschen  Meilen  zurückzu- 
legen» Sonach  wurde  denn  die  Geschwindigkeit  des  Lichtes* 
gemessen,  das  in  jeder  Secunde  41918  deutsche  Meilen  zurück* 
legt,  vorausgesetzt,  dafs  es  von  seinem  Ausgange  bis  zur  Anr 
knoft  auf  der  Erde  stets  dieselbe  Geschwindigkeit  beibehält« 
Ein  halbes  Jahrhundert  später  benutzte  der  englische  Astronom 
Bradlzy  diese  Entdeckung  Römih's,  um  darauf  seine  nicht 
minder  glänzende  Entdeckung  der  Aberration1  zu  gründen. 

Xm.    Lichtgleichung    der  Satelliten, 

Nachdem  man  auf  diese  Weise  die  Geschwindigkeit  des 
Lichtes  kepnen  gelernt  hatte,  war  es  nothwendig,  zu  finden, 
wie  viel  dadurch  die  Zeit  der  ,Finsternifs  in  jeder  Lage  Jupi- 
ters  verändert  werde.  Zu  diesem  Zwecke  mufs  man  also  die 
Distanz  D  Jupiters  von  der  Erde  für  jede  gegebene  Zeit  ken- 
nen.   Ist  diese  Distanz  bekannt ,  so  wird  das  Product 

1    3.  Art.  Abirrung  das  Littot,  Bd.  I.  S.15. 


tOGQ  Trabanten. 

ö>>  8T  13"xD 
oder,  in  Standen  and  deren  Theilen  ausgedrückt, 

0,137  D 
die  gesuchte  Zeit  T  eeyn,  um  welche  die  Finsternifs  in  die- 
ser Distanz  durch  die  Geschwindigkeit  det  Lichtet  verändert 
worden  ist.  Um  D  zu  finden ,  eey  ö  die  Länge  der  Sonne 
weniger  der  heliocentrischen  Länge  Jupiters  für  die  gegebene 
Zeit  und  R  die  Entfernung  der  Sonne  von  der  Erde,  so  wie 
r  von  Jupiter,  wodurch  man  sofort  erhält 

D  =s  rr»  +  R*  —  2r  RCos.0. 

Da  nun  R  gegen  r  nur  klein  ist,  so  hat  man,  we^nn  man  die 

1 
dritten   und   htfhern  Potenzen    von  —  vernachlässigt  und    die 

WurzeJgröfse  der  letzten  Gleichung  auflöst, 

D  =  r— RCos.0  +  —  (I  —  Cos.2©)  +  ^(Cos.0— Cos30>. 

4r  or*    * 

Ist  nun,  um  auf  die . Cllipticität  der  beiden  Planetenbahnen 
Rücksicht  zu  nehmen,  a  die  halbe  grofse  Axe,  ae  die  Ex- 
centricität  der  Jupitersbahn  und  m  die  mittlere  Anomalie  die«' 
ses  Planeten,  und  nennt  man  dieselben  Dinge  für  die  Erdbahn 
A,  AE  und  M,  so  hat  man  ' 

'  r=»a(l—  e  Cos. in) 

und 

R  =  A(1— ECos.M). 
Substituirt  man  diese  Wert  he  von  r  und  R  in  dem  vorherge- 
henden Ausdrucke  und  setzt  man  der  Kürze  wegen  die  Gfttfse 
A  gleich  der  Einheit,  so  hat  man 

D«. +  £-.(.  -  ^)Co».«._(i  -  ±)  Co*© 

—  ~Cos.2  0—^-=  Cos.3 0+ ECos.M  Cos. 0. 

Es  ist  aber  a  a  5,202776?  e  =  0,048162  und  E  =  0,016793. 
Substituirt  man  diese  numerischen  Wert  he  in  der  vorherge- 
henden Gleichung,  nachdem  man  die  letzte  chiren>Öft37  mul- 
tiplieirt  hat,  so  erhält' man  \    \ 

T=0h,7l9  — 0N034Cos.m— ff»,136  Cosle 
— Üh,OO7Cos.20— Ob,OOlCos.30+ONOO2Cos.MCos.0 

und  dieses  ist  die  gesuchte  Zeit  T,  in  Stunden  Ausgedruckt! 

1 


Jupiter*.  106t 

tarn  welche  die  Finsternisse  der  Satelliten  in  der  Distanz  D 
später  gesehn  werden,  als  wenn  die  Geschwindigkeit  des  Lichte 
unendlich  grofs  wäre.  Der  letzte  Ausdrück  für  T  wird  die 
LiohtgUiohung  genannt, 

XIV*    Vorausbestimmüng  der  Finsternisse 

dieser  Satelliten« 

Wenn  die  Bahn,  die  Jupiter  am  die  Sonne  beschreibt, 
ein  Kreis  wäre,  so  würde  die  Vorausbestimmung  der  Finster- 
nisse, wenn  man  einmal  nur  eine  derselben  beobaebtet  hat, 
sehr  leicht  seyn.  Man  würde  nämlich  blofs  zu  der  gegebe- 
nen Zeit  der  beobachteten  Finsternifs  dje  synodische  Revolu- 
tion des  Satelliten  1  - ,  2  - ,  3mal  .  +  .  addiren ,  um  sofort  die 
Zeiten  aller  nächstfolgenden  Finsternisse  zu  erhalten.  Da  aber  ' 
wegen  der  Fllipticität  der  Bahn  die  Geschwindigkeit  Jupiters  in 
derselben  veränderlich  ist,  so  erleidet  dadurch  diese  einfache 
Vorschrift  eine  Aenderung,  die  sehr  beträchtlich  ist  und  bei 
dem  vierten  Satelliten  selbst  über  sechs  volle  Stunden  gehn 
keee.  Nehmen  wir  an,  defs  man  die  Frostern ifs  eines  Satel- 
fiten  beobachtet  habe  zu  der  Zeit,  wo  Jopiter  eben  in  seinem 
Perihelium  war«  Da  die  Bewegung  dieses  Planeten  in  seiner 
Sonnennähe  gröber  ist,  als  die  mittlere1,  so  wird  die  nächst« 
folgende  Finsternifs  später  eintreten ,  ♦und  zwar  um  die  Zeit  0, 
welche  der  Satellit  gebraucht,  um  mit  seiner  mittleren  synodi- 
schen Bewegung  einen  Bogen  zu  durchlaufen ,  welcher  der 
Hittelpunctsgleichung  Jupiters  für  diesen  Ort  seiner  Bahn  gleich, 
ist.  Nennt  man  nämlich  t  die  periodische  und  T  die  syno- 
dische Umlaufszeit  des  Satelliten  und  U)  den  Bogen,  welchen 
Jupiter  in  seiner  Bahn  während  der  Zeit  T  zurücklegt,  so  be- 
schreibt der  Satellit  während  der  Zeit  t  den  Bogen  360°  und 
während  der  Zeit  T  den  Bogen  360°  +  fc>,  also  ist 

^       360-M 
3Ö0 

oder  T  ist  nmsto  grSfcer,  je  grabe*  er  ist«  Nennt  man  daher 
b  dir  MiftelpunctsgleichuDg  Arphen  oder  die  Differenz  seiner 
wahren  and  seiner  mittleren  Anomalreyso  ist 


1    Vergl.  Art.  MitUertr  PUmeL  Bd.  YI.  8.  2810. 


K 


106» 


Trabanten. 

e=mh' 


Ist  aber  6  =  0,048162  die  Excentricität  der  Jupitersbahn  and 
m  seine  mittlere  Anomalie,  vom  Perihel  gezählt,  so  hat  man 
bekanntlich 

2e 


h  = 


Sin.  i 


77  Sin.m  -f» 


5eg 
4Sin.  1' 


Sin»  2  m-J»  •  •  •  •  . 


Substituirt  man  daher  für  T  die  oben  gegebenen  synodischen 
Revolutionen  der  vier  Satelliten ,  so  erhält  man  für  die  ge- 
suchten Correctionen   0  jeder  nächstfolgenden  FinsterniTs 

bei  dem  I    Satelliten     0  =  0h,650  Sin.m 

II        1,305  Sin.m 

III  .....      2,640  Sin.m 

IV  .....      6,156  Sin.  m. 


B.     Satelliten   des    Saturn. 
f 

Ueber  die  sieben  Satelliten,  welche  den  Planeten  Saturn 
umgeben,  ist  bereits  im  Artikel  Nebenplaniten  das  Vorzüg- 
lichste von  dem,  was  uns  von  ihnen  bekannt  ist ,  gesagt  wor- 
den, daher  wir  hier  nur  einige  dort  übersehene  Bemerkungen 
nachträglich  mittheilen  wollen. 

Die  ( zwei  dem  Saturn  nächsten  dieser  Satelliten  scheinen 
ungemein  klein  zu  seyn,  besonders  der  dem  Ringe  zunächst 
stehende  oder  der  sogenannte  erste  Satellit,  der  wohl  der 
kleinste  der  uns  bekannten  Himmelskörper  seyn  mag.  Beide 
Streifen ,  selbst  in  ihren  gröfsten  Elongationen ,  beinahe  an 
den  frafsersten  Rand  [des  Rings  und  sind  daher  auch  wohl 
wegen  dieser  Nähe  des  viel  lichtstärkeren  Rings  so  schwer  zu 
sehn.  Auch  Herschel  und  Schröter  haben  mit  ihren  gro- 
fsen  Spiegelteleskopen  die  Durchmesser  dieser  zwei  kleinen 
und  anfserst  lichtschwachen  Monde,  die  man  aufserdem  auf 
dem  Festlande  noch  nicht  gesehn  hat;  nicht  zu  messen1  ge*~* 
wagt.  Von  den  fünf  weiter  entfernten  aber  geben  sie  4i* 
Durchmesser  wie  folgt)  an: 


.  S&turna. 

10 

< 

* 

* 

nach  Schröter    . 

*       • 

nach  Hm  9  ein. 

Satellit    III 

•  '  .     100  4e*tsche  Meilen 

...    140 

IV 

.  *  .     100        — 



...  .    440 

V 

...    260        — 

_ 

...    360 

VI 

.  .  .    680      '  — 



.  .  .  1050 

VII 

...    390       — 

mm+&- 

...    620 

welche  Zahlen  aber  mehr  als  Schätzungen,     denn   als  eigent- 
liche scharfe  Messungen  zu  betrachten  sind. 

Wegen  der  grofsen  Neigung  ihrer  Bahnen  gegen  die  Bahn 
des  Saturn,  die  bei  den  sechs  ersten  gegen  30  und  bei  dem 
siebenten  23  Grade  beträgt,  werden  diese  Monde  nur  selten 
verfinstert,  da  sie  gewöhnlich  über  oder  unter  der  Schatten- 
axe  ihres  Hauptplaneten  vorübergeh n.  Vergleicht  man  die 
oben1  angeführten  Umlaufszeiten  dieser  Monde  mit  ihren 
Entfernungen  Tom  Saturn,  so  sieht  man,  dafs  auch  hier  das 
bekannte  dritte  Gesetz  Kepler'*  in  Anwendung  kommt«  Di» 
ersten  drei  dieser  Satelliten  haben  sehr  kleine  Bahnen  und 
stehn  ihrem  Hajiptplaneten  durchaus  näher,  als  unser  Mond 
der  Erde.  Ihre  mittleren  Entfernungen  betragen  in  der  That 
war  |,  |  und  i  der  Entfernung  unsers  Mondes  von  der  Erde; 
der  vierte  aber  hat  nahe  dieselbe  Entfernung  vom  Mittel- 
pancte  Saturns,  wie  der  Mond  vom  Mittelpuncte  der  Erde. 
Zwischen  dem  fünften  und  sechsten  aber,  90  wie  zwischen 
dem  sechsten  und  siebenten  bemerkt  man  einen  sehr  grofsen, 
den  übrigen  nicht  angemessenen  Zwischenraum ,  in  welchem 
vielleicht  unsere  Nachfolger  dermaleinst  noch  mehrere  neue 
Satelliten  entdecken  Werden« 

So  wie  ferner  der  erste  oder  nächste  dieser  Satelliten 
durch  seine  sehr  geringe  Gröfse  ausgezeichnet  ist,  so  ist  auch 
Mine  Bahn  die  kleinste,  die  wir  in  unserm  Planetensysteme 
kennen,  da  ihr  Halbmesser  nur  ein  Drittel  gröfser  ist,  als 
der  Durchmesser  Jupiters. 

Man  hat  Öfter  an  der  Existenz  der  zwei  innersten  Tra- 
banten gezweifelt,  da  sie  bisher  Dur  von  Hirschel  gesehn 
worden  sind.  Allein  MAdlkr  und  Beer2  haben  die  sammt- 
Kchen  Beobachtungen  des  älteren  Herschel  vom  Jahre  1789 


1  8.  Art.  Nebtnplemetm.  Bd.  VII.  a.  T4. 

2  Aatroiomiache  Nachricht« n,  Th.  XUU  8*  73. 


10M  Trabanten. 

discotht  nni  dir  erwartet«  Uebereinstfaamong  unter  ihnen  ge- 
fanden, ja  selbst  die, ersten  genäherten  Elemente  ihrer  ßahnea 
daraus  abgeleitet.  Sie  fanden  'nämlich  für  den  zweiten  dieser 
Satelliten 

Umlaufszek    32h  53'  2",728 
Distanz  vom 

Mittelp.  %   ...  34'\38 
Epoche  1789  Sept.  14  . .  llh  53'  mittl.  Zeit  von  Slottgh,   fUt 
Welche  die  saturnicentrische  Länge  dieses  Satelliten  gleich  67° 
56*  25">5  ist«     Für  den  ersten  oder  dem  Hauptplaneten  näch- 
sten Satelliten  aber  fanden  sie  -  v 

Umlaufszeit  .  .     22h  $8  17",705 

Distanz  vom 
Mittelp.  %  .  .  26",7779 
Epoche  1789  Sept.  14  .  .  .  13h  26'  mittl.  Zeit  von  Slough,-  für 
Welche  Zeit  die  saturnicentrische  Länge  dieses  Satelliten  268* 
34'  36"  ist.  Bei  diesem  letzten  Satelliten  glaubten  sie  sogar 
die  elliptischen  Elemente  seiner  Bahn,  wenn  gleich  nur  bei- 
nahe ,  bestimmen  zu  können ,  und  fanden  durch  die  darüber 
angestellten  Rechnungen 

Umlaufszeit    ...    22h  36'  17",705 

Halbe  gr o fr ©Axe  .  .  .    2,46820  Halbmesser  Saturn* 

Excentrkität      .  .  .  .    0,0689 

Perisatarninm     .  .  .       104+  42' 
Epoche  1789  Sept.  14  •  •  13h  26'  mit  der  mittleren  satarni- 
centrischen  Länge  '264°  16'  36". 

Bemerken  wir  noch,  dafs  auch  Herschzl  der  Jünger» 
diese  zwei  innersten  Satelliten  Saturns  durch  die  grofsen  Spie- 
gelteleskope seines  Vaters  gesehn  zu  haben  versichert,  und  dafs 
diese  Instrumente  auch  wohl  die  einzigen  sind ,  durch  welche 
sie  gesebn  werden  können.  Näher  theoretisch  untersucht  sind 
von  diesen  Satelliten  nur  der  vierte  und  der  sechste,  und 
zwar  beide  von  Besszl1,    der  die  sämmtlichen  älteren  Beob- 


1  Man  findet  diese  UnUreucheugeo  and  die  daraus  erhalte- 
nen Resultate  zutammengettellt-in  v.  Zach's  Hon.  Cerreapont.  Th. 
XXlV.  8.  197.  für  den  vierten  und  in  den  aatron.  Nachrichten  ron 
Schumacher  Tb.  IX«  S.  1.  und  881.  und  Th.  XI.  S.  17.  für  den  teeh- 
aten  8atelliten.  Der  letzt«  ifchefirft .  i#  aeiner  Tkeoti«  aan  mefctea 
auf  gebildet,  auch  findet  tarn  In  Jüttxvm.  Kadhr.  fBu  SX*  8.  t&  eeaoa 


1 


Des  Uranns.  1065 

acatüngeai   derselben  sammelte  und  mit'  atfcta  eigenen  ▼er- 
nährte« 

C.     Satelliten,  des  Uranu*. 

t)as  Wenige,  was  ans  von  diesen  Himmelskörpern  blofs 
durch  Hehschbl  sen»  bekannt  geworden  ist,  findet  man  be- 
reits oben1  gesammelt.  Wir  fügen  nur  noch  bei,  was  Hm- 
schel  2  jan.  darüber  sagt,  nicht  sowohl ,  um  die  in  dem  erwähnten 
Artikel  vielleicht  etwas  zu  positiv  aufgestellten  Behauptungen 
tu  bestätigen,  als  vielmehr,- um  dieselben  hier  wieder  auf  ih- 
ren wahren  Werth  zurückzuführen. 

„Mit  Ausnahmt  der  zwei  innersten  Satelliten  des  Saturn 
gehören  die  des  Uranus  an  denjenigen  Gegenständen  unseres 
Sonnensystems,  die  man  am  schwersten  nicht  blofs  beobach- 
ten, sondern  auch  nnr*  zu  Gesicht  bekommen  kann.  £wei 
derselben  existiren  unbezweifelt,  die  vier  anderen  aber  sind 
■ehr  geahnet,  als  wirklich  gesehn  worden.  Jene  zwei  zei- 
gen uns  indefs  eine  merkwürdige  und  unerwartete  Eigenschaft, 
voo  der  wir  bisher  in  unserem  Systeme  noch  kein  Beispiel 
laben.  Alle  Körper  dieses  Systems,  so  weit  wir  sie  kennen, 
die  Hanptn  and  Nebenplaneten  ohne  Ausnahme,  bewegen  sich 
Ton  West  gen  Ost  und  in  solchen  Bahnen,  die  von  der  Ebene 
der  Ekliptik  nicht  weit  abstehn.  Die  Bahnen  jener  zwei  Ura- 
nus-Trabanten aber  steh*  nahe  senkrecht  auf  der  Ekliptik, 
da  ihre  Neigungen  gegen  diese  Ebene  gegen  79  Grade  betra- 
gen, und  die  Bewegung  der  Satelliten  in  diesen  Bahnen 
ist  retrograd ,  d«  h.  ihre  auf  einander  folgenden  Orte  *  auf  die 
Ekliptik  redudrty  gehn  von  Ost  gen  West.  Diese  Bahnen  sind 
äberdieb  nahe*  kreisförmig  und  die  Bewegung  ihrer  Knoten 
scheint  sehr  langsam  zn  seyn ,  so  wie  auch  ihre  Neigungen  seit 
ler  Entdeckung  derselben, im  J.  1787  keine  merkbare  Aende- 
nwg  erlitten  haben.  Diese  sonderbaren  Abweichungen  an  der 
obersten  Grenze   unserer  Planetenwelt  scheinen  ms  gleichsam 


die  astronomischen  Tafeln  desselben,  aus  welchen  bereits  Madler 
ebead.  8.  294.  die  Finsternisse  dieses  sechsten  Satelliten  für  mehrere 
Jahre  Yoraas  berechnet  hat. 

i   S*  Ajrt,  NämpUmrtm.  Bd.  YIL  8.  79., 

3  TraasUc  of  Astronom*«   **»*•  im  P-  3"r 
DLBA  *      Yyy 


1066  Trabanten» 

vorzubereiten  tnf  ganz  andere  ood  sine  Anordnungen,  die) 
sich  uns  in  den  benachbarten  Systemen ,  wenn  sie  einmal  sn 
unserer  Kenntnifs  kommen,  aufschließen  werden.  '  Uebrigens 
wurde  die  .Nachricht  von  diesen,  jenen  entfernten  Körpern 
ganz  eigentümlichen  Anomalieen  bisher  blofs  auf  das  Zeugnifo 
ihres  ersten  Entdeckers,  meines  Vaters,  angenommen,  da  sie 
meines  Wissens  noch  keinem  andern  Astronomen  sichtbar  ge- 
worden sind.  Ich  bin  daher  erfreut,  hinzusetzen  tu  können, 
dafs  ich  jenes  Zengnifs  durch  meine  eigenen  Beobachtungen 
seit  dem  Jahre  1828  bis  1833  auf  das  Vollständigste  zu  be- 
stätigen im  Stande  bb.u 


D.     Satellit  der    Venus* 

v  Auch  um  die  Venös  wölken  frühere  Astronomien  einen 
Mond  gesekn  haben.  Fovtaka  bemerkte  ihn  im  J.  1645» 
DoMiRiovs  Cassivi  1672  und  wieder.  1686,  Short  in 
England  im  X  1740*  Auch  Moztaisve,  Hojlebbow  und. 
Andere  sprechen  von  ihren  Beobachtungen  dieses  Himmels- 
körpers. De  man  ihn  aber  seitdem  nicht  mehr  gesehn  hat, 
nicht' einmal  hei  den  zwei  Durchgängen  der  Venus  vor  der 
Sonne  in  den  Jahren  1761  und  1769,  wo  er  doch  vor  Altena 
hätte  sichtbar  seyn  sollen,  und  da  überhaupt  eile  weitere  Be- 
miihnngtn,  ihn  zu  Gesichte  au  bekommen,  fruchtlos  gewesen 
sind,  so  suchte  man  jene  ersten  sogenannten  Beobachtungen 
durch  blofse  optische  Täuschungen  au  erklären.  Das  Lieht 
der  Venus  ist  zuweilen  so  stark,  dafs  die  polirten  Glaabnsen 
unserer  Fernrohre  eine  Art  von  Spiegelung  erzeugen,  wo  mau 
dann  ein  »weites,  schwächeres  Bild  des  Planeten  im  Felde 
des  Fernrohrs  erblickt,  das  man,  wie  man  glaubt,  für  einen 
Eegleiter,  für  einen  Mond  des  Planeten  gehalten  hat.  Auch 
Wa&qevtiv  in  Stockholm  sah  einmal,  eis  er  eben  die  Venu* 
beobachtete,  einen  solchen  scheinbaren  Nebenplaneten,  aber 
*Js  et ,  um  sich  vor  Täuschung  zu  verwahren ,  das  Fernrohr  um 
dessen  eigene  Axe  drehte,  drehte  sich  jener  Mond  mit  um 
den  Planeten,  ganz  ebenso,  wie  sich  ein  Flecken  auf  dem 
Oculare  des  Fernrohrs,  wenn  dieses. Ocular  gedreht  würde, 
hätte  bewegen  müssen.  Indeft  war  doch  der  treffliche  Lam- 
bert in  Berlin  von  der  Wahrheit  jener  frühem  Beobachtungen 


D*r  Venus.  1087 

so  überzeugt ,  dafs  #r  auf  den  Apgabeä  jene?  Astronomen  die 
Elemente,  ja  sogar  die  Tafeln  diese*  Satelliten  dar  Venus  zu 
bestimmen  suchte1«  Ans  diesen  Elementen  fand  Lambert, 
dafs  der  Satellit  bei  den  erwähnten  Durchgängen  der  Venus 
im  Jahr  176t  and  1769  eine  zu  grobe  Breite  hatte,  um  auf 
der  Sonnenscheibe  gesehn  zu  werden,  dafs  er  aber  wohl  bei- 
der damals  nahe  bevorstehenden  Coojunction  der  Venus  mjt 
der  Sonne  am  f.  Junius  1777  sich  auf  der  Sonnenscheibe  pro- 
pciren  Werde.  Allein  die  Astronomen  haben  ihn  auch  zu  die- 
ser Zeit  vergebens  gesucht,  und  man  ist  jetzt,  vielleicht  nicht 
ganz  aus  hinreichenden  Gründen,  beinahe  allgemein  dahin  überein- 
gekommen, dafs  dieser  Satellit  gar  nicht  existire.  Es  scheint v 
mit  ihm  zu  gehn,  wie  es  mit  den  30  Satelliten  der  Sonne  ge- 
gangen ist,  die  das  Dictionnaire  de  Trevoux  so  pomphaft  an- 
gekündigt und  die  man  bald  darauf  als  blofse  Sonnenflecken 
erkannt  hat,  oder  wie  mit  dem  neuen  Planeten,  weit  jenseit 
des  Uranus,  der  seiner  entsetzlichen  GröTse  wegen  Hercules 
genannt  und  dessen  Elemente  im  Hamburger  unpart.  Corre- 
tpondenten,  als  aus  unmittelbaren  astronomischen  Beobachtun- 
gtn  entnommen,  angezeigt  und,  wie  es  scheint,  auch  so  lange 
auf  Treu  und  Glauben  angenommen  wurden ,  bis  in  denselben 
Blättern  ein  Widerruf  erschien,  wodurch  die  ganze  Ankündi-  . 
geng  als  eine  Mystifikation  und  als  ein  Spiel  eines  müssigen 
Kopfes  dargestellt  wurde.  Uebrigens  schien  König  Friedrich  II. 
nicht  weniger  fast,  als  sein  Akademiker  Lambert,  an  die 
Existenz  jenes  Venusmondes  zu  glauben  und  er  wollte  ihn 
zu  Ehren  «eines  gelehrten  Freundes  d'Albmbkat  genannt 
wissen«  Dieser  aber  verbat  sich  die  zweifelhafte  Ehre  und 
zog  sich  von  dem  königlichen  Ansinnen  mit  den  Worten  zu- 
rück :  Je  ne  suis  ni  assez  grand  pour  depenir  au  ciel  le 
sateUite  de  Venus,  ni  assez  je  wie  pour  VUre  sur  la  terre, 
et  /e  me  trouve  trop  bien  du  peu  de  place ,  que  je  tiens  de 
et  bas  mondef  pour  en  ambitionner  une  autre  au  firmar 
ment." 


t    Berliner  astronomisches  Jahrbach  f.  <L  J.  1777. 


.l 


Yyy  2 


1068  Trabanten. 

E.     Bemerkungen  über   die  Satelliten 

überhaupt. 

Die  Entdeckung  der  Satelliten  Jupiters  durch  Simost  Ma- 
Bius  am  29«  Dec.  1609  und  unabhängig  von  diesem  durch 
Galilei. am  7*  Januar  1610,  welcher  Entdeckung  erst  später 
die  der  Satelliten  des  Saturn  und  Uranus  folgten,  bildet  eine 
der  wichtigsten  Perioden  in  der  Geschichte  der  Astronomie» 
Die  erste  wahre  Auflösung  des  Problems,  die  geographische 
Lange  zu  bestimmen,  eines  Problems,  das  für  die  SchiffTahrt 
und  für  die  gesammte  mathematische  Geographie  von  der  grtf  ta- 
ten Wichtigkeit  ist,  ist  die  unmittelbare  Frucht  dieser  Ent- 
deckung gewesen',  da  schon  Galilei  selbst  die  Beobachtung 
der  Finsternisse  der  Jupiterssatelliten  zu  diesem  Zwecke  als 
sehr  geeignet  anerkannt  hat.  Auch  die  endliche,  definitive 
Bestätigung  der  Wahrheit  des  Copernicanischen  und  KepUr*- 
schen  Systems  verdanken  wir  diesen  Himmelskörpern,  da  sie 
uns  die  bekannten  drei  Gesetze  Keplkr's,  besonders  das  Von 
ihm  aufgestellte  der  Verhältnisse  zwischen  den  Umlaufszeiten 
und  der  grofsen  Axe  der  Bahnen ,  auf  das  Deutlichste  und 
gleichsam  wie  in  einem  Miniaturbilde  des  grofsen  Planeten- 
systems am  Himmel  erkennen  liefsen.  Jene  Entdeckung  ist 
nur  erst  vor  228  Jahren  gemacht  worden;  die  ersten  Tafeln 
der  Jupitersmonde  von  Cassini  sind  vor  147  Jahren  heraus-» 
gekommen,  und  erst  zu  Ende  des  ^vorhergehenden  Jahrhun- 
derts hat  Lagrange  die  erste  umfassende  Theorie  ihrer  Stö- 
rungen durch  die  Kraft  seiner  Analyse  aufgestellt1.  Und  in 
diesem  kurzen  Zeiträume  haben  uns  diese  Monde,  durch  die 
Schnelligkeit  ihrer  Revolutionen ,  beinahe  alle  die  grofsen  Ver- 
änderungen aufgeführt  und  vor  unsern  Augen  entwickelt,  die 
,  in  dem  viel  gröfseren  Systeme  der  Hauptplaneten  viele  Jahr- 
hunderte ,  ja  Jahrtausende  zu  ihrer  vollständigen  Entfaltung  be- 
dürfen. Die  Störungen,  welche  sie  von  der  Sonne  erleiden, 
sind  ungleich  geringer,     als   die    unseres  Erdmondes,     wegen 


1  Die  hierher  gehörende  Arbeit  Lacrakce<s,  die  Antwort  auf 
eine  im  Jahre  1766  gegebene  Preisfrage  der  Akademie  zu  Paris,  ist 
eine  der  schönsten,  die  je  über  die  innere,  nur  durch  die  feinste 
Theorie  so  erforschende  Organisation  ncsers  Weltsystems  erschie- 
nen ist* 


Allgemein*  Beta eükungen.  1060 


der  gtofeen  Distanz ,  welche  sie  von  diesem  Centralktffper  an- 
tares Systeme*  trafatt  abe*  desto  bedeutender  sind  die  Per- 
terbstionen ,  welche  diese  vier  Monde  unter  sich  selbst  ans« 
üben,  und  diese  werden  noch  gröfser  durch  die  oben  erwähn- 
ten Verhältnisse,  die  zwischen  den  mittleren  Bewegungen  der 
drei  ersten  derselben  bestehn*  Wenn  man  die  Totalwirkung 
dbser  gegenseitigen  Störungen  betrachtet,  so  findet  man,  data 
dasselbe  für  die  Finsternisse  eine  allen  Satelliten  gemein-* 
staafttiche  Periode  von  437,659  Tagen  habe,  eine  Periode,  die 
Mbott.WAmeBVTJjr  sehr 'früh  durch  seine  Beobachtungen  er* 
kannte  und  die  man  auch  später  durch  die  Theorie  bestätigt, 
gefunden  bat»  . 

-  Denselben  ^Satelliten  sind  wir  auoh  die  Kenntnifs,  der  Ge- 
fckwindigkeit  d*9  Lichtes  schuldig,  die  grttftte  genau  mefs- 
bare  Geschwindigkeit,  die  wir  bisher  in  der  Natur  gefunden 
ktben,  und  durch  ebendiese  Kenntnih  sind  wir  auf  eine  an« 
eere,  noch  wichtigere  und  interessantere  Entdeckung,  auf  die 
aar  Aberration,  geführt  worden,  die  uns.  den  besten  Beweis 
aad  gleichsam  den  Schlufsstein  -  des  Copeynicanischen  Systems 
gigeben  hat  und  ohne  die  es  ganz  unmöglich  gewesen  wäre, 
is  isser  •  neueren  Beobachtungen  diejenige  Genauigkeit  zu  brin- 
gto,  deren  sie  sich  jetzt  erfreuen»  So  scheint  die  Natur  an 
die  Entdeckung  dieser  vier  kleinen  Sternchen  des .  Himmels, 
Äe  sich  fco  viele  Jahrtausende  hindurch  dem  menschlichen 
Auge  entzogen  haben,  eine  ganze  Reihe  anderer,  wichtiger 
aod  interessanter  Wahrheiten  geknüpft  zu  haben,  die  uns 
earch  jene    mit  einem  Male  geoffenbart  werden  sollten; 

Wenn  aber  diese  Monde  schon  für  uney  die  wir  se  weit 
▼0*  ihnen  entfernt  sind ,  so  interessant  geworden  sind,  in  wie 
viel  höherem  Grade  müssen  sie  erst  die  Aufmerksamkeit  der 
ieet*  so  nahen  Bewohner  ihres  Hauptplaneten  erregen!  Schmu 
eatoiröie  geringe  Schiefe  der  Ekliptik  dieses  Planeten,  die  kaum 
•flk volle  Grade  beträgt,  und  durch  die  äuf&eret  schnalle  Ro- 
«tion  dieses  gröfsten  aller  Planeten ,  die  noch  nicht  zehn  un-r 
mer "Stunden  beträgt,  mufs  der  Aufenthalt  auf  seider  Ober-» 
fttehrvon  dem  auf  unserer  Erde  sehr  verschieden  seyn.  We- 
gen, jener  geringen  Schiefe  wird  nämlich  der  Unterschied  der 
Mifeseeiten  oder  der  Wechsel  der  Temperatur  im  Sommer  und 
Winter  ebenfalls  sehr  gering  seyn,  da  für  jeden  bestimmten 
Ort  dieser  Oberfläche  die  mittägige  Höhe  der  Sonne  in  einem 


1070  Trabanten, 

Jupfcevjahre,  d.  h,  in  nahe  zwölf  unserer  Eid  jähr*  y  slob  nan> 
um  sechs  Grad»  ändert,  während  diese  Aeuderung  bei  uns- 
in  einer  12mal  kurzem  Zeit  schon  47  Grade  beträgt.  Desto- 
merklicher  aber  wird  im  Gegentheile  die  Verschiedenheit  des, 
Klima'«  für  die  nahe  und  fern  von  dem  Aequator  wohnenden 
Bewohner  Jopiters  seyn.  Unter  dem  Aequator  steht  daselbst* 
die  Sonne  beinahe  immer  im  Zenith,  während  die  Bewohn«* 
der  Polargegenden  durch  volle  sechs  unserer  Jahre  die  Sonnt* 
gar  nicht  sehn  oder  in  einer  ebenso  langen  Nacht  begrab«* 
liegen  und  die  folgenden  sechs  Jahre  die  Sonne  »war  ieune* 
über  ihrem  Horizont,  aber  nur  in  einer  Höhe  Ten  höc^ateettl 
drei  Graden  erblicken.  Mit  Ausnahme  dieser  ve©  ewige^ 
Schnee  und  Eis  bedeckten  Polarländer  haben  die  *übriget>  Gei- 
genden beinahe  immerwährende  Tag-  und  Nachtgleiche,  cW 
für  sie  jeder  Tag,  so  wie  jede  Nacht,  nahe  fünf  unserer  Stun*» 
den  dauert*  'Welche  Aenderungen  in  der  Lebensart  und  in 
der  Betreibung  aller  Geschäfte  müssen  nur  diese  kurzen  Tage) 
allein  erzengen  und  wie  wenige  unserer  Erdbewohner  wüv* 
den  sich  mit  einer  so  kurzen  Nacht  von  nur  fünf  Stunden  *»- 
frieden  stellen! 

Desto  zufriedner  aber  werden  dafür  mit  dieser  Eftnrkib« 
tung  die  Astronomen  Jupiters  seyn ,  wenn  anders  dieser  grobe* 
Weltkörper  aucb  «olohe  Wesen  auf  seiner  Oberfläche  enthält^ 
die  an  der  Beobachtung  des  Himmels  und  seiner  Wunder  In« 
teresse  fühlen.  In  der  That  würden  sie  dort  manche  grob* 
Vbrtheile  geniefsen,  nach  denen  wir  uns  hier  vergebens  seh-* 
nen.  Die  wichtigsten  und  auffallendsten  Beobachtungen  ^  de* 
der  Finsternisse  der  Sonne  und  des  Monds ,  die  bei  uns  so 
selten  sind,  gehören  dort  beinahe  zu  den  täglichen  Erschei- 
nungen, und  da  alle  vier  Satelliten  die  Sonne  an  scheinbaren 
Gröfse  weit  übertreffen  und  ihre  Bahnen  mit  der  Bahn  Jupjlex* 
nahe  '  zusammenfallen ,  so  sind  beinahe  alle  diese  Finatensusajt 
total  und  überttiefs  wegen  der  schnellen  Rotation  Jupiters  auf  den 
ganzen  Planeten  sichtbar.  Um  die  Entfernungen  dieser  Satelliten 
von  der  Oberfläche  Jupiters  zu  messen ,  haben  die  Astrobomen  die/* 
ses  Planeten  an  dem  Durehmesser  desselben  eine  Basis ,  die  schon 
den  dritten  Theil  der  Entfernung  des  ersten  Satelliten  beträgt ,  so 
dafs  daher  diese  Entfernung  daselbst  mit  der  -gröfsten  Schärfe) 
gefunden  werden  kann«  Ist  dann  auch  dort  das  Verhältnis 
der  UnÜaufiaeiten  zu  der  groben  Axe  der  Bahnen  bekannt,  so 


r 


Allgemeina  Bemerkungen.  1071 

werden  dadurch  Mich  dip  Entfernungen  der  drei  andern  8atel~ 
Klan  gegeben  seyn.  ,  Di«  «ahn eile  Rotation  dieses  Planeten 
•ad »die  aehnelleren  Schwingungen  dar  Pendel  auf  der  Ober- 
fliehe  deseelben  gehen  den  Bewohnern  ein  Mittel  ^  das  wich- 
tigste Element  aller  Beobachtungen ,  die  Zeit,  mit  viel  grölse- 
nr  Jtahärfe  su  bestimmen  ,  als  dieses  bei  uns  möglich  ist.  In 
aar  Tnet  würde  unser  Secundenpendel  von  ungefähr  drei  FuCs 
Liege  auf  der  Oberfläche  Jupiters  in  einer  unserer  Secundea 
staon  fast  zwei  Schwingungen  vollenden  und  ein  Pendel, 
welches  dort  seine  Schwingungen  während  einer  unserer  Set 
senden  macht,  müfttc  die*  Länge  von  nahe  acht  Per.  FuCs 
uns». 

Wir  haben  bereits  den  Nutzen  nnd  die  wohhhtttigen  Ei»* 
lasse  erwähnt,  welche  diese  Monde  Jupiters,  ihrer  grofsen 
Entfernung  von  der  Erde  ungeachtet,  auf  uns  haben«  Noch 
tiel  gröfeer  werden  diese  Einflüsse  ohne  Zweifel  auf  dem 
Jupiter  selbst  seyn,  für  den  sie  doch  eigentlich  bestimmt  sind« 
Nicht  minder  wichtig  endlich  werden  die  Einwirkungen  seyn, 
tit  Jupiter  selbst,  gleichsam  zum  Ersätze  von  jenen,  auf  diese) 
Monde  ausübt.  Wenn  der  einzige  Mond  der  Erde  unsern 
fliehten  schon  so  viel  Heize  giebt,  wie  viel  schöner  mögen 
jene  Nächte  ,seyn ,  die  von  vier  oder  bei  Saturn  sogar  von 
neben  Monden  erleuchtet  werden,  des  Ringes  dieses  letzten 
Planeten  nicht  zu  gedenken,  der  sich  wie  ein  breites  Licht« 
Wad  um  den  ganzen'  Himmel  schlingt.  Aber  auch  umge- 
kehrt, welches  Schauspiel  mag  den  Bewohnern  des  ersten  Sa- 
ttüiten^Jvphers  dieser  gTofse  und  ihnen  so  nahe  stehende  Pla- 
Btt  gewähren!  Sie  werden  diesen  Planeten  zur  Zeit  des  Voll« 
Kehts  ab  eine  der  Sonne  ähnliehe  feurige  -Scheibe ,  aber  1400* 
tosl  gröfser,  als  uns  die  Sonne  erscheint ,  erblicken  und  diese 
eeeeih*  wird ,  wie  wir  oben  *  für  unsern  Erdmond  gesehn  ha* 
ko,  immer  nnverriickt  an  derselben  Stelle  des  Himmels  be- 
festigt bleiben,  während  die  Sonne,  die  Planeten  und  alle 
Fixsterne  binnen  zehn  Stunden  hinter  ihr  vorüber  ziehn.  Die 
Bewohner  der  Mitte  der  dem  Jupiter  zugewendeten  Hälfte  die- 
ttf  Monde  werden  diesen  ihren  Hauptplaneten  immerwährend 
ift  ihrem  Zeaitbe  erblioken ,  aber  schon  eine  Reise  von  400 
Meilen,  die  ein  Bewohner  des  ersten  Mondes  macht,  würde 


l  a.  Art.  nw.  Bd.  vi.  a.  2402. 


1079  Trabanten« 

jene  grobe  Scheibe  aus  dem  Zenith  io  dea  Horizont  verriuW 

ken,    .  Mit  welcher  Verwunderung  werden  die  Bewohner  der- 

vom  Jupiter  abgekehrten    Hälfte  dieses  Sttelliten,  'nach  einer 

Reise  von  nur  wenigen  Meilen,    den  ihnen  bisher  nnbekatu*- 

ten  Lichtkörper  erblicken,   dessen  Oberfläche  die  Sonne,    wie 

sie  ihnen  erscheint,    37000mel   übertrifft.       Dafür   müssen  ee> 

sich  aber  diese  Monde  auch  gefallen  lassen  ,  immer  einen  Tbeil 

ihrer  Mittage  in  dem  Schatten  des  Planeten  zn  stehn  und  da«« 

durch  der  Sonne  gerade  dann,  wenn  sie  ihnen  ihre  wärmste» 

Strahlen  zusendet,  beraubt  zn  werden,  während  in  derselben 

Zeit  auch  Jupiter   nur  seine   beschattete  Seite  jenen  Monde« 

zuwendet   und  also   «ach   die  dunklen  Nächte   des  Htuptpla- 

Beten  nicht  von  jden  Vollmonden  der  Satelliten  erleachtet  wer* 

den  können,  so  dafs  die  Bewohner  Jupiters  ihre  Monde  mei-t 

stens  nur  im  zunehmenden  oder  abnehmenden  Lichte sebn  können« 

Aehnliche   Betrachtungen,    nur   nach   den    verschiedenen 

9  Verhältnissen  mpdificirt,    werden  sich  auch   für  die  Satelliten 

des  Saturp  und  Uranus  ergeben,  daher  wir  uns  hier  nicht  länger 

dabei  aufhalten  und  diesen  Gegenstand   nach  MjLdlbjl's  Sele- 

nographie  mit  einigen  Bemerkungen    beschliefseif  wollen,    die 

sich  auf  die  Verschiedenheit  der  Verhältnisse  unseres  Mondes 

von  denen  der  drei  andersten  Planeten  beziehn. 

Zuerst  finden  wir,  dafs  die  Störungen,  welche  der  Mond 
von  der  Sonne  erleidet,  viel  gröfser  sind,  als  die  aller  andern 
Satelliten ,  von  «denen  die  Sonne  viel  weiter  entfernt  ist  and 
deren  Hauptplaneten  sämmtlich  viel  gr$(ser  sind,  als  die  Erde«  Ee 
scheint,  dafs  unser  Mond  schon  nahe  an  der  Grenze  stehe, 
an  welcher  es  einem  Planeten  noch  möglich  ist,  einen  Satel- 
liten in  einer  geregelten  Bahn  am  sich  zu  erhalten«  Ein  Mond, 
dessen  Umlaufazeit  gleich  oder  kleiner  als  die  Rotationszeit 
seines  Planeten  ist,  würde  sich  nicht  einmal  bilden  können« 
Der  Erdmond  kommt  aber  diesem  Verhältnisse  näher,  als  ir-r 
geed  einer  der  siebzehn  anderen  Monde  unseres  Sonnensy- 
stems. Wäre  aber  seine  Umlaufszeit  gleich  oder  gröber,  als 
die  Umlaufszeit  seines  Planeten  ist,  so  würde  er  nicht  mehr 
ein  Mond  geblieben,  sondern  ein  selbstständiger, '  für  sich 
selbst  die  Sonne  umkreisender  Hauptplamt  geworden  Sern« 
ßie  übrigen  Monde  vollenden  mehrere  hundert,  ja  der*  in- 
nerste Saturnsmond  sogar  11000  Umläufe  am  ihren  Planeten 
in  der  Zeit,   in  welcher  der  Planet  seihst  nur  einen  einzigen 


Trägheit,  «TS 

Umlauf  um  die  Sonn«  aurückiegt,  wahrend  im  QegentheHe  unter 
Mood  mar  13  Umläufe  um  die  Erde  in  einem  Jahre  hat.  Für 
die  Bewohner  jener  andern  Monde  seigt  sich  ihr  Hauptplanet 
unier  einem  400-  bis  800mal  gröberen  Durehmesser,  eis  die. 
Sonne ,  während  den  Bewohnern  ante»  Mondes  die  Erde  ntu» 
etymel  grtliser  eis  die  Sonne  erscheint« 

Die  Bahnen  der  endern  Satelliten  sind  durchaas  sehr  we- 
nig gegen  die  Ebene  des  Aequators  ihres  Haaptplaneten  und 
sehr  stark  gegen  seine  Bahn  geneigt,  während  bei  nnsenn 
Monde  gerade  das  Gegen t heil  statt  hat,  da  für  den  Mond  jene 
Neigung  24,  diese  aber  nnr  5  Grade  beträgt.  Die  grobe1  Axe  des 
Qfeso  oder  Huygbens'schen  Satarnsmonds  vollendet  ihren  Um- 
lauf um  den  Himmel  erst  in  710  Jahren  und  die  Knoten  sei- 
ner Bahn  sogar  in  der  langen  Periode  von  36500  Jahren, 
wahrend  bei  unserm  Monde  diese  swei  Perioden  nur  6J  und 
J8J  Jahre  betragen.  Jupiter  sieht  im  Laufe  eines  seiner  Jahre 
fest  4300  Mondfinsternisse  und  nahe  ebenso  viele  Sonnenfinster* 
nisse,  während  die  Erde  iih  Jahre  nur  swei  oder  drei  solcher 
Erscheinungen  hat« 

Diese  Bemerkungen  liefsen  sich  ohne  Mühe  noch  mit  vie«- 
len  andern  picht  minder  auffallenden  vermehren,  Aber  auch 
sie  werden  genügen,  auf  die  grofsen  Verschiedenheiten  der. 
kosmischen  Verhältnisse  aufmerksam  zu  machen,  die  selbst  bei 
den  Satelliten,  bei  diesen  untergeordneten  Körpern  unseres 
Sonnensystems,  statt  haben* 

Trägheit 

Inertia;  Inertie;  Inertia. 

$o  wird  diejenige  Eigenschaft  der  Körper  genannt,  nach 
welcher  sie  in  ihrem  Zustande,  der  Ruhe  oder  der  Bewegung, 
bleiben,  so  lange  keine  äufsere  Ursache  da  ist,  welche  diesen 
Bestand  ändert.  Wenn  daher  ein  Körper  z.  B.  in  Ruhe  ist,  so  wird 
•r,  so  lange  nichts  Aeuüseres  auf  ihn  einwirkt,  auch  in  Ruhe 
eieiben,  weil  nichts  da  ist,  was  ihn  aus  dieser  Ruhe  bringen, 
waji  ihn  in  Bewegung  setzen  könnte«  Aber  auch,  wenn  ein 
Körper  in  Bewegung  ist  und  wenn  die  Ursache,  die  ihm 
diese  Bewegung  gegeben  hat,    plötzlich  aufhört,    so  wild  er 


IBM  Triglieit. 

sieh  in  derselben  Richtung  und  mft  derselben  Geschwindigkeit, 
die  «r  zuletzt  uaanttelbar  vor  dem  Aufhören  jener  Ursache  hatte», 
weiter  and  zwar  ohne  Ende  fortbewegen,   weil  nämlich,,  de* 
Voraussatieag  gemäfl,   wieder  nichts  da,  ist ,   was  diese  letal« 
Bewegung ,  was  die  Richtuag  oder  Geschwindigkeit'  derselbe» 
ändern  könnte.     So  ausgedruckt  ist  also  der  Satz  von  der  Trüg*-, 
heit  der  Körper  nichts  Anderes,  als  der  Satz  des  zareichenden 
Grandes,  tuf  die  Veränderung  des  Zustandet  der  Körper  ange-> 
wendet,    wo   unter  diesem  Worte  Zustand  des  Körpers   dia 
Ruhe  verstanden  wi*d ,  wenn  er  ruht*  und  die  Richtung  und 
Geschwindigkeit  ,  wenn  er  »loh  bewegt.     Die  erwähnte  Urs«« 
«he  aber,    welche  diesen  Zustand   des  Körpers,    wenn  er  eka 
anderer  wird,  ändert,  wird  Kraft  genannt.      Das  Gesetz  der 
Trägheit    kann   demnach   auch    so    ausgedrückt   werden:     der 
Zustand  eines  Körpers  kann  nur  durch  eine  Kraft  verändert 
werden.      Wo   daher   keine    Veränderung    dieser  Art  bemerkt 
wird ,  ist  auch  keine  Kraft  da ,    die  auf  den  Körper  einwirkt, 
wenn   nicht  etwa    mehrere  Kräfte   vorhanden  sind ,     die  sich 
aber  gegenseitig  aufheben.      Wenn  ein  Körper  ruht,   so  wird 
er  so  lange   ruhn,     als  er    von   keiner   Kraft  getrieben    wird. 
Wenn   aber   ein  Körper    in  gerader,  Linie   und    mit  gleichför- 
miger Geschwindigkeit  sich  bewegt,    so  kann  er  dieses  nur  in 
Folge  einer  früheren  Kraft,  deren  Wirkung  aber  aufgehört  hat, 
wie  z.  B.  dieses  ein  augenblicklicher  Stofs  thun  wird«     Wenn 
endlich  ein  Körper  sich  in  einer  krummen  Linie  oder  mit  ei» 
ner  ungleichförmigen   Geschwindigkeit  bewegt,     so    ist  dieses 
nur  dann  möglich,     wenn  eine   stets  thätige  Kraft  immerwäh- 
rend   auf    ihn   wirkt   und    dadurch    jeden    Augenblick    seine 
Richtung    oder,    seine    Geschwindigkeit    oder    heide   zugleich 
ändert. 

So  verstanden  bildet  diese  Eigenschaft  der  Körper  das 
bekannte  Princip  der  Trägheit,  das  als  das  erste  Axiom  der 
Mechanik  angenommen  wird.  In  früheren  Zeiten  hat  man 
darüber >  wie  Über  so  manches  andere,  viel  gestritten,  ohne 
eben  die  Sache  dadurch  zu  fördern.  Man  wurde  dazu  gröfa- 
tentheils  durch  die  sonderbare  Benennung  veranlafst,  -dia  man. 
dieser  Eigenschaft  der  Körper  beilegte  und  die  man,  da  man 
ihre  Ursache  in  einem  inneren  Bestreben  dar  Körper  suchte, 
die  Kraft  der  Trägheit  {vis  inertiae,  force  d'inertie)  geheilten 


Tr3ftkea  «75 

hat,  worin  vorzüglich  Dbbxartis1  vorausgegangen  ist  Hut- 
eines  stellte  zuerst  den  Begriff  gehörig  fest  und  Nbwto«* 
drückte  ihn  schön*  und:  bestraaft  ttiit  den  Worten  aus:  Cor- 
pus omne  perseperot  in  statu  suo  quiescendi  pel  movendi  uni— 
firmiter  in  directum,  nisi  quatenue  a  viribu*  impresei*  co~ 
gatur  illum  statum  miliare.  Was  Stewart,  Heama**-, 
Nollet,  Baissov,  Go^döv,  KRATz£v$TKit  und  selbst 
FftAtfKXiff 3  darüber  geschrieben  haben ,  ist  jetzt  gröTstentheils 
«ftd  nicht  mit  Unrecht  vergessen«  Eine  Sache,  die  entweder, 
ä%  ein  Axiom  £tlr  sich  klar  ist  oder  doch  nicht  weiter  be- 
wiesen werden  kann,  soll  bloft  deutlich  ond  bestimmt  ausge- 
sprochen, aber  nicht  zum  Gegenstande  voh  Inhaltleeren  Dis- 
eeJsionen  gemacht  werden.   '  " 

Aufser  diesem  Axiome    der  Mechanik  haben   die  neueren 
französischen   Schriftsteller  in   dieser   Wissenschaft    nur   noch 
eines  angenommen,  dafs  nämlich  die  accelerirenden  Kräfte  den 
Geschwindigkeiten ,  die  sie  erzeugen ,  proportional  sind.    Auch 
dieses  Princip  ist  in   den  früheren   Zeiten   viel  bestritten  wor- 
den, wie  bereits  oben4  zum  Theil  angeführt  worden  ist«     Da 
aber  alle  Beweise,    die  man  bisher  von   diesem  Satze  zu  ge- 
ben suchte,    mifslungen  sind,   so  wird  man  besser  thun,  ihn 
ebenfalls  als   ein   Axiom   oder   als   ein  Princip    zu   betrachten, 
um  von  ihm  auszugehn   und  dann  blofs  zuzusehn ,  ob  die  aus 
ihm  folgenden  Resultate    mit    den   Erscheinungen  der    Natux 
übereinstimmen.     "Von  diesen  Beweisen  sind  die  neuesten    die 
ton  Laplace*  und  Poisso»6«       Die  englischen  Schriftsteller 
über  Mechanik  setzen  diesen  beiden  Axiomen    noch   ein   drit- 
tes, das  von  der  Zerlegung  der  Kräfte  und  der  Geschwindig- 
keiten in  zwei  oder  drei  andere   unter  sich  senkrechte,  hinzu« 
Die  französischen  und  deutschen  Mechaniker  nehmen   im  Ge- 
genthejle  diesen  Satz  als  ein  Theorem  an,   dessen  strengen  Be- 
weis sie   aufzustellen   sich  bemühen«       Wir   werden    darüber 
weiter  unten7  naher  sprechen«  X« 

1  Prineip.  Philo«.  T.  II.  §.  S7.  . 

5  Principia  Philo».  Nat,  I*ib.  I« 
8  Dessen  Miacellaneoaa  Piece«. 
4  S.  Art,  KxafLBd.  V.  S.  968. 

^   £    Mefoaoiqua  eeleate.  U  I. 

6  Treit*'  de  Mepamqtie«  3me  e*dV  §.  116. 

1  8,  Ar*  9tok0m#.  -        * 


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fött  TrofcfMV 


:    ■    r   > 


/  T  Ti  q  p  f  e  KU 


\      »' 


Gutta  p  Geutte  j  Drop.  , 

Eine  durchaus  vollständige.  Untersuchung  aller  die  Bil- 
dung und  das  Verhalten  der  Tropfen  betreffenden  Einzel« 
,.  heiten  würde  sehr  wejtiauftig  und  schwierig  f  zugleich  abej? 
für  die  Physik  von  einem  dieser  Mühe  nicjjt  entsprechenden, 
Nutzen  seyn,  .weswegen  ich  njiich  beschränke,  nur  das  We- 
sentlichste hier  zu  betrachten« 

Man  nennt  Tropfen  jede  für  sich  bestehende  oder  als 
solche  betrachtete f  kleinere  oder  unbestimmt  gröfsere  Masse 
irgend  einer  Flüssigkeit,  deren  Verhalten  nach  den  Vorhände* 
nen  ungleichen  Bedingungen  sehr  verschieden  ist,  und  man 
mufs  daher  die  einzelnen  Erscheinungen  ordnen,  um  das. Ganze 
besser  zu  übersehn.  Hiernach  lassen  sich  die  Tropfen  be- 
trachten zuerst,  wenn  sie  im  freien  Zustande  sich  selbst  über* 
lassen  sind,  zweitens,  wenn  sie  auf  einer  gegebenen  Flache 
iruhn,  und  drittens,  wenn  sie  von  einem  Körper  herabhängen. 

1)  Die  sich  selbst  überlassenen,  für  sich  bestehenden 
Tropfen  aller  Flüssigkeiten,  als  ruhend  gedacht,  nehmen  eine 
vollkommene  Kugelgestalt  an  und  ihre  Gröfse  kann  ins  Un- 
bestimmte wachsen ,  denn  selbst  die  Gesammtmasse  unserer 
Erde,  von  der  wir  annehmen,  dafs*  sie  ursprünglich  flüssig 
war  und  in  Folge  hiervon  die  Kugelgestalt  erhalten  habe,  lafst 
sich  als  ein  Tropfen  von  unermefslicher  Grobe  betrachten« 
Ehemals  suchte  man  die  Ursache  dieser  Form,  die  sich  auch 
bei  den  Luftblasen1  findet,  im  Drucke  der  Luft;  als  sich  abei 
die  Tropfen  im  luftleeren  Räume  gleichfalls  rund  zeigten, 
sollte  sie  nach  der  Ansicht  der  Cartesianer  im  Drucke  der  sub- 
tilen Materie  oder  des  Aethers  liegen,  bis  Newtobt2  die  ei- 
gentliche   Ursache    auffand    und    sehr  bestimmt   ausdrückte3. 


1  S.  Art.  Luftblasen.  Bd.  VI.  S.  458. 

2  Optica.  Qu.  23.  p.  m.  888. 

S  A.  a.  O,  heilst  es :  Gutta«  eorporis  cujuaque  flu  i  dl ,  ut  figurata 
globoaam  induere  couentur,  facit  mutua  partium  saaratn  attractio; 
eodem  modo,  quo  terra  mariaqua  in  rotaaditatem  un<Kque  conglobaa- 
tur,  partium  snarum  attractione  mutua,  quae  est  graritas« 


Tropf«*  tWT 

Es  darf  ab  «3i  Axiom  getan,  de*V  jede  S#»U  eiwfr 
Flüssigkeit.  db»  Kugelgestalt  annehmen  müsse,  weil  alle  ein* 
seinen  Moleciüe  derselben,  wenn  sie  insgesammt  gleichen  Ge- 
setzen  der  Anziehung  folgen,  ihre  alles  mefsbaren  Widerstan- 
des der  Reibung  entbehrende  Beweglichkeit  vorausgesetzt,  nur 
dann  in  den  Zustand  des  Gleichgewichts  kommen  kttnnen, 
wenn  sie  mit  eilen  endern ,  vom  Centrum  gleich  weit  ent- 
fernten,  einen  gleichen  hydrostatischeaejDruck  erleiden,  was 
nur  unter  Voraussetzung  einer  vollständigen  SphäricitSt  der 
Fall  seyn  kann.  Nachdem  Nkwtov  diesen  Satz  aufgestellt 
und  begründet  hatte,  schlössen  sich  hieran  alle  die  unmittel-» 
bar  damit  zusammenhängenden  Untersuchungen  über  die  Ge- 
stalt, welche  die  Erde  unter  Voraussetzung  einer  statt  finden- 
den Rotation  annehmen  mufste,  worüber  an  einem  anderen 
Orte1  bereits  geredet  worden  ist.  In  der  Erfahrung  gewahrt  man 
eine  Menge  Anwendungen  dieses  Gesetzes,  wovon  es  genügt, 
nur  die  Methode  des  Schrotgiefsens 2  anzuführen,  wobei  man 
das  geschmolzene  Metall  durch  ein  Sieb  von  einer  beträchtli- 
chen Höhe  in  ein  Gefafs  mit  Wasser  herabfallen  läfst,  damit 
die  so  getheilten  einzelnen  Massen  im  freien  Falle  die  voll« 
komtnene  Kugelgestalt  annehmen. 

Wenn  die  Tropfen  sich  bewegen,  so  geschieht  diese* 
entweder  im  leeren  Räume  oder  in  einem  widerstehenden 
Mittel.  Im  ersten  Falle  ist  kein  Grund  vorhanden,  warum  die 
bestehenden  Gesetze  eine  Abänderung  erleiden  sollten,  und  sie 
werden  daher  die  vollkommene  Kugelgestalt  beibehalten,  int 
zweiten  Falle  müssen  sie  aber  den  vorhandenen  Widerstand 
fiberwinden,  und  da  dieser  nicht  gegen  alle  Theile  der  Ober- 
fläche gleichm'äfsig  wirkt,  an  einigen  Stellen  sogar  negativ 
wird,  so  mufs  sich  hierdurch  die  vollkommene  Kugelgestalt 
ändern?*  Dieses  kommt  namentlich  in  Betrachtung  bei  defi  Re- 
gentropfen, die  wegen  ihres  Falles  durch  den  lufterfüllten 
Banm  die  vollkommene  Kugelgestalt  nicht  beibehalten  kön- 
nen, sondern  eine  solche  Gestalt  annehmen,  dafs  die  verticale 
Darchschnittsebene  durch  ihr  Centrum  von  der  Curv*  d** 
tläntten  Widerstand**  begrenzt  ist.    Es  würde  indefs  keinen, 


1   8.  Art  Erdf.  Bd.  in.  8.  920. 

*  8.  e\  (lehrbücher  der  Toebnologie, 


1078  Trapftii. 

der  fiflbmfriglwft  «BgemeasesMi  Nutzen  fibr  den  Pbyt&et  hhberi , 
Gtskhtmg  für  diese  Ksürnmungen  aufzulachen1. 


2)  Liegen  die  Tropfen  auf  irgend  einer  Unterlage,  so  wirkt 
auf  ihre  Gestalt  nicht  blofs  die  gegenseitige  Anziehung  ihrer 
Molecüle  unter  sich,  sondern,  zugleich  die  Adhäsion  derselben 
an  die  Oberfläche  der  Unterlage ,  wie  nicht  minder  der  lothrechte 
Druck  gegen  diese,  und  wenn  daher  die  erstere  die  Kugelform  er- 
zeugt ,  so  werden  die^eiden  letzteren,  dieser  entgegenwirkend, 
eine  Abplattung  herbeiführen;  die  Form  der  Tropfen  wird 
daher  durch  das  Verhältnifs  dieser  drei  Kräfte  unter  einander 
bedingt.  Unter  diesen  drei  einander  entgegenwirkenden  Kräf- 
ten ist  das  Gewicht  oder  die  Schwere,  vermöge  welcher  die 
Molecüle  des  Tropfens  dem  Mittelpuncte  der  Erde  sich  zu 
nähern  streben,  bei  weitem  die  kleinste,  man  pflegt  sie  daher 
gewöhnlich  zu  vernachlässigen  und  blofs  den  Conflict  der  bei- 
den andern  zu  betrachten.  Hierbei  mufs  aber  berücksichtigt 
werden,  dafs  die  erstere,  die  gegenseitige  Anziehung  der  Mo- 
lecüle einer  Flüssigkeit,  bei  jeder  gegebenen  Masse  dersel- 
ben sofort  in  ganzer  Stärke  auftritt,  die  Adhäsionskraft  an  der 
Unterlage  aber,  als  eine  in  unmefsbare  Ferne  wirkende2,  blofs 
die  mit  der  Oberfläche  der  unterstützenden  festen  Körper  in 
fanmittelbarer  Berührung  befindlichen  Theile  afficirt.  Faisl  man 
das  Problem  blofs  im  Allgemeinen  auf,  so  folgt  einfach,  dafs 
die  Tropfen  der  Flüssigkeiten  auf  den  Unterlagen  um  so  mehr 
zerfliefsen  und  ihre  genaue  Kugelform  durch  Abplattung  um 
so  vollständiger  verlieren  werden,  je  gröfser  die  Kraft  der  Ad- 
häsion ihrer  Molecüle  gegen  die  sie  tragende  Oberfläche  im 
Verhältnifs  zu  der  Anziehungskraft  dieser  Molecüle  unter  sich 
ist,  worüber  sich  jedoch  keine  bestimmten  Gesetze  aufstellen 
lassen,  weil  die  Stärke  der  Adhäsion  der  Flüssigkeiten  an  fe- 
ste Körper  sich  durch  kaum  oder  gar  nicht  wahrnehmbare 
Veränderungen  der  Oberflächen  dieser  Körper  bedeutend  än- 
dert« So  wird  unter  andern  Wasser  tuf  Glas  an  einigen  Stel- 
len völlig  zerfliefsen,  aber  an  andern  oder  unter  veränderten 
^hostenden   sich   von    der   Oberfläche  scheinbar    zuriiekziehn« 


1    Eine  vor  einigen  Jahren,  wenn  ich  nicht  irre,  in  Breslau,  er* 

■ehienene  Dissertation:    De* forma  guttae  in  medio  resistente  eaden- 

■  •  *        *  *• 

tis,  habe  ich  nicht  zur  Hand. 

t    Tergl.  CopWmritiU.  Bd.  II.  8.  89.  afcd  J4Jt***Hrv  1.  i66\ 


Tropft*.  1079 

ohne  Jas»  sieh  die  Ursache  dieses  verschiedenen  Verhalten* 
bestimmt  angeben  labt*  Hierzu  kommt  dann  noch  der  wkb« 
tige  Umstand,  data  »ich  die  Stärke  der  Adhäsion  -der  Mole— 
cüle  sowohl  unter  sich  als  auch  gegen  die  Oberflächen  der  fe* 
sttn  Körper  durch  die  Temperatur  bedeutend  ändert.  Aul 
den  Unterschiede  der  Stärke  jener  beiden  genannten  Kräfte, 
verbunden'  mit  der  Wirkung  der  Schwere ,  wird  erklärlich, 
dafi  Quecksilber  auf  Glas  Kugeln  bildet ,  deren  ,  Abplattung 
■it  ihrer  *  GroTse  zunimmt,  Wasser  dagegen  auf  demselben 
■ehr  oder  weniger  vollständig  zerfliefst ,  statt  dafs  es  auf  den 
nit  einem  wachsartigen  Ueberzuge  bedeckten  Oberflächen  der 
Pflanzenblätter  eine  mehr  oder  minder  kugelförmige  Gestalt 
annimmt,  wie  das  bekannte  Phänomen  der  Thautropfön  oder 
der  Regentropfen ,  namentlich  auf  Kohl  blättern,  zeigt.  Sind 
die  QuecksUberhügeteheir  oder  die  Wassermassen  klein,  so  las* 
ten  sich  die  -Körper,  denen  sie  adhäriren,  umkehren,  ohne  dafs 
jeae  herabfallen,  ungeachtet  dann  ihr  ganzes  Gewicht  auf  sie) 
wirkt,  woraus  hervorgeht,  $*h  die  Schwere  und  der  dadurch 
erzeugte  Druck  eine  sehr  geringe  Kraft  im  Verhältnisse  zu 
den  andern  beiden  Attractionskräften  sevn  mufft  und  dafs  da- 
her die  Abplattung  der  kugelförmigen  Tropfen  zum  grtifsten 
Tbeile  eine  Wirkung  der  Adhäsion  ist. 

Versuche  zur  Bestätigung  und  Erläuterung  dieser  Gesetze) 
giebt  es  verhältnifsmäfsig  nur  wenige ,  weil  sie  für  die  Natu*» 
lehre  im  ganzen  Umfange  nur  geringen  Nutzen  gewähren«  Am 
Bekanntesten  sind  diejenigen,  welche  MüsscHehbboek1  enge-* 
stellt  hat.  Hierbei  fand  er,  dafs  Wassertropfen  von  eines 
Lin.  Durchmesser  auf  polirtem  Eisen  die  Gestalt  einer  Halb-* 
koget  annahmen,  wekhe  Bestimmung  jedoch  auf  keiner  abso- 
tt scharfen  Messung  beruht;  mehr  zerflossen  sie  auf  Elfen- 
kein,  Guajakholz  und  Buchsbaum,  noch  mehr  auf  Quecksilber; 
und  Glas,  ungleich  weniger,  und  fast  vt>He  Kugelgestalt  be>*> 
behaltend,  auf  Blättern.  Auch  auf  glühendem  oder  sehr  hei- 
bem  Eisen  blieben  sie  anscheinend  vollkommen  rund,  eine 
Bncheinung,  welche  später  unter  der  Benennung  des  Leiden^ 
fiostsclien  Versuches 2  die  Physiker  so  vielfach  beschäftigt  bat«' 
Bei   kleinen    QoecksUbertropfen    auf  Glas  kann    die   geringe 

1 '  Introd.  ad  phil.  hat.  T.  I.  §.  1018  ff. 
2   Hierüber  s.  Art*  Wärme. 


1080  Tropfen« 

Abplattung  derselben  wahrgenommen,  auch  leient  gezeigt  wer- 
den, dafs  sie  beim  Umkehren  des  Glases  dennoch  daran  han- 
gen bleiben  nnd  also  ihre  Adhäsion  ungleich  grosser  seyn 
mufs,  als  ihr  Gewicht.  Müsse  he  vbroek.  fand  Quecksilber« 
tropfen  von  0,01  Z,  Durchmesser  nur  unmerklich  abgeplattet 
ttnd  dennoch  fielen  sie  von  Bachsbaum  - .  Granadillen  *•  nnd 
Gut jak holz  u.  s.  w.  beim  völligen  -Umkehren  nicht  herab,  stieg 
ihre  Gröf$>  aber  bis  2,5  Z.  Durchmesser,  so  betrug  ihre  Ab*- 
plattnng  dennoch  nur  0,15  Zoll.  Wenn  zwei  Tropfen  von 
derselben  Flüssigkeit  auf  einer  Flache,  von  welcher  sie  neur 
wenig  angezogen  werden,  mit  einander  zur  Berührung  kom- 
men, so  fiiefsen  sie  augenblicklich  in  einen  einzigen  zusam- 
men, wie  sich  am  deutlichsten  bei  Quecksilberkügelchen  auf 
reinem  glatten  Papiere  oder  Glase  zeigt;  werden  sie  aber  star- 
ker von  den  sie  tragenden  Flächen  angezogen,  so  vereidigen 
sie  sich  nicht  vollkommen,  sondern  nehmen  eine  längliche 
Fignr  an,  welche  in  der  Mitte  am  schmälsten  ist1«  Tropfen 
von  geschmolzenem  Zinn,  Blei  oder  Wismuth  auf  strengfliis— 
sigern  Metallen  verhalten  sich  wie  Quecksilbertropfen,  es  sey 
denn ,  dafs  man  durch  Salmiak ,  Colophonium ,  Salzsäure  u.  s.  w« 
das  Zerfliefsen  wie   beim  Löthen  bewirkt. 

Auch  'diese  Erscheinungen  wollte  man  vom  Luftdrucke 
nnd  den  Wirkungen  des  Aethers  ableiten,  allein  schon  Mus- 
8CHBVBROVK.  widerlegt  diese  Ansicht  und  bemerkt  dabei,  man 
würde  ohne  Schwierigkeit  die  richtige  Erklärung ,  wonach  die 
Ursache  in  der  Wechselwirkung  der  verschiedenen  Adhäsio- 
nen zu  suchen  sey,  aufgefunden  haben,  wenn, man  nur  ge- 
naue Versuche  angestellt  und  dabei  die  Phänomene  deutlich 
beobachtet  *  hätte*  Diese  Gesetze  der  Anziehung  in  unmefsbar 
geringe  Fernen,  wonach  die  Molecüle  der  Flüssigkeiten  unter 
sich  und  von  den  Oberflächen  fester  Körper  angezogen  wer- 
den, legte  Laplacb8  bei  seiner  Theorie  der  Capillarität  zun* 
Grunde  nnd  bestimmte  hiernach  die  Gestalt  eines  grofsen 
Quecksilbertropfens  auf  einer  Glasplatte  so,  dafs  die  Resultate 
mit  den   Ergebnissen    der  Erfahrung   genau  .übereinstimmten«, 


1  Bei  der  Anstellung  dieser  Verwehe  vereinigt  man  die  Tro- 
pfen dadurch  •  dafs  der  eine  oder  beide  so  lange  rergiölscrt  werden«, 
bis  die  Berührung  erfolgt« 

*  g.  xxxiii.  m. 


Tropfen-  JOHL 

Wie  slarfemhe*  .&  &sa&  der1  Adhäsion  Je;  MoJectäe  einer 
Emsaigkiria  unter  sich  acy**  zeigt  4er  vtfn  verschiedenen,  n*» 
■endieh  englischen  Physikern  angegebene. Versuch,  data  man 
sei  eine  Spiegelplatta  eine  Menge  möglichst  gleicher  .Queck- 
lilhertropfien  ausbreiten  t  dann  eine  andere  Spiegelplätte  dar* 
sei  legen  kann ,  ohne  die  Tropfen  bedenteod  flach  zu  drük- 
km,  selbst  wenn  map  die  obere  Spiegelplatte  mit  Gewichten 
beschwert.  Ist  die  letztere  durch  gröbere  Gewiohte  merklich 
beschwert  und  sind  die  Kugeln  dadurch  stark  platt  gedrückt^ 
so  werden  sie  zur  ursprünglichen  Form  «mickkehren ,  wen* 
aum  die  Lasten  von  der  oberen  Platte  entfernt» 

3)  Am  häufigsten  kommen  die  Tropfen  unter  der  Bedin« 
gang  vor,  dafs  sie  von  festen  Körpern  herabhängen ,  und' in 
dieser  Beziehung  sind  sie  auch  am  meisten  untersucht  worden, 
ktnptsMchiich  weil  bei  der  Bereitung  nnd  dem  Gebrauche  det 
Arzneien  häufig  die  Tropfen  als  eine  gewisse  gemessene*  Gröfse) 
dienen.  Eigentlich  wissenschaftliche  Untersuchungen  übet  die 
Gräfte  und  Gestelt  der  Tropfen  auch  in  dieser  Beziehung,  so 
wie  überhaupt  über  ihre  Bildung ,  hat  wohl  zuerst  Musschiv- 
bboek1  angestellt,  indem  er  die  verschiedenen  Flüssigkeiten 
durch  einen  Trichter,  welcher  sich  unten  in  ein  Haarröhr- 
chen endigte ,  ablaufen  liefs  und  dabei  die  Höhe  und  den 
Durchmesser  der  so  gebildeten,  auf  eine  Glasplatte  herabfal- 
lenden Tropfen  mafs.  Nicht  minder  schätzbar  sind  die  Ver- 
lache von  WziTBRECHT2,  welcher  das  Phänomen  der  Tro- 
pfenbHdung  mit  depen  der  Capillarität  in  Verbindung'  brachte 
nnd  somit  in  den  bedeutenden,  über  letzteres  Problem  später 
bekannt  gewordenen  Untersuchungen  voranging,  unter  denen 
die  von  Thom.  Youso*  hier  noöh  besonders  genannt  werden 
utigen,  weil  sie  uoepr  Tropfen  von  Wasser  und  Weingeist^ 
die  er  von  Kugeln. herabfallen  Heb,  Versuche  enthalten. 

Yodvo  glaubt,  es  sey  nicht  unmöglich,  die  GrÖfse  der  Tro- 
pfen, wie  sie  von  gegebenen  Substanzen  abfliefsen,  aus  der 
Hone  zu  berechnen,  bis  zu  welcher  die  Flüssigkeiten,  wor- 
«*  sie  bestehn,  in  einem- Haarröhrchen  von  der  nämlichen 


1   A.  a.  O. 

*   Commenfc  Petfrop*  T.  VIII.  p.  S61.    T.  IX.  p.  275* 

3  PhOoK  Tran».  1805.  p.  d$.    Aach  in  deseen  Lcctnret.    T.  II. 

P.  649. 

DL  Bd.  Zzz 


iOflB  Tropfen. 

Snbstans  aufsteigen.  Die  linearen  Dimensionen '4er  Tropfen 
verschiedener  Flüssigkeiten,  weiche  von  einer  horizontalen 
Flüche  herabhängen,  müssen  eich  nämlich  verhalten,  wie  die 
Höhen ,  bis  xu .  welchen  diese  Flüssigkeiten  an  der  horisontaw 
len  Fläche,  aufsteigen,  oder  wie  die  Quadretwurseln  der  „Hö- 
hen in  einem  Haarröhrchen,  wonach  also  ihre  Gräften  sieh 
verhalfen'  müssen  wie  die  Gabi  der  Quadratwurzeln  dieser 
Höhen«  In  einem  diesemnach  angestellten  Versuche  waren  die 
Höhen  von  Wasser  und  verdünntem  Weingeiste  =  100:64» 
das  Gewicht  eines  von  einer  groben  Glaskugel,  fallenden  Tro- 
pfens Wasser  betrag  1,8  Grains,  das  eines  Tropfens  Weingeist 
0*85  Grains,  statt  dessen  die  Rechnung  sehr  annähernd  032 
gab*  Am  bekanntesten  ist  jlie  Abhandlung  von  Se6*b**,  wel- 
che aufsec  Verstehen  auch  theoretische  Betrachtungen  enthält. 
Von  den  .späteren  Arbeiten  über  diesen  Gegenstand  verdienen 
vorzüglich  die  von  las**,  Gat-Lubsac*  und  Feaikiihiim* 
genannt  tu  werden«   , 

Nach  den  Resultaten  der  gesammten  Untersuchungen 
wird  die  Gröfsc  und  Gestalt  der  Tropfen  bedingt  zuerst  durch 
die  Fluidität  und  das  speeifische  Gewicht  der  Flüssigkei- 
ten, zweitens  durch  die  Gröfse,  Gestalt  und  Adhäsious- 
kraft*  der  Fläche  -oder  des  Körpers,  an  welchem  sie  hängen 
nnd  von  welchem  sie  eich  losreifsend  herabfallen,  und  drit- 
tens, durch  die  Temperatur  sowohl  der  Flüssigkeit  als  auch  dee 
Körpers,  woran  sie  hängen«  Als  Apparate  zur  Bildung  der 
Tropfen  bediente  sich  M<js*chb*brobk.  kleiner  Trichter  mit 
haarröhrenförmigen  OefFnungen,  Lihk  gebrauchte  massive,  un- 
ten abgerundete  Glasstäbcheri^  Fravkcvhbim  verwandte  dazu 
Röhren,  Pipetten,  Retorten  von  verschiedener  Größe,  en  de-' 
nen  die  Flüssigkeit  herabflofsi  nnd  -sich  unten  zum  Tropfen 
vereinigte,  poröse  Zeuge,  die  um.  einen  durchlöcherten  Me- 
tallboden gewunden' waren,  und  vorzüglich' ein  ÖUsgefifk  mit 


1  Comm.  Soc  Reg,  Gott,  T.  L»  p.  801* 

2  G.  XLVII.  17. 

S    Pousov  nomrelle  Thtforie  de  Paction   eapillaire.     Per.  1831« 
p.  125. 

4  Die  Lehre  von  der  Cohiiion.    Breil."  1885:  8.  95. 

5  FftAVBsraxuc  nennt  diese  Sputpkk  ?oas  griechischen  Worte  ew- 
aytta,  Zusammenhang.  - 


Tropfen.  fÖ63 


et»«*  «igte  Loche  fn  seinem  ziemlich  dicke*  Boden.  Letz- 
teres land  er  am  brauchbarsten,  insbesondere  wenn  der  Boden 
etwas  sphärisch  gekrümmt  war,  indem  dann  die  Tropfen  an  je- 
int  Stelle  de*  Fliehe  vor  dem  Herabfallen  eine  gleiche  Gräfte 
erhielten.  Ich  selbst  bediene!  mich  eines  kleinen  Hebers  ans 
«her  engen  Glasröhre  *t  an  dessen  nicht  eingetauchtem  Ende 
ttst»  leicht  einen  'Tropfen  entstehn  Jessen,  vergrttfsern  und  ver- 
Uthiern  und  tfoglekh  eile  Veränderungen  seiner  \Grdfse  und 
Gestalt  eine  befiebige  Zeit  hindurch  beobachten  kann« 

Sind  die  übrigen  Bedingungen  gleicji,  so  zeigt  sieh  sa- 
mt der  Einflafs  der  FlniditSt,  welche  im  Ganzen  wohl  mit 
ist  Molecularattraction  oder  der  Adhäsion,  der  Elemente  jeder 
gegebenen  Flüssigkeit  unter  sich  zusammenfallt,  durch  die  un- 
gleiche Gröfse  der  Tropfen,  wie.  sie  durch  das  Gewicht  der- 
selben  gefunden  zu  werden  pflegt*  Man  nimmt,  das  Gewicht 
eines  Tropfeps  reinen  Wassers  meistens  zu  einem  Gran  an»; 
und  dieses  stimmt  mit  den  Beamteten  nahe  genug  überein, 
welche.  Livs.  aus  seinen  tya'gungen  erhielt,  wonach  8  Tro- 
pfen, die  Tön  einem  Glasstabe  herabfielen,  bei  6°  R.  Tempe- 
ntnr  7  Gran  wogen«  Wimmt  man  die  Gröfse  dieses  Tropfens 
eil  Einheit  und  berücksichtigt  man,  dafs  die  Volumina  gefun- 
den werden,  wenn  man  die  absoluten  Gewichte  durch  die 
tpecifUchen  dividirt,  so  geben  Seine  sämmtlich  bei  8P  Et  Ange- 
stellten Versuche  mit  Tropfen ,  die  durch  gleich  tiefes  Ein- 
tauchen derselben  Glasrtf hre  genommen  worden  waren,  fol- 
gte Vergleichbare  Resultate:  ■""     .     - 


.                                                                                                                                                        i  I                4                                                       . 

MB»rgk«ten        »p.e.  Gtiw.  Gewicht  "         Grifft«  der 

'"  iroi»  8  topfen          Tl-opifen 

W««r  '. 1,000     '  7  Gr*n               1,000 

84w«f«l«ioie  .  .  .    1,803  8   —   "' 0,633 

W>wefeU.  Knpfer  .  1,015  8    —          '       1,125 

M»oM«    ...;.......  6,5  —           h,!   1,055 


l'IM 


War  die  Temperatur  des  Wassers  aa  84°  Ä. ;  s*  war  dessen 
9H»  Gewicht  =  0,948,  und  da -8  Tropfan  mnr  4^5  Gran  wo- 
gen, so  betrug  ihr  Volumen  0,678*  Faaik.hhbik  fand,  dafs 
Tropfen  von  Weingeist  und  Aether  kleiner  sind,  als  von  Was- 


I  YergL  Caytterft«.  Bd.  IL  8.  46.  Fig.  25. 

Zu  2 


aer,  *  nd  im  Ve^tmff  bei,  Weingeist  «nd  W«M*ft  jrfVdfm 
4er  Höhe  dieser,  Flüssigkeiten  in  ..jBaarrolifl&ei*:. gleich  aey«  ,  . 
Die  Wirkung  der  Adhäsion  x  der  Flüssigkeiten  pn  dp.  fe- 
sten Kö^er  ist.  bei  der  Tropfenbildqng  nicht .  zu*  verkennen» 
denn  wenn  keine  Benetzung  statt  findet,  fallt  aucji  die,- hier  «fl 
erörternde  Tropfehbilduug  weg?v  I?*aiki  wwsjpt  aber  hat  bfln 
stimmt  gedulden,  deü  ^Körper,  en  denftur.sich  Tropfr* 
bilden, und  die  normale.  Grobe  schalten,  solle*,  netbw endig 
benetzt  sey;u  mgssen»  und  o>£s  sie.  namentlich  IfcV  Wasser  klefo 
ner  werden,  wenn  die  Flächen  etwaig  fettig  sind.  Anfserdem 
kommt  die  Gföfse  und  Gestalt  der  Flächen.,  denen  die  Fltit- 
sigkeiten  adhänren,  bis  .sich  e£ne  gehörige  Menge  derselben 
vereinigt,  um  eis  Tropfen  herabzufallen ,  sehr  in . Betrachtung, 
nnd  eine  sehr  (eine  Spitze  mufs  so  nach,  f  dir  kleinsten,  einel 
ausgedehnte,  ebene  Fläche  die  gröTste^  Tropfen  geben,  ohne 
dafs  es  sich  jedoch  der  Mühe  lohnt  ».hierüber  bestimmte  Zeh- 
IengröTsen  aufzusuchen.  Nach,  Frammuheim  .  bewirkte  die 
Sphärische  Krümmung  der  Fläche  Tvon  20  bis  30  Millim^  Ra- 
dius eine  merkliche  Verminderung  dqr  Giröfse  der  Tropfen, 
nnd  selbst  bei  50  Millim.  Radius  war  der  vermindernde.  Ein~ 
Auf s  der  Krümmung  noch  nicht  ganz  verschwunden. 

lieber  den-  Eünflufs  der  Temperatur  auf  die  Grosse  der 
Tropfen  sind,  die  wenigsten  Bestimmungen  vorhanden,  lux 
Allgemeinen  ist-  nich^  zu ,  verkennen ,  deis  die .  Adhäsion  durch 
Vermehrung,  der  Warme  vermindert  wird  nnd  dafs  daher  des, 
Volumen  des  Tropfens,  der  sich  n^ur  dann  von  dem  festeis 
Körper  losreifst ,  wenn  sein  Gewicht  die  Kraft  der  Adhäsion 
überwindet,  durcl),?  ^mgeraturertjjj^ng  vermindert,  werden 
mufs;  ip,j  welchen*  Verhältnisse  aber  diese  Verminderung  mit 
der  Wärmezunahme'  Steche,  kann  vej^än^g  nnr  durch  Versau 
che  eusgemittelt  werden  ,  die  bis  jetet  noch  fehlen«  qbgleicbv 
Livk.2  bereits  auf  ihren  Nutzen  aufpeiksain  meehte.  Von 
ihm  selbst  haben  wir  blefs  das  bereits  erwähnte  Resultat,  wo*» 
nach  die  Gföfse  der  Wassertropfen  durch  eine  Wärmezunah- 
me von  34  •*-  8  —  26*  Reanm«  von  1  auf  0,67fr  'heranging, 
Faavkzvhbim  eben  fand  diese  Grtifee  für  40  —  30  =20^  (V 


/  ^ 


1  8o  läftt  alch  eekatmtlich  Qeecksftber  nicht  aof  gläsernen  oder 
irdenen  Gefallen  abtro'pfeln. 

2  G.  XLYIL  18. 


/ 


l  Tropfen.'  106* 

ear  0#W##,  ohne  die  Angabe  werter  zu  verfolgen,  Läs- 
terer hat  dagegen  auf  eine  andere  Bedingung  aufmerksam  ge<- 
awcht,  'die  nicht  sowohl  £8*  wissenschaftliche  Untersuchen^ 
g»,  als  vielmehr  für  die  praktische  Anwendung  wichtig  ist, 
Seethch  dafs  die  Größe  der  Tropfen  mit  der  Geschwindigkeit 
4*  Abftiefsens  derselben  wächst«  Dieses  Resultat  kann  nicht 
Wahl  paradox  scheinen;  vielmehr  folgt1  es  nothwendig  aus  den 
Bedingungen;  denn  wenn  der  Tropfen  sich  bildet  und  zuneh> 
awad  tiefer  herabsinkt,  bis  die  oberen  Theile  desselben  durch 
las  Gewicht  der  unteren  getrennt  werden,  so  mufs  die  Masse 
4er  unteren  nothwendig  zunehmen ,  wenn  wahrend  der  Zeit 
aas  Losreifsens  noch  andere  hinzufliefsende  Theile  hinzukom« 
attn.  In  seinen  Versuchen  fand  Fhankebheim,  dafs  durch 
ehe  Verminderung  der  Zeit  von  3,76  bis  0J9  die  Gröfse  der 
Tropfen  bei  Wasser  von  1  bis  1,55  und  bei  Weingeist  durch 
•roe  Verminderung  der  Zeit  von  1,67  bis  0,37  die  Gröfse  von 
1  bis  1,76  zunahm* 

Ueber  das  Verhalten  der  Tropfen  vom  Anfange  ihres 
Entstehens  an  und  über  die  Veränderung  ihrer  Form  bis  zum 
Augenblicke,  wo  sie  sich  losreifsen  und  herabfallen,  will  ich 
nichts  hinzusetzen,  da  mir  keine  erschöpfenden  Untersuchung 
gen  hierüber  bekannt  sind,  das  Phänomen  aber  leicht  mit  dem 
oben  vorgeschlagenen  Heber  beobachtet  werden  kann,  inso- 
fern man  die  allmetfige  Bildung  derselben ,  ihre  Vergröfserung 
«od  Verminderung,  kurz  alle  verschiedene  Modificarionen 
der  Gröfse  nnd  Gestalt  in  willkürlich  langer  Zeit  und  im  be- 
liebigen Wechsel  leicht  zu  erzeugen  und  wahrzunehmen  ver- 
nag.  Die  bisherigen  lAtersuchungen  über  die  Tropfen  unter 
•er  zuletzt  betrachteten  Bedingung  ihres  Anhängens  an  feste 
Körper  bis  zum  Herabfallen  derselben  sind  aber  wichtig,  in- 
sofern eie  zur  Erläuterung  der  Adhäsionsgesetze  dienen«  *  Die 
Tropfenbildung  ist  nur  dann  möglich,  wenn  die  Flüssigkeit 
den  gegebenen  festen  Körper  benetzt  und)  also  die  Adhäsion 
ihrer  Melecüle  unter  einander  schwächer  ist ,  als  die  an  den 
taten  Körper,  \rie  sich  daraus  deutlich  ergiebt,  dafs  der  Tro- 
pfen bei  erreichter  hinlänglicher  Gröfse  durch  sein  Gewicht 
riebt  von  der  Fläche  des  Körpers,  woran  er  hängt,  abgeris- 
sen wird,  sondern  allmälig  sich  der  Gestalt  eines  Cylindent 
uit  unterer  Halbkugelfläche  nähert,  worauf  sofort  der  obere 
Theil  dünner  wird,   bis  et  abreitst  und  der  zur  Kugel  umge- 


106*  Tropfen. 

staltoe  Tropfen  herabÖfllt,  der  zurückbleibende  Rest  aber  sieh 
wieder  in  die  Höhe  zieht,    unl  einen  Thcil  des  neu  entste- 
henden Tropfens  zu  bilden.      Hierauf  geht  hervor,  dafs  na 
▼ermittelst  der  unter  gleichen  Bedingungen  erzeugten  Tropfe* 
verschiedener  Flüssigkeiten  die  Stärke  ihrer  Adhäsion  messen 
könne,,   es  wurde  eher  unrichtig  seyn,    wenn  nun  tue  dem 
Abreiben  des  Tropfens  sthliefsen  wollte,    diese  Messung  er-* 
strecke  sich    biofs  euf    den    Zusammenhang  der    Theile    der 
Flüssigkeiten  unter  sich,    da  vielmehr  auch  die  Adhäsion  dem- 
selben an  die  festen  Körper  dabei  in  Betracht  kommt,    indem 
hierdurch  die  Gröfse  der  Fläche  bedingt  wird,  welche  die  Ba* 
sis  des  Tropfens  einnimmt,    denn   die  Bildung  desselben  be* 
ruht  darauf,  dafs  die  Moleciile  der  Flüssigkeit  von  der  Ober- 
fläche der  festen  Körper  angesogen  werden,    wodurch  jedoch 
nur  eine  dünne  Lage   derselben  gebildet  werden  könnte ,  und 
die  Entstehung  des   Tropfens  ist   daher    zugleich    auch  eine 
Folge  der  gegenseitigen  Anziehung  der  Moleciile  des  flüssigen 
Körpers.    In  praktischer  Beziehung  ist  es  aber  wichtig  in  be- 
merken, dafs  die  Tropfen  nicht  als  bestimmte  Gröfsen  gehen 
können ,  wie  in  der  Pharmacie  eingenommen  wird,  da  ihr  Vo- 
lumen unter    verschiedenen    Bedingungen    sehr   ungleich  ist» 
Faavkbvhbim1  versichert,  dafs  er  Wassertropfen,  deren  nor- 
males Gewicht  zu  einem  Gran  angenommen  wird,    340  Mil- 
ligramme oder  4  Gran  schwer  erhalten  habe,    welches  sonach 
den  ungeheuren  Unterschied  vom  Einfachen  bis  zum  Vierfachen 
begründen  würde»      Wenn  auch  angenommen  wird,   dafs  bei 
der  Bereitung  und   dem  Geben    der  Arzneien   die   Bedingung 
su  grofser  Geschwindigkeit  des  Abüttpfeln*  und  der  EinfluXs 
der  Wärme,    Ersteres   durch  nöthige  Vorsicht  und  Letzteres 
durch  die  Wahl  einer  mittleren  Temperatur,  leicht  su  beseiti- 
gen wären ,    so  hängt  doch  aufserdem  die  Gröfse  der  Tropfe« 
von  der  Beschaffenheit  des  Gefafses,    ob  von  Glas  oder  Por~ 
seilen  u.  s.w.,' von   der  Dicke  und  Krümmung  dee  Randes 
und. anderen  Bedingungen  sehr  ab,  weswegen  mindestens  den 
Pbarmaceuten  eigene,     bestimmt   gestaltete  Tropftnglätßr  un- 
entbehrlich sind.    Solche  het  man  daher,  namentlich  für  stark 
wirkende  Arzneien,  verschiedentlich  in  Vorschlag  gebracht9, 


1  A.  e.  O.  8. 100. 

2  Seherert  allgem.  nordische  Ann,  Th«  I.  8«  215. 


Tropfen.  Hft 

es  aaöge  hier  aber  genügen,  ein  von  Miise***1  angegebene* 
wegen  seiner  Zweekmäfsigkeit  ab  Prob«  näher  so  beschreiben« 
Era  seiner  Form  nach  Ueno  geeignetes  Medioinglas  wirf  mit  Fig. 
iwti  durah  einen  Kork  gesteckten  Glasröhren  o  und  ß***9 
matbn9  deren  «ine  ß  daaa  dient,  die  im  Glase  enthaltene 
Flüssigkeit  tropfenweise  abflielsetv  zu  lasten,  weswegen  ihr 
aberaa  £nda  gehörig  gebogen  ist,  und  «a  müssen  dann  dia 
Tropfen  wagaa  der  eina  halbe  Linie  kaum  erreichenden  ge- 
sagen  Weite  dar  Röhre  nur  langsam  abftiefsen,  können  aber 
wegen  dar  Un Veränderlichkeit  dar  rein  zu  erhaltenden  Fläche, 
woran  sie  sieh  bilden,  von  ihrer  normalen  Gröfse  nicht  we- 
sentlich abweichen«  Dia  zweite  o  hat  den  Zweck ,  wieder 
Lnft  in  das  Glas  eindringen  au  lassen,  und  sie  ist  daher  $o 
gebogen ,  da/s  dieses  bei  einer  geneigten  Lage  des  Glases 
leicht  geschieht,  auch  geht  sie  nicht  so  tief  herab,  data  dia 
Flüssigkeit  in  ihr  aufsteigt,  woraus  ein  Hindernils  gegen  das 
Eindringen  der  Luft  erwachsen  würde«  Zweckmäßiger,  ob- 
gleich etwas  kostbarer,  ist  ein  anderes  von  Sc huste* a  enge« 
gebenes  Tropfenglas,  dessen  Vorzüge  darin  besfehn,  dafs  dia 
Flüssigkeiten  nicht  mit  einem  allmälig  zerstörbaren  Korke  in 
Berührung  kommen  und  dia  Luft  nicht  durch  zwei  offene 
Bohren  leichter  communiciren  kann«  Dia  Gestalt  des  Ganzen  Fig. 
ist  aus  der  Zeichnung  kenntlich,  auch  sieht  man  bald,  dafs148* 
ier  Glasstöpsel  a  geöffnet  wird,  wenn  man  das  Gefäls  füllen 
oder  Tropfen  aus  der  Spitze  b  erhalten  will,  die  bis  zur 
Weite  vom  Durchmesser  etwa  einer  mäfsig  dickep  Nähnadel 
Terengt  ist.  Auf  diese  Weise  erhalt  man  allezeit  unter  sich 
gleich  grobe  Tropfen  derselben  Flüssigkeit,  auch  findet  we- 
gen dar  Engigkeit  der  Spitze  eine  nur  geringe  Verdunstung 
and  ein  unbedeutender  Ernfluls  der  eindringenden  Luft  statt, 
welchen  Mängeln  ohnehin  begegnet  werden  kann,  wenn  die 
Spitze  b  mit  einer  aufgeschliffenen  gläsernen  Kapsel  bedeckt 
wird.  M. 


1  Vorschläge  zo  einigen  neeen  Teraettertuigen  pearmasefttiaeher 
eseratieneä«    Wien  1814.  S.  378. 

2  Bechner's  Repertorium.  Th«  VI.  S.  369. 


• 


JOIR  Tnrm&liB* 


Turmalin. 

f 

t 
*  \  * 

\ 

Turnamal,  Trip,  Aschenzieher,  Aschen- 
trecker,  elektrischer  Stangenschörl,  cei- 
Ion sc her  Magnet;  Turmalinum y  Lapis  electri- 
cus;  Tourmaline;  Tourmaline. 

Der  Turmalin  erregt«  im  Anfange  des  vorigen  Jahrhun- 
derts durch  seine  vorzügliche  krystall  -  elektrische  oder  ther— 
moelektrische  Eigenschaft,  durch  Erhitzung  stark  elektrisch  zu 
werden ,  sehr  grefses  Aufsehn  und  auch  spater  ist  er  in  die- 
ser Beziehung  Gegenstand  vielfacher  Untersuchungen  gewor- 
den.-«»Die  Mineralogen1  unterscheiden  den  wasserhellen  Tur- 
malin, den  rothen  (Siberit,  J)aourity  rothen  Schörl),  den 
blauen  (Indicolit),  den  grünen ,  den  gelben ,  den  brau- 
nen (elektrischen  Schörl)  und  den  schwarzen  (gemeinen 
Schörl),  unter  denen  vorzugsweise  der  braune  wegen  sei-« 
ner  vorzüglichen  elektrischen  Eigenschaft  hier  in  Betrachtung 
kommt«  Von  geringem  Werthe  sind  die  Bemühungen,  die 
Spuren  der  Kenntnifs  dieses  Steines  Bei  den  Alten  aufzu- 
suchen! da  die  älteren  Schriftsteller  allerdings  von  solchen 
Fossilien  reden,  welche  leichte  Körper  anziehn,  ohne  dafs 
jedoch  die  Ungenaue  Beschreibung  darüber  zu  entscheiden  ge- 
stattet,  ob  wirklich  vom  Turmaline  die  Rede  sey,  weil  auch 
andere  Fossilien  diese  Eigenschaft  «eigen.  Dahin  gehört  das 
Lyncurium  des  Thkophrast2,  welches  die  Römer  nicht  mehr 
kannten3,  der  Theamede*  des  Plivius4,  welcher  alles  Eisen 
abstofsen  soll,  und  eine  Art  Carbunculus  dieses  nämlichen 
Schriftstellers5,  welcher  von  der  Sonne  erwärmt  oder  mit  der 


1  S.  v.  .Lborhasd  Handbuch  der  Oryktogaoale«  Heidelb«  J8S6. 
S.  446. '  Daselbst  findet  man  die  ausführliche  Literatur  über  dieses 
Fossil. 

2  De  Lapidibut ,  e&  Heins».  L.  B.  1618.  foL  p,  895. 
8    Punus  Hist  Nat.  Lib.  XXXTII.  e.  8. 

4  Bbend.  Lib.  XXVI.  c.  16. 

5  Ebend.  Lib.  XXXVU.  c.  7. 


-     / 

Hand  getSeben  8fr«  und  ftpiembufopleT  aniiehn  soD.  :  Jljaffe 
weniger  emer.  berönamten  Deutong  fähig  ist^di«  A^geb*  4h 
Arabern  Ssn Arm*1  vom  einem  Steine»  Hqgmr  Mbm§di  gn* 
«aentf  welcher  etfs  dem  Oniati  kommend  sm  Haaren  «flerief 
Im  Spreu  ansiehe« 

Dia  erste  bestimmt«  Nachricht  Ton  der  elektrischen  Ei* 
geasehefr  des  Turmalins  findet  sieh  nach  BtCMtAnv*  in  ei» 
Ben  alten  Buche*,  worin  die  von  einem  gewieseto  Daubjv» 
■randlioh  erbalt«*«  Angabe  mitgetheilt  Wird,  dal»  -die  Hol« 
knder  im  J.  1703  einen  pomeransrotben  Edelstein,  Tujrmalinj 
Tarmale  nnd  Trip  genannt»  ans  Geilen  mitgebracht  und  vre* 
gen  seiner  merkwürdigen  Eigenschaft  Asobentreeker  genannt 
bitten.  Lemiät4  zeigte  der  fraosös.  Akademie  einen  soleben 
Stein  unter  dem  Namen  eines  eeilonscben  Magnets,  weichet 
die  sonderbare  Eigenschaft  habe,  die  Körper  erst  aniuziehn, 
und  dann  abzustoßen;  aus  dem  Naturlexikon*  geht  aber  her« 
vor,  dafs  man  sich  auch  in  Deutschland  mit  diesem  Steine 
beschäftigte.  Lihie6  muthmafste  znerst  richtig,  obgleich  er' 
den  Turmalin  selbst  noch  nicht  gesehn  hatte,  dafs  die  be- 
wunderte Eigenschaft  desselben  auf  Elektricitat  beruhe,  wes- 
wegen er  ihn  Lapis  sUctricus  nannte,  eine  Ansicht,  welche 
durch  die  genauen  Untersuchungen  von  Wilke  7  und  vorzüglich 
von  Asfihus*  volle  Bestätigung  erhielt«  Letzterer  prüfte  die, 
Eigenschaften  dieses  Fossils  genau  und  machte  die  Resultate 
aebst  den  früheren  Nachrichten  über  dasselbe  bekannt9;  /in 
Frankreich  stellte  der  Herzog  von  Nota  Caäafia10  mit  Daü« 


1  De  timptiefbut  medichiis. 

2  Beiträge  cor  Geschiohte  der  Erfindungen,  Leips.  1782«    Tb«  L 
St  2.  N.  5.  S.  241. 

3  Caridse    Specnladonet    bei   schlaflosen  Nächten;    von   einem 
Liebhaber,  der  Immbb  Gern  specaürt.    Chemnitx  and'  Leips.    1707»  8. 

4  Bist,  de  l*Ac«d.  1717«   p.  7«      Vergl.  MostCHBVBaoas,  Dies,  de 
Magnete.  L.  B.  1729.  4.  praef. 

5  Mehrmals  mit  Höimka's  Torrede  angelegt*     Aotgabe  von  1727 
«d  1741, 

6  Flora  CeUonice  Holm.  1747.  8.  p.  8. 

7  Sehwed.  Abhandl.  Tb.  XXVIII.  8.  05.  Th.  XXX.  8.  1  m  105. 

8  Mdm.  de  FAcad.  de  Beriia.  1756.  p.  110. 

9  AeeneU  de  diffdrens  mdatoires  aar  la  ToormaKne.   8t.  Petersb» 

»et  8, 

10  Lettre  snr  la  Touimalinc  a  Mr.  de  Jtafibn.  Paria  1759.  4. 


IOBI  Turiaalin. 

witoi  und  Ada mso»  Ichcfcsbaie  Viiesxhc  an,  wodurch  4M 
/  Wn  Airia'trs  gefundenen  Erscheinungen  bettätigt  wanrdeof 
ebcndieses  geschah  io  England  durch  Wrxso«*,  welcher  toral 
Voreaslfcto  durch  He%s*n*v  an*  Heiland  erhielt,  und  noch  gräueV 
licher  durch  Ca itoh3,  mehrerer  «öderer  Versuche  nicht  sag«-* 
denke»,  die  von  Wiuti3,  PaisSTurr4  und  BiieitAM?  er- 
wähnt  werden«  In  den  neueren  Zeiten  heben  die  Chemiker 
den  Tnrmalia  enalysirt  und  die  Mineralogen  denselben  ^  anfeot 
s*  Ceilon»  noch  an  vielen  andern  Orten  aofgefaoden,  was 
aber  hier  nicht  annächat  zur  Sache  gehört0«  Beilinfig  nag 
dagegen  erwähnt  werden,  data  ein  ähnJkhec  elektrische«  Ver- 
halten schon  im  J.  1760  beim  brasilianischen  Topase  durch 
'Cavtov,  im  J.  1761  am  sogenannten  brasilianischen  Smaragd 
durch  Wiiaoi  wahrgenommen  wurde ,  welchen  letzteren  Stein 
Acpitos7  jedoch  für  einen  Chrysolith  hielt  Vermothlich  we» 
reu  diese  Steine  sfimmtlich  Tuxtnaline  von  verschiedener  Farbe 
nnd  Krystallforro. 

,  Für  unseren  Zweck  kommt  zunächst  nur  dss  elektrische 
Verhalten  des  Turmelins  in  Betrachtung.  So  lange  man  blofs 
die  Erregung  der  Elektricität  durch  Reibung  kannte,  muhte 
es  im  hohen  Grade  auffallen,  den  Turmalin  durch  blofse 
Aenderungen  der  Temperatur  elektrisch  werden  zu  sehn,  und 
hieraus  erklärt  sich  leicht  das  grofse  Aufsehn,  welches  diese 
Erscheinung  allgemein  erregte.  Als  man  später  die  Volta'sche 
Säule  kennen  lernte,  suchte  man  jenes  Verhalten  hiermit  in 
Verbindung  zu  setzen,  und  da  weitere  Erfahrungen  eine  glei- 
che Eigenschaft  auch  bei  sonstigen  (vollkommen  krystallisir- 
ten  Körpern  nachwiesen,  nahm  man  eine  eigene  sogenannte 
KrystaüeUktricität  an.  Nach  dem  gegenwärtigen  Standpuncte, 
auf  welchem  sich  die  Elektricitätslehre  befindet ,  unterliegt  es  wohl 


1  Philo».  Tran*.  T.  LI.  P.  I.  p.  808. 

2  Bbend.  T.  LH.  P.  II.  p.  443. 
5    Schwed.  Abhandl.  a.  o.  a.  O. 

4  Geachiohte  der  Elektricität.    Deutsche  Ueb.  8.  456. 

5  Comm.  de  Indote  electr.  Tormaliai.  In  Phil.  Trans,  T.  LVI, 
p.  SS6.    8ehwed.  Abh.  T.  XXVIIF. 

6  Wegen  der  aoarmhrlichen  Literatur,  die  som  Theil  in  der  al- 
ten Aotgabe  des  Wörterbaehes  enthalten  ist,  verweise  ich  aaf  die 
Oxyktognoeie  von  v.  Lbokhard  a.  a.  O. 

7  Not.  Ceon.  Petrot>  T.  Xli.  p.  85t 


Turmaliü.  MM 

Zw«dS»t,  dal»  diese  spssWBsn  Emcheamngen  xw  Jk*+ 
mthüfjudiäi  gebären;  allein  wie  zehheieh  auch  die  tu  kl»« 
gehörigen  Tbatsachen  seyn  sägen  und  ebgWich  diese  be» 
ebene*  vielseitig  als  grnndUekruntersotht  worden  sind*,  so 
in  dennoch  des  eigentlich*  Wesen  and  die  Ätiologie  dieser  PheV 
Bostene  noch  keinen weg»  ergründet.  Ab  solche  krystaUisfrte 
FsesiKeti,  welche  die  tfaeraoelektrisobe  Bigenseheft  zeigen^ 
laut  Haut*  den  TurmaKn,  den  Borack,  den  Topas,  den 
Mssotyp  (WftMift's  strahligen  und  faserigen  Zeolkb),  de« 
Preunk  «ad  de«  oxyfcte  Zink  (fcr/MaHhine«  OeJniei);  allein 
de  dieser  Gelehrte  die  Anwesenheit  der  Bkktndtät  blo&  am 
ihrertmeohs  irischen  Wi&nng  erkannte,  wobei  er  sieh  des  Con* 
deneators  bediente ,  eo  unterliegt  es  webl  keinen)  Zweifel,  deft 
noch  viele  andere  Ktirper  tbermoelektriscbe  Wirkungen  zeigen 
werden,  sobald  man  sieb  zur  Wabraebmnsg  derselben  reine* 
ter  Meiswerkzeuge,  namentlich  der  Magnetnadel,  bedient,  wie 
ich  denn  nach  eigenen  Versuchen  überzeugt  bin,  da&  alle 
Korper,  wenn  aneb  nur  in  sehr  geringem  Grade,  thermoelek~ 
ujich  werden  können3.  Inzwischen  ist  unverkennbar,  dab 
dis  genannten  Fossilien  nnd  unter  diesen  namentlich  der'Tur- 
auKn  die  angegebene  Eigenschaft  in  einem  vorzüglichen 
Grade  besitzen  und  überhaupt  in  dieser  Beziehung  ein  auffal- 
lendes und  merkwürdiges  Verhalten  zeigen,  indem  sie  nicht 
Mob  überhaupt  thermoelehtrisch  werden,  sondern  zugleich 
politische  Gegensätze  beider  ElektricitMten  wahrnehmen  las- 
Ha.  Ampeäi4  fuhrt  daher  den  Turmalin  als  Beispiel  ei- 
nes Nichtleiters  an,  in  welchem  sich  beide  Elektricitäten  durch 
den  Wechsel  der  Temperatur  trennen  und  bleibend  an  ver- 
schiedenen Stellen  anhäufen« 

Das  elektrische  Verhalten  des  Turmalins  ist  untersucht  Wor- 
den von  Wixks  nnd  Abmius,  die  bereits  genannt  sind  ,  ferner 
von  Wilso**,  Bikomav*6,  den  Herzog  von  Nota  Carav- 
ia,  Haut7  und  Andere;   später  sehr  ausführlich  und  gründ- 


1   YergL  diesen  Art. 

%   Mmu  de  Mos.  ö?Hist.  Nat  T*  TU.  p.  809.    G.  XYIL  44L 

8    8.  Art.  Temperatur.  Bd.  L£.  8.  547. 

4  G.  LXTII.  115. 

5  Phflos.  Tränt.  1799.  T.  LT.  p,  81 5. 

6  8ekwed.  Abhandlangen.    Deutsche  Üeb.  Th.  XXVfll*  3.  65. 

7  Trahe*  de  Mineralogie.  T.  IH.  p.  60»         .      ' 


v. 


•    '.£» 


lieh  Voö  Jtes*4,  *tekher  denselben  mit  eV  Uodtnen  efefcrriJ 
sehen  <  Säule  Vergleicht  und  mim  elekteisehen  Äeufsertitigea 
denen  der  letzteren  gbieh  setzti  Beide  Appeiate  gleichen  tidt 
In  der  aaleere»  -Forte  und  der  Lege  ihrer  Pete  an?  den  -  finden) 
■nt  ao  genauer  Uebercintftimnmng  , '  -dafs  'selbst  einzelne  Sjrifr» 
ter  des  Steins  nach  der  Seite  hm ,  wo  *«r  +  Pol  des  Gw 
sen  eich  befind,  die  nttmltohe  Polerätit  feeige«.  Der  Tenne-* 
Ha  «scheint  hiernach  und  «ach  der  Leichtigkeit  seines  fcerspel«* 
tens  ans  ähnKckea  ober  einander  gelagerten  Lamellen  zu  be- 
steh»,  als  die  trockne  Baute,  wtför  noch  aufserdem  die  Verl 
eehiedenheti  des  aufsere*  Aoserms  seiner  ferttchfläcbert ,  wettt 
man  ihn  spaltet,  als  Argument  angeführt  wird.  Rüefcsichtlieh 
des  elektrischen  Verhaltene  beider  Apparate  -bieten  sich  einige 
Aehnüchketten  eis  nahe  liegend  von  selbst  dir,  andere  liegen 
entfernter«  Unter  die  letcteren  gehört ,  dafs  der  iFurtnalin  sehr* 
elektrische  Eigenschaft  verliert,  wenn  er  bis  zum  Verloste  sei* 
ner  Farbe  oder  bis  zum  Schmetten  erhitzt  wird,  dagegen 
nach  sonstigem  starkem  Erbitten  steh  wieder  elektrisch  zu  zei* 
gen  beginnt,  wenn  er  vorher  aal  eine  niedrige  Tenöperwot 
zurückgebracht  ist;  :  ganz  von  dem  Verhalten  der  Saale  ab-* 
weichend  ist  aber  die  Bedingung,  dafs  der  Stein  zur  Erzen* 
gnng  einer  elektrischen  Po  kr  hat  einer  Tempvraturveränderung 
bedarf,  die  trockne  Säule  aber  auch  ganz  ohne  diese  Bedin-» 
gung  sich  elektrisch  wirksam  zeigt.  Beide  Apparate  kommen 
darin  überein ,  dafs  ihre  Pole  nicht  vollkommen  leitend  v%r* 
banden  nnd  auch  nicht  vöüig  isoÜrt  seyn  dürfen ,  welches 
Letztere  Jloea  durch  seine  Versuche  für  erwiesen  halt,  ob« 
gleich  Wiik.1  nnd  Wilsow  die  Sache  anders  gefunden  sä 
haben  angeben,  wobei  jedoch  wohl  berücksichtigt  tu  wer- 
den verdient,  dafs  nach  Jage*  vollkommene  Isolirung  nur  mit' 
grofser  Schwierigkeit  zu  erlangen  ist«  So  soll  man  es  unter 
andern  als  eine  Wirkung  der  elektrischen  Atmosphären  beider. 
Pole  ansehn,  dafs  zwei  Elektrometer,  auf  welche  man  die 
entgegengesetzten  Pole  eines  lurmalins  oder  einer  trocknen 
Säule  (Letzteres  nach  Bohvsibbrger*)  gelegt  hat,  beide  vor- 
handene Elektricirat  zeigen.  Beim  Turmaline  ist  *  ferner  be- 
merkenswert}! ,  dafs  seine  durch  Erhitzung  erzeugte  Elektricität 


1  G.  LT«  369  ff. 

2  Tübinger  Blatter.  Th.  II.  6.  71.    Q.  L1U.  847. 


s 


iMtmt^xn,  tum 

W»  AWx&*n*U*J»**&wng9mltt*  »hergeht,  und  «toritt 
der  Actv  dUfc  der^gen**  $^qv^»«  iwi%id'bflMM  2fe« 
Ite^*  ajn(eke^lWk  rieben d:  berührt,  in  fceioerg*nt^nL*n§n 
eine,  tmA  dieselbe  ElektriciÜt  zeigt,  sind  .  eben  -beide  Enden 
pk  einenv  uuv#Uknminenea  Leiter  verbünd*«,  00  »eigen  sin 
a*ch  awni  Hälften  enigefengeaetnte  EWterieitt-ren.  B»  folgi 
aa*df9>efn  ferner,  dtf*t«ta  Tomalin,  wenn  sein  einet  Bnder 
ejjut*t  wvri  undL  de*  ender*  inriAbküMneg  begriffen  ktf.  ea 
baden,  E*den  gleicht  Falentät  erhajltmt-mtif*} .  indem:  er  drier* 
Jortfti  awei  jtnt  i^^nhgktohenPeieni!W»f einten  trocknen  Ära* 
im  gleioh  rär4,iein*^EremWnu*grdife Waimnte*rea«t  wehr** 
rmemmo**  hi^.isueh*faad  >W*lm»  d*fft^«d*asv  inffbrrjfcfittd 
de*  Stektetf*dftei  ea^^^e^elstnfl^arilätiKfini^l^oMUieJn.  kam* 
HiatieJitUoh  der  Iatinailet^«iEIekteibitit«Ugt«  afeh  8»  Tuim 
»Win«  .vefc*obiati>ii ,  wen  >  «k  Feig«  ährnt  angleichen  Bestand« 
theDe  oder  Aggregat  formen  zu  betrechteal  I  sey  n  dürfte*  h&h  diu 
vnktemeteai  nennt  J&etR  diei  nelbenbrtntnen  von  Geile*/«!  ih- 
■en  folget*  die»  gjäo^iAiaeiliatdacnenv  dann  da* Jtafairah  4p*i# 
liachen  *  jäetonttebat  ^ife  rosnnrothen^  angebiteti  gleichfalls)  ow 
lomcben,  hiernach  die  bfannen  schweizerischen,  <deun  die 
Uänlkhea ,  welche  mnthmafslieh  auch  ans  Ceiton  herstammen, 
md  endlich  die  undurchsichtige*  schwarzen  tyröler  ScbdrteL 
Feuchte  Luft  und  die  Nähe. einer  Liohrnamme  schwächen  die 
Wirkung,  ohne  Zweifel  wegen  Ableitung  der  ElektrickaH^ 
tack  crtcaSopft  eich  die  Kraft  des  {Meines,  wia  die  der  Sejnty 
damh  anhabend*  Ableitung,'  indem  et  lange  dauert f  bit  den 
Twmalin  -  dnrek  Abkühlung  elektrisch  wird ,  wem  er  auf  eW 
■er  MetnUpttete  liegend  erhitzt  wurde, .  Uebrigene  •  wachet  did 
Stink*  dwlElektricitat  mit  der  Lange  der  Turmeiiee,  jedocir 
leiht  im  einfachen  Verhältnisse,  entcheinead  nur  de«.  Qua-** 
fteawmaulujder  Aamnräng*. proportional;  auch  fand  Jteta  die> 
ptfste  IneaueitSU  am  den  Pole»  selbst,  der  Behauptung  vom 
Haut  zawidefc,  wonach  in  einiger  Entfe?nong  von  dem  Pole» 
aa  Stellen  9  die  er  Mittelpunete  der  Wirkung  nennt,  die  stark** 
üe  Elektrkitht  wahrgenommen  werden  soll«  Dal*  die 
der  ElektricitaV  dem  Unterschiede  der  Temperatur,  welch* 
der  Stein  ausgesetzt  wird,  proportional  teyn  tolle,  tcheint 
sieht  statt  zu  finden,  jedoch  muh  mau  bei  vergleichendeu- 
Versuchen  euch  für  gleiche  Erwärmung  und-  Erkaltung  e orgen. 
Der  Turmalia  theilt  seine  Elektricität  zwar  zum  Theil  wie  ein 


fOM  Tnrmmlin. 

leitender  Körper  mit,  «»1  «wor  mehr,  weao<  der  Pol  dcssetfoti 
mit  einen*  M*aMbiäctchcn  aberzogen  ist,  zugleich  zeigt  sich 
•Im  «och  Atmosphärenwirkung ;  denn  wenn  der  Pot  einige 
Zeit  mit  t»ea  Elektrometer  in  Berührung  war,  so  fielen  die 
Goldbiättcben  nach  der  Wegnahme  des  Steiner  zusammen» 
divergirten  dann  «bor  sofort  wieder  nut  entgegengesetzter  Blek^ 
ttfcität.  Ferner  dauert  es  eine  geraume  Zeit,  bis  der  Trirmo 
Mn  sein«  Eiektrieität  ebgiebt,  und  «rar  eine  Ungern,  als  er  na 
seiner  Abkühlung  bedarf,  weswegen  die  Divergenzen  $*k 
Strofchälmchon  des  Elektrometers  annahmen ,  wenn  der  '8min 
wiederholt  aufs  neue  erhitzt  war  and  bei  der ,  Abkühlung  dorn 
Ebktrouieter  wieder  genähert  wurde.  Die  MittheHung  erfolg! 
sogleich  aber  schneller ,  wenn  die  Wuchern  »de*  Polo  growe* 
sind  und  der  Wechsel  der  Temperatur  kürzere  Zeit  dauert, 
«hd  geschieht  zugleich  hm  so  Vollständiger;  jr  Vollbointneboff 
•nickend  der  andere  Pol  berührt  wird.  v.  't 

-.!  Die  ihrem  wesentliche»!  Inhalte  nach  hier  mitgetheHto 
deutsche  Abhandlung  scheint  den  Ausländern*  <K*'  *i*h  »pätet 
mit  demselben  Gegenstände  beschäftigten ',  :nacht  bekannt  ge- 
worden zu  jeyn ,  wie  man  dieses  auch  sonst  häufig  zn  finden! 
pflogt.  Von  diesen  spätem  Untersuchungen  des  Verhaltens  den 
Tormalins  oder  der  sogenannten  PyrotUbtricitMß  ist  die  toa 
Baiwstsa1  dir  umfassendste,  sofern  sie  sich  nicht  ausschliefst 
|ich  auf  den  Tormalin  beschränkt ,  sondern  auch  auf  sonstige' 
Ktirper  erstreckt,  welche  dieselbe  Eigenschaft  im  hebern»  odee 
geringeren  Grade  zeigen,  ohne  jedoch  die  Abweichnngen  der 
verschiedene»  Körper  von  dem  allgemeinen  Gesetze  dioass1 
Verhaltene  einzeln  nachzuweisen;  Zur  AufifwdtmnVuud  Mee-« 
•tag  der  vorhandenen:  Eiektrieität  bediente  sich  ■Bjtaws.*«nJ 
der  inneren  Haut  atos  der  arunde  phragmiti*,  die  in*  kleine* 
Stockchen,  geschnitten  -  und  getrocknet  von  den ;  p?roelefatri^ 
achen  Körpern  angesogen  wnrde,  öder  eines  kleinen  Elektro«, 
meters,  welches"  ans  einer  mittelst  eines  Achathjirchans  auf  ei- 
ner Stahlspitze* balanoirten  messingnen  Nadel  bestand,  beide 
Mittel  keineswegs  fein  genug,  um  die  geringsten  Sparen  vor— 
hendener  Eiektrieität  anzugeben«  Hiermit  land  ex  folgende* 
thermoelektriseh : 


1   Bamberg*  Joura*  of  Scienee»  N.  O.  p.  906. 


.Xusmaliife 


Dimttl 

gelbe*  Aaripigm*nt 

Analcim 

Amethyst 

Qnarz  an*  der  D*upbin£ 

Idooras 

Weil*? 

&hwe£al 


i    • 


Granu 


fi 


Stobsä1 

JfosoBt* 

grönländischer  Metotyp    . 

Kalkspeth 

gelbar  Beryll, 

SchwerspatA 

schwefelsaurer  Srontian 

kohlensaures  BM 

Piopsit     . 

tOÜtsr  «od  blauer  Fluiaepath 

Bbiwstea  fand,  übereinstimmend  mit  früher  erhaltener* 
Resultaten  r  da(s  selbst  kleine  Splitter  des  Turmali ns^  in&Jwscwdarji 
senkrecht  auf  die  A*e  geschnittene  Blätteben, ^  elektrisch.,  wer? 
den,  denn  wejiu,  sie  auf  einer  Glasscheibe  liegend  /erhitz); 
sind,  so  hängen  sie  am  Glase  so  fest^  dUa  sje  selbst  beim* 
Umkehren  nicht  herabfallen  and  also  .ihr  ganzes  Gewicht 
~-durch  die  Kraft  der  elektrischen  Anziehung  überwanden  wird* 
und  aafserdem  behielten  sie  diese  Eigenschaft  6  bis  8  Stunden, 
lang  bei.  Keiner  der  früheren  Forscher,  selbst  nicht  ILtui* 
Bat  untersucht,  ob  auch,  aus  wässerigen  Losungen  gebildet« 
Krystalle  sich  pyroelektrisch  zeigen.  Brewstsr  suchte  auch 
diese  Frage  zu  beantworten  und  fand  diese  Eigenschaft  bei 
folgenden  Krystallen: 

Weinsminsaares  Kali*  Natron 


Weanstaansänre 
MeesMirasA 
«Uorsanxer  Kali 
schwefelsaure  Natron  -Magnesia 
schwefelsaures  Ammonium 

m^peleV^^ejp^e»BanjeÄ<navaj  van    A^wU/^vsm 

Unter  diesen  Salzen  zeigte  sich  das  weinsteinsaure  Kali-Natron 
und  die  Weinsteinsäure  stark,  die  übrigen  zeigten  sich  Ter- 
hältnibmäfsig  schwach  pyroelektrisch« 

Schon  (Uno*  hatte  als   auffallend  bemerkt*    daCs  beide 
Stöcke  eines  zerbrochenen  Turmalins  elektrische  Polarität  *ei- 


schwefelsaure  Magnesia 

Uausanies  Eisen -Kali 

Zucker 

Bleizaeker 

kohlensauren 

Citronensänre 

Quecksilhersnblii 


1    Eins  oder  das  ander*  dieser  beiden  Fossilien 
f&r  wafcrsekeinHch  identisch  mit  Himr't  M esotyp« 


Bnwmt 


r 
I 


KM  {Farmaliiu 

gen,  and  Haut  schloff  hieraus,  dats  ein  jede«  TheHehen  des- 
selben   auf   gleiche   Weite   ein    polarisch   elektrischer  Körper 
•eyn   müsse,    als  Couiomb   jedes    einzelne   Tbetfchen    eines 
Magnetes   für   magnetisch   hielt.       Inzwischen   sind   die  durefc 
Feilen  öder  Zerstoben  erhaltenen  kleinen  Partikeln  eines  Ma* 
gnetes ,  eben  in  Folge  dieser  Zerkleinerung,  nicht  mehr  magne> 
tisch,  nnd  diesemnach,   mehrt  Bbbwst*h,  müsse  man  erwar* 
ten ,    dtifs  toueh  Aas  Pulver  eines  zerstobenen  .Turmstin*  nicht 
mehr  pyroelektrisch   seyn   könne,    allein  selbst  feines  Pulver^ 
welches  im  gewöhnlichen  •  karten  Zustande  von  einer  GtespkH*) 
herabfiel,    hiifg  an  derselben  fest  an,   wenn  das  Glas  gehörig 
dHritatt  war.  und  ballte  sich  (eim  Aufrühren  mit  einem  festen 
Körper  zu  einem  Raufen  zusammen,    verlor  jedoch  dfcse  Bi- 
finSchsift  'einige  2eit  nach    dem    Erkalten.      Bhewstzn    fin- 
det erne  Analogie 'dieses  Verhaltens  mit  der" 'Hoppelten  Strah- 
ftnbrechüug  lb  Krystailen,   indem   das  kleinste  Stück  is)Xndi~ 
sehen  Kalkspäths   stets  (  nochv  doppelte  Strahlenbrechung  zeigt^ 
Während    schnell   gekühltes   Glas   nach    dem   Zerstoben    seine 
optischen  Eigenschaften  verliert;  er  will  daher  hierauf  eine  cTekf 
Beachtung   und    weiteren   Untersuchung    werthe   Aehnlichkeit 
zwischen  Elektricitttt ,  Magnetismus  und  Licht  gründen1.   Pul-' 
Ter    von   zerstofsenem   und    seines  Krystallwassers   beraubtem 
Scolezit  und   Mesolit   behielt  gleichfalls   seine  pyroelektrische 
Eigenschaft  bei,    hing   an  einer  erhitzten  Glasplatte   fest  und 
lief«  sich  durch   Aufrühren   mit   einem  festen!  Körper  susem* 
menballen;  diese  Eigenschaft  der  genannten  Fossilien  snuls  da« 
her   den    kleinsten    Bestandtheilen   derselben    «ngehtfren    und 
nicht  von  der  KrystaHfcwrm  abhängen,    wozu  da»  Kryatallwas«« 
ser  unentbehrlich 


1 

i  i 

1  Die  über  diesen  Gegenstand  Yersproeftene  Abhandlung '  Ist,' 
ao  riel  mir  bekannt,  nicht  erschienen.  Die  Sache  erklärt  sich  übrU 
gens  leicht,  wenn  man  annimmt,  da  ff  mm  feinsten  Pulver  lentofse- 
irtr'Turmulin  nnd  Kalkspath  stets  noch  ihr  krjstallinisches  Geftige, 
die  Bedingung  ihrer  Wirkungsweise,  beibehalten,  statt  dals  der  Magne* 
tismns  des  Stahls  und  die  Fähigkeit  des  Glases,  auf  den  polariiirten 
Lichtstrahl  zu*  wirken,  ans  der  Aggregationsärt  ihrer  Theflchen  ent- 
stehn  nnd  deir  ganzen  Körpern  daher  ebensowohl  gegeben  als  auoh~ 
genommen  werden  können« 

2  Dieser  Umstand  ist  zwar  nicht  abseiet  entscheidend,    spricht 
aber  für  Haut's  Ansicht  ren  den  Grundformen  der  Kiyatalle* 


Tu  rat*  lim  fOfft 

Bttf?«**iei,  \  dtte  die  4ftae*r1c***lthi»e  fco  KttfteHt  zehM 
reiche  Veraoche  verdankt,  find  sieh  tut  firiifamg  der  fettet 
Tarmsfae  gemachten  «Erfahrungen  deewegen  bewegen ,  weil 
*e«cbe  Phyaeker  de*  Atofttn  4**  K«rf*r  ifcfttrehe  elektrische 
Bigeneofae/tea  eil  Ursache  der  *fce*iecJ*ft  AnawAiibg  beile- 
gt», fand  aber  diene  Hyptttbese  nicht  bestätigt,  m&d  glaubt 
ebber  dee  chemische  Verheb«*  *W*  dem  eletfrifteJten  nitht  ab«* 
leiten  «i  können  9  weil  die  A+tfrscfremg  der  ElefctrioMt  beftfr 
Tnruelin*  verschwindet,  sobald  er  *t  gewöhnlichen  l*etr>j*-> 
Betör  neröckkefet,  VeMüfc»  ieb  die  8ecJre  reebt,  so  i»t  da* 
mit  der  Sets  gemeint,  daXs  der  tbemischen  Anziehung  dee 
elektrische  Verhalten  der  Atome  mm  Grande  liege,  sofern  dip 
positiv  elektrischen,  dee  bestreben  haben  sollen ,  «ich  mit  fU* 
negativen ,  der  Starke  der  elektrischen  Spannung  proportional.  , 
zu  verbinden«  In  diesem  Falle  würde  aber'  das  Argument  nicht 
entscheidend  seyn,  da  sich  von  selbst  versteht,  dafs  sich  in 
der  Verbindung  eines  4"  un^  eines—  elektrischen  Atoms 
beide  Elektrizitäten  zu  0  ausgleichen  müssen.  Abgesehn  hier- 
von kommen  hier  nur  die  Resultate  der  Versuche  in  Betrach- 
tung, ads  denen  sich  ergab,  dafs  der  Turmalin  bei  gleich- 
mäßiger Erwärmung  seiner  ganzen  Masse  an  beiden  Enden 
entgegengesetzt  elektrisch  wird ,  dafs  die  Pole  wechseln,»  wenn 
er  wieder  erkaltet,  und  dafs  er  diese  Elettricitat  weder  von 
anfsen  annimmt,  noch  dahin  wieder  abgiebt,  sondern  aus  sich 
selbst 'entwickelt. 

Diese  Resultate  sind  bekannt  und  übereinstimmend  mit 
dem,  was  (rubere  Versuche  ergeben  haben;  abweichend  hier- 
von, namentlich  von  dem,  was  auch  Baewsteh  beobachtet  i 
hatte,  war  das  Ergebnifs,  dafs  die  Elektricitat  des  Tu r maline 
mit  seinem  Erkalten  sofort  gänzlich  verschwand.  Um  das 
Verhaltnils  zwischen  der  Abkühlung  und  der  elektrischen  Er- 
regung kennen  zu  lernen,  hing  Bbcquerzl  den  zu  prüfenden 
Turmalin  in  einem  zusammengebogenen  Papierbehälter  an  ei- 
nem Seidenfadeh  in  einem  Glasgeiafse  auf,  \v  eich  es  in  Querit-  * 
silber  stand,  dessen  Temperatur  durch  eine  Weingeistlampe 
erhöht  werden  konnte.  Jedem  Ende  des  Krystalls  in  geringer 
Entfernung  gegenüber  war  eiq  Eisenitäb  angebrache,    welcher 


1    Ann.  de  Chim.  et  Phys,    T.  XXXVII.  p.  5.  «55.     F«$gea- 
dorTe  Ana.  XUI.  628.  .     . 

DL  Bd.  Aaaa 


1008  '  Turmaliiu 

mit  dem  einen  Pol«  ei«e*  tTOcljaen  Saal«  in  Verbmdnng  stand, 
deren  Wirkung  als  constant  galten  konnte ,  weil  .aie  dei  Ver- 
änderung  dar  Temperatur  nicht  zugleich  mit  ausgesetzt  war. 
Wurde  der  TurmalinN  elektrisch,  ao  stellte  er  sich  zwischen 
di*  Sndan  dar  Eisendrähte  mit  den  diesen  entgegengesetzten 
Po|en  ein,  qnd  wurde  er  dann  abgelenkt,,  ao  gab  die  Z*M 
,  seiner  Oscillationen  ein  Mittel  zur  Messung  der  relativen  In- 
tenaftäten.  Der  TurmaUn  wuxde  bis  115°  C.  erwärmt  und 
zeigte  bei  105°  die  ersten,  bei  15°  die  letzten  Spuren  von 
Elektricität,  ,die  den  zwischenliegendeji  Graden  zugehörigen 
Schwingungszajilen  waren  aber  folgende: 

Temp.      100°;  90°;  SO*;  70°;  60°;. 50*;  40° j  30°;  20°; 
Schwing.     6;    10;     13;    15;    15;    15;    14;    13;     7; 

woraus  sich  ergiebt,  dafs  weder  eine  gleichmäßige  Zunahme 
noch  Abnahme  der  elektrischen  Intensität  mit  der  Abnahme  der 
Temperatur  statt  findet.  Beim  Erwärmen  des  Turmalins  zeig- 
ten sich  die  ersten  Spuren  der  Elektricität  bei  30°,  und  bei 
150°  waren  sie  noch  nicht  verschwunden ;  das  Verhältnis  ih- 
,rer  Intensitäten  zu  den  Temperaturen  zu  messen  konnte  Bic- 
querzl  nicht  in  Ausführung  bringen»  Was  Wilxz,  Wilsobi 
und  Jä&sr  bereits  wahrgenommen  hatten^  nämlich  dafs  ein  Tur- 
malin  auch  zu  einer  Säule  mit  zwei  gleichen  Polen  und  dem 
entgegengesetzten  in  der  Mitte  werden  kann,  fand  auch  Bzc- 
qushel,  jedoch  durch  ein  van  dem  früheren  verschiedenes 
Verfahren«  Er  hing  nämlich  einen  Krystall  in  der  Mitte  an 
einem  Platindrahte  anf,  welcher  oben  an  einer  Glasröhre  fest- 
gebunden war,  steckte  jedes  Ende  des  Steins  in  eine,  dicht 
anschließende  Glasröhre,  und  erhitzte  das  eine  der  Enden, 
während  die  Temperatur  dea  andern  unverändert  blieb.  Hier- 
durch wurde  dann  blofs  das  eine  erhitzte  Ende  elektrisch,  ja 
er  konnte  auf  diese  Weise  sogar  die  einzelnen  Abtheilungen 
dea  Steines  elektrisch  machen,  wovon  er  sich  durch  Anwen- 
dung der  Coulomb'schen  Waage  überzeugte.  Die  Elektricität 
war  übrigens  positiv  oder  negativ,  je  nachdem  das  eine  oder 
das  andere  Ende  einseitig  erwärmt  war,  jedoch  giebt  Bzcqüz- 
miL  nicht  ^an ,  welches  von  den  beiden  Enden  des  Turma- 
lins, die  einander  nicht  gleich  sind,  -beim  Abkühlen  nach  dem 
Erwärmen  positiv  oder  negativ  wird,  und  PooeEvnonrr?  be- 


■*»• 


1    Dessen  Aanalen  a.  a«  O.  3.  629.  Ana. 


Turrüalin.  1099 

merkt  nrit  Recht/  defs  dieser  Umstand  noch'  Ton  niemand  fr- 
«stopfend  untersucht  worden  ist.  £ndlich  fand  Bec  quer  bl,  dab 
TurmaÜne ,  welche  stark  elektrisch  werden ,  diese  Eigenschaft 
sowohl  durch  langsames  als  auch  durch-  rasches  Ethitzen  an- 
nehmen ,  statt  dsfe  die  weniger  erregbaren  einer  schnellen  Er*- 
wäraning  ttMuMen»  Ebendaher  werden  kurze  Tormaüne  leicht 
thanaoeiektriech ,  bis;  5  oder  6  GentimeteT  lange  ab*r  nur  bei 
langsamer  Erhitzung,  und  hieraus,  in  Verbindung  mit  einet  " 
AngA*  VonlAiAösor;  dafs  die  Stucke  eines  zufallig  zerbro- 
chene» JXurmallns  leicht  elektrisch  wurden ,  obgleich  der  gante 
nicht  ».diesen  Zustand  zu  versetzen  gewesen  war,  wird  die 
Folgerang  abgeleitet,  die  Molecule  dieses  Steines  müfsten  auch 
durch  schwache  Erwärmung  eine  starke  elektrisch«  Polarität 
sa  erhalten  fähig  seyn. 

• 

Die  bisher  zusammengestellten,  durch  vielfache  Versuche 
mehrerer  Gelehrten  gefundenen  Resultate  über  das  elektrische 
Verhalten  des  Turmalins  stimmen  in'  allen  wesentlichen  Puncten 
mit  einander  überein,  mit  Ausnahme  der  einzigen  Thatsache, 
dab  nach  Becquirel  die  Polarität  dieses  Fossils  mit  der 
Bückkehr  zur  äufsern  Temperatur  verschwinden  soll,  statt  dafs 
andere  ein  mehrere  Stunden  anhaltendes  Anhangen'  desselben 
an  der  Glasscheibe  gefunden  hatten.  Hauptsächlich  aus  dieser 
Ursache  benutzte  Fobbes1,  welcher  so  eifrig  bemüht  ist,  die  über 
die  physikalischen  Gesetze  noch  obschwebenden  Dunkelheiten' 
aufzuhellen,  den  Besitz  mehrerer  geeigneter  Turmaline,  um  die 
noch  zweifelhaften  Thatsachen  durch  neue  Versuche  besser  zu 
constatiren«  Hierzu  bediente  er  sich  eines  Apparates,  welcher 
dem  von  Becquehel  ^gebrauchten  'an,  Zweckmässigkeit  min- 
destens gleichkommt.  Dieser  besteht  aus  einer  unten  sehr_. 
weiten  Flasche  AB  mit  einem1  hinlänglich  weiten  Tubülus  Ci49. 
und  einer  in  ihren  "Hals  gesteckten  Röhre  D.  In  das  obere 
Ende  der  letzteren  ist  ein  Kork  F  mit  einem1  t)rahte  i  gesteckt, 
von  dessen  unterem  Häkchen' ein  Coconfaden  mit  einem  Cou-  , 
lomb'schen*  Waagebalken  g  e  '  herabhängt ,  welcher  am  einen 
Ende  das  Scheibchen  g  von  Goldpajpfer  trägt.  Die  unten  an* 
gebrachte  Kreistheilung  ik  ist  fö  sicfi' klar,  die  obere  H  aber 


1    An  Aceoant  of  teme  Experiments   en  tLe  Electricity  of  Toer-  ^ 
malin«  and  öfter  Minorat*,    When  expotect  to  Heau    Edinb.  1834.  4^ 
«emb.  »H.  TJaas. ;  *.  *M. 

Aaaa2 


1100  Ttirmali* 

dierft  deed»  dnfck  Umdrehung  des  Kork*  F  im  seine  veroV 
tele  Axe  des  Gbldpa^rMfttchea  in  jede  beliebige:  Lege  «p 
bringen  und  den  .Tofreionswiiikel  4«s  Coeonledene  am  messet*: 
Für  den  Versuch  wind  des  Scheinehen  mit  einer  Wsthburte« 
JSlektthntitt  gekden,  die  Anziehung  oder  Abstoataeg  zeigt  dann 
die  Art  der  ElffcftricitKt*  und  aus  der  GrBfse  des  Absprsemge* 
Winkelt  Übt  tiek  die  Statte  der  Elektrizität  mindestens  es** 
nähernd  bestimmen« 

Ohne  Temperateräuderong  zeigte  der  Tnrmalia  gat  kein* 
ElektrieitMt  ,  obgleich  er  bedeutend  erhitzt  war;  eebeld  er  afcei 
einen  Theil  feiner  Wäraee  verloren  hefte,  wnrdo  das*  Gold« 
Mütchen  abgestoben,  seine  Entfernung  nahm  in*  eiieiebU 
ein  Mekkeum,  wobei  ee  einige  Zeit  atatiooa*  btteb,  denn  ehe» 
zurückkehrte ,  indem  der  Tnitnalin  sofort  nach  wiedeteileng* 
ter  Temperatar  der  Umgebung  keine  weitere  Spar  von  Elek- 
tricität  zeigte ,  obgleich  er  in  eine  Glasröhre  gesteckt  fortwäh- 
rend isolirt  erhalten  wurde.  Dieses  stimmt  vollkommen  mit 
den  von  Bec querer  erhaltenen  Resultaten  überein,  streitet 
eber  gegen  Brkwstih  (und  Anderer)  Beobachtungen,  wonach 
dünne  Blättchen  von  Turmalin  6  bis  8  Stunden  lang  an  der 
Glasscheibe  durch  elektrische  Anziehung  hängen  bleiben.  De 
sich  die  Richtigkeit  dieser  letzteien  Thatsache  nicht  wohl  be- 
zweifeln läfst,  so  suchte  Foapzs  den  Grund  dieser  Anomalie^ 
theoretisch  zu  bestimmen,  was  jedoch  sehr  nahe  liegt;  das, 
(Sias  wird  nämlich  elektrisch  geladen  und  das  Turmalinblätt- 
chen  dient  als  Belegung«  Obgleich  dieses  sich  als  höchst 
wahrscheinlich  von  selbst  darbietet ,  so  mufs  man  doch  sehr 
billigen,  dafg  Forbes  die  Richtigkeit  dieser  Ansicht  durch  den 
Versuch  darthat  und  diesen  obendrein  etwas  anders  modi£cirte, 
als  von  seinen  Vorgängern  geschehn  war,  indem  er  das  Tur- 
malinstückchen  nicht  auf  der  Glasscheibe  liegend  erhitzte,  sdn- 
dem  für  sich  allein,  dann  auf  die  Glasscheibe  legte  und,  eis  ee 
durch  elektrische  Anziehung  daran  festhing,  mit  einem  Pro- 
beblattchen  die  auf  der  entgegengesetzten  Seite  des  Glases  en- 
gehäufte felektricität  prüfte. 

Die  Turmaline,  deren  sich  Foabis  bediente,  grttfsten- 
theils  schwarze  von  Van  r  Diemens -Land,  waren  meistens  sehr 
lang  und  gestatten  daher  eine  Prüfung  des  von  Becquhsl 
aufgestellten  Satzes ,  dab  die  elektrische  Kraft  mit  der  Länge 
ebnimmt  und  bei  sehr  langen  verschwindet.    Der  Stein,  dessen 


Turmaliai  1101 

IWAiib  mi  diooom -Sohioscc  fahrt»,,  mos  3£  engl.  Zdl  lang 
«Mi  fcejesunts/sisinr  400  Z.  Dorohmoeser;  der  langete,  womit 
Fpw»  ssrinte  Versnobe  e^mHöe,  mab  3,25  ongl,  Zoll  bei, 
gMesnwiföefce  mh  jtMm,  »igt«  sieh  ober  mtr  nnd  vollstän- 
dig peeasi»to-  elektrisch.  Din^  vcranla&te  ihn ,  den  Eiolob 
der  Littuje  *me\»dor  Doxchsneseev  der^Te*malioe  näher  su  pro* 
fem  ■  flach»  Tnmetsnai ,  atte  1,$  Z.  lang,  deren  Qoerschaitts- 
Koben  siefc  verhielten  wie  14,  tt,  7v  6,  4>  gab»  dt  stärkste 
Aioteliaügon  1 ,  9,  5,  3,  4  «bfche  Us»egelms«glnj]tett 
eengteej  sieb,  «1»  Kryetolle  wo  lj2  und  1,8  Zoll  Lenge,  «bor 
«m*  jtfesanWodoner  Dieb*  goorüft  wenden,  nnd  man  kann  da« 
kor  an*  *al»  Hanfjtmaoltat  %otrachtc  n ,  dab  unter  übrigens  gUi- 
eissm  YotbaMmaoa)  die  -dkkevea  Krystatte  mit  einer  gröboreir 
oseotajpjnheei  Inoenoitlt  verbanden  tu  aeyn  pfleget».  Interessant 
war  folgender  Versuch.  Bin  1,25  Z.  langer  KryetaH  gab  im 
Mittel  ans  drei  Versnoben  45*  eis  stärkste  Repulsion.  Nach- 
dem ei« sofort  in  «wei  Theilo  zerbrechen  war,  deren  Lange 
sich  wie  1  zu  3  verhielt ,  neigten  diese  Theilo  gleichfalle  im 
Mittel  43P  und  47°,  »wischen  weichen  Gräften  jene  frühere 
angeftthr  in  der  Mitte  liegt.  Sechs  KiystaUe,  sänuotlich  von 
nahe  0,1  Z.  Durchmesser ,  aber  vesschiedtfner  Länge,  gaben  in 
wiederholten  genauen  Versuchen  folgende  ans  den  Abstobt»- 
gen  gemosoene  Intensitäten* 

Nr.  1  Länge  3,25  Zoll,  fntenutät  '79,5 ' 

—  82,0 

—  60,0 

—  60,0 
'  '     —       89,0 

—  68,0. 

• 

Wonn  die*enin*ch  Bcc^ubrel'b  Resultat,  dab  lange  ,Kry- 
stalle  gar  nicht  elektrisch  werden,  genügend  widerlegt  worden 
ist,  so  «aufs  eine  andere  von  Foäb eo  wahrgenommen eThatsacher 
welche  fast  auf  gleiche  Weise  JsoKrt  steht,  um  so  gröbere 
Aufmerksamkeit  erregen.  Einer  von  seinen  Kryatallen  mänUich 
hotte  beim  flifcalten  an  beiden  Boden  positive  Etektricität, 
tofgte  dagegen  mit' dem  Proboblüttchen  in  aeioer  Mitte  nega-* 
tive,  und  es  ist  daher  möglich,  dab  der  in  Bicqoboibi'o 
Versuche  sich  neutral  atigende  KtyataU  ein*  solcher  gewesen 
any» 


—  2 

—    2,10 

—  3 

—    1,60 

—  4 

—    1,55 

—  5 

-    1,35 

—  6 

—    1,19 

1102  Tätmalin. 


Die  UbKgen  Kryttnllc,,  auf  weiche  Fensen  seine  ViaW 
di«  ausdehnte,  waren  nnsrat  der  Topas,  welcher  von  des 
groTsten  Stärkt  seiner  elektrischen  Spannung  nur  langsam  hnr-4 
abkam  «od  sie  ««oh  nunreren  Standen  noch  merklitih-  neigte* 
£§  scheint  hiernach,  eis  ob  Kry  Halle  von  grosserer!  Inaiis  lan- 
ger in  diesem  Zustande  bleiben  9  und  «daran«  Jieate  sich,  viel* 
leicht  die  Behauptung  von  Aktiv  es  erklären,  dafs  euch  jaW 
TormaUn  lang*  elektrisch  bleibe,  vermutnlich  weil  dessen  Ver- 
suche mit  groben  Exemplaren  angestellt  worden,  Kryntalli- 
sirlnr  Borazit  zeigte  eine  beträchtlich  starke  elektrische  iSpeav* 
nnng  nnd  die  Dauer  derselben  wnr  auch  bei  diesem .  langet 4 
wenn  die  KrystaHe  «ine  bedeutendere  Grobe  hatten,  DaeJfe» 
sotyp  dagegen  war  leicht  elektrisch  erregbar,  des  Meti  innen 
der  Spannung  trat  fast  sofort  bei  beginnender  Abkühlung  ein, 
ging  aber  anch  sehr  schnell  wieder  zurück. 

Das  Thatsäcbliche  über   das  Verhalten   des  Turmalina  ist 
»ach  dem  Vorhergehenden  so  vollständig  festgestellt,  als  die* 
ses  bei  einer  einseinen  Thatsaebe  nur  zu  erwarten  steht,  allein 
die  Theorie  dieser  Phänomene  ist  noch -gar   nicht  ins  Licht 
gesetzt.    Zur  Zeit,    eis  Jäger  seine  Untersuchungen  anstellte, 
waren  die  thermoelektrischen  Erscheinungen  nach,  nicht  be- 
kannt,  nnd  hieraus  erkürt  sich  leicht,  dafs  er  den  Tnreaalin 
mit  einer  trocknen  Säule   verglich.       Dabei  erklärte  er  leicht 
den  auffallenden  Umstand ,  dafs  geschliffene  Krystalle  von  kaum 
zwei  Linien  Axenläoge  em  Volta'schen  Elektrometer  eine  Ab- 
lenkung von  60°  bewirkten,  während  eine  Papiersäule,  von  1 
Fufs  Länge  nnd  aus  4000  der  feinsten  Elektromotoren  von  Pa- 
pier bestehend,  nur  eine  von* 40°  erzeugte,  aus  der  unermeß- 
lichen Feinheit   der  Lagen  im  Turmaline;     wenn  er  aber  die 
Wirksamkeit  /beider    Apparate    euf    Reibung    zurückzuführen 
sucht,    die   dann  im  Turmaline  durch  die  ungleich«  Ausdeh- 
nung der  Legen  entstehn  soll,  woraus  er  zusammengesetzt  ist, 
so   fiihlt  er    zugleich  selbst,    dafs  diese   Hypothese  auf  din 
trockne  Säule  keine  Anwendung  leide.    Din  Wirkung  der  letz- 
teren läfst  sich  «war  einfach  auf  die  Contact  -  EUktricität  zu- 
rückfuhren ,  allein  bei  der  Vergleiohung  beider  Apparate  konnte 
sich  dsnn  Jlaia  nioht  verbergen;    dafs  die  Eigentümlichkeit 
des  Tnrmalins ,  durch  Wärme  elektrisch  zu  werden  und  oben- 
drein beim   Uebergange  vom  Erhitztseyn  zum  Erkalten  seine 
vorher  durch  Erwärmung  angenommene  Polarität   sn  äi 


X» 


,    ,  Turmaliu*  lt03 

m  Jet  troekneai  Saale  durchlas  keine  Spar  von  einer  Ana- 
logie finde.  Di©  allerdings  statt  findende  und  in  einzelnen 
Pnocttn  wahrhaft  überraschende  Aehnlichtait  zwischen  der 
trocknen  Saals  uard  dem  Turmeline  vermag  daher  bei  so  gro-. 
ben  obwaltenden  Verschiedenheiten  die  Theorie  der  söge* 
Mmrtea  Krystafielektrioitajt  durchaus  nicht  weiter  %n  fördern. 
Fonnzs*  bemerkt,  es  sey  bekannt,  dab  der  Turmalin  am  be- 
sten künstlich  nachgebildet  wenden  könne  durch  eine  Reihe 
isolirter,  einender  paralleler,  gehörig  belegter  and  an  den 
tose mmengehtfrigen  Belegungen  durah  Zinnfolie  verbundener 
Gssttsehetben,  Dieses  ist  offenbar  wieder  eine  trockne  Saal«, 
omd  er  findet  dann,  dab  bei  einer  Zusammensetzung  dersel« 
beo  aas  sehr  zahlreichen  Platten  eine  Verkürzung  keinen  Un« 
terschied  der  Intensität  hervorbringen  könne  y  welcher  dagegen 
dar ch  Vergrößerung  der  Platten  oder  des  Querschnittes  der  Saale 
Bothwendig  entsteh»  müsse,  and  de  die  elektrische  Spannung 
nrit  dem  Durchmesset  der  TurmeJfne  annehme,  so  ssy  in  beiden 
Paocten  allerdings  eine  AehnKehkeit  dieser  zwei  Apparate  vor« 
banden,  obgleich  von«  der  andern  Seite  der  Umstand %  dab 
kosae  Turmaline  von  grobem  Querschnitte  4ia  gröfste  Span- 
nung neigen,  mit  der  Ladung  der  trocknen  Saale  nicht  im 
Einklang  stehe*  Man  sieht  aus  diesen  Bemerkungen ,  dab  der 
englische  Physiker  r  so  sehr  er  nach  seinen  Scharfsinn  ander- 
weitig, beurkundet  hat,  dennoch  nicht  wagte,  eine  Enträthse« 
lang  dieser  Phänomene  za  versuchen«.  Nach  dem  gegenwäl- 
tigen' Staodpancte  der  Elektricitätslehre  müssen  wir  wohl  das 
Verhahen^des  TnrmaHns  und  somit  die  gesammte  sogenannte 
Kryttattelehtricität  auf  -  die  TfwrmoetektricitSt  nuruckf ühren, 
am  so  mehr*  eis  die  Erzeugung  einer  elektrischen  Polarität  in 
dicken  Stangen  von  Wismuth,  Zink  and  Antimon,  also  in 
Metallen  von  vorzüglich  krystailinisohem  Gefäget  nach  v»  Ys> 
M*'«*  Entdeckung  zwischen  beiden  gleichsam  ein  Mittelglied 
bildet*  Es  liegt  also  vor  Augen,  dab  die  Aufhellung  der 
Theorie  über  die  verschiedenen  Arten  der  tfervorrufung  freier 
Elektricität  künftigen  Zeiten  vorbehalten  bleiben  muls3« 
Jt 

1  A.  a.  O»  p.  10. 

2  G.  LXX1II.  434. 

8    Da  hier  zum  letzten  Male  in  nnserem  Werke  ren  elektrischen 
Tbeorieen  die  Rede  war»  die  gerade  in  diesem  Augenblicke  einen  Ge- 


1104  Turmaiim  \_, 

aanttani  wge&mgimtf   mmmtor  in  Mdtnaafeaft  a^arfeninr,  Fnir 
tchungen  }>ilden9  so  dürften  folgende  kcuze. Bemerkungen  nicht  gao?s 
überflüssig  erscheinen,    Soll  da*  Wesen  der  elektrischen  Erscheinungen 
naher  nachgewiesen  «erden,  so  mufs  eine  genügende  Theorie  sie  alle 
Unter   ein  übereinstimmendes  TJesetz  bringen   und   die   Aenfserungen  . 
de*  dekttieehoii  rfnidums  odetf  der  elektrischen  Thltigkeit  insgtftamm« 
an*  einer  nUen  geaamnaninen  Q  anale  ableiten.  Dar  ennarrsinaiga  Vnsrca. 
bat  in  dieser  Beziehung  d>n  richtigen,  seitdem  stets  verfolgten  Weg 
eingeschlagen,  indem  er  vor  allen  Dingen  nntersachte,  ob  die  Elektri- 
cität,   ungeachtet  der  angleichen  Arten  ihrer  HervQrrufung  und  ihrer 
Wirkungen,   dennoch  dem  Wesen  nach   stets  eine    nnd  dieselbe   sey„ 
Wird  dann  in  Folge  allgemein  bekannter  TKataanhen  angenommen, 
0afc  befela  Ifteltriaiftaten  in  ihr«  Vereinigung  das  indifferente  0  B« 
geben,  alle  elektrische  Thftjgkniten  »bar  aas  der  Trennung  and  Wie- 
dervereinigung 9  so  wie  aus  den  Strömangen  des  -J-  E,  nQ<^  des  —  ^* 
zu  erklären" sind)  so  dürfte  es  nahe  Hegen,  zu  folgein,  dafs  beide  Elek- 
trieltäten   an   die  MolecGle  der    Korper  gebunden   seyen    und   durch 
Jede  Veränderung  des  Zusammenhanges  dieser  Mötecüle  im  Zustande* 
ihren  atnbHen  Gleichgewichts,  eey  es  beginnend»  Trenneng  oder  Vem* 
•inigang,  gleichfalls  bald  frei  gemacht,  bald  wieder,  vereint  würden, 
wobei  dann  die  größere  oder  geringere  Leitungsfähigkeit  der  verschie- 
denen Körper   als  hauptsächlich  bedingend   auf    die  hieraus  hervor- 
gehenden Erscheinungen  wirken  müfste.    8ind  beide  Elektricitäten  in 
einem  gegebenen  lUrper  einmal  getrennt,   so  mufs  durch  diesen  ein© 
entgegen*; eeetzte.  Trennung  beider  ItektricitÄten  foi  anderen  genähert 
tan  Körnern  nach   AffinkaUgeaeUen  htrvorgorafen  werden.    Früher 
kannte  man  in  dieser   Beziehung    blofs   die  sogenannte  Verlheilung, 
Oersted's  and  Fahadiy's  glänzende  Entdeckungen  haben  aber  aufser- 
dem  die  Wechselwirkung  zwischen  Elektricität  und  Magnetismus  nach- 
gewiesen ,  wonach  die  Trennung  des  0  E.  in  seine  beiden  Consütaen- 
te*  duroh'Magnetismns  enf  äanHohe  Weise,  als  iwoii  der  höchst  wich- 
tigen Entdeckung  von  Sbemck.  nmd  ?.  Ysxm,  dareh  Warme  bewirkt  wird» 
Die  fndactionsersoheinungen  beruhn  auf  einem  seoundären  Erregungs- 
processe,  insofern  schon   freie  Elektricität  oder  thätiger  Magnetismaa 
vorhanden  seyn  mufs,    wenn  diese  Elektricität   zum   Vorschein  ko nah- 
men soll.     Vereinigung  und  Trennung  zweier  ganzer  Körper  ist  der! 
einfachste,   die  Melecnle  beider   einander  nahe  bringende  oder  von. 
einander  entfernend«  Frooef* ,   und  wir  könnten  also  sagen :    es  gieht 
lim;  Qwtnct-Elektridtfit,    mag,  dieser  Contact  du  roh  Ulofre  Berührung 
der  Körper,    dorch  Reibung,    durch  chemische  Actioq  derselben  auf 
einander  oder  durch  Temperaturwechsel  bewirkt   oder  modificirt  wer» 
den.    Hierdurch  wären  '  dann  die  sammtlichen  elektrischen  Phänomene 
auf  ein  allgemeines  Gesetz  gebracht,  ohne  jedoch  das  eigentliche  We- 
sen des  elektrischen  Flaiduma  nnd   die  Aetiologie  seines  Freiwerden« 
durch  diesen  Contact  erklären  an  wollen,    die  vielleicht  für  immer 
ebenso  dunkel  bleiben  werden ,  als  die  Attractions  -  nnd  Hepulsions- 
fcraft  der  Molecüle,    die  zur  Erzeugung  des  stabilen  Gleichgewichts 
vereint  wirken. 


Ualopunopsiqüe.     Uhr.  1105 


ü. 


TJ.a  1  o  p  an  p  p  s i  q u  e 


nennt  Wallit1  ein  von  ihm  erfundenst  Instrument,    vermit- 
•  tclst  dessen  alten  Personen    das  Lesen  erleichtert   werden  soll.' 
Die  Physiker  haben  bisher  keine  weitere  Rücksicht  darauf  ge- 
nommen |  und  so  dürfen  wir  uns  mit  der  blofsen  Angabe  des- 
selben begnügen. 

"     "  %  M. 

Uhr. 

JJorologium;  Pendule ,  ^Honjtre ;  Cloct,  W.atch$ 
Timekeeper. 

Mit  diesen  Benennungen  werden  verschiedene  Instrumente, 
deren  Bestimmung  die  Elntheilung  der  Za'U  ist,  bezeichnet. 
Von  denjenigen,  die  nicht  als  eigentliche  Rädermaschinen  zu 
betrachten  sind,  erwähnen  wir  hier  blofs  der  Sonnenuhren , 
deren  schon  oben2  gedacht  worden  ist,  und  der  Wasseruh- 
ren (Clepsydra^  von  xkinzuv  stehlen,  entziehn,  und  vi  wo 
Wasser) ,  die  wir  als  sehr  unvollkommene  und  jetzt  beinahe 
ganz  aufser  Gebrauch  gekommene  Zeitmesser  hier  nur  kurz  be- 
trachten wollen. 

Schon  die  alten  Chaldaer  sollen  sich  der  Wasseruhren  zu 
ihren  astronomischen  oder,  wie  Sextus  Emfiricus3  sagt,  zu 
ihren  astrologischen  Bestimmungen  bedient  haben,  wobei  sie 
die  in  dem  Gefäfse  enthaltene  Wassermasse  in  swttlf  Theile 
theilten,  so  dafs  jeder  Theil  während  derjenigen  Zeit  ablau- 
fen tollte,  während  welcher  jedes  der  zwölf  Zeichen  des  Thier- 
krtises  durch  den  Meridian:  ging.  Derselbe.  Schriftsteller  ta- 
delt euch  schon  den  gänzlichen  Mangel  an .  Genauigkeit  sol- 
cher Uhren,  der,  nach  ihm,  vorzüglich  von  dem  ungleichför- 
migen Ablaufen  des  Wassers  zu  verschiedenen  Zeiten  und  bei 


1  L'lMtitat.  1884.  N.  69. 

2  9.  Art.  Sonnenuhr.  Bd.  VIII.  8.  887. 
8    Adrers.  Math,  Cap.  X%U 


lK*,  Uhr. 

verschiedenen  Temperaturen  desselben  statt  haben  müsse.  Der 
eitere  Plivius  erzählt,  dafs  Soirio  Nasica  zuerst  solche 
Wasseruhren  in  Rom  eingeführt  habe.  In  Indien  waren  die 
Wasseruhren  wahrscheinlich  schon  sehr  früh  in  Gebrauch,  wie 
man  ans  dem  arithmetischen  Werke  Ton  Bhisoaau1  sieht, 
*3as  im  12ten  Jahrhunderte  nach  unserer  Zeitrechnung  gesehrie* 
ben  wurde.  In  der  Nachricht,  die  Vit  au  v2  von  diesen  In* 
strumenten  giebt,  wird  die  Erfindung  derselben  dem  Ctesi- 
Bios*  zugeschrieben,  aber  diese  von  Vitbuv  beschriebene 
Uhr  ist  so  complicirt,  dafs  sie  wohl  nicht  die  erste  ihrer  Art, 
nicht  einmal  die  erste  der  in  der  altxandrinischen  Schule  et« 
wa  zu  Beobachtungen  gebrauchten  Uhren  gewesen  eeyn  kann* 
Aus  melieren  Stellen  in /den  Reden  des  Dimosthivis  sieht 
man,  dab  ein,  obschon  noch  unvollkommener  nnd  roher,  Ge- 
brauch der  Wasseruhren  in  Athen  schon  vor  den  Zeiten  des 
Ctz&ibius  bekannt  war«  Das  von  Vitäuv  beschriebene  In- 
strument dieser  Art  zeigte  nicht  blofs  die  einzelnen  Stunden 
des  Tags,  sondern  auch  den  Monatstag  selbst,  den  Monat  den 
Jahrs  und  noch  das  Himmelszeichen,  in  welchem  sich  zu 
den  verschiedenen  Jahreszeiten  die  Sonne  aufhalt.  Ptöli-» 
maus  verwirft  in  seinem.  Almagest  die  Wasseruhren  mit  Recht 
als  zu  unvollkommen  für  astronomische  Beobachtungen,  In- 
defs  .wurden  sie  zum  gemeinen  Hausgebrauche  bis  zu  Ende 
des  17ten  Jahrhunderts  angewendet;  vorzüglich  sollen  die  Pre- 
diger sich  derselben  bedient  haben,  indem  sie  sie  auf  der 
Kanzel  neben  sich  aufstellten.,  wahrscheinlich  um  ihrer  oft  zu 
groben  Redseligkeit  ein  heilsames  Ziel  zu  setzen  und  ihre 
gläubigen  Zuhörer  nicht  über  das  gesetzliche  Mais  zu  ermüden. 

Nimmt  man  die  Wasseruhr  als  einen  Cylinder  an,  in 
dessen  Boden  eine  kleine  Oeffnung  ist,  so  wird  das  in  die- 
sem Cylinder  befindliche  Wasser  nicht  gleichmäßig  (gleichviel 
Wasser  in  denselben  Zwischenzeiten)  durch  die  Oeffnung  ab« 
Hieben.    Wenn  das  Wasser  ganz  rein  und  die  Oeffnung  sehr 


1  Die  artige  Geschichte  seiner  Tochter  Liliwati,  die  ala  Braut 
eine  Perle  ans  ihrem  Kopfschmuck  in  die  Wasseruhr  fallen  lieft,  wo- 
durch  der  Ablauf  des  Wassers  gehindert  and  eben  dadorch  das  ihr 
durch  Zauberer  rorhergesagte  Schicksal  erfüllt  wurde,  liest  man  in 
Taylor's  Liliwati.  Bombay  1816. 

t    De  Architeetera.    Lib.  IX. 


UJift  HO? 

m 

ist,    so  wird  das  Gesetz  des  Abfliefseus  folgendes  seynf 

Ist  t  die  Zeit,    in  welcher  der  ganze  Cyliader  sich  leert,    so 

1  *  i  *  i  '•  *  '  * 

wird  in  der  Zeit  —  t  der  —(2 )  te  Theil  der  ganzen  Was- 

m  m v    •    mr  w 

ssnuastc    aosflteisen  oder   der    Wasserspiegel   wird    um    de* 

— Q— -—  jten  TheO  seiner  Höhe,  sinken.      So    wird   in,  der 

Halft»  der  ganze«  Zeit  t  der  *  (2  —  4)  Theil  oder*  des 
{erdest  Cy linder-  ursprünglich  enthaltenen  Wassers  aosfliefsan  ; 
m  de)»  viert«  Theil  der  Zeit  t  wird  *  (2  -*  J)  oder  ft 
dar  ganzen  Waeeerutaese  ausfliefsen  o.  s.  w.  Wenn  tnew 
aber  dorob  eine  «igen«  Vorrichtung  den  Cylroder  immer  mit 
Wasae«  gonm  gefüllt  voraussetzt*  so  wird,  wenigstens  sehr 
•ehe,  in  gleichen  Zwischenzeiten  auch  gleichviel  -Wasser  ab«-1 
liefsen,-  et  ist  aber  ungewHs,  ob  die  Ahen  eine  solche  Vor« 
rishtung  angewendet  haben,  und  nur  darüber  ist  man  wohl 
jetzt  allgemein  einverstanden ,  dafs  diese  Art  die  Zeit  zu  mes- 
sen immer  nur  eine  höchst  unvollkommene  war,  und  dafs  sie* 
jetzt,  wo  man  viel  bessere  Mittel  zu  diesem  Zwecke  kennt, 
leiser  weiteren  Beachtung  mehr  würdig  ist.  In  noch  höherem* 
Grade  gut  dasselbe  von  den  Sanduhren,  die  noch  unvollkouw 
Bener  sind,  als  jene. 

Noch  wollen  wir,  ehe  wir  zu  den  eigentlichen  Uhren  der 
atneren  Zeit  übergehn,  das  unter  diesem  Namen  bekannte 
Sternbild ,  erwähnen.  Die  Uhr  oder  die  Pendeluhr  ist  ein  von 
Lac  ULI*  ■  an  den  südlichen  ffimmel  gesetztes  Sternbild.  Eine 
gerade  Linie  oder  ein  gröfster  Kreis  dnith  den  Stern  Canopus 
(der  ersten  Gröfsc)  and  durch  den  südlichen  Theil  des  Eridanus 
gabt  därch  dieses  Sternbild.  Es  besteht  nur  aus  kleineren  Fix- 
sternen, von  welchen  die  vorzüglichsten  sind  «und  /?,  und 34 
in  Piazzi's,    so  wie  229  in  Lacaillz's  Kataloge. 

Unter  Uhr,  im  neueren  Sinne  des  Worts,  verstehn  wir 
eine  zur  Abmessung  der  Zeit  bestimmte ,  mit  Rudern  versehend 
Maschine.  Die  Zeit  geht,  nach  dem  uns  in  wohnenden  Begriffe 
derselben,  gleichförmig  fort.  Kann  man  daher  eine  Maschine 
verfertigen ,  deren  Bewegungen  ebenfalls  gleichförmig  fortgehn, 
so  wird  man  eine  solche  Maschine  als  ein  Mofa  der  Zeit  ge- 
bauchen  können.  Ehe  man  aber  bei  dem  noch  unvollkom- 
nenen  Culturzustande  der  ersten  Völker  an  solche  Maschinen 
denken  konnte ,    mu&te  man  zusthn ,    ob  nicht  vielleicht  die 


«X 


tU*  JJktk 

Mater  salbet'  **«  sehen   <ne  eolobe  gleicharmig  foUfdiessJaz 
ftb'sqfriM    ohne    «ueer  Daaotfcun  i  aufgestellt    habe.    An   des* 
himmlischen  Ktfrperp ,  besonders  a>er  an  dir  Sowie ,  die  sich 
su  diesem  Zwecke  gleichsaaft  von  selbst  darbietet,  glaubte  man 
ettefce  glejcllfamige  Bewegung  zu  erkennen,,    und  so  hafeama 
depo  schon  in  den  ältesten  Zeiten,  in  die  unsere  Mensohenge* 
schiente  zurückreicht ,    das   Intervall  zwischen  dem  Auf-   unel 
Unte&ange.  der  Sbtfue  den    T<y  nujd*dee  darauf  folgend«  lo-i 
Verfall  zwischen  dem  Unten-  and   Aufgange  dieses  'Qeeänzft 
die  JVueA*  genannt.    Aue*  das  RrntecÜung  faden  dieser  lotest 
Teile  an  «wölf  Reiche  Tbe»e  oder  &mmd*%  scheint  ebene» 
den  Mittäter*  Zeit*«  anzugehören.      Da  aber"disee  Tag»,   «Im 
euch  diese  Stunden  in  den  verschiedenen  Jahrcezeiren  ve»  T«r* 
echiedenaf  Länge  oad  sonach  dir  ein  Mafs  ehr  #*#  wenig 
geeignet  waren ,    nnd  da  man   bemerkte,    dafe  die  Tag»  man 
den  Jahreezeiten  genau  ebenso  viel  zunahmen«,   ab  die  MaVihsn 
kurzer  wurden,  and  umgekehrt ,  so  worden  endlich  die  beide« 
erwähnten   Intervalle   zusammengenommen  erntet    dar  Beuen** 
nung  des  Tags  begriffen    und   derselbe  in   24  gleiche  Theilu 
oder  Stunden  getheilt.     .Sonach  hiefs  nun  Tag  die  Zeit  »wi- 
schen zwei  nächsten  Aufgängen  oder  die  zwischen  zwei  nick* 
sten  Untergängen  der  Sonne.    Es  schien  am  natürlichsten,  dam 
Tag  (in  dieser  zweiten  Bedeutung  des  Worts)   mit  dem  Au- 
genblicke der  Sichtbarkeit  der  Sonne  über  dem  Horizonte,  naat 
dem  Aufgangs  der' Sonne,  anzufangen.     Von  den  Babyloniam 
wissen  wir  dieses  mit  Gewüaheit*.      Dia  Atheniense*  nnd  die 
Juden   aber   begannen  ihren    Tag    mit   dem    Untsrgamg*  de* 
Sonne,  wie  dieses  die  Italiener  noch  jetzt  thuu.     Allein,  beide 
Arten  den  Tag  anzufangen  führten   auf  grobe  Unfeeuneinlkk* 
Reiten  im  bürgerlichen  Leben,     wenn  man  auch  die> ^inthei^ 
lung  in   24  Stunden  beibehielt.      In  Italien  z«  R.  fällt  in  de* 
liifte  des  Joliuj  der  Aufgang  der  Sonne  in    die  8te   und  der 
Mittag  in  die,  löte   italienische  Stunde!   während  in  der  Mitte 
des  März  oder-  des  September  der  Aufgang  in  die  12te  und  de« 
Mittag  in  die  18te  Hai»  Stunde  fällt,  weswegen  denn,  die  Bpe» 
eben  des  Sohlafengehns ,    des   Aufstehen*,    des  Mittagsessen** 
die  der  Amts*  und  anderer  Arbeitszeiten   während  des  Laufen 
eines  Jahres  immer  in  andere  Stunden  fallen. .  Dieses  mag  die 


1    S.  Puima  Hut.  Hat,  L.  II.  aap.  77. 


Uhr, 

Ifrmthn  g*n*sm*seyfc,  warnm de*  alten  tMmhw  KfeaW* 
ünvTage  *ta  94  «Innda* :  mit  4e*  Mitternacht 'tan^nga«,  etat 
■mäamtnnmj  im  warn  in  dar  bmtgMthm  Zeittechonng  dtnh 
mn*  Europa  (halten  ausgenommen)  eingeführt  istw  S)ö&  -d>4 
Aminoteitn.aiae\  divtn  abgegangen  v  eadem  af*  ihre  Tay»  mit 
dem  Mm^  beginnen  und  dein**  immer  hinter  der  btffgerli- 
£•»- B*ehnMg:  mn  IS  IStnrtdeir  oder  um  einen  halben  «Tag 
snmek  asoeV  -Imeithtbch  dfnse  Aenderung fTorgcnomaten,  -weil 
die  Sonn*,  -  welch*  sie/  früher  allein  rar  Zertbeatfaamttfg  $*- 
eitncbeea,  -  rar  Zeit,  der  Mieteroeckt  »iaht  sichtbar  ht  <tiad 
Jeher  emck  det  Augenblick  der  Mkmnmtbt  nicht  do?eh  eibt 
virklitJe*  Bst#achtnng  der  Sonne  in  dieser  Epoche-  gtgebe* 
werden  tkewntot,  {.während  sie  im  'Gegentbeil  um  Mittag,-  -anr 
Zeit  der  Ctdmsnation  dereelben  y  von  jedem  Astronomen  geseha 
eed  beobachtet  werden  kenn»  Jedoch  ist  dieser  Vottheil,  wenn 
ss  einer  ist,  bei  «neerer  neneti  Beöbaehtungaart  »des-  gestirnten 
Bimmele  in  der  Thet  nicht  hinreichend ,  um  dadurch  jene  oft 
stfcende  Abweichung  von  einer  bereiti  allgemein  angenommen 
ata  Rechnungsart  M  begründen* 

Allein  ,eneh  wenn  der  Tag  Ton  Mittag  öder  Mltternaeht 
angefangen  nnd .  bis  sum  nächstfolgenden  Mittag  oder  Mitter« 
Mehl  fortgeaählt  wird.  So  hatte  man  damit  doch  noch'  kein 
gm  JobkUfches  Zeitmafs-,  da  aneh  der  Tag  in  diesem  Sinn* 
dm  Worte  noch  immer  eine  in  den  vanclriedenen  Jahreszeiten 
nnghiohe  Länge  hatte.  Diese  Ungleichheit  war  alltiding* 
nickt  mehr  so  grefs,  wie  die  oben  erwähnte,  aber  sie  konnte 
loch  bei  wissenschaftlichen ,  astronomischen  Geschäften  nicht 
mehr  tibersehn  werden  und  sie  macht  sioh  bei  vorgerückter 
GeJtnr  selbst  .im  bürgerlichen  Leben  bemerkbar.  Durch  die 
Batücksiehligaurg  dieser  noch  übrigen  Ungleichheit  der  Tage 
werde  man  endlich  auf  den  Unterschied  zwischen  der  $*ahr*n? 
and  de*  minieren  Sonnenzeit  geführt)  von  wtdohen  dielettt*' 
die  gesuchte*  eagantUnh  nothwendige,  gTeiehfttnnig  ibftschrei-1 
tmde  Zait  istvdie.  daher  auch  alfein  als  das  Mals  aller  Kalten 
gtbrauoht  wird,  wie  beseite  oben?  gaaagft  worden  ist. 

Die  oben  erwähntea  Bädernhren  koupen  in  swai  wesent* 
Kch  von  einander  verachiedesie  Arten  getheilt  werden,  jo  nach-« 


ut   f.  ?LrtmJ«  Ifist.  Net.  a*  a.  O. 


litt  Uhr« 

dem  *it  tAnftafch*  durch  die  Wsrinsng .  4er '  Schwere,  mittels* 
eum,  Gewackle,  oder  durch  die  Kraft  der'EbstkMt,  mitteilst 
*iiM)*inetall*neo  Feder^  i»  Bewegung  gesetzt  werden.  Di*  erste 
Geecltieete  diese»  Uhren  ist  in  grofre  Dunkelheit  gehulk,  so 
dafe  e*,tinmttghszs  ist,  den  {eigentlichen  Erfinder  desselben  nai* 
Sichedkcit  anzugeben.  Die.  Benannung  Uhr  oder  kerokgium 
(von  «SnaZeit  und**oyo£  Wort,  Sprach*  tu  8.  w.)  kommt  wohl 
schon,  seh*  früh  vor,  eher  nicht  mit  der  Bestimmtheit,  defe 
darunter  nicht»  auch  Sonnen«  oder  Wasseruhren  verstände« 
seyn  kannte».  Der  erster  Schriftsteller,  der  von  einer  Ma- 
schine spricht,  welche  die  Standen  durch  Schläge  an  einer 
Glocke  s»gtb»    seheint  Davtc   (geb.  1265,    gest.  1391)  m 

1  

seyn ,.  so  dafs  demnach  Schlaguhren  in  Italien  schon  zu  Endo 
des  13ten  Jahrhunderts  bekannt  gewesen  seyn  müfsten.  Ins 
16.  Begierungsjahre  Eduard'»  L  von  England,  d.  h.  im  Jahre) 
1288»  wnrde  einem  englischen  Mechaniker  ein  Privilegium  auf 
die  Verfertigung  einer  Uhr  für  den  berühmten  Uhrthorm  bei 
Westminster-Hall  ertheilt.  Unter  der  Regierung  von  Hziv- 
eich  VI.,  die  mit  1422  begann,  soll  der  König  seine  Uhr 
dem  WitUAM  Warbt,  Decbant  von  St  Stepbans,  zum  Auf- 
heben oder  Aufziehn  gegen  eine  bestimmte  Besoldung  über- 
geben haben.  Die  Marienkirche  in  Oxford  wurde  im  J.  1523 
mit  einer  Thurmglocke  versebn ,  die  aus  einer  den  Studenten 
dieser  Universität  aufgelegten  Taxe  angeschafft  worden  war* 
Dafs  in  Deutschland,  besonders  in  Nürnberg,  die  Uhrmadte- 
sei  schon  im  Anfange  des  16ten  Jahrhunderts  fröhlich  blühte, 
ist  bekannt  und  kann  s.  B.  in  Bickm Avs's/Geschichte  der  Er- 
findungen  umständlich  nacbgesebn  werden. 

Die  frühesten  verläßlichen  Nachrichten  von  fUtderaluren 
scheinen  die  folgenden  zu.  seyn.  Die  erste  Thurarahr' von  Bo- 
logna soll  vom  Jahre  1356  seyn.  Heinrich  vor  Wtck  oder 
vom  Vi  c,  ein  Deutscher,  stellte  in  dem  später  sogenannten  Thurme 
des  Palastes  Caal's  V.  um  das  Jahr  1364  eine  Uhr  auf.  In 
By*  cR'a  „Fotdera"  wird  de«  Schutzes  erwähnt,  den  Eduard  III. 
drei  holländischen  Uhrmachern,  die  er  im  J.  1368  aus  Delft 
nach  England  berief,  angedeihen  lief*.  Cour  ad  DAstpodius 
giebt  umständliche  Nachricht  von  einer  um  das  Jahr  1370  zu  • 
Strafsbnrg  errichteten  Uhr.  Nach  Faoissart's  Bericht  hatte 
Courtray  gegen  dieselbe  Zeit  (1370)  eine  Uhr,  die  bald  dar- 
auf (im  J.  1382)  der  Herzog  von  Bwgnnd  ihr  abgenommen 


Uhr.  im 

bat  Immm*  era*«t  ebe*fals  vm  «a**r  im  J.  18Ö5  sn 
Speier  euigestelltett  Thurmehr;  eint  ähnliche  hatte  Ntfrttfcerg 
m  J.  1462,  Auen«  im  J-  148* -und  Venedig  im  J.  1497« 
Nach  einem  Briefe  de*  Ambrosius  GsMiLDtfLsaeit*  an  Nico- 
lais Ten  Floren  waren  gegen  des  Ende  des  15ten  Jahthän- 
eerts  die  Uhren  anf  dem  Gonrinenfe  sehon  etwas  sehr  Ge- 
«fthahehes,  nod  desselbe  sefceint  euch  Ten  England  nn  gehen, 
4«  wir  in  dem  berühmten  engl«  Dichtet  CsatTckr  (geb.  1338, 
gut  1400)  folgende  Verse  finden: 

Fall  sickerer  was  bis  cröwiog  in  his  löge, 
As  is  a  dock,  or  any  abbey  orloge/ 

Wie  es  noch  mit  der  Epoche  der  eigentlichen  Erfindung  die« 
s«r  Instromente  sich  verhalten  inag,  so  kann,,  man  wohl  immer 
(kr  Meinung  "von  Fbro.  Bbrthoud  beitreten«  eines  innjgen 
Kenners  und  des  besten  Schriftstellers  über  diesen  Gegenstand* 
«Ws.eine  solche  Uhr,  wie. die  oben  erwähnte  von  Heiiaich 
toi  Wy ck,  nicht  die  Erfindung  eines  einzigen  Menschen  seyn 
kann,  sondern  dafs  sie  ein  Product  mehrerer  vorhergehenden, 
geringeren  Erfindungen  ist,  die  zum  Theil  wenigstens  sehr 
alten  Zeiten  angehören  mögen»  So  waren  z.  ß.  Räderwerke 
verschiedener  Art  schon  zu  des  Archimiois  Zeiten  bekannt; 
üe,  wenn  gleich  nur  rohe,  Regulirung  der  durch  die  Schwere 
erzengten  Geschwindigkeit  durch  Hülfe  eines  Schwungrades, 
wie  sie  an  Vorrichtungen  zu  gemeineren  Zwecken,  z.  B.  an 
unseren  Bratenwendern,  erscheint,  ist  so  einfach,  dals  sie  ei- 
nem mäfsig  mechanischen  Talente  nicht  lange  verborgen  blei- 
'  ben  konnte ;  dasselbe  gilt  auch  wohl  von,  dem  sogenannten 
Aasheber  und  Gesperre  unserer  Uhren*}  fof  in  seinem  Principe 
ebenfalls  sehr  einfach  ist.  Die  so  leicht  zu  bemerkende  ao- 
celerirende  Bewegung  der  frei  fallenden  Körper  konnte  ein 
aufmerksames  Talent  ohne  Muhe  auf  die  Idee  p4**  Unruhe  füh- 
len, womit  die  Entdeckung. einer  Art  Balancier  beinahe  notb- 
wendig  verknüpft  scheint.  Sind  nicht  selbst  noch  in  unser  n, 
Zeiten,  etwa  seit  den  letzten,  Decennien  des  18ten  Jahrhun- 
derts,  die  vielen  Verbesserungen  unserer  jUhren  und  besonders 
unserer  Chronometer  nur  nach  und  nach  durch  das  günstige 
Zusammenwirken  mehrerer,  ja  sehr  vieler  der  ausgezeichnet- 
sten Künstler  entstanden? 

1  üb-  XT*  Spiet;  IT. 


tm  uki. 

Qt  wird  de«  Laura  toicfet  emiatenmettt  eeyn,   dl»  Ei*- 
riebsuag   kfosin  tu  leinen,    die  der.  oben  erwähnte  H.  von 
1  Wir«*,  so  früh  sehen  seiner  Unruhe  gegeben  hat,    durch  di» 
ex  den  £atg  aeiner  Uhr  zu  regnliren  sachte.      Die  Zähne  des 
Fig.&tenred*  EG  wirkten  auf  zwei  schmale  Hebclplatten  Dundß 
150,ein,  die  eo  einem  Siebe  öden,  an  einer  geradlinigen  Spindel 
EDC  befestigt  waren,    an   welnker  äpindel  in  C  die  daran! 
senkrecht  siehende  Unruhe  oder  det  J&ghieher  A  B  aufstand, 
welche  letztere  an  ihren  Endpunoten  A  und  B  mit  Gewichten 
beschwert  war«      Um   die  Uhr  schneller  oder  lenksamer  geho 
'    zu  machen ,  durfte  er  nur  diese  Gewichte  näher  zu  oder  wei- 
ter von  dem  Mitte Jpuncte  C  der  Unruhe  AB  schieben« 

*  So  unvollkommen  diese  Uhren  auch  ohne  Zweifel  gewe- 
sen sind,     so  fordet  man   doch,    dafs  sie  schon  um  das  Jahr 
1484  von  Waltmä'  in  Nürnberg  und  bald  nach  ihm  von  dein 
berühmten  Wilhelm,  Landgrafen  von  Hessen,  zu  astronbmi- 
sehen  Beobachtungen  angewendet  worden  sind,    und  so  grofs* 
ltiufs  der  Nutseh  erschienen  seyn  9    den  man  von  diesen  In- 
strumenten ziehn  wollte,    dafs  Geuma   Faisius  um  das  Jahr 
1530  schon  den  Gebrauch  einer  ähnlichen ,  aber  tragbaren  Uhr 
zur  Bestimmung   der  geographischen   Länge  euf  dem  Meere 
,  vorzuschlagen  wagen  Itonnte.   Der  berühmteste  praktische  Astro- 
nom seiner  Zeit,  Ttcho   de^Brahb,  besafs  vier  Raderuhreb, 
die  er  auf  seinem  Observatorium  aufgestellt  hatte  und  die,  wie 
er  selbst  erzählt,    Stunden,    Minuten  und  Secunden  angaben. 
Die  gröTste  von  ihnen  hatte  nur  drei  Räder,   aber  der  Durch- 
messer eines   dieser  Räder   betrag  volle  drei  Fufs    und  trug 
11200  Zähne   auf  seiner  Peripherie.       Diese  Angabe  allein  ist 
schon  ein   Beweis   der  großen  Unvollkommenheh  der  Uhren* 
aus  jener  Zeit,     auch  klagt  Ttcho  After  über  die  Unverläfs-' 
Henkelt  derselben,  besonders  über  solche,  die  ihm  vom  Wet- 
ter abzuhängen  schienen,  ohne,   wie  es  scheint,  den  näheren 
Grund  dieser  Anomalie  angeben  zu  können,    der  offenbar  in 
der  Temperatur  lag.    Im  Jahre  1577  hatte  Möstli*,  der  Leh- 
rer' Keflik's,    eine  Ufir,  die  2528  Schläge  in   einer  Stünde) 
machte ,  und  indem  er  die  Anzahl  dieser  Schläge  während  der 
Zeit  beobachtete,  in  welcher  die  ßonne  durch  einen  Meridian- 
faden  ging,    fand   er  den  Duchmesser  dieses  Gestirns  gleich 
0°34'13".  Dieselbe  Beoba'btungsart  dieses  Durchmeeseis  Jbaben 


Ü  *  r.        »  1113 

die  Astronomen  bis  auf  daa  heutigea  Tag  ab  die  best«  bei- 
bchaltea« 

Esaer  der  ersten  Zusätze,  weicht  später  diese  Instrument* 
softer  ihrer  unmittelbaren  Zeitbestimmuag  so  häufig  erhielten, 
bestand  ki  dem  sogenannten  fVecktr*  der  «ach  jetzt  noch  üa 
Gebmach  ist,  obschon  aiebt  zu  dem  Zwecke,  wozu  ei  zuerst 
gebraucht  wurde,  nämlich  am  die  Mönche  in  den  KlOstera-  sa 
ihre*  Morgengebeten  aufzuwecken* 

Der  eigentliche  Ursprung  der  tregberea  Uhren  ist  laeh 
nicht  mehr  mit  Genauigkeit  sa  bestimmen«  Gewiss  ist,  defii 
sie  schon  vor  dem  Jahse  1544  bekennt  gewesen  sind,  de  im 
diesem  Jahre  die  Uhrmechergilde  in  Pens  von  Faastz  h  ein 
Privilegiam  erhielt,  durch  welches  eilen  Andern  ealser  ihrer 
Zasft  verboten  wurde,  solche  Uhren  sa  verfertigen»  Der  Er-' 
fiudunj  dieser  tragbaren  Uhren  muhte  die  Entdeckung  der 
Metdüfeder  (statt  des  Gewichtes)  vorhergehe ,  und  diese  Fe« 
dar  konnte  wieder  nicht  gnt  engewendet  werden,  wenn  nicht 
auch  diejenige  Einrichtung  bekennt  wer,  die  wir  jetzt  mit 
4tt  Benennung  der  Schnecke  bezeichnen.  Diese  beiden  Eat- 
fedungen,  der  Feder  und  der  Schnecke,  änderten  aber  die 
fiorkbtuag  und  Form  und  selbst  den  Gebrauch  der  Uhren  in 
solchem  Meise,  dafs  sie  als  in  der  Geschichte  der  Uhrmacher-* 
kaust  Epoche  machend  angesehn  werden  müssen*  Zwar  hat 
san  selbst  in  den  neuesten  Zeiten  Taschenuhren  ohne  Schock« 
las  verfertigt,  indem  man  die  Schnecke  durch  eine  ungleich 
dicke  oder  ungleich  breite  Feder  zu  ersetzen  suchte.  Beson- 
ders in  Frankreich,  wo  doch  die  Uhrmacherkunst  unter  Bas« 
oüit  so  grofse  Fortschritte  genlacht. hat,  suchte  man  häufig 
diese  Schnecke  entbehrlich  zu  machen.  Allein  man  darf  nur 
wenig  mit  der  Organisation  dieser  Instrumente  bekannt  seyn, 
tun  einsusebn,  dafs  es  unverständig  und  thöricht  ist,  ein  so 
einfaches  and  sicheres  Mittel  ohne  allen  Grund  vetschmaha 
sa  wollen.  Thls  practiae,  sagt  der  alte  Aastold,  dessen 
Meinung  hierüber  wohl  von  grobem  Gewichte  ist,  ie  a 
dtparture  from  the  first  princjplee ,  which  can  never,  be  to- 
hratett,  where  aecuraqy  of  Performance  ie  requirefl*  Etwas 
Aehnliches  begegnete  auch  den  französischen  Künstlern  darin, 
dafs  sie  die  Aufhangung  ihrer  Pendel  auf  scharfen  Stahlschnei- 
den allen  übrigen  Suspensionsarten  lange  Zeit  hartnäckig  vor* 
gezogen  haben ,  während  die  Engländer  ihre  Pendel  bekannt- 
K.BdV  Bbbb 


tm  -v\  r. 

-ffefi  *b  «nV  eheÄiaoi*  StaWrVoVr  hinge* ,  *UAu  c*eres  Bn& 
in  einer  Klemme  tn  die  Winde  der  Uhr  befestigt  ist.  Deir 
berühmte  ßniTfiotro  in  Paria  heharrte  Mi  tofotfn  StsMsthnei- 
4en  «s  «»  feinen  Te4 ,  so  Viel  SVMmprÜche  er  eueh  de*<- 
Mb  **  bekämpfen  hattet'  Nirn  ftt  aber  Kr  sich  fijer,  «Ms 
ein  Pendel,  wenn  es  durch  die  Etnvfrfrlruug  lufserer,  nidtt  tu 
VermeWender  Kräfte  nicht  merkfleh  gesftrt  werden  »oh1;  *M 
beträchtliches  Gewicht  haben  tnässe ,  Wie  Öenn  Uhren  mif  seht 
lefehteti  Pendeln  auf  hochgemuten  Observatorien  bekanntlich 
genz  «unbrauchbar  smd ,  wenn  sie  auch  sonst  die '  bitten  ihttfr. 
Art  wären.  Für  ein  so  gewichtiges  Pendel  aber,  das  5tf,  M 
smd  tnehf  Pfand  wiegen  toafs ,  kann  «hie  feine  Stshlgdüieidd 
'  uninägtich  ein  angemessener  Aufhängeapparit  seyn. 

Dieses  war  der  Zustand  der  tlhrtoachcAün«  zu  derzeit; 
ab<SALiL«t  in  einer  Kirche  zu  Flöten*  die  Entdeckung  macht«, 
daf*  eine  an  einer  Sehnur  von  dem  Dome  der  Kirche  herab- 
hängende Lampe,  wenn  diese  Schirar  ans  ihrer   senkrechten! 
Lage  gebracht  Wurde,    Schwingungen  machte,    die  füVgfofte* 
oder  kleine  Schwinguogsbogen   nahe    in '  gleichen  Zehen  Vor! 
«ich  gingen,  d.  h.  also,  dafs  die  Schwingungen  eines  Pendels,  auctf 
bei  Verschiedenen,  übrigens  geringen  Amplituden,  isochron  sind. 
Er  machte  diese   Entdeckung  im  J.  1639  *tt   Paris  bAannt, 
ntid  öbechon  eV  salbst  sie '  nicht    unmittelbar    auf  die   Con- 
strucrion  der  Uhren  anwendete,  so  machte  sie  doch  Epoche  in 
der  Geschichte  der  Kunst,  indem  sie  die  eigentlichen  PmuteU 
uhrth  erzeugte,    die  in  den  neueren  Zeiten  so  sehr  vervoll- 
kommnet Wurden   und  die   jetzt   noch   den*  Vorzug  vor  allen 
andern  Uhren  haben«     t)iese  Entdeckung  föhrte  bald  einen  ge- 
lehrten Kampf  zwischen  Galilei  und  HüTonivs  herbei,  und 
die  Frucht  dieses   Strehes  war  des  Letztern  berühmtes  Werk : 
De  Horelogio   osciüatorio»    so  wie  auch  die  erste  eigentliche 
Pendeluhr  von   diesem  Gelehrten  noch   vor  dem  Jahr©  1638 
verfettigt  worden  ist.    Es  wird  wohl  nicht  leicht  auszumachen 
seyu,    ob  der  Letzte  jene  Idee  Von   dem  Isochronismus  des 
Pendais  selbst  gefanden  oder  von  Galilei  geborgt  hat ,  aber 
dafür  ist  es  desto  gewisser,  dab  HuYebivs  diese  Idee  zuerst 
auf  eine  meisterhafte  und  Wahrhaft  wissenschaftliche  Weise 
angewendet  und  ins  Laben  gerufen  hat*     Bemerken  wir  übri- 
gens,   dafs,  während  auf  dem  Festlande  Hureacvs  allgemein 
als  der  Erfinder  der  Pendeluhren  betrachtet  wird,    die  Bog« 


Ü^n  1115 

ttfadtt  «ese  Are  ihrem  ZJanrojaifnn  ftifctaAlrb  HAbbt*  vindi* 
drtn,  d*r  'schon  im  Jett«  flMl  An«  Uhr  Yfiit  *iiftm  lamgeh 
fMk^l  Verewigt  haben  soH. 

MM  «natb  dkser  Epoche  wurde  auch  JA  tftfen  efwfflitate 

Mee  de*  t^t^AA  Fnisitrs  vfenr  demselben  HtYöH'ikg  Erntet 

«Afeenonftarti  mfd  rrir  WriWriguog   ifon  PWef-»  oder  Seenh- 

i4ft  bttmttzi    Er  wirr   es  Fer  rier,     derlltctaBn's  'bekannte  Be- 

'obechttitig ,  Alfs  die  Pemdelohten  am  Äequator  langsamer  gWih, 

*Ä  in  gröbsten  Breifeh ,    durch  die  Abplattung  der  Erde  an 

fkrtfn  Pblen  enterte,    Wodurch  er  Ans  die  ctigerJtlfch'e  ^GestaTt 

tfet  Erde  kennen  lehrte.      Derselbe  zeigte  difrch  sehr  scharf- 

tfbilifee  geonretrische  Untersuchungen ,  dafs  Galilbi'b  Entdek- 

knj^^e*  Isochronismus  der  *  Schwingungen  nur  sehr  kleinen 

IGkfcftafogeft,    nicht  aheV,   wie  jener  glaubte,   jeder  Amplitude 

ftfc  Vogetofe  zukomme ,    dafs   sie  aber  dafür  in   ganzer  Strengt 

ter  jdden  Bügen  der  tyklöide  -gelte.      Indem  er  zugleich  die 

fSttolrit»  'dieser  Curvfe ,     die   bekanntlich  wieder  eine  Cykloide 

W,  ^stimmte,    wendete  er  dieselbe  auf  eine  iehir  sinnreiche 

Alt  auf  die  Pendeluhren  an»      In  der  Folge  liat   man  diese 

Anwendung  wieder  *e¥hs*en ,    Wefl  dadurch  -andere  Fehler- 

*roeO#n  'ert*rigt  werten,  die  in  praktischer  'Hinsicht  Vor  Allem 

torineBen  werden   mnfsten ,    und  Weil  es  dem  Künstler  so 

fcHbt  fat,    das  Pendel  totnr  in  Keinen   Amplituden  schwingen 

zu 'tosen,    far  welche  jeher  Isöchrbnismtfs'  so  nahe  statt  hat, 

diWftr  die  Praxis  nur  immer  gefördert  werden  kann,    da 

t*  befi  den  Uhren  ohnehin  nur  auf-  Stets  gleiche  Amplituden 

ttBtotntift, 

WaAeVm  auf  diese  Weise  die  eigentliche  Basis  der  neuen 
kütafet  für  all*  Steiten  gelegt  war,  glaubte  man,  schon  auf  die 
ttofMtt  Verzierungen  des  Cebaudes  selbst,  das  doch  hoch 
tfehtvoiiniWden  war,  denken  zu  müssen.  Die  Uhrmacher,  die 
faaÖi  HuYsfliHS  folgten ,  legten  sich  auf  Künsteleien ,  wo- 
fofoh  die  eigentliche  Kunst,  wenn  nicht  zurückgesetzt,  doch 
tttf  llfngere  Bait  Zum  Stillstände  gebracht  Wurde.  So  erfand 
BafcKrtr  in  Lbrtdon  im  J.  1Ö76  die  im  Allgemeinen  noch  jetzt 
|ettttUäklie ,  ziemlich  cbmpBcirte  Maschinerie,  der  Repetition, 
dötA  belebe  tta*  die  letzWeirflossene  Stande  mittelst  des  Ata~ 
&Ak4to  einer  Schnur  wieder  schlagen  lasseh  kann.  Ihm  folgte 
in  etiUhen  *ft*B  ähnlichen  Dingen  der  tu  «einer  Zeit  berühmte 

ÜHmatfaeir  *Juatu  ih  London  und  JtfLiAlr  lc  Roy,  Colliia, 

ßbbb  2 


1116  Uhr. 

i 

0 

Laucat,  TaiOüT  in  Frankreich  u,  JL  Draals  entstanden 
auch  viele  Uhren,  welche  die  wahre,  nicht  die  mittlere  Son- 
nenzeit anzeigten.  In  solchen  mehr  sonderbaren  als  nützli- 
chen Beschäftigungen  zeichneten  sich  Sullt  in  England,  der 
Benedictiner  ÄLtXAtfDia  im  J.  1696»  dann  ti  Bov  und.  lb 
Rot  im  J.  1717  in  Frankreich,  forner  L'Admiaaud,  Passe- 
mavt,  Riva*,  Graham,  Ekdibuv»  Kjukgsbisis  u.  A.  ans. 
Eine  ^andere,  viel  wichtigere  Erfindung  für  die  eigentliche 
Kunst  war  die  der  Ankerkemmung  oder  des  sogenannten  Stols- 
werkes der  Uhr,  deren  Urheber  der  Uhrmacher  Climbst  .  an 
London  um  das  Jahr  1680  war,  wie  selbst  Biatboud  in  Pa- 
ris bezeugen  mufste.  Diese  wesentliche  Verbesserung  führte 
unmittelbar  auf  die  so  vorteilhafte  Aufhängung  dt%  Pendele 
mittelst  einer  dünnen  Stahlfeder,  die  ebenfalls  von  Climsit 
zuerst  angewendet  wurde*  Beide  Entdeckungen  sind  übrigens 
auch  von  dem  sinnreichen  Dr.  Hooks  in  England  für  sich 
selbst  reclamirt  worden»  Die  Secundenpendel,  mit. diesen  bei- 
den Apparaten  versehn,  wurden  damals  in  England  th*  royal 
pendulumt  genannt* 

Mit  dem  Anfange  des  achtzehnten  Jahrhunderts  trat  eine 
andere  Epoche  der  Kunst  ein,  die  zn  einer  sehr  wesentli- 
chen Verbesserung  derselben  beitrug.  Schon  seit  fünfzig  Jah- 
ren kannte  man  die  starke  Aenderung,  die  alle  Metalle  dnrch 
die  Einwirkung  der  Hitze  und  Kälte  erleiden.  Du  Bedürfe 
nifs,  die  Länge  des  Pendels  und  dadurch  den  Gang  der  Uh- 
ren von  dieser  Einwirkung  der  Temperatur  unabhängig*  zu 
machen,  wurde  ebenfalls  sehr  deutlich  gefühlt  und  zum  astro- 
nomischen Gebrauche  besonders  waren  die  bisherigen  Uhren 
noch  immer  so  gut  als  unnütz.  Aber  erst  im  J.  1715  verfiel 
Georg  Graham  auf  ein  Mittel,  diesem  Umstände,  der  auf 
die  ganze  Kunst  hemmend  einwirkte,  zu  begegnen.  .Es  ist 
sonderbar,  dafs  dieses  sein  Mittel  zugleich  dasjenige  ist,  was 
noch  jetzt  bei  Pendeluhren  für  das  beste  anerkannt  wird,  ob- 
schon  man  seitdem  noch  gar  viele  andere  vorgeschlagen  hat* 
Graham  substituirte  nämlich  statt  des  schweren  linsenförmig 
gen  Körpers,  den  man  bisher  an  die  Pendelstange  zu  befe- 
stigen pflegte,  ein  Geiafs  mit  Quecksilber  gefüllt,  wodurch 
.  er  den  Suspensions  -  und  Oscillationspnnct  des  Pendels  im- 
mer in  demselben  Abstände  von ,  einander  zu  erhalten  suchte, 
indem  z.  B.  durch  die  Wärme  die  Pendelstange  abwärts,   das 


Uhr.  1117 

Quecksilber  im  Gefiifse  aber  aufwärts  verlängert  wird«  Jedoch 
gelang  es  ejrst  dem  Jon»  Harrisob,  die  erste  Wir  mit  einer 
vollkommenen  Compensatio!*  zu  verfertigen,  wofür  er  aach 
vom  Parlamente  ein  Ehrengeschenk  von  20000  L.  St.  er- 
hielt, die  seiner  gedrückten  häuslichen  Lage  aufhalfen,  ob- 
•ehon  er  sie  grOfstentheils  wieder  der  weitern  Vervollkomm- 
nung seiner  Kunst  zuwendete.  Bald  darauf  trat  «ach  Gra- 
ham mit  seinen  Compensationspendeln  auf,  wobei  die  Pendel- 
slangen  aus  mehrern  Stäben  von  verschiedenen  Metallen  be- 
ttenden, deren  Ausdehnungen  durch  die  Wärme  sich  gegenseitig 
aufheben  sollten,  wie  wir  weiter  unten  sehn  werden. 

Aufser  den  erwähnten,  wesentlichen  und  Epoche  machen- 
den, Verbesserungen  sind  im  Laufe  des  vergangenen  und  selbst 
des  gegenwärtigen  Jahrhunderts  noch  so  viele  andere,  minder 
wichtige  hinzugefügt  worden,  dafs  ihre  umständliche  Auf  zäh- 
lang allein  einen  bedeutenden  Band  füllen  kannte.  Indem  wir. 
sie  in  dieser  kurzen  Geschichte  der  Kunst  übergehn ,  begnü- 
gen wir  uns  mit  der  Anführung  der  vorzüglichsten  Künstler, 
veUhen  wir  diese  Verbesserungen  verdanken.  Diese  sind 
Gusbob,  Müdge,  Cummibs,  Nicbolsoe,  Hardlt,  Har- 
iisob  in  England,  Julia*  und  Peter  le  Rot,  Sollt,  Dv 
Tibtre,  BcTHuar,  Lefautb,  Rbgbauld,  Defarcjeux, 
Cassibi,  Amabt,  Robis,  Bbrthoüd  u.'  A.  in  Frankreich, 
ncbtt  Sibck,  Graham,  Ellicot,  Troughtob,  Smeaton, 
Biid,  Ritchie,  Ward,  Moliheux,  Kater  u.  A. 

Die  Geschichte  der  Taschen-  oder  Federuhren  ist  innig 
mit  jener  der  Pendel-  oder  Gewichtuhren  verbunden,  und 
die  meisten  der  Künstler,  welche  sich  um  die  eine  Gattung 
dieser  Uhren  Verdienste  erworben  haben,  sind  auch  als  Be- 
förderer der  andern  anzusehn.  In  der  That  sind  beide  Gat- 
tungen von  Zeitmessern  blofs  darin  wesentlich  verschieden, 
fefs  die  Regulirung  des  Ganges  bei  der  einen  durch  das  Pen- 
del,  bei  der  andern  aber  durch  den  Balancier  geschieht  und 
da&  die  bewegende  Kraft  dort  das  Gewicht  und  hier  die  Fe« 
der  ist.  Es  ist  schwer,  den  Künstler  anzugeben,  der  zuerst 
eine  Federuhr  in  einem  so  kleinen  Räume  gemacht  hat,  dafs 
»an  sie  bequem  in  der  Tasche  tragen  konnte*  Gewifs  waren 
diejenigen  kleineren  Uhren,  die  man  vor  Hotghehs  und  Hookb 
asthte,  noch  sehr  unvollkommene  Maschinen,  da  die  Unruhe 
ffid  die  Feder  für  die  tragbaren  Uhren   ebenso  wichtig  und 


uj*«bthrUofv  ei*d,    a|+  de*  MW.  fik   die,  Gewicfatuhreis 
we»a  ««  m*  «HugimMfan   regeJmVfeig  gebm   sollen«     Eia 
grobes  HiwWr*ifs,  fiir  Ufo* ,    die,  längere  Zeit  mifc  G*fl*uig~ 
k*it  gehn  sollen,    we*  die  Stdrungr,    welche  diaae>  Majqhipcn, 
durch  4a«  Anfiajebn  derselben,  etfeidect.    9ahon  Iguxonftvs.  w*s. 
darauf  bedroht,    bei  seine*  I?cftd)*Jub#ftn;  dieses  Hindewift,  f% 
aberwinden»      Er    gebrauchte)   desa  ein*  sogenannte/  endlos*, 
Schnur»  mit  zwei  sehr  nsgjcechnn  Gewichtet»  becefew***,  *>% 
sich  «es  Mrt  Weben,  wand.    Später  wandet*  man  *u  dia&ene* 
Zwack»  einen  hebebtfjgeift  Apparat  an*    der  aber  ebenso  we~ 
nig,  als  jene  VoriMhmof  9    genügend-  gefunden,,  wurde,     Eftdp 
lieh  htm  Hariusos  auf    die*  Einrichtung »    die   noch   jetzt 
allgemein:  gebraucht  wird,    deren,  niMme    Beschreibung  aber 
hfer  so  umständlich-  acjrn  wunde  and  ohne»  mehrere*  Zeichnun«» 
gen  aiftbt  gut  deutlich  gemacht  werde*  kann ,    während;  siet 
jeder  Uhrmacher*  mit  de»  Apparat«  in  dar  Hand,  sogleich  Je—, 
dam  deutlich  me*hen  wird.      Deeselbe  gilt<  ia  uoeji,  viel,  htf-v 
herein  Grad*  von.  dt»  sogenannte*  Rcpetirwerke  bei  tablajfm 
dbren ,.  durah  welche*  man  mittaWfc  einer/  angeaogennn  Scbnu» 
das.  Schlagwerk  die.  letxjvergangen*  Stunde  mit.  ihrer)  Viei*eJt* 
wiederholen  lgfst*  welch»  Vorrichtung  besonder*  bei  Tesebn*-* 
uhren  aabr  snsajnmengcsetzt  und,  künstlich,  ist,,   wo,  eitoUch 
s>stft  dar  angesogene»  Schnur  ein   Qsuck   des,  Qabängeaapiam 
4er  übe  anf  die  Bedes  dierselheai  snhstitujrt,  wird. 

Nach  diesen  vorläufigen  historischen  Notizen  wollen  wir 
nun  za  der  Beschreibung  der.  Einrichtung  der  Räderuhren 
selbst  übergehn,  so  weit  diese  nicht  den  eigentlichen  Uhr- 
macher, sondern  denjenigen  angeht,  der  nicht  gewohnt  ist, 
ein  Instrument  au  gebrauchen,,  mit  dessen  Constitution  er  nicht 
wenigstens  im  Allgemeinen  naher  bekannt  ist« 

Der  Zweck  fader  guten ,  stu*  wirklichen  Gebrauche,  nicht 
Mols  su  Tändeleien  oder  aar  Befriedigung  uMultse*  Wünsche 
bestimmten  Uhr  ist,  eine  vollkommen  gleichförmige  und.  (durch 
eW  Zifferblatt)  Ifticbt  abzumessende  Bewegung  hetvoraubrin«* 
geiv,  mittelst  welcher  Bewegung,  sich  die-  Zeifc,  die  ebenfalls 
gktchfttrmig  fortgeht,  genau*  bestimmen  läfst»  Jede*,  an  einer 
Schnur,  welch*  um-  eine  bewegliche.  Welse-  gewickelt  ist, 
hängende  Gewicht  wird ,  indem  es.  varntPg*  seinem  Schwer* 
herahetfcktr  dies*  Wabe  um  ihre  Affe  drehe*  und  ejn  an  4stt 


u  u  iv  uia 

i 

«fllfe?  <Walz*  beieetigttt;  Zeiger,  dw  ak»  t^leich  mit  der 
VEeJee,  d>eh.|*  wild  auf  einem  oingetbeilten  Kreis*  die  Anzahl 
^Untfferfe  4*r  >Vel*e  und  die  TbeUo  dieser  Umlauf«  «r 
ifjglfo  AUein  «in«.  solche  Ve*»jcbl*ng  wind  im  den  Zeit« 
ms*«,  Wfflehe«  *?ir  snchien,  unbrauchbar  eeyn.  Denn  da  je- 
ne*. Gewicht  ip  der  «raten  Sceand*.  durch  15  Fufe,  in  doc 
ZJ**tfaA  dcmht4&*i*  der  dritten  durah  75,  i»  den  vierten  durch 
105  Pub  u.  a.  w.,  kurz  da  et  nicht  gleichförmig,  sondern  mit 
einer,  sehr  beschleunigten  Bewegung  fallt,  so  wird  euch  die 
Waka  wd  ihr  Zeiger  auf  «Veto  ZifferUette  »ick  nicht  gMcfc- 
ffernaig,  sondern  014t  dar  Zeil  immer  <  eohneller  bewegen  «ad 
defapc  diese  Maschine  zu  einem  Zeitmalse  gase:  «nbrauchbac 
eejmv .  ■  Ei  mutete  daher  mit  der  Wabe,  .  die  dusch  daa  Ge* 
«Acht  bewegt  wird ,  noch  eine  andern  Einrichtung  verbunden 
werde»,  welche  daa  an  »ich  selbst  immer  schneller  herabfal- 
lend» Gewicht  awingt,  auf  eina  gleichförmig«  Webe,  m  jeder 
Minute  co  viel  a|a  in  der  «ndesn,  an  sinken»  Nun  ist  bekannt« 
dal*  di#  Körne*  auf  der  Oberfläche  der  Brd«f  obschon  sie, 
tick  selbs*.  übmleescn  ,  mit  der  Zeit  immer  schneller  fallen,, 
Aach  im  «raten  Augenblicke  nach  der  Ruhe  alle  durch  densel« 
he*  Saum,  dafa  sie  z*  B.  all«  in  der  ersten  Secunde  durch 
15  JSnTi  fallen.  Wenn  man  daher  ein  Mittal  besaTse,  jenes 
Gewicht  am  Ende  einer  jeden  Secunde  in  seinem  Falle  einen 
Augenblick  wieder  aufzuhalten,  so  dab  esi  gleichsam  in  jeder 
einzelnen  Seconde  ans  dar  vorhergehenden  Ruhe .  in x  eine  neue 
Bewegung  gesetzt  würde,  so  muhte  dieses  Gewicht  auch  in  jeder 
Seconde  wieder  deiph  denselben  Raum* von  IS  Fufs  fallen*  Der- 
jenige Körper  aber,  welcher  dieses  Aufhalten*  der  Walze  neck 
jedes  geendeten  SeouneV,  hervorbringen  und  sie  gleicht  darauf 
weder  loslassen  soll,  jauls  eine,  von  der  eigentlich  treibenden 
&**ft  der  Uhr  (von  den»  Gewichte)  nnahhäogige  und  offenbar 
«neb, selbst  gleichförmige  Bewegung  haben,  weil  er  eben  eine 
aerobe  Belegung  hervorbringen  soll»  D«*«  bietet;  sieh  nun 
glejchflare  auf  den  «gst*i>  Klick  das.  PsncUl^  da»,  wie  denn 
auch,  nach  dem  bereits  oben  Gesagten,  Huyghevs  gleich  auf 
diese  Verbindung  das  Gewichts  mit  dem  Pendel'  verfiel ,  so- 
bald die;  isochrone  Bewegung  desselben  durch  Galilbi  be- 
kennt  geworden  war*      Demnach   besteht  also,  jede  Pendeluhr 


1    VergL  Art  Padd.  bU  VIk  S«  SO*. 


1120  Uhr. 


aus  zwei  von  einander  unabhängigen  Bewegungen,  die  l>eid*' 
aas  der  allgemeinen  Kraft  dar  Schwere  entspringen.  Die  erst« 
ist  die  unveränderliche •,  4ie  ganze  Maschine  tfeibend*  Kraft 
odef  das  Gewicht  nnd  die  «weite  ist  die  jene  erste  md3eti* 
rende  -Kraft  oder  das  Pendel.  Jene  ist  die  Triebkraft  der  Ohr 
und  diese  ist  der  Regulator  jener  Triebkraft,  Die  Verbindung, 
dieser  beiden  Kräfte  aber  geschieht  durch  die  Memmung  {echap- 
pemeru)  und  durch  das  Räderwerk. 

Um  una  cuerst  den  Gegenstand  ganz  einfach  vorzustellen, 
wollen  wir  das  Raderwerk  auf  einen   Augenblick  ganz  entfets» 
nen  und    blofs  Gewicht   und   Pendel   auf  irgend   eine  Art  im 
unmittelbare  Berührung  versetst  annehmen,    so  dafs   man  also, 
zwei  (von  derselben  Kraft  der  Schwere ,  aber  auf  verschieden« 
Art)    in  Bewegung  gesetzte  Körper  hat,    die   gegenseitig  auf 
einander  wirken.      Nimmt  man   von    einer  solchen   einfachem 
Maschine  das  Gewicht  oder  die  treibende  Kraft  weg ,  so  wird 
das  Pendel  zwar  noch  einige  Zeit  schwingen,    aber  dufth  die) 
Reibung  und  den  Widerstand    der   Luft  sehr  bald   zum  Still- 
stände gelangen.       Hängt   man  aber  das  Pendel  oder  die  mo— 
derirende  Kraft  aus,     so  wird  das  Gewicht,     wie  gesagt,   mit 
beschleunigter  Bewegung  herabstürzen  und  die  ganze  Uhr  wird 
ebenfalls  nur  zu  bald  still  steh«.       Demnach   wird   die  Fort« 
dauer  der   Schwingungen   durch    den    beständigen    Druck   des 
Gewichts,  das  gleichförmige  Sinken  dieses* Gewichts  aber  durch 
das  Pendel    bewirk*,     oder  mit  andern    Worten:     das' Pendel 
wird  von  dem  Gewichte  angetrieben,  damit  es  nicht  still  stehe, 
und  das  Gewicht  im  Gegeatheile  wird  von  dem  Pendel  im  Zaume  ge- 
halten, damit  es  nicht  zu  laufen  anfange,  sondern  immer  gleich-» 
förmig  tiefer  sinke.  Das  Mittel  aber,  durch  welches  die  Kraft  des 
Gewichtes    dem   Pebdel   und    die   regelmäßige  Bewegung   des* 
Pendels   dem  Gewichte    mitgetheilt    wird,    ist  die   JBemntung 
(ichappement).      Die  Künstler   haben  verschiedene  Arten  von 
Hemmuogen  ausgedacht.       Eine   der  einfachsten  ist  der  söge» 
nannte    englische  Haien ,  •  den   wir   nun    näher   beschreiben 
wollen  *. 

Durch  die  beiden  Wände,  welche  das  eigentliche  Uhr* 
werk  einschließen ,  geht  eine  dünne  Stange  von  Stahl,  an  de» 
ren  einem  Ende,  hinter  jenen  beiden  Wänden;  das  Pendel  auf« 


1    Vcrfil.  Art.  Rad.  Bd.  VII.  8r  1161. 


% 


Uhr;  113f 

geratngt  und  «0  Welcher  zugleich ,  swisclfsn  diesen  Wiftden, 
ein  senkrecht1  aWiefcderr  Kreisbogen  von   Metall   befestigt  ist/ 
der  slcfi   in  *w%i  Haken  endet ,     dl«  in    die  Zähne  eines  auf 
jener  Stange  senkrecht  aufsitzenden   Rades   (des  Sttigradto) 
clngmft*;''  Der  erw8ttnte  metallene  Bogen  ist  mit  dem  Pendel 
unmittelbar  Verbänden,     so   dafs  er  steh  mit  diesem  sogleich 
auf  und  nieder  bewegt  und  von  seinen  beiden  Endhaken  im« 
mer  der  eine  höher  als  der  andere  steht,    'wenn  das  Pendel 
saftet  in  seinen  OsciHationen  hin  und  her  geht*     Um  die  er« 
wtiüite  metallene,    walzenförmige  Stange  kann  man   sich  so- 
gleich die  Schnur  aufgewunden  denken,   welche  das  Gewicht 
trifgt.     '^Tenn   nnn   das  Pendel  anf  der  rechten  Sehe  seine 
gfUftfee  f&he  erreicht,  greift  der  eben  dadurch  niedergebogene 
Bake  &aken  der  Hemmung   in  das  von  dem  Gewichte  umge« 
trfebene- Steigrad  und  hält  dadurch  einen  Zahn,   folglich  auch 
das  Gewicht  selbst  einen  Augenblick  auf.      Wenn  aber  gleich 
damuf  das  Pendel  seiner  Natur  nach  auf  flie  linke  Seite  geht,* 
so  hebt  sich  dadurch  der. linke  Haken,    der  von  diesem  Ha- 
kan früher  ergriffene  Zahn  wird  frei  und    das  sonach  befreiet* 
lad  fangt  an   sich  zu   drehn.      Allein  diese  Drehung   währt 
nicht  lange,  nicht  einmal  um  einen  ganzen  Zahn  des  Steigrades» 
Denn  während  das  Pendel  auf  die  linke  Seite  geht,  nähert  sich 
der  früher  erhobene,    nun  aber   sich  wieder  senkende  rechte 
Haken  der  Hemmnng  dem  ihm  gegenüberstehenden  Zahne  das 
Steigrades  auf  halbem  Wege  und  hält   dadurch   diesen  Zahn 
ebenfalls  anf.      Nachdem   auf  diese  Weise  das  Pendel   zwei 
volle  Schwingungen  vollendet   und  wieder,    wie  im  Anfange, 
seine  grttfste  Höhe  auf  der  rechten   Seite  erreicht  hat ,    greift 
der  linke  Haken  erst  in  den  zweiten  Zahn,    so  data  also  das 
Pendel  zweimal   so  viel  Schwingungen  macht}   als  das  Steig« 
rad  Zähne  hat* 

Dafs  bei  dieser  Einrichtung-  die  Gestalt  der  beiden  Haken 
(oder  die  Gestalt  der  beiden  Endpuncte  des  hemmenden  Bo- 
geos) nicht  gleichgültig  esey,  ist  für  sich  klar,  und  die  Künst- 
ler haben  sich  lange  bemüht,  die  beste  Gestalt  dieser  Haken 
aufzufinden.  Man  hat  sie  zuerst  so  geformt,  dafs  sie,  wäh- 
rend sie  den  Zahn  des  Rades  aufhielten  und  sich  mit  dem 
Pendel  bewegten,  zugleich  diesen  Zahn  etwas  zurückschoben, 
wall  man  die  rüchfallends  Hemmung  (Jchappenunt  ä  rtcut) 
nannte.      Später  gab  man  den  Haken  die  Gestalt,    damit  sin 


tm  Vit** 

gmtm  Ute  o4nr  <u**t*  ,4»rn  feto»  ö>*  JUta  ^gfAMfo» 
9*4  *!••*  Z*bt*  twfhitlifii» dkm  m zvikvmv**  w*  4m 

kt  die  eoge#e«»te  jutfarufc  Hemmumg  (eVMWfff***  ä  rqpof)*, 
die  it»  kmüUnt^  Q«*«**  eiagefthn  ha*  nq4  die  ajj^pipafe, 
Sic  «fei  b*s*r  «U  ***  «rat*  gthiiJt«*  *wd*   indessen  beb** 
efeeh  bejd*  EUmmu,pg*Q  de*  Na*htheil,  daft,  «äa  einer  ataj&en, 
lUftoag  wtwworf«  sind  and  daf*  dif  beendige  geganseU 
ig«  ränwfrkftag  des  Halten*  m4  dts  Zahn*  dje  freje-  Qew*. 
ga*g  de«  IfendeU  st**,;  www  b«,  dt*  gffinjaaa*.  Un*nJU 
kommeoJiaM  ode*  Unoednjuig  dir  UJu  eine   südliche,    «•*• 
gleiah&Jrmig*  Bewegung  d*c*elben  egtstafen  muk*      QbaGfeoa 
afau  dem  P*«de|    »*»  ve/Iotn*  Dewqgung    nw  d4rch  d$*> 
Kraft  de*  Gewehte*  (al*o.  mftteta  dt  Heuw&ng  P^d  Ab  $i*i&* 
red**);  wiflder  gegeben  wtrd*«  kann*  u*4  obscJpuon  eueh  raj 
der  andern  Seite  das  Stejgrad  ou*  Aerob  «U*  Pendel  giiva^ 
gee>  weffde*  k*n*,  nach  jode*  doppelt**  Schwingung  tun  «ja** 
£ah«  forttupücken  (oder  <!**  Qewicht  iauner  um  dte*elib*  Ge&p, 
iMifaHM  »i  hN**}*  •*  ***•  doch  d|*ae#  gegenseitige  QtU 
feo  «nd  Au&alten  so  eiageüfthtet  wenden  %    dal*  beide  Kritä* 
nicht  läoger  und  oicju  ttffi*far  auf  *io*n<&*r  einwirken»,  eji  je*« 
hela\H|  Zwecke  »pthwandig   •ftferdorn»      Diesen    Zweck  «tat 
hat  um«  düjoK  die  j*ta(  allgemein,  angenommene r/refe  J7**h 
mitagt  {dafop/wn*»*  WJr#)  ?u  erreichen  gebucht,    d„  b.  du**k 
•ine  eigene,  Speiraeg  de«  Steig r* des  *  #e  <U**«*  Red,  m  mim« 
Bewegung  nur  ebenio  hujge,  aufhält,    bis.  disae  ^errang  vom 
dW  Pendel,  am  Ende  jedes  S*hw?pguitg,  *ufgehobe*v  aber  «üb 
ghtoh  darauf  wieder   in  »ein*  Recht*   eingesetzt  wind.       Auf 
diese  Weise  werde«  dpceh  die  frei*  Heewpung  jene  Hülfe,  und 
sogleich,  jenes  Aufhalten    mittelst  *wei  verschiä4eees  beruh«* 
rangen  des  Hemmimgsbogens  mit  dem  SteigEadfc  errejeiit9  de^ 
ren  nähere  Erklärungen  man  übrigens  am  besten  iß  den  Watkr* 
statten  der  Uhrmechw  finden  wird* 

Wir  wollen  nun.  auch  dpß  Räduwk  näbar  bsilraoblm, 
dcu>ch  wekhea  detv  Pendel ,  da*  Gewicht  und  die  Zeiger  des 
Uhr  unter  einender,  vtfbuodeft,  sind. 

Dieses   Rädoweak    beeteM   ans.    inehrerea    kreiaf^npigeai 
Scheiben ,    deren  jede  aA  U»er.  Polyphäne  gelahmt  ist  und  a«i  x 
eine«  ebenfalls  gezabnlen  Axe   (dem  Gelriebe)   befestigt  wjed% 
so  defs*  wenn  die  Mesohine  im  Gange  isty  jed>  Saheibe  (oder 
jedes  B*d)(  ttfib  in  dtrseiben  Zeit  uouUehr>  wja  ihr  Gptimb** 


■es  Getriebes  und  die  Zähne  eines  jede*  Radta  greife*  in.  dj*> 
Zfhne  des  Getriebes  des  nächstfolgenden  Rades  ein,  so  deCs 
ebo  dieses  «weite  Getriebe  (tmd  daher  auch  das  mit  ihm  ver- 
bundene zweite  Rad)  sich  schneller  bewegen  wird,  als  das  eiw 
ste  Rad.  und  zwar  am  so  vjelmal  schneller,  so  vielmel  die. 
Anzahl  Zähne  des  zweiten  Getriebes  in  der  Anzahl  Zähne  des, 
ersten  rtades  enthalten  ist1*  Hat  also  das  erste  Rad,  welches, 
kein  Getriebe    hat»     a  Zähne    und    das  Getriebe  des  zwei- 

tan  Rades  ß  Zähne,    so  wirA  das  zweite  Rad  -?  mal  sich  um- 

Mm ,  'während'  das  erste*  nur  einmal  sich  am  die  Axe  seiner 
Well»  Arefit.  Nehmen  wir  ferner  an,  dafs  dieses  zweite  Reo* 
V  Zähne  an  seiner  Peripherie  hat  und'  in  das  Getriebe  von  y 
Zftnen  eines  dritten  Rades  eingreift,  so  wird  ebendieses  dritte 

b  .  ' 

1)^4  sich  —mal  drehn,    während  4**  zweite  sich,  pur  einmal 

T 
dreht,    nnd  da  nach   dem  Vorhergehenden  das    zweite  sich 

s 

x«J*i  fehnejler,  als  ö>s  erste  dreht,    so  wird  sich  da«  dritte, 

Bad   —  mal  drehn ,  während  sioh  das  erste  nor  einmal  dreht. 

ßr 

|bt  ferner  d»*  dritte  Rad  c   Zähne  und  greift  es  in  das  Ge- 
triebe von  8  Zähnen  eines  vierten  Rades  ein,    so  wird  dieses 

c  *  bc  ■ 

vierte  Red  sich    t  «nal  schneller,  als  das  dritte,  also  — z    mal 

y  b 

Schneller   als   das  zweite    und    daher    auch   r—r  mal  schneller 

ßyö 

als»  des  erste  drehn  u.  s.  w„  Man  sieht  hieraus,  daftf  maq, 
4urch  sehr  mannigfaltige  Verbindungen  der-  Anzahl  der  j^de^ 
sowohl,,  als  aueji  der  Anzahl  der  Zahne  dieser  Räder  und  der 
ihrer  Getriebe ,  nach,  Willkür  irgend  eipe  gegebene  Geschwin- 
digkeit* de*,  lerzteq  Rades  erhalten  kann.  Soll  z,  B*  das  *iejrfe> 
lUd.  sich   tausendmal   schneller  drehn    als   das   ersfe,*    so  fiat 

•  bc         ^äää  t.. 

—?  as   1000 

r  -    -  "  i  -    i '  i  * «  .  -         i  / 


1»  %  tot   AwLM,  VH,  S.  MM. 


N 


1124  Uhr. 

*nd*  dieser  Gleichung  labt  sich  auf  unzählige  Arten  Genüg» 
tiron. '  9e  hat  man  z.  B. 

30.60. 120  _  4nnn 
4.6.9     5=3l0TO» 

so  dafs  also  die  drei  ersten  Räder  in  irgend  einer  will- 
kürlichen Ordnung  30,  60,  120,  und  die  Getriebe  der  drei 
letzten  Räder  wieder  in  willkürlicher  Ordnung  4,  6»  9  Zähne 
haben  können«    Ebenso  hat  man  aber  auch 

20.40.150      4Ann      ,  30^50^Ml_4nftn„  m„ 
——-—-—  =  1000  und  ■  *    ■  =  1000  u.s.w. 

3*5'0  4.5*0 

T)urch  ähnliche  Anordnungen  kann  man  auch-  die  Geschwin- 
digkeit des  leisten  Rades  vermindern,  wenn  man  nickt»  wie 
zuvor,  das,  erste  Rad,  welches  dort  kein  Getriebe  hatte,  in 
das  Getriebe  des  zweiten  eingreifen  Läfst,  sondern  wenn  matr 
diesem  ersten  Rade  auch  ein  Getriebe  giebt  und  dann  dieses 
(betriebe  in  die  Zahne  des  zweiten  Rades  eingreifen  läfst«  Hat/ 
z.  B.  das  erste  Rad  a  Zähne  nnd  hat  sein  Getriebe  a  Zahne, 
hat  ferner  das  zweite  Rad  b  und  sein  Getriebe  ßt  hat  das 
dritte  Rad  c  und  sein  Getriebe  y  Zähne  u.  s.  w. ,  so  wird  das 

zweite  Rad  -  mal  langsamer  gehn   als   das    erste,     das  dritte 

--mal  langsamer  als  das  zweite,  also  auch  — -  mal    langsames 

P  >   ■  a" 

o 
als  das  erste,  und  ebenso  wird  das  vierte  Rad  -  mal  langsa- 
mer    als    das    dritte ,    -—  mal    langsamer     als    das    zweite, 

ßr 

— —  mal  langsamer  als  das  erste  gehn  u.  s.  w.     Jenes  ist  der 

Fall  bei  unsern  Mühlen  und  bei  allen  den  Maschinen,  wo  man' 
eine  gegebene  Geschwindigkeit  vermehren  will,  bei  den  Uh- 
ren aber  tritt  der  zweite  Fall  ein ,  da  es  hier  darauf  ankommt, 
die  Stärke  der  bewegenden  Kraft  des  Gewichtes  (oder  der  Fe- 
der bei  den  Taschenuhren)  zu  mäfsigen  und  daher  die  durch 
diese  Kraft  unmittelbar  erzeugte  Geschwindigkeit  zu  vermin- 
dern. 

Da  man  eine  gegebene  Geschwindigkeit  (wie  z,  B.  eine 
tausendmal  grossere  des  letzten  Rades  als  die  des  ersten  in 
dem    vorhergehenden   Beispiele)   auf   uniähltg    verschiedene 


t 
Wmf^€rfuIt«iTJkittni , .  »*  in  **  wichtjg^diejejige  «  lw*fe» 

dnrch  welch«  nMin  den  vorgelegten,  Zweck  an^./difi  einfroftst» 
jo4tx  vortheilhafteste  Art,  z.-B.  d<?rch  die  geringste  Anzahl  vorn 
IUdef»,nnd  Getrieben,  erheben  .kenn»  Diesen  ^weck^  ebenen 
tonst,  bei  wedern  physikalischen  Versuchen  oft  vorkommt*  er* 
reicht .  man  bekanntlich  durch  die  sogenannten  KeUinbriich^ 
nnd  in.  der  That  gelangte  aoeh  Huyghbms  bei  e^ner  ähnlichen 
Gelegenheit  (bei  seiner  Verfertigang  eines  Plaoetolsbioms  darcJi 
•in  Räderwerk)  jsnerst  auf  die  merkwürdig«  Theorie  djeear 
Brüche, ,  von  welchen  wir  ,hjer  nur  des  snr  Anivendang  «n- 
mittelbar  Npthwendjgr  kors  tnittbeilen  wo|}en,      -•;.', 

Ein  KttUnbruch  ist  ein  Brach,,  dessen  Newne?  nas^eioftr 
ganzen  Zahl  and  einem  gewöhnlichen  Brache  besteht,  welches 
letzten  Braches  Nenner  wieder  eide  ganze1  Zahl  nebst  einem 
gewöhnlichen  Brache  seyn  kann  n.  s.  w.  Gewöhnlich  sind 
die  Zähler  dieser  Partialbriiche  alle  gleich  der  Einheit«  So  ist 
z.  B.  der  Brach 

ein  Ketteobrach  und  zwar  von  zwei  Gliedern.    Ebenso  ist 

J 

2+1 


.  3  +  * 
ein  Kettenbrach  von  drei  Gliedern«    Um  seinen  wahren.  Werth 
auf  die  gewöhnliche  Webe  auszudrücken,    beginnt  man  seine 
Redoction  von  nntea  nach  oben.    So  ist,  "wie  snvort 

1 

3+±s 

also  ist  auch  der  gegebene  Kettenbrach 


^mmm 


J+lSES2-+Aa*W' 

*  ♦  ■  *  * 

Aof  dieselbe.  Weise,  erhalt  man  für  4«n  viergliedngen  Kett,en- 
bruch  t       , 

i 1 -    1 68 

2  +  1     '  ""    2+1  ",2+ft"~157* 

3+1 .    3  +  A 


Jttfe 


«Mi  r. 


tewttutih'  in  teibfcn  geHfroliiftfcaeil  sft  vfelNfonWefn.  •  XMeih  oft 
**t4ss  n^gekettte  Verehre*  nötirtfrenÄg,  W*  fctth  fcimtfcfi 
%HMn1  '^egebetfen  gewohunVinen *  Drütoh  m  ntten1  '  KBftettnYilcu 
vttwttftfli*  «Will.  Za  diesem  Z#ecke  %fe©SeÄ  YHan  sMh'ftiftt 
4ee  bekannten  Mittels  ,  darA  welches  mMi  2ife]*die*n  z#el 
«^etatfeto  giinzen  featileh  den  gtWsten  getednsehiftlicben  tfactol; 
Mete,'  WmHch  4er  fortgesetzten  Division  diettr  Zatiteh  »nttA 
ihm  Reste.  Wollte  man  z.  B.  <den  tettteh  IgeHittrMnvcM& 
fiHtcfc  ^  fernen  KeHefabkifcli  Ve^#irfÖ«1ö ,  ¥o  n«  man  twfc 
sehen  diesen  beiden  Zahlen  68  «find  l47  Äugende Vier  *nfr  «in* 
irader  "MgAtife  tMvftlönen 


:-•    i  • 


-v 


i     » 


•  *. 


",    t 


* 


I        «81457. 


63 


f 


... ,  ■   J 


21 
20 


5  15 
0  ' 


>  i » 


und  da  die  Quotienten  dieser  vier  Divisionen  die  Zahlen. 
2;  3;  4?' 5  sind,  so  hat  man 'attch  für  den  gesuchten  Ketten- 
Bruch  den  Atlsdtftek 

1  '  «8      1 

ITT 

T+T 

i  «  t  •        » 

i  •  *  .  ■ 

wie  zuvor.  In  vielen  Fallen  gehn  auch  diese  Kettenbriich« 
ohne  Ende  fort.  Wollte  man  z.  B»  -jüe  bekannte  Zahl 
3,14159265358979  .  •  **  die  das  VeAeltnife  der  Peripherie  des 
Kreises  za  seinem  Durchmesser  ausdrückt,  in  einen  Ketten- 
bfuch  verwände!»,  ist  trhiehe  ttkefe  durch  Ae  fortgesetzte  Di- 
vision der  beiden  Zahlen  * 

3t4tf9265358Q7»  .  . . 
und 

10000000000GÖ6ft  folgende  Quotienten 

3;  7;  15;  1;  292;  1;  1;  1;  2;  I;  3  .  .  . 


1  I    J     . '    .J.  ..I  '      » 


3  + 


7+1 

OTT 


i+  t 

Sf+T 


l+l 


•-*i 


l  +  i 


1  +  i  u.  s.  w. 

Je  mehr  Glieder  affcses  Aasdrucks,  von  den  obern  Theilen 
desselben  iuift^g#nd>  jflwn  man|itf  4etto  «ehr  oäWt  auai  sieh 
aack  damit  d*r  gegebnen  Z*W  3,1415926  *  •  .  ohne  finde» 
8o  ist  **  B.  der  erste*  nur  *osh  sehr  wenig  genäherte  Werth 
diestr  Zahl  gleich  dem  ersten  Glied«  dei  Kettenbrnehe  ode* 
gleich  3{    die'  swei  erstell  Glieder  aber  geben  schon  ge*a«ef 

die  drei  eisten  Glieder  geben  nooh  genauer 

"vt'i _,   .     15  _ 333 

7+*V        •       »<*""  10« 
n*d  ebenso  geben  die  vier  «statt  Quader 

355 .  - 

lt3nfcW* 
Wir  haben  daher  för  unsere  Zahl  die  «uf  einander  folgenden 
ttnaaer  enehr  '.genäherten  Werthe ,   in  der  Fem  von  geejrtihnj»* 
ehnn  blieben  anagadr  acht, 

3    22    333    355    103993 

T;  T  *  1~06;  mi  MO?  "•  **  w* 

not.  ander  diesen  Brüchen,  was  das  Merkwürdigste  ist,  giebt 

es  keine  andern,  welche  einfacher  oder  mit  kleineren  Nennern 

ausgedruckt  wären  nhd  doch   dem   wahren  Werthe  näher  kür 

22 
mb»  ab  ehe«  eiet      So  drückt  x*  &  der  Brmoh  y-&*  gege* 

beneZahl  3,1415926  genauer  ans,  als  Jeder  andere  Bruch,  dessen 

Henner  kWo« als  106— 7od«99iit, «od d^ Brach  ^drückt 

113 

jene  Zahl  genaaet  aus,  als  jeder  andere  Bruch,  dessen  Nenner 


tyeine*  «U  33102  —  113  oa>  Ueion  et*  33989  iet  *  t.  wf 

Ferner  sind  von  diesen  genäherten  Brüchen  nach  der  Reibe  der 
erste  zu  klein,  der  zweite  zu  grofi,  der  dritte  wieder  zu  klein, 
der  vierte  zu  grob  u.  a.  w.    So  ist  '     . 

3 

der  erste  Bruch  -  tu  klein. 

22 
der  zweite  —  =?  3,1438  zu  grob, 

der  *ntte|jj|  =3,14l509*a  klein,      N 

355 
der  vierte  ££  ss  3,14159291  *a  «ofs  u.  s.  w., 

so  dafs  demnach  der  wehte  Werth  iinmer  zwischen  je  zwei 
nächste  dieser  genäherten  Ausdrücke 'fällt.  Man  übersieht  baM 
die  Anwendung  des  Gesagten  auf  unteren  Gegenstand ,  unel 
wie  man,  um  z.  B.  eine  gegebene  Geschwindigkeit  des  letzJ 
fen  Rades  zu  erreichen,  die  Anzahl  der  Zähne  bei  den  uritt*~ 
leren  Rädern  und  Getrieben  zu  cVr  kleinstmttglichen  machen 
kann,  um  die  verlangte  Geschwindigkeit  hervorzubringen. 

Um  den  Gebrauch  der  Kelten  brache,  die  "überhaupt  durch 
das  ganze  Gebiet  der  mathematischen  Anatysis  eine  sehr  wich« 
tige  Rolle  spielen,  noch  durch  eio  anderes  Beispiel  zu  erläu- 
tern, so  beträgt  bekanntlich  die  tropische  UmUafszeit  der  Erde 
um  die  Sonne  oder  das  sogenannte  bürgerliche  Jahr  der  Erde 
V365  Tage  5  Stunden  48  Min.  50,832  See.  oder  365,242255 
mittlere  Sonntage.  Da  wir  nun  in  unseren  Kalendern  des 
Jahr  nur  in  ganzen  Tagen  zu  rechnen  gewohnt  sind  und 
dasselbe  doch  euch  mehrere  kleine  Theile  oder  Bräche  dee 
Tages  hat,  so  ist  man  bekanntlich  auf  die  sogenannte  Ein- 
schaltung verfallen ,  indem9  man  z.  B.  mehrere  Jahre  nach 
einender/  z^u  gemeinen  Jahren  von  365  ganzen  Tagen  ange- 
nommen und/  da  diese  Jahre  gegen  das  wahre  zu  klein 
sind,  später  von  Zeit  zu  Zeit  wieder  ein  Schaltjahr  von  366 
Tagen  aufgenommen  hat.  Es  entsteht  nun  die  Frage,  welche) 
Art  der  Einschaltung  4ie  beste  ist*  In  '  dem  neuen  gregoruw 
nischen  Kalender,  der  seit  dem  Jahre  1582  in  Europa  (die  Russen 
und  Türken  ausgenommen)  allgemein  eingeführt  ist,  soll  jedes 
durch  4  ohne  Rest  theilbare  Jahr  ein  Schaltjahr  von  366  Tagen, 
seyn,    mit  Ausnahme  derjenigen  Secularjahre  (sp  werden  die- 


Uhr.  1129 


jenigea  genannt,    deren  nwel  letzt*  Ziffern  Nullen  »od), 
nicht    zugleich    durch  400   ohne  Reit  getheilt  werden  köri- 
nen,     welch«    letzteren,     so  wie  eile  übrige   nicht   genannte, 
blofo  gemeine  Jahre  Ton  365  Tagen  seyn  sollen.      &>   tittd 
demnach  die  Jahre  1700,     1800»     1900,     2100  .  .  .   in  dem 
Gregorianischen  Kalender  nur  gemeine  t  aber  die  Jahre  1600» 
2000,   2400  .  .  .  .  Bind  Schaltjahre.       Durch   diese  Einrich- 
tung würde  also  das  Gregorianische  Kalenderjahr  auf  365^rV 
oder  auf  365,2425  Tage  gebracht,    so    dafs  daher   dieses  Ka- 
lenderjahr gegen  das  wahre  Sonnenjahr  um  0,000245  Tage  zu 
grof*  ist.     Dieser  Unterschied  betrügt  demnach  alle  4082  Jahre 
einen  vollen  Tag,  ein  geringer  Fehler  allerdings ,  den  man  aber 
doch  leicht  hätte  vermeiden  kOnnen,  wenn  man  die  oben  erwähnte 
Theorie  .d«r  Kettenbrüche  zu  Hülfe  fnfen  Aatte.      P*  namr- 
lich  das  wahre  Jahr  von   365,242255  Tagen   durch    eine  Pe~ 
riode  von  Jahren  «jkrzoete/ler*  $tt9  welche  nur  eine  Anzahl  von 
ganzen  Tegen  enthalten  ^ölleq ,  »o  Wolfen  wir  tonehmen,  dafe 
jede  solche  Periode  y  gemeine   Jahre   von  365  und  y  Schalt- 
jahre von   366  T'g*°   enthalten   soll.      Die  Anzahl  der  Tage 
dieser  Period*  wird  seyn 

B65x  +  866y 

suHi.rf**  ,a}ntyibl  der  Jahre  derselben  Periode  ist  x  +  y,    so 
deXs.maff  elsoanch  für  die  Lange  des  eigentlichen,    durch 
diese  Vertheilung   entstehenden  Jahre»    den  Ausdruck    haben  • 
wfitt  . 

•  Mfc±J(L±z  «3W+-4-,  ■■■■ 

«Ai  Ai  «Meter  AtttdttMlt  gteich  dem  wahre«  Jahre  oder  gleich 
365,2«255  Te^n  eefn  seti^  so  an*'«*!»  die  GJeidmna; 

x+y 
•fair,  wetfrf  *t*  AeterJ  tifrich  tfiaEehrt^  • 

y       242255       ÖJ"rooi/. 
Dkse*  Voranigelettt  giebt  Äe  atrf  eit<nidcr  fdgesU»  Division 
der  beiden  Zahlen  <"     >    '  '      * 


4    Nach  der  fortebe»**»  Gleichen*  iat  865  +  £L-9*8ft&*to59 

artbaVi*7&7467sS43255x<, 

IX  Bd.  Ctce 


1130  .*J,;h  r. 

.307881777  . 

und 

100000Ö00O  ' 

nach  der  Ordnung  die  folgenden  Quotienten 

3;  7;  1;  4;  1}  1  u.  i  w. 

und  daraus  erhalt  man  den  Kettenbrüch 

* 

■■••+* 


7  +  1 


1+1 


4+1 


1+1_ 

1    u.  a.  w. 


Di«  genäherten  Werthe  lieses  Kettenbraches  nai,  nach  der 
Ordnung« 

3.  52.  »;•«*;.  147    569 

!'•  T'  "5"'    391    *T»  "§rT 

und  diese. Werthe  geben  in  derselben  OiJnung  die  Fehler 

Tag 
—  0,00774;  +0,00085;  -0,000169;  +0,000020;  . 0,000013 ;+  0,0000015, 

wo  «das  Zeichen'—  andeutet,  dafs  dag  Jahr  dieser  Perlode  um 
die  beigeschriebene  Zahl  au  grob  ist.      Der  erste  dieser  ge- 

'  *  '      "   l   ''  3 

näherten  Brüche  oder  -  giebt  also  eine  Periode  von  4  Jahren, 

i 

in  welcher  auf  drei  gemeine  Jahre  ein  8chalrjahr  kommt,  and 
dieses  ist  die  bekannte  von  Julius  Csgifc  aufgestellte  Bi#- 
theilong  unser*  Üten:oder  aogbiutonteu  /«Mma^pAe»  £tttmnkmM 
dessen  Fehler  tu  grob  wm*  um  Jtange  beibehalten  so  werden* 

22 
Der  zweite  Brach  —  giebt  eine  Periode   von  29  Jahren  9   in 

welcher  22  gemeine  und  7  Schaltjahre,  *ntha}tea  sind.    t  Dtt 

25 
dritte  Bruch  —  gfob*  ©ine«  Periode  Von  33  Jähren  mit  25  ge- 

o  , 

meinen    undl    8   Schatythren,    deren    Fehler   nur.  0,000169 

Tage,    also  schon  kleiner  ist,    als  der  oben  erwähnte  Fehlet 

vT 

0  ,000245  unaeres  Gregorianischen  Kalanders,  obschon  dieser 

«ine  zwölfmal  grifaere  Periode  von  400  Jahren  umfa&t.    Man 
hätte  daher  diesen  letzten  Cyclus  von  33  Jahren  mit  frfislwll« 


Uhr. 


1131 


fahret»  wäbfan  astttp j  und  et  ist  n^rWtfr^  da(s  derselbe 
Cyclo«  von  de»  Pertern  schon  ,in  den 'ältesten  Zeiten  ab  der 
vortheilhefteste  tckeant  und  bei  diesem  Volke  eingeführt  wor- 


18t. 

Indem  wir  nach  dieser  kleinen  Ausschweifung  wieder  zu 
unserem   Gegenstände    zurückkehren,    wollen   wir   uns   zuerst 
erinnern ,  dafs  nach  dem  Vorhergehenden  das  Pendel  einer  Uhr 
zweimal  so  viele  ganze  Schwingungen  macht,    als   das    Steig- 
rad Zähne  hat.      Soll  daher  eine   jede   Schwingung   des  Pen^» 
dels  eine  Secunde  dauern,  so  mufs  man  dem  Steigrade  30 Zahne 
geben ,  dessen  Axe  durch  das  Zifferblatt  durchführen  und  darauf 
einen  Zeiger  befestigen,   der  sich  im  Mittelpuncte  eines  "auf  dem  ^ 
Zifferblatte  beschriebenen  und  in  60Theiiegetheilte'n  Kreises  be- 
wegt   Da  nämlich  während  00  Schwingungen  des  Pendels,   d.  b* 
während  60  Secunden  dieses  Rad  und  auch  sein  Zeiger  sich  in  sei- 
nem Kreise  einmal  umdreht,  so  giebt  jede  Abtheilung  dieses  Krei- 
ses oder  jeder  Sprung  dieses  Zeigers  eine  Secunde,  und  so  erhält     " 
man  also,  blofs  durch  ein  Rad^  eine  Secundenuhr.     Allein  eine 
solche  Uhr  wiMe    für  den    täglichen' Gebrauch  derselben  den 
Nachtheil  haben ,    sehr    schnell    abzulaufen.       Man  mufste  sie 
sehr  oft  aufziehn,    ja  man  mühte   beinahe  fortwährend  neben 
ifrrstehn,    um  die  Anzahl    der  bereits  verflossenen   Minuten   „ 
-aufzuzeichnen.    Dieses  zu  vermeiden  und  an  einer  längere  Zeit 
ohne  Aufziehn  fortgehenden  Uhr  auch  die  Minuten  und  Stun- 
den zu  erhalten,  dient  das  übrige  Räderwerk  derselben,  wel- 
che*'wir1  nun    näher  angeben  wollen,    wie  es   bei  einer  ge- 
wöhnlichen, in  der  Zeichnung  dargestellten  Pendeluhr  zuseynFlg. 
pflegt*     Die  nachfolgende  Tabelle  enthält  die   darin  fcefindli-151- 
eben  Rade*  und  Getriebe: 


Bäder  Zähne 

des  Rades 

A  Steigrad    .  ,  .  ♦      30    . 

B  Mittelrad     .  .  .  •    80    . 

C  MUmtenrad    #  ,       ß0    ■ 

$,  Ifttnntenwelle  .  ..      * 


Getriebe 


*  •  »  •  • 


D  Wechselrad 


•  • 


16 


b 
C 

b 
d 


Zlhne 
des  Getriebes 
.  .  10 
.  •  12 
.  .  12 
.  .  12 
.  .     12 


E  Stnndenrad  •  •  •  *  48  •  .  •  •  •  * 
P  Walzenrad  ...  144  .....  f 
GMooattmd    ...    100    .» . 


•  • 


•  • 


10 


Cccc  2 


1182  Vhr. 

Die  «wei  vorderifttn  Räder  ©  und  E  aojgsttdiiiwaM  sind-  tall» 
•ridere  auf  Axen«  wieK,  L...,  «wischen  2«tarkvH Merallplatteji 
befestigt.  Jene  zwei  aber,  die.  das  Zeigerwerk  enthalten,  tind 
durch  ihre  Axen  zwischen  der  vordem  dieser  2  Platten  und  derthr 
parallelen  Platte  MS  befestigt  und  ejif  dieser  letzten  Platte  liegt 
das  Zifferblatt,  Die  oben  horizontal  aufliegende  Platte  MN 
trägt  an  einem  ihrer  Enden  das  Pendel  NP  und  in  der  Mitte? 
T  einen  halben  Kreisbogen  (die  oben  erwähnte  Hemmung), 
nämlich  den  Sahen  oder  Anker,  dessen  zwei  Endpuncte  bei 
den  Schwingungen  des  Pendels  wechselsweise  steigen  und  sin- 
ken  und  dadurch  in  die  Zähne  des  Steigrades  A  eingreifep« 
Bei  Q  geht  durch  die  hintere  Platte  die  um  Q  bewegliche 
Gabel  QRr,  deren  unterer  Arm  Rr  durch  eine  OefFmiog  in 
die  Pendelstange  XP  geht,  während  ihr  oberes  Ende  bei  T 
an  die  ^nkerwelle  geschraubt  ist«  Durch  diese  Gabel  wird 
die  Kraft ,  welche  die  Lippen"  (Endpuncte)  des  Ankers  von 
dem  abwärts  ziehenden  Gewichte  erhalten,  dem  Pendel  mit- 
getheilt,  und  diese  mufs  gerade  nur  hinuichen,  um  den  Wi- 
derstand zu  compensiren,  welchen  die  Bewegung  des  Pendels 
erleidet,  nnd  letzteres  gegen  Stillstand  zu  sichern. 

Da  das  Steigrad  A  30  Zähne  hat  und  da  jeder  Zahn  dessel- 
ben zwei  Schwingungen ,  d.  h*  zwei  Secunden  giebt,  so  geht 
A  in  einer  Minute  einmal  ganz  um  seinen  Mittelpunct,  daher 
trägt  auch  dieses  ttad  den  Sekundenzeiger.  Das  Mittelrad  B 
geht  in  ^J  =  8  Minuten  um,  und  das  Minutenrad  C  in 
■|5 . 8  £=60  Minuten  oder  in  einer  Stunde ,  daher  das  Rad  C 
den  Minutenzeiger  trägt.  So  wie  dieses  Rad  C,  so  geht  auch 
sein  Getriebe  c  und  die  Minutenwelle  h  in  einer  Stunde  um9 
da  alle  drei  auf  derselben  Welle  befestigt  sind«  .  Das  Wach-» 
selrad  D  aber  geht  in  -fj  =  3  Stunden  und  das  Stundenrad 
ß  in  4f* 5  es  12  Stunden  um,  daher  auch  dieses  letzte  Rad 
den  Stundenseiger  trägt,  der  mittelst  einer  Röhre  auf  dersel- 
ben Axe  V  mit  dem  Minutenzeiger  befestigt  ist,  so  dal*  bei- 
de Zeiger  concentrisch  laufen.. 

Noch  ist  der  Zusammenhang  »wischen  dem  Steigrade  A 
und  der  bewegenden  Kraft  des  Gewichts  näher  zu  erklären« 
Die  Schnur  dieses  Gewichtes  wird  um  die  Welle  K  gewun- 
den ,  an  welcher  du  Waisenrad  F  mit  einer  willkürlichen  An- 
zahl von  Zähnen  befestigt  ist.  Diese  Zähne  greifen  in  das 
Getriebe  c  des  Minutenrades  C  ein«  •  Damit  das  Gewicht  nicht 


Uhr.  1133 

sckov  m  knrzar  Zeit,  zu  tief  «»kl  (was  unbequem  w&re,  de 
idid  sonst  der  Uhr  eine  zu  grobe  Höhe  über  dem  Boden  ge- 
ben mufete),  so- kann  man  z.  B.  dem  Walzenrode  F  eine  An- 
sah! von  144  Zehnen  geben»  während  die  Walze  £,  um  wel- 
che sich  die  Schnur  windet«  eine  Dicke  von  drei  Zoll  im 
Umfange  haben  mag.'  De  nach  dem  Vorhergehenden  das  Mi- 
nnienrad  C  und  sein  Getriebe  c  in  einer  Stande  umgeht,    $o 

144 
wird  das  Walzenrad  F   erst  in  -— r-  =12  Stunden,  also  in  ei- 

12  * 

neue  Tage  zweimal  nmgehn  oder  das*  Gewicht  wird  jeden 
Tag  oto  6  Zoll  sinken.  Hat  aho  die  Welse  K  volle  16  Um- 
gänge für  die  Schnur,  so  kann  die  Uhr  8  Tage  geho,  ohne 
aufgezogen  zu  werden,  obd  sie  kenn  in  einer  Höhe  von  49 
Zoll  oder  4  Fufls  aber  dem  Boden  aufgestellt  werden«  Soll 
sie  noch  länger,  z.  B.  volle  zwei  Monate  gehn,  so  muis  man 
noch  das  Monatsrad  G  hinzulügen ,.  das  in  das  Getriebe  f  des* 
ersten  Wafzenrads  eingreift,  und  dann  wird  die  Schnnr  um 
die  Walze  L  dieses  Monatsrads  gewunden»  '  Giebt  man  z.  Bv 
dem  Getriebe  f  eine  Anzahl  von  10,  dem  Rade  G  aber  100 
Zühee,  -  so   wird,     da   f  in   12   Stunden  umgeht,    G   erst  in 

100 
12.-—=  120  Stunden,  d.  h.   in  5  Tagen   umgehn.      Wenn 

daher  die  zweite  Walze  wieder  einen  Umfang  von  3  Zoll  und 
12  Windungen  für  die  Schnur  hat,  so  wird  das  Gewicht  erst 
in  5  Tagen  um  3  Zoll  fallen  und  die  36  Zoll  über  dem  Bo- 
den stehende  Uhr  60  Tage  ohne  Aufziehn  fortgehn. 

Bei  der  Art  der  Aufhängung  des  Pendels  in  X  mufs  alle 
Beibnng  so  viel  als  möglich  vermieden  werden.  Wir  haben  be- 
reits oben>  voo  den  zwei  vorzüglichsten  Aufhangemitteln ,  de« 
Messerschneide  und  der  dünnen  Stahlfeder,  gesprochen  und 
der -letztem  den  Vorzug  eingeräumt.  Am  untftrn  Ende  P  der 
Peeaielslange  ist  ein  schwerer  Körper  engebracht,  der  die  Form 
einer  Lins»  hat,  um  den  Widerstand  der  Luft,  in  welcher 
sich  das  Pendel  bewegt,  leichter  zu  überwinden*  Unter  die- 
ser Linse  ist  gewöhnlich  eine  Nufe  an  die  Pendelstange  ge- 
schraubt, auf  welcher  die  Linse  ruht.  Geht  die  Uhr  zu  lang» 
sasn,  so  schraubt  man  die  Nufs  weiter  hinanf ,  wodurch  auch 
die  Linse  höher  gerückt  wird,  so  dafr  dann  das  Pendel 
schneller  schwingt.    Dasselbe  Verfahren  wendet  man  nach  an, 


1134  Uhr. 

um  eine  nee«  mittlerer  Zek  gehende  Uhr  in  eine  nt«fa  Stemzeit 
gebende  z*  verwandeln« 

'Nae>  dieser  Erklärung  der   Pendel-  oder   Gewichtuhren 
wird  «eh  nun  euch  die  Einrichtung  der  Feder-  oder  TaecJien- 
uhren  leicht  übersehn  lassen.       Die  bewegende  Kraft,  welche 
dort  die  Schwere  cies  Gewichts  -war,     ist  hier  die  Elastratät 
einer  dünnen,   breiten  Stahlfeder ,    welche  um  die  unbeweg— 
Fi«. liehe  Axe  der  Trommel  H  aufgewunden  wird,  indem  ihr  in- 
*nercs  Ende  an  dieser  Axe,     ihr  äufseres  aber  en   der  inneren 
Seite  der  Trommel  befestigt  ist..  Neben   ihr  steht  die  Schnecke 
Kß,   ein  kegelförmiger   Körper  ?    mit  schrauben  artigen  Spiral« 
Windungen  an  seiner  Oberfläche  versehn.     An  der  untern  ße— 
m  der  Schnecke  befindet  sich  das  Sohneckenrad  E,  das  durch 
die  Kraft  der  Feder  bewegt  wird  and   selbst  alle  übrig«  Ra- 
der in  Bewegung  setzt«       Trommel  und  Schnecke  sind  durch 
die  Kette  I  verbunden,     von   der  des  eine  Ende  am  oberen 
Theile  der  Trommel,  das  andere  aber  am  unteren  Theile  des 
Kegels  befestigt  ist.     An  der  Schnecke  ist  noch  ein  sogenann- 
tes Sperrrad  angebracht,  so  dafs  die  Trommel,  wenn  die  Uhr 
aufgezogen  wird,    sioh  frei   nach   derjenigen  Richtung   drejia  . 
kann ,     durch  welche  die  Feder  dichter  um  ihre   Axe  zusam- 
rnengewunden    oder   gespannt   wird.       Durch    dieses   Anfeiehn 
vermittelst  des  vierkantigen  Zapfens  O  dreht  man  die  Schnecke, 
so  dafs  sich  die  Kette  von  der  Trommel  (um  welche  sie  doreh 
das  Ablaufen   der  Uhr  'sich  allmälig  aufgewunden  hat)  auf  die 
Schnecke    bis  an    die    oberste   Spitze  k   derselben   aufwindet»  ' 
Wenn  dann  bei   der   nun  aufgezogenen   Uhr  die    Feder  durch 
ihre  Elasticität  wieder  sich   ausdehnt   und    daher  die  Trommel 
nach  der  entgegengesetzten  Richtung   zu   drehn    sich  bestrebt, 
so  kann  diese  Drehung  der  Trommel,    wegen   des  erwähnten 
Sperrrades,     nicht   vor  sich  gähn,    ohne  die  Schnecke    und 
das  an  sie   befestigte  Schneckenrad  ß  in  Bewegung  na  setzen, 
wodurch  sich  denn  die  Kette  wieder  allmälig  von  des  obersten 
Spitze  der  Schnecke  bis  zu  ihrer  Basis  auf  die  Trommel  «et* 
windet« 

Die  Kraft  der  Feder  ist  offenbar  gleich  nach  dem  Auf« 
ziehn  der  Unr,  wo  die  Feder  am  meisten  gespannt  ist,  am 
stärksten,  und  diese  Kraft  wird  immer  schwächer,  je  meh^sich 
die  Feder  aus  ihrer  ersten  gespannten  Lage  entwickelt.  Allein 
da  die  Kette«    während  sie  von  det  Sahneek»  abläuft,    auch 


Uhr.  ifasr 

dem  unteren ,  dickeren  Bilde  E  des  Siegels  stets  nähet  kommt,1 
so  wird  die  Schnecke  Ton  der  Kette  immer  an  einem  lange«  - 
ien  Hebelarme  (oder  m  einer  grtffseren  Entfernung  von '  der 
As»  OB  des  Kegele)  gefafst,  nnd  dadurch  wird  die  durah  ims 
Awainanileigehn  der  Feder  verlorne  Kraft  derselben  wieder 
ersetzt,  so  dafs  die  Wirkung  der  Feder  immer' dieselbe  bleibt. 
Dieses  Schneckenrad  E*  greift  in  das  Getriebe  d  des  Minuten- 
toeWD,  das  Himitemrad  in  das  Getriebe  o  des  Mittelrades  C] 
des  Mkterred  in  dae  Getriebe  b  des  Kronrades  B  «ad  des* 
Kronrad  endKoh  in  das  Getriebe  a  des  Steig*  oder  Hemm«* 
redes  A  ein«  Die  Axe  des  Minutenrades  D  geht  durch  die 
entere  Dhrplatre  daroh  und  tragt  auf  der  andern  Seite  dieser 
Plätte  noch  ein  zweites  Getriebe  d',  welches  eine  Mofre  Rftfcre 
ist,  die  nur  durch  ihre  Reibung  N  auf  der  Axe  des  Minutenrads 
festshst  und  bei  m  den  Minutenzeiger  trägt.  Die  Zähne  die- 
aee  Getriebes  d'  greifen  in  das  Wechselrad  F  und  die  Ztfhne 
des  Getriebes  f  des  Wechselrades  greifen  in  das  Srundenrad  G 
ein.  Die  Welle  dieses  Stundenrades  ist  9  so  wie  das  Getriebe 
d',  eine  Röhre,  aber  weiter  und  kürzer  als  d',  so  dafs  das 
Mioeteorohr  d'  frei  und  mit  dein  gehörigen  Spielräume  durah 
die  Welle  des  Stundenrades  geht,  welche  letztere  WcHe  den 
Stundenzeiger  trügt.  Hieraus  wird  klar,  warum  beim  Statten 
des  Minutenzeigers  der  Stundenzeiger  zugleich  der  Bewegung 
desselben  folgt,  ferner  dafs  man  diese  Zeiger  bei  den  be- 
schriebenen Uhren  ohne  weiteren  Nacktheit,  als  eine  etwas 
gewaltsame  Einwirkung  auf  das  Räderwerk  und  allmälig  ver- 
minderte Festigkeit  des  aufgesteckten  Getriebes  d',  sowohl  vor* 
Wirts  als  auch  rückwärts  stellen  könne  t  dafs  aber  der  Secuu* 
deazerger  nicht  gestellt  werden  dürfe. 

Bfeher  haben  wir  nur  die  bewegende  Kraft  der  Uhr  edcp 
die*  Feder  und  ihr  ftXdsrwerk  betrachtet.  Allein  eine  solche 
Uhr  würde  auf  keinen  grekhftrmigen  Gang  Ansprach  machen 
tonnen,  da  ihr  noch  die  reguUrend*  Kraft  fehlt,  die  oben 
bei  den  Gewichtuhren  das  Pendel  war.  Diese  reguliainde  Kraft 
ist  aber  bei  den  Taschenuhren  die  Spiralfeder  np>  eine  spi« 
reJartig  gewundene  fauiftfrmige  Feder  von  Stahl,  deren  eines 
Bnde  an  dem  Gestelle  (oder  an  der  Uhrplatte)  befestigt  ist* 
erihrend  das  andere  mit  des  Unruh  NP  an  unmittelbarer  Ver-» 
bindung  steht.  Diese  Unruhe  ist  ein  metallenes  ,  ungezähntes 
Bad ,  durch  dessen  MitteJpaact  M  die  Spimhl  Jtt  1*  gsbV  Qiese 


im  Uhr, 

Spindel  brt  awei  eahmeW  FMgel  dde?  SpindMappm  m  unel 
m',  di#  nahe  unter  finm  rechten  Winkel  von  einander  *tge— 
bogett  and  imd  wtodMelewniee  in  di»  Zähne  »de*  Steigre»» 
de*  A  eingreifen.  Die  Spiralfeder  eammt,  der  Uliruhe»  ti4 
ihrer  Spindel  bilden  die  eigentliche  Hemmung  (tbAajsyerresnf) 
der  Federnhren1. 

Wenn  eine  gespannte  Saifie  durch  irgend  eine)  Ureanhe) 
aus  ihrer  Richtung  gebrüht  wifd , .  10  eilt  ein  bekanntlich  s*U 
beechieanigter  Bewegung,  ihre  frühere  Lag*, wieder -fcinftftieJa«* 
man«  Indem  eie  aber  diese  Lage  erreicht,  .J*et  eie  eine  an 
greis*  Geschwindigkeit,  d*V  lie  niöbt  sogleich«  cur  Reh*  kam- 
man  kann,  sondern  daf»  aie  aich  nach  der  entgegengeseteten 
Seite:  ebenso  weit  entfernt,  nnd  dann  wieder  zurückkehrten«! 
90  beiden  Seilen  ihrer,  ersten  Lage  ihre  Schwingung«»  fort- 
aatct9  b£e  aia  endiiok  daroh  Reibong  und  Wid«r*Und  an» 
Rahe  gebracht  'Wird.  Gen*  dieselben  Erscheinungen  fceaiet 
Uns  enoh  die  oben  erwähnte  Spiralfeder  dar.  Wenn  mau,  an«« 
abhängig  von  allem  Räderwerke ,  die  Unruhe  NP  um  einig* 
Grade  um  ihipn  Mittelpunct  dreht,  wederch  die  Spiralfeder; 
(daran  imnees  Ende  an  der  Unruhe  befeatigt  ist)  ebenfeile 
naah  derselben  Seite  näher  aueammengewunden  wird,  uo4 
wem«  man  dann  die  Unruhe  frei  läfst,  eo  wird  durch  die£Ia<* 
stteität  der  Fedee  die  Unruhe  wieder  mit  beschleunigtet  ße* 
wegung  rückwärts  geführt,  und  »wer  nicht  bloje  bi»  au  ihres* 
früheren  Stamtpupcte,  sondern  über  ihn  hinauf  auf  die  entgu*« 
gengeattata  Seite,  nnd  dann  wieder  auf  die  aexlere  Seite;,  nnd 
anah  diese  'S^hwibgaogeo  werden  «o  lange  fortgefete*,.  bin 
Reibung  und  Widerstand  der  Luft  ihnen  ein  Ende  inaehen. 
Diese  Schwingungen  werden  übrigens  9  #ie  oben  die  dar  ge«i 
spannten  Same,  -stets  sehr  nahe  dieselben  Geschwindigkeiten 
haben,  obachon  ihre  Amplituden  mit  d*r  Sek  aanekmand  klei* 
ner ,  werden«  Da  aber  diele  dünne  Spuatfeder  «u  Schwad* 
ist,  dü^  von  der  viel  stärkeren  Hauptfeder  in  dea  ^romsnej 
erzeugte  Bewegung  des  Steigrades  A  anfsuhelten  und  auf 
diaae  Weise  das  Steigrad  gleichsam  an  rcguUren»  sa>  wird 
dies*  Spiralfeder  mit  der  ■  viel  schwere  ran  Unruhe  in  Verbiß 
düng  gebracht,  dadurch  gleichsam  die  Masse  dea  achwingaajH 
den   Körpers   vermehrt  und    die  Kraft    dieser  Schwingungen 


1    Vwrgl  *ed.  Bd.  Vif.  8. 116*.  a.  Fig.  209  tu  210. 


u  J»  f,  itir 

selbst  jre/gtffcett.  Indem  aber  die  eck*ettbe  Spiralfeder  dfese 
ihr  fremd*  .Masse  auf  ihren  Schwingungen  mit  sich  fuhren 
and,  to  würde  sie  durch  die  Last,  Tf eiche  sie  zu  tragen  k)at, 
so  wie  durch  Reibung  und  \Viderttand  der  Luft  ihre  flewe- 
gnng  sehr  bald  verlieren 9  .wenn  ihr,  nicht  durch  die  Heuptfe- 
der  aelbst  mittelst  der, oben  erwähnten  Spindellappe«,  mm'  kn- 
aur  neue  Kraft  zugeführt  würde«  So  wie  also  das  Gewicht 
dem  PendeJ  die  verlorne  Kraft  immer  ersetzt,  wähnend  daa 
Pandel  wieder  die  Bewegung  des  Gewichts  gleichförmig  macjit, 
ebenso  fuhrt  auch  die  Hanptfeder  der  Spirale  stets  neun  Keifte 
zu,  während  die  regelmässigen  Schwingungen  dieser  Spirale 
die  Bewegung  der  Hauptfeder  und  dadurch  des  ganzen  Räder- 
werks regüliren  und  in  einem  immer  gleichen  Gange  erhalten. 
Dort  sind  beide  Kräfte,  die  bewegende  und  regulirende,  un- 
mittelbare Wirkungen  der  Schwere;  hier  aber  sind  sie  die 
folgen  einer  vielleicht  nicht  weniger  durch  die  ganze  Natur 
verbreiteten  Kraft,  der  Elasticität. 

Map  sieht  aus  allem  Vorhergehenden,  dais  zu  einem  gu+ 
Üb  Gange  der  Uhr.  nebst  der  vollkommenen  Ausarbeitung  al- 
l«  ilver  Tneile,  vorzüglich  das  gehörige  Verhältnifs  der  Haupt-* 
feder  zur  Spirale  und  Unruhe  gehört«     Da  im  Allgemeinen  die 
Schwingungen   der  Spirale  desto  länger  dauern    oder  da   die 
Uhr  desto  langsamer  gehn  wird,  je  länger  die  Spirale  ist,   so 
amfs  man   nach   ein  Mittel  iuben,    die  Länge  dieser  Spirale 
Back  Bedurfnirs  zu  ändern«     Dazu  dient  aber  die  Richt$ch*ibwf 
ein  Rad,    welenei  unter  dem  Umfange   der  Unruhe  in  eineri 
gejtahntev  Dogen   ejq  greift,    der   auf  einem  Arme  zwei  Stifte 
tragt,  zwischen  welchen  die  Spirale  eingeklemmt  ist.      Wenn 
■an  mit  eiern  Uhrsohlüssel  die  Richtscheibe  dreht,  so  werden 
jene  zwei  Stifte  vor-  oder  rückwärts  geschoben  nnd    dadurch 
Üe  Spirale  verkürzt   oder  verlängert ;     denn   ihre   eigentlich« 
Langer  hängt  nicht  von  ihrem   an  das  Gehäuse  festgeoieteteri 
finde   ab.    sondern  sie  mufs  von   den  erwähnten   zwei  Stif* 
ton  an  gerechnet  werden,    indem   diejenigen  Theile  der  Spi- 
rale, die  aufser  dieaen  zwei  Stiften  liegen,  nicht  mitschwingen« 

Die  folgende  Tafel  giebt  die  Anzahl  der  Zähne  der  Rä- 
Set  und  ihrer.  Getriebe,  wie  sie  in  den  gewöhnlichen  Ta- 
lchenuhren vorkommen.  ' 


litt  üh  r. 

Bidet  Zähne  des        Gelriebe        Zähne  des 

Rads  Getriebes 

A  Steigrad    .  ...    15     .  .  •  •     •     .  ....       6 
B  Rronrad     •  •  •  •     48    • 


C  Mittelred 48 

D  Minütenrad    •  *.    34 


•  •  • 


E  Schneckenrad  .  48 
F  Wechselred  .  .  48 
G  Stuodeorad     .  .    48 


c 6 

d 12 

d' 12 


16 


Nimmt  man  an,  dafs  die  Unruhe  in  5  Secunden  24,  also  in. 
einer  Stunde  17280  Schwingungen  macht,  so  wird  das  Steig- 
rad A,  da  die  Bewegung  eines  jeden  der  beiden  Spindet- 
läppen   einen   Zahn   desselben   treibt,     wenn   das  Steigrad  15t 

17280 
Zähne  hat,  in  einer  Stande  ■         ■   =s  576mal  umgehn;    das 

6 
Kronrad  B  aber  geht  in  einer  Stande---  .  576  =  72  mal  um,  das 

ß 
Mittelrad  G  geht  —  .  72  =  9  mal ,  das  Minntenrad  D  ferner 

6  .1 

—•  •  9  oder  einmal,  das  Schneckenrad  E  endlich  nur  -  mal, 
54  4 

also  erst  in  4  Stunden  einmal  um«  Da  ferner  das  untere  Ge- 
triebe d'  des  Minutenrads, ,  so  wie  das  Minütenrad  selbst ,  in 
eines  Stunde  einmal  umgeht,  so  gabt  das  Wachsend  F  eist  in 

48  48 

2r=5  4  Standen  und  endlich  das  Stundenrad  G  In  ^.4=12 
12  lt> 

Standen  einmal  um,  weshalb  auch  P  den  Minutenzeiger  |und  G 

den  Stundenzeiger  trägt.       Endlich  da  das  Schatokeojfad  B  iq- 

4  Stunden  einmal  umgeht,  so  wird  auch  die  Uhr  so  vielmaL  4 

Standen  ohne  Aufzug  gehn,  als  die  Schnecke  K  Umgänge  hat» 

Hat  zi  B.  diese  Schnecke  7  Umgänge,  so  wird  die  Uhr  4mal 

7  oder  28  Stunden  gehn,  bis  sie  wieder  aufgezogen  werden 
mufs» 

*  # 

Noch  ist  für  den  gesicherten  Gang  eia>er  Uhr  eine  wich- 
tige Berücksichtigung  übrig,  von  welcher  wir  bisher  nicht  ge- 
redet haben.  Wenn  nämlich  die  Uhr  ihren  Zweck,  die  Zeit 
su  messen,  genau  erreichen  toll,  so  müssen  alle  Schwing«*-» 
gen  des  Pendels  bei  den  Pendeluhren,    so  wie  alle  Schwta- 


Umdrehung.  1139 

gongen  der  Unruhe  bei  den  Federnliren  Tön  -gleioher  Daner 
oder  sie  mftssen  isoohron  seyn.  Dies«  Dauer  hängt  aber  dort 
*tto  der  Leng*  des  Pendels  and  hwr  von  der  Grobe  de* 
Schwungrades  der  Unruhe  ab.  Allein  die  Warme  dehnt  be- 
kaootUeh  alle  Körperbaus,  also  wird  auch  jede  Aenderung 
der  Temperatur  die  Schwingungen  und  somit  den  Gang  jener 
Uhren  ändern.  Diesem  Umstände  zu  begegnen,  hat  man  meh 
xere  oft  sehr  sinnreiche  Mittel  erdacht,  die  aber  bereits  oben 
unter  dem  Art.  Compensatio?*  angeführt  worden  sind  und  da- 
her hier  übergangen  werden  kennen,  Ueber  .  den  Gebrauch 
de/  Uhren  zur  Messung  der  Zeit  s.  d.  Art.  Zeitbestimmung. 

L. 


Umdrehung. 

Drehung;  Rotatio,  Motu*  rotatorius  8.  gy- 
ratorius ; ,  Rotation ,  Mouvement  rotatoire  j  Rotation, 
Rotatory  Motion*  '  ,  • 

Wenn  sich  ein  Körper  so  bewegt,    dafs   eine  gerade  Li- 
nie in   ihm   in  Ruhe  bleibt,    seine   übrigen  Puncte   aber  alle 
Kreise  beschreiben ,  deren  Mittelpuncte  in  jener  geraden  Linie 
liegen ,  so  wird  diese  Bewegung  eine  Drehung  oder  eine  /2o- 
tation  genannt   and  jene   gerade   Linie   heifst    die   Rotations* 
axe.    Die    »wei  Puncte   endlich,    in    welchen  diese  Axe    die 
Oberfläche  des  Körpers  trifft ,  sind  die  beiden  Pole  der  Rota- 
tion»     Die  erwähnten   Kreise  *    die  alle  auf  der  Rotationsaxe 
senkrecht  stehn  and  daher   unter  sich  parallel  sind,    werden 
ParaUelkreise  genennt.    Bei  einigen  Körpern ,  die  z.  B.  durch 
die  Umdrehung  von  Kreisen  nm  einen  ihrer  Durchmesser  odet 
durch    die   Umdrehung  von  Ellipsen    um  eine  ihrer    beiden 
Axtn  entstehn,  wird  derjenige  Parallelkreis,  der  Von  den  bei-* 
den  Polen  gleich  weit  absteht ,  der  jiequator  genannt.    W«nn 
aber  ein  körperlicher  Punet  gezwungen  wird,    auf  einer  be- 
Stimmten  Bahn  einhersugehn ,    wie  dieses   hier  mit  den  Ele- 
»Beuten  des  rotirenden  Körpers  der  Fall   ist,    deren  jeder  in 
einem  Kreise  am  die  Rotationsaxe  sich  bewegen  mufs,  so  übt 
dieser  körperliche   Pnuct   gegen     seine   Bahn   «»eil   gewissen 


1140  Umdrehung. 

Drudk  ans.  Nennt  «an  ▼  die.  Geschwindigkeit»  #ie  der  Panct 
in  Jedem  Augenblicke  in  der  Backte  og  dar  Tangente-/ feine* 
Bahn  hat,  und  itt  p  der  Krümmungshalbmesser  der  Bahn  ia> 
dieeem  Punete,  so  wie  m  die  Masse  des  bewegte»  Körpers,  to- 
bet amen  für  den  gesuchten  Druck  f ,  der  seiner  Nato*  nach 
inner  senkrecht  auf  die  Bahn  oder  in  der  Richtung  des  Ktü*«^ 
BMingshalbnieasera  statt  hat* 

f  =53    . 

* 

Ist  die  Bahn,  wie  in  nnserm  Falle,    ein  Kreis,    dessen  Halb- 

messer  r  seyn  naag,  so  ist  die  Geschwindigkeit  v  ==*  e  coo- 
stant  nnd  daher  jener  Druck 

f  = 


mc2 


Da  man  diese  Pressungen  zuerst  bei  der  Bewegung  der  Kör- 
per in  Kreisen  betrachtete  und  da  dieselben  nach  dem  Vor- 
hergehenden in  der  Richtung  des  Halbmessers,  der  hier  zu* 
gleich  der  Krümmungshalbmesser  des  Kreises  ist,  statt  haben,  so. 
hat  man  diesen  Druck  oder  vielmehr  die  ihm  entgegenge- 
setzte Kraft,  nach  welcher  der  Körper  bei  seiner  Bewegung 
im  JK rei»e  sich  von  dem  Halbmesser  dieses  Kreises  zu  entfer- 
nen sucht,  die  (Zentrifugalkraft  oder  die  Schwungkraft  ge- 
nannt* Diese  Kraft  ist  es,  die  z.  B.  bei  einer  Schleuder  den 
Faden  derselben  spannt,  wenn  man  den  an  ihr  befestigten 
Körper  in  einem  Kreise  um  das  andere  Ende  des  Fadens  be- 
wegt, und  die  ihn  desto  stärker  spannt,  je  schneller  man  den 
Körper  bewegt,  je  kürzer  dieser  Faden  nnd  je  gröfser  die 
Masse  des  an  dem  Faden  befestigten  Körpers  ist» 

Dfese  Centrifugalkraft  f  hat  also  bei  allen  Körpern  statt* 
die  sich  anf  einer  vorgeschriebenen  geraden  oder  krUtemeftj 
Linie  bewegen,  selbst  wenn  keine  weiteren  äufseren  Kräfte 
auf  den  Körper  einwirken.  Ist  mR  die  Resultante  dieser  au- 
leeren  Kräfte,  so  kann  man  sie  in  zwei  andere  mT  und  snQ 
zerlegen,  von  welchen  die  erste  mT  mit  der  Tangente  nnd 
die  zweite  mQ  mit  der  Normale  der  Curve  in  jeden  -  ihrer 
Fnncte  zusammenfallt.  Die  erste  wird  nur  die  ^Geschwindigkeit 
des  Körpers  vermehren,,  aber  auf  den  Druck  desselben  «gegen ' 
die  Curve  keinen  Einfiuls  aufsern,  die  zweite  eber  wird  gans 
und  gar  ab  ein  neuer  Druck  des  Körpers   gegen  diese  Curve 


UjajdreJiujig.  4444 

m#,bBnpih*PMyn,  ?o  4*f*  nun  daher  tut  de*  GfüittmtAaH* 
des  Körpers  beben  wird  *  /  ' 

i                    ~  .   mv2 
.  mQi • 

Abstrahiren  wir  vorerst  von  allen  diesen  Saueren  Kräften  und 
betrachten  wir  blofs  die  Centrifugalkraft  f  im  Kreise,  so  dafs 
man;  *i* '  ztivor,  Hat  •*-*... 

t  f  *  "      '  L 

wo  r  dien  Halbmesser  des  Kreises  bezeichnet»  Um  diese  Cen- 
trifogalkraft  mit  der  Schwere  g  zu  vergleichen ,  sey  c  die  Ge- 
schwindigkeit 9  welche  ein,  Körper  im  freien  Raum  durch' den 
senkrechten  Ta|l  von  der  Höhe  h  erhalten  würde,  so  dafs  man 
hat1  c2=2gh,  also  auch 

f  _2mh 

so  dafs  daher  für  Körper  von  gleichen  Massen  die  Centrifu- 
gajkraft  zur  Schwere  sich  verhält,  wie  die  doppelte  Fallhöhe, 
dW  der  Geschwindigkeit  des  Körpers  entspricht,  zum  Halb-* 
messe*  de»  Kreises. 

Sind  diei  Dimensionen  des  Körpers  sehr  klein  gegen  seine 
senkrechte  Entfernung  von  der  Rotationsaxe ,  ist*««  R.  de* 
Stein  am  Ende  der  Schleuder  nur  klein  gegen  die  Länge  ihres 
Fadens,  so  kann  man  f  als  eine  für  alle  Theile  des  Körpers 
conetaut£  Gr^fae  betrachten.  Die  letzte  Gleichung  wird  #ba 
blaff  iir  Folge  der  Rotation,  auch  ohne  alle  Einwirkung  von 
infseren  Kräften ,  bestehn,  Nehmen  wir  nun,  an ,  dafs  die 
Kraft  g  de?  Schwere  auf  den  rotirendeo  Körper  wirke,  um& 
dafs ,die  Ebene,  in  welcher  sich  derselbe  bewegt,  verticel  ser« 
Dieses  vorausgesetzt  möge  C  den  Halbmesser  .dieses  Kreises,  p;. 
AB  einen  horizontalen  und  MD  einen  verticalen  Durchmesser l& 
desselben  bezeichnen;  Wenn  der  KÄrper,  der  diesen:  Kreis 
beschreibt,    im   Puncto  A   oder  B  der  horizontalen  Linie  an- 

kommt,  so  sey  seine  Geschwindigkeit  c±=f  2gh.  Für  irgend' 
«inen  andern  Punct  a ,  der  um  die  Distanz  C  Q  =  z  unter 
dem  horizontalen  Durchmesser  A  B  liegt ,  wird  daher  die  Ge- 


Y*%.  Art.  FiOL  Bd.  Vf.  S.  6.,    wo  das  dortige  g  gleich  {g  ge- 
setzt wird» 


t!4tt  .Umdrehung. 

«dmindlgk««  *»K8fp*r»  gleich  c*=*  Vi^^Fi)  ieyb,  ttod 

*  *•  mc^  '. 

da  die  Centrifugalkraft  im  Allgemeinen  gleich  — —  ist,   so  wird 

auch  für  den  erwähnten  Pub  et  a   die  Centrifugalkraft 

seyn;  Um  aber  den  ganzen  Druck  des  Körpers  auf  seine  Bahp 
in  diesem  Puncto  a  zu  erhalten  9  wird  man  dieser  Gröfse  f  noch 
das  Gewicht  des  Körpers,  nach  der  Richtung  des  Halbmessers 
Ca  zerlegt,  hinzufugen.  Sey  ap  mit  dem  verticalen,  Halb« 
messer  CM  parallel  und  stelle  diese  Linie,  das  Gewicht  des 
Körpers  vor,  so  dafs  man  also  a£  =  mg  hat«  Von  demPupcfe  p 
ziehe  man  auf  die  Verlängerung  ab  des  Halbmessers  Ca  die 
senkrechte  Linie  pb,  so  hat  man 

ab:ap  =  CQ:CA 
oder 

abssmg.-, 

* 

so  dafs  daher  der  ganze  Druck,  den  der  Körper  gegen  seine 
kreisförmige  Bahn  im  Puncte  •  *»*tft>t,  gleich 

f  +  mQ=f+mg.-*  !t 

oder  gleich 

^(2h+3«) 

seyn  wird  9  und  dieser .  Druck  wird  überall  in  '  der  lUchrjmg 
des  Halbmessers  des  Kreises  liegen.  htderPtract  a  übet  dem 
horizontalen  Ddrehmesser  Aß,  so  wird  man  t  negativ  neh- 
men. Am  gröfsten  wird  dieser  Druck  für  den  unterste» Punct 
M,  wo  z=t  r,  und  am  kleinsten  für  den  obersten  Puntt  D,' 
wo  z  esc— r  ist 

3r 
Ist  h  kleiner  als  —  oder,  was  dasselbe  ist,    ist  die  Ge* 

schwindigkeit  c  kleiner  als  Y  3gr,  so  wird  der  Druck  (oder 
die  Spannung  des  Fadens). negativ,  und  es  wird  daher  wäh- 
rend eines  Theiles  der  Bewegung  des  Körpers  eine  Contractioo 
des  Fadens,  statt  einer  Tension  desselben  9  statt  haben«  Da 
bei  einer  gleichförmigen  Bewegung  die  Geschwindigkeit  immer 
gleich  ist  dem  durchlaufenen  Räume,  dividirt  durch  die  dazu 


UmdreJmvg.    ,  '  tut 

vm***fa*  JMl/  m>  fest  um*,   wann  T\  die  TTwhrti ii  de* 

Kifepers    im  Kuti**  md  2rw  dm  Peripherie   desselben  b«~ 

c--t-> 

und  #Ato  dieser  Werth  in  der  obigen  Gleichung 

,       *       m«2 

t  .  * 

,     .  ' .     ,  r 
substitukt  wird  t  so  erhalt  map 

*    -        4mrnJ 

Also  verbjalt  sich  bei  gleichen  Massen  die  Centrifugalkraft  wie 
der  Halbmesser  des  Kreises  und  verkehrt  wie  das  Quadrat  der 
Umlaufezeit. 

Da  die  Erde  in  einem  Stefntfge  (von  86164  mittlem  Son- 
nontagsecunden)  sich  um  ihre  Axe  dreht,  so  labt  sich  das 
Vorhergehend©  unmittelbar  auf  sie  anwenden.  Nennt  man  also 
g  die  beobachtete  Schwere  auf  irgend  einem  Puncto  der  Ober« 
fläche  der  Erde,  und  G  diejenige  Schwere,  die  ohne  die  Ro- 
tation der  Erde  statt  b*l>^,  würde,  die  also  auch  an  den  bei* 
dsn  Polen  in  der  That  statt  findet^  60  j^  man 

wenn  man  die  Hasse,  der  Erde  gleich  der  Ehr^  annimmt 
und  durch  T  =  86164,  Secunden  die  Rotationszeh  derselben 
bezeichnet.  Da  die  Differenz  G  —  g  sehr  klein  is{,  au  kann 
man  die  vorhergehende  Gleichung  auch  schreiben 

Es  ist  aW  2ra  =  40000000  Meter»  und  g= 9,80896  Meter, 
*  also' auch 

Am* 


lI  I 


woraus  daher  folgt,  dafs  die  Schwere  der  Erde  unter  dem 
Aeouator  um  ihren  28Qsten  Theil  durch  die  Rotation  der  Erde  ver- 
urhrtlertf^rrd.  An  allen  übrigen  Orten  der  Oberfläche  der  Erde 
ist  diese)  Verminderung  der  Schwer»  geringer.  Die  Centrifu- 
galfcrfcrV  hat  toämJfcfi  nach  dem  Vorhergehenden  immer  in  der 
Richtung  des  Halbmessers  4«*  von  dem  Körper  beschriebenen 
Kreises  statt.     Sey  also  M  ein  Ort  der  Erde,    dessen  PolhOhe^* 


H44  Umdrehung. 

et  ist*  Bezeichnet  CA  dt*  Aequate*  tro*  CN  ettfe  ttftftf- 
liehe  Hilft«  der  Erdaxe,  md  zieht  müi  MB  mit  AO  parat* 
lel,  so  ist  der  Winkel  ACM  ='  BMC  =  9.  Verlängert 
man  aber  den  Halbmesser  B  M  =  r   das  Parallelkreises  von  M 

um  die  Grösse  Mb»  -^-   und    zieht    man  bc  senkrecht 

auf  die  Verlängerung  von  CM,  so  hat  man 

1  Mo  =  Mb.Co$.(jp, 

nnd  da  überdiefs  BM  =  r=r  Cos*  q>  ist,  so  ist  auch 

Mc==l^.Cos.t9  =  ^Cos.^, 

und  dieses  ist  die  gesuchte  Verminderung  der  Schwere  &r 
jeden  Paratlelkreis ,  dwsen  Breite  gleich  <p  ist.  Jfdr  de«  Ae- 
quator  haben  wir  oben  diese  Verminderung   gefunden 

4r*»         1 

gT«^^0 
Wenn  die  Geschwindigkeit  der  Rotation  der  Erde  grölser  wfcre, 
to  wurde  auch  die  Schwungkraft  gröfaer  werden  und  endlich 
die  Schwere  ganz  aufwiegen  oder  sie  sogar  übertreffen.  Wa're> 
z«  B.  die  Länge  des  Sterntags  oh'"**  *068  mittlem  Z*i"«cunden 
(nahe  1  Stundet*  Minute <h  a,*d  di«  Bewegung  der  Erde  nahe 
I7mal  schneller,  als  "e  \«zt  **>  **  waw 

*— f^^r  ** 9>W&*  ****** 

o^cr,  da  «cnon  6  =  9,80896  ist»  die  beobachtete  Schwere  g 
gleich  Null,  das  heifst,  wenn  unser  Tag  nahe  17mal  kürzer, 
wäre,  so  würde  die  Schwere  am  Aeqoator  Null  seyn  und  alle 
Köper  würden,  sich  selbst  überlassen,  dort  nicht  mehr  gegen, 
ile  Erde  fallen  kffnnen«  Eine  nur  wenig  vermehrte  Ge~ 
schwindigkeit  der  Rotation  der  Erde  würde  endlich  diese  Kör- 
per ganz  yon  ihr  entfernen.  Dasselbe  würde  auch  der  Fall 
seyn,  wenn  die  gegenwärtige  Länge  des  Tages  zwar  dieselbe 
bliebe,  aber  dafür  der  Halbmesser  der  Erde  28ö«*l  grdbec 
würde,  als  er  jetzt  ist1. 

Indem  wir  nun  nach  dieser  vorläufigen  Betraqhung  über 
die  erste  und  einfachste  Erscheinung  der  Rotation  zu  der  ei* 
gentlichen  Theorie  dieser  Bewegung  übergehn,    bemerken  wir, 

1    YergU  CentrtUbtwegvmg.  Bd.  IL  8.  65.  «od  Centrtfadtrmft.  M. 
II.  8.  77. 


Umdrehung.  1145 

zuerst,  dafs  die  Theorie  des  GUichgeunchts  der  Rotation  be- 
reits oben1  in  ihren  Haaptzügen  gegeben  worden  ist.  Behält 
man  die  "dort  angeführte  Bezeichnung  bei,  und  nehmen  wir 
an,  AtS$  auf  eip  System  von  körperlichen  Pancten,  die  auf 
eine  unveränderliche  Art  unter  einander  verbunden  sind,  eine 
Anzahl  von  Kräften  P,  P*,  P".  •  •  wirke,  so  dafs  die  Win- 
kel, welche  die  Kraft  P  mit  den  drei  Axen  dar  senkrechten 
Coordinaten-x,  y,  z  bildet,  [in  derselben  Ordnung  a,  ß,  y, 
für  die  Kraft  P*  aber  a,  ßVy ,  für  die  Kraft  P"  endlicji  a\ß"ty" 
sind  n.  s.w.,  so  wird  die  Bedingung,  dafs  jenes  System  durch 
die .  Einwirkung  aller  dieser  Kräfte  keine  Rotation  um  die  Axe 
der  z  erleide,  durch  folgende  Gleichung  ausgedrückt  werden: 

0=t=P  (xCos./? =y  Cos.  a) +P/(x'Cos./?— y'  Cos.  a ) 

+  P"(x"(£s./J"—  y"Cos.a")  +  .  t| 

welche  Gleichung  sich  aucfc  kurzer  so  schreiben  läfst 

0  —  2.P  (x  Cos./J— y  Cos.  a), 

wo  2  das  bekannte  Summenzeichen  ist.  Ebenso  wird  man  für 
die  freie  Drehung  um  die  Axe  der  y  die  Bedingungsgleichung 
haben 

0=2.P(zCos.a  — xCos.y)  > 

und  endlich  für  die  Axe  der  x 

0=2.P(yCos.y— zCos./J). 

Haben  daher  diese  drei  Bedingungsgleichungen  zugleich  statt, 
so  wird,  das  System  um  jede  der  drei  Axen  x ,  y  und  z  sich 
frei  drehen  können2,  Ist  aber  das  System,  auf  welches  die 
Kräfte  P,  P',  P"  wirken,  ein  Körper  von  gegebener  Gestalt, 
so  nehmen  die  drei  vorhergehenden  Gleichlingen  folgende  Ge- 
stalt an 

S.[Xy—  Yx]3m  =  0] 

S.[Zx  —  Xz]dm=0 

S.[Yz|-Zy]am=0] 


wo 


X=PCos.a+P'Cos.a'+F'Cto*.a'+  .  .  . 
Y=PCos./?+P' Cos.i0'+P"Cos./9"+  •  .  • 
Ze=xPCos.y  +  FCos./H-PwCos.  y"  +  .  .  . 


1    8.  Art.  MechrnO.  Bd.  Tl.  8.  158t, 
3    Vcrgl  abend. 
IX.  Bd.  Dddd 


1146  Umdrehung» 

o^er  wo  X»  Y,  Z  die  Summe  der  sänimtlichen  auf  den  K#r~ 
per  einwirkende»  Kräfte,  nach  x,  y  und  z  «erlegt,  eind  and 
wo  Qm  das  Element  der  Messe  des  Körpers  bezeichnet,  so 
da£s  die  durch  S  angezeigten  Integrale  sich  auf  die  ganze 
Masse  des  Körpers  beziehn*  Wie  wir  daher  oben1  für  das 
Gleichgewicht  der  progressiven  Bewegung  eines  Körpers,  des- 
sen Masse  m  ist,  die  drei  Bedingungen 

8.Xöm  =  0;    S.Ydm6=0;    S,Z5m  =  0 

erhalten  haben ,  so  werden  wir  auch  für  das  Gleichgewicht 
der  drehenden  Bewegung  die  drei  Gleichungen  aufstellen 

8.[Xy  —  Yx]3m  =  0 

S.[Zx  — Xz]dm  c=  0 
S.[Yz-*Zy]<9ra  =  0 

und  die  zweckgemafae  Behandlung  dieser  sechs  Gleichungen 
wird  die  Auflösung  eines  jeden  Problems  geben ,  das  man  über 
das  Gleichgewicht  der  'fortschreitenden  und  der  drehenden 
Bewegung  eines  Körpers  vorlegen  kann,  auf  welchen  die 
Kräfte  P,  P*,  P".  •  nach  gegebenen  Richtungen  wirken. 

Wenn  aber,  vermöge  dieser  auf  den  Körper  einwirkenden 
Kräfte,  kein  Gleichgewicht  statt  hat,  so  wird  er  sich  bewegen 
und  diese  Bewegung  wird  im  Allgemeinen  eine  doppelte  seyn. 
Vermöge  der  ersten,  die  allen  Puncten  des  Körpers  gemein  ist, 
wird  er  oder  vielmehr  sein  Schwerpunct  im  Räume  pro- 
gressiv fortschreiten  und  vermöge  der  zweiten  Bewegung  wird  ' 
er  sich  um  diesen  Schwerpunct  gleichförmig  oder  ungleich- 
förmig drehn»  Die  progressive  Bewegung  seines  Schwerpuncte 
wird  durch  die  Integration  der  drei  Gleichungen  gegeben 

S.    >  jy    ^S»pZ  =^0 

wo  die  durch  S  angezeigten  Integrale  sich  über  die' Masse 
des  ganzen  Körpers  erstrecken  und  wo  9 1  das  constante  Ele- 

1    Vergl.  Art.  Ueckmik. 


Um  eine  gegeben«  Axe.  1147 

ment  der  Ewt  bezeichnet.  Die  Rotation  des  Ktfrpers  aber  nm 
seineii  Schwdrpnnct  oder  um  eine  durch  diesen  Schwerpunöt 
gellende  Constaat*  oder  veränderliche  Axe  wird  durch  die  In* 
tegration  der  drei  folgenden  Gleichungen  ausgedruckt  werden: 

• §7*~^ S.m(Yx-: Xy)=*0j 

_  m  (z  82x  —  xd2z)      Ä       __        „    K     A       '  ,  v 
57* '*-8.m(Xz-*Zx)«:0l   .  •  (n) 

,.»(y»f;--»V),,.^y_T^ 

nnd  auch  diese  beiden  Systeme  Ton  Gleichungen  Sind  bereit* 
oben1  aufgeführt  worden. 

Diese  Gleichungen  (m)  und  (n)  hat  zuerst  D*Alembibt 
in  dieser  einfachen  und  allgemeinen  Form  aufgestellt,  und 
LüenAVGB  hat  in  seiner  Mdcanique  analytique  darauf  seine 
Theorie  der  Statik  und  Mechanik  erbaut  und*  dadurch  diesen 
beiden  Doctrinen  zuerst  eine  rein  wissenschaftliche  Form  ge- 
geben. Wir  wollen  nun  sehn,  wie  man  aus  diesen  Gleichun- 
gen (n)  die  Erscheinungen,  die  bei  der  Rotation  der  Körper 
statt  haben ,  ableiten  kann.  Betrachten  wir  stierst  die  Rotation1 
der  Körper  um  eine  gegebene  fixe  Axt. 

A.    Rotation  um  eine  gegebene  fixe  Axe« 

Sey  dm  das  Element  der  Masse  eines  Körpers,  der  sieb  Fig. 
am  die  feste  Axe  OZ  dreht*  Durch  einen  Punot  09  den  man1^. 
nach  Willkür  in  dieser  Axe  nimmt ,  lege  man  zwei  andere 
fixe  Linien  OX  und  OY,  die  unter  sich  und  auf  der  AxeOZ 
senkrecht  stehn,  Seyeft  x,  y«  *  die  Goordinaten  des  Ele- 
ments dm  am  Ende  der  Zeitt  in  Beziehung  auf  jene  drei  fixen 
Linien  OX,  OY  und  OZ,  nnd  sey P  die  Protection  von  dm 
in  der  Ebene  der  xy,  so  ist  OPssr  der  Halbmesser  des  Krei* 
ees ,  den  du  Element  8  m  um  die  auf  O  P  senkrechte  Rota- 
tionsaxe  OZ  beschreibt.  Sey  endlich  QPQ'  eine  in  der 
Ebene  der  xy  auf  OP  senkrechte  Gerade,  welche  die  Axen 
der  x  und  der  y  in  den  Puncten  Q  und  Q'  schneidet.      Die 

1    8.  Art.  Jbdkmtt  M.  Vi.  t.  1616.  Nr.  Till.  IX. 

Dddd  2 


U48<  Umdrehung* 

aeoelerirendesi  Kräfte,  welche  auf  das  Element  dm  «*»•_«.*, 
wird  man .  nach  dem  bekannten  einfachen  Verfahren  9  daa  in 
der  Mechanik  überall  angewendet  wird,  auf  drei  andere  X,  Y 
und  Z  zurückbringen  können,  die  mit  den  Axen  der  x,  y 
und  z  parallel  sind*  Da  nun  die  Rotation  des  Körpers,  unse- 
rer Voraussetzung  gemafs,  blofs  um  die  Axe  der  z  statt  ha- 
ben soll,  so  versehwinden  die  zwei  letzten  der  Gleichungen 
(n)  von-  selbst  und  map  hat  blofs  die  einzige  Gleichung 


•  • 


0). 


durch  welche  daher  die  gesuchte  fiotation  des  Körpers  um  die 
feste  Axe  der  z  bestimmt  wird.  Die.  Integration  soll  sich  auf 
die  Masse  des  ganzen  Körpers  erstecken.  Sey  <o  die  Win-«- 
kelgeschwindigkeit  jedes  Elements  des  Körpers  am  Ende,  der 
Zeit  t,  also  auch  reu  die  absolute  Geschwindigkeit  9  desselben, 
und  nehmen  wir  diese  Gröfse  w  positiv  oder  negativ  an,  je 
nachdem  die  Rotation  von  Q  nach  C  oder  in  der  verkehrten 
Richtung  von  C  nach '  Q  vor  sich  geht  Diesem  gemafs  ist 
die  nach  x  und  y  zerlegte  Geschwindigkeit 

|£  =  *.Cos.XQP  =  —  v.  2  und  ^=*.Cos.  YQq  =  >.  - 
c  t  .  r  d  t  ^  r 

oder,  wenn  man  den  Werth  von  y=a>r  snbstituirt* 

•  '    dx  ,  dy 

5-=  — ö>yund-f  =«X. 
dt  et 

Da  aber  x2  +  v*=r2  ist,  so  hat  man  auch 

xÖy  —  ydx=r2o>#t  .  .  .     (II) 

und  dieser  Gleichung  Differential  wird  seyn,  da  rund  dt  con- 
stant  sind, 

xd2y  —  yd2X=r*C(üdt. 
Weil  aber  die  Gröfse  deo  allen  Puncten  des  Körpers  gemein- 
schaftlich ist,  so  mufs  sie  auch  bei  allen  Integrationen  in  Be- 
ziehung auf 'dm  als  constant  angesehn  werden,    so  dafs  dem« 
nach  die  Glejchung  (I)  in  folgende  übergeht 

|^  ./r*Sm=/(Yx-Xy)5m  .  .  .  (HI) 

und  diese    Gleichung  wird    nach  ihrer  Integration  die   Win« 
lelgeschwindjgkeit  w  des    Körpers  für    jede   gegebene   Zeit  t 


Um   diue  gegebene  Axc,  1119 

geben,  Welohes  nun  auch  die  acoelerirende  Kraft  seyn  mag, 
die  auf  das  Element  8m  des  Körpers  wirkt,  so  wird  sich 
doch  dieselbe  in  zwei  andere  zerlegen  lassen,  von  welchen 
die  eine  mit  der  Rotationsaxe  OZ  parallel,  die  andere  in 
einer  auf  dieser  Axe  senkrechten  Ebene  liegt.  Von  der  er- 
sten  können  wir  hier  ganz  abstrahiren,  da  sie  zur  Bewegung 
der  Rotation  selbst  nichts  beitragen  kann»  Die  zweite  aber, 
die  wir  der  Kürze  wegen  R  nennen  wollen,  wird  nichts  an- 
ders %  als  die  Resultirende  der  beiden  obigen  Kräfte  X  und  Y 
seyn.  Projicirt  man  diese,  drei  Kräfte  X,  T  und  R  auf  die 
Ebene  der  xy,  und  ist  CP  die  Richtung  dieser  Kraft  R,  so 
wie  OHsh  das  von  O  auf  diese  Richtung  gezogene  Loth, 
so  i*t  nach  einem  bekannten  Satze  der  Statik 

Yx— Xy  =  Rh. 
Nennt  man  endlich  d  den  Winkel  CPQ',  also  aueh  90°  —  $ 
den  Winlel  OPH,    so  hat  man,  da  OH  =h  und  OP  sc  r 

ist, 

h  =  r  Cos*  t 

und  daher 

Yx  —  Xy  =  Rr  Cbs.d, 

wodurch  also  die  Gleichung  (III)  in  die  folgende  übergeht 

^./r25m=/Rr  Cos.d.5m  .  .  .  (Hl'), 

Allein  indem  die  erwähnten  Kräfte  den  Körper  um  seine  Axe 
zu  drehn  suchen,  mufs  durch  diese  Axe,  da  sie  als  fest  an- 
genommen wird,  ein  Theil  dieser  Kräfte  aufgehalten  oder  ver- 
nichtet werden,  und  diese  für  die  Rotation  selbst  verloren  ge- 
gangene Kräfte  müssen  daher  wenigstens  auf  jene  Axe  zurück- 
wirken und  auf  dieselbe  einen  Druck  ausüben ,  den  wir  nun 
noch  suchen  wollen*  - 

Wir  betrachten  hier  natürlich  auch  wieder  nur  diejenigen 
Pressungen  auf  die  Axe,  die  auf  ihr  senkrecht  stehn,  weil 
sich  doeh  alle  andere  immer  auf  zwei  zurückführen  lassen,  von 
welchen  die  einen  mit  der  Axe  parallel  sind  und  sie  daher  nicht 
drücken,  während  die  andern  eine  auf  sie  senkrechte  Richtung 
haben.  Wir  werden  daher  hier  nur  die  verlornen  Kräfte,  die 
mit  x  und  y  parallel  sind,  betrachten ,  und  diese  sind  bekannt- 
lich 

x— öl?  undY  —  e^r» 


1150  Umdrehung. 

•o  dahf   wenn  U  und  V  die  Summen  aller  dieser  Kräfte  be- 
seiehnen,  man  habe«  wird 

Ü=./(X-  j£)  «.  und  V=/(Y  -  £j)  8m. 


Nennt  man  dann  u  und  v  die  Abstände  derjenigen  Pancte  der 
Axe  der  z  von  der  Ebene  der  xy,  in  welchen  die  Kräfte  U 
and  V  diese  Axe  treffen,  so  sind  bekanntlich  die  Momente 
dieser  Kräfte  in  Beziehung  auf  dieselbe  Ebene  der  xy  gleich 
Ua  and  Vv.  Dieselben'  Momente  der  Resultanten  aller  auf 
den  ganzen  Körper  wirkenden  Kräfte  sind  aber  auch  gleich  der 
Summe  der  Momente  aller  einzelnen  Kräfte 

(x-^)«„„a(r_^)8. 

in  Besiehung  auf  dieselbe  Ebene  der  xy  f  oder  sie  sind  gleich 
den  Momenten 

"      /(x-7?f>«— -*/(T-SS)«Ä- 

so  dafs  man  daher  hat 

8*x- 


Allein  wenn  man  die  obigen  Gleichungen 


m 


die  .dy 

^  —  «yundgi^i« 

diffiereotürt ,  so  erhalt  man 

5*x  da  dy  da  , 

8*y  da  .        du         da  9 

#t*        dt T     dt        dt     7 

Substituirt   man  in    diesen  Ausdrücken    den   Werth  von   -5— 

C7t 

aus  der  Qleichuog  (111) ,  und  bemerkt  man,  dafs,  wenn  xk  und 
'  yi   die  Coordinaten   des  Schwtrpuncts1  des  Körpers  sind  und 
w4nn  M  die  ganze  Masse  desselben  ist,  man  hat 

1    8.  Art  Scheerpmct.  Bd.  VI1L  8.  641. 


Uni  eine  gegebene  Aie.  1151 

/idm  =  Mij  und/y#mcsMy(„ 
so  gehen  dadurch  die  vorhergehenden  Werthe  von  U  ,  V  and 
von  Ha  und  Vv  in  folgende  übe»: 


U    =Mxkw2    +  fXdm  +  yt.T 
V    =?Myiw*    +  /Vdm+xt.T 
Ua=w2/x«3m-i-/Xzöm-f.T./yz3m 
V-v=a>*fyzdm  +  fYzdm  —  T.fxzdm 


(1V> 


4    wo  de?  Kürze  wegen 

m^  9tt>_/(Yx-Xy)a«n 
•  3t  "         /r*5m 

gesetzt  worden  ist  Wenn  also  einmal  die  Winkelgeschwin- 
digkeit w  durch  die  Gleichung  (III)  oder  (Hl')  bekannt  gewor- 
den ist,  so  wird  man  durch  die  Gleichungen  (IV)  die  mit  x 
und  y  parallelen  Pressungen  U  und  V  der  Axe  und  zugleich 
die  Distanz  u  und  v  der  zwei  Puncto  von  dem  Anfangspuncte 
O  der  Coordieaten  kenne»  lernen,  in  welchen  die  Axe  diese 
Pressungen  erleidet. 

Wenn  die  Rotationsaxe  OZ  zugleich  durch  den  Schwer- 
punct  des  Körpers  geht,  so  hat  man  nach  der  Natur  dieses 
Punctes  x4=0  und  y1=0,  so  dafs  demnach  die  zwei  ersten 
der  Gleichungen  (IV)  in  folgende  einfacheren  übergehn : 

U=/XÖm  und  Va=»/y#m. 

Geht  aber  die  Rotationsaxe  durch  den  Schwerpunct  und  ist 
sie  zugleich  eine  der  drei  freien  Axen,  so  hat  man1  nach  der 
Natur  dieser  freien  Axen  fxzdm  =  0  und/yzöm  =  0, 
and  dadurch  werden  die  Gleichungen  (IV)  in  folgende  über« 

U  =/Xöm;    V  =/Ydm; 
Üu»/Xz5mf  Vv=s  fYmdm. 

Aus  dem  Vorhergehenden  lassen  sich  euch  zugleich,  als 
ein  besonderer  Fall,  diejenigen  Gleichungen  ableiten,  die  für 
die  Rotation  um  eine  fixe  Axe  gehören,  wenn  keine  accele« 
rirenden  Kräfte,  Sondern  wenn  blofs  ein  augenblicklicher  Stols 
auf  den  Körper  wirkt.     Die  Gleichung  (111')  war  nämlich 

da)       /RrCos.d.dm 
37**         /r2öm        # 

1    Vcrgl.  Home*.  Bd.  VI;  8.  Ut5. 


1152  Umdrehung« 

Bezeichnet  R  diese  augenblickliche  Kraft  eines  Stobes  und  v 
die  dadurch  hervorgebrachte  conttante  Geschwindigkeit,  so  hat 
man,  analog  mit  den  accelerirenden  Kräften 

R  =  -?r-  und  daher  auch  v  =  ARöt. 

dt  '  ' 

so  dafs  daher  die  vorige  Gleiohung  in  die  folgende  übergeht: 

~    _/R3t.rCos.d.3m  _yV.rCos.d.flm 

"""* •         /r23m  >         mmm         /t2 8 m 

oder,  da  v  eine  constante  Grobe  und  r  Cos«  J  =  h  =  O  H  ist, 

Mhv 
fx2om  N  ' 

und  diese  Gleichung  giebt  die  gesuchte  Winkelgeschwindig- 
keit des  Körpers.  Setzt  man, endlich  in  den  Gleichungen  {IV ) 
die  Grobe  X  =  Y=0,  so  erhält  man  für  die.  Pressungen  der 
Axe  und  für  die  Puncto  derselben ,  wo  sie  statt  haben ,  die 
folgenden  Ausdrücke: 

Uu  =  a>*/"0m'oder  u=     Mx^  \     •••    (b) 
Vv  s=s  o>*  fyzdm  oder  v  =3  LL1 — 2 

Durch  die  Gleichungen  (a)  und  (b)  ist  die  Theorie  der  Ro- 
tation um  eine  feste  Axe,  wie  sie  durch  einen  momentanen 
Stofs  entsteht,  vollständig  dargestellt.  In  der  Gleichung  (a) 
bezeichnet  r  den  senkrechten  Abstand  O  P  des  Elements  d  m 
von  der  Rotationsaxe  OZ  und  das  Integral  J^dm  mub  auf 
die  ganze  Masse  M  des  Körpers  ausgedehnt  werden,  so  dafs 
also  die  Grobe  ft*dm  das  Trägheitsmoment  des  Körpers  be- 
zeichnet1. Ferner  ist  v  die  Geschwindigkeit  des  stobenden 
Körpers  vor  dem  Stöbe,  senkrecht  auf  die  Axe  OZ,  und 
endlich  ist  h  oder  OH  das  Loth,  welches  von  dem  Puncto  O 
auf  die  Richtung  PC  des  Stobes  gefallt  worden  ist.       Ist   die 

1    Vcrgl.  Moment  Bd.  VI.  S.  2S35. 


Um  eine  gegebene  Axe.  1153 

Rotationsaxe  OZ  zugleich  eine  der  drei  freien  Axen  des  Kör- 
pen, so  ist 

fxzdm  äs  0  und  fyzBm  =  0,, 

elflo  ist  auch  nach  den  Gleichungen  (b)  die  Grobe  u  sowohl, 
eb  V  gleich  Null*  Ist  aber  u  =  v,  so  werden  die  beiden 
Pressungen  Mx^w1  und  My^co*  an  einem  und  demselben 
Puncto  der  Axe  angebracht  seyn ,  und  sie  werden  sich  auf  ei- 
nen einzigen ,  zu  dieser  Axe  senkrechten  Druck/  zurückfuhren 
lassen,  welcher  gleich  ist 

Kü*+V*  sa  Mu*.t  xt  *  +  y*  =  Mafi.il , 

wo  rt  die  Entfernung  des  Sehwerpuncts  des  Körpers  von  dem 
Anfangspuncte  O  der  Coordinaten  bezeichnet.  Soll  die  fixe 
Axe  ganz  und  gar  keinen  Druck  erleiden  ,  so  müssen  die  Gro- 
ben u  und  V  gleich  Null  seyn ,  das  heilst ,  nach  den  beiden 
letzten  Gleichungen  (b),  die  Rotatioosaxe  mufs  eine  freie  Axe 
seyn*    Nach  der  Gleichung  (a)  ist  aber 

wo  tu  die  Winkelgeschwindigkeit ,  also  auch  y=srco  die  wahre 
Geschwindigkeit  eines  jeden  Elements  ist,  das  von  der  Rotatioos- 
axe um  die  -GrÖfse  r  absteht.  Für  die  Geschwindigkeit  des 
Sehwerpuncts  aber  hat  man  ys=sri.cu,  also  auch,  wenn  man 
Werth  von  v  in  der  vorigen  Gleichung  substituirt, 


fr2  dm  . 

h  ss  J-— .  .  .     (c) 

Mr.  v  ' 

*  » 

_  *  • 

Damit  also  die  Rotatioosaxe  OZ  keinen  Druck  von  einer  in 
der  Ebene  der  xy  liegenden  Richtung  des  Stofses  erleide, 
müssen  diese  drei  Axen  der  Coordinaten  OX,  OY,  OZ  freie 
Axen  seyn,  und  die  Entfernung  h=OH  des  Anfangspuncts 
O  von  der  Richtung  C  P  des  Stofses  mufs  den  durch  die  Glei- 
chling (c)  gegebenen  Werth  haben*  Der  auf  diese  Weise  be- 
stimmte Punct  H,  dessen  Distanz  vom  Anfanspuncte  gleich  b 
ist,  heilst  der  Mittelpunct  des  Stoßes  (oentre  de  percusaion). 
Dieser  Punct  wird  daher  ganz  ebenso  bestimmt,  wie  der  so- 
genannte  SchwingungemiUelpunct  (centrum  09cillationis) ,  von 
dem  wir  bereits  oben1  gehandelt  haben*  Die  erwähnte  Eigenschaft 


1    3,  Art  Mittelpunct.  Od.  VI.  S.  3298.  3306. 


• 


1154  Umdrehung«. 

ist  sogar  Urnen  freien  Axea>  aatscMMeeod  zugehöread;  denn 
wenn  der  Körper  um  eine  Axe  der  z  gedreht  wird,  die  keine 
freie  Axe  ist,  so  laste«  sich  die  beiden  Pressungen  Mxr«2 
und  My|.«2  im  Allgemeinen  nicht  mehr  auf  eine  einzige, 
wie  oben,  zurückfuhren ,  und  wenn  sie  es  thun  (nämlich  für 
den  Fell  u  =  v),  so  wird  doch  diese  einzige.  Pressung  durch 
•inen  Pnnct  gehn,  der  nicht  mehr  der  Anfang  der  Coordina- 
ten  ist ,  so  dafs  also  dann  nicht  blols  ein  einziger  Punct ,  wie 
zuvor,  sondern  dafs  zwei  Puncto  des  Körpers,  d.h.  dafs  dann 
die  ganze  Axe  des  Körpers  befestigt  oder  unterstützt  werden 
mufs,  damit  sie  sich  nicht  verrücken  kann. 

Wenn  also  ein  Körper  in  irgend  einem  seiner  Puncto  fest 
gehalten  und  keiner  accelerirenden  Kraft,  wie  z.  B.  die 
Schwere  ist,  ausgesetzt  wird,  und  wenn  er  dann  durch  einen 
augenblicklichen  Stofs  eine  Drehung  um  eine  der  drei  freien 
Axen  erhält,  die  durch  diesen  festen  Punct  gehn ,  so  wird* er 
sich  gleichförmig  und  ohne  Ende  um  diesen  Punct  oder  viel- 
mehr um  eine  dieser  drei  freien  Axen  drehn.  Ist  die  Rich- 
tung dieses  Stofses  in  der  Ebene,  welche  zwei  dieser  Axen 
bilden,  ist  sie  z.  B»  in  der  Ebene  der  xy,  so  wird  die  freie 
Axe  der  z  die  Rotationsaxe  seyn ,  und  die  Pressungen,  welche 
diese  Rotationsaxe  durch  jenen  Stofs  erleidet,  werden  sich  auf 
eine  einzige  zurückfuhren  lassen,  die  durch  jenen  festen  Punct, 
den  Durchsehnitjspunct  der  drei  freien  Axen,  geht,  so  dafs  es 
also  hinreichen  wird,  diesen  Punct  gehörig  zu  befestigen,  da- 
mit der  Körper  keine  progressive  Bewegung  erhalte  und  sich 
blofs  gleichförmig  um  jene  Axe  drehe.  Ist  dieser  Punct  des 
Körpers  zugleich  ein  solcher,  für  welchen  alle  drei  Momente 
der  Trägheit  des  Körpers  unter  sich  gleich  sind,  <L  h.  für 
welchen  die  Gleichung  statt  hat 

/ x z 3 m  =  f  x y  8 m  =s  fy z  d  m , 

so  kann  die  Richtung  des-  Stofres  jede  beliebige  seyn ,  der 
Körper  wird  sieh  doch  um  eine  freie  Axe  drehn  und  diese 
Axe  wird  wehrend  der  Drehung  stete  unbeweglich  bleiben. 
Einen  solchen  Punct  haben  wir  z.  B.  oben1  für  das  Parallele« 
ptpedum  oder  für  das  Ellipsoid  mit  drei  Axen  bestimmt.  Wer«» 
den  daher  diese  zwei  Körper  in  diesem  Puncto   festgehalten, 


1    3.  Art.  Mommd.  Bd.  ¥1.  8.  8K9.  S3Ä 


~T 


Dea  physischen  Pendels.  1155 

V 

so  werben  sie  sieh  «och  immer  um  ein«  unbewegliche,  'durah 
diesen  Punet  gehende  Axe  drehn  können*  Dasselbe  wird,  wie 
mm  euch  schon  ohne  alle  Rechnung  sieht,  bei  einer  Kugel 
der  Fall  seyn,  deren  Mittelpunct,  oder  bei  einem  Würfel, 
dessen  Durchschnittspünct  ider  Diagonalen  fest  ist,  und  da 
dieser  Punet  bei  den  beiden  erwähnten  Körpern  zugleich  der 
Sobwerpnnet  ist,  so  wird  jene  freie  Drehung  bei  ihnen  selbst 
dann  noch  statt  finden,  -wenn  der  Körper  der  Wirkung  der 
Schwere  unterworfen  ist. 


B.    Rotation  de«  physischen  Pendels. 

Betrachten  wir  nun  die  Bewegung  eines  physischen  Pen- 
dels, d.  h.  eines  Körpers  von  gegebener  Gestalt,  der  um  eine 
horizontale  fixe  Axe  gedreht  wird  und  der  Einwirkung  der 
Schwere  unterworfen  ist.  Nimmt  man  die  Richtung  der  Schwere 
g  mit  der  Axe  der  verticalen  y  parallel,  so  hat  man 

X=0  und  Y=g, 
so  dais  demnach  die  Gleichung  (III)  in  folgende  übergebt 

•j^  ft*dm=gfxdm> 

oder,  wenn  wieder  M  die  Masse  des  ganzen  Körpers  undxt  die 
Abscisse  des  Schwerpuncts  bezeichnet,  also  /x5m=Mx,  ist, 

Sw MgxE 

Sey  C  A  ein  verticaler  Faden ,  an  dessen  Endpunct  in  A  ein  Fig. 
Körper  befestigt  ist.  Durch  den  andern  Bndpunct  C  des  Fa-156 
dens  lege  man  drei  unter  sich  senkrechte  Linien  CX,  CY  und 
CZ,  welche  letzte  senkrecht  auf  der  Ebene  des  .Papiers  steht 
und  daher  in  der  Zeichnung  nicht  erscheint»  Von  diesen  Axen 
sind  also  CX  und  CZ  horizontal,  CY  aber  vertical  oder  pa- 
rallel  mit  der  Richtung  dar  Schwere«  Nehmen  wir  nun  an, 
der  Körper  A  werde  bei  immer  gleich  gespanntem  Faden  A  C 
ans  der  verticalen  Stellung  CA  in  die  schiefe  Lage  CB  ge<- 
bracht  und  erhalte  in  diesem  Puncte,  durch  irgend  einen 
in  der  Ebene  der  xy  angebrachten  Stofs,  eine  anfangliche  Ge- 
schwindigkeit C,  so  wird  der  Schwerpunct  des1  Körpers  um 
den  Punct  C   der   fixen  horizontalen  Drefanngaaxe  CZ  einen 


H5ß  Umdrehung.  .     • 

Kreisbogen  BMAB'  beschreiben,,  und  es  wird  sieb  demnach 
noch  darum  bandeln  ,  diese  kreisförmige  Bewegung  des  K«r-, 
pers  näher  zu  bestimmen. 

Nennen  wir  0  den  Winkel  ^A  CM,  welchen  die  beweg- 
liche Ebene,  die  durch  C  und  durch  den  Schwerpunct  des 
Körpers  geht,  mit  der  verticalen  Ebene  YCZ  am  Ende  der 
Zeit  t  bildet»  Ist  a  /die  constante'  Entfernung  dieses  Schwer- 
punets  von  der  Drehungsaxe  CZ,  so  hat  man 

xt  =aaSin.  0  und  yl=aCoa.  0.    . 

Allein  die  Gleichung  (II)  war,  wenn  man  r=a  setzt, 

Xjöy,  —  yi#xt  a  u2*ö>e?t. 

Substituirt  man  in  dem  letzten  Ausdrucke  für  xt  und  yf  die 
vorhergehenden  Werthe  und  ihre  DifFerentialien ,  so  erhalt 
man 

50 

Sey  endlich  Mk*  das  Trägheitsmoment  des  Körpers  in  *  Be- 
ziehung auf  eine  Axe,  die  durch  den  Schwerpunct  desselben 
geht  und  parallel  mit  der  Rotationsaxe  C  Z  ist ,  so  hat  man  * 

/r*3m  =  M(a»+k*), 

und  dieser  Werth  von  fr2 dm  ist  das  Trägheitsmoment  des 
Körpers  in  Beziehung  auf  die  Rotationsaxe,  wenn  AC  =  k 
die  Entfernung  des  Schwerpuncts  A  von  der  Axe  C  Z  der  Ro- 
tation' ist.       Substituirt   man   diese  Werthe    von  xt ,    (ö    und 

/t2Sm  in  der  obigen  Gleichung  für  -tt-,  so  erhält  man 


3*0 


_  a  g  Sin.  0 

'  4       I      M      *%         • 


dt2  a*  +  k 

Wird  diese  Gleichung  durch  zdt  multiplicirt  und  integrirt,  so 
erhält  man 

3  02_2agCos.0     ,  n 
dt2  ~     a*  +  k*       +    ' 

wo  C  die  Constante  der  Integration  bezeichnet    Hat  man  im 
Anfange  der  Bewegung 

0=aund  ^-  =  0, 


1    S.  Art.  Moment.  Bd.  VI.  S.  2328. 


Freie  um  einen  Püact,  1157 


so  ist 


n  2agCos.ä 

'  *2  +  k* 

und  daher  auch 

SO2      2>g(Cos.  0  —  Co$.a)  » 

öt2  =       :       a2  +  k2  ■•••     KP) 

und  diese  Gleichung  ist  dieselbe ,  bis  auf  die  constante  Gröfse 

2.112»  die  man  för  die  Bewegung  eines  einfachen  Pendele 

gefunden-  hat1,    so  wie  anch  das  Differential  derselben  oder 

<**©  ag 

7t5" aX^-&in-0- 

C.    -Freie  Rotation  des  Körpers   von  gegebe« 
ner  Gestalt  um  einen  seiner  Puncte. 

Wir  wenden  ans  nun  zu  der  Rotation  der  freien,  in  kei- 
nem ihrer  Puncto  zurückgehaltenen  Körper,  auf  welche  ihrer 
Richtung  und  GröTse  nach  gegeben»  Kräfte  wirken,  wie  die- 
ses z.  B.  bei  den  Planeten  und  Satelliten  unseres  Sonnensy- 
stems der  Fall  ist.  Ufer  wird  also  die  Axe  der  Rotation  im 
Allgemeinen  veränderlich  seyn  und  mit  der  Zeit  durch  ver- 
schiedene Puncto  der  Oberfläche  des  Körpers  gehn,  so  dafs 
demnach  hier,  nebst  der  veränderlichen  Winkelgesch windig* 
keit  d^s  Körpers  um  seine  Axe,  auch  noch  die  Lage  diefcer 
Axe  und  ihr  Ort  im  Räume  für  jede  gegebene  Zeit*  bestimmt 
werden  mub.  Zu  diesem  Zwecke  ist  es  aber  nothwenclig,  die 
1  senkrechten  Coordinaten  x,  y,  z  eines  Punctes,  die  sich  auf 
drei  gegebene,  unter  sich  senkrechte  Ebenen  beziehn,  in  drei 
ändere  Coordinaten  x1,  y\  z1  desselben  Punctes  zu  verwan- 
deln, welche  letzte  sich  auf  drei  neue  Ebenen  beziehn,  de- 
ren Lage  gegen  die  drei  ersteh  Ebetoen  gegeben  ist. 

Um  diese  schon  an  sich  sehr  merkwürdigen  Verwandlun- 
gen, die  auch  bei  vielen  andern  Gelegenheiten  häufige  An* 
Wendung  finden,  auf  eine  sehr  einfache  Weise  zu  geben,  neh- 
men Wir  die  Ebene  der  xy  für  die  Ekliptik  und  die  der  x'y' 


1    TergU  Art  Widerstand  unter  B. 


1158  Umdrehung. 

für  den  Aequator  an.  Es  sey  nun  z.  B.  die  Lage  eines: Ge- 
Fig.stirns  M  gegen  die  Ekliptik  durch  die  drei  Coordinaten 
l57*OA  =  i,  AB=y,  ßMatz  gegeben»  Ist  dann  Oo  die  Li- 
nie der  Nachtgleichen,  in  welcher  die  Ekliptik  den  Aeqnator 
schneidet,  und  zieht  man  Ba  senkrecht  auf  diese  Linie, 
so  seyen  die  drei  neuen  Coordinaten  Oa  =s  £,  aBsv, 
B  M  =p  5»  Hier  liegen  also  die  Linien  x  und  £ ,  so  wie  y 
und  v  in  der  Eben«  der  Ekliptik  >  und  z  sowohl  als  £  steht 
senkrecht  auf  der  Ekliptik.  Nennt  man  nun  V  den  Win- 
kel der  x  mit  g  oder  ist  AOa  =  i//,  ao  findet  man  aus  den 
beiden  ahnlichen,  rechtwinkligen  Dreiecken  feO*  und  AnB 
sehr  leicht  die  folgenden  Ausdrücket 


£=xCos.  t// —  ySin.t//  J         oder 
v = x  Sin«  ip  +  y  Cos.  %p   }  umgekehrt 


x=£Cos.^+vSin.^/J 
y =vCos.  ip  —  £Sin»  t// > 


Pa  wir  nun  mit  diesem  zweiten  Coordinatensysteme  der  £,  v9  £ 
in  die  Linie  £  der  Nachtgleichen  gekommen  sind,  in  welcher 
sich  Ekliptik  und  Aequator  schneiden,  so  wird  es  leicht  seyn, 
von  der  Ekliptik  auf  de»  Aequator  herabzusteigen  und  die 
Lage  des  Gestirns  M  gegen  den  Aequator  zu  bestimmen.  Sind 
Fig. nämlich  Oa  =  £,  oB=«,  BM  =  £  wieder  die  vorhergehen- 
*^*den  Coordinaten  des  zweiten  Systems,  also  OaB  die  Ebene 
der  Ekliptik,  so  wird  man,  wenn  0«C  die  Ebene  des  Ae- 
quator* vorstellt,  von  dem  Gestirn  M  ein  Loth  $LC=s£  auf 
den  Aequator  fallen  und  von  diesem  Puncto  C  die  Linie 
Ca=t/  senkrecht  auf  die  Linie  der  Nachtgleichen  ziehn,  wo 
dann  der  Winkel  CaB  =  0  gleich  der  Schiefe  der  Ekliptik 
oder  gleich  dem  Winkel  seyn  wird,  unter  welchem  unsere 
beiden  Ebenen  gegen  einander  geneigt  sind.  Demnach  geben 
wieder  die  beiden  ähnlichen  Dreiecke  dieser  Figur  folgende 
Gleichungen ; 

r  =  S  )       oder 

t/sssvCos*.,®  —  £Sin.0J  umgekehrt 

G  =  vSin.  e + £Cos.  e 

Geht  man  endlich  von  dieser  Linie  Oa  der  Naehtgleichen  zu 

Fig. einer  andern  OE  über,    die  ebenfalls  in   der  Ebene  des  Ae- 

quators  liegt,    aber  mit   der  NaohtgUichtnJioie  den  ""  *   " 


Freie  u,m  einen,  Punct.  mg 

ßO««»  bildet,  und  Mast  man,  wie  zuvor,  V  das  LothC« 
mai  die  Linie  Oo  und  y  das  Loth  CE  auf  die  neos  Liaie 
OB,  so  wie  x  die  Liaie  OE,  indem  Oa=^  und  CM  =4' 
wie  zuvor  bleiben,  so  bat  man 

x=v'Sin.<p  +  g  Cos.<p\        oder       £=*  Cos.  9  —  /  Sin.  <p 
y=v'Co$.q>— g'Sin.gjf  umgekehrt  t/=y'Cos.<»  +  x'Sin.a> 

Eliminirt  man  aus  diesen  Gleichungen  die  GröTsen  £,  v,  £  und 
£W>  ^*o  erhält  man,  wenn  man  mit  dem  vorletzten  Systeme,. 
das  x\  yf  z'  durch  g\  v ,  *  £  giebt,  den  Anfang  der  Elimination 
macht,    für  den  Uebergang  von  den  Coordinaten  x,  ^,   z   zu 
den  x',  y',  z'  folgende  Ausdrücke: 

x'  ss  x  (Cos.  0  Siq.  ip  Sin.  9  +  Cos.  ^/  Cos.  9) 
+  y(Co^@Cos.t//Sin.g)  — Sin.t//  Cos.  9) 

—  z  Sin.  0  Sin.  9; 

y'  =x(Cos.0Sin.^Cos.9 — Cos.  rp  Sin.  9) 
+  y  (Cos.  0  Cos.  y  Cos.  9  +  Sin.  rp  Sin.  9) 

—  z  Sin.  0  Co«,  tp  • 

z*=xSin.  0  Sin.  t// 
-J-ySin.0  Cos.t//  ^ 
+  z  Cos.  0# 

Ebenso  kann  man  auch  umgekehrt  die  Gräften  x,  y,  z  durch 
die  neuen  x'f  y',  z'  ausdrücken,  wenn  man  die  Elimination 
mit  dem  ersten  der  obigen  sechs  Systeme  beginnt,  wobei 
man  durch  eine  sehr  einfache  Substitution  folgende  Ausdrücke 
erhält: 

x  t=  x'  (Cos.  0  Sin.  \p  Sin»  9  +  Cos.  %p  Cos.  9) 
+  y'  (Cos.  0  Sin.  yj  Cos.  9  —  Cos.  V  Sin.  5p) 
+  z'Sio.  0  Sin.t//; 

y  =  x'(Cos.  ©Cos.t//Sin,  9 —  Sin.  tp  Cos.  9) 
+  y'  (Cos.  0  Cos.  t//  Cos.  9  4"  Sin.  V  Sin.  ?) 
+  z'Sin,  ©Cos.  1//; 

z  ss  : —  x'  Sin.  0  Sin.  9 

—  y*  Sin.  0  Cos.  9 

+  %   Cos.0. 

1 

Kaefe  dieser  Vorbereitung  wollen  wir  nun  zu  dar  näheren  Be~ 

itinattiMg  dar   freien  Botation  .  eines   Körpers  übergehn,   anf 


jjflQ  -  Umdrehung. 

welchen  gegeben*  Krafte  wirk»o.  Dia  allgemeinen  Gleichun- 
gen ,  welche  diese  Rotation  bestimmen ,  haben  wir  schon  oben 
gegeben-  Wenn  man  nämlich  in  de»  Gleichungen  (n)  da» 
Zeichen  m  in  dm  verwandelt,  wo  dm  das  Element  der  Mas»* 
des  Körpers  bezeichnet,  so  giebt  die  erste  dieser  Glei- 
chungen 

S.CKa»y_yd2x)-|5  =  S.(Yx-Xy)öt.an», 

wo  das  Integral  S  sich  auf  die  ganze  Masse  des  Körpers  be- 
zieht. Integrirt  man- den  ersten  Theil  dieser  Gleichung  in  Be- 
ziehung auf  x  und  y,  und  zeigt  man  bei  dem  zweiten  Theile 
derselben  Gteichung  diese  Integration  durch  das  Zeichen  /  an, 
so  hat  man 

S.(xay-y<)*).  ^  =  S/(Y*-Xy)öt.öm 
and:  ebenso  erhält  man  also  auch 

S.(xdz-zdx).^  =S/(Zx-X«)3t.öm 


und 

S.(ydz-»dy)  ~  =S/(Zjr-Y*)dt.3m. 

Setst  man,  am  dieses  bequemer  auszudrücken,  die  Gräften 

N=S/-(Yx— Xy)    t.  dm, 

N'=S/(Zx  —  Xi)  dt.  3m, 

•  N"=S/(Zy— Yz)  3t.3m, 

•o  gehen  jene  drei  Gleichungen  (n)  in  folgende  über 


S.(xöy-yöx)  §7*=» 


ß 
S.(xdz-z<?x)  ^«N*    }    •  :•    (V) 

s.(yd»_zay)  £?  «r 

unjl  diese  Gleichungen  (V)  sollen  nun  weiter  entwickelt  wer- 
den, um  die  Theorie  der  Rotation  vollständig  zu  bestimmen. 
Wir  wollen  diese  Entwidmung  hier  nur  so  weit  vornehmen» 


*  » 

Freie  x^m  einen  Punct  1161 

aJasie   uns  zu  der  Leine  tob  der  Ptaeesaio«*  »othwendig 
scheint* 

Bringen  wir  zuerst  "die  Coordinaten  x,  y,  s  der.  Gleichun- 
gen (V) ,  die  sich  auf  irgend  ein  Element  des  Körpers  beziehen, 
anf  drei  andere  Coordinaten  x',  y,  z',  welche  letzteren  mit 
den  drei  freien  Axen  des  Körpers  zusammenfallen  sollen* 
Zu  diesem  Zwecke  wollen  wir  also  in  den  Gleichungen  (V) 
für  x,  y,  z  ihre  Werthe  in  x',  y',  z  aus  den  im  Anfange 
dieses  Abschnitts  gegebenen  Gleichungen  substituiren  und  de* 
bei,  der  vorausgesetzten  freien  Axen  wegen,  die  drei  Groben 

/x'y'dm,    /x'z'dm  und/y'z'dm 

jede  für  sich  gleich  Null  setzen.  Ferner  wollen  wir  der  Kurze 
wegen  folgende  Bedeutung  der  Graben  A,  B,  C  und  p,  q,  r 
annehmen: 

A  =/V*  +  z*)öm 
B  =/(x'*-fz'*)öm 

C  =  /(x'*+y'*)£m 
und 

p.dt=dg) —     1//C0S.  0  \ 

q.dt  =  <?t//Sin.  ©Sin.gp — 5©Cos.<p/  .'.  .  (e) 

r.dt  c=£ipSin.  0Cos.a)+  d@Sin.9J 

also  auch,  wenn  man  die  letzten  drei  Gleichungen  umkehrt ,> 
— —  =rSin.g)  —  qCos.qp 

— -^..Sin.  0=rCos.g)  +  q  Sin.  9) 

^■-^  .Sin.0  =  (rCos.o)  -f"  qSin.g»)  Cos.  0  +  pSin.  0.. 

Führt  man  die  angezeigte  Substitution  aas,  so  erhalt  man 

N  =  C  p  Cos.  0— B  r  Sin,  0  Cos.  9—  A  q  Sin.  0  Sin.  <p 

N'  =(A  q  Cos.o>— - BrSin. q>) Sin. t// — Cp Sin. ©Cos. \p 
— B  r  Cos.  ©  Cos.  q>  Cos.  ys  —  A  qCos.  0  Sin.  9)  Cos.  t// 

<     N"=  (A  q  Cos.  q>  —  B  r  Sin.  q>)  Cos.  y  —  C  p  Sin.  0  Sin.  v 
— B  r  Cos.  0  Cos.  q>  Sin.  ty — A  q  Cos.  0  Sin.  a>  Sin.  \p . 

1    8.  Arh  torrücten  der  tfadHjrtodkfw. 
Bd.  IX.  Eeee 


11Q2  Umdrehung. 

Wenn  man  diese  drei  Werthe  tob  N  differentiirt  und  "nach 
der  Differentiation  den  Winkel  t//  gleich  Null  setzt,  was  er- 
laubt ist)  da  man  die  Lage  der  x.  in  der  Ebene  der  xy  will- 
kürlich annehmen  kann,  so  erjialt  man 

3K  =a.CpCos.0— 3P.Sin.0-  50.PCos.0 

3N*=  —  d.CpSin.0  — dP.Cos.©+50.PSin.0_  Q.dV 

wo  der  Kürze  wegen  gesetzt  wurde 

P  =BrCos.  y  +  Aq  Sin.  tp 

und 

Q  =  B  r  Sin.  q>  —  A  q  Cos.  qp  • 

Multiplicirt  man  aber  die  erste  der  drei  letzten  Gleichungen 
durch  Cos«  0  und  die  zweite  durch  —  Sin.  0,  so  giebt  die 
Summe  dieser  Prodncte 

C3p+(B— A)qr5t^=3N.Cos.0— öN'.Sio.© 

und  ebenso 

A3g.+\C-B)prat=  l    #  m     ,VI) 

— (fl  N  Sin.  0+dK  Cos.©)  Sin.y+  SN".  Cos.pf 

Bdr+(A  —  C)P:q5t  = 

— (3  NSin.  0+  8  NXJos.  0)  Cos-y—  5  N".  Sin  .p 

nnd  diese  drei  Gleichungen  (VI)  sind,  wie  wir  später  sehn 
werden,  sehr  geschickt,  die  Rotation  der  Körper  zu  bestim- 
men, wenn  diese,  wie  es  bei  den  Körpern 'des  Himmels  der 
Fall  ist,  nahe  um  eine  ihrer  freien  Axen  statt  hau 

Die  drei  oben  eingeführten  Hülfsgröfsen  p,  q,  r  sind  sehr 
wichtigi  da  durch  sie  die  Lage  der  Rotationsaxe  für  jeden 
Augenblick  bestimmt  wird.  Man  hat  nämlich  für  die  in  der 
Rotationsaxe  liegenden  Puncto 

5x  e=s  0,  öy  s=»  0  und  dz  c=s  0. 

Differentiirt  man  daher  die  im  Anfange  dieses  Abschnitts  ge- 
gebenen Ausdrücke  zwischen  x,  y,  z  und  x',  y',  %  in  Bezie- 
hung auf  09  9  und  t//,  nnd  setzt  man  wieder  nach  der  Dif- 
ferentiation den  Winkel  ip  =  0|    so  gehn  die  drei  Gleichun- 


1   S.  Art  ForHfcfe»  der  Ntdägkkke*. 


Freie  um  einen  PuncL  '  1163 

gen  dxssO»  3y=0>  dz  sss  0  nachher  Ordnung  in  folgende 

0  =  x#(dy>Cos.0  Sin.qp — dg)  Sin. 9) 
•j-y'Qdif/Cos.  ©Cos.gp — ^9  Co«.  9) 
+  z'dy  Sin.  ©  .  .  (1) 

0  =  x'(dg>Cos.0Cos.p— 5  0  Sin.  0  Sin.  9  — dyGoi.lp) 
4"  7  (^  V  Sin.9 — 5  9  Cos.  0  Sin.gp — ö  0  Sin .  ©  Cos.9) 
+  z'3©Cos.0  .  .  (2) 

0  =s  x'  (5  0  Cos.  0  Sin.  9  +  S  9  Sin.  0  Cos.  9) 
+  y'(3  0Cos.  0Qos.g)— dg)  Sin.  ©Sin.  9) 
+  z'd©Sin.©  .  .  (3) 

Combinirt  man  aber  die  drei  letzten  Gleichungen  auf  folgende 
Art 

(1)  Sin.  9  —  (2)  Cos.  0  Cos.  9  —  (3)  Sin.  0  Cos.  9 
(1)  Cos.  9  +  (2)Cos.  © Sin.9  +  (3)Sin.  0  Sin.  9 
und  .     -  '  , 

(2)  Sin. 0— (3)  Cos.© ,      " 

so  erhält  man  nach  derselben  Ordnung  folgende  drei  sehr  ein* 
fache  ^Gleichungen : 

pxT-qz=0l 
py'_rz'c=o|    .  .  .     (VA) 
qy  — rx  =0] 

nnd  von  diesen  drei  Gleichungen  ist,  wie  man  sieht,  jede 
eine  Folge  der  beiden  andern.  Diese  Gleichungen  gehören, 
aber  für  eine  gerade  Linie,  nämlich  für  diejenige,  welche  wäh- 
rend der  Rotation  des  Körpers  für  jeden  Augenblick  in  Ruhe 
bleibt,  oder  mit  andern  Worten,  sie  gehören  für  die  Rotations- 
axe  selbst.  Wenn  diese  Axe  mit  den  Coordinatenaxen  der 
,  x',  y*,  z  in  derselben  Ordnung  die  Winkel  X,  fi  und  v  bil- 
det, so  hat  man,  nach  den  bekannten  Elementen  der  analyti- 
schen Geometrie. 

Cos.  51=  3.  Cos./tis=s  -;    Cos.*=±-, 


wois  Kp2+qa+r2  ist- 

Aber  nicht  blofs  die  Lage  der  Rotationsaxe,  sondern  auch 
die  Winkelgeschwindigkeit  o>  des  Körpers  am  diese  Axe  hangt 

Eeee  2 


1164  Umdrehung. 

von  diesen  drei  Gräften  p*  q  and  r  ab.  Denn  betrachtet 
man  denjenigen  Punct  der  Axe  der  z'f  der  von  dem  Anfangs* 
pancte  der  Coordinaten  im  eine  GröTse  entfernt  ist,  die  wir 
als  Einheit  annehmen  wollen ,   $o  hat  man  für  diesen  Punct 

x'=  0;    y'=  0  nnd  z'  =  1  . 
Substitnirt  man  aber  diese  Werthe  vonxx',  y',  z'  in  den  im  An« 
fange  dieses  Abschnitts  gegebenen  Gleichungen  zwischen  x,  y,  s 
und  x',  y ,  z,  so  erhält  map 

x  =  Sin.  0  Sin.t// 
y=Sin.  0  Cos.ip 

*  =  CoS.  0. 

Die  Geschwindigkeit  dieses  Punctes,  parallel  mit  den  drei  Coor- 
dinaten zerlegt,  ist  aber         , 


dx     dy        .  dz 

"ST*  Ttmiti> 


oder ,  wenn  man  wieder  nach  der  Differentiation  den  Winkel 
yc=0  setzt, 

also  ist  auch  die  eigentliche  Geschwindigkeit  dieses  Punctes 
gleich ' 

— Ydx*  +  dy2  +  dt*=*yt  Oö«+öt^Sin^0, 
das  heifst,  gleich 

^    Es  ist  aber  die  Winkelgeschwindigkeit  d  w  jedes  Punctes  gleich 

der  absoluten  Geschwindigkeit  r  q2  +  t2  desselben,  dmdhrt 
durch  die  Entfernung  dieses  Punctes  Ton  der  Rotationsaxe, 
welche  Entfernung  gleich 

'  p'  +  q'+r8 

ist.    Man  hat  ab«  für  die  gesucht«  Winkelgeschwindigkeit 

öass  l'qa+pa+ja 
und  daher  auch 

psda>Cos.y;  qssdaiCot.1;  i==dü>Co»./*. 


Freie  am  einen  Punct  1165 

« 
lo  dien  Vorhergehenden  sind  die  Ajcen  der  drei  senkrechten 

Coordinaten  x,  y,'  z  der  Lage  nach  willkürliche,  aber  in 
Räume  fixe  Linien,  während  die  Axen  der  drei  anderen  senk- 
rechten Coordinaten  x',  y',  z't  die  denselben  Anfangspunct  ha- 
ben, in  dem  Körper  fix,  also  auch  mit  ihm  selbst  beweg- 
lich sind.  Die  Coordinaten  x,  yr  z  sind  für  jeden  Augen- 
blick dieselben  für  alle  Elemente  des  Körpers  (  wie  s.  B.  die 
Coordinaten  des  Schwerpuncts  desselben),  aber  sie  andern  sich 
mit  jedem  Augenblicke  (wie  der  Schwerpunct  sich  bewegt), 
oder  endlich ,  sie  sind  Functionen  der  Zeit.  Die  Coordinaten 
x',  y',  z  aber  (deren  Axen  mit  den  drei  freien  Axen  des 
Körpers  für  den  gemeinschaftlichen  Anfangspunct  dieser  bei- 
den Coordinatensysteme  zusammenfallen^),  die  mit  dem  Körper 
selbst  sich  im  Räume  bewegen,  bestimmen  die  Lage  eines 
Elements  des  Körpers  gegen  den  Anfangspunct  und  ändern 
sich  daher  nur  bei  cTem  Uebergange  von  einem  Elemente  des 
Körpers  zum  anderen ,  während  sie  für  dasselbe  Element  auch 
immer  dieselben  Werthe  haben ,  oder  endlich ,  ,  diese  Coordi- 
naten x',  y',  %  sind  Functionen  der  Gestalt  des  Körpers,  aber 
Ton  der  Zeit  ganz  anabhängig. 

Betrachten  wir  nun  die  Oscillationen  eines  Körpers,  auf 
den  keine  äufseren  Kräfte  wirken  und  der  sich  überdiefa  sehr 
nahe  um  eine  seiner  freien  Axen  bewegt«  Diese  Voraus- 
setzung giebt  N  =  N'=N"=0,  so  dafs  daher  die  Gleichun- 
gen (VI)  in  folgende  iibergehn: 

aq+  £^!Pröt=o  }  •  •  •  (vm) 

dt  +  — g—  pq3t=0 

Dreht  sich  also  der  Körper  sehr  nahe 'um  die  freie  Axe  der 
2',  so  sind  q  und  r  sehr  kleine  Gröfsen)  deren  Producta  nnd 
Quadrate  man  vernachlässigen  kann.  Dadurch  giebt  die  erste 
der  Gleichungen  (VIII) 

Q  p  sss  0  oder  p=  Const. 
Es  bleiben  daher  nun  die  beiden  anderen  dieser  Gleichungen 


1  » 


1166  Umdrehung. 

übrig  und  die  Integrale  derselben  haben,  wie  man.  sich  durch 
Differentiation  überzeugen  kann,  die  Form 

q  =  k  Sin.  (nt  +  m)  ) 

r  =  M'Cos.(nt  +  m)  j       *  '    ^' 

wo  M ,  M',  m  und  n  constante  Gröfsen    bezeichnen   und  wo 
man  hat 


-,r*£ 


—  A)  (C-B) 


AB 
und 


M,  M  KACC—  A) 

Diese  Ausdrucke  zeigen,  dafs  die  Gröfsen  n  und  M'  nur  dann 
reelle  Groben  sind,  wenn  das  Moment  der  Trägheit 

C  =/(x'»  +  y'*)  dm 

in  Beziehung  auf  die  eigentliche  Rotationsaxe  der  z'  entweder 
das  gröfste  oder  das  kleinste  der  drei  Momente  A,  B,  C  ist. 
In  diesem  Falle  sind  also  q  und  r,  wie  die  Gleichungen  (f) 
zeigen ,  in  der  That  die  Sinus  und  Cosinus  'von  solchen  Win« 
kein,  die  mit  der  Zeit  gleichförmig  zunehmen,  und  die 
Veränderungen  der  Rotation  sind  daher  alle  nur  periodisch 
oder  in  bestimmte  Grenzen  eingeschlossen ,  d.  h.  die  Rota- 
tionsaxe macht  nur  kleine  Qscillationen  um  ihre  ursprüngliche 
Lage ,  welche  letztere ,  für  t  =  0 ,  durch  die  beiden  Glei- 
chungen 

q=MSin.m  und  r  =  M'Cos.  m 

4 

gegeben  ist.  D#  nämlich  die  Gröfsen  q  und  r,  der  Voraus- 
setzung gemäfs,  nur  klein  sind,  so  werden  auch  die  Gröfsen 
M und  M'immer  nur  klein  seyn  können.  Ist  aber, (C  —  A)  (C  —  B) 
negativ  oder  ist  C  zwischen  den  beiden  Momenten  A  und  B, 
so  ist  n  und  M'  imaginär,  und  die  trigonometrischen  Functionen 
der  Gleichungen  (f)  verwandeln  sich  in  Exponentialgröfsen,  die 
nicht  mehr,  wie  jene,  periodisch  sind,  sondern  die  mit  der  Zeit 
ohne  Ende  wachsen-  können.  In  diesem  Falle  kann  also  schon  die 
geringste  Störung  die  ursprüngliche  Rotationsaxe  über  alle  Gren- 
zen hinaus  ändern.  Da  bei  der  Sonne,  den  Planeten  und  den 
Satelliten  unsers  Systems  diese  Stabilität  der  Rotation,  den 
Beobachtungen  der  Astronomen  gemäfs,   statt  findet,    so  müs- 


Freie  um   einen  Punct;  tiffj 

seil  sich  .auch  «He  diese  Himmeltkttrper  sehr  naht  mn  eine 
solche  freie  Axe  dreh n ,  für  welche  dag  Moment  der  Trägheit 
ein. Grttfstes, oder  ein  Kleinstes  ist,  wahrscheinlich  ein  Gröfs- 
tesf  weil  wegen  der  durch  die  Rotation  ersengten  Abplattung 
die  Rotationsaxe  kleiner  .ist,  t  als  der  Durchmesser  dts  Aequa* 
tors,  so  dafs  also  auch  das  Moment  der  Trägheit  in  Bezie-r 
hang  auf  die  Rotationsaxe  gröber  seyn  mufs,  als  auf  den  Durch* 
messer  des  Aequators* 

Um  nun  auch  die  Lage  der  drei  freien  Axen  des  Kör- 
pers im  Räume  zu  bestimmen ,  wollen  wir  annehmen ,  dafs 
die  dritte  freie  Axe  der  z  sehr  nahe  mit  der  Axe  der  z  zu- 
sammenfallt, so  dafs  also  ©nur  einen  kleinen  Winkel  h»**ich~ 
»et,  dessen' Quadrat  wir  vernachlässigen  kennen«  Setzt  man 
der  Kürze  wegen 

s  =  Sin.  3  Sin.  <p  und  uc=cSin.  0  Cos.  qp, 

so  gehn  die  obigen  Gleichungen  (e)  in  folgende  über: 

qdt=*dy — d  ©Cos.  (p 
idt=u<9^/  +  <90$in.(p 

oder  auch,  ik  ds=S  GSin.  g>  +  ußq>  und  <9u=d0Cos.<j —  *d<p 


ist , 

p3t=5ö)  —  Bty 

q#t  =  s(c?g>— p3t)— #0Cos.g> 

rd t  =  u(3 g? — p 5 1)  +  3  ©Sin. <px 
so  dal*  man  daher  hat 

dt  r 

du 


und  davon  sind  die  Integrale 
^=y  —  p  t — a 

.»^/JSin.Cpt+y)-  l)    .,  .     (g> 

u=/SCo8.(pt  +  y)—  ^ 
wo  a,  ß,  y  conttanto  Gröfsen  bezeichnen.     Durch  die  Glei- 


1168  Umdrehung- 

drangen  (f )  and  (g)  ist  untere  Aufgebe  vollständig  geltet* 
Dean  jene  geben  die  Werthe  Von  q  und  r  als  Functionen  voo 
t,  and  too  den  Gleichungen  (g)  geben  die  beiden  letzten  «lie 
Werthe  yon  s  und  a ,  also  auch  von  Q  and  9  als  Functionen 
vo*t,  nnd  wenn  also  cp  bekannt  iety  so  kennt  äsen  auch  ifß 
durch  die  erste  dar  Gleichungen  (g).  Die  Winkelgeschwin- 
digkeit der  Rotation  aber  ist  nach  dem  Vorhergehenden 

<»=  J'V  +  qS.fr* 
oder  einfacher 

OJ=*p, 

wen  man  nämlich  wieder  die  Quadrate  von  q  und  r  weg* 
laTit,  so  dafs  also  diese  Geschwindigkeit  nahe  constant  ist« 

Wenn  man  für  den*  Anfang  der  Rotation  genau  q  =  0 
und  r  =  0  hat,  das  heifst,  wenn  die  Rotationsaxe  mit  der 
dritten  freien  Axe  der  z  genau  zusammenfallt,  %o  ist  in  dem 
Vorhergehenden  auch  M  und  M'  gleich  Null,  oder  die  Gröfsen 
q  und  r  bleiben  selbst  immer  gleich  Null ,  oder  endlich ,  die 
Rotationsaxe  fällf  immer  mit  dieser  dritten  freien  Axe  zusam->  ♦ 
men«  Wenn  daher  ein  Körper  anfangt,  sich  genau  um  eine 
seiner  freien  Axen  zu  drehen,  so  wird  er  sich  auch  immerfort, 
nnd  zwar  mit  constaoter  Geschwindigkeit,  um  diese  Axe  drehn, 
so  lange  keine  Sufseren  Kräfte  seine  Rotation  stören.  Diese 
Eigenschaft  aber  kommt  nur  den  freien  Axen  zu,  wie  man 
sich  aus  dem  Vorhergehenden  leicht  überzeugen  wird.  Nur  „ 
die  drei  freien  Axen  des  Körpers  geben  also  zugleich  unver- 
änderliche Rotatronsaxen ,  und  unter  ihnen  geben  nur  die  zwei, 
deren  Trägheitsmomente  ein  Gröfstes  und  ein  Kleinstes  sind, 
ein e^  stabile  Rotation,  während  die  dritte  Axe,  wenn  sie  die 
'Rotationsaxe  ist ,  schon  durch  die  geringste  Störung  sehr  grofse 
Aenderungen  in  ihrer  Lage  erleiden  kann. 

D.    Unabhängigkeit  der  progressiven  und  der 
rotirenden   Bewegung   der  Korper. 

Die  Gleichungen  für  die  fortschreitende  Bewegung  eines 
Körpers,  dessen  Massenelement  dm  ist,  sind  naeh  dem  Vor- 
hergehenden 


Unabhängig  ron  Progression.         1160 

f%jr9n-fX9m, 

f^f,m=»fY9mt 

wo  X,  Y,  Z  die  Summen  der  auf  den  Körper  wirkenden  und 
nach  den  Richtungen  der  Coordinaten  x,  y,  z  zerlegten  Kräfte 
bezeichnen  and  wo  die  Integrale  sich  auf  die  Masse  des 
ganzen  Körpers  erstrecken.  Ist  aber  M  =yV?m  die  Masse 
'des  ganzen  Körpers  und  sind  Xl9  yl9  zt  die  Coordinaten 
seines  Schwerpuncts,  so  hat  man 

Mxl  =  fxdm,    My1=^y*yßm,     Mz1=y,zdm# 

Differentiirt  man  die  letzten  Gleichungen  zweimal  in  Bezie- 
hung auf  die  Zeit  t,  so  erhält  man 

* 


et*     j  et* 

t*"~  J  T?       (  '  "   (  ' 


„SS       /v)2«  , 

und  wenn  man  die  Gleichungen  (h)  mit  den  vorhergehenden 
ersten  drei  Gleichungen  zusammenstellt ,  so  hat  man 

woraus  sofort  folgt ,  da&  während  der  ganzen  Zeit  der  Bewe- 
gung des  Körpers  dei  Schwerpuoci  G  desselben  sich  durchaus 
nur  so  bewegt ,  als  ob  die  ganze  Masse  M  des  Körpers  in 
diesem  Puncto  vereinigt  wäre  und  als  ob  die  Kräfte  X,  Y,  Z 
^mittelbar  in  ihren  alten  Richtungen  an  diesen  Punct  G  an- 


4170  Umdrehung.* 

gebracht  würden.  Diese  Gleichungen  (i)  werden  also  die  pro- 
gressive Bewegung  des  Körpers  geben«  Die  rotirende  Bewe- 
gung desselben  aber  wird  durch  die  Gleichungen  (e)  und  (VI) 
gegeben  seyn,  wenn  man  in  den  letzten  den  Schwerpunct  G 
für  den  Anfang  der  Coordinaten  annimmt.  Wenn  daher  die 
Kräfte  X,Y,  Z  von  ihrer  absoluten  Lage  im  Räume  abhängen, 
so  werden  die  Coordinaten  der  einzelnen  Elemente  des  Kör- 
pers» von  welchen  jene  Kräfte  Functionen  sind,  zugleich  in 
diese  beiden  Systeme  von  Gleichungen  (für  die  progressiva 
und  für  die  rotirende  Bewegung)  eintreten ,  und  man  wird 
daher  das  eine  dieser  Systeme  nicht  ohne  das  andere  integri- 
ren  können,  oder  mit  andern  Worten,  die  beiden  Bewegungen, 
die  progressive  und  die  rotirende,  werden  eiuander  gegensei- 
tig bestimmen  und  eine  Von  der  andern  abhängig  seyn*  Man 
wird  daher  diese  beiden  Systeme  im  Allgemeinen  nie  anders, 
als  durch  Approximation  integriren  können.  Doch  giebt  es  zwei 
Fälle,  in  welchen  von  diesem  allgemeinen  Satze  eine  Aus- 
nahme statt  findet. 

I.  Wenn  der  Körper  blofs  der  Wirkung  der  Schwere  un- 
terworfen ist.  Dann  werden  nämlich  die  Gleichungen  (i)  für 
die  progressive  Bewegung  dieselben  mit  denen  seyn,  welche 
die  Bewegung  eines  materiellen  Punctes  im  Räume  bestimmen. 
Welches  dann  auch  die  Gestalt  des  Körpers  und  welches 
auch  seine  Bewegung  um  den  Schwerpunct  seyn  ma*g,  dieser 
Schwerpunct  wird  im  freien  Räume  eine  Parabel  beschreiben, 
von  welcher  die  Richtung  der  ursprünglichen  Geschwindigkeit 
die  |erste  Tangente  ist  und  deren  Parameter  nur  von  der 
Gröfse  dieser  Geschwindigkeit  abhängen  wird,  ganz  so,,  wie 
wir  oben1  für  einen  materiellen  Punct  im  leeren  Räume  ge- 
funden haben.  Da  überdiefs  das  Gewicht  des  Körpers  als  eine 
in  seinem  Schwerpuncte  angebrachte  Kraft  zu  betrachten  ist,  so 
wird  dieses  Gewicht  keinen  Einßufs  auf  die  rotirende  Bewe- 
gung des  Körpers  äufsern,  welche  blofs  von  dem  anfängli- 
chen Stofse,  den  der  Körper  erhält,  abhängen  und  dieselbe 
bleiben  wird,  als  wenn  der  Schwerpunct  des  Körpers  nicht 
aus  seiner  Stelle  gerückt  worden  wäre.  Es  sey  z.  B.  der  Kör- 
p.  per  ein  ÜJlipsoid  von  durchaus  homogener  Masse  DHEK,  der 
160.  von  einem  andern  Körper  in  dem  Puncto  E  seiner  Oberfläche 


1    S.  Art  Bailistik.  Bd.  I.  S.  721. 


Unabhängig  vo,n  Progression«         1171 

«neb  Stofo  erhält  Ist  dann' BF  die  Normale  dieser  Oberfla> 
che  für  den  Punct  E  nnd  GD  eine  mit  dieser  Normale  pa- 
rallele Gerade,  die  durch  den  Schwerpunct  G  geht,  so  wird, 
wenn  das  Ellipsoid  blofs  der  Schwere  unterworfen  ist,  der 
Punct  G  eine  Parabel  beschreiben .  von  welcher  G  D  die  erste 
Tangente  ist«  Nehmen  wir  an,  dafs  der  Schnitt  HER,  in 
dessen  Ebene  der  Punct  G  und  die  Linie  E  F  liegen,  zwei  von 
den  drei  Axen  des  Ellipsoids  in  sich  enthalte.  Sind  2  a  nnd 
2b  dieae  Axen,  und  ist  C  das  Trägheitsmoment  in  Bezie- 
hung auf  die  dritte  Axe  und  M  die  Masse  des  Körpers,  so 
hat  man1 

C  =  i  M(a*+b*). 

Allein  der  Körper  mufs  sich  um  den  Punct  G  drehn,  und  zwar 
so,  als  ob  die  Schwere  gar  nicht  auf  ihn  wirkte  und  als .  ob 
dieser  Punct  G  gar  keine  progressive  Bewegung  hätte;  also 
wird  auch  die  auf  den  Schnitt  HEK  senkrechte  Axe  ganz 
unbeweglich  bleiben.  Ist  nun  (o  die  Winkelgeschwindigkeit 
des  Körpers  um  diese  letzte  Axe,  und  nennt  man  V  die  an- 
fangliche Geschwindigkeit  des  Punctes  G,  also  auch  MV  die 
Quantität  der  Bewegung  des  Körpers,  so  hat  man,  wenn 
h  =  GL  das  Loth  von  G  auf  die  Normale  EF  bezeichnet, 
nach  der  obigen  Gleichung  (a) 

MhV 

AI  =    — — 

C 

oäer,  wenn  man  für  C  seinen  vorhergehenden  Werth  substi- 
toirt, 

_    shV 
w—  a2+b*' 

und  diese  Gleichung  zeigt  zugleich  die  Abhängigkeit  der  bei- 
den Geschwindigkeiten  ui  und  V,  der  Rotation  und  der  pro- 
gressiven Bewegung,  die  alle  beide  in  dem  anfänglichen 
Stofse ,  den  der  Körper  erhielt,  ihren  gemeinschaftlichen  Ur- 
sprung haben.  Demnach  werden  also  alle  Puncto  des  Ellip- 
soids Parabeln  beschreiben ,  die  sämmtlich  der  von  dem  Scnwer- 
puncte  beschriebenen  Parabel  parallel  sind ,  und  zugleich  wird 
der  Körper  sich  gleichförmig   um    die  auf  den  Schnitt  HEK 


1    8.  Art.  Moment,  Bd.  VI.  8.  2332. 


1172  Umdrehung. 

senkrechte  Axe  drehri,  welche  Axe  selbst  sich  wieder  progres* 
•iv  im  Räume  parallel  mit  eich  selbst  bewegt. 

II*  Der  zweite  Fall,  wo  die  rotirende  und  die  progressiv« 
Bewegung  von  einander  unabhängig  sind ,  tritt  bei  einer  Ku- 
gel ein  die  entweder  eine  ganz  homogene  Masse  enthalt,  oder 
aus  concentrbchen  Schichten  besteht,  deren  Puncte  alle  von 
anderen,  ruhenden  oder  selbst  wieder  bewegten  Körpern,  im 
verkehrten  "Verhältnisse  des  Quadrats  ihrer  v Distanzen  .angezo- 
gen werden.  Dann  wird  nämlich,  wie  bekannt,  die  Bewe- 
gung der  Kugel  dieselbe  seyn,  als  ob  ihre  ganze  Masse  in 
ihrem  Mittelpuncte  vereinigt  wäre ,  und  dieser  Mittelpunkt  wird 
sich  daher  wie  ein  ganz  isolirter  Puoct  im  Räume  fortbe- 
wegen, während  die  rotirende  Bewegung  der  Kugel  von  den 
auf  sie  wirkenden  Krälten  unabhängig  und  völlig  dieselbe 
seyn  wird,  als  wenn  der  Schwerpunct  derselben  in  Ruhe  ge- 
blieben wäre,  ao  dafs  also  auch  in  diesem  zweiten  Falle  die 
rotirende  und  die  progressive  Bewegung  wieder  von  einander 
ganz  unabhängig  seyn  werden» 

E.   'Gleichungen   der  Rotationsflächen. 

V 

Da  bei  physischen  Untersuchungen  diejenigen  Körper  so 
oft  vorkommen,  die  durch  Rotation  der  krummen  Linien  um 
irgend  eine  feste  Axe  entstehn,  so  wird  es  nicht  unangemes- 
sen seyn,  in  diesen  beiden  letzten  Abschnitten  C  und  F  des 
Artikels  Umdrehung  das  Vorzüglichste  über  diese  durch  Um« 
drehung  entstandenen  Körper  kurz  zusammenzustellen. 

Was  nun  zuerst  die  Ableitung  der  Gleichung  für  «Jie  Ro- 
tationsfläche ans  der  für  die  rotirende  Curve  betrifft,  so  sey 
die  Gleichung  dieser  Curve  zwischen  den  beiden  senkrechten 
Coordinaten  z  und  y  gegeben  und  die  Coordinatenaxe  der  s 
soll  zugleich  die  Rotationsaxe  der  Curve  seyn.  Da  während 
der  Drehung  der  Curve  die  Ordinate  y  immer  denselben  Werth 
beibehält,  weil  sie  den  «Halbmesser  des  Kreises  bezeichnet, 
den  ihr  Endpunct  während  der  Drehung  beschreibt,  so  wird 
man  offenbar  in   der  zwischen    z  und  y    gegebenen  Gleichudg 

der  Curve  nur  statt  y  die  Gröfse  ]^y2  -f-  x2  substituiren ,  um 
die  gesuchte  Gleichung  der  Rotationsfläche  zu  erhalten,  in 
welcher  daher  x,   y  und  z  die  drei  unter  sich  senkrechten 


•  's 

Der  Rotationsflächen.        ,  4173 

in   dieser   Fläche  bezeichnen.      So  hat  man  für  die 
Ellipse,    deren  Halbaxen  e  find  b  sind,    wenn  die  Abseiften 
t  *  anf  deren    grober    Axe   2  a   vom   Mittelpuncte    genommen 
werden, 

,  also  ist  auch  sofort 

2  2    .  y2  +  x* L  4 


a2     I  b»  '       * 

i 

die  Gleichung' der  Flache,  die  durch  Rotation  der  Ellipse 
um  ihre  grofse  Axe  entsteht.  Werden  aber  die  Abscissen  z 
auf  der  kleinen  Axe  JJb  genommen,  so  ist  die  Gleichung  der 
Ellipse 

also  auch 

Z*  Z*+X* 

die  Gleichung  der  Fläche,  die  durch  Rotation  der  Ellipse  um 
ihre  kleine  Axe  entsteht« 

Dieses  sehr  einfache  Verfahren  setzt  also  voraus,  dafs  die 
Coordinatenaxe  der  z  auch  schon  zugleich  die  Rotaäonsaxe 
der  Carve  ist«  Ist  aber  dieses  nicht  der  Fall,  se  mnfs  man- 
zuerst  die  Gleichung  der  Curve  so  ändern,  dafs  beide  Axen 
zusammenfallen.  Um  auch  davon  ein  Beispiel  zu  geben,  sey 
wieder  die  Gleichung  der  Ellipse 


♦  a*   T»b»       l* 

wo  die.  Abscisse  CQ  =  z'  auf  der  grofsen  Axe  und  die  Ordi-.?gf° 
nate  QM  =  y   darauf  senkrecht  ist# 

Die  Rotationsaxe  AP  soll  mit  der  grofsen  Axe  CQ  der 
Ellipse  den  Winkel  0  bilden,  und  CA=ac  soll  das  Loth  seyn, 
das  von  dem  Mittelpuncte  C  der  Ellipse  auf  diese  Rotations- 
axe gefällt  wird»  Sind  dann  die  beiden  auf  einander  senk- 
rechten Linien  APsz  und  PM=  y,  so  hat  man,  wie  man 
leicht  sieht, 

z'=r  zCes.0+(y  — c)  Sin.© 
und  / 

y'=  (y— c)  Cos. 0— »Sin. 0. 


1174'  Umdrehung, 

Substituirt  min  diese  Werthe  von  y  und  z  in  der  vorherge- 
henden Gleichung  der  Ellipse,  so  erhält  man  für  die  Fläche; 
die  durch  Rotation  der  Ellipse  um  die  Axe  AP  entstanden 
ist,  die  Gleichung  ' 

(b2—  ■  »)»   ni  gin  2  @  _  . 

a*  b* 

wo  der  Kürze  wegen  u  =  Y  x  2  +  y*  — c  gesetzt  worden  ist. 
Setzt  man  in  der  letzten  Gleichung  0  =  0,  so  hat  man 

u2        z2 

b2  Ta2 
oder  

a  Kx2+y2  —  b  Ka2— z2  =ac 

für  den  Fall,  wo  die  Rotati onsaxe  der  z  mit  der  groben  Axe 
CQ  =  a  der  Ellipse  parallel  ist.  Ist  überdiefs  c  =  0  oder  fallt 
die  Rotationsaxe  mit  der  grofsen  Axe  zusammen,  so  ist 

x2  +  y2        z2  . 

—~  +  ^  =  1 ,  wie  zuvor, 

für  das  sogenannte  verlängerte  Spjiäroid. 

Setzt  man  aber  in  der  Gleichung  (IX)  den  Winkel  6=90°, 
so  hat  man 

u*        z« 

a2  Tb2       * 
oder 

bfx*+y*  —  afV—  z2  =bc 

für  den  Fall,  wo  die  Rotationsaxe  der  z  mit  der  kleinen  Axe 
1    CB  =  b  der  Ellipse  parallel  ist» 

Ist  auch  hier  wieder  c  =  0   oder  fällt  die  Rotationsaxe 
mit  der  kleinen  Axe  der  Ellipse  zusammen,  so  ist 

*2+yy    ,   22  . 

— ~-  +  jj7  =  1,  wie  zuvor, 

für  das  sogenannte  abgeplattete  Sphäroid.  Ist  ferner  a  =  b, 
so  geht  die  Gleichung  (IX)  in  die  folgende  über 


5!±£!8i«.a0+^±ÜCo,.,0I==1 


oder 


Der  Rotationsflächen,  1175 

u2  4.  x*  s=  a*f 
das  heifst, 

x»  4.  y2'+s*  =  a2  —  c2  +  2c  Ky*+z*  » 

oder  auch 

Yy2  +  z2  —  T^a2  —  x2  ==  c 

für  die  Fläche,  die  durch*  die  Rotation  eines  Kreises  vom 
Halbmesser  a  um  eine  Axe  entsteht,  deren  senkrechte  Entfer- 
nung von  dem  Mittelpuncte  gleich  c  ist»  Ist  in  dem  letzten 
Falle  c  gleich  Null,  so  erhielt  man 

x2  4.  y2  +  *2  =a2 

für  die  Fläche,  die  durch  die  Rotation  eines  Kreises  vom 
Halbmesseraum  seinen  Durchmesser  entsteht ,  d.  h.  für  eine 
Kugel. 

Die  Theorie  der  durch  Rotation  entstandenen  Flächen 
läfst  sich  noch  allgemeiner  auf  folgende  Art  geben.  Sind  die 
Gleichungen  der  geradlinigen  Rotationsaxe 

x  =  As  +  a 
and 

y  =  Bz  +  ß, 

so  ist  die  allgemeine  Gleichung  aller  Rotationsflächen  - 
(*—<«)»  +  (X  —  ß)*  +  z*  =  F.(&x  +  By  +  x)  . .  .'  (X), 
wo  F  irgend  eine  willkürliche  Function  bedeutet,  so  dafs 
*.  B.  F.(Ax+By  +  z)  gleich  (Ax  -f-  By  4"  z)  oder  gleich 
Log.  (  Ax  +  By  +  z)  u.  dgl.  seyn  kann.  Ist  die  Rbtationsaxe 
zugleich  die  Axe  derz,  s6  hat  man,  da  die  Gleichungen  dei 
Coordinatenaxe  der  z  sind  x  =  0  und  y  =  0,  oder  da  hiet 
die  Größen  A  und  B,  so  wie  a  und  b  verschwinden, 

x*  +  y2  =  Fz 
oder,  was  dasselbe  ist, 

z=9>.(x2   +  y2)  .  .  .     (X'), 
wo  wieder  q>  eine  willkürliche  Function  bezeichnet. 

Differenliirt  man  die  Gleichung  (X)  in  Beziehung  auf  z 
und  xt  so  erhält  ma.n 

5(x-«)  +  2z  (|^)=F'-(Ax+By  +  z)lA+(g)J 

und  ebenso,  wenn  man  in  Beziehung  auf  %  und  y  diffe- 
rentiirt, 


1178  Umdrehung. 

V 
t 

2ÖT-Ä+2.  (g)  =F\(Axl+By  +.).  [ß  +  (g)l 

^      L.  dC 

Eliminirt  man  -aus  diesen  beiden  Gleichungen  die  Grolse 
F.  (A  x  +  B  y  +  z) ,  so  erhält  man 

0»-x'+B.)(g) -(.-»+*.»  (£)• 

+  *  (ß-y)  —  B(«  -1)  =0  .  .  .  (XI) 

und  dieses  ist  eine  ebenso  allgemeine  Gleichung  aller  Rota- 
tionsflächen, wie  die  Gleichung  (X),  nur  mit  dem  Unter- 
schiede ,  dafs  die  Gleichung  (X)  eine  willkürliche  Function 
und  (XI)  im .  Gegentheile  partielle  Differentiale  enthalt.  Ist 
die  Rotationsaxe  zugleich  die  Coordinatenaxe  der  z ,  so  ist 
wieder  At=B=a  =  /?  =  0,  und  daher  die  Gleichung  (XI) 

»GD-(g)--<*>- 

Beide  Gleichungen  (X)  nnd  (XI)  sind  so  allgemein ,  da&  durch 
sie  über  die  Curve,  durch  deren  Umdrehung  die*  Rotations- 
fläche entstehn  soll,  nichts  ausgesagt  wird  und  dafs  daher 
diese  *Gurve  eine  ganz  willkürliche  seyn  kann. 

s  Es  ist  wichtig,  diesen  merkwürdigen  Unterschied  der 
Gleichungen  mit  endlichen  Gröfsen,  mit  gewöhnlichen  Differen- 
tialen und  endlich  mit  partiellen  Differentialen  gehörig  auf* 
zufassen.     Die  Gleichung 

(x  —  A)*  +  (y  —  fc)*  +  (z  —  C)*=R* 

z.  B.  zwischen  endlichen  Gröfsen  gehört  bekanntlich  für  eine 
Kugel,  deren  Halbmesser  R  und  deren  Coordinaten  des  Mit— 
telpuncts  A ,  B  und  C  sind ,  und  durch  diese  Gleichung  ist 
die  Gröfse  und  Lage  der  Kugel  vollkommen  bestimmt,  so  dafs 
nur  eine  individuelle  Kugel  an  einem  bestimmten  Orte  durch 
diese  Gleichung  ausgedrückt  wird.  Differentiirt  man  sie  aber 
in  Beziehung  auf  x,y  und  z,  so  erhält  man 

(x-A)dx  +  (y-B)dy  +  (z  —  C)dz=»0, 
und  diese  Gleichung  gehört  offenbar  auch  noch  für  eine  Ku- 
gel, deren  Mirtelpunct  die  Coordinaten  A,  B,  C  hat,  wie  die 
vorige*  Aber  über,  den  Halbmesser,  über  die  Gröfse  dieser 
Kugel  wird  durch  die  letzte  Gleichung  nichts  ausgesagt,  so 
dafs  daher    die    dieser  Gleichung   entsprechende  Kugei   von 


Der  Rotatiotief liehen.  1177 

einem  ganz  willkürlichen  Halbmesser  seyn  kann ,  oder  da/s  «i# 
alle  Kugeln  bezeichnet,  die  denselben  Mfttelpuaot  haben,  wet-  % 
dies  euch  ihre  Halbmesser  seyn  möge*.    Differentiht  mMi  die 
letzte*  Gleichung  «eck  einmal  und  nimmt  man  deJbei  dx  eon- 
staut,  to  erhält  man 

und  diese  Gleichung  ist  nicht  nur  Tön  R9  sondern  euth  von 
A  anabbängig,  so  dels  daher  die  durch  sie  ausgedruckte  Ktf- 
gel  einen  ganz  willkürlichen  Halbmesser  hat  und  dafs  auch 
noch  ihr  Mittelpunct  eine  von  der  Ebene  der  yz  £anz  will- 
kürliche Distanz  A  haben  kann.  Und  so  wird  man  sich  durch  ' 
fortgesetztes  Diforentifren  immer  mehrere  Gleichungen  ver- 
schaffen t  aus  denen  man  dann  auch  so  viele  der  Constantee,  als 
man  will,  durch  Elimination  wegschaffen  kann«  Jede  dieses 
Gleichungen,  so  wie  auch  jede  Combinetion  derselben,  wird 
wieder  für  eine  Kugel  gehören,  und  Je  weniger  von  diesen 
Constanten  in  jeder  dieser  Gleichungen  vorkommen ,  desto  all- 
gemeiner wird  dadurch  die  Kugel  in  Beziehung  auf  ihre  Grobe 
und  Lage  ausgedruckt  erscheinen« 

Die  Gleichungen  der  Curven  und  Flächen  mit  gewöhn- 
lichen Differentialen  sind  also  viel  allgemeiner,  als  die  mit 
endlichen  GrtfTsen ,  aber  sie  drucken  doch  immer  nur  eine  be- 
stimmte Gattung  von  Curven  und  Flächen,  z.  B.  im  letzten 
Falle  immer  nur  wieder  eine  JCugel  aus,  an  der  aber  einige 
ihre  Gröfse  und  Lage  bedingende  Bestimmungsstücke  unserer 
Willkör  überlassen  bleiben.  Noch  viel  allgemeiner  aber  sind 
die  Gleichungen  der  Flächen  mit  partiellen  Differentialen. 
Sie  drücken  nämlich  weder  die  Grtfse,  noch  die  Lage,  noch 
selbst  die  Form  der  flecke  ans,  sondern  sie  heziebn  sich  nur 
auf  die  Art,  auf  welche  diese  Fläche  entstanden  ist.  So  drückt 
die  Gleichung 


'©-«<£)- 


Mols  aus,  dals  die  zu  ihr  gehörende  Fläche  durch  Rotation 
einer  Curve  um  die  Axe  der  z  entstanden  ist,  ohne  etwas  über 
die  Natur  dieser  Curve  selbst  weiter  zu  bestimmen,  einer 
Curve,  die  daher  ganz  willkürlich  ist  und  selbst  discontinnir- 
lich  oder  auch  aus*  mehreren  Curven  zusammengesetzt  seyn 
IX.  Bd.  Fff f 


1178  Umdrehung. 

kann,  wie  es  z.  B.  eine  Garve  seyn  würde ,  die  man  tu*  freier 
Hand  ganz  willkürlich  gezogen  hätte. 

Iat  nun  die  krumme  Linie  gegeben  und  die  Fläche  zu 
suchen,  welche  dnreh  die  Rotation  jener  Curve  nm  eine  ge- 
gebene Axe  entsteht,  so  wird  die  Auflösung  dieses  Probleme 
in  der  Bestimmung  der  Function  9  bestehn ,  die  der  Bedin- 
gung des  Problems  genug  fhut.  Sind  nämlich  U  =  0  und 
V  =  0  die*  Gleichungen  der  gegebenen  Curve  von  doppelter 
Krümmung,  so  wird  man  aus  ihnen  und  aus  den  beiden  fol- 
genden -  Gleichungen  / 

Ax  +  By  +  z  =  ü) 
und 

nur  die  Grbtsen  x,  y  und  z  eliminiren,  wodurch  man  eine 
Gleichung  zwischen  qxo  und  (a  erhält,  und  diese  wird  uns 
die  Form  der  gesuchten  Function  qxa  geben« 

Um  dieses  auf  ein  Beispiel  anzuwenden,  sey  die  gege- 
bene Curve  eine  Ellipse  in  der  Ebene  der  xz,  deren  halbe 
grofse-  und  kleine  Axe  a  und  b  sind.  Der  Mittelpunct  dieser 
Ellipse  sey  von  dem  Anfangspuncte  der  Coordinaten  um  die 
Gröfte  x=c  entfernt,  so  dafs  demnach  die  Gleichungen  die- 
ser Ellipse  sind 

y=0 


(-)'+*=' 


Ist  die   Rotationsaxe   Zugleich   die  Axe  der  z,    se  hat  man 
a  =  /$=0>  elso  euch 


Z  =S  6»  1 

x*+ya  +  z*  =»  9»  I 

Eliminirt  man  aus  den  letzten  vier  Gleichungen  die  drei  Grtt- 
fsen  x,  y,  z,  so  erhält  man 

c  +  r-Tb* — «2=  r  901 — «A 

so  dafs  demnach  die  gesuchte  Gleichung  der  Rotationsfläche 
seyn  wird 


Oberfläche  und  Volumen.  1179 

]st  c=s  t,  so  hat  man 

-       a  b  +  af  b a  —  z2  =^ b  Kx2  +y* 

für  die  Fläche,  die  durch  Rotation  der  Ellipse  am  die  Tan- 
gente im  Scheitel  der  grofsen  Axe  entsteht.  Ist  aber  c  =  0> 
so  erhält  man 

Üir  .die  Fläche,  welche  dnrch  Rotation  der  Ellipse  am  ihre  kleine 
Axe  entsteht,  oder  man  erhält  die  Gleichung  des  abgeplatte- 
ten Sphäroids,  mit  dem  Obigen  übereinstimmend*  Ist  endlich 
a=b,  so  hat  man 

x*+y*  +  z*  =  a2 

für  die  bekannte  Gleichung  der  Kugel. 

* 

F.  Bestimmung  der  Oberfläche  und  des  Vo- 
lums derjenigen  Körper,  die  durch  Um- 
drehung von  Curven  entstanden  sind. 

Nachdem  wir  in  dem  vorhergehenden  Abschnitte  gezeigt 
haben,  wie  man  in  allen  Fällen  die  Gleichungen  der  Rota- 
tionsflächen finden  könne,  ist  nur  noch  übrig,  die  'Cont plana* 
tian  (oder  den  Inhalt  dieser  Oberflächen)  und  die  Cubatur 
(oder  den  körperlichen  Inhalt  des  von  diesen  Oberflächen  ein- 
geschlossenen Raumes)  zu  bestimmen«  Wir  wollen  im  Fol- 
genden den  Flächeninhalt  dieser  Körper  durch  F  und  das  Vo- 
lumen oder  den  körperlichen  Inhalt  derselben  durch  V  be- 
zeichnen« Ist  dann  die  Gleichung  irgend  einer,  auch  nicht 
durch  Rotation  entstandenen  Fläche  durch  die  drei  senkrech- 
ten Coordinaten  x,   y,  z  gegeben,     so  sucht  man  daraus  die 

partiellen    Differentiale     (  —  j  und  I  ^r  J  ,    und  dann  erhält 

man  die  Oberfläche  derselben  durch  die  Gleichung 


und  das  Volumen  derselben  durch 

V=/yy3xdyflz. 
Rotationsflächen  aber ,    die  durch  die  Umdrehung  einer 

Fff£2 


1180  Umdrehung» 

Curve  entstehn,  vorausgesetzt,  dafs  die  Rottfriantaxe  zugleich 
die  Üoordinatenaxe  der  x  ist,  hat  man  die  einfacheren  Aus- 
drucke , 

'        F=2*/y  lTdx*+dj* 

und 

V=*/y23x, 

wo  n  die  Peripherie  des  Kreises  bezeichnet,  dessen  Durch- 
messer der  Einheit  gleich  ist  Dreht  sich  e.  B.  eine  Parabel, 
deren  Gleichung  y2  =  ax  ist,  um  die  Axe  der  x,  so  ist  die 
Oberfläche  des  so  entstehenden  Körpers,  des  sogenannten  pa- 
rabolischen Konoids, 

F=*/3x  7V+4ax==:^  (a«  +  4ax)*-Ja2*, 

wenn  diese  Oberfläche  vom  Scheitel  der  Parabel  gezahlt  oder 
wenn  F  =  0  für  x=0  genommen  wird.  Dreht  sich  ein  Kreis 
vom  Halbmesser  a  um  einen  seiner  Durchmesser  und  nimmt 
man  die  Abscissen  auf  diesem  Durchmesser  vom  Mittelpuncte 
an,  so  hat  man  für  die  Gleichung  des  Kreises 

x2+y2=a2 

und    für   die  Oberfläche  des  Kugelstiichs ,    das  zur  Absoisse  x 
„  gehört, 

F=2ayr/3x=2a*x, 

so  dafs  F  mit  x  zugleich  verschwindet«  Dieser  Ausdruck  für 
x  =  a  doppelt  genommen  giebt  die  Oberfläche  der  ganzen 
Kugel  gleich  4&2jt  oder  viermal  so  grofs,  als  die  Oberflache 
eines  ihrer  gröfsten  Kreise,  welche  letztere  bekanntlich  gleich 
a*«  ist. 

Dreht  sich  eine  Ellipse,  deren  Gleichung  ist 

x2      v2 

um  die  Abscissenaxe  der  x,  d.  h.  um  ihre  grofee  Axe  2a,  so 
erhält  man,  wenn  a2e2  =  a2  —  b2  gesetzt  wird,  für  die  Ober- 
fläche des  verlängerten  SphMroids 


oder,  wenn  man  nach  den  bekannten  Vorschriften  integrirt, 


Oberfläche  und  Volumen.  1181 

P=  iüf  r'?^r&  +  —  Atc.8».  1- , 

•  e  a 

■wo  P  mit  x  zugleich'  verschwindet.  Nimmt  man  dieses  Inte- 
gral von  x  =  0  bis  x  =  a  doppelt,  so  erhält  man  für  die 
Oberfläche  des  ganzen  verlängerten  Sphäroids  den  Ausdruck: 

2b*  *r+  —  Are.  Sin.  e. 

Für  e  =  0  oder  a=b  giebt  der  letzte  Ausdruck  die  Oberfläche 
der  Kugel  gleich  4af7*,  wie  zuvor.  Dreht  sieh  aber  dieselbe 
Ellipse,  deren  Gleichung 

b*Ta2 

ist,  um  ihre  kleine  Axe  2b,  die  zugleich  die  Coordinatenaxe 
der  x  ist,  so  findet  man  für  die  Oberfläche  des  abgeplattete* 
Sphäroids 


F  =  2a*/dx  X\  + 


a2e*x* 


b*      ' 
oder,  wenn  man  diesen  Ausdruck  integrirt, 

ff  äs  ^rf  bM-e2e*x»  +  ~  Log.  ^ — p J 

—  Log.  b, 

e 

wenn  F  mit  x;  zugleich  verschwindet.  Nimmt  man  diesen 
Ausdruck  für  x  e=  +  lj»  und  dann  für  x  =  —  b ,  so  giebt 
die  Differenz  beider  Werthe  für  die  gesuchte  Oberflache  des 
ganzen  abgeplatteten  Sphäroids  den  Ausdruck    . 

'«      ,    blnf        1+e 
2  **  n  +  —  Log.  j^j. 

Für<e=0  oder  a=b"giebt  der  letzte  Ausdruck  die  Oberfläche 
der  Kugel  gleich  4**  n9  wie  zuvor« 

Wenn  eine  Gerade  von  gegebener  Länge  sich  so  be- 
wegt,  dafs  ihre  beiden  Endpunete  immer  auf  den  zwei  Schen- 
keln eines  rechten  Winkels  bleiben,  so  beschreiben  die  auf- 
einander folgenden  DurchschnHtspuncte  diese*  beweglichen  Ge- 
raden eine  Curve,  weiche  die  Gastalt  ADBE  hat  und  dieFJg 
nts  *ea  ihrer   Form   die   Jtirois  nennen   kann.       ist  G   der  16*! 


1182  Umdrehung. 

a  it     riF 

Scheitel  des  rechten  Winkels  und   ist  •— •  =  -~-  =  a  die  er- 

zeugende  Gerade,    so   hat    man,     wenn  man   CP  =  x  and 
PM  =  y  setzt,  für  die  Gleichung  dieser  Curye 

x    +  y  =  Ä  • 
Dieselbe  Gleichung  kann    man   auch  durch   Einführung  eines 
Hülfswinkels  q>  durch  die  beiden   folgenden  Gleichungen  aus* 
drücken:  * 

'    x=a  Cos.3<p  and  y=a  Sin,3qp, 

wo  dann  die  Oberfläche  F  des  Körpers,    der   durch  Rotation 
der  Astrois  um  die  Axe  der  x  entsteht,  gleich  ist 

F=  —  6a5«/ög>Sin.*g)Coa.9  =  —  f  a*  w8in.*g>  +  f  a*  w, 

wenn  F  mit  <jp  =  90°  verschwindet.       Dieser   Ausdruck  für 
9=0  doppelt  genommen  giebt  die  Oberfläche  diesen  ganzen 

12 

Körpers  — 
o 


**  n 


pig,         Ist  A  D  B    die  gemeine  Cyklolde  und   ist  C  D  =  2  a   der 
lw. Durchmesser  des  diese  Gurve  erzeugenden  Kreises,    also  auch 
AC  =  CB  =3  axt  die  halbe   Peripherie  dieses   Kreises,    so 
hat  man,    wenn  AP  sx  und  PM  =  y  ist,     für   die  Glei- 
chung dieser  Curve 
* 

x  =  aArc.Cos.  (?  -  £\  _  r2ay— y\ 

Auch  diese  Gleichung  läfst  sich  mittelst   eines  Hülfswinkels  <p 
bequemer  durch  die  zwei  folgenden  Gleichungen  ausdrücken: 

x=a(9>  —  Sin.ox), 
y  =  a(l  —  Cos.qp). 

Also  ist  auch  die  Oberfläche  F  des  durch  Rotation  der  Cykloide 
am  die  Axe  der  x  erzeugten  Körpers 

F=2*aVd9(3Sin.$p  —Sin.  ^) 

oder 

F=  —  a**  +  4*a*($Cos.f  qp—SCo«.^), 

wenn,  F  mit  q>  oder  x  zugleich  verschwindet« 

Nimmt  man  diesen  Ausdruck  f üx  9  =  180°  tweimal,  ao 
erhalt  man  für  die  Fläche  des   Körpers,    der  durch   Rotation 


Oberfläche  und  Volumen.  1183 

der  ganzen  Cykloide  ADßuro  die  Aste  AB  entsteht,  den  Ani- 

64 
druck  F'sa—  h* n.      Dreht  sich  aber  der  Bogen  ADD  um 

die  Tangente  EDF  in  dem  höchsten  Puncte  D  dej;  Cykloide, 
so  erhält  nun  die  ganze  Rotationsfläche 

IT=-a,i. 

Dreht  sich  derselbe  Bogen  A  D  B  um  die  Axe  CD,  so  erhalt 
man  für  die  Rotationsfläche 

Dreht  sich  endlich  der  Bogen  A  D  B  um  die  Tangente  A  E  im 
Anfangspunkte  A,  die  daselbst  auf  AB  senkrecht  steht,  ao  er- 
hält man  für  die  ganze  Rotationsfläche 

Dasselbe  Verfahren  läüst  sich  auch  auf  die  Cubatur  dieser 
Rotationsflächen  anwenden«  So  hat  man  für  das  \o  eben  be- 
trachtete parabolische  Konoid  das  gesuchte  Volumen 

V=nfy*  Y*dx*+dyz  saw/x^siao1. 

Dreht  sich  ein  Kreis  vom  Halbmesser  a  um  einen  seiner 
Durchmesser,  und  nimmt«  .man  die  Abscissen  x  auf  diesem 
Durchmesser  von  dem  Endpuncte  desselben 9  so  ist  die  Glei- 
chung des  Kreises 

y«=2ax  —  x*, 

also  auch  das  Volumen  desjenigen  Theils  der  Kugel,  das  zu 
der  Abscisse  x  gehört, 

V=*x*(a  —  ix). 

Nimmt  man  diesen  Ausdruck  für  x=a  doppelt,  so  erhält* man 
für  das  Volumen  der  ganzen  |  a3». 

Für  das  oben  angeführte  verlängert*  Spkäroid  bat  man 


a 


wenn  V  mit  x  zugleich  verschwindet»  Dieser  Ausdruck  für 
jc=s*  doppelt  genommen  giebt  das  Volumen  dieses  ganzen 
6pbär<rids  gleich  {aba7f  Für  a  =  b  wird  der  letzte  Wetfk 
4*?*  gleich  dem  Volumen  der  Kugel ,  wie  anvar*  Ebenso 
ist  för  das  abgeplattete  SpkMroid 


V 


1184  Umdrehung. 


welcher  Ausdruck  für  x  =  b  doppelt  genommen  das  Volumen 
dieses  ganzen  Körpers  gleich  $  a*  b  n  giebt,  und  dieser  Aus- 
druck geht  ebenfalls  ffir  a  =  b  in  den  bereits  mehrmals  er-« 
wähnten  Werth  -$a37*  der  Kugel  über« 

Für  das  oben  angeführte  cpkloidischs  Sphäroid  hat  man, 
Wenn  AB  die  Rotationsaxe  ist, 

V=  ^  (309— 45Sin,y  +  45Sin.29— Sin.3g>). 

Dieser  Werth  für  q>  =  n  doppelt  genommen  giebt  das  Volu- 
men des  ganzen  Körpers  gleich  5**71».  Ist  EDP  die 'Rota- 
tionsaxe,' so  hat  man 

V  ='5-1  (69— 3Sin.p—  3Sin.29+Sin.3<p)> 

and  dieser  Werth  .£ür  9  5»  n  doppelt  genommen  giebt  das 
Volumen  des  ganzen  Körpers  gleich  a3**,  Ist  CD  die  Bot«« 
tionsaxe,  so  hat  man 

V=a**|y(£— Cos.f)+29(Sin.9~  Sin,2ff)] 
+  a3*[£Cot.g>— <^29+^Cq§.39— .}]♦ 

Für  9=7*  erhält  man  das  Volumen  des  ganzen  so  entstehen* 
den  Körpers  gleich 

-2— [**—  VI 

Ist  endlich  die  Tangente  AE  im  Seheitel  A  die  RoUtiönsaxe, 
so  erhält  man 

4-a3^£29Sin.y  —  £9  Sin.  2  9-*- g>3  (i  +  Cos,y)]. 

s  Für  9  =  2  k  erhält  man  das  Volumen   des  ganzen  so  entste- 
henden Körpers  gleich  6a3rt*r 


Bei  dieser  Gelegenheit  nmli  aber  auch  einer  endeten  Art 

der  Complanation  und  der  Gnbatur  dar  Fläohen  erwähnt  werden, 

<&•  eigentlich  in  das  Gebiet  der  Statik  gehört,  aber  auch  bei  geo» 

p.  .metrischen  Untersnohungen  eft  Tton  grobem  Nntten  seyn  kann« 

164«  Sey  MaN  b  eine  Carve  und  AP  eine  in  der  Ebene  dieser  Cbm 


Oberflick«  und  Volumen.  1185 

in  willkürlicher  Riebtang  gezogene  Gerade,  die  gaoi  «über  dieser 
Carve  lallt  oder  sie  höchstens  in  eisern  einsigen  Puncto*  berührt. 
Sey  ferner  C  der  Schwerpunct  der  Peripherie  diäter  Curve  und 
C  A  ss  Y  ein  Letb  aus  diesem  Scbwerpuncte  auf  jene  Gerade 
AP«  Nennt  man  dann  S  die  Peripherie  oder  den  Umfang 
MaNb  der  Curve,  so  ist  die  Oberfläche  F  des  Körpers,  der 
durch  Rotation  jener  Curve  um  die  Axe  der  AP  entsteht, 
gleich  -  i 

F=b27t.Y8, 
und  ebenso  ist  auch,  wenn  wieder  C  den  Schwerpunct  der 
Fläche  und  f  diese  Fläche  der  Corte,  d.  h.  den  von  der  Pe- 
ripherie derselben  eingeschlossenen  Raum  bezeichnet,,  dae  Vo* 
lumen  V  des  Körpers,  der  dnreh  Retation  jener  Curve  um  die 
Axe  der  AP  entsteht,' gleich 

V=2w.Yf, 
Das  heilst  also:  die  Oberfläche  F  des  so  entstehenden  Rota- 
tionskörpers ist  gleich  der  Länge  8  der  erzeugenden  Curve, 
multiplicirt  in  die  Peripherie  2*zY  des  Kreises,  der,  während 
der  Rotation  von  dem  Schwerpunkte  des  Bogeos  der  Curve 
beschrieben  wird ,  und  ebenso  ist  das  Volumen  V  des  so  ent- 
stehenden Rotationskörpers  gleich  der  Fläche  f  der  erzeugen- 
den Curve,  multiplicirt  in  die  Peripherie  2nY  des  Kreises, 
welchen  der  Schwerpunct  der  Fläche  dieser  Curve  während 
der  Rotation  beschreibt1« 

Diese  Ausdrücke  von  F  und  V  werden  uns  also  die  Ober- 
fläche und  das  Volumen  dieser  Rotationskörper  gleichsam 
ohne  alle  Rechnung  in  allen  den  Fällen  kennen  lehren,  wo 
der  Umfang  S  und  die.  Fläche  f  der  erzeugenden  Curve  be-» 
kennt  sind  und  wo  der  Ort  des  Schwerpunctes  derselben  zu- 
gleich der  Mittelpunct  dieser  Curve  ist,  so  dafs  um  diesen 
Punct  Bogen  und  Fläche  der  Curve  zu  allen  Seiten  gleich- 
mäßig vertheHt  sind.  80  ist  z.  B.  der  Schwerpunct  des  Krei- 
ses «der  der  Ellipse  oder  aller  regelmässigen  Polygone  zugleich 
ihr  Mittelpunct;   so  ist  der  Schwerpunct  der  Parallelogramme 


1  Dieses  Yerfabren  ist  unter  der  Benennung  der  GuIdin*$cAe* 
Regel  bekannt»  Güldin  ,  ein  Jet nit  atU  St*  Gallen ,  hat  sie  in  seinem 
Werke:  De  centro  gravitatii.  Viennae  1640  vorgetragen,  aber  sie 
ftadet  sich  auch  schon  Im  YII»  Bache  der  mathematischen  Bammlao- 
gen  des  Pajvus^  eines  Griechen  ans  der  Alezandrinischen  Schule. 


1186  Umdrehung.  " 

sogleich  der  Durchschnittspunct  ihrer  Diagonalen  u.  8.  w. 
Kennt  man  also  auch  den  Umfang  S  oder  die  Fläch«  f  dieser 
Figuren ,  f  o  kann  man  mittelst  dW  vorhergehenden  Gleichun- 
gen auch  die  Oberfläche  F  und  das  Volumen  V  der  durch 
die  Rotation  dieser  Figuren  um  irgend  eine  auber  ihr  lie- 
gende Axe  entstehenden  Körper  bestimmen«  Ist  z.  B.  die  erzen* 
Fig.  gende  Curve  ein  Kreis  MAN  vom  Halbmesser  CA  =  a  und  ist 
•  #der  Mittelpunct  C  dieses  Kreises  von.  der  Rotationsaxe  PQ  um 
die  senkrechte  Distanz  CP  =  d  entfernt,  so  ist  die  Peripherie 
dieses  Kreises 

8  =  2a* 
und  die  Fläche  desselben 

Setzt  man  daher  Y  =  d ,   so  geben   jene  beiden  Gleichungen 
für  die  Oberfläche  des  Körpers,  der  durch  die  Rotation  dieses 

• 

Kreises  um  die  Axe  PQ  entsteht, 

F  =  4ad»2 
und  für  das  Volumen  desselben 

V=2a*d*«; 

Ist  d  =  a  oder  wird  der  Kreis  um^etne  seiner  Tangenten  ge-* 

dreht,  so  erhält 'man  für, den  Rotationskörper,  da  d=a  ist, 

F  =  4a2rc* 
und 

V  =  2a*;A 

Ist  in  derselben  Figur  MAN  eine  Ellipse,  deren  halbe  Axen 
a  und  b  sind  und  deren  Mittelpunct  G  ist,  so  hat  man  wie- 
der, wenn  CP=Y=d  ist,   für  die  Fläche  dieser  Ellipse 

f==ab7i. 
Ist  aber  a*e9  =  a2  —  b3    und  vernachlässigt   man    die   achten 
und  höheren  Potenzen  der  Excentricität  e,  so  hat  man  bekannt— 
~  lieh  für  die  Peripherie  der  Ellipse  ^ 

■-»•"D-j!-«^»«'— ••!■ 

so  dafs  man  daher  für  den  Körper,  der  durch  Rotation  dieser 
Ellipse  um  die  Axe  PQ  entsteht,  erhält: 

Oberfläche        F=t4ad*^  [l  _  £_  Ae*_  Aft<W./l 

Volumen  V=2abd**. 

Ist  a=sb,  also  auch  e  gleich  Null.,  oder  geht  die  Ellipse  in 
einen  Kreis  über,  so  geben  die  letzten  Gleichungen 


Oberfläche  und  Volumen.  1187 

F==4ad»* 
and 

V  »  2a*  d  n2 ,  wie  zuvor. 

Bemerken  wir  noch,   data  die  zwei  vorhergehenden  Auf- 
drücke 

F  =  4a**«  und  V  =  2a8**, 

welche  die  Oberfläche  und  das  Volumen  des  Körpers  geben, 
der  durch  Umdrehung  eines  Kreises  um  eine  seiner  Tangen- 
ten entstanden  ist,  zugleich  die  Gomplanation  und  die  Cuba- 
tur  des  Körpers  geben,  dessen  Gleichung 

wir  bereits  oben  (Abschnitt  E)    gefunden  haben,       Subsrjtuirt 
man  nämlich  die  Werthe   von  x,    y   und    z   und    von   ihren 
Differentialen  aas  der  letzten  Gleichung  in  den  beiden  folgen-  m 
den  Ausdrücken 


and 

so  sind  diese  vollständigen  Integrale,  wie  man  aus  dem  Vor- 
hergehenden sieht  |  gleich 

F  =  4a'*» 
und 

V=2a***. 

i  * 

Für  die  oben  angeführte  uiftroit,  deren  Gleichung  ist 

findet  man  den  Umfang  der  ganzen  Gurre 

S  =  6« 

« 

und  die  Fläche  derselben 

-  _3ag* 

Ist  daher  wieder  d  der  senkrechte  Abstand   des   Mittelpuncts 
von  der  Rotationsaxe ,  so  hat  man 

F  =  12ad* 
nnd 

V=*a*d*% 


<.  - 


1188  Umdrehung« 


und  alle  diese  Aasdrucke  för  F  and  V  bleiben  unverändert, 
wie  auch  die  Ellipse  oder  die  Astroi s  vor  ihrer  Rotation  um 
ihren  Mittelpnnot  gewendet  werden  mag,  so  dats  z.  B.  die 
Lage  der  grofsen  Axe  «ler  Ellipse  gegen  die  Rotationsaxe  aaf 
die  Werthe  von  F  und  V  keinen  Einflufs  hat.  Anders  ver- 
hält es  sich,  wenn  die  Rotationsaxe  ihre  Lage  ändert,  weil 
dann  auch  die  senkrechte  Entfernung  Y  =  d  des  Mittelptrocts 
von  der  Rotationsaxe  geändert  wird,  wie  denn  auch  in  der 
That  die  beiden  obigen  Werthe  von 

F  =  2tt.YS  und  V  =  2*.Yf 

für  dieselbe  Curve  sich  nur  ändern,  wenn  die  Distanz  Y  sich 
ändert,  wobei  noch  bemerkt  werden  mufs.  dafs  die  Rotations- 
axe  immer  ganz  aufser  der  Curve  fallen  mufs  oder  sie  höch- 
stens in  einem  Pancte  berühren  darf.  Wird  z.  B.  die  Astroia 
^|'um  eine  Gerade  gedreht,  die  durch  den  Punct  D  oder  £  pa- 
rallel mit  der  Abscissenaxe  AB  geht,   so  ist  Yajaa  und 


daher 

F^tta**  und  V'  =  **3*% 

und   wird   endlich   die   Rotationsaxe   durch   zwei  benachbart« 
Spitzen  der  Curve,  z.  B.  durch  die  Puncto  B  und  E,  gelegt,  *o 

>a 

ist  Y  =  d=rr==,    also  auch  für  den  so  entstehenden  RoU- 

f   2 

tionskörper 

w,        12  *2  n  3a»7t» 

Betrachten  wir  noch  zum   Schlüsse  dieses  Gegenstandes  dieje- 
nigen Körper,     die  durch  Rotation  eines  Quadrats   um  irgend 
F'ff*  eine  aufser  demselben   liegende  Axe    eotstehn.       Sey  A  B  C  D 
'dieses    Quadrat,    und    nehmen    wir  die  Diagonalen   desselben 


AD  =  BC  =  2a  an,  so  ist  die  Seite  des  Quadrats  b=  a 

und  der  Umfang  S  =  4*  f2f  so  wie  die  Oberfläche  dessel- 
ben f=2a2.  Bezeichnet  daher  hier  wieder  Y  =  d  den  senk* 
rechtejn  Abstand  OP  des  Mittelpuncts  der  Figur  von  der  Ro- 
tationsaxe PQ,  so  hat  man  für  den  so  entstehenden  Körper 

F  =  8ad7*  lr2  =  8bd7i, 
V=4a*d;r      =2b*d*, 

und  diese  Werthe  von  F  und  V   bleiben   dieselben,    welche 


Umhullaag.  1189 

i  «Hell  db  Seht   AB  des  Quadrate  gegen   dte  Rotation«-» 
annehtweto  mag»    io  lange  bot  der  Dtirchechmtt  O  der 
Diagonalen   seinen   Ort  nicht  ändert.      Dreht  eich   aber  de* 


Quadrat  AB  CD  om  eine  seiner  Seiten  AB,  so  ist  dstp^ss-^b, 
also  aach 

Und 

Dreht  sich  endlich  das  Quadrat  um  eine  Gerade  pqoderp'q', 
die  dorch  eine  Spitze  des  Quadrats  parallel  mit  der  ihr  ge- 
genüberstehenden Diagonale  geführt  wird,  so  hat  man  d  =a 
and  daher  für  den  auf  diese  Weise  durch  Umdrehung  des  Qua- 
drats entstandenen  Körper 

B"=8**nr2=*4h*nin 
Qnd 

V"=B4a»*«03»ri. 


Umhüllung. 

Obvolutio;  Enveloppe;  Envelope. 

Wenn  ein  Kreis,  dessen  Halbmesser  sich  nach  einen* 
bestimmten  Gesetze  ändert,  auf  einer  gegebenen  krummen  Li- 
nie fortschreitet,  so  wird  der  Raum,  welchen  die  Fliehe  die* 
ses  Kreises  während  seiner  'Bewegung  beschreibt,  von  einer 
anderen  krummen  Linie  begrenzt  seyn,  die  jenen  Kreis  in  al- 
len seinen  Lagen  einschliefst  und  die  daher  die  UmJiüUende 
oder  auch  die  Einhüllende  (Enveloppe)  aller  jener  Kreise  ge- 
nannt wird.  Die  Lehre  .von  der  Umhüllung  der  Curven  ist 
von  dem  höchsten  Interesse  in  der  mathematischen  Analysis, 
io  der  Astronomie  und  ebenfalls  bei  vielen  Untersuchungen 
der  Physik,  daher  sie  hier,  in  ihren  Grundzügen  wenigstens, 
nicht  übergangen  werden  darf.  Wir  werden  weiter  unten1  eine 
wichtige  Anwendung  derselben  auf  die  Bewegung  der  Kör- 
per in  widerstehenden  Mitteln  finden.  Hier  bemerken  wir 
nnr,  dafs  dieser  Gegenstand  auf  das  Innigste  mit  der  Theorie 

1   6.  Art.  WiderttatuL 


ItQQ  Umhüllung.    , 

der  sogenannten  porticulärtn  InttgrdU  und  mit'  der  Integr*» 
tion  der  Differentialgleichungen  mit '  partiellen  Differentialen 
im  Zusammenhange  steht1« 

Sey  U=0  die  Gleichupg  irgend  einer  ebenen  Curve  zwi- 
schen den  veränderlichen  Coordinaten  x,  y  und  einer  Constante 
a.  So  lange  diese  Constante  denselben  bestimmten  Werth 
beibehält,  wird  auch  die  Gleichung  U  =  0  eine  bestimmte, 
individuelle  Curve  bezeichnen»  Wenn  man  aber  diesem  Pa- 
rameter a  nach  und  nach  verschiedene, Werthe  giebt,  so  wird 
euch  die  Gleichung  U  =  0  nach  und  nach  zwei  unter  einan- 
der ähnliche,  aber  ihrer  GröTse  und  Lage  nach  verschiedene 
Curven  ausdrücken,  Läfst  man  in  dieser  Gleichung  U  =  0 
die  Constante  a  in  ihren  nächstfolgenden  Werth  a  +  3a 
iibergehn,  so  wird  man  eine  neue,  der  vorhergehenden  in 
Gröfse  und  Lage  unendlich  nahe  Curve  erhalten,  und  beide 
Curven  werden  einander  in  einem  oder  in  mehreren  Puncten 
schneiden«  Die  Durchschnittspuncte  dieser  zwei  nächsten  Cur- 
ven' werden  aber  diejenigen  Puncto  der  ersten  Curve  seyn,  für 
welche  sich  die  Coordinaten  x  und  y  nicht  ändern,  während 
o  sich  ändert  und  in  a  +  9a  übergeht«  Wenn  man  also  die 
gegebene  Gleichung  U  =  0  in  Beziehung  auf  a  differentiirr,  so 

wird  die   Gleichung  I  = —  J  =  0  für  jenen  Durchschnirtspunct 

der  beiden,  Curven  gehören ,  und  da  dieser  Durchschnittspunct 
zugleich  auf  der  ersten  Curve  liegt,  so  werden  die  beiden 
Gleichungen  dieses  Durchschnittspunctea  je  zweier  nächsten 
dieser  Curven  seyn 

(£)-}- ro 

Wenn  man  also  aus  diesen  zwei  Gleichungen  (1)  die  Werthe 
von  x  und  y*  in  a  ^ausgedruckt ,  durch  Elimination  sucht,  so 
werden  die  so  erhaltenen  Werthe  von  x  und  y  die  Coordi- 
naten des  Durchschnittspuncts  von  je  zwei  nächsten  Curven 
geben,  und  man  wird  auf  diese  Art  so  viele  dieser  Durch- 
schnittspuncte erhalten,  als  man  der  Gröfse  ä  verschiedene 
Werthe  geben  kann.    Allein  die  stetige  Aufeinanderfolge  die- 

1    VergU  Lacroix  t    Traite  du  calcul  diff.  et  iutejral.  T.  II. 


Umhüllung.  U9I 

ser  Durchschnittspuncte ,  welch«  steh  eine»  bestimmten  Ge- 
letze  fortgeht,  du  von  der  gegebenen  Gleichung  UssQ  ab- 
hängt, wirft  offenbar  wieder  eine  neue  Curve  bilden,  und  man 
wird  die  Gleichung  dieser  Curve  in  z  und  y  erhalten,  wenn 
man  die  beiden  Gleichungen  (I)  von  der  sie  particularisiren- 
<!en  Constante  a  unabhängig  macht,  d.  h*  wenn  man  aus  die- 
sen beiden  Gleichungen  die  Grö'fae  a  eliminirt. 

Man  sieht  ans  dieser  Erklärung,  dafs  diese  Curven,  die 
gleichsam  aus  den  sämmtlichen  Durchschnittspuncten  der  ge- 
gebenen Curve  in  allen  ihren  Lagen  besteht,  zugleich  dieje- 
nige ist,  welche  die  gegebene  Curve  in  allen  ihren  Lagen  be- 
rührt oder  mit  ihr  eine  gemeinschaftliche  Tangente  hat  und 
sie  daher  ringsum  einschliefst  oder  umhüllt,  daher  sie  auch 
die  umhüllende  Curve  von  der  gegebenen,  beweglichen  Curve 
genennt  wird.  Nehmen  wir,  um  dieses  sofort  durch  ein  Bei- 
spiel deutlich  zu  machen  ,  an ,  der  Mittelpunct  eines  Kreises 
bewege  sich  auf  der  Axe  der  x  so,  dafs  das  Quadrat  seines 
veränderlichen  Halbmessers  immer  gleich  der  Abscisse  a  des 
Mittelpuncts  muhiplicirt  in  eine  Constante  b  ist.  Um  die 
Curve  zu  finden,  welche  alle  diese  Kreise  umhüllt,  hat  man 
für  die  Gleichung  des  Kreises  in  irgend  einer  seiner  Lagen 

y*^f-(x  — -a)*  =  a.b 

und  davon  ist  das  Differential  in  Beziehung  auf  die  Con- 
stante a 

2(a  — x)  =  b. 

Eliminirt  man  daher  aus  diesen  beiden  Gleichungen  die  Gröfse 

a,  so  erhält  man 

y*=bx  +  ib* 

für  die  umhüllende  Curve,  die  also,  wie  man  sieht,  die  Apol- 
lonische Parabel  ist. 

Dieselbe.  Gleichung  fand  Leibsitz1,  aber  als  Auflösung 
einer  ganz  anderen  Aufgabe.  Er  suchte  nämlich  die  Curve, 
für  welche  die  Gleichung  statt  hat 

(Normale)2  =b .  (x  +  Subnormale) , 

wo  b  eine  Constante  ist* 


1    Acta  Sraditprum.  Lips«  Ana.  1694« 


1193     .  Umhüllung. 

Diese  GMchoDg  labt  sich,  da  bekanntlich 

Normale  es  jfcVdx*  +  dy* 
und 

Subnormale  e=  ^p- 

ist,  auch  auf  folgende  Weise  ausdrücken 

Äıb  +  r±b*+bx-y«..    <A) 

Es  mochte  ihm,  dem  deutschen  Erfinder  der  damals  Doch 
wenig  entwickelten  Infinitesimalrechnung!  Schwierigkeit  gemacht 
haben ,  das  Integral  dieser  Gleichung  (AJ  zu  finden  9  aber  sein 
Scharfsinn  bahnte  ihm  einen  anderen  neuen  Weg,  indem  er 
die  gesuchte  Curve  durch  die  auf  einander  folgenden  Durch- 
schnitte von  Kreisen  entstehn  läfst,  deren  Mittelpuncte  alle 
auf  der  Axe  der  x  liegen.  Dann  wer4en  die  Halbmesser  die- 
ser Kreise  die  Normalen  der  gesuchten  Curve  seyn  und 
die  Summe  der  Abscisse  Und  Subnormale  wird  gleich  der  Ab- 
scisse  des  Mittelpuncts  seyn.  Heifst  daher  a  die  Abscisse  des 
Mittelpuncts  und  r  der  Halbmesser  des  Kreises,  so  ist  die 
Gleichung  desselben 

y*  +  (x-a)*  =  rS 

und  da  nach  der  Bedingung  der  Aufgabe  ra  =  b.a  ist,  so 
hat  man 

y2  +  (x  —  a)2=b.cu 

In  dieser  Gleichung  läfst  Leibbtite  blofs  die  Grtffse  a  varii- 
ren,  wodurch  er  erhält 

a  s=  4b  +  x,    * 

und  indem  er  diesen  Werth  von  a  in  der  vorhergehenden 
Gleichung  substituirt,  erhält  er 

y*=bx  +  $b» 

für  die  Parabel,  wie  zuvor.  Allein  das  wahre  allgemeine  In- 
tegral der  gegebenen  Gleichung  (A)  ist ,  wie  man  Jetzt  aus  je- 
dem Compendium  dieser  Wissenschaft  lernen  kann, 

x  —  C  +  Y  £ba  +  bx— y*=0, 
wo  C  die  Constante  der  Integration  bezeichnet.      Diese  Glei- 
chung gehört 'bekanntlich  für  einen  Kreis,  dessen  Halbbesser 


Umhüllung.  im 

H»p>(*b+0) 

und  dessen  Goordinaten  des  Mittelpuncts 

X  =  -Jb +C  und  Y=0 
sind,  so  dais  also  auch  hier  der  Halbmesser 

R  rrtl^bTX 

ist.     Allein  auch  die  obige  Gleichung 

y*  =  bx  +  ±b* 

der  Parabel  thut  der  gegebenen  Gleichnng  (A)  genug ,  kanii 
aber,  da  sie  keine  allgemeine  Constante  enthalt,  nicht  als  das 
Integral,  sondern  nur  als  eine  particulttre  Auflösung  der  Glei- 
ch o  Dg  (A)  angesehn  werden. 

Dieses  war  der  erste  Versuch,  die  Differentiation  auch 
auf  die  constaoten  Größen  auszudehnen.  Er  führte  Lkibhitz 
zu  einem  Fehlschluß ,%  aber  er  mufs  doch  als  der  Keim  einer 
der  wichtigsten  Entdeckungen  und  einer  der  interessantesten 
Erweiterungen  der  Analysis  angesehn  werden. 

Es  bewege  sich,  in  einem  zweiten  Beispiele,  der  Mittel** 
pu*ft  eines  Kreises  vom  konstanten  Halbmesser  r  auf  einer 
krummen  Linie,  deinen  Gleichung  durch  x^9S  lind  yt=^| 
gegeben  ist«  Um  die  Curve  zu  finden,  welche  alle  dies* 
Kreise  umhüllt,  hat  man  für  die  Gleichung  des  Kreises  in  ir- 
gend einer  seiner  Lagen 

(x-a)«+(jr-»5pa)»»r» 
und  davon  ist  du  Differential  an  Besiehung  auf  a 

x  —  a  +  (y—q>a).  -^  =0, 

so  defs,  dem  Vorhergehenden  zufolge,  "die  Elimination  der 
GrtiCse  a  ans  diesen  beiden  Gleichungen  die  gesuchte  Glei- 
chung der  umhüllenden  Curve  geben  wird«  Ist  also  für  ei- 
nen besondern  Fall  die  Curve,  auf  deren  Peripherie  sich  der 
Mittelpunct  jenes  Kreises  bewegt,  wieder  ein  Kreis  vom  Halb* 

messer  R,  so  hat  man 

» 

also  »ind  auch  jene  zwei  Gleichungen 

(x—  o) »  +  (y  —  /ft»  — q»)»  =si»  \ 

(k—  «)  fE*  —  «»— ay+a  r »•—••■■  0  /* 
DL  Bd.  Gggg 


U94  Umhüllung. 

Die  letzte  dieser  zwei  Gleichungen  gitbt 

R,x 

t  und  dieser  Werth  von  a  in  der  ersten  «ubstkairt  gM* 

x2+y*=(R±r)2 

für  die  gesuchte  einhüllende  Curve,  die  demnach  aus  zwei 
dem  vorigen  concentrischen  Kreisen  beatehn  wird,  von  denen 
der  eine  R  +  r  und  der  andere  R  —  r  zum  Halbmesser  ha- 
ben wird. 

Durch  dasselbe  Mktel  der  Differentiation  der  Constan- 
ten lassen  sich  auch  mehrere  andere  interessante  Aufgaben 
auflösen.  Wenn  z.  B.  eine  .gerade  Linie  'sich  so  bewegen  soll, 
dafs  die  Summe  ihrer  Entfernungen  von  dem  Anfangspuncte 
der  Coordinaten,  in  der  Axe  der  x  und  der  y  gezahlt,  immer 
gleich  einer  oonstanten  Gröfse  c  ist,  so  läfst  sich  anch  leicht 
diejenige  Curve  finden,  die  durch  die  auf  einander  folgenden 
Durchschnittspuncte  dieser  Geraden  mit  ihrer  nächstliegenden 
entsteht.  ,lst  nämlich  a  die  Entfernung  dieser  Geraden  vom 
Anfange  der  Coordinaten  in  der  Richtung  der  x  und  ebenso 
b  in  der  Richtung  der  y,  so  ist  die  Gleichung  der  Geraden 
in  irgend  einer  ihrer  Lagen 

a+b~  ,f 

und  da  nach  der  Bedingung  der  Aufgab« 

•  +b  =« 
seyn  soll,  so  hat  man  auch  - 

Das  Differential  det  letzten  Gleichung  in  'Beziehung  auf  a  ist 
aber  1 

•  —  *{*  +  *  — y)   , 

und  dieser  Werth  von  a  in  der  vorhergehenden  Gleichung 
substituirt.giebt 

(y  —  x)*  —  2c(x  -fy)  +  c*  =  0 

für  die  Gleichung  der  gesuchten  Cuc»e,  die  demnach  eine 
Parabel  iit.  Soll  sich  aber  die  Gerade  so  bewegen,  dafs  ihr 
senkrechter1.  Abstand    vom    Anfange    der   Coordinaten    immer 


Umhüllung«  '  1195 

« 

gleich  einer  constanteö  Gräfte  R  ist ,  so  hat  man,  wenn  a  den    ' 
Winkel  der  Geraden   mit  der  Axe  der  x  >  bezeichnet«    für  die 
Gleichung  der  beweglichen  Geraden 

xSin.a +yCos.a  =  R. 

Das  Differential  dieses  Ausdruck»  in  Besiehung  auf  a  giebt 
aber 

Tang.a=|, 

also  hat  man  auch,  wenn  man  diesen  Werth  von  a  in  der 
vorhergehenden  Gleichung  substituirt, 

x2  +  y*  =5  R* 

für  die. gesachte  Curye,  die  durch  die  Durchscfanittspuncte  der 
erwähnten  beweglichen  geraden  Linie  entsteht*  Diese  Curve 
ist  daher  ein  Kreis  vom  Halbmesser  R. 

Die  einfachste   und  zugleich  ganz  allgemeine   Gleichung 
einer  geraden  Linie  ist  bekanntlich 

y  =  ax  +  bf 

wo  von  den  beiden. Constanten  a  die  trigonometrische  Tan-' 
genta  des  Winkels  bezeichnet,  welchen  die  Gerade  mit  der 
Axe  der  x  bildet«  und  b  die  Ordinate  y  der. Geraden  für  den 
Anfangspunct   der   Coordinaten   oder  für  x  «=  0  ist.      Nimmt 

man  nun  die  Gröfse  b  =  c«a*,  wo  c  und  n  beständige  Grä- 
ften bezeichnen9  so  wird  die  Gleichung  der  Geraden 

y  =  ax  4-  c.a"     .  .  .     (I) 

1  .   .  . 

Sey  6M  diese  Gerade,  AX  und  AY  die  senkrechte/i  Coordi-Fjg. 
natenaxen,  also  AM=  b  und  a  gleich  der  Tangente  des  Win-      * 
kels  MBA«     Aendert  man  nun  $ie  Gctifse  AM  =  b,    so  dafs 
z.  B.  der  neue  Werth  von  b  gleich  b'  =  ^  m  wird  ,  so  wird 
man*  daraus  auch  den  nenen  Werth  von  a  oder  a'=Tang«MbA 
.mittelst  der  oben  aufgestellten  Gleichung  b'sc.i"  oder 

finden«  und  sonach  die  neue  Lage  der  Geraden  mb  bestim- 
men kOnnen«  wo  dann  die  beiden  Geraden  MB  und  mb  sich 
irgendwo  in  einem  Puncto  n  schneiden  werden.  Ist  ebenso 
W  =Am'  ein  dritter  Werth  von  b «  so  findet  man  den  dazu- 

Gßßg  2 


1196  .     Umhüllung. 

gehörenden  W«rth  tob  a  «der  ft"  b*  Tang.  MVA  dnrcb 
Gleichung 


/? 


und  man  wird  daher  auch  diese  dritte  Lage  m'b'  verzeichnen 
können,  wo  dann  die  zweite  und  dritte  Lege  sich  im  Puncto 
n  schneiden  mögen.  Ebenso  erhalt  man  für  einen  vierten  Werth 
von  b  =  A  m"  die  Lage  m"  b",  welche  die  vorhergehende 
m'  b'  im  Puncte  n"  schneidet,  u.  s.  w.  Nimmt  man  daher 
die  ersten  willkürlichen  Werthe  von  b,  V,  b"..  nur  sehr 
wenig  unter  einander  verschieden  an«  so  werden  auch  die'  er- 
wähnten Durchschnittspuncte  n ,  n,  n"  •  • .  sehr  nahe  an  ein« 
ander  liegen,  und  sie  werden ,  wenn  sie  einander  in  der  That 
unendlich  nahe  sind,  «ine  continnirliche  Curve  bilden,  deren 
Gleichung  zwischen  den  veränderlichen  Goordinaten  AP  =  x 
und  PQ  =  y  wir  nun  suchen  müssen«  Allein  diese  Glei- 
chung folgt,  nach  dem  Vorhergehenden,  sofort  aus  der  Glei- 
chung (I),  wenn  man  dieselbe  blofs  in  Beziehung  auf  die 
Gräfte  a  differentürt.  Durch  dieses  Verfehlen  erhält  na« 
nämlich 

t_ 

•*  sc*—  - — .   oder  a  ob  (  -*-  *— *  1  t 

no  \      nc/ 

und  wenn  man  diesen  Werth  von  a  in  der  Gleichung  (I) 
substituirt«  so  erhalt  man  für  die  gesuchte  Gleichung  der  Curve 
nn'n".  •  .  den  folgenden  Ausdruck 

Diese  Gleichung  (II)  giebt,  um  nur  einige  spezielle  Falle  kort 

anzuführen, 

x* 

für  n  =     2    •    .    •    y  =  —  — 

4c 

und 

für  n  =  — 1    .    •    .    y  ==2fKc«> 


also  in  beiden  Fällen  die  Apollonisohe  Parabel.  Für  n  es  —  2 
aber  erhält  man 


-     Umhüllung.  1197 

y»=—  ex* 

od«  die  Neifushe  Parabel,  and  ebenso  giebt  d»|  die  Glei- 
chung 

4xy  4.o«c«0 
der  gleichseitigen  Hyperbel  u.  8.  w. 

Die  vorhergehenden  interessanten  Betrachtungen  lassen 
sich,  wie  man  ohne  Mühe  sieht,  auch  leicht  auf  die  Bestim- 
mung solcher  Flächen  anwenden,  welche  durch  die  stetige 
Aufeinanderfolge  oder  durch  die  fortwährende  gegenseitige 
Schneidung  einer  gegebenen  Fläche  entsteht),  die  sich  nach 
einem  bestimmten  Gesetze  bewegt.  Wenn  z,  B.  der  Mittel- 
punet  eines  Ellipsoids  sich  auf  der  Peripherie  eines  Kreises 
oder  einer  Parabel  bewegt,  so  werden  sich-  je  zwei  nächste 
Lagen  dieses  Ellipsoids  in  irgend  einer  krummen  Linie  schnei- 
den, und  die  Aufeinanderfolge  dieser  Durchschnittscurven  wird 
eine  Flache  bilden,  welche  das  Ellipsoid  in  allen  seinen 'La- 
gen umhüllt  und  berührt  und  welche  daher  die  einhüllende 
Fläche  aller  dieser  EHipsoide  seyn  wird« 

Sey  überhaupt  U  =  0  die  Gleichung  einer  solchen  be- 
weglichen Flache  zwischen  den  drei  senkrechten  Coordinaten 
x,  y,  z  und  irgend  einer  Constante  a.  Giebt  man  dieser 
Gröfse  a  nach  und  nach  alle  mögliche  Werthe,  so  wird  man  , 
eine  Folge  von  Flächen  erhalten,  deren  jede  von  den  andern 
nur  durch  ihren  besondern  Werrh  von  a  verschieden  ist. 
Giebt  man  z.  B.  der  Gröfse  a  den  ihr  nächstfolgenden  VVerth 
a-J-da,  so  hat  man  die  Gleichung  der  nächstfolgenden  Flä- 
che, die  duroh  ihre  Gestalt  und  Lage  von  der  vorhergehen- 
den nur  unendlich  wenig  verschieden  seyn  und  daher  auch 
diese  im  Allgemeinen  in  irgend  einer  Curve  schneiden  wird. 
Diese  Curve  ist  aber  offenbar  nichts  Anderes,  als  die  gemein- 
schaftliche Berührungslinie  der  beiden  eingehüllten  Flächen  mit 
inrer  einhüllenden,  and  die  Puncto  dieser  Curve  werden  die- 
jenigen der  ersten  eingehüllten  Fläche  seyn,  für  welche  die 
Werthe  von  x,  y,  z  sich  nicht  ändern,  während  sich  a  in 
a  +  5a  ändert,  das  heifst  also:  differentiirt  man  die  gegebene 
Gleichung  U  =  0  blofs  in  Beziehung  auf  a ,  so  gehört  die 
resultirende  Gleichung  für  jene  Durchschnittscurve  den  beiden 

r 


'  » 


1198  '         Umhüllung. 

nächsten  Flachen ,  und  da  diese  Curve  auch  zugleich  ganx  auf 
der  ersten  dieser  zwei  Flächen  liegen  mufs,  so  sind  die  bei- 
den Gleichungen  der  Curve ,  in  welcher  sich  zwei  nächste  ein- 
gehüllte Flächen  schneiden, 

U  =  0    ...  .     (1) 

und  diese  Curve  ist  zugleich,  wie  bereits  bemerkt,  diejenige, 
in  welcher  zwei  nächste  eingehüllte  Flächen  von  der  sie  um« 
schliefseoden  einhüllenden  Fläche  berührt  werden.  Diese 
Curve  wird  nach  Mobge,  dem  wir  diese  ganze  schöne  Theo-* 
rie  verdanken,  die  Charakteristik  genannt1.  Giebt  man  also 
in  den  beiden  Gleichungen  (I)  und  (II)  der  Gröfse  a  nach 
und  nach  alle  mögliche  Werthe,  so  erhalt  man  auch  alle  au£ 
einander  folgende  Charakteristiken ,  die  sich  sämmtlich  auf  der 
gesuchten  einhüllenden  Fläche  befinden  und  aus  denen  diese, 
wenn  man  so  sagen  darf,  gleichsam  zusammengesetzt  ist. 

Eliminirt  man  daher  aus  diesen  beiden  Gleichungen  die 
jede  einzelne  Charakteristik  particularisirende  Gröfse  a,  so  er- 
hält man  in  x,  y,  z  eine  einzige  Gleichung,  welche,  da  sie 
von  a  ganz  unabhängig  ist,  für  alle  Charakteristiken  susam- 
men,  d.  h.  also,  welche  für  die  gesuchte  einhüllend*  Fläche 
selbst  gehören  wird. 

Möhoe  geht  in  seinem  angeführten  Werke  noch  weiter^ 
indem  er  auch  die  zweiten  Differentiale  der  gegebenen  Glei- 
chung U  =5  0  in  seine  Betrachtungen  mit  aufnimmt.  Indem 
Wir  aber  hier  diese/dem  Physiker  weniger  nothwendigen,  Er- 
weiterungen übergehn,  wollen  wir  das  Vorhergehende  durch 
einige  Beispiele  deutlicher  zu  machen  suchen. 

Auf  der  Ebene  der  xy  «ey  irgend  eine  Curve  verzeich- 
net, deren  Gleichung 

y  =  yx 

seyn  soll.  Auf  dieser  Curve  bewege  sich  der  Mittelpunct  ei- 
ner Kugel  vom  Halbmesser  r.  Man  suche  diejenige  Flache, 
welche  diese  Kugel  in  allen  ihren  Lagen  umhüllt. 


1    Application    de   PAnalyte    a    la    Ge'ome'trie.     4mc   e*d,   Paris 
1809.    4. 


Umhüllung.  1199 

r  * 

Ät  a  der  Werth  von  x  für  irgend  eine  bestimmte.  Lage 
des  Mittelpuncts  der  Kugel,  altfo  euch  qpcc,  nach  der  Glei- 
chung y  =  qpx,  der  ihm  entsprechende  Werth  yon  y,  so  hat. 
njan  für  die  Gleichung  der  bewegliehen.  Kugel 

(x—  a)*  +  (y-T 9>a)2-fz*=x*  ...     (I) 

Diffievenrürt  man  diese  Gleichung  in  Beziehung  auf  et  und  setzt 

der  Kürze  wegen  q>  a  —   ■  *       ,  so  erhalt  man 

da 

x  —  a+(y^-q>a).<pa  =0  •  .  .  (II) 
fand  die  Gleichungen  (1)  and  (II)  zusammengenommen  gehö- 
ren für  die  Charakteristik  der  gesuchten  einhüllenden  Flache«. 
Eliminirt  man  aber  ans  diesen  zwei  Gleichungen  die  Gröfse 
a,  so  erhalt  man  eine  Gleichung  in  x,  y,  z,  welche  die  ge- 
suchte Gleichung  der  einhüllenden  Flache  selbst  ist.  Da  dies« 
Blimination  nicht  vorgenommen  werden  kann,  so  lange  die 
Function,  qpx  oder  (pa  nicht  bestimmt  ist,  so  wollen  wir 
für  einen  speciellen  Fall  dieses  allgemeinen  Beispiels  anneh- 
men, dafs  die  erwähnte  Kugel  vom  Halbmesser  r  mit  ihrem 
Mittelpnncte  anf  der  Peripherie  eines  in  der  Ebene  der  xy 
liegenden  Kreises  vom  Halbmesser  R  einhergehe«  Dadurch  wird 
die  .Function  y  a  dahin  bestimmt ,  dafs  man  hat  * 

a>a=  KR8  — aa, 
also  ancb 

demnach,  gehen    die    zwei    obigen    Gleichungen    in    folgende 
aber ; 


(x-«)*  +  (y~KA*-Oa  +  **  =  *2      ..     0) 

ay  .   «         v 

Diese  zwei  Gleichungen  (I)  nnd  (II)  zusammen  genommen, 
gehören  für  die  Charakteristik.  Man  sieht,  dafs  diese  Cha- 
rakteristik eine  ebene  Qurpe  ist  und  dafs  sie ,  wie  die  Glei- 
chung (II)  zeigt,  in  einer  auf  xy  senkrechten  Ebene  steht« 

Nennt  man  k  den  Winkel,  welchen  die  Durchschnittslinie 
dieser  Ebene  in  der  coordinirten  Ebene  der  xy  mit  der  Axe 
der  x  bildet,  so  ist 


'     ,    t300  Umhüllung* 

Tang.k  =  2, 
«I»o  auch  vermöge  dir  Gleichung  (II) 

Tang.k=j — ^1—  oder  Co».  k=  =• 

dubstituirt  man  aber  den  Werth  ton  y  aus  (II)  in  der  Glei- 
chung (I),  so  erhält  man 

welche.  Gleiohung,  wenn  man  in  ihr  K=rxf  Cos,  k  Seist,  in 
folgende  übergeht: 

(x'  —  R)*  +  z*=t», 

das  heifst:  die  Charakteristik  ist  ein  Kreis  vom  Halbmesser  r, 
dessen  Mittelpuoct  vom  Anfangspuncte  der,  Coordinaten  um 
die  Distanz  R  absteht.  Elimioirt  man  endlich  aus  den  beiden 
Gleichungen  (I)  und  (II)  die  Gröfse  a,  so  erhält  man  für  die 
gesuchte  Gleichung  der  Enveloppe  aller  jener  beweglichen 
Kugeln 

oder,  was  dasselbe  ist, 

xa  +  ya  +  z2_  R2  +  ra  +  2R  Kr2  —  z2. 

Nehmen  wir  in  einem  zweiten  Beispiele  an ,    dafs  der  Mittel« 

punct  eines  Sphäroids,    das  durch   die  Rotation  einer  Ellipse, 

deren  große  und  kleine  Axe  2a  und  2b  sind,  entstand,  sich 

auf  der  Peripherie  des  in  der  Ebene  der  xy  liegenden  Kreises 

vom  Halbmesser  R   bewege ,     so  hat  man  für   die  Gleichung 

dieses  Sphäroids 

b*z*    • 

oder  für  unsern  Fall 

(*-«)*+ (jr-7  R*_«')*+  ^«=  b«     ...     (I). 

Das  Differential  dtt   letzten   Gleichung   in  Beziehung  auf  a 
aber  ist 

oder  einfacher 


Umhüllung  1201 


Eliminirt  man  aus  den  Gleichungen  (I)  and  (II). die  Gräfte  a, 
so  erhalt  man  für  die  gesuchte  Gleichung  der  einhüllenden 
Fläche  dieser  Sphäroids 


x*   .   2Rbw   Ä 


oder,  was  dasselbe  ist, 

y*+y*+z*±sfL*  +  h*+  (e*— b»)  ~  +  if^f  **_  z 

Setzt  man  in  diesem  Ausdrucke  a=b  =  r,  so  erhält  man 
das  bereits  zuvor  gefundene  Resultat» 

Betrachten  wir  noch  die  Bewegung  eines  Kegels  mit  kreis- 
förmiger Basis,  dessen  Axe  mit  der  Seitenlinie  einen  Winkel 
bildet,  dessen  Tangente  gleich  a  ist*  Wenn  der  Scheitel  die« 
Bes  Kegels  in  der  Ebene  der  xy  ttnd  die  Axe  desselben 
senkrecht  auf  dieser  Ebene  steht',  so  ist  die  Gleiehung  des 
Kegels 

x*+y*=»a*z*. 

Bewegt  sich  der  Scheitel  dieses  Kegels  in  der  Peripherie  ei- 
nes Kreises,  dessen  Halbmesser  R  ist  und  der  in  der  Ebene 
der  xy  liegt,  so  hat  man,,  wenn  man  den  Mittelpunkt  dieses 
Kreises  sum  Anfangspuncte  der  Coordinaten  macht,  für  die, 
Gleichung  des  Kegels  in  irgend  einer  seiner  Lagen 

(x  —  <*)»  +  (y  —  Vk*—  aJ)»  a  a*z»  ...    (1) 
und  davon  i«t  das  Differential  in  Beziehung  auf  die  Gröfse  a 

Die  letzte  Gleichung  giebt 

Rx 

a=3ix*+y5' 

abo  hat  man,  wenn  man  diesen  Werth  von  a  in  der  Glei- 
chung (I)  substituirt,  für  die  gesuchte  Gleichung  der  alle  diese 
Kegel  einhüllenden  Fläche 


1202  Umhüllung. 

oder  einfacher,  wenn  man  die  beiden  ersten  Quadrate  auf- 
löst und  dann  alle  Glieder  der  Gleichung  durch  x2  -f"  y? 
dividirt, 

x2  +y2_  a22a  +  Ra_  2R  Tx*  +  y2  =0. 

Setzt  man- in  dieser  Gleichung  z  =  b,  so  erhält  man  für 
einen  mit  xy  parallelen  Schnitt,  der  in  der  Höhe  b  über  der 
Ebene  der  xy  statt  hat,  die  Gleichung 

x2-|-y2— 2Rlrx2  +  y2  +  R2=a2.b2 
oder 

,  (R—  rx*  + y2)*=m*b2, 
also  auch 

x2  +  y2  =  (B+ib)2, 

so  dad<  also  dieser  Schnitt  der  alle  Kegel  umhüllenden  Flache 
ein  doppelter  concentrischer  Kreis  des  Halbnressers  R  +  ab 
und  R  —  ab-seyn  wird. 

Das  Vorhergehende  hangt  auf  das  Innigste  mit  der  Lehre 
von  der  Variation  der  Parameter  zusammen,  die  in  der  Theo- 
rie der  planetarischen  Störungen  eine  so  wichtige  Rolle  spielt 
und  von  der  daher  hier  wenigstens  eine  kurze  Anzeige  gege- 
s  ben  werden  soH.  Es  ereignet  sich  nämlich  sehr  oft  bei  hö- 
heren analytischen  Untersuchungen,  dafs  eine  DifTerentiarglei- 
cjmng  sehr  leicht  integrabel  wird,  wenn  man  in  ihr  ein  Glied, 
das  gewöhnlich  gegen  die  anderen  sehr  klein  ist,  gleich  Null 
setzen  oder  gänzlich  verschwinden  lassen  kann«  Dieses  ist 
z.  B.  der  Fall  mit  der  Gleichung 

_  +  a*x+a.Cos.mt  =  0, 

wo  x  und  t  die  veränderlichen  und  a,  a  und  m  con&tante 
Gröfsen  bezeichnen.  Diese  Gleichung  kommt  in  der  Theorie 
der  Perturbationen ,  welche  die  Planeten  unseres  Sonnensy- 
stems von  einander  erleiden,  sehr  oft  vor,  und  in  ihr  ist  das 
letzte  Glied  a,Cos.  mt,  welches  die  eigentlichen  Perturba« 
tionen  enthält,  gegen  die  übrigen  Glieder  gewöhnlich  sehx 
klein.  Setzt  man  dieses  Glied  vollkommen  gleich  Null,  so 
erhält  man  die  Gleichung 


2+*2x  +  a.C6*.mt=zO 


Umhüllung,  1303 

die  bekanntlich  für  die  ungestörte  Bewegung  eines  Planeten 
am  die  Sonne  gehftrt.  v  Das  Integral  dieser  letzten  einfachen 
Gleichung  ist  aber,  wie  man  weifs, 

x=s  A  Cos.  (at — B), 

wo  A  und  B  die  zwei  Consta nfen  bezeichnen,    die  durch  die 

<  *  . 

doppelte  Integration  eingeführt  werden.  Wenn  nun  aber  auf 
diese  Weise  das  Integral  dieser  einfachem  Gleichung 

bekannt  ist,  welches  wird  das  gesuchte  Integral  der  oben  ge- 
gebenen Gleichung 

«*yn,  vorausgesetzt,  dafs  a  eine  sehr  kleine  Gröfse  bezeich- 
net? Da  beide  Differentialgleichungen  unter  sich  ähnlich  und 
nur  durch  das  sehr  kleine  Glied  a.Cos.  mt  verschieden  sind» 
so  wird  die  Voraussetzung  erlaubt  seyn,  dafs  auch  ihre  zwei  Inte- 
grale unter  sich  ahnlich  und  ebenfalls  nur  durch  solche  Glieder, 
welche  die  sehr  kleine  GröTse  a  als  Factor  enthalten,  verschieden 
leyn  werden,  ja  dafs  vielleicht  die  oben  aufgestellte  Gleichung 

x=  ACos.  (at  —  B),     , 

die,  das  Integral  der  ersten  einfacheren  Gleichung  ist,  auch 
zugleich  das  Integral  der  zweiten  Differentialgleichung  vorstel- 
len kann,  wenn  man  nur  die  zwei  willkürlichen  constanten 
Gräften  A  und  B  oder,  wie  sie  auch  genannt  werden,  wenn 
man  nur  die  Parameter  A  und  B  nicht  mehr,  wie  zuvor,  als 
beständige,  sondern  wenn  man  sie  selbst  wieder  als  veränder- 
liche Gröfsen  betrachtet.  Nehmen  wir  also,  um  diese  Voraus- 
setzung näher  zu  untersuchen,  an,  dafs  von  der  oben  aufge- 
stellten Gleichung,  dis  wir  so  schreiben  wollen 

|^.  +a*x  +  a.Cos.mt=0  ...  (I) 

das  gesuchte  Integral  ebenfalls  die  Form 

x=  A'.Cos.(at  —  B') 
haben  soll,    wo   aber  die  beiden  Gröfsen  A'  und  B'  kleinen, 


1204  Umhüllung. 

von  der  ebenfalls  kleinen  Gröfce  a  abhängigen  Veränderungen 
unterworfen  seyn  sollen.  Unter  den  nnzähligen  Wegen,  auf 
welch« o  man  dieser  letzten  Annahme  tntsprechen  kann ,  wird 
ohne  Zweifel  einer   der   einfachsten   der  seyn,    dafs  man  die 

beiden    Werthe    des    ersten    DiirerentialcoefBcienten  j-    und 

VL  der  beÜen    aufgestellten  Differentialgleichungen    ab 

Serseiben  Form  voraussetzt.    Nun  ist  aber   von  der  Gleichung 

-      x'=A'Cos.(at  —  B') 

das  erste  Differential  in  Beziehung  auf  alle  in  ihr  enthaltenen 
veränderlichen  Gröfse n 

,    ?£=— aA'Sin.(at-B')+|^.Cos.(at  — B) 

+  A'  ~^.Sin.(at  —  B'> 

Von  dem  bekannten  Integral  ( 

x  =  ACos.(at— B') 
unserer  einfachen  Gleichung 

ist  aber  das  erst«  Differential 

S 


^r-  =  — a  A  .  Sin.  fa  t  — B), 
dt  ' 


0 


x 


und  da,   unserer  Annahme  gemafs,  die  Werthe  von  -jr— •     und 

öx' 
von  ___  dieselbe  Form  haben   sollen .     so  hat   man  die  beiden 

dt 
Bediogungsgleichungen 

|^=—  aA'.Sin.fat  — B') 

dt  v  ' 

und 

P- .  Cos.  (•  t-  B')  4-  A'  %£- .  Sin.  (« t  -  B) 
et  o  t 

dx 
Difterentiirt   man    aber  den  Ausdruck  von   ttt  und  substituirt 

dt 

dann  den  Werth  desselben   in  der  gegebenen  Gleichung  (I), 

ao  erhält 


Umhüllung«  1204 

0«^Sin.(et^  B')->-A'  ^Cc*(at~Bf)^?Coe.nin 

Am  dieser  und  der  letzten  Gleichung  findet  man  aber  för  die 

B  A#  B  B* 

beiden  Differentialcoe&cienten  * —  und  g — *  folgende  Wer the  j 

S  A'      a 

*_ — es-  Sin.fat — B')Cos.mt, 
dt        a  v  '  • 

SB*  m 

-= —  = ^Cos.fat —  B')Co5.mt. 

dl  <  aA  y 

Ana  dieaen  beiden  Differentialausdrüokan  wird  man  aber  auch 
leicht  die  zwei  Integrale  für  A'  und  B'  finden ,  wenn  man  an- 
nimmt, dafa  diese  Gröfsen  A'  und  B'  ven  awei  andern  con- 
fttnten  Gröfsen  A  und  B  nur  so  wenig  verschieden  sind,  dafs 
mm  in  den  beiden  letzten  ,  in  die  Gröfse  a  mnltiplicirten  Glie- 
dern diäte*  Gleichungen  A  fiir  A'ondB  für  B'  setzen  darf«  Dann 
hat  man  nämlich 

x'=A'Cos.(at— B') 
und  damit  erhalt  man  sofort 

«ad 


i 


B'=B  — 


a       "     .a  Sin.(at  +  mt— B) 
2a(a-f-m)A  v 


r  Sin.(at— mt~-B), 


2a(a— m)A 

«ad  dadurch  sind  die   beiden   gesuchten  Gröfsen  A'  und  BT 
Wimmt,  nnd  sonach  ist  auah  das  Integral  der  Gleichung  (I) 

gegeben. 

Allgemeiner  noch  stellt  diesen  wichtigen  Gegenstand  La- 
HAci  *  dar.    Er  nimmt  nämlich  die  Gleichung  an 

|^  +  *+«Q=0...(ii) 


1  Mtfeaaiqae  eälette.  T.  I. 


1206  Um  bull  an  g. 

dx 
wo  P  und  Q  Functionen   von  x,   t    und  von  -£—     vorstellen 

und  wo  a  ein  sehr  kleiner  constanter  Factor  ist,  '  Das  Integral 
dieser  Gleichung  für  den  Fall,  wo  a  gleich  Null  ist,  sey  be- 
kannt! man  suche  das  Integral  der  gegebenen  Gleichung  (II). 
Differentiirt  man  das  gegebene  Integral  zweimal  in  Beziehung 
auf  x  und  t ,  so'  erhält  man  zwei  Gleichungen ,  aus  denen 
man  durch  Elimination  die  Werthe  der  zwei  Constanten  G 
und  C  finden  kann,  die  in  diesen  zwei  Gleichungen  enthal- 
ten sind.       Diese   Constanten   werden  natürlich  in  Functionen 

Sx 
von  x,  tund  ^—  ausgedrückt  seyn.     Nennt  man  also  Vund  V 

diese  zwei  Functionen,    so  kann  man   diese  zwei  Constanten 
so  darstellen 

.      C=VundC,=  V/, 

und  diese  zwei  Gleichungen  sind  offenbar  die  zwei  ersten  In- 
tegrale von  der  gegebenen  Gleichung 

dt*  ^  V 

und  sie  werden  durch  die  Elimination  von  j-  das  gesachte 
zweite  oder  endliche  Integral  dieser  Gleichung  wieder  geben. 

Differentiirt  man  aber  die  beiden  letzten  Gleichungen  noch 
einmal,  so  erhalt  man 

öV=0unddV'=0, 
und   da  diese    Ausdrücke    vollständige   Differentialgleichungen 
der    zweiten  Ordnung   sind,     so  kann  jede  von   ihnen  nichts 
Anderes  seyn!  als  die  gegebene  Gleichung 

'   B*x 

selbst,  mit  irgend  einem  Factor  multifriicirt.  Nennt  man  also 
Fdt  den  Factor  dieser  letzten  Gleichung,  der  die  Glei- 
chung <9V  =  0  giebt,  und  ist  ebenso  F'dt  der  Factor  der  Glei- 
chung dY  =  Q,  so  hat  man 


und 


*v-'»u(£r+0 


.Umhüllung.  007 

Nun  ist  es  afcer  J*hr  leicht  ,•  diese  Factoren>  F  Und  F*  zu  be- 
stimmen ,    wenn  einmal  die  Groben  V  und  V  bekannt  sino% 

Denn  F  ist  offenbar  iei  Factor  von  ^r-s    in  dem  Differentiale 

von  V,   und  F  ist  der  Factor  von  F-j-in   dem  Differentiale 

von  V'.  Da  man  also,  nach  der  Voraussetzung,  die  Werthe 
ten  V  und  V  kennt ,    ßo  darf   man  nur   die   Faotoren   von 

j-j-  aus  diesen  beiden  Wejrtben  suchen,  um  die  Werthe  von 

F  und  F'  zu  erhalten.  Gehn  wir  dann  wieder  zu  der  ur- 
sprünglichen Gleichung  (II)  zurück  und  multipliciren  wir  sie 
durch  Fdt  und  F'öt,  so  erhalten  wir 

0  =  dV  +adt.FQ     . 
und 

0  =  SV/  +  «5t.FfQ, 

und  davon  find  die  Integrale 

C  —  «/flt.FQ  =;  V,. 
C  —  aJdt.F'Q  =  V'. 

Auf  diese  Weise  hat  man  also  zwei  Differentialgleichungen, 
welche  dieselbe  Forin  haben,  wie  in  dem  Falle,  wo  o  =  0 
isr,  mit  dem  einzigen  Unterschiede,  dafs  man  statt  der  will- 
kürlichen Constanten  C  und  C  die  Grössen 

C-*.  afdt.FQ  und  C—afdt.FQ 

setzt.    Wenn  man   aber   unter  der  Annahme  von  a  =  0  ens» 

den  zwei    Integralen  C  =  V  und   C  =  V'  die   Gröfse  — 

eliminirt,  so  erhält  man,  wie  wir  oben  gesehn  haben,  das 
tödliche  Integral  der  Gleichung 

0  =  —  +P 

also  erhält  man  auch  das  endliche  Integral  der  oben  aufge- 
stellten Gleichung 

0=|^  +  P+aQ, 

t 

wenn,  nun  Mol«  in  dem  vorhergehenden  Integrale  die  Größen 
C  and  C  in 


1506  Umhiülviigt 

C— aJdt.FQ  und  C-~mfduVQ 
verwandelt. 

Um  das  Vorhergehende  auf  einen  besondern  Fall  anzu« 
wenden  |  sey  die  Gleichung  gegeben 

d*x 

wo  a  ein«  sehr  kleine  Gröfse  bezeichnet  and  wo  Q  irgend 

5x 
•ine  Function  vom,  t  und  s—  ist« 

'  dt 

Für  a  =  0  hat  man 

und  von  dieser  Gleichung  ist  bekanntlieh  das  zweite  In- 
tegral 

C  C* 

x=s —  Sin.  et  +  —  Coe.at, 

a  '     a  ' 

wo  C  und  C  zwei  Gonstanten  sind«  Von  der  letzten  Gleichung 
ist  aber  das  erste  Differential 

j|  =  CCos.at  —  CSin.at 

und  die  Combination  der  beiden  letzten  Gleichungen  gieht 

dx 
C-9ix  Sin»  at  +  tt  Cos,  et, 

at 

C=ax  Cos.  et  —  -5-  Sin.  at. 

dt 

Dieses  sind  die  zwei  Gleichungen,  die  wir  oben  durch  CsaV 
«nd  C»V'  bezeichnet  haben*      In  der  ersten  dersalbatTitt 

S2x 
der  Factor  von  ^-y  gleich  F  =  Cos.  at,  und  in  der  zweiten 

ist  F/  =  —  Sin«  at«  Um  daher  das  vollständige  Integral  der 
gegebenen  Gleichung  zu  erhalten,  werden  wir,  nach  dem  Vor- 
hergehenden, in  der  Gleichung 

C  C 

x  =  —  Sin.  at  +  —  Cos.  at 
•  ■    a 

blofs  statt  C  die  Gröfse  C  —  o/ßt.FQ  und  statt  C  die 
Grobe  C  <—  a  f  dt.VQ  Substituten,  wodurch  man  er- 
hält: 


Umhüllung.  1209 

C  — g/QatCof-  «t     .. 

=   £— - •  Sm.  at, 


x 

C+  a/Qd*  Sin.at 


•  Cos.  at, 


0=?-,  +  .»x  +  aQ 


4as  heilst,  das  vollständige  Integral  der  Gleichung 

ffhc 

wird  seyn 

C     »  C 

x  =  — .  Sin*  aj  +  —-  Cos,  at 
a  a 

—  -  Sin.at./Q#tCos.at  +  -Cos.at./  Q3tSin.aU 

ft  a 

Ware  z.  B.  die  Gröfse 

oQ  =  A  +  BCos.  mt  +  B'Cos.nt 
+  7?  Sin.  mt    +  //  Sin.  nt 

gegeben ,  so  ist  das  gesuchte  Integral  der  Gleichung  (II) 

x  ==—  -v  4*  —  Sin.  at  +  —  Cos.  at, 
a2  a  a 

B  B' 

+  Z2 l2  C°9'  mt  +   ^2 Iz   C°8#  Dt' 

m*  —  a*  n*  —  a* 

1  Sin.  mt  +  -~ — =  Sin.  nt, 


m2  —  a2  n2  — *aa 

welche  Auflösung  mit  der  vorhergehenden  übereinstimmt. 

Um  diese  Variation  der  Parameter,  von  welcher  wir  im 
Art.  Widerstand  einen  merkwürdigen  Gebrauch  machen  wer- 
*  den,  hier  noch  von  ihrer  geometrischen  Seite  zu  erklären, 
wollen  wir  die  Bewegung  eines  Pendels  noch  einmal  in  Kürze 
betrachten*  Die  ganze  Theorie  dieser  Bewegung,  wie  sie  in 
dem  Art.  Pendel  ausgeführt  worden  ist,  folgt  aus  den  beiden 
Gleichungen 

xBx  +  zdz  =  0  ) 

5x2+  dz2        .    .    A  }  i 

die  bereits  oben  *  .angeführt  worden  sind,   vorausgesetzt,    dafa 

1    S.Art.  Mechanik.  Bd.  VL  8.  1565.  ^ 

Bd.  IX.  Hhhh 


/ 


t2tßr  ,  Umhüllung« 

die  Bewegung  des  schweren,  am  Pendel  befestigten  Körpers 
in  einem  verticalen  Kreise  vor  sich  gehn  soll*  Diese  beiden 
Gleichungen  lassen  sich  selbst  auf  eine ,  einzige  zurückführen, 
ohne  ihrer  Allgemeinheit  Eintrag  zu  thun.  Nimmt  man  näm- 
lich die  beiden  Coqr^inaten  x  und  z  to  an,  daft  man  hat 

x  =3  r  Sin.o  und  *  =  r  Cos.a, 

wo  r  den  Halbmesser  des  Kreises  bezeichnet}  so  verschwin- 
det, wenn  man  die  Werthe  von  dx  =  z#a  und  3y=s — xda 
in  den  beiden  vorhergehenden  Gleichungen  substituirt,  die 
erste  derselben  von  selbst  und  die  zweite  geht  in  die  fol- 
gende über: 

--k—  =1^0  +4gr  Cos.a, 

deren  Differential  in  Beziehung  auf  a  und  t  ist 

dt*    .     r 

und  diese  letzte  Gleichung  ist  es,  welche  die  ganze  Theorie 
des  kreisförmigen  Pendels  enthalt,  so  wie  die  vorletzte  zu- 
gleich die  Geschwindigkeit  desselben  für  jeden  Punct  seiner 
Bahn  giebt. 

Setzt  man  in  der  letzten  Gleichung  den  Winkel  a  sehr 
klein ,  so  hat  man 

^pr  +-j?-«  =  o  .  ♦ .  (in) 

und  ven  dieser  Gleichung  ist  das  Integral 


oder  auch 


X ^.AtcSin.  af  ~?f 


wo  C  die  Constante  der  Integration  bezeichnet.  Wenn  aber 
die  Gleichung  (III)  die  Pendelbewegung  unter  der  Voraus- 
setzung giebt,  dafs  der  von  dem  schweren  Körper  beschrie- 
bene Bogen  nur  klein  ist  und  überdiels  einem  Kreise  vom 
Halbmesser  r  angehört,  so  ist  aus  dem,  was  oben1  gesagt  wor- 

1    &  Art.  PtndtU  fid<  TU.  S.  509.  and  Art.  F«&  Bd.  IT.  S.  22. 


Umhüllung.  121t 

den  ist,  aneh  sehon  ohne  Weitere  Rechnung *  2«  vermutheü, 
dsfs  dieselbe  Gleichung  (III)  auch  die  Bewegung  eines  cyhloU 
daUschen  Pendels  und  zwar .  für  jede  Gröfse  des  Bogens  der 
Cykloide  darstellen  werde.  In  der  That,  wenn  BM  =s  d*n?l5' 
Bogen  einer  Cykloide  DMm  d  Vorstellt,  deren  tiefster  Pnnct  B 
ist,  und  wenn  man  die  Vertioäle  BP  =  x  and  die  Constante 
BE  sah.  nimmt,  wo.  h  die  anfängliche  Höhe  des  bewegti- 
eben  Körpers  im  Punote  D  über  der  darch  B  gehenden  Hot 
montallinie  anzeigt ,  so  hat  man  aus  den  ersten  Gründen  der  . 
Mechanik  für  jede  willkürliche  Curve  den  Ausdruck 

„^ ös 

Die  bekannte  einfachste  Gleichung  der  Cykloide  aber  in 

s*c=  4ax, 

wo  e  der  Durchmesser  des  die  Cykloide  erzeugenden  Kreises 
ist.  Eliminirt  man  aus  diesen  beiden  Gleichungen  die  Gröfse 
x,  so  erhält  man 

a 
für  die  Bewegung  des  cykloidalischen  Pendels ,   die , ,  wie  ge- 

sagt,  mit  der  Gleichung  (Hl)  von  derselben  Form  ist.      Da  - 

a 

eine  ihrer  Natur  nach  positive  Gröfse  ist,  kann  diese  Glei- 
chung auch  so  geschrieben  werden 

|^   +'«*,X=0...(1V) 

Diese  Gleichung  (IV)  drückt  demnach  die  Bewegung  eines 
Pendels  aus,  das  sich  in  einer  vertical  stehenden  Cykloide  be- 
wegt und  auf  welches  blofs  die  Schwere,  ebenfalls  in  verti- 
caler  Richtung,  einwirkt.  Also  drückt  auch,  nach  dem  Vor- 
hergehenden, die  Gleichung 

3lx' 

— -r-  +  a2x'+  aCos.  mt  =0   .  .  ♦   (V) 

0t 

die  Belegung  eine«  cykloidalischen  Pendels  aus ,  auf  welche 
liehst  der.  Schwere  auch  noch  eine  andere  kleinere  Kraft 
als  Pertorhation  der  ersten  Kraft  einwirkt,  welche  Perturbatio? 
die  QröCse  a  Cos,  m  t  ist  und  in  der  Richtung   der  Tangente 

Hhhh.2 


•j-T  +  r#t  ns  0 


1212  Umhüllung. 

der  Curve  liegt.      Wenn  die  Gröfse  a  gleich  Null  weite,    so* 
hätte  man  für  du  Integral  der  Gleichung  (V)  <* 

x'  =  A'Cos.  (at  —  B') 

und  daraus  folgt,  da/s  auch  in  dem  durch  jene  Perturbatio!! 
gestörten  Pendel  der  Ort  des  bewegten  Korpers  für  jede  ge- 
gebene Zeit  t  durch  dieselbe  Formel  bestimmt  werden  kann, 
wie  in  dem  ungestörten  Pendel.  Dieses  unterliegt  auch  kei- 
nem Zweifel,  da  offenbar  dieselbe  Sache  auch  in  derselben 
Form  mit  unzähligen  verschiedenen  Wertben  ihrer  Parameter < 
dargestellt  werden  kann.  Wenn  wir  aber  die  letzte  Glei- 
chung differentiiren ,  so  finden  wir,  nach  dem  Vorhergehen- 
den, dafs  mit  den  gefundenen  Werthen  von  A'  und  B'  die 
Geschwindigkeit  des  Pendels  gleich  —  a  A'  Sin.  (at  —  B') 
ist,  d.  h.  dafs  auch  die  Geschwindigkeit  in  dem  gestörten 
Pendel  durch  dieselbe  Formel,  wie  in  dem  ungestörten,  dar- 
gestellt wird.  Demnach  ist  sowohl  der  Ort,  als  auch  die  Ge- 
tchwindigkeit  des  gestörten  Pendels  für  die  Zeit  t  dieselbe 
mit  der  des  ungestörten  Pendels,  vorausgesetzt,  dafs  fü>  die- 
ses ungestörte  die  Amplitude  der  Vibration  in  derselben  Zeit 
t  durch  die  Gröfse  A'  ausgedrückt   ist   und  dafs  dieses  unge- 

Bf 

störte  Pendel  in  dem  Augenblicke  —  sich  am  andersten  End- 

a 

puncte  seiner  Amplitude  befunden  habe.  Sollte  also  für  ir- 
gend eine  Zeit  t  die  störende  Kraft  plötzlich  verschwinden, 
so  würde,  von  diesem  Augenblicke  an  das  Pendel  zu  beiden 
Seiten  de*- Verticale  solche  Schwingungen  machen,  dafs  der 
Bogen  seiner  Amplitude  gleich  seyn  würde  demjenigen  Werthe 
von  A',  welchen    das  Pendel  zu  jener  Zeit  t  hatte,    und  dafs 

est  fortan  immer  zur  Zeit  —  an  dem  Endpuncte  seines  Bogen* 

ankommen  würde,  wo  B'  wieder  denjenigen  Werth  hat,  den 
es  zu  derselben  Zeit  t  fyatte,  als  die  störende  Kraft  plötzlich  zu 
wirken  aufhörte.  Ganz  ebenso  verhält  es  sich  aber  auch  mit 
den  Störungen,  welche  die  Planeten  in  ihrer  Bewegung  um 
die  Sonne  unter  einander  erleiden,  insofern  nämlich  diese  Stö- 
rungen nicht  sowohl  auf  deii  Ort  des  gestörten  Planeten  in 
•einer  Bahn ,  als  vielmehr  auf  die  Elemente  dieser  Bahn  selbst 
einwirken,  welche  Elemente  hier  diejenigen  constanten  Gräften 
sind,  deren  Aenderungen  den  Differenzen  A' —  A  und  B'— B 


Umlaufszeiten*  4213 

in  den}  vorhergehenden  Beispiele  entspreche» ,  und  die  *  unter 
der  Benennungtder  Säcularsttfrungen  bekannt  sind. 


Umlaufszcitcn. 

Revoalutio,n;  Revolution  Revolution •  Revolu- 
tion ist  die  Zeit,  die  ein  in  einer  geschlossenen  krummen 
Linie  sich  bewegender  Körper  braucht,  um  wieder  zum 
anfänglichen  Puncte  seiner  Bahn  zurückzukommen*  Bei  den 
Himmelskörpern,  wo  dieser  Ausdruck  am  gebräuchlichsten  ist, 
pt  Revolution  die  Zeit,  während  welcher  der  Planet  oder  Ko- 
met um  die  Sonne  oder  der  Satellit  um  seinen  Hauptplaneten 
den  ganzen  Umfang  seiner  Bahn  zurücklegt  oder  während 
welcher  er  wieder  zu  demselben  Puncte  seiner  Bahn  zurück- 
kehrt. Kennt  man  die  tägliche  Bewegung  a  des  Planeten,  so 
ist  es  leicht,  die  Revolution  T  desselben  zu  finden.  Es  ist 
nimlich  in  Folge  einer  einfachen  Proportion,  Ja  der  Planet  in 
der  Zeh  von  T  Tagen  360  Grade  zurücklegt 

r 

360     ,     „       360 
a  =  njr-  oder  1  =  —  , 

wo  a  in  Graden ,  so  wie  T  in  Tagen  ausgedrückt  wird.      Für 
die  Sonne  z.  B.  hat  map  in  Beziehung  auf  die  Fixsterne  oder, 
tuf  irgend   einen  festen  Punct   des  Himmels  die  tägliche  Be- 
wegung a  =  0°,985609j  also  ist  auch  die  Revolution  der  Son- 
st in  Beziehung  auf  die  Fixsterne 

T  =  —  =  365,256384  Tage. 

a 

Allein  die  Puncte  der  Bahn,  zu  wefchen  der  Planet  wieder  zu- 
rückkehren soll,  "um  eine  Revolution  in  Beziehung  auf  dieselben  zu 
tollenden,  können  selbst  wieder  beweglicli*  Panels  seyn,  und 
so  wird  man  für  denselben  Planeten  verschiedene  Revolutio- 
nen erhalten,  je  nachdem  man  seine  Bewegung  auf  verschiedene 
Pancte  seiner  Bahn  bezieht.  Wir  wollen  die  voi  iügUchsten 
derselben  angeben* 


♦ 

\ 


1    Vergl.  Art.  Ptrturbatione** 


1214  Umlaufszeiten. 

» 

Die  einfachste  ist  die  siderische  Revolution  oder  die  Zeit 
der  Ruckkehr  des   Planeten  zu  demselben  Gestifoe  (sidus)  aU 
fester  Punct  des  Himmels  betrachtet.     Wenn  nämlich  der  Pla- 
net, von  der  Sonne  gesehn,  oder  wenn  der   Satellit,  von  dem, 
Mittelpuncte  seines   ftauptplaneten   gesehn,    wieder   zu   dem- 
selben Puncte  des  Himmels,  bei  dem  er  zuletzt  gesehn  wurde, 
zurückkehrt,   so   hat   er    um  seinen  Centralpunct   in   der  That 
volle  360   Grade  zurückgelegt   und    die    ?eit ,     in    welcher'  er 
dieses  thut,  ist  seine  wahre  oder,  wie  sie  auch  genannt  wird, 
seine    siderische   Umlaufszeit.     Für  die  Sonne,   von  der  Erde 
gesehn,  oder  eigentlich  für  die  Erde,  von  der  Sonne  gesehn, 
ist   diese    siderUch»   Umlaufszeit   gleich    365,256384    mittlere 
Sonnentage    und    für    den   Mond    ist    sie    gleich   27,3216614 
solcher   Tage,       Diese  wahre    oder  siderische   Revolution   Ist 
aber  nicht  die  Zeit,  nach    welcher  die  Sonne   oder  der  Mond 
wieder    dieselbe   Länge   erhält,     denn    die  Lange    wird   vom 
Frühlfngspuncte   an    gerechnet  und  dieser   Punct    ist  vermöge 
der  Präcession  der  Nachtgleichen1    selbst   wieder   veränderlich« 
Die  Zeit  zwischen  zwei   nächsten    Zuriickkiinften   eines  Plane- 
ten zu  diesem  veränderlichen  Frühliogspuncte  wird  die  tropi- 
sche oder   auch  die  periodische   Revolution   des  Planeten   ge- 
nannt. Für  die  Sonne  ist  diese  tropische  Revolution  365,2422542 
und  für   den  Mond  27,321582   mittlere '  Sonnentage»     Ebenso 
heilst  die  Zeit  zwischen  zwei   nächsten  Durchgängen  des  Pla- 
neten durch  die  zwei  äufsersten  Puncte  der  (ebenfalls  beweglichen) 
grofsen  Axe  seiner  Bahn  die  anomalistische  Revolution ,  weil 
nämlich  von  diesem  Puncte  aus  die  mittlere  und  wahre  Ano- 
malte  gezählt  wird«     Für  die  Erde  ist  das  anomalistische  Jahr 
365,259709  und  für  den  Mond  27,55455  Tage.      Bei  dem 
Monde  pflegt  man   noch   zwei   andere  Revolutionen  anzuwen- 
den, da  durch  sie  besonders   die  Berechnung  der   Finsternisse 
sehr  erleichtert  wird.      Die*Eeit  nämlich  zwischen  zwei  näch- 
sten Durchgängen  des  Monds  durch  den  auf-  oder  absteigen- 
den Knoten  seiner  Bahn  wird  die  drdkontische  Revolution  des 
Monds  oder    auch  der  Drachenmonat  genannt,     und   die  Zelt 
endlich  zwischen   zwei    nächsten   Neumonden    oder  zwischen 
zwei  nächsten  Vollmonden    heifst    die   synodische  Revolution 
des  Monds.    Es  ist  daher  die  siderische  Revolution  eines  Pia- 


1    S.  Art.  Vorrüclcung  der  NachtgUicben. 


Umlaufizeiten«  JfiI5 

ueten  die  Umlaufszeit  desselben  um  die  Sonne  in  Beziehung 
auf  einen  festen  Punct  des  Himmels,  die  tropisch*  in  Bezie- 
hung auf  die  Nachtgleichen,  die  anomalistisohs  in  Beziehung 
auf  die  grobe  Axe  oder  auf  die  Apsiden ,  die  drakontischs 
auf  die  Knoten  und  endlich  die  Monodische  in  Beziehung  auf 
die  von  der  Erde  gesehene  Sonne,  d.  h.  auf  die  Conjunction 
oder  Opposition  des  Planeten  mit  der  Sonne, 

A.    Ableitung   dieser  Revolutionen   aus 

einander. 

■ 

Wir  wollen  sehn,  wie  man.  wenn  man  eine  dieser  Revo« 
ludouen  kennt,  die  andern  daraus  ableiten  kann«    Nehmen  wir 
an,  zwei  Körper  bewegen   sieh   hinter   einander  in  der  Peri- 
pherie  eines   Kreises,     dessen   Halbmesser  r   Fufs  und  dessen 
Peripherie  daher  2  t  7?  Fufs  betrage,  wo  n  das  Verhahnif»  der 
Peripherie  jedes  Kreises   zu  seinem  Durchmesser   bezeichnet. 
Der  erste  dieser.  Körper  soll  a  und    der  zweite  a'  Fufs  in  ei- 
ner Secunde  zurücklegen ,  die  anfängliche  Distanz  beider  Kör- 
per soll  b~  Fufs  betragen ,    und  der  erste  soll  um  t  Secunden 
früher,  als  der  zweite,  seine  Bewegung  anfangen.     Wann  wer- 
den sich   beide  Körper  begegnen  ?     Wenn   sie  sich  in  x  Se- 
cunden nach  dem  Abgange  des  zweiten  Körpers  begegnen;  so 
ist  in  dieser  Zeit  der  Weg  des  ersten  Körpers  a  (t  +  x)  und 
der  des  zweiten  a'  x.  Man  hat  daher  •'  x = b  +  a(t  +  x),  folglich 

•■  at  +b 

a-^a 

Wenn  sie  sich,  nach  dieser  ersten  Begegnung,  noch  weiter  zu 
bewegen  fortfahren,  so  wird  man  die  Zeif  zwischen  der  er- 
sten und  zweiten  Begegnung  finden,  wenn  man  in  dem  letz- 
ten Ausdrucke  b  =  2m  und  t=  0  setzt,  welche  Zeit  daher 

2m 

\  a  —  a 

seyn  wird,  so  dafs  man  daher  für  die  Zeit  der  zweiten  Be- 
gegnung seit  dem  Abgange  des  zweiten  Körpers  haben  wird 

2r*  +  at-t-b 
x  =  1 

und  ebenso  wird  die  Zeit  der  dritten  Begegnung  seyn 


i— * — "*  *• 


j 


1216  Umlaufs  Zeiten. 


• 


,f       4rn  +  at  -4-  b 

x  =  j 

a  —  a 


und  die  der  vierten 


,/,        6rrc  +  at  +  b 
x    =  t = —  u*  s.  w. 


a  — a 

Sollte  der  erste  Körper  seine  Bewegung  nicht,  wie  bisher 
vorausgesetzt  wurde,  t  Secunden  früher,  sondern  vielmehr 
t  Secunden  später  anfangen ,  als  der  zweite ,  so  wird  man  in 
den  vorhergehenden  Ausdrucken  die  Gröfse  t  negativ  nehmen, 
und  ebenso  wird  a  negativ  zu  nehmen  seyn ,  wenn  der  zweite 
dem  ersten  nicht  nachfolgt,  wie  oben  angenommen  wurde, 
sondern  ihm  entgegen  geht. 

Beisp.  I.  Um  12  Uhr  stehn  beide.  Zeiger  einer  Uhr  über 
einander.     Wann  werden  sie  wieder  über  einander  stehn? 

Hier  ist  für  den  Stundenzeiger  V=s' 1  tynd  für  den  Mi- 
nutenzeiger a'=  12;  ferner  t  =  0  und  b  =  60,  so  wie  auch 
2m  =Q0  Minuten«  Da«  erste  Zusammentreffen  hat  daher  um 
die  Zeit 

oder  5f*r/  Minuten  nach  1  Uhr  statt.     Die   zweite   Begegnung 
.    erfolgt  um 

/  x'  =  ?^£  —  10^  Minuten  nach  2  Uhr ; 

die  dritte  Begegnung  hat  statt  um 

x"  =  ^~rr^  =  16t*t  Mi°uten  nach  3  Ohr  u.  s.  w. 

Beisp.  II.  An  einem  gegebenen  Tage  ist  die  Länge  der 
Sonne'  130  und  die  des  Monds  70  Grade;  die  Geschwindig- 
keit des  Monds  ist  13,368,  wenn  die  der  Sonne  gleich  der 
Einheit  angenommen  wird.     Man  hat  daher 

a  =  l,     a'  =  13,368,     b  =  60undt  =  0, 

und  damit  erhält  man  für  die  Zeit  der  Begegnung  beider  Ge- 
stirne 

at+b  60  ,  «„-  ~ 

und  am  Ende  dieser  4,851  Tage  wird  die  Länge   dieser   bei- 
den Gestirne  134)851  Grade  seyn. 


•  Umlaufszeiten«  121? 

* 

Beisp.  HL  Wenn  wieder  das  Verhältnifs  der  Geschwindig- 
keiten dieser  beiden  Gestirne  13,368  ist  nnd  wenn  sie,  von 
der  Erde  gesehn,  dieselbe  Länge  haben  oder  in  Conjnnction 
sind)  wenn  werden  sie  in  ihre  nächstfolgende  Conjnnction 
treten?  Hier  ist  a  =  1,  a  =  13,368,  t  =  0  und  b  gleich 
der  Umlaufszeit  der  Sonne  oder  b  =  365,256384,  also  ist 
anch 

•t+  b_  365,356384  =  30533^ 

und  dieses  wird  daher  die  ajrnodikch*  Revolution  des  Monds 
styn. 

Sey  überhaupt  A  die  Revolution  irgend  ejnes  Gestirns  in 

360    : 
Beziehung  auf  irgend  einen  Punct,  also  anch  -j—  die  tägliche 

Bewegung  dieses  Gestirns  in  Beziehung  auf  denselben  Punct. 
Nennt  man  ferner  m,  in  Graden  ausgedruckt,  die  tägliche  Be- 
wegung eines  zweiten  Puncts  in   Beziehung  *  auf  jenen  ersten, 

360 
so  ist  auch  — -  — -  m  die  tägliche  Bewegung  des  Gestirns  in 

Beziehung  auf  diesen  zweiten  Punct,  und  wenn  daher  B  die 
Revolution  des  Gestirns  in  Beziehung  auf  diesen  zweiten  Punct 
genannt  wird,  so  ist 

B  _     360 A_ 

360           ~        Am#J 
— —    —  m       1— 

A        m      *      3Ö0 

Setzt  man  der  Kürze  wegen  0  =  — — ,  so  hat  man 

'  B=A.[l  +  0m+0Jm»  +  ©*m3  +  .  #  ] 

m 

und  dieses  ist  die  gesuchte  Gleichung  zwischen  den  beiden 
Revolutionen  A  und  B.  Geht  der  zweite  Punct  in  Beziehung 
auf  das  Gestirn  rückwärts,  so  wird  m  negativ  genommen. 

Für  die  Brde  ist,  nach  dem  Vorhergehenden,  die  sideri-» 
sehe  Revolution  A  =  365,256384  Tage.  Um  daraus  die  tro- 
pische Revolution  der  Erde  zu  finden,  so  beträgt  die  jährli- 
che allgemeine  Präceasion*  50",2296  für  das  Jahr  1Ö25,  also 
ist  auch  die  tägliche  Präcession  in  Graden  ausgedrückt 

1    S.  Art.  VorHkhmg. 


V 

1218  Umlaufaaeiteh. 

m  =  -360^^g=-0'0000382' 

wenn  die  Länge  des  Julianischen  Jahres  gleich  S65£  Tige  ge- 
setzt wird.  Wir  erhalten  demnach  für  das  tropische  Jahr  der 
Erde  -  " 

360 
B  =  0,985609  •+  0,0000382  =  365'24225  TaSe'  ™  rov"'  - 

Das  tropische  Jahr  ist  demnach  um  0,014134  Tage,  nämlich 
um  die  Zeit,  welche  die  Erde  gebraucht,  den  Bogen  50",2296 
der  jährlichen  Präcession  zurückzulegen,  kürzer  als  das  side-% 
rische.  Da  aber  dieser  Bogen  veränderlich  ist,  so  ist  auch 
die  Länge  des  tropischen  Jahres  der  Erde  veränderlich,'  wah- 
rend die  des  siderischeu  für  alle  Zeiten  dieselbe  bleibt. 

Für  den  Mond  hatten  wir  oben  die  siderische  Revoluüuu 
A  =  27,3216614  Tage.  Ueberdiefs  ist  m  =  —  0,0000382, 
wie  zuvor,  also  auch 

|g?  =  —  0,000002899132 

und  daher  die  tropische  Revolution  des  Monds 

B=s — -  ^=  27,321582  Tage,  wie  oben. 

.•Am 

1  — 3ö0 

Die  jährliche  Bewegung  der  Apsiden  der  Erdbahn  in  Bezie- 
hung auf  die  Gestirne  ist  11,798  Secunden  gen  Ost,  also  ist 
auch  die  tägliche  Bewegung  der  Apsiden  in  Graden  ausge- 
drückt 

_       11,798 

~  3600X365,25 
und  daher 

A£  =0,0000091036, 
woraus  man  für  das  anomalistische  Jahr  der  Erde  erhalt 
B  =  A  +  ^  +  ..  =  365,259709  Tage. 

Auch  kann  man  die  vorhergehende  allgemeine  Gleichung  noch 
einfacher  auf  folgende  Weise  ausdrücken.  Ist  A  die  Revolu- 
tion   des  Gestirns    in  Beziehung    auf    einen   Punct,    T    die 


r  - 


Umlaufszeiteu.  fft9 

Revolution  eines  zweiten  Punctfc  in  Beziehung  auf  jenen  et* 
sten  und  endlich  B  die  Revolution  dee  Gestirns  in  Beziehung 
auf  diesen  zweiten  Punct,  so  hat  man 

'  _J 4      n  AT 

B  =  oder.B  sss  • -^ 

i_l  T— A* 

AT 

Ist  z.  B.  A  =  27,3216614  die  siderische  Revolution  des  Monds 
uod  T  =s  3232,575343  die  siderische  Revolution  der  groben 
Axe  der  Mondbahn,   so  ist 

j-  =  0,036601  und  i  =  0,000309351 ,       . 

also  auch  die  anomalistische  Revolution  des  Monds  - 

B  «-      , 1     ■  -  =  27,55455 . 

A  """  T 

Ist  «her  T  =  —  6793,39108.  die  siderische  Revolution  der 
Moodknoteo  und  bleibt  A  wie  in  dem  letzten  Beispiele,  so 
hat  man 

1  ==  _  0,000147202 

und  daher  den  Drachenmonat  des  Monds  gleich 

B  = "      V      =  27>21221  Tage  u.  s.  w. 


B.    Bestimmung   der  Revolution  aus  Beob- 
achtungen» 

Sey  1  die  beobachtete  heliocentrische  (von,  der  Sonne  aus 
gesehene)  Länge  eines  Planeten  für  irgend  eine  Zeit  und  1' 
die  durch  eine  spätere  Beobachtung  gegebene  heliocentrisch» 
Lange  desselben,  und  nehmen  wir  an,  dafs  die  Zwischenzeit 
der  beiden  Beobachtungen  t  Tage  betrage.  Wenn  nun  der 
Planet  sich  in  einem  Kreise,  also  gleichförmig,  um  die  Sonne 
bewegte ,  so  wurde  die  tropische  Umlaufszeit  T,  in  Tagen  aas- 
gediückt,  durch  folgende  Proportion  gegeben  seyn 

r(_l:t5=360°:T, 


1230  Umlaufszciten. 

odtr  man  würde  haben 

T       360t 

wo  1  und  r  in  Graden  und  Theifen  eines  Grades  ausgedrückt  sind. 
Da  aber  die  Planeten  sich  nicht  in  Kreisen,  sondern  in  El- 
lipsen ,  also  auch  ungleichförmig  um  die  Sonne  bewegen ,  so 
mufs  man  die  beiden  beobachteten  wahren  Längen  xuerst  von 
dieser  elliptischen  Ungleichheit  befreien  oder  in  die  sogenann- 
ten mittleren  Längen  verwandeln  *.  Ebenso/  mufs  man  sie  von 
den  Störungen  befreien,  die  durch  die  Nutation,  Aberration 
o>  8*  w.  und  durch  die  Einwirkungen  oder  Pertubationen  der 
anderen  Planeten  entstanden  sind,  so  dafs  also  1  und  1'  die 
mittleren,  von  allen  diesen  fremden  Einflüssen  ungestörten 
Längen  bezeichnen. 

Da,  die  Bestimmung  der  Umlaufeselt  für  die  Theorie  der 
Planeten  von  der  gröbten  Wichtigkeit  ist,  so  mufs  sie  auch 
mit  aller  möglichen  Schärfe  vorgenommen  werden  und  die 
beobachteten  mittleren  Längen  1  und  1*  sollten  daher  .ganz  feh- 
lerfrei seyn.  Allein  da  alle  unsere  Beobachtungen ,  wie  überhaupt 
jede  menschliche  Unternehmung,  nie,  oder  doch  nur  zufällig, 
ganz  fehlerlos  seyn  kann,  und  da  ebenso  die  erwähnten  Re- 
ductionen  (durch  welche  man  die  wahren  beobachteten  Län- 
gen auf  mittlere  bringt)  wieder  mannigfaltige  neue,  wenn  gleich 
vielleicht  nur  geringe,  Fehler  veranlassen  können,  so  wollen 
wir  annehmen,  dafs  die  erste  mittlere  Länge  1  um  dl  und 
die  zweite  1'  um  dl'  fehlerhaft  sey,  so  dafs  man  also  eigent- 
lich die  beiden  mittleren  Längen  1  +  dl  und  1'+  dl'  hätte 
beobachten  sollen*  Dann  würde  also  auch  die  aus  diesen  Lan- 
gen geschlossene*  Revolution  nicht 

T_  360t 
l'-l' 
sondern  eine  andere  T  -f-  dT  gewesen  seyn,    und  man  findet 
diese  Verbesserung  dT,     wenn  man  die  vorhergehende  Glei- 
chung in  Beziehung  auf  T  und  1'  —  1  düferentifrt.       Dieses 
giebt 

ÖT  =       (gi,-gl>    T  _  _  (dl'~dl).T» 
%  1'  — 1    '      -"  360t 


1    8.  Art,  mittlerer  Planet.  Bd.  VI.  8..  2310. 


.Uralaufszeiten.  1221 

Diese  Gleichung  zeigt,  dafs  bei  denselben  Fehlern  dlnni&Y 
der  Beobachtung  der  Fehler  5T  in  der  aas  diesen  Beebaeh- 
fangen  gefolgerten  Revolution  desto  kleiner  seyn  wird ,  je  gr&- 
£ser  der  Bogen  (T  —  1)  ist,  den  der  Planet  in  der  Zwischen- 
zeit t  dorthlaefen  hat,  oder  je  gröfser  die  Zechen  zeit  t  selbst 
ist*  Man  wird  daher  im  Allgemeinen  immer  zwei  in  «der  Zeit 
sehr  entfernte  Beobachtungen  zu  diesem  Zwecker  auswählen 
■Bossen,  wenn  man  den  Werth  von  T  mit  grober  Präcision 
erhallen  will.  Gesetzt  man  hätte  zu  Hipparch's  Zeit  (150 
Jahre  vor  Chr.  G.)~und  im  Anfange  des  gegenwärtigen  Jahr-? 
honderts  zwei  längen  1  und  1'  des  Monds  beobachtet,  so  wür- 
de die  Zwischenzeit  dieser  beiden  Beobachtungen 

130  +  1800  ^1930t  Jahre 

oder,  Wenn  man  durch  365,25  muhiplicirt,  t  =  712237,5  Tagex 
betragen.   Die  siderische  Umlaufszeit  des  Monds  ist  aber  27,322 
Tage,  und  so  na  oh  giebt  die  letzte  Gleichung 

dT  es  —  0,0000029114  (31'—  51), 

wo  51' — dl  in  Graden  und  dT  in  Tagen  ausgedrückt  ist« 
Will  man  aber,  wie  gewöhnlich,  dl' —  dl  in  Bogensecun- 
den  und  dT  in  Zeitsecunden  ausdrucken,  so  hat  man 

dT  =-  0,000069874(01'— 51). 

Aus  der  letzten  Gleichung  geht  hervor,  dafs  man  in  dl'  —  dl 
einen  Fehler  von  vollen  3°  58'  32"  begehn  müßte,  um  die 
Revolution  T  um  eine  einzige  Zeitsecunde  unrichtig  zu  er- 
halten, und  dafs  ein  Fehler  von  dl'—  dl  =  143'=  0°  2'  23" 
erst  einen  Fehler  3T  =  0,01  Zeitsecunde  geben  würde« 
Man  sieht  daraus  den  grofsen  Vortheil,  welchen  uns  sehr  alte 
Beobachtungen  gewahren.  Diesen  Vortheil  erkannte  ohne  Zwei- 
fel auch  schon  Hipparch,  da  er  die  synodische  Umlaufszeit 
dee  Monds  gleich  29Ta«e  12  s^0-  44Mfa-  3  Se%  26224  bestimm- 
te^ also  noch  nicht  0°,4  gröfser,  als  sie  unsere  neuesten  Be- 
stimmungen geben,  denn  nach  Laplace2  ist  diese  synodische 
Revolution  des  Monds  gleich  29T*Se  12  «•  44  Ml*  2  *"•,  8650624. 
Allein  wenn,  wie  es  leider  nur  zu  oft  der  Fall  ist,  diese  al- 
ten Beobachtungen  der  Griechen  oder  Chaldäer  gar  zu  fehlec- 


1  Ptolemasus  Almagest.  Lib.  IV,  Cap.  2.    Lalande   Astronomie* 
§.  1417. 

2  Exposition  du  Syst.  da  Monde.  Vme  4d.  T.  I.  p.  41# 


1222  Umlanfweiten. 

naft  «inl ,  denn  müssen  wir  uns  mit  den  neueren  Beobachtun- 
gen begnügen,  die  »wer  des  groben  Vortheils  einer  sehr  lan- 
gen Zwischenzeit  entbehren,  aber  dafür  wieder  nur  sehr 
kleine  Beöbachtungsfehler  geben*  Dieses  ist  der  Fall  bei  fest 
allen  'alten  Pianetenbeobachtungen,  die  uns  PtolimIüs  ernal* 
ten  bat9  and  die  »och  übtrdiefs  an'  dem  Umstände  leiden, 
dafs  sie,  besonders  für  die  beiden  unteren  Planeten,  Merenr 
Und  Venus,  keinen  heliocentriscben  y  sondern  nur  den  geocen- 
triechea  Ort  der  Planeten  geben,  dadoeh  jene  Oerter,  die  hello-» 
centrisehen ,  unter  den  obigen  GröTsen  1  und  f  verstanden  wer« 
den»  Yfpt  werden  aber  am  Ende  dieses  Artikels  kurz  zu  «ei- 
gen suchen,  wie  man  den  heliocentriscben  Ort  eines  Planeten 
in  seinen  geocentrischen  und  umgekehrt  verwandeln  kann. 

Hier  wird  der  Ort  seyn ,  die  vorzüglichsten  und  ältesten 
Beobachtungen  der  Alten  zur  bequemen  Uebersicht  zusammen- 
zustellen. Die  sieben  ersten  hat  uns  Ptolemäus  in  seinem  Werke 
MiydXfj  ovvrafyc.  erhalten ,  die  beiden  letzten  aber  haben  uns 
die  Jesuiten  -  Missionäre  aus  den  Büchern  der  Chinesen  mit- 
getheilt.  Die  Angaben  sind  sämmtlich  vor  dem  Anfange  un- 
serer Zeitrechnung« 

Im  Jahre  228  vor  Chr.  G.  am  1.  März  bedeckte  Saturn 
den  Stern  y  Ptrginis* 

Im  Jahre  240  *m  3.  September  bedeckte  Jupiter  den  Stern 
8  Cancri. 

Im  Jahre  264  am  14.  Nov.  wurde  eine  gröfste  Elonga- 
tion  Mercurs  von  der  Sonne  beobachtet,  woraus  man  die 
Lange  dieses  Planeten  212°  47f  um  16 h  16'  Paris.  Zeit  ge- 
schlossen hat« 

Im  Jahre  271  den  17«  Januar  wurde  ß  Soorpii  vom  Mars 
bedeckt. 

Im.  Jahre  271  den  11.  October  wurde  y  Yirgini*  von  der 
Venus  bedeckt. 

Im  Jahre  719  im  8»  März  wurde  von  den  Chaldäern  in 
Pabylon  eine  Mondfinsternils  beobachtet. 

Im  Jahre  720  am  19.  März  beobachteten  dieselben  wieder 
eine  Mondfinsternis. 

Im  Jahre  1100  beobachtete  Tschukokg  in  China  die  Sonne 
am  Gnomon.  Die  Resultate  dieser  Beobachtung  sind  im  Art. 
Vorrückimg  umständlich  angeführt. 


Umlauf  sieiten«  1223 

hft  Jahre  2t55  endlich  sollen,  nach  den  EnrÄhluugen  ei- 
nee  %ei  den  Chinesen,  heiligen  Buches,  die  Astronomen  Hl 
&md  Ho  fein«  in  diesem  Jahr©  eingetreten«  Fineteonte  faleefc 
berechnet  haben;  nnd  deftir  mit  dem  Tode  bestraft  worden 
seyii,  •  Dk  Beobachtung  diese* Finstcrnifc  eelbft  ist  nicht  est 
tfne  gekommen« 

C.     Bestimmung  der  mittleren  Lange  der  Pia- 
neten  durch  ihre  Umlaufszeit* 

•  * 
Wenn  sonach  die  Umlaufszeit  T  bekannt  ist,    so,  ist  da-* 

durch,  wie  bereits  oben  gesagt,  auch  die  mittlere  tägliche  Be- 
wegung a  durch  die  Gleichung  gegeben  . 

360  r^ 

a__. 

Kennt  man  also  die  mittlere  Länge  1  des  Planeten  für  irgend 
eine  bestimmte  Zeit,  die  man  die  Epoche  des  Planeten  itt 
seennen  pflegt,  so  wird  man  für  jede  andere  Zeit,  die  t  Tage 
von  jener  Epoche  entfernt  ist,  die  mittlere  Lange  Y  des  Pia«* 
meten  durch  die  Gleichung  erhalten 

,      l'=I+at, 

-wo  t  negativ  genommen  wird,  wenn  die  zweite  ^eit,  für  die 
man  1'  sucht',  vor  der  Epoche  liegt.  Demnach  reducirt  sich 
also  die  Angabe  der  mittleren  Länge  der  Planeten  für  jede 
Zeit  auf  eine  bloCse  Addition,  oder  Subtraction  der  Gröfse  et 
zu  der  Epoche. 

Um  aber  diese  Beduction  gehörig  vorzunehmen ,  mnfs  man 
an!  die  Einrichtung  unseres  Kalenders  Rücksicht  nehmna»  wel- 
ahe  oben1  erwähnt  worden  ist« 

r 

Das  tropische  Jahr  der  Sonne  ist  nämlich,  nach  dem  Vor- 
hergehenden ,  T  s£  9^5^422542  Tage.  Da  man  aber  zum 
bürgerlichen  und  sejhßl  zum  astronomischen  Gebrauche  das 
Jahr  viel  bequemer  in  ganzen  Zahlen,  ohne  Brüche  von  Ta- 
gen« ansdrücken  wird,  und  da  man  auf  der  andern  Seite,  wenn 
man  z.  B,  das  Jahr  zu  365  vollen  Tagen  annehmen  wollte, 
die    Jahreszeiten    und    mit    ihnen    die    Arbeiten    des .  Acker- 


1    ».  Art.  Jahr.  Bd.  Y.  S-  671.  ??....: 


.  .* 


-y 


1224  Umlauf  a  leiten* 

e^ 

bettes  tu  s.w.  mit  der  Zeit,  ganz  verrücken  würde',  so!  dafs 
z.  B.  der  Anfang  des,  Frühlings,  der  jetzt  um  die  Mitte  des 
Man  fallt,  nach  und  nach  in  die  späteren  Monate  des  Jahrs, 
in  den  April,  Mai  u.  5.  w.  fallen  mübte,  se  hat  man,  um 
beiden  Forderungen  an  genügen,  die  EuucJialtungsn  einge- 
führt. Julius  CAsar  hat  das  erste  Beispiel  davon  gegeben, 
indem  er  je  drei  auf  einander  folgende  Jahre  zu  365  and  das 
nächstfolgende  oder  vierte  zu  366  Tagen  annahm,  so  dafs  je- 
des durch  die  Zahl  4  ohne  Rest  theilbare  Jahr  unserer  Zeit- 
rechnung ein  solches  Schaltjahr  von  366  Tagen  ist,  während 
die  drei  anderen  • gemeinen  Jahre  nur  365  Tage  enthalten« 
Durch  diese  Einschaltung  ist  demnach  die  Länge. des  Jahrs  auf 
365*  =  365,25  Tagen  festgesetzt  worden,  um  0,0077458  tu 
grofs.  Diese  Differenz  macht  aber  in  300  Jahren  nahe  3  Tage 
oder  in  3000  Jahren  schon  einen  vojlen  Monat,  nm  den 
die  Jahreszeiten  wieder  verrückt  werden ,  so  dafs  daher  durch 
diese  Anordnung  dem  Uebel  nur  sehr  unvollständig  abge- 
holfen worden  ist.  Diesen  Fehler  zu  verbessern,  wurde  im 
J.  1582  die  bekannte  Kalenderreform  vorgenommen.  Man  bat 
nämlich  in  diesem  Jahre  10  ganze  Tage,  um  die  man  wegen 
jenes  Fehlers  bereits  zu  viel  zählte,  weggenommen f  .indem 
man  nach  dem  4.  October  dieses  Jahres  nicht  den  5ten,  son- 
dern  sofort  den  15ten  zählte,  und  überdiefs  noch  die  Anord- 
nung gemacht,  dafs  seit  diesem  Jahre  alle  durch  4  theilbare 
Jahre  wieder  Schaltjahre  seyn  sollten,  wie  zuvor,  mit  Aus- 
nahme aller  derjenigen  Säcularjahre  (deren  zwei  letzte  Zif- 
fern 00  sind),  die  nicht  durch  400  ohne  Rest  theilbar  sind« 
So  sind  also  die  Jahre  1600,  2000,  2400  u.  s.  w.  Schahjahr« 
von  366  Tagen,  die  Jahre  1700,  1800,  1900,  2100  n.  s.  w. 
aber  sind  nur  gemeine  Jahre  von  365  Tagen.  Da  man  so- 
nach aus  jeden  vier  Jahrhunderten  der  von  Julius  CAsar  ein- 
geführten  Rechnung  wieder  3  Tage  weggenommen  hat ,  so  ist 
dadurch  die  Länge  des  bürgerlichen  Jajirs  seit  dem  Jahre  4582 

auf  365^-=  365,2425  Tage  gebracht  worden.  Auch  die- 
ses Gregorianische  Jahr,  wie  es  vom  Papst  Grcgor  XIIL 
heilst,  unter  dessen  Auspicien  diese  Reform  eingeführt  wurde, 
ist  noch  um  0,0002458  Tage  zu  grofs,  und  man  hätte  diesen; 
übrigens  nur  kleinen  Fehler  leicht  verbessern  kttnnen,  wenn 
man  909h  alle  4000  Jahre  einen- Tag  unterdrückt  hitte, 


Uralaufsaeiten,  12% 

durch  die  Länge  des  Jahrs  auf  365;^^  »  365,24225  Tagt 

gebracht  werde»  WaVe.  Drücken  wir  mm  die  Epochen  irgend  eines 
Jahre*,  s.B.vo*  1838,  durch  J**««  ans,  so  wird  man  ans  dar 
Epoche  für  den  Anfang  des  gegenwärtigen  Jahrhunderts  oder 
ans  jiaoo  aüe  anderen  auf  folgend»  Art  finden. 

Für  die  folgenden :  Für  die  vorhergehenden : 

jisaac-jiseo^.  36524a,         Jnoo=J>*oo_36524a 
Jiooo—ji  900  Ij.  36525a  jieoo—jnoo  —  36524a 

jaioo— j2ooo+36S24«  Ji*«o«  Ji«oo_  36515a 

J"oo=Ji*o#— 36925a 
jüod  =  juoo_36525aii.s.w. 

Kennt  man  ebenso  die,  Epochen  der  Säcularjahre,  so  findet  man 
daraus  die  Epochen  der  zwischenliegenden  Jahre  sofort  durch 
folgende  Ausdruckes 

Jii4Sc=3juoo+43(3^5a)+1Oa,  weil^=10+  ... 
JMi«tejisoe+76(365a)  +  l&«,  weil^=19  u.*.w. 

Ist  dann  A  die  Epoche  irgend  eines  gemeinen  Jahres,  so  ist 
die  Epoche  des  Oten  Januars  dieses  Jahres  (d.  h.  des  31sten 
Decembers  des  vorhergehenden  Jahres)  gleich  A  +  0.a  =  A, 
und  ebensoJst  die  Epoche  des 

0  Febr.  (31.  Januar)  =  A  +  31  a 

0  März  (28.  Febr.)  s=s  A  +  59« 

0  April  (31.  März)  =  A  +  90  a 

0  Mai  (30.  April)  =  A  +120a 

0  Jnni  (31.  Mai)  «=  A  +  151a 

0  Juli  (30.  Juni)  t=a  A  +181* 

0  Aug.  (31.J«H)  =«  A  +2l2a 

0  Sept.  (31.  Aug.)  ea  A  +!243a 

0  Octobr.  (30.  Sept.)  ess  A  +273a 

0  Nov.  (Sl.Oct.)  =  A  +304a 

0  Dec  (30-Nov.)  =  A  +334a. 

Ist  aber  das  Jahr  ein  Schaltjahr  9   so  ist  die  Epoche  des  0  Ja* 
nuars  gleich  A  —  a  oder    alle  Epochen  der  Tage  der  beiden 
IX.  Bd.  liü 


12?6 


Uralaufszeiten. 


ersten  Monate ,  Januar  und  Februar , ,  sind  in  Schaltjahren  am 
ein  a  kleiner,  als  in  dem  gemeinen  Jahre,  und  da  zu  Ende 
des  Februars  das  Schaltjahr  einen  Tag  mehr  hat,  als  das  ge-r 
meine f  so  hebt  «ich  dadurch  jener  Unterschied  wieder  auf" 
oder  die  Epochen  sind  in  den  zehn  letzten  Moqaten  bei  ge- 
meinen und  bei  Schaltjahren  dieselben.  Nach  den  neuesten 
Sonnentafeln  von  Zach  und  Delambre  ist  die  Epoche  der 
Sonne  für  das  Jahr  1800  oder  die  mittlere  Länge  1  der  Sonne 
für  den  0  Januar  1800  im  Augenblicke  des  mittleren  Mittags 
in  Paris  * 

1  ="279°  53'  59",3  =  279°,899804 

und  die  mittlere  tropische  Bewegung  der  Sonne  an  einem  mitt- 
leren Tage 

1         —  ädSbiär  =<>%98564722. 

Damit  ist  es  nun  leicht,  die  Einrichtung  der  astronomischen 
Tafeln  für  die  mittleren  Orte  der  Planeten  zu  erkennen  oder 
selbst  solche  Tafeln  zu  construiren.  Um  davon  hier  einen 
kurzen  Abrifs  zu  geben,  wollen  wir  die  mittlere  Länge  der 
Soene  von  dem  gegenwärtigen  Jahre  1837  auf  zwölf  fol- 
gende Jahre  mittheilen ,  wie  sie  für  den  Meridian  von  Wien 
Statt  .hat ,  welche  Stadt  um  0<>  56'  10"  östlich  von  der  ktfnigl. 
Sternwarte  in  Paris  liegt.    . 


Tafeln    der  Sonne« 


Jah- 
re 


1837 
38 
39 
40 
41 
42 


mittlere 
Länge 

279°,897 
279,658 
279,419 
280,166 
279,927 
279,688 


43 
44 
45 
46 
47 
18481 


279,450 
280,197 
279,958 


279,7  »9  ONov. 


279,481 
280,22811 


OAug. 
0  Sept. 
OOct. 


mittl. 
Länge 

30°,555 
58,t53 
88,708 
118,278 
148,833 
178,402 


ODec. 


200,957 
239,512 
!269,082 
299,637 
329,2061 


7 

8 

9 

10 

20 

1130 


6,900 
7,885 
8,871 
9,857 
19.713,, 
20,699(1 


7J 

8 

9 

101 

20 


mittL 
Länge 

0^041 
0,082 
0,123 
0,164 
0,205 
0,246 

0,287 
0,329 
0,370 
0,411 
0,821 


-1  mittl. 
Länge 


0°,00l 
0,001 
0,002 
0,003 
0,003 
0,004 

0,005 
0,006 
0,006 
0,007 
0,020 
0,034 


Umlauf«  zeiten.  1227 

Mittelst  einer  solchen  Tafel  wird  nun  nun,  ohne  auf  die  Vor-% 
Vergehenden  Multiplicationen  mit  gjrqfsen  Zahlen  einzugehn, 
auf  eine  ebenso  einfache  als  bequeme  Weise  die  mittlere  Länge 
der  Sonne  für  jede  gegebene  Zeit  finden  können.  Man  be- 
merke noch,  dafs  man  für  Schaltjahre  in  der  Columne  der 
Tage,  in-  den  beiden  ersten  Monaten  des  Jahrs,  einen  Tag 
'Weniger  nehmen  soll,  als  engegeben  wird.  Sncht  man  z.  B. 
die  Länge  der  Sonne  für  das  Jahr  1842  den  23*ten  August 
14*  5'  30"  mittlerer  Par.  Zeit  oder  um  2h  5'  30"  nach  Mitter- 
joacht,  so  hat  man,  da  Paris  um  0h  56'  10"  westlich  von  Wien 
liegt,  für  dieselbe  Epoche,  in  mittlerer  Wiener  Zeit  ausge- 
drückt, den  23.  August  15h  1'  40".  Damit  giebt  aber  die 
vorhergehende  Tafel 


1842  v:    .    . 

279°,688 

0  August 

208,957 

23    Tage  .    . 

.    22,679 

'  15     Stunden  . 

.     0,616 

*                  k 

511,941 

360 

gesuchte  Länge  ©  .  .  .     151°3941. 

Man  suche  ebenso  die  Länge,  der  mittleren  Sonne  für  das 
Jahr  1844  am  8*  Februar  3h  12'  20"  mittl.  Berliner  Zeit  oder; 
da  Berlin  0*  11'  56"  westlich  hegt,  für  3h  24'  16"  mittlerer 
Wien.  Zeit.  Die  Tafel  giebt,  da  1844  ein  Schaltjahr  ist,  also 
hier  für  den  7ten  Febr.  gesucht  werden  soll, 


1844    .    . 

.    280M97 

OFebr.    .    . 

.  .     30,555 

7  Tage  .     . 

6,900 

3  Standen  . 

0,123 

24,3  Min.  . 

.    .    0,017 

gesachte  Länge  ©  .  . 

.    317S792. 

Wie  man  dann  aus  dieser  mittlem  Länge  der  Sonne  oder 
eines  Planeten  den  wahren  Ort  derselben  in  der  Bahn  suchen 
soll,  üt  in  dem  Artikel  „mittlerer  Planet«  erklärt  worden. 
Wie  man  aber,  ebenfalls  ohne  weitere  Rechnung,  durch  blofse 
Hälfe  von  Tafeln  t  aus  dem  mittleren  Orte  nicht  blofs  den  wah- 
ren hejiocentrischen,  sondern  auch  den  wahren  geocentrischen 

Iiü2 


V 

1238  *JniUttf**ftit*fe» 

Ort  dieser  HittiBtbkftper  finde»  kann,    findet  man  in  Lir- 
trow's  CalendariegiepWe.    Wien  1828»  n 

D.    Abhängigkeit  der  Umlaufszeiten  der  Pla- 
neten von  den  grofeen  Axen  ihrer  Bahnen» 

Nach  dam  bekannten  dritten  Gesetze  Keplir's  verhalte» 
sich  die  Quadrate  der  (eiderischen)  Umlaufszeiten  der  Plane- 
ten,  wie  die  Würfel  der  groben  Axen  ihrer  Bahnen.  Nlch, 
den  Beobachtungen  hat  man  für  die  Erde  die  siderische  Üm- 
laufszeitT= 365,256384  und  für  Mars T = 686,979579 Tage. 
Ist  also  a  die  halbe  grofse  Axe  der  Erdbahn  und  a'  der  Man- 
bahn,  so  hat  man  in  Folge  jenes  Gesetzes 

a'3        f.« 


r-fo 


oder,  wenn  man  statt  T  und  T  die  obigen  Zahlen  substituirt, 

f)*  =  1,523693, 

oder  endlich ,  wenn  man  die  halbe  grofse  Axe  a  dei*  Erdbahn, 
nach  dem  astronomischen  Gebrauche,  als  Einheit  annimmt, 

a=^  1,523693. 
Auf  diese  Weise  findet  man  also  die  grofse*  Axen  der  Pla- 
netenbahnen ,  wenn  die  Umlaufszelten  derselben  durch  unmit- 
telbare Beobachtungen  gegeben  sind.  Die  halbe  grofse  Axe 
der  Erdbahn  aber  rindet  man  ,•  wie  in  dem  Art.  P*4nus  gezeigt 
wird,  durch  die  Beobachtung  der  Vort&ergänge  dieses  Pla- 
neten vor  der  Sonnenscheibe. 

Nach  diesem  dritten  Gesetze  Keplers  ist  also  das  Ver- 
haltnifs  des  Würfele  der  groben  Halbaxe  zum  Quadrat  der 
Umlaufszeit  für  alte  Planeten  unseres  Sonnensystems  eine 
constanre  Grofse.  Allein  nach  dem  bekannten  zweiten  Ge- 
setze  dieses  gtofeen  A»frt>n*meft  sind  die  von  dem  Radius 
Vector  des  Planeten  am  dl*  SoUnV  beschriebenen  Pktoheu  etat» 
Zeile n  fropoTtiorial*  so  defr  also  auch  das  VethäsWs  dieser 
Fföobe  zur  Zeit,  in  wekher  sie  beschrieben  wird,  Kr  jolett 
Platteten  qfae  consfante  Grotte  ist*  Dieses  bat  sebon  mehrere» 
nicht  genug  umsichtig*  Leset  auf  den  Zweifel  geÄlwt,  dein 


Umlaufszciteq. 


1229 


zwei  Gesetze  mit  einander  im  Widerspruche  seyen.  Sie 
schlössen  nämlich  so.  Ist  a  und  b  die  halbe  grobe  und  kleine 
Axe  und  F.  die  Fläche  der  ganzen  Ellipse »  so  wie  T  die  Um- 
laufszeit des  Planeten  in  dieser  elliptischen  Bahn ,  so  hat  man 
nach  dam  zweiten  Gesetze  Kbpli&'s 

F 

wo  M  eine  constante  Gräfte  bezeichnet.  £s  ist  aber  F  =  ?zab 
oder,  wenn  man  die  Bahn  kreisförmig  enngnmt,  F=a*»,  *I- 
so  anoh  die  vorig«  Gleichung,  wenn  n  =  3,1,4159 •  •  ist, 


•> 


n 


T 


=  M  oder  ^  «- 


und  dieses  widerspricht  allerdings  dem  dritten  Gesetze,    nach 


a 


welchem  -  ^  und  nicht  =■  eine  constante  Gröfse  seyn  soll. 


1*2 


T 


Allein  der  Irrthum  in  diesem  Schlüsse  liegt  in  der  ersten 
Gleichung 

F 

i  =  M, 

in  welcher  stillschweigend  angenommen  worden  ist,    dafs  die 

Gröfse  M  eine  für  alle  Planeten  constante  und  identische  Gröfse 

seyn  soll,   was  keineswegs  der  Fall  ist.       Diese  Gröfse  M  ist 

nämlich   pur   für  alle    Puncte   der  Bahn   eines   und  desselben 

Planeten  constant,    aber  sie  variirt  von  einem  Planeten  zum 

a3 
andern,    während  im  Gegentheiln  die  Gröfse  =5  in  der  That 

für  alle  Planeten  und  Kometen  unseres  Sonnensystems  eine 
und  dieselbe  unveränderliche  Gröfse  bezeichnet«  Jene  erste 
Gleichung  mufs  nämlich  so  ausgedrückt  werden 

wo  p  eine  für  alle  Planeten  constante  Gröfse  und  p  den  hal- 
ben Parameter  jeder  einzelnen  Planetenbahn  bezeichnet»  Sub- 
ftslakt  nun  in  dietai  Gleichung  statt  F  den  Werth 


n 


ab 


na 


*-r?, 


so  nrhält  man  sofort 


1230  Umlaufszeiten. 

«^  _  fi* 

T*  —  W 
wie  es  dem  dritten  Gesetze  Kkflib's  gemäfs  ist. 

Ist  Dämlich  überhaupt  f  die  Fläche  des  elliptischen  Sectors, 
dessen  Scheitel  im  Brennpuncte  der  Ellipse  ist,  und  t  die  Zeit, 
wahrend  welcher  der  Radius  Vector  des  Planeten  diese  Fläche 
zurücklegt  |  so  hat  man 


-  =ifA.TTp  .  ♦  .     (I) 


also  auch  für   die  Flache  F  der  ganzen  Ellipse ,  wo  t  in  die 
Umlaufszeit  T  übergeht, 

£.  =if*.  Kp, 
oder,  da 

FssTra^ist, 


Tza 


i 


r*_ 


T 

oder  endlich 


=  4^rFt,aer^r(^y  •.(!!) 


f*=4^     ...    (UI) 


wo  die  vorletzte  dieser  Gleichungen  oder  wo  die  Gleichung 
(II)  das  dritte  Gesetz  Kipler's  und  wo  die  Gleichung  (III) 
den  Werth  der  erwähnten  Constante  /u  giebt.  Die  Glei- 
chung (I)  nämlich  regulirt  die  Bewegung  jedes  einzelnen  Pla- 
neten in  seiner  elliptischen  Bahn,  ohne  Rücksicht  auf  die  an- 
dern; die  Gleichung  (II)  aber  ist  das  Band,  welches 'die  Be- 
wegungen aller  Planeten  und  Kometen  unter  einander  verbin- 
det; die  Gleichung  (III)  endlich  giebt,  wenn  man  in  ihr  die 
Werthe  von  a  und  T  irgend  eines  Planeten  unseres  Sonnen- 
systems substituirt,  diejenige  Constante  p,  die  diesem  Systeme 
eigentümlich  ist  und  durch  die  es  sich ,  in  Beziehung  auf  die 
in  diesem  Systeme  herrschende  Centralkraft ,  von  allen  andern 
Systemen  unterscheidet.  Diese  Grtifse  fi  kann  daher  als  die 
Charakteristik  unseres  Sonnensystems  betrachtet  werden.  Per 
die  Erde  z.  B.  ist  die  siderische  Umlaufszeit  T  =  365)256384 
und  die  halbe  grofse  Axe  der  Bahn.a  =  1;  also  ist  auch  nach 
der  Gleichung  (UI) 


V 

Umlanftzeiteii,  1231 

2*      6,9831853       An<TO/vw 
^=T=3S5T256384==0'0172021 
in   Theijen  des  Halbmessers,  oder  in  Secanden  ausgedrückt 

oAp  =3548'',19. 

Sin*  1  , 

E.    Betrachtungen  über  diese  Charakteristik 

des  Sonnensystems. 

Diese  Gröfse  ft  ä  0,0172021  ist  es  also,  wodurch  unser 
.Sonnensystem  sich  von  allen  übrigen  Systemen  des.  Welten- 
ranms  unterscheidet ,  in  welchem  ebenfalls  mehrere  Körper, 
wie  hier  .die  Planeten,  um  einen  Centralpunct , » wie  hier  die 
Sonne,  sich  bewegen.  Das  Verhältnifs  der  Fläche  f  zu  der 
Zeit  t  besteht  nämlich ,  wie  die  obige  Gleichung 

-  =  4.  fi .  Kp 

zeigt,  ras  zwei  Gliedern  £  (.1  und  rp.     Von  diesen  Gliedern 

ist  das  letzte  fp  von    dem   Parameter   (von   der  GröTse)  der 
Planeten-  oder  Kometenbahn   abhängig    und   daher  von  einer 
Bahn  zur  andern,  in  demselben  Systeme,   veränderlich,  wäh- 
rend das  andere  Glied  ±  fi  Vui   alle  Körper  desselben   Systems 
dieselbe  constante  Gröfse  bleibt.      Diese  GröTse  fi  bezieht  sich 
also  nicht  mehr  auf  die  Körper,  welche  die  Sonne  umkreisen, 
sondern  sie  bezieht  sich  nur  auf  diese  Sonne  selbst,    als  auf 
den  Centralkörper  des   ganzen   Systems ;    sie  bezieht  sich  auf 
die  eigentliche   Kraft  dieses   Centralkörpers ,    die   derselbe  auf 
aUe   Planeten  und  Kometen,    die    zu  ihm    gehören,     ausübt,  . 
oder  endlich  mit  andern  Worten ,   da  die  absolute  Kraft  eines 
Körpers   nur   durch  seine  Masse  bestimmt  wird,     so'  bezieht 
sich  die  Gröfse  fc  auf  die  Moose  der  Sonne.    Wenn  man  da- 
her von  unserem  Systeme  zu  einem  anderen,  wenn  man  von 
unserer  Sonne,  zu  einer  anderen  übergeht,     nm   welche  sich 
wieder  andere  Körper,  übrigens  nach  denselben  Gesetzen-,  be- 
wegen,   so  wird   auch  diese   Gröfse  fi  einen  anderen  Werth 
erhalten.    Dieses  wird  z.  B.  der  Fall  bei  allen  Doppelsternen  " 
seyn ,  von  deren  mehreren  wir  bereits  die  elliptischen  Bahnen 
Aes  einen  dieser  Sterne   um  den  anderen  beobachtet  and  der 
Rechnung  unterworfen  haben.       Allein  auch  .schon  in  diesem 


1232  Umlaafaeeiten* 

unseren  eigenen  Sonnensystem«  können  wir  davon  mehrere 
Beispiele  anführen.  Jupiter  x.  B,  ist  so  weit  von  der  Sonne 
und  von  allen  übrigen  Planeten  entfernt  und  seine  Masse  iet 
so  beträchtlich,  dafs  er  mit  seinen  vier  Monden  gleichsam  ein 
eigene^,  wenn  gleich  untergeordnetes  System  in  unserem  Wel- 
tenraume  bildet,  daher  auch  dieses  System  seine  eigene  Cha- 
rakteristik haben  wird«  Dasselbe  gilt  auch  von  unserer  Erde, 
die  mit  ihrem  Monde  ein  abgesondertes  System  bildet«  Um 
die  Charakteristik  dieser  Verschiedenen  Systeme  zu  finden«  wer- 
den wir  die  obige  Gleichung  (III) 

2*a* 
/*  =  — tjt- 

wieder  vornehmen«  Setzt  man  a=  1  und  T  =  365,256384 
Tage  für  die  Erde,  so  erhält  man«  wie  wir  oben  gesehn  ha— 
ben,>  =  0,0172021  nnd  diese  Gröfse  p  ist,  wie  fiir  sich 
klar«  in  Theilen  des  Halbmessers  der  Erdbahn  ausgedrückt« 
Will  man  sie  aber  in  geographischen  Meilen  ausdrücken,  so 
wird  man  a  gleich  20665840  setzen«  denn  dieses  ist  die  An-» 
zahl  der  Meilen,  welche  die  halbe  grofse  Axe  der  Erdbahn 
enthält.    Laut  man  dann  T,  wie  zuvor,  so  erhält  man 

fi  =  -^Tjp    n  1616075550  Meilen. 

Für  den  Mond  unserer  Erde  aber  ist  a  =  51850  Meilen  und 
die  siderische  Umlaufszeit  T  =  27,321661  Tage,  also  ist  auch 

für  dieses  irdische  System 

s 

p'a  2g±*=  2715160  Meilen. 

Für  den  vierten  Satelliten  Jupiters  endlich  ist  an» 245400  Mei* 
len  und  T  =s  16,68902  Tage,  also  auch 

li  =  — -  =  45768000  Meilen«, 

*         # 

Wollte  man  aber  in  diesen  Bestimmungen  der  Gröfre  fi  Um 
Umlaufszeit  T  nicht,  wie  oben,  in  mittleren  Sonnentagen, 
sondern  in  Zeitsecunden  ausdrücken,  so  würde  man  nur  die 
obigen  p  nnd  p  durch  24X60*  oder  durch  86400  dividjrea. 
Auf  diese  Weise  wird  s.  B.  fiir  die  Erde  das  obige  fi «  0*0172021 
übergebn  in 


Umlaufsseiten*  1333 

a*  =5  0,0000001991  Halbmesser  4er  Erdbahn 

txttd  ebemo  wird  das  vorhergehende  f/  =  1616075550  über« 
gehn  in 

f«'  =  18705  geogr.  Meilen, 

Um  die  Bedeutung  dieser  wichtigen  Grtifse  fi  näher  kenne« 
zu  lernen,  wollen  wir  die  zwei  Gleichungen  näher  betrach* 
ten,  die  wir  oben1  für  die  Bewegung  der  Planeten  und  Korne* 
ten  um  die  Sonne  gegeben  haben.  Diese  Gleichungen  sind, 
wenn  man  daselbst  f*2  statt  fi  setzt, 

$t2   +^T«  t  — u 

wo  ^   die  Kraft    der  Sonne    in   der   Richtung  des    Radios 

Vector  r  des  Planeten  bezeichnet.  Da  aber  diese  Kraft  nach 
dem  von  Newtov  entdeckten  Gesetze  der  Schwere  gleich  de* 
Hasse  dividirt  durch  das  Quadrat  der  Entfernung  r  des  an« 
siehenden  Körpers  ist ,  so  bezeichnet  (x 2  die  Masse  der  Sonnt* 
De  also  die  in  der  Entfernung  r  von  der  Sonne  statt  habende 

Anziehung  der  Sonne  -y  ist,  so  wird  man,   zur  näheren  Be- 

stimaBttBg  dieser  Kraft,  vor  Allem  eine  Zeiteinheit  und  eine 
Raumeinheit  festsetzen  müssen.  Jene  ist  für  unser  Sonnensy- 
stem der  mittlere  Sonnentag  und  diese  ist  die  halbe  grofse 
Axe  der  Erdbahn«  In  Beziehung  auf  diese  beiden  Einheiten 
ist  also  » 

/u  =  0,0172081  und  jt2=  0,0002959. 

Diese  Zahlen  aber  sind  so  zu  verstehn.  Wenn  die  Sonne  auf 
einen  ruhenden  materiellen  Punct,  dessen  Entfernung  von  der 
Sonne  gleich  r  ist ,  während  eines  mittleren  Tags  fortwährend 
einwirkt  (und  zwar  immer  mit  derselben  Kraft,  so  dafs  also 
die  relative  Entfernung  beider  Körper  sieh  nicht  änderte) ,  so 
wird  die  Sonne  am  Ende  dieses  Tages  dem  materiellen  Puncto 
«ine  Geschwindigkeit  ertheilt  haben ,  «üt  welcher  er ,  wenn  er 

1    8.  Art,  Medimdk.  Bd.  VI.  8.  1569.  Nr.  III. 


1234  Umlaufszeiten. 

jetzt  sich  ganz  allein  selbst  überlassen  „  bliebe ,  in  der  Zeit» 
einheit,  .  d*  h.  in  einem  mittleren  Tage,  um  die  Länge 
/u2=  0,0002959  Halbmesser  der  Erdbahn,  sich  fortbewegen 
würde.  Durch  die  Schwere  der  Erde  aber  erhält  bekanntlich 
jeder  Körper  anf  der  Oberfläche  derselben  im  freien  Falle 
während  der  ersten  Secande  die  Geschwindigkeit  von  30}  1028 
Par.  Fufs ,  "also  auch  die  Geschwindigkeit  von 

30,1028  .,  n. 

"22830   ge°gn  MeÜen> 

oder  endlich,  da  15  geographische  Meilen  auf  einem  Grad  des 
Aequators  gehn,  die  Geschwindigkeit  von 

^?;?8 .  ^r  =  0,00000153428  Erdhalbmessern, 
,      22830      5400 

welche  letzte  JSahl  wir  g  nennen   wollen«       Drückt  man  nun 

4„2a3 
die  Gröfse  (x2  =  -  T2-     ebenfalls  im  Erdhalbmessern  aus,  so 

wird  man,    da  die  Sonnenparallaxe  gleich   8,6  Seeunden  be- 

1 
trägt,  statt  a  die  Gröfse  ^ — qT7-z  setzen,    so  daCs  man  daher 

für  die  Kraft  der  Sonne  den  Ausdruck  hat 

t  _  4k2  a3  _  4rca 

**    ~    gT2    —  g^Sk^S^' 
wenn   die  Kraft   der    Erde    gleich    der  Einheit  vorausgesetzt 
wird.    Um  diesen  Ausdruck  in  Zahlen  darzustellen ,   hat  man 


Log.  4**  =  1,5963598 

Log.        1  „     =3,1397798 
Sin.38  ,6       A7.QKI3UK 


4,7361396 

Log.  T  2  =  4,9982230 

9,7379\ö6 

Log.  g  =4,1859663 
Log.  ft2  -=5,5520103 

p*  =  356460 
oder  die  Kraft  der  Sonne  ist  356460m al  grttfser,  als  die  Kraft 
der  Erde ,  und  dasselbe  Verhältnifs  mufs  daher  auch  zwischen 
den  Massen  dieser  beiden  Himmelskörper  best  ehrt.  Die  Gräfte 
fi  2  ist  also  die  Masse  der  Sonne ,  wenn  die  der  Erde  als  Ein- 
heit angenommen  wird. 


Umlaufszeiten*  1335 

*  Um  dasselbe  Realität  «och  auf  einem  änderen  Wege  zu 
erhalten ,'  so  ist  der  Bogen ,  welchen  die  Erde  in  ihrer  mitt- 
leren Bewegung  um  die  Sonne  während  einer  Secunde  mittle- 
rer Zeit  beschreibt,  gleich* 

■  2» 

T 

und  der  Sinns  versus  dieses  Bogens  ist   - 

2C.    9\    fln 2***e 

dieser  letzte   Ausdruck  ist   zugleich   die   Gröfse   ( in    Theilen 

des  Halbmessers  a  der  Erdbahn  ausgedrückt),    um  welche  die 

Erde    in   ihrer    jährliehen  Bewegung    während  einer  Zeitse- 

2n2  a 
cunde  gegen  die  Sonne  fällt  oder  •  rp2—  ist  die  Anziehung  der 

♦ 

Sonne  in  der  Entfernung  a  von  ihrem  Mittelpuncte.    Diejenige 

Gröfse  aber,    um  welche   die   Körper   auf  der  Oberfläche  der 

Erde  während  'einer  Zeitsecunde   gegen   den  Mittelpunet  der 

Erde  fallen,  ist 

\  g  =  15,0514  Par.  Fufs. 
Also  ist  auch  ^  der  Raum,    um  welchen  die  Körper  in  der 
Entfernung  von  a  durch  die  Anziehung  der  Erde  in  einer  Se« 
cunde  gegen  die  Erde  fallen,  'oder  ■—  ist   die  Anziehung   der 

£rde  in  der  Entfernung  a  von  ihrem  Mittelpuncte.  Da  aber, 
für  dieselbe  Entfernung,  die  Anziehungen  zweier  Körper  sich 
wie  ihre  Massen  verhalten ,  so  hat  man ,  wenn  M  die  Masse 
der  Sonne  bezeichnet,  die  der  Erde  als  Einheit  angenommen, 

»*   a        2/r2a    4g 
oder 

also  auch  M  ==  (x  2f  wie  zuvor« 

Ist  überhaupt  a  die  halbe  gröfse  Axe  einer  Planetenbahn, 
die  der  Erdbahn  als  Einheit  angenommen;  ist  ferner  T  die 
siderische  Revolution  jenes  Planeten  in  Tagen  und  0  die 
tägliche  mittlere  Belegung  desselben  Planeten  in,  Graden  au$^ 


1986  Umltmfistitei). 


gedsgckt,  s»  hat  mm  «winke»  diese*  äeelsea  folgende  Glei- 
chungen > 

G-"T" 

^t=;£-  =0,0027378    und 
©.*' «^=0,98560744 

wo  der  letzte  VVerth  von  n  die  tägliche  mittlere  Bewegung 
der  Erde  in  Graden  ausgedrückt  ist.  In  der  That  hatten  wir 
oben 

-^-77™3ö4849Secuoden 
fiuul 

and  diese  Zahl  durch  3600  dividin  giebt  0,98560744  Grade. 
Pia  Differentiation  dieser  drei  Gleichungen  giebt 

oder  auch,  wenn  'man  blofs  die  Verhaltnisse  dieser  Differen- 
tiation xn  ihren  urspriiogliehen  Werthen  sucht, 

50  3T     ÖT     35a     BQ  35a. 


•  L  ^—      — _     • 


0  T  »     T         2a'      0  2a  * 

welche  Ausdrucke  also  ganz  unabhängig  von  dem  Werthe  der 
GrObe  p  sind. 

Der  mannigfaltige  Gebrauch  dieser  Ausdrücke  zur  Auflö— 
aung  mehrerer  Probleme  ist  für  sich  klar.  Wenn  man  «•  B» 
suchen  wollte,  wie  viel  das  Jahr  der  Erde  geändert  werden 
würde,  wenn  die  mittlere  Distanz  a  der  Erde  um  ihrem 
achten  'Theil  geändert  würde,  so  wird  man  in  der  Glei- 
chung 

BT       35a 
T  **  2a 

die  Grttfse  a  =  1  und  da  «=  £  setzen,  wodurch  man  erhalt 

5T       3        „,„      , 

•^  —  jg  =  0,19  n*be  genau, 


oder  das  Jahr  der  Eide  würde  um  0,19  seines  Betrags,    das 


U»l«*fis«it«tt  1387 

heilst,  im  69  Tage  kürzer  seyn,  als  es  jetzt  ist      Man  kann 
aber  «ach  die  Gleichung  • 

9*e* 


in  Beziehung  auf  T  und  fi  Selbst  differentiiren ,  indem  man  a 
constant  annimmt  |  wodurch  man  erbält 

Ist  %.  B.  tat  die  Erde  T  =  365,25638  und  ^  =TS,  so  ist 


auch 


T 


und 


^   .0,017202       *mit 

dpttA  „i„„...,  Ä  0,0014a, 

• 

das  heilst  also:  wenn  die  mittlere  Entfernung  der  Erde  von 
der  Sonne  dieselbe  bliebe,  wenn  aber  ihre  (Jdrlaufszeit  um 
ihren  12ten  Thail  oder  um  einen  Monat  kiiner  wäre,  als  sie 
jetzt  self  so-  mühte  auch  die  Masse  oder  die  Dichtigkeit  der 
Seame  ttm  Tfar  ihres  Betrags  gröfser  seyn,  als  sie  jetzt  ist,  oder 
aneh  timgekehrt,  würde  die  Masse  der  Sowie,  s*  B*  durch  ihre 
Vereinigung  mit  andern  auf  sie  stürzenden  Wehkörpern,  am 
Y^  gröfser,  so  würde  dadurch  das  Jahr  der  Ertle  und. 
das  aller  Planeten  um  den  12ten  Theil  ihrer  gegenwärti- 
gen Länge  kleiner  werdet*  Bemerken  wir  noch  zum  Schlüsse 
dieses  Abschnitts,  dafs  das  erwähnte  dritte  Gesetz  Kiplie's, 
wodurch  das  Verhältnis  der  Halbmesser  der  Bahnen  zu  den  Um- 
lanfszeiten  bestimmt  wird,  in  seiner  ganten  Strenge  nur  dann 
wahr  ist,  wenn  man  <he  Massen  der  um  die  Sonne  sich  be- 
wegenden Ktirpe?  ^egsn  die  Masse  der  Sonne  als  ganz  unbe- 
deutend vemachiästrgen  kann.  Wenn  man  aber  auf  diese 
Hassen  auch  Bücksicht  nimmt»  so  wird  man  statt  der  obigen 
Gleichung  (III) 

2*a*   \ 

wo  f4?,  wie  wir  gesehn  haben,  die  Masse  der  Sonne  ausdrückt, 
den  folgenden  Ausdruck  setzen: 


1238  \Umlaiifas*iteii» 

rM+^  =  ^?-   ;-  (iv) 

I 

wo  M  die  Masse  der  Sonne  and  m  die  Masse  desjenigen  Pla- 
neten bezeichnet)  dessen  Umlaufszeit  T  ist  und  zu  welchem 
die  halbe  grofse  Axe  a  der  Bahn  gehört,  so  dafs  also  die  Glei- 
chung (III)  nur  dann  der  Wahrheit  vollkommen  gemäfs  ist, 
wenn  man  die  Masse  m  eines  jeden  Planeten  gegen  die  Masse 
M  der  Sonne  als  gänzlich  verschwindend  betrachten  kann. 

Ebenso  wird  man ,  wenn  wieder  m  die  Masse  eines  Pla- 
neten und  m'  die  seines  Satelliten  bezeichnet,  die  Gleichung 
haben 

— ~T — r.     2tf.ft'* 
m  +  m  ±s  — = 


a 
T 


wo  wieder  a'  die  halbe  grofse  Axe  der  Bahn  und  T'  die  si- 
derische  Umlaufszeit  des  Satelliten  um  seinen  Hauptplaneten 
bezeichnet*  Die  Division  der  beiden  letzten  Gleichungen 
gieJ* 

=t3-G)'-  (?)■•  =  •<*>  ' 

und  diese  Gleichung  (V)  ist  es,  die  man  eigentlich  statt  der 
Gleichung  (HI)  substituiren  mufs.  Vernachlässigt  man  in  dem 
letzten  Ausdrucke   die  gegen  die  Einheit  sehr  kleine  Grofse 

-— : —  9  so  erhält  man 
M  +  m 

m  A 

wo  der  Kürze  wegen 

"F\a 


MO*©' 


gesetzt  worden  ist.  Für  Jupiter  z.  B.  ist  aes  5,20278  Halb- 
messer der  Erdbahn,  oder  a  =5,20278  X  20665800  geogr. 
Meilen ,  und  T  =  4332,5848  Tage.  Für  den  vierten  Satelli- 
ten dieses  Planeten  aber  ist  a'  es  2454Q0  Meilen  und 
T'=  16,6890  Tage.    Dieses  giebt 


und 


Log.  (7)*=  0,0751610  —  8 


also  auch 


Umlaufs  selten,  I2S9 

(T  \2 
Y)  =4,8286336, 

A  =s  0,0008013 

©der  die  Masse  Jupiter»  ist  der  1247ste  Theil  der  Sonnemnasse. 
Dabei  mufs  bemerkt  werden ,  dafs  die  oben  angenommene 
grofse  Axe  a'  der  Satellitenbahn  zu  klein  angenommen,  daher 

auch  der  Werth  von  =rj  zu  klein   erhalten  worden   ist.    Nkw- 

toh1  hat  diese  grofse  Axe  aus  Poufd's,  seines  Zeitgenossen; 
Beobachtungen  fehlerhaft  genommen  und  sonderbarer  Weise 
haben  die  Nachfolger  dieses  grofse n  Astronomen  sich  bei  die- 
sem Resultate  beruhigt,  ohne  weitere  unmittelbare  Beobach- 
tungen darüber  anzustellen.  Laplace  hat  in  seiner  Mec. 
Celeste  diese  Masse  Jupiters  auf  dem  oben  angeführten  Wege 

gleich  m  =  j^,  also  nur  wenig  gröfser,  als  Niwto*,   der 

*     1 

sie  gleich  jr—  setzte,    angenommen   und  diese   Bestimmung 

für  sehr  genau  angesehn.  Allein  erst  in  den  letzten  Jahren 
fand  Nicolai,  dafs  die  Störungen  der  Juno  durch  Jupiter  ein 
«ehr  genaues  Mittel  geben,    die  Masse  dieses  letzten  Planeten 

zu  bestimmen,  und  er  fand  auf  diesem  Wege  m  s=  — wenn 

1054 ' 
die  Masse  M  der  Sonnt  gleich  der  Einheit  gesetzt  wird.     Bald 
darauf  berechnete  auch  Ebtcki  die  Störungen  der  Vesta  durch 

-1  '       .  *        " 

Jupiter   und   fand  m  =  ~q7j7>   so  wie  er  auch  aus  den  Per- 

turbationen  des  nach  ihm  benannten  Kometen  m  ss  «ri* 

1054' 
oben  Nicolai,    abgeleitet   hatte.      Der  Unterschied  der  von 
Nkwtoh  angenommenen  und  der  neueren  Masse  oder  der;  Un- 

11  "" 

terschied  der  beiden  Gröfsen^—  und  j—  beträgt  nahe  den 

60sten  Theil  des  Ganzen,    und  die  Astronomen  konnten  sich 

1     Prmcipia  Lib.  III. 


tMI  „  Umlaufsaeiten* 

lange  nicht  erklären,  warum  eine  so  wichtige  Gröfse,  wie  Ja— 
piters  Masse  für  die  Störungen  unseres  'Planetensystems  ist, 
auf  zwei  verschiedenen  Wegen  so  wenig  übereinstimmend  ges- 
tunden wurde,  bis  endlich  Am*  darauf  verfiel ,  die  grobe  Axe 
der  Bahn  des  vierten  Satelliten  noch  einmal  und  zwar  mit  el«~ 
ler  Umsicht  zu  messen ,  wo  er  denn  fand , .  dafs  Pouvd's  Be- 
stimmungen ,  auf  wejche  Nbwtov  seine  Rechnungen  gründete 
und  denen  alle  seine  Nachfolger  ohne  Grand  vertrauten,  feh- 
lerhaft gewesen  sind.    In  dei  TW  fand  Airt  aus  seinen  Bn» 

obachtongen  die,  Masse  Jupiters  m  =  ,  und  dasselbe  Re- 

sultat erhielt  auch  Sabtibi  aus  seinen  Messungen  der  grttfs— 
ten  Elongation  dieses  Satelliten  von  seinem  Hauptplaneten1« 
Kennt  man  aber  die  Masse  m  eines  Planeten  und  seine  mitt- 
lere Entfernung  a  von  der  Sonne,  sowie  seinen  wahren  Halb- 
messer R,  ee  erhält  man  auch  seinen  scheinbaten  Halbmesser 
£,wie  er  aus  dem  Mktelpcrocte  der  Sonne  in  der  Entfernung 
a  gesehn  wird,  seine  Dichtigkeit  d  und  die  Fallhöhe  g  des 
Körper  auf  seiner  Oberfläche  in  der  ersten  Zeitsecunde  durch 
die  Gleichungen 

«^  R 

CID.  p  sss  ■— , 

a 
A       m     /R'\8 

Wo  m',  R',  d'  und  g'  dieselben  Bedeutungen  fuV  eines  andern 
Planeten  haben.  Bezeichnet  man  ebenso  dnrch  O  und  O"  die> 
Oberflächen  und  durch  V  und  V'  die  Volumina  oder  die  kör- 
perlichen Inhalte  der  beiden  Planeten,  so  hat  man 

O         /R\*       .V        /R\* 

Gehören  z,  B.  die  Gföfeen  •',  R'  «nd  Sfa.n'  s»  -y  «♦  s.  w. 

für  die  Erde  und  a,  R,  4  # .  .  ftr  Jupiter,  so  hat  man  die* 
Masse  der  Erde 


1    Memoria  della  Soeieti  Itallana   delle  Scienie  in  Moden«,  T«. 
XXI.    Astron.  Naebriohten  K.  210. 


I 

Umlaufe  tpiteiL  1241 

1 

uk  mm  — 1—- v  der  Sonnenmasse, 

tax  den  wahren  Halbmesser  der  Erde 

K  t=n=  ^2  a  869,4366  geogr.  Meilen, 

und  endlich  für  die  Horizontalparallaxe  der  Sonne   (/=  8",6.     /# 
Ist  aber  R  der  Halbmesser  einer  Kugtl,    so  ist  die  Oberfläche 
4erselben  0  =  4R**  nnd  das   Volumen  V  ==  |R3»,    also 
ist  auch  für  die  JSrde 

O'  =  9281916  Quadratmeilen' 
nnd 

V'=  2659073100Kubikmeilen. 

Für  Jupiter  aber  ist  nach  der   alten  Bestimmung  Newtons 

m=  vssr  **  *•  Wb*  •"*•  *"  •'*—  B*hD  «leich 

5,202791  Halbmesser  der  Erdbahn  oder 

•  -  «**™  x  *,SÜ?w  MaU,B' 

Ferner  ist  für  Jupiter  g  =  18",37,  also  auch  der  wahre  Halb- 
messer dieses  Planeten 

R  =  a  Sin.  p  est  9551,27  Meilern 

Für  die  Oberfläche  desselben  erhält  man 

^  cm  123,508 

oder 

O  =  1146  Millionen  Quadratmeilen 

nnd  für*  das  Volumen  dieses  Planeten 

^»1372^92 

oder 

V  =  3649820  Mi  U.Kubikm  eilen. 

Das  Verhaltnils  der  Schweren  auf  der  Oberfläche  J^pitege  nnd 
der  Erde  ist  aber 

_  1-3  ©'-**■-. 

od*r,d»  für  die  Erde  g'=  15,0514  Par.  Fab  kt,  für  Jupiter    > 

g  =40,7125  Par.  Fafr, 
DL  Bd.  Kkkk 


7     ..  % 


i» 


Uiulaufszeiten. 

*  *  » 

das-  heifst :  die  Körper  fallen  auf  der  Oberfläche  Jupiters  in 
der  ersten  unserer  Zeitsecunden  durch  40,7125  Fufs.  wenn 
man  auf  die  durch  die  schnelle  Rotation  dieses  Planeten  ent- 
stehende Centrifugalkraft  keine  Rücksicht  nimmt«  Das  Ver— 
hältnifs  der  r  Dichtheiten  der  Messen  diese*  zwei  Planeten 
endlich  ist 

*  «3  (*)'-  4».. 

t 

Gehören  aber  die  Gräften  m ,  R',  d',  g'  ...  für  die  Erde  and 
m,  R,  d,  g  .  .  .  für  die  Saone,  »o  ist 

m       356460  ond  £=  * 


•1*0  aacb ,  mit  Hülfe  der  oben  angeführten.  Gleichungen, 
i=0£5;  ß,  **  27,92  und«  c=,420Fof» 

D 

oder  die  Erde  ist  viermal  dichter,  als  die  Sonne,  und  die  K#r- 
per  fallen  auf  der  Oberfläche  der  Sonne  in  der  ersten  Secunde 
durch  420  Par.  FuTs.  Dabei  wird  es  im  hohen  Grade  inter- 
essant bleiben«  dafc  es  dem  menschlichen  Geiste  gelungen  ist, 
von  jenen  durch  so  grofse  Räume  von  uns  getrennten  Him- 
melskörpern nicht  nur  ihre  Gröfse  and  Entfernung,  sondern 
such  die  mannigfaltigen  Bewegungen  derselben  und  sogar  die 
Schweren  auf  ihrer  Oberfläche  und  die  gröbere  oder  kleinere 
Dichtigkeit  des  inneren  Gewebes. zu. bestimmen,  aus  welchem 
diese  Körper  bestehn« 

* 

F.    Säculare  Bewegung  des  Monds« 

Nach  dem  Vorhergehenden  sind  die  siderisohen  Umlaufs- 
seiten aller  Planeten  um  die  Sonne ,  so  wie  der  Satelliten  um 
ihre  Hauptplaneten,  für.  alle  Zeiten  conatante  oder  unveränder- 
liche Gröfsen«  Allein  von  diesem  allgemeinen  Gesetze  scheint 
der  Mond  unserer  Erde  eine  merkwürdige  Ausnahme  zu  -ma- 
chen, da  seine  siderische  Umlaufszeit  um  die  Erde,  allen 
guten  Beobachtungen  der  alten  uncl  neuen  Zeiten  zufolge,  im- 
mer kürzer  wird.  Diese  Ausnahme,  wenn  sie  in t der  That 
earfsttft,  isttabe«  fift  die  Erdbewohner  und  vielleicht  fiür  die 
ganze  IJrde  selbst  von  der  grt>£atf  d  Wichtigkeit    Denn  wenn 


Umlaufszeiten»  i24£ 

die  Umhufaceit  eines  Hisamelekörpers  mit  der  Zeit  abnimmt, 
so  nmb  auch»  dem  dritten  Gesetze  Kiplba's  infolge,  die 
mittlei*  Entfernung  desselben  von  seinem,  Centralkörper  sb- 
nebmfn  oder  der  Mond  wird  in  diesem  Felle  die  Erde  in 
immer  engeren  Bahnen  umkreisen  und  endlieh  auf  sie  stürzen 
müssen*  Wekfee  Polgen  dieses  für  uns  haben  würde,  ist  leicht 
tu  übersefen» 

Hallet  kette  zuerst  bemerkt  und  Duhthoav  nebst  Tobias 
Mater  lieben  später  durch  eine  sehr  sorgfältige  Untersuchung 
über  allen  Zweifel  erhoben ,  dafs  die  mittlere  Bewegung  des 
Monds  seit  den  ältesten  bis  auf  unsere  Zeiten  mit  jedem  Jahr- 
hundert immer  schneller  .wird«  Sie  fanden  nämlich ,  dafs  die 
Beobachtungen  nur  dann  mit  den  Berechnungen  des  Mondes 
übereinstimmen,  wenn  man  der  wahren,  heute*  statt  haben- 
den, täglichen  mittleren  Bewegung  an  jedem  folgenden  Tage  ' 
0",0003Q683,  also  in  einem  Julianischen  Jahre  von  365^  Tagen 
den  Bogen  0",11207  und  daher  in  einem  Jahrhunderte  (von 
36325  Tagen^  den  Bogen  U",207  hinzusetzt.  Welches  ist 
aber  die  Ursache  dieser  höchst  sonderbaren  Veränderung  der 
mittleren  Bewegung,  also  auch  der  Umlaufszeit  des  Mondes, 
da  doch  die  Umlaufszeiten  aller  andern  Körper  unser»  Son- 
nensystems vollkommen  constant  und  unveränderlich  sind? 
Soll  sich  diese  vielleicht  nur  scheinbare  Anomalie  nicht  auch? 
aus  dem  allgemeinen  Gesetze  der  Schwere  erklären  lassen ,  da 
uns  doch  diese  Erklärung  mit  allen  andern  Ungleichheiten  des 
Monds  bereits  so  gut  gelungen  ist  ?  Diese  Frage  hat  die  Geo- 
meter  lange  Zeit  sehr  gequält.  Einige  suchten  den  Grund  dieser 
Erscheinung  in  der  Wirkung  der  Sonne  auf  die  Mondbahn ,  an* 
deYe  in  jener  der  Planeten,  wieder  andere  in  der  nieht  genau 
kugelförmigen  Gestalt  der  Erde  und  des  Mondes,  in  einer  Stö- 
rung durch  Kometen  oder  in  dem  Widerstände  des  Aethers, 
der,  wenn  er  überhaupt  existirt,  die  mittlere  Bewegung  des 
.Monds,  aber  ebenso  auch  aller  übrigen  Planeten,  in  der  That 
beschleunigen  müftte*«  Noch  andere  wollten  die  Ursache  die- 
ser Abweichung  in  der  Zeit  suchen,  welche  die  Kraft  der 
Anziehung  braucht,  um  von  der  Sonne  -bis  zu  den  Plane- 
ten zu  gelangen.  Allein  alle  diese  Meinungen  wurden  bald 
ungenügend  gefanden  und  das  Räthsel,  an   dessen  Auflösung 


1    Vergl*  Axt.  Widerdtmd. 

Kkkk  2 


1244  Umlaufszeiten. 

sich  so  viele  scharfsinnige  Männer  abgemüht  hatte*/  blieb  in 
seiner,  früheren  Dunkelheit,  Indefs  ist  die  Uebareinstimnrang 
aller  anderen  so  mannigfaltigen  und  verwickelten  Erscheint»- 
gen  der  Himmelskörper  mit  der  von  Nbwtov  entdeckten  .Theo- 
rie der  allgemeine«  Schwere  so  grofs  und  so  bewunderungs- 
würdig, dafs  man  nicht  ohne  lebhaftes  Bedauern  in  diesem 
einzelnen  Falle  eine  unerklärliche  Ausnahme  von  jenem  all- 
gemeinen Gesetze  erblicken  konnte» 

Von  dieser  Betrachtung  bewogen  untersuchte  Laplace 
die  ganze  Theorie  der  Mondbewegung  noch  einmal  mit  der 
gespanntesten  Aufmerksamkeit,  und  ihm  gelang  es  endlich 
auch,  die  so  tief  verborgene  und  so  lange  vergeblich  gesuch- 
te Ursache  jener  Anomalie  glucklich  zu  entdecken.  Es  ist 
bereits  oben1  die  von  Laplace  gegebene  Erklärung  dieser 
Erscheinung  mitgetheilt  und  daselbst  gezeigt  worden ,  dafs  ihre 
Ursache  in  der  Veränderlichkeit  der  Excenlricität  der  Erdbahn 
liegt.  Wir  begnügen  uns  daher 9  hier  nur  noch  dasjenige  in 
Kürze  nachzutragen,  was  an  dem  angeführten  Orte  übergan- 
gen werden  mußte.  v#. 

Man  sieht  sehen  ohne  alle  Rechnung,  dafs  die  Sonne, 
je  naher  sie  im  Allgemeinen  der  Erdbahn  ist,  desto  mehr  auf 
die  Erde  wirken  müsse.  Eine  solche  Annäherung  der  Sonne* 
wird  demnach  auch  die  Mondbahn  erweitern  oder  die  Um- 
laufszeü  dieses  Satelliten  vergroTsern  und  umgekehrt.  So  ist 
im  Januar  die  Sonne  am  nächsten  bei  der  Erde,  also  auch 
bei  dem  Monde ,  und  im  Julius  ist  sie  wieder  von  diesen  bei- 
den Weltkörpern  am  meisten  entfernt.  In  der  That  ist  auch 
die  wahre  Umlaufszeit  des  Monds  im  Anfange  eines  jeden  un- 
serer Jahre  um  beinahe  35  Zeitminnten  gröber  als  in  der  Mitte 
des  Jahrs.  Allein  diese  Unregelmässigkeiten  stellen  sich  mit  jedem 
Umlaufe  der  Erde,  mit  jedem  Jahre  wieder  her  und  sind  daher  nur 
periodisch,  sodafs  sie  im  Lagfeeines  jeden  Jahrs  gleichsam  wieder 
verschwinden,  ohne  sich  je  mit  der  Zeit  anzuhäufen.  Allein 
durch  die  erwähnte  Abnahme  der  Excentricität  der  Erdbahn 
,  geht  die  Erde,  also  auch  der  Mond,  von  der  Sonne  immer 
weiter  weg,  die  Mondbahn  wird  also  auch,  nach  dem  Vor- 
hergehenden, immer  kleiner  oder  enger  und  die  Umlanfszait  des 


1    9.  Art   Mond.  Bd.  Tl.  S.  €966. 


/ 


Umlaufszeiten*  1245 

Monds  in  dieser  seiner  Bahn  traft  daher  auch  immer  kürzer  werden, 
und  dieses  zwar  so  lange,  als  die  Excentricität  der  Erdbahn  io  fort-r 
währender  Abnahme  begriffen  ist.  Nun  nimmt  »war  diese  Exoeotri- 
oitat  nicht  immer  ab,  sondern  es  wird  anch  einmal  eine  Zeit  kom- 
men ,  wo  sie  wieder  zunimmt      «Allein  diese  Zeit  ist  so  Veit 
▼on  ans  entfernt  und  jene  Abnahme  dauert  schon  so  viele 
Jahrtausende,    dafr   alle  unsere  Beobachtungen,  auch  die  «der 
Griechen  und  Chaldäer,    noch  in  die  Periode  dieser  Abnahme 
lallen  und  dafs  nur  die  Theorie,  indem  sie  den  Beobachten- 
gan  so  weit  vorauseilt ,    uns  von   diesem  Wechsel  der  Ab- 
and  Zunahme  der  Excentricität  der  Erdbahn  zu  belehren  im 
Stande  ist»     Nach  dieser  Theorie  war  nämlich  die  Excentrici« 
tut  der  Erdbahn  um  du  Jahr  11450  vor  dem  Anfange  unse- 
rer Zeitrechnung  in  ihrem  gröfsten  Werthe  und  gleich  0,01965 
der  halben. größten  Axe  der  Erdbahn»    Von  jener  Zeit  nimmt 
sie  durch  volle  36860  Jafcre  immer  ab   und  wird  erst  um  das 
Jahr  25400  nach  Christus  ihren  kleinsten  Werth  0900393  er- 
reichen ,    um  dann   allmälig  und  in   einer    nahe    ebenso  lan- 
gen Periode  wieder  zuzunehmen.    In  unseren  Tagen  ist  diese 
Excentricität  gleich  0,01679*     In  dieser  grofsen  Periode  von 
36860  Jahren  oder  von   mehr  ab  3$  Jahrtausenden  schwankt 
die  Excentricitat  jener  Bahn  zwischen  den  engen  Grenzen  0,020 
und  OfiOif  gleich  einem .  groben  Pendel,  sehr  langsam  auf  und 
nieder.      In  dieselbe  Periode  sind    also  auch   die  oben1  er- 
wähnten säcularen  Bewegungen  der  Knoten  und  der  Apsiden 
der  Mondbahn  eingeschlossen,  da  sie,    wie  dort  {gezeigt  wur- 
de, ans  derselben  Quelle  entspringen.    Die  Beobachtungen  der 
kommenden  Zeiten  werden  uns  übrigens   diese  drei  Bewegun- 
gen noch  genauer  kennen  lehren,  wenn  sie  sich  in  der  Folge 
der  Jahrhunderte    mehr  angehäuft   und  wenn  wir  einmal    die 
Theorie  des  Monds  durch  die  Analyse  noch  mehr  ausgebildet 
haben  werden. 

Um  noch  zu  zeigen ,  wie  man'  zu  dieser  Kenntnifs  der 
Saculargleichung  der  mittleren  Mondbewegung  gekommen  ist, 
nehmen  wir  an,  dab  man  aus  den  Beobachtungen  von  der 
Zeit  1700  die  Revolution  des  Monds  auf  das  Genaueste  be- 
stimmt habe ,    so  dafs  also  diese  Revolution  allen  Beobach« 


1    *-  Art.  Hex*  Bd.  TL  S.  2876. 


1246  Umlaufaaeiten. 

tätigen,    die  um  den  Anfang  des  18»  Jahrhunderts  angestellt 
wurden,  .genau  entspreche.      Wenn  mau  aber  dann  mit  der- 
selben Bestimmung  die  Beobachtungen  im  Anfange  des  gegen- 
wärtigen  19*  Jahrhunderts  verglich,    so  fand   man,    dafs  für 
diese  letzte  Zeh  die  mittlere  Längt  (nicht  die  Geschwindig« 
kert)  des  Mondes  sich  um  11", 2  oder  um  0°,003111  *u  klein 
'reigte    und  dafs  man    daher  am  Ende  des   18*   Jahrhunderts, 
für  dessen   Anfang  man   die  obige  Revolution   bestimmt  hat, 
noch  diese  Grobe  0°, 0031 11  *ur  berechneten  mittleren  Lange 
hinzu  addiren  muls,  um  sie  mit  den  Beobachtungen  am  Ende 
dieses  Jahrhunderts  übereinstimmend  zu  machen.     Ehe  man  die 
Ursache   dieser  Erscheinung  aufsuchen    konnte,     mufste   man 
sich  begnügen,  sie  einstweilen  durch  eine  Formel  den  Beob- 
achtungen gemüfs  darzustellen.      Man  nahm  daher  die  Hypo- 
these an,   dafs   der  Mona  keine  cohstante  mittlere  Geschwin- 
digkeit habe,  wie  dieses   bei  den  Planeten  allerdings  der  Fall 
ist,  sondern  dafs  seine  Geschwindigkeit  mit  der  Zeh  gleich- 
förmig wachse,    etwa   wie  dasselbe   auch  mit  der  Geschwin- 
digkeit derjenigen   Körper  geschieht,     die  auf  der  Oberfläche 
unserer  Erde   frei  fallen.       Bezeichnet   man    nun   durch  c  die 
constante   mittlere   Geschwindigkeit  des  Monds,    die  nämlich 
ohne  jene  Anomalie  statt  haben  würde,    und  ist  t  die  Anzahl 
der  Jahrhunderte,  die  seh  dem  Jahre  1700  verflossen  sind,  so 
wie  s  der  Bogen ,    den   der  Mond    in  seiner  ßahn  durch  die 

mittlere  Bewegung  zurücklegt ,    so  ist  ^-  der  allgemeine  Aus« 

druck  der  Geschwindigkeit ,    und   man  wird  daher  die  Glei* 

chung  habeh 

d%         •    . 
gY=c+a.t, 

wo  a  eine  Constante  ist,  die  nun,  so  wie  die  Grobe  c,  durch 
die  Beobachtungen  .bestimmt  werden  soll. 

Das  Integral  dieser  Gleichung  ist 

9  =  et  +  Ja.t2, 

wo  also  et  der  Weg  ist,  welchen  der  Mond  in  t  Jahrhunder- 
ten mit  seiner  für  das  Jahr  1700  bestimmten  Umlaufszeit  zu- 
rücklegen würde  \  und  wo  daher 

xsja.t* 
die  Correction   dieses  Weges  oder   derjenige  Bogen  ist,    den 


Umlauf tzkilttil  i24J 

man  Vfi  Äery  &ut6h  jen1*  cdnstante  tTmlaufszeit  gefundenen  mitt- 
leren Länge*  des  Monde  nach  t  Jahrhunderten  noch;  hip zufügen 
inuTs/  tini  die  mit  diese*  spateren  Beobachtungen  des  Monds1 
titorenJBtrmttJende  Länge  dieses  Satelliten  zu  erhalten«  '  Für 
t  ä:  1,  ist  nach  den  Mondstafeln,  die  Lalaitdb  in  seiner 
Astronomie  arfgeabmmen  bat,  die  Größe  |  *  ss  0°,003111, 
also  ist  au<Jh  die  gesuchte  Correetion  ' 

tf*=0°,003lllt* 

und  da  diese  Gleichung  nur  da»  Quadrat  von  t  enthalt,  so  ist 
sie  sowohl  vor  als  auph  nach  der  Epoche  von  1700  immer 
additiv,  obschon  die.  Gröfse  t  selbst,  ihrer  Natur  nach,  vor 
de»  Jahre  1700  negativ  geriommen  werden  mufs.  Dafs  näm- 
lich für  spätere  Jahre  als  1700  die  Gröfse  t,  also  auch  die  Cor- 
reetion x  positiv  seyn  mufs,  ist  für  sich  klar.  Für  frühere 
Jahre  aber  läfst  sich  dieses  auf.  folgende  einfache  Weise  er* 
klaren.  Gesetzt,  man  sucht  mit  jener  für  1700  bestimmten 
Revolution  die  mittlere  Länge  des  Monds  rückwärts  für  das 
Jahr  1600 9  so  wird  man  also  zuerst  von  der  für  1700  gege- 
benen Epoche  die  Bewegung  des.  Monds  für  ein  ganzes  Jahr- 
hundert subtrahirea*  Allein  damit  hat  man  offenbar  den  Werth 
jener  Correetion  zu  viel  subtrahirt,  weil  die  Bewegung  für 
1700  schneller  ist,  als  die  für,  1600,  daher  man  also  auch 
hier  jene  Correetion  wieder  addiren  mufs« 

Setzt  man  also,  wie  zuvor, 

x  =  0°,003itit2 
oder  in  Secunden  ausgedrückt 

x  =  n",2t*, 

so  erhält  man 

für  1700  .  .  ♦  .     tcO  und  die  Correetion  x=s    ff',0 

für  1750und  1650  t=  +  J —      x=   ¥& 

für  lÖOOimd  1600  t  =  +  l —      x=H"l2ü.s.w. 

In  den  erwähnten  Mondstafeln  von  Lalaade  ist  die  mittlere 
Länge  des  Monds  für  den  Anfang  des  Jahrs  1700  im  Pariser 
Mittag 

A  =*  40»  55' 56",t 

und  die  -tropische  Bewegung  des  Monds  in  einem  gemeinen 
Jahre  von  365  Tagen 

B  =  129°  23  5",2 


1248  Umlauf  s.zeiten: 

^  angenommen  werden.  Allein  diese  letzte  Bewegung  B  ist 
für  die  Epoche  des  Jahrs  1700  richtig  und  mufs  daher  für 
jede  andere'  Zeit  verbessert  werden.  Sacht  man  z.  B.  aus 
diesen  Tafeln  des  Monds-  die  Länge  dieses  Satelliten  für  das 
Jahr  1760»  *o  hat  man 

Epoche  für  1700      40°    55'  56",t 

Bew.  für  60  Jahre      .  .  .  .    40      43    55,2 

Länge  für  1760 81      39    513 

.  SacuL  Bewegung  x  =  +    4,0 

corrigirte  Lange  für  1760  .  .    81      39    553 

,  weil  nämlich  hier  t  =  ijjlf  also  t*  =  ~  «  0,36»  rf*>  noch 

je  =a  U">2t*  =  4",0  ist ' ,  Ebenso  hat  man,  wenn  man  nun 
diesen  Tafeln  die  mittlere  Länge  des  Monds  für  den  Anfang 
de*  Jahrs  1200  nach  Chr.  6»  sucht» 

Epoche  für  1700 ■    40°    55'#56",i 

Bew.  für  500  Jahre  \  .  .  —  99      26   '   0,0 

Länge  für  1200     301      29       56,1 

Beweg,  für  11  Tage  .  .  +  144      56       24,9 


86      26      21,0 
Säen).  Bewegung  •  .  x=  .. .  +    4       40,0 


corrigirte  Länge  für  1200  .     86°    31'       l'\0 

wie  in  den  Tafeln  selbst  angegeben  ist,  indem  in  dem  letzten 
Beispiele  t=  —  5,  *Uo  euch  x=  lj",2t*  =  280",0  =  0°  4# 
40",0  ist. 

Noch  ist  es  interessant  zu  sehn,  wie  viel  dnreh  diese  sei«» 
culare  Bewegung  des  Monds  die  Umlaufszeit  und  die  mittlere 
Entfernung  des  Monds  von  der  Erde  geändert  werde«  Die 
säculare  Bewegung  beträgt  nach  dem  Vorhergehenden  0°,003lll 
in  100  Jahren,  also  auch  in  einem  Tage 

B  9  =  °°^"t  =  0<>,00000008523 

and  dieses  ist  die.  Correction  der  mittleren  täglichen  Bewe- 
gung des  Monds*  Ist  ferner  T  die  Umlaufszeit  des  Monds  in 
Tagen  und  a  die*  halbe  grofse  Axe  der  Mondbahn,  so  er- 
halten wir,  wenn  wir  die  im  vorhergehenden  Abschnitte  (E) 


Umlauf«  Seiten«  1249 


dieses  Artikels  bereits  aufgestellten  ^Gleichungen  wieder  vor- 

nehmePi 

99 


und 


«Tcs-T.    - 

-    0 


^   B  _*.    1       i* 


iß!    o? 

Aber  nach  den  bereits  angeführten  Tafeln  von  Lalavdk  ist 

1  ©  =»  13M763966 

and  daher  auch 

T  =  ^  =27,321582  Tage, 

and  endlich 

ae=a00,00000008523., 

Substituirt  man  diese  Werthe  von  T  und  30  in  den  vorher- 
gebenden Tafeln  ,  so  erhält  man  " 

8T  «=-  0,0000001767 
und 

—  a  -  0,000000004312, 

a  * 

so  dals  also  ö  wächst,  während  T  nnd  a  abnehmen. 

G.    Säculare  Bewegung  Jupiters  und  Saturn«. 

Anch  diesen  beiden  grtilsten  Planeten  unseres  Sonnensy- 
stems hat  man  noch  zn  Ende  des  vorhergehenden  Jahrhun- 
derts eine  ähnliche  .Veränderung  ihrer  mittleren  Bewegung, 
wie  dem  Monde,  zugeschrieben.  Schon  Hallet,  Nbwtob's 
Zeitgenosse,  hatte  bemerk*,  dals  sich  die  mittlere  Bewegung 
Saturn*  immer  verzögert,  während  die  Jupiters  im  Gegen- 
theile  eich  beschleunigt«  Die  Astronomen  führten  deswegen 
auch  in  den  Tafeln  dieser  beiden  Planeten  zwei  ähnliche  Cor- 
rectionen,  wie  oben  für  den  Mond,  ein,  nämlich 

—  83",5 12  für  Saturn 
und 

+  34",4ta  fürJopiter, 
wo  wieder  t  die  Anzahl  der  Jahrhunderte  seit  1700  bezeichnet.      ,  N 


1250  Umlaafszeiten. 

t)ie  Auffindung  der  Ursache  dieser  Erscheinimg  aber  fiel  Ihnen 
nicht  minder  schwer,  als  die  so  eben  betrachtete  ähnliche  Uo- 
regelmäfsigkeit  in  der  Mondbewegung.  Wio  es  bei  Untersu- 
chungen solcher  Art,  die  ins  Tiefe  geho,  zu  geschehn  pflegt, 
so  fand  man  auch  hier  zwar  nicht  eben  sogleich  das  Gesuchte, 
aber  dafür  etwas  Anderen  f  was  noch  viel  interessanter  war 
nnd  was  dann  später,  wenn  gleich  auf  Umwegen,  auch  wie- 
der zu  dem  so  lange  Gesuchten  zurückführte.  Man  fand  näm- 
lich, in  Folge  der  über  diesen  Gegenstand  angestellten  analy- 
tischen Untersuchungen,  dafs  die  grofstf  Axe  der  Bahnen  ei- 
nes jeden  Planeten,  also  auch  die  siderische  Umkrafszeit  des«* 
selben ,  für  alle  Zeiten  Consta nt  und  unveränderlich  seyn  müsse 
oder  dafs  sie  wenigstens  nur  periodische,  keineswegs  aber  mit 
der  Zeit  fortschreitende  Störungen  erleiden  könne*.  Diese* 
Theorem  war  für  die  Erhaltung  des  Planetensystems,  mit  der 
es  unmittelbar  zusammenhängt,  von  den  wichtigsten  Folgen« 
Aber  mit  ihnen  war  auch  zugleich  bewiesen,  dafs  jene  Aen- 
dernngen  der  mittleren  Bewegung,  die  man  bei  dem  Monde 
und  bei  Jupiter  und  Saturn  beobachtet  hatte,  nur  periodische 
Störungen  seyn  konnten,  wenn  gleich  vielleicht  die  Dauer  ih- 
rer Perioden  viele  Jahrtausende  umschliefsen  mag.  Beim  Mon- 
de fand  man  die  Ursache  dieses  Phänomens,  wie  so  eben  in 
dem  vorhergehenden  Abschnitte  gezeigt  worden  ist,  in  der 
Abnahme  der  Excentricität  der  Erdbahn»  Aber  welches  ist  der 
Grund  der  ähnlichen  Erscheinung  für  die  zwei  eben  genannten 
grofsen  Planeten  unseres  Systems? 

Nachdem  La  place  den  Grund  dieser  Anomalieen  in  frem- 
den  Einwirkungen  der  Kometen,  des  Aethers  u.  s*  w.  auf 
unser  Planetensystem  lange  vergebens  gesucht  hatte,  verfiel  er 
endlich  auf  die  Idee ,  dafs  er  vielleicht  nur  eine  einfache  Folge 
der  gegenseitigen  Wechselwirkung  dieser  zwei  Planeten  auf 
einander  seyn  könnte ,  nnd  .die  bereits  oben 2  angeführte  Glei- 
chung zwischen  T  und  r  führte  ihn  auf  die  Ueberzeugung, 
dafs  seine  Vermuthung  vollkommen  gegründet  sey.  Um  die- 
ses näher ,  als  in  dem  angeführten  Artikel  geschehn  ist,  anzu- 
zeigen, wollen  wir  bemerken,  dafs  alle  Aenderungen  der  Länge, 
welche  zwei  Planeten  durch  ihre  gegenseitigen  Wirkungen  er- 


1  S.  Art.  Pertttrlatione*.  Bd.  VII.  3.  444. 

2  Eben4.  Bd.  VII.  S.  445. 


Umlaufszeitenl  i2Äi 

leiden  letfnnen,  trenn  man  anf  Üe  Neigungen  und  Excentri- 
dtfiten  ihrer  Bahnen  Itücksicht  nimmt,  dtie  allgemeine  Form 

ASin/ftn'l'  —  rilJt+B] 

haben,  wo  1  und  T  die  täglichen  Bewegungen  der,,Längen ,  t 
die  "Ansaht  der  seit  einer  bestimmten  Blöcke  verflossenen  Tag* 
und  wo  A  und  B  zwei  wenigstens  für  einen  gröfsen  Zeitraum 
nahe  constante  Gröfsen  bezeichnen  %  wahrend  endlicn  die; 
Gröfsen  n  und  n'  nach  der  Örclnung  gleich  den  natürlichen  Zah- 
l«n  1 ,  2 1  3  •  .•  •  gesetzt  werden.  Für  unsere  gegenwärtig? 
Betrachtang  ist  vorzüglich  die  Gräfte  A  sehr  wiehtjg,  und  es 
folgt  aus  der  Theorie  der  Perturbationen ,  dafs  in  jeder  die- 
ser Störungsgleichungen  die  Gröfse  A  die  Gestalt,  habe . 

wo  M  eine  constante  Gröfse  und  ©entweder  die  Excentrici- 
tat  oder  die  Neigung  der  einen  der  beiden  Planetenbahnen 
gegen  die  andere  bezeichnet.  Da  nun  die  Excentricität  so* 
wohl ,  als  auch  die  Neigung  der  Bahnen  bei  allen  älteren  Pla- 
neten nur  klein  ist,  so  reicht  es  gewöhnlich  schon  hin,1  nur 
die  ersten  dieser  Störungsgleichungen  zu  berechnen g  indes* 
man  die  Gröfsen  n  und  n'  nur  gleich  1  oder  2  oder  höchstens 
gleich  3  setzt  |  weil  alle  folgenden  in  die  sehr  kleine  Gröfse 
04,  @5  .  .  .  mulriplicirt  und  daher  nur  von  sehr  geringem 
Werthe  seya  werden.  Dieser  vortheilhafte  Umstand  macht  ei 
uns  auch  eigentlich  nor  möglich,  die  Störungen  der  Planeten 
zu  berechneny  indem  wir  die  hierher  gehörenden  sehr  verwik- 
kelten  Ausdrücke  in  Reihen  auflösen  und  von  diesen,  ihrer 
gröfsen  Convergen*  wegen,  nur  die  ersten  Glieder  berück- 
sichtigen. Würden  die  Excentricitäten  und  Neigungen  der 
Planetenbahnen  sehr  beträchtlich  eeyn ,  so  «würde  jene  Conver- 
gens  der  Reihen  nicht  mehr  statt  haben  und  wir  würden  die 
Störungen  der  Planeten  nicht  mehr  ,auch  nur  mit  einiger  Ge- 
nauigkeit berechnen  gönnen.  Allein  die  vorhergehende  Schaz- 
zuog  des  Werthes  von  A  würde  nur  sehr  unvollkommen  seyn, 
wenn  man  dabei,    Wie  wir  bisher  gethan  haben,  nur  auf  den 

Zähler  0  des  in  Rede  stehenden  Bruches  Rücksicht  neh- 

men weihe.    Denn  auch  der  Nenner 

(n'l'-nl)*.t* 


M 


j252  Umlauf«  ?  eitern 

ist  veränderlich  und  er  wird  den  Werth  von  A  desto  gröber 
machen,  je  kleiner  er  selbst  ist.      Er  wird  aber  desto  kleiner 

r 

seyn,    je  näher  des  Verhältnifs  y  dem  veränderlichen  Ver- 
hältnisse ^7  kommt,  welches  letzte  die  verschiedenstell  Wer- 
n 

the  4,  |,  i9  4»>  |  .  •  •  annehmen  kinn,  die  zwischen  den 
ersten  natürlichen  Zahlen  1,2,3,4  statt  haben.  Diese  Be- 
merkung, die  man  früher  vernachlässigt  und  auf  die  zuerst 
liAPLACK  aufmerksam  gemacht  hatte,  war  es,  welche  ihn 
endlich  auf  die  Entdeckung  des  wahren  Grundes  jener  zon— 
derberen  Erscheinung  zwischen  Jupiter  und  Saturn  leitete.  So 
oft  nämlich  die,  mittleren  täglichen  Bewegungen  1  und  f,  also 
auch  die  Umlaufszeiten ,  zweier  Planeten  sich  nahe  wie  zwei 
ganze  Zahlen  n  und  n'  verhalten,  so  oft  kann  jener  Werth 
xvon  A  sehr  grob  und  die  daraus  folgende  Störung  sehr  be- 
deutend werden.  Für  Jupiter  ist  die  mittlere  Bewegung  in 
365,25  Tagen  t  =  30°,349  and  für  Saturn  r  =  12,221,  also 
ist  auch  -  ,  ** 

r-ss -**■•• 

also  auch  nahe  genug 

r    2 

10  dafs  aUe  jene  Störungsglieder,  in  welchen  n  =  2  and 
nv=5  sind,  für  diese  zwei  Planeten  sehr  beträchtlich  wer- 
den und  daner  eine  besondere  Untersuchung  verdienen.  La-. 
plack  nahm  diese  Untersuchung  vor  und  fand  seine  Erwar- 
tung vollkommen  bestätigt.  Das  Resultat  seiner  Untersuchun- 
gen7 war,  dajb  in  der  Theorie  Saturn«  eine  grofse  Ungleich- 
heit enthalten  ist,  welche  auf  2952  Secunden  steigen  kann 
und  deren  Periode  nahe  930  Jahre  beträgt,  welche  zur  mitt- 
leren Bewegung  dieses  Planeten  addirt  werden  mub,  am  die 
der  Wahrheit  gemäfse  Bewegung  zu  erhalten,  und  dafs  die 
mittlere  Bewegung  Jupiters  einer  ähnlichen  -Ungleichheit  von 
nahe  derselben  Periode  unterworfen  ist,  die  au£  1205  Secun- 
den  steigen  kann  und  von  der  mittleren  Bewegung  dieses  Pla- 
neten subtrahirt  werden  mufs.  Im  Jahre  1560  unserer  Zeit- 
rechnung waren  diese  beiden  Störungen  nahe  gleich  Null,  und 


Ümlaufszeiten.  1253 


sin  werden  aueh  wieder  in  allen  den  Jahren  versehwinden,  die 
465  oder  2mal  465  oder  3mal465  Jahre  u.s.  w.  von  jener  Epo- 
che) 1560  vor-  oder* rück wirts  entfernt  sind.  Die  Periode 
dieser  swei  Störungsgleichungen  ist  nämlich,  nach  dem  Vor« 
hergehenden,  gleich  der  Zeit»  in  welcher  der  Sinns  von 
C51'  — 21J  t  =  0,407t  alle  möglichen  Werthe  durchgeht,  d.h. 
in  welcher  der  Winkel  0,407  t  sich  von  0  bis  so  360  Graden  in« 
dort  Um  diese  Zeit  zn  finden,  ist  daher  0,407t  =  360  oder 
Mhe  t  es  900  and  genauer  t  =  930  Jahre. 

Laflacb  knüpfte  an  diese  schone  Entdeckung  noch  eine 
andere  sehr  sinnreiche  Bemerkung,  dafs  man  nämlich  aus  den 
mittleren  Bewegungen,  welche' ein  Volk  für  diese  swei  Pla- 
neten gefunden  hat,  rückwärts  auf  die  Zeit  schliefst*  kanri,  in 
welcher  dasselbe  diese  Beobachtungen  angestellt  hat  Die  In- 
dier  geben  bekanntlich1  ihren  Planetentafeln  ein  sehr  hohes 
Alter,  das  mehrere  Jahrtausende  über  den  Anfang  unserer  ge- 
genwärtigen Zeitrechnung  herausgeht.  Wenn  man  aber"  diese 
ihre  Tafeln  näher  unterspcht,  so  findet  man*,  dafs  sie  zu.  ei- 
ner Zeit  entworfen  wurden,  wo  die  mittlere  Bewegung  .Sa- 
tnrns  die  langsamste  und  die  Jupiters  die  schnellste  war.. 
Zwei  Hauptepochen  der  indischen  Chronologie  erfüllen  nah» 
diese  Bedingung  und  von  diesen  Epochen  fallt  die  eine  in 
das  Jahr  1490  nach  fchjv  und  die  andere  3100  Jahre  vor. 
Chr.  Dafs  der  Umstand,  nach  welchem  die  mittlere  Be- 
wegung des  ersten  4-  *•*  doppelten  des  dritten  —  der  drei- 
fachen des  zweiten  Satelliten  Jupiters  immer  gleich  Null  ist, 
sn  ähnlichen  merkwürdigen  Störungen  dieser  drei  Monde  An- 
lafs  gegeben  hat,  ist  schon  oben2  bemerkt  worden.  Weiter 
unten  aber8  werden  wir  sehn,  dafs  die  Natur  an  d\ese  irra- 
tionalen Verhältnis**  der  Umlaufszeiten  der  Planeten  den 
gröfsten  Theil  ihrer  Sorgfalt  für  die  Erhaltung  dieses  Systems 
geknüpft  habe,  da  ohne  diese  Verhältnisse  eine  längere  Dauer 
desselben  unmöglich  gewesen  wäre. 


1  • 


1  3.  Art  Vorrückt*  der  Nachtgleicken. 

2  8.  Art  Trabant. 

8    S.  Art  WeU*y*Um. 


|gfr|    '  ljmlaufsz^it$p.j 


i ,  * 


■IL    Heliocentrischer  und  geocentriscber  Ort 

der  Planeten* 

Wir  haben  oben  [Abschnitt  (B)  dieses  Artikels]  gezeigt, 
wie  man  aas  zjsvei  in  der  Zeit  sehr  verschiedenen  Langen  ei- 
nes  Planeten  die  Umlaufszeit  desselben  finden  kann.  Allein 
diese  Längen  müssen  offenbar  heliocentrische  oder  ans  der 
Sonne  gesehene  Langen  seyn  und  wir  können  nur  geocen- 
triache  oder  von  der  Erde  aus  gesehene  Längen  beobachten« 
Es  ist  daher  noch  die  Frage*  zu  beantworten,  wie  man  aus 
den  Von  uns  beobachteten  geocentrischen  Oertern  einet  Planeten 
seine  für  dieselbe  Zeit  statt  habenden  heliocentrischen  Oerter, 
und  umgekehrt)  ableiten  kann,  da  das,  was  über  diesen  für 
die  Astronomie  höchst  wichtigen  Gegenstand  im  Artikel  Ort 
gesagt  wurde,  als  unvollständig  und  unzureichend  angesehn 
werden  mufs,  obschon  bereits  in  mehrern  vorhergehenden  Ar- 
tikeln dieser  zu  vielen  Untersuchungen  sehr  notwendigen 
Verwandlungen  der  Planetenörter  gedacht,  worden  ist« 

Sey  L ,  P  und  R  die  von  der  Sonne  gesehene  Länge,  die 
Distanz  fvom  Pole  der  Ekliptik  und  der  Radius  Vecror  der 
Erde.  Ebenso  bezeichne  1 ,  p  und  r  die  heliocentrische  Länge, 
die  Poldistanz  und  den  Radius  Vecror  des  Planeten,  und  für 
den  geocentrischen  Ort  mögen  endlich  dieselben  drei  Gröfsen 
Fig.  durch  X,  n  und  o  ausgedrückt  werden.  Sey  S  der  Mittel- 
**®*  punct  der  Sonne ,  T  der  Erde  und  P  des  Planeten.  Man  lege 
durch  den  Mittelpunct  der  Sonne  drei  feste,  unter  einander 
senkrechte  gerade  Linien  X'SX  und  YST  in  der  Ebene  des 
Papiers  und  ZSZ'  auf  diese  Ebene  senkrecht,  wo  die  mit 
einem  Accent  bezeichneten  Hälften  SX',  SY*,  SZ'  die  als  ne- 
gativ zu  betrachtenden  Theile  dieser  geraden  Liniert  anzeigen 
sollen.  Man  falle  von  dem  IVfyttelpuncte  T  der  Erde,  so  wie 
von  dem  Mittelpuncte  P  des  Planeten  die  Lothe  TB  und  Pb 
auf  die  Ebene  XSY  herab  und  ziehe  in  dieser  Ebene  von 
den  Fufspuncten  B  und  b  dieser  Lothe  die  senkrechten  Linien 
BA  und  ba  auf  die  feste  Gerade  SX.  Dieses  vorausgesetzt 
werden  die  drei  rechtwinkligen,  mit  jenen  drei  festen  Gera- 
den parallelen  Coordinaten  der  Erde  gegen  die  Sonne  seyn 

SA=X,    AB  =  Y  und  BT  =  Z, 


und  ebenso  wird  man  für  dife  analogen  Coordinaten  des  Pia* 
neten  gegen  die  Sonne  h*)>eju 

Sa  =  x,  ab  so»  j  and  bP  =  z. 

Zieht  man  dann  durch  die  Puncte  B  und  T  die  mit  SX  pa- 
rallelen Linien  Bc  und  Td,  durch  o  die  mit  SZ  oder  bP 
parallele  Linie  cd,  und  endlich  durch  d  die  mit  ST  paral- 
lele Linie  de,  so  wird  man  auch  für  die  drei  den  vorigen 
analogen  Coordinaten  des  Planeten  gegen  die  Erde  die  Aus- 
drucke haben 

Td  =  5,    de  es  v  und  eP  =3  £, 

so  dafs  also  durch  die  drei  letzten  Coordinaten  £?  «,  f  der 
geocentrische  Ort  des  Planeten,  dar 9h  x,  y,  z  der  heliocen- 
trische  Ort  des  Planeten  und  durch  X,  Y,  Z  <Jer  heliocen- 
trische  Ort  der  Erde  angegeben  wird.  Der  blofse  Anblick  der 
Figur  zeigt  aber,  dafs  zwischen  diesen  drei  Coordinatensyste- 
men  die  folgenden  einlachen  Gleichungen  bestehn 

v  =  y  —  Y  j     ;  .  ;    (VI) 

£.=  z  —  Zj 

Um  nun  diese  Coordinaten  durch  die  oben  eingeführten  Grä- 
ften h,  P,  R  tu  s.  w.  auszudrücken,  sey  die  durch  die 
Sonne  S  in  der  Ebene  der  XY  (welche  wir  für  die  Ebene 
der  Ekliptik  annehmen  wollen)  gezogene  Gerade  SN  die  Li- 
nie der  Nachtgleichen ,  die  mit  der  vorhin  in  derselben  Ebene 
willkürlich  gezognen  festen  Linie  SX  den  Winkel  NSX,  den 
wir  N  nennen  wollen ,  bildet«  Dieses  vorensgesetat  hat  matt* 
fiii  die  geradlinigen  Distanzen  der  drei  Himmelskörper 

ST  css  R,  SP  =  r  nnÄ  TP  es  qS    ' 

Zieht  man  ferner  in    der  Ebene  der  XT  die  geraden  Linien 
SB,    Sb  und.Te,    so  hat  man  für  die  drei  oben  genannten^ 
Langen 

L=  ASB  +  N        , 

1  =  aSb    +  N 

X  =  dTe  +  ti 

und  endlich  für  die  drei  Winkeldistanzen  von  dem  in  der  fe- 

'.t.  * 

sten  Lin?e  SZ  liegenden  Pole  der  Ekliptik 


%2$0K  Umlaufe«iten. 

P  =  90#  —  BST 
p  ss  90*  —  bSP 
*  =  90°  —  «TP, 

so  dafc  man  demnach  hat 

SB  =  R  Sin.  P 
Sb  =  r  Sin«  p 
Teao  Sin.  n* 

Es  ist  aber  auch  SA  =  SB  Cos.  AS B,  Sa  =  Sb  Co§.aSh 
nnd  Td  =  Te  Cos*dTe,  oder,  wenn  man  die  so  eben  ge- 
gebenen Werthe  von  S  B,  S  b  nnd  Te,  so  wie  von  A  S  B  =  L  —  N, 
aSb  =  !  —  N  und  dTe  =  X  —  N  in  den  drei  letzten  Aus- 
drucken substitnirt  und  wie  zuvor  S  A  =  X,  Sisx  und 
Tds=£  setzt, 

X  es  R  Sin.  P.  Cos.  (L — N) 
x  =  r  Sin.  p  Co* •  (l —  N) 
g  ssnSin.* Co».  (X  —  N) 

und  ebenso  erhalt  man  auch  * 

Y=RSin.PSin.(L—  N) 
yssrSin.p  Sin.  (1  —  N) 
v  =s  n  Sin.  n  Sin.  (X  —  N) 

und  endlich 

Z  es  R  Cos.P 
%  =  r  Cos.  p 

r  £    CS   0    COS.  71. 

Substitfcirt  man  aber  diese  Coordinatenwerthe  in  den  drei  vor- 
hergehenden Gleichungen  (VI),  so  erhält  man,  wenn  man 
der  Kürze  wegen  R'osRSin.P,  r'=rSin.p  und  o'=  oSin.fr 
setzt 9  die  folgenden  sehr  einfachen  Ausdrücke: 

o'Coa.(X— N)s=r'Cos.(l— N)  —  R'Cos.(L-NV 

o'Sin.(X^W)==rrSin.(l— N)— R'Sin.(L— N)>    •  ••    (Vü) 
-o'Cotg.  isssr  Cotg.  p— R'Cotg.  P 

und  diese  Gleichungen  enthalten  die  Aufläsung  unserer  ersten 
Aufgabe,  nämlich  des  Problems,  aus  dem  heliocentrischen  Orte 
eines  Planeten  den  geocentrischen  •  Ort  desselben  zu  finden. 
Wenn  man  nämlich  einen  Planeten  beobachtet  hat,  so  wird 
man,    für  die  Zeit  dieser  Beobachtung,    aus  den   bekannten 


Umlaufs«  ei  teiu  1257 

Elementen  der  Erde  und  des  Planeten  oder  ans  den  nach  die- 
sen Elementen  verfertigten  Tafeln  die  heliocentrische  Länge 
L,X,  die  Breite  90°—  P,  90°— p  und  den  Radios  Vector  R,  r 
durch  Rechnung  bestimmen ,  wo  dann  alle  die  Gröfsen,  die 
in  den  Gleichungen  (VII)  rechts  vom  Gleichheitszeichen  stehe, 
bekannt    sind   und  sonach    die  drei  links  stehenden   Gröfsen 

%,  n  und  q  oder  n  =a  g.     'sofort  aus  jenen  gefunden  werden 

kftnnen.  Dabei  ist  die  GroTse  N  ganz  willkürlich  und  man 
kann  sie  2.  B.  so  annehmen ,  dafs  die  Berechnung  der  Groben 
X ,  n  und  0  dadurch  am  meisten  erleichtert  wird.  Für  N  =  0 
hätte  man  z.  B. 

(/Cosa=r'Cos.l— R'Cos.L 

o'Sin.;i=r'  Sin.l  —  R'Sin.L 

t   n'Cotg.wssr'Cotg.p— R'Cotg.P, 

•o  ätü  man  daher  X  ans  der  Gleichung  findet 

_         ,  _  x  Sin.  I '—  R'  Sin.  L 
lan&  *-r'Co..l-R'CofcL' 

Ist  aber  so  X  gefunden ,  so  hat  man  auch  q  aus  jeder  der  swei 
ersten  und  dann  n  aas  der  letzten  Gleichung»  Bequemer  aber 
noch  für  die  Rechnung  wird  man 

setzen,  wodurch  man  sofort  die  für  Logarithmen  geeigneten 
Ausdrücke  erhält : 

TaDg.[X-*0+IO]  =  £jz£'  Tang.i(l_L) 


„'  —  f.'  J-«'\         Sin.  j-(I— L) 
*-(r+R)-Sin.^-Kl  +  L)] 


■•    m 


(VI«) 


Co.g.w=    >,Cotg.p7R/Co.g.P 

Beisp.    Ist  1  =  258°  4'  59",0 

p=  9S»  43'  38",3  und 
Log.r=  9,608747} 
bat  man  ferner  ebenso  für  den  helioeentrischen  Ort  dar  Erd» 

L  =  15°  S&  35",9 
.    P  =  90°  und 
Log.  R=  9,9990770, 

IX.  Bd.  Llll 


4«S6  .{taUttffftit*** 


s*  gaben  die  Gleichungen  (VIII)  fik  <i*m  gasttchten  geocaniri- 
jchen  Ort  de*  Planeten 

IL  »  214°  4t' (TA 
*  =  §1*  21'  11",9 
nud 

Leg.  o'o*  0,1083364; 

Wir  wenden  uns  iui  au  der  »weiten  aoftrer  Aufjgaben,  Dam* 
lieh  aas  dem  gegebenen  oder  beobachteten  geoetntrischen  Orte 
eines  Planeten  (nebst  dem  aus  der  Theorie  der  Sonne  im- 
mer bekannten  heliocentrischen  Orte  der  Erde  für  die  Zeit 
dieser  Beobachtung)  den  entsprechenden  heliocentrischen  Ort 
des  Planeten  durch  Rechnung  abzuleiten«  Zu  der  Auflösung 
dieser  Aufgabe  könnte  man  wieder  die  vorigen  Gleichungen 
(VIII)  benutzen,  wenn  man  sie  auf  folgende  Weise  stellt: 

rSin.pCbs.l  =  RSio.PCos.L  +  (>  Sin.  n  Cos.  X 
r  Sin.p  Sin.  1  ms  RSln.P  Sio.L  +  $  9in.ii  SfotX 
r  Cos»  p  ms  RCos.P  4-  9  Cos.n. 

Allein  da  njan  mit  uusera  Instrumenten  nur  unmittelbar  die 
Gröfsen  1  und  n ,  nicht  aber  auch  dia  Gröfse  *  beobachten 
kann,  so  lälst  sich  unsere  Aufgabe  durch  diese  Gleichungen 
nicht  unmittelbar  auflösen.  Wollte  man  aber  aus  der  bekann- 
ten Theorie  des  Planeten  auch  noch  eine  der  drei  Gröfsen  r9 
p  oder  1  als  gegeben  abnehmen,  so  wäre  die  Auflösung  aller- 
dings möglich,  Ware  z.  B.  nebst  den  beiden  beobachteten 
Gröfsen  %  und  n  auch  noch  der  Radius  Vector  r  des  Planeten 

0 

bekannt  und  überdiels  der  Ort  der  Erde  gegeben,  so  würde 
man  aus  den  letzten  drei  Gleichungen  die  drei  unbekannten 
Gröfsen  1 ,  f  und  q  auf  folgende  Weise  finden.  Quadrirt  man 
nttmlich  jene  drei  Gleichungen ,  so  wird  die  Summe  dieser 
Quadrate  sofort  den  Ausdruck  geben : 

.     r*  =  R*+ e*+2ReCos.V, 
wo  der  Kürze  wegen 

Cos.  V  **  Sin.  P  Sin.  n  Cos.  (L  —  X)  +  Cos.  P  Cos.  n 

gesetzt  worden  ist.  Man  sieht,  dafs  die  Hülfsgröfse  \f/  in  der 
Figv  gleich  dem  ftufaern  Winket  T  des  Drei«**  S  T  P  ist 
Da  sonach  die  Grobe  ^/  vollkommen  bekannt  ist,  so  giebt  die 
vorhergehende  für  q  quadratische  Gleichung  9  wenn  man  sie 
in  Beziehung  auf  diese  Gröfse  auflöst, 


Umlaufszeiteo«  135© 

q  a  —  RCofc^  +  f*2— R*Sin.*y  # 
Ist  aber  so  die  Gröfse  o  bekannt,    so  findet  man  auch  p  und 
1  durch  die  folgenden  Ausdrücke: 

^.  T  _-RCouV  +  PCo,.„ 


oder 


sio   !  ^  RSin.PSin.L-f  g8in.nSin.I 

rSin.p 

Cos   1  =  R  s™- p  Co** L  +  Q  Sin.n  Cos.  il 

rSin.p  * 


Piese  Auflösung  findet  ihre  unmittelbare  Anwendung,  wenn 
man  die  von  der  Oberfläche  der  Erde  beobachteten  Sonnen- 
fleck$n  anf  ihren  vom  Mittelpuncte  der  Sonne  gesehenen  Ort 
reduciren  will.  Dann  ist1  nämlich  sehr  nahe  p==R,  also  eine 
bekannte  Qröfse,  und  uberdieh  P  =  90%  da  die  Erde  immer 
in  der  Ebene  der  Ekliptik  ist,  wenn  man  hier  die  stet»  nnr 
sehr  kleinen  Störungen  derselben  vernachlässigt«  Dinn  hat 
man 

R 

Cba.p  =s  —  Cos.» 

und 

7  rSin.p 

oder  auch 

Älleio  da  es  aus  guten  Gründen  aufser  dem  astronomi- 
schen Gebrauche  ist,  die  Grtffoe  r  bei  der  AmfkJwng  dieses 
Problems,  der  Verwandlung  des  geocentrischen  Orts  eines 
Planeten  in  seinen  heliocentrischen ,  als  gegeben  vorauszu- 
setzen,  so  hat  man  au  diesem  *  Zwecke  einen  andern  Weg 
eingeschlagen.  Man  setzt  nämlich  bei  dieser  Auflösung  die 
Lage  der  Bahn  des  Planeten  oder  die  Neigung  n  derselben 
gegen  die  Ekliptik  und  die  Länge  k  des  aufsteigenden  Kno- 
tens der  Bahn  in  der  Ekliptik  ab  bekannte  Grtffsen  voraus. 
Diesem  gemM»  wird  maai  also  in  den  Gleichungen  (Vfl)  eu- 
er»! die  Grtffse  N,  gleich  k  setzen.  Nennt  naen  denn  u  das 
Argument  der  Breite  oder  die  wehre  Entfernung  des  Pia-* 

Llll  2 


1260  Umlaufs  zfel  ten. 

oeten  in  feiner  Bahn  von   dem '  aufsteigenden  Knoten  ,    so  hat 

man 

Sin.p  Cos.  (1  —  k)  ss  Co«,  u 
Sin.  p  Sin.  (1  —  k)  =Sio.  uCos.  n 
Cos.  p  =  Sin.  u  Sin.  n , 

und  sonach  gehp  die  Gleichungen (VII)  in  folgende  über: 

r Cos.  u  —  R  Cos.  (L  —  k)  =  q  Sin.  n  Cos.  (X — k)  \    \  ^ 

rSin.uCos.n — RSin.  (L — k)  — p  Sin.  7iSin.(A — k)>   .  .  (IX) 
rSin  uSin.n  =  p  Cos.ti  ) 

Die  Division  der  beiden  letzten  dieser  drei  Gleichungen  giebt 

rSin.uCos.n —  RSin.(L-^k)  c.  . 

rp r- =  Tang,  n  Sin.  (X — k) , 

rbin«ubiD«n  °  x         v 

also  auch      i 

.«•  RSin.(L-k) 

Cos»n —  bin.  n  1  ang.  n  bin.  (A  —  k)         x   # 

Ebenso  giebt  aber  auch  die  Division  der  ersten  und  letzten  def 
Gleichungen  (IX) 

rCos.u— RCos.(L— k) 

fS|DuSioVn =T.ng. *  Cos.  (1  -  k) , 

oder,  wenn  man  den  Werth  von  r.Sin.u  aus  (A)  substituirt, 

c        _  R  [Sin,  n  Tg.  n  Sin.  (L— X)  +  Cos.  n  Cos.  (L— k  fl 

,Cos.  n  —  Sin.  n  Tang,  n  Sin«  (A— k)  ' 

und  die  beiden  Gleichungen  (A)  und  (B)  geben  daher  die 
zwei  gesuchten  Gröften  r  und  u,  aus  welchen  man  wieder  1  und 
p  durch  die  folgenden  Ausdrücke  ableiten  kann : 

Tang.  (1 — k) = Cos.  n  Tang,  u 
~  Cotg.  p  =  Tang«  n  Sin.  (1  —  k) 
oder 

Cos«  p  =  Sin.  n  Sin«  u 

0.  Cos.  u 

Sl0'*=  Cos.  <l-k)' 

Um  die  Berechnung  der  zwei  Gleichungen  (A)  und  (B)  durch 
Logarithmen  zu  erleichtern ,  kann  man  die  beiden  Hiüfsgrölsan 
M  und  N  einfuhren,  so  dals  man  hat 


Umlaufs  zeigen.  ,        1261 

**"  3in.(L— X) 

und 

Tang.  N  s=s  c-.    ?lg'*Lv , 

b  Sjn.(A,— k)'  v 

wo   man  dann   sofort  die  gesuchten  Groben  u ,  r  und  q  durch 
folgende  Gleichungen  erhält: 

Ten«  ,1_,'«"-MT.ng.<L-^k), 
g  Öin.(M-fn) 

f 

RSip.NSin.(L— k) 

r  =  : i. 

Sio.(N  —  d)5id.u 

RSin.NSin.(L— k)Sin.n .     rSin.u  Sin.ti 
Cos.7iSin.(N^-n)  Cos.  71     "  * 

.  Bcisp.  bt  für  einen  Planeten  A;=5  80o,  «  =  80°,  n=5° 
und  k  =  15°  und  setzt  man  für  den  entsprechenden  Sonnen- 
ort L'  =  60°  und  R=1K  so  geben  die  vorhergehenden  Aus- 
drucke für  den '  gesuchten  heliocentrischen  Ort  des  Planeten 

'  u  =  52°  52*  12",4, 
Log.  r  =  0,208925 
und 

Log.  p  =9,811156. 

Noch  wollen  wir  bemerken ,  dafs  man  «wischen  diesen  Gräften 
L,  I,  X  und  Ttfy  t\  p'  oder  den  Prpjectipnen  von  R,  r,  p 
auf  die  Ekliptik;  folgende  allgemeine  Ausdrucke  hat : 

-  ,     R'Sin.(l  —  L)  =  ?'Sin,(X— 1)1 
R'Sin.(3l— L)==  r'Sin.  (i— 1 ) 
.  *  q  Sin.  (Jt — L) =  i  Sin.  (I  — L)| 
und  ebenso 

R'  Cos.  (1  —  L)  +  q  Cos.  (X  —  I)  =  r' 
r'  Cos.  (X  —  1)  —  R'Cos.(i— L)=p 
i  Cos.  (1-L)— p'Cos.(X  —  L)=R' 

Man  pflegt  aber  in  dem  ebenen  Dreiecke,  welches  von  den 
drei  Seiten  R',  r'  und  q4  gebildet  wird ,  den  Winkel  an  der 
Sonne  die  Commutation ,  den  an  dem  Planeten  die  J Skr lieh* 
Parallax*  und   endlich  den   an  dec  Eide  die  Elongatwn*** 


1963 


Umlaufszeiten« 


nennen,    so  data  man  also  Kr  diese  drei  Winkel 
drücke  bat: 


Gommutation  •  . 
Jahrliche  Parallaxe 
Elongation    •     •     • 


=  1  — L 

«nl  —  1 

=  180«— (X— L). 


I.    Verzeichnifs  der  Umlaufszeiten  der  Kor- 
per unseres  Sonnensystems, 

Zum  Beschlüsse  dieses  Artikels  stellen  wir  die  Umlaufs- 
seiten  der  Planeten  und  Satelliten  um  die  Sonne  und  die 
Rotationsseiten  derselben  um  ihre  eigenen  Axen  in  eine  tabel* 
larische  Uebersicht  zusammen. 

Umlaufszeiten  der  Planeten. 


Siderische    •  •  • 

.    Tropische  .  ,  . 

Synodischi 

Mercur 

Tage 

T«g« 

T«g» 
115,88 

Venus 

224,70078  •  .  . 

.    224,69543  .... 

583,92 

Erde 

365,25637  .  •  . 

.    365,24222  .... 



Mars 

686,97964. 

.    686,92971  .... 

779,98 

Vesta 

1325,4860 

1325,2980    .... 

504,2  t 

Juno 

1593,0670 

1592,7970 

473,92 

Ceres 

1684,7350 .  .  ♦  , 

,    1684,4340   .... 

466,38 

Pallas 

1686,3050  •  $  ♦  • 

1686,0030 

466,26 

Jupiter 

4332,68480  .  .  . 

4330,5932    .... 

398,90 

Saturn 

10799,21981  .  . 

10746,93761      .  .  . 

378,10 

Uranus 

30686,8205  .  .  . 

30586,90839      .  .  . 

369,67 

Umdrehungsseiten  der  Planeten  um 

ihre  Ax 

in  mittleren  S 

onnentagen  der  Erde. 

Mercur 

T««e 

.  . .    1,0035 

* 

Venus 

.  .  .    0,9729 

Erde     . 

.  .  .    0,9973 

Mars     i 

.  .  .  .    1,0259 

Jupiter 

.  .  .    0,4135 

Saturn 

♦  .  .    0,4370 

Uranus 
Sonne 


•  •  • 


•  ♦  • 


25,5000. 


57 

7   43 

4,7 

29 

12   44 

2,9 

27 

13    18 

37,4 

27 

5     5 

36,0, 

Umlaufsscitem.'  fj(ö 

Die  Rotationszeken  de*  vier  neuen  Planeten  sind  noch  unbe- 
kannt. Von  denen  der  älteren  Planeten  ist  die  Rotationsseit 
der  Venus  ooch-  am  wenigsten  bekannt 9  da  einige  Astronomen 
dieselbe  zu  0  Tag'23h  31'  oder  0,9729  Tag,  wie  oben,  andere 
aber  sogar  sä  24|  Tagen  angenommen  haben« 

'  •     .     •  . 

Umlaufszeit  des  Monds. 

Tage 

Siderische  Revolution,  27,321661  «  27  *.  7h  43'  11",5 

Tropische    ..........  27,321562  ■ 

Synodische     .....  29,530589  «= 

Anomalistische  ...  .  27,554600  = 

Dracbenmona't  27,21222  = 

wo  die  siderische  Revolution  die»  Umlaufsceit  des  Monds  in 
Beziehung  auf  -die  Fixsterne ,  die  tropische  in  Beziehung  a»f 
die  Nachtgleichen,  die  synodische  in  Beziehung  auf  die  Sonne, 
die  anomalistische  in  Besiehung  auf  die  grobe  Axe  der  Mond- 
bahn und  der  Drachenmonat  endlich  die  .Umlaubzeit  in  Be- 
ziehnng  auf  die  Knoten  der  Mondbahn  in  der  Ekliptik  be- 
zeichnet.. Diese  grobe  Axe  der  Mondbahn  und  auch  die  Kno- 
ten dieser  Bahn  sind  selbst  wieder  am  Himmel  beweglich. 
Die  tropische  Umlaufszeit  der  groben  Axe  oder  der  Apsiden 
beträgt  3232,57534  Tage  oder  8  Julianische  Jahre  310  Tage  13h 
4#  29"  und  die  Richtung  diese*  Bewegung  ist  direct  oder 
voo\Vest  nach  Ost.  Die  tropische  Umlaufszeit  der  Knotenlinie 
aber  beträgt  6793,39108  Tage  öder  18  Julian.  Jahre  218  Tage 
21b  23'  9"  und  die  Richtung  dieser  Bewegung  ist  rückläufig 
oder  von  Ost  gen  West.  Die  synodisobe  Umlanfszejt  der 
Kftoteolinle  endlich  ist  346,61985  Tage  oder  946  Tage  14H 
5*35". 

Diu  Umdrehungszeit  des  Monds  um  seine  Axe  ist  gene» 
der  mittleren  Umlaufszeit  des  Monds  um  die  Erde  gleich,  also 
«och    gleich  27,351661  Tagen    in    Beziehung    auf  die   Fix- 


1264  Umlaufa&eiten. 

Sattlliten    Jupiters. 


Siderische  Revolution. 

Tage 

I,  .  •  ♦     1,76914 

11    .  .  .    3,55118 

< 

m  .  .  .    7,15455 

- 

IV  .  .  .  16,63877* 

Satelliten     Situ 

Siderische  Revolution. 

Tage 

I    . ..    0,94271 

W                                                            4 

II    . .  .    1,37024 

III  .  .  .    1,88780 

' 

IV  .  .  .    2,73948 

V  .  .  .    4,51749 

VI  .  .  .  15,94530 

VII ..  .  79^2960. 

Satelliten    des    Uranus. 

Siderische  Revolution. 

T»ge 

I  .  .  .    5393 

II  .  .  .    8,707 

III  ..  .  10,961 

IV  .  .  .  13,456 

V  .  .  .  38,075 
VI .  .  .  107,694. 

Von  diesen  sechs  durch  den  altern  He&schci,  mehr  geahn- 
ten oder  nur  eben  erblickten,  als  in  der  That  beobachteten 
Monden  ist  blofs  der  II.  und  IV.  von  dem  Jüngern  Hcascrbl 
wieder  gesehn  worden,  so  dafs  die  Existenz  der  vier  andern 
noch  zweifelhaft  genannt  werden  kann., 

Umlrfufszeiten   der  Kometen» 

Von  den  wahrscheinlich  sehr  zahlreichen  Kometen»  weL» 
che  unsere  Sonne  umschwärmen,  kennen  wir  bisjetxt  nur  vier, 
deren  Umlaufszeit  wir  mit  einiger  Genauigkeit  anzügeben  im 
Sunde  sind.  Diese  sind  I.  der  Höllische,  der  1682,  1759  und 
1835  erschien  und  der  nahe  alle  76  J«hr»  teine  Bahn  um 


Umschattige.  1365 

Sonne  vollendet.  II.  Der  im.  J.  1815  Tön  Oibsrs  entdeckte 
Komet,  dessen  Umlaufszeit  74  Jahre  betrügt.  III.  Der  von 
Pries  im  J.  1818  entdeckte  und  von  Evckb  eis  ein  Komet 
von  sehr  kurzer  Periode  erkannte*  und  berechnete  Komet  hat 
eine  Umlaufezeit  von  3,31  Jahren  oder  3  Jahren  113  Tagen« 
IV*  Endlich  der  von  Bikla  im  J.  1826  entdeckte  Komet  hat 
eine  Umlaufszeit  von  6,74  Jahren  oder  von  6  Jahren  270  Ta- 
gen. IJer  erste  oder  Hall ey's che  Komet  bewegt  sich  retro- 
grad, die  drei  andern  aber  direct,  wie  die  Planeten  und  alle 
Satelliten,  die  sich  ebenfalls  direct  oder  von  West  nach  Ost 
bewegen,  mit  Ausnahme  Jer  Satelliten  des  Uranus,"* die  sich 
in  einer  gegen  die  Ekliptik  sehr  stark  geneigten  Bahn  (deren 
Neigung  nahe  79  Grade  beträgt)  retrograd  oder  von  Ost  nach 
West,  bewegen.  Wir  werden  weiter  unten1  Gelegenheit  he-« 
ben,  die  Ursache  dieser  allgemeinen  Erscheinung  und  viel- 
leicht aelbst  die  der  erwähnten  .Ausnahme  bei  den  Uranus- 
nooden  aüher  kenn.n  «a  lernen. 

L. 

Umschattige* 

PerUcii ;  Perisciens;  Periscii. 

Diejenigen  Bewohner  der  Erde,  deren  Schatten  nach  al* 
len  Puncten  des  Horizonts  fallt,  während  z.  B.  in  unserem 
Gegenden  der  Schatten  der  Menschen,  Bäume,  Thürme  u.  s.w» 
nie  nach  Süden  fallen  kann,  weil  für  uns  die  Sonne  das4  ganze 
Jahr  hindurch  nie  anf  die  Nordseite  desZenkhs  treten,  also  auch 
der  der  Sonne  gegenüberstehende  Schatten  aller  Gegenständ«, 
nie  nach  Süden  fallen  kann.  Jene  Umschattigen  sind  nämlich 
die  Bewohner  der  beiden  kalten  Zonen,  für  welche  bekannt- 
lich die  Sonne  mehrere  Tage  im  Jahre  gar'  nicht  untergeht, 
sondern  alle  24  Stunden  einen  in  allen  seinen  Theilen  sicht- 
baren ganzen  Kreis  über  dem  Horizonte  beschreibt^  was  dann 
auch  von  dem  Schatte». gelten  mufs,  den  die  von  der  Sonne 
beschienenen  Gegenstände  hinter  sich  werfen.  Die  Bewohner 
der  Pole,  die  ein  volles  halbes  Jahr  hindurch  Tag  und  ebenso 
laego  Nacht  heben ,   sind  also  auch  ein  halbes  Jahr  durch  um- 


1   S.  Art.  WtUHptem. 


1908  Umachtttiga 

sehartig;  die  tfewohner  der  Grenzen  der  Ute«  Zone  aber 
oder  die  Bewohne?  der  beide«  Polarkreise,  für  welche  die 
Bonne,  in  ihrem  höchsten  Sommer,  nur  einen  einzigen  Tag 
nioht  eofw  oder  auch  nicht  untergeht,  sind  daher  auch  nur* 
einen  Tag  im  Jahre  Umschattige  zu  nennen.  8ehon  Stba-* 
»o1  hat  auf  diese  Lage  des  Schattens  eine  Elntheilung  det 
Bewohner  der  Erde  zu  gründen  gesucht,  aber  zweckmässiger* 
ab  die  Neueren ,  Mofs  den  mittägige*  Schatteo  dabei  »berück* 
sichtigt.  Nach  ihm  giebt  es  vier  Abtheilungen*  1.  Die  Umsehat- 
tigen,  JI?(>ArxiOf,  in  der  kalten  Zone,  deren  Schatten,  da  aio 
keinen  eigentlichen  Mittag  haben,  während  24  Stunden  alle 
Punote  des  Horizonts  durohltfoft»  II.  Die  EinsehaUigen, 
€Evtp6<jxtoi ,  in  den  gemässigten  Zonen,  deren  mittägiger  Schat- 
ten immer  nur  nach  einer  Himmelsgegend  hin  gerichtet  ist,  in 
der  nördl.  gemässigten  Zono  nämlich  nach  Norden  und  in  der  södl. 
gemfcfsigten  Zone  naoh  Süden.  111.  Die  Zwei  schattigen,  *Afi- 
qttoxtot,  in  der  heifsen  Zone,  deren  mittägiger  Sehalten  einen 
Theil  des  Jahrs  hindurch  nach  Norden  und  den  andern  Theil 
nach  Süden  gerichtet  ist,  da  ihnen  die  Sonne  in  jener  Zeit 
gegen  Süden  und  in  dieser  gegen  Norden  steht.  Endlich  IV. 
die  Unschattigen,  "jfaxioi  f  ebenfalls  in  der  heifsen  Zone,  die 
nämlich  einen  Tag  im  Jahre  zu  Mittag  gar  keinen  Schatten 
Werfen ,  da  ihnen  in  diesem  Mittag  die  Sonne  im  Zenhh  steht. 
Eigentlich  wurden  die  Letzten  oder  die  vj4<txuu  von  Vaee- 
Bios,  der  die  Eintheilung  des  Svrabo  zu  verbessern  suchte* 
eingeführt  und  statt  derjenigen  der  111«  Clesso  subetkoirt,  weil 
BMmüch  die  Bewohner  der  beiden  Wendekreise',  die  er  doola 
auch  mit  zw  heifsen  Zone  reehnen  wollte ,  nkht  mehr  Zwei«* 
•chattige,  aber  wohl  noch  Un  schattige  genannt  werden  köa» 
nen»  Diese  griechischen  Worte  kommen  übrigens  von  omni 
Umbrm,  und  von  ntgl  circum,  fripec  alter ,  apfi  utrinqms, 
und  der  griechischen  Vorsetzsylbe  a  her,  die  unserem  um  em*» 
spricht,  wie  in  ßfrtht  sterblich  und  aßfotf  unsterblich.  Dar* 
anf  beaiehn  sieh  viele  Stellen  der  alten  Dichter,  die,  im  Ge- 
gensätze mit  den  meisten  neueren ,  nicht  bleu»  von  Wein  und 
,  Liebe,  sondern  auch  von  den  Erscheinungen  am  Himmel  m 
•  siegen  verstanden«    So  sagt  Luoav*,  dafs  die  Araber,  am  aio 


■-■^■•^***-^ 


1    Geograph.  Lib,  ff, 

t    PhanaJ.  Lib.  M.  v.  347. 


Ondulation,  fäßf 

>  , 

•trf  ihrem  Heeretzuge  die  heUse  Zone  weichten ,  sich  ver- 
wunderten, den  mittägigen  Schatten  nicht  mehr  su  ihrer  Ko- 
ken Hand  tu  sehn,  wenn  sie,  beim  Gebete,  ihr  Gesicht  nach 
Osten  kehrten« 

fgnotum  vobja,  Arabeif  venistii  in  orbem. 
Umbrat  mirati  nemornm  non  ire  «iniatrat. 

Von  der  Stadt  Syene  in  Aegypten,  die  nahe  tinter  dem'nb'rd^ 
liehen  Wendehreise  liegt,  sagt  derselbe  Dichter  in  den  Worten 

.    Umbrat  nusquam  fleetente  8 jene, 

d«fs  sie,  am  Tage  des  Solstitiums,  gar  keinen  Schatten  mehr 
hätte,  weil  ihr  dann  die  Sonne  im  Zenith  stehe. 


Undulation. 

Undulationstheorie  (des  Schalls  und  des; 
Lichts),  Wellentheorie;  Theorie  de  londula- 
tion\  Theory  of  Undulation,  Undulatory*  theory. 

Die  Theorie  des  Schalles  hat  man,  der  Natur  der  Sache 
gemafs,  von  jeher,  die  Theorie  des  Lichts  nnd  seiner  Bewe- 
gungen aber  erst  in  den  neueren  Zeiten  auf  die  Wellenbe- 
wegung gegründet.  Zwar  haben  schon  Dkscartes,  HuYGHitfs 
und  Evlzjl  die  Phänomene  des  Lichts  aus  der  Wellenbewe- 
gung abzuleiten  gesucht ,  aber  die  für  ihre  Zeiten, sehr  preis«« 
würdigen  Bemühungen  dieser  Männer  wurden  ans  Vorliebe* 
ftr  eine  andere,  vorzüglich  durch  das  Ansehn  Newtoi's  fest- 
gehaltene Hypothese  der  Vergessenheit  übergeben  f  bis  end- 
lich erst  in  unseren  Tagen  die"  Undulationstheorie  des  Lichtes, 
vorzüglich  durch  Youse,  Frssvil,  Catcht,  Poisso*,  Aäa- 
e>o  and  Ea.auvho?eb,  Wieder  in  ihre  Rechte  eingesetzt  und 
zugleich  mit  einer  bewunderungswerthen  Schnelligkeit  ansge« 
bildet  worden  ist.  Ueber  die  Vorzüge,  welche  diesen  beiden 
Hypothesen  zukommen »  ist  bereits  oben1  gesprochen  worden, 
daher  wir  uns  hier  nicht  weiter  dabei   aufhalten  nnd  sogleich 


■»•^p» 


1    S.  Art.  UdU.  M.Wh  S.  909  ff. 


1268  Undulation. 

zu  unserem  Gegenstände,  der  Auseinandersetzung  der  W«U 
theorie,  übergehn*. 

Eine  sehr  grofse  Anzahl  von  Erscheinungen  in  der  Natur 
leitet  uns  auf  die  ungemein  wahrscheinliche  Annahme,  dafs 
alle  Körper  derselben,  die  festen,  flüssigen  und  luftfö'rmigen, 
aus  sehr  kleinen  Elementen  bestehn,  die  durch  anziehende  und 
abstofsende  Kräfte  auf  einander  wirken  und  sich ,  '  im  Zu- 
stande des  Gleichgewichts,  in  bestimmten  Entfernungen  von 
einander  halten.  Wenn  dieses« Gleichgewicht  auch  nur  für  ei- 
nen Augenblick,'  z.  B.  durch  den  Stofs  eines  fremden  Kör- 
pers ,  gestört  wird ,  so  sieht  man  sofort  mehrere  dynamisch« 
Erscheinungen  an  dem  gestörten  Körper  hervortreten,  die  eine 
Weile  fortdauern  und  erst  dann'  verschwinden,  wenn  der  Kör- 
per sein  voriges  Gleichgewicht  wieder  angenommen  hat  Als 
erste  und  unmittelbare  Folge  jener  störenden  Einwirkung  ent- 
steht eine  Bewegung,  eine  Annäherung  oder  Entfernung' jener 
Elemente  ,  und  >  wenn  die  aufsere  Störung  aufhört ,  ein  Be- 
streben dieser  Elemente,  ihre  früher  behaupteten  Stellungen 
wieder  einzunehmen,  indem  sie  um  diese  Stellungen  Schwin- 
gungen machen,  die  meistens  isochron  sind,  deren  Amplitude 
aber  immer  kleiner  wird,  bis  sie  endlich  ganz  verschwinden 
und  der  Körper   wieder  zum   Gleichgewicht,    zur  Ruhe  aller 


1  Die  vorzüglichsten,  bei  dieser  Darstellung  benutzten  Schrift*« 
sind :  Yoühg  Conrse  of  lectares  etc.  Lond.  1807.  II  Vol.  4.  EncycJ« 
Britan.  'Art.  Chromatics.  Freshel,  sdr  la  lamiere.  Supplement  aa 
traite*  de  Chimie'  de  Thomson.  Par.  1822.  M<*m.  de  l'Acad.  T.  V.  et 
TU.  Annale!  de  Gh.  et  de  Ph.  XV  et  XVII.  Poggendorfifr  Annalen« 
Th.  IH.  V.  XII.  XVII.  XXI.  XXII.  XXIII  nnd  XXX.  Cascht,  Manu 
de  l'Acad.  T.  IX  et  X.  Memoire  aar  la  disperaion  de  la  ltuattre« 
Prag.  1836.  Exercice  V.  Brewstrr,  Phil.  Transact.  1818,  1829,  1830. 
Airt,  on  the  undulatory  theory  of  optics  in  s.  Matliem.  Tracts.  Com* 
bridge  Transact  IV.  Poisson,  Mem.  de  PAcad^T.  VIII.  X.  Ann. 
de  Ch.  et  de  Ph,  T.  XXII.  Ahpäbe,  Ann.  de  Ch.  et  de  Ph.  T4 
XXX.  XXXIX.  XiVII.  Wibeä,  Wellenlehre  auf  Experimente-  ge- 
gründet. Leipz,  1825.  Fbauibofsa  in  Schumacher*»  astron,!  Abhandle»» 
gen;  desselben  neue  Modißcationen  des  Lichts  und  G.  LXXIV.  u.s.w. 
IIerschbl,  Encycl.  Metropol.  Art.  Light.  Deutsch  von  Schmidt  Stuttg. 
1831  nnd  franz.  von  Verhulst  mit  Quetelet'a  Supplement.  Paris  1829. 
IUuiLToir,  Theory  of  Systems  of  rays.  Transact.  of  Irhh  Acad.  1828. 
Vol.XV.  Kükzek,  die  Lehre  ion  dem  Lichte.  Lemberg  1836.  Scawaao, 
die  neugoogaerscheinungeo.    Mannheim  1835. 


Der. Sähalles*  ,     %  1269 

seiner  TKeile  zurückkehrt  W#nn  diese  Schwingungen  der 
die  Körper  umgebenden  Luft  und  durch  diese  dem  Ohre  mjt- 
getheilt  werden,  so  entsteht,  wie  wir  allgemein  annehmen, 
ein  uns  hörbares  Geräusch,  ein  Schall  oder  ein  Tort,  und 
wenn  diese  Schwingungen  der  Elemente  der  Körper  einem 
anderen,  viel  feineren  und  elastischeren  Mittel,  dem  Aethtr, 
und  durch  ihn  dem  Auge  mitgetheilt  werden,  so  entsteht,  wie 
man  in  der  Undulationstheorie  annimmt,  das,  was  wir  durch 
Licht  und  Farbe  bezeichnen.  Schon  diese  genetische  Erklä- 
rung des  Tons  und  des  Lichts  zeugt  Ton  dem  innigen  Zu- 
sammenhange der  beiden  Erscheinungen,  von  denen  wir  die 
eine  Gattung  durch  unser  Gehör,  die  andere  aber  durch  den 
Sinn  unsere  Gesichts  auffassen.  Nicht  weniger  innig  sind  auch 
ihre  wissenschaftlichen  Darstellungen  verbunden,  von  welchen 
die  eine  durch  die  andere  unterstützt  und  ergänzt  wird ,  dahet 
es  zweckmäßig  erscheint,  sie  hier  beide  im  Zusammenhange 
vorzutragen ,  mit  Uebergehung  oder,  wo  nöthig ,  •  nur  mit  lei- 
ser Berührung  desjenigen ,  was  über  die  Schallwellen  bereits 
oben1  gesagt  worden  ist. 

4 

A.    Undulation   des  Schalles. 
1)   Entstehung  und  Eintheilung  der  Wellen« 

Wenn  ein  fester  elastischer  Körper,  der  mit  einem  an- 
dern, flüssigen  oder  luft  förmigen ,  aber  ebenfalls  elastischen 
Medium  in  Verbindung  *5st,  in  schnelle  Schwingungen  ver- 
setzt wird,  so  theilt  er  dem  Medium  diese  Schwingungen  mit 
und  versetzt  dadurch  das  Medium  in  eine  eigene  Art  von  Be- 
wegung seiner  Theile,  die  eine  wellenförmige  Bewegung  ge- 
nennt wird.  Jedermann  kennt  diese  wellenförmige  Bewegung, 
die  auf  der  Oberflaöhe  eines  ruhig  stehenden  Wassers  entsteht, 
wenn  man  einen  Punct  desselben  z.  B.  mit  einem  Stabe  er- 
schauert. Es  bilden  sich  kreisförmige  Wellen  auf  der  Ober- 
flache  des  Wassers  um  diesen  Punct,  die  sich  mit  grober 
Schnelligkeit  um  denselben  fortpflanzen3« 


1    3.  Art.  Schall.  Bd.  Till.  S.  178  ff. 

2 '  Weniger  sind ,  vielleicht  manchen  Leiern  die  Eigenschaften  die- 
ser Wellen  bekannt.      Am  einfachsten  treten  dieselben  hervor,   Mann 


1370  Undulatioo. 

Zuerst  wollen  wir  unj   eiae  deuliiahe  Ute.  von  der  Be- 
wegung der  Elemente  der  Flüssigkeit  bei  der  Entstehung  die— 
Fi«,  ser  Wellen  zu,  machen  Sachen»       Es  stelle  die  Linie  (a),  dim 
1      Lage  dieser  Elemente  im  iahenden  Zustande  des  Körpers  vor« 
Diese  Lage  gehe,  durch  die  Einwirkung  irgend  einer  Störung, 

xüf  Zeit  T  in  die  Stellang  (ß) ;  Jtur  Zeit  T  +  ^  in  die  Stel- 
lung 00;  «*  Zeit  T  +—  in  (<J);  zur  Zeit  T  +  ^  in  (s) 

und  lur  Zeit  T  +  *  i°  die  Stellung  (£)  über,  welche  Ietzte> 
wieder  mit  der  ersten  (ß)  zur  Zeit  T  dieselbe  sejrn  solL  Die** 
Elemente  stehn  also,   der  Zeichnung  geinäjs,    zur  Zeit  T  am 


die  Welle«  nicht  z.  B.  durch  das  heftige  Fallen  oder  Werfen  efae* 
Steinei  in  da«  Wetter,  tondera  darch  das  sanfte  Aufheben  eine*  im 
dem  Wasser  versenkten  Körpers  über  den  Wasserspiegel  entstehn* 
Nach  Poissok's  schöner  Analyse  werden  nämlich  in  diesem  Falle  zwei 
Gattungen  von  Wellen  gebildet.  Beide  entstehn  gleich  anfangs  und 
»war  an  derselben  Zeit  in  unendlicher  Anzahl.  Die  ersten  pflanzet! 
sieb  mit  einer  gleichförmig  beschleunigten  Geschwindigkeit  fort,  yri+ 
bei  dem  freien  Falle  der  Körper;  die  Distanz  zweier  nächsten  WcU 
lengipfel  ist  dem  Quadrat  der  Zeit  proportional,  und  die  Höhe  dieser 
Gipfel  nimmt  im  verkehrten  Verhältnisse  dieser  Quadrate  der  Zeit 
ab,  wenn  die  Flüssigkeit  in  einem  Ganale  von  bestimmter  Breite  ent- 
halten Ist,  oder  Im  verkehrten  Verhältnisse  der  vierten  Potenzen  der 
Zeit,  wenn  die  Flüssigkeit  unbegrenzt  und  ganz  frei  ist.  Diese  erste 
Gattung  von  Wellen  ist  weniger  auffaltend  oder  bemerkbar,  well  il 
Gipfel  so  schnell  abnehmen»  Die  der  zweiten  Gattung  aber  pflanzen 
gleichförmig  mit  einer  Geschwindigkeit  tiart,  die  der  Quadratwersed 
des  Durchmessers  des  eingetauchten  Körpers  proportional  ist;  die; 
Hohen  dieser  zweiten  Wellen  nehmen  ab,  in  geschlossenen  Canalea, 
wie  verkehrt  die  Quadratwurzel  der  Zeit,  und  im  freien  Wasser,  wie) 
verkehrt  die  Zeit  selbst,  und  diese  zweite  Wellengattung  ist  viel  teieb- 
ter  zu  bemerken,  alt  die  erste,  besondert  in  der^Nahe  des  siege-» 
tauchten  Körpers.  Beide  Arten  von  Wellen  pflanzen  tick  übrige tae 
von  der  Oberfläche  des  Wassert  bit  in  eine  sehr  grölte  Tiefe  nnler 
derselben  fort«  Wenn  die  Wasserwellen  einem  festen  Widerstand« 
begegnen,  so  werden  tie  dadurch  unterbrochen;  der  von  dem  Wider. 
stände  getroffene  Theil  der  Welle  wird  auf  sieh  selbst  snrückreftectfrt, 
und  der  übrige  Theil  der  Welle  stettt  sich ,  hinter  dem  Widerst»«*!«» 
wieder  vollkommen  her.  Erregt  man  auf  der  Oberflache  eiset,  nei- 
gen Wassert,  in  mehreren  Poncten  desselben,  verschiedene  Wellen» 
so  kreuzen  und  decken  sich  die  to  von  jedem  Erscaütternngspaact* 
ausgehenden  Wellen  und  legen  sieh  über  einander,  ohne  sich  in  ih- 
rem Gange  oder  in  ihrer  Gestalt  im  Allgemeinen  an  störet). 


D«a  8 oh  alle«.  1271 

dtotenteji  bei  •  i  •'  and  a"  beieajnifte«.  IW»cu  wir  an* 
dais  w^r  itiMrt  Aufmerksamkeit  einer  die***  Verdichtung*» 
grnppftn,  z#  B.  derjenigen  vorzüglich  zuwenden,  deren  Mitteln 

Jponct  a'  ist«     Zur  Zeit  T  +  T  *8*  ^e8cr  Verdichtungsmittefc- 

punct  bereit!  von  den  Elementen  •   zu  denen  bei  d'  Übergen- 

gen ,  '  und   dieses   zwei  nicht  sowohl   blofs    durch  eine  fort* 

schreitende   Bewegung   aller  Elemente  in   der  Richtung   t'd'f 

sondern  auch   besonders  durch  eine   solche  Differen*  der  B*- 

mgungm  dieser  Elemente ,  dab  die  um  e'  nicht  mehr  so  nebt 

an  einender  stehn,  eis  zuvor»  und  deis  ebenso  die  um  d'  jetzt 

2t» 
niher  bei  einander  stehn,  als  zuvor.    Zur  Zeit  T  +  —  irtiti 

Verdichtungsmittelpunct  nach  g#  vorgeschritten,  also  eben  dort* 
bin ,  wo  «ur  Zeit  T  die  geringste  Verdichtung  statt  hatte«   Znc 

Zeit  T  +  —  ist  dieser  Verdichtungsmittelpunct  in  k'  und  zut 

Zeit  T  +  %  endlich  wieder  in  e",  so  dafs  also  em  Endo  der 
Periode  %  die  sümmtlichen  Elemente  des  Körpers  gegen  ein* 
ender9  in  Beziehung  auf  ihre  Verdichtung,  dieselbe  Stellung 
beben,  wie  im  Anfange  dieser  Periode,  wo  nämlich  bei  av 
sbeomlli  eine  grölst»  Verdichtung,  ein  Verdichtungsmittelpunct 
statt  gehabt  hau  Nach  dieser  Zeil  T  +  r  gehn  die  abgezahlten 
Erscheinungen  ganz  auf  dieselbe  Weise  und  in  derselben  Ord- 
Mag  wieder  weiter,  wie  sie  gleich  nach  der  ersten  Zeit  T 
gegangen  sind ,  und  was  wir  so  eben  von  dem  Mittelpuncte  *' 
a\tr  grö&ten  Dichtigkeit  gesagt  haben,  gilt  ebenso  aneh  von 
jteem  andern  Puncte  b',   cr,  d'f  «  •  der  ganzen  Reihe«        ' 

Wenn  man  die  erwähnten  Bewegungen  im  Ganzen  über* 
Ufckt,  so  sieht  man  verschiedene  Verdichtungen  der  einfiel» 
aen  TheUe  dee  Körpers  ( oder  verschiedene  Näherungen  «od 
Trennungen  der  einzelnen  Elemente),  die  periodisch,  gleich* 
leimig  und  continnirlioh  von  der  linken  zur  rechten  Seite  he 
der  ganzen  Reihe  dieser  Elemente  fortschreiten.  Man  erhell 
«a  Bild  von  diesen  Bewegungen,  wenn  men  eine  an  ihre« 
beiden, Enden  gespannte  Darm-  odetr  Metallseite,  ihrer  Langt 
nach,  mit  einem  an  Koiophon  (Geigenharz)  abgeriebenen  Tu* 
che  schnell  streicht«  Der  dadurch  entstehende  Ton  ist  dio 
Felge  jener  abwechselnden  Verdichtungen  der  Elemente,  aus 
wtUktn  die.  Seile  besteht.      Wenn  maa.eio  bestimmtes  dieser 


1272  Undulation. 

Elemente  betrachtet  und  in  seiner  Bewegung  verfolgt,  so  be- 
merkt man,  dafs,  dasselbe  eine  reciprbke  oder  eine  schftnn» 
^ ende  Bewegung  hat,  indem  dasselbe  bald  rechts,  bald  wie« 
der  links  von  seinem  ursprünglichen  Stande  der  Rohe  oder 
des  Gleichgewichtes  sich  befindet«    So  geht  z.  B.  das  -Element 

•  in  der  Zeit  von  T  bis  T  +  -A  rechts,    dann    wieder  in  der 

4 

2t  3t  '  2t 

Zeit  von  T  +  -r-  bis  T  +  —  links,  so  dafs  es  zur  Zeit  T+--  • 

4  .4  '4 

seine  gröfste  rechte  nnd  zur  Zeit  T  +  *  seine  gröfste  linke 
Ausweichung  (Amplitude)  hat  nnd  dann  von  dieser  letzten 
Zeit  wieder  rechts  geht  u.  s.  w.       Ebenso   hat  das  Element  d 

2t- 
zur  Zeit  T  seine  gröfste  linke,   zur  Zeit  T  -f"  — seine gröfste 

*  4 

rechte,  zur  Zeit  T  +  t  aber  wieder  seine  gröfste  linke*  Aus- 
weichung u.  s«  w. 

Man  sieht  aus  dieser  Darstellung ,  dafs  das  Intervall  zwi- 
schen zwei  homologen,  mit  demselben  Buchstaben  bezeichne- 
ten Elementen   (wie   z.  B.  das  Intervall  aa'  oder  a'a'' ♦  .  zur 

Zeit  T  oder  das  Intervall   ddf  oder  d'd"  •  .  zur  Zeit  T  + j 

U.  s,  w.)  ganz  unabhängig  ist  von  der  Gröfse  der  Schwin- 
gung (Amplitude)  jedes  einzelnen  Elementes.  Denn  wann 
auch  z.  B.  jedes  dieser  Elemente  nur  halb  so  grobe  oder  wenn 
es  auch  doppelt  so  grofse  Schwingungen  zu  beides  Seiten 
seines  Orts  des  Gleichgewichts  machte,  eis  wir  oben  ange- 
nommen haben,  immer  würde  doch  der  Mittelpunct  der'gröfs- 
ten  Verdichtung  zur  Zeit  T  in  den  Puncten  a,  a',  e".  .  ver- 
bleiben u.  s.  w.,  und  nur  der  Unterschied  würde  statt  habeo, 
dafs  die  Elemente  bei  a ,  a',  a"  •  .  ,  wo  sie  vorhin  am  dich- 
testen standen,  oder  bei  g,  g',  g".  •  ,  wo  sie  vorhin  am  we- 
nigsten dicht  standen,  jetzt  eine  andere  Dichtigkeit  als  znvor, 
aber  immer  wieder  ihre  gröfste  oder  kleinste  Dichtigkeit  ha- 
ben würden,  wie  sie  dieselbe  auch  zuvor  in  den  Puncten 
«,V,  a".  .  .  und  g,  g',  g".  •  gehabt  haben.  Eine  solche 
Zusammenstellung  der  Elemente  eines  Körpers,  wie  sie  von 
m  bis  1  oder  von  a'  bis  1'  oder  von  a"  bis  1"  in  den  be- 
zeichneten Reihen  (/?),  (y),  (d)  .  •  statt  hat,  wird  eine 
Welle  genannt,  nnd  das  Intervall  zwischen  je  zwei  nächsten 
homologen  Elementen  a«  oder  a'a"  oder  «"«'"•  .  .  heilst  die 


De*  Schall*«. 


4273 


•n 


171*. 


Länge  dir   JVHU,    welche  Länge  wir  in   der  F«lge  immer 
durch  X  bezeichnen  Wollen. 

I.  E»  kann  aber  andrer  dieser  gegenseitigen  'Znsatnmen- 
wA  AüSeinanderrückutig  der  Elemente  '  anch  ändere ,  eben-» 
iaH*  periodische  Bewegungen  derselben  geben,  die  ganz  die* 
selben  Erscheinungen  zeigen,  wie  die  bisher  aufgeführten» 
Nehmen  wir  z.  B.  an ,  dafs  diese  Elemente ,  •  Wenn  sie  sich 
ans  £am  Stande  des  Gleichgewichts,  wie  sie  in  (a)  der  Zeich- fig 
sang  dargestellt  werden,  entfernen,  bald  über,  bald  wieder 
unter  die  gerade  Linie  a  a",  die  sie  im  Gleichgewichte  einge~- 
nommen  haben,  treten.     Das  erste  Element  a  ist  hier. im  An- 

«MB 

fang  der  Zeit  T  in  seiner  mittlem ,   zur  Zeit  T  -f"  j  in  seiner 

höchsten,  zur  Zeit  T  +  -j-  nieder  in   seiner  mittlem,    zur 

3r 

Zeit  T  +  -  aber  in  seiner  kleinsten  Höhe,  bis  es,  wie  alle 
4 

seine  folgenden  Elemente,    am   Ende   der  Zeit  T  +  T  wieder 
seine  erste  Lage  zur  Zeit  T  einnimmt.     Ebenso  ist  die  grtifste 

Erhöhung  der  Elemente  zur  Zeit  T  in  k,    zur  Zeit  T  +  | 

2r 
in  a',  xnr  Zeit  T  +  -j- .  in  d'  u»  s.  w.     In  der  ersten  unserer 

Darstellnngen  hatten  die  Elemente  eine  schwingende  Bewe- 
gung, die  ganz  in  der  Richtung  der  Gleichgewichtslinie  aa"  lag, 
»  welcher  'man  anch  die  Länge  der  aufeinanderfolgenden 
Wellen  suhlte,  und  dabei  nahmen  die  gegenseitigen  Entfer- 
nungen der  Elemente  (oder  die  Dichtigkeiten  des  Körpers  in 
seinen  einzelnen  Ponctea)  abwechselnd  ab  und  zu»  In  der 
gegenwärtigen  Darstellung  aber,  wo  die  Wellen  ebenfalls,  wie 
svror,  von  der  Linken  zur  Rechten  in  der  Gleichgewichts- 
Knie  aatf  fortschreiten»  haben  die  schwingenden  Bewegungen 
der  einzelnen  Elemente  in  einer  auf  diese. Gleichgewichtslinie 
untrtehten  Richtung  statt,  ohne  dafs  dabei  die  Distanzen  die« 
ser  Elemente  (oder  die  Dichtigkeit  des  Körpers)  eine  wesent- 
liche Veränderung  erfahren.  Auch  hier  wird  wieder  jede.pt- 
nodisohe  Zusammenstellung  dieser  Elemente  von  a  bis  a',  oder 
von  a'  bis  a"  u.  s.  w.  eine  fVelU  genannt  und  das  Intervall 
aa'  oder  a'a".  •  heifst  wieder  die  Länge  der  JVeüm.  Man 
erhält  ein  Bild  von  diesen  Bewegungen ,  wenn  man  eine  ge- 
Bd.  IX.  Mm  mm 


974  Undulation. 

spannte  Stil»  seitwärts  ms  der  Lage  ihm  Glei^gesvicbt* 
bringt ,  indem  man  sie  mit  dem  Finger  kneipt  oder  mit  ein*«» 
Violinbogen  streicht.  Der-  dadurch  entstehende  Ton  ist  die) 
Folge  jener  periodischen  Ausweichungen  der  Elemente,  jener 
Schwingungen  der  Saite ,  die  auch  dem  Auge  dadurch  sichte 
ber  werden,  dsfs  die  Saite  während  ihrer  Schwingungen  in 
der  Bütte  viel  dicker  erscheint,  als  an  ihren  Endpuneten. 

II*  Jene  ersten  Bewegungen  der  Elemente  werden,  de 
sie  in  der  Richtung  der  Länge  der  Saiten  vor  sich  geho, 
Längen-  oder  LongitudinaUchwingungen  genannt,  während 
diese  zweiten,  wo  die  Elemente  eine  auf  die  Länge  der  Saite 
senkrechte  Bewegung  haben,  Seiten  -  oder  TransvereaUchwin- 
gungen  heifsen. 

HL  Es  lassen  sich  aber  auch  noch  mehrere  andere  Schwin- 
gungen angeben ,  wie  z.  B.  eine  aus  den  beiden  vorhergehen* 
den  zusammengesetzte  oder  eine,  in  welcher  sich  die  Elemente 
nicht  blofs,  wie  in  der  zweiten  Darstellung,  über  und  unter 
die  Gleichgewichtslinie  in  einer  und  derselben  Ebene,  sondern 
wo  sie  sich,  wie  bei  den  sogenannten  drehenden  Schwingun- 
gen, schraubenförmig,  also  in  verschiedenen  Ebenen  bewege« 
u.  s.  w.  Aber  die  beiden  ersten  sind  die  einfachsten  und  da- 
her auch  diejenigen,  aus  welchen  die  meisten  andern  zusam- 
mengesetzt werden  können* 

IV.  Man  -kann  diese  Schwingungen,  durch  Drähte,  durch 
starre  Stäbe  oder  auch  durch  dünne  Platten  von  Glas  oder 
Metall  (überhaupt  doreh  elastische  K&rper  jeder  Art)  darstel- 
len ,  die  in  einem  oder  auch  in  mehreren  ihrer  Puncto  auf- 
gelegt oder  befestigt  sind  und  dann  an  ihren  freien  Theüea 
in  eine  schwingende  Bewegung  versetzt  werden..  Bedeckt  man 
diese  Körper  vorher  mit  feinem  Sand  oder  Staub,  so  werden 
die  Schwingungen  derselben  dem  Aoge  sichtbar,  wie  oben* 
gezeigt  worden  ist«  Je  nicht  blofs  in  diesen  festen,  sondern 
euch  in  tropfbaren  und .  luftftrmigen  elaerisohen  Körpern  las- 
sen sieh  diese  Schwingungen  erzeugen ,  wenn  man  $m  mit  je- 
nen schwingenden  Saiten  oder  Platten  in  Verbindung  bringt, 
wo  dann  die  Schwingungen  der  letztem  der  Luft  mitgtdieilt 
und  in  ihr  fortgepflanzt  werden. 


1    8.  Art.  Scftaü  a.  a.  O. 


De»  ScbftlUs.  197* 

,    -  ♦ 

V«  Ist  dieser  Luftraum»  in  dessen  einsam  Pnnote  die  vi« 
fcritnnde  Erschütterung  vor  sich  geht,  nach  allen  Seiten  frei 
and  unbegrenzt,  so  werden  sich  diese  Schwingungen  der  Luft» 
von  jenen  Pancte  ans,  ebenfalls  nach  allen  Seiten  ausdehnen 
und  die  Wellen,  die  wir  bisher,  gleichsani  in  ihren  Elemen- 
ten >  mir  als  Linien  betrachtet  hrfben,  werden  die  Gestalt  von 
Xugelfläeheh  annehmen ,  deren  Halbmesser  immer  gröber  wird, 
je>  weiter  sich  diese  Kugelflächen  von  jenem  ersten  Pancte, 
ihrem  gemeinschaftlichen  Mittelpuncte ,  entfernen»  wo  dann 
endlich  diese  sphärischen  Wellen  in  einseinen  kleinen  Thal- 
ien derselben  als  ebene  Wellen  betrachtet  werden  können. 
De  diese  sphärischen  Wellen  in  freien  tropfbaren  oder  luft- 
iferroigeo  Medien  nach  der  Richtung'  der  Halbmesser  dieser 
Xngeischaalen  im  Räume  fortschreiten  oder  sich  von  ihrem 
gemeinschaftlichen  Mittelpuncte  entfernen,  so  wird  dieser  Halb* 
anesser  auch  die  Richtung  der  sphärischen  *  Welle  genannt« 

VL  Um  sich  diese  ebenen  Wellen  9  von  'welchen  wir  in 
der  Folge  öfter  sprechen  werden ,  deutlicher  vorzustellen,  kann 
man  sieh  das  elastische  Medium,  in  welchem  die  Schwingun- 
gen vor  sich  gehn,  in  parallele,  unendlich  nahe  stehende 
Ebenen  getheilr  denken,  die  alle  senkrecht  auf  der  Richtung 
stehn,  in  welcher  sich  die  Wellen  fortpflanzen»  Wenn  nun 
%.  B.  je  hundert  oder  je  tausend,  dieser  Ebenen  in  eine  solche 
vibrirende  Bewegung  gesetzt  werden,  dab  sie  auf  jener  er- 
sten Richtungsliuie  nach  einem  bestimmten  Gesetze  vor-  und 
rückwärts  gehn  und  dabei  an  gewissen  Stellen^  sich  abwech- 
selnd nähern  und  trennen  (verdichten  und  verdünnen),  wie 
wir  dieses  z.  B.  oben  bei  einzelnen  Puncten  gesehn  ha-pf. 
ben,  so  wird  dadurch  das  Medium  in  ebene  Longitudinal+HQ* 
Schwingungen  versetzt  werden.  Wenn  aber  wieder  je  tau- 
send dieser  Ebenen  zwar  unter  sich  und  von,  dem  Mittel- 
puncte der  sphärischen  Welle  immer  dieselbe  Entfernung  be- 
halten-, eber  von  dem  enf  ihnen  senkrechten  Halbmesser  der 
Welle  nach  bestimmten  Gesetzen  zu  beiden  Seiten  dieses  Halb* 
messen  hin  und  her  ausweichen,  so  wird  dadurch  das  Me- 
dium eine  den  oben  (U)  angeführten  TranspersdUchwkhgun- 
gen  enaloge  Vibration  annehmen«  Wir  werden  bald,  sehn, 
dsJs  jene  Schwingungen  dem  Tone  oder  Schalle  und  dais 
diese  vorzugsweise  dem  Lichte  angehören, 

VIL    Nahmen  wir  nun  alles  Vorhergehende  zusammen, 

Mmmm  2 


427«  Undulation. 

so  ktfonen  wir  uns  die  Welle  vorstellen  ab  eine  in  einer  ge- 
gebenen Richtung  fortschreitende  Bewegung  einer  bestimm* 
ten  relativen  Anordnung  der  Elemente  eines  elastischen  Kör- 
pers ,  bei  welcher  jedes  dieser  Elemente  in  einer  schwingen- 
den (auf-  und  abgehenden)  Bewegung  begriffen  ist.  Um  sich 
diese  doppelte  Bewegung  zu  versinnlichen,  kann  man  anneh- 
men ,  dafs  z.  B.  bei  den  transversalen  Schwingungen  die  Fi- 
Fig.gnr  AmCnB  in  einem  mit  Luft  erfällten  Cy linder  nach  der 
Richtung  der  Axe  ACB  dieses  Cylinders  parallel  mit  sich 
selbst  fortschreitet ,  und  dafs  jede  unendlich  dünne  Luftschicht 
sich  dann  zu  bewegen  anfängt ,  wenn  der  erste  Endpunct  B 
der  Curve  diese  Schicht  eben  erreicht;  dafs  dann  dieser  Punct 
B  der  Schicht  nach  und  nach  durch  alle  Puncte  dieser  be- 
weglichen Curve  AmCnB  geht,  ohne  dabei  die  durch  B  auf 
tue  Gerade  A  B  gezogene  senkrechte  Gerade  zu  verlassen ,  und 
dafs  endlich ,  wenn  der  letzte  Endpunct  A  der  Curve  in  B  an- 
.  kommt ,  auch  der  Punct  B  der  Schicht  wieder  seinen  frü- 
heren Ort  einnimmt,  um  daselbst  in  Ruhe  zu  bleiben  oder 
vielmehr  (wenn  die  Schwingungen  fortgesetzt  werden,  also 
auch  die  Curve  aus  mehreren  der  AmCjiB  ähnlichen  Thei- 
len  besteht)  seine  so  eben  dargestellte  Bewegung  mehrmals 
periodisch  zu  wiederholen. 

VIII.     Bemerken  wir  noch ,  dafs  man  die  einzelnen  Theile) 
einer  Welle,  z.  B.  von  a  bis  d  oder  von  d  bis  g,  von  g  bis  k 
Fig.u.  s.  w.)  die  Phasen  der   ganzen  Welle  a  bis  m  zu   nennen 
17°- pflegt.     Man  sagt:  die  Elemente  einer  Welle   sind  in   dersel- 
17 j.  £*/*  Phase  ,  wenn  ihre  Stellung  und  ihre  Riöhtung  in  der  Welle 
dieselbe  ist.      So  sind  d   und  d'   oder  h   und  h'  in  derselben 
Phase;     aber  b  und  f  sind  es  nicht,  weil  wohl  ihre*. Stellung, 
aber  nicht    ihre  Richtung   der   Bewegung   dieselbe  ist,    und 
ebenso  sind  auch  f  und    h  nicht  in    derselben  Phase,    weil 
von  diesen   beiden  Puncten    wohl   die   Richtung   der  Bewe- 
gung,  «her  nicht  die  Stellung  dieselbe  ist.      Man  sieht,  dafs 
•alle  Elemente '  dann  in  derselben  Lage  sind,  wenn  die  Distanz 
dieser  Elemente  ein  1-,  2-,  3fsches  der  Länge  X  der  ganzen 
Welle  ist,   und  ebenso  sind  je  zwei  Elemente  in  entgegenge- 
setzten  Phasen ,    wenn   ihre  Distanz   £,    •£,     $}    J  .  .   der 
Länge  X  der  Welle  beträgt,  wie  dieses  z.  B.  bei  den  Puncten 
a,  g  oder  d,  k  oder  d#  k'  u.  s.  w*  der  Fall  ist. 


I>ea  Schalles.  1377 

2)     Nähere  Erklärung  der  Welle,  LSnge  and  PertT 
pflenzangsgesch windigkeit  derselben.    . 

Wenn  die  Elemente  eines  elastischen  Körpers,  z.  B.  ei* 
ner  Metallplatte,  aus  der  Lage  ihres  Gleichgewichts  gebracht, 
d.  he  wenn  diese  Elemente  einander  naher  oder  ferner  gerückt 
werden  (was  z.  B.  geschehn  kann ,  fc  wenn  die  an  einem  ihrer 
Enden  befestigte  Platte  an  dem  anderen  Ende  dareh  irgend 
ein«  Kraft  gebogen  wird),  und  wenn  dann  diese  Kraft  plötz- 
lich aufhört  zu  wirken ,  so  wird  die  Elasticität  der  Platte  die- 
selbe wieder  zu  der  ursprünglichen  Lage  ihres  Gleichgewichts 
xurückführen  und  die  Vibration  der  Platte  wird  beginnen«  Ist 
sie  auf  diese  Weise  in  der  vorigen  Lage  ihres  Gleichgewichts 
angekommen ,  so  wird  sie,  ganz  wie  bei  der  bekannten  Bewe- 
gung eines  Pendels  \  eine  Geschwindigkeit  erhalten  haben,  die 


1  Es  .wird  nicht  unangemessen  tejn,  hier  die  vorzüglichsten 
Ausdrucke  der  einfachen  Pendelbewegung  zur  Uebersicht  kurz  zu- 
•ammeasOstellen.  Et  bezeichne  in  einer  leicht  so  entwerfende»  Figo* 
O  den  Mittelpunct  eine«  Kreisbogens  A  B«  dessen  Halbmesaer  O  A  ss  O  B  s  X 
die  Lange  des  einfachen  Pendels  bezeichnet,  Sey  G  der  *  mittlere 
Fanet  dea  Bogen«  AB  nnd  M  irgend  ein  Pnnet  des  Bogen»  zwischen 
A  nnd  C.  Man  denke  sieh  den  Halbmesser  OC  vertieal '  oder  in 
der  Richtung  der  Schwere  g  (wo  g  ss  9,809  Meter)  nnd  setse  den 
Winkel  COM  =3  &  nnd  COA  =  a,  wa  also  a  den  anfänglichen 
Werth  von  6  für  den  Anfang  der  Zeit  t  bezeichnet« 

Diele  vorauf  gesetzt  hat  man  für  die  Winkelgeschwindigkeit  •*-■ 

des  Pendel»,    vorausgesetzt,    daX«  a  nnr  einen  kleinen  Winkel  be- 
zeichnet, 

also  auch  für  die  wahre  Geschwindigkeit  v  dea  Endpanctea  M  des  Pen- 
dels in  «einem  Kreisbogen  AGB 


&-— irii-«-r* 


nnd  daher  euch  für  des  Bogen  AM  si.dtf  =tj  irt» 


=  oi.|l- Cos.tf|  J 


Bezeichnet  man  den  ffmnsen  8ckwung  dieses  Pendels  duich  die  Summe 
dee  Hingänge  deaaelben  durch-  den  Bogen  ACH  nnd  dea  darauf  fol- 
genden Hergänge  durch  dea  Bogen  BCA,  se-  wird  esan  für  die  Dauer 


H76  Undnlation. 

eine  Folge  ihrer  bisherigen  Bewegung  fft,  mit  welcher  tie  sich 
euf  die   andere  Seite  ihrer   Gleichgewichtslage    begeben  nnd 
auf  dieser  andern   Seite   so   weit   fortschreiten   wird,   bis  ihre 
Geschwindigkeit  in   Folge  der   auf   sie  einwirkenden  Hinder- 
nisse wieder  vernichtet  ist»    In  dieser  Lage,   wo  sie  die  erste 
Hälfte  ihre  Oscillation  Tollendet  hat,    wird  sie   durch  die  Ela- 
sticität  ihrer  Elemente  wieder  zu  der  frühem  Lage  des  Gleich- 
gewichts zurückgebogen  und   durch  die  in   dieser  Lage  erhal- 
tene Geschwindigkeit  wieder,  wie  zuvor ,  auf  die  andere  Seite 
des  Gleichgewichts  geführt ,  bis  sie  den  vorhergehenden  Bogen 
wieder  rückwärts  zurückgelegt  Juben  und  in  dem  ursprünglichem 
Puncte  ihrer  Bewegung  angekommen  seyn  wird  ,    wo  sie  dann 
ihre  erste  ganze  Oscillation  vollendet  hat.      Da  aber  hier  diei 
Elasticität  wieder,  wie  im  Anfange  jener  Periode,  auf  sie  ein- 
wirkt, so  wird  die  Platte,    gleich  dem  oben  erwähnten  Pen- 
del, die  so  eben  beschriebene  Bewegung  wieder  anfangen  und 
auch,    obschon  in   immer  kleiner  werdenden  Amplituden  des 
Bogens,  so  lange  fortsetzen,   bis  sie  endlich  die  frühere  Lege 
ihres  Gleichgewichts  nicht  mehr  verlebt  und  in  derselben  snt 
Ruhe  kommt.     Wenn  also  ein    elastischer  Körper   durch   die 
augenblickliche    Einwirkung    einer     Kraft    seine    Gestalt   ödes 
seine  Lage  geändert  hat,    so   sucht  er  dieselbe  wieder  einzu- 
nehmen,    indem    er  um    seine    frühere   Lage   dea  Gleichge- 
wichts zu  beiden  Seiten    derselben  periodische  Schwingungen 
macht,   deren  Ovulationen   allmälig  abnehmem,    während  die 
Zeiten   dieser   Schwingungen,     wie    bei  der  Pendelbewegung, 
doch  immer  dieselben  bleiben. 

h    Es  wird  erlaubt  seyn,   zum  besseren  Verständnifs  des 
Folgenden  schon  hier  den  einfachsten  Ausdruck  zu  anticipl- 


dei  Schwungs,  in  welcher  also  das  Pendel  wieder  In  seine  frühere 
Lage  zurückkommt,  oder  finr  die* ganze  Periode,  in  welcher  die  Pen- 
delbewegnng  alle  ihre  Veränderungen  durchlauft,  den  Ausdruck 
haben 


n=" 


wo  x  dis  Ludolphische  Zahl  bezeichnet,    so  dafs  daher  die  Jkmer  T 
<fca  8ehwm$*  aeyn  wird 


2n 


n 


De«  Schalle«.  Ö79 

rem,  Am  md,  wie  wir  eptfter  (f.  14  und  15)  söhn  werden, 
für  dies»  OectUatioaen  der  elastischen  Ktfrper  aufgestellt  hat. 
Beoeiohnet  nämlich  M  einen   Pimct  der  Welle  CmCnB,   zu  Fl*, 
weichem  die  auf  die  Abseissenaxe  A  CB  senkrecht*  Ordinate      * 
PM  gehört,  so  ist  diese  Ordinate 

p'M'«— BCos.— 

T 

and  die  Geschwindigkeit  v  des  Punctes  M  ist 

v=  A  5m.  f 

wo  t  die  Ton  dem  Anfange  der  Bewegung  an  verflossene  Zeit 
und  t  die  Zeit  der  Bewegung  des  Pnnctes  M  durch  den  Bo- 
gen A  m  C  n  B  einer  ganzen  Welle  bezeichnet«  Die  Grtffsen 
A  nnd  B  sind  Constenten ,  von  welchen  die  erste  B  die  griffst« 
Ausweichung  des  Punctes  M  von  der  Abseissenaxe  (oder  die 
sogenannte  Oscillations- Amplitude)  und  die  zweite  A  das 
Maximum   der  Geschwindigkeit  (oder   die  ^sogenannte    Vfora- 

2nt 
tione-  Intensität)  des  Punctes  M  bezeichnet.    Der  Winkel 

ist   die  Gscillationsphas*  und  die    Grobe  —  drückt  die  Anzahl 

der  voHsiSndigen  Osciftationen  aus,  die  seit  dem  Anfange  der 
Bewegung  verflossen  sind.  Während  der  ersten  Oscillation 
ist  t  kleiner  als  t;  während  der  zweiten  liegt  t  zwischen  % 
und  2t;  während  der  dritten  zwischen  2  t  und  3t  u.  s.  w. 
Man  bemerkt  von  selbst  die  Analogie  dieser  beiden  Ausdrucke 
mit  den  oben1  für  die  Pendel beweguug  gegebenen!  Auch  sieht 
man,  defs  die  Phaem,  die  um  eine  gerade  Anzahl  von  halben 
Peripherieen  n  verschieden  sind,  gleich  oder  dieselben  sind  (§»1. 
Vlll),  während  diejenigen,  bei  denen  diese  Anzahl  ungerade  ist, 
entgegengesetzte  Phasen  sind«  So  sind,  wenn  n  eine  ganze  Zahl 
bezeichnet, 

und +  2nn  dieselben 

T  T       •*" 

und 

und +  (2  n  + 1)  n  entgegengesetzte  Phasen.      * 

T  T 

IL     Dieselben  Gleichungen   zeigen  ferner,    daCs  die  Ge- 


1    8.  Art.  Umdrehung, 


12801  v       Undulatioa. 

sehwindigkeiten  den  Sinn»,  die  Amplituden  aber  den  Cosinas 
dar  Phasen  proportionirt  sind,  dafs  die  Geschwindigkeiten  in 
den  .beiden  ersten  Quadranten  positiv  und  in  den  beiden 
letiten  negativ  sind,  und  dafs  endlich  die  Amplituden  (oder* 
die  Excursionen)  im  lsten  und  4ten  Quadranten  negativ,  im 
2ten  und  3ten  Quadranten  aber  positiv  sind. 

HL  Die  gröfsten  Geschwindigkeiten  in-m  und  n  entspre- 
chen  den  kleinsten  Amplituden  in  m'  und  n'  und  die  klein- 
sten Geschwindigkeiten  in  A,  C  und  B  entsprechen  den  gröfs- 
ten Amplituden  in  A',  C  und  B\  Die  gröfste  (positive  und  ne- 
gative) Amplitude  ist  in  A'  und  C,  oder  im  Anfang  A  und  in 
der  Mit»  C  jeder  Periode,  wo  die  Geschwindigkeit  Null  ist. 
Die  gröfste  (positive  und  negative)  Geschwindigkeit  aber  ist 
in  na  und  n ,  nämlich  in  den  Gleichgewichtslagen  m'  und  n\ 
Im  Anfange  der  Welle,  in  A,  ist  die  Geschwindigkeit  Null 
und  die  Amplitude  hat  in  A'  ihren  gröfsten  negativen  Werth, 
Wenn  aber  die  Geschwindigkeit  in  m  ihr  positives  Maxi- 
mum erreicht,  so  ist  die  Amplitude  in  nV  gleich  Null  u.  s.  w. 

IV.    Nach  dem  Vorhergehenden  bezeichnet  die  Gröfse   - 

die  Anzahl  der  vollständigen  Oscillationen  (oder  Wellenlän- 
gen), die  seit  dem  Anfange  der  Bewegung  des  elastischen  Kör- 
pers, der  dadurch  z«  B.  die  Luft  in  ähnliche  vibrirende  Be- 
wegungen versetzt,,  verflossen  sind.  .  Ist  aberx  die  Entfernung 
eines  dieser  vibrirenden  Lufttheilchen  von  jenem  erregenden 
Körper,  also  auch,,  wenn  wieder  X  die  Länge  einer  Luftwelle 

bezeichnet,  -r  die  Anzahl  der  Wellenlängen ,  die  zwischen  je- 
nem erregenden  Körper  und  dem  Lufttheilchen  enthalten  sind, 
•o  wird  die  Gröfse  f —.  |   die  Anzahl  der  Oscillationen  be- 

zeichnen ,  die  verflossen  sind,  seitdem  der  Schall  von  dem  erre- 
genden Körper  ausgegangen  ist*  Hat  man  also  für  die  Oscil- 
lationsgeschwindigkeit  des  erregenden  Körpers,  wie  zuvor,  den 
Ausdruck 

Ac.     2»t 
Sin.  , 

se.  wird  man  fiir  die  des  Lufttheilchens  haben 

i 

T-A8ta.2.(i--J);         . 


De«  Schall««.  1281 

die  VibfatioosinHDsirät  A  dieselbe  bleibt.  Geht  endlich, 
von  demselben  erregenden  Körper  nach  eine  andere  Welle 
an*,    die  hinter  der,  gegenwärtigen  um  den  Weg  C  oder  um 

C 

r-  Wellenlängen   vor  oder  zurück  ist,    so  wird   man  für  die 

e^p 

Oscillationsgeschwindigkeit  des  von  'dieser  Welle  erregten  Luft« 
theilchens  haben 


'-"«-»'(Hir)- 


Wir  werden  aber  sogleich  (in  VI)  sehn,   dafs  das  Verhältnifs, 
der  beiden  Gtttfsen  X  nnd  t  ein  cdnstantes  Ist,  so  dafs,  wenn 

man-'  =  a  setzt,  die  letzte  Gleichung  übergeht  in  '  ' 

v=  Ä  Sin.  «y  («t  —  x+C), 

nnd  ganz  ebenso  erhält  .man  auch  für  die  Amplitude  den  Aus-* 
druck 

P'M'«—  BCos.  ~  (at— x+C), 

nnd  diese  zwei  Gleichungen  sind  es,  die  uns  im  Folgenden 
vom  gröfaten  Nutzen  seyn  werden.  Ihre  Ableitung  aus  den 
ersten  Gründen  der  Bewegung  werden  wir  später  (§.  14  n.  f.) 
geben» 

V.    Was  im  Anfange   dieses   §.  von  der  ganzen  elasti- 
schen Platte   gesagt  worden   ist,    wird   im  Allgemeinen   auch 
von  Jedem   einzelnen  Elemente  derselben   gelten.      Auch  die 
Schwingungen  dieser  Elemente,  z.  B.  unendlich  dünner  Strei- 
fen der. Platte,   werden,    wie  jene  des  Pendels,    alle  in  glei- 
chen Zeiten  vor  sich  gehn  oder    sie  werden    isochron  seyn, 
obgleich  die  Amplitude  dieser  Schwingungen  (durch  die  Steif- 
'  heit  des  Metalls,  durch  die  Reibung,  durch  den  Widerstand  der 
Luft  u.  s.  w.)  mit  der  Zeit  immer  kleiner  werden  tnufs ,    wie 
dieses  auch  durch  Rechnung  bestätigt  wird  und  den  darüber  an- 
gestellten Experimenten  vollkommen  gemäfs  ist.  Hier  bemerken 
wir  nur  noch,  dafs,  wenn  diese  Schwingungen  andauern  nnd 
dadurch  ein  bestimmtes  Resultat  (z.  B.  einen  mit  andern  ver- 
gleichbaren Tont  nicht  blofs  ein  unarticuliites  Geräusch)  her« 


1984  *         Undulation, 

Da  aber  nach  dem  Vorhergehenden  jede  Welle  in  der— 
eelben  Zeit  zurückgelegt  wird,  jn  welcher  der  tchwiogende 
Körper,  der  diese  Wellen  in  der  Luft  erzeugt ,  eine  ganze 
Schwingung  vollendet,  ao  hat  man,  wenn  %  die«  Zeit  einer 
ganzen  Schwingung  dea  tönenden  Körpers  bezeichnet,  für  die) 
Länge  X  der  Welle  den  Ausdruck 

X  =  ar, 

wo  also  für  die  Luft  a= 337,5  Meter  =  1038,97  Par.  Fnfa  ist. 

*  - 

In   der  That ,    nach  der  in  §.  ik  gegebenen  Darstellung 

nat  jedes  Element  des  vibrirenden  Körpers  seine  Schwingung 

in  der  Zeit  r  vollendet,    ao  dafs   es  am  Ende  der  Zeit  T  +  t 

wieder  dieselbe   Lage,     wie    am   Ende  der  Zeit  T  einnimmt» 

Aber  in  derselben  Zwischenzeit  t  ist  auch  die  Luftwelle  durch 

ihre  ganze  Lange  X  gegangen,  und  da,  für  jede  gleichförmige 

Bewegung,    der  durchlaufene   Raum  gleich  dem  Producte  der 

Zeit  t    in  die  Geschwindigkeit  (das    heifst,    in   den  während 

einer  Secunde  durchlaufenen  Raum)  ist,  ao  ist  auch  X  sa  nrf 

wie  zuvor. 

VA.    Um  die  Längen  dieser  Wellen  in  der  Lnft  einiger- 


bei  gleichen  Masten  aich  die  Dichten  verhalten,  wie  verkehrt  die 
Volumina,  so  ist,  wenn  D  die  ursprüngliche  und  d  die  veränderte 
Pichte  der  Luft  ist, 

F=:—  oderdssrr- -f  * 

a  1  +  mt' 

wo  m  ss  arcSi  =  0,00375  ist»      Demnach  erhält  man  fdr   den  ee>r- 
266,67 

vigirten  Ausdruck  der  Geschwindigkeit,  des  8chalU  in  der  Luft 

a  =337,5  f~l  +  mt. 
Bemerken  wir  noch,    dafs   die  durch  Nbwtoh's  Theorie  aufgestellte 

Formel  a  ss  f  -j(l  +  nt),  da  sie  mit  den  Beobachtungen  nicht  ge- 
nau übereinstimmte,  durch  Laplagz  eine  wesentliche  Verbesserung  er- 
halten hat  |  nach  welcher  sie  folgende  ist : 


r 


1  "    '      i 

e- 


j(l+Bt).r. 

wo  e  die  specifische  Warme  der  Luft  für  einen  constanten  Druck  und 
e*  dieselbe  für  ein  constantes  Volumen  bezeichnet.  Vergl.  Art.  Sctwtl 
S.  413,  we  die  Geschwindigkeiten  dea  Schallet  hei  verschiedene* 
Temperataren  genauer  angegeben  sind. 


Des  Schalles.  *  1285 

•  * 

mafsen  kennen  zu  lernen ,  bemerken  wir,  dafs  schellend«  Kör- 
per, wenn  sie  uns  noch  hörbar  werden  sollen,  nicht  weniger 
als  32  und  nicht  mehr  als  8200  Schwingungen  in  einer  Se-* 
cunde  machen  dürfen,  wo  dann  in  jenem  Falle  die  tiefsten 
ond  in  diesem  die  höchsten  uns  noch  hörbaren  Töne  entstehn* 
Snbstitnirt  man  also  in  der  Formel 

X  =  1038,97  t 

i  1 

für  t  die  Zahlen  —  und  ^tttx  ,  so  erhalt  man  für  die  Längs 

des 

tiefsten  Tons  X  =  32,3  Per.  Fufs 

und  für  die  des  höchsten  X  =  0,126  Fufs  oder  nahe  1,5  Zoll. 
Hundert  Schwingungen  in  einer, Secunde  geben  die  Lange  der 
Welle  10,4  Fufs.  Im  Wasser,  wo  diese  Wellen  dem  Augs 
am  besten  sichtbar  werden,  sind  dieselben  über  viermal  Jan- 
ger.  Da  nämlich  die  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  a  im  Was- 
ser sähe  4400  Fuls  in  einet  Secunde  betragt,   so  hat  man 

*  =  4400  t, 
so  dafs  man  also  für 

iss     i  erhält  X  =  137   Fufs 


32 
_t_ 

100 
1 


•  •• 


•  •• 


X  =  44,0    — 
X  es  0,54    — 


.8200 

VIII.  Die  ersten  entscheidenden  Beobachtungen  über  die 
Geschwindigkeit  des  Schalls  in  der  Luft  wurden  von  den  Mit* 
gliedern  der  Par.  Akademie  im  J.  1738  zwischen  Montlhlry 
und  Montmartre  in  einer  Distanz  von  29000  Meter  angestellt. 
An  den  beiden  Enden  dieser  Basis  waren  Kanonen  aufgestellt, 
deren  Blitz  und  Schall  aus  mehrern  Zwischenpuncten  beob- 
achtet wurden.  Die  Beobachter  fanden  auf  diese  Weise  nicht 
nur  die  Gröfse  dieser  Geschwindigkeit,  sondern  auch  die  Gleich n 
förmigkeit  derselben  für  alle  Entfernungen  von  dem  schallen- 
den Körper  und  seine  Unabhängigkeit  von  der  Witterung, 
%o  wie  von  dem  Zustande  des  Barometers.  Für  die  Tempe- 
ratur der  Luft  fanden  sie  die  oben  angeführte  Gorrection 
(1  +mt),  und  ebenso  bestätigte  sich  der  Einfloß  des  Windes 
auf  den  Werth  von  a.      Ist  nämlich  q>  der  Winkel,   den  die 


1289  Undulation» 

Richtung  des  Windet  mit  jener  des  Sehalls  maeht^  und 
seiehnet  A  die  Geschwindigkeit  des  Windet,  so  moft  man  xn 
det  beobachteten  Geschwindigkeit  des  Schellt  noch  die  GröUm 
A  Cot.  (f  addiren  oder  von  ihr  eubtrahireu,  wenn  der  Wind 
dieselbe  oder  eine  mit  dem  Schalle  entgegengesetzte  Richtung 
hat«  Ueber  die  Fortpflanzung  des  Schalls  in  festen  Korperm 
hat  besonders  Biot  im  Grofsen  an  den  Röhren  der  Wasser- 
leitungen in  Paris  und  über  die  im  Wasser  haben  Stubk 
und  Collahov  am  Genfertee  Versnobe  angestellt1* 

IX«  Poissow  hat  durch  Analyse  einen  sehr  einfachen 
Ausdruck  gefunden  zwischen  der  Anzahl  n  der  Längenschwin— 
gnngen  einer  dünnen  und  schmalen  Platte  während  einer  Se- 
kunde und  der  Geschwindigkeit  a  der  Fortpflanzung  dieser 
Schwingungen  im  Innern  der  Platte«  Bezeichnet  nämlich  I 
die  Länge  dieser  Platte,  so  ist 

21 

n  4 

und  da  man  die  GröTsen  n  und  1  durch  unmittelbare  Messung 
finden  kann,  so  erhält  man  dadurch  den  gesuchten  Werth 
von  a.  Laflack  hat  -noch  einen  allgemeinen  Ausdruck  gefun- 
den, der  die  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  a  für  alle  feste  undt 
flüssige  Körper  giebt.  Bezeichnet  nämlich  g  =5  9)809  Meter 
die  Intensität  der  Schwere  und  c  diejenige  Gröfse,  um  wel- 
che sich  eine  aus  der  Masse  des  Körpers  gebildete  Säule,  de- 
ren Höhe  die  Einheit  des  Längenmafses  ist,  unter  dem  Ein— 
flofs  eines  dem  Gewicht  dieser  Säule  gleichen  Zugs  oder  Drucks 
verlängert  oder  verkürzt,  $0  hat  mau 

Für  Wasser  z.B.  hat  man  «= 0,0000048,  elso  an  ch  -=2043540, 

wovon  die  Quadratwurzel  nahe  gleich  1430  Met  =  4400  Per. 
Fufs  ist,  wie  zuvor. 


X.    Wenn  man  nahe  unter  der  Oberfläche  eines  ruhig 
Wassers  eine  dahin  gebrachte  Glocke  in  Bewegung  setzt  (läutet). 


1    Tergl.  Ar*,  Schall  Bd.  Yllf.  S.  890,  wo  alle  diese  Gegenstand« 
aasfahrtinh  egtidtert  tincL 


De$  Schalle*.  i28jT 

#o  hOri  das  Ohr  anlscr  dam  Wasser  den  Schau  sehrfot,  so 
lange  es  der  Glocke  selbst  noch  nahe  steht;  aber  der  Schall 
nimmt  schnell  ab,  wenn  «ich  4*a  Ohr, parallel  zur  Oberfläche 
des  W*wn  von  der  Glocke-  entfernt)  und  in  der  Distanz  vo© 
250  Meter  holt  man  eujser  dem  Wasser  die  Glocke  nicht  mehr, 
jobschon  ein.  Ohr  in  derselben  Distanz,  aber  unter  dem  Was- 
serspiegel, sie  noch  recht  gut  hören  würde.  Die  Erklärung 
«lieser  Erscheinung  liegt  darin,  dafs  die  Schelhtrablen,  welch« 
von  der  Glocke  kommen  und  die  untere  Fläche  des  Wasser^ 
spiegeis  treffen ,  von  dieser  Fläche  desto  stärker  zurückgewor- 
fen werden,  je  kleiner  der  Winkel  ist,  den  diese  Strahlen  mit 
dem  Wasserspiegel  bilden,  und  dafs  sie  alle  zurückgeworfen 
werden ,  wenn  dieser  mit  der  Entfernung  von  der  Glocke  natür- 
lich abnehmende  Winke^  eine  gewisse  Grenze  erreicht  hat. 
Wir  werden  später  eine  ganz  analoge  Erscheinung  auch  bei  den 
ZMsktunUen  findep. 

XL  Noch  wollen  wir  eine  andere  Eigenschaft  der  unter 
dem  Wasser  tönenden  Körper  erwähnen.  Der  Ton  einet 
schwingenden,  untergetauchten  Glocke  ist  kurz  und  an  seinem 
Ende  scharf  abgeschnitten,  nicht  nachdröhnend,  wie  in  der 
Luft.  Man  glaubte  die  Ursache .  dieser  Erscheinung  in  der 
grobem  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  des  Schalls  im  Wasser 
Sachen  zu  müssen,  allein  diese  Geschwindigkeit  kann  keinen 
Einflufs  auf  die  Dauer  des  Tons  haben.  Die  Dauer  eines 
Tons  ist  die  Zeit,  die  zwischen  der  Ankunft  der  ersten  und 
der  letzten  Welle  der  Luft  in  unserm  Gehöre  vorübergeht. 
Da  aber  alle  Wellen  von  gleicher  Länge  X  sind,  so  ist  dies« 
Zeit  gleich  der  Anzahl  n  der  Wellen,  multiplicirt  durch  X  und 
dividirt  durch  die  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  a,  oder  dies« 
Dauer  ist 

-  a 

Aber  da  nach  dem  Vorhergehenden  X  sss  ar  ist,  so  hat  man 
auch 

8  =  dt, 

das  heilst:  die  Daner  des  Tons  in  irgend  einer  elastischen 
Flüssigkeit  ist  gleich  der  Dauer  aller  Schwingungen  des  in 
dieser  Flüssigkeit  vibrirenden  Körpers.  Dasselbe  folgt  auch 
»och  einfacher  daraus,    dafs  die  erste  und  die  letzte)  Welle 


1288  Urtdulatioiu 

eines  Tons  dieselbe  Zeit  gebrauchen ,  um  von  dem  schallender* 
Körper  bis  zu  anserm  Ohre  zu  gelangen,  nnd  dafs  also  ancfa 
die  Zwischenzeit  ihrer  Ankunft  bei  dem  Ohre  gleich  seyn  mufs 
der  Zwischenzeit  ihres  Abgangs  von  dem  schallenden  Körper. 
Jene  plötzliche  Abnahme  des  Tons  scheint  vielmehr  «us  der 
schnelleren  Schwächung  der  Vibrationen  des  schallenden  Kör« 
pers  selbst  zu  entspringen,  die  aus  der  gröfsern  Dichte  des 
Mittels  (des  Wassers,  im  Gegensatze  mit  der  Luft)  folgt,  in 
welchem  jene  Vibrationen  statt  haben,  Sturm  und  Colla— 
doy  haben  auch  die  Bemerkung,  gemacht,  dafs  irgend  eine) 
Agitation  des  Wassers  auf  seiner  Oberfläche  keinen  Einflofs, 
weder  auf  die  Geschwindigkeit,  noch  auf  die  Intensität  des 
Tons,  hat,  wenn  derselbe  unter  dem  Wasser  entstanden  ist, 
dafs  aber  diese  Intensität  sehr  merklich  geschwächt  werde, 
Wenn  man  z«  B.  eine  Tafel  von  Holz  oder  dergleichen  zwi- 
schen den  Beobachter  über  und  die  Glocke  unter  dem  Was« 
sex  stellt,  was  bekanntlich  in  der  freien  Luft  nicht  statt  hau 

3)    Transveraal-Schwingungen. 

Wir  gehn  nun  nach  diesen  vorläufigen  allgemeinen  Be- 
trachtungen zu   der   näheren    Beschreibung    der  verschiedenen 
Schwingungsarten  über,  indem  wir  uns  wieder  auf  das  bereits 
im  Art.  Schall  Gesagte  beziehn.       Eine  homogene,   cylind ti- 
sche Saite  von  Metall  habe  die  Länge  1,    den  Radios  r  ihres 
auf  diese  Länge  kreisförmigen  Durchschnitts ,   das  Gewicht  p, 
und  sie  sey  an  dem  einen  Ende  befestigt,  während  sie  an  dem 
andern  mit  dem  Gewichte  P  belastet  ist ,  welches  Gewicht  bei 
senkrecht  hängenden  Saiten  unmittelbar  an  ihnen  befestigt,  bei 
horizontalen  aber  über    eine  Rolle  geführt  seyn  mag.       Wird. 
diese   Saite  aus   ihrer  Lage   des  Gleichgewichts  seitwärts  ent- 
fernt und   dann   wieder  sich  selbst  überlassen,     so  geräth   sie> 
in  Transversalschwingungen  der  oben  beschriebenen  Art.     Ist 
dann  n  die  Anzahl  dieser  Schwingungen,    die  während  einer 
Secunde  statt  haben,   so  erhält  man,  wie  schon  Newtoä  ge- 
zeigt hat,  den  Werth  von  n  durch  die  Gleichung 

n  -I   TJ» 

wo  wieder  g  s=s  9,809  Meier  ist.      Bezeichnet  ferner  d   die» 
Dichtigkeit  der  Muse,    «tu  welcher  die  Saite  besteht,  so  li*t 


öe*  Schalle«:  f3M 

v  bekanntlich  Kr  des  eyBndridbhe  Volumen  nt%\,  also  auch 
für  da*  Gewicht  derselben  p  =  *r2ld,  Wo  n  esa  3,14159.  • 
ist,  so  dafs  «Hu  daher  dar  obigen  Gleichung  auch  dia  fbl- 
ganda  Gastalt  geben  kamt1: 

»  5=5  -r  |    — -.  /rb<*Uit 

rl  I    nd  ■< 

Wir  werden  diese  Formel  weiter  unten  (§•  15*  AnmerkanglV.) 
beweisen«  Bei  zwei  Saiten  von  derselben  Dichtigkeit  verhalten 
sich  also  die  Schwingungszahlen  verkehrt,  wie  ihre  Längen  und 
wie  ihre  Durchmesser,  und  gerade  wie  die  Quadratwurzeln  ihre* 
Spannungen .  Dieser  aus  der  Theorie  abgeleitete  Ausdruck 
stimmt  mit  den  Beobachtungen  vollkommen  überejn,  und  wil 
bemerken  nur  noch,  dafs  der  Ton,  den  diese  und  überhaupt 
alle  Schwingungen  hervorbringen,  desto  tiefer  wird ,,  Je  klei- 
ner n  ist,  so  dafs  die  höchsten  Töne  zu  den.grölsien  Wer- 
then  von  n,  d,  h«  zu  den  schnellsten, Schwingungeil  gehören» 

L    Jede  solche  gespannt»  Saite  läfirt  sich  (dnrob  Unterla- 
gen oder  sogenannte  Steg*,  wie  bei  der  Violine)  in  2,  3,  4«; 
gleiche   Theile  theilen,    und   dann  ist  enfli  dia  Anzahl  der  , 
Schwingungen  dieser  Theile  2-,  3-,  4 ••mal  gröfser,  als  i>ei 
der  ganzen   Saite,    oder  die  Vibrationen   dieser  T{ieüe  sind 
2-|  3*,  4..  mal  geschwinder  als   die  den  ganzen  Saite.       Ja 
diese  verschiedenen  partiellen  Schwingungen  können,  und  müs- 
sen sogar,  alle  unter  einander  zu  gleicher  Zeit  statt  haben,  sc? 
dafs,  auch  ohne  jene  Unterlagen,  die  Schwingung  der  ganzen*    v 
Saite  immer  von  mehrern  solcher  Partialschwingungen  beglei- 
tet ist,    die  alle  coezistiren  und  sich  jener •  Hauptach  wingueg 
anreihen  oder  unterordnen.      Ein    Bild  von    einem    aelehetf 
Schwingungssysteme  giebt    die    Zeichnung,     wo   die  HaurfftWjFfe, 
Schwingung  der  Saite  AB  von  zwei  Partialschwingungen  ihrer  '** 
halben  und  zugleich  von  drei  Partialschwingungen  ihrer  '*rft:± 
ten  Theile  begleitet  ist.      Soll  bei  diesen  and  überhaupt  bat 
allen  Schwingungen   elastischer  Körper  ein  eigentlicher,    tob? 
andern  j»chari  Vergleiahbarer  Ton  (nicht  ein  blofse*  Ge&asch) 
entsteh»  9    se  »aussen  alle   diese  Nebena^lpwtingnejfeen  mit  «de* 
Haöptschwiagu,og  synchron,  aeynf    das  heißt;  'in  der-ÄeH  er* 
sa*  ganzen  Schwingung  dei  ganzen  Saite  uufs  auoh  jeder  feetf 

r    I  ,  -  T" 

«■ '  i  in  <  ■    i  «  i  ■ 

,.   t. 

1    Vergl.  Art.  Schall.  Bd.  VIIl.  3. :'  197.    - 
IX.  Bd.  Nnnn 


l 


I29Q  .  UnduUtion. 

erwähnten  Tbeile  derselben  Üne  Anzahl  von  ganzen  Schwin- 
gungen vollendet  hebern«,  Diejenigen  Poncte  einer  Seite ,  eüe> 
entweder  durch  künstliche  Mittel  (durch  die  «mahnten  Steg* 
u.  s.  w.)  unbeweglich  gemacht  werden  >  oder  die  (wägen  der 
Coincidens  des  Anfangs  -  «cd  Endpunctes  zweier  nächsten  Per** 
tialschwingangen)  schon  von  selbst  in  Beziehung  auf  diese  Per- 
tialschwingungen  unbeweglich  sind,  werden  Knoten  genannt. 
Man  erkennt  die  letzte  Gattung  von  Knoten  bekanntlich  duich 
aufgelegte  leichte  Papierstückchen. 

II.  Dasselbe  gilt  auch  von  den  Transveraalschwin gangen 
der  elastischen  Platten.  Wenn  eine  solche  Platte  an  einem 
ihrer  Enden  befestigt  und  an  dem  ancjern  aas  der  Lage  ihres 
Gleichgewichts  gebracht  wird,  so  werden  auch  die  einzelnen 
Elemente  der  Platte  ihre  Lage  auf  die  sie  zunächst  umgebenden 
Elemente  Indern,  sie  werden  dichter  an  oder  weiter  von 
einander  rücken ,  und  wenn  die  Ursache  dieser  Störung  auf— 
hört ,  so  wird  die  Elasticität  der  Platte  wieder  den  frühem  Zu- 
stand d#r  ^Platte  herzustellen  suchen.  Dann  wird  also,  jedes 
einzelne  Element  um  seine»  Rufaepunct  aufeinanderfolgend* 
kleine  Schwingungen  machen,  die  unter  sich  isochron  sind, 
wie  die.  des  Pendels,,  und  die  ganze  Platte  selbst  wird  ähnli- 
ehe Schwingungen  machen,  die  ans  jenen  Pendelschwingun- 
gen der  einzelnen  Elemente  zusammengesetzt  und  auph  jnit 
denselben  isochron  seyn  werden,  wenn  die' Hauptschwingem- 
gen  der  Platten  überhaupt  andauern  und  einen  bestimmte»  Tbl» 
hervorbringen  sollen«  Bei  langen  und  schmalen  elastischen 
Platten ,  die  an  einem  ihrer  schmalen  Enden  fest  sind ,  verhak 
sieh  die;  Anzahl  der  Schwingungen  wie  verkehrt  das  Quadrat  der 
vümtenden  Länge«  Uehrigens  wird  auch  jede  Schwingung  der 
ganzen  Platten  von  mehrern  Parnalechwingungeu  der  einzelnen 
Theil*.  .derselben  begleitet  und  man  bemerkt  die  Grenzen  dieser 
Theile  oder  die  Kn&mlinUn  der  Platten,  wenn  man  die  letzteren, 
ehe  man  sie  ihren  Schwingungen  überlädt,  mit  feinem  Sand« 
qder  leichtem  Staube  beetreut* 

IU>  Die  Trasnversalschwtegungen  der  elastisch**  &*§# 
zeig**»  dieselben  Erscheinungen  der  Pernakcheriftgunge*  und 
des  Knoten»  Ist  1  die  Länge »  *  die  Steifheit,  d  die  Dient« 
upd  «  die  Dicke  des  Stabs -oder  eines  langen  und  sehe**)** 
Streifens,  so  ist  die  Anzahl  N  seiner  Transversalschwingungen 
durch  die  Gleichung  gegeben 


Dei  Schalle«.         r  1391 


»•sr 


8° 

7* 


wo  wieder  g  die  Schwere  und  a  eine  für  jeden  Stab  und  für 
jedes  besondere  Knotenliniensystem  constante  Gräfte  J>ezeich~ 
net1.  Bei  Stäben  aas  demselben  Metall,  die  blofs  durch'  ihre 
Länge  und  Dicke  verschieden  sind,  ist  also  das  Verhältnifs 
der  Anzahl  der  Schwingungen  wie  ihre  Dicke  und  verkehrt 
wie  das  Quadrat  ihrer  Länge,  so  dafs  die  Breite  derselben, 
wenn  sie  überhaupt  nur  klein  ist/  keinen  Einflufs  auf  N  hat« 
Bei  gleicher'  Dicke  geben  die  längern  Stäbe  ein  kleineres  N 
oder  einen  tiefern  Ton  und  bei  gleicher  Länge  geben  die 
dickeren  Stäbe  ein  gr#fseres  N  oder  einen  höheren  Ton* 

4)     Longitudinalschwingungen. 


Diese  Schwingungen  entstehn,  wie  bereits  erwähnt,  wtfM 
met>  eine  gespannte  Saite  «der  einen  Stab  seiner  Länge  necu  mit 
einem  andern-  Körper,  s.  B.  mit  eine« -mit  Colophoniuni  bestreu- 
ten Tuehe  streicht,    und  die  Veränderungen,    die  dadurch  in 
der  Seite  oder  in  dem  Stabe  erzeugt  werden,  besteh«  aus  pe- 
riodisch abwechselnden  Verdichtungen  und  Vezdünnungenj  aus 
gegenseitigen    Annäherungen   und  fintfernuugen  der  Elemente, 
aus  welchen  die  Sake  oder  der  Sieb  susammengcseitt  ist.   Die ' 
T5ne,    welche   durch  die  Längenschwingungen  bei  derselben 
8aite>  erzeugt  werde«,  sind  immer  viel  htther,  als  die  der  Trans- 
versalschwiegungen.     Die  Fortpflanzung  der  Töne  schellender 
Kftrper  in  der  Luft  geschieht  nur  durchbräche  Längenschwin- 
gungen^    beruht   also  auf  abwechselnden  Verdünnungen   und 
,  Verdichtungen  -der  Luftschichten ,  daher  denn   euch  für  diese 
Luftwellen    die   Ordinate«    PM    der    Curve    AmCnB  nicht  Fig. 
sowohl   die  Höhe  und  Tiefe   der  Elemente  über  der  Mittel-17* 
Knie  ACB,    als  vielmehr  die  verschiedene  Annäherung  oder 
Entfernung  dieser  Elemente  für  verschiedene  Puncte  der  Luft- 
welle  anzeigen.     Um  uns  davon   noch  auf  eise  andere  Weise 
ei«  deutliches  Bild  zu  macheu,    denken  wir  uns  eine,  vibri- 
teade  Platte   am   Eingange   a'b'  einer  hohlen,    «yKndrischen, Fig. 
mit  Luft  gefüllten  Rühre  a';yb'.      Die  in  dieser  Röhre  ent-17*» 
heJtene  Luft  kann  man  sich  in  unendlich  viele  t    sehr  dünne 


1    Yergl.  Art.  Schall.  Bd.  VIII.  8.  200. 

Nnnn  2 


r 


1292     .  Undulatioa. 

und  einander  parallele  Luftschichten  getheilt  vorstellen.    Sey  ab 
die  anfängliche  Lage  oder  die  Gleichgewichtslage  der  elastischen 
Platte   und   seyen  a'  b'  und  a"  b"  die  beiden  Rubersten  Gren- 
zen ihrer  Schwingungen«      Wenn    diese  Platte  in  ihrer  ersten 
Schwingung    von  a'b'   nach   a"b"   geht,    so  wird    in   jedem 
Puncte  dieses  Weges  die  der  Platte  nächstliegende  Luftschicht 
eine  Verdichtung  erleiden ,  sie  wird  sich,  in  Folge  ihrer  gro- 
fsen  Compressibi!ität|   schnell  zusammeoziehn ,    aber  da  durch 
ebendiese  Zusammenziehnng  ihre  Elasücjtät   vermehrt  ist,    so 
wird  sie  auch  gleich  darauf  durch  die  Wirkung  dieser  Elaiti- 
cität    ihren   vorigen   Raum    wieder    einnehmen   und    dadurch 
Sie  nächstfolgende  Luftschicht  zusammendrücken.     Diese  zweite 
Schicht  wird,     nachdem   sie  der   elastischen  Kraft  der  ersten 
einen  Augenblick   nachgegeben,   sich  verdichtet  und   dadurch 
ihre  eigne  Elasticität  vermehrt  hat,    ganz  auf  dieselbe  Weise, 
wie  zuvor  die  erste,  auf  die  nächstfolgende  dritte  Schicht  wir- 
ken u.  s.  w. ,    so  dafs  also   alle  xtiese  auf  einander  folgenden 
Schiebten  nach  der  Reihe  eine  Verdichtung  und  gleich  darauf 
wieder  einen  Zurückgang  auf  ihren  frühem  Zustand  erfahren, 
und  Alles  wird  sich  in   dem  Innern  des  Cylinders  so  verhal- 
ten ,  als  ob  eine  unendlich  dünne  Luftschicht  in  dieser  Röhre, 
parallel  mit  der  Axe  dieses  Cylinders,  sich  bewegte  und  wäh- 
rend dieser   Bewegung  abwechselnde   Compressionen  und  Di- 
latationen erhielte.     Geht  dann  die  schwingende  Platte,  wenn 
sie  ihre  eine  Grenze  a"b"  erreicht  hat,     wieder  zurück  nach 
a'  b',  so  wird   die  ihr  nächste  Luftschicht  eine  Dilatation  er- 
halten, die  sich,    ganz  analog  mit  jenen  Compressionen,  den 
folgenden  Luftschichten    nach  der  Reihe  mittheilt«      Da  aber 
das  Gesagte  nicht  blofs  von  dem  gan%*n  Wege  a'a"  oder  a"a' 
der  Platte,    sondern  auch  von  jedem  einzelnen  Puncte  dieses 
Weges  gilt,  so  werden  eigentlich,  während  die  Platte  von  a' 
nach  a"  vorwärts  geht,  eine  unzählige  Menge  solcher  Verdich- 
tungen der  Luftschichten  und,  während  die  Platte  wieder  von 
a"   nach   a'  zurückgeht,    ebenso   viele  Verdünnungen    dieser 
Schichten  erfolgen«      Alle  jene  elementaren  Verdichtungen  zu- 
sammengenommen werden  die  eine  Hälfte  der  ganten  JVdU 
a"  A  geben ,  wenn  jene  elementaren  Verdichtungen  in  der  Luft 
sich  von  a"  bis  A  fortgepflanzt  haben,  in  der  Zeit,   während 
die  Platte  von  -a'   bis  a"  gegangen  ist.    Wenn  dann  dir  Platte 
wieder  rückwärts  von  a"  bis  a'  geht,  so  werden  die  ans  diesem 


De«  8'challe«.  1303 

Rückgang*  der  Platte  entspringenden  Diktationen  der  Luft- 
schichten sich  ebenfalls  durch  denselben  Baum,  wie  vorhin 
die  Condensarionen,  fortpflanzen,  oder  diese  Dilatationen  wer- 
den sich  über  denselben  Weg  a"A  erstrecken  nnd  die  zweite 
Hälfte  der  ganzen  JVtlU  geben,  die  jetzt  den  Raum  a"A 
einnimmt ,  während  die  erste'  oder  oondensirte  Hälfte  mit  der 
erhaltenen  gleichförmigen  Geschwindigkeit  einen  ebenso  gre- 
isen Weg  von  A  bis  x  zurückgelegt  Jiet,  so  dafs  also  die  Länge 
»der  ganzen  Welle  a"x  in  ihrer  Mitte  A  die  condensirte  Hälfte 
Ax  von  der  dilatirten  Hälfte  a"A  scheidet  Da  die  durch  die 
elastische  Platte  bewegte  Luftschicht  in  derselben  Zeit  t  durch 
den  Weg  a"  x  =  X  gegangen  ist,  in  welcher  die  Platte  eine 
Schwingung  zurückgelegt  hat,  so  ist  auch,  wenn  a  die  Ge- 
schwindigkeit der  Fortpflanzung  jener  Condensationen  nnd  Di- 
latationen der  Luftschichten  bezeichnet,  X  s  ar,  wie  zuvor« 
Bei  den  Längenschwingungen  bewegen  sich  also  die  Elemente 
einer  Saite,  oder  eines  elastischen  Stabes  parallel  mit  der  Länge 
dieser  Körper,  während  sie  sich  bei  den  Transversalschwin- 
ginigen  in  einer  auf  die  Länge  dieser  Körper  senkrechten  Rieh- 
Hing  auf  und  ab  bewegen. 

f.  Wie  vorhin  den  mit  Luft  gefüllten  Cylinder,  so  kann 
man  sich  auch  eine  tönende  Saite  durch  auf  ihre  Länge  senk- 
recht geführte  Schnitte  $n  unendlich  dünne  Schichten  getheilt 
vorstellen.  Bei  den  Längenschwingungen  dieser  Saiten  wird 
dann  eine  Reihe  aufeinanderfolgender  Elemente  vor-  und  rück- 
wärts, nach  der  Richtung  der  Länge  der  Saite,  bewegt  und 
diese  Elemente  selbst  werden  einander  näher  gebracht  edet 
weiter  von  einander  entfernt.  Hört  dann  die  Einwirkung! 
welche  diese  Bewegung  der  Elemente  verursacht  hat,  auf,  so 
führt  die  Elasticität  der  Saite  sie  alle  wieder  zu  dem  vorigen 
Zustande  des  Gleichgewichtes  zurück  *  und  wenn  diese  perio- 
dischen Näherungen  und  Entfernungen  der  Elemente  unter  sich 
regelmäßig  und  isochron  sind,  so-  entsteht  das,  was  wir.  Tön 
nennen,  während  ein  unregelmäßiges  Bewegen  derselben  nur 
ein  Geräusch  erzeugen  kann. 

II.     Die  einfachste  Art  dieser  Längenschwingongen  ist  in  Fig. 
der  Zeichnung  dargestellt«    Hier  haben  alle  Elemente  oder  alle  *">• 
jene  auf  die  Länge  der  Saite  senkrechten  Schichten   derselben 
eine  ^emeinsehaftliche  Bewegung  nach  den  beiden  Endpuneten 


1394  Undulation. 

A  und  B  der  Sehe« ,  Wem*  sie  Von  A  nach  B  gelm  ,  so  hat  in 
A  Dilatation,    in  B  aber  Condensation  statt»    und  umgekehrt, 

-  wenn  die  Bewegung  der  Schickten '  von  B  nach  A  gerichtefc-ist,- 
to  ist  in  B  Dilatation  nnd  in  A  Condensation,  In  beiden  Fäl- 
len ist  an  den  beiden  Endpnncten  A  nnd  B  der  Saite  die  Ge- 
schwindigkeit der  Elemente  gleich  Neil,  weil  in  diesen  End- 
pnncten die  directe  Bewegung  in  die  retrograde  übergeht,  und 
in  der  Mitte  twischen  den  beiden  Endpuncten  ist  diese  Ge- 
schwindigkeit am  gröfsten,  während  in  dieser  Mitte  die  Con- 
densation oder  Dilatation  der  Elemente  ihren  mittlem  Wertb, 
'  (des  Gleichgewichts)  hat«  Eine  zweite ,  schon  zusammenge- 
setztere Art  ist  in  der  folgenden  Zeichnung  dargestellt.      Hier 

Fig.  theilt  sich  die  Saite   in    zwei  Theile,    in   welchen  die  Bewe- 

17  'gungen  der  Elemente  eine  entgegengesetzte  Richtung  haben. 
Der  Trennungspunct  N  der  beiden  Theile  hat  gar  keine  Be- 
wegung nnd  bildet  daher  einen  Knoten  der  Saite,  aber  in  die« 
sem  Puncte  N  ist  zugleich  die  Condensation ,  so  wie  die  dar- 
auf folgende  Dilatation  am    gröfsten.       Andere  Verbindungen 

Flg.  von  mehreren  Knoten  sieht  man   in  den  folgenden  Zeichuun— 
*8en  dargestellt«    Wenn  eine  solche  Saite  mit  mehrem  Knoten 

178. in  Längenschwingungen  versetzt  wird,  so  entstehnjn  jedem 
zwischen  zwei  nächsten  Knoten  enthaltenen  Theile  der  Saite 
Partialschwingungen,  die  sich  der  Schwingung  der  ganzen  Saite 
jtoordiniren  und  mit  der  der  letztern  msofern  isochron  sind, 
als  immer  eine  ganze  Anzahl  von  Partialschwingungen  auf  eine 
Schwingung  der  ganzen  Saite  gehn  mufs,  wenn  ein  eigentli- 
cher Ton  entstehn  soll« 

III.  Aus  der  blofsen  Erklärung  dieser  beiden  Arten  von 
Schwingungen  folgt  schon,  dafs  die  Elasticität  der  Saite  auf 
die  Längenschwingungen  einen  viel  gröfsern  Einfiufs  haben 
muls,  als  auf  die  Transversalschwingungen,  da  die  Bewegung 
der  Elemente  nach  der  Richtung  der  Länge  der  Saite  oder  da 
ihre  gegenseitigen  Annäherungen  und  Entfernungen  von  ein- 
ander gleichsam  unmittelbar  auf  die  Elasticität  der  Saite  ein- 
wirken, während  bei  den  Transversalschwingungen  die  Ele- 
mente einer  jeden  Welle  gleichsam  alle  in  derselben  Zeit  aus 
ihrer  Gleichgewichtslage  entfernt  werden ,  ohne  dab  dabei  ihre 
Entfernungen  unter  einander  eine  beträchtliche  Aenderung  er- 
leiden. Nennt  man  rf  die  Zahl  der  Längenaohwingongen  nnd 
n  die  Zahl  der  Transversalschwingungen  einer  nnd  derselben 


Des  Schallet.  199$ 

Seite  in  derselben  Zeit,  und  keifst  1  die  LXftge  der  Seite  «n* 

er  die  VefrKngerung,  welche  die»©  Läng*  dnrch  ihre  Span- 
nung (oder  durch  das  arar  Spannung  an  sie  gehängte  Gewicht) 
erleidet,  so  hat  man  nach  Poissoa's  scEttner  Analyse,  wie 
wir  später  streng  beweisen  werden  (§♦  15.  Anmerke  IV.), , 

n        I    o* 

Dieser  Ausdruck,  den  Poissoff  auf  dam  Wege  ^  er  Theorie 
gefunden  hat,  Wurde  von  Savart  durch  zahlreiche  Verbuche 
Vollkommen  bestätigt*  Da  übrigens  o  stets  nur  ein  sehr  klei- 
ner Theil  von  der  Länge  1  einer  Saite  ist,  so  sieht  man,  dafc 
u  viel  gröfser  als  n  seyn  mufs  oder  dafs  die  Töne  der  Län- 
genschwingungen viel  höher  als  die  der  Transversalsthwin- 
gungen  sind ,  wie  bereits  oben  gesagt  worden  ist.  Dafs  dünne 
Platten  and  Stabe  ebenfalls  Längensehwingungen  anneh- 
men mnd  dann  ähnliche  Knotenlinien,  wie  bei  den  Trans- 
versalschwingungen, zeigen  können,  ist  bereits  oben1  gesagt 
worden«  , ,  Auch  bei  diesen  Stäben  hat  Poissov  durch  seine. 
Analyse  das  Verhältnis  der  Längenschwingungen  n  zu  den 
Transversalschwingungen  n  gegeben«  Ist  nämlich  1  die  Länge 
de;  elastischen  Stabes  und  e  die  Dicke  desselben,  so  hat  man, 
für  cylindrische  Stäbe2 

-,  =  1,7806  t    ' 

.    .       n  1 

and  für  Parallelepipeden  oder  sogenannte  viereckige  Stangen  i] 

«  i 

-,  =2,0561  *t. 

n  I 

Aach  diese  Formeln  hat  Savart  durch  seine  Experimente  be- 
wahrt gefunden.  "  Dieses  gab  zugleich  ein  bequemes  Mittel, 
die  Geschwindigkeit  der  Fortpflanzung  des  Schalls  in  verschie- 
denen fesfen  Körpern,  zu  bestimmen.  Nennt  man  a  die  Ge- 
schwindigkeit des  Schalls  in  der  Luft  und  m  den  bestimmten 
Ton  einer  Pfeife,  deren  Länge  1  ist,  so  hat. man 

a=?xml. 
bt  aber  V  *i*  Geschwindigkeit  der  Fortpflanzung  des  Schalls; 


->  ■■*. 


1    S.  Art.  Schär.  Bd.  VIH.  ft.  20& 
t  J&eeWL  ».  «IS. 


tfjft  UndulatiorV 

*.  B.  in  einem  Metalle,  und  ist  m  der  bestimmte  Ton,  den 
•in  dünner  Stab  von  diesem  Metalle,  dessen  Länge  l'  igt,  gmbt, 
so  bat  man  ebenso 

1=0)1) 

also  ist  auch 

a'_m'l' 

a    •     ml 

$•  giebt  zv  B.  ein  Stab  von  Silber,  dessen  Lange  2  Fufs  ist, 
wenn  ar  in  seiner  Mitte  aufgehängt  wird ,  den  Ton  m'  =  r  e§ 
oder  m'=s36j  wie  wir  sogleich  in  §•  9*  sehn  werden.  Eine 
an  beiden  Enden  offene  cylindrische  Röhre  als  Pfeife  von 
derselben  Länge  aber  giebt  den  Ton  m  =  uts  oder  m  =  4, 
also,  ist  auch 

a        m         4 

oder  die  Geschwindigkeit  der  Fortpflanzung  .  des  Schalls  im 
Silber  ist  nenn  mal  gröber,  als  in  der  Luft,  wie  auch  schon 
oben'  (§.  2.)  gesagt  worden  ist.  Uebrigens  werden  w\t  später 
sehn,  dafs  bei  den  Vibrationen  der  Saiten,  Stäbe ,  Platten 
n.  s.  w.  die  Längen  -  und  Transversilschwingüngen  und  selbst 
meistens  die  drehenden  Schwingungen  alle  %u  gleicher  Zeit 
bestehn  und  dafs  sie  von  einander  unabhängig  sind,  ohne  dafs 
die  eine  von  der  andern  gestört  oder  geändert  wird,  und  dafs 
sie  im  Grunde  alle  demselben  Gesetz*  folgen,  welches  letztere 
für  diese  verschiedenen  Schwingungsatfen  blob  von  der  .Masse, 
der  Dicke  und  von  dar  Spannung  der  Saite  u.  s.  w.  modificirt 
wird.  (VergL  §.  14.) 

5)    Schwingungen    der  Körper  von  gegabaner 

Gestalt. 

Wenn  man  einen  soliden  Körper,  x.  B.  eine  dicke  Mt- 
tallplatte,  eine  Glocke  u.  s.  w.,  in  schwingende  Bewegung  setzt, 
so  bemerkt  man  auf  der  Oberfläche  derselben  im  Allgemeinen 
swei  Gattungen  von  Vibrationen;  die  einen  gehri  in  einer  zur 
Oberfläche  des  Körpers  senkrechten  Richtung,  vot  tich,  die 
andern  haben  in  der  diese  Oberfläche  tangirenden  Ebena 
statt,  die  Richtungen  dieser  beiden  Schwingungen  sind  also 
unter  sich  vertical.     Man  erkennt  diese  beiden  Schwingungen 


De*  SchaU.ee.  1297 

seht  leicht',  wie  bei  An  vibrirenden  Platten,  wenn  man  die 
Oberfläche  der  Körper  mit  einem  feinen  Staube  bedeckt.  Dann  x 
sieht  man  bei  den  ersten  dar  erwähnten  Schwingungen  den 
Staub  sich  «ehr  oder  weniger  über  die  Oberfläche  das  Kör- 
pers erheben  und  auf  derselben  gleichsam  springen  oder  tan- 
zen ,  während  er  btii  den  zweiten  Schwingungen  sich  zwar 
auch  und  oft,  sehr  schnell  bewegt,  aber  ohne  dabei  die  Ober« 
flache  de*  Körpers  zu  verlassen«  auf  welcher  er  nur  hin  and 
wieder  zu  gleiten  scheint.  Beide  Bewegungen  haben  ihre  ei- 
genen Knotenlinien,,  die  sich  aber  oft  sehr  unter  einander  mi- 
schen, so  dafe  sie  schwer  zu  trennen  sind.  Wahrscheinlich 
giebt  es  auch  noch  mehrere  andere  Schwingungsarten,  die 
zwischen  Jenen  beiden  in  der  Mitte  liegen  und  daher  eine 
mehr  oder  weniger  gegen  die  tangirende  Ebene  des  Körpers 
io  jedem  seiner  Puncte  geneigte  Richtung  haben.  Vielleicht 
sind  diese  sogar  in  unendlicher  Anzahl  vorhanden,  aber  sie 
mögen  nicht  sowohl  der  Oberfläche ,  als  vielmehr  den  inneren 
Theilen  der  Körper  angehören,  % 

6)    Sphärische  Wellen. 

Wenn  man  von  den  Wellen  einer  vibrirenden  Saite  oder 
einer  in  einer  Röhre  eingeschlossenen  Luftschicht  zu  denjeni-  , 
gen  Wellen  übergeht,  die  in  einem  nach  allen  Seiten  unbe- 
grenzten Lufträume  durch  die  Erschütterung  irgend  eines  mitt- 
lem Pancts  dieses  .Raumes  entstehn,  so  kann  man  sich  diesen 
Ponet  als  eine  kleine  Kugel  vorstellen ,  die  abwechselnd  schnelle 
Condensed onen  und  Dilatationen  nach  allen  ihrenJüchtungen 
erhält  und  die  daher  auch  diese  Bewegungen  nach  allen 
Richtungen  von  ihrem  Mittelpuncte  aus  fortpflanzt«  Die  Ge- 
schwindigkeit dieser  Fortpflanzung  bleibt  in  allen  Entfernung 
gen  von  dem  Mittelpuncte  der  Kugel  dieselbe,  so  lange  die 
Elastieität  der  die  Kugel  umgebenden  Luft  dieselbe  bleibt; 
auch  die  Länge  X  jeder  solchen  sphärischen  Welle  (die  jetzt 
die  Gestalt  einer  Kugelschale  annimmt)  bleibt  dieselbe,  nur 
wird  die  jimpUtüde  dieser  Welle  immer  abnehmen ,  d*  h«  die 
gröhten  Ordinaten  PM,  die  zu  den  Puncten  m  und  n  gehören,  **£• 
werden,  immer  kleiner  werden,  je  weiter  die  Welle  fortschrei- 
tet oder  je  gröber  der  Halbmesser  jener  Kugelschale  wird. 
Diese  Ordinaten  drücken  aber  die  verschiedene  Geschwindig« 
kait  der  einzelnen  Elemente  einer  Welle  aus  (die  man  daher* 


1298  Undalation.  ' 

von  der  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  der  ganten  WeÖe  ian- 
mer  wohl  zu  unterscheiden  Jiat),  und  es  ist  klar,  dafs  dies» 
Geschwindigkeit  der  einzelnen  Elemente  abnehmen  mufs,  weM 
sich  die  Kraft ,  welche  die  Vibration  der  Luft  hervorbringt, 
über  eine  immer  gröfsere  Laftkugel,  also  über  eine  greisere 
Masse  verbreitet,  welche  jene  Kraft  in  Bewegung  setzen  solL 

7)    Intensität  des  Schallos. 

Von  dieser  Amplitude  (oder  Höhe)  der  Welle  hängt  aber 
die  Stärke  (oder  Intensität)  des  Tons  ab,  und  diese  Intensi- 
tät verhält  sich  im  freien  Lufträume,  wie  verkehrt  das  Qua- 
drat der  Entfernung  von  dem  schallenden  Körper,  also  wie 
verkehrt  das  Quadrat  des  Halbmessers  jeder  Kugelschale,  wenn 
sie  dem  Organ  unsere  Gehörs  begegnet.  Nicht  so  ist  es,  wenn 
der  Schall  durch  die  Luft  in  cylindrischen  Röhren  oder  durch 
feste  Körper  fortgepflanzt  wird.  Hier  bleibt  die  Intensität  des 
Schalles,  also  auch  die  Amplitude  der  Luftwelle  constant,  weil 
die  Luftschichten  in  der  Röhre  immer  dieselbe  Gröfse  haben, 
nicht  aber,  wie  bei  jenen  cpncentrischen  Kogelschalen,  an 
Masse  so  schnell  anwachsen,  wie  dieses  Alles  auch  den  dar- 
über angestellten  Experimenten  vollkommen  gemäfs  ist. 

8)    Dauer,  Klang  und  Accent  des  Tons, 

Die  Dautr  eities/Tons,  d»  h.  die  Zeit,  während  welcher 
er  das  Gehör  afficirt,  hängt  von  der  Daner  der  Vibrationen 
des  tönenden  Körpers  ab.  Wenn  ein  Schlag  auf  einen  da« 
stischen  Stab  diesen  sehr  lange  Zek  hindurch  in  Schwingungen 
erhält^  so  wird  auch  die  Dauer  des  durch  den  Stab  hervor»« 
gebrachten  Tons  sehr  lang  sern,  so  wie  auch  diese  Dauer 
sogleich  unterbrochen  und  aufgehoben  wird,  wenn  man  durch 
Berührung  des  Stabes  mit  der  Hand  oder  mit  einem  weichen 
Tuche  die  Schwingungen  desselben  «erstört.  Durch  Klang 
(Umbrs)  eines  Tons  wird  von  uns  der  Unterschied  bezeichnet, 
den  wir  bemerken,  wenn  der**lbt  Ton  durch  verschiedene  In* 
Strumente  erzengt  wird«  So  ist  z.  B.  der  Ton  a  der  dritten 
Saite  der  Violine  für  unser  Gehör  ein  gana  anderer,  aJe  der- 
selbe Ton  a,  wenn  er  durch  die  Flöte  oder  durch  das  Forte- 
piano  hervorgebracht  wird,  obschon  die  Höhe  aller  dieser  Tdno 
genta  dieselbe  bleibt.      Die  Ursache  diese»  Unterschieds  kl 


Des  Schalles.  1399 

wahrscheinlich  in  den  secundären  Schwingungen  zu  suchen, 
welche  jeden  Hioptton  begleiten.  Noch  weniger  bekannt  sind 
ans  die  Ursachen  des  AcctnU  der  Töne,  die  der  menschlichen 
Stimme  bei  der  Rede  and  dem  Gesang  eigentümlich  sind 
nnd  die  wohl  in  der  Organisation  unterer  Stimmwerkzeuge 
liegen  mögen«, 

9)    Höhe     der    Töne, 

Der  Ton  ist  desto  höher,  je  grttfser  die  Anzahl  der 
Schwingungen  ist,  die  der  tönende  Körper  in  einer  bestimm«* 
ten  Zeit  zurücklegt.  Es  ist  bereits  oben  gesagt  worden,  dab 
die  schallenden  Körper ,  wenn  sie  uns  noch  hörbar  seyn  sol- 
len, nicht  weniger  als  32  and  nicht  mehr  als  8200  Schwin- 
gungen in  einer  Secunde  machen  dürfen.  Jener  tiefste  Ton 
ist  derjenige,  der  von  der  gröfsten  Orgelpfeife,,  deren  Längt 
1=32  Fuls  ist,  hervorgebracht  wird,  wie  man  findet,  wenn 
man  in  der  Gleichung  des  §•  2 

X  =  1038,97t     , 

die  Grfifse  t  =  -^  See  setzt ;  frir  r  =  ^  erhält  man  X  =  16 
Fnfs,  für  t=tJ7  istl=8Fufs  nahe  u*  s.  w. ,  und  so  ist  die 
Tafel  entstanden,  die  bereits  oben1  mitgetheilt  worden  ist.  Es 
sey  uns  erlaubt,  die  dort  erwähnte  Tonleiter  hier  zur  kurzen 
Uebersicht  noch  einmal  aufzustellen« 

• 

Namen  der  Töne        ut  re  mi  fa  sol    la    si  üt,  .  # 

Bezeichnung  der  Töne  o  d  e  f  geh       o2 
VerhältnÜs  d  er  Saiten«                                                          # 

läng.  ... 1  |  |  i  }     JA     \ 

Verhalt  nifs  der  Schwin- 

gungszahlen .  . .  .    1  $  \  \  \     f    V      2  •  • 

4 

Für  die  nächst  höheren  Octaven  sind  die  Bezeiehnungen  dieser 
Töne  i»  derselben  Ordnung  c2,  d2,  e2  und  für  die  dritte  c,,  d„  ea 
«,  s.  w.  Um  aber  die  Verhältnisse  der  Schwingnngszahlen  N 
zu  finden,  die  zu  diesen  höhern  Tönen  gehören,  hat  man  all* 
gemein  für  die  n*  Octave,  wenn  A  die  Schwingungszahl  der 
verigen  Tafel  bezeichnet, 

N  =  A.2»— K 


•  • 


•  • 


1    8.  Art  Schall  Bd.  Till»  S.  29*. 


1300  Undulation. 

So  erhält  man 

sol2  oder  g2  es  |.2  -ss  3 

mis  oder  e,  es  -|-2?  =  5 

si4  oder  h4  es»  V-23  =  15 

ft5  oder  f5  =  |.2*  ss 2 1,333a.  s.w. 

Ist  aber  umgekehrt  die  Zahl  N  gegeben ,  trad  sucht  man  die 
Bezeichnung  des  Tons,  der  zu  dieser  Zahl  gehört,  so  dividirt 
man  diese  Zahl  n  mal  durch  2,  bis  man,  zu  einer  der  sieben  Zah- 
len der  letzten  Reihe  in  der  vorhergehenden  Tafel  gelangt,  und 
-dann  ist  die  gesuchte  Bezeichnung  gleich  An+1. 

Ist  z.  B.  die  Zahl  N  =  36  gegeben,  so  hat  man  die  fol- 
genden Halbirungen 

18»   9j   |;   *;   h 

,  also  n  =5  Divisionen,  so  dafs  also 

36  e=s  re6  =5  d6  ist. 
Ebenso  giebt  die  Zahl  20  vier  Halbirungen 

10;   5;   4;   4, 

so  dafs  also  20=mi$  =  ei  ist,  und  ebenso  ist  12=sol4e=sg4 
und  15=si4  es  h4  u.  s.  w. 

Sucht  man  dann  die  Zahl  der  Schwingungen  dieser  Tön* 
in  einer  Secunde,  so  darf  man  nur  ihre  Zahl  N  durch  32  oder 
durch  die  Sohwingungssahl  des  tiefsten  Tons  multipliciren. 
So  giabt 

Bola  =  g,     .  •  .      3mal  32  oder    96  Schwingungen 

1ÜS  =ef     .  .  •       5mal  32  oder  160         —  .  — 

si#  =  b4     .  .  .     15mal  32  oder  480        —    —    u.s.w. 

1 

10)    Coincidenz    der  Töne. 

Zu  dem,  was  bereits1  über  die  Coincidenz  der  Töne  be- 
merkt worden  ist,  kann  hier  noch  analog  mit  dem,  wan  künf- 
tig von  der  Interferenz  des  Lichts  gesagt  werden  soll,  beige-» 
fügt  werden,  dafs  die  Coincidenz  zweier  Töne  von  verschie- 
dener Höhe  nicht  nur,  wenn  beide  Töne  länger  dauern,  aa 
Zeiten  eine  Schwächung  der  Intensität,  sondern  auch  eine« 
.  neuen  hervorbringen  (ann,    der  viel  tiefer  ist,    als  jeder  der 


1    S.  Art  Sdto».  Bd.  Till.  8.  80t.  515. 


Des  Lichte*.  1301 

beiden  einlachen.  Schon  der  berühmte  Musiker  Taktiki  hätte 
bemerkt,  dafs  der  Ton  soI4  mit  384  Schwingungen  in  einer 
Secunde,  wenn  er  mit  dem  Ton  at4  mit  512  Schwingungen 
in  einer  Seconde  zusammenfällt ,  den  viel  tiefern  Ton  utt 
von  256  Schwingungen  erzeugt«  Die  Schwingungen  jener 
beiden  Töne  verhalten  sich  wie  384  zu  512  oder  wie  3  zm 
4,  woraus  daher  folgt ,  dafs  der  erste  sol4  drei  Schläge  macht 
in  derselben  Zeit,  in  welcher  der  andere  uts  vier  Schläge 
vollendet,  und  dafs  daher  der  0.,  3.,  6»,  9te..  Schlag  des 
ersten  zusammenfällt  mit  dem  0«,  4»,  8«»  12ten  ♦ .  des  zweiten 
Tons.  Die  Doppelschläge,  die  aus  diesem  Zusammenfallen 
entstehn,  werden  also  3mal  langsamer  seyn,  eis  sol4,  und 
4mal  langsamer,  als  uts,  und  daher  wird  der  daraus  entste- 
hende Doppelton  durch  die  Zahl  512  —  384,  das  heifst,  durch 
die  Zahl  128  oder  durch  utt  vorgestellt  werden.  Wir  wer- 
den später  bei  der  Theorie  des  Lichtes  ebenfalls  sehn«  dafs 
die  Coincidenz  der  Lichtwellen  die  Intensität  des  Lichtes  ver- 
mindern, ja  bis  zur  gänzlichen  Umsichtbarkeit  desselben  auf- 
heben kann,  analog  mit  dem,  was  wir  hier  bei  den  Schall- 
wellen bemerkt  haben. 

Das  Vorhergehende  wird  eis  Einleitung  zu  der  ihm  so 
nah«  verwandten  Lehre  von  der  Undulation  des  Lichtes  ge- 
nügen, wobei  wir  mehrere  Erscheinungen,  wie  z.  B.  die  von 
der  Reflexion  des  Schalles  oder  von  dem  Echo  u.  a.,  ganz 
mit  Stillschweigen  übergangen  haben,  theils  weil  diese  Ge- 
genstände schon  in  den  frühem  Artikeln  dieses  Werkes,  so 
weit  sie  den  Schall  betreffen,  umständlich  behandelt  worden 
sind,  und  theils  auch,  weil  sie  in  der  Lehre  vom  Lichte  mit 
wenigen  Modificationen  nur  zu  Wiederholungen  Veranlassung 
geben  würden,  die  hier,'  wo  die  Fülle  des  Stoffes  ohnehin 
überreich  ist,  vermieden  werden  sollen. 

B.    Allgemeine   Theorie   der  Undulation   des 

Lichtes. 

11)    Erklärungen.  .    » 

Wie  wir  zur  Erklärung  des  Schalls  ein  elastisches  Me* 
dium,  die  Luft,  angenommen  haben,  durch  welches  die  Vi« 
Stationen  eines  tönenden   Körpers  in  wellenförmigen  Bewe- 


130E2  Undulation. 


gangen  bis  zum  Ohre  fortgepflanzt  werden,  so  nehmen 
nun  mach,  um  die  Erscheinungen  de»  Gesichtssinne*  zu 
klären ,  ein  anderes  Median ,  den  Aether  $  en ,  durch  .welches 
die  Vibrationen  derjenigen  Körper,  die  wir  leuchtende  nen- 
nen, auf  eine  analoge  Weise,  wie  die  Schallwellen,  in  Licht— 
Wellen  bis  zu  unserem  Auge  geführt  werden.  Es  wird  nnn 
darauf  ankommen,  die  uns  bekannten  Phänomene  des  Licht», 
der  aufgestellten  Annahme  dieses  Aethers  gemäfs,  genügend 
und  vollständig  darzustellen  ,?wobei  wir  uns  zunächst  blob  «uf 
das  gewöhnliche  oder  nicht  polaritirte  Licht  beschränken. 

I.  Dieser  Aether  wird  als  ein  vollkommen .  elastisches 
Fluidum  vorausgesetzt,  welches  über  den  ganzen  Wejtrautn 
verbreitet  und  selbst  zwischen  den  Elementen  aller  Körper 
enthalten  ist.  '  Sein  statischer  Zustand  des  Gleichgewichts  wird 
durch  die  Repulsionskraft ,  die  seine  Theilchen  unter  sich  aus- 
üben, und  durch  die  Einwirkungen  bestimmt,  die  er  von  dem 
Elementen  der  andern  Körper  erleidet.  In  Folge  dieser  Kraft» 
ist  der  Aether  im  freien  Räume  gleichförmig  ausgebreitet,  über- 
all von  derselben  Dichte  und  von  derselben,  nach  allen  Seiten 
sieh  erstreckenden  Elasticität.  Innerhalb  der  festen,  flüssigen 
und  luftfÖrmigen  Körper  aber  nimmt  man  an,  dafs  der  Aether 
eine  andere  Dichte  hat,  als  im  freien  Räume,  und  dafs  Seins 
Elasticität,  wie  bei-  allen  ponderabeln  Körpern,  in  luftfÖrmi- 
gen, in  flüssigen  und  in  den  homogenen  und  nicht  kryatalli- 
sirten  festen  Körpern  constant,  in  den  krystallisirten ,  nicht  re- 
gelmässig polyedrischen  Körpern  aber  veränderlich  eey. 

II.  Die  leuchtenden  Körper  sind,  als  solche/  ebenfalls 
vibrirende  Körper,  nur  gehn  ihre  Vibrationen  viel  schneller 
und  in  viel  kleineren  Räumen  vor  sich,  als  die  der  in  der 
Luft  tönenden  Körper.  Nennt  man  auch  hier  a  die  Fortpflan- 
zungsgeschwindigkeit des  Lichts  im  Aether,  d  die  Dichtig- 
keit und  e  die  Elasticität  d**  Aethers ,  so^haf  man,-  wie  oben  ' 

d.s.«, 


-n- 


Obschon  man  aber  weder  die  Gröfse  d  noch  e  durch  irgend 
•ine  directe  Messung  erhalten  kann, "so  weife  man  doch,  defis 
a  ungemein  grofs  ist,  indem  die  Fortpflanzungsgeschwindig- 
keit des  Lichts  a  in  einer  Zeitsecunde  ss  280  Millionen  Meter 


Des  Lichte*  1308 

ist  Ei  iftuls  daher  entweder  die  EUstkkät  ja»  Abtüten  sehr 
4jrofs  oder  reine  Dichtigkeit  ungemein  klein  seyn.  Diese  Vibratio- 
nen der  feuchtenden  Körper,  theilen  dem  Aether  eine  wellen« 
förmige  Bewegung  mit,  .  wodurch  diese  Körper  ans  sichtbar 
werden,  so  wie  die  tönenden  Körper  durch  die  wellenförmige 
Bewegung  der  Luft  uns  hörbar  werden.  Von  der  Geschwin- 
digkeit dieser  Vibrationen  der  leuchtenden  Körper  hängt  end- 
lich die  Länge  fler  Lichtwellen  im  Aether ,  d.  h.  die  Färb* 
der  Körper  ab,  so  wie  von  der  Geschwindigkeit  der  Vibra- 
tionen de*  tönenden  Körper  die  Längen  der  Schallwellen  in 
der  Luft ,  d.  h.  die  Höhe  des  Tons,  abhangt  ($.  2.> 

III*  'Aus  diesen  Annahmen  folgt  sofort,  dafs  die  Licht- 
wellen im  leeren  Räume  sphärisch  Wellen  (§.  1.)  sind,  und 
dafs  sie  auch  in  allen  homogenen  Körpern,  deren  Elasticigät 
in  allen  ihren  Theilen  dieselbe  ist,  eine  sphärische.  Gestalt  ha- 
ben werden ,  d«,  h.  dab  sich  die  von  den  leuchtenden  Kör- 
pern -erzeugten  Vibrationen  mit  constanter  Geschwindigkeit 
und  nach  allen  Richtungen  gleichförmig  ausbreiten  werden, 
so  dafs  sich  die  dadurch  erregten  Lichtwellen  in  jedem  Au- 
genblicke auf  der  Oberfläche  einer  Kugel  befinden  werden, 
deren  Mittelpunct  der  leuchtende  Funct  ist. 

IV.  Wenn  atier  diese  Lichtwellen  des  Aethers  in  solche 
Körper  dringen,  deren  Elasticitat  in  verschiedenen  .Theilen 
derselben  veränderlich  ist,  so  können  die  Wellen  in  diesem 
Körper  nicht  mehr  jene  frühere,  einfache  sphärische  Gestalt 
haben,  so  können  also  auch  die  Geschwindigkeiten ,  mit  Wel- 
chen sich  diese  Wellen  fortpflanzen,  picht  mehr  constant,  ja 
so  können  selbst  die  Richtungen,  in  welchen  sie  sich  fort- 
pflanzen, veränderlich  seyn,  Diele  offenbar  mehr  zusammen- 
gesetzte Erscheinung  (die  das  sogenannte  polarisirte  Licht  be- 
trifft) wollen  wir  erst  in  der  Folge  naher  betrachten ;  zunächst 
bleiben  wir  bei  jenen  ersten  und  einfacheren  Erscheinungen 
Stehn,  wo  das  Licht  sich  mit  gleichförmiger  Geschwindigkeit 
in  sphärischen  Wellen  ausbreitet,  deren  Oberflächen  in  gröfsere 
Entfernungen  von  dem  leuchtenden  Puncte  gelangen,  als  eben 
betrachtet  werden  kann.  Da  diese  Voraussetzungen  auch  t&t 
diese  Schallwellen  der  Luft  gelten,  so  wird  das,  1n&  hiervon 
den  Liehtwellen  gesagt  wird,  unter  den  der  Natur  der  Sache 
gemafsen  Modifikationen  auch  unverändert  für  die  Schallwelle« 


»     ' 


1304  Undulation, 

anwendbar  seyn ,  so  dafe  dadurch  eine  vollständige  Theoria  der 
Undulationen  beider  Arten  beiweckt  wird,  wobei  übrigen» 
unentschieden,  aber  auch  gleichgültig  bleibt,  ob  bei  diesen 
Lichtwellen  die  Elemente  des  Aethers,  gleich  denen  der  Schall« 
wellen  in  der  Luft,  in  der  Richtung  ihrer  sphärischen  Wel- 
len vibriren,  oder  ob  diese  Vibrationen  wie  bei  den  Wellen 
eines  bewegten  Wassers  in  einer  anf  diese  Richtung  der  Welle 
senkrechten  Stellung  anf  und  nieder  gehn.  Diesem  gemäfs 
wird  es  uns  also  auch  erlaubt  seyn ,  in  der  Folge  die  Licht- 
wellen des  Aethers  auch  als  Schallwellen  der  Luft  oder  selbst 
als  die  Wellen  einer  schwingenden  Saite  zu  betrachten  und, 
blofc  des  einfacheren  Ausdrucks  wegen,  auch  zuweilen  selbst 
Von  Lichtstrahlen  zu  sprechen,  wodurch  wir  die  Halbmesser 
der  sphärischen  Lichtwellen  bezeichnen,  um  dadurch  für  so 
nahe  verwandte  und  beinahe  ganz  analoge  Gegenstände  den 
Ausdruck  abzukürzen  und  zugleich  die  beiden  hier  zu  behan- 
delnden Gegenstände  in  die  ihnen  angemessene  nähere  Ver- 
bindung zu  bringen« 

12)    Refraction  und  Reflexion  des  Lichts. 

Ehe  wir  aber  zu  der  eigentlichen  Theorie  der  Lichtun- 
dulation  übergehn,  wird  es  zweckmässig  seyn  zu  zeigen,  dafs 
durch  diese  Hypothese  der  Undulation  die  zwei  gewöhnlich- 
sten und  wichtigsten  Erscheinungen,  die  man  bisher  an  dem 
Lichte  kennen  gelernt  hat,  nicht  nur  ebenso  gut,  als  durch 
die  ältere  Emanationshypothese  Nkwtoh's,  sondern  eigentlich 
viel  besser  und  genügender  erklärt  werden.  Newtoj?  mufste, 
um  die,  Phänomene  der  Refraction  in  seiner  Hypothese  darzu- 
stellen ,  den  Elementen  der  Körper  eine  in  ihrer  gröfsten  Näht 
sehr  starke  anziehende  Kraft  zuschreiben,  während  er  wieder, 
zur  Erklärung  der  Reflexion,  wenigstens  ebenso  starke  ab- 
sto/sende  Kräfte  derselben  Elemente  vorauszusetzen  sich  ge~ 
zwungen  fühlte.  Diese  doppelte,  sich  nur  eben  nicht  direct 
widersprechende  Annahme  war  wenig  geeignet,  jener  Hypo- 
these den  grofsen  Beifall  zu  sichern,  dessen  sie  sich  doch 
durch  die  Autorität  ihres  Urhebers  so  lange  erfreute. 

I.  Viel  einfacher  werden  aber  beide  Erscheinungen* 
durch  die  Lichtwellen  des  Aethers  erklärt.  Wenn  eine  Folger 
von  Aetherwellen   an  der  Oberfläche  eines  Körpers  ankommt, 


Des  Lichte«.  fS03 

in  welchem  der  in  ihm,  eingeschlossene  Aether  eine  andere 
Dichtigkeit  oder  eine  andere  EUsticität  hat,  als  aufser  diesem 
Körper,  so  entstehn  auf  der  Oberfläche f  die  den  Körper  von 
dem  ihn  umgebenden  Aether  des  freien  Raumes  trennt,  twtUrUi 
Wellensysteme.  Die  Wellen  der  einen  Art  gehn  durch  den 
in  -dem  Körper  enthaltenen  Aether  weiter,  indem  sie  ihren 
frühern  Weg  verfolgen;  die  Wellen  der  zweiten  Art  aber  neh- 
men eine  ihrer  frühem  entgegengesetzte  Richtung  an,  und 
pflanzen  sich  wieder  rückwärts  in  dem  freien  Aether  fort, 
ohne  in  das  Innere  des  Körpers  einzudringen»  Die  der  Oberfläche 
des  Körpers  zunächst  liegenden  einzelnen  Aethertheilchen, 
wenn  sie  durch  die  von  außen  einfallenden  Wellen  erschüt- 
tert werden,  können  dann  als  ebenso  viele  Mittfl|>uncte  von 
neuen  sphärische»  Wellen  betrachtet  werden,  von  welchen  die 
einen  die  Refractionswellen ,  die  andern  aber  die  Reflefcions- 
welJen  erzeugen ,  welche  beide ,  wie  gesagt ,  in  ihren  Rieh« 
tungen  einander  entgegengesetzt  sind.   ,  v 

II.  Sey  AB  die  Ebene,  welche  die  Oberfläche  des  Kör*«, 
pers  von  dem  aufser  ihm  liegenden  Aether  trennt*  Seyenl7§. 
ferner  IL  und  f  1/  zwei  Radien  (Halbmesser)  einer  einfallen- 
den Welle«  Wir  wollen  diese  Radien  einander  sehr  nahe, 
unter  sich  parallel  und  in  einer  und  derselben »  auf  die  Ebene 
AB  senkrechten  Richtung  annehmen.  Ebenso  kann  man  auch 
alle  übrigen  auf  AB  fallenden  Radien  als  unter  sieh  und  mit  ' 
IL  parallel  voraussetzen  und  jede  andere  mit  IL  LT  parallel 
liegende,  auf  AB  senkrechte  Ebene  die  Einfalktben*  nennen. 
Diese  Annahme  des  Parallelismus  der  Radien  setzt  voraus, 
dafii  der  Mittelpunct  der  hier  betrachteten  Wellen  (oder  dais 
jler  leuchtende  Punct,  von  dem  diese  Wellen  ausgehn)  in  ei- 
ner sehr  groben  Entfernung  von  der  Ebene  AB  liegt.  Läfst 
man  dann  von  dem  Puncte  L  das  Loth  LP  auf  den  Radius 
VIS  herab,  so  wird  dieses  Loth  LP  in  der  Ebene  der  Welle 
salbst  liegen,  die  wir  eben  betrachten.  Da  wi»  nun  hier  zu- 
förderst nur  homogenes  Licht  (ohne  Rücksicht  auf  dir  ver- 
schiedenen Farben)  betrachten,  d.  h.  ein  aolches  Licht,  des- 
sen Vibrationen  alle  unter  eich  isochron  oder  von  gleicher 
Daner  sind ,  so  werden  auch  die  Aethertheilchen  L  und  P  ganz 
dieselbe  Vibrationsgeschwindigkeit  haben,  oder,  mit  andern 
Worten,  das  von  dem  Mittelpuncte  I,  I'  der  Welle  ausge- 
hende Licht  wird  gleiche  Wege  durchlaufen  haben i  um  die 
IX  Bd.  Oooo 


1306  Undulation. 

zwei  Puncte  L  un,d  P  zu  erreichen*  In  dem  Puncte  L'  aber 
wird  das  Licht  den  Weg  PL'  mehr,  als  in  L  zurückgelegt 
haben ,  also  wird  auch  von  den  beiden  Elementarwellen  9  de- 
;  ren  Mittelpuncte  L  und  L'  sind ,  die  erste  hinter  der  zweiten 
zurück  seyn.  Allein  die  Wirkung,  welche  diese  beiden  Wel- 
len auf  ein  Aethertheilchen  M,  welches  unter, der  Ebene  AB 
liegt ,  ausüben ,  wird  doch  ganz  dieselbe  seyn ,  wenn  nur  das 
Licht  die  Differenz  LM  — L'M'  in  derselben  Zeit  zurück- 
legt, in  welcher  es  den  Weg  PL'  macht,  weil  die  Verzö- 
gerung des  von  L  kommenden  Lichts  wieder  durch  die  frü- 
here Entstehung  der  Lichtwelle  ersetzt  werden  wird. 

111.     Ijjbmt  man  den  so  bestimmten  Punct  M  in  der  Ein- 
fallsebene ALI  an,    und  zwar  in  einer  so  grofsen  Entfernung 
von  der  Ebene  AB,  dafs  alle  Radien  ML,  M'L'.  . .,  die  da- 
selbst enden ,  als  unter  sich  parallel  betrachtet  werden  können, 
so  wird  offenbar  jede  auf  LM  ser/krechte  Ebene  zu  derselbe** 
Zeit  von   demjenigen   Lichte   erreicht  werden,    welches  allem 
den  Wellen  zugehört,    deren  Mittelpuncte  auf  der  Ebene  AB 
liegen.     Diese  Wellen  werden  alle  in  dem  Puncte  M  Concor— 
diren   und  in  diesem  Puncte   die  Intensität   des  Lichtes  ver- 
mehren. 
Fig,         IV.     Wenn  aber  z.  B.  für  den  Punct  N  die  eben  erwähn- 
180. ten  Bedingungen  nicht  statt  haben,    d.  h.    wenn    der  Punct  N 
nicht  in  einer  der  Einfallsebenen  liegt,    oder   auch,    wenn  er 
zwar  in   der  Einfallsebene  ALI   liegt,     aber   wenn  das  Licht 
nicht  die  Differenz  LN  —  L'N'  in    derselben  Zeit   durchläuft, 
in  welcher   es  den  Weg  PL  zurücklegt,     so  werden  die  von 
N  kommenden    Wellen   mit  den   andern,    deren   Mittelpuncte 
alle  auf  A  B  liegen ,  nicht  mehr,  wie  zuvor,  concordiren,  son- 
dern sie  werden  .sich  gegenseitig   stören  und  selbst  theilweise 
aufheben«     D»nn  wenn  man  auch  hier  wieder  den  Punct  N  so 
weit  entfernt  yon  der  kleinen  Ebene  AB  annimmt ,    dafs   alle 
von  ihm   auf  AB    kommenden  Radien   als   unter  sich  parallel 
vorausgesetzt  werden  können,  so  ist  klar,    dafs  das  von  allem 
diesen  Eltmentarwellen  ausgesendete  Licht  nicht  mehr,  wie  zu- 
vor,   in   demselben  Augenblicke  in   allen  Puncten   derjenigen 
Ebene  ankommen  kann,    die  man  auf  alle  nach  N  gerichteten 
Radien  senkrecht  gestellt  hat. 

V.     Man    wird  aber   die  Ebene  AB  in  kleine  und  unter 
sich  gleiche  Rechtecke  theilen  können,  so  dais  die  ahnlkhlie- 


D.efr  leichtes.        »  150(7  N 

• 

gende*  Pallete  zweier  nächsten  Reehteak*  na* h  Jem  Fencte  N 
Solche  Radien  schicken,  für  welche,  dia  Totalvertogerung  des 
einen,  in  Beziehung  auf  die  des^nderon,,  genau  eine  halbe  Welle 
betrage«  '  Nimmt  man  also  die,  Anzahl  «fieser  Rechtecke  sehr 
grob  an,  so.  werden  die  von  diesen  Rechtecken  nach  N  ge- 
schickten Wellen  ihre  Wirkungen  gegenseitig  zerstören  oder 
aufheben« 

VI.  Daraus  folgt,  ä)  dafs  bei  einet  hinlänglich  groben 
Ebene  AB  die  reflectirten  und  die  gebrochenen  Strahlen  in 
der  Einfallsebene  (in  einer  auf  AB  senkrechten  Ebene)  liegen 
werden ,  und  b)  dafs  man ,  um  ihre  Richtungen  in  dieser  Ein- 
fallsebene in  Beziehung  auf  zwei  nahe-  einfallende  Radien  IL 
und  iL»  zu  finden ,  nur  durch  die  Puncte  L  und  1/  zwei  pa- 
rallele Gerade  LM  und  L'M'  so  siehn  darf,  dafs,  wenn  man 
das  Loth  L/P'  auf  LM  errichtet,  das  Licht  ebenso  viel  Zeit 
braucht,  durch  LP',  als  durch  L'P'  zu  gehn.  PüV  die  zurück- 
geworfenen Radien  ist  die  Geschwindigkeit  u  des l  Lichtes  die« 
selbe,  wie  für  die  einfallenden,  da  sich  bei  der  Reflexion  das 
Licht  immer  in  demselben  Aether  bewegt.  Es  mufs  also  für  die 
Reflexion  L  P*  =  L' P  oder  es  mufs  der  Winkel  P/L'L=PLL/pfg. 
oder  endlich  es  mufs  der  Reflexionswinkel  dem  Einfcdlswin-^* 
hei  gleich  seyn.  Für  die  Refraction  aber  ist  die  Geschwin- 
digkeit =  v  des  Lichts  im  Körper  verschieden  von  derjeni- 
gen —  n,  die  es  aufser  dem  Körper  im  freien  Aether  hatte. 
Also  mufs  auch  das  Loth  LP*  von  dem  Lethe  L'P  yerschie- pfg. 
den  oder  es  mufs  seyn  18 

LF  _v 
L'P- u# 

Da  man  aber  immer  die  beiden  Puncte  L  und  1/  in  einer  sol- 
chen Entfernung  von  einander  nehmen  kann,  dafs  PL'  der 
Lunge  X  einer  Welle  des  freien  Aethers  genau  gleich  ist,  so 
'wird  L'P  der  «Länge  7f  einer' Welle  des  in  dem  Körper  ein- 
geschlossenen Aethers  gleich  Seyn,  so  dafs  man  daher!  haben 
wird*      .    ..'*    '   ' 

"      LP'      V 

Wird  min  LL'  für  die  Einheit  der  Längen  genommen,  so  sind 
LP'  und  L'P  die  Sinns  des Refractionswinkels R  und  des  Ein* 

Oooo  2 


1306  Ündnlation. 

faltsWTnkels  I ,   so  äa&  daher  die«  beiden  Sinus  das  cmuUmte 
VcrhältnUs  haben  werden 

Sfn.CLI         Sin.Y_n_3l 

d«  h.  dafs  diese  Sinus  sich  wie  die  beiden   Geschwindigkeiten 

des  freien  und   des   in  dem  Körper  eingeschlossenen   Aethers, 

oder  auch,    dafa  sie  sich  wie  die  freien  und  eingeschlossenen 

Wellenlängen  des  Aethers  verhalten  werden«     Rjan  pflegt  diese 

Sin  I 
GrSfse:?: — ^deo  Rejractionsindex  zu  nennen.     Für  den  Ue- 

bergaag  des  lachte  ans  Luft  in  Wasser  ist 

Sin.I:Sin.R  =  £  =  1,333, 

in  Flintglas  =  1,64,  in  Rronglas  =  1,54,  in  Diamant  =  9,49 
u.  s.  w. 

VflL  Dadurch  sind  also  die  zwei  bekannten  Haupter- 
scheinungen der  Refraction  und  der  Reflexion  vollständig  und 
aus  demselben  Princip  erklärt,  während  Nkwtok  in  der  von 
ihm  aufgestellen  Emanationshypothese  zwei  einander  entge- 
genstehende Annahmen  einer  anziehenden  und  einer  abstof senden 
Kraft  zu  Hülfe  nehmen  mufste ,  um  den  von  ihm  au  erklären- 
den Phänomenen  su  genügen« 

Vm.  Die  obige  Darstellung  der  beiden  Erscheinungen 
durch  die  Undulationshypothese  giebt  auch  zugleich  eine  voll- 
kommen genügende  Erklärung  von  einer  andern  Eigenschaft, 
die  man  bei  dem  gebrochenen,  Lichte  bemerkt  und  die  man 
mit  der  Benennung  der  Dispersion  des  Lichtes  bezeichnet  hat. 
Bisher  wurde  nämlich,  wie  oben  gesagt,  nur  homogenes  licht 
betrachtet,  das  durchaus  dieselbe  Geschwindigkeit  hat«  Wenn 
dasselbe  aber  aus  verschiedenen  Theilen,  deren  jeder  eine  be- 
sondere Geschwindigkeit  hat,  bestehn  sollte,  so  folgt  unmit- 
telbar aus  der  vorhergehenden  Darstellung,  dafs  bei  der  Re- 
flexion alle  diese  Theile  (d,  h.  alle  die  farbigen  Radien) 
auf  dieselbe  Weise  zurückgeworfen  werden ,  weil  bei  der  Re- 
flexion nur  eine  einzige  Geschwindigkeit  u,  nämlich  die  des 
freien  Aethers,  statthat  Bei  der  Refraction  aber  haben  zwei  Ge- 
schwindigkeiten, die  äufsere  u  und  die  innere  v,  statt,  also 
werden  sich  auch,  wenn  der  Werth  von  v  für.  die  verschie- 
denen Theile  des  Lichts  verschieden  ist,    diese  Theile  durch 


Dq/i  Lichten  ||Q9 

die  Refractlon  trennen  und  einzeln  zum  Vorschein  %*fnnm» 
oder  das  gebrochene  Licht  wird  niokt  mehr  homogen '.und 
weib,  sondern  gtßtrbt  and  zwar  jeder  Theil  in  der  ihm  ei« 
genthiimlichen  Farbe  erscheinen.  Wir  werden  übrigen*  wei- 
ter unten  wieder  auf  diesen  interessanten  Gegenstand  zurückr 
kommen» 

Bemerken  wir  hier. noch,  dais  die  obige  Gleichung 

Sip.I  u 

Sin.R  ~v 

zeigt,  dah  die  Geschwindigkeit  des  Lichts ,  wenn  es  aus  dem 
freien  Aether.  in  einen  Körper  dringt,  eine  desto  kleinere  Ge- 
schwindigkeit v  hat,  je  stärker  die  brechende  Kraft  des  Kör- 
pers ist,  ein  Satz,  der  mit  der  von  Nswtow  aufgestellten 
Hypothese  der  Refraction  im  .directen  Widerspruche  steht  und 
der  daher  allein  schon,  genügen  wird,  diese  Hypothese  zu  ver- 
lassen« Auch  hat  Fbesvil  unmittelbare  Experimente  mit  zwei 
Spiegeln  angestellt,  aus  denen  die  Wahrheit  der  Gleichung 
v  Sin.  I  *=  u  Sin.  R  auch  auf  praktischem  Wege  über  jeden  Zwei* 
fei  erhoben  wird. 


IX*  Was  in  dem  Vorhergehenden  von  der  Reflexion  des 
gesagt  worden  ist,  gilt  unverändert  auch  von  der  Re- 
flexion des  Schalls  in  der  elastischen  Luft,  Wenn  eine  sol- 
ch« Schallwelle  in  ihrem  Wege  einer  reflcctireuden  Fläche  be- 
gegnet, so  wird  jeder  Punct  dieser  Fläche  als  der  Mittelpunkt 
einer  neuen,  rückwärts  gehenden  Schallwelle  zu  betrachten 
seyn,  die  Radien  der  beiden  zusammengehörenden  Einfalls-? 
und  Reflexions  wellen  werden  immer  in  derselben,  auf  jene 
Fläche  senkrechten  Ebene  liegen  und  mit  der  Normale  dieser 
Fläche  in  dem  Einfallspuncte  zu  beiden  Seiten  dieser  Nor- 
male , gleiche  Winkel  bilden.  Da  die  Erfahrung  lehrt,  dab 
unser  Ohr  höchstens  sehn,  verschiedene  Töne  während  einer 
Secunde  vernehmen  kann,  d.  lw  dab  es  diese  Töne  nicht 
mehr  deutlich  unterscheiden,  in  dem  Gehöre  trennen  kann, 
wenn  sie  weniger  als  «jV  Zeitsecunde  von  einander  entfernt 
sind ,  und  da  nach  dem  Vorhergehenden  der  Schall  in  einer 
Secunde  1039  Par.  Fub  durchläuft,  so  können  zwei  auf  ein* 
ander  folgende  Töne  von  uns  nur  dann  deutlich  unterschieden 
werden,  wenn  die  zwei  tönenden  Körper,  von  welchen  diese 
Töne  kommen,    wenigstens *1Q3,9  Fub  von  einander, entfernt 


i$10  Undulaticta. 

sind.'   Um  Malier  seine  eigene  Stimme  durch  des  Echo  von  ei- 
nem'den  -Ton  Tefjectrrenden  Gegenstände  zu  hören,   tnnfs  man 
Wenigstens  51,95  oder  nahe  52  Fnfs  von  diesem  Gegenstande 
entfernt  aeyn.     Stehn  vor  dem  Beobachter  mehrere  solche  re— 
üectirende  Gegenstände,    z.  B.   mehrere   Mauern   oder   Felsen, 
so  "wird   der   Beobachter  denselben    Ton ,    wetfn    er  nur  stark 
genug  ist,  zwei--,  drei-,  viermal  ♦  .  .  hören,  wenn  die  %  3* 
4  .  .  xeflectirenden  Gegenstände  wenigstens  104  Fufs  von  ein- 
ander, in  der  Richtung  gegen    den  Beobachter,  entfernt  sind. 
"Wenn  der  Schall   von   krummen    Oberflachen   zurückgeworfen 
wird,  so  verhält  er  sich  ganz  ebenso,  wie  das  von  krummen 
Spiegeln  zurückgeworfene  Licht.    .  Poisson   hat  zuerst  diesen 
Gegenstand   einer  allgemeinen   Analyse   unterworfen    und   fol- 
gende interessante  Resultate  gefunden.       Geht  der  Schall  von 
dem    einen  Brennpuncte  eines  Revolutions-Sphäroids  aus,   so 
wird  er  von  der   innern    Oberfläche   dieses  Ellipsoids   in  den 
andern   Brennpunct  desselben   reflectirt,    und    dieser  reflectirte 
Schallstrahl  nimmt  an  Intensität  zu,    je   mehr   er  sich   diesem 
zweiten  Brennpuncte  nähert,  so  dafs  in  der  Nähe  dieses  zwei- 
ten Brennpuncts  der  Schall  viel  stärker  ist,  als  selbst  der  ur- 
sprüngliche, aus  dem  ersten  Brennpuncte  ausgegangene  Schall. 
Die  Geschwindigkeit  des  reflectirten  Schalls  aber  ist   jener  des* 
directen  ganz  gleich»       Geht  der  Schall  von  dem  Brennpuncte 
eines  Revolutions - Paraboloids  aus,  so  wird  er  parallel  mit  der 
Axe  dieses  Körpers  zurückgeworfen,    so  dafs  also  die  zurück- 
geworfenen Schallwellen  eben  sind    und  auf  dieser  Axe  des 
Körpers  senkrecht  stehn.      Geht  endlich  der  Schall  von  dem 
Brennpuncte  eines  Revolutions  -  Hyperboloids  aus,    so  erzengt 
die  Reflexion  desselben  an  der  hohlen  sowohl ,    als  auch  an 
der  convexen  Seite  des  Hyperboloids  solche  sphärische  Wel- 
len ,  die  alle  ihre  Mittelpunkte  in  dem  andern  Brennpuncte  des 
Hyperboloids  haben«       Die  Erfahrung  bestätigt  alle  diese  Re- 
sultate vollkommen.      Allein  das  allgemeine  Problem  der  Re- 
flexion der  Schallstrahlen  von  jeder  gegebenen  krummen  Flä- 
che hat  zn  viele  Schwierigkeiten,  als  dafs  es  bei  dem  gegen- 
wärtigen  Zustande  unserer  mathematischen  Analysis    aufgelöst 
werden  könnte. 

X«     Bezeichnen  wir,  um  noch  einmal  zn  unserm  Gegen- 
stände  Zurückzukommen ,    das  Verhältnifs  der  Geschwindigkeit 


Des  Lichtes,  1311 

n  des  Lichts  in  der  Luft  zu  der  v  im  Glase-  durch  (ä  ,  so  dafs 
man  hat 

n        Sin.  I 
h~  v^SaTa' 

so  folgt  aus  den  oben  gegebenen  Erklärungen  der  Reflexion 
und  Refraction,  dafs,  wenn  die  einzelnen  Theile  einer  Licht- 
welle nach  der  Reflexion7  oder  Refraction  zusammentreffen  oder 
sich  begegnen,  sie  die  Wege  beschrieben  haben,  die  den 
gleichen  Zeiten  entsprechen.  Was  die  Reflexion  betrifft,  so 
Ist  dieses  dasselbe,  als  wenn  man  sagt,  dafs  der  Gesammtweg 
aller  Wellentheile  (d.  h.  die  Summe  der  von  ihnen  vor  und 
nach  der  Reflexion  zurückgelegten  Wege)  für  jeden  Punct 
derselbe  seyn  mufs.  Was  aber  die  Refraction  betrifft,  so  mufs 
dieses  auf  folgende  Art  verstanden  werden.  Wenn  sich  die 
Welle  z.  B.  im  Glase  mit  einer  Geschwindigkeit  bewegt,  die  • 
gleich  dem  fiten  Theile  der  Geschwindigkeit  derselben  in  der 
Luft  ist,  so  ist  der  Weg  im  Glase,  verglichen  mit  jenem  in 
der  Luft,  nicht  unmittelbar  durch  seine  Läiy>e ,  die  z.  B.  gleich 
L  seyn  soll,  sondern  sie  ist  eigentlich  durch  (.1  •  L  auszu- 
drücken. Wenn  also  nach  der  Refraction  alle  Elemente  einer 
Welle  sich  wieder  zu  einem  einzigen  Elemente  vereinigen 
und  wenn  A  der  in  der  freien  Luft,'  B  aber  der  im  Glase 
zurückgelegte  Weg  des  Lichts  ist,  so  wird  für  alle  Elemente 
dieser  Welle,  dem  Vorhergehenden  gemäfs,  nicht  die  Gröfse 
A  +  B ,  sondern  vielmehr  die  Gröfse  A  +  fi .  B  immer  die- 
selbe constante  Gröfse  seyn.  Dieses  stimmt  genau  mit  der  97» 
Propositiön  in  Nbwton's  Principien  übereih. 

XL     Zum  Schlüsse   dieses  Gegenstandes  wollen  wir  nun 
noch    die   dem  Vorhergehenden  gemäfse  Cönstruction  der  re- 
flectirten  sowohl,    als  aucli  der   gebrochenen  Wellen  mitthei- 
len.    Sey    also ,    um    mit    der   Reflexion  zu  beginnen  ,    A  B  C  Fi* 
eine  Welle,  die  in  der  Richtung  A  A'  fortschreitet.      Wie  je-  18; 
des    Element    dieser    Welle    die    spiegelnde    Oberfläche    CA 
erreicht,    haben  wir  dieses  Element   als  den  Mittelpunct  einer 
neuen  sphärischen  Welle  zu  betrachten,    die  mit  der  frühern 
Geschwindigkeit  fortschreitet.       Wenn   nun  der  Punct  A  nach 
A'  gekommen  ist,  so  hat  B  schon  einige  Zeit  früher  den  Punct 
B'  erreicht,    so  dafs   der  Punct  B,    wenn  er  nicht  aufgehalten 


1312  Undnlation. 

worden  wttre,  in  derselben  Zeit  nach  D  gelangt  wäre,  in  welcher 
A  nach  A'  gekommen  ist«  Der  Pnnct  B*  (oder  die  Erschütterung, 
die  der  Aether  in  dem  Puncte  B*  an  der  Spiegelfläche  erhal- 
ten hat)  hat  sich  demnach  in  dem  umliegenden  Aether  in  ei* 
ner  Kugelfläche  ah  ausgebreitet,  deren  Radios  B'  b  z=s  B' D 
ist*  Ebenso  wird  der  Pnnct  C  die  Spiegelfläche  noch'  einige 
Zeit  vor  dem  Puncte  B  erreicht  und  daselbst  wieder  (statt  in 
derselben  Zeit  nach  E  zu  gehn,  während  A  nach  A'  gegangen 
ist)  sich  in  die  Kugelfläche  c  d  aasgebreitet  haben ,  deren  Ra- 
dius CcäCE  ist.  Dasselbe  gilt  auch  von  allen  zwischen- 
liegenden  Puncten.  Geht  man  nun  von  allen  diesen  kleinen 
oder  Elementarwellen  zur  Betrachtung  der  ganzen  groben  Welle 
über,  die  von  jenen  gebildet  wird,  so  mufs  ihre  Oberfläche 
offenbar  diejenige  Fläche  seyn ,  welche  alle  diese  kleinen  Ku- 
geln berührt  und  die  daher  denselben  Winkel  mit  CA'  macht, 
den  A'E  oder  AC,  aber  auf  der  entgegengesetzten  £>eite,  mit 
ihr  bildet  Die  Richtung  der  Welle,  die  auf  diese  berüh- 
rende Ebene  senkrecht  ist,  bildet  daher  mit  dem  Einfallsiothe 
vor  und  nach  der  Reflexion  denselben  Winkel. 

Um  nun   ebenso  die  Gonstruction  der   Refractionsivellen 
Fig. zu  geben,  sey  wieder  ABC  die   in    der  Richtung  AA'  fort- 
18*- schreitende  Welle.      So  wie  die  aufeinanderfolgenden  4*heil# 
dieser  Welle  die  brechende  Ebene  CA'  erreichen,  so  erregen 
sie  in  dem  im  Innern   des  Mediums  eingeschlossenen  Aether 
Vibrationen  «n  der  Oberfläche  desselben ,    und    diese  bilden 
wieder  die  Mittelpuncte  kleiner  Wellen,    die  sich  in  sphäri- 
schen Gestalten  in\  Innern  des  Mediums  fortpflanzen,  und  zwar 
mit  einer  kleinern  Geschwindigkeit,  als  die,   welche  sie  vor- 
her im  freien  Räume  hatten*    Im  Augenblicke,  wo  A  nach  A* 
kommt,  hatte  B  schon  etwas  früher  den  Punct  B'  erreicht  und 
würde  in  jenem  Augenblick  nach  D  gekommen   Seyn,    wenn 
er  durch  das  brechende  Mittel  nicht  daran  gehindert  worden 
wäre»    Dafür  hat  sich  dieser  Punct  B'  in  eine  sphärische  Welle 
ab  verbreitet,  deren  Radius  kleiner  als  B'D  und  zwar  indem 
Verhaltend  kleiner  ist,    als  die  Geschwindigkeit  vor  und  nach 
der   Ankunft  in  B'  vermindert  worden  ist.    Nimmt   man  also 
wieder,  wie  zuvor,    für  das  Verhältnifs  dieser  Geschwindig- 
keiten die  Grobe  /*  an,  so  ist  der  Radius  der  neuen  Kugel 

B'b  =  i.B'D. 

m 


Des  Lichtes«  1313 

*  ... 

Noch  früher  wurde  die  brechende  Fläche  in  dem  Puncte  C 
erreicht  und  daselbst  eine  sphärische  Welle  cd  erzeugt,  de- 
ren Radios  i 

1  **"     ' 

Cc=  -.CE 

(* 
ist.  Dasselbe  kann  auch  von  jedem  zwischenliegenden  Puncto 
gesagt  werden.  -  Die  grofse  Welle,  welche  ans  allen  diesen 
kleinen  Elementarwellen  besteht,  wird. zu  ihrer  Oberfläche  die- 
jenige Ebene  haben ,  ,welche  alle  diese  Elementarwellen  be- 
rührt, und  die   daher  mit   der  brechenden   Ebene  CA'  einen 

Cc 

Winkel  bildet,    dessen  Sinus  gleich  j^-r,  ist.    Dieser  Winkel 

ist  aber  demjenigen  gleich,  den  die  Richtung  der  Welle  (wel- 
che Richtung  auf  der  Oberfläche  der  Welle  immer  senkrecht 
ist)  mit  der  auf  der  brechenden  Fläche  senkrechten  Linie 
macht,  ist  also  der  Refractionswinkel  R,  so  dafs  man  daher 
hat 

Cc 

Ganz  ebenso  hat  man  aber  auch  für  den  Incidenzwinkel  I 

SinI==sCÄ" 

•e.  iah  man  dabei  di«  Gleichung  erhält 

8io.R       Co        1 
Sin.1  aCB  8a]jr* 

13)  Princip  der  Coexistenz  kleiner  -Oscillatio- 
nen  und  der  ungestörten  Superposition  der- 
selben* 

Noch  müssen  wir  zwei  allgemeine  Grundsätze  der  Bewe- 
gung erwähnen,  welche  bei  einem  aus  mehrern  Körpern  be- 
stehenden Systeme  statt  finden,  wenn  die  Bewegungen  dieser 
ihren  gegenseitigen  Anziehungen  unterworfenen  Körper  nur  sehr 
klein  sind« 

Wenn  ein  solches  System  um  eine  bestimmte  Lage  sei* 
nes  Gleichgewichts  kleine  Schwingungen  macht,  in  Folge  der 
Einwirkung  mehrerer  auf  alle  Körper  des  Systems  zugleich 
einwirkenden  Kräfte ,   so  kann  man  die  Schwingungen  eines 


1314  Undulation, 

jsdea  einzelnen  dieser  Körper  als  allein  nnd  für  sich  beste- 
hend betrachten,  ohne  dafs  dadorch  die  Schwingungen  der 
and<ejm  Körper  des  Systems  eine  merkliche  Störung  erleiden, 
und  ebenso  kann  man  auch  die  Wirkungen,  die'  von  jeder 
einzelnen  jener  auf  das  ganze  System  wirkenden  Kräfte  ent- 
steh n,  als  für  sich  allein  entstehend  betrachten ,  ohne  dafs  da- 
durch die  Wirkung  der  übrigen  Kräfte  gestört  wird*  Dieser 
Graradsatz  ist  unter  der  Benennung  des  Principe  der  Coexi- 
etent  der  kleinen  Oscillationen  in  der  Mechanik  bekannt1. 
Man  kann  dasselbe  als  einen  Ausflufs  des  allgemeinen  Grund- 
satz!» der  Differentialrechnung  betrachten,  nach  welchem  das 
Diff<trential  einer  Function  U  von  mehrern  veränderlichen  Gro- 
ben x,  y,  z  .  .,  so  lange  man  diese  Variationen  als  unend- 
lich klein  ansieht  oder  so  lange  man  die  Producte  und  höhe- 
ren Potenzen  dieser  Variationen,  vernachlässigt,  gleich  ist  der 
Sum  me  der  Differentiale  von  U  in  Beziehung  auf  jede  ein- 
seinet der  Gröfaen  x,  y,  z  ,  .,  so  dafs  also  das  vollständige 
Diffearenüal  von  U  ist 


"-(©»"■+(??)»'+($?)' 


z+  .  • 


Wie  aber  hier  durch  diese  Isolation  der  einzelnen  Differen- 
tiale die  Rechnung  für  das  vollständige  dU  sehr  abgekürzt 
wird  j  so  wird  durch  jene  analoge  Trennung  der  Kräfte  und 
der  Bewegungen  eines  jeden  einzelnen  der  Körper,  ausweiche 
das  System  besteht,  die  Bestimmung  der  Bewegung  des  gan- 
sen  Systems  erleichtert,  und  zwar  in  so  hohem  Grade,  dafs  es, 
ohne  dieses  Princip,  bei  dem  gegenwärtigen  Zustande  unserer, 
Analysis  ganz  unmöglich  wäre,  die  meisten  der  hierher  ge- 
hörenden Probleme  auch  nur  durch  Annäherung  aufzulösen. 
Einen  zweiten  ähnlichen  Fall  von  dieser  Erleichterung  haben 
wir  in  der  Astronomie  bei  dem  sogenannten  Probleme  der 
drei  Körper.  Da  die  Massen  d.  h.  die  anziehenden  Kräfte  al- 
ler Planeten  viel  kleiner  sind,  als  die  der  Sonne,  und  da  eben- 
so die  Dimensionen  dieser  Himmelskörper  viel  kleiner  sind, 
als  die  Distanzen ,  durch  welche  sie  von  einander  getrennt 
sind  ,  so  ist  es  uns  erlaubt ,  bei  der  Bestimmung  der  Bewe- 
gung   eines    jeden    Planeten    um   die    Sonne    die    Störungen, 


1    Vergl.  Poisson  Tratte*  de  Mtfcan.  zme  e*d,  T.  II.  p.  436. 


Des    Lichte«.  1915 

weicht  derselbe  von  allen  anderen  erleidet,  isolirt  und  für  je- 
den dieser  störenden  Planeten  besonders!  als  ob  dieser  letztere 
allein  da  wäre,  zu  betrachten.  Unter  dieser  Beschränkung 
wird  nns  allein  jenes  Problem  noch  auflösbar  nnd  die  Resul- 
tate dieser  Auflösung  stimmen,  wie  die  Erfahrung  lehrt ,  auf 
das  Beste  mit  den  Beobachtungen  tiberein.  Müfsten  wir  a^er 
bei  der  Bestimmung  der  Bewegung  eines  jeden  einzelnen  die* 
'ser  Planeten  auf  die  Störungen  aller  andern,  wie  sie  zu  glei- 
cher Zeit  statt  haben,  und  müfsten  wir  zugleich  auf  die  Ab« 
weichung  dieser  Planeten  von  der  diese  Rechnungen  unge- 
mein vereinfachenden  Kugelgestalt  Rücksicht  nehmen,  so  würde 
es  wahrscheinlich  für  immer  unmöglich  seyn,  die*  Auflösung 
jener  Aufgabe  auch  nur  durch  eine  entfernte  Näherung  zu  er-  . 
reichen;'  ' 

I»  Mit  diesem  Princip  nahe  verwandt  ist  das  der  &*- 
perpesition  der  kleinen  Bewegungen  eines  Systems  von  unter 
sich  verbundenen  Körpern,  das  in  Folge  von  auf  dasselbe 
einwirkenden  Kräften  kleine  Oacilletionen  um  den  Zustand  sei- 
nes Gleichgewichtes  macht.  Nehmen  wir  an ,  dafs  a ,  ß ,  y . .  • 
die  ursprünglichen  Werthe  (für  den  Anfang  der  Bewegung  oder 
für  t  csO)  der  verschiedenen  Coordinaten  x,  y,  z,  x',  x"  .  . 

,    durch  welche  jeder  einzelne  Körper  des  Systems,    den 
ingen  der   Aufgabe  gemäJh,    für  jede  Zeit  t  bestimmt 
werden  soll,  und  dafs 

a-f-u,    /?+v,    y  +  w  .  •  .  . 

die  Werthe  dieser  Coordinaten  am  Ende  der  Zeit  t  vorstel- 
len, wo  also  die  Gröfsen  u,  v,  w  •  .  •  als  Functionen  der  Zeit 
zu  suchen  seyn  sollen«  Unter  der  Voraussetzung,  die  hier 
als  wesentlich  zu  betrachten  ist,  dafs  alle  diese  Gröfsen 
u,  v,  w  .  .  •  nur  klein  sind,  so  dafs  man  ihre  Producta  und 
ihre  höheren  Potenzen  weglassen  kann ,  wollen  wir  für  ir- 
gend einen  Augenblick  nach  dem  Anfange  der  Bewegung  des 
Systems  die  unbekannten  Gröfsen  u,  v,  w .  •  •  durch  U,  V,  W. ., 
fu'r  den  nächstfolgenden  Augenblick  durch  U',  V,  W#.  •  ., 
für  den  dritten  Augenblick  durch  U",  V",  W.  .  •  u.  s.  w. 
bezeichnen«  Dieses  vorausgesetzt  wird  man  in  Folge  jenes 
zweiten  Princips  für  die  gesuchten  Werthe  von  u,  v,  w 
die  Ausdrücke  haben 


•  •  • 


•«*. . 


131Ö  Uiidulation. 

u  =»  U  +  ür  +  U"  +  ... 

v  =  v  +  r  +  v"  +  . . . 
w=  w+  w'+.w"+  ... 

und  darin  besteht   das  erwähnte  Princip  der  Superposition  der 
jjgleinen  Bewegungen. 

IL  Räch  diesem  Principe  pflanzen  sich,  wie  dieses  dnroh 
die  Beobachtung  vollkommen  bestätigt  wird  ,  die  Wasserwellen, 
die-  z.  B.  durch  mehrere   zu  gleicher  Zeit   in  das  Wasser  ge— 
worfene  kleine  Körper  entstehn,    jede  für  sich  auf  der  Ober— 
flache  des  Wassers  fort,    indem    sioh  jede   nm  ihren  Mittel— 
pnnct  kreisförmig   ausbreitet,     und    wenn   sioh    zwei   solcher 
Wellen,  die  aus  verschiedenen  Mittelpuncten  kommen,  in  ir- 
gend  einer  Richtung   begegnen,     so    durchschneiden  sie  sieh 
gegenseitig,  ohne  dafs  die  eine  derselben  vorder  anderen 'ge- 
stört oder  modificirt  wird,'  so  dafs  für  jeden  Augenblick  die 
Erhöhung  der   Wasserfläche   in    jedem  Puncto   gleich   ist  der 
Summe,  aller  positiven  und  negativen  Erhöhungen ,   die  durch 
die  verschiedenen  in  diesem  Puncto  sich  eben  kreuzenden  Wel- 
len erzengt  werden.     Nach  demselben  Principe  legen  sieh  auch 
die  Schallwellen  in  der  Luft,  die  von  verschiedenen  Pancten 
kommen,  wenn  sie  sich  begegnen,   über  einander,   ebne  steh 
zu  stören  oder  auf  irgend  eine  Weise  zu  modinciren,   so  oeXs 
für  jeden  Augenblick  und  in  jedem  Puncto  der  Luft  die  Rich- 
tung und  die  Geschwindigkeit  der  Bewegung  jedes  Lufttheil- 
chens  gleich    ist  der  algebraischen   Summe   aller   Richtungen 
und  aller  Geschwindigkeiten,   die  den  einzelnen,  sich  in  die- 
sem Puncto  der  Luft  schneidenden  Wellen  zukommen.     Auch 
dieses  ist  der  Erfahrung  vollkommen  gemäfs,  da  wir  zwei  und 
mehr  Töne,  die  von  verschiedenen  Instrumenten  an  *trschie- 
denen  Orten  zu  unseren  Ohren  gelangen,    deutlich   und  ohne 
Verwirrung  vernehmen  können.     Die  Töne,  welche  von  meh- 
reren Instrumenten  eines  Orchesters  in  derselben  Zeit   ange- 
stimmt werden ,  erleiden  in  nnsern  Ohren ,  ihrer  (gleichzeitig- 
keit  ungeachtet,  keine  ModiiUation  und  jeder  dieser  Töne  wird 
von  uns  ganz  ebenso,    als  ob  er  allein  da  wäre,  vernommen. 
Auch  die   oben  (§.  10*)  betrachtete  Concordanz   verschiedener 
Töne,    die  zu  gleicher  Zeit  von  derselben   Saite   ertönen,  ist 
als  ein  schöner  Beweis  der  Wahrheit   dieses  Princips   zu   be- 
trachten.   Wenn  nämlich  eine  gespannte  Saite  zu  gleicher  Zeit 


Des  Lichte*.  fft? 

* 

*  diejenige*  isochronen  Schwingungen  macht ,  •  die  ihrer  geazm» 
Länge,  und  diejenigen,  die  nur  dem  dritten  Thcil  ihrer.  I*age 
entsprechen,  so  ist  die  dadurch  erzeugte  Bewegung,  de*.  iLujt 
ganz  dieselbe,  als  wenn  zwei  verschiedene  Saiten 9 .  voo  ^rei- 
chen die  eise  dreimal  länger  ist,,  als  die  andere,  .  ihte  jsoi* 
thronen  Schwingungen  machten,  wie  man  denn  auch  zu 
gleicher  Zeit  nicht  ner  den  Grandton  einer  jeden  Saite,  ifoo^ 
dem  auch  den  ihm  entsprechenden  höhere;  Ten  (die  Qujüet* 
der  nächstfolgenden  Qcttfve)  detulicK  vernimmt,  Ans  demaelr 
ben  Grandel  endlich  hört  men  auch  zu  gleicher  Zeit  sehr  deut- 
lich diejenigen  zwei  Töne ,  welche  eine  gespannte  Saite  durah 
ihre  Längen-  und  durch  ihre.  Transversabcbwingnagert  er*- 
aeugt.  '  Wir  werden  daher  durch  die  schon. oft  bemerkte  Aee»- 
logie  «wischen  den  Schell-*  und  den  Lict)twellen  gleichsam  von 
selbst  anf  die  Annahme  geführt,  dafs  dieses  Princip  auch  bei 
-de»  durch  das  .licht  erzeugten  Bewegungen  des  Aethere.  seine 
Anwendung •  finde.  Den.  schönste»  und  treffendsten  Beweis 
*ea  diesen  Superpoatienen  der  LkhtweUen  wetden  wir  aber 
in  einem  der  nächstfolgenden  Abschnitte  durch  die.  Theorie 
der  InUrftrm*  des  Lichtes  erhalten. 

14)    FtfndamenAlgleichung  der  akustischen    und 

optischen   Schwingungen. 

Sey  AMB  eine  vollkommen  elastische,    nur  wenig  •w-pk» 
dehnbare,  homogene  und  durchaus  gleich  dicke  Saite,  die  in  185. 
der  Richtung  ihrer  Länge  von   einem  gegebenen  Gewichte  P 
gespannt  nnd  an  ihren  beiden  Endpuncten  A  und  B  befestigt 
ist.    Das  Gewicht  der  Seite  soll  gegen  P  als  unbeträchtlich 
gelten,    so  dafs  also  die  Saite,    die  sonst  durch  die  Kraft  der  >• 
Schwere  die  Gestalt   einer  Kettenlinie  annehmen  würde,    in 
-dem  Znstande  ihrer  Ruhe  oder  ihres  Gleichgewichtes  als  eine 
-gerade  Linie  APB   zu  betrachten   ist.      Dieses   vorausgesetzt   . 
entfernen  wir  nun  diese  Saite  ein  wenig  aus   der  Lage  ihres 
Gleichgewichts,    so   wird  sie  durch  ihre  Elasticität  wieder  zu 
dieser  ihrer  ursprünglichen  Lage  APB  zurückzukehren  suchen. 
Wenn  sie  eher  in  dieser  Lage  angekommen  ist,    werden  alle 
ihre  Theile  eine  Geschwindigkeit  haben,  nach  welcher  sie  auf 
die  andere  Seite  ihrer  Gleichgewichtslage    übergehn   und    auf 
dieser  Seite  so  weit  fortschreiten  muh,    bis  ihre  Geschwio- 


1318  Undulation. 

digkeit  von  der  Eleetiekät  der  Saite  aufgehoben  ist,  wonach 
sie  sodann  wieder  au  ihrer  ursprünglichen  Lage  APß  zurück- 
kehren und  überheupt  diese  ihre  schwingenden  Bewegungen 
um  die  Gerede  A  P  B  in  immer  kleineren  odej  weniger  ge- 
krümmten Bogen  so  lange  fortsetzen  wird  ,  bis  sie  endlich  in 
dieser  Geraden  zur  Rohe  gelangt  oder  wieder  in  ihr  Gleich»« 
gewicht  zurückkehrt.  Welches  ist  nun  für  jede  gegebene  Zek 
seil  dem  Anfange  dieser  Bewegung  der  Seite  der  Ort  und 
die  Geschwindigkeit  eines  jeden  ihrer  Puncto? 

Sey  am  Ende  der  Zeit  t  die  Gestalt  des  Saite  AM'B, 
also  irgend  eine  Corvo  von  einfacher  oder  auch  von  doppel- 
ter Krümmung,  in  welcher  M\<üe  Lage  ist,  die  der  PuoctH 
für  diese  Zeit  eingenommen  hat.  Es  sey  P  die  senkrechte 
Protection  dieses  Pnnctes  M'  auf  die  Gerade  AMB,  fexner 

AMssq,  AP  sc  u  +  x. 
Die  zwei  andern  senkrechten  Coordineten  des  Pnnctes  M'  wol- 
len wir  durch  y  und  s  bezeichnen,  die  also  beide  auf  der. 
Axe  AMB  der  x,  so  wie  auch  unter  sich  selbst,  senkrecht 
stehn.  De,  der  Voraussetzung  gemäfs,  die  Seite  AM'B  nur 
sehr  wenig  aus  ihrer  Gleichgewichtslage  AMB  gebracht  wer- 
den ist,  so  werden  die  Groben  x,  y,  z  ebenfalls  nur  sehr 
klein  seyn,  und  die  obige  Frage,  wird  beantwortet  sey n,  wenn 
man  die  drei  Groben  x,  y,  z  als  Werthe  der  Function  von  u 
und  t  bestimmt  haben  wird. 

Sey  ds  das  Element  mM'  oder  M'm'  der  Curve  AM'B 
und  s  die  Dichtigkeit  der  Saite  in  diesem  Puncto  M'  mnlti- 
tiplicirt  in  die  Fläche  des  auf  die  Länge  der  Saite  senkrechten 
Schnitts , ,  also  c  d  s  das  Element  der  Masse  der  Saite«  Im  Zu- 
stande des  Gleichgewichts  sind  diese  Elemente  der  Masse  ih- 
ren Längen  proportional,  da  die  Saite  homogen  und  überall 
gleich  dick  vorausgesetzt  worden  ist.  Die  Länge  des  Ele- 
ments, die  dem  Puncto  M  in  der  Gleichgewichtsiege  ent- 
spricht, ist  du.  Nennt  man  also  p  das  Gewicht  und  1  die 
Länge  der  ganzen  Saite,  so  wie  gss  9,809  Meter  die  Schwert, 

so  ist  die  Masse  dieses   Elements  der  Saite  gleich  *— -p»  bau 

da  die  Masse  des  Elements  während  der  Bewegung  der  Saflt 
bleiben  mnfs,  so  hat  man 

a  p5u 

«es  ca  £— r-. 


Des  Lichtes.  1319 

Wenn  nun  tof  dieses  Element  tSs  eine  accelerirende  Kraft 
wirkt,  deren  Componenten  nach  den  Richtungen  der  Coordi- 
naten  x,  yrz* durch  X,  Y,  Z  ausgedruckt  wurden,  deren  be- 
wegende Kräfte,  nach  denselben  Richtungen  zerlegt,  also 
Xid$9  Teds,  Z$ds  sind,  nnd  wenn  überdiefs  durch  T  <tie 
Spannung  des   Elements  ids   nach   der  Richtung  de«  Bogen* 

der  Curve  in  Mr,  also  auch  durch  T^t^,  T  |jundT  J^ 

diese  nach  der  Richtung  der  x,  y  und  z  zerlegten  Spannun- 
gen ausgedrückt  worden,  so  hat  man  nach  den  bekannten  Fun- 
damentalformeln der  Statik  für  das  Gleichgewicht  der  Seite  dia> 
drei  folgenden  Gleichungen :    - 

d.T?("  +  x)  +X,g0ss=O, 

08 

a.Tr-  +Z.SÖS=0. 

Aus  diesen  Gleichungen  des  Gleichgewichts  entstehn  aber  so- 
fort die  Gleichungen  der  Bewegung  der  Saite ,  wenn  man  nach 
dem  bekannten  von  D'Alsmbiät  zuerst  aufgestellten  Verfah- 
ren in  den  vorhergehenden  Ausdrücken  blofs  statt  X,  Y  und 

Z  die  GroTsen  X  —  $!|f  Y—^-  und  Z—  ^TT    »«bsthuirt, 

t/t*  Ol*  PI* 


M  dab  man  dabei,  da  noch  überdieb  «das  *—r-  ist.  für 
diu«  Gleichungen  der  Bewegung  der  Saite  haben  wird: 

Nimmt  man  aber,  wie  es  hier  der  Fall  ist,  aufser  der  durch 
die  Elasticität.  der  Saite  entstehenden  Spannung  T  weiter  keine 
aufgären,    auf  die  Saite  einwirkenden  Kräfte  an,    so  sind  die 


1320  Undulation. 

Groben  X,  Y  und  Z  gleich  Null,  man  erhalt  für  die  gesuch- 
ten Endglejchungen ,  welche  die  Bewegung  der  schwingenden 
Saite  ausdrücken , 

*  4     r 

»«  #s  p       #2Z    n 

c?sN      gl     dt* 

nnd  dieser  Gleichungen  Integral  wird  die  gesuchte  Bewegung 
der  Saite  geben. 


I.  AlleiV  bei  dem  gegenwärtigen  Zustande  der  Analysis 
ist  die  Integration  der  drei  letzten  Gleichungen  unmöglich,  so 
lange  sie  nicht  zuerst  auf  eine  lineare  Form  gebracht  werden 
können.  Auf  diese  Form  aber  wird  man  sie  bringen,  wenn 
man  die  Gröhe  der  Schwingungen  oder  die  Amplitude  der- 
selben ,  wie  man  der  Natur  der  Sache  nach  wohl  darf,  sehr 
klein  annimmt.  Da  nämlich  du  das  Element. der  Saitenlänge 
-für  das  Gleichgewicht  und  5  s  für  die  Bewegung  ist,  nnd  da 
die  Spannungen,  welche  die  Saite  in  diesen  beiden  Zustanden 
,  erleidet,  die  Gröfsen  P  und  T  zum  Mafse  haben,  so  wird 
die  Differenz  T  —  P  dieser  Gröfsen  proportional  seyn  dem 
Verbältnisse  der  Ausdehnung  3s  —  du  des  Elements  zu  der 
Länge  du  desselben,  oder  man  wird  haben     , 

p_  q(3s  —  du) 

T_p~ Zu- ' 

wo  q  ein  gegebenes  constantes  Gewicht  bezeichnet;  welches 
von  der  Materie  und  der  Dichtigkeit  der  Saite  abhängen  wird. 
Ueberdiefs  hat  man  auch,  da  u  -f"  x  die  Abseif se  des  Puncte* 
M'  ist* 

3s2  =  (3u  +  3x)2  +-  8y*  +  3z*. 

Auch  darf  man  annehmen ,  dafs  nicht  blofs  die  einzelnen  Puncte 
der  Curve  AM'ß,  sondern  dafs  auch  die  Richtungen  ihrer  Tan- 
genten in  den  verschiedenen  Puncten  dieser  Curve  sich  nur 
sehr  wenig  von  der  geraden  Linie  APB  des  Gleichgewichts 
entfernen  |  so  dafs  also  die  Gröfsen 


De*  Lichtet.  1321 

Bx      ,  fiy 

5—  und  -^i  \ 

äs  fis 

nur  sehr  Heine  Brüche  gegen  die  Einheil  eeyn  werden,  deren 
Quadrate  man  vernachlässigen  kann«  Unter  dieser  Voraus- 
setzung erhält  man  aber 

fis=fiu+fix  und  T—  Peq  |?.    - 

Vernachlässigt  man  endlich  ebenso  die  sehr  kleinen  Producta, 

fix    fiy  .       8x    fiz 

fr'dimidZ-Ts 

und  snbstituirt  man  die  Werthe  von 

8b  =  fia  +  fix  und  von  T=P  +  q^ 

in  den  letztern  drei  Gleichungen  (A),    so  erhält  man  die  fol- 
genden Ausdrucke 


•  •  • 


<■») 


dt*  9u* 

£!2  «..£!/ 

8  t*         -Sn* 

d*z  __   tg»» 
dt*  ""*    dn* 

wo  der  Kürze  wegen 

b*»*Ü  und  •*=£*£ 
P  P 

gesetzt  worden  ist.    Das  Integral  dieser  drei  Gleichungen  giebt 

die  gesuchte  Bewegung  der  schwingenden  Saiten  unter  der  oben 

erwähnten  Bedingung,    dals  die  Vibrationen  derselben  nur  in 

sehr  geringen  Abweichungen  von  der  Lage  des  Gleichgewichts 

l>estehn, 

IL  Da  die  drei  veränderlichen  Gräften  x ,  y  und  %  in  den 
Gleichungen  (B)  bereits  separirt  sind,  so  dafs  jede  dieser  Glei- 
chungen nur  eine  dieser  drei  Gräften  als  Function  von  u  und  t 
enthält,  so  folgt  aus  ihnen  sofort,  dals  die  Schwingungen  der 
Saite,  wie  dieselben  in  den  mit  den  drei  senkrechten  Ebenen 
der  xy,  xz  und  yz  statt  haben,  unter  sich  ganz  unabhängig 
IX.  Bd.  PpPP 


1332  Undulation, 

sind  odef  dafs  diese  drei  Schwingungen  zu  gleicher  Zeit  statt 
haben ,  ohne  dafs  eine  derselben  von  der  andern  geändert  oder 
modiücirt  wird  (§•  4«  *u  Ende), 

III,  Die  Gleichungen  (B)  zeigen  also,  dafs  jede  Vibra- 
tion in  drei  andere  aufgelöst  werden  kann,  deren  Richtungen, 
unter  sich  senkrecht  sind»  die  alle  unter  sich  dieselbe  Dauer, 
und  dieselbe  Phase  (§.  1«  II.)  haben«  Am  einfachsten  wird  es 
seyn,  für  die  Axen  dieser  drei  Richtungen  einer  Welle  die 
Richtung  des  Lichtstrahls  (oder  den  Halbmesser  der  sphäri- 
schen Welle)  und  zwei  andere  unter  sich  senkrechte  gerade 
Linien  zu  wählen,  die  in.  der^angirenden  Ebene  der  sphäri- 
schen Welle  liegen. 

IV.  Da  der  constante  Factor  a  den  beiden  letzten  der 
Gleichungen  (B)  gemeinschaftlich  ist ,  so  folgt ,  dafs  die  trans- 
vtrtaltn  Schwingungen  nach  der  Richtung  der  y  dieselben  sind 
mit  jenen  nach  der  Richtung  der  z,  so  dafs  es  also  schon  ge- 
nügt ,^  nur  die  eine  dieser  beiden  Schwingungsarten  zu  be- 
trachten« Endlich  folgen  aber  auch  die  Längenschwlnguhgen^ 
die  durch  die  erste  jener  drei  Gleichungen  ausgedrückt  wer- 
den , .  ganz  denselben  Gesetzen,  wie  die  Transversalschwin- 
gungen, da  die  erste  jener  Gleichungen  von  den  beiden  an- 
dern nur  durch  den  constanten  Factor  b  verschieden  ist,    wo 

b  =  aK^  i**.' 

Vi  Die  Schallwellen  pflanzen  sich,  wie  w?r  gesebn  ha- 
ben, in  der  Luft  alle  mit  derselben  Geschwindigkeit  fort,  die 
LSnge  dieser  Wellen  (d.  h«  die  Höhe  oder  Tiefe  des  Tods) 
mag  welche  immer  seyn.  Nicht  so  verhält  es  sich  aber  bei 
dem  Lichte«  Je  kürzer  die  Wellenlänge  X  des  Aethers  ist 
(d.  h.  nach  §.  \\.  II. ,  je  naher  die  Farbe  des  Lichts  dem  vio- 
letten Ende  des  Sonnenspectrums  ist),  desto  langsamer  pflanzt 
sich  die  ganze  Welle  im  Aether  fort,  so  dafs  also  die  violet- 
ten Strahlen  die  kleinsten  Wellenlängen ,  die  schnellsten  Vi- 
brations-  und  die  langsamsten  Fortpflanzungsgeschwindigkei- 
ten haben ,  während  die  rothen  Strahlen  die  grfrfsten  Wellen- 
längen, die  langsamsten  Vibration«-  und  die  schnellsten  Fort- 
pflanzungsgeschwindigkeiten besitzen. 

VL    Bemerken  wir  überhaupt  den    grobes»  Unterschied,  ^ 
der  zwischen  den  Schallwellen  in  der  Luft  und  den  Liehtwet- 


I 

Des  Lichten  $333 


Im  im  Aether  statt  hat.  Die  Fortpflanzungsgeschwindigkeit 
oder  der  Raum ,  den  diese  Wellen  in  einer  Seconde  zurück- 
legen, beträgt  in  der  Luft  (nach  §.  2. 1.)-337,  im  Aether  aber 
280000000  Meter.  Die  Länge  einer  Wall*  der  Lufttheilchen 
aber,  für  die  höchsten  ans  noch  hörbare»  Töne,  ist  (nach 
§.  2.  IL)  nahe  44  Millimeter  (1  j  Zoll) ,  während  die  Wellen- 
länge im  Aether  bei  den  rothen  Strahlen  (»/ehe  unten  §.  17.) 
nur  0,00062  Millimeter  beträgt,  also  ober  tausendmal  klei- 
ner ist.  Jener  höchste  Ton  legt  (§.  2.  IL)  in  einer  Secumie 
8200,  der' violette  Lichtstrahl  aber  in  derselben  Zeit  662  Bil- 
lionen Schwingungen,  also  über  80000millionenmal  mehr, 
als  jener  Ton,  zurück.  Ein  leuchtender  Punct  macht  in  einer 
Secunde  so  viele  Oscillationen,  als  Wellen  auf  die  Strecke 
des  Weges  gehn,  durch  welche  sich  das  flicht  in  einer  Se- 
cunde fortpflanzt,  und  diese  Strecke  beträgt  'nach  dem  Vor- 
hergehenden 280  Millionen  Meter  oder  nahe  die  Entfernung 
des  Monds  von  der  Erde.  Nach  der  Tafel  des  §.  17*  schwingt 
§11  dem  millionsten  Theile  einer  Zeitsecunde  der  rothe  Strahl 
451millionenmal  und  der  violette  662miIIionenmal9  und  diefs 
sind  wahrscheinlich  die  beiden  äufsersten  -Grenzen,  unter 
welchen  uns  das  Licht  noch  sichtbar  ist. 

VII,  Noch  mufs  ein  anderer  wesentlicher  Unterschied 
zwischen  den  Schall-  und  Lichtstrahlen  bemerkt  werden.  Bei 
jenen  bewegen  sich  die  Lufttheilchen  vorzugsweise  in  einer 
auf  die  Oberfläche  der  sphärischen  Welle  senkrechten  Rich- 
tung oder  in  der  Richtung  des  Schallstrahls  (des  Halbmessers 
der  Welle),  bei  diesen  aber  bewegen  eich  die  Aethertheilchen 
wahrend  ihrer  Vibrationen  auf  der  Oberfläche  der  sphärischen 
Wellen  oder  in  einer  senkrechten  Richtung  auf  den  Lichtstrahl. 
Die  erstere  Gattung  der  Vibrationen,  die  der  Luft,  ist  daher  von 
immerwährenden  Verdichtungen  und  Verdünnungen  der  Luft 
begleitet,  die  bei  den  Vibrationen  des  Aethers  vielleicht  gar 
sieht  statt  haben.  Möglich,  dafs  bei  jeder  Störung  des  Gleich- 
gewichts in  der  Luft  und  in  dem  Aether  immer  beide  Gat- 
tungen von  Vibrationen  (in  der  Richtung  der  Fortpflanzung 
der  Welle  und  senkrecht  darauf)  entstehn ,  dafs  aber  unser 
Ohr  für  diese  zweiten  Schwingungen  in  der  Luft,  so  wie  un- 
ser Auge  für  »jene  ersten  Schwingungen  im  Aether  unempfind- 
lich ist,  und  dafs  es  vielleicht  Geschöpfe  giebf,  derdn  Sinne 
jene   uns   unmerkbaren   Sohwingungsarten   det  Luft  und    des 

PPPP2 


1324  üuduUtioot 

Atthers  sehr  wohl  vesttthmeu.  -  Stellen  wie  uns ,  tun  jene 
den  Bewegungen  deutlicher  dannstellen ,  die  Elemente  des 
elastischen  Median«,  in  welchem  der  Schall  oder  das  Licht 
entsteht 9  in  unter  sich  parallelen  Ebenen  vertheilt  vor,  die) 
alle  senkrecht  auf  der  Richtung  stehn ,  in  welcher  sich  -  die 
sphärische  Welle  fortpflanzt.  Dann  \vird  derjenige  Zustand 
der  Oscillationen  dieses  Mediums ,  welcher  dem  Schall  ent- 
spricht, in  einem  Vor*  und  Bückwärl&gchn  jener  Ebenen, 
senkrecht  auf  ihren  Oberflachen,  bestehn,  diese  Ebenen 
werden  sich  unter  einander  abwechselnd  nähern  und  wieder 
ven  einander  entfernen  und  es  werden  gewisse  Perioden  der 
kleinsten  und  gröfaten  Verdichtung  des  Mediums  (Näherung 
jener  Ebenen)  eintreten«  Bei  denjenigen  Oscillationen  aber, 
welche  dem  Lichte  entsprechen,  werden  jene  Ebenen  sich  pa- 
rallel mit  sich  selbst  bewegen,  während  ihre  senkrechten  Ab- 
stände von  einander  immer  nahe  dieselben  bleiben ;  jede  die- 
ser Ebenen/  wird  immer  dieselbe  Entfernung  von  dem  Mittel- 
punete  ihrer  sphärischen  Welle  behalten,  aber  in  bestimmteil 
Perioden  und  nach  bestimmten  Gesetzen  Seittnabtvtichungen 
machen,  so  dafs  also  jene  Schallwellen  den  Longitudiual— 
Schwingungen  (§.  1.  IL),  diese  Lichtwellen  aber  mehr  den 
Transversalsehwingungen  entsprechen, 

15)    Integration  der  Gleichungen  (B). 

Wir  wollen  uns  nun  anschicken,  die  endlichen  Aus- 
drücke aufzusuchen,  die  den  drei  Differentialgleichungen  (B) 
der  «weiten  Ordnung  entsprechen.  Da  aber  diese  Gleichun- 
gen nicht  zwischen  den  gewöhnlich  so  genannten,  sondern 
zwischen  JPartialdifftrtntimlen  statt  haben,  so  wird  es  nicht 
unangemessen  seyn,  über  die  Integration  solcher  Gleichungen 
hier  einige  kurze  Betrachtungen  vorausgehn  zu  lassen. 

L  Nehmen  wir  an,  wir  seyen  bei  der  Auflösung  irgend 
eines  Problems,  das  sich  auf  die  Geometrie  im  Räume  zwi- 
schen den  drei  unter  sich  senkrechten  Co  ordinalen  x,  y,  z 
bezieht,  zu  der  Gleichung  gelangt 

8 


(£)- 


C| 


wo  c  eine  constante  Gröfse  bezeichnet«      Da  jede  Gleichung 
zwischen  drei  solchen  veränderlichen  Grölsen  x,  y,  z,  sie  mag 


De*  Lichtes.  1325 

«hie  endlich«  oder  auch  eine  Differentialgleichung  irgend  einer 
Ordnung  seyn;  im  Allgemeinen  immer. Gm  eine  krumme  Fle- 
che gehört,  so  wird  also  euch  die  gegebene  Gleichung 

5 


>•*-. 


m) 


für  eine  solche  Fläohe  gehören ,  nnd  es*  wk#  nun 'noch  darauf 
'  ankommen,    diese  Flache  näher  zu  bestimmen.      Diese  Glei- 

\  ■  i  _  t 

«hang  sagt  aber,  dafs  die  gesuchte  Fläche  der  Art  ist,  dafs, 
'wenn  in  ihrer  endlichen 'Gleichung  das  Differential  von  z  blofs 
in  Beziehung  auf  x  genommen  oder  wenn  in  dieser  Glei- 
chung blofs  die  zwei  Groben  z   und  x  als   veränderlich  vor- 

dz 
ausgesetzt  werden,  der  Differentialcoefficient  ^—  immer  gleich 

einer  Constanten  örttfäe  o  seyn  soll.  Diese  partielle  Betrach- 
tung der  beiden  veränderlichen  Gröfsen  z  und  x,  ohne  wei- 
tere Rücksicht  auf  die  dritte  Gröfse  y,  wird  in  der  gegebenen 
Gleichung,  nach  der  in  der  Analyse  gebräuchlichen  Art,  durch 
die  beiden  Klammern  ausgedrückt.  Mit  einer  nur  geringen 
Aufmerksamkeit    bemerkt    man   aber    sogleich,    dafs   die   ge- 

—  i  =  c  auch  so  dargestellt  werden  kann 

z  =  ex  +  f(y)f 

wo  f(y)  irgend  eine  wie  immer  von  y  abhängige  Grtffse 
oder  eine  willkürliche  Function  von  y  bezeichnet«  So  kann 
man  2.  B.  annehmen 

xsssex  +  ey"*  oder  z=cx, +aSin.my 
oder 

z -ss  ex  +  a^y  u.  s.  w., 

da  alle  diese  Ausdrücke  für  das  partielle  Differential  von  z 
in   Beziehung  auf  x  oder  für  den  Werth  voo(  g— )  die  Grtf- 

fse  c  wieder  geben,  wie  sie  sollen.  Wir  werden  daher  die 
Gleichung  zwischen  den  endlichen  Groben  X%  y  und  z  oder 
die  Gleichung 

z  =  ex  +  f(y) 

als  das  Integral  des  gegebenen  Ausdrucks 

Bz\ 

sc 


(r) 


am 


1320  Undulation. 

betrachten,  und  die*«  endliche  Gleichung  wird  daher  auch  zu- 
gleich die  Flüche  vorteilen,  welche  wir  suchen. 

Um  diese  Fläche  zu  eonstruiren,  wollen  wir  uns  in  der 
coordinirten  Ebene  der  xz  eine  gerade  Linie  vorstellen f  die 
mit  der  Axe  der  x  einen  Winkel  bildet,  dessen  trigonometri- 
sche Tang**)t4t  gWmti  *  ist.     Die  Gleichung  dieser  Geraden  ist 

bekanntlich  - 

i  •=  ex  +  h, 

und  die  Differentialgleichung  derselben  zwischen  den  getwtfJua- 
liehen  Differentialen  ä-x  und  dz  ist  daher  auch 

dz  =  cdx  oder  -jr—  =a  c,' 

#x  ' 

Ausdruck,    der  mit  dem  vorhergehenden   I  *- l  =  e  bi* 

auf  die  Klammern,  welche  die  partiellen  Differentiale  be- 
zeichnen, vollkommen  übereinstimmt,  so  dafs  also 

z  =  ex  +  b 

das  Integral  von  der  Gleichung 

dz 

?£  =  •     ' 

mit  gewöhnlichen    Differentialen   seyn    Wird.       Die    constante 

GröTse  b  drückt  hier  bekanntlich  die  Höhe  über  der  Ebene  der 

xy  aus,  in. welcher  jene  Gerade  die  Axe  der  z  schneidet,  da 

%  =  b  für  x  =  0  ist»       Allein  diese  Gröfse  b  kommt   in  der 

*  dz 
Differentialgleichung  —  =  c  nicht  mehr  vor ,  d»  h.  diese  Diffe- 

\  C/  X 

rentialgleichung  ist  von  b  ganz  unabhängig!  und  daraus  folgt,  dafs 
diese  Differentialgleichung  viel  allgemeiner  ist,  als  ihr  Integral 
z  =  ex  +  b.  Während  nämlich  dieses  Integral  nur  eine 
einzige  bestimmte  Gerade  ausdrückt,  zu  der  die  GröTsen  a  und 
b  gehören,  drückt  die  Differentialgleichung  dz  =  cdx  alte 
die  Geraden  aus,  zu  welchen  die  Gröfse  a  gehört,  yrelchet 
auch  der  Werth  der  zweiten  Größe  b  seyn  mag.  Oder  mit 
andern  Worten:  die  Gleichung  z  =  ex  -f"  b  gehört  nur  für 
diejenige  Gerade,  deren  trigonometrische  Tangente  jenes 
Winkels  gleich  a  und  deren  Höhe  über  dem  AnEangspnncte  der 
Coordinaten  gleich  b  ist,  während  die  Gleichung  dz=cdx 
für  alle  die  Geraden  gehört,     welche  dieselbe  Tangente  jenes 


Des  Lichte«,  1327 

4 

#  ■"■ 

Winkels  haben,  wenn  «ach  ihre  Höhe  b  noch  so  sehr  von 
jener  ersten  verschieden  seyn  mag,  oder  endlich:  die  Glei- 
chung dz  =  cdx  gehört  für  eile  Geraden,  die  man  in  der 
coordinirten  Ebene  der  x  z  mit  jener  ersten  Bestimmten.  Gera* 
den  z  es  ex  +  b  parallel  gezogen  hat« 

Diese  Allgemeinheit  läfst  sich  aber  noch  weiter  treiben, 
da  offenbar. auch  jede  andere  Gerade  mit  derselben. Tangente  a 
der  gegebenen  Differentialgleichung  dz  =  odx  entsprechen 
wird,  selbst  wenn  sie  nicht  in  der  coordinirten  Ebene  der 
xx,  sondern  nur  in  einer  dieser  Ebene  überhaupt  parallelen 
Ebene  gezogen  wiid ,  die  übrigens  so  weit,  als  man  will,  vor 
oder  hinter  dieser  festen  coordinirten  Ebene  liegen  mag.  Die 
Distanz  dieser  beiden  Ebenen  aber  wird  eben  durch  die  Coor- 
jlinate  y,  die  wir  bisher  noch  gar  nicht  berücksichtigt  ha- 
ben, ausgedrückt,  so  dafs  man  also  sagen  kann,  die  Gleichung 

dz 

—  =  c  gehört  für  alle  jene  geraden  Linien,  die  mit'der  ersten 

Geraden  isox  +  b  in  oder  auch  > aofser  der  coordinirten 
Ebene  der  xz  parallel  sind,  und  um  diese  grölste  Allgemein- 
heit der  Läse  diese/  Linie  auf  eine  kurze  und  einfache  Weise 

auszudrucken,    hat   man  jene  Einschließung    der   Gröfse    ^— 

in  ihre  Klammern  gewählt,  so'dafo  also  die  Gleichung  zwi- 
schen den  partiellen  Differentialen 

5 


m- 


den  Comptex  aller  jener  Geraden  bezeichnet,  die  der  Ebene 
der  x  z  parallel  sind ,  und,  mit  der  Axe  der  x  «inen  Winkel 
bilden,  dessen  trigonometrische  Tangente  gleich  c  ist,  wo  es 
ganz  willkürlich  bleibt,  wie  weit  sich  diese  Geraden  von  der 
coordinirten  Ebene  der  xz  zu  beiden  Seiten  derselben  entfer- 
nen.    Wie  aber  die  Gleichung  r-  =  c  saus    der    gegebenen 

•Beliehen  Gleichung  z  sa  ex  +  b  durch  Differentiation  ent- 
standen ist,  indem  das  Differential  der  constanten  Grobe  ihrer 

Nattft  nach  verschwindet,  so  wird  auch  die  Gleichung 

« 

Bf 


(SO 


"1 


1328  Undulatiom 

zwischen  partiellen  Differentialen  ans  der  gegebenen  Glei- 
chung 

z  es  ex  +  f(y) 

durch  die  Differentiation   entstehn,    da  der  Ausdruck  (  ö~  ) 

nur  das  Differential  von  z  in  Beziehung  auf  x  oder  nur  un- 
ter der  Voraussetzung  ausdrückt,  dafs  bei  diesem  Differential 
die  Gräfte  y  als  constant,  also  auch  jede  Function  f(y)  vony 
als  constant  und  daher  das  Differential  dieser  Function ,  wie 
oben  das '  Differential  der  constanten  Gröfse  b ,  ais  verschwin- 
dend angenommen  wird«  Nimmt  man  daher  alle  jene  unzah- 
ligen ,  unter  sich  parallelen ,  aber  in  verschiedenen  Ebenen  lie^ 
genden  Geraden ,  deren  Gleichung 

d 


(59 


C 


ist ,  in  einer  ^bestimmten ,  übrigens  willkürlichen  Reihenfolge 
an,  so  dafs  man  immer  von  jeder  einzelnen  dieser  Geraden 
sa  der  ihr  nächstliegenden  übergeht ,  so  wird  man  eine  krum- 
me Fläche  erhalten,  deren  Gleichung  durch  das  Integral  der 
letzten  Gleichung  oder  durch 

z  es  ex  +  f(y) 

ausgedrückt  wird«  Io  diesem  letzten  Ausdrucke  ist  das  Will- 
kürliche, welches  in  dem  erwähnten  ganz  freien  Uebergange 
von  der  einen  jener  Geraden  zu  ihrer  nächstfolgenden  liegt, 
durch  die  Gröfse  f(y)  bezeichnet,  so  dafs  also  diese  Gröfse 
f(y)  ebenfalls  eine  ganz  willkürliche  Function  von  y  aus- 
drückt, eine  Potenz,  einen  Logarithmus,  einen  Sinus  von  y 
oder  von  irgend  einem  aus  y  und^constanten  Gröfsen  zusam- 
mengesetzten Ausdrucke,  oder  auch  bald  diese*  bald  jene 
Function  von  y,  so  dafs  selbst  das  Gesetz,  nach  welchem 
diese  Function  fortgeht,  plötzlich  abbrechen  und  in  ein  an- 
deres übergehn,  ja  dafs  selbst  diese  Function  ganz  gesetzlos 
und  rein  willkürlich  fortschreiten  kann,  wenn  sie  nur.  für  je- 
den Augenblick  blofs  durch  die  Coordinate  y  bestimmt  wird 
und  von  den  beiden  andern  x  und  z  immer  unabhängig 
bleibt, 

9 

,   Wenn  man  also,  um  das  Vorhergehende  kurz  zusammen- 
zunehmen,   eine    mit  der  Ebene  der  xz  parallele  Gerade  mit 


Des  Lichte«.  1329 

«ich  selbst  parallel  und  so  bewegt,  tieft  sie  mit  der  Ebene 
der  xy.  stets  denselben  Winkel  bildet,  so  wird  die  Fläche, 
welche  durch  die  Bewegung  jener  Geraden  entsteht,  dnrch  die 
Gleichung  zwischen  partiellen  Differentialen 

8 


(S- 


ausgedrückt  werden  und  das  Integral  dieser  Gleichung  wird 
seyn 

z=cx  +  f(y), 

wo  f  (y)  eine  ganz  willkürliche  Function  von  y  bezeichnet. 
Dieselbe  Flache  läfst  sich  auch  auf  folgende  Weise  darstellen« 
Die  Gleichung  einer  bestimmten,  in  der  Ebene  der  xz  ver- 
zeichneten Geraden  ist  z  =  c  x  -f"  b»  Es  bewege  sich  dann 
eine  willkürliche  und  willkürlich  gelegte  Curve  von  einfa- 
cher oder  doppelter  Krümmung  mit  sich  selbst  parallel  und  so, 
dafs  ein  bestimmter  Punct  derselben  immer  durch  jene  Ge- 
rade geht ,  so  wird  diese  Curve  eine  Fläche  beschreiben ,  de- 
ren Gleichung 


(S- 


oder 

z  =  ex  +  f  (y) 

ist.  Ist  für  einen  besondern  Fall  die  Gröfse  c=0>  so  hat  man 

8 


m = 


0  oder  z  b=  f(y) 


für  die  Gleichung  einer  Ebene,  die  durch  die  Bewegung  ei- 
ner Geraden  entsteht,  die  in  allen,  ihren  Lagen  mit  der  Axe 
der  x  parallel  bleibt.  Bewegt  man  iaher  mit  ganz  willkürli- 
chen Zügen  der  Hand  einen  geradlinigen  Stab  so,  dafs  er  bei 
dieser  Bewegung  seiner  ersten  ursprünglichen  Lage  immer  pa- 
rallel bleibt,  so  wird,  wenn  man  jene  erste  Lage  für  die  Axe 
der  x  annimmt,  die  von  dem  Stabe  im  Räume  beschriebene 
Fläche  durch  die  Gleichung 


(£)  =  0  oder  x  c  f  W 


ausgedrückt  werden« 

II.    Um  ebenso,   in  einem   zweiten  Beispiele,    die  Con- 
struetion  der  Fläche  zu  finden,  deren  Gleichung 


I      r 

1330  7  Undalatioo.  . 

dz 


(50  -5 


ist,  so  hat  man  für  die  bekannte  Gleichung  der  Apollonischen 
Parabel,  'deren  halber  Parameter  a  ist,  die  Gleichung 

z*=2ax. 

Die  trigonometrische  Tangente  des  Winkels,  welchen  die  geo- 
metrische» Tangente  dieser  Parabel  in  jedem  ihrer  Poncte  mit 
der  Axe  der  x  bildet,  ist  aber 

8z  a  , 

8x        z 

und  daraus  folgt  sofort,  daft  diese  Parabel  ,  wenn  sie  sich 
stets  parallel  mit  der  Ebene  der  xz  bewegt,  die  gesachte 
Flache  beschreiben  wird,  deren  Differentialgleichung 

8 


(oz\_  a 


und   deren  endliche  Gleichung  daher 

z*  =  2ax  +  F(y) 
ist,    wo   wieder  F(y)  irgend  eine  ganz  willkürliche  Function, 
von  y  bezeichnet. 


III,    Nehmen  wir  als  drittes  Beispiel  die  Gleichung 
scheu  partiellen  Differentialen 

wo  a  und  b  constante  Grttfsen  bezeichnen«  Um  die  FKcho 
zu  finden,  die  durch  diese  Gleichung  ausgedrückt  wird,  be- 
merken wir  zuförderst,  dafs  die  Gleichung  der  tangirendeo 
Ebene  einer  jeden  Fläche ,  in  dem  Puncto  x'  y  z  derselben» 
folgende  ist  % 

z-z'=(x-xO  (£)  +  Cy-y')  (g)  ...   CD     - 

und  dafs  ferner,  wie  aus  den  ersten  Gründen  der  analyti- 
schen Geometrie  bekannt  ist,  die  gerade  Linie,  deren  Glei- 
chungen 

x "  V  +  * )  •  •  •  et) 

y  =  b«+/S  ( 
sind,  mit  der  Ebene,  deren  Gleichung 


Des  Lichtes.  1331 

Lx+My  +  Nz=i 

seyn  soll,  -»dann  parallel  ist,  wenn  die  Bedingungsgleichung 
statt  hat 

aL  +  bM  +  N  =  0. 

Dieses  vorausgesetzt  wird  die  Linie,  deren  Gleichungen  (2) 
sind)  mit  der  tangirenden  Ebene  (()  dann. parallel  seyn,  wenn 
die  Bedingungsgleichnng 

.      .  .•.(£)+»(£)-«•••»■ 

•  -  * 

besteht,  und  dieses  ist  zugleich  der  oben  aufgestellte  Aus- 
druck« Daraus  folgt  daher  ,  dafs  diese  Gleichung  (3)  öder  viel- 
mehr die  durch  diese  Gleichung  bezeichnete  krumme  Oberflä- 
che durch- die  Bewegung  einer  Ebene  entsteht,  die  in  allen 
ihren  Lagen  mit  der  Linie  (2)  parallel  ist.  Diese  Fläche  ist 
daher  ein  Cy linder  in  der  allgemeinsten  Bedeutung  des  Worts, 
wo  die  Bagis  desselben  eine  ganz  willkürliche  Curve  von  ein- 
facher oder  doppelter  Krümmung  seyn  kann.  Ist  b  =  0,  so 
gehn  die  Gleichungen  der  Geraden  (2)  in  die  folgende  einfa- 
che über 

x  =  az  +  a, 

also    wird   auch  die  Gleichung  (3),    wenn  man  b  =  0  und 


e  =  -  setzt» 
e 


(& 


c$ 


welches  wieder  der  erste  der  oben  betrachteten  Fälle  ist. 

IV.  Nach  diesen  Vorbereitungen  gehn  wir  nnn  zu  der 
gesuchten  Integration  unserer  drei  partiellen  Difierentialglei-r 
chungen  über,  die  sich  alle,  wie  man  sieht,  auf  die  folgende 
Form  bringen  lassen 

Um  das  Integral  der  Gleichung  (C)  zu  finden,  wollen  wir  zu- 
erst bemerken,  dafs  das  der  Gleichung 


\9xdyJ 


offenbar  gleich  ist 


/ 


1332  Undulation. 

%  t=  <p(x)  +  y  (y), 

wo  ?(x)  iigend  eine  Function  von  z  and  y(y)  von  y  i»« 
Denn  wenn  man  von  dem  letzten  Ausdrucke  das  Differential 

Ton z  in  Beziehung  auf  x  sucht  und  der  Kürze  wegen     *J^ 

durch  9'  (x)  bezeichnet ,  so  hat  man  . 

(g)-,rfc. 

und  da  q>' (x)  wieder  eine  blofse  Function  von  x,  ohne  y, 
seyn  mufs,  so  ist  das  Differential  des  letzte*}  Ausdrucks  in  Be- 
ziehung auf  y  oder 

Hatte  man  ebenso  die  Gleichung  ze=qp(x)  +  V(y)  »uerst  in 
Beziehung  auf  y  differentiirt,  so  würde'  man  erhalten  haben 

(i-;)  =  *  <» 

und  davon  Ist  wieder  das  Differential  in  Beziehung  auf  x 

(£k)  oder  (&) "  0>  ™  mvou 

Dieses  vorausgesetzt  sey  nun  , 

x=y  +  — 

J   T    a 

und 

9 

y=.y-7, 

•  » 

durch  welche  beide  Gleichungen  also  blofs  die  beiden  Coor- 
dinaten  x  und  y  mit  anderen  x'  und  y  verwechselt  werden 
so  dafs  z.  B  die  Carve,  welche  durch  eine  Gleichung  zwi- 
schen diesen  beiden  Coordinaten  x,  y  oder  x',  yr  ausgedrückt 
wird,  unverändert  bleibt.  Diese  zwei  Gleichungen'  geben, 
wenn  man  sie  in  Beziehung  auf  ihre  veränderlichen  Grttfsen 
düFerentiirt9 

dx*=*dy  +  — 

a 
und 

es  m       *  V^i 

5y=öy—  -r- 


De*  Lichte«.  13» 

und  .'das  Produet  dieser  beiden  Ausdrucke  ist 

so  data  demnach  die  obige  Gleichung 

d2z 


\dxdyj 


in  die  folgende  übergeht 

a2* 


(^iT^)  =  o, 


die  auch  so  geschrieben  werden  kann 

Allein  dieses  ist  offenbar  unsere  obige  Gleichung  (C),  wenn 
man  blofs  m  ihr  z  in  y  und  y  in  t  iibergehn  lafsü  Daraus 
folgt,  dafs,  wenn  von  den  beiden  Gleichungen 

•    •(&)-•- (SB-*  (8) 

t 

das  Integral  der  einen  bekannt  ist,  dadureh  auch  das  Integral 
der  andern  gegeben  wird.    Es  ist  nämlich  von 

1 0  das  Integral  y  ==  q>  (x)  +  ip  (t) 


\dxdtj 


and  ebenso  ist  von 


oder  auch,   was  dasselbe  ist,  da  9  und  ip  ganz   willkürliche 

mm 

Functionen  von  t  +  -  oder  von  x  +  at  bezeichnen, 

"""•  a    .  — 

y=9(x  +  at)+v(x—  at)...  (C) 

In  der  That  giebt  diese  letzte  Gleichung,  wenn  man  sie  zwei« 
mal  in  Beziehung  auf  t  und  auf  x  differentütt, 

|?=a.9'(x  +  at)-aV(x-at), 

|lZ«a?.^(x+at)-a?.^(x— t), 
und  ebenso 


1334  Undulation. 

so  dafs  also  wieder  x 


(&)-  (B) 


ist,  fwie  es  der  Gleichung  (C)  gemäfs  seyn  soll. 

Diese  Gleichung  (C),  so  wie  ihr  Integral  (C),  drückt  also. 
wie  überhaupt  jede  einzelne  Gleichung  zwischen  drei  Coor- 
dinaten,  eine  krumme  Flache  aus.  Uni  diese  Flache  zu  con- 
struiren  oder  dieselbe  im  Räume  darzustellen,  wollen  wir  wie- 
der die  einfachere  jener  beiden  identischen  Gleichungen  oder 
den  Ausdruck 


GS) = o 


dy 

vornehmen,  deren  Integral  ist 

z=9(x)  +  v(y). 

Man  verzeichne  in  der  'coordinirten  Ebene  der  xx  eine  will- 
FJc.  kürliche  Curve  £f  und  ebenso  in  der  Ebene  yz  eine  andere  will- 
186.  kürliche  Curve  t>£ ,  wo  diese  beiden  Curven  ans  mehre»  an- 
dern Curven  zusammengesetzt,  an  mehrern  Stellen  ganz  un- 
terbrochen oder  discontintirt  und  selbst  ganz  gesetzlos  seyn 
können.  Man  nehme  AP  =  x  und  darauf  senkrecht  in  der 
Ebene  der  xz  die  Gerade  PN  =  9>(x).  Man  nehme  ebenso 
AQ  =a  y  und  darauf  senkrecht  in  der  Ebene  der  ys  die  Ge- 
rade Q  N'  =  V  (y).  Man  ziehe  Q  M'  mit  A  P  und  P  M'  mit 
AQ  parallel  und  errichte  in  dem  Puncte  M',  senkrecht  auf 
der  Ebene  der  xy,  das  LotbM'M=zso>  dafs  M'M^P'N+QN', 
das  heifst,  dafs  z  =  y(x)  -f"  V(y)  ***>  *°  w'r<^  M  ein  Punct 
der  gesuchten  Fläche  seyn,  die  durch  die  Gleichung  (G)  vor- 
gestellt wird.  Dasselbe  folgt  auch  ohne  Zeichnung  sofort 
unmittelbar  aus.  der  gegebenen  Gleichung 

Setzt  man  nämlich  der  Kürze  wegen 

p  =  (§!)  und  a=  (fi)  , 


Des  Lichte*  ,  |33i 

so  kann  jene  Gleichung  entweder  durch  (— )  =  0,  oder 
•ach  durch  ( -3  J==  0  ausgedrückt  werden.  Allein  die  Glei- 
chung I  -£  j  c=s  0  «agt,  dafe  der  Winkel,  dessen  trigonome- 
trische Tangente  p  ist,  unabhängig  von  yy  d.  h.,  dafs  die  Cui- 
ve  £f  selbst  ganz  unabhängig  von  j  ist,  also  in  der  coordi- 
nirten  Ebene  der  xz  liegt  Ebenso  zeigt  auch  die  Glei- 
chung I  J)  =  0,  dafs  die  Gurve v£  von  x  unabhängig  seyn 
und  daher  in  der  Ebene  der  yz  liegen  müsse1. 

Anmerkung  I.  Da  die  Functionen ,  welche  das  Integral 
der  Gleichung  (C)  enthält,  ganz  willkürlich  sind,  so  kann  man 
denselben  verschiedene  Gestalten  geben  je-  nach  dem  Zwecke, 
ißh  man  dadurch' erreichen  will«  Eine  der  einfachsten  dieter 
Gestalten  oder  eines  der  einfachsten  dieser  Integrale  der  ge- 
gebenen Gleichung 

...■'     (S)-G3) 

ist  die  folgende: 

Ä  c.     n«x      n       na»t  ,  x 

jf  =  ÄSin#— —  .Cos.  — r~   ...     (1) 

wo  A  und  n  constante  GröTsen ,  X  die  Länge  der  Welle  (§.  2«) 
und  n  das  Verhältnifs  der  Peripherie  des  Kreises  zum  Durch- 
messer bezeichnet.  Diese  Formel  ist  zuerst  von  dem  engli- 
schen Geometer  Taylor  aufgestellt  worden,  noch  ehe  die  all- 
gemeine Integration  der  Gleichung  (C)  durch  d'Alsmbbrt  ge- 
geben wurde.  In  der  That  giebt  die  Gleichung  (1),  wenn  man 
sie  in  Beziehung  auf  t  differeutiirt,  / 

dy            na«     .  _.      nnx  Ä.     na»t 
-_= jj-.A&n.-p.&o.-p.,         . 

S%y'  /na»\JAC.    o^Xw      na»t 


I 
1    Yergl.  über  die   Integration  dieser  Gleichung   Laoboix  Calcnl 

DifF.  et  Int.  T.If.  p.  686  and  über  die  Gleichungen  mit  partiellen  Dif- 
ferentialen Arbooast  Mdm.  ur  la  natare  det  fonctiom  arbitraires ,  eine 
im  J.  1790  von  d.  Petersb.  Akademie  gekrönte  Preiischrift* 


1336  Undulation» 

und  ebenso  durch  die  Differentiation  in  Beziehung  aaf  x 

—•  CS  —    A  Cos,   -^r—  Cos.  ? — 

0x         X  ^X  X 

d2j  /n*\2   a  c-  '   D»x/i      nt»t 

rf— (t)  a  s». -p- co,. -r-, 

so  dab  also  durch  .diese  Werthe  von  —r  und  — ^   der  Glei— 

dt2  d*a 

chung  (1)  vollkommen  genügt  wird« 

Eine  zweite,  in  den  meisten  Fällen  sehr  anwendbare  Form 
dieses  allgemeinen  Integrals  ist  in  der  Gleichung  enthalten 


y=ASin,  D^(at-x)  +  cl  ,  .  . 


(2) 


wo  wieder  A,  C  und  X  coostante  Gröfsen  bezeichnen,  von 
jenen  die  letzte  die  Länge  der  Welle  anzeigt«  Diese  Glei- 
chung giebt,  wenn  man  sie  zweimal  in  Beziehung  auf  t  dif— 
'ferentiirt, 


^_4  (?»)'a  p^(.,.,)+c]. 


5* 
d 

and   ebenso  giebt   die   doppelte  Differentiation   in  Beziehung 
auf  x  , 


d*Y  d2Y 

so  dats  also  auch  diese  Werthe  von  —7-  und  t-4  der  Glei— 

5t2  $x2 

chung  (C)   vollkommen  entsprechen«      Bemerken  wir  noch, 

dafs  man,  wenn  a  die  Geschwindigkeit  der  Fortpflanzung  des 

Lichts  und  r  die  Zeit  einer  ganzen  Vibration  bezeichnet,  nach. 

§.  2.  hat  X  =  st,  und  dafs  daher  die  Gleichung  (2)  auch  so 

susgedrückt  werden  kann 


y 


j-ABh.[2.(i.-f)+c].] 


/ 
J>e»  £iekt*s.  iSSJ 

Awmfhimg  IL    Wem  aber  Jet  anlgisfillNi  GMchung 
(C)  der  Werth)  nach  der  gefundenen  Gleichung  (2)) 

entspricht,  so  entspricht  ihr  tack  der  iBnlrek»  AttseVack 

.     y^ASin,  [^±^(.*~»>+c]t 

wo  n  alle  ganze  Zahle«  f ,  2,  ß  .  .  besefchmnr  kam,  und 
ebenso  auch  die  analogen  Ausdrücke 

y  =  A"Sin.  p^llli!  (at-^4.c]u.a.w., 

wo  wieder  A',  A",  A"*.  ,  constante  Grüften  bezeichnen.  Ja 
nicht  nur  jeder  dieser  einzelnen  Wertbe  von-  y,  sondern  auch 
ihre  algebraische  Summe  wird  der  obigen  Gleichung  (C)  ent- 
sprechen, so  dab  man  daher  für  das  geeuehtc  Integral  dieser 
Gleichung  den  Ausdruck  haben  wied 

y=2.Aw.Sin.[^±l^(.t-x)+cJ...    (3), 

wo  2  das  bekannte  Summenzeichen  ist  und  wo  n  die  natür- 
lichen Zahlen  0,1,  2,  3  •  .  bezeichnet»  Dieser  Uebergang 
von  der  Gleichung  (2)  zu  der  viel  allgemeineren  und  aus  un- 
zähligen unter  sich  ähnlichen  Gliedern  bestehenden  Gleichung 
(3)  ist  aber  dadurch  begründet  oder  möglich  gemacht  %  dafs  die 
Differentialgleichung  (C) 

um  die  et  sich  hier  handelt,  eine  lineare  .Gleichung,  d.  h. 
eine  solche  ist,  in  welcher  die  in  ihr  vorkommenden »Piffa* 
reatialcoefficienten 


a~v      r9*7\ 


m 


°°i\^} 


nur  in  ihrer  ersten  Potenz  vorkommen.  Demi  nach  de»  er» 
sten  Principien  der  Differentialrechnung  ist  du  Differential  von 
der  3umme  einer  Anzahl  von  veränderlichen  Gröfsen  dasselbe 

dl  Bd.  Qqq<l 


1338        •  ündulationi 

mit  der  Summ  aHei  Differentiale,  dieses/  einzelnen  Gröfsen, 
oder  es  ist  .  , 

5[ax4-by  +  cz  +  *J  =  •#*  4"kdy+c3z+  •  . 
Nicht  so  aber  wird  man  auch  das  Differential   von  dem  Qua- 
drate einer  Snmme  von  Grtifsen  gleich  der  Summe  aller  Dif- 
ferentiale von  den  Quadraten   dieser  einzelnen  Gröfsen  setzen, 
können  9  oder  es  wird  nicht  seyn 

ö.[e^  +  ^y  +  c*+..]2  =  c).a2x2  +  5.b2y2+a.c2y2+..> 

und  ebenso  für  alle  übrigen  Exponenten.  Aus  demselben 
Grunde  wird  man  also  auch  das  oben  angeführte  allgemein» 
Integral  der  Gleichung  (C)  nicht  blofs  durch 

y=9>(x+at), 
sondern  überhaupt  durchs  eine  willkürliche  Anzahl  solcher  Aus- 
drücke, also  durch 

y  =  9)(x+tat)  +  ^(x  +  at) 
+  *(x±aO+,.f 

also  kurz  durch  die  Gleichung 

y=2.y(x+at) 
bezeichnen  können» 

Anmerkung  11L    Es  giebt  aber  noch  eine  andere  merk- 
würdige und  allgemeinere  Form  dieses  Integrals,  nämlich 

ÜAC.  tknx  n  narct  2  „  c.  narx  c.  siat 
y=TASin. — r— Cos. — r—  +  — — •  Boro. — —Sin.  — r — 
J         k  X  X      ■  nan  .  X  X 

die  der  Gleichung 

ebenfalls  entspricht,  wie  man  sich  durch  Differentiation  leicht 
überzeugen  wird,  und  in  diesem  Ausdrucke  können  die  Grö- 
fsen A  und  B  nicht  blofs  Co n starrten  vorstellen,  wie  zuvor 
sondern  auch  durch  sogenannte  bestimmte  (zwischen  zwei  be- 
stimmten Grenzen  der  Veränderlichen  enthaltene)  Integrale 
und  selbst  eine  unbestimmte  Summe  solcher  Integrale  bezeich- 
nen.     Welches  nämlich  auch  die   Graden  y  =  q>(x)  und 

dy 

£-c=sg/(x)  seyn  mögen,    wenn  sie  nur  für  X  =  0  und  für 


I  " 


De«  Licfattfc  lg39 

x  =  X  beide  verschwinden,  so  hat  man,  wie  LieAiaei  zu« 
erst  gezeigt  hat,  immer  die  beiden  Ausdrücke1 

Bnd 


Substituirt  man  also  in  den  vorigen  Ausdrücken  für  y   * 

Sin.  ?i^L  9%'3x' 

o  *  - 

und 

statt  B  die  GrÖfce  '/    Sin. ü^£- tf*' Sx', 

so  erhalt  man  für  das  gesuchte  allgemeine  Integral  der  Glei- 
chung (C)  f  , 

y=^  2.  f     /    Sin,-—  <p*3x   \.Sin.r-j-Cp$.  —j—  • 

»       •  i 

i     2    «   /    /•*  c.    n*x'    ,  ,.  A   e.     »nxc.    ae*t      ... 
+  =sM/0    SJn.-r9,x3x<).SJn.2rS.n._ ...(4) 

nnd  uian  wird  sich  auch  hier  wieder  leicht  durch  Differentia- 
tion überzeugen,  dafs  jedes  einzelne  Glied,  also  auch  die 
Summe  aller  Glieder  der  letzten  Gleichung  den  ursprüngli- 
chen Ausdruck 

wieder  giebt. 

< 

,  Setzt  man  in  dieser  Gleichung  (4)  die  Gräfte  x  =  0 
oder  auch  x  =  X ,  so  erhält  man  y  =  0 ,  welches  auch  der 
Werth  von  t  seyn  mag»  DifFerentiirt  man  aber  die  Gleichung 
(4)  in  Beziehung  auf  y  und  t,  so  erhalt  man 


1    8.  Poissob  TraiU  de  Mtfea&i<jtie.  Sme  e*d.  T.  I#  p.  638.    T.  II. 
p.  803. 

QlM.2 


1340  Uvdulttion.  ' 


2an» 
1* 


I  , 


wo  wieder  n  eine  ganze  und  positiv«!  Zahl  bezeichnet  and 
wo  das  Stmmenzeichen  2  sioh  auf  alle  Werthe  von  nsl 
bit  n  =  oo  erstreckt.  Macht  man  in  den  Gleichungen  (4) 
und  (5)  die  Gröfge  t  =  0,  so  erhält  man 

y  =  yx  und  -i  =  qp'x, 

wo  nämlich  die  Werthe  von  q>x  und  q>x  durch  die  vorher- 
gehenden Gleichungen  (a)  gegeben  werden. 

Anmerkung  IV.  Uebrigens  kann  man  die  Gleichungen 
für  die  Vibrationen  des  Lichts  oder  des  Aethers  auch  auf  fol- 
gende einfachere  Weise  finden.  Da  die  Amplituden  dieser  Yi^- 
brationen  so  ungemein  klein  sind ,  so  kann  man  annehmen^ 
dafs  die  accelerirende  Kraft,  die  auf  das  Aethertheilchen  wirkt, 
immer  proportional  ist  der  Distanz,  die  das  bewegte  Aether- 
theilchen von  dem  Orte  seines  Gleichgewichts  trennt  Ist  da- 
her y  diese  Distanz,  so  hat  man  für  die  Geschwindigkeit  ▼ 
des  Aetheraheilchena  zur  Zeit  t 

Bezeichnet  dann  E  eine  der  ElasticitXt  des  Aethers  proportio- 
nirte  Grobe ,  sa  kann  man  annehmen 

and  das  Integral  dieser  Gleichung,  die  nur  gewöhnliche»  nicht 
partielle  Differentiale  enthalt,  ist 

y^ACos^tfE  +  C), 

wo  A  und  Q  die  zwei  Conatantea  der  Integration  bezeichnen* 
Nimmt  man  für  den  Anfang  der  Zeit  t  den  Augenblick,  wo 
die  Vibration  des  Aetbertheilehens  eben  anfangt,  ao  hat  man 
y=A  für  t=0,  woraus  folgt,  dafs  auch  die  ConstanteC=0 
ist,  so  dab  daher  die  letzte  Gleichung  in  die.  folgende  einfa- 
chere übergeht 


/  Des  I-.icht*J.  |3|| 

Um  die  Periode  t  einer  gante*  ösdUation  tu  finden,    *tfrd 

2  TT 

■tan  t|^B  =  27i  setzen,  so  dafs  also  »=  -4=  wird  and  man 


hat 


•der  endlich,  da  die  Lange  der  Well*  jlma*  ist, 


'  a  /■*      Unat  ,*,. 

ysssACos.  — ^-  ...    (6) 

und  davon  ist  .das  erste  Differential ,  Wenn  man  der  Kürze 
wgea  — j- —  es  B  aetsf, 

•      -||  oder  v=BSln.^^  .  .  .    (7> 

Üie  Gleichung  (6)  giebt  den  Ort  des  vibrirenden  Licnttheilchen* 
in  Besiehung  auf  seinen  ursprünglichen  Ort  des  Gleichge- 
wichts, und  die  Gleichung  (7)  giebt  die  Geschwindigkeit  dieses 
vibrirenden  Lichttheilchens  oder  adoh  die  Geschwindigkeit  des4- 
jenijgen  vibrirenden  Aethe rtheilchens ,  das  rieh  in  dem  Mittel^ 
puncto  der  Vibration  befindet.  Daraus  folgt  aber  sofort,  daß 
man  für  die  Vibration  eines  jeden  andern  Aethertheitchens, 
dessen  Distanz  von  dem  Mhtelpunete  dar  Vibration  (oder  ton 
dem  vibrirenden  Lichttheikhen)  gleich  x  ist)  ha^>en  Wird 

•   yssACos.  y"  (at  — x)  u^  v  =  BSin.*y-  (at — x). 


Wenn  nun  die  Anzahl  der  auf  einander  folgenden  Wellen  sehr 
grofs  ist  ,  so  kann  man  für  x  auch  die  Gröfse  x  +  a  X  +  £* 
setzen  9  wog  eine  ganze  Zahl  und  D  irgend  ein«  andere  Con- 
stante  bezeichnet  t  und  dadurch  gehn  die  beiden  letzten  Bel- 
ebungen in  die  folgenden  über 

y»ACos,^  (at  — x  +  D).  .  •    (9) 
und 

v  =  BSin.^2{nt  —  *  +  DJ  .  .  .    (9) 

weil  oKmlich  die  Bfons  und  Gosinua  eines  Bogana  nicht  e+aata* 
dort  werden,  ww*  mm  ettesvu  flofeeji  mm  2«-*  virgaö&elrtr  j 


134}  Undulation. 

Diese  beiden  Gleichungen  stimmen  aber  gänzlich  mit  der 
vorigen  Gleichung  (2)  der  Anmerkung  (I)  und  mit. ihrem  Dif- 
ferential überein«    Zwar  wird  dort  die  Grobe  y  durch  den  Si- 

nus  und  v  =a  — •  —    durch  den  Cosinus  des  Winkels 

3t 


[t0<~*>+c] 


ausgedrückt,    während  hier  *  umgekehrt  y  durch   den  Cosinus 
und  v  durch  den  Sinus  des  Winkels 


ßr<"— >+DJ 


gegeben  ist  Da  aber  die  GrÖfsen  C  und  D  willkürlich  sind, 
So  können  beide  Ausdrücke  als  identisch  betrachtet  werden« 

Es  kann  daher  sowohl  die  Amplitude  y  der  Welle,  als 
auch  die  Geschwindigkeit  v  der  Vibration  eines  Aethertheil— 
chens  durch  die  Gleichung  (2)  oifit  durch  eine  Gleichung  vom 
ier  Form 

yssASin.  [^  C«t-x)+cJ 

ausgedrückt  werden.  I»  dieser  Gleichung  ist  C  eine  ConsUnte. 
die  zwischen  den  Grenzen  ft  und  X  enthalten  ist  an 4  wodurch 
eigentlich  die  Phase  (§,  1»H.)  der  Welle  ausgedrückt  wird* 
und  die  Gröfse  y  kann  sowohl  die  Geschwindigkeit  als  auch 
die  Amplitude  der  Vibration  bezeichnen. 

Anmerkung  V.  Es  wurde  bereits  oben  (zu  Ende  de« 
§•  14.)  gesagt,  dafs  sich  jede  Vibration  in  drei  andere  unter  sich 
senkrechte  auflösen  läfst.  Nimmt  man  die  Richtungen,  wel- 
che Jedes  Aethert heilchen  zur  Zeit  t  in  seiner  Vibration  an- 
nimmt, den  drei  sen&rechteh  Coordinaten  der  x,  y  und  z  pa- 
rallel, so  lassen  sich  Itir  dieselbe  Zeit  die  Entfernungen  de« 
Theilchens  von  dem  Orte  seines  Gleichgewichts  durch  fol- 
gende Ausdrücke  bestimmen: 

'     xesACos.  ^(«t— D);  yssA'Co».  ^  («t—  D')j 

Etiajnirt  man.  also,  aus  diesen  drei  (Gleichungen -die  Zeit  t#  an 
wiad  man  folgend»  awei.GUfehunge*  tttulte»; 


l>e«  Lichte*.  1343 


CEr+(pMp«*?<»Hr»-«5^iri 


.!«' 


und  diese  zwei  Gleichungen  gehören  für  die  Curve  von  dop- 
pelter Krümmung,,  d.h.  für  die  Trajectorie,  die  von  dorn 
Licbttbeilchen*  während  seiner  Vibration  im  Räume  beschrie-, 
ben  \rird# 

Anmerkung  VI.  Um  endlich  noch  ru  sehn,  auf  welche 
Weise  alle  vorhergehende  Wert  he  von  y  die  Schwingun- 
gen der  Saiten  oder  die  der  Luft  und  des  Aethers  aus- 
drücken ,  wollen  wir  den  obigen  Ausdruck  (zu  Ende  der  An- 
merkung 1} 

y  =  ASin.[2„(i-J)+c] 

wieder  vornehmen  und  im  grdJsern  Einfachheit  die  Grössen 
C  und  x  gleich  Null  setzen;  so  dafs  man  hat 

ac-_   2*t 

y=ASin.  — ,  v 

wo  t  die  Zeit  einer  Schwingung  bezeichnet.  In  dieser  Glei- 
chung wird  der  Werth  von  y  gleich  Null,  so  oft  die  Zeit  t, 
die  seit  dem  Anfange  der  Schwingungen  verflossen  ist ,  ^  ein 
Multipliern  von  der  Schwingungszeit  x  wird,  d.  h.  also,  im 
Anfange  und  am  Ende  einer  jeden  Schwingung«  So  oft  t  um 
\x  wächst,  ändert  y  sein  Zeichen,    behält  *bei   seinen  von- 

gen  Werth  bei ,     weil  dann   der  vorige  Werfh  von  -7—    i* 

w 

^    +  n.  übergeht.       Für  t  =  *t  am>  4*  r»  %<$  .  .    (das 

-  r 

heif$r,  am  Ende  der  ersten  der  vier  Phasen  (§.  1«),  in  welche 
jede  Welle  oder  jede  Schwingung  eingetheilt  wird)  haty  sei- 
nen grölsten  positiven  Werth,  und  ebenso  hat  y  für 

oder  atn^Ende  jeder  *  dritten  Phase-  seinen  grö/sten  negativen 
Werth  u.  s.  w.,  wie  auch  z.  B.  die  gegebene  Zeichnung  dar-  Fi j. 
stellt ,  wenn  man  die  Welle  in  dem  Puncto  A  anfangen  läfst 
und  die  Ordinalen  PM  sc  y  in v  den  beiden   triten   Phasen 


HU  U*dul«UioA. 

A  m  C  der  Welle  positiv  and  in  den  beiden  andern  C  n  B 
gativ  annimmt«  So  wie  y  die  Ordinale  P  Bf  iur  jeden  Punct 
M  der  Curve  AmCoB..  .  vor -  und  rückwärts  des  in  der 
Fqgnr  gpzeitbaeten  Tbeils  4i**er  Carve  ausdrückt,    so  wird 

durch  -p-  die  Geschwindigkeit  der  Bewegung  dieses  Punctes 

in  «Iner  mf  die  Axn  ACB  seakseehten  Richtung  bezeichnet, 
we  die  <Junae  AmCnB  eigentlich  die  PTOJectioo  des  wahren 
Wegs  des  bewegliehen  Puncts  (oder  des  Elements  der  Welle) 
in  dar  Ebene  der  xy  bezeichnet«    Die  letzte  Gleichung 

f  äs  k  Sin»  — —  =ä  A  Sin.  — = — 

t  X 

und  deren  Differential 

Sy      Ihn  „'    2*t       2*Anr      2a*t 

'  COS.  SS  — z —  Cos. 


St  T  T  X  X 

£v 
zeigt,    dafs  die  Wertk«  von  y   und  von  ~  wieder  dieselben 
°  '  v  ^t 


i  so  oft  die  Welle  wieder  ie>jiie*elbe  PJuse  tritt,  nod 
dafs  daher  die  Welle ,  in  Besiehung  mrt  da»  Ort  and  nnf  die) 
Geschwindigkeit  aller  ihrer  Puncte  ,  am  Ende  einer  jeden  Zeit  r 

''X 
oder  am  Ende  eines  jeden  Wegs  -  wieder  in  denselben  Zu- 
stand tritt,  den  sie  am  Anfange  dieser  Zeit  oder  im  Anfange 
dieses  Wegs  gehabt  hat.  Im  teeren  Räume ,  und  wenn  man 
die  beiden  Endpuncte  einer  Saite  ganz  fest  annimmt,  wird 
demnach   diese  Saite    eine   unbestimmte   Anzahl    von  kleinen 

X 
Vibrationen  median,  «Wen  Daner  t  gb  —  ist*  Aliein  der  Wi- 


derstand der  Luft  und  die  Mitftheilnng  eSnes  Tbeils  der  Be- 
wegung der  Saite  an  jene  zwei  fixen  Endpuncte  derselben 
wwd  die  Amplitude  dieser  Schwingungen  (oder  d»  gröfsten 
positiven  und  negativen  Werthe  von  y)  nach  und  nach  ver- 
mindern, ohne  aber  den  Isochronismus  dieser  Schwingungen 
merklich  zu  ändern,  ganz  so,  wie  dieses  auch  bei  der  ganz 
ähnlichen  Bewegung  eines  gewöhnlichen  Pendels  der  Fall  ist. 
Wenn  also  während  eitoer  Zeiteeeirnde  &  solche  Schwingun- 
gen etaftt  haken,  deren  jede  die  Dauer  %  hat,  so  ist  di*  Lunge 

X  einer  jeden  Welle  Hssar  also  auch  t  =  -,  und  da  zuvor 


am  JSpde  Ati  Gleicfaoqgea  (B)  die  Gräfte 


De«  Lichts»  1345 

üXP 

p 

war,  so  ist  «ach 


f      oP 


I 

and  endlich,  da  dt  =  1  Zeitsecunde  ist, 


fH 


übereinstimmend  mit  dem,  was  bereits  oben  (in  §,  3«)  gasagt 
worden  ist«  Für  eine  and  dieselbe  Saite  ist  also,  wie  diese 
Gleichung  zeigt,  diese  Zahl  n  (das  heilst,  die  Rbh*  dee 
Ten*)  der  Quadratwurzel  ihrer  Spannung  P  proportional;  für 
zwei  ans  derselben  Masse  geformte  Saiten  and  von  derselben 
Dicke  ist  das  Gewicht  p  derselben  ihrer  Länge  X  proportional, 
also  verhält  sich  auch  die  Zahl  n,  wenn*  die  Spannungen  bei- 
der Saiten  dieselben  sind,  .wie  verkehrt  die  Längen  derselben; 
endlich  für  zwei  gleichlange  and  gleichgespannte  Saiten  ver- 
übelt eich  die  Zahl  n  wie  verkehrt  die  Quadratwurzel  aus  ih- 
rem Gewichte,  p. 

Alles,  was  hier  von  den  Tran9p$r8al$chwingung$n  einer 
Saite  gesagt  worden  ist,  wird  sich  unmittelbar  auch  auf  die 
Längen$chn>ingung$n  derselben  anwenden  lassen,  wenn  man 
nur  in  den  vorhergehenden  Ausdrücken  statt  der  Grobe  a  die 
Grobe  b  substituirt,  wie  dieses  anmittelbar  aas  den  Gleichun- 
gen (B)  hervorgeht,  von  welchen  die  erste  für  %  and  b  den 
Län£enschwinguugen  angehört.  Setzt  man  in  den  vorherge- 
henden Integralen   der   Gleichung    ( C )   statt  y .  die  Grobe  x 

tttod  etatt  -£  4§e  GrtJfse  ^i     so  wird  man  den  Ort  and  die 
dt  dt9 

Geschwindigkeit  jedes  Elements  der  Welle  in  «Jen  Längen- 
schwingungen erhalten.  Nennt  man  dann  t  die  ganze  Dauer 
einer  Längenechwingang  and  «  die  Anzahl  dieser  Schwin- 
gungen in  einer  Zeitsecunde,  so  hat  man,  wie  zuvor, 

öder  vielmehr,  da  für  die  Läflgenschwingnngen  e  in  b  über- 
geht» 


1346  Urwlulation. 


X 


T7=b 


oder/  da  (uach  dem  Ende  des  §.  14.) 


p 


ist,  so  hat  man  auch 


'  gq 

oder  eodlich,  da  a'j  =  1  Zeitsectinde  ist, 

t 

*  Vergleicht  man  diese  awei  Werthe  von  n  und  n'#  von  wel- 
chen der  erste  für  die  Transversal-  und  der  «weite  fiit  die 
LärigenSchwingungen  gehört,  so  erhält  man 

f  * 

Dieter  letzt*  Ausdruck  scheint  mit  dem  oben  (§.  4.)  «g*4 
führten  «uf  den  ersten  Blick  nicht  übereinzustimmen«  Aber  es 
bezeichnet»  wie  wir  oben  gesagt  haben ,  P  die  Spannung  der 
Saite  im  Zustande  des  Gleichgewichts,  und  q  ist  ein  gegebe- 
nes constantes  Gewicht,  das  von  der  Materie  und  der  Dicke 
der  Saite  abhängt.  Dieses  Gewicht  q  bezeichnet  also  diejenige 
Spannung,  die  man  anwenden  mufs,  um  die  natürliche  Länge 
der  Saite  zu  verdoppeln,  wenn  man  das  Gesetz  der  Ausdeh- 
nung der  Safte  constant  annimmt.  In  der  That,  setzt  man  , 
voraus,  dafs  für  eine  gegebene  Spannung  J  die  Lange  eines 
'bestimmten  Theils  dieser  Saite  sich  in  dem  Verhältnifs  von 
(l  +  d)  zur  Einheit  ausdehnt,  so  wird  das  Element  M  diese! 
Saite,  das  im  Zustande  des  Gleichgewichts  .und  in  dem  der 
Bewegung    die    Spannungen   P   und   T   erleidet,    sich  in  den 

d  P  •$  T 

Verhältnissen  von  1  +  —?  und  1  -J-  — x  *u*  Einheit  verlän- 
gern; die  Längen  3x  und  3  s  in  diesen  zwei  Zustanden  wer- 
den sich  also  wie  J  +  AP  zu  J  +  öT  verhalten ,  sp  dab 
man  haben  wird 

du  ~J  +  4P  • 


De*  Licht**.  ,    1347 

worans  folgt,  wenn  man  das  Quadrat  von  3  wegläfct,    . 

ös-an      d(T  —  P) 

,    »  >   i '  »  ■■  CSS  ■      '     p  ■    fe 

Es  war  aber  (oben,  kurz  vor  den  Gleichungen  (B)) 

8$  —  5u  =  5x  und  T  —  P=  ^, 
also  ist  auch  der  letzte  Ausdruck 

j 

daa  helfet,  q  ist. die  Spannung,  die  zu  der  Verlängerung  d  =  f 
der  Saite  gehört ,  oder  diejenige  Spannung ,  welche  die  Länge  < 
der  Saite  verdoppeln  würde ,    wenn    die   Verlängerung  dersel-    , 
ben  immerfort;  gleichförmig  zunehmen  follle«       Da   abar  die 
Spannung  P   einer,  tonenden   Saite    st*u   sehr  .  weit  vpn .  jener 
entfernt  ist,   welche  die  Länge  diesejr  Saite  verdoppelt«  wü/de, 

so  folgt,  dafs  das  Verhältnis  der  Längen  zu  den  Transversal« 
Schwingungen  oder  dafs  die,  Grö'fse 

±=fT        «        .-••■■ 

n  *  -  * 

•  *^  • 

immer  sehr  bedeutend  gegen  die  Einheit  seyn  müsse.  Man 
kann  sie  a  priori  durch  die  Verlängerung  einer  Saite  bestim- 
men,* die  durch  eine  direot  gemessene  Spannung  P  erzeugt 
toird;     Denn  nennt  man  a  diese  Verlängerung ,  so  hat  man 

P~JT' 

weil  3%  die  zu  der  Spannung  ^gehörende  Varlängernng  ist*  \ 
Substituirt  man  d^ea,e  Werthe  von  . 

P  =  tt"  und  q  e=  -r- 

-     3X  *        ö 

in  dem  vorhergehenden  Ausdrucke 

, .  ■ . .  ■  2L*=ri\ 

n         «    P» 
so  erhält  man 

^rainstim«««d  wt  o>r  ebe*  (§*4*)  angeführten  Gleichung. 


1348  Undulatien. 

C.    Interferenz    des  Lichte», 

16)     Interferenz  des  Lichtes  in  ihrer  einfachsten 

Gestalt. 

Nach  diesen  allgemeinen  Betrachtungen  über  die  Glei- 
chungen (B),  von  welchen  die  ganze  Theorie  der  Undulation 
abhängt  y  wollen  wir  jetst  zu  den  verschiedenen  Anwendun- 
gen und  Folgerungen  übergehn,  die  sich  aus  jenen  Gleichun- 
gen ergeben.  Eine  der  interessantesten  und  zugleich  für  die 
Undulationstheofie  wichtigsten  Erscheinungen  ist  die,  die  man 
unter  der  >  Benennung  der  Intsrforent  des  Lichtes  begreift« 
Durch  diese  Erscheinung  ist  die  Wellentheorie  des  Lichtes  ei- 
-  gentlich  begründet  und  in  ihren  Hauptzügen  ausgebildet  wor- 
den, so  wie  durch  sie  der  nunmehr  unbestrittene  Vorzug  die- 
ser Theorie  vor  der  Bm«*anonshypothe*e  begründet  worden 
ist«  daher  es  angemessen  erscheinen  wird,  die  folgenden  Be- 
trachtungen ebenfalb  mit  ihr  zu  beginnen«    - 

Um  uns  zuerst  mit  der  Thatsache,  um  die  es  sich  hier 
handelt,  bekannt  zu  machen)  *o  bemerkte  schon  Gaimaldi 
im  sechzehnten  Jahrhunderte ,  dafs  ein  erleuchteter  Kör- 
per, wenn  unter  gewissen  Umständen  noch  ein  neues  Licht 
auf  ihn  fällt,  in  dieser  doppelten  Beleuchtung  dunkler  erschei- 
nen könne,  als  bei  o)**  einfachen;  allein  die  wiohtige  Beob- 
achtung ging  unbemerkt  vorüber,  bis  endlich  Youve  im  Jahre) 
1800  die  Physiker  wieder  auf  diesen  merkwürdigen  Gegen- 
stand mit  Nachdruck  aufmerksam  machte.  Sein  zu  dieser  in- 
teressanten Entdeckung  führender  Versuch  war  folgenden  Er 
Kefs  das  Sonnenlicht,  nachdem  es  durch  eine  gefärbte  Glas- 
p*  platte  MN  gegangen  war,  durch  zwei  sehr  reine  und  sehr  nahe 
187.  kreisförmige  Oeffaungen  O  und  O*,  die  in  einem  Schirm  an- 
gebracht waren,  in  ein  finsteres  Zimmer  fallen.  Die  durch 
diese  Oeftnungen  eintretenden  Strehlenkegel  O  A  B  und  O'  A  B 
werden  sich  bei  C  durchschneiden,  ;  und  wenn  man  diese 
Durchschnittsstellen  auf  einer  weifsea  föfel  auffängt,  ^o  wird 
man  auf  dieser  Tafel  mehrere  helle  und  dunkle  Puncte  neben 
einander  bemerken.  Wenn  aber  die  eine  der  beiden  Öeff- 
nungen  O  oder  O'  verschlossen  wird,  so  verschwindet  diese 
*     Abwechslung  der  hellen  und  dunklen  Flecken  auf  der  weihen 

TjM  segtadl  und   an  ihrer  Steift  fttnerftt   um  blseV  «t* 


Des  LUites.  Interferenz.  1348 

«•■  gtt&eren,    in    aMen   seinen  Theileu  nah*  gltkb  liebten 
Flecken» 

Noch  viel  aegeufsHiger  wird  man  diesen  Versuch  nach 
Fbcsvil9»  Anleitung  auf  folgende  Weit«  ensteWen.  In  dem 
Fensterladen  eines  verfinsterten  Zimsner»  bringt  »Mi  in  einer 
kleinen  OetTnung  ein»  blconvexe  GlasKns«  >  von  tebr  kurser 
Brennweile  an,  so  dafs,  wenn  die  Linse  Ton  4er  Senne  be- 
schienen wird,  im  Brennpuncte  des  Glases 'ein  kf eines  und 
sehr  lebhaftes  Lichtbild  entsteht,  welches  wir  als  die  Quelle 
desjenigen  Lichtes  betrachten  wollen,  dessen  Interferenz  wir 
an  untersuchen  wünschen*  Um  ein  homogenes  oder  blofs  ein- 
farbige* Licht,  in  Welchem  die  Erscheinung  am  deutlichsten 
hervortritt,  zu  erhalten,  wird  man  vor  die  Linse,  auf  der  an- 
dern Seite  ihres  Brennponctes,  ein*  z.  B»  dünkelroth  gefärbte 
Glasscheibe  stellen.  Indem  verfinsterten  Zimmer  aber  wird  man 
awai  eben»  Spiegel  (von  Metall  oder  auch  von  auf  der  Rück- 
seit»  geschwärztem  Glase)  so  aufstellen,  dafs  sie  nur  sehr  we- 
nig gegen  einander  geneigt  sind  oder  dafs  sie  mit  einander 
sehr  nahe  einen  Winkel  von  180  Graden  bilden,  wo  daher 
die  von  diesen  beiden  Spiegeln  zurückgeworfenen  Lichtstrah- 
len sich  in  swei  Bündeln  kreuzen,  die  nur  einen  sehr  klei- 
nen Winkel  nnter  einander  bilden.  Sey  S  der  Brennriunct  Fig. 
der  linse  oder  die  erwähnte  Lichtquelle  und  MN,  MN'  die1*** 
Durehschnittsüaien  der  beiden  Spiegel  mit  einer  Ebene ,  die 
durch  S  geht  nnd  senkrecht  auf  derjenigen  Linie  steht,  in 
welcher  die  beiden  Spiegel  selbst  einander  schneiden.  Die 
einfallenden  Strahlen  SG  und  SG'  werden  von  den  beiden 
Spiegeln  nach  GE  und  G'E  zurückgeworfen  und  das  Auge  in 
E  würde  die  beiden  Bilder  der  Lichtquelle  in  den  Puncten  I 
und  r  hinter  den  Spiegeln  zu  sehn  glauben.  Statt  dieses  Au- 
ges wojlen  wir  aber  einen  weifsen  Schirm  KEK*  durch'  den 
Panct  E  so  stellen,  dafs  er  senkrecht  auf  der  Linie  EO  stehe, 
die  durch  die  Mitte  O  der  Linie  II'  geht.  Nach  den  be- 
kannten Reflexionsgesetzen  werden  die  swei  reflectirten  Strah- 
len G  E  und  G  E'  in  dem  Pnncte  E  des  Schirms  dann  aokom-- 
Ken,  wenn  sie,  von  der  Lichtquelle  S  an  gezahlt,  die  zwei  glei- 
eben  Wege  SGE  =  SG'E  =  EI  =  ET  zurückgelegt  ha- 
ben» Man  wird  daher  die  beiden  Puncte  I  und  V  hinter  den 
Spiegeln  als  zwei  identische  Lichtquellen   betrachten   können, 


I3S0  Undmlation. 

'  die  man  de?  ersten  S  tnbsätuirt  hat ,  and  ebenso  wird  man 
das  von  den  beiden  Spiegeln  in  G.  und  G'  zurückgeworfen  * 
Lieht  als  reflectirte 'Lichtwellen  ansehn,  die  alle  die  Gestalt 
einer  Kugelfläche  haben,  depen  Mittelpunct  I  und  1' ist.  Diese 
Lichtwellen  werden  dem  Aether  in  jedem  Augenblicke  eine 
neue  Vibration  mittheilen,  und  da  die  Gröfce  und  Richtung 
dieser  Vibrationen,  wovon  die  einen  von  I,  die  andern  von lj 
kommen,  wegen  des  sehr  kleinen  Winkels  IEI'  bei  beiden 
Wellenarten  gleich  und  sehr  nahe  dieselben  sind ,  so  wird  der 
Punct  E  des  Schirms  sehr  glänzend  und  doppelt  so  hell  er- 
leuchtet erscheinen,  als  wenn  nur  einer  der  beiden  Spiegeide 
wäre.  In  jedem  andern  Puncto  P  des  Schirmes  aber,  aufsec 
der  auf  11'  gezogenen  Normale  OB,  werden  die  von  G  und 
G' refiectirten  "Wellen,  die  von  den  Mittelpuncten  I  und  I'  za 
kommen  scheinen,  nicht  mehr,  wie  zuvor,  je  zwei  zusammen- 
gehörende, paarweise  zu  derselben  Zeit  in  dem  Puncto  E  an- 
kommen, sondern  die  eine  wird  um  die  Distanz  PI' — P£s=p 
später  oder  früher  als  die  andere  in  dem  Puncte  E  eintreffen* 
Ist  nun  diese  Distanz  p  gleich   einer   halben  Wellenlange  des 

'  Lichts,  so  werden  die  Aethertheilchen  in  P  in  jedem  Augen- 
blicke von  zwei  Geschwindigkeiten  in  Bewegung  gesetzt  wer* 
den,  die  einander  an  Gröfse  gleich,  aber  in  ihrer  Richtung 
gerade  entgegengesetzt  sind.  Die  eine  dieser  Geschwindigkei- 
ten wird  das  Aethertheilchen  in  demselben  Augenblicke  eben- 
so viel  aufwärts,  als  die  andere  abwärts,  oder  ebenso  viel  vor-- 
wärts,  als  die  andere  rückwärts  zu  bewegen  suchen,  und  das 
Resultat  dieser  ..beiden  Bewegungen  wird  sehr  nahe  eine  V01-: 
lige  Ruhe  des  Elements  oder  ein  Minimum  des  Lichts,  ein 
gänzlicher  Mangel  des  Lichts  seyn  oder  der  Punct,  P  des 
Schirms  wird ,  in  Vergleichung  mit  dem  sehr  Kell  erleuchteten 
Puncte  E,  dunkel  erscheinen,  Ist  aber  für  einen  andern  Punct 
P/  die  oben  angeführte  Differenz  p  gleich  einer  ganzen  Wel- 
lenlänge, so  werden*  die  von  den  beiden  aus  1  und  1'  kom- 
menden Wellen  hervorgebrachten  Vibrationen  des  Aethers  für 
diesen  Punct  P'  wieder  übereinstimmen  öder  beide  Wellen 
werden  den  Punct  P  nicht  nur  mit  derselben  Geschwindigkeit, 
sondern  auch  in  derselben  Richtung  zu  bewegen  suchen,  so 
dafs  also  auch  die  Bewegung  dieses  Punctes,  so  wie  die  un-* 
mittelbar  daraus  folgende  Beleuchtung  desselben  wieder,  wie 
in  E,  das  Doppelte  der  einfachen  Beleuchtung  oder  dafs  in  P* 


De«  Liphte*    Interferenz.  1551 

wieder  ein  eehr  hell  beleuchteter  Ponct  des  •Schirme  eeyn  mufe, 
Da  aber  die  Concordans  und  die  Diskordanz  der  Wellen,  aJse 
auch  der  Beleuchtung  von  dem  gröfsten  zu  dem*  kleinsten 
Werthe  derselben  und  umgekehrt  auf  eine  nirgends  unterbro- 
chene oder  auf  eine  stetigte  Weise  fortschreitet  ,  so  wird  auch 
das  Licht  zu  -beiden  Seiten  des  Puncts  E  stetig  ab-  und  wie- 
der zu-  und  wieder  abnehmen,  oder  man  wird  zu  beiden 
Seiten  des  Puncts  E  auf  dem  Schirme  helle  und  dunkle  Strei- 
fen mit  einander  abwechseln  sehn ,  wie  dieses  auch  in  der 
That  den  Beobachtungen  vollkommen  gemäTs  ist.  Man  sieht 
daselbst  sehr  deutlich  die  hellrothen  Streifen  oder  Fransen 
(wenn  man,  wie  erwähnt,  eine  rothe  Glasscheibe  vor  die  Linse 
gesetzt  hat)  mit  andern  dunklen  und  fast  schwarzen  Fransen 
abwechseln.  '  Alle  sind  unter  sich  parallel  und  äquidistant  und 
ihre  Anzahl  steigt  bis  auf  20,  ja  selbst  30,  obschon  ihre  Leb- 
haftigkeit abnimmt,  wie  ihre  Entfernung  von  der  Mitte  E 
wächst. 

Diese   Abnahme  der   Streifen  in  gröfserer.  Weite   von   E 
hat  ohne  Zweifel  ihren  Grund  darin,  dafs  man  nur  selten  oder 
nie  mit  ganz  homogenem  (gleichfarbigem)  Lichte  experimenti- 
ren  kann.     Wenn  aber  auch  Licht  von  andern  Farben  beige- 
mischt ist,  also    auch   Wellen  von   verschiedenen  Längen  zu- 
gleich in  denselben  Puncten    des  Aethers   eintreffen,    so  wird 
es  geschehn,  dafs  während  z.  B.   für  den  Punct  P    die  Diffe- 
renz genau  gleich    1,2,  3  •  •   ganzen  Wellenlängen   des  ro- 
then  Lichts   ist,     dasselbe   für   die   anders   gefärbten   Strahlen 
nicht  auch  statt  hat,  und  dafs  daher  dadurch  die  von  den  ro- 
the n  Strahlen  in  P  erzeugte  grössere  Lichtstärke  von   den  an- 
dersgefärbten  Strahlen  wieder  vermindert  wird,    was  um  so 
häufiger  eintreten  mufs,  je  weiter  der  Punct  P  von  dem  Mit- 
telpuncte  E  entfernt  ist      Wiederholt  man    dasselbe  Experi- 
ment mit  einem  andern,  z.B.  mit  blauem  oder  gelbem  Lichte, 
so  sieht  man  wieder  jene  Abwechselung  der  hellen  und  dun- 
keln Streifen ,  aber  die  Breite  dieser  Streifen  ist  für  jede  Farbe 
eine  andere.      Stellt  man  endlich  gar  kein  gefärbtes  GJas.vor 
die  Linse  oder  operirt  man  mit  weifsein  Lichte  (d.  b.  mit  al- 
len Farben  zugleich),  so  bemerkt  man  auf  dem  Schirm  eine  Auf- 
einanderfolge von  .Streifen,  die  aus  allen  jenen  früheren  gefärbten 
Streifen  zusammengesetzt  sind;   der  mittlere  Streifen  bei  E  ist 
weifs  und  zu  beiden  Seiten  desselben  sieht  man-  dunkle  mit 


1352  Uadulfttion, 

regenbogenfarbigen  Frenzen  abwechseln,  bi*  endHch  die  bei- 
dten  äofsersten  Grenzen  de*  Lichtbildes  wieder  von  weifte« 
Lichte  eirigefefat  erscheinen.  In  eilen  den  erwähnten  Fellen 
verschwindet  diese  Abwechselung  der  Streifen  des  Schirms  so- 
gleich, wenn  einer  der  beiden  Spiegel  weggenommen  oder 
bedeckt  wird,  woraus  deber  die  Notwendigkeit  dee  Zasaee- 
mcnkommen*  zweier  Lichtbündel  für  die  Erscheinung  jener 
Streifen  unmittelbar  folgt 

Die  oben  erwähnte  nur   kurze  Focaldistanz   der  Glaslinse) 
Ist  ebenfalls  nöthig,    wenn   das   Experiment  recht  augenfällig 
erscheinen  soll«     Man  mufs  nämlich  die  erwähnte  Lichtquelle 
oder  den  Brennpnnct  S  der  Linse  als  den  kreisförmigen  Durch- 
schnitt eines  Kegels  (dessen  Basis  die  Sonne  und  dessen  Schei- 
tel die  Mitte  der  Linse  ist)  mit  einer  auf  der  Axe  dieses  Ke- 
gels senkrecht  stehenden   Ebene  ansehn«      Dieser   Kreis  wird 
offenbar  desto  kleiner  seyn,  je  kurzer  die  Brennweite  der  linse 
ist«    Man  sieht  aber  auf   den   ersten  Blick,'  dafs  dieser  Kreis  ' 
nur  sehr  klein  seyn  darf;  denn  man  stelle  sich  nur  vor,   dafs 
bei  den.  vorhin  angeführten  Versuchen   der  Punct  S   sich  im- 
mer hin  und  her  bewege,  so  werden  dadurch  auch  jene  Strei- 
fen auf  dem  Schirme  in  Bewegung  gerathen ,  und  ebenso  wird 
euch  jeder  Punct  der  Peripherie  dieses  Kreises ,   wenn  er  eine 
beträchtliche  Gröfse  hat ,  seinen  eigenen  Streifen  auf  der  Tafel 
erzeugen;  alle  diese  Streifen  werden  sich  über  einander  legen 
oder   unter  einander   mischen   und  man  wird  sie  nicht  mehr, 
deutlich  unterscheiden  ktinnen. 

# 

Endlich  müssen  auch  die  Lichtstrahlen,  wenn  sie  eine 
Interferenz  eingehn  seilen,  ans  derselben  Queue  S  kommen« 
Man  könnte  jene  Fransen  und  Streifen  nie  erhalten,  wenn  man 
die  zwei  auf  die  beiden  Spiegel  fallenden  Lieht  bändet  SG 
und  SG'  aus  zwei  verschiedenen  Lichtquellen  S  und  S*  ans» 
gehn  liefse.  Die  Ursache  davon  ist  ohne  Zweifel  folgende.  Es 
ist  äufserst  unwahrscheinlich,  dafs  irgend  ei»  leuchtender? 
Pnnct  S  seine  Vibrationen  durch  eine  beträchtlich  lange  Zeit 
in  immer  isochronen  Bewegungen  fortsetzen  kann.  Im  Ver- 
fölge dieser  nach  einander  eintretenden  Vibrationen  werden 
okne  Zweifel  manche  Störungen,  Verzögerungen  und  Be- 
schleunigungen statt  haben«  Altern  diese  Perturbationen  wer- 
den   der  Interferenz    des   Lichts  im  Allgemefee»  nicht  est- 


/ 

.  / 

'  *  I  < 

Des  'Lichtet,     Interferenz.  1353 

gegen  seyn,  so.  lange  Dar  dieses  Licht  selbst  ans  einer  und 
derselben  Quelle  S  kommt  *  Ja  die  verschiedenen  Wellen,  die 
nahe  in  denselben  Augenblicken  aus  dieser  Quelle  fliefsen, 
alle  mit  denselben  Perturbationen,  behaftet  und  daher  ihre 
Concordanz  und  Discordanz  auch  dieselben  seyn  werden.  Al- 
lein wenn  diese  Wellen  von,  zwei  verschiedenen  Lichtquellen 
ausströmen,  so  wird  das  eine  Wellensystem  ganz  andere  Stö- 
rungen erleiden,  als  das  andere,  und  jene  regelmaTsige  Ver- 
doppelung und  Vernichtung  des  Lichts  wird  nicht  mehr  statt 
haben,  so  dafs  das  Auge  in  dem  Bilde  des  Schirms  nur  noch 
eine  undeutliche,  in  ihren  verschiedenen  Stellen  verwaschene, 
hellere  Fläche  erkennen  wird. 

Wenn  man  also,  um  alles  Vorhergehende  kurz  zusammen- 
zufassen,  zwei  Lichtwellensysteme  (oder  zwei  Lichtstrahlen, 
nach  der  alten  Art  zu  reden),  die  aus  derselben  Quelle  kom- 
men and  dasselbe  (farbige  oder  weifse)  Licht  enthalten,  zu 
gleicher  Zeit  auf  ein  Aethertheilchen  wirken'  lafst,  so  wird 
dadurch  dieses  Theilchen  in  eine  doppelte  wellenförmige  Be- 
wegung versetzt,  und  die  vier  Phasen  einer  jeden  dieser  zwei 
Wellen  werden  mit  einander  im  Allgemeinen  nicht  überein- 
stimmen ,  oder  das  Aethertheilchen  wird  vermöge  der  ersten 
Welle,  auf  der  es  sich  bewegen  soll,  z.  B.  am  Ende  der  1., 
2«  %  3ten  Phase  seyn ,  während  es  in  Folge  der  zweiten  Welle 
in  demselben  Augenblicke  schon  das  Ende  der  2.,  3*>  4ten 
Phase  u.  s.  w.  erreicht  haben  wird.  Da  nun  beide  Wellen, 
unserer  Voraussetzung  gemäfs,  von  gleichfarbigem  Lichte 
(dessen  Wellenlängen  X  alle  von  gleicher  Gröfse  sind)  kom- 
men, so  kann  es  geschehn,  dafs  das  eine  System  dieser  Wel- 
len etwas  früher  oder  später  von  der  Lichtquelle  ausgeht,  ab 
das  andere,  oder  auch,  dafs  sie,  obsehon  zu  gleicher  Zeit  aus 
der  Lichtquelle  ausgetreten ,  doch  verschiedene  Wege  (S  G  +  G  E) 
und  (SG'  -f-  G'E)  durchlaufen,  bis  sie  zu  ihrem  gemein- 
schaftlichen Durchschnittspunct  E  gelangen*  Wenn  nun  die 
dadurch  entstehende  Verzögerung  oder  Beschleunigung  irgend 
eine    gerade    Anzahl  von    halben  Schwingungslängen   (also 

2  (|)  ,  4  (|),  6(|) .  .  oder  X,  2X,  3*  .  .,  im  AHge- 

meinen  nX,    wo  n    die   natürlichen   Zahlen    1 ,   2 ,   3  .  .  be- 
zeichnet) beträgt ,     so  werden  diese  zwei  Wellensysteme  dem 
Aethertheilchen  in  jedem  Augenblicke  gleiche  Geschwindigkeiten 
IX.  Bd.  Rrrr 


V 


1354  Undulation. 

und  auch  in  gleichen  Richtungen  mittheilen,  and  die  Folg« 
davon  wird  ein  helleres  Licht  dieses  Theilchens,  wird  eine 
gröbere  Intensität  der  Beleuchtung  des  Aethers  in  der  Nähe 
dieses  Theilchens  seyn.       Wenn*  aber   jene  Verzögerung  eine 

ungerade  Anzahl  von  halben  Schwingungen  (also  l^)»3(  nL5f  #^J 

od  er.  überhaupt  (2n  +  i)  —  Schwingungen)  beträgt,  so  wer- 
den jene  zwei  Wellensysteme  in  dem  Augenblicke  ihres  Zu- 
sammentreffens dem  Aethertheilchep  zwar  noch  immer  gleich« 
Geschwindigkeiten,  aber  in  entgegengesetzten  Richtungen  mit- 
theilen und  die  Folge  der  Superposition  dieser  zwei  Wellen 
wird  eine  Aufhebung  aller  Bewegung  des  Aethertheilchens 
seyn,  oder  das  Theilchen  wird  in  Ruhe  bleiben f  kein«  Vi- 
bration erhalten,  also  auch  kein  Licht  mehr  haben.  Das  letzte 
wird  z.  B.  d er •  Fall  seyn,  wenn  das  AethertheUchen  in' Folge 
Fig.  der  einen  Vibration  die  Welle  AMC  NB  und  in  derselben 
189*  Zeit  iQ  Folge  der  andern  Vibration  die  Welle  amenb  be- 
schreiben und  zu  gleicher  Zeit  die  Stellen  A  und  a,  M  und 
m,  N  und  m  u,  s.  w.  einnehmen  soll,  wo  z.  B.  die  Or- 
dinaten  PM,  pm,  .  der  Curve  die  Geschwindigkeiten  des 
Aethertheilchens  ausdrücken«  Diese  Geschwindigkeiten  sind 
für  die  Puncto  M  und  m,  so  wie  für  die  Puncte  N  und  n 
dieselben,  aber  von  verschiedenen  Zeichen,  so  dafs  sie  sich 
in  diesem  Falle  gegenseitig  aufheben  oder  dafs  diese  Ge- 
schwindigkeiten und  daher  auch  das  Licht  gänzlich  verschwin- 
den. Wenn  man  also  zwei  Lichtbüodel  mit  einander  ver- 
mischt, oder  wenn  man  zu  einem  bereits  bestellenden  Lichte 
noch  neues  Licht  giebt,  so  kann  die  Folge  davon  (nicht  eine 
▼erstarkte  Beleuchtung,  wie  man  erwarten  sollte,  sondern)  ein 
gänzlicher  Mangel  aller  Beleuchtung  oder  eine  völlige  Fin- 
Uernije  seyn.  In  diesem  merkwürdigen  gegenseitigen  Auflie- 
ben oder  Zerstören,  in  dieser  Interferenz1  des  Lichts,  die 
durch,  die  Beobachtungen  über  allen  Zweifel  erhoben  ist,  liegt 
zugleich  der  schönste  Beweis  für  die  Undulaüonstheorie  und 


1  Tbomas  Yoüho  hat  diesen  Aasdrnck  eingeführt.  Er  ist  eat» 
nomnen  vom  englischen  Worte  to  hUerferet  sich  verwickeln,  sich  ein- 
mischen o.  f.  w.  * 


Des  Lichte*.    Interferenz,  1355 

stärkste  Widerlegung  der  alten  Emissionstheorie  de*s  Lichts, 
da  sich  die  Interferenz  durch  diese  letzte  Lehre  durchaus  nicht 
erklären  läfst.  Wir  werden  bald  (§.  19.)  denselben  Gegen- 
stand mit  Hülfe  der  mathematischen  Analyse  näher  zu  be- 
trachten Gelegenheit  erhalten. 

17)     Geschwindigkeit  der  Vibrationen   des 

Lichts« 

Die  Interferenz  giebt  zugleich  ein  sehr  einfaches  Mittel, 
die  Länge  der  Wellen  und  die  Geschwindigkeit  der  Vibra- 
tionen des  Lichts,  in  diesen  Wellen    zu   messen«       Man  kann 

nämlich   die   zwei   so    eben   untersuchten   Lichtbilder  I  und  I'Fiff* 

190 
hinter  den  beiden  Planspiegeln  als  zwei  identische  Lichtguel-      ° 

len  betrachten ,  die  man  der  früheren  einfachen  Quelle  S  sub- 
Stituirt.  Die  von  den  Spiegeln  zurückgeworfenen  Lichtwellen 
werden,  wie  bereits  erwähnt,  sphärische  Wellen  seyn,  die 
ihren  Mittelpunct  in  I  und  l'  haben.  Die.  vollen  Kreise  der 
Figur  mögen  die  Oberflächen  aller  derjenigen  aus  I  und  1' 
kommenden  sphärischen  Wellen  bezeichnen,  die  zu  derselben 
Zeit  um  X,  um  2X,  um  3A«.  oder  kurz  um  eine  ganze  An- 
zahl von  Wellenlängen  von  einander  abstehn«  Die  punctirten 
Kreise  aber  sollen  diejenigen  Wellen  bedeuten ,  die  von  jenen 

ersten    um  -  oder  3  ~  oder  5  ~  •  .  abstehn.     Dieses  voraus* 

Jm  «6  «£ 

gesetzt  werden  diejenigen  Puncte ,  in  welchen  sich  zwei  volle r 
oder  auch  zwei  punetirte  Kreise  schneiden,  diejenigen  seyn, 
wo  eine  Concordanz  der  Vibrationen,  also  eine  höhere  Inten- 
sität des  Lichts,  also  auch  ein  heller  Streifen^  entsteht,  wäh- 
rend im  Gegentheile  alle  die  Puncte,  in  welchen  ein«  voller 
Kreis  einen  punctirten  trifft,  eine  Discordanz  der  Vibration 
nen,  eine  Aufhebung  des  Lichts,  also  auch  einen  dunklen 
Streifen  zeigen  werden.  Seyen  CE  und  CE  die  beiden  vol- 
len Kreise,  die  durch  den  Punct  E  gehn,  und  seyen  B  und 
B*  die  zwei  Durchschnittspuncte  derselben  vollen  Kreise  mit 
den  punctirten  Kreisen  B  E'  und  BE',  die  jenen  vollen  prei- 
sen unmittelbar  nachfolgen«  Ist  dann  B  B'  =  b  die  Breite  ei- 
nes Streifens  und  ist  IE1'  ;=  EBE'=r  EB'E'=sp  der  Win- 
kel, unter  welchem  sich  zwei  nächste  volle  und  punetirte 
Kreise  schneiden,    so  hat   man  sehr  nahe  BE  =  •£  b   und 

Rrrr  2 


1356 


Undulation. 


EE'ss  4^'t  wenn  wieder  X  die  Länge  der  Lichtwelle  be- 
zeichnet; also  auch 

X  =  b  Sin.  <p. 

Hat  man  also  Jen  Winket  q>  gemessen  ( was  mittelst  eines 
Repetitionskreises  sehr  wohl  geschehn  kann),  und  kennt  man 
(durch  Hülfe  eines  mit  einem  Fadenmikrometer  versehenen 
Mikroskops)  auch  die  Breite  b  der  lichten  Streifen,  so  kann 
man  daraus,  mittelst  der  letzten  Gleichung,  auch  die  Länge  X 
der  Lichtwellen  bestimmen.  Diese  Gleichung  zeigt,  dafs  die 
Breite  b  der  Streifen  für  dasselbe  farbige  Licht  desto  gröfser 
ist,  je  kleiner  der  Winkel  q>  genommen  wird,  d.  h.  je  näher 
die  beiden  Spiegelbilder  I  und  1'  an  einander  genommen  wer* 
den  und  je  weiter  sie  oder  ihr  mittlerer  Punct  O  von  dem 
Mikrometer  des  Mikroskops  entfernt  sind.  Man  mufs  daher  den 
Neigungswinkel  der  beiden  oben  erwähnten  Planspiegel  so 
nahe  an  180  Grade  nehmen,  als  möglich,  damit  b  so  grob 
als  möglich  oder  damit  die  Messungen  so  genau  als  möglich 
weiden.  Fresnel  hat  diese  Messungen  mit  grofser  Genauig- 
keit vorgenommen  und  folgende  Resultate  gefunden. 


Licht  des 

A=a  Länge 

der  Walle 

Sonnen- 
spectrums 

r   ■ 

in  Millimetern 

In  Duodec. - 
Linien  des  Pa- 

i 

riser  Fttfses 

Violett 

0,000423 

0,000187 

Indigo 

0,000449 

0,000199 

Blau 

0,000475 

0,0002  tl 

Grün 

0,000512 

0,000227 

Gelb 

0,000551 

0,000244 

Orange 

0,000583 

0.000258 

Roth 

0,000620 

0,000275 

Nennt  man  nun,  wie  zuvor,  a  die  Geschwindigkeit  der  Fort- 
pflanzung des  Lichts,  die,  wie  bekannt,  280000000  Meter  in 
einer  Zeitsecunde  beträgt,  und  bezeichnet  t  die  Zeit  einer 
ganzen  Schwingung  des  Lichts  oder  des  Aethers,  ao  hat  man, 
wie  oben  für  die  Schallwellen, 

X  =  it  oder  t  =  -r, 

e 

und  da  man   die  Lange  X  der  Lichtwelle  fiir  jede  einzelne 


Des  Licht«*.    Interferenz.  1357 

Farb*~  bereits  tos  der  vorhergehenden  Tafel  kennt,     so  wird 

X 

man  mittelst  der  Gleichung  t  =  —     die    Zeit     einer     jeden 

Sohwirigung  des  Lichtes  bestimmen  können.  Da  diese  für  t 
zn  erhaltenden  Zahlen  alle  ungemein  klein  gegen  die  Zeitein- 
heit (gegen  eine  Zeitsecnnde)  sind ,  so  wird  es  angemessener 
seyn,  die  Anzahl  n  der  Schwingungen  zu  bestimmen,  die  ei- 
nem jeden  farbigen  Lichte  wahrend  der  Zeit  einer  Secunde 
zukommt  >  Man  hat  aber  n  t  =  1  See,  also  auch 

1 

n  =  — 

T 

oder 

a 

»=T, 

und  da  in  der  vorhergehenden  Tafel  dlv  Längen  K  0er  Wel- 
len in  Millimetern  ausgedrückt  sind,  so  wird  man  in  der  letz- 
ten Gleichung  auch  die  Grotte  a  =  280000000000  Millimeter 
setzen.  Substituirt  man  dann  für  X  die  Zahlen  der  Tafel)  so 
erhalt  man  für  die  Anzahl  n  der  ganzen  Schwingungen,  wel- 
che jedes  farbige  Licht  während  einer  Zeitsecnnde  zurücklegt: 


Farbe 

n 

Violett 

662  Billionen 

Indigo 

624        — 

Blau 

589       — 

Grün 

547        — 

Gelb 

509        — 

Orange 

480     •   — 

Roth 

451        — 

18)    Analytische  Theorie  der  Interferenz, 

Nachdem  wir  in  dem  Vorhergehenden  die  allgemeinen 
Erscheinungen  der  Interferenz  und  auch  die  Ursache  derselben, 
eo  weit' dieses  ohne  mathematische. Analyse  geschehn  kann,  darge- 
stellt haben,  so  ist  nun  noch  übrig,  die  eigentliche  wissenschaftliche 
Theorie  derselben  unmittelbar  aus  den  vorhergehenden  allge- 
meinen Gleichungen  (B)  der  TJndulation  abzuleiten.  Wir  wol- 
len dabei,  mit  beständiger  Rücksicht  auf  Faesvbl's,  Cauchy's 
und  Poissok's  ausgezeichnete  Arbeiten  in  diesem  höchst  in- 
teressanten Zweige  der  Physik ,  vorzüglich  auf  dje  durch  Klar- 


1358  Ündulation. 

hell  und  Vollständigkeit  sich  auszeichnende  Darstellung  Rück- 
sicht nehmen,  die  Airt  in  dem  oben  angeführten  Werke1 
gegeben  hat* 

Die  Gleichungen  (B)  des  §.  14«  haben  in  dem  folgenden 
§.  15.  verschiedene  Formen  ihrer  Integration  erhalten.  Wir 
beschränken  uns  hier  zuvörderst  auf  eine  der  einfachsten  die- 
ser Formen,  nämlich  auf  die  Gleichung  (2)  der  Anmerkung (1) 
des  §.  15«  Wenn  man  nämlich  die  Geschwindigkeit  der  Fort- 
pflanzung des  Lichts,  die  wir  bisher  a  genannt  haben,  der 
Einfachheit  der  nun  folgenden  Bezeichnungen  wegen  durch  a 
ausdrückt,-  so  hat  man  nach  der  erwähnten  Gleichung  (2) 
des  §.  15. 


y  — *  Sit*.  I  — r—  (at —  x)-f-Al 


(D) 


für  die  Ordinate  y  des  Elements  der  Welle,  die  der  Abscisse 
x  für  die  Zeit  t  entspricht.  Das  Differential  dieser  Gleichung 
in  Beziehung  auf  y  und  t  giebt 

S 


y,    2a«7i  _       X*ln  ,          .  *  ,    Al  y~,v 

j±=— —  Cos-  Iy(«t--X)-Mj (&) 


für  die  Geschwindigkeit  des  Elements  der  Welle  in  der  Rich- 
tung der  y. 

In  diesen  Ausdrücken  bezeichnet  X  die  Länge  der  Welle,  n 
die  Ludolph'sche  Zahl,  und  A  und  a  sind  zwei  Constanten,  von 
welchen  die  letzte  a  den  gröTsten  Werth  von  y  oder  die  Ampli- 

tilde  (§.6.)  der  Vibration  bezeichnet«  Der  Bogen—  (at — x)-J-A, 

Ar 

#y 
von  welchem  die  Grö*fse  y*  so  wie  -=r-  eis   eine  Function   er- 

Jf  r?t 

scheint,  wird  das  Mafs  der  Phasen  (§.  l.II.)  genannt.    Beide 

Ausdrücke  zeigen,    dafs,     da  die  Zeit  t  gleichförmig  fortgeht, 

die  auf  einander  folgenden' Schwingungen  alle  isochron  oder  von. 

gleicher  Dauer  sind,    dafs  ihre  Amplitude    constant   und    da£s 

die  Dauer  einer  jeden  Schwingung    gleich  In  dividirt  durch 

den  Factor  von  t,  das  keifst,    gleich  27*  dividirt  durch  — — > 


t    Undolatprj  Theory  of  Optics.  Gaj&br.  1831. 


De«  Lichtes«    Interferenz.  1359 

> 

also  gleich  —  oder  endlich  gleich  x  ist,  wo,  wie  oben,  ts  —    die 
w  a 

Dauer  einer  Schwingung  des  leuchtenden  Ktfrpexs,  also  auch 
des  durch  ihn  in  Vibration  gesetzten  Aethers  bezeichnet. ,  Diese 
Ausdrücke  gelten  übrigens  Jür  alle  Gattungen  von  Wellen, 
dieselbe  mag  in  einer  vor-  und  rückgängigen  Bewegung  der 
Elemente  (des  Aethers  oder  der  Luft)  nach  der  Richtung  des' 
Fortschreitens  der  Welle,  wie  in  unserer  ersten  Figur,  oder  sie 
mag  in  einer  auf  diese  Richtung  senkrechten,  auf-  und  nie- 
dergehenden Bewegung,  wie  in  der  «weiten  Figur,  bestehn. 
Legt  man  durch  den  Mittelpünct  eines  sphärischen  Weilensy- 
stems ,  das  z.  B.  auf  der  horizontalen  Oberfläche  eines  ste- 
henden Wassers  entsteht,  eine  verticale  Ebene,  und  bezeich- 
net der  Durchschnitt  dieser  Ebene  mit  dem  ruhenden  Was- 
serspiegel die  Axe  der  x,  so  wird  diese  Ebe^e  die  auf  dem 
Bewegten  Wasser  entstehenden  Wellen  in  einer  Curve  schnei- 
den, deren  auf  dem  Wasserspiegel  senkrecht  stehende  Coor- 
dinaten  y  in  der  schneidenden  Ebene  liegen.  Wird  endlich 
die  Lage  der  Axe*  der  x  durch  eine  gespannte,  im  Gleichge- 
wicht stehende  Satte  ausgedrückt,  und  bezeichnet  man  durch 
y  die  auf  jene  erste  Lage  senkrechte  Entfernung  jedes  Ele- 
ments der  Saite,  welche  dieselbe  durch'  Irgend  eine  äugen* 
blickliche  Störung  jener  Lage  erhalten  hat,,  so  wird  die  Curve, 
welche  die  Saite  für  jede  Zeit  t  einnimmt,  so  wie  auch  die- 
jenige, welche  die  der  Saite  zunächst  liegenden  Luftschichten, 
erhalten  und  auf  die  anderen  -  ihnen  nächstliegenden  Schich- 
ten fortpflanzen,  durch  dieselbe  obige  Gleichung  ausgedrückt 
werden.  Wir  haben  aber  oben  (Anmerk.  IL  des  §.  15.)  ge- 
sehn ,  dafs  die  allgemeinen  Gleichungen  (B)  oder  dafs  der  Dif- 
ferentialausdruck (§.  15*  IV.) 

-  (0)="(S)--<9 

in  welchem  eigentlich  die  ganze  Undulationstheorie  enthalten 
ist,  nicht  blofs  durch  eine  einzige  der  obigen  ähnliche  Glei- 
chung, sondern  dafs  sie  vielmehr  durch  eine  ganz  willkürli- 
che Anzahl  solcher  Gleichungen  dargestellt  wird,  so  dafs  man 
daher  für  das  Integral  der  Gleichung  (C)  den  Ausdruck  an- 
nehmen kann 


y  =  5.aSin.[~T(at  — x)+ä1, 


,' 


1300  Undulation. 

wo  2  das  gewöhnliche  Summenzeichen  ist,  und  dafs  daher 
Jie  Gleichung  (D)  eigentlich  dem  folgenden  Ausdrucke  gleich- 
bedeutend ist 


=  aSio.  ri?(at-K)  +  Al 

■fbSin.  r^(«t^x)  +  Bl 


+  cSin.  ß?(at-x)+cJ+..M 

wo  die  Gröfse  a  oder  die  Geschwindigkeit  der  Fortpflanzung 
(des  Lichts  im  Aether  oder  des  Schalls  in  der  Luft)  nach 
dem  Vorhergehenden  im  Allgemeinen  eine  unveränderliche 
Gröfse  ist. 

I.  Jedes  dieser  einzelnen  Glieder  der  Gleichung  (D') 
drückt  eine  einfache,  isolitye  Welle  und  alle  zusammen  drük* 
ken  daher,  wenn  sie  zu  gleicher  Zeit  bestehn  sollen,  die 
Coincidenz  oder  auch  die  Superposition  aller  dieser  einfache* 
Wellen  aus.  Betrachtet  man  nun  zuerst  nur  zwei  dieser  coin~ 
cidirenden  Wellen,  für  welche  also  die  Abscisse  x  denselben 
Werth  haben  soll,  nämlich 


und 


y  =s  a  Sin.  ly  (at — x)  +  A| 
y'  =  a'Sin.  ß5(«t-x)+A'], 


so  kann  die  Summe  jt  diefer  beiden  Ausdrücke  auch  auf  fol- 
gende Art  dargestellt  werden: 

yj==(aCoi.|A  +a'Coi.  A')  Sin.  (2*  («t— x)\ 

+  (aSin.A+a'Sin.A')  Coi.  (^(at— x)) 
und  dafür  endlich  kann  man  noch  kürzet  setzen 

y  =  .<Sin.[^.(«t-x)'+A/]  .  . -.    (1), 

wenn  man   nämlich  die  beiden   Gräften   e#  und  A,   so    an« 
nimmt,  dafs  man  hat 


Des  Lichte*,    Interferenz«  13S1 

a#Sin.A#  ssaSin.A-f-a'Sin,  A',  • 

a,  Cok  Af  =s  a  Co».  A  +  a'  Cos.  A'. 

Wenn  man  die  beiden  letzten  Gleichungen  quadrirt  und  ad« 
ürt,  so  hat  man 

a/  ss  a  *  +  a' *  +  2  a  a'  Cos.  ( A  —  A' ) 

ond  ebenso  giebt  die  Divition  jener  zwei  Hülbgleichungen 

m         A>_  eSin.  A  -(-a'Sin.A' 
Tang.  A,  —  __£__£> . 

Die  Gleichung  (1)  zeigt,'  dafs  die  Summe  der  Ordinaten  von 
je  zwei  Wellen  in  demselben  Medium,  zu  dem  die  Geschwin- 
digkeit a  gehört,  wieder  als  die  Ordinate  einer  andern  dritten 
Welle  betrachtet  werden  kann,  die  aus  jenen  beiden  gleich« 
fto  zusammengesetzt  ist.  Die  Lange  X  der  zusammengesetzten 
Welle  ist  dieselbe,  wie  die  der  beiden  einfachen,  aber  die 
grtSfsten,  positiven  und  negativen  Werthe  von  y  sind  ver- 
schieden.    Der  gröfste  Werth  der  Vibration  ist 

bei  der  ersten  einfachen  Welle  gleich  a, 
bei  der  zweiten  einfachen  Welle  gleich  a' 
und  bei  der  zusammengesetzten  Welle  gleich. 

•,=}'V+a*+2aa'Cos.(A  —  A'). 

Dieser  Werth  von  a,  hangt  daher,  wie  die  letzte  Gleichung 
zeigt,  von  dem  Werthe  des  Winkels  A  —  A'  ab\  Ist  A  —  A'=0. 
so  hat  a,  selbst  wieder  seinen  gröfsten  Werth,  nämlich 

a,  =  a  -f-  a'. 

Ist  aber  A  —  A'  oder,  was  dasselbe  ist,  A'  —  A  =  180°,  so 
bat  a   seinen  kleinsten  Werth,  nämlich 


a,=  a' —  a\ 


19)    Concurrenz  von   zwei  gleichgrofsen 

Wellen» 

Nehmen  wir  an,  dafs  die  Maxime  der  beiden  einfachen 
Vlbrationen  gleich  sind  oder  dafs  a=a'  ist.  Für  diese  Voraus- 
setzung ist  aber,    wie  aus  den    vorhergehenden  Gleichungen 

folgt,        , 

a,=  K*2*a  +2**  Cos.(A— A')=2aCos.HA— A') 

und 


» 
\ 


1363  Undulation. 

Hier  müssen  wir  nun  zwei  Fälle  unterscheiden« 

I.    Ist  nämlich  für   den    ersten  Fall  A'  =  A,    so  sind  die 
beiden  ersten  einfachen  Vibrationen 

aSio.  ["^(at  —  x)  +  a1  und  a'  Sin.  fö(at  —  x)+A'l, 

da  nicht  nur  a=^a,  sondern  auch  A=A'  ist,   in  nichts  mehr 
verschieden  oder  sie  sind  unter  sich  ganz  identisch ,  wie  z.  B. 
F*ß«  die- Weilen  (ff)  und  (£).     Für  diesen  ersten  Fall  ist  aber 

ai=;2a  urtd  Ay=A, 
also  die  dritte  oder  zusammengesetzte  Welle 

2a  Sin.  ß^(at~- x)+a1, 

o3er  die  zusammengesetzte  Welle  hat  (wegen  A#  =  A=A#) 
ihren  gröfsten  Werth  an  derselben  Stelle,  wie  jede  der  bei- 
den einfachen,  und  das  Maximum  der  zusammengesetzten  ist 
doppelt  so  grofs,  als  das  jeder  einfachen. 

IL'1  Ist  aber  für   den   zweiten   Fall  A'  es  A  +  180°  oder 
A'=A  +  tc,  so  geben  die  vorigen  Gleichungen 

;  \=^o, 

d.  h.  das  Jlaxiraum  der  zusammengesetzten  Vibration  ist  Null, 
oder:  es  hat  für  diesen  Fall  gar  keine  Vibration,  also  auch, 
kein  Licht  statt« 

Um   diesen   wichtigen   Fall  näher   zu  betrachten,    wollen 
wir  in  dem  Ausdrucke  , 

y'  =  .'Sin.  Ijf  («*— *)+A']  =  aSin.  p£(at-x)  +  A'l 

der  s weiten  einfachen  '.Vibration  den  gegenwärtigen  Werth 
A' =  A+^7*  substituiren ,  so  dais  man  also  hat 

*  y  =  aSin.  I—?  (at  —  x)4-A+7r] 

oder,  was  dasselbe  ist, 

y=aSin.  P^  (at— x±£X)  +  a]  . 
Allein  dieses  ist   ganz  und  gar   derselbe    Ausdruck   oder   die- 


Des  Lichtes.    Interferenz.  $3(83 

selbe  Form,  welche  man  erhalt,  wenn  man  in  dan  ersten  Vi« 
bration 

aSin.  r^(«t-.x)  +  Al 

statt  x  die  Gröfse  x  +"£X  setzt. 

Das  heifst  also :  der  Ausdruck  der  zweiten  Vibration 

aSin,  r^(«t— x)  +  A'l 

ist,  wenn  man  in  ihm  nach  unserm  zweiten  Falle  A'  =  A  4;  it 
setzt,  ganz  identisch  mit  dem  Ausdrucke  der  ersten  Vi- 
bration, 


CT.  ' 


Sin.[^(«t-x)  +  A], 


"wenn  man  nur  in  dieser  ersten  Vibration  statt  x  die  Gröfse 
x-t-j-A  setzt.  Wenn  also  zwei  gleichgroße  Wellen  (in  wel- 
chen nämlich  a  =  a'  ist),  von  welchen  aber  die  eine  um  <^\ 
hinter  der   andern    zurück    oder   vor  ihr   voraus  ist,    sich  be- 

geeaen,  so  heben  sie  sich  fda  a  =,0  ist  1  einander  auf«   und  Fig« 

.  ..  '*  '  i      ^  171« 

es  hat  gar  keine  Vibration,  also  auch  kein  Licht  in  dem  Orte 

der  Begegnung  statt.  Die  Wellen  (ß),  und*  (d)  oder  auch  (y) 
und  («)  sind  in  diesem  Falle  entgegengesetzt.-  da  die  Höhe» 
der  einzelnen  Elemente  dieser  Wellenpaare  bei  der  einem 
Welle  den  Vertiefungen  derselben  bei  der  andern  Welle  ent- 
sprechen und  umgekehrt,  so  dafs  für  dasselbe  Element  die  Or- 
dinalen y  in  beiden  Wellen  überall  dieselbe  Gröfse  und  ent- 
gegengesetzte Zeichen  haben.  Eine  jede  Welle  kann  daher 
durch  eine  andere  völlig  aufgehoben  oder  vernichtet  werden, 
wenn  beide  dieselbe  Lange  X  haben,  wenn  sie  in  derselben 
Richtung  fortschreiten,  wenn  ihre  Maxima  gleich  sind,  und 
wenn  endlich  die  eine  der  andern  um  eine  halbe  Wellen- 
lange vor  oder  nach  geht.  Da  überdiefs  die  Beschleunigung  ' 
oder  Verzögerung  von  einer  oder  zwei  oder  auch  mehrern 
'  ganzen  Wellen  ganz  und  gar  keine  Aenderupg  in  der  Wel- 
lenbewegung hervorbringen  kann,  so  wird  man  den  so  eben 
erhaltenen  Satz  noch  allgemeiner  so  stellen  können ,  dafs  die 
zwei  .mit  den  erwähnten  Eigenschaften  versehenen  Wellen 
sich  in  allen  den. Fällen  aufheben    oder  zerstören,    wenn    ihre 

2n  +  l 
gegenseitige  Distanz  £X,   fX,   4*  •  ♦   °&tT  überhaupt  — —  X 


1394  Undulation. 

betragt,  wo  n  die  natürlichen  Z*hlen  1*  2,  3  .  •  *  bezeich- 
net In  dieser  Zerstörung  der  Wellen  oder  in  dieser  gegen— 
seifigen  Aufhebung  des  .Lichts  besteht  aber  die  Interferenz 
(§•  16<)  desselben9  und  wir  haben  bereits  oben  (§.  10«)  be- 
merkt ,  dafs  auch  bei  den  Schallwellen  in  der  Luft  analoge  Er- 
scheinungen statt  haben ,  so  wie  wir  auch  später  (§.  22.)  wie- 
der auf  denselben  Gegenstand  zurückkommen  werden ,  wo  die 
Intensität  des  interferirten  Lichts  untersucht  werden  soll. 

In  allen  übrigen  Fällen,  welche  zwischen  jenen  beiden  (wo 
A  =A  und  wo  A'  =  A-J-rc  ist)  in  der  Mitte  liegen,  findet 
man,  dafs  c  oder  das  Maximum  der  zusammengesetzten  Welle 
immer  kleiner  ist  als  2a  oder  2b,  das  heifst,  immer  klei- 
ner als  das .  doppelte  Maximum  jeder  det  zwei  einfachen 
Wellen. 

III.  Seyen  demnach,  um  das  Vorhergehende  zur  beque- 
men Uebersicht  zusammenzunehmen,  die  beiden  einfachen 
Wellen 

y=saSm.y.(«t  —  x)  undy'=a'Sin.n£(at—  x)  +  A'l  , 

wo  wir  die  erste  Constante  A  gleich  Null  gesetzt  haben,  da 
ene  Gröfse  A'  allein  schon  die  Verschiedenheit  der  Phasen 
beider  Wellen  hinlänglich  ausdrüokt,  and  sey,  um  noch  mehr 
abzukürzen ,  der  Winkel 

—  (at  —  x)  =  w, 

so  dafs  demnach  die  beiden  einfachen  Wellen  sind 

y==a.Sin.oi  und  y'=a'Sin.  (ü/  +  A'), 

so  hat  man  für  die  aus  ihnen  zusammengesetzte  Welle 

y,  =  a  .Sin.  (o>  +  At ) , 

wo  die  Gröfsen  a,  und  Ay  durch  folgende  Gleichungen  be- 
stimmt werden: 

a  Sin.  A  =a'Sin.A'  und  a  Cos.A  =  a+a'Cos.  A\ 
oder  wo  man  hat 


a'  Sin.  A' 


a,=:  KV  +  a'*  +  2aa'Cos.A'und  Tang.  A  na    '     ,'  n  A, . 

4      a  *f-  a  Cos.A 

Man   wird   also   immer   jene    zwei    einfachen   Gleichungen    in 
eine  einzige  yt  =  a,  Sin.  (<tf  -}"  ^,)  zusammensetzen  können, 


Des  Lichte».    Interferenz«  1985 

<wenn  man  Dar  die  Gröfsen  •/  und  A,  den  letzten  Bedingungs- 
gleichungen  gemäfs  annjmmt.  Ebenso  wird  man  auch  um« 
gekehrt  jede  einzelne  Welle  y#  =  a/Sin.(a>  +  &,)  *»  zwei 
andere 

y=aSin.o>  und  y'=a'  Sin.  (a>  +  A') 

zerlegen  können,  wenn  man  nur  die  Grttfsen  a  und  a'-so  an« 
nimmt ,  dafs  man  hat 

.  =  .,Cc A  )  _      Sin.(A'-A,)\       , 

a'=.,Sii>.A,j  0de"  aaCh  '^  *'       Sin.  A'       / 


» 


Sin.A 


"wobei  der  Winkel  A'  der  beiden  einfachen  Wellen  willkür- 
lich bleibt« 

« 

IV*  Da  das  hier  angewendete  Verfahren  ganz  analog  mit 
dem  des  sogenannten  Kräfteparallelogramms  in  der  Mechanik 
ist«  so  sieht  man,  dal«,  wenn  xwei  einfache  Wellen  in  ihrer 
Gröfse  und  Lage  durch  zwei  Seiten  eines  Parallelogramms  dar« 
gestellt  werden,  die  aus  ihnen  zusammengesetzte  Welle. durch 
die  Diagonale  dieses  Parallelogramms  gegeben  seyn  wird  und 
umgekehrt.  Geht  für  den  einfachsten  Fall  das  Parallelogramm 
in  ein  Rechteck  über  oder  ist  der  Winket  A'  =  90°  =  i  n, 
so  wird  man  also  die  zwei  einfachen  Wellen 

y  =  a  Sin.  w  und  y'  =  a'  Sin.  (a>  +  $  n) 

» 

in  eine  einzige  y  =  a  Sin. (w  -f-  A,)  zusammensetzen)  wenn 
man  die  Gröfsen  a,  und  A  den  folgenden  Gleichungen  gemäfs 
nimmt :j 

Tang.A,=   — 

I  4 

Und  ebenso  wird  man  umgekehrt  jede  einzelne  Welle 

y,  =  «,Sin.  (öi  +  A,) 
in  zwei  andere 

y=B*Sin»&  und  y'  =  a  Sin.  (cu+|7i) 
zerlegen  können«  wenn  man  die  Gröfsen  a  und  a'  den  folgen*? 
den  Aufdrücken  gemäfs  nimmt: 


1366  Undulation. 


a  =a/  Cos.A  1 
*'=a  Sin. AI 


V.  Von  den  übrigen  besondern  Fällen  kann  man  noch 
folgende  bemerken.  Ist  A'  =  0  oder  sind  die  beiden  einfa- 
chen Wellen  in  derselben  Phase,  so  hat  man,  wie  sofort 
aus  (111)  folgt ,  für  die  aus  ihnen  zusammengesetzte  Welle 
y^  =  (a  -f-  a')Sin.  ca.  Ist  daher  überdiefs  a'  =  —a,  soisty#=0« 
Ist  A'  =  180°  —  1t  oder  sind  die  zwei  einfachen  Wellen  in 
ihren  Phasen  entgegengesetzt,  so  ist  für  die  zusammengesetzte 
Welle  y   =  (a  —  a')  Sin.  o>.       Ist  überdiefs  a'=  a,    so   ist 

y  =  0.' 

Ist  endlich  bei  den  zwei  einfachen  Wellen  in  (III)  die 
Gröfse  a  =  a',  so  hat  man  a  =  2  a  Cos.  \  A'  und  A,  =  \  A\ 
und  daher  für  die  zusammengesetzte  Welle 

yt = 2  i  Cos.i  A'  Sin.  (*>  +  *  A' ). 

Ist   aber   a  =  —  a',    so  erhält   man   a#   =  2  a  Sin.  £  A'  und 
A  =  -y(A'-f"  tt),  also  auch  für  die  zusammengesetzte  Welle 

y  ==  2aSin.£A'Sin.  (  cü  4*  — - — j  , 

20)     Goncurrenz  mehrerer  Wellen. 

So  wie  wir  im  Vorhergehenden  zwei  Wellen  combinirt 
haben,  so  wird  man  auch  drei  und  mehrere  derselben  verbin- 
den kennen.     Sind  z.  B.  diese  drei  Wellen 


a  Sin.  l-y  (ot—  x)+A  I, 
a'Sin:[^(at-X)  +  A'], 
»"SinJ— C«t— "x)  +  A"l, 


,  co  hat  man  für  die  Summe  dieser  Ausdrücke 

(a  Cos.  A  +  a'  Cos.  A'  +  a"  Cos.  A"  )  Sin.  ^  (o  t  —  x) 

+ (a  Sin.  A  +/  Sin.  A'  +  a"  Sin.  A"  )  Cos.  35  (0 1—  x) 
und  dieser  Summe  kann  man  auch  folgende  Gestalt  geben 


Des  Lichtes.    Interferenz.  1367 

?Sin.  ?£  (at  —  x)  +  GCos.^  (at_ x). 

diesen   letzten    Ausdruck    endlich    kann    man    wieder    gleich 
setzen 


>  • 


.,Sin.  p^(«t_x)+  A,l 


xvenn  man  nämlich  die  Gröfsen  a/  und  A,  nach  §.  18.  I«  so  an- 
nimmt, dals  man  hat 

F  =  a^Cos.A^  und  G  =  a#Sin.  A€, 

oder,  was  dasselbe  ist, 

•#=J^F2+G2  und  Tang.  A  =  £. 

Man  .sieht,  wie  man  dieses  auf  eine  unbestimmte  Anzahl  von 
•coincidirenden  Wellen  fortsetzen  kann.  Ist  diese  Anzahl  un- 
endlich grofs  and  sind,  wie  man  mit  Recht  annehmen  kann, 
die  einzelnen  Wellen  (d.  h.  ihre  gTöfsten  Werthe  a,  a',  a"..) 
alle  unendlich  klein,  so  dafs  man  diese  Gröfsen  a,  a',  a"... 
ab  DifTerentialgrö'fsen  betrachten  kann,  so  werden  die  Gröfsen 
F  und  G  der  Natur  der  Sache  nach  durch  die  Integralrech- 
nung gegeben  werden ,  und  dann  wird  man  die  Endresultate  a 
und  A,  ganz,  wie  zuvor,  bestimmen. 

I,  Wenn  nur  eine  einzige  Welle  (des  Schalls  durch  die 
Luft  oder  des  Lichts  durch  den  Act  her  gehend)  angenommen 
'Wird,  so  kann  natürlich  von  einer  Interferenz  keine  Rede 
seyn.  Allein  so  wie  eine  einzelne  Schallwelle  keinen  Ton, 
so  wird  auch  eine  einzelne  Lichtwelle  noch  kein  Licht,  we- 
nigstens i  kein  für  unseren  Gesichtssinn  merkbares  Licht  her- 
vorbringen. Auch  betrachtet  man  aus  dieser  Ursache  in  der 
Akustik  sowohl,  'als  auch  in  der  Optik  immer  eine  Aufein- 
anderfolge von  mehreren  Wellen,  die  ans-  demselben  oder  auch 
•ns  mehrern  Mittelpuncten  ausgehn. 

IL  Der  gröfote  Werth  einer  jeden  Vibration  oder  die  soge- 
nannte Grö/se  der  Welle  oder  auch  die  Amplitude  derselben 
(§»  60  ♦  das  heifst.  der  Werth  der  vorigen  Gröfsen  a,  a',  a".  M 
wird,  streng  genommen,  auch  nicht  bei  den  einander  näch- 
sten, aus  einem  Mittelpuncte  kommenden  sphärischen  Wellen 
gleich  grofs  seyn.  Es  ist  oben  (§.  6  und  7*)  gezeigt  worden, 
dais  diese  Amplitude,  von  welcher  die  Intensität  (des  Schalls 


1386  Ondulation. 

oder  des  Lichts)  abhängt,  bei  sphärischen  Wellen  im  unbe- 
grenzten Räume  sich  wie  verkehrt  das  Quadrat  des  Halbmes- 
sers der  Welle  verhalt/  Diesem  gemafs  wird  man  also  auch 
eine  vollkommene  Interferenz  des  Lichts  nicht  annehmen  kön- 
nen. Aber  es  ist  klar,  dafs  in  einiger  Entfernung  von  den 
Mittelpunkten  die  einander  nächsten  Wellen  doch  wenigstens 
ungemein  wenig  in  ihrer  Grobe  oder  Amplitude  verschiede» 
seyn  werden,  so  dafs  eine  vollkommene  Gleichsetzung  der* 
selben  für  unsere  Sinne  keinen  bemerkbaren  Fehler  erzeugen 
kann» 

III.  Bei  der  Luft  ist  die  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  es 
des  Schalls /wie  wir  oben  gesehn  haben,  im  Allgemeinen  für 
alle  Wellenlängen  X  dieselbe«  Man  hat  anfangs  bei  dem  Ae— 
ther  dieselbe  Voraussetzung  für  die  LichtweOen  gemacht,  eher 
man  fand  sich  im  Verfolge  genauerer  Untersuchungen  gezwun- 
gen, diese  Hypothese  für  die  Undulation  des  Lichts  ab  iai 
vielen  besonn  lern  Eällen  unstatthaft  aufzugeben*  Wir  werde« 
weiter  unten  wieder  auf  diesen  Gegenstand  zurückkommen. 
Hier  wird  es  genügen  zu  bemerken,  dafs  z.wei  Ausdrucke) 
von  der  Form 

eSitK^Cat-xJ  +  Al  und  •'  Sin.  R?  (a't-x)+  A'l, 

in  welchen  die  Gröfsen  a  und  a',  also  auch ,  wegen  des 
allgemeinen  Gleichung  X  =  ar,  die  Gröfsen  X  und  X'  ver- 
schieden sind,  nicht  auf  einen  einzigen  Ausdruck  von  dersel- 
ben Form  gebracht  werden  können,  aufser  wenn  man  anneh- 
men wollte,  dafs  zwischen  den  letzten  vier  Gröfsen  des  Ver- 

hältnifs 

m        X 

statt  fände,  zu  welcher  Annahme  man  aber  keinen  Grand  en- 
geben könnte. 

IV.  Nehmen  wir  nun  eine  Reihe  von  einfachen  Wellen 
von  folgender  Form  an: 

y  =  a  Sin.  (*>  +  A  ) 

y'=a'Sin.(a>+A').  ,f> 

y"  =  a//Sin.(W+A")>,•      CI7 

y^Lae-to/Cel+A-) 


„   De«  Lichtem    Interferenz«        ,    1369 

-wo  wieder  der  Kürze  ^regen  a)  =a  — -  (pj  --x)  geatzt  Wird. 

J^  jede*  dieaer:  einfachen  Wellen 
-t.''  eSin.  (w+  A) 

efehcBech  &nl&  IV»  in  »wei  andere 

a€ös.A.Sin.o>  und  aSin. A .  Sin.  (a> -f- -|  ä) 

«erlegen  läfst,  deren  Phasen  um  £  tf  verschieden  sind,  so  wird 
man  auch  statt  jener  gegebenen  Wellen  die  folgenden  Wel- 
lenpaare setzen  kb'nnen :  / 

y  =  a  Cos.  A.Sin.o»  -)-  «  Sin.A  .Sin.(o>  +  \ri) 
y'  =  a'Cos»  A.Sin. w  +  a' Sin.  A' .  Sin.  (w  +  "i71) 
y"=  a"Cos.  A".Sin.<o  +  a"  Sin.  A".  Sin.  (w  +  \n) 
yn  —  a«  Cos.  An .  Sin.  10  +  an  Sin.  A" .  Sin.  (ja  +  -J  fr) . 

Setzt  man  aber  der  Kürze  wegen 

2.  a Cos.  A  =  a  Cös.Ä  +  a  Cos.  A'  +  a"  Cos.  A"  -f  •  • 
und 

2.aSin.  A  =  eSiö.A  +  a'Sin.  A'+Y'Sin.  A" +  .  . , 
so  erhält  man  für  die  Summe  aller  vorhergehenden  Wellen- 
paare den  Ausdruck 

J?»aCos»A.Sin.<0  4- J?.aSin.  A,Sio.(a>  +  in) 

pn4'*4iese. Doppelwelle  läfst,  sich  wieder  nach  §.19*  IV«  auf 
die  .folgende  einfache  Welle 

jst=s  *t  Sin.  (cu  +  A,)  •  •  •  •     (2) 
%    zurückführen,    wenn  man   die   beiden  Grtifsen  a,  und   A^  sb 
'    fcimmt,  dafs  man  hat 

a,  9  f"((2 .  a  Sin.  A  )*  +  (2 .  a  Cos.  A)* 
und 

_,  '       £.aSin.A 

T>og.A,»XaCo8,A* 

so  dafs  demnach  alle  vorhergehenden,  durch  die  Gleichungen 
(1)  vorgestellten;  Wellen  auf  die  einzige  Welle,  (2)  zurückge- 
führt werden  können,  die  der  Summe  von  jenen  gleichbedeu- 
tend ist.    ■ 

21)    Verhalten   der  durch  kleine  Oeffnungen 

dringenden  Lichtwellen.       %  , 

Eine   grofse   Anzahl   von   aufeinander    folgenden ,     ähnli- 
chen ,  sphärischen  Lkhtwellen  bewegen  eich  gegen  den  ebenen 
Bd.  IX.  Ssst 


•    1370  IJ,n<lttl4tioLtb 

Schirm  AB,  in  welch*»  ein«  kleine  Oeffnung  ab  angebracht 
ist;  man  suche  die  Grübe  der  Schwingung  (oder  die  Am  pH« 
FJg.tüde  der  Vibration)  für  irgend  einen  Punct  M  des  Hatbkrei*- 
'§e$9  den  man  auf  der  andere  Seite  des  Schirms  aas  dem  Mit- 
telpancte  C  der  Oeffnung  beschrieben  hat.  Nimmt  man  die 
Oberflächen  der  sphärischen  Wellen  in  der  Näh«  der  Oeff- 
pung  ab  als  kleine,  dem,  Schirme  selbst  parallele  Ebenen  an 
upd  nennt  man  CM=r  den  Halbmesser  des  Kreises,  Ca=Cb  =  b 
den  Halbmesser  der  Oeffnung  und  endlich  den  Winkel  B CM=  @f 
so  kann  man  sich  den  Durchmesser  a  b  der  Oeffnung  in  eroe 
grofse  Menge  gleicher  Theile  getheilt  vorstellen.  8*y  Cx  =  x 
eines  dieser  Theilchen  und  dx  die  Breite  desselben 9  so  hat 
man 

Mx  =  Tr*  +  x2— 2rxCos»a 

Wenn  nun  eine  Welle  bei  der  Oeffnung  ab  ankommt,  so 
wird  jedes  von  jenen  kleinen  Theilchen  an  der  Oeffnung  eine 
divergirende  Welle  erzen  gen ,  die  für  alle  Werthe  von  Q  die- 
selbe Intensität  hat.  Denn  wenn  es  sich  von  Schallwellen  in 
der  Luft  handelte,  und  wenn  eine  Ansaht  aß  von  Lufttheii- 
chen  der  Oeffnung  ab  zugetrieben  würde ,  so  würde  dadurch 
die  Luft  in  der  Oeffnung  verdichtet  werden,  und  diese  Ver- 
dichtung würde  eine  neue  Luftwelle  erzeugen ,  die  für  eile 
Werthe  von  ©  dieselbe  Intensität  hätte.  Dasselbe  werden 
wir  also  auch  für  den  Aether  annehmen  können«  Ebenso  wer- 
den wir  die  Gröfse  der  Schwingung  oder  die  Amplitude  der 
Vibration,  im  Aether  wie  in  der  Luft«  der  Entfernung  Mx 
verkehrt  proportional  annehmen,  wenn  die  Welle  den  Punet 
M  der  Peripherie  unseres  Kreises  erreicht  hat.  Da  nun  alle 
die  kleinen  Wellen,  die  in  den  verschiedenen  Puncten  der 
.  Oeffnung  ab  erzeugt  werden,  in  derselben  Phase  (§.  1.  am 
Ende)  stehn ,  so  wird  für  jede  derselben  die  Gleichung  gelten 

wenn  man,  wie  es  hier  offenbar  erlaubt  ist,  die  oonstinte 
Gröfse  A  der  Gleichung  (D)  des  §.  18.  wegläfst,  da  dieselbe 
auf  die  gegenwärtige  Untersuchung  ohne  weitern  Einflufs  ist. 
Löst  man  aber  den  vorhergehenden  Ausdrnck  von  Mx  auf, 
so  findet  man 


«   \  r 

De*  Lieht»«.    Initiieren*.  1371 

Mxssr- x  Co*©  ff  jr^.Sin.2©  +  .  •  . 

♦ 
Ist  aber  x  so  klein  gegen  den  Halbmesser  r  des  Kreises,    data 

x* 
man  die  Grobe  —  ohne  merklichen  Fehler  vernachlässigen  kenn, 

so  hat  man 

*yfea  "irr  *"•  t  <«*-»+*  ^^ 

und  davon  ist  das  Integral  - 

oder  auch,  da  der  Werth  von  Mx  für  eine  sehr  kleine  Oeff- 
nang  sehr  nahe  conetant  oder  gleich  MC  =  r  ist, 

y=  J  /dxSin.  jyF  («t— r+xCos.©). 

Führt  man  diese  Integration  ans,  so  erhSlt  man    ' 

ond  nimmt  man,  wie  es  die  Jbtsf  der  Aufgabe  mit  sich 
bongt,  dieses  Integral  von  X  am  —  h  hie  x  es  +  b,  io  erhät 
aaesi  fiir  den  gesuchten  Werth  von  y 

Ond  dieser  Ausdruck  lädt  sich  anch  so  schreiben   * 

al       '        2birCos,ö  c.    2f*  ,       '     x  /AV 

y-mcsr§-s,n— i — s».ir(«t-,)..^(2) 

Diese  Gleichung  (2)  gisbt  aber,  wenn  man  sie  mit  der  all- 
gemeinen Gleichung  (D)  xusammenstclft,  eine  Welle,  deren 
Amplitude  a'  gleich  ist 

,  ai        c.    2  b  fr  Cos.  © 

'^TZcZjfr**- 1 

Pieses  vorausgesetzt  wollen  wir  nun  xwei 
den« 

I.  Sey  für  den  ersten  Fall  die  Wellenlangt  1  gröber, 
als  der  Radius  b  der  Oeftnuag;  dieses  ist  der  FeH  für  die 
ScTiallttnlUn ,  wo  wir  oben  ( §*  2.  II.)  gesehn  haben ,  dafs  die 

Ssss  2 


1372  Undulatiöuu 

Langt  dieser  Wellen  für  den  tiefsten  uns  noch  htfrbafen  Ton 
über  32  Per.  Fufs  and  selbst  für  den  höchsten  Ton  nocfaf  1,5 
Duod.-Zoll  beträgt.    Für  diesen  Fall  wird  also  der  Bogen 

2byrCos.Q 
X 
immer  sehr  klein  und  daher  nur  sehr  wenig  von  seinem  Sinns 
verschieden  seyn,   wenn  man  nur,    wie  wir  vorausgesetzt  ha- 
ben,   die  Oeffhung  des  Schirms  selbst  ungemein  klein  nimmt» 
Für  die  Schallwellen  hat  man  daher  die  Amplitude 

,  aX  2bftCos.@       2ab 

.•  xjtCoa.  0  *  X.  i  r     ' 

»      ■ 

so  dafs  also  a'  eine  von  0  ganz  unabhängige,  Gröfse  ist,  d,  b. 
dafs,  wenn  Schallwellen  durch  /die  kleine  'tfeffnung*  jenes 
Schirms  dringen,  das  Ohr  dieselben  in  allen  Puncter*  des 
Kreisumfanges  A MB  oder  nach  allen  Richtungen  0  gleich  gut 
hören  wird,  so  lange  nur  die  Entfernung  r  des  Ohrs  von  der 
Oeffnung  dieselbe,  bleibt  ,<  wie  >  dieses  auch  4er  Erfahrung  Vollr 
kommen  gemäfc  ist. 

IL  Ist  aber  iur  den  zweiten  Fall  die  Gröfse  X  viel  klei- 
ner als  b,  wie  dieses  bei  dem** Lichte  wen  aHen-  Farben^  »ae* 
der  oben  (§.,17.)  gegebenen  Tafel,  «dtrifft*  so,  ist  ßfede* 
Punct  N  der  Kreisperiphtria ,  /welcher  der  Oeffnung  nahe  senk» 
recht  gegenübersteht,  der  Winkel  0  nahe  gif  ich  90°,  also 
Cos.  0  nahe  gleich  Null ,  also  auch 

Ä     2b*rCos.0      ,       f  .  ,  2brrCos.0  . 
Sin; - nahe  gleich - , T 

so  dafs  daher  die  Amplitude  a"  für  die  in.  N  auffaHenflea 
Lichtwellen  den  Werth  erhält 

„_        aX  2bgCos.0_2ab 

rfsCos.0*  X  r     * 

wie  zuvor  für  die  Schallwellen.  Für  alle  andere  Puncte  der 
Peripherie  aber  ist  diese  Amplitude  gleich  (Null,  so  oft 

2b?rCos.0        .   _     ,      ,,.'■/  *<%^    . 
j — >—-=**•**  oder  ±s  +  2fT  oder  äs  ±Ztt  n.  s.  w.f 

das  heifst,  so  oft    . 


r*    •■ 


,j 


Coi.Q=±+  £r  oder  to+U  oier  ^=i  +  |J   u.  i.  w. 
—  2b  f2t>,  — äffe 


/ 


Des  Lichtes,    Interferenz,  1373 

wird.  Es'  giebt  also  in  der  Peripherie  zu  beiden  Seiten  des 
Pbnctes  N  eine  Folge  von  Puncten,  wo  gar  kein  Licht,  son- 
dern völlige  Ffösternifs  herrscht,  and  dieser  Puncte  sind  desto 
mehr,  fe  kleiner  X  gegen  b  ist.  Zwischen  diesen  ganz  fin- 
stenT  Pancten  giebt  es  allerdings  'wieder  mehrere  lichte  Puncte, 
aber  sie  sind  aller  viel  schwacher  beleuchtet,  als  der  oben  be- 
trachtete PunctN.  In  der  That  wird  man  für  die  noch  am 
stärksten  beleuchteten  dieser  mittleren  Puncte  sehr  nahe 

'  2b^Cos.@  .    M        ' 

X  "7 

petzen,  so  da{s  daher  die  Amplitude  derselben 


t$ 


%X 


rnCoa.  0 


seyn  wird.  Da  aber  (nach  §,  7«)  die  Intensität  der  Beleuch- 
tung sich  wie  das  Quadrat  der  Amplitude  der  Schwingung 
verhalt,  so  hat  man,  wenn  I  diese  Intensität  für  den  Punct 
N  und  r  die  Intensität  für  alle  andere  Orte  der  Peripherie, 
wo  sie  noch  am  grttfsten  ist,  bezeichnet, 

oder  es  ist 

T  —  4bT^p^75@» 

eine  sehr  kleine  Gröfst,  so  lange  nur  ©  etwas  von  90°  ver- 
sthieden  ist.  Nach  der  Tafel  des  §.  17-  hat  man  z.  B.  für 
weifses  Lieht' im  Mittel  X  =  0,0005  Millimeter]  Ist  also  z,B. 
der  Halbmesser  b  der  Oeffnung  ein  Millimeter  (oder  0,44  PaV. 
Duod.- Linie),  so  ist  auch 

r      0,0000000063 
I  Cos.2© 

also  eine  gegen  die  Einheit  immer  äufserst  geringe  Gröfse,  so 
lange  nicht  Cos.  0  sehr  nahe  an  Null  ist.  Daraus  folgt 
deotnach,  dafs  blofs  in  dem  der  ^Oeffnung  ab  senkrecht 
gegenüberstehenden  Puncte'  N-  ;des  KTeisumfangs  eine  be- 
»Mtbare  Intensität  der  Befeuchtung' Statt  hat,  "wahrend  alle 
andere  Po  riet*  dw'fU&es'  sehr  nahe"  fn  totaler  Finsternifc 
liegen«  •  »    •    *    l 


1&74  Undnlation. 

HL    Di*t«  Folgerung  i*t  für  di«  UttdqUdowWhkrt  tob  der 
grlfaten  Wichtigkeit,  da  durch  sie  der  vorzüglichste  Einwurf* 
welcher  ihr  von  ihren  Gegnern  gemacht  worden  ist,  vollsten- 
dig  widerlegt  wird.    Äjen  hat  nämlich  eingesendet,    dafs  d** 
Licht,    wenn  ce,v  wie   der  Schall,    durch  Wellen.  vesbreitai 
werden  sollte,   eich  euch,    wie  der  Schall ,    nach  allen  Rich- 
tungen von  der  Oeffnnng  ab  gleichförmig  aasbreiten  muibta, 
da  man  doch  im  Gegentheile  sähe,  dals  ein  dusch  ein«  kleine) 
Oeffnnng  eines  verfinsterten  Zimmers  eindringendes  Licht  nur 
die  dieser  Oeffnnng  in  dfcr  Richtung  des  Lichtes  gegenüber- 
liegenden Puncte,    keineswegs  aber  nach  Art  des  Schalls  das 
ganze  Zimmer  erfülle.      Die  Widerlegung  dieses  scheinbar  so 
starken  Einwurfs  liegt  aber,    wie  men  aus  dem  Vorhergehen- 
den sieht,  darin,   data  die  Wellen  des  Lichtes  unvergleichbar, 
kleiner  sind  als  die  des  Schalls,  und  die  hier  aufgestellte  Theo- 
rie zeigt  deutlich,    dafs  diese  beiden  Erscheinungen  sich  kei- 
neswegs widersprechen  und  dafs,  aus  demselben  Grunds,   der 
Schall  sich  nach   allen'  Seiten,    das  Licht  aber  nur  in  einer 
einzigen  Richtung,    die  sogleich  die  Richtung  der  Fortpflan- 
k  zung  der  Lichtwellen  ist,    für  unsere  Sinne  .bemerkbar  fort- 
pflanzen kann. 

IV.  Im  Vorhergehenden  wurden  die  zweiten  und  hö- 
hern Potenzen  der  sehr  kleinen  Gröfse  x  vernachlässigt.  Man 
sieht  aber  leicht,  dals,  wenn  man  auch  diese  höheren  Poten- 
zen noch  mitgenommen  hätte,  .dadurch  unsere  vorhergehende 
Folgerung  keine  wesentliche  Aenderung  erleiden  könnte.  Maa> 
würde  nämlich  für  dqn  ersten  Fall  oder  für  die  Schallwellen 
ganz  und  gar  dasselbe  Resultat  gefunden  haben  und  für  den 
,  zweiten  Fall  würden  blofs  diejenigen  Puncto  za  beiden  Sei- 
ten von  N,  wo  eine  völlige  Finsternifs  und  wo  noch  eine, 
obechon  immer  äufserst  schwache,  grttfste  Beleuchtung  herrscht, 
etwas  .weniges  aus  ihren  Stellen  vor-  oder  rückwärts  verscho- 
ben werden,  was  alles  in  unsern  obigen  Schlüssen  nichts  än- 
dern kann. 


V.    Noch  läfst  sich  ans  dem  Verhergehenden  eine 
dere  wichtige  Folgerung  ziebn.    Bei  unserer  Unkenntntfs  die 
Gesetzes  der  Intensität,  nach  welchem  sich  die  aus  einem  Mit- 
telpuncte  kommenden  sphärischen  Lichtwellen  in  verschiede 
neu  Richtungen  fortpflanzen,    haben  wir  in  der  einfachsten 


De*  Lichte*.    Iuterferenz.  1375 

Hypothese  tttgiBOMet  ,    dafs  diese   Intensität  für  alle  Rieh- 
tarngen  dieselbe  sey.  •     Obsobon  «Ucee  Annahme  nickt  unmit- 
telbar bewiesen  Werden  konnte ,    so  wM  sie   doch  durch  die 
Aofltfttrng  tmsers  leisten  Problems  vollkommen  bestätigt.    Wir 
hebe*  nämlich  gefunden,  dafs,  wenn  die  Länge  X  der  Welle 
gegen  den  Halbmesser  b  der  Oeffnung  sehr  klein  ist,  eine  un- 
ser» ftfnntn  noch  merkbare  Intensität  des  Lichts  blbfr  in  der- 
jeerigen  Itfchtnng  statt  hat,    in   welober  sieh  die   Licht  walle 
eulbstf,  ehe  sie  jene  Oeffnung  emeiehte,  fortgepttanmt  hat,  was 
denn  ntfdt  den  Beobechtnngen  vollkommen  gemäis  ist.    Das« 
nsMae  würde  aber  anch  noch  der  Fall  seyn,    wenn  die  Inten« 
gität  des  Lichtes  nicht  constent,  sondern  irgend  eine  Function 
4m  Winkels    9  wäre,    welchen  es    mit    4er  ursprüngliche» 
Richtung  der  Welle  nacht.      Da   nämlich  die  Intensität  blofs 
fiür  0  =  90°  für  uns  noch*  merkbar  ist  ,    so  werden  wir  fene 
Function  nur  so  annehmen  dürfen,    dals  sie  in  der  Nähe  Ten 
©  =  90°  sich  nur  nicht  schnell  ändert    und  dafil  sie,    Wenn 
dieser  Winkel  6  kleiner  wird ,  rasch  abnimmt. 

VI.  Das  Vorhergehende  setzt  ebenfalls  voraus,  dafs  die 
Lichtwellen  sich  in  allen  Richtungen  mit  derselben  Geschwin- 
digkeit fortpflanzen  und  dafs  auch  die  Richtung  der  Bewe- 
gung aller  jener  kleinen  Wellen ,  die  durch  die  Oeffnung  a  b 
gehn,  mit  der  auf  dar  Ebene  des  Schirms  senkrechten  Rieh*- 
tung  der  ursprünglichen  groben  Welle  identisch  ist.  Denn 
der  durch  die  Oeffnung  ab  gehende  Theil  der  grofsen  Welle 
beleuchtet  nur  denjenigen  Theil  des  Halbkreises  ,  welcher  senk« 
recht  über  ab  steht,  und  wenn  man  diese  Oeffnung  ver- 
schliefsen  und  dafür   den  Schirm  an    einer  andern  Stelle    öflP- 

i  4 

neu  wollte,  so  würde  wieder  nur  derjenige  Theil  des  hinter 
dem  Schirme  befindlichen  Raumes  beleuchtet  werden,  welcher 
dieser  neuen  Oeffnung  senkrecht  gegenüber  steht.  Eben  durch 
diese  Erfahrungen  ist  man  aber  auf  die  zuerst  aufgestellte  Hy-  . 
pothese  der  Emanation  oder  der  geradlinigen  Ausströmung  des 
Lichtes  gekommen,  die  sich  auch  allerdings  durch  ihre  Ein- 
fachheit vor  allen  andern  darbieten  mufste. 

$2)    Intensität    des   durch   Spiegel   interferirten 

Lichts. 

Wir  haken  bereits  eben  (§.  190  gesehn,    dals  zwei  ans 


1376  Uadulatioa.      i 


1 1 


derselben  Quelle  kommende  LishtÄrahUn  sieb  in  -ihrem  Lioht» 
gegenseitig  bald  verstärken,    bald  auch   ich  wachen,  ja  eegec 
einander  ganz  aufheben,  können.      Wir  wollen  nun  tSehn  ,«  tan» 
man  den  Grad  dieser  Intensität   des   Lichtes,     de*  durch  dt* 
Concorrenz  zweier  solcher  Strahlen  entsteht,    genauer  beatim-» 
Fi«,  men  kann.    Nehmen  wir  an ,  dals  von  dem  leuchtenden  Puncto 
1     A  eine  Reiht  von  divergirenden  Liobtwellen  ausgebe  .und  «of 
zwei  Planspiegel  BC  and  CO  falle,    die   nur   um  eine»  sehr 
kleine»  Winkel  o>  gegen  einander. geneigt  sind,  se  dal*  beide 
zusammen  sehr  nahe  in  eine  und  dieselbe  Ebene  fallen«     8ey 
C  die  Protection,  de  r  geraden ,    auf  der  Ebene  der  Zoinhn— g 
senkrechtes  Linie,  in  welcher  sich  diese ,  zwei  Spiegel  sehnet- 
den,  -und  EF  ein  ebenfalls   auf   der' Zeichnungseba&e  Senk- 
recht stehender  Schirm,  der  $*n  von  den  beiden  Spiegeln  re— 
flectirte  Licht  auffangt,  ganz  so,   wie  wir  dieses  oben  (§•  16» 
Figt  188.)  angenommen    haben*       Dieses   vorausgesetzt  sey  G- 
das  (dur^ch  die  gewöhnlichen   flegeln  der  Katoptrik   bei  ebe- 
nen Spiegeln  bestimmte)  Bild  von  A,   wie  es  von  dem  Spie- 
gel BC  entworfen  wird,    und  ebenso  H  das  durch  den  Spie- 
gel CD  erzeugte  Bild  desselben  Lichtpuoctes  A,    so  dafs  man 
also  annehmen  kann ,  das  Licht  komme  nicht  sowohl  von  die- 
sem Puncto  A ,    als  vielmehr  von  den  beiden  Puncten  6  und 
H  dieser  zwei  Bilder.       Die  von   dem  ersten  Spiegel  BC  zu- 
rückgeworfenen Lichtwellen  werden  sich  (nach  §.  12.)  sp  ver- 
halten,   als  ob  sie    aus  dem  Mittelpuncte  G  ausgegangen  wä- 
ren ,     und    die   Entfernung    jedes   Elements    M   einer   solchen 
Welle  von  6  wird  immer  gleich  seyn    der   Summe   der    Ent- 
fernungen NM  und  NA  ,   wenn  N  den  Punct  des  Spiegels  BC 
bezeichnet,  in  welchem  der  von  A  kommende  Lichtstrahl  auf- 
fallt und  von  welchem  dieser  Strahl   nach   dem  Puncto  M  des 
Schirms  EJ?  zurückgeworfen  wird.     Es  ist  nämlich,     wie  ans 
den    ersten   Elementen    der   Optik    folgt,    NM=a  GN  und 
ebenso  AN=GN,  also  auch  AN  +  NM  =  GM. 

Nehmen  wir  ferner  an,  dafs  die  von  dem  blofs  imaginä- 
ren Puncto  G  entstehende  Welle  in  demselben,  Augenblicke 
aus  diesem  Puncto  G  ausgehe,  in  welchem  die  wahre  Welle 
a^us  dem  Lichtpuncte  A  entspringt,  und  dafs  sie  auch  dieselbe 
Intensität  des  Lichtes  habe*  Ganz  ebenso  soll  euch  die  an- 
dere, von  dem  zweiten  Spiegel  CD  kommende  Welle  ans 
dem  imaginären  Puncto  H  \a  demselben,  Augenblicke  und  mit 


f)ea  Liahtes.    Iiitcb'forenÄ.  137? 


derselben  Intensität  ansgehn,  mit  welcher  *  die  wahre  "Welle 
-von  A  losgeht,  so  dafs  also  das  hier  aufzulösende  Problem 
eigentlich  in  der  •  Bestimmung  t  der  Intensität  zweier  Licht wel^ 
len  besieht,  die  in  derselben  Zeit  und  mit  derselben  Intens*« 
tat  von  den  beiden»  Mit^slpuncten  G  und  H  ausgehe  unJ 
sich,  wenn  sie  dem  Schirm  EF  begegnen,  upter  einander  ver- 
mischen*  Zu  diesem  Zwecke  sey  L  der  mittlere  Punet=der 
jene  beiden  Puncto  verbindenden  Geraden  GH  und'  ö  der 
Punct  des:  Sehirms',  in  welchem  die  Gerade  LG'  verlängert 
dem  Schirme  begegnet.  Setzen  wir  die  Linien  AC  =  f  und 
CO=gi  so  ist,  wie  man  sofort  sieht,1  der  WJnkefGbjä  j=c2w,' 


**  n 


und  da  G  C  =x  A  C  =  H  C  ist ,  so  steht  C  L  senkrecht  auf  G  U, 
ond  lialbirt   den  Winkel  GCH,   so  dafs  man  also  ^at      f 

GL  =  HL  =  f  Sin.  tu 

•  *  .  '  '        ' 

und  ^  ,•.."■....,..»: 

L  O  =  f  Cos.  (o  4-  g» 

Nimmt  man  nun  die  Grbfse  oder  die  Amplitude  jeder  Welle 
der  Entfernung  derselben  von  ihrem  Mittelpunkte  verkehrf  pro* 
portional  an,  so  wird  man  für  jeden  dem  Puncte  O  des 
Schirms  sehr  nahen  Punct  M,  unserer  allgemeinen  Gleichuog 
(P)  des  §.  18*  zufolge,  den  Ausdruck  haben    : 

Da  aber  die  Veränderungen  in  der  Länge  der  Linie  GMcurf~ 
serer  Voraussetzung  gamäfs  nur  sehr,  klein  seyn  kennen,  so 
wird  man  in  dieser  Gleichung  links  vom  Sinuszeichen  statt 
GM  die  constante  GröTse  Lö,  die  sehr  nahe  gleich  f  +  g  ist, 
setzen  können,  so  dafs'  man  daher  hat 

wo  wieder  a  und  A  die  swei  qben  (§*> 18*)  eingefiibrten  Con- 
stanten bezeichnen.  Auf  ganz  dieselbe  Weise  wird  man  auch 
für  die  von  dem  Mittelpuncte  H  ausgehende  Lichtwelle  habet» 

y'<=  j-Jr-  Sio. ^,  (et"-  HM  +  Ä), 

i  •  »  * 

wo  die  Constante  A  in  beiden'  Gleichungen  für  y  und  y  die- 
selbe seyn  mufs,  weil  die  Wallen  von  den  beiden  Puncten 
G  and  H,    der  obigen,  Voraussetzung  gemäfs,    in  demselben 


1378  Undulatiom 

Augenblicke  ausgehn,  tbo  auch  für  jede  gegebene  Zeit  in 
selben  Phete  sind»  Wenn  nun  diese  beiden  Weilen  sieh  vm 
dem  dem  Puncto  O  sehr  nahen  Puncto  M  des  Schirms  begeg- 
nen, so  wird  man  für  die  aus  dieser  Begegnung  entspringend« 
Welle  den  Ausdruck  haben  y  =  y'  +  y"  oder 

y  a=  Yir\  Sim~(at-GM  +  A)+Sin.^r(at--HM+A)L 
welche  (Gleichung  auch  so  geschrieben  werden  kann: 

y=,£  c:(OM-Hi.).Vf  („,-22+!"«  +  A). 

Da  nun  nach  dem  Vorhergehenden  die  Intensität  des  Lichtes 
sich  wie  das  Quadrat  der  Amplitude  der  Welle  verhalt  and 
da  nach  §•  18«  Gleichung  (D)  die  Amplitude  gleich  dem 
Factor  der  trigonometrischen  Function  dieser  Gleichupg  d.  h. 
gleich  dem  grtffsten  Werthe  der  Gröfse  y  ist,  so  wird  man 
für  die  Intensität  I  dieser  vermischten  oder  dieser  Doppelwelle 
den  Ausdruck  haben 

I=(fTir*Co,,^(GM~HM)* 

Um  diese  Gleichung  weiter  zu  reduciren,  bemerken  wir,  d«Gs 
man  hat 

GM*  =  LO*  +  (GL  +  OM)* 

oder,  was  dasselbe  ist, 

GM*  =(fCos.»  +  g)*  +  (fSin.c*  +  OM)*, 

wofür  man  annähernd  setzen  kann 

GM  =  fCos.cö  +g  +  l't-jr —     ,      ^  • 

Ganz  auf  dieselbe  Art  erhält  man  auch 

HM  «  fCo*„  +  g44.2^Lm\ 

*        tCos.ai-(-g 

Die  Differenz  dieser  beiden  Gräben  ist  daher 

n*M  um«  2fSin.<tf#OM 

GM  -  HM  a  7p; -~ f 

fCos.w  +  g    * 

oder,  da  der  Winkel  w  immer  nur  softem  klein  ist. 

nM        w%*      2f.OM.Sin.» 
-  GM  «—  HMss         r  t # 

*+g 


Des  Liefet**    Interfereaz«  ÖTft 

Wie  bbra  daher  &r  dit  Intensität  der  Doppelwelle  d.  b* 
für  die  Lichtstärke  in  dem  Puncto  M  das  Schirms 

i  **a     n     iftn.OM    fSin.oA  ,D. 

Dieser  Ausdruck  für  I  variirt  also  je  nach  den  verschiedenen 
Lagen  des  Pnnctes  M  gegen  den  fixen  Punct  O  das  Schirms« 
Betrachten  wir  einige  dieser  Lagen  besonders. 

L  Wann  M  mit  dam  Pnncte  O  dar  verlängerten  I^inie 
LC  zusammenfällt,  so  ist  OH  gleich  Null  and  die  Glei- 
chung (£)  giebt 

t  4a* 

nnd  dieses  ist  zugleich  der  fröf$t*  Werthj  den  die  Licht- 
stärke der  Doppelwella  auf  dem  Schirme  erhalten  hann. 

IL  Wann  M  von  dam  fixen  Pnncte  O  zu  beiden  Sei- 
ten das  letztem  sich  entfernt,  so  dafs  man  z.  B.'hajt 


—  f  Sin.  co    4 


so  wird  der  Winkel .  -y-j- —  =  ±  J  *i,    also    der 


Cosinna  dieses  Winkels  gleich  Null,  abo  ist  auch  für 
Fall  '  •       ■     % 

1=0, 
oder  die  Intensität  des  Lichts  verschwindet  für  diesen  Punct 
des  Schirms ,  der  daher  ganz  dunkel  oder  lichtloe  ist» 

III.  Nimmt  man  aber  den  Punct  M  so,  dafs  man  hat 

so  wird  jener  Winkel  gleich  ±n  nnd  daher 

4a2 

oder  die  Intensität  des  Lichtes,  in  diesem  Puncto  hat  wieder 
ihren  größten  Wtrth,  wie  in  1  oder  wie  für  OM  a  0. 

IV.  Nahmen  wir  ferner  M  so  an ,  data  man  hat 

—  £Sh>,  w      4 


tötftt  ündulation/  *  '■*! 

so  wird   der  erwähnte  Winkel  gleich  +  -rr-  and  daher 

,     1  aa  Ot .  > 
oder  dieser  Punct  ist  wieder  ganz  finster,   wie  des;  in  It. 

V«    Nimmt  man  endlich  allgemein   Öen  Fun  et  M'  so   an,' 
dafs  man  hat 

~  IDlUtU)       4  -  * 

wo  n  irgend  eine  ganze   und   gerade  Zahl  bezeichnet ,    to  ist 
jener  Winkel  gleich  nj*  und  daher 

i—  4a2  ■ 

(H-g)2' 

oder  I  hat  seinen  gröftten  Wertl»,\rie'itt  (!}.*    '  ' 
Ist  aber 

aM=+(2n+l).-4r^-.£,/ 

*  '    fSin.w      4 

so  ist,  jener  Winkel  gleich  (2  n-f-t)   -,  oder  I  hat  seinen  klein* 

sten  Werth  1  =  0  upd  der  Panct  M  ist  ganz  lichtlos.  Die- 
ses gilt  von'  den  Puncten  des  gröfsten  und  kleinsten  Lichts.' 
^wischen  diesen  Puncten  nimmt  aber  die  Intensität  des 
Lichts  stufenweise  ab  oder  zu.  Man  sieht  daher,  übereinstim- 
mend mit  dem,  was  bereits  oben  (§.  16.)  gesagt  worden  ist, 
dal*  es  a,uf  dem  Schirme  von  dem  fixen  Puncte  O  «ut  langst 
der  Geraden  IJK.  eine  Reihe  von  equidist^pten  Puncten  geben 
wird ,  wo  die  Stärke  der  Beleuchtung  abwechselnd  am  gröfs- 
ten und  am  kleinsten  ist,  dafs  der  Punct  0  selbst  einer  der  am 
meisten  beleuchteten  ist.  und  dafs  endlich. alle,  Puncte  der  klein- 
sten  Beleuchtung  ganz  ohne  Licht  oder  völlig  dunkel  seyn 
werden.  Da  aber  der  Schirm  als  eine  auf  der  Ebene  der, 
Zeichnung  (des  Papiers)  senkrecht  stehende  Tafel  angenom- 
men wordep  ist,  so  sieht  man ,  dafs  es  «och  mehrere  solche 
gerade  Linien  mit  abwechselnder  Beleuchtung  geben  wird,  die 
alle  der  IK  parallel  in  der  Ebene  des  Schirms  liegen.  Dies*1 
Linien  haben  je  nach  dem  verschiedenen  Neigungswinkel  o> 
der  Spiegel  auch  verschiedene  Breiten  und  werden  daher 
Streifen  (Franges,  Fringesy  gekannt  Aus  den  vorhergehen* 
den  Werthen  von  OM  folgt,  dafs,  wenn  die  ,Gröf*e  (f  -|-  g) 


Dea  Liohteav  Jftkefrferenx. 


«KU 


oder  Jift DIWAi^l/O  drt  Bildes  der  /Spiegel ve*  dem  Sciirm 
gegeben  ist,  die  Breiig  OM  4t»  Streiftons,  für  jede  .bestimmte 
^aJrbe?«ieh:v«ri£e&rt  wie  f  Sin.  a>  oder  verkehrt  wie  GH  verf- 
ielt, '«o  idei»,  4*  n&h*fc(sio|i  :die  beiden  Bilder  G  tq»d;H  djuc 
■beiden  Spiegel  k6mme»,  desto  grübet  auoh  die  Breite  .der 
Streif en.seyn  wird«  .■ 

*  i  « 

VI,  In  dem  Vorhergehenden  wurde,  der  Kurze  und 
griffsern  Einfachheit  wegen,,  die  Reflexionsebene  AEBCDF 
lotrecht  auf  die  Durchschnitfslinie  der  beiden  Spiegel  ange- 
nommen. Allein  man,  sieht  ohne  Rechnung,  ,dafs  eine  Nei- 
gung der  Spiegel  gegen  die"  Ebene  der  Zeichnupg  die  oben 
gefundenen  Resultate  im  Allgemeinen  nicht  andern  wird* 

VII«  Im  Obigen  wurde  .durchaus  nur  gleichartiges  Licht 
vorausgesetzt,  z,  B.  das r zusammengesetzte  weifse  Sonnenlicht* 
Anders  würde  sich  die  Sache  verhalten,  wenn  die ,  zwei  Strah- 
len, um  deren  Mischung  es  sich  hier  handelt,  z,  B.  von  ein- 
fachen verschieden  gefärbten  Strahlen  des  Sonnenlichts  oder 
Von  zwei  verschiedener*  unserer  .  künstlichen  Lichter  kä- 
men. In  solchen  Fällen  nrufs  aber  das  Licht  als  aus  ver- 
schiedenen Wellen  zusammengesetzt  betrachtet  werden ,'-  dteHan 
jede  einen  besondern' Werth,  fiif  die  Griffs^  X  hat,  wie  wie 
oben  (§•  17«)  gesehn  haben* 

V1IL  So  lange  «Jäher  nur  von  gleichartigem  Lichte  die) 
Rede  ist  oder.  so.  lange  bei  den  beiden  au£  ß  und  H  kom- 
m enden  Wellen  die  Längen  X  derselben  auch  die  nämlichen 
Werthe  beben),  so  ist,  wie  wir  gesehn  haben,  .für  denn  fixen* 
Punct  O  die  Intensität  des  Lichts  mm  größten:  und!  gleich 


1ä 


4a* 


.i  *  •   \ 


(«+g)al   .'••■••■•       •  • 

welches  «ach  der  Werth  dieser  den  beiden  Wellen  gemein- 
schaftlichen Gr^fsf  >t  seyn  mag. ,  In  diesem  Puncte  O  wird  da-», 
her  auch  die  Intensität  der  blofsen  röthen  oderyder  blofsen 
grfinen  Strahlen  u.  s*  m  jede  fiti  sieh  ,4  so  wie  dann  auch  diei 
Intensität  des  ganzen  zusammengesetzten  oder?  weifsen  Soiw 
aeoliebts  am  gtöfsten  seyn,  weil  der  letzte  Auadrutk  von  I 
ganz  unabhängig:  ton  X  ist.  Da  nun  überhaupt  d,ie  Beleuch- 
tung eines  jeden  lichtes  gleich  dem  Quadraten  der  beleuchten- 
*«o  &nft*  desselben^  dividirtdurekdas  Qaadfat  (f  + fc)*«d« 


*3ffi  UnduUtion, 

Entfernung  des  Lichts  von  den*,  beleuchteten  Ktfrper  Ist,  so 
wird  jener  fixe  Panct  O  des  Sehirms  v*n  den  gesammten  gs— 
-ftebten  Sonnenstrahlen  viermal  stärker  durch  4»  beiden  Plan— 
Spiegel  BC  nee*  CD  erleuchtet  werden,  eis  wenn  des  lieht 
Jet  Punctes  A  nur  mittelst  eines  einsigen  dieser  beiden  Spie» 
gel  eof  den  Schirm  reflectirt  worden  wäre.  Kein  endete* 
Panct  des  Schirms  erfreut  sich  dieses  Vortheiles,  denn  wenn 
man  die  Länge  einer  Welle  z.  B.  für  des  violette  Licht  durch 
X\  für  das  indigofsrbne  dnreh  X'\  für  du  blaue  durch  X"... 
bezeichnet  und  wenn  man  den  Werth  von  a  für  diese  Farben 
in  derselben  Ordnung  durch  a,  a  ,  a  .  .  ausdrückt  und  denn 
z«  B.  den  Punct  M  betrachtet,  dessen  Entfernung  von  dem 
fixen  Puncte,  wie  oben  in  IIL 

qM«  *±JL.£ 

f  Sin.  6i     2 

ist,  so  erhalt  man,  nach  dem  Vorhergehenden,  für  die  Inten- 
sität des  violetten  Lichts 

rs*V+J? 

für  da*  indigofarbne 

rcaä+^•Co••l!r, 

fibr  das  bleue 

4a'"*  nV 

Wenn  aber  diese  farbigen  Lichtarten  nur  von  einem  einzigen 
Spiegel  nach  dem  Puncte  M  des  Schirms,  ohne  Mischung  oder 
ohne  Interferenz  derselben ,  wären  zurückgeworfen  worden,  so 
würde  man  für  die  Intensitäten  der  Beleuchtung  des  Puncto* 
M  erhalten  haben 

4a'*  4  a"*  4a'"*      - 

(H-g^*  (f  +  g/*  (f+g)*         W# 

und  diese  Ausdrucke  sind  von  den  vorbeigehenden  offenbar 
verschieden«  Daraus  folgt  demnach,  dafs  die  verschiedenen 
einzelnen  Farbenlichter  nicht  in  demselben  Verhältnisse  ge- 
asiseht  sind,  wie  in  dem  ursprünglichen  Lichte,  und  dein, 
wenn  s*  B.  des  ans  dem  Punote  A  ausströmende  lacht  weifte* 
Sonnenlicht  ist,  kein  Panct  des  Schirms,    tufscr  jenem  fixe» 


Dee  Liefet**.;  Interferon«.  IS85 

Panctn  O  t  wieder  ndt  letoea  weiften  lachte  feeUoentet  ee^n. 
wird*  in  der  Tfcet  ,  die  Breite  der  erwähnten  hellen  und 
dankten  Streiten  des  Sehareat  wird  für  jede  einzelne  Farbe  de« 
Sonnenlichts  dem  dieser  Farbe  entsprechenden  W^erthe  Von  1 
proportional  seyn.  Die  Streifen  des  ^Metten  Lichts  werden 
daher  enger  seyn,  als  die  des  grünen,  Aie  des  grünen  en-v 
ger,  ab  die  des  gelben  u.  s.w.  Aber  der  durch  den  PunctO 
gehende  Streifen  besteht  ans  allen  jenen  gefilmten  Streifen,  de* 
ren  jeder  die  grölste  Intensität,  seiner  ihm  eigenthümlicben  Be» 
leochtung  hat.  In  diesen  Streifen  wird  also  eine  vollkommen* 
Mischung  alier  Farben  des  Sonnenlichtes  statt  haben)  in  dem 
nächstfolgenden  Streifen ,  zu  beiden  Seiten  von  jenem*  wird 
sehr  nahe  noch  eine  ebenso  vollkommene  Abwesenheit  dre 
Lichtes,  sehr  nahe  eine  völlige  Dunkelheit  herrschen;  in  dem- 
dritten  oder  in  dem  nächstkommenden  hellen  Streifen  wird 
das  rothe  Licht  bereits  etwas  aber  die  andern  Farben  heraus- 
treten, nnd  noch  mehr  wird  dieses  in  den  später  folgenden 
lichten  Streifen  der  Fall  seyn,  wo  das  rothe  Licht  über  das 
orangefarbne,  das  orangefarbne  über  das  gelbe  n.  s.  w*  her- 
austreten und  gleichsam  darüber  wegfliefsen  wird,  so  dafs 
daher  diese  von  dem  fixen  Pnncte  O  mehr  nnd  mehr  entfern«» 
ten  Streifen  auch  mehr  und  mehr  gefärbt  erscheinen  werden, 
während  der  durch  O  gehende  Streifen  in  dem  hellsten  wei- 
ften Lichte  glänzt.  Nach  der  in  §.  17*  gegebenen  Tafel  für 
die  Längen  der  einzelnen  gefärbten  Lichtwellen  sollen  .die  hel- 
len Streifen  anf  ihrer  änfseren ,  von  O  abgekehrten  Seite  roth 
nnd  auf  ihrem  inneren  Rande  violett  erscheinen,  was  auch 
vollkommen  mit  den  Beobachtungen  übereinstimmt»  In  grö- 
beren Entfernungen  von  0  wird  sich  de*  breitere  rothe  Rand 
der  Aufsensefte  mit  dem  ebenfalls  breitern  blauen  Rande  de» 
Innenseite  der  nächsten  Streifen  immer  mehr  und  mehr  mi- 
schen, die  ganz  lichtlosen  Streifen  werden  immer  enger  nnd 
weniger  finster  werden  und  endlich  ganz  aufhören,  so  dafs,  in 
einer  beträchtlichen  Entfernung  von  O,  nicht  nur  die  dunk- 
len Streifen  verschwinden ,  sondern  auch  die  einzelnen  Farben 
der  lichten  Streifen  sich  in  solchem  Mafse  unter  einander  mi- 
schen werden,  dafs  das  Auge  im  Allgemeinen  nur  noch  eine 
nahe  gleichförmig  beleuchtete  weifse  Stelle  des  Schirms  be- 
merken kann  9  was  ebenfalls  Alles  den  Beobachtungen  voll- 
kommen gemäls  ist,     Uebexhaupt  können  diese  Streifen 


,  r 


iSßi  Undulatian.   .. 

£ann  «Übt  mehr  gütffi  «werden,  fWtriai  dtete Joe  von  fei  beiden 
lUchutxömen,  deren.  Ceincidens  jene  Erseheinungem  verur- 
sachte, einen  Weg  zurückgelegt  hat,  der  nkn  mehrere  Werth» 
von  X  von  dem  Wege  des  andern  Stromes,  verschiede»  ist; 
Gebraucht  man  weifses  Sonnenlicht  bei  diesen  Experimentes» 
so  verschwinden  jene,  Streifen,  sobald  der  Weg  des  einen 
Strahls  um  zehn  oder  zwölf  Werthe.  von  X  gröber  oder  klei- 
ner ist,  alsxder  Weg  des  andern. 

,  IX«  Diese  Gröfse  X  ist,  wie  wir  oben  (§.  17.)  gesehn 
haben,  für  alle  Arten  von  Licht  ungemein  klein,  so  dafs  es 
uns  wohl  immer  unmöglich  gewesen  seyn  würde,  den  wahren 
Werth'  derselben  zu  messen.  Allein'  der  ^inltel  (o  der  bei- 
den Spiegel  kann  offenbar  so 'Hein  gemacht  werden,  als  nran 
nur  immer  will,  oder  mit  andern  Worten,  der  Werth  der 
Größe 

*      f+g  .X 
f  Sin,  o>* 

kann  so  grofs  gemacht  werden/  als  es  uns  gefallt,  und  darin 
liegt  die  Möglichkeit,  jene  kleinen  Werthe  von  X  noch  unse- 
rer Messung  zu  unterwerfen,  wie  wir  dieses  bereits  oben 
(§♦  17.)  gesagt  haben«  Auch  ist  schon  in  dem  Vorhergehen- 
den erwähnt  worden,  dafs  diese  ebenso  einfache  als  sinnrei- 
che Erklärung  der  Interferenz  des  Lichtes  zugleich  den  schön- 
sten Beweis  für  die  Richtigkeit  der  Undulätionstheorie  gjebt 
Wenn  einer  der  beiden  Lichtstrahlen  durch  einen  undurch- 
sichtigen Körper  aufgehalten  oder  unterbrochen  wird,  so  ver- 
schwindet sofort  das  ganze  Phänomen  der  Interferenz  und  alle 
jene  früher'  dunkeln  Streifen  werden  sofort  wieder  licht.  Es 
Ist  wohl  für  sich  klar,  dafs  man  diese  Erscheinungen  durch 
die  Emanations-  oder  Emissionstheorie,  wie  man  dieselbe 
auch  wenden  und  drehn  mag,  nie  auf  eine  einfache  und  ge- 
nügende Weise  erklären  wird,  und  man  kann  auch  nicht  ab- 
sehn, wie  irgend  eine  andere  Theorie,  aufs  er  jener  der  On- 
dulation, davon  eine  befriedigende  Rechenschaft  geben  könnte* 

23)    Intensität  des  in terferirten  Lichts  durch 

Prismen. 

Fig.       .  Nehmen  wir  mm  An , ,  dal»  von  dam  leacbtt mden  Paocte  A 
^«üw  Beibe  wen  diTergirepdta  Wellen  ausgefce,    die  eaf  *» 


Det  Lichtes«    Interferenz,  1385 

Prisma  BCD  fsllan,  dessen  beide  Seiten  BC  und  CD  unter 
sich  gleich  sind  und  mit  der  dritten  Seite  BD  .den  sehr  klei- 
nen Winkel  w  bilden ,  welches  wird  die  Intensität  des  Lich- 
tes in  den  verschiedenen  Pancten  des  Schirms  EP  seyn,  wo 
die  von  dem  Prisma  gebrochenen  Lichtströme  sich  vermi- 
schen? Wir  haben  oben  (§.12.)  gesehn,  dafs  bei  der  Bre- 
chung des  Lichts,  wenn  es  z.  B.  ans  der  Lnft  in  Glas  über- 
geht, der  Sinns  des  Einfallswinkels  in  dem  Sinns  des  Re- 
fractionswinkels  sich  verhalt,  wie  die  Geschwindigkeit  des 
Lichts  in  der  Luft  zu  der  Geschwindigkeit  desselben  im  Glase. 
Bezeichnet  man  das  Verhältnils  dieser  beiden  Geschwindig- 
keiten der  Kürze  wegen  durch  p,  so  ist  fx  gröfaer  als  die  Ein- 
heit, weil  nach  §.  12.  VW,  die  Geschwindigkeit  des  Lichts 
in  den  dichteren  Mitteln  kleiner  ist,  ab  in  den  dünneren« 
Dieses  vorausgesetzt  hat  man  (wenn  die  Buchstaben  dieser 
Figur  eine  analoge  Bedeutung  mit  denen  der  unmittelbar  vor- 
hergehendien Figur  haben)  sehr  nahe 

AG=AH  =  AC.(<u  —  l).SiD.a>  =  0— l)fSin.o>, 

Allein  in  §#  22»,  wo  die  Interferenz  des  Lichts  durch  die  Re- 
flexion desselben  von  zwei  Planspiegeln  erzengt  wurde ,  hat-i 
ten  wir  für  den  Werth  der  Linie  GL  =  LH  oder,  was  hier« 
wo  der  Punct  A  mit  L  zusammenfällt,  dasselbe  ist,  für  den 
Werth  der  Linie , 

GA=sAH=fSin.w, 

woraus  daher  sofort  folgt,  dafs  die  Antwort  auf  die  gegen- 
wärtige Frage  gegeben  seyn  wird,  wenn  man  in  der  Formel 
des  §.  22.  statt  f  Sin.  w  die  Gröfse  (p  —  l)f Sin.  w  setzt,  so 
dafs  man  daher  sogleich  für  die  hier  zu  suchende  Intensität  I 
des  Lichtes  den  Ausdruck  erhalt 

und  ans  dieser  Gleichung  wird  man  ganz  ähnliche  Folgerun- 
gen, wie  ans  der  Gleichung  (E)  des  §•  22*  ableiten.  So  er- 
halten wir  z.  B.  für  die  Breite  der  hellen  und  dunklen  Strei- 
fen oder  Fransen  auf  dem  Schirm  EF  den  Ausdruck 

(f +g)  * 

(/*— l)fSia,w'4' 


so  eUf»  aJto  hier  di*  DistMutn  in  Mitytlpontta  d«r 
IX.  Bd.  Tttt 


1386  Uadulation. 

donkltn  Streifen  Hiebt  mehr  (wie  in  §.  22.  IX.)  hhti  von  A, 
«ondern  vielmehr  von  der  Grobe 


p  —  1 

abhängen*  Allein  [t  variirt  bekanntlich  mit  X ,  da  (x  am  größ- 
ten ist  für  die  kleinsten  &  und  umgekehrt  durch  die  ganze 
Reihe  des  Farbe  nspeecrums.  Die  Breiten  dieser  Streifen  sind 
also  von  denen  des  §.  22.  etwas  verschieden  und  mehr  un- 
gleich und  die  oben  erwähnte  Mischung  der  Farben,  zugleich 
mit  der  Verschwindung  der  dunklen  Streifen ,  hat  schon  für 
kleinere  Distanzen  von  dem  Puncte  O  statt,  als  in  §.22* 

34)  Intensität  -d«s  interf erirten  Lichts,  wenn 
eifier  der  beiden  Lichtströme  durch  einen 
diaphanen   Körper  geht. 

V 

Setzen  wir  nun  voraus,  dafs  von  dem  nach  §»  22.  oder 
23»  interferirten  Lichte  einer  der  beiden  Lichtströme  durch 
eine  Glasplatte  geht,  deren  beide  Seiren  unter  sich  parallel 
sind,  Sey  für  den  Fall  des  §.  22.,  wo  die  Interferenz  durch 
Fig.  zwei  Spiegel  erzeugt  wird,  PQ  diese  Glasplatte  und  J  die 
192# Dicke  derselben.  Da,  das  Verhältnis  der  Geschwindigkeit 
des  Lichts  in  der  Luft  zu  der  im  Glase  durch  fi  bezeichnet 
wird ,  so  wird  man  den  Weg  des  durch  die  Glasplatte  gehen- 
den Lichtstroms,  der  ohne  dieses  Glas  gleich  L O  seyn  würde, 
jetzt  nur  gleich 

LO  +  Oi-l)// 

setzen ,  um  auf  diesen  Durchgang  des  lichte  durch  die  Platte 
Rücksicht  zu  nehmen.  Nun  hatten  wir  oben  (§•  22.)  ftir  die 
Intensität  I  den  Ausdruck  erhalten. 

also  Wird  man  auch  hier,  bei  dem  Durchgange  des  Lichts 
durch  die  Platte,  haben 

oder,  wenn  dieser  Ausdruck,  wie  der  analoge  des  §.  22*,  re* 
ducirt  wird, 


1= 


Des  Lichte«.    Interferenz.  1387 

4»* 


Cos  »^  (f8itt-  w  ÖM  —  £^i  A        rv\ 

Behandelt  man  diese  Gleichung,  wf*  zuvbr  die  Gleichung 
(E)  des  $.  22.,  so  sieht  man,  dafs  jetat  die  Orte  der  »gröfr- 
ten  Intensität  oder  der  stärksten  Beleuchtung  ethalten  werden, 
wenn  man  die  Gröfse 

* 

nach  der  Reihe  gleich 

X 
0  oder  +  — •  oder  +X  u.*.  w. 

setzt,  da^t  hei(stf  wean  jnan  annimmt 


oder 


oder 


—  «Ji2-  K**-tt^±2l]  ü.  s.  w. ' 
2toin.co  — 


I.  Wenn   nun   die  Gröfse    p  —  1  *  für*  alle   Farben   des 
SooDenspectrams  demselben  Wertk  hätte;,  *»  röiiden.  die  Ur*- 

4 

ten  Ausdrücke  mit  denen  des  §.  22«  L,  IL,  111.  .  %  völlig 
übereinstimmen ,  nur  würde  die  Breite  der  fransen  jetzt  gleich 

2fSiö.ai  Ö*  — Ö^ 

seyn.  Das  ganze  System  dieser  Fransen  würde  daher  durch 
die  Interposition  der  Glasplatte  blofs  die  Aenderung  erleiden, 
dafs  es  etwas  näher  an  den  oberen  Punct  K  oder  F  des  Schirms 
gerückt  würde.  Da  aber  /i  —  1  für  verschiedene  Farben  auch 
in  der  That  verschiedene,  wenn  gleich  nur  wenig  verschiedene 
Werthe  hat,  so  wird  nebst  jener  Veränderung  des  gan- 
zen Systems  auch  noch  eine  geringe  Aenderung  in  der  Breite 
und  Colorirung  der  Fransen  eintreten;  Aenderangen  übrigens, 
die  alle  vollständig  durch  Hülfe  der  letzten  Gleichung  (E") 
bestimmt  werden  können. 

II.  Man  sieht  leicht,    dafs  »an,    wenn   zu  diesem  £x- 

Tttt  2 


'I 


/ 

I 

1388  ündulation. 

periment  ehe  Platte  von  ganz  gemeinem  Glase  genommen  wird, 
die  beiden  Längen  des  Weges  der  zwei  Lichtstrtfme 

GM  and  HM  +  <ji—V)J 

m  _ 

wegen  der  ungemein  kleinen  GröTse  X  für  jeden  Panct  der 
Tafel  zwischen  I  und  K  am  mehrere  Multiple  von  X  verschie- 
den erhalten  müsse,  da  eine  solche  Glasplatte  in  jedem  ihrer 
Puncto  eine  andere  Dicke  hat.  In  diesem  Falle  würde  man 
also  nur  gemischtes  weifses  Licht  und  durchaas  keine  Fransen 
sehn.  Man  kann  sich  aber  dadurch  helfen,  dafs  man  eine  zu 
beiden  Seiten  nahe  parallele  und  dünne. Spiegelscheibe  in  zwei 
Stücke  bricht  und  das  eine  dieser  Stücke  in  den  einen,  das 
andere  aber  in  den  andern  der  beiden  Lichtströme  hält.  Bes- 
ser noch  wird  man  das  eine  dieser  Stücke  auf  den  ersten 
Lichtstrahl  senkrecht  halten,  während  man  das  andere  gegen  den 
zweiten  Lichtstrahl  unter  einer  kleinen  Neigung  stellt ,  wo  man 
dann  diese  Neigung  des  letztern  Stücks  so  lange  ändern  kann, 
bis  jene  Fransen  ganz  rein  erscheinen«  Die  schiefe  Stellung  des 
zweiten  Stücks  gegen  den  zweiten  Lichtstrom  hat  nämlich  dieselbe 
Wirkung .  als  ob  dieses  zweite  Stück  an  Dicke  etwas  zugenom- 
men hätte ,  bis  es  die  gewünschte  Wirkung  hervorbringt. 

4 

D.     Farbige    Kreise. 
25)   Erscheinungen    der    farbigen  Kreise. 

Ander  dem  erwähnten  Experimente  mit  zwei  nur  wenig 
gegen  einander  geneigten  Spiegeln  giebt  es  noch  eine  grobe 
Menge  anderer  Versuche,  bei  welchen  ebenfalls  jene  merk* 
würdigen  hellen  und  dunklen  Streifen  erscheinen.  Sie  gehö- 
ren eigentlich  alle  zu  dem  Capitel  von  der  Interferenz  des 
Lichtes,  von  der  sie  als  eine  blofse  Folge  zu  betrachten  sind. 
Zar  bequemeren  Uebersicht  wollen  wir  sie  aber  besonders  be- 
trachten und  in  zwei  Classen  eintheilen,  deren  erste  die  far- 
bigen Ringe  begreift,  die  bei  dem  Durchgange  des  Lichts 
durch  sehr  dünne  Körper  entstehn,  während  die  zweite  Classe 
alle  diejenigen  Phänomene  umfassen  soll,  die  bei  dem  Durch* 
gange  des  Lichts  durch, sehr  kleine  Oeffnungen  statt  haben, 
Phänomene,  die  unter  der  Benennung  der  Diffraction  (oder 
der  Beugung)  des  Lichtes  bekannt  sind. 

Der  Apparat,  den  Nbwtov  zur  Beobachtung  der  farbigen, 


Des   Ljchtes.    Farbenkreise.  1389 

nach  ihm  benannten  Ringe  gebrauchte,  bestand  aas  einem  Spie- 
gelglas, dessen  Seiten  parallel  sind,  und  eas  einer  plancon« 
Texen  Glaslinse  von  gfofsem  Krümmungshalbmesser  (von  nahe 
hundert  Fufs  Länge).  Wenn  man  die  eonvexc  Seite  der  Linse 
gegen  das  Spiegelglas  sanft  andrückt  und  auf  den  Berührungs- 
panct  beider  Gläser  z.  B.  rothes  Sonnenlicht  (das  man  durch 
die  benennte  Brechung  des  weifsen  Lichts  durch  ein, Prisma 
erhält)  fallen  läfst,  so  sieht  das  Auge  in  O,  wenn  es  auf  der- Fig. 
selben  Seite  der  Gläser,  wie  die  Sonne  S  steht,  in 'dem  Be**^** 
führungspancte  der  Gläser  einen  schwarzen  runden  Flecken, 
um  dieseji  Flecken  aber  einen  rothen  Ring,  um  diesen  Ring 
wieder  einen  schwarzen,  dann  einen  rothen  Ring  u.  s.  w. 
Diese  Ringe  werden  also  von  dem  Auge  in  O  durch  Äa- 
flexion  gesehn.  Steht  aber  das  Auge  in  O'  auf  der  der  Sonne 
gegenüberliegenden  Seite  der  Glase*,  wo  es  die  von  den  Glä- 
sern gebrocktnsn  Strahlen-  erhält,  so  sieht  es  in  dem  Beruh- 
rungspuncte  einen  runden,  rothen  Flecken,  um  denselben  ei« 
nen  danklen  Kreis ,  um  diesen  wieder  einen  rothen  Kreis  u.  s»  w. 
Doch  ist  hier. die  dunkle,  so  wie  euch  die  rothe  Farbe  nicht 
so  lebhaft,  wie  in  der  ersten  Lage  O  des  Auges. 

Es  würde  schwer  seyn,  die  veränderliche  Dicke  der  sehe 
dünnen  Luftschicht  unmittelbar  zu  messen,  die  zwischen  den 
beiden  Gläsern  enthalten  ist.  Aber  dafür  lassen  sich  die  Halb- 
nreaser  jener  Ringe  desto  genauer  messen  und  daraus  kann 
man  die  Dicke  der  Schichten  leicht  durch  Rechnung  ableiten» 
Ist  nämlich  e  q  =  x  die  Dicke  der  Luftschicht  für  den  Punct 
e  and  de  =  c<|  =  r  der  Halbmesser  eines  Rings,  so  wieR, 
der  Krümmungshalbmesser  der  convexen  Seite  der  Linse,  so 
hat  »an  aus  der  bekannten  Eigenschaft   des  Kreises 

r*=x(2R  —  x) 

oder,  da  x  gegen  2R  nur  sehr  klein  ist,  nebe 

r*  =  2R.xf 

so  dafs  also  die  Dicke  der  Schichten  für  dieselbe  Linse  dem 
Quadrate  des  Halbmessers  des  Rings  proportionirt  ist.  Ffivr- 
Toa ,  der  diese  Versuche  suerst  anstellte ,  fand ,  daTs  die  Qua- 
drate der  Halbmesser  der  aufeinander  folgenden  rothen  Ringe 
sich  wie  die  ungeraden  Zahlen  1,3,  5,  7  .  •  verhalten  und 
die  der  schwanen  wie  die  geraden  Zahlen  0,  2$  4*»  6  •  •  •> 
wenn  er  dieselben   aus  O   oder  dnroh  Reflexion    betrachtete. 


f390  Undulation. 

Aus  dem  Puncto  0*  tber,  durch  Refraction  betrachtet,  fand  er 
umgekehrt  iMe  Quadrate  d*r  Halbmesser  der  rothen  Ringe 
gleich  0,  2>  4,  6  .  .  und  die  der  schwarzen  1,  3,  5,  7  .  ., 
so  dafs  also,  auch  die  Dicke  der  Luftschicht  zwischen  den 
beiden  Gläsern  nach  dem  Vorhergehenden  io  demselben  Ver- 
baltnisse steht.  Ganz  dieselben  Verhältnisse  fand  er  auch 
föt  jeden  andern  einfach  gefärbten  Strahl,  so  wie,  w*to£  statt 
der  Luft  eine  andere  Flüssigkeit,  z.  B.  Wasser,  zwischen  die 
Gläser  gebracht  würde ,  obsehon  der  absolute  Werth  der  Zah- 
len eines  jeden  Ringes  für  jede  Farbe  und  für  jede  Flüssig- 
keit ein  anderer  ist.  In  derselben  Flüssigkeit  sind  z.  B.  die 
Ringe  der  rothen  Farbe  gröfeer,  ab  die  der'  violetten,  und  für 
dieselbe  Farbe  verhalten  sieh  die  Dicken  der  Luft-  und  Was- 
serschichten desselben  (z.  B,  des  dritten  Rings)  wie  sich  die 
Sinus  des  Einfalls-  und  des  Refractio'nswinkels  bei  dem  Ue— 
bergange  des  Lichts  atrs  der  Luft  in  das  Wasser  verhalten» 
Läfst  man  endlich,  statt  des  bisher  gebrauchten  einfachen  far- 
bigen, das  zusammengesetzte  weifse  Sonnenlicht  auf  die  Gla- 
ser fallen ,  so  sieht  man  zwar  noch  jene  Ringe,  aber  unter  ih- 
nen keine  schwarzen  mehr,  sondern  man  erblickt  nur  die  in 
allen  Farben  des  Regenbogens  schimmernden  oder  die  irisir- 
ten  Ringe,  wie  sie. in  der  Reihe  des  prismatischen  Spectrums 
auf  einander  folgen,  was  nach  NtWTO*  blofs  der  Superpo- 
sltion  der  verschiedenen  Farben  dieses  Spectrums  zuzuschrei- 
ben ist.  Je  naher  übrigens  das  Sonnenlicht  Sd  senkrecht  auf 
die  Gläser  fällt,  desto  kleiner,  heller  und  schärfer  begrenzt 
sind  jene  Ringe,  da  feie  im  Gegentheil  für  schief  auffallende 
Strahlen  gröfser  und  nVstter  gefafbt  erscheinen« 

I.  Aehnliche  Erscheinungen  findet  man  auch  in  den  na- 
türlichen Krystallen ,  wenn  sie  in  ihrem  Innern  dünne,  mit 
Luft  oder  andere  Flüssigkeiten  gefüllte  Spalten  haben,  ferner  in 
(  dünnen  Schichten  von  Wasser^  Weingeist,  Oel  u.  dgl.,  womit 
man  einen  glatten,  dunklen  Körper  überzieht,  so  wie  an  dün- 
nen Fischschuppen,  an  den  Wänden  fein  ausgeblasener  Glas* 
kugeln,  und  selbst  an  den  dünnen  Oxydschichten ,  die  sich 
an  polirtem  Stahl  oder  Kupfer  während  einer  starken  Erhitzung 
bilden.  Diese  Farben  erscheinen  sowohl  im  dorchgelassenen 
als  auch  im  reflectirten  Lieht  und  sie  ändern  sich  mit  der 
Natur  und  Dicke  der  Plättchen  und  mit  dem  Einfallswinkel 
des  Lidrtes.      Besonders   lebhaft    wird  dieses  Farbenspiel  be- 


Des   Lichtes.     Farbenkreise«  1391 

merkt,  wenn  nmn  anf  die  Oberflache  des  Wassers  einen  klei- 
nen Xropfen  Terpentinöl  herabfallen  läfst  und  sieh  so  stellt, 
dafs  man  dien  Himmel  darin  abgespiegelt  sieht.  Das  Oel  ver- 
breitet sich  schnell  auf  der  Oberfläche  des  Wassers  und  bildet 
eine  sehr  dünne  Schicht,  die  durch  die  schnelle  Verdunstung 
immer  dünner  wird.  Am  deutlichsten  endlich  sieht  man 
dieses  Hervorgeh n  der  Farben  selbst  aus  farblosen  Körpern 
und  die  Aenderungen  dieser  Farben  mit  der  Dicke  der  Körper 
bei  den  gewöhnlichen  Seifenblasen,  Diese  sehn  anfangs  ganz 
weifalich  aus,  nehmen  aber  bald,  wie  ihre  Wände  dünner 
werden,  verschiedene  lebhafte  Farben  an,  die  auch  beständig 
wechseln,  wenn  durch  die  Vergrößerung  der  Blase  die  Dicke 
der  Wand  immer  mehr  abnimmt«  Wenn  sie  dem  Zerplatzen 
nahe  ist,  so  erscheint  in  ihrem  höchsten,  dem  Halme  näch- 
sten Theile  (wenn  der  Blasende  den  Halm  senkrecht  von  sich 
hält)  ein  schwarzer  Punct,  und  um  ihn  reihen  sich  irisirende . 
helle  Kreise  in  symmetrischer  Ordnung1« 

IL  Man  sieht  ohne  Erinnerung  schon  aus  dem  ange- 
führten Beispiele,  dafs  es  zur  Erzeugung  jenes  Farbenspieles 
nicht  nöthig  ist,  die  Schicht  irgend  eines  flüssigen  Mittals 
zwischen  zwei  Glasplatten  einzuschließen ,  da  sich  dieselben 
Farben  auch  und  zwar  noch  lebhafter  zeigen ,  so  oft  ein  sehr 
dünnes  Blättchen  eines  festen  Körpers  in  der  Luft  (oder  in 
irgend  einer  anderen  Flüssigkeit)  dem  Lichte  ausgesetzt  wird.' 
Erscheint  ein  solches  Blättchen  bei  einer  bestimmten  Dicke  x, 
zum  Beispiel  im  rothen  Lichte,  so  wird  es  bei  der  Dicke 
3x,  5x,  7x  .  .  durch  Reflexion  wieder  roth,  obschon  immer 
schwacher  erscheinen,  je  mehr  diese  Dicke  zunimmjt.  Uebri- 
gens  ändert  sich  der  Werth  von  x  mit  der  Brechbaakejt  (F*r- 


1  Neuerdings  ist  vorgeschlagen  worden«  in  einer  etwa  4  bis  6  Unzen 
Waiter  haltenden  Flasche  von  hellem  Glase  ein  kleines  Stuckchen 
Seife  in  etwa  2  Unzen  Wasser  aufzulöten ,  die  Luft  aas  dem  Glase' 
durch  Sieden  zu  entfernen  and  die  luftleere  Flasche  fest  tu  verkor- 
ken und  zu  verpichen,.  Wird  die  Auflösung  erwärmt  und  .gesehnt* 
t©lt,  so  bildet  sich  eine  Blase  die  zuweilen  wahrend  12  und  mehre* 
ren  Standen  nicht  platzt ,  und  die  Kreise  vortrefflich  zeigt.  Taucht 
nan  die  Oeffnung '  eines  grofsen  Weinglases  oder  kleinen  Bierglases 
m  Seifenwasser,  so  erhält  man  nach  dem1  Heraussiehn  and  Umkehren 
Weht  eine  Blas«  mit  herrlichen  Kreisea« 


1992  Ündulatioih 

be)  des  Lichts  und  mit  dem  BrechungsverhältniCi  des  Blätt- 
chens  in  Beziehung  auf  das  es  umgebende  Mittel* 

III.  Um  die  Dioke  dieser  Körper,  bei  welcher  sie  jene 
Lichterscheinungen  erzeugen,'  näher  kennen  zu  lernen ,  fand 
Newto*  mittelst  seines  oben  erwähnten  Apparats  für  das  zwi- 
schen Orange  und  Gelb  in  jüe  Mitte  fallende  Sonnenlicht  die 
Dicke  x  der  Luftschicht  zwischen  den  beiden  Gläsern  an  der 
Stelle  des  fünften  schwarzen  Bings,  dessen  Halbmesser  -fa 
eogl.  Zoll  betrug, 

X  ~  17000  ~  O'0000?62  ZoU 

oder  x  =  0,001427  Millimeter,  Da  aber  die  Dicke  an  der 
Stelle  des  fünften  dunklen  Bings,  nach  dem  Vorhergehenden, 
gleich  10 X  ist»  wo  X  die  Dicke  derselben  Farbe  für  den  er- 
sten dieser  Ringe  bezeichnet,  so  ist  die  Dicke  der  Schicht  an 
der  Stelle  des  ersten  gelborangefarbnen  Lichts 

X  =  0,0001427  Millimeter. 

Für  das  Sufserste  Roth  fand  er  ebenso  X  =  0,000161  und  für 
das  aufserste  Violett  X  =  0,000101* 

26)    Erklärung  dieser  Erscheinung  nach  Newtow. 

Dieser  grofse  Physiker,  der  die  von  Huyghzvs,  seinem 
Zeitgenossen,  aufgestellte  und  vertheidigte  Undulationstheorio 
des  Lichtes  durchaus  nicht  annehmen  wollte,  suchte  jene  Er- 
scheinungen durch  eine  eigens  von  ihm  zu  diesem  Zwecke 
ausgedachte  Eigenschaft  des  Lichtes  zu  erklären.  Nach  ihm 
soll  das  Licht  eine  Disposition  besitzen,  vermöge  deren  es 
bald  den  anziehenden,  bald  wieder  den  abstofsenden  Kräften 
der  Körper,  die  es  auf  seinem  Laufe  trifft,  leichter  zu  folgen 
geneigt  ist.  Er  nannte  dieses  Anwandelungen  (accessus;  fit 9; 
accis)  des  Lichts  zur  Refraction  und.  zur  Reflexion.  Die  An- 
wandlung des  Lichts  zur  Refraction  (zum  Durchgang  durch 
andere  Körper)  soll  ihr  Maximum  erreichen,  wenn  die  Dicke 
des  Körpers  0,2x,4x,6x*.  beträgt,  und  die  Anwandlung 
zur  Reflexion  soll  bei  der  Dicke  x,  3x,  5*,.  des  Körpers  am 
gröfsten  seyn,  so  dafs  also  der  Weg  2x  die  Periode  angiebt, 
in  welcher  der  Lichtstrahl  alle  Phasen  seiner  doppelten  An- 


Des  Lichtes«     Farbenkreise. 


1393 


Wandlung  zurücklegt,  daher  er  auch  .die  Grtffse  2*  die  Länge 
einer  Anwandlang  genannt  hat.  Fällt  ein  farbiger  Lichtstrahl 
auf  ein  dünnes  Blättchen,  dessen  Dicke  2x,  4x,  6x  • .  ist» 
so  gelangt  er  an  die  Hinterseite  des  Blatts  genau  in  derselben 
Phase,  mit  welcher  er  an  die  Vorderseite  kam;  wenn  er  da- 
her vorhin  durchging,  so  wird  er  auch  jetzt  durchgehn,  nnd 
das  Blättehen  wird  daher  im  reäectirten  Lichte  schwarz  er- 
scheinen. Ist  aber  die  Dicke  des  Blättchens  x,  3x,  5x. ..,  so 
befindet  sich  nach  Nswtost  jeder  durch  die .  Vorderseite  ge- 
gangene Lichtstrahl  bei  seiner  Ankunft  an  der  Rückseite  in 
einer  der  vorigen  entgegengesetzten  Phase  der  Anwandlung, 
War  nun  der  Strahl  bei  seinem  Eintritte  in  einer  Anwand- 
lung zum  Durchgange ,  so  wird  er  jetzt  in  einer  An- 
wandlang zum  Reflex  seyn  and  daher  an  der  Hinterseite, 
wie  von  einem  Spiegel,  zurückgeworfen  werden.  Dieser 
zurückgeworfene  Strahl  gelangt  dann  abermals  an  die  Vorder- 
seite des  Blatts  mit  der  Anwandlung  zum  Durchgange ,  da  der 
ganze  Weg',  den  er  von  der  ersten  bis  zur  zweiten  and  von 
da  wieder  bis  zur  ersten  Seite  zurückgelegt  hat,  gleich 
2x  «f-  6x  +  lOx  +  .  M  also  ein  gerades  Vielfache  von  x 
ist.  Vermöge  dieser  Zurückwerf ung  an  der .  Hinterseite  und 
dieser  Refraction  auf  der  Vorderseite  wird  daher  der  Strahl 
wieder  in  das  Auge  des  Beobachters  gelangen  and  das  Blätt- 
chen wird  ihm  gefärbt  erscheinen. 

So  sinnreich  diese  Erklärung  auch  erscheinen  mag,  so  wird 
doch  diese  Anwandlung  des  Lichts  durch  keine  andere  Er- 
scheinung bestätigt,  sondern  sie  steht  nur  als  eine  isolirte  Hy- 
pothese ohne  weitere  Verbindung  mit  der  Natur  da,  um  jene 
Phänomene  der  Farbenringe  so  gutf  als  es  eben  angeht,  zu 
erläutern.  Es  erscheint  sonderbar  nnd  gewagt,  dem  Lichte 
zwei  entgegengesetzte  Eigenschaften  nnd  überdiefs  eine  ab- 
wechselnde Neigung,  bald  dieser,  bald  jener  Eigenschaft  Man 
Vorzag  za  geben,  anzudichten.  Auch  sieht  man  nicht,  wie 
es  kommt,  dafs  die  Vorderseite  des  Mittels*  die  doch  auch 
nach  Nkwtow  immer  einen  Theil  des  auffallenden  Lichtes  zu- 
rückwirft, ganz  ohne  Einflub  auf  diese  Erscheinungen  blei- 
ben soll. 


1394  Uhdulation. 

27)     Erklärung   dieser  Erscheinungen   nach  der 

Undulationstheorie. 

In  der  Undulationstheorie  lassen  sich  jene  Erscheinungen 
sehr  leicht  darstellen,  ohne  dafe  es  nöthig  wäre,  dem  Lichte 
irgend  ein«  neue  Eigenschaft  anzudichten.  Diese  Erklärung 
labt  sich  auf  die  zwei  folgenden  Puncte  zurückführep. 

L  Die  durch  Reflexion  gesehenen  Farbenringe  entstehn 
ans  der  Interferenz  der  auf  der  Vorder-  und  auf  der  Rückseite 
des  Blättchens  (oder  der  Luftschicht)  reflectirten  Strahlen,  und* 
IL  die  darch  Refraction  gesehenen  Farbenringe  entstehn  ans 
der  Interferenz  der  direct  durch  das  Blättchen  gebrochenen 
und  der  von  den  beiden  Seiten  desselben  reflectirten  und 
dann  darch  Brechung  in  das  Auge  des  Beobachters  gelangten 
Strahlen.  Ehe  wir  dieses  näher  zeigen ,  wollen  wit  die  Fort- 
pflanzung der  Wellen  in  flüssigen  Mitteln  im  Allgemeinen  be- 
trachten. Wenn  das  elastische  Mittel  durchaus  dieselbe  Dichte 
hat,  so  wird  jede  augenblickliche  Erschütterung,  die  ein  Theil- 
chen  dieses  Mediums  erhält,  sogleich  dem  nächstfolgenden 
Theilchen  jnitgetheilt  werden t  und  dann  wird  das  erste  Theil- 
chen  in  Ruhe  bleiben,  wenn  es  anders  nicht  durch  wei- 
tere Einwirkung  äufserer  Kräfte  in  fortgesetzter  Bewegqng  er- 
halten wird,  ganz  ebenso,  wie  dieses  bei  awti  elastischen 
Kugeln  von  gleicher  Größte  der  Fall  ist,  wenn  die  eine  der- 
selben sich  gegen  die  zweite  ruhende  bewegt.  Nach  dem 
Stofse  wird  die  erste  Kugel  ruhn  und  die  zweite  wird  sich 
mit  der  Geschwindigkeit  der  ersten  und  in  derselben  Rich- 
tung bewegen,  in  welcher  sich  zuvor  die  erste  bewegte. 
Seyen  A  und  A'  diese  zwei  vollkommen  elastischen  Kugeln, 
A  die  bewegte  und  A'  die  ruhende.  Seyen  m  und  m'  die 
Massen  dieser  beiden  Kugeln  und  v  die  Geschwindigkeit  der 
ersten  Kugel  A.  Ist  m=  m',  so  wird,  wie  man  aus  den  er- 
sten Gründen  der  Mechanik  weifs,  nach  dem  Stofse  die  Kugel 
A  ruhen  unpl  A'  wird  sich  mit  der  Geschwindigkeit  v  in  der 
Richtung  der  ersten  Kugel  weiter  bewegen*  Dieses  ist  der 
vorige  Fall,  in  welchem  bei  einem  gleich  dichten  elastischen 
Medium  alle  Elemente  desselben  als  gleichmäfsig  zu  betrach- 
ten sind.  Ist  aber  für  einen  zweiten  Fall  m  grö'fser  als  m*y 
so  wird  A  durch  den  Stofs  nicht  mehr,  wie  zuvor,  seine 
ganze  Geschwindigkeit  verlieren,   sondern  beide  Kugeln  wer- 


Des   Lichtet.    Farbenkreise.  1395 

den  sich  in  der  vorigen  Richtung  gemeinschaftlich  weiter  be- 
wege». Ist  endlich  für  einen  dritten  Fall  m  kleiner  als  m, 
so  wird  die  erste  Kugel  A  nicht  nur  ihre  ganze  -Geschwin- 
digkeit verlieren,  sondern  überdiefs  noch  eine  andere  in  ent- 
gegengesetzter Richtung  erhalten ,  so  "dafs  sich  jetzt  beide  Ku- 
geln in  verschiedenen  Richtungen  weiter  bewegen  werden« 

Wenden  wir  dieses  auf  unsern  Gegenstand  an,  so  wird 
also  bei  einem  gleichdichten  elastischen  Mittal  die  Vibration 
oder  die  Welle  von  einem  Elemente  des  Mittels  zu  dem  an- 
dern übergehn,  und-  jedes  dieser  Elemente  wird,  sobald  es 
seine  Vibration  an  das  nächstfolgende  Element  abgegeben  hat, 
in  Ruhe  verbleiben ,  wenn  es  anders  nicht  durch  neue ,  auf 
dasselbe,  einwirkende  Kräfte  gestört  wird»  *  Wenn  aber  die 
Welle  aus  einem  Mittel  in  ein  anderes  von  verschiedener 
Dichtigkeit  übertritt,  so  wird  sie  an  der  Grenze  beider  Mittel 
eine  Reflexion  erleiden.  Diese  Reflexion  aber  kann  doppelter 
Art  seyn.  Kommt,  wie  in  unserm  obigen  zweiten  Falle,  die 
Welle  aus  dem  dichtem  Mittel  in  das  dünnere  (z.  B.  aus  Glas  in 
Lnfr),  so  behalten  die  Elemente  des  dichtem  Mittels,  die  jetzt 
mit  denen  des  dünneren  zusammenstofsen,  nach  diesem  Stof&e 
noch  einen  Theil  ihrer  frühem  Geschwindigkeit  und  gehn  auch 
mit  derselben  in  der  früheren  Richtung  fort.  Wenn  aber,  wie 
in  unserm  obigen  dritten  Falle,  die  Welle  aus  dem  dünneren 
Mittel  in  das  dichtere  (aus  Luft  in  Glas)  übergeht,  so  verlie- 
ren die  Elemente  des  dünnern  Mittels  durch  den  JSusammen- 
stofs  mit  denen  des  dichtem  nicht  nur  ihre  frühere  Ge- 
schwindigkeit gänzlich ,  sondern  sie  erhalten  noch  von  den 
Elementen  des  dichtem  Mittels  eine  Geschwindigkeit  in  einer 
der  vorigen  entgegengesetzten k  Richtung,  so  dafs  sich  jetzt  die 
Elemente  der  beiden  Medien  in  entgegengesetzten  Richtungen 
bewegen  oder  dafs  die  Welle,  die  früher  in  dem  dünnern  Mit- 
tel vorwärts  ging,  jetzt  in  dem  dichtem  Mittel  rückwärts  geht 
oder  reflectirt  wird. 

L  Gehn  wir  nun  wieder  #zu  dem  vorhergehenden  Appa- 
rate Newtoht's  zurück  und  nehmen  wir  an  ,  -dafs  z.  B.  das 
reine  rothe  Licht,  dessen  Wellenlänge  %  seyn  mag,  nahe  senk- 
recht auf  die  beiden  Gläser  falle,  und  dafs  das  Auge  in  O  die 
Lichtstrahlen  durch  Reflexion  erhalte.  Ist  wieder  x  die  Dicke 
dar  Luftschicht  in  dem  betrachteten  Puncte,  so  wird  das  an 
der  zweiten  Seite  der   Schicht   reflectirte  Licht  den  Weg   2x 


»^ 


1396  Undulation. 

mehr  zutuckgelegt  haben ,  als  das  von  der  ersten  Sehe ;  festes 
wiid  also  in  seiner  Welle  um  2x  hinter  diesem  zurückblei- 
ben, und  da  es  ans  dem  dünneren  in  das  dichtere  Mittel  re— 
fiectirt  wird,  so  ändert  die  Vibrationsgeschwindigkeit  an  4er 
aweiten  .Seite  der  Schicht  ihr  Zeichen«  Dieses  ist  aber  eben- 
so viel,  als  ob  diese  Verzögerung  2x  um  eine  halbe  Welle 
oder  um  \X  vermehrt  worden  wäre,  so  dafs  also  die  zwei  in- 
terferirenden  Lichtströme  gegen  einander  um  dieGröfse  2x4--&& 
ebstehn  werden,  und  daraus  folgt,  dafs  beide  in  vollständi- 
ger Uebereinstimmung  seyn  werden  9  so  oft  die  Gräfte  x  eines- 
von  den  Gliedern  der  Reihe 

ist  oder  so  oft  die  Dicken  der  Luftschichten,  die  der  Mitte 
der  farbigen  Kreise  entsprechen,  sich  wie  die  Zahlen  1,3,5,7.. 
verhalten«  Im  Gegentheile  werden  diese  Lichtwellen  in  voll- 
ständiger Discordanz  seyn,  wenn  x  eines  der  Glieder  der 
Reihe 

ist  oder  wenn  die  Dicken  der  Luftschichten  sich  wie  die  ge- 
raden Zahlen  0,  2,  4,^6  •  •  verhalten,  wo  dann  die  Ringe 
schwarz  erscheinen  müssen. 

II.  Wenn  aber  das  Aage  in  O'  die  Strahlen  vod  dem 
Glase  durch  Refraction  erhält,  so  wird  das  an  den  beiden  in- 
neren Wänden  der  Luftschicht  zweimal  zurückgeworfene  Licht 
den  Weg  2x  mehr,  als  das  durch  das  Glas  rein  gebrochene 
Licht  zurücklegen ;  jene  zwei  Zurückwerfungen  sind  beide  aus 
dem  dünneren  ins  dichtere  Mittel  geschehn,  daher  sich  auch 
die  Zeichenänderungen  der  Vibrationsgeschwindigkeiten  an 
den  beiden  Seiten  der  Luftschicht  gegenseitig  aufheben  und 
der  totale  Rückstand  der  einen  Welle  über  die  andere  gleich 
2x  ist.  Es  wird  also  wieder  Uebereinstimmung  der  beiden 
Weilen  bei  ihrer  Interferenz  geben ,  so  oft  x  eines  der  Glie- 
der der  Reihe  * 

0*    *1,    *X,     |JL.  . 

ist ,  und.  eine  völlige  Discordanz ,  so  oft  x  eines  der  Glieder 
der  Reihe 

ist»  Daraus  folgt ,  dafs  die  Dicke  der  Luftschichten ,  die  den 
Mitten  der  farbigen  Ringe  entsprechen,    sich  wie  die  geraden 


Dea  Lichte*.   Parbenkreise.  1397 

Zahlen  0-»  2,  4,  6  •  .    and 'die  Dicken  der  schwarzen  Ringe 
wie^die  ungeraden  Zahlen  1,  3,  5,  7  .  •  verhalten  müssen. 

Diese  einfache  Erklärung  stimmt  vollkommen  mit  den  be- 
obachteten Erscheinungen  überein ,  und'  ans  ihr  folgt  noch  nn- 
mittelbar,  1)  dafs  die  kleinste  Dicke  einer  Luftschicht  oder  ir- 
gend eines  dünnen  körperlichen  Blättchens,  für  Welches  ein 
bestimmtes  farbiges  Licht  die  Anwandlung  zur  leichtesten  Re- 
flexion hat  (um  mit  Newton'»  Ausdrücken  zn  reden),  gleich 
}X  ist,  das  heifst,  gleich  dem  vierten  Theile  der  Wellenlänge' 
desselben  gefärbten  Lichts,  das  sich,  in  der  Substanz  dieser 
Schicht  oder  dieses  Blättchens  bewegt;  2)  dafs  diese  Dicke, 
für  dieselbe  Substanz,  von  einer  Farbe  zur  andern  sich  wie 
der  Werth  von  X  für  diese  Farben  ändert,  dafs  also  diese 
Dicke  am  gröfsten  für  die  rothe  und  am  kleinsten  für  die 
violette  Farbe  ist;  3)  endlich  dafs  diese  Dicke  für  dieselbe 
Farbe  von  einer  Substanz  zur  andern  in  demselben  Verhält- 
nifs  sich  ändert,  wie  sich  die  Wellenlänge  dieser  Farben  in  den 
verschiedenen  Substanzen  ändert,  d.  h.  also  in  dem  Verhält- 
aus  des  Sinus  des  Einfallswinkels  zu  dem  Sinus  des  Re- 
fractionswinkels,  wenn  das  Licht  aus  der  ersten  dieser  Sub- 
stanzen in  die  zweite  übergeht. 

Nachdem  wir  nun  in  §.  25*  die  Erscheinungen  der  farbigen 
Dinge  und  in  §.  27*  die  allgemeine  Erklärung  derselben  vorge- 
tragen haben,  wollen  wir,  wie  dieses  ebenfalls  oben  bei  den  ] 
allgemeinen  Phänomenen  der  Interferenz  geschehn  ist,  die  ma- 
thematische Analyse  auf  diesen  Gegenstand  anwenden ,  um  ihn 
dadurch  erst  in  sein  volles  Licht  zu  setzen. 

28)    Interferenz    d*s   mehrmals  reflectirten 

Lieh  t  s. 

Seyen  BK  und  HM  zwei  parallele  Glasplatten,  die  an  Fig. 
ihren  inneren  Seiten  C K  und  E H  -nur  sehr  wenig  von  ein- l95# 
ander  entfernt  sind.  Von  dem  auf  diese  Platten  fallenden 
Lichtstrome  AB  wird  ein  Theil  an  der  untern  Seite  CK  der 
obern  Platte,  und  ein  Theil  an  der  obern  Sehe  EH  der  un- 
tern Platte  reflectirt.  Wenn  nun  diese  verschiedenen  Theile, 
nachdem  sie  die  Platte  verlassen  haben,  interferiren,  welches 
wird  das  Resultat  dieser  Interferenz  seyn? 

Es  werde  der  Strahl  oder  der  Lichtstrom  AB  in  der  er- 


1398        v  Undiüaiion. 

stea  Pktte  naoh  B  C  gebroch«».  Von  diesem  m  C  ankom- 
menden Liebte  verde  ein  Theil  nach  CD  reüectirt,  während 
der  andere  Theil  «ich  G£  auf  die  zweite  Platte  gebrochen 
wird«  Dieter  letzte  in  £  ankommende  Theil  werde  von  der 
zweiten  Platte  wieder  tb  eil  weise  naoh  EF  reflectijt  und  von 
da  t  heil  weide  nach  FG  in  der  ersten  Platte  gebrochen,  wo  FG 
parallel  mit  CD  ist«  Es  habe  nun  ji  wieder  dieselbe  Be- 
deutung, wie  in  §♦  23-,  oder  es  sey 

Sinus  des  Einfallswinkels 

Sinus  des  Refractioos winkeis 

oder  auch  (nach  §.  12.  VIII.) 

Geschwindigkeit  des  Lichts  in  der  Luft 

Geschwindigkeit  des  Lichts  im  Glase 

Zieht  man  FD  senkrecht  auf  CD,  so  ist  der  Weg,  welchen 
die  eine  Welle  von  C  durch  E  nach  F  in  der  Luft  besehrie- 
ben hat,  gleich  CE  -f-  EF,  während  der  Weg,  den  die 
andere  Welle  in  der  ersten  Glasplatte  von  C  bis  D  beschrie- 
ben hat,  nach  §.  12.  X.  durch  fi.CD  ausgedrückt  wird. 
Der  Unterschied  dieser  beiden  Wege  ist  also 

CE  +  EF  —  p.CD. 

Sey  J  die  Distanz  der  innern  Seiten  der  beiden  Platten  und 
ß  der  Einfallswinkel  des  Lichts  in  B,  so  wie  y  der  Refractions- 
winkel  in  F.  Zieht  map  En  senkrecht  auf  CK,  so  ist  En=J 
und  der  Einfallswinkel  CEn  =  nEFc=/?,  so  wie  CFD  =y 
der  Refractions winkel,  also  hat  man  auch 

CE  =  EF=— ^—  und  CE  +  EF  =     2J 


Cos.  ß  ^  Cos./?" 

Weiter  ist 

Cn  =  Fn  =  JTtng.ß  und  FC  =  2^Tang./?, 
so  wie 

CD  =  FCSin.y=  2^Tang.0  Sin.y. 

Jeher  Unterschied  der  Wege  ist  also 

CE  +EF  -  ji.CDe=  ^^  —  2 ^fi Tang. «Sin.  y 

Los.  ß 

.      j  ,Sin./9  . 

oder,  da  u  =  %-. — -  ist, 
r         Sin.  y 

CE  +  EF  —  ^.CD  =  2^Cos.£. 


Des  Lichtes.    Farbinkreise.  1399 

Wird  demnach  die  Vibrationsgeschwindigkeit  oder  auch  die 
.Amplitude  der  Walle  des  in  .  dem  Glase  von  C  nach  D  re~ 
flectirten  Lichtes  nach  der  Gleichung  (D)  des  §.  18.  durch 

a  Sin,  ~  (Ät— x) 

ausgedrückt,  wo  die  Distanz  x  darch  den  entsprechenden  Weg 
des  Lichts  in  der  Luft  gemessen  wird,  so  wird  die  Vibra- 
tionsgeschwindigkeit  des  von  £  nach  F  in  dar  Luft  reflectirten 
Lichts  darch 

a' Sin.  ^  (at  —  x  —  2<JCos./?) 

ausgedruckt,  und  die  Intensität  dieser  beiden  Wellen,  .wenn 
sie  interferiren ,  wird  durch  die  Intensität  derjenigen  Welle 
dargestellt  werden,  die  durch  die  Summe  der  beiden  letzten 
Ausdrücke  bezeichnet  ist. 

I.  Allein  wir  haben  bisher  noch  nicht  dasjenige  Licht 
betrachtet,  das  von  F  nach  H  reflectirt  und  dann  in  H  wie- 
der zum  Theil  nach  K  reflectirt  und  in  K  wieder  nach  KL 
gebrochen  wird  u»  s.  w.  Bs  ist  aber  klar,  dafs,  wenn  man 
der  Kürze  wegen  A  csa  2  J  Cos.  ß  setzt ,  das  in  K  refiectirte 
Licht  um  die  Gröise  2  A  verspätet  seyn  wird  und  ehenso  das 
ihm  nächstfolgende  um  die  Grobe  3  A  u.  s.  w.  Setzt  man 
für  das  von  Glas  in  Luft  gehende  Licht  die  Vibration  gleich 

a  Sin.  —  (at— x^), 

so  wird  die  ihr  entsprechende  reflectirte  Vibration  gleich 

b.aSin.  —  (at — x), 

so  wie  die  entsprechende  refractirte  Vibration  gleich 

271 

c.aSin.  —  (ot  —  x) 

seyn,  wo  b  und  o  constante  Groben  bezeichnen*  Nehmen  wir  nun 
an,  dafs  bei  dem  Uebergange  des  Lichts  aus  Luft  in  Glas  der  Factor 
dieser  Sinus  multiplicirt  werden  soll  durch  e  für  die  reflectirfe  und 
durch  f  für  die  refractirte  Vibration,  so  hat  man,  wenn  diefer  Factor 
für  das  durch  BC  gehende  Licht,  wie  oben,  a  heifst,  für  den 
Factor  des  in  C  reflectirten  Lichts  ab,   für  den  Factor  des  in 


X 


• 


1400  Undulatioo. 

F  gebrochenen  Lichts  acef,  für  den  Factor  des  ia  K  gebro- 
chenen' Lichts  ace3f  u.  s.  w.  Setzt  man  also  der  Kürzt 
wegen 

^  (at— x)=<pund^.A  =  ?^.22/Cos./y=B, 

so  erhalt  man  für  die  Summe  aller  dieser  Vibrationen  den 
Ausdruck 

ab  Sin.  q>  +  a  c  e  f  [Sin,  (<p  —  B)  +  e*  Sin.  (q>—  2B), 

+  e*Sin.(9— 3B)  +  e6Sin.(y— 4B)  +  ..J 

oder  auch  nach  einer  bekannten  Snmmation  der  letzten  Reihe 
(§.  43.  im  Anf.) 

,e.  ,        '     Sin.(m  — B) — e2  Sin.ro 

•  bSin.94-.cef.-j— ^^——Z. 

w 

IL  Diese  Summe  aller  bisher  betrachteten  einzelnen  Vi- 
brationen kann  man  aber  ganz  analog  mit  dem  im  §•.  20«  Ge- 
sagten wieder  als  «ine  einzige  Vibration  betrachten,  welche 
die  Form  hat 

F. Sin. 9  -f-  G. Cos.jp, 

wo  dann  wieder  die  Gröfse  F2  +  Ga  die  Intensität  des 
Lichtes  in  dem  Puncto  ausdrückt,  wo  alle  jene  einzelnen  Wel- 
len sich  in  der  Interferenz  begegnen.  Nimmt  man  zwischen 
den  Gröfsen  e  nnd  f  die  Bedingnngsgleichnngen 

b=  —  e  und  cf  =  1  —  ea, 

wodurch  die  Bestimmung  der  Gröfsen  F  nnd  G  einfacher  wird, 
so  hat  man*  wenn  man  in  dem  vorhergehenden  Ausdrucke 


a 


•  c.  .  c    Sin.fcp  —  B)  —  e*8in.m 


\ 


den  Factor  von  Sin.  9  gleich  F  und  den  von  Cos.  9  gleich  G 
setzt,  nach  einer  einfachen  Batwickelung  für  diese  Intensität 
I  ss  F*+  G*  wie  in  §.  22.  den  Ausdruck 

4a*e*Sin.»  5. 
(i-e*)«+4e*Sin.?|' 

* 

oder,  da  man  hat 

B=— A  =  --W, 


/ 


Qes  Lichte«.    Farbenkreise.  1401 


1  = 


4tat*Sin.*^p    Cos./?* 
(1—  e*?  +  4«*Sin.*  l^Cos.ß 


HI.  Dieses  ist  also  der  gesuchte  Ausdruck  für  die  Inten- 
sität des  durch  eine  dünne  Luftschicht  gegangenen  Lichts, 
wenn  mah  Uofs  das  von  den  beiden  Glasplatten  rtfhctirU 
Licht  betrachtet»  Wir  wollen  in  den  folgenden  §.  29»  auch, 
das  durch  die  zweite  Glasplatte  gebrochm*  Licht  auf  gleiche 
Weise  betrachten.  Es  ist  aber  für  sich  klar,  dab  statt  dieser 
dünnen  Luftschicht  zwischen  zwei  parallelen  Glasplatten  auch 
ein  dünnes  Glasblättchen  oder  überhaupt  jeder  andere  sehr 
dünne  Körper,  z.  B.  der  äuberste  Rand  einer  Seifenblase 
zwischen  zwei  Luftschichten  gesetzt  werden  kann,  ohne  dab 
dadurch  der  Ausdruck  von  1  geändert  wird* 

IV«  Ist  nun  der  Abstand  Ed=J  der  beiden  Glasplatten 
oder  die  Dicke  J  des  von  einem  festen  Körper  genom- 
menen Blättchens  gleich  Null,  so  ist  auch  die  Intensität  I  gleich 
Null,  welches  auch  der  Werth  von  X  seyn  mag,  d.  h.  mit  wel- 
chen Farben  man  auch  den  Versuch  (anstellt.  Auch  ist  es  den 
Beobachtungen  gemäb,  dab,  wenn  zwei  Glasplatten  u.  dgl.  sich 
in  allen  Pancten  genau  berühren,  keine  Reflexion  statt  hat,  und 
ebenso  haben  wir  bereits  oben  gesehn,  dab  eine  Seifenblase 
an  ihrem  höchsten  oder  dünnsten  Theile,  kurz  vor  dem  Zer- 
platzen,  vollkommen  schwarz  wird. 

V.  Aber  die  Intensität  I  verschwindet  auch  noch  in  eit- 
len den  Fällen,  wo 

J  Cos./?  «=s  -  oder  X  oder  —  oder  —  n.  s.  w. 

ist;  für  jede  bestimmte  Farbe  wird  man  aber. der  Grobe  A 
oder  auch  dem  Winkel  ß  immer  die  zu  diesen  Gleichungen 
arf orderliehe  Grobe  geben  können.  Nicht  so  für  das  zusam- 
mengesetzte oder  weibe  Licht.  Für  das  letzte  wird  nun  die 
Grobe  J  Cos.  ß  nie  so  bestimmen  können,  dab  sie  für  alle 
einzelnen  Farben  gleich  £A  oder  |X  oder  \X .  .  wird,  oder' 
hier  wird  man  nur   die  irisirten  Farbenringe ,'  aber  keine  ganz 

dunklen  Stellen  sehn. 

X 

VI.  Nimmt  man  JCo$.ß=*-r9  so  erhalt  man 

4 
IX.  Bd.  Uuüu 


140)  ündulatioö. 

f_    4«»e> 

Nimmt  man  also  z.  B.  den  Werth  von  X,  der  für  die  mittle- 
ren Strahlen  des  Spectrams  (für  die  grüngelben)  gehört,  so 
wird  die  Intensität  des  Lichts  in  den  verschiedenen  Farben- 
ringen nahe  dieselbe,  wie  bei  dem  einfallenden  Lichte ,  das 
heilst .  das  durch  die  Glasplatten  reflectirte  Licht  wird  nahe 
weils  seyn«  Für  grtffsere  Werthe  von  J  aber  wird  dieser  Fall 
nicht  mehr  statt  haben,  d«  h.  das  reiectirte  Licht  wird  dann 
noch  immer  farbig  erscheinen,  bis  endlich  A  so  grofs  wird, 
dafs  für  eine  gröfsere  Anzahl  von  verschiedenen  Farben  (die 
nämlich  ebenfalls  nur  wenig    verschiedenen  Werthen    von   X 

entsprechen)  der  Werth  von     ■»■  «  ■ — '—■  gleich  den  ungeraden 

Zahlen  1,  $,  5»  7  •  •  wird,  in  welchem  Falle 


j— *■  «lj    3;    5;    7 


also  auch 


2*  An  .  *       *      3*      Sn      In  ' 

welche  Winkel    wieder    nahe    den    gröTsten    Werth    von    1 
geben. 

29)    Interferenz  des    mehrmals   gebrochenen 

Lichts. 

Wenn  aber  der  auf  die  erste  Platte  auffallende  Licht- 
Strom  A  B  durch  die  zweite  Platte  gebrochen  wird ,  so  wird 
nach  dem  Vorhergehenden  der  Factor  des  Sinus  für  das  in  B 
gebrochene  Licht  gleich  a.ef  und  für  das  in  H  gebrochene 
Licht  gleich  a.ee*f  seyn  n.  s.  w.  Demnach  ist  die  in  dem 
Puncte  H  in  die  zweite  Glasplatte  eintretende  Welle  hinter 
der  in  £  eingetretenen  wieder  um  dieselbe  Grrjfse  A=2^Cos./£ 
zurück,  wie  in  §.28.,  so  dafs  man' also  wieder,  wie  dort,  für 
die  Summe  aller  Vibrationen  erhalten  wird 

a.cf[Sin.$  +  e*Sin.(o;—  B)  +  e*Sin,(9—  2B)  +  .  .], 
wo  wieder 

B=  ~  A^s-r-  JCe%fß  nnd  a)  =  -y-(at  — x)  ist. 


Des  Lichtes,    Farbenkreise.  1403 

* 

Summirt  man  diese  Reihe,  wie  oben,  so  erhält  man 

Sin.  q>  —  e2Sin.  (<p  -f-  B) 
*  1  — ^eaCos.ß  +  e*    ' 

so  3afs  man  also  für  die  Interferenz    des  gebrochenen  Lichts 
die  Intensität  f%  wie  zuvor,  gleich 

1>  a»(t-e*)* 

g  sss    ■    ■  ■      i  .      i  ■     ■ 

Cl-*2)a+4e»8iii.2| 

oder 

y_  «»(t— »)» 


(1  i-  **)»  +  4  e*  Sit».*  ^  J  Co«,  ß 


erhalt. 


L  Die  verhältnibmäbigen  Aenderüngen  der  Intensität  1' 
des  gebrochenen  Lichts  sind  also,  wie  die  letzte  Formel  zeigt, 
viel  geringer,  als  die  der  Intensität  I  des  reflectirt<*n  Lichts 
in  §.  28.    Der  gröTste  Werlh  von  X  ist  a*   and  der  kleinste  ist 

Aber  die  absoluten  Aenderüngen  von  I'  sind  doch  ganz  die- 
selben, wie  die  vonl»  wie  denn  auch  in  der  That  die  Sum- 
me  der  beiden  Ausdrücke  von,  I  und  1'  immer  gleich  a2  ist. 
Da  man  sonach  die  Gleichung 

I  +  I'=a*oder  i  =1  ~ 

hat,  so  sagt  man,  dafs  die  eine  dieser  beiden  Intensitäten  das 
Complement  der  andern  ist. 

II.  Das  in  L  erwähnte  Verhältnib  der  beiden  Intensitä- 
ten überhebt  uns  der  Aufzählung  der  einzelnen  Fälle  für  1', 
wie  wir  dieses  oben  in  §.  28»  für  I  gethan  haben«  Wenn 
nämlich  für  irgend  einen  besondern  Wertb  von  A  die  Grobe  I 
ein  Maximum  bei  einer  bestimmten  Farbe  giebt,  so  giebt  1' 
für  dieselbe  ■  Farbe  und  denselben  Werth  von  A  ein  Mini- 
mum  u.  s.  w«  Giebt  ein  Werth  von  A  ein  Maximum  von  1 
für  die  tothe,  einen  mittlem  Werth  von  I  für  >  die  grün«  und 
endlich  1  =  0  oder  die  schwarze  statt  der  violetten  Farbe,  so 
wird  zu    gleicher  Zeit  die    Grobe   I'   ein    Minimum    für    das 

Uuuu  2 


1404  Undulation, 

rothe,  einen  Mittelwerth  fiir  das  grüne  und  ein  Maximum  für 
das  violette  Licht  geben. 

III.  Bemerken  wir  noch,  dafs  bei  dem  gebrochenen  Lichte 
die  Farben  nie  so  lebhaft  sind,  als  sie  unter  gleichen  Ver- 
hältnissen bei  dem  /leflectirten  Lichte  erscheinen,  weil  bei  dem 
gebrochenen  Lichte,  wie  der  vorhergehende  Ausdruck  von  1' 
,  zeigt,  keine  der  Farben  gänzlich  verschwindet,  d.h.  weil 
kein  Werth  von  d  oder  von  X  die  Gröfse  1'  gleich  Null  ma- 
chen kann ,  wie  dieses  auch  der  Erfahrung  vollkommen  ge- 
mafs  ist. 

a 

30)    Interferenz  des  dur/ch  zwei  Prismen  gehen- 
den Lichts« 

Wenn   zwei   nahe  rechtwinklige  Prismen  mit  ihren  Hy- 
FiÄ. potenusen  CK  und  EH  sich    sehr  nahe  berühren,  und  wenn 
196«  von  dem    einfallenden   Lichte   der    innere   Einfallswinkel    an 
der   Seite  der   Hypotenuse  nahe  gleich  ist  dem    ganzen   Re- 
flexionswinkel ,     so    dafs    ein   Theil  des    Lichtes   durch    das 
erste  Prisma  reflectirt  und  ein  Theil  durch  das  zweite  Prisma 
gebrochen  wird,    so  wird   man  für  die  Intensität  der  Interfe- 
renz beider  Theile  ganz   dieselben  Ausdrücke,    wie  in  §.  28« 
und  29«  finden.       Indefs   verdient   dieser  besondere  Fall  doch 
eine  eigene  Betrachtung,    weil  es  hier  ganz  in  unserer  Macht 
steht,    den   Einfallswinkel    dem    totalen   Reflexionswinkel  so 
nahe,   als  wir  nur  eben  wollen,    gleich  zu   nehmen   (was  in 
§.  28«  und  29*  nicht  der  Fall  ist),    weil  wir  also  auch  den 
Winkel  ß  (d.  fa«  den  Refractionswinkel  des  ersten  Prisma's  in 
die  Luft)  so  nahe,    als  wir  wollen,    an  90  Graden  annehmen 
können,  so  dafs  also  der  Werth  von  J  Co$.ß  ungemein  klein 
werden  kann ,    ohne  eben  auch  die  Entfernung  J  der  beiden 
Prismen  sehr  klein  zu  nehmen.     Wenn  nun  in  den  Ausdruc- 
ken für  die  Intensität  I  und  1'  der   Werth  Ven  d  Cos.  ß  nur 
mäfsig  klein  (z.  B.  gleich  dem  tausendsten  Theil  eines  Zolls) 
genommen  wird,    so  wird  man  zwischen  den  beiden  äofter- 
sten  (rothe n  und  violetten)  Farben  des  Spectrams  wohl  zwan- 
zig und  mehr  deutlich  verschiedene  Farben  erhalten ,    die  alle 
durch  dunkle  Scbattenstreifen  getrennt  sind,    da  jede  von  ih- 
nen, in  Folge  ihres  verschiedenen  Werthes  von  X9  den  Werth 
von 


De«  Lichtes,    Farbenkreise.  14QS 

machen  wird.  Die  ganze  auf  diese  Weise  entstehende  Mi- 
schung des  Lichts  wird  demnach  im  Allgemeinen  wieder  weifs, 
wie  hei  dem  gewöhnlichen  Sonnenlichte,  erscheinen.  Wenn 
eher  der  Werth  von  J  Cos.  ß  ungemein  klein ,  heinahe  un- 
endlich klein  genommen  wird  (%o  dafs  z.  B<  A  Cos./?  noch  klei- 
ner als  X  ist),  so  wird  man  kaum  eine  oder  höchstens  zwei 
Faiben  finden ,  für  welche  der  Ausdruck 

Sin.a^^Co8.|9  =  t 

Aß 

wird,  so  dafs  also  dann  in   dem   so   entstehenden   Lichtbilde 
eine  oder  awei  Farben  vorherrschen  und  sehr  hell  erscheinen» 

I.  Auch  mufs  bemerkt  werden,  dafs  ftfr  unsern  Fall,  wo 
ß  nahe  gleich  90°  ist ,  schon  eine  sehr  geringe  Aenderung  des 
Refractionswjnkels  y  den  Einfallswinkel  ß  sehr  stark  andern 
kann.    Es  war  nämlich  (§.  28») 

Sin./? 

11= • 

^      Sin.y 

* 

Differeniiirt  man  diese  Gleichung)    indem  man  p  als  constant 
voraussetzt  |  so  erbalt  man»  * 

8ß  Cos./?  Sin.y—  5yCos.ySin.£  =  0 

oder 

8ß  __  Tang./g 

&y        Tang.y  ' 

so  dafs  also,  da  ß  nahe  an  90°  oder  Tang*  ß  sehr  grofs  ist, 
ein  kleiner  Werth  von  dy  die  Gröfse  8ß  schon  sehr  grofs 
machen  kann.  Also  wird  auch  eine  kleine  Veränderung  des 
Refractionswinkels  y  den  Werth  von  d  Cos.  (t  schon  bedeu- 
tend ändern  können ,  wodurch  denn  auch  der  Ausdruck  für  die 
Intensität  I  oder  1'  sehr  geändert  wird«  Fällt  daher  auf  diese 
beiden  Prismen  z.  B.  Wolkenlicht  in  verschiedenen  Richtun- 
gen ein,  oder  wird  das  Sonnenlicht  (durch  eine  Glaslinse)  in 
verschiedenen  Richtungen  auf  jene  Prismen  geleitet,  so  wird 
das  reftecrJrte  Licht  sowohl  als  auch  das  durch  diese  Prismen 
gebrochene  Licht,  wenn  es  von  einem  Schirm  aufgefangen 
wird,  sehr  helle* Streifen  oder  Fransen  zeigen.  Da  die  Lage 
und  die  Breite  dieser  Streifen   für  jede  Farbe  eine  andere  ist, 


1406  Uudulation. 

so  wird  das  Ganze  derselben  eis)«  Reihe  von  sehr  lebhaften 
Farbenbildern  geben»  Dasselbe  erhalt  man  auch,  wenn  min 
ein  solches  Doppelßrisma  so  vor  das  Auge  hält,  dafs  'du 
Licht  durch  dasselbe  in  verschiedenen  Richtungen  zu  dem 
Auge  gelangt, 

31)     Farbenringe   zwischen    zwei    Glaslinsen» 

Wenn  zwei  convexe  Linsen  oder  wenn  eine  solche  Linse 
F'£»rmd  ein  Planglas  sich  in  dem  Puncte  O  berühren,  so  wird 
"man  die  Intensität  des  in.terferirten  Lichts  für  jeden  dem  0 
nahen  Punct  M  der  Linse  auf  folgende  Weise  durch  die  Ana- 
lyse, bestimmen.  Wenn  die  Linse ,  wie  wir  hier  voraus- 
setzen ,  einen  sehr  grofsen  Krümmungshalbmesser  hat ,  so  wird 
man  für  jeden  dem  Berührungsorte  O  sehr  nahen  Punct  M  die 
beiden  Flächen  sehr  nahe  als  parallel  ansehn  können,  so  da(s 
also  auch  das  in  §.  28.  und  29*  Gesagte  hier  wieder  seine 
Anwendung  findet.  Um  aber  den  unserem  gegenwärtigen  Falle 
angemessenen  Ausdruck  für  z/==MM'  zu  finden,  so  sey,  für 
zwei  Convexlinsen ,  r  der  Krümmungshalbmesser  der  unteren 
Seite  der  oberen  und  r  der  der  oberen  Seite  der  unteren 
Linse.  Dann  ist  aber  J  oder  die  Distanz  M  M'  gleich  der 
Summe  der  zwei  Sinusversus  eines  Bogens,  dessen  Halbmes- 
ser  r   und    r'    ist«       Allein    Sin.    vers.    0    =   1  —  Cos.  0, 

Cos.  0  =  1 — TTT  4"  4    ,»    o    a   —  •  •  e^crf  wenn  0  klein  ist, 

\ • Z       1.2 • o • 4 

02  0' 

Cos.  0  =  1  —  — 77.  also  auch  Sin.  vers»  0  =  -—    für  einen  Bo- 

1.2  2 

gen  0,  dessen  Halbmesser  die  Einheit  ist,  und  daher  auch 

0* 

Sin.  vers.  0=  — - 

2r 

für  einen  Bogen,  dessen  Halbmesser  gleich  r  ist»,  Dieser  Bo- 
gen 0  ist  aber  hier  OM,  also  ist  auch 

Substituten  wir  diesen  Werth  von  J  in  den  Ausdrücken,  die 
wir  oben  (§.  28.  und  29«)  für  die  Intensitäten  I  und  I'  er- 
halten haben,  so  hat  man  für  die  Intensität  I  des  reflecürten 
Lichts 


De.i   Lichtes.    Farbenkreise.  1407 

~  (1— e*)*  +  4eaSin.*v 
und  für  die  Intensität  des  gebrochenen  Lichts 

—  (1  — e*)*  +  4eaSin.2v' 
wo  der  Kürze  wegen  der  Winkel  . 

♦  -T^Ct  +  tO0'*' 

gesetzt  worden  ist.  Dieses  vorausgesetzt  wollen  wir  nun  die 
beiden  Werthe  von  1  und  lr  besonders  betrachten. 

U    Intensität  I   des   reflectirten  Lichts. 

1)  Diese  Intensität  verschwindet  in  allen  den  Fallen',  wo 
i//  =  0  ist,  d.  h.  wo  man  hat 

**>      r.      .          ASec./?      ,           2ASec.0     ,            3XSec.fi 
(PsaQ  oder=  3 7    oder  =  - ~  oder  =s 7- .... 

^+4        i+4-        i  +  V 

r       r  r        r  r         r  ^ 

Man  hat  folglich  für  jede  einzelne  Farbe  einen  schwarzen 
Puoct  an  der  Berührungsstelle  O  der  beiden  Linsen  und 
überdiefs  noch  eine  Reihe  von  schwarzen  kreisförmigen  Rin- 
gen f  deren  gemeinschaftlicher  Mittelpunct  O  ist,  und  vqn 
diesen  schwarzen  Ringen  verhalten  sich  die  Quadrate  ihrer 
Halbmesser  wie  die  natürlichen  Zahlen  \ ,  2  9  3#  4  •  .  • 

2)  Die  hellsten   oder  lebhaftesten  farbigen  Ringe  aber  er- 
hält man,   wenn  man  tfj  =a  -—,    — ,    —  .  „  setzt,   das  heifst 

X        JL         JL 

für 

Also  liegen  zwischen  jenen  schwarze»  Ringe»  mehrere  farbige 
Ringe  und  von  diesen  haben  die  lebhaftesten  zu  dea  Qua- 
draten ihrer  Halbmesser  die  Zahlen 


•  • 


h  *>  *.  i 

3)    Da  sich  die   Halbmesser   der  hellsten  farbigea  Ringe 
(ia  2)  für  jede  besümmte  Falbe    wie  die  Grölten  JTßec.  ß 


1406  Undulation. 

verhalten,  so  folgt,  dab  ^diese  Halbmesser  gröber  werden 
wenn  man  den  einfallenden  Lichtstrahl  gegen  die  Oberflächen 
der  Linsen  in  O  mehr  neigt  oder,  was  dasselbe  ist,  wenn  anan 
das  Auge  des  Beobachters  von  der  auf  diese  Oberflache  senk- 
rechten Linie  OS  mehr  und  mehr  rechts  oder  links  bewegt. 

4)  Für  dieselbe  Neigung  ß$    aber   für  verschiedene  Far- 
ben, verhalten  sich  die  Halbmesser  jener  farbigen  Ringe  (in  2) 

wie  die  Grobe  }^X.  Die  verschiedenen  gefärbten  Strahlen, 
die  in  dem  weifaen  Sonnenlichte  enthalten  sind,  bringen  da- 
her eine  Reihe  von  Ringen  hervor,  deren  Halbmesser  ver- 
schieden sind  tind  die  durch  ihre  Superposition  eine  Reihe  von 
Farben  erzeugen,  die  mit  den  in  §.22.  VI1L  angeführten 
analog  ist»  Für  die  gröberen  Halbmesser  oder  für  die  von  O 
weiter  entfernten  Ringe  mischen  sich  endlich  diese  Farben  so 
stark  unter  einander,  dafs  keine  weitere  Spur  von  Ringen, 
sondern  nur  vermischtes  weibes  Licht  bemerkbar  bleibt, 

5)  Für  dieselbe  Neigung  ß  und  dieselbe  Farbe  X  endlich 
ändern  sich  die  Halbmesser  dieser  farbigen  Ringe;   wie  die 

'Grobe 

Um  also  sehr  breite  Ringe  zu  erhalten ,  mub  man  die  Grtflse 

1,    l_r+r' 


rr' 


sehr  klein,  also  r  und  r',  jedes  für  sich,  sehr  grob  anneh- 
men oder  die  Krümmungshalbmesser  der  beiden  Linsen  müs- 
sen sehr  grob  seyn. 

6)  Ist  endlich  die  untere  Linse  vollkommen  eben  oder 

ein  Planglas ,    so  wird  man  r'  unendlich  grob  oder  -r  =  0 

setzen ,  und  dann  verhaken  sieh '  in  (5)  die  Halbmesser  der 
farbigen  Ringe  wie  die  Grobe  J^i. 

II.    Intensität  f  des  gebrochenen  Lichts. 

Die  schwanen  nnd  ebenso   die  farbigen  Ringe,   welche 
die  beiden  Linsen  durch  Brechung  erlangen ,  sind,  wie  eben 


Des  Lichtes.    Beugung.  1409 

in  $♦  59-  Lf  die  Complemente  Ton  den  durch  Reflexion  er- 
zeugten. Der  Mittelpuoct  aller  dieser  Ringe  ist  daher  für  zu- 
sammengesetztes Licht  lebhaft  weif»  und  von  einem  schwar- 
zen Kreise  umgeben,  den  wieder  ein  weifserumgiebt,  wor- 
auf ein  schwarzer  folgt  u.  s.  w. ,  bis  endlich,  in  grölsern 
Entfernungen  von  O,  diese  weifsen  Kreise  in  die  irisirepden 
farbigen  übergehn  und  zuletzt  sich  so  unter  -  einander  mit 
sehen,  dafs  sie  nicht  mehr  getrennt  werden  können  und  daher 
unsichtbar  werden.  Der  Halbmesser .  eines  jeden  dieser  Ringe 
ist  genau  derselbe,  wie  jener  von  entgegengesetztem  Charakter 
bei  dem  refiectirten  Lichte,  daher  es  überflüssig  ist,  sie  hier 
wieder  einzeln  durchzugehn. 

Dafs  aber  alle  diese  Erscheinungen  mit  den  Beobachtun- 
gen auf  das  vollkommenste  übereinstimmen,  ist  aus  dem  klar, 
was  -oben  (§.  23«)  gesagt  worden  ist.     r  > 

E.    Diffraction  oder  Beugung  des  Lichte 
32)    Erklärung  der   Phänomene  der  Diffraction. 

Wenn  das  Licht  nahe  an  den  Grenzen  undurchsichtiger 
Körper  vorbeigeht ,  $0  erleidet  es  eigene  M odificationen ,  die 
man  die  Diffraction  oder  auch  die  Beugung,  Inflexion,  des 
Lichts  zu  nennen  pflegt.  Die  hierher  gehörenden  Erscheinun- 
gen lassen  sich  in  zwei  verschiedene  Classen  ordnen» 

I.  Wenn  man  das  Sonnenlicht  durch  eine  Sammellinse 
von  kurzer  Brennweite  gehn  läfst,  die  man  in  der  Oefinung 
des  Ladens  eines  verfinsterten  Zimmers  angebracht  hat,  und 
einen  Theil  des  aus. dem  Brennpuncte  F  divergirend  austtrö-p,-^ 
menden  Lichtkegels  mit  einem  undurchsichtigen  Schirme  CE*9&» 
auffangt,  so  wird  man  auf  einer  hinter  diesen  Schirm  gestell- 
ten Tafel  BAD  (z.  B.  von  gespanntem  weifsem  Papier)  nicht, 
wie  man  erwarten  sollte,  den  Theil  AD  dieser  Tafel  im  vol- 
len Schatten  und  die  Seite  AB  derselben  im  gleichförmigen 
Lichte  erblicken ,  sondern  man  wird  in  der  Schattenseite  A  D 
noch  einen  nicht  wenig  lebhaften  Lichtschimmer  bemerken, 
dessen  Intensität  mit  der  Entfernung  von  der  eigentlichen 
Sohattengrenze  A  abnimmt,  während  sich  auf  der  Lichtseite 
AB  der  Tafel  hellere  Streifen  zeigen ,   die  in  den  Farben  des 


V 
^ 


1410  Undulation» 

Regenbögens  glänzen  und  deren  Intensität  ebenfalls  mit  der 
Entfernung  von  A  abnimmt.  Stellt  man  z wische»  den  Brenn- 
pnnct  F  der  Linse  und  den  Schirm  GE  ein  gefärbtes  Plan- 
glas,  das  nur  die  Strahlen  seiner  Farbe  durchlä&t,  so  siebt 
man  auf  der  Tafel  BD  statt  jener  irisirenden  Farben  bloCs 
helle  Streifen  von  der  Farbe  des  Glases,  welche  durch  an- 
dere dunkle  oder  schwach  erleuchtete  Streifen  von  einander 
getrennt  sind.  Nimmt  man  die  Intensität  dieser  hellen  Strei- 
fen für  die  Ordinate  einer  Curve  an,  deren  Abscisse  die  Ent- 
fernung von  dem  Puncte  A  in  der  Linie  AB  ist,  so  hat  diese 
Curve  die  Gestalt  einer  Schlangenlinie,  bei  welcher  aber  die 
Differenz  zwischen  je  zwei  nächsten  gröTsten  und  kleinsten 
Ordinären  für  die  wachsenden  Abscissen  schnell  abnimmt  und 
schon  in  einer  geringen  Entfernung  von  A  ganz  unmerklich 
wird.  Diese  » Erscheinungen  hat  bereits  Grimaldi  im  17ten 
Jahrhundert  bemerkt)  aber  ohne  sie  erklären  zu  kftnnen.  Er 
bemerkte  nämlich,  däfs  der  Schatten  eines  Drahts,  den  er  in 
den  Lichtkegel  des  verfinsterten  Zimmers  stellte,  auf  einem  ge- 
genüberstehenden Schirme  viel  breiter  sey,  als  er  nach  der 
Entfernung  des.  Drahts  von  dem  Schirme  bei  der  geradlinigen 
FortpQapzung  des  Lichts  hätte  seyn  sollen.  Auch  sah  er  die- 
sen Schatten  auf  beiden  Seiten  von  farbigen  Säumen  um- 
geben. ^ 

II.  Wenn  man  demselben  aus  dem  Brennpuncte  F  der 
Linse  ausströmenden  Lichtkegel  einen  opaken  Schirm  CEC 
entgegenstellt,  in  welchem  man  eine  oder  mehrere  sehr  kleine 
Oeffnungen  angebracht  hat,  so  sieht  man  auf  Jer  Tafel  BD 
nicht  die  erleuchteten  Projectionen  dieser  Oeffnungen,  wie 
man  erwarten  sollte,  sondern  vielmehr  (an  der  Stelle  dieser 
Projectionen  sowohl  als  auch  zwischen  denselben)  mehrere  ge- 
färbte Bilder  von  verschiedenen  Gestalten,  die  alle  in  regel- 
mässigen Gruppen  geordnet  erscheinen,  wenn  auch  jene  Oefi- 
nungen  eine  regelmäfsige  Lage  gegen  einander  haben»  Auch 
hier  kann  man  wieder  durch  die  Zwischenstellung  eines  ge- 
färbten Glases  die  Bilder  alle  gleichfarbig  and  mit  ganz  dunk- 
len Stellen  abwechselnd  machen,  und  sie  werden  in  beiden 
Fällen  desto  reiner  und  heller  erscheinen ,  je  kleiner  der  Brenn« 
punct  der  Linse  F  ist.  Wir  werden  von  diesen  Erscheinun- 
gen bald  eine  vollkommen  genügende  Rechenschaft  durch 
lyse  geben» 


Des  Lichtes.     Beugung.  1411 

33)  Darstellung   dieser  Phänomene  durch  B  e- 

obachtnng. 

Bei  den  Beobachtungen  der  Diffraktion  des  Lichtes  kann 
man  statt  der  erwähnten  Tafel,     auf  welcher  sich    das   Licht 
ausbreitet,  vorth eilhafter  noch  den  Schirm,  durch- dessen  Oeff- 
nung  der  leuchtende  Punct  sein  Licht  Sendet,  unmittelbar  vor 
das  Auge  halten  oder  am  vortheilhaftesten  endlich  diese  Oeff- 
nung  selbst  durch    ein  darauf  gerichtetes  Fernrohr  betrachten. 
Durch  das  Fernrohr  sieht  man  endlich   jene  Lichtstreifen   zu- 
gleich gröfser'  und  deutlicher,     und  wenn    man    das    Fernrohr 
mit  einem  eingetheilten  Kreise  (wie  bei  dem  Theodoliten)  ver- 
bindet, so  werden  dadurch  die  Dimensionen  jener  Lichtbilder 
aufserdem  genau  meisbar.       Auch  kann  man,  wenn  Fernröhre 
zu  diesem  Zwecke  angewendet  wcrJen ,    j*ne  0*»ffnung«n  be- 
trächtlich   gröfser    machen,     als    dieses   für    das    unbewaffnete 
Auge  angeht,    wodurch   die  Erscheinungen  offenbar  lichtvoller 
werden.      Man  hat  diese  Beobachtungen ,    wie  gesagt ,    anfangs 
nur  in  verfinsterten  Zimmern  und    mit    Bei  hülfe    eines  Helio- 
staten angestellt,  um  dadurch  das  Licht  der  Sonne  immer  auf 
demselben  Puncte  zu  erhalten.    Allein  Schwebd  (in  seinem  oben 
abgeführten  Werke)  hat  gezeigt,  dafs  das  verfinsterte  Zimmer 
und  der  Heliostat   auch   wohl   entbehrt    werden  können.       Er 
bediente  sich  gewöhnlich   eines  Taschenuhrglases,    welches  ei 
auf  der  inneren  Seite  mit   einer  dicken  Auflösung  von  Asphalt 
oder  mit  einer  aus  Lampenrufs   und  Bernsteinfirn ifs  gemachten 
Farbe   bestrich    und  mit  seiner  obern  Seite  der  Sonne  zuwen- 
dete.    Das  auf  dieser  Seite  des  Uhrgkses   und  selbst  das    auf 
der  Oberfläche  eines  gewöhnlichen  gut  polirten  metallenen  Kno* 
pfes  entstehende  Sonnenbildchen  hatte,  wenn  er  es  durch  jene 
OefTnungen  mittelst  eines  Fernröhrchen*  von  8  Zoll  Focallänge 
betrachtete,     selbst    im   unverfinsterten  Zimmer    eine    für   die 
meisten  Beobachtungen  hinlängliche  Stärke  und  Klarheit.     Da- 
bei wird  das  kleine  Fernrohr   in    eine  Distanz   von  10  bis  20 
Schritten  von    dem  Uhrglase   gestellt1   und  auch   der  Schirm, 


1  Die  richtige  Entfernung  für  jedes  gegebene  Fernrohr  findet 
man  leicht,  wenn  man  die  Ocularröhre  demselben  so  weit  herauszieht, 
bis  das  Uhrglas  oder  besser  der  Apparat,    durch  welchen   der  feaae 


1412  Undulation.  N 

in  welchem   die   Oeffnungen  angebracht  sind ,    wird   am  be- 
quemsten  unmittelbar    vor   dem   Objective    des   Fernrohrs  ao 
demselben  (mittelst  einer  einfachen  Vorrichtung,   die  sich  je- 
der leicht  aasdenken  kann)  befestigt.      Ohne  daher  weiter  bei 
dem  im  Allgemeinen   sehr  einfachen  Verbalten,    welches   man 
bei  diesen   Experimenten    für    die    DifTraction   des  Lichtes  zu 
beobachten  hat,    zu  verweilen,  wollen  wir  sofort  zu  der  ana- 
lytischen Darstellung  derjenigen  Erscheinungen  übergehn,  wel- 
che diese   Experimente   gewahren,      Bemerken  wir  nur  noch, 
dafs  sich  aus   dieser  Diffraction   des  Lichtes   eine   grofse  An- 
zahl der  gewöhnlichsten  Erscheinungen  erklären  läfst.       Hier- 
her gehören  z.  B.  die  Farbenspiele,    die  man  bemerkt,  wenn 
man  durch  den   dünnen    Theil    des    Bartes    einer   Vogelfeder, 
durch  enggewebte   Zeuge,     durch   die  feinen  Haare -der  Hüte 
sieht,  wenn  man  durch  diese  K«rp»r   nach  der  Sonne  blickt; 
ferner  die   dunklen    Streifen    zwischen   den   enggeschlossenen, 
ausgestreckten  Fingern   der   Hand,     die   Farbenringe  um  den 
dunklen  Mond  bei  totalen  Mondfinsternissen,     und   selbst  die 
bekannten  Farbenspiele   der   Flügeldecken    mehrerer  lnsecten, 
das  Schillern  abgestandener  Gläser,  der  trockenen  Farbenstofft 
von  Indigo  und  die  bekannten  irisirenden  ßilder  der  Perlmut- 
ter.    Bäkwster   überzeugte  sich,    dafs  z.  B.  die  Ob  er  fläch/ 
der  Perlmutter  sehr*viele  feine   und  regelmäfsige  Furchen  hat 
und  dafs  man  dieselbe  irisirende  Eigenschaft  auch  andern  wei- 
chen Körpern,  z.  B.  dem  Siegellack,   dem  arabischen  Gummi, 
selbst  dem   Blei    mittheilen   kann,     wenn   man   ein    Blättchen 
Perlmutter  darauf  abdruckt.     Auch  die  Erscheinungen  der  oben 
dargestellten  Interferenz  des  Lichts,  sollte  man  glauben,  müfs- 
ten  bei  dem  häufigen  Durchkreuzen  des  Lichts  durch  so  viele 
Körper  an  der  Oberfläche  der  Erde  ebenso  häufig  vorkommen. 
Allein  dieses  ist  nicht  der   Fall,    und  man  wird  auch  leicht 
die  Ursache  davon  auffinden«    Die  Interferenzphänomene  hän- 
gen nämlich  nicht  blofs  von  jenen  Durchkreuzungen  des  Lichts, 
die  allerdings  sehr  häufig  sind,    sondern  auch  noch  von  an- 
dern Bedingungen  ab ,   die    nur  sehr  selten    alle  in  dem  hier 
geforderten   Mafse   eintreten,     indem    die  beiden  Strahlen  von 
derselben  Lichtquelle  ausgehn  müssen ,  indem  diese  Quelle  nur 


▼om  Spiegel  reflectirte  Lichtstrahl  dringt ,    ein  deutliche*  Bild  giebt 
oder  cWtüeh  geaeha  wird. 


De«  Lichtes,    Beugung«  1413 

•inen  sehr  kleinen  Raum  einnehmen  darf,  indem  die  ^Vege 
der  Lichtstrahlen  in  ihrer  Länge  nur  äufterst  wenig  verschie* 
den,    ihre  Neigung  gegen   einander  nur  sehr  klein  seyn  darf 

IL.    8«   W« 

34)    Allgemeine  Theorie   der  Intensität  des  durch 
eine  kleine  Oeffnung  gehenden  Liehet s. 

Wir  haben  bereits  oben  (§•  21.)  das  allgemeine  Verhalten 
des  durch  kleine  Oeffnungen  dringenden  Lichts,  wenn  es  sich 
dieser  Oeffnung  gegenüber  auf  einer   ebenen   oder  sphärischen 
Tafel  verbreitet,  untersucht«      Wir  wollen  nun  auch  die  In- 
tensität dieses   auf  die    ebene  Tafel  fallenden  Lichtes  bestim- 
men.      Wenn   das  Licht  aus  dem  Mittelpuncte  A  kommt  undp,v 
sich  in  sphärischen  Wellen  verbreitet,  bis  ein  Theil  desselben  *9^ 
die   kleine  Oeffnung  BC  des  Schirms  erreicht,    so  wird  jeder 
Theil  einer  solchen   sphärischen    Welle,     der    zwischen    den 
Grenzen  jener  Oeffnung   enthalten   ist,    der  Mittelpunct   einer 
andern   kleinen  Welle  seyn,     deren  Intensität   der  Oberfläche 
dieses  Theils  der  ersten  Welle  proportional  ist.     Nach  dem  in 
§.  13*  erklärten  allgemeinen  Princip   der  Bewegung   wird  die 
Summe    aller   der    kleinen    Vibrationen ,    welche    jede   dieser 
kleinen  Wellen   in    einem  Puncte  M  der  Tafel  DE  hervor- 
bringt,  für  die  ganze  Vibrstion  dieses  Punctes  M  genommen 
werden  können.     In  dieser  Voraussetzung  wird  man  also  die 
Intensität  des  Lichts  in  M  ganz  auf  dieselbe  Weise,    wie  bei 
den    Problemen  des  §.  21.  %  22*    u.  s.  w.   bestimmen  können. 
Man  ziehe  demnach  die  Gerade  AO  senkrecht  auf  die   TVifel 
BC  und  auf  den  Schirm  DE  und  betrachte  sie  als  die  Axeder 
z  oder  als  die  Axe  der  dritten   der  unter  einander  senkrech- 
ten Coordinaten  x,  y  und  z,  deren  Anfang  der  Punct  A  seyn 
soll.    Nehmen- wir  an,  dafc  diese  Axe  der  z,  so  wie  auch  die 
der  x ,    in  der  Ebene   der  Zeichnung   (des  Papiers)  liege ,    so 
da£s  also  die  Axe  der  y  auf  dieser  Ebene  senkrecht  steht«    Sey 
ABsACsa  nid  A O  =x  a  -f  b ,  wo  also  b  ==  OF  sehr 
nahe  den  Abstand  der  Tafel  von  der  Oeffnung  BC  bezeichnet. 
Sind  nun  x,  y,  z  die  Coordinaten  irgend  eines  Punctes  P  der  .     . 
Welle,  und  bezeichnen  £,  v  und  £  die  analogen  Coordinaten 
des  Pfenctes  M  des  Schirms,  wo  man  £=  a  +  b  hat,  so  kann 
man  sich  die  Oberfläche  der  sphärischen  Welle  B  C  (durch  ge- 


1414  Undulation. 

rade,  auf  der  Ebene  des  Papiers  senkrechte  and  durch  andere 
mit  dieser  Ebene  parallele  Linien)  in  sehr  schmale  Parallelo- 
gramme getheilt  vorstellen,  von  deren  jedem  die  Oberflach« 
gleich  dx.dy  ist,  so  dafs  also  die  kleine,  in  dem  Poncte  P 
entstehende  Welle  in  M  die  Vibration 

5*  V=öx.Sy.Sin.  ~  (at— PM) 

hervorbringen  wird.     Allein  es  ist  auch 

PM*:=(5— x)*+(v  —  y^  +  C5— O1 

und  überdiefs 

x2+y*  +  z2=a% 

so  defs  man  daher  hat 

PM2  =  ?*  +  af  — 2£x— 2a>y  —  2?«. 

Da  aber  x  und  y  selbst  in  ihren  grbTsten  Werthan  nur  sehr 
kleine  Gröfsen  sind,  weil  wir  die  Oeffoung  BC  sehr  klein 
vorausgesetzt  haben,  so  kann  man  annehmen 

und  dadurch  geht  der  Ausdruck  2£z  über  in 

tx»      tv2 
2£zi=2aa  +  2ab—  ij-—  ^- 

unl  wir  erhalten  für  den  vorhergehenden  Werth  von  PM 
die  Gleichung 

7"**  £v2 

PM2=b*  +  ^ 25x+  ^ 2t>y, 

oder  sehr  nahe ,  wenn  man  von  dieser  Grttfse  die  Quadrat* 
Wurzel  nimmt, 

PM  =  b  +  _  __.  +  __        b, 

oder  endlich 

Setzt  man  diesen  Werth  von  PM  in  den  Ausdruck  der  oben 
gefundenen  Vibration,  so  erhält  man 


De*  Lichte^.    Beugung.        '        1415 
wo  der  Kürze  wegen 


2b?        2b? 

gesetzt  worden  ist.  Dieser  AusaYock  läfst  sich,  wtfnn  man 
den  Sintis  des  zusammengesetzten  Winkels  auflöst,  anch  so 
darstellen  ' ,, 

^V=5x.dy.Sin.^(ot-B).Co8.^.ij(x-^)*+(T-^)*J 

•-8lay.^|(.,-B,.Sta»5.Ibj(x-^)'+(^)'j. 

Dieser  Ausdruck  raub  daher  einmal  in  Beziehung  auf  x  und 
dann  in  Beziehung  auf  y  integrirt  werden.  Die  Constanten 
der  beiden  Integrationen  wird  man  durch  die  gegebene  Form 
der  Oeffnung  BC  bestimmen,  wenn  diese  z.  B.  ein  Kreis,  eine 
Ellipse ,  ein  Rechteck  u.  s.  yr.  ist»     Da  die  beiden  GrbTsen 

Sin.  ^  (<*  t  —  B)  und  Cos.  ^  (a  t — B) 

At  Ar 

i 

constant  oder  von  x  und  y  unabhängig  sind ,  so  wird  man  den 
Ausdruck  zu  integriren  haben: 

v-  Si..??(..-BVW.,  &  [(-  hif+(r-f>] 

Drückt  man  diese  Gleichung,  nach  vollendeter  Integration, 
durch 

V  =  F.Sin.^2(at— B)-G.Cos.^  (at  — B) 

aus,  so  hat  man,  wie  in  §•  20m  ß"  die  gesuchte  Intensität  I 
der  durch  die  kleine  Oeffnung  gegangenen  Welle  für  den  Punct 
M  des  Schirms  den  Ausdruck 

I=sF*+G*. 

I*  Die  hier  engezeigten  Doppelintegrale  kann  man,  bei 
dem  gegenwärtigen  Zustande  unserer  Analyais,  nicht  in  ge- 
schlossenen Ausdrücken  geben.  Dieses  gilt  selbst  von  den*  in 
ihnen  enthaltenen  einfachen  Integralen 


1416  Undulation. 

daher  sich  auch  das  gegebene  Problem  in  seiner  ganzen  All- 
gemeinheit (wenn  die  Form  der  Oeffnong  BC  irgend  welche 
*eyn  soll)  nicht  auflösen  l&fst.  Blob  einige  besondere  Falle, 
wenn  z.  B.  jene  Oeffnung  ein  Kreis  ,  ein  Rechteck  u.  s.  ▼. 
ist,  lassen  jene  Doppelintegration  zu;  wir  werden  von  die- 
sen Fällen  in  den  nächsten  Abschnitten  reden.  Hier  wollen 
wir  nur  in  Beziehung  auf  die  so  eben  erwähnten  einlachen 
Integrale  bemerken,  dab  man  die  Werthe  von 

fB%  Cos,  ~— -  und  fB%  Sin«  -^— 

für  verschiedene  Werthe  von  s  durch  Tafeln  ausgedrückt  hat, 
von  denqn  hier  ein  Theil  angehängt  ist.  Diese  Tafeln  lasseo 
sich  durch  folgendes  allgemeine  Verfahren  construiren.  Ist 
tJ=/Sds  ein  Ausdruck  von  unbekannter  Form,  welcher  ab 
das  unentwickelte  Integral  von  Sds  gegeben  ist,  wo  S  ejne 
Function  von  s  bezeichnet,  so  hat  man  für  die  beiden  Wer- 
tno  von  U ,  die  zu  8  +  h  and  zu  s  —  h  gehören ,  nach  dem 
Taylor'schen  Lehrsatze 


tT_t_  8Ü  u    .    W    h2_,_fl3tT     h» 


d*       T  ÖS?  1.2T0s*  1.2.3 
und  . 

tr       öul  j_^2ü   h*       58ü     h» 


•  •  •  •• 


ös      xö«*   i.2       ös3  1.2.3 

so  dafs  demnach  der  Werth  des  gesuchten  Integrals  U  zwi- 
schen den  beiden  Grenzen  s+h  und  s-^h  oder  dafs 

._h  85'=2  Ti  h  +  2  TsT  •  Ol  +  •-• 

also  auch 

SÖs=2Sh+2  Z£-  ;  r^L-  +  •  . . . 
t—h         ,  ös2      1.12.3 

seyn  wird.  'Nimmt  man,  wie  gewöhnlich,  die  beiden  Gren- 
zen s-f-h  und  s — h  nur  wenig  verschieden,  also  h  sehr  Uefa, 
so  genügt  das  erste  oder  die  beiden  ersten  Glieder  des  letztes 
Ausdrucks«    Hier  folgt  die  oben  erwähnte  kleine  Tafel. 


Des  Lichtes«    Beugung« 


1417 


Werthe    der    Integrale 


/8  s  Sin.  ^-  und  /ös  Cos.  ^ 


Grenzen  d. 
Integrals 

71 S^ 

/daSio.  — 

/dsCos.^ 

[Grenzen,  i. 
Integrals 

f8*&"-~ 

fd»Co%.~ 

von      bis 

von     bis 

sr=Os»0,1 

0,0006 

0,0999 

s=0«=2,9 

0,4098 

0,5627 

0,2 

0,0042 

0,1999 

3,0 

0,4959 

0,6061 

0,3 

0,0140 

0,2993 

9,1 

0,5815 

0,5621 

0,4 

0,0332 

0,3974 

3,2 

0,5931 

0,4668 

0,5 

0,0644 

0,4923 

33 

0,5191 

0,4061 

0,6 

0,1101 

0,581t 

3,4 

0,4294 

0,4388 

0,7 

0,1716 

0,6597 

3,5 

.  0,4149 

0,5328 

0,8 

0,2487 

0,7230 

3,6 

0,4919 

0,5883 

0,9 

0,339t 

0,7651 

3,7 

0,5746 

0,5424 

1,0 

0,4376 

0,7803 

3,8 

0,5654 

0,4485 

M 

0,5359 

0,7643 

3,9 

0,4750 

0,4226 

1,2 

0,6229 

0,716t 

4,0 

0,4202 

0,4986 

1,3 

0,6859 

0,6393 

4,1 

0,4754 

0,5739 

1,4 

0,7132 

0,5439 

4,2 

0,5628 

0,5420 

1,5 

0,6973 

0,4461 

4,3 

0,5537 

0,4497 

1,6 

0,6388 

0,3662 

4,4 

0,4620 

0,4385 

'1,7 

0,5492 

0^245 

43 

0,4339 

0,5261 

1,8 

0,4509 

0,3342 

4,6 

03158 

03674 

1,9 

0,3732 

0,3949 

4,7 

03668 

0,4917 

2,0 

0,3432 

0,4866 

4,8 

0,4965 

0,4340 

2,1 

0,3739 

0,5819 

4,9 

0,4347 

0,5003 

2,2 

0,4553 

0,6367 

5,0 

0,4987 

0,5638 

2,3 

0,5528 

0,6271 

5,1 

0,5620 

0,5000 

2,4 

0,6194 

0,5556 

5,2 

0,4966 

0,4390 

2,5 

0,6190 

0,4581  . 

5,3 

0,440t 

0,5078 

2,6 

0,5499 

0,3895 

5,4 

0,5136 

0,5573 

2,7 

0,4528 

0,3929 

5,5 

03533 

0,4785 

2,8 

0,3913 

0,4ft78 

00 

0,5 

03. 

IX.  Bd. 


XXXK 


1418  Undulatiom 

35)    Besonderer  Fall,   wenn  die  Oeffnung  ein 

Rechteck   ist» 

* 

Ist  die  Oeffnung  BC,  durch  welche  das  Licht  geht,  ein 
Rechteck,  dessen  Seiten  in  der  Richtung  der  Coordinaten  x 
und  y  liegen  und  2  e  und  2  f  zu  ihren  Längen  haben ,  und 
geht  die  auf  die  Tafel  D  £ t  senkrechte  Richtung  A  O  durch 
den  Mittelpunct  dieses  Rechtecks  (d.  h.  durch  den  Durch- 
schnittspunct  seiner  beiden  Diagonalen),  so  nenne  man  der 
Kürze  wegen  > 

oder  ** 

av  __    yTXab 

y  —  j  — sr  -^-, 

so  dafs  man  also  *  auch  hat 
oder 

Dieses  Integral  mufa,  der  Natur  der  Aufgabe  nach,  von 
y  =  — f  bis  y  =  +  f  genommen  werden,  das  heifst,  von 

— rS<«  +  V0--rS(t-r)- 

Es  wird  demnach  gleich  seyn  der  Summe  von  zwei  Zah- 
len  in  der  Columne  fd  s  Cos«  — -  der  vorhergehenden  Ta- 
fel, die  zu  den  beiden  folgenden  Werthen  von  s  gehören: 

Seyen  A'  und  A"  diese  Zahlen»  Verfahrt  man  ebenso  für  die 
Sinus   und   nennt   man    B'  und  B"  die  zwei  Zahlen  der  Tafel 

713* 

in  der  Columne  /5  s  Sin,  -5—,  die  zu 

8=<Iab(f+T>Ddl=l    üU'") 


Des  Lichtes,     Beugung.  14^0 

gehören ,  so  erhält  man  für  das  Integral ,  das  wir  in  dem  vor- 
hergehenden Paragraph  durch  F  ausgedrückt  haben, 

_/fi»{f^(B.+B.)8i„.».i(,_^)-}, 

Ganz  auf  dieselbe  Weise  erhält  man  auch 

+/äx{^(B+B-)Co..?.I(,-?)  =  }. 

Nimmt   man    nun   diese   zwei   Integrale  auf  dieselbe  Art  von 
x= — e  bis  x  =  +  e  und  setzt  man  A'"  und  A™  für  die  Ta- 


7Z82 


felzahlen  von  fdsCos.  -—  für  die  Werthe 


-rs(-+^)—-rä  (-=?)• 


s 


so  wie  B "    und    Blv    für    die    ähnlichen    Tafelzahlen    von 


n%2 


f8  s  Sin.  — - ,  so  erhält  man 

^av 

F  =  ^|  [(A'+  A")  (  A'"+  A ,v)  —  (B'+  B")  (B'"-|i  B,T)] 
ond 

G=  ^[(A'  +  A")  (B'"+Bv)  +(B'+B")(A"'+ A'v)] 

und  daher  hat  man  für  die  gesuchte  Intensität  I 

1  =  F*+  Ga, 
das  heifst, 

,==  (^r)  * [  A  ^  A^+  (B+ B")2] '  t  a"+Ait)2+(b"'+biv)2^ 

wo  immer  £=a-|-b  ist. 

Wir  werden  zu  diesem  Ausdrucke  von  I  später  auf  ei- 
nem anderen  Wege  zurückkommen  und  ihn  dann  inehr  im 
Detail  untersuchen.     Diese  Untersuchung  der  eigentlichen  Ge- 

Xxxx  2 


\ 


1 


1420  Undulation. 

•tili  des  LicfatbHdas  auf  dar  Tafel  DE  beruht  hier  offenbar 
auf  de»  partieulären  Werthen  von  §  und  v,  deren  man  zu- 
erst mehrere  nach  einer  bestimmten  Reihenfolge1  berechnen 
mufs,  um  die  Grenzen  und  die  verschiedenen  Lichtintensitä- 
ten  der  auf  dem  Schirme  entstehenden  Figur  sich  versinnli- 
chen zu  können. 

I.     Der  einfachste  besondere  Fall ,    der  aus  der  vorherge- 
henden Betrachtung  des  Parallelogramms  abgeleitet  werden  kann, 
ist  der,    wenn  man  das  Parallelogramm  in  eine  gerade  Linie 
iibergehn  läfst,  d.h.  wenn  man  die  Intensität  eines  Lichtes  sucht, 
das  an   der  geradlinigen  Seite   (der  Kante  oder  dem   Bande) 
einer  dünnen  Platte  von  Metall  u.  dgL  vorbeigeht.     Wird  für 
diesen  Fall  die  Axe  der  y  parallel  mit  jener  Kante   der  Platte 
genommen,  so  ist  xs=0*    nod  man  wird  das  erste  der  bei- 
den vorhergehenden  Integrale  zwischen  den  Grenzen  y=  oo 
und  ysa  —  oo,  so  wie. das  zweite  von  x=oo  bis  x= —  od 
zu  nehmen  haben.     Fresvel,    der  diesen  speciellen  Fall  um- 
ständlich untersuchte,   fand  dafür  folgende  Resultate.      Wenn 
man  durch  den  Lichtpunct  und  durch  die  scharfe  Kante   der 
Metallplatte  eine  Ebene   legt  und  wenn  der  Durchschnitt  die- 
ser Ebene  mit    dem   Schirm  die   Grenze    des  geometrischen 
Schattens  genannt  wird,  den  die  Platte,  auf  den  Schirm  wirft, 
so  sieht  man  in  diesem  geometrischen  Schatten  das  Licht  desto 
mehr  abnehmen,    je  .weiter  man  sich  in  diesem  Schatten  von 
jener  Grenze  desselben  entfernt,     so   dafs  dieses   Licht  schon 
in    einer   geringen   Entfernpng   von  jener  Grenze   bereits    un- 
merklich wird.     Auf  der  andern  Seite  dieser  Grenze  aber,    in 
dem  hellen   Theile  des    Schirms,     nimmt    die    Intensität   des 
Lichts,   nahe  bei  dieser  Grenze,   mehrmals  periodisch  ab  und 
zu,  indem  es  hier  in  verschieden  gefärbten   Streifen  erscheint, 
bis  es  endlich  in  einer  bestimmten  Entfernung  von  der  Grenze 
seine  volle,   von  nun  an  unveränderliche  Stärke  erhält.     Die- 
ses  ist,  wie  bereits  oben  gesagt,  das  merkwürdige  Phänomen, 
das  bereits  Gbimaldi   beobachtet   und  Newton   durch  seine 
Emissionstheorie  nur  unvollständig  erklärt  hat*. 

II.     Ist  die  Metallplatte  unter  einem  rechten  Winkel  ge- 
bogen,   so  bemerkt  man    nebst   den   in  I.    erwähnten   jetzt 


t    FaESNix/s   ToHstandig  genügende  Erklärung  ans  der    Undnla- 
tieostaeorie  findet  man  in  Mem.  de  Mqstitut  de  Parat.  182t . 


Des  Lichtes.  .  Beugung.  1421 

ebenfalls  rechtwinkligen  farbigen  Streifen  aufser  dem  geome- 
trischen Schatten  der  Platte  auf  dem   Schirme    noch  in    die« 
sem  Schatten  hellere  krumme  Linien ,    welche  die  Gestalt  von 
Hyperbeln  haben,    wie  sie  in  der  Zeichnung  dargesteift  wer-^Jg* 
den. 

III.  Fällt  endlich  das  Licht  durch  eine  sehr  enge  Spähe 
der  Platte  auf  der  Tafel ,  so  sieht  man  auf  der  letzteren  viel 
lebhaftere ,  breite,  irisireude  Lichtstreifen.  Ist  die  OefFnung 
in  der  Platte  dreieckig,  so  sind  die  Streifen,  wie  schon  Ntw- 
tos  bemerkte,  rechtwinkligen  Hyperbeln  ähnlich,  deren 
Asymptoten  parallel  und  senkrecht  zur  Axe  des  Dreiecks  sind»' 
Wir  werden  auf  alle  diese  speciellen  Fälle  weiter  unten  wie« 
der'  zurückkommen. 

36)    Besonderer  Fall,  wenn  die  Oeffnung  ein 

&reis  is-r. 

,  Theilt  man  die  kreisförmige  Scheibe  einer  solchen  Oeff^ 
nung  in  unendlich  viele  concentvisohe  Ringe  und  nennt  man 
von  einem  dieser  Ringe  r  den  Halbmesser  des  inneren  und 
r4-dr  den  Halbmesser  des  aafsern  Randes,  so  ist  die  Ober- 
fläche  des  Ringes  gleich  2nrdr.  Die  Entfernung  Jedes  Puncts 
dieses  Ringes  von  dem  Schirme  ist  nahe  gleich  , 

b  +  TT—-  r  f,  wo  wieder  £=*  +  h  ist, 

woraus  sofort  folgt,  dafs  die  Vibration  des  Lichts  in  dem 
Centralpuncte  des  Schirms,  d.  h#  in  der  Projection  des  Mit« 
telpunctes  jener  kreisförmigen  Oeffnung  auf  dem  Schirme,  durch 
die  Gleichung  ausgedrückt  wird 

und  davon  ist  das  Integral 

Ist  R  der  Halbmesser  der  kreisförmigen  Oeffnung,  so  mub 
dieses  Integral  wn  r  =3  0  bis  r  =  R  genommen  werden  ,  so 
dafs  man  daher  erhäk 

--        abX  2n  £"*  ,     2n  •     C    ua 

V==  TT  SlD#  T  («t-b-^^.Sm.  T    5^R* 


I 


1422  Undulation. 

und  dit  Intensität  I    des  Lichtes  auf    dem  Schirme  durch  die 
Oleichoeg  gegeben  wird 


\  U)  V2»bl/ 


Dieser  Ausdruck  von  I  ist  demjenigen  ähnlich,  den  wir  oben, 
(§.  31«)  Gär  die  Intensität  des  reflectirten  Lichts  zwischen  zwei  ' 
Glaslinsen  erhalten  haben ,  wenn  man  nämlich  in  dem  Aus* 
drucke  von  I.  des  §•  31*  den  Nenner  als  eine  constante  GrÖfse 
betrachtet,  also  werden,  auch  die  Farben  in  beiden  Fällen 
nahe  dieselben  seyn.  Man  muh'  aber  bemerken ,  dafs  der 
obige  Werth  von  I  nur  die  Intensität  des  Lichts  in  dem  er- 
wähnten Centralpuncte  des  Schirms  ausdruckt. 

37)     Intensität  des   durch   eine  Sammellinse  und 
durch  eine  kleine  Oeffnung  gehenden  Lichts. 

P>£*  Wenn   das   von    dem  Puncte   A   divergirend   ausgehende 

'Licht  durch  eine  Sammellinse  bc  cpnvergent  gemacht  wird  und 

dann  durch  die  Oeffnung,  B  C  auf  die  Tafel  CfB  fällt,  so  wird 

man  die  Intensität  desselben  in  jedem  Puncte  M  der  Tafel  auf 

folgende  Art  bestimmen.       Da   nach   dem  Vorhergehenden  die 

x  Oberfläche  der  Welle  nach  der  Refraction  durch  die  Linse 
eine  Kugel  seyn  mufs,  deren  Mittelpunct  O  ist,  so  wollen 
wir  diesen  Punct  O  zum  Anfangspunct  der  Coordinaten  neh- 
men, so  dafs  x,  y  und  z  die  Coordinaten  irgend  eines  Punctes 
P  der  Oeffnung  und  §,  v9  £  die  analogen  Coordinaten  eines 
Punctes  M  der  Tafel  vorstellen.  Da  z  mit  OA  parallel  ist, 
so  ist  £=0  und  daher 

PM2  =  (£  — x)2+(«i  —  y)2  +  z*. 

Da  aber  die  Gleichung   der  Oberfläche    einer  Kugel,     deren 
Mittelpunct  O  und  deren  Halbmesser  ÖB^=OCs=b  ist, 

x2+y2  +  z2  =  ba  , 

(      ist,  so  hat  man  auqh 

PM2  =  b2+£2  +  ü2  —  2?x— 2«y, 

oder   nahe,     wenn   man    die    Quadratwurzel    dieser    Gröfsen 
nimmt, 


Des  Lichtes.      Beugung.  1423 

Setzt  man  der  Kürze  wegen ,  wie  in  dem  vorhergehenden  ana- 
logen Probleme, 

so  erhalt  man,,  wie  dort,  für  die  vollständige  Vibration  des 
Punctes  M 

V=zfdxfdy8in.^(at-B  +  ^+^) 

und  dieser  Ausdruck  ist  viel  einfacher,  als  der  des  erwähnten 
Problems,  da  er  von  den  Quadraten  der  beiden  Groben  x 
und  y  unabhängig  ist.     Die  erste  Integration  giebt  sofort 

-^Co't(°1-b+t+t)- 

Ist  aber  y'  und  y"  der  kleinste  und  gröfate  Werth  von  y  für 
einen  gegebenen  Werth  von  x  (welche  Werthe  von  y  näm- 
lich aus  der  gegebenen  Gleichung  der  Oeffnung  BC  zwischen 
x  und  y  erhalten  werden) ,  so  wird  dieses  Integral  zwischen 
den  genannten  Grenzen  y  und  y"  gleich  seyn  dem  Aus- 
drucke 

oder  auch,  wenn  man  die  Cosinus  auflöst,  gleich 
^[co8.g(?x+Vy')-Cos.^(5X+t»y")].Co».^Cat-B) 

-  «ä  [siD  S»«+^)-«»h  &+*&]  • sin-  x  (at-B)- 

Setzt  man  nun  das  Integral  in  Beziehung  auf  x  zwischen  den 
beiden  entsprechenden  Grenzen   oder  setzt  man 

P  =  /öx[Co».  j£(gx  +  «y')-Cos.2f(Sx  +  t,y")] 
und 

Q  =  fdx  [ Sin.  ^ (gx  +  vy) - Sio. ^ (§ x  +  •/*)]  , 

so  erhält  man  für  die  gesuchte  vollständige  Vibration  des  Lich- 
tes in  irgend  einem  Puncto  AI  des  Schirms 


1424  Undulatioiu 

i 

V  =  ~P.Cos,  ^(ot  — B)— H-.Q.Sin.  ^(ot-B) 

und  daher  auch  für  die  Intensität  I   des  Lichts  in   demselben 
Puncto  M 

'-(et.)' <*'+«*> 


38)     Besonderer  Fall,  wenn   die  Oeffnung  ein 

Reohteck  ist» 

Nimmt  man  die  Seiten  dieses  Rechtecks  in  den  Richtun- 
gen der  x  and  y  and  nennt  man  diese  Seiten  2  ©  und  2  i,  »o 
hat  man 

*        y  =— f  und  y"=  +  f, 
also  auch       „ 

Co«.  ?|  (§x  +  vj')  -  Co«.  ^  (gx  +  Vy") 
=  Co«.|^($x-i;f)-Cos.  ^Qx+vt) 

=  2Sin.  |^  xg.Sin.  |^tif. 

Wird  dieser    Aasdruck    durch  dx   maltiplicirt    aod  integrirt, 
so  hat  man 

=.  Sin.  ,--  vf .  Cos.  r-r-  £x 

und  dieses  Von  x  =  —  ebisx  =  +  e  genommen  giebt 

P  =  0. 
Ebenso  hat  man 

Sin.  ||  (gx  +  „/)_  SiD.  |f  (?x  +  vy») 

«Sin.  ^  (|x  -  t>  f )  -  Sin.  ||  (gx  +  «  f ) 

—        o'n  .  27i£x   c.  ,27Tvf 
sss —  2 Cos.    .  ,■     .Sin«  .  .     , 

b  A  b  X 

wovon  wieder  das  Integral  ist 


Des  Lichtes.    Beugung.  1425 

bX   c.     2nvt  c.     2n'£x 

— ^•ö,0»"T^ — «PID»  ".    .     ■ 

n%  bA,  bA, 

oder,  2WÜcheo  den  Grenzen  x  =  —  e  und  x=  +  •  genommen, 
ft  2b*.       ■   2nv(  _.     2«£e 

Q=s-7F,SM'TT"-s,D--bT-' 

so  cLafs  also  .die  Intensität  I  gleich  ist 

»*£.«*  bX  b& 

oder,  was  dasselbe  ist, 

\2at;f  bX  /     \2tfge  b&    y 

I.    Dieser  Werth  von  I  wird  ein  Gröfotes  für  $=0,  i/  =  0,  y 
also  für  den  PunctO,  der  dem  Puncte  A  ;senkrecht  zum  Schirm 
gegenüber  steht.  Weiter  wird  I  gleich  Null ,  so"  oft  £  ein  Mul- 

tiplum  von   pr—   oder  so    oft  t;  ein  Maltiplam  von  ^-r  ist. 

2e  *     *  .  2t 

Daraus  folgt,  dafs  der  Schirm  mit  einem  Gitter  vpn  schwar- 
zen Streifen  überzogen  ist,  die  auf  einander  senkrecht  stehh 
und  von  denen  die  horizontalen,  so  wie  auch  die  verticalen, 
unter  sich  gleich  weit  entfernt  sind.  Für  jeden  gegebenen 
Werth  von  g  ist  die  Intensität  ein  Gröfstes,  wenn  v  ss  0t 
d.  h.   wenn    v    einen    von     denjenigen    Werthen    hat,     die 

Sin.    ,  m  ■  zum  Maximum  machen.      Das  Lichtbild  des 


2qvf hX 

Schirms  wird  also  eine  helle  Stelle  im  Mittelpnncte  haben, 
und  dnrch  diesen  Mittelpanct  wird  ein  vierarmiges  Kreuz 
gehn,  dessen  Arme  dnrch  schwarze  Striche  in  bestimmten  In-* 
tervallen  durchbrochen  sind-,  in  den  vier  Winkeln  des  Kreu- 
zes wird  eine  Reihe  von  weniger  hellen  Vierecken  stehn  u.  s.w., 
wie  wir  später  umständlicher  sehn  werden. 

39)    Besonderer  Fall,  wenn  di'e  Oeffnung  eine 
enge  geradlinige  Spalte  ist. 

Dieser  Fall  ist  in  dem  des  in  §•  38.  betrachteten  Recht- 
ecks enthalten.  Ist  nämlich  2  f ,  die  Breite  der  Spalte  und 
nimmt  man  die  Länge  2e  derselben  unbestimmt  an,  so  wird 
neu  von  dem  oben  erhaltenen  Ausdrucke 


1426  »      Undulation. 

I=16.«f».  (jjg;  S.n.  -5J-I-  (^£  S.o.  _ ) 

die  ine  multiplieirten  Glieder  als  eine  unbestimmte ,  unserer 
Willkür  iiberlassene  constante  Grobe'  betrachten.  Setzt  man 
diese  constante  Gröfse  gleich  A1,  so  hat  man 

I=A*         a      ,     •  Sm.*  — r- 
4flrv2l*  bA 

Tür  die  gesuchte  Intensität  des  durch  die  Spalte  ^gegangenen 
Lichtes.       Setzt   man   der   grofsen  Einfachheit    des    Ausdrucks 

wegen  die  Breite  der  Spalte  2  f  =  k  und  die  Gröfse  -  =  Sin.  y, 

b 
so  hat  man,    wenn  man  die  Constante  A*  oder  die  ursprüng- 
liche Intensität  des  Lichts  zur  Einheit  annimmt, 

I=k^4il^'Si0^TSiD^)  =  /k^  ^         y-Moffiffl».») 


Die  Tafel  am  Ende  des  §.  39.  giebt  von  30  zu  30  Graden  in 
der  zweiten  Columne  den  Werth  von 

H  =  r Sin.  |  -r-  Sin,  \U  \ 

-r-Sin.i/> 

und  von 

H" oder  I=  /k«1     ..•3h.,(xai"-») 

i 

£jj£für    ?Sin.V«0#,  30°,  60*  u.  s.  w.      Ejje  Figur  aber   zeigt 

in  ihren  Abscissen  0|  01,  02,  03  .  .  .  die  Werthe  des  Bogens 

—  Sin.^/  =  0j  \n9  \n*  in  ...  zu.  beiden  Seiten  des  An- 

fangspunctes  O  der  Coordinaten  und  die  diesen  Abscissen  ent- 
sprechenden Ordinaten  H  in  der  punctirten,  die  Ordina- 
len I  in  der  ausgezogenen  oder  vollen  Curve,  wo  diese  und 
die  nächstfolgenden  Zeichnungen  aus  dem  bereits  oben  enge- 
führten, für  den  graphischen  Theil  des  Gegenstandes  Vorzug- 
liehen  Werke  Schwkrd's  genommen  sind. 

L    Für  %fß  es  0  erhält  U  sowohl ,  als  auch  die  Intensität  I 
ihren  grölsten  Werth.      Dieses   entspricht  dem  Functe  O  des 


Des  Lichtes.     Beugung.  1427 

Schirjns  in  der  vorhergehenden  Figur,   wo  OA  senkrecht  auf 

dem   Schirme   steht.       £u  beiden   Seiten   von    dem  Pnncte  O 

(in  ^beiden  Figuren)  nehmen  die  Groben  H  und  1  immer  ab,  H 

k* 
langsam,  k  aber  sehr  schnell.   Nennt  man  übrigens  x=  —  Sin.ip 

die    Abscisse,    yoder   H    die  Ordinate  der  beiden   Curven, 

1 

so  wird  die  Gleichung  der   punctirten   Curve  y  =  -  Sin.  x 

and  die  der  vollen  Curve  y  =  —  Sin.2x  seyn» 

II.     Der  Werth  von  I,     so  wie  auch  der  von  H,     wird 
gleich  Null,  so  oft  von  dem  Ausdrucke 

Sin.  1—  Sin«vJ 

krec. 
— Sm.V 

der  Zähler  Null  wird,  ohne  dafs  zugleich  der  Nenner  ver- 
schwindet, d.  h.  so  oft  * 

—  Sin.i//  =  0,  2n9  4n>  ......  2mn 

Ar 

ist,  wo  m  die  Zahlen  0>  1,  2,  3  .  .  bezeichnet      Der  Aus- 

k  tc 
druck  t—  Sin.  \fj  =  2mn  giebt  aber 

kSin.t//  =  2m  X, 

oder  die  Intensität  des  gebeugten  Lichtes-  ist  Null,  so  oft  der 
Unterschied  der  Randstrahlen  einer  geraden  Anzahl  von  Wel- 
lenlängen gleich  ist.   Diese  Gleichung 

Q.      ,        2mX 

giebt  zugleich  die  Beugungswinkel  t//  =MFO  für  die  licht- FJg> 
losen  oder  dunklen  Stellen  des  auf  dem  Scnirm  erzeugten  Bil-201. 
des.      Ist  die  Breite  k  der   Spalte  gegen  die  Länge  X   einer 

X 
Lichtwelle  sehr  grofs  oder  ist  r  ein  sehr  kleiner  Bruch,    so 

2  m  X 
wird  auch  in  der  letzten  Gleichung  Sin.t//  =  -r —  der  Werth 

von  \p  nur  sehr  klein  seyn ,  so  lange  m  nicht  eine  bedeutende 
Zahl  wird,    so   dafs   man    daher  statt  dieser   Gleichung  auch 


f 

1428  Uhdulation. 

setzen  kann  xp  =  +  — r —  .    Dieselbe  Gleichung  Sin.  xp  =  — r- — 

seigt  zugleich*  dafs  die  Sinus  der  Beugungswinkelt//,  die  den 
dunklen  Stellen  entsprechen  ,  der  Länge  X  der  Lichtwelle  di- 
rect  und  der  Breite  k  der  Spalte  verkehrt  proportional  sind. 
Für  k<2mX  wird  Sin.i//>1,  also  y  unmöglich. 

III.     Nimmt  man  —  Sin.  t//  =  +  (2  m +  •£)**,  also  auch 

Ar 

Sin.  (  -y-Sin.i//  )  =  dt  1*  $°  ^^ 

FIg  Diese  Werthe  entsprechen  in    der  Figur  den  Abscissen    4*1, 
*0*!  +  3,  ±5,  +7  .  .  .  und  da  für  sie 

kSin.V/=+(2m+^)X  =  ±(4m±t)l% 

ist9  so  folgt  daraus ,  dafs  für  diese  Abscissen  +1>  +3,  +5... 
i    der  Gangunterschied  der  Randstrahlen  einer  ungeraden  Anzahl 
von  halben  Wellenlängen  gleich  ist  und  dafs  an  diesen  Fein- 
eren die  Intensitäten 

2 

•*»  i*2»  A»1»  •&**•  .  .,  wo  a  =  -  ist, 

sich  verkehrt,  wie  die  Quadrate  der  ungeraden  Zahlen  1,3, 
5,  7  •  •  verhalten.  Uebrigens  entsprechen  die  Puncte  3,  5, 
7,  9  •  •>  welche  in  der  Mitte  zwischen  den  dunklen  Stel- 
len 2,  4,  6 »  8  .  •  liegen,  nicht  genau  den  aufeinanderfol- 
genden grtifsten  Intensitäten  der  Curve,  sondern  diese  Ma- 
xime neigen  sich  etwas;  gegen  die  Mitte  O  des  Bildes  hin, 
und  zwar  um  so  mehrs  je  näher  dieses  Maximum  selbst  an 
der  Mitte  des  Bildes  steht» 

IV»  Dieses  giebt  zugleich  ein  sehr  gutes  Mittel,  die 
Länge  X  einer  Lichtwelle  für  jede  Farbe  des  Spectrums  mit 
Genauigkeit  zu  bestimmen.  Hat  man  nämlich  den  Beugungs- 
winkel' \p  für  irgend  einen '  farbigen  Streifen  und  die  Breite  k 
der  Spalte  gemessen,  was  mit  einem  Theodoliten  sehr  scharf 
geschehn  kann,  so  hat  man  aus  II» 

2m  ^ 


Des  Lichtes*    Beugung.  142Q 

_  4 

V.  Das  Vorhergehend t  setzt  voraus,  dafs  sowohl  die 
Ebene  des  Schirms ,  •  in  welcher  die  Oeffnung  angebracht  ist, 
als  auch  die  hinter  dem  Schirme  stehende  Tafel  auf  der  ur- 
sprünglichen Richtung  A  O  d?r  einfallenden  ,  Strahlen  senk- 
recht steht.  Macht  aber  die  Ebene  des  Schirms  mit  der  Rich- 
tung der  einfallenden  Strahlen  einen  Winkel  gleich  90°  —  w 
so  sieht  man  leicht,  dafs  dadurch  die  vorhergehenden  Werthe 
von  H  und  I  in  die  folgenden  übergehn 

1  Wirt  •» 

H  =  fHi -Sin.l  — (Siii.V/--Sin,w)| 

— (Sin.  xp  —  Sin.  w^)  J 


und 


1  = 


fk^ : l^^hf  (Sin-V— Sin.w)], 

|^(Siiw//— Sin.w)|  L*  J 

so  dafs  also  auch  für  einen  solchen  geneigten  Schirm  die  In- 
tensität I  verschwindet,  so  oft  die  Gräfte  ' 

kn? 

—  (Sin.^ — Sin.w)= +2mflp 

r 

ist.    Aus  dieser  Gleichung  folgt 

Sin«  i4  —  Sin«  w  =  +  --^ — , 

—    k 

wodurch  man  einen  der  beiden  Winkel  ip  oder  w  bestimmen 
kann ,  wenn  der  andere  gegeben  ist.  E)er  Beugungswinkel, 
d.  h.  die  Neigung  des  gebeugten-  Strahls  gegen  den  einfallen- 
den AF,  ist  dann  gleich  ip —  w. 


1430 


Undulation. 


lt»  _• 

—  Sin.  il> 
X 

H 

I 

1,000 

0° 

1,000 

30 

0,955 

0,912 

60 

0,827 

0,684 

90=*» 

0,637 

0,405 

120 

0,413 

0,171 

150 

0,191 

0,036 

*180=J» 

0,000 

0,000 

210 

-0,136 

0,019 

240 

-0,207 

0,043 

270=4» 

—0,212 

0,045 

300 

—0,165 

0,027 

330 

—0,087 

0,007 
0,000 

360=2» 

0,000 

390 

0,073 

0,005 

420 

0,118 

0,014 

450=4» 

0,127 

0,016 

480 

0,103 

0,011 

510 

0,056 

0,003 
O/JÖÖ 

540=|» 

0,000 

570 

—0,050 

0,002 

600 

—0,083 

0,007 

630= T» 

-0,091 

0,008 

660 

-0,075 

0,006 

690 

-0,041 

0,002 
0,000 

720=$» 

0,000 

750 

0,038 

0,002 

780 

0,064 

0,004 

810=?.» 

0,071 

0,005 

840 

0,0590,003 

870 

0,0321 

0,001 

k 


n 


Sin.i/s 


900» 
930 
%0 
990 
1020 
1050 


=  V» 


=  V» 


1080 
1170 
1350 
1530 
1710 
1890 


V» 
V« 
V» 
¥* 
V* 

v» 


2070 
2250 
2430 
2610 
2790 
2970 


y» 

v» 

V» 


H 


I 


0,000  0,0000 
0,031 0,0009 
0,052  0,0027 
0,058  0  0033 
0,049  0,0024 


0,027 


0,000 
0,049 

-0,042 
0,037 

—0,033 


—0,0280,0008 


0,025 
-0,024 
0,022 


0,0007 

0,0000 
0.0024 
0,0018 
0,0014 
0,0011 


0,0300,0009 


0,0006 
0,0006 
0,0005 


-0,0200,0004 
0,019  <MX)04 


Des  Lichtes.    Beugung.  1431 

40)  Graphische  Darstellung  des  durch  ein  Recht- 
eck gehenden   Lichtstroms. 

Da  man  nach  §.  38.   für  die  Quadratwurzel  der  Intensi- 
tät 1  für  diesen  Fall  den  Ausdruck  hat 

Sin.  — r^-   Sin. 

*/*—  DA  OK 

f  2n$e  2nvi 

~b?T        "FF 

so  hat  man  auch,  wenn  man  abkürzend  die  Winkel  %fj unitp' 
*9  annimmt,  dafs  man  erhält 

— = Sin.i//und  ^  =a  Sin.  1{/ , 
b  b 

und  wenn  man  überdiefs  die  zwei  Seiten  des  Rechtecks  2e=a 
und  2f  =  b  setzt, 

Sin.  (  —  Sin.  y  \    Sin.  I  —  Sin.xf/  1 

TTT  =  ab . •         -r t 

—   Sin.  i/;  -r—  bm.^, 

unter   der  Voraussetzung,  data  der  Schirm,    in  welchem  die     ' 
Oeffnung  angebracht  ist,  gegen  die  ursprüngliche  Richtung  der 
Lichtstrahlen  senkrecht  steht.      Ist  er  aber   gegen   die  Ebene 
der  x  z  und  y  z  um  die  Winkel  w  und  w'  geneigt*    so  wird 
man  analog  mit  §•  39*  V.  haben 


rr=ab. 


Sin.  r--(Sin.^/ — Sin.w)  Sin.  —  (Sin.i// — Sin.w') 


—  (Sin.  %ff — Sin.w)  —  (Sin.^/' —  Sin.w') 


Wenn  man,  wie  gewöhnlich,  nur  die  Verhältnisse  der  Inten- 
sitäten in  verschiedenen  Puncten  der  Tafel  betrachtet,  auf 
welcher  das  Lichtbild  entsteht,  so  kann  man  den  constanten 
Factor  ab  dieser  Ausdrücke  gleich  der  Einheit  annehmen«  Ver- 
gleicht man  dann  diesen  Ausdruck  für  jHf  mit  dem  in  §•  39* 
für  eine  enge  geradlinige  Spalte  erhaltenen,  so  sieht  man, 
dafs  für  das  Rechteck  die  Intensität  gleich  ist  dem  Producte 
der  beiden  Intensitäten,  die  man  durch  eine  horizontale  und 
durch   eine  verticale  Spalte  erhält,    deren  Breiten  gleich  sind 


1432  ündulation. 

Fig.  den  beiden  Seiten  des  Rechtecks.  Die  Zeichnung  giebt  die 
20^  Gestalt  und  Lage  des  Lichtbildes  in  der  Tafel,  wenn  di« 
Oeffnung  des  Schirms  ein  gegen  die  Coordinatenaxe  schief 
liegendes  Rechteck  ist ,  dessen  Gröfse  mit  dem  mittleren  Recht- 
eck (1'  1")  der  Figur  übereinkommt.  Man  tragt  nämlich 
durch  den  in  der  Ebene  der  Tafel  willkürlich  genommenen 
»  Anfangspunct  0,  welcher  der  Mitte  des  Bildes  entspricht,  die 
zwei  Hauptaxen  XX'  nnd  YT  parallel  mit  den  Seiten  des 
Rechtecks  in  den  Schirm  und  trägt  dann  auf  diese  Axen, 
yon  dem  Puncte  0  aus ,  die  Werthe  der  Seiten  des  Rechtecks, 
nämlich  a  z.  B.  auf  XX'  und  b  auf  YY*  auf.  Da  nun  von 
den  beiden  Factoren 

Sin»  (  —  Sin.t^l    •        Sin.  —    Sin-.t//  | 

V  X      '        '   und  X  ' 

a7T  bn 

der  erste  verschwindet,  wenn  Sin.i//= ,  und  der  zweite, 

x  a 

wenn  Sin.  ip  =a  — —  ,  wo  m  die  natürlichen  Zahlen  i,  2,3- • 

bezeichnet,    so  werden  in  der  Figur,     wenn  man,     was  von 

X  X 

uns  abhängt,   die  Werthe  von  -  und  —  den   Seiten  a  nnd   b 

ab 

des  Rechtecks  proportional  annimmt,  die  dreigestrichenen  Li- 
nien, die^nit  2',  4',  6',  8'  .  .  und  mit  2",  4",  6",  8"  •  .  be- 
zeichnet sind,  die  dunklen  Streifen  des  Lichtbildes  andeu- 
ten, die  also  mit.  den  beiden  Hauptaxen  XX'  und  YY'  pa- 
rallel sind.  Stehrdie  Oeffnung  des  Rechtecks  im  Schirme  mit 
seinen  Seiten  parallel  zu  den  rechtwinkligen  GoordinaHn  x,* 
_y,  z,  so  stehn  auch  diese  Hauptaxen  und  die  sämmtlichen 
Unstern  oder  schwarzen  Streifen. auf  einander  senkrecht ,  und 
alle  lichten  Bilder,  die  zwischen  diesen  dunklen  Streifen  ent- 
halten sind ,  werden  wieder  Rechtecke  seyn ,  die  mit  dem 
des  Schirms  parallele  Seiten  haben. 

I.  Zur  Bestimmung  der  Intensität  dieser  einzelnen  Recht- 
ecke wird  uns  die  Tafel  des  §.  39*  dienen,  da  diese,  nach 
der  bereits  oben  mirgetheilten  Bemerkung,  die  Werthe  der 
zwei  Factoren  giebt,  deren  Produot  die  gesuchte  Intensität  1 
dieser  Rechtecke  anzeigt.       Ist  also  diese  Intensität  in    den 


1 

Des  L.ichte«.    Beugung.*  1433 

Centralpuncte  0  gleieji  der  Einheit}  so  ist  sie  z.  B.  för  das 
Rechteck  3'  oder  3"  oder  genauer  für  den  Panct  der  Tafel» 
dessen  Coordinaten,  in  XX'  und  Y  V  gezahlt,  gleich  |n=270° 
sind,  gleich.  0,045,  für  den  Punct  5'  oder  5"  gleich  0,016, 
für  den  Pimct  T  oder  7"  gleich  0,008,  so  dafs  also  diese  In-» 
tensität  selbst  in  den  beiden  Hauptlinien  des  durch  das  BU4 
dargestellten  Kreuzes  mit  der  Entfernung  von  dem  Gentral- 
poncte  0  sehr  schnell  abnimmt.  Aber  noch  rascher  ist  diese 
Abnahme:  in ,  denjenigen  Rechtecken,  welche  in  den  Winkeln 
dieses  Kreuzes  stehn«  Für  das  Rechteck,  p  z.  B.,  das  zwi- 
schen 3'  und  3"  in  der  Mitte  steht,  ist  diese  Intensität  nur 
(0,045)  (0,045)  =  0,002,  und  für  das  Rechteck  q  oder  3';  5" 
oder  5';  .3"  ist  diese  Intensität  (0,045)  (0,016)  oder  0,0007, 
für  das  Rechteck  t  =s  (5';  5")  ist  sie  (0,016)  (0,016)  =  0,00026 
n,  s.  \?M  so  dafs  also  die  Intensität  des  ersten  Winkelbildes 
p  =  (3';  3"),  das  wir  0,002  gefunden  haben,  schon  500mal 
ftchwtiqher  ist , ,  als  die  Intensität  des  Gentralpuncts  0*  Mau 
sieht  daraus,  dajs  man  diese  Winkelbilder  nur  bei  sehr  in- 
tensivem einfallenden  Lichte  noch  erkennen  wird« 

Zieht  man  durch  irgend  einen  Punct  M  der  Hauptaxe  XX 
•ipe  Gerade  zur  andern  Axe  YY'  parallel,  so  wird  die  In* 
tensität  für  jeden  Punct  dieser  Parallele  erhalten,  wenn  inan 
die.  Intensität  des  entsprechenden  Puncts  auf  der  Hauptaxe  YY' 
immer  in  demselben  Verhältnisse  vermindert,  in  welchem  die 
Intensität  des/  Puncts  M  kleiner  ist,  als  die  Intensität  des  Cen- 
trarpuncjts.  Geht  diese  Gerade  z.  B.  durch, den  Punct  M=3', 
in  welchem  die  Intensität  gleich  0,045,  alsto  nahe  22mal  klei* 
ner  als  in  dem  Centralpuncte  ist,  so  ist  auch  die  Intensität  auf 
allen  Puncten  dieser  Linie  22mal  kleiner ,  als  in  den  entspre- 
chenden Puncten  der  Linie  YY.  Da  nun  die  Intensität  aHer 
Pnncte  der  beiden  Hauptaxeri  ans  der  Tafel  des  §.  3&  un- 
mittelbar gegeben  ist,  so  kann  man  sich  durch  diese  Bern  er* 
Ictrag  leicht  eine  deutliche  Vorstellung  von  der  Intensität  aller 
Lichtbilder  der  Tafel  machen,  ja  man  könnte  selbst  zwischen 
den  dunklen  Strafsen  auf  den  verschiedenen  lichten  Recht- 
ecken  die  Intensitäten  der  einzelnen   Puncto  dieser  Rechtecke. 

m  r 

etwa  wie   in '  unsern   geographischen    Charten   die  Berge   und 
Thäler,  durch  eine  anschauliche  Zeichnung  darstellen, 

II.     Uebrigens  erscheint  das  Lichtbild  des  Ganzen  auf  der 
Tafel    nur  dann   in   der  durch  diese  Zeichnung   dargestellten 
IX.  Bd.  Yyyy 


1434  Undihlatiouu 

symmetrischen  Form  eines  Kreazes,  wenn  dfe  dirfct  einfallen!» 
den  Lichtstrahlen  auf  der-  Ebene  dös  Scturms',  weither  die» 
Oeförang  enthält,  senkrecht  -Sterin.  Je  grttfset'aber  die  Neigung» 
dieses  Schirms  gegen  die  einfallenden'  Strahlen  ist,' desto  mehr. 
leidet  adch  die?  symmetrische  Gestalt  ies  Bildes,"  ttnd  fur^tt=  w 
Vergeh  widmet  Endlich  die  ganze  Erschein  titfg:    * 

III;     Alles  Vorhergehende  wurde  den  darüber  'angestellte» 
Experimenten  vollkommen,  gemäfs   gefunden.   •  Scttwrai*  be*-* 
obachtete  diese   Erscheinungen    am   vorzüglichsten  {;   indem  er 
zwei  mit  einer   feinen  Spalte  versehene  Stanniörblättchen  qtter 
übereinander    legte,    sie  unmittelbar  vor  das  Auge   hielt'  und 
durch  das  kleine  paralfelogrammartige  Löchelchen  das  Bild  der 
Sonne   auf   einem   geschwärzten  Uhrglase  betrachtete.      Bleibt 
die  eine  Spalte  vertical,  während  die  andere  von  der  horizon- 
talen   Lage   nach  und   nach  ebenfalls-  zu  der  veftfeaten  über«* 
geht,    so   bleiban    die   der  ersten  Spalte  entsprechenden  Bild-i 
eben  immer1  horizontal,    während  die  anfangs  verticalen-  Bild«' 
chen  '  der   zweiten  Spalte  l feine  imtorer'  schiefere  Lage   atoneh-^ 
men,     bis  sie  endlich  mit1' dem   horizontalen    zusammenfallen/ 
Wahrend   dieser   Abänderung  werden    beide  Reihen  der  feild- 
chen  immer  schmäler  und  mehr   verzogen,    aber   ihre  Mittet-» 
puöfcte  nehmen1    auf  den    beiden   Henptaxen   immer  dieselben 
Stellen  ein,  indem  aie  die  ursprüngliche  Entfernung  von  den 
Cehträlpnncte  0  beibehalten.       Gebraucht  man  endlich  tu  die«* 
sen  Beobachtungen*  ein  Fernrohr',  so  kann  m'ari^die  Spaften  in 
den  Stanniolblättchen  selbst  mehrere  Linien ,  bis  auf  einen  Zoll 
breit  toehmen,    wodurch   die   Intensität  des   Bildes'   se^hr  ver- 
mehrt und  die  Winkelbildchen  sichtbare*  weric^.  -'  '  • 


41)     Besopderer  f;all^  wenn  die  Oeffpung  ein 

gleichseitiges  Dreieck  J3t* 

'.  ■  • 

Nimmt   man    die  Äxe   der   x   in   der   zu  einer   Seite    its 

Dreiecks  senkrechten  Richtung  und  den  dieser  Seite  gegen- 
überstehenden Winkel  zum  Anfang  der'Coordinateo,  und  nennt 
man  e  die  ganze  Lange  dieser  Senkrechten,     so  hat  man,  da 

Tang.  3Ü*ä=P«  ist. 


Des  Lichtes.    Beugung.  %    1435 

so  dals  also  die  obigen  allgemeinen  Werthe  von  P  und  Q  in 
folgende  übergehn: 

bX  «.      2nxfY      vs\ 

v'n) 


K»-n) 


2:'-        -     "  " 


bX  „     2mc 


n(t+n) 


SinTr(?+^)» 


waman  noch  x  =  e  setzen  wird,  um  den  Werth  yon  P  zwi- 
schen den  Grenzen  x.c=0  und  x=e  zn  erhalten.  Ebenso 
hat  man  für  das  andere  Integral ,  auch  von  x  =  0  bis  x  =  e 
genommen, 

Die  Summe  der  Quadrate  dieser. zwei  Gräften  ist,  wenn  man 
der  Kürze  wegen 

setzt   und   den  Factor    — j  einstweilen  wegläfsr, 

^+Q-fl[2-2Cos^0+^[2"2Co8^h] 

2f4   ,n       4»e  -      2ne  2*e     1 

Dieser  Ausdruck  kann  auch  so  geschrieben  werden 

+ 64  [  i  <  «'•  -  *> «» .  Vr "-  ( «*-  i)  °-  t?  *]• 

Um  %auch  diesen  Ausdruck  xom  Gebrauche  noch  bequemer 
darzustellen,  wollen  wir 

Yyyy  2 


1436  Undulation, 

g=rCos.0  und  *s=srSin,0 
fetzen,    wo   also  r   and  0  die   sogenannten  Poltrooordinatea 
des  Pancts  M  der  Tafel  in  Beziehung  aal   den  Centralpunct  0 
derselben  sind.     Seilt  man  nämlich' 

„_3h*X* 1       

32;i4r*  *  Sin.»  0JSin.*  (0  —  60°)  Sin.1  (0  —120°) 
und  ' 

und  stellt  man    auch  den   oben    weggelassenen  Factor  -? — — 

4« 

wieder  her,  so  erhält  man  für  <Ke  gesuchte  Intensität 
I  =M  [|— Sin.(©  -  60°)Sin# (0—120°)  Cos.  (NSin.  ©)] 

—  M  [Sin.(0— 120°)Sin.(d— 18D°)Cos.(NSin.<0  — 6(W)I 

—  M  [Sin.  (  0  - 180°)  Sin.  (0—240°)  Cos.  (N Sin.  (0— 120°))]. 

Dieser  Ausdruck  ist  in  seinem  gröbsten  Werthe  Xiir  r  =  O  «nd 
dann  ist 

'      T_27*4 
l ^ 

Aber  der  Werth  von  I  ist  auch  dann  noch  beträchtlich  grols, 
wenn  0  =  0  oder  =60°  oder  120%  180S  240°  oder  endfich 
300°  ist»  wo  nämlich  für  alle  diese  Fälle 

,       8X2e»b*    .    bn* 

1    =         »-2..»         + 


4*2r*      ^6ti4i* 

wird ,  and  daratts  erklärt  sich  unter  andern  die  Form ,  in  wel- 
cher die  Fixsterne  im 'Fernrohr  erscheinen,  wie  Hmscbil1 
zuerst  gezeigt  hat  und  worauf  wir  weiter  unten  wieder  zu- 
rückkommen werden» 

I,     Den   vorhergehenden  Ausdruck  für  I   fand*  Airy*  für 
das  gleichseitige  Dreieck.      Schwkrd  hat  folgenden  allgemei- 
nen und  zugleich  sehr  eleganten  Ausdruck  für  jecjes   Dreieck, 
dessen  Seiten  a9  h  und  c  -sind,  gegeben,  in  welchem  wieder 
Fig  %p  den  Beugungswinkel  und  a,  flf  y  die  Neigungen  der  Sei- 
lten AB  =  a,    AC  =  b  und  BC  =c  des  Dreiecks  gegen 


1  Eocyclop.  Metrop.  Art.  Light,  p.772. 

2  8.  deisea  oben  erwähnte  Schrift* 


§' 

Des  Lichtes,    Beugung.  1437 

Richtung  N  N*  des  durch  die  Oeffaung  des  Schirms  gebeugten 
Strahls -bezeichne*,  vorausgesetzt,  cWs  die  Ebene  dieses 
Schirms  ©der  dsls  die  Ebene  dieses  Dreiecks  ani  der  Ursprung. 
licheo  Richtung  der  Strahlen,  senkrecht  steht.  Dieses  Aus- 
druck ist: 

Wo  der  Kürze  wegen  gesetzt  worden  ist 

a  =s  —  Sin.  a  Sin.  1//, 

/Sr=~?Sin./JSin.i0,  ' 

* 

y  =  —  Sin.  y  Sin.  1//.. 

De  man  aber  überhaupt  die  Gleichung  hat 

aSin.  a  =  cSin.y  —  bSin./?, 

so  kann  man  jenem  Ausdrucke  auch   noch  folgende  Gestalten/ 
gebeut  * 


tf> 


_       1    r/SiD.o'\» ,    /Sio./*V     2Sin.«*  Sin.//     „       ,"? 

l=sw?l\~^) +  irr")  — TT  -j-  ♦  Co,-y  > 

odei  endlich 

D.     Um  den  Inhalt  dieses  Ausdrucks  durch  eine  Zeich- „. 
nung  anschaulich  zu  machen,   sey  in  der  Ebene  der  Tafel  N?Q5. 
der  Centralpunet,  NH  die  Richtung  der  directen  und  NT  die 
Richtung  der  durch  die  Oeffnung  des  Schirms  gebeugten  Strah- 
len.    Man,  siehe  die  Linien  Na,  Nb  und  Nc  parallel  mit  den 
Seiten  a,    b   und  o  des'  gegebenen  Dreiecks   und  beschreibe 
um  N  als  Mktelpunct  mit  dem  Halbmesser  NH  =  NT  eine 
Kogel.    Seyen  XHX,  YHY  und  ZHZ  die  durch  H  geleg- 
ten und  auf  jenen   Dreiecksseiten  senkrecht  stehenden   gröfs-   , 
ten  Kreise  der  Kugel,   die  wir  die  drei  HauptkreUe  nennen 
wollen«      Endlich  kann  man   auch  noch  durch  den  Punct  T 


1438  Undulatiön. 

drei  ander*,  mit  den  vorhergehenden  parallele  Kreise  gelegt 
denken  und  die  Linien  IJP,  TM  und  RN  auf  die  Tafel 
senkrecht  ziehn*  Die  Figur  ist  hier,  der  gröfseren  Allge- 
meinheit wegen,  für  den  Fall  gezeichnet,  wo  der  Schirm,  in 
welchem  die  Oeffnung  sich  befindet,  eine  Neigung  HR  ge-* 
gen  die  in  die  Oeffnung  direct  einfallenden  Strahlen  hat»  Ist 
diese  Neigung,  wie  oben  vorausgesetzt  wurde,  gleich  Null 
oder  steht  der  Schirm  senkrecht  auf  den  directen  Strahlen,  so 
fällt  der  Punct  P  mit  dem  Centralpuncte  N  zusammen  und  die 
drei  Puncto  A,  B  und  C  fallen  als  überflüssig  aas  der  Zeich« 
nung  weg«  Läfst  man  nun  von  dem  Puncto  T  der  Oberflache 
der  Kugel  ein  Loth  TM  auf  die  Ebene  der  Tafel  herab  und 
zieht  MA/  senkrecht  auf  Na,  so  wie  MB^  senkrecht  auf  Nb 
und  endlich  MC   senkrecht  auf  Nc,  so  hat  man 

NA,=  Sin.  o  Sin»  ^, 
NB,=  Siti.ßSin.y9 
NC,=  Sin.  y  Sin.  y. 

Fällt  nun  der  Punct  T  mit  H  zusammen,  also  auch  M  mit  P 
(d.  h.  fällt  für  einen  senkrechten  Schirm  M  mit  dem  Central- 
puncte N  zusammen),  so  ist  <*'=/?'=/  =  Null  und  die 
Intensität  I  wird  gleich  der  Einheit  oder  ata  gröfsten.  Setzt 
man  aber  blofs  voraus,  dafs' T  auf  [den  Hauptkreis  XHX 
falle,  d.  h.  dafs  a  =  Null  ist,  so  wird  /?'==/  und  der  obige 
Vorletzte  Ausdruck  von  I  geht  in  den  folgenden  über: 

oder  auch 

Da  aber  der  zweite  Theil  dieses  Ausdrucks  nie  gleich' Null 
werden  kann,  aufser  wenn  (f  selbst  gleich  Null  ist,  so  sieht 
man,  dafs  auf  dem  Hauptkreise  XHX  die  Intensität  des  Lichts 
nie  gleich  Null  werden  kann.  Dasselbe  gilt  auch  von  den 
beiden  andern  Hauptkreisen.  Eine  dreieckige  Oeffnung  des 
Schirms  giebt  also  Keine  fortlaufenden  dunklen  Strafsen,  wie 
wir  dieselben  oben  bei  der  viereckigen  Oeffnung  allerdings  be- 
merkt haben.  Auch  zeigt  der  letzte  Ausdruck,  dessen  erste« 
Theil  die  Intensität  auf  einem  der  Hauptkreise  einer  recht« 


Dea  LiitfAttt*    »ongung.  ,     1439 

winkligen  vitreckigeD  OefFnung  vorstellt,  dafs  bei  gleicher 
Lichtmenge  (d.  h.  bei  gleicher  Intensität  des  direct  einfallen- 
den  Lichts)  bei  dem  Dreiecke  die  Intensität  immer  gröber  ist, 
als  bei  dem  Rechtecke,  die  Mitte  N  des  Bildes,  ausgenommen, 
wo  die  Intensität  gleich  der  Einheit  ist.  Setzt  man  /^  =3  +  0171, 
wo  m=?l,  2,  3  •  *  ist,  so  giebt  der  letzte  Ausdruck 

1=55  (m^p 

für  die  Minima  der  Intensität  auf  dem  Hauptkreise  XHX. 
Dies»  Minima  verhalten  sich  also,  wie  verkehrt  die  Quadrate 
der  natürlichen  Zahlen  1,  2,  3  .  .  .,  und  die  beiden  andern 
Hauptkreise  haben  offenbar  ganz  ähnliche  Minima  der  Inten- 
sität. Setzt  man  ^=+(2m-fl)j>  so  geht  der  letzte  Aus- 
druck von  I  in  den  folgenden  über 

i=    _L_+         1 

[(2m  +  l)|]*      [(2m  +  l)|]4 

für  die  Maxima  der  Intensität .  auf  dem  Hauptkreise  XHX* 
Sie  nehmen  nahe  ab,  wie  verkehrt  die  Quadrate  der  ungera- 
den Wahlen  1,  3,  5,  7  •  •»  und  ahnliche  Maxima  finden  sich 
auch  auf  den  beiden  andern  Hauptkreisen» 

III.     Die  folgende  kleine  Tafel  giebt   die  Werthe  von  I 
nach'  deni  vorhergehenden  Ausdrucke  ' 

,  •- (W+jä- [^-^  ' 

für  ff  =0,   30°,  60°,  90°  u.  s.  w.      Die  Zahlen  der  dritten 
Columne    geben    zur   Vergleichung   die    analogen   Zahlen  für 
ein  Rechteck  von  demselben  Flächeninhalte,  wie  jenes  Dreieck. 
Die  Figur  endlich   zeigt  diese  Intensitäten  in  der  ausgezoge- Fig. 
nen  Cnrve  für  das  Dreieck  und  in   der  punctirten  Corvo  für"*** 
dts  äquivalente  Rechteck. 


1440 


Undulatioa, 


1 

I 

i      g 

ff 

im  Drei- 

im 

eck 

Rechteck 

0» 

1,000 

1,000 

30 

0,94t 

0,911 

60 

0,781 

0,684 

90=1« 

0,569 

0,405 

120 

0,361 

0,17t 

150 

0,199 

0,036 

165 

0,142 

0,008 

160=1* 

0,101 

0,000 

195 

0,074 

0,006 

210 

0,058 

0,019 

225 

.0,050 

0,032 

240 

0,048 

0,043 

255 

0,048 

0,047 

270=1« 

0,047 

0,045 

300 

0,043 

0,027  | 

990= 
1080= 
1170= 

1260= 


0,011 
0,008 
0,006 
0,005 
0,004 


im 
Rechteck 

"07)07"" 

0,000 

0,005 

0,014 

0,016 

0,000 
0,008 
0,000 
0,005 
0,000 


0,003 
0,003 
0,002 
0,002 


I 


0,0t)3 
0,000 
0,002 
0,000 


IV»  Obschoo  es,  wie  wir  gesehn  haben,  auf  den  drei 
Hauptkreisen  keine  dunklen  Strafsen  giebt,  so  können  sich 
doch,  dergleichen  aufser  jenen  Kreisen  in  dem  Bilde  der  Ta- 
fel finden.  Um  dieses  zu  untersuchen,  betrachten  wir  den 
Torhergehenden  Ausdruck 

_        1   f/Sin.aV  ,    /Siu./8V     2  Sin. «'  Sin.  Ä* 

I==(7FlA-«r"7  +  V 


f 


)'- 


a 


1 

r*  COS./  I  # 


In  dieser  Gleichung  ist  der  Theil  rechts  Tom  Gleichheitszei- 
chen gleich  dem   Quadrate   der   dritten  Seite  eines  Dreiecks, 

dessen  beide  andere  Seiten  sind 

♦ 

Sin.o'        ,  Sin,// 

— - - —  und        i    + 

a  n?^ 

wenn  sie  den  Winkel  /  zwischen  sich  einschlieben.  Die  dritte 
Seite]  eines  solchen  Dreiecks  kann  aber  nur  in  zwei  Fällen  ver- 
schwinden. Erstens,  wenn  jene  zwei  ersten  Seiten  einander 
gleich  werden  und  der  von  ihnen  eingeschlossene  Winkel 
gleich  Null  wird*  In  diesem  Falle  ist  also  /=Null  nnd  die 
obige  Gleichung  wird  dann 


1    f  Sin,  q       Sin.  IV 


Des  Lieht  es.    Beugung.      ^        1441 

8ief  als  ein  Froduct  von' Quadraten,   nie  I  <  0  geben  kann. 
Der  zweite  Fall,  den  wir  hier,  noch  zu  betrachten  haben,  ist 

der.  wo  die  beiden  Seiten 7 —  und  — *4-£-  selbst  gleich  Null 

"O  ff 

sind.  Diese  Seiten  werden  aber  gleich  Null,  wenn /?*=+ map 
und  u  =E=  4^  nn  ist,  wo  na  und  ,n  die  natürlichen  Zahlen 
1*2,  3  •  .  bezeichnen.  Daraus  folgt,  dafs  die  Intensität  I 
Null  wird  in  allen  den  Puncten,  dessen  coordinirte  auf  dem 
Hanptkreise  befindliche  Puncto  einem  der  oben  (in  II)  betrach- 
teten Minima  entsprechen*  Nur  in  diesen  Puncten  und  in 
keiner  andern  Stelle  des  Bildes  kann  absolute  Finsternifs  herr- 
schen. Während  also  bei  einem  Rechteck  ganze  dunkle  Stra- 
fsenzbge  entstehn,  sieht  man  bei  dem  Dreieck  nur  isolirte  - 
dunkle  Stellen. 

V»  Um  eine  deutliche  Uebersicht  von  dem  ganzen  Bilde 
stu  erhalten,  ziehe  man  durch  den  Centralpunct  Ö  die  drei  Fig. 
Hauptlinien  XX,  YY  und  ZZ  senkrecht  auf  die  Seiten  des20?* 
Dreiecks  ABC,  welches  die  Oeffnung  im  Schirm  vorstellt, 
und  trage  auf  diese  Linien  die  Seiten  des  Dreiecks  von  O  aus 
mehrmals  auf.  Dafs  man  statt  dieser  Seiten  die  Hälften  oder 
die  dritten  Theile  derselben  u.  s.  w.  nehmen  kann ,  um  das 
Bild  in  einen  kleineren  Raum  einzuschließen ,  ist  fiir  sich 
klar.  Die  Endpuncte  der  eingetragenen  Einheiten  sind  in  der: 
Figur  durch  die  geraden  Zahlen 

tf,  4',  6'  .  .  in  XX 
2",  4",  6"  .  .  in  YY 
2'",  4'",  6'".  .    inZZ 

bezeichnet  worden.  Durch  die  so  bezeichneten  Puncto  ziehe 
man  gerade,  mit  jenen  Hauptlinien  XX,  YY,  ZZ  parallellau- 
fende Linien,  so  werden  alle  Dorchschnittspuncte  dieser  Li- 
nien diejenigen  Puncto  seyn,  in  welchen  die  Intensität  Null 
ist;  doch  müssen  unter  diesen  Durchschnittspuncten  diejeni- 
gen ausgenommen  werden,  welche  auf  den  drei  Hauptlinien 
selbst  liegen,  da  nach  dem  Vorhergehenden  diese  Hauptlinien 
ganz  und  gar  keine  Unstern  Puncte  haben. 

VI.  bt,wiezuv9rfa'  =  +  (2n  +  l)juüd//s=5  +  (2m+l)?, 
so  erhalt  man 


1442  Uttduiatioj». 


U»)*  '  (2 n»  +  l)2.<2n,  + 1)» ' 

t 

Setzt  man  in  diesem  Ausdrucke  für  m  nnd  n  nach  und  nach 
0fl*2t3*»M  80  whäk  man  die  Intensität  derjenigen  Pun- 
cte,  deren  Coordinaten  den  ungeraden  Zahlen  auf  den  drei 
Hauptliaien  entsprechen  und  die  sich  in  der  Mitte  der  Win-* 
helbildchen  befinden.      Nimmt  man   für  einen  Augenblick  die 

1 

Gröfse— — rr  zur  Einheit  an,    so  wird   die  Intensität  in  den 

sechs  Puncten,  die  in  der  Figur  durch  1  bezeichnet  sind,  eben- 
falls gleich  1  seyn,  wahrend  in  dem  Mittelpuncte  aller  übri- 
gen Parallelogramme  ejjpse  Intensität  seyn  wird 

1  \ 


1  = 


(2m.H)3(2n  +  l)»# 


VH.    Ist  aber  a=+nwund^=  +  (2m+i)|>  so  erhalt 


man 

1 


1  = 


(±*)*-(2m  +  2n  +  0*(2m+l)* 
oder,  wenn  wieder  ~-—  zur  Einheit  angenommen  wird. 

1=   * 

(2m  +  2n  +  l)*(2m+l)2\ 

Diesem  gemäfs  wird  also  z.  B.  die  Intensität  desjenigen  Punctes, 
welcher  den  Coordinaten  2  und  3  entspricht  und  welchen  wir 
durch  (2;  3)  bezeichnen  wollen,  gleich  seyn 

1 1 1^ 

(2  +  3)*.3*  —  52.3*~225 

und  ebenso  wird  man  für  die  Intensitäten  der  anderen  Puncto 
haben 

<1}  2)ä  pb?  **  *        (3j  4)sBS  3C7?  ™  *** 

i 


De*  Liebte*«    Beugung.  1443 

Diese  in  der  Figur  eingeschriebenen  Zahlen  zeigen  dabei,  wie 
vielmal  die  Intensität  in  jedem  Pnncte  des  Bildes  kleiner  ist, 
als  in  der  mit  1;  1;   1   bezeichneten  Stelle  fem  den  Central- 

1 

punet  O.    Dabei  wurde  die  Grobe  -rr — rg  zur   Einheit  ange- 

nommen  oder 


•  i 


<2m+2n+l)*(2m+l)*  . 

gesetzt    Will  man  aber  diese  Intensitäten  nach  der  vollstän- 
digen Formel 

,  __  _!_ 1 

"~  (i») *  '  (2 m  +  2n  + 1)2(2  «n  +  1)* 
aasgedrückt  haben,  »o  wird  man  doe  all«  vorhergehende.  Zah- 
len durch 

^=0.16« 

multipliciren ,  also  nahe  6mal  kleiner  nehmen« 

VHI.  Die  Beobachtungen  sind  mit  den  erwähnten  Re- 
sultaten der  Berechnung  vollkommen  übereinstimmend.  Jene 
zeigen  die  sternartige  Figur  mit  ihren  sechs  Strahlen ,  und 
diese  Strahlen  erscheinen  nicht  (wie  das  Kreuz*  im  Rechteck) 
mit  finstern  Ställen  unterbrochen,  sondern  blofs  an  ihren  Sei- 
ten eingekerbt,  so  dafs  man  nirgends  dunkle  Strafsen,  sondern 
blofs  isolirte  finstere  Stellen  sieht«  Um  die  Erscheinung  mit 
blofsen  Augen  mit  allen  ihren  Veränderungen  zu  sehn,  kann 
man  drei  Stanniolblättchen  so  auf  einander  legen,  dafs  ihre 
Ränder  nur  eine  sehr  kleine  dreieckige  Oeffnung  zwischen  sich 
lassen ,  und  dann  durch  diese  Oeffnung  des  Sonnenbildchen, 
wie-  oben,  auf  einem  an  der  Rückseite  geschwärzten  Uhrglase 
betrachten«  Dabei  mufs  bemerkt  werden  ,  dafs  man  das  Auge 
von  dem  Uhrglase  immer  in  der  Entfernung  des  deutlichen 
Sehens,  also  z.  B«  für  einen  Kurzsichtigen  in  der  Entfernung 
von  6  oder  8  Zoll  halten  mufs.  Läfst  man  bei  dieser  Beob- 
achtung je  zwei  der  drei  Stanniolblättchen  in  ihrer  Lage  un- 
verrückt und  ändert  man  Mols  die  Lage  des  dritten ,  so  blei- 
ben auch  die  beiden  Hauptlinien,  welche  auf  den  Rändern 
jener  zwei  ersten  Blättehen  senkrecht  stehn,  in  dem  Bilde  in 
unvemickter  Lage,    so  dafs  blofs  die  dritte  Hauptlinie  ihre 


/ 


• 


i  * 


1444  Undulation*        .    . 

Lag«  nach'  und  nach  ändert.  Wird,  die  Oeffnung  kleiner,  so 
Vttd  des  central©  Scheibchen  111  gröfser,  und  umgekehrt. 
Redient  man  sich  «bar  bei  diesen  Experimenten  eines  Fern* 
rohrs,  so  .kann  man  die  Seiten  des  Dreiecks  bedeutend  grob, 
z,  B.  von  1  bis  2  Zollen  nehmen,  wodurch  man  die  Licht— 
starke  des  ganzen  Bildes  sehr  erhöht,  was  auch  dar  Fall  ist* 
wenn  man  statt  des  erwähnten  Uhrglases  einen  gut  polirten 
convexen  Metallspiegel  nimmt« 

< 
42)  Betrachtung  dar  Fälle,  wenn  das  Licht  durch 

mehrere  kleine  Oeffnungen  derselben  Gröfse 

und  Form  geht« 

Nehmen  wir,  om  Ton  dieser  Aufgabe  wenigstens  ein  Bei- 
spiel durchzuführen,  für  diese  Oeffnungen  eine  Anzahl  m  von 
Rechtecken  an,  deren  Länge  2f  und  Breite  e  ist  und  die 
alle  um  die  GröTse  g  von  einander  abstehn.  Hier  ist  also  in 
dejn  vorigen  allgemeinen  Probleme  y'=  —  f  und  y"ss-}-£ 
so  dafa  man  für  den  au  integrirenden  Ausdruck  hat 

fc[a.£(.,-B+^3-*'T(— ■+f+3] 

=28«  S».^.f.Si^?2  («-B +li) 

und  davon  ist  das  Integral 

-3  fcJEr-**T(— »+?)• 


Bezeichnet  nun  k  den  Werth  von  x,  der  zur  ersten  Seite  des 
ersten  Rechtecks  gehört,  so  wird  der  zur  ersten  Seite'  des 
Cn  +I)ten  Rechtecks  gehörende  Werth  von  x  gleich  k  -f*  n(e-f-g) 
und  der  zur  letzten  Seite  desselben  gehörende  Werth  gleich 
k-f-n(e-f-g)4~e8eyn>  un^  man  wird  daher  für  das  Integral, 
das  zu  diesem  (n  +  l)ten  Rechteck  gehört,  den  Ausdruck 
haben 

"  bl  c.     2**f 

— z.  Sm# 


.8—  bl  •^T["t-B+¥+"('+S>f| 

hl  c.     2a»f  „     2»r         -■ ,  kg  ,     ,    .    »$  .  •$! 
—  Sid.TI-.Cos.T[«t-B  +  -^+B(e+g)i+-iJ, 


Des  Lichte*.    Beugung.  JA4* 

wofür  man'  auch  schreiben  kann   -  -•?   -.  •  fj    J 


ff 


'  k£      e£ 
Setzt  man  der  Kürze  wegen  C=B—  —  —  — ,    so  hat  man 

für  die  gesuchte  vollständige  Vibration  V   in  dein  Puncto  Kt 

3ea  Schirm»,  wenn  man  den  Factor  -r1 — wieder  herstellt, 

%      b*X*  2*vf  Q.     weg  2*/         „^    /     t     x  ?\ ' 

l  -  r        n 

-  ■»  •  **•**,» 

wo  n  die  Zahlen  J ,  2 ,  3  •  •  und  2?  das  bekannte  Surna>f  n- 
zeichen  ausdrückt«  Von  dem  letzten  Ausdrucke  ist  aber  das 
endliche  Integral  (vergl.  §.  20-  lUier  Fall)  -      r  '  -        '- 

V—     ■    J.+iO8-Cw-T(,>t-G*-0|-*>^i)g). 

^  bl         •  i 

Nimmt  man  diesen  Werth  ron  n  s  0  bis  n  =  m ,  nm  alle 
Rechtecke  za  nufadsen,  so  hat  man  (wiea,  a.  O«)  für  Vden 
Ausdruck 


1 1 1    «      ) 


V  = "        .Sin.^(ttt-ä),  ; 

Sin* — bl  .n       • 

wo  der  Kürze  wegen  D=C—  ("~  l(e+g)  |  geeetitis« 
Es  ist   demnach  die  vollständige  Vibration  für   den  Punct  M 

I 

gleich 

Sin  m*fe  +  g)$  i 

V=-i=- .Sin.  — —  .Sm. r-  .    ■    ■   .     .     ^  ♦Sifle-^- (a t— D), 
js2$v  bX  bX   g.     y»(e+g)g  X  v  ' 

bX 

*. 

nnd  daher  die  Intensität  I  des  Lichts  für  denselben  Piiract 
,hX     ..    &.K-/.1    _    „e^/^^+^bW 


'+■>» 


8" 


i 


i 

i 


4446  Undulation. 

L    Betrachten  wir  zuerst  das  letzte  Glied   dieses  Aus- 
druckes .von  I  ode*  das  Glied 


/Sin.mQX» 
V  Sin®  )  ' 


wenn  der  Kürze  wegen  Q  =  7t(e  +  g)  =^r  gesetzt  wird.     Ist  oa 

eine  grofse  ganze  Zahl,  so  hat  dieses  Glied  eine  bedeutende 
Menge .  von  gröfsten  Werthen ,  die  alle  nahe  zu  den  Werthen 
von  0  gehören,  ftir  welche  m  6  ein  ungerades  Vielfaches  vdfc 
\n  ist^  aber  das  gröfste  dieser  Maxime  ist  dasjenige,  welches 
za  Sin.  0  =  0  gehört  *nd  dieser  gröfste  aller  Werthe  ist  dann 
gleich  m2.      Das  diesem    nächstkommende  Maximum  gehört 

sehr  nahe  zu  m©  =  -  und  ist  gleich 

1  ,  i     4  m2 

— w  oder  nahe  — r-  . 

z    ^  nr 


( **■  & 

.*"/'"'  •         4m* 

Diesem  folgt    das  an  Gröfse    naxhstdritte    —*-=  u.  s.  w-  und 

■  '         t^  ■    -  Q  n 

wenn  endlich  Sin«  0  nahe  gleich  der  Einheit  wird ,  so  ist  auch 
das  dazu  gehörende  Maximum  bähe  gleich  1.  Wie  man  sich 
dann  der  .Gröfse  Q*=^7t  nähert,  so  sind  wieder  ein  oder  zwei 
Werthe  etwas  bemerkbar,'  und  dann  kommt  man  wieder  zu 
dem  früheren  bedeutenden  Maximum«  Härte  man  also  z.  B. 
auf  das  Objectivglas  «pnes  Fernrohrs  ein  Gitter  von  100  paral- 
lfeleto  Fäden  gelegt,  so  wird  man  durch  dieses  Rohr  einen  sehe 
hellen  P.unct  im.  Mittelpuncte  des  Feldes  sehn*  Ihm  zu  bei- 
den Seiten  stehn  ein  oder  auch  zwei  viel  weniger  helle  Puncte 
und  jenem  ersten  so  nahe^daCs  man  sie  nicht  leicht  von  ihm 
unterscheiden  kann«  Aach  diesen  zwei  Puncten  kommen  meh- 
rere  andere",  deren  Intensität  aber  sehr  schnell  abnimmt  (da 
ihre  Intensität  kaum  den  1 0000s ten  Theil  von  jener  des  Central- 
punets  betjagt);  aber  in  noch  gröfseren  Entfernungen  von  die- 
sen Qen^rslpuncten  wird  man  ^ieder  zu  beiden  Seiten  dessel- 
ben einen  dem  Centralpuncte  gleich  hellen  Pun et,  erblicken 
v  /und  in  der  doppelten  Entfernung  wieder  einen  solchen  u.  s.  w., 
•  (  so  dafs  man  also»  in  dem  Felde  des  Fernrohrs  eine  Aufeinan- 
derfolge von  hörten  iLichtpuncten  sehn  wird,  die  alle  aquidi- 
stant  sind  und  zwischen  welchen  kein  dem  Auge  bemerkbares 


\ 


Des  Liebt**.    Beugung*  4447 

likfet  an  sehn  uU  Die '  Distanz  dieser  Pahcte  erhell  mt», 
wenn  man  -  »•     i 

j       ,0s=Q oder 7  *r,  2*r,    3^  .  •'«   oder  wenn  man 

£  =  Q  oder  — —    oder  — - —  oder— 5 — u.  s.w.  setzt. 
«+g     '       «+g  «+g 

DSS  Vorhergehende  ist  von  einem  bestimmten  farbigen  oder 
he— o gdnen  LicJite  gesagt.  ,  Nimmt  man  aber  des  sosammenge- 
eeltae?  weifte  Sonnenlicht ,  so  vereinigen  sich  die  hellen  Puncto 
eller  Farben  nur  dprt,  wo  §«©0  ist,  aber  sonst  in  keinem  an* 
4ern. 'Puncto  mehr»  Denn  wenn  man  von  diesem  ersten  oder 
Centtalpunetd  «u  dem  Orte  des  nächsten  bellen  Punctea  über-» 
geht,  so  ist  <}ie  Distanz  zwischen  diesen  beiden  Puncten  der 
Wellenlänge  X  proportional,  so  dafs  demnach  der' nächste  blaue 
Funct  dem  Centrum  näher  liegen  wird,  als  der  nächste  rothe 
tu  s.  w.  Wenn  man  also  bei  dem  Experimente  mit  weifsein 
Lichte  den  Centralpnnct  ebenfalls  weifs  sieht,  so  wird  man 
•fib  smd«U9i.bbenrer?ffähatenihellen  Puncte  eicht  mehr  weif«, 
sondern  in  den  gewöhnlichen  prismatischen  Farben  erblicken^ 
und  da., die$p  gelten  Ppncte  so  vollkommen  isolirt,  stehn ,  so 
wi,rd  das  Farbenspiel  in  denselben  «ehr  rein  erscheinen*,  so 
dafs  man  selbst  die  feinen  fixen  Linien  (oddr  Unterbrechun- 
gen der  Farben),  die  man' bei  den  gewöhnlichen  Prismen  hat 
mit  Mühe  Sichtbar  machen  kann,  sehr  deutlich  unterscheidet/ 

-ii  JJ;  "Betrachten  wir  nun  auch  das  vorletzte  Glied  Ton  I 
•edet  die  Gr^be  ■« 

i     1     -.0     f    ,!    <     ,.!    v  j,hl      _.      '«erV*1 
J..    in     f  .::    ,       -    •''1    -*—=■•  öm.  ~~T7r  i  «■  * 


1        (hX     Q^    n*%\ 

1  x^rr^^;) 


i   't'i'   ;    i.^      •'      ^  .'     '       '    '• 


Ist  S  nnr  klein  oder  ist  e  nur  klein,  so  ist  diese  Gröfse  nahe 
gleich  der  Einheit.     Wenn  aber  £  zu  irgend  einem  Muhiplum 

LI 

von  —  heranwächst ,    so  *e¥SchWi«det  jene  Gfö&e. .     Wenn 

e 

bX 
daher  derselbe.  Werth  von  £   ein  JHultipIum  von^—  und  von 

.T  -  ca    i .       -  .  *    • .  .  * .  J  i .  -    e .' 

isfjWo?  Wird  einer  der  hellen 'Pütrctef  verschtfincUn,  was 


bX 


•  +  8 

Wsö  so  oft  ge^rifeht,  &ls'  e  vAA   g  nnter   sich   cetnmeusnrable 

GfShen  sin*.  Attch  Vlieses'  stimmt  vollkommen  mk  den  Beobach* 

tnnge^  öbertriff.  Such  sind  die  Seiten  mtaima  *He  kleiner  oder  die 


I 


1448  UndulatioB. 


Sehenpuncte  alle  Kch*«ch  wachtx ,  alt  der  Centrelt>unct  ,  wel- 
cher lauter«  seioe  grtfbtere  Lichtstärke  für  £  =  0  bat« 

tll.  Das  erste  Glied  des  vorhergehenden  Ausdrucks  von  I 
bezieht  sich  offenbar  blofs  auf  das  Gaset«  des  Fortgangs  der 
Lichtstärke  in  der  Richtung  der  Länge  aller  jener  Rechtecke, 
daher  es  hier  als  aufser wesentlich  übergangen  werden  kann. 

IV«  Man  kann  sich  endlich  alle  diese  LichterscheiBoav» 
gen  sichtbar  machen,  wenn  man  das  Objectiv  eines  Fernrohrs 
mit  einem  undurchsichtigen  Blatte  bedeckt,  in  welchem  man 
eine  oder  mehrere  kleine,  gleiche  und  gleichweit  abstehende) 
Oeffnungen  in  der  Form  von  Rechtecken  eingeschnitten  hat. 

V.  Will  -man  diesen  Oeffnungen  die  Gestalt  von  Krei- 
sen geben,  deren  Halbmesser  e  ist,  so, würde (  man  in  dem 
vorhergehenden  allgemeinen  Ausdrucke    ' 

y  =  —  Y#—*x  und  r"=  +  K*«2— x* 

setzen ,    wedüroh  aüan   dann  im  «  Verfolg  des  Calcäk>  auf  £% 
swei  Integrale  kommt  *   M    '  ' 

fd*Y **—**.  Cos.nx  und/dxfV— x*.  Sin.nx, 

die  man  aber  nicht  in  geschlossenen  Ausdrücken  darstellen 
kann»  Allein  das  Resultat  dieser  Berechnung  läfst  sich  auch 
wohl  ohne  jene  Integrale  finden.  Da  wir  nämlich  bei  recht» 
winkligen  Oeffnungen  gefunden  haben,  dafs  die  den  Central* 
punct  nach  allen  Seiten  umgebenden  Lichtpuncte  in  ihren  Di- 
stanzen sich  verkehrt  wie  die  Breiten  dieser  Rechtecke  ver- 
halten ,  so  läfst  sich  ohne  Schwierigkeit  voraussehn ,  dafs  bei 
einer  kreisförmigen  OeCnung  diese  Lichterscheinungen  nicht 
anders  als  in  conceptrischen  Ringen  sich  darstellen  können, 
deren  Durchmesser  sich  'ebenfalls  verkehrt  wie  ihre  Entfer- 
nungen von  dem  Centralpuncte  verhalten,  '  ein  Resultat,  das 
auch  den  Beobachtungen  vollkommen  gemäfs  ist 

43)    Andere  Betrachtung  des    durch  mehrere 
gleiche  Oeffnungen  gehenden  Lichtes* 

Um  den  Uebergang  der  Theorie  von  einer  OefFnnng  sn 
mehreren  vollständig  su  begründen,  wird  es  angemessen  sejn, 
dieses  Problem  noch  von  einer  andern  Seite  und  in   seinen 


i 


Des  Lichte«.     Beugung.  1449 

ersten  Gründen  so  betrachten*  -  Zoetat  wollen  'wir  aber,  ran 
den  Vortrag  nicht  weiter  durch  fremdartige  Betrachtungen  zu 
unterbrechen ,  die  Summen  ewiger  Reihen  angeben,  von  w  1- 
chen  wir  einige  schon  oben  (§•  28*  1«  und  §.  29*)  angewen- 
det haben,  während  uns  die  andern  gleich  hier  und  in  der 
Folge  nützlich  seyn  werden« 

I.     Suchen  wir  zuerst  von  den  unendlichen  Reihen 

Sin#gp  +  aSin.2g>  +  a2Sin.3y  +  a35io.4^p  +  «... 

und 

l  +  *Co*.(p-\-*lCo$.2<p  +  a*Cos.3g>+  .  .  ♦  . 

die  summatorischen  Glieder  oder  vielmehr  diejenigen  Aus- 
drücke in  der  Form  eines  Bruches ,  durch  deren  Division  jene 
Reihen  entstehn. 

Kack  EtTLEft1  ist 

A  +  Ba 

1  — 2m€os.y  +  a* 

derjenige   Bruch,    durch  dessen   Entwickelang   die  Reihe  ent-  , 
steht,  deren  allgemeines  Glied  ist 

A  Sin.  (n  «+•  1)  w  +  B  Sin,  n  q> 

Setzt  man  in  diesen  Ausdrücken  A=l  nnd  B  ==  0f  so  erhält 
man 

1 .   ,    aSin.2g>       a8Sin«3qp       a3Sin.4<p 

1—  2aCos.f  +  •*  5io.  9  Sin»g>  Sm.xp 

oder,  wvnn  man  alle 'Glieder  dieser  Gleichung  durch  Sin.  9 
multiplicirt,  ' 

■c^'^=Sin^+aSin.2y^^2Sm,3y4-aaSin.4y  +  ♦,.(<) 

wodurch  demnach  die.  erste  der  beiden  gesuchten  Reihen  be- 
kannt ist,  Multipticirt  map  aber  die  vorletzte  dieser  Glei- 
chungen durch  1  —  aCos.o),  so  erhält  man 

*^*Co8'f  .  »1  +  aCos.g+  -.—  C«ln.3y~Si0.2(?  Cos.y) 

a* 
+^ —  (Sin.4p — Sin^9>.Cot.y) 
öin.y 

+  -^ — (Sin.5g>-Sin.4g>Cos.g>>K.. 


I    Jirtroductio  in  Anatytin  iofinitoruin.  T,  I.p.  181* 
IX.  Bd.  Zzzz 


1450  Undulation.' 

was  nch  «och  so  schraton  läfst 

t-»Co».y     =1+aCo$<g) + _?!_  (SiD.  3  <p~  Sin.  9) 

'     +2S^(Sin'4*-Sin-2*> 

a4 

4-^^ —  (Sin.5<p  —  Sin.3g>)+... 

oder  endlich,  da  allgemein 

Sin.x—  Sin.y=2Coa.  i^t?  Sin.  ^J£  ist, 

1—aCos.y         1+fcP^      +ft2n^,oT+>3r^5tT+        (2) 
1— 2aCos.g>+a* 

und  dadurch  ist  auch  das  erzeugende  Glied  der  gesuchten 
»weiten  Reihe  bestimmt  Sind  die  Reihen  convergent  oder 
ist  a  kleiner  als  die  Einheit,  so  sind  die  beiden  Grtffsen 

Sin.  cp  ,        1  —  aCos.<p, 

- *  und  *         *  » 

l_2aCos.<p  +  a*  1  — 2aCos,94-a* 

zugleich  die  Summen  der  beiden  Reihen,  wenn  die  Anzahl 
ihrer  Glieder  unendlich  ist.    Dieser  Bruch 


1—  2aCos.qp+a2      , 

spielt  bekanntlich  in  der  Theorie  der  planetarischen  Störungen 
eine  sehr' wichtige  Rolle.     Setzt  man  die  Entwicklung  dieses 

Bruches 

4 

— — r-T-=*bi  +  bx1  Cos.g>+b*  Cos.29+b*Cos39-K 


so  hat  man  für  die  Bestimmung  der  Coefficienten  \>\*\*" 
folgende  Ausdrücke1: 

k»=4,+(„,+(^^)-+(fi(^±i')'+..] 

b«-2L     +       *     1.2      +     nüJT*        1.2.3       +"J 

1    3.  Laplacb  Meo.  cel.  T.  1.    Vergl.  Littbow  theor.  n.  pract 
Astron.  Th.  I.  8.  UL 


Des  Lichtes.    Beugung.  f45| 

und  wenn  man  so  die  beiden  ersten  Coeflicienten  b°  und  b1 
kennt,  so  erhalt  inan  auch  jeden  andern  bn  durch  die  Glei- 
chung 

.*      (o-l)Cl+a^b^,_(n  +  x-2)a.b—2 

b«=- - . « 

a(n  — x)  •» 

wo  man  nach  der  Ordnung  n=2,  3,  4,  5  •  .  setzt. 

Wendet  man  diese  allgemeinen  Ausdrücke  auf  ünsern  ge- 
genwärtigen Fall  an,  wo  x  =  l  ist,  so  hat  man 

bo  =  2[l  +  a*+a«  +  a«+..] 
und  - 

b«=2[a+a*  +  a*  +  .  .], 

das  heifst,  man  hat 

M— r^-s  und  b*==  -£i~, 
1  — ••  1  —  a2* 

und  mit  diesen  beiden  Werthen  von  b°  und  b1  giebt  der  vor- 
hergehende Ausdruck  von  bm  oder,  dax=l  ist, 

v_("-l)(l  +  ag)b— '  -(n-l).b*-a 

I 

wenn  man  in  ihm  n  =  2,  3,  4  .  .  aetzt, 

so  dais  daher  der  angeführte  allgemeine  Ausdruck 

l-2.Cot..»+,»  =»*'»0  +  b1Co».y  +  b»Cos.2y+.  .  .    - 

in  den  folgenden  übergeht 

»(|_a2) 
1—  2aÖos>y+a^=*  +  aCo>,ff  +  >2Cos'2y+>3Co^3y  +  >;- 

oder,  wenn  man  zu  beiden  Seiten  des  Gleichheitszeichens  die 
Gräfte  i  addirt, 

fZ^CM^+i»8581  +  ,Co8-9>+'1  Co8.2y +»»Co«.39>  +••• 

übereinstimmend  mit  der  Gleichung  (2),  ans  welcher  man 
dann  auch,  wie  zuvor,  sofort  die  Gleichung  (1)  ableiten 
kann. 

Zzzz  2 


1452  Undulatiön* 

IL    Suchen   wir  nun  Ebenso  die   Summe  der  mehr  «o- 

sam  mengesetzten  Reihe  ' 

S  =  Sin.(9—  y)  +  *2Sin,(a>  — 2v)  +  *4Sin.(9— 3^)+  •• 

Setzt  man  der  Kurse  wegen 

f— ^sb8  und  a4=?b, 

so  hat  man 

S=9hi.©  +  bSin,(e  — V)  +  ba8ift.<©— 2^)  +  -.- 
oder,  was  dasselbe  ist,  . 

S=Sin.0+bSin.0Cos*V  +  b*Sin.0Cos.2v  +  •*•• 
— bCos*©SiiuV— btCos.0Sin.2tfi  —  ... 

ssSin.0  [t  +  bCos.V  +  ^aCo«*2V/  +  D3Cos.3V  +  --] 
—  bCos.0[Sin^  +  bSin-2V/+b*SiD-3V+  •  -I 

Substituirt  man  aber  statt  der  in  den  Klammern  enthaltenen 
Groben  der  letzten  Gleichimg  die  in  No.  L  gefundenen  W«?r- 
the  dieser  Reihen,  so  erhält  man 

_  1  —  bCos.i//  k  ~      r%  Sin.ifl 

oder 

Siir.0— >bSin.(0  +  y/) 

S—      1— 2bCos.y/+b2      # 

Stellt  man  aber  den  Werth  von  ©=g> — ^  und  von  b=a* 
wieder  her,  so  hat  man  'für  die  gesuchte  Summe  der  oben 
aufgestellten  Reihe 

+  a*Sin.(?  —  3ip) 

+ a6  Sin.  (9 — 4  V) +•••  (3) 

J1I.  Setzt  man  in  der  Gleichung  (1)  oder  (2)  die  Grobe 
a  =  t,  so  erhält  man  die  schon  sonst  sehr  bekannten  Aus- 
drucke 


9>_ 


• « •  • 


±Cotg.  |  =  Siny  +  Sin.29>  +  Sin.39  + 

und. 

4  oa  1  +  Cos.?  +  Vo*.2cp  +  Cos.3?4~ 

«etzt  man  ebenso  in  der  Gleichung  (3)  die  GiGbe  ***=!>  *> 
hat  man,  da 


•  ■  •• 


Des  Lichtes.    Beugung.  1453 

Sip.(y—^) — Sin.y      k     Cos.  (qr>  —  ■}.  t//) 
2<1  — Cos,y)     ^         2Sin.it/; 

ist,  den  folgenden  Ausdruck,  wo  statt  tp  die  Gröfse  — \p  ge- 
setzt worden  ist: 

Cos.Y<i)4-4tA/)     Ä.    „ 
2810^  (y  +  ^>+S^+2V'>+ «*•(*  +3V)+ .  •  •• 

also  auch,  wenn  man  zu  beiden  Seiten  des  Gleichheitszeichens 
die  Gröfse  Sin.  9  ad  dir t, 

°°2  £7^ = Sip^+8iB^y + »H  Sip-  (y + 2  v)  + .  •  ♦  (4) 

und  ebenso    - 

IV.  Nimmt  man  aber  von  den  beiden  letzten  Reihen 
nicht  eine  unendliche  An  zahl,  sondern  nur  (n  +  1)  Glieder, 
so  ist  die  Summ*  di«s«r  (n  -(- 1)  Glieder  schon  aus  Euler1 
bekannt,  weswegen  wir  uns  hier  nicht  weiter  dabei  aufhalten 
wollen.     Man  findet  nämlich 

*    Sin.(m+4-nty)Sin.4(n4-l)V<      «.  «.    ,         .    -.    „       A    „ 
V         ßi^iy           ■       =  Siö.  V+Sin^+ V/)+Sin<9 + 2y)  ... 

4-Sin.(9  +  nvO  ...  (6) 
und  ebenso 


y 


-<-~tGo& 


Sin.  4  W 

+  Co%.(<p  +  nifi  ...(7) 

Setzt  man  endlich  auch  in  diesen  beiden  Ausdrücken  die 
Gröfse  q>z=tf/y  so  erhält  man  für  eine  Anzahl  Von  (n  4"  1) 
Gliedern  . 

- =  .Sip.  (n+2)  f = S1D.9  +  Sia.  2  q>  +  SiB.  3  <f  . . . 

ö,D,ä  .+Süfc(0  +  1)9>..  .    (8) 

.U*(n+2)|«=CM.9+ C<*.flp.f»G.fc.3y  ... 

+Cos.(n*i)9>  ...  (9) 


Sin. 


1    Introdact.  in  Analjs.  Infin.  T.  I.  |.  *58. 


1454  Undulation. 

Nach  diesen  Vorbereitungen   gehn   wir  nun   zu  der  Dar- 
stellung über,   durch  welche  man  die  Erscheinungen,   welch« 
das  Licht  zeigt ,  wenn  es  durch  eine-  enge  Oeffnung  von  be- 
st im  Ate  r  Form  geht ,  sofort  auf  diejenigen  Erscheinungen  über- 
tragen  kann,    die  entstehn,    wenn  das  Licht  durch  mehrere, 
jenen  ersten  in  |Form   and  Lage  ähnliche  Oeflnnngen  dringt. 
Bezeichnen  wir  den  Abstand  der  homologen  Puncto  zweier 
aufeinander  folgenden  Oeffnung en ,  z.  B.  den  Abstand  der  End- 
J™f* puncto  A  und  A'  durch  J y   und  durch  ß  den  Winkel,    wel- 
chen die  Verbindungslinie  A  A'  dieser  Puncto   mit  der   Gera- 
.  den  NN'  macht,   in  welcher  eine   auf  die   gebeugten  Strah- 
len  senkrechte  Ebene  die  Schirmebene  schneidet.       Sey    fer- 
ner o  der  Winkel,    welchen    eine  bestimmte  Seite  der  Oeff- 
nnngen   mit  derselben   Linie  NN'  bildet,     so  dafs  man  also 
hat 

AA'=A'A"...:=<</ 
,  ACN'=0  undADPTssci. 

^etzt  man  noch  die  Distanz  AD  =a,  so  hat  man  für  die 
senkrechte  Entfernung  AB  des  Punctes  A  der  ersten  Oeff- 
nung von  der  Linie  NW 

AB  =  aSin,a. 

Zieht  man  dann  A'B'  mit  AB  parallel  und  Ab  auf  A'B'  senk- 
recht ,  so  ist 

A'b  =  d  Sin./?, 

und  daher  die  senkrechte  Entfernung  des  Punctes  A'  der  zwei- 
ten Oeffnung  von  der, Linie  NN*  oder 

A'B'  =  aSin.a-{-^Sin./?, 

und  ebenso  hat  man  füry  dieselben  Entfernungen  der  Puncto 
A",  A"r . . .  von  der  Linie  NJN*,  wenn  alle  Oefinungen  unter 
sich  um  dieselbe  Distanz  ä  abstehn, 

A"B"  «aSin.o  +  2^Sin.0 
A^B^==aSin  a  +  3JSin.ß 
A^B^=tfaSin.o  +  4JSin./J  u.  s.  w.    ' 


Nennt  man  nun  wieder  (wie  in  §.  41»  L)  V  den -Winkel, 
welchen  die  Ebene,  des  Schirms  mit  de*  Normalebene  der  ge- 
beugten Strahlen  bildet,  so  hat  man  für  die  Entfernungen  der- 
selben Puncte  A,  A',  A%  .  .  von  der  Norma^bene  der  ge- 
bengten Strahlen 


Des  Lichte«.    Beugung.  1455 

•SimaSin.  V 

(aSin.a  +  ^Sin.^)Sin.^/ 

(a  Sin.  a  +  2  J  Sin.#  Sin.  ip 

(a  Sin.  a  +  34 Sin.  /?)  Sin.  %ff  u.  t.  w. 

Da  aber  alle  Oeffhnngen  anter  sich  von  gleicher  Gräfte  and 
form  and  da  die  einfallenden  sowohl,  als  auch  die  ge- 
beugten Strahlen  alle  unter  sich  parallel  sind ,  so  wird  in  dem 
alle  gebeugte  Strahlen  umfassenden  Ausdrucke  (des  §.  19.  HL 
oder  des  §.  20.  IV.) 

y/=«,Sin.(o)  +  A/) 

für  jede  einzelne  Welle  die  Gröfse  a/  dieselbe  seyn,  während 
"man  für  die  aufeinander  folgenden  Werthe  von  A  haben 
wird 

JSin.ß  Sin.^f  2 z/ Sin./? Sin. t//,  3 z/ Sin,/?  Sin. t//  u.  s.  w. 

Setzt  man  also  wieder,  wie  an  dem  angeführten  Orte, 

tt>  =  —  (at — x)  und  -r-.  JSin./JSin.^=A, 

so  wird  man  für  dje  einzelnen  Lichtwellen  die  Ausdrücke 
haben 

aSin.(c* —  A) 

aSiD.(ö)  — 2A) 

aSin.(a>— 3A) 

aSin.(oi — nA), 

wenn  die  Anzahl  dieser  Wellen  durch  n  bezeichne1*  wird. 
Vergleicht  man  diese  Ausdrücke  mit  denen  des  §'.  20*  IV.,  so 
sieht  man,  dafs  man  die  Summe  aller  dieser  Wellen  durch 
die  einzige  Welle 

a,Sin.(& — A,) 

darstellen  kann,  wenn  man  die  Gröfsen  a#  und  A#  so  annimmt, 
dab  man  hat 


a#=  f(2.aSin.A)*  +  (2,aCoa.A)* 
und 

_,        .         ^.aSin.A 
TangA#=^ftCofcA, 

wo  dann  (a,)*  die  Intensität  dieser  Welle  bezeichnet,      Es  ist 
aber 


I4M  Undnlatio>n» 

2.aCos.A==a(Cos.A  +  Cos.2A+Cöa\3A...  +  Cos.(n+!>A\ 
2.aSin.A  =  a(Sin.Av+8i».2A  +  Si».3A...  +  Sin.(n  +  1)  A). 

Nimmt  man  aber  die  Summen  dieser  *  zwei  endlichen  Reihen 
(nach  den  vorhergehenden  Gleichungen  (8)  and  (9))>  so  er- 
hält man 

Siow(n+l)-2  A 

2\aCoa.A=3a«  r *Coi.(a+2)-7- , 

c.       A  Z 

Sm'2 

Sin,(n+t)-g*  A 

^.aSiiuA=sa. :__-± .  S»*  (»  +  2)  £  , 

c.       A  Z 

S.n.  ^ 

.  so  dafs  man  daher  für  die  gesuchte  Intensität  I  des  dqrch  all« 
oben  erwähnten  Oeffnungen  gegangenen  Lichtes  den  Aas- 
druck hat 

I  =  (2.aSin.A)*+(JS.aCos.A)t 
oder 

Sin.  *(o+t)i 
1  =  «».  ', 

Sio4 

2tt  x 

wo  A  =  — ^Sin./?  Sin.  \fr  ist    und     a*    die    Intensität    des 

gebeugten  Lichtes  bei  einer  einzigen  OeiFnung  bezeichnet. 
Wir  wollen  nun  diesen  Ausdruck  von  I  in  dem  folgenden  Ab- 
schnitte nach  Schwerd's  oben  erwähnter  Schrift  näher  be- 
trachten, da  er  für  die  ganze  Theorie. der  DifFraction  des  Lich- 
te* ,  wie  wir  sogleich  sehn  werden  ,  von  dem  gröfsten  Inter- 
xesse  ist. 


44)  Nähere  Betrachtang  der  in  §.43.  gefunde- 
nen Intensität  de«  Lichts  bei  mehreren  Oeff- 
nungen. 

Man  kann  zuvorderst  den  erhaltenen  Auadrock  von  I  io 
zwei  Factoren  auch  so  schreiben 


Des  Lirhte*.     Beugung. 


t4S7 


I  =  [(n  +!)•]'• 


oder 


A  "■* 
Siu.(n+D   2 

(u+l)Si*.£- 


I=[(n  +  l)ap.B«, 


wo'Bi 


Sin.(o+  t)^ 

(■+1)8*. -| 


ist.      Der  ente  Ftetof 

bezeichnet  darin  die  Intensität  de»  gebeugten  Liohts  einer  ein* 
zigeo  Oeftnung,    multiplicirt  mit  dCm  Quadrat  der  Anzahl  al- 
ler (*-t~l)  Ocffhmrgen,  und  dieser  Factor  bangt  ab,  wie  man 
siebt,    von  4er  Gestalt,  welche  die  OefFnungen  Beben  (de  aa 
die*  Intensität  jeder  einzelnen  Oeftnung  ist),  and  von  der  An- 
seht dieser  Oeffeungen,      Nicht  so   ist    es  mit  dem  zweiten 
Factor  B*,    welcher  von  der  Gräfte  und  Gestek  der  Oeflnun« 
gen  ganz  unabhängig  ist  (da  a  in  ihm  nicht  mehr  vorkommt), 
sondern  blofs  dnrch  die  Anzahl  und   durch  die  Lage   dieser 
Oeffnungen   bedingt  wird.       Demnach   bildet  der  erste  Factor 
gleichsam  die  Grundlage  des  ganzen  Gemäldes,     da    ohne  ihn 
kein   Lichtbild  anf  der  Tafel   statt   haben  kann,    der  zweite 
Factor  aber  dient  blofs  dazu,  das  von  dem  ersten  auf  der  Tafel 
aufgetragene   Licht    zu    modificiren,     dasselbe  in   bestimmten 
Stellen  zu  vermindern  oder  auch  ganz   zu  zerstören   und  -  da- 
durch dem  Bilde  selbst  verschiedene  Formen  und  Umrisse  zu 
geben.  ^ 

I.  Bemerken  wir  zuerst,  dafs  die  Werthe  dieses  Factors 
B*  in  bestimmten  Perioden  wiederkehren*  Diese  Periode  wird 
nämlich   immer   dann   durchlaufen,   wenn  -JA   um  n  =  180° 

A       A 
wachst  oder  abnimmt,    lst-r-=s~  -|-  mn  0<*«  g*ht  A  übet  in 

A  +  2m/i,  wo  m=l,  2,  3  .  .  ist,  so  wird 

Sm.(n+t)d  +  m*)  Sin.(n+"1)^ 

sä m  A    -        ■  ,  also  auch  B=* 

(n  +  l)Sin.f|.+mwJ  (o  +  i  Sin.~ 

«uvor. 


B  = 


T,  wie 
A 


1458  Undulation. 

A 
Ist  aber  -=+niÄ,  so  geht  die  vorige  Gleichung 

A=  ^^Sin.^Sin.t// 

in  folgende  über 

J  Sin.  /?  Sin.  %f/  =  +mX, 

woraus  folgt,  dafs  die  Wiederkehr  jener  Periode  immer  dann 
eintritt,  wenn  die  Gräfte  J Sin»/?  Sin. ip  um  eine  ganze  An- 
sah! von  Wellenlängen  gröfter  geworden  ist« 

Auch  ist  klar,  dafs  jede  dieser  Perioden  in  swei  gleich« 
und  ähnliche  Hälften  getheilt  ist,  da  der  Werth  von  B*  der 
selbe  bleibt,  man  mag  fiir  \  A  die  Gröfte  m»+i*  +x  odec 
auch  m  n  +  }  n  —  x  setzen. 

Die  folgende  Tafel  giebt  die  Werthe  einer  Periode  für  2 

Fig.  bis    7   Oeffhungen   und  die  Figur  giebt  die  graphische  Dar- 

209- Stellung  dieser  Werthe.      In  diesen  Zeichnungen   ist  die  Ab* 

acisse  von  0  bk  1  gleich  n  genommen  und    die  jeder    Ab* 

seilte  zagehörende  Ordinate  giebt  den  entsprechenden    Werth 

der  Gräfte  B*. 


De«  Lichte*.     Beugung. 


38.38.S8S 


1459 


«+  <    ©8wk3&S£ 


II.    I«4A=  +  n»,  wo  m  ==0,   1,  '2,  3  .  .,    so  wird 
B=l  und  daher  die  Intensität 

I  =  («  +  l)».f. 

Denn  wenn  <p  einen  unendlich  kleinen   Bogen  bezeichnet,  io 
ist 

und 

Sin.[(n  +  t)(tn*+aO]  =  (n  +  1)«,, 

■Uo  euch  -    ■       " 

„Sin.[(n4-l)QwJ-y)]_(n-H)y         . 
(fa  +  l)Si».(in*  +  V)       C-  +  1>V      ■ 
In  diese»  Falle,,  wo  U=±mn   ist,  wird  aber  (nach  Nr.  I.} 
^Sin.jS  Sio.^<  =  +m'X, 


1460  Undulationv 

so  dafs  also  der  zweite  Factor  B2  gleich  der  Einheit  wird, 
d.  h.  seine  gröfsten  Werthe  erreicht,  wenn  der  Gangunter- 
schied  J  Sin.fi  Sin.  1//  zweier  nächsten  Wellen  einer  ganzen 
Anzahl  von  Wellenlängen  gleich  ist.  Wir  wollen  diese  größ- 
ten Werthe  die  Maxima  der  ersten  Classe  nennen.    , 

III.    Daraalb*  zweite  Factor  B2  wird  gleich  Null ,  so  ort 
(n  +  l)-jA.=  +  mÄ  oder  so  oft 

ist,  ausgenommen  jedoch  alle  die  Fälle»   wo  ■  eipe  ganze 

Zahl  ist,  weil  dann  (nach  Nr.  II.)  der  Werth  von  B*  =  l 
wird.  In  den  gegenwärtigen  Falle  wird  demnach  die  Inten- 
sität des  ersten  Factors  von  I  durch  den  zweiten  ganz  zer- 
stört, and  dann  ist 

4L  A  =  £  ^Sin  £Sin. y=  +  -^  * 

oder 

(n+i).JS\n.ßSin.y=s±m\t 

d«  h.  also,  wenn  der  (n-f-1) fache  Gangunterschted  von  zwei 
nächsten  Wellen  einer  ganzen,  Anzahl  von  Wellenlängen  gleich 
ist,  so  ist  die  Intensität  Null  (die  Fälle  der  Maxime  erster  Classe, 
wie  gesagt,  ausgenommen).  Wir  wollen  diese  Fälle,  wo  I 
Null  wird,  die  Minima  von  B*  der  ersten  Classe  nennen. 
Diese  Minima  der  ersten  Classe  treten  also  ein 


• 


bei  2 Oeff nnngen ,  wenn*  }  A ss $ k=± } k«  )fn^xlf  iz... 
—  30effnungen,  wen» ±iA=»=$»=<$ n—  i »  ==  lfn... 


Fi«  Die   Figuren   zeigen  diese   Minima  der  ersten   Classe  in   d 
^•Puncten,    wo  die   Curve    die    Abscissenaxe  berührt,    also  die 
auf  dieser  Axe  senkrechte  Ordinate  gleich  Null  ist. 

IV.    Ein  dritter  hier  zu   betrachtender  Fall  ist  der,    wo, 
man  hat 

(n+|)4A=±(m4-4)*oder(n  +  t).^ 

Für  dielen   Fall   wird  der  Zahler  von  B»    gleich  der  Einheit 
und  man  hat 


Des  Lichte«.    Bengang.  1461 

1 


B*  = 


(o+l)>Sin.«(,n+*)ff' 


n  +  1 

tlso  auch  '   % 

1 


I=a*. 


(n+l)*Sin.»C^±i2l* 

n  +  1 


Dieter  Fall  tritt  also  ein ,  so  oft  der  (n  4"  1)  fache  Gangunter- 
schied  zweier  nächsten  Wellen  gleich  ±(2m-|-l)iA.  oder 
gleich  einer  ungeraden  Anzahl  von  halben  Wellenlängen  ist. 
Da  hier  der  Zähler  des  Braches  B2 '  gleich  der  Einheit  wird  t 
oder  seinen  gröfstmttglichen  Werth  erhält ,  so  sind  auch  diese 
Werthe  von  ß2  als  Maxima  ihrer  Art  zu  betrachten.  Wir 
wollen  sie  Maxima  der  zweiten  Glosse  nennen.  Sie  finden  statt, 
wenn  man  hat 

für  2  OefiFnuDgen  ±  i  A  es  (^  r)  =(}  »)  r=  (4  n)  =  (^  n) . . 

-4 ±4A=($«)=(i*)=($70=s(i*)... 

doch  müssen,  wie  die  angeführten  Figuren  zeigen,  diejenigen 
Fälle'  auf  die  Benennung  eines  Maximums  (im  bekannten  geo- 
metrischen Sinne  des  Worts)  verzichten,  die  einem  Maximum 
der  ersten  Gasse  unmittelbar  vorausgehn  oder  folgen  und  die 
deshalb  oben  mit  Klammern  eingeschlossen  sind»  Bei  zwei 
Oeffnungen  siehtmau  also  keine  Maxime  der  «weiten  Glaste;  bei 
drei  Oefinungen  aber  ist  ein,  bei  vier  OeffnuDgen  sind  zwei,  bei 
fünf  Oefinungen  sind  drei  solche  eigentliche  Maxime  der  zwei- 
ten Gasse  u.  s.  w.  Auch  bemerkt  man,  dafs  die  Maxime  oder 
die  Lichtberge  der  ersten  Cleese  ihre  Stelle  nicht  ändern,  wenn 
auch  dm  Anzahl  der  Oefinungen  zunimmt,  eine-  Unverändert 
Kehkeit,  -die  bei  den  Maximis  der  zweiten  Gasse  nicht  statt  het ; 
ferner,  dals  die  Maxima  der  ersten  Gasse  doppelt  so  breit  sind, 
als  die  der  zweiten  Gasse ,  und  dafs  diese  Breiten  mit  der  An- 
zahl der  Oefinungen  Im  geladen  VerhuJtoih  abnehmen*  Ist 
nämlich  D  die  Distanz  zweier  nächsten  Lichtberge  der  ernten 
Gasse,   so  ist  die  Breite  eines  Maximums  der- zweiten  Gasse 

gleich  — _.  m  Bei  100  Oefinungen  ist  diese  Breite  gleich  dem 
50*fen,  bei   1Ö00  Oefinungen  gitioh  dem  SOOaten  Tkeäe  de« 


1461  Undulation. 

Zwischenraums,  der  zwei  nächstliegende  Lichtberge  der  ersten 
Gisse  von  einander  trennt« 

V.    Die  Höhe  der  Lichtberge  der  zweiten  Ciasse  ist 

i 


i=.2. 


8b..GLtil2\ 

n  +  1 


-  Der  kleinste  Werth  dieses  Ausdrucks  ist  aber  I  =  •*,  and  er 
gehört  bei  einer  ungeraden  Anzahl  von  Oeffnungen  immer 
dem  mittelsten  Lichtberge  zu,  wie  man  in  der  4ten  und  6t« 
Curve  der  Figur  sieht«  Die  Intensität  dieses  Lichtbergs'  der 
zweiten  Ciasse  ist  daher  gleich  a  *  oder  gleich  der  durch  eine 
einzige  Oeffnung  an  diesem' Orte  erzeugten  Lichtmasse. 

44)     Anwendung  des   Vorhergehenden   auf    zw.si 
und  mehr  parallelogrammartige  Oeffnungen. 

Um  die  Zeichnung  eines   durch  zwei   solche  Oeffnungen 
entstehenden  Bildes  zu  entwerfen,    wird  man  zuerst  das  Bild, 
Fig.  welches  von  einer  einzigen  Oeffnung  dieser  Art  entsteht,  auf 
*10*der  Tafel  darstellen.    Man  wird  nämlich  durch  einen  willkür- 
lichen Punct  0  der  Tafel  (den  Centralpunct  des  künftigen  Bu- 
des)  die   beiden   Hauptaxen  XX   und  YY  senkrecht  auf  die 
beiden  Seiten  A  B  =  C  D  und  A  C  =?  B  D  der  Oeffnung  ziefao. 
Auf  diesen  Axen  wird  man  dann,  wie  oben  (§.  40*)»  die  Sei- 
ten AB  und  AC  des  Parallelogramms  wiederholt  Auftragen  ued 
durch  die  Endpuncte  derselben  mit  jenen  Hauptaxen  paralieb 
Linien  ziehn.      Nachdem  so   die  Grundzüge   des  Bildes  einet 
einzigen  Oeffnung  entworfen  sind,  zieht  man,  parallel  mit  der 
Linie  AA',    welche  zwei  homologe  Ecken  der  beiden  paral- 
lelogrammartigen   Oeffnungen  verbindet,    durch  den   Central- 
punct die  Gerade  E  E.     Auf  dieser  Linie  E  E  trügt  man  denn 

X 

von  dem  Centralpuncte  0  aus  die   Gröfsen  -j  t=  Sin./?  Sin.  V 

(die  nach  §•  43*  IL  zu  den  Maximis  der  ersten  Clane  gebo- 
ren) nach"  und  nach  auf,  wie  man  in  der  Figur  bei  den  srit 
1,  2,  3  •  •  •  bemerkten  Puneten  sieht.  Die  Distanzen  i 
0.1  =  1.2  =  2.3...  werden  gleich  genommen  der  Grund- 
linie eines  Parallelogramms,  welches  die  Distanz  AA'  =  ^ 
zur  Höhe  hat  und  der  Oeffnung  AB  CD  an  Flache  gleich  t* 


I 

De*  Lichtes.    Beugung.  1468 

Durch  diese  Theilponcte  1,  2,3.*   der  Linie  EE   errichte. 

man  senkrechte  Linien  auf  EE,    so  bezeichnen  dann  diese 

* 

Senkrechten  die  Orte,  welche  den  gröfsten  Maximis  von  B2 
zugehören  und  in  welchen  folglich  das  durch  die  zweifache 
Oeffnung  verstärkte  Licht  mit  seiner  ganzen  ungeschwächten 
Intensität  sichtbar  ist*  Da  nun  nach  §.  43.  IV«  bei  zwei 
Oeffnnngen  die  Minima  der  ersten  Glasse  in  die  Mitte  zwischen 
den  Maximis  der  ersten  Glasse  fallen«  so  darf  man  nur  durch 
die  Puncto -|)  ♦ »  i  ••  der  Linie  EE  andere  Senkrechte  auf  EE 
ziehn,  am  auch  alle  diejenigen  Orte  zu  erhalten«  wo  das  Licht . 
ganz  zerstört  wird ,   und  die  daher  gänzlich  finster  bleiben« 

I.  Ganz  ebenso   wird    man   auch  verfahren«    wenn  drei 
parallelogrammartige  Oeffhungen  in  dem  Schirm  angebracht  sind« 
nur  mit  dem  Unterschiede«    dafs   man    auf  der   Linie  EE  die  Fig. 
Zwischenräume  0.1,  1.2,  2.3«.  nicht  in  zwei,  sondern  in      ' 

•     

drei  gleiche  Theile  theilt«  Die  Senkrechten  durch  die  Puncto 
0.  1«  %)  3  •  •  gehören  dann  wieder  für  die  Maxima  der 
ersten  Classe ;  die  durch  die  Zwischenpuncte  errichteten  Senk- 
fechten aber  gehören  für  die  Minima  der  ersten  Classe,  welche 
letzte  als  finstere  Strafsen  die  erstgenannten  lichten  Stellen 
durchschneiden  und  zwischen  sich  die  nur  halb  so  brei- 
ten und  viel  schwächeren  Maxima  der  zweiten  Classe  ein- 
schliefsen«  Bei  vier  solchen  Oeffnnngen  theilt  man  die  Linien 
0.1  und  1.2  und  1.3  •  •  in  vier  gleiche  Theile«  wo  dann 
immer  zwischen  den  Bildern  der  ersten  Classe  zwei  schmale 
Bilder  der  zweiten  Ciasse  erscheinen  u«s.w.  In  der  folgenden  Fig. 
Figur  sieht  man  den  Grand rifs  des  Lichtbildes  für  zwei  qua* 
draffttrmige  Oeffnungen,  die  sich  in  ihren  Ecken  berühren,  und 
so  fort  für  andere  Gestalten  und  Lagen  der  viereckigen  Oeff- 
nnngen,  die  man  sich  Dach  dem  Vorhergehenden  leicht  con- 
struiren  wird« 

« 

II.  Setzt  man  in  dem  Ausdrucke 


T"I=«b 


Sin.  (^Si».v)    Sin.   fesin^') 


■—  • 


***  c.      ,  b7*  e.       , 

—  Sin«  ip  —  Sin.t// 


X 

i 

den  wir  in  §♦  40.  Cur  die  Intensität  bei  einer  einzigen  Oeff- 
nung  von  der  Form  eines  Rechtecks  erhalten  haben «  der  Kürze 
wegen  a  b  =3  1  und  überdit/s 


146«  '    Undulation. 

|p=  -r-  Sin.T//und^p*=—  Sin.y/f 

so  erhält  man,  wenn  man  diesen  Ausdruck 

Sin.  fp     Sin.  {p' 

«Utt  de*  Wetthe«  von  *  ia  der  Gleichai^ ,  |.  43* 

I='2--J TT- 

Sin.»  - 

für  die  Intensität  bei  (n  +  1)  Rechtecken  sabstiträrt,  für  diese 
letzte  Intensität  deh  Ausdruck 


\nr)  m\nr)- 


«iD.C.  +  l)^* 

oin.-^- 

and  in  dieser  Gleichung  ist  die  Utensils*  för  alle  die  KBt 
enthalten ,  di*  wir  bisher  (in  §•  44.)  betrachtet  heben«  Setxt 
nqan  in  ihm  b=2a  und  die  Anzahl  der  ^Vierecke  n  +  i«2, 
so  erhält  man  den  Fall  der  Figur  210«  Ebenso  giebt  b=2* 
und  n  +  1=3  den  Fall  der  Figur  211»  und  b=a,  jcifl 
V       und  n+l=2  den  Fall  der  Figur  212.  tu  s.  w. 

45)    Anwendung    des  Vorhergehenden    auf   zwei 
und   mehr   dreieckige  Oeffnnngen. 

Nachdem  wir  in  dem  Vorhergehenden  die  Bilder,  weiche 
,  durch  viereckige  Oeffnungen  entstehn,    umständlich  betrachtet 
haben,   werden  wir   uns  bei  den  Oeffnnngen  von  andern  Ge- 
stalten ,  um  Wiederholungen  zu  vermeiden,  kürzer  fassen  .kön- 
nen.   Um  die  Erscheinungen  für  mehrere  dreieckige  Oeffnao- 
Fig.gen   zu  entwerfen,    wird  man  zuerst  den  oben  (§.  41*)  er* 
207»  wähnten  sechsstrahligen  Stern  mit  seinen  dunklen  Stellen  zeich- 
nen,, indem  man,  wie  a,  a#  O.  gesagt  wurde,  die  dreiHaupt- 
axen  XX,    YY  und  ZZ  auf  den   drei  Seiten   des  Dreiecks 
senkrecht   errichtet,     dann   auf  diesen    Axen    die  Seiren  d* 
Dreiecks  selbst  aufträgt,  und  durch  die  Endpuncte  gerade  Li- 
nien zieht,    die    mit   den  Hauptaxen  parallel  sind,    wo  daea 


Des  Lichtet     Beugung.  iMi 


cHejenigc*  Darehscbnjttspancte  dieser  Parallelen,  die  nicht  auf 
den  Heuptaxen  liegen,    die    dunkle»   Stellen   des ,  Bade*   be* 
seichnen.      Dieses  vorausgesetzt   siebt  man  daran  de« ,  Centreif 
punet  des  Grundrisses  die  Linie  EE  parallel  mit  der  Geraden  pf«# 
AA'A",  welche  die  homologen  Spitzen   der   Dreiecke   verbin- 2lS. 
der,    ond  trägt  auf  Eß  wiederholt  die   Basis   eines  Dreiecke 
auf,    dessen   Höhe   A  A'  =   A'  A"  «  J    and    dessen  fläche 
de»  Fläch«  eines  der  gegebenen    Dreiecke 'gleich,  ist.       Diese..  %    - 
TheHstriche,  dse  in  der  Figur  durch  Ot;   12;  23  .  *  beeekh* 
net  sind,  theilt  man  wieder  bei  zwei  Dreiecke«  in' 2,  bei  drei  - 
Dreieeken  in  3  gleiche  Theile  a.  s.  w;  und   errichtet  ia  eile« 
diesen  Puncten  gerade  Linien   senktet!**  auf  EE,     wo  dann 
diejenigen  dieser  Senkrechten,  welche  durch  die Ponete  1;  2;  3...  ' 
gehn,  den  gröfsten  Maximis  oder  den  Mitten  der  Maxime  der 
ersten  Gasse  entsprechen,  während  die  Minima  der  ersten  Gasse 
als   finstere  Strafsen   den    Stern    durchschneiden.    -  Die    Figur  Fig. .  / 
gieht,  nach  Schwbbd's   schon  mehrmals  angeführten)  Werke,     *• 
ans  welchem  diese  graphischen  Darstellungen  genommen  sind, 
das  Lichtbild  für  swei  gleichseitige  Dreiecke,    die   mit  ihren 
Grundlinien  auf  derselben  Geraden  AA'  stehn. 

46)    Erscheinungen  durch  rechtwinklige  Draht* 

gitten 

Bei  einem  rechtwinkligen   Drafygitter   ist  der   allgemeine 

Ausdruck  für  die  Intensität  nach  der  letzten  Gleichung  de* 
ff   44. 

T        /(n  +  1)Sin.ae\*    /Sin.fn  +  \)JQ\% 

la=  \r — jt5 — )  •  v>+/;i/e  j  * 

wenn  a  die  Breite  jeder  Oeffnung  des  Gitters  und  J  die  Ent- 
fernung der  Mitten  jeder  zwei  nächste»  Qeffnungen  bezeich- 
net und  wenn  man  der  Kürze  wegen 

©r^Jsin.y 

setzt»    In  diesem  Ausdrucke  von  I  stellt  der  erste  Facto* 

fn  +  i)Sin.awV 


/(n  +  t)Sm.«P\ 


die  durch  die  Anzahl  der  Oeffnuogen  verstärkten   Lrchtberge 
dar,  welche  durch  eine  einzige   dieser  Oeffnntogen  hervorge-' 
IX.  Bd.  Aeaaa 


1486  Undul»ttfon. 

kracht  seyu  wurden.  Di«  folgende  Tafel  giebt  die 

Werthe  von  1  für  2,  3  und   4    Oeffnungen   des  Gitter»  vni 

»war  für  dm  Verhältnisse  dtr  Gröfsen  a  und  d ,  nämlich  fir 

a  =  7^;     a=i^i  und  a=$^i,    • 

r 

Fi«,  und  diese  Werthe  von  I  sind  in  den  Zeichnungen  graphisch 
**?.  dargestellt.  Die  erste  dieser  Figuren  giebt  die  Intensität  fiit 
ttfs  ein  rechtwinkliges  Stabgitter  von  1,2,3  und  4  Oeffioaogtn 
und  für  aa^J,  die  zweite  giebt  dasselbe  für  a=^,  und 
ebenso  die  dritte  für  a=|^.  Die  Orte,  wo  I  völlig  ver- 
schwindet oder  wo  gänzliche  Finstarnif*  herrscht,  findet  man 
in  der  ersten  dieser  drei  Figuren 

für  +d@=2mn  oder  für  +  a0=m*, 

wo  m  die  natürlichen  Zahlen  1;  2;  3...  bezeichnet,  also  in 
den  in  der  Figur  mit  ±2;  +4;  +6;  lt8-»  bezeichneten 
Puncten«  In  der  zweiten  Figur  gehören  diese  finstern  Ponctt 
zu  ±3»  ±6;  ±9  .  .  .,  wo 

±J9=3x;  <**;  $n 

oder 

±*9=n;  2»;  3* ist. 

In  der  dritten  Figur  endlich  findet  man  diesen  Punct  bei 

±ii±t;  ±t;  ±¥  ...,  wo 

±J@  =  Itz]  f  n\  $*  ... 
oder 

±aöss»j  2n-f  Zn  ... 

ist.  Diejenigen  Stellen ,  in  welchen  der  zweite  Factor  Ton  I 
oder  die  Gröfse 

Sin.(n  +  l)je\* 


/Sin,(n  +  l)je\ 
V     (n  +  1^0     / 


seinen  gröfsten  Werth  erreicht  und  gleich  der  Einheit  wird, 
gehören  in  allen  drei  Figuren  zu  denselben  Puneten,  nämlich 
m  Oj  +1;  +2;  +3  u.  s.  w.,  für  welche  man  nämlich  hat 

+  J0=O;  n\  2w,  3»;  4»  ... 

In  allen  übrigen  Stellen  werden  die  verstärkten  Lichtberge  ä*es 
ersten  Factors  entweder  vermindert  oder  auch  gaoz  zentdtt 
Ganz  zerstört   werden  sie  in   denjenigen  Stellen,    welche  das 


•  • 


De«  Lichte«»    Beugung.  1467 

•  *  ■ 

Mininris  des  zweite*  Factors  entsprechen,   und  die««  Stellen 

befinden  «ich 

bei  zweiOeffnungen  in  den Pancten  +  (|;  {-;  |;  f..) 

-  drei _     ±(ti  I;  4;  *••) 

—  vier +(*;  J;  |;  *..)   , 

*FMlh  endlich  ein  Maximum  der  ersten  Clssse  mit  einem  abso- 
Inten  Minimum  zusammen,  so  entstehn  an  dessen  Stelle  auf 
beiden  Seifen  Heine  Lichthügel,  wie  in  den  ersten  jener  drei 
Figuren  in  +(2;  4;  6;  8  *  •)  und  in  den  beiden  letzten  Fi- 
guren in  +(ß;  6;  9  •••)• 

Hier  folgt  die  oben  erwähnte  Tafel  für  die  rechtwinkligen 
Stabgitter  mit  2;    3  nnd  4  Oeftnungen   mit  dem  Argument« 

2^e=^Sin.^. 


Aaaaa  2 


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UndwiatioiH 


22 


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2SS288838 


II 


Des  Lichte«.    Beugung.  1469 

I.  B*  ist  bereits  oben  (f. '4?.  V.)  gesagt  worifen,  daft 
4es  dnrch  eine  klein«  kreisförmige  Oeffnung  gehende  Licht 
ein  Bild  geben  inuft,  welches  aus  cöncentrtschen  Ringen  be- 
steht. Hier  mag  es  genügen  tu  bemerken,  dafs  zwei  kleine 
kreisförmige  Oeffhnngen  d^s  Schirms,  deren  Durchmesser' der 
Distanz  ihrer  Mttterpuncte  gleich  ist,  und  drei  kreisförmige 
Oeffnnngen,  deren  Mitlelpuncte  um  zwei  Durchmesser  der 
Kreise  von  einender  abstehn,  Bilder  erzeugen,  die  aas  con- 
fcentrischen  Kreisen  mit  parallelen  verttcalen  Linien  bestehn,  Fig. 
wie  die  Zeichnung  diefs  für  drei  Oeffnungen  darstellt. 

47)    Erscheinungen    durch   mehrere  analoge  Rei- 
hen Ton  unter  sich  ähnlichen  Oeffnungen* 

Wir   haben   oben    (§.43.)    für    eine    Reihe    von    n  +  1 
ähnlichen  Oeffnungen  den  Ausdruck  erhalten 


I  =  [(«  +  !)•?  • 


(n-M)Sin.  ^ 


wo  der  Factor  a3  die  Intensität  des  durch  jede  einzelne  die- 
ser Oeffnungen  erhaltenen  Bildes  bezeichnet  und  wo  A  =s 
2 7i  z/ Sin.  ß  Sin.xp  ist.  Ist  nun  m-f-1  die  Anzahl  solcher  un- 
ter sich  ähnlichen  und  ähnlichliegenden  Reihen  oder  Gruppen 
von  Oeffnungen ,  so  hat  man,  ohne  umständliche  Rechnungen, 
schon  durch  einfache  Analogie  für  alle  diese  Reihen  den  Aus- 
druck 

/Sin.(n  +D  |\ VSin-(m  +  l)^\ * 

i=K°+i)0»+i>]M 4-)\ i  v 

\n  +  l)Sin.  y    \m  +  l)Sin.~/ 

wo  A'^sUnJ'Sin./f  Sin.  xp  ist  nnd  wo  z/*und  (f  in  Beziehung 
auf  die  Reihen  oder  Gruppen  dieselbe  Bedeutung  haben  *  wie^ 
nnd  ß  in  Beziehung  juf  eine  Reihe  von  einzelnen  Oeffnun- 
gen hatte.  Es  ist  leicht,  sich  mit  Hülfe  (fieses  Ausdrucks  von 
allen  hierher  gehörenden  Erscheinungen  Rechenschaft  zu  ge- 
ben, besonders  wenn  man  sich  dieselben  zuerst  durch  eine  an- 
gemessene  Beobachtung  rein  dargestellt   hat.      So   haben   wir 


1470  '     Undulation. 

*v  B*  pjbm  (J.  44-  I.)  geseho,  dafs  xwti  Quadrate,  die  sich  in 
**!• ihren  Ecken    berühren,    die    dort    mitgetheilte  Figur    gebe« 
'Kommt  aber  noch  ein  ähnliches  Quadratpaar  hinzu,   ao  wird 
'>«•  dadurch  eine  Figur  erzeugt,  in  welcher  jenes  erste  Bild  noch 
'einmal  in  der  Richtung  EE  von  dunUen  Strafsen  durchschnit- 
ten erscheint.      Sollte   jede  der  beiden  Reihen  ab   und  a'b' 
mehr  als  zwei  Quadrate  enthalten,    so    erscheinen  auch  zwi- 
schen  den  dunklen  Strafsen  innere  Spectrau       Sind  sehr  viele 
Quadrate  in  jeder  Reihe  vorhanden,  so  concentriren  sich  diese 
Spectra  in  glänzende  Lichrpuncte,  die  ganz  nahe  an  einander 
steho. 

I.     Eines  der  schönsten  und  interessantesten  der  hierher 
gehörenden  Bilder  fand  Schwird,   indem  er  eine  Reihe  fei- 
ner geradliniger  Stlbe  unter-  sich  parallel  in  einen  Rahmen  be- 
festigte und  dieselben  mit  einem  ähnlichen  zweiten  Rahmen 
bedeckte,     so    dafs   die  Stäbe   des    einen   Rahmens   mit  de- 
nen   des   zweiten  irgend    einen    constanten   Winkel  bildeten. 
Sind  die  Oeffnungen  zwischen  den  Stäben    ganz  ebenso  breit, 
als  die  Stäbe  selbst  dick  sind ,  und  bedeckt  man  in  dem  durch 
die  erwähnte  Superposition   der   beiden  Rahmen    entstehenden 
Gitter  alle  Oeffnungen  bis   aof  vier,    so  entstehn  beim  recht- 
winkligen  Durchkreuzen   der   Stabe    sechzehn    quadratförmige 
Oeffnungen  und  man  erblickt  auf  der  Tafel  hinter  dem  Schirm 
Fig.  oaer   besser  noch    unmittelbar  mit    dem  Fernrohr    die  schöne 
**°- Figur.     Da  bei   solchen  rechtwinkligen  Kreuzgittern  die  Rich- 
tung der  Linien  (EE)  und  (FF)  der  Figur  213  mit  den  Sei- 
ten a  und  b  der   viereckigen   Oeffnungen    zusammenfällt  ued 
da  auch  hier  alle  Oeffnungen  Rechtecke  sind,    so  erhält  min 
bei  diesen  Kreuzgittern,  ganz  wie  oben  (§.  44.  II.),  die  Inten- 
sität durch   dieselbe   Formel,    indem  man  nämlich   für  einen 
willkürlichen  Pnnct  z  die  nach  §.  44.  IL  erhaltenen  Intensi- 
täten  der  Rechtecke  für   die  entsprechenden  Poncte   auf  den 
Hauptlinien  XX  und  YY  mit  einander   multiplicirt,    voraus- 
gesetzt, dafs  die  Intensität  in  der  Mitte  0  des  Bildes  gleich  der 
Einheit  ist.    So   hat  man  z.  B.  für  den  in  der.  Figur  mit  (s) 
bezeichneten  Punct,    da  für  ihn  die  zwei  Coordinaten  3  ond 
7  gehören,  nach  der  Tafel  am  Ende  des  §•  39. 

Coordinate  3=  in.,  entsprechende  Zahl  0,045 
Coordinate  7=J rr..  entsprechende  Zahl  0,008 


De*  Lichte*.    Beugung.  f|7| 

und  da  imlProimm  dienet  hcrnien  ZeUen  0,00036  ist,  so  iat 
•nah  die  gesuchte  Intensität  iür  dan  Punot  (2)  gleich  0,00030 
oder  nahe  nur  der  2680»te  Theil  der  Intensität  des  Central« 
puncts'  0*  Ebenso  hat  man  auch  für  den  Punct  (x) ,  tu  dem 
die  Coordinaten  3  und  3  gehören,  die  Intensität  gleich 

(0,045)  (0^)45)=Q,002=1^ 

und  so  fort  für  alle  andere  Poncts.  Die  Figur  zeigt  diese  In- Fig. 
tensitäten  oder  diese  Lichtberg©  für  alle  diejenigen  Puncte, 
Welche  in  den  beiden  "Hauptlinien  XX  und  YY  auf  den  mit 
denselben  Zahlen  bezeichneten  Orten  stehn.  Dreht  man  den 
einen  der  beiden  Rahmen  mit  seinen  parallelen  Stäben  Tor 
dem  andern  so ,  dafs  sich  die  Stäbe  nicht  mehr  unter  einem 
rechten,  sondern  unter  irgend  einem  schiefen  Winkel  durch- 
schneiden, so  nimmt  auch  das  Bild  eine  verschobene  Gestalt 
an,  ohne  dafs  sich  jedoch  das  Verbal  taifs  der  Intensitäten  der 
verschiedenen  Theile  des  Ganzen  ändert.  Macht  man  die  An* 
sahl  der  Oeffhnngen  grdfser,  so  wird  dadurch  blofe  die  An- 
zahl der  innern  Spectra  vermehrt.  Bei  einer  sehr  grofsen  An- 
sah! von  Oefinungen  aber  werde»  alle  diese  inneren  Spectra 
anbemerkbar. 

IL  Der  allgemeine  Ausdruck  der  Intensität  i9$  Lichts 
für  mehrere  Reihen  von  parallelogrammartigen  Oefinungen  ist 
nach  §.  44.  U.,  wenn  wieder1  n  +  1  die  Anzahl  der  Oeff- 
nungen  jeder  Reihe  und  m  -jr  1  die  Anzahl  der  Reihen  be- 
zeichnet y 


a  _  .   . .JS 


wo  wieder 


p=a  —  Sin.^/,       &=— JSiu.^y 
p'=^Sin^,       A'=2£<*'Sin#*. 


Für  die  Figur  219.  zum  Beispiel  hat  man  i«b;  As:4=afj; 
n-flaam  +  l=2.  Besteht  die  Oeffnong  aus  vier  sol- 
eben  Quadraten  9    wie  die  Zeichnung  darstellt,    deren  BfhteJrejf^ 


> *■ 


147B  Ondulation»  # 

fMUVttO    dOtW    91611    uW^HfMI    Gntfseu9)ll£    RMMB  9     nOYOll    vOHen) 

aber  nur   halb   so  #*fs  iM  ek  in  «gar  819,    »htMi 

III.     Weitere  Betrachtangen  über  mehr  zusammengesetzte 
Oeffnungen   findet  man  in  Schwerins  mehrerwähntem  Werke 
S.  106  u.  ff.       Hier   wollen    wir   nur    noch   bemerken,    dab 
alles  Vorhergehende  sich  blofs  au?  homogenes  Licht  von  ei- 
ner einzigen  Farbe  bezieht,     Ist   ober  das  durch  die  Oeffnnng 
des  Schirms  dringende  Licht  nicht  homogen,   so  erzeugt  jede 
einzelne  Farbe  ihr  eigenes  Bild,  nnd  eile  diese  Bilder  einer  je« 
den  Farbe  sind  denen  der  übrigen  Farben  ähnlich  nnd  ähnlich« 
liegend.     Aber  die  rothen  Bilder  sind  unter  allen  die  gräfsten» 
da  sie  den  gröfsten  Wellenlängen  <(§.  17.)    angehören,  , wäh- 
rend die  violetten  Bilder  die  kleinsten  srnd ;     die  übrigen  far- 
bigen Bilder  Hegen  zwischen  diesen  beiden  eingereiht*     Vät- 
ern igt  daher  der  leuchtende  Piro  et,     der  sein  Licht   durch  die 
Oeffnnng  schickt,  alle  Farben  des  Sonnenlichts,  so  gehn  auch 
die  erwähnten  Bilder  stetig    in  einander    und  vermischen  sich 
an  ihren  Grenzen.    Wenn  bei  dieser  Vermischung  der  Wellta 
verschiedenartigen  Lichtes  eine  Interferenz  eintritt,  so  entsühn 
dunkle  Stellen,    und    diese  finstern  Stellen  im  farbigen  Licht- 
bilde sind  es,    die  Wollastoi  und  Feaunhofeh  zuerst  be- 
obachteten   und  durch   die   man   auf   so   viele  schöne  Entdek- 
kungen    über   die    Diffraction    des  Lichts   geführt    worden  ist. 
Fraunhofer  gebraucht  zu  den  Beobachtungen  dieser  dunklen 
Stellen  eine  feine- Lichtlinie  als  Object,    die  er  durch  ein  mit 
einem  Theodoliten  versehenen  Fernrohr  betrachtete,    wo  daoo 
diese   Stellen   als   dunkle  Fäden   von  verschiedener  Breite  er- 
schienen,   deren  Dicke  itfid  Abstände    von   einander  sich  ge- 
nau messen  liefseo»       Da  dieser  Gegenstand  schon  oben1  um- 
ständlich erwähnt  worden  ist,  so  wird  es  unnöthig  seyn,  sich 
hier  weiter    dabei   aufzuhalten,    um   so   mehr,    da    uns   noch 
ein  anderer  wichtiger  TfceH   der  Undtrfationstheorie   zu  erläu- 
tern übrig  ist,  nämlich  der  von  der  Wellenbewegung  deepo» 
tarierten  Licht* , .  afcj   welche  wir  bisher  noch   keine  Rück- 
sicht genommen    haben  '  und    die    doch   oben2   für   den   ge- 
genwärtigen Artikel   ausdrücklich    vorbehalten    wurde.      Wir 


1    8.  Art.  Inflevkm.  Bd.  V.  S.  729. 
*    S.  Art.  JWfti-iMltoft.  Bd.  TB.  S.  746. 


Des  Liohtee«     Polarisation.  1473 

wüier  wav  in  eW  hqo  Folgenden ,  wenigstens  in  dem  rata 
Matytmhca  *f  heile  desselben,  vorzüglich  an  die  DarsteUaeg 
betten,  die  Aia*  im  seine*  eben,, angefühlten  Schrift  gegeben 
bat ,  da  dieser  neu«  und  wichtige  Gegenstand ,  der  seine  voll- 
kommene Rntwkkelung  erst  von  der  Zukunft  erwartet,  von 
ihm  mit  vorzüglicher  Einsicht  und  Klarheit,  in  seinen  Haupt- 
snomenten  wenigstens,  zusammengefaßt  worden  ist« 

F«    Anwendung  der  Undulationstheorie  auf 

1     polarisirtea  Licht, 

48)     Erklärungen. 

In  allem  Vorhergehanden  wurde,  wie  man  bemerkt  ha« 
ben  wird,  von  jeder  bestimmten  Richtung,  in  welcher  die 
Elemente  des  Aethers  als  Lichtträger*  bei  ihrer  wellenarti- 
gen Bewegung  im  Räume  fortschreiten  mögen ,  abstrahirf.  Diese 
Elemente  mögen,  wie  die  der  Luft  bei  den  Schallwellen,  in 
derselben  Richtung  vibriren,  in  weicher  die  Welle  selbst  fort- 
geht, oder  sie  mögen,  wie  wir  dieses  bei  den  Wasserwellen 
bemerken ,  in  einer  auf  die  fortschreitende  Bewegung  der  Welle 
senkrechten  Richtung  vibriren,  so  dafs  sie  doch  alle  in  einer 
Ebene  bleiben,  die  durch  diese  Richtung  der  Welle  geht. 
Der  einen,  wie  der  andern,  ja  selbst  jeder  weitem  Hypo- 
these über  die  Richtung  der  Vibration  der  Aethertheilchen 
,  lassen  sich  die  buher  erhaltenen  Ausdrücke  ohne  Schwierig* 
keit  anpassen ,  wenn  man  nur ,  wie  wir  gethan  haben ,  Vor-*, 
aussetzt,  dafs  diese  Aethertheilchen  dem  allgemeinen  Gesetze 
der  (Induktion  unterworfen  sind  und  dafs  für  eine  beträcht- 
liche Anzahl  von  Vibrationen  die  Datier  «od*  Gröfse  der  Vi- 
bration selbst  dieselbe  bleibt.  Allein  die  interessanten  Phä- 
nomene des  Lichts,  die  man  erst  in  den  neuern  Zehen  näher 
kennen  gelernt  hat  und  die  man  unter  der  .Benennung  der 
PoktrUation  des  Lichts  begreift,  lassen  uns  die  freie  .Wahl 
unter  jenen  Hypothesen  nicht  mehr  übrig,  sondern  sie  zwin- 
gen uns  zu  der  Annahme  einer  derselben,'  und  lehren  uns 
eben  dadurch  die  wahre  Art  kennen ,  auf  welche  diese  den 
tMmmtltchen  Erscheinungen  des  Lichtes  zu  Grunde  liegenden 
Vibrationen  des  Aethers  vor  sich  gehn. 

Die  erste  Gelegenheit,  die  Polarisation  des  Lichtes  kennen 


1414  Untlulaiioo. 

• 

zu  lernen,  geh  4er  Ulinditah*  Spmh%  an  welchem.  B*mT*»~ 
lim  So  Kopenhagen  die  Eigenschaft  der.  doppelten  efeechmjg 
der  Lichtstrahlen  entdeckte  und  den  später  der  berühmt 
HuTegXM  zuerst  io  dieser  Beziehung  wissenschaftlich  unter* 
suchle.  Em  lange  nach  ihm  fand  man,  dafs  dir  gröftte  TheÜ 
der  transparenten  Kry&talle  dieselben  Eigenschaften  mit  jenem 
Spathe  besitze.  Allein  noch  diese  erweiterte  Erfahrung  stand 
beinahe  ein  ganzes  Jahrhundert  isolirt  und  unfruchtbar  da,  bis 
endlich  Malus  im  J.  1808  ähnliche  Modificatiooen  des  Lichtes 
auch  noch  in  vielen  anderen  Fällen  entdeckte  und  dadurch 
erst  den  Physikern-  ein  neues ,  grofses  Feld  von  sehr  interes- 
santen Forschungen  eröffnete,  das  vorzuglich  von  Faesiel, 
Thom.  Youbg  und  Andern  bearbeitet  wurde. 

L  Um  zuerst  die  Erscheinungen ,  die  an  jenem  Späths 
bemerkt  werden,  in  ihrer  Einfachheit  darzustellen,  so  siebt 
man,  dafs  ein  Lichtstrahl  (oder  ein  feiner  Strom  des  gewöhn* 
liehen  Sonnenlichts) ,  wenn  er  durch  ein  Rhomboeder  dieses 
Krystalls  geht,  in  zwei  andere  Lichtstrahlen,  gespalten  wird. 
Man  bemerkt  dieses,  wenn  man  entweder  ein  kleines  Objeet 
durch  diesen  Späth  beobachtet,  wo  man  zwei  Bilder  dieses 
Objeet  es  sieht,  oder  auch,  wenn  man  den  Späth  hinter  eise 
Glaslinse  stallt,  auf  welches  Sonnen-  oder  Lampenlicht  fallt) 
wo  man  wieder  im  Brennpuncte  der  Linse  zwei  Lichtbilder 
wahrnimmt  Eine  gerade,  durch  diese  zwei  Bilder  gezogene 
Linie  liegt  immer  in  der  Richtung  der  kürzeren  Diagonale  der 
Rhombnsfläche  des  Krystalls,  wobei  als  bekannt  vorausgesettt 
wird1,  dafs  man  diesen  Späth  durch  Zerklüfteji  oder  Zerspaltsa 
als  ein  Rhomboeder  darstellen  kann  und  dafs  der  einfallend* 
Lichtstrahl  senkrecht  auf  einer  der  sechs  Rhombuaflächen  stahl» 
die  das  Rhomboeder  nach  allen  Seiten  begrenzen.  Diesel 
Fig.  Rhomboeder,  wie  es  in  der  Zeichnung  dargestellt  ist,  wird 
3*3*  nämlich  von  sechs  Rhomben  eingeschlossen.  Von  den  ko> 
perlichen  Winkeln,  welche  diese  Rhomben  in  den  acht  Eckt* 
des  Krystalls  bilden,  sind  zwei  diagonal  gegenüber  stehende 
A  und  B  stumpfe  Winkel ,  von  welchen  jeder  von  drei  ehe* 
neu,  stumpfen  und  gleichen  Winkeln  eingeschlossen  wiri 
Die  diese  stumpfen  Winkel  verbindende  Gerade  A  B  wird  das 
Axe  des  Krystalls  oder  auch  die  Axe  <ür  doppelt**  Bu- 
chung genannt  In  einer  regelmäßig  Itrystallisirten.  Masse  die- 
ses Kalkspaths  kann .  man  jeden  Fund  dieser  Masse  ab  a4« 


. 


Des  Lichtet.    Polarisation«  1475 

Scheitel  eines  sofehen  Rhombeeders  betrachten,  wann  nm  die 
Masse  deroi»  diesen  Puuct  nach  drei  Richtungen  gehörig  go- 
spalten  wird«  Als*  kenn  mau  auch  jede  mit  der  Axe  des, 
Rhomboeder*  parallele  Gerade  als  diese  Axe  selbst  betrachten. 
Baue  Ebene,  parallel  mit  der  Axe  der  Krystalls  uod  senkrecht 
auf  eine  der  Seiten  desselben,  dorch  welche  der  Lichtstrahl 
einfällt,  wird  der  Hauptschnitt  des  Krystalls  genannt,  wie 
9.  B>  die  Ebene  ACßD. 

IL  Wenn  man  die  zwei  in  I.  erwähnten  Strahlen,'  in 
Welche  der  einfallende  Lichtstrahl  dorch  den  Krystall  gebro- 
chen wird,  näher  untersucht,  so  findet  man,  dafs  der  eine 
derselben  dem  gewöhnlichen  Gesetze  der  Refractiou  folgt, 
während  der  andere  nach  einer  andern  mehr  zusammenge«- 
eettten  Vorschrift  forrzugehh  scheint.  Wir  wollen  der  Kürze 
wegen  jenen,  den  ordinären ,  mit  O,  and  diesen ,  den  Extraor- 
dinären, mit  £  bezeichnen,  'Diese  beiden  gebrochenen  Strah- 
len scheinen  anf  den  ersten  Blick  weder  unter  sich  noch,  anch 
Ton  dem  einfallenden  Strahle  selbst  irgend  wesentlich  ver- 
schieden zo  seyn,  aber  sie  sind  in  der  That  alle  drei  unter, 
einander  von  sehr  verschiedenen  Eigenschaften.  Denn  be- 
trachtet man  einen  der  beiden  gebrochenen  Strahlen,  z.  B» 
den  Strahl  O,  nnd  stellt  man.  ein  zweites  Rhomboeder  vor 
diesen  Strahl ,  so  sieht  man,  dafs,  wenn  man  das  erste  Rhomboe- 
der nm  sich  selbst  dreht,  der  Strahl  O  durch  das  zweite  Rhom- 
boeder im  Allgemeinen  in  zwei  Strahlen  von  ungleicher  In* 
tensität  getrennt  wird,  so  dafs  der  eine  dieser  zwei  letzten 
Strahlen  dem  gewöhnlichen,  der  andere  aber  dem  oben  er- 
wähnten aufsergewtthnUcken  Gesetze  der  Refraction  folgt,  da- 
her wir  auch  hier  den  ersten  durch  Oo  nnd  den  zweiten 
dnreh  Oe  bezeichnen  wollen«  Ueberdiefs  bemerkt  man  auch, 
dafs  für  gewisse  Stellungen  des ,  ersten  (in  Drehung  begriffe- 
nen) Rhomboeders  der  eine  der  beiden  letztgenannten  Strah- 
len Oo  oder  Oe  gänzlich  verschwindet*  Um  die  Puncto  dieser 
Verschwindung  näher  anzugeben,  wollen  wir  Folgendes  be- 
merken. Wenn  die  beiden  Rhomboeder  eine  ähnliche  Lage 
haben  (d.  h.  wenn  jede  Seite  des  einen  einer  Seite  des  an- 
dern parallel  ist )  und  ebenso  wenn  diex  beiden  Rhomboeder 
eine  entgegengesetzte  Lage  haben  (d.  h.  wenn  sich  das  erste 
aus  der  so  e1>en  beschriebenen  Lage  nm  180  Grade  gedreht 
hat),  $o  verschwindet  Oe  und  blobder  Strahl  Oo  bleibt  noch 


147«  Undula*ioo. 

sichtbar,  oder  so  *«Sg*  das   zweite  Rhomboeder  btofs  den  ge- 
wöhnlichen Strahl  Oo.     Im  Gegentheile  aber,  wenn  du  erst» 
Rhomboeder  nur  »m    90°   (rechte  oder  fmk«  von  der  teer* 
erwähnten  Lage  desselben)  gedreht  wird,  so  verschwindet Üs 
und  nnr  Oe  bleibt   zurück ,     oder  so  zeigt  das  zweite  Rbom- 
boeder  blofs  den  außergewöhnlichen  Strahl  O  e.     Zwischen  die» 
seil  beiden  Hauptpositionen  der  beiden  Krystalle  ist  immer  der- 
jenige  von   den    beiden    Strahlen  der  intensivste ,    der  bei  dtt 
nächsten  Verschwindttng   des  einen   allein  zurückbleibt.     Be- 
trachtet man    aber   Von    den  beiden   ersten  Strahlen  0  und  B 
den  letzten  oder  den  Strahl  E,  so  ändern  sich  alle  die  so  ebn 
angeführten  Erscheinungen.      Zwar  theilt  snch  hier  der  swehc 
Krystall   den   Strahl  E   wieder  in   zwei    andere  Strahlen  voa 
ungleicher  Intensität,   wovon  wieder   der    eine   den   gerät»* 
liehen  und   der   andere  den   aufsergewöhnlichen  Weg  doren- 
lauft    und    die    wir    deswegen,     wie  zuvor ,     durch  Eo  mi 
Ee  bezeichnen  wollen.       Aber  wen h    die  beiden   Krystalle  ifl 
ähnlicher     oder    auch    in     entgegengesetzter    Lage   sind,   M 
verschwindet    dann    der    Strahl    Eo",     während    Ee    zortfek* 
bleibt.       Wenn   umgekehrt   der   eine  dieser  Krystalle  um  Jft 
Grade  aas  seiner  Lage  vor-   oder  rückwärts  gedreht  wird,  so 
verschwindet  Ee,     während    blofs   Eo   zurückbleibt.     "Wenn 
also   die   beiden   Krystalle    mit    ihren   Hauptschnitten    parallel 
sind,    so  wird    der  Strahl  O   des  ersten  Krystatts    durch  des 
zweiten  zu  Oo,  sp  wie  auch  E  zu  Ee  wird,  und  durch  beide 
Krystalle  sind  dann  nur  %urei  Bilder  sichtbar.     JrVenn  aber  da 
Hauptschnitte  auf  einander  senkrecht  stehn,   so  wird  Owöi 
und  E  zu  Eo,    und    auch    hier  sind   wieder  nur  %wii  KWet 
sichtbar.       Bei  jeder   anderen   Löge    der  beiden  Hanptschnitte 
wird  O  sowohl ,   als  auch  E ,   jeder  für  sich ,  in  -  zwei  Tbeilt 
Oo,  Oe  undBo,  Ee  zerlegt  und  man  sieht  daher  vier  Bilder, 
deren  Intensität  aber  nur  dann  bei  allen  gleich  groß*  ist,  wenn 
die   Neigung   der   beiden    Haoptschnitte   gegen  einander  genau 
einen  halben  rechten  Winkel  beträgt  oder  45*  gleich  ist.    Min 
sieht  daraus,    dafs    der   Lichtstrahl   in    einem  solchen  Krystal 
nebst  der  doppelten  Brechung   noch   eine,  andere   Modificatien 
erleidet,  die  sich  nicht  auf  seine  Richtung ,    sondern  auf  sein* 
Selten  bezieht.       Denn  die  durch   die  doppelte  Brechung  von 
einander   getrennten    Strahlenbüschel    haben    offenbar  ringsem 
nicht  mehr  dieselbe  Eigenschaft,    weil  sie  bald  die  gewöhn- 


Des  Lichtes.    Polarisation*  1477 

fiaaw^haU  efc  «fasMfcew&aUebe  Brachug  edeideo,  fSfeaefa-» 
deat  «ie  dem  Heuptsohaitte  die  eine  oder  die  andern  Seite  SS- 
Wenden;  auch'  lieget*  die  mit  derselbe«  Eigenschaft  begabte* 
SeiHn  dm  Strahls  O  und  E  nicht  n**b  derselben  Gegend  hin» 
mmUrrksi*  vind  unter  eimm  nchtmi  JViahaL  gegen  eity$ndw. 

gmtig* 

'HL    Ans  den,  in  IL  Gesagt*»  feJgt,    dsfs  jede*  vop  de* 

beiden  StraMen  O  und  K  Von  dam  gewtfbnJftchen  Lichte  we~* 
•entlieb  vemhieden  ist,  da  das  gewöhnliche  Liobt  so  0%  ab, 
t»  dujecjv  eine»  solche*  KrysiaU  gabt,  iaxner  zwei  Strahlen 
hswojAringt,  während  das  Liebt  tob  O,  so  wie  das  von  E, 
wenn  ««durch  denselben  KrysteU  geht,  bald  swei  Strahlen, 
wie  jenes,  bald  «hat  nach  nnr  «ine«  einzigen  erzeugt.  Auch 
scheinen  diese  zwei  Strahlen  O  und  E  unter  sich  selbst  noch 
wesentlich  verschieden  sa  seyn,  .de  bei  gewissen  Lagen  das 
«freiten  KryatsUs  dar  Strahl  0  nur  einen  gewähnlichen  Strahl  O  o, 
dar  Strahl  fi  aber  einen  at&ergewOhaJichea  Ea  erzeugt,  «ad 
wagekebrt.  Diese  Strahle»  aeheiaen  a(ge  unter  sieh  gaas  ▼er* 
tthiedene  Eigeasahaflen_  an  Jiabea,  die  bei  dar  Aenderong  das 
Inge  des  nianhendon  KrystaUs  wechselsweise  hei  vortreten*  In* 
osfc  lt&t  snoh  doch  azeiachen  den  Eigenschaften  des  beiden 
Strahlen  auch  eine  nrerkeriirdige  Relation  angeben«  Wann 
nünOkb  a>  beiden  HrysteBe'in  sbnttchea  Le*en  sind,  so 
bringt  das  Strahl.  O  nur  einen  geflvSeniichera  Stvahl  hervor; 
warf  a»tr  der  erste  Kryssali  qb  90°  gedreht,  so  bringt  des 
Sfrshl  E  diesen  gewöhnlichen  Strahl  hervor,  d.  h.  wird  de* 
Kryitsll  ua>  90°  gsdssht,  sa  erhält  der  SrraH  E  dieselbe  Ei- 
genschaft, welche  dteruStrahl  O  vec  der  Eichung  bette. .  Böen* 
so  bringt  $  wen*  die '  beiden  Krystafle  in  ähnlichen  Legeit 
*tehn9  dar  Strahl  E  nnr  den.  anfiergewtfhnrishen  Strahl  ß 
hervor  5  dreht  ann  aber  den  ersten  um  900,  ao  bringt  dann 
der  Strahl  O  diesen  enfserg*  wohnlich  an  Stiehl  hervor,  d.  h, 
Ao,  durch  die  Dtehnng  das  Krystalls  'um  90°  srhäk  dar 
8*ahl  O  dieselbe»  Eigenschaften ,  dieE  vor  derDrahang  hatte. 
Das  Vorhergehende  neigt  deutlich,  dab  die  zwei  Strah- 
len Eigenschaften  cUrstlbcn  An  haben  in  Bezieh  eng  auf  zwei 
Ebenen  v  die  durah  die*  Richtung,  dieser  Strahlen  gähn  und  sich 
engswxfotnit  dem  Krystalle  bewegen,  und  defs  uberdiefs  diese 
awei  Ebenen  auf  einander  senkrecht  stehn.  Wir  wollen ,  um 
eHe  Aasdriieke  abzukarzea,  die  Ebene,  welche  durch  den  Strahl 


1476  Undulalion. 

und  durch  die  kirrere  Diagonale  der  rhombofcfiscben  FUULt 
geht,  die  Hauptebene  de»  Krystalls  nennen,  (eine  Benenoaag, 
der  wir  weiter  unten  »och  eine  allgemeinere  Bedeutung  wer- 
den geben  kttnnen)«  Demnach  werden  wir  den  voriges  Sets 
auf  folgende  Art  ausdrücken:  die  Eigenschaften  dm  ge» 
wohnlichen  Strahle  O  haben  dieselbe  Relation  zu  der  Haupt- 
ebene,  welche  die  Eigenschaften  dee  aujsergewöhnlichm 
Strahle  E  zu  einer  auf  dieser  Hauptebene  senkrecht  stehet* 
den  Ebene  haben*  Derselbe  Satz  wird  nun  gewöhnlich  w 
dargestellt :  der  gewöhnliche  Strahl  wird  in  der  Hauptsbmi 
pelarieirt  und  der  au fserge wohnliche  wird  m  der  auf  dir 
Hauptebene  eenkrechten  Ebene  polarisirt. 

IV.  Dieses  Phänomen  der  doppelten  Brechung  tede: 
nicht  blofs  in  dem  isländischen  Späth  (der  euch  Kalkspat«  efer 
Doppehpeth  genannt  wird),  sondern  in  allen  duTchsiehtigtn 
Krystalien  statt.  In  jedem  solchen  Körper  heiftt  die  geieit 
Linie,  läng»  welcher  keine  doppelte  Brechung  erfolgt,  die 
Axe  der  doppelten  Brechung,  und  die  'durch  diese  Axe  ge- 
hende oder  doch  mit  ihr  parallele,  auf  einer  Seitenfläche  im 
Krystalls  senkrecht  stehende  Ebene  wird,  wie  dort,  der  ifaaa»» 
schnitt  de»  Krystalls  genannt.  Bei  den>  ialändisohen  Späth  hl 
diese  Axe  gegen  die  Seitenflächen  de»  Krystalls  sehr  sthn\ 
geneigt,  daher  auch  der  Winkel  der  beiden  Strahlen  Oued  E 
»ehr  grofs  und  leicht  bemerkbar  ist.  Bei  endern  Krystalkfl, 
t.  B.  bei  dem  Bergkrystali*  ist  jene  Neigung  der  Axe  seht 
klein  und  daher  die  Doppelbrechung  nicht  so  auffallend«  h 
vielen  Krystallen  giebt  es  nur  eine  Axe  der  doppelten  Bre- 
chung, wie  im  isländischen  Späth,  im  Bargkrtatell  u.  s»  w. 
In  andern  Krystallen,  wie  im  Salpeter,  Arragouh,  Borax  tu  e.ns 
finden  sich  zwei  solche  Axen,  länge  welchen  keine  doppeln 
Brechung  erfolgt,  und  der  Neigungswinkel  dieser  beiden  Alf* 
"gegen  einander  ist  für  verschiedene  Temperaturen  verkadeiWt 
Wo  nur  eine  Axe  der  doppelten  Brechung  vorhanden  ist,  Mk 
sie  stets  mit  der  geometrischen  Hauptaxe  der  KrystaHgeank 
zusammen.  Es  giebt  überdiels  noch  einige  andere  Kryattlit) 
die  auch  das  Sonnenlicht  in  die  zwei  Strahlen  O  und  E  sei* 
lösen,  aber  dabei  einen  dieser  beiden  Strahlen  gänrlich  ah* 
socbiren»  Einige  Gattungen  von  Arfhat  z*  B.  oder  Tuiausis1 
platten,  die  mit  ihrer  Axe  parallel  gespalten  sind,  lassen  dt» 
gewöhnlichen  Strahl  O  frei  durch,    während  sie  den  afüta* 


Des  Lichtes.    Polarisation.  1479 

gewtihnliohett  B  ganz  unterdrücken  oder  •  unsichtbar  machen? 
AHein  dieses  geschieht  war,  wann  diese  Platten  eine  bfestimmt* 
Dicker  traben ;  sind  sie  aber  sehr  darin ,  so  siebt  man  Im- 
mer noch  'beide  Strahlen,  und  zwar  nahe  von  derselben  In- 
tensität.    \ 

V.  Die  jetzt  gewöhnliche  Art,  polarisirtes  Liebt  zu  er- 
halten,  ist  die  durch  Reflexion  des  Sonnenlichts  von  unbe- 
tegtem  Glase  (oder  einer  andern  durchsichtigen,  festen  oder 
flüssigen;  Substanz).  Die  Versuche  mit  solchen  Glasplatten 
geigten,  dafs,  wenn  die  Tangente  des  Incidenzwinkels  gleich 
dem  Refractionsindex  ist,  alles  von  dem  Glase  reflectirte  licht 
auf  dieselbe  Weise  polarisirt  ist,  wie  der  Strahl  O  durch  das 
erste  oben- erwähnte  Rhomboeder  des  isländischen  Späths  po- 
forisirt  wird,  wenn  dessen  Haoptabene  parallel  mit  der  Re- 
flexionsebene  des  Glases  steht«  Denn  wenn  dann  das  zweite 
Rhomboeder  so  gestellt  wird,  dafs  es  den  reflectirten  Strahl 
aufnimmt,  so  wird  blofs  ein  gewöhnlicher  Strahl  O  erzengt; 
wenn  aber  die  Lage  desselben  um  90  Grade  geändert  wird, 
So  sieht  man  blofs  den  aufsergewöhnlicnen  Strahl  B.  Man 
*agt  dann,  dafs  das  reflectirte  Lieht  in  der  Reflex  ionaebene 
polarUirt  ist,  und  der  Incidenzwinkel ,  welcher  zu  dieser  Er- 
scheinung gehört,  wird  der  polarisirehde  Winkel  genannt« 
Wir  werden  weiter  unten  (§.  55«  I«)  sehn,  dafs  dieser  pola- 
risirende  Winkel  to ,  unter  weichem  ein  Strahl  gegen  das  Ein- 
fallsloth  auf  den  Spiegel  fallen  mufs,  damit  der  von  diesem 
Spiegel  reflectirte  Strahl  voüetändig  polärisiri  wird,  durch 
die  Gleichung  gegeben  wird 

Tang.a>=/u, 

wo  (wie  in  §•  12.  X«)  /*  der  Refractionsindex  oder 

öin  1  * 

**  =  sIüTr 

Ist.  Für  diesen  polarishten  Winkel  ist,  wie  BriwStir  zu- 
erst gefunden  hat,  der  reflectirte  Strahl  senkrecht  auf  die 
Richtung  des  gebrochenen  (oder  durchgelassenen)  Strahls; 

Das  Vorhergehende  gilt  von  dem  reflectirten  Strahle.  Das 
durchgelassene  Licht  aber  besitzt,  wie  die  Versuche  zeigen, 
zum  Theil  die  Eigenschaften  des  aufsergewtihnlichen  Strahls 
(wenn  nämlich  die  Hauptebene  des  Krystalh  zur  Reflexions- 
ebene immer  parallel  vorausgesetzt  wird).      Denn  wird  der 


1480  Undulation. 

zweite  Rhombus  in  diese  Lage  gebracht,  so  eraangt  das  durch» 
gelassen*  Licht  zugleich  einen  gewöhnliche?  wd  eine»  anber- 
gewöhnlichen  Strahl,  nur  iit  der  e rata  viel  schwächer  an  Licht, 
ala  dar  zweite.      Dieses  wird  so  ausgedrückt:  das  durch  gelas- 
sene Licht  ist  theilweise  polarieirt  in  der  auf  die  Reflexion** 
fläche  senkrechten  Eben*.     Werden  sshr  viala  unbetagte  Glas- 
platten über  einander  getagt,  so  erscheint  das  refleotirte  lieht 
Vtfllig  in   der    Reflexionsebene  polarieirt  and  das  dorchgebs* 
eene  Licht  ist  ebanfalia  völlig,  polariairt  in   der   *m  dar  Re* 
flexionsfläahe  senkrechten  Ebene»    Läfst  man  also  einen  Licht« 
strahl  z.  B.   aus  Luft  auf  Glas  unter  dem  Winkel  von  54° 
35'  g*g*&   das  Einisllsloth   anffailen   nnd   betrachtet  nun  dtn 
reflectirten  Antherl  durch  den.  isländischen  Krystell ,    so  sieht 
man    blofs   den  Strahl  O,    wenn   der  Winkel  N   des  Haupt« 
schnitts  mit  der  Reflexionsebene  gleich  0°  oder  180°  ist,  oai 
blofs  den  Strahl  E,  wenn  Ns  90"  oder  270°  ist,  Für  jeden  in- 
dem Werth  dieses  Winkels  sieht  man  beide  Strahlen  O  and  E, 
die  aber  nur  dann  gleiche   Intensität  haben,    wenn  N=5  45° 
oder  39   59    7  «el  45°  ist«      Betrachtet  man  aber  den  tiatex 
denselben  Winkel  von  54°  35'  durah  dickes  GW  geleitet«, 
also  gebrochenen  Antheil  do^  auffallenden  Lichtstrahls,  so  sieht 
man  umgekehrt  blofs  den  Strahl  O,  wenn  Na»  Q0»  oder  270*, 
und  blofs  den  Strahl  E,  wenn  N=0°  oder  180°  ist*  Auch  kaso 
man  das  schon   in    einem  Doppelspath  in   zwei  Strahlen  ge- 
theilte  Licht  auf  eine  Glasplatte  unter   dam  Wiakal  von  M° 
35'  feilen  lassen«       Alan  wird  dann  sehn,  deüs  der  gewöhnli- 
che Strahl  O  vollständig  reflectirt  wird  für  Na=s0°  oder  ISO0»  asi 
vollständig  durchgelassen   (oder  absorbirt,     wenn  nämlich  das 
Glas  geschwärst  ist)  für  N  =  90°  oder  270°.  Der  au fserge wohnli- 
che  Strahl   E  aber   wird  umgekehrt  vollständig   durcbgelasses 
(oder  absorbirt)  für  N=0°  oder  180°,  nnd  vollständig  reflectirt  für 
N=  90°  oder  270°.    Für  jeden  andern  Werth  von  N  erfolgt  eiaf 
theilweise  Reflexion  und    eine   theilweise  TraasoMsaioD  (odtf 
Absorption)  der  Strahlen,      Läfst  man  den  von  einer  Glastafel 
unter  dem  Winkel  von  54°  35'  reflectirten,  polarisirten  Strahl 
unter  demselben  Winkel  auf    eine  zweite  Glastafel  fallen,  *> 
wird   er   vollständig   reflectirt,    wenn   der  Winkel   der  beides 
Einfallsebenen  gleich  0°  oder  180°  ist9  und  vollständig  durah-  j 
gelassen  (oder  ebsorbirt),  wann  jener  Winkel  gleich  90*  oeet 
270°  ist.    In  allen  andern  Lagen  wird  er  »am  Theil  gebrochen 


i 


J>ea  Lichte«.    Polarisation.  1481 

zum  Theil  reflectirt.      Das  Gegenthtil  aber  findet   bei   einem 
durch  Brechung  polarisirten  Strahle  statt. 

Um  diese  Phänomepe  der  Polarisation  bequem  und  genau 
vorzustellen,  hat  man  mehrere  Instrumente ,  von  welchen  wir 
hier  nur  zwei  näher  angeben  wollen«  Das  erste,  von  Baum- 
gartvsh,  ist  auf  folgende  Weise  construirt.  Auf  einer  hori- 
zontalen Tafel  AB  steht  ein  ebener  Glasspiegel  C  zwischen  F,*K« 
zwei  Wänden  mo,  der  an  der  Hinterfläche  geschwärzt  und  ge- 
gen den  Horizont  unter  dem  Winkel  von  35°  25',  also  ge- 
gen das  Zenith  unter  dem  Winkel  von  54°  35',  geneigt  ist. 
Dieser  Spiegel  (eigentlich  eine  polirte  .Glasplatte)  dient  zur 
Polarisation  des  Lichts,  das  von  einem  gewöhnlichen  Plan- 
spiegel D  in  horizontaler  Richtung  gegen  G  reflectirt  wird. 
Ueber  C  befindet  sich  an  einem  verticalen  Träger  E  eine  Röhre 
F,  die  zur  Aufnahme  solcher  Apparate  bestimmt  ist,  die  zu 
den  Versuchen  dienen.  Ein  Rahmen  G  trägt  einen  geschwärz- 
ten Planspiegel  und  ist  zwischen  zwei  metallenen  Armen  so 
angebracht,  dafs  er  um  eine  horizontale  Axe  beweglich  ist; 
die  Arme  selbst  sind  an  einen  metallenen  Ring  befestigt,  der 
sich  in  die  Röhre  F  einschieben  und  um  eine  verticale  Axe 
drehn  läfst.  Zwischen  der  Röhre  und  dem  Spiegel  G  ist  ein 
horizontales  durchbrochenes  Tischchen  H  angebracht;  das  zur 
Drehung  um  eine  verticale  Axe  eingerichtet  ist.  Man  stelle 
den  schwarzen  Spiegel  G  in  eine  zu  dem  untern  Spiegel  C 
parallele  Lage  uod  leite  z.  B.  das  Licht  weifser  Wolken  von 
D  auf  C.  Hier  wird  das  Licht  polarisirt  und  gegen  G  re- 
flectirt. Im  Planspiegel  G  erblickt  man  dann  die  weifsen 
Wolken,  zum  Beweise,  dafs  bei  dieser  Stellung  der  beiden 
ßpiegel,  wo  die  Einfallsebenen  zu  einander  parallel  sind,  in 
der  That  eine  Reflexion  der  polarisirten  Strahlen  am  oberen 
Spiegel  G  statt  findet.  Dreht  man  dann  den  Spiegel  G  in  ei* 
ner  horizontalen  Richtung ,  ohne  seine  Neigung  gegen  den  ein- 
fallenden Strahl  zu  ändern,  so  erscheint  das  Bild  der  Wolken 
immer  dunkler  und  verschwindet  endlich  ganz,  wenn  man  um 
volle  90°  gedreht  und  sonach  die  obere  Einfallsebene  senk- 
recht zur  unteren  gestellt  hat,  zum  Beweise,  dafs  das  polati- 
sirte  Licht,  bei  senkrechter  Lage  der  Einfalls-  oder  Reflexions- 
ebenen, nicht  reflectirt  wird.  Setzt  man  die  Drehung  des 
oberen  Spiegels  in  derselben  Richtung  fort,  so  tritt  auch  das 
Wolkenbild  wieder  hervor,  anfangs  schwach,  aber  später  immer 
IX.  Bd.  Bbbbb 


1482  UnduUtion. 

lebhafter*  bis  es,  nach  einer  abermaligen  Drehung  von  90°, 
die  erste  gröfste  Intensität  wieder  erhält,  indem  hier  die  Ein- 
fallsebenen  wieder  zu  einander  parallel  stehn#  Bei  fortgesetz- 
ter Drehung  wird  das  Bild  wieder  schwächer  und  verschwin- 
det  ganz  am  Ende  der  Drehung  von  90°»  wo  sich  das  pola- 
risirte  Licht  neuerdings  der  Reflexion  entzieht,  wenn  die  Re- 
flexionsebenen, wie  bei  der  zweiten  Position,  auf  einander 
senkrecht  stehn«  Bringt  man  an  dem  untern  Ende  der  Röhre 
einen  Deckel  an,  der  mit  einer  kleinen,  runden  OeSnung  cur 
Durchlassung  des  polarisirten  Lichts  versehn  ist,  so  werden 
während  der  Drehung  des  obern  Spiegels  an  dem  daselbst 
gesehenen  Bilde  der  Deckelöffnung  dieselben  Veränderungem 
wahrgenommen,  wie  vorhin  an  dem  Bilde  der  Wolken* 

Man  sieht  daraus ,  dafs  die  Intensität  des  reflectjrten  po- 
larisirten Lichts  während  einer  vollen  Umdrehung  des  Spie- 
gels G  zweimal  ihr  Maximum  erreicht  und  zweimal  gleich 
Null  wird.  Stellt  man  aber  in  den  Rahmen  G  (statt  des  obern 
Spiegels)  mehrere  über  einander  gelegte  Glasplatten,  so  ist 
wohl  der  Erfolg  derselbe,  nur  mit  dem  Unterschiede,  dafs 
das  Licht  in  denjenigen  Fällen,  wo  es  sich  vorhin  der  Re- 
flexion  entzog,  nun  ganz  durchgelassen  wird,  so  dafs  also  der 
Gegenstand,  von  welchem  die  Strahlen  auf  den  Spiegel  C 
kommen,  im  durchgelassenen  (gebrochenen)  Liebte  dann  am 
lebhaftesten  erscheint,  wenn  er  im  reflectirtsn  Lichte  gar  nicht 
gesehn  wird,  d.  i.  wenn  die  beiden  Einfallsebenen  in  C  und 
G  einen  rechten  Winkel  bilden.  Uebrigens  erlangt  auch  hier 
das  durchgelassene  Licht  während  einer  ganzen  Umdrehung 
der  Glasplatten  •  um  den  einfallenden  Strahl  zweimal  du 
Maximum  und  zweimal  das  Minimum  seiner  Intensität«  Bringt 
man  G  in  die  Position,  wo  das  polarisirte  Licht  nicht  re- 
flectirt,  oder  in  die,  wo  es  nicht  durchgelassen  wird,  und  än- 
dert hierauf  die  Neigung  von  G  gegen  die  einfallenden  Strah- 
len, so  nimmt  sogleich  im. ersten  Falle  die  Menge  des  re- 
fleötirten ,  im  zweiten  Falle  die  Menge  des  durchgelasse- 
nen Lichtes  zu  und  erreicht  wieder  ein  Maximum,  wenn  die 
Gläser  G  gegen  die  Strahlen  senkrecht  stehn«  Man  nehme 
den  Rahmen  G  weg  und  befestige  ein  dreiseitiges  Prisma  von 
isländischem  Späth,  das  durch  ein  Glasprisma  achromatisirt 
ist,  in  einen  durchlöcherten  Deckel,  der  sich  in  die  obere 
Oeffnung  der  Röhre  F  einschieben  laut ,  während  man  an  das 


Des  Lichte«.    Polarisation.  1483 

untere  Ende  dieser  Röhre  einen  zweiten,  mit  einer  kleine* 
Oeffnung  versehenen  Deckel  anbringt«  Wenn  man  dann  durch 
den  Späth  durchsieht,  so  wird  man  die  Oeffnung  des  unteren 
Deckels  nur  einfach  erblicken,  sobald  der  Hauptschnitt  des 
Krystalls  zu  der  Reflexionsebene  in'  C  parallel  steht«  Man 
wird  aber  auch  sogleich  das  zweite  Bild  dieser  Deckelöffnung 
sehn,  wenn  man  den  Späth  dreht  und  dadurch  den  Parallelis- 
mus der  Ebene  aufhebt«  Das  neue  Bild  ist  anfangs  schwach, 
nimmt  aber  bei  fortgesetzter  Drehung  an  Intensität  immer  zu, 
wahrend  das  andere  immer  schwächer  wird,  bis  der  Winkel, 
den  die  genannten  Ebenen  bilden,  den  WeftH  von  45°  er- 
reicht, wo  eine  Gleichheit  der  Intensität  beider  Bilder  ein« 
tritt.  Sowie  man  diesen  Winkel  vergröfsert,  nimmt  die  In- 
tensität des  ersten  oder  gewöhnlichen  Bildes  ab  und  die  des 
anfsergewöhnlichen  zu,  bis  jenes  ganz  verschwindet  und  die- 
ses dafür  zu  derselben  Zeit  mit  seiner  gröfsten  Lebhaftigkeit 
hervortritt;  dieses  geschieht  aber,  wenn  der  Hauptschnitt  des 
Krystalls  auf  der  Reflexionsebene  senkrecht  steht.  Dieselbe 
Abnahme  der  Intensität  bis  zum  völligen  Verschwinden  des 
einen  Bildes  und  dieselbe  Zunahme  der  Intensität  des  andern 
Öildes  bis  zu  dem  Maximum  derselben  beobachtet  man ,  wenn 
bei  fortgesetzter  Drehung  des  Späths1  der  Hauptschnitt  des- 
selben die  andern  drei  Quadrate  durchläuft. 

Eine  sehr  merkwürdige  Einwirkung  auf  das  ^olarisirte 
Licht  beobachtet  man  am  Turmalin.  Spaltet  man  diesen  Kry- 
stall  in  Platten  von  etwa  einer  halben  Linie  Dicke,  so  defs 
die  Ebene  dieser  Platte  mit  der  Axe  der  prismatischen  Ge- 
stalt dieses  Krystalls  parallel  liegt,  so  kann  man  durch  diese 
Platten ,  wenn  sie  polirt  sind ,  leuchtende  Gegenstände  wie 
durch  gefärbte  Gläser  sehn.  Obschon  der  Turmalin  ein  dop- 
pelt brechender  Kry stall  ist,  so  wird  doch,  bei  der  angege- 
benen Dicke  des  Plättchens,  der  gewöhnliche  Lichtstrahl  bei- 
nahe ganz  absorbirt,  und  man  sieht  den  leuchtenden  Gegen- 
stand durch  das  Plättchen  nur  einfach ;  auch  bemerkt  man, 
während  der  Turmalin  in  seiner  eigenen  Ebene  herumgedreht 
wird,  keine  Aenderung  in  der  Lebhaftigkeit  des  Bildes,  wenn 
anders  das  senkrecht  Suffallende  Licht  kein  polarisirtes  Licht 
ist«  Bringt  man  aber  statt  des  isländischen  Späths  ein  sol- 
ches Turmalinplättchen  in  die  Oeffnung  des  obern  Deckels  bei 
dem  Polarisationsapparate  und   befestigt  man   es   daselbst  der- 

Bbbbb2 


1484  Undulation. 

gesteh  |  dals  die  von  dem  Spiegel  C  kommenden  pcftarinrttn 
Strahlen  in  senkrechter  Richtung  darauf  fallen  ,  und  stellt  es 
durch  Drehung  *oy  dafs  das  Bild  der  unteren  Deckelöffnoog 
im  lebhaftesten  erscheint,  so  bemerkt  man,  dafs  das  BiU 
während  einer  Umdrehung  von  90°  alle  Grade  der  abnehmen- 
den Helligkeit  bis  zum  beinahe  vollständigen  Verschwinden 
durchläuft  und  dabei  während  der  Drehung  im  folgenden 
Quadrate  stufenweise  bis  cum  Maximum  der  Helligkeit  zu- 
nimmt« Bei  der  Drehung  in  den  folgenden  srwei  Quadrates 
wird  dieselbe  allmälige,  bis  zum  Versehwinden  statt  findende 
Abnahme  und  hierauf  wieder  die  bis  zu  ihrem  Maximum  stei- 
gend« Zunahme  der  Lichtstärke  bemerkt«  Eine  genauere  An- 
sicht dieser  periodischen  Abwechselungen  der  Intensität  des 
Lichtes  belehrt  uns,  dafs  das  Maximum  der  Intensität  sieh 
jedesmal  dann  einstellt,  wenn  die  Axe  des  Turmaline  auf  der 
Reflexionsebene  des  Strahls  (d.  h.  auf  der  Polarisationseben«) 
senkrecht  steht,  hingegen  das  Minimum  (das  Verschwind« 
des  Bildes) ,  wenn  dies«  Axe  mit  der  Reflexionsebene  paral- 
lel ist. 

Dieselbe  Eigenschaft ,  das  polarisirte  Licht  bei  gewisses 
Stellungen  nicht  durchzulassen,  besitzt  auch' eine  Achatplatte, 
die  senkrecht  auf  die  natürlichen  Schichten  dieses  Steins  ge- 
schnitten ist«  Auch  an  einigen  Sapphiren  wurde  wenigstens 
ein  theilweises  Zurückhalten  des  polarisirten  Lichtes  beobach- 
tet« Die  blauen  und  grünen  Turmaline  besitzen  die  ange- 
führte Eigenschaft  nur  unvollkommen ,  am  besten  eignen  sich 
su  diesen  Polarisations versuchen  die  rothbraunen  Turmaline1. 

Bemerken  wir  noch  zu  dem  Vorhergehenden,  dafs  den 
Erfahrungen  gemäCs  durch  die  Reflexion  das  Licht  im  streng* 
sten  Sinne  nie  ganz  vollkommen  pojarisirt  wird,  auch  nicht, 
wenn  es  unter  dem  oben  erwähnten  Polarisationswinkel  ein- 
fallt Besonders  .gilt  dieses  von  metallenen  Oberflächen,  <üt 
das  Licht  unter  keinem  Winkel  vollständig  polarisiren.  Denn 
ein  von  dünnen  Metallplatten  reflectirter  oder  durchgelassenir 
Strahl  giebt  mittelst  des  isländischen  Späths  (bei  jeder  Lage 
des  Hauptschnitts  gegen  die  Reflexions-  oder  Brechungsebene) 


1    Vergl.   BaumgasthisU  Naturlehre,  Wien  1882.  I.  SIL   Kus- 
tea's  Lehre  von  dem  Lichte.    Leaberf  1896.  8.  572. 


Dos  Lichtes.    Polarisation       .     1485 


.\ 


immer  %wi  Bilder,  und  nur  aus  ihrer  ungleichen  Intensität 
erkennt  man,  dafs  das  Licht  doch  nicht  völlig  unpolarisirt 
seyn  kann.  Doch  haben  auch  diese  Körper  bestimmte  Winkel, 
för  welche  das  Licht  am  stärksten,  und  andere ,  für  die  es  am 
schwächsten  polarisirt  ist.  Da  überhaupt  alle  durchsichtige  * 
und  sehr  viele'  undurchsichtige  Körper  das  Licht,  wenigstens 
cum  Theil,  polarisiren,  so  kommt  auch  das  meiste  uns  arage- 
bende  Licht  schön  polarisirt  zu  uns.  Das  uns  von  dem  hei- 
teren Himmel  oder  von  Wolken  zugesendete,  das  schief  auf 
unsere  Fensterglaser  einfallende,  das  von  Mauern,  Möbeln 
a.  <s.  w.  reflectirte  Licht  trägt  schon  deutliche  Spuren  der  Po- 
larisation. 

*  *  f 

VI.  Aus  dem  Vorhergehenden  folgt  zugleich,  ein  leichtes  • 
Mittel,  zu  erkennen,  ob  ein.  Licht  polarisirt  ist  oder  nicht« 
Wenn  das  unter  dem  polarisirenden  Winkel  auf  unbelegtes 
Glas  einfallende  Licht  nicht  reflectirt  wird,  so  ist  es  in  der 
zu  der  Reflexionsebene  -  senkrechten  ,  Ebene  polarisirt.  .  Dreht 
man  dann  die  Glasplatte  rund  um  den  einfallenden  Strahl,  ohne  * 
dabei  die  Neigung  der  Platte  gegen  den  Strahl  zu  verändern, 
und  verschwindet  das  reflectirte  Licht  für  irgend  eine  Lage 
der  Platte  nicht,  so  ist  das  Licht  nicht  polarisirt.  Ebenso 
kann  man  die  Polarisation  eines  Lichtstrahls  erkennen,  wenn 
man  sieht,  dafs,  nachdem  er  auf  eine  Turmalinplatte  gefallen 
ist,  der  austretende  Strahl  verschwindet,  wo  dann  die  Polari- 
sationsebene senkrecht  auf  derjenigen  Ebene  steht,  die  durch 
den  Lichtstrahl  und  durch  die  Axe  des  Turmalins  geht. 

VII.  Daraus  folgt  ferner,  wenn  zwei  Turmali nplatten  so 
gestellt  werden,  dafs  ihre  Axen  senkrecht  zu  einander  stehp, 
dafs  dann  kein  Licht  durch  diese  Platten  geh«  kann;  denn 
das  von  der  ersten  Platte  durch  gelassene  Licht  wird  in  der 
Ebene  ihrer  Axe  polarisirt,  d.  h.  in  der  zu  der  Axe  der  zwei- 
ten senkrechten  Ebene,  also  kann  es  auch  nicht  durch  die 
zweite  Platte  gehn.  Sowie  man  aber  eine  dieser  zwei  Plat- 
ten dreht ,,  sieht  man  such  sofort  das  Licht  wieder  .erscheinen 
und  auch  so  lange  an  Intensität  zanehmen,  bis  die  Axen  der 
beiden  Turmalinplatte»  zu  einander  parallel  stehn.  Auf- glei- 
che Weise,  wenn  in  dem  zweiten  der  oben  erwähnten  Pola- 
risationsinstrumente L  eine  ooV  auch  mehrere  parallele  Platten  jpJg 
nahelegten  Glases,  ondK  eine  andere  solche  GJaspUtte  vorsteVf, ;S25. 


1486  .     Undulation. 

die  aber  an  ihrer  Rückseite  geschwärzt  ist,   um  der  Reflexion 
zuvorzukommen,  und  wenn  die  Platte  K   an  eine  Ebene  be- 
festigt ist,    die  sich  um  eine  Spindel  O  in  der  Richtung  CK 
drehn  läfst,    and   wenn    endlich   jede  der   beiden  Glasflächen 
mit  CK   einen  Winkel  von   35°  25'  bildet,    so  bemerkt  maa 
mit  dem  Vorhergehenden  ganz  analoge  Erscheinungen.    Fäogt 
man  nämlich  das  Licht  der  Wolken  oder  des  freien    Himmeb 
mit  der  Platte  C  in  einer  solchen  Richtung  auf,    dafs  das  re- 
flectirte  Licht  auf  K  zurückfallt,  und  stellt  man  das  Auge  so, 
dafs  es  das  von  K  reflectirte  Licht  erhält,     so  sieht  man  eins 
beträchtliche  Quantität  des  von  K  reflectirten  Lichts,    so  oft 
die  beiden  Reflexionsebenen  coincidiren  oder  doch  nahe  coin- 
cidiren ;    wie  aber  die  Neigung  der  Reflexionsebene  zunimmt, 
wird  weniger  Licht  von  K  reflectirt,    und  wenn,    wie  in  der 
Zeichnung,  die* Reflexionsebenen  auf  einander  senkrecht  steho, 
so  wird  gar  kein  Licrit  mehr  reflectirt«      Dieses  ist  aber  nur 
-   streng  richtig  für  dasjenige  Licht,    welches  von  C  auf  K  in 
der  Richtung,  die  ihre  Mittelpuncte  vereinigt,  einfallt,  aber  es 
gilt  auch  noch  sehr   nahe  für   solches  Licht,    welches  eines 
kleinen  Winkel  mit  jener   macht«      Aueh  gilt  das  Gesagte  nur 
streng  für  ein  bestimmtes  farbiges  Licht,    da  der  polarisirende 
Winkel,  der  von  dem  Reflexionsindex  abhängt,    sich  mit  den 
verschiedenen  Farben  ändert»     aber  es   gilt  doch  immer  noch 
sehr  nahe,   wenn  nur  der  Refractionswinkel  für  die  mittleren 
Strahlen   des  Spectrums  gewählt   wird»       Wir  werden  in  det 
Folge  öfter  auf  diesen    mit   dem   vorhergehenden    im  Grande 
identischen    Apparat  zurückkommen   und    der  Kürze  wegen  C 
die  polarisirende ,  so  wie  K.  die  analysirende  Platte' nennen. 
VilL     Wenn  man  nun  in  dem  oben  (§•  22.)  behandelten 
pjÄ, Problem  durch  den  Weg  jeder  der  beiden  von  G  undH.ko»- 
19£*menden  Strahlen   eine  Turmalinplatte  von   durchaus   gleicher 
Dicke  legt,  so  bemerkt  man  sogleich,  dafs  die  Gröfse  und  Ge- 
stalt, ja  selbst  die  Existenz   der   dort   erwähnten  Fransen  der 
Interferenz  ganz    und   gar   von    der   relativen   Stellung  dieser 
Turmalinplatten  abhängig  sind.     Sind  ihre  Axen  parallel  (wel- 
ches auch  sonst  ihre  Lage  seyn  mag),    so  sind  diese  Fransen 
sehr  gut  sichtbar  und  die  finstern  Strafsen  zwischen  den  hel- 
len erscheinen  völlig  schwarz.     Sind  sie  aber  nicht  parallel,  so 
erscheinen  diese  finstern  Streifen  nur  dunkelgrau,  und  sie  hel- 
len sich  endlich  ganz  auf,  wenn  die  Axen  der  Platten  gegen  ein- 


De«  Lichtes»     Polarisation.  1487. 

m 

ander  senkrecht  stehn.  bereu* ' folgt  also,  deb  solche  Licht« 
strahlen,  die  unter  rechtwinkligen  Ebenen  zu  einander  pola- 
risirt sind ,  nicht  interferiren ,  d.  h,  sich  nicht  gegenseitig  auf- 
heben oder  zerstören  können,  und  zwar  können  sie  dieses 
nicht  in  allen  den  Fällen,  in  welchen  sich  die  Strahlen  des 
gemeinen,  nicht  polarisirten  Sonnenlichts,  oder  auch,  in  wel- 
chen sich  die  in  derselben  Ebene  polarisirten  Lichtstrahlen  al- 
lerdings aufheben« 

IX»  Nach  allem  bisher  Gesagten  ist  klar ,  dafs  man  ei- 
gentlich zwei  verschiedene,  einander  entgegengesetzte  Polari- 
sationszustände  annehmen  müsse.  Unter  den  Umständen ,  .  in 
welchen  der  Strahl  O  in  O  o  übergeht  oder  von  einem  Spiegel 
reflectirt  wird ,  geht  der  Strahl  E  in  E  e  über  oder  wird  von 
einem  Spiegel  durchgelassen  und  umgekehrt.  Ebenso  stehn  sich 
ein  durch  Reflexion  und  ein  durch  Brechung  polarisirter  Strahl 
gegenüber*  Man  nennt  daher  diese  beiden  Polarisationszo- 
stände  entgegengesetzte  Polarisationen  oder  Polarisationen  unter 
einem  rechten  Winkel  und  sagt:  die  zwei  durch  doppelte 
Brechung  in  einem  Krystalle  entstandenen  Strahlen  (oder  der 
durch  Reflexion  und  der  durch  Refraction  polarisirte  Antheil 
eines  Strahls)  sind  nach  entgegengesetzten  Richtungen  oder 
sie  sind  unter  einem  rechten  Winkel  polarisirt«  In  den  ein- 
axigen  Krystallen  (IV.)  ist  der  gewöhnlich  gebrochene  Strahl 
O  in  der  Ebene  des  Hauptschnitts  und  der  anfsergewöhnliche 
Strahl  E  in  einer  darauf  senkrechten  Ebene  polarisirt. 

Aus  allem  Vorhergehenden  wird  man  nun  folgende  allge- 
meine Schlüsse  ziehn. 

A.  Wenn  man  vom  gewöhnlichen  Sonnenlicht  durch  ir- 
gend einen  Versuch  solches  Licht  erhält,  welches  in  einer 
Ebene  polarisirt  ist,  so  erhalt' man  durch  denselben  Versuch 
immer  auch  zugleich  mehr  oder  weniger  solches  Licht,  das 
in  der  auf  jener  ersten  Ebene  senkrecht  stehenden  Ebene  po- 
larisirt ist. 

B.  Das  in  einer  Ebene  polarisirte  Licht  kann  nicht  da- 
hin gebracht  werden ,  auch  ein  in  der  auf  jener  senkrecht  ste- 
henden Ebene  polarisirtes  Licht  zu  geben.  l 

C.  Das  in  einer  Ebene  polarisirte  Licht  kann  durch  ein 
in  der  auf  jener  senkrecht  stehenden  Ebene  polarisirtes  Licht 
nicht  aufgehoben  oder  zerstört  werden. 


1488  Undulation. 

Der  erste  dieser  drei  Sätze  leitet  sofort  adf  die  Voraus- 
setzung ,  dafs  die  Polarisation  des  Lichts  keineswegs  in  einer 
Modincation  oder  in  irgend  einer  inneren  Aenderung  des  ge- 
meinen Lichts,  sondern  flak  es  in  eine« Auflösung  (Trennung) 
des  gemeinen  Lichtstrahls  in  zwei  andere  besteht,  welche  zwei 
Theile  zu  zwei  unter  sich  senkrechten  Ebenen  dieselben  Ver- 
hältnisse (oder  Relationen)  haben.  Verbindet  man  diesen  Satx 
mit  den  beiden  andern  B  und  C,  so  gelangt  man  zu  dem 
folgenden  Theorem ,  das  man  als  die  eigentliche  und  vollstän- 
dige Erklärung'  alles  vorhin  Gesagten  betrachten  kann. 

Gemeines  Sonnen-  oder  Lampenlicht  besteht  aus  Wel- 
len, in  welchen  die  Vibrationen  jedes  Elements  in  Ebenem 
vor  sich  gehn,  die  auf  der  Fortschreitun gsrichiung  der  gan- 
zen Wellen  senkrecht  stehn.  Die  Polarisation  des  Licht* 
aber  besteht  in  der  Auflösung  dieser  Vibration  der  Elements 
in  zwei  andere,  deren  eine  parallel  zu  einer  gegebenen,  durch 
die  Fortschreit ungsrichtung  der  ganzen  Welle  gehenden  Ebe- 
ne liegt,  während  die  andere  Vibration  in  einer  auf -dieser 
Ebene  senkrechten  Ebene  vor  sich  geht.  Durch  diese  Auf- 
lösung können  in  besondern  Fällen  (auf  die  wir  später  ei- 
gens zurückkommen  werden)  neue  Wellen  entstehn,  dim  in 
unter  sich  verschiedenen  Eichtungen  fortschreiten*  So  oft 
wir  nun  im  Stande  sind,  die  eine  dieser  zwei  Richtungen 
von  der  andern  zu  trennen  und  besonders  zu  betrachten,  so 
sagen  wir,  dafs  das  Licht  (in  diesen  beiden  Richtungen)  />o~ 
larisirt  sejr.  Wenn  aber  die  eine  der  beiden  aufgelösttn  Vi* 
brationen  unverändert  bleibt ,  während  die  andere  auf  Jener 
senkrechte  in    einem  bestimmten  Verhältnisse   abnimmt    oder 

» 

sich  der  Verschwindung  nähert,  ohne  von  jener  getrennt  zu 
erscheinen,  so  sagen  wir,  dafs  das  Licht  nur  theilweism  po- 
laris irt  sey. 

Eine  aufmerksame  Betrachtung  dieses  Theorems  wirot  den 
innigen  Zusammenhang  aller  der  vorher  erwähnten  Erschei- 
nungen vollkommen  deutlich  machen. 

X.  In  den  meisten  der  hierher  gehörenden  Untersuchun- 
gen erscheint  es  ganz  gleichgültig,  ob  die  das  polarisirende 
Licht  bildenden  Vibrationen  mit  der  Polarisationsebene  paral- 
lel oder  auf  ihr  senkrecht  vor  sich  gehn.  Allein  später  zu  er- 
örternde und  tiefer  liegende  Gründe,   die  zieh  besonders  sm£ 


Des  Lichte«.    Polarisation.  1489 

die  Natur  und  die  Elementartrennnngen  der  kristallinischen  Kör» 
per  besieht),  bestimmen  uns,  der  «weiten  dieser  Annahmen 
den  Vorzag  zu  geben.  Wenn  wir  also  in  der  Folge  sagen 
werden,  dafs  ein  Lijlil  in  einer  bestimmten  Ebene  polaris  irt 
sey,  so  wollen  wir  damit  ausdrücken ,  dafs  die  Vibrationen 
der  Element*  dieses  Lichts  in  einer  auf  dieser  Ebene  senk- 
rechten Richtung  vor  sich  gehn*  So  ist  z.  B.  in  derjenigen 
Wellenbewegung,  die  den  gewöhnlichen  Strahl  O  im  isländi- 
schen Späth  erzeugt,  die  Vibration  jedes  Elements  senkrecht 
zu  der  Hauptebene  des  Krystalls,  und  in  dem  aufsergewöhn- 
lichen  Strahle  £  gehn  die  Vibrationen  aller  Elemente  in  einer 
zu  der  Hauptebene  parallelen  Ebene  vor  sich.  Ebenso  wird, 
jsvenn  Licht  auf  unbelegtes  Glas  unter  dem  polarisirenden 
Winkel  fällt,  die  reflectirte  Welle  brofs  durch  solche  Vibra- 
tionen gebildet,-  die  senkrecht  auf  der  Einfallsebene  stehn; 
die  durchgelassenen  Wellen  aber  enthalten  wohl  zum  Theil 
auch  solche  Vibrationen,  die  auf  der  Einfallsebene  senkrecht 
stehn,  aber  dafür  einen  viel  gröfsern  Theil  von  solchen,  de- 
ren Vibrationen  mit  der  Einfallsebene  parallel  sind* 

XI.  Aus  dieser  Annahme  folgt  zugleich,  dafs  es  bei  dem 
Lichte  keine  solche  Vibrationen  der  Elemente  einer  Welle 
giebt,  die  in  der  Richtung  des  Fortschritts  der  Welle  statt 
haben,  oder  doch,  dafs  diese,  wenn  sie  ja  existiren,  unseren 
Augen  nicht  sichtbar  sind.  Denn  wenn  dieses  nicht  wäre,  so 
müfsten  bei  dem  in  VII.  erwähnten  Versuche  Interferenzfran- 
sen sichtbar  se?n,  während  doch  keine  Spur  derselben  gefun- 
den werden,  kann« 

XU.  Da  wir  demnach  angenommen  haben,  dafs  das  Licht 
im  Allgemeinen  zwei  Gattungen  von  Vibrationen  enthält,  die 
anter  sich  nicht  interferiren  können,  so  ist  es  vor  Allem  npth- 
*rendig,  irgend  ein  dieser  Annahme  entsprechendes  Mafs  für 
die  Intensität  des  ans  jenen  beiden  Arten  zusammengesetzten 
Lichtes  aufzustellen.  Man  wird  aber  dazu  offenbar  am  zweck*- 
mäfsigsten  die  Summe  der  Intensitäten  jeder  einzelnen  dieser 
Bwei  Lichtarten  wählen.  Wenn  man  also  die  Vibration  der 
einen  Art  darstellt  durch 

aSin.(at  —  x  +  A) 
nnd  die  der  andern  Art  durch 

bSin.(at  — x  +  B), 


1490  Undulation. 

00  werden  wir  die  Intensität  des  aus  beiden  Alten  gemischten 

Lichts  durch  die  Gröfse 

\  a*  +  b* 

bezeichnen.  Diese  Gröfse  a*  +  b2  hätten  wir  demnach  auch 
in  ailen  unsern  vorhergehenden  Untersuchungen  gebrauchen 
aollen.  Da  aber  bisher  die  Grölsen  a  und  b  durchaus  als  un- 
ter sich  gleich  angenommen  werden  konnten,  so  lange  man  sich 
nur  mit  gemeinem  oder  unpolarisirtem  Lichte  beschäftigte,  so 
bleiben  die  vorhergehenden  Ausdrücke  alle  in  ihrem  Rechte, 
und  der  hier  erwähnte  Unterschied  hat  nur  auf  dasjenige  Ein- 
flufs  was  wir  in  dem  nun  Folgenden  von  dem  polarisirten 
Lichte  zu  sagen  haben, 

49)  Fundamentalgleichung  für  di  e  jenigen  Wel- 
len, deVen  Vibrationen  auf  die  Richtung  ihrer 
Fortpflanzung  schief  stehn. 

Fig.         Es   stellen    die   kleinern   Puncto  die  ursprüngliche   Lage 
^der  Elemente  eines  Mediums  vor,    die    unter  sich   regelmässig 
in  Vierecken   geordnet  seyn   mögen,    so   dafs  jede  Linie  von 
der  nächsten  um  die  Distanz  h  absteht.     Nehmen  wir  nun  an, 
dafs  alle  Elemente  in  jeder  verticalen  Linie  um  dieselbe  Gröfse 
in   verticaler  Richtung   verschoben   werden,    jedoch  so,    dab 
diese  Verschiebungen   in   den    verschiedenen  verticalen  Linien 
unter  sich  verschieden  seyn  sollen.     Sey  x  die  horizontale  Ab- 
scisse  der  zweiten  Reihe ,    x  —  h  die  der  ersten ,  x  +  h  die 
der  dritten,  und  seyen  u,  u^  und  u   die  diesen  Reihen  in  der- 
selben Ordnung  entsprechenden  Verschiebungen.     Dieses  vor* 
ausgesetzt   wird  die  Bewegung  dieser  Elemente  zuvörderst  ab- 
hängen von  der  Ausdehnung,   in  Welcher  die  Kräfte,    welche 
diese  Verschiebungen  erzeugen,  sich  wirksam  zeigen.    Nehmen 
wir  an,  dafs  blofs  die  sechs  nächsten  Elemente  B,C, D,E, F,G 
eine  noch  merkbare  Kraft  auf  das  mittlere  Element  A  ausüben 
können,    wobei  wir    die   über   und  unter  A  in   derselben  Li* 
nie  mit  A  liegenden  Elemente  weglassen,    da  ihre  Anziehun- 
gen auf  A  einander  gleich  und  entgegengesetzt  sind,  sich  also 
auch   gegenseitig    aufheben*       Nehmen   wir   endlich    noch  an, 
dafs  diese  Kräfte   anziehende  (nicht   abstofsende)  Kräfte  sind, 
die  sich  wie  verkehrt  das   Quadrat  ihrer  Entfernungen  ver- 


Des  Lichte«.    Polarisation;  1491 

halten,    nnd  dafe  m  die  Einheit  dieser  Anziehung  bezeichne. 
Dieses  vorausgesetzt  wird  die  ganze  auf  A  wirkende  Kraft  die    s 
folgende  seyn: 

m(h  +  u  —  n,)  m(n  — u,) 

[h*  +  (h+  u^u,)*]*      [  h*  +  (u  -  uj*  ]* 

m(h —  n  +  *Q  ,  m(h-f-n  — n') 

£h*+(h  —  u  +  u,)*]*       [h»+(h+u— u')2]* 

*m(n —  n  )  m(h  —  n+n') 

ry  +(u-»')*J*      [h*+(h-u  +  u')T ' 

Entwickelt  man  diese  Ausdrücke  in  ihrer  WurzelgröTse  und 
vernachlässigt  man  die  zweiten  und  höheren  Potenzen  von  den 
ungemein  kleinen  Grttfsen  u  —  u,  und  u  —  u' ,  so  erhält 
man  für  die  Kraft,  mit  welcher  die  Gröfse  u  vermindert 
wird, 

('-i)S<2-".-,>-    ' 

8etzt  man  aber  für  vtt  nnd  u'  nach  iem  Taylor'schen  Lehr- 
sätze die  Ausdrücke 

.   B        h*    3ln 
n,=u— n  ^+  j.  ^  +  .  .  ., 

,  ,   Ba.b»    d*n 


so  erhält  man 

e 


nnd  diese*  Gleichung  hat  ganz  dieselbe  Form ,  die  wir  oben 
( §.  14.  Gleich.  (B)J  für  die  Fortpflanzung  der  Schallwellen 
gefunden  haben,  so  dafs  also  auch  bei  den  oben  vorausge- 
setzten Vibrationen,  die  auf  der  Fortpflanzungsrichtung  der 
Wellen  schief  stehn,  die  bereits  früher  gefundene  Fundamen- 
talgleichung der  Wellen  dieselbe  bleibt« 

I.  Es  ist  wahrscheinlich,  dafs  wir  bei  irgend  einer  an- 
dern Anordnung  der  Puncto  unserer  Figur  und  ebenso  bei 
irgend  einem  andern.  Gesetz  für  die  hier  wirkenden  Kräfte  sn 


1492  -         Undulation. 

derselben  Form  jener  Fundamentalgleichung  gelangen  worden. 
Löst  man  aber  die  Verschiebung,  die  anf  diese  Weise  eintn 
dieser  Puncto  in  irgend  einer  Richtung  zukommt,  in  drei  an» 
dere  Richtungen  nach  den  rechtwinkligen  Coordinaten  x,  y 
und  z  auf,  so  wird  man  auch  hier  wieder,  nach  ,dem  in 
§.  13.  aufgestellten  Princip,  die  Superposition  auch  dieser 
Wellen  und  ihre  ungestörte-  Goexistenz  annehmen  und  daher 
gar^z  das  bisher  beobachtete  Verfahren  beibehalten  können. 


50)     Erklärung'  der  Trennung  des  Lichts  in  zwei 
Strahlen  durch  doppeltbrechende  Krystalle. 

Nehmen  wir  eine  der  in  §•  49*  aufgestellten  Anordnung 
ähnliche  Stellung  der  Aetherelemente  im  Innern  eines  Kry- 
stalls  an,  oder  nehmen  wir,  um  die  Sache  noch  allgemeiner 
darzustellen,  wenigstens  an,  dafs  diese  Stellung  der  Art  sey, 
dafs  es  für  jedes  Element  immer  drei  unter  sich  senkrechte 
Richtungen  'gebe,  in  welchen  die  Resultante  der  auf  die- 
ses Element  wirkenden  Krähe  es  in  derselben  geraden  Li- 
nie zu  bewegen  strebt,  in  welcher  die  Verschiebung  dieses 
Elements. statt  hat.  Diese  geraden  Linien  kann  man  als  pa- 
rallel zu  solchen  Geraden  annehmen,  die  unmittelbar  durch 
die  Form  des  Krystalls  bestimmt  werden.  Nun  wird  im  All- 
gemeinen die  Verschiebung  eines  dieser  Aetherelemente  (oder 
auch  die  einer  ganzen  Reihe  solcher  Elemente)  keine  solche 
Kraft  hervorbringen,  deren  Richtung  mit  jener  der  Verschie- 
bung selbst  coincidirt.  Denn  ist  z.  B.  X.  die  Verschieboag 
in  der  Richtung  der  x  und  T  die  in  der  Richtung  der  y,  und 
sind  die  diesen  Verschiebungen  entsprechenden  Kräfte  a*X 
und  b2Y,  so  hat  man  für  die  Tangente  des  Winkels,  deo 
die  daraus  resultirende  Kraft   mit  der  Axe  der  x  macht,  dea 

b*Y  * 

Ausdruck -j—r.      Allein  die  Tangente  des  Winkels,    den  die 

a    A. 

Richtung  der  Verschiebung  mit   der  Axe  der  x  bildet,  ist  of- 

''y 

fenbar— :.  so  dafs  also  diese  beiden  Winkel  verschieden  sind, 
X 

so  lange  a  und    b   nicht   dieselben   Wert  he   haben*      Ebenso, 

wenn  die  Verschiebung  Z  in  der  Richtung  der  s  die  Kraft 

c*  Z  erzragt ,    so   wird   man  für  die  Tangenten  der  W»K 


Des  Lichtet«     Polarisation.  1493 

welche    die  Protection    der  Resultante  in  den  Ebenen  der  x* 
und  yz  mit  der  Axe  der  z  macht,  die  Aasdrücke  heben 

a«X        ,  b*Y 
cTzUDd^Z^ 

während  die  der  Protection   der  Richtung  der  .Verschiebung 

X  Y 

durch  —  und  durch  ~  ausgedrückt  seyn  werden« 

I«  Nehmen  wir  nun  an,  dafs  die  Puncte  aFbc,%  durch 
welche  die  Gerade  MN  geht,  oder  dafs  diese  Elemente  a,  F, 
b,  c  •  •  des  in  Vibrationen  begriffenen  Aethers  alle  zu  glei- 
cher Zeit  in  derselben  Phase  (§•  1.  VIII.)  ihrer  Vibrationen 
sich  befinden«  Denkt  man  sich  dieses  durch  die  Figur  dar-' 
gestellte  Aggregat  von  Elementen  (nicht  als  eine  Flache,  son- 
dern) als  einen  körperlichen  Raum  von  drei  Dimensionen,  so 
werden  alle  diejenigen  Elemente,  die  zugleich  in  derselben 
Phase  ihrer  Vibrationen  sind,  eine  Ebene  bilden,  deren  Pro- 
tection z.  ß.  auf  die  coordinirte  Ebene  der  xy  durch  jene  Ge- 
rade MN  dargestellt  wird.  Der  Kürze  wegen  wollen  wir 
diese  Ebene,  deren  Protection  MN  ist,  die  Fronte  einer  Welle 
nennen*  De  nun  eile  Elemente,  die  sich  in  dieser  Fronte  be- 
finden, in  derselben  Phase  ihrer  Vibration  stehn,  so  haben 
sie  auch  alle  dieselbe  Geschwindigkeit  und  dieselbe  Richtung 
ihrer  Bewegung.  Aber  die  Kraft,  welche  auf  diese  Elemente 
in  Folge  ihrer  mannigfaltigen  Verschiebungen  wirkt,  wird  im 
Allgemeinen  nicht  in  der  Ebene  dieser  Fronte  liegen.  Man 
wird  daher  diese  Kraft  in  zwei  andere  zerlegen  können,  von 
welchen  die  eine  Zu  dieser  Ebene  der  Fronte  parallel  nnd  die 
andere  auf  dieser  Ebene  senkrecht  ist«  Die  letzte  wird  man 
vernachlässigen  können,  da  sie  (nach  §•  48.  X.),  wenn  sie 
auch  existirt,  dem  Auge  nicht  sichtbar  ist,  die  erste  aber,  ob- 
schon  sie  in  der  Ebene  der  Fronte  oder  doch  ihr' parallel  ist, 
wird  doch  im  Allgemeinen  nicht  in  der  Richtung  der  mitt- 
lem Verschiebung  der  Elemente  liegen.  Es  wird  also  un- 
möglich seyn,  die  aus  dieser  Verschiebung  entstehenden  Be- 
wegungen zu  bestimmen,  wenn  man  dieselbe  nicht  auch  auf- 
löst« Kann  man  sie  nur  in  zwei  solche  auflösen,'  dafs  die 
von  jeder  einzelnen  Verschiebung  erzeugte  Kraft  in  der  Rieh« 
tung  dieser  Verschiebung  liegt,  so  wird  man  auch  für  jede 
einzelne  von  ihnen  die  ihr  entsprechende .  Bewegung   bestim- 


1494  Undulation. 

r 

inen  können.  Dadurch  sind  wir  demnach  wieder  auf  den  vo- 
rigen Schlafs  zurückgeführt |  dafs  es  nämlich,  bei  dieser  Art 
Ton  Trennung  des  Lichts,  zwei  Reihen  von  Wellen  geben 
mufs,  die  mit  verschiedenen  Geschwindigkeiten  einhergehn. 

IL  Wir  haben  aber  oben  (§.  12«)  gefunden ,  dafs  die  Re- 
fraction  des  Lichts  in  einem  diaphanen  Medium  von  der  Ge- 
schwindigkeit des  Lichts  in  diesem  Medium  abhängig  ist.  Al- 
so wird  auch  die  Refraction  der  zwei  in  I.  erwähnten  Reihen 
von  Wellen  verschieden  seyn,  und  dadurch  erklärt  sich  voo 
selbst  die  Spaltung  des  Lichtstrahls  in  zwei  andere,  wenn  er 
auf  der  Oberfläche  des  Krystalls  ankommt.  Jeder  dieser  zwei 
Lichtstrahlen  besteht  aus  Vibrationen,  die  einer  bestimmten 
Linie  parallel  sind,  d.  h.  (nach  §.  48«  VIII.)  jeder  besteht  aus 
polarisirtem  Lichte,  und  überdiefs  sind,  wie  wir  auch  in  den 
nächstfolgenden  Untersuchungen  sehn  werden,  diese  Linien 
der  Vibrationen  in  beiden  Strahlen  auf  einander  senkrecht,  so 
dafs  also  auch  die  Polarisationsebenen  (die  immer  senkrecht  so 
den  Vibrationslinien  sind)  auf  einander  senkrecht  stehn. 

51)    Gesetz   der   doppelten  Brechung  bei   eineii- 
gen Krystallen« 

Unter  einaxigen  Krystallen  versteht  man  solche,  in  wel- 
chen b2=a2  ist,  während  c2  von  a2  verschieden  bleibt,  dieie 
Zeichen  a,  b,  c  in  der  Bedeutung  des  §•  50.  genommen.  Dft 
Aufsuchung  des  hier  in  Rede  stehenden  Gesetzes  reducirt  sach 
auf  die  zwei  folgenden  Aufgaben :  L  die  Bestimmung  Jer 
Richtungen  der  Verschiebungen  in  derjenigen  Wellenebeoe, 
in  welcher  der  aufgelöste  Theil  der  Kraft,  der  parallel  in  dar 
Ebene  steht,  dieselbe  Richtung  mit  der  Verschiebung  hat,  nad 
II.  in  der  Bestimmung  der  Geschwindigkeit  der.  Fortpflan- 
zung derjenigen  Wellen,  deren  Vibrationen  dieselben  Rica- 
tungen haben« 

Nun  hat  die  Kraft,  welche  eine  Verschiebung  in  einer 
der  Ebene  xy  parallelen  Richtung  hervorbringt,  dieselbe  Rich- 
tung, wie  diese  Verschiebung,  so  dafs  es  also  gleichgültig  ist» 
welche  Gerade  in  der  Ebene  der  xy  wir  für  die  Axe  der  x 
annehmen  wollen.  Nehmen  wir  also  diese  Axe  der  x  senkrecht 
auf  dem  Durchschnitt  der  Frontebene  der  Welle  mit  der  Eb*9* 


\ 


Des  Lichte«.    Polarisation»  1495 


der  xy  an«  Sey  MN  die  Projection  dieser  Fxontabene  in  der  Fig. 
Ebene  des. Papiers  (so  dafs  also  die  Frontebene  senkrecht  auf  * 
dem  Papier  stehend  gedacht  wird),  und  sey  AM  die  Axe 
der  x ,  so  wie  A  N  die  Axe  der  z ,  die  wir  zugleich  die  Axe 
des  Krystalls  nennen  wollen1.  Sey,  ferner  0  der  Winkel, 
welchen  die  Fronte  der  Welle  mit  der  coordinirten  Ebene  der 
xy  bildet.  Dieses  vorausgesetzt  folgt  schon  aus  der  Symme- 
trie der  nach  z  wirkenden  Kräfte,  dafs  eine  mit  der  Linie  MN 
parallele  Verschiebung  eine  Kraft  erzeugt,  deren  nach  der 
Ebene  MN  zerlegter  Theil  in  der  Linie  MN  liegt,  und  dafs 
eine  Verschiebung  in  der  Ebene  MN,  die  senkrecht  zur  Li- 
nie MN  ist,  ebenfalls  eine  auf  MN  senkrechte  Kraft  erzengen 
wird.  Demnach  mufsdie  Vibration  einer  auf  den  Krystall  auf- 
fallenden Welle  in  zwei  zu  denselben  parallele  Vibrationen  auf- 
gelöst werden ,  und  diese  Vibrationen  werden,  wie  in  §.  60«  L, 
zwei  Lichtstrahlen  erzeugen ,  die  sich  mit  verschiedenen  Ge- 
schwindigkeiten fortpflanzen« 

I.  Nennt  man  nun  21  die  Verschiebung  der  Elemente, 
die  in  einer  senkrechten  Richtung  zu  der  Ebene  der  Zeich*» 
nung  (d.  h.  zu  der  Ebene  des  Papiers)  vor  sich  geht,  so  ist, 
nach  dem  Vorhergehenden,  die  daraus  entstehende  Kraft  gleich 
*2.d.  Also  bewegen  sich  die  von  diesen  Vibrationen  abhän- 
gigen Wellen  mit  der  Geschwindigkeit  a,  welches  auch  die 
Lage  der  Frontebene  der  Welle  seyn  mag«  Dieses  ist  aber 
dasselbe  mit  dem  oben  (§•  12.)  für  gewöhnliche  brechende  Me- 
dien gefundenen  Gesetze.  Nennt  man  daher  (mit  Erweiterung 
des  oben  §.  48.  III*  aufgestellten  Begriffs  desselben  Wortes) 
Hauptebene  des  Krystalls  diejenige  Ebene,  welche  durch  die 
Axe  der  z  (d.  h.  durch  die  Axe  des  Krystalls  nach  der  letz- 
ten Anmerkung)  geht,  so  läfst  sich  der  vorhergehende  Satz  so 
ausdrücken  t  diejenigen  Wellen,  welche  aus  solchen  Vibra- 
tionen  bestehn,   die  senkrecht  zu  einer  Hauptebene  des  Kry- 


1  Nach  einem  beinahe  allgemeinen  Uebereinkommen  der  opti- 
schen Schriftsteller  wird  diese  Axe  der  z  als  coincidirend  mit  der 
mineralogischen  Axe  des  Krystalls  angenommen.  In  dem  isländischen 
Späth  ist  diese  Axe  die  Diagonale,  welche  die  körperlichen  Winkel 
rerbindet,  die  durch  die  drei  stampfen  Winkel  der  Seiten  dieses  Kry- 
stalls gebildet  werden,  mit  -welchen  sie  auch  gleiche  Winkel  macht; 
im  Qoarx,  im  Tormaün,  im  Beryll  u.  s.  w.  ist  diese  Axe  sogleich 
die  Axe  des  Prisma'* ,  in  welche  sich  diese  Körper  spalten. 


1496  Undulation. 

gtalls  $tehnr  werden  ganz  nach  dem  gewöhnlichen  Gesetz 
C§.  12«)  d*r  Refraction  gebrocken.  Dieses  gilt  für  die  Re- 
fraction  und  für  die  Polarisation  des  gewöhnlichen ,  Strahls, 
den  wir  oben  durch  O  bezeichnet  haben. 

II.  Nennt  man  ebenso  D  die  Verschiebung  der  Elemente, 
die  in  der  Ebene  des  Papiers  selbst  statt  hat,  so  kann  man 
diese  Gröfse  D  in  zwei  andere  auflösen,  von  welchen  die  eine, 
D  Cos.  0,  parallel  zu  x,  die  andere,  D  Sin. 0,  parallel 
zu  z  genommen  wird.  Die  aus  ihnen  resultirenden  Kräfte 
werden  daher  seyn  a  2  D  Cos.  0  parallel  mit  x  und  c2DSin.  0 
parallel  mit  z   und  die  Summe  dieser  Resultanten  wird  seyn 

D  (a2  Cos.2  0  +  c2  Sin.2  0). 

Die  Geschwindigkeit  der  Fortpflanzung  dieser  Welle,  senkrecht 
auf , ihre' eigene  Frontebene,   wird  also  auch  seyn 

y*a2Cos.20  +  c2Sin.20, 

und  da  diese  nicht  dieselbe  für  alle  Richtungen  ist,  so  'wird 
auch  die  Refraction  derjenigen  Wellen ,  die  aus  den  zu  einer 
Hauptebene  parallelen  Vibrationen  bestehn,  nicht  nach  dem 
gewöhnlichen  Gesetze  (des  §•  12.)  vor  sich  gehn. 

III.  Wenn  nun  /die  Frönt  fläche  einer  Welle,  die  von  sol- 
fehen  Vibrationen  erzeugt  wird ,  für  irgend  eine  Zeit  die  Form 

Fig.PQR  hat,  so  wird  man  die  Frontfläche  für  die  nächstfolgende 
328* Zeit  finden,  wenn  man  die  Linie  Pp  senkrecht  auf  die  Fläche 

in  P  und  proportional  der  Gröfse  J^a  *  Cos. 2  0  +  c  *  Sin.2  9 
nimmt,  wenn  man  ebenso  Qq  senkrecht  auf  dieselbe  Fläche 
PQR   für   den   Punct  Q    und   wieder   proportional    derselben 

Gröfse  ya2  Cos.  4.0  +  c2Sin.J*  0  nimmt,  und  sofort  für  alle 
übrigen  Puncte  P,  Q,  R  .  .  .  Ist  nun  die  ganze  Welle  ur- 
sprünglich durch  eine  Erschütterung  des  Aethers  in  dem  Puncte 
C  entstanden ,  so  werden  eile  diese  auf  einander  folgenden 
Frontflächen  unter  sich  eine  ähnliche  Gestalt  haben,  und  wenn 
man  von  allen  diesen  Flächen  diejenigen  Puncte  nimmt,  in  wel- 
chen die  Tangenten  derselben  parallel  sind,  d.  h.  wenn  man 
*  die  längs  dem  Radius  CQ  gelegenen  Puncte  nimmt,  so  ist  der 
senkrechte  Abstand  je  zweier  nächsten  Frontflächen  gleich 

yVCos.*0  +  c2Sin.20 
und  so  wird  denn  auch  die  Summe  aller  dieser  Abstände,  &  h. 


Des  Lichtes.    Polarisation.  ^  1497 

das  Loth  auf  die  Tangente  in  Q  proportional  styn    derselben 
Grafs« 


KaaCos.*0  +  c2Sin.*0. 

Um  also  die  Form  einer  außergewöhnlichen  Welle,  die 
aus  irgend  einem  Puncte  C  divergirend  ausgeht,  zu  finden, 
ntafs  man  die  Aufgabe  auflösen,  diejenige  Cuive  zu  fin- 
den,    für    welche    das    Loth    auf    die    Tangente    der    Gröfse 

fd?  Cos.2  0  +  c2  Sin.2  Q  proportional  ist,  wo  0  den  Winkel 
bezeichnet,  den  die  Tangente  der  Curve  mit  der'Axe  der  x 
bildet*  Es  ist  aber  bekannt  genug,  dafs  diese  Curve  eine  2?/- 
lipse  ist ,  deren  Axen  in  der  Richtung  der  z  und  x  liegen  und 
den  Gröfsen  a  und  c  proportionirt  sind.  Abo,  am  den  Weg 
des  außergewöhnlichen  Strahls  E  zu  finden,  mufs  man  an- 
pehmen  ,  dafs  diejenigen  Wellen,  die  aus  zu  der  Hauptebene 
parallelen  Vibrationen  bestehn,  von  einem  Puncte  C  in  der 
Gestalt  eines  Revolutionssphäroids  divergirend  ausgehn,"  eines - 
Revolutionssphäroids,  .  das  durch  dje,  Rotation  einer  Ellipse  ' 
um  eine  mit  der  Coordinatenaxe  der  z  parallele  Axe  entstan- 
den ist;  die  Halbaxen  dieses  Sphäroids  in  einer  zu  z  paralle- 
len, und  senkrechten  Richtung  werden  durch  die  Grirfsen  a 
und.,  o  vorgestellt«  In  allen  übrigen  Fällen  wird  man  dann  wie 
oben  für  gemeines  Sonnenlicht  verfahren,  wo  zugleich  a  den 
Halbmesser  der  Kugel  bezeichnet,  in  welchen  das  gemeine 
Sonnenlicht  von  dem  Puncte  C  divergirend  ausgeht. 

IV*  Man  sieht  übrigens  leicht,  data  die  Bewegung  eines 
x  aäftetgew6*hnlichen  Strahls  E  im  Innern1  des  Krystalls  im  All- 
gemeinen nicht  senkrecht  zn  der  Freute  der  Welle  ist. '  Denn 
ist  A  B  eine  kleine  Oeffaung,  durch  welche  ein  aufeergewöhn-  Fig. 
lieher  Strahl  geht,  und  ist  CD  eine  mit  der  Axe  des  Ery-**9' 
Stalls  parallele  Gerade,  so  kann  man  die^ Puncte  A,a,  b,  c... 
als  die  Mittelpuncte  <Von  gleichen  spharoidischen  Wellen  an- 
sehn, wo  die  Axen  der  Wellen  mit  Her  Linie  CD  parallel 
sind.  Dieses  vorausgesetzt  ist  klar,  dafs  der  Theil  zwischen  * 
&  und  F  die  einzige  SteHe-ist,  ifc  Welcher  diese' Wellen  ein- 
ander verstärken,  weil  auf  allen  -andern  Stellen  diese  Wellen 
einender  in  verschiedenen  gleichseitigen^  Phasen  folgen ,  also 
auch  sich  gegenseitig,  wenigstens  theil  weise,  zerstören,  wäh- 
rend £e  n&chsteit  Wellen  zwischen  £  und  F  sich  nahe  in 
derselben  Phase  begegnen  oder  fortbewegen.  Die  ganze  Weite 
IX.  Bd.  C  c  c  c  c 


J408  Undulatiou* 

wird  daher  von  AB  gegen  EF  fortzuschreiten  scheinen,  so 
dafs  man  also  folgende  ellgemeine  Vorschrift  aufstellen. kann : 
man  beschreib*  ein  Sphäroid,  dessen  Axe  parallel  mit  der 
Axe  des  Krystaüs  ist,  und  suche  auf  der  Oberfläche  dessel- 
ben .den  Punct,  wo  die  tangirende  Ebene  parallel  zu  der 
Frontebene  der  Welle  ist,  wo  dann  die  Bewegung  der  W reUe 
auch  parallel  zu  dem  Radius  Vectör  dieses  Punctes  seyn 
wird» 

52)    Construction   des   Wegs    der  beiden  polari- 

sirten  Strahlen. 

Ans  dem  Vorhergehenden  wird  man  nun  folgende  allge- 
meine Construction  der  beiden  polarisirten  Strahlen  O  nnd  E 
Fig.  ableiten.  Sey  die  Ebene  der  Zeichnung  zugleich  die  Ebene 
3™*  der  einfallenden  Strahlen  ,  B  A'  die  Protection  der  Oberflache 
des  Krystaüs  und  AB  die  Frontebene  einer  in  der  Richtung 
AAf  fortschreitenden  Welle»  Die  Axe  des  Krystalls  werde 
durch  CD  vorgestellt,  welche  Axe  auch  aufser  der  Ebene  der 
Zeichnung  liegen  kann.  Während  sich  ein  Theil  der  Welle 
im  freien  Räume  Ton  A  gegen  Af  bewegt,  nehmen  wir  an, 
dafs  die  gewöhnliche,  Ton  B  divergirend  ausgehende  Welle 
sich  in  der  Kugelfläche  Fo  verbreitet,  während  die  aufserge» 
wohnliche  Welle  das  Sphäroid  Fe  beschreibt,  dessen  Revolu- 
tionsaxe  gleich  dem  Durchmesser  jener  Kugel  ist. '  Man  ziehe 
durch  die  Gerade,  von  welcher  der  Punct  A'  die  Protection 
ist,  eine  die  Kugel  in»  o  berührende  Ebene,  so  ist  diese  Ebene 
die  Fronte  Atz  gewöhnlichen  Welle,  und  Be  stellt  zugleich 
die  Richtung  und  die  Geschwindigkeit  der  Bewegung  dieser 
Welle  vor.  Man  siehe  nun  auch  durch  dieselbe  Gerade 
eine  das  Sphäroid  in  e  berührende  Ebene,  so  ist  diese  Ebene 
die  Fronte  der  aufsergewöhnUehen  Welle,  nnd  Be  stellt  die 
Richtung  and  die  Geschwindigkeit  ,der  Bewegung  dieser.  Welle 
vor«  liegt  die  Axe  des  Sphtupid*  nicht  in  der  Ebene  der 
Zeichnung,  so  wird  auch  de*  Punct*»  rrjohr  in  dieser  EJbene 
liegen  und  denn  ward  also  auch  die,  Richtung,  de*  gewöhn- 
lichen Strahls  nicht  in  der  Einiallsebene  d*t  iissptunglmhem 
Strahlen  liegen« 

L    Auf  eine  gan*   ähnliche  Weise  wird  <m*a  auch  dea 
Weg  des  aufsergewöbnliehen  Strahls  nach  einer  inneren  Re- 


Des  Lichtes.    Polarisation.  1499 

flesion  daroli  Oonsttueffon  bestimmen.  Nehmen  wir  an,  dafs 
die  aufsergewo'hnliche  Welle,  deren  Fronte  A'e  ist,  sich  in  der 
Richtnag  A'G  bewege  und  dafs  diese  Weih)-  an  der  Ober« 
fluche  OH  theitaeise  oder  aoch  glnslich  reflectirt  werde. 
Wenn  der  Iheil  A'  in  6  ankörntet,  so  mag  dfer  Punct  e  anf 
seinem  Wege  nach  H  in  I  angekommen  seyn.  Wenn  nun 
der  Punct  I  den  Oft  H  erreicht,  so  wird  sich  die  Henie  in  G 
eneugt»  Welle  in  ein  SphSroid  ausgebreitet  haben  J  welches 
demjenigen  gleich  und  ähnlich  ist,  das  ads  dem  Mitfelpunete  I* 
beschrieben  wird  und  durch  den  Parier  R  geht  Sey  RH 
dieses  Sphäroid  (dessen  Axe  stets  parallel  mit  CD  ist*)  und 
sey  LM  das  ihm  gleiche  SphHroid,  dessen  Mihelpunct  in  G 
ist.  Ist  daori  LH  die  tangirende  Eben*,  die  durch  die  in  H 
sich  projioirende  Gerade  geht,  so  wird  HL  die  Fronte  der 
reflectirten  Welle  seyn-  nnd  GL  die  Richtung  dieser  reflectir- 
ten  Welle  vorstellen*  Alles  dieses  stimmt  ganz  mit  denjeni- 
gen Constructionen  überein,  die  wir  oben  (§.  12«  XL)  für  die 
Refraction  und  Reflexion  des  gemeinen  Sonnenlichtes  gegeben 
haben.  Wir  bemerken  nnr  no<Jh,  dafs  hjer  der  Reflexions- 
winkel  deni  Einfallswinkel  im  Allgemeinen  nicht  gleich  ist 
und  dafs  anch  die  lncidenz-  und  Reflexionswinkel  nicht  im- 
mer in  derselben  Ebene  liegen,  wie  dieses  bei  dem  gemeinen 
Lachte  der  Fall  ist.  .  ' 

H.  Wenn  man  'die  RefirSction  in  der  Veränderung  der 
Rlenfang  der  Wellenfrönte  bestehn  Illst  und  wenn  das  hier  in 
Rede  stehende  Sphäroid  ein  abgeplattetes  isr,  wie  bei  dem  is- 
ländischen Späth ,  dem  Beryll ,  dem  TürrnaHh  tu  s.  w. ,  so  ist 
der  edfsergewbhnfiche  Strahl  ithmsr  tfenlgeY  gebrochen,  als 
der  gewöhnliche ;  de  in  der1  letzten  Figur  die  Kugel  von  dem 
SphSroid  eingeschlossen  wird.  Ist'  aber  das  SphSroid  ein  ver- 
längertes, wie  im  Qtxtrz,  in  dem  einaftigeti  Apophylfit  u.  s.w^ 
so  ist  der  aufsergewtthnüche  Strahl  iinmeV  meht  gerochen, 
als  der  gewöhnliche.  Die  Nbrtnalr  aüfcder'  Wellenfrönte  aber 
liegt  stets  in  der  Einfallsebene. 

III.    Um  elri  'züsl^tienäesetztes*  Prisma  zu  erhalten  '  wel-  . 
ches  die  beiden  "Strahlen   unter  einem   recht  grofseq,  Winkel  . 
gegep<  einander  trennt,  kann  ma»  seeerfahren*  -fifa*  schneide  . 
ein  Prkme  Aattt  *ilaMaseaee*j  $f«h .*»*.  seiner  Knute  parallel  *>£• 
zur  Axe  und  ein   anderes    Prisma  B  von  demselben  Winkel,      * 

Ccccc  2 


1500  Uttdulation. 

aber  mit  meiner  Kants  senkrecht  zur  Axt,  und  Stelle  beide  so. 
wie  die  Figur  zeigt.  Die  mit  der  Ebene  der  Zeichnung  pa- 
rallelen Vibrationen  werden  den  gewöhnlichen  Strahl  von  A 
und  den  ap&ergtwöhnlicben  von  B  geben ,  d.  h.  dieee  Well* 
wird  am  meisten  von  A  gegen  C  nnd  am  wenigsten  fron  B  gegen 
D  gebrochen  werden  und  daher  im(  Ganzen  gegen  C  hin- 
gehn«  In  einer  ähnlichen  Weise  wird  auch  der  Strahl  f  des- 
sen Wellen  senkrecht  gegen  die  Zeichnungsebene  sind,  am 
wenigsten  von  A  gegen  C  und  am  meisten  ton  B  gegen  D 
gebrochen  werden  and  daher  im  Ganzen  gagen  D  hingeho« 
Werden  die  A>eiden  P/ismen  aus  Quarz  geformt,  so  wird  die 
Trennung  der  Strahlen  nach  den  entgegengesetzten  (von  de* 
genannten)  Richtungen  vor  sich  gehn;  aqch  wird  hier  diese 
Trennung  kleiner  seyn ,  da  das  verlängerte  Sphäroid  von  Quarz 
weniger  von;  einer  Kugel  verschieden  ist,  als  das  abgeplattete 
Sphäroid  von  isländischem  Späth« 

53)    Bestimmung  des  Gesetzes  der  doppelten  Re- 
fraction   in   zweiaxigen  Krystallen*. 

Unter  zweiaxigen  Krystallen  versteht  man  solche,  rar  welche 
die  drei  vorhergehenden  GröTsen  a*,  b2  und  c2  alle  unter  sich, 
verschieden  sind«  Vor  Allem  werden  wir  auch  hier  (wie  in 
§•  50.  I.)  für  die  Wellenfronte  zwei  Richtungen  suchen  müs- 
sen, in  Reicher  die  Verschiebung  eine,  Kraft  erzeugt«  die  in 
derselben  Richtung  liegt ,  während  man  diejenige  Kraft,  die 
auf  der  Wellen  fronte  senkrecht  steht,  aufser  Betrachtung  lädt. 
Da  wir  hier  nur  die  Kräfte  in  den  Richtungen ,  welche  diese 
Eigenschaft  besitzen»  zu  berechnen  haben »  so  wird  man  so- 
fort  die  ganze  Kraft  der  Verschiebung .  in  zwei  andere  auflö- 
sen, von  welchen  die  eine  parallel  zur  Richtung  dieser  Ver- 
schiebung und  die  andere  darauf  senkrecht  ist  (ohne  deshalb 
auch  schon  senkrecht  gegen  die  Wellenfronte  seyn  zu  müssen), 


1  Da  die  Grensen  dieses  Anftatzes  qn^njejtt  edapben,  die  Ua> 
tersuchung  der  Befraction  in  sweiaxigen  Krystallen  junitaodlich  zorzn- 
nenmen,  so  wollen  wir  ans  mit  den  Hanptzügen  derselben  begnügen 
und  die  Leser,  die  sich  welter  an  unterrichten  wünschen,  auf  die 
Mem.  de  l'Institat  ton  1824  und  mafj  die  Annale«  de  Onone  vee  108 
rerweiten. 


Des  Lichtes»    Polarisation.  1501 

und  dann  wird  man,  wie  gesagt,  die  letztere  Kraft  ganz  ver- 
taSblässigen.  Wenn  die  Richtung  der  Verschiebung  mit  den 
Coordinatenaxen  der  x,  r  und  z  die  Winkel  X,  Y  und  2 
bildet,  so  wird,  wenn  die  Verschiebung  im  Allgemeinen  D 
fieiftr,  die  gesuchte  aufgelöste  Kraft  zum  Ausdruck  haben 

D .  [a*  Cos.2  X  +  b*  Cos.2  Y  +  c*  Cos.*  Z] . , 

Wenn  Tuan  eine  Oberfläche  construirt,  in  welcher  der  zweite 
Factor  dieses  Ausdrucks  den  Radius  Vector  vorstellt,  so  sieht 
man  leicht,  dafs  dieser  Radius  Vector  das  reciproke  Qua- 
drat von  dem  Radius  Vector  eines  Ellipsoids  ist,  dessen 
Axen 

i     i      ,  l 

a*  *  ba  c* 

sind.       Wir    wollen    jene   Oberfläche    der    Kürze    wegen    äie 
elastische  Flache  nennen»       Macht  man   mit  der  Wellenfronte 
einen  Schnitt  durch  den  Mittelpunct  dieser  Oberfläche,  so  wird 
der  Radius  Vector  dieses  Schnitts  das  reciproke  Quadrat  von 
dem  Radius  Vector  in  dem  analogen  Schnitte  des  Ellipsoids, 
d.  h.    Ten   dem  Radius  Vector  einer  Ellipse   seyn.       Dieser 
Schnitt  der  elastischen  Fläche  wird  also  eine  in  Beziehung  aal 
ihren  gröfsten  und  kleinsten  Durchmesser  symmetrische  Corvo 
seyn   and   diese  Durchmesser  werden  auf   einander  senkrecht 
stehn.     Der  Radius  Vector  dieses  Schnitte  wird  für  jede  Rich- 
tung  den  in  dieser  Richtung  aufgelösten  Theil  von  der  Kraft 
verstellen ,  die  durch  die  Verschiebung  in  dieser  Richtung  ent- 
standen ist.     Der  (oben  erwähnte  andere)  vernachlässigte  Theit 
dieser  Kraft  wird  auf  dieser  Richtung  (aber  deshalb  noch  nicht 
auch  nothwendig  auf  der  Wellenfronte)  senkrecht  stehn« 

I.  Wenn  man  nun  die  Richtung  der  Verschiebung  #  in 
welcher  der  vernachlässigte  Theil  senkrecht  zur  WeHenfronre 
steht,  genauer  untersucht,  so  findet  man,  dafs  der  oben  er- 
wähnte gröfste  und  kleinste  Diameter  die  einzigen  sind,  wel- 
che dieser  Bedingung  genug  thun ,  die  Vibrationen  müssen 
also  in  zwei  aufgelöst  werden,  deren  jede  zu  einer  dieser  bei- 
den Durchmesser  parallel  ist,  und  diese  werden  die  zwei  ge- 
suchten Lichtstrahlen  hervorbringen*  Die  Geschwindigkeit  die- 
ser Lichtstrahlen  endlich  wird  durch  dfe  Quadratwurzel  dieser 
beiden  /Semidiameter  dargestellt  werden.  Nur  fär  zwei  Rich- 
tungen  der.  Wellenfronte  und  nicht  in  mehreren  gehn   diese 


1502  Undulatioiu 

Schnitte  io  Kr*L$$  über.  Welches  also  euch  die  Bichtung 
der  Vibration  in  dieser  Wellenfronte  sern  mag,*  die  Fort- 
pflanzungsgeschwindigkeit der  Welle  bleibt  dieselbe,  und  hier 
hat  keine  Trennung  in  zwei  Strahlen  mehr  statu  Bemerken 
wir  noch,  dafs  man  die  zwei,  auf  diese  Kreise  senkrechten 
Geraden  die  optischen  Axen  zu  nennen  pflegt. 

II.  Die  Differenz  zwischen  den  seciproken  Quadraten  der 
Geschwindigkeiten  dieser  zwei  Strahlen  ist  dem  Producte  der 
Sinus  von  den  zwei  Winkeln  proportionirt,  die  von  der  Wel- 
lenfronte mit  den  zwei  kreisförmigen  Schnitten  gebildet  werden, 
oder  sie  ist  dem  Producte  der  Sinus  der  zwei  Winkel  pro- 
portionirt, welche  die  Normale  der  Wellenfronte  mit  den 
zwei  optischen  Axen  bildet«  Die  Polarisationsebene  des  ei- 
nen Strahls  halbirt  den  Winkel,  der  durch  die  zwei  Ebenen 
gebildet  wird ,  die  durch  die  Normale  und  durch  die  -zwei 
optischen  Axen  gehn,  und  die  Polarisaüonsebene  des  andern 
Strahls  ist  gegen  die  vorhergehende  Ebene  senkrecht. 

III.  Die  Gestalt,  welche  die  divergirende  Welle  an- 
nimmt) wird  wie  in  §.  51*  HL  dadurch  bestimmt,  dafs  man 
die  Gestalt  (die  Gleichung)  derjenigen  Oberflächen  sucht,  in 
welchen  die  auf  die  tangirenden  Ebenen  Senkeeohten  zu  einer 
der  oben  (§•  53*  I.)  gefundenen  Geschwindigkeiten  propor- 
tional sind«  Nach  einigen  etwaa  umständlichen  algebraischen 
EntWickelungen  findet  man ,  dafs  die  Gleichung  dieser  beiden 
Oberflächen  (die  iin  Grunde  nur  eine  einzige  continuirliche 
Oberfläche  bilden)  die  folgende  ist : 

(Xa  +  ya+z*J  (a***+bay*+«a*a)  ~a*x*(b*+ c*) 

— c*z»(a»+b*)  +a*b*c*=0. 

Da  dieser  Ausdruck  sich  nicht  in  Feetoren  auflösen  läfst,  so 
kann  er  auch  auf  keine  Kugel  oder  auf  eine  andere  solche 
Fläche,  wie  die  in  §.  51«  gefundene,  bezogen  werden,  woraus 
folgt,  davCs  ksimr  3er  beiden  Strahlen  dem  Gesetze  der  ge- 
wöhnlichen Refractian  unterworfen  seyn  wird,  was  auch  schon 
daraus  folgt,  dafs  keine  von  den  beiden  in  §.  53.  I«  gefunde- 
nen Geschwindigkeiten  eonstant  ist.  Uebrigens  findet  man  die 
Richtung  u.  s,  w.  der  zwei  Strahlen  oder  die  Construction 
derselben  ganz  wie  oben  (§•  51*  IV.),  wenn  man  die  so  eben 
gefundene  Oberfläche   statt  der  dort   gebrauchten  Kugel  oder 


1 

/ 


Des  Lichte«.    Polarisation.    -         1503 

statt  des  Sphäroids  anwendet  und  die  swei  Lagen  der  tangi- 
renden  Ebenen  sticht,  welche  durch  die  Gerade  gehn,  deren 
Protection  der  Punet  A'  ist. 


54)  Bestimmung  der  Intensität  des  reflectirten 
and  des  gebrochenen  Lichts,  wenn  polarisir- 
tes  Licht  in  der  Einfallsebene  auf  eine  bre- 
chende Fläshe  fällt 

Wir  kommen  nun  zu  den  Aufgaben,  wo  es  sich  um 
die  Bestimmung  des  Zustandes  derjenigen  Aetherelemente ,  die 
unmittelbar  an  den  Grenzen  zweier  Medien  (z.  B.  Glas  und 
Luft)  liegen,  handelt  und  die  in  analytischer  Beziehung  beson- 
dern Schwierigkeiten  unterworfen  sind«  So  wenig  übrigens 
diese  Theorie  auch  noch  ausgebildet  seyn  mag,  so  ist  es  doch 
sehr  tröstlich  zu  sehn,  daCs  die  bisher  gewonnenen  Resultate 
der  Rechnung  mit  den  Beobachtungen  sehr  wohl  übereinstimmen, 
so  wie  uns  auch  dieselbe  Theorie  zu  der  Kenntnifs  von  Er- 
scheinungen geführt  hat,  die  uns  auf  dem  blöden  Wege  der 
Beobachtung  wohl  immer  verborgen  geblieben  seyn  möchten. 

Nehmen  wir  an ,  dafs  die  Aetherth eilchen ,  ohne  ihre  an- 
ziehende Kraft  zu  ändern,  im  Innern  des  Mittels  (z.  B.  des 
Glases)  mit  irgend  einer  Masse  beschwert  werden,  welche  die 
Trägheit  derselben  im  Verhältnifs  von  1  zu  12  vermehrt»  Die- 
ses vorausgesetzt  Wird  die  Gleichung  des  §•  49*  in  die  fol- 
gende übergekn  ' 

Wenn  nun  oben  (§•  49t,  wo  n  =  1  angenommen  wurde)  das 
Integral  dieser  Gleichung 

y  =  f(at-x) 

wer,  wo  f  irgend  eine  Function  bezeichnet,  so  wird  das  Inte- 
gral der  gegenwärtigen  Gleichung  seyn 

y  =  f(at-xrn), 
so    dats  demnach   die   Fortpflanzungsgeschwindigkeit    in    dem 

Verhältnifs  von  iTn  zu  1  geändert  worden  ist.     Allein  wir  ha- 
ben oben  (§.  12«)  angenommen,  dafs  die  Geschwindigkeit  des 


1504  Uadulatioft. 

Lichts  im  Glase  im  Verhältnis  von  juzal  geändert  wird,  so 
dafs  man  also  n  =  /t2  haben  wird«  Nehmen  wir  nan  ao, 
dafs  min  eine  Reihe  von  gleichen  Aethermassen  in  einer  Linie 
habe  und  dafs  dem  ersten  ein  schiefer  Stofs  ertheilt  worden  &ey9 
der  sich  auf  die  in  §.  49*  erklärte  Weise  der  zweiten  u.  s.w. 
nrittheilt.  Wenn  man  nun  in  diesem  Fortgange  bis  zur  Ober* 
fläche  des  Glases  gelangt ,  so  ranfs  man  von  dem  jetzt  dich- 
teren -Aether  solche  Volumina  nehmen ,  deren  Dimensionen,  in 
der  Richtung  des  Fortschreitens  der  Welle,  so  bestimmt  wer- 
den, dafs  ihre  Längen  der  Geschwindigkeit  des  Fortschreitens 
proportionirt  sind  und  dafs  ihre  anderen  Dimensionen  denjeni- 
gen Aethermassen  entsprechen,  welche  sie  in  Bewegung  setzen 

\ 

Piff. sollen.     Ist  also  DF=a  -,BD,   so  kann  der  in  ABDC  be- 

SS*,  t* 

findliche  Aether  als  derjenige  angesehn  werden,  der  den  As- 
ther CD  FE  in  Bewegung  setzt*  Ist  nun  wieder  I  der  Inct- 
denz-  und  R  der  Refractionswinkel,  so  hat  man  für  das  Ver- 
hält nifs  der  Längen  in  der  Richtung  des  Radios 

fizt  oder  Sin, I: Sin. R, 

während    das  Verhältnis   der   Breiten  Cos.  I:Cos.R  und  das 

der     Dichtigkeiten     i'.fi2     oder     Sin.aR  :  Sin.2  I    ist.  Die 

Combination  dieser  Gröfsen  giebt  für  das  Verhältnifs  der 
Massen 

Sin.  R .  Cos.  1 :  Sin.  I .  Cos.  R  oder  Tang.  R :  Tang.  I . 

Wenn  aber  ein  elastischer  Körper  auf  einen  andern  gleich- 
großen elastischen  Körper  stöfst,  so  verliert  er,  nach'  dem  in 
§.  27*  Gesagten ,  seine  eigene  Geschwindigkeit  gänzlich  und 
theilt  dieselbe  dem  aridem  mit.  Dieses  stimmt  überein  mit 
der  Wirkung  eines  Jeden  Aethertheilchens  auf  das  nächstfol- 
gende im  leeret*  Raum**  Aber  an  der  Grenze  des  Glases 
z.  B.  wird  sich  dieses  anders  verhalten.  Wenn  nämlich  ein 
vollkommen  elastischer  Körper  A  mit  der  Geschwindigkeit  V 
auf  einen  in  Ruhe  begriffenen  elastischen  Körper  B  stöftt,  so 
behält  nach  dem  Stofse  (nach  §«27.)  der  erste  Körper  die  Ge- 
schwindigkeit ) 

A-B    r 

während  der  Körper  B  die  Geschwindigkeit 


Des  Lichtes.    Polarisation*  1505 

-H-..V 
A  +  B 

erhält,  wo  A  und  B  die  Massen  dieser ,  Körper  bezeichnen. 
Setzt  man  daher 

A=^Sin.HXos.I  und  B=sSin.lCos.R„ 

so  findet  man  für  die  noch  übrige  Geschwindigkeit  der  Ele- 
mente des  äuX&ern  Aethers 

Sin-(R-I) 

Sin,(R  +  I)     ' 

wenn.v  die  frühere  Geschwindigkeit  des  aufsein  Aethers  be- 
seiohnet  unt^fur  die  neuerhaltene  Geschwindigkeit  des  inne- 
ren (im  GJase  enthaltenen)  Aethers 

2  Sin.  R  Cos,  I 
Sin.(R-f-I) 

gesetzt  wird.  Wenn  nun  eine  .Folge  von  vielen  Impulsen  die* 
ser  Art  statt  hat,  die  nach  einem  bestimmten  Gesetze  fortgehn, 
so  wird .  ai^ch  eine  bestimmte  Reihe  von  Wellen  erzeugt  wen- 
den und  jeder  Impuls  wird  in  den  zwei  Medien  (dem  freien 
Räume  und  dem  Glase)  Bewegungen  hervorbringen,  die  den 
zwei  letzten  Gröfsen  proportional  sind.  Wird  daher  die  ur- 
sprüngliche Vibration  vorgestellt  durch 

a.Sin.  -—  (at  — x), 

so  wird,  die  Vibration  des  äufsern  Aethers  (welcher  die  Re- 
flexion der  Strahlen  erzeugt)  durch 

Sin.(R-I)  2«  f  . 

und  die  Vibration  des  innern  Aethers  (welche  die  Refraction 
erzeugt)  durch 

2Sin.RCos.I  c.     2Ä/  \     . 

V8io.(R+l)*8m-  T  (at  -**) 

vorgestellt  werden.  Dieselben  Ausdrücke  werden  für  den  Ue- 
bergang  des  Lichts  aus  Luft  in  Glas  oder  auch  aus  Glas  in 
Luft  gelten ,  wenn  man  nur  für  jeden  Fall  den  Gröfsen  R  und 
1  ihre  entsprechenden  Werthe  giebr.^  In  allen  Fallen  werden 
dann  die  Intensitäten  der  Strahlen  durch  die  Quadrate  der 
Gröfsen 


,N 


1506  Undulation. 

Sin.(R  — I)'  2Shi.RCos.I 

a8iB.(R+l)  *#    Sin.(R+I) 

-ausgedrückt  worden« 

55)    Bestimmung   der  Intensität   des  reflectirten 
/  und  des   gebrochenen  Lioht.es,    wenn  poltri- 
sirtes  Lieht  senkrecht  gegen  die  Einfallsebene 
auf  eine  brechende  Fläche  fällt; 

In  diesem  Falle  lassen  sich  die  Schlüsse  des  §.54.  offtn- 
bar  nicht  anwenden ,  weil  die  Verschiebung  (die  in  der  Hn- 
fallsebene  vorgeht  und  senkrecht  auf  den  Weg  des  Strahls  ge- 
richtet ist)  nicht  in  derselben  Richtung  mit  je  zweien  von  den 
drei  (hier  in  Betrachtung  kommenden)   Strahlen   ist.      Dieser 
Schwierigkeit  zu  begegnen,    stellt   Frisvcl   folgende  Hypo- 
these auf.      Zuerst  setzt  er  voraus,    dafs  das  bekannte  allge- 
meine Gesetz  der  lebendigen  Kraft  auch  hier  statt  habe,  d.h. 
dafs  auch  hier  die  Summe  der   Producte   jeder  Masse  in  das 
Quadrat  ihrer  Geschwindigkeit  constant  sey.      Dann  nimmt  er 
noch  an,  dafs  die  parallel  mit  <ler  brechenden  Oberfläche  auf- 
gelösten Theile  auch  noch,    nachdem  sie  diese  Fläche  verlas- 
sen  haben,  ihre  frühere  Relation  beibehalten,     dafs  nämlich 
(übereinstimmend    mit   den    in   §.  27.    aufgestellten   Gesetzen 
des  Stofses  elastischer  Körper)  die  relativen  Bewegungen  vor 
und  nach  der  Begegnung  der  Aethertheilchen  in  ihrer  Grölst 
gleich,    in  ihren  Zeichen  aber    entgegengesetzt    seyn   sollen. 
Nimmt  man  diese  beiden,    in  der  That  sehr  wahrscheinliches 
Voraussetzungen  an ,  und  bemerkt  man  wieder,    dafs  die  Mis- 
sen der  beiden  Aethertheilchen  sich  wie 

Sin.R  Cos.  I:  Sin.  I  Cos.  R 

verhalten,  und  nennt  man  endlich  a,  b  und  c  die  Verschie- 
bungen des  einfallenden,  des  gebrochenen  und  des  reflectirten 
Strahls,  so  gelangt  man  zu  folgenden  zwei  Gleichungen : 

a*.  Sin.  R  Cos.  I = b*.  Sin.  I  Cos.  R  +  cA  Sin.  R  Cos.  I 
und 

*Cos.I  =  b  Cos.R  +  cCos.I. 

Bliminirt  man  daraus  die  Gröfte  b,  bo  erhalt  man 

c*(Sin.2R+Sin.2I)—  2acSin.2I-**(Sin.2R— Sin.2I)=ft 


Des  Lichtes*    Polarisation^  I5Q7 

was  nach  so  gesellrieben  werden  kamt 

(c— a).[c(Sinv2R+Sio.2I)+*(Siti.  2R  — Sin.2I)]™0. 

Dieser  letzten  Gleichung  geschieht  zuerst  Genüge,  wenn  man 
c  =  a  setzt.  Da  aber  daraus  folgt,  dafs  b  gleich  Nall  ist,  so 
bezieht  sich  dieser  Fall  blofs  aa£  die  totale  Reflexion ,  mit 
welcher  wir  es  aber  hier  nicht  zu  thun  haben.  Die  zweite 
noch  übrige  Auflösung  dieser  Gleichung  giebt 

a'T.ng.(R  +  I) 
and 

Co».I  /  T.ng.(R-I)\ 

Cw.äV.  Tang.(R+I)j' 

Wird  daher  *ar"  Auflösung  unseres  Problems  die  Vibration  der 
einfallenden  Welle  durch  den  Ausdruck  - 

«.Sin.  —  («t—x) 

dargestellt})  so  wird  die  der  reflectirten  Welle  seyn 

Tang.  (R— I)  in  ,  •  x 

"••Tang.(R+I)-SlDT(at"X) 

* 

und  für  die  Vibration  der  gebrochenen  Welle  wird  man 
haben 


Cos 

a 


.1  /  Tang.(R  — 1)\  Sn  ,   #  , 


Cos 

I.  Aus  dem  vorhergehenden  Ausdrucke  lassen  sich  be- 
sonders zwei  merkwürdige  specielle  Fälle  herausheben«  Der 
erste  Fall  ist  der,  wenn  man 

R+I  =  90° 
setzt.  Dann  ist  die  Vibration  der  reflectirten  Welle  gleich 
Null.  Nehmen  wir  nun  an,  dafs  solche  transversale  Vibratio- 
nen in  allen  Richtungen  anter  diesem  Winkel  auf  eine  Glas* 
ebene  fallen,  nnd  lösen  wir  dieselben  in  zwei  Arten  auf,  die 
eine  parallel  zu  der  Einfallsebene  >  die  andere  senkrecht  ge- 
gen dieselbe«  Die  erste  Art  wird,  wie  wir  so  eben  gesehn 
haben,  keinen  reflectirten  Strahl  haben,  die  zweite  aber  wird, 
(nach  §.  54.)  allerdings  einen  solchen  reflectirten  Strahl  neigen. 
Also  wird  für  diesen  ersten  besondern  Fall  das  refleetirte  Licht 


1508  Undulation. 

bloft  aus  solchen  Vibrationen  bestehn,  die  zu  der  Reflexkms- 
ebene  senkrecht  sind.  Unsere  obig«  Bedingung  R  -J-  1=  90° 
giebt  aber 

Sin.  R  =  Cos.  I  oder  —  Sin,  I  a  Cos.  I . 

das  heilst,  sie  giebt 

Tang.  I=ic 

und  dnrch  diese  Gleichung   wird  (nach  §.  48«  IV.)    der  Poh- 
risationswinkel  bestimmt.     Derjenige  Incidenzwinkel  also,  bei 
welchem,    nach   der  Theorie,   die  Vibrationen  des  reflectirten 
Strahls  alle  senkrecht  zu  der  Einfallsebene  stehn,  ist  identisch 
mit  dem  Winkel,  bei  welchem,  nach  den  Beobachtungen,  der 
reflectirte  Strahl  in    der- Einfallsebene  gänzlich  polarisirt  wird. 
Wir  haben  aber  oben  (g.  510  aQf  theoretischem  Wege  gefun- 
den r     dafs  der  Strahl  eines  einaxigen  Kry  Stalls,     der  die  ge- 
wöhnliche Refraction    erleidet  und  der  (nach    §..  48.  IM. )  in 
der  Hauptebene  polarisirt  ist,     durch  solche  Vibrationen  her- 
vorgebracht wird,  die  zur  Hauptebene  senkrecht  stehn.      Aas 
diesen  Gründen  wird  man  also,  wie  in  §.  48.  IX.,  sagen,  dab 
das  in  einer  bestimmten    Ebene  polarisirte  Licht  aus  Vibratio- 
nen besteht,  die  zu  dieser  Ebene  senkrecht  sind. 

II.  Der  zweite  hier  besonders  zu  erwähnende  Fall  tritt 
dann  ein,  wenn  die  zwei  Flächen  der  jGlas  platte  parallel  sind, 
so  dafs  I  und  R  an  del  zweiten  Fläche  identisch  wird  mit  ft 
und  I  an  der  ersten.  Ist  das  vgn  der  ersten  Fläche  reflectirte 
Licht  polarisirt  oder  ist  R  +  I  an  der  ersten  Fläche  gleich 
90°9  so  wird  auch  R  +  I  an  der  zweiten  Fläche  gleich 
90°,  und  sonach  ist-  also  das  von  der  zweiten  Fläche  im  Glase 
reflectirte  Licht  ebenfalls  polarisirt,  was  mit  den  Beobachtun- 
gen vollkommen  übereinstimmt. 

56)  Bestimmung  der  Polarisationsebene  bei  schief 

einfallendem  Lichte. 

Es  falle  ein  Licht,  das  in  einer  um  de«  Winkel  B  ge- 
gen die  Einfallsebene  geneigten  Ebene  polarisirt  ist,  auf  die 
Oberfläche  eines  brechenden  Mediums;  man  suche  die  Lage 
der  Polarisationsebene  des  reflectirten  Lichts. 

Wird  die  Vibration  eines  'Aethertheüchens  vor  dem  Ein- 
fall des  Lichts  durch 


Des  Liebte«.    Polarisation.  jjQfj 

2* 

aSin.  —  (at  —  x) 

vorgestellt,  dessen  Richtung  mit  der  Einfallsebene  den  Wo- 
bei (90° —  0)  bildet,  so  kann  man  dieselbe  in  zwei  andere 
anflOsen       ^ 

aCos.  ©.Sin.  —  (at—  x)  and  a Sin. ©.Sin.  —  (at— * x), 

▼ 
wovon  die  erste  senkrecht  und  die  zweite  parallel  zur  Ein- 
fallsebene steht.  Dieselben  beiden  Ausdrücke  werden  aoeh 
für  den  reflectlrten  Strahl  gelten/  wenn  man  in  beiden  der 
Gröfse  x  denselben  Werth  giebt  nnd  wenn  man  die  beiden 
Faetoren  fl  Cos.  0  und  a  Sin,  ©  in  dem  oben  (§•  54»  nnd  55«) 
gegebenen  Verhältnisse  ändert,  jo  dafji  man  daher  für  die  re- 
flectirten  Strahlen  haben  wird 

-      Ä  Sin.(R — I)    ...     2ir  ,  x 

Sin.  (K-f-1)  X  ' 

für  die  znr  Einfyllsebene  senkrechten  und 

c-     n   Tang.(R— I)  2n  f  #  . 

für  die  znr  Einfallsebene  parallelen  Vibrationen.  Da  beide 
immer  dasselbe  Verhältnifs  beibehalten,  welches  auch  der  Werth 
von  x  seyn  mag,  so  folgt,  dafs  die  aus  beiden  zusammen- 
gesetzte Vibration  ganz  in  yderselbeq  Ebene  und  «Jafa  daher 
das  reüectirte  Licht  polarisirt  seyn  wird.  Nennt  man  c*  den 
Winkel,  anter  welchem  die  neue  IPolarisationsebene  gegen  die 
Einfallsebene  geneigt  ist,  oder  ist  90*—  (O  der  Winkel*  unter 
welchem  die  Richtung  der  neuen  Vibration  gegen  die  Ein- 
fallsebene steht,  so  hat  man 

Pntr£l-  ,Co,l8'ifa((HI)D    ■       a  CbMR-1) 
-*8in-0-T«g.(ft+I) 

t  «  »•'■■*  " ' 

omi  «ach  ..       t  , , 

Sind  beide  (Winkel  I  ttod  R  nur 'Urin,    *o  haben  ©Und  » 

Zeichen.      Dieses  zeigt,    dafs  die  Polarisation*- 


1510  Ondulation. 

ebenen  vor  and  nach  der  Reflexion  zu  beiden  Seiten  der  Ein- 
fallsebene  geneigt  sind  (man  nimmt  nämlich  diese  Neigungen 
auf  derselben  Seite  der  Einfallsebene  an,  wen«  die  oben 
Theile  der  beiden  Ebenen  auf  derselben  Seite  der  EinfalU- 
ebene  liegen).  Ist  aber  R  4-1=90°,  das  heilst,  ist  der  Ein- 
fallswinkel gleich  dem  Polarisationswinkel ,  so  coincidirt  die 
Polarisationsebene  mit  der  Einfallsebene,  und  wenn  I  noch 
weiter  wächst,  so  erhalten  3  und  w  dieselben  Zeichen.  Auch 
diese  Resultate  der  Theorie  stimmen  vollkommen  mit  den  Ex- 
perimenten von  Arago  und  Brewstir  überein. 

57)  Intensität  des  auf  der  innern  Seite  des  Me- 
diums unter  einem  bestimmten  Winkel  ein- 
fallenden und  daselbst  reflectirten  Lichtes. 

Nehmen  wir  nun  an,  defs  das  Licht  auf  der  innern  Seite 
einer  Glasplatte  unter  einem  Winkel  auffalle,  der  gleich  oder 
grtifser  ist,  als  der  Winkel  der  totalen  Reflexion,  und  suchen 
wir  die  Intensität  des  daselbst  reflectirten  Lichtes.  Hier  wer- 
den die  in  §•  54.  und  55*  erhabenen  Ausdrücke  imaginär, 
desfcenungeachfet  feigen  aber  die  Beobachtung**  auch  hier 
»och  eine  Reflexion  des  Lichtes*  Wie  soll  man  sieh  dieses 
erklären? 

.  Nach  dem  oben  angefahrten  Princfp  der  Erhaltung  dir 
lebendigen  Kraft  sollte  *  die  Intensität  des  reflectirten  Strahlt 
gleich  seyn  jener  des  einfallenden'  Strahls,  weil  hier  kein  ge- 
brochener Strahl  einen  Theil  der  lebendigen  Kraft  gleich»« 
für  sich  verwenden  oder  aufzehren  kann.  In  der  That  wird 
auch  diese  Intensität  in  den  beiden  Ausdrücken  des  §.  54 
und  55«,  ehe  sie  die  imaginär  oder  unmögliche  Form  an- 
nimmt (d.  h.  ehe  R  es  90°  wird),  gleich  der  Einheit  Nach 
diesem  Zeitpuncte  aber  wird  der  Ausdruck  für  den  hierin 
Rede  stehenden  Factor  der  cur  Einfallsebemr  serArtchten  Vi- 
bration, wenn  man  pSin.I  für  Sin.R,  und  K—  1  •  Y  p%  Sin>*I— 1 
für  Cos.R  setzt  y  in  den  folgenden  Ausdruck  übergehn 

^SjnJCoj^^ 

aiSin.ICog.L+Sina.r1  —  t7?V§i*.H^l 
oder  aoehr  ia         '>  ■ 


De*  Liefet«««     Polarisation.  lfcil 

Gos.2?— w1  (— i).««».2y> 

wo  der  Kürte  wegen 

_        ,        TV  Sin.',  I—  1 
*"»*-    .  ,  ^1 

gesetzt  worden  ist.     Gans  ebenso  erhält  nun  für  den  Factor 
der  zur  Einfallsebene  parallelen  Vibration 

Sin. I Co«. I — f* Sro. I . T^Ut  ^8in.»7^t 
Sin.ICos.l+/iSin.I.r  — l.rVSin.aI— 1 

oder  auch 

Cos.2  9—  fc(— 1 )  Sin.  2  y, 

wenn  man  der  Kurze  wegen  annimmt 

_                 p  TV  Sin.*  I  — 1 
Tang.y=*      »^ . 

I.  Da  es  unmöglich  ist,  dafs  diese  beiden  .Aasdrucke 
ohne  Bedentang  sind,  so  kommt  es  nun  darauf  an,  zu  erfah- 
ren, 'welche  Ansicht  man  mit  ihnen  verbinden  soll.  Fäks- 
BKt  meint,  dafs,  da  die  Richtung  des  reflectirten  Strahls  und 
die  Intensität  der  Vibration  bereits  bestimmt  ist,  hier  nur  noch 
ein  einziges  Element  zur  Betrachtung  übrig  bleibt,  ntimltolL.  ctie 
Pha*&  der  Vibration«  Es  ist  allerdings  möglich,  dafs  jene 
Sonderbarkeit  der  mathematischen  Analyse  eine  solche  Aende- 
rung  der  Phase  andeutet,'  da  der  einfallende  Strahl,  obschon 
er  keine  eigentliche  Refraction  mehr  erzeugen  kann,  doch  im- 
mer noch  eine  gewisse  Ertchtttterang  in  denjenigen  Aether- 
theilehen  hervorbringen  muls,  die  an  dtfr  Außenseite  deK 
Glasplatte  liegen«  Es  scheint,  als  ob  dadurch  der  Lichtstrahl 
retardirt  werden  müfste,  obschon  in  der  That  später  zu  be- 
sprechende Phänomene  die  Annahme  einer  AoceieTatiet*  des- 
selben nothwendig  machen.  Man, wird  ajso  annehmen  kön- 
nen,  dafs  die  Gröfsen  2  t//  und  2q>  mit  dieser  Aceeleretion 
auf  irgend  eine  Weise  zusammenhängen1,  und  da  diese*  Gleisen 


1  Fbbsvel's  Schlafs  ist  folgendere  In  Terschiedenen  geometri- 
schen P&Uen  aeigt  das  Vorkommen  einer  imaginären  Gräfte1  ttne  Ver- 
änderung von  90  Graden  in  der  Legi  der  Linie  an ,  deren  Länge  mit 
der  GtöheY—l  awltlnlieirt  ist.  Es  Ist  daher  wahrscheinlich ,  dafs 
aeok  hier  die  MakJnfeation  mit  Y~^läm*&,  datar  die  PJntae  d*r 


I 


1512-  Undulaitoti. 

Winkel  sind,  aq  müssen  sie  mit  Jen  übrigen  Winkeln  jener 
zwei  Ausdrücke  in  irgend  eine  Combination  treten.  So  z.  B* 
wenn 

•  Sin.  ~  (at —  x) 

der  Ausdruck  wäre  für  die  zur  Einfallsebene  senkrechte  Vi- 
bration, unter- der  Voraussetzung,  dafs  keine  Acceleration  statt 
findet,  so  würde  der  Ausdruck  für  die  einer  solchen  Accele- 
ration unterworfene  Vibration  seyn 

•  Sin.  [~  (at—  x)  +  2y]. 

* 

IT.  Das,  was  uns  hier  obliegt,  wo  wir  es  zunächst  mit 
den  Experimenten ,~  welche  durch  die  Theorie  dargestellt  wer- 
den sollen,  zu  thün  haben,  ist  blofs  die  GroTse  2g> —  2v»  die 
wir  durch  d  bezeichnen  wollen,  insofern  sie  die  Accelera- 
tion  für  die  Vibrationen  betrifft,'  die  zur  Einfallsebene  senk- 
recht und  mit  ihr  parallel  sind.     Es  ist  aber 

* 

T«g.  (,--♦)-. j^q , 

nhoV  daraus  folgt 

T    «11.  J-Tang.^Cy-^      2/i»Sjn.«I— fl  +/**)Sin.»]+l 
*™—  i+Tan$.*(y— ^/)  (l  +  fi*)Sin.*I—  1         # 


VüpAtion  um  90  Grade .  Terlodtrt  oder  hier  eigentlich  TergroJiart 
wird»    Demnach,  wird. der  Ausdruck 

tCot.fi/;  4*^^1.810;^]. Sin.  ~  (at  —  x) 

»     .«    t  .  *  t 

ao  *u;>Yfrst#hn  sejn,  eis  wjbre  er 

CöB.t^.^iü.~  (at-lx) +Sin.2^'8fn«  ^(*t— x4-90°) 
odjar,  was  dasselbe  iat» 

Coa.z>.Sin.-y  (at— x)4.Sin.2i/;,Cot.  -£(at  —  z) 
oder  endlich 

'      $iii.r^(at-x)  +  *vl. 
■nd  «mtog  Mr  dm uubetnmbea  imgptthrim  Jkmtttmk» 


1  • 


Des  Lichtes«    Polarisation.  1513 

Aus   diesem   Ausdrucke    folgt,    dafs    d  =  0  für  Sin«  I  =  — 

oder   für   Sin«  1  =  1  ist,  und  dafs  d  seinen  größten  Werth 
erhält  |  wenn 

2 


Sin.2I  = 


l  +  f<* 


ist,  wo  man  hat 


Cot'8^V^?-u 


Nimmt  man  aber,  d  =  46°  9  eo  hat  man  die  Gleichnng 

(1  +  ^2)  Cosec.2 1  —  Cosec.2  Plt'* 
und  die  Auflösung  dieser  Gleichung  giebt,  wenn  man  für  Luft 
und  Kronglas  p=l,5l  setzt,  den  Werth  von 

1= 48°  3)'  30"  oder  1=54°  37'  20" . 
Wenn  also  das  Licht  unter  einem  dieser  beiden  Winkel  in- 
nerlich auf  die  Fläche  des  Kronglases  auffällt,  so  wird  die 
Phase  der  Vibration  in  der  Einfallsebene  mehr  accelerirt  werden,  l 
als  die  der  auf  der  Einfallsebene  senkrechten  Vibration  bei45Gra- 
den.  Wird  aber  das  Licfrt  unter  denselben  Umständen  und  in 
derselben  Reflexionsebene  zweimal  reflectirt,  so  wird  die  Vi- 
oratidnsphase  in  der  Einfallsebene  mehr  accelerirt  werden,  als 
die  der  andern  Vibration  bei  90  Graden« 

III.  ConstruirAnan  sich  also  einen  Rhombus  aus  Glas,p,v 
von  dem  zwei  Seiten  zur  Ebene  des  Papiers  parallel  sind, 233- 
während  die  zwei  andern  darauf  senkrecht  stehn,  und  sich 
in  den  Linien  AB,  B  C ,  CD  und  D  A  projiciren ,  und  sind 
die  Winkel  bei  A  und  C  gleich  54°  37',  so  wird  ein  in  F 
senkrecht  einfallendes  Licht  innerhalb  des  Glases  bei  G  und 
H  reflectirt  werden,  so  dafs  in  diesen  Puncten  die  Einfalls- 
winkel 54°  47'  sind,  und  dann  wird  es  in  I  wieder  in  einer 
Richtung  austreten,  die  parallel  zu  jener  ist,  in  welcher  es 
bei  F  eingetreten  war.  Die  Immersion  in  F  und  dieEmersion  in  I 
wird  keine  Veränderung  in  dem  Licht  hervorbringen,  aber  die 
Wirkung  der  zwei  Reflexionen  in  G  und  H  wird  die  seyn,  dafs 
die  Phasen  der  Vibration  in  der  Ebene  des  Papiers  mehr  ac- 
celerirt seyn  werden,  als  die  Phasen  der  Vibrationen  in  der 
auf  diesen  senkrecht  stehenden  Ebene.  Ein  so  construirter 
Rhombus  wird  der  FrtmeCsch*  Rhombus  genannt 
IX.  Bd.  Ddddd 


V 
I 
I 


1514  .UnduUtiou. 

58)  Intensität  des  auf  der  innern  Seite  des  Me- 
diums unter  einem  bestimmten  Winkel  ein- 
fallenden, polarisirten  Lichtes. 

Nehmen  wir  nnn  dasselbe  Problem  des  §•  57*  *ber  &* 
polarisirtea  Licht,  wieder  vor,,  indem  wir  nun  voraussetzen, 
dafs  polarisirtes  Licht  im  Innern  eines  Mediums  unter  einem 
Winkel  auffalle,  der  gröfser  ist,  als  der  für  die  totale  Re- 
flexion nothwendige ,  und  suchen  wir  auch  hier  die  Intensi- 
tät des  reflectirten  Strahls,  Wenn  die  Polarisationsebene  mit 
der  Einfallsebene  den  -Winkel  3  bildet,  so  wird  die  durch 
den  Ausdruck 

a  Sin.  —  (at  —  x) 

dargestellte  Vibration  in  einer  Richtung  vor  sich  gehn,  die  den 
Winkel  90°  —  0  mit  der  Einfallseben©  bildet,  so  dafs  man 
also  wieder  für  die  zwei  aufgelösten  Seitenvibrationen  haben 
wird 

aCos.  ©.Sin.—  (at  —  x) 

für  die  zur  Einfallsebene  senkrechte   und 

a Sin.  0. Sin.—  (at  —  x) 

für  die  zur  Einfallsebene  parallele  Vibration.  Die  letztere  die- 
ser beiden  Vibrationen  wird  (nach  §.  57*  IL)  um  die  GroT** 
d  mehr  accelerirt  seyn,  als  die  erste.  Drückt  daher,  nach  er* 
folgter  Reflexion, 

a  Cos,  0 .  Sin.  —  (a  t  —  x) 

die  zur  Einfallsebene  senkrechte  Vibration  aus,  so  wird  man 
auch 


Sin.0.Sin.  ^(«t— x)+dl 


für  die  zur  Einfallsebene  parallele  Vibration  annehmen  müssen. 
Dieselben  Ausdrücke  werden  auch  noch  gelten,  wenn  d«s 
Licht  innerlich  mehrere  Male  reflectirt  wird,  da  die  Einfalls« 
ebenen  immer  dieselben  bleiben. 

Dieses  vorausgesetzt   wollen    wir    nun    die    Bewegung» 


Des  Lichtes*    Polarisation.       /     1515 

eines  Aethertheilchens  in  dem  reflectirten  Lichtstrome  unter- 
suchen und  zu  diesem  Zwecke  die  Ordinate  y  in  der  Re- 
rlexlonsebene  un,d  z  darauf  senkrecht  nehmen.  Der  Anfang 
der  Axen  dieser  zwei  Coordinaten  soll  der  Fünct  seyn,  wo' 
das  Aethertheilchen  anfänglich  in  Ruhe  war, 

I.    Sey  zuerst  0  =  45°  wnd  d=90°t  wodurch  der  Fall  in 
Fbeshel's  Rhombus  dargestellt  wird,  wenn  die  Polarisation«-* 
ebene  um   45  Grade  gegen   die  Reflexionsebene«  geneigt  ist 
Hier  hat  man  also 

y  =  a  K^.Cos.  —  (ot*-x), 

z=±=a  r£sin.^(«t  — x) 

und 

y*+z*=£aS 

das  helfet,  jedes  Aethertheilchen  beschreibt  einen  ftreis,  des- 
sen Halbmesser  gleich  ;p=  ist. 


IL  Sey  ferner  ^=90°,  wie  zuvor*  wahrend  0  unbe- 
stimmt bleibt  und  irgend  einen  Werth  haben  kann,  wodurch 
demnach  der  allgemeine  Fall  in  Fae&jkl's  Rhombus  darge* 
stellt  witd.    Hier  hat  man 

y  s=e  a  Sin«  0 .  Cos,  -r-,  (a  t  -*-  x) , 
a=c  a Cos.  0. Sin.  —  (ot  — *  x)< 


*ind  daraus  folgt 

y*  t         «» 


=  1, 


a2Sin.*0^e*Cos.*0 

das  heifst,    jedes   Aethertheilchen   beschreibt  eine  Ellipse,  de* 
ren  halbe  Axen  sind 

# 

aSin.  0  parallel  mit  der  Reflexionsebene 
und 

a  Cos«  0  senkrecht  zu  derselben  Ebene, 

111.     In  dem  ganz  allgemeinen  Falle,    wo   0  und  S  jeden 
möglichen  Werth  haben  kennen,  erhält  man 

Ddddd  2 


1516  Undulation. 

y=aSin,0.|  Sio.  -r-(at — x). Cos.  J  +  Cos.  -=- (at— -*x)«Sin\J I 

2» 
z=aCos.0.  Co». -r-  (at —  x). 

Abs  letzterer  Gleichung  folgt 

Cos.  —  (at — x)=  — rr, 

X  '      a  Cos.  © 

so  dals    man   daher   für   die  gesuchte  Corye  des  Aethertheil- 
chens  die  Gleichung  erhält  • 

(y-z.Tang.0.Sin.^===a2Sin.»e.Cos.2J.ri-Cos.*^(at.x)l 

=a2Sin.20Cos2J— z2  Tang2©  Cos.2  <J, 

und  dieses  ist  die  Gleichung  einer  Ellipse,  deren  Axen  gegen 
.  die  Reflexionsebene  geneigt  sind, 

IV.  Endlich  hat  noch  für  alle  Werthe  von  8P  wenn 
0=0  oder  0  =  90°  ist,  das  reflectirte  Licht  ganz  dieselbe 
Polarisation,  wie  das  einfallende» 

Fl*.  V.     Sey   ANN'    ein  Cylinder    von    kreisförmiger    Basis, 

ä. dessen  Seitenlinien  auf  dieser  Basis,  xlie  zugleich  -die  Ebene 
der  yz  «eyn  soll,  senkrecht  stehn.  Sey  a  der  Halbmesser  dieses 
Kreises,  C  der  MitteJpunct  desselben,  und  überdiefs  der  Halb- 
messer CA  auf  dem  Durchmesser  NN'  senkrecht.  Wird  auf 
der  Oberfläche  dieses  Cylinders  ein  Faden  AMM',.,  so  auf- 
gewunden, dafs  die  senkrechte  Entfernung  MQ  jedes  Punctes 
M  des  Fadens  von  der  Basis  dem  Kreisbogen  AQ  proportio- 
nal ist,  so  fälle  man  von  dem  Puncto  Q  das  Loth  QP  auf 
den  Durchmesser  NN',  und  man  hat»  wenn  der  Winkel 
ACQ  =  v  ist,  CP==y  =  aSin.y  und  PQ  =  z  =  aCos.*,  so 
wie  endlich 

*  # 

QM  =  x  =  b.ay, 
wo  b  irgend  eine  Constante  bezeichnet. 

Eliminü?  man  aus  diesen  drei  Gleich  ngen  die  Grö'fse  r, 
so  erhält  man     \ 

y2+z*=a% 

y  =aSin.  — , 
ab 

z  =  a  Cos.  — 
>  ab 


Des  Lichtes.    Polarisation.  1517 

^ 

für  die  Projectionen  der  bekannten  kreisförmigen  Schrauben- 
linie AMM'..  in  den  drei  coordinirten  Ebenen.  Vergleicht 
man-  diese  Ausdrücke  mit  den  oben  in  Nr.  h  erhaltenen ,  so 
sieht  man,  dab  beide,  wenn  die  Gröfse  t  Consta  nt  angenom- 
men wird,  identisch  sind,  so  dafs  also  für  den  Fall  der  Nr» L 
e^ne  Reihe  von  Aeihertheilchen ,  die  anfänglich  in  einer  ge- 
raden Linie  gestanden  haben,  durch  die  Reflexion  in  die  Stellung 
der  kreisförmigen  Schraubenlinie  ,  gelangen  müssen.  In  den 
,  zwei  andern  Fallen  der  Nr.  II.  und  111.  reihen  sich  diese  Ae-  ~ 
thertheilchen  in  eine  andere  Curve  von  doppelter  Krümmung, 
die  man,  analog  mit  der  vorhergehenden,  eine  elliptische 
Schraubenlinie  nennen  kann. 

VI.     Wir  werden  *  uns   daher  die  abkürzenden  Ausdrücke 
erlauben    können,     dafs   das  polarisirte   Licht    durch  die  Re- 
flexion   im   Allgemeinen   eine  elliptische  Polarisation    erhält, 
die  für  den  besondern   Fall   der  Nr.  L   in  eine  circuläre  Po- 
larisation  übergeht.     Alles  andere,   auf  die  bisher  betrachtete, 
gewöhnliche  Weise  polarisirte  Licht  wollen  wir  als   mit  einer 
ebenen  Polarisation  begabt  ansehn.     Aus  Nr.  II.  folgt,  dafs  man 
mit   Frbsael's   Rhombus    elliptisch  polarisirtes  Licht   von  je- 
dem Grad  der  Ellipticität  hervorbringen  kann,  wenn  man  ihn      • 
nur  gegen    die   Polarisationsebene  in  die  gehörige  Lage  stellt. 
Wir  werden  spater  sehn,    dafs  man  diese  elliptische  Polarisa-   - 
tion  auch  noch  durch  andere  Mittel  %  als  Fabskel's  Rhombus, 
hervorbringen  kann.     Zur  bequemen  Anwendung  bei  den  Ex- 
perimenten kann  man  diesen  Rhombus   in   einen  Rahmen  fas- 
sen, mittelst  dessen  man  den  Rhombus,  ohne  den  Durchgang 
des  Lichts  zu  stören,    rund  um   die  Axe  HI   dreht.       Dieser 
Rahmen  kann   auf  die   eine   Platte   der    oben    (Fig.  225)  be-ggg' 
schriebenen   Polarisationsmaschine    gesetzt   werden,'   wo    dann  " 
das  bei  C  eben  polarisirte  Licht  durch  den  Rhombus  in  circu- 
lär   oder  elliptisch   polarisirtes  verwandelt  wird   und  aus   der 
Seite  DC  des  Rhombus,     die  der  andern  analysirenden  Platte 
K  gegenübersteht,  heraustritt.    Ist  der  Apparat  mit  einem  ge- 
seilten Rande  versehn,  so  dafs  man  dadurch  den  Winkel  der 
Polarisations -    und  Reflexionsebene  angeben   kann,    so  findet 
man,  dab,  wenn  dieser  Winkel  gleich  0°,  90°,  160°  oder  270° 
ist,  das  eben  polarisirte  Licht  nicht  geändert  wird,  dafs  es  für 
45°,  135°,  225°  und  315°  die  circuläre,  und  endlich  4ür  je- 
den andern  Winkel  die  elliptische  Polarisation  erhält. 


1518  Undulation. 

59)    Näher«   Betrachtung    der    circularen  Po- 

larisation, 

* 

Das  circulär  polarisirte  Licht  kann  immer  in  zwei  Vi- 
brationen aufgelöst  werden,  von  welchen  die  eine  parallel  und 
die  andere  senkrecht  zu  irgend  einer  willkürlichen  Ebene  ist, 
so  dafo  die  Gröfsen  dieser  Vibrationen  stets  dieselben  bleiben. 
Folglich  zeigt  dieses  Licht,  wenn  es  durch  die  analysirende 
PJatte  K  (§•  48.  VI.)  des  genannten  Apparates  untersucht  wird, 
kein  Zeichen  von  Polarisation«  Wenn  aber  elliptisch  polari« 
sirtes  Licht  auf  dieselbe  Weise  in  zwei  Vibrationen  aufge- 
löst wird,  so  verschwindet  keiner  dieser  beiden  Theile,  ob- 
schon  ihre  Groben  sich  immer  andern,  und  dieses  ist  daher 
der  Grund,  warum  es,  durch  die  analysirende  Platte  unter* 
sucht,  ein  theilweise  polarisiriea  Licht  zeigt, 

L  Noch  müssen  wir  zwischen  zwei  Arten  von  circula- 
rer  Polarisation  unterscheiden.  Wir  haben  oben  gesehn,  daft, 
wenn  in  Fiibsvbl's  Rhombus  der  Winkel  a=45°  ist,  das  (Jcht 
circulär  polarisirt  wird.  Allein  dasselbe  hat  auch  statt,  veno 
a= — 451?  wird,  denn  im  letzten  Falle  hat  man 

y  = — *1T\.  Cos.  —  (ot— x), 

z  =  +  a  Y\  •  Sin.   -^  (at  —  x) , 
woraus  sofort  folgt 

y«+z*=fa*. 

Der  Unterschied  zwischen  dem  hier  und  dort  Gesagten  besteht 
blofs  in  der  Richtung  der .  einzelnen  Aethertheilchen.  Dort 
hatte  man 

i  =  T«g.  ^(at-x) 


und  hier 


L  =  _T.ng.^(«t-X) 


oder  dort  ist  die  Spirale,  in  welcher  sich  die  Aethertheiichea 
bewegen,  rechts,  hier  aber  links  gewunden*  Aehnliche  Un- 
terscheidungen der  beiden  Seiten  wird  map  auch  bei  den  el- 
liptischen  Polarisationen  bemerken. 


De*  Richte«.    Polarisation.  1519 

60)     Vergleichung  des  Vorhergehenden  mit  den 

Beobachtungen. 

Wenn  man  das  von  Fresbtcl's  Rhombas  kommende  Licht 
durch  einen  zweiten  Rhombas  derselben  Art  gehn  lafst,  so 
ist,  wenn  die  Lagen  der  beiden  Rhomben  ähnlich  sind,  das 
aus  dem  zweiten  austretende  Licht  eben  pofarisirt,  aber  die 
neue  Polarisationsebene  ist  um  den  Winkel  2  0  gegen  die  vo- 
rige geneigt.  Dia  Erklärung-  dieser  Erscheinung  ist  folgende.. 
Die  Vibrationen  in  der  Einfallsebene  sind  um  90°  durch  .den 
ersten  Rhombus  und  neuerdings  um  90°  durch  den  zweiten 
mehr  accelerirt,  als  die  anderen,  die  auf  der  Einfallsebene  senk-' 
recht  stehn.  Ist  also,  wie  in  §.  58,  die  zur  Einfallsebene 
senkrechte  Vibration  , 

a  Cos.  ©.Sin.  —  (at  —  x) 

so  wird  die  zu  dieser  Ebene  parallele  Vibration  seyn 

eSin.  ©.Sin.  H^  (<*t  —  x)  +  180°  1 

oder,  was  dasselbe  ist, 

#        — r  a  Sin.  ©  «Sin.  —  (a  t  —  x). 

Da  sie  immer  in  demselben  Verhältnis  stebn,  so  ist  auch  die 
Vibration  ganz  in  derselben  Ebene,  oder  das  Licht  ist  pola- 
risirt.  Aber  da  die  Tangente  des  Winkels  mit  der  Reflexions- 
ebene —  Tang.  ©  statt  -f-  Tang.  0  Ist  (welchen  letzten  Werth 
sie  zuvor  hatte),  so  ist  die  Polarisationebene  auf  diejenige 
Seite  der  Reflexionsebene  hin  geneigt,  die  der  früheren  Seite 
entgegengesetzt  ist,  und  zwar  um  denselben  Winkel,  weswe- 
gen die  Veränderung  der  Richtung  gleich  2©  ist, 

I.  Wird  aber  der  zweite  Rhombus  in  eine  Lage  gebracht, 
die  um '  90°  von  der  Lage  des  ersten  abweicht,  so  ist  das 
ausströmende  Licht  dem  einfallenden  ähnlich«  t)enn  die  Vi- 
brationen, die  durch  den  ersten  Rhombus  am  meisten  accele- 
rirt wurden,  werden  durch  den  zweiten  am  wenigsten  acce-r 
lehrt  und  umgekehrt,  so  dals  das  Verhältnifs  ihrer  Phasen  da- 
durch nicht  geändert  wird. 


1520  Undulatibn. 

*  II.  Wir  kennen  nur  noch  einen  Fall,  wo  die  Reflexion 
von  keiner  Hefraction  begleitet  wird,  nämlich  die  Reflexion 
des  Lichts  von  metallischen  Oberflächen.  Auch  hier  zeigt  der 
reflectirte  Strahl  ganz *  ähnliche  Eigenschaften  mit  demjenigen 
Lichte,  welches  von  Glasflächen  vollständig  reflectirt  wird.  Ist 
der  einfallende  Strahl  eben  polar  Uirt,  so  erscheint  der.reflectirte 
Strahl  in  der  That  elliptisch  polarisirt,  und  die  Differenz  der 
Phasen  variirt  auch  hier  mit  dem  Einfallswinkel«  Dennoch  ist 
es  keineswegs  ausgemacht ,  dafs  diese  Reflexion  von  Metall« 
flächen  ganz  den  vorhin  auseinandergesetzten  Gesetzen  unter« 
liegt.  Es  scheint,  dafs  die  letztgenannte  Reflexion  selbst  von 
der  des  Schalls  in  der  Luft  wesentlich  verschieden  ist.  Nach 
Bbiwstke's  Experimenten  scheint  es,  dafs  bei  Reflexionen 
von  metallischen  Flächen  das  Verhältnifs  der  cur  Reflexions« 
ebene  parallelen  und  der  senkrechten  Vibrationen  verschieden 
sey,  weswegen  bei  mehrfacher  Wiederholung  dieser  Reflexio- 
nen die  parallelen  Vibrationen  bald  gänzlich  unsichtbar  wer- 
den. Auch  scheinen  verschiedene  Metalle,  wie  Stahl  und  Sil- 
ber, in  dieser  Beziehung  selbst  sehr  verschieden  zu  seyn1. 
Eine  vollkommen  genügende  Darstellung  dieses  Gegenstand« 
ist  noch  von  der  {Zukunft  zu  erwarten. 

G»    Farbenerscheinungen  des  polarisirtea 

Lichtes. 

61)     Erklärungen. 

Es  wurde  bereits  oben  (§,  48*  VI.)  als  eine  der  Fun  ja- 
mentalerscheinungen  der  Polarisation  engeführt,  dafs,  wenn 
die  beiden  Reflexionsebenen  C  und  K  (Fig.  225)  zu  einen- 
•  der  senkrecht  stehn  und  die  Incidenzwinkel  von  beiden  des 
polarisirenden  Winkeln  gleich  sind ,  das  von  C  reflectirte  Licht 
nicht  mehr  fähig  ist,  euch  wieder  von  K  zurückgeworfen  so 
werden.  Wird  "das  Auge  nahe  bei  K  so  gestellt,  dafs  es  das 
Bild  in  C  sieht,  so  sieht  man  eigentlich  einen  Unstern  Fleck 
im  Mittelpuncte ,  und  das  ganze  Bild  selbst  ist  zwar  nicht  so 
schwarz,   wie  sein  Centralpunct ,   aber  doch  noch  immer  sehr 


1    Verg),  Bsswms    on  elliptic  Polarisation ,  in   Philo*,  Tut* 

1330. 


Des  Lichtes«   .Farben  durch  Polarisation.    1521 

dunkel.  Legt  man*  alsdann  zwischen  C  und  K  ein  das  Licht 
doppelt  brechendes  Krystallblättchen ,  so  wird  das  Bild  von,  C 
im  Allgemeinen  sehr  hell  gesehn ,  aber  zuweilen  wird  es  auch 
durch  mehrere  dunkle  Streifen ,  zuweilen  von  hellfarbigen  Rin- 
gen u.  dgl.  durchkreuzt«  Neigt  man  die  Platte  gegen  ihre 
frühere  Lage,  so  ändern  sich  auch  die  Lagen,  Farben  und 
Gestalten  dieser  Streifen ,  Kreuze  und  Hinge,  zum  Deweise, 
deb  diese  Dinge  von  der  Stellung  des  Lichtstrahls  gegen  ge- 
wisse bestimmte  und  fixe  Linien  der  Krystallplatte  abhängig  eeyn 
müssen.  Sehr  oft  sind  die  Farben ,  in  welchen  die  erwähnten 
Erscheinungen  prangen,  von  überraschender  Schönheit,  und  diese 
Farbenpracht,  so  wie  die  symmetrische  Anordnung  der  einzel- 
nen Theile  dieser  Bilder,  die  mit  der  Drehung  der  Reflexion*» 
ebene  K  um  ihre  Axe  O  Immer  wechselt,  macht  jene  Phä- 
nomene bei  weitem  zu  den  glänzendsten,  die  wir  bisher  auf 
dem  Gebiete  der  Optik  kennen  gelernt  haben.  Legt  man  abe* 
nur  eine  gemeine  Glasplatte  zwischen  die  zwei  Reflexio'ns- 
ebenen,  so  sind  jene  Erscheinungen  nicht  weiter  zu  sehn.  Ja 
selbst  bei  der  doppelt  brechenden  Krystallplatte  bleiben  sie  un- 
sichtbar, wenn  die  Platte  so  gestellt  wird,  dafs  sie  das  Licht 
aufnimmt,  ehe  dasselbe  noch  in  C  polarisirt  worden  ist,  oder 
auch,  nachdem  es  schon  in  K  analysirt  worden  ist«  Es  scheint 
daher,  dafs  eine  solche  doppelt  brechende  Platte  im'  Allge- 
meinen die  Eigenschaft  besitzt,  das  bereits  polarisirte  Licht 
dergestalt  zu  ändern ,  dafs  dasselbe  entweder  •  durch  den  Ver- 
lust seiner  Polarisation  oder  auch  durch  eine  Aenderung  der 
Ebene  derselben  die  Fähigkeit  erhält,  nach  bestimmten,  viel- 
leicht sehr  zusammengesetzten  Gesetzen  reflectirt  zu  werden/ 
I.  Ueberhaupt  zeigen  alle  Körper,  welche  das  Licht  dop- 
pelt brechen,  im  natürlichen  sowohl,  als  auch  besonders  im 
polarisirten  Lichte  mehrere  merkwürdige  Erscheinungen.  Ein 
Würfel  aus  Dichroit  z.  B.  zeigt  sich  schon  im  natürlichen 
Lichte  in  einer  schönen  blauen  Farbe,  wenn  er  nach  der 
Richtung  der  Brechungtaxe  vor  das  Auge  gehalten  wird,  in 
einer  darauf  senkrechten  Richtung  aber  erscheint  er  gelb.  Ein 
Würfel  aus  Turmalin  zeigt  sich  in  der  Richtung  seiner  Axe 
sogar  völlig  undurchsichtig,  während  er  in  einer  darauf  senk- 
rechten Richtung  in  den -diesem  Mineral  sonst  eigentümlichen 
(grünen ,  braunen  u.  s.  w.)  Farben  erscheint.  Aber  viel  inter- 
essanter noch  sind  die  Farbenerscheinungen  dieser  und  anderer 


1522  Undujation. 

Körper,  wenn  polarisirtes  Licht  auf  dieselben  Mir.    Wird  «■ 
dünnes  Glimmer-  oder  Gypsblättchen  auf  dem   Tisch  H  des 
Polarisationsinstruments  (Fig.  224)  gelegt,  .  so  dal*  polarisirttt 
Licht  senkrecht   durch    dasselbe    geht  und   dann   auf  mehrere 
über  einander  gelegte  Glasplatten  in  K  fallt,  so  sieht  man  so- 
wohl  in    dem   yon   dem   Glase  reflectirten,     als   auch  in  dem 
darchgelassenen  Lichte  das  Blättchen  farbig,  und  zwar  ist  die 
Farbe  im   reflectirten  Lichte    die  complamentäre  'von  der  des 
durchgelassenen  Lichts.1.       Dreht  man  dann  das  Blatteten  tun 
den  durchgehenden  Strahl  wie  um  eine  Axe  9    so   ändert  sieh 
nicht  die  Beschaffenheit ,    wohl   aber  die  Intensität  der  Farbe, 
und  es  giebt  vier  Stellungen  des  Blättchens,    wo  die  Färboag 
die  gröfste,  und  vier  andere,  wo  sie  die  kleinste  Intensität  hat, 
das  Erstere  da,  wo  sein  Hauptschnitt  gegen  die  Polarisatioos- 
ebene  um  45°  geneigt  ist ,  und  das  Zweite  dort,  wo  der  Haupt- 
*chnitt  mit   der   Polarisationsebene   parallel    oder  darauf  senk- 
recht ist.       Dreht  man  hingegen  bei  ruhiger  Lage   des  Blätt- 
chens den  Rahmen  G ,  welcher  die  Glasplatte  K  enthält,  so  än- 
dert sich  sowohl  die   Farbe   des  durchgelassenen  als  auch  die 
des  reflectirten  Lichts  und   geht  bei  einer  Drehung  des  Rah- 
mens  um  90  Grade    in   die   cur  vorhergehenden   complemeo- 
täre  Farbe   über.       Lafst  'man  das  Licht,     nachdem  es  durch 
das  Blättehen  gegangen  ist,  statt  durch  die  Glasplatte  K,  durch 
'einen  isländischen  Späth  gehn,    so  erleidet  es  durch  die  dop- 
pelte Brechung   in   diesem  Spathe  dieselben   beiden  'Modifika- 
tionen auf   einmal,    die  es  in   der  Glasplatte  durch  Reflexion 
und  Refraction  einzeln  erfahren  hat ,  und  man  sieht  daher  auf 
einmal  awei    farbige  Bilder,     die  an  der  Stelle,     wo  sie  sich 
decken,  weif 8  erscheinen,  zum  Beweise,  dafs  die  beiden  Far- 
ben complementär  sind.     Uebrigens  mufs  man  bei  diesen  Ver- 
suchen mit  dem  isländischen  Späth  die  Röhre  F  des  Polarisa- 
tionsinstruments unten  mit  einem  Deckel  verschliefen ,  der  nur 
eine  etwa  zwei  oder  drei  Linien  weite  Oeffnung  hat,  und  diese 
Oeffnung  ist  es,  die  man,  nach   dem  Vorhergehenden,  farbig 
sieht. 

II.    Dia  so  hervortretenden  Farben erscheinungen  sind  be* 


I  Dieie  FarheD paare  des  darchgelassenen  and  des  reflectirten 
Lichts  sind  demnach  entweder  Roth  und  Grün,  oder  Orange  ind 
Btan,  oder  Gelb  and  Violett« 


Des  Lichte«.    Farben  durch  Polarisation.  1523 

sonders  dann  sehr  schtin,  "wenn  ein  Krystallblättcnen  senk- 
recht oder  doch  nahe  senkrecht  auf  die  Axe  der  doppelten 
Brechung  geschnitten  ist,  nnd  wenn  dann  ein  polarisifter  con- 
vergirender  Lichtkegel  darauf  fällt,  dessen  Axe  senkrecht  dureh 
das  Blättchen  geht1.  Wird  das  Blättchen  aus  isländischem 
Späth  und  in  allen  seinen  Theilen  gleich  dick  geschnitten,  lei~ 
tet  man  darauf  einen  convergirenden  polarisirten  Strahlenkegel, 
dessen  Axe  mit  der  des  Krystalls  parallel  ist,  und  läfst  man 
ihn  dann  unter  dem  polarishrenden  Winkel  auf  eine  Glasplatte 
einfallen,  damit  et  durch  sie  entweder  reflectirt  oder  gebro- 
chen werde,  so  sieht -man  das  Blättchen  mit  farbigen  concen- 
frischen  Ringen  geziert ,  die  den  reflectirten  Newton'tchen  Far- 
benringen ähnlich ,  aber  durch  ein  dunkles  Kreuz  unterbrochen 
sind*  Dieses  Kreuz  ist  rechtwinklig  und  im  reflectirten  Lichte 
schwarz*,  wenn  die  Einfallsebene  der  Strahlen  auf  die  Glas« 
platte  mit  der  Polarisationsebene  parallel  ist;  dasselbe  Kreua 
aber  erscheint  tetifa,  wenn  diese  zwei  Ebenen  auf  einander 
senkrecht  stehn.  Im  gebrochenen  Lichte  aber  findet  das  Ge— 
gentheil  statt.  Vollkommen  homogene  Blättchen  kann  man 
um  ihre  Axe  drehn,  ohne  dafs  dadurch  eine  Aenderung  de; 
Ringe  oder  des  Kreuzes  merkbar  wird,  aber  -der  kleinste  Man« 
gel  an  Gleichheit  der  Dicke  verräth  sich  sogleich  durch  eine 
Verzerrung  der  Ringe  oder  durch  eine  Krümmung  der  Arme 
des  Kreuzes.  Aehnliche  Erscheinungen  bemerkt  man  auch  an 
andern  einaxigen  Krystallen,  dem  Beryll,  Turmalin  u.  s.  w, 
Bei  demselben  Blättchen  erscheint  ein  Ring  desto  gröber,  je 
Weiter  man  das  Auge  vom  Blättchen  entfernt  und  je  dünner  das 
Blättchen  ist,  und  zwar  wachsen  die  Quadrate  der  Ringdurch- 
messer verkehrt  wie  die  Quadratwurzeln  der  Blättchendicke. 
Schief  gegen  die  Axe  der  doppelten  Brechung  gehaltene  Blätt- 
chen zeigen  auch  ovale  Ringe.  An  Blättchen  aus  zweiaxigen 
Krystallen  haben  diese  Erscheinungen   andere   Gestalten»      Ist 

ein  solches  Blättchen  senkrecht  auf  die  Linie  geschnitten,  wel* 

\ 

1  Die  YOrzuglichgten  dieser  Erscheinungen  sind  bereits  oben 
(Art.  Polarisation)  mit  ihren  Zeichnungen  aufgeführt  worden.  Wir 
wollen  sie  hier  mit  einigen  Bemerkungen  kurz  durchgehn  und  dann 
zusehn,  auf  welche  Weise  man  sich  Ton  diesen  interessanten  Phano* 
menen  durch  die  mathematische  Analyse  Rechenschaft  gehen  kann, 

2  S.  Art  FolarUatio*  Fig.  94  and  £5. 


1524  UnduUtion. 

che  den  Winkel  der  beiden  Axen  halbirt,  so  sieht  man  zwei 
Systeme  von  Ringen,  falls  die  beiden  Axen  nur  einen  sehr 
kleinen  Winkel  einschliefsen ,  so  dafs  man  ihre  Pole  zugleich 
im  Gesichtsfelde  hat,  und  die  ursprüngliche  Polarisationseben» 
mit  der  Ebene  der  zwei  Axen  zusammenfällt*  Machen  diese 
Axen  eioen  gröfsern  Winkel,  wie  im  Salpeter,  so  erscheinen 
die  Hinge  in  der  Gestalt1  von  Fig.  100,  wenn  die  Polarisa- 
tionsebene  die  vorher'  angegebene  Lage  hat.  Dreht  man  da* 
Blättchen  um  den  vierten  Theil  eines  rechten  Winkels  oder 
um  22J-  Grad,  so  nehmen  die  Ringe  die  Gestalt  von  Fig.  102 
an  9  bei  einer  nenen  Drehung  um  weitere  22£  Grad  die  Ge- 
stalt der  Fig.  103,*  und  so  fort  für  die  folgenden  Drehungen« 
Um  diese  Erscheinungen  gut  und  bequem  zu  beobachten,  leite) 
man  von  einem  nicht  zu  entfernten  Gegenstande  Licht  auf  den 
Spiegel  G  des  Polarisationsinstruments2,  bringe  das  Krvstall— 
blättchen  nahe  an  den  Rahmen  G,  so  dafs  das  Licht  senk- 
recht durchgehn  kann,  und  sehe  dann  durch  die  gehörig  ge- 
stellten Gläser  K  auf  das  Blättohen  herab. 

III.     Um  das  Vorhergehende  unter  einen  allgemeinen  Ge- 
sichtspunct  zusammenzufassen,  wollen  wir  bemerken,  dafs  man 
diese   Farbenringe    am    leichtesten    erzeugen    und  sichtbar  ma- 
chen kann,     wenn    man    eine   dünne  Platte   von   isländischem 
Späth,     die  senkrecht  gegen   ihre   Axe   geschnitten   ist,     %  wi- 
schen   zwei   dünne  Turmalinplatten  legt.       Kreuzen   sich    die 
Axen    der    Turmaline   und    bringt    man    eine    Turmalinplatte 
ganz  nahe  an  das  Auge,  so  erblickt  man  sofort  jene  glänzen- 
den  Farbenringe   mit    dem     sie   durchschneidenden   schwarzen 
Kreuze.       Um  dem  Gesichtsfelde  eine   gleichmafsige   Erleach- 
tung   zu  geben    und   um  nicht  durch  die  in  derselben  Rich- 
tung liegenden  Gegenstände  gestört  zu  werden,  bringt  man  vor 
der  ersten  Turmalinplatte  eine  Glaslinse  so  an,  dafs  ihr  Brenn- 
punct  nahe^in  die  Spathplatte  fallt.     Mit  diesem  Apparat  kenn 
man  die  Farbenringe  auch  in  einem  finstern  Zimmer  auf  einer 
weifsen    Tafel   darstellen,     die  in    einer   mafsigen    Entfernung 
von  der  zweiten    Turmalinplatte  gehalten  wird.      Da  übrigens 
die  erste  Turmalinplatte  nur  zur  Polarisirung  des  Lichts  dient, 


1    S.  Art.  Polariialion. 

t    Das  oben  beschriebene,  m  Fig.  224.  getetcheete. 


Dia  Lichtes.    Farben  durch  Polarisation.  1324 

mo  kam»  sie  anch  durch  «ine  geschwärzt©  Glasplatte,  die  vom 
den  Lichtstrahlen  unter  dem  polarisirenden  Winkel  getroffen 
<wird,  vertreten  werden« 

Die  näheren  Bestimmungen  dieser  Erscheinungen  sind  nach 
dem  Vorhergehenden  die  folgenden. 

A.  Wenn  die  Axen  der  Turmaline  rechte  Winkel  bilden, 
so  erscheinen  die  Ringe  von  einem  schwarzen  Kreuz 
durchschnitten,    wie  in  Fig.  94  (des  Art.  Polarisation). 

B,  Dreht  man  das  eine  Turmalinblattchen  um  90  Grade, 
so  treten  in  jedem  einzelnen  Puncto  des  Bildes  die  den 
vorigen  complementären  Farben  hervor  und  das  vorhin; 
schwarze  Kreuz  erscheint  nun  weifs,  wie  Fig.  95» 

Ck  Nimmt  man  die  mittlere  Platte,  statt  von  isländischem 
oder  einem  andern  einaxigen  Kry stall,  aus  einem  zwei« 
exigen,  und  wird  die  Platte  senkrecht  auf  die  Linie  ge- 
schnitten, welehe  den  Winkel  der  zwei  Axen  diesee 
Krystalls  halbirt,  so  erhält  man  zwei  Systeme  von  con- 
centrischen  Ringen  in  der  Gestalt ,  wie  sie  in  den  Figuren 
100,  101,  102  und  103  abgebildet  sind.  Fängt  man  die 
Farbenringe,  welche  zweiaxige  Kry  stalle  geben,  auf  ei- 
ner weifsen  Tafel  im  verfinsterten  Zimmer  auf,  so  lassen 
sich  die  Linien  von  gleicher  Farbe  (oder  die  sogenannten 
isochromatischen  Curven)  leicht  mit  Genauigkeit  abzeich* 
Den.  Die  Figur  104  stellt  eine  dieser  Zeichnungen  dar. 
Die  Gestalt  eines  jeden  Ringes  ist  die  einer  Curve,  die 
unter  dem  Namen  der  Lemniscate  bekannt  ist,  und  deren 
charakteristische  Eigenschaft  darin  besteht,  dafs  das  Pro- 
duet  der  Distanz  eines  jeden  Punctes  der  Curve  von  zwei 
festen  innern  Puncten  immer  gleich  einer  constanten  Gröfse 
ist.  Je  nach  dem  Wertlie,  den  man  dieser  Constanten 
giebt,  erscheint  die  Curve,  wie  die  Zeichnung  zeigt,  ent- 
weder eiförmig,  oder  in  der  Form  einer  an  beiden  End- 
puneten  ihrer  kleinen  Axe  eingedrückten  Ellipse,  oder  in 
der  Form  einer  liegenden  8,  oder  endlich  auch  in  der  Ge- 
stalt von  zwei  durch  einen  Zwischenraum  getrennten  herz« 
oder  kreisförmigen  Curven. 

IV«  Merkwürdig  ist  noch,  dafs  die  Temperatur  des  Blatt- 
chenS  auf  die  Lage  der  Axe  des  Körpers,  von  welchem  das 
Blättchen  genommen  wurde,    also   auch  auf  die    durch   das 


1SQ&  Undulation. 

filttttehen  erzeugten  Farbenbilder  "einen   wesentlichen  Bioflnb 
fast»     Die    *wei   Axen   der   Gypshlättchen  s.   B.  nähern    steh 
einander  desto  mehr,     je  höher  die  Temperatur  ist,    welcher 
du  Blattchen  ausgesetzt  wird;  hei  73°  R.  feilen  endlich  beide 
Axen  zusammen.      Die  zwei  Axen  des  gelben  Topas  gehn  im 
Gegentheile  desto  weiter  ans  einander,  je  höher  ihre  Tempera- 
tur wird.      Durch    die  Aenderung  der  Temperatur  kann  man 
ferner  auch  solche  Körper,    die  im  polarisirten  Lichte  im  All- 
gemeinen keine  Farbe  zeigen,    dahin  bringen,    dafs  sie  sich 
wie   die  vorerwähnten    Kry stalle   verhalten.      Hält   man  eine 
Platte  von  dickem    Spiegelglase   mit   dem  Rande  an   stark  er* 
hitztes  Eisen,    bringt   das  Ganze   über   den  Tisch  H  des  er- 
wähnten Polarisationsinstruments  und  sieht  durch  die  Gläser  K 
darauf  herab,  so  sieht  man  in  der  Glasplatte  parallele  Streifen, 
wie  Fig*  110,  von  irisirenden  Farben ,  die  sich  aber  dann  wie- 
der verlieren ,  wenn  sich  die  Hitze  gleichförmig  über  die  ganze 
Glasmasse  verbreitet  hat.     Nimmt  man  einen  Glascyiioder  and 
erwärmt  ihn   von    der  Axe    aus,    so  bilden  sich   Concentrin 
sche  Farbenringe  mit  einem  rechtwinkligen    dunklen   Kreuze 
wie  Fig.  J94- 

V.  Aehnliche  Erscheinungen,  wie  durch  die  Aenderung 
der  Temperatur,  kann  man  auch  durch  den  Druck  erzeugen, 
dem  man  die  Körper  aussetzt.  Nimmt  man  einen  Glaswürfel, 
der  im  polarisirten  Lichte  keine  besonderen  Farben  zeigt, 
drückt  ihn  durch  eine  Klemme  oder  Presse  zusammen  und 
hält  ihn  dann  an  den  Tisch  H,  so  sieht  man,  wenn  man  ihn 
durch  das  Glas  in  K  betrachtet ,  den  Würfel  eigene  Farben 
spielen,  die  mit  dem  Drucke  sich  andern  und  in  die  comple- 
mentären  übergehn,  wenn  man  die  Einfalkebene  in  K  um  90* 
ändert,  die  aber  auch  wieder  alle  verschwinden,  sobald  der 
Druck  aufhört.  Aehnliche  Erscheinungen  bringt  man  auch 
durch  Dehnen  des  Glases  hervor«  Biegt  man  einen  Glassrrei7 
fen,  so  sieht  man  ihn  im  polarisirten  Lichte  an  der  schmalen 
Seite  mit  parallelen  Farbenstreifen ,  die  in  der  Mitte  durch  eine 
schwarze  Linie  verbunden  sind« 

Um  die  vorhergehenden ,  mit  der  Temperator  oder  dem 
Drucke  wieder  aufhörenden  Erscheinungen  bleibend  zu  machen, 
darf  man  nur  eine  heifse  Glastafel  oder  einen  sehr  erhitzten 
Würfel  von  Glas  schnell  abkühlen.     Aehnliche  Erscheinungen 


Des  Lichtes*    Farben  durch  Polarisation»  1527 

bemerkt  -man  auch  an  schnell  enttlBnilenen  KryslalWi  von  Bo*- 
rax,  Kochsalz,  in  Gummislücketi ,  und  selbst  hat  Diamant  will 
ji»  Bäewstke*  schon  gesehn  haben, 

.6$)    Allgemein«   Darstellung   der  Ursachen  «Heu- 
ser Erscheinungen. 

Aus  allen  bisher  angeführten  Experimenten,  so  wie  auch 
aus  der  oben  (§.  50.  u.  S.  w.)  gegebenen  theoretischen  Dar- 
stellung der  Trennung  des  Lichtstrahls  in  zwei  andere  durch 
Krystalle,  wird  man  den  Schlüfs  ziehn  müssen,  dafs,  welcher 
Art  auch  die  Natur  des  Lichts  seyn  mag,  das  auf  einen  dop- 
pelt brechenden  Körper* einfällt,  die  zwei  dadurch  entstehen- 
den Strahlen,  der  eine  in  einer  Ebene  und  der  andere  in  ei- 
ner darauf  senkrechten  Ebene,  pölarisirt  sind,  das  heifst,  dafs 
die  Vibrationen  des  einfallenden  Strahls  in  zwei  andere  zer- 
legt werden ,  deren  Richtungen  auf  einander  senkrecht  stehn 
und  deren  Wellen  daher  auch  verschiedene  Wege  einschlagen. 
Aus  dieser  in  §.  50.  angeführten  Darstellung  folgt  fetner,  dafs 
diese  zwei  zerlegten  oder  getrennten  Strahlen,  oder  Vielmehr 
diese  zwei  verschiedenen  Wellengattungen,  durch  den  Krystall 
mit  verschiedenen  Geschwindigkeiten  gehn ,  also  auch  bei  ihrem 
Austritte  aus  dem  Krystall  verschiedene  Phasen  haben.  Ihre  Wie- , 
dervereinigung  wird  daher  eine  Art  von  Licht  erzeugen,  das  nicht 
nothwendig  pölarisirt  oder  doch  nicht  nothwendig  in  derselben 
Ebene  pölarisirt  seyn  mnfs,  als  zuvor,  Wo  es  durch  den  Krystall 
ging,  so  dafs  demnach  ihre  Reflexionsfähigkeit  von  der  an aly siren- 
den Platte  K  (Fig.  225)  wieder  hergestellt  wird»  Da  aber  die 
Lage  der  zwei  Polarisationsebenen  sowohl,  als  auch  die  Dif- 
ferenz der  Geschwindigkeit  der  zwei  Strahlen  von  der  Rich- 
tung ihrer  Wege  durch  den  Krystall  abhängig  sind,  so  wird 
die  Natur  des  Lichts,  das  durch  die  Vereinigung  der  zwei  aus 
dem  Krystall  austretenden  Strahlen  entsteht ,  mit  der  Richtung 
dieser  Strahlen  sich  ändern,  so  dafs  also  auch  die  Intensität 
dieser  Strahlen ,  die  von  der  analysirenden  Platte  K  in  -  das 
Auge  kommen,  je  nach  ihren  verschiedenen  Richtungen  eben« 
falls  Verschieden  seyn  wird«  Auf  diese  Weise  könnten  daher 
jene  hellen  Curven  von  verschiedener  Intensität  entstehn.    Die 

Differenz  der  Wellen  wird,    wie  man  leicht  sieht,  im  Allge- 

-  -  .  _ 

1    Vergl.  BAVMCAftTKBu'ß  Physik.  "Wien  1882.  S.  376  ff. 


1528  Undulatioiu 

* 

meioen  eioe  Function  de?  Weiitnlang«  X  seyn,  and  so  wird 
denn  «ach  die  Gestalt  dieser  Curven  verschieden  ausfallen,  je» 
.  nachdem  die  Farbe  des  Lichts,  von  dem  sie  gebildet  werden, 
verschieden  ist.  Und  wenn  endlich  alle  diese  verschieden  ge- 
stalteten und  verschieden  gefärbten  Garven  sich  nntex  einen- 
der vermischen ,  sc  werden ,  als  Endresultat  der  Erscheinung, 
andere  Curven  und  Lichtbilder  entstehe,  in  welchen  die  Far- 
benmischung beinahe  für  jeden  Puoct  eine  andere  ist,  wie 
man  dieses  bei  den  oben  erwähnten  Fransen  der  Interferens 
und  bei  Nswtoü's  Farbenringen  (§•  31*  and  330  za  beob- 
achten pflegt. 

\       I.     Wir  haben  hier  vorausgesetzt,    dafs  keine  der  beideo 
Polarisationsebenen    der   Strahlen    innerhalb   des  Krystalls  mit 
der  Po^arisationsebene  des  Von  dem  Spiegel  C  reflectirten  Lichtf 
ooineidirt«       Nehmen  wir  aber  den  Fall  an,  dafs  für  eine  be- 
stimmte  Richtung   des   Strahls   die  Polarisationsebene   des  ge- 
wöhnlichen  Strahls  O  mit  der   Polarisationsebene  des   von  C 
reflectirten  Lichts  eoineidire*       In  diesem   Falle  wird   der  re- 
flectirte  Strahl  (nach  §.  48*  IL)  nur  den  gewöhnlichen  Strahl 
O  erzeugen,  und  sonach  wird  die  durch  den  Krystall  bewirk- 
te  Trennung   der  Strahlen   von    keiner  weiteren   Folge  sera, 
da  doch  nur  ein  einziger  der   beiden  Strahlen  noch  übrig  ist. 
Der  gewöhnliche  Strahl  Wird  also  dann  aus  dem  Krystall  ganz 
ebenso   heraustreten,    als    er   in    denselben   hineingetreten  ist, 
d.  h.  unvermischt  mit  andern  Strahlen,  und  derselbe  wird  dann 
auch  auf  die  Reflexionsebene  K.  ganz  ebenso  fallen,  als  ob  er 
gar  nicht  durch  das  KrystallbJättchen  gegangen  wäre,    so  dafs 
er  also  au^h  nicht  reflectirt  werden  wird« ,  Dasselbe  wird,  mit 
gehörigen  Modificationen ,    der  Fall  seyn,    wenn  die  Polarisa- 
tionsebene des .  aufsergewöhnlichen  Strahls  £  mit  der  Polarisa- 
tionsebene des  von  C  reflectirten  Lichts  eoineidirt.     Will  man 
also  alle  die  Richtungen    der  Strahlen  bestimmen,    in  weichen 
die  Polarisationsebene  jedes   gewöhnlichen    und    jedes    onge^ 
wohnlichen  Strahls    mit    der  Reflexionsebene   von   C  coinci- 
dirt,  so  werden  die  in  dieser  Richtung  fortgehenden  Strahles 
keiner  Reflexion    von   K  fähig   seyn   und   das  Bild,    welches 
solche  Strahlen    dem    Auge   darstellen,     wird  das    von    einer 
oder  mehreren  dunklen  Linien  oder  Streifen" seyn,  von  wel- 
chen die  oben  erwähnten  farbigen  Curven  durchschnitten  wer- 
den. 


Des  Lichte«.    Farben  durch  Polarisation«  1529 

II.  Wird  aber  die  Reflexionsebene  K  um  ihre  Axe  ge- 
dreht, bie  sie  mit  der  Reflexionsebene  C  eoineidirt,  so  werden 
die  in  Nr.  I.  Angegebenen  Bedingungen  diejenigen  Richtungen 
bestimmen,  in  welchen«  das  Lieht  die  gröfstmögliche  Fähig« 
keit  der  Reflexion  von  K  besitzt,  so  dafs  also  dann  ein  hel- 
ler Streifen  entsteht,  von  dem  die  farbigen  Ringe  durchschnit- 
ten werden.  Wird  K.  in  eine  Lage  gedreht,  die  zwischen 
jenen  beiden  enthalten  ist ,  so  wird  man  auf  dieselbe  Weise 
finden,  dafs  die  Richtungen  der  Strahlen  (für  welche  die  Ebe- 
nen der  gewöhnlichen  oder  aufsergewöhnlichen  Strahlen  mit 
der  Reflexionsebene  von  C  oder  von  K  eoineidiren )  die  Ge- 
stalt derjenigen  Linien  bestimmen,  welche  alle  jene  farbigen 
Ringe  durchschneiden  und  in  welchen  die  Intensität  des  Lich- 
tes gleichförmig  und  dieselbe  ist,,  die  auch  ohne  Beihülfe  des 
KrystallplättchenS  statt  gehabt  hatte.  Diese  besondern  Fälle 
sind  hier  nur  als  die  auffallendsten  Puncto  .in  der  allgemeinen 
Erscheinung  herausgehoben  worden.  %  Die  nähere  Bestimmung 
der  Gestalt  dieser  Linien  und  Carve.n  werden  wir  erhalten, 
wenn  wir  den  analytischen  Ausdruck  der  Intensität  des  Lich- 
tes aufstellen ,  das  von  der  Reflexionsebene  K  in  allen  Rich- 
tungen zurückgeworfen  wird. 

Nach  diesen  allgemeinen  Betrachtungen  wollen  wir  nun 
zu  der  nähern  Erklärung  der  Ursachen  dieser  Erscheinungen 
übergehn. 

63)    Fbeshil's  Erklärung  der  Ursachen  dieser 

Erscheinungen« 


* 
\ 


Wir  nehmen  in  dem  Folgenden  an ,  dafs  der  in  der  Po- 
larisationsmaschine (Fig.  224)  durch  den  Spiegel  C  polarisirte 
Lichtstrom  senkrecht  auf  eine  Krystallplatte  falle,  die  parallel 
mit  ihrer  optischen  Axe  geschnitten  ist.  Auch  setzen  wir  die- 
ses Licht  homogen  oder  von  einer  bestimmten  Farbe  voraus, 
so  dafs  z.  B.  X  die  Wellenlänge  des  rothen  Lichts  bezeichnen 
soll«  Dieses  vorausgesetzt  wollen  wir,  nun  die  relativen  Inten- 
sitäten desjenigen  Lichtes  bestimmen,  welches,  nachdem  es  jene 
Krystallplatte  verlassen  hat,  auf  den  Spiegel  K,  oder  auch  auf 
ein  doppeltbrechendes  Prisma  von  isländischem  Späth  fallt,  das 
durch  ein  Glasprisma  achromatisirt  worden  ist ,  wo  dann  dieses 
Doppelprisma  mit  seinen  Kanten  nahe  senkrecht  auf  die  Rich- 
IX.  Bd.  Eeeee 


1530  U»dulation. 

tVng  CK  gestellt  wird.      Es  sey  nun  für  ein«  der  Kiystall- 
*«?•  platte  parallele  Ebene  C  der  Durchschnitt  der  Axe  des  eiahl- 
'lenden  Strahlbündels  und  PCF  die  Rkhtuog  seiner    Polari- 
sationsebene,    so  wie  LCL'  und  RCR'  die  Richtungen  der 
Hauptschnkte  des  Krystallplättchens  und  des  Prisma'*.    Seyea 
'  9  und  0  die  Winkel,  welche  diese  Schnitte  mit  der  erst« 
'Ebene  bilden,  nnd  seyen  endlich  die  Linien  pCp',   lCl'oad 
rCr'  in  derselben  Ordnung  senkrecht' aaf  PCP*,  LCL'  tad 
RCR'»    Dieses  vorausgesetzt   wird,    nach  dem  Vorhergehen- 
den, die  Richtung   der  Vibration  des  einfallenden  Strahls  pa- 
rallel mit  p  p'  seyn  und  von  den  beiden  pelarisirten ,  au»,  der 
Krystallplatte  heraustretenden  Lichtstrahlen  wird  IT  die  Rich- 
tung der  Vibration    für  den   gewöhnlichen   nnd  LL    für  dm 
'     aufsergewöhnlichen  Strahl  seym     Für  die  aus  dem  Prisma  kei- 
menden Strahlen  endlich  wird  rr'  die  Richtung  der  Vibration 
für  den   gewöhnlichen  und   RH'   fär  den   aujsergewöhnlichea 
Strahl  vorstellen»       Nimmt  man  nun  die  Intensität  des  einftl- 
lenden  Lichts  als  cjie  Einheit  der  Intensitäten   an,    so  wird, 
bei  dem  Austritte  des  Lichts  ans  der  Krystallplatte,    die  Ge- 
schwindigkeit der  Vibration ,    deren  Coefhcient  die  Einheit  ist 
und  deren  anfängliche  Richtung  Cp  war,  sich  in  swei  anda» 
Geschwindigkeiten  zerlegen,  von  denen  die  eine  Cl  mit  dem 
Coefficienten  Cos*  tp   und  die  andere  CL'  mit  dem  Coeffidea- 
ten  Sin«  1p  ist«    Demnach  wird  der  nach  P  Pr  polarisirte  Ltcht- 
strom,   dessen  Intensität  die  Einheit  ist,    durch  die  Krystall- 
platte in  swei  Ströme  gethsüt,  von  welchen  der  eine  Fo  die 
Intensität  Cos.2 9  hat  und  nach  der  Ebene  des  Haoptschnkts 
polarisirt  ist,    während  der  andere  Fe  die  Intensität  Sin.*f 
haben   nnd    senkrecht    auf  jene  Ebene  polarisirt    seyn  wird. 
Da  aber  diese  zwei  Lichtströme  wegen  der  hier  sehr  klein  ae- 
genommenen  Dicke    der  Krystallplatte  nur  eine  sehr  gerieft 
Spaltung  erlitten  haben  können ,  selbst  wenn  diese  Platte  schief 
gegen   die  Richtung   des   einfallenden  Stroms  läge«    so  kann 
,  man  annehmen ,   daGs  diese  swei  Ströme  bei  dem  Austritte  aas 
der  Platte  wieder  alle  in  einander  ftieJsen  und.  so  vereinigt  sm 
dem  oben  erwähnten  Prisma  gelangen«     Bei  dem  Austritte  aus 
diesem  Prisma  wird  jene  erste  Vibration  Fo  (deren  Coefficient 
Cos.  9  und  deren  Richtung   11'  ist)   in  swei  andere   «erlegt 
werden ,  die  eine  nach  Cr  mit  dem  Coefficienten  C0S.9  Cos.  (9 — 6% 
die  andere  nach  CR  mit  dem  Coefficienten  Cos« y Sin, (9—6^ 


Des  Lichtfes,    Farben  durch  Polarisation.  1531 

Der  Strom  Fo  also,    Jessen  Intensität  Cos.2 9  war  und   der 
nach  dem  Hanptschnitt  der  Platte  polarisirt  ist,   wird  in  zwei 
Ströme  getheilt  werden,  von  denen  der  erste  Fo+°*  die  In- 
tensität Cos. 2 9 Cos.2 (9  —  0)  hat  und  nach  dem  Hauptschnitte 
des  Prisma'*  polarisirt  ist,  während  der  zweite  Fo-f  e  die  In-« 
tensitat  Cos. 2 9 Sin.2  (9  —  0)  haben  und  senkrecht  auf  jene 
Richtung    polarisirt   seyn    wird»      Ganz    auf   dieselbe  Weise 
wird-  aber  auch   die   Geschwindigkeit  der  Vibration  Fe  (de- 
ren Coefficient  Sin.  9  und  deren  Richtung  CL'  ist)  durch  das 
Prisma  in  zwei  andere  zerlegt  werden,  deren  eine  parallel  mit 
CR'  ist  und  den  Coefficienten  Sin.  9  Cos.  (9«-*— 0)  hat,    wäh- 
rend die  andere   parallel   mit  «Cr  seyn   und  den   Coefficienten 
Sin.  9  Sin. (9  —  0)  haben  wird*    Der  Lichtstrom  Fe  also,  des- 
sen Intensität  Sin.2 9  ist  und   der  in   einer   zum  Hauptschnitt 
der   Platte  senkrechten  Ebene  polarisirt  ist,    wird  durch  das 
Prisma  in  zwei  andere  Ströme  getheilt,  von  welchen  der  erste 
Fe-f-e'  die  Intensität  Sin.2  9  Cos.2  (9  —  0)  hat  und  senkrecht 
auf  den  Hauptschnitt  des  Prisma'*  polarisirt  ist,  wahrend' der 
zweite  Fe  +  o'  die  Intensität  Sin.2qpSib.2(qp  —  0)  haben  und 
nach   der  Richtung  dieses  Hanptschnitts  polarisirt  seyn  wird. 
In  Folge  aller  dieser  Zerlegungen  wird  das  sämmtliche,    aus 
dem  Prisma  austretende  Licht  Jo,    nachdem  es   in  demselben 
die  gewöhnliche  Brechung  erlitten  hat    und  nach  der  Ebene 
RCR'  vollständig  polarisirt  worden  ist,  seine  Vibrationen  pa- 
rallel mit  r  C  r'  fortschicken  und  aus  den  zwei  Lichtströmen  F  o  +  c/ 
and  Fe  4*0'  bestehn,  deren  Intensitäten  Cos.2 9  Cos.2 (9  —  0) 
und  Sin.2 9  Sin.2 (9 — 0)  sind.    Gans  ebenso  wird  aber  auch 
das  sämmtliche  aus  dem  Prisma  tretende  Licht  Je,  das  nach  der 
Richtung  rC /'polarisirt  ht,  seine  Richtungen  parallel  mit  RCR* 
fortschicken    und  ans  den  zwei  Lichtströmen   Fo  +  e'   und 
Fe  +  e  bestehn,  deren  Intensitäten  Cos.2 9  Sin.2  (9  —  0)  und 
Si».2  9  Cos.2 (9—0)  sind. 

Wenn  nun  die  Phasen  der  in  einem  gemeinschaftlichen 
Pancte  zusammentreffenden  Wellen  der  beiden  Lichtströme  Jo 
und  Je  dieatöen  wären,  so  würde  man  nur  ihre  beiden  In- 
tensitäten summiren  dürfen ,  um  die  Intensität  des  gewöhnli- 
chen und  des  außergewöhnlichen  Bildes  zu  erhalten«  Allein 
diese  Phasen  sind  im  Allgemeinen  verschieden,  und  zwar  aus 
folgenden  zwei  Ursachen«  Die  erste  Ursache  ist  die  ver- 
aclsiadene  Verzögerung,    welche  in  der  Krystallplatte  die  bei- 

Eeeee  2 


1532  Undulation. 

den  Lichtströme  Fo-f-o'  and  F e  -f-o'  oder  Fo  +  e'  and  Fe-f-e' 
erlitten  haben,  da  in  jedem  dieser  beiden  Paare  der  eine  die 
gewöhnliche,  der  andere  die  außergewöhnliche  Refraction  er- 
halten hau  Um  diese  Verzögerangen  auszamitteln ,  ist  es  ge- 
nug ,  die  bekannte  Dicke  der  Krystallplatte  mit  deiq  Index  der 
(gewöhnlichen  and  aufsergewöhnlichen)  Refraction  dieser  Platt» 
su  mnltipliciren.  Die  so  erhaltenen  zwei  Prodacte ,  die  wir  E 
und  B'  nennen  wollen ,  werden  ans  die  Wege  geben,  welche 
das  Licht  in  der  Luft  während  der  zwei  Zeiten  durchläuft, 
die  das  Licht  gebraucht,  am  die  Krystallplatte  mit  dem  ge- 
wöhnlichen und  mit  dem  außergewöhnlichen  Strahl  za  durch- 
laufen. JDie  aus  dieser  Ursache  entspringende  Verzögerang  der 
neiden  Lichtströme  wird  also  E  < —  E'  seyn ,  /wotür  wir  der 
Kürze  wegen  A  setzen  wollen.  Die  zweite  Ursache  der  Un- 
gleichheit! der  Phasen  der  beiden  coincidirenden  Wellen  wird 
in  den  verschiedenen  Zeichen  zu  suchen  seyn,  welche  die 
Geschwindigkeiten  dieser  Wellen  in  demselben  Augenblicke 
haben.  In  der  That,  wenn  auch  die  beiden  Lichtströme  Fo 
und  Fe  mit  derselben  Phase  in  dem  Prisma  anlangen  and 
wenn  der  eine  die  Geschwindigkeit  von  C  nach  1,  der  andere 
aber  von  C  nach  L'  hat,  so  werden  die  zwei  daraus  entste- 
henden, mit  rr'  parallelen  Seitengeschwindigkeiten  das  Aetber- 
theilchen  von  C  nach  r  treiben,  so  dafs  also  die  zwei  vonJo 
kommenden  Geschwindigkeiten  dasselbe  Zeichen  haben.  Di« 
zwei  primitiven,  mit  RR'  parallelen  Geschwindigkeiten  aber 
werden  dieses;  Aethertheilchen  die  eine  von  C  nach  R,  die 
andere  von  C  nach  R'  treiben,  so  dafs  sie  sich  also  gegensei- 
tig vermindern  oder  theilweise  aufheben,  weil  hier  die  bei- 
den Geschwindigkeiten  verschiedene  Zeichen  haben  oder, 
dasselbe  ist,  weil  ihre  Phasen  um  eine  halbe  Wellenlange 
schieden  sind» 

I.  Diesem  gemäfs  wird  also  der  Lichtstrom  Jo  in  zwei 
andere  aufgelöst  seyn,  deren  Phasen  um  die  GröfseE— Ef=^/ 
verschieden  sind  und  deren  Intensität  Cos.2 q>  Cos.  2(<p — 0) 
und  Sin. 2 9 Sin.2 (9 • — 0)  seyn  wird,  und  der  Lichtstrom  Je 
wird  in  zwei  andere  aufgelöst  seyn ,  .deren  Phasen  um  dieGröfte 
{?d  -J-.J  X)  verschieden  sind  und  deren  Intensität  Cos.2^  Sin.2(<p-Ö) 
und  Sin*2  j»  Cos« 2  (q>  —  0)  ist.  Verbindet  man  also  dieses 
mit  dem ,  was  oben  (§.  19.  III.)  über  die  Zusammensetzung  der 
Wellen  gesagt  worden  ist,   so  erhält  man  für  die  Intensitäten 


Des  Lichte«.    Farben  durch  Polarisation«  1533 

der  Bilder*  die  ans  den  zwei  Lichtströmen  Jo  und  Je  nach 
ihrem  Durchgang  durch  das  Prisma  entstehn ,  die  folgenden 
Ausdrücke: 

(Jo)= Cos.2  9  Cos.2(y— 0)  +Sin.2y  Sin.2(y—  0) 

+  28in.e>Cos.98in.  (9  —  8)  Cos.  (9 -  0) Cos.2*^ 

und  > 

(J  e) = Cos.*9  Sin.2  (9—  0)+Sin.  29  Cos,2(9— 0) 

— 2  Sin.  9  Cos«  9  Sin.  (9  —  0)  Cos«  (9  —  0)  Cos« 

die  man  durch  eine  einfache  Transformation  der  trigonometri- 
schen Functionen  auch  so  darstellen  kann 

(Jo)=Cos.20— 8inJ29Si»Ä(9—  0)Sin.2  ~ 
und  \    .  .  •   (I) 

(Je)==Sin,20+Siiu29SinJ2(9—  0)Sin.2  ^ 


wo  die  Summe  dieser  beiden  Intensitäten  (Jo)  und  (Je)  wie- 
der gleioh  der  Einheit  ist,  wie  es  seyn  muls» 

IL  Demnach  wird  also  der  anfanglich  polarisirte  homo- 
gene Lichtstrahl  während  seines  Durchganges  in  der  Krystall- 
platte  und  im  Prisma  in  zwei  Strahlen  zerlegt«  die  im  Allge- 
meinen ungleich  ,  sind  und  daher  auch  den  von  ihnen  erzeug- 
ten Bildern  eine  ungleiche  Intensität  geben.  Da  der  Index 
der  Refraction  für  die  verschiedenen  Farben  des  Spectrums 
von  einer  Farbe  zur  andern  in  seinem,  numerischen  Werthe 
nur  sehr  wenig  vaxiirt,  so  wird  auch  die  Gröfse  4  für  Jede 
Farbe  sehr  nahe  denselben  constanten  Werth  beibehalten«  rfat 
man  also  zu  seinen  Experimenten  weifses  (aus  allen  Farben 
zusammengesetztes)  Sonnenlicht  genommen ,  so  wird  man  die 
Farben  der  zwei  Bilder  auf  folgende  Weise  bestimmen  kön- 
nen. Man  dividixt  die  Grölse  J  nach  und  nach  durch  die 
Wellenlänge  X  einer  jeden  einzelnen  der  sieben  bekannten 
Farben,  die  so  erhaltenen  Quotienten,  in  den  letzten  Gleichun- 
gen snbstituirt ,  werden  also  sieben  Gruppen  für  die  Werthe  von 
(Jo)  und  (Je)  geben.  Diese  sieben  Werthe  Von  (Jo)  werden  dann 
die  relativen  Intensitäten  der  sieben  Farben  in  dem  gewöhnlichen 


1534  Unduiation. 

Bild«  geben ,  und  ganz  ebenso  wird  man  euch  aas  (Je)  die 
sieben  Farben  des  außergewöhnlichen  Bildes  erhalten*  Dabei 
ist  für  sich  klar,  dafs  die  Farben  jedes  zweiten  Bildes  die 
complementären  zu  den  Farben  des  analogen  ersten  Bildes  seyn 
werden,  da  nach  den  letzten  Gleichungen  die  Summe  von 
(Jo)  und  (Je)  gleich  der  Einheit  ist.  Fabsmil  hat  diese  Rech- 
nungen für  mehrere  Fälle  ausgeführt  und  sie«  mit  den  Beob- 
achtungen vollkommen  übereinstimmend  gefunden.  , 

HL  Wenn  die  Dicke  der  Platte  und  die  Grobe  J  dieselbt 
bleibt»  aber  dafHr  der  Hauptschnitt  der  Platte  oder  des  Pris- 
ma V  eine  andere  Lage  erhalt,  d.  h.  wenn  die  Gröfsen  9  und 
©  sich  ändern,  so  werden  auch  die  Intensitäten  der  beiden 
Bilder'  sich  ändern,  aber  die  Farbe  derselben  wird  umgeändert 
bleiben.  Denn  wenn  sich  die  Werthe  von  (Jo)  und  (Je)  der 
Gleichungen  (I)  auf  ihre  ersten  Glieder  Cos.  *  Q  und  Sin. 3  6 
reduciren ,  so  wird  das  Verhältnifs  dieser  zwei  Intensitäten  das- 
selbe bleiben,  wenn  man  auch  von  einer  Farbe  zur  andern 
übergeht,  so  dafs  also  die  Bilder  weils  seyn  würden,  d.  b. 
dafs  das  weibe  Licht,  dessen  Intensität  die  Einheit  ist,  sich 
ohne  Decomposition  über  die  beiden  Bilder  verthdilen,  «ad 
ihnen  blofs  die  zwei  ungleichen  Intensitäten  Cos.  *  0  und 
Sin, 2  @  geben  würde.  Aber  die  zweiten  Glieder  dieser  Glei- 
chungen (I)  zeigen ,  dafs  sich  diese  Vertheilung  auf  eine  gans 
andere  Weise  macht  Penn  ein  Theil  von  jeder  Farbe,  dir 
durch  die  Gröfse 

Sin. 2 y  Sin. 2 (9—  0)  Sin.»  ^    ' 

vorgestellt  worden  ist,  wirkt  gleichsam  dem  einen  Bilde  entgegen, 
um  dafür  auf  das  andere  übergetragen  zu  werden.  So  lange  du 
'  Product  Sin. 2 9  Sin. 2 (tp  —  0)  positiv  ist,  gewiont  dadurch  dal 
aufsergewöhnliche  Bild,  während  das  gewöhnliche  verliert,  und 
das  Gegentheil  hat  statt ,  wenn  jenes  Product  negativ  wird. 
Wenn  dietfer  gegenseitige  Austausch  für  alle  Farben  denselben 
Werth  hätte ,  so  würden  auch  dann  die  beiden  Bilder  wei& 
bleiben,  nur  würde  das  eine  auf  Kosten  des  andern  mehr  be- 
leuchtet seyn.      Allein   da  diese  Grobe  für  jede  Farbe  einen 

andern  Werth  hat   (weil   nämlich  der   Factor  Sin.2  -y  ««& 
mit  der  Farbe  ändert) ,  so  wird  z.B.  das  begünstigte  Bild  tos 


Des  Lichtes,    Farben  durch  Polarisation.  1535 

den  verschiedenen  Farben  des  andern  Bildes  ungleiche  Au- 
fhelle dieser  Farben  an  sieh  gerissen  haben  nnd  daher  in 
denselben  Farben  gewinnen,  in  welchen  das  andere  verliert. 
Anch  werden  diese  Farben  der  beiden  Bilder ,  die  immer  un- 
ter sich  complementär  sind,  dieselben  bleiben  für  alle  Wer- 
the  von  <p  und  @,  nnd  ihre  Intensität  wird  der  Gröfse 
8in»22qp  Sin.*2(<)p— ©)  proportional,  das  heilst  für  ein  con- 
stantes  9  mit  der  Gröfse  Q  veränderlich  seyn,  Anch  mufs 
noch  bemerkt  werden ,  dais  die'  beiden  Bilder  die  ihnen  zu- 
kommenden Farben  nicht  jedes  für  sich  ausschliebend  behal- 
ten, sondern  dafs  sie,  in  diesen  Farben,  mit  einander  abwech- 
seln werden,,  sobald  der  Factor  Si^2ySjn.2(y— @)  eben- 
falls sein  Zeichen  wechselt. 

IV.  Um  aber  enf  diese  Weise  in  der  That  farbige  Bil- 
der zu  erhalten ,  mnis  nothwendig  die  Krystallplatte  aehr  dünn 
seyn.  Denn  da  das  Sonnenspeetrum  nicht  blofs  sieben,  son- 
dern eigentlich  unzählig  viele  Farben  enthalt,  so  dafs  also  anch 
jede  dieser  sieben  Hauptrarben  ans  unzähligen  Lkbtwellen  be- 
steht, deren  jede  ihre  eigene  Lange  X  hat,  so  wird  der  von 
einem  Bude  auf  du  andere  übergehende  Antheil  von  Licht 
desto  grtffser  seyn ,  je  gröfser  d  ist.  Ist  daher  die  Dicke  der 
Krystallplatte  bedeutend,  so  enthält  die  Gröfse^  eine  be- 
trächtliche Menge  von  Wellen  jeder  Art  und  die  Bilder  er- 
scheinen, daher  in  allen  Farben  zugleich,  d,  h.  sie  erscheinen 
weils»'  Wenn  aber,  für  sehr  dünne  Platten,  die  Gröfse  J  nur 
eine  sehr  geringe  Anzahl  von  den  Wellen  jeder  Art  enthält,  so  wer- 
den die  Wellen  der  einen  Art,  d.  h#  der  einen  Farbe,  die  Wellen 
der  andern  Arten  leichter  überwiegen  können  und  das  Bild  wird 
daher  in  der  Farbe  dieser  überwiegenden  Wellen  erscheinen. 

Nach  diesen  vorläufigen  Betrachtungen  wollen  wir  nun  zu 
der  eigentlichen  mathematischen  Theorie  dieser  interessanten 
Phänomene  übergehn. 

64)    Bestimmung    des   duroh  Krystallplatten  ge- 
gangenen Lichts« 

Nehmen  wir  an ,  dafs  ein  dünnes  Plättchen  von  isländi- 
schem (oder  einem  anderen  einaxigen)  Krystall  senkrecht  auf 
die  Äxe  des  Krystalls  geschnitten   ist  nnd  dafs  auf  dasselbe 


'■ 


1536  Undulation. 

das  Licht  nahe  in  der  Richtung  dieser  Axe  auffalle.  Man 
•suche  die  Geschwindigkeiten  der  dadurch  entstandenen  ge- 
wöhnlichen sowohl  ab  aufsergewöhnlichen  Wellen,  und  die 
Retardationen ,  welche  jede  dieser  zwei  Wellen  während  ih- 
res Durchganges  durch  den  Krystall  erleidet« 

* 

I«  Betrachten  wir  zu  diesem  Zwecke  zuerst  den  anfser- 
Fig. gewöhnlichen  Strahl  E.  Es  sey  AB  die  Richtung  des  einfal- 
**Menden  Strahls  (oder,  was  dasselbe  ist,  die  Normale  auf  die 
einfallende  Wellenfronte)  und  BC  die  Normale  auf  die  Wel- 
lenfronte des  aufsergewöhnlichen  Strahls  (welche  Normale  nicht 
immer  mit  der  Richtung  des  gebrochenen  aufsergewöhnlichen 
Strahls  zusammenfällt),  Sey  ferner  CD  die  zu  AB  parallele 
Richtung  des  Austritts  der  Strahlen  aus  der  Krystallplatte  HN 
nnd  bezeichne  man  durch  I  den  mit  der  Linie  A  B  gebildeten 
Incidenzwinkel,  sowie  durch  R  den  mit  BC  gebildeten  Re- 
fractionswinkel.  Endlich  sey  noch  v  die  Geschwindigkeit  der 
aufsergewöhnlichen  Welle  vor  und  y  nach  ihrem  Eintritt  bei 
B  in  die  Platte,  senkrecht  auf  die  Fronte  dieser  Welle  ge- 
nommen, und  T  die  Dicke  der  Platte.  Dieses  vorausgesetzt, 
wird  die. Zeit,  während  welcher  das  Licht  durch  die  Linie 
BC  im  Innern  des  Krystalls  geht,  gleich 

T 
yCos.R 

und  der  Raum,  welchen  dieses  Licht  während  derselben  Zeit 
in  der  Luft  beschrieben  hätte,  wird  gleich 

T» 

v  Cos.  R 

seyn.     Da  aber  die  Wellenfronte  bei  ihrem  Eintritt  in  B  senk 
recht    zu  AB    und  bei  ihrem  Austritt  in  C  senkrecht  zu  CD 
ist,     so  ist  der  ganze  Weg,    uro  welchen  die  Welle  vorge- 
schritten-ist, 

Cos.(I-R) 
BE-T'     Cos.R      * 

Nennt  man  also  q  die  Retardatiön  der  Welle  oder  ist  q  der 
Raum  in  der  Luft,  um  welchen  die  Welle  zurückgeblieben  ist, 
so  hat  man 


Des  Lichtes«    Farben  durch  Polarisation.  J537 

/ 

eder 

p'tr-JL*  f-,— Cos.ICos.R—SinJSinjA  . 
*        Cos#Rv*  / 

Allein  wenn  GH  eine,  der  Lagen  der  Wellenfronte  vor  und 
BK  nach  dem  Einfall  des  Lichte  in  B  bezeichnet,  so  müssen 
die  Wege  6B  und  HK  in  derselben  Zeit  beschrieben  wer- 
den, so  dafs  man  daher  hat 

6B      *_ 
HK      v 

und  da  auch  jrg"=a «F — r  ut»  *°  "■*  mUk 

9 

Sin.  R=--.Sin.I. 

Da  endlich  das  Loth  auf  die  brechende  Flache  (nach  der  obi- 
gen Voraussetzung  der  Aufgabe)  mit  der  Axe  des  Krystalls 
coincidirt,  so  ist  auch  (§.  51.  II.) 

*    »V=)^aVCos.tR+6*Sin.*a, 
Aus  diesen  Gleichungen  folgt 

aSin.I  ' 


Sin.R 


fV— (c*— a*)Sin.*I 

„      „  t  v*  —  c*  Sin.  *  I 

Cos.  R  =  „>  w,  =?• 

?**  — (ca— a*)Sin.al 


und 


av 


}/V  — (c*— a?)Sin.*r 

so  dafs  man  daher«  wenn  man  diese  Ausdrücke  in  den  obla- 
gen Werth  von  p'  substituirt,  für  die  gesuchte  Retardation 
des  aufsergewöhnlichen  Strahls  erhält 

II«  Um  ebenso  die  Retardation  p  für  den  gewöhnlichen 
Strahl  zu  finden,  wird  man  in  dem  Werth©  von  Q  nur  a 
statt  c  setzen  (vergl.  §.  51»  I.  und  IL),  so  dafs  man  daher 
hat 

e  =T.  (pEJIEB- C0..1) . 


1538  UndulatioD. 

Bemerken  wir,  dafs  die  Constante  c  grttfser  ist  als  a  für  den 
isländischen  Späth,  für  Beryll,  Rubin,  Smaragd ,  Trfrmalin, 
Sapphir  und  für  mehrere  andere  Krystalle,  die  man  deshalb 
negativ*  Krystalle  nennt ,  weil  für  sie  auch  a  —  o  eine  nega- 
tive Gröfse  ist;  für  positive  Krystalle  aber,  wie  für  Bergkry- 
stall,  Eisenoxyd,  für  ApophyUit,  Boraek,  Eis  u.  s.  w«  ist  c 
kleiner  als  a,  also  auch  a  —  c  eine  positive  Grölst* 

HL    Hier  aber  haben  wir  es  blofs  mit  der  Differenz  die- 
ser beiden  Gräften  oder  mit  der  Gleichung  zu  thnn 

e_e'=Z  .  (r^-a2Sin.2I—  r^— c^ Sin.*i). 

Ist  nnn  der  Incidenzwinkel  I  nur  klein  oder  fallt  das  Licht 
-nahe  senkrecht  auf  die  Krystallplatte,  so  hat  man  den  genä- 
herten Ausdruck 

*      *  2ay  * 

wo  wir  der  Kür?e  wegen  q~q  =  4  setzen  wollen, 

IV«  Um  daher  die  Verriickong  in  den  Aethertheilchea, 
die  durch  diese  zwei  Lichtstrtfme  hervorgebracht  wird;  ansr 
zudrücken,  haben  wir  die  Vibration  des  gemeinen  Lichts  bis- 
her durch 


dargestellt,  'so  da&  daher  die  hier  zu  betrachtende  Vibration 
seyn  wird 

tSin.y[at-(x-^)]  oderaSin.r^(at-x)  +  ~^J. 


65)  Bestimmung  des  durch  Krystallplatten  ge- 
henden Lichtes,  wenn  die  Platte  zwischen 
zwei  Spiegel  gelegt  wird. 

Es  werde  nun  die  im  Anfange  des  §•  63*  erwShnto  Kry- 
stallplatte, die  auf  die  Axe  senkrecht  geschnitten  ist  und  auf 
welche  das  Licht  nahe  in  der  Richtung  dieser  Axe  anfiaUr, 
zwischen  die  zwei  Reflexionsebenen  C  und  K  (Fig.  225)  g*~ 
legt.      Man  suche   die  Intensität  des  (achts  für  verschiedene 


Des  Lichte«.    Farben  durch  Polarisation«  1539 

Punkte  des  Bildes,  welches  nach  der  Reflexion  des  Lichts  von 
der  analysirenden  Ebene  ,K  getebn  wird.  Um  dieses  interes- 
sante Problem  aufzulösen,  stellen  wir  uns  die  Richtung  irgend  Flg. 
eines  Lichtstrahls  senkrecht  zu  der  Papierebene  vor.  Nennen *™# 
wir  q>  den  Winkel  der.  durch  den  Strahl  und  durch  die  Axe 
des  Krystalls  (d.  h.  nach  §.51.  L  durch  die  Haupteben*  tut 
diesen  Strahl)  gehenden  Ebene  mit  der  ersten  Polarisations- 
ebene und  sey  ebenso  0  der  Winkel  dieser  ersten  Polarisa- 
tionsebene mit  der  analysirenden  Reflexionsebene  K.  Wird 
dann  die  Vibration  des  von  der  ersten  Reflexionsebene  C  po- 
larisirten  lichtes  durch 

"*Tl«-"       ' 

dargestellt,  d}o  senkrecht  auf  die  erste  Polsrisationsebene  ist, 
so  wird,  wenn  das  Licht  in  den  Krystall  tritt,  diese  Vibra- 
tion in  zwei  andere  zerlegt  werden,  nämlich  in 

aCos.y.Sin.—  (<frt  —  x) 

senkrecht  zur  Hauptebene,  wodurch  der  gewöhnliche  Strahl 
entsteht,  und  in 

aSin.qp.Sin.—  (ot  —  x) 

parallel  zur  Hauptebene,  wodurch  der  aufsergewöhnliche  Strahl 
entsteht«  Der  erste  dieser  beiden  Ausdrücke  kann  auch  noch 
als  richtig  angenommen  werden,  nachdem  der  getvöhnliclis 
Strahl  schon  aus  dem  Krystall  ausgetreten  ist,  wenn  man  näm- 
lich nur.  die  Werthe  von,  x  und  t  gehörig  ändert ;  aber  für 
den  außergewöhnlichen  Strahl  mufs  man  dann  (nachj.  63.1V.) 
den  Ausdruck  nehmen 

a Sin. 9. Sin.  I  -r-(at  —  x)  -| r— 1/ 

Wenn  nun  das  Licht,  wie  es  aus  der  Krystall  platte  kommt, 
unmittelbar  ins  Auge  treten  sollte ,  so  würde  die  Intensität  des 
Lichts ,  obschon  es  in  verschiedenen  Richtungen  aus  dem  Kry- 
stall e  kommt,  doch  nicht  geändert  werden;  denn  die  Intensi- 
tät des  gewöhnlichen  Lichtes  würde  gleich  a2  Cos.2  9  und 
die  des  aufsergewöbnlichen  würde  a2  Sin.2  q>  seyn,  so  dafs 
also   die  Summe  dieser  beiden  Ausdrücke  oder  die   GrbTse  a* 


1540  Uüdulation. 

die  Intensität  der  vereinigten  LichtweUen  bezeichnete.  Wenn 
aber  das  Licht ,  nachdem  et  die  Krystallplatte  verlassen  hat, 
zuerst  auf  die  analysirende  Ebene  K  des  Polarisationsinstra* 
ment»  fällt,  so  bleiben  nur  diejenigen  aufgelösten  Theile  der 
Vibrationen  übrig,  die  senkrecht  xu  dieser  Ebene  K  stehn*. 
Diese  aufgelösten  Theile  sind  für  den  gewöhnlichen  Strahl 

2  TT 

aCos.<p.Co9.  (9+ 0).Sin.  —  (at  — x) 

und  für  den  aufs  ergewöhnlichen  Strahl 

aSin.V.Sin.(g>  +  ^)Sin.  R»  (at_x)  +  2i£| 

und  nun  wird  die  Summ*  dieser  zwei  Ausdrücke  die  Vibra- 
tion des  Lichtes  bezeichnen ,  welches  von  der  Ebene  C  po- 
larisirt  durch  die  Krystallplatte  H  durchgelassen  und  von  der 
analysirenden  Platte  K  in  das  Auge  des  Beobachters  reflectirt 
worden  ist.  Um  diese  Summe  zu  erhalten,  mub  man  zueist 
den  Ausdruck 

«»•Pt^—'  +  '-H 

in  seine  zwei  Theile  auflösen,  wo  man  denn 

aCos.jpCos.  (9  +  ©)+aSin.Q>Sin,(y-f-  ©)Cos.  — r- — 

2n 
fiir  den  Factor  von  Sin.  —  (at— x)  und  ebenso 

aSin.£)Sin.(<p+ ©)Sin.  — — 

für  den  Factor  von  Cos.  -r-  (at  —  x)  findet«  ,    Die  Summe 

der  Quadrate  dieser  zwei  Factoren  wird  (nach  $;  21.  II.)  das 
Mals  der  gesuchten  Intensität  (I)  seyn.  Diese  Summe  ist 
aber 


1  Nach  dem  Vorhergehenden  wird  zwar  nicht  alles  aef  die  Be- 
flexionsebene  K  gehende  Lieht  zurückgeworfen,  sondern  auch  ein 
Theil  desselben  durch  die  in  dem  Rahmen  G  liegenden  Glasplatte* 
durchgelassen,  so  dafs  man  also  die  vorhergehenden.  Ausdrücke  noch 
mit  einem  constanten  Factor  (mit  einem  eigentlichen  Brache)  malti- 
nlieiren  sollte,  der  aber  hier  vernachlässigt  werden  kann,  da  man 
doch  nur  die  VerkqltKiste ,  nicht  die  absoluten  Gröfseff  der  Licfcftin- 
tensitatcn  sucht. 


Des  Lichtes.    Farben  durch  Polarisation*    1541 
( I)=ÄS*Cö8.*g>C08.«(<P  +  0)  +  a*Sin.*  <p  Sin.«  (9+  0) 

4.  2a*8in.  yCos.pSin.fo)  +  0)Cos.(9+0)  Cos.£^, 
welchen  Ausdruck  man  auch  so  schreiben  kann 

(I)  ==|aari+Cos.2»Cos,2(9+0)+Sin.2ySin.2(9+©)Cfls.  ?pl 
oder  auch 

(I)=a*rCos.*0  —  Sin.2ySiD.2(9+0)Sio>5L/l 

oder  endHch ,  wenn  man  der  Kürze  wegen  g>  +  0  &a  ip  setzt, 

(l);»a*  (Cos.^0  — Sin.2^Si^2(V— ©)Si»a  x)' 

und  ganz  dieselben  Ausdrücke  haben  wir  auch  oben  (§.  63*  L) 
erhalten ,  wenn  man  hier  a  =s  1  setzt  und  den  Winkel  0  ne- 
gativ nimmt, 

I«  Dieser  Ausdruck  für  (I)  giebt  also  die  Intensität  des 
in  einer  bestimmten  Richtung  in  das  Auge  des  Beobachters 
eintretenden  Lichtstrahls  oder  die  Helligkeit  eines  bestimm- 
ten Panctes  des  Lichtbildes.  Um  zu  bestimmen ,  wel- 
cher Punct  dieses  Bildes  gemeint  ist,  haben  wir  nur  zn  be- 
merken ,  dafs  dieser  Strahl  den  Incidenzwinkel  I  mit  demje- 
nigen Strahle  macht,  der  in  der  Richtung  der  Axe  und  in  ei- 
ner Ebene  eintritt,  die  um  g>  +  0  gegen  die  analysirende 
Ebene  K  geneigt  ist,  vorausgesetzt,  dafs  der  Beobachter  in 
der  Richtung'  der  Bewegung  des  Strahls  auf  das  Bild  sieht*' 
Durch  die  Reflexion  von  der  Ebene  K  wird  zwar  diese  Rieh* 
rang  der  Strahlen  in  Beziehung  auf  oben  und  unten  umge- 
kehrt ,  wahrend  sie  in  Beziehung  auf  rechts  und  linke  keine 
Aenderung  erleidet.  Aber  da  das  Auge ,  um  das  Licht  aufzu- 
fangen, mit  dem  Beschauer  der  Figur  in  entgegengesetzter 
Stellung  steht,  so  giebt  es  noch  eine  zweite  Umkehrung  in 
Beziehung  auf  rechts  und  links ,  nicht  aber  auch  auf  oben 
und  unten.  Im  Ganzen  also  kommt  dieser  Lichtstrahl  von 
einem  Puncte,  dessen  scheinbare  Winkeldistanz  von  einem  an- 
dern fixen  Puncte  (durch  welchen  die  zur  Axe  parallelen  Strah- 
len gehn)  gleich  dem  Incidenzwinkel  I  ist,  und  diese  Distanz 
wird  in  derjenigen  Richtung  gemessen,  die  den  Winkel 
V*— 9+@  mit  der  «nalysirenden  Ebene  K  bildet,  wenn  man 


1542  Undulation. 

von  dem  oberen  Theile  dieser  Ebene  nach  der  rechten  Seile 
so  fortgeht;  In  dem  dem  Ange  dargestellten  Bilde  kann  der 
Irfcidenzwinkel  I  als  der  Radios  Vector  und  ip  =  9  +  ö  als 
der  Winkel  betrachtet  werden ,  den  der  Radios  Vector  mit  dem 
oberen  Theile  derjenigen  Linie  bildet,  welche  die  analjnirende 
Ebene  iE  vorstellt. 

.  66)    Erster  besonderer  Fall  des  §•  64 

Bei  'der  allgemeinen  Betrachtang  des  in  §•  64-  behandel- 
ten-Problems  müssen  wir  zwei  besondere  Fälle  als  vorzüglich 
wichtig  eigens  untersuchen.  Der  erste  Fall  ist  der ,  wenn  die 
analysirende  Ebene  K  des  Polarisationsinstraments  senkrecht 
auf  der  ersten  Polarisationsebene,  d.  h,  wenn  die  Ebene  K 
so  steht,  daft  ohne  Zwischenlegong  der  Krystallplatte  kein 
I  icht  reßectirt  wird.  Für  diesen  Fall  ist  der  Winkel  0  gleich 
einem  rechten  Winkel,  ond  dann  geht  der  oben  erhaltene 
Ausdruck  der  Intensität  in  den  folgenden  über 

(l)=a*Sto.*2V'.Sin.a2^. 

Dieser  Ausdruck  verschwindet  also,    welches  auch  der  Werth 
von  X  sejfa  mag,  so  oft' als  Sin.a  2  V  =  0  ist,  das  heilst  für 

^=0,    900,    180%    270° 
also  auch  für 

o>=0,    90°,    180°,    270° 

nnd  darausfolgt,  dafs  für  jedes  farbige  Licht  ein  schwarzes 
Kreuz  besteht,  das  sich  über  das  Lichtbild  verbreitet,  dafs 
ferner  die  beiden  Arme  dieses  Kreuzes  gegen  einander  senk- 
recht stehn,  ond  dafs  endlich  der  Durchschnittspunct  dieser 
Arme  durch  denjenigen  Ponct  des  Bildes  geht,  der  von  dem 
zor  Axe  parallel  einfallenden  Lichte  erzeugt  wird«  Für  alle 
übrigen  Zwischen werthe  von  9  verschwindet  die  Intensität  (I) 
nur  dann,  wenn 

—  =0,  n,   2»...  oder  z/=0,  1»  21.. 

c* a2 

ist,  oder,  da^=T.— rr .Sin. *I  war,  nur  dann,  wenn 

7  2av  •*  - 


•  • 


•  • 


si».  1=0,  r(e,_l**)T.  fprz^yr'  Y(#-& 


6»  vX 


f 

Des  Lichtes«    Farben  du^ch  Polarisation«  1543 

ist«    Am  hellsten  aber  ist  das  Bild  oder  die  Intensität  ist  am 
grttbtan  und  gleich  (I)  =  a2  Sin.  a'2V/>  wenn 


._  X     3X     hX 
*—  2  f    2"*    2" 


oder,  was  dasselbe  ist,  wenn 

öul-1==5/  (c*-a«)T'  I  (?=?)T-J 

ist*  Man  sieht  ans  diesen  Ausdrücken,  dafs  die  vier  Ra'ume 
zwischen  "den  Armen  des  Kreuzes  von  coneentrischen  hel- 
len und  dankten  Ringen  eingenommen  werden ,  Ton  wel- 
chen die  Halbmesser  der  hellen  Ringe  sich  wie  die  Zahlen 
yit  7^3)  y*5 .  •  nnd  die  von  den  dunklen  sich  wie 
Y^if    7~4»    y"6  ••  verhalten«      Jeder  dieser  einzelnen  Ringe 

1 

selbst  ist  der  Gräfte  t*=  proportionirt,    so  dab'  also  dünnere 


Ringe  zu  dickeren  Platten  und  udgekehrt  gehören.    Dieselben 
Halbmesser  verhalten  sich  Überdieb  noch  verkehrt   wie  die 

— — •  nnd  da  dieser  Ausdruck  für  ein  schickliches 
a*     ' 

Mab  der  doppeltbrechenden  Kraft  eines  Prisma9*  oder  einer 

Krystallplatte  genommen  werden  kann«  so  werden  diese  Ringt 


Ueiner  seyn,  wenn  diese  brechende  Kraft  des  Krjstalls  gröber 
ist,  nnd  umgekehrt» 

Endlich  verhalten  sich  die  Halbmesser  dieser  Ringe  noch 

v~  ay 

wie  die  Grobe  Kl ,  wenn  man  die  Grobe        ■        eis   von  X 

c*  —  a* 

unabhängig  betrachtet.  Da  nun  %  für  die  rothen  Strahlen  (nach 
§♦  170  am  gröbten  und  für  die  violetten  am  kleinsten  ist,  so 
sind  auch  die  Kreise  für  das  rothe  Licht  die  gröbten  und  die 
für  das  violette  die  kleinsten.  Das  Resultat  ist  also  hier  ge- 
nau dasselbe,  als  welches  schon  oben  (§•  22*  VIIL)  bei  den 
Fransen  der  Interferenz  und  ($.  28*  IV.  V.)  bei  Newtoh's 
Farbenringen  gefunden  worden  ist  Die  Ringe,  anfangs  nur  weifs 
und  schwarz,  erhalten  sehr  bald  eine  Beimischung  von  Far- 
ben, die  für  jeden  der  aufeinander  folgenden  Ringe  verschie- 
den sind  und  endlich  in  einem  nahe  gleichen  Gemenge  aller 

a  v 

Farben  wieder  verschwinden.    Wäre  die  Grobe con- 

e*  —  a* 


1544  Unchilation. 

sunt,  so  wurde  die  Proportion  der  Halbmesser  für  verschie- 
dene  Farben,    also  auch  die  Farbenmischung  selbst  dieselbe 

•wie  in  Nkwtoh's  Ringen  seyn.  Da  aber  — im  Allge- 
meinen eine  Function  von  X  ist,  so  variiren  die  Halbmesser 
der  Ringe  von  verschiedenen  Farben  wie  die  Gröfse 

*vX 

"2 


y  *rX 

1  c^^e? 


nnd  die  Farbenscale  ist  daher  nicht  dieselbe,  wie  bei  New- 
tos's  Ringen»    Diese  Gröfse 

av 
c2  —  a2 

variirt  für  die  verschiedenen  Werthe  von  X  in  manchen  Ery- 
stallen  so  stark,  dafs  Herschel  in  einer  Varietät  des  einaxigen 
Apophyllits  die  Gröfse 

*  BvX 

c2— a* 

beinahe  ganz  constant  gefunden  hat,  so  dafs  er  mehr  als  35 
gefärbte  Ringe  deutlich  sehn  konnte,  während  für  ein«  andere 
Varietät  desselben-  Krjttalls  der  Werth  von  c2  —  a2  für  rotte 
Strahlen  positiv,  für  violette  negativ  und  für  die  Mittelfarbe 
^Lt%  Spectrums  gleich  Null  wurde,  und  er  nur  mit  Mühe  ei- 
nen oder  zwei  Ringe  erblicken  konnte.  Dafs  übrigens  alle 
diese  Resultate  der  Theorie  mit  den  oben  angezeigten  Expe- 
rimenten auf  das  Schönste  übereinstimmen,  bedarf  keiner  wei- 
teren Erinnerung.  Bemerken  wir  nur  noch,  dafs,  danach  dem 
Vorhergehenden  die  Halbmesser  der  Ringer  sich  wie  die  Gröfseo 

ra  v 
>  ■   verhalten ,  daraus  noch  nicht  gefolgert  Werden  kann, 

c  ""—"a, 

dafs  für  c2<aa,    wo   jener  Ausdruck  imaginär  wird,    keine 

Ringe  möglich  seyen.     Wenn  man  den  Gang  der  Analyse  des 

§,  63*  näher  betrachtet,    so  sieht  man,   dafs  die  Schlubfolgen 

dieselben   bleiben,    wenn  mau   auch  a2  — c2  statt  c*  —  a* 

setzt. 

67)    Zweiter  besonderer  Fall  des  §.  64« 

Der  zweite,  hier  eigens  au   betrachtende,  besondere  Fall 
der  in   §.  64*  geführten  allgemeinen  Untersuchung   tritt   ei», 


n 


/ 
Des  Lichtes.    Farben  durch  Polarisation.  1545 

wenn  die  zur  analysirenden  Ebene  K  gehörende  Reflexions* 
ebene  mit  der  polarisirenden  Ebene  C  parallel  ist.  Für  diesen 
Fall  ist  0  gleich  Null  und  der  oben  gefundene  Ausdruck  der 
Intensität  geht  in  den  folgenden  über  , 

(1)  =  •*.  (l -Sin.»  2^/. Sin.*  n-£\  .  ^ 

Addirt  man  diesen  Ausdruck  zu  dem  im  Anfange  des  §.  66. 
aufgestellten,  so  erhalt  man  zur  Summe  beider  die  Gröfse  a% 
woraus  folgt,  dafs  für  diesen  Fall  die  Intensität  jedes  Punctes 
des  Bildes  jene  des  §.  66.  *u*  Einheit  ergänzt,  so  dafs  also 
statt  des  dunklen  die  Ringe  durchbrechenden  Kreuzes  jetzt  ein 
,  helles  Kreuz  über  diesen»  Ringen  sichtbar  seyn  wird.  Ganz 
ebenso  werden  statt  der  dunklen  Ringe  des  §•  66«  mit  ihren 
Halbmessern 

*2*vX    *      f        4ayX 
(c*  —  a*)T'  I  (c*  —  a*)T 

und  statt  jener  hellen  Ringe  mit  ihren  Halbmessern 

y         ayX  t        3ayX 

I    (cs_t3).T>  (    (ca_a2)T##* 

jetzt  die  hellen  Ringe  jene  ersten  und  die  dunklen  Singe  diese 
letzten  Halbmesser  haben.  < 

68)    Allgemeine  Bemerkungen   tu   dem  Vorher« 

gehenden« 

Im  Allgemeinen  bleibt,  wenn  die  Gröfse  Sin.  2  V  Sio.2(t//—  0) 
gleich  Null  ist9  die  Intensität  constant  für  alle  Werthe  von  J 

ca— ra* 

oder  von I (da  nach  6. 64.  III.  die  Gröfse  ^=T . .  Sin.2  I 

*  2ay 

ist)  oder  man  sieht  in.  diesem  Falle  nur  einen  die  Ringe  un- 
terbrechenden Streifen«     Denn  die  Aufeinanderfolge  der  Ringe 

hängt  von  der  Variation  der  Werthe  von  Sin.2  — —  ab   und 

diese  Grübt  wird  durch  die  Verschwindung  ihres  Factors 
Sin.2i//Sin.2(V— ©)— 0,  ganz  vernichtet.  Die  letzte  Glei- 
chung giebt  aber 

y  =  0°  oder  90° ,  180°  *  270°  oder  auch 
riß  =»  ©  oder  90*  -fc  0,  180°  +  0,  270°  +  0, 
IX.  Bd.    »  Fffff 


1546  Undulaüon. 

so  dafs  man  also  zwei  rechtwinklige  Kreuz«  sieht,  die  um  den 
Winkel  ©  gegen  einander  geneigt  sind  und  welche  die  Ring« 
unterbrechen.       Die   Intensität  des  Lichtes  in  diesen  Kreuzen 
ist  a*  Cos.9  0.    Fü*  die  Theile  zwischen 
t//=0undv/  =  ©>  oder»wi8chenV=90eundV=90o  +  ö, 
und  ebenso  zwischen 

^  =  180°undV/=l80°  +  ©, 
oder  endlich  zwichen 

y  =  270°  und  v  =  270°  +  0 

Ist  der  Factor  von  Sin.1^-  positiv,  und  die  Beleuchtung  i* 

Bildes  ist  am  gröfsten^  wenn  z/=  -  ,  —  ,    -j-  •  . ,    und  an 

kleinsten,  wenn  J=X,  2X,  3*  .  ...  ist.  Die  vier  durch 
diese  Kreuze  entstehenden  Sectoren  sind  durch  solche  Bing- 
theile  eingenommen,  die  den  in  §.66.  angegebenen  glei- 
chen ,  so  dab  die  Intensität  der  hellen  Ringe  gleich 

JA*[l  +  Cos.2(2y—  e)]oder  i*Cos.*(2V— ©) 
und  die  der  dunkleren  Ringe  gleich  a*Cos.*  6  ist« 

Aber  Itir  die  Theile  zwischen  t//  =  0  und  t//=90°  u.  »• w- 

ist  der  Factor  von  Sin. 2  ^--  negativ  und  das  Licht  am  kleb- 

sten  für  J  =  x>   y,   -j  ..f  am  groTsten  dagegen  füW=i, 

2X,  3X  .  >•  . ,  so  dafs  daher  hier  diese  Sectoren  durch  solche 
Ringtheile  eingenommen  werden ,  die  denen  in  §•  67.  ähnlich 
sind,  und  dafs  die  Intensität  der  hellen  Ringe  gleich  a2  Cos.* 0, 
die  der  dunklen  aber  gleich  a2Cos.a(2t//— 0)  ist.  Uebrigtsi 
haben  die  helleren  Ringe  in  den  letztgenannten  Sectoren  die- 
selben Halbmesser  und  dieselbe  Helligkeit,  wie  die  dunklen 
Ringe  in  den  erstgenannten  Sectoren,  und  diese  Helligkeit  itf 
dieselbe  mit  der  in  den  acht  Armen  der  beiden  Rteua*» 


60)    Erscheinungen  des  polarisirten  I^iehttl 

durch  F&ksmel's  Rhombus. 

Wir  wollen  nun  wieder,    wie  in   §.  65.,    eine  auf  fr* 
Axe   senkrecht   geschnittene  Kryatallplatte  zwischen  die  zwei 


De«  Lichtes.   "Farben  durch  Polarisation.  1547 

r  I 

Ebenen  C  und  K  (Fig.  225)  der  Polarisationsmaschine ,  überdiefs 
aber  zwischen  die  polarisirende  Ebene  C  and  die  Kry stallplatte 
den  oben  (§.  57-  M.)  erwähnten  Rhombus  Fabsbcl's  so  legen, 
dafs  die  Reflexionsebene  um  45  Grad  gegen  die  Polarisations- 
ebene geneigt  ist,  wodurch  also  das  auf  die  Krystallplatte  fal- 
lend« Licht  eine  circuläre  Polarisation  (§.  58,  VI.)  erhalten 
hat.  Um  auch  für  diesen  Fall  die  Intensität  des  von  de* 
Ebene  K  reflectirten  Lichts  und  die  Gestalt  der  farbigen  Ring* 
zu  finden,  wird  man  die  Vibration  '+ 

aSitt.  -r-  (at — x)t 

die  senkrecht  auf  die  Ebene  der  ersten  Polarisation  ist,  in  zwei 
andere  zerlegen,  von  welchen  die  eine 

2* 


—=.  .  Sin. 

y2         * 


(«*-*) 


senkrecht  so  der  Reflexionsebene  des  Rhombus,,  die  an- 
dere 

a       ^.     2ä  ,  v 

0 

parallel  2ü  derselben  Ebene  ist.  Da  die  Phase  der  letzten1 
(nach  §.  57«  IL)  um  90°  gröber  ist,  so  werden  diese  zwei 
Vibrationen  nach  ihrem  Durchgänge  durch  den  Rhombus  durch 
die  zwei  folgenden  Ausdrücke  dargestellt  werden 

and 

a  2ä 

Lest  man  diese  Vibrationen  in  solch,  anf,  die  senkrecht  find 
parallel  *ur  Hanptebene  des  Krystalls  sind,  so  findet  man  ßii 
die  Vibration  des  gewöhnlichen  Strahls 

J!=^.(456-?)Sin.^(at-*)+ A=  Sin.(45W-?)Cos.^  (.t  —  x) 

«  ^= .  Sin.  (^2  («t-x) + 45»~9  ) 

und  für  die  des  .aofsergewOhaücben  Strahls 

FKff  t 


154S  Undulation.    * 

—  -^Sin.(45°-  y)Sin.  ~  (at  -  x)+  4=  Cos^-tOCos.  y  (a  t  -  x) 

Bei  dem  Austritte  dieser  Strahlen  aus  der  Krystall platte  wird 
die  gewöhnliche  Vibration  ihren  vorigen  Ausdruck  unverän- 
dert beibehalten,  die  aufsergewöhnliche  aber  wird  folgende 
Gestalt  annehmen 

*    ^=Co,.  (^(„,-x)+45»-<p  +  ^). 

Der  zur  analysirenden  Ebene  K.  senkrecht  zerlegte  Theil  die- 
ser Vibration  (der  allein  das  Auge  des  Beobachters  erreicht) 
wird  seyn 

~  Cos. (y  +  0)  Sin.  (T^(at-x)  +  45»-y) 

+  p=Sin.(9  +  0)Co8.(^(«t-x)  +  45n-?»+^). 

Entwickelt  man  den  letzten  Ausdruck,  so  findet  man  für  den 
Coefficienten  von  Sin.   (-£ (at  — x)+45°—  g>\  die  Gröfie 

Y^  Cos, (q> + 0) —  r^  Sin.  (9  +  0) .  Sin.  ~- 

(2/r 
—  (at — x)-f-45°—  f) 

die  Gröfse 

:p=Sin.  (y  +  0) .  Cos.  -^— , 

so  dals  daher  die  gesuchte  Intensität  des  Lichts  (oder  die  Sum- 
me der  Quadrate  dieser  Ausdrücke)  seyn  wird 

(l)  =  Ja*  Jl  —  Sin. 2(y+0) Sin.  ±~\ 

oder,  wm  dasselbe  ist,  da  %p=q>  +  0  ist, 

(l)=Ja*. 1 1—  Sin.2ySin.?^  J  . 

I.     Da  in    diesem  letzten  Ausdruck«  von  (I)  die  Grtft* 
0  nicht    mehr   enthalten    ist.    so   wird  auch  die  Erseha»«» 

/ 


Des  Lichtes.    Farben  durch  Polarisation.  1549 

nicht  geändert  werden,  wenn  man  die  analyskende  Ebene  K 
am  ihre  Axe  dreht.  Wenn  Sin.2t//  =  0  ist,  das  heifst  für 
^=0°,  90°,  180°  oder  270°,  ist  die  Intensität  gleich  Ja«, 
nnd  dieses'  zeigt,  dafs  hier  ein  Kreuz  von  mittlerer  Intensität 
die  Ringe  unterbricht«  Ist  aber  rfj  >  0  und  <  90°,  oder  ist 
V>180°  nnd  <270°,  so  wird  der  Ausdruck  von  (I)  ein  Ma- 
ximum für 

2nJ       3n     In  ,       ,..   •  3X     IX 


•     • 


X  2  /     2  4  '     4 

hingegen  ein  Minimum  für 

2nJ      n     Sn  ,       ...      A        X      5X 

■X"s=s5f    2"  *  *  "  4  f  T  *  * 

Ist  aber  V>90*  und  <  180°  oder  ist  V>270°  und  <  360% 
so  wird  der  Ausdruck  ein  Maximum  für 

,       Jl      531 
*— 41   -y  ••  • 

und  ein  Minimum  für 

_3JL     7*  > 

» 

Demnach  sind  von  den  vier  Quadranten,  in  welche  das  Bild: 
von  dem  Kreuze  getheilt  wird,  die  gegenüberstehenden  ahn- 
lieh  und  die  anliegenden  zwei  unähnlich,  indem  die  hellen . 
Ringe  in  dem  einen  Quadranten  dieselben  Halbmesser  haben, 
wie  die  dunklen  Ringe  in  dem  nächsten  Quadranten*  v  Ver- 
gleicht man  diese  Ausdrücke  mit  denen  in  §•  66.9  so  siebt 
man,  dafs  die  Wirkung  der  Zwischen  Stellung  des  Rhombus 
von  Faxsvbl  eigentlich  darin  besteht,  dafs  *  die  Ringe  in  zwei 
einander  gegenüberstehenden  Quadranten  um  ^X  auswärts  und 
in  den  zwei  andern  entgegenstehenden  Quadranten  um  ±X  ein- 
wärts gedrängt  worden  sind  und  dafs  das  früher  ganz  dunkle 
Kreuz  jetzt  einiges  Licht  erhalten  hat.  Die  wichtigste  Ver- 
änderung aber,  die  dieser  Rhombus  hervorgebracht  hat,  ist 
die,  dafs  die  Erscheinung  selbst  ganz  dieselbe  bleibt,  wenn 
auch  die  Ebene  K  ringsum  gedreht  wird. 


z' 


1550  Undulation- 

70)     Bestimmung  des  Doppelstrahlt  bei    einem 

i 

zweiaxigen  Krystalle. 

i 

\  Wenn  von  einem  zweiaxigen  Krystalle,  dessen  optische 
Axen  nur  wenig  gegen  einander  geneigt  »iod  (wie  bei  Salpe- 
ter oder  Arragonit),  eine,  dünne  Platte  senkrecht  auf  die  Bbeae 
geschnitten  wird ,  die  dnrch  die  beiden  Axen  geht,  und  wenn 
ein  Lichtstrahl  anf  diese  Platte  anter  einem  sehr  kleinen  Ein- 
fallswinkel auffallt,  so  haben  wir  oben  (§.  64*  HL)  für  die 
Differenz  der  Retardationen  der  beiden  Strahlen  nahe 


,i  -'     —   c 


^=T.T*      **  Sin.*I 
2a* 


oder,  was  dasselbe  ist, 

2f=T/'(c<!7a*)Sin.»R 
2a* 

erhalten,  wo  die  Differenz  i  der  Quadrate  der  Geschwindig* 
keiten  der  zwei  Strahlen  (c*  —  a2)  Sin.  a  R  ist,  so  dafs  maa 
also  auch 

fetzen  kann.  Da  nun  die  Differenz  der  Retardationen  Hob 
von  der.  Differenz  'dieser  Geschwindigkeiten  kommt,  so  wird 
man  der  Wahrheit  sehr  nahe  denselben  letzten  Ausdruck  auch 
für  den  oben  erwähnten  zweiaxigen  Krystall  annehmen  kön- 
nen. Aber  nach  §.  53*  HL  erleidet  keiner  der  beiden  Strah- 
len die  gewöhnliche  Refraction  oder  keiner  von  ihnen  hat 
eine  constante  Geschwindigkeit*  Da  man  hier  aber  nur  eis 
Differenz  der  beiden  Geschwindigkeiten  sucht,  so  wird  maa 
die  Geschwindigkeit  des  einen  doch  noch  der  constanten  Gtfr 
fje  a -gleich  annehmen  können,  wo  dann9  wenn  p  die  Ge- 
schwindigkeit des  andern  Strahle  bezeichnet,  die  Qleichaag 
fcestebn  wird 

11 

"Trr-~~T  ==s  C.Sm.m  »Sm.  n  , 
v  ■        a* 

wo  m'  und  n'  die  Winkel  sind,  welche  die  zur  Wellenfronte 
normale  Linie  mit  den  beiden  Axen  des  Krystalls  bildet,  ooi 
wo  C  immer  eine  gegen  die  (Einheit  sehr  kleine  Qrtffse  be- 
zeichnet.     Qaraus  folgt 


Des  Lichtet.    Farben  durch  Polarisation.   1551 

'  ,'  t  —  a*  —  Ca*  Sin.m'  Sin, n' 
oder 

a* —  y'3=C.a4Sin.m'..Sin.n' 

MO  dals  man  daher  für  die.  obige  Grtffse  A  den  Ausdruck  er- 
htft 

z/=3}T.C.e*.Sin.iD'Sio.n  .       ; 

Ditses  vorausgesetzt  betrachten  wir  des  System  der  Strahlen 
in  der  Luft,  welches  bei  seinem  Eintritt  in  den  Krystall  in  den 
beiden  bezeichneten  Richtungen  fortgeht.  Seyen  m  und  n  die 
Winkel j  die  derselbe  Strahl  in  der  Laft  mit  denjenigei^Strah- 
len  macht,  die  bei  ihrem  Eintritt  in  den  Krystall  in  der  Rich- 
tung der  zwei  optischen'  Axen  desselben  fortgehn.  Da  alle 
gebrochene  Strahlen  (die  dnreh  die  zur  Wellenfronte  norma- 
len Linien  dargestellt  werden)  in  denselben  xn  der  brechen- 
den Oberfläche  senkrechten  Ebenen  liegen,  wie  die  einfallen« 
den  Strahlen,  und  da  aHe  fleEractionswtnkel  sehr  nahe  in  dem- 
selben Verhahnifs  zu  den  Einfallswinkeln  stehn,  so  werden 
alte  übrigen  von  ihnen  abhängigen  Winkel,  so  wie  ihre  Si- 
nus, ebenfalls  nahe  dasselbe  Verha'ltnifs  beibehalten.  >  Sonach 
wird  man  die  genäherten  Ausdrücke  haben 

Sin.  m' s  -  Sin.m  und  Sin.n'sa-  Sio.a, 

so  dafs  also  der  Werth  von  J  in  den  folgenden  übergeht 

z7=i Sin.  m  Sm.  n. 

I.  Lassen  wir  nun  diese  Krystallplatte  zwischen  die  po- 
larisirende  und  analysirende  Ebene  (Fig.  224)  treten  und  su- 
chen wir  auch  hier  die  Intensität  des  Lichts  für  verschiedene 
Puncto  des  Bildes,  das  nach  der  Reflexion  von  d%r  analysi- 
renden  Ebene  K  entsteht.  Ist  q>  der  Winkel,  welchen  die  Po- 
larisationsebene eines  jeden  Strahls  mit  der  Ebene  der  ersten 
Polarisation  bildet,  so  wird  der  Ausdruck  von  (I),  den  wir 
oben  (§.  65.)  gefunden  haben,  auch  hier  noch  gelten,  oder  man 
wird  haben 

(I)  =  a*  [Cos.*©— 810.29810.9(9) 4-«) Sin»1  2^1. 

Sey   nun  die   Protection  der  Strahltoricbrungeo   und  der  9\m. 
Rhenen  auf  der  Oberfläche  einer  Kugel  (oder  vielmehr  auf  der  *"• 


1332  Undulation. 

.  eine  Kugel  tangirenden  Ebene),  deren  Halbmesser  r  i.< 
and  In  deren  Mittelponcte  das  Auge  des  Beobachters  steh. 
Die  Puncte  A  and  B  sollen  die  optischen  Axen,  P  irgend  e- 
nen  Lichtstrahl  and  DE  die  Ebene  der  ersten  Polarisation 
vorstellen»  "Yfenn  nun  die  Linie  P  Q  den  Winkel  A  P  B  ha- 
birt,  so  stellt  (nach  §.  53*  IL)  PQ  die  Polarisationsebene  «Ls 
Lichtstrahls  vor  and  es  ist  PQA  =  q>  +  ßf  and  da  au& 
nahe 

Sin,  m  =  —  and  Sin.  n  =s  — 

ist,  so  hat  man 

TCa3 
^==4.!^#AP.BP. 

i,  •      *     »r2 

IL    Was  nun   die  Gestalt  der  Streifen  betrifft,    die  auch 
hier  über  die  Ringe  hinziehn,  so  wird  man  diese  Streifen  er- 

halten  9  wenn  man  den  Factor  von  Sin.2  — -    in    dem     letzten 

« 

Ausdrucke  gleich  Null  setzt,  das  heifst,  wenn  man  an- 
nimmt 

Sin.  2^=0  oder  auch  Sin.2(g> -{- 0)  =  O, 
woraus  folgt 

Tang.  2(9 +  /?)»  Tang.2/?  oder  Tg.2(9  + /?)=Tg.2(/J— ©). 

bezieht  man  nun  P  auf  den  (die  Linie  A  B  halbirenden)  Panct 
C  durch  die  rechtwinkligen  Coordinaten  x  and  y,  wo  x  in 
der  Richtung  CA  and  y  darauf  senkrecht  ist,  und  letzt  man 
CA  =  b,  so' hat  man 

Tang.PAF,=  — £-r  und  Tang.PBF=      \  ^ 
6  x— b  6  x+b 

und  daher 

Tangf2(g?  +  /J)=Tang.2PQAÄTang.(PßF+PAF) 
oder,  was  dasselbe  ist, 

rr        o/     i   üx  Tang.PBF  +  Tang.PAF   _ 

V         Substituirt   man  in    der  letzten  Gleichung  die  vorhergehendet 
Werthe  von  Tang.  PAF  und  Tang«  PBF,  so  erhalt  man 

Demnach  sind  jene  Streifen   durch  die  zwei  Gleichungen  be- 
stimmt 


Des  Lichtes*    Farben  durch  Polarisation.  1553 

i 

ZTZZ&hp  =^«.2/»^  ~|g_=T.Dg.2(/?-0) 

oder,  was  dasselbe  ist,  durch  die  zwei  Gleichungen 
(X2_b*_y2)    Tang.2  0    — 2xy=0 

und 

(x*  _b*  — y2)  Tang.2(/?  —  0}—  2xy =0 

* 

Allein  diese  zwei  Gleichungen  gehören  offenbar  zu  Hyper- 
beln, deren  Mittelpunct  C  ist.  .Da  in  beiden  y  =  0  für  x  =  +  b 
wird ,  so  gehn  diese  Hyperbeln  durch  die  -Puncto  A  und  ß. 
Die  Lage  ihrer  Asymptoten  aber  wird  man  erhalten,  wenn 
man  die  Coordinaten  x  und  y  sehr  grofs  gegen  b  annimmt. 
Diese  Annahme  giebt  in  der  ersten  Gleichung 


das  heiist, 


£+^Cotg./?-l  =  0, 


2  =  +  Tang.'/J  oder  ss  —  Cotg. '/?, 


und  ebenso  in  der  zweiten  Gleichung 

>       -  =  +  Tang,  (ß—  0)  oder  =  —  Cotg. (/?  —  0), 

woraus  folgt,  dafs  beide  Hyperbeln  rechtwinklig  sind'  und  data 
die  Asymptoten   der   einen  Hyperbel  zu   der  Ebene  der  ersten' 
Polarisation  parallel  und  senkrecht  sind,  während  die.  Asympto- 
ten der  andern  gegen   j-ene  um    den  Winkel   0   geneigt  sind.- 
Endlich  ist  noch  die  Intensität  des  Lichts  in  diesen  Streifen 

(I)  =  a*  Cos.»©. 

III,  Ist  ß  =  0  oder  90°,  so  ist  Tang«  2/2  =  0  und  die 
vorhergehenden  ersten  Hyperbeln  verwandeln  sich  in  gerade 
Linien,  deren  eine  die  Richtung  FG  hat,  die  andere,  darauf 
senkrecht  steht  und  durch  den  Punct  C  geht*  Ebenso,  wenn 
ß=Q  oder  90°  +  0  ist ,  so  gehn  die  zweiten  Hyperbeln  in 
ein  ähnliches  geradliniges  Kreuz  über«  Welches  auch  der 
Werth  von  ß  seyn  mag,  ist  0  =  0  oder  90°,  so  fallen  die 
zwei  Hyperbeln  auf  einander,  aber  der  Werth  0  =  0  giebt 
die  Intensität  az  oder  einen  sehr  hellen  Streifen  und  der 
Werth  0  =  90°  giebt  die  Intensität  Null  oder  einen  gans 
dunklen  Streifen, 


1554  Undulation. 

IV.     Die  Gestalt  der  Ringe  selbst  aber  ist  durch  die  Va- 
riation des  Werthes  des  letzten  Gliedes 

—  Sin.2g>Sin.2(?+  0).Sin.»  ~~ 

jenes  Ausdrucks  von  (I)  gegeben.    Ist  nämlich 

9  <  90o  _©  )  oin<P  <  i80«-@|  oder?  <270°  —  e} 

>  270°  I 

o^OrjO0^-©!' 

wo  die  Grenzen  dieser  GröTsen  durch  die  bereits  verzeichne- 
ten Hyperbeln  bestimmt  sind,  so  ist  die  Intensität  am  größ- 
ten für 

4=0,  *,  2X9  31  .  .  . 
und  am  kleiosten  fiir 

J=iX,  |l,  |1  .  .  .  . 

Ist  aber  <p  ^  ?L0   j      > ,   so  ist  die  Intensität  am  grtifsten  für 


•  •  • 


und  am  kleinsten  für 

J=0%  X,  2JI,  3X  .  .  . 

Ebenso  wird  man  leicht  die  Fälle  fiir  0  =  0  oder  0  as  flO# 
u.  8.  w.  entwickeln. 

V.  Dtraus  folgt ,  dafs  das  Bild  im  Allgemeinen  ans  Rio* 
gen,  die  durch  andere  Streifen  durchbrochen  sind,  bestehn 
wird,  so  zwar,  dafs  die  hellen  Bogen  auf  einer  Seite  der 
Streifen  den  dunklen  auf  der  andern  Sehe  entsprechen  (die 
Fälle  0  =  0  oder  0  =  90°  ausgenommen)  und  daja  die  Ge- 
stalt  dieser  Ringe  durch  die  Gleichung 

zJ=l.Consr. 

bestimmt  werden  wird,     das  heilst  (nach  Nr.  I.)f    durch  die 

Gleichung  . 

TCa3 
i  —  -.-  AP.PBaX.Const., 

wo  die  Constante  die  Ordnung  der  Hinge  bestimmt.    Die  dank 

diese  Gleichung 

2vr*l 
AP.PBss^rß^.Const. 


I 
J 


De*  Lichtes.    Farben  durch  Polarisation.    1555 

bestimmten  Curven  sind  von  derjenigen  Art,  die. man  £em- 
niscaten  nennt,  wo  nämlich  das  Product  der  beiden  Radien, 
die  ans  zwei  festen  innern  Pnncten  an  irgend  einen  Punct  der 
Curve  gezogen  werden,  eine  constante  Gröfse  iit,  während 
z.  B.  bei  der  Ellipse  die  Summt  der  zwei  Radien  constant 
ist»  Ist  die  Coostante  sehr  klein,  so  werden  diese  Carven  sehr 
nahe  Kreise  seyn,  die  A  und  B  zu  ihren  Mittelpunkten  ha- 
ben. Wenn  diese  Constante  wächst,  so  erweitern  sich  dies« 
Kreise  gegen  die  Seite  von  C  hin.  Für  eine  noch  gröfeere 
Constante  gehn  je  zwei  dieser  Curven  in  «ine  der  od  ähnliche 
Fignr  über,  wo  der  DarchseJioittspanct  der  Dogen  in  den 
Panct  C  fällt;  weiter  gehn  sie  wieder  in  einzelne  Figuren 
über,  die  einem  zu  beiden  Seiten  eingedrückten  Kreise  ähn- 
lich sind,  und  endlich  nehmen  sie  die  Gestalt  eines  zu  beiden 
Seiten  schwach  abgeflachten  Kreises  an.  Alle  diese  Gestalten 
sind  bereits  in  der  Fig.  104  (des  Art  Polarisation  Seite  789) 
dargestellt  worden. 

VL  Da  das  Product  AP. BP  gleich  einer  Constante  ist, 
welche  die  Ordnung  der  Ringe  bestimmt,  so  werden  sich  die 
Halbmesser  der  auf  einander  folgenden  Ringe,  so  lange  sie 
noch  klein  sind,  nahe  wie  die  Zahlen,  1,  2,  3  •  .  verbalten. 
In  dieser  Beziehung  sind  sie  also  verschieden  von  jenen ,  die  wir 
oben  (§.  66«)  ftir  einen  einaxigen  Krystall  gleich  y~l,  f02,y*3... 
gefunden  haben.  Da  sich  ferner  das  Pro  da  et  AP.  BP,  wenn 
alles  Uebrige  gleich  ist,  wie  verkehrt  die  Gröfse  T  verhält,  so 
wird  eine  dickere  Platte  desselben  Krystalls  kleinere  Ringe 
geben,  als  eine  dünne,  und  da  ebenso  das  Product  AP. BP, 
alles  Uebrige  gleich  gesetzt,  sich  wie  verkehrt  die  Gröfse  C  ver- 
hält, so  werden  die  Ringe  kleiner  seyn  für  einen  Krystall, 
der  eine  gröfse  Differenz  der  Geschwindigkeiten  der  beiden 
Strahlen  giebt.  De  endlich  dasselbe  Product  AP  .BP,  alles 
Andere  gleich  genommen,  sich  direct  wie  die  Wellenlänge  X 
verhält,  so  werden  alle  oben  erwähnte  Curven  für  die  rochen 
Strahlen  gröfser  seyn,  als  für  die  violetten«         ' 

VII.  Noch  mufs  hier  eine  sonderbare  uoi  bisher  noch 
nicht  bemerkte  Differenz  zwischen  den  Carven  von  verschie- 
denen Farben  erwähnt,  werden,  dafs  nämlich  die  optischen 
Axen  für  die  verschiedenen  Farben  nicht  eoineidiren,  wäh- 
rend doch  in  allen  andern.  Beziehungen  die  Stellen  verändern«- 


1556  Undulation. 

gen  rücksichtlich  dieser  zwei-  Axen  symmetrisch  sind.  Sfo  kön- 
nen die  rothen  »Axen  mit  jeder  andern  einen  kleinern  Win- 
__  kel  bilden ,  als  z.  B.  die  violetten  Axen ,  aber  der  Winkel 
zwischen  einer  rothen  und  einer  violetten  Axe  ist  doch  der* 
selbe,  wie  der  zwischen  einer  andern  rothen  und  einer  an- 
dern violetten  Axe«  In  einigen  wenigen  Fallen  kann  dieses 
bis  auf  zehn  Grade  gehn.  Die  Folge  davon  ist ,  dafs  die  Far- 
ben in  verschiedenen  Theilen  der  Ringe  von  derselben  Ord- 
nung auch  verschieden  sind.  Bei  dem  Salpeter  z.  B.  sind  die 
rothen  Axen  weniger  geneigt ,  als  die  violetten.  Da  'nun  die 
rothen  Ringe  breiter  sind ,  als  die  violetten ,  so  werden  wir, 
wenn  wir  die  außerhalb  von  A  und  ß  liegenden  Puncte  be- 
trachten ,  solche  Lagen  finden ,  wo  entweder  alle  Farben  unter 
einander  gemischt,  oder  keine  einzige  derselben  da  ist,  d.h., 
wo  alle  Ringe  nahe  weifs  oder  alle  schwarz  sind.  Aber 
bei  denselben  Ringen  zwischen  den  Puncten  A  und  B  werden 
die  rothen,  die  andern  violetten  stark  überwiegen  und  so 'wer- 
den verschieden.,  gefärbte  Ringe  sichtbar  werden. 

Bisher  wurde  stillschweigend  vorausgesetzt,  dafs  die  Axen 
der  verschiedenen  Farben  alle  in  derselben  Ebene  liegen.  Aber 
Hbrschel  hat  gefunden,  dafs  dieses  bei  einigen  KrystaHen, 
dem  Borax  z.  B.,  nicht  der  fall  ist,  obschon,  so  viel  man  bis 
jetzt  weifs,  'doch  alle  Ebenen  durch  die  Linie  gehn,  weiche 
den  Winkel  der  zwei  Axen  halbirt. 


71)  Bestimmung  der  Bilder  eines  zweiaxigen 
Kystalls,  wenn  Fresnel's  Rhombus  zwischen 
die  beiden  Spiegel  gelegt  wird. 

• 

Legen  wir  nun  den  Rhombus  von  Fressel  (§.  57*  Hl*) 
zwischen  die  polarisirende  Ebene  G  des  Polarisationsinstro- 
ments  und  zwischen  die  in  §.  70.  erwähnte  zweiaxige  Kry- 
stallplatte  und  suchen  wir  auch  hier*  die  Gestalt  des  Bildes, 
so  hat  man  nach  §.  69*  für  die  Intensität  des  Lichts  in  irgend 
einem  Functe  desselben 

(I)  =  *a*  Fl— Sin. 2(9+0)  Sin.  -*— 1  . 

Dieses  giebt  demnach  einen   die  Ringe  unterbrechenden  Strei- 
-  fen  für  ' 


Des  Lichtes«    Farben  durch  Polarisation.  1557 

Sin.2(g>+©)=0, 
und  dieses   ist  dieselbe   Gleichung,     die   oben  (§.  70*  II.)  die 
zweiten    Hyperbeln    bestimmte,     welche    für    ß  =  0    oder 
^=90°+  0  in  ein  Kreuz  übergehn.     Ist  nun  Sin. 2  ((/?  +  ©) 
positiv |  so  wird  die  Intensität  ein  Maximum  für 

._3x    ix    in 

* 

und  ein  Minimum  für    % 

A_%     5X     9X 
^~ 4'   T  *   T  #  M 

und  das  Gegentheil  tritt  ein,  wenn  Sin.2(<jp  +  0)  negativ  ist. 
Diese  Räume  sind  durch  jene  Streifen  getrennt,  so  dafs, da- 
her die  hellen  Ringe  auf  der  einen  Seite  des  Streifens  den 
dunklen  Ringen  auf  der  andern  Seite  entsprechen.  Die  Gestalt 
der  Ringe  aber  ist  ganz  dieselbe  wie  in  §.  70.  V. 


72)     Gestalt  der  Bilder  für  willkürlich  geschnit- 
tene Krystal  lplatten. 

Nehmen  wir  den  allgemeinen  Fall,  wo  die  Krystallplatto 
„  aus  einem  ein  -  oder  zweiaxigen  Krystalle  auf  eine  ganz  will'* 
kürliche  (von  den  besondern  in  §.  50.  und  §.  62«  angeführten  Arten 
verschiedene)  Art  geschnitten  nnd  dann  zwischen  die*  beiden 
Ebenen  C  und  K  des  Polarisationsinstruments  gelegt  wird.  Dei 
allgemeine  Ausdruck  der  Intensität  wurde  obep  (§♦  65.)  gleich 

(I)=^ri  +  Cos.29Cos.2(9+0)+Sin.29Sin.2(9+0)Cos^^ 

gefunden.  Betrachten  wir  von  diesem  Ausdruck  nur  die  vor- 
züglichsten 'Fälle  und  setzen  wir  0  =  90%  wodurch  man  er- 
hält 

(I)  =  4a*Sin.*2  9>rt—  Cos.^^-1, 

wo  hier  durch  A  der  Raum  verstanden  wird,  um  welchen  del 
eine ,  z.  B.  der  gewöhnliche  Strahl ,  mehr  retardirt  wird ,  als 
der  aufserge wohnliche ,  und  auf  welchen  daher  der  Ausdruck 
von  §•  70.  noch  anzuwenden  ist,  wenn  man  nur  bemerkt, 
dafs  in  demselben  R  den  Winkel  des  Strahls  mit  der  Axe  be- 
zeichnet. 


1556  Ündulation. 

L  Ist  die  Platt©  des  ein  -  oder  zweiaxigen  KrystaHs  von 
beträchtlicher  Dicke  9  so  werden  eile  Spuren  von  Farbe  ganz* 
lich  verschwinden,  wie  wir  euch  schon  oben  (§•  63*  IV.)  be- 
merkt heben*  Ist  nämlich  J  eine  schon  beträchtliche  Griffst, 
so  wird  schon   eine  sehr  kleine  Aenderung  von  X  die  Grobe 

— r—  um  2n  ändern  können,  and  so  würde  denn  in  jedem  kleinen 


\ 


Thefle  des  Bildes  die  Grtffse  Cos«  -r —  eile  ihre  verschiedenen 

Werthe  heben ,  die  positiven  so  wie  die  negativen ,  und  die 
Intensität  würde  daher  gleich  •}a*Sin.t29  seyn,  ein  Aue» 
druck,  der  für  eile  Farben  derselbe  bleibt  Wenn  die  Platte 
in  ihrer  Ebene  rundum  gedreht  wird,  so  variirt  q>  von  0  bi* 
360°  und  das  Licht  wird  viermal  gänzlich  Verschwinden,  so 
wie  es  wieder  für  9=45°,  135°,  225°  und  315»  am  hellsten 
erseheint. 

IL  Jedoch  wird  man  auch  mit  dickeren  Platten  noch  far* 
bige  Bilder  erzeugen  können,  wenn  man  nämlich  zwei  solche 
nahe  gleichdicke  Platten ,  die  beide  eus  demselben  KrystsIIe 
und  auf  dieselbe  Weise  geschnitten  sind,  so  über  einander  legt, 
deis  sie  sich  kreuzen«  Denn  ist  J  die  Reterdation  des  ge- 
wöhnlichen Strahls  über  den  außergewöhnlichen  in  der  er- 
sten utei  dt  in  der  zweiten  Platte,  so  wird  elso  die  Grobe 
d  —  d§  nahe  gleich  Null  seyn»  Werden  nun  die  Platten  nahe 
unter  rechten  Winkeln  auf  einander  gelegt,  so  wird  der  ge- 
wöhnliche Strahl  der  ersten  Platte  für  die  zweite  der  euber- 
ge wohnliche  seyn  oder  d'  wird  die  Beschleunigung  in  det 
zweiten  Platte  für  dieselbe  Vibration  seyn ,  für  welche  J  die 
Reterdation  in  der  ersten  Platte  ist,  so  dafs  daher  die  gaase 
Retasdation  gleich  d—d$  und  die  eigentliche  Intensität 

(I)=i««SiB.«29[l-.C<M.*  *C^-^,y| 
oder  tack 

..    (I)Bs»*8iB.'2y.Siiu«  "lJ—J  > 

seyn  wird,  und  dieser  Werth  von  — — - kann  eüerdiagi 

so  klein  seyn ,    dafs  er  für  die  verschiedenen  Farben  nur  um 
einen  Bruch  von  jk  oder  doch  um  ein  geringes  Molüplom  tos 


Das  Lieble«.    Farben  du'jrpb  Polarisation.  1559 

n  verschieden  ist      wo  demnach   wieder  lebhafte  Farben  zum 
Vorschein  kommen« 

,111.  Aach  wird  man  durch  Platten  von  blofs  einaxigen 
Krystallen  farbige  Bilder  erzeugen  können,  wenn  man  zwei 
Platten  von  Krystallen  über  einander  legt,  von  denen  der  eine 
bot  positiven9  der  andere  zur  negativen  Classe  gehört,  wie 
s.  B.  Quarz  nnd  BerylL  Denn  in  dem  einen  dieser  Krystalle 
ist  der  gewöhnliche ,  in  dem  andern  der  außergewöhn- 
liche Strahl  am  meisten  retardirt,  und  da  der  gewöhnliche 
Strahl  des  einen  Krystalls  auch  den  gewöhnlichen  des  endern 
bildet  f  so  ist  der  in  dem  ersten  Krystalle  am  meisten  retar- 
dirte  Strahl  zugleich  derjenige,  der  in  dem  andern  am  wenig- 
sten retardirt  wird;  sonach  kann  denn  auch  hier  wieder 
die  Differenz  der  Retardation  so  klein,  als  man  will,  gemacht 
werden« 

IV.  Doch  «werden  in  allen  hier  erwähnten  Pillen  die  Bil- 
der nicht  mehr  aus  kleinen  regelmässig  angeordneten  Ringen, 
sondern  ans  scheinbar  unordentlich  durch  einander  laufenden 
helleren  nnd  dunkleren  Streifen  bestehn« 

V.  Die  obige  Gleichung 

0)-is*ri+G»39Cos^ 

geht,  wenn  man  in  ihr  90°  +0  statt  ö  setzt,  in  die  folgen- 
de über 

Wenn  man  also  bei  solehen  Krystallen,  die  du  licht  in  zwei 
unter  rechten  Winkeln  getrennte  Strahlen  auflösen,  die  an*- 
lysirende  Platte  K  des  Polarisationsinstruments  um  90°  dreht, 
eo  ist  die  Intensität  des  Bildes  für  jeden  Pnnct  die  compla- 
mentäre^zn  derjenigen,  die  vor  der  Drehung  statt  hatte,  weil 
die  Summe  der  beiden  letzten  Ausdrücke  gleich  a*  ist.  Ist 
also  ein  Ponct  des  Bildes  in  der  einen  Lage  schwarz,  so  wird 
er  in  der  andern  weiis  seyn,  und  sieht  man  in  der  einen 
Lage  einen  Ueberschuls  von  Roth  und  einen  Mangel  an  Bläu, 
so  wird  in  der  andern  das  Roth  fehlen  und  das  Blau  über* 
wiegen  u.  s»w^ 


1560  Undulation.  . 

73)     Allgemeine  Bemerkungen. 

Aus  dem  Vorhergehenden  ist  klar,  dafs  man  alle  Körper 
in  Beziehung  auf  die  von  ihnen  ausgehenden  Lichterscheinun- 
gen in  zwei  wesentlich  von  einander  verschiedene  Gassen 
eintheilen  kann«  Die  einen  brechen  den  Lichtstrahl  anf  eine 
sehr  einfache  Weise  so,  dafs  die  Sinus  der  Incidenz-  und  Re- 
fractionswinkel  ein  constantes  Verhältnifs  unter  sich  behalten, 
während  die  andern  Körper  den  auf  sie  fallenden  und  durch 
sie  gehenden  Lichtstrahl  in  zwei  Theile  spalten,  von  welchen 
der  eine  (gewöhnliche)  Strahl  auf  die  eben  erwähnte  einfa- 
che Weise,  der  andere  (au fserge wohnliche)  Strahl  aber  nach 
ganz  andern  Gesetzen  gebrochen  wird.  Man  glaubt,  dafs  die  Kör- 
per der  ersten  Ciasse  in  ihrem  Innern  homogen  gebildet  sind 
und  dafs  ihre  Elemente  nach  allen  Richtungen  dieselbe  EIi- 
sticität  besitzen,  während  dieses  bei  den  Körpern  der  zweiten 
Gasse,  in  welche  die  meisten  unserer  kristallinischen  Körper 
gehören ,  nicht  der  Fall  seyn  soll*  In  einer  krystallinischen 
Masse  sind  die  kleinsten  Theile  derselben  wahrscheinlich  durch 
regelmässige  Spaltungen  oder  Klüftnngen  getrennt,  so  dafs 
daher  diese  Massen  von  andern  flüssigen  und  feinen  Medien  in 
der  einen  Richtung  leichter,  als  in  anderen  durchdrangen  wer- 
den können  und  dafs  auch,  wohl  die  Elasticitat  im  Innen 
dieser  Massen  von  einem  ihrer  Puhcte  zum  andern  mit  der 
Richtung  derselben  veränderlich  seyn  mag. 

Bemerken  wir  zuerst,  dafs  nicht  alle  Krystalle  in  diese 
zweite  Gasse  gehören«  Alle  diejenigen  müssen^  nämlich  noch 
zur  ersten  Gasse  gezählt  werden,  bei  denen  die  primitive 
Form  des  Kry Stalls  ein  regelmäfsiges  Polyeder  ist«  d.  h.  ein 
Würfel ,  dessen  Seiten  alle  .Quadrate  sind,  oder  ein  Oktaeder, 
dessen  Seiten  alle  aus*  gleichseitigen  Dreiecken  bestebn;  soi 
zweiten  Gasse  aber  gehören  alle  die  Krystalle,  deren  primi- 
tive Form  ein  Rhomboid  (wie  der  isländische  Kalkspath) 
oder  ein  rechtwinkliges  Parallelepipedum  mit  zwei  gleichen 
Seiten  ist.  -  Es  giebt  aber  auch  Krystalle  9  deren  primitive 
Form  ein  ganz  unregelmäßiges  Polyeder  ist;  und  durch  solche 
wird  gleichfalls  ein  Lichtstrahl  in  zwei  andere  gespalten,  von 
welchen  keiner  die  gewöhnliche  Refraction  erleidet,  sondern 
wo  beide  nach  ganz  andern  Gesetzen  gebrochen  werden.  Diese 
letzten  fallen^  hier  ganz  aufser  Betrachtung. 


» 


Des  Lichtes.    Farben  durch  Polarisation.  1561 

Allein  diese  Körper  der  zweiten  Classe,   d.  h.  also  die 

aus  regelmässigen   Polyedern   best  eilenden   Krystalle,    werden' 

selbst  wieder  in  zwei  Gattungen  geschieden.      Die  erste  Gat-% 

tctog  het  immer  nur  eine  solche  Seite,    für  welche  ein   auf 

diese  Seite  normal  einfallender  Lichtstrahl  ohm*  all*  Spaltung 

durchgeht,    und   die  zweite  Gattung  hat  zwei- solcher  Seiten, 

Jene  wurden  daher  oben  einaxige   und    diese  zweiaxige  Kry- 

stajle  genannt,  indem  man  unter  der  Benennung  Axe  die  Rioh- 

tuog  des  erwähnten  nicht .  gespaltenen  Strahls  versteht.      Man 

setzt  dabei  voraus,     dals   schon  in  den  kleinsten  Elemente«, 

aus   welchen  diese   gengen  Krystallmasaen    gebildet    werden, 

solche  Axeu  vorhanden  sind,  deren  Richtungen  eile  unter  sieh 

parallel  laufen,    so  dafs   also   die  erwähnte  Axe  des  ganzen 

Krystalle   nur  eine  imaginäre  Linie  von   bestimmter  Richtung 

Ist,  die  nämlich  mit  der  Axe  jener  Elemente  parallel  läuft. 

Ueberhaupt  scheinen  *lle  ponderablen  Körper,*  feste,  flüs- 
sige nnd  luftförmige,  aus  Elementen  oder  Moleciilen  (klein- 
sten Theilchen)  zu  bestehn,  die  durch  anziehende  und  ab- 
etofsende  Kräfte  von  einander  in  bestimmten  Entfernungen  ge- 
halten werden.  Wenn  der  statische  Zustand  des  Gleichge- 
wichts dieser  Elemente  durch  irgend  eine  äuXsere  Einwirkung, 
a.  B.  durch  einen  Stofs  oder  Druck,  durch  Erwärmung  u.  f.  w,, 
gestört  wird,  so  tritt  sofort  eine  Reihe  von  dynamischen  Er- 
scheinungen (von  Bewegungen  dieser  Elemente)  hervor,  die 
*o  lange  dauern,  bis  der  Körper  wieder  zu  seinem  vorigen 
Gleichgewicht  zurückgekommen  ist.  In  Folge  dieser  änfsern 
Einwirkung  fangen  die  Elemente  des  Körpers  an,  sich  zu  nä- 
hern oder  sich  von  einander  zu  entfernen  und  dadurch,  gleich 
einem  gestörten  Pendel,  um  den  Ort  ihres  Gleichgewichtes 
in  isochronen  Bewegungen  auf  nnd  ab  zu  schwingen,  deren 
Amplituden  immer  kleiner  werden,  bis  sie  endlich  ganz  ver- 
schwinden. Von  diesen  inneren  Bewegungen  der  Körper,  von 
diesen  Schwingungen  ihrer  kleinsten  Theile  bilden  diejeni- 
gen, welche  durch  den  Sinn  des  Gehörs  au  unserer  Per- 
ception  gebracht  werden,  den  2bn9  so  wie  die,  welche  auf 
unseren  Gesichtssinn  wirken,  das  Light  und  die  Farben  er- 
zeugen.  Es  ist  eher  möglieh ,  es  ist  sogar  sehr  wahrschein- 
lich, dals  es  noch  andere  Gattungen  dieser  Schwingungen  gebe, 
die  für  andere,  den  Menschen  versagte  Sinne  bestimmt  sind, 
wie  wir  denn  auch  schon  im  Vorhergehenden  Gelegenheit  ge- 
IX.  Bd.  Ggggg 


i 


i 


15Ö2  Uqdulation.  < 

habt  haben,  die  Spuren  solcher  uns  sieht  wahrnehmbaren  Ei- 
genschaften des  Lichtes  zu  bemerken.  • 

Allein  anf  welche  Weise  und  dnreh  wekhe  Mittel  wer- 
den jene  zwei  ans  allein  bekannten  Oscillationen ,  die  im  In- 
nern der  Körper  vor  sich  gehn,  dem  Organ  des  Gehörs  nod 
des  Gesichts  zugeführt?  Denn  dafs  dieser  Uebergang  nicht 
unmittelbar  geschieht,  ist  für  sich  klar.  Mit  andern  Worten: 
ist  die  ponderable  Materie  die  einzige  in  der  Natur  und  siad 
ihre  Elemente  die  einzigen,  aus  welchen  das  Weltall  znsaav 
seengesetzt  ist?  Die  Undurchdringlichkeit  der  Materie  und 
die  Erscheinungen  der  allgemeinen  Schwere  lassen  über  die 
Existenz  ditstr  Materie  keinen  Zweifel  übrig.  Aber  es  giebt 
noch  andere  Erscheinungen ,  die  auf  eine  zweite,  der  Schwere 
nicht  unterworfene  Materie  deuten,  die  nicht  weniger,  als  jene, 
durch  die  ganze  Natur  verbreite!  ist.  Die  Phänomene  der 
Warme,  des  Lichts,  der  Elektricitat  und  selbst  die  des  Ma- 
gnetismus lassen  sich  aus  jener  ponderablen  Materie  allein  eben« 
so  wenig  genügend  erklaren,  als  der  oben  erwähnte  Zustand 
des  Gleichgewichts  der  inneren  Elemente  der  Körper  für  be- 
stimmte Distanzen  derselben,  als  die  Schwingungen,  weicht 
diese  Elemente  um  den  Ort  jenes  Gleichgewichtes  machen,  so- 
bald das  letztere  gestört  wird,  und  endlich  als  jene  allge- 
meine Ursache,  die  sich  der  Molecülar - Attraction  widersetzt, 
und  aus  Welcher  die  Dichtigkeit ,  die  .Gestalt  und  überhaupt 
der  jedesmalige  Zustand  des  Körpers  in  allen  den  Verhältnis- 
sen hervorgehtt  denen  er  ausgesetzt  wird.  Diese  allgemeiat 
Ursache  aber,  worin  sie  auch  zu  suchen  seyn  mag,  scheint 
doch  von  der  ponderablen  Materie  unabhängig  und  gleichst* 
für  sich,  bestehend  zu  seyn ,  de  selbst  ihre  noch  so  oft  wie» 
derholten  Einwirkungen  auf  jene  Materie  nicht  im  Stande  sind, 
die  charakteristische  Eigenschaft  derselben,  das  Gewicht,  se 
verändern  und  da  unter  den  Einwirkungen  dieses  Agens  jene 
blofs  ponderablen  Atome  der  Körper  eine  passive  RoUe  tm 
spielen  scheinen*  Diese  Betrachtungen  führen  daher  unmit- 
telbar auf  die  Annahme  von  noch  anderen ,  imponderabka 
Agentien  in  der  Natur ,  da  ohne  sie  die  Erscheinungen  der 
Wärme,  iw  Lichts  nnd  der  Elektricitat  nicht  zu  erklären  stra 
würden.  Soll  man  aber  für  jedes  dieser  drei  Phänomene  eint 
eigene,  oder  darf  man  für  alle  nur  .eine  einsige,  ihnen  allen 
gemeinsame  Ursache  voraussetzen,  die  blofs  durch  ihr«  Modi- 


Des  Lichtes.    Farben  durch  Polarisation.   1563 

ficationen  jene  Erscheinungen  hervorbringt?  Die  Antwort  auf 
diese  Frage  wird  erst  aus  der  ▼ollständigen  Ergründong  eines 
jeden  dieser  Phänomene  für  sich  und  besonders  ans  der  Erw 
griindung  derjenigen  Eigenschaften  hervorgehn,  die  allen  dreien 
gemeinschaftlich  sind.  Die  Undulationstheorie  des  Lichtes 
scheint  uns  den  Weg  zur  Auflösung  dieses  Problems  zu  bah- 
nen, da  sie  ons9  wie  wir  im  Vorhergehenden  gesehn  haben, 
auf  die  Annahme  eines  durch  den  ganzen  Weltraum  verbrei- 
teten und  von  der  Schwere  ganz  unabhängigen,  äofserst  dün- 
nen und  höchst  elastischen  Floidums  beinahe  mit  derselben 
Sicherheit  und  Notwendigkeit  führt,  als  uns  die  Undurch- 
drioglichkeit  und  die  allgemeine  Schwere  zur  Annahme  einer 
ebenfalls  durch  die  ganze  Natur  verbreiteten  ponderablen  Ma- 
terie gezwungen  hat.  Die  neuesten  Versuche  der  Physik  ha- 
ben es  bereits  sehr  wahrscheinlich  gemacht,  dafs  dasselbe 
Fluidom,  aus  welchem  wir  die  sämmtlichen  Erscheinungen 
des  Lichts  mit  so  überraschender  Vollkommenheit  erklären, 
-auch  als  die  erste  Ursache' der  sämmtlichen  Wärmephänomeiie 
su  betrachten  sey,  dafs  die  sogenannte  strahlencU^Wärm*  ih- 
ren Ursprung  ebenfalls  in  Aetherschwingungen  hat,  die  sich 
aber  von  den  das  L^cht  erzeugenden  Schwingungen  durch  be- 
sondere Eigenheiten  unterscheiden ,  und  dafs  die  statische 
JVärm*  der  Kßrper  blofs  in  der  grösseren  oder  geringeren 
Menge  des  in  diesen  Körpern  eingeschlossenen  Aethers  be- 
steht. 

Uebrigens  wollen  wir  zum  Schlüsse  dieses  Gegenstandes 
gestehn ,  dafs  unsere  Kenntnisse  desselben ,  so  sehr  sie  auch 
besonders  in  den  letzten  Zeiten  erweitert  worden  sind  und  so 
gut  auch  die  Beobachtungen  mit  der  bisher  aufgestellten  Theo- 
rie übereinstimmen ,  doch  noch  viel  su  neu  sind,  um  sie  schon 
jetzt  als  vollständig  betrachten  zu  können.  Konnten  wir  doch 
nicht  einmal  die  dieser  Theorie  zu  Grunde  liegenden  Glei- 
chungen ((A)  des  §.  14«)  zwischen  partiellen  Differentialen 
der  zweiten  Ordnung  anwenden,  ehe  wir  ihnen  durch  Abkür- 
zungen und  Suppositionen ,  auf  die  wir  nicht  durch  xfon  Ge- 
genstand selbst,  sondern  nur  durch  die  Schwäche  unserer  Ana- 
lyse geführt  wurden,  eine  einfachere  Gestalt  (m.  s.  die  GIei*- 
ehungen  (B)  des  §♦  14.  £)  gegeben  hatten.  Selbst  von 
diesen  letzten  konnten  wir  die  wahren  und  vollständigen  In- 
tegrale (m.  s.  Gleichung  (C)   des   §.'  15.  IV.   oder  Gleichung 

Cgggg  2 


i  \ 


1564  Undulatiom 

(V)>  (3)  der  Anmerkung  II.  und  die  Integrale  der  Anmerkung 
111.  des  §.  15«)  wegen  ihrer  su  groben  Allgemeinheit  nicht 
anwenden ,  sondern  muteten  uns  mit  dem.  einfachsten  eilet 
dieser  Integrale ,  '  nämlich  mit  dem  Ausdrucke  ( m.  s.  §.  15. 
Anmerk.  L  Gleichung  (2)) 


A  Sin.P£(at— x)  +  6\ 


begnügen,    der  zwar  auch   jenen  Differentialgleichungen  der 
zweiten  Ordnung  genügt ,.  der  aber  doch  nur  als  ein  sehr  spe- 
cieller  Fall  des  wahren  und  allgemeinen  Integrals  dieser  Glei- 
.  chungen  betrachtet  werden  mufs,  daher  denn  auch  Alles,  was 
in  der  Folge  auf  diesem  Ausdrucke  als  auf  einer  Basis  erbtot 
worden  istf  demselben  Vorwurfe  eines  Mangels  an  Allgemein- 
heit ausgesetzt  bleiben  mufft.     Mit  andern  Worten,  wir  haben 
die  Vibrationen  des  Aethers  von  derselben  Form  wie    die  ei- 
nes Pendels  angenommen,  das  su  beiden  Seiten  seiner  Gleich- 
gewichtslage in  unendlich  kleinen,    isochronen  Schwingungen 
auf  und  nieder  geht,   aber  wodurch  ist  die  Richtigkeit  dieser 
Annahme  verbürgt?  Die  oben  erwähnte  Uebereinstimmung  der 
.Beobachtungen  mit  der  Theorie  zeigt  nur,  dafs  jene  Annahme 
als  eine  Näherung  zur  Wahrheit  und    auch  nur  für  dies*  Be- 
obachtungen   als    eine    Näherung     betrachtet    werden    kann, 
während   sie   vielleicht    eine   grobe    Anzahl  von   Erscheinun- 
gen  nur  sehr* unvollständig   oder  gar  nicht  darstellt,    die  wir 
entweder    noch    nicht    beobachtet    haben,     oder    auch,    dar 
Einrichtung  unserer  Sinne  wegen ,    gar  nicht  beobachten  kön- 
nen.  Wir  haben  durch  die  Vibrationen  des  Aethers,  diedureft 
den  vorhergehenden  Ausdruck  wenigstens  genähert  dargestellt 
werden,     die  Erscheinungen   der    Rtfraction,     der    Reflexion, 
der  Interferenz,    der  Diffraction  des  Lichts  u.  s.  w.    mit  einst 
uns  genügenden  Genauigkeit   darstellen  können«       Allein  der- 
selbe Aether  kann,    wie   die  erwähnten  allgemeinen  Integrale 
der  Gleichungen  (A)   des  §.  14.  zeigen,    obna   Zweifel  noch 
sehr  viele  andere,    von  jenen  ganz   verschiedene   Vibrationen 
annehmen,  von  deren  Existenz  wir  bisher  ebenso  wenig  wis- 
sen,   als*  von  den  Erscheinungen,    welche  sie  hervorbringen. 
Auf  welche  Weiset  können  wir  z.  B#  die  Annahme,  die  alle» 
Vorhergehenden  «am  Grunde  liegt,  verbürgen.  da&  die  FarU 
blofs   von  der  Läoge  der  Lichtwelle  abhängt?    Könnte  m 


Dea  Lichtes«    Farben  durch  Polarisation.  1565 

nicht  ebenso  gut  die  Folge  irgend  einer  andern  Eigenheit  die- 
ser   Welle,    kannte   tie    nicht  selbst  das    Resolut   von    an- 
deren   ans     noch     gänzlich     unbekannten    Vibrationen    sejm, 
die   vielleicht  alle    bei    jeder  Störung  des   Gleichgewichtes  in 
gleicher  Zeit  entstehe   und  von  denen  bald  die  eine,    bald  die 
andere   vorherrschend  isj?    Wie  es  sieh  aber  auch,  mit  diesen 
und  allen  übrigen  Fragen,    die   sich  dem  aufmerksamen  Leser 
dieses  Artikels  von  selbst  aufdringen  werden,    verhalten  mag, 
wir  wollen   uns  mit  dem  Glücke  begnügen,  in  einer  Zeit  ge- 
lebt zu  haben,    wo  man  in   der  Erkenntnifs  einer  der  schön- 
sten  Seiten  der  Natur  so  weit  vorgedrungen  ist,    unsern  spä- 
ten Nachkommen  und  der  künftigen  Vervollkommnung  der  ma~ 
thematischen  Analyse  überlassend,  das  zu  vollenden,  was  wir 
begonnen  haben«       In  dieser  Erwartung   wird   es  auch  erlaubt 
seyn,  uns  der  guten  Hoffnung  hinzugeben,  dafs  nnsere  Nach- 
folger   nebst    der   Erweiterung   der   Ken nrnifs    der  Natur,   die 
schon  an  sich  selbst  als  ein  reiner  Gewinn  zu  achten  ist,  auch 
über  die  uns  so  lange  verborgene  innere  Construction  und  Or- 
ganisation der  Körper  und  der  Wirkungen  ihrer  Elemente  auf 
einander   genügende   Aufschlüsse  erhalten  werden.       Nachdem 
uns  Hauy's  schöne  Entdeckungen  die  regelmäfsige  Gestalt  die- 
ser Elemente  der  krysrallinischen  Körper  kennen  gelehrt  hat  und 
nachdem  uns  die  Phänomene  der  doppelten  Brechung  des  Lich- 
tes durch   dieselben  Körper  ein  Mittel    an   die  Hand  gegeben 
haben,  jene  Gestalten  und  ihre  Wirkungen  gleichsam  im  Grofsen 
zu  sehn  und  durch  Hülfe  der  Analyse  mit  Sicherheit  zu  mes- 
sen, -werden   wir   uns  der  Versuchung   nicht  weiter  entziehn 
können,    diesen  bisher   so  dunklen  und  unzugänglichen  Weg 
noch  weiter  zu  verfolgen.     Denn  welches  auch  der  Werth  der 
Hypothese  eines  Alles  durchdringenden   Aethers   und  der  auf  • 
dieser   Basis   bereits  aufgeführten    Theorie  seyn  mag,     die  Ei- 
genschaft allein,    dafs  die  Erscheinungen   der  Polarisation  nur* 
bei  kry stallinisehen  Körpern  statt  haben,     und  vielleicht  noch 
mehr  der  Umstand ,  dafs  auch  solche  Körper,  welche  in  ihrem 
natürlichen  Zustande  jene  wunderbaren  Farbenbilder  nicht  zei- 
gen, wie  Glas  und  mehrere  Metalle,  doch  durch  Compression 
oder  einseitige  Erwärmung  (nach    §.  61«  IV.  und  V.)  zur  Er- 
zeugung solcher  Bilder,   also  gleichsam  zum  Uebergang  in  die 
krystallinische  Organisation  gezwungen    werden  können,    läfst 
nicht  weiter,  daran   zweifeln ,  .dafs   diese    und   vielleicht   alle 

w 


1566  Unechattige.     Untergang. 

Körper  der  Natur  aus  einem  sehr  regelmässigen  Gewebe  be- 
stehn ,  und  da  ff  die  Elemente  dieses  -Gewebes  einer  bestimm- 
ten Form,  einer  bestimmten  Anordnung  und  endlich  euch  ei- 
nem bestimmten  Gesetze  ihrer  gegenseitigen  Attraction  unter- 
worfen sind ,  deren  genaue  Erkenntnifs  uns  in  künftigen  Zei- 
ten für  die  Körper  der  Natur  im  Kleinen  ebenso  wichtig  und 
fruchtbringend  seyn  wird,  als  es  die  Entdeckung  des  Geseties 
der  allgemeinen  Gravitation  für  dieselben  Körper  im  Grüften 
bereits  gewesen  ist, 

> 

Unschattige. 

Ascii;  Asciens;  Asciu  So  heifsen  die  Bewohner  der 
heifsen  Zone,  in  welcher  alle  senkrecht  stehende  Körper  za 
der  Zeit,  wo  die  Sonne  in  ihrem  Zenithe  ist,  um  Mittag  kei- 
nen Schatten  werfen.  Die  Bewohner  des  Aequators  sind  un- 
schattig  an  den  beiden  Tagen  der  Nachtgleichen;  die  Bewoh- 
ner der  beiden  Wendekreise  an  dem  Tage  des  Solstitiums, 
nämlich  die  Bewohner  eines  jeden  Wendekreises  an  dem  Tage 
ihres  Sommersolstitiums;  endlich  die  Bewohner  eines  jeden  an- 
deren Orts  der  heifsen  Zone  sind  dann  unschattig,  wenn  die 
Declination  der  Sonne  der  geographischen  Breite  ihres  Wohn- 
orts gleich  ist,  an  welchem  Tage  sie  nämlich  wieder  die 
Sonne  in  ihrem  Zenithe  haben f.  X* 


Untergaug. 

Untergang  der  Gestirne;  Occasus;  Coa- 
cher; Settingi  das  Herabsteigen  der  Gestirne  unter  dem 
Horizont  des  Beobachters.  Die  Berechnung  dieses  Untergangs 
ist  schon  oben3  gezeigt  worden.  Kennt  man  die  Zeit  T  der 
Culmination  und  die  -  Zeit  D  der  Dauer  der  Sichtbarkeit  oder 
den  Tagbogen  des  Gestirns,  so  ist  die  Zeit  seines 

Aufgangs  .  .  .  4  =  T—  -J  D   und  die  seines 

Untergangs  . . . .  =3  T  +  \  D. 

1  Vergl.  Art.  Umschattty. 

2  S.  Art.  wifffpmg.  Dd.  I.  8.  $16.  and  Tagbofftn.  Bd.  IX.  8.  8a 


I 

Untergan«.  1507 

Für  die  Sonne  ist  T=i2  Uhr,  wenn  man  die  Zeit  des  Aof- 
und  Untergangs  in  wahrer  Sonnenzeit  ausdrücken  will«  Für 
eile  Gestirne  überhaupt  ist  T  gleich  der  Rectascension  der- 
selben, wenn  man. die  Zeit  des  Auf-  und  Untergangs  in 
Sternzeit  ausdrücken  will.  Wie  man  dabei  auf  die  Refraction 
und  auf  die  eigene  Bewegung  der  Gestirne  Rücksicht  nehmen 
•oll,  ist  auch  bereits  in  den  zwei  angeführten  Artikeln  gezeigt  wor- 
den, 'wozu  man  noch  den  Art.  Strahlenbrechung*  nachsehn  kann. 
Auf  eine  blofs  mechanische  Weise,  aber  ohne  auf  Genauig- 
keit Anspruch  zu  machen,  kann  man  den  Auf-  und  Unter- 
gang der  Gestirne  sehr  leicht  mit  Hülfe  eines  Himmelsglobus 
finden.  Zu  diesem  Zwecke  stellt  man  den  Globus  auf  die 
Polbtthe  des  Orts,  bringt  das  Gestirn  unter  den  Meridian 
und  stellt  den  Stundenzeiger  auf  zwölf  Uhr;  wenn!  das  Ge- 
stirn die  Sonne  ist.  Dann  dreht  man  den  Globus  gen  Ost, 
bis  der  Ort  der  Sonne  im  Horizonte  erscheint,  wo  sodann  die 
Rose  die  wahre  Zeit  des  Aufgangs  zeigt  Ebenso  erhält  man 
die  wahre  Zeit  des  Untergangs  der  Sonne,  wenn  man  den  Glo- 
bus gen  West  so  laoge  dreht,  bis  der  Ort  der  Sonne  wieder  den. 
Horizont  berührt.  Für  alle  andere  Gestirne  verfährt  man  ebenso, 
nur  mit  dem  Unterschiede,  dafs  man  zuerst,  nachdem  man 
das  Gestirn  unter  den  Meridian  des  Globus  gestellt  bat,  die 
Rose  auf  die  Zeit  bringt,  welche  den  Augenblick  der  Col- 
mination  (in  mittlerer  Zeit)  des  Gestirns  anzeigt,  wodurch 
man  dann  ebenfalls  die  mittlere  Zeit  des  Auf-  und  Untergangs 
des  Gestirns  erhält»  Einfacher  noch  ist  es,  die  Rose,  naph» 
dem  das  Gestirn  unter  den  Meridian  gebracht  worden  ist,  auf 
diejenige  Zeit  zu  stellen,  welche  die  Rectascension  des  Ge- 
stirns anzeigt,  wo  man  dann  durch  die  Drehung  des  Globus 
nach  Ost  und  West  die  Sternzeit  des  Auf-  und  Untergangs  des 
Gestirns  erhält.  Sey  p  die  Distanz  des  Gestirns  vom  Pole  des 
Aequators  und  q>  die  Polhöhe  oder  die  geographische  Breite 
des  Beobachters.  ^Ist  p  kleiner  als  g> ,  so  geht  das  Gestirn  für 
den  Beobachter  nicht  mehr  auf  und  unter,  sondern  es  bleibt 
itfuner  über  seinem  Horizonte  sichtbar«  Ist  aber  p  grtflser  als 
180°  —  9,  so  geht  der  Stern  für  den  Beobachter  nicht  mehr 
auf,  oder  er  ist  für  diesen  Ort  der  Erde  oder  eigentlich  für 
den  ganzen  Parallelkreis  des  Beobachters  immet  ansichtbar» 


1    Bd.  VII J.  S.  1146. 


1568  Untergang. 

Um  die  Zeit  tu  finden,  während  welcher  für  jeden  Ort 
m  den  beiden  kalten  Zonen  der  Erde  die  Sonne  nicht  unter- 
odet  nicht  mehr  aufgeht,  *o  hat  man  für  den  'Anfang  uad  das 
Ende  dieser  Zeit  die  einfache  Gleichung 

P=9  •••    0) 
Auch  ist  allgemein ,  wenn  L  die  Länge  der  Sonne  und  e  die 
Schiefe  der  Ekliptik  bezeichnet, 

Sin.  L  =  CoS'P  , 
om.e 

also  ist  auch'  für  den  Anfang  oder  das  Ende  der  erwähnten  Zeit 

Sin.L  =  g!^  .,.    (U) 
Stn.e  • 

Ist  also"  ■•  B.  durch  die  Epnerueriden  die  Poldistanz  p  oder  die 
Länge  L  dar  Sonne  für  jeden  Tag  des  Jahres  gegeben,  so 
kann  man  mittelst  der  Gleichung  (I)  oder  (U)  jene  Zeit  be- 
stimmend Für  den  Parallelkreis  von  <p  =  80°  z.  B.  ist  aach 
p  3=  S0°,  diese  Poldistanz  aber  erreicht  die  Sonne  nach  den 
Ephemeriden  am  16«  April  und  am  27*  August,  um  die  Zeit 
zwischen  diesen  beiden  Tagen  geht  daher  die  Sonne  in  der 
nördlichen  kalten  Zone  nicht  unter  und  in  der  südlichen  nicht 
auf.  Für  9  =i  66°  32'  oder  p  =  66*  32'  findet  man  in  dea 
Ephemeriden  blofs  den  einzigen  Tag  des  21»  Juni  oder  den 
Tag  des  Solstithims.  Für  diesen  Tag  allein  geht  also  die 
Sonne  am  Rande  der  nördlichen  kalten  Zone  nicht  anter  nad 
am  Rande  der  südlichen  kalten  Zone  nicht  auf.  Kleinere 
Werthe  von  q>  oder  p  als  66°  32'  finden  sich  nicht  mehr  ie 
den  Ephemeriden ,  daher  giebt  es  auch  für  solche  Poihtfnes, 
d.  h.  für  alle  Orte  der  gemilsigten  und  heifsen  Zone  d« 
Erde,  keine  Tage  mehr,  an  welchen  die  Sonne  nicht  tof- 
und  untergeht  Auch  zeigt  die  Gleichung  (II),  dafs  für  die- 
sen Fall  Sin.  L  gröber  als  die  Einheit,  also  der  Winks! 
L  unmöglich  oder  imaginär  ist«  Endlich  geben  diese  beides 
Gleichungen  f ür  (p  aas  90°  such  p  =  90°  und  L  =  0  od« 
L  =180°,  das  heilst,  für  die  Bewohner  der  Pole  faUea  die 
beiden  Grenzen  jener  Periode,-  wo  die  Sonne  nicht  auf-  odernbkt 
mehr  untergeht,  in  die  Zeiten  der  Frühlings-  oder  der  Herbst- 
nachtgleiche,  also  auf  den  21*  März  und  21t  September,  » 
dafs  daher  für  diese  zwei  Orte  der  Erde  immer  ein  kalbet 
Jahr  Tag  und  ein  halbes  Jahr  Nacht  ist,  wie  bekannt,  wtoe 


Untergang/  1560 

matt  die  Refraeticm  sttn4  den  Halbmetier  der  Sonne  unbeföek- 
sichtigt  IfiJbt1. 

Es  ist  oben  3  bereits  des  feosjniachen ,  neltseken  und  akro- 
nyktischen  Aaf-  und  Untergangs  Erwähnung  geschehn.  f)iese) 
den  Alten»  wichtigen  and  auch  ans  noch  zur  Erklärung  ihrer 
Schriften  nothwendigen  Erscheinungen  fordern  auch  die  Kennt- 
nifs  ihrer  Berechnung,  dje  dort  nicht  gegeben  wurde«  Wir 
wollen  zn  diesem  Zwecke  den  hellsehen  Aaf-  und  Untergang 
eines  Sterns  suchen ,  da  sich  aus  ihm  die  beiden  andern  leicht 
ableiten  lassen«  Der  heiische  Aufgang  eines  Sterns  hat  dann 
statt,  wenn  er  kurz  vor  der  Sonne  aufgeht«  Wenn. er  näm- 
lich einige  Zeit  zuvor  mit  der  Sonne  zugleich  auf  derselben 
Stelle  des  Himmels  steht,  so  ist  er,  da.  sein  Licht  von  dem 
der  nahen  Sonne  verdunkelt  wird ,  für  uns  ansichtbar.  Allein 
bald  darauf  geht  die  Sonne  in  ihrer  jährlichen  Bewegung  wei- 
ter ostwärts  von  dem  Sterne«  and  der  Stern  geht  daher  bereite 
so  viel  früher  als  die  Sonne  auf.  dafs  man  ihn  in  der  Mor- 
gendänsmerung ,  kurz  vor  dem  Aufgange  der  Sonne,  am  öst- 
lichen Himmel  wieder  erblicken  kann.  Der  Tag ,  wo  man 
diesen  Stern,  der  früher  wegen  der  Nähe  der  Sonne  län- 
gere Zeit  unsichtbar  war,  wieder  zum  ersten  Male  erblickt,' 
ist  der  Tag  des  hellsehen  Aufgangs.  Nehmen  wir  an,  dafs 
er  auf  dfese  Weise  wieder  zuerst  sichtbar  wird  za  einer  Zeit,  ' 
.wo  die  Sonne  vor  ihrem  Aufgange  noch  die  Tiefe  von  h 
Graden  unter  dem  Horizonte  hat.  Gewöhnlich  setzt  man  für 
diese  Tiefe  h  zehn  oder  auch  wohl  zwölf  Grade.  Man  suche 
nun  die  Länge  L  der  Sonne  (und  damit  den  Jahrestag),  für 
welche  diese  Erscheinung  statt  hat. 

Sey  S  der  eben  aufgehende  Stern  und  S'  die  Sonne  un-Fig. 
ter  dem   Horizonte  SB«      Man  ziehe  S  A  =*  d   senkrecht  auf  r* 
den  Aequator   Y"QA    und  S'%B  =  h  senkrecht   auf  den   Hori- 
zont«    Sey  noch  Y  der  Frühlingspunct  und  y^C  die   Ekliptik. 
Dieses  vorausgesetzt  ist  also 

y"A=«  die Rectascension , 

AS  =ad'die  Declinatiön  des  Sterns, 

yS'  ==L  die«  gesuchte  Länge  der  Sonne, 

AQSsa»  909  —  <p  die  Aequatorhöhe,    abo  9  die  Pol- 


1    Vergl.  Refraction.  Bd.  VHT.  3.  IMS.  and  Tagborfcn  3.  80, 
*    S.  Art.  Aufgnng.  Bd.  I.  S.  517.    » 


1570  Untergang. 

höhe  oder  die  geographische  Breite  des  Beebachtangsortes  e*f 
der  Erde,  und 

CrQ=e  die  Schiefe  der  Ekliptik 

Nennen  wir  noch  die  Grossen  AQ,  yC  and  CS'  in  dersel- 
ben Ordnung  x,  y  nnd  z.  .  m 

Dieses  vorausgesetzt  hat  man  im  sphärischen  Dreiecke  Q  A  S 

Sin.  x  sa  Tang,  d .  Tang.  9 

und  im  Dreieck  QfC 

c  "  Tang.  <p  Sin,  e  -f-  Cos.  e  Cos.  Co  —  x) 

^W—  Sin.(a-x) 

und 

Sin.rCQ=C0S>,>,;inCfl-X)> 
x  Sm.y 

1 

.endlich  im  Dreieck  CBS' 

Q.  Sin.h 

S"**==   Sin.rCQ* 

Wir  erhalten  daher  zur  Auflösung  unserer  Aufgabe  folgende 
Ausdrücke : 

Sin.  x  =  Tang,  i  .  Tang.  <p, 

_                Tang.  <p  Sin.  e  -f-  Cos.  e  Cos.  (a  —  x) 
Cotg.y« _____ , 

e.  Sin.h  Sin.  y 

Sin.  z  =  -fr- —  7       . 

Cos.  q>  Sin.  (a— x) 

Kennt  man  aber  auf  diese  Weise  die  GröTsen  y  und  z,  so  ist 
die  gesuchte  Länge  der  Sonne  für  den  Tag  des  hellsehen 
Aufgangs  des  Sterns 

L  =3  y  —  z. 

Zur  bequemern  Ueb ersieht  stellen  wir  die  sechs  hier  in  Rede 
stehenden  Erscheinungen  mit  ihren  kurzen  Erklärungen  ta- 
bellarisch zusammen)  wie  sie  in  der  Zeitordnung  auf  einander 
folgen. 

I.  Der  kosmisch*  Aufgang  hat  statt,  wenn  4er  Stern  genau 
bei  dem 'Aufgange  der  Sonne  aufgeht,  wenn  also  beide 
Gestirne,  falls  der  Stern  nahe  bei  der  Ekliptik  stellt,  in 
Conjunction  sind. 

II.  Der  Misch*  Aufgang,  wenn  der  Stern  kurz  vor  dem 
Aufgange  der  Sonne  aufgeht,  nahe  12  Tage  nach  L 


Uran.  '       1571 

III.  Der  Jtoetnieche  Untergangs  wenn  der  Stern  genau  beim 
Aufgange  der  Sonne  untergebt,  wenn  also  beide  Gestirne 
in  Opposition  sind,  nahe  ein  halbes  Jahr  nach  I. 

IV.  Der}  akronyktische  Aufgang,  wenn  der  Stern  g^tuo-Vei 
dem  Untergange  der  Sonne  aufgeht,  um  dieselbe  Zeit,  wie  HL 

V«     Der  hellsehe    Untergang,    wenn   der  Stern    kurz   nach' 
dem  Untergange    der   Sonne    untergeht,    nahe   5    Monate 
nach  III.    oder  IV.  oder  kurz  vor  der  Conjunction  beider 
Gestirne. 

VI.  Der  akronyktische  Untergang  endlich  hat  statt,  wenn 
der  Stern  genau  beim  Untergange  der  Sonne  untergeht, 
wenn  also  beide  Gestirne  in  Conjunction  sind,  nahe  12 
Tage  nach  V. 

Für  Sterne,  die  nahe  bei  der  Ekliptik  stehn,  ist  daher  die 
Zeit  des  kosmischen  Aufgangs  gleich  der  Zeit  des  akronyktisehen 
Untergangs,  bei  der  Conjunction  beider  Gestirne,  und  ebenso 
ist,  für  diese  Sterne  die  Zeit  des  akronyktisehen  Aufgangs  gleich 
der  des  kosmischen  Untergangs,  bei  der  Opposition  beider 
Gestirne. 

Uran. 

Uranium;  Urane;  Uranium,  Dieser  von  Kl AraoTtt 
tntdeckte  Körper  findet  sich  als  Oxydul  und  als  mit  Wasser 
oder  Sauren  verbundenes  Oxyd.  Grau,  metallglänzend,  von  9,0 
spec.  Gewicht,  spröde,  sehr  strengfliissig,  lafst  sich  in  regel- 
mässigen Oktaedern  erhalten,  die  an  den  Kanten  das  ^icht 
mit  rothbrauner  Farbe  durchlassen  und  ein  rothbraunes  Pulver 
geben. 

Das  Uranoxyäul  (217  Uran  auf  8  Sauerstoff)  findet  sich 
als  Pechblende  und  bildet  sich  beim  Erhitzen  des  Urans  an 
der  Luft,  wobei  es  unter  Erglimmen  zu  einem  schmuzig  grü- 
nen Pulver  verbrennt«  Das  Uranoxydulhydrat  ist  graugrün, 
die  Uranoxydulsalze  sind  grün  und  werden  durch  reine  Alka- 
lien graugrün,  durch  hydrolhionsaure  schwarz,  durch  blau- 
saures  Eisenoxydulkali  braunroth  gefeilt.  Das  Uranoxyd  (217 
Uran  auf  12  Sauerstoff)  ist  nieht  für  sieh  bekannt«    Sein  Hy- 


1572  Urajius. 

dfat,  der  Uraoocher  der  Mineralogen;  und  seine  Verbindungen , 
mit  Staren  heben  eine  cit  rongelbe  Farbe;  letalere  geben  mit' 
atzenden  Alkalien  einen  pomeraazengelben  Niederschlag,  wel- 
ckef  eine  Verbindung  des  Uranoxyds  mit  Alkali  ist,  mit  koh- 
leesauren  AikaJjtn  einen  blafsgelben ,  welcher  sieh  im  Über- 
schüsse derselben  mit  gleicher  Farbe  löst,  mit  hydrothionsaa- 
ren  Alkalien  einen  schwarzen  und  mit  blausaurem  Eisenoxy- 
dulkali, so  wie  mit  Gallapfeltinotur  einen  braunrothen.  Der 
Uranglimmer  ist  phosphorsaures  Uranoxyd  in  Verbindung 
entweder  mit  phoaphorsaurem  Kalk  oder  mit  phosphorsaurem 
Kupferoxyd. 

G. 

Uranus. 

Uranus  ist  der  entfernteste  Planet  unsers  Sonnensystems. 
Seine  Umlaufszeit  um  die  Sonne  in  Beziehung  auf  die  Fix- 
sterne oder  seine*  siderische  Revolution1  beträgt  narch  den 
neuesten  Bestimmungen  30686,62083  Tage  oder  nahe  84  Jahre 
und  6  Tage,  das  Jahr  zu  365,25  Tagen  gezählt.  Die  mittlere 
Entfernung  dieses  Planeten  von  der  Sonne  oder  die  halbe 
grofte  Axe  seiner  elliptischen  Bahn  ist  19,18239  Halbmesser 
der  Erdbahn.  Die  Excentricität  dieser  elliptischen  Bahn  be- 
trägt 0,0466  der  halben  grofsen  Axe.  Die  Länge  seines  Pe- 
•  riheliums a  war  im  Anfang  dieses  Jahrhunderts  oder  am  0  Ja« 
nuar  1801  gleich  167°  32'  6",  und  für  dieselbe  Zeit  war  auch 
die  Länge  des  aufsteigenden  Knotens  seiner  Bahn  mit  der 
ftkliptik  72°  59'  35"  und  die  Neigung  seiner  Bahn  gegen  die 
Ekliptik  0°  46'  28".  Die  säcularen  Aenderungen  dieser  Ele- 
mente sind: 

der  Excentricität     .....  —  0,000025 

der  Neigung       +  0°    0'     3",13 

der  Knoten       +  0   23   43,2 

der  Länge  des  Periheliuma-  +1    27   40,5. 

Der  Durehmesser  dieses  Planeten  ist  gleich   4,33   Erddurch- 
messern ,    und  seine  Masse ,    so  viel  uns  dieselbe  bisher  be~ 


1    S.  Art.  Umlauf szeit. 

*    a.  Art.  8*memahe.  Bd.  VflL  8.  872. 


Urajuis.  1573 

kaut     geworden    ist,    gleich    0,OQ0066    der    Sowenmaase. 
Endlich  ist   noch  die    Sogenannte  Epoche    oder    die  mittlere 
Unge  die***  Planeten  für  dengte»  Januar  1801  (oder  3J.De- 
cejnber  1800)  in  mittleren  Pariser  Mittag  gleich  177°4tf  5fc", 
so  wie  seine  i*glkhe  tropische  Bewegung  42*367981   Sekun- 
den»   Diese*  sind  die  sogenannten  Elemente  dieses  Planeten, 
wodurch  4r  Ton  allen  andern  Planeten  unsere«  Sonnensystems 
charakteristisch  unterschieden  wird  und  wodurch  zugleich  nach 
den    bekannten  astronomischen   Vorschriften  sein  wahrer  Ort, 
wie  er  von  der  Sonne  sowohl  als  auch  von  der  Erde  aus  gesehn 
wird,  für  jeden  gegebenen  Augenblick  bestimmt  werden  kann* 
Wenn  die  mittlere  Entfernung   der  Erde  von  der  Sonne 
gleich  20879000  g«ögr.  Meilen  genommen  wird,    so  folgt  aus 
den  so  eben  angegebenen  Elementen,  dafs  die  mittlere  Entfer- 
nung de*  Uranus  von   der  -Sonne    über  400  Millionen  Meilen 
beträgt.      Wegen  der  Excentricitat  der  Bahn  kann  diese  Ent- 
fernung bis  382  Mill.  Meilen  ab-  und  bis  419  Mill.' Meilen 
zunehmen*    Von  der  Erde  aber  steht  Uranus  in  seiner 
gröfsten  Entfernung    «  .  .    424, 
kleinsten    •  •••.....     348» 

mittleren     .........    386  Mill.  Meilen  ab,  <- 

indem   nämlich   die  Excentricitat  seiner  Bahn  nahe  18693000 
Meilen  beträgt« 

,  Der  wahre  Durchmesser  dieses  Planeten  beträgt  7500  Mei- 
len ,  während  der  der  Erde  1720  beträgt*    Wenn  also  Uranus 
nur  so    weit  wie    unsere  Erde  von   der  Sonne  entfernt  wäre, 
so  würde  man  ihn  aus  der  Sonne  unter  dem  scheinbaren  Durch- 
.  messer  von  74^  Secunden  sehn,  während  unsere  Erde  daselbst 
nur  den  scheinbaren  Durchmesser   von    17  Secunden  hat.      In 
seiner   gegenwärtigen   Entfernung    aber  erscheint   Uranus    der 
Erde  in  seinem  Durchmesser .  nur  zwischen  3  und  4  Secunden. 
Die  flpone  selbst,  endlich,    die  un*  unter  einem  Durchmesser 
von  32  Min.  erscheint,    hat  auf  dem  Uranus  nur  if.  Min.  im 
Durchmesser,    ist    also  nahe   19mal  kleiner  im  Durchmesser 
und   360mal  kleiner  in   der  Oberfläche.       Uranus  selbst  aber 
bat   eine  Oberfläche  von  166  Mal.  Qoadratmeüaa  oder  18mal 
mehr*  aJ*  die  Oberfläche  der  Erde ,  und  ehrtn  körperlichen  In- 
halt von  201230  Millionen  Kubikmetlen   oder  76mtl  *o  viel, 
*i*  der  körperliche  Inhalt  der  Erde  beträgt.     Die*  mittlere  Ge- 
schwindigkeit,   mit  welcher  dieser  Planet  um  die  Sonne  geht, 


1574  Uranus. 

beträgt  io  jeder  Secunde  nahe  eine  deutsche  Meile,  wahrend 
die  Erde  in  derselben  Zeit  4,4  Meilen  zurücklegt.  Die  Rote* 
tion  des  Uranns  um  seine  Axe  ist  noch  nicht  genan  bekennt 
Nach  Hbescrkl's  Beobachtungen  kann  man  sie  auf  die  sehr 
kurze  Zeit  von  7,1  unserer  Stunden  schützen,  so  dafs  also 
dieser  so  viel  gröbere  Himmelskörper  nahe  3,4m al  schneller 
eis  unsere  Erde  sich  um  seine  Axe  dreht.  Aus  der  oben  an- 
gegebenen Masse ,  die  man  vorzüglich  aus  den  Perturbationen 
abgeleitet  hat,  welche  Uranus  auf  Saturn  ausübt,  und  aus  dem 
körperlichen  Volumen  dieses  Planeten  hat  man  die  Dickt*  sei- 
ner Masse  nahe  gleich  dem  fünften  Theil  der  Dichte  der  Erd- 
masse gefunden ,  so  dafs  demnach  die  Dichte  der  Uranus- 
masse nahe  gleich  der  Dichte  unseres  Wassers  seyn  würde, 
und  daraus  folgt  endlich ,  dafs  die  Körper  durch  die  Wirkung 
der  Schwere  auf  der  Oberfläche  dieses  Planeten  in  der  ersten 
Secunde  durch  14,6  Par.  Fufs  fallen,  nahe  ebenso  viel,  wie  anf 
der  Oberfläche  der  Erde,  wo  dieser  Fall  bekanntlich  15,09295 
Par.  Fufs  beträgt.  Da  die  Sonne  dem  Uranns  nach  dem 
Vorhergehenden  unter  einer  360mal  kleineren  Oberfläche  ab 
der  Erde  erscheint,  so  wird  auch  im  Allgemeinen  die  Be- 
leuchtung der  Sonne  auf  dem  Uranus  360 mal  kleiner  seyn,  als 
bei  uns.  Die  hellsten  Mittage  auf  diesem  Planeten  mtigen  al- 
so kaum  noch  mit  unseren  mondhellen  Nächten  zu  verglei- 
chen seyn.  Ebenso  würde  auch  die  Erwärmung,  die  Uranus 
von  der  Sonne  erhalt,  nur  der  360ste  Theil  derjenigen  War- 
me seyn,  welche  unsere  Brde  der  Sonne  verdankt,  wenn  an- 
ders die  Beschaffenheit  der  Oberfläche  und  der  Atmosphin 
des  Uranus  von  der  der  Erde  nicht  sehr  verschieden  seyn 
sollte« 

Da  Uranus  so  ungemein  weit  von  uns  entfernt  ist,  fo 
wissen  wir  von  seiner  Oberfläche  wenig  mehr,  als  dafs  m 
uns  wie  eine  kleine,  runde,  matt,  aber  durchaus  gleieMerang 
beleuchtete  Scheibe  erscheint,  auf  der  wir  keine  Streifen  und 
Flecken  mehr  zu  erkennen  im  Stande  sind.  Daher  hat  man 
auch  die  Rotation  dieses  Planeten  um  seine  Axe,  die  man 
blofs  aus  diesen  Flecken  erkennt,  nicht  genau  bestimmen  ken- 
nen. Da  indafs  Hebschbl  mit  seinen  starken  Teleskopen  eine 
sehr  bedeutende  Abplattung  an  seinen  Polen  bemerkt  hat,  so 
schlofs  man  daraus  die  oben  angeführte  sehr  kurze  Rotations- 
zeit.     Wir  mtigen  uns  übrigens   bei  nnsern  geringen  Kennt- 


Uranus.  1575 


nissen  von  diesem  entferntesten  alle?  Planeten  damit  trtfsten ,  dals 
die  Astronomen  desselben ,  wenn  sie  überhaupt  existiren,  wahr- 
scheinhcb  nicht  «iboial  von  dem  Daseyo  •  unterer  Erde  eine 
Kennfnifs  haben«  Untere  Erde  erseheint  ihnen,  wie  gesagt, 
nor  unter  dem  Winkel  von  einer  Secunde  im  Durchmesser 
mnd  sie'  entfernt  eich  überdiefs  für  die  Bewohner  det  Uranus 
nie  über  drei  Grade  von  der  Sonne,  so  defs  sie  also  noch  viel 
mehr,  ab  uns  Mercur,  immer  in  den  Strahlen  der  Sonne 
schwimmen  und  selbst  für  die  stärksten  Fernrohre  gänzlich  un- 
sichtbar aeyn  wird*  Haben  wir  dooh  auch  lange  genug  von 
4er  Existenz  des  Uranus  nichts  gewufst  und  würden  wahr- 
scheinlich auch  jetzt  noch  nichts  davon  wissen ,  wenn  Hzn~ 
SGfliL  nicht  mit  einem  von  ihm  selbst  verfertigten,  ausge- 
zeichneten Fernrohre  ihn  zufällig  aufmerksamer  beobachtet  und 
eine  zwar  kleine,  aber  doch  unverkennbare  Scheibe  an 
ihm  bemerkt  hätte,  während  alle  andere  ihn  umgebende  Fix- 
sterne nur  als  lichte  Puncte  sich  darstellten.  Das  Fernrohr, 
mit  welchem  er  diesen  Planeten  entdeckte,  war  ein  Spiegelte« 
leskop  von  nur  sieben  Fofs  Focallänge,  mit  einer  227n>aligen 
Vergrößerung.  Mehr  die  Ahnung,  als  die  wirkliche  Beob- 
achtung einer  Scheibe  an  diesem  Gestirn  veranlafste  ihn,  so- 
gleich stärkere  Vergrößerungen  von  460  und  830  anzuwenden, 
die  sein  Teleskop  noch  sehr  gut  vertrug,  und  nun  erst  war 
er  von  der  scheibenartigen  Gestalt  des  Gestirns  überzeugt* 
Diese  Gestalt  gab  ihm  die  erste  Veranlassung ,  seine  Aufmerk- 
samkeit auf  diesen  Gegenstand  zu  richten,  und  als  er,  schön 
am  zweiten  Tage  nach  seiner  Entdeckung,  auch  noch  das  re- 
gelmässige Fortrücken  des  neuen  Gestirns  unter  den  Fixsternen 
bemerkte,  durfte  er  es  wagen,  dasselbe  als  einen  neuen  Pla- 
neten anzukündigen,  eine  Voraussagung ,  diefeald  darauf' voll- 
kommen bestätigt  wurde»  Erst  sechs  Jahre  nach  dieser  merk- 
würdigen Entdeckung  gelang  es  demselben  vortrefflichen  Be- 
obachter, mit  einem  seitdem  verfertigten,  noch  viel  bessern 
Fernrohre  auch  zwei  SatMiUn  oder  Monde  dieses  Planeten 
aufzufinden1«  Er  bestimmte  die  Umlaufszeit  derselben  um  ih- 
ren Hauptplaneten  bei  dem  innersten  zu  8  Tagen  17k  l'  lö",3 
mit  dem  Abstände  von  33",  1  und  bei  dem  äufseren  zu  13  Tagen 
llh  5'  1",5  mit  dem  Abstände  44",?.    Den  Planeten  entdeckte 


i    S,  Philoi.  Tränt.  T.  LX XVIII.  P,  II* 


1576  Uranus. 

Hirschil  am  13.  MSrz  1781   und   diese   zwti  Satelliten   am 
11.  Januar   1787«      Diese  zwei  Monde  hat  auch  Scukötba* 
und  später ,    im  J.  1828  9    der  jüngere  Ht&eoaiL,  aber  sonst 
wohl  niemand  gesehn,    de   sie,    so  -wie  die  zwei  innersten 
Monde  Seturne ,  so  deo  lichtscbwecheten  Gegenständen  de*  Hirn 
meb  gebären.  Der  jüngere  HttfiscatL3  sagt  von  den  letztem:  th*y 
hav§  n^vtr  becn  disctrntdkut  unlh  the  mo$t  po**rful  ttl&eopm, 
whieh  human  ort  ha*  yt  constructed,    and  tkis  onfy  enieir 
ptculiar  circumstance*.      Der  allere  HifUcncL3    wiU  anon 
noch  Tier  andere  Monde  dee  Uranus  gesehn  haben ,  allein  sie 
waren  so  schwach  an   Lieht,    da&  er  an  eine  atrch  nur  bev- 
•läufige  Bestimmung  ihrer  Bahn  nicht  denken  konnte ,  indem  er 
sie  nnr  zuweilen  en  Stellen  matt  schimmern  sah,  wo  er  köre 
vorher    oder    einige    Stunden  darauf    nichts    mehr    erblicken 
konnte*4*    Von  diesen  Satelliten  sagt  daher  der  jüngere  Hii- 
Schel,  two  undoubtodly  exist,  andfour  mor*  haye  04a»  euajaap- 
Ud.    Aber  anch  die  zwei  ersten  sohon  sind  uns  aulserordent- 
lich  merkwürdig  geworden  durch  eine  Eigentümlichkeit,    die 
ganx  allein  and  ebne  Beispiel  in  unserem  Sonnensysteme  de- 
«teht.    Alle  Planeten  dieses  Systems   und  alle  Satelliten  die- 
ser Planeten   ohne   Ausnahme  bewegen    sich    nach  derselben 
Seite,  von  West  nach  Ost,  und  diese  Bewegungen  gehn  durch- 
eus  in  Bahnen  vor  sich ,  die  nur '"sehr  wenig  gegen  die  Ebene 
der  Ekliptik  geneigt  sind.    Jene  swei  Monde  des  Uranus  aber 
machen  von  dieser  allgemeinen  Regel   eine  merkwürdige  Aus- 
nahme.    Ihre  Bahnen  stehn  nahe  senkrecht  auf  der  Ebene  der 
Ekliptik  und    sie  bewegen   sich   ut   diesen  Bahnen  rüokwwti 
von  Ost  gen  West»      Ihre  ßahnen  sind  überdieJs   nahe  kreis- 
ftnnig'und  die  Knoten    derselben  mit  der  Ekliptik  scheinen 
sich,  seit  den  fünfzig  Jahren,   die  men  sie  kennt,    nicht  ver- 
endert  zu  haben,    wehrend   doch  z.  &  die  Knoten  unseier 
Mondbahn  alle  19  Jahre,  um  den  ganzen  Himmel  henungehn» 
Scheint  es  doch,  setzt  Hzrscbbl  hinzu,  eis  ob  diese  sonder 
baren  Anomalieen  en  der  äufsersten  Grenze  unseres  Sünnensy« 
stems  uns  gleichsam  vorbereiten  sollten  auf  ganz  andere,  den 


1  Beiträge  Th.  II.  Anhang  50. 

£  Treatise  on  Astron.  Lond.  1833.  p.  298. 

8  Philot.  Tran§.  for  1798.  p.  47. 

4  Vergl.  Art.  NebenpUmeU*.  Bd.  TH.  S.  79. 


Uranus.  1577 

•  »  ■ 

bisher  bekannten  ganz  entgegengesetzte  Erscheinungen,  die 
in  den  andern  Fixsternsystemen  atatt  haben  mögen  und  zu  de- 
ren näherer  Kenntnils  wir  nna  allmäKg  anschicken  werden,  da 
unsere  Fernrohre  einen  so  hohen  und  gans  unerwarteten  Grad, 
von  Vollkommenheit  erreicht  haben.  Bemerken  wir  noch, , 
dafa  diese  Uranusmonde  wahrscheinlich  sehr  beträchtliche  Kör- 
per seyn  müssen,  weil  sie  sonst  auch  HsaacHiL  mit  seinen 
lichtstarken  Teleskopen  nicht  hätte  zu  Gesicht  bringen  kön- 
nen« Unser  Mond  z.  B.  würde,  in  die  Entfernung  des  Uranus 
von  der  Erde  versetzt,  uns  nur  unter  einem  Durohmesser  von 
0,25  Secunde  erscheinen,  und  da  sein  licht  nach  dem  Vor- 
hergehenden 360mal  schwächer  seyn  würde,  als  es  jetzt  ist, 
so  würden  wir  auch  mit  unsern  besten  Fernrohren  wohl  keine 
Spur  von. ihm  bemerken  können» 

Der  ältere  Hkescbbl  glaubte  auch  einmal  die  Spuren 
eine*  Ringt»  um  Uranus  zu  erkennen,  und  zuweilen  schien  ee 
ihm  sogar,  als  wäre  er  von  zwei  sieh  unter  rechten  Winkeln 
schneidenden  Ringen  umgeben.  Später  konnte  er  mit  seinen 
besten  Teleskopen  wieder  nichts  von  diesen  Erscheinungen  er- 
blicken .und  der  vorsichtige  Mann  wollte  selbst  seine  frühe« 
ren  Wahrnehmungen  für  optische  Täuschungen  ausgeben.  Wie 
dieses  iminer  seyn  mag,  schon  die  erwähnte  gegen  die  Ekliptik 
nahe  senkrechte  Lage  jener  zwei  Satellitenbahnen  führt  uns 
auf  den  höchst  wahrscheinlichen  Schlufs,  dafs  auch  der  Ae- 
quator  des  Uranus  nahe  senkrecht  auf  der  Ebene  seiner  Bahn 
steht  und  dafs  daher  die  Schief e  eeiner  Ekliptik,  die  bei 
uns  nur  23*>  Grad  beträgt,,  dort  nahe  einem  rechten  Winkel 
gleich  ist.  Sollte  sich  in  der  Folge  die  Vermuthnng  HBneciizi#'z 
von  dem  Ringe  dieses  Planeten  bestätigen,  dessen)  Ebene 
mit  jener  der  Monde  zusammenfällt,  so  würde  dadurch  jener 
Schlufs  an  Wahrscheinlichkeit  ungemein  gewinnen,  da  sich 
ein  Ring  nicht  wohl  anders ,  als  in,  der  Ebene  des  Aequators 
eines  Planeten  denken  läfst«  Dafs  aber  Uranus  einen  Aequa- 
tor  oder  mit  andern  Worten  eine  Rotation  nm  seine  Aze 
habe,  folgt  schon  ans  der  Analogie  mit  eilen  andern  Planeten 
und  aus  der  an  zwei  entgegengesetzten  Stellen  seinea  Umfange 
bemerkten  starken  Abplattung,  Eine  so  grobe  Schiefe  der 
Ekliptik  mufs  aber  auf  die  Tages  *  und  Jahresseiten  jenes  Pla- 
neten einen  genz  andern  Einflufs  äufeern ,  als  der  ist,  den  wir  bei 
unserer  Erde  bemerken.  Die  heüse,  gemäTsigte  und  kalte  Zone,  dae 
Bd.  IX.  Hhhhh 


1578  Uranus. 

Wort  in  der  für   die  Erde   gewöhnlichen  Bedeutung   genom- 
nei ,  wird  nämlich  auf  dem  Uranus  nicht  nehr  auf  einen  be- 
stimmten   Theil  seiner  Oberfläche  beschränkt  seyn,    sondern 
jede    dieser   drei    Zollen  würde   zu  verschiedenen   Zeiten- des 
Jahres    eile    Pnncte    dieser    Oberflach«    durchwandern.      Zar 
Zeit  des   Sommeranfangs  in   der   nördlichen  Hemisphäre  wird 
nämlich  die  Sonne  senkrecht  über  dem  Nordpol  stehn,    weh- 
rend  der  andere  Pol  eine  längere  Zeit  iiin durch  in  Nacht  be- 
graben  liegt.       Dann   wird   nämlich  die  Iiofatgrence  mit  dam 
Aequator   des   Uranus   susammenfallen   und   die  Pole    werden 
der  eine  in   der  Mitte   der  heifsen ,    der  andere  in  der  Mitte 
der  kalten  Zolle  liegen.      Nach  einem  Vierteljahre  des  Uranus 
(d.  h.   nach   21   unserer  Erdenjahre)  aber,     im  Anfange  des 
Herbstes.,    wird  diese  Lichtgsense,    die  .den   Aequator  immer 
halbirt,    auf  die  eine  Seite  gegen  den  Nordpol  sich  erhebend 
und  anf  die  andere  ebenso   viel  gegen  den  Südpol  hejabain- 
kencV,  jetzt  durch  die  beiden  Pole  geht*,   und  die  Sonne  wird 
für  die  Bewohner  des  Aequator*  im  Zenith  stehn.    Mach  neuen 
21  unserer  Jahre  wird  der   Südpol  in  der  Mitte  der  heifsen 
Zone  liegen  und  die  Sonne  in  seinem  Seheitel  erbücfeen,  so 
dafs  jetzt,    im  Sommer  der  südlichen  Hemisphäre,    die  gane 
südliche  Haibkagel  immerwährenden  Tag  und  die  ganze  nörd- 
liche lange  Zeit  durch  stets  Nacht  haben   wird  n.  s.  w.      So 
lange  es  sieh  also  Mols  um.  Temperatur,  um  Beleuchtung  oder 
um  den  Fortgang  der  Vegetation    handelt,    wird  es  den  Be- 
wohnern des  Uranus  nahe    gleich  seytt,    ab  sie  unter    deai 
Aequator  oder  in   den   beiden  Polen  ihres  Planeten  wohnen, 
da  sie  eile  bald  die  htfcbtte,  bald  wieder  die  niedrigste  Tem- 
peratur,   bald   sehr  langet  nnd  bald  wieder  sehr  kurzes  oder 
euch  ger  kein   Tageslicht  haben   werden.      Aber  dafür  wird 
demjenigen ,    der  seinen  fixen  Wohnort  nicht  verlassen  kaue, 
daran,  gelegen  seyn ,    oh  «er  eben  seinen  Sommer  oder  seinen 
Winter  hat,    de  dort  die  Jahreszeiten  und  ihre  Temperatur 
wegen  der  grofsen  Schiefe  der  Ekliptik   viel  mehr  von  ein- 
-ander  verschieden,  viel  schroffer  von  einender  getrennt  und 
endlich  auch   von   einer  beinahe  84mal  längeren  Dauer  sind, 
als  bei  uns. 

De  wir  uns  aber  um  "die  Schicksale  so  entfernter  Break- 
harn  nicht  sehr  zu  bekümmern  brauchen ,  so  wollen  wir  da- 
für eine  andere  interessante  Frage  zu  Beantworten  suchen,    bt 


Uranus.  1579 

es  wahrscheinlich,  3afs  uns er e  Nachfolger ,  wenn  sie  einmal 
mit  noch  viel  besseren  Fernrohren  versehn  seyn  werden,  noch 
einen  entfernteren  Planeten  auförfden  ktfnnen,  oder  ist  Uranns 
schon  eis  der  lettre  Pisnet  unseres  Sonnensystems  anzunehmen  ? 
Der  berühmte  Olbkhs  hat  es  versucht ,  diese  Frage ,  auf  die 
man  in  der  Thai  nicht  sobald  eine  genügende  Antwort  hoffen 
konnte ,  wenigstens  ans  sehr  sinnreichen  WahrscheinKchkeita- 
griinden  zu  entscheiden.  .  Wir  werden  weiter  unten1  sehn, 
dafs  bei  allen  Planeten  and  selbst  'bei  den  Satelliten  unseres 
Sonnensystems  die  Bahnen  derselben  im  Airgemeinen  nur  sehr 
wenig  gegen  die  Ebene  der  Ekliptik  geneigt  simj  und  dafs 
die  Bewegungen  dieser  Körper  in  ihren  Bahnen  sämmtlich 
nach  einer  und  derselben  Richtung,  von  West  nach  Ost,  vor 
sich  gehn«  Die  Ursache  dieser  so  allgemeinen  Erscheinungen 
kann  nur  in  einer  uns  immerhin  unbekannten  Kraft  liegen, 
deren  Wirksamkeit  aber  zur  Zeit  der  Entstehung  des  Plane- 
tensystems von  seinem  Mittelpuncte ,  der  Sonne,  bis  zu  'den 
äufsersten  Grenzen  dreses  Systems  Ausgedehnt  seyn  mufste, 
vielleicht  in  dem  durch  ursprüngliche  Hitze  90  weit  ausgedehn- 
ten Sonnenkörper  selbst  oder  seiner  Atmosphäre,  die  anfäng- 
lich den  ganzen  kugelförmigen  Raum  erfüllte,  an  dessen  äu- 
fserster  Grenze  spater  durch  Folge  der  Rotation  und  Ablage- 
rung der  Sonnenmasse  in  der  Nähe  ihres  Aequators  der  ent- 
fernteste Phnet  entstanden  ist.  ^Dieses  vorausgesetzt,  und  wir 
werden  weher  unten  «eh«,  daft  diese  Voraussetzung  sehr  viel 
Wahrscheinlichkeit  fihr  «ich  hat,  folgt  sofort,  daft  irmerherb 
der  Wirkungssphäre  jener  Kraft  oder  jenes  Agens  keine  solchen 
Bahnen  entstebn  and  fortdauern  könnten,  die  entweder  eine 
•ehr  grojee  Neigung  gegen  die  Ekliptik  haben,  oder  in  wel- 
chen der  Himmelskörper  in  einet  der  vorhin  erwähnten  ent- 
gegengesetzten Richtung,  von  Ost  nach  West,  fortgeht.  Wenn 
wir  aber  noch  einen  unbekannten  Phneten  jenseit  der  Ura- 
nusbahn annehmen  wollten ,  in  welche  Jttstent  von  der  Sonne 
müfsted  wir  ihn  setzen  ?  Zur  Beantwortung  dieser  Wege  ho- 
ben wir  die  bekennte  schöne  Reihe,  die  sich  aber  sttmmtliche 
bisher  bekannte  Planeten  mit  einer  immer  auffallenden  Ge- 
nauigkeit erstreckt  und  auf  die  man  euch  bereits  früher  '"* 
Vermnthung  gebaut  hat,  dafs  zwischen  Mars  und  Jupiter  noch 


i    - 


1    S.  Art.  Wdltyttatt. 

Hhhhh  2 


15Ö0  Uranus. 

ein  uns  bisher  unbekannter  Planst  sieh  befinden  müsse  ,  eis* 
Verauthung ,  die  im  Anfang«  unser*  Jahrhunderts  durch  die 
Entdeckung  der  vier  neuen  Planeten,' Ceres,  Pelle*,  Jaoo  nod 
Veite .,  so  schön  bestätigt  worden  ist  Nimmt  man  nämlich  die 
mittlere  Entfernung  Meteor*  von  der  Sonne ,  die  nehe  8  M3* 
lionen  geogr.  Meilen  beträgt  ,  gleich  4  an ,  so  ethält  man  fol- 
gende kleine  Tefel: 

Mercnr     .  .  .  .    4    ......    4  oder       8  MiH.Moüan 

Venus    .  .  .  •  .    4  + 2°.  3  .  .    7    —      14 
Erde 4  +  2*.3  .  .  10    —       20 

Mars 4  +  2*. 3  .  .  16    —      32 

JuToVve'lIr}    4+23-3.-98    -     56 
Jupiter  ..-••.    4  +  2*. 3  .  .  $1    —    104 

Saturn 4 +2*.  3  •  .  100    — •    200 

Ureous...:.   4  +  2«. 3  ..  196    —    392 

/ 

ollte  daher  über  dem  Uranus  noch  «n  «euer  Planet  seyn,  m 
miifste  derselbe  nach  der  vorhergehenden  Tafel  in  der  outt- 
«ren  Entfernung  von  der  Sonne  von 

4  +  27.3  =  368  oder  776  Millionen  Meilen 
seine  Bahn  um  die  Sonne  beschreiben. 

Nun  kennen  wir  aber  bereits  *wei  Kometen,  welche  heilt 
die  Aphelien  ihrer  elliptischen  Bahne»  weit  außerhalb  der 
Uranusbahn  liegen  haben.  Der  Komet  nämlich,  welchen  Ol- 
bb&s  am  6.  März  1815  entdeckt»  «nd  dessen  Umlau&seit 
sehe  75  Jahr«  betragt,  bat  nur  halben  graben  Axe  seiner  el- 
liptischen Bahn  17,6  und  cur  Exoontricität  16,4  Hjdbmesas? 
der  Erdbahn.  Dieser  Kämet  ist  daher  in  seinem  Aphelien 
oder  in  seiner  grellsten  Distan*  von  der  Sonne  volle  34  Halb- 
messer der  Erdbahn  oder  680  Millionen  Meilen  von  der  Sesea 
entfernt.  Dvt  bekannte  Raibftck*  Kom*t  aber  hat  die  halbe 
grofse  Axe  seiner  Bahn  gleich  372  und  ihre  Excentricität  gleich 
.360  Millionen  Meilen  oder  seine  grölst*  Distans  von  der 
Sonne  ist  gleich  732  Millionen  Meilen.  Demnach  reicht  die 
,  Bahn  des  01bera>'schen  Kometen  noch.  288  and  die  des  Hat» 
ley'sehen  sogar  340  Millionen  Meilen  über  die  Urannsbahs 
hinaus,  aber  ihre  grtffsten  Entfernungen  von  der  Sonne  sine* 
bei  dem  ersten  um  06  und  bei  dem  «weiten  um  44  MiUicneo 


/ 

I 


Uranu*.  1581 

Meilen  kleiner,  als  die '.mittlere  Entfernung  von  776  BKH. 
Meilen  jenes  vorausgesetzten  neue»  Suftersten  Planeten,  so 
dab  also  diese  zwei  Kometen  zur  Zeh  ihrer  grttfsten  Entfer- 
mtiig  tob  der  Sonne  zwischen  der  Bäht*  des  Unnas  und 
der -dieses  nenen  Planeten  ,J  aber  dem  letzten  viel  ngher  eis 
jenem  stöhn  worden.  Dia  Existenz  dieses  neuen  unbekannten 
Planeten  vorausgesetzt  müfsten  also  jene  zwei  Kometen  zur 
Zeit  des  Ursprung*  des  Sonnensystems  sich  innerhalb  der 
Wirkungssphäre  jenes  grofsen  Agens  befanden  heben  und  sin 
mubton  daher  anoh  jene  beiden,  allen  Körpen*  dieser  Sphäre 
eigenthümlichen  Eigenschaften ,  eine  geringe  Neigung  ihrer 
Bah»  und  eine  directe  Bewegung  in  dieser  Bahn ,  an  sich 
trägem  Allein  dieses  ist  keineswegs  der  Fall.  Denn  der  von 
Olbms  entdeckte  Komet  ist  zwar  direct  oder  er  geht  in  sei- 
ner Bahn  von  West  nach  Ost,  wie  alle  übrige  Planeten,  aber 
die  Neigung  seiner  Bahn  gegen  die  Ekliptik  betragt  volle  44 
Grade ,  also  weit  mehr,  eis  selbst  die  gröfste  Neigung  der  al- 
ten Planeten,  die  nur  7  Grade  betragt*  Bei  dem  HaHey 'sehen 
Kometen  aber  ist  zwar  die  Neigung  von  17,5  Graden  neck  klein 
genug,  aber  seine  Bewegung  ist  retregrad  oder  von-  Ost  nach 
West,  und  beide  Kometen  müssen  daher  zur 'Zeit  dee  Ur- 
sprang*  unseres  Sonnensystems  anfserhalb  der  Uranusbabn  in 
der  Nähe  ihres  ApbeKnms  oder  sie  müssen  ganz  ander  der 
Yf  irkungssphttre  jene»  Agens  gewesen  seyn ,  welches  den  Pla- 
neten jene  beiden  ihnen  charakteristischen  Merkmale  aufdrückte 
oder  endlich,  mit  andern  Worten,  jenseit  der  Uranusbahn 
liegt  die  Grenze  des  Raumes,  in  welchem  allein  noch  Plane-* 
ten  entstehn  konnten,  und  Uranu»  ist  daher  höchst  wahr« 
scheinlich  der  Kufeerste  Planet  unsere»  Sonnensystems». 

,  Noch  ist  ans  übrig ,  das  Vorzüglichste  ans  der  Geschichte» 
dieser  merkwürdigen  Entdeckung  kurz  zusammenzustellen,  da 
durch  sie  die  Ausdehnung,  welche  unser  Planetensystem  im- 
Welträume  einnimmt,  nahe  um  das  Doppelte  erweitert  wor- 
den ist.      Die  erste  verläfslkho  Nachricht,   die  über  die  Ent- 

* 

deckung  dieses  Planeten  in  Deutachland  verbreitet  wurde,  in- 
det  man  in  dem  Berliner  astron.  Jahrbache1,  Es  heilst  da- 
selbst,  dab  ein  Freund  der  Astronomie  zu  Bath  in  England  an» 
Abend  des  13,  Mar^  178t   den  gestirnten  rümmel  mit  ekatm 


<h  Jahr  1784.  Berlin  178 K  S»  tlOt 


1582  Uranus. 

siebensehuhigeu  Spiegelteleskope  untersucht  und  zwischen  den 
Hörnern  d**  Stiers  und  den  Füfsen  der -Zwilling*  tiom  Slero 
von  eine«  deutlich  bemerkbaren  Durchmesser  auf  gesunden 
habe  9  während  doch  die  eigentlichen  Fixsterne  durch  gute 
Fernrohre  not  als  eio£sche  Puncto ,  ohne  alte  scheibenförmige 
Gestelt,  ei  scheinen.  Noch  auffallender  unterschied  sich  jemet 
-fremdartige  Himoaeleke'rper  von  den  Fixsternen  durch  seine  ei« 
gene  Bewegung ,  *  die  an  dem  ersten  Tage  nur  45  Seonndea 
betrugt  in  den  nächstfolgenden  aber  schon  bis  auf  3  Mio.  30  See 
täglich  angewachsen  war.  Der  Körper  zeigte  nichts  Nebliges 
um  sich ,  so  dafs  man  ihn  nicht  wohl  für  einen  Kometen  hal- 
ten konnte«  „Dieser  Freund  der  Astronomie/1  wird  in  eine* 
Not*  hinzugefügt,  „wird  in  der  Gazette  littetaire  vom  Juni 
1781  Mmsthel,  im  Journal  Encyclopldiqne  vom  Jnli  Hb&*- 
sciffL,  in  einem  Schreiben  des  Astronomen  Mauluyb*  an 
Messiea  aber  Heathbl  and  endlich  von  Dakquise  in  Tou- 
louse Hcbmstcl  genannt ,  und  er  soll,  heilst  es,  ein  gebor* 
ner  Deutscher  seyn.  Welches  ist  nun  dar  eigentliche  Name 
dieses  wackeren  Mannes? '«  Dieses  war  die  erste  Ankündi- 
gung eines  demals  bereite  dretundviersigjährigen  und  doch  der 
wissenschaftlichen  Welt  noch  ganz  unbekannten  Mannes,  cW 
sen  wahrer  Name  bal<f  derauf  von  dem  Munde  aller  Gebilde- 
ten wiederhallte.  Es  sey  uns,  des  Gontrastes  wegen,  erlaubt, 
auch  die  Stelle  hier  anzuführen,  in  welcher  Biiwstie  fünf- 
zig Jahre  später  in  seinem  Life  of  Newton  von  seinem  greisen 
Landsmanne  spricht,  eine  Stelle,  die  hier  um  so  mehr  ange- 
führt werden  darf,  da  Goldbeho  in  seiner  sonst  so  schonen 
Uebersetzung  dieses  Werks  einige  sehr  bedeutende  Perioden, 
man  sieht  nicht  rechte  aus  welchen  Gründen,  gänzlich  wegge- 
lassen hat.  „So  stieg  Hzrsckzl  in  wenig  Jahren  von  den 
untersten  Stufen  des  Lebens,  von  einer  militärischen  Mnsik- 
bsnde,  deren  Mitglied  ex  wer,  bis  zu  der  staunenswürdigen 
Hohe ,  auf  welcher  er  uns  ganz  ebenso  ruhmbekränzt  erscheint, 
wie  die  gepriesenen  Helden  des  Alterthums,  und  so  unsterb- 
lich, wie  die  ewigen  Gegenstände  des  Himmels  selbst,  wel- 
che er  uns  bekannt  gemacht  und  auf  denen  er  da»  Denkmal 
seines  unvergänglichen  Namens  mit  eigener  Hend  invKIammea- 
zügen  eingegraben  hat*  Obschon  der  grofse  Mann  bereits  die 
Mitte  seiner  Lebensbahn  erreicht  hatte,  als  er  die  Bahn  sei- 
ner Entdeckungen  betrat,   so   lief  er   doch  auf   dieser  Bähe 


Uranus.  1583 

allen  .seinen  Zeitgenossen,  allen  seinen  Vorgängern  weit  zu- 
vor;  sein  Böhm  wuchs  fortan  mit  jeden»  neuen  Tage,  und 
erst  am  Abend  «eines  Lebans  wer  es,  wo  er  die  glänzend- 
sten Entdeckungen  machte  und  eine  reichere  Ernte  sam- 
melte, eis  eile  Schnitter,  die  tot  und  mit  ihm  auf  demselben 
Felde  gearbeitet  hatten.  Die  hohe  Fluth  der  Wissenschaft' 
und  der  Erkenntniis,  die  sich  in  der  glücklichen  ZeirJ  wo  der 
grofte  Mann  erschien,  über  unsern  ganien  Welttheil  ergeh, 
rollte  noch  manche  Jahre  nach  seinem  üintritte  ihre  Wogen 
stols  dahin,,  bis  sie  endlich  in  England  wenigstens  wieder  zti 
der  früheren  Ebbe  herabsank«  Mit  ihr  schwand  die  Macht 
tuftl  der  Böhm  Britanniens^  und  nur  eine  einzige  Barke  wird 
jetzt  noch  auf  dem  verlassenen  Strande  gefunden,  die  des  al- 
ten Deakabon  der  Sternkunde,  dessen  Geist  bo  lange  und  so 
glorreich  über  den  Wassern  geschwebt  hatte»  Zwar  findet  man 
da  und  dort  noch  manchen  Einzelnen ,  der  Kraft  und  Muth 
in  sich  fiihlt,  den  Kampf  mit  dem  Verhängnifs  einzugehn  und 
den  Verfall  der  Kunst  und  Wissenschaft  aufzuhalten:  but 
what  avaits  the  enthousiasm  and  the  effbrts  of  individuell 
minäs  in  the  inteUeotual  rivalry  of  nations?  JVhen  the 
proud  eeience  of  Engtand  pinee  in  obscurity9  blighttd  by 
the  abeenee  of  the  royal  favour  and  of  natione  sympathy; 
when  ite  chivairy.  fall  untvept  and  unhonouredy  hou>  can  it 
saetain  the  confket  against  the  honoured  and  marshalied 
gemue  of  foreign  lande?" 

Dieses  merkwürdige  neue  Gestirn,  nm  wieder  zu  der  Ge- 
schichte seiner  Entdeckung  zurückzukehren,  wurde  zuerst  von 
dem  König}.  Astronomen  Maskeitjh  zu  Greenwich  am  17ten 
Merz  1781  euf  eine  streng  wissenschaftliche  Weise  beobach- 
tet, und  sein  Ort  am  Himmel  genau  angegeben.  Bald  dar- 
auf wurden  solche  Beobachtungen  auch  von  MztfsiBR  und 
MficHAiv  in  Paris  und  ron  Dar^uisr  in  Toulouse  ange- 
stellt. Hbrscsbi,  selbst  hatte  wohl  die  besten  Fernrohre,  um 
damit  zu  sehn,  was  den  meisten  Andern  verborgen  blieb,  aber 
eigentliche  genaue  Mefsinstrumente  besafs  er  weder  damals, 
noch  auch  in  spatern  Zeiten.  Alle  übrige  Sternwarten  Euro- 
pa's  endlich  standen  jener  zu  Greenwich  bei  London  zu  weit 
nach,  um  Ton  ihnen  bedeutende  Beitrage  zu  der  neuen  Ent- 
deckung zu  erwarten. ,  Auch  kam  das  Gestirn  im  Monat  Mai 
schon  der  Sonne  zu  nahe,    wo  es  mit  gewöhnlichen  Fernrdh- 


1584  Uranus. 

ren  nicht  mthr  gesehn  werden  konnte*    Em  sm  18»  Julius  sah 
man  dasselbe  in  Paris  wieder,  und  nan  mehrten  sieh  die  Be- 
obachtungen desselben  mit  jedem  Tage,    so  dafs  man  allmalig 
fach  daran  denken  mufste,    die  EUmtnU1  diese?  neuen  Pla- 
neten, denn  dafür  mufste  man  ihn  gleich  in  den  ersten  Wo- 
chen nach  seiner  Entdeckung  erkennen,  so  bestimmen.    AUeia 
dieses  Geschäft  war  damals ,    wo  die  mathematisch«  Andys» 
in  dieser  Beziehung  noch  nicht  sehr  ausgebildet  war,  mit  vie- 
len  Schwierigkeiten  verbunden,    wie  man  aus   den   häufiges 
fcnifsluogaen  Versuchen  schliefsen  mu£s,  die  au  jener  Zeit  von 
den  verschiedenen  Astronoman  su  Tage  gefördert  wurden.  IM 
dooh  mufs  man  gestehn,  dafs  das  im  Allgemeinen  wohl  alle*- 
dings  sehr  schwere  Problem  in  dem  gegenwärtigen  Falle  dank 
zwei  besondere  Umstände,     die  offenbar   sehr  geringe  Excea- 
tricität  der  elliptischen  Bahn  und  die  sehr  kleine  Neigung  der- 
selben gegen  die  Ekliptik,  ungemein  erleichtert  wurde.    Prot 
Lkxkll  in  Petersburg  war* einer  der  Ersten,   der    diese  Ele- 
mente*   des    neuen    Planeten    durch   Rechnung    zu    bestinmeo 
suchte.     Allein  obschon  er  diese  Rechnungen  schon  nach  mehr 
als  einem  Jahre  nach  der  Entdeckung  vorgenommen  hatte,  so 
'  fand  er  doch,    dafs  die  ungefähr  30  ihm  vorliegenden  Beob- 
achtungen sich  ebenso  wohl  durch  einen  Kreis  als  auch  durch 
eine  Parabel  darstellen  liehen,  zum  Beweise,  wie  unvollhosn 
men ,  seine  Methode  gewesen  seyn  mufs ,    wenn   er  gleich  an 
Ende  sich  gezwungen  sab,  die  Parabel  als  die  Unwahrscheinlichere 
Bahn    zu  betrachten3.      Hbvvbet*,  Prof.  der  Mathematik  in 
Utrecht,  giebt  eine  andere  und  zwar  indirecte  Methode,  «liefe 
Bahn .  zu  berechnen ,   indem  er  sonderbarer  Weise  die  directe 
als  zweckwidrig  ausschliefst*      Er  findet  die  halbe  grofse  Ax» 
gleich  18,835  (statt  19,182),    die  Knoteolänge  74*  3tf  (s*t 
der  wahren  72°  46' )  und  die  Neigung  0°  46',   die  allein  du 
Wahrheit  sehr  nahe  liegt.    Später  wandte  er  sich  endlich  deth 
zu  den  directen  Methoden4,    es  scheint  aber,  -als  habe  er  sie 
nicht  gehörig  zu  behandeln  gewulst.      Er  fand  die  halbe  Ax* 
=  19/08,  die  Knotenlänge  =  71°  11'  und  die  Neigung  =0°tf- 


1  S.  Art.  Elemente  der  Bahnen.    Bd.  III.  8.  785. 

2  Aetronemieehes  Jahrbach  f.  1786.  8»  202. 
$  Ebendaselbst  8.  206. 

4  Ebcnd.  1786.  8.  224. 


Uranus.  1385 


■ 


Ja  er  verweht©  selbst   sine  elliptische   Bahn ,    wobei   er   die- 
Lange   des  Perihels  =  177#  44'   (statt  der  wahren    167°  4'). 
und   die   Exceotricrtät  nahe  genug   gleich  0,043  fand*      La- 
lakdb1    beschäftigte  sich    auch  mit    dieser   Bahnbestimmung, 
acheint  aber  an  keinem  genügenden  Resultate   gekommen  zu 
eeyn ,  obschon  er  bei  der  Kreishypothese  stehn  blieb.     Er  giebt 
seinen  Fand  nur  in    ganzen    Graden   an.       So   ist   nach  ihm 
die  Knotenlänge  =  73°  und  die  halbe   grobe  Axe  s=s  18,931. 
Mbohais  fand  ans  seinen  Calcüls  die   halbe   grofse   Axe  oder 
den  Halbmesser  der  kreisförmigen  Bahn  =  19,079,   die  Kno- 
tenlänge ss  71°  49\5  nnd  die  Neigung  0°  43',6.     Prosfbais2 
in  Dpsala  berechnete  die  bisher  gesammelten  Beobachtungen  des 
Uranus  nach  der  elliptischen  Hypothese,  die  er  aber  nicht  selbst, 
sondern  nur  seine  Resultate  ,  und  auch  diese  nur  unvollkommen 
Und  der  Zeit  nach  sehr  spät  mittheilte.     Er  fand:   Länge  des 
aufsteigenden  Knotens  =  72°  10',2 ,  Neigung  aas  0°45',4,  Län- 
ge des  Perihels  173°  5l',4,  halbe  grofse  Axe  18,944,  Excen- 
tricitäa  0>023,    wo  die  letzte  um  die  Hälfte  zu  klein  und  die 
Länge-  des  Perihels  gegen  7  Grade  zu  grofs  ist.      Endlich  be- 
rechnete auch  Laplaci  die  Elemente  des  neuen  Planeten,  in- 
dem er  noch  einige  ältere  Beobachtungen  desselben   zu  Hülfe 
nahm,  nach  der  elliptischen  Hypothese,  und  diese  wurden  sofort 
als  sehr  gut  anerkannt ,    da  sie  alle  bis  dahin    angestellte   Be- 
obachtungen   des    neuen   Gestirns   sehr  gut  darstellten.       Von 
diesem  Geometer  wurden  folgende  Bestimmungen  gefunden  K 

Halbe  grofte  Axe     19,082 

Excentricität 0°,0476 

Länge  des  Perihels 173°23\0 

Länge  des  aufsteigenden  Knotens     73     1,0 
Neigung  der  Bahn 0    46,2* 


• 


1    Astronomisches  Jahrbuch  1785.  S.  226. 
.  2    Ebendaselbst  1787.  S.  215. 

3  Diese  Elemente  Lapiacb's  worden  zuerst  in  der  Connoissance 
des  tems  für  d.  J.  1786  nnd  die  daranf  gegründeten,  von  M£chais 
verfertigten  Tafeln  ebendaselbst  für  d.  J.  1787  bekannt  gemacht.  Vgl. 
Berl.  Jahrbuch  für  d.  J.  1787.  3.  139,  wo  auch  Bona  S.  185  die  von 
ihm  nach  denselben  Elementen  von  Laplacb  berechneten  Tafeln  des 
neuen  Gestirns  mittheflt.  Die  erste,  nach  diesen  Tafeln  construirte 
aatronomiehe  Ephemeride  des  Unnas  aber  findet  man  in  demselben 
Berl.  Jahrb.  für  d.  J.  1788.  S.  129. 


1586  Uranus. 

Diese  Elemente  stellten  die  sä mmt liehen  neuen  Beobechtaigei 
seit  dem  Entdecknngstage  und  selbst  die  von  T.  Mater  von 
dem  Jahre  1756,  von  welcher  wir  später  reden  werden,  gut 
'der,  eher  nicht  die  noch  ältere  Beobachtung  d.  J.  1690  von 
Flamstead.  Der  Astronom  Fjxmillhe*1  zu  Kremsmüosttt 
unternahm  es,  auch  diese  letzte  und  älteste  Beobachtung  in 
seine  Bestimmung  der  Elemente  aufzunehmen,  die  er,  wis 
folgt t  fand: 

Länge  des  Perihels     .  .  .  167°  31',6 

Länge  des  Knotens    .  .  .  72     50,8 

Neigung     .  .  .  . 0     46,3 

Excentricität      0,04612 

Halbe  grobe  Axe     .  .  .  .  19,16525  ♦ 

\  Es  ist  Schade,    dafs  Fixmillnbh,   die  Methode  nicht  angiebt, 

,  durch  welche  er  diese  Resultate  gefunden  hat«  So  viel  ist 
klar,  dafs  er  darauf  yiel  Mühe  verwendet  .zu  haben  scheint 
und  dafs  diese  Elemente  nicht  nur  die  neuern,  sondern  auch 
die  zwei  wichtigen  altern  Beobachtungen  von  T.  Mayer  und 
Flamstjead  sehr  gut  darstellten« 

Um  eine  dieser  Methoden  näher  anzuführen,  wollen  wir 
diejenige  etwas  naher  betrachten,  die  KlÜoil2  für  die  kreis- 
«  förmige  Bahn  mitgetheilt  hat.  Er  nimmt  dabei  an ,  data  er- 
stens der  Planet  sehr  weit  Ton  der  Sonne  entfernt  ist  und  dais 
zweitens  seine  kreisförmige  Bahn  in  der  Ebene  der  Ekliptik 
liegt,  wodurch  allerdings  die  Auflösung  sehr  erleichtert  wird. 
Ist  X  die  geocentrische  Länge  des  Planeten ,  und  1 ,  so  wie  L 
die  heliozentrische  Lange  des  Planeten  und  der  Erde  in  der 
ersten  Beobachtung ,  und  bezeichnet  man  dieselben  Gröfsen  für 
eine  zweite  Beobachtung  durch  A',  1'  und  L',  so  hat  man, 
wenn  r  der  Halbmesser  der  kreisförmigen  Planetenbahn  ist,  dee 
Halbmesser  der  ebenfalls  kreisförmigen  Erdbahn  gleich  der  Ein- 
heit vorausgesetzt,  nach  dem  dritten  Kepler*schen  Gesetze 

L'-L 


r— 1=3 


3 

r* 


In  dem  Dreiecke  zwischen  Sonne,    Planet  und  Erde  aber  hat 
man 


1  Astronom.  Jahrb.  1787.  9.  249. 

2  Ebend.  1785.  5.  193.  1786.  S.  Ofc 


Uranus.  1587 

Sin.(Jl  —  L)=  -.Sin.(i— L) 

oder  da,  nach  der  erwähnten  Voraussetzung,  der  Planet  sehr 
weit  von  der  »Sonne  entfernt,  also  der  Winkel  X  —  1  an 
dem  Planeten  sehr  klein  seyn  soll,  # 

X  —  l=i.Sin.(X—  L) 
r  * 

nnd  ebenso  für  die  zweite  Beobachtung 

X  —  l'=i.Sin.(X'--L'). 
r  ' 

Beider  Gleichungen  Differenz  ist 

1'—  1=JL'—  %+  -i.[Sin.(X— L)w8in.(X'  —  L')], 

oder ,  wenn  man  darin  den  vorhergehenden  Werth  von  1'  —  1 
substituirt  und  der  Kürze  wegen 

A  =  Siau(X_L)— Sin.(X'  — L') 
setzt, 

L'—  L#=  A.}^ +  (*'-- X).r  ^7, 

oder  endlich,  wenn  r  =  o2  gesetzt  wird, 

(V—  JL).o3  +  A.o  —  (£/  —  L)  =  0. 

Aus  dieser  kubischen  Gleichung  findet  man  den  Werth  von 
(>,  also  auch  r  =  o2,  und  daraus  die  Umlaufszeit  T  des  Pla- 
neten um  die  Sonne 

T=^.r*T.g., 
H 

t   « 

wo  n  die  bekannte  Ludolph'sche  Zahl  3,14159  und  wo 
^i=  0,017202  die  Charakteristik  unsere»  Sonnensystems1  be- 
zeichnet. Diese  einfache,  aber  durch  ihre  vielen  Voraus- 
setzungen auch  zugleich  sehr  beschränkte  Auflösung  galt  zur 
Zeit  der  Entdeckung  des  Uranus  für  sehr  schön  und  sinnreich. 
Heutzutage,  wo  durch  die  Arbeiten  unseres  Gauss  das  schwere 
Problem  ^er  Bahnbestimmung  der  Himmelskörper  so  ungemein 
gefördert  worden  ist,  würde  mau  wohl  Anstand  nehmen,  sich 
so  viele  Beschränkungen  zu  erlauben«  In  der  That  ist  die 
Voraussetzung,    dafs  die  Bahn  ein  Kreis  aey,    in  dessen  Mit- 


1    8.  Art.  WeUsyittm. 


1588  Uranus. 

telpuncte  die  Sonne  sich  befinde,  schon  von  der  Art,  daTs  das 
Problem  keiner  weitern  Bedingung  unterworfen  zu  seyn  braucht, 
um  doch  ohne  Mühe  aufgelöst  sa  werden. 

Behalten  wir  für  die  obigen  Zeichen  1,  X  und  L  die  alte 
Bestimmung  bei  und  setzen  w»  tiberdieb 

R  den  Radius  Vecter  der  Erde, 
f  die  Entfernung  des  Planeten  von  der  Erde 
und 

ß  die  geocentrische  Breite  des  Planeten 

in  der  ersten  Beobachtung,  wo  wir  wieder  für  die  zweite  Be- 
obachtung dieselben  Grossen  mit  einem  Striche  bezeichnen  wol- 
len« Sind  dann  x,  y,  z  die  rechtwinkligen  Coordioaten9  wel- 
che die  Lage  des  Planeten  gegen  die  Sonne  bestimmen,  so 
dafs  x  in  der  Linie  der  Nachtgleiohen  und  x,  y  in  der  Ebene 
der  Ekliptik  liegt,   so  hat  man 

x  =<>  Cos.  ß  Cos.  X  +  R  Cos.  L, 
y  =  o  Cos. /?  Sin,  A,  +  R  Sin.  L  j 
und 

*  »  =  oSin./?. 

Ist  ferner  a  der  gesuchte  Halbmesser  der  kreisförmigen  Plane- 
tenbahn, so  ist  auch 

x*-f  y*-f  z*s=a*. 
Substituirt  man  in  dieser  Gleichung  die  vorhergehenden  Wer« 
the  von  x,  y,  z  und  setzt  man  der  Kürze  wegen 

A  =RCos./J  Cos.  (L  —  X)  , 
so  erhalt  man 

q  =  —  A  +  Y*%  —  (R*  —  A2). 
Ganz  ebenso  giebt  auch  die  zweite  Beobachtung 

e = — a'  +  r  .* — (R'  *— a'  *>, 

wenn  wieder  A'=R'Cos./0fCos.(Lr  —  X')  ist* 

Dieses  vorausgesetzt  sey  k  die  geradlinige  Sehne,  welche  die 
Endpunete  der  beiden  Radien  des  Planeten  verbindet,  so  dafs 
man  hat 

k*=(x'-«)»  +  (X'-y)»  +  (*-»)*. 

Substituirt  man  in.  dieser  Gleichung  die  vorigen  Werthe  der 
Coordinaten,  so  erhalt  ms» 


»      * 


Uranus.  16BW 

—  2pR'Cos./?Cos.(L'— Jl) 

—  2f'R  Cos./fCos.fL— X') 

—  2RR'Cos.(L  — L'). 

Endlich  hat  man  noch  für  die  Fläche  8  des  Kreissectors ,    der 
zwischen  dtta  beiden  Beobachtungen  enthalten  ist* 


and,  wenn  wieder 


k 
s  »aJ .  Are;  Sin.  -- 

2a 


die  Charakteristik  des  Sonnensystems  bezeichnet, 

-sss^fit.Ka, 

wo  t  die  Zwischenzeit  der  Beobachtungen  in  Tagen  ansge~ 
drückt  ist.  Beide  Werthe  von  8  einander  gleich  gesetzt 
geben 

und  die  Torhergehenden  Ausdrücke  reichen  vollkommen  hin, 
um  unsere  Aufgabe ,  ohne  eine  weitere  erleichternde  Nebenbedin- 
gung zu  Hülfe  zu  nehmen*  auf  eine  sehr  einfache  Weise  auf- 
zulösen. Man  wird  nämlich  so  verfahren,  feuerst  suche  man 
die  Gräften  A,  B  und  C  ans  den  folgenden  Ausdrücken 

A=RCos.lCos.(L  — *),      B=2R'Cos./?Cos.(L'—  X), 
A'=R'Cos./?Cos.(L'— Y),      B'=2R  Cos-  /fCos.(L—A#), 

Tang.C==Cos.(X—  Jl')Cotgr£.;   , 

Hat  man  diese  beständigen  Hfilfsgröfsen  berechnet,  so  findet 
man  in  einer  ersten  Hypothese,  mit  einem  angenommenen 
Werthe  von  a,  die  Grtfften  m,  m,  p,  q  und  k  durch  die  fol- 
genden Gleithungen  \ 

\ 
Sin.mc=-f  Rt_At,         pasiCos.m— A, 

Sin.m'saVa^-A^,         f=aCos.m'-A', 

k»as2«»72f/iB-^g-^')rBf.BV^RR'Co^(t.L>). 


1590  Uranus. 

Genügt  dann  der  so  gefundene  Werth  von  k  der  Gleichung 

,    £  _  »n.  ÜL  =  0 

nicht ,  so  wiederholt  man  mit  einem  zweiten  Werthe  von  * 
die  Berechnung  von  m,  mf,  q  ,  (>'  und  k ,  woduaeh  man  end- 
lich nach  dem  bekannten  Verfahren  (von  dem  wir  am  Ende 
des  Artikels  näher  sprechen  werden)  den  wahren  Werth  des 
Halbpnessers  a  der  kreisförmigen  Planetenbahn  finden  wird, 
womit  zugleich  die  wahren  Werthe  der  Entfernungen  q  und 
q  des  Planeten  von  der  Erde  bekannt  sind.  Kennt  man  aber 
einmal  diese  Grttfsen,  so  findet  man  auch  die  heliocentrischen 
Längen  1,  1'  und  breiten  b,  b'  durch  folgende  Gleichungen: 

Sin.b=jsin./J,       Sin.(L-l)  =  ?^^Sin.(L-l)> 

Sin.bf=^Sin.^,       Sin.(L'-r)=^£!^Sin.(L'-X'), 
a  aCos.b  x  ' 

und  daraus  endlich  die  Länge  Q  des  aufsteigenden  Knotens 
und  die  Neiguog  n  der  Bahn  gegen  die  Ekliptik  mittelst  der 
Ausdrücke 

Tatig.n  Sin.  (1  —  ß  )a  Tang,  b    und 

!      ™           *      ,*       ^x       Tang.b'  — Tang,  b  Cos.  (F—!) 
Tang.nCos.(l-ß)=— -* 8itl.(i'_i) *• 


Es  ist  bekannt  |  dafs  die  Bestimmung  der  Elemente  ein* 
Planeten ,  besonders  die  der  halben  groben  Axe  oder,  «0 
dasselbe  ist,  der  Umlautszeit,  desto  genauer  ist,  je  weiter  dk 
Beobachtungen ,  die  man  der  Rechnung  zum  Grunde  lagt,  tan 
einander  in  der  Zeit  entfernt  sind«  Es  war  also  sehr  was» 
schenswerth,  solche  Beobachtungen  der  älteren  Astronom«* 
aufzufinden,  die  den  Uranus  als  «inen  Fixstern  nngesehn  na** 
seine  Lage  am  Himmel  genau  bestimmt  haben.  Bons1,  dar 
sich  mit  dieser  Untersuchung  vorzüglich  fleifsig  beschäftigte, 
fand  bald  eine  solche   Beobachtung  von   Tob»  Mayea  foai 


1    Astronomisches  Jahrbuch  1784.  6.  819.  1785.  8.  189. 


Uranus.  15Öi 

• 

25«  Sept.  1756.     MaVer1  bat  diese  Beobachtung  des  Uranus, 
den  er  für  einen  Fixstern  hielt,  untcr^Nr.  964.  in  seinen  Stern* 
ketalog  eingetragen.       Damit  hatte  man  also  eine  Beobachtung 
dieses  Planeten ,  die  25  Jahre  vor  seiner  Entdeckung  oder  Er- 
kennung vorausging.      Allein  spater  fand  Bode  noch  eine  an- 
<dere,     voll*  91  Jahre   Vor  1781   gemachte   Beobachtung  ttie- 
see   Planeten    von  Flamstbao2,   der  ihn  am   13.  Deeemher 
ahen  (oder  23.  Dec  neuen)  Styls   1609   des  Abends   10  Uhr 
bei  seiner  Culmination  beobachtet  hatte.,  wo  Uranns  anter  der 
Nonuner  des  34*ten  Sterns  im  Stier  anrgefuhrt  wird.      Bald 
darauf  werden     noch    zwei   andere   Beobachtungen    desselben 
Geetrrns  von  Flauste  ad   und  zwölf  von  Lemovvier  .aufge- 
funden ,  welche  letzteren  ans  den  Jahren  1763  und  1769  sind. 
Endlich   kam   zu  diesen  jUteren  Beobachtungen  noch  eine  von 
Braoxkt  ans  dem  Jahre  1753  >  so  dafs  man  in  allen  17  der- 
gleichen gefunden  hat,  eine  von  Mater,  eine  von  BraoleIt, 
drei  von   Flamstrad  und  zwölf  von   Lemoveier.      Bon«3 
wollte  »och  eine  viel  altere  Beobachtung  dieses  Planeten  auf- 
gefunden haben,  indem  er  glaubte,    Ttcho  Brahe    habe  ihn 
1587  als  einen  Fixstern  zunächst  über  dem  Stern  n  im  Schweife 
des  Steinbocks  beobachtet.     Dieses  wäre  demnach  eine  Beob- 
achtung   des   Uranus,    die  volle   194  Jahre    vor    der  Epoche 
seiner  Entdeckung  vorausgegangen  seyn  würde.       Allein    obv 
schpn  Bode  noch  einmal  wieder  auf  dieselbe  Idee   zurückkam 
nnd  sie    nur  ungern    aufgeben    wollte ,    so  hat  man  sie  doch, 
nicht  angenommen,  nnd  man  blieb  bei  den  erwähnten  17  Be- 
obachtungen stehn ,    um  sie  für  die  Bestimmung  der  Elemente  , 
auf  das  Beste  zu  benutzen.      Jedoch  geschah  dieses  nicht  mit 
dem  gewünschten  Erfolge.      Denn  die  neuesten  Untersuchon*- 
gen  haben  gezeigt,     dafs  sich  diese   alten  Beobachtungen  mit 
denjenigen,    die  seit  1781   angestellt  worden  sind,  nicht  ver- 
einigen  lassen    und    dafs   daher  dse  meisten   von  Jenen  nicht 
mit  der   gehörigen  Genauigkeit  angestellt  worden   sind,    wie 
euch  schon   der   Zustand  der  Instrumente  und  der    Beobach- 
tungskunet  in  jenen  frühem  Zeiten  vermuthen  lassen  konnte» 


1  Opera  inedka.  T.  I.  p.  72. 

2  Hiatoiro  Celeste.  T.  II.  p.  86* 

S    Astronomisches  Jahrbuch  1786.  6»  219  n.  $28» 


1582  Uranus. 

Boüvird1  hat  in  seinen  neuesten  Tafeln  der  drei  Rubersten 
Planeten  unseres  Sonnensysteme  diese  alteren  Beobachtungen 
mit  den  neueren  durch  eine  sehr  sorgfältige  Rechnung  zu  ver- 
binden gesacht,  aber  die  auf  diese  Weise  erhaltenen  Elemente 
oder  Tafeln  gaben  für  die  neuern  Beobachtungen  so  grofse 
Fehler ,  dafs  sie  dem  gegenwärtigen  Znstande  de*  Astronomie 
durchaus  unangemessen  erscheinen  mufsten«  Es  blieb  ihm  da- 
her nichts  übrig,  als  auf  diese  alteren  Beobachtungen,  Ton 
denen  man  sich  so  viel  versprochen  hatte,  gänzlich  xa  ver- 
zichten ond  sich  blofs  an  die  seit  1781  angestellten  zu  haken. 

Dem  Vorhergehenden  mögen  noch  einige  Worte  über  die 
Benennung  und  Bezeichnung  dieses  Planeten  hinzugefügt  wer- 
den« Boot*  schlag  vor,  ihn  Uranus  zu  nennen.  Er  hielt 
dieses  vorzüglich  deshalb  für  schicklich,  weil  in  der  Mytho- 
logie Uranus  als  der  Vater  des  Saturn  und  Saturn. als  des 
Vater  des  Jupiter  angeführt  wird.  Sein  Vorschlag  hat  Beifall 
gefunden  und  ist  mit  Ausnahme  einiger  englischen  und  fran- 
zösischen Astronomen  allgemein  angenommen  worden.'  Der 
.Entdecker  des  Planeten,  der  das  erste  Recht  auf  seine  Be- 
nennung haben  sollte,  wollte  ihn  Öeorgium  Sidus,  seinem 
König  zu  Ehren,  genannt  wissen;  diese  Benennung  fand  aber 
selbst  in  England  wenig  Beifall,  und  die  meisten  Astronomen 
dieses  Landes,  so  wie  auch  die  von  Frankreich,  nennen  ihn 
Her  sehet,  um  dadurch  den  Entdecker  selbst  zu  ehren  und  sei- 
nen Namen  auf  den  Himmel  zu  versetzen.  Liohtbvbbbg- 
wollte  den  neuen  Planeten  Atträa  genannt  wissen,  was  aber 
nicht  beachtet  wurde. 

Auch  von  den  verschiedenen  Zeichen,  die  man  für  die- 
sen Planeten  vorgeschlagen  hat,  wurde  das  von  Bodi  empfoh- 
lene <5  vorzugsweise  angenommen,  obschon  einige  noch  ein 
dem  H  ähnliches  Zeichen,  als  den  Anfangsbuchstaben  von 
HsascHZL,  geltend  machen  wollen.  Der  Astronom  Hill  in 
Wien  hat  eine  Denkmünze  von  Platin,  welches  Metall  in  der 
Mineralogie  dasselbe  Reichen  erhalten  hat,  auf  den  neuen  Pla- 
neten schlagen  lassen  und  ihn  überdieis  in  mehreren  lateini- 
schen Gedichten  besungen3. 


1    Tablea  aatronomiqoes  de  Jupiter ,  Satarne  et  Uranus.  Per«  1821* 
£    Astronomisches  Jahrbuch  1785»  8*  191. 
B    8*  Wiener  Bphemeriden  1784. 


Uranus  139g 

Noch  ist  uns  übrig,  der  obigen  Zusage  gemafs  das  Ver- 
fahren anzuzeigen ,  mittelst  dessen  man  jede  numerische  Glei- 
chung mit  einer  unbekannten  Grübe  auf  eim>  zwar  indirecte, 
aber  ebenso  sichere  als  bequeme  Weise  auflösen  kann.  Da 
dieses  Verfahren  in  der  Astronomie  und  selbst  in  der  Physik 
so  oft  mit  putzen  angewendet  wird,  so  wird  eine  kurze  Dar- 
stellung desselben  hier  nicht  unangemessen  erscheinen« 

Wenn  eine  Gleichung  X  =  0  *1*  Function  von  gegebe- 
nen Zahlen  und  von  der  unbekannten  Gröfse  x  aufgestellt 
wird,  oder  auch ,  wenn  man,  wie  in  dem  oben  erwähnten 
Falle,  diese  unbekannte  Gröfse  x  aus  tnehrern  gegebenen  Glei- 
chungen, in  welchen  sie  enthalten  ist,  bestimmen  soll,  so  ist 
es  durch  die.  gegebenen  Verhältnisse  der  Aufglbe  beinahe 
immer  sehr  leicht,  durch  einige  einfache  Versuche  eine»  er- 
sten, wenn  auch  nur  noch  wenig  genäherten,  Werth  dieser 
Gröfse  x  oder  der  Wurzel  der  gegebenen  Gleichung  zu  fin- 
den. Sey  demnach  x  =  e  ein  solcher  genäherter  Werth  von 
x.  Substituirt  man  ihn  in  der  gegebenen  Gleichung  X  =  0, 
so  wird  er  diese  Gröfse  X  nicht  genau  auf  Null  bringen,  da  nur 
der  wahre  Werth  von,  x  dieses  thun  kann.  Nehmen  wir  al- 
so an ,  dafs  wir  durch  diese  Substitution  von  x  =  a  in  der 
Gleichung  statt  X  =  0  den  Ausdruck  erhalten 

X  =  ci>, 

wo  (0  eine  von  Null  desto  weniger  verschiedene  oder  eine 
desto  kleinere  Zahl  seyn  wird ,  je  näher  man  bereits  die  Gröfsa 
m  dem  wahren  Werthe  von  x  gewählt  hat.  Sey  ebenso  a' 
•ine  von  a  nur  wenig  verschiedene  Gröfse,  die  demnach 
ebenfalls  als  ein  zweiter  genäherter  Werth  von  x  betrachtet 
werden  kann.  Substituirt  man  diesen  Werth  x  =x  a'  in  der 
gegebenen  Gleichung,  so  soll  diese  dadurch  in    v 

X  =  a/ 

iibergehn.  Wir  haben  demnach  zwei  Hypothesen1  für  den 
wahren  Werth  von  x  aufgestellt,  nämlich  x  =  a  und  xs=a', 
und  wir  haben  auch  zugleich  die  Fehler  dieser  zwei  Hypo- 
theken, nämlich  die  beiden  Gröfsen  ca  und  ut  erhalten.  Wir 
haben  nämlich 

DL  Bd.  Iiiii 


1594  Uranus. 

Fehler  der  Fehler  des 

Hypothese  Resultat* 
in  der  ersten  Voraussetzung            a  —  x  o> 

in  der  »weiten  Voraussetzung        a'— x  w 

*  _^_— _ 

Je  näher  "aber  die  beiden  Hypothesen  der  gesuchten  Wahrheit 
liegen,  oder  je  kleiner  die  beiden  Fehler  a — x  und  a' —  x 
dieser  Hypothese  sind,  desto  näher  wird  auch  das  Verbältnifs 


i 

i  — x 


dem  Verhältnils  der  Fehler  der  Resultate  oder  der  GrbTse 


CO 
CO 


liegen,  so  dafs  man  daher,  da  es  sich  hier  doch  nur  um  eine 
erste  Näherung  handelt,  die  Gleichung  annehmen  kann    • 


CO 


7— x      »• 


woraus  dann  sofort  folgt 


a'co  —  ac/ 


oder  auch 


•  — a  ,  ,         a  —  a        # 

x  =  e —  j.  a>  oder  x=a  a  — r  •& 

/  CO CO  CO  —  CO 

I 

und  jede  dieser  drei   letzten  Gleichungen   wird  einen  anderen 
dritten   Werth    von  x   geben,    welcher  der  Wahrheit    näher 
liegt,  als  die  beiden  Torhergehenden  x  =  a  und  x=  a',  so  dafs 
man  daher   mit  dieser  neuen  Hypothese,   in   Verbindung    mit 
einer  der  vorhergehenden  oder  mit  einer  anderen  der  Wahr- 
heit, die  man  jetat  schon  besser  kennt,   näher  liegenden  Hy- 
pothese,  dieselbe  Rechnung  wiederholen  und  so,    durch  eine, 
so  weit  man  -will,    fortgesetzte  Operation  sich   der  gesuchten 
Wahrheit  immer  mehr  nähern  kann.    In  der  That,  um  zu  zeh- 
gen,   dafs  der  letztgefunden*  Werth  von  x  der  Wahrheit  de- 
sto näher  kommt,    je  kleiner  die  Fehler  der  beiden  Hypothe- 
sen sind ,    so   kann   man   die  gegebene  Gleichung  X  =  0  als 
eine  Function  von  x  ansehn ,  die  für  den  gesuchten  Werth  von 
x  gleich  Null  ist,  so  dafs  man  daher  hat 


Uranus.  15&» 

Labt  man  in  diesem  Ausdruck«  die  GtÖlse  x  in  x  +  (•—•*)! 
das  heifst,  in  •  übergehn,  so  hat  man  nach  dam  Taylor'schen 
Lehrsätze 

und  ebenso  erhalt  man  auch,  wenn  man  x  in  x  +  (a'  — •  x) 
oder  in  a'  übergehn  läfst, 


Je  kleiner  aber  die  Gröfsen  (a  —  x)  nnd  (a'-— x)  sind,  das 
heifst,  je  näher  die  beiden  Hypothesen  xrra  nnd  x=a'  der 
Wahrheit  liegen ,  desto  mehr  wird  man  aoeh  in  den  beiden 
vorhergehenden  Ausdrücken  die  zweiten  nnd  höhern  Potenzen 
dieser  Gröfsen  •  —  x  nnd  a'  —  x  gagea  .  die  erste  Potenz 
vernachlässigen  können,  so  dafs  dann  jene  beiden  Ausdrucke 
sich  blofs  auf  ihre  ersten'  Glieder  oder,  da  X'  —  X  =  <a 
und  X" — Xe=a/  ist,  auf  die  beiden  einfachen  Gleichungen 
reduciien : 


c*=(a 

,  dx 

'  ox 

und 

«'=(*' 

.  5X 
-X)-9Ü* 

deren  Division 

giebt 

1 

a  — 

X        AI 

r 

a  — 

x1*»", 

wie  zuvor. 

/ 

/ 


Um  das  Vorhergehende  durch   ein   Exempel  deutlich  zu 
machen ,  $ey  die  kubische  Gleichung'  gegeben 

X=sx»-  2x  +  l  =  0. 

Um  die  eine  Wurzel  derselben  zu  finden,  hat  man,  wenn 
x  =  a  =  0,5  gesetzt  wird ,  X  a  0,125 ,  und  wenn  ebenso 
x  ==  a  =  0,7  gesetzt  wird ,  X  as  —  0)057»  Setzt  man  da* 
her 

a  =  0,5  nnd  a'a*  0,7, 
so  ist 

*>= 0,125  und  w  a=  —  0,057 

lim  2 


1596  Uranus. 

und  mit  diesen  Werthen  giebt  die  obige  Gleichung 

x=a  —  ^=^.»=0,5  +  0,137=0,637. 

Wir  wollen  demnach  in  einer  zweiten  Berechnung  a  =  0,637 
setzen,  wodurch  man  erhält  X  =  w  =  —  0,01552«  Da  aber 
wegen  dieses  negativen  Werthes  von  co  das  letzte  .•  =  0,637 
noch  etwas  zu  grofs  ist,  so  kann  man  a'  =  0,620  annehmen, 
wodurch  man  erhältX  =  .»'  =  — 0900176.  Wir  haben  dem- 
nach als  zweites  Hypothesenpaar 

a=0,637  und  a'=  0,620, 
daher  io  =  —  0,01552  und  «'  =  —  0,00176, 

und  damit  gi.bt  unsere  Gleichung  für  das  verbesserte  X  den 
Wer* 

x  =0,637  —  0,01905=  0,61795. 

Nimmt  man  noch  in  einer  dritten  Rechnung 

a=0,6180  und  a*=  0,6181, 
«=0,00002903  und  »'  =  -^  0,00005637, 

so  giebt  unsere  Gleichung 

x  =  0,6180  +  0,0000340  =  0,6180340, 

nnd  dieser  letzte  Werth  von  x  ist  noch  in  der  letzten  Deci- 
malstelle  genau ,  da  die  wahren  Wurzeln  der  gegebenen  Glei- 
chung sind 

1 
und  \  (—  1  +  Tb) =0,6180340 

und  \  (- 1  —  r5)=  —  1,618034a 

Dals  man  nach  diesem  Verfahren  jede,  auch  selbst  transcen- 
dente  Gleichungen  auflösen  kann,  ist  für  sich  klar.  Wäre 
z.  B.  die  Gleichung  gegeben 

e* — 1 

——±  =  3328, 

wo  e  =  2,7182818  die  bekannte  Basis  der  natürlichen  Loga- 
rithmen ist,  so  hat  man  auch,  wenn  man  die  Briggischen  Lo- 
garithmen nimmt, 

0,43429448  x  —  Log.  Brig.  (3,828  x  + 1) = 0. 

Setzt  man  nun  x  =  2,2,  so  erhalt  man  «  =  —0,01868  und 
ebenso  wird  man  für  x=2,3  erhalten  u!  =  +  0,00744.    Hit 


Uranus.  1597 

diesen  Grttfsen  giebt  aber  unsere  Gleichung  .den  verbesserten 
Werth  Ton 

x  =:2,2715. 
Setzt'  man  wieder  in  einer  zweiten  Rechnung 

x=a  =  2,2715,  so  findet  man  <o=—  0,0000615 
und 

x=a'=2,3        -      -       -    a/=  +  0,00744 
und  damit  giebt  unsere  Gleichung  x 

x  =2,2715  +  0,0002337= 2,2717337. 

Eine  dritte  Rechnung  endlich  giebt 

x=a  =  2,2717337    ...    w=  —  0,0000001     ' 
x=a'=  2,2715       .  .  .  .%    «'=—0,0000615 

und  damit  erhält  man  durch  unsere  Gleichung 

x=2,2717337 +  0,00000038  =  2,27173408 

so  dafs  man  daher 

x  =  2,271734 

als  den  wahren  und  in  der  letzten  Ziffer  noch  richtigen  Werth 
der  gesuchten  Gröfse  x  annehmen  kann.  Oft  kann ,  selbst  bei 
physikalischen  Untersuchungen ,  der  Fall  eintreten ,  dafs  man 
zwei  Gleichungen  mit  zwei  unbekannten  Gröfse n  hat,  die  so 
unter  einander  verwickelt  sind,  dafs  man  sie  durch  die  ge- 
wöhnlichen Mittel  der  Elimination  nicht  trennen  kann.  Wenn 
z.  B.  die. beiden  Gleichungen  gegeben  sind; 

X  =  x*y  +  y*x  —  0,0078  =  0  \  rx. 

Y  =  X*y3-{.y2x3_  0,0018=0  f       •    •   •      W 

so  läßt  sich  daraus  nicht  leicht  eine  einzige  Gleichung  bil- 
den, die  blofs  x  oder  blofs  y  enthalt,  daher  man  auch  die 
vorhergehende  Methode  nicht  unmittelbar  auf  sie  anwenden 
kann.  In  solchen  Fallen  kann  man,  wie  Gauss1  gelehrt  hat, 
auf  folgende  Weise  verfahren.  Wenn  man,  wie  zuvor,  die 
gesuchten  Werthe  von  x  und  y  nur  einigermafsen  genähert 
kennt  und  wenn  man  diese  genäherten  Werthe 

x  =  a  und  y  =  b 
setzt,' so  berechne, man  damit  aus  den  beiden  gegebenen  Glei- 
chungen die  Werthe  von  X  =  a  und  von  Y  =  ß ,  wo  also 
x — a  und  y  —  b  die  Hypothesen,  a  und  ß  die  Fehler  die- 
ser Hypothesen  sind ,  da  eigentlich ,  wenn  die  Hypothesen 
fehlerfrei  gewesen  wären,  a  und  ß  gleich  Null  seyn  müfsten, 
Seyen  ebenso  für  eine  zweite  Annahme 

1    Theoria  Motot  corpor.  coeleat. 


1598  Uranus. 

x  =s  a'f    y  =  b'  die  Hypothesen  und 
X  =  af    Y  sa  0  die  Fehler  derselben. „ 
Für  eine  dritte  Voraussetzung  endlich  seyen 

x  =  a"  f     y  =  b"  die  Hypothesen   und 
X  =  a  ,     Y  =s  /?"  die  Fehler  derselben« 
Dieses    vorausgesetzt    findet    man    die '.  gesuchten    genäheiten 
Werthe  von  x  und  y  durch  folgende  Ausdrücke 

x=a+  *.(.'-•)  +  *(«"-.) 

y=b+J(b'-b)+  J(b"-b) 
wo  der  Kürze  wegen  gesetzt  wurde 

y  =  «V-«A 
d=a//  —  o'/J, 

B^y  +  d  +  aßT—a'/T, 
Mit  diesem  Verfahren  findet  man,    dafs  den  beiden  vorherge- 
henden Gleichungen  (A)  die  Werthe  x  =  0,2   und  y  =  03 
entsprechen. 

L. 


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